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Handbuch der Mechanik


Erster Band.
Mechanik fester Körper
.

Mit 40 Kupfertafeln,
die in einem besondern Hefte beiliegen
.

Prag.:
Gedruckt bei Johann Spurny, Buchdrucker und Schriftgiesser.
1831.

[[II]][[III]]

Vorrede.


Die grossen Fortschritte, welche die Mechanik des Himmels im vorigen Jahrhunderte
mit Hülfe der höhern Analysis machte, haben bereits in den Studienjahren meines
Vaters den lebhaften Wunsch erregt, dass auch den mechanischen Gewerben eine
gleiche Aufklärung zu Theil werden möchte, um sie bei dem Fortschreiten der Industrie
mit gleicher Sicherheit zu leiten und vor denjenigen Klippen zu bewahren, woran
schon so viele hoffnungsvolle Unternehmungen ihren Untergang gefunden haben.
Bei Besichtigung mehrerer mechanischer Werkstätte, grösserer Landesfabriken und
ausgeführter Bauwerke fand derselbe Gelegenheit, durch eigenes Nachdenken mehrere
Aufsätze über solche Gegenstände zu entwerfen und bald nach dem Antritte seines
Lehramtes der höhern Mathematik im Jahre 1788 einige kleinere Schriften aus dem
Gebiethe der Baukunst und Hydrodynamik in der Absicht herauszugeben *), um dadurch
die Vorsteher landwirthschaftlicher und bürgerlicher Gewerbe auf die Vortheile mathe-
*
[IV]Vorrede.
matischer Studien aufmerksam zu machen und für ihre Zöglinge und Nachfolger
insbesondere das Studium der höhern Mathematik zu empfehlen. Eben diese Schriften
waren die Veranlassung, dass derselbe über grössere Industrial-Anstalten, Verbesserungen
der vorzüglichsten böhmischen Eisenwerke, und anderer Landesfabriken häufig zu Rathe
gezogen und ihm dadurch die Gelegenheit verschafft wurde, nicht bloss mit den
Vortheilen und Mängeln dieser Anstalten, sondern auch mit den Ursachen der Aufnahme
und des Verfalles anderer ähnlicher Fabriken in genaue Kenntniss zu kommen.


Durch die Allerhöchste Entschliessung vom 12ten November 1795 wurde mein Vater
zum Beisitzer der k. k. Studien-Revisionshofkommission ernannt, und ihm das Referat
über die physisch-mathematischen Studien übertragen. In dieser Eigenschaft fand er
*)
[V]Vorrede.
sich verpflichtet, die Wichtigkeit technischer Studien als einen Gegenstand des öffentlichen
Unterrichtes der höhern Aufmerksamkeit zu empfehlen, und diesen Antrag durch das
kurz vorher errichtete polytechnische Institut in Paris und durch mehrere im Auslande
schon früher bestandene Gewerbsschulen zu unterstützen. In den hierüber eingeleiteten
Verhandlungen wurde festgesetzt, dass dieser Lehranstalt der Unterricht in den Haupt-
und Realschulen vorangehen, und die technischen Berufsstudien sich an die philosophi-
schen Lehranstalten eben so anschliessen sollten, wie es bei den Berufsstudien der
Jurisprudenz und Medizin der Fall ist.


Da bei der grossen Zahl der Gewerbsleute und Mannigfaltigkeit ihrer Geschäfte ein
gemeinschaftlicher Schulunterricht derselben kaum gedenkbar und auch aus dem Grunde
überflüssig ist, weil der grösste Theil dieser Arbeitsleute nur den Anordnungen ihrer
Vorsteher und der für jedes Geschäft aufgestellten Meister folgen muss, so ergibt sich
von selbst, dass eine technische Lehranstalt hauptsächlich nur für die Bildung der
Vorsteher und Beamten
sorgen, diese aber auch so weit unterrichten müsse, als
nöthig ist, um den gegenwärtigen Stand jeder Unternehmung, die Gründe, Vortheile und
Mängel des bestehenden Verfahrens genau zu kennen, neue Erfindungen gehörig zu
prüfen und zu würdigen, für ihre Einführung die nöthigen Einleitungen zu treffen, und
überhaupt für alle dergleichen nöthige Werksverbesserungen, genaue Voranschläge
über den hiezu erforderlichen Aufwand, und den zu erwartenden Nutzen verfassen zu
können.


Aus diesen Gründen wurde bei dem ersten Antrage angenommen, dass der Zweck
des technischen Institutes vorzüglich nur in der Bildung brauchbarer Beamten und
Vorsteher für das Bauwesen, die Land- und Forstwirthschaf[t], das Berg- und Hütten-
wesen etc. zu bestehen habe, um auf diese Art die Emporbringung der vater-
ländischen Gewerbe durch wissenschaftlichen Unterricht
zu bewirken.


Mit dem Hofdekrete vom 25ten November 1801 wurde meinem Vater bei Gelegenheit der
erledigten böhm. ständ. Ingenieurschule der Auftrag ertheilt, ein solches technisches
Institut in Prag
zu errichten, welches jedoch nur als ein erster Versuch
angesehen, die Auslagen wegen der damaligen Zeitverhältnisse möglichst beschränkt und
die nöthigen Erweiterungen erst in der Zukunft bei eintretenden günstigen Zeitverhältnissen
bewilligt werden sollten. Die für den ersten Antrag bewilligten Auslagen wurden von
den böhmischen Herren Ständen übernommen, meinem Vater nebst dem Direktorate
und der an der Universität bisher versehenen, an das Institut gezogenen Professur der
höhern Mathematik auch der Lehrgegenstand der Mechanik übertragen und das Institut
im November 1806 eröffnet.


[VI]Vorrede.

In allen Verhandlungen über die Errichtung des Institutes waren Mechanik und
Chemie als die Hauptfächer des technischen Unterrichtes anerkannt und angeordnet
worden. Da nun bei dem Gegenstande der höhern Mathematik nebst der höhern Analysis
auch die höhere Mechanik und Astronomie vorgetragen wurde, so bemühte sich mein Vater
in seinem 2ten für ein grösseres Publikum über Mechanik gehaltenem Collegium seine Vorträge
so einzurichten, dass selbst diejenigen Fortschritte, welche mit Hülfe der höhern Analysis
gemacht wurden, den hierortigen Schülern des Institutes, bei denen nur Kenntniss der
Elementarmathematik vorausgesetzt werden konnte, überzeugend vorgetragen, und diese
Schüler überhaupt dahin geführt werden, um alle Arbeiten, die durch was immer für Kräfte
der Menschen und Thiere, des Wassers, Windes, der Wasserdämpfe etc. bewirkt werden,
gehörig zu würdigen und im Stande zu seyn, für jede mechanische Unternehmung bestimmts
Anschläge machen zu können. Diese Vorlesungen der Mechanik wurden seit 24 Jahren von
mehr als 2000 Zuhörern besucht und da über die Dienste, welche viele derselben zur
Emporbringung unserer Landesindustrie und im Baufache leisteten, sich bereits die
öffentliche Stimme ausgesprochen hat, auch später andere technische Institute im Inn- und
Auslande errichtet wurden, so dürfte hierin der beste Beweis liegen, dass nicht nur die
Wünsche des Publikums befriedigt, sondern auch die Regierungen veranlasst wurden, für
die Beförderung technischer Studien kräftig einzuwirken.


Obgleich nun in neuern Zeiten sehr viele vortreffliche Schriften über technische
Gegenstände erschienen sind, so mangelt es dennoch für das Fach der Mechanik an
solchen Grundsätzen, welche für ihren Erfolg vollkommene Bürgschaft leisten, und
wodurch diejenigen Kosten vermieden werden, über deren Aufwand man die Unter-
nehmer grösserer Indu[s]trial-Anstalten noch immer häufig klagen hört. Die Ursache
hievon liegt wohl grösstentheils darin, dass sehr viele Individuen nicht die Gelegenheit
haben, technische Institute zu besuchen, und dass der grösste Theil der bisher
erschienenen mechanischen Schriften bloss die allgemeine Theorie dieser Wissenschaft
enthält, ohne sich auf die besondern Fälle der praktischen Anwendung hinreichend
auszudehnen, und ausserdem die Kenntniss der höhern Analysis voraussetzt, welche
nur dem kleinsten Theile jener Personen bekannt ist, die gerade mit mechanischen
Gewerben zu thun haben; endlich kommen in solchen Schriften die wenigsten
Beispiele in der Art vor, wie sie derjenige wünschen muss, der sich mit solchen
Unternehmungen beschäftigt.


Aus diesen Gründen war es schon längst ein gefühltes Bedürfniss, die Vorträge
meines Vaters über Mechanik, welche immer mehr und mehr Ausdehnung erhielten,
durch den Druck bekannt zu machen, um sowohl das Studium dieser Wissenschaft
[VII]Vorrede.
zu erleichtern, als auch dem grossen Publikum, welches an industriellen Unternehmungen
Theil nimmt, ein Handbuch zu liefern, worin die meisten vorkommenden Fälle
praktisch behandelt sind und Jedermann, der Rath bedarf, sich hierin Raths erholen
könne. Mein Vater hätte diesem Bedürfnisse schon lange entsprochen, wenn ihm nicht
seine vielen Dienstesgeschäfte die nöthige Zeit entzogen hätten, die zur Redakzion
eines solchen grössern Werkes erfordert wird.


Nachdem ich den Gegenstand im J. 1815 am Institute gehört hatte, verwendete
ich das Jahr 1817 ausschliessig auf die Redakzion der damaligen Lehrvorträge in der
Absicht, sie öffentlich herauszugeben. Meine Anstellung im Jänner 1818 am k. k.
polytechnischen Institute zu Wien und die Begleitung der Professur der prakt.
Geometrie bis zum Oktober 1824, so wie die hierauf erfolgte Unternehmung des Baues
der Eisenbahn zwischen der Moldau und Donau verhinderten diesen Vorsatz, bis er
nach meiner Trennung von dieser Unternehmung wieder realisirt werden konnte. Um
jedoch das Werk mit den neuesten und wichtigsten, durch die Erfahrung bewährten
Konstrukzionen zu versehen, brachte ich vorerst den grössten Theil des Jahres 1829
in England zu, nachdem ich schon 1822 und 1827 zu gleichem Zwecke dahin gereist
war. Seit meiner Rückkehr im November 1829 ist die Bearbeitung dieses Werkes
meine Hauptbeschäftigung und wird es auch so lange bleiben, bis das Werk ganz
beendigt ist. Bei der Redakzion war mein Hauptzweck, das Ganze auf eine
vollkommen deutliche und fassliche Art abzuhandeln, damit es nicht
bloss ein Hülfsbuch für jene, welche die Kollegien hören, sey, sondern auch diejenigen,
welche Kenntnisse der Elementar-Mathematik besitzen, jedoch keine Vorlesungen besuchen
können, in die Lage setze, das Werk zum Selbststudium zu benützen. Aus dieser
Ursache ist in der Darstellung der Gang des Lehrvortrages, wobei nach jedem theoretischen
Satze sogleich die Anwendungen folgen, beibehalten worden, obgleich dieser Gang
von den meisten Lehrbüchern abweicht; ferner sind alle Beispiele und Aufgaben, die in
dem Werke aufgelösst erscheinen, aus den in der Prax sich ergebenden Fällen entnommen,
und so behandelt, damit man von denselben bei der Ausübung Gebrauch machen könne;
um es endlich dem Werke an Vollständigkeit nicht fehlen zu lassen, hat man für jene,
welche der höhern Analysis kundig sind, die weitere Ausführung der Rechnungen in
besondern Noten unter dem Texte beigefügt.


Das ganze Werk erscheint in drei Bänden, wovon der 1te Band gegenwärtig ausgegeben
wird, der 2te Ende 1831 und der 3te Band im Jahre 1832 bestimmt erscheint. Der
1te Band war mit 50 bis 60 Druckbogen angekündigt, erhielt jedoch 83 Bogen Text
und 3 Bogen Vorrede, Verzeichniss der Herren Pränumeranten und Inhalt, nebst
[VIII]Vorrede.
40 Kupfertafeln, ohne dass desshalb der ohnehin geringe Pränumerationsbetrag
erhöht wurde. Der Zweck des ganzen Werkes ist die Verbreitung nützlicher Kenntnisse,
keineswegs aber pekuniärer Gewinn. Aus dieser Ursache wird der Umfang aller 3 Bände
vorläufig auf 200 Druckbogen und 100 Kupfertafeln von gleicher Grösse wie die bisher
erschienenen 40 festgesetzt; sollte jedoch diess Werk eine hinreichende Theilnahme
finden, um die sehr bedeutenden, durch die bisherige Pränumeration von beiläufig
1400 Exemplaren noch keineswegs gedeckten Auslagen zu sichern, so wird auch der
Umfang abermal erweitert, ohne den am Titel bemerkten Pränumerationspreiss zu
überschreiten.


Prag den 20ten April 1831.


Franz A. R. v. Gerstner.


[[IX]]

Verzeichniſs
der
P. T. Herren Pränumeranten
.


  • Bibliothek Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich.
  • Se. kais. Hoheit der Durchlauchtigste Herr Erzherzog Franz Carl.
  • » » » » » » » Johann Nep.
  • » » » » » » » Carl Ludwig. 2 Exemplare.
  • » » » » » » » Maximilian Johann.
  • » » » » » » » Joseph Anton.
  • » » » » » » » Anton Victor.

Innland.


Böhmen.


  • Die Herren
  • Freiherr v. Aehrenthal, k. k. Appellations-Vice-
    Präsident in Prag.
  • Albertha, k. k. Strassenkomm. in Eger. 2 Exemplare.
  • Alder Ferdinand, k. k. Mapp. Geometer.
  • Alster Anton, f. Fürstenberg. Waldbereit. in Pregl.
  • Se. Durchlaucht Fürst Auersberg Carl in Prag.
  • Bachmann Anton, Techniker in Prag.
  • Bamberger Jakob, Wirthschaftssekretär in Prag.
  • Bauamt, städtisches in Prag.
  • Baudisch Joseph, Oberjäger in Mohan.
  • Bauer, k. k. Strassenbaud. ‒ Prakt. in St. Georgenthal.
  • Baumann Wolfgang, Schichtmeister in Promenhof.
  • Bayer Joseph, Techniker in Prag.
  • Beamte der fürstl. Fürstenberg’schen Herrschaft
    Pürglitz.
    20 Exemplare.
  • Behr, k. k. Strassenbaudirekt. Praktikant in Saaz.
  • Bellot Niklas, k. k. priv. Zündhütchenfab. in Prag.
  • Benatzky Anton, Amts-Adjunkt in Schlan.
  • Benda Joseph, Techniker in Prag.
  • Benedetti Joh., k. k. Steueramtsverw. in Pardubitz.
  • Benesch Nikolaus, k. k. Baudirekt. Zeichner in Prag.
  • Beran Michael, Techniker in Prag.
  • Bergoberamtsbibliothek in Przibram.
  • Bibliothek des Leitmeritzer Gymnasiums.
  • Bittner Adam, Professor der prakt. Mathematik am
    ständ. techn. Institute in Prag.
  • Bochdal Johann, Techniker in Prag.
  • Bochm, k. k. Strassenmeister in Haida.
  • Bohaczek Johann, Techniker in Prag.
  • Bohatsch Ferdinand, detto
  • Bohutinsky Prokop, Oberförster in Obeznitz.
  • Borrosch u. André, Buchhändler in Prag.
  • Borzitzky, k. k. Strassenkommissär in Podiebrad.
  • Boschek Franz, Mechanikus in Prag.
  • Brabetz Ignatz, Techniker in Prag.
  • Brandtl, k. k. Strassenbaudir. Prakt. in Hirschberg.
  • Brauner Franz, fürstl. Dietrichstein’scher Ober-
    amtmann in Przimislau.
  • Brendtl, k. k. Strassenbaudirekt. Prakt. in Augest.
  • Bretter, k. k. Strassenmeister in Chrudim.
  • Brettschneider Alois, k. k. Mapp. Geometer.
  • v. Brunnberg L., Oberamtskassekontr. in Przibram.
  • Brzorad Joseph, Gutsbesitzer in Prag.
  • Brzorad Philipp, k. k. Mapp. Geometer.
  • Bubenik Anton, kais. Müller in Pardubitz.
  • Bund, Ferdinand, Forstingenieur in Böhm. Kamnitz.
  • Butta v. Eichenwerth, k. k. Fähnrich in Prag.
  • Calve’sche Buchhandlung in Prag. 13 Exemplare.
  • Chladek, k. k. Strassenmeister in Sandau.

  • Die Herren
  • Chladek Ernest, Techniker in Prag.
  • Chladek Johann, detto
  • Christoph Franz, detto
  • Cori Eduard, detto
  • Cybulka, k. k. Strassenbaudirekt. Prakt. in B. Brod.
  • Cyphely Joseph, Techniker in Prag.
  • Czechtizky Carl, k. k. Landesbaudir. Prakt. in Prag.
  • Czerwenka Franz, Techniker in Prag.
  • Cziczek Joh., k. k. Strassenmeister in Joachimsthal.
  • Cziczek Johann, Techniker in Prag.
  • Damm Franz, ausübender Arzt in Carlsbad.
  • David Alois, k. k. Professor u. Astronom in Prag.
  • Dellisch Prok., k. k. Strassenkomm. in Bischofteinitz.
  • Denhart August, Techniker in Prag.
  • Dessauer, Grosshändler in Prag.
  • Diglaſs, Inspekt. der k. k. Catast. Vermess. in Pisek.
  • Dimmer Franz, Techniker in Prag.
  • Dirnböck, Buchhändler in Prag. 2 Exemplare.
  • Freyin v. Dobrzensky, geb. Freyin v. Milius in Prag.
  • Dormitzer Leopold, Fabriksinhaber in Prag.
  • Dormitzer Nathan, Groſshändler in Prag.
  • Duchoslaw Carl, bürgerl. Baumeister in Prag.
  • Dückelmann, städt. Eauverwalter in Prag.
  • Dworzak, k. k. Strassenbaudir. Prakt. in Haſslau.
  • Effenberg, detto detto in Friedland.
  • Eggenberger, Buchhändler in Prag. 2 Exempl.
  • Eibicht Leopold, Müllermeister in Kaaden.
  • Enders, C. W., Buchhändler in Prag.
  • Engelmeyer, Mühlbesitzer in Prag.
  • Epstein Ephraim, Fabriksinhaber in Prag.
  • Ergert Johann, Techniker in Prag.
  • Esch Jos., k. k. Land. Baudir. Adjunkt.-Verw. in Prag.
  • Ettel Gabriel, Papierfabrikant in Hohenelbe.
  • Faltis Wenzel in Leutomischl.
  • Faſsmann Johann, Baupraktikant in Prag.
  • Fiedler Carl August, Grosshändler in Prag.
  • Filaus Franz, Baumeister in Heinrichsgrün.
  • Fischer Carl, Tuchfabrikant in Toplitz.
  • Fischer Johann, J. U. Doctor in Prag.
  • Fischer Ludwig, Architekt in Prag.
  • Fleischinger Friedrich, Techniker in Prag.
  • Focke Joseph, Techniker in Prag.
  • Folkmann Johann, Hörer der Oekonomie in Prag.
  • Fortner Mathias, k. k. Mapp. Adj. 2. Class. in Pisek.
  • Franz Emanuel, Techniker in Prag.
  • Franz J., k. k. Bergmeist. u. Bergricht. in Kuttenberg.
  • Franzl, Mühlbesitzer in Prag.
  • Fritsche Friedrich, Techniker in Prag.
  • Fritz Karl, k. k. Kreisingenieur in Gitschin.

1
[[X]]
  • Die Herren
  • Füſsl W. J., frstl. Löwenstein’sch. Bauing. in Heubach.
  • Geitler S. Chr., Kaufmann in Prag.
  • Gelinek Joseph, Zimmermeister in Elbogen.
  • Gerzabek W., k. k. Kreisingenieur in Leitmeritz.
  • Gerzabek, k. k. Strasscnbaudir. Prakt. in Falkenau.
  • Gintel J., Bauing. d. k. k. pr. Prag. Eisenbahn in Prag.
  • Giſsl Jos., k. k. Sappeur-Cadet in Prag.
  • v. Glacz Jos., k. k. Mappirungs-Inspektor in Pisek.
  • Gnad, k. k. Strassenmeister in Pilsen.
  • Goldstein Sigmund, Gutsbes. u. Fabriksinh. in Prag.
  • Gotschy, k. k. Strassenbaudirkt. Prakt. in Buchau.
  • Graber Joseph, Techniker in Prag.
  • Grimm F., k. k. Schichtamtsverw. in Bergreichenstein.
  • Grohmann F., Müllerm. in St. Georgenthal. 2 Expl.
  • Groller Johann, k. k. Fähnrich in Pilsen.
  • Groſs Carl, Techniker in Prag.
  • Groſse Wilhelm, Techniker in Prag.
  • Grübel, Bauing. der k. k. priv. Prag. Eisenb. in Prag.
  • Grüner Carl, Techniker in Prag.
  • Grüner Joh., k. k. Markscheideadjunkt in Nogyeg.
  • Günner August, k. k. Mapp. Geometer.
  • Günzel Carl, Techniker in Prag.
  • Haasche Anton, Kaufmann in Prag.
  • Hagenmüller Anton, k. k. Major in Prag.
  • Haklik Johann, Bauamtskanzellist in Prag.
  • Hallaschka, Prof. d. Physik a. d. Univers. zu Prag.
  • Hanf, k. k. Strassenkommissär in Klattau.
  • Hantsch k. k. Strassenbaudir. Prakt. in Schlukenau.
  • Hanusch, detto detto in Lomnitz.
  • Hauptmann, k. k. Strassenmeister in Dimokur.
  • Hauptmann Donat, Techniker in Prag.
  • Hawel, Mühlbesitzer in Prag.
  • Hayd Ferd., Schichtamtsverwalter in Reichenau.
  • Heger Johann, Techniker in Prag.
  • Heintz Adolph, k. k. Mapp. Geometer.
  • Heinz, k. k. Strassenmeister in Zditz.
  • Helbich Joseph, Techniker in Prag.
  • Held Th., Med. Doctor in Prag.
  • Heller Wenzel, Techniker in Prag.
  • Hellmich Karl, detto
  • Herbig Franz, detto
  • Herda Franz, Schichtmeister in Sedletz.
  • Herein Joh., Prakt. d. k. k. Staatsgüteradm. in Prag.
  • Herz H. E., Besitzer einer Zuckerraffinerie in Prag.
  • Herzig Alois, Techniker in Prag.
  • Heyrowsky C., k. k. Pochwerksschaff. in Przibram.
  • Freih. Hildprandt v. u. zu Ottenhausen F. in Slabetz.
  • Hippmann, Markscheider in Ginetz.
  • Hlawaty, k. k. Strassenmeister in Prag.
  • Hlawsa, Mühlbesitzer in Prag.
  • Hlawsa Cosmas, Techniker in Prag.
  • Freiherr Hochberg v. Hennersdorf Anton in Prag.
  • Hocke Johann, Revierförster in Schönfeld.
  • Ritter v. Hohenstög Joseph, Techniker in Prag.
  • Holetschek Peter, Techniker in Prag.
  • Holfeld Ludwig, detto
  • Holk, k. k. Strassenmeister in Jungferteinitz.
  • Hollub Norbert, Chemiker und Thierarzt in Tauſs.
  • Holub Anton, Mühlbesitzer in Sezemitz.
  • Homme, k. k. Strassenbaudirektions-Prakt. in Pisek.
  • Horak Jos., k. k. Mappir. Geometer 4. Cl. in Pisek.
  • Horak Wenzel, Techniker in Prag.
  • Hostinski Wenzel, Techniker in Prag.
  • Hradecky Michacl, Schüler der 4. Classe in Prag.
  • Hrliczka Wenzel, k. k. Mapp. Geometer.
  • Hubesch Moritz, k. k. Baudirekt. Prakt. in Prag.
  • Hübner Philipp in Reichenberg.
  • Hüttel Joseph, Wirthschaftsrath in Petersburg.
  • Itschinsky Joseph, Techniker in Prag.

  • Die Herren
  • Itterheim Joseph, Techniker in Prag.
  • Jablonka Carl, Rentmeister in Strakonitz.
  • Jahn Egyd, techn. Bauamtsschreiber in Pardubitz.
  • Jahn Jos., k. k. Strassenmeister in Beraun.
  • Jahn Moritz, k. k. Kreisingenieur in Chrudim.
  • Jahn, k. k. Strassenmeister in Prag.
  • Jahnel Moritz, Techniker in Prag.
  • Jandik Anton, detto
  • Jansa, Bauverwalter in Prag.
  • Jarka, k. k. Strassenmeister in Kaplitz.
  • Jermarsch Ignatz, Techniker in Prag.
  • Jerusalem J. M., Fabriksinhaber in Prag.
  • Jerusalem Leopold, priv. Kattunfabrik. in Prag.
  • Jerusalem, Groſshandler in Prag.2 Exmpl.
  • Jirusch Anton, Techniker in Prag.
  • John Carl, Techniker in Prag.
  • John J., Suppl d. prakt. Mathem. am techn. Inst. in Prag.
  • Jungmann, Berg-u. Hüttenmann in Neu-Joachimsthal.
  • Kaitzl Anton, fürstl. Schwarzenberg’scher Bau-
    amtsadjunkt in Zittolieb.
  • Kampmüller von Langholsen, k. k. Oberstlieute-
    nant und Fortifications Lokal-Direktor in Prag.
  • Kastner J. N., Kaufmann in Prag.
  • Kautzky Siegmund, Administrator in Mühlhausen.
  • Freih. v. Kfellner C., Waldrechngsführ. in Jaromirz.
  • Kirsch Johann, k. k. Mapp. Geometer.
  • Kiwisch Ign., k. k. Gub. Rath u. Kreishptm. in Klattau.
  • Knor, k. k. Strassenmeister in Hohenmauth.
  • Köchlin \& Singer, pr. Kattunf br. in Jung bunzlau.
  • Körner, k. k. Strassenbaudir. Prakt. in Millin.
  • Konrad Johann, Techniker in Prag.
  • Koppmann Adolph, Prälat des Stiftes Tepl.
  • Koprziwa F., k. k. Wasserbaudir. Baufuhr. in Prag.
  • Kottnauer Sebastian, Techniker in Prag.
  • Krammer, k. k. Strassenbaud. Prakt. in Reichstadt.
  • Kranner Joseph, Architekt in Prag.
  • Kraus Wenzel, k. k. Hofbauamtsverwalter in Prag.
  • Krauschilka, k. k. Strassenbaud. Prakt. in Prag.
  • Krombholz Joseph, beeideter Landmesser.
  • Kromer, k. k. Strassenmeister in Haid.
  • Krtck Carl, Techniker in Prag.
  • Kubow Joh., k. k. Wasserbaudir. Bauführer in Prag.
  • Kügler Jos., k. k. Landesbaudir. Prakt. in Prag.
  • Kukla Franz, Techniker in Prag.
  • Kunze Gustav, detto
  • Kupka, k. k. Strassenbaudirekt. Prakt. in Skuhrow.
  • Kussy Joseph, Teckniker in Prag.
  • Lachmann Joseph, detto
  • Edler v. Lämmel Leopold, Groſshändler in Prag.
  • Lebmacher Carl, Techniker in Prag.
  • Lego Emanuel, detto
  • Leonhart Ferdinand, detto
  • Lerner C., k. k. Landesbaudir. 1. Amtsing. in Prag.
  • Lhotsky I., k. k. Schichtmeister in Straschitz.
  • Lieben Jakob, Groſshändler in Prag.
  • Lieblein Franz, Oberamtsaktuar in Manetin.
  • Löw, k. k. Strassenmeister in Lubenz.
  • Ludwig, Doktor der Rechte in Prag.
  • Ludwig, k. k. Strassenbaudirekt. Prakt. in Tauſs.
  • Lutz Peter, Techniker in Prag.
  • Magistrat der Stadt Neumarkt.
  • Magistrat der Stadt Rokitzan.
  • Maier Alois, k. k. Bergrath in Przibram.
  • Maresch F., Hüttendir. Kanz. in Neu-Joachimsthal.
  • Marterer Rudolph, Techniker in Prag.
  • Martinek Johann, Baumeister in Neu-Bidschow.
  • Marx, k. k. Strasscnbaudirekt. Prakt. in Dobrzisch.
  • Mastalirz Johann, Amtsschreiber in Jenikau.
  • Mattern Benjamin, Zimmermeister in Hohenelbe.

[[XI]]
  • Die Herren
  • Maux, k. k. Strassenbaudir. Prakt. in Neu-Bistritz.
  • Maier, k. k. Strassenkommissär in Carlsbad.
  • Maier, k. k. Strassenbaudir. Praktikant in Wodnian.
  • Meisner Anton, Fabriksinhaber in Prag.
  • Michalovits A., k. k. Mapp. Geom. 2. Cl. in Pisek.
  • Miksch Johann, Techniker in Reichenberg.
  • v. Milanes, k. k. Gen. Maj. u. Fortif. Dist. Dir. in Prag.
  • Mildner, k. k. Strassenkommissär in Strakonitz.
  • Misliweczek, Mühlbesitzer in Prag.
  • Miſsler Emanuel, Techniker in Prag.
  • Mitterbacher, Med. Doktor in Carlsbad.
  • Möſsner, k. k. Strassenmeister in St. Georgenthal.
  • Morawek J., k. k. Landesbaudir. Kanzell. in Prag.
  • Morawek Mathias, Techniker in Prag.
  • Mras, Mühlbesitzer in Prag.
  • Mrkwicka J., Zeichnlehr. a. d. Musthptsch. in Prag.
  • Mühlstein August, k. k. Kreisingenieur in Schlan.
  • Mühlstein, k. k. Strassenmeister in Budin.
  • Müller Florian, k. k. Kreisingenieur in Saaz.
  • Müller Joseph, Steuereinnehmer in Krumau.
  • Müller W., k. k. Wasserbaudir. Bauführer in Prag.
  • Münzer Anton, Waldbereiter in Manetin.
  • Mussil Jos., Techniker in Prag.
  • Muttich A., Hüttenrechngsfhr. in Neu-Joachimsthal.
  • Neczasek Vincenz, Bauingenieur in Podiebrad.
  • Netwal Wenzel, Wirthschaftsrath in Prag.
  • Neumann Carl A., k. k. Gub. u. Commerz. Rath in Prag.
  • Neumann W., k. k. Schichtamtsrechngsf. in Zbirow.
  • Newolle Johann, Techniker in Prag.
  • Nitsch A., k. k. Wasserbaudirekt. Bauführ. in Prag.
  • Nittner Ignaz, Advokat in Kaaden.
  • Nossal Joseph, Techniker in Prag.
  • Graf Nostitz Vincenz in Prag.
  • Nowak Anton, Techniker in Prag.
  • Nowak, k. k. Strassenmeister in Leitmeritz.
  • Obentanz Gustav, Techniker in Prag.
  • Oberamt in Dobrawitz.
  • Ochsenbauer, Wirthschaftsrath in Prag.
  • Oppelt Johann, pens. Oberamtmann in Swinarz.
  • Oppelt, Gutsbesitzer und Wirthschaftsrath in Prag.
  • von Orlando Ignaz, Fabriksinhaber in Kosmanos.
  • Otto Carl, Fabriksinhaber in Prag.
  • Pabstmann August, Gutsbesitzer in Mladiegow.
  • Pacher v. Linienstreit, k. k. Strasm. in Neudek.
  • Palleczek, k. k. Strassenmeister in Stecken.
  • Palliardi, k. k. Strassenbaudirprakt. in Wessely.
  • Pan Joseph, Techniker in Prag.
  • Panny, k. k. Strassenbaudirekt. Prakt. in Kollin.
  • Pawlowsky v. Rosenfeld Joseph, k. k. Kreis-
    ingenieur in Königgrätz.
  • Pechaczek, Müller in Pilsen.
  • Pelzl Johann, k. k. Mapp. Inspektor.
  • Ritter v. Pernold J., k. k. Mapp. Geom. 1. Cl. in Pisek.
  • Persy, k. k. Strassenbaudirek. Prakt. in Wollin 2 Ex.
  • Pfohl Joseph, k. k. Strassenkommissär in Schlan.
  • Pinka Carl, Bauamtspraktikant in Pardubitz.
  • Pleischl Adolph, k. k. Professor in Prag.
  • Ploner, k. k. Strassenkommissär in Prag.
  • Poczta Mathias, Techniker in Prag.
  • Pollak Carl, bürgerl. Baumeister in Prag.
  • Pompe Carl, Forstkontrollor in Böhm. Kamnitz.
  • Pomsel Aug., Sekretär der k. k. priv. Prager Ei-
    senbahngesellschaft in Prag.
  • Porges Beer, Fabriksinhaber in Prag.
  • Porges Ignaz, Techniker in Prag.
  • Porges Kopelmann, Fabriksinhaber in Prag.
  • Pospischill, Buchhändler in Königgrätz.
  • Praschak Carl, k. k. Land. Bdkt. Prakt. in Prag.

  • Die Herren
  • Preisler Ernest, Techniker in Prag.
  • Preusger Gottfried, Maschinenbauer in Schönlinde.
  • Preussner Carl, in Prag.
  • Prochaska, k. k. Strassenkom. in Deutschbrod.
  • Promber Franz, k. k. Mapp. Geometer.
  • Püchl Joseph, Techniker in Prag.
  • Ritter Pulpan v. Feldstein C., Besitz. v. Domausnitz.
  • Rabas Baptist, k. k. Strassenmeister in Töplitz.
  • Raimann Joseph, in Reichenberg.
  • Randè Andreas, Forstgeometer in Kladrau.
  • Ranek Michael, bürgerl. Zimmermeister in Prag.
  • Ratzka Johann, Oberförster in Rochlowa.
  • Reitter Franz, k. k. Mapp. Geom. 4. Cl. in Pisek.
  • Renelt, k. k. Strassenkommissär in Königgrätz.
  • Renner, k. k. Strassenmeister in Prag.
  • Richter Ant., Besitzer der Zuckerraf. in Königsaal.
  • Richter Joseph, Techniker in Prag.
  • Ritter von Riese Werner, in Prag.
  • Rissel, k. k. Strassenbaudirekt. Prakt. in Pilsdorf.
  • Ritschel, k. k. Strassenmeister in Münchengrätz.
  • Ritter Jakob, Zimmermeister in Töplitz.
  • Ritter, k. k. Strassenbaudirekt. Prakt. in Rokitzan.
  • Roedl Laurenz, Graveur in Prag.
  • Rösler Ignaz, Fabrikant in Nixdorf.
  • Sr. Durchlaucht Fürst Rohan in Prag.
  • Ritter von Rosenbaum, Hammerwerksbevollmäch-
    tigter in Horzowitz.
  • Rost Anton, Techniker in Prag.
  • Rulf Wenzl, fürstl. Schwarzenberg. Baudir. in Prag.
  • Rummich Donat, Forstingenieur in Margarethenau.
  • Rzemeslo Jos., Zeichnungslehrer an der Haupt-
    schule in Kuttenberg.
  • Rzezniczek Andreas, Baumeister in Skalitz.
  • Salzmann Leopold, k. k. Mapp. Geometer.
  • Sandner Wenzl, Fabriksinhaber in Prag.
  • Freiherr v. Schauroth, k. k. Hauptmann in Prag.
  • Schebek, k. k. Strassenkommissär in Politschka.
  • Sehettlik Johann, k. k. Mapp. Adjunkt in Pisek.
  • von Schlindenbuch, k. k. Strassenmeister in Eger.
  • Schmid Ignatz in Bömisch Kaunitz.
  • Schmidl Eduard, Ingenieur in Prag.
  • Schmidt Franz, Uhrmacher in Elbogen.
  • Schmidt I., k. k. Wassbaud. Amtsverweser in Prag.
  • Schmidt Vinzenz, Techniker in Prag.
  • Schneider, k. k. Strassenmeister in Sandau.
  • Schnirch, k. k. Strassenkom. in Böhm. Brod.
  • Schnürch Jos. k. k. Strassenaufseher in Pardubitz.
  • Schöbel Johann, Bauamtsadjunkt in Prag.
  • Schöffel Jos., k. k. Oberamtskassier in Przibram.
  • Schönauer Carl, Techniker in Prag.
  • Schönbach Johann, Techniker in Prag.
  • Ritter von Schönfeld Jakob, Fabriksbes. in Prag.
  • Schreyer Franz, Assist. am ständ. tech. Inst. in Prag.
  • Schubert Wenzl, k. k. Baudir. Zeichner in Prag.
  • Schücker Ant. k. k. Land. Baud. Prakt. in Prag.
  • Schüffel, k. k. Strassenmeister in Prag.
  • Schuldes, k. k. Strassenaufseher in Postelberg.
  • Schultschik, Wirthschaftsrath in Prag.
  • Schuschek Eduard, Techniker in Prag.
  • Schwaer Joseph.
  • Schwarz, k. k. Strassenkommissär in Pisek.
  • fürstl. Schwarzenberg’sches Oekon. Inst. in Krumau 4 E.
  • fürstl. Schwarzenberg. Baudirektorialamt in Krumau.
  • Ritter von Schwarzfeld Adolph, Tech. in Prag.
  • Ritter von Schwarzfeld Rudolph in Prag.
  • Schwertner A. Forstamtsadjunkt in Römersdorf.
  • Schwertner Johann, Maschineur in Prag.
  • Schwestka Carl, Bauamtspraktikant in Prag.

[[XII]]
  • Die Herren
  • Schwippel Adalb. gräfl. Waldstein. Sekr. in Prag.
  • Scola Wenzl, Controllor in Schichowitz.
  • Sedlaczek Philipp, Techniker in Prag.
  • Seidl Adam, provis. Forstmeister in Tetschen, 2 Ex.
  • Seidl Carl, Techniker in Prag.
  • Seidenshnur Carl, Techniker in Prag.
  • Seik, k. k. Strassenkommissär in Rokitzan.
  • Seik, Mühlbesitzer in Prag.
  • Siege J. F. Kaufmann in Prag.
  • Singer Carl, Grosshändler in Prag.
  • Skala Emanuel, Techniker in Prag.
  • Skwor Bened., fürstl. Auersberg. Bauingr. in Schleb.
  • Slawik, Mühlbesitzer in Prag.
  • Sliwka Ritter von Sliwitz Ant. Besitz. v. Sollnitz.
  • Spitra Frz., Ingros. des k. k. Hofbaurathes in Prag.
  • Spitra Wenzl, Mechaniker in Prag.
  • Springsholz Joseph, Techniker in Prag.
  • Stanzel Bernard, k. k. Amtsingenieur in Prag.
  • Steigerhof Theodor, Techniker in Prag.
  • Steiner, k. k. Strassenbaudir. Prakt. in Sobotka.
  • Steinmann Jos., Prof. der Chemie am ständ. techn.
    Inst. in Prag.
  • Sr. Exzellenz Graf von Sternberg Kaspar, k. k.
    geheimer Rath in Prag.
  • Stoczek Damian, Techniker in Prag.
  • Stöger Eugen, Techniker in Prag.
  • Stolz Wenzl, k. k. Baudirekt. Prakt. in Prag.
  • Streiter, fürstl. Löwenstein. Baurath in Haid.
  • Strobach Paul, k. k. pr. Oberbaudirektor in Prag.
  • Strobach, k. k. pr. Strassenaufseher in Podiebrad.
  • Strzechowski Anton, Techniker in Prag.
  • Stuckheil W. F. Kaufmann in Königgrätz.
  • Süss Alois, Techniker in Prag.
  • Swoboda Franz, k. k. Mapp. Geom. 4. Cl. in Pisek.
  • Swoboda Johann, Rentamtschreiber in Landskron.
  • Swoboda Johann, Techniker in Chrudim.
  • Syka, k. k. Strassenbaudirekt. Prakt. in Politschka.
  • Szekelly von Csernaton, Joh. k. k. Cat. Mapp.
    Inspekt. Adjunkt in Pisek.
  • Tarant Melchior, Techniker in Prag.
  • Tauchmann, k. k. Strassenaufseher in Neudorf.
  • Teisinger, k. k. Strassenkommissär in Leitmeritz.
  • Teisinger Joh. k. k. Strassenbaudir. Prakt. in Prag.
  • Tetzner Joseph, Spinnfabrikant in Rothenhaus.
  • Thuma Anton, Techniker in Prag.
  • Graf Thun v. Hohenstein F., k. k. Käm. in Prag.
  • Graf Thun Johann Math. in Schuschitz.
  • Thurner Thom., k. k. Land. Baudir. Prakt. in Prag.
  • Tisowsky Theodor, Techniker in Prag.
  • Trczka, k. k. Strassenkommissär in Wessely.
  • Treffler jun. Johann, Uhrmacher in Prag.

  • Die Herren
  • Trödl, Mühlbesitzer in Prag.
  • Trostmann Jos., k. k. Strassenbaud. Zeich. in Prag.
  • Truxa Franz, Techniker in Prag.
  • Tschochner Wenzl, Pfarrer in Pürstein.
  • Turek Florian, Burggraf u. Baubeamte in Bistrau.
  • Ubell Anton, Techniker in Prag.
  • Ullrich Carl, Techniker in Prag.
  • Urban Carl, in Rossitz.
  • Utschik Felix, Techniker in Prag.
  • Völkelt Carl, in Reichenberg.
  • Vogl, k. k. Strassenaufseher in Einsiedel.
  • Voigt Heinrich, Techniker in Prag.
  • Wach Ant., Assistent am ständ. techn. Inst. in Prag.
  • Wachtel Jos., k. k. Land. Baud. Zeichner in Prag.
  • Wagner Ignaz, Bürger in Prag.
  • Wagner Martin, Herrschaftsbesitzer in Girna.
  • Wahle Jakob, Kaufmann in Prag.
  • Wala Thomas, k. k. Kreisingenieur in Prag.
  • Walter Eduard, Techniker in Prag.
  • Walter Franz, Techniker in Prag.
  • Wander, k. k. Strassenkommissär in Saaz.
  • Waniek Jos. Bevollmäch. beim Grafen Thun in Prag.
  • Waniek Mathias, Techniker in Prag.
  • Weber, k. k. Strassenmeister in Neupakau.
  • Weithner, Hofrath und Hausbesitzer in Prag.
  • Weleczka, k. k. Strassenkommissär in Haida.
  • Weleczka, k. k. Strassenbaudirekt. Prakt. in Prag.
  • Weller Joseph, k. k. Strassenmeister in Tetschen.
  • Werner Johann, Techniker in Prag.
  • Freiherr von Wetzel, k. k. Baud. Prakt. in Prag.
  • Wewerka Joseph, Kaufmann in Prag.
  • Wiener Hermann, Fabriksinhaber in Prag.
  • Wiesenfeld Carl, k. k. Lieutenant und suppl. Prof.
    der Baukunst in Prag.
  • Wirker von Wakersfeld, k. k. Obrist in Prag.
  • Wiscoczil, Mühlbesitzer in Prag.
  • Witschl Leopold, Uhrmacher in Prag.
  • Wodwarzka, k. k. Strassenkommissär in Prag.
  • Wodwarzka, k. k. Strassenm. in Schwarz-Kosteletz.
  • Wöllner Leopold, k. k. Strassenbau-Ing. in Prag.
  • Wohl Herrmann, Antiquarbuchhändler in Prag.
  • Wolf Johann, Techniker in Prag.
  • Wurm, k. k. Strassenbaudir. Prakt. in Kreuzberg.
  • Wurmb, k. k. Oberlieutenant in Prag.
  • Zahradka Franz, k. k. Amtsingenieur in Prag.
  • Zahradnik Franz, Wirthschaftsbeamt. in Sadowa.
  • von Zeileisen Alb., k. k. Waldmeister in Döberneg.
  • von Zeileisen Wenzel, k. k. Berggeschwor. in Eule.
  • Zellinger Carl, k. k. Kreisingenieur in Prag.
  • Zimma Johann, Bürger u. Hausbesitzer in Töplitz.
  • Zimmermann, k. k. Strassenaufseher in Pisek.

Nieder-Oesterreich.


  • Adam Carl, Rechn. Rath des k. k. Hofbaur. in Wien.
  • Adler Jakob, k. k. Ingenieur-Praktikant in Wien.
  • Bauer, Buchhändler in Wien.
  • Baumgartner J. M., k. k. Rath und Strassen-
    Baudirektor in Wien.
  • Baumgartner Joseph, k. k. Kreisingenieur in Wien.
  • Beck’sche Universitäts-Buchhandlung in Wien.
  • Bernardelli Eduard, k. k. Ingen. Prakt. in Wien.
  • Bibliothek der k. k. vereinigt. Hofkanzlei in Wien.
  • Bibliothek der k. k. Landwirthschaftsges. in Wien.
  • Böck Benedikt, Ingrossist des k. k. Hofbaur. in Wien.
  • Bondi Adolph, Fabrikant in Wien.
  • Braun Ferdin. k. k. Baudirekt. Prakt. in Wien.
  • Braunhofer Ferdin. k. k. Ingen. Prakt. in Wien.

  • Burkart van der Klee Franz, Lieutenant bei dem
    1tenJäger-Bataillon.
  • Cabinet, k. k. physikalisches in Wien.
  • Conradi Georg, Grosshändler in Wien.
  • Demarteau Amadeus, Eleve der Architekt. in Wien.
  • Graf Dessewsky von Czernek und Tarkeö Carl,
    k. k. Edelknabe und Zögl. am Theresian. in Wien.
  • Dlauhy Franz, k. k. Strassen-Baud. Ingen. in Wien.
  • Dobsch Carl, k. k. Hofbauraths-Zeichner in Wien.
  • Freiherr von Drossdick, k. k. Hofrath und Ritter
    mehrerer Orden in Wien.
  • Eyszelt J., Rechn. Off. des k. k. Hofbaurth. in Wien.
  • Fasshold Jos., Zeichn. des k. k. Hofbaur. in Wien.

[[XIII]]
  • Die Herren
  • Fasshold Wolfgang, Rechn. Offizial des k. k. Hof-
    baurathes in Wien.
    2 Exempl.
  • Se. Excellenz Graf Festetits von Tolna Albert,
    Obersthofm. Sr. kaiserl. Hoheit E. H. Joseph etc.
  • Graf Festetits Nikolaus in Wien.
  • Fischer Joh., k. k. Baudirektions-Adjunkt in Wien.
  • Friderich Joh., k. k. Strassen-Baudirekt. Adjunkt
    in Wien.
  • Frimmel Franz, k. k. Strass. Kommiss. in St. Pölten.
    2 Exemplare.
  • Gallina Friedrich., k. k. Ingen. Hauptmann in Wien.
  • Gassner Ignaz, k. k. Ingenieur-Prakt. in Wien.
  • k. k. Genie-Haupt-Archiv in Wien.
  • Gerold Carl, Buchhändler in Wien. 30 Exempl.
  • Glöckner Fl., k. k. Strass. Inspicient in Rastenberg.
  • Se. Excell. Graf v. Goess Peter, Obersthofm. Se. kais.
    Hoheit E. H. Franz Carl, etc. etc. in Wien.
  • Grätz, Jos., k. k. Strass. Kommissär in Wolkersdorf,
  • Greifenstein, Oberlieutenant in k. k. Bomb. Corps
    in Wien.
  • von Grillo, Hammerwerksdirektor in Wien.
  • Gruber V., k. k. Strass. Kommiss. in Wienr. Neustadt.
  • Gruber V., Zeichner des k. k. Hofbaurathes in Wien.
  • Gurk Eduard, Kupferstecher in Penzing.
  • Baron von Handel in Wien.
  • Hawliczek, Hauptm. des k. k. General-Quartiermei-
    sterstabes in Wien.
  • Höfer Carl. Zeichner des k. k. Hofbaurathes in Wien.
  • Huber J., Cass. d. Herren Geymüller \& Comp. in Wien.
  • Hütter Ludwig, prov. k. k. Strass. Kommiss. in Horn.
  • von Huttern L., Hörer des techn. Kurses in Wien.
  • k. k. Ingenieurs-Akademie in Wien.
  • Jacks Franz, k. k. Ingenieur-Prakt. in Wien.
  • Jüngling A., Ingrossist des k. k. Hofbaurth. in Wien.
  • Kammerer J., k. k. Strass. Inspicient in Atzgersdorf.
  • Freiherr v. Karg J., k. k. Strass. Kommis. in Neudorf.
  • Karner J., Kadet des k. k. Pionirkorps in Wien.
  • von Körber, k. k. Major in Wien.
  • Kornhäusel Joseph, k. k. Architekt in Wien.
  • Kriegs-Archiv des k. k. General-Quartiermeister-
    stabes in Wien.
  • Krone Gustav in Wien.
  • Lang Joseph, k. k. Ingenieurs-Prakt. in Wien.
  • Libano Joseph, k. k. Strass. Kommiss. in Altenmarkt.
  • Litsch Wilhelm, Mechaniker in Wien.
  • Loebhart P., Hauptm. d. k. k. Bomb. Corps in Wien.
  • Koeffler Joh., k. k. Strass. Inspicient in Jägersdorf.
  • Loessl Franz, Architekt in Wien.
  • Maader Stephan, Capitain-Lieutenant im k. k. Min.
    Corps in Hainburg.
  • Ritter von Mannagetta, k. k. Hauptmann in Wien.
  • von Martoni C., Major im k. k. Genie-Corps in Wien.
  • Marx, Ant. k. k. Fähnrich in Wien.
  • Maryni J, Rechn. Rath des k. k. Hofbaurth. in Wien.
  • Mayerhofer F., k. k. Strass. Inspic. in Münchendorf.
  • Se. Durchlaucht Fürst von Metternich-Winne-
    burg
    Cl., k. k. Hof-u. Staatskanzl. etc. etc. in Wien.
  • k. k. Mineurs-Corps-Commando in Hainburg.
  • Ministerial-Bureau der k. k. allgemeinen
    Hofkammer in Wien.
  • Edler von Mitis Ignaz, N. Oe. Landstand in Wien.

  • Die Herren
  • Se. Exzel. Graf Mittrowsky v. Mittrowitz u.
    Nemischel
    Ant., k. k. ob. Kanz. etc. etc. in Wien.
  • Mittermaier, Apotheker in Steinamanger.
  • Mörschner u. Jasper, Buchhändl. in Wien. 2 Ex.
  • Mrázeh Eman., Assist. der k. k. Hofkriegsbuchhal-
    tung in Wien.
  • Mühlbök Rudolph, k. k. Strassinsp. in Traiskirchen.
  • Graf v. Neipperg Gust., Lieut. im k. k. Genie-Corps
    in Wien.
  • Neustein Bernard, Kaufmann in Wien.
  • Nobile P., k. k. Hofbaur u. Dir. d. Akad. in Wien.
  • Ocscher Leop., Zeich. d. k. k. Hofbaurat. in Wien.
  • Ostertag Wilhelm, Prof. an der k. k. Akademie
    der bild. Künste in Wien.
  • Pacher von Theinburg Louis, Fabriksinhaber
    in Sollenau.
  • Pallhon Jos, Stud. am polytechn. Inst. in Wien.
  • Payer Leop., k. k. Strass. Inspicient in Schwarzenau.
  • Pecher Jos., Lieut. im k. k. Bomb. Corps in Wien.
  • Petzelt Joseph, ex propriis Bombardier in Wien.
  • Podlaha, k. k. Professor in Wien.
  • Freyherr von Puthon Carl, in Wien.
  • Reuss von Rüssenstein Jos., k. k. Strassen In-
    spicient in Hainburg.
  • Riener Martin, k. k. Ingen. Prakt. in Wien.
  • Roesner Carl, Correktor an der k. k. Akademie der
    bild. Künste in Wien.
  • Rueff Anton, Stadtzimmermeister in Wien.
  • Schalbacher, Buchhändler in Wien. 7 Exempl.
  • [Schebelka] Johann, Geomet. b. d. k. k. Cat. Ver-
    messungs Central-Direktion in Wien.
  • Sch[e]merl, Rit. v. Leytenbach Jos., k. k. Hof-
    kommisionsr. Ritt. d. ö. k. Leop. Ord. etc. in Wien.
  • Schiefer Cajetan, k. k. Bdkt. Architekt in Wien.
  • von Schindler, k. k. Oberlieutenant in Wien.
  • Schmeger Franz, k. k. Strass. Insp. in Hainfeld.
  • Schmidt Anton, k. k. „ „ in Mödling.
  • Schneider Ant., k. k. „ „ in Wolkersdorf.
  • Schön Jos., Zeichner des k. k. Hofbaur. in Wien.
  • Schottauer Leopold in Wien.
  • Schuster Mart., Hörer d. techn. Kurses in Wien.
  • Sorgner Carl, k. k. Strass. Inspicient in Horn.
  • Soukup Joh., Eleve der Architektur in Wien.
  • Sprenger Paul, Prof. an der k. k. Akad. d. bild.
    Künste in Wien.
  • Springer Jos., k. k. Ingen. Prakt. in Wien.
  • Stark Chr., prov. leitender Werkmeister am k. k.
    polytechn. Institute in Wien.
  • Ritter von Steiner, Vice-Gouverneur der k. k. Na-
    tional-Bank in Wien.
  • Stummer Joseph, Assistent am k. k. polytechn. In-
    stitute in Wien.
    2 Exemplare.
  • Swaty Franz, k. k. Strass. Inspicient in Schwechat.
  • Tendler, Buchhändler in Wien.
  • Trathnigg Jos., k. k. Strass. Kom. in Schwechat.
  • Traugott Bartelmus, in Wien.
  • Trinkl Joh., k. k. Strass. Inspicient in Schwadorf.
  • Weiss Jos., Zeichner d. k. k. Hofbaurathes in Wien.
  • von Wildeisen, in Wien.
  • Willam Jos., Stud. am k. k. polytech. Inst. in Wien.
  • Willinger Joh., k. k. Strass. Insp. in Korneuburg.

Gallizien.


  • Alexius Vincenz, k. k. Wegmeist. in Szebnie-Jaslo.
  • Andrieux Joh., k. k. Strass. Kommissär in Kolomca.
  • Ansion Max., k. k. subst. Wegmeister in Lemberg.
  • Arvay Adam, k. k. Strassenkommissär in Wykow.

  • Arzt Hieronym., k. k. Strassenbaud. Ing. in Lemberg.
  • Baudisch Carl, k. k. Strassenbd. Prakt. in Lemberg.
  • Baumeister August, Rechnungs-Offizial des k. k.
    Baudepart. in Lemberg.

2
[[XIV]]
  • Die Herren
  • Berger, k. k. Genie u. Wassbdkt. Prakt. in Lemberg.
  • von Bienczewski Adam, k. k. Strassenk. in Kenty.
  • Biesiadecki Vz., k. k. Strassbdkt. Prakt. in Lemberg.
  • Blaim Johann, k. k. Strassenkommissär in Stry.
  • von Bretschneider Frz., k. k. Kreising. in Bochnia.
  • Caspar Carl, Zeichn. d. k. k. Civil Baudik. in Lemberg.
  • Dobrzansky Adr., Buchhändler in Czernovitz. 3 Ex.
  • Duval \& Gludovich, Magazineurs in Drohobycz
    und Modrzycz.
  • Eichelshof Carl, k. k. Wegmeister in Sanok.
  • Elsner Ch., k. k. sub. Wegmst. in Jakobenye-Bukowina.
  • Englert Johann, k. k. Wegmeister in Kenty.
  • Fiedler Joseph, k. k. Strasskom. in Zaleszezyk.
  • Fischer Anton, k. k. Markscheider in Lemberg.
  • Flegel Franz, k. k. Wassbdkt. Prakt. in Lemberg.
  • von Freyseysen C., k. k. Markscheider in Wieliczka.
  • Führer Mich., k. k. subst. Strassenkommissär in Jaslo.
  • Gaberle Frz., k. k. Strassbaudkt. Ingen. in Lemberg.
  • Giebisch Johann, k. k. Wegmeist. in Izdebnik.
  • Hajek Jos., k. k. Land. Baudkt. Kanzelst. in Lemberg.
  • Hasek Joh., k. k. Wegmst. in Gurahumora-Bukowina.
  • Hausser, k. k. Wasserbaudkt. Prakt. in Lemberg.
  • Hibl Jos., k. k. Strasskomm. in Kimpolung-Bukowina.
  • Hofmann Philipp, k. k. Markscheider in Laczyn.
  • Hantschka Carl, k. k. Wasserbauingen. in Jaroslau.
  • Hrdina Ludwig, k. k. Schichtmeister in Wieliczka.
  • von Huber Jos., k. k. Navigat. Ingen. in Stry.
  • Humlinger Carl, k. k. Baudkt. Prakt. in Lemberg.
  • Jüstl Frd., k. k. subst. Wegmst. in Possorita-Bukowina.
  • Kastalski Heinr., k. k. Strasskommiss. in Przemysl.
  • Kehrer Eduard, k. k. subst. Wegmeist. in Dorna-
    Kandrenj-Bukowina.
  • Kersch Jos., k. k. subst. Wegmeister in Kimpolung.
  • Kirchberg Carl, k. k. Wegmeister in Nadworna.
  • Kirchenberger Moritz, k. k. Wasserbau-Ingen.
    in Czernowitz.
  • Kiste Carl, k. k. Strass. Bdkt. Adjunkt in Lemberg.
  • Kramer Ferd. k. k. Kreisingenieur in Neusandec.
  • Kramer Johann, k. k. Strass. Bdkt. Ingen. in Lemberg.
  • Kreutzig Joseph, k. k. Wegmeister in Kalusch.
  • Kriz Isfried, k. k. Profess. der Physikin Przemysl.
  • Küstel Aloys, k. k. Salin. Hüttenmeist. in Utorop. 2 Ex.
  • Kutschera C. T., k. k. Wass. Bkt. Zeich. in Lemberg.
  • Kutschera Joseph, k. k. Strass. Bdkt. Zeichner,
    dermalen Strassenkommissär in Bochnia.
  • Lang Jos., k. k. Strassbdkt. Prakt. in Lemberg.
  • Lernet, k. k. Bdkt. Prakt. in Lemberg. 2 Exempl.
  • Lvwicki Joh., k. k. Wegmst. in Krascienko-Sanok.
  • von Lilienbach Alois, k. k. Berg- und Hüttenver-
    walter in Szwazowice.
  • von Lilienbach Joseph, k. k. Gub. Rath und Salin.
    Administrator in Wieliczka.
  • Malburg Joseph, k. k. Strass. Kommiss. in Makow.
  • Marherr Jos., k. k. Strassenbaudirektor in Lemberg.
  • Marischler A., k. k. Baudirekt. Prakt. in Lemberg.
  • Maychrowicz Franz, k. k. subst. Wegmst. in Tarnow.
  • de Milleret Ferd., Bauinspector in Lemberg.
  • Möser Ignaz, k. k. Kreisingen. in Stry.

  • Die Herren
  • Niemetz Thomas, k. k. Kreisingen. in Zloczow.
  • Ochsenbauer Franz, Rech. Offizial der k. k. Staats-
    Buchhaltung in Lemberg.
  • Oliva Anton, Zeichnungslehrer an der k. k. Kreis-
    hauptschule in Przemysl.
  • Opolski Ludw., k. k. subst. Wegmst. in Ustrzyki Sanok.
  • von Perrelli Agnel, Baupraktikant in Zotkiew.
  • Peters Joseph, k. k. Strass. Bdkt. Prakt. in Lemberg.
  • Petran Frz., k. k. subst. Wegmeist. in Zboro Zloczow.
  • Piotrowski Joh., k. k. subst. Wegmst. in Zaleszczyk.
  • Pisch Michael, k. k. Wegmeister in Wieliczka.
  • Pluschk Math., k. k. Strass. Bdkt. Adjunkt in Lemberg.
  • von Poszepczynski Gottfried, k. k. Wass. B. Ing.
    Prakt. in Tschernowitz.
  • Przestrzelski Cajet., k. k. Strassbaudkt. Prakt. in
    Lemberg.
  • Przibislawski Nareis, k. k. Wassbing. in Dzikow.
  • Purkinje Joseph, k. k. Professor in Lemberg.
  • Raab Franz, k. k. Wassbdkt. Prakt. in Stry.
  • Rappe Anton, k. k. Wegmst. in Spytkowice.
  • Raschek Jos., k. k. Strassenkommissär in Nadworna.
  • Reichersdorfer A. K., k. k. Wasserbdkt. Zeichn.
    in Lemberg.
  • Richter Frz., k. k. Strassenkommiss. in Staremiasto.
  • Ricspler Jos., k. k. Strassbdkt. Zeichn. in Lemberg.
  • Ruzek Anton, k. k. Kreisingen. Prakt in Przemysl.
  • Sacharek Johann, k. k. Strassenkommissär in Tarnow.
  • Schindler Andr., k. k. Strassbdkt. Prakt. in Lemberg.
  • Schöpf Johann, k. k. Wasserbauingen. in Podgorze.
  • Schubert Carl, k. k. Strassenkommiss. in Tarnow.
  • Sertz von Ottesheim Carl, k. k. Kreisingen. in
    Zaleszczyk.
  • Skolimowski Hypolit, k. k. subst. Wegm. in Kolomcza.
  • von Smagalski Joh., k. k. Kreising. in Tarnow.
  • Steingraber Leop., k. k. subst. Wegm. in Makow.
  • Stengl Wilh., k. k. Baudirekt. Prakt. in Lemberg.
  • Sternad Wenzl, k. k. Wegmeister in Myslenice.
  • Stosak Vincenz, k. k. Strasskommiss. in Stanislawow.
  • Beamte d. k. k. gal. Strassenbaudirekt. in Lemberg. 6 Ex.
  • Theimer Alexand., k. k. Kreisingen. in Brzezan.
  • Tomek Joseph, Rech. Rath der k. k. St. Buchhaltung
    in Lemberg.
  • Trescher Franz, Baumeister in Lemberg.
  • Vilkind Bernd., k. k. Ingros. b. Baudepart. in Lemberg.
  • Wania Ed., k. k. Wassbdkt. Prakt. in Lemberg.
  • Wegemann Jos., k. k. Kamm. Oberförst. in Czernowitz.
  • Weimes Jos., k. k. Strassbdkt. Zeichn. in Lemberg.
  • Wild Carl, Buchhändler in Lemberg. 2 Exempl.
  • Wilk Franz, k. k. Strassenkommissär in Sanok.
  • Zappe Anton, „ „ „ „ Dukla.
  • Zipps Martin, „ „ „ „ Kenty.
  • Zoll Jos., k. k. subst. Wegmeist. in Prosowki Bochnia.
  • Zollner Carl, k. k. Strassenkomm. in Kalusch. 2 Ex.
  • Zopoth Gustav, Bauaufseher bei der k. k. Civil-
    Baudirektion in Lemberg.
  • Zouffal Jos., k. k. Strassenkommiss. in Neusandec.
  • Zygmuntowsky, k. k. Wassbdkt. Prakt. in Podgorze.

Ungarn sammt Nebenländern.


  • v. Adda Franz, k. k. Eisenhandl. Cass. in Rolmitz.
  • v. Aszboth, k. Kammeral-Architekt in Mar. Szigeth.
  • v. Báthory Step., Donau Mapp. Ingenieur in Ofen.
  • v. Berger Jos., Oberbaudir. Navig. Ingen. in Ofen.
  • Berger Ludwig, k. dirigir. Ingenieur in Agram.
  • Bettelheim, Buchbinder in Arad.
  • Bujauovics v. Agg-Telék Eduard, Besitzer
    von Habsán.

  • Catdebo v. Báráthaza Gregor, Assessor und
    Physikus des Comitats Temeswar.
  • v. Demkovics A., Obbaudir. Gremial-Ing. in Ofen
  • Graf von Deym Carl, in Pesth.
  • Eckl, Zimmermeister in Panczowa.
  • v. Ecklér Emr., k. Obbaudt. dirig. Adjunkt in Ofen.
  • Graf Festetits Em., k. k. Kämmerer in Güns. 2 Ex.
  • Forberger Samuel, Donau Mapp. Ingen. in Ofen

[[XV]]
  • Die Herren
  • v. Gilvasy, k. k. Hauptm. u. Vice-Baud. in Panczowa.
  • Glauzer Anton, k. k. Hüttenschaffer in Mittelwald.
  • Groeber L., Professor der Physik in Raab.
  • v. Gronovszky Martin, k. Oberbaudirekt. Gremial-
    Zeichner und approb. Ingen. in Ofen.
  • Györy Alexander, Don. Mapp. Ing. in Ofen.
  • von Halátsy, Nikolaus, detto
  • Hartleben, Buchhändler in Pesth. 2 Expl.
  • v. Hell Alexander, k. Bergprakt. in Windschacht.
  • v. Heymann, k. k. Obristwachtm. u. Baud. in Panczowa.
  • Hornig Franz, k. Oberbaudirekt. Prakt. in Ofen.
  • v. Hüppmann F., k. Oberbaudir. Grem. Ing. in Ofen.
  • v. Huszar Mathias, k. dir. Ingen. in Groſswardein.
  • Hyeronymi Franz, Donau Mapp. Ing. in Ofen.
  • Kamöczy Gabriel, detto
  • v. Keczkés Carl, k. Navigat. Ingenieur in Ofen.
  • Ketse Franz, Donau Mapp. Ingenieur in Ofen.
  • Kilian Georg, Buchhändler in Pesth. 11 Exempl.
  • v. Krötzer Martin, k. Camm. Bauing. in Temeswar.
  • v. Lamm Jakob, k. dir. Camm. Ingen. in Unghvár.
  • K. ung. Landes-Oberbau-Direkt. in Ofen.
  • Freiherr v. Langenau, k. k. Feldmarsch. L. in Ofen.
  • Lányi Samuel, Don. Mapp. Ingenieur in Ofen.
  • v. Marchhardt F., k. Oberbaudir. Zeichn. in Ofen.
  • Markmüller C. v., Oberbd. Dir. Adjunkt in Ofen.
  • Melczel Joh., k. Donau. Mapp. Ingen. in Ofen.
  • Meresch Joseph, Primpotentiär in Schlaning.
  • Nagy Ludwig, k. Donau. Mapp. Ingenieur in Ofen.

  • Die Herren
  • Nikolka Andreas, k. Donau Mapp. Ing. in Ofen.
  • Payer Johann, k. Oberbaudirekt. Prakt. in Ofen.
  • Peithner Edler v. Lichtenfels R., Bergaka-
    demiker in Schemnitz.
  • Artillerie Regiment No. 5, Baron Russo v.
    Aspernbrand
    in Pesth.
    2 Exemplare.
  • Riese Eduard, gräfl. Esterhazysch. Ingen. in Totis.
  • Rzezniczek Johann, Bergakadem. in Schemnitz.
  • v. Schilling, k. k. Hauptm. im Genie-Corps in Ofen.
  • Schmid G., Prof. d. Mathem. a. d. Univ. in Pesth. 10 Ex.
  • Schwaiger, Buchhändler in Pressburg.
  • Smolka Carl, Bergakademiker in Schemnitz. 6 Ex.
  • Stehno Andreas, k. Oberbaudir. Prakt. in Ofen.
  • Suppan Franz, Buchhändler in Agram.
  • Thierry W. H., Buchhändler in Herrmannstadt.
  • Thyr, k. Baudirekt. Prakt. in Panczowa.
  • Tóth Anton, k. Donau Mapp. Ingenieur in Ofen.
  • Vargha Joh., k. Bezirks-Ing. Adj. in Groſswardein.
  • v. Vásárhelyi Paul, k. Don. Mapp. dir. Ing. in Ofen.
  • Vauthier Ritter v. Rochefort Leopold, Inge-
    nieur-Adjunkt in Warasdin.
  • Vörös Ladislaus, k. Don. Mapp. Ingenieur in Ofen.
  • v. Weiſs Jos., k. Oberbaudir. Adjunkt in Ofen.
  • Wigand C. F., Buchhändler in Pressburg. 2 Ex.
  • Wigand Otto, Buchhändler in Pesth. 6 Expl.
  • Willecz, k. Cammeral-Architekt in Eperies.
  • v. Zelenka Ludw., k. Oberbaudir. Nav. Ing. in Ofen.
  • Zsittnyán Joh., k. Donau Mapp. Ingen. in Ofen.

Mähren und Oesterreichisch-Schlesien.


  • Amtskanzlei in Vöttau.
  • Ansion Franz, k. k. Mapp. Geometer in Prerau.
  • Baltz Edler v. Baltzberg, k. k. Oberstlieut. u.
    Mähr. Schles. Katast. Mapp. Direkt. in Brünn.
  • Bayer Anton, Direktor d. Prov. Strafhaus. in Brünn.
  • Bazant Anton, Schichtmeister in Friedland.
  • Brunner Franz, Bauverw. in d. k. Hauptst. Brünn.
  • Budinka Vincenz, k. k. Strassenmeister in Zwittau.
  • Cadeten-Compagnie am k. k. Cadeten-Institut
    in Ollmütz.
  • Chowanetz Franz, erzh. Forstamtskontr. in Teschen.
  • Demko Alois, k. k. Strassenmeister in Freiberg.
  • Dosterschil J., erzh. Wrthshftskont. in Kostkowitz.
  • Franzensmuseum in Brünn.
  • Gastl Franz, Buchhändler in Brünn.
  • Goder W., altgräfl. Salm. Berggeschworn. in Blansko.
  • Haller L., Buchhändler in Brünn. 2 Exemplare.
  • Hammerwerk erzherzogl. in Ustron. 2 Exempl.
  • Hartmann Anton, Geometer in Brünn.
  • Heilich, Techniker in Ollmütz.
  • Herzfeld Sigmund, in Teltsch.
  • Holzer Ferd., k. k. Baudirekt. Prakt. in Ollmütz.
  • Hruby F., k. k. Mapp. Geometer in Prerau.
  • Hussak Prosper, Piarist. Ord. Vikar. in Nikolsburg.
  • Jankovich, Prof. am k. k. Cadet. Instit. in Ollmütz.
  • Kasparek Gottlieb, Verwalt. in Nied. Teschonowitz.
  • Kinzle, Mechanikus in Blansko.
  • Kleinpeter Franz, Eisenwerksdir. in Friedland.
  • Kleinwächter A., erzherzogl. Forstingenieur in
    Kalembitz.
  • Kleyle Fr., erzherz. Oberamtmann in Friedek.
  • Kloſs Ign., bürgerl. Zimmermeister in Neutitschein.
  • Knechtl Peter, Piaristenrektor u. Fürsterzbischöfl.
    Bibliothekar in Kremsier.
  • Köller P., Pfarrer und Ehrendechant in Jarmeritz.
  • Krammer Jos, k. k. Kat. Mapp. Adjunkt in Prerau.
  • Krziwanek, Doktor in Brünn.

  • Kühnel Johann, städtischer Baumeister in Teschen.
  • Kuffay Franz, k. k. Kreisingenieur in Teschen.
  • Graf Larisch-Männich in Freistadt.
  • Magistrat der Stadt Kremsier.
  • Mautschka A., k. k. Strassenm. in Gross-Augezd.
  • Merkl, k. k. Kat. Mapp. Geometer in Prerau.
  • Neuber Georg, k. k. Kreisingenieur in Ollmütz.
  • Neugebauer Johann, Buchhändler in Ollmütz,
  • Neumann Anton, Geometer in Brünn.
  • Neyssl Wenzel, Bauamtsprakt. in Ollmütz.
  • Obschil F., Franz, Rath u. Syndikus in Frankstadt.
  • Paburg, Ritter von, Ernest, Besitzer der Herr-
    schaft Bojanowitz und Chwalkowitz.
  • von Paravicini, k. k. Strassenmeist. in Müglitz.
  • Patloch Anton, Lehrer in Kremsier.
  • Pawelek Peter, Rentmeister in Poruba.
  • Pertsch Eduard, Geometer in Brünn.
  • Freiherr von Podstatzky-Tonsern Wilhelm,
    Besitzer der Herrschaft Bittenschitz und des
    Gutes Chwalnow.
  • Pohl Anton, k. k. Kat. Map. Insp. Adj. in Prerau.
  • Prikryl Johann, Apotheker in Austerlitz.
  • Pulpan Joseph, k. k. Strassenkommiss. in Tetschen.
  • Rechtorzik Ig., k. k. Strass. Komm. in Weiskirchen.
  • Reichenbach, Direktor des Eisenwerks in Blansko.
  • Rokita Joseph in Teltsch.
  • Rubana Carl, k. k. Kat. Map. Inspektor in Prerau.
  • Rzehak M., erzherzogl. Kammer. Insp. in Teschen.
  • Schiedernoch Anton, Direktor in Poruba.
  • Schuster Joh., k. k. Kat. Mapp. Geometer. in Prerau.
  • Siegel Ignaz, Weinhändler in Ollmütz.
  • Sochor Johann, k. k. Kat. Mapp. Adjunkt in Prerau.
  • Sopuch Joh., Steuereinnehmer in Gross-Ullersdorf.
  • Swoboda Jakob, Controllor in Piessling.
  • Thalherr C., ollm. fürsterzb. Genie-Adj. in Prerau.
  • Thannabauer Franz, k. k. Strassenmeister in
    Pohrlitz.

[[XVI]]
  • Die Herren
  • Trassler Adolph in Troppau.
  • Trassler J. G., Buchhändl. in Brünn. 2 Exempl.
  • Valenta Franz, k. k. Strassenkommiss. in Wischau.
  • Wallenda Joseph, Zimmermeister in Ollmütz.

  • Die Herren
  • Wese Vikt., Piaristen-Ordens-Präf. in Nikolsburg.
  • Zert Wenzel, k. k. Kat. Mapp. Adj. in Prerau.
  • Ziegelheim Wenzel, k. k. Strassenmeister in
    Skotschau.

Steyermark.


  • Benediktiner-Stift in Admont.
  • k k. Bergwerks-Prod.-Verschl. Direkt. in Eisenerz.
  • Bibliothek der k. k. Landes-Bau-Direkt. in Grätz.
  • Edler v. Blumfeld T., k. k. Baudir. Kanz. in Grätz.
  • Brunader A., k. k. Baudir. Amtszeichn. in Grätz.
  • Byloff Friedr., k. k. Baudirekt. Amtsingen. in Grätz.
  • Chalaupka Ferd., k. k. Strassenkomm. in [Marburg].
  • Czerwinka Franz, k. k. Bauprakt. in Judenburg.
  • Dietrich Vinc., k. k. Hüttenkontrollor in Eisenerz.
  • Hauptgewerkschafts-Direkt. in Eisenerz.
    2 Exemplare.
  • Drexler Ignaz, Papierfabrikant in Voitsberg.
  • Ferstl’sche Buchhandlung in Grätz.
  • Graehegg Mathias, k. k. Bauprakt. in Grätz.
  • Groinigg M., Pfleger der Herrschaft Gstadt.
  • Freiherr von Gudenus in Grätz.
  • Hauberisser Georg, Baumeister in Grätz.
  • Jettel Gust., Manipulant beim Gusswerk St. Stephan.
  • Kautzner Carl, k. k. Strassenmeist. in Trüben.
  • Kienreich J. A., Buchhändler in Grätz.
  • Koberwein J., k. k. Kreising. in Bruck an der Mur.
  • Kollauf Carl, k. k. Strassenmeister in Schladming.
  • Mareck Leonhard, k. k. Strassenmeist. in Gonavitz.
  • Ohmayer Ch., Stadt- u. Fortif. Zimmerm. in Grätz.
  • Peinhaupt Math., k. k. Strassenmeist. in Strass.
  • Pirnad J., Bezirkskomm. und Verwalt. in Schleinitz.
  • Pittoni v. Tannenfel, Bes. d. Hersch Stattenberg.
  • Edler v. Planner Em., k. k. Kreising. in Judenburg.

  • Edler v. Platzer C., k. k. Wasserb. Assist. in Rann.
  • Pögl Joh., k. k. Strassenkommiss. in Knittelfeld.
  • Posener Paul, k. k. Kreisingenieur in Zilli.
  • Pudiwitter A., k. k. Wassrb. Assist. in Radkersburg.
  • Rafalt Franz, Gewerksverweser in St. Lambrecht.
  • Richter Alois, k. k. Waldbereiter in Irdning.
  • Riedl, Zimmermeister in Pöls.
  • Rosentritt in Grätz.
  • Rothmayer Joseph, k. k. Strassenmeist in Wildon.
  • Schlager J., k. k. Waldbereiter in Admont.
  • Edler v. Schluntenberg J., k. k. Strassm. in Zellnitz.
  • Schneeweiss, k k. Strasskom. in Wind. Feistritz.
  • Schnöller J., k. k. Strassenmeist. in Knittelfeld.
  • Schöber J., k. k. Hüttenverwalter in Eisenerz.
  • Schuh Ant., k. k. Strassenmeister in Marburg.
  • Schuh Joh., k. k. Baudkt. Sekretär in Grätz.
  • Sommerauer in Tribein.
  • Ständisches Johanneum in Grätz
  • Steinlechner Leopold, Gewerksverwes. in Orblern.
  • Steinprinz Fr., k. k. Direkt. Concip. in Eisenerz.
  • von Trauer in Grätz.
  • Ungar Franz, k. k. Bauprakt. in Grätz.
  • Weinmeister A., Sensengewerk in Möderbruck.
  • Werzer Franz in Pachern.
  • Wotesky Michael, k. k. Baudirektor in Grätz.
  • Zinner Peregrin in Pachern.
  • Zistler Franz, k. k. Bauprakt. in Cilli.
  • Zwölfer Ant., k. k. Strassenmeister in Kirchdorf.

Ober-Oestrreich.


  • Akademische Kunst- Musik- und Buchh. in Linz.
  • Bergauer Franz, Ingenieur in Freistadt.
  • v. Bischoff J., k. k Hammerverw. in Kleinreifling.
  • Dierzer, Wollenzeugfabrikant in Linz.
  • Duyle F., Buchdrucker u. Buchhändler in Salzburg.
  • Engel Johann, k. k. Oberhammerverwalter in Weyer.
  • Flamlischberger A., k. k. Baudprakt. in Linz.
  • Gehmacher Leopold, k. k. Kreisingen. in Salzburg.
  • Grimm Wenzel, k. k. Baudirekt. Prakt. in Linz.
  • Haas Jakob., k. k. Wegmeister in Frankenmarkt.
  • Kindinger Fr., k. k. Bergwerksprakt. in Weyer.
  • Koeb Cajetan, k. k. Wegmeister in Werffen.
  • Kofler Al., k. k. Bergwerks-Prakt. in Kleinreifling.
  • Koller Marian, Astronom in Kremsmünster.
  • Koller Mathias, Sensenfabrikant in Dambach.
  • Kränzl, Buchhändler in Ried.
  • Leobner Melchior, k. k. Hammerverw. in Weyer.
  • Linienbauer Ignaz, Stadtzimmerm. in Scherding.
  • Machauer F., k. k. Strassenkommiss. in Salzburg.
  • Mayer Carl, k. k. Wegmeister in Linz.
  • Mayer Chr., k. k. Professor der Physik in Salzburg.
  • Partl Carl, k. k. Wegmeister in Spital.

  • Puchberger Aloys. k. k. Kreisingenieur in Ried.
  • Regiment, Infanterie Nr. 59, G. H. Baden in Salzburg.
  • Reuter Jakob k. k. Wegmeister in Wels.
  • Roll Carl, Ingenieur der Eisenbahn in Linz.
  • Sänger Anton, detto in Freistadt.
  • Seeling Franz, detto detto.
  • Seyrl Franz, k. k. Baudirekt. Praktik. in Linz.
  • Schmatz J., Amts-Ingen. der k. k. Baud. in Linz.
  • Schmiedleithner, Sensenschmiedm. in Leonstein.
  • Schönerer Math., Bauingen. der Eisenb. in Freystadt.
  • Schreiter Carl, k. k. Baud. Prakt. in Salzburg.
  • Stadla Joh. k. k. Wegmeister in Ebelsberg.
  • Steinprinz C., k. k. Hammermanip. in Weyer.
  • Strebl Anton, k. k. Wegmeister in Haag.
  • Töpperwein J., Ingen. der Eisenbahn in. Freystadt.
  • Ullrich von Ullrichsthal F., k. k. Hauptmann
    in Salzburg.
  • v. Weissenberg R., k. k. Bergw. Prakt. in Weyer.
  • v. Witte, k. k. Fähnrich in Salzburg.
  • Woess Cajetan, k. k. Baud. Zeichn. in Salzburg.
  • Zeitlinger J., Sensenfabrikant in Spital.

Illirien.


  • Baudirektion k. k. in Laibach.
  • Boufleurs, Buchhaltungsbeamte in Laibach.
  • Bruck Oswald, k. k. Baudirekt. Prakt. in Laibach.

  • von Düras Jos., k. k. Kreisingenieur in Villach.
  • Echter Johann in Laibach.
  • Gräfl. Ferd. Egger’sche Güterinspekt. in Klagenfurth.

[[XVII]]
  • Die Herren
  • Foicker Simon, kaiserl. königl. Kreisingenieur in
    Laibach.
  • Korn Wilhelm, Heinrich, Buchhändler in Laibach.
  • Lax Joseph, Gutsbesitzer in Gmünd.
  • Lusner J. in Laibach.
  • Morgenbesser, k. k. Assessor in Idria.
  • Mühlbacher Paul, Hörer der Rechte in Bleiberg.
  • Müller, Architekt in Laibach.
  • von Pantz Ignaz, Eisenwerksdirektor in Hof.
  • Rouard Leopold, Hammergewerk in Sava.
  • Samassa, bürgerl. Glockengiesser in Laibach.
  • Savinscheg, Gutsbesitzer in Möttling.

  • Die Herren
  • Schulz Edler v. Strasznicki, k. k. ordentl. öff.
    Professor in Laibach.
  • Sinn, k. k, Baudirektions-Adjunkt in Laibach.
  • Skola Fr., k. k. kontroll. Navig. Assist in Ratschach.
  • v. Stadler, k. k. Gubernial-Rath. u. Oberbergamts-
    vorsteher in Klagenfurt.
  • Terpinz, Kaufmann und Gutsbesitzer in Laibach.
  • Texter, Schlossermeister in Neumarkel.
  • v. Tradeneg Raimund, k. k. Strassenkom. in Laibach.
  • Vertouz, Vikär in St. Veit.
  • Vidiz Fr., subst. k. k. Kreisingenieur in Laibach.
  • Vigeter Ferdinand, Verweser in Lippitzbach.

Tyrol.


  • Bachmann F., k. k. Strassenm. u. Ingen. in Feldkirch.
  • Friese Franz, k. k. Professor in Jnspruck.
  • Gerster Ritter v. Gerstorf zu Haunsperg
    Theod., k. k. Ingenieur-Obristlieuten. und Fort.
    Distrikts-Direktor in Inspruck.
  • Kink Martin, k. k. Strassenmeister in Lienz.

  • Margreitner J., k. k. Postexpeditor in Brunek.
  • von Pantz Eduard, Eisenwerksdirektor in Trimor.
  • Se. Excellenz Graf v. Tannenberg Alois, k. k.
    Kämmerer und wirkl. geheim. Rath in Schwatz.
  • Wagner, Buchhändler in Inspruck. 8 Exempl.
  • Waitz J., Handelsm. u. inspic. städt. Baum. in Brunek.

Küstenland.


  • Baudirektion k. k., in Triest.
  • Bittner I., k. k. Staatsbuchh. Ingrossitst in Triest.
  • Bloserna Matteo, in Triest.
  • Balzano Johann, k. k. Ingenieur in Triest.
  • Clementschütz Nikola, k. k. Kreising. in Görz.
  • Ritter v. Fumèe Leopold, Rechn. Rath der k. k.
    Staatsbuchhaltung in Triest.
  • Hashberger Carl., k. k. Cam. Zahlm. in Triest.

  • Graf Huyn, k. k. Provinzial-Baudirektor in Triest.
  • Juris Anton, k. k. Baud. Adjunkt in Triest.
  • Ponti Jos., k. k. Baudirektions-Adjunkt in Triest.
  • Schwarze Ernest, k. k. Kreisingenieur in Pisino.
  • Standeisky Franz, k. k. Hauptmann in Triest.
  • Vincherutti Ant, k. k. Strassenkommiss. in Görz.
  • Vorbeck Ed., k. k. Strassenkommissär in Pisino.
  • Ein Beamter der k. k. Baudirektion in Triest.

Lombardei.


  • Kampmüller v. Langholsen Joseph, Hauptm.
    im k. k. Ingen. Corps in Mantua.
  • Katzenberg F., Hptm. im k. k. Sapp. Corps in Mantua.
  • Peypert Jos., Hauptm. im k. k. Ingen. Crps in Mantua.

  • Ritter von Simonovitz Paul, Hauptm. en second
    im k. k. Ingen. Corps in Mantua.
  • Freiherr von Trauttenberg Carl, Oberlieut. im k. k.
    Ingen. Corps in Mantua.

Ausland.


  • Se. königl. Hoheit Prinz Heinrich v. Preussen in Rom.
  • Se. Hoheit Graf Wilhelm v. Würtemberg, Grosskreuz des königl. Ordens der Würtemberg’-
    schen Krone, königl. Hauptmann in Ludwigsburg.
  • Königl. preuss. Regierung zu Alt-Stettin.
  • « « « « Gumbinnen.
  • « « « « Koblenz.
  • « « « « Königsberg.
  • « « « « Liegnitz.
  • « « « « Magdeburg.
  • « « « « Marienwerder.
  • « « « « Münster.
  • « « « « Posen.

  • Dann die Herren
  • Abegg, k. preuss. Com. u. Admir. Rath in Danzig.
  • Abel, Baurth. des Nekkar-Kreises in Ludwigsburg.
  • Ancke Fried., Architekt und Zimmerm. in Chemnitz.
  • Baedecker, Buchhändler in Koblenz.
  • Baerecke, Buchhändler in Eisenach. 2 Exempl.
  • Basse Carl, in Frankfurt am Mayn.
  • von Berger, königl. Würtemberg’scher Major beim
    Gener. Quartiermeisterstabe, Ritter des königl.
    Kronordens in Ludwigsburg.
  • Königl. preuss. Bergwerksbibl. in Berlin.

  • Die Herren
  • Bibliothek der königl. preuss. techn. Dep. in Berlin.
  • Brandenburg Hein., Bürgermeister in Wunsiedl.
  • Brandes, Professor der Physik an der Universi-
    tät in Leipzig.
  • Brendl, Maschinendirektor in Freiberg.
  • Brix, Baumeister und Professor in Berlin.
  • von Busse Fried. Gottl. königl. säch. Bergkommis-
    sionsrath in Freiberg.
  • von Busse Fried. Rud., herzogl. Anhalt Bernburg’-
    scher Bergkommissionsrath in Bleichendorf.

3
[[XVIII]]
  • Die Herren
  • Cotta’sche Litt. Artistische Anstalt in München. 2 Ex.
  • Craz und Gerlach, Buchhändler in Freiberg.
  • Creutz, Buchhändler in Magdeburg.
  • Dingler, Chemiker und Fabrikant in Augsburg.
  • Reichsgrf. v. Dönhoff auf Hohendorff in Berlin.
  • v. Dollhofen A., k. bair. Kreisingen. in Baireuth.
  • Dürig B., königl. bair. Oberzollinspektor in Bamberg.
  • Duncker und Humblot, Buchhändler in Berlin.
  • Ebner, Buchhänd er in Ulm.
  • Se. Excellenz Graf v. Einsiedel Dettlev., königl.
    sächs. Staatsminister in Dresden.
  • Engelhardt, Buchhändler in Freiberg. 6 Exempl.
  • Erdinger J., k. bair. Bauinspekt. Verw. in Nürnberg.
  • Fleischmann, Buchhändler in München.
  • Fuchs, Berg- u. Domainenrath in Ober-Birchstadt.
  • Gätzschmann M., Maschinenbausekr. in Freiberg.
  • Gerstner Johann, Landgeometer in Baireuth.
  • Geutebrück C., herzl. sächs. Kammerrath in
    Altenburg.
  • Groos Ch., Buchhändler in Carlsruhe. 12 Exempl.
  • Hagen Christoph, 1terBürgermeister in Baireuth.
  • Hartmann, Buchhändler in Leipzig. 3 Exempl.
  • Haubold, Maschinenbauer in Chemnitz.
  • v. Hein, königl. Würtemberg’scher Hauptm. bei der
    Fuss-Artillerie, Ritter des königl. Militär-
    Verdienst-Ordens in Ludwigsburg.
  • Helm, Buchhändler in Halberstadt.
  • Helwing’sche Hofbuchhandlung in Hannover.
  • Hercok Ig., Mag. d. Philos. a. d. Universit. in Krakau.
  • Herold, Buchhändler in Hamburg.
  • Heyer Sohn, Buchhändler in Giesen. 2 Exemplare.
  • Hummel C., Maschinenfabrikant in Berlin.
  • Industrie-Verein f. d. Königr. Sachs. in Chemnitz.
  • von Jenisch und Stage, Buchhändl. in Augsburg.
  • Karmarsch C., Prof. am polyt. Instit. in Hannover.
  • Knapp, Handlungsvorsteher in Ludwigsburg.
  • Krafft Alex., k. bair. Reg. u. Kreisbaur. in Baireuth.
  • Krieger, Buchhändler in Cassel.
  • Kühne Fr., Fabrikant und Kaufmann in Chemnitz.
  • v. Laffert, k. hanöv. Bergamtsassessor in Clausthal.
  • Laupp, Buchhändler in Tübingen.
  • Lenz J., k. Würtemberg’scher Major bei der Fuss-
    Artillerie in Ludwigsburg.
  • Freiherr von Lilien-Borg, Ritter des königl.
    preuss. rothen Adler-Ordens in Dürrenberg.
  • Lindauer’sche Buchhandlung in München. 3 Ex.
  • Lindheim H. D., Fabriksinhaber in Ullersdorf.
  • Löffler Tobias, Buchhändler in Mannheim.
  • Löfflund \& Sohn, Buchhändler in Stuttgard. 12 Ex.
  • Marcus, Buchhändler in Bonn.
  • Martin Ignatz, Fabrikant in Zwickau. 10 Exemp.
  • Mendelsohn \& Comp. Banquier in Berlin.
  • Merle, fürstl. Fürstenberg’scher Hofrath in Donau-
    eschingen.
  • Metzler, Buchhändler in Stuttgart.
  • Meusel \& Sohn, Buchhändler in Coburg.

  • Die Herren
  • Meyer’sche Hofbuchhandlung in Lemgo. 2 Exemp.
  • Mittler, Buchhändler in Berlin.
  • Müller v. Ehrenschwung Moritz, k. pohln. Strass.
    Baubeamter in Warschau.
  • Munk, Buchhändler in Posen.
  • Nast, Buchhändler in Ludwigsburg.
  • Nauen, Dannenberger, Löwe \& C. Kattun-
    fabrikanten in Berlin.
  • Neff Paul, Buchhändler in Stuttgart. 4 Exemplare.
  • Neisze August, Zimmermeister in Dresden.
  • Neukirch, Buchhändler in Basel.
  • königl. preuss. Oberbaudeputation in Berlin.
  • königl. preuss. Oberbergamt in Berlin.
  • Orel, Füssli \& Comp. Buchhändler in Zürich.
  • Osswald, Buchhändler in Heidelberg. 2 Exempl.
  • Perthes \& Besser, Buchhändler in Hamburg.
  • Freih. v. Pochmann Alois, k. bair. Bezirks Ingen.
    in Nördlingen.
  • Rattinger Jos., k. bair. Kreisingen. in Baireuth.
  • k. bair. Regierung. Bau-Bureau in Ansbach.
  • k. „ „ „ „ „ Baireuth. 2 Ex.
  • v. Reider Anton, Direktor der techn. Zeichenshule
    in Bamberg.
  • Reitzel, Buchhändler in Coppenhagen. 4 Exmpl.
  • Riegel \& Wiessner, Buchhdlr. in Nürnberg. 2 Ex.
  • Ritter Joh., Bau- und Maurermeister in Wunsiedel.
  • Rolle \&. Schwilgue in Strassburg.
  • Rothe, k. preuss. geheim. Oberbaurath in Berlin.
  • Sauerländer Remig, Buchhändler in Aarau. 2 Ex.
  • Schierlinger Fr., k. bair. Bezirksingen. in Bamberg.
  • Schmauss Friedrich, k. bair. Major im Ingen. Corps
    in Würzburg.
  • Schulbuchhandlung in Braunschweig.
  • Schulze, Buchhändler in Oldenburg.
  • Schwarze Friedrich, k. bair. Bezirks Ingen. in
    Windsheim.
  • Steinacker \& Hartknoch, Buchhndl. in Leipzig.
  • Stiller, Buchhändler in Rostock.
  • Streng, Buchhändler in Frankfurt.
  • Stumm Carl, Hüttenbesitzer in Saarbrücken.
  • Technische Zeichenschule in Wunsiedel.
  • Tempel, Buchhändler in Frankfurt a. d. Oder. 2 Ex.
  • Theissing, Buchhändler in Münster.
  • Trenner Gottlob., Bauinspkt. b. d. freyen Stadt Krakau.
  • Trinius, Buchhändler in Stralsund. 2 Exempl.
  • v. Waechter Heinr., k. bair. Landrichtr. in Wunsiedel.
  • Wagner, Buchhändler in Neustadt.
  • Wagner Seb., k. bair. Bauinspkt. Verweser in Ansbach.
  • Sc. Excellenz Freiherr v. Waugenheim, k. Würten-
    berg’scher Staatsminister in Coburg.
  • Weishaupt, k. bair. Major im 1. Artill. Regim. in
    München.
  • Graf v. Westphalen Joseph, k. preuss. Obrist-
    lieutenant a. D. in Laer.
  • Winter, Buchhändler in Heidelberg.
  • Ein Zögling der Gewerkschule in Baireuth.

[[XIX]]

Inhalt des ersten Bandes.


Einleitung.


§. 1. Gegenstand der technischen Mechanik. — §. 2.
Begriff von Kraft überhaupt; Muskelkraft, Cohaesions-
kraft, etc. — §. 3 bis 5. Gegenstände, welche bei jeder
Arbeit zu betrachten sind. — §. 6. Eintheilung der tech-
nischen Mechanik. — §. 7. Begriff vom Widerstande oder
Last. — §. 8. Begriff von Bewegung, Raum, Zeit und Ge-
schwindigkeit. — 9. Erklärung der gleichförmigen Bewe-
gung. — §. 10 und 11. Gleichung zwischen Raum, Zeit
und Geschwindigkeit bei der gleichförmigen Bewegung. —
§. 12, 13 und 14. Beispiele hierüber.


I. Kapitel.


Thierische Kräfte und allgemeine Regeln über ihre
Verwendung bei Arbeiten aus freier Hand.


§. 15 und 16. Umstände, welche auf die Bestimmung
der thierischen Kräfte Einfluss nehmen. — §. 17 und 18.
Aufstellung einer Formel für das Maass der Kraft der Ar-
beitsleute mit Rücksicht auf die Geschwindigkeit, welche
bei der Arbeit ausgeübt wird. — §. 19. Dasselbe mit Rück-
sicht auf die tägliche Arbeitszeit. — §. 20. Bestätigung
der gefundenen Kraftformel bei ihrer Anwendung in ver-
schiedenen Fällen. — §. 21 bis 23. Dasselbe durch die
Leistungen des Militärs bei Märschen und bei landwirth-
schaftlichen Verrichtungen. — §. 24 und 25. Bestätigung
der gefundenen Kraftformel durch die Leistungen, welche
Walcher, Bernoully, de la Hire, Coulomb, Desagu-
liers, Nordwall, Vauban
u. a. über die Kräfte der Men-
schen bei verschiedenen Arbeiten anführen. — §. 26. Rück-
sicht auf die Gewohnheit bei thierischen Kräften. — §. 27.
Rücksicht auf das Geschlecht der Arbeitsleute. — §. 28.
Kraft der Pferde nach den Leistungen, welche Poda, Nord-
wall, Belidor, Walcher, Desaguliers,
u. a. hierüber
anführen. — §. 29 und 30. Dasselbe nach den Leistun-
gen der Cavallerie. — §. 31. Ausserordentliche Leistun-
gen der Pferde. — §. 32. Kraft der Menschen und Pferde
im Vergleiche mit ihrem Gewichte. — §. 33. Kraft an-
derer Thiere. — §. 34. Begriff von der Wirkung oder
dem Effekte der Arbeiter.


§. 35. Einrichtung der Arbeit in Hinsicht auf den
grösstmöglichen Effekt. Erster Fall, wenn theilbare
Lasten auf eine unbestimmte Entfernung zu tragen sind und
der Taglohn der Arbeiter gegeben ist. — §. 36. Beispiel
hierüber. — §. 37. Zweiter Fall, wenn die Tragungs-
kosten für den Zentner und die Meile gegeben sind, und
nach dem grösstmöglichen Verdienste der Arbeiter ge-
fragt wird. — §. 38. Vergleichung der Arbeiten der Men-
schen mit jenen der Pferde und anderer Thiere. — §. 39.
Dritter Fall. Ein Arbeiter erhält eine bestimmte Last
zu tragen, es fragt sich, welches ist die grösste Entfer-
nung, auf welche er die Last in einem Tage zu tragen im
Stande ist. — §. 40. Beispiele hierüber. — §. 41 bis 43.
Vierter Fall. Auflösung der Aufgabe §. 35 und 37.
für den Fall, wenn die Last in einem Traggefässe fortge-
bracht wird. Beispiel hierüber. — §. 44. Fünfter Fall.
Wenn Lasten auf kurze Entfernungen getragen, und in ei-
nem Tage mehrere Gänge gemacht werden, worauf der Ar-
beiter jedesmal ohne Ladung zurückkehrt, zu bestimmen,
wie die Arbeit einzurichten sey, wenn auf das Traggefäss
keine Rücksicht genommen wird. — §. 45. Beispiel hier-
über. — §. 46. Sechster Fall. Auflösung der Aufgabe
§. 44 für den Fall, wenn die Last in einem Traggefässe
fortgebracht wird. — §. 47. Anschläge für den Transport
von grössern Lasten durch Handarbeiten. — §. 48. Genauere
Auflösung der Aufgabe §. 47. — §. 49. Tabelle über die
vortheilhaftesten Verhältnisse für das Fortschaffen der La-
sten mit Rücksicht auf das Gewicht der Traggefässe, Schub-
karren, Tonnen, Wägen u. s. w. — §. 50. Schlussfolge-
rungen für die Arbeiten aus freier Hand. — Beleuchtung
der Einwürfe gegen die Anwendung der §. 19 gefundenen
Kraftformel.


II. Kapitel.


Statik und vortheilhafteste Verwendung der thieri-
schen Kräfte bei einfachen Maschinen.


§. 51. Eintheilung der einfachen Maschinen. — §. 52.
Mathematischer und physischer Hebel. — §. 53. Hebel
der ersten und zweiten Art. — §. 54. Begriff vom Schwer-
punkte. — §. 55. An einem Hebel der ersten Art ist
Gleichgewicht, wenn die Kräfte oder Gewichte sich ver-
kehrt wie ihre Hebelsarme verhalten. — §. 56. Prakti-
scher Versuch hierüber. — §. 57. Beweis, dass der Satz
§. 55. auch in jeder schiefen Lage Statt finde. — §. 58.
Statische Momente. — §. 59 und 60. Beispiele vom
Hebel der ersten Art. — §. 61. Beweis des Satzes §. 55.
für einen Hebel der zweiten Art. — §. 62. Praktischer
Versuch hierüber. — §. 63. Bedingnisse des Gleichge-
wichtes, wenn an einem Hebel der ersten Art drei Kräfte
angebracht sind. — §. 64. Bestimmung des Schwerpunktes
zweier Gewichte an einem Hebel. — §. 65. Gleichgewicht
bei einem physischen Hebel. Beispiel hierüber. — §. 66.
Bedingnisse des Gleichgewichtes, wenn an einem Hebel
mehr als drei Kräfte wirken. — §. 67. Bestimmung des
Schwerpunktes mehrerer Gewichte an einem Hebel. —
§. 68. Bedingnisse des Gleichgewichtes für den Fall,
wenn die Körper nicht in einer und derselben geraden
Linie liegen. — § 69. Bestimmung des Schwerpunktes
für den letztern Fall. — §. 70. Verhältniss der Kraft
zur Last bei einem zusammengesetzten Hebel. — §. 71.
Verhältnisse der Räume, welche zwei Körper an einem
Hebel in gleicher Zeit zurücklegen. Beispiel hierüber.
— §. 72. Dasselbe bei einem zusammengesetzten Hebel.
[[XX]]Inhalt des ersten Bandes.
Erklärung der mechanischen Momente. — §. 73. Bestim-
mung des Schwerpunktes eines Körpers auf praktische Art.
— §. 74. Theoretische Bestimmung des Schwerpunktes
einer Linie und eines Dreieckes. — §. 75. Dasselbe für
ein Trapez. — §. 76. Dasselbe für ein Poligon. — Das-
selbe für eine krumme Linie, eine von einer krummen
Linie begränzte Fläche, und Beispiele hierüber. — §. 77.
Bestimmung des Schwerpunktes einer dreiseitigen Pyramide.
— §. 78. Dasselbe für eine vielseitige Pyramide und den
Kegel. — §. 79. Dasselbe, wenn mehrere Körper mit
einander in einer festen Verbindung sind. — §. 80. Das-
selbe für einen abgestutzten Kegel. — §. 81 und 82. Ver-
führung mit Schubkarren und Scheibtruhen, Regeln, wel-
che hiebei zu beobachten sind, Berechnung des Effektes
nebst Beispielen hierüber.


§. 83 bis 85. Rad an der Welle. Erklärung
der verschiedenen Gattungen Haspeln und Winden. —
§. 86. Verhältniss der Kraft zur Last bei einem Rade an
der Welle. — §. 87 und 88. Regeln für das Aufziehen
der Baumaterialien auf das Baugerüst eines Gebäudes oder
der Erze aus einem Bergschachte; Effekt dieser Arbeit;
Beispiel hierüber. — §. 89 bis 91. Vergleichung der Arbeit
bei einem Rade an der Welle mit der Leistung der Men-
schen bei dem Tragen von Lasten. Zusammengesetzte Rä-
derwerke; Berechnung eines Aufzuges mit denselben; Vor-
theile der Anwendung dieser Maschinen gegen die Hand-
arbeit. — §. 92 bis 94. Regeln zur Bewirkung des grössten
Effektes bei einem Rade an der Welle, wenn nach jedem
Aufzuge eine Stillstandszeit eintritt. — §. 95. Tabelle über
die vortheilhaftesten Verhältnisse bei dem Aufziehen der
Lasten mittelst des Rades an der Welle mit Rücksicht auf
eine nach jedem Aufzuge gegebene Stillatandszeit.


§. 96. Feste und bewegliche Rolle. — §. 97.
An einer festen Rolle ist im Zustande des Gleichgewichtes
die Kraft der Last gleich. — §. 98. Vortheile, welche der
Gebrauch einer festen Rolle gewährt. — §. 99 bis 101.
Verhältnisse der Kraft zur Last bei einer beweglichen Rolle.
— §. 102 bis 106. Flaschenzüge, Verhältniss der
Kraft zur Last, Gebrauch der Flaschenzüge. — §. 107. Re-
geln für die Einrichtung der Arbeit, wenn Baumaterialien
mittelst einer Winde und Flaschenzuges auf ein Gebäude auf-
gezogen werden. — §. 108. Beispiel hierüber. — §. 109.
Einrichtung der Maschine, wenn die Ruhezeit nach jedem
Aufzuge gegeben ist. — §. 110. Einrichtung der Arbeit,
wenn sowohl die Maschine, sls auch die nach jedem Auf-
zuge nöthige Stillstandszeit gegeben ist. — §. 111 und 112.
Gegenwinde, Verhältniss der Kraft zur Last; Berech-
nung eines Aufzuges mit einer Gegenwinde; Fällo für die
Anwendung der Gegenwinde.


§. 113 bis 116. Wenn drei Kräfte gegen einen
in der Ebene derselben gelegenen Punkt wirken und ihre
Richtungen gegeben sind, die Verhältnisse dieser drei
Kräfte für den Stand ihres Gleichgewichtes zu finden. —
§. 117 Praktischer Versuch hierüber. — §. 118. Zerle-
gung einer Kraft in mehrere Seitenkräfte. — §. 119.
Zusammensetzung zweier oder mehrerer Kräfte in eine mitt-
lere Kraft. — §. 120. Anwendung dieser Sätze zur Be-
rechnung der Spannung eines belasteten Seiles. — §. 121.
Kniehebel; Gebrauch derselben bei einer Prägmaschine.


§. 122. Erklärung der schiefen Ebene. —
§. 123 bis 125. Verhältniss der Kraft zur Last, wenn die
erste parallel zur schiefen Fläche, oder horizontal, oder
endlich unter irgend einem Winkel gegen die schiefe
Fläche wirkt. — §. 126. Regeln für die Aushebung eines
Grabens (Cunette) und Verführung des ausgehobenen
Erdreiches auf eine bestimmte Entfernung und Höhe mit
Scheibtruhen. Beispiel hierüber. — §. 127. Berechnung
der Arbeit, wenn bei Gebäuden Stockwerke aufgeführt und
die Baumaterialien mit Scheibtruhen über schiefe Flächen
hinaufgeschafft werden. Tabelle hierüber. — §. 128 und
129. Vortheilhafteste Steigung für Baugerüste und Be-
rechnung der Anzahl Handlangertage, welche zur Bei-
schaffung der Baumaterialien für eine Kubikklafter
Mauerwerk zu ebener Erde, im 1ten Stockwerke, 2ten Stock-
werke u. s. w. benöthigt werden. — §. 130. Dieselbe Be-
rechnung bei dem Gebrauche eines Haspels und Bestim-
mung, in welchen Fällen Laufgerüste oder Haspel den
Vorzug verdienen. — §. 131. Erklärung der Tret- oder
Laufräder und Tretscheiben. — §. 132. Berechnung der
Wirkung eines Tretrades. — §. 133. Nachtheile der Tret-
räder; Mechanismen zur Vermeidung von Unglücksfällen.
— §. 134. Tretscheibe, Wirkung derselben. — §. 135.
Aufzug der Lasten auf eine bestimmte Höhe mittelst eines
Tretrades; Einrichtung der Arbeit und Effekt derselben.


§. 136 bis 138. Erklärung der Schraube, Schrau-
benmutter, Schraubenspindel, Schraube mit mehrfachen
Gewinden etc. — §. 139. Projektion der Schraubengewinde
auf eine ebene Fläche. — §. 140 und 141. Verhältniss der
Kraft zur Last bei einer Schraube. Berechnung einer ein-
fachen Presse. — §. 142. Vortheile bei dem Gebrauche der
Schraube. — §. 143. Verhältniss der Kraft zur Last bei
einer Schraube ohne Ende. — §. 144. Dasselbe bei der
Verbindung eines Räderwerkes mit einer Schranbe. —
§. 145. Erklärung der Hebewinde mit Vorgelege und einer
französischen Winde. — §. 146. Erklärung und Berechnung
einer englischen Winde. — §. 147. Ein Dachstuhl soll
mittelst zweier englischer Winden gehoben werden; es
fragt sich, wie die Arbeit einzurichten sey; Beispiel
hierüber.


§. 148. Erklärung des einfachen und doppelten Kei-
les
. — §. 149. Verhältniss der Kraft zur Last bei einem
einfachen Keile. — §. 150. Die Grösse der Kraft anzuge-
ben, um ein Holz von gegebener Länge und Festigkeit zu
spalten. — §. 151. Erklärung einiger Gattungen Hacken
und Aexte. — §. 152. Schlussbetrachtung über alle ein-
fachen Maschinen.


A. Hebladen.


§. 153. Erklärung der Hebladen. — §. 154. Aus-
ziehen der Pfähle mittelst eines Hebels. — §. 155. Aus-
reissen der Baumstöcke mittelst eines Hebels. — §. 156.
Erklärung und Berechnung der deutschen Heblade. —
§. 157. Dasselbe für die schwedische Heblade. — §. 158
und 159. Dasselbe bei zwei französischen Hebladen. —
§. 160. Bestimmung der Entfernung der Löcher oder Zähne
bei den Hebladen. — §. 161. Heblade, um ganze Bäume sammt
den Wurzeln aus der Erde zu heben. — §. 162. Transportabler
englischer Kranich zum Ausreissen der Baumstöcke. —
§. 163. Zugschrauben zum Ausziehen der Pfähle in Flüs-
sen; Dimensionen dieser Schrauben, welche von der k.
böhm. Wasserbaudirektion an der Moldau und Elbe ge-
braucht werden.


B. Wagen.


§. 164. Verschiedene Gattungen Wagen. — §. 165.
Nöthige Eigenschaften der Krämerwage. — §. 166
und 167. Gleichheit der Hebels- oder Wagebalkenarme,
Prüfung und Adjustirung derselben. — §. 168. Das rich-
tige Gewicht einer Waare mittelst einer unrichtigen Krä-
merwage zu finden. — §. 169. Bedingnisse, [unter] wel-
chen sich eine Wage bei gleichen Gewichten horizontal
stellt. — §. 170. Empfindlichkeit einer Krämerwage, Be-
rechnung des Ausschlages durch eine kleine Gewichtszu-
lage. — §. 171. Bedingnisse, unter welchen ein grosser
Ausschlag erfolgt. — §. 172. Trägheit einer Krämer-
[[XXI]]Inhalt des ersten Bandes.
wage; Mittel zur Vermeidung ihrer nachtheiligen Folgen.
— §. 173. Vortheile der schneidigen Ende der Achsen, Be-
rechnung des Fehlers, wenn sie nicht in einer und dersel-
ben geraden Linie liegen. — §. 174. Gebrauch der Spi-
tzen statt schneidiger Achsen. — §. 175. Spielungs- oder
Schwingungszeiten einer Wage. — §. 176. Beispiele über
die Dimensionen einer Krämerwage zur Bewirkung eines
bestimmten Ausschlages und umgekehrt. — §. 177. Be-
rechnung des genauern Gewichtes einer Waare aus dem
Ausschlage an der Skale. — §. 178. Bemerkungen für die
praktische Ausfertigung einer Wage. — §. 179. Beschrei-
bung einer im technischen Institute zu Prag für den Ge-
brauch bei chemischen Untersuchungen verfertigten Pro-
bierwage; Abwägungen mit derselben und Berechnungen
ihrer Genauigkeit. — §. 180. Erklärung der Sehnell-
wage
. — §. 181 bis 183. Eigenschaften einer guten
Schnellwage, Eintheilung derselben. — §. 184 und 185.
Empfindlichkeit der Schnellwage, Berechnung des Aus-
schlages und Angabe der Umstände, unter welchen eine
grosse Empfindlichkeit erfolgt. Trägheit der Schnell-
wage. — §. 186. Beschreibung und Einrichtung der Schnell-
wage zum Abwägen beladener Wägen. — §. 187. Erklä-
rung der Wage mit einem Zeiger. — §. 188 bis
190. Eintheilung der Skale dieser Wage für den senkrech-
ten oder horizontalen Stand der erstern. Beispiel hierüber.
— §. 191. Erklärung der Garnwage zur Sortirung der
baumwollnen Garne. — §. 192 und 193. Berechnung und
Eintheilung der Skale einer Garnwage nach Verhältniss der
Nummern. — §. 194 und 195. Berechnung der Eintheilung
einer Garnwage mit einem Kreisbogen; Bemerkungen hier-
über. — §. 196 und 197. Garnwage mit einer Feder; Be-
merkungen hierüber. — §. 198. Verjüngte Wagen
zur Bestimmung der Schmelzwürdigkeit der Erze. Ver-
fertigung der Probiergewichte. — §. 199. Probierwage
zum Abwägen des Getreides. — §. 200. Krämerwage mit
ungleichen Hebelsarmen. — §. 201. Beschreibung und Be-
rechnung einer in Schweden gebräuchlichen Schiffs-
wage
. — §. 202. Erklärung der englischen Strassen-
oder Mauthwage. — §. 203 bis 206. Berechnung
derselben und Beispiel hierüber. — §. 207. Tragbare
Brückenwage
der Hrn. Rolle und Schwilgue in
Strassburg. — §. 208. Berechnung derselben. — §. 209.
Erklärung der Federwagen. — §. 210. Dynamometer
von Regnier in Paris; Erklärung und Gebrauch dessel-
ben. — §. 211 und 212. Schwierigkeit bei der Bestim-
mung der mittlern Kraft mittelst Federwagen, und Angabe
einer eigenen hiezu dienlichen Einrichtung. — §. 213. Ein-
richtung einer Wage, welche nebst dem Gewichte zugleich
auch den Preiss der Waare anzeigt. —


C. Göpel.


§. 214. Erklärung des gewöhnlichen Pferdegöpels.
— §. 215 und 216. Nachtheiliger Einfluss der Schwere
des Zugseiles bei der Förderung aus grossen Tiefen für
die Zugkraft; Beispiel hierüber. — §. 217. Bisherige
Vorschläge zur Beseitigung dieses Einflusses. — §. 218
bis 223. Beschreibung eines vom Hrn. Gubernial-Rath R.
v. Gerstner angegebenen, auf Krussna Hora in Böh-
men erbauten Pferdegöpels mit Spiralgewinden, sammt der
Seilleitung, dem Bremswerke, Auslaufehund etc. — § 224
bis 226. Berechnung des grössten und kleinsten Halbmes-
sers eines Spiralkorbes; Bemerkungen hierüber. — §. 227
und 228. Berechnung der übrigen Halbmesser und der
krummen Linie des Profils eines Spiralkorbes. — §. 229.
Umstände, bei welchen diese Spirallinie eine gleichförmige
Steigung erhält, oder in die Oberfläche eines geradlinigten
Kegels fällt. — §. 230. Verfahren, welches bei der Ver-
fertigung und Einführung der eisernen Treibkette in Krussna
Hora
angewendet wurde. Berechnung und Erfahrungen
über den Effekt dieser Maschine. — §. 231. Berechnung
des Gewichtes der Kette, der Dimensionen eines Pferde-
göpels und der Anzahl Pferde, welche nöthig sind, um
ein bestimmtes Quantum Erze aus einer gegebenen Tiefe
täglich zu fördern. — §. 232. Bemerkungen über den
Einfluss der Widerstände der Reibung und Unbiegsamkeit
der Seile. — §. 233. Bemerkungen hinsichtlich des schie-
fen Zuges der Pferde. — §. 234. Berechnung des Brems-
werkes bei dem Göpel.


III. Kapitel.
Festigkeit der Körper
.


§. 235. Begriffe über Festigkeit, Ausdehnung und
Elasticität der Körper. — §. 236. Eintheilung der Festig-
keit in absolute, relative, rückwirkende und jene, womit
die Körper der Drehung widerstehen.


A. Absolute Festigkeit der Körper.


§. 237. Allgemeine Erfahrungen über die absolute
Festigkeit. — §. 238. Allgemeines Gesetz für das Kraft-
vermögen elastischer Körper. — §. 239. Anwendung hie-
von auf das Tragungsvermögen der Seile. — §. 240 und
241. Erfahrungen über die Festigkeit der Seile. — §. 242
bis 244. Folgerungen hieraus. — §. 245. Vorzüge eiserner
Ketten vor den Seilen. — §. 246 bis 248. Treib-Ketten
von zunehmender Stärke; Berechnung des Gewichtes dersel-
ben für jede einzelne Klafter sowohl, als für die ganze Länge
der Ketten. Beispiel hierüber.


§. 249. Versuche von Musschenbroek über die abso-
lute Festigkeit des Gusscisens, Schmiedeeisens und Stahles.
— §. 250. Versuche von Rondelet über die absolute Fe-
stigkeit des Schmiedeeisens. — §. 251. Versuche von Tel-
ford
und Brown mit Schmiedeeisen. — §. 252 bis 254.
Versuche von Brunel, Rennie und Brown mit Gusseisen,
Schmiedeeisen und Stahl. — §. 255. Versuche von Navier
mit gewalztem Bleche. — §. 256. Versuche von Dufour
mit Drähten.


§. 257. Einleitung zu den Versuchen, welche im
Jahre 1824 am technischen Jnstitute zu Prag über die
absolute Festigkeit des reinsten Eisens mit Clavierdrähten
und stählernen Uhrfedern gemacht wurden. — §. 258.
Beschreibung des hiezu gebrauchten Apparates. — §. 259
bis 264. Beschreibung von 10 Versuchen und hieraus ab-
geleitete allgemeine Gesetze. — §. 265. Absonderung der
elastischen und bleibenden Ausdehnung der versuchten
Drähte. — §. 266. Berechnung der grössten Ausdehnung
und der grössten Gewichte, welche die versuchten Eisen-
drähte getragen haben. — §. 267. Bemerkung über die
Ausdehnung jener Körper, die bereits früher belastet wur-
den. — §. 268. Anwendung auf die Probe der Glieder bei
den Kettenbrücken. — §. 269. Berechnung der Belastung,
welche einem eisernen Stabe mit Beibehaltung seiner Ela-
sticität aufgelegt werden kann. — §. 270. Beispiel hierüber.
— §. 271 bis 273. Anwendung dieser Theorie auf die Be-
rechnung der Stärke der Glieder einer Kettenbrücke, da-
mit die Biegung der Fahrbahn oder das Einsinken dersel-
ben in der Mitte ein gegebenes Maass nicht überschreite.
— §. 274. Verhältniss des Kraftvermögens zum elastischen
Spielraume bei den versuchten Clavierdrähten, gemeinen
Drähten und stählernen Uhrfedern. Vorzug der Ketten-
brücken von Stabeisen gegenjene von Draht und Stahl; Aus-
dehnung der Kettenglieder durch die Wärme und Mittel
zur Verminderung derselben. — §. 275 bis 277. Schluss-
bemerkungen über die Festigkeit des Eisens.


4
[[XXII]]Inhalt des ersten Bandes.

§. 278. Versuche von Musschenbrock über die ab-
solute Festigkeit der Hölzer und einiger Metalle. — §. 279.
Versuche des Professor Barlow über die absolute Festig-
keit der Hölzer. — §. 280. Beschreibung des Apparates,
womit Hr. J. A. Eytelwein die absolute Festigkeit ver-
schiedener Holzarten prüfte und Resultate seiner Versuche.
— §. 281. Beispiel über die Stärke einer Hängsäule.


B. Relative Festigkeit der Körper.


§. 282. Erklärung der relativen Festigkeit. — §. 283
bis 287. Die Gewichte, welche zwei gleichartige, an einem
Ende eingemauerte Balken gleich stark spannen oder ab-
brechen, verhalten sich wie die Produkte aus den Quer-
schnittsflächen in die Höhen, und verkehrt wie die Längen
der Balken. — §. 288. Versuche von Musschenbroek über
die relative Festigkeit der Hölzer. — §. 289. Beispiel hier-
über. — §. 290. Berechnung des Tragungsvermögens eines
an einem Ende eingemauerten Balkens mit Rücksicht auf
sein eigenes Gewicht. — §. 291 und 292. Berechnung des
Tragungsvermögens eines an beiden Enden aufliegenden
Balkens. — §. 293. Berechnung der Belastung, welche
ein an beiden Enden aufliegender Balken in jedem Punkte
seiner Länge zu tragen vermag. Beispiel hierüber.
§. 294. Versuche vom Prof. Barlow über die rela-
tive Festigkeit des Tannenholzes. — §. 295. Versuche von
Hrn. J. A. Eytelwein über die relative Festigkeit der
Bauhölzer. — §. 296. Versuche von Rondelet über die re-
lative Festigkeit des Gusseisens. — §. 297. Versuche von
Tredgold über die relative Festigkeit der Steine. — §. 298.
Versuche vom Prof. Barlow über die relative Festigkeit
der Ziegel.


§. 299. Tragungsvermögen schiefliegender Balken. —
§. 300. Tragungsvermögen der gleichförmig über die ganze
Länge belasteten, an beiden Enden unterstützten Balken. —
§. 301. Tragungsvermögen eines an beiden Enden einge-
mauerten Balkehs. — §. 302. Dimensionen des stärksten
Balkens, welcher aus einem gegebenen Stamme gezimmert
werden kann. — §. 303. Vergleichung der Tragungsfähig-
keit eines Modelles mit jener des darnach ausgeführten
Baues. Beispiel für eine Brücke. — §. 304. Bestimmung
der Auzahl der Endsbäume bei einer Brücke von gegebener
Breite und Länge, wenn die Dimensionen der Endsbänme,
Streuhölzer etc. nebst der Last, welche die Brücke überdiess
tragen soll, gegeben ist. Beispiel hierüber. — §. 305.
Gespannte Röste bei Brücken von grössern Spannweiten.
— §. 306. Bestimmung der zwei Unterstützungspunkte für
einen, auf seiner ganzen Länge gleichförmig belasteten
Balken, wenn derselbe auf den zwei Unterlagen und in der
Mitte gleich weit vom Bruche entfernt seyn soll. — §. 307.
Tragungsvermögen eines Cylinders. — §. 308. Berechnung
der Stärke einer Welle und ihrer Zapfen. — §. 309. Tra-
gungsvermögen eines abgestutzten Kegels. Anwendung auf
den Windbruch der Bäume. — §. 310. Berechnung des
Längenprolils eines Trägers, welcher in jedem Querschnitte
eine gleiche Tragkraft haben soll. — §. 311. Beispiel
für eine Eisenbahnschiene aus Gusseisen.


§. 312 und 313. Die Biegungen zweier gleichartigen
Balken sind den Produkten aus den aufgelegten Gewichten
in die Würfel der Längen, und verkehrt den Produkten
aus den Breiten in die Würfel der Höhen proportional.
Bei einem vollkommen elastischen Körper verhält sich die
Biegung zur Längenausdehnung, wie das Quadrat der hal-
ben Länge zum Quadrate der Höhe dieses Körpers. — §. 314.
Resultate der bisher über die Biegung der Körper ange-
stellten Versuche. — §. 315. Beschreibung des Apparates,
womit im Jahre 1830 am technischen Jnstitute zu Prag
Versuche über die Biegung der Körper angestellt wurden.
— §. 316 bis 319. Beschreibung des ersten Versuches mit
einem Eichenstabe, Ableitung eines allgemeinen Gesetzes
hieraus und Betrachtungen hierüber. — §. 320. Berech-
nung wie viel ein Stab von einer gegebenen Belastung ge-
bogen wird, oder wie viel derselbe tragen könne, wenn die
hiebei zulässige Biegung bestimmt ist. — §. 321. Ablei-
tung der zulässigen Biegung der Bauhölzer nach vorhan-
denen Erfahrungen. Beispiele hierüber. — §. 322. Be-
schreibung und Berechnung von 11 Versuchen, welche im
technischen Institute zu Prag im November 1830 über die
Biegung verschiedener Hölzer angestellt wurden. — §. 323.
Bestimmung wie weit die Balken bei der Annahme einer
Biegung von 1:288 vom Bruche entfernt sind. — §. 324.
Allgemeine Berechnung hierüber. — §. 325. Vergleichung
der gefundenen Resultate mit jenen von Tredgold.
§. 326. Beschreibung und Berechnung von 7 Versu-
chen, welche in Prag über die Biegung von Gusseisen an-
gestellt wurden. — §. 327. Vergleichung der Resultate
derselben mit jenen von Tredgold. — §. 328. Beschrei-
bung und Berechnung von 7 Versuchen über die Biegung
des Schmiedeeisens. — §. 329. Vergleichung der Resultate
derselben mit jenen von Tredgold; Verhältniss des Tra-
gungsvermögens der Hölzer, des Gusseisens und des Schmie-
deeisens bei gleicher Biegung derselben; Bestimmung, in
welchem Falle Gusseisen oder Holz vorzuziehen sey. —
§. 330. Beispiele über die Dimensionen gusseiserner Bar-
ren. — §. 331. Berechnung der Ausdehnung des Guss-
und Schmiedeeisens aus der Biegung desselben.


§. 332. Dimensionen des stärksten Balkens, welcher
aus einem gegebenen Stamme gezimmert werden kann,
mit Rücksicht auf dessen Biegung. — §. 333. Biegung
der Balken, welche auf ihrer ganzen Länge gleichförmig
belastet sind.


C. Rückwirkende Festigkeit der Körper.


§. 334. Allgemeines Gesetz für die rückwirkende
Festigkeit gleichartiger und vollkommen elastischer Kör-
per. Anwendung hievon bei Sprengwerken von Holz oder
Bogen-Brücken von Gusseisen. — §. 335. Bemerkung
über die rückwirkende Kraft unvollkommen elastischer
Körper. — §. 336. Versuche von Rennie über das Zer-
drücken verschiedener Körper. — §. 337. Tragungsver-
mögen aufrechtstehender elastischer Säulen. — §. 338.
Bestimmung der Stärke über einander stehender belasteter
Mauern, wenn sie gegen das Zerdrücken gleich gesichert
seyn sollen. Beispiel hierüber.


D. Widerstand der Körper gegen
Drehung
.


§. 339. Berechnung des Widerstandes, welchen ela-
stische cylindrische Körper oder hohle Röhren gegen Dre-
hung leisten. — §. 340. Dasselbe für quadratförmige solide
und hohle Schafte. — §. 341. Beschreibung des Appa-
rates, welcher bei den im Jänner 1831 im technischen In-
stitute zu Prag angestellten Versuchen über die Drehung
der Körper gebraucht wurde. — §. 342. Beschreibung und
Berechnung von 3 Versuchen mit Holz- und Schmiede-
eisen, das letztere bei dem Vor- und Rückwärtsdrehen. —
§. 343. Bemerkungen über diese Versuche. — §. 344.
Berechnung der Stärke hölzerner Wellen nach praktischen
Erfahrungen hieräber. — §. 345. Berechnung der Stärko
schmiedeeiserner und gusseiserner Wellen. — §. 346.
Schlussübersicht der Berechnungen über die Festigkeit
der Körper.


[[XXIII]]Inhalt des ersten Bandes.

IV. Kapitel.
Statische Baukunst
.


§. 347. Erklärung des Gegenstandes. — §. 348.
Begriffe über Stabilität der Körper und das Maass dersel-
ben. — §. 349. Berechnung der Stabilität einer Mauer. —
§. 350 und 351. Druck einzelner schiefstehender Körper.
— §. 352 und 353. Berechnung des wagerechten Druckes
schiefstehender Balken. — §. 354. Dasselbe für ein Ge-
wölbe. — §. 355. Bestimmung des mittlern Druckes. —
§. 356. Einfluss des wagerechten und senkrechten Druckes
auf die Stabilität der Körper. — §. 357. Apparat zu Ver-
suchen über die Grösse des wagerechten Druckes. — §. 358.
Berechnung der Drücke bei einem Pultdache. — §. 359.
Berechnung der Drücke bei einem Dachstuhle mit einfachem
Hängwerke. — §. 360. Beispiel hierüber. — §. 361. Be-
rechnung der Drücke bei einem doppelten Hängwerke. —
§. 362. Beispiel hierüber. — §. 363. Berechnung der
Drücke bei einem Sprengwerke und Beispiel hierüber. —
§. 364. Druck zweier schief übereinander gestellter Bal-
ken. — §. 365. Verzeichnung der gebrochenen Dächer. —
§. 366 und 367. Gesetz für schiefe Zusammenstellungen
mehrerer Körper übereinander und ihre Verzeichnung. —
§. 368. Anwendung auf Gewölbe.


§. 369. Erklärung der verschiedenen Gattungen Ge-
wölbe
. — §. 370. Grundsätze für die Theorie der Ge-
wölbe. — 371. Bau freier Gewölbe nach der Kettenli-
nie. — §. 372. Verzeichnung der Kettenlinie in einem ge-
gebenen Falle. — §. 373 und 374. Bemerkungen über
Kettengewölbe. — §. 375. Belastungshöhe für das Gleich-
gewicht freier Kreisgewölbe, Beispiel hierüber. — §. 376.
Dasselbe für elyptische Gewölbe. — §. 377. Untersu-
chung der Bedingnisse, unter welchen freie Kreisgewöl-
be sich selbst zu erhalten vermögen. — §. 378. Stütz-
linie für das elyptische Gewölbe. — §. 379. Stützli-
nie für horizontal ausgemauerte Gewölbe. — §. 380.
Stützlinie für elyptische Brückengewölbe. — §. 381.
Stützlinie für scheidrechte Gewölbe. — §. 382. Weitere
Ausführung der Theorie elyptischer Brückengewölbe. —
§. 383. Anzahl der Stützlinien solcher Gewölbe. — §. 384
bis 386. Verzeichnung elyptischer Lehrbögen. — §. 387.
Erforderliche Belastung für freie elyptische Kuppelge-
wölbe. — §. 388 und 389. Stützlinie für freie elyptische
Kuppelgewölbe. — §. 390 und 391. Uibereinstimmung die-
ser Theorie mit den bestehenden Kuppelgewölben. §. 392
bis 394. Stärke der Widerlagsmauern für Gewölbe nebst
Beispielen. —


§. 395. Geschichte der Kettenbrücken. — §. 396
bis 402. Beschreibung der Kettenbrücke zu Hammersmith
über die Themse. — §. 403 und 404. Baukosten der Ham-
mersmith
kettenbrücke. — §. 405. Vergleichung dieser Ko-
sten mit jenen anderer englischer Brücken. — §. 406 bis
412. Beschreibung der Kettenbrücke über den Meeresarm
Menai strait zur Verbindung der Insel Anglesey mit dem
festen Lande von England. — §. 413 bis 419. Beschrei-
bung der vom Herrn Navier über die Seine in Paris ent-
worfenen Kettenbrücke. — § 420. Beschreibung der nach
Art der Hammersmithkonstrukzion über die Seine ausge-
führten Kettenbrücke. — 421. Kettenbrücke zu Bamberg
über die Regnitz. — §. 422. Kettenbrücke über die Saale
bei München-Nienburg. — §. 423. Stahlbrücke in Wien,
Drahtbrücken in Frankreich. — §. 424 und 425. Bestim-
mung der krummen Linie belasteter Ketten, ihrer hori-
zontalen Spannung, nöthigen Stärke etc. — §. 426 bis
428. Vergleichung dieser Theorie mit der Menaibrücke. —
§. 429. Vergleichung mit der Hammersmithbrücke. —
§. 430. Aufsteigen und Einsinken der Bahn einer Ketten-
brücke mit 2 Bögen und einem Mittelpfeiler. — §. 431.
Dasselbe für eine Brücke mit 3 Bögen und 2 Mittelpfei-
lern. — §. 432 und 433. Bemerkungen hierüber. — §. 434.
Anwendung dieser Theorie auf die in Prag zu erbauende
Kettenbrücke über den Moldaufluss. — §. 435. Stärke der
Ketten zu beiden Seiten der Pfeiler.


V. Kapitel.
Widerstände der Reibung, Unbiegsamkeit der Seile
und ihr Einfluss auf den Effekt der Maschinen.


§. 436. Erklärung des Reibungswiderstandes und der
ältern Versuche hierüber. — §. 437. Gleitende und wäl-
zende Reibung. — §. 438. Gesetze der Reibung nach
Coulomb. — §. 439 und 440. Dessen Versuche über Rei-
bung. — §. 441. Anwendungen hievon. — §. 442. Versu-
che über die wälzende Reibung. — §. 443 bis 445. Un-
biegsamkeit der Seile und Versuche hierüber. — §. 446
und 447. Einfluss der Unbiegsamkeit der Seile und Metho-
de dieselbe, so wie auch die Reibung bei einer Maschine
zu versuchen. — §. 448. Reibung bei dem Hebel und der
Wage. — §. 449 bis 453. Reibung und Unbiegsamkeit
der Seile bei dem Rade an der Welle. — §. 454. Rei-
bung eines stehenden Zapfens. — §. 455 bis 457. Reibung
und Unbiegsamkeit der Seile bei der Rolle. — §. 458 bis
461. Reibung und Unbiegsamkeit der Seile bei Flaschen-
zügen. — §. 462 und 463. Eigene Versuche über die Rei-
bung bei Flaschenzügen. — §. 464. Reibung eines Seiles,
wenn es um einen Cylinder geschlungen wird.


§. 465. Bemerkung über die Reibung der Körper,
die auf horizontalen Flächen fortgezogen werden. — §. 466
bis 469. Reibung auf der schiefen Fläche, wenn ein Kör-
per hinauf bewegt wird. — §. 470. Bestimmung der Rich-
tung der Zuglinie für den Fall der vortheilhaftesten Be-
spannung. — §. 471. Reibung bei der schiefen Fläche, wenn ein
Körper herabbewegt wird. — §. 472. Reibung bei der Schrau-
be. — § 473. Schrauben, die von selbst aufgehen. — §. 474.
Reibung bei den Winden und Hebern. — §. 475. Stärke
der Schraubengewinde. — §. 476. Reibung bei dem Keile.
— §. 477. Einfluss der Reibung auf den Effekt oder das
Arbeitsquantum, wenn mittelst eines Flaschenzuges in Ver-
bindung mit einer Winde Baumaterialien aufgezogen wer-
den. — §. 478. Dasselbe bei einem Göpel. — §. 479. Das-
selbe, wenn ein Dachstuhl mittelst englischer Heber ge-
hoben wird.


VI. Kapitel.
Ungleichförmige Bewegung.


§. 480. Erklärung der ungleichförmigen Bewegung. —
§. 481. Geschwindigkeit freifallender Körper für jede Zeit.
§. 482 bis 484. Raum freifallender Körper für jede Zeit. —
— §. 485. Beispiele hierüber. — §. 486 bis 488. Gesetze
der Bewegung senkrecht abwärts geworfener Körper. —
§. 489 bis 497. Dasselbe für die Bewegung senkrecht auf-
wärts geworfener Körper. — §. 498 bis 506. Gesetze der
Bewegung schief geworfener Körper. — §. 507 bis 511.
Freie Bewegung der Körper über schiefe Flächen. —
§. 512. Anwendung auf die Bewegung der Pendel. — §. 513.
Vergleichung der Bewegung über eine schiefe Fläche mit
dem freien Falle der Körper. — §. 514 bis 516. Bewegung
über schiefe Flächen mit Rücksicht auf Reibung. — §. 517.
Einrichtung einer Schranbe, welche von selbst aufspringt.
— §. 518. Uiberwucht bei der Rolle. — §. 519. Anwen-
dung hievon auf die Bestimmung des Fallraumes der Kör-
per. Attwood’s Fallmaschine. — §. 520. Uiberwucht bei
dem Rade an der Welle. — §. 521 bis 524. Dasselbe,
[[XXIV]]Inhalt des ersten Bandes.
wenn ein Schwungrad vorhanden ist. — §. 525. Theorie der
Bewegung mittelst eines Krummzapfens durch menschliche
Kräfte. — §. 526 bis 528. Effekt bei einem Krummzapfen,
wenn ein oder auch zwei Arbeiter hiebei angestellt werden.


VII. Kapitel.
Frachtwägen, Strassen- und Eisenbahnen.


§. 529. Geschichte der Frachtwägen. — §. 530. Vor-
theile der Frachtwägen und ihre Nachtheile. — §. 531.
Widerstand der Reibung an den Achsen der Räder. —
§. 532. Widerstand einzelner im Wege liegender Steine. —
§. 533. Widerstand der Nägel, welche über den Radreifen
hervorstehen. — §. 534. Widerstand der Steine bei einem
Pflaster. — §. 535. Konstruktion der Steinbahnen. —
§. 536. Einfluss unbedeutender Höhen und Vertiefungen ei-
ner Strasse, Vortheile der Stahlfedern bei Wägen. — §. 537.
Widerstand der Geleise, Vortheile breiter Felgen. —
§. 538. Ladung für jede Felgenbreite in England. — §. 539
und 540. Dasselbe in Frankreich und Deutschland. — §. 541.
Einfluss der Grösse der Räder auf die Geleise und die La-
dung der Wägen. — §. 542. Breite der Radfelgen in Oester-
reich. — §. 543. Widerstand der konischen Räder. —
§. 544. Versuche hierüber. — §. 545. Konische Räder bei
den englischen Eisenbahnen. — §. 546. Widerstand aus
der Bespannung und Einfluss ungleich hoher Räder — §. 547
und 548. Versuche über die Widerstände der Wägen auf
verschiedenen Strassen. — §. 549 und 550. Berechnung
der vortheilhaftesten Steigung bei Bergstrassen. — §. 551.
Bauart der Frachtwagenräder; gusseiserne Naben.


§. 552. Geschichte der Eisenbahnen. — §. 553.
Verschiedene Gattungen Eisenbahnen, Konstrukzion und
Gewicht der Gusseisenschienen. — §. 554. Schienen von
gewalztem Eisen. — §. 555. Ausweichplätze, Uiberset-
zung der Landstrassen mit Eisenbahnen. — §. 556. Drehschei-
ben. — §. 557. Verfertigung der gusseisernen Räder. — §. 558.
Verfertigung der Achsen und Lager für Eisenbahnwägen. —
§. 559. Konstrukzion der Wägen zum Transporte von Stein-
kohlen, der Erde oder des Schotters, so wie für lange
Baustämme. — §. 560. Mittel zur Erleichterung der Fahrt
bei den englischen Bahnwägen in Krümmungen. — §. 561.
Gewicht der englischen Bahnwägen. — §. 562. Schmie-
re dieser Wägen. — §. 563. Frachtkosten auf den Eisen-
bahnen in England und Deutschland. — §. 564. Konstruk-
zion der englischen Tramroads und dazu gehörigen Wä-
gen. — §. 565. Palmer’sche Eisenbahn. — §. 566. Mor-
ton’s
Eisenbahn zum Herausziehen der Seeschiffe auf das
feste Land. — §. 567. Benützung beladener Wägen, wel-
che über eine schiefe Fläche herabgehen, zum Aufzuge
leerer Wägen. — §. 568. Aufzug beladener Wägen über
schiefe Flächen durch Wasserräder oder Pferdegöpel. —
§. 569. Frachtkosten auf den verschiedenen Arten schiefer
Flächen in England. — §. 570. Folgerungen hieraus. —
§. 571. Beschreibung der Eisenbahn von Darlington nach
Stockton und Erträgnisse derselben in den ersten 45 Mo-
naten nach ihrer Eröffnung. — §. 572 Beschreibung der
Eisenbahn von Manchester nach Liverpool. — §. 573.
Eisenbahn von den Kohlengruben zu Hetton an den Fluss
Wear bei Sunderland. — §. 574. Wide open Eisenbahn.
— §. 575. Beschreibung des Montmouthshire Kanals und
der zugehörigen Eisenbahnen. — §. 576. Rumney Eisen-
bahn. — §. 577. Eisenbahn von Gloucester nach Chelten-
ham.
— §. 578. Eisenbahnen in Schottland. — §. 579.
Cromford und High Peak Eisenbahn, detto von Newcastle
nach Carlisle, detto von Mansfield nach Pinxton.
§. 580. Eisenbahnen in Frankreich. — §. 581. Unterhaltungs-
kosten der Eisenbahnen, Schlussfolgerungen. — §. 582. Vor-
theile der Eisenbahnen gegen Landstrassen. — 583. Wi-
derstand der Reibung an den Achsen bei Eisenbahnwägen.
— §. 584. Vortheile doppelter Räder. — §. 585 und 586.
Widerstand fester Räder in krummen Bahnen. — §. 587.
Bauart der Wägen mit Reihnägeln um diesen Widerstand
möglichst zu beseitigen. — §. 588 bis 590. Berechnung
der erforderlichen Zugkraft, welche für einen oder meh-
rere zusammenhängende Wägen mit Reihnägeln und be-
weglichen Achsen und Rädern in einer krummen Bahn er-
fordert wird. — §. 591. Anschlag der Frachtkosten auf
einer horizontalen Eisenbahn. — §. 592. Dasselbe, wenn
noch kleine Steigungen und Gefälle vorkommen. — §. 593.
Bestimmung der vortheilhaftesten Steigung der Eisenbah-
nen. — §. 594. Verzeichnung der krummen Linie für Ei-
senbahnen. — §. 595. Beschreibung der Eisenbahn zwi-
schen der Moldau und Donau. — §. 596. Beschreibung
der Eisenbahn zwischen Prag und Pilsen.

[[1]]

Mechanik fester Körper.


Gerstner’s Mechanik. Band I. 1
[[2]][[3]]

Einleitung.


§. 1.


Die technische Mechanik (mécanique industrielle ou mécanique appliquée
aux arts
) hat die Vollführung aller derjenigen Arbeiten zum Gegenstande, wodurch
die Produkte des Gewerb- und Kunstfleisses erzeugt und nach Maassgabe der zu befrie-
digenden Lebensbedürfnisse dargestellt werden.


Alle menschlichen Arbeiten werden theils aus freier Hand, theils mit Anwendung
der Instrumente und Maschinen verfertigt. Der Unterricht in der Mechanik hat für
beide Arten von Arbeiten die Gesetze und Regeln anzugeben, nach welchen sich die
Arbeiter zu benehmen, ihre Instrumente und Maschinen zweckmässig vorzurichten, sie
zu prüfen und zu gebrauchen haben.


§. 2.


Zur Verrichtung einer jeden Arbeit ist eine Kraft nöthig. Wenn wir eine Last
durch einen Menschen von einem Orte zum andern tragen sehen, so ruhet die Kraft in
dem Menschen, der die Last trägt, und wenn die Last z. B. 25 Pfund schwer ist, so
hat derselbe bei dieser Arbeit eine Kraft von 25 Pfunden anzuwenden; oder seine hie-
zu nöthige Muskelkraft beträgt 25 Pfunde. Wenn wir einen Stein an einen Faden
oder an ein Seil binden und durch Befestigung des Fadens am unbeweglichen Ober-
boden frei in der Luft aufhängen, so bleibt der Stein in Ruhe, und die Cohae-
sionskraft
des Fadens ist es, welche den Stein in seinem ruhigen Zustande erhält
und dem Gewichte des Steines gleich ist. — Wird der Faden oder das Seil abgeschnit-
ten, so fällt der Stein in senkrechter Richtung gegen die Erde, und die Kraft, wel-
che diese Bewegung hervorbringt, ist offenbar das Gewicht des Steines oder seine
Schwerkraft.


Obgleich die Art und Weise unbekannt ist, wie die in dem Steine vorhandene
Schwerkraft denselben unabänderlich in der senkrechten Richtung gegen die Erde her-
abtreibt, oder wie die Muskelkraft der Hände den Stein aufheben und willkührlich
nach jeder Richtung bewegen kann, so unterliegt doch das Daseyn und das Maass dieser
Kräfte und überhaupt die Nothwendigkeit einer Kraft zur Hervorbringung und Unter-
haltung einer jeden Arbeit, keinem Zweifel; wir haben daher in der Mechanik bloss die
Gesetze der Natur genau zu beobachten, die Eigenschaften der zu bearbeitenden Körper
umsichtig zu untersuchen und dadurch die zweckmässigsten Mittel zur Bewirkung unserer
Arbeiten aufzufinden.


1 *
[4]Mechanische Kräfte.

Es gibt nebst den erwähnten drei Kräften (der Muskelkraft der Menschen, der
Cohaesionskraft und der Schwerkraft) noch viele andere, welche sich die Menschen dienst-
bar gemacht und die sie zur Verrichtung ihrer Arbeiten angewendet haben. In den älte-
sten Zeiten wurden alle Arbeiten unmittelbar von Menschen verrichtet. Zuerst soll es in
Egypten gelungen seyn, den Pflug und dadurch zugleich das Mittel zu erfinden, wie
die Kräfte der Ochsen zum Ackern, d. i. zum Aufgraben und Uiberstürzen der Erde
verwendet werden können. Auf den Beifall, mit welchem diese erste Maschine von
der menschlichen Gesellschaft aufgenommen wurde, lässt sich aus den Opferfesten
schliessen, welche die egyptischen Priester zur dankbaren Erinnerung an dieses Ge-
schenk einer höhern Macht veranstalteten. Auf gleiche Art wurden die Pferde zum
Fortziehen der Wägen verwendet und es kam bald dahin, dass alle Lasten viel leich-
ter und mit weniger Kosten von einem Orte zum andern geführt, als von Menschen
oder Thieren getragen werden konnten. — Noch die Römer liessen das Getreide von
Sklaven zerstampfen und durch Siebe von der weniger verdaulichen Spreu reinigen.
Bald nachher wurden Wassermühlen erfunden, und denselben eine solche Einrich-
tung gegeben, wornach alle verschiedenen Operationen, welche die Erzeugung der
mannigfaltigen Mehlgattungen erfordert, voa jedem einzelnen Wasserrade verrichtet
werden. Die Araber erfanden zu demselben Zwecke Windmühlen, welche in dem
westlichen Europa erst in den Zeiten der Kreuzzüge bekannt wurden. Die spätere Er-
findung des Schiesspulvers gab unsern Waffen eine neue Kraft, der die zahl-
reichsten Armeen nicht Widerstand zu leisten vermochten; die Benützung der Feder-
kraft
der Metalle lieferte uns vollkommene Uhren und Zeitmesser; den neuesten Zeiten
war es endlich vorbehalten, durch Benützung der Wasserdämpfe eine Kraft zu ge-
winnen, welche nicht nur an Stärke allen andern Kräften weit überlegen ist, sondern
auch durch höchst sinnreiche, mechanische Vorrichtungen in ihrer Wirkung so ge-
schmeidig gemacht wurde, dass sie zu gleicher Zeit die stärksten Eisenstäbe schmieden
und die feinsten Baumwollenfäden zu spinnen und zu weben vermag. Erfahrene Eng-
länder behaupten, dass ihr Vaterland seine dermalige Uiberlegenheit in der Erzeugung
aller Gewerbsprodukte und im Handel ganz vorzüglich der Erfindung und Vervoll-
kommnung der Dampfmaschinen zu verdanken habe.


§. 3.


Bei allen Arbeiten müssen folgende Gegenstände in Betrachtung gezogen werden:


  • A. Der Gegenstand der Arbeit selbst, welche zu Stande gebracht werden
    soll, z. B. das Tragen, Heben, Ziehen einer Last, das Pressen, das Man-
    geln u. dgl.
  • B. Die Mittel, d. i. die Werkzeuge (Instrumente) oder Maschinen, durch welche
    die Arbeit ausgeführt werden kann.
  • C. Die zweckmässige Verwendung der hiezu nöthigen Kräfte; und
  • D. Die Bestimmung der Verhältnisse der Bestandtheile der Maschine,
    um hiedurch die bestmögliche Benützung der Kraft und sonach auch das grösst-
    mögliche Quantum an Arbeitsprodukten
    in einer bestimmten Zeit, z. B.
    in einem Tage zu erzielen.

[5]Werkzeuge, Maschinen.

Zur deutlichern Erklärung dieser vier Hauptgegenstände, worauf es bei allen me-
chanischen Arbeiten wesentlich ankömmt, wollen wir noch eine Erörterung hievon im
folgenden Paragraphe beifügen.


§. 4.


A. Die Gegenstände der Arbeiten sind äusserst mannigfaltig. Wenn ein
Stoff von der Natur so gegeben ist, dass er ohne weitere Vorbereitung in Arbeit ge-
nommen und der beabsichtigte Gegenstand daraus verfertigt werden kann, so ge-
hört diese Arbeit ganz in das Gebiet der Mechanik. Z. B. Wenn Bauholz zur Ver-
fertigung eines Dachstuhles im Walde angewiesen wird, so besorgt die Mechanik
nicht nur das Fällen und Herbeiführen dieser Baustämme, sondern sie gibt auch die
Hauptregeln für die vortheilhafteste Abzimmerung, die Bestimmung der Stärke der
einzelnen Theile und ihre Verbindung unter einander an, welche dann in dem beson-
dern Lehrfache der Bau- und Zimmermannskunst noch weiter ausgeführt und auf meh-
rere Fälle angewendet werden. Bedarf dagegen ein Urstoff noch mancher Vorberei-
tungen, soll z. B. der Flachs geröstet, oder das Erz geschmolzen und vorläufig zu
schmiedbarem Eisen gemacht werden, so fallen diese Vorbereitungen dem Lehrgegen-
stande der Chemie, das Spinnen des Flachses und die weitere Verarbeitung des Eisens
zu Stabeisen, Ketten, Draht etc. jedoch dem Gegenstande der Mechanik zu.


B. Werkzeuge (Instrumente) sind diejenigen einfachen Geräthe, deren sich vor-
züglich die Handwerker bei ihren Arbeiten bedienen. So ist der Hammer das Werkzeug
des Schmiedes, so sind die Schrotwaage, das Senkblei, der Hammer und die Kelle,
die Werkzeuge der Maurer u. s. w.


Wenn mehrere einfache Vorrichtungen zu einem gemeinschaftlichen Zwecke zu-
sammengesetzt, hiedurch die Arbeit mehr geregelt, der Willkühr der Hand entzogen
oder auch mehrere Zwecke zu gleicher Zeit erreicht werden, so nennt man diess eine
Maschine. Soll z. B. ein Felsenstück oder eine grosse Säule von einem Orte zum
andern geschafft und dort aufgestellt werden, so wäre diess durch blosse menschliche
Kräfte unmöglich, weil diese Gegenstände bei ihrem ausserordentlichen Gewichte zu
wenig Angriffspunkte für Menschen darbiethen, um von ihnen überwältigt zu werden;
man braucht daher zu dem Transporte solcher Körper und zu ihrer Aufrichtung an Ort
und Stelle eigene Vorrichtungen, als Winden, Flaschenzüge und andere Hebezeuge, und
nur durch Anwendung derselben wurde es möglich alle jene grossen Obelisken und Monu-
mente zu errichten, deren in den ältesten und neuesten Zeiten so viele aufgestellt worden sind.
Ein anderes Beispiel dieser Art geben die Theilungsmaschinen der Uhrmacher, wodurch
die Räder mit einer, für das unbewaffnete Auge gar nicht erkennbaren Genauigkeit
getheilt, die Zähne in der zweckmässigsten Form hergestellt und auch mehrere solche
Räder fabriksmässig zu gleicher Zeit und mit derselben Genauigkeit verfertigt werden. —
Vor Erfindung der Spinnmaschinen war es unmöglich, Garne von solcher Feinheit und
Gleichheit zu erzeugen, wie sie gegenwärtig mittelst Maschinen geliefert werden; die
Maschinen haben daher der menschlichen Arbeit die ihr sonst mangelnde Vollkommenheit
gegeben; und da das Maschinengespinnst zugleich wohlfeiler als das Handgespinnst ge-
liefert wird, so hat die Erfindung dieser Maschinen nebst der grössern Vollkommenheit
[6]Eintheilung der Mechanik.
der Arbeit und ihrer Preisverminderung, auch zugleich ihrer allgemeinen Gebrauch
bewirkt.


Auf gleiche Weise lässt sich erörtern, dass durch alle andern bisher erfundenen und
verwendeten Maschinen, entweder die Möglichkeit, oder die grössere Vollkom-
menheit
oder auch die grössere Wohlfeilheit einer Arbeit, oder endlich auch
mehrere von diesen Zwecken zugleich erreicht wurden.


C. In Bezug auf die Verwendung der vorhandenen Kräfte, es seyen nun
die Kräfte der Menschen, Thiere, des Wassers, der Dämpfe u. s. w. hat die Mechanik
zu lehren, auf welche Weise diese Kräfte am vortheilhaftesten und zweckmässigsten be-
nützt werden können, und


D. Wie mit den vorhandenen Kräften die möglichst grösste Arbeit in einer
bestimmten Zeit
, d. h. der grösste Effekt zu bewirken sey. Die Berechnungen, wel-
che hierüber in der Mechanik angestellt werden, geben uns zugleich die Verhältnisse
der Maschinenbestandtheile
an. Dieser Theil der Mechanik ist daher der wich-
tigste, indem, wie wir sehen werden, der Effekt, oder das Quantum der verrichteten
Arbeit, je nach der zweckmässigern Verwendung der Kräfte, bald grösser und bald klei-
ner werden kann. Es wird daher unter die wichtigsten Aufgaben der technischen Mechanik
gehören, die Mittel an die Hand zu geben, um für jede gegebene Arbeit den jedesmali-
gen grössten Effekt mit dem mindesten Kraft- und dem geringsten Kostenaufwande
hervorzubringen.


§. 5.


Da jede Arbeit gewöhnlich mit einer Bewegung verbunden ist, so wurde
schon in ältern Zeiten die Mechanik die Wissenschaft der Bewegung genannt.
Es gibt jedoch Fälle, wo ein Gegenstand oder das Produkt der Arbeit in Ruhe erhalten,
und gegen äussere Einwirkungen sicher gestellt werden soll, wie z. B. ein Gebäude, das
zu erbauen ist. Die Grundsätze dafür, gehören ebenfalls in die technische Mechanik,
ungeachtet hier keine Bewegung vorkömmt; und wir werden sehen, dass hiezu eben die-
selben Regeln dienen, welche in der Mechanik überhaupt statt finden, und dass in
dieser Hinsicht nur zur grössern Deutlichkeit des Vortrages beide Zustände der Ruhe und
der Bewegung besonders behandelt, oder Statik und Mechanik als einzelne Theile
dieser Wissenschaft vorgetragen werden.


§. 6.


Zufolge des bisher Gesagten zerfällt der Gegenstand der technischen Mechanik in
folgende Haupttheile:


  • I. In die Dynamik oder Kraftlehre, welche die Kräfte der Menschen, der
    Thiere, des Wassers, der Luft, der Dämpfe etc. nämlich ihre Grösse und die Ge-
    setze der Wirksamkeit dieser Kräfte abhandelt.
  • II. In die Lehre vom Widerstande, worin die Grössen der vorkommenden Wider-
    stände und die Gesetze erörtert werden, nach welchen dieselben bei allen Arbeiten der
    angebrachten Kraft entgegenwirken.

Die letztere Lehre wird gewöhnlich in zwei Theilen abgehandelt, nämlich:


[7]Raum, Zeit, Geschwindigkeit.
  • A. In der Statik, worin die Bedingungen für das Gleichgewicht zwischen Kraft und
    Widerstand, unter denen eine vollkommene Ruhe oder auch eine gleichförmige Be-
    wegung möglich ist, entwickelt werden, und
  • B. In der eigentlichen Mechanik oder Bewegungslehre, worin die Grösse (das
    Quantum) der Bewegung, oder die hervorgebrachte Arbeit als der letzte Zweck
    der Kraftanwendung berechnet wird.

Hiemit ist nun ganz deutlich der technischen Mechanik der Gegenstand und
Umfang ihrer Untersuchungen vorgezeichnet, und wir können somit ihren Zweck mit mehr
Bestimmtheit angeben, wenn wir sagen, dass sie sich hauptsächlich damit zu befassen
habe, die sichersten und zweckmässigsten Mittel aufzusuchen, durch welche der physi-
schen Kraft und Geschicklichkeit des Menschen Hilfe geleistet, wie diese Kraft bei
der Ausführung der, für die menschlichen Bedürfnisse nöthigen Arbeiten zweckmässig
verwendet
, und wie die Arbeiten entweder mit möglichster Ersparung an Zeit und
Kraft, oder mit dem geringsten Kostenaufwande hergestellt werden können.


§. 7.


Die Kraft oder das Vermögen, welches eine Arbeit verrichtet, ist im gewöhn-
lichen Sprachgebrauche dem Widerstande, welchen die Kraft zu überwältigen hat,
und den man die Last heisst, entgegengesetzt. Da jedoch auch der Widerstand,
wenn derselbe z. B. eine empor zu hebende Last ist, durch seine Schwere eine Bewegung
hervorbringen kann, so erhellet, dass beide nur dem Namen nach, nicht aber wesentlich
verschieden sind.


Wenn eine Bewegung im gleichförmigen Zustande unterhalten werden soll, so wie es
bei den meisten Fabriksarbeiten der Fall ist, so ist es einleuchtend, dass auch hiezu eine
fortwährend gleiche Kraft anzuwenden sey, oder dass die Kraft dem Widerstande immer
gleich seyn müsse. Wäre nämlich die Kraft kleiner, so würde sie den Widerstand nicht
zu besiegen vermögen, folglich müsste die Arbeit aufhören; nur, wenn demnach die Kraft
gerade so gross als der Widerstand ist, kann die vorhandene Bewegung fortgesetzt wer-
den, oder die Arbeit gleichförmig fortschreiten. Wäre dagegen die Kraft grösser als der
Widerstand, so würde sie mehr leisten, als erfordert wird; die Bewegung würde fortan
beschleunigt und endlich so gross werden, dass Niemand dem bewegten Körper zu folgen
vermöchte, und derselbe daher, wie Newton sich ausdrückt, in den unendlichen Welt-
raum entführt würde. — Drückt Jemand mit der Hand auf einen Tisch, so drückt der
Tisch eben so stark gegen die Hand zurück, wenn beide bestehen sollen; ist aber der
Druck der Hand stärker, als dass der letztere zu widerstehen vermag, so bricht der Tisch
und hört damit auf, seinem Zwecke zu entsprechen. — Hieraus folgt daher, dass in je-
dem Beharrungsstande der Ruhe oder der Bewegung, die Kraft dem Widerstande
gleich seyn müsse
.


§. 8.


Bei jeder Bewegung sind drei Dinge zu betrachten: der Raum, die Zeit und
die Geschwindigkeit.


Die Länge des Weges, welchen ein bewegter Körper oder auch eine Kraft oder Last
zurücklegt, nennt man den Raum. Derselbe wird daher mit jener Einheit gemessen,
womit man die Längen der Linien überhaupt misst, z. B. mit einer Klafter, mit einem
[8]Gleichförmige und ungleichförmige Bewegung.
Schuhe etc. Die gewöhnliche Einheit für das Maass des Raumes in der Mechanik ist der
Fuss (Schuh) und zwar bei uns der Wiener oder Niederösterreichische Fuss;
es wird daher in diesem Werke, so oft kein anderes Fuss-Maass ausdrücklich genannt ist,
immer das Wiener Maass zu verstehen seyn.


Unter Geschwindigkeit verstehen wir denjenigen Raum, welchen ein Körper in
einer Sekunde zurücklegt. Geht ein Körper geschwinder, so legt er einen grössern,
geht er langsamer, so legt er einen kleinern Raum in einer Sekunde zurück. — Das Zeit-
maass einer Sekunde ist zwar in allen mechanischen Schriften zum Maasstabe der Ge-
schwindigkeit angenommen, allein diess ist eine willkührliche Annahme, indem man die
Geschwindigkeit eben sowohl für den Raum erklären kann, welchen ein Körper in einer
Minute, einer Stunde etc. und bei Himmelskörpern in einem Jahre oder überhaupt in
einer jeden andern gewählten Zeiteinheit zurücklegt.


Als Zeit bezeichnet man die Dauer, während welcher ein Körper von einem Orte
zum andern kömmt, d. h. seinen Weg zurücklegt. Die Zeit wird gewöhnlich durch Uhren
und Chronometer (Zeitmesser) gemessen. Dieses Zeitmaass gründet sich auf die mittlere
Dauer eines Sonnentages, oder auf die Länge der Periode, in welcher die Sonne zum
Meridian oder zum höchsten Punkte ihres Tagkreises zurückkehrt. Man theilt diese Zeit,
deren Länge die Natur selbst festgesetzt hat, in 24 gleiche Theile oder Stunden;
jede Stunde in 60 gleiche Theile oder Minuten, und jede Minute abermals in 60 gleiche
Theile, die man Sekunden nennt, ein. Eine jede Stunde enthält demnach 3600 Sekun-
den und die in der Mechanik angenommene Einheit des Zeitmaasses ist eine Sekunde.
Die Stunden, Minuten und Sekunden werden gewöhnlich durch (h), (') und (") bezeich-
net, die man rechter Hand über die Zahl setzt. So z. B. bedeutet 7h 13′ 45″ eine Dauer
von 7 Stunden, 13 Minuten und 45 Sekunden.


Zum Zählen der Zeiteinheiten bedient man sich gewöhnlich des Pendels oder einer
an einem Faden befestigten Kugel. Wird das Pendel so eingerichtet, dass es in jeder
Sekunde eine Schwingung vollendet (einen Schlag macht), so heisst man es ein Sekun-
denpendel
. Die Länge dieses Pendels ist in den neuern Zeiten mit ungemein grosser
Genauigkeit bestimmt, und nach den Berechnungen der Astronomen für die Wiener Stern-
warte 452,739 Wiener Linien oder 3 Fuss 1 Zoll 8,739 Linien = 3,144 Wiener Fuss gefun-
den worden.


Da jedoch der Gebrauch des Pendels, des Widerstandes der Luft und noch anderer
Hindernisse wegen, doch nur auf eine kurze Zeit beschränkt, und hiebei selbst mit meh-
reren Unbequemlichkeiten verbunden ist, von welchen Mängeln die Uhren oder Chro-
nometer
frei sind, so pflegt man auch vorzüglich nur diese zur Bestimmung der Zeit an-
zuwenden, wogegen das Messen der Zeit durch das einfache Pendel nur bei wenigen phy-
sikalischen Versuchen von kurzer Dauer, statt findet.


Ein umständlicherer Unterricht über das Pendel und dessen Gebrauch bei Uhren, wird
später in einem besondern Kapitel dieses Werkes abgehandelt werden.


§. 9.


Jede Bewegung ist entweder gleichförmig oder ungleichförmig.


[9]Gleichförmige Bewegung.

Ein Körper bewegt sich gleichförmig, wenn er seine Geschwindigkeit nicht än-
dert, d. i. wenn er fortwährend in gleichen Zeiten gleiche Räume zu-
rücklegt
.


Die Bewegung ist ungleichförmig, wenn sich die Geschwindigkeit verändert,
oder wenn in gleichen Zeiten ungleiche Räume zurückgelegt werden.
Insbesondere nennt man die Bewegung beschleunigt, wenn in den nach einander
folgenden gleichen Zeiten die Räume immer grösser; und verzögert, wenn diese
Räume immer kleiner werden.


Ein deutliches Beispiel einer solchen beschleunigten oder verzögerten Bewegung ge-
ben schwere Körper; fällt ein solcher Körper senkrecht herab, so verhalten sich, wie
die Beobachtungen gezeigt haben, die in der 1sten, 2ten, 3ten, 4ten ...... Sekunde zu-
rückgelegten Räume wie die ungeraden Zahlen 1, 3, 5, 7 ...... Wegen der Gleichheit
der Unterschiede dieser Zahlen, nennt man diese Bewegung eine gleichförmig be-
schleunigte
.


Wenn im Gegentheile ein Körper senkrecht in die Höhe geworfen wird, so nehmen
die von einer Sekunde zur andern zurückgelegten Räume wie die Zahlen ...... 7, 5, 3, 1
ab; man nennt diess demnach eine gleichförmig verzögerte Bewegung. Diese
Sätze, so wie überhaupt die ganze Theorie des freien Falles und der Bewegung geworfe-
ner Körper, werden im VI. Kapitel dieses Werkes umständlich abgehandelt werden.


§. 10.


Bei der gleichförmigen Bewegung wird der Raum, den ein Kör-
per zurücklegt, erhalten, wenn man die Geschwindigkeit mit der
Zeit, d. i. mit der Anzahl der, während der Bewegung verflossenen
Zeitsekunden multiplizirt
.


Weil nämlich die Geschwindigkeit bei der gleichförmigen Bewegung dieselbe ist,
so legt der Körper in der 2ten, 3ten ..... Sekunde einen eben so grossen Raum als in der
ersten zurück. Ist daher (Fig. 1) der Raum, welchen der Körper in der ersten Sekunde be-Fig.
1.
Tab.
I.

schreibt = ab = C, so wird derselbe in der zweiten Sekunde den Raum bd = ab = C, in
der dritten Sekunde den Raum de = ab = C u. s. w. zurücklegen. Demnach ist der ganze
vom Anfange der Bewegung beschriebene Raum während einer Sekunde = C, während
2 Sekunden = ad = ab + bd = 2C, während 3 Sekunden = ae = ab + bd + de = 3C,
u. s. w. und man kann überhaupt sagen: In einer Sekunde legt der Körper den Weg C,
folglich in T Sekunden den Weg S (= am) zurück, oder:


d. h. bei der gleichförmigen Bewegung
ist der durchlaufene Raum S = dem Produkte aus der Geschwindigkeit C in die An-
zahl Sekunden T, welche der Körper zum Durchlaufen dieses Raumes gebraucht.


§. 11.


Uiber die vorstehende Gleichung ist zu bemerken, dass es Vielen unerklärbar vor-
gekommen sey, wie man in der Mechanik Dinge von verschiedenen Namen, wie es
hier die Geschwindigkeit und die Zeit ist, miteinander multipliziren könne. Zur Erklä-
rung dessen dient, dass wir unter der Zeit nur die Anzahl der während der Bewegung
Gerstner’s Mechanik. Band I. 2
[10]Gleichförmige Bewegung.
verflossenen Zeitsekunden, also eine unbenannte Zahl verstehen, und dass in dieser
Hinsicht auf beiden Seiten der Gleichung vollkommen gleichartige Grössen vorkommen;
denn der Raum S ist eben so wie die Geschwindigkeit C ein Längenmaass, und dieses
zweite Längenmaass wird so oft genommen, als die Zeit Einheiten hat, welches mit dem
Begriffe der Multiplikation vollkommen übereinstimmt.


§. 12.


Aus der vorhergehenden Gleichung S = C. T, folgt , d. h. man findet
bei der gleichförmigen Bewegung die Geschwindigkeit, wenn man den Raum durch die
Zeit, in welcher derselbe zurückgelegt werden soll, dividirt. Auf gleiche Art ist ,
d. h. man findet die Zeit, oder die Anzahl Sekunden, welche man braucht, um einen ge-
gebenen Raum mit einer gegebenen Geschwindigkeit zurückzulegen, wenn man diesen
Raum durch die Geschwindigkeit dividirt.


  • 1. Beispiel. Wie gross ist die Geschwindigkeit eines Menschen, der eine Meile in
    2 Stunden zurücklegt?

Da die Geschwindigkeit oder der Raum des Menschen in einer Sekunde in Fussen
berechnet wird, so muss man den ganzen durchlaufenen Raum im Fussmaasse, und die
Zeit in Sekunden ausdrücken; sonach ist:

  • 2. Beispiel. Ein Mann legt zu Pferde 6 Fuss in 1 Sekunde zurück, wie weit wird
    er in 4 Stunden kommen?

Für diesen Fall ist: S = C T = 6. 4. 3600 = 86400 Fuss = 3 Meilen 2400 Klaftern.


  • 3. Beispiel. Man hat einen Weg von 6 Meilen zurückzulegen, macht aber in 1
    Sekunde 3 Fuss; wie viel Zeit wird man brauchen, um an den bestimmten Ort zu
    kommen?

Diese Zeit ist


  • 4. Beispiel. Die Gesellschaft der Eisenbahn zwischen Liverpool und Manchester in
    England hatte im verflossenen Jahre ein Prämium von 500 Liv. st. (5000 Conv. Gulden)
    für den schnellsten Dampfwagen ausgesetzt. Bei den Wettfahrten, welche im
    Oktober 1829 während meiner Anwesenheit daselbst auf der genannten Bahn statt hat-
    ten, legte die beste Maschine 32 englische Meilen in einer Stunde zurück. Es frägt
    sich nun, wie viel beträgt dieser Raum in dem österreichischen Maasse, und wie gross
    war die Geschwindigkeit dieses Dampfwagens oder der Raum in 1 Sekunde?

Eine englische Meile beträgt 848 Wiener Klafter, folglich wurden in einer
Stunde 32.848 = 27136 Klafter = 6 N. Oesterr. Meilen 3136 Klafter zurückgelegt, und der
Raum in einer Sekunde betrug N. Oe. Klafter oder 45,23 Fuss. — Man
würde daher auf einer solchen Eisenbahn den Weg von Prag nach Wien, wenn diese Bahn
42½ N. Oesterr. Meilen lang wäre, in 6 Stunden 16 Minuten zurück legen können.


[11]Gleichförmige Bewegung.

§. 13.


Nach diesen Grundsätzen werden auch die Fragen beantwortet, welche in dem Falle
entstehen können, wenn zwei in derselben Richtung einander nachfol-
gende Körper sich in einer gegebenen Zeit einholen sollen
.


Es sey die Zeit, um welche der erste Körper früher abging = t, und seine Ge-
schwindigkeit = c; die Zeit, welche der zweite Körper braucht, um den ersten einzuho-
len = T und seine Geschwindigkeit = C; endlich der Raum, den beide bis zu dem
Orte zurücklegen, wo sie auf einander treffen = x; so ist für den vorausgehenden Kör-
per die Dauer der Bewegung t + T, weil er sich durch die Zeit t, welche er voraus hat,
und dann noch durch die übrige Zeit T bewegt; demnach ist der Raum x = c (t + T)
und für den zweiten Körper ist er x = C T.


In diesen zwei Gleichungen kommen fünf Grössen, nämlich: x, c, C, t, T vor;
sind daher drei derselben gegeben, so kann man die übrigen zwei finden.


  • 1. Beispiel. Die Zeit zu bestimmen, in der zwei Körper einander
    einholen, wenn die Zeit, welche der erste voraus hat und die
    Geschwindigkeit beider gegeben ist, und umgekehrt
    .

Z. B. Ein Bothe legt in einer Stunde 2000 Klafter zurück, ein zweiter geht um 2
Stunden später nach, macht aber in einer Stunde 2400 Klafter, wann und wo kom-
men sie zusammen?


Die Geschwindigkeit des ersten ist: Fuss und jene des
zweiten Fuss. Ferner , demnach:
und x = C T = 4.10.3600 Fuss = 6 Meilen. Diese Bothen werden sich
daher in 10 Stunden nach zurückgelegten 6 Meilen einholen. In der That, da der
erste schon 4000 Klafter voraus hat, ehe der zweite zu gehen anfing, und in den fol-
genden 10 Stunden noch 10mal 2000 oder 20000 Klafter zurücklegt, so hat er im Gan-
zen einen Weg von 24000 Klaftern oder 6 Meilen beschrieben. Der zweite macht in
10 Stunden 10mal 2400 oder ebenfalls 24000 Klafter, also beide denselben Weg, sie
holen sich daher wirklich in 10 Stunden ein.


  • 2. Beispiel. Die Geschwindigkeit zu finden, mit der sich ein nach-
    folgender Körper bewegen muss, damit er einen andern in einer
    gegebenen Zeit einhole
    .

Z. B. Ein Kourier geht von hier an einen Ort ab, der 100 Meilen entfernt ist,
und legt in 2 Stunden 2 Meilen zurück. Ein zweiter Kourier wird ihm 24 Stunden
später nachgeschickt, um ihn an dem 100 Meilen entfernten Orte einzuholen; mit wel-
cher Geschwindigkeit muss nun der zweite dem ersten nachsetzen?


Da der erste Kourier in jeder Stunde eine Meile zurücklegt, folglich 100 Stunden
zu 100 Meilen brauchen wird, der zweite aber um 24 Stunden später nachfolgt, folglich
2 *
[12]Gleichförmige Bewegung.
dieselben 100 Meilen in 76 Stunden zurücklegen muss, so folgt, dass er in 1 Stunde
oder beinahe 1⅓ Meilen zurücklegen müsse. Daraus folgt die Geschwindig-
keit des ersten Fuss, die Geschwindigkeit des zweiten aber
Fuss.


§. 14.


Auf gleiche Weise lässt sich nunmehr auch die Zeit berechnen, in welcher zwei
Menschen, die gegen einander gehen
, sich begegnen werden. Wenn z. B.
zwei Personen, die eine vom Orte A, und die andere vom Orte B zu gleicher Zeit
aus- und gegeneinander gehen, und wenn die erste mit der Geschwindigkeit c und
die zweite mit der Geschwindigkeit C geht; so wird, wenn die Entfernung beider
Orte von einander = a gesetzt wird, und wenn die eine den Weg x, die andere also
den Weg a — x bis zu dem Augenblicke zurücklegt, da sie sich begegnen; die Zeit,
welche die eine braucht und jener; welche die andere zubringt seyn.
Setzt man nun voraus, dass beide Personen in demselben Augenblicke oder gleichzeitig
von den Orten A und B abgegangen sind; so werden diese beiden Zeiten, in denen
sie sich begegnen, einander gleich seyn müssen, man hat daher: wor-
aus folgt; die Zeit selbst aber, in welcher
das Begegnen statt hat, ist =


  • Beispiel. Zwei Orte sind von einander 3 Meilen = a = 12000 Klafter entfernt,
    und es gehen zwei Menschen, der eine (A) mit c = 2 Fuss, der andere (B) mit
    C = 3 Fuss Geschwindigkeit einander entgegen; es frägt sich nun, wann und wo
    sie sich begegnen werden?

Die Zeit, wann sich diese Menschen begegnen, ist
; der Ort, wo sie sich begegnen, ist für den Menschen (A), der 2 Fuss Geschwindig-
keit hat , für den Menschen (B) aber
.


[13]

I. Kapitel.
Thierische Kräfte und allgemeine Regeln über ihre
Verwendung bei Arbeiten aus freier Hand.


§. 15.


Die Kräfte der Menschen und Thiere werden so wie alle andern Kräfte
durch Gewichte gemessen, welche sie heben, ziehen, schieben oder auf eine
andere Art fortbewegen können. Da für diese Kräfte von der Natur keine unveränderli-
chen Maasse und Gesetze, wie für die Schwere der Körper bestimmt sind, sondern der
stärkere Körperbau, die öftere Uibung, das Alter, das Geschlecht, und selbst der Wille,
seine Kräfte anzuwenden, bei der Kraftäusserung der Menschen einen unverkennbaren
Einfluss an den Tag legen, so ergibt sich von selbst, dass auch hier über die abso-
lute Grösse dieser Kräfte
keine allgemeine Bestimmung gegeben werden könne.
Jeder Mensch vermag nur aus seiner eigenen Erfahrung die Last zu bestimmen, welche er
zu heben und zu tragen im Stande ist, ja manche Menschen haben es in dieser Hinsicht
durch besondere Uibung dahin gebracht, dass ihre blosse Empfindung die Stelle einer
Wage vertritt, indem sie das Gewicht desjenigen, was sie heben oder tragen, oft mit
einer bewunderungswürdigen Genauigkeit anzugeben wissen.


Es gibt Menschen, welche sehr viele Kräfte besitzen. Desaguliers (Cours de Phy-
sique expérimentale, Paris
1751 pag. 289) erzählt, dass die Lastträger in London oft
zwei bis drittehalb Zentner Steinkohlen oder andere Waaren auf sich nehmen, aus den
Schiffen in die nächsten Niederlagen und eben solche Lasten auch in entferntere Stadt-
quartiere tragen, dort mit denselben über Treppen in die obern Stockwerke hinaufstei-
gen, und diese Arbeiten mehrere Male in einem Tage wiederholen. Eben so sehen
wir auch in Prag Träger, welche bei verschiedenen Gelegenheiten, vorzüglich zur Zeit
des Wechsels der gemietheten Wohnungen, grosse Kleider- und Bücherschränke, mit
Wäsche gepackte Koffer und andere Mobilien von 2 bis 3 Zentner Gewicht auf sich neh-
men, aus einer Wohnung in die andere tragen, und damit gleichfalls über Stiegen in die
obern, sechs bis acht Klafter hohen Stockwerke steigen, wenn nur die Gestalt und
Grösse der Geräthschaften nicht von der Art ist, dass ihre Lage auf dem Rücken des Trä-
gers dem Gehen hinderlich wird. Dagegen sind wieder andere Menschen schwächer,
und viele sind kaum im Stande, nur einen Zentner zu heben, noch weniger auf eine
Strecke Weges fortzutragen. Alle Menschen sind in ihrer Jugend verhältnissmässig
schwach, werden bei zunehmenden Jahren stärker und im hohen Alter wieder schwächer;
das männliche Geschlecht ist gewöhnlich stärker, als das weibliche. In den heissern
Welttheilen sind die Menschen in der Regel schwächer, als in kältern Gegenden; die
Indianer kennt man als die schwächsten Menschen, während die Nordländer, z. B. die
Russen, weit stärker sind.


§. 16.


Ob zwar hieraus folgt, dass für die menschliche Kraft kein bestimmtes oder ab-
solutes Maass anzunehmen sey, sondern dass jeder seine eigenthümliche Kraft nur selbst
[14]Kräfte der Menschen.
versuchen könne, so lehrt uns doch die Erfahrung gewisse Umstände und Verhältnisse
kennen, denen die Kraftanwendung aller, sowohl starker als schwacher, junger und al-
ter Menschen eben so wie die Kraftanwendung aller Thiere unterworfen ist, welche dem-
nach bei der Frage über die vortheilhafteste Verwendung thierischer Kräfte, hauptsäch-
lich berücksichtigt werden müssen. Diese Umstände sind nämlich:


  • Erstens. Die Geschwindigkeit, mit welcher die Arbeit verrichtet werden
    muss, und
  • Zweitens. Die Dauer der Arbeit, wie lange nämlich oder durch wie viele
    Stunden die Arbeit täglich fortgesetzt werden soll.

Diese zwei Bedingungen unterscheiden die thierischen Kräfte wesentlich von den
leblosen Kräften der Schwere, des Wassers, der Luft, der Dämpfe u. s. w., da die
letztern, sie mögen eine längere oder eine kürzere Zeit hindurch wirken, sich
immer gleich bleiben. Ganz anders verhält es sich aber mit den Kräften der Menschen
und Thiere, welche sowohl von der Geschwindigkeit, womit sie arbeiten, als von
der Zeitdauer, wie lange sie arbeiten, abhängig sind.


Es ist nämlich allgemein bekannt, dass alle Menschen, wenn sie eine schwere Last
tragen, sich mit derselben nicht so geschwind fort bewegen können, als wenn sie wenig
tragen oder ganz frei gehen und bloss ihren eigenen Körper in Bewegung erhalten. Alle
schwer beladenen Träger machen kleinere Schritte und gehen langsam. Da die Natur
den Menschen und Thieren durch die Grösse und Bauart ihrer Hände und Füsse be-
stimmte Gränzen für ihre Bewegungen vorgeschrieben hat, so haben schon de la Hire
und Desaguliers aus der geringen Erhebung und mindern Beschleunigung des tragenden
und getragenen Körpers eine Erklärung abgeleitet: warum man mit kleinen und langsa-
men Schritten grössere Lasten tragen könne, als mit grossen und schnellen Schritten.
Auch lehrt die tägliche Erfahrung, dass jeder, der etwas zu tragen hat, bei gleichem
Schritte früher ermüdet, als sein freier Begleiter. Läufer und Wettrenner kleiden sich
leicht an und suchen sich von aller Last möglichst zu entledigen.


§. 17.


Zur Beurtheilung der Aenderungen, welche von der Geschwindigkeit veranlasst wer-
den, ist schon in den gedruckten Briefen der Brüder Bernoully an Leibnitz die Erfah-
rung angeführt und seither von mehreren andern Schriftstellern wiederholt: dass Men-
schen von mittlerer Stärke es gleichgültig finden
, 30 ℔ Last mit
2 Fuss Geschwindigkeit, oder
20 ℔ Last mit 3 Fuss Geschwindig-
keit zu tragen oder zu bewegen
. Multiplizirt man nun diese Geschwindigkei-
ten mit den zugehörigen Lasten, so ist im ersten Falle 30.2 = 60, und im zweiten 20.3
= 60, d. h. die Produkte aus der Kraft in die Geschwindigkeit, oder die sogenannten
Bewegungsmomente, sind in diesen zwei Fällen einander gleich. Hieraus haben
mehrere Schriftsteller auf ein gleiches Bewegungsmoment für jeden Fall der Geschwin-
digkeit geschlossen, woraus jedoch folgen würde, dass bei einer Geschwindigkeit von
z. B. Fuss ein Mann 1200 ℔ tragen könne, weil ist; und bei einer
unendlich kleinen Geschwindigkeit, d. h. wenn der Mann stehen bleibt, müsste er eine
unendlich grosse Last zu halten im Stande seyn; ferner müsste ein Arbeiter, wenn er
[15]Kräfte der Menschen.
nichts trägt, sich mit einer unendlich grossen Geschwindigkeit bewegen können, wel-
ches aber beides mit der bekannten Beschränktheit der menschlichen Kräfte im Wider-
spruche steht.


Wir wollen daher einen allgemeinen Ausdruck für die jedesmalige Kraft der Men-
schen aus einer andern Betrachtung der obigen Erfahrung entwickeln. Man ersicht näm-
lich aus der Bernoully’schen Erfahrung, dass 10 ℔ Kraft das Aequivalent
von 1 Fuss Geschwindigkeit sey
, dass demnach, wenn die Kraft um 10 ℔ ver-
mindert wird, die Geschwindigkeit um 1 Fuss vermehrt werden könne und umgekehrt.
Nimmt man nämlich nach Bernoully an, es sey für einen Menschen von mittlerer Stärke
einerlei, 30 ℔ Last mit 2 Fuss Geschwindigkeit, oder 20 ℔ Last mit 3 Fuss Ge-
schwindigkeit fortzutragen, und setzt man diese Rechnung noch weiter fort, so folgt: dass,
wenn derselbe Mann mit 4 Fuss Geschwindigkeit arbeiten, z. B. gehen soll, man ihm nur
10 ℔ aufladen könne, und wenn er mit 5 Fuss Geschwindigkeit gehen soll, er gar nichts
zu tragen im Stande sey. Auf gleiche Weise lässt sich ableiten: dass, wenn man densel-
ben Mann nur mit 1 Fuss Geschwindigkeit arbeiten lässt, er 40 ℔ tragen könne; wenn
er aber 50 ℔ zu tragen bekömmt, so ist seine Geschwindigkeit = 0, d. h. er ist bloss im
Stande, diese Last zu erhalten, ohne sie von ihrem Orte zu bewegen.


Um aus diesem Beispiele für die verhältnissmässige Kraft des Arbeiters bei verschie-
denen Geschwindigkeiten einen allgemeinen Schluss zu ziehen, wollen wir vorläufig in
der folgenden Tabelle die abgeleiteten Grössen der Kraft den hiebei stattfindenden Ge-
schwindigkeiten entgegenhalten und diese Zusammenstellung mit einigen allgemeinen Be-
merkungen begleiten.


Aus dieser Tabelle ersehen wir:


  • Erstens. Dass die grösste Kraft (50 ℔) mit der kleinsten Geschwindigkeit des
    Arbeiters (0) zusammentreffe, und dass auf gleiche Art die Kraft des Arbeiters
    am kleinsten (oder = 0) sey, wenn derselbe die grösste Geschwindigkeit (5 Fuss)
    anwenden soll.

[16]Kräfte der Menschen.
  • Zweitens. Dass eine gleichförmige Zunahme der Geschwindigkeit eine gleichförmige
    Abnahme der Kraft nach sich ziehe.
  • Drittens. Dass überhaupt die Unterschiede, welche herauskommen, wenn die wirk-
    liche Kraft von der grössten abgezogen wird, der dabei stattfindenden Geschwin-
    digkeit proportional sind. Diess erhellet am deutlichsten aus der dritten Kolumne,
    worin die Grössen, um welche die wirkliche Geschwindigkeit in jedem Fall kleiner
    ist, als die grösste, ausdrücklich angegeben sind. Die Vermehrung der Geschwin-
    digkeit um 1 Fuss verursacht nämlich eine Verminderung der Kraft von 10 ℔, die
    Vermehrung der Geschwindigkeit von 2 Fuss gibt eine Verminderung der Kraft von
    20 ℔ ...... und eben so ergibt sich bereits nach der ersten Bemerkung,
    dass die grösste Geschwindigkeit für die Kraft eine Verminderung nach sich ziehe,
    welche die Grösse der grössten Kraft ganz erschöpft.

Da jedoch bei den in der Folge vorkommenden Berechnungen über die vortheilhaf-
teste Verwendung der menschlichen und thierischen Kräfte nicht so sehr die äussersten,
als vielmehr ihre mittlern Grössen zu berücksichtigen seyn werden, so wollen wir über-
haupt die mittlere Kraft eines Arbeiters = k, und die dabei stattfindende mittlere Ge-
schwindigkeit = c setzen. Wir können demnach zu Folge der Erfahrung, dass die
Kräfte mit den Geschwindigkeiten nach dem Gesetze einer arithmetischen Reihe ab- und
zunehmen, auch annehmen, dass die grösste Geschwindigkeit dieses Arbeiters = 2 c und
seine grösste Last = 2 k seyn werde. Setzen wir nun die wirkliche Geschwindig-
keit
, mit welcher der Mann in einem bestimmten Falle arbeitet = v, und die wirk-
liche Kraft
, welche er in diesem Falle ausübt = K, so kann man schliessen:


Wenn die Geschwindigkeit des Arbeiters von 0 bis 2 c vermehrt wird, oder wenn der
Arbeiter die Geschwindigkeit 2 c hat, so wird seine angenommene grösste Kraft 2 k um
2 k vermindert, oder man hat von 2 k dasselbe 2 k abzuziehen, um die wirkliche Kraft K,
die in diesem Falle = 0 ist, zu erhalten; nun wird aber die Geschwindigkeit von 0 bis v
vermehrt, oder der Arbeiter bewegt sich mit v Geschwindigkeit, wie viel hat man daher
von 2 k abzuziehen, um die wirkliche Kraft K zu erhalten? — Wird diess in einer Pro-
portion ausgedrückt, so ist: 2 c : 2 k , sonach ist die wirkliche Kraft, die der
Arbeiter bei der Geschwindigkeit v anwendet,


§. 18.


Aus diesem Ausdrucke für die Kraft eines Arbeiters ersehen wir:


  • Erstens. Wenn die Geschwindigkeit des Arbeiters v der mittlern c gleich ist, oder
    v = c, so zeigt sich die wirkliche Kraft des Arbeiters als die mittlere, weil in die-
    sem Falle, wenn in die obige Formel der Werth v = c substituirt wird, die Kraft
    des Arbeiters ist.
  • Zweitens. Wird die Geschwindigkeit des Arbeiters v = 0 angenommen, so ist
    seine Kraft .
  • Drittens. Wenn die Geschwindigkeit des Arbeiters die grösste oder v = 2 c ist, so
    erhalten wir die Kraft . Alle diese Werthe
    [17]Kräfte der Menschen.
    stimmen genau mit den obigen Erfahrungen, woraus die Formel für die Kraft des
    Menschen abgeleitet wurde, überein. Nimmt man nun für die mittlere Geschwindig-
    keit den Werth c = 2,5 Fuss und für die mittlere Kraft den Werth k = 25 ℔
    an, so ist die wirkliche Kraft
  • Setzt man jetzt v = 1 Fuss, so ist die wirkliche Kraft K = 10 (5 — 1) = 40 Pfund,
  •   v = 2 „   = 10 (5—2) = 30 —
  •   v = 3 „   = 10 (5—3) = 20 —
  •   v = 4 „   = 10 (5—4) = 10 —
  •   v = 5 „   = 10 (5—5) = 0. —

Alle diese Werthe treffen genau mit den §. 17. angegebenen Erfahrungen überein,
und man kann sonach behaupten, dass der Ausdruck k die wirkliche
Kraft eines Arbeiters für alle verschiedenen Geschwindigkeiten,
die er bei der Arbeit anwendet
, gibt. Dieser Ausdruck gewährt nunmehr
noch den Vortheil, dass für stärkere oder schwächere Arbeiter die mittlere Kraft k
grösser oder kleiner als 25 ℔ angenommen werden kann, und dass auch eben so bei je-
nen Menschen, welche grössere oder schnellere Schritte machen, oder mit einer grössern
Geschwindigkeit zu arbeiten gewohnt sind, auch für c eine grössere Zahl als 2,5 Fuss
gesetzt, und auf solche Art dieselbe Formel der eigenthümlichen Kraft eines jeden
Menschen
angepasst werden kann.


§. 19.


Die Kraft aller Menschen ist noch von einem zweiten Umstande
abhängig, nämlich von der Zeit oder Dauer ihrer Tagesarbeit
, d. h.
von der Anzahl Stunden, während welcher die Arbeiter täglich beschäftigt werden.
Es ist nämlich bekannt, dass jeder Mensch sich viel mehr anstrengen, oder eine weit
grössere Last auf sich nehmen könne, wenn die Arbeit nur kurze Zeit währt, oder wenn
die Last nicht weit zu tragen ist, und bald abgelegt werden kann; im Gegentheile vermag
aber kein Mensch bei einer sehr lange dauernden Arbeit eine grosse Kraft anzuwenden.


Bei der obigen Angabe, dass es für einen mittelmässig starken Menschen einerlei
ist, 30 Pfund mit 2 Fuss Geschwindigkeit, oder 20 Pfund mit 3 Fuss Geschwindigkeit zu
bewegen, ist die gewöhnliche Arbeitszeit vorausgesetzt. Diese fängt hier Landes
in der Regel im Sommer um 5 Uhr Morgens an, und dauert bis 11 Uhr, worauf eine Mit-
tagsruhe bis 1 Uhr eintritt. Von 1 bis Abends 7 Uhr wird wieder gearbeitet, und es werden
demnach zusammen 12 Stunden täglich bei der Arbeit zugebracht. Die wenigsten Arbei-
ten sind jedoch von der Art, dass der Arbeiter diese 12 Stunden hindurch ununter-
brochen
seine ganze Kraft von 20 oder 30 ..... ℔ anzuwenden hat. Es treten im
Gegentheile meistens gewisse Stillstände ein, wobei der Arbeiter sich wieder erholen
kann. Werden z. B. Baumaterialien aufgezogen, so findet nach jedem Aufzuge eine
Stillstandszeit statt, während welcher die aufgezogene Last entweder abgebunden oder aus-
geschüttet und in die untere Tonne eine neue Last wieder eingeladen wird etc. Man nimmt
daher im Durchschnitte an, dass unsere Arbeiter nicht durch 12, sondern bloss durch
acht Stunden ihre ganze Kraft anwenden, d. h. anhaltend arbeiten
.
Gerstners Mechanik. Band I. 3
[18]Kräfte der Menschen.
Bei allen Bergwerken, wo eine ununterbrochene, anhaltende Arbeit gefordert wird, ist
dieselbe nach Schichten zu 8 Stunden eingetheilt, und die Mannschaft wird dreimal
in 24 Stunden gewechselt. Die erste Abtheilung arbeitet gewöhnlich von Morgens 4 bis
Mittags 12 Uhr, sie wird durch neue Arbeiter von 12 bis 8 Uhr Abends ersetzt, und dann
treten abermals frische Arbeiter von 8 Uhr Abends bis 4 Uhr Früh ein.


Hieraus ist ersichtlich, dass bei unserer Herleitung der obigen Kraftformel die ge-
wöhnliche Arbeitszeit
von 8 Stunden (sammt einer dazwischen stattfindenden Ruhe-
zeit von 4 Stunden) vorausgesetzt worden sey. Nennen wir die gewöhnliche Arbeitszeit
= t, so ist die Kraft, welche dabei statt findet, nach unserer obigen Berechnung
, und es ergibt sich, dass, wenn die Zeit 0 ist, die grösste Kraft ange-
wendet werde, und diese 2 K betragen müsse, weil K das Mittel zwischen 0 und 2 K ist.
Wenn ferner die Kraft K = 0 ist, so muss die Zeit 2 t betragen, weil t abermals das Mittel
zwischen der kleinsten Zeit 0 und der grössten 2 t ist. Wir erhalten daher die anliegende
Tabelle, in welcher der Zeitaufwand und das stattfindende Kraftvermögen zusammen ge-
stellt sind:


Hieraus erhellt, dass, wenn der Mann durch t Stun-
den arbeitet, die Grösse K von der grössten Kraft 2 K ab-
gezogen werden muss, um die wirkliche Kraft, die in die-
sem Falle K ist, zu erhalten; und eben so, wenn der
Mann durch 2 t Stunden arbeitet, muss von der grössten
Kraft 2 K die Grösse 2 K abgezogen werden, um die wirk-
liche Kraft, die in diesem Falle = 0 ist, zu geben. Wir
können daher allgemein schliessen: dass, wenn der Mann durch z Stunden arbeitet, die
Grösse, welche von der grössten Kraft 2 K abzuziehen ist, aus folgender Proportion er-
halten werde: 2 t : 2 . Demnach ist die wirkliche Kraft, welche der Arbeiter
ausübt . Wir haben aber §. 17. gefunden, dass
; wir können daher diesen Werth substituiren, und erhalten die
wirkliche Kraft


In dieser Formel findet sich nun sowohl die Geschwindigkeit als auch die Zeit
angegeben, und es lässt sich daraus für einen jeden Fall die Kraft eines Arbeiters be-
rechnen.


§. 20.


Die gefundene Kraftformel gewährt den Vortheil, dass sie nicht bloss für die mitt-
lere Geschwindigkeit und Arbeitszeit ein richtiges Maass der Kraft angibt, sondern auch
für die beiden äussersten Fälle, wenn nämlich die Geschwindigkeit oder Arbeitszeit am
grössten und am kleinsten ist, solche Werthe liefert, die mit den täglichen Erfahrungen
über die Kräfte der Menschen sehr nahe übereinstimmen. Dieses geht aus folgenden,
äusserst interessanten Resultaten, die sich aus der gefundenen Formel ableiten lassen,
hervor:


[19]Kräfte der Menschen.
  • Erstens. Wenn die mittlere Kraft k, die mittlere Geschwindigkeit c, und die ge-
    wohnte tägliche Arbeitszeit t für irgend einen Arbeiter, nach dessen individueller
    Beschaffenheit sich diese Grössen immer richten müssen, gegeben ist; so kann man
    nunmehr mittelst der Formel seine wirkliche Kraft in allen möglichen Verhältnissen
    seiner Arbeitszeit und Geschwindigkeit angeben. Es sey z. B. v = c und z = t,
    d. h. wenn der Arbeiter mit der mittlern Geschwindigkeit durch die gewohnten Stun-
    den arbeitet, so ist seine Kraft , nämlich die mitt-
    lere Kraft, wie wir angenommen haben. — Wenn jedoch z = 7h und t = 8h, also
    , so ist die Kraft
    d. h. durch Verminderung der wirklichen Arbeitszeit um ihren achten Theil, wird
    die wirkliche Kraft um den achten Theil vermehrt. Wäre dagegen z = 9h = 9/8 t,
    so ist die Kraft , d. h. durch
    den achten Theil Vermehrung an der Arbeitszeit wird die wirkliche Kraft um den
    achten Theil vermindert u. s. w.
  • Zweitens. Wenn die Arbeitszeit z sehr gering und beinahe = 0 ist, z. B. nur einige
    Minuten dauert, und wenn v ebenfalls = 0 ist, so zeigt sich die Kraft
    K = k (2 — 0) (2 — 0) = 4 k, d. h. die grösste Kraft eines Arbeiters,
    oder die Kraft, welche er bei einer sehr kurzen Dauer der Arbeit ohne Geschwindig-
    keit anwenden kann, ist viermal so gross als seine mittlere Kraft; oder
    der Arbeiter kann auf einen Augenblick oder auf eine sehr kurze Zeit viermal so viel
    Last heben, als er den ganzen Tag hindurch mit Anwendung seiner mittlern Ge-
    schwindigkeit zu bestreiten vermag. Wenn daher die mittlere Kraft eines Mannes
    k = 25 ℔' ist, so ist er im Stande, K = 4 k = 100 ℔ während einer kurzen
    Zeit zu gewältigen; wäre aber die mittlere Kraft eines Mannes k = 35 ℔, so kann
    man ihm 140 ℔ z. B. von einem Wagen abladen, aufheben, einige Schritte weit
    tragen lassen u. s. w. — Gewöhnlich zeigt die Erfahrung, dass ein starker Mensch
    z. B. ein Ringer, einen andern Menschen mit angestrengter Kraft auf eine kleine
    Höhe aufzuheben und zu Boden zu werfen vermöge, womit also das erhaltene Resul-
    tat in so weit übereinstimmt, als das Gewicht eines Menschen 120 bis 140 Nied. Oesterr.
    ℔ beträgt, während k in diesem Falle auf 30 bis 35 ℔ geschätzt werden kann.
  • Drittens. Setzen wir die Arbeitszeit z der mittlern t gleich, so ist die Kraft eines
    Mannes , womit die angeführten Erfahrungen der Gebrüder Ber-
    noully
    und Anderer übereinstimmen. Wird in diesem Falle die Geschwindigkeit v
    sehr klein, oder v = 0, sonach der Arbeiter als durch 8 Stunden stillstehend an-
    genommen, so wäre die Kraft K = 2 k oder der doppelten mittlern Kraft gleich.
    Ein Mann kann demnach durch die 8 wirklichen Arbeitsstunden, ohne Geschwindig-
    keit oder im Zustande der Ruhe, die Last 2 k auf sich nehmen. — Hiebei muss jedoch
    nothwendig erinnert werden, dass die Arbeitszeit eines ganzen Tages eigentlich 12
    Stunden beträgt, dass sonach dem Arbeiter zwischen den 8 Stunden wirklicher Ar-
    3 *
    [20]Kräfte der Menschen.
    beit noch 4 Stunden an Stillstands- oder Ruhepausen zufallen, welche derselbe
    während seiner wirklichen Arbeit abwechselnd benützen kann.
  • Viertens. Gewöhnlich wird der Weg einer Meile zu 2 Stunden berechnet. Wenn
    auf solche Art ein Bothe in 8 Stunden täglich 4 Meilen zurückzulegen hat, so ist
    seine Geschwindigkeit Fuss, und die Last, welche er tragen kann,
    beträgt d. h. ein mit-
    telmässig starker Bothe kann täglich eine Last von 16⅔ ℔ auf eine Entfernung von
    4 Meilen tragen. Nehmen wir für einen stärkern Menschen k = 30 ℔, so ergibt
    sich, dass derselbe auf 4 Meilen täglich 20 ℔ tragen kann. — Da man in solchen
    Fällen den Bothen gewöhnlich nicht über 20 ℔ zu tragen gibt, so wird auch hier-
    durch die aufgestellte Kraftformel bestätigt.
  • Fünftens. Setzen wir noch die Geschwindigkeit des Arbeiters doppelt so gross, als
    seine mittlere oder v = 2c, und die wirkliche Arbeitszeit doppelt so gross, als
    seine mittlere von 8 Stunden oder z = 2 t, so ist
    d. h. dieser Arbeiter kann gar keine Last auf sich nehmen. Nun beträgt aber der
    Raum, welchen er in einem Tage zurücklegt S = v.z = 2 c.2 t = 2.2,5.2.3600.8
    = 288000′ = 48000° = 12 Nied. Oestr. Meilen. Ein Bothe kann daher, wenn er
    frei oder bloss mit einem Briefe gesendet wird, den Weg von 12 N. Oe. Meilen in
    einem Tage zurücklegen. — Hiebei wird aber ein ganz ebener Weg ohne Hinder-
    nisse z. B. Berge verstanden, welche seine Kraft noch auf andere Art ansprechen
    würden. Da nun mehrere Fälle bekannt sind, wo Krämer, Lotteriebothen u. a.
    einen Weg von 12 Meilen in einem Tage wirklich zurückgelegt, und am nächst-
    folgenden Tage auch wieder zurückgemacht haben, so erhält die angeführte Kraft-
    formel hiedurch abermals neue Bestätigung. (Uiber diesen Gegenstand ist jedoch
    im folg, 40. §. noch umständlicher die Rede.)
  • Sechstens. Bei Arbeiten, wo die Menschen öfters gewechselt, und nur durch eine
    sehr kurze Zeit angestrengt werden, wie z. B. bei Feuerspritzen, können sie eine
    weit grössere Kraft als ihre mittlere ausüben. Es sey nämlich z = 10 Minuten, also
    so ist die Kraft
    es wird daher ein jeder Mensch, dessen mittlere Kraft 25 ℔ ist, mit der Kraft von
    beinahe 40 ℔ während der Zeit von zehn Minuten an einer Feuerspritze arbeiten
    können.

§. 21.


Einen sehr interessanten Beleg für die Richtigkeit der obigen Formel erhalten
wir auch durch die Leistungen des Militärs. Es ist bekannt, dass zum Mili-
tärstande nur die gesündesten und stärksten Menschen gewählt werden, welche daher
auch mehr, als es von den gewöhnlichen Arbeitern gilt, zu leisten vermögen. Es müssen
sonach die Buchstaben k und c grössere Werthe als 25 ℔ und 2½ Fuss erhalten.


Bei dem k. k. österreichischen Militär werden die Trommelschläger so exercirt,
dass der Mann mit 5 sogenannten Reiseschritten 2 Klafter zurücklegt. Der Feld-
[21]Kräfte der Menschen.
marschall-Lieutenant Freiherr von Zach sagt im 1. Theile seiner Elemente der
Manövrir-Kunst (Wien, 1812) im §. 87: „Ich bin mehrmalen auf der Chaussée von
einem Meilenzeiger zum andern gegangen; und habe nie über 52, nie unter 49 Minu-
ten dazu benöthiget. Die Anzahl der Schritte betrug 4900 bis 5300. Nimmt man 5000
Schritte in 50 Minuten an, so kommen 100 Schritte auf 1 Minute. Die Entfernung
von einem Meilenzeiger zum andern war 2000 W. Klafter“. Diess gäbe 5 Schritte auf
2 Klafter und die Grösse eines Schrittes = ⅖ Klafter oder 2,4 Fuss und da 2000 Klaf-
ter = 12000 Fuss in 50 Minuten oder 3000Sec. zurückgelegt worden, so ist die Geschwin-
digkeit bei dem Reiseschritte
Fuss. Die Meile oder 4000 Klaf-
ter werden demnach in 2.50 oder 100 Minuten = 1h 40Min. zurückgelegt.


„Wenn die Leute geschlossen marschiren, so ist der vorige Schritt zu
gross und zu geschwind, und sie können ihn nicht mehr ⅖ Klafter gross machen.
Nach mehreren Probemärschen mit geschlossenen Truppen hat man im Mittel gefun-
den, dass 40 Klafter zu 105 Schritten das brauchbarste Längenmaass seyen. Diess gäbe die
Grösse eines Schrittes Fuss. Hinsichtlich der Geschwindigkeit werden
80 Schritte in einer Minute gemacht; die Geschwindigkeit ist daher
Fuss oder beinahe 3 Fuss. Dieser Schritt wird zu Anfange und am Ende der Manö-
ver, d. i. bei den Ab- und Aufmärschen, dann bei Frontmärschen und überhaupt so oft
gebraucht, als die Truppen geschlossen beisammen marschiren müssen. Man nennt
diesen Schritt den Manövrir-Schritt.“


Weiter sagt Zach im §. 89.: „Es kommen im Felde Gelegenheiten vor, wo eine
ausserordentliche Geschwindigkeit nothwendig wird. In diesem Falle sagt man, das
Militär marschire im Doublir-Schritte. Diese angestrengte Geschwindigkeit kann
nicht von langer Dauer seyn; man pflegt 120 Schritte in einer Minute zu machen.
Versucht man mit dieser Geschwindigkeit eine Strecke von 100 Klaftern zu durchge-
hen, so wird man dazu 240 Schritte nöthig haben. Die Grösse eines Schrittes be-
trägt sonach Fuss, und die Geschwindigkeit ergibt sich .“


Nachstehende Tabelle gibt die Uibersicht der Geschwindigkeiten und Grössen der
angeführten drei Schritt-Arten:


[22]Kräfte der Menschen.

Nach Hoyer’s Taschenbuch für Soldaten (Tübingen, 1803) macht das Fussvolk in
einer Minute
bequem:


  • Bei dem einfachen Manövrir-Schritt, 80 Schritte zu 2,5 Rheinl. Fuss; daher die Ge-
    schwindigkeit = 3,3 Nied. Oest. Fuss. *)
  • Bei dem einfachen Reiseschritt, 100 Schritte zu 2,5 Rheinl. Fuss; daher die Geschwindig-
    keit = 4,1 Nied. Oest. Fuss.
  • Bei dem einfachen Doublir-Schritt, 150 Schritte zu 2,25 Rheinl. Fuss; daher die Ge-
    schwindigkeit = 5,6 Nied. Oest. Fuss.

Aus diesen Erfahrungen folgt, dass die Geschwindigkeit der militärischen Be-
wegungen viel grösser sey, als die Geschwindigkeit der gewöhnlichen Tagarbeiter,
die wir nur zu 2,5 Fuss annahmen. Gewöhnlich rechnet man, dass ein Bothe den
Weg von einer Meile in 2 Stunden zurücklegt, diess gibt eine Geschwindigkeit von
Fuss, welches mit der Geschwindigkeit des Militärs beim Manövrir-Schritte
sehr nahe überein kömmt. Die übrigen militärischen Geschwindigkeiten bei dem Reise-
und Doublir-Schritte sind jedoch weit grösser.


§. 22.


Um nun die Kraftanstrengung des Militärs zu berechnen, wollen wir
zwei Zeitperioden betrachten, in welchen das Militär verschiedene Gewichte an Bagage
trug, und auch verschiedene Tagesmärsche zurückzulegen hatte.


Vor dem Ende des verflossenen Jahrhundertes waren die Märsche des k. k. österr.
Militärs so eingerichtet, dass täglich nur 2 Meilen und zwar gewöhnlich in 4 Stunden
zurückgelegt wurden. Bei diesem Marsche trug ein jeder Soldat nebst seinem Anzuge
eine Flinte, welche vorschriftsmässig 12 ℔ wog; die Patrontasche mit 60 Patronen hatte
10 ℔, der Mantel mit dem Tornister, Brod, Kochgeräthe und anderm Gepäcke bei-
läufig 23 ℔, folglich betrug die gesammte Last 12 + 10 + 23 = 45 ℔.


Da der Weg von 2 Meilen oder 8000 Klafter in 4 Stunden zurückgelegt wurde,
so war die Geschwindigkeit v = 10/3 Fuss, und weil man an jedem Tage nur 4 Stun-
den auf dem Wege zubrachte, so war z = 4 Stunden. Nachdem es nun bekannt ist,
dass für den Soldatenstand immer nur die gesündesten, stärksten und grössten Leute
ausgesucht wurden, so kann man die mittlere Geschwindigkeit derselben c = 10/3 Fuss
und t = 8 Stunden annehmen. Setzen wir nun diese Werthe in unsere Formel, so er-
halten wir . Hieraus folgt die mittlere Kraft dieser
Soldaten k = 30 ℔.


Wenn das Militär in Kriegszeiten zuweilen doppelte Märsche oder in einem
Tage 4 Meilen machen musste, so war z = 8 Stunden und v = c = 10/3 Fuss, also in die-
sem Falle das verhältnissmässige Kraftvermögen eines Soldaten
= 30 ℔.


[23]Kräfte der Menschen.

Wenn endlich das Militär, wie es in dem Revolutionskriege manchmal der Fall war,
6 Meilen täglich zurückzulegen hatte, oder wenn z = 12 Stunden und v = 10/3 Fuss
war, so betrug die Kraft eines Soldaten nur noch 30 .
Das Militär konnte daher in den letzten zwei Fällen die übliche Bagage nicht mehr tra-
gen, und ein Theil hievon musste auf besondern Wägen nachgeführt werden, wenn man
nicht etwa die Mannschaft besonders anstrengen, und ihr mehr als die gewöhnliche Ta-
gesarbeit auflegen wollte. —


In neuern Zeiten ist bei dem k. k. österr. Militär das Gewicht der Bagage, welche
ein Soldat trägt, bedeutend vermindert worden; dazu gehört nämlich nebst dem Anzuge
des Soldaten:


  • Eine Flinte, welche vorschriftsmässig wiegt   8 ℔.
  • Die Patrontasche mit den Patronen   8 —
  • Der Tornister mit dem Uibrigen  19 —
  • Also zusammen eine Last von 35 ℔.;

daher gegen die frühere Last von 45 ℔, gegenwärtig um 10 ℔ weniger. Dagegen be-
tragen die jetzigen militärischen Märsche täglich 3 Meilen, welche gewöhnlich in 6 Stun-
den zurückgelegt werden.


Die Geschwindigkeit des Marsches ist sonach Fuss, und die Zeit
ist z = 6 Stunden. Nehmen wir nunmehr, wie im vorigen Falle, die mittlere Geschwin-
digkeit c = 10/3 Fuss, und t = 8 an, so erhält man durch Substituirung in die gefundene
Kraftformel , woraus k = 28 ℔, welches gegen die obige
mittlere Kraft k = 30 ℔ nunmehr um 2 ℔ geringer ist.


Hieraus geht hervor, dass von den gegenwärtigen Soldaten keine solche Kraftan-
strengung wie in frühern Zeiten gefordet wird, und dass die Verminderung des Gewich-
tes der Bagage von 10 Pfunden ausserdem die Möglichkeit herbeiführte, mit diesen schwä-
chern Leuten täglich 3 Meilen, statt den frühern Tagesmärschen von 2 Meilen, zurück-
zulegen.


Wir haben bei den Berechnungen über die militärischen Märsche die Rasttage
nicht angeschlagen, obgleich sie jeden vierten Tag im Frieden, und jeden zweiten oder
dritten Tag in Kriegszeiten statt finden. Bereits oben ward jedoch bemerkt, dass wir
für alle berechneten Truppenmärsche bloss ebene oder horizontale Strassen annahmen,
wogegen die gewöhnlichen Strassen mehr oder minder gebirgig sind. Der Rasttag ent-
schädigt daher den Soldaten für die grössere Anstrengung, welche er bei Märschen we-
gen den Anhöhen der Strassen leisten muss. Uiberdiess ist der Rasttag bei Truppen-
märschen auch andern militärischen Beschäftigungen gewidmet, nämlich zur Reparatur
der Kleidung und Rüstung, zur Erholung der maroden Mannschaft u. s. w. Uiberhaupt
würde eine genaue Berechnung über die Leistungen des Militärs unter allen Umständen
sehr verwickelt werden, und wegen der höchst verschiedenen, keiner genauen Berech-
nung fähigen Lokalitäts- und anderer Hindernisse auch überflüssig seyn.


Mit Berücksichtigung dieser Bemerkung glauben wir, dass die aufgestellte Kraftfor-
mel mit den Erfahrungen hinsichtlich der militärischen Leistungen übereinstimmende
[24]Kräfte der Menschen.
Resultate gibt, wesshalb sich demnach die Kraftformel für einen jeden ähnlichen Fall be-
nützen lässt; d. h. so oft das Gewicht gegeben ist, welches das Militär zu tragen hat,
kann man die Weite des Weges, welcher damit zurückgelegt wird, finden, und so oft
im Gegentheile der tägliche Marsch gegeben ist, kann man berechnen, welches Gewicht
ein Soldat während desselben zu tragen im Stande ist.


§. 23.


Eine weitere Bestätigung unserer aufgestellten Kraftformel zeigt sich bei einer in
der Feldwirthschaft sehr bekannten Erfahrung. Man weiss nämlich, dass ein fleissiger
Säemann täglich eine Fläche von 15 Nied. Oesterr. Metzen (zu 533⅓ Quadratklafter)
oder 5 Nied. Oesterr. Joch Kornfeld besäen kann. Hiebei bewirft der Säemann bei jedem
Gange ein Beet von 4 Fuss Breite; er muss daher, um eine Quadratklafter zu besäen,
einen Weg von 1½ Längenklaftern zurücklegen. Für die ganze Fläche von 5 Joch oder
8000 Quadratklafter beträgt sonach der Weg, welchen der Säemann in einem Tage zu durch-
schreiten hat, 12000 Kurrentklafter oder 72000 Fuss.


Das Säen findet in den kürzern Tagen der Monathe März, September und Oktober
statt; die Aussaat beginnt gewöhnlich früh um 8 Uhr, dauert ununterbrochen bis 12 Uhr
Mittags, und dann von 2 bis 6 Uhr Abends; die wirkliche Arbeit beträgt daher z = 8
Stunden, und sonach ist der Weg in einer Sekunde Fuss, welches also die
Geschwindigkeit seyn wird, womit der Säemann zu gehen pflegt. Derselbe trägt ¼ Metze
Saatkorn, das, seiner bessern Qualität wegen als das gewöhnliche Korn, 20 ℔ wiegt,
das Säetuch hat beiläufig 2 ℔ Gewicht, er trägt daher insgesammt 22 ℔.


Wird nun diess in die Kraftformel substituirt, so ist: ,
woraus sich die mittlere Kraft der zum Säen verwendeten Arbeitsleute, k = 22 ℔ er-
gibt. Man kann jedoch diese mittlere Kraft auf 25 bis 30 Pfund anschlagen, weil bei
unserer Berechnung der Umstand nicht berücksichtigt ist, dass der Säemann in einem
frisch geackerten Felde schreitet, und daher weit mehr ermüdet, als ginge er auf einer
harten Strasse. Demnach stimmt auch die angeführte, in der Oekonomie bekannte Ar-
beitsleistung mit der Berechnung der Kraft nach unserer Formel überein.


§. 24.


Es ist zu bedauern, dass die Erfahrungen, welche in Bezug auf die Kräfte der Men-
schen in den meisten mechanischen Schriften angeführt sind, nicht diejenige Vollstän-
digkeit besitzen, welche zum Vergleiche mit unserer Kraftformel nöthig ist. Gewöhnlich
wird bei solchen Erfahrungen nur die Geschwindigkeit, nicht aber auch die
wirkliche Arbeitszeit angegeben, und selbst die wirklich verrichtete Arbeit ist
häufig nur unvollständig angeführt; wir können daher auch nur die wenigsten, bisher
in Schriften angegebenen Erfahrungen unserer Kraftformel genau entgegenhalten. Fol-
gende Angaben über die Kräfte der Menschen verdienen hier eine besondere Berücksich-
tigung: *)


[25]Kräfte der Menschen.
  • I. Walcher sagt (in seinem: „Kurzen Inhalt der mechanischen Kollegien,
    Wien, 1759“): „Wenn ein Mensch von mittelmässiger Stärke eine Maschine 2 bis
    3 Stunden unausgesetzt bewegen soll, so beläuft sich sein Vermögen nicht viel
    über 25 ℔, welche Kraft er nämlich wirklich anzuwenden hat. Die Geschwindig-
    keit (oder der Weg, den der Mensch in gerader Linie oder in der Kreisbewegung
    zurücklegt) lässt sich in einer Stunde nicht über 1800 bis 2000 Klafter erstrecken.“

Im ersten Falle ist hier die Geschwindigkeit Fuss und im zwei-
ten Falle Fuss; nimmt man nun für gewöhnliche Arbeiter z = 3h,
c = 2,5 und t = 8h an, so ist für den zweiten Fall:
oder k. ⅔. 13/8 = 25, woraus sich die mittlere Kraft k dieser Arbeiter beinahe = 23 ℔ er-
gibt, welches mit unserer Angabe nahe übereinstimmt.



Gerstners Mechanik. Band I. 4
[26]Kräfte der Menschen.
  • II. Nach Daniel Bernoully kann ein Mensch durch 8 Stunden 23 französische ℔ mit
    3 Fuss Geschwindigkeit tragen; da nun ein altes französisches ℔ (Livre) = 0,8741
    N. Oe. ℔, und ein alter Pariser Fuss (pied) = 1,0276 N. Oe. Fuss, so sind 23 französi-
    sche ℔ = 20,1 Nied. Oesterr. ℔ und 3 französische Fuss = 3,1 Nied. Oesterr. Fuss = v.
    Setzt man für einen gewöhnlichen Arbeiter, wie es hier der Fall ist, c = 2,5 und
    t = 8, so ist, wenn man die obigen Werthe v = 3,1 und z = 8 Stunden in unsere
    Kraftformel substituirt: woraus die mittlere Kraft
    k = 26,4 ℔ folgt.

[27]Kräfte der Menschen.
  • III. Nach de la Hire hat ein Mensch durch 2 Stunden mit der Kraft von 29 franzö-
    sischen (25,3 Nied. Oesterr.) ℔, und mit der Geschwindigkeit von 2 französischen
    (2,1 Nied. Oesterr.) Fuss gearbeitet und diese Arbeit in 12 Stunden fünfmal wie-
    derholt. Da dieser Arbeiter unter die stärkern gehörte, so kann man c = 10/3 und
    t = 8 annehmen, und da ferner v = 2,1 Fuss und z = 2 . 5 = 10 Stunden war,
    so ist, wenn man diese Werthe in die Kraftformel substituirt:
    , woraus sich die mittlere Kraft k = 24,6 ℔ ergibt.


4 *
[28]Kräfte der Menschen.
  • IV. In den Memoires de l’institut, tome 1. erzählt Coulomb mehrere Resultate von
    häufig wiederholten Beobachtungen über die Kraft der Menschen, die ihm bei den
    verschiedenen Tagesarbeiten vorkamen.

Die stärksten Arbeiter versicherten Coulomb, dass sie 44 Kilogramme (78,6
Nied. Oesterr. ℔) auf sich nehmen und in einem Tage 18 bis 20 Kilometer (beiläu-
fig 10000 Nied. Oesterr. Klafter) weit tragen könnten. Wollte man die Geschwindig-
keit dieser Träger nur zu 2 Fuss (= v) annehmen, so wäre die Zeit, in welcher sie diese
10000 Klafter zurücklegten Stunden = 8h 20Min.. Setzen wir nun, wie
für starke Arbeiter c = 10/3 Fuss und t = 8, dann z = 25/3 und v = 2, so hat man:
, woraus k = 58,6 ℔ folgt, welches mit der Erfahrung,
die Coulomb über die Kraft der stärksten Arbeiter bei dem Holztragen machte,
nahe übereintrifft.



[29]Kräfte der Menschen.
  • V. Eben so erzählt Desaguliers, wie schon oben bemerkt wurde, (Cours de Physique
    experimentale, pag.
    259), dass die Träger in London Lasten von 2 bis 3 Zentner auf
    sich nehmen, aus den Schiffen in die nahen Waarenlager und Wohngebäude tragen,
    dabei zwar sehr langsam und nicht weit, jedoch auch oft über Stiegen in die obern
    Stockwerke hinaufgehen. Die Sackträger für die Getreidehändler tragen jedesmal
    300 engl. ℔ (243 Nied. Oesterr. ℔), sie arbeiten den ganzen Tag, gehen aber dabei
    sehr langsam. Die Steinkohlenträger tragen 250 ℔ (202 Nied. Oesterr. ℔), sie gehen
    jedoch nicht weit, und legen ihre Last bald ab, obgleich sie von der andern Seite
    diese Last auch über Stiegen hinauftragen. Zwei Senftträger tragen 300 englische ℔
    (243 Nied. Oesterr. ℔) mit einer Geschwindigkeit von 4 engl. Meilen (zu 848 Nied.
    Oesterr. Klafter) in jeder Stunde (also mit der Geschwindigkeit
    Nied. Oesterr. Fuss.)

Lebesnier hob im Jahre 1826 zu Prag eine Tafel, worauf 25 Zentner Gusseisen, näm-
lich 5 nach der Länge und 5 nach der Breite aufgestellt waren.


Demnach wäre die mittlere Kraft k für so starke Menschen zwei bis dreimal grösser,
als die gewöhnlichen 25 ℔.


§. 25.


In Hinsicht auf die Geschwindigkeit der Menschen verdient noch bemerkt zu werden,
dass die herrschaftlichen Läufer mit den Wagenpferden im Trabe gleich laufen, sonach
8 bis 10 Fuss in jeder Sekunde zurücklegen. Englische Läufer legen auf kürzern Strecken
bei Wettläufen bis 9 engl. Meilen in einer Stunde zurück und beschreiben daher in einer
Sekunde 12,7 Nied. Oesterr. Fuss. In dem Correspondenten von und für Deutschland
N. 127 vom 7. Mai 1817 wird berichtet: „Ein irländischer 18jähriger Bursche, Namens
O’Neil machte dieser Tage baarfuss 46 engl. Meilen in 7½ Stunden“. Er legte somit 39008
Nied. Oesterr. Klafter in 7½ Stunden, also Fuss oder 1 Meile in
¾ Stunden zurück, welches bei der durchlaufenen Wegstrecke von 9¾ Nied. Oesterr. Mei-
len eine ausserordentliche Leistung ist.


Unter solche ausgezeichnete Leistungen gehört auch die des Schnelläufers Goehrich,
welcher im Jahre 1826 zu Prag
an einem Tage 2½ Nied. Oesterr. Meilen in 5/4 Stunden
und an einem andern Tage 1½ „ „ „ ¾ „
also 4 Nied. Oesterr. Meilen in 2 Stunden zurücklegte. Die
Geschwindigkeit desselben betrug demnach Fuss in einer Sekunde,
wobei noch bemerkt werden muss, dass derselbe nach jedem solchen Gange ganz gelassen
eine Schaale Thee trank, dabei auf und ab ging, folglich die äusserste Anstrengung noch
bei weitem nicht verwendete.


Diese grossen Geschwindigkeiten gehören aber eben so sehr zu den ausserordentli-
chen, als die angeführten Kräfte der stärksten Lastträger. Beide zeigen nur die Gränzen,
wie weit es die Menschen durch Uibung und angemessenen Körperbau zu bringen vermö-
gen; sie zeigen, dass man seine Glieder sowohl zur Arbeit oder zum Tragen grosser La-
[30]Kräfte der Menschen.
sten geschickt, als auch sehr beweglich machen könne, dass jedoch beide Fähigkeiten
sehr selten oder vielleicht nie zugleich in einem Körper angetroffen werden. Der Last-
träger kann sich nicht als Läufer zeigen, und umgekehrt sind die starken Läufer gewöhn-
lich zum Lasttragen zu schwach. Beinahe jeder Mensch ist für den einen und andern
Gebrauch seines Körpers nur mittelmässig geübt. Wir werden demnach in der Folge in
den algebraischen Rechnungen die Buchstaben k, t, c unbestimmt beibehalten, damit
von den Rechnungsresultaten ein allgemeiner Gebrauch gemacht, denselben Buchstaben
nach Verhältniss der Arbeiter angemessene Werthe beigelegt und für jeden Fall die
grössere Zweckmässigkeit und das Quantum ihrer Arbeit vollkommen beurtheilt werden
könne.


§. 26.


Schon früher bemerkten wir, dass die Gewohnheit auf alle Arbeiter einen wesent-
lichen Einfluss ausübe. Betrachten wir z. B. die einfachste Arbeit oder das Tragen einer
Last, so findet hiebei nach Verschiedenheit der Länder und selbst der Gegenden in einem
Lande, ein bedeutender Unterschied statt. In Böhmen trägt man die Lasten in Tragkör-
ben oder hölzernen Butten, die mittelst Gurten an den Schultern befestigt werden; in
Oberösterreich werden die Lasten auf den Kopf gestellt und so getragen. In den Gegen-
den an der Niederelbe sieht man häufig Lasten mittelst eines auf der Schulter ruhenden
Querholzes oder mittelst eines auf beiden Schultern aufliegenden Ringes tragen. Als ich
im Mai 1829 die Bauarbeiten an der Rhone bey Lyon in Frankreich besichtigte, waren
mehrere hundert Menschen mit dem Tragen von Schotter und Erdreich aus Schiffen an
das höher liegende Ufer beschäftigt; ein jeder derselben hatte einen ledernen oben offe-
nen Sack auf dem Rücken, welcher mittelst eines Riemens an der Stirne befestigt war;
diese Säcke wurden in den Schiffen von andern Arbeitern mit Schotter oder Sand gefüllt,
fortgetragen und an Ort und Stelle von den Trägern ausgeleert. Hier ward also die Stirne
und das Genick, so wie bei Arbeiten in andern Ländern die Hände, der Rücken oder
die Schultern in Anspruch genommen. Ein Mensch, welcher von Jugend auf gewohnt
ist, eine Last am Rücken fortzutragen, kann sie nicht dem Kopfe oder einem andern
Theile seines Körpers auflegen, ohne sich bei gleichem Gewichte der Last mehr anzu-
strengen. Die Gewohnheit übt sonach einen wesentlichen Einfluss bei der Kraft-
äusserung eines jeden Menschen aus. Wenn wir daher in den bisher nach unserer Formel
berechneten Beispielen über die Grösse der Kraft bei verschiedenen Arbeiten, die gefun-
denen Resultate mit der Erfahrung vergleichen oder in der Ausübung anwenden wollen,
so kann diess nur insofern geschehen, als die betreffenden Menschen solche Arbeiten zu
verrichten gewohnt sind. Wer nie an einer Kurbel arbeitete, wird sich den ersten
Tag weit mehr ermattet fühlen, und erst, wenn er die nothwendige Uibung in dieser
Arbeit erlangt hat, können die Resultate unserer Kraftformel auf ihn angewendet werden.
Wer eine sitzende Lebensweise oder eine Arbeit, wobei keine besondere Bewegung der
Füsse vorhanden war, von Jugend auf gewohnt ist, wird sich, wenn er als Bothe ver-
wendet wird, die erste Zeit ebenfalls sehr müde fühlen, und erst, nach erlangter noth-
wendiger Uibung im Gehen, sind die Ergebnisse unserer Kraftformel in Betreff der Bo-
thengänge, auf diese Arbeiter anzuwenden. — Mit dieser Bemerkung glauben wir jene
[31]Kräfte der Menschen.
Zweifel, die vielleicht über einige unserer Resultate erhoben werden dürften, beseitigt
zu haben.


Bei den nachfolgenden Anwendungen unserer Kraftformel werden daher immer Arbei-
ter vorausgesetzt, welche in dieser Art Arbeit nicht ungewohnt sind, und für sie werden
die gefundenen Resultate der Kraftformel in jedem Falle anzuwenden seyn.


Es verdient hier noch eine von Coulomb in Frankreich gemachte Bemerkung angeführt zu
werden: Die mittlern Resultate der Kraftäusserungen der Menschen richten sich auch nach
dem Klima; zu Martinique, wo das Thermometer selten unter 20 Grad steht, und die geo-
graphische Breite 14 Grad beträgt, konnten die Soldaten nicht die Hälfte der Arbeit ver-
richten, die sie in Frankreich auszurichten im Stande sind.


§. 27.


Unter dem weiblichen Geschlechte gibt es zwar auch einige rüstige Personen,
welche sich bei Akkorden mit Männern auf eine gleiche Arbeit einlassen, doch solche
Beispiele gehören zu den seltenen. Man pflegt daher die mittlere Kraft des weiblichen
Geschlechtes gewöhnlich um den fünften Theil niedriger anzuschlagen, sonach k = 20 ℔,
die mittlere Geschwindigkeit c = 2,5 Fuss und die mittlere Arbeitszeit t = 8 Stunden anzu-
nehmen. Hieraus folgt die wirkliche Kraft einer weiblichen Arbeitsperson mit Rücksicht
auf Zeit und Geschwindigkeit .


§. 28.


Uiber die Kraft der Pferde und der Thiere insgesammt, ist vorläufig dasselbe
zu bemerken, was in dieser Beziehung von den Menschen gilt. Alle Thiere sind nämlich,
so wie die Menschen, bei der Ausübung ihrer Kraft auf gewisse Maasse und Verhältnisse
von Geschwindigkeit und Zeit beschränkt, deren sie sich auf keine Art zu entle-
digen vermögen, und auch bei ihnen tritt der Fall ein, dass sie in der Anwendung ihrer
Kraft durch die Gewohnheit geleitet werden. *)


[32]Kräfte der Pferde.

Wir können demnach zur Bestimmung der Kraft der Thiere dieselbe allgemeine For-
mel, wie für die Menschen gebrauchen: nur wird es darauf ankommen, die Werthe von
k, c, t oder ihre Gränzen durch möglichst verlässige Versuche auszumitteln.


Zur Bestimmung der Pferdekraft dienen vorzüglich die Treibmaschinen bei dem
Bergbaue oder die Pferdegöpel, weil bei diesen Maschinen die Wirkung oder die Last
und Geschwindigkeit derselben, bei ihrem mehr als kundertjährigen Gebrauche unzähli-
gemal versucht, die nöthige Anzahl und Geschwindigkeit der Pferde sammt dem Quan-
tum ihrer Arbeit genau bemessen und an Pächter (Treibwirthe oder Pferdehalter) zu be-
stimmten Preisen akkordirt wurden. Da es der Vortheil des Bergbaues mit sich bringt,
diese Arbeiten möglichst hoch zu halten, so wie von der andern Seite die Eigenthümer
der Pferde darauf sehen müssen, dass ihr Zugvieh nicht übermässig angestrengt werde,
so musste dieses wechselseitige Interesse nothwendig zu mittlern Resultaten führen, wel-
che für alle ähnlichen Fälle zur Richtschnur dienen können. *)


[33]Kräfte der Pferde.

Nach den Erfahrungen, welche man in dieser Hinsicht bei den Bergbaumaschinen
machte, kann die Kraft eines mittelmässig starken Pferdes zu k = 100 ℔ bei der Ge-
schwindigkeit c = 4 Fuss und der Arbeitszeit t = 8 Stunden angeschlagen werden.
Bei jenen Pferden, welche stärker als der mittlere Schlag sind, wäre die Kraft k zu 120
*)
Gerstner’s Mechanik. Band I. 5
[34]Kräfte der Pferde.
bis 130 ℔ und die Geschwindigkeit c mit 4,5 Fuss bei einer gleichen Arbeitszeit von
t = 8 Stunden anzunehmen. Endlich beträgt die Kraft bei jenen Pferden, welche
schwächer als der mittlere Schlag sind, nur k = 80 bis 90 ℔, und die mittlere Geschwin-
digkeit c = 3 bis 3,5 Fuss; die mittlere Arbeitszeit beläuft sich abermals auf t = 8 Stun-
den. Die Pferde sind, so wie die Menschen, auch dem Einflusse des Klima unterworfen;
ihre Kraft ist in den nördlichen Ländern weit bedeutender, als in den südlichern; doch
finden auch hier, so wie bei den Menschen Ausnahmen statt.


§. 29.


Uiber die Kraft und Geschwindigkeit der Pferde ist aus militärischen Schrif-
ten
folgendes zu bemerken:


Zu Folge des k. k. österreichischen Conscriptionspatentes muss ein Pferd 300 ℔
tragen können, wenn es für den Cavalleriedienst tauglich anerkannt werden soll.



[35]Kräfte anderer Thiere.

Auf den gewöhnlichen Märschen pflegt die Cavallerie, so wie die Infanterie täglich
nur 2 bis 3 Meilen oder 8000 bis 12000 Nied. Oesterr. Klafter zurückzulegen. Für eine
Meile pflegt man jedoch bei der Cavallerie gewöhnlich nur 1 Stunde 30 Minuten zu
rechnen, demnach ist die Dauer eines täglichen Marsches = 3 bis 4½ Stunden und
die Geschwindigkeit der Pferde Fuss beinahe. Dasjenige, was die
Pferde auf diesem Marsche tragen müssen, nämlich den Mann sammt Sattel, Zeug und
Rüstung, lässt sich auf 200 bis 230 ℔ anschlagen. Da für den Militärdienst nur starke
Pferde ausgewählt werden, so können wir nach Desaguliers die mittlere Kraft k = 130 ℔,
die mittlere Geschwindigkeit c = 4,5 Fuss und die mittlere Zeit für einen Arbeitstag
*)
5 *
[36]Kräfte der Pferde.
t = 8 Stunden annehmen, und wir erhalten für einen Marsch von 2 Meilen täglich, wo
z = 3, wenn in die Formel substituirt wird, die Kraft
= 211¼ ℔ oder das mittlere Gewicht eines Mannes sammt Rüstung.


Wenn jedoch täglich 3 Meilen gemacht werden, oder z = 4,5, so ist die Kraft
; es muss daher ein Theil des Gepäckes der
Mannschaft nachgeführt werden, wenn man nicht die Pferde übermässig anstrengen will.


§. 30.


Die Geschwindigkeit der Pferde wird von Burscheid (Cours der Taktik und Lo-
gistik, Wien 1782) folgendermassen angegeben:


Die Reiterei macht in einer Minute


Nach Hoyer (Taschenbuch für Soldaten, Tübingen 1803) braucht ein Pferd zu 500
militärischen Schritten oder 200 Klaftern:


Nach einem andern militärischen Handbuche macht die Cavallerie in einer Minute:


Hieraus ist zu ersehen, dass die Pferde zwar sehr grosse Geschwindigkeiten ausüben
können, dass sie jedoch nicht im Stande sind, dieselbe durch eine längere Zeit fortzu-
setzen, noch weniger dabei zugleich eine schwere Arbeit zu verrichten. Es erhellet da-
her aus allem Angeführten, dass die mittlere Geschwindigkeit c für die Arbeit auf 3½,
[37]Kräfte der Pferde.
4 bis 4½ Fuss, die mittlere Kraft k auf 80, 100 bis 130 ℔ und die Dauer t, wie lange näm-
lich die Pferde mit einer solchen Arbeit beschäftigt werden können, auf 8 Stunden anzu-
nehmen sey. Es versteht sich von selbst, dass man bei der Wahl unter diesen Zahlen
jedesmal auf die eigenthümliche Beschaffenheit und den Körperbau der Pferde, ob sie
nämlich klein und schwach, oder gross und kraftvoll gebaut, ob sie kleinere oder grössere
Schritte und ob sie einen leichtern oder schwerern Zug gewohnt sind, Rücksicht nehmen
müsse.


§. 31.


Wir haben bereits oben §. 22. bei der Kraft der Menschen mehrere ausserordentliche
Leistungen angeführt, wodurch sich einzelne Individuen theils in Hinsicht einer ausser-
ordentlichen Kraft, theils auch durch eine ungewöhnlich grosse Geschwindigkeit aus-
zeichnet und dadurch die allgemeine Bewunderung mit Recht erworben hatten. Aehn-
liche Leistungen lassen sich auch bei den Pferden sowohl hinsichtlich ihrer Kraft als ihrer
Geschwindigkeit aufweisen.


In Betreff der Kraft verdient hier ganz vorzüglich die Leistung jenes Pferdes erwähnt
zu werden, welches am 7. Februar 1828 auf der Monkland- und Kirkintillock-Eisenbahn,
nächst Glasgow in Schottland, bei einer öffentlich hierüber stattgefundenen Produktion
in Gegenwart einer zahllosen Menschenmenge vierzehn zusammengehängte Kohlenwägen
fortzog. Diese 14 Wägen betrugen an eigenem Gewichte und der Kohlenladung zusam-
men eine Last von 50 engl. Tonnen (zu 1814 Nied. Oesterr. ℔) oder 90700 N. Oesterr. ℔
Das Pferd zog ohne weitere Beihilfe diese ungeheuere Last binnen einer Stunde und 41
Minuten über eine Bahnlänge von 6¾ engl. Meilen (5724 Nied. Oesterr. Klafter); die
ersten 3 Meilen dieser Strecke waren ganz horizontal, worauf 4 kleinere Strecken mit
einem Gefälle von 1 zu 116, 1 zu 140, 1 zu 200 und 1 zu 476, dann abermals eine Meile
horizontal und sodann der Rest mit dem Falle 1 zu 600 und 1 zu 180 folgten. Diese
ausserordentliche Leistung eines Pferdes wurde, wie es in solchen Fällen in England üb-
lich ist, nicht bloss durch alle Zeitungen, sondern auch durch bildliche Darstellungen
verewigt; auf einem dieser Gemälde, welches mir am 9. Oktober 1829 bei der Besichti-
gung dieser Eisenbahn angebothen wurde, ist der ganze Akt der Produktion dargestellt
und umständlich beschrieben. Die Rechnung über diess höchst beachtenswerthe Ereigniss
zeigt, dass die mittlere Kraft dieses Pferdes beiläufig anderthalbmal so gross, als die Kraft
unserer Militärpferde war *).


[38]Kräfte der Pferde.

Als ausserordentliche Geschwindigkeit ist vorzüglich jene des be-
rühmten englischen Wettrenners Eklipse anzuführen. (Man sehe hierüber: Essay on
the Proportions of Eklipse etc. — The Works of Charles de Sainbel etc. London

1795.) Dieses Pferd legte in 1 Sekunde 58 engl. Fuss (56 Nied. Oesterr. Fuss) zurück,
es bedeckte in der grössten Streckung 25 engl. Fuss Land und wiederholte diesen Akt
2⅓ mal in einer Sekunde; der Besitzer dieses Pferdes, Obrist Okelly, erwarb damit jähr-
lich eine Einnahme von 1000 Guineen, und dennoch soll auch die ausserordentliche
Leistung dieses Pferdes von dem Wettrenner Smolenskoy später übertroffen worden seyn.


Solche Geschwindigkeiten gehören eben so, wie die oben angeführte bedeutende Kraft,
zu den ausserordentlichen Erscheinungen, welche Bewunderung erregen, und zeigen, wie
weit es auch ein Pferd zu bringen im Stande sey. Wenn es sich jedoch um jene Leistungen
handelt, welche von den gewöhnlichen Zugpferden bei anhaltender, Monate- und Jahre-
lang dauernder Arbeit gefordert werden können, so müssen immer Erfahrungen dieser
Art, welche §. 28. bis §. 30. angeführt wurden, berücksichtigt und die hieraus sich er-
gebenden Resultate zur Basis für den Anschlag ähnlicher fortdauernder Arbeiten ge-
nommen werden.


§. 32.


Das Gewicht eines mittelmässig starken Arbeiters wird zu 125 ℔ angeschlagen; ver-
gleicht man diess mit der mittlern Kraft von 25 ℔, so findet man, dass sie den fünf-
ten Theil des Gewichtes
eines Arbeiters betrage; das Gewicht eines mittelmässig
starken Pferdes wird zu 5 bis 6½ Centner angenommen, und die mittlere Kraft k dessel-
ben beträgt 100 bis 130 ℔, welches abermals der fünfte Theil von dem Gewichte
des Pferdes
ist. Hieraus folgt, dass ein schwererer Mensch, ein schwereres Pferd
mehr zu arbeiten im Stande sey als ein leichteres, welches auch durch alle Erfahrungen
bestättigt wird, wo nicht ein übermässig schwerer Körperbau der Kraft desselben nach-
theilig wird.



[39]Kräfte anderer Thiere.

Nennen wir daher das Gewicht eines Menschen M, eines Pferdes P, so gibt die
Kraft eines Menschen auch der Ausdruck und jene eines Pferdes
gibt , in welchen Formeln jederzeit die entsprechenden Werthe für
M, P, v, c, z, t zu setzen sind.


§. 33.


Den Ochsen, welche mit den Pferden ein gleiches Gewicht von 5 bis 6 Cent-
nern haben, wird gewöhnlich dieselbe Zugkraft, nämlich der fünfte oder auch der sech-
ste Theil ihres Gewichtes zugeschrieben, sie haben jedoch nicht dieselbe Geschwindig-
keit, wie die Pferde. Die gewöhnliche Geschwindigkeit der Ochsen wird der Geschwindig-
keit der Menschen gleich, auch wohl noch kleiner gehalten; in dieser Hinsicht wäre
c = 2 bis 2½ Fuss, bei hohen Ochsen auch 3 Fuss.


Eben so pflegt man die Kraft der übrigen Thiere auf den fünften oder sechsten
Theil ihres Gewichtes anzuschlagen.


Das Gewicht eines Esels schlägt man auf 250 bis 350 ℔ und seine mittlere Kraft
auf 50 bis 70 ℔ an, die Geschwindigkeit beträgt, wie bei dem Menschen, beiläufig
2 bis 3 Fuss. Der Esel wird hauptsächlich zum Tragen verwendet.


Ein Maulesel, Maulthier, wiegt beiläufig 400 bis 600 ℔, und wird sowohl zum
Ziehen als zum Tragen gebraucht, seine Kraft beträgt 80 bis 120 ℔, und hiebei hat er
eine Geschwindigkeit von 3 bis 4 Fuss.


Aus dem bisher Angeführten erhalten wir nunmehr folgende tabellarische Zusammenstellung:


[40]Arbeiten ohne Maschinen.

Nach diesen Formeln ist man nunmehr im Stande, für jedes thierische Wesen, des-
sen mittlere Kraft, Arbeitszeit und Geschwindigkeit bekannt ist, die Kraft bei einer
jeden andern Geschwindigkeit und Arbeitszeit zu berechnen.


§. 34.


Da es für die Menschen und Thiere einerlei ist, eine grosse Last mit einer kleinen
Geschwindigkeit oder im Gegentheile eine kleinere Last mit einer grössern Geschwindig-
keit zu tragen, so wird die vorzüglichste Aufgabe der Dynamik darin bestehen, die vor-
theilhafteste Kraft
, d. h. die Kraft, wodurch die grösste Wirkung, der
grösste Effekt hervorgebracht wird
, für jeden Fall zu bestimmen. Man ver-
steht aber hier unter Effekt die verrichtete Arbeit, d. h. die Menge oder das
Quantum einer gewissen Sache, welches in einer gegebenen Zeit z. B. in einem Tage von
einem Orte zum andern getragen, aufgezogen, geführt oder sonst wie immer durch die
vorhandene Kraft hingeschafft wird. Es frägt sich daher, wie viel soll ein Arbeiter in
einem jeden Falle tragen oder führen, das Pferd ziehen u. s. w., mit welcher Ge-
schwindigkeit
und wie lange soll gearbeitet werden, damit in jedem Falle der
grösste Effekt durch die vorhandene Kraft hervorgebracht, oder damit der beabsichtigte
Effekt mit dem geringsten Kostenaufwande bewirkt werde. — Wir werden diese interes-
sante Frage in den folgenden Paragraphen behandeln, und zu diesem Behufe die Ausein-
andersetzung der leichtesten Fälle vorangehen lassen.


§. 35.


Unter die einfachsten Arbeiten, wozu die Kräfte der Menschen oder Thiere verwen-
det werden, gehört das Tragen einer Last von einem Orte zum andern. Es
sind hier mehrere Fälle zu unterscheiden, von denen wir nur die vorzüglichsten in Be-
trachtung ziehen wollen. Der erste Fall ist folgender:


Ein Arbeiter habe eine theilbare Last, z. B. Getreide, Holz, Obst
etc. auf eine unbestimmte Entfernung zu tragen und zwar so, dass
er ununterbrochen im Gange ist und durch keine Nebenumstände,
als Aufladen, Abladen, leer Zurückgehen etc. Zeit verliert
. Diess
könnte sich ereignen, wenn die Entfernung, auf welche die Last getragen werden soll,
so gross ist, dass sie von einem Menschen erst in mehreren Tagen zurückgelegt wird,
oder wenn ein Arbeiter an einen Ort eine Last hinträgt, und gleich nach seinem Eintref-
fen alsbald wieder eine Rückladung erhält. Es frägt sich nun in diesem Falle:


  • I. Wie ist die Arbeit einzurichten, damit die Tragungskosten bei einem bereits
    bestehenden Taglohne am kleinsten werden? oder
  • II. Wenn der Preis des Tragens für einen Zentner gegeben ist, wie soll der Taglöhner
    seine Arbeit einrichten, um auf einen möglichst hohen Taglohn zu
    kommen
    oder sich bei der Arbeit möglichst viel zu verdienen?

Bevor zur Auflösung dieser Aufgabe geschritten wird, bemerken wir, dass die Tra-
gungs- oder auch die Frachtkosten hierlandes gewöhnlich für einen Wiener Zentner und
eine österr. Meile, in Frankreich für den Kilometer (527 Nied. Oesterr. Klafter) und 1000
Kilogramme (1786 Nied. Oesterr. Pfunde), in England für die Tonne (1814 Nied. Oesterr.
Pfunde) und die engl. Meile (848 Nied. Oesterr. Klafter) u. s. w., in jedem Lande also nach
[41]Arbeiten ohne Maschinen.
einer bestimmten Einheit angeschlagen und berechnet werden; wir werden daher in der
Folge auch die gleiche Berechnung anwenden und demnach lautet die obige Aufgabe
eigentlich folgendermassen:


  • I. Wie ist die Arbeit mit Taglöhnern, Bothen ......, die um einen bestimmten
    Taglohn
    arbeiten, einzurichten, damit die Tragungskosten für den
    Zentner und die Meile am kleinsten
    (ein Minimum) werden? oder
  • II. Wenn die Tragungskosten für den Zentner und die Meile gegeben sind (mit
    einem bestimmten Geldbetrage bezahlt werden), wie soll der Taglöhner seine Ar-
    beit einrichten, um sich möglichst viel zu verdienen (seinen täglichen
    Verdienst auf ein Maximum zu bringen)?

Betrachtet man diese Aufgabe zuerst im Allgemeinen, so ist es klar, dass der Ar-
beiter, wenn er zu viel ladet, sich nur langsam fortbewegen, folglich in einem Tage
nicht weit gehen könne; ladet er aber im Gegentheile zu wenig, so wird er zwar geschwin-
der gehen, folglich in einem Tage weiter kommen, aber nicht viel Last an Ort und Stelle
bringen. — Um sonach diese Aufgabe richtig zu lösen, sind wir genöthigt, sie algebraisch
zu behandeln.


Da die Last, welche der Arbeiter trägt, seinem Kraftaufwande gleich kommen muss,
so ist die Gleichung zwischen Kraft und Last: . (I.)
Nun findet hier eine gleichförmige Bewegung statt und der Taglöhner arbeitet oder geht
mit v Fuss Geschwindigkeit während 3600.z Sekunden des Tages. Demnach ist der Weg,
wie weit die Last Q in einem Tage getragen wird, S = 3600. z. v. (II.)


Es sey der tägliche Lohn des Arbeiters = p, so kann man sagen: Für den ganzen
Weg 3600. z. v, der in einem Tage gemacht wird, zahlt man den Taglohn p, wie viel
zahlt man für eine Meile oder 24000 Fuss, oder: 3600. z. v : p = 24000 : . (III.)
Endlich kann man sagen: die Last wird für den Preis
eine Meile weit geschafft, wie gross sind die Frachtkosten (a) eines Zentners (100 ℔)
oder: k . Hieraus ergeben sich die Tragungs-
kosten für einen Zentner und eine Meile, oder


Dieser Ausdruck soll nach den Bedingnissen der Aufgabe ein Minimum werden,
es frägt sich daher, wie man es einzurichten habe, damit dieses der Fall seyn möge?


Um diess zu bestimmen, wollen wir vorerst v mit und z mit multipliziren, so
erhalten wir:
Dieser Ausdruck ist ein Bruch, er wird daher ein Minimum, wenn der Zähler möglichst klein
und der Nenner möglichst gross wird. Nun sind aber die Zahlen 100, 24000 und 3600
bestimmte Grössen; der Taglohn p des Arbeiters, seine mittlere Geschwindigkeit c,
die mittlere Arbeitszeit t und seine mittlere Kraft k ist nach den Bedingnissen der
Gerstners Mechanik. Band I. 6
[42]Arbeiten ohne Maschinen.
Aufgabe für jeden Arbeiter gegeben, es bleibt daher nur noch
zu einem Maximum zu machen. In diesem Ausdrucke kommt es auf das Verhältniss
der wirklichen Geschwindigkeit v zur mittlern c dann auf das Verhält-
niss
der wirklichen Arbeitszeit z zur mittlern t an. Da nun diese zwei Ver-
hältnisse von einander unabhängig sind, so müssen die Produkte und
ein jedes für sich ein Maximum werden. Diese Produkte haben aber das
Eigene, dass wenn man einen Faktor oder grösser als 1 nimmt, dagegen der andere
2 — und 2 — kleiner als 1 wird.


Um nun auszumitteln, unter welchen Umständen diese zwei Produkte am grössten
werden, betrachten wir zuerst *). Da hier die mittlere Ge-
schwindigkeit c eine nach der Beschaffenheit der Arbeiter gegebene Grösse ist, so muss
bloss v (2c — v) ein Maximum werden. Um diess zu bestimmen, trage man die doppelte
Geschwindigkeit 2c, welche nach (§. 8.) eine Linie gibt, auf ein Blatt auf, oder man
Fig.
2.
Tab.
I.
mache (Fig. 2.) die Linie A D = 2c; schneidet man hievon das Stück A B = v ab, so ist
B D = 2c — v. Die Linie A D wird hierauf in zwei gleiche Theile in O getheilt, und aus diesem
[43]Arbeiten ohne Maschinen.
Punkte mit dem Halbmesser A O ein Kreis beschrieben; in B wird das Perpendikel B E errich-
tet und E mit A und D verbunden. Da die Dreiecke A B E und B E D einander ähnlich sind,
so ist: A B : B E = B E : B D oder substituirt: v : B E = B E : 2c — v, woraus
B E2 = v (2c — v).


Wenn daher v (2c — v) ein Maximum werden soll, so muss B E2 möglichst gross wer-
den. Diess geschieht aber in dem Falle, wenn B in den Mittelpunkt O gelegt wird, weil
an diesem Orte das Perpendikel O N dem Halbmesser des Kreises gleich wird; dann ist
aber A B = B D oder v = 2 c — v woraus v = c folgt.


Analysirt man das zweite Produkt auf gleiche Weise,
so findet man, dass dasselbe ebenfalls ein Maximum wird, wenn z = t ist.


Die Transportskosten für den Zentner und die Meile werden da-
her in dem Falle am geringsten, wenn die Menschen mit ihrer mitt-
lern Geschwindigkeit c durch die gewohnten Arbeitsstunden t ar-
beiten
.


Werden die gefundenen Werthe v = c und z = t in die Formeln I. und II. gesetzt,
so erhalten wir die Last, welche der Arbeiter auf sich zu nehmen hat, Q = k, und den
Weg, den er mit dieser Ladung in einem Tage zurücklegen kann, S = 3600. t. c. Die Sub-
stitution derselben Werthe in der Formel IV. gibt die Tragungskosten für den Zentner und
die Meile


Dieser Ausdruck enthält den geringsten Werth für a und gibt daher auch den wohlfeilsten
Preis für einen Zentner und eine Meile, der bei dieser Arbeit möglich ist. Verlangt man, der
Arbeiter soll geschwinder gehen und demnach weniger tragen, so wird die Arbeit theurer zu
stehen kommen, und verlangt man im Gegentheile, er soll langsamer gehen und daher
mehr tragen, so fällt der Preis für einen Zentner und eine Meile ebenfalls höher aus. Wird
die gefundene Gleichung (V) in eine Proportion aufgelösst, so erhält man:
3600. c. t × k : p = 24000 × 100: a, d. h. der Weg, welchen der Arbeiter in
einem Tage zurücklegt
(3600. c. t.) multiplicirt mit der Last k, welche
er trägt, oder sein Bewegungsmoment, kostet den Taglohn p, folglich
wird für einen Zentner
(100 ℔) und eine Meile (24000 Fuss) der Lohn
a zu zahlen seyn
. — Diese Proportion gibt daher in jedem Falle den vortheilhafte-
sten Tragungslohn.


Wollte man einem Thiere eine Last zu tragen geben, so wird die angeführte Rech-
nung ganz dieselbe seyn, nur sind für c und t die dem Lastthiere angemessenen Werthe
zu setzen.


Man kann daher auch für die Verwendung eines Thieres in diesem Falle als Regel
aufstellen, dass seine Arbeit am vortheilhaftesten eingerichtet sey, oder dass die geringsten
Frachtkosten für den Zentner und die Meile veranlasst werden, wenn es mit seiner mittlern
Kraft k und Geschwindigkeit v = c durch die gewohnten Arbeitsstunden z = t verwen-
det wird.


6 *
[44]Arbeiten ohne Maschinen.

§. 36.


Ein Beispiel wird das Gesagte noch anschaulicher machen. Nehmen wir nämlich an,
der Arbeiter sey von mittelmässiger Stärke, so ist k = 25 ℔, c = 2,5 Fuss, t = 8h,
folglich der Weg, welchen er in einem Tage zurücklegt = 2,5. 8.3600 = 72000 Fuss =
12000° = 3 Meilen, und man kann sagen: 25 ℔ drei Meilen weit zu tragen, kostet den
Taglohn p, was kosten 100 ℔ auf die Entfernung von einer Meile oder
25 × 3 : p = 100 × 1 : a, woraus ; wenn daher der Taglohn z. B.
15 kr. C. M. betrüge, so käme der Zentner eine Meile weit zu tragen auf 4/3.15 = 20 kr. C.M.
und diess ist zugleich der wohlfeilste Tragungslohn, welcher in diesem
Falle möglich ist
. Würde nämlich verlangt, dass der Taglöhner mehr tragen und
langsamer gehen, oder weniger tragen und schneller gehen soll, so käme in beiden Fäl-
len der Tragerlohn höher, wie die Berechnung der einzelnen Fälle zeigen wird.


Nehmen wir z. B. an, der Arbeiter soll mit v = 3′ Geschwindigkeit durch z = 10
Stunden des Tages gehen, so ist die Last, welche er tragen kann,
25 = 15 ℔ und der Weg, den er in einem Tage zurücklegt =
3600. 10.3 Fuss = 4½ Meilen, folglich kommen 15 ℔ auf 4½ Meile zu tragen auf den Tag-
lohn p und 100 ℔ auf 1 Meile weit zu tragen auf den Preis a oder 15 × 4½ : p = 100 × 1: a, wor-
aus , also theurer als im ersten Falle.


Nehmen wir im Gegentheile v = 2′ und z = 7h an, so trägt der Arbeiter
25 = 33,75 ℔, also weit mehr als im vorigen Falle, aber er macht
mit dieser Last täglich nur den Weg = 3600. 7. 2/6 Klafter = 8400 Klaftern; folglich hat man
wieder die Proportion 8400 × 33,75 ℔: p = 4000° × 100 ℔: a, woraus
, also wieder mehr, als im ersten Falle u. s. w.


Alle diese Fälle geben die Tragungskosten für den Zentner und die Meile grösser, und
wir ersehen daher, dass diese Kosten wirklich am geringsten werden, wenn v = c und
z = t ist, d. h. wenn der Mensch oder das Thier, welches zur Tragung einer Last ver-
wendet wird, sich mit der mittlern Geschwindigkeit und der mittlern Kraft durch die ge-
wohnten Arbeitsstunden bewegt. Ein schwacher Mensch soll daher 20 ℔, ein stärkerer
25 ℔, ein noch stärkerer 30 ℔ tragen, und jeder derselben ist mit seiner mittlern Ge-
schwindigkeit durch die gewohnten Arbeitsstunden zu beschäftigen.


Es erübrigt hier noch, die bereits (§. 19.) gemachte Bemerkung zu wiederholen, dass
unter diesen gewohnten Arbeitsstunden in der Regel 8 Stunden verstanden werden. Da un-
sere Taglöhner im Sommer 12 Stunden des Tages in der Arbeit sind, so versteht es sich
von selbst, dass sie die übrigen 4 Stunden unter ihrer Arbeit zur Ruhe und Erholung ver-
wenden können.


Um diese Rechnung noch anschaulicher zu machen, sind in der folgenden Tabelle
die Tragungskosten für den Zentner und die Meile für einen Arbeiter von mittlerer Stärke
in den verschiedenen Fällen der wirklichen Geschwindigkeit v und wirklichen Arbeitszeit
z nach der Gleichung IV berechnet, und in den entsprechenden Columnen zusammengestellt
worden:


[45]Arbeiten ohne Maschinen.

Aus dieser Tabelle ist nunmehr ersichtlich, dass der geringste Tragungslohn für den
Zentner und die Meile wirklich in dem einzigen Falle statt findet, wenn die Ge-
schwindigkeit v = der mittlern c und wenn die wirkliche Arbeitszeit z = der mittlern t ist.
Je mehr die Werthe von v und z sich den mittlern Grössen c und t nähern, desto mehr
nähert sich auch der Tragungslohn dem berechneten geringsten Werthe 1,333p (oder 4/3 p) und
wir sehen in der Tabelle, dass die gefundenen Werthe für die Tragungs-
kosten in gleichen Abständen von dem Minimum
(1,333p) auch gleich
viel abweichen
, endlich ergibt sich, dass wenn v und z von den Grössen c und t
bedeutend abweichen, auch bedeutende Unterschiede in den Tragungs-
kosten
eintreten. Würde z. B. die wirkliche Arbeitszeit z bloss zu einer Stunde und
die Geschwindigkeit v mit dem äussersten Werthe von ½ oder von 4½ Fuss angenommen,
so wären die Tragungskosten für den Zentner und die Meile = 15,802p; sie weichen da-
her von den berechneten geringsten Tragungskosten (1,333p) um 14,469p ab und sind so-
nach beiläufig 12mal grösser. Dieser grosse Unterschied mag hier bereits für die Folge
die Andeutung enthalten, wie nothwendig es sey, die zweckmässigste Verwen-
dung
der zu Gebothe stehenden Kräfte in jedem Falle zu berechnen, weil nur hie-
durch das Maximum einer Arbeit oder das Minimum der Kosten erreicht wird. —
Wir sehen endlich, dass man das angegebene Resultat für die vortheilhafteste Kraftver-
wendung in dem angenommenen einfachen Falle, wo eine Last von einem Orte zum an-
dern getragen wird, nur durch Berechnung abzuleiten im Stande war; man würde
nämlich ohne eine solche Berechnung immer der Meinung seyn, dass ein Arbeiter bei ab-
nehmender Geschwindigkeit wieder mehr tragen könne und umgekehrt; dass es sonach
hinsichtlich der Tragungskosten für den Zentner und die Meile einerlei seyn müsse, eine
grosse Last mit kleinerer oder eine kleine Last mit grösserer Geschwindigkeit zu bewegen,
welches aber, wie wir gesehen haben, einen sehr bedeutenden Unterschied bewirkt.


§. 37.


Der zweite Fall der Aufgabe §. 35. enthält die Frage: Wenn die Tragungs-
kosten (a) für den Zentner und die Meile gegeben sind, wie der Tag-
löhner seine Arbeit einrichten müsse, um sich möglichst viel zu
verdienen
. Hier ist wieder die Last, welche der Mensch
[46]Arbeiten ohne Maschinen.
oder das Thier trägt (I.) und der Weg, welcher hiemit
in einem Tage zurückgelegt wird S = 3600. z. v (II.). Man kann daher sagen: für
den Weg von 24000 Fuss und die Last von 100 ℔ wird der Lohn a bezahlt, welcher Tag-
lohn p entfällt für die Last Q und die Entfernung S oder
dieser Ausdruck muss nunmehr ein Maximum werden. Da aber wieder a, k, c, t ge-
gebene Grössen sind, so hängt das Maximum nur von und von ab.
Diese Produkte werden wie in der vorigen Aufgabe zu einem Maximum, wenn v = c und
z = t ist, es ist daher auch für diesen Fall am besten, wenn sich der Arbeiter
oder das Thier mit der mittlern Geschwindigkeit durch die gewohn-
ten Arbeitsstunden beschäftigt
. Substituiren wir die obigen Werthe in die
Gleichung (III.), so ist der Lohn, welchen der Taglöhner bei seiner vortheilhaftesten
Kraftverwendung zu erwerben im Stande ist: (IV.). Hier ist aber-
mals 3600. t. c die Länge des Weges, welchen der Mensch in einem Tage zurücklegt
und k die von ihm zu tragende Last, sonach 3600. t. c. k das mittlere Bewegungs-
moment des Trägers in einem Tage; dagegen bleibt 24000 Fuss × 100 ℔ das Bewe-
gungsmoment für einen Zentner und eine Meile. Es ist daher der verdiente
Taglohn p = dem Preise für den Zentner und die Meile (a) mul-
tiplicirt mit dem mittlern Bewegungsmomente des Arbeiters in
einem Ta’ge und dividirt durch das Bewegungsmoment für einen
Zentner und eine Meile
.


§. 38.


In dem §. 35. gefundenen Ausdrucke für die Tragungskosten (a) eines Zentners
auf eine Meile kommt das mittlere Bewegungsmoment eines Arbeiters 3600 t. c. k im
Nenner vor und muss, wie wir gesehen haben, möglichst gross werden. In der Auf-
gabe des vorigen Paragraphes kommt dasselbe 3600. t. c. k im Zähler vor und muss
ebenfalls möglichst gross werden. Da nun die gefundenen Formeln nicht bloss für
die Verwendung von Menschen, sondern auch für jene von Thieren gelten, so ergibt
sich, dass es in beiden Fällen auf die Grösse des Produktes 3600. t. c k ankömmt.
Dieses beträgt aber


  • bei einem Menschen von mittlerer Stärke 3600. t. c. k = 3600.8.2,5.25 = M
  • „ „ Pferde „ „ „ „ „ „ = 3600.8.4.100 = P
  • „ „ Ochsen „ „ „ „ „ „ = 3600.8.2,5.100 = O
  • u. s. w.

Hieraus ergibt sich:


[47]Arbeiten ohne Maschinen.

M : P : O ..... = 2,5 × 25 : 4 × 100 : 2,5 × 100 ..... = 1 : 6,4 : 4 ......
d. h. bei einer gleichen Dauer verhält sich die tägliche Arbeit eines Menschen zu jener
eines Pferdes, wie 1 zu 6,4 oder ein Pferd leistet eben soviel als 6 bis 7 Menschen
und zwei Pferde leisten beiläufig so viel als drei Ochsen etc. Das erste Resultat
kommt jenem sehr nahe, was Desaguliers hierüber anführt; er bemerkt nämlich (Cours
de Physique experimentale, tome I. pag.
255), dass fünf englische Arbeiter so viele
Kraft besitzen, als ein Pferd und unterstützt diese Meinung durch das Zeugniss des
Jonas Moore und anderer englischen Schriftsteller, welche die Arbeit der Menschen
und Pferde an der Winde (Cabestan) mit einander verglichen haben. Dagegen nehmen
die französischen Schriftsteller einstimmig an, dass ein Pferd so viel Kraft besitze als
sieben Menschen. Das letztere hat Desaguliers auch bei den Arbeiten in Holland
beobachtet, und hieraus den Schluss gezogen, dass fünf Engländer so viel Kraft be-
sitzen, als sieben Franzosen oder Holländer. Mehrere Schriftsteller wollten hieraus
auf eine Vorliebe Desaguliers für seine Landsleute schliessen; doch sahen wir bereits
§. 24, dass diejenigen Arbeiter, welche Coulomb in Frankreich beobachtete, und die
wir auch in Prag vor Augen haben, den stärksten Arbeitern anderer Nationen nicht
nachstehen; hieraus erhellet folglich, dass solche individuelle Zusammenstellungen nur
von der besondern Beschaffenheit der Menschen und Pferde abhängen.


Zu einer genauen Vergleichung der Arbeiten, welche von Menschen oder Thieren
geleistet werden können, ist in jedem Falle nöthig, dass nicht allein die mittlere Kraft
k, sondern die Produkte der Kraft, Geschwindigkeit und Zeit (k. c. t) oder die Be-
wegungsmomente gegen einander gehalten werden
. Für mittelmässig
starke Menschen war k = 25, c = 2,5 und t = 8, demnach k. c. t = 500. Für starke
Menschen z. B. Soldaten war k = 30, c = 10/3 und t = 8, demnach k. c. t = 800. Für
mittelmässig kräftige Pferde war k = 100, c = 4 und t = 8, demnach k. c. t = 3200.
Für starke Pferde war k = 125, c = 4,5 und t = 8, demnach k. c. t = 4500.


Hieraus ergibt sich das Verhältniss der Arbeit, sowohl von mittleren als von starken
Menschen und Pferden, wie


  • 500:3200 = 1: 6,4 und wie
  • 800:4500 = 1: 5,625
  • Für starke Menschen und mittelmässig starke Pferde, wie 800: 3200 = 1: 4
  • Für mittelstarke Menschen und starke Pferde, wie 500: 4500 = 1: 9

Auf gleiche Weise lassen sich die Leistungen der andern Thiere untereinander und mit
jenen der Menschen zusammenstellen. Werden diese Vergleichungen in dem Falle vorge-
nommen, wenn die Thiere nicht mit der mittlern Geschwindigkeit und nicht durch die ge-
wohnten Arbeitsstunden beschäftiget werden (wenn demnach nicht die vortheilhafteste
Wirkung der thierischen Kräfte eintritt), so ergibt sich ein ganz anderes Resultat, als
bei ihrer vortheilhaftesten Verwendung. Arbeitet z. B. ein Pferd mit der Geschwindigkeit
von 7 Fuss, wobei es eine Kraft von 25 ℔ ausübt, und ein Arbeiter während derselben
Zeit mit der Geschwindigkeit von 1 Fuss und der zugehörigen Kraft von 40 ℔, so verhal-
ten sich nun die Effekte, wie 7 × 25: 1 × 40 = 4,375 : 1. Dieses Verhältniss ist daher viel
kleiner, als das früher für die beste Verwendung gefundene.


[48]Arbeiten ohne Maschinen.

§. 39.


Wir kommen nun zu dem zweiten Falle, der bei dem Tragen der Lasten statt findet:


Ein Arbeiter erhält eine bestimmte Last Q zu tragen, es frägt
sich, wie soll er seine Arbeit einrichten, d. h. mit welcher Geschwin-
digkeit (v) und durch wie viele Stunden (z) muss derselbe gehen, um
mit dieser Last in einem Tage so weit als möglich zu kommen?


Die von dem Arbeiter getragene Last ist nach unserer allgemeinen Bestimmung eben
so gross, als die Kraft und daher (I.)


Auf gleiche Weise ist der Raum, welchen der Arbeiter mit dieser Last zurücklegt,
S = 3600. z. v. (II.)


Wir haben daher zwei Gleichungen, welche zur Auflösung der vorstehenden Auf-
gabe dienen; hierin ist Q nach den Bedingnissen der Aufgabe gegeben, und k, c, t sind
nach der individuellen Beschaffenheit des verwendeten Arbeiters ebenfalls bekannt; es
bleiben daher die 3 Grössen v, z und S zu bestimmen, wozu wir, da oben bloss zwei Glei-
chungen angeführt wurden, noch eine dritte finden müssen.


Multiplicirt und dividirt man die letzte Gleichung mit c und mit t, so ist:
, welches nach den Bedingungen der Aufgabe ein Maximum wer-
den muss; da nun das Verhältniss zur Vermehrung des Raumes S eben so viel als
beiträgt, so muss für den Fall des Maximum seyn (III.) (*) diess ist die dritte
Gleichung, womit wir nunmehr die Aufgabe auflösen können. Substituirt man nämlich den
gefundenen Werth in die erste Gleichung, so ist: oder
woraus , dann , endlich
folgt.


Wäre die Last Q, welche man dem Tagelöhner zu tragen gibt, seiner mittlern Kraft
k gleich, so würde: v = c (2 — √ 1) = c, dann z = t und S = 3600. t. c seyn, wie
sich bereits bei der vorigen Aufgabe §. 35. zeigte.


[49]Arbeiten ohne Maschinen.

Wenn jedoch Q kleiner als k ist, so ist , mithin auch √ ein ächter Bruch, folg-
lich 2 — √ grösser als 1, demnach v grösser als c und z grösser als t; und umgekehrt:
wenn Q grösser als k ist, so ist v kleiner als c und z kleiner als t; d. h. hat ein Arbeiter
eine bestimmte, gegebene Last zu tragen, so wird seine vortheilhafteste Verwendung
nicht mehr bei der mittlern Geschwindigkeit und mittlern Arbeitszeit erfolgen, sondern
derselbe muss sich mit einer grössern oder kleinern Geschwindigkeit und
durch eine grössere oder kleinere Arbeitszeit bewegen, je nachdem die ge-
gebene Last kleiner oder grösser, als die mittlere Kraft dieses Arbeiters ist.


§. 40.


Wir wollen diese Aufgabe durch einige Beispiele noch deutlicher machen.


1. Beispiel. Es sey Q = 16 ℔ und der Arbeiter von mittlerer Stärke oder k = 25 ℔,
c = 2,5 Fuss und t = 8 Stunden, so ist nach der gefundenen Formel
Fuss und Stunden = 9h
36Min., folglich S = 3600. 9⅗. 3 Fuss = 4 Meilen 1280 Klafter. Diess ist der weiteste Weg,
welchen der Taglöhner mit der gegebenen Last von 16 ℔ in einem Tage machen kann,
wie es leicht aus der Berechnung anderer Fälle hervorgeht. Wollte man nämlich z = 8
Stunden annehmen, so wäre: und v = 3,4 Fuss, folglich
S = 3600. 8. 3,4 Fuss = 4 Meilen 320 Klafter, also schon weniger als oben, und so in
jedem andern Falle.


2. Beispiel. Nehmen wir an, die bestimmte Last, welche der Taglöhner zu tragen
erhält, sey Q = 36 ℔, so ist für den Fall eines mittelstarken Menschen
Fuss und ,
folglich S = 3600. 6,4 . 2 Fuss = 1 Meile 3680 Klafter oder nicht ganz 2 Meilen.


3. Beispiel. Ein Bothe bekommt eine äusserst geringe Last z. B. einige Briefe zu
tragen, wie weit wird derselbe in einem Tage kommen können?


Da in diesem Falle Q = o angenommen werden kann, so wird v = c (2 — ℚ o) = 2 c
und z = t (2 — √ o) = 2 t, daher S = 3600. 2 t . 2 c = 3600. 4. t. c, folglich bei einem
mittelmässig starken Menschen S = 3600. 4. 8. 2,5 Fuss = 12 Meilen, wie wir es bereits §. 20.
gesehen haben. Uibrigens ist bei dieser Aufgabe vorausgesetzt, dass auf dem Wege keine
Hügel oder Berge vorkommen, weil sonst der Taglöhner, wie später gezeigt wird, noch
den Widerstand der schiefen Fläche zu überwältigen hätte, und daher auch den Weg von
12 Meilen in einem Tage nicht mehr zurückzulegen im Stande wäre.


§. 41.


Die Lasten, welche von Menschen oder Thieren auf eine bestimmte oder unbestimmte
Entfernung getragen werden sollen, z. B. Getreide, Obst und alle Flüssigkeiten, sind
von der Art, dass sie in einen Korb, leinenen oder ledernen Sack, in eine Butte oder
in ein Fass gegeben werden müssen; sie können daher von den Arbeitsleuten nicht
an und für sich allein, sondern nur mit einem Traggefässe fortgebracht
Gerstners Mechanik. Band I. 7
[50]Arbeiten ohne Maschinen.
werden. Es frägt sich daher, welche Anordnung in einem solchen Falle zu treffen sey, um
abermals die Frachtkosten für einen Zentner und eine Meile auf eine Minimum zu bringen?


Zur Auflösung dieser Aufgabe wollen wir wieder den leichtesten Fall zuerst behandeln,
wo nämlich die Entfernung, bis zu welcher die Last getragen wird, so gross ist, dass
man einen oder mehrere Tage hierzu bedarf. Der nämliche Fall müsste gelten, wenn die
Entfernung, wohin die Last zu tragen wäre, sich zwar in einem Tage mehreremale zurück-
legen liesse, jedoch die Einrichtung bestünde, dass der Arbeiter, ohne sich mehr als
seine übliche Ruhezeit aufzuhalten, sogleich wieder eine Rückladung bekäme. Wir erhal-
ten sonach folgende Aufgabe:


Es sey eine theilbare Last z. B. Getreide, Obst ...... in einem Trag-
gefässe auf eine unbestimmte Entfernung zu tragen; wie ist die
Arbeit einzurichten, damit bei einem festgesetzten Tagelohne die
Tragungskosten für einen Zentner und eine Meile
ein Minimum werden;
oder wenn die Tragungskosten für einen Zentner und eine Meile gegeben sind, wie
hat sich der Arbeiter zu benehmen, um auf einen möglichst hohen
Verdienst zu kommen
? —


Es sey B das Gewicht des Traggefässes, so wird die Kraft des Arbeiters nebst der
Last Q, die er trägt, auch noch das Gewicht B zu übernehmen haben; es ist daher:
, woraus — B folgt. (I.)


Hiezu erhalten wir, wie in den bisher behandelten Fällen, die Gleichung für den
Raum S = 3600. z. v. (II.)


Es sey wieder der tägliche Lohn des Arbeiters = p, und der auf einen Zentner und
eine Meile ausfallende Trägerlohn = a, so kann man schliessen: Für die Last Q auf
die Entfernung S zu tragen, wird der Taglohn p gezahlt, welcher Lohn (a) ergibt sich für
einen Zentner (100 ℔) und eine Meile (24000 Fuss) oder Q.S:p = 100.24000:a, woraus
(III.)
Substituirt man in diese Gleichung den Werth für Q und S aus den Gleichungen I. und II. so ist.
welcher Ausdruck ein Minimum werden muss. Wäre aber der Trägerlohn für einen Zentner
und eine Meile unabänderlich bemessen, so wäre der tägliche Verdienst des Arbeiters
welcher Ausdruck ein Maximum werden muss, da der Arbeiter in diesem Falle wie
§. 37. auf einen möglichst hohen Taglohn zu kommen wünscht.


Im ersten Falle stehen die Grössen und im Nenner, welche im zweiten Falle im
Zähler vorkommen; die Forderungen beider Aufgaben werden demnach erfüllt, wenn
[51]Arbeiten ohne Maschinen.
der algebraische Ausdruck = Maximum oder wenn
zu einem Maximum gemacht wird.


Wäre in diesem Ausdrucke das Gewicht des Tragkorbes oder der Butte B = 0, so
hätten wir, wie §. 35. für den Fall des Maximum . Da diess jedoch hier
nicht der Fall ist, und die abzuziehende Grösse ebenfalls mit den Verhältnissen und
multiplizirt erscheint, so ist es einleuchtend, dass der vortheilhafteste Werth für
und auch von der abzuziehenden Grösse abhängt, und von dem §. 35. gefundenen
Werthe 1 verschieden seyn müsse. Weil sowohl als auch in beiden Theilen des obi-
gen Ausdruckes, der ein Maximum werden soll, auf ganz gleiche Weise erscheinen, so
können wir hieraus schliessen, dass das Verhältniss von v zu c und von z zu t dasselbe
seyn müsse, oder dass . Welcher Werth jedoch der Grösse oder zu ge-
ben sey, lässt sich nur entweder durch Versuche, d. h. durch Annahme verschiedener
Werthe für v und z oder durch Anwendung der Differentialrechnung finden. Die letztere
lehrt uns nämlich, *) dass der obige Ausdruck ein Maximum wird, wenn
7 *
[52]Arbeiten ohne Maschinen.
beinahe. Wir können nämlich bei dem Ausziehen der Wurzel die Grösse und alle
folgenden höhern Potenzen von gegen die erste Potenz oder vernachlässigen, indem
diess ein ächter Bruch ist. Wäre z. B. B = 2 ℔ und k = 25 ℔, so wäre
wofür man ohne Anstand 1 — 1/25 setzen, und sonach die höhern Potenzen des Bruches ver-
nachlässigen kann. Es ist daher und nicht mehr = 1, sondern wir haben von 1 noch
die Grösse abzuziehen.


Der Trägerlohn für einen Zentner und eine Meile wird daher ein Minimum; oder
wenn dieser Lohn gegeben ist, verdient sich der Arbeiter am meisten, wenn seine
Geschwindigkeit (V.) d. h. wenn der Arbeiter langsamer, als mit
der mittlern Geschwindigkeit c geht, und dann, wenn die Arbeitsstunden
(VI.) d. h. wenn der Arbeiter auch weniger Stunden als seine
mittlern Arbeitsstunden t verwendet; dagegen aber hat derselbe nunmehr eine grössere
Last zu tragen: denn substituirt man die gefundenen Werthe für v und z in die aufge-
stellte Gleichung zwischen der Kraft und Last (I.), so ist
.
Hier lässt sich die Grösse in der Addition gegen eben so weglassen, wie es bereits
oben bei der Ausziehung der Wurzel geschehen ist; demnach erhalten wir:
— B oder Q = k (VII.) d. h. das Traggefäss macht in der Ladung
selbst keinen Unterschied, wohl aber findet ein solcher in der Zeit und Geschwindig-
keit statt. Wir können daher als die dritte Regel annehmen, dass der Arbeiter eben so
viel laden muss
, als wenn das Traggefäss kein Gewicht hätte oder nicht vorhan-
den wäre.


Substituirt man die für v und z gefundenen Werthe (V.) und (VI.) in die Gleichung
für den Raum (II.), so ergibt sich:
und wenn man wieder das Quadrat des kleinen Bruches als unbedeutend weglässt, so
ist: (VIII.). Werden endlich statt Q und S die Werthe (VII.)
und (VIII.) in die Gleichung (III.) substituirt, so erhält man den Trägerlohn für einen
[53]Arbeiten ohne Maschinen.
Zentner und eine Meile: a = (IX.) und umgekehrt ist der Tage-
lohn, den sich der Arbeiter bei dem Tragen der Last in einem Tragkorbe verdient,
.


Wäre das Gewicht des Traggefässes B = 0, so wäre (wie §. 37.)


Es verhält sich also der Verdienst des Arbeiters, wenn die Last ohne Traggefäss ge-
tragen werden kann, zu dem Verdienst, wenn die Last in einem Traggefässe getragen
wird, wie 1 zu 1 — oder wie k zu k — B. Wäre z. B. B = 2 ℔, so ist
d. h. der Arbeiter verliert 8 Prozente, und wenn B = 5 ℔, so ist
d. h. der Arbeiter verliert 20 Prozente von seinem Taglohne. Hieraus
ersieht man zur Genüge, wie nothwendig es sey, das Traggefäss so leicht als
möglich zu machen
.


§. 42.


Wir wollen zur grössern Deutlichkeit die vorstehende Aufgabe noch in einem Bei-
spiele auflösen. Es sey das Traggefäss B = 5 ℔ und der Arbeiter von mittlerer Stärke
oder k = 25 ℔, c = 2,5 Fuss und t = 8 Stunden, so ist:
folglich v = 2,5. 0,9 = 2,25 Fuss,
z = 8.0,9 = 7,2 Stunden = 7h 12Min., S = 3600. z. v = 3600. 7,2. 2,25 Fuss = 9720 Klaf-
ter, endlich Q = k = 25 ℔. Hätte man dieselbe Last ohne Traggefäss getragen, so wäre
S = 3600.8.2,5 Fuss = 12000 Klafter gewesen; der Unterschied besteht sonach darin,
dass der Arbeiter zwar dasselbe mit und ohne Traggefäss ladet, aber im ersten Falle
(nämlich mit dem Traggefässe) langsamer und durch eine kürzere Zeit geht, folglich in
einem Tage nicht so weit kommt.


Um sich zu überzeugen, ob der oben für und gefundene Werth wirklich der
vortheilhafteste sey, wollen wir dasselbe Beispiel noch durch die Staffelrechnung auflö-
sen. Es war oder

Nehmen wir nun für und verschiedene Werthe an, so ist:


[54]Arbeiten ohne Maschinen.

Hieraus ergibt sich nun, dass der gefundene Werth
für wirklich der vortheilhafteste sey, indem
in jedem andern Falle der Verdienst des Arbeiters gerin-
ger ausfällt.


§. 43.


In der bereits aufgestellten Gleichung , die sich
auf die Form zurückbringen lässt, kann man entwe-
der 3600.t.c als den Raum betrachten, den der Arbeiter mit der Last k zu-
rücklegt, oder es kann 3600.t.c als der Raum angesehen werden, den man mit der Last
k — B zurücklegt, d. h. der Arbeiter wird einen gleich grossen Taglohn erhalten, wenn
er entweder in das Traggefäss die Last k ladet und den Raum 3600.t.c zu-
rücklegt, oder wenn er das Traggefäss mit der Last k — B anfüllt und den Raum
3600.t.c zurücklegt.


Hiebei ist jedoch zu bemerken, dass der obige Werth p = k
nur zufolge einer Annäherung gefunden wurde, bei welcher man die höhern Potenzen
von vernachlässigte; und nur auf diesen Umstand gründet sich demnach auch die
Gleichheit der obigen zwei Werthe. Um zu finden, welche Einfluss die Vernachlässi-
gung der höhern Potenzen von unter diesen Umständen habe, wollen wir die Rech-
nung für einen besondern Fall sowohl genau, als auch nach der bereits aufgestellten
Formel führen. Wenn z. B. B = 5 ℔ und k = 25 ℔ ist, so ist , es ist da-
her , folglich ist der tägli-
che Raum = 3600. z. v = 3600. t. c. 0,909 . 0,909 = 3600. t. c. 0,8263 und die Ladung des
Trägers =
= k (1,091. 1,091 — 0,2) = k.0,9903. Es zeigt sich also der tägliche Verdienst des Ar-
beiters = (I).
Würde man nach der oben aufgestellten zweiten Formel rechnen, so wäre die Ladung
des Trägers Q = k — B = k = k (1 — 0,2) = 0,8 k und der tägliche Raum
[55]Arbeiten ohne Maschinen.
= 3600. t. c, daher der tägliche Verdienst des Arbeiters = (II.)
Wird die Last ohne Traggefäss getragen, so ist der tägliche Verdienst des Arbeiters
= , der Träger würde daher nach (I) und nach (II.)
d. h. im ersten Falle 18 Prozente und im zweiten Falle 20 Prozente von
dem Taglohne, welchen er ohne Traggefäss erhält, verlieren. Da aber der Taglohn ei-
nes Arbeiters nicht so gross ist, als dass dieses einen merklichen Unterschied geben
könnte, so zeigt es sich für den Fall, wenn ein kleiner Bruch ist, immer hinreichend
genau, nach einer oder der andern Formel zu rechnen.


§. 44.


Die bisherigen Aufgaben waren für den Fall einer ununterbrochenen Tragung
berechnet, wenn nämlich der Arbeiter, Tagelöhner oder Bothe entweder eine sehr grosse
Entfernung zu durchschreiten hat, oder aber im Rückwege ebenfalls eine Last zu tragen
erhält. Es kommen jedoch häufig Fälle vor, wo Lasten auf kurze Entfernun-
gen getragen werden
, oder wo eine gegebene Last z. B. ein Haufen Getreide,
Obst ...... in mehreren Gängen von Trägern an einen bestimmten Ort ge-
tragen werden muss. So oft jeder Arbeiter seine Ladung an Ort und Stelle gebracht hat,
geht er leer zurück, um eine neue Ladung zu holen. Es frägt sich daher, wie
die Arbeit in diesem Falle einzurichten sey, damit entweder die
Tragungskosten ein Minimum werden, oder wenn dieselben für ei-
ne bestimmte Last bemessen sind, der Arbeiter einen möglichst ho-
hen Tagelohn verdiene
?


Wir wollen zuerst den einfachsten Fall annehmen, wo die Last ohne Tragge-
fäss
fortgebracht werden kann. Es sey die Last, welche der Träger bei jedem Gange
auf sich nimmt = Q, so hat derselbe ausser dieser Last nichts weiter zu tragen, und
verwendet daher seine ganze Kraft nur auf das Tragen von Q; demnach haben wir
(I).


Weil der Arbeiter die Last Q mit der Geschwindigkeit v trägt, so ist die Zeit, in
welcher diese Last auf die Entfernung E getragen wird = .


Auf dem Rückwege geht der Arbeiter leer und kann demnach mit einer grössern Ge-
schwindigkeit V gehen. Die Geschwindigkeit ergibt sich aus der Gleichung
. In diesem Ausdrucke hat die Grösse k ihren bestimm-
ten, der Kraft des Menschen angemessenen Werth, sie kann daher nicht = 0 seyn. Eben
so kann nicht 2 — = 0 seyn, denn dann wäre z = 2 t = 16 Stunden und der Arbei-
ter könnte, wie wir §. 20. sahen, nichts tragen. Demnach muss 2 — = 0 oder
V = 2 c seyn, d. h. der Arbeiter muss, da er im Rückwege nichts trägt,
[56]Arbeiten ohne Maschinen.
mit der doppelten mittlern Geschwindigkeit gehen. Die Zeit des Rück-
weges ist daher = , sonach die Zeit des Hin- und Rückganges, oder die
Zeit, welche auf eine Tracht verwendet werden muss = .
Nun kann man sagen: In der Zeit bringt der Arbeiter die Last einmal
hin, wie vielmal (n) geht er in der ganzen Tageszeit (3600.z) oder
, woraus die Anzahl der Trachten in einem Tage
folgt. Da nun der Arbeiter jedesmal die Last Q trägt, so bringt er in
einem Tage die Last n Q an Ort und Stelle, und diess ist zugleich der Effekt, der ein
Maximum werden muss, nämlich:

In diesem Ausdrucke sind wieder 3600, t, c, k und E gegebene, bestimmte Grös-
sen, es müssen daher die zwei andern Faktoren ein Maximum werden. Da nun das Ver-
hältniss von dem Verhältnisse unabhängig ist, so müssen die Produkte
und jedes für sich ein Maximum seyn. Das erste geschieht, wie wir bereits
aus der Aufgabe §. 35. wissen, wenn z = t gesetzt wird, woraus wir nun sehen, dass
der Umstand des leeren Zurückganges auf die tägliche Arbeitszeit
(z) keinen Einfluss hat, und dass es auch hier am vortheilhaftesten
sey, sich an die mittlern Arbeitsstunden (z = t) zu halten
.


Um zu finden, wenn das zweite Produkt ein Maximum wird *), muss man verschie-
dene Werthe für annehmen, und man erhält durch die sogenannte Staffelrechnung:


[57]Arbeiten ohne Maschinen.

Hieraus ersieht man, dass für den Fall des Maximum
seyn müsse. Demnach ist die Geschwindigkeit,
mit welcher der Träger die Last an Ort und Stelle bringt v = ⅚ c,
d. h. der Arbeiter muss bei dem Tragen der Last
eine kleinere Geschwindigkeit, als seine mittle-
re annehmen
.


Substituiren wir nun die gefundenen Werthe z = t und v = ⅚ · c in die Gleichung
zwischen Kraft und Last, so ist: oder ⅙k mehr, als
der Träger bei der mittlern Geschwindigkeit zu tragen gewohnt ist, d. h. der Ar-
beiter muss, da seine Geschwindigkeit bei dem Tragen der Last um
⅙ geringer als seine mittlere Geschwindigkeit ist, dagegen eine eben
so viel grössere Ladung nehmen
.


Nunmehr ergibt sich die Zeit eines Ganges mit Ladung = und die
Zeit des leeren Rückganges = , also beide Zeiten zusammen
= . Die Anzahl Gänge in einem Tage beträgt
n , und die gesammte Last, welche von dem Arbeiter in
einem Tage auf die Entfernung E getragen wird, d. h. der Effekt ist:
n . Da nun der Abkürzung wegen
statt angenommen werden kann, so ist der Effekt = , d. h. man er-
hält den Effekt, wenn das mittlere Bewegungsmoment des Arbeiters
mit der Entfernung dividirt und noch mit ⅔ multiplicirt wird
. Wenn
daher ein Träger auf eine gegebene Entfernung (E) Lasten trägt, und nach jedem Gange leer
zurückgeht, so erhält man den Effekt, wenn man von dem Effekte der ununterbrochenen
Tragung der Lasten auf die Entfernung E zwei Dritthei-
le
nimmt.


Die Tragungskosten für den Zentner auf die Entfernung E findet man nunmehr aus
der Proportion: Für die Last n Q, welche in einem Tage auf die Entfernung E getra-
gen wird, zahlt man den Taglohn p, welcher Lohn (a) wird für einen Zentner auf die-
selbe Entfernung E gezahlt? oder
.


Gerstners Mechanik. Band I. 8
[58]Arbeiten ohne Maschinen.

Die Tragungskosten betragen demnach anderthalbmal soviel,
als für Gänge ohne Rückweg
(§. 35); dieses erhellet auch aus dem Umstande, weil
die Geschwindigkeit auf dem Rückwege doppelt so gross ist als die mittlere, folglich die
Zeit des Rückweges beiläufig nur halb so gross ist, als die Zeit auf dem Hinwege, der
Arbeiter aber nach dem Maasse des Zeitaufwandes bezahlt werden muss.


§. 45.


  • Beispiel. Nehmen wir an, es sey eine theilbare Last auf die Entfernung von 100
    Klaftern von einem mittelmässig starken Menschen zu tragen. Es frägt sich, wie
    seine Arbeit einzurichten sey, und wie viel derselbe in einem Tage an Ort und Stel-
    le bringen könne?

Für diesen Fall ist nach den gefundenen Formeln


  • die Geschwindigkeit im Hinwege v = ⅚ c = ⅚.2,5 = 2 1/12 Fuss;
  • die Geschwindigkeit im Rückwege V = 2 c = 2.2,5 = 5 Fuss;
  • die wirkliche Arbeitszeit z = 8 Stunden;
  • die Ladung im Hinwege Q = 7/6 k = 7/6 . 25 = 29⅙ ℔;
  • die Zeit für einen Gang mit Ladung = ;
  • die Zeit des leeren Zurückgehens = ;
  • die Anzahl der Gänge in einem Tage = = 70,59
  • demnach der Effekt in einem Tage = 70,59 × 29⅙ oder = .

Da nun der Arbeiter bloss 70 oder 71 Gänge des Tages machen kann, so wird dersel-
be nach seinem Belieben bei den letztern Gängen eine etwas grössere Ladung nehmen
können, damit er gerade 2000 ℔. in einem Tage an Ort und Stelle bringt, wofür ihm
dann der Lohn einer Tagesarbeit zu vergüten wäre. Hätte dieser Arbeiter kei-
ne leeren Rückgänge zu machen, sondern bei jedem Rückgange wieder eine Last zu tra-
gen, so würde sein Effekt nach der Berechnung §. 35:
= . seyn, und daher um die Hälfte mehr betra-
gen, als es bei den leeren Rückgängen der Fall ist.


§. 46.


Wir haben bei der vorhergehenden Aufgabe (§. 44) den Fall angenommen, dass
ein Arbeiter eine theilbare Last auf eine gegebene Entfernung in mehreren Gängen
des Tages zu tragen hat, bei dem Rückwege leer (ohne Belastung) geht, und dass
die Last von der Art ist, dass zu ihrer Fortbringung kein Traggefäss benöthigt wird.
In den meisten Fällen ist jedoch die Last so beschaffen, dass sie nur in einem Trag-
gefässe
fortgeschafft werden kann. Wir erhalten demnach folgende Aufgabe:


Wenn die Entfernung, auf welche eine theilbare Last, z. B. Was-
ser, ein Haufen Getreide, Obst
etc. getragen werden soll, von der Art
[59]Arbeiten ohne Maschinen.
ist, dass der Arbeiter in einem Tage mehrere Gänge zu machen hat,
jedoch wegen Mangel an Rückladung mit dem leeren Gefässe zu-
rückgehen muss, so ist zu berechnen, welche Ladung für jeden Gang
in das Traggefäss genommen werden muss, und wie viel Gänge in
einem Tage gemacht werden sollen, damit täglich die grösstmög-
lichste Last an Ort und Stelle gebracht werde
.


Zur Beantwortung dieser Aufgabe setzen wir das Gewicht des Traggefässes aber-
mals = B, und die Ladung in dem Traggefässe = Q, so erhalten wir, da der Arbei-
ter beides zu tragen hat, k = Q + B; demnach ist die Ladung
Q = k (I.)


Es versteht sich hiebei von selbst, dass die Kraft k nicht von der Last des Trag-
gefässes B erschöpft werden dürfe, und dass in dieser Hinsicht das Traggefäss mög-
lichst leicht gemacht werden müsse, damit für die Ladung Q ein möglichst grosses
Gewicht übrig bleibe; wir können demnach als eine kleine Zahl oder als einen ächten
Bruch betrachten, und in dieser Hinsicht zur Erleichterung der Rechnung das und alle
höhern Potenzen als unbedeutend weglasssen.


Weil der Träger die Last Q + B mit der Geschwindigkeit v trägt, so ist die
Zeit, in welcher die gegebene Entfernung oder der Weg E zurückgelegt wird = .
Bei dem leeren Rückgange kann der Träger eine grössere Geschwindigkeit V anwenden,
demnach ist die Zeit des leeren Rückganges = . Beide zusammen geben die Zeit einer
Tracht = (II.)


Wenn wir die Zeit 3600.z, welche der Träger bei seiner Arbeit täglich zubringt, mit
der Zeit, die er auf eine Tracht verwendet, dividiren, so ist die Anzahl der Trachten, die
er in einem Tage macht, oder n = (III.)


Wird nun die Last Q mit der täglichen Anzahl der Trachten n multiplizirt, so ist
die gesammte Last, welche in einem Tage an Ort und Stell e gebracht wird
n Q = (IV.)


Wir müssen also die Bedingnisse untersuchen, unter welchen n Q oder der algebrai-
sche Ausdruck für den Effekt am grössten wird. Die Grössen E, k, c, t und B sind gege-
bene und unveränderliche Grössen; denn die Entfernung E, auf welche die Last gebracht
werden soll, ist in jedem Falle als gegeben zu betrachten, die mittlere Kraft der Arbeits-
leute k, ihre mittlere Geschwindigkeit c, und die Anzahl ihrer gewohnten Arbeitsstunden
t ist für die vorhandenen Arbeitsleute ebenfalls gegeben, endlich ist auch das Gewicht
des Traggefässes B als gegeben anzusehen; es bleiben daher bloss die veränderlichen
Grössen V, z und v übrig, deren jede wir besonders untersuchen wollen.


8 *
[60]Arbeiten ohne Maschinen.

Zur Bestimmung der Geschwindigkeit V dient der Umstand, dass der Träger auf dem
Rückwege nur das leere Gefäss zu tragen hat, folglich k = B
seyn muss. Hieraus folgt . In der vorigen Aufgabe, wo wir auf
das Gewicht des Traggefässes keine Rücksicht nahmen oder wo B = 0 war, haben wir
= 1 gefunden; es muss also auch hier die Grösse einen solchen Werth erhalten,
dass für den Fall = 0, ebenfalls = 1 wird. Dieser Bedingniss wird Genüge
geleistet, wenn wir setzen. Wir werden zwar in der Folge sehen, dass
u = 3/7 seyn müsse; wenn wir aber auch diesen Werth als unbekannt annehmen, und in
die Gleichung für die Geschwindigkeit V den Werth 1 — an die Stelle von
setzen, so erhalten wir:

Da nun zu Folge der obigen Bemerkung die Glieder .... weggelas-
sen werden können, so ergibt sich . Der Träger geht also auf dem Rück-
wege nur mit der Geschwindigkeit (V.)


Da in unserer Aufgabe keine Bedingniss gegeben ist, wodurch die Zeit der täglichen
Arbeit z, und die Geschwindigkeit v, mit welcher gearbeitet wird, von einander abhän-
gig gemacht würden, so können wir das tägliche Frachtquantum
n sowohl in Beziehung auf z als
auch in Beziehung auf v zu einem Maximum machen.


In der ersten Hinsicht muss
= ein Maximum seyn. Da nun t eine bestimmte
unveränderliche Grösse ist, und 2 — hier nicht berücksichtigt wird, so muss bloss der
[61]Arbeiten ohne Maschinen.
Ausdruck ein Maximum werden. *) Um diess auszumitteln, kann
man die Grösse dem Durchmesser des Halbkreises A D, und Fig.
2.
Tab.
1.

setzen, so ist und nach den Grundsätzen der Geometrie
A B. B D = B E.2 Da nun B E2 oder das Produkt A B. B D am grössten ist, wenn
, so muss genommen werden.


Wir haben in der vorigen Aufgabe, wo war, für die Geschwindigkeit
gefunden. Weil aber diese Bedingniss auch in unserer Aufgabe statt finden muss, so
muss einen solchen Werth haben, welcher für den Fall, wenn ist, den Aus-
druck gibt. Setzen wir demnach , wo m abermals ein später
zu bestimmender Bruch ist, so erhalten wir:
und wenn nun wieder die Produkte der drei Brüche , und m mit den höhern Poten-
zen von vernachlässigt werden, so ist (VI.)


In Hinsicht auf muss der Ausdruck
ein Maximum werden.


[62]Arbeiten ohne Maschinen.

Da nun V und bereits ihre bestimmten Werthe haben, so muss bloss das Produkt
zu einem Maximum gemacht werden. Setzen wir
vorläufig an die Stelle von den gefundenen Werth , so erhalten wir
nach Hinweglassung der höhern Potenzen von das Produkt ,
welches nach den Grundsätzen der höhern Analysis (*) ein Maximum wird, wenn
(VII).


Setzen wir nun die gefundenen Werthe V, VI und VII in die Gleichungen I, II, III
und IV, so ist die Ladung
die Anzahl Gänge
die tägliche ganze Last n
.


Wenn daher ein Arbeiter mit einem Traggefässe Lasten auf eine gegebene Entfer-
nung trägt und nach jedem Gange leer zurückgeht, so erhält man den Effekt, wenn
[63]Arbeiten ohne Maschinen.
man von dem Effekte der ununterbrochenen Tragung der Lasten
(§. 41.) zwei Drittheile nimmt.


§. 47.


Wenn für den Transport eines Haufens Getreide, Obst u. dgl., welcher auf die
Entfernung E von Menschen oder Thieren getragen werden soll, ein Anschlag
über die hiezu erforderlichen Träger und ihre Kosten
gefordert wird,
so lässt sich diess mit Hülfe der Gleichung sehr leicht be-
antworten. Das Gewicht der gesammten Last, welche transportirt werden soll, sey
= M, und die hiezu erforderliche Anzahl Träger, welche die Last in einem Tage an
Ort und Stelle bringen = N, so ist offenbar N × n Q = M, demnach die Anzahl der
Arbeiter . Wenn nun ein Arbeiter täglich den Taglohn p erhält, so sind die
gesammten Transportkosten .


Beispiel. Es soll ein Haufen Obst aus einem Garten in die Wohnung des In-
habers, welche 200 Klafter vom Garten entfernt ist, getragen werden. Ein Tragkorb
wiegt 4,5 ℔ und man hat von den Arbeitern, welche hiebei verwendet werden sollen,
die Erfahrung eingehohlt, dass sie im Stande sind, täglich 30 ℔ auf eine Entfernung von
3 N. Oe. Meilen zu tragen.


Nach diesen gegebenen Grössen ist die Last, welche ein Arbeiter täglich an Ort und
Stelle zu bringen im Stande ist:
= 10 Zentner 20 ℔.


Es kommt demnach für 10 Zentner 20 ℔ ein Taglohn p zu entrichten, folglich, wenn
das Gewicht des gesammten Obstes, (das nach Strichen oder nach Zentnern gemessen
wird) in unserem Falle 200 Strich oder 225 Zentner beträgt, so werden 22 Arbeiter im
Stande seyn, diese ganze Last in einem Tage an Ort und Stelle zu bringen. Wäre nun
der Taglohn eines Arbeiters p = 15 kr., so würden die gesammten Tragungskosten auf
5 fl. 30 kr. anzuschlagen seyn.


Gegen diesen Betrag kann nämlich die verlangte Arbeit in Akkord gegeben, und
übrigens den Arbeitern frei gelassen werden, welche Last sie in ihre Tragkörbe nehmen
und mit welcher Geschwindigkeit sie gehen, oder wie viel Gänge sie in einem Tage ver-
richten wollen. Es ist aber ihrem eigenen Vortheile gemäss, sich bei der Bemessung der
Ladung und der Anzahl Gänge an diejenigen Werthe zu halten, welche die Rechnung als
die vortheilhaftesten angibt, weil sonst die Arbeiter entweder durch die zu grosse auf sich
genommene Belastung, oder bei geringerer Belastung durch die nöthige grössere Ge-
schwindigkeit zu sehr ermüden, und in beiden Fällen den gehofften Verdienst nicht zu
finden im Stande seyn würden.


§. 48.


Da die bisherigen Rechnungen nur Resultate liefern, welche dem Zwecke nahe kom-
men, und hauptsächlich nur desshalb aufgestellt wurden, um solche Arbeiten mit einem
[64]Arbeiten ohne Maschinen.
schnellen Uiberblicke zu beurtheilen und Kostenanschläge zu entwerfen, über
welche mit den Arbeitern noch verhandelt werden kann, so wird es unsern Lesern nicht
unangenehm seyn, bei der schwierigen Entwicklung der Rechnungsformeln, mit welcher
die genaue Auflösung dieser Aufgabe auf dem analytischen Wege verbunden ist, hier noch
eine Anweisung zu finden, wie solche Rechnungen mit aller erwünschten Genauigkeit auf
eine bloss elementare Art und ohne besondere Kunstgriffe der höhern Analysis durchge-
führt werden können.


Die Methode, eine solche Rechnung auf diese Weise zu führen, besteht in der stuffen-
weisen Berechnung folgender 6 Gleichungen.


Man nimmt, wenn das Gewicht des Traggefässes (B) sowohl, als die mittlere Kraft
des Trägers (k) gegeben ist, für verschiedene Werthe an, setzt diese sowohl gegebe-
nen, als angenommenen Werthe in die Gleichung (I.), und be-
stimmt sich daraus . Diesen für gefundenen Werth setzt man in die Gleichung
(II.), und bestimmt sich daraus .


Durch die Substitution dieser Werthe erhält man für jeden angenommenen Werth
von die Zeit eines Hinganges mit der Last und die Zeit eines Rückganges ohne
Last . Die Summe beider Zeiten gibt die Zeit einer Tracht (III.).


Dividirt man die Arbeitszeit des ganzen Tages (3600.z) durch die Zeit einer Tracht, so
erhält man die Anzahl der Trachten in einem Tage (IV.)


Die Ladung, die der Träger auf einmal zu nehmen hat, ergibt sich aus der Glei-
chung (V.). Wird diese Last Q mit der Anzahl
der Trachten n multiplicirt, so ist die in einem Tage an Ort und Stelle gebrachte Last
oder der Effekt = n. Q (VI.)


Die Vergleichung dieser Resultate wird sodann von selbst zeigen, bei welchem
Verhältnisse von der Effect der grösste ist, wie viel in diesem Falle geladen werden
muss, und wie viel Trachten in einem Tage zu machen sind.


Ein Beispiel wird diese Verfahrungsart deutlicher machen.


Es sey d. h. das Gewicht des Traggefässes betrage 15 Prozente der mittlern
Kraft. Nimmt man an, so ist: ;
;
die Zeit eines Hinganges ;
[65]Arbeiten ohne Maschinen.
die Zeit eines Rückganges ; daher
die Zeit einer Tracht ;
die Zahl der Trachten in einem Tage
oder ;
die Ladung ;
und der Effekt .
Wird und 0,78 u. s. w. angenommen, und die Berechnung auf die angeführte
Weise fortgesetzt, so erhält man folgende tabellarische Uibersicht:


Vorstehende Tabelle zeigt, dass bei der Annahme von der Träger am meisten
an Ort und Stelle bringt, wenn seine Geschwindigkeit v = 0,77. c, die Zeit, welche er täg-
lich auf die Arbeit verwendet = 0,939. t, die jedesmalige Ladung = 1,155. k und die Anzahl
Trachten in einem Tage ist.


Gerstners Mechanik. Band I. 9
[66]Arbeiten ohne Maschinen.

Um zu zeigen, dass diese Rechnung wirklich genauere Resultate gibt, als wir nach
der bereits aufgestellten Formel §. 47. erhielten, wollen wir das daselbst angeführte Bei-
spiel noch einmal nach den durch die vorstehende Staffelrechnung gefundenen vortheil-
haftesten Verhältnissen berechnen.


Es war in diesem Beispiele 3600. t. c = 12000 Klafter, E = 200 Klafter, k = 30 ℔,
B = 4,5 ℔, also der Effekt in einem Tage 1020 ℔. Nach der vorstehenden Tabelle be-
trägt aber der grösste Effekt: . Man sieht daraus, dass, wenn
der Frachtlohn für die tägliche Fracht nach der Formel , §. 47. in An-
schlag gebracht wird, der Arbeiter, wenn er sich nach der genauern Rechnung benimmt,
den Vortheil finden könne, statt 1020 ℔ eine Last von 1063 ℔ an Ort und Stelle zu brin-
gen, also 4,2 Prozente mehr zu verdienen.


Wollte der Arbeiter, so wie es meistens zu geschehen pflegt, um seine Arbeit
schneller zu vollenden, eine grössere Ladung in das Traggefäss nehmen, so würde
derselbe (wie bereits oben §. 47. gezeigt worden), mit dieser grösseren Last einen lang-
samern Gang annehmen müssen, und da das menschliche Kraftvermögen von der Art ist,
dass die Folgen der verminderten Geschwindigkeit durch die grössere Ladung nicht er-
setzt werden können, so wird sich aus der hieraus ergebenden Verminderung der tägli-
chen Anzahl Trachten eine viel bedeutendere Verminderung für den Effekt oder für die
an demselben Tage an Ort und Stelle gebrachte Last ergeben. Wollte der Träger im
Gegentheile eine grössere Geschwindigkeit anwenden, sonach einen grössern Verdienst
aus der Vermehrung der Trachten erwarten, so würde derselbe dagegen eine viel kleinere
Last bei jedem Gange zu tragen im Stande seyn, folglich in beiden Fällen, obgleich
mit grösserer Anstrengung, doch seine Hoffnung eines grössern Verdienstes getäuscht
finden.


§. 49.


Da überhaupt das tägliche Lasttragen für die menschlichen Kräfte zu beschwerlich
und in jeder Hinsicht kostbarer ist, als das Verführen mit Wägen, so werden die Men-
schen zu solchen Arbeiten gewöhnlich nur auf sehr kurze Strecken, oder wenn die Ent-
fernungen grösser sind, nur zum Tragen einiger Briefe oder anderer geringer Lasten ver-
wendet. Weil aber ähnliche Rechnungen, wie die hier angeführten, auch bei der Verfüh-
rung der Lasten auf Karren und Wägen und bei allen Maschinen, mit welchen z. B.
Baumaterialien auf die obern Stockwerke der Gebäude aufgezogen, oder Erze aus tie-
fen Bergschachten zu Tage gefördert werden, vorkommen, und die zweckmässige An-
ordnung solcher Maschinenarbeiten von der grössten Wichtigkeit ist; so hat man die
Resultate von mehreren solchen Rechnungen über die vortheilhaftesten Verhältnisse der
Geschwindigkeit und Arbeitszeit in der folgenden Tabelle zu der Absicht zusammenge-
stellt, um bei künftigen ähnlichen Arbeiten die vortheilhaftesten Verhältnisse der Ma-
schinenbestandtheile hiernach bestimmen und auch genaue Voranschläge über ihre Lei-
stungen hieraus ableiten zu können.


[67]Arbeiten ohne Maschinen.

Tabelle
über die vortheilhaftesten Verhältnisse für das Fortschaffen der
Lasten mit Rücksicht auf das Gewicht der Traggefässe, Schubkarren,
Tonnen, Wägen
u. s. w.


Um den Gebrauch dieser Tabelle deutlich zu zeigen, folgt hier ein Beispiel.
Auf eine Entfernung von 50 Klaftern sollen mittelst 5 ℔. schweren Traggefässen 1200 N. Oe.
Metzen Getreide, wovon der Metzen 76 ℔. wiegt, von mittelmässig starken Menschen
9 *
[68]Arbeiten ohne Maschinen.
getragen werden. Dieser Fall kann vorkommen, wenn Getreide von Taglöhnern aus
dem ebenerdigen Geschosse eines Speichers (Schüttkastens) an das Ufer eines Flusses
getragen, und dort in Schiffe geladen wird. Es frägt sich um die Kosten des Trans-
portes und um die vortheilhafteste Einrichtung der Arbeit.


Das Gewicht der gesammten fortzuschaffenden Last beträgt 1200 . 76 = 91200 ℔.
Da für diesen Fall k = 25 ℔, B = 5 ℔, folglich ist, so ist der obigen Ta-
belle gemäss die grösste Last, die der Arbeiter in einem Tage an Ort und Stelle brin-
gen kann = , die vortheilhafte-
ste Ladung = 1,15 . 25 = 28¾ ℔ und die Anzahl Trachten in einem Tage
. Da aber 117,17 Gänge nicht geleistet
werden können, so nehme man 117 Gänge an, und suche sich aus der Gleichung
117 . Q = 3368,4 die jedesmalige Ladung, welche Q = 28,80 ℔ beträgt. Da ein Arbei-
ter in einem Tage 3368,4 ℔ auf die Entfernung von 50 Klaftern trägt, und dafür den
Taglohn p erhält, so ist die Anzahl der für die Tragung der gesammten Last zu ent-
richtenden Taglöhne ; es werden sonach die Kosten dieser Arbeit auf
27,08 .p anzuschlagen seyn.


Beträgt nun z. B. der Taglohn eines mittelmässig starken, oder solchen Arbeiters,
welcher täglich nur 25 ℔ auf eine Entfernung von 3 Nied. Oesterr. Meilen tragen kann,
p = 15 kr., so sind die Kosten des Transportes von 1200 Metzen Getreide auf 50 Klafter
Entfernung 6 fl. 46 kr. Wären die Arbeiter stärker, und im Stande, so wie das Militär
täglich 30 ℔ auf eine Entfernung von 4 N. Oesterr. Meilen oder 16000 Klafter zu tragen,
so wäre der obigen Tabelle gemäss die Last, welche ein solcher Arbeiter in einem Tage
auf dieselbe Entfernung E = 50 Klafter tragen kann,
.
Demnach die Anzahl der erforderlichen Taglöhne . Beträgt nun der
Taglohn eines solchen stärkern Arbeiters z. B. 20 kr., so machen die ganzen Trans-
portskosten 5 fl. 40 kr. aus. Diese Kosten sind um 1 fl. 6 kr. geringer, als im ersten
Falle; es ist daher hier vortheilhafter, sich der stärkern Menschen ungeachtet ihres
um ein Drittheil höhern Taglohns (gegen mittelstarke Arbeiter) zu bedienen. Wären
aber diese stärkern Menschen mit 24 kr. täglich zu bezahlen, so würden die Tra-
gungskosten 6 fl. 48 kr. betragen, also beinahe eben so hoch als mit Arbeitern von
mittlerer Stärke zu stehen kommen. Man ersieht hieraus, wie solche Arbeiten in jedem
Falle angeschlagen und in Akkord gegeben werden können.


§. 50.


Hiemit wären nun die wichtigsten Fragen über die Verwendung der menschlichen
Kräfte bei Arbeiten, welche aus freier Hand oder ohne Beihülfe eines Instrumentes
[69]Arbeiten ohne Maschinen.
oder einer Maschine gemacht werden, und somit der Gegenstand des ersten Kapitels
ganz abgehandelt *). Die Rechnungen über alle diese Aufgaben haben uns das allge-
meine Resultat geliefert, dass die grösste Wirkung oder das grösstmöglichste Arbeits-
produkt nur in dem Falle erreicht wird, wenn sowohl die Geschwindigkeit des Arbei-
ters v, als auch seine hiebei verwendeten Arbeitsstunden z ihrer mittlern Grösse
c und t gleich oder doch möglichst nahe kommen
, und dass im Gegen-
theile die täglichen Arbeitsprodukte um so kleiner ausfallen, je mehr v und z von ih-
rer mittlern Grösse abweichen. Da dieses Resultat, wie wir später sehen werden, nicht
[70]Arbeiten ohne Maschinen.
nur beim Tragen, sondern auch beim Ziehen oder Führen der Lasten auf Wägen, und
auch bei allen Maschinen, welche von menschlichen oder thierischen Kräften in Be-
wegung gesetzt werden, statt findet: so ergibt sich hieraus sowohl die Wichtigkeit
der angegebenen Kraftformel, als auch die Nothwendigkeit sich mit den Rechnungs-
methoden, woraus diese Resultate geflossen sind, vollkommen bekannt zu machen, da-
mit selbe auch bei künftigen Rechnungen über Maschinenarbeiten angewendet, und über
die hieraus folgenden Regeln für den Bau der Maschinen und ihre Betreibung durch
menschliche oder thierische Kräfte nicht nur die vollkommenste Uiberzeugung, son-
*)
[71]Arbeiten ohne Maschinen.
dern auch in praktischen Fällen für ihre richtige Anwendung die nöthige Sicherheit
erlangt werden möge.


Uibrigens ist hier noch zu erinnern, dass die Regeln, welche wir über das Tragen
von Lasten aufgestellt und durch mehrere Beispiele §. 35 bis §. 47. für besonde-
re Fälle angegeben haben, den bisherigen in der Ausübung gebrauchten Verfahrungsar-
ten nicht immer gleich kommen. Wenn nämlich eine Last auf eine kürzere Entfernung
z. B. auf 50 Klafter, wie §. 49 zu tragen ist, wird gewöhnlich die Einrichtung so ge-
*)
[72]Arbeiten ohne Maschinen.
macht, dass den Trägern ein bedeutendes, ihre Kräfte sehr anstrengendes Gewicht z. B.
ein Zentner Getreide, Mehl u. dgl. zu tragen gegeben wird, wie wir es in allen Fällen
sehen, wo Magazine oder Speicher entleert und gefüllt werden. Die natürliche Folge
hievon ist, dass die Träger kaum einige Stunden des Tages bei solchen Arbeiten aus-
halten können, und dass man überhaupt nur die stärksten Menschen, die dann auch
weit kostspieliger sind, zu solchen Arbeiten verwenden kann.


Nach unsern aufgestellten Regeln werden bei solchen Arbeiten, die eine längere
Zeit zu ihrer Ausführung erfordern, die Transportskosten am geringsten ausfallen,
wenn man die Arbeiter, sie seyen nun stark oder schwach, mit jenen Geschwindigkei-
ten und durch jene Anzahl Stunden täglich arbeiten lässt, welche die Formeln be-
stimmen, und welche, wie wir nunmehr wissen, von den mittlern Werthen k, c, t
nicht viel abweichen. Es ist demnach zu wünschen, dass zur Vermeidung fruchtloser
Kraftverwendung und unnöthiger Auslagen, die in solchen Fällen vorzüglich bei der
Landwirthschaft von Bedeutenheit zu seyn pflegen, unsere Regeln zum Maasstabe der
Anordnung solcher Arbeiten angenommen oder doch denselben so nahe als möglich ge-
bracht würden. Versuche hierüber werden zeigen, dass der Erfolg unseren Berech-
nungen entspricht; auch werden diese Versuche vorzüglich den Wirtschaftsbeamten die
Gelegenheit gewähren, die Kräfte der Arbeiter in jeder Gegend gehörig zu schätzen
und nach Maassgabe dieser Versuche auch bei andern Arbeiten zweckmässig zu ver-
wenden.


[73]

II. Kapitel.
Statik und vortheilhafteste Verwendung der thieri-
schen Kräfte bei einfachen Maschinen.


§. 51.


Wir haben bereits in der Einleitung (§. 4) gesagt, dass Maschinen Vorrichtungen
sind, welche zur Erreichung gewisser mechanischer Zwecke ausgedacht wurden, die man
ohne dieselben entweder gar nicht oder nur unvollkommen und mit grössern Schwierig-
keiten zu erreichen im Stande wäre. Maschinen sind daher die materiellen Mittel, welche
zur zweckmässigen Ausübung der arbeitenden Kräfte gebraucht werden.


Man theilt die Maschinen gewöhnlich in einfache und zusammengesetzte ein.
Die einfachste Maschine, welche wir zuerst betrachten, ist der Hebel. Hierauf wer-
den wir das Rad an der Welle, die Rollen und Flaschenzüge, die schiefe
Fläche
, die Schraube und den Keil folgen lassen. Alle diese Maschinen sind ein-
fache Maschinen
; die zusammengesetzten bestehen immer aus der Vereini-
gung mehrerer einfachen Maschinen und werden daher auch erst nach den einfachen
abgehandelt werden.


§. 52.


Einen Hebel kann jede Stange, jeder Balken und überhaupt jeder feste Körper
abgeben, wenn derselbe an einem Punkte so unterstützt wird, dass er um diesen Punkt
frei gedreht, und auf solche Art als Stütz- oder Drehpunkt (Achse) für zwei oder meh-
rere, auf gegebenen Entfernungen vom Stützpunkte wirkende Kräfte gebraucht werden
kann. Zur deutlichern Erklärung dieses Gegenstandes pflegt man in der Mechanik den
mathematischen Hebel von dem physischen zu unterscheiden.


Ein mathematischer Hebel ist eine unbiegsame, nicht schwere Linie A B, anFig.
3.
Tab.
1.

deren beiden Endpunkten zwei Kräfte P und Q angebracht sind, welche einander um
den unbeweglichen Punkt C entgegen wirken. Der feste Punkt C wird der Unter-
stützungspunkt
, die Unterlage oder auch der Ruhepunkt genannt, weil
dieser Punkt bei der Drehung oder Bewegung als Achse des Hebels in Ruhe bleibt; C A
und C B heisst man die Hebelsarme.


An einem jeden Hebel sind demnach vorzüglich drei Punkte zu bemerken, näm-
lich der Unterstützungspunkt C und die beiden Punkte B und A, an deren einem P als
Kraft und an dem andern Q als Last wirkt.


Wenn der Hebel nebst den vorigen Eigenschaften auch noch schwer ist, so heisst
er ein physischer oder materieller Hebel; ein solcher ist daher jede Stange
oder jeder Hebebaum, der zum Heben grosser Lasten, zum Fortschaffen grosser Steine,
zum Ausreissen von Baumwurzeln u. dgl. m. gebraucht wird.


§. 53.


Man theilt die Hebel in Hebel der ersten und Hebel der zweiten Art ein.


Gerstner’s Mechanik. Band I. 10
[74]Hebel.
Fig.
3.
Tab.
1.

Wenn bei einem Hebel der Unterstützungspunkt C zwischen der Kraft P und der
Last Q sich befindet, so nennt man diess einen Hebel der ersten Art oder Druck-
hebel
. Zu den Hebeln der ersten Art gehören: die gemeine oder Krämerwaage, die
Schnellwaage, die Scheere, die Brechstange, der Geissfuss, die Kneipzange, die
Lichtscheere u. dgl.


Wenn aber die Kräfte nach verschiedenen Richtungen wirken, und der Unter-
stützungspunkt sich nicht zwischen denselben, sondern ausserhalb in C befindet, so
Fig.
4.
nennt man diess einen Hebel der zweiten Art. Die Ansicht dieses Hebels zeigt,
dass es wieder zwei Gattungen solcher Hebel gibt, da entweder die Last zwischen dem
Ruhepunkte und der Kraft, wie Fig. 4. oder die Kraft zwischen dem Ruhepunkte und der
Last liegt, wie Fig. 5. Den ersten nennt man einen Traghebel, den zweiten einen
Fig.
5.
Wurfhebel. Zur ersten Gattung gehört der Schubkarren oder die Scheibtruhe, das
an einem Ende befestigte Schneidemesser, die gewöhnliche Flachsbreche, die Ruder-
stange an Schiffen u. s. w. Zur zweiten Gattung die Schaufel, die Sense, der Arm des
menschlichen Körpers, wenn er eine Last hebt u. s. w.


§. 54.


Fig.
6.

Wenn ein gleich dicker prismatischer Körper z. B. ein Balken, eine Stange oder ein
Parallellopipedum genau in seiner Mitte C unterstützt wird, so ist kein Grund gedenkbar,
aus welchem eine Hälfte des Balkens von der andern eben so langen und eben so schwe-
ren Hälfte überwältigt und zum Sinken gebracht werden könnte; auch zeigt die Erfah-
rung, dass unter solchen Umständen das sich selbst überlassene Parallellopipedum ohne
Mittheilung einer Bewegung in Ruhe bleibt, oder dass nach dem gewöhnlichen Sprach-
gebrauche beide Hälften einander aufwiegen. Hieraus ergibt sich vorerst der Begriff vom
Schwerpunkte. Weil nämlich in dieser ruhigen Lage alle Theile des ganzen Körpers
mit einander im Gleichgewichte sind, und das Ganze nur von einer in dem Unter-
stätzungspunkte angebrachten Kraft aufrecht erhalten wird, so können wir uns den Stand
des Körpers so vorstellen, als ob sein ganzes Gewicht in diesem Punkte vereinigt
wäre. Der Schwerpunkt eines Körpers ist sonach derjenige Punkt, durch des-
sen Unterstützung der ganze Körper in Ruhe, oder in einer solchen Stellung erhal-
ten wird, dass kein Theil den andern in Bewegung setzen kann. Eine kreisrunde
gleich dicke Scheibe hat daher ihren Schwerpunkt im Mittelpunkte, wenn nämlich die
runde Scheibe aus einer Materie von gleicher Dichte besteht; eben so hat jedes gleich
dicke Prisma und jeder Cylinder den Schwerpunkt in der Mitte seiner Länge, Höhe und
Breite. Hieraus ersieht man aber auch zugleich, dass der Zustand des Gleichgewichtes
um den Schwerpunkt eines Prisma oder Cylinders sich nicht nur auf den horizontalen
Stand
beschränke, sondern auch in jeder andern schiefen Lage statt finde, weil in
einer jeden solchen Lage jedesmal zu beiden Seiten des Schwerpunktes alles gleich ist.
Es folgt noch weiters, dass wenn dergleichen Körper sich in einer drehenden Bewegung um
ihren Mittel- oder Schwerpunkt befinden, diese Bewegung nicht vom Körper selbst hervor-
gebracht worden sey und von seinen Theilen weder vermehrt noch vermindert werden kann.
Ein solcher in Bewegung gesetzter Körper würde sich daher auch mit unveränderlicher
Geschwindigkeit um den Schwerpunkt drehen, und diese Bewegung ohne Aufhören gleich-
[75]Hebel.
förmig fortsetzen, wenn er nicht durch andere von aussen auf ihn einwirkende Kräfte,
als von der Reibung, von dem Widerstande der Luft u. dgl. zur Ruhe gebracht würde.
Die Lehren vom statischen Gleichgewichte gelten sonach nicht nur für den Zustand
der Ruhe
, sondern auch für jenen der gleichförmigen Bewegung.


§. 55.


Der Zustand des Gleichgewichtes für ein Prisma um seinen Schwerpunkt (§. 54.)
ist aber nicht bloss auf die beiden einander gleichen Hälften C A und C B beschränkt,
sondern auch für jeden Theil desselben in Beziehung auf alle übrigen wahr.


Es ist nämlich in diesem Zustande des Gleichgewichtes nicht bloss die Hälfte desFig.
7.
Tab.
1.

Prisma C A mit der andern Hälfte C B, sondern auch ein jedes Stück A M mit
dem Uiberreste M B gleichfalls im Gleichgewichte
; denn wäre diess
nicht der Fall und würde z. B. M B von einer Seite stärker als A M von der andern
drücken, so würde der Balken dem Drucke des Stärkern folgen, von der einen Seite
herabgedrückt und der schwächere Gegendruck der andern Seite gehoben, folglich
eine Bewegung bewirkt, und auf solche Art auch die eine Hälfte des Prisma C A von
der andern gleichen Hälfte C B überwältiget werden. Der Schwerpunkt des Stückes
A M befindet sich aber in der Mitte D desselben und der Schwerpunkt des Stückes
M B in seiner Mitte E, und wir können uns von diesen Schwerpunkten abermals den-
ken, dass das ganze Gewicht des Stückes A M in D und von M B in E vereinigt sey,
oder was eben so viel ist, wir können uns einen mathemathischen Hebel D E denken,Fig.
8.

in dessen Endpunkten D und E zwei Gewichte P und Q von derselben Schwere,
welche die Stücke A M und M B besitzen, angebracht sind, welche sich daher an
diesem mathematischen Hebel ebenfalls im Gleichgewichte befinden. Wir wollen nun
sehen, wie sich die Entfernungen C D und C E dieser Gewichte verhalten?


Da das Prisma nach unserer Annahme in allen Theilen eine gleichförmige Stärke und
gleich schwere Materie besitzt, und da sich die Gewichte solcher Körper wie ihre
Längen verhalten, so haben wir die Proportion:
; ferner ist Fig.
7.

und ; demnach verhält sich auch:
P : Q = C E : C D, d. h. ein Hebel ist dann im Gleichgewichte, wenn die an ihm ange-
brachten Gewichte oder Kräfte sich umgekehrt wie ihre Entfernungen vom Unterstützungs-
punkte verhalten. Da man diese Entfernungen in der Statik Hebelsarme nennt, so
lautet dieser Satz mit andern Worten: An einem Hebel ist Gleichgewicht,
wenn die Kräfte oder Gewichte sich verkehrt wie ihre Hebelsarme
verhalten
.


§. 56.


Zur Bestättigung dieses Lehrsatzes dienet folgendes Experiment: Man nehme einenFig.
9.

prismatischen Stab a b, der auf der scharfen Kante eines andern dreieckigen Prisma c
so lange hin und her geschoben wird, bis er das Gleichgewicht hält. Ferner lege
man auf diesen viereckigen Stab a b einen andern ebenfalls gleich starken, der in meh-
10 *
[76]Hebel.
Fig.
9.
Tab.
1.
rere gleich grosse Theile zerschnitten ist, z. B. in vier, als m, n, o, p, so wird der
Schwerpunkt des Stabes a b sammt den zerschnittenen Theilen, wenn Alles gleich ge-
macht ist, sich wieder in der Mitte (oberhalb c), folglich das Ganze im Gleichgewicht
befinden.


Dasselbe Gleichgewicht wird aber auch noch statt finden, wenn jeder Theil auf
dem darunter befindlichen Stabe so umgedreht oder gewendet wird, dass seine Mitte
Fig.
10.
noch auf der Mitte der darunter befindlichen Abtheilung zu liegen kommt, weil der
Druck oder die Schwerkraft jedes Körpers auf das unterliegende Prisma unverändert
bleibt, ob er sich in dieser oder jener Lage befindet, wenn nur sein Schwerpunkt nicht
verrückt wird. Legt man endlich die drei Theile n, o und p auf ihren gemeinschaftli-
Fig.
11.
chen Schwerpunkt in e zusammen, so wird dasselbe Gleichgewicht noch immer statt fin-
den, und es werden sonach die drei Theile n, o, p auch dem einen Theil m das
Gleichgewicht halten, dagegen aber die Entfernung oder der Hebelsarm des Theiles m
dreimal so gross seyn, als der Hebelsarm der drei auf einander gelegten Theile n, o
und p.


In unserem Falle macht nämlich c e eine halbe Abtheilung und d c anderthalb Ab-
theilungen aus, und es verhält sich das Gewicht der drei Theile zu dem Gewichte des
einen Theiles, wie die Entfernung 1½ : ½ = 3 : 1, wo also die Entfernungen vom Ruhe-
punkte im verkehrten Verhältnisse zu den Gewichten stehen. Da nun diess über-
haupt bei jeder willkührlichen Anzahl Abtheilungen und aufeinander gelegter Theile
statt findet, so wird, wenn man sich statt der einzelnen Theile Gewichte oder Kräfte vor-
stellt, auch allemal die Kraft zur Last sich verhalten, wie der Hebelsarm der Last
zum Hebelsarme der Kraft.


§. 57.


Es leuchtet übrigens von selbst ein, dass dasselbe Gleichgewicht, welches in der
horizontalen Stellung des Prisma um seinen Mittelpunkt statt findet, auch in
jeder andern schiefen Lage statt finden müsse, weil auch in der schiefen Stellung,
wenn nämlich der mathematische Hebel durch die Mitte des Prisma gezogen gedacht
wird, alle Umstände beiderseits einander gleich sind, wie schon erinnert wurde. Eben
dieser Satz gilt aber auch von den zwei Gewichten P und Q. Es kann folglich kei-
Fig.
12.
nes von beiden das andere in Bewegung setzen, oder dessen Bewegung beschleunigen.
Hieraus ergibt sich, dass diese beiden Körper P und Q, welche in einer Lage des Hebels
z. B. in der Lage D C E im Gleichgewichte sind, auch in jeder andern Lage z. B. D' C E'
im Gleichgewichte seyn müssen, folglich in jeder Stellung wechselseitig einen gleichen
Druck und Gegendruck gegen einander ausüben, demnach auch, falls sie in Bewegung
sind, sich in keiner der übrigen Stellungen beschleunigen, und daher entweder in Ruhe
seyn oder nur eine gleichförmige Bewegung haben können.


§. 58.


Aus der Proportion P : Q = C E : C D folgt die Gleichung P. C D = Q . C E.
Fig.
12.
Man sieht hieraus, dass das Gleichgewicht zweier an einem Hebelsarme angebrachter
Kräfte durch zwei verschiedene, von einander unabhängige Dinge bewirket wird, nämlich
1stens von der Grösse der Kräfte und 2tens von der Entfernung derselben vom
[77]Hebel.
Ruhepunkte, d. i. von der Grösse der Hebelsarme der Kräfte. Das Produkt aus diesen zweiFig.
12.
Tab.
1.

Dingen bestimmt die Wirkung einer Kraft. Ein solches Produkt heisst das statische
Moment
. So ist hier P. C D das Moment der Kraft P und Q. C E das Moment der
Kraft Q und nur gleiche Momente von Kräften halten einander das
Gleichgewicht
.


Man nennt diese Momente insbesondere statische zum Unterschiede von mecha-
nischen Momenten
, von welchen wir in der eigentlichen Mechanik noch sprechen
werden. Das statische Moment eines jeden schweren Körpers ist sonach das Produkt
aus dem Gewichte desselben in den Abstand seines Schwerpunktes vom Umdrehungspunkte,
und es erfolgt dann an einem Hebel Gleichgewicht, wenn die statischen Momente der bei-
den Kräfte gleich sind.


§. 59.


Die Gleichung P. C D = Q. C E enthält vier Grössen, nämlich die zwei Kräfte
P und Q und ihre Hebelsarme C D und C E. Wenn nun drei von diesen Grössen gegeben
sind, so können wir hieraus die vierte unbekannte Grösse finden.


1. Beispiel. Ein Arbeiter will mittelst eines Geissfusses einen Stein von 20 Zentnern
Schwere heben. Der Hebelsarm des Arbeiters C D beträgt 40 Zoll, der Hebelsarm derFig.
13.

Last oder C E nur 2 Zoll; es frägt sich, welche Kraft der Arbeiter anwenden, oder wie
gross P seyn müsse, damit der Stein mittelst des Hebels wirklich gehoben werden könne.


Wenn wir die Werthe in die obige Gleichung substituiren, so ist : P. 40′ = 2000 ℔. 2″,
woraus P = 100 ℔ folgt; der Arbeiter muss daher eine Kraft von 100 ℔ anwenden, oder
mit dem Gewichte seines ganzen Körpers auf das Ende des Hebels wirken, wenn er hie-
mit den Stein von 20 Zentnern Schwere heben will.


2. Beispiel. Man erzählt, dass Archimedes nach der Erfindung des (§. 55) angeführ-
ten Hauptsatzes vom Hebel vor Freude ausgerufen habe, die Götter möchten ihm nur einen
Hebel und einen festen Unterstützungspunkt geben, und er werde hiemit im Stande seyn,
die ganze Erde zu heben. Man soll nun bestimmen, wie lang dieser Hebel seyn müsste,
wenn das Gewicht des Mannes, der die Erde bewegen wollte, zu 150 ℔ und die Entfer-
nung des Anhangpunktes der Erde bis zum Unterstützungspunkte nur mit einem Zoll in
Anschlag genommen wird.


Wir wissen, dass die Erde eine kugelförmige Gestalt hat, und dass ein Grad des
Aequators oder grössten Kreises um die Erde beinahe 15 deutsche Meilen Länge hat. Wir
wollen der leichtern Rechnung wegen eine deutsche Meile zu 4000 Wiener Klafter anschla-
gen. Nach den Versuchen des englischen Physikers Cavendish ist die Erde beinahe vier-
mal so schwer, als ein gleich grosser Wasserkörper, folglich wiegt ein Kubikfuss 4.56,5
= 226 ℔, wofür wir 2¼ Zentner annehmen. Demnach wird die grösste Peripherie der Erde
= 15.360 = 5400 Meilen und ihr Durchmesser = 1718,874837 Meilen oder 6875499,348 Klaf-
ter betragen. Da der Kubikinhalt einer Kugel gefunden wird, wenn man den vierfachen
grössten Durchschnittskreis 4 π r2 = π d2 mit dem dritten Theile des Halbmessers
multiplicirt, so beträgt der Kubikinhalt des Erdkörpers, wenn man π = 3,14159
nimmt, 170180968597523042642 Kubikklafter, und da wir einen Kubikfuss zu 2¼ Zentner
[78]Hebel.
oder eine Kubikklafter zu 486 Zentner annehmen, so beträgt das Gewicht des Erdkörpers Q
82707950738396198724012 Zentner. Dieses Gewicht Q muss mit der Entfernung von 1 Zoll
multiplicirt werden, um das statische Moment Q.CE zu erhalten. Wird nun dieses Mo-
ment mit der Kraft P = 150 ℔ = 1,5 Zentner dividirt, so erhält man die gesuchte Länge
des Hebelarmes der Kraft
= 55138633825597465816008 Zolle
= 765814358688853691889 Klafter
= 191453589672213423 Meilen, d. h.
so gross müsste die Länge des Hebels seyn, womit eine Kraft von 150 ℔ sich mit dem
Gewichte der Erde um einen hinlänglich festen Unterstützungspunkt ins Gleichgewicht
zu setzen im Stande seyn würde *).


§. 60.


Fig.
12.
Tab.
1.

Wenn nebst der Kraft P und der Last Q an einem Hebel noch die ganze Länge
D E desselben bekannt ist, und gefragt wird, wohin der Unterstützungspunkt gelegt wer-
den soll, damit die beiden Kräfte P und Q einander das Gleichgewicht halten, so dient
hiezu die Proportion P : Q = C E : C D.


Wird hier das erste und zweite Glied addirt, so ist: P + Q : P = C E + C D : C E
und hieraus ; eben so ist auch P + Q : Q = C E + C D : C D und hier-
aus . Diese zwei Gleichungen geben zur Auflösung unserer Aufgabe die
[79]Hebel.
allgemeine Regel: Wenn zwischen zwei gegebenen Kräften der Unterstützungspunkt ge-
sucht wird, so findet man seine Entfernung von dem einen Endpunkte des Hebels, wenn
man das am entgegengesetzten Ende angebrachte Gewicht mit der ganzen Länge des He-
bels multiplicirt und dieses Produkt durch die Summe beider Gewichte dividirt.


1. Beispiel. Es sey die Kraft P = 30 ℔, Q = 50 ℔ und die ganze Länge des Hebels
a = 80 Zoll, so findet man den Hebelsarm des Gewichtes Zoll und
jenen von Zoll.


2. Beispiel. Dieselbe Regel dienet auch zur Bestimmung des Ortes, wohin eine LastFig.
14.
Tab.
1.

zu hängen ist, wenn dieselbe von zwei Arbeitern an einer Stange oder einem Hebel ge-
tragen, und jedem eine verhältnissmässige Last aufgebürdet werden solle.


Es sey nämlich die Kraft des einen Trägers = Q, die Kraft des andern = P und das
Verhältniss der Kräfte dieser beiden Arbeiter Q : P = 3 : 2, oder der Träger Q sey an-
derthalbmal so stark, als der Träger P. Setzen wir die Länge des Hebels D E = 1, so
ist die Entfernung der Last vom stärkern Arbeiter oder
und die Entfernung derselben Last vom schwä-
chern Arbeiter oder . Es muss also die Länge der Stange 1 oder die Entfer-
nung der beiden Arbeiter in 5 gleiche Theile getheilt, und die Last auf den zweiten Thei-
lungspunkt vom stärkern, und auf den dritten Theilungspunkt vom schwächern Arbeiter
gelegt werden. Es sey 1 = 7,5 Fuss, so ist Fuss, demnach Fuss
und Fuss. Die Last, welche beide Träger zusammen tragen sollen,
sey = 80 ℔ = P + Q, so ist und
d. h. der schwächere Träger wird 32 ℔, der stärkere 48 ℔ tragen müssen.


§. 61.


Der oben (§. 55.) erwiesene Satz, dass sich die zwei Kräfte am Hebel im Zustande
des Gleichgewichtes zu einander verkehrt wie ihre Hebelsarme verhalten, findet nicht
bloss bei einem Hebel der ersten, sondern auch bei einem Hebel der zweiten Art statt.


Bei einem Hebel der ersten Art trägt offenbar der Unterstützungspunkt oder die Un-
terlage C die beiden Gewichte P + Q, indem sie von diesen beiden Gewichten gedrückt
wird. Die Unterlage erleidet daher einen eben so starken Druck, als wenn das Gewicht
P + Q in C angebracht wäre. Denken wir uns nun von C die Unterlage weggenommenFig.
14.

und statt derselben eine aufwärts ziehende Kraft mit der Grösse P + Q, so wird auch
itzt noch zwischen den drei Kräften P, Q und P + Q an diesem Hebel Gleichgewicht
vorhanden seyn. Da nun früher P : Q = C B : C A war, so folgt hieraus
P : P + Q : = C B : C B + C A = C B : A B, oder die Kraft P am Endpunkte des He-
bels in A verhält sich zur Kraft P + Q im Punkte C, wie die Entfernung der Kraft
P + Q vom dritten Punkte B zur Entfernung der Kraft P von demselben Punkte B. Wir
[80]Hebel.
können uns also diesen dritten Punkt B als den Unterstützungs- oder Ruhepunkt vor-
stellen und haben nun einen Hebel der zweiten Art.


§. 62.


Diesen Satz kann man sich ebenfalls leicht versinnlichen. Man stelle sich wieder ein
Fig.
16.
Tab.
1.
Prisma H G vor, welehes in seiner Mitte C unterstützt ist. Man theile diess z. B. in 8 gleiche
Theile, und es sey das Gewicht eines solchen Theiles = 1 ℔. Es werden demnach drei
solche Theile H B = 3 ℔ = P und die übrigen fünf Theile G B = 5 ℔ = Q wiegen.
Denkt man sich diese Gewichte 3 ℔ und 5 ℔ in ihren Schwerpunkten D und E befestigt,
so bleibt alles im Gleichgewichte und die Unterlage trägt in der Mitte C die ganze Last
des Hebels P + Q = 8 ℔ = R. Diese 8 ℔ binde man mit einem Faden an das Ende N
eines gleicharmigen Hebels M N und den Punkt C an M, so wird der Faden C M mit
einer gleichen Kraft R = P + Q = 8 ℔ in die Höhe gezogen. Es werden also nicht
nur die Gewichte P und Q um den Unterstützungspunkt C im Gleichgewichte seyn, son-
dern auch die Zugkraft R in C den beiden Gewichten P und Q das Gleichgewicht halten
und da sich in unserem Falle
und auf gleiche Art R : P oder 8 : 3 = H G : H B =
verhält, so folgt hieraus der allgemeine Satz, dass überhaupt drei an einem Hebel
angebrachte Kräfte P, Q und R (oder P + Q) einander das Gleichgewicht halten, wenn
sich je zwei derselben verhalten, wie umgekehrt ihre Entfernungen
von der dritten Kraft
.


§. 63.


Wir wollen nun die Bedingnisse des Gleichgewichtes untersuchen, wenn an einem
Fig.
17.
Hebel der ersten Art drei Kräfte P, Q und R angebracht sind, welche um einen gemein-
schaftlichen Unterstützungspunkt einander das Gleichgewicht halten sollen. Zur Beant-
wortung dieser Frage sey A O C ein mathematischer Hebel, der in O unterstützt ist; es
ziehen auf der einen Seite des Unterstützungspunktes O die zwei Kräfte Q und R herab
und diese sollen mit der dritten in A angebrachten Kraft P im Gleichgewichte seyn.


Man stelle sich die Kraft oder das Gewicht P in zwei Kräfte x und y zerlegt vor, d. h.
man denke sich, es seyen statt P die zwei Gewichte x und y in A aufgehängt und von diesen
Gewichten halte x das Gleichgewicht mit Q und y das Gleichgewicht mit R. Wir können
demnach den Satz §. 58. vom einfachen Hebel anwenden, und erhalten die Gleichungen:
x. A O = Q. B O
y. A O = R. C O folglich,

(x + y) A O = Q. B O + R. C O; da aber x + y = P ist, so haben wir auch
P. A O = Q. B O + R. C O, d. h. das statische Moment des einen Ge-
wichtes P muss der Summe der statischen Momente der beiden an
dern Gewichte Q und R gleich seyn
.


[81]Hebel.

§. 64.


Aus diesem Satze lässt sich sehr leicht eine Regel für die Bestimmung des Schwer-Fig.
17.
Tab.
1.

punktes der zwei Gewichte Q und R ableiten; wenn wir nämlich das Gewicht P = Q + R
setzen, so wird auch (Q + R) A O = Q . O B + R . O C seyn. Wenn wir sonach den
Hebelsarm A O von O nach M übertragen oder A O = O M machen, so ergibt sich von
selbst, dass, wenn wir in M ein Gewicht anhängen, welches der Summe der beiden Ge-
wichte Q und R gleich ist, auch (Q + R) O M = P . A O = Q . O B + R . O C seyn
werde. Demnach ist O M = . Da nun der Punkt M die Eigenschaft
hat, dass wir in demselben die zwei Gewichte Q und R zusammenlegen können, und da-
durch ein eben so grosses statisches Moment für die Umdrehung des Hebels um den Punkt
O erhalten, als wenn die Gewichte Q und R, jedes an seinem Orte, nämlich Q in B
und R in C den Hebel belasten, so folgt von selbst, dass eine im Punkte M angebrachte,
aufwärts wirkende Kraft, welche der Summe der beiden Gewichte Q + R gleich ist, den
Hebel in Ruhe zu bringen, oder ein eben so vollkommenes Gleichgewicht zwischen P, R
und Q herzustellen im Stande seyn werde, wie diess bei dem zuerst erklärten Hebel der
Fall war, wo der gemeinschaftliche Unterstützungspunkt C (Fig. 15.) die Summe der
beiden Gewichte P und Q zu tragen hatte.


Aus der Gleichung (Q + R) O M = Q . O B + R . O C folgt
Q . O M — Q . O B = R . O C — R . O M oder Q . B M = R . C M. Hieraus ist ersichtlich,
dass die Gewichte Q und R im Schwerpunkte M vereinigt, nicht nur ein eben so grosses
Moment um den Punkt O hervorbringen, als sie in B und C mit ihren Hebelsarmen O B
und O C gehabt haben, sondern auch, dass diese Gewichte zugleich unter sich um
ihren Schwerpunkt M im Gleichgewichte
stehen.


§. 65.


Mit Hülfe des im §. 63. erwiesenen Satzes können wir nun auch die Bedingnisse für
das Gleichgewicht bei einem schweren oder physischen Hebel angeben. Die
bisherigen Sätze beruhen nämlich auf der Voraussetzung, dass der Hebel selbst keine
Schwere besitze, oder wie eine mathematische Linie betrachtet werden könne.
Allein eine solche Linie bestehet nur in unserer Vorstellung, indem alle Hebel ein eigenes
Gewicht haben, welches demnach noch in Rechnung genommen werden muss. Hiezu
muss vorläufig nicht nur der Hebel gewogen, sondern auch der Ort seines Schwerpunktes
durch Versuche oder auf andere Art ausfindig gemacht werden. Da man sich nämlich das
ganze Gewicht des Hebels in seinem Schwerpunkte vereinigt denken kann, so wird das
Produkt aus dem Gewichte des Hebels in die Entfernung seines Schwerpunktes vom Um-
drehungspunkte sein statisches Moment geben, welches, wenn der Schwerpunkt sich auf
der Seite der Kraft befindet, zum Momente der Kraft, oder wenn er sich auf der Seite der
Last befindet, zum Momente der Last addirt werden muss.


Betrachten wir z. B. eine Brechstange, oder den sogenannten Geissfuss A C,Fig.
18.

der Schwerpunkt desselben sey in B, seine Entfernung vom Unterstützungspunkte
sey O B und das Gewicht desselben = G, so ist im Zustande des Gleichgewichtes
Q . A O = G. B O + P . C O. Es sey z. B. A O = 3 Zoll, B O = 6 Zoll, O C = 36
Gerstners Mechanik. Band I. 11
[82]Hebel.
Zoll, P = 50 ℔ und das Gewicht des Hebels G = 12 ℔; so ist, wenn man diese Wer-
Fig.
18.
Tab.
1.
the in die gefundene Gleichung substituirt, Q . 3 = 12. 6 + 50. 36, also Q = 624 ℔ d. h.
ein Mensch kann mit Anwendung einer Kraft von 50 ℔ am Ende dieser Brechstange eine
Last von 624 ℔ gewältigen. Die gefundene Gleichung Q . A O = G. B O + P . C O
zeigt, dass in unserem Falle das Moment des physischen Hebels dem Momente der Kraft
bei der Gewältigung der Last zu Hülfe komme, dass es demnach vortheilhaft sey, bei
der Hebung grosser Lasten schwere und starke Hebel zu gebrau-
chen
. Will man umgekehrt bei einem physischen Hebel die nöthige Kraft P finden,
wenn nämlich die Entfernung derselben vom Unterstützungspunkte, das Moment der Last
und jenes des schweren Hebels gegeben ist, so ergibt sich aus Q . A O = G. B O + P . C O
die Kraft P = .


Wäre in dieser Gleichung Q . A O = G. B O, so wäre P = 0, d. h. in diesem Falle
stände der Hebel durch sein eigenes Gewicht G schon im Gleichgewichte mit Q.


§. 66.


Fig.
19.

Wenn eine Kraft P mehr als zwei Kräften z. B. dreyen, wie Q, R und S das
Gleichgewicht halten soll, so zerlege man die Kraft P in drei Theile x, y und z, wo-
von der erste das Gleichgewicht mit Q, der zweite mit R und der dritte mit S halten
muss. Dem zufolge hat man folgende vier Gleichungen:

Auf ähnliche Art findet man, wenn z. B. von der einen Seite zwei, von der andern
Seite aber 3 Gewichte vorhanden sind, dass ein Gleichgewicht statt finden werde, wenn
Fig.
20.
P . A O + Q . B O = R . C O + S . D O + T . E O ist. Es geht daher überhaupt hieraus
hervor, dass: Wenn an einem Hebel mehr als zwei Kräfte wirken, so
halten sie einander das Gleichgewicht, wenn die Summe der Mo-
mente von der einen Seite gleich ist der Summe der Momente von
der andern Seite
.


§. 67.


Die Bestimmung des Schwerpunktes mehrerer Gewichte P, Q, R, S, T ergibt
Fig.
21.
sich aus der Eigenschaft, dass man sich im Schwerpunkte das gesammte Gewicht aller
einzelnen Körper vereinigt denken kann, dass demnach das Moment des Schwerpunktes
den gesammten Momenten der einzelnen Gewichte gleich seyn muss. Denken wir uns z. B.
das Gewicht P am Hebelbsarme O B, das Gewicht Q am Hebelsarme O C, das Gewicht
R am Hebelsarme O D ...... angebracht, und den Schwerpunkt aller dieser Gewichte in
M, so muss nach dem Begriffe des Schwerpunktes die Summe der Momente
P . O B + Q . O C + R . O D + S . O E + T . O F dem Momente (P + Q + R + S + T) O M
gleich seyn. Hieraus ergibt sich von selbst die Entfernung des Sehwerpunktes M von
der gemeinschaftlichen Achse O oder
[83]Hebel.
O M = d. h.
die Entfernung des Schwerpunktes von der gemeinschaftlichen Achse
wird gefunden, wenn die Summe der statischen Momente mit der
Summe der Gewichte derselben Körper dividirt wird
. Aus der Gleichung
P . O M + Q . O M + R . O M + S . O M + T . O M =
P . O B + Q . O C + R . O D + S . O E + T . O F

folgt durch zweckmässige Uibersetzung und Vereinigung der Glieder mit gleichen
Faktoren
P . O M — P . O B + Q . O M — Q . O C =
R . O D — R . O M + S . O E — S . O M + T . O F — T . O M oder
P . B M + Q . C M = R . D M + S . E M + T . F M

d. h. die statischen Momente der Gewichte um ihren Schwerpunkt
sind von beiden Seiten gleich
; so wie es dem Begriffe vom Schwerpunkte
gleichfalls gemäss ist.


§. 68.


Bisher haben wir die Bedingnisse des Gleichgewichtes nur für den Fall angegeben,Fig.
20.
Tab.
1.

wenn die schweren Körper P, Q, R ..... unmittelbar an den Endpunkten ihrer He-
belsarme in A, B, C ..... angebracht sind und sammt ihrem Unterstützungspunkte O
in einer und derselben geraden Linie liegen. Es ist demnach noch nöthig,
Körper, die nicht in einer geraden Linie liegen, zu betrachten und allgemeine Regeln
für ihr Gleichgewicht aufzustellen.


Zu dieser Absicht dient die vorläufige Bemerkung, dass die Regel, welche für das
Gleichgewicht der Körper in einer geraden Linie (§. 66.) angegeben worden, auch noch
in dem Falle statt finde, wenn die Gewichte P, Q, R mittelst Schnüren an die-Fig.
22.

selben Punkte der geraden Linie A O C befestigt werden. Da nämlich alle Punkte einer
Schnur von dem daran hängenden Gewichte überall gleich stark herab gezogen werden, so
ist es offenbar einerlei, ob diese Gewichte an dem untern Ende der Schnur oder oben an
den Punkten A, B, C des geraden Hebels A B C angebracht werden. Da diese Schnüre
aber auch zugleich die Richtung zeigen, nach welcher die Körper von der Schwerkraft
gezogen werden, so gibt uns dieser Umstand noch Anlass zu folgender Betrachtung:


Es befinde sich der Hebel in der schiefen Lage A C; man ziehe durch den Un-
terstützungspunkt O eine horizontale Linie und verlängere die Richtungslinien der
Zugkräfte, bis sie diese horizontale Linie schneiden, so werden die Linien O a, O b und
O c die horizontalen Entfernungen oder die Abstände des Unterstützungspunktes O von
den Richtungen der angebrachten Zugkräfte vorstellen. Die Aehnlichkeit der Dreiecke
B O b und C O c mit A O a gibt die Proportionen:
O A:O B = O a:O b, woraus und
O A:O C = O a:O c, woraus

Setzt man diese Werthe in die §. 63. gefundene allgemeine Gleichung P . OA=Q . OB+R . OC,Fig.
17.

11 *
[84]Hebel.
Fig.
22.
Tab.
1.
so ergibt sich , und wenn alle Glieder dieser Glei-
chung mit O a multiplicirt und mit O A dividirt werden, so erhalten wir:
P . O a = Q . O b + R . O c. Hieraus ist zu ersehen, dass nicht nur die Momente der Gewichte
in der geraden Linie A O C (Fig. 17.), sondern auch (Fig. 22.) die Produkte derselben Ge-
wichte in die horizontalen Abstände des Unterstützungspunktes O von den Richtungslinien
dieser Zugkräfte von beiden Seiten gleich sind. Auch folgt noch weiter, dass
wir durch den gemeinschaftlichen Unterstützungspunkt O noch unzählig viele andere Linien
Fig.
23.
unter- und oberhalb der horizontalen a O c ziehen können, und dass dieselbe Gleichheit der
Momente noch immer statt finden werde, nämlich:
P . A O = Q . O B + R . O C und
P . A' O = Q . O B' + R . O C'
u. s. w.


Alle diese Gleichungen beruhen jedoch nur auf der Aehnlichkeit der Dreiecke, wobei
vorausgesetzt wird, dass die Punkte A, B, C oder A', B', C', an welchen die Kräfte ange-
bracht sind, sich in einer und derselben geraden Linie befinden. Wenn wir
aber die Gewichte an und für sich selbst betrachten, so ist ersichtlich, dass z. B. das
Gewicht Q, dasselbe mag in B', B, b, b' ..... oder in was immer für einem Punkte der-
selben senkrechten Linie angebracht seyn, nur dieselbe Kraftäusserung auf die Umdre-
hung des Ganzen hervorbringen kann, welche von demselben Gewichte in b bewirkt wird.
Wenn man sich nämlich statt der Hebelsarme O C', O C ..... eine Fläche (ohne eige-
ne Schwere) denkt, welche um den Punkt O gedreht werden kann, und durch den Zu-
sammenhang ihrer Theile die Stelle der Schnur vertritt, so werden die Gewichte Q oder
R .... in jedem Punkte B oder B', C oder C' nur dieselbe Wirkung hervorbringen
können, welche sie in b oder c derselben Zugslinien äussern. Wir können also für die
Momente der Kräfte P, Q, R um den Punkt O nun die Produkte derselben in die Ab-
stände ihrer Richtungslinien von dem gemeinschaftlichen Unterstützungspunkte O anneh-
men, und erhalten auf solche Art die allgemeine Gleichung P . O a = Q . O b + R . O c …,
in welcher die Orte A, B, C, wo sich die Kräfte befinden, nicht mehr vorkommen und
wir erhalten dadurch den Vortheil, dass wir itzt die Momente von zwei oder mehr Ge-
wichten, die sich in verschiedenen, jedoch pararellen Zuglinien befinden, addiren kön-
Fig.
24.
nen. Es sey z. B. in Fig. 24. der Unterstützungspunkt O gegeben, an welchem mehrere
Kräfte oder Gewichte P, Q, R, S an verschiedenen Punkten A, B, C, D mittelst der
Hebelsarme A O, O B, O C, O D in Verbindung gesetzt sind. Man ziehe gegen ihre pa-
ralellen Zuglinien A a, B b, C c, D d die gemeinschaftliche wagrechte a O b c d, so wird
im Zustande des Gleichgewichtes dieser 4 Körper P . O a = Q . O b + R . O c + S . O d seyn
Fig.
25.
müssen, und auf gleiche Weise wird das Gleichgewicht mehrerer Körper, die sich in einer
Fläche befinden und Kräfte besitzen, die nach paralellen Richtungen wirken, durch die
Gleichheit der Momente oder der Produkte aus den Kräften in die winkelrechten Ab-
stände ihrer Zuglinien vom gemeinschaftlichen Unterstützungspunkte bedingt, nämlich
durch die Gleichung P . O a + Q . O b ...... = R . O c + S . O d .....


[85]Hebel.

§. 69.


Es seyen P, Q, R, S, T .... schwere Körper, die an einer aufrecht gestellten FlächeFig.
26.
Tab.
1.

so befestigt sind, dass sie bei der Umdrehung der Fläche um einen gemeinschaftlichen
Punkt O ihre wechselseitigen Entfernungen A B, A C, B C, B D ..... nicht ändern können.
Man ziehe in derselben Fläche die wagrechte oder horizontale Linie O e und aus den
Mittelpunkten dieser Körper die senkrechten Linien A a, B b, C c, D d, E e ...., so
wird die Summe der Momente dieser Körper um den Punkt O durch die Summe der Pro-
dukte P . O a + Q . O b + R . O c + S . O d + T . O e ..... vorgestellt. Der Schwerpunkt
dieser Körper sey in M, man ziehe durch denselben die senkrechte M m. Da man sich
die Summe aller Körper im Schwerpunkte vereinigt denken kann, so wird auch das Mo-
ment dieses Schwerpunktes der angeführten Summe der einzelnen Momente gleich seyn;
wir haben demnach
(P + Q + R + S + T ....) O m = P . O a + Q . O b + R . O c + S . O d + T . O e .....
und hieraus die Entfernung der Linie M m von O oder
Wenn in der Gleichung
(P + Q + R + S + T ....) O m = P . O a + Q . O b + R . O c + S . O d + T . O e ....
die Glieder mit gleichen Faktoren vereinigt, oder die Momente P . O a + Q . O b + R . O c ....
mit negativen Zeichen auf die linke Seite, und eben so die Glieder (S + T ....) O m auf
die rechte Seite der obigen Gleichung gesetzt werden, so erhalten wir:
P(O m — O a) + Q (O m — O b) + R (O m — O c) … = S (O d — O m) + T (O e — O m) …
oder P . m a + Q . m b + R . m c .... = S . m d + T . m e. … Wenn wir demnach durch den
Schwerpunkt M eine wagrechte oder auf die Richtung der Zugkräfte winkelrechte Linie
a' M e' ziehen, so ist wegen Gleichheit der Grössen m a = M a', m b = M b', m c = M c' ....
die Summe der Momente der Gewichte von der einen Seite des
Schwerpunktes, der Summe der Momente von der andern Seite
gleich
.


Wird die Fläche sammt den daran befestigten Körpern um den vierten Theil der
Peripherie des Kreises gedreht, so werden die Linien γ C, ε E, μ M, α A, δ D, β B .... die
paralellen Richtungen der Zugkräfte vorstellen, und wir erhalten aus dem gleichen Grun-
de, wie zuvor
(P + Q + R + S + T …) O μ = P . O α + Q . O β + R . O γ + S . O δ + T . O ε …,
folglich die senkrechte Entfernung des Schwerpunktes von dem Umdrehungspunkte O oder
Da sich nun der Schwerpunkt M im Durchschnittspunkte der Linien m M und μ M befin-
den muss, so ergibt sich, dass zur Bestimmung des Schwerpunktes mehrerer in einer ge-
meinschaftlichen Fläche befindlichen Körper nur nöthig sey, die Entfernungen des
Schwerpunktes von zwei auf einander winkelrecht gestellten Richtungslinien O m und O μ
zu bestimmen, dann durch m eine senkrechte und durch μ eine horizontale Linie zu zie-
hen, so gibt der Durchschnitt dieser beiden Linien den gesuchten Schwerpunkt für alle
in Rechnung genommenen Körper.


[86]Hebel.

Zur umständlichen Erklärung dieses Verfahrens ist zu bemerken, dass die Lage der
Punkte A, B, C .... in der gemeinschaftlichen Fläche vorläufig gegeben, folglich die Ent-
fernungen dieser Punkte von den zwei Richtungslinien O β und O e bekannt seyn müssen.
Es kann demnach keiner weitern Schwierigkeit unterliegen, die Produkte dieser Entfer-
nungen in die Gewichte derselben Körper durch die Summe derselben Gewichte zu divi-
diren, und auf solche Art die Entfernungen des Schwerpunktes von den beiden Rich-
tungslinien O β und O e zu finden.


§. 70.


Fig.
27.
Tab.
1.

Wenn mehrere Hebel zu dem Zwecke mit einander in Verbindung gesetzt werden, um
Lasten an ihren beiderseitigen Endpunkten bequemer als durch übermässig lange Hebel
in das nöthige Gleichgewicht zu bringen, so nennt man diese Vorrichtung einen zusam-
mengesetzten Hebel
. Hiebei finden dieselben Gesetze statt, die wir für den einfachen
Hebel aufgestellt haben. Ist z. B. Fig. 27. eine solche, aus mehrern einfachen Hebeln zu-
sammengesetzte Vorrichtung, so werden sich die Bedingnisse für das Gleichgewicht der
Kraft P mit der Last Q durch folgende Gleichungen ergeben.


Man kann sich zuerst in b an dem Hebel a c b eine Kraft x wirkend denken, die
mit der Last Q um den Unterstützungspunkt c im Gleichgewichte ist; in diesem Falle
ist Q . a c = x. b c (I). Wir nehmen ferner im Punkte f noch eine Kraft y an, welche
der Kraft x um den Unterstützungspunkt e das Gleichgewicht hält, so haben wir abermals
x. d e = y. e f. (II.). Endlich wird das Gleichgewicht der Kraft P mit der Last y durch
die Gleichung y. g m = P . m n (III.) bestimmt. Werden nun die Gleichungen I, II, III,
zusammen multiplicirt, so erhält man:
Q . a c . d e . g m = P . b c . e f . m n . (IV.)
d. h. es ist an einem zusammengesetzten Hebel die Kraft multiplicirt
mit den Hebelsarmen von Seite der Kraft gleich der Last multipli-
cirt mit den Hebelsarmen von Seite der Last
.


Wird die Gleichung IV in eine Proportion aufgelöst, so ist
Q:P = b c . e f . m n:a c . d e . g m


§. 71.


Fig.
28.

Wir haben bisher die Kräfte am Hebel im Zustande der Ruhe betrachtet, und wollen
nun annehmen, der einfache Hebel Fig. 28. befinde sich zu irgend einem Zwecke in Be-
wegung. Da die Stange E C D unbiegsam ist, so müssen auch die beiderseitigen
Drehungswinkel einander gleich, oder E C e = D C d seyn. Da nun wegen der Gleich-
heit der Arme D C = d C, E C = e C und der eingeschlossenen Winkel auch die Sek-
toren D C d und E C e einander ähnlich seyn müssen, so folgt hieraus die Proportion:
E e:D d = E C:D C, d. h. die Räume, welche die 2 Körper P und Q in
gleicher Zeit zurücklegen, sind ihren Hebelsarmen proportional
.
Nach dem ersten Satze vom Hebel §. 55. verhalten sich aber die Hebelsarme
E C:D C = P:Q, demnach ist auch P:Q = E e:D d; oder die an den beiden
Endpunkten des Hebels angebrachten Kräfte stehen im umgekehr-

[87]Hebel.
ten Verhältnisse sowohl der Hebelsarme, als auch der in gleicher
Zeit beschriebenen Räume
. Wenn z. B. der Hebelsarm der Kraft P (so wie im
ersten Beispiele §. 59.) oder C D = 40 Zoll und dagegen der Hebelsarm der Last Q oder
C E = 2 Zoll angenommen wird, sonach die Kraft P zur Last Q sich verhält, wie
2:40, so wird dagegen der Raum, welchen die Kraft zurücklegen muss, 40 Zoll betra-
gen, wenn die Last durch einen Raum von 2 Zoll bewegt wird. Man sieht hieraus, dass
man gerade so viel an Raum verliert, als man an der Kraft gewinnt
,
dass also der Hebel, so vortheilhaft er für die Kraft bei der Erhebung grosser Lasten zu
seyn scheint, doch für die zu Stand gebrachte Arbeit keinen eigentlichen Ge-
winn
gibt, sondern uns nur die Möglichkeit gewährt, Lasten zu heben, die wir
ohne denselben gar nicht zu gewältigen im Stande wären.


Auf dieselbe Weise lässt sich auch die Zeit berechnen, welche dazu erfordert wird,
um die Erde nur einen Zoll hoch mit dem Hebel des Archimedes (§. 59. zweites Beispiel)
zu bewegen. Wenn nämlich die Länge des Hebelsarmes der Last = 1 Zoll und die Höhe,
auf welche diese Last gehoben wird, auch 1 Zoll beträgt, so muss auch der Raum, wel-
chen die Kraft zurücklegen muss, eben so gross als der Hebelsarm der Kraft oder
191453589672213423 Meilen lang seyn. Nehmen wir nun an, dass der Mensch, welcher
sich mit seinem ganzen Gewichte von 150 ℔ auf das Ende des Hebels legt, täglich einen
Raum von 3 Meilen zurücklegen könne, so würde derselbe 63817863224071141 Tage oder
17727184228908 Jahre benöthigen, um die Erde nur einen Zoll hoch zu bewegen.


§. 72.


Der Satz §. 71, dass nämlich die an den Endpunkten eines Hebels angebrachten
Kräfte sich umgekehrt, wie ihre gleichzeitigen Räume verhalten, findet auch bei der Zu-
sammensetzung mehrerer Hebel statt. Es sey nämlich an dem Endpunkte A des HebelsFig.
29.

A C B die Last Q angebracht, und mit diesem ersten Hebel der zweite B E D und mit
diesem der dritte D F G in Verbindung gesetzt. Zur Erklärung dieses Gegenstandes denke
man sich an B eine Kraft y, welche der Last Q das Gleichgewicht hält, und eben so am
Endpunkte des zweiten Hebels D die Kraft x, so haben wir nach §. 70.
am ersten Hebel Q . A C = y. B C und eben so für die Kräfte y und x
am zweiten Hebel y. B E = x. D E und für die Kräfte x und P
am dritten Hebel x. D F = P . G F. Das Produkt dieser drei Gleichungen
gibt: Q . A C. B E. D F = P . B C. D E. G F und hieraus erhalten wir
Q:P = B C. D E. G F:A C. B E. D F (I.) wie bereits oben §. 70, gezeigt worden.


Aus der Aehnlichkeit der Dreiecke G F g und D F d folgt für die Räume
G g:D d = G F:D F
Aus der Aehnlichkeit der Dreiecke D E d und B E b folgt D d:B b = D E:B E und
aus der Aehnlichkeit der Dreiecke B C b und A C a folgt B b:A a = B C:A C
Das Produkt dieser drei Proportionen gibt
oder wenn das erste und zweite Glied dieser Proportion mit B b. D d dividirt wird,
G g:A a = B C. D E. G F:A C. B E. D F (II.)


[88]Hebel.

Da wir nun an die Stelle der Produkte der Hebelsarme nach I. das einfachere Verhält-
niss Q:P setzen können, so erhalten wir die allgemeine Proportion Q:P = G g:A a, d. h.
die an den Endpunkten der äussersten Hebel angebrachten Kräfte
Q und P sind ihren Räumen umgekehrt proportional. Aus der Gleichheit
der Produkte der äussern und innern Glieder dieser Proportion folgt noch:
Q . A a = P . G g. Die Produkte der Kräfte in ihre Räume pflegt man in der Mechanik
allgemein die mechanischen Momente zu nennen; wir sehen demnach, dass bei
jeder aus mehreren Hebeln zusammengesetzten Maschine nicht nur die statischen Mo-
mente
oder die Produkte der im Gleichgewicht befindlichen Kräfte in ihre Hebelsarme,
sondern auch die mechanischen Momente oder die Produkte der einander entgegen-
wirkenden und in gleichförmiger Bewegung befindlichen Kräfte in ihre zu gleicher Zeit
zurückgelegten Räume einander gleich sind.


Da in der letzten Proportion Q:P = G g:A a die mannigfaltigen Hebel, aus wel-
chen die Maschinen zusammengesetzt sind, gar nicht erscheinen, sondern nur die von den
beiden Kräften in gleichen Zeiten beschriebenen Räume, so wird von dieser Gleichung
vorzüglich bei der Bestimmung der Effekte, welche von gegebenen Kräften zu be-
wirken sind, ein sehr vortheilhafter Gebrauch gemacht; so wie im Gegentheil aus der
Gleichheit der statischen Momente die Verhältnisse der Hebelsarme bestimmt
werden, mittelst welcher die gegebenen Kräfte in den Stand gesetzt werden, nicht nur
die entgegenstehenden Widerstände zu gewältigen, sondern auch unter den zuträglichsten
Verhältnissen von Geschwindigkeit und Zeit ihr Kraftvermögen zu äussern, und auf solche
Art den gröstmöglichen Effekt hervorzubringen.


§. 73.


Ein jeder physische Körper hat einen Schwerpunkt, d. i. einen sol-
chen Punkt, in welchem man sich die ganze Masse des Körpers vereinigt denken kann,
und von welchem Punkte sonach auch die Hebelsarme zu bemessen sind, wenn
derselbe Körper mit andern ins Gleichgewicht gebracht oder auch in Bewegung gesetzt
werden soll.


Der Ort oder die Stelle, wo sich der Schwerpunkt im Körper befindet, wird bei regu-
lären Körpern durch Rechnung, bei den übrigen durch ein praktisches Verfahren bestimmt,
wovon sich beide auf die Eigenschaft gründen, dass um den Schwerpunkt alle Theile des
Körpers im Gleichgewichte stehen müssen. Wenn man daher einen schweren Körper an
einen Faden befestigt und ihn daran frei aufhängt, oder wie ein Bleiloth der Wirkung der
Schwere überlässt, so wird sich der Schwerpunkt in der Richtung dieser verlängerten Li-
nie befinden. Wird der Versuch noch an einem andern Punkte der Oberfläche wiederhohlt
und darauf gesehen, dass die zweite Durchschnittsfläche mit der ersten beinahe einen
rechten Winkel bilde, so wird der Durchschnitt der verlängerten Linien oder der an der
Oberfläche bezeichneten Durchschnittsflächen den Schwerpunkt des Körpers angeben.


Die Anwendung dieses Verfahrens, den Schwerpunkt fester Körper zu finden, gibt zu
erkennen, dass dieser Punkt auch ausser der festen Masse der Körper liegen könne,
wie diess bei einem Ringe oder bei einer hohlen Kugel der Fall ist.


[89]Schwerpunkt.

§. 74.


Mathematische Linien und Flächen haben zwar im eigentlichen Verstande
keinen Schwerpunkt, weil sie ihrer Natur nach kein Gewicht haben; wenn wir uns jedoch
statt einer Linie ein sehr dünnes Prisma, oder einen Cylinder von sehr kleinem Durchmes-
ser und gleichförmig dichter Materie denken, so wird diese Linie allerdings einen Schwer-
punkt und zwar in ihrer Mitte haben. Eben so wird eine Fläche einen Schwerpunkt
haben, wenn wir uns statt derselben eine Scheibe von unbedeutender Dicke und durchaus
gleichförmig dichter Materie denken.


Wir wollen annehmen, es sey zuerst der Schwerpunkt der Fläche des DreieckesFig.
30.
Tab.
1.

A B C Fig. 30. zu bestimmen. Man halbire eine Seite z. B. B C in a und ziehe A a, so
wird auch eine jede Linie, welche man innerhalb des Dreieckes paralell zu B C zieht,
von der Linie A a halbirt werden. Es enthält demnach die Gerade A a die Schwerpunkte
aller zu B C paralellen Streifen, in welche man die ganze Dreiecksfläche zerlegen könnte;
folglich muss auch der Schwerpunkt des ganzen Dreieckes A B C in der Linie A a liegen.
Aus demselben Grunde enthält die andere Gerade B b, welche die zweite Dreiecksseite
A C in zwei gleiche Theile theilt, ebenfalls den Schwerpunkt des Dreieckes A B C. Es
muss sich daher in dem Durchschnittspunkte S der zwei Linien A a und B b der Schwer-
punkt des ganzen Dreieckes A B C befinden.


Um die Entfernung dieses Schwerpunktes durch Rechnung zu finden, verbinde man
die Punkte a und b durch eine gerade Linie. Da sich nun die Seiten
C b:C A = C a:C B = 1:2 oder
C b:C a = C A:C B verhalten, so muss a b paralell zu A B seyn, demnach wird auch
das Dreieck b S a dem Dreiecke B S A ähnlich seyn und sich verhalten:
S a:S A = a b:A B = C a:C B = 1:2. Werden in dieser Proportion die ersten zwei
Glieder addirt, so ist auch S a:S A + S a = 1:2 + 1 oder S a:A a = 1:3,
woraus S a = ⅓ (S A + S a) oder S a = ⅓ A a folgt;
auf gleiche Weise ist S b = ⅓ B b.


Hieraus ergibt sich folgende einfache Construktion zur Bestimmung des
Schwerpunktes eines Dreieckes
. Man theile irgend eine von den drei Seiten des
Dreieckes in zwei gleiche Theile und ziehe von diesem Theilungspunkte zu der gegenüber-
liegenden Spitze des Dreieckes eine gerade Linie; wird diese nun in drei gleiche Theile
getheilt, so ist der, der getheilten Dreiecksseite zunächst liegende Theilungspunkt zu-
gleich der Schwerpunkt des ganzen Dreieckes.


§. 75.


Der Schwerpunkt eines Trapezes M N O P wird auf folgende Art gefunden: Es seyFig.
31.

N O = 1, M N = b und P O = B. Man ziehe aus M die Linie M Q paralell zu N O,
so wird das Trapez in ein Rechteck M N O Q und ein Dreieck M Q P abgetheilt. Der
Schwerpunkt des Rechteckes M N O Q befindet sich in der Mitte m desselben, er ist
nämlich von M N um m r = ½ und von N O um m s = entfernt; der Schwerpunkt
Gerstners Mechanik. Band I. 12
[90]Schwerpunkt.
(n) des Dreiecks M Q P ist von M N um M t = ⅔ 1 und von N O um
n u = b + ⅓ P Q = b + ⅓ (B — b) entfernt. Es wird also nach §. 69.
r m × Fläche M N O Q + M t × Fläche M P Q = o q × Fläche M N O Q P seyn, und
wenn hier alle Werthe substituirt werden, ist:
woraus folgt.


Auf gleiche Weise ist nach demselben §. 69.
m s × Fläche M N O Q + n u × Fläche M P Q = o p × Fläche M N O Q P, oder
wenn wieder die Werthe substituirt werden,
,
woraus folgt.


Setzt man in diesem Ausdrucke b = o, so verwandelt sich das Trapez in ein Drei-
eck
, dessen Spitze in N sich befindet, und wir erhalten x = ⅔ 1 und wie nach
§. 74 bekannt ist.


Ist B = b, so verwandelt sich das Trapez in ein Rechteck und wir erhalten
x = ½ und d. i. der Schwerpunkt liegt in der Mitte des Rechteckes, wie es eben-
falls bekannt ist.


§. 76.


Hat man nun den Schwerpunkt irgend einer von mehreren geraden
Linien eingeschlossenen Figur zu finden
, so zerlege man diese Figur durch
Diagonallinien in Dreiecke und suche von diesen einzelnen Dreiecken nach dem §. 74 be-
Fig.
32.
Tab.
1.
schriebenen Verfahren die Schwerpunkte. Sind z. B. S', S'', S''' die drei Schwerpunkte
der Dreiecke A B C, A C D, A D E, in welche man das Fünfeck A B C D E zerlegt hat,
und man verlangt nun die Entfernung des gemeinschaftlichen Schwerpunktes S von einer
angenommenen Linie F G, so fällt man von den Schwerpunkten der drei Dreiecke
S', S'', S''' und von dem gemeinschaftlichen Schwerpunkte S Perpendikeln auf diese Li-
nie F G. Es sey nun Ss = y, S' s' = y', S'' s'' = y'', S''' s''' = y'''; dann
F s = x, F s' = x', F s'' = x'', F s''' = x''' und die Flächeninhalte der Dreiecke
A B C = F', A C D = F'', A D E = F''', so findet man die Abstände F s und S s oder die
Coordinaten x und y für den Schwerpunkt des ganzen Fünfecks nach §. 69.
.
Trägt man nun F s = x auf die Abscissenlinie auf, errichtet in s eine Lothrechte, und
trägt auf derselben noch s S = y auf, so hat man den Schwerpunkt des Fünfecks. Auf
[91]Schwerpunkt.
gleiche Weise wird nun der Schwerpunkt einer jeden andern, von mehreren Seiten um-
schlossenen Fläche gefunden. *)


§. 77.


Nach dieser Bestimmung des Schwerpunktes von einem Dreiecke, einem Trapeze und
andern mit geraden Linien begränzten Flächen wollen wir nun zur Bestimmung des
Schwerpunktes einer dreiseitigen Pyramide übergehen. Es sey die Grundfläche
12 *
[92]Schwerpunkt.
Fig.
33.
Tab.
1.
dieser Pyramide A B C, ihr Scheitel in O. Man suche zuerst den Schwerpunkt der Grund-
fläche A B C. Dieser wird gefunden, wenn man die Linie A B in zwei gleiche Theile
theilt, den Theilungspunkt a mit C verbindet, dann die Linie a C in drei gleiche Theile
theilt, wornach sich der Schwerpunkt auf dem ersten Drittheile der Linie a C nämlich in
f ergibt. Auf gleiche Art bestimmt man den Schwerpunkt des Dreiecks A O B, indem
man von dem Theilungspunkte a der Linie A B die Linie a O zieht, welche in drei Thei-
le getheilt, den Schwerpunkt in d gibt.



[93]Schwerpunkt.

Wenn man nun den Schwerpunkt f der Grundfläche A B C mit dem Scheitel der Py-
ramide O verbindet, so ist offenbar, dass der Schwerpunkt des ganzen Körpers in der
Linie f O liegen muss, weil man sich die Pyramide O A B C aus sehr vielen, zur Grund-
fläche A B C paralellen Scheiben zusammengesetzt denken kann, welche insgesammt den
Schwerpunkt in O f haben. Wenn man auf gleiche Art den Schwerpunkt d der Seiten-
fläche O A B mit C verbindet und sich die Pyramide aus sehr vielen zu dieser Fläche
A O B paralellen Scheiben zusammengesetzt denkt, so wird der Schwerpunkt der ganzen
Pyramide abermals in der Linie d C liegen. Hieraus folgt, dass sich der Schwerpunkt
der ganzen Pyramide
in dem Durchschnitte e der beiden Linien O f und d C befin-
den müsse. Weil aber diese beiden Linien O f und d C sich in dem Dreiecke a C O befin-
den, so haben wir nur nöthig, den Schwerpunkt dieses Dreiecks a C O zu suchen, in-
dem derselbe zugleich der Schwerpunkt der ganzen Pyramide seyn wird. Zu dieser Ab-
sicht verbinde man die Punkte d und f, so wird die Linie d f zu O C paralell seyn, weil
sich a f:a C = 1:3 und ebenfalls a d:a O = 1:3 verhält; demnach werden die Drei-
ecke d e f und O e C einander ähnlich seyn, und es wird sich f e:d f = e O:O C verhal-
ten. Nun ist aber d f:O C = a f:a C = 1:3 oder d f = ⅓ O C; es muss daher auch
f e = ⅓. e O = ⅓(f O — e f) seyn; hieraus ergibt sich f e = ¼ f O.


Zieht man nun aus O die Linie O g perpendikulär auf die Grundfläche A C B und
verbindet f mit g, zieht man dann die Linie e i paralell zu f g, so wird sich auch
g i:g O = f e:f O = 1:4 verhalten; demnach wird die Höhe des Schwerpunk-
tes oberhalb der Grundfläche dem vierten Theile von der senkrech-
ten Höhe der Pyramide gleich seyn
.


§. 78.


Der vorstehende Satz dient auch zur Bestimmung des Schwerpunktes einer
jeden vielseitigen Pyramide
.


Man fälle nämlich aus dem Scheitel O dieser Pyramide ein Perpendikel O g auf die
Grundfläche A B C D E F G und verbinde den Punkt g, wo das Perpendikel hinfällt, mitFig.
34.
Tab.
1.

allen Eckpunkten A, B, C, D, E, F, G der Grundfläche der Pyramide. Hiedurch
wird die Pyramide in eben so viele dreiseitige Pyramiden A g B O, B g C O, C g D O ......
getheilt, als die Peripherie der Grundfläche Seiten A B, B C, C D ...... hat, und eine
jede dieser Pyramiden wird ihren Schwerpunkt auf dem vierten Theile der Höhe des zu-
erst herabgelassenen Perpendikels g O haben. Es wird sich daher auch der Schwerpunkt
der ganzen Pyramide auf der Höhe g i = ¼. g O befinden. Verbindet man nun den
Schwerpunkt der Grundfläche f mit dem Scheitel O durch die Linie f O, so
wird die paralelle i e den Schwerpunkt der ganzen Pyramide in e angeben.


Dasselbe Verfahren wird angewendet, wenn das von dem Scheitel herabgefällte Per-Fig.
35.

pendikel ausser der Grundfläche nach m fällt. Man verbindet nämlich ebenfalls den
Schwerpunkt n mit dem Scheitel O, theilt das Perpendikel O m in vier gleiche Theile,
zieht aus dem ersten Theilungspunkte p die Linie p q paralell zur Grundfläche m n, so
wird der Schwerpunkt der schiefen Pyramide in q und ebenfalls m p = ¼ m O seyn.


[94]Schwerpunkt.

Da ein Kegel als eine Pyramide von unendlich vielen Seiten angesehen werden
kann, so findet man nach derselben Methode auch den Schwerpunkt eines Kegels.


§. 79.


Wenn mehrere Körper mit einander in einer festen Verbindung
sind
, so lässt sich der gemeinschaftliche Schwerpunkt aller dieser Körper auf dieselbe
Art, wie §. 69. finden; nur ist hier zu bemerken, dass, so wie zur Bestimmung der Stel-
lung aller dieser Körper drei Flächen angenommen werden müssen und die Entfernung
eines jeden Körpers von diesen drei Flächen gegeben seyn muss, auf dieselbe Art auch
die Entfernung des gemeinschaftlichen Schwerpunktes dieser Körper von jeder dieser drei
Flächen bestimmt wird. Man multiplicirt nämlich das Gewicht eines jeden Körpers mit
seiner Entfernung von der Fläche, und dividirt das Produkt mit der Summe der Ge-
wichte aller Körper, der Quozient gibt nun den Abstand des gemeinschaftlichen Schwer-
punktes von der ersten Fläche; eben so erhält man den Abstand des gemeinschaftlichen
Schwerpunktes von der zweiten und auf gleiche Art von der dritten Fläche.


§. 80.


Der Schwerpunkt eines abgestutzten Kegels T wird nach §. 78. gefunden. Es
Fig.
36.
Tab.
1.
sey nämlich das Gewicht eines Cub. Fusses = g, c C = a, C O = H, A C = R, D c = r, so
muss das Gewicht des abgestutzten Kegels (k. g) multiplicirt mit der unbekannten Entfer-
nung seines Schwerpunktes (x = C T) + dem Gewichte des fehlenden Kegels (k'. g) multi-
plicirt mit der Entfernung seines Schwerpunktes = seyn dem Gewichte des gan-
zen Kegels (K. g) multiplicirt abermals mit der Entfernung seines Schwerpunktes oder
.


In diesem Ausdrucke lassen sich die Werthe für die Grössen h, H, k, k' und K be-
rechnen, und zwar verhält sich
R — r:a = r:h woraus ; ferner ist R — r:a = R:H und ;
der Kubikinhalt des ganzen Kegels ist
der Kubikinhalt des fehlenden Kegelstückes
der Kubikinhalt des abgestutzten Kegels k = K — k'.

Wir erhalten daher, wenn alle diese Werthe substituirt werden:
.
Dividirt man alle Glieder dieser Gleichung durch , so ist:
oder
,

welches die gesuchte Höhe des Schwerpunktes ist.


[95]Schubkarrenfracht.

Setzt man in diesem Ausdrucke den obern Halbmesser r = o, so ist die Höhe des
Schwerpunktes , dieselbe, welche wir §. 77. und 78. bei der Pyramide und bei dem
Kegel fanden.


§. 81.


Wenn Waaren von Krämern über Land zum Verkaufe verführt werden, so bedienenFig.
39.
Tab.
1.

sich dieselben des bekannten Schubkarrens oder Schiebbockes.


Es sey der Schwerpunkt der Ladung in D; man ziehe durch D die Senkrechte D B
(in welcher auch der Schwerpunkt des Schubkarrens angenommen wird) und verbinde die
Achse des Rädchens C mit dem Angriffe A, so kann offenbar dieser Schubkarren als ein
Hebel der zweiten Art betrachtet werden, wobei der Unterstützungspunkt sich in der
Achse des Rädchens C befindet, und die Entfernungen C D = r und C A = R die
Hebelsarme der Last und Kraft sind.


Die Last besteht aus dem Gewichte des Karrens B und aus dem Gewichte der La-
dung Q. Nun verhält sich, nach §. 61. bei einem Hebel der zweiten Art die Kraft
in A oder K:Q + B = r:R oder d. h. die Kraft in A hat den
Theil der Last = (Q + B) und dagegen die Achse in C den übrigen Theil
zu tragen. Beide Theile machen zusammen
= Q + B aus, wie es sich von selbst versteht.


Da der zweite Theil dieser Last, den die Achse zu tragen hat, mittelst des Räd-
chens von der Strasse übernommen und durch das Verhältniss des Rades zur Achse
vermindert wird, so wollen wir diesen Theil des Widerstandes, von dem wir erst in
der Folge handeln werden, hier noch unberücksichtigt lassen.


Wir haben also die Kraft , woraus
— B folgt (I).


Wenn nun gefragt wird, wie der Karrenführer seine Arbeit einzurichten habe, um
seine Ladung am leichtesten von einem Orte zum andern fortzuschaffen, so ergibt sich
diess aus folgender Berechnung:


Der Weg, den der Arbeiter mit der Last Q in einem Tage zurücklegt, ist
S = 3600. z. v (II).


Um die Führungskosten (a) für einen Zentner auf die Meile zu finden, schliesst
man: für die Führung der Last Q auf die Entfernung S zahlt man den Taglohn p,
welcher Lohn (a) entfällt für die Führung von einem Zentner (100 ℔) auf eine Meile
(24000 Fuss) Entfernung? oder
Q × S:p = 100 × 24000:a,
woraus (III).

[96]Schubkarrenfracht.
Die Substitution der Werthe aus den Gleichungen (I) und (II) in (III) gibt:
oder (IV)
Dieser Lohn wird am geringsten, wenn das veränderliche Produkt
ein Maximum wird.


Diese ganze Rechnung zeigt, dass wir hier genau den Fall, wie §. 41. haben, nur
kömmt in unsern Formeln statt k vor. Setzen wir daher , so muss
ein Maximum werden. Diess ist nach §. 41. der Fall,
wenn man für eine annäherungsweise Rechnung oder genauer
nach pag. setzt.


Nach Substitution der Werthe aus der Gleichung (V) in die Gleichungen (I),
(II), (III) ergibt sich:
die Ladung, welche der Arbeiter zu nehmen hat
der Raum, welchen er täglich zurücklegt
und die Frachtkosten eines Zentners auf die Meile .
Beispiel. Es frägt sich um die Frachtkosten eines Zentners auf die Meile, wenn von
einem Bothen, Krämer ....., der im Stande ist, in einem Tage 30 ℔ auf eine
Entfernung von 4 Meilen zu tragen, Lasten auf eine grosse (unbestimmte) Entfer-
nung mittelst des Schubkarrens, dessen Gewicht 25 ℔ ist, geführt werden sollen.


Es sey die Entfernung vom Angriffspunkte bis zum Rädchen R = 5 Fuss und die Ent-
fernung vom Schwerpunkte der Last bis zum Rädchen r = 1 Fuss, so ist = 5 und
, folglich
die Geschwindigkeit, womit der Mann zu fahren hat Fuss,
die tägliche Arbeitszeit
der tägliche Raum Meilen;
die Ladung ;
der Lohn für den Zentner und die Meile .

Würde sich der Arbeiter nach der genauern Rechnung benehmen, so wäre
, folglich
[97]Schubkarrenfracht.
die Ladung ;
der tägliche Raum Meilen; und

der Lohn für den Zentn. und die Meile .


Daraus ist abermals ersichtlich, dass man sich in solchen Fällen mit der leichtern
Berechnungsart §. 41 begnügen könne, dass jedoch der Arbeiter, wenn er sich nach der
genauern Rechnung benimmt, 2 Prozent in einem Tage mehr verdienen könne.


§. 82.


Sind theilbare Lasten auf eine kleine Entfernung zu führen, so bedient
man sich gewöhnlich der Scheibtruhen oder Schuttkarren. Diess ist der Fall, wennFig.
40.
Tab.
1.

Baumaterialien z. B. Steine, Sand, Erde ..... zu Gebäuden geführt werden sollen,
oder wenn Erde aus Abgrabungen in Dämme verführt wird, u. dgl. Bei den in Böhmen
üblichen Schuttkarren beträgt die Entfernung vom Angriffspunkte bis zur Achse des Räd-
chens R = 4′ 6″, die Entfernung von der Mitte des Kastens bis zur Achse des Rädchens
r = 1′ 6″ und ein solcher Karren wiegt 30 bis 34 ℔. Dieser Karren wird gewöhnlich
mit 2 bis 3 Kubikfuss Erde oder Schotter gefüllt.


Es frägt sich nun abermals, wie solche Arbeiten einzurichten sind? Die-
se Aufgabe kommt offenbar mit jener §. 46 überein, weil hier ebenfalls leere Rückfahrten
statt finden, indem der Karrenführer, wenn er die Erde oder den Schotter an Ort und
Stelle gebracht hat, mit dem leeren Gefässe zurückkehrt, um eine neue Ladung zu
holen.


Vermög der frühern Aufgabe (§. 81) ist die Last, die der Arbeiter in den Karren zu
nehmen hat
.
Die Zeit einer Hinfahrt mit der Last ;
die Zeit einer Rückfahrt ohne Last , folglich die Zeit, in welcher die Last einmal
auf die Entfernung E geführt wird .


Dividirt man die Arbeitszeit des ganzen Tages 3600. z durch die Zeit, in welcher die
Last einmal auf die Entfernung E geführt wird, so erhält man die Anzahl Fuhren in ei-
nem Tage und den Effekt .
Dieser Ausdruck kommt auch pag. 60 vor, und er wird am grössten, wenn
und wird, daher der grösste Effekt .


Gerstner’s Mechanik. Band I. 13
[98]Schubkarrenfracht.
  • Beispiel. Es sollen 20 Kubikklafter Erde auf eine Entfernung von 50 Klaftern von
    Menschen, welche im Stande sind, täglich 30 ℔ auf 4 Meilen Entfernung zu tragen,
    mittelst Schuttkarren, deren Gewicht B = 30 ℔ ist, geführt werden.

Nehmen wir das Gewicht von einem Kubikfuss Erde zu 100 ℔ und das Verhältniss der
Hebelsarme bei dem Schuttkarren an, so findet man für einen beiläufigen Kosten-
anschlag den Effekt eines Arbeiters nach der Formel
Zentner; d. h. so viel kann
der Arbeiter in einem Tage an Ort und Stelle führen.


Da das Gesammtgewicht der zu verführenden Erde 20. 216 = 4320 Zentner beträgt,
und für die Verführung von 128 Zentnern ein Taglohn (p) zu entrichten kommt, so
sind die Frachtkosten für die auf die Entfernung von 50 Klaftern zu führende Erde
p. Es würden demnach 6 Arbeiter im Stande seyn, diese 20 Ku-
bikklafter in 5⅝ Arbeitstagen auf die Entfernung von 50 Klaftern zu bringen.


Wäre der Taglohn p = 15 kr., so betragen die Frachtkosten 8 fl. 26¼ kr., und gegen
diesen Betrag könnte die Arbeit in Akkord gegeben werden.


Benimmt sich hingegen der Arbeiter nach einer genauern Rechnung, wozu die pag. 67
aufgestellte Tabelle benützt werden kann, (wo aber für diesen Fall das dort angezeig-
te ist) so könnte er in einem Tage die Last
Zentner, daher in einem Tage 13 Zentner
mehr an Ort und Stelle bringen, folglich 10 Prozent mehr verdienen.


Die Anzahl Fuhren, die der Arbeiter täglich zu machen hätte, wäre nun
, und die Ladung, die er jedesmal in den
Schuttkarren zu nehmen hat = 1,1283. k' = 1,1283. 30. 3 = 101,5 ℔.


§. 83.


Fig.
1.
Tab.
3.

Unter einem Rade an der Welle versteht man einen Cylinder oder eine Welle
B E, die mit einem Rade A D so verbunden ist, dass sich beide um die gemeinschaft-
liche Achse C herumdrehen. An dem Rade A D wirkt gewöhnlich die Kraft P und
an der Welle B E die Last Q, welche mit einem um selbe herumgeschlungenen Seile
in die Höhe gezogen wird. Die Achsen (Zapfen) sind von Eisen, im Mittelpunkte
der Welle befestiget, und nur so stark, als nöthig ist, um die angehängte Last mit Si-
cherheit tragen zu können. Die eisernen Unterlagen, auf welchen sich die Achsen dre-
hen, werden gewöhnlich Zapfenlager genannt.


Die Räder an der Welle zerfallen in zwei Arten: hat nämlich die Welle eine ho-
rizontale
Lage, so heisst die Maschine ein Haspel; ist sie aber senkrecht
aufgestellt, so heisst sie eine Winde.


[99]Rad an der Welle.

§. 84.


Die Haspeln erhalten nach der Art, wie die Kraft dabei als wirkend angebracht
ist, verschiedene Benennungen, und zwar:


  • 1tens. Hornhaspel, wenn der Zapfen der Welle verlängert und zweimal gebo-
    Fig.
    1.
    Tab.
    2.

    gen ist, so dass der zweite Arm B, an welchem die Kraft wirkt, mit der Achse
    paralell läuft. Dem zweimal gebogenen Zapfen wird der Name Krummzapfen,
    Kurbel
    beigelegt.
  • 2tens. Kreuzhaspel, wenn durch die Welle zwei Stäbe kreuzweis durchge-
    Fig.
    2.

    steckt werden, so dass sie vier unter rechten Winkeln zusammengesetzte Hebels-
    arme bilden. Der erste wird bei Bergwerken, Ziehbrunnen u. dgl. angewendet; der
    zweite dient zum Aufziehen grösserer Lasten, wo die Kurbelarme, deren Grösse durch
    den menschlichen Arm nur auf 12 bis 15 Zoll beschränkt ist, zu klein seyn würden.
  • 3tens. Spillenrad, Spindelrad, Radhaspel wird jene Art von Haspeln
    Fig.
    3.

    genannt, die ein vertikales Rad hat, in dessen Kranz kurze Stäbe oder Spil-
    len befestigt sind, die so weit auseinander stehen, dass ein Mensch bei der Um-
    drehung des Rades bequem von einer Spille zur andern greifen kann. Das Spil-
    lenrad wird dann angewendet, wenn bei dem Kreuzhaspel die Arme für die Kraft
    zu gross seyn müssten, so dass die Arbeiter nicht mehr im Stande seyn würden,
    von einem Arme zum andern zu reichen.

Die Spillen stehen auf der Peripherie des Rades in der Richtung der Halbmesser,
wie Fig. 3., wenn aber die Räder grösser sind und mehr als zwei Arbeiter erfordert
werden, so pflegt man sie durch den Radkranz wagrecht durchzustecken und so weit
zu verlängern als nöthig ist, um eine bestimmte Anzahl Arbeiter dabei verwenden zu
können.


§. 85.


Die Winde, welche man zuweilen auch stehenden Haspel nennt, wird haupt-Fig.
4.

sächlich zum Aufziehen grösserer Lasten, als Bauhölzer, grosser Werkstücke u. dgl.
verwendet, und zu diesem Zwecke auch oft mit einem sogenannten Flaschenzuge ver-
bunden.


Der Schiffswinde bedient man sich zu allen Arbeiten, die auf Schiffen vor-
kommen, z. B. zum Lichten der Anker, Anziehen der Schiffe ans Land u. dgl.; hiezu
werden gegenwärtig auch Kraniche oder eine Zusammensetzung mehrerer Räder an
der Welle gebraucht, von welchen später gehandelt werden wird.


Die Erdwinde wird zum Fortschaffen grosser Lasten auf der Erde angewen-Fig.
5.

det. Sie wird nämlich an dem Orte, wohin die Last zu bringen ist, an eingeschla-
gene Pfähle befestigt, und die Last mittelst eines Seiles herangezogen. Ist die Last auf
grössere Entfernungen fortzuschaffen, so wird die Entfernung in mehrere Stationen
eingetheilt, und auf jeder Station das obige Verfahren wiederholt. Man pflegt zu
dieser Absicht die Erdwinde auf Räder oder Rollen zu stellen, um sie leichter von ei-
nem Orte zum andern fortbringen zu können. Diese Maschine wird überhaupt nur in
dem Falle gebraucht, wenn sehr grosse Lasten, welche man nicht auf Wägen aufladen
kann, fortzuschaffen sind. Man unterlegt sodann der Last Balken, welche statt eines Wa-
13 *
[100]Rad an der Welle.
gengestelles dienen, womit auch die Fahrbahn belegt wird, um die Last über die Uneben-
heiten des Bodens leichter fortzubringen. Statt der Wagenräder werden massive Walzen
angewendet, und die zu beiden Seiten der Fahrbahn aufgestellten Erdwinden, wer-
den noch durch Flaschenzüge verstärkt, so wie es bei der Fortschaffung des Felsens,
auf welchen das Monument Peter des Grossen zu St. Petersburg gestellt wurde, ge-
schehen ist.


Bei Bergwerken, wo die Tiefe sowohl als auch die Last, die in einem Tage heraus-
gebracht werden muss, sehr gross ist, pflegt man zur Betreibung der Winde die Kraft der
Pferde anzuwenden, und in diesem Falle wird sie Göpel oder Treibmaschine ge-
nannt. Wir werden diesem Gegenstande später eine eigene Abhandlung widmen.


§. 86.


Bei allen angeführten Maschinen wird die Last mittelst eines um die Welle ge-
Fig.
1.
Tab.
3.
schlungenen Seiles angezogen oder in Bewegung gesetzt, und da dieses Seil in allen
Punkten seiner Länge gleichstark gespannt ist, so ist der Ort, wo die Last ihre Wirkung
gegen die Maschine äussert, eigentlich der Punkt B, wo nämlich das Seil den Umkreis
der Welle berührt. Die Richtung der Last kommt offenbar mit der Richtung des Seiles
überein, nnd da diese mit dem Halbmesser der Welle einen rechten Winkel bildet, so
können wir uns unter der Last eine Kraft vorstellen, die in dem Punkte B an dem He-
belsarme B C rechtwinkelig angebracht ist. Hiebei ist zugleich ersichtlich, dass unter
dem Hebelsarme der Last B C eigentlich die Summe der Halbmesser der Welle und des
Seiles verstanden werden müsse, und dass der letztere nur in dem Falle ausser Acht ge-
lassen werden dürfe, wenn der Durchmesser der Welle so gross und dagegen der Durch-
messer des Seiles so klein ist, dass der letztere als unbedeutend vernachlässigt werden
kann. Auf gleiche Art muss auch die in D angebrachte Kraft ihre Wirkung nach der
Richtung der Peripherie, folglich winkelrecht auf den Halbmesser C D äussern, wir kön-
nen uns demnach auch den Halbmesser des Rades D C als einen Hebelsarm vorstellen, an
welchem die Kraft winkelrecht wirkt, und da die Achse C für beide den unveränderlichen
Stützpunkt abgibt, so gab der Umstand, dass alle Halbmesser eines jeden Kreises einan-
der gleich sind, den Anlass, das Rad an der Welle als einen Hebel ohne Ende zu be-
trachten, mittelst welchen die Last von der an einer und derselben Stelle verharren-
den Kraft auf eine willkührliche Höhe gehoben werden kann; ein Vortheil, welcher dem
einfachen Hebel nicht zukommt. Daraus ist nun ersichtlich, dass sich in allen Punkten
die Kraft zur Last verhält, wie der Hebelsarm B C zu D C, oder wie
der
(um den Halbmesser des Seils vermehrte) Halbmesser der Welle zum
Halbmesser des Rades
.


§. 87.


Wir kommen nun zur Erklärung der Regeln, welche bei dem Gebrauche aller dieser
Maschinen und zur Bewirkung ihres grösstmöglichen Effektes zu beobachten sind. Zur
nöthigen Deutlichkeit wollen wir sogleich einen besondern Fall annehmen, hiebei aber
auch die Abweichungen für die übrigen Fälle erklären. Es seyen mittelst eines
Hornhaspels Baumaterialien auf das Baugerüst eines Gebäudes, oder

[101]Rad an der Welle.
Erze aus einem Bergschachte auf die sogenannte Hängebank zu he-
ben
; die Höhe, auf welche diese Baumaterialien oder Erze gehoben werden sollen, wol-
len wir allgemein mit H bezeichnen; es frägt sich nun, wie viel bei jedem Aufzu-
ge in die Tonne geladen
, mit welcher Geschwindigkeit und durch wie viel
Arbeitsstunden täglich gearbeitet werden soll, dann welches Verhältniss der
Hebelsarme
hiebei nothwendig oder zur Vermehrung des Effektes am zuträglichsten,
und wie gross endlich das tägliche Arbeitsprodukt oder die Anzahl Zent-
ner
sey, welche von einer gegebenene Anzahl Arbeiter auf die gegebene Höhe H gehoben
werden kann.


An dem Hornhaspel hat die Kraft bei jeder Umdrehung einen Kreis zu beschreiben,Fig.
2.
Tab.
3.

welcher den Arm der Kurbel A C = R zum Halbmesser hat. In derselben Zeit wird die
Last auf eine Höhe gehoben, welche demjenigen Theile des Seiles gleich ist, der bei ei-
ner Umdrehung auf die Welle aufgewunden wird, und daher die Summe der Halbmesser
der Welle und des Seiles zum Halbmesser hat.


Da hiebei die Last immer nur an einem und demselben Punkte D oder Hebelsarme
C D = r angebracht ist, sonach ihre Erhebung einen gleichförmigen Widerstand entge-
gen setzt, so folgt, dass auch die Kraft an allen Punkten der Peripherie des Rades A, E,
F, G .... einen gleichen Druck und zwar nach der Richtung der Peripherie oder winkel-
recht auf die Hebelsarme C A, C E, C F, C G ..... äussern müsse *). Wir haben demnach für
die Kraft K an der Peripherie des Rades und für die Last Q an der Peripherie der Welle
nach §. 86. die Gleichung K . R = Q . r. Setzen wir die Anzahl der Haspelzieher, wel-
che zu gleicher Zeit den Bau- oder Berghaspel in Bewegung setzen = N, so ist
.


Die aufzuziehenden Baumaterialien und Erze werden gewöhnlich in Tonnen gela-
den und am untern Ende des Seiles oder mittelst der sogenannten Quenzelkette befestigt.
Setzen wir die Last, welche in die Tonne geladen wird = Q, das Gewicht der Tonne
= B und das Gewicht des Seiles = S, so würde für die ganze Last die Summe Q + B + S
anzunehmen seyn; da jedoch dieser Fall die Folgen nach sich ziehen würde, dass die leere
Tonne nach ihrem Ausladen, wie auch das Seil wieder herabgelassen werden müsste,
so pflegt man zur Verhüthung des hieraus entstehenden Zeit- und Kraftverlustes gewöhn-
lich zwei Tonnen anzuwenden, so, dass während des Ausladens der obern Tonne, die
untere wieder eingeladen und auf solche Art die Kraft fortwährend ohne Unterbrechung
nützlich beschäftigt wird. Die Ungleichheiten, welche bei sehr tiefen Bergschachten aus
dem Gewichte des Seiles noch übrig bleiben, werden wir erst später bei dem Pferdegö-
pel
besonders in Rechnung nehmen, und hier wegen der Unbedeutenheit der Gewichte der
[102]Rad an der Welle.
Seile und der Höhe eines Baugerüstes ausser Acht lassen. Wir haben demnach die La-
dung .


Da hier angenommen wird, dass die Kraft K an dem Hebelsarme A C = R in einer
Sekunde den Raum v zurücklegt, so wird in derselben Zeit die Last Q an dem Hebels-
arme r einen Raum v' beschreiben, welcher sich zu dem Raume der Kraft (v) verhält,
wie r zu R oder v' : v = r : R, hieraus folgt . Wir finden demnach die
Zeit eines Aufzuges aus folgender Proportion: Der Raum v' oder wird in einer Se-
kunde zurückgelegt, folglich die Höhe H in der Zeit eines Aufzuges .


Wird nun die Anzahl Sekunden (3600. z), welche in einem Tage zur wirklichen
Arbeit verwendet wird, mit der Zeit eines Aufzuges dividirt, so ist die Anzahl
der täglichen Aufzüge .


Bei jedem Aufzuge wird die Last Q auf die Höhe H gebracht, es wird also in ei-
nem Tage die Last n . Q aufgezogen. Setzen wir nun statt n und Q die oben gefundenen
Werthe, so ist der Effekt .


Diese Tagesarbeit wird, so wie wir bereits bei dem Tragen der Lasten §. 35 gezeigt
haben, am grössten, wenn und auch gemacht wird; folglich ist die
Wirkung der Maschine am grössten, wenn sie von den Arbeitern mit
der mittlern Geschwindigkeit c und durch die mittlere Arbeitszeit
t betrieben wird
. Der grösste Effekt oder die Last, welche in einem Tage auf die
Höhe H gehoben wird, ist daher ;
die Last, welche einmal in die Tonne geladen wird ; die Geschwindig-
keit der Haspelzieher bei der Arbeit v = c; die Anzahl ihrer täglichen Arbeitsstunden
z = t; die Zeit eines Aufzuges , endlich die Anzahl der Aufzüge in einem
Tage .


§. 88.


In der Gleichung für den Effekt N . k ist 3600 . t. c offenbar der
Raum, den die Kraft in einem Tage zurücklegen kann, also für einen mittelmässigen Ar-
beiter, dessen Geschwindigkeit c = 2½ Fuss ist, 3 deutsche Meilen oder 12000 Klafter,
[103]Rad an der Welle.
und für einen stärkern Arbeiter, dessen mittlere Geschwindigkeit Fuss ist, 4 Mei-
len oder 16000 Klafter. Wird nun diese Entfernung mit der Höhe H, auf welche die Last
zu heben ist, dividirt, und der Quozient mit der mittlern Kraft (k) multiplicirt, so ergibt
sich der Effekt oder die gesammte Last, die in einem Tage von einem Arbeiter auf die
Höhe H gebracht wird. Es versteht sich hiebei von selbst, dass diese Last für zwei Ar-
beiter verdoppelt und überhaupt für N Arbeiter N mal genommen werden müsse.


  • Beispiel. Es sey die Höhe, auf welche Baumaterialien zu heben sind, H = 8 Klaf-
    ter, und wir wollen annehmen, dass die Arbeiter, welche bei der Maschine verwen-
    det werden, das Vermögen haben, 25 ℔ täglich auf die Entfernung von 3 Meilen oder
    12000 Klafter zu tragen.

Für diesen Fall gibt die Gleichung
oder 375 Zentner für einen Arbeiter. Wenn aber 2 Arbeiter verwendet werden, so ist
ihr tägliches Arbeitsprodukt 2 mal 375 Zentner, oder sie sind im Stande, auf die gegebene
Höhe von 8 Klaftern täglich 750 Zentner zu heben. Wäre die Höhe H = 15 Klafter, so
würden dieselben zwei Menschen nur die Last Zentner, und für
den Fall, wenn z. B. die Tiefe eines Bergschachtes 25 Klafter beträgt, täglich bloss die Last
Zentner zu heben im Stande seyn


§. 89.


Wenn wir in der Gleichung für das tägliche Arbeitsprodukt
zu beiden Seiten mit H multipliciren, so erhalten wir n . Q × H = 3600 . t . c × N . k.
Hieraus ist zu ersehen, dass bei allen solchen Arbeiten das Bewegungsmoment, welches
sich ergibt, wenn das täglich aufgezogene Quantum n . Q mit der Höhe H multiplicirt
wird, genau so gross ist, als dasjenige Bewegungsmoment, welches dieselben Arbeiter
beim Tragen der Lasten auf horizontalem Wege besitzen, folglich mittelst der
Maschine genau dasselbe thun, was sie ohne Maschine zu leisten
vermögen
.


Hiebei fällt es zwar Jedermann auf, wie es komme, dass die Maschine zur Vermeh-
rung der täglichen Arbeit gar nichts beitrage, da doch bekannt ist, dass die Hebelsarme
auf die Grösse der zu hebenden Last von dem grössten Einflusse sind.


Dieser Einwurf verschwindet aber bei der Betrachtung, dass die Kraft z. B. durch
einen dreimal grösseren Hebelsarm zwar in Stand gesetzt wird, eine dreimal grössere
Last zu heben; da jedoch in demselben Falle die Kraft einen dreimal grösseren Raum
zurückzulegen hat, folglich hiezu dreimal mehr Zeit verwenden muss, so wird die An-
zahl der Aufzüge in jedem Tage dreimal kleiner werden, demnach bei der Multiplika-
tion der grössern Last in die eben sovielmal kleinere Anzahl Aufzüge dasselbe Produkt
zum Vorschein kommen müssen.


Dagegen gewährt aber die Maschine den wesentlichen Vortheil, dass man
durch eine angemessene Bestimmung der Verhältnisse ihrer Bestandtheile eine jede Kraft
[104]Rad an der Welle.
in den Stand setzen kann, sehr grosse oder solche Lasten in Bewegung zu setzen, und an
Ort und Stelle zu bringen, die sie ohne Hilfe der Maschine ganz und gar nicht zu bewe-
gen im Stande wäre. Werkstücke oder grosse Quadersteine, Glocken, Obelisken oder
andere Denkmale der ältern oder neuern Zeit, die nicht zerschlagen und stückweise
an Ort und Stelle geschafft werden dürfen, und auch an ihrem Umfange nicht den
Raum gewähren, so viele Menschen daran anzustellen, als zum Tragen einer so grossen
Last nöthig wären, lassen sich mittelst Maschinen von der gegebenen Anzahl Arbeiter
gewältigen und auf jede Höhe hinaufbringen. In allen diesen Fällen wird nämlich das
Verhältniss der Hebelsarme durch die Gleichung bestimmt.


§. 90.


Es kann jedoch hiebei der Fall vorkommen, dass dieses Verhältniss für die Aus-
Fig.
3.
Tab.
3.
führung zu gross wird. In diesem Falle wird eine Verbindung von mehreren Rä-
dern
angewendet. Es sey zu dieser Absicht die Last Q an dem Halbmesser der Welle
E M angebracht, statt der Spillen befinden sich an der Peripherie des Rades Zähne. In
diese greifen die an einer zweiten Welle DD' angebrachten sogenannten Triebstöcke
p, p, p . . . . ein, welche durch die am Punkte A des zweiten Rades CO' angebrachte
Kraft P in Bewegung gesetzt werden. Es seyen die Halbmesser
E M = a, D M = A, C D = b und A C = B. Man denke sich an dem Punkte D eine
Kraft (y) angebracht, welche die Last Q mittelst des ersten Rades zu heben im Stande
seyn würde, so haben wir nach §. 86. Q . a = y . A und eben so für das zweite Rad
y . b = P . B. Die Multiplikation dieser beiden Gleichungen gibt: Q . a . b = P . A . B.


Setzen wir statt P die mittlere Kraft N . k, so folgt . Es sey z. B.
Q = 50 Zentner und N . k wie zuvor = 50 ℔, so ist . Nehmen wir
nun für und , so ist für den Fall, wo a = 6 Zoll und b = 4 Zoll ge-
setzt wird, B = 40 Zoll = 3 Fuss 4 Zoll und A = 60 Zoll = 5 Fuss. Bei diesen Hebels-
armen verhält sich die Kraft N . k zur Last Q wie a . b zu A . B oder
50 ℔ : 5000 ℔ = 4″ . 6″ : 40″ . 60″ = 1 : 100; es wird also die Kraft von 50 ℔ die 100mal
grössere Last von 50 Zentnern zu heben im Stande seyn. Die Zeit eines Aufzuges ist in
diesem Falle ; setzen wir also die Höhe H = 8 Klafter = 48 Fuss, so ist die
Zeit eines Aufzuges oder 32Min. Mithin können in 8 Ar-
beitsstunden Aufzüge geschehen, und die in dieser Zeit hinaufgeschaffte
Last beträgt 15 × 50 Zentner = 750 Zentner, also eben soviel, wie in der letzten Aufgabe
von zwei Arbeitern bewirkt wurde.


§. 91.


Ein anderer wesentlicher Vortheil der Maschine besteht noch darin, dass die dabei
angestellten Arbeitsleute während ihrer Arbeit an einem und demselben Orte verbleiben,
[105]Rad an der Welle.
folglich von Seite ihres Körpers kein Hinderniss zu gewältigen haben, welches sehr
gross seyn würde, wenn sie dieselbe Last über eine schiefe Fläche oder über
ein Baugerüst
hinauf zu tragen hätten, wovon später bei der schiefen Fläche um-
ständlicher gehandelt werden wird.


§. 92.


Bei den bisherigen Rechnungen ist das Aufziehen allein, ohne Rücksicht
auf andere Nebenumstände
in Betrachtung gezogen worden. Hiebei ist aber
noch zu bemerken, dass vor jedem Aufzuge die Last Q unten in die Tonne eingeladen
und nach vollendetem Aufzuge oben aus der Tonne ausgestürzt und weggeführt werden
müsse. Da die Haspelzieher auf dem Gerüste verbleiben, so ergibt sich von selbst, dass
das Einladen und Herbeiführen der Baumaterialien von andern Arbeitern zu geschehen habe.
Eben so kann das Ausstürzen und Wegführen der aufgezogenen Last von denselben oder
auch von andern Arbeitern besorgt werden. Im ersten Falle, wenn die Haspelzieher zu-
gleich die heraufgebrachte Ladung wegführen oder den übrigen Arbeitern auf dem
Baugerüste zuführen, ergibt sich von selbst, dass hierüber ein eigener Anschlag ge-
macht werden und sonach die hierauf verwendete Zeit dem Aufziehen entgehen müsse.
Wenn jedoch der Zweck dieser Arbeiten dahin gerichtet ist, dass eine möglichst grosse
Last von den am Haspel angestellten Arbeitern auf das Baugerüst gebracht, oder aus
einem Bergwerke zu Tag gefördert werde, so können diese Umstände nicht berücksich-
tigt und nur der Fall betrachtet werden, wenn die Haspelzieher das Aufziehen allein zu
besorgen haben.


Hiebei ist nun zu bemerken, dass den Arbeitern nach jedem Aufzuge eine Zeit zur Er-
holung gegönnt werden müsse, und wir haben in dieser Hinsicht bereits §. 19 angeführt,
dass von den Arbeitern zwar gefordert wird, täglich 12 Stunden in der Arbeit zu verbleiben,
dass jedoch von diesen 12 Stunden nur 8 Stunden auf die wirkliche Arbeit, sonach
4 Stunden für die dazwischen vorkommenden Stillstände anzuschlagen sind; es wird
demnach die Ruhezeit nach jedem Aufzuge die Hälfte der Zeit des Aufzuges oder der
wirklichen Arbeit betragen.


Es kann sich jedoch der Fall ergeben, dass diejenigen, welche die Baumaterialien
zuzuführen und in die Tonne einzuladen haben, mit dieser Arbeit in der für die Haspel-
zieher bemessenen Ruhezeit nicht fertig werden. Auch kann der entgegengesetzte Fall
eintreten, dass man von den Haspelziehern eine möglichst ununterbrochene Arbeit fordert,
wie dieses bei den Bergwerken der Fall ist, wo die Arbeiter erst nach vollbrachten 8
Arbeitsstunden ihrer Ruhe pflegen, jedoch nach jedem Aufzuge durch die kurze Zeit,
welche zum Anschlagen und Ausstürzen der Tonne erfordert wird, unbeschäftigt bleiben
und auf solche Art nebst den bis zu 12 Stunden noch übrigen 4 Tagesstunden auch noch
diese kurzen Stillstandszeiten ohne Beschäftigung sind. Weil aber jedem Bauherren dar-
an liegt, die aufgenommenen Arbeiter ohne übermässige Anstrengung dennoch voll-
kommen zu beschäftigen
; so ist es nöthig, die Ladung Q in die Tonne grösser
als das vorhin berechnete N . k . zu nehmen, um dadurch den Verlust, der durch
die längere Ruhezeit dem Effekte entgeht, soviel als möglich zu
ersetzen
.


Gerstners Mechanik. Band I. 14
[106]Rad an der Welle.

Zu dieser Absicht sey im ersten Falle die nach jedem Aufzuge nöthige Stillstands-
oder Ruhezeit = ϱ gegeben. Es wird nun am zweckmässigsten seyn, diese Ruhezeit
der halben Zeit des Aufzuges oder zu setzen, aus dieser Gleichung das Ver-
hältniss der Hebelsarme zu bestimmen, und dadurch die Bedingnisse der bis-
herigen Auflösung, dass nämlich die Ruhezeit der halben Zeit des Aufzuges gleich seyn
solle, zu erfüllen.


Beispiel. Es sey die nöthige Stillstandszeit ϱ = 2Min. = 120Sec., die Höhe, auf
welche die Last gebracht werden soll H = 8 Klafter = 48 Fuss und die mittlere Ge-
schwindigkeit der Arbeiter c = 2,5 Fuss, so wird die Zeit eines Aufzuges
= 2 × 120 = 240Sec. seyn müssen; hieraus folgt . Wenn also
r = 4 Zoll ist, so wird R = 50 Zoll = 4 Fuss 2 Zoll seyn müssen; folglich wird die
Last, welche für zwei Arbeiter in die Tonne zu laden ist,
betragen. Da die Zeit eines Aufzuges = 2 × 2 = 4Min. ist, so werden in 8 Arbeitsstun-
den Aufzüge geschehen, und daher die aufgebrachte Last 625mal 120 oder
75000 ℔ oder 750 Zentner seyn, so wie es §. 90. für dieselben 2 Arbeiter gefunden wurde.


§. 93.


Wäre aber nebst der Ruhezeit ϱ auch noch das Verhältniss gegeben, so würde
man auf die im §. 87. gegebenen Gleichungen zurückgehen müssen; dort war nämlich die
jedesmalige Ladung (I), die Zeit eines Aufzuges (II),
die Anzahl der täglich zu machenden Aufzüge (III), und endlich das
ganze in einem Tage gehobene Quantum (IV).
Den grösstmöglichen Effekt haben wir erhalten, indem wir sowohl als auch
ein jedes für sich zum Maximum machten. Dieses konnte geschehen, weil
in den bisherigen Aufgaben keine Bedingniss enthalten war, wodurch auf eine Abhän-
gigkeit dieser beiden Verhältnisse
und von einander hätte geschlossen wer-
den können. Wenn aber die Zeit der Ruhe ϱ nach jedem Aufzuge gegeben ist, so lässt
sich die Anzahl der Aufzüge auch aus der Zeit des ganzen Arbeitstages berechnen, und da
diese mit der oben (in III) gefundenen übereinstimmen muss, so folgt hieraus noch eine
Gleichung, wodurch die Verhältnisse und von einander abhängig werden.


Wenn wir nämlich zur Zeit eines Aufzuges noch die Zeit der Ruhe hinzusetzen,
so ist die ganze auf einen Aufzug verwendete Zeit , und da in jedem Tage die
Zeit der Arbeit sammt Ruhe 12 Stunden = 3/2 t ist, so haben wir zur Berechnung der An-
[107]Rad an der Welle.
zahl der Aufzüge in jedem Tage noch die Proportion: In der Zeit eines Aufzuges
und der hiezu kommenden Ruhezeit (ϱ) wird die Last einmal aufgezogen, also
wird in der Zeit eines ganzen Tages (12h = 3600 . 3/2 . tSec.) die Anzahl der Aufzüge n be-
tragen, oder + ϱ : 1 = 3600 . 3/2 . t : n. Hieraus ist die Anzahl der täglichen Aufzüge
(V), und da diese der oben (in III) angeführten Anzahl Aufzüge gleich
seyn muss, so erhalten wir die Gleichung ; demnach ist:
(VI). Setzen wir nun die Zeit eines Aufzuges,
so wie sie für die mittlere Geschwindigkeit ausfällt, , so ist auch
, welche Gleichung die Abhängigkeit der Verhältnisse und ersichtlich
macht. Weil wir aber anstatt v die Grösse c — (c — v) setzen können, so ist auch
.
In dieser Gleichung kann die Grösse gegen die Grössen um so mehr
weggelassen werden, weil aus allen bisherigen Aufgaben hinlänglich erhellet, dass die
Geschwindigkeit v von der mittlern nicht viel verschieden seyn darf, folglich ein
möglichst kleiner Bruch werden muss. In dieser Hinsicht wollen wir dieses Glied einst-
weilen aus der Rechnung weglassen, demnach setzen.


Nach den Bedingnissen unserer Aufgabe ist die Ruhezeit ϱ grösser als die halbe Zeit
eines Aufzuges , wir wollen demnach setzen.
Dadurch wird und ; da-
her ist .


Diese Werthe in die allgemeine Gleichung für den Effekt gesetzt, geben:
.
Da hier ausser dem Produkte alle Grössen gegeben sind, so ist für den
14 *
[108]Rad an der Welle.
grössten Effekt nur noch zu einem Maximum zu machen, welches geschieht,
wenn ist, wodurch also auch die obige Bedenklichkeit wegen Weglassung der Grösse
von selbst entfällt.


Aus den Bestimmungen und ergeben sich nun folgende Wer-
the: für die Ladung Q = N . k , für die Zeit eines Aufzuges ,
für die Anzahl der Aufzüge in einem Tage , und endlich
für den Effekt .


Aus diesen Gleichungen ersehen wir, dass für den Fall, wenn die Stillstandszeit nach
jedem Aufzuge grösser ist als die halbe Zeit eines Aufzuges, die Ladung in der Tonne
um N . k vermehrt, dagegen aber die Anzahl der Aufzüge um die Grösse
vermindert werden müsse.


Beispiel. Es sey wie im vorigen Beispiele die Höhe H = 48 Fuss, , die Zeit
des Stillstandes nach jedem Aufzuge 4mal so gross als die halbe Aufzugszeit oder 2mal so
gross als die Zeit eines Aufzuges, oder , folglich μ = 3. Mit diesen
Werthen erhalten wir die jedesmalige Ladung für zwei Arbeiter oder für N = 2
statt
der vorigen 625 ℔;
die Zeit eines Aufzuges , wie zuvor; die Anzahl der Aufzü-
ge statt
der vorigen 120; endlich den Effekt n . Q = 60 × 937,5 ℔ = 56250 ℔.


Daraus sehen wir, dass in die Tonne zwar um die Hälfte mehr, oder 625 ·3/2 ℔ gela-
den, dagegen aber um die Hälfte weniger oder nur ½ · 120 Aufzüge gemacht, im Ganzen
also nur ¾ · 625 . 120 ℔ auf die Höhe H gebracht werden könne.


§. 94.


Die bisherige Rechnung beruht auf der Voraussetzung, dass in der Gleichung
die Geschwindigkeit v = c gesetzt oder das Verhältniss der Arbeitsstun-
[109]Rad an der Welle.
den nach der mittlern Geschwindigkeit berechnet werden könne. Obwohl dagegen nicht
viel einzuwenden seyn dürfte, weil die Geschwindigkeit in jedem Falle von der mittlern c
nicht viel abweichen darf, so können wir doch zur grössern Genauigkeit auch noch die-
sen Umstand in Rechnung nehmen. Wir haben bereits gefunden, dass das Verhältniss
der Arbeitszeit durch die Gleichung zu bestimmen sey. Zur Abkür-
zung wollen wir , sonach und so wie Anfangs
die jedesmalige Last Q = N . k ,
die Zeit eines Aufzuges ,
die Anzahl der Aufzüge
und den Effekt setzen.


In dieser letzten Gleichung muss noch der Werth von substituirt und mittelst
der Differentialrechnung derjenige Werth von bestimmt werden, bei welchem das Produkt
n . Q ein Maximum wird *).


[110]Rad an der Welle.

§. 95.


Um die weitläufigen Rechnungen, welche in jedem besondern Falle nöthig seyn
würden, zu ersparen, haben wir die beiliegende Tabelle berechnen lassen, worin in
der ersten Columne die Verhältnisse der Ruhezeit nach jedem Aufzuge zur halben
Zeit eines Aufzuges für die öfter vorkommenden Fälle angeführt sind. In
der 2ten Columne ist das Verhältniss der Geschwindigkeiten durch Auf-
lösung der unten angeführten, mittelst der Differentialrechnung gefundenen Gleichung
berechnet worden. Man hat die Rechnung bis auf 4 Decimalstellen richtig zu stellen
gesucht, um bei dem Gebrauche dieser Tabelle noch von der dritten Decimalstelle,
oder in gewöhnlichen Fällen noch von den Pfunden versichert zu seyn. Die 3te Co-
lumne oder das Verhältniss der Arbeitsstunden ist nach der Gleichung
berechnet worden. Für die künftigen Columnen sind die
Berechnungsformeln in der obern Reihe angeführt, und in denselben nur die in der
2ten und 3ten Columne gefundenen Werthe für und substituirt worden.



[111]Rad an der Welle.

Tabelle
über die vortheilhaftesten Verhältnisse bei dem Aufziehen der La-
sten mittelst des Rades an der Welle mit Rücksicht auf eine, nach
jedem Aufzuge gegebene Stillstandszeit
.


Um den Gebrauch dieser Tabelle zu zeigen, wollen wir die letzte Aufgabe hier
nochmals in Rechnung nehmen. Es sey nämlich wie dort die Höhe, auf welche die
Last zu heben ist, H = 48 Fuss; das Verhältniss der Hebelsarme der Maschine wie zuvor
[112]Rad an der Welle.
, die mittlere Geschwindigkeit der Arbeiter c = 2,5 Fuss, die Zeit eines Aufzuges bei
der mittlern Geschwindigkeit, = 240Sec. = 4Min., die Ruhezeit nach jedem Auf-
zuge ϱ = 8Min., folglich .


Wenn man nun für den Werth p = 4 in der Tabelle die in derselben horizonta-
len Linie stehenden Zahlen nimmt, so erhält man für die vortheilhafteste Geschwindigkeit
, demnach v = 2,5 . 0,7822 = 1,9555 Fuss; die Zeit eines Aufzuges
= 5 Min. 7 Sec.; die Zahl der Arbeitsstunden oder z = 0,5849 t = 4h 40Min. 45Sec.,
die Anzahl der Aufzüge oder 55; die jedesmalige Ladung
Q = N . k . . 1,7233 = 1077 ℔; den Effekt n . Q = 0,7884 . . N . k = 59130 ℔,
oder 591 Zentner 30 ℔.


Wenn man nun die Resultate der geführten Rechnungen zusammenstellt, so haben wir
für den ersten oder günstigsten Fall, wenn nämlich die Zeit des Stillstandes der Maschine
nur halb so gross ist, als die Zeit eines Aufzuges, die Ladung Q=625 ℔, die Anzahl
der täglichen Aufzüge n = 120, und den Effekt n . Q = 750 Zentner. — Wenn aber die
Stillstandszeit 8Min. oder viermal so viel als die Ruhezeit für die mittlere Geschwindigkeit
= 2 beträgt, so gibt uns die pag.108. angeführte Näherungsmethode Q=937 ½ ℔, die Anzahl
der Aufzüge n = 60, und den Effekt n . Q = 56250 ℔; dagegen gibt aber für denselben
Fall die letzte oder genaue Rechnung Q = 1077 ℔, die Anzahl der Aufzüge n = 55, und
den Effekt n . Q = 59130 ℔.


Aus der Vergleichung dieser Zahlen sehen wir nicht nur die bedeutenden Unter-
schiede, welche unter solchen Umständen statt finden, sondern auch überhaupt, dass
nach Verschiedenheit der Umstände die Arbeiter ohne übermässige Anstrengung nicht
dasselbe Quantum aufzubringen im Stande sind. Verständige Bauaufseher werden aber
aus diesen Rechnungen die hinlänglichen Behelfe zur Verfassung genauer Voranschläge
finden, um dann entweder die Arbeiten bei der Ausführung zweckmässig zu leiten, oder
auch an die Bauleute hiernach in Akkord geben zu können. —


§. 96.


Unter einer Rolle versteht man eine kreisrunde an ihrer Peripherie ausgehöhlte
Fig.
4.
Tab.
3.
Scheibe von geringer Dicke, welche sich um einen in ihrer Mitte befindlichen Zapfen
dreht. Man umgibt die Achse der Scheibe mit einer Schere (so wie bei der Wage),
welche zu beiden Seiten herabgeht und die Achse trägt. An dem Ende dieser Schere
ist ein Hacken D angebracht.


Fig.
4.
Wird dieser Hacken oberhalb an einem Balken oder Gewölbe befestigt, und hie-
mit der Achse eine feste Unterlage gegeben, so dass die Scheibe sich nur um dieselbe
drehen kann, so heisst diess eine feste Rolle.


Wird aber an den Hacken D die Last angehängt und das eine Ende des Seiles in
E befestigt, an dem andern Ende des Seiles aber die Kraft P angebracht, und von
[113]Rolle.
derselben die Scheibe sammt der Last in die Höhe gezogen, so nennt man diess eineFig.
5.
Tab.
3.

bewegliche Rolle.


§. 97.


An einer festen Rolle ist im Zustande des Gleichgewichtes dieFig.
6.

Kraft der Last gleich, oder P = Q.


Da die feste Rolle ein Hebel der ersten Art ist, so lasse man aus dem Mittel-
punkte perpendikuläre Linien auf die Richtungen der zwei Kräfte, und man erhält
nach §. 55. P : Q = C B : A C. Da nun die Halbmesser der Scheibe gleich sind oder
C B = A C, so ist auch P = Q, d. h. bei der festen Scheibe ist die Kraft immer so
gross als die Last.


Dieser Fall findet auch statt, wenn die Kraft P nach der horizontalen Rich-Fig.
7.

tung Fig. 7. oder nach was immer für einer andern Richtung an der Peripherie der
Scheibe zieht.


§. 98.


Obgleich bei einer festen Rolle keine Verschiedenheit der Hebel statt findet,
und man daher nicht wie bei einem Rade an der Welle mit einer kleinen Kraft
eine grosse Last nach Verhältniss der Hebelsarme zu gewältigen im Stande ist, so ge-
währt uns dennoch der Gebrauch dieser Rolle folgende Vortheile:


  • Erstens. Da eine feste Rolle so wie ein Rad an der Welle als ein Hebel der
    ersten Art und zwar als ein Hebel ohne Ende betrachtet werden kann, so ver-
    mag man auch mit derselben Lasten auf jede beliebige Höhe zu heben, was man
    mit einem einfachen Hebel nicht zu thun im Stande ist.
  • Zweitens. Man wendet die feste Rolle vorzüglich dazu an, die Richtung einer
    Kraft, so wie es die Umstände erfordern, zu verändern, ohne eine Verminderung
    der Kraft dadurch zu erleiden. So wird z. B. bei einem Göpel durch eine feste
    Rolle der senkrechte Zug in einen horizontalen verwandelt, und hiedurch den
    Pferden das Vermögen verschafft, eine Last aus einem Brunnen oder Schachte
    Fig.
    7.

    senkrecht in die Höhe zu ziehen.

§. 99.


Bei einer beweglichen Rolle verhält sich die Kraft zur Last, wie
der Halbmesser der Scheibe zu der Sehne des Bogens, welchen das
Seil umspannt
.


Es sey E der feste Punkt, an welchem das Seil, welches den Bogen A N B derFig.
8.

Scheibe umgibt, angehängt ist; an dem andern Ende des Seiles wirke aber die Kraft P,
welche der senkrecht herabhängenden Last Q das Gleichgewicht hält. Wie nun die
Kraft P das Seil anzieht, geht die Scheibe mit der Last hinauf, und dreht sich hiebei
um den Punkt A herum. Man kann daher diesen Berührungspunkt A im Zustande des
Gleichgewichtes als den Unterstützungspunkt und die bewegliche Rolle als einen He-
bel der zweiten Art betrachten. Lässt man auf die vertikale Richtung C Q der Last
die winkelrechte Linie A O, und auf die verlängerte Richtung der Kraft P die win-
kelrechte A D herab, so ist nach dem Grundsatze vom Hebel der zweiten Art (§. 61.)
Gerstner’s Mechanik. Band I. 15
[114]Rolle.
im Zustande des Gleichgewichtes P : Q = A O : A D. Wenn man nun C mit B verbin-
det, so steht C B senkrecht auf der Tangente B D, also ist C B paralell zu A D, mithin
sind die beiden Dreiecke A B D und C O B einander ähnlich; demnach ist
O B : A D = C B : A B. Da nun A O = O B ist, so ergibt sich P : Q = C B : A B.


§. 100.


Bezeichnen wir den Halbmesser der Scheibe mit r und die Sehne des vom Seile um-
spannten Bogens mit s, so hat man P : Q = r : s. Hieraus lassen sich die Verhältnisse
der Kraft zur Last für folgende besondere Fälle ableiten:


  • Erstens. Wenn r = s, so ist auch P = Q, d. h. wenn das Seil einen Bogen von
    60° umspannt, so ist die Kraft der Last gleich.
  • Fig.
    5.
    Tab.
    3.
    Zweitens. Umgibt aber das Seil die halbe Peripherie, oder umspannt es die halbe
    Scheibe, so ist die Sehne s = 2 r, und daher P : Q = r : 2 r = 1 : 2, woraus
    , d. h. wenn die vom Seile umspannte Sehne in den Durchmesser übergeht,
    oder wenn die Richtungen der zwei Seile paralell sind, so ist die Kraft der halben
    Last gleich. Diese Verminderung der Kraft ist aber auch die grösste, weil es keine
    grössere Sehne als den Durchmesser gibt. Wollte man nämlich das Seil um mehr als
    um die halbe Peripherie der Rolle winden, so werden die Hebelsarme A b, B b wieder
    kleiner als der Halbmesser. Es ist daher bei einer beweglichen Rolle nicht so wie
    bei der festen Rolle gleichgültig, in welchen Richtungen die angebrachten Kräfte
    wirken. Gewöhnlich ist die Einrichtung von der Art, dass beide Seile paralelle
    Richtungen zu einander haben, dass also die erforderliche Kraft, um die Last Q zu
    heben, dem halben Gewichte dieser Last gleich ist.

§. 101.


Der Fall, wenn die Richtungen der Seile paralell sind, lässt sich auch aus folgen-
den zwei Betrachtungen ableiten:


  • Fig.
    5.
    a. Da sowohl die Kraft als auch die Last das Seil nach paralellen Richtungen span-
    nen, oder senkrecht herabziehen, so stellt die bewegliche Rolle einen Hebel der
    zweiten Art vor, dessen Umdrehungspunkt in A ist; es ist daher
    P : Q = B C : A B = 1 : 2.
  • b. Die Last hängt hier an zwei Seilen, die offenbar gleich stark gespannt werden;
    so stark daher die Kraft in die Höhe zieht, so viel hat auch der Nagel E zu tragen,
    denn es ist kein Grund da, wesshalb eines von diesen zwei Seilen stärker gespannt
    seyn sollte als das andere. Demnach ist Q = P + P und , d. h. die Kraft,
    welche man anzuwenden hat, ist nur halb so gross als die Last.

§. 102.


Fig.
10.
Wenn zwei oder mehrere Rollen in einem Gehäuse oder Kloben sich befinden, so
heisst man eine solche Zusammensetzung eine Flasche. Werden aber zwei Flaschen
mittelst eines Seiles dergestalt verbunden, dass dieses Seil abwechselnd von einer festen
auf eine bewegliche Rolle geht, so nennt man diess einen Flaschenzug. Die obere
[115]Flaschenzug.
Flasche wird gewöhnlich an einem festen Balken angebunden, an die untere aber die Last,
welche gehoben werden soll, angehängt.


§. 103.


Bei einem Flaschenzuge verhält sich die Kraft zur Last, wie die
Einheit zur Anzahl der von der Last gespannten Seile
.


Wir wollen zuerst annehmen, dass jede Flasche nur eine Rolle enthalte. Ist nunFig.
11.
Tab.
3.

der Hacken, an dem das Seil befestigt ist, an der obern Flasche angebracht, und ist das
Seil unten um eine bewegliche, oben aber um eine feste Rolle geschlungen, so verhält
sich nach §. 100. die Kraft zur Last = 1 : 2, indem hier die feste Rolle A nur dazu dient,
um die Richtung des Seiles gehörig zu verändern, sonst aber keinen Vortheil an Kraft ge-
währt. — Dass in diesem Falle die Kraft nur halb so gross wie die Last sey, kann man
sich auch noch so überzeugen: die ganze Last Q wird hier von zwei gespannten Seilen
getragen, auf welche sie also vertheilt, und zwar gleich vertheilt wird. Da näm-
lich die Rolle, um welche das Seil sich aufwindet, vollkommen beweglich ist, so ist
auch wegen der Gleichheit der Hebelsarme kein Grund vorhanden, warum die Spannung
des einen Seiles (S) grösser als jene des andern Seils (S') seyn sollte; es müssen daher die
Spannungen der beiden Seile S' = S seyn, und jedes von den Seilen hat die halbe Last
zu tragen. Da endlich die feste Rolle keine Verminderung der Kraft bewirkt, so muss
auch die Kraft P der Spannung des einen Seiles (S') oder der halben Last gleich, d. h.
seyn.


Befindet sich der Hacken, an dem das Seil befestigt ist, an der untern Flasche, so
werden von der Last drei Seile gespannt. Wenn wir daher die Spannungen wiederFig.
12.

mit S, S', S'' bezeichnen, so ist Q = S + S' + S''. Da die obere Rolle A um ihre
Achse vollkommen beweglich ist, so ist wegen der Gleichheit ihrer Hebelsarme S = S';
aus derselben Ursache sind bei der untern Rolle B die Spannungen gleich, oder S' = S'';
es ist daher auch S = S' = S'', und Q = 3 S, oder S = = S''. Die Kraft P zieht an
der obersten festen Rolle C, es muss also abermals wegen der Gleichheit der Hebelsarme
S'' = P, und demnach auch seyn.


Enthält eine jede der zwei Flaschen zwei Rollen, wobei der Hacken an der obern
Flasche angebracht seyn muss, so wird die Last von vier Seilen getragen, und da jedesFig.
13.

Seil wieder gleich stark gespannt wird, so hat auch ein jedes nur den vierten Theil der
Last zu tragen. Die Kraft hat also, sie mag hinauf oder über eine feste Rolle herabzie-
hen, nur die Spannung eines Seiles zu überwinden, folglich bloss den vierten Theil
der Last
zu tragen.


Auf diese Art hat die Kraft bei einem Flaschenzuge von fünf Rollen den fünften
Theil der Last, bei einem Flaschenzuge von sechs Rollen Fig. 14 den sechsten Theil derFig.
14.

Last, u. s. w. zu überwältigen.


Wenn demnach die Last an m Rollen hängt, die theils fest, theils beweglich sind;
oder wenn die Last von m gespannten Seilen getragen wird, so vertheilt sich auch das
Gewicht der Last (Q) auf alle diese Seile gleichförmig, so zwar, dass ein jedes Seil eine
15 *
[116]Flaschenzug.
Spannung erleidet, die = ist. An dem letzten Seile wirkt nun die Kraft P, die der
Spannung eines einzigen Seiles gleich ist; mithin haben wir auch , oder
P : Q = 1 : m, d. h. bei einem Flaschenzuge verhält sich die Kraft zur Last wie die Ein-
heit zur Anzahl der von der Last gespannten Seile. Es versteht sich von selbst,
dass jenes Seil, woran die Kraft wirkt, hiebei nicht in Betrachtung komme, indem die
Kraft an der letzten Rolle so groſs, wie die Spannung eines jeden Seiles ist.


§. 104.


Es gibt Flaschenzüge, wobei die Rollen nicht über, sondern neben einander
stehen
, in diesem Falle haben die Rollen in einer Flasche eine gemeinschaftliche Achse,
Fig.
15.
Tab.
3.
um welche sich daher auch jede Rolle frei bewegen kann. Bei diesen Flaschenzügen
wird offenbar auch ein jedes Seil mit einer gleichen Kraft gespannt. Wenn daher die
Anzahl der gespannten Seile = m ist, so haben wir abermals die Gleichung . Bei
diesen Flaschenzügen sind gewöhnlich die Scheiben oder Rollen von gleicher Grösse.


§. 105.


Man ist nunmehr im Stande, durch eine hinlängliche Anzahl Rollen mittelst eines Flaschen-
zuges jede geforderte Last durch eine gegebene Kraft in Bewegung zu setzen. Wäre z. B. eine
Last von 600 ℔ durch eine Kraft von 75 ℔ mittelst eines Flaschenzuges auf ein Gebäude
aufzuziehen, so wird man hiezu Rollen, also vier Rollen in der obern
und eben so viele in der untern Flasche benöthigen.


Indessen findet hiebei die schon mehrmals gemachte Bemerkung statt, dass man an
der Geschwindigkeit der Last, folglich an der Zeit, welche die Last zur Zurücklegung des
gleichen Raumes bedarf, eben so viel verliert, als das Verhältniss der Kraft zur Last durch
die Anzahl der Seile vermindert wird. Es ist nämlich klar, dass, wenn die Last um einen
Fuss steigen soll, ein jedes der m Seile auch um einen Fuss, folglich alle Seile zusam-
men um m Fusse aufgewickelt oder verkürzt werden müssen. Da nun an dem letzten Seile die
Kraft angebracht ist, so muss dieselbe m Fuss zurücklegen, wenn die Last um einen Fuss stei-
gen soll, so dass der Gewinn an Kraft genau eben so viel als der Verlust an Zeit beträgt.


Setzt man den Raum, den die Kraft zurücklegt = p, und jenen der Last = q, so ist
p : q = m : 1, und da
P : Q = 1 : m war,

so ist auch P . p = Q . q. Nun ist P . p das Bewegungsmoment der Kraft und Q . q
jenes der Last; wir sehen also hieraus, dass auch hier, wie bei dem Hebel und bei dem
Rade an der Welle, diese beiden Bewegungsmomente einander gleich sind.


§. 106.


Man wendet den Flaschenzug gewöhnlich zu dem Behufe an, um grosse Lasten, z. B.
Bauholz, Quadersteine u. dgl. auf hohe Gebäude aufzuziehen. In diesen Fällen ersetzt
der Flaschenzug das Bedürfniss eines zusammengesetzten Räderwerks, wovon wir §. 90.
gehandelt haben. Man verbindet nämlich den Flaschenzug mit einer einfachen Winde,
[117]Flaschenzug mit der Winde.
an welcher letztern noch eine Rolle angebracht ist, um den horizontalen Zug des SeilesFig.
4.
Tab.
2.

an der Winde in einen senkrechten Zug zu verwandeln. Diese Maschine gewährt dann
denselben Vortheil, dessen wir bei dem einfachen Rade an der Welle erwähnt haben.
Das Bauholz, welches für einen Dachstuhl auf ein Gebäude aufgezogen werden muss, ist
gewöhnlich zu lang, um es über Stiegen hinauf tragen zu können; die Quadersteine sind
zu schwer, und verhältnissmässig zu klein, um der erforderlichen Anzahl Menschen die
nothwendigen Angriffspunkte zum Tragen der Last darzubiethen. Durch die Maschine
werden nun diese Arbeiten möglich, die ohne Anwendung derselben gar nicht ausgeführt
werden könnten.


§. 107.


Wir wollen nunmehr den Fall betrachten, wo mittelst eines Flaschenzuges
von einer gegebenen Anzahl Arbeiter Bauholz, Quadersteine oder
andere Baumaterialien auf ein Gebäude aufgezogen werden sollen
,
und hiebei untersuchen, wie die Arbeit einzurichten sey, damit in einem Tage möglichst
viel aufgezogen werde.


Es sey so wie §. 87. der Hebelsarm der Winde A C = R, und jener der Welle a C = r.Fig.
16.
Tab.
3.

Nennen wir die Spannung des Seiles E I = Sm, so muss auch, dem §. 98. zufolge die
Spannung des Seiles B I eben so gross (= Sm) seyn. Dieses Sm ist nunmehr als Last zu
betrachten; wenn wir daher die Anzahl der Arbeiter, welche an der Winde angestellt
werden, mit N bezeichnen, so ist offenbar die Gleichung zwischen Kraft und Last
Sm . r = N . k R (I).


Nun wissen wir aber, dass, wenn m die Anzahl der gespannten Seile, woran die Last
hängt, bedeutet, die Kraft nur den mten Theil der Last zu überwältigen habe. Es ist daher
(II). Hieraus ergibt sich durch Substitution die vollständige Gleichung
zwischen Kraft und Last, (III).


Da der Raum, welchen die Zugkraft in einer Sekunde zurücklegt = v ist, so beträgt
die Länge des Seiles, welches in einer Sekunde auf die Welle aufgewickelt wird, oder
.


Die Geschwindigkeit, womit die Last, welche an m Seilen hängt, in die Höhe geht,
ist offenbar ; also ist (IV).


Die Zeit eines Aufzuges beträgt daher wie gewöhnlich (V).


Da nun in einem Tage durch z Stunden oder 3600 . z Sekunden gearbeitet wird, so
ist die Anzahl der Aufzüge in einem Tage
oder (VI).


Die Arbeit des ganzen Tages, oder die Last, die in einem Tage auf die Höhe H ge-
hoben wird, erhalten wir durch das Produkt aus der Anzahl Aufzüge n in die, mit jedem
[118]Flaschenzug mit der Winde.
Aufzuge gehobene Last Q, nämlich . Wird in diese Gleichung
der Werth aus (III) substituirt, so ist
(VII).


Aus diesem Ausdrucke ergibt sich, dass der tägliche Effekt wieder nur von den
Produkten und abhänge, indem die Grössen t, c, N, k, H
bestimmt und gegeben sind. Es muss daher abermals wie bei dem Rade an der Welle
(§. 87.) v = c, und z = t seyn, d. h. es ist am vortheilhaftesten, wenn
die Arbeiter mit der gewohnten mittleren Geschwindigkeit c ar-
beiten und an jedem Tage durch t Stunden verwendet werden
.


Werden diese Werthe für v und z in die Gleichungen III, V, VI und VII substi-
tuirt, so ergibt sich die jedesmal aufzuziehende Last ,
die Zeit eines Aufzuges . . . . . . ,
die Anzahl Aufzüge in einem Tage oder ,
der tägliche Effekt oder . . . . .


In dem letzten Ausdrucke beträgt wieder 3600 . t . c den Raum, welchen ein Arbeiter
mit seiner mittlern Geschwindigkeit in einem Tage zurücklegt, und 3600 . t . c . N . k das
tägliche Bewegungsmoment von N Arbeitern. Man erhält daher den grössten Effekt,
welchen N Arbeiter bei dieser zusammengesetzten Maschine bewirken können, wenn
man das tägliche Bewegungsmoment derselben mit der Höhe, auf
welche die Last aufzuziehen ist, dividirt
. Dasselbe Resultat haben wir
aber auch bereits §. 87. bei dem Rade an der Welle, und bei dem Tragen einer Last auf
die Entfernung E erhalten. Wir sehen daher, dass sowohl die Hebelsarme der Winde,
als die Anzahl der Rollen des Flaschenzuges auf die Vermehrung des Effektes der Ma-
schine gar keinen Einfluss haben, worüber die Gründe pag. 103. bei dem Rade
an der Welle umständlich angeführt und erklärt worden sind. Es ist daher der Effekt
der Arbeiter, welche mit dieser Maschine Baumaterialien auf die Höhe H zu schaffen ha-
ben, gerade so gross, als wenn dieselben Arbeiter auf ebenem Wege die Last N . k auf die
Entfernung 3600 . t . c zu tragen haben. Die Maschine leistet hier nur den Nutzen, dass
die Last von unten auf die Höhe H gebracht wird, ohne dass die Kraft selbst diesen Weg
zu machen hat. Die Hebelsarme der Maschine erscheinen in dem Ausdrucke für den Effekt
gar nicht, und kommen bloss dann in Rechnung, wenn nach der Last
gefragt wird, welche die Arbeiter bei einem jeden Aufzuge an die untere Flasche anzu-
binden haben.


[119]Flaschenzug mit der Winde.

§. 108.


  • Beispiel. Es sey die Höhe des Gebäudes, auf welches Baumaterialien aufzuzie-
    hen sind, H = 10 Klafter; die Anzahl der Arbeiter sey N = 4, und diese seyen von
    mittelmässiger Stärke, von denen nämlich jeder im Stande ist, 25 ℔ täglich 3 Mei-
    len weit oder auf eine Entfernung von 12000 Klaftern zu tragen; es frägt sich, wie
    viel diese Arbeiter täglich auf die gegebene Höhe bringen können, und wie die Ar-
    beit am vortheilhaftesten einzurichten sey.

Der grösste Effekt dieser Arbeiter beträgt
Zentner.
Wenn die Maschine bereits gebaut ist, folglich die Hebelsarme gegeben sind,
und gefragt wird, wie viel Last an das untere Ende des Flaschenzuges anzubinden ist:
so ergibt sich diess aus der Gleichung zwischen Kraft und Last . m . N . k oder
. m . 100. Es sey das Verhältniss der Hebelsarme an der Winde R : r = 6 : 1 und
die Anzahl der Rollen des Flaschenzuges m = 4, so ist die jedesmal aufzuziehende Last
Q = 6 . 4 . 100 ℔ = 24 Zent.; die Zeit eines Aufzuges , und die
Anzahl der Aufzüge in einem Tage oder .


Wäre im Gegentheile die Last Q gegeben, so findet man das vortheilhafteste
Verhältniss der Hebelsarme aus derselben Gleichung · m . N . k. Es wären z. B. auf
die gegebene Höhe von 10 Klaftern Werkstücke oder Quadersteine aufzuziehen, wovon
jeder ein Gewicht von 20 Zentn. hat. In diesem Falle folgt aus der Gleichung . 4 . 1
das Verhältniss der Hebelsarme . Wir wollen annehmen, die Maschine habe
Hebelsarme R von 4 Fuss, so wird r = ⅘ Fuss oder der Durchmesser der Welle ⅗ Fuss =
1 Fuss 7,2 Zoll seyn, folglich dem Umkreise der Welle so viel zugelegt werden müssen,
bis der Durchmesser dieses Maass erhält. Die Anzahl der Aufzüge
wird = seyn,
und die gesammte Last in einem Tage abermals 60 . 20 = 1200 Zentner betragen.


In diesen beiden Fällen wird die Summe der Stillstände der Maschine oder die ge-
sammte Ruhezeit an jedem Arbeitstage 4 Stunden oder nach jedem Aufzuge
betragen, während welcher die Last an- und abgebunden werden muss.


§. 109.


Der zweite Fall, welcher hier so wie bei dem Aufzuge mit einem einfachen Rade an
der Welle §. 92. eintreten kann, ist dann vorhanden, wenn die Ruhezeit oder die-
jenige Zeit, welche zum An- oder Abbinden der Last benöthigt wird, gegeben ist.
Es seyen z. B. mittelst einer Winde und eines Flaschenzuges Baumaterialien auf einen
[120]Flaschenzug mit der Winde.
im Baue begriffenen Thurm von 20 Klaftern Höhe aufzuziehen. Die Zeit, welche zum Ab-
binden der Last oben auf dem Thurme, zum Herablassen des leeren Flaschenzuges, und
zur Befestigung einer neuen Last erfordert wird, sey 20 Minuten; es frägt sich nun, wie
die Maschine vorzurichten sey, um den grössten Effekt leisten zu können.


Da bei dem grössten Effekte die Ruhezeit nach jedem Aufzuge nur halb so gross seyn
darf, als die Zeit eines Aufzuges, so muss diese in dem gegenwärtigen Falle 40 Minuten
betragen. Dadurch erhalten wir die Gleichung . Demnach ist das
zweckmässigste Verhältniss der Hebelsarme . Weil aber die Höhe des Thur-
mes H = 120 Fuss, die Zahl der Rollen m = 4, und die mittlere Geschwindigkeit der
Arbeiter c = 2,5 Fuss gegeben ist, so erhalten wir . Es sey der
Halbmesser der Welle r = 6 Zoll, so ist R = 75 Zoll = 6 Fuss 3 Zoll; oder die Hebels-
arme R der Winde müssen 6½ Fuss lang seyn, damit die Arbeiter dieselben mit der einen
Hand auf der Entfernung von 6′ 6″ und mit der andern auf der Entfernung 6′ 0″ ergrei-
fen, und ihre Kraft in Thätigkeit setzen können.


In demselben Falle beträgt die anzubindende Ladung
, folglich, wenn 4 Arbeiter an der Winde angestellt wer-
den, Q = 50 Zentner. Da die gewöhnlichen Seile solche Lasten nicht zu tragen im
Stande sind, so kann die Zahl der Arbeiter an der Winde vermindert und statt 4 Arbeiter
nur 2 angestellt werden, für welche demnach nur 25 Zentner angebunden werden. Die
Dauer eines Aufzuges beträgt demnach 40Min. für die Arbeit und 20Min. für die Ruhe und
das Anbinden, also zusammen 1 Stunde. Demnach werden an jedem Tage 12 Aufzüge,
jeder mit 25 Zentnern gemacht, also von 2 Arbeitern täglich 300 Zentner auf die Höhe von
20 Klaftern gebracht.


§. 110.


Wir kommen nunmehr noch zur Erläuterung des dritten Falles, wenn nämlich so-
wohl die Maschine, als auch die nach jedem Aufzuge nöthige Still-
standszeit gegeben ist
, und um die vortheilhafteste Bedienung der Maschine oder
um die anzubindende Last Q und die Anzahl der Aufzüge n gefragt wird. Es sey die
Anzahl der Rollen m = 4, das Verhältniss der Hebelsarme , die Anzahl der
Arbeiter N = 4, ihre mittlere Kraft = N . k = 4 . 25 = 100 ℔ und die Geschwindig-
keit c = 2,5 Fuss gegeben, so würde zur vortheilhaftesten Verwendung dieser Kraft nö-
thig seyn, · N . k = 4 . 3 . 100 = 1200 ℔ anzunehmen, und die Zeit eines Auf-
zuges wäre oder 10Min. (wo wir zur Vermeidung gebro-
chener Zahlen H = 125 Fuss statt der vorhin angenommenen 20 Klafter oder 120 Fuss
setzen wollen). Die Zeit der Ruhe nach jedem Aufzuge wäre sonach 5 Minuten, folglich
bedarf ein jeder Aufzug 10 + 5 = 15 Minuten oder ¼ Stunde; demnach werden in einem
[121]Flaschenzug mit der Winde.
Arbeitstage von 12 Stunden 4 . 12 oder 48 Aufzüge statt finden; folglich würde in
jedem Tage die Last von 48 . 12 = 576 Zentnern auf die Höhe von 125 Fuss gebracht
werden.


Die Zeit des Stillstandes nach jedem Aufzuge sey ρ = 20 Minuten, während wel-
cher nämlich die Ladung von 12 Zentnern auf dem Baugerüste abgebunden oder aus-
gehängt, dann der Flaschenzug herabgezogen und auf dem Bauplatze eine neue Ladung
angebunden oder angehängt werden muss. Wenn wir diese Zeit von 20Min. zur Zeit
des Aufzuges von 10Min. addiren, so ergibt sich, dass unter solchen Umständen von ei-
nem Aufzuge zum andern 30 Minuten vergehen, folglich in 12 Stunden nur 24 Aufzüge
bewirket, demnach in einem Tage auf die Höhe von 125 Fuss nur 24 . 12 = 288 Zentner,
oder nur die Hälfte von den oben berechneten 576 Zentnern aufgebracht würden. Da
wir jedoch annehmen können, dass die Arbeiter, wenn selbe auf die Ruhe nach jedem
Aufzuge 20Min. statt der früher nöthigen 5Min. verwenden, auch mit einer grössern Kraft
an der Maschine arbeiten, und in dieser Hinsicht auch ein grösseres Aufzugsquantum be-
wirken können, so wollen wir statt der hiezu nöthigen weitläufigen Rechnung uns der
oben bei dem Rade an der Welle angeführten Tabelle bedienen. Hier ist nämlich das Ver-
hältniss der Arbeitszeit zur doppelten Ruhezeit = 4 = p; wenn wir nun in jener
Tabelle die Verhältnisszahlen, welche in der horizontalen Reihe von 4 stehen, unserer
Rechnung zum Grunde legen, so finden wir, dass in diesem Falle das vortheilhafteste
Verhältniss = 0,7822; die Anzahl der Aufzüge n =
= 21,96; die anzubindende Last ,
und die in einem Tage aufgebrachte Last n . Q = 0,7884 . 57600 ℔ = 45412 ℔ seyn
werde, wodurch also das für die mittlere Geschwindigkeit berechnete Quantum von
28800 ℔ um 16612 ℔ übertroffen wird.


Dem Anstande, dass die Zahl der Aufzüge n immer eine ganze Zahl seyn muss, folg-
lich die berechneten 21,96 nicht statt finden können, wird dadurch begegnet, wenn wir
statt dieser Zahl z. B. 22 Aufzüge annehmen und durch diese Zahl den Effekt
n . Q = 45412 ℔ dividiren, so ergibt sich Q = 2064,17 ℔.


Aus dieser Rechnung ist zu ersehen, dass der mit Rücksicht auf die Stillstandszeit
berechnete Effekt von 45412 ℔ zwar bedeutend grösser ist, als derjenige, welcher ohne
Rücksicht auf diese Stillstandszeit nur mit 28800 ℔ berechnet wurde; doch steht der-
selbe gegen den möglichst grössten Effekt von 57600 ℔ noch um 12188 ℔ zurück: es
ist demnach nothwendig, in jedem Falle das Verhältniss der Hebelsarme vielmehr
nach dem Verhältnisse der Stillstandszeit zu bestimmen, als eine und dieselbe Maschine
für alle Aufzugshöhen beizubehalten, und den Effekt durch Aenderungen in der Be-
dienung, anzuhängenden Last und Anzahl der Aufzüge herstellen zu wollen, wo-
durch immer nur eine blosse Annäherung, und in keinem Falle derjenige Effekt er-
reicht werden kann, welcher durch ein angemessenes Verhältniss der Hebelsarme zu
erreichen ist. In dieser Hinsicht pflegt man für alle solche grössere Arbeiten das
Gerstners Mechanik. Band I. 16
[122]Gegenwinde.
angemessene Verhältniss theils durch Verminderung des Halbmessers der Welle r,
theils auch durch Vergrösserung der Hebelsarme R, herzustellen.


Uibrigens verdient noch hier bemerkt zu werden, dass in allen bisherigen Rech-
nungen die Widerstände der Reibung und der Unbiegsamkeit der Seile noch nicht be-
rücksichtigt worden sind, demnach bei einer genauen Rechnung noch in Anschlag
gebracht werden müssen, wozu im V. Capitel dieses Werkes die nöthige Anleitung
gegeben werden wird. Indessen dürfte es doch unsern Lesern nicht unangenehm
seyn, hier schon die vorläufige Bemerkung zu finden, dass diese Widerstände nur bei
der Gleichung , d. h. bei der Bestimmung der anzubindenden Last
zu berücksichtigen sind, übrigens aber auf die Bestimmung der Verhältnisse und
keinen Einfluss haben, sonach auch in dieser Hinsicht an der bisherigen Anleitung zur
Bestimmung dieser Verhältnisse nichts ändern.


§. 111.


Fig.
6.
Tab.
2.

Die Gegenwinde Fig. 6. Tab. 2. besteht aus einer Welle mit zwei verschiede-
nen Durchmessern. Die aufzuziehende Last Q hängt an der Achse einer beweglichen
Rolle, um welche ein Seil läuft, das mit seinen beiden Enden auf die grössere und
kleinere Welle nach entgegengesetzten Richtungen aufgewunden und an dem Ende der
Welle befestigt ist. Da bei jeder Umdrehung auf der stärkern Welle vom Seile mehr
aufgewunden als von der schwächern abgewunden wird, so folgt von selbst, dass die
Rolle mit der Last bei jeder Umdrehung etwas steigen und auf solche Art nach und
nach die Hubshöhe H erreichen werde.


Der Effekt bei dieser Maschine wird auf gleiche Art, wie bei den vorhergehenden
Fig.
17
und
18.
Tab.
3.
berechnet. Die beiden Seile S und S' werden offenbar von der Last Q gleich stark ge-
spannt, daher muss auch S = S' = seyn. Betrachten wir ferner die Maschine im
Profile, so ist sie nichts anderes als ein Rad an der Welle, und also ein Hebel, an wel-
chem jedoch 3 Kräfte S, S' und K in verschiedenen Entfernungen vom Unterstützungspunkte
angebracht sind. Es muss demnach das statische Moment von der einen Seite gleich seyn
der Summe der statischen Momente von der andern Seite, oder S' . a c = K . c d + S . c b.
Setzen wir den Halbmesser a c = A, c d = E und c b = a, so ist S' . A = K . E + S . a,
oder da S' = S = ist; so erhalten wir ; oder
.


Hieraus sehen wir, dass diese Maschine eigentlich nur wie ein Rad an der Wel-
le
zu behandeln sey, bei welchem nämlich die Last Q an dem Hebelsarme und
die Kraft an dem Hebelsarme E angebracht ist, und dass auch die Last Q um so
grösser seyn könne, je kleiner der Unterschied A — a der beiden Halbmesser der Wellen
gemacht wird.


[123]Gegenwinde.

Setzen wir an die Stelle von K den bekannten Werth , soFig.
17
und
18.
Tab.
3.

ergibt sich die allgemeine Gleichung zwischen Kraft und Last
, woraus folgt.


Um den Effekt zu bestimmen, den die Arbeiter mittelst dieser Maschine in einem
Tage zu Stande bringen können, muss erst der Raum, um welchen die Last in einer
Sekunde steigt, und die Anzahl der Aufzüge in einem Arbeitstage bestimmt werden.


Hiezu dienet die Bemerkung, dass in derselben Zeit, in welcher die Kraft den Raum
x d, den wir = v setzen wollen, zurücklegt, von dem Seile S' das Stück a y aufgewickelt,
dagegen vom Seile S das Stück b z abgewickelt, und folglich das aufzuwindende Seil
um den Unterschied a y — b z kürzer werde. Da sich aber diese Verkürzung beiden
Seilen S und S' in gleichem Maasse mittheilen muss, so wird jedes der Seile S und S'
um die Hälfte jenes Raumes a y — b z, also um kürzer; woraus nun von selbst
folgt, dass auch die Last in der Zeit, in welcher die Kraft den Raum v beschreibt, um
den Raum steigen werde. Aus der Aehnlichkeit der Sektoren a y c und
d x c folgt a y : a c = d x : d c oder a y : A = v : E; woraus ist. Ferner
folgt aus der Aehnlichkeit der Sektoren b c z und d c x, b z : b c = d x : d c oder b z : a = v : E
und hieraus . Es ist demnach die Geschwindigkeit der Last
.


Nennt man nun v' den Raum, um den die Last in einer Sekunde steigt, so wird die
Zeit eines Aufzuges auf die Höhe H durch den Quotienten bestimmt;
und da in dieser Zeit ein Aufzug geschieht, so wird die Anzahl der Aufzüge n in einem
Arbeitstage oder in 3600 . zSec. offenbar durch den Quotienten erhalten, welcher sich er-
gibt, wenn die Zeit 3600 . z durch die Zeit eines Aufzuges dividirt wird,
demnach ist . Multiplicirt man endlich die Zahl der täglichen
Aufzüge n mit der jedesmaligen Last Q, so ist das Produkt n . Q die gesammte Last, die
in einem Tage auf die Höhe H gebracht wird, also der tägliche Effekt
.


Hieraus ist zu ersehen, dass bei der Berechnung des täglichen Effektes dieser
Maschine das nämliche zu beobachten ist, was über die Bestimmung der Grössen
und bei dem Rade an der Welle angeführt worden. Es wird demnach auch hier
das vortheilhafteste Verhältniss und = 1 seyn, d. h. die Arbeiter müssen angehalten
16 *
[124]Gegenwinde.
werden, mit ihrer mittlern Geschwindigkeit c durch die gewohnten Stunden t täglich
zu arbeiten.


  • Wir erhalten hiernach die anzubindende Last (I);
  • die Zeit eines Aufzuges   (II);
  • die Zahl der täglichen Aufzüge   (III), und
  • den Effekt   (IV).

Die Gleichung (I) dient dazu, wenn von den vier Grössen Q, N. k, E und
drei gegeben sind, die vierte zu bestimmen. Wäre die nöthige Stillstandszeit ρ zwi-
schen einem Aufzuge und dem andern gegeben, so würde in der Hinsicht, weil die
Zeit eines Aufzuges der doppelten Zeit des Stillstandes gleich seyn muss, aus der
Gleichung (II) das vortheilhafteste Verhältniss von E zu zu be-
stimmen seyn; endlich zeigt die Gleichung (IV), dass auch bei dieser Maschine das
Produkt aus der in einem Tage aufgebrachten Last n . Q in die Höhe H demjenigen
gleich sey, welches sich ergibt, wenn der tägliche Raum der Arbeiter auf horizon-
talem Wege 3600 . t . c mit der mittlern Kraft N . k multiplicirt wird.


§. 112.


Der hauptsächlichste Vorzug der Gegenwinde vor dem Rade an der Welle be-
steht eigentlich nur darin, dass bei dem Aufzuge sehr grosser Lasten das Verhältniss
praktisch leichter zu bestimmen ist, als das Verhältniss beim Rade an der
Welle, weil es leicht ist, für einen gegebenen Hebelsarm E der Kraft den Unter-
schied der Halbmesser der Wellen A — a so klein zu machen, als zur Herstellung des
Gleichgewichtes nothwendig ist, wogegen man beim Rade an der Welle oft in die
Verlegenheit kommt, dass entweder der Durchmesser der Welle 2 r zu klein ausfällt,
demnach von einer grossen Last brechen würde, oder dass im Gegentheile für einen
hinreichend starken Durchmesser der Welle der Hebelsarm der Kraft übermässig gross,
demnach praktisch unausführbar würde.


Die Gegenwinde ist aber nur in dem Falle brauchbar, wenn grosse Lasten auf
kleine Höhen zu heben sind, weil sonst die Welle und das darum zu windende Seil
zu lang, wie auch die Rollen zu gross werden, demnach bei ihrer Anwendung grossen
Anständen unterliegen würde, in welcher Hinsicht dieselbe zwar in mechanischen
Schriften angeführt, jedoch in der Ausübung höchst selten oder gar nicht gebraucht
wird.


§. 113.


Fig.
1.
Tab.
4.

Wenn drei Kräfte P, Q, R gegen einen in der Ebene dieser drei
Kräfte gelegenen Punkt O wirken, und ihre Richtungen O P, O Q, O R
gegeben sind
, so können wir die Verhältnisse dieser drei Kräfte für den
Stand ihres Gleichgewichtes auf folgende Art finden.


[125]Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte.

Man denke sich die drei Richtungslinien O P, O Q und O R auf einer festen Ebene
z. B. auf einem Brette gezeichnet, verlängere die Richtung einer von diesen drei Kräf-Fig.
1.
Tab.
4.

ten z. B. von der Kraft R nach der Richtung O R rückwärts von O nach m, nehme in
dieser verlängerten Richtungslinie O m einen Punkt E willkührlich an, und ziehe aus E
gegen die Richtung der beiden übrigen Kräfte O P und O Q die winkelrechten Linien
E b und E c.


Da in der aufgestellten Frage nur die Richtungen der drei Kräfte gegen den
Punkt O gegeben sind, so können wir jede Kraft in was immer für einen Punkt ihrer
Richtung stellen. Wir wollen demnach die Kraft P in b, die Kraft Q in c und die
Kraft R in E, jede nach ihrer Richtung angebracht denken.


Ziehen wir nun aus E mit den Halbmessern b E und c E die Kreise b a m und c d o,
so werden die Richtungen der Kräfte P und Q nämlich O b P und O c Q mit den Tan-
genten dieser Kreise übereinkommen und gegen die dritte in E befindliche Kraft eben
so wirken, wie es bei dem Rade an der Welle der Fall ist. Weil aber alle Kräfte,
welche sich in der Peripherie eines Kreises befinden, und nach den Richtungen der
Tangenten dieses Kreises wirken, wegen der Gleichheit der Halbmesser auch ein glei-
ches Vermögen zur Umdrehung des Kreises besitzen, so können wir auch die Kraft
P von b nach den in derselben Peripherie befindlichen Punkt a übersetzen, sonach die
Wirkung der Kraft P nach der Richtung der Tangente b P der Wirkung derselben Kraft
in a nach der Richtung der Tangente a P' gleich setzen. Auf gleiche Art können wir
auch die Kraft Q von c in den Endpunkt der horizontalen Linie d E a nach d über-
setzen und ihre Wirkung nach der Richtung der Tangente c Q der Wirkung derselben
Kraft nach der Richtung der Tangente d Q' gleich annehmen.


Die Kräfte P' und Q' an dem horizontalen Hebel a E d sind aber (nach §. 55) im
Gleichgewichte, wenn sich die Kräfte P' und Q' verhalten wie umgekehrt ihre Hebels-
arme oder
P' : Q' = d E : a E.
Weil aber P' = P, Q' = Q, a E = b E, d E = c E, so ist auch
P : Q = c E : b E.
Zieht man aus E die Linie E M parallel zu O P, und E N parallel zu O Q, so erhält
man ein Parallelogramm O M E N, wovon O M und O N in den Richtungen der
Kräfte Q und P liegen. Hiedurch entstehen nun die ähnlichen Dreiecke E M c und
E N b; denn die Winkel bei c und b sind rechte Winkel, und wegen des Parallelismus
der Linien M E und O N ist der Winkel c M E = M O N, und eben so ist wegen des
Parallelismus der Linien M O und E N der Winkel M O N = E N b, also auch
c M E = E N b u. s. w.


Aus der Aehnlichkeit dieser Dreiecke folgt die Proportion
E c : E b = E M : E N und wegen E M = O N und E N = O M
auch E c : E b = O N : O M.
Oben war E c : E b = P : Q , daher auch
P : Q = O N : O M d. h.

die zwei Kräfte P und Q verhalten sich wie die Seiten O N und O M
eines Parallelogrammes O M E N, welches in der Fläche, in welcher

[126]Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte.
sich die drei Kräfte P, Q und R befinden, nach den Richtungen der-
selben Kräfte gegen den Punkt O beschrieben wurde
.


Eben so, wie wir das Verhältniss der 2 Kräfte P und Q in Bezug auf die Richtung
Fig.
2.
Tab.
4.
der dritten Kraft E O gefunden haben, können wir auch das Verhältniss der Kräfte P
und R in Bezug auf die Richtung der Kraft Q finden, wenn wir Fig. 2. die Richtung der
Kraft Q, nämlich M O verlängern und aus N die Linie N B parallel zu O R, und dann
aus dem Punkte B die Linie B A parallel zu N O ziehen. Wir haben dann abermals ein
Parallelogramm O N B A, wovon die Linien O N und O A auf gleiche Art wie zuvor die
Richtungen der Kräfte P und R gegen den Punkt O vorstellen, und O B in der Richtung
der dritten Kraft liegt.


Es wird also gleichfalls die Kraft P : R sich verhalten wie O N : O A. Weil aber
in den Dreiecken O B N und M O E wegen des Parallelismus der Seiten alle Winkel ein-
ander gleich sind, und eben so die Seite O N = M E ist, so wird auch die Seite
B N = O E seyn, und da in dem Parallelogramme O A B N die Seite O A = B N ist,
so wird auch O A = O E seyn. Wir können daher in der obigen Proportion statt der
Seite O A die ihr gleiche O E setzen, und erhalten
P : R = O N : O E, d. h.
die Kraft P verhält sich zur Kraft R wie die Seite O N zur Diagonale
O E des Parallelogrammes O M E N
. Vereinigen wir mit dieser Proportion noch
die erste, so erhalten wir P : Q : R = O N : O M : O E, und weil in dem Parallelogramme
O M E N die gegenüberstehenden Seiten einander gleich sind, so können wir statt O M
die Seite N E setzen; sonach ist P : Q : R = O N : N E : O E. Hieraus ersehen wir, dass
die drei Kräfte P, Q und R im Stande ihres Gleichgewichtes sich ver-
halten wie die drei Seiten eines Dreieckes, welches nach den Rich-
tungen der drei Kräfte konstruiret worden
.


§. 114.


Uiber die Winkel dieses Dreieckes ist zu bemerken, dass diese drei Winkel diejeni-
Fig.
2.
gen zu 180° ergänzen, welche die Richtungen der drei Kräfte gegen einander einschlies-
sen. Wenn wir nämlich die drei Seiten O N, N E und O E mit den diesen Seiten pro-
portionalen Kräften P, Q und R, und die gegenüber stehenden Winkel mit p, q und r
bezeichnen, so ist der Winkel q = E O N = 180° — R O P, oder der Winkel q, wel-
cher der Kraft Q gegenüber steht, ist der Ergänzungswinkel desjenigen, den die Rich-
tungen der zwei übrigen Kräfte O P und O R am Punkte O bilden. Auf gleiche Art ist
der Winkel p = N E O = M O E = 180° — Q O R, oder p ist der Ergänzungswinkel
desjenigen, den die Richtungen der zwei übrigen Kräfte Q O und R O am Punkte O mit
einander einschliessen. Eben so ist auch r = O N E = 180° — P O Q; oder der Win-
kel, welcher der Kraft R gegenübersteht, ist der Ergänzungswinkel desjenigen, welchen
die Richtungen der beiden übrigen Kräfte P O und Q O am Punkte O bilden. Da nun
in jedem Dreiecke die Seiten den Sinusen der gegenüberstehenden Winkel proportional
sind, so haben wir
P : Q : R = Sin. p : Sin. q : Sin. r = Sin. Q O R : Sin. P O R : Sin. P O Q,
woraus wir also für den angenommenen Fall, wenn die Richtungen der drei Kräfte P O,
[127]Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte.
Q O und R O gegeben sind, auch das Verhältniss der Grössen dieser drei Kräfte P, Q
und R für den Stand des Gleichgewichtes ableiten können.


§. 115.


Das Verhältniss der Kräfte P, Q und R, nach §. 113 durch die drei Seiten des Drei-Fig.
3.
Tab.
4.

eckes O N E bestimmt, kann auch aus den drei Seiten des Dreieckes o n e entnommen wer-
den, welches von den auf die Richtungen der drei Kräfte O P, O Q und O R winkelrecht
gezogenen Linien o n, n e und e o gebildet wird. Weil nämlich in der vierseitigen Figur
o z o y die Winkel z und y rechte Winkel sind, so ist o + R O P = 180°, und wegen der
geraden Linie E O R ist auch E O P + R O P = 180°, demnach o = E O P. Auf gleiche Art
wird gezeigt, dass e = M O E = O E N, und n = O N E sey. Da sonach wegen der Gleich-
heit aller drei Winkel die Dreiecke E O N und e o n einander ähnlich sind, so folgt auch
P : Q : R = Sin. O E N : Sin. E O N : Sin. O N E = Sin. e : Sin. o : Sin. n = o n : n e : e o;
oder jede von den drei Kräften P, Q und R ist derjenigen Seite des
oben genannten Dreieckes proportional, welche auf die Richtung
dieser Kraft winkelrecht gezogen ist
.


Die letzte Methode gewähret vor der frühern den Vortheil, dass die verhältniss-
mässige Grösse einer jeden Kraft unmittelbar aus der Grösse der darauf winkelrechten
Linie beurtheilt werden kann, welches bei der Methode mittelst des Parallelogrammes
nur nach mehrern Vorbereitungen geschehen konnte.


§. 116.


Da überhaupt aus den Regeln der Geometrie und Trigonometrie bekannt ist, dass
in jedem Dreiecke, wenn von den drei Seiten und den drei Winkeln nur drei Stücke
bekannt sind, die übrigen durch Zeichnung oder durch Rechnung gefunden werden kön-
nen, so sind wir auch im Stande, für die Fälle, wenn entweder alle drei Kräfte oder nur
zwei Kräfte und ein Winkel u. s. w. gegeben sind, die übrigen Stücke, nämlich die Win-
kel, welche die Richtungen einschliessen, oder die dritte Kraft sammt den übrigen zwei
Winkeln u. s. w. zu bestimmen.


§. 117.


Eine praktische Uiberzeugung von der Richtigkeit dieses Satzes gibt folgende Vor-Fig.
4.

richtung. Eine kreisrunde Scheibe Fig. 4. wird an der Peripherie in 360 gleiche Theile
getheilt, und an dieselbe werden Rollen a, b, c angesteckt, die sich an der Peripherie
willkührlich verschieben lassen. Uiber diese werden Schnüre aufgelegt, welche an einem
Ende mit einander verbunden, am andern Ende aber mit Schlingen versehen sind, um
Gewichte daran zu hängen.


Werden diese Rollen von 120 zu 120 Graden aufgestellt, wodurch die Peripherie in
drei gleiche Theile getheilt wird, so wird man finden, dass durch drei gleiche Gewichte
sich der gemeinschaftliche Knoten der Schnüre über den Mittelpunkt der Scheibe stellt.
In diesem Falle wird nämlich das Dreieck N O E gleichseitig, und das Parallelogramm
eine Raute von 4 gleichen Seiten, wovon die Seiten N O und M O einen Winkel von 120
Graden einschliessen.


Stellt man die Rollen für P und Q auf eine Entfernung von 90 Graden, und nimmt
P = 8 ℔ und Q = 6 ℔, so erhält das Dreieck O N E bei N einen rechten Winkel, dem-
[128]Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte.
nach wird die dritte Kraft O E = √ (N O2 + N E2) = 10 ℔ seyn. Wenn daher an den drit-
ten Faden 10 ℔ angehängt werden, so wird man durch Verschiebung dieses Gewichtes
an der Peripherie finden, dass für den Stand des Gleichgewichtes die Schnur O R genau
in die Richtung der Diagonale O E fällt. Diese Bestättigung ergibt sich auch aus einem
jeden anders gewählten Versuche.


§. 118.


Aus dem Verfahren, wie aus zwei Kräften mittelst eines Parallelogrammes eine dritte
gefunden wird, deren Wirkung eben so gross ist, als die vereinigte Wirkung beider ge-
gebenen Kräfte, lässt sich auch das Verfahren ableiten, wie eine Kraft in zwei
andere nach gegebenen oder willkührlichen Richtungen zerlegt, und
die Grössen dieser Seitenkräfte gefunden werden können
. Zu einem Bei-
Fig.
5.
Tab.
4.
spiele wollen wir das Parallelogramm O M E N annehmen, welches um die Diagonallinie
O E beschrieben wurde. Es sey O E die gegebene mittlere Kraft, O M und O N aber die
Richtungen der Kräfte, in welche die mittlere zerlegt werden soll. Man ziehe E N paral-
lel zu O M und E M parallel zu O N, so gibt das Verhältniss der Linien O N und O M
zur mittlern O E das Maass der beiden gesuchten Seitenkräfte.


Wenn wir ferner aus N die Linie N I winkelrecht auf O E, O H parallel zu I N und
N H parallel zu O E ziehen, so wird die Seitenkraft O N abermals in O H und O I auf-
gelöst. Auf gleiche Art, wenn wir aus M die Linie M K winkelrecht auf O E, M G
parallel zu O E und O G parallel zu K M ziehen, so wird auch die Kraft O M in die
beiden Seitenkräfte O G und O K zerlegt.


Da die beiden Dreiecke O N E und O M E als die Hälften eines und desselben Pa-
rallelogrammes einander gleich und ähnlich sind, so wird auch die Höhe N I der Höhe
M K gleich seyn, weil aber N I = O H und M K = O G ist, so ist auch O H = O G.
Daraus ist ersichtlich, dass bei der Zusammensetzung der zwei Kräfte O M und O N die
beiden entgegenstehenden O H und O G einander aufheben; folglich von O N nur die
Kraft O I, und von O M nur die Kraft O K übrig bleibt. Weil aber die beiden recht-
winkeligen Dreiecke O N I und M K E einander gleich und ähnlich sind, so ist auch
O I = K E. Demnach ist nach der Zusammensetzung der beiden Kräfte O N und O M die
Summe O I + O K = K E + O K = O E; woraus also deutlich hervorgeht, dass bei der
Zusammensetzung zweier Kräfte, deren Richtungen verschieden sind, nach der Abschei-
dung desjenigen, was in diesen zwei Kräften entgegenstehet (nämlich der Kräfte O H und
O G) die übrigbleibende Summe wirklich der gefundenen Diagonale gleich ist.


§. 119.


Fig.
6.

Wenn mehr als 2 Kräfte z. B. 3 oder 4 Kräfte zusammengesetzt, und die aus allen
hervorgehende mittlere Kraft und ihre Richtung gefunden werden soll, so lässt sich die-
ses nach der bisherigen Methode auf folgende Art bewirken: Es seyen 4 Kräfte durch die
Linien O A, O B, O C und O D sowohl nach ihrer Lage als Grösse vorgestellt. Man
konstruire nach den ersten 2 Kräften das Parallelogramm A O B E, so ist die Diagonale
O E das mittlere Resultat der beiden ersten Kräfte O A und O B. Auf gleiche Art
wird diese mittlere Kraft O E mit der dritten O C durch das Parallelogramm O E F C
zusammengesetzt, und die Diagonale O F wird die vereinigte Grösse und Richtung der
[129]Zusammenselzung und Zerlegung der Kräfte.
drei Kräfte vorstellen. Wird dann die Kraft O F mit der vierten O D durch das Parallel-
ogramm O F G D zusammengesetzt, so gibt die Diagonale dieses Parallelogrammes die
vereinte Kraft und mittlere Richtung aller vier Kräfte O A, O B, O C und O D an.


§. 120.


Die Anwendungen der über die Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte vorge-Fig.
7.
Tab.
4.

tragenen Sätze sind in der Mechanik sehr mannigfaltig und von der grössten Wich-
tigkeit. Um hierin vorläufig nur ein Beispiel zu geben, wollen wir annehmen, ein Seil
sey an den Punkten M und N befestigt, in der Mitte des Seiles in B ist das Gewicht Q
angehängt; wenn nun gefragt wird, wie stark die zwei Seile M B und N B durch die
Last Q gespannt werden, so verlängere man die Richtung Q B, nach welcher die Last
Q den Punkt B herabzieht, aufwärts nach A, und ziehe aus M die Linie M A parallel zu
N B und eben so die Linie N A parallel zu M B. Wird nun die Last Q durch die Dia-
gonallinie A B vorgestellt, so zerfällt dieselbe in die zwei Seitenkräfte M B und N B.
Nach §. 113 wird sich die Spannung des Seiles M B zur Last Q verhalten, wie M B : A B
oder wie die halbe Länge des Seiles N B M zu 2 B C. Wird nun die Linie B C oder der
Abstand des Punktes B von der Horizontallinie M N gemessen und mit h bezeichnet, so ist die
Spannung des Seiles M B = . Hieraus ist zu erse-
hen, dass das Seil M B um so stärker gespannt werde, je länger das Seil
und je kleiner der Abstand des Punktes B von der horizontalen Li-
nie M N ist
.


Hieraus erklärt sich:


  • Erstens. Dass kein Seil, auch ohne angehängte Last, in eine vollkommene Hori-
    zontallinie gespannt werden könne, weil es schon durch sein eigenes Gewicht her-
    abgezogen wird.
  • Zweitens. Dass die Spannung des Seiles um so stärker seyn müsse, je näher das-
    selbe der Horizontallinie gebracht wird.
  • Drittens. Dass ein stark gespanntes Seil durch eine geringe Kraft, z. B. durch
    den Schlag eines Stockes zerrissen werden könne.
  • Viertens. Dass man die Haltbarkeit der Seile und Ketten auch dadurch prüfen
    könne, wenn man nach und nach grössere Gewichte in B anhängt, jedesmal die
    Grösse B C misst, und daraus die Kraft berechnet, von welcher das Seil in jedem
    Falle gespannt wird.

§. 121.


Ein zweites Beispiel gibt uns die Erklärung der sogenannten Kniehebel. WennFig.
8.

nämlich 2 feste Stangen oder Stützen A M und A N in A durch ein Gelenke (Charnière)
mit einander verbunden und ihre beiden äussersten Endpunkte M und N zu dem Zwecke
gegen zwei andere feste Körper gestützt werden, um durch den Druck einer in A nach
der Richtung A B angebrachten Kraft P diese 2 Punkte M und N auseinander zu treiben,
so nennt man diese Verbindung einen Kniehebel.


Gerstners Mechanik. Band I. 17
[130]Zusammensetzung und Zerlegung der Kräfte.
Fig.
8.
Tab.
4.

Wir haben bereits im vorhergehenden §. gesehen, dass die Kraft P = A B mittelst des
Parallelogrammes M B N A in die zwei Seitenkräfte A M und A N zerlegt wird, wodurch
also der Punkt M nach der Richtung A M mit einer Kraft = gedrückt wird.
Dasselbe geschieht in dem Punkte N.


Wenn gegen diesen Kniehebel noch ein zweiter M B N von derselben Grösse ange-
bracht und mit einer gleichen Kraft nach der Richtung B A getrieben wird, so wird der
Punkt M abermals nach der Richtung B M mit der gleichen Kraft gedrückt.
Diese 2 Kräfte A M und B M, die mit einander im Punkte M den Winkel A M B einschlies-
sen, können wir mittelst des Parallelogrammes B M A N in die mittlere N M zusammenset-
zen, und die Kraft N M wird sich zur Kraft A M verhalten, wie N M : A M; daraus folgt
die Kraft N M = Q = , mit welcher der Punkt M nach der Richtung C M ge-
drückt wird. Eben so wird der Punkt N nach der Richtung C N von einer gleichen
mittlern Kraft gedrückt.


Man sieht hieraus, dass die Wirkung der beiden in A und B angebrachten Kräfte
auf die Entfernung der beiden Punkte N und M um so wirksamer ist, je kleiner A B gegen
N M ist; und dass die anzubringenden Kräfte P verschwinden, wenn A B = 0 oder A M und
A N und eben so B M und B N in die gerade Linie M N gebracht sind. Wenn es also darauf
ankommt, die Punkte M und N nur wenig von einander zu entfernen, so werden die hie-
zu erforderlichen Kräfte in A und B um so kleiner werden, je näher diese Punkte an der
geraden Linie N M stehen. Dieser Fall findet bei dem Prägen der Metalle statt, wo der
den Prägestücken beizubringende Eindruck von geringer Tiefe ist, folglich keiner be-
deutenden Kraft bedarf, obgleich der Widerstand des Metalles, welcher hier durch M N
vorgestellt wird, sehr gross seyn kann. Die Tiefe des Eindruckes wird nämlich durch
(M A + A N)—M N=2 √ (M C2 + C A2)—2M C bestimmt. Setzen wir diese = a und die Grösse
A B = 2 A C = x, die Höhe des Prägestockes M N = 2 M C = h, so erhalten wir nach der
letzten Gleichung a = 2 √ — h und x = √ a (a + 2 h). Werden nun diese
Werthe in die frühere Gleichung Q = gesetzt, so ist P =
= od. beinahe = . Wir sehen also hieraus, dass die nö-
thige Kraft P um so kleiner ist, je kleiner der Widerstand Q oder je weicher das
Metall ist und je grösser die Höhe des Prägestockes gegen die Tiefe des Eindruckes ge-
nommen wird. Auch ist hieraus ersichtlich, dass dem grössern Widerstande des
Metalles durch eine grössere Höhe des Prägestockes und der beiden Kniehebel begegnet
werden kann.


§. 122.


Eine Ebene M T O N, die mit dem Horizonte N O U V einen Winkel macht, wird eine
Fig.
9.
schiefe Ebene oder schiefe Fläche genannt.


[131]Schiefe Fläche.

Wenn eine Last über eine schiefe Fläche hinaufgetragen oder geführt werden soll,
so ist hiebei:


  • Erstens. Der Neigungswinkel, den die schiefe Fläche mit dem Horizonte macht,
    und
  • Zweitens. Der Winkel, den die Richtung der Kraft mit der schiefen Fläche bildet,
    zu berücksichtigen.

Der Neigungswinkel der schiefen Fläche wird auf folgende Art bestimmt: Aus einemFig.
9.
Tab.
4.

willkührlichen in der schiefen Fläche angenommenen Punkte A wird die Linie A B senk-
recht auf die Horizontalfläche N O U V herabgelassen, dann aus dem Punkte B gegen die
Durchschnittslinie N O die Linie B C winkelrecht gezogen, und der Punkt A mit C ver-
bunden; der sich hieraus ergebende Winkel A C B ist der Neigungswinkel, den die
schiefe Fläche mit der horizontalen macht.


Hiebei wollen wir allgemein die Höhe A B = h, die Grundlinie B C = b, und die
Länge A C = 1 setzen, und diese Benennungen bei allen künftigen Berechnungen bei-
behalten.


Die Zugkraft kann entweder parallel zur schiefen Fläche, wie Fig. 10. oder parallel
zur Horizontallinie, wie Fig. 11. oder endlich unter irgend einem Winkel gegen die
schiefe Fläche, wie Fig. 12. wirken.


§. 123.


Im ersten Falle, wenn die Kraft P eine Last Q parallel über die schiefe FlächeFig.
10.

hinaufziehen soll, befinde sich z. B. der Körper Q auf der schiefen Fläche in o. Die
Schwere treibt den Körper nach der Richtung o e senkrecht auf die Horizontallinie C B
herab. Die Grösse dieser Kraft können wir durch o e vorstellen und dieselbe mittelst des
Parallelogrammes o n e m in o n winkelrecht auf die schiefe Fläche, und in o m nach der
Richtung der Kraft parallel zur schiefen Fläche auflösen. Die Wirkung der Kraft o n
wird ganz von der schiefen Fläche aufgehoben, weil sie durch ihre winkelrechte Stellung
den Körper Q weder aufwärts noch abwärts treibt, demnach eben so wie die Wirkung der
Schwere gegen eine horizontale Fläche zu betrachten ist, welche den Körper nur an-
drückt, aber demselben keine Bewegung gibt. Es bleibt demnach von dem Gewichte
o e des Körpers nur die Kraft o m übrig, welche den Körper über die schiefe Fläche
herabzulaufen nöthigen würde, und desshalb von der angebrachten Kraft P aufgehalten
werden muss. Es wird sich demnach für den Stand des Gleichgewichtes die Proportion
P : Q = o m : o e ergeben. Das Dreieck m o e ist dem Dreiecke A C B ähnlich, weil die
Winkel m und B rechte Winkel sind, und wegen des Parallelismus der Linien m o
und C A und auch der Linien o e und A B der Winkel m o e = C x e = C A B
ist, folglich der dritte Winkel o e m = A C B seyn muss. Aus der Aehnlichkeit die-
ser Dreiecke folgt o m : o e = A B : A C, und weil
o m : o e = P : Q, A B = h, und A C = 1 ist,


so ist auch P : Q = h : 1, d. h. wenn der Körper Q von der Kraft
P parallel zur schiefen Fläche gezogen oder geführet wird, so
verhält sich die Kraft P zur Last Q, wie die Höhe der schiefen
Fläche h zur Länge der schiefen Fläche 1
.


17 *
[132]Schiefe Fläche.
Fig.
10.
Tab.
4.

Dieser Satz wird von der Erfahrung auf folgende Art bestättiget: Es sey die Last
Q ein Cylinder und in seiner mathematischen Achse o mit Zapfen versehen, an welche
Schnüre gebunden werden. Am obern Ende der schiefen Fläche befinden sich zwei
um ihre Achsen bewegliche Rollen, über welche die an ihren Endpunkten mit Wagscha-
len versehenen Schnüre gezogen sind. Wird nun der Cylinder abgewogen, die Höhe
A B und die Länge A C der schiefen Fläche gemessen und z. B. A B = ½ A C oder der
Neigungswinkel A C B = 30 Grade gefunden, so ergibt sich, dass die zum Gleich-
gewichte erforderliche Summe der Gewichte (sammt jenem der Wagschalen) genau
die Hälfte vom Gewichte des Cylinders sind. Wird die schiefe Fläche erniedriget und
A B = ⅓ A C gemacht, so ist auch das Gewicht P nur gleich ⅓ Q. u. s. w. Ist endlich
die Höhe A B = o, oder die schiefe Fläche horizontal gestellt, so bleibt der Cylin-
der Q an jedem Orte von selbst in Ruhe und es ist kein Gewicht P nöthig.


§. 124.


Fig.
11.

Im zweiten Falle, wenn die Kraft P parallel zur Grundlinie wirkt, so wird
die Last abermals durch die senkrechte Linie o e vorgestellt, und aus o die Linie o n
winkelrecht auf die schiefe Fläche A C, und dann o m parallel zur Grundlinie gezogen
und das Parallelogramm e n o m ergänzt.


Die Kraft o n wird abermals wegen ihrer winkelrechten Richtung auf die schiefe
Fläche von derselben aufgehoben, es bleibt demnach nur die Kraft o m übrig, welche
von der Zugkraft P nach der Richtung m o gewältigt werden muss. Es verhält sich dem-
nach P : Q = o m : o e. Es sind aber in den Dreiecken m o e und A B C die Seiten des einen
Dreieckes auf die Seiten des andern winkelrecht, demnach alle Winkel gleich und die Drei-
ecke ähnlich. Hieraus folgt m o : o e = A B : B C; weil aber
m o : o e = P : Q, B C = b und A B = h ist, so ist auch
P : Q = h : b, d. h. wenn die Zugkraft zur Grund-

linie parallel ist, so verhält sich die Zugkraft P zur Last Q, wie
die Höhe h zur Grundlinie b der schiefen Fläche
.


Zur Bestättigung dieses Satzes dient eine ähnliche Vorrichtung wie vorhin, nur müssen
die Rollen und der Cylinder so gestellt werden, dass die Schnüre für die Zugkraft P paral-
lel zur Grundlinie werden.


§. 125.


Fig.
12.

Im dritten Falle, wenn die Richtung der Kraft P mit der schiefen Fläche A C
was immer für einen Winkel A w u (den wir = w setzen wollen) bildet, so können wir
die Last Q abermals durch die senkrechte Linie o e vorstellen, die Linie o n winkel-
recht auf die schiefe Fläche, o m nach der Richtung der Zugkraft m o u ziehen, und
das Parallelogramm m e n o ergänzen.


Da die Kraft o n von der schiefen Fläche getragen wird, so bleibt nur die Kraft o m
übrig, welcher die Zugkraft P gleich seyn muss. Wir haben demnach P : Q = m o : o e.
In dem Dreiecke m o e sind aber die Seiten m o und o e den Sinusen der gegenüberste-
[133]Verführung mit Schubkarren über schiefe Flächen.
henden Winkel e und m proportional, demnach ist m o : o e = Sin. m e o : Sin. e m o. WirFig.
12.
Tab.
2.

haben aber die Linie o e senkrecht auf C B und e m parallel zu o n, folglich winkelrecht
auf die schiefe Fläche gezogen; es ist daher der Winkel m e o = A C B (den wir = v
setzen wollen) also Sin. m e o = Sin. v. Weiter ist Sin. e m o = Sin. s m w, weil aber
in dem Dreiecke w m s bei s ein rechter Winkel ist, so ist
Sin. s m w = Cos. m w s = Cos. w, also
m o : o e = Sin. v : Cos. w, und weil
m o : o e = P : Q ist, so erhalten wir
P : Q = Sin. v : Cos. w, d. h. die Zugkraft P verhält

sich zur Last Q, wie der Sinus des Neigungswinkels A C B der schie-
fen Fläche zum Cosinus des Zugwinkels u w A, den die Richtung
der Kraft mit der schiefen Fläche macht
.


Dieser letzte Satz enthält die beiden vorhergehenden. Wenn nämlich die Zugkraft
zur schiefen Fläche parallel wirkt, folglich w = o wird, so ist Cos. w = 1 und
P : Q = Sin. v : 1 = h : 1. Wenn die Zugkraft parallel wirkt zur Grundlinie, so ist
w = v, folglich P : Q = Sin. v : Cos. v = h : b.


§. 126.


Die Anwendung dieser Sätze kommt in der Mechanik sehr häufig vor. Obwohl
die Verführung theilbarer Lasten mit Schubkarren auf ebenem Wege bereits §. 82 vorge-
kommen ist, so ist es hier doch nöthig, denselben Gegenstand für die Fälle, wo die Ver-
führung auf schiefen Flächen
geschehen muss, auszuführen, um so mehr, als sol-
che Verführungen bei jedem Civil- und Wasserbaue vorkommen, und zur Verfassung der
Kostenanschläge von grosser Wichtigkeit sind.


Aufgabe. Es ist zur Regulirung eines Flusses ein Graben (Cunette) auszuhe-
ben, die Breite dieses Grabens sey B, (= 4 Klafter) die Tiefe H (= 2 Klafter) und
die Länge L (= 200°), das Gewicht eines Kubikfusses Erde g (= 100 ℔), folglich das Ge-
wicht des auszuhebenden und zu verführenden Erdkörpers g . B . L . H (= 34560000 ℔).
Die ausgehobene Erde soll zu beiden Seiten auf eine Entfernung E (= 50°) mittelst Schub-
karren verführet werden. Das Gewicht des Schubkarrens G wird 30 ℔ angenommen. Es
wird gefragt, wie viel Taglöhne oder Arbeitstage hiezu erfordert werden.


Um diese Aufgabe aufzulösen, wollen wir erst untersuchen, welche Last von einem
Manne auf die gegebene Entfernung E mit Schubkarren geführt werden kann.


Auf ebenem oder horizontalem Wege haben wir nach §. 81 die Gleichung
; weil aber hier die Erde aus einem Graben bis
zur Tiefe von 2 Klaftern ausgehoben werden muss, so wollen wir die mittlere Tiefe h = 1°
setzen. Da über diese schiefe Fläche nicht nur die Last Q, sondern auch das Ge-
wicht des Schubkarrens G, und überdiess noch das eigene Gewicht des Arbeiters (M)
hinauf geschafft werden muss, so kommt zur bereits angeführten Last noch
die Last zuzusetzen; wir haben demnach die Gleichung
[134]Verführung mit Schubkarren über schiefe Flächen.
. Hieraus folgt
.
Zur Abkürzung wollen wir = B setzen, so erhalten wir
Q = .... (I).


Die Zeit einer Hin- und Rückfahrt auf die Entfernung E ist nach §. 46
.... (II), eben so ist die Anzahl der in einem Tage zu ver-
richtenden Fuhren wie dort, n = .... (III), demnach die ge-
sammte Last, welche in einem Tage an Ort und Stelle gebracht wird
n . Q = .... (IV).


Werden nun diese Gleichungen I, II, III, IV mit den obigen §. 46 verglichen, so
sind die gegenwärtigen von jenen nur dadurch verschieden, dass anstatt des dortigen k
vor dem Einschlusszeichen hier die Grösse erscheint.


Wir werden demnach auch mit Rücksicht auf diese Verschiedenheit, die vortheilhaf-
teste Ladung Q = .... (V), die Anzahl der Fuhren
n = .... (VI) und die tägliche an Ort und Stelle gebrachte
Last n . Q = .... (VII) erhalten.


Wir haben bereits oben gesehen, dass die Grösse 3600. t. c die Länge des Weges
bezeichnet, den ein Arbeiter täglich mit der Last k zu machen im Stande ist; wenn da-
her die Arbeiter von der Art sind, dass sie täglich die Last von 25 ℔ auf die Entfernung
von 3 Meilen zu tragen vermögen, so ist 3600 . t . c = 12000 Klafter, k = 25 ℔;
M sey = 125 ℔; ferner ist in unserm Falle E = 50°; wie §. 82, , al-
so , demnach für mittelmässige Arbeiter ,
[135]Verführung mit Schubkarren über schiefe Flächen.
und B = = 10,6 + 2,5 = 13,1 also = 0,524.


Diese Werthe substituirt geben die von einem Arbeiter in einem Tage verführte Last
n . Q = (1 — 0,524) = 11654 (1 — 0,524) = 5547 ℔.


Wird nun mit dieser Zahl in die zu verführende Summe von 34560000 ℔ dividirt, so
ergibt sich, dass zu dieser Arbeit 6230 Arbeitstage nothwendig sind. Hiezu ist noch die
Summe derjenigen Arbeiter beizusetzen, welche für das Aufgraben und Aufladen in die
Schubkarren erforderlich sind. Nach sehr vielen Erfahrungen wurde gefunden, dass zum
Aufgraben und zum Aufladen einer kubischen Klafter beim leichtern Erdreich 2 Mann, bei
schwererem, wo zugleich die Ha [...]e angewendet werden muss, 3 bis 4 Mann erforderlich sind.
Unsere Erdaushebung beträgt 1600 Kub. Klafter, folglich wenn zwei Mann auf eine Ku-
bikklafter gerechnet werden, so sind hiezu noch 3200 Arbeitstage nothwendig: also be-
trägt die ganze Arbeit 9430 Taglöhne oder Arbeitstage. Wenn nun der Taglohn ei-
nes Arbeiters bekannt ist, so lässt sich hieraus der Kostenanschlag ohne Anstand be-
rechnen.


Eine genauere Rechnung für die Auflösung dieser Aufgabe erhält man mit Hülfe der
§. 49 aufgestellten Tabelle. Da jedoch unser = 0,524 in jener Tabelle nicht vor-
kommt, so müssen die zugehörigen Grössen für diesem Werth proportional berechnet
werden.


Es ist nämlich dort für den Werth = 0,5 der grösste tägliche Effekt
n . Q = ; und für = 0,45 ist der grösste tägliche Effekt
n . Q = .


Vergleicht man diese beiden Effekte mit einander, so ist zu ersehen, dass durch
die Vermehrung des = 0,45 um 0,05 der Coefficient 0,4347 um 0,0221 vermindert wurde,
da aber in unserm Falle = 0,524 ist, folglich die Verhältnisszahl 0,45 um 0,074 ver-
mehrt ist, so ergibt sich die Verminderung (x) des obigen Coefficienten 0,4347 durch
die Proportion 0,05 : 0,0221 = 0,074 : x und x = 0,0327. Es ist also für
= 0,45 + 0,074 = 0,524 der grösste tägliche Effekt
n . Q = .... (VIII).


Die Entgegenhaltung dieser Gleichung mit der obigen (VII) zeigt, dass in die Glei-
chung VII statt der genauern Rechnung zu Folge die Zahl 0,4020 zu setzen
ist. Wir erhalten hieraus für unsere Aufgabe das von einem Arbeiter täglich verführte
Quantum n . Q = .... (IX).


[136]Verführung mit Schubkarren über schiefe Flächen.

Mit Beibehaltung der oben angeführten Werthe erhalten wir sonach
n . Q = = 0,4020 . 16981 = 6826 ℔; daraus ergibt sich die Zahl
der nöthigen Arbeitstage = 5063.


Rechnet man noch die zum Aufgraben und Aufladen nöthigen Arbeitstage mit
3200 wie oben hinzu; so sind nach der genauen Rechnung nur 8263 Taglöhne zur Her-
stellung der Arbeit nothwendig.


Da zur Herstellung der Erdaushebung von 1600 Kubik-Klaftern nach dieser Rech-
nung 8263 Arbeitstage erfordert werden, so ergeben sich bei dem oben angenommenen
Kraftvermögen der Arbeiter auf jede Kubik-Klafter 5 Arbeitstage.


Berechnen wir diese Aufgabe nochmals nach beiden Rechnungsmethoden für stärkere
Arbeiter, welche das Kraftvermögen besitzen, eine Last von 30 ℔ täglich 4 Meilen weit
tragen zu können, so ist 3600 . t . c = 16000 Klafter und k = 30 ℔. Setzen wir ferner
M = 150 ℔, und behalten die übrigen Grössen wie früher; so ergibt sich
= 0,453 und nach Substitution der entsprechenden Werthe in die Gleichung (VII)
n . Q = = 18646 . 0,547 = 10199 ℔.


Da nun ein Arbeiter 10199 ℔ in einem Tage verführt, so sind um obige 34560000 ℔
zu verführen 3389 Arbeitstage nothwendig. Zum Aufgraben und Aufladen wurden 3200
Arbeitstage berechnet, so erfordert die Herstellung des Grabens 6589 Arbeitstage.


Für die genaue Auflösung nach der Tabelle (§. 49) findet man auf gleiche Art wie
früher das von einem stärkern Arbeiter täglich zu verführende Quantum
n . Q = = 11775 ℔.


Hiernach würden zur Verführung des obigen Erdquantums = 2935 Arbeits-
tage, und diese noch mit den oben berechneten 3200 Arbeitstagen zum Aufgraben und
Aufladen der Erde vermehrt, zur gänzlichen Herstellung des Grabens 6135 Taglöhne
oder Arbeitstage nothwendig seyn.


Wenn wir nunmehr die Zahl 6135 durch die Anzahl der Kubik-Klafter 1600 dividi-
ren, so ergeben sich für jede kubische Klafter 3,8 Arbeitstage.


Zur Bestättigung dieser Rechnungen verdient bemerkt zu werden, dass durch die
letzt verflossenen 20 Jahre bei der böhm. Wasserbaudirektion sehr viele solche Arbeiten
vorgekommen, und alle nur nach dem Verhältnisse von 3 bis 4 Taglöhnen für eine kubi-
sche Klafter an die Arbeiter in Accord gegeben und ausgeführt worden sind.


§. 127.


Wenn bei Gebäuden Stockwerke aufgeführt werden, so werden die Baumateria-
lien
entweder über schiefe Flächen hinauf geschafft, oder mittelst eines
Haspels und Anwendung zweier Tonnen hinaufgezogen. Für den ersten Fall ist die
Rechnung folgende:


[137]Verführung mit Schubkarren über schiefe Flächen.

Da hiebei gewöhnlich Schubkarren gebraucht werden, so ist das Gewicht der La-
dung in den Schubkarren nach §. 126, Q = ;
die Zeit einer Fahrt über die schiefe Fläche = , und da wir für die Rückfahrt
V = 2 c setzen können, so ist die Zeit, die auf eine Fuhr verwendet wird,
= ; die Anzahl der Fuhren in einem Tage n = ;
folglich die in einem Tage auf das Baugerüst gebrachte Last
n . Q = , wenn nämlich zur Abkürzung
= B gesetzt wird.


Obwohl eine ähnliche Gleichung schon oben §. 46 für das Tragen theilbarer Lasten
in Traggefässen abgehandelt worden, so lässt sich doch hier die dort angeführte abge-
kürzte Rechnungsmethode nicht anwenden, weil wegen des dabei vorkommenden Ver-
hältnisses = 5 nicht als ein kleiner Bruch behandelt werden kann. Setzen wir näm-
lich z. B. , , das Gewicht des Schubkarrens G = 30 ℔, und weil zu
solchen Arbeiten gewöhnlich stärkere Menschen gebraucht werden, k = 30 ℔, und
G + M = 30 + 150 = 180 ℔, so ist , demnach viel zu gross, als dass diese
Grösse wie ein kleiner Bruch behandelt und die höhern Potenzen von weggelassen
werden könnten. Eine genaue Auflösung dieser Frage kann demnach nur mit-
telst der Differenzialrechnung gegeben werden. *) In der folgenden Tabelle sind
Gerstner’s Mechanik. Band I. 18
[138]Verführung mit Schubkarren über schiefe Flächen.
nach den unten angeführten Rechnungsformeln diese Verhältnisse für die gewöhnlichsten
Fälle berechnet.



[139]Vortheilhafteste Steigung für Baugerüste.

Tabelle
über die vortheilhaftesten Verhältnisse für das Aufbringen der
Lasten auf Baugerüste mittelst Schubkarren
.

§. 128.


Aus dieser Tabelle ist zu ersehen, dass die vortheilhafteste Steigung für Bauge-
rüste, wenn sie mit Schubkarren von dem angegebenen Maasse und Ge-
wichte
befahren werden, bei statt finde. In diesem Falle ist nämlich die
Last, welche von einem Arbeiter auf die Höhe eines Stockwerkes h = 2 Klafter in einem
Arbeitstage geführt werden kann, = = 12060 ℔.


18 *
[140]Verführung über Baugerüste.

In dem Lehrbuche der Baukunst, vom k. k. Major Weiss*), ist das Gewicht


  • einer kub. Klafter ausgetrockneter Ziegelmauer = 17950 Pfund
  • — — — frischer oder grüner Ziegelmauer = 18843 —
  • — — — ausgetrockneter Bruchsteinmauer = 29241 —
  • — — — grüner Bruchsteinmauer = 30034 — angegeben.

Da die Regeln der praktischen Baumeister aus einem Mittel von mehreren Erfah-
rungen über verschiedene Gattungen Mauerwerk abgeleitet sind, so können wir bei ei-
ner Vergleichung derselben mit unsern Rechnungen, das mittlere Gewicht einer kubi-
schen Klafter Mauerwerk = 24017 ℔ oder beinahe = 240 Zentner annehmen. Wird
nun diesem Gewichte das Gewicht von 120 Zentnern 60 ℔, welches ein Arbeiter mit dem
Schubkarren auf die Höhe eines Stockwerkes führen kann, entgegengehalten, so folgt
aus der Gleichung = 2 beinahe, dass zur Aufbringung der Baumateria-
lien von einem Stockwerke in das andere für jede Kubikklafter 2
Handlangertage nöthig sind
. Mit diesem Resultate stimmt die Erfahrung der
praktischen Baubeamten vollkommen überein, welche für das Aufbringen der zu einer
kubischen Klafter nöthigen Baumaterialien für jedes Stockwerk zwei Handlangertage be-
rechnen. **)


Diese Uibereinstimmung bewährt sonach abermals nicht nur die Richtigkeit unse-
rer §. 19 angegebenen Kraftformel und der hierauf gegründeten weitern Rechnungen,
sondern sie verbürget auch noch folgende für die genauere Verfassung der Bauanschlä-
ge nicht unwichtige Bemerkungen:


1tens. Da das Gewicht einer Kubikklafter trockener Ziegelmauer 18000, und der
grünen Ziegelmauer 18800 ℔ beträgt, so gibt das Mittel von beiden = 1,5 bei-
nahe. Hieraus ist ersichtlich, dass 1½ Arbeitstage hinreichen, um das Material für
1 Kubikklafter Ziegelmauer auf die gewöhnliche Höhe eines Stockwerkes von 2 Klaf-
tern zu schaffen.


Die Bruchsteinmauern haben dagegen ein grösseres Gewicht und 1 Kubikklafter wiegt
im Mittel 29600 ℔; demnach folgt aus = 2,5, dass zum Aufbringen des für 1 kubi-
sche Klafter nöthigen Steinmaterials auf die Höhe eines Stockwerkes 2½ Arbeitstage
nöthig sind.


[141]Verführung über Baugerüste.

Die Steine, aus welchen die Mauern hergestellt werden, haben zuweilen ein noch
grösseres Gewicht, so dass eine kubische Klafter auf 380 bis 400 Zentner angeschla-
gen werden kann. Für diesen Fall gibt = 3¼ Arbeitstage.


2tens. Eine nothwendige Bedingniss dieser Rechnung ist aber, dass bei derselben
die vortheilhafteste Steigung der Baugerüste angenommen worden. Es pflegt
aber nicht selten zu geschehen, dass zur Verfertigung der Laufgerüste von einem
Stockwerke in das andere nur einfache, 8 bis 9 Klafter lange Stämme verwendet wer-
den. Wenn wir demnach die Rechnung für die Steigung wiederholen, so gibt
die obige Tabelle, dass ein Arbeiter auf die Höhe von 2 Klaftern nur die Last
℔ führen kann; demnach bedarf
die Beischaffung des Materials für 1 kubische Klafter Ziegelmauer = 2½ Arbeits-
tage; für 1 kub. Klafter Steinmauer = 4; und bei schwerern Materialien
= 5 Arbeitstage, wodurch also die Baukosten in jedem Falle nach dem Ver-
hältnisse 7542 : 12078 oder wie 5 : 8 vermehrt werden. — Es ist also vortheilhaft in
jenen Fällen, wo die Anlegung einer 18 Klafter langen Laufbrücke für den Raum des
angewiesenen Bauplatzes zu gross, oder aus andern Rücksichten nicht thunlich ist,
dieselbe in zwei Theile abzutheilen, und, so wie es bei Stiegen zu geschehen pflegt,
zwei Arme zu 9 Klaftern neben einander und für die folgenden Stockwerke über einan-
der anzulegen.


3tens. Da jedoch die Baumaterialien gewöhnlich nicht unmittelbar bei dem Anfange
der Laufbrücke in die Schubkarren geladen werden, sondern meistens noch auf eine kurze
(ebene) Strecke zum Baugerüste zuzuführen sind, und eben so am obern Ende der Lauf-
brücke nicht sogleich ausgeladen, sondern noch zu dem Orte des Verbrauches hingeführt
werden müssen; so wollen wir die Summe dieser beiden Entfernungen = E setzen. Für
diesen Fall zeigt die Tabelle §. 49. S. 67, dass ein Arbeiter die Last
auf die Entfernung E tragen, mithin in Schubkarren bei dem Verhältnisse = 3 die
Last ℔ führen könne. Setzen wir
diese Last gleich dem Gewichte einer kub. Klafter Ziegelmauer = 18400 ℔, so ergibt
sich E = 28 Klafter, d. i. ein Arbeiter kann das Material für eine Kubik-Klafter Ziegel-
mauer in einem Tage auf die Entfernung von 28 Klaftern verführen. Demnach ist für die
Zufuhr der Baumaterialien zu einer kub. Klafter Ziegelmauer 1 Taglohn, und wenn die
mittlere Entfernung E nur 14 Klafter beträgt, ½ Taglohn u. s. w. zu berechnen.


Bei den Steinmauern wurde oben das Gewicht einer kub. Klafter = 29600 ℔ angege-
ben; setzen wir auf gleiche Art 29600 = , so ist E = 18 Klafter, oder für die
Entfernung von 18 Klaftern ist ein Taglohn, folglich für die Entfernung von 13½ Klaftern
¾ Taglöhne u. s. w. zu berechnen.


[142]Verführung über Baugerüste.

Die kub. Klafter der schweren Steinmauern wiegt 39000 ℔, demnach ist E = 13½ Klafter
d. h. für die Entfernung von 13½ Klaftern ist 1 Taglohn, und für die Entfernung von 27 Klaf-
tern 2 Taglöhne u. s. w. zu berechnen.


4tens. Es ist aber auch noch nöthig, die Baumaterialien zur ebenen Erde vom Bau-
platze in die Schubkarren einzuladen, und auf dem Baugerüste an dem Orte ihres Ver-
brauches wieder auszuladen. Diese Arbeit pflegen die Baumeister, so wie bei dem
Auswerfen des Schottergrundes, auf 2 Handlangertage anzuschlagen.


Diese Anleitung dürfte hinreichen, um jeden Bauführer in den Stand zu setzen,
nach Maassgabe seiner Material- und Lokalverhältnisse sich einen richtigen Kostenan-
schlag für die Herbeischaffung der Baumaterialien zu entwerfen, und zur Erleichte-
rung mehrerer solcher Rechnungen sich auch eigene Tabellen zu verfassen.


Wenn wir z. B. die grösste Entfernung, auf welche die Baumaterialien, ausser
den Laufbrücken noch auf Schubkarren zu verführen sind, auf 28 Klafter und weil
einige Materialien hievon unmittelbar am Ende der Laufbrücke abgeladen werden, das
Mittel zwischen der grössten und kleinsten Entfernung auf 14 Klafter anschlagen; so-
nach die Arbeitstage, welche zum Heraufführen über die Laufbrücken, zur horizon-
talen Herbeiführung, dann zum Auf- und Abladen erforderlich sind, in eine Summe
bringen, so ergeben sich für die Beischaffung der Baumaterialien zu einer Kubikklafter
Mauerwerk
auf ebener Erde für Ziegelmauern 2½ Handlangert., für Bruchsteinm. 2 ¾ bis 3 Handlangert.
in das 1ste Stockwerk für — 4 — — — 5¼ — 6¼ —
für das 2te Stockwerk für — 5½ — — — 7¾ — 9½ —
u. s. w. In diesem Schema sind nur diejenigen Arbeitstage angegeben, welche bloss
zur Beischaffung der Materialien für eine kub. Klafter Mauerwerk in jedes
Stockwerk erforderlich sind. Wollte man aber den vollständigen Bedarf an Handlan-
gertagen für eine Kubikklafter Mauerwerk berechnen, so würden zu diesen Zahlen
noch diejenigen Handlangertage beizusetzen seyn, welche zur unmittelbaren Bedienung
der Maurer, zum Zulangen schicklicher Bausteine, des Wassers, Kalkes, Sandes u. dgl.
nothwendig sind, welche in den angeführten Schriften der praktischen Baubeamten ge-
wöhnlich auf 5 Handlangertage angeschlagen, jedoch vorzüglich nur von der Geschick-
lichkeit und dem Fleisse der Arbeiter bedingt, demnach nur nach besondern Lokal-
rücksichten bemessen werden können.


§. 129.


Das Zutragen der Baumaterialien in hiezu schicklichen Traggefässen über
Leitern und Stiegen wird nur bei Reparaturen und überhaupt nur in solchen Fällen
angewendet, wo die Zufuhr mittelst Schubkarren nicht thunlich und die Anlegung ei-
gener Laufbrücken und Baugerüste für den vorhabenden Bau zu kostspielig seyn wür-
de. — Uiber das geringe Vermögen der Arbeiter bei dem Tragen der Lasten über
Treppen oder Stiegen haben wir bereits oben pag. 26 nach Coulomb einige Beispiele
angeführt; wir halten es demnach für überflüssig, diesen Gegenstand noch durch eine
weitläufigere Rechnung auseinander zu setzen.


[143]Vergleichung mit einem Aufzuge.

§. 130.


Dem Gebrauche des Haspels bei dem Aufziehen der Lasten kommt
der Umstand zu statten, dass das eigene Gewicht des Arbeiters hiebei in Ruhe bleibt,
sonach der Arbeiter seine ganze Kraft nur auf das Haspelziehen verwenden kann. Ob-
gleich die Kreisbewegung der Handhabe den Arbeiter ausser Stand setzt, in allen
Punkten des Kreises mit gleicher Kraft zu wirken (wovon wir im VI. Kapitel aus-
führlicher handeln werden), so ist doch die aufzubringende Last immer noch so
gross, dass sie das Aufbringen der Lasten mittelst Schubkarren selbst bei der hiezu
vortheilhaftesten Steigung noch ansehnlich übertrifft. Demselben steht jedoch der un-
vermeidliche Nachtheil entgegen, dass die Baumaterialien hiebei viermal
überladen werden müssen
, nämlich zu ebener Erde von dem Vorrathsplatze in
den Schubkarren, dann aus demselben in die Tonne des Haspels, ferner auf dem
Gerüste aus der Tonne in den Schubkarren und endlich aus dem leztern an den
Ort ihres Verbrauches; wogegen dieselben bei der Verführung über Laufbrücken
nur zweimal nämlich von dem Vorrathsplatze in den Schubkarren eingeladen, und
auf dem Gerüste an dem Orte ihres Verbrauches ausgeladen werden. Wenn demnach
für dieses zweimalige Uiberladen zwei Handlangertage gerechnet werden, so sind bei
dem Gebrauche des Haspels vier Handlangertage um so mehr nothwendig, als vorzüg-
lich bei der Entladung der Tonnen über der Oeffnung des Baugerüstes mehrere Um-
stände und Vorsichten zu beobachten sind, die bei der Verführung über Laufbrücken
und Gerüste nicht vorkommen.


Unter den §. 87 angeführten Verhältnissen ist ein Arbeiter im Stande, mittelst des
Haspels täglich die Last auf die Höhe H zu bringen. Weil aber der Arbeiter
wegen der Kreisbewegung seiner Handhabe nicht in allen Punkten der Peripherie eine
gleiche Leistung bewirken kann, so wollen wir seine Kraft nur mit ⅔ von 30 ℔ oder mit
20 ℔ in Rechnung nehmen. Bei dieser Annahme erhalten wir
℔, und für das Aufziehen der Baumaterialien auf die
Höhe eines Stockwerkes für eine Kubikklafter Ziegelmauer = 1/7, für leich-
te Steinmauern = ¼ und für schwere Steinmauern = ⅓ Arbeitstage; für 2
Stockwerke das doppelte u. s. w.


Hiernach sind bei dem Gebrauche des Haspels im ersten Stockwerke 4 Arbeits-
tage für das Uiberladen und dann noch im Mittel ¼ Tag für das Aufziehen, also zusammen
4¼ Tage in Anschlag zu nehmen, wogegen bei der Anwendung der Laufbrücken für das
Verführen der Baumaterialien in den ersten Stock 2 Arbeitstage und für das Uiberladen
weitere 2 Arbeitstage, also zusammen nur 4 Tage berechnet wurden.


Auf gleiche Art sind zum Aufbringen der Materialien in das zweite Stockwerk
bei dem Gebrauche des Haspels 4 Tage für das viermalige Uiberladen, und noch ½ Tag
für das Aufziehen, also zusammen 4½ Taglöhne zu berechnen, wogegen bei dem Gebrau-
che der Laufbrücken 4 Taglöhne zum Verführen über die Baugerüste und 2 Taglöhne zum
Uiberladen, also zusammen 6 Tage erforderlich sind.


[144]Tretrad.

Hieraus ist einleuchtend, dass für das Beischaffen der Baumaterialien zu einer Ku-
bikklafter Mauer in den ersten Stock die Laufgerüste, für die übrigen höhern Stockwerke
aber der Gebrauch des Haspels vorzuziehen sey.


§. 131.


Wir haben die schiefe Fläche bei der Fortschaffung von Lasten bisher bloss als ein
Hinderniss kennen gelernt, sie wird aber in der Mechanik auch als Mittel zum Betriebe
der Maschinen, zur Hebung der Lasten u. s. w. gebraucht, wie es bei den Treträdern
zunächst der Fall ist.


Unter einem Tretrade, Laufrade oder Tretscheibe versteht man ein der-
gestalt eingerichtetes Rad, welches durch das Gewicht der Menschen oder auch der
Thiere betrieben werden kann. Man unterscheidet hauptsächlich zwei Arten von
Fig.
7, 8
und
9.
Tab.
2.
Treträdern, nämlich die vertikalen, wie Fig. 7 und 8 und die schiefstehenden, wie
Fig. 9. Die erstern, welche Tret- oder Laufräder genannt werden, bestehen
aus einer horizontalen Welle a, in deren Mittelpunkte an den beiden Enden zwei Zapfen
befestigt sind, die sich wieder in Lagern (Zapfenlagern) bewegen. Von der Welle gehen
mehrere Arme oder Speichen aus, welche in Verbindung mit andern Zimmerwerk den
Radkranz mit der Welle vereinigen. Um die letztere Welle wird ein Seil geschlungen, mit-
telst welchem die angehängte Last durch das Aufwinden herangezogen oder gehoben
wird. An dem Umfange des Rades oder auf dem Radkranze werden entweder im Innern
des Rades unten, wie Fig. 7 oder auch oberhalb desselben, wie Fig. 8 in einem, seit-
wärts vom Mittelpunkte b liegenden Punkt D ein oder mehrere Menschen oder Thiere
aufgestellt, welche durch ihr Gewicht das Rad nach der, der angehängten Last entge-
gengesetzten Seite zu bewegen streben, und sich auf diese Art mit derselben in das Gleich-
gewicht stellen. Damit die für den Gang der Maschine erforderlichen Arbeiter oder
Thiere nebeneinander den zur Bewegung nothwendigen Raum haben, muss der Radkranz
die gehörige Breite erhalten; er muss ausserdem entweder, wie Fig. 7 an seinem ganzen
innern Umfange mit Dielen belegt und mit Latten e, e, e ..... benagelt werden oder
man bringt wie Fig. 8 von aussen Stuffen f, f, f … an. Damit die Thiere im ersten
Falle nicht seitwärts herausspringen können, werden beide Seitenwände des Tretrades
auf 4 oder mehr Fuss Höhe von dem äussern Radkranze an gegen den Mittelpunkt des
Rades mit Brettern verschalt. Um endlich die Thiere zu nöthigen, an ihrem Standorte
zu verbleiben, pflegt man für dieselben Krippen oder Raufen vorzulegen, diese mit Fut-
ter zu versehen und die Thiere selbst daran wie gewöhnlich anzuhängen.


Der Halbmesser eines solchen Tretrades für Menschen beträgt wenigstens 8 Fuss,
damit der Arbeiter unter der Welle noch aufrecht stehen könne; für Thiere werden die
Halbmesser grösser, nämlich 12 und mehr Fuss angenommen.


§. 132.


Um die Wirkung eines solchen Tretrades zu berechnen, sey D der
Fig.
13.
Tab.
4.
Punkt, auf welchem der Arbeiter (oder das Thier) bei der Bewegung des Tretrades
zu stehen kommt, wenn er sich mit der Last Q im Gleichgewichte befindet. Das Gewicht
des Arbeiters, welches wir M nennen wollen, wirkt nach der Richtung D O parallel zu
[145]Tretrad.
G Q an dem Winkelhebel D E G und es muss, wenn E F und E G winkelrecht auf die
Richtungen F O und G Q der Kräfte gezogen sind, im Stande des Gleichgewichtes
nach §. 68, M : Q = E G : E F seyn (I).


Ziehen wir nun zur Peripherie des Rades in dem Punkte D die Tangente A C und
aus den beliebigen Punkten A und C derselben die Lothrechte A B und Horizontale
C B, so sehen wir, dass der Arbeiter eigentlich fortwährend über eine schie-
fe Fläche C A hinaufgeht
; es wird sonach seine Kraftanstrengung desto grösser
seyn, je steiler diese schiefe Fläche oder je grösser der Winkel A C B ist, da
der Mensch (oder das Thier) sein eigenes Gewicht beständig über die schiefe Fläche
hinauftragen muss. Wir haben daher hier ganz denselben Fall wie §. 123, d. h. es
verhält sich die Kraft k , welche der Arbeiter (oder das Thier) an-
wendet, zu M oder der Last, welche in unserm Falle eigentlich hinaufbewegt wird,
wie die Höhe der schiefen Fläche (A B) zur Länge derselben (A C), oder
k : M = A B : A C (II).


Da endlich die Dreiecke A B C und E F D einander ähnlich sind, so ist auch
A B : A C = E F : E D (III).


Werden nunmehr die Proportionen I, II und III mitsammen multiplicirt, so er-
gibt sich k : Q = E G : E D, d. h. die Kraft
k , mit welcher sich der Arbeiter im Tretrade an-
strengt, verhält sich zur Last Q, wie der Halbmesser der Welle zum
Halbmesser des Rades
. Es ist demnach hier derselbe Fall vorhanden, als wenn der
Arbeiter seine Kraft k an der äussern Peripherie eines Rades z. B.
an einem Spillenrade oder Haspel anzuwenden hätte. Zur Bewegung eines Tretrades
wird daher dieselbe Kraftanstrengung wie bei jedem andern Rade an der Welle (mit
demselben Verhältnisse der Hebelsarme) erfordert, und ein Tretrad leistet nicht mehr,
als ein jedes andere Rad.


§. 133.


Aus der angeführten Berechnung ergibt sich nun auch von selbst die Unrichtig-
keit der ehemaligen Meinung, dass die Treträder im Vergleiche der bisher abgehan-
delten Maschinen weit ausgiebiger seyen, indem hiebei das ganze Gewicht des
Arbeiters
in Wirksamkeit kommt, während bei andern Maschinen z. B. Haspeln oder
Winden bloss die Muskelkraft der Hände wirksam ist.


Die Treträder haben im Gegentheile mancherlei Nachtheile; sie sind nämlich ihrer
bedeutenden Grösse wegen nicht überall anwendbar; sie sind kostspielig, weil sie so
gross und stark gebaut werden müssen, um die zu ihrem Betriebe erforderlichen Thiere
aufzunehmen und zu tragen; sie vermehren sodann durch ihr eigenes grosses Gewicht
und durch die hinzukommende Belastung von den Zugthieren die Reibung an der Ma-
Gerstners Mechanik. Band I. 19
[146]Tretrad.
schine bedeutend, (wovon später umständlich gesprochen werden wird); endlich kom-
men bei den Treträdern die Arbeiter nicht selten in Gefahr, wenn sie aus Versehen, oder
wenn die Last abgeladen werden soll, beim Herablassen derselben zu weit zurücktreten;
die Last bekommt nämlich in diesem Falle das Uibergewicht, treibt das Rad mit be-
schleunigter Bewegung zurück, die Arbeiter stürzen um, werden im Rade herumge-
schleudert und nicht selten bedeutend beschädigt.


Zur Vermeidung solcher Unglücksfälle bringt man an den Treträdern verschiedene Vor-
richtungen (Mechanismen) an, deren Erklärung wir umständlicher erst in der Folge ab-
handeln werden, und hier nur im allgemeinen andeuten wollen; nämlich:


  • a) Es wird ein Sperrrad mit einem Sperrkegel von aussen angebracht, um das Tretrad
    zu verhindern, eine entgegengesetzte Bewegung anzunehmen.
  • b) Man bringt an vier mit einander verbundenen Hebeln Schwungkolben an, welche
    bei beschleunigter Bewegung Widerhacken oder Sperrhebel einfallen lassen und
    das Tretrad feststellen.
  • c) Man bringt ein einfaches oder doppeltes Premsrad (Premsbalken) an, wodurch die
    Bewegung des Tretrades angehalten und schnell in Ruhe gebracht wird.
  • d) Man legt um die Welle des Tretrades schwebende eiserne Ringe, woran die Ar-
    beiter bei dem Zurückgehen oder Herablassen der Last sich halten, und gegen
    das Umstürzen sicher stellen u. s. w.

Aus diesen Gründen ersieht man, warum Treträder, die man sonst bei Kranichen
zum Aufziehen der Waaren aus Schiffen, bei Bretmühlen zum Aufziehen der Baumstäm-
me, bei Getreidemühlen zum Aufziehen der Getreidesäcke in die höhern Stockwerke oder
auch zum Getreidemahlen selbst und bei mehrern ähnlichen Maschinen verwandte, gegen-
wärtig nur noch selten gebraucht werden.


§. 134.


Fig.
9.
Tab.
2.

Unter den Treträdern ist das schiefstehende (Fig. 9) oder die sogenannte Tret-
scheibe
das zweckmässigste, indem es die Arbeiter unglücklichen Zufällen weit weni-
ger aussetzt und daher mehr im Gebrauche ist. Auch hat es vor den Tret- oder
Laufrädern den Vortheil, dass der Arbeiter durch seine grössere Entfernung vom Mittel-
punkte der Welle seinen Hebelsarm E D vergrössern, folglich sein statisches Moment
vermehren und einer grössern Last das Gleichgewicht halten könne; so wie derselbe im
Gegentheile durch eine Annäherung zu dem Mittelpunkte sein statisches Moment verklei-
nern kann. In einem jeden dieser Fälle kann sich der Arbeiter mit seiner mittlern
Geschwindigkeit bewegen, und dadurch den grössten Effekt bewirken. Die Berechnung
derselben ist jener gleich, welche wir §. 132 bei dem Tretrade aufgestellt haben.


Es befinde sich nämlich Fig. 14 das Gewicht (M) des Arbeiters in D, so wirkt die-
Fig.
14.
Tab.
4.
ses nach der Richtung der Schwere in der Linie D p mit einer Kraft (= M) senkrecht
herab. Diese Kraft bildet mit der Fläche der Tretscheibe einen Winkel p D C und muss
daher in zwei Theile zerlegt werden, welches geschieht, wenn wir die Linie D r win-
kelrecht auf die Tretscheibe und die Linie D q in der Fläche der Tretscheibe nach der
Richtung, in welcher sich der Arbeiter bewegt, ziehen. Wird ferner p q parallel zu
r D und r p parallel zu D q gezogen, so wird die Kraft M = D p nach dem bekannten
[147]Tretrad.
Satze vom Parallelogramme der Kräfte in D r und D q aufgelöst. Die erste Kraft D r istFig.
14.
Tab.
4.

winkelrecht auf die Tretscheibe, kann also dieselbe nicht bewegen; es bleibt demnach
nur die Kraft D q übrig, womit das Gewicht des Arbeiters die Bewegung
der Tretscheibe bewirkt
.


Es frägt sich nun, wie gross D q sey? — Wenn wir die Linie D q bis C und A verlän-
gern, C B horizontal und A B senkrecht ziehen, so ist A B die Höhe und C A die Länge
der schiefen Fläche, über welche sich der Arbeiter bewegt. Es wird sich also nach §. 123
die Kraft k , welche der Arbeiter zur Bewegung seines Körpers
über diese schiefe Fläche braucht, zu der Last oder zu dem Gewichte seines Körpers M
wie A B zu A C verhalten, oder k : M = A B : A C.


Da nun die Dreiecke D q p und A B C einander ähnlich sind, so verhält sich
demnach ist auch es verhält
sich die Kraft, welche der Arbeiter zur Bewegung seines Körpers über die schiefe Fläche
braucht, zu dem Gewichte (M) seines Körpers, wie die Kraft D q, welche derselbe Arbeiter
in der schiefen Fläche zur Bewegung der Tretscheibe anwenden muss, zur Kraft D p = M.
Hieraus folgt D q = k d. h. der Punkt D muss nach der Richtung
seiner Tangente mit einer Kraft bewegt werden, die = k ist. Es
ist also eben so viel, als wenn an der Peripherie eines Rades, dessen Halbmesser D E
ist, die Kraft k wirken möchte, folglich auch hier derselbe Fall,
wie bei einem jeden andern Rade an der Welle vorhanden.


§. 135.


Wir wollen nun annehmen, es seyen mittelst eines Tretrades Lasten
auf eine bestimmte Höhe aufzuziehen
. Zu diesem Behufe setzen wir, wie
bei der Aufgabe §. 87 den Halbmesser der Welle = r, des Rades = R und die Anzahl
der Arbeiter oder Thiere = N, demnach erhalten wir nach §. 132 und 134 die Gleichung
zwischen Kraft und Last (wie Seite 102);


  • den Raum, den die Last in einer Sekunde beschreibt v' = · v;
  • die Zeit eines Aufzuges = ;
  • die Anzahl der Aufzüge in einem Tage, n =
  • und wenn diess mit der Last Q multiplicirt wird,
  • den täglichen Effekt .

19 *
[148]Tretrad.

Diese Tagesarbeit wird am grössten, wenn = 1 und = 1 genommen wird (wie
S. 102), es finden daher in Hinsicht der vortheilhaftesten Kraftverwendung hier diesel-
ben Bestimmungen wie bei einem Rade an der Welle statt.


Weil aber bei einem Tretrade die Grösse desselben oder R, eben so wie der Halbmes-
ser der Welle r gewöhnlich gegeben ist, so ergibt sich die Last aus der Gleichung
Q = N. k. ; wenn daher auch Q gegeben ist, so wird hieraus die Anzahl der erforder-
lichen Arbeiter (N) bestimmt und umgekehrt.


Da sich aber die Kraft k zum Gewichte des Arbeiters M, wie die Höhe h der
schiefen Fläche zu ihrer Länge 1 verhält, und das Gewicht der Menschen beiläufig
fünfmahl so gross als ihre mittlere Kraft ist (§. 32), so folgt, dass die Höhe dieser
schiefen Fläche
, worauf der Arbeiter in einem Tretrade sich bewegt, der fünfte
Theil ihrer Länge seyn müsse
; diess gibt zur Bestimmung des Winkels A C B
die Gleichung, Sin. ; folglich ist der Winkel, den die Tretscheibe mit dem
Horizonte macht, A C B = α = 11° 32 Min..


Wollte man in einem andern Falle z. B. annehmen, dass das Gewicht der Zugpferde
M = 7,5 Ctr. und ihre mittlere Kraft k = 1 Ctr. sey, so erhalten wir den Neigungswinkel
des Tretrades aus der Gleichung Sin. Sin. 7° 40Min..


Macht man den Winkel in einem oder dem andern Falle grösser, so kann sich der
Arbeiter oder das Pferd nicht mehr mit der mittlern Geschwindigkeit bewegen; es findet
daher nicht seine vortheilhafteste Kraftanwendung statt.


Aus diesem Winkel bestimmt sich nun die Grösse E F = R. Sin. α, folglich auch der
Fig.
13.
Tab.
4.
Punkt D, wohin das Thier in einem Tret- oder Laufrade gestellt werden muss; hiernach
muss nun wieder der Ort der Krippe oder der feste Punkt bestimmt werden, an welchem
das Thier angehängt wird. Ist das Tretrad eine Tretscheibe, so gibt α den Winkel, wel-
chen die schiefe Fläche der Scheibe mit dem Horizonte machen muss.


Hieraus erklärt sich nun auch, warum man häufig gefunden hat, dass sich die Thiere
bei den Treträdern der Schrott- oder anderer Mühlen zu viel abgemattet haben; es war
nämlich in diesem Falle die gehörige Grösse für den Winkel α nicht angenommen worden.


§. 136.


Die Schraube ist eine, um einen Cylinder oder eine Spindel herumgewundene schiefe
Fläche. Es gibt zweierlei Arten Schrauben: die solide oder äussere und die hohle
oder innere Schraube.


Die solide Schraube besteht aus einem massiven Cylinder, um welchen in
der Richtung einer schiefen Fläche verlängerte Ringe gewickelt sind, die man Gän-
ge
oder Gewinde nennt. Die solide Schraube kann man sich auf folgende
Art entstanden denken: Es sey D E F G ein Cylinder und A B C eine schiefe Fläche, de-
Fig.
15.
ren Grundlinie B C eben so lang, als die Peripherie des Cylinders ist. Wird diese schiefe
Fläche um den Cylinder gewunden, so gibt die Länge derselben oder die Hypothenus
A C die Schraubenlinie auf dem Cylinder, und wenn parallel zu dieser Schrauben-
[149]Schraube.
linie um den Cylinder ein Dreieck a b c Fig. 15 oder ein Viereck a b c d (Fig. 16) her-Fig.
15
und
16.
Tab.
4.

umbewegt, oder vielmehr ein Ring m b n oder m b c n an demselben befestigt wird, so er-
hält man ein Gewinde oder einen Schraubengang. Wenn nun mehrere solche
Gewinde an der Schraubenspindel fortlaufen, so wird diess eine Schraube und zwar eine
solide Schraube genannt. Wird ein Dreieck in die Schraubenspindel eingeschnitten,
so nennt man diess eine scharfe Schraube; wird aber ein Viereck eingeschnitten, so
heisst man diess eine flache Schraube.


Wenn dasselbe Verfahren, nämlich das Ausschneiden eines Dreieckes oder Viereckes an
der innern Seite eines hohlen Cylinders angewendet wird, so nennt man diess eine hohle
Schraube
oder Schraubenmutter.


§. 137.


Eine Schraube ist für sich allein zum Fortschieben oder Heben einer Last nicht
zu gebrauchen, sondern es müssen immer zwei mit einander verbunden seyn, deren eine
solid, die andere hohl, beide aber an ihrer Peripherie so ausgehöhlt sind, dass
die Erhabenheiten der einen in die Vertiefungen der andern genau hineinpassen. Man
nennt in diesem Falle die hohle Schraube die Schraubenmutter und die solide die
Schraubenspindel.


Die Last, welche mit einer Schraube gehoben werden soll, liegt entweder auf der
Schraubenmutter oder auf der Schraubenspindel. Im ersten Falle wird die Schrauben-
spindel auf eine unbewegliche Grundfläche gestellt und nach der Richtung ihrer Basis
umgedreht, wodurch dann die Schraubenmutter, und somit auch die Last zum Steigen
gebracht wird; im zweiten Falle wird die Schraubenmutter auf eine feste Fläche gelegt,
auf derselben herumgedreht und dadurch die Schraubenspindel sammt der Last erhöht.
In beiden Fällen ist die Last derjenige Druck, welchen die Schrauben-
gänge gegen die Gewinde der Schraubenmutter äussern
; es ist daher für
beide Fälle die Berechnung der Kraft, welche zur Bewegung einer Schraube erfor-
dert wird, offenbar einerlei. Es wird nämlich jedesmal bei einer ganzen Umdrehung
(um 360 Grad) es sey der Schraubenmutter oder Schraubenspindel, die Last um die Höhe
eines Schraubengewindes gehoben, indem diese Last auf der schiefen Fläche der Win-
dungen oder Gänge fortrückt; oder indem die Last eigentlich durch eine unter dieselbe
(Last) geschobene schiefe Fläche fortwährend gehoben wird. Die Peripherie des Cy-
linders ist die Basis dieser schiefen Fläche und die Höhe eines Schraubenganges ist ihre
Höhe. Hieraus erhellet nunmehr, dass die bei der schiefen Fläche angeführten Grund-
sätze auch bei der Schraube anwendbar sind.


§. 138.


Manche Schrauben haben 2, 3 und noch mehrfache Gewinde. Sie bestehen näm-Fig.
1.
Tab.
5.

lich aus 2, 3 oder mehr schiefen Flächen (Schraubengängen) die zwischen einander
um die Schraubenspindel gewunden sind. In diesem Falle wird z. B. bei einer dreifa-
chen Schraube die Grundlinie der Schraubenspindel in 3 gleiche Theile, von 120 zu 120
Graden eingetheilt, und von einem jeden dieser 3 Theilungspunkte eine schiefe Fläche
von gleichem Neigungswinkel um die Spindel gelegt, wodurch die auf der Spindel ent-
stehenden Schraubengänge sämmtlich zu einander parallel und die Höhe eines Schrau-
[150]Schraube.
bengewindes in drei Theile getheilt wird. Auf gleiche Art verfährt man, wenn die Schrau-
be noch mehr Gewinde erhält.


Eine solche Schraube mit mehrfachen Gewinden erkennt man leicht durch das
blosse Ansehen, indem an dem obern oder untern Ende der Schraube die Anfänge
mehrerer Gewinde ersichtlich sind; dasselbe findet man, wenn eine Schraube einmal
ganz (um 360 Grad) herum gedreht und hiebei die Anzahl der Gewinde, um welche
sie sich erhob, gezählet wird. Bei der Berechnung dieser Schraube muss man daher
zur Höhe die Höhe einer und derselben schiefen Fläche oder eines ganzen Schrauben-
gewindes, nicht aber den Abstand zweier Schraubengewinde nehmen; die Peripherie der
Schraube bleibt aber dieselbe.


Die Schrauben mit mehrfachen Gewinden haben das eigene, dass sie bei einer Um-
drehung höher als die einfachen Schrauben, nämlich auf 2, 3 oder mehr Gewinde steigen,
während eine einfache Schraube die Last bei jeder Umdrehung nur um die Höhe eines
Schraubenganges hebt. Man braucht diese Art Schrauben z. B. bei Papierpressen, wo sie
den Zweck haben, von selbst aufzuspringen, nachdem aus der geschöpften Papiermasse
das Wasser herausgepresst wurde. Warum eine solche Schraube von selbst aufspringt,
werden wir im V. Kapitel bei der Berechnung der Schrauben sammt Reibung sehen.


§. 139.


Die Verzeichnung eines Schraubengewindes auf einem Cylinder unterliegt keiner
Schwierigkeit; man braucht nur die Peripherie und eben so die Höhe eines Schraubenge-
windes in dieselbe Anzahl, z. B. 8 oder 12 gleiche Theile zu theilen und auf dem ersten
Theilungspunkte einen, auf dem 2ten zwei, auf dem 3ten drei u. s. w. solche Theile auf-
zutragen.


Fig.
17.
Tab.
4.

Wenn aber der Gang einer Schraube auf einer ebenen Fläche z. B. auf einem Papiere
entworfen werden soll, muss auf folgende Art verfahren werden: Man beschreibe mit dem
äussern Halbmesser (R A) des Cylinders einen Halbkreis A B C .... N und theile denselben
in den Punkten B, C, D .... z. B. in 12 gleiche Theile A B = B C = C D .... ein. Wenn
nun A α die Tiefe des Schraubengewindes ist, so wird mit dem Halbmesser R α abermals ein
Kreis α β γ … ν beschrieben und ebenfalls in 12 gleiche Theile α β = β γ .... getheilt.
Man ziehe nun von den ersten Theilungspunkten A, B, C .... senkrechte Linien auf den
äusseren Durchmesser a n des Cylinders, so erhält man die Punkte a, b, c .... in wel-
chen die am Umfange des Kreises liegenden Punkte A, B, C .... erscheinen. In dem
Punkte n trage man die halbe Höhe des Schraubengewindes n o auf, theile dieselbe wie-
der in 12 gleiche Theile n n' = n' n'' = n'' n''' .... und ziehe von den Theilungspunk-
ten horizontale Linien, bis sie die in b, c, d .... errichteten Perpendikel bb', cc', dd' …
schneiden. Wenn die hiedurch erhaltenen Punkte a, b', c' d' .... bis o mitsammen ver-
bunden werden, so erhält man die vordere Ansicht (vertikale Projektion) einer Schrau-
benlinie. Wird auf gleiche Art mit den Theilungspunkten des innern Kreises α, β, γ …
verfahren, so gibt die Linie u g' o' die Verzeichnung der innern Schraubenlinie. Zieht man
nun zur ersten oder äussern Schraubenlinie a b' c' .... o mit der Breite a r = o s des
äussern Schraubengewindes (welche Breite bei der einfachen Schraube der halben Höhe
des Gewindes gleich ist) die Parallele r t s, so erhält man die ganze Projektion einer
Schraube.


[151]Schraube.

Auf gleiche Art wird die Projektion einer Schraube entworfen, welche mehrfacheFig.
1.
Tab.
5.

Gewinde hat, wie diess Fig. 1. bei einer Schraube mit 3fachen Gewinden der Fall ist.


§. 140.


Die Kraft, welche man anwenden muss, um eine Schraube an der
Peripherie ihrer Spindel zu drehen, verhält sich zur Last, die ge-
hoben werden soll, wie die Höhe eines Schraubenganges zur Peri-
pherie der Spindel
.


Nach §. 137 ist das Aufschrauben einer Last nichts anders, als das Hinaufziehen oder
Hinaufschieben dieser Last über eine schiefe Fläche, wobei die Kraft parallel zur Grund-
linie d. h. zur Peripherie der Schraube wirkt. Man kann sich nun die Last auf der
Mitte der Gewinde ruhend vorstellen; wenn man daher mit dem mittlern Halbmes-
ser
(a) der Schraubengewinde einen Kreis beschreibt, und diesen Kreis ausspannt, soFig.
2.
Tab.
5.

erhält man eine schiefe Fläche a b c, deren Höhe a b die Höhe h eines Schraubenge-
windes, die Grundlinie b c aber die ausgespannte mittlere Peripherie des Gewindes,
nämlich · 2 a ist. Wir haben daher nach §. 124, P : Q = a b : b c = h : · 2 a. Hier-
aus folgt P = ; die Kraft, welche man bei einer Schraube anwenden muss, wird
für dieselbe Last desto kleiner, je weniger die Höhe eines Schraubengewindes (h) im
Verhältnisse zur Peripherie der Schraube beträgt.


§. 141.


Die Kraft bei einer Schraube wird selten unmittelbar an der Peripherie der Spindel
angebracht, sondern man verbindet die Schraube mit einem Hebel oder
mit einem Schraubenschlüssel, an dessen Ende die Kraft angebracht ist.


Es sey die Kraft bei einer einfachen Presse zu berechnen. Dieselbe bestehtFig.
3.

aus einem viereckigen Rahmen A B C D, in welchem sich eine Tafel E F vermit-
telst der Schraubenspindel G I auf- und abbewegt. Die Schraubenspindel wird nicht
unmittelbar an ihrer Peripherie, sondern durch die Hebel I L und I N, an deren End-
punkten die Kraft wirkt, bewegt. Die Schraubenspindel greift bei H in die Schrauben-
mutter ein und da der Rahmen A B C D die hinlängliche Festigkeit haben muss, so bleibt
bei der Umdrehung der Schraubenspindel die Schraubenmutter H unverrückt, während
die Schraubenspindel G I und somit auch die Tafel E F herabgeht, und den unter der-
selben befindlichen Gegenstand z. B. Leinwand, Wäsche etc. zusammenpresst. Setzen
wir nun den Druck, welchen die Schraubenspindel gegen die Schraubenmutter ausübt,
und welcher eben so gross ist, als der Druck, womit die Leinwand etc. gepresst wird
= Q und die Kraft, welche zur Bewegung der Schraubenspindel unmittelbar an ihrem
mittlern Umfange erforderlich ist = P, so ist nach dem vorigen §.
P : Q = h : · 2 a. Nun ist aber die Kraft P in Hinsicht der an der Peripherie des He-
bels wirkenden Kraft K als eine Last zu betrachten, und da P und K an einem Hebel der
zweiten Art, der sich um den Mittelpunkt der Schraubenspindel I dreht, wirken, so ver-
[152]Schraube.
Fig.
3.
Tab.
5.
hält sich auch K : P = a : A. Werden diese zwei Proportionen mitsammen multiplicirt,
so erhält man K : Q = h : · 2 A und Q = .


Wenn daher Q, d. h. die Last, welche die Schraube hebt, oder der Druck, welchen
sie ausübt, gross werden soll, so muss die Peripherie · 2 A, welche die Kraft be-
schreibt, möglichst gross und dagegen die Höhe eines Schraubengewindes h klein seyn.


  • Beispiel. Es sey der Hebelsarm der Kraft A = 2 Fuss = 24 Zoll und die Höhe ei-
    nes Schraubengewindes h = 1 Zoll, so verhält sich K : Q = 1 : · 2 . 24 = 1 : 150,9
    d. h. man kann in diesem Falle mit einer Kraft von 1 ℔ eine Last von 150 ℔ in die
    Höhe schrauben oder einen Druck von 150 ℔ gegen den zusammengepressten Gegen-
    stand ausüben.

§. 142.


Wegen der ausserordentlichen Vermehrung an Kraft hat man die
Schraube sonst für die wirksamste Maschine gehalten. Ihre Wirkung wird aber durch
die Reibung sehr vermindert, welche bei der Schraube, wie wir im V. Capitel sehen
werden, am meisten beträgt. Uibrigens findet bei dieser Maschine das allgemeine Ge-
setz abermals statt, dass die Bewegungsmomente oder die Produkte der Kraft in
ihren Raum und des Widerstandes in seinen Raum einander gleich sind. Wir er-
halten nämlich aus der Proportion §. 140 die Gleichung P × · 2 a = Q × h und aus
jener §. 141 die Gleichung K × · 2 A = Q × h, d. h. in beiden Fällen ist die Kraft
multiplizirt mit dem Raume, welchen sie während einer Umdrehung beschreibt, eben so
gross, als die Last multiplicirt mit dem Raume, um welchen sie während einer Umdre-
hung gehoben wird.


Wenn nun gleich die Schraube, so wie andere Maschinen, keinen Vortheil
oder Gewinn in der Bewegung darbiethet, so gewährt sie doch den Vortheil, dass
sie im Verhältnisse zu der bedeutenden Kraft, welche sie ausübt, einen sehr klei-
nen Raum
einnimmt. So wäre das Aufheben eines Dachstuhles mit blossen Hebeln
zwar möglich, würde jedoch einen so grossen Raum erfordern und durch die Länge der
Hebel mit so vielen Unbequemlichkeiten verbunden seyn, dass man in vielen Fällen da-
von gar keinen Gebrauch zu machen im Stande wäre; wird jedoch eine Schraube in Ver-
bindung mit einem Räderwerke (§. 147) hiezu gebraucht, so unterliegt das Aufschrauben
eines Dachstuhles zur Erhöhung der Stockwerke keinem Anstande. Aus gleichem Grunde
wäre das Pressen des Papieres, des Tuches, der Leinwand u. s. w. mit bedeutend langen
und schweren Hebeln zwar möglich, allein zu unbequem; der Gebrauch einer Schraube
ist daher hier ebenfalls vorzuziehen.


§. 143.


Schneidet man die Zähne an der Peripherie eines Rades (eines sogenannten Stirn-
rades
) nach der Richtung der Schraubengänge schief ein, damit sie an die Stelle einer
Schraubenmutter treten können, so erhält man eine Schraube ohne Ende.


[153]Schraube.

Um das Verhältniss der Kraft zur Last bei einer Schraube ohneFig.
4.
Tab.
5.

Ende zu finden, sey der Halbmesser der Welle, um welche sich das Seil mit der
Last aufwindet = r, der Halbmesser des Rades von der Mitte der Achse bis zur Mitte
des Eingriffes der Zähne in die Schraubengewinde = R, der Halbmesser der Schrauben-
spindel von der Achse derselben bis zur Mitte des vorgenannten Eingriffes = a und die
Länge des Hebels, an welchem die Kraft wirkt = A, endlich die Höhe eines Schrauben-
gewindes = h.


Soll nun eine Kraft P an der Peripherie des Rades der Last Q das Gleichgewicht
halten, so muss sich selbe zu dieser Last verkehrt wie die Halbmesser verhalten oder
P : Q = r : R. Diese Kraft P ist aber in Rücksicht der Schraube als eine Last zu
betrachten, weil die Zähne mit der Kraft P dem Fortschieben der Schraube widerste-
hen; es wird sich also nach §. 141 die an dem Ende des Hebels angebrachte Kraft K zur
Last P verhalten, wie K : P = h : · 2 A. Werden diese zwei Proportionen mitsam-
men multiplicirt, so erhält man K : Q = r . h : R . · 2 A, d. h. bei einer Schraube
ohne Ende verhält sich die Kraft zur Last, wie das Produkt aus dem Halbmesser der
Welle in die Höhe eines Schraubenganges zu dem Produkte aus dem Halbmesser des Ra-
des in die Peripherie des Hebels oder Schraubenschlüssels.


§. 144.


Durch die bisher angeführten Sätze sind wir nunmehr auch im Stande eine jedeFig.
5.

Verbindung eines Räderwerks mit Schrauben zu berechnen.


Es sey Fig. 5 die zusammengesetzte Hebmaschine zu berechnen. Dieselbe be-
steht aus einer Schraube ohne Ende, welche mit einem Rade an der Welle verbun-
den ist. Statt der Welle ist jedoch an diesem Rade ein sogenanntes Vorgelege,
nämlich ein Getriebe vorhanden, welches wieder in ein zweites gezähntes Rad (Stirn-
rad) greift, an dessen Welle nunmehr erst die Last mittelst eines Seiles aufgewun-
den wird.


Es bezeichne W den Widerstand, welcher an der Peripherie des untern Stirn-
rades bei dessen Eingriffe in die Getriebe des obern Rades entsteht; auf gleiche Art
sey P der Widerstand, welcher bei dem Eingriffe des obern gezähnten Rades in die
Gewinde der Schraube ohne Ende vorhanden ist; der Halbmesser des untern Rades
sey = R und seiner Welle = r, des obern Rades = B und seines Getriebes = b,
der Halbmesser der Kurbel = A und die Höhe eines Schraubenganges der Schraube
ohne Ende = h, so erhält man die Proportionen


  • W : Q = r : R
  • P : W = b : B
  • K : P = h : · 2 A
  • und multiplicirt K : Q = r . b . h : R . B · · 2 A,

d. h. es verhält sich die Kraft zur Last, wie das Produkt der Hebelsarme der Last in
Gerstners Mechanik. Band I. 20
[154]Winden.
die Höhe des Schraubengewindes der Schraube ohne Ende zum Produkte der Hebelsarme
der Kraft in die Peripherie der Kurbel, an welcher die Kraft angebracht ist.


  • Beispiel. Es sey der Halbmesser der Kurbel A = 12 Zoll, die Höhe der Schrauben-
    gewinde h = ½ Zoll, die Halbmesser der zwei Räder B = 24 Zoll und R = 28 Zoll,
    ferner b = r = 4 Zoll, so verhält sich K : Q = 4 . 4 . ½ : 28 . 24 · · 2 . 12 = 1 : 6336.

§. 145.


Eine neuere Anwendung der Schraube findet bei den Winden statt. Man
versteht unter einer Winde eine Maschine, welche dazu dient, bedeutende Lasten z. B.
einen beladenen Güterwagen auf eine kleine Höhe zu erheben.


Die vorzüglichsten Gattungen dieser Winden findet man auf der 6ten Kupferplatte zu-
Fig.
1, 2, 3.
Tab.
6.
sammengestellt. Von der daselbst verzeichneten Winde mit Vorgelege enthält
Fig. 1 die Seitenansicht, Fig. 2 den Längendurchschnitt und Fig. 3 die Längenansicht,
woraus die ganze Construktion dieser Maschine ohne weitere Erklärung ersichtlich ist.
Die Berechnung derselben ergibt sich nach §. 90 wie bei jeder Verbindung von mehrern
Rädern. Wir werden inzwischen diese Berechnung, so wie jene der andern Winden bei
der Abhandlung über die Reibung im V. Kapitel umständlich vornehmen.


Fig.
4, 5, 6
u. 7.

Die französische Winde besteht aus einer Schraube ohne Ende a b (Fig. 5),
welche in ein Stirnrad c d eingreift. In der Achse dieses Stirnrades befindet sich die
Schraubenspindel e f, (Fig. 4) deren Schraubenmutter in n o aufliegt. Die Last wird
entweder oben auf die 4 Angriffspunkte (Fig. 7) oder unten auf den Endpunkt des Ansat-
zes m k g in g aufgelegt. Durch die Bewegung der Schraube ohne Ende wird das Stirnrad
c d herumgeführt und dadurch zugleich die Schraubenmutter auf ihrer Unterlage n o her-
umgedreht. Der Ansatz m k g dient nicht bloss, um auf dem Punkte g eine Last zu he-
ben, sondern verhindert auch durch seine feste Verbindung mit der Spindel e f die Um-
drehung derselben; es kann daher die Spindel nur senkrecht innerhalb der Schrauben-
mutter in die Höhe steigen, wodurch nun die Last gehoben wird. Die Berechnung die-
ser Winde ist dieselbe, wie bei der nachfolgenden.


§. 146.


Die englische Winde oder der englische Heber genannt, ist eine der
Fig.
8, 9
u. 10.
stärksten Schraubmaschinen, womit man Gebäude, Dachstühle u. dgl. heben kann. Sie be-
steht ebenfalls aus einer senkrechten Schraube e f (Fig. 10), worauf die Last entweder oben
aufsitzt oder unten in g angehängt wird. Um diese Schraube geht eine Mutter, welche sich
in der Mitte des horizontalen gezähnten Rades c d (Fig. 9) befindet; dieses Rad c d wird durch
die Schraube ohne Ende a b und leztere durch die Kurbel a i bewegt. Da man mit die-
ser Schraube sehr grosse Lasten hebt, so muss die Schraubenmutter in der Mitte des Ra-
des bedeutend stärker gemacht werden, um eine hinlängliche Anzahl Gewinde zu erhalten.


Zur Berechnung dieser Maschine sey wieder K die Kraft an der Peripherie der Kur-
bel, P der Widerstand an der Schraube ohne Ende und W der Widerstand an den Ge-
winden der Schraubenspindel e f; der Halbmesser der Kurbel = A, die Höhe eines
Schraubenganges der Schraube ohne Ende = h, der Halbmesser des horizontalen Rades
[155]Aufschrauben eines Dachstuhles.
c d sey = B, der Halbmesser der Schraubenspindel e f sey = b, endlich die Höhe einesFig.
8, 9
und
10.
Tab.
6.

Schraubenganges dieser Schraubenspindel = h'; demnach erhalten wir:


  • K : P = h : · 2 A
  • P : W = b : B
  • W : Q = h' : · 2 b,
  • folglich K : Q = h . h' : · 2 A . · 2 B,

d. h. es verhält sich die Kraft zur Last, wie das Produkt aus den Höhen der zwei
Schraubengewinde, zum Produkte aus den 2 Peripherien des Rades und der Kurbel.


  • Beispiel. Es seyen die Höhen der Schraubengänge h = ⅔ Zoll und h' = 3/2 Zoll, der
    Halbmesser der Kurbel A = 12 Zoll und des Rades B = 8 Zoll, so verhält sich
    K : Q = · 2 . 8 = 1 : 3793, d. h. die Last, welche gehoben werden
    kann, ist 3793mal so gross als die angewandte Kraft.

Diese ausserordentliche Vermehrung der Kraft ist auch die Ursache, dass man den
englischen Heber bei dem Heben sehr grosser Lasten vorzüglich anwendet. Wir wollen in
dieser Rücksicht einen solchen Fall im nachstehenden §. berechnen.


§. 147.


Aufgabe. Ein Dachstuhl von Q (= 6000 Ctr.) Gewicht soll mittelst
zweier englischen Winden auf die Höhe
H (= 12 Fuss) gehoben wer-
den; es frägt sich, wie diese Arbeit und die dazu nöthige Maschi-
ne einzurichten ist, wie viele Arbeiter hiezu nöthig sind, in wie
viel Stunden diese Arbeit vollendet wird
? —


Nennen wir die Anzahl der Arbeitsleute bei einer Winde N, so istFig.
11.

K = N . k . Weil der Dachstuhl durch zwei Winden zuerst nur an
einer Seite und hierauf an der andern gehoben wird, folglich auf dem Gemäuer nur je-
desmal die halbe Last aufliegt, so erhellet, dass beide Winden gleichfalls die Last ,
folglich eine jede derselben zu tragen haben werde. Nach dem vorigen §. ist dem-
nach K : = h . h' : · 2 A · · 2 B, woraus sich die Gleichung zwischen Kraft und
Last ergibt. (I).


Nun ist zu bemerken, dass man einen solchen Dachstuhl nicht mit einem Male auf die
ganze Höhe H = 12 Fuss bringen könne, sondern nur theilweise auf kurze Höhen aufschrau-
ben müsse. Da nämlich die Bundträme bei dieser Operation mit Unterzügen unterstützt
und überhaupt dieser Arbeit fortwährend nachgesehen werden muss, um dort, wo sich
20 *
[156]Aufschrauben eines Dachstuhles.
ein Gebrechen zeigt, sogleich das Nöthige einzuleiten, so wird der Dachstuhl jedesmal
gewöhnlich nur auf 6 bis 8 Zoll Höhe (= H') gehoben, dann unterstützt, nachher die
Winden auf die andere Seite übertragen, dort eben so viel gehoben und so das Auf-
schrauben so lange wiederholt, bis man die ganze Höhe (H) erreicht hat.


Um die Zeit zu berechnen, die zur Vollendung einer solchen Arbeit erfordert wird,
ist offenbar, dass durch eine Umdrehung der Kurbel nur ein Gewinde der
Schraube ohne Ende, folglich auch nur ein Zahn des horizontalen Stirnrades aus-
gelöst, und dieser um den Raum der Höhe eines Schraubengewindes (h) fortgescho-
ben wird. Dagegen ist der Raum, welchen die Kraft bei einer Umdrehung beschreibt
= · 2 A, die Geschwindigkeit der Kraft = v, folglich die Zeit, in welcher die gan-
ze Peripherie der Kurbel zurückgelegt und der Zahn um den Raum h fortgeschoben wird
= (II); man findet daher die Zeit, in der das Stirnrad einmal herumge-
dreht wird, aus dem vierten Gliede der Proportion
(III).


In dieser Zeit steigt die Spindel e f mit der darauf ruhenden Last des Dachstuhles
um die Höhe eines Schraubengewindes h'. Man erhält sonach die Zeit, in welcher der
Dachstuhl auf die Höhe einer Abtheilung H' gebracht wird, aus der Proportion
(IV).


Nennt man nun die Anzahl der Hübe in einem Tage n, so findet man diese Anzahl
aus der Proportion : : 1 Hub = 3600 . z : n, woraus
(V).


Aus der Gleichung (I) zwischen Kraft und Last erhalten wir
. Wird diess substituirt, so ist
.


Die Arbeit muss offenbar so eingerichtet werden, damit man in einem Tage mög-
lichst viel Hübe zu Stande bringe, weil dann auch die ganze Arbeit in der kür-
zesten Zeit vollendet und mit dem möglichst kleinsten Kostenaufwande verbunden seyn
wird. Da in der letzten Gleichung das Gewicht des Dachstuhles Q unabänderlich gege-
ben ist, so wird nach §. 35, (S. 42) n ein Maximum, wenn v = c und z = t ist. Es ist
[157]Aufschrauben eines Dachstuhles.
also dem Vortheile des Unternehmens gemäss, dass die Arbeiter mit ihrer mittlern Ge-
schwindigkeit c durch die mittlere Zeit zur Arbeit angehalten werden.


Die Werthe v = c und z = t in die Gleichung (I) gesetzt, geben
Diese Gleichung dient dazu, um vorerst die Verhältnisse
, und so auszumitteln, damit durch die gegebene oder angenommene Anzahl
Arbeiter N und ihrer Kraft k die Last Q, welche in unserm Falle 600000 ℔ beträgt, ge-
wältigt werden könne. Setzen wir z. B. dass zu jeder Maschine 2 Arbeiter von mittlerer
Stärke angestellt werden, sonach N.k = 50 ℔ betrage; die Maschine sey überdiess bereits
fertig und das Verhältniss = 6 gegeben, so haben wir ,
folglich = 12,655. Wäre nun auch die Schraube ohne Ende bereits fertig und h = 1
Zoll gegeben, so würde es keinem Anstande unterliegen, den Kurbelarm A mit der Län-
ge 12,655 Zoll oder 12 Zoll 8 Linien herstellen zu lassen; oder wenn auch der Kurbelarm
A = 12 Zoll bereits gegeben wäre, über den geringen Unterschied hinauszugehen, das
fehlende durch die Kraft ersetzen zu lassen, und in dieser Hinsicht die Kraft
k = = 26,4 ℔ anzunehmen. Auf gleiche Art würde man in jedem andern Falle
verfahren, wenn eine von den obigen Grössen aus den gegebenen Werthen der andern
zu bestimmen ist.


Die Zeit, in welcher die Last auf die Höhe H' gehoben wird, ist nach (IV)
, oder da , so ist diese Zeit auch = .


Nun ist noch zu bemerken, dass man diesen Ausdruck mit 2 multipliciren müsse, um
die Zeit zu erhalten, in welcher der Dachstuhl auf die Höhe H' steigt, weil derselbe zu-
erst auf einer und dann auf der andern Seite auf die Höhe H' gehoben wird; es ist daher
diese Zeit = .


Werden nun die Werthe für unser Beispiel substituirt und statt H' die ganze Höhe
H = 12 Fuss angenommen, so ist ; die vier
Arbeitsleute werden daher gerade die Zeit eines Tages benöthigen, woraus sich die
Kosten dieser Arbeit von selbst ergeben. Hiebei muss jedoch noch erinnert werden,
dass zur Aufstellung der Gerüste, zum Uibertragen der Winden, zur mehrmaligen Unter-
stützung des Dachstuhles und verschiedenen zufälligen Arbeiten noch eine hinlängliche
Anzahl Arbeiter verwendet werden müsse, worüber sich keine genaue Voranschlagung ma-
chen lässt. Dessen ungeachtet wird man leicht beurtheilen können, dass es doch vor-
theilhafter sey, in solchen Fällen einen Dachstuhl aufzuschrauben, als ihn auseinander
zu nehmen, herabzulassen und nach Erhöhung der Mauern wieder aufzuziehen und
aufzustellen.


[158]Keil.

Welchen Einfluss hiebei die Reibung nehme, wird, wie wir schon erinnerten, im
V. Kapitel umständlich angegeben werden; inzwischen dient die vorläufige Bemer-
kung, dass die Zeit der Vollendung dieser Arbeit dieselbe bleibe, jedoch die Anzahl der
Arbeiter wegen des Widerstandes der Reibung vermehrt werden müsse.


So zusammengesetzt übrigens diese Maschine ist, so zeigt doch das Resultat unserer
Rechnung, dass die Arbeitsleute wieder gerade dasselbe ausrichten, als es bei Arbeiten
aus freier Hand (§. 38), beim Rade an der Welle (§. 89), bei der Winde mit Flaschen-
zug (§. 107) der Fall war : das tägliche Bewegungsmoment der 4 Arbeitsleute ist näm-
lich = 3600 . t . c. × N . k = 12000 Klafter × 4 . 25 = 1200000; und das Bewegungsmo-
ment des auf 2 Klafter Höhe zu hebenden Dachstuhles ist = 600000 × 2 = 1200000,
folglich dasselbe.


§. 148.


Fig.
6.
Tab.
5.

Der Keil ist ein dreieckiges Prisma A B C D E F, das aus zwei geneigten und mit-
sammen verbundenen Flächen besteht. Man nennt A B C D den Rücken, G F aber die
Länge des Keiles.


Ein einfacher Keil (Fig. 7) ist ein Prisma, dessen Seitenfläche ein rechtwink-
Fig.
7.
lichtes Dreieck G B F ist. Ein doppelter Keil (Fig. 6) ist aus zwei einfachen zusam-
mengesetzt; er ist daher ein Prisma, dessen Seitenfläche ein gleichschenklichtes Dreieck
C B F ist.


Man bedient sich der einfachen Keile, um Lasten von einer unbeweglichen Fläche
auf eine geringe Höhe zu heben, z. B. um einen Stein von seinem Lager abzusprengen
oder um von einem grössern Stücke Holz ein kleineres abzuspalten u. s. w. Die Zimmer-
leute brauchen ihn unter dem Namen der Treiblade, um ausgewichene Wände gerade
zu treiben oder Gebälke in die Höhe zu keilen u. s. w. Die doppelten Keile werden vor-
züglich gebraucht, wenn beide Flächen, welche bewegt oder von einander getrieben
werden sollen, beweglich sind, nämlich bei dem Zerreissen und Spalten der Hölzer. In
beiden Fällen aber werden die Keile durch das Schlagen eines Hammers oder einer Hacke
zwischen die zu trennenden Theile des Körpers, des Klotzes u. dgl. getrieben.


§. 149.


Bei einem einfachen Keile verhält sich die Kraft zur Last, wie
die Höhe des Keiles zu seiner Länge
.


Fig.
8.

Der einfache Keil ist offenbar eine schiefe Fläche, wobei die Kraft parallel zu ihrer
Grundlinie wirkt, weil die Schläge auf den Rücken B G in der Richtung der Grundlinie
G F geschehen. Nach §. 124 verhält sich aber in diesem Falle die Kraft zur Last, wie die
Höhe der schiefen Fläche zu ihrer Basis, also K : Q = B G : G F, woraus K = .


Die Kraft K ist daher um so kleiner, je kleiner das Verhältniss wird, also je
kleiner die Höhe des Keils im Verhältnisse zu seiner Länge ist; man richtet daher mit
spitzigen Keilen mehr, als mit stumpfen aus. Diess wird durch die Erfahrung hinläng-
lich bestätigt, da man mit Messern, Meiseln, Scheeren, Hacken u. dgl. die offen-
bar als Keile zu betrachten sind, desto leichter schneidet, hackt etc. je schärfer diesel-
ben sind.


[159]Keil.

§. 150.


Die Grösse der Kraft anzugeben, um ein Holz von gegebener Län-
ge und Festigkeit zu zerspalten
.


Man bedient sich hiezu eines doppelten Keiles a c d, welchen wir schon auf eine ge-Fig.
9.
Tab.
5.

wisse Tiefe in das Holz eingetrieben annehmen wollen. Wenn das Holz bis zu e schon
gespalten ist, und bis g mit einem Schlage gespalten werden soll, so muss die Cohaesion
oder der Zusammenhang der Fasern von e bis g aufgehoben, d. h. selbe zerrissen wer-
den. Dieser Zusammenhang wirkt offenbar in einer horizontalen oder auf die Linie b e g
winkelrechten Richtung. Da nun die Kraft nach der Richtung b d, der Widerstand aber
nach der Richtung o n wirkt, so verhält sich nach §. 149 bei dem Keile die Kraft nach n d:
Kraft nach o n = o n : n d = b c : b d. Da ferner der Punkt g fest bleibt, wenn der Klotz von e
bis g gespalten oder die in f vereint gedachten Fasern zerrissen werden, so können wir
n g als einen Hebel der zweiten Art ansehen, bei dem g der Ruhepunkt des Hebels, in
f die Cohaesionskraft (C) und in o die nach der Richtung o n entgegenwirkende Kraft des
Keiles angebracht ist. Bei diesem Hebel verhält sich aber die Kraft o n : C = f g : n g.


Werden diese Proportionen mitsammen multiplicirt, so erhält man die zur Bewegung
des Keiles erforderliche nach der Richtung n d wirkende Kraft
= . Auf gleiche Art ist zur Abtreibung des Theiles m e g
die Kraft erforderlich. Es ist demnach die gesammte nach der Länge des Kei-
les b d anzubringende Kraft =


Hieraus ist ersichtlich


  • 1tens. Dass die zur Zerspaltung des Klotzes nöthige Kraft zwar um so grösser seyn
    müsse, je grösser der Zusammenhang oder die Cohaesion der Holzfasern (C) ist.
    Dagegen ist aber
  • 2tens, diese Kraft um so kleiner, je niedriger der Keil am Kopfe und je länger er
    ist. Uiberhaupt ist bekannt, dass einzutreibende Keile um so stärker ziehen, je
    flächer und je länger sie sind.
  • 3tens. Bei dem Spalten eines längern Stückes Holz ist noch überdiess der Keil um so
    wirksamer, je weiter derselbe schon eingetrieben, je kürzer das noch übrige zu
    spaltende Stück e g, je spröder und unbiegsamer das Holz und je länger demnach
    die Entfernung n g ist.

In der letztern Hinsicht lehrt die Erfahrung, dass das harte Rothbuchenholz leich-
ter zu spalten ist, als das weiche Tannen- und Fichtenholz, weil das erstere weniger
biegsam ist und leichter springt, obgleich es schwerer ist und daher mehr zusammen-
hängende Theile hat.


Man hält übrigens jene Gestalt der Hacke zum Spalten des Holzes für die vortheil-Fig.
10.

hafteste, wenn sie unten von a bis b sehr schneidig ist und dann von b bis c bedeutend
auseinander geht; denn hiedurch dringt sie bei b leicht in das Holz und zerreisst
oder zerschlägt es sodann leichter, als wenn sie von a bis c gleichförmig zunimmt und bei
a einen stumpfen Winkel macht.


[160]Keil.

§. 151.


Zum Keile gehören alle Gattungen Hacken, Messer und andere Schneidinstrumente.
Von den erstern sind die nachstehenden bei den Zimmerleuten am meisten im Gebrauche:
Fig.
11.
Tab.
5.
Die Bandhacke (Fig. 11), welche zum Abzimmern der runden Baumstämme gebraucht
wird; der Unterschied derselben von andern Hacken besteht darin, dass sie länger ist,
um damit stärkere Baumstämme behauen zu können, und dass sie schmäler ist und nach
ihrer ganzen Länge eine gleiche Breite besitzt, weil sie bei dem Gebrauche zu-
Fig.
12.
gleich als Hebel zum Abbrechen der Holzspäne dient. Die breite Hacke (Fig. 12)
dient zum Ausgleichen der mit der Bandhacke roh abgezimmerten Baumstämme. Die
Fig.
13.
Zwerchaxt (Fig. 13), welche der Zimmermann statt des sonst gewöhnlichen Stemm-
eisens zur Verfertigung der Löcher braucht, u. s. w. Da die zwei erstern wegen ihres
Zweckes nur zum Behauen des Holzes an der linken Seite des Arbeiters verwendet wer-
den, so befindet sich ihre Schneide an der linken Seite, sie sind daher als einfache Keile
zu betrachten; die Zwerchaxt hingegen ist von beiden Seiten zugeschärft und bildet da-
her einen doppelten Keil. Bei dieser Axt ist der mittlere Theil oder die Haube, durch
welche der Stiel geht, gewöhnlich länger als bei andern Hacken, weil dieselbe zugleich
als Hebel zum Herausreissen des ausgestemmten Holzes gebraucht wird.


§. 152.


Sonach haben wir die Theorie der fünf einfachen Maschinen : des Hebels, des
Rades an der Welle, der Rolle, der Schraube und des Keiles geendet.


Bei allen diesen Maschinen findet der Satz statt, dass die Bewegungsmomente
oder die Produkte der Kraft in ihren Raum und der Last in den zu gleicher Zeit beschrie-
benen Raum immer einander gleich sind. Sind daher von den 4 Grössen, Kraft,
Last und den Räumen der Kraft und Last drei gegeben, so kann man die vierte berech-
nen und zwar auf gleiche Art, es mag was immer für eine Maschine verwendet wer-
den. Derselbe Satz wird sich auch in der Folge bei allen zusammengesetzten Maschinen
bestätiget finden. Wenn man daher bei der Berechnung einer Arbeit nicht bloss die
Last, sondern auch den von ihr zurückgelegten Raum in Rechnung nimmt, so ergibt sich,
dass alle Maschinen in ihrer Wirkung einander gleich sind, dass
durch keine Maschine das Arbeitsprodukt vermehrt, wohl aber wegen eintretender
nebenseitiger Hindernisse (wovon später gehandelt werden wird) vermindert werde, so
dass man diejenige Maschine für die beste halten muss, bei welcher
das Resultat der Arbeit dem Bewegungsmomente der Kraft am näch-
sten kommt
.


Zum Schlusse dieses Kapitels wollen wir nun noch die verschiedenen Gattungen von
Hebladen und Wagen, dann den Göpel (mit seinen neuen Verbesserungen) um-
ständlich behandeln, nachdem diese Maschinen den bisher behandelten einfachen am
nächsten kommen und am häufigsten angewendet werden.


[161]Hebladen.

A. Hebladen.


§. 153.

Unter allen mechanischen Werkzeugen ist der Hebel das einfachste; da man je-
doch, um eine grosse Last zu heben, den Hebelsarm von Seite der Last sehr klein machen
muss, demnach mit einem Hube keine bedeutende Höhe erreichen kann, so hat man Heb-
laden
oder solche Vorrichtungen erfunden, bei welchen nach jedem Hube die Last auf
der bewirkten Höhe erhalten, sodann der Unterstützungspunkt erhöht, ein neuer Hub
gemacht und auf solche Art der Zweck durch mehrere Hübe erreicht werden kann. Man
bedient sich der Hebladen, vorzüglich um schwere Lasten, als Baumstämme, Kanonen
u. dgl. auf Wägen aufzuladen, um Baumstöcke oder Pfähle auszureissen u. s. w.


Die einfachste Maschine dieser Art ist der Geisfuss, der eigentlich ein blosser He-Fig.
9.
Tab.
7.

bel ist, und bei dem Steinbrechen gebraucht wird. Man steckt nämlich den Fuss A C des-
selben in eine Spalte oder sichtbare Ablösung der Steine, und wenn mit einem Herabdrü-
cken desselben die Spalte nicht hoch genug geöffnet ist, so treibt man Keile daneben hin-
ein, gibt dem Hebel eine Unterlage, hebt zum zweitenmale u. s. w. bis der Stein von
allen Seiten so abgelöst ist, dass man ihn von seinem Lager abheben und weiter be-
arbeiten kann. Eine Berechnung hierüber haben wir bereits §. 65 (Fig. 18. Tab. 1) ange-
führt. Weil dieses Instrument, besonders der Fuss A C sehr viel leidet, so wird der Geis-
fuss gewöhnlich ganz von Eisen mit einer gestählten Spitze und am Ende bei A stärker
als bei der Handhabe B gemacht.


§. 154.

Um schwächere Pfähle auszuziehen, bedient man sich eines langen Hebels A B, derFig.
14.
Tab.
5.

bei A mit einem eisernen gut befestigten krummgebogenen Haken versehen ist, an
welchem der Pfahl mit einem Seile oder einer Kette befestigt wird. Man rückt nun eine
unten breite Unterlage C so nahe als möglich an den Pfahl, drückt den Hebel bei B her-
ab, und wenn der Pfahl etwas nachgegeben hat, erhöht man die Unterlage C und fährt
mit dem Heben so lange fort, als man es zum Ausheben des Pfahles nothwendig findet.
Die Berechnung dieser Maschine ist bereits bekannt.


§. 155.

Einer ähnlichen Vorrichtung bedient man sich bei dem Ausreissen der Baum-Fig.
8.
Tab.
7.

stöcke. Bei Stämmen, die keine Pfahlwurzel haben, gräbt man den Stock um, und
haut die schwächern Wurzeln ab; die stärkste wird auf einer grössern Entfernung,
als die übrigen, vom Stamme abgehauen, und auch mehr als der übrige Stock
untergraben. Hierauf steckt man einen langen, am Fusse mit einem umgeboge-
nen Eisen beschlagenen Hebebaum A C B unter diese Wurzel, einige Arbeitsleute
halten diesen Baum so hoch als möglich in die Höhe und legen bei C ein halb-
rundes Scheitholz als Unterlage des Hebels darunter. Sodann klettern einige Arbei-
ter N, O, P, Q auf den Baum, begeben sich bis an dessen äusserstes Ende, wo sie,
während sie sich mit den Knien am Baume halten, denselben durch ein gemeinschaftliches
Aufsitzen und Erheben in eine schwingende Bewegung bringen und diese so lange vergrös-
Gerstner’s Mechanik. Band I. 21
[162]Hebladen.
Fig.
8.
Tab.
7.
sern, bis der Stock umbricht. Weil aber der Stock hiedurch nicht senkrecht aufgehoben,
sondern nur nach der Seite, und zwar mit dem Hebel überworfen wird, so stellt
man noch einen Arbeiter in M auf, welcher eine am Hebebaume in B mit einem Ringe
befestigte Leitstange in den Händen hält und durch Anziehen und Nachlassen dersel-
ben dafür zu sorgen hat, dass der Hebebaum nicht zur Seite ausweichen, sondern in
einer möglichst senkrechten Richtung herabgehen und die Füsse der Arbeitsleute
N, O, P, Q nicht beschädigen möge. Obgleich dieses Verfahren von Unkundigen
für gefährlich gehalten werden dürfte, so ist doch kein Beispiel einer solchen Beschä-
digung bekannt. Auch geht das Stockbrechen sehr schnell von statten, indem alle Stö-
cke, die man durch 10 Stunden des Tages umgräbt, gewöhnlich in den noch übrigen
2 Arbeitsstunden gebrochen werden.


Andere mit Pfahlwurzeln versehene Stöcke, wobei ein jeder zum Ausreissen ange-
wandte Hebel brechen würde, werden bloss umgegraben, die Wurzeln, so weit man
dazu gelangen kann, abgehauen und der Stock selbst durch eingetriebene Keile aus-
gespalten.


§. 156.

Der Hebladen gibt es nach dem Lande, wo sie zuerst erfunden und gebraucht
wurden, mehrere Arten; als eine deutsche, eine schwedische, zwei franzö-
sische
u. s. w.


Fig.
12,
13
und
14.
Tab.
6.

Die deutsche Heblade, welche auf der 6ten Tafel abgebildet erscheint, ist bei
uns am meisten im Gebrauche. Sie dient gewöhnlich dazu, um in Waldungen das
Ende eines schweren Stammes Holz auf eine Schleife oder einen Wagen zu heben.
Dieselbe besteht aus zwei starken Pfosten E F und G H, welche gewöhnlich 8 bis 10
Zoll breit, 2 Zoll dick und 6 bis 7 Fuss lang sind; diese Pfosten sind unten und oben,
nämlich bei G und H vermittelst eines dazwischen gelegten Holzes von 2 bis 3 Zoll
Stärke und einiger angebrachten eisernen Beschläge mit einander verbunden, und wer-
den mit zwei Reihen Oeffnungen durchbohrt. Damit die Oeffnungen nicht ausbrechen,
beschlägt man die Pfosten inwendig mit Blech, durch welches nun die Oeffnungen
durchgehen. Man kann auch einen einzelnen Stamm hiezu verwenden und denselben
zu diesem Behufe in der Mitte ausstemmen und durchbohren. Damit dieser Stamm (die
Lade) in der aufrechten Stellung sich fest erhalte, werden unten bei I und K zwei
zugespitzte Eisen und oben bei H zwei hölzerne Stützen L und M angebracht.


Die Oeffnung in der Lade ist dazu bestimmt, um das vordere eiserne Ende B C eines
Hebels oder einer hölzernen Stange A B durchgehen zu lassen. An diesem eisernen
Ende ist vorne ein Haken o D und hinter demselben zwei halbrunde Lager m und n
(Fig. 12 und 13), deren Entfernung eben so gross, als jene der Seitenöffnungen ist, an-
gebracht. Wenn man nun die zwei Vorstecknägel oder Bolzen (Fig. 14) in die Seiten-
öffnungen steckt und an den Haken in D die Last anhängt, so lässt sich durch ab-
wechselnde Erhöhung der Unterstützungspunkte m und n die Last, oder der Baum-
stamm von der Erde aufheben. Befindet sich nämlich der Hebel in der Lage Fig. 12, so
wird der Punkt A durch die Kraft des Arbeiters so weit herabgedrückt, bis der Bolzen
n in die nächste, oberhalb demselben in n' befindliche Oeffnung eingesetzt werden kann.
[163]Hebladen.
Der Hebel wird nun bei A so weit erhöht, bis auch der zweite Bolzen m in die obereFig.
12.
Tab
6.

Oeffnung m' gesteckt werden kann. Hierauf wird dieselbe Operation wiederholt und
m', sodann aber wieder n'' als der Umdrehungspunkt angenommen und diess so lange
fortgesetzt, bis der Stamm auf die geforderte Höhe gehoben ist.


Diese Höhe beträgt immer so viel, damit das Wagengestell mit der Deichsel un-
ter den Stamm hineingeschoben werden könne, worauf der letztere herabgelassen
und auf dem Wagen befestigt wird. Ist die Erde mit Schnee bedeckt, so reicht es
hin, bloss das stärkere Ende auf eine schleife aufzuladen, um den Stamm auf der
Schneebahn fortzuschaffen. Soll derselbe jedoch auf eine grössere Entfernung geführt
werden, so muss man ihn auf ein doppeltes Wagengestelle laden und desshalb die oben
angeführte Operation mit der Heblade zweimal vornehmen.


Die Berechnung des Verhältnisses der Kraft zur Last bei dieser Heblade, welche
ein Hebel der ersten Art ist, ergibt sich aus der einfachen Proportion K : Q = m o : m A.
Nun ist die Entfernung m o gewöhnlich 8 Zoll, die Länge des Hebels m A aber 8 Fuss,
folglich das Verhältniss m o : m A = 1 : 12. Wenn daher ein Stamm von 15 Zoll Durch-
messer und 60 Fuss Länge, dessen Gewicht beiläufig 25 Zentner beträgt, an einem Ende,
folglich daselbst eine Last von 12½ Zentnern gehoben werden soll, so ist ein Arbeiter,
dessen Gewicht 125 bis 150 ℔ beträgt, im Stande, einen solchen Stamm zu heben; in-
zwischen werden bei solchen Operationen gewöhnlich zwei Arbeiter verwendet, die ein-
ander wechselseitig helfen.


§. 157.

Die schwedische Heblade, welche auch zum Stockausreissen angewendet wird,Fig.
1.
Tab.
7.

besteht aus einem doppelten Hebel. Bei dem Gebrauche derselben wird der Baum-
stock zuerst umgegraben, die Wurzeln werden abgehauen und eine der stärkern
Wurzeln wird an den Hebebaum A C mit Seilen oder einer Kette gebunden. Das Ende
C dieses Hebebaumes liegt auf dem Baumstocke selbst auf, das andere Ende A dessel-
ben ruht jedoch auf einem zweiten Hebel D E, welcher so wie bei der deutschen Heb-
lade in der mittlern Oeffnung eines aufrecht stehenden Baumes oder einer Lade mit-
telst Vorstecknägeln in die Höhe gehoben werden kann. Das eine Ende D des zweiten
Hebels wird nämlich von einem Arbeiter niedergedrückt und zu gleicher Zeit das zweite
Ende E von einem andern Arbeiter gehoben, bis man den Nagel von n nach n' unter-
stecken kann. Hierauf wird das Ende E wieder so weit herabgedrückt, bis man den
zweiten Nagel von m nach m' einsetzen kann u. s. w. wodurch endlich der Zusammen-
hang der Wurzeln in der Erde getrennt und der Stock an einem Ende aufgehoben
wird, so dass man unter denselben kommen und die noch übrigen Wurzeln abhauen kann.


Bei dieser Heblade wirkt die Kraft am Ende des ersten Hebels A C in A offenbar
wie an einem Hebel der zweiten Art, und es ist, wenn der Widerstand des Zusammen-
hanges der Wurzeln = W und die Kraft, die in A den Hebel in die Höhe hebt, = P
gesetzt wird, P . A C = W . B C. Nun wirkt aber die Kraft K der Arbeiter an dem zweiten
doppelten Hebel D E; es muss daher das statische Moment der Last oder P . o m gleich
seyn der Summe der beiden Momente von Seite der Kraft K . D m + K' . E m. Aus der
21 *
[164]Hebladen.
ersten Gleichung folgt P = , folglich durch weitere Substitution
= K . D m + K' . E m. Sind nun auf der einen Seite so viel Menschen
als auf der andern angebracht, oder K = K', so ist
= K (D m + E m) = K . D E, woraus die Kraft K = folgt.


Die Grössen A C und D E sind die Längen der zwei Hebel, wovon wir den ersten
zu 18 und den zweiten zu 12 Fuss annehmen wollen; es sey ferner B C = 2 Fuss und
o m oder die halbe Entfernung der Nägellöcher von einander = 4 Zoll = ⅓ Fuss, so ist
die Kraft, womit der Stock im Punkte B in die Höhe gezogen wird, K = .
Wenn man also an jedem Ende des Hebels D E einen Arbeiter von 30 ℔ mittlerer Kraft
anstellt, so wird hiedurch der Baumstock im Punkte B mit einer Kraft
W = K. 324 = 30. 324 = 9720 ℔ gehoben. Uibrigens ist es einleuchtend, dass man
die Wirkung dieser Heblade durch Anwendung längerer Hebebäume noch mehr vergrössern
und nach Maassgabe des Widerstandes, den der Zusammenhang der Wurzeln äussert, er-
höhen kann.


§. 158.

Die zwei französischen Hebladen, welche aus den Memoires de Mathema-
tique et de Physique de l’Academie Royale des Sciences
, Anno 1617, pag. 319 entlehnt
wurden, sind einfache Hebel, wie die deutsche Heblade, sie haben jedoch den Vortheil,
dass sie sich selbst einhängen.


Die eine hievon besteht aus einer stehenden eisernen Stange, die auf beiden Seiten
mit starken und tiefen Zähnen nach Art einer Säge versehen ist. Diese Stange umgibt
Fig.
15,
16
und
17.
Tab.
6.
die eiserne Gabel eines Hebels, an welcher drei Bügel angebracht sind. Zwei hievon
hängen sich in die Zähne der eisernen Stange abwechselnd ein und der dritte ist mit ei-
nem eisernen Haken D versehen, an welchen man die Last hängt. Drückt man nun
den Hebel bei A herunter, so gibt die Achse m des in o p (Fig. 16) eingehängten Bü-
gels p o m die unbewegliche Unterlage ab, die an D angehängte Last wird gehoben
und zu gleicher Zeit hängt sich der zweite Bügel E q in einen höhern Zahn ein. Dieser
letztere dient nunmehr der Last zur Unterlage, wenn der Hebel bei A wieder gehoben
wird. Dieses Spiel setzt man nun auf gleiche Weise fort, bis man die Last auf die ge-
hörige Höhe bringt.


Damit die zwei Bügel sich von selbst in die obern Zähne einhängen, sind an den-
selben zwei Federn o F und q G angebracht, welche mittelst eines Drahtes G F oben
gegen einander gebunden sind, und dadurch die Bügel in die Zähne hineindrücken. Der
Hebel A B ist von einem zähen Holze, alle übrigen Theile aber von Eisen. Der Hebel
wird in die gespaltene Hülse B H (Fig. 17) eingeschoben, sodann der Ring H ge-
gen B hinaufgetrieben, und gegen das Zurückweichen desselben in I ein Nagel vorge-
schlagen.


[165]Hebladen.
§. 159.

Die andere französische Heblade besteht aus einer eisernen, auf einer SeiteFig.
18.
bis
22.
Tab.
6.

gezähnten Stange C D, welche mit der Last zugleich in die Höhe gehoben wird. Man
bewirkt diess durch einen Hebel A B, der auf dieselbe Art wie bei der vorigen Heblade
(Fig. 15) mit zwei Bügeln n o und p q versehen ist, mit dem Unterschiede jedoch, dass
diese Bügel unterhalb des Hebels A B angebracht sind; dieselben dienen auch bei die-
ser Heblade abwechselnd zum Halten und zum Heben der Last. Die Achse oder der
Unterstützungspunkt des Hebels befindet sich in m (Fig. 19) an einem eigends hiezu
vorgerichteten Haken p E, welcher oben in E an dem Obertheile der drei Füsse ein-
gehängt ist.


Befindet sich der Hebel in der Lage A B (Fig. 18) und wird bei A gehoben, so
geht der Bügel n o hinunter und hängt sich in den nächsten Zahn ein, während in-
zwischen die Last von dem untern Bügel p q gehalten wird. Drückt man nun den
Hebel A B herab, so wird die Last mit der gezähnten Stange am Bügel n o gehoben,
und der zweite Bügel fällt durch sein eigenes Gewicht in einen folgenden Zahn ein.
Auf diese Weise wird die Operation so oft wiederholt, bis die Last sammt der ge-
zähnten Stange auf die gehörige Höhe gehoben ist.


Auch diese Heblade ist, mit Ausnahme des Hebels A B und der drei Füsse, ganz
von Eisen; die Construction ihrer einzelnen Theile ist aus Fig. 19 bis 22 ersichtlich. Die
Berechnung der beschriebenen zwei französischen Hebladen ist dieselbe, wie bei einem
Hebel der ersten Art.


§. 160.

Eine Frage von Wichtigkeit ist die Bestimmung der Entfernung der Lö-
cher
bei der deutschen und schwedischen, und jene der Zähne bei der französi-
schen Heblade Fig. 15, Tab. 5. Um diese Entfernungen zu bestimmen, sey as die
horizontale Linie, welche die Höhe s v = h, auf welche der Hebel durch einen mensch-Fig.
15.
Tab.
5.

lichen Arm gehoben werden kann, bezeichnet. Es sey a g die Linie, in welche die
vordern Theilungspunkte, und q h diejenige, in welche die hintern Theilungspunkte
für die Löcher der Heblade hineinfallen. Man nehme in der Mitte der ersten Thei-
lungslinie den Punkt d an, und ziehe sowohl die Horizontale d t, als auch die Linien
d s und d v, welche nunmehr zwei Theilungspunkte n und l geben. Zieht man durch
diese Punkte abermals die Linien s l e und v n c, so erhält man wieder die zwei Thei-
lungspunkte e und c. Man trägt nunmehr die Entfernungen c d = d e in der vordern
Vertikallinie a g und die Entfernung n l in der hintern Vertikallinie q h sowohl auf-
als abwärts, wodurch nun beide Reihen Oeffnungen erhalten werden.


Die Entfernungen dieser Oeffnungen werden auf folgende Art berechnet: Da das
Dreieck d n l dem Dreiecke d s v ähnlich ist, so verhält sich d n : n l = d s : s v. Set-
zen wir die Entfernung der Oeffnungen in der schiefen Richtung d n = a = 4 Zoll,
die Länge des Hebels d s = b = 7 Fuss, und die ganze Hubshöhe, auf welche der
Arbeiter mit seinem Arme zu reichen im Stande ist, s v = h = 5 Fuss, so ist die
Entfernung der Löcher in der hintern Reihe oder n l = = 2,857
[166]Hebladen.
Zoll. Da ferner die Dreiecke v n l und v c d einander ähnlich sind, so verhält sich
v n : n l = v c : c d oder b — = b : c d, woraus
c d = = 3 Zoll.


Man sieht hieraus, dass die Entfernung der Löcher in der vordern Reihe, näm-
lich b c = c d ..... grösser, als die Entfernung der Löcher o n = n l ..... in
der hintern Reihe seyn müsse. Wenn daher der Punkt d in der Mitte der Höhe von
n und l sich befindet, so steht c etwas über der Mitte von n und o, u. s. w. bis die
obersten zwei Punkte a und q in einer horizontalen Linie liegen. In dem obigen Beispie-
le war die Entfernung c d = 3 Zoll und die halbe Höhe der Heblade d a = 2½ Fuss = 30
Zoll; es ergeben sich daher in der Höhe d a gerade 10 Abtheilungen. Die Entfernung
n l war = 2,857 = Zoll; die Anzahl der Abtheilungen in der Linie m q beträgt daher,
= 10½, d. h. es sind von q nach n zehn Abtheilungen, und von n nach m
noch eine halbe Abtheilung vorhanden.


Fig.
15.
Tab.
5.

Diese Construction der Hebladen ist auch an und für sich betrachtet schon begreif-
lich. Es müssen nämlich alle Linien a p w, c n v, g h u ..... in die horizontale Linie
g u und alle Linien g i r, e l s ..... in die Horizontale as fallen, weil beide Horizonta-
len die Gränze bezeichnen, auf welche der Hub des menschlichen Armes reicht. Wür-
Fig.
16.
den nun (Fig. 16) die Punkte b, c, d ..... eben so weit, wie o, n, l ..... von ein-
ander entfernt angenommen, so müsste man, um die Last auf die Höhe der einzelnen
Löcher zu bringen, nach und nach die Bögen α β, α' β', α'' β'' ..... beschreiben; es
kämen daher die Punkte β, β', β'' ..... immer höher, und man würde in kurzer Zeit den
Hebel nicht mehr erreichen, folglich die obersten Oeffnungen nicht benützen und daher
die Last nicht auf die ganze Höhe der Heblade erheben können.


Fig.
15.

Bei dieser Construction ist jedoch zu bemerken, dass die Entfernung der Löcher in
der schiefen Richtung nämlich g i, a p ..... bedeutend grösser ist, als d l und d n. Es
ist nämlich g i = + ...., ferner
d l = + ....; es ist daher der Un-
terschied g i — d l = . Um diess in unserm Falle zu berechnen, haben wir
d m = = 3,75; folglich den obigen Unterschied
= = 0,78 Zoll, welches allerdings bedeutend ist. Da nun die Linie g i ge-
gen d l um 0,78 Zoll grösser wird, so muss man bei den Oeffnungen m und n (Fig.
13 und 16, Tab. 6) in dem eisernen Ende des Hebels einen Spielraum von 0,39 Zoll bei-
derseits
lassen, d. h. diese Entfernung m n muss sowohl 4 Zoll, als auch 4,78 Zoll hal-
ten können.


[167]Hebladen.

Wollte man diesen Spielraum nicht annehmen, und die Entfernungen
g h = g i ..... = e l = l d = d n ..... setzen, zugleich aber auch die schiefe Lage bei
dem Gebrauche der Heblade berücksichtigen, so ergibt sich eine Construction, welcheFig.
23.
Tab.
6.

sich am besten, wie Fig. 23, Tab. 6, durch Verzeichnung finden lässt; es bilden näm-
lich in diesem Falle die äussern Oeffnungen a, b, c, d ..... eben so wie die innern
m, l, k ..... krumme Linien, deren Berechnung für die Anwendung zu schwierig und
um so mehr überflüssig ist, als diess durch den Spielraum in den Oeffnungen n und m
Fig. 13 und 16, Tab. 6 für die Bolzen ersetzt werden kann.


§. 161.

Wenn Stöcke oder Bäume sammt den Wurzeln aus der Erde gehoben werden sollen,Fig.
17.
Tab.
5,
dann
Fig.
2 und
3.
Tab.
7.

kann man sich noch folgender französischen Vorrichtung bedienen. Man gebraucht nämlich
einen Hebel A B, welcher an seinem vordern Ende mit dem eisernen Ansatzstücke Bonm
versehen ist; in der Mitte zwischen m und o ist in n eine Kette angebracht, welche um ei-
nen festen Baumstock C geschlungen wird. Eine zweite lange Kette wird an dem zwei-
ten Stocke oder oben in der Höhe des Baumes in f befestigt und der Haken m q bei q in
diese Kette eingehängt. Wenn diess geschehen ist, so beschreiben die Arbeiter den Bo-
gen A A', wodurch m nach m' und q nach q' zurückgeht, folglich auch die Entfernung
des Stockes oder Baumes D von dem Stocke C um q q' vermindert und der erstere um
eben so viel angezogen wird. Wenn sich nun der Hebel in der Lage A' m' befindet, so
wird der Haken o r bei r' in die vom Baume herabkommende Kette von einem Arbeiter
eingehängt, und der Hebel A' m' von den übrigen Arbeitern von A' nach A zurückgeführt,
wo dieselbe Operation, wie zuerst, wiederholt wird, bis endlich der Baum sammt der
Wurzel sich niederlegt oder der Stock ausgehoben wird.


Diese Vorrichtung bildet in der ersten Lage A m einen Hebel der ersten Art, wo-
bei n der Umdrehungspunkt ist und die Last in m hängt. In der zweiten Lage A' m'
bildet dieselbe einen Hebel der zweiten Art, wobei die Last in o' und der Umdre-
hungspunkt wieder in n vorhanden ist. Im erstern Falle haben wir die Proportion
K : P = m n : n A. Da jedoch der eigentliche Widerstand W erst unten an den Wur-
zeln des Baumes in h vorhanden ist, so wird die Kraft, womit die Wurzel ausgerissen
wird, da hier ein Winkelhebel vorkömmt, nach §. 68, Fig. 24, Tab. 1 noch in dem Ver-
hältnisse der Höhe i g zur Basis h g vermehrt oder es ist
P : W = h g : i g;
demnach ist auch K : W = m n . h g : n A . i g, woraus die Kraft K = .


  • Beispiel. Es sey die Länge des Hebels n A = 12 Fuss und m n = 4 Zoll; die
    Höhe i g = 40 Fuss und h g = 2 Fuss, so ist K = ;
    man übt daher mit dieser Heblade eine sehr grosse Kraft aus.

§. 162.

Hier verdient noch eine Methode bemerkt zu werden, welche man in EnglandFig.
4.
Tab.
7.

zum Ausreissen der Baumstöcke angewendet hat. Dieselbe besteht in dem
Gebrauche eines gusseisernen transportablen Kranichs, welcher an einem starken
[168]Hebladen.
Baumstamme mit Ketten angehängt wird. Hierauf wird eine zweite Kette an einem schwä-
chern Baumstamme befestigt, der Kranich mittelst der zwei Kurbeln in Bewegung ge-
setzt, und auf diese Weise der Stock ausgerissen. Man kann auch an eine Hauptkette
mehrere Seitenketten und diese an eben so viele Baumstöcke befestigen, welche nun
der Reihe nach ausgerissen werden. Die Erklärung des Kranichs und die bedeutende
Wirksamkeit dieser Maschine werden wir im IX. Kapitel näher kennen lernen.


§. 163.

Fig.
5, 6
und
7.
Tab.
7.

Wenn Pfähle unter Wasser aus einem Flussbette ausgezogen werden, bedient man
sich dazu einer sogenannten Zugschraube, welche Fig. 5 deutlich dargestellt ist.
Auf einem Schiffe, das an den Pfahl angelegt wird, befestigt man (Fig. 7) zwei Träme
A B, C D, und legt quer über dieselben einen dritten Tram E F, der stärker als die
erstern ist, und durch welchen die eiserne Schraube G H (Fig. 5) durchgeht. An dem
unteren Ende der Schraubenspindel ist ein Ring oder Haken H vorhanden, in wel-
chen eine Kette eingehängt, zweimal um den auszuziehenden Pfahl geschlungen und
mit seinem andern Ende in den Haken oder in ein Glied der ersten Kette eingehängt
wird. Dann wird die um den Pfahl geschlungene Kette mit einem Klotze oder Hebel unter
das Wasser an dem Pfahle so weit als möglich herabgestossen. Nachher zieht man mit dem
Schraubenschlüssel I L die Schraube an, wodurch das Schiff einige Zoll tief in das Was-
ser eingedrückt wird. Ist diess geschehen, so nimmt man einen Schlägel und schlägt
rechts und links an den Pfahl, damit er auf solche Art locker werde, worauf das Schiff
sammt dem Pfahle in die Höhe springt und ohne Anstand von ein paar Arbeitern
herausgehoben werden kann. Wenn der Pfahl durch diese erste Operation nicht ge-
wältigt wird, so wird die Schraube noch um einige Gewinde tiefer angezogen, und das
und selbe Verfahren wiederholt.


Die von der k. böhm. Wasserbaudirection an der Moldau und Elbe gebrauchten Zug-
schrauben haben folgende Dimensionen: Die Länge der Schraubenspindel G H beträgt
2½ bis 3 Wiener Fuss, wovon der angeschnittene oder mit Gewinden versehene Theil
18 Zoll und der untere mit einem Oehre (H) versehene Theil 12 bis 18 Zoll lang ist. Der
Durchmesser der Schraubenspindel sammt Gewinde beträgt 3 Zoll; die Gewinde sind win-
kelrecht, ⅜ Zoll stark und eben so tief eingeschnitten. Die Höhe der Schraubenmutter
beträgt 3 Zoll; sie ist unten mit einer ½ Zoll dicken Platte versehen, welche auf einer
andern, auf dem 12 bis 15 Zoll hohen Trame E F befestigten, eisernen Platte aufliegt
und mittelst des Schraubenschlüssels auf derselben herumgedreht wird.


Wenn der Pfahl sehr stark ist, pflegt man zwei Schiffe parallel zu einander um den-
selben zu stellen, worauf die Träme A B, C D über beide Schiffe gelegt, von beiden
Seiten Zugschrauben angebracht und der Pfahl mittelst derselben ausgehoben wird.


[169]Wagen.

B. Wagen.


§. 164.

Unter die wichtigsten und gemeinnützigsten Anwendungen des Hebels gehören die
Wagen, welche zur Bestimmung des Gewichtes der Körper dienen. Es gibt meh-
rere Arten von Wagen, die nach den verschiedenen Zwecken, wozu man sie im bür-
gerlichen Leben braucht, eingerichtet sind, nämlich:


  • 1tens. Die gemeine oder Krämerwage.
  • 2tens. Die Schnell- oder Römische Wage.
  • 3tens. Die Wage mit einem Zeiger.
  • 4tens. Die verjüngten Wagen.
  • 5tens. Die Strassen- oder Mauthwage.
  • 6tens. Die Federwagen.

§. 165.

Die Krämerwage hat den Zweck, das Gewicht einer Waare durch ein dem-Fig.
1.
Tab.
8.

selben gleichkommendes Gewicht anzugeben; sie besteht aus einem Hebel a b, welcher
in der Mitte c unterstützt wird, und an dessen beiden Endpunkten Schalen aufgehängt
werden, um darein von der einen Seite die Waare und von der andern Seite so viel
Gewichte zu legen, bis sie dem Gewichte der Waare gleich kommen. Der Wagebalken
wird gewöhnlich an der Achse c beiderseits in den Oehren der sogenannten Schere c d
aufgehängt, und ober dieser Achse befindet sich die Zunge c e, welche auf dem Wa-
gebalken winkelrecht befestigt ist. Der horizontale Stand des Wagebalkens wird daher
erkannt, wenn die Zunge senkrecht steht, oder mit der nach der Richtung der Schwe-
re herabhängenden Schere d c einspielt.


Die Forderungen, welche man an eine Krämerwage macht, sind:


  • 1tens. Dass die Waare genau so schwer sey, als das Gewicht in der gegenseiti-
    gen Schale;
  • 2tens. dass der Wagebalken sich hiebei in eine horizontale Lage stelle,
  • 3tens. dass dieser horizontale Stand durch einen kleinen Unterschied in den Ge-
    wichten sich merklich ändere; endlich
  • 4tens. dass die Wage, wenn sie aus ihrer Lage verrückt wird, sich nach einigen
    Schwingungen wieder in denselben Punkt einstelle.

Diese vier Eigenschaften werden gewöhnlich unter Gleichheit der Gewich-
te, horizontalem Stande, Empfindlichkeit
und Trägheit der Wage
begriffen.


§. 166.

Um der ersten Eigenschaft zu entsprechen, müssen die beiden Arme derFig.
2.

Krämerwage gleich lang seyn. Denn da bei dieser Wage nach der Eigen-
schaft des Hebels im Zustande des Gleichgewichtes P . b c = W . a c ist, und P = W
nach der Forderung seyn soll, so muss auch b c = a c seyn.


Gerstners Mechanik. Band I. 22
[170]Krämerwage.

Es versteht sich von selbst, dass die Wagschalen, noch bevor Gewichte hineingelegt
wurden, an dem Wagebalken im Gleichgewichte seyn müssen. Denn diese Wagschalen
vertreten offenbar die Stelle abzuwiegender Gewichte; es muss daher die Bedingniss, die
den letztern zukommt, auch bei den Wagschalen vorhanden seyn.


§. 167.

Es handelt sich nun, wie man untersucht, ob eine Wage gleiche Hebels-
arme oder Wagebalken-Arme habe
?


Mit dem Zirkel dieselben genau abzumessen, würde sehr beschwerlich und so zu sagen
unmöglich seyn. Wollte man z. B. bei einer Wage, worauf 1 Ctr. gewogen wird, noch 1
Loth erkennen, so müsste man, da 1 Ctr. : 1 Loth = 3200 : 1 sich verhält, im Stande
seyn, den 3200ten Theil der Länge eines Armes dieser Wage mit dem Zirkel abzumessen;
wäre daher der Arm a c ein Fuss lang, so müsste man mit dem Zirkel 1/22 Linie abmessen kön-
nen, was nicht leicht möglich ist.


Es ist daher vortheilhaft, die Gleichheit der Hebelsarme einer Krämerwage durch
das Abwägen gleicher Gewichte zu bestimmen. Zu diesem Behufe muss man sich vorerst
diese vollkommen gleichen Gewichte verschaffen. Man legt hiezu irgend ein
Gewicht W in eine Wagschale und in die andere Schale so viele Gewichte (P) irgend ei-
ner Materie, bis ein vollkommenes Gleichgewicht erfolgt. Hierauf nimmt man ein zwei-
tes Gewicht W', was gewöhnlich etwas schwerer als W ist, legt es in dieselbe Wagscha-
le, während in der andern noch die Gewichte P vorhanden sind, und nun wird W' so
lange adjustirt (z. B. abgefeilt), bis wieder ein vollkommenes Gleichgewicht vorhanden
ist. Ist diess der Fall, so ist W genau = W', und man hat zwei vollkommen gleiche
Gewichte. Wenn man itzt die Wage selbst prüfen und adjustiren will, so legt man die-
se Gewichte W und W' in beide Wagschalen; spielt die Zunge ein, so müssen die Ar-
me auch gleich lang seyn. Im Gegentheile müssen die Arme so lange zugerichtet wer-
den, bis ein vollkommenes Einspielen erfolgt.


Diess ist die Art, wie genaue Wagen verfertigt und adjustirt werden. Wenn
jedoch die Wage bereits fertig ist, und es sich nur darum handelt, sie zu prüfen, so
Fig.
2.
Tab.
8.
legt man in die eine Schale irgend ein Gewicht W, und in die andere Wagschale ein
zweites Gewicht P, welches mit dem ersten allenfalls durch Zulagsgewichte in das
Gleichgewicht gebracht wird. Sodann verwechselt man diese Gewichte und beobachtet,
ob nun wieder Gleichgewicht statt findet, in welchem Falle sowohl die Gewichte als
auch die Arme einander gleich seyn müssen. Wir haben nämlich für den ersten Fall
W . a c = P . b c, nach dem Verwechseln aber P . a c = W . b c, folglich wenn man diese
zwei Gleichungen mitsammen dividirt, , woraus W2 = P2 und W = P folgt.
Substituirt man diesen Werth in eine der zwei obern Gleichungen, so ergibt sich
a c = b c; die Wage hat daher in diesem Falle die erforderliche Eigenschaft der glei-
chen Hebelsarme.


§. 168.

Wir wollen nun annehmen, die Wage hätte bei der im vorigen §. angegebenen Pro-
be in Hinsicht der Gleichheit der Arme nicht eingespielt; man besitze aber keine andere
[171]Krämerwage.
Wage und müsste sich einer unrichtigen zum Abwägen bedienen; es frägt sich daher, wie
man mittelst einer unrichtigen Krämerwage das wahre Gewicht ei-
ner Waare finden könne
.


In diesem Falle legt man bei der Umwechslung der Gewichte ein anderes GewichtFig.
2.
Tab.
8.

R in die Schale bei a, welches nun grösser oder kleiner als P seyn mag; erfolgt hiedurch
Gleichgewicht, so ist R . a c = W . b c und da wir im ersten Falle W . a c = P . b c hatten,
so erhalten wir durch die Division dieser zwei Gleichungen mit einander und da-
her das wirkliche Gewicht der Waare .


  • Beispiel. Hätte man das Gewicht einer Waare in einer Schale der Wage = 81 ℔ und
    nach dem Umwechseln in der andern Schale = 100 ℔ gefunden, so ist das wahre Ge-
    wicht derselben = = 90 ℔, welches von dem Mittel beider Gewichte, nämlich
    = 90,5 ℔, um ½ ℔ abweicht; man würde daher in diesem Falle durch
    Annahme des Mittels um ½ ℔ vom wahren Gewichte fehlen. Stünde jedoch in ei-
    nem andern Falle die Waare auf der einen Seite mit 100, und auf der andern mit 101 ℔
    im Gleichgewichte, so ist das wahre Gewicht = = 100,4987, wogegen das
    Mittel = 100,5000 beträgt; woraus man sieht, dass man nur bei kleinen
    Unterschieden das Mittel allenfalls für das wahre Gewicht annehmen könne.

§. 169.

Die zweite Eigenschaft oder die zweite Forderung, welche man an eine Krä-Fig.
3.

merwage macht, ist, dass sich die Wage bei gleichen Gewichten hori-
zontal stelle
. Soll die Wage diese Eigenschaft besitzen, so muss die Achse dersel-
ben (nämlich der Punkt c, um welchen die Umdrehung geschieht) etwas über der Linie,
welche durch die beiden Aufhängspunkte a und b der Gewichte gezogen wird, erhöht
seyn, oder die Achse c muss mit den zwei Aufhängspunkten a und b ein gleichschenklich-
tes Dreieck a c b bilden. Wenn nämlich a und b die zwei Aufhängspunkte der Gewichte
sind, so muss der Schwerpunkt dieser Gewichte in der Mitte von a b oder in o vorhanden
seyn; derselbe wird sich daher im Zustande der Ruhe senkrecht unter der Achse befinden
müssen. Wird nun der Wagebalken gedreht, oder der Schwerpunkt von o nach d versetzt,
so erhält derselbe bei der Umdrehung um die Achse c den Hebelsarm d e, woraus das
Moment (W + P) d e entsteht. Dieses Moment treibt daher immer den Schwerpunkt der
Gewichte herab, bis der Wagebalken die horizontale Lage a b annimmt, wobei es
= 0 wird.


Nehmen wir im Gegentheile an, die Achse der Wage sey in o oder mit den zweiFig.
4.

Aufhängspunkten a und b in einer Linie, so wird der Schwerpunkt der Ge-
wichte keinen Einfluss mehr auf die Umdrehung haben, und es wird in jeder Lage a o b,
a' o b' ...., welche die Wage auch immer annimmt, Gleichgewicht erfolgen, und nicht
nur W . a o = P . b o, sondern auch W . m o = P . n o seyn, wie aus §. 68 der Lehre vom
Hebel bekannt ist.


22 *
[172]Krämerwage.
Fig.
5.
Tab.
8.

Wäre ferner die Achse c unter den Aufhängspunkten und daher unter
dem Schwerpunkte der Gewichte W + P angebracht, so würde dieser Schwerpunkt bei
einer jeden noch so kleinen Bewegung ein Moment (W + P) d e erhalten, welches nach
der Richtung der mitgetheilten Bewegung fortwirkete; sonach würde diese Bewegung
immerfort vermehrt und die Folge herbeigeführt, dass die Wage umschlagen müsste.


Es ist aber hiebei zu bemerken, dass nicht bloss die zwei Gewichte (mit Einschluss
der Wagschalen), sondern auch der Wagebalken ein Gewicht und einen Schwerpunkt habe,
folglich bei einer Umdrehung ein Moment erhalten könne, welches den horizontalen
Stand der Wage herzustellen vermag, wenn diess durch die Gewichte nicht bewirkt wird.
Hieraus folgt, dass es nicht immer nöthig sey, dass der Schwerpunkt des Wagebal-
kens und der zwei Gewichte
unter der Achse liege; es kann nämlich der Schwer-
punkt der zwei Gewichte auch in der Achse seyn, wenn dagegen nur der Schwerpunkt
des Wagebalkens unter derselben ist: denn in diesem Falle erhält der letzte Schwerpunkt
ein Moment, welches die Wage in einer jeden schiefen Lage herunterzieht. Eben so könn-
te der Schwerpunkt der zwei Gewichte sogar über der Achse liegen, wenn nur jener des
Wagebalkens unter derselben ist und ein grösseres Moment hat.


Um praktisch den horizontalen Stand einer Wage leicht beurtheilen zu können,
Fig.
3.
befestigt man, wie bereits oben bemerkt wurde, in der Richtung der mittlern Linie c o
des gleichschenklichen Dreieckes a c b die Zunge c g.


§. 170.

Die dritte Eigenschaft einer Krämerwage ist die Empfindlichkeit. Man
erkennt dieselbe, wenn ein kleines Zulagsgewicht einen grossen Aus-
schlag
, d. h. eine grosse Abweichung der Zunge von ihrer senkrechten Richtung
bewirkt.


Um zu erfahren, wodurch man diese Eigenschaft erhalte, wollen wir uns eine solche
Fig.
6.
Wage durch einfache Linien gezeichnet vorstellen. Es sey a b der Wagebalken in sei-
nem horizontalen Stande, seine Achse sey in c und die Zunge c g auf der, durch die
Aufhängspunkte gehenden Linie a b senkrecht; die Arme seyen einander gleich oder
a o = o b, und an a und b zwei gleiche Gewichte W und P angehängt. Wird nun an ei-
ner Seite das Gewicht p zugelegt, so sinkt der Wagebalken von dieser Seite und steigt
auf der andern in die Höhe. Wir wollen annehmen, derselbe bleibe in der Lage k s und
die Zunge in d c f stehen, so wird durch diese Verwendung des Wagebalkens der Schwer-
punkt o der zwei Gewichte den Kreisbogen o d um die Achse beschreiben, und auf glei-
che Art wird der Schwerpunkt p des Wagebalkens (dessen Gewicht wir = B setzen) einen
gleichen Winkel oder den Bogen p n zurücklegen.


Es ist offenbar, dass Anfangs in der horizontalen Lage im Zustande des Gleichge-
wichtes P . o b = W . a o seyn musste. Im zweiten Falle aber ist, wenn man durch c als
den Umdrehungspunkt eine horizontale Linie zum Messen der Entfernungen zieht
W . l c + B . i c = (P + p) c q; denn es zieht nunmehr auf der Seite von W auch noch
das Gewicht (B) des Wagbalkens von n nach p herunter; es ist daher eben so viel, als
wenn in n das Gewicht B aufgehängt wäre, dessen Moment B . i c ist. Dieses Moment
[173]Krämerwage.
war in der horizontalen Lage des Wagebalkens nicht vorhanden, da n mit p zusammenfiel,Fig.
6.
Tab.
8.

folglich die Entfernung i c = 0 war.


Wir wollen nun aus der für das Gleichgewicht in der schiefen Lage aufgestellten
Gleichung den Ausschlag x = h f berechnen.


Zu diesem Behufe setzen wir die Länge der Zunge c f = z, und c h = y; es
sey ferner die Entfernung der Achse vom Schwerpunkte der aufgehängten Gewichte
c o = c d = e; die Entfernung der Achse vom Schwerpunkte des Wagebalkens (welcher
hier absichtlich der deutlichern Zeichnung wegen so tief angenommen wurde) oder
c p = c n = b, endlich die Hebelsarme a o = o b = k d = d s = a.


Nun ist das Dreieck d m k dem Dreiecke c h f ähnlich, folglich verhält sich
d m : d k = c h : c f oder d m : a = y : z, woraus d m = = d r; da ferner die Drei-
ecke c d e und c f h einander ähnlich sind, so ist d e : c d = f h : c f oder d e : e = x : z
und sonach d e = . Hieraus ergibt sich l c = m e = m d + d e =
und c q = r d — d e = .


Endlich ist das Dreieck c i n dem Dreiecke f h c ähnlich, folglich verhält sich
c i : c n = f h : f c oder c i : b = x : z, woraus c i = .


Substituiren wir nun die drei gefundenen Werthe in die obige Gleichung, so ist
. Multipliciren wir in dieser
Gleichung durchaus mit z und verrichten die noch angezeigten Multiplikationen, so ist
W . a . y + W . e . x + B . b . x = P . a . y — P . e . x + p . a . y — p . e . x,
woraus x = .


Da wir hier nur die Wirkung des Zulagsgewichtes p auf den Ausschlag zu untersu-
chen haben, so müssen wir annehmen, dass die Wage die zwei ersten Eigenschaften einer
guten Krämerwage schon besitze, nämlich dass W = P und P — W = 0 sey; folglich
ist der Ausschlag x = , oder .


In dieser Gleichung ist offenbar = tang. α; das Produkt p . a = p . o b ist
das statische Moment des zugelegten Gewichtes p um die Achse c, das Produkt
(2 P + p) e = (2 P + p) c o ist das statische Moment der in der Linie a b befindlichen
Gewichte 2 P + p, und das Produkt B . b = B . c p ist das statische Moment des Wagebal-
kens um die Achse c. Hieraus ist demnach ersichtlich, dass die Tangente des Winkels,
um welchen die Zunge vom senkrechten Stande oder der Wagebalken vom horizontalen
Stande abweicht, erhalten werde, wenn das Moment des zugelegten Gewichtes durch die
Summe der Momente der Gewichte, mit welchen der Wagebalken belastet ist, und dem
Momente des Wagebalkengewichtes dividirt wird.


[174]Krämerwage.
§. 171.

Fig.
6.
Tab.
8.

Obgleich aus dieser Gleichung der Winkel, um welchen die Wage vom wagerechten
Stande abweicht, sehr leicht berechnet werden kann, so lässt sich doch in praktischer
Hinsicht die Genauigkeit der Wage leichter aus dem Ausschlage x oder h f als aus dem
Winkel α beurtheilen.


Soll nun x oder der Ausschlag gross seyn, so muss dafür gesorgt werden, dass der
Bruch gross werde
, folglich der Zähler gross und der Nenner
klein sey. In dieser Hinsicht erfolgt ein grosser Ausschlag, wenn


  • 1tens. p oder das Zulagsgewicht gross ist. Nachdem es aber in der Bedingniss unserer
    Aufgabe liegt, dass ein kleines p einen grossen Ausschlag geben soll, so kann
    hieraus nichts weiter geschlossen werden, als dass überhaupt grössere Zulagsge-
    wichte einen grössern, kleinere Zulagsgewichte einen kleinern Ausschlag geben.
  • 2tens. Der Ausschlag ist gross, wenn a oder der Wagebalken-Arm lang ist. Dess-
    halb gibt ein Wagebalken mit längern Armen bei demselben Zulagsgewichte einen
    bedeutendern Ausschlag, als ein Wagebalken mit kürzern Armen.
  • 3tens. Wenn y oder die Höhe des horizontalen Ausschlages h f über der Achse c
    oder die Länge der Zunge c f gross ist. Diess folgt schon daraus, weil überhaupt
    für denselben Winkel die Länge des Bogens g f, folglich auch der Sinus h f um so
    grösser ausfällt, je länger der Radius oder die Zunge c f gemacht wird.
  • 4tens. Der Ausschlag ist ferner gross, wenn 2 P + p, oder die Summe der abzu-
    wägenden Gewichte nicht gross ist. Man findet desshalb gewöhnlich, dass der
    Ausschlag h f, der von einem bestimmten Zulagsgewichte bewirkt wird, um so
    kleiner ausfällt, je grösser die Gewichte sind, die auf die Wagschalen gelegt
    werden. Wenn man z. B. auf jede Wagschale 1 ℔ legt, und den Ausschlag h f
    misst, der von einem zugelegten Lothe bewirkt wird, so wird gewöhnlich dersel-
    be Ausschlag bedeutend kleiner, wenn zu dem Gewichte in jeder Wagschale noch
    20 oder 50 ℔ zugelegt werden.
  • 5tens. Der Ausschlag x wird auch gross, wenn e oder die Entfernung c o der Achse
    von der Verbindungslinie a b der beiden Aufhängspunkte klein ist. Da die Linie
    a b sowohl unter, als auch über die Achse c gestellt werden kann, so kann auch der
    Fall eintreten, dass diese Linie durch die Achse selbst geht, in welchem Falle e = 0
    und ist. Da nun a, B und b bei einer und derselben Wage immer ei-
    nerlei Werthe haben, so ist, wenn zwei verschiedene Gewichte p und p' zugelegt wer-
    den = p : p', d. h. die Tangente des Ausschlagswinkels (oder = tang. α)
    ist genau bloss dem Zulagsgewichte p proportional; sie bleibt demnach dieselbe,
    es mögen grosse oder kleine Gewichte W und P gewogen werden. Diese Wage ist
    sodann die empfindlichste und gibt den grössten Ausschlag, weil dersel-
    be vom Gewichte des Wagebalkens allein abhängt. Wenn man daher bei einer sol-
    chen Wage auf eine Wagschale z. B. zehn Gran = p zulegt und findet, dass der
    Ausschlag eine Linie = x beträgt, so kann man oben in der Linie h f eine Skale
    [175]Krämerwage.
    anbringen und sie beiderseits in Linien theilen. Man kann nun mit dieser Wage,
    auch ohne dass die Wagebalken genau horizontal stehen, dennoch das genaue Ge-
    wicht des gewogenen Gegenstandes angeben, weil eine jede Abtheilung genau 10
    Gran beträgt.
    Eine so vollkommene Wage gelingt aber selten, indem gewöhnlich der Aus-
    schlag für dasselbe Zulagsgewicht desto kleiner ist, je mehr man auf der Wage
    wiegt, und die Achsen bei mehrerem Gebrauche stumpf werden, so wie auch die
    Wagebalken bei grossen Gewichten sich biegen. Diese Eigenschaft kann daher
    nur bei solchen Wagen statt finden, wo verhältnissmässig wenig gewogen wird,
    wie bei Probierwagen.
  • 6tens. Der Ausschlag wird noch gross, wenn B, d. h. das Gewicht des Wagebalkens
    klein ist. Dieses richtet sich aber wieder nach den zu wägenden Gewichten, denn
    macht man den Wagebalken schwach, damit er nicht viel wiege, und legt nun eine
    schwere Waare und anderseits ein eben so schweres Gewicht in die Schalen, so
    wird er an seinen zwei Enden heruntergebogen, wodurch e, d. h. die Entfernung des
    Schwerpunktes der aufgehängten Gewichte von der Achse gross wird, was der Em-
    pfindlichkeit (nach 5tens) nachtheilig ist. Der Wagebalken sey daher so leicht als
    möglich, jedoch so, dass die Arme noch im Stande sind, die Schwere der Waaren
    und Gewichte auszuhalten. Man macht desswegen die Breite und Höhe der Wag-
    balkenarme nicht gleich, sondern im Profil die Höhe grösser als die Breite. Ferner
    macht man sie an beiden Enden schwächer und in der Mitte stärker.
  • 7tens. Endlich wird der Ausschlag gross, wenn b oder die Entfernung der Achse vom
    Schwerpunkte des Wagebalkens klein ist. Sie darf aber, wie wir schon aus §. 169
    wissen, nicht = 0 oder gar einer negativen Grösse gleich, d. h. die Achse unter
    dem Schwerpunkte des Wagebalkens seyn; indessen richtet sich diese Grösse
    nach dem Grade der Empfindlichkeit, welchen man der Wage geben will.

§. 172.

Die vierte Eigenschaft einer Krämerwage ist: sie soll nicht träge, son-
dern leicht zu bewegen seyn; sie muss daher, sobald man ein kleines Gewicht auf der
einen Seite mehr auflegt, sogleich auf dieser Seite herabsinken.


Die Trägheit entsteht meistens aus der Reibung. Wenn die Achsen stumpfFig.
7.
Tab.
8.

oder abgerundet sind, so wird durch das Verwenden des Wagebalkens der Punkt o der
Achse nach m verschoben, und beim Zurückgehen kommt der Punkt o wieder nach n
u. s. w. Durch diese Bewegung auf der Fläche m o n entsteht Reibung, welche mit ei-
nem Widerstande verbunden ist, dessen Uiberwältigung eine Kraft erfordert. Weil die-
ser Widerstand die Bewegung hindert, d. h. jeder Bewegung, sie mag vor- oder rück-
wärts gehen, entgegen ist, so gibt sich die Reibung daraus zu erkennen, wenn die
Zunge nicht immer am Ende der Schwingungen an denselben Punkt g zurückkehrt,Fig.
8.

sondern einmal bei f und das anderemal bei f' stehen bleibt. Es steht nämlich in die-
sem Falle der Widerstand, der durch die Reibung erzeugt wird, mit der Kraft, welche
die Wage noch bis zu dem Punkte g zurücktreiben will, im Gleichgewichte; es können
also in einem solchen Falle die beiderseitigen Gewichte einander vollkommen gleich
[176]Krämerwage.
seyn, und die Wage steht doch wegen der Reibung nicht horizontal; man verliert da-
her das Hauptkennzeichen der Gleichheit der Gewichte, nämlich den horizontalen
Stand. Derselbe Fall würde auch vorhanden seyn, wenn die Achse des Wagebalkens
an der Seite anstreifen möchte, und dort ebenfalls durch eine Reibung aufgehalten wür-
de. Da, wie wir im V. Kapitel zeigen werden, der Widerstand der Reibung dem
Drucke proportional ist, so wird auch die Trägheit einer Wage um so grösser,
je schwerer die Gegenstände sind, welche auf derselben gewogen
werden
. In dieser Hinsicht kann eine Wage mit stumpfen Achsen bei kleinen Ge-
wichten noch brauchbar seyn, bei grössern aber ihre Brauchbarkeit verlieren.


Ist die Achse einer Wage cylindrisch, so sieht man von selbst, dass man un-
Fig.
9.
Tab.
8.
ter der Entfernung des Schwerpunktes der zwei Gewichte von der Achse nicht die
Entfernung desselben von der Auflage c, sondern von der Mitte der Achse a zu ver-
stehen habe. Sollte daher nach §. 171 die Entfernung der Achse von der Aufhängslinie
nicht = 0 seyn, so kann doch diese Aufhängslinie nicht nur unterhalb der Achse in
d, sondern auch durch die Auflage c, oder sogar durch die Achse selbst in b gehen,
so bleibt doch noch b = b c. Dasselbe findet statt, wenn die Achse nicht rund, son-
Fig.
10.
dern auf irgend eine Art, wie a o n b gekrümmt ist. In diesem Falle kann man sich
nämlich einen Berührungskreis m n o zu dem untersten Punkte o der Achse denken;
es geschieht daher eigentlich die Umdrehung um den Mittelpunkt c desselben, von
welchem man auch die Entfernung der Schwerpunkte zu rechnen hat.


Wenn nun diese Achsen auf horizontalen Flächen aufruhen, sonach bei
ihrer Verwendung nur eine wälzende Bewegung und folglich keine Reibung eintre-
ten kann, so finden bei einer solchen Wage doch alle übrigen bisher angeführten
Fig.
11.
Sätze statt. Denn es sey z. B. der Schwerpunkt der zwei Gewichte zugleich in der
horizontalen Linie a o b, worauf sich die Achse bewegt; wird nun gleich der Punkt o
durch die Verwendung der Achse nach m versetzt, und die Zunge aus dem senkrechten
Stande o g in den geneigten m h gebracht, so hat die Wage doch in dieser geneig-
ten Lage d e ungleiche Hebelsarme, da f i kleiner als i n ist, obgleich in der ersten
Lage a o = o b war; es findet daher in diesem Falle nur dann Gleichheit der
Gewichte statt, wenn die Wage vollkommen horizontal steht
, wie es
bei einer jeden guten Wage nothwendig ist.


Ist aber die Pfanne oder Unterlage der Achse nicht horizontal, sondern hohl, d. h.
nach irgend einer krummen Linie eingebogen, so kann aus dem horizontalen
Stande der Wage noch nicht auf das Gleichgewicht geschlossen wer-

Fig.
12.
den; denn wird die Achse durch irgend einen Umstand von o nach f verschoben, und das
Zurückgehen desselben durch die Reibung in f verhindert, so wird der horizontale Stand
a c b der Wage nur durch ungleiche Gewichte erhalten werden können. Da nämlich die
Wage nicht nach der senkrechten Richtung durch c, sondern durch f unterstützt wird,
so werden die Hebelsarme der Gewichte nicht mehr a c und b c, sondern a d und b d,
mithin ungleich seyn, es wird daher bei a ein grösseres Gewicht als bei b nothwen-
dig seyn. Wir wollen den Unterschied zwischen den beiderseitigen Gewichten = p
setzen, so lässt sich dessen Grösse auf folgende Art bestimmen: Es sey der Halb-
messer der Achse f c = r und jener der Pfanne f g = o g = R, wenn nämlich der
[177]Krämerwage.
Bogen i o k ein Kreisbogen ist; ferner der Abstand c h = h und die HebelsarmeFig.
12.
Tab.
8.

a c = b c = a, so ist wegen der Aehnlichkeit der Dreiecke c d f und c h g
c d : c f = c h : c g oder c d : r = h : R—r, woraus c d = .


Da nun wegen der Gleichheit der statischen Momente (P+p) a d = P . b d seyn
muss und a d = a — d c, b d = a + d c ist, so erhalten wir durch die Substitution
, woraus p = . Wenn nun
(R—r) a viel grösser als r. h ist, so fällt die zweite Grösse gegen die erste weg, und es bleibt
p = .


  • Beispiel. Es seyen die beiderseits aufliegenden Gewichte 2 P = 9 ℔, der Halb-
    messer der Achse r = 1 Linie und jener der Pfanne R = 4 Linien, die Länge
    der Wagebalkenarme a = 6 Zoll, endlich die Verrückung des Mittelpunktes
    der Achse h = 1 Linie, so ist p = = 1⅓ Loth, welche Grösse man
    daher in diesem Falle nicht erkennen wird.

Wird in dem obigen Ausdrucke der Halbmesser der Pfanne (R) unendlich gross ange-
nommen, so ist die Unterlage als ein endlicher Theil eines unendlich grossen Kreises
eine gerade Linie und es wird p unendlich klein oder = 0, da in dem hiefür berechneten
Werthe mit einer unendlich grossen Zahl dividirt wird; wenn daher die
Unterlage der Achsen eine horizontale gerade Linie ist, so sind im
horizontalen Stande der Wage die beiderseitigen Gewichte einan-
der gleich
(W = P), wie wir schon oben bemerkten.


§. 173.

Die angeführten Nachtheile werden vermieden, wenn die beiden vorstehenden Ende
der Achse nicht rund, sondern schneidig gemacht werden. Eine solche Achse gibt
dann nur eine Berührungslinie, welche in jedem Stande sich nur auf derselben SpitzeFig.
13.

o drehen kann, und ausser dem Punkte o keine zweite Achse in c (Fig. 12) hat, wo-
durch also der vorher gerügte Anstand von selbst wegfällt.


Die schneidigen Ende der Achsen müssen aber von beiden Seiten
nur in einer und derselben geraden Linie liegen
, weil sonst die Wage
zwar zu demselben Punkte zurückkehren, aber bei der Verwendung ungleiche Arme erhal-
ten würde. Stellt nämlich a b die Ansicht des Wagebalkens von oben und d e f g die un-Fig.
14.

tere Linie der Schneide vor, welche nicht eine und dieselbe gerade Linie ausmacht, so
wird sich offenbar die Wage einmal um die Linie e f, das anderemal um die Linie d g
drehen, und daher im ersten Falle der Arm b m, im zweiten a n um m n länger werden,
als der andere. Eine solche Wage wird aber nebstdem noch den Fehler haben, dass sie
Gerstners Mechanik. Band I. 23
[178]Krämerwage.
Fig.
14.
Tab.
8.
durch kleine Gewichte gar nicht aus ihrer Lage gebracht wird, da sie auf der gan-
zen Fläche d e f g ruht. Der Fehler, welcher hieraus entsteht, lässt sich auf folgen-
de Art berechnen:


Liegt die Wage horizontal, so ist c der Unterstützungspunkt, und die Gewichte P und
W sind im Gleichgewichte, folglich, da a c = c b angenommen wird, auch P = W. Wird
die Wage bei a herabgedrückt, so dreht sie sich um die Linie e f; es sey nun das Ge-
wicht, welches in dieser Lage Gleichgewicht bewirkt = P', so ist P' . a m = W . b m und
P' = . Wird von dieser Gleichung die obere P = W abgezogen, so ergibt sich
P' — P = .


Da aber der Hebelsarm b c = a c ist, so wird
P' — P = .


Es wird demnach der Fehler, den die breite Achse m n verursacht, desto grösser, je
breiter dieselbe, je grösser das abgewogene Gewicht W, und je kleiner die Länge des
Wagebalkenarmes a m ist.


§. 174.

Man vermeidet den Fehler, welcher bei Wagen aus einer krummen Achse entstehen
kann, indem man die Schneiden der Achse in zwei Spitzen verwandelt,
welche von Stahl seyn und die Glashärte erhalten müssen. Damit aber auch die Unter-
lage nicht angegriffen werde, so stellt man diese Spitzen auf Lager von Edelsteinen,
Diamant oder Rubin. Weil nunmehr jede Spitze nur einen Punkt bildet, und von einem
Punkte zum andern nur eine und dieselbe gerade Linie gezogen werden kann, so bleibt
die Linie der Auflage unveränderlich.


Der Winkel der Spitzen o (Fig. 13) richtet sich nach der Grösse der Wage
und der abzuwägenden Gewichte. Sind diese klein, so kann es auch der Winkel
seyn; bei grossen und schweren Wagen pflegt man ihn = 90 Grad zu machen. Dasselbe
geschieht, wenn man sich schneidiger Achsen bedient; damit sich nämlich die
Schneide nicht umbiege, darf der Winkel, den beide Seitenflächen an der Spitze ein-
schliessen, nicht viel kleiner als ein rechter seyn; derselbe erhält meistens 60 Grade,
bei feinen Probierwagen auch weniger.


Aus demselben Grunde werden oft die schneidigen Achsen in schneidi-
ge Ringe gehängt
, welche, weil die schneidigen Linien mitsammen einen rech-
ten Winkel machen, einander nur in einem Punkte berühren können, und
daher die Stelle von Spitzen ersetzen; dasselbe findet sowohl bei der Achse unterhalb
der Zunge, als auch bei den beiderseitigen Aufhängspunkten der Wagschalen statt.


§. 175.

Ein Kennzeichen der Beschaffenheit einer Wage sind auch die Spielungs- oder
Schwingungszeiten.


[179]Krämerwage.

Es sey das statische Moment des Wagebalkens = B . b, das mechanische oder Träg-
heitsmoment = B . f2, so sind die Spielungszeiten der Wage so gross, als
die eines Pendels, dessen Länge
= , wie bei der Theo-
rie der Bewegung um Achsen gezeigt werden wird.


Wenn demnach B . b und 2 P . e sehr klein sind, wie wir bereits (§. 171) wissen, dass
es die Empfindlichkeit fordert, so wird das Pendel und mithin auch die Schwingungs-
zeit länger. Empfindliche Wagen schwingen demnach immer sehr lang-
sam
, weil sie kleinere statische Momente haben.


Wenn P . e = 0, oder wenn die Linie durch die Aufhängspunkte zugleich durch die
Achse geht, so ist die Pendellänge = , demnach grösser als im obigen
Falle; die Wage spielt also langsamer, wenn Gewichte abgewogen
werden, als ohne Gewichten
.


Wenn B . b = 0 oder wenn B . b gegen 2 P . e und B . f2 gegen 2 P . a2 sehr klein ist, wel-
ches statt findet, wenn der Wagebalken nicht schwer oder wenn seine Schwere sich grössten-
theils in der Nähe der Achsen befindet, so bleibt die Pendellänge =
beinahe; demnach sind die Spielungszeiten bei grossen Gewichten unab-
änderlich
und ihre Dauer, die sich immer wie die Quadratwurzel der Pendellänge ver-
hält, ist um so grösser, je länger der Arm des Wagebalkens a und je kleiner die Entfer-
nung (e) der Achse von der Linie durch die Aufhängspunkte gemacht wird.


Aus diesem ergibt sich, dass die Forderungen, es solle eine Wage sehr em-
pfindlich seyn und zugleich auch kurze Schwingungszeiten haben
,
einander entgegen stehen. Die Empfindlichkeit fordert nämlich, dass B . b und
2 P . e sehr klein sey, dieselbe Grösse befindet sich aber bei der Pendellänge im Divisor,
sie gibt daher eine grosse Pendellänge, und es muss sonach auch die Schwingungszeit
einer empfindlichen Wage gross seyn. Man kann demnach aus der blossen Ansicht einer
Wage, welche in kurzen Zeiten hin und herspielt, sogleich schliessen, dass sie keine
grosse Empfindlichkeit haben könne.


§. 176.

Aus der oben §. 170 für den Ausschlag gefundenen Formel x =
lässt sich immer eine Grösse oder das Verhältniss zweier Grössen zu einander berechnen,
wenn die übrigen gegeben sind.


  • 1tes Beispiel. Man soll die Dimensionen zur Verfertigung einer Wage angeben,
    auf der man höchstens 2 ℔ wiegt, und die hiebei einen Ausschlag von 1 Linie auf
    1 Gran gibt.

Hier sind offenbar bloss die drei Grössen x = 1‴, p = 1 Gran = Loth und
2 P = 2 ℔ = 64 Loth gegeben. Wenn e oder die Entfernung der Achse von den Auf-
hängspunkten = 0 ist, so bleibt x = oder 1‴ = , sonach ist die Entfer-
23 *
[180]Krämerwage.
nung des Schwerpunktes des Wagebalkens von der Achse, b = . Nun sey a die Län-
ge eines Armes = 6 Zoll = 72 Linien, y die Entfernung bis zur horizontalen Skale
= 5 Zoll = 60 Linien, und B das Gewicht des Wagebalkens = ¼ ℔ = Gran,
so ist b = = 2¼ Linien. Soll daher diese Wage auf 1 Gran Zulage 1 Linie Aus-
schlag geben, so muss bei den angenommenen Dimensionen die Entfernung des Schwer-
punktes des Wagebalkens von der Achse nur 2¼ Linien betragen.


  • 2tes. Beispiel. Es sey an einer Wage a = 9 Zoll, y = 6 Zoll, b = ½ Zoll, B = 16 Loth,
    e = ¼ Zoll und P = W = 10 ℔, wie viel wird man hiebei zulegen müssen, damit der
    Auschlag 1 Zoll betrage?

Da in diesem Falle p unbekannt ist, so muss man es aus der obigen Formel suchen
und es ist p = oder durch Substitution der gegebenen Grössen
p = = 3,126 Loth.


§. 177.

Es kommt manchmal der Fall vor, dass man bei der Abwägung ei-
ner Waare nicht so kleine Gewichte hat, um das Gleichgewicht her-
zustellen
; es frägt sich nun, zu berechnen, wie viel der Unterschied des
Ausschlags x im Gewichte betrage
?


Wenn man eine Waare W durch das Gewicht P abwiegt und die Wage bleibt in der schie-
Fig.
15.
Tab.
8.
fen Lage a b stehen, so ist offenbar W schwerer als P oder allgemein W = P + p, wo p den
Unterschied beider Gewichte (W — P) ausdrückt. Man lege nun p' oder das kleinste Gewicht,
das man hat, in die Wagschale zu P, und hiedurch komme die Wage in die Lage e d,
so ist offenbar wieder die Waare leichter als P + p'; man müsste demnach, wenn die
Wage genau einspielen soll, ein kleineres Gewicht als p' zulegen; da man diess aber nicht
hat, so kann es auf folgende' Art aus dem Ausschlage berechnet werden:


Zieht man nämlich die Horizontale m o, so gibt der Punkt m den Stand der Zunge im
ersten und o im zweiten Falle. Im ersten Falle war W = P + p, demnach die Summe
der beiderseits aufgelegten Gewichte = W + P = 2 P + p. Substituiren wir nun in die
§. 170 für den Ausschlag gefundene allgemeine Formel, so ist m n = .
Im zweiten Falle wurde der Ausschlag n o durch die Differenz der Gewichte p' — p her-
vorgebracht, folglich ist n o = .


Macht man aus diesen zwei Gleichungen eine Proportion, so kann man ohne Anstand
die Nenner gleich setzen, da das Zulagsgewicht p' ohnehin nicht viel beträgt, und es ist
m n : n o = p : p' — p, oder wenn man das erste und zweite Glied addirt, m n + n o : m n = p' : p,
[181]Krämerwage.
woraus das zu findende Gewicht p = · p', und daher das wirkliche Gewicht der Waare,
W = P + p = P + · p'.


In der Ausübung macht man an der Zunge der Wage eine horizontale Skale, die in
eine beliebige Anzahl gleicher Abtheilungen eingetheilt ist, und verfährt damit folgen-
dermassen:


  • Beispiel. Man fände das Gewicht einer Waare, P = 3 ℔, hiebei aber bliebe die Zun-
    ge in m stehen, von wo bis zur Einspielung in n fünf Abtheilungen fehlen. Hierauf
    legt man ein Gewicht z. B. p' = 1 Loth zu, wodurch nicht nur p gezogen wird, son-
    dern auch die Zunge bis auf m o = 16 Theile hinübergeht. Man hat daher die Propor-
    tion: 16 Theile (= m o) geben 1 Loth (= p'), folglich werden 5 Theile (= m n)
    5/16 Loth (= p) geben; es ist daher das gesuchte Gewicht der Waare, W = 3 ℔ + 5/16 Loth
    = 3 ℔ 1¼ Quintel.

Durch solche Wagen war man im Stande, kleine Gewichte bis auf 1/100 Gran und noch
genauer zu wägen, wie man öfters in physikalischen Schriften angeführt findet. Diese
Einrichtung ist daher überhaupt bei allen genauen Wagen zu empfehlen, indem es z. B.
bei Probierwagen, wie wir schon oben bemerkten, gewöhnlich sehr lange dauert, bis sie
genau einspielen. Die Skale selbst ist entweder an der Zunge oben oder unterhalb des Wage-
balkens horizontal, oder auch an beiden Enden des Wagebalkens, wo man dann Spitzen
anbringt, senkrecht aufgestellt.


§. 178.

Bei der Verfertigung einer Wage hat man vorzüglich dafür zu sorgen, dass sowohl
der Wagebalken für sich im Gleichgewichte stehe, folglich die Momente der beiden
Arme an und für sich einander gleich sind
, als auch dass die Entfernung
der Aufhängspunkte von der Achse beiderseits gleich sey
. Da eine
Verrückung oder Zurichtung der Aufhängsachsen zugleich die Momente der beiden
Arme des Wagebalkens und daher ihr Gleichgewicht verändert, so pflegen sich die Künst-
ler zuerst um die gleichen Gewichte der Arme des Wagebalkens wenig zu bekümmern und
diese bloss durch Ankleben eines Stückchen Wachses, oder durch Verschieben eines blecher-
nen Ringes auf dem Wagebalken u. dgl. zu bewirken, dafür aber zuerst die gleiche Ent-
fernung der Aufhängspunkte
herzustellen. Dieses wird bewirkt, indem man
sich vorher nach der Anleitung, welche hierüber §. 167. gegeben wurde, zwei vollkom-
men gleiche Gewichte verschafft.


Ist dieses geschehen, so wird der Wagebalken bloss für sich durch Zulegung ei-
nes Stück Wachses oder andern Körpers ins Gleichgewicht gestellt. Dann werden die
zwei gleichen Gewichte angehängt und nachgesehen, ob die Arme einspielen oder von
welcher Seite eine Uiberwucht vorhanden sey. Da man schon vorläufig die Entfernung
der Achse von den Aufhängspunkten beinahe gleich gemacht hat, so wird die noch nö-
thige grössere Gleichheit bloss durch Zurichten dieser Achsen bewirkt. Wenn sich hie-
bei die Gleichheit der Momente des Wagebalkens ändert, so wird dieses abermals durch
[182]Krämerwage.
ein wenig Wachs, welches man auf dem zu leichten Arme anklebt, hergestellt, und neuer-
dings durch Anhängen der zwei gleichen Gewichte versucht, ob die Hebelsarme einander
gleich sind. Dieses wird so oft wiederholt, bis die Gleichheit der Arme her-
gestellt ist
.


Nachdem endlich dieses bewirkt ist, so wird noch, ohne die Achsen zu verrücken,
von den zu schweren Armen so viel abgefeilt, bis auch diese im Gleichgewichte sind. Es
versteht sich von selbst, dass man ebenfalls die Wagschalen, deren man sich bedienen
will, auf gleiche Art wie die Gewichte, vor ihrem Gebrauche erst adjustiren oder aus-
gleichen müsse.


In Bezug auf die Empfindlichkeit der Wage ist noch zu bemerken, dass
der Schwerpunkt des Wagebalkens nothwendig unter den Schwerpunkt der Ach-
se gebracht werden müsse, damit der Wagebalken sich selbst in die horizontale Lage
stelle. Die Wagschalen sind bloss als Gewichte anzusehen und können hiebei in keine
Betrachtung kommen, d. h. die Adjustirung des Wagebalkens muss für sich allein (ohne
die Wagschalen anzuhängen) geschehen.


Für die Empfindlichkeit selbst ist gewöhnlich der Grad vorgeschrieben. Z. B. Man
soll bei einer Wage, worauf Lasten bis zu 20 ℔ gewogen werden, noch ein Quintel oder
den 2560ten Theil sehen. Man muss daher diese Gewichte aufhängen und nachsehen, ob
durch die Zulage von 1 Quintel ein hinreichender Ausschlag erfolge. Ist diess nicht der
Fall, so müssen die Aufhängspunkte erhöht oder der Achse genähert werden. Wenn im
Gegentheile der Ausschlag zu gross wäre, so würde diese zu grosse Empfindlichkeit die
Schnelligkeit des Abwägens hindern, man muss daher die Aufhängspunkte erniedrigen.
Das leztere findet auch dann statt, wenn eine Wage zwar für sich allein im Gleichgewichte
steht, jedoch bei grössern Auflagsgewichten überschlägt.


Bei einer Probierwage, wo die grösste Genauigkeit erfordert wird, muss man
über den Umstand der langsamen Spielungen hinausgehen, demnach die Linie der Auf-
hängspunkte der Achse möglichst nahe bringen, jedoch dafür sorgen, dass die Wage bei
einer Vermehrung der Gewichte ebenfalls nicht umschlage.


§. 179.

Die Probierwage unterscheidet sich von der gewöhnlichen Krämerwage nur durch
die grössere Genauigkeit in ihrer Bauart. Da auf derselben nur kleine Gewichte gewo-
gen werden, so hat sie sehr leichte Wagebalken, um sie desto empfindlicher zu machen.
Fig
16
bis
23.
Tab.
8.
Die Fig. 16 bis 22 enthalten die Darstellung einer, an dem technischen Institute in Prag für
den Gebrauch bei chemischen Untersuchungen verfertigten Probierwage. Auf diese Wage
werden höchstens Gewichte von 1 ℔ in jede Wagschale gelegt, wobei ihre Genauigkeit
bis auf 1/50 Gran geht, welches von den beiden aufgelegten Gewichten der 768000te Theil
ist. Fig. 16 zeigt die vordere Ansicht, Fig. 17 die Seitenansicht derselben und Fig. 18
den Grundriss. Der Wagebalken ist aus zwei stählernen Uhrfedern verfertigt, wovon
eine horizontal, die andere vertikal steht, und beide mitsammen durch Niten verbunden
sind. Die Gestalt der obern horizontalen Platte ist aus Fig. 18 und jene der untern vertika-
len Platte aus Fig. 16 ersichtlich. Die Länge eines Wagebalkenarmes oder die Entfernung
[183]Probierwage.
(a) der Achse von den Aufhängspunkten beträgt 11 Zoll 3,5 Linien = 135,5‴, demnach
die Länge 2 a = 22″ 7‴. Der Wagebalken ist in der Mitte 15 Linien, an beiden Enden
5 Linien hoch. Das Gewicht des ganzen Wagebalkens mit Einschluss der Zunge und der
Achsen beträgt 10 Loth 3 Quintel 17 Gran = 2597 Gran. Die Länge oder Höhe der Zun-
ge über der Achse beträgt y = 9 Zoll 11 Linien = 119 Linien. Die Verbindung der Achse
mit dem Wagebalken und der Zunge ist im Grundrisse Fig. 21, in der Längenansicht
Fig. 22 und im Querdurchschnitte Fig. 23, im vierfachen Maasse zu sehen; Fig. 19 und 20
stellt das Ende des Wagebalkens und den Eingriff des Hakens, an welchen die Schale
aufgehängt wird, ebenfalls im vierfachen Maasse vor.


Die horizontale Skale hinter dem obern Ende der Zunge ist 2 Zoll 2 Linien lang und
in 50 gleiche Theile abgetheilt; eine Abtheilung hält demnach 0,52 Linien. Das Gewicht
einer jeden Wagschale sammt Haken ist 3 Loth 3 Quintel 25 Gran = 925 Gran; die Wage
trägt demnach an den leeren Wagschalen ein Gewicht von 1850 Gran.


Wenn die Wage nicht gebraucht wird, so liegen beide Arme auf zwei hölzernen
ausgepolsterten Unterlagen A und B, um die Achse nicht unnütz mit dem Gewichte des
Wagebalkens zu beschweren; zu gleicher Zeit sitzen auch die Schalen unten auf. Bei
dem Gebrauche wird sie durch folgenden Mechanismus aufgezogen; eine Schraube ohne
Ende b c greift in das gezähnte Rad c d, um dessen Welle sich eine Schnur e e e durchFig.
17
und
23.
Tab.
8.

die Umdrehung der Kurbel a b aufwindet, und hiedurch das stählerne Gehänge f f f f in
die Höhe zieht. Dieses Gehänge trägt die Unterlagen g g für die Achsen h h; es
wird daher die Wage auf ihren Achsen ruhend aufgezogen, und nun mit derselben ab-
gewogen.


Die ganze Wage ist in einem Kasten von drei Seiten mit Gläsern, die sich aus-
heben lassen, eingeschlossen; bei dem Gebrauche derselben wird dasjenige Glas aus-
gehoben, wo man ein Gewicht zulegen will, worauf die Wage wieder geschlossen und
die Spielungen so lange abgewartet werden, bis sie nicht mehr als höchstens eine
Abtheilung betragen.


Mit dieser Wage wurden am 19ten und 20ten August 1830 folgende Versuche mit
aller möglichen Genauigkeit vorgenommen:


Zuerst wurde in eine Wagschale ein halber Gran gelegt, während die andere
Wagschale leer blieb, und die Zunge gab, nachdem die Wage in Ruhe kam, einen
Ausschlag von 22 Abtheilungen. Nun wurde der halbe Gran aus der ersten Wagscha-
le herausgenommen und in die andere gelegt, wobei der Ausschlag 24 Abtheilungen
betrug. Das Mittel aus beiden Versuchen gab sonach 23 Abtheilungen; die Zeit einer
Schwingung (Spielung) betrug 10 Sekunden. Da die leere Wagschale als ein ange-
hängtes Gewicht zu betrachten ist, und jede derselben 925 Gran wiegt, so beträgt bei
diesem Versuche 2 P = 2 . 925 = 1850 Gran und p = 0,5 Gran.


Bei dem zweiten Versuche wurden in eine jede Wagschale 4 Loth = 960 Gran
oder in beide 1920 Gran gelegt, wornach die Summe der angehängten Gewichte
2 P = 1920 + 1850 = 3770 Gran betrug. Dann wurde abermals ½ Gran = p in eine
Wagschale zugelegt, und der Ausschlag betrug, nachdem die Wage in Ruhe kam, 19
Abtheilungen und als diess Gewicht in die andere Wagschale gelegt wurde 19½ Ab-
[184]Probierwage.
theilungen. Das Mittel von beiden gibt 19¼ Abtheilungen; die Zeit einer Schwingung
war 12Sec.. In nachstehender Tabelle sind sowohl diese zwei, als noch drei andere
mit dieser Wage vorgenommene Versuche zusammengestellt:


Aus diesen Versuchen wurde der Abstand (b) der Achse vom Schwerpunkte des
Wagebalkens und derselbe Abstand von der Linie durch die Aufhängspunkte oder e mit-
telst der §. 170 für den Ausschlag gefundenen Gleichung
oder p . a · = (2 P + p) e + B . b berechnet. Nach den Abmessungen der Wage
ist a = 135,5 Linien und die Höhe der Skale y = 119 Linien. Werden diese und die
bei den Versuchen gefundenen Werthe in der vorstehenden Gleichung substituirt, so
erhalten wir aus den fünf Versuchen folgende fünf Gleichungen:

[185]Probierwage.

Zieht man die Gleichung I von IV ab, so bleibt
5760 . e = ½. 135,5 · 119/0,52 (1/14,5 — 1/23) = 395,163. Subtrahirt man ferner die Gleichung
II von V, so ist 5760 . e = ½ . 135,5 119/0,52 (1/12,75 — 1/19,25) = 410,606. Aus beiden
Gleichungen gibt das Mittel 5760 . e = 402,885, folglich sehr nahe e = 0,07 Linien.
Substituirt man diesen Werth in die obigen fünf Gleichungen und addirt sie, so folgt
b = 0,209 Linien.


Aus diesen zwei Werthen lassen sich nun die Versuche selbst berechnen; wir ha-
ben nämlich bei dem Iten Versuche
x = = = 11,99 Linien = 23,06 Abthei-
lungen, wogegen der Ausschlag 23 Abtheilungen betrug. Auf gleiche Art ergeben sich
für den IIten Fall aus der Rechnung 19,22 Abthl., wogegen bei dem Versuche 19,25 waren
— IIIten — — — 16,51 — — — — — 16,5
— IVten — — — 14,42 — — — — — 14,5
— Vten — — — 12,81 — — — — — 12,75 —.


Aus dieser Uibereinstimmung der Berechnung mit den Versuchen ist zu ersehen,
dass der Ausschlag x wirklich nur durch die für die Empfindlichkeit (§. 170) gefundene
Formel bestimmt werde. Hieraus folgt ferner:


  • 1tens. Dass die Unterschiede der Rechnung und der Erfahrung so wenig betragen,
    dass der Werth von e = 0,07 Linien, welcher diesen Rechnungen zum Grunde
    liegt, nicht um 0,01 Linie abweichen könne. Berechnet man nämlich diesen Werth
    aus allen fünf Versuchen, so ergibt sich kein Unterschied, der = 0,01‴ wäre; es
    muss sich daher auch die Verbindungslinie der beiden Achsen während den Ver-
    suchen durch die Auflegung von Gewichten um weniger als 0,01‴ geändert haben.
  • 2tens. Da die Reibung die Bewegung von beiden Seiten hindert, sonach den Aus-
    schlag von der einen Seite um eben so viel vermindert, als von der andern Sei-
    te vergrössert, so hat man die Versuche immer von beiden Seiten wieder-
    holt, und aus beiden Abständen das Mittel genommen, wodurch also die Wir-
    kung der Reibung ganz aus der Rechnung entfallen ist; da ferner der grösste
    Unterschied zwischen der Rechnung und der Erfahrung nur 0,08 einer Abthei-
    lung oder 0,04 Linie beträgt, so kann man über die vorhandenen Unterschiede
    um so mehr hinausgehen, als dieselben theils positiv, theils negativ vorkommen,
    und sich in der Summe gegen einander aufheben.
  • 3tens. Die Höhe des Wagebalkens, welche in seiner Mitte 15 Linien beträgt, war
    vollkommen hinreichend, um jede Wirkung von einer Biegung zu beseitigen,
    weil sonst die Grösse e bei schwerern Gewichten eine grössere und bei kleinern
    Gewichten eine kleinere Wirkung hätte zeigen müssen.

Uiberhaupt ist die Empfindlichkeit dieser Wage aus der Gleichung
x = ersichtlich. Sind nämlich die Gewichte 2 P + p sehr
Gerstner’s Mechanik. Band I. 24
[186]Probierwage.
klein, so ist x = = 29,7 p; wenn daher p = 1 Gran ist, so wird der Aus-
schlag 29,7 Linien betragen. Sind jedoch die Gewichte 2 P gross, z. B.
= 2 ℔ = 2 . 32 . 240 Gran, so beträgt der sich ergebende Ausschlag, von p = 1 Gran
x = = 9,97 Linien. Da man nun an der Skale ⅕ Linie
noch sehr wohl unterscheiden kann, so wird die Empfindlichkeit dieser Wage, wenn
auf beiden Seiten 2 ℔ = 2 P gewogen werden, noch bis zu 1/50 Gran oder bis zu dem
768000ten Theil der aufgelegten Gewichte bemerkbar seyn.


Eine grössere Genauigkeit und eine noch grössere Empfindlichkeit würde diese
Wage erhalten haben, wenn die Entfernung e = 0,07 Linien hätte beseitigt werden kön-
nen, und auf solche Art die Empfindlichkeit nur von dem Gewichte des Wagebalkens
allein abhängig gemacht worden wäre. Man hat aber diesen Gegenstand nicht so wichtig
gefunden, um hierauf noch die hiezu erforderliche Zeit des Künstlers zu verwenden.


§. 180.

Fig.
1.
Tab.
9.

Die Schnellwage besteht aus einem Hebel a c b, dessen Arme a c und c b von
ungleicher Länge sind. An dem kürzern wird die Waare W, welche gewogen werden
soll, an dem längern Arme aber ein bestimmtes unveränderliches Gewicht P angehängt;
das letztere, welches man Laufgewicht nennt, wird bei dem Abwägen von der Achse
so weit hinausgeschoben, bis der Wagebalken horizontal steht, und Gleichgewicht
erfolgt. Weil man bei dieser Wage nur ein einziges Gewicht braucht, folglich den Stand
des Gleichgewichtes schneller erfahren kann, als es bei einer Krämerwage durch Zulage
und Wegnahme der Schalengewichte der Fall ist, so heisst sie Schnellwage, und weil
sie bei den Römern sehr im Gebrauche war, auch die Römische Wage. Man bedient
sich derselben jedoch bei uns meistentheils nur zum Abwägen grosser Lasten,
wo sie also den Vortheil gewährt, dass man die vielen Gewichte, welche bei einer Krä-
merwage eben so gross als die Waare seyn müssen, erspart.


Da der längere Hebelsarm dieser Wage, wenn grosse Lasten z. B. beladene Wägen
gewogen werden sollen, 12 bis 15 Fuss und auch mehr beträgt, folglich auch das Lauf-
gewicht von der Achse der Wage so weit verschoben wird, so wäre es schwierig und un-
bequem, den horizontalen Stand durch eine über der Achse befestigte Zunge zu erkennen,
indem man fortwährend das Laufgewicht verrücken, sodann wieder zur Zunge zurückkehren
und dort nachsehen müsste. Man lässt daher bei grossen Schnellwagen die Zunge über
der Achse weg, und befestigt auf dem Laufgewichte eine Schrot- oder Setz-
wage
, welche sammt dem Laufgewichte bei dem Abwägen hin- und hergeschoben
Fig.
9.
wird. Diese Schrotwage m o n ruht auf zwei Rollen, die ihr zugleich die Eigenschaft
der leichten Beweglichkeit geben. Von dem Punkte o hängt ein Loth o p herab, wel-
ches durch sein Einspielen in den bezeichneten Punkt zu erkennen gibt, ob der Wa-
gebalken horizontal steht.


§. 181.

Aus der vorstehenden Erklärung ergeben sich die nothwendigen Eigenschaf-
ten einer guten Schnellwage
. Sie muss erstens das Gleichgewicht durch ihren
[187]Schnellwage.
wagerechten Stand anzeigen. Hiezu ist nöthig, dass, wie bei einer Krämerwage, die Linie,
welche vom Aufhängspunkte des Laufgewichtes zu jenem der Waare gezogen wird, unter-
halb der Achse liege; die Ursache hievon erscheint §. 169. bei der Krämerwage.


Es frägt sich nunmehr zweitens um ihre Eintheilung. Wir wollen zu die-Fig.
2.
Tab.
9.

sem Behufe annehmen, dass die Wagschale (S) sammt den, allenfalls zum Abwägen
grösserer Gegenstände daran befestigten Ketten, so schwer sey, dass sie dem Gewichte
B des Wagebalkens, dessen Schwerpunkt in e ist, und dem im Punkte d hängenden Lauf-
gewichte P Gleichgewicht halte; es werden demnach die beiderseitigen Momente einan-
der gleich seyn müssen, oder S. a c = P . c d + B . c e (I).


Wird nun auf die Wagschale eine Waare W gelegt, oder an die in a befestigten
Ketten angehängt, so muss, wenn wieder der horizontale Stand der Wage hergestellt
werden soll, das Laufgewicht einen grössern Hebel erhalten und z. B. bis f verschoben
werden; wir haben daher abermals (W + S) a c = P . c f + B . c e (II). Wird nun die
Gleichung I von II abgezogen, so bleibt W . a c = P (c f — c d) = P . d f, und wenn
diese Gleichung in eine Proportion aufgelöst wird, so ist W : P = d f : a c (III).


Hätte man für eine andere Last W' das Laufgewicht P bis g verschieben müssen,
so würde wie oben (W' + S) a c = P . c g + B . c e seyn, und zieht man hievon abermals
die Gleichung I ab, so ist W' . a c = P . d g, woraus wieder W' : P = d g . a c folgt (IV).
Aus den zwei Proportionen III und IV ergibt sich nunmehr W : W' = d f : d g (V) d. h.
die Räume auf der Skale, nämlich d f und d g, sind den abzuwägenden
Gewichten W und W' proportional
.


Die Eintheilung der Wage lässt sich nunmehr aus der Proportion III her-
leiten; denn verwechselt man die innern Glieder, so verhält sich W : d f = P : a c.
Theilt man sonach ac in eben so viele gleiche Theile, als P Pfunde
hat, so muss man d f in eben solche Theile eintheilen, und es wird ein
jeder Theil genau 1 ℔ andeuten
. Wenn in einem andern Falle die Einthei-
lung von d f für Pfunde bereits gemacht ist, so muss das Laufgewicht P so viele Pfun-
de erhalten, als a c gleiche Theile wie d f enthält. Dieselben Regeln gelten, wenn die Ein-
theilung nicht auf einzelne Pfunde, sondern z. B. von 5 zu 5 oder von 10 zu 10 Pfunden geht.


§. 182.

Bei den gewöhnlichen Schnellwagen würde es schwierig seyn, in a eine so
schwere Wagschale oder so viel Ketten anzuhängen, dass ihr Gewicht S dem Ge-
wichte B des Wagebalkens und dem bei d angehängten Laufgewichte P das Gleichgewicht
halte. In diesem Falle beschwert man den Punkt a mit einem solchen Gewichte, bis der
horizontale Stand der Wage erfolgt, und schreibt nun dieses Gewicht in d an; den fol-
genden Abtheilungen in d g wird dann ebenfalls so viel Gewicht auf der Skale mehr
zugeschrieben, als in a angehängt wurde.


  • Beispiel. Man soll die Eintheilung einer Schnellwage angeben, womit sich bis zu
    50 ℔ wägen lässt und wobei noch ¼ ℔ ersichtlich zu machen ist.

Man nehme die Länge für die Abtheilungen oder d g = 2 Fuss an, und theile selbeFig.
3.

in 40 Theile, so entfallen 6 Zoll auf 10 Pfund, und eine Abtheilung für 1 ℔ misst
24 *
[188]Schnellwage.
Fig.
3.
Tab.
9.
0,6 Zoll; diess reicht hin, um vom freien Auge in 4 Theile getheilt zu werden und so-
nach das Gewicht der Waare bis auf Viertel Pfunde zu bestimmen. Beträgt das Laufge-
wicht z. B. P = 5 ℔, so ist die Entfernung a c = 5 . 0,6 = 3 Zoll. Nehmen wir nun an,
dass das Laufgewicht in d steht, wenn in a an die Kette oder Wagschale 10 Pfunde ange-
hängt werden, so muss dieser erste Theilungspunkt d mit 10 ℔ bezeichnet, von demsel-
ben aus die Eintheilung d g vorgenommen, mit den entsprechenden Zahlen bezeichnet,
und daher am Ende der Theilung in g die Zahl 50 beigesetzt werden. Man kann aber
auch die Theilung rückwärts von d gegen c so weit verlängern, als es der Raum zulässt.
Wird nun mit dieser Wage abgewogen, so gibt die Zahl, bei welcher das Laufgewicht
stehen bleibt, das genaue Gewicht der Waare an.


Wenn man kleinere Gewichte als 10 ℔ abwägt, und die von d nach c vorgenommene
Theilung hiezu nicht mehr hinreicht, so legt man zu der Waare ein bestimmtes Gewicht
z. B. 10 ℔ zu, und zieht dann von dem Gewichte, welches die Skale anzeigt, wieder
10 ℔ ab, um das wirkliche Gewicht der Waare zu erhalten.


Um mit demselben Wagebalken bis zu 200 ℔ oder viermal so viel als nach der ange-
gebenen Eintheilung abwägen zu können, bringt man noch auf der untern Seite des
Hebels in c' eine Achse mit einer Zunge so an, dass die Entfernung a c' = ¼ a c betrage,
und theilt die untere Linie d' g' ebenfalls in viermal kleinere Theile ein. Man braucht
Fig.
4.
nunmehr die Schnellwage nur umzukehren, und kann mit derselben abermals an dem in a
befindlichen Haken, der sich sogleich umschlägt, mit demselben Laufgewichte P Abwä-
gungen vornehmen.


Nachdem die Abtheilungen in der Linie d' g' viermal kleiner als jene in d g gemacht
worden, muss man abermals versuchen, wohin das Laufgewicht P gestellt werden müsse,
wenn 4 mal 10 oder 40 ℔ in a angehängt werden; diess bestimmt den Punkt d', von wel-
chem die obigen Theilungen sowohl vor als rückwärts fortgesetzt werden; zu d' kommt
die Zahl 40; um 0,15 . 10 = 1,5 Zoll weiter die Zahl 50 u. s. w. in g' die Zahl 200. Auf
solche Art kann man mit ein- und derselben Schnellwage auf einer Seite bis zu 50 ℔, und
wenn man sie umkehrt, bis zu 200 ℔ wiegen.


§. 183.

Da die Eintheilung in 10 für unsere dekadische Arithmetik viele Bequemlichkeit hat,
so ist es vortheilhaft, grosse Schnell-Wagen, womit z. B. beladene Wägen abge-
wogen werden, zum Abwägen von 1 bis 10, dann bis 20, bis 30 u. s. w. Zentnern einzurich-
ten. Wir wollen demnach zuerst annehmen, es sey eine solche Schnellwage zu verferti-
gen, wobei 10 Zentner abgewogen und ebenfalls einzelne Pfunde noch deutlich gese-
hen werden sollen.


Fig.
2.

Nimmt man die Länge der Skale oder die Entfernung d g = 10 Fuss an, so
gibt die Eintheilung dieser Linie in Fusse die ganzen Zentner, in halbe Fusse
die halben Zentner und in Viertelfusse die Viertel Zentner an. Die letztere Ent-
fernung fünfmal getheilt, gibt die Theilung von 5 zu 5 Pfunden, und wenn diese abermals
[189]Schnellwage.
in 5 getheilt wird, so erhält man einzelne Pfunde. Die Entfernung der letzten Theil-Fig.
2.
Tab.
9.

striche beträgt 10 Fuss/1000 = 1,44 Linien, welches vollkommen deutlich zu erkennen ist.


Beträgt nun das Laufgewicht P = 1 Ctr., welches ein Mann noch handhaben kann,
so muss die Länge a c = 1 Fuss seyn. Da solche Wagen ohnehin auffeste Gerüste gehängt
werden, so unterliegt es keinem Anstande bei a nebst den gewöhnlichen Ketten noch ein
so grosses Gewicht zuzulegen, bis im Falle P bei d aufgehängt ist, ein vollkommenes
Gleichgewicht erfolgt. Man bezeichnet daher den Punkt d mit 0 und beschreibt die wei-
tern Theilungspunkte gewöhnlich von 10 zu 10 oder auch von 5 zu 5 ℔. Mit dieser Wa-
ge kann demnach von 1 ℔ bis zu 10 Ctr. abgewogen werden.


Will man schwerere Lasten als 10 Ctr. abwägen, so werden in a 10 Zentner
(Gewichte) angehängt und das Ende des längern Armes, nämlich der Punkt b mit einem
so grossen Gewichte P' beschwert, bis Gleichgewicht erfolgt; will man noch grössere
Gewichte wägen, so hängt man für 20 Ctr. das Gewicht P' + P', oder 2 P', für 30 Zentner
das Gewicht 3 P' u. s. w. in b auf. Die kleinern Theile von 1 bis 1000 Pfund erhält man
immer noch durch das erste Laufgewicht P.


Da nach dieser Art zu theilen das Gewicht P', um mit 10 Zentnern im Gleichgewichte
zu seyn, etwas geringer als P oder 1 Zentner ist, und da ein Mann gewöhnlich
mehr als 1 Zentner wiegt, so kann der Wagemeister leicht erfahren, wie viel Ge-
wichte (P') er bei einer Abwägung in b aufhängen müsse; er schiebt nämlich das
Laufgewicht P bis d zurück, legt dann ein Gewicht P' nach dem andern in b auf, und
versucht jedesmal mit seinen Händen, ob er den Wagebalken in b herabdrücken könne.
Sobald er merkt, dass eine geringere Zulage nöthig sey, als sein eigenes Gewicht, oder
als der Druck eines noch aufzuhängenden P' beträgt, so lässt er es bei den in b angehäng-
ten Gewichten bewenden und verschiebt nur das Laufgewicht P von d aus so weit, bis
die Wage horizontal steht. Das Gewicht des beladenen Wagens wird nun so viele 10
Zentner, als Gewichte P' in b aufgehängt sind, und noch so viel mehr betragen, als der
Stand des Laufgewichtes anzeigt. Auf diese Art kann man mit einer solchen Wage so
viel abwägen, als die Stärke des Wagebalkens zu tragen im Stande ist.


§. 184.

Die dritte Eigenschaft einer guten Schnellwage ist die Empfindlichkeit; es soll
nämlich bei einer kleinen Verschiebung des Laufgewichtes der Wage-
balken bedeutend herabsinken und daher die Zunge der Schrotwage einen
grossen Ausschlag geben
.


Zu diesem Zwecke wollen wir uns wieder eine Schnellwage in einfachen Linien ge-Fig.
5.
Tab.
9.

zeichnet vorstellen, wobei für den horizontalen Stand des Wagebalkens das Laufgewicht
P sich in P befindet. Es wird demnach für diesen Zustand die Gleichung
(S + W) m n = B . n o + P . n p (I) statt finden.


Wird nun das Laufgewicht P um ein kleines Stück p q = e verschoben, so wird sich
der längere Arm senken und der Wagebalken nach einigen Spielungen den Stand des
Gleichgewichtes in der Linie b v' erlangen, sonach sein Schwerpunkt, welchen wir in o'
[190]Schnellwage.
Fig.
5.
Tab.
9.
annehmen, nach t kommen und das Bleiloth der Setzwage aus der mittlern Linie u v in
den senkrechten Stand u w' treten, sonach den Ausschlag v w = x geben. Dieser wird
auf ähnliche Art wie bei der Krämerwage berechnet.


Da der Wagebalken in der Lage b v' in Ruhe bleibt, folglich Gleichgewicht vorhan-
den ist, so müssen die statischen Momente von beiden Seiten abermals einander gleich
seyn oder (S + W) a c = B . c d + P . c e (II).


Wir wollen nun die Länge des kürzern Armes b g = m n = a, die Höhe der Achse
c über der Aufhängslinie m n p, nämlich c n = c g = h, die horizontale Entfernung des
Schwerpunktes des Wagebalkens von der Achse, n o = g s = b, und die Tiefe dessel-
ben Schwerpunktes unter der Aufhängslinie, o o' = s t = H, die Entfernung des Laufge-
wichtes von der Achse, n p = E, und die Verschiebung p q = e, folglich
n q = E + e = g v'; endlich v w = x, u w = y, und v u = z setzen, so ist, wenn
diese Werthe in die Gleichung I substituirt werden, (S + W) a = B . b + P . E (III).


Um die Hebelsarme a c, c d, c e in der Gleichung II durch die eben gegebenen Wer-
the auszudrücken, haben wir
a c = f h = f g + g h,
c d = h i = g i — g h = g k — i k — g h und
c e = h l = g l — g h.


Es sind demnach die fünf Grössen f g, g h, g k, i k und g l auszudrücken.


Die Dreiecke b f g, g l v' und u v w sind einander ähnlich, folglich verhält sich
f g : a = y : z, woraus f g = .


Die Dreiecke c g h, g v' l und u v w sind einander ähnlich, folglich verhält sich
g h : h = x : z, woraus g h = .


Die Dreiecke g k s, g l v' und u v w sind einander ähnlich, demnach verhält sich
g k : b = y : z, woraus g k = .


Die Dreiecke r s t und u v w sind einander ähnlich, demnach verhält sich
r s : H = x : z, woraus r s = = i k.


Endlich sind die Dreiecke g l v' und u w v einander ähnlich, und es verhält sich
g l : E + e = y : z, woraus g l = .


Werden diese 5 Werthe in die Gleichung II substituirt, so ergibt sich
(S + W) (IV).


Multiplicirt man diese Gleichung mit z, die Gleichung III mit y, und zieht die-
selbe von der Gleichung IV ab, so ergibt sich
(S + W) h . x = — B (H . x + h . x) + P (e . y — h . x). Hieraus folgt weiters
.


Diese Gleichung hat mit jener, welche wir §. 170 für die Empfindlichkeit der
Krämerwage fanden, die grösste Aehnlichkeit. Um hieraus zu beurtheilen, unter welchen
[191]Schnellwage.
Umständen der Ausschlag oder die Empfindlichkeit gross werde, müssen wir vorläufigFig.
5.
Tab.
9.

bemerken, dass durch eine Vermehrung der Grössen P und e zwar ein grösserer Aus-
schlag bewirkt werde; da jedoch durch eine Vergrösserung des Laufgewichtes P die
Grösse der Abtheilungen für eine gegebene Länge des Wagebalkens vermindert, folg-
lich der Empfindlichkeit wieder zu nahe getreten würde, so müssen wir das Laufge-
wicht, so wie die Länge des Wagebalkens und die Grösse ihrer Abtheilungen hiebei
als gegeben betrachten. Eben so würde aus einer grössern Verschiebung des Laufge-
wichtes p q = e auch eine Vermehrung des Ausschlages x erfolgen; da jedoch der
Frage über die Empfindlichkeit einer Wage die Bedingniss zum Grunde liegt, wie aus
einer kleinen Verschiebung dennoch ein grosser Ausschlag erfolgen könne, so dürfen
wir auch die Grösse der Verschiebung e hiebei nicht berücksichtigen. Hiernach er-
gibt sich aus der gefundenen Formel für die Empfindlichkeit:


  • 1tens. Der Ausschlag wird desto grösser, je grösser y, d. h. je höher die Setzwage
    oder auch die Länge des Pendels u v ist.
  • 2tens. Je kleiner die Gewichte S und W sind, welche abgewogen werden sollen.
  • 3tens. Je kleiner h ist, d. h. wenn die Achse nicht viel höher als die Linie
    der Aufhängspunkte liegt. Am empfindlichsten ist die Wage, wenn h = 0 ist,
    oder wenn die Gewichte S und W auf die Empfindlichkeit keinen Einfluss nehmen,
    d. h. wenn die Achse mit den Aufhängspunkten in einer Linie liegt; in diesem
    Falle ist der Ausschlag x = .
  • 4tens. Wenn das Gewicht B des Wagebalkens klein, oder mit andern Worten,
    wenn die Wage leicht gebaut ist. Es wird sonach eine Wage für schwere Lasten,
    da sie stärker gebaut, demnach schwerer seyn muss, weniger empfindlich seyn,
    als eine von leichterer Gattung.
  • 5tens. Wenn H + h klein ist, d. h. wenn der Schwerpunkt des Wagebalkens nicht
    weit unter der Achse sich befindet. Derselbe muss immer etwas darunter liegen,
    damit im Falle, als die Achse und die Aufhängspunkte sich in einer Linie befin-
    den, der Wagebalken die horizontale Lage herstellen könne. Wäre h = 0 und
    H + h = 0, d. h. wenn sowohl die Linie der Aufhängspunkte, als der Schwer-
    punkt des Wagebalkens durch die Achse gehen, so wird die Wage in jeder Lage
    im Gleichgewichte seyn, folglich bei einem zugelegten Gewichte der Ausschlag
    unendlich gross werden, d. h. der Wagebalken würde sich senkrecht stellen und
    sonach die Wage nicht zu brauchen seyn.

Da die Grössen b und E aus der Rechnung verschwunden sind, so sieht man, dass
es in Hinsicht auf die Empfindlichkeit der Wage gleichgültig sey, ob die Entfernung (b) des
Schwerpunktes des Wagebalkens von der Achse gross oder klein und ob der Schwer-
punkt rechts oder links von der Achse falle; eben so, dass die Empfindlichkeit dieselbe
sey, es mag das Laufgewicht auf was immer für einer Entfernung (E) stehen.


Aus dem Angeführten erhellet, dass die Empfindlichkeit der Schnellwage von densel-
ben Umständen abhängt, wie bei der Krämerwage.


[192]Schnellwage.
  • Beispiel. Es sey die abzuwägende Last S + W = 1200 ℔, P = 50 ℔, das Ge-
    wicht des Wagebalkens B = 30 ℔, y = 12 Zoll, die Tiefe der Aufhängslinie un-
    ter der Achse, h = ¼ Zoll und H + h = ½ Zoll, dann die Verschiebung e = 1
    Linie = 1/12 Zoll, so erhalten wir den Ausschlag x = = 0,15 Zoll.

Nehmen wir dagegen an, dass die Aufhängspunkte mit der Achse in einer Linie liegen, so
ist der Ausschlag x = = 6⅔ Zoll; die zweite Schnellwage ist demnach bei wei-
tem empfindlicher, als die erste, wie es der bedeutende Unterschied zwischen der Ab-
weichung des Senkels von der mittlern Linie in beiden Fällen darthut.


§. 185.

Die vierte Eigenschaft einer guten Schnellwage beruht darin, dass, wenn eine
kleine Verschiebung statt findet, sogleich eine Veränderung ihrer Stellung erfolgt. Sie
darf daher nicht träge seyn oder eine Reibung in den Achsen haben. Zur Verhütung
der Trägheit ist dasselbe zu beobachten, was wir §. 172 bei der Krämerwage ange-
führt haben.


§. 186.

Die Schnellwage wurde in ältern Zeiten im Handel sehr häufig gebraucht, hievon
ist es aber gegenwärtig abgekommen, indem die viel bequemere Krämerwage an ihre Stelle
getreten ist. Der häufigste Gebrauch, den man dermalen noch von der Schnellwage
macht, ist zum Abwägen schwerer Wägen, die mit Kaufmannswaaren, Heu,
Fig.
6.
Tab.
9.
Stroh u. dgl. beladen sind. Die Zeichnung einer solchen Wage enthält Fig. 6 bis 11. Sie
besteht aus einem eisernen, hinlänglich starken Wagebalken c f, über dessen Construction
bei der Schnellwage bereits das Nöthige angeführt wurde. Wenn das Wagegebäude nicht
so hergestellt ist, dass die Wägen durchfahren können, sondern dieselben ausserhalb dem
Gebäude zum Behufe des Abwägens anfahren müssen, wie es Fig. 6 angenommen ist, so
wird der Wagebalken vor der Vornahme einer jeden Abwägung zuerst aus dem Gebäude
herausgefahren. Um diess bewirken zu können, hängt derselbe mittelst der Kette e g und
der Stange d f an der eisernen Stange e d, welche mittelst der zwei Rollen in e und d auf
einer Holzbahn h i herausgefahren wird, indem man zu diesem Behufe das Seil a b, wel-
ches am hintern Ende der Stange bei e befestigt ist, in der Richtung von a gegen c an-
zieht. Oberhalb der Stange e d befindet sich in k ein Haken, welcher sich, wenn die
Stange herausgefahren wird, in das eiserne Gehänge l k von selbst einhängt. Nun wer-
den die 4 Ketten, welche an dem kürzern Wagebalkenarme der Schnellwage befestigt
Fig.
7.
sind, um die Achsen des Wagens geschlungen und hierauf der Hebebaum l n mittelst
der eisernen, unten gezähnten Stange n o aufgezogen. Diess geschieht, indem man
durch die Kurbel p (Fig. 7) die Schraube ohne Ende q r und dadurch das gezähnte Rad
r s sammt dem Getriebe t in Bewegung setzt. Wenn der Wagen so weit aufgezogen ist,
dass die Räder auf dem Boden nicht mehr aufstehen, so wird die Kette e g (Fig. 6) abge-
nommen, damit der Wagebalken ganz frei sey, und hierauf das Abwägen mit dem Lauf-
gewichte auf die bereits bekannte Art vorgenommen.


[193]Wage mit Zeiger.

Nach Beendigung der Abwägung wird der Hebebaum n 1 wieder so weit herabgelas-Fig.
6.
Tab.
9.

sen, bis die Wagenräder den Boden erreichen, worauf die Ketten von den Achsen oder
Naben der Räder wieder abgenommen, und die Schnellwage mittelst des beschriebenen
Zugwerkes in das Gebäude wieder zurückgeführt wird, um dem Einflusse der Witterung
nicht unnöthig ausgesetzt zu seyn.


Da beladene Wägen 60 bis 100 und mehr Zentner wiegen, so müssen die Achsen und
der Wagebalken die hinlängliche Stärke erhalten; der Wagebalken wird gewöhnlich 9 bis
12 Fuss lang gemacht. Wollte man auf einer solchen Wage nur bis zu 60 Zentnern wägen,
so würde der Wagebalken, wenn man einzelne Pfunde an der Skale durch Theile von einer
Linie zu unterscheiden hätte, 60 . 100 Linien = 6 Klafter, 5 Fuss, 8 Zoll Länge erhalten
müssen. Da diess in einem Gebäude nicht leicht möglich ist, und der Wagebalken über-
diess zu schwer würde, so berechnet man seine Länge bloss für ein Gewicht von 10 Zent-
nern, und wägt die grössern Gewichte mittelst eines bei c angebrachten Gegengewichtes
nach der Anleitung, welche hierüber §. 183 gegeben wurde.


Die Schrotwage, deren wir bereits §. 180 erwähnten, ist Fig. 8 in der Vorderan-Fig.
8
bis
11.

sicht, Fig. 9 und 10 im Durchschnitte und Fig. 11 in der Seitenansicht dargestellt. Die
zwei in Fig. 9 ersichtlichen Rollen, auf welchen die Schrotwage auf dem Wagebalken
nach der Richtung m n vor- und rückwärts verschoben wird, sind in dem äussern Gehäu-
se Fig. 8 in den Zapfen a und b beweglich. Wenn nun der Punkt gefunden ist, wo das
Senkblei o p einspielt, so wird der Fig. 10 durchschnittene Körper o f g h i k zwischen den
zwei Rollen so viel herabgeschoben, als erfordert wird, damit die Schrotwage in den
drei Punkten g, h, i auf dem Wagebalken aufsitze und die Beweglichkeit der Rollen
aufhöre. Dieses Herabdrücken geschieht mittelst einer elyptischen Scheibe, die Fig. 9
unterhalb p ersichtlich ist; der grössere Durchmesser dieser Scheibe ist dem kleinern
Durchmesser der Oeffnung, innerhalb welcher sie sich bewegt, gleich, und der Unter-
schied der Durchmesser der Scheibe ist etwas grösser, als das Hervorstehen der zwei Rol-
len vor den Punkten g, h, i beträgt. Die elyptische Scheibe wird durch die Handgrif-
fe e, e (Fig. 11) verwendet, die Achsen dieser Handgriffe sind in dem äussern Gehäuse
(Fig. 8) befestigt; es wird daher begreiflich, wie dadurch das Laufgewicht auf dem Wa-
gebalken einen festen Stand erhält.


§. 187.

Die Wage mit Zeiger besteht aus einem gebrochenen Hebel a c b, der um cFig.
12.

beweglich ist, und an dessen einem Arme c a ein beständiges Gewicht P, an dem an-
dern Arme c b aber die abzuwägende Waare W an dem Haken i befestigt wird. Das
Gewicht der Waare wird von derjenigen Abtheilung der Skale k r angezeigt, wo der
längere Arm c b stehen bleibt; wird nämlich eine Waare in i angehängt, so wird durch
das Gewicht derselben das Gegengewicht P gehoben, und es erfolgt erst dann Ruhe,
wenn die beiderseitigen Momente um den Umdrehungspunkt c einander gleich sind.
Da hiebei der längere Wagebalken bei einer bestimmten Abtheilung der Skale stehen
bleibt, so wird es sich nur darum handeln, wie die Skale k r einzutheilen sey, damit
die Zahl dieser Abtheilungen das Gewicht der angehängten Waare in jedem Falle ver-
lässig anzeigen möge. Man ersicht hieraus, dass das Abwägen bei dieser Wage bloss
Gerstners Mechanik. Band I. 25
[194]Wage mit Zeiger.
mit einem beständigen Gewichte P geschieht, welches weder wie bei der Krämerwage
vermehrt, noch wie bei der Schnellwage verschoben wird.


Da die Skale gewöhnlich entweder senkrecht wie Fig. 15, oder wagerecht
wie Fig. 16 gestellt wird, so wollen wir nur diese zwei Fälle abhandeln, obwohl noch un-
endlich viele andere Stellungen gedacht, und für jede eine Methode für ihre Abtheilun-
gen angegeben werden könnte.


§. 188.

Fig.
13.
Tab.
9.

Wir wollen nun die Eintheilung für eine Wage mit senkrechter Skale berech-
nen, wenn die Waare zwischen der Skale und der Achse an dem längern Hebel aufge-
hängt wird. Bevor noch ein Gewicht W in i aufgehängt wird, befinde sich die Wage
in der Lage a c b. In diesem Falle muss offenbar der gemeinschaftliche Schwerpunkt
des Gewichtes P und der beiden Hebelsarme c a und c b in irgend einem Punkte m der
senkrechten Linie c m sich befinden, weil der Stillstand der Wage nicht anders erfolgen
kann, als wenn der gemeinschaftliche Schwerpunkt in der Richtung der Schwere c m un-
terstützt ist. Wird hierauf die abzuwägende Waare in i angehängt, so zieht sie den Wa-
gebalken um irgend einen Winkel w herunter, und derselbe kommt nach erfolgter Ruhe
in die Lage l c d; es wird daher der Schwerpunkt des Gewichtes P + B von m nach n ge-
hen, und denselben Winkel w beschreiben. Die statischen Momente in dieser Lage sind
einander gleich, folglich (P + B) n o = W. c h (I).


Wir wollen nunmehr wieder die Hebelsarme n o und c h durch bekannte Linien aus-
drücken, und ziehen zu diesem Behufe aus k das Perpendikel k e auf die Linie c d. Da
die drei in der Figur angezeigten Drehungswinkel einander gleich sind,
so sind die Dreiecke c k e und c n o einander ähnlich, demnach verhält sich n o : n c = k e : k c,
dann sind die — k f e — c g h — — — — — c g : c h = k f : k e,
und multiplicirt man diese Proportionen mitsammen, so ist n o. c g : n c. c h = k f : k c,
woraus n o = folgt (II).


Wird dieser Werth in die Gleichung I substituirt,
so ist (P + B) = W . c h, woraus der Ausschlag k f = sich er-
gibt (III).


Fig.
14.

Wird nun statt W ein anderes schwereres oder leichteres Gewicht W' in denselben
Haken i eingehängt, so wird der Wagebalken z. B. bis f' sinken, und da die in dem
Ausdrucke III vorkommenden Grössen, nämlich die Länge k c des grössern Wagebalkens,
die Entfernung c g des Aufhängspunktes der Waare, das Gewicht P + B der ganzen
Wage und n c oder die Entfernung des Schwerpunktes der Wage von der Achse beständig
und unveränderlich sind, so wird der Ausschlag k f' = seyn (IV). Bildet
man aus den Gleichungen III und IV eine Proportion, so verhält sich
k f : k f' = = W : W', d. h. die Abtheilungen auf
der Skale sind den angehängten Gewichten vollkommen proportio-

[195]Wage mit Zeiger.
nal. Wenn daher das Gewicht der Waare 1, 2, 3 ..... Pfunde beträgt, so müssenFig.
14.
Tab.
9.

auch die Abtheilungen k f, k f', k f'' ..... an der Skale, wohin der Zeiger zu stehen
kommt, sich wie die Zahlen 1, 2, 3 ..... verhalten, sonach die Unterschie-
de k f, ff', f' f'' ..... einander gleich seyn
.


Die Gleichung k f = gibt uns auch an, unter welchen Umständen,
die Abtheilungen an der Skale gross ausfallen, nämlich wenn


  • 1tens. W oder das Gewicht der abzuwägenden Waare gross ist,
  • 2tens. wenn k c oder die Länge des grössern Wagebalkens viel beträgt,
  • 3tens. wenn c g oder die Entfernung des Aufhängspunktes der Waare von der Achse
    gross ist,
  • 4tens. wenn das Gewicht der ganzen Wage P + B und
  • 5tens. wenn die Entfernung ihres Schwerpunktes von der Achse klein ist.

§. 189.

Die Construction einer Wage mit einem Zeiger ergibt sich nach dem
Vorhergehenden und aus der Bestimmung, wozu die Wage dienen soll.


  • Beispiel. Man wollte eine solche Wage verfertigen, um mit derselben bis zu 10 ℔
    abzuwägen, und hiebei noch die einzelnen Lothe zu erkennen.

Nimmt man die Entfernung zweier Theilstriche an der Skale, welche den Ge-
wichtsunterschied für 1 Loth ausdrücken, zu 1 Linie an, so wird die Länge der gan-
zen Skale 10 . 32 Linien = 2 Fuss, 2 Zoll, 8 Linien betragen. Wird nun die WaareFig.
15.

auf der entgegengesetzten Seite von der Skale angehängt, so kommt der Nullpunkt
der Theilung an das untere Ende r der Skale, und oben bei k die Zahl 10 ℔ bei-
zusetzen; die ganze Länge k r wird hierauf von Linie zu Linie getheilt, und mit den
entsprechenden Zahlen, z. B. von 8 zu 8 Loth beschrieben. Damit aber die Abthei-
lungen auf der Skale sicher und genau zu erkennen seyen, darf der Durchschnitt des
Zeigers und der Skale nicht unter einem zu spitzigen Winkel geschehen. Man nimmt
daher diesen Winkel in den äussersten Durchschnittspunkten r und k gewöhnlich zu 60
Grad an, in welchem Falle das Dreieck c k r gleichseitig wird. Aus dieser Bestim-
mung lässt sich die Entfernung der Skale von der Achse oder die Linie
c f = = k c . 0,866 berechnen; sie beträgt näm-
lich in unserem Falle 320‴ . 0,866 = 277,12 Linien = 23″ 1,12‴.


Es bleibt nun noch übrig, das Gewicht des Wagebalkens sammt Wagschale (B)
nebst dem an dem Arme k c befestigten Gewichte (P) zu bestimmen. Hiezu dient die
im vorigen §. gefundene Gleichung k r = , woraus, da k r = k c und
W = 10 ℔ ist, das Gewicht P + B = folgt. Nimmt man nun den Wagebalkenarm
c g zu 6 Zoll und n c zu 8 Zoll an, so ergibt sich P + B = 7½ ℔. So viel müsste
das Gewicht des Wagebalkens, der Wagschale und das Gegengewicht P betragen.
Wiegen also der Hebel und die Wagschale 4½ ℔, so hat man P = 3 ℔, welches an
den Arm n c angesteckt und so weit geschoben oder geschraubt wird, bis die leere
25 *
[196]Garnwage.
Wage in dem Nullpunkte der Skale (in r) genau einspielt. Diese Correction mit der
Schraube ist hier desshalb nothwendig, weil die Entfernung n c des gemeinschaftlichen
Schwerpunktes, welche zu 8 Zoll bloss angenommen wurde, erst durch diese Ver-
schiebung oder Schraubung berichtigt werden muss.


§. 190.

Fig.
16.
Tab.
9.

Die zweite Art der Zeiger-Wagen hat eine horizontale Skale; sie besteht
aus einem rechtwinkeligen Hebel a c b, an dessen kürzerem Arme in a die Waare an-
gehängt und mit der vordern Kante des längern Armes c b der Punkt an der Skale,
welcher das Gewicht anzeigt, bezeichnet wird. Mit diesem Hebel a c b ist noch ein
Arm c h fest verbunden, an dessen Ende das beständige Gewicht P befestigt oder ange-
schraubt wird. Wird nun eine Waare in a angehängt, so beschreibt der Punkt a um c
einen Kreis und geht nach d, das Gewicht P geht von h nach i, und der Zeiger be-
schreibt an der Skale den Raum b f, welcher auf folgende Art berechnet wird:


Da die statischen Momente in dieser zweiten Lage einander gleich sind, so ist
W . c g = P . c k.


Das Dreieck d g c ist dem Dreiecke f e b ähnlich, daher verhält sich c g : c d = b e : b f
— — c k i — — c e b — — — — c i : c k = b c : b e.
Werden diese Proportionen mitsammen multiplicirt, so ist c g . c i : c d . c k = b c : b f,
woraus c g = , und diess in die obige Gleichung substituirt, gibt
W · = P . c k; hieraus folgt der Ausschlag b f = .


Legt man in einem andern Falle die Waare W' auf, so ist, da alle Grössen, mit
Ausnahme des Ausschlags b f, dieselben bleiben, b f' = . Beide Gleichun-
gen in eine Proportion gesetzt, geben b f : b f' = W : W', d. h. auch bei dieser
Wage sind die Entfernungen an der Skale den abgewogenen Gewich-
ten genau proportional
.


§. 191.

Eine vorzügliche Anwendung der Wage mit dem Zeiger findet bei der Garnwage
statt, welche in den Fabriken bei Sortirung der baumwollnen Garne gebraucht
wird. Sie ist eben so gebaut, wie die bereits beschriebene Zeigerwage und unterscheidet
sich von derselben nur in Hinsicht auf ihren Zweck und die Eintheilung der Skale.


Da die Garne von den Spinnmaschinen gewöhnlich nicht vollkommen gleich ausfal-
len, bei der Weberei jedoch nur Garne von gleicher Stärke oder Feinheit zu einem
und demselben Stücke erfordert werden, so ist es nöthig, sie nach ihrer verschiedenen
Stärke zu sortiren. Alle Garne werden, wenn sie von den Spinnmaschinen kommen, mit-
telst der sogenannten Weife in Strähne abgetheilt. Die Länge der Strähne in
den englischen und deutschen Fabriken wird durchaus gleich an-
genommen
und zwar beträgt der Umfang des Haspels (der Weife), worauf die Garne
gewunden werden, genau 1,5 englische Yards (52,0668 Wiener Zoll) und jeder Strähn
besteht aus 7 Gebinden, ein jeder von 80 Umwindungen. Die Länge eines Baumwollgarn-
[197]Garnwage.
strähnes beträgt daher 560 Umwindungen zu 1,5Yards = 840 Yards = 2429,784 Wiener
Fuss = 985,656 Wiener Ellen (da 1 engl. Yard = 1,1734 Wiener Ellen hält.)


Da auf diese Weise alle Strähne in den Bauwollspinnereien eine gleiche Länge erhal-
ten, so wiegt nothwendig ein Strähn von stärkerem Gespinnste mehr als ein Strähn von
feinerem Gespinnste; das Gewicht der Strähne gibt daher ein Mittel zum Sortiren dersel-
ben. Man hat zur grössern Bequemlichkeit jedem Strähne ein Nro. gegeben, worunter in
den deutschen und englischen Fabriken immer diejenige Zahl verstanden wird, welche
ausdrückt, wie viel solche Strähne auf ein englisches Handelspfund (0,8099 Wiener Pfund
oder 25,9169 Wiener Loth) gehen. Ein Strähn Baumwollengarn von Nro. 60 ist daher das-
jenige, wovon 60 Stück, ein jedes von 2429,784 Wiener Fuss Länge, zusammen 25,9168 Wie-
ner Loth wiegen. Garne von doppelter oder dreifacher Nummer sind daher 2mal oder
3mal feiner, d. h. enthalten so vielmal weniger Baumwolle; es steigt daher die Feinheit
der Garne mit dem Nro.


§. 192.

Wird das Nro. eines Strähnes mit n und das Gewicht des englischen Pfundes (25,9168Fig.
17.
Tab.
9.

Wiener Loth) mit p bezeichnet, so ist das Gewicht des Strähnes, W = P/n. Substituirt man
diesen Werth in die §. 188 gefundene Formel, so ist k f = . Sind daher
bei einer Wage die Abmessungen derselben, nämlich k c, c g, n c und das Gewicht
P + B bekannt, so kann man für n die Zahlen des Nro. annehmen, und hiezu die Ab-
theilungen der Skale berechnen. Zu diesen Abtheilungen wird sonach an der Skale
nicht das Gewicht der abgewogenen Waare, sondern das Nro. des Strähnes beigesetzt.


  • Beispiel. Es soll eine Garnwage angegeben werden, womit man von Nro. 20 bis
    Nro. 80 wägen kann, und wobei die Abtheilung an der Skale zwischen Nro. 79 und 80
    noch ½ Linie beträgt. Wie ist die Eintheilung der Skale zu machen, und wie
    gross müssen die einzelnen Bestandtheile der Garnwage seyn?

Wir wollen annehmen, dass W das Gewicht eines Strähnes von Nro. 80 = n, W'
das Gewicht von Nro. 79 = n', und R der schwerste Strähn von Nro. 20 = N sey. Be-
zeichnet k den Nullpunkt, wo die Wage in der unbeschwerten Lage stehen bleibt, f den
Punkt an der Skale für Nro. 80, f' für Nro. 79 und r für Nro. 20, so haben wir nach §. 188
k f = , k f' = und k r = . Zieht man die
erste Gleichung von der zweiten ab, so ergibt sich der Unterschied, welcher nach
der Bedingniss der Aufgabe ½ Linie betragen soll, nämlich
k f' — k f =
oder ½ Linie = , woraus = 3160 folgt.


Substituiren wir diesen Werth in die letzte Gleichung für Nro. 20, so erhalten wir
k r = 3160/20 = 158‴ = 13″ 2‴.


[198]Garnwage.

Hieraus ersieht man, dass bei der Eintheilung der Skale die Grösse der übrigen Be-
standtheile ganz entfällt; denn wenn man statt N verschiedene Werthe in die Glei-
chung k r = 3160/N setzt, so findet sich der jedem Nummero angehörige Raum an der
Skale.


Die anliegende Tabelle ent-
hält die Berechnung der Ab-
theilungen der Skale von 2 zu
2 Nummern, wobei zugleich die
Differenzen dieser Abtheilungen
besonders bemerkt wurden. Man
ersieht hieraus, dass die Ab-
theilungen nicht wie bei der
Zeigerwage §. 188 gleich gross,
sondern ungleich sind; sie
betragen bei den geringern
Nummern mehr als bei den hö-
hern und zwischen Nro. 80 und
79 findet auf der Skale wirklich
der Unterschied von ½ Linie
statt, wie gefordert wurde, da
40‴ — 39,5‴ = ½ Linie.


Fig.
17.
Tab.
9.

Aus der Länge der Skale von Nro. 80 bis Nro. 20, nämlich
f r = k r — k f = 158‴ — 39,5‴ = 118,5‴, ergibt sich nunmehr die Grösse der übrigen
Theile der Wage. Nimmt man wegen der Deutlichkeit des Ablesens, wie §. 189, das
Dreieck f c r gleichseitig an, so ist die horizontale Entfernung der Skale von der Achse
c d = √ (c f2 — f d2) = √ (118,52 — 59,252) = 102,6 Linien.


Da der Zeiger nur bis zu den Punkten f und r zu reichen hat, indem mit dieser Wa-
ge nur Garne von Nro. 20 bis 80 sortirt werden, so ergibt sich ihre nothwendige Länge
c f = 118,5 Linien. Wird ferner der Haken g, wie es gewöhnlich der Fall ist, in der
Mitte des Armes c f angebracht, so ist c g = c f/2 = 59,25 Linien. Diese Werthe in die
obige Gleichung substituirt, geben = 3160, woraus (P + B) n c = 57,6
folgt, wo P + B in Lothen und n c in Linien genommen werden muss. Beträgt daher
z. B. P + B = 3 Loth, so muss man n c = 19,2 Linien machen. Da diess jedoch nur ein
beiläufiger Werth ist, indem n c nicht die Entfernung des angeschraubten Gewich-
[199]Garnwage.
tes P, sondern die Entfernung des gemeinschaftlichen Schwerpunktes von P + B ist,
so muss man das Gewicht von 3 Loth an dem Hebel n c so weit hinaufschrauben, bis
die unbeschwerte Wage bei dem Punkte k, wenn der Hebel so weit reicht, oder wenn
diess nicht der Fall ist, bei demjenigen Nro. der Skale einspielt, welches mit dem ange-
hängten Strähne von einem bekannten Nro. übereintrifft.


§. 193.

Die eben berechnete Garnwage kann auch gebraucht werden, um Strähne von höhernFig.
12.
Tab.
9.

Nummern abzuwägen. Wenn man nämlich den längern Arm k c (Fig. 12) in 3 gleiche Theile
theilt, auf dem ersten Drittheile von der Achse einen Haken anbringt, und diesem Abstande
gemäss das Moment (P + B) n c bestimmt, so dient diese Wage, wie die im vorigen §. be-
rechnete, zum Sortiren der Garne von Nro. 20 bis 80. Versetzt man itzt den Haken auf das
zweite Drittheil von der Achse, so wird ein Strähn, der das halbe Gewicht hat, das-
selbe Moment, wie ein am ersten Drittheil angehängter eben so schwerer Strähn haben,
weil seine Entfernung doppelt ist; er wird also, wenn z. B. der Strähn am ersten Drit-
theile Nro. 40 zeigte, auch Nro. 40 weisen; da aber sein Gewicht nur halb so gross, als
des vorigen ist, so wird seine Nummer doppelt so hoch oder Nro. 80 seyn. Man braucht
daher für jene Garne, die auf dem Haken am zweiten Drittheile abgewogen werden, nur
die Nummern, welche sie zeigen, mit 2 zu multipliciren, um ihre wahren Nro. zu erhal-
ten. Demnach kann man mit derselben Wage sowohl von Nro. 20 bis 80, als auch mit
Verwendung des zweiten Hakens bis zu 160 abwägen.


Wird aber der Arm in 4 gleiche Theile getheilt, so dient der erste Haken für Garne
von Nro. 20 bis 80, der zweite bis 2mal 80, und der dritte bis 3mal 80 oder bis zu
Nro. 240.


Es versteht sich, dass in diesem Falle, da die Abtheilungen an der Skale dieselben
sind, aber für 3mal grössere Gewichte gelten, auch die Grösse der Zwischenräume von
einer Nummer zur andern um eben so viel geringer ist, und daher auch die Deutlichkeit
bei dem Ablesen nur ein Drittheil von derjenigen beträgt, wenn die Wage bloss zur Sor-
tirung der Garne von Nro. 20 bis 80 gebraucht wird.


§. 194.

Bei den gebräuchlichen Garnwagen findet man häufig auch die Theilung aufFig.
18.
Tab.
9.

einem Kreisbogen, welcher den Vortheil gewährt, dass der Endpunkt des Zei-
gers denselben Kreisbogen beschreibt, und daher für alle Theilungspunkte eine gleiche
Länge hat. Errichtet man Fig. 18 in e, wo die Theilung der Skale beginnt, die Linie
e g senkrecht auf e d, so fallen in diese Linie die Tangenten aller Winkel e d n, e d b …,
welche der Zeiger, wenn Gewichte angehängt werden, beschreibt. Bezeichnet e d f den
grössten Winkel oder ist d f die Richtung des Zeigers, wenn das grösste Gewicht ange-
hängt wird, so ist auch e g die Tangente dieses grössten Winkels e d f. Da nun der Aus-
schlag diesen Tangenten e o, e h .... proportional ist, so braucht man nur die Linie
e g für gleiche Gewichte in gleiche Theile zu theilen, und diese mit d zu verbinden; die
Durchschnittslinien mit dem Kreisbogen geben nunmehr die Abtheilungen am Kreise, wel-
che den angehängten Gewichten proportional sind.


[200]Garnwage.
Fig.
18.
Tab.
9.

Weil aber der Punkt g zu weit entfernt ist, so theilt man lieber den Winkel e d f in
zwei gleiche Theile e b = b f und errichtet in e und f die Tangenten e h = f h. Diesel-
ben Tangenten sind aber auch e h = a b und f h = b c. Wir können also statt e g zu
theilen, für den ersten Bogen e d b nur e h oder a b, und für den zweiten Bogen b d f
die Linie b c eintheilen. Es wird sonach die ganze Höhe a c in gleiche Theile abgetheilt,
welche den angehängten Gewichten proportional sind. Daher verhält sich
das Gewicht des schwersten Strähnes R zum Gewichte eines gegebenen Strähnes W, wie
die von dem Zeiger in der vertikalen Skale beschriebenen Räume a c zu a m oder
R : W = a c : a m. Nun ist (nach Seite 197) und , dann die Linie
a c = 2 a b = 2 r . tang. und a m = a b — b m = r . tang. — r · tang. φ, folglich
substituirt . tang. : r . tang. — r . tang. φ, woraus
tang. tang. .


Der Winkel α wird häufig zu 90 Grad angenommen, es ist jedoch der Deutlichkeit
des Ablesens wegen besser, ihn = 60 Grad zu machen; die Zahl N ist in jedem Falle ge-
geben, da es die niedrigste Nummer ist, welche mit dieser Wage gewogen werden soll.
Nimmt man daher für n verschiedene Werthe an, so findet man den Winkel φ, um wel-
chen die zur Zahl n gehörige Theilung von der Mittellinie d b abweicht.


Auf diese Art kann der Winkel berechnet, und die Theilung des Bogens vorge-
nommen werden. Soll dieselbe Theilung durch Verzeichnung gemacht werden, so
theilt man nach der Anleitung, welche oben gegeben wurde, die Tangente a c in die
den Nummern n entsprechenden Theile, und verbindet dann die Theilungspunkte mit d.


Man sieht nun auch, dass die Bögen den angehängten Gewichten bloss dann pro-
portional sind, wenn die Länge der erstern nur einige Grade beträgt, denn nur in diesem
Falle sind die Tangenten den Bögen beinahe proportional.


§. 195.

Fig.
19.

Aus dem Angeführten ergibt sich, dass die Theilung einer Garnwage unrichtig sey, wenn
sie nach dem Grundsatze vorgenommen wird, dass die Bewegungen des Zei-
gers
, d. h. die beschriebenen Bögen sich gerade wie die angehängten Ge-
wichte
(oder verkehrt wie die Nummern der angehängten Strähne) verhalten.


Um dieses deutlicher zu zeigen, wollen wir annehmen, dass eine Garnwage von
Nro. 12 bis Nro. 60 construirt werden soll. In diesem Falle ist das Gewicht von Nro. 60
= und jenes von Nro. , wo p das Fabrikspfund bezeichnet. Ist der
Bogen a g = 90 Grade und theilt man denselben in 5 Theile oder von 18 zu 18 Graden
ein, so wird, wenn man die Gewichte der Strähne den beschriebenen Bögen proportio-
nal annimmt,


  • bei 18 Grad oder bei f das Gewicht oder Nro. 60 stehen müssen,

[201]Garnwage.
  • bei 2 . 18 = 36 Grad oder bei e das Gewicht oder Nro. 30 stehen müssen,
Fig.
19.
Tab.
9.

  • — 3 . 18 = 54 — — d — — — Nro. 20 — —
  • — 4 . 18 = 72 — — b — — — Nro. 15 — —
  • — 5 . 18 = 90 — — a — — — Nro. 12 — —

Wir wollen nunmehr berechnen, welche Gewichte und Garnnummern diesen Bö-
gen entsprechen. Um hiebei die möglichste Uibereinstimmung zu erhalten, wollen wir
annehmen, dass nicht nur in den zwei äussersten Punkten a und f der Skale, nämlich
bei Nro. 12 und bei Nro. 60, sondern auch bei dem mittlern Punkte d oder bei Nro. 20
die Eintheilung der Wage ganz richtig gestellt sey. Ziehen wir nun zu d die Tangen-
te n i, so werden die Linien d n und d k als Tangenten von 36 Grad einander gleich
seyn, und jede dem Gewichte entsprechen.


Das Gewicht q, wodurch der Zeiger von dem Stande des mittleren Strähngewichtes
bei 3 . 18 = 54 Grad noch um 18 Grad weiter, oder bis zu dem Winkel von 72 Grad
gehoben wird, ergibt sich nach §. 194 aus der Proportion:
tang. 36° : = tang. 18° : q, woraus q = .


Da diess das Gewicht ist, um wie viel das Gewicht in b grösser seyn muss, als in
d, so beträgt das ganze Gewicht, welches den Zeiger bis zu 72 Grad zu erhöhen im
Stande ist, . Wird das Gewicht des Fabrikspfundes (p) mit diesem
ganzen Gewichte dividirt, so erhält man die zu 72 Grad gehörige richtige Garnnummer
, wogegen
nach dem Gesetze der gleichförmigen Bewegung des Zeigers für den Punkt b bei 72 Grad
Nro. 15 angenommen wurde; diese Nummer ist daher gegen die richtige Nummer um 0,4
zu klein.


Wenn man auf gleiche Art das Gewicht sucht, welches dem Punkte e oder dem
Winkel von 36 Grad entspricht, so haben wir wie oben zuerst die Proportion:
tang. 36° : = tang. 18° : q, und wenn dieses Gewicht , von jenem
in d oder von abgezogen wird, so erhält man das Gewicht, welches den Zeiger
bis zu 36 Grad stellt, = . Wird mit diesem Gewichte das Fa-
brikspfund dividirt, so ist die zum Winkel von 36 Grad gehörige richtige Garn-
nummer , statt der oben angenommenen Nummer 30.


Gerstners Mechanik. Band I. 26
[202]Garnwage.
Fig.
19.
Tab.
9.

Wollte man auf die noch höhern Nummern übergehen, und z. B. das Gewicht und
die Garnnummer für den Winkel von 9 Grad oder den Punkt h suchen, so würde nach
dem Grundsatze, dass die Bögen den Gewichten proportional sind, folgen, dass das
Gewicht bei 9 Grad die Hälfte von jenem bei 18 Grad, oder = = , folglich
die Nummer = 120 seyn müsste.


Weil aber der Punkt h von d um 36 + 9 = 45 Grad absteht, so erhalten wir das
Gewicht, welches den Zeiger nach h stellt, aus der Proportion
tang. 36° : = tang. 45° : , demnach ist, wie in den vorigen Fällen die
hiezu gehörige richtige Nummer ; die
Nummer ist daher mehr als doppelt so hoch, als sie aus dem Verhältnisse der blossen
Winkel folgt.


Hieraus ist nunmehr zu ersehen, dass sich die im Eingange des §. erwähnte Theilungs-
art einer Garnwage um so fehlerhafter zeigen werde, je höher die Nummern sind.


§. 196.

Bei einigen Garnwagen ist statt des Gewichtes P eine Feder A angebracht, wel-
Fig.
20.
che sich, wenn die Garne an den Arm angehängt werden, desto mehr spannt, je
grösser W ist; es kann demnach auch bei der Anwendung einer solchen Feder der
Ausschlag bestimmt und hiernach die Skale getheilt werden.


Die Erfahrung lehrt jedoch, dass der Widerstand der Feder bei grössern Span-
nungen nicht mehr der Spannkraft genau proportional sey, und dass auch die Feder-
kraft durch die Kälte vermehrt und durch die Wärme vermindert werde; es kann daher
die Skale bloss durch Versuche verfertigt werden, indem man Strähne von bekanntem Nro.
anhängt, und die Punkte, bei denen der Arm stehen bleibt, an der Skale bemerkt. Da
sich aber die Federkraft mit der Temperatur ändert, und auch mit der Länge der
Zeit abnimmt, so müssen solche Wagen bei ihrem Gebrauche beständig in gleicher
Temperatur gehalten, von Zeit zu Zeit geprüft und wieder adjustirt werden. Hieraus
ersieht man, dass es vortheilhafter sey, sich einer Wage mit einem angebrachten Ge-
wichte, statt einer Feder zu bedienen.


§. 197.

Die Beweglichkeit einer jeden Garnwage erfordert übrigens, dass dieselbe von der
Reibung möglichst befreit werde; demnach macht man die Achse des Wagebalkens
von Stahl, und lässt sie in zwei feine Spitzen auslaufen. Die Zapfenlager bestehen
aus geschlagenen Messingplatten, welche an diese Achse bloss andrücken, und die
Achse durch ihre Elastizität immer in demselben Punkte erhalten.


§. 198.

Verjüngte Wagen überhaupt sind Wagen, wobei man mittelst kleiner Ge-
wichte grössere Lasten abwägen kann.


[203]Verjüngte Wagen.

Man verfährt hiebei nach den verschiedenen Zwecken auch auf verschiedene Art,
z. B. man wollte wissen, ob ein Haufen Erz schmelzwürdig sey. Diess er-
fährt man, indem man untersucht, wie viel Metall (z. B. Silber) in einem Zentner von
diesem Erze enthalten sey. Zu dieser Absicht übergeht man den Haufen und nimmt an
mehrern Orten Stücke heraus, die man dem mittlern Gehalte angemessen findet. Man
lässt diese Stücke auf die gewöhnliche Art pochen und schlemmen; das geschlemmte
Gut wird getrocknet, und davon mit einer genauen Probierwage ein sogenannter
Probierzentner, welcher gewöhnlich ein halbes Loth oder ein Quintel beträgt, ab-
gewogen. Man setzt nun die erforderlichen Schmelzmittel hinzu, und bringt das Ganze
in dem Probierofen in Fluss. Ist derselbe beendigt, so wird der Tiegel bei Seite gesetzt
und nachdem alles erkaltet ist, zerschlägt man die geschmolzene Masse mit dem Hammer,
und wägt das erhaltene Metallkorn wieder auf der Probierwage ab. Zur Sicherheit macht
man gewöhnlich zwei oder mehrere solche Proben und nimmt, wenn sich Unterschiede
zeigen, das Mittel hievon. Das Verhältniss dieses Kornes zu dem eingesetzten Probier-
zentner gibt nun den Maasstab zur Bestimmung der Schmelzwürdigkeit des Erzes.


Da hiebei aus dem Kleinen auf das Grosse geschlossen wird, so sieht man von selbst,
dass die Probierwage und die Probiergewichte möglichst genau und richtig
seyn müssen. Es frägt sich daher noch, wie man so kleine Probiergewichte mit der er-
forderlichen Genauigkeit verfertigen könne. Diess geschieht durch Zertheilung eines fei-
nen Drahtes, welcher seiner Natur nach, da er durch dieselbe Oeffnung durchgegangen
ist, überall einen gleichen Durchmesser hat. Wägt man hievon ein halbes Loth ab, so
erhält man einen Probierzentner, und wird dieser Draht nach Verhältniss seiner Länge in
4 gleiche Theile getheilt und zerschnitten, so gibt ein Stück 25 Probierpfunde. Um auch
einzelne Probier-Pfunde zu erhalten, kann man entweder diese Stücke abermals thei-
len, oder man nimmt statt des stärkern Drahtes einen dünnern von gleicher Stärke, der
nun abermals mit dem Zirkel nach Verhältniss seiner Länge getheilt wird. Hiemit fährt
man so lange fort, bis man die erforderlichen kleinsten Unterabtheilungen eines Probier-
zentners erhalten hat. Es versteht sich von selbst, dass man die kleinen Theile sowohl
gegen einander, als auch zusammen mit dem ungetheilten grössern Stücke abwägen, und
sich von der Richtigkeit ihrer Gewichte überzeugen muss.


§. 199.

Man kann auf gleiche Art eine Probierwage zum Abwägen des Getreides ein-
richten. Das gesetzliche Getreidemaass in der östreichischen Monarchie ist der Nied.
Oestr. Metzen
, nämlich ein Cylinder, dessen Durchmesser 15 Zoll 5 Linien 2 Punkte,
und dessen Höhe 18 N. Oe. Zoll beträgt. Der Metzen wird eingetheilt in zwei halbe
Metzen = 4 Viertel = 8 Achtel = 16 Massel = 32 Halbmassel = 64 Futtermassel = 128
Becher = 256 halbe Becher = 512 Viertel-Becher = 1024 Achtel-Becher oder Getreid-
probemetzen. Dem zu Folge lässt man ein Gefäss verfertigen, welches der Gewichtsbe-
stimmung des Getreides zum Grunde gelegt wird, und den 1024ten Theil von einem
Metzen hält; die Maasse dieses Gefässes werden erhalten, wenn man die für den Durch-
messer und die Höhe eines Metzens angeführten Maasse mit der Kubikwurzel aus 1024 oder
mit 10,0794 dividirt.


26 *
[204]Schwedische Schiffswage.

Nunmehr muss das hiezu nöthige Probiergewicht gleichfalls der 1024te Theil eines
Pfundes seyn; es wird daher 1 Loth Krämergewicht gerade 32 Probier-Pfund betragen, da
32mal 32 = 1024 ist, eben so wird ½ Loth genau 16 Pfunde, ¼ Loth genau 8 Pfunde
u. s. w. vorstellen.


Das Abwägen geschieht nunmehr mittelst einer kleinen Krämerwage, in deren Scha-
len der abgewogene und abgestrichene Probemetzen hineingeschüttet wird. Man pflegt
solche Wagen zum Verkaufe zu verfertigen, die von den Getreidehändlern, militärischen
Verpflegsbeamten etc. in der Tasche getragen werden.


§. 200.

Die zweite Art der verjüngten Wagen sind Krämerwagen mit ungleichen
Hebelsarmen
. Ist z. B. die Länge des einen Wagebalkens = 1 und des andern = 10,
so stehen auch bei einer solchen Wage 10 Pfund mit 1 Pfund im Gleichgewichte, man
kann daher die Waaren mit 10mal kleinern Gewichten abwägen. Es versteht sich jedoch
von selbst, dass hiebei der Schwerpunkt des Wagebalkens in der senkrechten Richtung
unter der Achse liegen müsse. Man kann auf diese Art die Hebelsarme nach den ver-
schiedenen Zwecken der Wage einrichten.


§. 201.

Die in Schweden gebräuchliche Schiffswage wird zur Wägung grosser Schiffs-
lasten verwendet, und besteht aus einem doppelten Hebel. Die Einrichtung derselben
Fig.
21.
Tab.
9.
ersieht man aus Fig. 21. In dem hölzernen Gerüste A B C D kann der Balken o i hinauf
und herabbewegt, und hiemit die ganze Wage, deren Achsen an den eisernen Stangen
a g und e h befestigt sind, gehoben oder gesenkt werden. Das Erstere geschieht, wenn
die Waare auf die Wagschale aufgelegt ist, und gewogen werden soll; das Zweite, wenn
die Abwägung bereits statt hatte. Die Wage ist in der Figur im aufgezogenen Zustande
dargestellt. Der Balken o i hängt in n und h an zwei Seilen l n und k h, welche über
die Rollen k, l, m gehen und auf der Welle des Rades p s aufgewunden werden. Zur
Erleichterung dieses Aufwindens wird das Rad p s durch das Getriebe r mittelst des Kur-
belarmes r q in Bewegung gesetzt. Der Sperrkegel p t verhindert das Zurückgehen der
Seile. Will man den Balken o i und mittelst desselben die Wage herablassen, so wird
der Sperrkegel ausgehoben, und der Kurbelarm zurückbewegt. Der horizontale Stand des
obern Wagebalkens d f wird durch die winkelrecht daran befestigte Zunge e u, welche
mit der Verlängerung der senkrechten Stange h e einspielen muss, erkannt und hiedurch
die horizontale Stellung des untern Wagebalkens a c hergestellt.


Ist die Wage aufgezogen, so wirkt die Last W an dem Hebel der zweiten Art a c,
und zieht mittelst der Verbindungsstange c d den Hebel der ersten Art d f herunter, an
dessen längern Arme das erforderliche Gewicht P in der Wagschale aufgelegt wird. Nen-
nen wir die Kraft, womit die Verbindungsstange c d herabgezogen wird = K,


  • so ist K : W = a b : a c
  • P : K = d e : e f,
  • folglich P : W = a b . d e : a c . e f, d. h.

es verhalten sich die Gewichte, wie verkehrt die Produkte aus ihren Hebelsarmen. Wäre
[205]Strassen- oder Mauthwage.
z. B. a c = 10 . a b und e f = 10 . d e, so ist P : W = 1 : 100. Es wird daher das Ge-
wicht einer Tonne von 2000 ℔ = W durch ein 20 ℔ schweres Gewicht = P abgewo-
gen werden. Hiebei ist jedoch auf das Gewicht der Hebel selbst noch keine Rücksicht
genommen, da dieselben bei dieser Wage durch angebrachte Gegengewichte ausgegli-
chen werden. Da übrigens das Verhältniss der Hebelsarme willkührlich ist, so kann die-
se Wage nach dem jedesmaligen Zwecke eingerichtet werden.


§. 202.

In England werden die Strassenmäuthe nach Verhältniss der Schienenbreite der Rä-
der und des Gewichtes der Wägen sammt Ladung bezahlt, und zu diesem Behufe die
Wägen vor den Mauthgebäuden auf eigends hiezu erbauten Strassen- oder Mauth-
wagen
abgewogen. In Frankreich werden gegenwärtig zwar keine Strassenzölle ent-
richtet, aber die Wägen werden auf gleichen Wagen abgewogen, um sich zu überzeu-
gen, ob die nach Verhältniss der Schienenbreite gesetzlich bestimmte Ladung nicht
überschritten werde. Auch in einigen deutschen Staaten bestehen ähnliche Einrich-
tungen.


Um das Abwägen zu beschleunigen, sind vor den Mauthhäusern bewegliche Brücken
nach Verhältniss der gewöhnlichen Länge und Breite der Wägen angebracht, und die-
se Brücken mit der Strasse in gleiche Höhe gelegt, damit jeder Wagen ohne Anstand
darauf fahren kann. Unterhalb der Brücke befindet sich ein Mechanismus, welcher in
das Zimmer des Mauthners reicht, und ihn in den Stand setzt, das Gewicht des vorge-
fahrnen beladenen Wagens zu erkennen, ohne das Zimmer zu verlassen.


Der Mechanismus aller dieser Strassen- oder Mauthwagen besteht aus einer Ver-Fig.
1
bis
16.
Tab.
10.

bindung mehrerer Hebel, die am Ende entweder mit einer verjüngten Wage oder
Schnellwage oder auch mit einer Zeigerwage vereinigt sind. Von den verschie-
denen bisher gebräuchlichen Strassenwagen enthält Tab. 10 eine der vorzüglichern. Hie-
von ist Fig. 1 der Längendurchschnitt, welcher durch die Brücke in der Richtung der im
Grundrisse (Fig. 3) angezeigten Linie A B und vor der Wage in der Linie C D (Fig. 2)
genommen wurde. Den Grundriss innerhalb des Mauthgebäudes enthält Fig. 2, und je-
nen der Brücke ausserhalb des Gebäudes Fig. 3. In Fig. 4 erscheint der Querdurch-
schnitt, welcher in der Richtung E F G H, welche im Grundrisse (Fig. 2 und 3) ange-
zeigt ist, aufgenommen wurde. Die weitern Fig. 5 bis 16 enthalten die einzelnen Bestand-
theile der Wage im dreimal grössern Maasstabe.


Fig. 1 und 4 zeigen die Brücke a a, welche aus einem aus stärkern Zimmerholze
verfertigten Rahmen besteht, der mit Pfosten bedeckt und mit Eisenschienen (gewöhnlich
von 6 zu 6 Zoll Entfernung) zu dem Behufe übernagelt ist, damit die Wägen auf der
Brücke an jedem Punkte ruhig stehen bleiben können. Dieser Rahmen sitzt an seinen bei-
den Enden a, a auf vier eisernen Hebeln b c d von gleicher Länge und hinlänglicher Stärke
auf, wovon immer zwei so verbunden sind, wie es Fig. 3 in der obern Ansicht und Fig. 5
in derselben Ansicht jedoch im dreifachen Maasstabe zeigt. Fig. 6 enthält das Profil
des Hebels b c d mit den drei daran befindlichen Achsen. Ein jeder von diesen zwei dop-
pelarmigen Hebeln hat den Unterstützungspunkt in c, und ruht auf den Pfannen y, y,
[206]Strassen- oder Mauthwage.
Fig.
1
bis
16.
Tab.
10.
welche Fig. 12 im Grundrisse und Fig. 13 im Durchschnitte zu sehen sind. Fig. 11
enthält die untere Ansicht der Verbindungsstange der zwei Hebel mit den hiebei er-
sichtlichen schneidigen Achsen c, c, die in den Pfannen y, y ruhen. Die Pfannen
selbst sind auf den unter der Brücke angebrachten festen Gestellen c c', c c' befestigt,
welche Fig. 1 zu sehen sind.


Die zwei oben genannten doppelarmigen Hebel sind (Fig. 1) bei d, d mittelst der
in e vereinigten Zugstangen d e f verbunden; die Zusammensetzung der letztern ist
Fig. 14 und 15 in der Ansicht und im Profile dargestellt. Diese Zugstangen sind in f
mit dem Hebel f i (Fig. 4) durch eine Achse verbunden; dieser Hebel hat seinen Un-
terstützungspunkt in h, und ist Fig. 7 und 8 im Profile und Grundrisse dargestellt. Die
Achse ist mittelst der Zugstange i k (Fig. 4), welche Fig. 16 am obern und untern Ende
in der Längen- und Seitenansicht gezeichnet ist, mit dem Ende k des Wagebalkens der
Schnellwage o k (Fig. 1) verbunden. Der Wagebalken selbst hängt an der Stange m l
(Fig. 1), die im Gebäude befestigt ist. Um die Seitenschwankungen des Wagebalkens
der Schnellwage bei o zu verhindern, ist daselbst eine Gabel angebracht, welche je-
doch den für die Spielungen erforderlichen Zwischenraum haben muss.


Im gewöhnlichen Zustande sitzt die Brücke an ihrer Peripherie auf einem hinlänglich
festen Rahmen (Fig. 1 u. 4) w w auf, und wird erst dann frei gemacht, d. h. um zwei oder drei
Zolle gehoben, wenn der abzuwägende Wagen bereits aufgefahren ist. Diess hat den Zweck,
sowohl die Achsen während der Zeit, als der Wagen auffährt, zu schonen, als auch
die in einem solchen Falle eintretenden übermässigen Schwingungen zu vermeiden. Die
Vorrichtung, welche zu diesem Zwecke angebracht ist, besteht bloss aus dem Baume
g g' g'' (Fig. 1 und 4), welcher bei g' (Fig. 4) die Achse h des Hebels f i trägt. An
dem Ende des Baumes ist eine Schraubenmutter angebracht, wodurch die Schraube p t'
die Fig. 9 besonders gezeichnet ist, geht. Diese Schraube wird durch den Bü-
gel α β γ am Boden gehalten. Mit dieser Schraube ist das Rad q r fest verbunden;
in dieses greift ein Getriebe r s ein, dessen Spindel von t bis u (Fig. 4) geht, und
bei u durch die Kurbel v bewegt wird. Dreht man nämlich diese Kurbel herum, so
werden die Räder r s und r q sammt der Schraube p t' bewegt, folglich der Hebebaum
g g' g'' bei g'' gehoben oder herabgelassen.


Soll die Brücke, nachdem der Wagen aufgefahren ist, von dem untern Rahmen
w w frei gemacht oder gehoben werden, so müssen, wie man am besten Fig. 1 sieht,
die Achsen b, b am Hebel b c d gehoben, folglich die Punkte d, d sammt dem Zug-
werke d f und h g' (Fig. 4) herabgedrückt werden. Diess geschieht immer so weit,
bis der Hebebaum in g'' auf x x (Fig. 9) aufsitzt. Ist diess der Fall, so wird das
Laufgewicht an der Schnellwage verschoben und das Abwägen wie gewöhnlich vorge-
nommen. Ist das letztere beendigt, so lässt man die Brücke durch die entgegengesetzte
Bewegung wieder so weit herab, bis die Stange i k (Fig. 4) nicht mehr gespannt ist,
folglich die Brücke auf dem Rahmen w w wieder aufsitzt.


Um endlich zu verhüthen, dass die Brücke bei dem Auffahren des Wagens aus den
Pfannen der darunter befindlichen Hebel b c d verrückt werde, sind noch zu beiden Sei-
ten des Rahmens zwei eiserne, an beiden Enden mit Oehren versehene Stangen, die in der
Zeichnung nicht erscheinen, nach der Länge der Brücke so angebracht, dass der durch
[207]Strassen- oder Mauthwage.
ein Oehr gehende Nagel in dem nächsten Zimmerwerke und der Nagel, der durch das
andere Oehr geht, in dem Rahmen der Brücke befestigt ist, wodurch also die horizontale
Verschiebung der Brücke nach ihrer Länge gehindert wird, jedoch die senkrechte Bewe-
gung derselben bei dem Abwägen vollkommen frei bleibt.


§. 203.

Wir wollen nunmehr berechnen, wie eine solche Strassenwage angeordnet, d. h.Fig.
17.
Tab.
10.

die Grösse der einzelnen Theile derselben bestimmt wird, um den vorhandenen Zweck
der Abwägung mit der erforderlichen Genauigkeit zu erreichen. Um diese Rechnung zu
erleichtern, sind Fig. 17 die Hauptbestandtheile der Wage in einfachen Linien darge-
stellt worden.


Zu diesem Behufe wollen wir zuerst zeigen, dass der Standort des Wagens auf der
Brücke willkührlich ist, und keinen Einfluss bei dem Abwägen verursacht. Wir ha-
ben bereits im vorigen §. bemerkt, dass die vier unter der Brücke angebrachten He-
bel b c d von gleicher Länge sind, und dass sie die gemeinschaftliche Zugstange d f,
welche mit der Schnellwage in weiterer Verbindung steht, hinaufziehen. Der Druck auf
diese Hebel oder auf die vier Punkte b, b', b'', b''' rührt offenbar von dem Gewichte der
Brücke (B) und dem Gewichte des Wagens (W) her; wir können ihn daher in vier Thei-
le w, x, y, z zertheilen, welche die Drücke auf die vier Hebel unter der Brücke be-
zeichnen, so dass W + B = w + x + y + z. (I).


Ein jeder dieser Theile hebt mit einer zugehörigen Kraft die Zugstange d f in die
Höhe, nämlich w mit der Kraft = p, x mit q, y mit r und z mit der Kraft s; die gan-
ze Kraft aber, womit d f in die Höhe gezogen wird, nennen wir T, welches daher
= p + q + r + s. (II). Wir erhalten demnach die Gleichungen:


  • w. b c = p. d c
  • x. b' c' = q. d c'
  • y. b'' c'' = r. d c''
  • z. b''' c''' = s. d c''',
  • so erhalten wir (w + x + y + z) b c = (p + q + r + s) d c,

und substituirt, (W + B) b c = T. d c. Hieraus ergibt sich die ganze Kraft, womit die
Stange d f in die Höhe gezogen wird, T = (W + B) (III); man sieht daher, dass
diese Kraft immer dieselbe bleibt, der Wagen mag stehen, wo er wolle. Dasselbe
ist der Fall, wenn z. B. die hintern Räder des Wagens mehr beladen sind als die vordern;
die Stange d f wird immer mit einer Kraft in die Höhe gezogen, die bloss von dem gan-
zen Gewichte des Wagens und nicht von dem Drucke der einzelnen Räder abhängig ist.
Hiebei wird jedoch vorausgesetzt, dass die Hebelsarme b c und d c bei allen vier Hebeln
genau dieselbe Länge haben, weil sonst durch die Stellung des Wagens eine Ver-
änderung der Zugkraft T bewirkt würde.


Die Kraft T wirkt an dem Hebel der ersten Art f i; nennen wir daher die Kraft, wo-
mit die Stange k i herunter gezogen wird = S, so ist T. f h = S . h i + M. m, wo M
das Gewicht des Hebels und m die Entfernung seines Schwerpunktes von der Achse be-
deutet. Substituirt man aus der Gleichung III den Werth für T, so ist
[208]Strassen- oder Mauthwage.
Fig.
17.
Tab.
10.
(W + B) · f h = S . h i + M. m (IV), woraus .
Ist nun das Gleichgewicht an der Schnellwage durch die gehörige Verschiebung des Lauf-
gewichtes bis n bewirkt worden, so haben wir abermals S. k m = P . m n + N . n, wenn wir
das Gewicht des Wagebalkens mit N auf der Entfernung n annehmen. Wird hierin der Werth
für S substituirt, so ist k m = P . m n + N. n (V).


Nehmen wir nun an, das Laufgewicht stünde in n', wenn die Brücke unbelastet, folg-
lich W = 0 ist, so erhalten wir k m = P. m n' + N . n (VI),
und wird diese Gleichung von der vorhergehenden abgezogen, so ist
· k m = P (m n — m n') = P . n' n (VII); d. h. das Gewicht der Waare W
multiplicirt mit den Verhältnissen der Hebelsarme und dem kürzern Hebelsarme
k m der Schnellwage ist = dem Laufgewichte P multiplicirt mit der Verschiebung n' n.
Wir haben daher hier denselben Satz wie §. 181 bei der Schnellwage, nur erscheint hier
die Spannung der Stange k i als Last.


Bei dieser Rechnung ist in der Gleichung VI vorausgesetzt, dass entweder alle Hebel
sammt den Zugstangen und dem Gewichte der Brücke einander das Gleichgewicht halten,
oder wenn diess nicht der Fall wäre, dass selbe durch Gegengewichte so ausgeglichen wer-
den, damit, wenn das Laufgewicht bei dem Nullpunkte der Skale in n' steht, die unbe-
lastete Brücke mit dem Hebelwerke im Gleichgewichte ist, folglich der Wagebalken ho-
rizontal steht.


Beispiel. Es sey eine Brückenwage zu verfertigen, worauf bis 200 Zentner gewo-
gen werden können, und ein Zentner durch eine Verschiebung des Laufgewichtes
von ½ Zoll ausgedrückt wird.


Nehmen wir das Verhältniss der Hebelsarme = ⅕ und an, so ist nach
VII : W . ⅕ . . k m = P. n' n oder P : = k m : n' n, d. h. wie vielmal das Laufge-
wicht P kleiner ist als , eben so oft muss auch der kürzere Hebelsarm k m der
Schnellwage in der Länge der Skale n' n enthalten seyn. Nach der Bedingniss der
Construction muss für W = 200 Zentner, die Länge der Skale n' n = 200 . ½ = 100
Zoll betragen; demnach ist P : = k m : 100, woraus P = Zentn. = 2 . k m ℔
folgt. Ist nun die Schnellwage bereits fertig, so misst man die Länge von k m, und
gibt dem Laufgewichte so viel Pfunde, als 2 . k m ganze Zolle misst. Ist dagegen die
Wage erst zu konstruiren, so kann man k m annehmen, und hiernach die Grösse des
Laufgewichtes berechnen. Ist z. B. k m = 10 Zolle, so muss ein Laufgewicht
P = 2. 10 = 20 ℔ genommen werden. Uiberhaupt gibt die Gleichung VII die Einrich-
tung dieser Wage an, wobei immer solche Werthe genommen werden müssen, welche den
Umständen entsprechen.


[209]Strassen- oder Mauthwage.

Noch ist hier zu bemerken, dass man lange Bauholzwägen, deren vier Räder auf der
Brücke nicht Raum finden, in der Art wägt, dass zuerst die vordern zwei Räder auf die
Brücke fahren, daselbst gewogen werden, sodann die hintern Räder ebenfalls auffah-
ren und gleichfalls gewogen werden. Die Summe beider erhaltenen Gewichte gibt das
ganze Gewicht des Bauholzwagens sammt Ladung.


§. 204.

Wir haben §. 202 angeführt, dass die Brücke, wenn der Wagen bereits aufgefahrenFig.
1.
und
4.
Tab.
10.

ist, um einige Zolle gehoben, und auf solche Art von dem Rahmen frei gemacht werden
muss, auf welchem sie an ihrem Umfange ruht. Es handelt sich nun, die zu diesem
Zwecke anzubringende, bereits beschriebene Vorrichtung so herzustellen, dass ein Mann
mit Anwendung seiner mittlern Kraft die beladene Brücke heben und senken könne.


Da das Gewicht der Brücke durch das am Hebelsarme f h angebrachte Gegengewicht
ausgeglichen wird, so ist die Zugkraft T bei d, = und in dem angenommenen
Beispiele = . Die Zugkraft S bei i ist = . Die Summe
von beiden oder muss der Kraft gleich seyn, womit der Hebe-
baum g g' g'' in g' Widerstand leisten muss. Es wird also, wenn ist, die hie-
zu in g'' nöthige Kraft = seyn.


Mit dieser Kraft muss die Schraube widerstehen; es wird sich daher die Kraft (k)Fig.
9.

an der Peripherie des Rades q r zur Last () eben so verhalten, wie die Höhe ei-
nes Schraubengewindes (h) zur Peripherie des Rades oder
. Ferner verhält sich (Fig. 4) die Kraft K an der Periphe-
rie des Kurbelarmes v zur Kraft (k) an der Peripherie des Rades q r wie der Halbmes-
ser t s (= a) zu u v (= b) oder K : k = a : b. Aus diesen zwei Proportionen folgt
und daher die zur Bewegung der Kurbel erforderliche
Kraft . Weil sich aber A : a wie die Anzahl der Zähne Z an
dem Rade zur Anzahl der Zähne z an dem Getriebe verhält, so ist auch
. Nimmt man nun die Höhe des Schraubengewindes h = 1 Zoll
und den Halbmesser der Kurbel b = 7 Zoll, dann z : Z = 1 : 2 an, so ist die Kraft, wel-
che zum Aufziehen der mit 200 Zentner belasteten Brücke erfordert wird,
℔, welches also keinem weitern Anstande für
einen Menschen unterliegt.


Gerstner’s Mechanik. Band I. 27
[210]Strassen- oder Mauthwage.
§. 205.

Wenn die Strassenwage mit keiner Schnellwage, sondern mit einer verjüngten
Wage
in Verbindung ist, unterliegt die Berechnung und Anordnung derselben eben-
falls keiner Schwierigkeit. Wir haben §. 203 die Kraft, womit die Stange k i herabge-
zogen wird, gefunden. Nehmen wir an, die Wag-
schale hänge an o, so muss daselbst, wenn nicht das Gewicht der leeren Brücke und
der Hebelsarme durch ein bei f angebrachtes Gegengewicht ausgeglichen ist, nunmehr
bei o ein Gewicht N angebracht seyn, welches beständig zur Herstellung des Gleichge-
wichtes mit allen Bestandtheilen der Maschine benöthigt wird, und ein weiteres Gewicht
P, welches rücksichtlich der Belastung der Brücke zugelegt wird. Diese zwei Gewichte
N + P müssen demnach mit S im Gleichgewichte stehen oder (N + P) o m = S. m k
und substituirt .
Da nun anfangs N mit der unbelasteten Brücke im Gleichgewichte stand, so ist, wenn man
W = 0, folglich auch P = 0 setzt, . Subtra-
hirt man diese zwei Gleichungen von einander, so ist , wo-
raus folgt. Diese Gleichung ist abermals sehr einfach, da
in ihr weder das Gewicht eines Hebels, noch jenes der Brücke vorkommt. Macht
man aus ihr eine Proportion, so ist P : W = b c . f h . m k : d c . h i . o m; d. h. es verhält
sich wieder die Kraft zur Last, wie die Produkte der Hebelsarme von Seite der Last
zu den Produkten der Hebelsarme von Seite der Kraft.


  • Beispiel. Es sey wieder d c = 5 . b c, h i = 20. f h und o m = 2. m k, so ist W = 200 P,
    folglich steht in diesem Falle ein halbes Pfund mit einem Zentner im Gleich-
    gewichte. Auf dieselbe Art lässt sich auch eine jede andere Verjüngung her-
    stellen.

§. 206.

Bedient man sich endlich einer Wage mit einem Zeiger, so ist die Berech-
nung gerade dieselbe, und unterliegt keiner weitern Schwierigkeit.


Uibrigens ist hier für die Anordnung einer Brückenwage noch zu bemerken, dass
der Hebebaum g g' g'' bei g ein Gewicht zu unterstützen habe, welches
= ist. Beträgt daher W = 200 Zentner, so muss der
Punkt g durch eine Kraft = = 25, 2 Ztr. gehalten werden; das Mauerwerk
muss demnach in g einen eben so grossen Widerstand leisten, welches durch die in Fig. 4
ersichtlichen Schliessen bewirkt wird.


Auf gleiche Art müssen auch die Füsse des Bügels α β γ, durch welchen die Schraube
p t' gegen den Boden herabgedrückt wird, mit einer Kraft am Boden gehalten werden,
[211]Tragbare Brückenwage.
welche = ist; wäre jedoch das Gewicht (B) der Brücke durch ein Gegenge-
wicht am Hebelsarme f h ausgeglichen worden, so beträgt die Kraft bloss .


§. 207.

Wenn bedeutende Lasten auf einer Krämer- oder Schnellwage abgewogen werden,
so ist immer der Nachtheil dabei vorhanden, dass das Auflegen der abzuwägenden Ge-
genstände mit Unbequemlichkeit verbunden ist und das Aufhängen und Aufziehen der
Krämer- oder Schnellwage eigene Gerüste erfordert. Zur Abhülfe dessen sind mehrere
Mechanismen vorgeschlagen worden, wovon einer von dem verstorbenen Mechaniker A.
Quintenz
in Strassburg angegeben, und von seinen Nachfolgern Hrn. Fr. Rolle und Schwilgue
verbessert worden ist. Die hiernach verfertigten Wagen sind unter dem Namen der trag-
baren Brückenwagen
bekannt, und werden immer mehr und mehr von dem Han-
delsstande in Deutschland und Frankreich gebraucht. Man findet sie vorzüglich in der
Schweitz sehr häufig, und ist überall mit der Genauigkeit ihrer Construction und der
Bequemlichkeit, welche sie beim Abwägen gewähren, sehr zufrieden. Uiberdiess werden
diese Wagen zu einem Preise von den Hrn. Rolle und Schwilgue in Strassburg bezogen,
welcher ihre allgemeine Einführung sehr empfiehlt; es dürfte daher den Lesern dieses
Werkes nicht unangenehm seyn, eine genaue Kenntniss von der Construction dieser Wa-
gen, die gegenwärtig in jeder Grösse zum Abwägen aller Gattungen Waaren, so wie zum
Abwägen geladener Wägen, des Schlachtviehes etc. verwendet werden, zu erhalten.


Die Darstellung einer solchen Wage mit einer 4 Fuss 5 Zoll langen, dreieckigen Brü-Fig.
1
bis
20.
Tab.
11.

cke und allem hiezu gehörigen Detail enthält Tab. 11. Sie besteht, wie alle andern Wa-
gen dieser Art, aus einer Brücke, die mittelst einer besonderen Hebelvorrichtung mit
einer Wagschale in Verbindung steht, mittelst welcher die auf der Brücke befindliche
Waare durch Auflegung verjüngter Gewichte gewogen wird. Fig. 1 enthält
die Längenansicht und Fig. 2 den Längendurchschnitt, welcher in der Richtung
A B C D E F des Grundrisses Fig. 3 genommen wurde. Fig. 4 stellt die untere Fläche
der Brücke und Fig. 5 den Durchschnitt derselben in der Richtung G H vor; endlich
enthalten Fig. 6 bis 20 die einzelnen Bestandtheile der Wage im doppelten Maasstabe.


Fig. 1, 2, 3, 4 und 5 zeigen die Brücke a, welche aus einem von starken Pfosten
verfertigten Rahmen besteht, der mit Bretern belegt, und mit Eisenschienen benagelt
ist. Diese Brücke ist im Punkte b (Fig. 2 und 4) mit einem Haken, und in den Punk-
ten c, c' mit zwei Pfannen versehen, welche an einer eisernen, zur Befestigung des Rah-
mens der Brücke unterhalb angebrachten und an demselben in d, d' angeschraubten
Stange d d' befestigt sind. Die Brücke wird an dem einen Ende mittelst des Hakens
b an die Zugstange b e (Fig. 1 und 2) eingehängt, und die am andern Ende derselben
angebrachten Pfannen c, c' werden auf die unterhalb der Brücke am Hebel h c i (Fig. 15
und 16) befestigten scharfen Achsen in c, c' gelegt.


Der Hebel h c i (Fig. 15 und 16) besteht aus zwei Armen, welche an dem einen Ende in den
Punkten i, i' mit der Stange g g' verbunden, und an dem andern Ende bei z z' zusammenge-
schraubt sind. An diesem Hebel h c i kommen drei schneidige Achsen vor, wovon die erste
27 *
[212]Tragbare Brückenwage.
Fig.
1
bis
20.
Tab.
11.
in h, die zweite in c und c' und die dritte am Ende der Verbindungsstange in g, g' (Fig. 16 u. 17)
angebracht ist. Die Achsen g und g' ruhen in den Pfannen (Fig. 18 und 19) und bilden den
Umdrehungspunkt des Hebels h c i; auf den Achsen c, c' liegt die Brücke a, und die
Achse h hängt an der Zugstange h k (Fig. 1 und 2).


Die Zugstangen b e und h k, wovon die erstere die Brücke, und die letztere den He-
bel h c i trägt, hängen an den schneidigen Achsen e und k (Fig. 1 und 2) an den Hebels-
armen o e und o k des Wagebalkens f o k. Der letztere hat nämlich seinen Umdrehungs-
punkt in o und trägt auf der Achse f die Wagschale q r. An demselben Wagebalken ist
in s eine Zunge angebracht, deren Uibereinstimmung mit der gegenüberstehenden festen
Spitze s' den horizontalen Stand des Wagebalkens anzeigt.


Um ausser dem Gebrauche der Wage die Schärfen der Achsen durch die Schwingungen
der Brücke und der Wagschale nicht zu beschädigen, wird der Wagebalken durch den
Hebel t t' t'' (Fig. 1 und 20), an welchem im Punkte t' eine Rolle angebracht ist, ge-
hoben, und dadurch die zwei Achsen bei e und k so weit gelüftet, als es nöthig ist, da-
mit durch das Herabgehen der Stangen e b und k h und des Hebels h c i die Brücke in
den Punkten u und v (Fig. 4) auf kugelförmigen Knöpfen u und v (Fig. 3) und auf dem
Ansatze w (Fig. 2) aufsitze.


Fig. 6 und 7 zeigt die Ansicht und den Durchschnitt des obern Theiles der Zug-
stange k h; dasselbe zeigt Fig. 8 und 9 für die Zugstange e b. Beide Stangen sind un-
ten mit der Brücke und dem Hebel h c i (Fig. 15) durch ein ähnliches Gehänge verbunden,
wie es Fig. 6 und 7 angezeigt ist. Die Ansicht und den Grundriss des Wagebalkens enthält
Fig. 10 und 11; weiters zeigt Fig. 12 und 13 die Ansicht und den Durchschnitt der Unterstüt-
zung der Pfanne, in welcher die Achse o des Wagebalkens ruht. Fig. 14 zeigt sowohl
die Ansicht der Pfanne von vorn, als auch den Durchschnitt des Wagebalkens vor der
Pfanne. Fig. 15 und 16 enthält die Längenansicht und den Grundriss des zweiarmigen
Hebels h c i. Fig. 17 zeigt die untere Ansicht der Verbindungsstange g g', Fig. 18 und
19 endlich den Grundriss und Aufriss der Pfanne.


Die Wage wird so adjustirt, dass die unbelastete Brücke für sich selbst im Gleich-
gewichte ist; wäre diess jedoch nicht der Fall, so muss man vor dem Abwägen einer Waa-
re in die Schale y (Fig. 1, 2 und 3) so viel Gewichte hinein legen, bis der Zeiger s für
die unbelastete Brücke einspielt.


§. 208.

Um das Verhältniss des Gewichtes der Waare W zu dem in der
Fig.
21.
Wagschale aufgelegten Gewichte p zu bestimmen, ist in Fig. 21 die ganze
Wage mit einfachen Linien dargestellt worden. Wir nehmen an, die Waare ruhe auf ir-
gend einem Punkte a der Brücke, das eigenthümliche Gewicht der Brücke mit allen hie-
zu gehörigen Bestandtheilen sey = B, und der Schwerpunkt derselben befinde sich in
dem Punkte m. Die Brücke b n ruht bei n auf dem Punkte c des Hebels h c i, welcher
mit dem Wagebalken durch die Zugstange h k verbunden ist; das vordere Ende der Brü-
cke ruht auf dem Punkte b und ist mit dem Wagebalken durch die Zugstange b e gleich-
falls verbunden; endlich sind o und i die zwei festen Umdrehungspunkte für den Wage-
balken f o k und den untern Hebel h c i.


[213]Tragbare Brückenwage.

Da die Brücke auf den zwei Punkten n und b ruht, so drückt von der Waare
W nach der Lehre vom Hebel auf den Punkt n nur die Last und auf den
Punkt b der Theil (Beide Theile machen zusammen = W).
Eben so drückt von dem eigenthümlichen in m befindlichen Gewichte B der Brücke
auf den Punkt n die Last und auf den Punkt b die Last . (Beide zu-
sammen machen wieder B). Demnach haben wir am Punkte b die Last
, mit welcher die Zugstange b e herabgezogen wird; (I).


Da der Punkt n die Last trägt, und auf den untern Hebel h i im
Punkte c gleich stark drückt, so muss der Endpunkt h dieses Hebels von einer Kraft
unterstützt werden, welche = ist, und eben so stark wird die
Zugstange k h herabgezogen (II).


Wir haben demnach an dem Wagebalken f o k die zwei berechneten Gewichte, die
in e und k herabziehen, und in f das Gewicht der Wagschale sammt Ketten (P) nebst
dem auf dieselbe gelegten Gewichte p, welche einander um den Punkt o Gleichge-
wicht halten müssen; diess gibt sonach:
. Aus dieser
Gleichung ist nun zu ersehen, dass die Construction dieser Wage von den Faktoren
o e und · o k abhängt. Setzen wir dieselben einander gleich, oder o e = · o k (III),
so lassen sich nun die zwei Glieder der Gleichung addiren, und wir erhalten
o e, oder
o e, oder
. (IV.)


In dieser Gleichung erscheint die Entfernung b a und m a nicht mehr; es folgt daher,
dass es gleichgültig sey, in welchem Punkte der Brücke der abzu-
wägende Gegenstand aufgelegt werde
. Diess findet jedoch in dem einzigen
Falle statt, wenn o e = · o k, oder wenn die Hebelsarme sich ver-
halten. Diese Proportion gibt daher die erste Regel für die Construction dieser Wa-
ge an. Wie vielmal nämlich o k in o e enthalten ist, eben so oft muss h i in c i ent-
halten seyn, Wäre z. B. o e = 4 Zoll und o k = 20 Zoll, dann h i = 5 Fuss, so
muss auch c i = = 1 Fuss seyn, wenn die Wage die Eigenschaft haben soll, dass
die Waare in jeden beliebigen Punkt gestellt werden kann.


Bei allen Wagen dieser Art muss das Gewicht der Wagschale (P) mit dem Ge-
wichte der Brücke (B) vollkommen ausgeglichen werden, wie bereits Seite 208 bemerkt
[214]Federwagen.
wurde. Setzen wir daher in der Gleichung IV das Gewicht p = 0, so ist auch
W = 0, und daher substituirt, P . f o = B . o e. (V.)


Wird die Gleichung V von IV abgezogen, so bleibt p . f o = W . o e oder
(VI), d. h. wie vielmal der Hebelsarm o e kleiner ist als f o, eben
so oft wird das Gewicht p in der Wagschale kleiner seyn, als die abzuwägende Waare W.
Macht man daher z. B. den Hebelsarm o e zehnmal kleiner als den Hebelsarm f o, so
zeigt 1 Pfund in der Wagschale genau 10 Pfund auf der Brücke an. Diese Brückenwage
ist daher nichts anders, als eine verjüngte Wage mit ungleichen Hebelsarmen.


§. 209.

Die Federwagen gründen sich auf die Elasticität des Stahles und Eisens, vermö-
ge welcher eine Stahlfeder sich durch einen Druck oder Zug zusammendrücken oder aus-
dehnen lässt, und nachdem die Ursache dieses Druckes zu wirken aufhört, sogleich in die
vorige Lage zurück tritt. Es gibt verschiedene Gattungen Federwagen, wovon Fig. 1, 2 u. 3
Fig.
1
bis
3.
Tab.
12.
jene darstellt, welche man in der Oekonomie beim Abwägen der Heu- und Strohbünde an-
wendet. Den Aufriss derselben enthält Fig. 1, die Seitenansicht Fig. 2 und die Vorrichtung
des Zeigers ist Fig. 3 dargestellt. Diese Wage besteht aus einer Stahlfeder b f e d a, dem Zei-
ger a b c, und einer bei e befestigten Platte m n o c, worauf die Skale verzeichnet ist. Wird
nun die Wage in f befestigt, oder daselbst mit der Hand gehalten und in g eine Waare an-
gehängt, so werden die Punkte f und d der Stahlfeder auseinander gezogen, und dadurch
der Punkt a, wo der Zeiger in einem Charniere befestigt ist, hinab und dagegen die Unterla-
ge des Zeigers bei b, welcher daselbst durch eine Oeffnung r (Fig. 2) im obern Theile der
Stahlfeder geht, hinauf gezogen; die Zahl wo der Zeiger an der Skale stehen bleibt, zeigt
nunmehr das Gewicht der Waare an.


Um die Bewegung des Zeigers a b c zu reguliren, pflegt man in h (Fig. 2) eine
schwache Feder h i r zu befestigen; dieselbe ist bei i spiralförmig gewunden und drückt
bei r (Fig. 1 und 2) auf den Zeiger herab.


Die Eintheilung der Skale dieser Wage geschieht bloss durch Versuche; man hängt
nämlich, wenn die Wage fertig ist, nach und nach die Gewichte von 5, 10 .... ℔ an,
und bemerkt denjenigen Punkt, wo der Zeiger bei einem jeden Gewichte stehen blieb;
dieses Gewicht wird nun zu dem betreffenden Punkte zugeschrieben, und die Zwischen-
räume noch in einzelne Pfunde abgetheilt.


Solche Federwagen werden in der Oekonomie häufig gebraucht, jedoch gehen sie
gewöhnlich nur bis zu 30 Pfund; sie gewähren den Vortheil, dass man mit denselben sehr
schnell abwägen kann, dass die Wage wenig Raum einnimmt, und auch nicht viel kostet.
Der Gebrauch derselben ist jedoch mit den Nachtheilen verbunden, dass man hiemit kei-
ne grosse Genauigkeit erreicht, weil die Abtheilungen in einzelne Pfunde oder halbe
Pfunde zu klein sind, und weil auch die Feder im Sommer anders als im Winter zeigt,
indem dieselbe durch die Kälte härter, durch die Wärme aber weicher wird; auch ver-
liert die Feder mit der Zeit ihre Spannkraft. Man muss daher eine solche Wage zeit-
weise prüfen, indem man bekannte Gewichte anhängt, und nachsieht, ob sie durch die
Wage noch gehörig angezeigt werden.


[215]Kraftmesser.
§. 210.

In der Oekonomie und bei praktischen Versuchen über das Fuhrwesen kommt häufig
die Frage vor, wie gross die Kraft sey, welche die Pferde bei dem Gebrauche eines
neuen Ackergeräthes, Wagens etc. anwenden müssen. In diesem Falle befestigt man an
dem Reihnagel eine Federwage, und an diese erst werden die Zugthiere vorgespannt. Es
ist offenbar, dass sodann das Gewicht, welches durch die Federwage angezeigt wird,
auch die Kraft ausdrücken müsse, welche die Pferde bei ihrem Zuge anwenden. Man
nennt diese Gattung Federwagen, Kraftmesser (Dynamometer), welche wieder auf
verschiedene Art konstruirt sind.


Der Kraftmesser von Regnier in Paris ist Fig. 4 in der vordern Ansicht, Fig. 5 imFig.
4
bis
10.
Tab.
12.

Längendurchschnitte, Fig. 9 in der Seitenansicht, Fig. 10 im Grundrisse und Fig. 6, 7
und 8 in den einzelnen Theilen dargestellt. Er besteht aus einem gebogenen stählernen
Ringe A B C D E F, und einer mit dem Arme A B C D bei K verbundenen messingenen
Scheibe G H I M (Fig. 5), in deren Mittelpunkt der Zeiger b g h angebracht ist, welcher
mit seiner Spitze an der Skale das Maass der Kraft andeutet, die zum Zusammendrü-
cken oder Ausdehnen des Ringes angewendet wurde. Die Stütze a c ist um den Punkt
a beweglich, und mit dem Winkelhebel c d e verbunden, welcher sich um den Punkt d
dreht, und an dessen Ende in e (Fig. 5, 9 und 10) ein Stift befestigt ist. Werden die
Arme B C und F E der Feder gegen einander gedrückt, so wird auch der Punkt d (Fig. 5)
dem a näher gebracht, die Stütze a c dreht also den Winkelhebel c d e, welcher mit-
telst des Stiftes bei e den Zeiger b g fortschiebt und ihn zu der Zahl an der Skale
g k stellt, welche dem angewandten Drucke entspricht. Bei f ist unterhalb dem Zei-
ger ein Tuchlappen angebracht, durch dessen Reibung auf der messingenen Scheibe
G H I M der Zeiger an demjenigen Orte stehen bleibt, wohin er durch den Stift e verscho-
ben wurde; der Zeiger geht sonach bei dem Aufhören des Druckes nicht mehr zurück,
und zeigt bloss die grösste Kraft an, welche bei dem Gebrauche der Federwage an-
gewendet wurde.


Fig. 6 ist die Seitenansicht des Winkelhebels c d e, welcher sich um die Achse o o'
dreht und bei c durch ein Charnier mit c a (Fig. 5) verbunden ist. Fig. 7 und 8 stellt die Längen-
und Seitenansicht einer kleinen Platte vor, welche rückwärts am Kraftmesser angeschraubt
ist, und in q das Lager für o trägt: das Lager für o' befindet sich in der Schraube p,
welche sammt dem übrigen Detail in der Seitenansicht Fig. 9 und dem Grundrisse Fig. 10
ersichtlich ist. Die vordere messingene Scheibe L L' K (Fig. 4) wird in L und L' an die
hintere (Fig. 5) G H I M angeschraubt.


Dieser Dynamometer wird auf zweifache Art gebraucht, indem man entweder B C ge-Fig.
4.

gen F E mit beiden Händen zusammendrückt und sonach die grösste Kraft des
Händedruckes
findet, oder indem derselbe bei A und D auseinander gezogenFig.
5.

wird, wodurch sich abermals B C und F E nähern. Weil aber hiezu eine grössere
Kraft erfordert wird, so ist eine zweite Skale h i ober der vorigen angebracht, und der
Zeiger mit einer zweiten Spitze h versehen. Die untere Skale g k wird demnach nur im
ersten Falle, wo man die Kraft des Händedruckes sucht, gebraucht.


[216]Kraftmesser.

Will man mit diesem Instrumente die Kraft bei einem Pferdezuge messen, so werden
bei A und D zwei eiserne Ringe von der Form eingelegt, welche Fig. 11 in der vordern
Ansicht und Fig. 12 im Grundrisse dargestellt ist. Dieses Einlegen geschieht durch die
Eröffnung des Theiles c d, welcher in seiner Lage durch die Feder a b c festgehalten wird
und dadurch, wenn er geschlossen ist, das Herausfallen dieses Ringes aus dem Dyna-
Fig.
15.
Tab.
12.
mometer bei A und D verhindert. Nunmehr werden, wie es Fig. 15 dargestellt ist, an einem
Ringe die Wage für die Pferde und an dem andern der Wagen angehängt; es zeigt
daher der Zeiger an der äussern Skale h i die bei dem Zuge ausgeübte grösste Kraft der
Pferde.


Will man die Last suchen, welche ein Mensch mit seinen beiden Armen zu heben im
Fig.
13.
Stande ist, so wird die gezähnte eiserne Stange A B (Fig. 13) angewendet, welche unten mit
einem Quereisen C D verbunden ist, worauf man die Füsse setzt. Hierauf wird das eine Ende
Fig.
14.
A des Kraftmessers in einen Zahn, sodann der Haken A an der Handhabe B C (Fig. 14)
an dem andern Ende D des Kraftmessers eingehängt, und nun mit beiden Händen ange-
Fig.
16.
zogen wie Fig. 16 zeigt. Der Punkt, wo der Zeiger in der äussern Skale h i stehen bleibt,
zeigt die angewandte grösste Kraft der Hände.


§. 211.

Gegen diese Wage ist zu bemerken, dass sie bei der angegebenen Einrichtung in je-
dem Falle nur die grösste Kraft anzeigt, welche bei dem Gebrauche derselben von
den Menschen oder Zugthieren ausgeübt wurde. Wenn man jedoch die mittlere
Kraft
bestimmen will, so muss der Arm d e wegbleiben und der Hebel c d unmittelbar
in b angebracht werden. Da der Winkelhebel c d g nunmehr nach Verhältniss der ange-
wandten Kraft vor- und rückwärts geht, so muss man nach seinen Schwingungen den
mittlern Stand des Zeigers beurtheilen und erhält auf diese Art die mittlere Kraft.


§. 212.

In diesem Falle hat die Wage den Nachtheil, dass es sehr schwer fällt, die mitt-
lere Kraft
zu beobachten, indem der Zeiger gewöhnlich äusserst schnell hin und
Fig.
17,
18
und
19.
her geht. Zur Abhülfe hievon dient die Einrichtung des Kraftmessers, welcher Fig. 17
in der obern Ansicht, Fig. 18 im Durchschnitte nach seiner Fläche, und Fig. 19 im
Querdurchschnitte nach der Linie M N O P gezeichnet ist. Derselbe besteht aus einer elyp-
tischen, hinlänglich starken Stahlfeder A B C D, wovon die längere Achse A C gewöhn-
lich 8 bis 10 und die kürzere B D, 6 bis 8 Zoll misst. An den Punkten B und D sind
die Haken für die Zugkraft befestigt. An der innern Seite des Ringes befinden sich
die um b und d beweglichen Zugstangen b f und d e, welche mit der Achse g durch
die Hebel f g und e g verbunden sind. Auf dieser Achse ist der Zeiger g h aufge-
steckt. Wird nun der Ring bei B und D auseinander gezogen, so wird durch die Zug-
stangen b f und d e mittelst der Hebel f g und g e der Zeiger gedreht, und hiedurch die
angewandte Kraft an der Skale angezeigt.


Um die zu grosse Beweglichkeit des Zeigers zu verhindern, ist die Achse g mit
dem am Umfange gezähnten Segmente l m n verbunden, welches in das Getriebe n o ein-
greift, hiedurch das Rad p q und weiters das Getriebe q r und die Windflügel s t sehr
schnell umdreht. Der Widerstand, welchen die letztern bei ihrer Bewegung in der
[217]Preiswage.
Luft finden, verursacht, dass die vor- und rückgehende Bewegung des Zeigers g h auf
einen geringern Spielraum beschränkt wird, woraus nun der mittlere Stand des
Zeigers mit grösserer Sicherheit beurtheilt werden kann.


Ber Bogen h i k der Skale ist, wie man aus den Figuren ersieht, auf der Platte
E F G H befestigt, in welcher zugleich die Achsen der gesammten Getriebe und Räder
sich bewegen. Diese Platte ist an dem Ende G H an dem stählernen Ringe bei C fest-
gemacht; weil aber der Ring bei dem Gebrauche der Federwage sich zusammenzieht,
so ist das obere Ende E F der Platte E F G H nur mit einem über den Ring herab ge-
henden Stifte A i in der Art verbunden, dass für das Zusammenziehen des Ringes der
Spielraum u v frei bleibt.


§. 213.

Es gibt noch eine Wage, welche nebst dem Gewichte zugleich auchFig.
20.
Tab.
12.

den Preis der Waare anzeigt, wenn der Preis der Einheit, z. B. eines Pfun-
des dieser Waare bekannt ist. Sie besteht aus zwei gleich langen Armen, die beider-
seits in gleiche Theile eingetheilt sind, und an deren einem Arme ein bewegliches
Laufgewicht verschoben wird, welches das Gewicht der Einheit, sonach im angeführ-
ten Beispiele ein Pfund seyn muss.


Der Gebrauch dieser Wage ist folgender: Man wollte die Waare W wiegen, wo-
von ein Pfund z. B. drei Gulden kostet, so schiebe man sie bis auf die dritte Abtheilung
c, und käme hiebei anderseits das Laufgewicht auf die fünfte Abtheilung b zu stehen,
so muss auch die Waare 5 Gulden kosten. Es ist nämlich W . a c = P . a b, woraus
W = . Nun kostet ein Pfund dieser Waare 3 Gulden oder allgemein K, es werden
daher W Pfunde x . Gulden = kosten. Hierin hebt sich K und a c gegen ein-
ander auf, da K = 3 Gulden und a c drei Abtheilungen ist; ferner ist, wie wir schon erin-
nerten, P = 1 ℔, folglich bleibt ; d. h. so viele Abtheilungen als a b enthält,
so viel kostet die Waare W.


Indessen ist es ungemein schwierig, eine solche Wage mit Vortheil einzurichten,
da die Arme derselben sehr lang, folglich sehr schwer, und daher unempfindlich wür-
den. Man müsste nämlich bei einer guten Einrichtung nicht nur für jeden Gulden,
sondern für jeden Theil des Preises, z. B. für jeden Kreutzer, dann eben so für jedes
Loth oder für noch kleinere Theile die Eintheilung machen, wodurch die Wage offen-
bar zu lang würde.


Gerstners Mechanik. Band I. 28
[218]Pferdegöpel.

C. Göpel.


§. 214.

Um Wasser aus Brunnen oder Erze aus kleinern Tiefen zu ziehen, bedient man
sich eines Haspels, wovon bereits §. 87 gesprochen wurde. Sind jedoch Erze aus be-
trächtlichern Tiefen in grosser Quantität zu Tage zu fördern, so gebraucht man hiezu
eine Winde, Göpel oder Gapel genannt, die gewöhnlich durch Pferde bewegt wird
und aus folgenden Theilen besteht:


Fig.
1.
Tab.
14.
  • 1tens. Aus einem grossen Cylinder A B C D, um welchen das Seil, woran die Last
    hängt, auf- und abgewunden wird. Da aber ein massiver Cylinder von so grosser
    Peripherie an und für sich zu schwer, und nicht leicht anzufertigen wäre, so
    bedient man sich eines Korbes (Treibkorbes), der aus drei Scheiben (Radkrän-
    zen) besteht, die mit abgerundeten Holzstücken (Kreutz- und Schlaghölzern)
    beschlagen werden, worauf sich das Seil windet.
  • 2tens. Dieser Cylinder ist an einer stehenden Welle (Spindelbaum) befestigt, die
    durch einen oder mehrere Hebel (Kreutz- oder Schwengbäume) mittelst der hier-
    an wirkenden Pferdekraft bewegt wird.
  • 3tens. Der Treibkorb ist in zwei Theile abgetheilt. Sowohl um die obere als um
    die untere Hälfte läuft ein besonderes Seil, wovon wechselweise das eine zum
    Heraufziehen der vollen Tonne, und das andere gleichzeitig zum Herablassen der
    leeren Tonne (oder des Treibsackes) dient. Diess hat den Zweck sowohl den
    Zug zu erleichtern, als auch das Treiben zu befördern.
  • 4tens. Um den horizontalen Zug der Pferde in den senkrechten Hub der Last zu
    verwandeln, läuft ein jedes Seil über eine Rolle E, E in den Schacht hinun-
    ter. Diese Rollen stehen immer um die halbe Höhe des Treibkorbes über
    einander.

Wenn nun die an die Docken der Kreutzbäume gespannten Pferde den Treibkorb
bewegen, so wird das Seil mit der angefüllten Tonne auf den Treibkorb gewunden,
während das andere Seil sich abwindet, mit der leeren Tonne herunter geht, und
so der zu hebenden Last zu Hülfe kommt. Ist die volle Tonne heraufgezogen, so wird
sie über der Hängebank ausgestürzt, und die Pferde werden in entgegengesetzter Rich-
tung um den Reihnagel gewendet, um dadurch die andere, inzwischen unten (am Füll-
orte
) angefüllte Tonne hinauf, und die oben ausgeleerte hinabzutreiben. Auf diese Art
bleibt die Maschine durch die Zeit einer Schicht, welche gewöhnlich 8 Stunden be-
trägt, ununterbrochen im Gange.


Der Treibkorb steht gewöhnlich unter einem auf der Erde ruhenden, konischen,
von Holz errichteten Dache, (welches eigentlich Gapel genannt wird) um hiedurch
gegen die Einwirkungen der Witterung gesichert zu seyn.


[219]Pferdegöpel.
§. 215.

Werden auf diese Art Lasten aus einer unbeträchtlichen Tiefe gezogen, so geht
die Maschine mit ziemlich gleichförmigen Gange fort. Ist aber die Tiefe des Füllor-
tes grösser z. B. 100 oder 150 Klafter, so tritt ein Umstand ein, welcher die Ar-
beit der Pferde ausserordentlich erschwert. Da nämlich bei jedem Zuge eine bedeu-
tende Last (in Schemnitz 6 bis 9 Zentner Erz) in die Höhe gehoben wird, so sind
hiezu sehr starke, folglich schwere Zugseile erforderlich. Das Gewicht der-
selben verursacht nunmehr eine neue Last, welche die Pferde ebenfalls zu überwälti-
gen haben.


Die nöthige Stärke und Schwere der Seile kann für jeden Fall nur aus Erfah-
rungen bestimmt werden, wovon wir folgende, von dem Schemnitzer Bergbaue entlehnte
anführen:


Nach Poda »Beschreibung der bei dem Bergbaue zu Schemnitz in Niederhungarn
errichteten Maschinen, Prag 1771« Seite 2, wiegt das 206 Lachter *) lange Grubenseil
beim Siegelsberger Schachte, im nassen Zustande 2884 und im trockenen 2060 Pfund,
demnach eine Lachter des nassen Seiles 14 Pfund, und eine Lachter des trockenen
10 Pfund. Der Durchmesser dieses Seiles beträgt 2¼ bis 2½ Zoll und die in den Treibsack
geladene Last 9 Zentner.


Nach Delius »Anleitung zur Bergbaukunst, Wien 1773« Seite 272, wiegt die Lachter
eines Treibseiles, dessen Durchmesser 2¼ bis 2½ Zoll ist, 10 bis 11 Pfund.


Derselbe führt Seite 274 an, dass ein 150 Lachter langes Seil, wenn es trocken ist,
16 Zentner 50 ℔, folglich eine Lachter 11 ℔ wiegt. Die an diesem Seile befindliche Last
besteht in einem Treibsacke von 66 ℔ mit einer Schurzkette von 72 ℔, worin 9 Zentner
Erze befindlich sind.


Nehmen wir diesen Erfahrungen zu Folge das Gewicht einer Lachter Seil zu 10 ℔ an,
so wird schon bei einer Tiefe von 90 Lachtern das Gewicht des Seiles eben so viel betra-
gen, als das Gewicht der Erze in der Tonne (9 Zentner). Ist aber die Tiefe grösser
z. B. 150 Lachter, so wiegt das Seil 15 Zentner, die Last aber nur 9 Zentner, folglich ist
das Seil weit schwerer als die Last.


Da sich die Gewichte der Tonnen beiderseits fortwährend ausgleichen, so haben die
Pferde zu Anfange des Treibens nebst der Ladung noch das Gewicht des ganzen Seiles
zu ziehen. Je höher die Last steigt, desto kleiner wird das Gewicht des Zugseiles
(woran die Last hängt), und desto mehr wickelt sich vom Gegenseile (welches mit der
leeren Tonne herabgeht) ab; die Kraft wird daher in doppelter Hinsicht geringer. Auf
diese Art wird der Widerstand immer kleiner, bis er auf derjenigen Höhe = 0 wird, wo
das Gewicht des abgewundenen Gegenseils eben so viel als das Gewicht der Ladung und
des Zugseiles beträgt. Hierauf wird der Widerstand negativ, indem das Gewicht der
Ladung und des Zugseiles kleiner als das Gewicht des abgewundenen Seiles ist; die Ma-
schine würde daher durch die Uiberwucht des herabgehenden Seiles ihren Gang mit be-
28 *
[220]Pferdegöpel.
schleunigter Bewegung fortsetzen. Um diess zu verhüten, müssen die Pferde anhalten,
statt zu ziehen, und da dieses Zurückhalten beschwerlich ist, und zuletzt ganz un-
möglich werden kann, so wird von dem Augenblicke, wo das Gewicht des Gegenseiles
grösser zu werden anfängt als das Gewicht des Zugseiles sammt der Ladung, ein neuer Wi-
derstand dadurch gebildet, dass man den sogenannten Schlepphund oder Gapelhund an
den Kreutzbaum anhängt. Dieser Schlepphund besteht aus zwei oder mehreren zusammen-
gefügten runden Bäumen, welche mit Steinen so stark beschwert werden, bis sie durch
ihre Reibung am Boden der grössern Kraft, die durch die Uiberwucht des Gegenseiles ent-
steht, das gehörige Gleichgewicht zu halten im Stande sind.


Hieraus ergibt sich nun, welche Schwierigkeiten durch das Gewicht des Seiles entste-
hen, indem die Kraft vom Anfange das ganze Gewicht desselben zu ziehen hat, hierauf
der Widerstand immer kleiner wird, folglich ein Theil der vorhandenen Kraft unbenützt
bleibt; dann aber die Pferde das für den Zweck des Heraufziehens unnütze Gewicht des
Schlepphundes fortziehen müssen. Das Letztere fällt ihnen im ersten Augenblicke dess-
halb sehr schwer, da es so gross seyn muss, als nöthig ist, um der bedeutenden Kraft,
womit die Pferde zu Ende des Zuges anhalten müssen, das Gleichgewicht zu halten.


§. 216.

Ein Beispiel wird das bisher Angeführte deutlicher erklären: Auf dem Siegelsberge
bei Schemnitz ist die Teufe des senkrechten oder seigeren Schachtes 150 Lachter. Eine
Lachter des hiebei angewandten Treibseiles wiegt 10 ℔, und hiemit wird bei jedem Zuge
eine Last von 9 Laufpaaren oder 9 Zentnern zu Tage gefördert. Da sich nun die beider-
seitigen Tonnen in jedem Falle ausgleichen, so hat die Kraft nebst dem Gewichte der
Ladung (9 Zentner) zugleich auch das Gewicht des 150 Lachter langen Seiles (15 Zentner),
den Widerstand der Reibung und die Unbiegsamkeit der Seile (welche beiläufig auf
zwei Zentner angeschlagen werden), daher 26 Zentner zu ziehen. Diess findet jedoch nur
bei dem Anfange des Zuges statt, da diese Last mit der Höhe abnimmt. Wenn nämlich der
Treibsack oder die volle Tonne die Höhe der ersten zehn Lachter erreicht hat, so ist das
Zugseil um 1 Zentner leichter, da sich 10 Lachter desselben um den Treibkorb aufgewun-
den haben; und da ferner die leere Tonne während derselben Zeit auf die Tiefe von 10
Lachtern herabging, so beträgt das Gewicht dieses Gegenseiles, welches sich vom Treib-
korbe abgewunden hat, und der Kraft zu Hülfe kommt, auch 1 Zentner; die ganze Ver-
minderung des Widerstandes macht sonach auf der Höhe von 10 Lachtern schon 2 Zent-
ner, demnach hat die Kraft nicht mehr 26 Zentner wie vom Anfange, sondern bloss
24 Zentner zu gewältigen.


Ist die Last auf die Höhe von 20 Lachtern über den Füllort gestiegen, so ist das
Zugseil um 2 Zentner leichter, und das Gegenseil um eben so viel schwerer, der Wi-
derstand ist daher um 4 Zentner kleiner als vom Anfange, und beträgt bloss 22 Zent-
ner. Die weitere Abnahme ist aus folgender Tabelle zu ersehen:


[221]Pferdegöpel.

In dieser Tabelle verdient besonders bemerkt zu werden:


  • 1tens. Bei dem Anfange des Treibens hätten die Pferde bloss die Last (9 Zentner)
    sammt der Reibung (2 Zentner), zusammen 11 Ztr. zu ziehen, wenn das Seil kein
    Gewicht hätte. Weil dasselbe jedoch 15 Zentner wiegt, und die Pferde vom An-
    fange 26 Zentner ziehen müssen, so ergibt sich, dass mehr als eine doppelte Kraft
    erfordert wird, um die Maschine anfangs in Bewegung zu setzen.
  • 2tens. Wenn die Treibsäcke oder Tonnen sich begegnen, welches auf der halben
    Höhe bei 75 Lachtern geschieht, so ist das noch übrige Zugseil eben so schwer
    als das hineingegangene Gegenseil, folglich hat die angebrachte Kraft nur das Ge-
    wicht des Erzes in der Tonne (9 Zentner) und die Reibung (2 Ztr.), also zusam-
    men 11 Ztr. zu ziehen.
  • 3tens. Wenn der volle Treibsack auf der Höhe bei 130 Lachtern anlangt, so wiegt
    das noch übrige 20 Lachter lange Zugseil nur 2 Ztr., folglich beträgt die Last
    [222]Pferdegöpel.
    sammt Zugseil und Reibung 13 Zentner. Weil aber das 130 Lachter lange Gegen-
    seil auch 13 Ztr. wiegt, so haben die Pferde gar nichts mehr zu ziehen. Von die-
    sem Augenblicke muss nun der Schlepphund angehängt werden.
  • 4tens. Kommt endlich der volle Treibsack über der Hängebank an, oder hat er sei-
    nen höchsten Stand erreicht, so beträgt das Gewicht des Erzes sammt dem Wi-
    derstande der Reibung nur 11 Zentner, des 150 Lachter langen Gegenseiles aber
    15 Zentner, folglich ist von der Seite des hineingegangenen leeren Treibsackes eine
    Uiberwucht von 4 Zentnern vorhanden, welche entweder durch Anhalten der Zug-
    pferde, oder durch Anhängen des Göpelhundes, oder auf andere Art aufgehalten
    werden muss.

Der Durchmesser des aufrechtstehenden Treibkorbes ist bei der Siegelsberger Ma-
schine 3 Lachter, und der Durchmesser der Laufbahn der Zugpferde, oder die Länge der
Kreutzbäume, woran die Pferde gespannt werden, ist 6 Lachter; demnach haben die
Pferde nur die Hälfte des gesammten Widerstandes, folglich zu Anfange des Treibens
statt 9/2 Zentner, welche dem eingeladenen Erze zukommen, wirklich eine Last von
26/2 = 13 Zentnern zu ziehen, wovon 15/2 Zentner dem Seile und 2/2 Zentner dem Wider-
stande der Reibung zukommen.


Da nun bekannt ist, dass 9/2 oder 4,5 Zentner Last in einem gleichförmigen Zuge von
4 Pferden gezogen werden können, wogegen zum Ziehen der ausgewiesenen 13 Zent-
ner auf dem Siegelsberge 8 Pferde gebraucht werden, welche hiebei noch mit vieler
Anstrengung arbeiten müssen, so erhellet, wie wichtig für die Bergökonomie und für alle
ähnlichen Fälle die Angabe einer Vorrichtung sey, wodurch dieses bedeutende Hinder-
niss gehoben, und den Zugpferden nebst dem wenig bedeutenden Reibungswiderstande
nur allein die Last des heraufzuziehenden Erzes aufgebürdet, die Last
der Seile und Treibsäcke hingegen beständig unter einander ausgeglichen wird.


§. 217.

Zu diesem Zwecke sind bereits seit längerer Zeit mehrere Vorschläge von den Kunst-
meistern angegeben und versucht worden. Da der Unterschied für die Zugkraft nur daher
rührt, weil zu Anfange des Treibens an der einen Seite die Last der Erze sammt der Tonne
und dem ganzen Zugseile zu heben ist, dagegen von der andern Seite nur die leere Ton-
ne das Gegengewicht ausmacht, so hat man vorgeschlagen, an dem Boden einer jeden
Tonne noch ein Seil zu befestigen, welches gleich anfangs als Gegenseil das Zugseil mit
der beladenen Tonne aufwiegt, und eben so am Ende die beladene Tonne, wenn sie über
der Hängebank angelangt ist, mit dem Gewichte des am Boden derselben angehäng-
ten Seiles vermehrt und dadurch dem Gegenseile, welches mit der leeren Tonne herab-
geht, das Gleichgewicht hält. Auf solche Art wird nun bewirkt, dass nebst der Last
fortwährend auf jeder Seite sowohl die Tonne, als ein Seil von der ganzen Tiefe des
Schachtes hängt, welches sich daher immer ausgleicht und verursacht, dass die Pferde
bloss die Last in der Tonne nebst dem Reibungswiderstande zu gewältigen haben. Hie-
bei entsteht jedoch der Nachtheil, dass man noch zwei Seile anzuschaffen hat, und
[223]Pferdegöpel.
dass überdiess die Reibung durch das Gewicht dieser beiden Seile bedeutend vermehrt,
folglich der Widerstand vergrössert wird.


Eine vorzüglichere Einrichtung besteht darin, dem Korbe statt der Form eines Cy-
linders jene zweier abgestutzten Kegel zu geben, wobei das Zugseil sammt der daran hän-
genden Last zu Anfange des Treibens auf den kleinsten Halbmesser aufgewunden, und
das Gegenseil mit der leeren Tonne vom grössten Halbmesser abgewunden wird.
Durch den kleinern Halbmesser wird der Widerstand der Last für die Kraft der Pferde
vermindert, und dagegen durch den grössern Halbmesser die Wirkung des hineingehen-
den Seiles sammt der leeren Tonne vergrössert. Am Ende des Treibens, wenn die bela-
dene Tonne oben anlangt, befindet sich die Last zwar an dem grössten, jedoch das hin-
eingehende Gegenseil an dem kleinsten Halbmesser, und es unterliegt keiner Schwierig-
keit, den grössten und kleinsten Halbmesser so zu bestimmen, dass die Zugpferde in bei-
den Fällen nur die Ladung in der Tonne (sammt dem Widerstande der Reibung) zu zie-
hen haben, und sich demnach das Gewicht der Zugseile und der leeren Tonnen ausgleicht.


Nebst diesen beiden sind noch andere künstlichere Mechanismen angegeben und ver-
sucht, aber alle wieder abgebaut und die gewöhnlichen cylindrischen Treibkörbe aber-
mals eingeführt worden *), weil diese Erfindungen ihrem Zwecke nur unvollkommen ent-
sprochen haben, mehrere Seilbrüche und Reparaturen vorgefallen, und dabei viele Gö-
pelpferde zu Grunde gegangen sind. Nur bei den Treibmaschinen mit Wasser sind die
konischen Treibkörbe in der Anwendung geblieben, wodurch die beabsichtigte Ausglei-
chung zwar nicht ganz, aber doch so weit bewirkt wurde, dass die noch übrigen Ungleich-
heiten theils durch die Abstellung des Aufschlagwassers, theils auch durch die Bremse
(nämlich bei der eintretenden Uiberwucht) leicht behoben werden konnten. Diese Bei-
behaltung ist hauptsächlich dem Umstande zuzuschreiben, weil diese Spiralkörbe auf der
Welle des Wasserrades eine horizontale Lage haben und desshalb keiner Seilleitung bedürfen.


Aus den Bemerkungen, welche Poda, Delius, Breitenheim u. a. über die Versuche
mit aufrecht stehenden Spiralkörben hinterlassen haben, geht nämlich hervor, dass die vor-
gefallenen Seilbrüche und andere Unglücksfälle nur dem Mangel einer verlässigen Seillei-
tung zuzuschreiben waren, weil die Seile nicht in den vorgeschriebenen Gewinden blie-
ben, sondern von ihrer Schwere herabgezogen, über einander gelaufen sind, worauf ein
Herabfallen des Oberseiles und der beladenen Tonne im Schachte erfolgte.


§. 218.

In der im Jahre 1816 zu Prag erschienenen „Abhandlung über die Spiralli-
nie der Treibmaschinen und einige dazu gehörige Verbesserungen
von Franz Ritter von Gerstner, k. k. Professor und Director
etc.“ ist
dieser Gegenstand mit aller erforderlichen Ausführlichkeit behandelt, und zugleich sind die
Mittel angegeben worden, wodurch den vorher gerügten Nachtheilen bei den bisher im Ge-
brauche befindlichen Göpeln abgeholfen wurde. In dieser Abhandlung ist nicht nur eine voll-
kommen sichere Seilleitung angegeben, sondern auch die nöthige Grösse der Halb-
[224]Pferdegöpel.
messer der Spiralwindungen sowohl für den Anfang und das Ende, als für ihre
dazwischen liegenden mittlern Gewinde durch Rechnung bestimmt, und ferner auch noch
der Gebrauch eiserner Ketten statt der bisher üblichen hanfenen Seile in Ausfüh-
rung gebracht worden. Nach diesen Grundsätzen wurde bereits im Jahre 1793 auf den
Herrschaft Pürglitzer Eisenwerken in Böhmen auf dem Berge Krussna Hora ein Pfer-
degöpel für eine Ladung von 15 Zentnern Erz in die Tonne gebaut, und derselbe ununter-
brochen und ohne einem nachtheiligen Unfalle zur Erzförderung bis zum Jahre 1824
verwendet, wo nämlich der nächst der Mündung des Stollens angelegte neue Hoch-
ofen in Gang gesetzt, folglich die Erze durch den Stollen herausgefahren, und der Gö-
pel überflüssig wurde.


Fig.
1.
Tab.
13.

Die Darstellung dieses auf Krussna Hora erbauten Göpels mit allem nöthigen Detail
enthält Tab. 13. Der Haupttheil desselben ist der Spiralkorb A, welcher Fig. 3 im
Durchschnitte und Fig. 4 in der untern Ansicht abgebildet ist. Um die Welle her-
um läuft oben und unten ein Spiralgewinde, dessen Höhe durch die Anzahl der Win-
dungen und Dicke der Kette oder des Seiles, und dessen Länge durch die Tiefe des
Schachtes bestimmt wird. Der Korb besteht aus einem Gerippe von weichen 4/6 zölligen
(d. i. 4″ breiten und 6″ hohen) Holze a, a …, welches oben und unten durch Kreutz-
arme und einen aus Pfosten nach Art der Radkränze verfertigten Kranz verbunden wird.
Zwischen diesem Gerippe befinden sich nämlich oben und in der Mitte des Korbes 4, un-
ten aber 6 Kreutzarme b', b'' welche an die viereckig abgezimmerte Welle genau anschlies-
sen, und dadurch die Verbindung der Welle mit dem Korbe hauptsächlich bewirken. Die
untern Kreutzarme b'' (Fig. 3) sind desshalb stärker, weil sie zugleich den Radkränzen für die
Bremse als Hebelsarme dienen, folglich der grössten Belastung der Maschine Widerstand lei-
sten müssen. Auf diesen untern Kreutzarmen b'' ist nun die erste Spiralwindung aus 2½
Zoll starken Pfosten mit der erforderlichen Steigung befestigt; und darauf sind schwache
Breter genagelt, welche die Scheidewand zwischen dem ersten und zweiten Spiralge-
winde bilden. Auf gleiche Art sind die folgenden Spiralwindungen, deren Durchmes-
ser nach Vorschrift der Rechnung immer kleiner wird, auf einander genagelt. In
der Mitte des Korbes ist ein cylinderförmiger Theil B zum Aufwinden der leeren Ket-
ten, wenn aus verschiedenen Seigerteufen gefördert wird. Von diesem Cylinder aus
gehen die Gewinde in derselben Grösse und auf dieselbe Art wie unten in die Höhe. Oben
wird noch ein Gewinde c aufgesetzt, welches der Seilleitung als Schraubengewinde dient.
Das Ganze ist durch die stehenden Hölzer a, a . . . . unten und oben gebunden und
durch Keile zusammengekeilt, wodurch sowohl die Windungen der Kränze unter ein-
ander, als auch mit der Welle und dem Schwengbaume um so vollkommener befe-
stigt werden.


An dem Wellbaume, welcher innerhalb des Korbes viereckig abgezimmert ist, sind
an den 4 Seitenflächen unmittelbar unter dem Korbe 4 hölzerne Ansatzstücke d, d ange-
nagelt. Unter diesen Ansätzen ist der Wellbaum achteckig abgezimmert, und von jeder
dieser Seitenflächen geht eine Strebe C (Fig. 1) gegen den untern Radkranz des Korbes.
Mittelst dieser 4 Ansatzstücke und 8 Streben wird der Korb in einer unverrückbaren Lage
auf der Welle erhalten.


[225]Pferdegöpel.
§. 219.

Durch die Mitte des Korbes und der Welle geht in schiefer Richtung der Schweng-Fig.
1
bis
3.
Tab.
13.

baum D; er hat eine Länge von 6½ Klaftern, ist am obern Ende 14 Zoll und unten 11 Zoll
stark, hat dort, wo er in den untern Radkranz des Korbes eingreift, beinahe die gleiche
Stärke wie die Welle, und wird ebenfalls von den beiden Kreutzarmen eingeschlossen. In der
Welle ist eine schiefe Oeffnung E (Fig. 3) angebracht, und der Schwengbaum auf ihre Stärke
zapfenförmig eingeschnitten; von da geht er mit gleicher Stärke bis zu dem obern Rad-
kranze, mit dem er abermals in einem Einschnitte fest verbunden ist. Der Schweng-
baum wird durch die Strebe F unterstützt, und an seinem untern Ende ist eine horizontale
Scheibe angebracht, durch welche der Reihnagel geht; diese Scheibe dient dazu, die
Deichsel, woran die Pferde angespannt sind, in horizontaler Lage zu erhalten. An dem
rückwärtigen Ende der Deichsel ist eine Pfoste befestigt, welche zum Sitze für den
Treibknecht und zugleich der Deichsel zum Gegengewichte dient. Die Entfernung des
Reihnagels von der Achse der Welle oder der Hebelsarm des Pferdeumlaufes beträgt 24
Fuss. An dem Ende des Schwengbaumes ist sowohl von der einen, als von der andern
Seite eine Haltstange oder Setzholz e (Fig. 1 und 2) angebracht, das am untern
Ende mit einer zweifachen eisernen Spitze versehen ist, den Pferden nachgeschleppt
wird, und zum Anhalten des Göpels in jeder Stelle dient.


§. 220.

Die Zapfenvorrichtung für den stehenden Wellbaum ist auf dieselbe Art einge-Fig.
1, 8, 9
und
10.

richtet, wie sie von dem Maschinendirektor Mende in Freiberg bei dem Pferdegöpel am
Muldenberge angegeben wurde. Zur Unterstützung des Zapfens dient nämlich ein Stock
G (Fig. 1), welcher auf einem untermauerten Zimmerwerke sitzt, und von 4 Seiten
mit Streben H unterstützt ist. Dieser Stock ist 6 Zoll unter seinem obern Ende mit einer
eben so grossen horizontalen Oeffnung durchgeschlagen, die für 2 einander entgegenste-
hende Stellkeile f, f bestimmt ist. In der Mitte desselben ist von oben herab eben-
falls eine 6 Zoll weite viereckigte Oeffnung ausgehauen, welche zur Aufnahme des eisernen
Kästchens mit der Pfanne für das Zapfenlager dient, und bis auf die Stellkeile herabgeht.
Dieses Kästchen ist Fig. 10 im 4fachen Maasse im Grundrisse und Fig. 8 im Durchschnitte
dargestellt. Man setzt es in die Oeffnung im Klotze G (Fig. 1) und gibt in dasselbe eine
Mischung aus trockenem Sand und Thon, und hierauf erst die viereckigte Pfanne hinein.
Diese weiche Unterlage dient, damit die Pfanne mit ihrer Spur genau die für den Zapfen
angemessene Stellung einnehmen könne und aller Spielraum beseitigt werde.


Der gusseiserne Bläuel, dessen Durchschnitt Fig. 8 und Ansicht Fig. 9 im 4fachen
Maasse enthält, ist stärker als gewöhnlich; in die Warze g desselben ist nämlich eine
4eckigte, nach oben verjüngt zulaufende Oeffnung eingegossen, in welche der aus
Glockenmetall verfertigte Stift h eingesetzt wird. Damit die bedeutende Last die
Warze nicht auseinander treibe, werden zwei rothglühende starke Ringe an dieselbe, an-
getrieben, welche nunmehr nach erfolgter Abkühlung sehr fest anschliessen und sie zu-
sammenhalten. Das 4eckigte Kästchen (Fig. 8 und 10), in welchem der Zapfen steht,
Gerstners Mechanik. Band I. 29
[226]Pferdegöpel.
Fig.
1
und
9.
Tab.
13.
ist ganz mit Oehl übergossen, wodurch also nicht nur die Reibung vermindert, sondern
auch für eine längere Dauer des Zapfens und der Pfanne gesorgt wird.


Wenn aber der Zapfen oder die Pfanne nach mehreren Jahren bedeutend ausgelau-
fen ist, so werden auf den Klotz G unter dem Wellbaume keilförmige Unterlagen aufge-
setzt, um die Welle und den Spiralkorb zu unterstützen. Hierauf werden die zwei Stell-
keile f, f in entgegengesetzter Richtung herausgeschlagen, das Kästchen mit der Pfanne
durch dieselbe Oeffnung herausgezogen, und der Stift h mit der Hand herausgenommen.
Man setzt nun einen neuen Stift und eine neue Pfanne ein, treibt die Stellkeile f, f wie-
der an, und hebt die Maschine auf ihren ursprünglichen Stand zurück, worauf die zur
Unterstützung des Wellbaumes verwendeten Unterlagen wieder abgenommen werden.


Der obere Wellzapfen ist so wie der untere mit einem Bläuel versehen, wel-
cher in die Welle eingesetzt und durch einige eiserne Ringe in derselben festge-
halten wird. Er ist an ein mit zwei Flügeln versehenes Zapfenlager, welches an einem
Querbalken des Zimmerwerkes befestigt ist, angelegt, und wird von der andern Sei-
te durch ein ähnliches Zapfenlager, mittelst eines hölzernen Querstückes, das an
dem vorgenannten Querbalken angeschraubt wird, in seiner senkrechten Stellung er-
halten.


§. 221.

Fig.
1, 2
und
5.

Um das Treibseil oder die Kette immer genau in die gehörigen Windungen des Kor-
bes zu führen, dient die Seilleitung, die Fig. 5 in der vordern Ansicht und im dop-
pelten Maasse gezeichnet ist. Sie besteht aus einem hölzernen Rahmen i h h i, welcher
an jeder Seite eine Walze trägt, auf der die Ketten oder Seile laufen, und den betreffen-
den Gewinden horizontal zugeführt werden. Diese Walzen sind massiv, 12 zöllig, von Ei-
chenholz, an beiden Enden und nach ihrer Länge mit eisernen Schienen beschlagen; ihre
Länge beträgt etwas mehr als der Unterschied des grössten und kleinsten Halbmessers
des Spiralkorbes, und die Höhe der einen Walze ober der andern ist der halben Hö-
he des Korbes gleich. Die Walzen werden so gestellt, dass zu Anfange des Treibens,
wie es Fig. 1 dargestellt ist, die Oberfläche der untern Walze mit dem kleinsten Ge-
winde des untern Kegels und zu gleicher Zeit die Oberfläche der obern Walze mit
dem grössten Gewinde des obern Kegels auf gleicher Höhe sich befindet. Die zwei
mittlern Säulen des Rahmens (Fig. 5) sind mit Kämmen v, v versehen, welche in
das oberste Gewinde des Korbes eingreifen. Dieses Gewinde springt vor den andern,
mit welchen es eine gleiche Höhe hat, um einige Zolle vor, und bildet eine Art von
Schraube ohne Ende, wodurch der Rahmen der Seilleitung, je nachdem man den Korb
vor- oder rückwärts umtreibt, bei jeder Umdrehung um ein Gewinde gehoben oder ge-
senkt wird. Die hiezu nöthige senkrechte Bewegung des Rahmens wird durch zwei
Paar einander entgegenstehende Leitarme h l und i K (Fig. 1 und 5) unterhalten.
Das untere Paar Leitarme bewegt sich rückwärts um die Nägel 1 in den Säulen I, wel-
che letztern an dem Zimmerwerke des Göpelgebäudes befestigt sind. Das obere Paar hat
die Nägel, um welche es sich rückwärts dreht, auf zwei Balken des Zimmerwerkes
oberhalb der Achse des Wellbaumes. An diesem obern Paare ist noch rückwärts der
Steinkasten K befestigt, worin das Gegengewicht so schwer seyn muss, als das
[227]Pferdegöpel.
Gewicht des Rahmens der Seilleitung (Fig. 5) und der Hälfte der Kettenstücke, dieFig.
1
bis
6.
Tab.
13.

zwischen dem Spiralkorbe und den Rollen S, S über dem Schachte horizontal gespannt
sind. Die zwei Säulen des Rahmens sind mittelst der zwei eisernen Stangen k, k mitsam-
men verbunden, welche letztern, da sie an ihren Enden abgerundet sind, zugleich die
Stelle der Achsen vertreten, um welche sich die Leitarme i K und h l an dem Rahmen bei
h und i (Fig. 1 und 5) drehen; endlich dient das Kreutz m (Fig. 5 und 2) zur festen Ver-
bindung des untern Paares Leitarme und der Riegel n zur Verbindung des obern Paa-
res Leitarme. Die Balken o, o (Fig. 1 und 2) dienen sowohl zur Festhaltung der Säu-
len I' und t, als auch um darauf zum Göpel gehen zu können.


§. 222.

Es ist nöthig, die Bewegung des Göpels und der daran hängenden Lasten voll-
kommen in seiner Gewalt zu haben, um die Maschine an jedem Orte bei Vornahme
der Reparaturen im Schachte oder bei Unglücksfällen sogleich anhalten zu können.
Diess geschieht durch das Bremswerk, welches Fig. 2 in der obern Ansicht und
Fig. 6 in der vordern Ansicht im doppelten Maasse dargestellt ist. Es besteht aus
zwei Bremsbäumen L M, L M, welche vom Göpelhause horizontal bis zum untern
Radkranze des Korbes gehen, und daselbst (bei L) mit zwei angeschraubten Reibhöl-
zern (Bremsstücken) von hartem Holze versehen sind, durch deren Druck und Reibung
an dem untersten etwas hervorspringenden Radkranze die Bewegung des Korbes aufge-
halten wird. Diese Bremsbäume sind vorn mittelst eiserner Stangen p q (Fig. 1) an
dem Balken p des Zimmerwerkes aufgehängt, und drehen sich bei M (Fig. 2) um zwei
Nägel, die ebenfalls in dem Zimmerwerke des Göpelhauses befestigt sind. Diese zwei
Bremsbäume werden mittelst der zwei eisernen Stangen r, r (Fig. 2 und 6), die an
dem vordern und hintern Ecke der Bremssäule N in einem Oehre beweglich sind,
durch Umdrehung der letztern angezogen. Die Bremssäule ist ein viereckig behaue-
nes Stück Eichenholz, das oben und unten in Zapfen an den Balken u, u (Fig. 1)
läuft, welche an das obere Zimmerwerk mittelst der Hängsäulen t, t aufgehängt sind.
Diese Zapfen werden mittelst zweier eichenen Reibhölzer, welche durch eiserne Schrau-
ben angezogen werden, an den Balken u, u festgehalten.


Die Bremssäule N (Fig. 6) ist an dem obern und untern Ende, wie auch in der
Mitte mit einem rings um dieselbe gehenden Eisenbeschläge versehen. An dem mittlern
Beschläge derselben sind zwei eiserne Stangen s, s (Fig. 2 und 6) befestigt, wel-
che die Hebel zur Bewegung dieser Säule bilden. An dem Ende dieser Stangen ist die
horizontale Zugstange W vorhanden, welche durch das Kunstkreutz O (Fig. 1), wenn der
Göpel gebremset werden soll, angezogen wird und umgekehrt. Diese Bewegung erfolgt
durch einen, am andern Arme des Kunstkreutzes senkrecht herabgehenden Balken P P,
durch dessen Gewicht die Bremsung hauptsächlich bewirkt wird. Um diesen Balken auf-
zuheben, dient der Hebel Q Q, welcher, wenn der Göpel im Gange bleiben soll, durch
die Vorstecknägel in der Säule R in die Höhe gehalten wird. Will man aber die Bewe-
gung hemmen, so wird der Vorstecknagel herausgezogen, der Balken P P sinkt durch
sein eigenes Gewicht herab, bewirkt durch das Kunstkreutz O das Anziehen der Zugstan-
ge W, mittelst der Stangen s, s die Umdrehung der Bremssäule N und endlich durch
29 *
[228]Pferdegöpel.
Fig.
1
bis
12.
Tab.
13.
die Zugstangen r, r auch die Anziehung der Bremsbäume L M und L M. Zur Verstär-
kung dieser Bremse wird der Hebel Q Q noch mit der Hand herabgedrückt, und um
seine Rückbewegung zu hindern, der Stecknagel in die untern Löcher der Säule R vor-
gesteckt.


§. 223.

Das Treibseil wird, von der Seilleitung angefangen, auf den bereits angeführten, in
der Seilleitung (Fig. 5) befindlichen Rollen und den, aus Buchenholz verfertigten, gut
beschlagenen Seilscheiben S, S zum Schachte geleitet, in welchem die Treibtonnen T, de-
ren jede an einem Ende des Treibseiles befestigt ist, auf- und abgehen. Sobald eine
Tonne oben ankommt, wird die Fallthüre aufgemacht und nach dem Austritte der
Tonne wieder geschlossen. Die Tonne wird hierauf noch so weit aufgezogen, bis
der an der Haltkette U (Fig. 1) befestigte Haken in einen oder den andern am Boden
der Tonne befindlichen Ring x eingehängt werden kann. Die Pferde werden zu glei-
cher Zeit angehalten und nach vollzogenem Einhängen auf ein gegebenes Zeichen etwas
zurückgeführt, worauf die Tonne, indem sie sich um den Ring x wendet, von selbst das
darin befindliche Erz in den hölzernen Trog V und in den darunter stehenden Auslaufe-
hund ausstürzt.


Der Auslaufehund ist Fig. 11 in der Seiten- und Fig. 12 in der Unter-Ansicht
im doppelten Maasse dargestellt. Er besteht aus einem viereckigten Kasten von Eichen-
holz, welcher von aussen mit Eisen gut beschlagen und inwendig wegen der längern
Dauer mit weichen Bretern ausgefüttert ist. Seine Grösse ist jener der Tonne, welche
15 Zentner Eisenerze fasst, gleich. Um das herabrollende Erz sicher in den Hund zu
führen, ist derselbe auf beiden längern Seiten mit schief aufgenagelten Bretern versehen,
welche auch dazu dienen, um die Achsen der Räder vor dem herabfallenden kleinern Erze
zu schützen. Der Auslaufehund ist vorn mit einer Thür, die durch einen eisernen Rie-
gel geschlossen wird, zum Ausstürzen des Materials, hinten aber mit zwei Handhaben
zum Vorwärtsschieben versehen. Beinahe in der Mitte des Kastens ist (Fig. 11) ein
grosses 2½ Schuh hohes Rad und hinter demselben ein kleineres angebracht, welches letz-
tere dem Karrenführer oder sogenannten Hundsläufer zur Unterstützung dient. Un-
ter dem Boden des Kastens befinden sich 4 horizontale Rollen, welche zu beiden Sei-
ten an die Strassbäume anlaufen und verhindern, dass der Hund von denselben nicht ab-
gleiten könne.


Fig.
1
und
2.

Die Fahrbahn oder der Hundelauf besteht aus zwei parallel liegenden 6/6 zölligen
Strassbäumen, welche durch Querhölzer zur Erhaltung ihrer parallelen Lage, mit
einander verbunden und unter einem solchen Winkel gegen den Horizont geneigt sind,
damit der Widerstand bei dem Herausfahren des beladenen Hundes demjenigen gleiche,
welcher bei dem Zurückschieben des leeren Hundes zu gewältigen ist.


Die Treibkette, welche auf Krussna Hora verwendet wurde, ist Fig. 7 darge-
stellt, woraus zu ersehen, wie die einzelnen Glieder gebildet worden sind, um die nö-
thige Festigkeit und Sicherheit zu erlangen, und wodurch zugleich die nöthige Gelen-
kigkeit für alle Wendungen der Kette so wie bei einem Seile bewirkt worden ist. Uiber
das Gewicht der Kette und ihre zunehmende Stärke wird in der Folge das Nöthige ange-
führt werden.


[229]Pferdegöpel.
§. 224.

Wir kommen nunmehr zur Bestimmung der Halbmesser, welche die SpiralgewindeFig.
2.
Tab.
14.

erhalten müssen, damit die Pferde nur allein das Gewicht des Erzes in der Tonne zu zie-
hen haben, die Gewichte der Tonnen und Seile (oder Ketten) aber sich für jede Höhe
wechselseitig ausgleichen. Wir wollen zu diesem Behufe zuerst einen Korb mit zwei ge-
gen einander gestellten Kegeln annehmen, welcher Fig. 2 in einfachen Linien dargestellt
ist. Es sey


  • das Gewicht des Treibsackes oder der Tonne,   = T
  • das Gewicht des Erzes, welches in dieselbe eingeladen wird,   = Q
  • das Gewicht des Treibseiles oder der Kette für die ganze Höhe des Schachtes,   = S
  • der grösste Halbmesser des Kegels, woran zu Anfange des Treibens die leere Tonne
    T hängt,   = a,
  • der kleinste Halbmesser des Kegels woran zu Anfange des Treibens die volle Ton-
    ne Q + T sammt dem Gewichte des Seiles S hängt,   = b,
  • und der Halbmesser für die angebrachte Zugkraft N. K sey   = A;

so haben wir zu Anfange des Treibens, wo die volle Tonne vom Füllorte herauf- und die
leere von der Hängebank herabzugehen anfängt, N. K. A = (Q + T + S) b — T . a (I), und
zu Ende des Treibens, wo die volle Tonne ober der Hängebank, die leere aber unten im
Füllorte anlangt, N. K. A = (Q + T) a — (T + S) b (H).


Sollen nun die Kräfte der Pferde N. K am Anfange und zu Ende des Trei-
bens gleich gross seyn
, so kann man diese 2 Gleichungen addiren und subtrahi-
ren und hieraus die Hebelsarme a und b bestimmen. Man erhält nämlich durch die Ad-
dition 2 N. K. A = Q . a + Q . b, woraus sich der mittlere Halbmesser des Treibkorbes
· A = m (III) ergibt. Wenn wir ferner die Gleichung II von I subtrahi-
ren, so ist 0 = (Q + 2 T + 2 S) b — (Q + 2 T) a, und wird diess in eine Proportion auf-
gelöst, so ist a : b = Q + 2 T + 2 S : Q + 2 T, oder auch = S : Q + 2 T + S,
und wenn der Werth aus III substituirt wird, · A = S : Q + 2 T + S. Hier-
aus ergibt sich nunmehr (IV). Da aber · A ist,
so erhalten wir den grössten Halbmesser des Korbes, a = (V)
und den kleinsten Halbmesser, b = (VI).


§. 225.

Aus der Gleichung folgt A. N. K = . Es ist daher eben
so viel, als wenn die Pferde nur die Last Q an einem Cylinder m n o p, dessen Halbmesser
= m oder Durchmesser m n = a + b = 2 m ist, zu bewegen hätten. Das Gewicht
des Seiles hebt sich daher auf, und die Kraft bleibt zu Anfange, in
der Mitte und zu Ende des Treibens dieselbe
. Das Gewicht der Tonne gleicht
[230]Pferdegöpel.
sich hier ebenfalls wie bei einem cylindrischen Korbe aus, da beiderseits eine Tonne
herabgeht, folglich was die eine erschwert, die andere ziehen hilft.


In dem oben §. 216 angeführten Beispiele vom Siegelsberger Treibschachte war
Q = 900 ℔, S = 1500 ℔. Setzen wir hiezu noch das Gewicht des Treibsackes sammt der
eisernen Schurzkette T = 150 ℔, so ist · Neh-
men wir nun an, der mittlere Durchmesser a + b des Spiralkorbes sey eben so gross, wie
der Durchmesser des am Siegelsberge bestehenden cylindrischen Korbes, nämlich 3
Lachter = 18 Fuss und eben so der Halbmesser der Pferdekraft A = 18 Fuss, so ist der
grösste Halbmesser des Korbes a = = 14 Fuss, und der kleinste Halbmes-
ser desselben b = = 4 Fuss; ferner ist die Zugkraft der Pferde sowohl zu
Anfange als zu Ende des Treibens N. K = = 450 ℔. Die Ma-
schine kann daher mit vier Pferden ohne Anstand betrieben werden, wogegen bei dem
cylindrischen Korbe an dem Siegelsberge acht Pferde angewendet wurden.


§. 226.

Der Unterschied des grössten und kleinsten Halbmessers
a — b = wird offenbar gross, wenn der Bruch
klein ist, d. h. wenn das Gewicht des Seiles S gross und dagegen das Gewicht
der Ladung Q und der Tonne T klein ist, folglich wenn aus tiefen Schachten nur kleine
Lasten gefördert werden. Dasselbe geschieht, wenn statt der leichteren hanfenen Treib-
seile schwerere eiserne Ketten genommen werden.


Da die Gewichte sowohl der Seile als der Tonne der Last des Erzes proportional
genommen werden müssen, so folgt aus , dass bei gleichen
Schachttiefen eine beständige Grösse ist, folglich auch das Verhältniss
dasselbe seyn müsse; es werden demnach bei gleichen Schachttiefen die Spi-
ralkörbe einander ähnlich seyn
.


§. 227.

Fig.
3.
Tab.
14.

Wir wollen nun untersuchen, wie gross die Halbmesser für die übrigen, zwischen
dem obern und untern Ende eines jeden Kegels liegenden Punkte seyn müssen. Zu die-
sem Zwecke wollen wir annehmen, dass die volle Tonne Q + T, welche zu Anfange des
Treibens sich mit dem Seile S am Radius B b = b befunden hat, nach einem unbestimm-
ten Drehungswinkel (= φ) sich am Hebelsarme Z z = z befinde. Das Gewicht des Sei-
les, welches hiedurch von B b bis Z z aufgewunden worden, sey = W, so ist von Seite
der vollen Tonne das statische Moment (Q + T + S — W) z vorhanden. Durch die-
selbe Drehung des Korbes sey die leere Tonne T vom Radius A' a' = a zu dem Radius
[231]Pferdegöpel.
Y' y' = y gelangt und das Gewicht des Seiles, welches von A' a' bis Y' y' vom Spiralkor-
be abgewunden, und in den Schacht getrieben worden, sey = U, so beträgt das statische
Moment des Gegenzuges, welches dem Momente der Kraft zu Hülfe kommt = (T + U) y.
Demnach haben wir die Gleichung N. K. A = (Q + T + S — W) z — (T + U) y (I).


Durch fortgesetzte Umdrehungen wird die Last der vollen Tonne Q + T an den He-
belsarm Y y = Y' y' gelangen, und vom Seile S wird in dieser Stellung nur noch das
Seiltrum U übrig seyn, welches den Raum von Y y bis A a auf dem Spiralkorbe noch eben
so einnehmen wird, als dasselbe von der andern Seite von Y' y' bis A' a' aufgewunden
worden. Demnach beträgt in dieser Stellung das statische Moment von Seite der vollen
Tonne (Q + T + U) y, und weil zu gleicher Zeit das Gegenseil noch bis Z' z' abge-
wunden worden, folglich am Hebelsarme z die Last T + S — W hängt, so ist das stati-
sche Moment des Gegenzuges = (T + S — W) z. Demnach haben wir abermals die
Gleichung N. K. A = (Q + T + U) y — (T + S — W) z (II).


Die Addition der Gleichungen I und II gibt = m; demnach
ist der mittlere Halbmesser
M m = m = nicht nur der mittlere
für den Anfang und das Ende des Treibens, sondern auch für alle
übrigen gleichen Entfernungen der Seile von der Mitte des Korbes,
und der gesammte Widerstand ist eben so gross, als ob an dem mitt-
lern Radius nur allein die Last Q hinge
, so wie es dem Zwecke der Aufga-
be nach §. 224 gemäss ist.


§. 228.

Die wirkliche Grösse der einzelnen Halbmesser kann nur durch höhere Ana-
lysis bestimmt werden *). Diese gibt uns für den Fall, wo das Seil eine durch-
[232]Pferdegöpel.
aus gleiche Stärke hat, den Ausdruck , welcher die
vollständige Gleichung der Spirallinie enthält.



[233]Pferdegöpel.

In diesem Ausdrucke ist φ der Winkel, welchen die Zugpferde um die Achse desFig.
3.
Tab.
14.

Treibkorbes von der Mitte der Spiralgewinde M m bis zu dem Radius Y y, dessen Grösse
man berechnen will, beschreiben, 2 π der Winkel von 360 Grad, und die halbe An-
zahl aller Windungen, folglich 2 π · der Winkel für alle Windungen, welche sich auf
dem halben Kegel von M m bis A a oder von M m bis B b befinden; ferner ist
v = = p y, d. h. v ist die Grösse, welche zum mittlern Halb-
messer M m = für die obere Hälfte des Kegels zu addiren, und für die untere
Hälfte desselben Kegels zu subtrahiren ist; endlich ist α = und m = .


In dem oben angeführten Beispiele vom Siegelsberge war m = 9 Fuss, α = 5 Fuss
und n = 16; es fallen daher 8 Halbmesser oberhalb und 8 unterhalb der mittlern Win-
dung. Man muss nunmehr, um das Profil des Treibkorbes zu erhalten, für den Dre-
hungswinkel φ verschiedene Werthe annehmen. Für das oberste Gewinde A a ist
φ = 8.360 = 8.2 π, demnach = 1, also 1 = , wor-
aus v = α = 5 Fuss folgt; demnach ist der Halbmesser für das oberste Gewinde
A a = m + α = 9 + 5 = 14 Fuss; für das nächst darunter liegende Gewinde ist
φ = 7.2 π, folglich substituirt, . Hieraus ergibt sich
v = 4,22 Fuss, demnach der Halbmesser des Gewindes = 9 + 4,22 = 13,22 Fuss, u. s. w.


Für die zweite Hälfte des Kegels, nämlich für die Windungen M m bis B b hat v
gleiche Werthe wie oberhalb M m, nur dass sie itzt von M m = 9 Fuss abgezogen
werden. Demnach ist der Radius für die unterste oder 16te Windung B b = 9 — 5 = 4
Fuss; für die 15te Windung = 9 — 4,22 = 4,78 Fuss u. s. w., wie in der folgenden Ta-
belle ersichtlich ist.


Gerstners Mechanik. Band I. 30
[234]Pferdegöpel.

In der vierten Columne dieser Tabelle sind noch die Halbmesser für eine gleichför-
mige Steigung beigesetzt worden, um die Unterschiede dieser Spirallinie von der gemei-
nen, auf der Oberfläche eines geradlinigten Kegels verzeichneten Spirallinie leichter be-
urtheilen zu können. Diese Unterschiede betragen zwar in dem angenommenen Beispiele
wenig, sie fallen jedoch grösser aus, wenn der halbe Unterschied des grössten und klein-
sten Halbmessers mehr beträgt; wenn daher, wie §. 226
gezeigt wurde, aus tiefen Schachten nur kleine Lasten gefördert werden.


§. 229.

Aus den berechneten Radien ersieht man ferner, dass der obere Theil der gefunde-
nen Spirallinie von a bis m ausserhalb des Kegels, und der untere von m bis b innerhalb
des Kegels liege. Das Profil dieser Spirallinie kommt demnach mit dem bekannten Zuge
der Karnissleisten in der Architektur oder mit der Schönheitslinie unserer Vorfahren
überein *).


[235]Pferdegöpel.
§. 230.

Da wir nunmehr die Construction und Berechnung der Dimensionen eines Spiralkor-
bes für einen jeden gegebenen Fall kennen, so unterliegt es weiter keiner Schwierigkeit
den Effekt, d. h. das Quantum Erze, welche mit einem Göpel täglich gefördert wer-
den können, zu berechnen. Wir haben nämlich hier ganz denselben Fall, wie er bei ei-
nem Rade an der Welle, wo der Halbmesser = ist, statt findet. Die Berech-
nung des Effektes wird daher für den spiralförmigen Korb gerade so gemacht, wie sie
§. 87 für einen Haspel angestellt wurde. Da übrigens die Pferde während eines gan-
zen Tages nur 8 Stunden in ununterbrochenem Zuge gehen, so ist dafür zu sorgen, dass
die Zeit des Einladens und Ausstürzens der Tonne möglichst abgekürzt werde.


Zu einem Beispiele wollen wir das Verfahren und die Rechnung anführen, nach
welcher die Maasse für den oben erwähnten Pferdegöpel auf Krussna Hora
ausgemittelt wurden. Um zu erfahren, welches Gewicht der Kette gegeben werden müsse,
wurde vorläufig eine Probekette aus demselben Eisen verfertigt, welches in den dortigen
Hammerhütten erzeugt, und als das beste anerkannt worden war. Eine Klafter dieser
Probekette wog 3 ℔; sie wurde an beiden Enden mit stärkeren Haken versehen, und das
obere Ende derselben an einem Balken der Hammerhütte fest angebunden, an das un-
tere Ende aber eine starke Wagschale gehängt, welche zum Abwägen des Eisens durch
*)
30 *
[236]Pferdegöpel.
mehrere Jahre gedient hatte. In Anbetracht, dass die unterste Klafter der zu verferti-
genden Kette eine Last von 15 Zentner Erz und 3 Zentner Tonnengewicht, also zusammen
eine Last von 18 Zentnern, tragen sollte, hat man die in die Wagschale nach und nach ge-
legten Gewichte bis zu 24 Zentner vermehrt. Obgleich die Probekette von diesem Ge-
wichte nicht zerrissen wurde, so glaubte man doch bei diesem Versuche um so mehr ste-
hen zu bleiben, als man die Festigkeit des Eisens nur auf den vierten Theil dieses Ver-
suches in Rechnung nehmen wollte. Da jedoch die Bergleute hiemit noch nicht zufrie-
den waren, und überhaupt gegen die Einführung einer Kette statt der bisher üblichen
Treibseile das höchste Misstrauen an Tag legten, so hat man zu ihrer grössern Sicherheit
und Beruhigung die Festigkeit des Eisens nur mit dem achten Theile dieses
Versuches
in Rechnung genommen, sonach der untersten Klafter der Treibkette, wel-
che 18 Ztr. zu tragen hat, ein Gewicht von 18 ℔ gegeben. Da nun der Schacht eine Tie-
fe von 40 Klaftern hat, wozu man noch 2 Klafter Kettenlänge ober der Hängebank hinzu-
rechnete, so wurde hiernach das verhältnissmässige Gewicht der obersten oder 42ten Klaf-
ter, welche nebst den vorerwähnten 1800 ℔ noch das Gewicht der ganzen Treibkette S
tragen muss, aus der Proportion 1800 : 18 = 1800 + S : 18 + berechnet. Wird nun
das mittlere Gewicht der obersten und untersten Klafter, nämlich 18 + mit der
Länge der Kette von 42 Klaftern multiplicirt, so ergibt sich das Gewicht der gan-
zen Kette
= 42 = S, woraus S = = 957 ℔ folgt.


Hieraus ergibt sich das Gewicht der obersten Klafter-Kette
= 18 + = 18 + 9,57 = 27,57 ℔; und das verhältnissmässige Gewicht der übrigen
Klaftern = 18 + · 9,57, wo 1 die Länge der Kette in Klaftern vom schwächsten Ende
aufwärts und L die Länge der ganzen Kette vorstellt.


In der §. 225 gefundenen Gleichung N. K. A = wurde nun der Hebels-
arm der Kraft A = 24 Fuss, die Anzahl der Zugpferde N = 2, und die Kraft eines Zugpfer-
des K = 125 ℔ in der Hinsicht angenommen, weil die Göpelpferde täglich nur 8 Stun-
den im Zuge gehen, und hiebei nicht nur die Zeit von 4 Stunden, sondern auch noch die-
jenigen Stillstände, die nach jedem Aufzuge auf das Ein- und Ausladen der Tonne ver-
wendet werden, und in unserem Falle jedesmal beiläufig 2 Minuten betragen, zur Erho-
lung und Ruhe verwenden. Da ferner die Ladung in der Tonne Q = 1500 ℔ beträgt,
so ist der mittlere Halbmesser des Spiralkorbes m = = 4 Fuss.
Demnach ist der grösste und kleinste Halbmesser der Spiralwindungen nach §. 224
= , folglich
der grösste Halbmesser a = 5,25, und der kleinste b = 2,75.


Die Zeit eines Aufzuges beträgt so wie §. 87 bei dem cylindrischen Treibkorbe
= 378Sec. = 6Min. 18Sec., und wenn hiezu die Zeit des Stillstandes
[237]Pferdegöpel.
nach jedem Aufzuge, welche beiläufig auf 2Min, angeschlagen worden, gesetzt wird, so
ist die für die Ausförderung einer Tonne nöthige Zeit = 8 Minuten. Hieraus folgt die
Zahl der in einem Tage zu bewirkenden Aufzüge n = 57,83 oder beinahe 58 Aufzüge.


Nachdem der Bau der Maschine vollendet war, wurde das Treiben vorläufig mit ei-
genen Maierhofspferden versucht, und am ersten Tage 57, am andern Tage 58 Tonnen in
8 Stunden ausgetrieben. Die Leistung wurde demnach auch durch die übrigen 29 Jahre,
seit welchen diese Maschine ohne einem Unfalle in beständigem Gange war, zur Vor-
schrift für die Accorde mit den Pferdehältern und Treibknechten unverändert angenom-
men. Der tägliche Effekt, welcher von zwei Zugpferden mit dieser Maschine bewirkt
wurde, ist demnach 58 . 15 = 870 Zentner.


§. 231.

Für die Ausübung kommt diese Aufgabe meistens in umgekehrter Stellung vor; es
wird nämlich das Quantum der Erze, welches für die Schmelzhütten
täglich geliefert werden soll
, oder das Quantum der tauben Berge, welche
bei der Häuerarbeit abfallen, und welche zum Verstürzen der abgebauten Gänge nicht
verwendet werden können, demnach herausgeschafft werden müssen, dem Maschinenmei-
ster angegeben, welcher demnach den Bau der Maschine, die für jede Tiefe nöthige
Anzahl Pferde, das Personale zur Bedienung der Maschine u. s. w. zu bestimmen hat.
Da diese Form der Aufgabe meistens auf Bruchtheile der Arbeiter und Zugpferde füh-
ret, so wird in allen solchen Fällen der Voranschlag für eine bestimmte Anzahl Pferde
gemacht.


  • Beispiel. Es sollen aus einer Tiefe von 200 Klaftern oder 1200 Fuss täglich 400 Zent-
    ner Erze gefördert werden, so folgt aus der Gleichung für den Effeckt
    = 40000 ℔., die nöthige Anzahl Pferde N = 3⅓,
    wofür man N = 4 nehmen muss. Wird dieser Werth in die Gleichung zwischen Kraft
    und Last N. K. A = Q. m substituirt, und A = 12 Fuss, dann m = 5 Fuss und K
    aus den im vorigen §. angegebenen Gründen = 125 ℔. angenommen, so ergibt sich
    das Gewicht der Ladung in der Tonne Q = 12 Zentner. Setzen wir das Gewicht
    der Tonne mit dem Beschläge T = 3 Zentner, so ist Q + T = 1500 Pfund.

Uiber die Festigkeit des Eisens haben die neuern Erfahrungen gelehrt, dass bei den
englischen Kettenbrücken die Spannkraft meistens über 300 mal grösser ist, als das Ge-
wicht einer Klafter derselben Kette. Nehmen wir diese, so sehr im Grossen ausgeführte
Erfahrung zum Maasstabe für die Festigkeit der Bergwerksketten an, so beträgt das
Gewicht der untersten Klafter = = 5 Pfund, das Gewicht der obersten Klafter
= 5 + , also das Mittel hievon 5 + · Wird diess mit der Länge von 200
Klaftern multiplicirt, so erhalten wir 200 = S, woraus das Gewicht der
ganzen Kette S = 1500 ℔. folgt.


Da nunmehr die oberste Klafter bloss ein Gewicht von 5 + = 10 ℔. erhält, so
ergibt sich, dass diese oberste Klafter nur erst eben so schwer sey, als das bei den ungari-
[238]Pferdegöpel.
schen Bergwerken (§. 215) vorhandene Gewicht einer Klafter Treibseil. Ein solches
Treibseil von 200 Klaftern Länge wiegt aber 2000 ℔, während die ganze Kette nur ein Ge-
wicht von 1500 ℔ hat. Hieraus ersehen wir nun, dass die Treibketten wirk-
lich leichter sind, als die Treibseile
.


Die Halbmesser der obersten und untersten Windungen sind nach §. 224 in unse-
rem Falle = 5 , folglich
a = 5 + 2,27 = 7,27 Fuss und b = 5 — 2,27 = 2,73 Fuss.


Die Zeit eines Aufzuges beträgt = 12 Minuten. Wird hiezu für
das Ein- und Austürzen eine Zeit von 2Min. addirt, so ergeben sich während der Zeit
einer Schicht von 8 Stunden, 34,3 Aufzüge, wofür man 34 annehmen muss. Wird
diess mit der Ladung von 12 Zentnern multiplicirt, so folgt der Effekt in einem Tage
= 34 . 12 = 408 Zentner, wie es gefordert wurde.


§. 232.

Es verdient hier noch bemerkt zu werden, dass die Widerstände der Rei-
bung und Unbiegsamkeit der Seile
nur die Zugkraft oder die nöthige Anzahl
der Göpelpferde vermehren, aber an der Spirallinie selbst gar nichts ändern können.
Denn da mittelst der Spiralgewinde die Gewichte der Seile, der geladenen und ungelade-
nen Tonne ausgeglichen, und überhaupt alle Widerstände auf den mittlern Radius m
zurückgeführt werden, so müssen offenbar auch die Widerstände der Reibung, welche
denselben Gewichten proportional sind, gleichfalls zu einem mitleren Widerstande ge-
bracht werden. Es sey der Widerstand = R, so haben wir
für den Anfang der Bewegung, K' . A = (Q + T + S) b — T . a + R . m . . . (I)
und für das Ende, K' . A = (Q + T) a — (T + S) b + R . m . . . . . (II).
Die Summe dieser zwei Gleichungen gibt K' . A = (Q + R) m, oder ,
woraus erhellet, dass nur die Zugkräfte K : K' in dem Verhältnisse wie Q : Q + R vermehrt
werden müssen, wenn das Verhältniss m : A beibehalten wird. Werden aber die zwei
Gleichungen I und II von einander abgezogen, so ist (Q + 2 T + 2 S) b = (Q + 2 T) a
woraus folgt, wie oben §. 224 ohne der Reibung berech-
net wurde.


§. 233.

Bei der Angabe der Dimensionen eines Pferdegöpels kommt auch der Hebelsarm
der Pferde
A zu berücksichtigen. Da die Pferde sich in einem Kreise von allzuklei-
nem Halbmesser schwer wenden, und schwindlicht werden, bei einem zu grossen Hebels-
arme aber die Maschine, besonders wenn der ganze Göpel sammt dem Pferdezuge unter
einem Dache steht, zu schwerfällig und kostbar wird, so pflegt man dem Schwengbaume
gewöhnlich eine Länge von 12 bis 24 Fuss zu geben.


Man hat hiebei die Bemerkung gemacht, dass die Pferde, wenn sie im Kreise gehen,
bei der gewöhnlichen Bespannung mit dem Schwengbaume, woran sie gespannt werden,
[239]Pferdegöpel.
einen Winkel bilden, der von 90 Grad um so mehr abweicht, je kleiner der HalbmesserFig.
4.
Tab.
14.

der Pferdekraft ist. Es sey c d die Länge des Schwengbaumes, der Reihnagel befinde
sich in d, und die Brust der Pferde in b, so dass b d die Entfernung der Brust der Pfer-
de vom Reihnagel ist. Es wird also die Zugkraft der Pferde nach der Richtung d b in d g,
welches winkelrecht auf dem Halbmesser c d steht, und in d e zerlegt, welches gegen den
Mittelpunkt c drückt und verloren geht. Ziehen wir nun c o senkrecht auf b d und setzen wir
den Winkel o c d = φ, so ist auch der Winkel b d g = φ und d g : d b (= K)
= Cos φ : 1 und d g = K . Cos φ, welches nunmehr die Kraft ist, mit der die Pferde
den Reihnagel im äussern Kreise fortbewegen.


Man sieht nun sehr leicht; dass die Kraft K Cos φ um so mehr von K abweicht, je
grösser der Winkel φ ist; da ferner b d oder die Entfernung der Brust der Pferde vom
Reihnagel als eine konstante Grösse angesehen werden kann, so wird auch der Winkel φ
um so grösser, je kleiner der Radius c d ist; demnach wird auch die Kraft, welche die
Pferde in der Richtung d g senkrecht auf den Halbmesser c d ausüben, desto kleiner
werden, je kleiner dieser Halbmesser oder die Länge des Schwengbaumes ist.


Obgleich diese Verminderung für die Grösse der wirklich angewandten Zugkraft als
nachtheilig angesehen wird, so ist doch von der andern Seite zu bemerken, dass dieser
Nachtheil bei der Berechnung des Effecktes durch den Umstand entfällt, dass die Pferde,
wenn sie nach der Richtung d b in o ziehen, nur einen Umkreis, der dem Halbmesser c o
entspricht, zu beschreiben haben.


Nennen wir den Halbmesser c h der Welle, um welche das Seil gewunden wird = m,
die Länge des Schwengbaumes c d = A, so ist die Gleichung zwischen Kraft und Last
K . Cos φ . A = Q . m (I).


Die Geschwindigkeit der Pferde ist v, allein diese Pferde bewegen sich nunmehr in
einem Kreise, dessen Halbmesser c o = A . Cos φ ist; wir finden demnach die Geschwin-
digkeit v' der Last aus der Proportion v : v' = A. Cos φ : m, woraus v' = ·
Demnach ist die Zeit, in welcher die Last auf die Höhe H steigt, oder die Zeit eines Auf-
zuges = (II).


Hieraus ergibt sich die Anzahl der Aufzüge in einem Tage n = (III).
Wird diese Zahl mit dem (aus I) berechneten Werthe für Q multiplicirt, so ergibt sich der
tägliche Effeckt n . Q = · (IV)


Dieser Ausdruck ist gerade derselbe, wie wir ihn §. 87 für ein Rad an der Welle
gefunden haben, wobei die Pferdekraft senkrecht auf die Richtung des Halbmessers wir-
kend angenommen wurde; es macht daher der schiefe Zug der Pferde bei
der Berechnung des Effektes keinen nachtheiligen Einfluss
. Die
Grösse der Schwengbäume ist demnach nur mit Rücksicht auf den im Gebäude vorhande-
nen Raum u. dgl. zu bestimmen.


§. 234.

Wir haben §. 222 bei der Erklärung des Bremswerkes eines Göpels angeführt, dass
der Balken P P durch sein eigenes Gewicht das Anziehen der Bremsbäume L M, und hie-
[240]Pferdegöpel.
Fig.
1
und
2.
Tab.
13.
durch die Bremsung des Spiralkorbes bewirke, und dass zur Verstärkung dieser Bremse
der Hebel Q Q noch von einem Arbeiter an seinem Ende herabgedrückt werde. Wir
wollen nun berechnen, welche Einrichtung das Bremswerk erhalten müs-
se
. Es sey das Gewicht des Balkens P P = G, der Halbmesser der stehenden Brems-
säule N = r und die Entfernung von der Achse der Bremssäule bis zu dem Oehre, wo die
Stangen s, s verbunden sind = R, so ist die Kraft, mit welcher die Bremssäule bei den
Oehren gedreht wird, = · Diese Kraft wirkt in x, x; es wird also die Kraft wo-
mit die Bremsbäume bei L an der Peripherie des untern Korbkranzes angedrückt werden
= seyn. Hieraus entsteht eine Reibung, welche, wie im V. Kapitel gezeigt
wird, den mten Theil des Druckes oder m . beträgt. Dieser Widerstand mul-
tiplicirt mit dem Halbmesser des untern, für die Bremse angebrachten, etwas hervorste-
henden Korbkranzes (B) muss das Gewicht der Ladung in der Tonne multiplicirt mit dem
mittlern Halbmesser des Korbes (wie wir §. 225 gesehen haben) aufwiegen oder
m · Hieraus ergibt sich das Gewicht, welches der Balken
P P erhalten muss, G = ·


  • Beispiel. Bei dem Pferdegöpel auf dem Berge Krussna Hora ist nach §. 230 der
    mittlere Halbmesser = 4 Fuss, die Ladung in der Tonne Q = 1500, die Ver-
    hältnisse der Halbmesser , , B = 5 Fuss, endlich kann der
    Reibungskoeficient m = ⅓ angenommen werden; demnach ist
    G = 1500 . 3 . ⅘. ⅙. 6/5 = 720 ℔. Nimmt man die Länge des Balkens P P zu
    30 Fuss, die Breite zu 9 Zoll und die Dicke zu 7 Zoll, dann das Gewicht von
    1 Kub. Fuss weichen Holzes zu 36 ℔ an, so gibt diess 30 . 9/12 . 7/12 . 36 = 472½ ℔
    als das Gewicht des Balkens. Da dieses nicht hinreicht, so ist noch nöthig, den
    Hebel Q Q und hiedurch den Balken P P mit einer Kraft herabzuziehen. Nehmen
    wir die Kraft des Arbeiters am Ende des Hebels mit 62 ℔ und das Verhältniss
    der Hebelsarme mit 1 : 4 an, so gibt diess 248 ℔, welche mit dem eigenthümli-
    chen Gewichte des Balkens von 720½ ℔ gerade 576½, also das zur Bremsung er-
    forderliche Gewicht geben. Da wir jedoch die Kraft des Arbeiters für einen
    Augenblick mit 100 bis 125 ℔ annehmen können, so gibt diess bei dem Verhält-
    nisse der Hebelsarme 1 : 4 noch eine Kraft von 400 bis 500 ℔, welche nunmehr zu dem
    Gewichte des Balkens addirt, dasselbe bedeutend vermehrt. Durch diese weit stärkere
    Bremsung wird nun die Maschine für jeden Unglücksfall eines Kettenbruches oder
    für den Fall, wenn die Zugstränge der Pferde abreissen und die Maschine zurück-
    gehen will, vollkommen gesichert.

[241]

III. Kapitel.
Festigkeit der Körper
.


§. 235.


Bei dem Baue der Maschinen und Gebäude ist es von Wichtigkeit, allen Theilen
eine solche Stärke und Festigkeit zu geben, damit sie bei ihrem Gebrauche nicht zer-
reissen, sich nicht übermässig biegen oder gar brechen; dagegen dürfen diese Theile
auch nicht so stark und massiv gemacht werden, dass sie den Kostenaufwand unnö-
thig vermehren, oder durch ihre zu grosse Schwere die Widerstände der Bewegung
vergrössern, oder wohl gar durch ihr eigenes Gewicht brechen.


Ein jeder Körper besteht aus unendlich vielen kleinen Theilchen, die auf eine
unbekannte Art an einander hängen. Man pflegt diesen Zusammenhang mit dem Wor-
te Cohaesion zu bezeichnen.


Alle Körper sind fähig, ihre Gestalt zu verändern, d. i. eine Aenderung an ihren
Maassen (Dimensionen) zu erleiden, oder ausgedehnt und zusammengedrückt zu wer-
den. Wenn Körper ihre Gestalt durch eine äussere Ursache (eine Kraft) ändern und
nach Aufhören derselben wieder in ihre ursprüngliche Gestalt zurücktreten, so be-
sitzen sie eine Federkraft und werden elastisch genannt. Nehmen die Körper ihre
ursprünglichen Maasse unverändert wieder an, so heissen sie vollkommen ela-
stisch
; bleibt aber nach aufgehobenem Drucke eine Aenderung zurück, so nennt man
sie unvollkommen elastisch.


§. 236.


Unter Festigkeit eines Körpers versteht man die Kraft, mit welcher derselbe
der Ausdehnung oder Verschiebung und Trennung seiner Theile widersteht. Man un-
terscheidet nach Verhältniss der Richtung der Kraft, welche eine Verlängerung oder
Verkürzung der Theile des Körpers zu bewirken strebt:


  • 1tens. Die absolute Festigkeit, wenn die Kraft in der Richtung der Länge
    des Körpers und seiner faserigen oder nervigten Theile angebracht ist, und sonach
    eine Verlängerung oder das Zerreissen derselben zur Folge hat.
  • 2tens. Die relative Festigkeit, wenn die Ausdehnung oder Trennung der
    Theile nach einer andern Richtung erfolgt, als nach welcher die äussere Kraft
    einwirkt. Man bezeichnet diess mit dem Worte zerbrechen.
  • 3tens. Die rückwirkende Festigkeit, wenn die Kraft so wie die vorige nach
    der Länge der faserigen Theile des Körpers jedoch in der entgegengesetzten Rich-
    tung angebracht ist, und ein Zusammendrücken oder Ineinanderschieben dieser
    Theile, sonach eine Verkürzung der Länge, oder das Zerdrücken des
    Körpers zur Folge hat.
  • 4tens. Die Festigkeit, womit die Körper dem Drehen widerstehen, wobei
    nämlich einige Theile genöthigt werden, um eine gemeinschaftliche Achse grös-
    sere Winkel als die übrigen zu beschreiben.

Gerstuer’s Mechanik, Band I. 31
[242]Absolute Festigkeit der Körper.

A. Absolute Festigkeit der Körper.


§. 237.

Wenn man einen prismatischen Körper an einem Ende befestigt, und an dem an-
dern eine Kraft anbringt, welche in der verlängerten Richtung beider Endpunkte
wirkt, so wird die absolute Festigkeit des Körpers in Anspruch genommen,
z. B. wenn der Körper in eine vertikale Lage gebracht, am obern Ende auf irgend
eine Art befestigt und am untern Ende mit Gewichten belastet wird.


Viele Versuche, welche man auf diese Weise über die absolute Festigkeit ver-
schiedener Materien angestellt hat, gaben das Resultat, dass alle Körper durch ange-
hängte Gewichte mehr oder minder ausgedehnt werden, und dass diese Ausdehnungen
oder Verlängerungen eines jeden Körpers, so lange die Belastungen klein sind, sehr
nahe den angehängten Gewichten proportional sind. Bleiben diese Belastungen innerhalb
einer gewissen Gränze, so treten die Theile des Körpers nach Abnahme des ange-
hängten Gewichtes wieder in ihre vorige Länge zurück und nehmen ihre ursprüngliche
Gestalt wieder an; die Körper haben also innerhalb dieser Gränze eine voll-
kommene Elastizität. Wird die Belastung grösser, so behalten die Körper nach Ab-
nahme der Gewichte zwar noch eine Elastizität, sie bleiben jedoch verlängert, und wer-
den endlich die angehängten Gewichte noch weiter vermehrt, so tritt eine völlige
Trennung der Theile des Körpers ein, und sie zerreissen.


Nach den Versuchen des Hrn. Navier und anderer Physiker behält das Eisen seine
Elastizität bis beinahe zu zwei Drittel der grössten Last, wovon es zerrissen wird;
das Kupfer behält seine Elastizität bis zur Hälfte dieses Gewichtes, das Blei bis
etwas über die Hälfte desselben. Man hat ferner gefunden, dass die weitern Ausdeh-
nungen dieser Metalle von dem Gesetze der Proportionalität mit der Last sehr abweichen,
und diess zwar immer mehr, bis die Körper endlich zerreissen. Weil aber die Körper,
welche wir bei Maschinen verwenden, ihre Belastung unverändert tragen sollen, so hat
man bisher angenommen, dass man dem Eisen die Hälfte oder ein Drittheil, dem Ku-
pfer, Messing
und Blei aber ein Drittheil oder ein Viertheil der Last, von wel-
cher sie zerreissen, mit voller Sicherheit zu tragen geben oder anvertrauen könne.


§. 238.

Da wir bei dem Maschinen- und Bauwesen und überhaupt in allen Fällen, wo die
absolute Festigkeit in Anspruch genommen wird, verlangen, dass die Körper bei ein-
tretender Belastung derselben nicht zerreissen, und bei Abnahme der Belastung wieder
in ihre ursprüngliche Länge zurücktreten, so haben wir bis dahin für ihre Brauchbar-
keit folgendes Gesetz:


Fig.
6.
Tab.
14.

Es seyen A, B, C, D vier Körper von gleicher Materie und vollkomme-
ner Elastizität
, z. B. vier Eisenstäbe oder vier gleichartig verfertigte Seilstücke,
welche nur bis zu dem Punkte belastet werden, wo sie ihre vollkommene Elastizität
noch behalten. Wir wollen annehmen, dass die drei ersten Körper dieselbe Länge = 1,
die drei letzten dieselbe Querschnittsfläche = F haben; die hieran angehängten Ge-
[243]Absolute Festigkeit der Körper.
wichte seyen q, Q', Q und Q; die Ausdehnung der zwei ersten Körper sey α, derFig.
6.
Tab.
14.

zwei letzten aber α'' und α'.


  • 1tens. Betrachten wir zuerst die zwei vollkommen elastischen Körper A und B
    von gleicher Materie und gleicher Länge, jedoch verschiedenen Querschnitts-
    flächen, so kann man annehmen, dass ein jeder dieser Körper aus einer Anzahl
    gleichartiger Fasern besteht, welche durch ihren Zusammenhang die Festigkeit
    derselben bewirken. Es wird sich daher die Festigkeit dieser Körper wie die
    Anzahl der Fasern verhalten, aus welchen ein jeder besteht, d. h. die Fe-
    stigkeit wird den Querschnittsflächen proportional seyn
    ; dem-
    nach haben wir q : Q' = f : F (I).
  • 2tens. Betrachten wir nun die Körper B und C, deren Querschnittsfläche F gleich
    ist, so werden sie um so mehr ausgedehnt werden, je grösser die Gewichte
    sind, welche man an dieselben anhängt. Es werden sich daher die Aus-
    dehnungen wie die Gewichte
    oder Q' : Q = α : α'' verhalten. (II).
    Dieses zweite Gesetz ist durch alle mit Genauigkeit hierüber angestellten
    Versuche bestätigt worden, so lange nämlich die Ausdehnungen klein blieben,
    und eine gewisse Gränze nicht überschritten hatten, d. h. so lange die Körper
    vollkommen elastisch blieben.
  • 3tens. Betrachten wir wieder die zwei vollkommen elastischen Körper C und D
    mit gleichen Querschnitten, jedoch ungleicher Länge l und L. Werden diesel-
    ben mit einer gleichen Last Q beschwert, so wird aus dem Grundsatze, dass
    alle Theile dieser Körper von gleichen Gewichten gleich gespannt sind, folgen,
    dass bei demjenigen Körper, dessen Länge doppelt ist, auch die Ausdehnung
    doppelt seyn werde u. s. w. Es wird sich daher l : L = α'' : α' verhalten (III) d. h.
    die Ausdehnungen sind den Längen der Körper proportional.

Setzen wir diese drei Proportionen unter einander, so ist


  • q : Q' = f : F
  • Q' : Q = α : α''
  • l : L = α'' : α'
  • und multiplicirt, q . l : Q . L = f . α : F. α'
  • oder q : Q = (IV),

d. h. die Gewichte, welche zwei vollkommen elastische Körper A
und D von verschiedenen Dimensionen, jedoch gleicher Materie
ausdehnen, verhalten sich wie die Produkte ihrer Querschnittsflä-
chen in die Verhältnisse der Ausdehnung zu ihrer Länge
.


§. 239.

Wir wollen nun zuerst eine Anwendung dieser Proportion auf das Tragungs-
vermögen der Seile
machen. Da sich die Querschnittsflächen oder die Anzahl
der Fäden bereits verfertigter Seile nicht wohl messen lassen, so ist es vortheil-
haft statt der Querschnittsflächen f, F die Gewichte g, G gleich langer Seilstücke
31 *
[244]Festigkeit der Seile.
z. B. einer Klafter anzunehmen. Da sich nun f : F = g : G verhält, so ist auch
q : Q = .


Wenn die Seile aus gleichem Materiale (Hanf) verfertigt und gleich stark gedreht
sind, so sind die Verhältnisse und einander gleich; es verhält sich daher
q : Q = g : G, d. h. die Gewichte, welche bei zwei aus demselben Stoffe auf gleiche
Art verfertigten Seilen eine gleiche Ausdehnung α bewirken, verhalten sich wie die Ge-
wichte gleicher Längen dieser Seile.


§. 240.

Bei dem Gebrauche dieser Proportion muss das Verhältniss q : g durch Versuche be-
stimmt werden. Diese Versuche und die daraus zu ziehenden Resultate unterliegen aber
mehreren Schwierigkeiten:


Der Hanf, woraus die Seile verfertigt werden, ist nach Verhältniss des Bodens, der
Witterung und ihres Wechsels bei dem Rösten in jedem Jahre sehr verschieden. Eine
gedeihliche Witterung gibt dem Hanfe sowohl eine grössere Länge als auch mehr Festig-
keit, und da der Bast durch die Röstung vom holzigen Stengel getrennt werden muss,
so geschieht es nicht selten, dass er auf der Röste bei zu nasser Witterung verdirbt und
in Fäulniss geräth, so dass nachher die Fasern sehr wenig Festigkeit haben, und beinahe
von selbst zerfallen.


Die Fasern werden bei dem Spinnen durch das Drehen mit einander verbunden, und
es ist jedermann bekannt, dass zu wenig Drehen nur eine geringe Festigkeit gibt, und bei
dem zu viel Drehen die Fäden leicht abspringen. Da aus den einzelnen Fäden durch
abermaliges Drehen erst Seile erzeugt werden, so wird hier abermals eine zu starke Dre-
hung nachtheilig. Nach Muschenbröck’s Versuchen verlieren die einzelnen hanfenen Fä-
den, wenn hieraus Seile verfertigt werden, bei der gewöhnlichen Behandlung des Sei-
lers, 1/10 bis ⅓ von ihrer Festigkeit. Man hat in dieser Hinsicht den runden zusammen-
gedrehten Seilen flache Seilbänder vorgezogen, welche man dermalen beinahe in
allen englischen Kohlenbergwerken im Gebrauche findet.


Aus diesen Gründen ist ersichtlich, wie schwierig und beinahe unmöglich es sey,
genaue und allgemein brauchbare Versuche anzustellen, woraus man den Werth
von q : g in der obigen Proportion bestimmen könnte. Man thut daher am besten, sich
wie wir bereits bemerkten, an verlässige, durch einen mehrjährigen Gebrauch bewährte
Erfahrungen zu halten.


§. 241.

Nach Poda’s Beschreibung der Bergbaumaschinen zu Schemnitz, Prag 1771 bei
Walther pag. 2 bis 7 gebraucht man bei den dortigen Treibmaschinen zweierlei Seile,
nämlich Treibseile und Klobenseile. Die erstern haben 2¼ bis 2½ Zoll im Durch-
messer und es wiegt eine Lachter derselben im trockenen Zustande im Mittel 10 Pfund.
Mit diesen Seilen wird nach den von Poda angeführten Erfahrungen aus Tiefen von 25
bis 176 Lachtern gefördert.


[245]Gewicht der Bergwerksseile.

Das Treibseil trägt:


  • Den leeren schmundigen Treibsack für 9 Laufpaaren sammt der Schurzkette   66 ℔.
  • Die Ladung mit 9 Laufpaaren, dem Mittel nach à 100 ℔   900 —
  • Hiezu kommt noch für die Spannung des Seiles am obern Ende dessen ganzes
    Gewicht mit 176mal 10 ℔  1760 —
  • Demnach ist die Gesammtlast   2726 ℔,
  • wofür wir die runde Zahl von 2700 annehmen.

Auf grösseren Tiefen bis zu 190 Lachtern bedient man sich eines Klobenseiles,
welches eben so wie das Treibseil aus 3 grossen Litzen, deren jede aus 4 kleinern zu-
sammengesetzt ist, besteht. Jede Litze hat bei dem Treibseile 16 Fäden, bei dem Klo-
benseile aber 25 Fäden. Obwohl das letztere mehr Fäden zählt, so hat es doch bloss
1¾ Zoll im Durchmesser und es wiegt eine Lachter nur 6 ℔, da es aus feinerm Hanfe gespon-
nen, und mit mehr Fleiss gearbeitet ist. Bei dem Gebrauche desselben werden nur 6 Zent-
ner in den Treibsack geladen; demnach beträgt die grösste Belastung des Klobenseiles:


  • Der Treibsack für 6 Laufpaaren mit   57 ℔.
  • Die Last von 6 Laufpaaren   600 —
  • und das Gewicht des Seiles bei der grössten Tiefe von 190 Lachtern zu 6 ℔   1140 —
  • also zusammen   1796 ℔,

wofür wir 1800 ℔ annehmen können.


Beide Gattungen Seile, so wie überhaupt alle Bergwerksseile, haben eine durch-
aus gleiche Stärke
, weil alle Fäden, woraus dieselben bestehen, durch die ganze
Länge derselben laufen und eine durchaus gleiche Drehung erhalten müssen.


Wird nun bei dem Treibseile die grösste Belastung von 2700 ℔ mit dem Gewichte
von einer Lachter Seil (10 ℔) dividirt, so kommt auf 1 ℔ Treibseil 270 ℔ Last. Bei
dem bessern Klobenseile hingegen kommt auf 1 ℔ Seil = 300 ℔ Last. Die Be-
rechnung, wie viel diese Seile bei jeder Tiefe tragen können, wird sich demnach auf
folgende Weise ergeben:


Wenn wir das Gewicht des Treibsackes oder der Tonne = T, die Last in demselben
= Q, die Tiefe des Schachtes oder Länge des Seiles in Lachtern = L und das Gewicht
einer Lachter von diesem Seile = G setzen, so ist die ganze Last, welche die oberste
Lachter des Seiles zu tragen hat, = Q + T + L . G. Wir haben also die Proportion: Die
Belastung von 2700 ℔ fordert ein Treibseil, dessen Lachter 10 ℔ wiegt; es wird daher
die Belastung von Q + T + L . G ein Seil fordern, dessen Lachter das Gewicht G hat,
oder 2700 : 10 = Q + T + L . G : G, woraus G = . Auf gleiche Art ist bei
dem Klobenseile das Gewicht von einer Seillachter g = .


Aus diesen zwei Gleichungen lassen sich die Gewichte einer Seillachter für jeden
Fall bestimmen, und hieraus der Antrag auf die nöthige Stärke und das Gewicht des
Seiles machen.


[246]Gewichte der Bergwerksseile.
  • Beispiel. Es soll das Gewicht eines Seiles angegeben werden; mittelst welchen man
    bei einem Bergwerke aus einem L = 100 Lachter tiefen Schachte fördern kann,
    wenn Q + T = 1200 ℔ ist.

Nimmt man hiezu ein Seil von gleicher Beschaffenheit wie die Schemnitzer Treibsei-
le, so muss das Gewicht einer Seillachter G = = = 7 ℔, dem-
nach das Gewicht des ganzen Seiles = 7 . 100 = 700 ℔ seyn. Dieses Seil wird von der
ihm anvertrauten Last sammt seinem eigenen Gewichte keine grössere Spannung erleiden,
als jenes zu Schemnitz, und daher dieselbe Sicherheit gewähren, vorausgesetzt, dass es
aus gleich gutem Materiale und auf gleiche Art, wie die Schemnitzer Treibseile ausge-
fertigt wurde. Wäre aber das Seil von gleicher Beschaffenheit, wie ein Klobenseil, so
ist g = = 6 ℔, demnach das Gewicht des ganzen Seiles = 600 ℔.


§. 242.

Die Verfertigung so grosser und schwerer Seile fordert aber eigene Vorrichtungen
und Maschinen, welche desshalb auch bei jedem grössern Bergwerksbetriebe bereits vor-
handen sind. Da diese Maschinen gewöhnlich nur für die Verfertigung bestimmter Gat-
tungen Seile eingerichtet sind, so werden auch ausser diesen Gattungen keine andern
verwendet. Wir wollen nun annehmen, dass das Seil bereits verfertigt, demnach das
Gewicht einer Seillachter gegeben ist
, und untersuchen, wie gross die La-
dung in die Tonne für eine jede Tiefe angenommen werden könne. Nehmen wir den Fall
für die im vorigen §. beschriebenen ungarischen Bergseile an, so ergibt sich das Tra-
gungsvermögen für das Treibseil aus der Gleichung Q + T = (270 — L) 10 und für das
Klobenseil aus Q + T = (300 — L) 6. Nimmt man nun verschiedene Werthe für die
Tiefe an, so erhalten wir folgende Tabelle:


[247]Gewichte der Bergwerksseile.

Aus dieser Tabelle ist zu ersehen:


  • 1tens. Dass es bis zur Tiefe von 200 Lachtern vortheilhafter sey, sich des Treib-
    seiles, wovon die Lachter 10 ℔ wiegt, zu bedienen, weil die Last, wel-
    che dasselbe trägt, grösser ist als bei dem Klobenseile, wovon die Lachter nur
    6 ℔ wiegt.
  • 2tens. Bei der Tiefe von 225 Lachtern ist es gleichgültig, sich eines Treib- oder
    Klobenseiles zu bedienen.
  • 3tens. Uiber diese Tiefe hinaus verdient das Klobenseil den Vorzug, weil man
    nun z. B. bei 250 Lachtern an das Treibseil 200 ℔, an das Klobenseil aber
    300 ℔ anhängen kann.
  • 4tens. Bei der Tiefe von 270 Lachtern kann man an das Treibseil keine Last mehr
    anhängen, folglich dasselbe zum Treiben nicht mehr verwenden. Wenn man
    daher genöthigt ist, mit einem Treibseile aus Schachten zu fördern, deren Tie-
    fe mehr als 270 Lachtern beträgt, so muss diess in mehreren Absätzen über ein-
    ander geschehen.
  • 5tens. Dieser Umstand tritt bei dem Klobenseile erst bei der Tiefe von 300 Lach-
    tern ein.

In dieser Tabelle ist, wie es sich von selbst versteht, auf die Anschaffungs-
kosten der Seile
keine Rücksicht genommen. Gewöhnlich werden Seile nach dem
Gewichte bezahlt, jedoch kostet das Pfund eines Klobenseiles mehr, weil es aus meh-
reren Fäden besteht, und auch aus besserem Hanfe verfertigt werden muss als das
Treibseil. Da aber das Klobenseil wieder leichter ist, so ergibt sich für dieselbe Seil-
länge kein bedeutender Unterschied in den Anschaffungskosten.


§. 243.

Aus der vorstehenden Tabelle folgt noch eine weitere Betrachtung, welche im
letzten Falle, wo die Seile bei einem Bergwerke nach einem gegebenen Maasse ver-
fertigt werden, von Wichtigkeit ist. In Ungarn wird gewöhnlich mit demselben
Seile und derselben Ladung aus verschiedenen Tiefen, nämlich aus allen Strecken,
die vom Tage hinein bis zur grössten Tiefe des Schachtes vorhanden sind, getrie-
ben, jedoch bei den tiefern Strecken die Anzahl der Pferde vermehrt, weil die letz-
tern nebst der beladenen Tonne auch das Gewicht des längern Seiles zu ziehen ha-
ben. Der letzte Umstand entfällt aber, wie wir bereits gesehen haben, bei dem Ge-
brauche eines Spiralkorbes, und es wird also schon dadurch die Mehrzahl der
Pferde, welche wegen der grössern Tiefe benöthigt werden, erspart und nur so viel
Pferde gebraucht, als die Ladung in der Tonne mit Rücksicht auf die Hebelsarme
erfordert.


Diese Bemerkung gilt für jede Tiefe, wenn dieselbe Last in die Tonne gela-
den wird, weil die Pferde bei dem Spiralkorbe nur die Last in der Tonne ohne das
Gewicht des Seiles zu ziehen haben. Nun tritt aber noch der Umstand ein, dass das
Seil auf geringern Tiefen eine grössere Ladung tragen kann, dass also hier die grös-
sern Kosten des schwereren Seiles verloren gehen. Es wäre also vortheilhaft, bei ge-
ringern Tiefen die Ladung nach Verhältniss des Seiles zu vermehren, und dafür zwar
[248]Gewicht der Bergwerksseile.
eine grössere Anzahl Pferde anzuspannen, aber auch in demselben Verhältnisse mehr
Erz heraus zu bringen, und auf solche Art das grössere Gewicht des Seiles vollkom-
men zu benützen.


Ein Beispiel wird diess noch mehr erläutern. Es sey die Tiefe der Strecke 150
Lachtern, das Gewicht der Tonne 100 ℔ und der Ladung 900 ℔, folglich das Gewicht des
Treibseiles = 1500 ℔, und das ganze Gewicht, welches zu Anfange des Treibens am obern
Seilende hängt = 1500 + 1000 = 2500 ℔. Ist das Verhältniss der Hebelsarme = 1 : 2,
so haben die Pferde eine Last von (2500 — 100) ½ = 1200 ℔ zu ziehen. Da hiezu in
Schemnitz 8 Pferde erfordert werden, so kommt auf ein Pferd 150 ℔. Durch den Spi-
ralkorb wird bewirkt, dass die Pferde nur die Last in der Tonne = 900 ℔, und da
diess wegen der Hebelsarme noch mit 2 zu dividiren ist, eigentlich bloss 450 ℔ zu
ziehen haben. Verwendet man hiezu 3 Pferde, so kommt auf ein Pferd auch 150 ℔;
der Gewinn bei der Anwendung des Spiralkorbes besteht daher in der Ersparung von
5 Pferden.


Nehmen wir nun eine zweite Strecke auf der Tiefe von 50 Lachtern an, so be-
trägt für diese Tiefe das Gewicht des Seiles 500 ℔, das Gewicht der Ladung und der
Tonne bei dem bisherigen Verfahren wieder 1000 ℔, also zusammen 1500 ℔ und die
Pferde haben zu ziehen (1500 — 100) ½ = 700 ℔. Werden hiezu 5 Pferde verwendet,
so kommen auf ein Pferd 140 ℔. — Dagegen haben bei dem Gebrauche des Spiralkorbes
die Pferde nur die Last in der Tonne 900 ℔ oder mit 2 dividirt nur 450 ℔ zu ziehen,
es kommen also, wenn 3 Pferde gebraucht werden, auf ein Pferd 150 ℔; der Gewinn
vom Spiralkorbe beträgt daher in diesem Falle zwei Pferde.


Nun ist aber zu bemerken, dass das Seil, wovon jede Lachter 10 ℔ wiegt, für die Last
Q + T = 1000 ℔ zu stark ist, und dass dasselbe Seil gemäss der Tabelle (§. 242) 2200 ℔
tragen könne. Werden in diesem Falle 8 Pferde angewendet, so wird bei jedem Aufzuge
mehr als die doppelte Last zu Tage gefördert. Man sieht also, dass mit demselben Seile
so viel Last und in derselben Zeit gefördert werden könne, als ohne diese Vermehrung
in der doppelten Zeit herausgebracht wird, dass man also mit einem Seile dasselbe be-
wirkt, wozu man sonst zwei gebrauchen muss.


Hieraus ergibt sich nun, dass man, anstatt bei einem cylindrischen Korbe für grös-
sere Tiefen die Anzahl der Pferde zu vermehren, vielmehr bei dem Spiralkorbe die An-
zahl der Pferde bei geringern Tiefen vermehren, und dafür grössere Ladungen heraus-
treiben könne.


§. 244.

Die §. 241 bis §. 243 angeführten Rechnungen gründen sich auf die Erfahrungen,
welche man über den Gebrauch der Seile bei dem Schemnitzer Bergbaue gemacht hat.
Weil aber wegen der Verschiedenheit der Materialien und der Arbeit diese Resultate für
keine allgemeine Vorschrift angenommen werden können, so wird es nothwendig, dass
bei jedem Bergwerke ähnliche Erfahrungen gemacht, und denselben gemäss die Rechnung
auf gleiche Art angestellt werde, woraus sich nun auch ähnliche Resultate ergeben wer-
den. Auf diese Art können also nicht nur die Gewichte der Seile für eine jede gegebene Last,
sondern auch umgekehrt die angemessene Beladung der Tonnen für gegebene Seile in
einem jedem Falle bestimmt werden.


[249]Vorzüge der Ketten vor den Seilen.
§. 245.

Wir haben bereits früher auf die Vorzüge, welche eiserne Ketten vor Seilen be-
sitzen, aufmerksam gemacht. Diese Vorzüge sind nämlich:


  • 1tens. Kann eine eiserne Kette so verfertigt werden, dass eine jede Klafter die gehö-
    rige, der daran hängenden Last entsprechende Stärke und das gehörige Gewicht er-
    hält, demnach nicht stärker und schwerer, als es nothwendig ist, zu seyn braucht.
    Dagegen werden alle langen Bergseile von gleicher Stärke gemacht, sie sind daher
    immer an ihrem untern Ende im Verhältnisse zu ihrer angehängten Last zu schwer.
    Das ganze Gewicht eines Treibseiles fällt daher schwerer, als das Gewicht einer
    gleich langen Treibkette aus.
  • 2tens. Die Dauer eines Treibseiles beträgt gewöhnlich nur 2 bis 3 Jahre, wogegen
    die in Krussna Hora bei dem Pferdegöpel gebrauchte, §. 230 beschriebene Treib-
    kette während 29 Jahren ohne Unterbrechung im Gebrauche war, und noch weit
    länger gedauert hätte, wenn nicht die Förderung der Erze durch den Schacht
    aufgegeben worden wäre. Man darf in dieser Hinsicht die Dauer gut verfertigter
    eiserner Ketten auf 100 und mehr Jahre annehmen, da man wenigstens bei der
    Kette in Krussna Hora gar keine Abnützung gefunden hat.
  • 3tens. Wird bei einer Treibkette ein Glied durch irgend einen Umstand schadhaft,
    so wird diess sehr leicht ausgewechselt, wogegen bei einem Seilbruche keine ähn-
    liche Verbesserung statt finden kann, sondern ein ganz neues Seil herbeigeschafft
    werden muss.

Obgleich die Kette auf Krussna Hora, wie §. 230 angeführt wurde, vor ihrem Ge-Fig.
7.
Tab.
13.

brauche mit einer viel grössern Last versucht worden ist, so hat sich doch nach einigen
Jahren ihrer Verwendung an einem Gliede, welches wie Fig. 7 Tab. 13 zeigt, vierfach ge-
wunden ist, oder aus vier Fäden besteht, bei a, wo die Schweissung vorhanden war, ein
Sprung ergeben. Diese Stelle wurde vom Steiger durch Anbinden eines Zeichens bemerk-
bar gemacht und die Erzförderung während einiger Tage noch fortgesetzt, bis sich näm-
lich die Oeffnung bei a so erweitert hatte, dass die Fortsetzung des Treibens bedenklich
schien. Es wurde nun das Treiben eingestellt und die mangelhafte Stelle durch Ersetzung
eines neuen Gliedes verbessert, in welchem Zustande die Kette sodann ohne allen weitern
Anstand durch die übrigen Jahre gebraucht wurde.


In England ist bereits für die Marine die Verordnung ergangen, sich der Ankerket-
ten statt der Ankerseile zu bedienen, und es dürfte demnach die Zeit nicht mehr ferne
seyn, in welcher dort Ketten statt der Seile, nicht bloss als Ankertaue, sondern auch bei
Bergwerken in Gebrauch kommen dürften, zumal da der rohe Hanf meistens aus fremden
Ländern und vorzüglich aus Russland nach England eingeführt wird.


§. 246.

Es fragt sich nun, wie die Stärke oder das Gewicht für jede einzelne
Klafter einer Treibkette zu bestimmen sey?


Zu diesem Zwecke muss erst durch einen Versuch ausgemittelt werden, welche
Last (q) eine Klafter-Kette, die 1 ℔ wiegt, mit Sicherheit zu tragen im Stande ist.
Gerstners Mechanik. Band I. 32
[250]Gewicht der Treibketten.
Nennen wir nun wieder die Last am untern Ende der Kette = Q + T, so haben wir
die Proportion: die Last q fordert eine Kette, wovon eine Klafter 1 ℔ wiegt, es wird
daher die Last Q + T eine Kette fordern, wovon eine Klafter wiegt, oder
q : 1 = Q + T : , demnach ist das Gewicht der untersten oder ersten Klaf-
ter-Kette
= (I).


Es wird daher auch das Gewicht der angehängten Last und der ersten Klafter
Kette = Q + T + seyn (II).


Da dieses Gewicht an der zweiten Kettenklafter hängt, so bestimmt sich das Ge-
wicht der zweiten Klafter-Kette
aus der Proportion:
q : 1 = (III).


Es wird daher auch das Gewicht der Last und der zwei ersten Klaftern Kette
= seyn (IV).


Da dieses Gewicht an der dritten Kettenklafter hängt, so bestimmt sich das Ge-
wicht der dritten Klafter-Kette
aus der Proportion:
q : 1 = (V).


Es wird daher auch das Gewicht der Last und der drei ersten Klaftern Kette
= seyn (VI).


Auf gleiche Art ergibt sich das Gewicht der vierten Klafter-Kette
= (VII); und gleichfalls beträgt das Gewicht der Last und der
vier ersten Klaftern Kette = (VIII).


Nennen wir nun die Anzahl Klaftern, welche in der ganzen Länge der Kette ent-
halten sind = n, so ist
das Gewicht der nten Klafter-Kette = (IX),
und das Gewicht der am Ende der Kette angehängten Last sammt der ganzen Kette
= (X); demnach ist das Gewicht der ganzen Kette allein
= (XI).


Diese Ausdrücke geben für jeden Fall sowohl die Gewichte der einzelnen Ketten-
klaftern, als auch das Gewicht der ganzen Kette. Wir ersehen aus dem Ausdrucke IX,
dass die Gewichte der gleich langen auf einander folgenden Stücke
[251]Gewicht der Treibketten.
der Kette von unten nach oben in einer geometrischen Progression
zunehmen müssen, wenn das Tragungsvermögen in jedem Querschnit-
te der Kette gleich seyn soll
. *)


§. 247.

Da es beschwerlich ist, die Gewichte einer jeden einzelnen Klafter Kette zu berech-
nen, und da dieselben ohnehin in der Nähe nicht viel von einander abweichen, so kann
man zur Erleichterung der Rechnung annehmen, dass z. B. immer fünf Klafter der Kette
eine gleiche Stärke erhalten. Unter dieser Voraussetzung ergibt sich auf gleiche Art,
wie im vorigen §.


32 *
[252]Gewicht der Treibketten.
  • das Gewicht der ersten 5 Klafter Kette   = 5 (I).
  • — — — zweiten — —   = 5 (II).
  • — — — dritten — —   = 5 (III).
  • . . . . . . . . . . . . . . . . . .
  • — — — letzten — —   = 5 (IV).
  • und das Gewicht der ganzen Kette von n Kl. Länge = . (V).

§. 248.

Beispiel. Betrachten wir wieder den Fall §. 241, wo Q + T = 1200 und die
Tiefe = 100 Klafter war, und nehmen wir weiter an, dass eine Klafter Kette, die 1 ℔
wiegt, nur so viel wie ein Klobenseil oder 300 ℔ = q tragen könne, so ist
nach §. 246, XI das Gewicht der 100 Klafter langen Kette
= = 1200 . 0,3948 = 473,8 ℔.


Wir haben aber für ein Klobenseil §. 241 das Gewicht desselben = 600 ℔ gefunden,
folglich ist die Treibkette, wenn man das Tragungsvermögen des
Hanfes und Eisens gleich annimmt
, um 126,2 ℔, oder um ein Fünftheil
leichter als das Treibseil
.


Auf gleiche Art ergeben sich die Gewichte der einzelnen Kettenklaftern, wenn man
in den §. 246 hiefür gefundenen Formeln unsere Werthe substituirt. Es ist nämlich nach
I das Gewicht der ersten Klafterkette = = 4 ℔. Berechnen wir nun
die weitern Gewichte von 10 zu 10 Klafter, so ist, wenn n = 10 in der Formel IX sub-
stituirt wird, das Gewicht der 10ten Klafter = = 4,12 ℔. Nimmt
man ferner für n die Werthe 20, 30, … an, so ergeben sich die entsprechenden Ge-
wichte einer Kettenklafter, und zwar

Man sieht hieraus, dass die oberste Klafter um 3/8tel mehr als die unterste wiegt.


Da es zu beschwerlich und überflüssig ist, die Gewichte der Kette von Klafter zu
Klafter zu berechnen, so kann man dieselben nach den Formeln §. 247 bloss von 5 zu 5
Klafter bestimmen. Demnach ergibt sich:


[253]Absolute Festigkeit des Eisens.

Werden diese 20 Gewichte summirt, so ergibt sich das Gewicht der ganzen Kette
= 470,14 ℔. Wird dagegen dieses Gewicht aus dem Ausdrucke V, §. 247 berechnet, so
findet man 470,136 ℔. Diese zwei Werthe mit dem frühern von 473,8 ℔ (nach §. 246, XI)
und jenem in der Note unter dem Texte genau berechneten von 474,75 ℔ verglichen, zei-
gen, dass man in der Ausübung nach einer oder der andern Formel rechnen kann.


§. 249.

Das Eisen wird bei dem Maschinen- und Bauwesen immer mehr und mehr verwendet
und hat in den letztern Zeiten eine neue Anwendung bei dem Baue der Kettenbrü-
cken
gefunden. Aus dieser Ursache wurden auch in den letztern Zeiten sehr viele Ver-
suche über die Tragungsfähigkeit desselben gemacht, und in den hierüber erschienenen
Schriften angeführt.


Eine Zusammenstellung vieler Versuche über die Festigkeit verschiedener Kör-
per findet man in dem vortrefflichen Handbuche der Statik fester Körper vom k.
preuss. Oberlandesbaudirektor, Herrn J. A. Eytelwein, Berlin, 1808, 2ter Band. Eine
Zusammenstellung der neuern Versuche über die Festigkeit der Körper befindet sich im
5ten und 12ten Band der Jahrbücher des k. k. polytechnischen Institutes in Wien. Die
wichtigsten in Frankreich und England zu gleichem Zwecke angestellten Versuche finden
sich in dem: Résumé des Leçons données à l’ école royale des ponts et chaussées,
Première partie, par M. Navier,
Paris, 1826 zusammengestellt. Wir heben aus die-
sen Schriften bloss die vorzüglichsten Versuche im Nachstehenden aus.


Musschenbroek führt in den Physicae experimentales et Geometricae dissertatio-
nes, Viennae, Pragae et Tergesti,
1756; Introductio ad cohaerentiam corporum fir-
morum
pag. 85 an, dass derselbe zum Versuche der absoluten Festigkeit verschiedener
Metalle, Drähte verfertigen liess, die durch bestimmte Oeffnungen gezogen wurden, um
vollkommen gleiche Durchmesser zu erhalten. Hievon hatte der stärkste Draht einen
Durchmesser d = 1/10 Rheinländer Zoll, demnach einen Querschnitt von
3,14150. = 0,007854 Rheinländer Quadratzoll. Der nächst folgende Draht war um ¼tel
schwächer, demnach sein Querschnitt = 0,005891 Rhl. Quad. Zoll. Der dritte Draht hat-
te den halben Querschnitt vom ersten = 0,003927 Rhl. Quad. Zoll; der vierte endlich
[254]Absolute Festigkeit des Eisens.
hatte bloss den 4ten Theil der Stärke des ersten Drahtes = 0,001964 Rhl. Quad. Zoll. Der
erste Draht wurde durch ein Gewicht von 450 Amsterdamer Pfund, welche nach und nach
angehängt wurden, zerrissen; auf gleiche Art der zweite Draht durch 310, der dritte
durch 230 und der vierte durch 130 ℔. Da nun ein Rheinl. Fuss = 0,993 Wiener Fuss und
ein Amsterdamer Pfund = 0,8806 Wiener Pfund, so gibt die Reduktion, dass der Quer-
schnitt von einem Wiener Quadratzoll im ersten Falle durch 51168 Wiener Pfund, im
zweiten Falle durch 46995, im dritten durch 52306, und im vierten durch 59113 Wiener
Pfund zerrissen wurde. Das Mittel hievon gibt 52396 Pfund oder beiläufig 524 Zentner, von
welchen ein Eisendraht mit einem N. Oe. Quad. Zoll Querschnitt zer-
rissen wurde
.


Weitere Versuche führt Musschenbrock in seiner Introductio ad philosophiam na-
turalem, T. I. Lugd.
1762. C. 21. pag. 414 etc. an. Die Querschnitte der untersuchten
Körper waren Quadrate. Nachstehende Tabelle enthält die Mittelwerthe der Versuche.

§. 250.

In den Traité de l’ Art de bâtir, tome IV, pag. 500 werden folgende Versuche
angeführt, welche die Herren Soufflot und Rondelet mit schmiedeeisernen Stäben an-
stellten, die in der Richtung ihrer Länge belastet wurden. Die Länge dieser eisernen
Stäbe betrug beinahe 2 Fuss. Bei der Redukzion wurde 1 franz. Fuss = 1,0276 N. Oe. Fuss
und 1 franz. ℔ (Livre) = 0,8741 N. Oe. ℔ angenommen.


[255]Absolute Festigkeit des Eisens.

Aus diesen Versuchen erhellet, dass unter den angeführten Eisengattungen die Fe-
stigkeit des faserigen Eisens grösser, als jene des körnigen war, jedoch sind die Festig-
keiten des Eisens überhaupt so verschieden, dass sich keineswegs eine allgemeine Regel
hieraus ableiten lässt.


§. 251.

Bei den nachfolgenden Versuchen ist bei der Redukzion 1 engl. Fuss = 0,9642 N. Oe.
Fuss, und 1 engl. Tonne = 20 engl. Zentner à 112 engl. ℔, dann 1 engl. ℔ = 0,8092
N. Oe. ℔ angenommen.


[256]Absolute Festigkeit des Eisens.

Versuche über die absolute Festigkeit des Schmiedeeisens, Stahles und Gusseisens
von den Herren Thomas Telford und Capt. Brown in England.


[257]Absolute Festigkeit des Eisens.

Uiber die vorstehenden Versuche ist zu bemerken, dass man die Gewichte, wovon
der Bruch in den ersten neun Versuchen erfolgte, für etwas zu hoch, und im Gegen-
theile bei den Versuchen von Nro. 10 bis 20, welche Capitaine Brown anstellte, die gefun-
denen Gewichte für zu gering angeschlagen hält, welches beides von der besondern Kon-
struktion des Apparates, der hiebei gebraucht wurde, gefolgert wird.


§. 252.

Herr Brunel in England hat ebenfalls Versuche über die Festigkeit schmied-
eiserner Stäbe
von beiläufig 3/8 Zoll Stärke gemacht. Das Resultat von 20 V ersuchen
gibt, dass ein englischer Quadratzoll von dem besten Yorkshire-Eisen durch 32 Tonnen
8 Zentner, und von der zweiten Qualität desselben Eisens durch 30 Tonnen 8 Zentner
zerrissen wird; im ersten Falle erhalten wir für einen N. Oe. Quad. Zoll 63225 Pfund, im
zweiten Falle aber 59322 Pfund.


§. 253.

Herr G. Rennie in England hat mit Stäben von Stahl, wovon jede Quadratseite
¼ englischen Zoll hatte, Versuche angestellt und hiebei gefunden, dass ein solcher Stab
Gusstahl (tilted steel) von 8391, Blasenstahl (blistered steel) von 8322 und Scherstahl
(shear steel) von 7977 livres avoir du poids zerriss. Im ersten Falle erhalten wir für
einen N. Oe. Quad. Zoll 116958 ℔, im zweiten 115996 ℔, und im dritten 111188 ℔; wir
sehen daher, dass der Stahl ein beiläufig doppelt so grosses Gewicht als Schmiedeeisen
zum Zerreissen erfordert.


§. 254.

Capitaine Brown hat ebenfalls Versuche über die Festigkeit des Gusseisens
angestellt und bei vier Stangen, deren jede 1¼ engl. Zoll in der Quadratseite hatte, im
Mittel ein Gewicht von 13 Tonnen 3 Zentnern, bei einer fünften Stange aber, deren
Querschnitt nur einen Quad. Zoll betrug, 11 Tonnen und 10 Zentner, als das zum Zerreis-
sen erforderliche Gewicht gefunden. Das Mittel hievon gibt für den N. Oe. Quad. Zoll
19432 N. Oe. ℔.


Herr Georg Rennie hat ebenfalls Versuche über die absolute Festigkeit des
Gusseisens
angestellt und gefunden, dass Stäbe, deren Quadratseite ¼ Zoll betrug,
wenn sie horizontal gegossen waren, von 1166, wenn sie aber vertikal ge-
gossen
waren, von 1218 livres avoir du poids zerrissen wurden; diess gibt im ersten
Falle 16252 N. Oe. ℔; im zweiten Falle aber 16977 N. Oe. ℔, für den N. Oe. Quad. Zoll.


§. 255.

Die Versuche, welche Herr Navier über die Festigkeit des Eisens mit ge-
walzten Blechstreifen, die theils nach der Länge, theils auch nach der Quere der Ta-
feln abgeschnitten wurden, anstellte, gaben folgende Resultate:


Gerstners Mechanik. Band I. 33
[258]Absolute Festigkeit des Eisens.
§. 256.

Uiber die Festigkeit eiserner Drähte, wovon mehrere Drahtbrücken von be-
deutender Grösse in Frankreich erbaut wurden, hat man ebenfalls vielfältige Versuche
angestellt. In der Description du Pont suspendu en fil de fer, construit à Genève;
par G. H. Dufour, Paris
1824, werden mehrere Versuche angeführt, die mit Dräh-
ten, welche in der Richtung ihrer Länge belastet wurden, angestellt worden sind; die
folgenden Zahlen enthalten die mittlern Resultate, welche aus mehreren Versuchen für
jede Gattung Draht erhalten wurden.


[259]Eigene Versuche über das Eisen.

Diese Versuche zeigen, dass die Festigkeit des Drahtes beiläufig um die Hälfte grösser,
als jene des gewöhnlichen Schmiedeeisens ist, wovon die Ursache in dem Umstande
liegt, dass bei dem Drahtziehen alle jene Stücke zerreissen, die fehlerhaft sind. Wei-
ters hat man gefunden, dass die absolute Festigkeit des ausgeglühten Drahtes nur et-
was mehr als die Hälfte der Festigkeit des unausgeglühten Drahtes betrug.


§. 257.

Im Jahre 1824 wurde mein Vater als Landeswasserbaudirektor aufgefordert, ein
Gutachten über die Anwendbarkeit des in Böhmen erzeugten Eisens zum Baue einer
in Prag über den Moldaufluss zu errichtenden Kettenbrücke abzugeben. Diess veran-
lasste denselben, vorläufig über die Festigkeit, Ausdehnung und Elastici-
tät des Eisens
mehrere Versuche anzustellen, um über die Verhältnisse dieser drei
Potenzen eine nähere Aufklärung und hiedurch einen Leitfaden zur Prüfung der, von
den vorzüglichsten böhmischen Eisenwerken eingeschickten Probeketten zu erhalten.
Der Zweck dieser Versuche ging hauptsächlich dahin, für jede gegebene Belastung der
Brücke nicht nur die nöthige Stärke und das erforderliche Gewicht der Ketten
mit vollkommener Sicherheit zu bestimmen, sondern auch der weitern Ausdehnung
dieser Ketten
auf eine solche Art vorzubeugen, damit hiedurch sowohl die Mög-
lichkeit eines Bruches, als auch das Schlappwerden der Ketten und das bedenkliche
Einsinken der Mitte der Brücken verhütet werde. Dieser doppelte Zweck konnte nur
durch genaue Versuche über die mit jeder Belastung verbundene Ausdehnung des Ei-
sens und über die Grade des Zurückgehens zur vorigen Länge nach aufgehobener Belas-
tung, oder über den Elasticitätszustand des ausgedehnten Eisens erreicht werden.


Die Vermuthung, dass die von mehreren Physikern, vorzüglich in der Nähe des
Bruches beobachteten Irregularitäten in den Mischungsverhältnissen der verschiedenen
fremdartigen Theile des Eisens ihren Grund haben dürften, gab den Anlass, diese
Versuche zuerst mit einem möglichst gleichartigen Eisen vorzunehmen, um aus den Re-
sultaten derselben bestimmte Gesetze abzuleiten, und diese sodann jenen Versuchen
entgegen zu halten, welche mit dem gewöhnlichen Eisen anzustellen wären.


Man glaubte die Eigenschaft einer vollkommenen Gleichförmigkeit des
Eisens in einem vorzüglichen Grade bei jenen Drahtsorten zu finden, welche zu
musikalischen Instrumenten, Clavier, Fortepiano u. dgl. angewendet werden,
indem für die gleiche Beschaffenheit und Festigkeit dieser Drähte die bekannte Erfah-
rung spricht, dass die ungleichartigen Stellen bei dem Drahtziehen zerreissen, dem-
nach nur das gleichförmigste Eisen im Drahte übrig bleibt. Uiberdiess kann auch aus
der Reinheit des Tones auf die gleichförmige Beschaffenheit des Metalles aus physi-
kalischen Gründen geschlossen werden; endlich ist auch bekannt, dass bei dem Stim-
men solcher Instrumente diejenigen Saiten, welche einen Misston verrathen, oder den
Ton nicht halten wollen, und ihrer Spannung unverhältnissmässig nachgeben, bei ihrer Er-
höhung abspringen. In dieser Hinsicht hat man diejenigen Versuche, wobei die Drahtsai-
ten ein plötzliches Nachgeben, oder eine andere Irregularität an Tag legten, weggelas-
sen, und bloss jene aufgenommen, wobei die Beschaffenheit des Drahtes sich bis zum
Zerreissen als vollkommen gleichförmig dargestellt hatte.


33 *
[260]Eigene Versuche über das Eisen.

Nachdem auf diese Art die gebräuchlichsten Clavierdrähte geprüft waren, wur-
den auf gleiche Weise gemeine Drähte und gewöhnliche stählerne Uhrfedern,
wie auch Kettenstücke, die aus Blechstreifen ausgeschnitten waren, und zu
den Kettenbrückenmodellen am technischen Institute zu dienen hatten, versucht. Zu-
letzt wurde zur Prüfung derjenigen Kettenmuster geschritten, welche vorläufig von den
vorzüglichsten böhmischen Eisenwerken nach dem Maasstabe des vierten Theiles der
natürlichen Grösse bestellt und zu dem Zwecke eingesendet wurden, um durch vorzuneh-
mende Proben die Qualität jeder Eisengattung zu erforschen und über die Anwendbar-
keit derselben bei Kettenbrücken einen Schluss fassen zu können.


Es wäre zu weitläufig und für den gegenwärtigen Zweck auch überflüssig, das ganze
Detail dieser Versuche hier umständlich anzuführen; wir liefern demnach nur die ersten
Versuche, weil die daraus abgeleiteten allgemeinen Gesetze zur Prüfung aller andern
Eisengattungen auf gleiche Art benützt werden können.


§. 258.

Fig.
7.
Tab.
14.

Der Apparat, dessen man sich bei diesen Versuchen bediente, bestand aus zwei auf
dem Bodengerüste E F aufgestellten Säulen G C, auf welche der Hebel m B gelegt wur-
de. Die zwei Säulen dienten, so wie bei der Schnellwage der eisernen Achse c des He-
bels zur Unterstützung. An dem Hebel wurde der Stab m A von 132½ Zoll = 11 Fuss ½ Zoll
Länge angebracht, und das Gewicht dieses Stabes mit dem Hebel m B durch zugelegte Ge-
wichte gehörig ausgeglichen. Das Ende des Stabes lief in eine Spitze zu, welche an der ne-
benstehenden in Zolle und Linien eingetheilten Skale A D die Ausdehnung des, auf der Ent-
fernung m C = 2½ Zoll eingespannten Drahtes m n in einem = 54mal
grösseren Maasstabe anzeigte. Die Abtheilungen des Hebels C B von C bis 1, von 1
bis 2, von 2 bis 3 ..... waren eben so gross, wie die Entfernung des eingespannten
Drahtes, nämlich m C = 2½ Zoll.


Der Draht m n wurde bei m und n auf dieselbe Art, wie bei einem Claviere auf einem
hinreichend starken Cylinder (oder Wirbel) befestigt, jedoch mit dem Unterschiede, dass
an dem Cylinder ein Sperrad angebracht war, mittelst welchen sowohl der Draht in
die gerade Richtung gespannt, als auch dem Hebel selbst eine solche Stellung ertheilt
wurde, damit die horizontale Lage des Zeigers beiläufig in die Mitte der an der Skale
beschriebenen Räume fallen, und auf solche Art keine weitere Korrection hinsichtlich des
Winkels, den der Zeiger mit der senkrechten Skale macht, nöthig werden möchte. Die
Entfernung der zwei Cylinder (Wirbel) von Achse zu Achse, oder die Länge des ge-
spannten Drahtes m n betrug vor dem Versuche 4 Fuss 10 Zoll = 696 Linien.


Zu Anfang der Versuche befand sich der Draht m n ohne Spannung, welches man
durch eine gelinde Berührung des Hebels beobachtete. Die Versuche geschahen durch
Verschiebung eines bestimmten Laufgewichtes auf dem Hebelsarme C B, von 2½ zu 2½
Zoll. Am Ende dieses Hebels C B befand sich die Stellschraube H zu dem Zwecke, um
den Hebel in seiner Lage bei dem Verschieben des Laufgewichtes zu unterstützen und dem
Drahte keine stärkere Spannung beizubringen, als derselbe durch die Schwere des Lauf-
[261]Eigene Versuche über das Eisen.
gewichtes erhalten sollte. Nach der Verschiebung des Laufgewichtes von einer Abthei-
lung zur andern wurde nämlich die Stellschraube so weit nachgelassen, bis das Laufge-
wicht frei wurde und der Draht die ganze Spannung erhielt. Nunmehr wurde die Aus-
dehnung des Drahtes am Zeiger beobachtet, und vor der abermaligen Verschiebung die
Schraube unter dem Hebel so weit erhöht, bis sie ihn berührte, ohne eine Aenderung am
Zeiger zu bewirken. Dann wurde das Laufgewicht abermals verschoben und so fortge-
fahren, bis der Draht die Spannkraft des Laufgewichtes nicht mehr aushalten konnte,
und bei dem Niedrigerstellen der Schraube zerriss. Hiebei ist noch zu bemerken, dass
nach jeder Verrückung des Laufgewichtes eine Zeit von 10 bis 12 Minuten abgewartet,
und hierauf erst die Ausdehnung des geprüften Drahtes an der Skale in dem erwähn-
ten 54mal grössern Maasse gemessen wurde.


Um die Durchmesser der versuchten Drähte genau zu bestimmen, wur-
den dieselben auf einen grösseren Cylinder gewunden, dabei fest an einander gescho-
ben und die Windungen abgezählt, wie viele sich in einem bestimmten Raume befanden.
Aus diesen Ausmessungen wurde nun der Durchmesser eines jeden einzelnen Drahtes bei
allen folgenden Versuchen berechnet.


§. 259.

Wir wollen nunmehr von den angestellten vielen Versuchen einen umständlich mitthei-
len, und hiezu jenen wählen, welcher mit einem Clavierdrahte von = 0,3 Linien
im Durchmesser gemacht wurde.


Bei dem ersten Versuche wurde ein Laufgewicht von 4 ℔ auf die erste Entfer-
nung C 1 = C m = 2½'' mit Vorsicht aufgelegt, die Spannung des Drahtes m n war daher
auch 4 ℔; seine Ausdehnung betrug nach Verlauf einer Zeit von 10 bis 12 Minuten an
der Skale A D gemessen 14 Linien, folglich die wahre Ausdehnung des Drahtes bei m
bloss = 0,2593 Linien. Hierauf wurde das Laufgewicht abgenommen, und der Draht
ging auf seine vorige Länge zurück.


Bei dem zweiten Versuche wurden die 4 ℔ abermals in 1 aufgelegt, und der
Draht zeigte wieder in A die Ausdehnung von 14 Linien. Itzt wurde das Laufgewicht auf die
zweite Entfernung oder 5 Zoll von der Achse verschoben, und die Ausdehnung betrug auf
der Skale bei A gemessen 28 Linien, folglich war die wirkliche Ausdehnung des Drahtes
m n = = 0,5185 Linien.


Nun schob man das Laufgewicht von 2 nach 1 zurück, wobei der Zeiger auf der
Höhe von 14 Linien stehen blieb, und als das Laufgewicht aufgehoben wurde, kam der
Zeiger bei einer gelinden Berührung auf 1.


Bei dem dritten Versuche wurde das Laufgewicht abermals mit aller Vorsicht
auf die erste Abtheilung bei 1 gestellt; es zeigten sich an der Skale 14 Linien; als das
Laufgewicht auf 2 kam, zeigte die Skale 28, als dasselbe aber auf die dritte Abtheilung
kam, zeigte die Skale 43 Linien. Demnach war die grösste Ausdehnung die durch
[262]Eigene Versuche über das Eisen.
3 . 4 = 12 ℔ bewirkt wurde = = 0,7968 Linien. Nun wurde das Laufgewicht wieder
auf die zweite Abtheilung zurückgeschoben, und die Ausdehnung bei A war 29, auf der
ersten Abtheilung war sie 15 und bei dem Abnehmen des Laufgewichtes war sie 2, der
Draht ist daher auf seine ursprüngliche Länge nicht mehr zurückgegangen, sondern be-
hielt die Ausdehnung von = 0,0370 Linien bei.


Bei dem vierten Versuche waren bei dem Hinausschieben des Laufgewichtes
auf die Entfernung 1, 2, 3 die Ausdehnungen wie im dritten Versuche = 15, 29 und 43;
als aber das Laufgewicht auf die vierfache Entfernung verschoben wurde, war die Aus-
dehnung = 58, und sie ging bei dem Zurückschieben zu 3 auf 44, zu 2 auf 30, zu 1 auf 17
zurück, und als das Laufgewicht aufgehoben wurde, blieb die Ausdehnung = 3.


Die folgende Tabelle enthält die weitern Versuche mit diesem Drahte, wobei zu be-
merken, dass dieselben eben so angestellt sind, wie es bei den ersten vier Versuchen an-
geführt wurde. Es haben sich daher, so oft von einer Reihe in die nächst folgende über-
gegangen wurde, alle Ziffern bis zur vorletzten wiederholt; wenn aber das Laufgewicht
auf die letzte Abtheilung aufgelegt wurde, hat sich der Zustand der Ausdehnungsfähigkeit
des Eisens geändert, und es wurden bei dem Zurückschieben auf die vorhergehenden Ab-
theilungen diejenigen Längen beobachtet, die hier in den horizontalen Reihen rückwärts
hinter jeder am Ende stehenden Zahl angeführt sind. Es müssen daher auch alle Versuche
in der Tabelle auf die Art rückwärts gelesen werden, wie es oben bei der Beschreibung
der ersten vier Versuche angeführt wurde.


In dieser Tabelle enthält die zweite Rubrik die bleibende Ausdehnung des
Drahtes, welche von dem grössten bei jeder horizontalen Versuchsreihe angehäng-
[263]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
ten Gewichte bewirkt wurde; diese betrug demnach bei dem Verschieben des Lauf-
gewichtes auf die 13te Entfernung = 1,2407 Linien.


§. 260.

Aus diesen 13 Versuchsreihen wollen wir nunmehr das Gesetz für die grösste Ausdeh-
nung suchen, welche durch das bei jedem Versuche angegebene grösste Gewicht be-
wirkt wurde. Stellen wir nämlich die angehängten Gewichte mit den hiedurch bewirkten
grössten Ausdehnungen zusammen, so erhalten wir folgende Tabelle.


Vergleichen wir hierin die Gewichte p mit den hiedurch
bewirkten Ausdehnungen e, so sehen wir, dass anfangs die
Gewichte von 4 ℔ und 8 ℔ die Ausdehnungen von 14 und 28
bewirkten; es waren daher die Gewichte p den Ausdehnungen
e proportional; bei den folgenden Versuchen weicht jedoch
die Proportionalität immer mehr und mehr ab. Wir können
daher zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen dem jedes-
mal angehängten Gewichte p und der beobachteten Ausdeh-
nung e die Gleichung p = A . e + B . e2 + C . e3 ......
annehmen. Substituirt man in dieser allgemeinen Gleichung
die Werthe aus dem 2ten, 4ten, 6ten, 8ten, 10ten und 12ten Versu-
che, so erhalten wir folgende sechs Gleichungen:

Wird in diesen Gleichungen mit den Coeffizienten von A dividirt, so erhalten wir:
[264]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.

Zieht man nun die erste Gleichung von der zweiten, die zweite von der dritten u. s. w.
ab, und dividirt eine jede Gleichung mit dem Coeffizienten bei B, so ergeben sich:

Zieht man diese fünf Gleichungen von einander ab, so sind die Differenzen im ersten
Gliede bald positiv bald negativ, und zwar von der Art, dass sie sich beinahe aufheben.
Da aber auch diese Differenzen an und für sich sehr klein und den Faktoren von C nicht
proportional sind, so sieht man, dass sie von C und die Festigkeit p von C . e3 nicht abhän-
gen könne, demnach C = 0 gesetzt werden müsse. Auf gleiche Weise fallen alle Glieder mit
der 4ten und einer jeden höhern Potenz weg. Werden itzt diese fünf Gleichungen addirt,
und durch 5 dividirt, so folgt B = — 542 . 0,000334. Wir sehen also, dass B das negative
Zeichen erhält, welches auch daraus hervorgeht, weil die Werthe von e in einem grös-
sern Verhältnisse als jene von p steigen, folglich eine Gleichung zwischen p und e nur in
dem Falle statt finden kann, wenn von der Grösse A . e eine andere, nämlich B . e2 ab-
gezogen wird.


Wird dieser Werth in die obigen sechs Gleichungen, wo A von seinem Coeffizienten
bereits befreit erscheint, substituirt, so erhalten wir:

Werden nun diese Gleichungen summirt und weiter reducirt, so folgt A = 54 . 0,295079.


Substituiren wir diese Werthe für A und B in die erste Gleichung, so ergibt sich:
p = 54 . 0,295079 . e — 542. 0,000334 . e2, welches die Gleichung zwischen dem angehäng-
ten Gewichte p und der hiedurch bewirkten Ausdehnung e ist.


[265]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
§. 261.

Wir wollen nunmehr sehen, welches der grösste Werth für p sey, d. h.
bei welchem Gewichte das Zerreissen des Drahtes erfolgt, und wie viel die grösste Aus-
dehnung
desselben betrage.


Um diess auf eine allgemeine Art zu finden, wollen wir wieder auf die allgemeine
Gleichung p = A . e — B . e2 = B . e zurückgehen. *)


Beschreiben wir auf dem Durchmesser = A D einen Kreis, und schneiden hievonFig.
2.
Tab.
1.

das Stück A B = e ab, so ist E B2 = e ; und E B wird am grössten, wenn
— e = e, folglich e = ist. Setzen wir diesen Werth = E, so ist E = (II).


Hieraus folgt B = , und diess in I substituirt, gibt die allgemeine Gleichung
p = A . e — . e2 (III).


Setzt man in diesem Ausdrucke E statt e, so ergibt sich das Maximum von p, wel-
ches wir wieder P nennen wollen, P = A . E — . E = oder A = (IV).


Wird diess endlich in die allgemeine Gleichung III substituirt, so ist
p = 2 P . — P . oder (V).


Dieser Ausdruck enthält die allgemeine Gleichung, welche zwischen dem grössten
Gewichte (P), welches ein Draht tragen kann, der grössten hiedurch bewirkten Ausdeh-
nung E, der zufälligen Belastung p und der hiedurch bewirkten Ausdehnung e statt fin-
det. Hieraus folgt:


  • 1tens. Setzt man e = E, so wird auch p = P, wie es der Bedingniss der Aufgabe
    gemäss ist.
  • 2tens. Das Eisen bleibt vollkommen elastisch, d. h. die Ausdehnung e ist dem p
    proportional, so lange sehr klein ist. In diesem Falle haben wir nämlich
    , woraus die Proportion p : P = e : folgt, wo also p dem e pro-
    portional ist. Dieser Satz, dass die von kleinen Gewichten bewirkten Ausdehnun-
    gen den Lasten proportional sind, erscheint bereits in allen physikalischen Schriften.
  • 3tens. Wenn aber die Ausdehnung grösser ist, oder das Eisen mehr gespannt wird, so
    zeigt der obige Ausdruck die jedesmalige Ausdehnung an, welche der Spannkraft
    das Gleichgewicht hält. Wenn man nämlich in der Gleichung V die Zeichen ändert, und
    Gerstner’s Mechanik. Band I. 34
    [266]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
    1 auf jeder Seite addirt, so ist und wird hier beiderseits
    die Wurzel gezogen, so ist , woraus
    folgt. (VI).

Wird in diesem Ausdrucke p = P gesetzt, so ist e = E; also gibt der Werth
p = P die Ausdehnung, welche bei dem Maximum von p statt findet. Auch sehen
wir aus dieser Gleichung, dass kein grösseres Gewicht als P vom Drahte getragen
werden kann; denn wollte man p grösser als P annehmen, so würde
unmöglich oder imaginär, also auch die Ausdehnung und das Tragungsvermögen un-
möglich.


§. 262.

Zur Bestätigung der Richtigkeit unserer Rechnungen wollen wir die Seite 262 ange-
führte Versuchsreihe nach der aufgestellten Formel berechnen.


Wir haben nach dem Ausdrucke II des vorigen §. die grösste Ausdehnung
Linien, welches im Vergleiche mit der Länge
des Drahtes von 696 Linien den 85ten Theil beträgt. Nach IV ist das grösste Gewicht,
welches der Draht zu tragen vermag, ℔. Werden die-
se zwei Werthe in dem Ausdrucke VI substituirt, so folgt .
Will man aber die Ausdehnungen, so wie bei der Versuchsreihe Seite 262, 54mal grösser
erhalten, um sie unmittelbar mit einander vergleichen zu können, so haben wir
. Diese Werthe ergeben sich nach den §. 260 in An-
schlag genommenen 6 Versuchen; werden jedoch alle 13 Versuche berücksichtigt, so er-
gibt sich die Gleichung , worin P = 65 ℔. Nimmt man

nunmehr für p die Werthe von 4, 8, 12, 16 …
an, und stellt dieselben mit den bei den Ver-
suchen gefundenen Werthen zusammen, so
ergibt sich folgende Tabelle:


Aus dieser Tabelle ersieht man, dass die
Unterschiede, obgleich sie 54mal grösser er-
scheinen, dennoch sehr unbedeutend sind,
woraus also die Richtigkeit unserer abgelei-
teten Formel erhellet. Hiebei muss jedoch
abermals bemerkt werden, dass die Versuche
mit jeder Drahtgattung (jedem Nro. des Drah-
tes) 4 bis 5mal wiederholt wurden; dass hie-
bei alle Versuche mit jenen Drähten, die Ir-
regularitäten an Tag gelegt haben, ausgelas-
sen und demnach nur jene beibehalten wur-
[267]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
den, wo die Unterschiede höchstens 1/10 Linie unter einander betragen haben, und man al-
so auf ein vollkommen gleichförmiges Eisen schliessen konnte. Da nun auch aus diesen
3 oder 4 Versuchen immer das Mittel genommen wurde, so können die angeführten
Zahlen als vollkommen richtig angesehen werden.


Wenn man aus dem obigen Versuche das grösste Gewicht noch berechnen will, wel-
ches der Querschnitt von einem N. Oe. Quad. Zoll zu tragen im Stande ist, so ergibt
sich diess 144 = 132417 ℔ = 1324 Zentner.


§. 263.

Nebst dem Seite 262 angeführten Versuche Nro. 1 wurden auf gleiche Weise noch
mehr andere Drahtgattungen wie auch Stahlfedern untersucht; wir wollen daher einige
von diesen Versuchen noch anführen.


Versuch Nro. 2.

Mit einem Clavierdrahte, dessen Durchmesser = = 0,205 Linien betrug. Die
Länge des gespannten Drahtes war 4 Fuss 10 Zoll = 696 Linien, wie bei dem ersten Ver-
suche. Die Ausdehnungen wurden von dem Zeiger gleichfalls 54mal grösser angegeben.
Das Laufgewicht war 2¼ ℔.


Die Gleichung für die Ausdehnung dieses
Drahtes ist .


Die mittlere Ausdehnung, welche bei der
grössten Belastung dieses Drahtes statt findet,
ist für jede andere Länge L desselben Drah-
tes .


Die grösste Belastung, bei deren Uiber-
schreitung dieser Draht zerreisst, ist
P = 14 . 2¼ = 31,5 ℔.


Die grösste Last, welche demnach auf den
Querschnitt von einen N. Oe. Quad. Zoll aus-
fällt, ist
. 144 = 138040
N. Oe. Pfund, oder 1380 Zentner.


34 *
[268]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
Versuch Nro. 3.

Mit einem Clavierdrahte, dessen Durchmesser = 0,243 Linien gefunden wurde.
Die Länge des gespannten Drahtes war, wie bei den frühern Versuchen = 696 Linien und
die Ausdehnungen desselben wurden von dem Zeiger ebenfalls 54mal grösser angegeben.
Das Laufgewicht war 3⅜ ℔.


Die Gleichung für die Ausdehnung bei diesem
Drahte ist .


Die Ausdehnung bei der grössten Belastung
dieses Drahtes beträgt für die Länge L
.


Die grösste Belastung, bei deren Uiber-
schreitung dieser Draht zerreisst, ist
℔.


Die grösste Last, welche demnach auf den
Querschnitt eines N. Oe. Qd. Zolles ausfällt, ist
144 = 122832
N. Oe. Pfund, oder beinahe 1228 Zentner.


Versuch Nro. 4.

Mit einem Clavierdrahte, dessen Durchmesser = = 0,419 Linien war. Die
Länge des gespannten Drahtes war wie bei allen übrigen Versuchen = 696 Linien, und
die Ausdehnungen desselben wurden von dem Zeiger ebenfalls 54mal grösser angegeben.
Das Laufgewicht war 8 ℔.


Die Gleichung für die Ausdehnung bei diesem
Drahte ist .


Die Ausdehnung dieses Drahtes bei der
grössten Belastung für die Länge L ist
.


Die grösste Belastung, bei welcher dieser
Draht zerreisst, ist P = 12,25 . 8 = 98 ℔.


Die grösste Last, welche demnach auf den
Querschnitt eines N. Oe. Quad. Zolles ent-
fällt, ist
144 = 102528
N. Oe. Pfund, oder 1025 Zentner.


[269]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
Versuch Nro. 5.

Mit einem Clavierdrahte, dessen Durchmesser Linien betrug.
Die Länge des gespannten Drahtes war wie bei den andern Versuchen = 696 Linien und
die Ausdehnungen desselben wurden von dem Zeiger ebenfalls 54mal grösser angegeben.
Das Laufgewicht war 13 ℔.


Die Gleichung für die Ausdehnung bei diesem
Drahte ist .


Die Ausdehnung dieses Drahtes bei der
grössten Belastung der Länge L ist
.


Die grösste Belastung, bei welcher dieser
Draht zerreisst, ist P = 13 . 13 = 169 ℔.


Die grösste Last, welche demnach von dem
Querschnitte eines N. Oe. Quad. Zolles getra-
gen werden kann, ist
. 144 = 100944
N. Oe. Pfund, oder 1009 Zentner.


Versuch Nro. 6.

Mit einem gemeinen Drahte, dessen Durchmesser = ⅔ Linien betrug. Die
Länge des gespannten Drahtes war, wie bei den andern Versuchen = 696 Linien und die
Ausdehnungen desselben wurden von dem Zeiger ebenfalls 54mal grösser angegeben. Das
Laufgewicht war 15 ℔.


Die Gleichung für die Ausdehnung dieses
Drahtes ist .


Die Ausdehnung dieses Drahtes für den Fall
der grössten Belastung der Länge L ist
.


Die grösste Belastung, bei welcher dieser
Draht zerreisst, ist P = 15 . 15 = 225 ℔.


Die grösste Last, welche demnach auf den
Querschnitt eines N. Oe. Quad. Zolles ent-
fällt, ist
144 = 92880
N. Oe. Pfund, oder 929 Zentner.


[270]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
Versuch Nro. 7.

Mit einem gemeinen Drahte, dessen Durchmesser = 0,843 Linien betrug. Die
Länge des gespannten Drahtes war, wie bei den andern Versuchen = 696 Linien und die
Ausdehnungen desselben wurden von dem Zeiger ebenfalls 54mal grösser angegeben. Das
Laufgewicht war 22 ℔.


Die allgemeine Gleichung für die Ausdeh-
nung dieses Drahtes ist
.


Die Ausdehnung desselben bei der grössten
Belastung beträgt für die Länge L, .


Die grösste Belastung, über welche dieser
Draht zerreisst, ist P = 12 . 22 = 264 ℔.


Die grösste Last, welche demnach auf den
Querschnitt eines N. Oe. Quad. Zolles ausfällt,
ist 144 = 68112
Nied. Oest. Pfund, oder 681 Zentner.


Versuch Nro. 8.

Mit einer stählernen Uhrfeder, deren Dicke 5/31 Linien und Breite 43/36 Linien,
demnach die Querschnittsfläche 215/1116 Quad. Linien betrug. Die Länge der gespannten
Feder war wie bei den andern Versuchen = 696 Linien, und die Ausdehnungen dersel-
selben wurden von dem Zeiger ebenfalls 54mal grösser angegeben. Das Laufgewicht
war 12 ℔.


Die Gleichung für die Ausdehnung bei die-
ser Stahlfeder ist
.


Die Ausdehnung bei der grössten Belastung
dieser Stahlfeder ist für die Länge L
.


Die grösste Belastung, über welche diese
Stahlfeder zerreisst, ist P = 26 . 12 = 312 ℔.


Die grösste Last, welche demnach auf den
Querschnitt eines N. Oe. Quad. Zolles ausfällt,
ist = 144 = 233208
Nied. Oest. Pfund, oder 2332 Zentner.


[271]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
Versuch Nro. 9.

Mit einer stählernen Uhrfeder, deren Dicke 0,2 Linien, die Breite 1,5 Linien,
demnach die Querschnittsfläche 0,3 Quadrat-Linien betrug. Die Länge der gespannten Uhr-
feder war, wie bei den andern Versuchen = 696 Linien und die Ausdehnungen derselben
wurden von dem Zeiger ebenfalls 54mal grösser angegeben. Das Laufgewicht war 12 ℔.


Die Gleichung für die Ausdehnung bei die-
ser Uhrfeder ist
.


Die mittlere Ausdehnung dieser Uhrfeder
für eine andere Länge L ist .


Die grösste Belastung, über welche diese
Uhrfeder zerreisst, ist P = 30 . 12 = 360 ℔.


Die grösste Last, welche demnach auf den
Querschnitt eines N. Oe. Quad. Zolles ausfällt,
ist 144 = 172800 N. Oest.
Pfund, oder 1728 Zentner.


Versuch Nro. 10.

Mit einem ausgeglühten Drahte, dessen Durchmesser = 0,305 Linien betrug.
Die Länge des gespannten Drahtes war, wie bei den andern Versuchen = 696 Linien und
die Ausdehnungen desselben wurden von dem Zeiger ebenfalls 54mal grösser angegeben.
Das Laufgewicht war 6 ℔.


Die Gleichung für die Ausdehnung dieses
Drahtes ist: .


Die mittlere Ausdehnung dieses Drahtes für
die unbestimmte Länge L ist .


Die grösste Belastung, bei deren Uiber-
schreitung dieser Draht zerreisst, ist
P = 6 . 10 = 60 ℔. Hiebei wird bemerkt, dass
dieser Draht bei der Verschiebung des Lauf-
gewichtes auf die 10te Entfernung mit einem
theils faserigen, theils stahlartigen Bruche zer-
rissen ist, wogegen die ersten 6 Clavierdrähte
einen stahlartigen Bruch zeigten.


[272]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.

Die grösste Last, welche auf den Querschnitt eines N. Oest. Quad. Zolles für den ausge-
glühten Draht ausfällt, ist 144 = 118191 Nied. Oest. Pfund,
oder 1182 Zentner.


§. 264.

Die angeführten 10 Versuche werden hinreichen, um hiernach allgemeine Gesetze
über die Festigkeit, Ausdehnung und Elasticität der Körper überhaupt und insbesondere
für das Eisen aufzustellen.


Es ist bekannt, dass alle Körper einer Ausdehnung fähig sind und dass ihre Maasse
durch angebrachte Kräfte (Gewichte) verlängert werden. Diese Ausdehnungen sind de-
sto grösser, je grösser die Spannkräfte sind, durch welche sie bewirkt werden. Weil aber
auch die Ausdehnung durch Vermehrung der Spannkräfte zu gross und die Cohäsions-
kraft überschritten werden kann, sonach der Körper am Ende zerrissen oder zerbrochen
wird, so folgt von selbst, dass die Festigkeit oder Cohäsionskraft p nicht bloss der Aus-
dehnung e allein proportional seyn könne, sondern dass der algebraische Ausdruck für
die Festigkeit p (oder die Funktion, wodurch die Verhältnisse der Spannkräfte und der
Ausdehnung einander gleich werden) nebst dem Faktor e noch einen Faktor von der
Form A — B . e enthalten müsse, damit nämlich die Spannkraft p nicht nur anfangs, wo
e = 0 ist, sondern auch am Ende, wo die Spannkraft der Cohäsionskraft gleich ist und
die Ausdehnung ihre Gränze erreicht, verschwinden möge. Diese Bemer-
kung gibt uns für die Festigkeit aller Körper die allgemeine Glei-
chung
p = e (A — B . e), wo A und B durch besondere Erfahrungen für jeden Körper
bestimmt werden müssen. Für das Eisen haben wir §. 261 die allgemeine Gleichung ge-
funden oder , wo also und
ist. In dieser Gleichung ist P die grösste Last, welche der Körper tragen
kann, E die von der grössten Last P bewirkte Ausdehnung, p die jedesmalige Belastung
und e die hiedurch hervorgebrachte Ausdehnung.


§. 265.

Die Gleichung bestimmt das Gesetz, nach welchem das Gewicht p
für jede gegebene Ausdehnung e, oder auch umgekehrt die Ausdehnung e, welche vom
Gewichte p bewirkt wird, berechnet werden kann. Es frägt sich nun noch, wie weit das
vom Gewichte p ausgedehnte Eisen nach seiner Befreiung von dieser Belastung wieder
zurückgehen werde.


Aus unzähligen Erfahrungen ist jedermann bekannt, dass das Eisen, so wie andere
ausdehnbare Körper nach dem Abnehmen der Belastung nicht ganz zu seiner vorigen Län-
ge zurückkehre, sondern dass von jeder merklichen Ausdehnung immer ein Theil zu-
rückbleibt und dem Eisen in dieser Hinsicht bisher nur eine unvollkommene
Elasticität
zugestanden wurde. Zur nöthigen Aufklärung der hiebei obwaltenden
[273]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
Umstände hat man alle Versuche, wie bereits §. 259 bemerkt wurde, auch rückwärts wie-
derholt und hiebei auch diejenigen Ausdehnungen oder Verlängerungen bemerkt, bis zu
welchen die untersuchten Drähte bei der stuffenweisen Verminderung der angehängten Ge-
wichte zurückgegangen sind. In der Tabelle S. 262 sehen wir, dass anfangs die Ausdeh-
nungen den Gewichten sehr nahe proportional sind; es wurde nämlich bei 4 ℔ die Aus-
dehnung 14 und bei 8 ℔ die doppelte Ausdehnung oder 28 beobachtet. Dasselbe folgt
aus der Gleichung . So lange nämlich eine kleine Bruchzahl ist,
so wird die Zahl 2 durch Subtraktion dieser kleinen Grösse nur unmerklich geändert und
es bleibt , demnach p : 2 P = e : E.


Wird jedoch p grösser genommen, so findet man auch die von demselben bewirkte
Ausdehnung e grösser und der Faktor 2 — erleidet eine merkliche Aenderung. Betrach-
ten wir nämlich eine horizontale Versuchsreihe, z. B. die 10te, so finden wir die Ausdeh-
nungen, welche sich bei den nach und nach verminderten Gewichten 40, 36, 32, 28 … 4 ℔
gezeigt haben = 167, 154, 140, 126, 113, 100, 86, 72, 59, 45 und nach dem Abnehmen
des Laufgewichtes blieb der Draht noch um 32 verlängert. Dieselben Ausdehnungen fan-
den auch statt, wenn der Draht wieder mit den Gewichten 4, 8, 12, 16 .... 40 ℔ be-
schwert wurde. Weil aber in diesem Falle die Ausdehnung 32 noch vor der wiederhol-
ten Auflegung der Gewichte 4, 8, 12, 16 .... 40 ℔ vorhanden war, demnach nicht
mehr als eine Wirkung der neu aufgelegten Gewichte betrachtet werden kann, so müssen
wir in dieser Versuchsreihe die Ausdehnung 32 von allen bemerkten Ausdehnungen abzie-
hen, und wir erhalten sonach
für die Gewichte ...... 4, 8, 12, 16, 20, 24, 28, 32, 36, 40,
die bewirkten Ausdehnungen 13, 27, 40, 54, 68, 81, 94, 108, 122, 135, welche wegen der
gleichen Unterschiede den darüber stehenden Gewichten offenbar proportional sind. Hier-
aus ist zu ersehen, dass die bei den Versuchen vorgefundenen Ausdehnungen eigent-
lich Summen zweier Ausdehnungen sind, wovon die erste als eine von den be-
reits früher angehängten Gewichten beigebrachte und nach abgenommenem Gewichte dem
Drahte gebliebene Ausdehnung, die zweite aber als eine den neu aufgelegten Gewichten
proportionale Ausdehnung zu betrachten ist. Um diese zwei Ausdehnungen von einander
abzusondern, wollen wir das grösste Gewicht, womit der für einen neuen Versuch be-
stimmte Eisendraht bereits früher belastet war, oder das letzte in jeder horizontalen
Reihe angeführte Gewicht p' nennen, so war die von demselben bewirkte gesammte
Ausdehnung e' = E , und die darin vorfindige, der Last p' pro-
portionale Ausdehnung = . Ziehen wir die letztere von e' ab, so bleibt die dem Drah-
te nach der Beseitigung des Gewichtes p' beigebrachte oder bleibende Ausdeh-
nung
= E . Wird nun dieser Ei-
sendraht mit einem neuen Gewichte p belastet, so ist die demselben zukommende Aus-
Gerstners Mechanik. Band I. 35
[274]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
dehnung e = , folglich dem Gewichte p proportional, jedoch nur in so weit, als das
frühere Gewicht p' von dem neu aufgelegten p nicht überschritten wird.


Bei einer weitern Fortsetzung dieser Versuche tritt nämlich der Umstand ein, dass
durch die grössere Belastung p' die dem Drahte beigebrachte bleibende Ausdehnung
vergrössert wird, folglich eine Veränderung eintritt, welche das
Gebiet der Gleichung e = überschreitet. Diese Uibereinstimmung wird aber erzie-
let, wenn bei jedem Versuche die dem Eisen bereits früher beigebrachte bleibende Aus-
dehnung mit in die Rechnung aufgenommen wird.


Um hiezu ein Beispiel zu geben, haben wir die Seite 262 angeführten Versuche auf
folgende Art berechnet. Für den untersuchten Draht war P = 65 ℔ und E = 440. Mit-
telst dieser Werthe wurde zuerst für jede horizontale Versuchsreihe die bleibende Aus-
dehnung nach der Gleichung e' = be-
rechnet, wo nämlich für p' das in jeder horizontalen Reihe angeführte grösste Gewicht
angenommen wurde. Die gefundenen Werthe sind in der zweiten Columne in der Rubrik
»Bleibende Ausdehnung des Drahtes« enthalten, z. B. in der 10ten Reihe ist die bleibende
Ausdehnung e' = .


Hiezu wurde noch die für jedes angehängte Gewicht p berechnete Ausdehnung nach
der Gleichung e = bestimmt, und der in der ersten Rubrike angeführ-
ten bleibenden Ausdehnung hinzugesetzt.
Setzt man z. B. p = 4, so ist die Verlängerung e = = 13,5
— — — p = 8, — — — — e = = 27,1 u. s. w.

Wird zu diesen Verlängerungen die bleibende Ausdehnung 31,7 addirt, so ergeben sich
die in der 10ten horizontalen Reihe der folgenden Tabelle enthaltenen Zahlen 45,2, 58,8
u. s. w.


[275]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.

Die Vergleichung aller Zahlen in dieser Tabelle mit den Versuchsreihen Seite 262,
zeigt die vollkommene Uibereinstimmung dieser Rechnung mit der Erfahrung, welche in
keinem Falle um mehr als 0,9 oder um 1/60 Linie von einander abweichen.


§. 266.

Wird in der vorher gefundenen Gleichung für die bleibende Ausdehnung
e' = das Gewicht p' = P gesetzt, so ist die von der grössten
Belastung P bewirkte bleibende Ausdehnung e' = . Wird nun diese von der gan-
zen Ausdehnung E abgezogen, so bleibt für den Spielraum von p = 0 bis p = P nur
die Ausdehnung E — übrig, welches also diejenige Grösse ist, die in der
Proportion p : P = e : u, (wo nämlich die Ausdehnungen den angehängten Gewichten
proportional sind) an die Stelle von u gesetzt werden muss. Wir haben also allgemein
p : P = e : , wie §. 261 bereits angeführt wurde.


Diese Bemerkung dient dazu, um bei den Versuchen mit eisernen Stäben oder
Ketten nicht immer bis zu der grössten Last, die der Körper tragen kann, und der
dazu gehörigen Ausdehnung zurückgehen zu müssen, weil dem Verhältnisse P :
35 *
[276]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
ein jedes andere Verhältniss p : e gleich ist, folglich nur erfordert wird, bei irgend
einem Gewichte p den freien Spielraum oder diejenige Ausdehnung zu beobachten, um
welche der mit dem Gewichte p belastete Eisenstab nach der abgenommenen Belastung
wieder zurückgeht, um auf solche Art diejenige Ausdehnung e zu erhalten, welche
der Last proportional ist, und womit dann alle übrigen (p und e) verglichen werden
können.


§. 267.

Aus dem bisher Gesagten erklären sich nun auch die Erfahrungen derjenigen Physi-
ker, welche nach ihren Versuchen über das Eisen anführen, dass Drähte und Eisenstäbe
nur bis zu einer gewissen Gränze vollkommen elastisch bleiben, und über dieselbe hinaus
Irregularitäten zeigen. Macht man nämlich einen Versuch mit einem Stabe, der be-
reits eine Ausdehnung erhielt
, so findet, wie bereits §. 265 gezeigt wurde,
das Gesetz der vollkommenen Elasticität nur bis zu der Last statt, womit der Stab früher
beschwert wurde; belastet man ihn aber weiter, so findet sich diess Gesetz verändert.
Betrachten wir z. B. den Draht, womit die Versuche Seite 262 gemacht wurden, und
untersuchen wir irgend eine Versuchsreihe, z. B. die 7te. Ziehen wir die Zahlen
13, 26, 40, 54, 67, 81, 94 und 108 von einander ab, so ergeben sich die Ausdehnungen
13, 14, 14, 13, 14, 13 und 14, welche durch gleiche Gewichtszulagen bewirkt wurden.
Der Draht behielt daher während der Belastung von 4 bis 28 ℔ die vollkommene Ela-
sticität
. Als man hierauf noch 4 ℔ zulegte, betrug die Ausdehnung 127 — 108 = 19,
folglich mehr als vorher. Geht man aber in der folgenden Reihe von der höchsten Aus-
dehnung 127 zurück, so ergeben sich wieder dieselben Differenzen (13 und 14); jedoch
findet man die bleibende Ausdehnung von 13 auf 18 vermehrt, und diess ist der Grund
der Irregularität, welche von 108 auf 127 angetroffen wurde (es ist nämlich 18 — 13 = 5
und 5 + 14 = 19). Auf gleiche Weise findet man in der 10ten Versuchsreihe die Diffe-
renzen der Ausdehnungen = 14 und 13; wenn man jedoch am Ende dieser Reihe von
der Belastung 40 ℔ auf 44 ℔ übergeht, so ergibt sich in der Ausdehnung die Diffe-
renz 190 — 167 = 23, also eine grössere Ausdehnung. Zieht man aber von 23 den
Unterschied der bleibenden Ausdehnungen 41 — 32 = 9 ab, so ist wieder 23 — 9 = 14
u. s. w.


§. 268.

Aus dieser Darstellung ergibt sich eine wichtige Bemerkung für den Bau der
Kettenbrücken
. Wenn dieselben nämlich bei ihrem nachfolgenden Gebrauche mit
einer grössern Last beschwert werden, als womit die Kettenglieder bei ihrer Probe be-
lastet wurden, so tritt eine weitere Ausdehnung der Kettenstäbe und eine neue blei-
bende Verlängerung ein, oder die Ketten werden schlapp und die Brückenbahn sinkt
unter ihre ursprüngliche Ebene ein. Wenn daher Kettenbrücken bei ihrem
Gebrauche ihren ersten Stand aufrecht erhalten, und die Ketten
nicht schlapp werden sollen, so müssen die Kettenglieder vorläu-
fig bis zu der grössten Last probiert werden, welche sie später zu
tragen erhalten
. Hierin liegt der Grund, warum mehrere Kettenbrücken nach ih-
rer Aufstellung während ihres Gebrauches eine Senkung in der Mitte erlitten haben.


[277]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
§. 269.

Die Ausdehnung der Kettenstäbe und anderer Eisenschienen ist eben so wie bei den
Clavierdrähten von zweifacher Art, nämlich eine bleibende, als Folge ihrer vorher-
gegangenen Belastung und eine veränderliche, welcher diese Stäbe bei ihrem nach-
folgenden Gebrauche noch unterliegen.


Die erste oder diejenige, welche den Kettenstäben bei ihrer vorläufigen Probe bei-
gebracht worden, und nach der Befreiung von dieser Belastung zurückgeblieben ist,
können wir bei ihrem nachfolgenden Gebrauche um so mehr ausser Acht lassen, als durch
die bis zur grössten Belastung vorgenommenen Probeversuche nicht nur alle Besorg-
nisse hinsichtlich ihres festen Bestandes behoben worden sind, sondern auch durch
diese geringeren Gewichte an der bleibenden Ausdehnung nichts mehr geändert wer-
den kann.


Da sonach diese Eisenstäbe von zufälligen Belastungen zwar noch ausgedehnt wer-
den, jedoch nach der Befreiung von dieser Belastung auch wieder zu ihrer vorigen Län-
ge zurückkehren; so ergibt sich aus dem allgemeinen Naturgesetze, vermög welchem die
Wirkungen ihren Ursachen proportional sind, dass auch die Grösse dieser zufälligen Aus-
dehnungen nach dem Verhältnisse der Spannkräfte zu berechnen seyn werde.


Wir wollen demnach diejenige Ausdehnung, um welche der bei dem Probeversuche
mit der Last P beschwerte Stab nach seiner Befreiung von diesem Gewichte zurückgegan-
gen ist mit u, und eben so die Ausdehnung von der zufälligen Belastung p mit e be-
zeichnen, so haben wir die allgemeine Proportion P : p = u : e; weil aber die Ausdeh-
nung u der Länge des Stabes proportional ist, so wollen wir statt u die Grösse m . L
setzen, und da auf gleiche Art die Querschnittsfläche des Stabes F der Last P propor-
tional seyn muss, so können wir in der vorigen Proportion an die Stelle von P die
Grösse n . F setzen, wo unter n das Tragungsvermögen eines Quadratzolles, und unter F
der Querschnitt des betreffenden Stabes in Quadratzollen verstanden wird; dadurch er-
halten wir n . F : p = m . L : e und hieraus p = , welche Gleichung mit der §. 238
angeführten Proportion ganz übereinstimmt.


Da jedoch bei der Aufstellung jener Proportion angenommen wurde, dass die Aus-
dehnungen den angehängten Gewichten nur in so weit proportional sind, als diese Ge-
wichte noch klein und die Körper als vollkommen elastisch angenommen werden kön-
nen; so belehrt uns im Gegentheile die gegenwärtige Gleichung, dass dieselbe Propor-
tion auch bei grösseren Lasten statt findet, wenn nur die Eisenstäbe oder Ketten vorher
bis zu einer grösseren Last als sie bei ihrem Gebrauche zu tragen haben, probiert wor-
den sind.


§. 270.

Zur zweckmässigen Anwendung dieser über die Festigkeit und Ausdehnung des Ei-
sens aufgestellten Gleichung, werden hier noch folgende Bemerkungen beigefügt.


In mehreren Schriften wird für den Gebrauch des Eisens die Regel angeführt, dass
man zur Erzielung hinlänglicher Sicherheit den eisernen Stäben nur die Hälfte derjeni-
gen Last anvertrauen dürfe, von welcher sie zerrissen oder zerbrochen werden würden.
[278]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
Da die Ausdehnungen u und e den Spannkräften P und p proportional sind, so sehen
wir, dass für den Fall p = P auch e = u oder = m . L seyn werde; das ver-
wendete Eisen befindet sich demnach in der Mitte zwischen seiner grössten und kleinsten
Ausdehnung, und für die veränderliche oder zufällige Belastung ist noch eine eben so gros-
se Last übrig als diejenige, welche dem verwendeten Stabe bereits anvertraut wird, und
eben so gross ist auch noch die übrige Ausdehnungsfähigkeit. Da die letztere bei kurzen
Stäben sehr gering ist, so dürfte die Beobachtung dieser Regel in solchen Fällen keinem
weitern Anstande unterliegen.


  • Beispiel. An einen Stab Eisen sollen 200 Zentner angehängt werden, die Länge
    des Stabes beträgt 15 Fuss = 180 Zoll. Das Eisen, welches hiezu verwendet wird,
    besitzt die Kraft von 500 Zentnern auf 1 Quadrat Zoll. Die Querschnittsfläche des
    Stabes sey F, so ergibt sich sein Tragungsvermögen aus der Proportion 1 Quad.
    Zoll : 500 Zentner = F : 500 . F; weil aber dieser Stab 200 Zentner tragen soll, so
    haben wir = 200, woraus F = 0,8 Quad. Zoll, demnach ist der kub.
    Inhalt dieses Stabes = 180 . 0,8 = 144 kub. Zoll. Wenn also 4 kub. Zolle 1 Pfund
    wiegen, so wird sein Gewicht = = 36 ℔ seyn müssen.

§. 271.

Bei Kettenbrücken von einer bedeutenden Länge sey der bei dem Versuche der Ket-
tenstäbe bis zur grössten Belastung P gefundene Spielraum, oder die Länge, um
welche die Ketten nach abgenommener Belastung P sich verkürzen = m . L, so
würde nach der vorhergehenden Regel, dass die grösste Spannung der Ketten zwei-
mal so gross angenommen werden soll, folgen, dass die wirkliche Ausdehnung nur
½ m . L seyn würde; weil aber wegen der bedeutenden Länge L auch diese Ausdehnung
noch bedeutend und desshalb die Einsinkung der Brücke in ihrer Mitte dreimal
so gross
seyn würde *), so muss zur Vermeidung solcher grössern Senkungen oder
[279]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
des Spielraumes für mögliche Schwingungen nothwendig ein anderes Verhältniss, als das
angegebene doppelte gewählt werden.


Es sey z. B. die Länge des Brückenbogens = 90 Klafter, und die Ausdehnung
= = 3 Fuss; so wäre für den Fall, wenn die Ketten mit einer solchen Stärke ange-
tragen wären, dass sie die doppelte Spannkraft auszuhalten vermögen, die Ausdehnung
= 3/2 Fuss = 18 Zoll; demnach würde das Einsinken dieser Brücke bei ihrer grössten Be-
lastung = 3 . 18 = 54 Zoll = 4 Fuss 6 Zoll betragen. Wollte man diese Einsinkung nur
auf 2 Fuss reduziren, so würde dieses nach der Proportion P : p = m . L : e = 3 : ⅔ anzu-
nehmen seyn, demnach wäre P : p = 9 : 2, folglich P = 4,5 . p; also viel grösser als 2 p.


§. 272.

Allgemein wäre diese Aufgabe auf folgende Art aufzulösen: Wenn die Kettenstäbe
bis zu einer gegebenen Belastung (z. B. 600 Zentner auf einen Quad. Zoll) probiert wer-
den, und die Querschnittsfläche aller Kettenstäbe in Quad. Zollen = F gesetzt wird, so
ist die grösste Spannung, welche die Kette auszuhalten vermag = F . 600 Zentner = P.
Die gegebene Spannung, welche die Ketten bei ihrer grössten zufälligen Belastung aus-
halten sollen, sey = p. Die Ausdehnung, welche sich bei dieser Probe auf die Länge
der probierten Stäbe l ergeben hat, sey = m . l, so wird die Ausdehnung für die Länge
L der Ketten = m . L seyn, und wenn wir die zulässige Einsinkung der Ketten in der
Mitte = e, folglich die zulässige Ausdehnung = setzen, so haben wir die Proportion
F . 600 : p = m . L : Wenn in dieser Proportion drei Glieder gegeben sind, können
wir das vierte finden.


  • Beispiel. Es sey die Länge L = 90 Klafter; die Ausdehnung der Kettenlänge
    L = = 3 Fuss; die grösste Spannung, welche die Ketten zu erleiden ha-
    ben = 32000 Zentner = p; das Einsinken in der Mitte der Brücke = 18 Zoll,
    folglich die Ausdehnung der Ketten für den Fall ihrer grössten Belastung = 6 Zoll
    = ½ Fuss, so haben wir 600 . F : 32000 = 3 : ½ und hieraus folgt F = 320 Quad.
    Zoll, womit die Maasse der in England erbauten Menai Kettenbrücke vollkommen
    übereinstimmen.

§. 273.

Wir sehen hieraus, dass man zu dem Bauantrage einer Kettenbrücke Folgendes bedarf:


  • 1tens. Das Tragungsvermögen des Eisens auf einen Quad. Zoll, wofür Hr. Telford
    in England 600 Zentner angenommen hat, welches jedoch wegen der grossen Verän-
    derlichkeit des Eisens an jedem Ort durch eigene Versuche bestimmt werden muss.
  • 2tens. Die grösste Spannung, welche die Ketten zu erleiden haben, wovon wir im
    folgenden Kapitel über die statische Baukunst umständlich handeln werden.
  • 3tens. Muss derjenige Spielraum der Ausdehnung, um welchen die Ketten nach ihrer
    Befreiung von der Belastung zurücktreten, durch die Versuche mit denselben Ket-
    tengliedern bestimmt werden.

Sind nun diese Grössen gegeben, so ist hiedurch auch die Grösse des Einsin-
kens in der Mitte vollkommen bestimmt; oder wenn die Grösse des Einsinkens ge-
[280]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
geben ist, so lässt sich aus der obigen Proportion die Querschnittsfläche der Ketten-
stäbe berechnen.


§. 274.

Da in den bisherigen Schriften über die Festigkeit keine Rücksicht auf die Ausdeh-
nung der Körper genommen wurde, und man bloss nach praktischem Gutdünken annahm,
das Eisen und andere Körper zwei- bis dreimal so stark zu machen, als zur Verhütung
des Zerreissens nöthig war, so wollen wir wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes noch
einige Bemerkungen hierüber beisetzen.


Zu diesem Behufe stellen wir in der folgenden Tabelle die oben S. 266 bis S. 271 ange-
führten Versuche mit Drähten und stählernen Uhrfedern zusammen. In dieser Tabelle
enthält die fünfte Rubrik den freien Spielraum, bis zu welchem die Länge der Ketten-
stäbe zurücktritt und der nach §. 266 für die Länge unserer Drähte = , also überhaupt
= m . L ist. Die letzte Rubrik in dieser Tabelle enthält die Grösse , welche in der
§. 269 abgeleiteten Gleichung p = vorkommt; diese Grösse ist nämlich bei dem
Clavierdraht Nro. 1 = 132417 . 85 = 11255445 u. s. w.


Aus dieser Tabelle ergeben sich folgende Betrachtungen:


[281]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.

I. Die Drähte, deren Durchmesser klein sind, haben nicht nur ein grösseres Kraft-
vermögen um Lasten zu tragen, sondern auch einen grössern Spielraum für ihre Elasti-
cität. Wenn nämlich von feinern oder stärkern Drähten so viele zusammen genommen
werden, dass ihre Querschnittsflächen einen Quadratzoll oder ein anderes gleiches Flä-
chenmaass ausmachen, so tragen die feinern Drähte nicht nur eine grössere Last, son-
dern sie werden auch von dieser Last mehr ausgedehnt, und nach abgenommener Last
treten sie auf einen grössern Spielraum zurück. So beträgt das Kraftvermögen eines Qua-
dratzolles von dem zweiten Clavierdrahte, dessen Durchmesser = 0,205 Linien war,
138040 ℔, und das Kraftvermögen eines Quadratzolles vom gemeinen Drahte mit dem Durch-
messer 0,843 Linien war 68112 ℔, oder nur die Hälfte des erstern. Dagegen war die Aus-
dehnung und das Zurückgehen bei dem ersten Clavierdrahte mit dem Durchmesser 0,205
Linien = und die Ausdehnung bei dem gemeinen Drahte mit dem Durch-
messer 0,843 Linien war = , also nur beiläufig die Hälfte von der
vorigen.


Da die Gleichung p = zeigt, dass das Tragungsvermögen mit Rücksicht
auf die Ausdehnung oder den Spielraum der Stäbe und Ketten von dem Verhältnisse
abhängt, und die letzte Rubrik der vorstehenden Tabelle zeigt, dass dieses Ver-
hältniss bei allen Drahtgattungen beinahe gleich ist, so erscheint es gleichgültig, eine
Drahtbrücke aus feinern oder stärkern Drähten zu erbauen, weil die höhern Drahtnum-
mern zwar ein grösseres Tragungsvermögen besitzen als die stärkern Drahtsorten, jedoch
die erstern sich wieder mehr als die letztern ausdehnen.


II. Stählerne Uhrfedern haben ein bei weitem grösseres Tragungsvermögen als eiser-
ne Drähte, allein die dabei statt findende Ausdehnung oder der freie Spielraum derselben
ist beinahe in gleichem Verhältnisse grösser. Bei der Uhrfeder Nro. 8 war nämlich die
Ausdehnung beiläufig der 2.45te Theil ihrer Länge, also das 3 bis 4fache, wie bei ge-
meinen Drähten. Wir sehen hieraus, dass der Gebrauch des Stahles zu Kettenbrücken
zwar den Vortheil zu gewähren scheint, dass die Ketten, weil der Stahl ein grösseres
Tragungsvermögen besitzt, auch einen kleinern Querschnitt und daher ein kleineres Ge-
wicht zum Tragen derselben Last benöthigen; dagegen entsteht hiebei der wesentliche
Nachtheil, dass diese Ketten einen grössern elastischen Spielraum haben, demnach 3 bis
4mal grössern Schwingungen unterworfen seyn werden, als es bei Ketten von Stabeisen
oder gemeinem Drahte der Fall ist. Da überhaupt das Verhältniss nach den obigen Versu-
chen bei Stahl und Eisen beinahe gleich ist, so gewährt eine Stahlbrücke, wenn man nicht
bloss das Tragungsvermögen, sondern auch ihre Senkung und ihre Schwingung bei zufälli-
gen Belastungen berücksichtiget, keinen Vortheil vor einer Draht- oder Stabeisenbrücke.
Inzwischen müssen über diesen Gegenstand noch mehrere Versuche angestellt werden,
und wenn es sich bewähren sollte, dass die Verhältnisse bei Draht, Stabeisen und
Stahl einander gleich bleiben, so wird es in Hinsicht des absoluten Kraftvermögens
gleichgültig seyn, eine Brücke von Draht, Stabeisen oder Stahl herzustellen. In allen
Gerstner’s Mechanik. Band I. 36
[282]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
drei Fällen wird nämlich die Querschnittsfläche der Ketten F einen gleichen Werth
erhalten, wenn in der Gleichung p = die Belastung p, die Länge L und die zu-
lässige Ausdehnung oder der Spielraum der Brücke e gleich bleiben sollen. Da nun unter
diesen 3 Materialien das Stabeisen um einen geringern Preis als Draht und Stahl zu haben
ist, so sieht man, dass Kettenbrücken von Stabeisen sowohl den Draht-
als Stahlbrücken vorzuziehen seyn werden
.


III. Ist hier noch zu bemerken, dass, wenn man die Ausdehnung einer Kette zur
Bestimmung des Einsinkens in der Mitte des Kettenbogens berücksichtiget, man hiebei nicht
bloss die Länge des Bogens, an welchem die Brückenbahn hängt, sondern jederzeit die
ganze Länge der Kette von einem Uferbefestigungspunkte bis zum andern annehmen
müsse, weil die horizontale Spannung der Kette durchaus gleich gross ist. Man muss
daher auch in die Proportion §. 271, wodurch das Einsinken in der Mitte oder die Oscilla-
tionen der Brücke bestimmt werden, diese ganze Länge setzen. Da nun gewöhnlich die
Länge der Ketten von ihrer Verankerung bis zum Pfeiler beinahe eben so viel, als von
dem Pfeiler bis zur Mitte der Brückenbahn beträgt, wie diess bei der Menai- und
Hammersmithbrücke in England der Fall ist, so ergibt sich, dass die Spie-
lungen der erstern nicht 18 Zoll (nach §. 271), sondern 2mal 18 = 36 Zoll = 3 Fuss
betragen werden.


IV. Das Eisen erleidet auch noch von der Wärme und Kälte eine Ausdehnung
und Verkürzung. Die Ausdehnung des Eisens beträgt vom Gefrierpunkte bis zum Sie-
depunkte oder von 0 bis 80 Grad Reaumur Theile seiner Länge. In unserem Kli-
ma beträgt die jährliche Aenderung der Wärme beiläufig 50° Reaumur; also beträgt die gröss-
te Aenderung durch die Wärme ⅝tel der obern oder beinahe. Diess macht
beiläufig eben so viel aus, als die Ausdehnung durch die grösste Belastung der Brücke; es
wird daher das Einsinken der Kettenbrücke (der sogenannte Pfeil) um eben so viel
grösser. Man sieht übrigens, dass, wenn auch eine Kettenbrücke bei der mittlern Tem-
peratur aufgestellt wird, dennoch der Unterschied vom Winter zum Sommer sich in
ihrer Senkung zeigen werde.


V. Das Eisen nimmt in der Sonne an heissen Tagen 16 bis 20 Grad mehr Wärme
an, als die atmosphärische Luft und die übrigen Körper, wodurch also eine weitere Aus-
dehnung von erfolgt. Um diese letztere zu verhindern, wurden die
neuern Kettenbrücken in England, wie z. B. jene bei Hammersmith nicht schwarz, son-
dern mit weisser Oehlfarbe sorgfältig angestrichen, und dieser Anstrich von Zeit zu Zeit
erneuert. Die Zweckmässigkeit dieser Maassregel leuchtet von selbst ein.


§. 275.

Da die angeführten Versuche über die absolute Festigkeit des Eisens so verschiede-
ne Resultate geben, dass es unmöglich wird, ein allgemeines Maass hierüber festzuset-
zen, so wollen wir wenigstens ein beiläufiges Maass bestimmen. Nach Musschen-


[283]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
  • broek (pag. 254) trägt eine Stange von deutschem geschmiedetem Eisen, deren Querschnitt
    ein N. O e. Quadrat-Zoll ist   604 N.O e. Ztr.
  • Nach Soufflot und Rondelet trägt eine Stange von demselben Maasse   580 „ „
  • Nach Telford und Brown aber  541 „ „
  • Das Mittel hievon ist   575 N.O e. Ztr.

Da nun ein Kubik-Zoll Eisen ¼ ℔, folglich eine Stange von einer Klafter Länge und
einem Quadrat-Zolle Querschnitt 18 ℔ wiegt, so werden diese 18 ℔ von 575 Zentnern,
folglich ein Pfund von derselben Länge von 32 Zentnern oder 3200 ℔ zerrissen.


Wollte man sonach einer aus dem besten Eisen verfertigten Kette nur
die Hälfte dieser Last oder 1600 ℔ anvertrauen, so wäre diess beiläufig fünfmal grösser
als die Annahme §. 248, wo das Kraftvermögen einer Klafter-Kette, die 1 ℔ wiegt, nur
zu 300 ℔ angeschlagen wurde. Aber auch hierauf glaubt man nicht einrathen zu dürfen,
weil erstens eine jede Kette wegen der in einander geschlungenen Form ihrer Glieder
mehr wiegt, als ein gleich ausgeschmiedeter Stab; weil man sich zweitens von der
vollkommen gleichen Beschaffenheit des Eisens in allen Gliedern nicht beruhigend über-
zeugen kann; drittens, weil bei allen angeführten Versuchen die verschiedene Tempe-
ratur, welcher die Ketten ausgesetzt werden, noch nicht in Betrachtung gezogen wur-
de; endlich viertens, weil die Ketten bei ihrem Gebrauche als Bergseile noch bei ver-
schiedenen Gelegenheiten mehr zu tragen im Stande seyn müssen, als bei dem ersten An-
schlage für dieselben gewöhnlich angenommen wird.


Aus diesen Gründen dürfte von den, oben für Eisenstäbe gefundenen 3200 ℔ nicht
mehr als ein Fünftel oder ein Sechstel anzunehmen seyn, demnach einer Klaf-
ter Kette, die 1 ℔ wiegt, nur 600 bis 500 ℔ zu tragen gegeben werden, welches übri-
gens der Beurtheilung der angestellten Maschinenmeister an jedem Orte überlassen, und
nach dem Resultate der vorher mit jeder Kette vorzunehmenden Probe be-
urtheilt werden muss.


Im allgemeinen ist hier noch zu bemerken, dass über die Festigkeit der Ketten noch
mehrere Erfahrungen zu Rathe zu ziehen seyn werden, welche die Einführung und der
allgemeinere Gebrauch der Ketten statt der Seile verlässlicher an die Hand geben wird,
als es bisher noch der Fall seyn kann.


§. 276.

Am Schlusse dieser Abhandlung ist noch zu bemerken, dass man sich in keinem
Falle nach den Erfahrungen, die über das Eisen in andern Ländern gemacht wurden,
richten könne, sondern an jedem Orte alle Stäbe, welche man anwenden will,
erst einer Probe sowohl hinsichtlich der Festigkeit als der Ausdehnung unter-
werfen müsse. Diess betrifft selbst den Fall, wo ein Eisen von der besten Qualität ver-
wendet wird. Die Ursachen hievon liegen in folgenden Umständen:


  • a) Die verschiedene Beschaffenheit der Erze, aus welchen das Eisen geschmolzen wird,
    und die zu grosse Verwandtschaft dieses Metalles zum Kohlenstoffe, zu andern Me-
    tallen und zu einfachen nicht metallischen Stoffen, mit welchen dasselbe in den
    Erzen angetroffen wird, ist die Ursache, dass es nie vollkommen rein dar-
    36 *
    [284]Gesetze für die Festigkeit des Eisens.
    gestellt werden kann, sondern immer mit einem Antheile des einen oder andern
    gemischt erscheint. Man hat in dieser Hinsicht schon seit längerer Zeit das roth-
    brüchige Eisen von dem kaltbrüchigen unterschieden, und durch genaue chemische
    Analysen in dem ersten Schwefel, und in dem zweiten Phosphor vorgefunden. Es
    gibt aber noch sehr viele andere Metalle, die das Eisen verunreinigen, als: Sili-
    cium, Calcium, Aluminium, Titan, Chrom
    u. dgl. m.
  • b) Der dreifache Zustand, in welchem das Eisen aus den Erzen dargestellt und zum
    Gebrauche verarbeitet wird, ist hauptsächlich Ursache, dass selten ein Stab von
    ganz gleichförmigem Eisen angetroffen wird, und wenn zwei Stäbe aus derselben
    Hütte an mehreren Stellen gebrochen werden, so findet man aller Orten sehr auf-
    fallende Verschiedenheiten im Korne und in der Textur, wodurch sich die rohen,
    stahlartigen und faserigen Eisentheile unterscheiden, und dem Auge bemerklich
    machen.
  • c) Der Einfluss, den die sorgfältigere Bearbeitung des Eisens durch wie-
    derholtes Ausglühen, Schweissen und Strecken durch Hammer- und Walzwerke auf
    seine Qualität und Festigkeit hat, ist allgemein bekannt. Bei den meisten Versuchen
    hat das zu Draht gezogene Eisen nach Maassgabe der Feinheit des Drahtes eine grös-
    sere Festigkeit gezeigt, wovon die Ursache wohl darin liegt, dass die Eisentheile
    von minderer Qualität bei der Operation des Drahtziehens bereits zerrissen wurden,
    demnach nur das beste und gleichartigste Eisen übrig blieb. In Böhmen wird das-
    jenige Eisen für das beste gehalten, welches aus Blechabschnitten, alten Nägeln
    u. dgl. m. in hiezu eigends eingerichteten Hammerwerken bereitet wird. In Eng-
    land wird dasselbe Eisen durch Walzen bearbeitet, und wegen seiner vorzüglichen
    Qualität unter dem Namen: „Scrap Iron“ zu den höchsten Preisen verkauft. Zu
    den neuesten englischen Kettenbrücken wurde das Eisen nach hierüber erhalte-
    nen Nachrichten auf eine Art bearbeitet, welche der bekannten Raffinirung des Stah-
    les ähnlich ist. Es wurde nämlich das nach der Puddlings Methode gefrischte Ei-
    sen vorläufig zu dünnen Eisenplatten gewalzt, diese in schwache Stäbe zerschnit-
    ten, in Bündel gebunden, abermals zusammengeschweisst und wieder gewalzt;
    nachdem aber diese Operation zweimal wiederholt worden, sind erst die Kettenstäbe
    nach den verlangten Maassen hieraus verfertigt worden.

§. 277.

Der Umstand, dass diese Methode für die meisten Eisenwerke in Deutschland bei
dem Gebrauche der Holzkohlen zu kostbar, und für den gewöhnlichen Gebrauch des
Eisens überflüssig seyn dürfte, übrigens aber auch von keinem Eisenwerke für alle Fehler,
die sich bei der Bearbeitung des Eisens ergeben können, gut gestanden werden kann,
macht es begreiflich, dass die vollkommene Sicherheit hinsichtlich der Qualität und nö-
thigen Festigkeit des Eisens nur dadurch erzielt werden kann, indem man dasselbe vor-
hin mit einer grössern Last beschwert, als es bei dem nachherigen Gebrauche zu tragen
erhält. Dadurch wird nicht nur dem Bruche vorgebeugt, sondern auch noch die Eigen-
schaft des Eisens erzielt, dass durch die nachherige geringere Belastung die Gränze sei-
ner Elasticität nicht mehr überschritten wird, sonach das Eisen nach abgenommenem
[285]Absolute Festigkeit verschiedener Körper.
Gewichte zu seiner vorigen Länge wieder zurückkehrt. Diese Vorsicht ist für Ketten-
brücken um so wichtiger, als durch den Bruch eines einzigen mangelhaften Gliedes
die grössten Nachtheile und der Einsturz des ganzen Bauwerkes herbeigeführt wer-
den kann.


§. 278.

Nebst den über die absolute Festigkeit des Eisens und Stahles angestellten Versuchen
findet man in den physikalischen Werken die Bestimmungen über die absolute Festigkeit
vieler anderer Körper. Musschenbroek führt hierüber in der S. 253 bereits genannten:
Introductio ad cohaerentiam corporum firmorum, Viennae 1756, pag. 63 folgende
Versuche mit Hölzern und Metallen an. Die Länge der untersuchten Holzstücke be-
trug 6 Zoll.


[286]Absolute Festigkeit verschiedener Körper.

Noch andere Versuche sind in der Introductio ad philosophiam naturalem von Mus-
schenbroek
enthalten, welche wir jedoch der Weitläufigkeit wegen übergehen.


§. 279.

Herr Prof. Barlow in England hat ebenfalls mehrere Versuche über die absolute
Festigkeit verschiedener Holzarten angestellt; er verwendete hiezu Holzstücke, die aus
schönen und von allen Aesten freien Pfosten, in einer Länge von 6 englischen Zollen
1½ Zoll im Gevierten ausgeschnitten, dann aber in der Mitte bis auf einen kleinen Cylin-
der von ⅔ oder ¼ Zoll Durchmesser eingedreht wurden. Die Resultate dieser Versuche
enthält nachstehende Tabelle:


[287]Absolute Festigkeit der Hölzer.

Versuche über die absolute Festigkeit verschiedener Holzgattungen vom Professor
Barlow in England.


[288]Absolute Festigkeit der Hölzer.

In der vorstehenden Tabelle ist das spezifische Gewicht des reinen Wassers = 1,000
gesetzt, und hiernach die spezifische Schwere in der dritten Kolumne angegeben worden.


Wenn man nach diesen Versuchen des Professor Barlow die absolute Festigkeit
der von ihm geprüften Holzgattungen in den nächsten runden Zahlen ausdrücken will, so
gibt diess:


  • Bei Buchsbaumholz für den Querschnitt eines N. O e. Quadrat-Zolles 17300 N. O e. ℔.
  • „ Eschenholz „ „ „ „ „ 14900 „
  • Teak „ „ „ „ „ 13100 „
  • „ Tannenholz „ „ „ „ „ 10700 „
  • „ Buchenholz „ „ „ „ „ 10000 „
  • „ Eichen „ „ „ „ „ 9000 „
  • „ Birnbaum „ „ „ „ „ 8600 „
  • „ Mahagony „ „ „ „ „ 7000 „

Unter Teak wird hier eine Holzgattung verstanden, welcher man sich in Ostindien mit
grossem Vortheile zum Baue der Seeschiffe bedient, indem die letztern eine weit längere
Dauer, als es bei Schiffen von Europäischem Bauholze der Fall ist, haben.


§. 280.

Die Versuche, welche Herr J. A. Eytelwein über die absolute Festigkeit unserer
einheimischen, bei dem Bauwesen vorkommenden Holzarten anstellte, sind in dessen
bereits erwähntem Handbuche der Statik fester Körper enthalten.


Fig.
9
bis
11.
Tab.
14.

Die untersuchten Holzstücke waren sämmtlich 2 Jahre vorher gefällt, trocken auf-
bewahrt worden, und man konnte dabei weder Aeste, noch sonst einen Tadel auffinden;
sie hatten die Gestalt Fig. 9; der mittlere Theil C D war 6 Berliner Zoll lang und
hatte einen Querschnitt von ½ Zoll im Quadrate, folglich eine Durchschnittsfläche von
¼ Quadrat Zoll. Die Holzstücke wurden so bearbeitet, dass die Fasern so viel als
möglich parallel mit den Seitenflächen des Holzes gingen. Zur Fassung dieser Holz-
stücke gebrauchte man zwei gleiche 2¾ Zoll lange, 2 Zoll breite und 4/6 Zoll dicke ei-
serne Schlösser (Fig. 10), in welchen eine konische Oeffnung angebracht war, die un-
ten ebenfalls ½ Zoll im Quadrate hatte. In diese Schlösser wurden die Holzstücke,
welche genau in die Oeffnungen passten, eingeschoben, sodann das Einsatzstück E in
das Schloss eingelegt und durch zwei eiserne Bolzen F, F befestigt. Nunmehr wur-
den die zwei, an dem Ende der zu prüfenden Holzstücke angebrachten Schlösser in
die Haken H und K, wie Fig. 11 zeigt, eingehängt, und das Laufgewicht auf der
Schnellwage so weit verschoben, bis das Holzstück C D (Fig. 9) zerriss. Die Verschie-
bung erfolgte mit aller Vorsicht und man liess jedesmal das Holzstück durch einige
Zeit stehen, ehe das Laufgewicht weiter gerückt wurde. Aus der Verschiebung des
Laufgewichtes wurde nun das Gewicht berechnet, welches die absolute Festigkeit der
probierten Holzgattungen ausdrückt, und in nachstehender Tabelle angezeigt ist:


[289]Absolute Festigkeit der Hölzer.
Gerstners Mechanik. Band I. 37
[290]Absolute Festigkeit der Hölzer.

Bei der Berechnung der letzten Rubrik in der vorstehenden Tabelle ist 1 Berliner
Zoll = 0,993 Nied. O e. Zoll und 1 Berliner Pfund = 0,8352 Nied. O e. Pfund angenom-
men worden.


Aus diesen Versuchen ergibt sich, wie man bei der Betrachtung der Tabelle sieht, dass
bei gesunden Stämmen das Kernholz die grösste und der Splint die kleinste absolute Fe-
stigkeit besitze, ferner dass die Festigkeit des sehr harzigen Kiefernholzes geringer, als
jene sey, wenn dieses Holz weniger Harz enthält.


§. 281.

Die Versuche, welche wir §. 258 bis §. 263 von Eisendrähten und stählernen Uhrfe-
dern angeführt, und nachher durch allgemeine Gründe über die Gesetze der Festigkeit
des Eisens überhaupt beleuchtet haben, würden auch noch bei andern Metallen anzu-
stellen seyn und es unterliegt keinem Zweifel, dass sie auch ähnliche Resultate liefern
würden. Eben so dürften auch gleiche Versuche über das Holz ähnliche Resultate ge-
ben, indem es bekannt ist, dass alle Körper sich ausdehnen lassen, und nach einer star-
ken Belastung nicht ganz wieder zu ihrer vorigen Länge zurückkehren.


Da man jedoch unter den Metallen vorzüglich nur das Eisen hinsichtlich seiner Fe-
stigkeit benützt, bei Holz aber selten so lange Stücke vorkommen, wobei die Ausdeh-
nung eine Rücksicht verdienen könnte, so glaubt man, dass das bisher Angeführte hin-
reichen dürfte, um die vorkommenden Aufgaben über die absolute Festigkeit mit hinläng-
licher Sicherheit aufzulösen.


Als ein Beispiel dieser Art wollen wir noch folgenden Fall berechnen:


Eine Hängsäule von Fichtenholz bei einer Brücke oder einem Dachstuhle habe eine
Last von 200 Ct. zu tragen, wie gross soll der Querschnitt derselben seyn?


Da das Tragungsvermögen von Fichtenholz nach den Versuchen Seite 289 beiläufig
9000 ℔ für den Nied. O e. Quadrat Zoll beträgt, wir jedoch der Sicherheit wegen bloss
ein Zehntel hievon anschlagen wollen, so ergibt sich der Querschnitt der Hängsäule
aus der Proportion;


1 □'' : 9 Ctr. = f □'' : 200 Ctr., woraus f = 222/9 Quad. Zoll. Unter dieser Fläche
ist jedoch der kleinste Querschnitt zu verstehen, welcher der Säule nach ihrer Verschnei-
dung übrig gelassen werden muss.


[291]Relative Festigkeit der Körper.

B. Relative Festigkeit der Körper.


§. 282.

Wird ein Balken in einer horizontalen Lage an dem einen Ende A C festgehalten (z. B.Fig.
12.
Tab.
14.

eingemauert) und am andern Ende B mit einem Gewichte belastet, so wird seine rela-
tive
oder respektive Festigkeit in Anspruch genommen, weil die Cohaesion der
Theile nur nach der Richtung A G des Balkens widersteht, während das angebrachte
Gewicht nach der Richtung der Schwere wirkt, und beide also mitsammen einen Winkel
bilden.


Alle Körper sind mehr oder weniger einer Ausdehnung und Zusammendrückung fä-
hig, daher biegen sich dieselben, bevor sie brechen; es werden nämlich die cohaerirenden
Fäden durch die Wirkung des angebrachten Gewichtes oben ausgedehnt und unten zusam-
mengedrückt.


Bei der absoluten Festigkeit wirkt die Belastung in allen Querschnitten auf alle ein-
zelnen cohaerirenden Theile gleich stark; bei der relativen Festigkeit dagegen werden
die obersten Theilchen in F (Fig. 14) am meisten, und jede der Höhe nach tiefer liegen-Fig.
14.

den in a, b.... weniger gespannt, bis endlich in einem Punkte T gar keine Spannung
mehr statt findet. Von diesem Punkte T an werden die unterhalb liegenden Theil-
chen zusammengedrückt, und zwar um so mehr, je weiter sie von dem Punkte T abwärts
liegen, am tiefsten Punkte E endlich ist die Zusammendrückung am grössten.


Aus dieser ungleichen Ausdehnung der Cohaesionsfäden erhellet zugleich, dass,
wenn die obersten am meisten gespannten Fäden reissen, der ganze Balken auch brechen
muss; denn wenn alle Fäden den Bruch nicht hindern konnten, so wird die übrige ge-
ringere Zahl ihn noch weniger verhindern.


§. 283.

Um bei der Aufstellung der Gesetze für die respektive Festigkeit von dem Einfach-
sten zu dem Zusammengesetztern vorzuschreiten, wollen wir vorerst auf die Zusammen-
drückbarkeit der Materie keine Rücksicht nehmen, und bei den betrachteten Körpern
bloss eine Ausdehnungsfähigkeit voraussetzen.


Die beiden bei A und a eingemauerten gleichartigen Balken A B und a b Fig. 12Fig.
12.

sollen durch die Gewichte Q und q in B und b beschwert, in gleiche Spannungen versetzt,
oder sich im Augenblicke des Bruches befinden.


Wird der Balken A B durch das Gewicht Q gebogen, so wird bei irgend einem Thei-
le des Balkens F E K J, wo vor der Belastung F K = E J war, wegen der Ausdehnung
der obern Theilchen, F K grösser als E J werden. Wenn wir aus E zu J K die Parallele
E D ziehen, so wird F D die auf die Länge F K bewirkte Ausdehnung des obersten Co-
haesionsfadens seyn, und es müssen die Ausdehnungen aller tiefern Fäden dieses Stückes
offenbar durch die Linien F E und D E begränzt seyn, weil der Körper A B eine feste
Masse ist. Dasselbe gilt von dem zweiten Balken a b, die Grösse der Ausdehnungen
der auf einander liegenden Fäden wird bei einem eben so langen Stücke f k = F K auf
gleiche Art durch die Linien f e und d e begränzt und gemessen. Zur Erleichterung
37 *
[292]Relative Festigkeit der Körper.
Fig.
12.
Tab.
14.
der Betrachtungen wollen wir die Höhen F E = H und f e = h in eine beliebige
aber gleiche Anzahl z. B. 100 Theile theilen, jede solche Schichte M O, m o in der Brei-
te des Balkens ein Band nennen, und nach und nach die Spannungen dieser über ein-
ander liegenden Bänder, die den Balken bilden, mit einander vergleichen. — Nehmen
wir an, das oberste Cohaesionsband bei A B müsse für die Länge E J um die Grösse
F D ausgedehnt werden, um eine bestimmte Spannung zu erhalten, oder zu zerreissen;
so muss auch bei dem Balken a b das oberste Cohaesionsband, um dieselbe Spannung
zu erhalten, für dieselbe Länge e j (= E J) um eben so viel ausgedehnt werden, d. i.
es muss f d = F D seyn, weil gleichartige und gleich lange materielle Fäden bei
gleichen Spannungen nothwendig gleich viel sich ausdehnen müssen.


Betrachten wir nun die Bänder M P und m p, welche beide z. B. das 60te Band
seyn sollen, so hat man offenbar für den grossen Balken
F D : M N = F E : M E = 100 : 60, und für den kleinern Balken
f d : m n = f e : m e = 100 : 60.


Da in den beiden Proportionen die zweiten Verhältnisse gleich sind, so müssen es
auch die ersten seyn, daher ist F D : M N = f d : m n.


Nun ist aber F D = f d, also auch M N = m n, d. h. diejenigen Bänder,
welche von den Umdrehungspunkten E und e auf proportionalen
Entfernungen E M und em liegen, sind gleichviel ausgedehnt; oder
ihre Cohaesionsfäden haben eine gleiche Spannung
.


Bezeichnen also S, s die Widerstandskräfte dieser Bänder, und B, b die Breiten der
zwei Balken, so müssen sich die erstern nach §. 238 wie ihre Querschnittsflächen verhal-
ten, d. i. es muss S : s = M O × B : m o × b = × B : × b oder S : s = B . H : b . h
seyn (I).


Um diese Spannungen S und s zu erzeugen, muss offenbar von dem Gewichte Q oder
q ein Theil X oder x hiezu verwendet werden. Soll nun unter den zusammengehöri-
gen Kräften Gleichgewicht statt finden, so müssen, da sie an einem Winkelhebel M E G'
und m e g', dessen Umdrehungspunkt E und e ist, wirken, die statischen Momente gleich
seyn, d. i.


S . M E = X . G' E oder S . = X . G' E ..... (II),
und s . m e = x . g' e oder s . = x . g' e ..... (III).


Diese Gleichungen geben zugleich zu erkennen, dass, da das Moment der Kraft X,
also auch die Wirkung derselben mit dem Hebelsarme G' E wächst, der Balken dort
die grösste Spannung erfährt, wo der Hebelsarm am grössten ist, d. i. also am Befe-
stigungspunkte C, wo auch der Balken bricht. Da hier eine geringe Biegung ange-
nommen wird, folglich die Hebelsarme C H und c h beinahe den Längen der Balken
L = C B und l = c b gleich sind, so sind die Gleichungen (II) und (III)
S . = X . L ...... (IV) und
s . = x . l ...... (V).


[293]Relative Festigkeit der Körper.

Die beiden Gleichungen (IV) und (V) in eine Proportion gebracht, gebenFig.
12.
Tab.
14.

S . : s . = X . L : x . l oder
S : s = ...... (VI).


Aus dem Vergleiche der Proportionen (I) und (VI) folgt
= B . H : b . h oder
X : x = d. h. die Gewichtstheile X und x, welche

mit den Cohaesionskräften der einzelnen gleichnamigen Bänder im
Gleichgewichte stehen, haben das constante Verhältniss
.
Setzen wir nun, auf dieses gestützt, für das 1te, 2te, 3te .... nte Band die zur
Spannung und zum Gleichgewichte nöthigen Gewichtstheile für den Balken
A B = X 1, X 2, X 3 ..... X n, und eben so für den Balken a b = x 1, x 2, x 3 .... x n,
wo die Ziffern nur als unterscheidende Coeffizienten angehängt sind, so ist jedes der
Verhältnisse der korrespondirenden Gewichtstheile X 1 : x 1, dann X 2 : x 2, ferner X 3 : x 3
endlich X n : x n dem constanten Verhältnisse gleich, also sind sie auch unter
einander gleich. Addiren wir diese gleichen Verhältnisse, so ist auch
X 1 + X 2 + X 3 … + X n : x 1 + x 2 + x 3 … + x n = oder weil alle
X zusammen Q und alle x zusammen q geben, Q : q = d. h. die Ge-
wichte, welche zwei gleichartige, an einem Ende eingemauerte Bal-
ken
(ohne Rücksicht auf die Zusammendrückbarkeit der Theile) gleich stark span-
nen, oder abbrechen, verhalten sich wie die Produkte aus den Quer-
schnittsflächen in die Höhen, und verkehrt wie die Längen der
Balken
.


§. 284.

Es ist merkwürdig, dass diese Proportion statt findet, wenn auch das Verhältniss,Fig.
12.

in welchem die Kräfte zu ihren Ausdehnungen stehen, nicht bekannt ist. Wir haben
nämlich angenommen, dass die obern Ausdehnungen F D und f d bei gleichartigen Materien
im Augenblicke des Bruches einander gleich sind und haben daraus erwiesen, dass,
wenn die Punkte M und m auf proportionalen Höhen genommen werden, dann auch
die Ausdehnungen M N und m n einander gleich seyn müssen. Ist aber das Letztere der
Fall, so sind auch die Spannkräfte in denselben Punkten einander gleich, sie mögen
nun in was immer für einem Verhältnisse zur Ausdehnung überhaupt stehen; dassel-
be findet aber auch statt, wenn der Balken vom Bruche entfernt, jedoch nur die obern
Ausdehnungen einander gleich sind, und die obigen Proportionen bleiben in jedem
Falle dieselben.


[294]Relative Festigkeit der Körper.
§. 285.

Aus der letzten Proportion folgt Q = . Um diese Gleichung für die
Anwendung brauchbar zu machen, muss man die Grössen q, l, b und h vorläufig
durch einen Versuch mit einem gleichartigen Körper bestimmen. Nennen wir den
Coeffizienten, welcher sich aus dem Versuche ergibt = μ, so erhalten wir die Glei-
chung Q = oder auch , wenn wir die Querschnittsfläche B . H mit F
bezeichnen.


Diese Gleichung zeigt, dass ein Balken eine um so grössere Last zu tragen im Stan-
de sey, je grösser μ ist, d. i. je grösser durch einen Versuch die Cohaesionskraft der
Materie gefunden wird; ferner wächst das Tragungsvermögen mit dem Querschnitte B . H,
und zugleich mit der Höhe H, nimmt aber mit der Länge L des Balkens ab.


§. 286.

Für einen gegebenen Balken ist das Produkt F . H besonders merkwürdig; denn
Fig.
13.
Tab.
14.
derselbe Balken hat in der Lage I (Fig. 13) das Tragungsvermögen Q = , in der
Lage II aber Q' = , wenn A und D die Dimensionen der Querschnittsfläche F sind
und einmal A, das anderemal D als Höhe angesehen wird.


Es ist also Q : Q' = A : D, d. h. das Tragungsvermögen eines und desselben Bal-
kens, dessen Querschnitt ein Rechteck ist, ist grösser oder kleiner, je nachdem man die
grössere oder kleinere Seite zur Höhe nimmt, und steht mit diesen Höhen im geraden
Verhältnisse. Z. B. ist A = 2 D und es wird A zur Höhe genommen, so ist das Tra-
gungsvermögen zweimal so gross, als in dem Falle, wenn D die Höhe ist. Daraus folgt
die wichtige Regel für das Bauwesen, dass man jedem zum Tragen bestimm-
ten parallelopipedischen Körper ungleiche Dimensionen zu sei-
nem Querschnitte geben, und die grössere Dimension zur Höhe neh-
men solle
.


§. 287.

Die eben aufgestellten Resultate für die Spannung oder den Bruch der Körper durch
angehängte Gewichte gelten nur unter der Voraussetzung, dass der betrachtete Körper
bloss ausdehnbar und nicht auch zusammendrückbar ist. Alle Körper, die ausdehnbar
sind, sind aber auch zusammendrückbar; wir wollen daher gegenwärtig auch auf die Zu-
sammendrückbarkeit der Theile mit Rücksicht nehmen, und das Tragungsvermögen eines Bal-
kens unter der Voraussetzung suchen, dass seine obern Theile ausgedehnt, seine untern
zusammengedrückt seyen, und daher in irgend einem Punkte der Höhe ein Cohaesions-
band liege, welches weder ausgedehnt noch zusammengedrückt wird.


Fig.
14.

Es sey bei dem Balken A B (Fig. 14.), der durch das Gewicht Q gebogen wurde,
die Linie O P in irgend einem Punkte O der Höhe derjenige Cohaesionsfaden der we-
der ausgedehnt, noch zusammengedrückt wird; die überliegenden Bänder werden aus-
[295]Relative Festigkeit der Körper.
gedehnt, die unterliegenden zusammengedrückt. Für die Ausdehnung und Zusammen-Fig.
14.
Tab.
14.

drückung müssen hier dieselben Gesetze, wie jene §. 283 auseinandergesetzten statt
finden; es werden hier, wie es dort der Fall war, die auf gleiche Art wie Fig. 12
bestimmten Geraden F D und E U die Längenänderungen (Ausdehnungen und Zusam-
mendrückungen) der auf einander liegenden Bänder begränzen und ihre Grösse be-
stimmen.


Vergleichen wir den obern Theil A O P G dieses Balkens mit dem Falle in Fig. 12,
so finden sich dieselben Umstände; es wird also die Summe der Spannungsmo-
mente von A O P G, wenn wir A O = h, O P = C B = L und die Breite des Bal-
kens = B setzen, durch den ähnlichen Ausdruck, wie §. 283 nämlich durch μ B . h2 .. (I)
vorgestellt, wo μ der entsprechende Cohaesionskoeffizient ist. Betrachten wir nun den
untern Theil O C B P, so widersteht der Körper durch seine abstossende Kraft (Repul-
sionskraft) offenbar nach ähnlichen Gesetzen, wie der obere durch die Cohaesionskraft,
und es wird daher auf gleiche Art nach §. 283, wenn O C = h' und der Repulsions-
koeffizient = μ' gesetzt wird, μ' . B . h'2 … (II) das Widerstandsmoment bezeichnen.


Mit diesen beiden Momenten widersteht der Balken dem Buge oder der Einwirkung
des am Ende befestigten Gewichtes, das gesammte Widerstandsmoment des Balkens wird
daher die Summe beider oder μ . B . h2 + μ' . B . h'2 seyn. Diesem wirkt das Moment der Bela-
stung Q . L entgegen, und es ist im Stande des Gleichgewichtes Q . L = μ . B . h2 + μ' . B . h'2.


Der Balken, sich selbst überlassen, kann aber nur in einer solchen Lage verharren,
wo die Cohaesionskräfte über O P mit den Repulsionskräften unter O P im Gleichge-
wichte sind, oder wo die Cohaesionsmomente den Repulsionsmomenten gleich sind.
Diese Bedingniss gibt μ . B . h2 = μ' . B . h'2. Wir können daher obige Gleichung auch
Q . L = 2 μ . B . h2 schreiben, in welcher jedoch die Grösse h zu bestimmen kommt.


Das Tragungsvermögen Q eines Parallelopipeds hängt daher von den gegebenen Di-
mensionen B, H, L desselben, vorzüglich aber von der Ausdehnbarkeit und Zusammen-
drückbarkeit der Materientheilchen ab, und wir sehen in dieser Hinsicht, dass ein Kör-
per um so mehr zu tragen vermag, je kleiner der Bruch ist, oder je grösser bei einer
gegebenen Cohaesionskraft seine Repulsionskraft wird.


Für kleine Belastungen gibt die Erfahrung, dass Cohaesionskraft und Repulsions-
kraft gleich gross, und dem Gewichte proportional, oder dass μ = μ' ist; dann ist
auch h = h' und derjenige Cohaesionsfaden, der weder ausgedehnt noch zusammenge-
drückt wird, liegt genau in der Mitte der Höhe H, und wir erhalten Q . L = 2 μ . B . .


Bei grössern Belastungen wird aber die Repulsionskraft bedeutend vermehrt, also μ'
grösser als μ; weil aber in jedem Falle μ . h2 = μ' . h'2 ist, so muss nun auch h grösser als
h' und h grösser als seyn; daher wird der Balken wieder fähig, bei gleicher Zunahme
der Spannung verhältnissmässig grössere Gewichte aufzunehmen.


Da die Balken, welche bei dem Maschinen- und Bauwesen verwendet werden, sich
nicht viel biegen dürfen, so bleiben wir bei der Gleichung Q . L = 2 μ . B . stehen;
[296]Relative Festigkeit der Körper.
hierin hängt der Koefficient von der physischen Beschaffenheit der Materie ab,
und kann nur durch Versuche bestimmt werden. Wir werden diesen Coeffizienten der
Kürze wegen bloss durch den Buchstaben m vorstellen. Die Gleichung für das Tra-
gungsvermögen eines Parallelopipeds ist daher Q = . Für ein anderes auf
gleiche Art beschwertes Parallelopiped von derselben Materie, aber den Dimensionen
b, h und 1 wird das Gewicht q, welches mit der bewirkten Spannung sich im Gleichge-
wichte befindet, gleichfalls durch die Gleichung q = ausgedrückt.


Bringt man diese beiden Gleichungen in eine Proportion, so ist Q : q =
d. h. die Gewichte, welche zwei gleichartige an einem Ende einge-
mauerte Balken gleich stark spannen oder brechen, verhalten sich
wie die Produkte aus den Querschnittsflächen in die Höhen, und
verkehrt wie die Längen der Balken
(wie §. 283).


§. 288.

Nach der vorigen Gleichung Q = , lässt sich das Gewicht Q für einen Bal-
ken von gegebenen Dimensionen B, H und L finden, sobald durch einen Versuch der
Cohaesionskoeffizient m bekannt ist. Man braucht in dieser Absicht nur bei einem voll-
kommen gleichartigen Parallelopipede seine Dimensionen b, h und l zu messen, und das
Gewicht q, bei welchem dieser Stab bricht, zu bestimmen.


Hierüber führt abermals Musschenbroek in der bereits genannten: Introductio ad
cohaerentiam corporum firmorum
pag. 121 mehrere Versuche an. Die Hölzer, welche
derselbe untersuchte, waren sämmtlich Parallelopipede, hatten eine Breite von 0,26 Rheinlän-
der Zoll und im Augenblicke des Bruches eine Länge, (C G', Fig. 12) von 9 Zoll ausserhalb der
Oeffnung, in welcher sie gut befestigt waren. Der erste Versuch, welcher auf diese Art an-
gestellt wurde, betraf ein Parallelopiped von Eichenholz, dessen Höhe 0,33 Rhein-
länder Zoll betrug; dieses wurde von 5 Amsterdamer Pfunden gebrochen. Hieraus er-
gibt sich nun auf folgende Art der Cohaesionskoeffizient: Substituiren wir nämlich in
die Proportion §. 287. Q : q = die Werthe aus dem Versuche, auf Nied.
Oe. Maass und Gewicht reduzirt, so ist Q : 5 . 0,8806 = , woraus
Q = 1419,36 folgt. Um jedoch von dieser Gleichung Gebrauch zu machen, müs-
sen die Dimensionen des Balkens B, H, L in Nied. Oe. Zollen substituirt werden,
das Gewicht Q wird sodann in N. Oe. Pfunden erhalten.


Auf gleiche Art werden nun die Coeffizienten aus den andern Versuchen berechnet,
welche Musschenbroek über die relative Festigkeit der Hölzer anstellte, und die in der
folgenden Tabelle enthalten sind:


[297]Relative Festigkeit der Körper.
§. 289.

Bestimmt man nach den vorigen Werthen die Stärke der Hölzer, so ergibt sich die-
se immer für den Fall des wirklichen Bruches. Da man jedoch die Hölzer so stark ma-
chen will, damit sie die Belastung wirklich aushalten, so pflegt man nach einer prakti-
schen Regel hier eben so wie bei der absoluten Festigkeit für den Cohaesionscoeffizienten
Gerstners Mechanik. Band I. 38
[298]Relative Festigkeit der Körper.
bei Hölzern gewöhnlich nur 1/10tel und bei Metallen z. B. beim Eisen ½ oder ⅓tel der ausge-
mittelten Zahlen in der Rechnung anzusetzen. Man vertraut demnach den Hölzern, wel-
che der Fäulniss und andern Beschädigungen sehr ausgesetzt sind, nur 1/10tel, und dem
Eisen nur ⅓tel dessen, wovon der Bruch erfolgt. Bei dieser Belastung behalten dann
die Hölzer meistens noch ihre vollkommene Elastizität.


  • Beispiel. Wie stark muss ein viereckiger kieferner Balken seyn, der 2 Klafter lang
    ist, und an seinem Ende eine Last von 1000 ℔ tragen soll?

Setzt man hier H = B, und m = 1131 für Kiefernholz, so ist Q = , und
= 5,03 Zoll. Allein bei dieser berech-
neten Stärke würde der Balken brechen, man müsste ihn daher entweder stärker
machen, oder nicht so viel Last anhängen.


Setzt man aber für m bloss 113, wobei der Balken die anvertraute Last mit einer solchen
Sicherheit trägt, dass er erst von dem 10fachen dieser Last brechen würde, so findet man
= 10,8 Zoll.


§. 290.

Für kleine hölzerne Stäbe hat das Gewicht derselben auf den Bruch sehr
wenig Einfluss, und kann daher ganz vernachlässigt werden. Bei grossen Balken aber
muss ihr oft sehr bedeutendes Gewicht in Anschlag gebracht werden. Nach §. 287 ist
Q . L = m . B . H2, d. h. das Moment des aufgehängten Gewichtes ist dem Spannungsmo-
mente m . B . H2 des Balkens gleich. Wären daher an dem Balken mehrere Gewichte
auf verschiedenen Entfernungen angebracht, so müsste man für Q . L die Summe aller Mo-
mente setzen; da man nun bei einem parallelopipedischen Balken sein Gewicht (G)
als im Schwerpunkte, in der Mitte seiner Länge vereint, also an dem Hebelsarme
wirkend denken kann, so erhält man Q . L + G . = m . B . H2 oder
L = m . B . H2, woraus folgt Q = , d. h. das Tragungs-
vermögen des Balkens wird um das halbe Gewicht des Balkens ver-
ringert
. Um G zu bestimmen, setze man das Gewicht eines Kubikfusses, oder das
Gewicht von 1728 Kubikzoll Holz allgemein = g, so ist, (da nach §. 288 bei der Bestim-
mung des Coeffizienten m die Maasse B, H, L, in Zollen verstanden werden)
1728c'' : g = B'' . H'' . L'' :G, und G = , folglich allgemein
.


Ist in dieser Gleichung , oder , also
m . H = , so ist Q = 0, d. h. der Balken trägt nichts, denn er bricht
[299]Relative Festigkeit der Körper.
durch sein eigenes Gewicht; die Breite hat hierauf keinen Einfluss, weil mit
derselben gleichzeitig, und in gleichem Maasse das Gewicht des Balkens und sein Tra-
gungsmoment zu- und abnimmt.


  • 1tes Beispiel. Berechnen wir das Beispiel des vorigen §. mit Rücksicht des eige-
    nen Gewichtes des Balkens und setzen für sein 10faches Uibergewicht m = 113,
    g aber = 33 ℔, so ist nach der oben gegebenen Gleichung:
    oder H3 — 1,752 H2 = 1274,336.

Setzt man H = 11, so ist 1331 = 211,992 = 1119,008 statt 1274,336, also der Fehler = — 155,323
— — H = 12, —— 1728 — 252,288 = 1475,712 — — — — — — = + 201,376.


Nun kann man nach der bekannten Regel mit 2 falschen Sätzen schliessen:
155,328 + 201,376 : 155,328 = 12 — 11 : x, woraus x = 0,4 Zoll; also ist der richtige Werth
H = 11 + x = 11,4 Zoll.


  • 2tes Beispiel. Bei welcher Länge bricht ein Balken von Kiefernholz, wenn er 12
    Zoll Höhe hat, durch sein eigenes Gewicht? — Nach dem Obigen ist m . H = ;
    setzt man hier m = 1131, H = 12″, und g = 33 ℔, so ist L'' = ;
    oder die Länge des Balkens in Fussen
    = 99,36 Fuss = 16 Klafter 3,36 Fuss
    d. h. wenn ein Balken von Kiefernholz 12″ hoch ist, so wird er, wenn er von ei-
    ner Seite eingemauert ist, bei einer Länge von 16 Klafter 3,36 Fuss nicht die
    mindeste Last zu tragen vermögen, und schon durch sein eigenes Gewicht brechen.

§. 291.

Wir wollen nun die am häufigsten vorkommende Aufgabe betrachten, wo ein Bal-
ken an seinen beiden Endpunkten unterstützt ist
, und in irgend einem
Punkte seiner Länge eine Last Q zu tragen bekommt, und wollen sehen, wie es sich hier
mit seinem Tragungsvermögen verhält.


Ist die Last Q im Punkte O ausser der Mitte C angebracht, so werden die UnterlagenFig.
15.
Tab.
14.

M und N einen verschiedenen Druck erleiden müssen. Denkt man sich den Balken in M
mit der Kraft q gehoben, so ist in N die Unterstützung, und es ist q . M N = Q . N O oder
q = . Denkt man sich den Punkt M unterstützt, und den Balken in N mit der Kraft
q' gehoben, so ist: q' . M N = Q . M O und q' = . Beide Drücke betragen zu-
sammen = Q, wie es seyn muss.


38 *
[300]Relative Festigkeit der Körper.

Da die Kräfte q, q' und Q mit einander im Gleichgewichte sind, so wird an der Wir-
kung der Kräfte offenbar nichts geändert, wenn man statt der auf M O wirkenden Kraft q
den Theil M O fest oder eingemauert, und statt des Druckes q' auf N diese Kraft z. B.
an einem Faden nach oben wirkend sich vorstellt. Unter dieser Voraussetzung haben
wir den §. 287 behandelten Fall, nach welchem das Tragungsvermögen
q' = , oder , oder Q = , wo B und H, wie be-
kannt, die Abmessungen des Balkens sind.


Setzen wir N O festgehalten, und q an M O auf gleiche Art, wie früher, wirkend
voraus, so ist nach ebendemselben §. q = , oder , so-
nach Q = , also derselbe Werth wie früher.


Setzt man die Entfernung der Last vom Mittelpunkte C der Balkenlänge, O C = E
und M N = L, so ist M O = — E und N O = + E, daher
M O . N O = — E2, folglich Q = oder
Q = .


Um das Gewicht des Balkens (G) in Rechnung zu bringen, sey das Gewicht des
Balkenstückes M O = G', das Gewicht des Balkenstückes N O = G'', so muss G' + G'' = G
seyn. Im Augenblicke des Bruches ist der Balkentheil N O an seinem Endpunkte bei
N unterstützt und liegt mit auf, an dem andern Endpunkte O wirkt auch und
ist nicht unterstützt, daher wird die Last Q durch das Gewicht des Balkens N O um
vermehrt. Auf dieselbe Art vermehrt auch M O das Gewicht Q mit seinem hal-
ben Gewichte = und es ist daher die für den Bruch wirkende Gesammtlast
, weil ist; es muss demnach seyn
, oder , oder
.


§. 292.

Betrachten wir in der vorigen Gleichung alle Grössen als gegeben, und bloss E als
veränderlich; so sehen wir, dass, wenn E = 0 ist, die Last daher in der Mitte liegt,
der Nenner der grösste, also das Tragungsvermögen das kleinste wird, nämlich
, d. h. die Mitte des Balkens ist der schwäch-
[301]Relative Festigkeit der Körper.
ste Punkt; und der Balken trägt daselbst (ohne Rücksicht auf sein eigenes Ge-
wicht G) 4mal so viel, als derselbe an einem Ende eingemauert, und am
andern äussersten Ende belastet tragen würde
. Daher nimmt man in der
Anwendung bei Berechnung der Stärke solcher Balken die Belastung, der Sicherheit wegen,
immer in der Mitte an. Je grösser dagegen E wird, oder je mehr die Last aus der Mitte
gegen einen der beiden Unterstützungspunkte gerückt wird, desto grösser wird das Tra-
gungsvermögen des Balkens; und rückt man die Last ganz ans Ende, so wird E = ,
d. h. die Last kommt ganz auf die Unterlage zu liegen. Für diesen Fall gibt die Rechnung
den Nenner = 0, folglich das Tragungsvermögen Q unendlich gross, weil in diesem Falle
die Last ganz von den Unterstützungspunkten, und gar nichts von dem Balken getragen
wird. Aus dieser Ursache ist es vortheilhaft, in Gebäuden, Magazinen, Schüttböden etc.
den Boden in der Mitte möglichst wenig zu belasten, und die Belastung näher an die-
jenigen Stellen zu bringen, welche den Balken zu Unterlagen dienen. Ein Wagen, eine
Last etc., die über eine Brücke geschafft wird, ist ausser aller Gefahr, wenn sie die
Mitte des Bogens überschritten hat.


§. 293.

Wenn die Belastung eines an beiden Enden unterstützten Balkens, die er in der Mit-
te zu tragen vermag, gegeben ist, kann man leicht finden, wie viel er in jedem Punk-
te ausser der Mitte trägt
?


Nach §. 292 ist die Last, welche ein Balken bei irgend einer Spannung in der Mitte
trägt = , wo nämlich = P gesetzt wurde. Ausser
der Mitte trägt er bei derselben Spannung Q = , und für 4 m. B. H2 den
obigen Werth P. L gesetzt, gibt Q = . Theilt man
die ganze Länge in 20 Theile, wo sodann jeder Theil gross ist, und nimmt für E allge-
mein n solcher Theile d. i. E = , so ist auch Q = , und man erhält, für
n nach und nach die Zahlen von 0 bis 10 gesetzt, die Werthe, wie sie folgende Ta-
belle zeigt.


Dieselben Werthe gelten auch für die andere Hälfte des Balkens, weil die
aufgestellte Gleichung für gleich grosse positive oder negative Werthe von E gleiche Re-
sultate gibt.


[302]Relative Festigkeit der Körper.

Aus dieser Tabelle sieht man die Zunah-
me des Tragungsvermögens gegen die Unter-
stützungspunkte; insbesondere ergibt sich,
dass, wenn man sich den Balken in drei Thei-
le abgetheilt denkt, der mittlere Theil in
allen Punkten eine beinahe gleiche
Tragungskraft
besitze, indem die Zah-
len 1,010, dann 1,042, endlich 1,099 nur unbe-
deutend von 1,000 abweichen.


Von diesem dritten Theile aus wird das
Tragungsvermögen gegen die Enden des Bal-
kens immer grösser; kommt endlich die Last
auf den Unterstützungspunkt des Balkens zu
liegen, so wird dessen Tragungsvermögen un-
endlich gross, d. h. er bricht nicht mehr
und es kommt nunmehr bloss seine rückwir-
kende Festigkeit in Betrachtung, wovon spä-
ter gehandelt werden wird.


Ist bei diesem Balken B = 10″, H = 12″, L = 20′, das Gewicht eines Kubikfusses Holz

= 30 ℔ und im Falle er von Tannenholz ist, und das zum
Bruche erforderliche Gewicht gesucht wird, m = 1000, so ist
P = = 24000; ferner
, dann
. Setzt man E = 0, 12 Zoll, 24
Zoll, 36 Zoll u. s. w., so erhält man jedesmal Q, wie in
der nebenstehenden Tabelle zu ersehen ist.


§. 294.

Da die Versuche über den Bruch der Balken weit leichter anzustellen sind, wenn
die letztern an beiden Enden aufliegen, als wenn sie an einem Ende eingemauert wer-
[303]Relative Festigkeit der Körper.
den, so findet man auch mehrere Versuche in den mechanischen Schriften über diesen
Fall angestellt.


Da das Tannenholz bei dem Bauwesen am häufigsten gebraucht wird, so hat
Hr. Barlow in England eine Reihe von Versuchen über die Festigkeit solcher Hölzer
angestellt, die an beiden Enden frei auflagen, und durch ein in der Mitte derselben
angebrachtes Gewicht gebrochen wurden. Bei dem ersten Versuche dieser Art wurden
sechs Stäbe von Tannenholz, deren jeder 1 Zoll hoch, 1 Zoll breit und 15 Zoll lang
war, nach und nach in ihrer Mitte mit Gewichten beschwert, bis der Bruch erfolgte,
Das Mittel aus diesen sechs Versuchen gab ein Gewicht von 418⅚ ℔. Da diess durchaus
englisches Maass und Gewicht ist, so findet man den Coeffizienten m für diesen Versuch
aus der Proportion . (0,9642)2 woraus
. Auf gleiche Art wurde der Coeffizient bei allen andern Versuchen
in der nachstehenden Tabelle berechnet.


Aus dieser Tabelle ersieht man, dass die Festigkeit des Tannenholzes nicht durch-
aus gleich sey, da die Versuche für den Coeffizienten m die Werthe 1327 bis 1641 geben;
wovon die Ursache darin liegt, weil man nicht leicht zwei vollkommen gleiche Hölzer zu
finden im Stande ist.


§. 295.

In dem bereits erwähnten Handbuche der Statik fester Körper von I. A. Eytelwein
erscheint eine Reihe von Versuchen, welche über die relative Festigkeit der in
[304]Relative Festigkeit der Körper.
Preussen üblichen Bauhölzer mit aller Genauigkeit angestellt wurden. Wir übergehen
hier zur Vermeidung der Weitläufigkeit das Detail dieser Versuche, indem wir bloss die
Resultate derselben anführen. Diese geben q oder die Last, wovon ein, an einem Ende ein-
gemauerter Stab von 1 Zoll Länge, 1 Zoll Breite und 1 Zoll Höhe (Berliner Maass) bricht:


  • Für Rothbuchenholz = 4710 Berl. ℔, folgl. auf N. Oe. Maass u. Gewicht reduzirt m = 3989.
  • „ Steineiche = 4109 „ „ „ „ „ m = 3480.
  • „ Sommereiche = 4006 „ „ „ „ „ m = 3393.
  • „ Erlenholz = 3449 „ „ „ „ „ m = 2921.
  • „ Weissbuche = 3005 „ „ „ „ „ m = 2545.
  • „ Kiefernholz = 2878 „ „ „ „ „ m = 2438.
  • „ Weisstanne = 2737 „ „ „ „ „ m = 2318.
  • „ Rothtanne = 2049 „ „ „ „ „ m = 1736.

§. 296.

Uiber die relative Festigkeit des Gusseisens führt Hr. Rondelet in sei-
nem Art de bâtir, tome IV, page 514 folgende Versuche mit Stangen an, deren Höhe
und Breite sämmtlich einen Zoll betrug.

§. 297.

Auch über die relative Festigkeit der Steine wurden Versuche dieser Art
angestellt. Herr Tredgold führt in dem philosophical Magazine and Journal, vol. 56,
p.
290 nachstehende Versuche mit parallelopipedischen Steinkörpern an, die horizontal
auf zwei Unterlagen gelegt und in der Mitte beschwert wurden:


[305]Relative Festigkeit der Körper.
§. 298.

Herr Barlow hat über die relative Festigkeit der Ziegeln in England Ver-
suche angestellt. Dieselben waren 4 engl. Zoll breit, 2 Zoll hoch und befanden sich auf
zwei, 8 Zoll von einander entfernten Unterlagen. Nach diesen Versuchen brach ein


  • alter ordinärer Ziegel von 343 liv. av. du poids, folgl. ist für N. Oe. Maass u. Gew. m = 37
  • neuer „ „ 403 „ „ „ „ m = 44
  • Ziegel v. bester Qualität 444 „ „ „ „ m = 48.

Bei allen bisher angeführten Versuchen über die respektive Festigkeit der hölzernen
Balken, Metalle und Steine ist bei der Berechnung des Cohaesionscoefficienten m das
eigene Gewicht der Körper nicht in Rücksicht genommen worden, weil die versuchten
Körper ohnehin kein bedeutendes eigenes Gewicht hatten. Wird jedoch von diesen Ver-
suchen in der Anwendung bei dem Maschinen- und Bauwesen Gebrauch gemacht, so
muss das eigene Gewicht nach der Anleitung, welche §. 290 und §. 291 hierüber gege-
ben wurde, mit in Rechnung genommen werden. — Es dürfte wohl überflüssig seyn,
hierüber noch ein Beispiel anzuführen.


Gerstners Mechanik. Band I. 39
[306]Relative Festigkeit der Körper.
§. 299.

Das Tragungsvermögen eines schief liegenden Balkens wird auf
folgende Art bestimmt:


Nehmen wir zuerst an, es sey M N ein unschwerer Balken, welcher auf zwei festen
Fig.
1.
Tab.
15.
Unterlagen liegt und mit dem Horizonte M R einen beliebigen Winkel N M R = α
bildet; es wirke ferner in irgend einem Punkte O eine Kraft S in der auf die Länge des
Balkens winkelrechten Richtung O q, so wird dieser Fall von jenem im §. 291 enthalte-
nen in nichts, als in der absoluten Lage verschieden seyn; es muss daher auch hier
eine eben solche Gleichung wie dort statt finden, d. i.
, wenn wir hier die Entfernung der Kraft von der
Mitte, nämlich C O = E setzen.


Denken wir uns nun an eben diesem Balken in demselben Punkte O die Last Q frei
aufgehängt, also die Kraft in einer schiefen Richtung auf den Balken wirkend, so lässt
sich Q durch O n vorstellen, und in zwei Seitenkräfte zerlegen, wovon O p nach der
Richtung des Balkens und O q senkrecht auf denselben wirkt; es werden daher O p und
O q dieselbe Wirkung hervorbringen, welche O n früher äusserte. Die Kraft O p wirkt
in der Richtung des Balkens und strebt ihn über seine Unterlagen abgleiten zu machen,
wesshalb er auf jeden Fall durch eine gleiche entgegenwirkende Kraft gehalten werden
muss; allein auf die Biegung oder den Bruch des Balkens kann O p nicht einwirken, und
ist in dieser Hinsicht so gut als gar nicht vorhanden zu betrachten.


Die zweite Kraft O q hat genau die Richtung wie die vorher genannte, und bewirkt
daher allein die Spannung des Balkens; bezeichnen wir diese Kraft O q = S, so be-
steht die obige Gleichung (I); nun ist der Winkel O n p eben so gross
als der Winkel N M R = α, demnach haben wir S : Q = Cos α : 1, also S = Q. Cos α (II).


Da aber auch das Dreieck O n p dem Dreiecke N M R ähnlich ist, so ist auch
S : Q = p n : O n = M R : M N = b : L, wenn M R = b und M N = L ist; also auch
(III).


Werden diese Werthe statt S in die Gleichung (I) gesetzt, so ist
und auch , wobei, wenn man das eigene Gewicht des Balkens
mit berücksichtigen will, unter Q nicht bloss der vertikale Druck (O n), sondern auch das
halbe Gewicht des Balkens mit begriffen werden muss.


Bezeichnen wir das Tragungsvermögen eines wagerechten Balkens mit
W, so ist dasselbe für den schief liegenden Balken oder . Man
findet daher das Tragungsvermögen eines schief liegenden Balkens,
wenn man sein Tragungsvermögen für die wagerechte Lage sucht,
und dieses entweder mit dem Cosinus seines Neigungswinkels divi-

[307]Relative Festigkeit der Körper.
dirt, oder mit dem Bruche multiplicirt, wo L seine Länge und b ihre
horizontale Projection ist.


§. 300.

Wir haben noch das Tragungsvermögen für den häufig vorkommenden Fall zu be-
stimmen, wenn eine Last Q auf einem, an seinen beiden Enden unter-
stützten Balken gleichförmig vertheilt ist
, wie diess z. B. bei einem mitFig.
2.
Tab.
15.

Getreide beschwerten Speicher oder Schüttboden vorkommt. In diesem Falle ist jeder
Punkt des Balkens gleich beschwert, er wird also dort brechen, wo er das kleinste Tra-
gungsvermögen hat, welches nach §. 292 in der Mitte statt findet. Im Augenblicke des
Bruches kann der Zusammenhang der Fläche hei C nicht mehr in Rechnung kommen.
Ein jeder Theil M C oder N C hat das Gewicht zu tragen. Hievon trägt für
den Theil M C der Unterstützungspunkt M die Last und in
dem Punkte C wirkt gleichfalls das Gewicht herab. Auf glei-
che Art trägt von dem Theile N C der Punkt N das Gewicht und in dem Punk-
te C wirkt abermals das Gewicht herab; in dem Mittelpunkte C wirkt also das
Gewicht herab, welches den Bruch bewirkt. Wenn da-
her eine Last auf einem, an den Endpunkten unterstützten Balken gleichförmig vertheilt
ist, so wirkt in dem Augenblicke des Bruches in der Mitte des Balkens die Hälfte dieser
Last. Dem §. 292 zu Folge haben wir nun oder
oder . Es ist daher die Tragkraft eines auf
beiden Enden unterstützten Balkens, wenn die Belastung gleich-
förmig über seine ganze Länge vertheilt ist, doppelt so gross, als
im Falle die ganze Last in einem einzigen Punkte in der Mitte an-
gebracht wird
.


§. 301.

Es erübrigt noch das Tragungsvermögen eines an seinen beiden En-
den eingemauerten Balkens zu bestimmen, wenn die Last an irgend
einem Punkte herabwirkt, und das Gewicht des Balkens mit in Rech-
nung genommen wird
.


In diesem Falle muss die Last Q den Balken in den Punkten M, O und N brechen;Fig.
3.

man zerlege daher dieses Gewicht in drei Theile q, q' und q'', so dass Q = q + q' + q'' sey.


Um den Bruch des Balkens in O zu bewirken, muss vermög §. 291
seyn; das Gewicht für den Bruch des Balkens in M gibt §. 287 mit
39 *
[308]Relative Festigkeit der Körper.
Fig.
3.
Tab.
15.
, und jenes für den Bruch in N ebenfalls §. 287 mit ; folg-
lich ist oder
.


Wenn nun C in der Mitte von M und N liegt, so dass
und die Entfernung, wie viel die Last Q ausser der Mitte hängt, oder C O abermals
= E gesetzt wird, so haben wir ;
nimmt man aber das Gewicht des Balkens noch in Rechnung, so ist nach §. 291 die Last
.


Vergleicht man dieses Resultat mit jenem §. 291 wo der Balken beiderseits frei auf-
gelegt war, so ergibt sich, dass der eingemauerte Balken (wenn man auf sein
eigenes Gewicht keine Rücksicht nimmt) doppelt so viel trägt, als wenn er
beiderseits aufliegt, und dass er 8mal so viel trägt, als wenn der-
selbe bloss an einem Ende eingemauert ist
.


§. 302.

Wir haben §. 287 das Tragungsvermögen eines parallelopipedischen, an einem En-
de eingemauerten Balkens gefunden. Ein jeder Balken wird aus einem
runden Baumstamme gezimmert; die Abmessungen B und H desselben hängen daher
von dem Durchmesser des Stammes ab, und können ein mannigfaltiges Verhältniss zu
einander bekommen. Es frägt sich nun, wenn der Durchmesser des Stammes gegeben
ist, das Verhältniss von B : H so zu bestimmen, damit das Produkt B. H2 am gröss-
ten wird, um dadurch den stärksten Balken aus einem gegebenen Stam-
me zu erhalten
.


Fig.
4.

Es stelle Fig. 4 das Profil eines runden Stammes vor, in welchem der Querschnitt
des auszuzimmernden Balkens M O N P verzeichnet ist, so dass die Breite desselben
O N = B und seine Höhe P N = H jene Maasse seyen, bei denen das Produkt
B. H2 = A ein Maximum wird. Bezeichnen wir den Durchmesser des Stammes O P
mit D, so ist in dem rechtwinkeligen Dreiecke O N P offenbar H2 = D2 — B2, also auch
das Produkt A = B. D2 — B3. Soll nun B derjenige Werth seyn, bei welchem A am
grössten wird, so muss für jeden Werth B ± x, der um eine noch so kleine Grösse x
grösser oder kleiner als B ist, das Produkt immer kleiner werden, sonst könnte der
Voraussetzung gemäss A nicht das grösste Produkt seyn, d. i. das Produkt
C = (B + x) D2 — (B + x)3 = B. D2 — B3 + (D2 — 3 B2) x — 3 B. x2 — x3 muss klei-
ner seyn, als A. Damit dieses Bedingniss erfüllt werde, muss das Glied (D2 — 3 B2) x,
[309]Relative Festigkeit der Körper.
für jeden Werth von x offenbar = 0, also D2 — 3 B2 = 0 seyn. Diess gib Fig.
4.
Tab.
15.

für jeden Werth von x, also auch für x = 0, oder für den Fall des Maximum von A;
und weil nun H2 = D2 — B2 = D2 — ist, so ist auch
also B : H = 1 : √ 2 = 1 : 1,4142 … oder sehr nahe B : H = 10 : 14 = 5 : 7, d. h.
ein aus einem runden Stamme gezimmerter Balken ist am stärksten,
wenn sich die Breite zur Höhe, wie 5 zu 7 verhält
.


Für diesen Fall gibt die Gleichung B2 = die Proportion : B = B : D
und die Gleichung H2 = ⅔D2 die Proportion ⅔D : H = H : D.


Wenn man daher Fig. 4 auf der Durchschnittsfläche des Stammes einen Kreis be-
schreibt, den Durchmesser O P in drei gleiche Theile theilt, mittelst eines Winkelha-
kens aus den Punkten Q und R die Senkrechten Q N und R M zieht, bis sie die Pe-
ripherie in N und M schneiden, und die Durchschnittspunkte N und M mit den
Endpunkten des Durchmessers O und P durch gerade Linien verbindet, so ist M O N P
der Querschnitt des stärksten Balkens; denn es ist
O Q : O N = O N : O P oder : B = B : D, ferner
P Q : N P = N P : O P oder ⅔D : H = H : D, wie es nach dem Obigen seyn

muss. Das Produkt H2. B wird in diesem Falle = ⅔. D2. D. √ ⅓ = 0,3849. D3, welches
das Maximum ist.


Dass ein Balken, welcher nach der eben angeführten Theilung aus einem runden
Stamme gezimmert wird, das grösste Tragungsvermögen besitze, ergibt sich auch noch,
wenn man die Verzeichnung desselben auf eine andere Art vornimmt.


Wir wollen zuerst den Durchmesser des Stammes in zwei gleiche HälftenFig.
5.

O R = R P = zertheilen, so ist die Höhe des Balkens eben so gross als seine
Breite, oder P N = N O = H = B = = D √ ½ = 0,707 D, folglich
das Produkt B. H2 = 0,707 D. D √ ½. D √ ½ = 0,3535 D3.


Theilt man dagegen den Durchmesser eines Stammes O P in 4 Theile, errichtetFig.
6.

im 1ten und 3ten Viertel die Senkrechten Q N und R M, verbindet die vier Punkte
M, O, N und P mit einander, so ist M O N P der Querschnitt des Balkens, wobei
P N = H die Höhe, und N O = B die Breite desselben vorstellt.
Nun verhält sich O Q : O N = O N : O P oder : B = B : D, woraus B = D √ ¼ =
Ferner P Q : P N = P N : P O oder ¾D : H = H : D, woraus H = D √ ¾ = 0,866 D
Es wird daher das Produkt B. H2 = . D2. ¾ = 0,3750 D3.


Wir sehen, dass in diesen beiden Fällen die Produkte B. H2 = 0,3535 D5 und
B. H2 = 0,3750 D3 wirklich kleiner als das oben berechnete B. H2 = 0,3849 D3 sey; es ist
[310]Relative Festigkeit der Körper.
daher die oben angegebene Verzeichnungsart diejenige, bei der man aus einem run-
den Stamme wirklich den stärksten Balken durch Zimmerung erhält.


§. 303.

Die Vergleichung der Tragungsfähigkeit eines Modelles, z. B. ei-
nes hölzernen Brückenmodelles mit jener des darnach ausgeführ-
ten Baues
verdient ihrer Wichtigkeit wegen hier noch eine Erwähnung.


Es seyen b, h, l die Abmessungen eines einzelnen Balkens des Modelles und p das
noch darauf befindliche Gewicht der Streuhölzer etc., so ist sein Tragungsvermögen
in der Mitte oder . Wir wollen zu einem Bei-
spiele die Belastung viermal so gross als das eigene Gewicht des Balkens oder
annehmen, so ist
(I).


Werden nun nach diesem Modelle die Abmessungen für den wirklichen Bau sämmt-
lich nmal vergrössert, so ist das Tragungsvermögen eines solchen Balkens der Brücke
(II).


Aus dem Vergleiche dieser beiden Ausdrücke, welche die Cohaesionskraft ähn-
licher Balken
darstellen, sehen wir, dass das erste Glied mit der zweiten Potenz
der Verhältnisszahl n wächst, dagegen aber das zweite Glied, worin das Gewicht der
Balken und ihre Belastung vorkommt, wegen der gleichfalls darin enthaltenen dritten Po-
tenz von n weit schneller zunimmt; es wird daher das Tragungsvermögen einer Brücke
gegen jenes eines Modelles desto geringer werden, je grösser das eigene Gewicht der
Balken der Brücke sammt ihrer Belastung gegen das Gewicht der Balken des Modelles ist.
Da überhaupt das Tragungsvermögen des Modelles und der Brücke durch die Differenz
der, in I und II enthaltenen zwei Glieder bestimmt wird, so sieht man, dass sich aus
dem, von einem Modelle getragenen Gewichte keineswegs auf ein von der Brücke zu tra-
gendes Gewicht, welches im Verhältnisse zu der Vergrösserung steht, schliessen lässt;
ja es können Fälle statt finden, wo das Modell bedeutende Gewichte trägt, während die
darnach ausgeführte Brücke durch ihr eigenes Gewicht bricht. Das Letztere findet näm-
lich in der Gleichung II statt, wenn man Q = 0 setzt, in welchem Falle
= 0, mithin n = ist; es wird daher bei
dieser Vergrösserung (n) die ausgeführte Brücke brechen, wenn gleich das Modell ein
bedeutendes Gewicht trägt.


  • Beispiel. Es sey im Modelle b = h = ½ Zoll, 1 = 36 Zoll, das Gewicht eines
    Kubikfusses Holz oder g = 30 ℔ und m für den Bruch = 1000, so bricht ein
    Tragbalken des Modelles nach der Gleichung I von dem Gewichte
    [311]Relative Festigkeit der Körper.
    = 13,5 ℔ und wenn 8 solche Balken
    vorhanden sind, so bricht das ganze Modell von 8 q = 108 ℔. Es wird daher
    eine geringere Last z. B. die Hälfte oder 54 ℔ tragen.

Berechnet man nun für die angenommenen Dimensionen aus der obigen Gleichung
für n die Vergrösserung, so findet man = 35,56. Da also die
Brücke bei der 35,56fachen Vergrösserung durch ihr eigenes Gewicht bricht, so wollen
wir n = 36 setzen, d. h die Balken (Endsbäume) der Brücke zu 36. 0,5 = 18 Zoll
Höhe und Breite, dann mit 36. 36 Zoll = 108 Fuss Länge annehmen, und diess in den
Ausdruck II substituiren. Nehmen wir bei der Brücke abermals 8 Balken, wie bei dem
Modelle an, so ist das Tragungsvermögen der nach dem Modelle im 36fachen Maasse
hergestellten Brücke
Pfund; d. h. die Brücke bricht schon durch ihr eigenes Gewicht, und darf gar nicht
mehr belastet werden. Wir sehen also, wie unrichtig es wäre, wenn man von dem Um-
stande, dass 8 Balken des Modelles beiläufig 54 ℔ tragen, darauf schliessen wollte,
dass 8 Balken der Brücke 36mal 54 ℔ = 1944 ℔ tragen werden. Noch unrichtiger wäre
es jedoch, wenn man die Vermehrung des Tragungsvermögens mit dem Quadrate der
Vergrösserung (mit n2) annehmen wollte, und daher dieser Brücke ein Vermögen von
54. 362 = 69984 ℔ zuschreiben wollte.


Diese Bemerkung verdient hauptsächlich eine Berücksichtigung bei Modellen für
hölzerne Brückenkonstructionen von grossen Spannweiten.


§. 304.

Eine wichtige Anwendung der Lehre über die Festigkeit der Körper biethet sich bei
der Berechnung der Dimensionen von Brücken dar.


Die einfachsten Holzbrücken, wie man sie über kleine Bäche und Schluchten zu er-
bauen pflegt, bestehen aus zwei an beiden Ufern aufgerichteten hölzernen oder gemauer-
ten Widerlagen, welche den beiden Enden der Brückenbahn zu Auflagen dienen. Die
Brückenbahn bilden mehrere nach der Breite des Baches, gewöhnlich 3 bis 4 FussFig.
7
und
8.
Tab.
15.

von einander entfernte, parallel aufgelegte starke Bäume (Endsbäume a), welche mit
schwächern Pfosten oder Hölzern (Streu- oder Brückenhölzern b) senkrecht auf die Rich-
tung der Endsbäume dicht überlegt werden. Der Sicherheit wegen bekommt eine solche
Brücke an beiden Seiten Geländer, und an diesen der Länge nach oft noch zwei Längen-
Balken (Anzüge c) über die Streuhölzer, um diese hiedurch festzuhalten.


Wir wollen daher in dem folgenden Beispiele jene Grundsätze deutlich zu machen
suchen, welche bei dem Entwurfe einer Holzbrücke in Bezug auf Festigkeit zu beobach-
ten sind.


  • Beispiel. Es ist für eine Holzbrücke von 6 Klafter Länge und 4
    Klafter Breite die Anzahl und Stärke der erforderlichen Ends-

    [312]Relative Festigkeit der Körper.
    Fig.
    7
    und
    8.
    Tab.
    15.
    bäume zu bestimmen, wenn die Brücke eine gegebene grösste
    zufällige Belastung mit Sicherheit tragen soll
    .

Da die Bemessung der Stärke der Endsbäume von der Grösse der Last abhängt, wel-
che sie zu tragen bekommen, so muss zuerst diese ausgemittelt werden. Bei einer jeden
Brücke kommt eine beständige und eine zufällige Belastung zu betrachten. Die
beständige Belastung der Brücke ist:


  • 1tens. Das Gewicht der Endsbäume. Ist ihre Anzahl N, und die Abmessungen
    b, h, L in Zollen und g das Gewicht eines Kubikfusses dieser Holzgattung, so
    ist das Gewicht der N Endsbäume = N. G = (I).
  • 2tens. Das Gewicht der Brückenstreu. Dieselbe bildet einen Holzkörper von
    der Länge der Brücke L, ihrer Breite B und der Höhe der Streuhölzer h'; wird
    daher alles in Zollen gemessen, so beträgt das Gewicht der Brückenstreu
    (II).
  • 3tens. Das Gewicht der beiden Anzüge. Nennen wir b' die Breite und h'' die
    Höhe derselben, so beträgt ihr Gewicht (III).
  • 4tens. Das Gewicht der Geländer. Nimmt man die Entfernung der Geländersäu-
    len zu 1 Klafter, ihre Höhe zu ½ Klafter an, und alles Holz von gleicher Stärke
    b'' und h''', so kann man für beide Geländer sammt Streben die nöthige Holzlän-
    ge 4 L, und das Gewicht setzen (IV).

Die zufällige Belastung der Brücke muss der Sicherheit wegen immer als die
grösstmöglichste angenommen werden. Die Erfahrung und eine nähere Betrachtung leh-
ren, dass eine Fläche durch ein Menschengedränge am meisten be-
lastet sey
. Beobachtungen hierüber haben gezeigt, dass bei einem Menschengedrän-
ge 24 Personen auf einer Quadrat Klafter stehen können. Rechnet man das Gewicht ei-
nes Menschen im Mittel zu 125 ℔, so ist durch 24 Menschen eine Quadrat-Klafter mit
30 Zentner belastet. Für unsere Brücke ist daher die grösste zufällige Belastung
. 30 Zentner, wenn L und B abermals in Zollen sind (V).


Dem Vorhergehenden zu Folge ist daher die ganze der Länge nach gleichförmig ver-
theilte Belastung der Brücke = N. G + G' + G'' + G''' + G''''.


Statt dieser ausgemittelten gleichförmig vertheilten Belastung können wir nach §. 299
eine einzige, in der Mitte wirkende Last in Rechnung
nehmen, und wir erhalten für das Tragungsvermögen der Brücke nach §. 292, da statt
einem Balken N Balken vorhanden sind, die Gleichung
(VI).


Sind nun alle Abmessungen gegeben, oder man wählt sie dem Zwecke entsprechend
und nimmt für m einen durch angestellte Versuche ausgemittelten und aus Vorsicht ge-
[313]Relative Festigkeit der Körper.
hörig verminderten Werth an, so lässt sich aus dieser Gleichung die Anzahl der Ends-
bäume N bestimmen.


Man wird jedoch in solchen Fällen am sichersten zu Werke gehen, wenn man sich
als Grundlage der Rechnung an die Resultate hält, welche sich durch vieljährige
Erfahrungen für ähnliche Fälle
unter gleichen Umständen als erprobt be-
währt haben. Eine Erfahrung dieser Art ist, dass eine 4 Klafter lange und 4 Klafter brei-
te Brücke (L = B = 24 Fuss), deren Endsbäume 12 Zoll im Gevierten (h = b = 12 Zoll)
hatten, und 4 Fuss von einander entfernt lagen, durch viele Jahre eine hinreichende Fe-
stigkeit gewährte. Die Zahl der Endsbäume war also + 1 = 7 = N. Die Streuhöl-
zer waren 6zöllig (h' = 6 Zoll), die Anzüge 9zöllig im Gevierten (h'' = b' = 9 Zoll),
endlich war bei den Geländern b'' = 4 Zoll und h''' = 5 Zoll.


Setzt man nun diese Werthe in die Gleichung VI und nimmt das Gewicht eines Ku-
bikfusses Holz, g = ⅓ Zentner an, so ist
oder (5600 + 9600 + 900 + 444 + 48000) ½ = 168 m,
woraus m = 192 folgt. Wenn man jedoch die beständige und zufällige Belastung in
Zentnern berechnet, so folgt m = 1,92, wofür man m = 2 setzen kann.


Hat man auf diese Art den Werth von m ausgemittelt, so bekommt für unsere Auf-
gabe die Gleichung VI die Gestalt (VII).


Wir haben nun für unser Beispiel die einzelnen Abmessungen vorerst noch an-
zugeben. Es sey für die Endsbäume b = 12 Zoll, h = 14 Zoll, für die Streuhölzer
h' = 4 Zoll, für die Anzüge b' = h'' = 8 Zoll, für die Geländer b'' = 5 Zoll und
h''' = 6 Zoll, übrigens die gemeinschaftlichen Maasse L = 6 Klafter, B = 4 Klafter,
g = ⅓ Zentner und m = 2, wo sodann alle Gewichte in Zentnern zu substituiren sind.
Werden alle diese Werthe in die Gleichung VII gesetzt und gehörig reduzirt, so findet
man , woraus N = 11,4, wofür man 12 nehmen wird. Da zwi-
schen diesen 12 Endsbäumen 11 Entfernungen für die ganze Brückenbreite von 24 Fuss
entstehen, so ist ihre Entfernung von Mitte zu Mitte = 24/11 Fuss = 2 Fuss 2 Zoll.


§. 305.

Für Brücken von grössern Spannweiten und bei einer grössern Belastung
würde die Rechnung die Dimensionen der Endsbäume so gross geben, dass sie in der Na-
tur entweder nicht vorgefunden oder nur mit grossen Kesten beigeschafft werden könnten;
auch kann sich für eine gegebene Stärke der Endsbäume ihre Zahl so gross ergeben,
dass sie der Breite der Brücke nach nicht Raum hätten. In allen solchen Fällen legt man
daher die Endsbäume doppelt oder dreifach über einander.


Gerstners Mechanik. Band I. 40
[314]Relative Festigkeit der Körper.

Um das Tragungsvermögen solcher über einander gelegter Balken noch zu vermeh-
ren, pflegt man sie nach sanften Curven zu krümmen, und fest mit einander zu verbin-
den. Zu dem letztern Behufe werden die Balken entweder in der Fläche, mit welcher
sie auf einander zu liegen kommen, der ganzen Breite nach in einer Fig. 9 dargestellten
Fig.
9.
Tab.
15.
zahnförmigen Linie so ausgearbeitet, dass die Verschneidungen beider Balken bei dem
Aufeinanderlegen in einander greifen und genau passen, oder aber man schneidet statt die-
ser zahnförmigen Linie in beiden Balken und zwar in jedem zur Hälfte kleine Rechtecke,
die im Ganzen 3 bis 4 Zoll hoch und 4 bis 6 Zoll breit werden, aus, wie es Fig. 10 dar-
Fig.
10.
gestellt ist. In beiden Fällen werden sodann die über einander gelegten Balken durch
eine entsprechende Anzahl starker Schrauben in der Mitte ihrer Breite nach den Linien
a b, c d ..... fest zusammengezogen. Die kleinen Rechtecke Fig. 10 werden dann
mit harten, von beiden Seiten gegen einander eingetriebenen hölzernen Keilen verkeilt.
Auf gleiche Art verkeilt man auch Fig. 9 die kleinen Zwischenräume, die sich etwa bei
den Zähnen zeigen, und die man oft lassen muss, weil die genau passende Ausferti-
gung fast unerreichbar ist.


Die Fig. 10 dargestellte Art der Verbindung oder Verkuppelung hat offenbar vor der
Verschneidung Fig. 9 nebst der leichtern, schnellern und genauern Ausfertigung auch
noch den Vorzug, spätere Reparaturen leichter bewirken zu können. Uiberdiess ist er-
sichtlich, dass der Fig. 10 dargestellte gekuppelte Balken gegen jenen Fig. 9, wenn Holz
von gleichen Dimensionen dazu genommen wird, um die Höhe der Verzahnung in Fig. 9
höher bleibt, daher bei der Verbindung zweier Balken nach der Methode Fig. 10 ein
grösseres Tragungsvermögen als Fig. 9 erhalten wird.


Solche gekuppelte Balken nennt man gespannte Röste, und sie können bei be-
deutenden Längen nicht bloss aus ganzem Holze, sondern auch aus mehreren der Länge
nach kunstmässig an einander gefügten Balken hergestellt werden. Längere gespannte
Röste werden nach gegebenen Curven gekrümmt ausgeführt. Einen gespannten Rost
pflegt man als einen, aus einem einzigen Stamme erzeugten Balken anzusehen, und auch
so seine Tragkraft zu berechnen; dem zu Folge hätten also 2 Balken nach ihrer Verkup-
pelung (ohne Rücksicht auf ihr eigenes Gewicht) nicht das 2fache, sondern das 4fache, und
3 Balken nicht das 3fache, sondern das 9fache Tragungsvermögen. Wenn gleich die Verkup-
pelung nicht so vollkommen anzunehmen ist, dass das Tragungsvermögen in diesem Ver-
hältnisse dadurch gesteigert werden könnte, so wird es doch in jedem Falle bedeutend ver-
mehrt. Die Vorsicht wird es daher räthlich machen, sich bei der Ausübung auf die Voraus-
setzung der oben genannten Vermehrung des Tragungsvermögens nicht ganz zu verlassen.


§. 306.

Fig.
11.

Wenn ein Balken nicht an beiden Endpunkten A und B, sondern in C und D, von
den beiden Endpunkten auf gleichen Entfernungen unterstützt, und die Last Q über seine
ganze Länge A B = 1 gleichförmig vertheilt ist; so ist der Theil der Last, welcher auf
A C oder B D = x ruht, offenbar = (I); und der auf C D = 2 y ruhende Theil
= (II).


[315]Relative Festigkeit der Körper.

Für die Spannung des Balkentheiles C D wirkt in der Mitte O nach §. 300 nur dieFig.
11.
Tab.
15.

Hälfte der darauf ruhenden gleichförmig vertheilten Last, also nur . Die Last, wel-
che auf A C und B D ruht, und in der Mitte von A C und B D als wirkend angenom-
men werden kann, hat um die Punkte C und D das statische Moment
, mit welchem es auf die Spannung in C und D und zugleich als Ge-
gengewicht auf die Belastung von C D wirkt. Durch diese beiden Momente wird daher
ein Theil der mittlern Belastung in O aufgewogen, welcher für jede Seite A C oder B D
offenbar dividirt durch den Hebelsarm C O = y, oder , demnach für bei-
de Seiten beträgt. Es bleibt also in der Mitte O für die Spannung des Balkens
nur der Druck übrig (III).


Bezeichnen wir der Kürze wegen das Spannungsmoment eines auf einer Seite be-
festigten Balkens mit M und das Moment eines auf beiden Seiten frei aufliegenden
Balkens mit 4 M', so erhalten wir für die Spannung in C und in D durch die Bela-
stung (I) von A C und B D nach §. 287 die Gleichung , weil die Last
als in dem Schwerpunkte, also auf der Länge von C wirkend zu betrach-
ten ist. Hieraus folgt = M (IV).


Für die Spannung in O durch die Belastung (III) von C D erhalten wir nach §. 292
die Gleichung oder (V).


Das Tragungsvermögen des Balkens wird am meisten benützt, wenn derselbe in
C, D und O, welche dem Bruche am nächsten sind, gleiche Spannungen er-
fährt. Diese Bedingniss gibt aber aus IV und V die Gleichung M = M' oder
, woraus 2 x2 = y2 oder x : y = 1 : √ 2 = 1 : 1,4 = 5 : 7 sehr
nahe folgt.


Wenn daher auf einem Balken eine Last gleichförmig vertheilt
ist, so trägt derselbe am meisten, wenn seine ganze Länge in
24
Theile getheilt wird, und die Entfernungen der Unterlagen C und
D von den beiden Enden 5 Theile bekommen, sonach die Unterlagen
selbst um
14 Theile von einander abstehen.


Anwendungen dieses Satzes finden vorzüglich bei der Bestimmung der Stellung der
Achsen und Räder an Frachtwägen statt, weil hier die Tragbäume durch die beiden Wa-
genachsen innerhalb ihrer Länge unterstützt werden. Uiberhaupt kann die obige Be-
rechnung in allen jenen Fällen angewendet werden, wo Balken eine gleichförmig ver-
theilte Last zu tragen bestimmt sind, und nicht an ihren Endpunkten, sondern inner-
halb ihrer Länge gestützt werden.


40 *
[316]Relative Festigkeit der Körper.
§. 307.

Der Ausdruck für das Tragungsvermögen eines Cylinders oder einer
Welle lässt sich auf eine elementare Weise nicht ableiten, und kann nur mittelst der
höheren Analysis gefunden werden *).


[317]Relative Festigkeit der Körper.

Man findet nämlich das Tragungsvermögen eines Cylinders 33/56tel oder beinahe 0,6tel
von dem Tragungsvermögen eines Parallelopipedes, dessen Querschnitt ein, der Kreis-
fläche des Cylinders umgeschriebenes Quadrat ist, oder dessen Breite und Höhe dem
Durchmesser des Cylinders gleich sind.



[318]Relative Festigkeit der Körper.
§. 308.

Es sollen mittelst eines Kreuzhaspels Werkstücke von Q = 12
Zentner Gewicht aufgezogen werden, wie gross muss der Durchmes-
ser der Welle seyn, wenn sie von Eichenholz genommen wird, und
zwischen ihren Auflagen eine Klafter Länge = 1 erhält
?


Nennen wir den unbekannten Durchmesser der Welle x, so wissen wir, dass ein
viereckigter Balken von dieser Breite und Höhe in der Mitte zwischen den Auflagen
mit Rücksicht auf sein Gewicht nach §. 292 die Last tragen würde. Weil
aber der Balken ein Cylinder seyn soll, so ist von dem Tragungsvermögen nach
dem vorigen §. nur 33/56 zu nehmen; es ist demnach die von der Welle getragene Last
. Bezeichnet g das Gewicht eines Kubikfusses Eichenholz, so
ist G = 11/14. x2. 1. g.


Nimmt man nun in unserm Beispiele Q = 1200 ℔ und 1 = 6 Fuss, dann g = 50 ℔,
für m aber von dem für den Bruch nach der Tabelle, S. 297 bestimmten Coeffizienten
1404 nur beiläufig 1/10tel oder die runde Zahl von 140 an, so ist
1200 , oder x3 — 0,3571 x2 = 261,813, woraus der bei-
läufige Werth x = 261,818 = 6,4 Zoll folgt, wofür man 7 Zoll nehmen kann.


Nehmen wir nun an, es sey noch für die Welle des obigen Kreuzhaspels die Stär-
ke oder der Durchmesser der gusseisernen Zapfen zu bestimmen.


Es sey P das Gewicht der Maschine (nämlich der Welle, der daran befestigten Ar-
me etc.) und der ihr aufgelegten zufälligen Last Q, so weit sie von dem Zapfen getragen
wird, so wird auf jeder Seite der Zapfen das Gewicht zu tragen haben. Die Länge
des Zapfens sey λ, auf welchem die Last ruht und gleich vertheilt vorausgesetzt
werden kann; wir können daher die Kraft in der Mitte der Länge λ, also auf der
Entfernung von der Welle wirkend denken. Der Zapfen in der Welle ist in Bezug auf
den Bruch desselben wie ein, in einer festen Wand eingemauerter Körper zu betrachten,
wobei die Kraft an dem Hebelsarme , also mit dem Momente aufwärts wirkt.
Ist daher x der unbekannte Durchmesser des Zapfens, so ist nach dem Obigen sein
Cohaesionsmoment = 33/56. m. x3. Diese beiden Momente müssen einander gleich seyn;
wir erhalten demnach = 33/56. m. x3; hieraus x = .


In unserm Beispiele sey die Länge des Zapfens λ = 4 Zoll; nach der vorigen Berech-
nung ist P = Q + G = 1200 + 11/14. (7/12)2. 6. 50 = 1280 ℔, wozu wir noch 20 ℔ für
die Arme an der Welle oder die Kurbel schlagen, und daher P = 1300 ℔ setzen können.
[319]Relative Festigkeit der Körper.
Nehmen wir ferner nach den Versuchen für den Bruch bei Gusseisen S. 304 den Coeffi-
cienten m in runder Zahl = 4000, oder, weil die Zapfen die Last mit Sicherheit und oh-
ne sich zu biegen tragen sollen, m = , so erhalten wir
Zoll.


Uibrigens ist hier noch zu bemerken, dass diese Rechnung nur für den Fall gül-
tig ist, wenn die an der Maschine wirkende Kraft (K) keinen Druck auf die Zapfen
ausübt; wäre diess jedoch der Fall, so muss P = Q + G + K gesetzt, und für die-
sen Werth die Rechnung durchgeführt werden.


§. 309.

Um das Tragungsvermögen eines abgestutzten Kegels zu finden,Fig.
15.
Tab.
15.

wenn er an seinem dickern Ende eingemauert und an dem dünnern
belastet ist
, wollen wir den grössern Durchmesser A C = D, den kleinern B D = d
und seine Länge A B = 1 setzen.


Der Querschnitt, in welchem der konische Körper durch eine in B angehängte Last
Q bricht, sey m n, der Durchmesser desselben m n = y und die Entfernung von der
Last Q, nämlich o p = x. Die Gleichung für das Gleichgewicht im Augenblicke des
Bruches ist daher, wie für einen Cylinder Q. x = 33/56. m. y3 oder Q = 33/56. m. .


Ergänzen wir die Pyramide A B D C bis zu ihrer Spitze q und setzen die Länge
p q = c, so ist und d, mithin auch
. Der Balken bricht offenbar dort, wo die kleinste Last Q
erfordert wird; es muss also der veränderliche Faktor zu einem Minimum wer-
den *). Dieses findet statt, wen x = genommen wird. Ein konischer Kör-
per wird sonach durch eine Last Q in jenem Querschnitte gebro-
chen, der von dem Aufhängungspunkte des Gewichtes halb so weit
absteht, als die Spitze des Kegels von demselben Aufhängungs-
punkte entfernt ist
, und das Tragungsvermögen eines solchen Balkens ist daher
.


Eine praktische Bestätigung der vorhergehenden Rechnung ergibt sich bei demFig
16.

Windbruche der Bäume. Man kann offenbar die Kraft des Windes auf der Ober-
[320]Relative Festigkeit der Körper.
fläche, welche der Baum dem Winde darbiethet, im Schwerpunkte p dieser Fläche
wirkend annehmen. Verlängert man nun die Seiten A a und B b des Kegels A a b B bis zu
ihrem Durchschnittspunkte q, so wird der in p wirkende Wind nach dem obigen Satze
den Stamm in einem Punkte o brechen, wo o p = ist.


Fig.
16.
Tab.
15.

Nadelholzbäume, deren Stämme sehr nahe die Gestalt eines Kegels haben, bre-
chen daher in der Gegend der tiefsten Aeste, immer auf einer grössern Höhe über dem
Boden. Laubholzbäume dagegen, deren Stämme sich mehr der cylindrischen
Form nähern und bei welchen folglich der, durch die Verlängerung der Seiten sich er-
gebende Punkt q von p weiter entfernt liegt, brechen tiefer an der Wurzel oder werden
durch den Wind sehr häufig sammt der Wurzel aus der Erde herausgehoben.


Bei anfmerksamer Beobachtung solcher Windbrüche wird man das Gesagte immer
bestätigt finden, wenn der Stamm des Baumes in allen Theilen gleich gesundes Holz ent-
hält; eine Ausnahme hievon wird man nur dann bemerken, wenn der Baum durch ei-
nen krankhaften Zustand in irgend einem andern Punkte der Höhe eine geschwächte Stel-
le hatte.


§. 310.

Bei dem Maschinenwesen tritt manchmal der Fall ein, dass ein Balken oder Längen-
träger auf zwei Unterlagen frei aufliegt, und über denselben bestimmte Lasten der gan-
zen Länge nach fortrücken; diess findet z. B. bei den Schienen der Eisenbahnen, bei
Brücken u. dgl. statt. Sind nun diese Längenträger aus einem kostspieligen Materiale,
z. B. aus Guss- oder gewalztem Eisen hergestellt, so kann man bei derselben Solidität
an Material und daher auch an Kosten sparen, wenn man ihnen von dem schwächsten
Punkte in der Mitte an gegen beide Unterlagspunkte nach und nach eine geringere Höhe
gibt, und die letztere zugleich so bestimmt, dass der Träger in jedem Quer-
schnitte eine gleiche Tragkraft erhält
.


Fig.
17.

Es sey Fig. 17, A C B m der Längendurchschnitt eines solchen Trägers, welcher an
beiden Enden A und B unterstützt ist; auf der Entfernung C O = x von der Mitte C be-
finde sich die Last Q, so beträgt das Tragungsvermögen dieses Körpers in dem Punkte O,
wie nach §. 291 bekannt ist, . Setzen wir nun bei dem zu bestimmen-
den Körper die Breite B und vermöge unserer Voraussetzung das Tragungsvermögen Q
unveränderlich, seine mit der Entfernung x = C O veränderliche Höhe aber y = O n,
so gibt vorstehende Gleichung die veränderliche Höhe (I).


Da diese Gleichung für jeden Werth von x statt findet, so gilt sie auch für die Mit-
te C, wo x = 0 ist, nennen wir daher die Höhe des Körpers in der Mitte C m = f, so
ist, wenn diese Werthe in I substituirt werden (II).


Wird die Gleichung I durch II dividirt, so ist oder
(III.)


[321]Relative Festigkeit der Körper.

Dieser Ausdruck zeigt, dass die untere Begränzungslinie des Kör-Fig.
17.
Tab.
15.

pers oder Am B eine Elypse sey, bei welcher die grosse und f die kleine hal-
be Achse ist. Da nun f aus II berechnet werden kann, wenn m durch einen Versuch
bestimmt ist, und Q, B und L gegeben sind, so kann mit Hülfe dieser Grössen aus III
für jeden willkührlich angenommenen Werth von x die zugehörige Höhe y gefunden,
und demnach die Figur des Körpers von gleichförmiger Stärke konstruirt werden.


In der Anwendung ist es jedoch unausführbar dem Träger in A und B, wie es
die Rechnung gibt, gar keine Höhe zu ertheilen; wir wollen daher bei der im Ein-
gange dieses §. genannten Aufgabe noch die Bestimmung zusetzen, dass die kleinste
Höhe des Körpers, nämlich in den beiden Unterlagspunkten, die
Grösse A E = B D = h betragen solle
.


Nehmen wir nun wieder die Höhe in der Mitte C m = f und O n = A E + n' n = h + zFig.
18.

an, so ist für diese Mitte C nach der Gleichung II abermals
(IV); auf gleiche Art ist nach I für jeden Punkt auf der Entfernung
x von der Mitte (V).


Wird V durch IV dividirt, so ist , woraus
folgt (VI).


Nimmt man in dieser Gleichung z = 0 an, so ist und
(VII); dieser Werth gibt diejenige Entfernung (x) an, bei wel-
cher von der Mitte aus die bedingte Höhe h anfängt, und bis zu den beiden Unterlags-
punkten unverändert beibehalten werden muss, um die gegebene Bedingniss der Aufgabe
zu erfüllen.


§. 311.

Beispiel. Eine Eisenbahnschiene aus Gusseisen soll zwischen ihren
Unterlagen 4 Fuss lang werden und fähig seyn, eine Belastung von 20 Zentner in jedem
Punkte ihrer Länge mit gleicher Sicherheit zu tragen; es fragt sich, welche Abmessun-
gen dieselbe erhalten solle.


Die vorangegangenen Untersuchungen über relative Festigkeit der Körper haben gezeigt,
dass das Tragungsvermögen derselben bei gleicher Länge und einerlei Masse (gleichem
Kubikinhalte) dadurch vortheilhaft vergrössert werde, wenn man ihre Breite oder horizon-
tale Dimension vermindert und dagegen ihre Höhe oder vertikale Dimension in gleichem Ver-
hältnisse vergrössert. Wir wollen daher die unveränderliche Breite der fraglichen Schiene
auf ½ Zoll = B festsetzen, und die zugehörige Höhe durch Rechnung bestimmen. Nach den
Versuchen S. 304 können wir bei Gusseisen den Coeffizienten m für die relative Festigkeit
und zwar für den Bruch eines Körpers mit rechteckigem Querschnitte in einer runden
Zahl mit 4000 annehmen, wovon wir jedoch, da die Schiene die anvertraute Last mit Si-
Gerstners Mechanik. Band I. 41
[322]Relative Festigkeit der Körper.
Fig.
18.
Tab.
15.
cherheit tragen soll, nur ein Drittheil in Rechnung nehmen, also setzen
wollen.


Die Gleichung IV gibt, wenn wir L = 48 Zoll, B = ½ Zoll und Q = 2000 ℔ setzen,
für die Höhe in der Mitte der Schienenlänge Zoll.


Soll nun weiters die Schiene auf den beiden Unterlagen an ihren Endpunkten 3 Zoll
= h zur Höhe erhalten, so gibt die Gleichung VII die Entfernung von der Mitte aus,
bei welcher diese Höhe anzufangen hat Zoll.


Die übrigen abnehmenden Höhen der Schiene von der Mitte an (wo die Höhe 6 Zoll ist)
bis zum Ende der berechneten Entfernung von 20,78 Zoll (wo sie 3 Zoll ist), gibt für jede
Entfernung x die Gleichung VI, nämlich z + h = √ (¼ . 482 — x2) = ¼ √ (576 — x2).


  • Setzt man hier x = 0, so ist z + h = 6 Zoll;
  • für x = 5 Zoll, ist z + h = 5,87 Zoll;
  • für x = 10 Zoll, ist z + h = 5,45 Zoll;
  • für x = 15 Zoll, ist z + h = 4,68 Zoll;
  • für x = 20 Zoll, ist z + h = 3,32 Zoll.

Die Verzeichnung der Schienenform wird nun leicht bewirkt, wenn man in der obern
wagerechten Begränzungslinie A B der Schiene von der Mitte C aus, nach beiden Seiten
die angenommenen Entfernungen x oder C O als Abscissen, und die berechneten Höhen
z + h oder O n in den zugehörigen Punkten als Ordinaten nach unten aufträgt, und
durch alle erhaltenen Punkte eine fortlaufende Linie B n m D zieht.


Fig.
19.
Fig.
20.

In der Ausübung wird der Querschnitt der Schiene nicht in der hier vorausgesetzten
rechtwinkeligten Form Fig. 19 angenommen, sondern an der Oberfläche durch die beider-
seits angegossenen elyptischen Leisten a und b (Fig. 20) von beiläufig 1 Zoll Stärke vermehrt;
die grösste Breite der Schiene a b beträgt auf diese Art bei den englischen Eisenbahnen
2 bis 2½ Zoll. Durch diese Leisten a und b wird der Vortheil erreicht, dass das Gelei-
se oder die Bahn für das Rad breiter, und die Abnützung der Schiene, vorzüglich
aber jene des Rades bedeutend vermindert wird. Die Tragungskraft der Schiene wird
ebenfalls grösser, und man pflegt zur Vermehrung derselben auch an dem untern Rande
der Schiene ähnliche Leisten C und D angiessen zu lassen; hiedurch wird nun das Quer-
Fig.
21.
profil Fig. 21 erhalten, nach welchem die meisten gusseisernen oder gewalzten Schienen
bei den Eisenbahnen in England und Frankreich konstruirt sind. Die besondere Einrich-
tung der Schienen an ihren Endpunkten, ihre Unterstützung, Zusammenfügung und Be-
festigung wird umständlicher in dem VIIten Kapitel abgehandelt werden.


§. 312.

Man fordert allgemein, dass die Bestandtheile einer Maschine oder eines Gebäu-
des nicht bloss gegen den Bruch sicher gestellt werden, sondern auch ihren festen
Stand gegen Biegung und Schwankungen
aufrecht erhalten; wir müssen
[323]Festigkeit der Körper in Hinsicht auf Biegung.
daher noch die Biegung der Körper berücksichtigen. Es ist bekannt, dass lange
Stäbe oder Balken, wenn sie auch eine daraufliegende Last vollkommen zu tragen ver-
mögen, doch hiebei oft eine so grosse Biegung annehmen, dass diese in anderer Rücksicht
dem Zwecke der Maschine hinderlich wird, indem nämlich die bewegten Bestandtheile
schlottern, die Zähne und Getriebe aus dem Eingriffe kommen u. s. w. Derselbe Fall
tritt ein, wenn die Endsbäume bei einer Brücke zwar die darauf befindliche Last tra-
gen, sich jedoch in ihrer Mitte biegen, wodurch nicht bloss die Form der Bögen
verunstaltet wird, sondern auch ein lebhafter Verkehr über die Brücke nicht statt fin-
den kann.


Wir haben bereits oben §. 283 erwiesen, dass bei dem Bruche zweier gleicharti-Fig.
22.
Tab.
15.

ger prismatischer Körper, die statischen Momente der an ihren Endpunkten ange-
hängten Gewichte L . Q : l . q sich wie B . H2 : b . h2 verhalten. Im §. 284 wurde
gezeigt, dass dieselbe Gleichheit der Verhältnisse auch statt finde, wenn die Aus-
dehnungen A o, a e an der Oberfläche der Balken A G', a g' auch ausser dem Zustan-
de des Bruches einander gleich (A o = a e), folglich die Spannkräfte dieser Ober-
flächen ebenfalls einander gleich sind. Wenn aber der erste Körper an seiner Oberfläche
mehr ausgedehnt oder die Länge A G' mehr gespannt wird, als die Länge a g' des
zweiten oder A o' grösser als a e ist, so werden auch die hiezu erforderlichen Spann-
kräfte sich verhalten, wie , oder wenn wir die Ausdehnung des ersten
A o' = E und die Länge o' G' = C G = L, und eben so die Ausdehnung des zwei-
ten a e = e, und die Länge e g' = c g = l setzen, so ergibt sich von selbst, dass
wir zur Berechnung der Biegungsmomente zu dem Verhältnisse B . H2 : b . h2
noch das Verhältniss beifügen müssen. Wir erhalten demnach
Q . L : q . l = B . H2 . : b . h2 . . Nun gibt aber die Aehnlichkeit der Dreiecke
A o' C und C G O die Proportion A o' : A C = C O : C G oder = C O : L,
folglich, wenn wir die Tiefe C O oder den sogenannten Pfeil des Bogens C G = U
setzen, erhalten wir . Auf gleiche Art ist für den zweiten Körper .


Setzen wir nun diese Werthe an die Stelle von E und e in die obige Propor-
tion, so erhalten wir , folglich
, d. h. die Lasten Q, q, welche an den Endpunkten
zweier elastischer Stäbe angehängt werden können, verhalten sich wie die Produkte aus
den hiedurch bewirkten Senkungen oder Pfeilen U, u in die Breiten der Balken B, b, und
in die Würfel der Verhältnisse der Höhe zur Länge , und . Umgekehrt folgt
hieraus die allgemeine Regel, dass die Biegungen (Pfeile) zweier gleich-
artiger Balken den Produkten aus den aufgelegten Gewichten in

41 *
[324]Festigkeit der Körper in Hinsicht auf Biegung.
die Würfel der Längen, und verkehrt den Produkten aus den Brei-
ten in die Würfel der Höhen proportional sind
, oder dass sich
verhält.


§. 313.

Bei Versuchen über die Biegungen elastischer Stäbe oder Balken ist es bequemer,
so wie für den praktischen Gebrauch angemessener, die Balken an beiden Enden auf
Unterlagen zu legen, und sie in der Mitte mit Gewichten zu beschweren, statt sie bloss
an einem Ende zu befestigen, und an dem andern zu belasten. Setzen wir die Last
Fig.
23.
Tab.
15.
in der Mitte = G, so ist der Druck auf jede Unterlage . Es ist demnach für
die eine Seite . Wird hiezu die gleiche Proportion für die
andere Seite addirt, so erhalten wir . Wenn wir aber un-
ter L die ganze Länge M N des Balkens oder die Entfernung zwischen den Auflagen ver-
stehen wollen, so müssen wir in der letzten Proportion zwar statt L setzen, da es
sich jedoch hier nur um die Verhältnisse handelt, so haben wir über-
haupt , wo G und g die in der Mitte der Stäbe ange-
hängten Gewichte, U und u die Einsenkungen O H und o h, B und b die Breiten,
H und h die Höhen und L, l die Längen der Balken oder die Entfernungen zwischen
ihren Auflagspunkten vorstellen. Hieraus folgt nun auch .
Aus dieser Proportion lässt sich die Biegung U eines Stabes von gegebenen Dimensionen,
welche durch das aufgelegte Gewicht G bewirkt wird, berechnen, wenn für einen
andern Stab von derselben Materie die zugehörigen Maasse b, h, l, g und u gege-
ben sind. *)


[325]Festigkeit der Körper in Hinsicht auf Biegung.
§. 314.

Zur Bestimmung der Festigkeit, die mit biegsamen Körpern zu erreichen ist, werden
nun abermals genaue Versuche erfordert. Wir finden solche Versuche in den neuern
*)
[326]Festigkeit der Körper in Hinsicht auf Biegung.
Abhandlungen über die Festigkeit der Körper, ersehen jedoch aus ihrer Vergleichung, dass
sie selbst bei gleichen Materien sehr verschiedene Resultate geliefert haben.



[327]Festigkeit der Körper in Hinsicht auf Biegung.

Die bisherigen Beobachtungen zeigen, dass diese Ungleichheiten vorzüglich in fol-
genden Umständen ihren Grund haben. Der Stand des Baumes, ob er nämlich an einem
feuchten oder trockenen Orte gewachsen ist, dem Sonnenscheine, Wind und Wetter
mehr oder weniger ausgesetzt war, endlich auch die Zeit des Fällens üben einen wesentli-
chen Einfluss auf die Festigkeit der Hölzer aus. Ferner ist in jedem gesunden Baume das
Holz vom Kerne aus gewöhnlich sehr verschieden; dort wo die Jahresringe am dichtesten
sind, ist es am stärksten. Bei einem gesunden Stamme hat das Holz an der Wurzel mehr Fe-
stigkeit, als am Wipfel; wird endlich ein Holzstück so zerschnitten, dass die Holzringe
vertikal oder mit der Richtung der Last parallel laufen, so besitzt dasselbe mehr Festig-
keit, als wenn man die Holzringe wagerecht legt. Aus allen diesen Gründen kann man bei
Versuchen mit Holz keine solche Uibereinstimmung erwarten, als es bei dem Eisen und
andern Metallen der Fall ist. Aber auch bei dem Eisen geben die Versuche über die
Biegung desselben wegen der ungleichen Beschaffenheit unserer Eisenstäbe, worüber die
Gründe §. 276 angegeben wurden, ungleiche Resultate; dasselbe findet bei allen andern
Metallen statt.


Man ist in dieser Hinsicht allgemein darüber einverstanden, dass alle, hinsichtlich
der Biegung untersuchte Körper nur bis zu einer gewissen Gränze vollkom-
mene Elasticität besitzen
, bei deren Uiberschreitung die Körper mehr ausgedehnt
werden, als es den, bei den ersten Versuchen mit denselben Körpern beobachteten Ge-
setzen der Elasticität gemäss ist. Werden nämlich die Belastungen sehr vergrössert oder
die Anstrengungen der Körper gleichsam überspannt, so besitzen die letztern nicht mehr
das Vermögen nach abgenommener Last zu ihrem ursprünglichen Stande wieder zurück-
zukehren, indem sie den aufgelegten grössern Belastungen immer mehr nachgeben. Wer-
den endlich die Körper durch eine längere Zeit in diesem Zustande der Uiberspannung
gelassen, so kann dann der Bruch von der blossen Fortdauer dieser grössern Belastung
herbeigeführt werden. Obgleich diese Erfahrungen keinem Zweifel unterliegen, so
war man doch bisher nicht im Stande über die Gränzen der Elasticität bestimmte
Gesetze anzugeben oder sie durch eine Rechnung zu begründen, auch haben die bis-
herigen Schriftsteller sich überhaupt mehr bemüht, die Umstände, unter welchen der
Bruch erfolgt, zu berücksichtigen und die Hindernisse, welche einer diessfälligen Be-
stimmung im Wege stehen, darzustellen; man hat sonach bloss nach sogenannten prak-
tischen Urtheilen geglaubt, dass es für alle Fälle hinreichen werde, dem Eisen bloss
die Hälfte der Last, dem Holze aber nur den dritten oder vierten Theil jenes Gewich-
tes mit Sicherheit auflegen zu können, wovon den Versuchen zu Folge der Bruch er-
folgen würde.


Da bei dieser praktischen Regel die Biegung gar nicht berücksichtigt wird, je-
doch, so wie bereits oben §. 271 bei den Kettenbrücken gezeigt worden, mehrere
Fälle vorkommen, wo selbst geringe Biegungen Nachtheile nach sich ziehen, und
da es zur Vermeidung derselben erwünschlich ist, auch für die Maasse der Bie-
gung eine bestimmte Regel zu besitzen, so wurden bei dem technischen Institute zu
Prag nebst den bereits oben über die Festigkeit, Elasticität und Ausdehnung des Ei-
sens angeführten Versuchen, auch noch später (im November 1830) ähnliche Versuche,
vorzüglich über die Biegung der Hölzer angestellt, weil es wohl keinem Zweifel unter-
[328]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.
liegt, dass der Gebrauch des wohlfeilern, in hinreichender Anzahl vorhandenen Holzes
auf dem festen Lande gegen das Gusseisen noch lange den Vorzug behaupten wird.


§. 315.

Fig.
1
bis
4.
Tab.
16.

Der Apparat, dessen man sich bei den Versuchen über die Biegung der
Hölzer
im technischen Institute bediente, erscheint Fig. 1, 2, 3 und 4, Tab. 16 abge-
bildet. Derselbe bestand aus dem hinlänglich starken hölzernen Gerüste D E F G, wor-
auf der zu prüfende Stab B gelegt wurde. Um die Verrückung des Stabes zu beseitigen
wurden auf die Gerüstbalken D und F vorerst Holzstücke von der Form, N wie sie Fig. 4
im Grundrisse und Durchschnitte zeigt, befestigt, in welche der viereckige Stab mit sei-
nem untern Theile genau passte. In der Mitte des Stabes wurde ein ähnliches, sattelför-
miges kurzes Holzstück O (Fig. 3) welches unten abgerundet und oben mit einer Schneide
versehen ist, abermals quer über den Stab gelegt, welches in seiner Mitte eingeschnit-
ten war, um den Bügel J K L aufzunehmen, an welchem die Wagschale L M befestigt
war. Quer über den Sattel, welcher oberhalb mit einer Schneide versehen war, wurde
der hölzerne Fühlhebel m C A aufgelegt, dessen Spitze A in einen Draht auslief. Die-
ser Hebel wurde bei Q durch ein Gegengewicht so weit ausgeglichen, damit dersel-
be den auf dem Stabe aufgesetzten Sattel zwar immer berühre, jedoch keinen Druck
auf denselben ausübe. Die Skale A H war senkrecht aufgestellt, in Linien getheilt, und
der Fühlhebel zeigte an derselben in der 15fachen Vergrösserung die
Senkungen des versuchten Holzstabes für jedes auf die Wagschale gelegte Gewicht an.
Da die Spitze des Sattels E sich genau in der vertikalen Linie c h mit dem Stabe herab-
bewegte, und die Skale A H wie bereits erwähnt wurde, ebenfalls vertikal aufgestellt
war, so waren auch die Dreiecke m c C und m a A in einer jeden Lage des Fühlhebels
einander ähnlich, folglich musste auch der an der Skale beschriebene Raum immer genau
15mal grösser seyn, als die Senkung des geprüften Stabes in der Mitte betrug.


§. 316.

Der erste Versuch dieser Art wurde mit einem Stabe von Eichenholz von
möglichst gleichförmigem Gefüge angestellt. Der Querschnitt desselben betrug genau
einen N. Oe. Quadrat-Zoll, und die horizontale Entfernung der zwei Unterlagspunkte,
welche hier als die Länge des Stabes anzusehen ist, 446 Linien = 37″ 2‴. Nachstehen-
de Tabelle enthält die ganze Versuchsreihe mit diesem Stabe, welche genau auf dieselbe
Art zu lesen ist, wie es §. 259 bei dem Versuche mit dem Clavierdrahte der Fall war.


[329]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.

Bei der folgenden Belastung von 150 ℔ war die Biegung 288, bei 160 ℔ war sie 314,
bei 170 ℔ betrug sie 341, bei 180 ℔ endlich erfolgte der gänzliche Bruch des versuchten
Holzstabes.


§. 317.

Um aus diesen Versuchsreihen das Gesetz zu finden, nach welchem die letzten in
jeder horizontalen Reihe angeführten Einsinkungen den in jeder Columne darüber ste-
henden Gewichten entsprechend fortlaufen, wollen wir wieder, wie §. 260, diese Zahlen
zusammenstellen, wie auf der folgenden Seite zu sehen ist.


Aus den in der 4ten Columne beigefügten Differenzen ersieht man, dass die Bie-
gung Anfangs eben so, wie es bei der Ausdehnung des Eisens der Fall war, den auf-
gelegten Gewichten proportional blieb, später jedoch immer grösser wurde. Bloss die
letzten Versuche zeigen Irregularitäten, welche daher rühren, weil der Stab bei der Be-
lastung über 140 ℔ bereits im Bruche begriffen war, und bei grösseren Belastungen die
Zeit, nach welcher der Stab ohne weitere Einsinkung ruhig an seiner Stelle geblieben
wäre, nicht abgewartet werden konnte.


Gerstners Mechanik. Band I. 42
[330]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.

Die Ursache der abwärts immer grösser wer-
denden Differenzen liegt wie bei dem Eisen
in dem Umstande, dass das Holz, wenn es
mehr beschwert wird, eine bleibende Bie-
gung
annimmt, welche daher von der, durch
den Zeiger angegebenen Biegung erst abgezo-
gen werden muss, um die Wirkung des aufge-
legten Gewichtes und den Elasticitätszustand des
Holzes richtig zu beurtheilen.


Um demnach ein allgemeines Gesetz für die
Biegung aufzustellen, können wir uns des §. 264
für die Festigkeit aller Körper allgemein abge-
leiteten Ausdruckes g = u (A — B . u) oder
= A — B . u abermals bedienen, wo unter
g das in der Mitte des Stabes angehängte Ge-
wicht (mit Einschluss des Gewichtes der Wag-
schale sammt Sattel und des halben Gewichtes
des Stabes), dann unter u die in der Mitte des
Stabes bewirkte Biegung (15mal vergrössert) ver-
standen wird. Durch Substitution in diesen all-
gemeinen Ausdruck ergeben sich nunmehr für
die ersten 10 Versuche, bei denen die meiste Re-
gularität statt fand, folgende Gleichungen:

[331]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.

Werden die Gleichungen I und II addirt, so ist 6,059767 = 10 A — 920 B (III),
und wird II von I subtrahirt, so ist 0,127629 = 433 B, woraus oder
folgt (IV).


Die Substitution dieses Werthes in III gibt A = 0,633091 (V).


Substituiren wir endlich diese Werthe für A und B in die erste Gleichung, so ergibt
sich , welches die Gleichung zwischen dem in der Mitte ange-
hängten Gewichte g und der dadurch bewirkten Biegung u ist.


Da jedoch gewöhnlich das aufgelegte Gewicht gegeben ist, und die Biegung hiezu
gesucht wird, so wollen wir in der allgemeinen Gleichung g = u (A — B . u) oder
— beiderseits addiren, und hieraus die Wurzel ziehen, so ist
, oder ,
woraus nunmehr folgt.


Wird in diese allgemeine Gleichung, welche die Biegung aller Körper bei
eintretenden Belastungen
ausdrückt, für den oben angeführten, bei dem
Versuche gebrauchten Stab von Eichenholz der Werth und
substituirt, so erhalten wir für diesen Stab . Dieser Aus-
druck ist dem §. 262 für die Ausdehnung der Drähte aufgestellten vollkommen ähnlich,
nur wird hier die Biegung u unmittelbar so gefunden, wie sie bei den Versuchen an
der Skale 15mal vergrössert angezeigt wurde. Will man daher die wirklich eingetretene
Biegung berechnen, so muss der obige Werth für u mit 15 dividirt werden, und wir
erhalten . Wir ersehen hieraus, dass die Biegung
der Körper denselben Gesetzen wie ihre Ausdehnung unterliegt.


§. 318.

Zur Bestätigung der Richtigkeit unserer Rechnung, wollen wir die im vorigen §. an-
geführte Versuchsreihe nach der für die 15fache Biegung aufgestellten Formel
berechnen. Wir erhalten hiedurch folgende Tabelle:
42 *
[332]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.

In dieser Tabelle wurde in
der fünften Columne die Bie-
gung berechnet, welche dem
versuchten Stabe bei einer
vollkommenen Elastici-
tät desselben
zukommen
würde. In diesem Falle muss
nämlich in der allgemeinen Glei-
chung g = A . u — B . u2, wenn
die Biegung u dem angehängten
Gewichte g vollkommen propor-
tional seyn soll, das zweite
Glied, worin u2 erscheint, weg-
gelassen werden, und es bleibt
nur g = A . u oder ,
demnach bei dem untersuchten
Eichenstabe
; wor-
nach die fünfte Columne be-
rechnet ist.


§. 319.

Aus dieser Tabelle ergeben sich nunmehr folgende Resultate:


I. Vergleichen wir die in der zweiten Columne enthaltenen beobachteten Biegungen
mit den, in der dritten Columne enthaltenen, nach der obigen Formel berechneten Wer-
then, so sehen wir bei den ersten 10 Versuchen eine vollkommene Uibereinstimmung; der
grösste Unterschied zwischen der Beobachtung und Rechnung, welcher bei dem 10ten Ver-
suche statt findet, beträgt nur 1,3 Linien an der Skale; da aber die Biegungen daselbst
15mal grösser angezeigt wurden, so beträgt der wirkliche Unterschied nur höchstens
2/10tel Linie.


Die folgenden Versuche, bei welchen der Stab mehr belastet wurde, zeigen jedoch
immer grössere Differenzen, welches bei den §. 262 und 263 angeführten Versuchen mit
Clavierdrähten und stählernen Uhrfedern nicht der Fall war. Diese Unterschiede wür-
den noch grösser seyn, wenn man bei den Versuchen eine längere Zeit z. B. mehre-
re Tage oder Wochen abgewartet hätte, wo die durch die zuletzt aufgelegten grössern
Gewichte bewirkten Einsenkungen noch beträchtlich mit der Zeit vermehrt worden wä-
ren. Bei den angeführten Versuchen hat man nämlich nach der Auflegung eines jeden
Gewichtes immer nur eine Zeit von 4 bis 5 Minuten abgewartet, und dann die Senkung
[333]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.
an der Skale gemessen. Hiemit konnte man für den vorhabenden Zweck, bei dem es
sich nur um die Gesetze der Biegungen durch Gewichte, die noch weit
vom Bruche entfernt sind
, handelt, um so mehr zufrieden seyn, als den in meh-
reren Schriften angeführten Erfahrungen zu Folge alle gebogenen Körper nach abgenom-
mener Belastung sich beinahe wieder herstellen, wenn die aufgelegten Lasten nicht
die Hälfte des zum Bruche erforderlichen Gewichtes überschreiten.


Aus den Versuchen ersehen wir nun, dass hölzerne Stäbe, eben so wie ordi-
näres Stabeisen
nur sehr unvollkommen jenen Gesetzen folgen, welche wir bei dem
vollkommensten in Clavierdrähten und Uhrfedern enthaltenen Eisen gefunden ha-
ben. Da die zwischen den Jahresringen des Holzes befindlichen weichen oder schwam-
migen Theile keine gleiche Stärke mit den übrigen Theilen besitzen, so ist offenbar, dass
sie auch früher nachgeben oder zerreissen werden, demnach bei der Auflegung grösserer
Gewichte keine Wirkung mehr äussern, in welcher Hinsicht auch die Biegungen verhält-
nissmässig grösser seyn müssen. Auf gleiche Art mögen bei gewöhnlichen Eisen-
stäben
, wenn sie mit grössern Lasten beschwert werden, einzelne minder feste Theil-
chen früher nachgeben oder abreissen, und hiedurch den Widerstand des Eisenstabes bei
zunehmenden Belastungen verhältnissmässig verringern, wogegen nur in dem reinsten
Eisen, wie es bei Clavierdrähten und stählernen Uhrfedern der Fall war, alle Theile fort-
während unter einander eine gleiche Kraft behalten.


Dieser ungleichförmige Zustand des Holzes wurde bereits von mehreren Schriftstellern
in der Nähe des Bruches aller Hölzer beobachtet, und in dieser Hinsicht der Grundsatz an-
genommen, dass eine Regularität bei der Biegung des Holzes bis zur Hälfte oder höchstens
zu ⅔ seiner grössten Belastung statt finde. Diess zeigt auch der obige Versuch, wobei
der Bruch bei 180 Pfund erfolgte und ein unserer aufgestellten Formel entsprechendes
Gesetz bis in der Nähe von 120 Pfund statt findet.


II. Wir haben §. 261 gezeigt, dass der Divisor von p, nämlich P
das grösste Gewicht bedeutet, welches der Stab tragen kann, und dass der Faktor
der ganzen Grösse nämlich E diejenige Ausdehnung bedeutet, wo-
bei der Eisenstab zerreisst; wenn demnach das Holz von gleicher Beschaffenheit, wie
das reinste Eisen wäre, so dürfte der versuchte Eichenstab erst bei 340 Pfund bre-
chen und müsste zugleich eine Biegung von Linien annehmen, wogegen bei
dem Versuche der Bruch schon bei 180 Pfund erfolgte und die hiebei beobachtete gröss-
te Biegung nur Linien betrug. Die Ursache dieser Abweichung liegt in dem
bereits erwähnten Umstande, dass nämlich das Holz eben so wie ordinäre Eisenstäbe
aus Theilen von ungleicher Stärke besteht, wo also die schwächern Theile früher zer-
reissen und wie diess eintritt, wegen der hiemit veränderten Beschaffenheit
des Holzes
auch die oben aufgestellte Gleichung, in unserem Falle
nicht mehr statt finden kann.


[334]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.

III. Da überhaupt das Holz, Eisen und alle gebogenen Körper nur durch ihre zu-
sammenhängende Kraft dem Bruche widerstehen, so folgt von selbst, dass diejenige
Biegung, welche ein Körper durch früher aufgelegte Gewichte bereits angenommen hat,
auch nicht als eine Wirkung der neu aufgelegten Last betrachtet werden kann; es
muss daher in jedem Falle das Tragungsvermögen nur von derjenigen Kraft, welche
widersteht, d. h. von dem wirklich vorhandenen oder sich äussernden Elasticitäts-
vermögen
bestimmt werden, woraus folgt, dass überhaupt ein Stab, der keine Elas-
ticität hätte, nach einander nachgeben und gar keine Last zu tragen fähig seyn wür-
de. Man sieht hieraus, dass die Meinung derjenigen sehr gegründet ist, welche be-
haupten, dass die Festigkeit der Körper nur von der elastischen Kraft
derselben bestimmt werde, und dass man überhaupt einem Körper
keine Last anvertrauen könne, die seinen elastischen Widerstand
übersteigt
.


In der obigen Tabelle zeigt die VIte Columne die Abweichungen, welche sich erge-
ben, wenn die nach dem Gesetze der Elasticität berechneten Biegungen von den wirklich
statt gehabten Biegungen abgezogen werden. Hieraus ersieht man, dass bei dem ver-
suchten Eichenstabe die eingetretenen Biegungen nur bis zum 5ten oder 6ten Theil der
180 ℔, wovon der Bruch erfolgte, als alleinige Wirkungen der vollkommenen Elasticität
betrachtet werden können, indem bis zu einer Belastung von 10 bis 40 ℔ die Abweichun-
gen der Elasticität von dem vollkommenen Tragungsvermögen nur 0,1 bis 2,0, also eigent-
lich bloss 1/150 bis 2/15 Linie betrugen; es können demnach bis zu dieser Gränze die Bie-
gungen den aufgelegten Gewichten als proportional angenommen werden.


IV. Betrachten wir in der Tabelle S. 329 die horizontalen Reihen, so finden wir,
dass die Differenzen der zwei letzten Glieder überall 16, höchstens 16,5 betragen; sie sind
daher dem elastischen Vermögen gemäss, und man ersieht, dass nur die Elasticität der
Biegung des Körpers entgegenwirkt. Zur Erklärung der übrigen Unterschiede, wie weit
die Biegungen nach abgenommenen Gewichten bei den Versuchen zurückgingen, wollen
wir von den, oben im Detail mitgetheilten Versuchsreihen eine horizontale Reihe z. B.
die 10te herausheben, so betragen
die aufgelegten Gewichte 10, 20, 30, 40, 50, 60, 70, 80, 90 und 100,
die 15fachen Biegungen 25, 42, 59, 75,5, 92, 108, 124, 141, 157 und 173,
die Differenzen 17, 17, 16,5, 16,5, 16, 16, 17, 16, 16.


Hieraus sehen wir, dass bei dem Abheben der Gewichte die Biegungen etwas mehr
zurückgehen als nach Verhältniss der abgehobenen Gewichte, wovon die Ursache darin zu lie-
gen scheint, dass die ausgedehnten Holztheilchen, wenn sie einander wieder näher kommen,
ein grösseres Vermögen zu ihrer vollkommenen Wiederherstellung gewinnen. Dass jedoch die-
ses Vermögen nicht so weit gehe, um den Körper in seine ursprüngliche Lage wieder zurückzu-
führen, zeigt die zweite Columne der Tabelle S. 329, in welcher die Biegungen, welche
dem Holzstabe nach Abnahme der Belastung verblieben, angezeigt sind. Diese bleiben-
den Biegungen
sind um so grösser, je mehr das aufgelegte Gewicht betragen hat, wie
es auch bei der Ausdehnung der Drähte der Fall war.


V. Hiebei ist noch zu bemerken, dass nach den Beobachtungen der Schriftsteller und
vorzüglich des Hrn. Oberlandesbaudirektor J. A. Eytelwein die Biegungen der Hölzer,
[335]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.
bei grossen Belastungen mit der Zeit grösser werden; auch ist es allgemein bekannt,
dass belastete Hölzer, welche durch längere Zeit im gebogenen Zustande erhalten
wurden, nach abgenommenen Gewichten weniger zurückgehen, als wenn die Gewichte nur
eine kurze Zeit darauf liegen blieben. Diese Erscheinungen beruhen auf gleichem Grun-
de, wie die bei dem Versuche bemerkten bleibenden Biegungen, indem die gebogenen
Körper, so lange sie nicht ganz gebrochen sind, immer noch eine Elasticität behalten
und daher nach abgenommener Belastung zwar wieder zurückgehen, jedoch wegen der
gewohnten Verrückung ihrer Theile nicht mehr in ihre vorige Lage ganz zurückkehren.
Hierin liegt ebenfalls der Grund, warum ein Körper, der mit einer grössern Last be-
schwert wird, als seine Elasticität zu ertragen vermag, zwar die Last eine Zeit lang halten
kann, jedoch nach Verhältniss der Zeit eine immer grössere Biegung annimmt und end-
lich bricht.


VI. Wir wollen nun noch den Coeffizienten m für den Bruch nach der Proportion
, oder aus der Gleichung bestimmen.
Zu diesem Behufe ist bei dem versuchten Eichenstabe, b = h = 1 Zoll, 1 = 446 Linien und
q = 180 ℔, demnach , also m = 1672,5. Die-
ser Werth stimmt mit jenem nach Musschenbroek S. 297 ausgemittelten beiläufig überein.


Es muss jedoch in Hinsicht der Bestimmung dieses Coeffizienten bemerkt werden,
dass die Gleichung nur statt findet, wenn bei dem Bruche die Aus-
dehnungen der zwei Körper an der Oberfläche gleich angenommen

werden. Weil aber die Hölzer aus sehr ungleichartigen Theilen bestehen und man bemerkt
hat, dass mehrere Hölzer noch nicht abbrachen, ohngeachtet einzelne Fasern an ihrer
Oberfläche schon gesprungen waren, so sieht man, dass die Berechnung des Coeffizien-
ten m nur zu einem sehr unvollkommenen Maasse der Festigkeit dienen könne, und diess
um so mehr, als nach unserer frühern Bemerkung der Bruch auch von der Zeit abhängig
ist. Ein verlässigeres Maass der Festigkeit lässt sich aber aus der Biegung abnehmen.


§. 320.

Wir kommen demnach zu der Untersuchung, wie viel ein Eichenstab von
gleicher Materie, wie der S. 328 beschriebene, jedoch mit andern Dimensionen von ei-
ner gegebenen Belastung gebogen werde, oder wie viel ein solcher
Stab tragen könne, wenn die hiebei zulässige Biegung festge-
setzt ist
.


Es seyen die Dimensionen dieses Stabes B, H und L, seine Biegung U und das auf-
gelegte Gewicht G, so verhält sich nach der §. 313. aufgestellten allgemeinen Proportion
über die Biegung gleichartiger Körper . Nehmen wir nun
an, dass die Biegungen der zwei Eichenstäbe gleich gross seyn sollen, oder dass U = u
ist, so ist .


[336]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.

Der Tabelle S. 329 zu Folge betrug bei der Belastung g = 40 ℔ die beobachte-
te Biegung Linien = U = u; werden daher diese Werthe und b = h = 1 Zoll,
dann Zoll substituirt, so ist , woraus
G = 40 . 51341 . folgt. In dieser Gleichung muss B, H und L in Zollen substituirt
werden, wornach man nunmehr die Last G berechnen kann, welche ein Eichenstab von
gleicher Materie, wie der versuchte zu tragen im Stande ist, wenn sich derselbe nur
Linie in der Mitte biegen oder einsenken soll.


Für den praktischen Gebrauch ist es aber vortheilhafter, die obige Proportion so zu
stellen, dass man für die angenommene Länge, Höhe und Breite des Stabes und das dar-
auf gelegte Gewicht die Biegung bestimmen, oder wenn man diese lieber annehmen will,
die Last G berechnen kann.


Da wir voraussetzen müssen, dass die Balken der Sicherheit wegen nur mit solchen
Gewichten beschwert werden, wobei sie vollkommen elastisch bleiben, so findet
in diesem Falle bei dem versuchten Eichenstabe die S. 332 aufgestellte Gleichung
statt. Nehmen wir die Biegung zu ein Zoll an, so ist
u = 15 . 12 , woraus das Gewicht g = 114 ℔ folgt. Wird nun in der obigen
Proportion gesetzt, so ist , woraus
U . 114 . 51341 = U . 5852874 folgt. Bei dem Gebrauche dieser Gleichung muss
L, B und H in Zollen, G aber in Pfunden substituirt werden, worauf man U in Zollen
findet. Da der Coeffizient von U für die Rechnung zu gross ist, so kann man auch L in
Klaftern subtituiren, zu welchem Behufe der Coeffizient 5852874 erst mit 723 dividirt wer-
den muss. Diess gibt die Zahl 15,7.


Wir haben daher für unsern Fall die Gleichung für die Biegung .
In dieser Gleichung kommen fünf Grössen G, L, B, H und U vor; wenn daher 4 hievon
gegeben sind, so kann man die fünfte berechnen.


  • 1tes Beispiel. Ein eichener Balken von 4 Klafter Länge, 1 Fuss Höhe, und 8 Zoll
    Breite ist in der Mitte mit einer Last von 30 Zentner beschwert, es frägt sich, wie
    viel seine grösste Biegung U betragen werde?

In diesem Falle haben wir G = 3000; die Dimensionen B, H des Balkens müssen in
Zollen L aber in Klaftern bestimmt werden, es ist daher L = 4, B = 8, H = 12, und so-
nach , woraus die Biegung in der Mitte U = 0,88 Zoll folgt.


  • 2tes Beispiel. Wollte man annehmen, dass die Biegung bei diesem Balken nur 0,5
    Zoll betragen darf, so lässt sich die Höhe desselben bei Annahme einer gleichen Länge
    und Breite finden. Es ist nämlich : und H = 14,5 Zoll.

[337]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.

Uibrigens ist zu bemerken, dass die Biegungen in diesen zwei Fällen grösser werden,
wenn ein Eichenholz von minderer Qualität, als der bei dem Versuche ange-
wandte Stab gebraucht wird; hierüber können in jedem Falle nur eigene Versuche ent-
scheiden, nach deren Resultaten der obige Coefficient (5852874) abzuändern seyn würde.


§. 321.

Wir haben bereits Seite 313 bemerkt, dass nach einer vieljährigen Erfahrung die
Endsbäume bei einer 4 Klafter langen Brücke eine hinreichende Stärke besitzen, wenn
sie 12 Zoll zur Höhe und eben so viel zur Breite erhalten. Unsere frühere Rech-
nung gründete sich auf den Bruch der Balken, wir wollen daher noch die Bie-
gung
dieser Endsbäume in der Mitte berechnen.


Der Annahme Seite 313 zu Folge, wo das Gewicht eines Kubikfusses weichen Hol-
zes g = ⅓ Zentner gesetzt ist, beträgt die ganze Belastung der Brücke mit 7 Ends-
bäumen von 4 Klafter Länge (5600 + 9600 + 900 + 444 + 48000) ½ = 32272 ℔, mit-
hin ist ein Endsbaum in seiner Mitte mit 4610 ℔ beschwert. Sind die Endsbäume von
Eichenholz, so beträgt die Belastung beinahe dasselbe, indem die zufällige Belastung
(48000 ℔) dann das Gewicht der Brückenstreu, der Anzüge und der Geländer
(9600 + 900 + 444) dasselbe bleibt und bloss das Gewicht der Endsbäume (5600) um
⅙tel grösser wird. Demnach erhalten wir die Belastung eines Endsbaumes in der Mit-
te = 4677 ℔.


Im Zustande der vollkommenen Elasticität, welche hier und bei allen ähnlichen
Berechnungen vorausgesetzt wird, findet nach Seite 336 die Gleichung g = 15 . A . u
statt. Substituiren wir die Werthe für den versuchten Eichenstab, und jene von der
angenommenen Brücke in die Proportion , so erhalten wir
, woraus die Biegung in der Mitte = 11,05 Li-
nien, oder beinahe 1 Zoll folgt.


Zur Erleichterung der Rechnung können wir daher für den praktischen Ge-
brauch annehmen, dass ein Balken von 4 Klafter Länge sich durch
seine Belastung in der Mitte nur um einen Zoll oder um den 288ten
Theil seiner Länge senken dürfe, dass sonach die Senkung nur ¼Zoll
auf die Klafter Länge
(zwischen beiden Auflagen gemessen) betragen darf.


Diess gibt überhaupt und für den versuchten Eichenstab
Linien. Für den Zustand der vollkommenen Elasticität ist
.


Berechnen wir weiter den Fall, dass in der Ausübung bei allen Balken ein
gleiches Verhältniss
statt finden soll, so gibt diess die Proportion
Gerstners Mechanik. Band I. 43
[338]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.
, und wenn für den versuchten Eichenstab die Werthe substituirt
werden, so ist , woraus
folgt, wo mit μ der obige Coefficient allgemein bezeichnet wird.


Dieser Coefficient ergibt sich nämlich für den bereits beschriebenen und mehrere
nachfolgende Versuche, wobei die Länge l der Stäbe immer 446 Linien betrug, aus der
Proportion , oder
und . In dieser Gleichung
muss B, H und L in N. Oe. Zollen substituirt werden, worauf man G in N. Oe. Pfunden
erhält.


Diese Substitution findet desshalb in Zollen statt, um einen ähnlichen Ausdruck wie
bei der Berechnung der zum Bruche erforderlichen Gewichte (§. 288) zu erhalten.


Um übrigens zu erfahren, wie weit der obige Eichenstab vom Bruche entfernt
ist, braucht man bloss das auf der vorigen Seite berechnete Gewicht (14,7062 ℔), welches
die Biegung von Linien in der Mitte des Eichenstabes bewirkt, mit dem, bei
demselben Stabe zum wirklichen Bruche erforderlichen Gewichte (170 ℔) zu verglei-
chen, woraus man nun ersieht, dass derselbe bloss beiläufig mit dem zwölften Thei-
le
jenes Gewichtes beschwert wird, wovon sein Bruch erfolgen würde. Eine genauere
Angabe, wie weit stärkere Balken, die nach dieser Formel berechnet werden, vom
Bruche entfernt bleiben, folgt im §. 323.


Wollte man für einen besondern Fall eine noch geringere Biegung z. B. ein sechstel
Zoll für die Klafter Länge annehmen, so ist statt nur zu setzen und man erhält
. Da jedoch die Biegung von ein viertel Zoll auf die Klafter dem
praktischen Gebrauche angemessener ist, so wurde der Coeffizient μ bei allen Versuchen
mit Hölzern hiernach berechnet.


§. 322.

Es war in dieser Hinsicht erwünschlich, für die bei dem Maschinen- und Bauwe-
sen gebräuchlichsten Holzgattungen mehrere genaue Versuche über die Biegung zu be-
sitzen, wesshalb nachstehende Versuche im November 1830 im technischen Institute
zu Prag angestellt und auf gleiche Art, wie der bereits beschriebene Versuch Nro. 1
berechnet wurden. Wir wollen zur Vermeidung der Weitläufigkeit eben so, wie es bei
den Versuchen über die Ausdehnung des Eisens S. 267 bis S. 271 geschah, bloss die letz-
ten Zahlen der horizontalen Versuchsreihen anführen und die Resultate der Berechnung
beisetzen. Der Versuch Nro. 1 ist der bereits beschriebene.


[339]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.
Versuch Nro. 1.

Die aus den ersten
10 Versuchen abgelei-
tete Gleichung für die
Biegung ist 15 u =
worin A = 0,633091 und
. Der Coeffi-
cient für den Bruch ist
m = 1672,5. Der Coef-
ficient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me von ¼ Zoll Senkung
per Kl. ist μ = 20315.


Der Stab brach unter der Belastung von 180 ℔ bei der Biegung Linien
plötzlich.


Versuch Nro. 2.

Die aus den ersten
10 Versuchen abgelei-
tete Gleichung für die
Biegung ist 15 u =
,
worin A = 0,530111 und
. Der Coef-
ficient für den Bruch
ist m = 1208. Der Coef-
ficient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me von ¼ Zoll Senkung
per Kl. ist μ = 17010.


Der Stab brach unter der Belastung von 130 ℔ und bei der Biegung von Li-
nien plötzlich.


43 *
[340]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.
Versuch Nro. 3.

Die aus den ersten
10 Versuchen abgelei-
tete Gleichung für die
Biegung ist 15 u =
,
worin A = 0,482958 und
. Der Coeffi-
cient für den Bruch ist
m = 1208. Der Coeffi-
cient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me von ¼ Zoll Senkung
per Klft. ist μ = 15497.


Bei 130 ℔ und der Biegung Linien brach der Stab plötzlich.


Versuch Nro. 4.

Die aus den ersten
10 Versuchen abgelei-
tete Gleichung für die
Biegung ist 15 u =
,
worin A = 0,488259 und
. Der Coef-
ficient für den Bruch
ist m = 1604. Der Coef-
ficient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me von ¼ Zoll Senkung
per Kl. ist μ = 17194.


Bei 160 ℔ und der Biegung von Linien erfolgte der plötzliche Bruch.


[341]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.
Versuch Nro. 5.

Die aus den ersten 8
Versuchen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist 15 u =
1192 ,
worin A = 0,520059, und
B = . Der Coeffi-
cient für den Bruch ist
m = 1312. Der Coeffi-
cient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me von ¼ Zoll Senkung
per Klft. ist μ = 20853.


Bei der Belastung von 120 ℔ bekam der Stab bei der Biegung = 22,93 Linien einen
Sprung, nach den Biegungen = 23,47 und = 23,8 Linien erfolgten wiederholte
Sprünge und bei = 24,87 Linien Biegung der gänzliche Bruch.


Versuch Nro. 6.

Die aus den ersten
10 Versuchen abgelei-
tete Gleichung für die
Biegung ist 15 u =
1251 ,
worin A = 0,782586 und
B = . Der Coeffi-
cient für den Bruch ist
m = 1719. Der Coeffi-
cient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me von ¼ Zoll Senkung
per Klft. ist μ = 25112.


Bei der Belastung von 185 ℔ und der Biegung von = 29,8 Linien erfolgte der
plötzliche Bruch.


[342]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.
Versuch Nro. 7.

Die aus den ersten
10 Versuchen abgelei-
tete Gleichung für die
Biegung ist 15 u =
3319 ,
worin A = 0,711006 und
B = . Der Coeffi-
cient für den Bruch ist
m = 1558. Der Coeffi-
cient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der An-
nahme von ¼ Zoll Sen-
kung per Klafter ist
μ = 29015.


Der Bruch erfolgte bei der Belastung mit 140 ℔ und der Biegung von = 27,07
Linien.


Versuch Nro. 8.

Die aus den ersten
12 Versuchen abgelei-
tete Gleichung für die
Biegung ist 15 u =
1241 ,
worin A = 0,821741 und
B = . Der Coeffi-
cient für den Bruch ist
m = 1900. Der Coeffi-
cient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me von ¼ Zoll Senkung
per Kl. ist μ = 31262.


Bei der Belastung mit 180 ℔ erhielt der Stab bei der Biegung = 27 Linien ei-
nen kleinen Sprung, bei der weiter erfolgten Biegung wiederholten sich fortwährend neue
Sprünge, bis endlich bei der Biegung = 30,2 Linien der gänzliche Bruch erfolgte.


[343]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.
Versuch Nro. 9.

Die aus den ersten 8
Versuchen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist 15 u =
4723 ,
worin A = 0,669324 und
B = . Der Coef-
ficient für den Bruch
ist m = 1368. Der Coef-
ficient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me von ¼ Zoll Senkung
per Klft. ist μ = 23172.


Bei der Belastung von 140 ℔ und der Biegung = 22,8‴ erfolgte ein Sprung, bei
der weiter fortschreitenden Biegung wiederholten sich mehrere kleine Sprünge, bis end-
lich bei der Biegung = 29,73‴ der gänzliche Bruch erfolgte.


Versuch Nro. 10.

Die aus den ersten
8 Versuchen abgeleite-
te Gleichung für die
Biegung ist 15 u =
1581 ,
worin A = 0,495109 und
B = . Der Coeffi-
cient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me von ¼ Zoll Senkung
per Kl. ist μ = 18039.


Bei diesem Stabe wurden die Versuche nicht bis zum Bruche fortgesetzt, weil man
gefunden hat, dass er nicht in dem Grade trocken war, wie man es bei den Bauhölzern
verlangt. Bei der Belastung von 120 ℔ vermehrte sich die Biegung von = 23,13
nach einigen Stunden bis auf = 27,93‴.


[344]Eigene Versuche über die Biegung der Hölzer.
Versuch Nro. 11.

Die aus den ersten
20 Versuchen abgelei-
tete Gleichung für die
Biegung ist 15 u =
2279 ,
worin A = 1,116877 und
B = . Der Coeffi-
cient für den Bruch ist
m = 2695. Der Coeffi-
cient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me von ¼ Zoll Senkung
per Klft. ist μ = 35838.


Bei 290 ℔ Belastung erfolgte bei = 31,27‴ Biegung ein Sprung, bei fernerer
Biegung erfolgten hierauf noch mehrere Sprünge und bei = 33,13‴ fand endlich der
gänzliche Bruch statt. Dieser Stab wurde aus einem wohl ausgetrockneten bohlenähnlich
abgezimmerten Holzstücke vom Wurzelende eines beiläufig 60jährigen Tannenbaumes
zwischen Splint und Kern sorgfältig geschnitten.


[345]Beispiele über die Biegung der Hölzer.
§. 323.

Bei den vorstehenden 11 Versuchen haben wir aus den §. 321 angeführten Gründen
den Coefficienten μ durchaus für eine Senkung von ¼ Zoll auf jede Klafter Länge (zwi-
schen beiden Auflagen gemessen) berechnet. Diese Rechnung gründete sich auf die an-
gegebene Erfahrung, dass ein Endsbaum von 12 Zoll Quadratseite und 4
Klafter Länge sich durch seine grösste Belastung in der Mitte nur um
einen Zoll senken solle
. Nehmen wir an, dass die Endsbäume von gleicher Be-
schaffenheit, wie die versuchten 11 Stäbe sind, und substituiren die entsprechenden
Werthe in die für diesen Fall S. 337 abgeleitete Proportion, so ist
U : u = für Eichen- und Buchenholz, und
U : u = für Fichten- und Tannenholz, demnach erhalten wir


  • nach Nro. 1 für den Endsbaum von Eichenholz die Senkung in der Mitte = 11,05 Linien
  • — Nro. 2 — — — — — — — — = 13,20
  • — Nro. 3 — — — — — — — — = 14,49
  • — Nro. 4 — — — Buchenholz — — — = 13,06
  • — Nro. 5 — — — — — — — — = 10,77
  • — Nro. 6 — — — Fichtenholz — — — = 8,81
  • — Nro. 7 — — — — — — — — = 7,63
  • — Nro. 8 — — — — — — — — = 7,08
  • — Nro. 9 — — — Tannenholz — — — = 9,55
  • — Nro. 10 — — — — — — — — = 12,43
  • — Nro. 11 — — — — — — — — = 6,17

Wir ersehen hieraus, dass die verschiedenen Holzgattungen mehr und minder bieg-
sam sind, und dass selbst bei derselben Holzgattung Ungleichheiten in ihrer Biegung statt
finden. Das Mittel aus den berechneten 11 Biegungen gibt 10,39 N. Oe. Linien oder bei-
nahe einen N. Oe. Zoll, wie wir es S. 337 angenommen haben.


Es fragt sich nun, wie weit die oben angeführten Endsbäume vom Bruche ent-
fernt
sind, oder von welcher Last der Bruch derselben erfolgen würde. Diess ergibt
sich aus der Vergleichung des Gewichtes G = μ · , welches ein Endsbaum bei der
angenommenen Senkung von 1 : 288 trägt, und jenes Gewichtes Q = 4 . m · , wo-
von der Bruch dieses Endsbaumes erfolgen würde. Wird in beiden Formeln B = H = 12
Zoll, und L = 4 . 72 Zoll substituirt, dann das Gewicht von einem Kubikfusse Eichen- und
Buchenholz zu ½ Zentner und von einem Kubikfusse der weichen Hölzer zu ⅓ Zentner ange-
nommen, so ergibt sich die wirkliche Belastung (nach Abschlag des halben Gewichtes
der Balken)


  • bei dem eichenen Endsbaume Nro. 1 mit G = 4479 ℔, Q = 39540 ℔, demnach G : Q = 1 : 8,3
  • — — — Nro. 2 — G = 3653 — Q = 28392 — — G : Q = 1 : 7,3
  • — — — Nro. 3 — G = 3274 — Q = 28392 — — G : Q = 1 : 8,7

Gerstners Mechanik. Band I. 44
[346]Beispiele über die Biegung der Hölzer.
  • bei dem buchenen Endsbaume Nro. 4 ist G = 3699 ℔, Q = 37896 ℔, demnach G : Q = 1:10,2
  • — — — Nro. 5 — G = 4613 — Q = 30888 — — G : Q = 1 : 6,7
  • — fichtenen — Nro. 6 — G = 5878 — Q = 40856 — — G : G = 1 : 7,0
  • — — — Nro. 7 — G = 6854 — Q = 36992 — — G : Q = 1 : 5,4
  • — — — Nro. 8 — G = 7416 — Q = 45200 — — G : Q = 1 : 6,1
  • — tannenen — Nro. 9 — G = 5393 — Q = 32432 — — G : Q = 1 : 6,0
  • — — — Nro. 11 — G = 8560 — Q = 64280 — — G : Q = 1 : 7,5

Wir ersehen hieraus, dass bei der angenommenen Biegung von 1 : 288
unsere Balken noch eine 6 bis 8fache Belastung zu ertragen im
Stande sind, bevor der Bruch derselben erfolgt
. Da überhaupt gleich-
artige Hölzer, wenn sie nur wenig gebogen werden, weit mehr Uibereinstimmung zei-
gen, als dieses bei ihrem Bruche der Fall ist, so wird auch die Berechnung der Dimensionen
hölzerner Balken weit verlässiger nach den für die Biegung aufgestellten Formeln, als
nach jenen für den Zustand des Bruches bestimmt werden.


§. 324.

Das Verhältniss der Gewichte, welche bei grössern Balken sowohl für den Zustand
des Bruches, als auch für die angenommene Biegung (1 : 288) berechnet werden, ergibt
sich aus der Vergleichung der aufgestellten Proportionen:


Für den Zustand des Bruches Q : q = (I) und für die Bie-
gung G : g = (II). Aus I folgt Q = und aus II
ergibt sich G = . Nehmen wir und bemerken, dass u in
Linien = , demnach u in Zollen = ist, so haben wir, wenn obige zwei
Gleichungen in eine Proportion verwandelt werden:
Q : G = .


In dieser Formel werden nun alle Werthe in Zollen substituirt und wir erhalten für
den eichenen Endsbaum Nro.1;' Q : G = 1 : = 7,9 : 1 wie
es sich aus dem vorigen §. ohne Rücksicht auf das eigene Gewicht ergibt.


Aus der vorigen Proportion folgt die Gleichung . Wenn wir
daher von einem bestimmten Versuche ausgehen, wobei also A, l, q und h dieselben
Werthe haben, so ist wenn die Höhe H der Länge L proportional ist, das Verhältniss G : Q
immer dasselbe. Ist z. B. die Höhe H der 24te Theil der Länge L, so wird bei allen von
demselben Holze erzeugten Balken auch dasselbe Uibermaass über den Bruch vorhanden seyn.


Wenn aber die Länge L dieselbe bleibt und bloss die Höhe H grösser wird, z. B. wenn
mehrere Balken auf einander gebunden werden, so steigt dieses Uibermaas nach Verhält-
niss der Zunahme der Höhe. Z. B. wenn drei eichene Eudsbäume von der Beschaffen-
[347]Beispiele über die Biegung der Hölzer.
heit Nro. 1 auf einander gebunden werden, so ist G : Q = 1 : 7,8. 3 = 1 : 23,4, d. h. es
wird die 23fache Last für den Bruch erfordert.


§. 325.

Nehmen wir aus den §. 322 berechneten Werthen für μ das Mittel bei jeder Holzgat-
tung, so ergeben sich folgende Gleichungen für die angenommene Biegung von 1 : 288
für Balken von Eichenholz G = 17607 · , für Balken von Buchenholz G = 19024 ,
— — — Fichtenholz G = 28463 · , — — — Tannenholz G = 25683 · .
Es verhält sich also das Tragungsvermögen dieser vier Holzgattungen bei gleichen Di-
mensionen B, H und L wie 1 : 1,08 : 1,62 : 1,46. Wir ersehen, hieraus dass Eichen- und Bu-
chenholz ein geringeres Tragungsvermögen als Fichten- und Tannenholz habe. Wo es
daher bloss auf das Tragungsvermögen und nicht auch auf die lange Dauer der Hölzer
ankommt, sind die genannten weichen Hölzer den harten vorzuziehen.


Nach den Erfahrungen, welche Herr Tredgold in seinem Werke „A practical essay
on the strength of cast iron
,“ über diese Holzgattungen anführt, ergeben sich bei glei-
cher Biegung von 1 : 288 und wenn B und H in englischen Zollen, L aber in englischen
Fussen substituirt wird, folgende Gleichungen:
Für Balken v. engl. Eichenh. G = 164 · , für Balken von Buchenholz G = 130 · ,
— — — Fichtenh. (Fir) G = 194 · , — — — Tannenholz G = 177 · .
Um die Reduktion auf N. Oe. Maass und Gewicht zu machen, und B, H und L in
Zollen zu substituiren, müssen diese Gleichungen mit dem Quadrate des Verhältnisses
des englischen Fusses zum N. Oestreicher (0,9642)2, dann mit dem Verhältnisse des eng-
lischen Pfundes zum N. Oestreicher (0,8099), endlich mit 144 multiplicirt werden, und
wir erhalten:
für Balken v. eng. Eichenh. G = 17782 · , für Balken v. Buchenholz G = 14095 · ,
— — — Fichtenh. G = 21034 · , — — — Tannenholz G = 19191 · .


Diese Gleichungen stimmen so genau überein, als es nur bei solchen Versuchen er-
wartet werden kann.


§. 326.

Bei Metallen z. B. bei Guss- oder Schmiedeeisen, welches bei dem Bau- und Ma-
schinenwesen gebraucht wird, darf die Biegung nicht so gross, als jene bei Bauhölzern an-
genommen werden. Tredgold nimmt die Biegung gusseisener Stangen oder Barren, wel-
che zum Tragen von Mauern oder andern Lasten verwendet werden, nur mit ein vier-
zigstel Zoll auf einen Fuss Länge,
sonach mit 1 Zoll auf 480 Zoll Länge (zwi-
schen beiden Auflagen gemessen) an, und berechnet hiernach eine weitläufige Tabelle
über die Stärke, welche quadratförmige Gusseisenstangen bei Annahme der Biegung 1 : 480
erhalten müssen. Wir glauben, dass diese Biegung dem praktischen Gebrauche ange-
44 *
[348]Eigene Versuche über die Biegung des Gusseisens.
messen sey, wesshalb auch der Coefficient μ bei nachfolgenden mit Guss- und Stabeisen
angestellten Versuchen hiernach berechnet wurde.


Zu den Versuchen über Gusseisen wurden Schienen von mehreren böhmischen
Eisenwerken verwendet, welche unmittelbar aus der ersten Schmelzung vom Hochofen
in Sandformen gegossen wurden. Wir fügen hier den ersten Versuch im Detail mit der
Bemerkung bei, dass in den sieben horizontalen Versuchsreihen die obern Zahlen die
Biegungen bei der successiven Entlastung, die untern Zahlen aber die Biegungen bei der
abermaligen Belastung ausdrücken, welche beide hier um etwas abweichen.


Nachdem die Schiene mit 8 Zentner durch 16 Stunden beschwert blieb, senkte sie
sich bis 196 und ging entlastet sogleich auf 82 zurück; 24 Stunden nach der Entlastung
zeigte sie die bleibende Biegung von beiläufig 17. Hierauf wurde der folgende Versuch
gemacht, wobei die Biegung im unbelasteten Zustande = 0 gesetzt ist:


Bei der zuletzt eingetretenen Biegung von 182 brach die Schiene.


Die Unterschiede dieser Zahlen zeigen, dass die Biegung der gusseisernen Schiene
bis zur Belastung von sieben Zentner der aufgelegten Last proportional blieb, woraus
zu schliessen ist, dass auch das Gusseisen, so wie wir es bereits bei der Ausdehnung
der Drähte bemerkten, nach einer erhaltenen grössern bleibenden Biegung vollkommen
elastisch bis zu dem aufgelegten Gewichte blieb, wovon diese Biegung bewirkt wur-
de. Als hierauf diess Gewicht überschritten worden ist, traten abermals grössere Bie-
gungen ein. Die Zusammenstellung dieser beiden Versuchsreihen gibt nachstehende
2 Tabellen:


[349]Eigene Versuche über die Biegung des Gusseisens.
Versuch Nro. 1.

Die aus den ersten 6
Versuchen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist 30 u =
575
worin A = 5,718600 und
B = . Der Coef-
ficient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me einer Senkung von
1/40 Zoll per Fuss oder
1 : 480 ist μ = 100809.


Nachdem die Schiene mit 8 Zentner durch 16 Stunden beschwert blieb, vergrösserte
sich die Biegung von = 5,7 Linien auf = 6,6 Linien, und die Schiene ging ent-
lastet sogleich auf = 2⅚ Linien zurück; 24 Stunden nach der Entlastung zeigte sich
die bleibende Biegung mit = 0,5 Linien. Die Zusammenstellung des auf der vorigen
Seite angeführten zweiten Versuches, welcher mit dieser Schiene vorgenommen wurde,
gibt nachstehende Tabelle:


Versuch Nro. 2.

Die aus den ersten 8
Versuchen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist 30 u =
7529
worin A = 5,279815 und
B = . Der Coef-
ficient für den Bruch
ist m = 4584. Der Coef-
ficient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me einer Senkung von
1 : 480 ist μ = 93074.


[350]Eigene Versuche über die Biegung des Gusseisens.
Versuch Nro. 3.

Die aus den ersten 8
Versuchen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist 30 u =
476
worin A = 5,980948 und
B = . Der Coeffi-
cient für den Bruch ist
m = 4773. Der Coeffi-
cient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me einer Senkung von
1 : 480 ist μ = 97232.


Der Bruch der Schiene erfolgte bei der Belastung von 1025 ℔.


Versuch Nro. 4.

Die aus den ersten 4
Versuchen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist 30 u =
1241
worin A = 4,606674 und
B = . Der Coeffi-
cient für den Bruch ist
m = 4096. Der Coeffi-
cient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me einer Senkung von
1 : 480 ist μ = 87396.


Der Bruch der Schiene erfolgte bei der Belastung von 8 Zentner.


[351]Eigene Versuche über die Biegung des Gusseisens.
Versuch Nro. 5.

Die aus den ersten 6
Versuchen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist 30 u =
515 ,
worin A = 5,723633 und
B = . Der Coeffi-
cient für den Bruch ist
m = 5228. Der Coeffi-
cient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me einer Senkung von
1 : 480 ist μ = 93804.


Die weitern Biegungen waren sehr unregelmässig, und der Bruch der Schiene erfolg-
te bei 1125 ℔, bei einer Biegung von beiläufig = 8,3 Linien.


Versuch Nro. 6.

Die aus den ersten 8
Versuchen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist 30 u =
582 ,
worin A = 7,913271 und
B = . Der Coeffi-
cient für den Bruch ist
m = 5199. Der Coeffi-
cient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me einer Senkung von
1 : 480 ist μ = 100543.


Der Bruch dieser Schiene erfolgte von 13 Zentner.


[352]Eigene Versuche über die Biegung des Gusseisens.
Versuch Nro. 7.

Die aus den ersten 8
Versuchen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist 30 u =
639 ,
worin A = 7,893257 und
B = . Der Coeffi-
zient für den Bruch ist
m = 3416. Der Coeffi-
zient für die Biegung
bei vollkommener Ela-
sticität und der Annah-
me einer Senkung von
1 : 480 ist μ = 90332.


Der Bruch erfolgte bei 925 ℔, und man fand in der Schiene an der untern Fläche, wo-
mit sie auflag, eine kugelförmige von aussen nicht sichtbare Luftblase von 4¾ Linien
Durchmesser. Diese Luftblase war 11 Linien von der Mitte der Schiene entfernt; die
letztere brach desshalb nicht in der Mitte, sondern bei dieser Luftblase, woraus sich auch
das geringere Tragungsvermögen erklärt.


§. 327.

Aus diesen sieben Versuchen ersieht man, dass der Coefficient μ einen sehr nahe
übereinstimmenden Werth hat; derselbe beträgt nämlich im Mittel der 7 Versuche 94685,
wornach die Gleichung G = 94741 · folgt.


Tredgold leitet in dem bereits angeführten Werke auf einem andern Wege die Glei-
chung G = 1065 · ab, wobei dieselbe Biegung von 1/40 Zoll per Fuss angenom-
men wurde, jedoch die Länge L in Fussen zu substituiren ist. Wird hier die Redukzion
auf N. Oe. Maass und Gewicht gemacht und L in Zollen angenommen, so folgt
G = 1065 · · (0,9642)2 . 144 . 0,8099 = 115472 · ; diess Gewicht beträgt beiläufig
um 2/9tel mehr, allein wir haben bloss gewöhnliches Gusseisen versucht, wogegen in Eng-
land alle derlei Barren erst bei der zweiten Schmelzung des Eisens, demnach aus einem
vollkommenern Materiale erzeugt werden.


[353]Eigene Versuche über die Biegung des Schmiedeeisens.
§. 328.

Zu Versuchen über die Biegung des Schmiedeeisens wurden ordinäre Stäbe
von dem Eisenwerke zu Neujoachimsthal in Böhmen aus der Ursache verwendet, um die
Beschaffenheit des gemeinen, im Handel vorkommenden Schmiedeeisens kennen zu lernen.


Versuch Nro. 1.

Die aus den ersten 22
Versuchen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist: 30 u = 544054
,
worin A = 3,354039 und
B = .


Der Coefficient für
die Biegung bei voll-
kommener Elasticität
und der Annahme einer
Senkung von 1 : 480 ist
μ = 189656.


Mit diesem Versuche wurde geschlossen, weil kein vollständiger Bruch bei diesem
Stabe zu erwarten war und die Gränze der vollkommenen Elasticität sich bereits über-
schritten fand. Uiberdiess war auch aus der ungleichförmigen Biegung an verschie-
denen Stellen die ungleiche Beschaffenheit des verwendeten Eisens deutlich zu erkennen,
folglich konnte sich kein Gesetz für die weitern Biegungen mehr ergeben.


Gerstners Mechanik. Band I. 45
[354]Eigene Versuche über die Biegung des Schmiedeeisens.
Versuch Nro. 2.

Die aus den ersten 16
Versuchen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist: 30 u =
7363 ,
worin A = 2,507664 und
B = .


Der Coefficient für
die Biegung bei voll-
kommener Elastieität
und der Annahme ei-
ner Senkung von 1 : 480
ist μ = 178669.


Dieser Stab erhielt unter der Belastung mit 4 ¾ Zentner eine Einbiegung in der Mitte
von = 7‴ und zeigte nach der Entlastung die bleibende Biegung von oder 0,8‴;
bei der Belastung mit 6 Zentner vergrösserte sich die Einbiegung bis auf = 16½‴
und nach der Entlastung betrug die bleibende Biegung = 8⅚‴.


Versuch Nro. 3.

Die aus den ersten 8
Versuchen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist 30 u =
1676 ,
worin A = 1,103038 und
B = . Für die
oben angeführte Sen-
kung ist μ = 196915.


[355]Eigene Versuche über die Biegung des Schmiedeeisens.

Bei der Belastung mit 2¾ Zentner zeigte der Stab augenblicklich eine Einbiegung in
der Mitte von = 11⅙‴, die Biegung vermehrte sich jedoch fortwährend, und er-
reichte nach 15 Stunden eine Grösse von = 15⅔‴ ohne sich weiters noch zu ver-
mehren; nach der Entlastung behielt der Stab eine bleibende Biegung von = 7‴.


Versuch Nro. 4.

Aus den ersten 24
Beobachtungen ergibt
sich für die Biegung
die Gleichung 30 u =
3966 ,
worin A = 0,416421 und
B = ist.


Der Coefficient für
die Biegung bei voll-
kommener Elasticität
und der Annahme ei-
ner Senkung von 1 : 480
ist μ = 170902.


Diese Schiene bog sich mit 160 ℔ belastet in der Mitte um = 14,98 Linien ein,
und die Biegung vermehrte sich selbst nach 24 Stunden nicht; entlastet behielt sie eine blei-
bende Biegung von = 1,63 Linien


45 *
[356]Eigene Versuche über die Biegung des gewalzten Eisens.
Versuch Nro. 5.

Die aus allen 17 Beob-
achtungen abgeleitete
Gleichung für die Bie-
gung ist 30 u =
1214 ,
worin A = 0,378072 und
B = ist. Der
Coefficient für die Bie-
gung bei vollkommener
Elasticität und der An-
nahme einer Senkung
von 1 : 480 ist μ = 200907.


Da diese Schiene noch ihre vollkommene Elasticität zeigte, wurde nachstehender
Versuch vorgenommen.


Versuch Nro. 6.

Die aus den ersten
10 Beobachtungen ab-
geleitete Gleichung für
die Biegung ist 30 u =
2583 ,
worin A = 0,369888 und
B = ist. Der
Coefficient für die Bie-
gung bei vollkommener
Elasticität und der An-
nahme einer Senkung
1 : 480 ist μ = 196558.


[357]Eigene Versuche über die Biegung des gewalzten Eisens.

Bei der Belastung mit 170 ℔ betrug die augenblickliche Biegung = 18,53‴, die
Biegung vermehrte sich aber nach einigen Stunden bis auf = 20,1‴. Entlastet ging
die Schiene nicht mehr ganz zurück, sondern behielt die bleibende Biegung von
= 3,2‴. In diesem gebogenen Zustande wurde mit derselben Schiene ein neuer Ver-
such vorgenommen, bei welchem sich ohne Rücksicht auf die bereits vorhandene Biegung
nachstehende Resultate ergaben:


Versuch Nro. 7.

Der Vergleich der
Beobachtungsresultate
in diesem Versuche mit
jenen des nächst vor-
hergehenden zeigt of-
fenbar bis zur Bela-
stung von 100 ℔ diesel-
ben Zahlen, denn die
kleinen statt findenden
Abweichungen können
nur als unvermeidliche
Beobachtungsfehler an-
gesehen werden: es
kann daher auch hier
für die Biegung die
eben angegebene Glei-
chung 30 . u =
2583 ,
beibehalten werden.


Eben so ist hier auch
der Coeffizient μ der-
selbe und = 196558.


Bei der Belastung von 180 ℔ bog sich die Schiene in der Mitte um = 18,33‴, und
mit Rücksicht auf ihre anfängliche Biegung = 3,2‴ im Ganzen um = 21,53‴ un-
ter die Horizontale. Entlastet zeigte sie im Ganzen die bleibende Biegung = 3,53‴.


[358]Beispiele über die Biegung des Eisens.
§. 329.

Aus den Versuchen über das Stab- oder Schmiedeeisen ergibt sich, dass
der Coefficient μ bei den ordinären Gattungen des gewöhnlichen, im Handel vorkom-
menden Eisens im Mittel der Versuche Nro. 1, 2, 3 und 4 die Zahl 184036 beträgt, demnach
die Gleichung G = 184036 · statt findet.


Das gewalzte Eisen Nro. 5, 6 und 7 bog sich beinahe so viel als ordinäres Stabeisen und
es findet hiefür als Mittelwerth dieser 3 Versuche die Gleichung G = 198008 · statt.


Tredgold stellt für Schmiedeeisen die Gleichung G = 1442 · auf, wobei die
Länge L in Fussen angenommen ist; macht man daher die Reduktion auf N. Oe. Maass
und Gewicht und für den Fall, dass B, H und L in Zollen gesetzt werden, so folgt
G = 1442 · · 144 . (0,9642)2.·0,8099 = 156348 · ; dieser Werth stimmt mit unse-
rer Angabe nahe überein, wenn man berücksichtigt, dass in England beinahe alles Ei-
sen gewalzt wird, demnach schwächer als unser gehämmertes Stabeisen ist.


Nehmen wir 6 Balken von gleichen Dimensionen, B, H und L, jedoch von
ungleicher Materie und zwar von Eichen-, Buchen-, Fichten- und Tannenholz, dann
von Gusseisen und von Schmiedeeisen an, so verhalten sich die Gewichte, welche diese
Balken bei gleicher Biegung (ohne Rücksicht auf ihr eigenes Gewicht) zu tragen
vermögen, wie die Zahlen 17607 : 19024 : 28463 : 25683 : 94771 . : 184036 . oder wie
1 : 1,08 : 1,62 : 1,46 : 8,97 : 17,42; d. h. bei gleichen Dimensionen und derselben Biegung
tragen schmiedeiserne Balken beinahe zweimal so viel als gusseiserne und hölzerne beiläufig
nur den siebenten Theil wie jene von Gusseisen; unter den obigen vier Hölzern hat aber
das Fichtenholz das grösste Tragungsvermögen.


Aus der vorstehenden Proportion lässt sich nun auch beurtheilen, in welchen Fällen
das Eisen oder Holz den Vorzug verdiene. Wo ein Kubikfuss Gusseisen wohlfeiler zu ste-
hen kommt als sieben Kubikfuss Holz, dort ist es, ohne Rücksicht auf die grössere Dauer des
Eisens, vortheilhafter sich des letztern zu bedienen. Im verflossenen Jahre wurde in Eng-
land in den Häfen von Wales eine Tonne Roheisen (pig iron) um 3 Liv. st. und eine Tonne ein-
mal umgeschmolzenes Eisen (refined Iron) um 4 Liv. st. verkauft, wogegen ein Kubikfuss
Bauholz auf 2,5 sh. an denselben Orten zu stehen kam. Da nun 4½ Kubikfuss Gusseisen bei-
läufig eine Tonne wiegen, so kam ein Kubikfuss Roheisen auf 13⅓ sh. oder 6 fl. 40 kr., d. h.
5⅓mal theurer als das Holz zu stehen, allein das Tragungsvermögen des Eisens ist 7mal
grösser; bei diesem Preise ist es daher weit vortheilhafter sich des Gusseisens zu bedienen,
da es noch den Vortheil der längern Dauer gewährt.


Dagegen kostet in Böhmen ein Kubikfuss oder 4 Zentner gemeines Roheisen beiläufig
12 fl. C. M., ein Kubikfuss Bauholz beiläufig ⅕ fl. C. M.; es ist daher weit vortheilhafter,
sich der Hölzer zu bedienen, wenn sie auch nur den 7ten Theil des Tragungsvermögens
von Gusseisen haben.


[359]Beispiele über die Biegung des Eisens.
§. 330.

Mit Hülfe der vorigen Versuche und der aus denselben abgeleiteten Gleichungen kön-
nen alle Aufgaben, die Dimensionen der Balken, Stäbe oder Barren nach Maassgabe ih-
rer Biegung zu bestimmen, aufgelöst werden.


  • 1tes Beispiel. Man soll die Seiten eines quadratischen Stabes von Gusseisen finden,
    der 12 Fuss lang ist, in der Mitte eine Belastung von 25 Zentner zu tragen hat
    und sich dabei nur um 1/40 Zoll auf den Fuss Länge biegen darf.

Da in diesem Falle B = H ist, so gibt die Substitution in die §. 327 aufgestellte
Gleichung 2500 = 94741 den Werth für H = 4,8 Zoll, hiebei ist jedoch das
eigene Gewicht des Stabes nicht in Anschlag genommen. Nimmt man einen Kubikzoll
Gusseisen zu ¼ ℔ an, so ist 2500 = , woraus H = 5,0 Zoll folgt.


Wollte man bei der obigen Belastung einen Balken von Eichenholz verwenden,
so haben wir nach §. 325 die Gleichung G = 17607 . , wobei aber eine Biegung
von 1 : 288 zum Grunde liegt; da aber unser Balken sich nur um den 480ten Theil seiner
Länge biegen darf, so ist G = und wenn die Werthe für unsern Fall
substituirt werden, 2500 = , woraus H = 8,4 Zoll folgt. Mit Berück-
sichtigung des eigenen Gewichtes wäre, wenn der Kubikfuss Eichenholz zu 50 ℔ ange-
nommen wird, 2500 = , woraus H = 8,5 Zoll; der ei-
chene Balken müsste daher beinahe 2mal stärker seyn als der gusseiserne.


Berechnet man noch die Stärke für einen Balken von Tannenholz und nimmt das
Gewicht eines Kubikfusses zu ⅓ Zentner an, so ist 2500 = ;
hieraus ergibt sich H = 7,7 Zoll und man sieht, dass der Balken von Tannenholz um
1,5tel stärker als jener von Gusseisen, dagegen um 0,1tel schwächer, als jener von Eichen-
holz seyn muss.


  • 2tes Beispiel Eine Mauer von 24 Fuss Höhe und 18 Zoll Stärke soll oberhalb einem
    Thore in einer Länge von 10 Fuss von 2 nebeneinander liegenden Barren von Guss-
    eisen getragen werden, die sich bloss um ⅓ Zoll in der Mitte senken dürfen; es
    fragt sich, die Dimensionen dieser Barren zu bestimmen.

Nach Seite 140 beträgt das Gewicht einer kubischen Klafter Mauerwerk 240 Zentner;
in unserm Falle ist das Gewicht des Mauerwerks als eine gleichförmig über die ganze
Länge verbreitete Last anzusehen, demnach beträgt die Belastung eines Barrens in der
Mitte, G = = 10000 ℔, das Verhältniss der Biegung zur Länge beträgt
⅓ Zoll : 120 Zoll = 1 : 360; nehmen wir nun H = B, so gibt diess die Gleichung
10000 = , woraus H = 5,81 Zoll folgt.


[360]Beispiele über die Biegung des Eisens.
  • 3tes Beispiel. Ein Maschinenschaft von Gusseisen hat in der Mitte einen Druck
    von 40 Zentner zu erhalten; derselbe ist massiv, cylindrisch und liegt 18 Fuss frei
    auf; er darf sich nur um 1/30 Zoll auf den Fuss Länge biegen; es fragt sich seinen Durch-
    messer zu bestimmen.

Nach §. 307 beträgt das Tragungsvermögen eines Cylinders 33/56tel von jenem eines Pa-
rallelopipeds, in welches der erstere eingeschrieben wird. Demnach wird das Tragungs-
vermögen eines gusseisernen Cylinders bei der Biegung von 1 : 480 durch die Gleichung
G = · 94741 · bestimmt. In unserm Falle, wo die Biegung bloss die Hälfte betra-
gen darf, ist 4000 = , woraus D = 7,1 Zoll folgt.


§. 331.

Aus den berechneten Biegungen der Hölzer und des Eisens können wir die Aus-
dehnung
derselben (in der Richtung ihrer Länge) bestimmen. Wir haben nämlich in
der Note Seite 326 gezeigt, dass sich bei einem jeden vollkommen elastischen Körper die
Biegung zur Ausdehnung, welche derselbe Körper nach seiner Länge von einem gleichen
Gewichte erfährt, wie das Quadrat der halben Länge zum Quadrate der Höhe (oder der
gebogenen Seite) des Körpers verhält, oder dass U : α' = : h2 sey; man kann dem-
nach in jedem Falle aus der Biegung die Ausdehnung berechnen.


  • Beispiel. Bei dem schmiedeeisernen Stabe, Versuch Nro. 4, war die Länge zwischen
    den Auflagspunkten L = 34 Zoll = 408 Linien und die Höhe h = 3,73 Linien;
    folglich ist U : α' = 2042 : 3,732 = 2991 : 1. Bei dem Gewichte von 100 ℔ ist die
    Biegung bei vollkommener Elasticität der Tabelle zu Folge U = = 8,0033 Li-
    nien, demnach ist bei derselben Belastung von 100 ℔ die Längenausdehnung des
    Stabes oder α = Linie; die Fläche dieses Stabes betrug
    F = 3,73 . 28,7 = 107,05 Quadrat Linien.

Vergleichen wir diesen Stab z. B. mit dem gemeinen Drahte S. 270, Versuch Nro. 7,
so finden wir, dass bei der Belastung von 44 ℔ = q die Ausdehnung α = Linie
betrug; der Querschnitt dieses Drahtes war f = 3,14159 = 0,5575 Quadrat Linie
und die Länge desselben l = 696 Linien.


Wir haben also nach der §. 238 aufgestellten allgemeinen Proportion
Q : q = , wenn die Werthe für den schmiedeisernen Stab und den gemei-
nen Draht substituirt werden 100 : 44 = = 100 : 42,92.


Die Gleichheit dieser zwei Verhältnisse zeigt, dass die Rechnung S. 326 mit der Er-
fahrung übereinstimmt, und dass sich demnach aus der Biegung eines Stabes seine Aus-
dehnung, und umgekehrt bestimmen lasse. Diess gewährt den Vortheil, dass man vor-
[361]Vortheilhaſtestes Prosil der Balken.
züglich bei sehr starken und langen schmiedeeisernen Stäben, deren Ausdehnung zu mes-
sen sehr unbequem, schwierig und ungenau wäre, weit leichter die viel grössere Bie-
gung messen
, und hiernach die Ausdehnung berechnen kann. Dasselbe findet
auch bei allen hölzernen Balken statt, deren Ausdehnung zu messen äusserst beschwer-
lich wäre.


Da übrigens die Proportion sich nur auf den Fall der vollkommenen
Elasticität gründet, folglich nur statt findet, so lange die Biegungen sehr klein
sind, so kann auch die richtige Berechnung der Längenausdehnung durch die Biegung
nicht über das Maass der vollkommenen Elasticität erstreckt werden; es können daher grös-
sere Ausdehnungen, bei welchen eine bleibende Verlängerung eintritt, nach dieser Pro-
portion nicht berechnet werden.


§. 332.

Wir haben §. 302 aus der für den Bruch aufgestellten Gleichung das
beste Verhältniss der Höhe zur Breite eines Balkens bestimmt, welcher aus einem runden
Stamme gezimmert werden kann. Da es aber vortheilhafter ist, bei diesem Gegenstande
zugleich auch die Biegung zu berücksichtigen, so wollen wir noch dasselbe Verhältniss
aus der Gleichung ableiten. Die höhere Analysis lehrt uns *), dass dasFig.
5.
Tab.
16.

Produkt B . H3 bei einem gegebenen Halbmesser r des runden Stammes in dem Falle am
grössten wird, wenn die Breite G D = B = r und die Höhe r, also
B : H = 4 : 7 sich verhält. Demnach muss der Durchmesser des Stammes K L in 4 gleiche
Theile getheilt, in G und D die Perpendikeln F A und E B errichtet und A mit B, dann
F mit E verbunden werden. Die hiedurch erhaltene Figur A B E F gibt dem Balken das
grösste Tragungsvermögen mit Rücksicht auf seine Biegung.


Man findet in dieser Hinsicht in England bei den meisten wichtigern Bauten dieses
Verhältniss bereits angewendet.


Gerstners Męchanik. Band I. 46
[362]Biegung gleichförmig belasteter Balken.
§. 333.

Da in der Ausübung sehr viele Fälle vorkommen, dass Balken durch ihre gan-
ze Länge gleichförmig belastet werden
, und da auch das eigene Gewicht
der Balken als eine gleichförmig vertheilte Last angesehen werden muss, so ist es noch
wichtig, die Biegung kennen zu lernen, welche durch eine gleichförmig vertheilte Last
in der Mitte der Balken bewirkt wird. *) Die höhere Analysis lehrt, dass ein auf
[363]Biegung gleichförmig belasteter Balken.
seiner ganzen Länge gleichförmig beschwerter Balken sich in der
Mitte eben so viel biegt, als wenn bloss fünf Achtel derselben Last
auf die Mitte gelegt werden
.



46 *
[364]Biegung gleichförmig belasteter Balken.

Bei dem Bruche der Balken wurde §. 291 erwiesen, dass in der Mitte eines gleich-
förmig mit P beschwerten Balkens eigentlich nur die Belastung vorhanden sey, dem
gemäss auch die Dimensionen berechnet wurden, mit welchen der Balken dieser Last ge-
gen den Bruch widerstehen kann. Nach dem vorangeführten Lehrsatze sehen wir aber,
dass mit Rücksicht auf die Biegung die Senkung in der Mitte bei einem gleichförmig mit
P belasteten Balken um ein Achtel grösser ist, als diejenige Senkung, welche durch
bewirkt wurde. Nimmt man daher zugleich auf diese Biegung Rücksicht, so muss in
den Formeln, wo das Tragungsvermögen der Balken nach Verhältniss einer
bestimmten Biegung
in Anschlag genommen wird, bei einer gleichförmigen Be-
lastung fünf Achtel hievon in der Mitte als wirkend angenommen werden, wenn man
nicht über den Unterschied von ⅝ — 4/8 = ⅛ hinausgehen will. Diess Letztere kann übri-
gens um so mehr geschehen, weil wir nur die geringe Biegung von U = bei Höl-
zern, und U = bei Metallen angenommen haben, demnach der Unterschied von
ganz unbedeutend wird.


  • Beispiel. Wir haben S. 359 im 2ten Beispiele berechnet, dass die Stärke zweier
    neben einander liegender gusseiserner Barren, die eine Mauer von 24 Fuss Höhe,
    18 Zoll Stärke und 10 Fuss Länge zu tragen haben, bei der bestimmten Bie-
    gung von 1/30 Zoll auf den Fuss Länge, H = B = 5,81 Zoll betragen müsse.

Berechnen wir dasselbe Beispiel für die Annahme, dass fünf Achtel der gleichförmig
vertheilten Last in der Mitte wirken, so ist , woraus
H = 6,14 folgt. Der Unterschied beträgt hier offenbar sehr wenig.


[365]Rückwirkende Festigkeit der Körper.

C. Rückwirkende Festigkeit der Körper.


§. 334.

Wenn eine Kraft auf einen Körper in der Art einwirkt, dass sie denselben zusam-
mendrückt oder seine Theile aneinander schiebt, dass sonach eine Verkürzung der Län-
ge des Körpers entsteht, so wird die rückwirkende Festigkeit desselben in
Anspruch genommen. Hiebei findet dieselbe allgemeine Proportion statt, welche wir
§. 238 über die Ausdehnung vollkommen elastischer Körper aufgestellt haben, d. h. es
verhält sich . Die rückwirkende Festigkeit zweier gleicharti-
ger und vollkommen elastischer Körper
, d. h. die Anzahl Pfunde, welche
dieselben ohne bleibende Aenderung zu ertragen im Stande sind, verhält sich nämlich
zuerst wie die Querschnittsflächen f : F, indem bei einer grössern Fläche die Anzahl
der Theile, welche zurückwirken, eben so vergrössert wird, wie es bei der absoluten
Festigkeit der Fall ist. Da ferner der Eindruck bei einem Körper um so tiefer erfol-
gen muss, je grösser die Länge (oder das in der Richtung des Druckes liegende Maass)
des Körpers ist, so muss sich auch die rückwirkende Festigkeit zweier Körper ver-
kehrt wie ihre Längen verhalten; endlich ist die rückwirkende Kraft der Tiefe des
Eindruckes (α, α') proportional, denn je tiefer dieser Eindruck ist, um so grösser muss
auch das Gewicht seyn, wodurch derselbe bewirkt wurde.


Eine Anwendung der aufgestellten Proportion findet vorzüglich bei Sprengwer-
ken von Holz
oder Bogenbrücken von Gusseisen statt, wenn das Einsinken
und Schwingen der Bögen, welches durch Belastungen derselben entsteht, bestimmt wer-
den soll. Es sey z. B. bei einer gusseisernen, aus einem Bogen ausgeführten Brücke,
eben so wie bei der Menai-Kettenbrücke (§. 272) die grösste Belastung Q = 32000 Zent-
ner und die Länge des Bogens L = 90 . 72 Zoll.


Das Gusseisen, aus welchem der Bogen ausgeführt wird, sey von gleicher Beschaf-
fenheit, wie jenes, Versuch Nro. 1, S. 349. Bei diesem Stabe betrug bei Annahme ei-
ner vollkommenen Elasticität die Biegung in der Mitte u = Linien für eine Bela-
stung q = 100 ℔. Nach der Proportion S. 326 ergibt sich für dieselbe Belastung die
Ausdehnung bei diesem Stabe, , woraus α = 0,001919 Linien; also
in Zollen = ; der Querschnitt f des versuchten Stabes betrug
Quadrat-Zoll.


Werden diese Werthe in die oben für die rückwirkende Festigkeit vollkommen ela-
stischer Körper aufgestellte Proportion substituirt, so ist
, hieraus erhält man F . α' = 1716. Nimmt
man nun, wie bei der Menai-Kettenbrücke F = 320 Quad. Zoll an, so ist α' = 5,4 Zoll,
d. h. der gusseiserne Bogen wird sich um 5,4 Zoll zusammendrücken, während die
Ketten sich um 6 Zoll ausdchnen; demnach wird auch das Einsinken beider Brücken
[366]Rückwirkende Festigkeit der Körper.
in der Mitte beinahe gleichviel betragen. Wenn also gusseiserne Brückenbögen nicht so
viel schwingen, so ist diess nur ihrer grössern Masse zuzuschreiben.


§. 335.

Wir haben bei der absoluten Festigkeit gesehen, dass die Kraft, welche einen
Körper zerreisst p = A . e — B . e2 sey. Wird in dieser Gleichung, wie es bei dem
Zusammendrücken der Körper der Fall ist, e negativ gesetzt, so ist auch p negativ
oder wirkt in entgegengesetzter Richtung, und wir haben (da e2 sein Zeichen behält)
— p = — A . e — B . e2 oder die rückwirkende Kraft p = A . e + B . e2. Wenn
wir in dieser Gleichung an die Stelle von e setzen, so ist ,
oder . Sind die Körper voll-
kommen elastisch oder ist sehr klein, so bleibt die erste Proportion
. Sind aber die Körper unvollkommen elastisch, so dass
gegen nicht vernachlässigt werden kann, so muss auf dieselbe Art, wie es bei
der Ausdehnung der Fall war, auch hier die Berechnung gemacht werden.


Hieraus ergibt sich nunmehr, dass man in dieser Hinsicht aus denselben Glei-
chungen, welche wir über die absolute Festigkeit des Holzes, Eisens etc. aufstellten,
auch die rückwirkende Festigkeit ableiten könne. Die letztere ist in jedem Falle
grösser, als die absolute Festigkeit, indem die Grösse hier posi-
tiv
erscheint, wogegen sie bei der absoluten Festigkeit abgezogen wurde. Weil fer-
ner die zwei Grössen A . e und B . e2 einander nicht entgegen gehen, so kann die
rückwirkende Kraft in keinem Falle zu Null werden, wie es bei der absoluten
Festigkeit der Fall war. Auch zeigt die Erfahrung, dass die Tiefe der Eindrücke bei
gleichen Gewichtszunahmen immer kleiner, dagegen aber bei der absoluten Festigkeit
die Ausdehnung immer grösser wird.


Uibrigens ist zu bemerken, dass bei sehr tiefen Eindrücken oder bei sehr grossen
Lasten dieselben Irregularitäten statt finden, welche bei der Ausdehnung in der Nähe
des Zerreissens beobachtet wurden. Bei der Ausdehnung war die ungleiche Cohaesion
der Theile die Ursache, dass einige früher zerrissen wurden, als andere; bei der
rückwirkenden Festigkeit aber tritt ein anderer Umstand ein, es werden nämlich die
obern Theile zwischen die untern gleichsam keilartig hineingeschoben, wobei nebst
der eigenen Gestalt der Elemente der Körper noch die Festigkeit des Zusammenhan-
ges in der Quere in Anspruch genommen wird. In dieser Hinsicht werden die Hölzer
leichter zerdrückt als die Metalle, weil bei Hölzern der Zusammenhang der Jahresrin-
ge geringer ist, als jener nach der Länge der Fasern.


§. 336.

Uiber das Zerdrücken der Körper hat Rennic in England folgende Versuche gemacht:


[367]Rückwirkende Festigkeit der Körper.
[368]Rückwirkende Festigkeit der Körper.

Da die in vorstehenden Versuchen angehängten Gewichte diejenigen sind, von wel-
chen das Zerdrücken der Körper wirklich erfolgte, so versteht es sich von selbst, dass
die Körper eben so, wie wir bereits bei dem Bruche bemerkten, nicht mit so grossen La-
sten, sondern nur mit dem 5ten oder 6ten Theile derselben beschwert werden dürfen. Eine
Berechnung hierüber kann nur auf der Grundlage genauer Versuche auf dieselbe Art ge-
führt werden, wie wir es bei der Ausdehnung und Biegung der Körper gezeigt haben.


§. 337.

Wenn schwere Lasten von längern Säulen unterstützt werden, so dürfen nicht nur die
Theile der letztern nicht zerdrückt, sondern auch die Säulen nicht gebogen werden. Weil
aber in allen bekannten Körpern keine vollkommene Gleichförmigkeit der Theile vorhan-
den ist, so ist es unmöglich zu verhüthen, dass nicht in den horizontalen Querschnitten
die Theile auf einer Seite um etwas mehr nachgeben, als auf der andern; es ist demnach
begreiflich, dass durch diese grössere Nachgiebigkeit die Theile auf der einen Seite mehr
eingedrückt werden als auf den andern, sonach eine Biegung erfolgen könne. Um diess zu
verhüthen, ist es von Wichtigkeit, das Gesetz zu kennen, nach welchem die Last bestimmt
wird, die ein elastisches Prisma ohne Biegung tragen kann.


Werden zwei gleichartige und vollkommen elastische Parallelopipede mit einander
verglichen, und ihre Querschnittsflächen mit b. h und B . H, die Längen mit l, L und
die Abmessungen, welche der Biegung unterliegen mit b, B bezeichnet, so verhalten sich
nach der Lehre der höhern Analysis *)die Gewichte p, P, welche diese
[369]Rückwirkende Festigkeit der Körper.
Parallelopipede, ohne sich zu biegen, erhalten können, wie die
Querschnittsflächen, multiplicirt mit den Quadraten der schwächern
Seite und dividirt mit den Quadraten der Länge
, oder
.



Gerstners Mechanik. Band I. 47
[370]Rückwirkende Festigkeit der Körper.

Diess Verhältniss findet auch bei runden Säulen statt. Nimmt man nun Erfahrungen
von solchen Säulen an, die durch viele Jahre bedeutende Lasten ohne Aenderung getra-
gen haben, so kann man aus dieser Proportion auch für jede andere Säule, deren Maasse
gegeben sind, das Gewicht finden, welches man derselben auflegen kann.



[371]Stärke über einander stehender Mauern.
§. 338.

Die meisten Mauern werden in der Absicht gebaut, bestimmte Lasten zu tragen; da
sie nun den aufgelegten Lasten nur durch ihre rückwirkende Festigkeit widerstehen, so
folgt, dass bei einem 2, 3, 4 ..... nmal grössern Drucke auch eine 2, 3, 4 … nmal
so grosse Grundfläche der Mauer erfordert wird, wenn die Last von jeder Mauer mit
gleicher Sicherheit getragen werden soll
. Wenn daher bei hohen Mauern
oder bei einem Gebäude mit mehreren Stockwerken die Widerstandsfähigkeit der Mauern
in allen Höhen gleich seyn soll, so können die Breiten oder Dicken dieser Mauern nach
der ganzen Höhe nicht gleich genommen werden und es muss die obere Mauer, welche
eine kleinere Last zu tragen hat, offenbar eine kleinere Dicke erhalten, als die untere,
welche gewöhnlich nebst der obern Last sammt der Mauer noch eine besondere Last zu
tragen hat.


Man hat bisher als praktische Regeln angenommen, dass die Stärke einer Haupt-
mauer von Quadern unmittelbar unter dem Dachstuhle, also im obersten Stockwerke, um
jeder zufälligen oder beständigen Belastung (D) mit Sicherheit zu widerstehen, wenigstens
1 Fuss = d dick seyn muss. Für eine Hauptmauer von Ziegeln ist die geringste Dicke in die-
sem Falle 1,5 Fuss = d; ist aber eine Hauptmauer bloss von guten Bruchsteinen, so wird
ihre Dicke auf gleiche Art wenigstens 2 Fuss = d angenommen. Aus diesen Erfahrungen
lässt sich nunmehr die zunehmende Stärke der Mauern in den einzelnen Stockwerken nach
dem Grundsatze berechnen, dass alle diese übereinanderstehenden Mauern gegen das
Zerdrücken gleich gesichert
seyn sollen.


Es sey der Druck des Dachstuhles sammt Gesperren, Ziegeln und allen andern Bela-Fig.
8.
Tab.
16.

stungen, die auf der obersten Mauer a b ruhen = D, die obere Dicke dieser Mauer
a b = d, die Höhe eines Stockwerkes a c = c f .... = h, die Länge der ganzen
Mauer = 1 und das Gewicht ihrer kubischen Einheit = g, so ist das Gewicht der Mauer
im obersten Stockwerke = g . d . h . l. Wir wollen nun annehmen, dass ein jedes Stock-
werk nebst den darüber befindlichen Mauern und dem Drucke D noch eine besondere Be-
lastung Q zu tragen habe, so wird der gesammte Druck auf die Mauer des nächst untern
Stockwerkes D + g . d . h . l + Q seyn. Für diesen Druck muss die Mauer die Dicke c e = d'
erhalten, während sie oben bei dem Drucke D bloss die Dicke a b = d hat. Die Dicke
d' bestimmt sich demnach aus der Proportion D : d = D + g . d . h . l + Q : d', woraus
folgt (I).


Auf die Mauer f k drückt nebst der Last auf c e, welche D + g . d . h . l + Q be-
trägt, noch das Gewicht der Mauer c e f k und die besondere Belastung in f k, welche
wir eben so, wie in c e, = Q annehmen wollen. Wir haben daher zur Bestimmung der
Dicke der Mauer im zweiten Geschosse von oben herab die Proportion:
D : d = D + g . d . h . l + Q + g . d' . h . l + Q : d'' oder substituirt
,
demnach ist
,
47 *
[372]Stärke über einander stehender Mauern.
oder ,
oder (II).


Auf gleiche Art findet man für die Stärke der Mauer m n den Ausdruck:
(III).


Hieraus ersieht man bereits das Gesetz, nach welchem die Dicken der Mauern von
oben herab zunehmen; es wird nämlich die Dicke der Mauer im letzten oder nten Ge-
schosse aus folgendem Ausdrucke bestimmt: =
und wenn diese Reihe summirt wird, erhalten wir:
, demnach ist
(IV).


Nimmt man den Fall an, dass das Gewicht g . d . h . l der Mauer viel grösser als die
Belastung Q ist, so kann der Bruch sowohl in der Addition zu 1, als in der
Subtraktion weggelassen werden, und es bleibt der einfache Ausdruck
übrig; es verhalten sich also die Dicken der Mauer in den ein-
zelnen Stockwerken von oben herab,
: ..
hieraus ersieht man, dass die Dicken der Mauer von oben herab in einer
geometrischen Progression zunehmen müssen, wenn die Zahl der
Stockwerke nach der arithmetischen Reihe 0, 1, 2, 3, 4 … n wächst
.


  • Beispiel. Es ist für ein aus mehreren Stockwerken bestehendes Getreidemagazin die
    Stärke der Hauptmauern für die einzelnen Stockwerke zu bestimmen.

Nehmen wir die obere Dicke d = 2 Fuss, die Höhe eines Geschosses h = 9 Fuss,
das Gewicht eines Kubikfusses Mauerwerk g = 125 ℔ an, so ist
.


Zur Bestimmung von Q wollen wir die Breite des Magazines mit 30 Fuss, und die
Getreideschüttung mit 2,5 Fuss annehmen, so ist, da ein Kubikfuss Getreide 42 ℔ wiegt,
das halbe Gewicht des Getreides ℔. Schlagen wir das halbe
Gewicht der Balken und des Bretterbodens auf 225 . 1 ℔ an, so gibt diess zusammen
1800 . 1 ℔ = Q. Den Druck des Daches, der Gesperre etc. nehmen wir auf den Fuss Län-
ge mit 150 Zentner, demnach D = 15000 . 1 ℔ an, so gibt diess alles substituirt, die Glei-
[373]Stärke über einander stehender Mauern.
chung .
Für n = 0 ist die Stärke der Mauer d = 24 Zoll
— n = 1 — — — — d' = 30,48 — also die Zunahme = 6,48 Zoll
— n = 2 — — — — d'' = 37,93 — — — = 7,45
— n = 3 — — — — d''' = 46,50 — — — = 8,57
— n = 4 — — — — d'''' = 56,36 — — — = 9,86 —.


Aus dieser Rechnung ersieht man, dass die gewöhnliche Regel der Baumeister, in
jedem Geschosse gleich viel zuzulegen
, unrichtig ist. Diese Regel kann
nur in dem Falle statt finden, wenn der Druck oben auf die Mauer ausserordentlich gross
ist, wenn also D weit mehr als g . d . h . l + Q beträgt; denn nach IV ist =
.
Ist in diesem Ausdrucke ein sehr kleiner Bruch, dessen höhere Potenzen
vernachlässigt werden können, so bleibt
, woraus
folgt, d. h. die Dicke der Mauer nimmt nunmehr
gleichförmig mit den Geschossen zu.


Da jedoch die zweite Potenz in der obigen Reihe nie ganz vernachlässigt wer-
den kann, so sieht man, dass es zweckmässig sey, die Zulagen der Mauern von
oben herab in einem grössern Verhältnisse, als nach einer arithmetischen Reihe zu
bestimmen.


[374]Widerstand der Körper gegen Drehung.

D. Widerstand der Körper gegen Drehung.


§. 339.

Wenn die Bewegung eines grössern Rades, z. B. eines Wasserrades einem andern
Rade mitgetheilt werden soll, so geschieht diess mittelst einer Welle oder eines Schaftes,
welche gewöhnlich von Holz, in neuern Zeiten aber auch von Guss- oder Schmiedeeisen
verfertigt werden. Sind diese Wellen nicht hinreichend stark, so drehen sie sich ab
und brechen, sind sie aber zu stark, so verursachen sie unnütze Kosten und ihre Last
ist der Bewegung der Maschine nachtheilig. Es fragt sich daher um die Regeln, nach
welchen die Stärke solcher Wellen bemessen werden soll.


Fig.
9.
Tab.
16.

Es sey M N O S ein Cylinder, welcher an dem Ende M N festgehalten, an dem andern En-
de O S aber mittelst eines an der Welle angebrachten Rades J T durch die Kraft P gedreht
wird. Die höhere Analysis lehrt uns *) dass das Moment des Gewichtes an der Peripherie des
[375]Widerstand der Körper gegen Drehung.
äussern Rades J T mit der dritten Potenz des Halbmessers A des Cylinders und mit dem bei
der Drehung beschriebenen Bogen a im geraden, mit der Länge l des Cylinders aber im um-
*)
[376]Widerstand der Körper gegen Drehung.
gekehrten Verhältnisse steht. Gebraucht man aber hohle Röhren, die eben so viel
Masse (kubischen Inhalt) wie ein solider Cylinder haben, so ist der Widerstand, welchen
sie gegen die Drehung leisten, dreimal so gross.


Bezeichnen wir die Kräfte, welche die Drehung zweier Wellen an den Peripherien
der Räder bewirken mit P, p (z. B. der Stoss des Wassers an dem Umfange eines Mühl-
rades), die Halbmesser dieser Räder mit B und b, die Durchmesser der Wellen mit
D und d, die Längen derselben mit L und l, endlich die Anzahl Grade, um welche die
Wellen der Länge nach gedreht werden, mit G und g, so ist den unten angeführten Be-
rechnungen zu Folge . Diese Proportion findet jedoch
nur bei vollkommener Elasticität der Wellen, wobei also keine bleibende Drehung der-
selben eintritt, statt.


§. 340.

Quadratförmige Schafte, deren man sich auch häufig in der Ausübung bedient,
unterliegen gleichen Gesetzen, wie die cylindrischen *). Bezeichnen wir abermals die
[377]Widerstand der Körper gegen Drehung.
drehenden Kräfte an dem Umfange der Räder mit P und p, die Halbmesser dieser Rä-
der mit B und b, die Quadratseiten der Schäfte mit D und d, die Längen derselben
mit L und l, endlich die Winkel in Graden, um welche diese Schäfte ihrer Länge nach
gedreht werden, mit G und g, so ist bei sehr kleinen Drehungswinkeln der unten an-
geführten Rechnung zu Folge .


§. 341.

Da die Anwendung der vorigen Proportionen nothwendig einige Versuche über
die Drehung des Holzes und Eisens
voraussetzt, so wurden am technischen
Institute zu Prag im Jänner 1831 folgende Versuche hierüber angestellt.


Zu diesen Versuchen hat man sich der gewöhnlichen Drehbank bedient. An demFig.
12 u.
13.
Tab.
16.

einen Ruckstocke M wurde die in Grade eingetheilte Scheibe R S T, bei welcher der
Halbmesser der Theilung 18 Zoll betrug, befestigt. Der Cylinder oder das Prisma
*)
Gerstners Mechanik. Band I. 48
[378]Widerstand der Körper gegen Drehung.
Fig.
12 u.
13.
Tab.
16.
a b, welches versucht werden sollte, wurde an dem einen Ende a mit einer kreisrunden
Scheibe m o n von 12¼ Zoll im Durchmesser versehen, an deren Peripherie die Gewichte
p angehängt wurden, welche zur Drehung bestimmt waren. In dem Mittelpunkte dieser
Scheibe und in der Achse des Cylinders war eine Oeffnung für den Kern angebracht, um
welchen die Scheibe durch die angehängten Gewichte gedreht werden konnte. Das an-
dere Ende b des Cylinders wurde in ein Brettstück befestigt, welches mit dem andern
Ruckstocke N unverrückbar verbunden wurde. An der Scheibe m o n befand sich zu-
gleich der Zeiger k l, welcher die Grade anzeigte, um welche der Cylinder von den an-
gehängten Gewichten verdreht wurde.


§. 342.

Der erste Versuch wurde mit einem Cylinder von Tannenholz gemacht,
welcher aus dem obern Ende eines 20 bis 24 Jahr alten Stammes genommen und so abge-
dreht wurde, dass der Kern desselben genau in der Achse des Cylinders lag. Die Zahl
der Jahrringe dieses Cylinders war 6, der Durchmesser desselben = ⅘ Zoll und seine
Länge = 32 Zoll. Nachstehende Tabelle enthält für die verschiedenen angehängten Ge-
wichte die Grösse der Drehung, wie sie an der Scheibe m o n in Graden (den Kreis in
360 Theile getheilt) beobachtet, nach der unten angeführten Formel berechnet, und so-
dann noch für den vollkommen elastischen Zustand des Cylinders auf gleiche Weise be-
stimmt wurde, wie es bei den Versuchen über die Biegung der Fall war.


Versuch Nro. 1.

Die aus den ersten 10 Versuchen
abgeleitete Gleichung für die Drehung
ist ,
worin A = 0,384739 und B = ist,
folglich das Verhältniss der ange-
brachten Kraft zum Drehungswinkel
= A = 0,384739.


[379]Widerstand der Körper gegen Drehung.

Dieser Versuch wurde nicht weiter fortgeführt, weil die angeführten Beobachtun-
gen schon vollkommen hinreichend waren, um die Grösse des elastischen Widerstan-
des gegen Drehung abzuleiten; die weitere Fortsetzung derselben würde nur die Irre-
gularitäten des Holzes gezeigt haben, welche ausser dem Gebiethe der Elasticität und
unserer Rechnungen liegen; dasselbe ist bei den folgenden Versuchen zu bemerken.


Versuch Nro. 2.

Mit einem geschmiedeten Eisenstabe, dessen Länge 18 Zoll und jede Sei-
te seines quadratförmigen Durchschnittes 4/13 Zoll war.


Die aus den ersten 8 Versuchen
abgeleitete Gleichung für die Drehung
ist g = 86,8,
worin A = 1,753053 und B = ist,
folglich das Verhältniss der ange-
brachten Kraft zum Drehungswinkel
= A = 1,753053.


Dieser Versuch wurde bis zur Belastung mit 40 ℔ fortgesetzt, wobei der Eisen-
stab eine bleibende Drehung von 36,25 Graden angenommen hatte. Um zu sehen, wie
sich der Stab bei seiner rückwärtigen Bewegung verhalten würde, hat man die Ge-
wichte an der entgegengesetzten Seite angehängt, und auf diese Art versucht, ihn
wieder in seine anfängliche gerade Richtung zurückzudrehen. Hiebei ergaben sich
folgende Resultate:


48 *
[380]Widerstand der Körper gegen Drehung.
Versuch Nro. 3.

Aus den ersten 8 Beobachtungen er-
gibt sich für die Drehung die Gleichung
,
worin A = 1,689342 und B = ,
folglich das Verhältniss der angebrach-
ten Kraft zum Drehungswinkel
= A = 1,689342.


§. 343.

Aus der Vergleichung der Versuche Nro. 2 und Nro. 3, welche mit demselben Stabe
bei dem Hin- und Zurückdrehen gemacht wurden, ergibt sich, dass der Widerstand bei
dem Zurückdrehen abermals denselben Gesetzen folgt, wie vorhin bei der ersten Drehung,
so wie auch die Grösse des Widerstandes in beiden Fällen beinahe gleich ist. Diess zeigt
der Unterschied der Gleichungen für die vollkommene Elasticität. Im Versuche Nro. 2
war nämlich p = 1,753053 . g, oder , und im Versuche Nro. 3 bei dem Zu-
rückdrehen war p = 1,689342 g, oder p = · g.


Hieraus ist ersichtlich, dass die Kraft, welche den Stab auf dieselbe Anzahl von
Graden zurückzudrehen vermag, bei unserem Stabe geringer ist, als für die erste
Drehung nothwendig war. Auch erklärt sich hieraus, dass durch wiederholtes Vor- und
Rückwärtsdrehen eine ähnliche Schwächung der Festigkeit eintritt, wie es bei dem mehr-
maligen Hin- und Herbiegen eines Stabes der Fall ist. Obwohl dieser Unterschied sehr
gering ist, so sieht man doch, dass das Widerstandsvermögen bei der mehrmaligen Wiederho-
lung in dem geometrischen Verhältnisse sich vermindere, folglich der
Stab nach 10maligen Hin- und Herdrehen mehr als die Hälfte von seiner Kraft verlieren
müsse. Dieses findet bei vollkommener Elasticität, folglich bei kleinen Drehungen statt,
[381]Widerstand der Körper gegen Drehung.
bei grössern Drehungen ist aber die Abnahme des Widerstandsvermögens viel grösser, denn
eine Kraft von 40 ℔ hat den Stab bei der ersten Drehung um 26,5 Grad, dagegen bei der
rückwärtigen Drehung schon um 53,8 Grad, also mehr als doppelt so viel zurückgedreht,
demnach war das Widerstandsvermögen nach einer Drehung bereits um die Hälfte klei-
ner. Bei der Belastung mit 40 ℔, welche die Drehung von 53,8 Grad bewirkt hatte, ging
der Stab nach der Entlastung auf 30 Grad zurück, so dass also der Stab von seiner blei-
benden Verdrehung mit 36,25 Grad noch 6,25 Grad behielt. Bei der Belastung mit 42 ℔
nahm er aber eine bleibende Verdrehung von 12,75 Grad nach der entgegengesetzten Rich-
tung an.


Uibrigens bewähren alle drei Versuche hinreichend, dass auch das Widerstandsver-
mögen der Wellen und Schäfte gegen Drehung denselben Gesetzen folge, die bereits bei
der absoluten und relativen Festigkeit aufgestellt wurden. Wir haben dort zugleich ge-
zeigt, dass man bei solchen Rechnungen nur die vollkommene Elasticität zum
Grunde legen dürfe, demnach muss auch bei den Berechnungen über den Widerstand ge-
gen die Drehung nothwendig nur die vollkommene Elasticität berücksichtigt werden; die
Uiberschreitung derselben würde nämlich hier eben so, wie es bei der Ausdehnung, und
Biegung der Fall war, eine bleibende Verdrehung zur Folge haben, die sich mit der Zeit
fortwährend vermehren und nothwendig mit dem Bruche enden müsste.


§. 344.

Zur vollkommenen Begründung eines Antrages über die Stärke der Wellen, werden
nun wieder Erfahrungen im Grossen benöthigt, um dieselben in die Proportion
b . p : B . P = aufnehmen zu können.


Bei den Kehrrädern in Schemnitz und andern ungarischen Bergwerken ist
der mittlere Halbmesser des Treibkorbes B = 72 Zoll, die Last P besteht


  • aus dem Gewichte des Treibsackes sammt der Ladung   1000 ℔
  • — — — — Seiles für 80 Lachter Tiefe im Durchschnitte   800 ℔
  • — der Reibung an den Zapfen  200 ℔
  • Zusammen P = 2000 ℔.

Der Durchmesser der Welle ist D = 30 Zoll und die Länge derselben von der Mitte
des Treibkorbes bis zur Mitte des Wasserrades L = 4⅓ Klafter = 312 Zoll.


Dagegen war bei unserm Versuche Nro. 1 mit Tannenholz b = 6⅛ = Zoll, der
Durchmesser d = Zoll, die Länge 1 = 32 Zoll und die Anzahl Grade, um welche der
Stab verdreht wurde g = . Werden alle diese Werthe in die vorangeführ-
te Proportion gesetzt, so ist . G. Hieraus
ergibt sich G = 0,3 Grade. Die Drehung der Welle, welche durch die Uibertragung
dieses grossen statischen Momentes B . P = 72 . 2000 = 144000 bewirkt wird, beträgt
demnach beinahe den dritten Theil eines Grades.


[382]Widerstand der Körper gegen Drehung.

Eine zweite Erfahrung dieser Art liefern uns die Wellen in den Stabeisen-
hämmern
. Das Gewicht eines solchen Hammers beträgt gewöhnlich 300 ℔, das Ver-
hältniss der Hebelsarme der Kraft zur Last am Hammerstiele ist 1 : 2, mithin die Last
für die Daumenwelle P = 600 ℔. Der Halbmesser der Daumenwelle von der Achse der-
selben bis zum Angriffspunkte ist B = 24 Zoll; der Durchmesser der Welle selbst ist
D = 20 Zoll und die Länge vom Wasserrade bis zur Kreisfläche des Daumenkranzes L = 20
Fuss = 240 Zoll. Werden diese Werthe abermals in die obige Proportion gesetzt, so ist
, woraus sich G = 0,117 Grade ergibt.


Da diese Verdrehung nur ein Drittel von der vorigen ist, so wollen wir der grössern
Sicherheit wegen die letztere Erfahrung bei der Berechnung unserer Mühl- und Ham-
merwellen zum Maasstabe nehmen. Wenn wir demnach in der Proportion
b . p : B . P = nach der oben angeführten zweiten Erfahrung b = 24 Zoll,
p = 600 ℔, d = 20 Zoll und 1 = 240 Zoll setzen und die Anzahl Grade der Drehung
g = G annehmen, so ist 24.600 : B P = , woraus D = folgt.
In diesem Ausdrucke ist P das Gewicht in Pfunden, welches z. B. die Daumen zu heben ha-
ben, B ist der Hebelsarm desselben, L die Länge der Welle von einem Angriffspunkte zum
andern und D der Durchmesser der Welle, alles in Zollen verstanden.


  • Beispiel. Es sey das Gewicht eines Zainhammers = 50 ℔, das Verhältniss der He-
    belsarme der Kraft zur Last am Hammerstiele wie 1 : 2, demnach die Kraft an den
    Hebedaumen P = 100 ℔, der Halbmesser der Hebedaumen B = 12 Zoll, die Länge
    der Welle L = 15 Fuss = 180 Zoll, so ist der nöthige Durchmesser der Welle
    D = Zoll; man würde daher mit einer
    10 Zoll starken Welle auslangen.

§. 345.

Auf gleiche Art können wir nun auch die nöthige Stärke der eisernen Wellen und
Schäfte berechnen.


Wir wollen für denselben Zainhammer zuerst die Stärke einer schmiedeisernen
Welle
bestimmen. Hiezu dient uns abermals die Proportion b . p : B . P = .
In unserm Versuche mit dem viereckigen Eisenstabe war a = Zoll, b = Zoll,
1 = 18 Zoll und für p = 2 Pfund war g = 1,15 Grade. Setzen wir diese Werthe in die
angeführte Proportion, so erhalten wir , wor-
aus A = 4,77 Zoll folgt. Diese 4,77 Zoll starke viereckige Welle von Schmiedeeisen besitzt
demnach dieselbe Festigkeit, wie eine 10 Zoll starke runde Welle von Tannenholz.


Wenn wir auf gleiche Art die Stärke einer gusseisernen Welle berechnen wol-
len, so müssen wir, da keine Versuche über die Drehung solcher grössern Wellen vor-
[383]Schlussübersicht.
liegen, auf die Gleichung B . P = zurückgehen. Aus der Seite 384
angeführten Tabelle erhellet, dass für Gusseisen beiläufig = 10000000 sey. Das
statische Moment, welches von der Welle gewältigt werden soll, sey wie zuvor bei dem Stab-
hammer B . P = 24 . 600, die Länge der Welle sey wie dort 1 = 20 Fuss = 240 Zoll
und G = 0,1 Grad, so haben wir 24 . 600 = , woraus der
Halbmesser der gusseisernen Welle A = 2,82 und sonach der Durchmesser dieser Wel-
le = 5,64 Zoll folgt. Wir ersehen demnach, dass in diesem Falle eine gusseiserne Welle
von 5,64 Zoll im Durchmesser dieselbe Stärke besitzen werde, als eine hölzerne von 10 Zoll
Durchmesser.


§. 346.

Am Schlusse dieses Kapitels über die Festigkeit der Körper glauben wir auf folgen-
de Zusammenstellung der gefundenen vorzüglichsten Resultate aufmerksam zu machen.


I. Zur Bestimmung der absoluten Festigkeit wurde S. 243 die allgemeine
Proportion q : Q = aufgestellt. Wenn also das Verhältniss Q : für ir-
gend eine Materie bekannt ist, so kann man in allen andern Fällen, wo von den 4 Grössen
q, f, α, 1 drei gegeben sind, die vierte finden.


II. Für die Biegung der Körper ist S. 326 die Gleichung
aufgestellt worden. Hieraus folgt die Proportion
. Da hier abermals das dritte und vierte Glied (wor-
in B . H = F), aus einem Versuche bekannt ist, so können wir wieder, wenn von den 5
Grössen G, b, h, l und U vier gegeben sind, die fünfte finden.


III. Die Last, welche eine Säule ohne Biegung tragen kann, wird
nach S. 370 durch die Gleichung p = ausgedrückt. Hieraus folgt
wieder die Proportion . Sind die letzten 2 Glieder durch ei-
nen Versuch bekannt, so lässt sich von den 4 Grössen p, b, h und l, wenn drei angenom-
men werden, die vierte finden.


IV. Für den Widerstand, welchen cylindrische Körper gegen Dre-
hung leisten
, haben wir S. 375 die Gleichung B . P = gefunden.
Wird diese abermals in eine Proportion aufgelösst, so ist .
Sind nun wieder die letzten zwei Glieder aus einem Versuche bekannt, und von den 5
Grössen B, P, A, G und l vier gegeben, so kann man die fünfte finden.


Aus dieser Zusammenstellung ersehen wir, dass es in allen Fällen, wo die Festigkeit
der Körper in Anspruch genommen wird, auf das Verhältniss ,
[384]Schlussübersicht.
demnach auf die Grösse , welche man das elastische Kraftverhältniss (nach Tred-
gold: „Modulus of elasticity)“
nennen dürfte, vorzüglich ankömmt. Die folgende Ta-
belle enthält demnach die Berechnung dieser Grösse in runden Zahlen für die versuchten
Körper.

[385]

IV. Kapitel.
Statische Baukunst.


§. 347.


Die statische Baukunst hat diejenigen Regeln zum Gegenstande, wodurch
die Festigkeit der Gebäude in Hinsicht auf die Stärke der einzelnen Theile und ihre Zu-
sammenstellung begründet wird. In dem vorigen Kapitel haben wir bereits die Gesetze
für die Festigkeit der einzelnen Theile eines Gebäudes aufgestellt, es bleiben daher für
die statische Baukunst noch hauptsächlich die Gesetze für ihre Zusammenstellung
übrig.


§. 348.


Der erste hieher gehörige Gegenstand ist die Betrachtung der Sicherheit des Stan-
des gegen den Umsturz freistehender Körper oder die Stabilität.


Wenn ein Parallelopiped auf seiner Grundfläche A B F steht und in Ruhe bleibt,Fig.
1.
Tab.
17.

so heisst das Vermögen, sich in dieser Lage zu erhalten, seine Stabilität. Ein
Körper hat demnach keine Stabilität, wenn ihm das Vermögen, in seiner Stellung ruhig
zu verharren, fehlt, und er fällt desshalb um. Die Stabilität eines Körpers wird eigent-
lich durch das Uibermaass an Kraft, womit derselbe andern Kräften, die ihn umzustürzen
streben, widersteht, geschätzt oder gemessen.


Der Körper widersteht dem Umsturze nur durch die Kraft der Schwere oder durch
sein Gewicht. Bei dem Umsturze selbst muss er sich um diejenige Seite B F seiner
Grundfläche drehen, welche mit der Richtung der Kraft S übereinstimmt.


Denken wir uns die senkrechte Mauer A B C D als einen durch den Mörtel
fest verbundenen Körper
; das Gewicht G dieser Mauer wirkt nach der Schwe-
re, und die vereinte Kraft derselben geht durch den Schwerpunkt o; man kann sich
daher in o das Gewicht G vorstellen. Wir wollen nun noch annehmen, dass zugleich
in irgend einem Punkte E der Höhe die Kraft S in horizontaler Richtung und zwar von
F gegen E wirkt.


Da es gleichgültig ist, in welchem Punkte ihrer Richtung eine Kraft wirkt, so
kann man die beiden Kräfte S und G in dem Durchschnittspunkte ihrer Richtungen, also
in q angebracht denken. Stellt man endlich durch q p die Kraft G und durch q r die
Kraft S vor, und konstruirt das Kräftenparallelogramm q r u p, so gibt q u die Rich-
tung und Grösse der mittlern Kraft. Fällt die Richtung q u der mittlern Kraft inner-
halb der Basis A B des Körpers, wie Fig. 1 in u, so ist die zusammengesetzte oder
die vereinte Wirkung der Kräfte gestützt und der Körper hat Stabilität. Dieser Punkt
u hat zugleich die Wirkung der beiden Kräfte zu tragen und muss so weit gesichert wer-
den, dass er die ganze Last q u auszuhalten im Stande ist. Fällt aber diese mittlere RichtungFig.
2.

q u nicht in die Basis des Körpers, sondern ausserhalb derselben, wie Fig. 2 nach u', so ist
die mittlere Kraft nicht gestützt, der Körper hat keine Stabilität, und er wird von der
auf ihn einwirkenden Kraft S umgeworfen.


Gerstners Mechanik. Band I. 49
[386]Stabilität der Mauern.
Fig.
1.
Tab.
17.

Wirkt gegen einen auf einer horizontalen Fläche aufgestellten Körper Fig. 1
bloss seine Schwere, d. h. ist S = 0, so ist sein Gewicht im Schwerpunkte o zu-
gleich die mittlere Kraft selbst und o p deren Richtung; sie fällt demnach in die
Mitte der Basis, und der Körper hat die möglichst grösste Stabilität. Wir können daher
die Linie u B für das Maass der Stabilität annehmen, und man sieht in dieser Hin-
sicht, dass die Stabilität am grössten ist, wenn der Punkt u in die Mitte der Basis eines
Körpers fällt, und dass sie um so kleiner wird, je näher der Punkt u gegen das Ende B
der Basis rückt. Fällt der Punkt u mit B zusammen, oder geht die Richtung der Dia-
Fig.
3.
gonalkraft durch B selbst, wie Fig. 3, so erreicht die Stabilität ihre Gränze, und die
geringste Vermehrung der Kraft S ist im Stande den Körper umzuwerfen. In diesem
Falle verhält sich die Kraft S zur Last G, wie die halbe Basis p B = zur Höhe
B E = h, auf welcher die Kraft wirkt. Es ist daher S . h = die Gleichung für
das Gleichgewicht an dem Winkelhebel p B E, dessen Unterstützungspunkt B ist. Hier-
aus erklärt sich die leichte Beweglichkeit einer Kugel, eines Rades, einer Walze etc.;
bei allen diesen Körpern ruht nämlich die Last nur auf einem Punkte und es ist in je-
der Lage derselben ihre Stabilität = 0. Zum Transporte grosser Lasten ist daher die
runde Gestalt die vortheilhafteste.


§. 349.


Fig.
1.

Setzen wir die Höhe der Mauer B D = H, ihre Länge B F = 1, ihre Breite oder
Dicke A B = d und das Gewicht ihrer kubischen Einheit = g, so ist das Gewicht der
ganzen Mauer G = g . H . l . d. Werden diese Werthe in die im vorigen §. gefundene
Gleichung für die Stabilität gesetzt, so findet man S = .


Bei dieser Rechnung wird vorausgesetzt, dass die Kraft S nur in einem einzigen Punk-
te auf die Mauer wirke, allein in den meisten Fällen ist diese Kraft der ganzen Länge der
Mauer nach gleich vertheilt, wie z. B. bei Mauern gegen den Erdendruck, bei Mauern,
an welche sich Gewölbe stützen, bei freistehenden Wänden, die dem Winde ausgesetzt
sind etc. Verstehen wir daher unter S den Druck auf die Einheit des Längenmaasses,
so ist S . l der Druck auf die ganze Länge l und wir erhalten S . l = .
Wird hier zu beiden Seiten mit l dividirt, so ist S = . Wir sehen hier-
aus, dass der Widerstand einer senkrechten Mauer desto grösser wird, je schwerer (g) die
Steine oder Ziegeln sind, aus welchen die Mauer besteht, je grösser das Verhältniss der
Höhe (H) der Mauer gegen die Höhe (h), in welcher die äussere Kraft wirkt, dann aber
vorzüglich, je mehr die Basis oder Dicke der Mauer (d) beträgt.


Bezeichnen wir die Dicken zweier gleich langen und aus demselben Materiale erbau-
ten Mauern mit d und D, und nehmen an, dass die Kraft an dem obern Ende einer jeden
Mauer wirke, so verhalten sich die Widerstandskräfte dieser 2 Mauern, S : S' = d2 : D2. Die-
se Proportion lässt sich übrigens auch aus dem Begriffe vom Hebel ableiten. Wird näm-
lich die Dicke einer Mauer 2, 3, 4 .... n mal grösser, so wird sowohl der Hebelsarm,
[387]Druck schiefstehender Körper.
als auch das Gewicht derselben 2, 3, 4 .... n mal grösser, die Stabilität nimmt daher
mit dem Quadrate der Dicke oder Basis zu.


§. 350.


Wir kommen nun zu den schiefen Stellungen der Körper, wobei sowohl ihre Wirkung
gegen andere Körper, als auch die Kräfte, die zu ihrer eigenen Unterstützung nöthig
sind, betrachtet werden müssen.


Um dieser Lehre für die Anwendung die möglichste Freiheit zu geben, werden wir
die sich berührenden Körper ohne Verbindungsmittel und ohne Reibung,
also vollkommen verschiebbar annehmen und bei denselben nur Unzusammendrück-
barkeit
der Materie (Incompressibilität) voraussetzen, damit auf solche Art allen Thei-
len die möglichste Beweglichkeit gelassen, und wenn diese durch die wechselseitige Stel-
lung unmöglich gemacht wird, das Gebäude durch hinzukommende Verbindungsmittel eine
um so grössere Festigkeit erhalten möge. Die Nothwendigkeit dieser Bedingniss leuchtet
um so mehr ein, als die Risse, die sich vorzüglich an alten Gebäuden vorfinden, den voll-
ständigsten Beweis geben, wie sehr es nothwendig sey, sich nicht auf die Bindungskraft
des Mörtels zu verlassen.


§. 351.


Wird ein prismatischer Balken oder Stein A B mit seinen Enden auf zwei Unter-Fig.
4.
Tab.
17.

lagen C und D gelegt, so wird jede derselben mit seinem halben Gewichte gedrückt,
wie es aus der frühern Theorie bekannt ist und wie sich mit folgendem Versuche sehr
leicht darthun lässt. Werden nämlich an beiden Enden A und B in der Mitte des
Prisma A B Schnüre befestigt, diese über Rollen gezogen, und die Gewichte P, R an-
gehängt, deren jedes halb so schwer ist, als das Prisma, so bleibt alles im Gleichge-
wichte, der Balken mag wagerecht, Fig. 5. oder schief Fig. 6. aufgehängt werden,Fig.
5 u. 6.

vorausgesetzt, dass der Balken frei hängt, dass die Seile parallel ziehen und ihre
Schwere nicht in Betrachtung kommt.


Lehnen wir diesen Balken an eine senkrechte Fläche A Z, z. B. an eine glatteFig.
7.

Mauer, so müssen seine Enden durch zwei, sowohl dem Gewichte als der Richtung
nach gleiche Kräfte, womit sie früher von den Seilen gezogen wurden, unterstützt
werden. Wir wollen diese Kräfte oder die halben Lasten des Balkens durch zwei
gleiche senkrechte Linien A E und B F vorstellen. Die Richtung der Kraft A E ist
zur Mauer parallel, sie kann also von derselben nicht erhalten werden; wir zerlegen
daher diese Kraft in die auf A Z senkrechte A G und in die nach der schiefen Rich-
tung des Balkens wirkende A H, wie es das Kräftenparallelogramm zeigt.


Die Kraft A G wirkt winkelrecht auf die Mauer und muss von ihr ganz erhalten oder
durch eine in derselben horizontalen Richtung entgegen wirkende gleiche Kraft gestützt
werden; die zweite Kraft A H wirkt aber in der Richtung des Balkens und drückt ihn
nach dieser Richtung in B gegen seine Unterstützung. Wir haben also unten in B den
schiefen Druck B J = A H, und den senkrechten B F, welche bei ihrer Zusammensetzung
durch das Parallelogramm B J K F die mittlere Kraft B K geben. Diese gibt uns sowohl
die Grösse, als die Richtung des Druckes an, womit der Balken gegen seine Unterlage B
wirkt. Soll demnach der Balken in seiner schiefen Lage A B erhalten werden, so muss
der Stützpunkt B diesen Druck aushalten.


49 *
[388]Druck schiefstehender Körper.

Zerlegen wir B K durch das Kräftenparallelogramm B L K M in B L und B M, so
Fig.
7.
Tab.
17.
sieht man leicht, dass die Dreiecke B J L und A E G kongruent sind. Hieraus folgt der
horizontale Druck B L = A G, welcher daher am obern und untern Ende des Bal-
kens gleich gross ist. Der vertikale Druck ist J L = A E = B F = J K = F M;
demnach ist der gesammte vertikale Druck am untern Ende des Balkens
B M = B F + F M = 2 B F = G = dem Gewichte des ganzen Balkens. Wir sehen hier-
aus, dass durch die schiefe Stellung eines Balkens nebst seinem ganzen Gewichte G noch
eine horizontale Kraft oder Druck in B entsteht; dieser Druck muss nebst G gleichfalls
noch gestützt werden.


Lehnt man statt der festen Fläche oder Mauer A Z von der andern Seite einen gleichen
Balken A b unter gleichem Winkel A b Z = A B Z entgegen, und zerlegt die Kraft A e = A E
auf gleiche Art in eine horizontale A g und eine schiefe A h, so wird man A g = A G und
A h = A H finden und überhaupt muss, was von einer Seite angeführt wird, auch von der
andern gelten, denn bei dem Balken A b sind genau dieselben Umstände, wie bei dem
Balken A B vorausgesetzt. Weil nun die Kräfte A g und A G einander gleich und entge-
gengesetzt sind, sich also aufheben, so muss, wenn die Punkte B und b gehörig unter-
stützt werden, das Gleichgewicht eben so, wie vorher bestehen. Da die Form B A b
jene der gemeinen Dächer ist, so sehen wir, dass der Druck, womit diese
Dächer auf ihre Widerlagen drücken, immer aus zweien zusammen-
gesetzt ist, wovon einer
(B M = b m) senkrecht wirkt, und der Last
von einer Seite des Daches gleich ist, der andere aber
(B L = b l) wa-
gerecht wirkt
.


§. 352.


Wir werden in der Folge sehen, dass es auf die Berechnung des horizontalen
Druckes
bei allen schiefen Stellungen der Gebäudetheile, nämlich bei Dachgehölzen,
Gewölben etc. vorzüglich ankommt. Wir wollen daher die verschiedenen Ausdrücke an-
geben, nach welchen der horizontale Druck sich berechnen lässt.


Fig.
7.
  • 1 tens. Bezeichnen wir die Höhe A Z mit h und die Basis B Z mit b, so gibt die Aehnlich-
    keit der Dreiecke A H E und A B Z die Proportion H E : A E = B Z : A Z = b : h; also ist
    der wagerechte Druck H E = .
  • 2 tens. Bezeichnen wir den Winkel, den die Richtung des Balkens mit der Horizon-
    tallinie macht, A B Z mit w, so ist auch der Winkel
    A H E = w und H E : A E = 1 : tang w, also der wagerechte Druck
    H E = .
  • 3 tens. Ziehen wir aus der Mitte U der Balkenlänge A B das Perpendikel U V, bis es
    die Vertikale des Scheitels A schneidet, so ist auch das Dreieck A U V dem
    Dreiecke A H E ähnlich und H E : A E = U V : U A = , mithin der wage-
    rechte Druck H E .

[389]Druck schiefstehender Körper.
  • 4 tens. Betrachtet man endlich zugleich auch den zweiten entgegenstehenden Balken
    Fig.
    7.
    Tab.
    17.

    A b, und errichtet in seiner Mitte u auf dieselbe Art, wie bei A B das Perpendikel
    u V, so wird dieses die Senkellinie A Z vom Scheitel A herab in demselben Punkte
    V treffen. Da auf diese Art in der Mitte der Linien A B und A b die Perpendikel U V
    und u V errichtet sind, so lässt sich, den Grundsätzen der Geometrie zu Folge, aus
    dem Punkte V, als aus dem Mittelpunkte, mit dem Halbmesser A V ein Kreis be-
    schreiben, der durch die Endpunkte B, A und b der sich stützenden zwei Bal-
    ken geht.

Aus diesen Berechnungen ersehen wir, dass bei einem schiefgestellten Bal-
ken der horizontale Druck sich zum halben Gewichte des Balkens
verhalte
, entweder,


  • 1 tens, wie die Basis zur Höhe, an welchen der Balken angelehnt ist, oder
  • 2 tens, wie die Einheit zur Tangente des Neigungswinkels, welchen
    der schiefe Balken mit dem Horizonte bildet, oder
  • 3 tens, wie das Perpendikel U V, welches aus der Mitte des Balkens bis zur
    Senkellinie vom obern Ende des Balkens gezogen wird, zur halben Länge
    des Balkens
    , oder
  • 4 tens, wie der Halbmesser des Kreises, welcher sich durch die Punkte B, A,
    b ziehen lässt, zur halben Länge des Balkens.

Wir sehen hieraus, dass der wagerechte Druck nicht nur mit dem Gewichte des Bal-
kens wächst, sondern dass er auch von der Stellung der zu stützenden Körper abhängt
und in dieser Hinsicht um so grösser sey, je kleiner die Höhe h gegen die Basis b ist,
je kleiner der Winkel w, je grösser das Perpendikel U V und der Halbmesser des Krei-
ses durch die Punkte B, A, b ist. Der horizontale Druck ist am grössten, wenn h = 0
oder w = 0, oder wenn U V unendlich gross ist; wenn daher zwei Balken in horizonta-
ler Lage gegen einander gestützt werden sollen, so ist gar keine Kraft im Stande, sie in
dieser Stellung zu erhalten. Für w = 90 Grad, wenn der Balken lothrecht aufgestellt
wird, verschwindet der horizontale Druck ganz, weil der Balken bloss in der lothrechten
Richtung drückt, sich selbst stützt und weder oben noch unten, demnach von keiner Sei-
te eine Stützung bedarf.


§. 353.


Der Ausdruck für den wagerechten Druck, wie er im vorigen §. Nr. 3 aufgestellt
wurde, lässt sich noch in eine für die Anwendung bequemere Form bringen, wenn
man das darin vorkommende Gewicht G des Körpers mittelst seines kubischen Inhaltes
ausdrückt. Setzen wir nämlich seine Querschnittsfläche = f, seine Länge A B = l,
und das Gewicht der kubischen Einheit von seiner Materie = g, so ist das Gewicht
des prismatischen Körpers A B, nämlich G = g . f . l und daher der wagerechte Druck
H = . Der wagerechte Druck eines schiefstehenden Balkens
ist daher im Zustande des Gleichgewichtes eben so gross, als das Gewicht ei-
nes Prisma von der Materie und der Querschnittsfläche des gestütz-
ten Körpers, dessen Länge aber die Linie
U V oder das aus der Mit-
[390]Druck schiefstehender Körper.
te des Balkens bis zum Durchschnitte mit der, vom obern Ende des
Balkens gezogenen Senkellinie errichtete Perpendikel ist
.


§. 354.


Fig.
8.
Tab.
17.

Wenn Gewölbsteine nach einer krummen Linie gegen einander gestellt sind,
so wird der horizontale Druck auf gleiche Art aus der Stellung und dem Gewichte
der obersten zwei Gewölbssteine A m und A n bestimmt. Da jedoch diese Gewölbs-
steine als ein sehr kleiner Theil einer krummen Linie nicht wohl messbar sind,
so ist es vortheilhaft für diesen Fall die Perpendikel U V, u V in Rechnung zu neh-
men, welche hier in den Krümmungshalbmesser übergehen. Der horizon-
le Druck
, welcher oben bei dem Schlussteine statt findet, ist daher eben so gross,
als das Gewicht eines Prisma, welches die Grösse des Krümmungs-
halbmessers zur Länge, die Querschnittsfläche der Gewölbssteine
im Scheitel zur Grundfläche und übrigens dieselbe spezifische
Schwere wie die Gewölbssteine hat
.


§. 355.


Wir haben nun noch über die Richtung und Grösse der Kräfte, welche der
Fig.
7.
schiefgestellte Balken an seinem untern Ende gegen die horizontale Linie ausübt, fol-
gendes zu bemerken. Die Grösse und Richtung dieses Druckes gibt die Diagonale B K an,
und es ist in dem Dreiecke B K M offenbar B K2 = B M2 + M K2 oder wenn wir statt der
Linien die Kräfte setzen, und den schiefen Druck B K mit T, den horizontalen
M K = H E mit H, und den vertikalen B M oder das Gewicht des ganzen Körpers,
wie vorher, mit G bezeichnen, T = √ (G2 + H2).


Die Richtung B K dieses mittlern Druckes lässt sich ebenfalls aus dem
Kräftenparallelogramme B L K M finden; es bildet nämlich B K mit der Horizontalen
K M den Winkel B K M, und es ist in dem Dreiecke B M K offenbar
tang B K M = . Nun ist aber nach 1) des §. 352 der horizontale Druck
H = , daher auch tang B K M = .


Auch ist der horizontale Druck nach 2) dieses §. 352 = , daher auch
tang B K M = 2 tang w, d. h. die Richtung des mittlern Druckes oder
der Winkel, welchen diese Richtung mit der Horizontalen bildet,
ist so beschaffen, dass seine Tangente doppelt so gross ist, als
die Tangente des Winkels, welchen der Balken mit dem Horizonte
bildet
.


Fig.
9.

Die letztere dieser Gleichungen gibt zugleich eine leichte Verzeichnungsart
zur Auffindung der Richtung des mittlern Druckes B K, womit der Balken
seine Unterlage B drückt. Verlängert man nämlich die Höhenlinie Z A nach oben,
trägt auf die Verlängerung aus dem Punkte A die Länge A X so gross als die Höhe
[391]Druck schiefstehender Körper.
A Z auf, und verbindet endlich die Punkte B und X miteinander, so gibt diese Linie
die Richtung des mittlern Druckes am untern Ende des Balkens gegen seine Stützen.


§. 356.


Bei allen Gebäuden ist der wagerechte Druck H der gefährlichste, weil er
unmittelbar, wo er vorhanden ist, die Mauern umzustürzen strebt, der senkrechte
dagegen die Mauern nur nach der Richtung der Schwere belastet, und hiedurch ihre
Stabilität vermehrt, mithin vortheilhaft einwirkt, vorausgesetzt, dass er nicht so gross
wird, die rückwirkende Festigkeit des Materials, aus welchem die Mauer besteht, ver-
nichten zu können, was bei der Grösse der rückwirkenden Festigkeit in den wenigsten
Fällen zu besorgen ist.


Es wird daher darauf ankommen, den horizontalen Druck H in jedem Falle mög-
lichst zu vermindern. Sein kleinster Werth ist H = 0, dieser kann aber nie statt fin-
den, weil für w = 90 Grad die Dachfläche über den Mauern lothrecht und nicht schief
aufgerichtet seyn müsste, wo es natürlich aufhören würde, ein Dach zu seyn. In dieser
Hinsicht wären daher höhere Dächer vortheilhafter als niedere, allein wegen ihrer grös-
sern Kostspieligkeit baut man die Dächer nicht höher als es dem Klima angemessen ist,
und begegnet dem üblen Einflusse des gefährlichen Seitenschubes dadurch, dass man die
Sparren am, welche die ganze Last des Daches tragen, mit ihren untern Enden m, an
welchen der horizontale Druck sich äussert, und auf den Umsturz der Seitenmauern wir-Fig.
11.
Tab.
17.

ken würde, in eigends unterlegte Balken b (Bundtrame) stützt oder befestigt, welche
durch ihre absolute Festigkeit den Seitenschub halten, und ihn auf diese Art für die
Mauern unschädlich machen.


§. 357.


Zu Versuchen über die Grösse des horizontalen Druckes dient der Apparat Fig. 10.Fig.
10.

Seine Einrichtung ist aus der Zeichnung genau ersichtlich; wir bemerken daher nur, dass
die Sparren A B, A b unter einander in A und mit den beweglichen Säulen B C, b c
durch Scharniere verbunden sind, und dass zur Vermeidung der Reibung die Achsen
dieser Scharniere sehr schwach seyn müssen.


Vor dem Versuche werden beide Sparren abgewogen. Bilden sodann die Sparren im
Scheitel A einen rechten Winkel mit einander, so ist das angehängte Gewicht Q dem
halben Gewichte beider Sparren gleich.


Werden aber die beweglichen Säulen B C, b c näher und zwar so gestellt, bis die
vertikale Höhe der Sparren der ganzen Breite B b gleich ist, so ist der horizontale Druck
oder das Gewicht Q dem vierten Theile des Gewichtes beider Sparren gleich.


§. 358.


Beispiel. Uiber einem Gebäude, welches 13 Klafter lang und 4 Klafter breit ist,
soll ein Pultdach aufgerichtet und diess an eine darneben stehende Mauer angelehnt
werden, dessen Höhe h = 3 Klafter, und die Breite b = 4 Klafter ist. Es fragt sich,Fig.
11.

welchen Seitenschub werden die Sparren im First des Daches und an den Bundtramen
äussern, und wie gross ist der mittlere Druck, mit welchem die Sparren ihre Unterla-
gen drücken.


[392]Druck schiefstehender Körper.
Fig.
11.
Tab.
17.

Zur Beantwortung dieser Frage ist es nöthig, vorerst das Gewicht des Daches aus-
zumitteln.


Das Dach werde mit Taschen von 17 Zoll Länge doppelt eingedeckt. Die Latten
kommen in diesem Falle 8 Zoll von einander entfernt, und eine Quadratklafter Dachfläche
braucht = 9 Latten, jede zu 1 Klafter Länge, mithin 9 Kurrentklafter Latten.
Sind die Latten 2 Zoll im Gevierte dick und wiegt 1 Kubikfuss des Holzes ⅓ Zentner, so
ist das Gewicht der Latten für eine Quadratklafter Dachfläche
Zentner.


In jede Reihe kommen 12 Stück 6 Zoll breite Taschen, folglich in 9 Reihen 108
Stück; wiegt nun jede 5 ℔, so ist 540 ℔ oder 5,4 Zentner das Gewicht der Taschen.
Mithin wiegt eine Quadrat-Klafter Dachdeckung sammt der Belattung 0,5 + 5,4 = 5,9
Zentner.


Die Länge eines Sparrens ist √ (b2 + h2) = √ (32 + 42) = 5 Klafter. Die Quer-
schnittsfläche der Sparren ist gewöhnlich ein Rechteck von 6 Zoll und 7 Zoll und daher,
wenn 1 Kubikfuss des Holzes zu ⅓ Zentner angenommen wird, das Gewicht eines Spar-
rens = 2,9 Zentner beinahe. Werden die Sparren 4 Fuss von einan-
der entfernt gelegt, so hat ein jeder Sparren 30 . 4 = 120 Quad. Fuss oder 3⅓ Quadrat-
klafter Dacheindeckung zu tragen, welche für jede Quad. Klafter zu 5,9 Zentner gerech-
net, sehr nahe 19,7 Zentner wiegt. Mithin beträgt das Gewicht eines Sparrens sammt
der zugehörigen Belastung, 2,9 Zentner das Gewicht des Sparrenholzes und 19,7 Zentner
das Gewicht der zugehörigen Eindeckung, oder zusammen 22,6 Zentner.


Nach §. 352 1tens ist der horizontale Schub H = gefunden worden. In unse-
rem Beispiele ist G das Gesammtgewicht des Sparrens und der Belastung also 22,6 Zent-
ner und ; mithin der von jedem Dachsparren im First und an den Bundtramen
geäusserte horizontale Schub = oder 15 3/15 Zentner.


Es muss daher der untere Zapfen an jedem Sparren und das belassene Holz ausser dem
Zapfenloche eines jeden Bundtrames so stark seyn, dass beide eine dabei angebrachte ho-
rizontale Kraft von 15 1/15 Zentner mit hinreichender Sicherheit zu tragen im Stande sind.


Der Sparren äussert weiter am untern Ende nach §. 351 einen lothrechten
Druck
, der dem ganzen Gewichte des Sparrens sammt Belastung oder 22,6 Zentner
gleich ist.


Der mittlere schiefe Druck am untern Ende des Sparrens ist endlich nach
§. 355 = √ (H2 + G2) = √ (15 1/152 + 22,62) = √ 737,7644 = 27,16 Zentner; und sei-
ne Richtung wird gefunden, wenn bei der gegebenen Basis 4 Klafter die doppelte
Höhe 2mal 3 = 6 Klafter aufgetragen, und die Hypothenuse gezogen wird. Die Rech-
nung gibt für den Winkel, welchen die Dachfläche mit dem Horizonte bildet,
tang w = , woraus der Winkel w = 36° 52′ folgt. Für die Richtung des
[393]Druck einfacher Hängwerke.
mittlern Druckes ist die Tangente w' = oder 2 tang w = 1,5, woraus der Win-Fig.
11.
Tab.
17.

kel, welchen diese Richtung mit dem Horizonte bildet, sehr nahe 56° 19′ folgt.


Ein Pultdach, das nicht an eine nebenstehende Mauer gelehnt, sondern für sich
frei aufgestellt wird, fordert zur Unterstützung des Druckes bei a Stuhlsäulen, wel-
che die halbe Last des Daches zu tragen haben, wobei demnach der horizontale Druck
von selbst wegfällt.


§. 359.


Wird die Länge freiliegender Balken bei einem Baue so gross, dass man ihnen
nebst ihrem eigenen Gewichte noch anderweitige Lasten nicht mit Sicherheit anver-
trauen kann, so müssen sie zwischen ihren beiden Auflagen noch unterstützt wer-
den. Ist diese Unterstützung vom Grunde auf und überhaupt unterhalb nicht möglich,
so wendet man zu ihrer Unterstützung oberhalb eine künstliche Werkverbindung an,
die man in der Baukunst unter den Namen der Hängwerke begreift. Bei dem ein-
fachen Hängwerke werden, wie es Fig. 12 zeigt, die ober dem Bundtrame A B befind-Fig.
12.

lichen Sparren oder Streben A C, B C an ihrem obern Ende nicht unmittelbar mit ein-
ander vereinigt, sondern es wird zwischen beide mittelst einer eigenen Verschneidung
eine senkrechte Säule C D (die Hängsäule) eingelegt, die nahe bis an den Bundtram
reicht, und unten mit letzterem durch eiserne Bänder und Schrauben verbunden wird.
Um mit einer Hängsäule zugleich mehrere Bundtrame zu halten, wird unterhalb des-
sen ein Unterzugbalken d angebracht, welcher in die Bänder der Hängsäule einge-
legt wird u. s. w.


Wir wollen nun zur Berechnung eines solchen einfachen Hängwer-
kes
schreiten.


Es sey die gesammte von der Hängsäule zu tragende Last = Q, ferner sey das
Gewicht der Stuhlsäule oder des Sparrens sammt der darauf liegenden Belastung = P.


In dem Punkte C wirkt die Belastung der Hängsäule Q, dann nach §. 351 das
halbe Gewicht von dem Sparren A C = und das halbe Gewicht von dem Spar-
ren B C = ; also zusammen Q + P herab, welches nur in den Richtungen der
Sparren A C und B C durch die rückwirkende Festigkeit derselben gehalten werden
kann. Nehmen wir daher C o = Q + P, ziehen in der Richtung der Sparren C p und
C q die Richtungen der Seitenkräfte und bilden aus o das Kräftenparallelogramm
C p o q, so stellen C p und C q zugleich die Grösse der Kräfte vor, mit welchen die
Belastung in C die Sparren auf die Stützpunkte A und B drückt. Ist A C = C B, so
ist auch C p = C q. In A und B sind also die gleichen Kräfte A r = C p und B s = C q
wirksam; zerlegen wir jede dieser Kräfte in die Horizontalen A t, B w und die Vertika-
kalen A u, B v, so ist das Dreieck A r u dem Dreiecke A D C ähnlich, und es ist
A u : r u = C D : A D (I).


Um den senkrechten Druck A u zu bestimmen, ziehe man aus p auf C o die winkel-
rechte p K, so ist C K = K o = ½ C o und weil das Dreieck A r u dem Dreiecke C p K
Gerstners Mechanik. Band I. 50
[394]Dachstuhl mit einfachen Hängwerken.
Fig.
12.
Tab.
17.
gleich und ähnlich ist, auch A u = C K, also auch A u = ½ C o = ½ (Q + P). Bezeich-
nen wir den horizontalen Druck A t mit H, die halbe Länge des Hängwerkes A D mit b und
dessen Höhe C D mit h, so ist nach (I) auch ½ (Q + P) : H = h : b; daraus folgt
H = . Der fortgepflanzte vertikale Druck A u ist ½ (Q + P) hiezu
kommt noch nach §. 351 der unmittelbare von A C mit ½ P, mithin ist der gesammte senk-
rechte Druck in A eben so wie in B = P + ½ Q.


Für den Punkt B sind die Drücke B w = A t = H und B v = A u = ½ (Q + P),
wie in A, also auch in B der gesammte vertikale Druck P + ½ Q. Vergleichen wir die-
se Resultate mit jenen der §. 351 und 352, so sehen wir, dass sie genau dieselbe Form haben,
und nur darin verschieden sind, dass jede hier berechnete Kraft durch das halbe hinzu-
gekommene Gewicht Q vergrössert ist. Alle im §. 352 angeführten Bemerkungen finden
daher auch hier ihren Platz. Diese einfachen Hängwerke werden häufig bei Dachungen,
seltener bei Brücken gebraucht.


§. 360.


  • Beispiel. Der Dachraum eines Gebäudes, dessen Breite 6 Klafter und dessen Länge
    13⅓ Klafter ist, soll zur Aufbewahrung von Getreidevorräthen benützt werden;
    wenn nun der grössern Breite und der Belastung wegen der Dachstuhl mit Häng-
    werken so verstärkt werden soll, dass zwischen je 2 Hängwerken immer 3 leere Ge-
    sperre liegen, wenn ferner jede Hängsäule 15 Zoll im Gevierten hat, die Getrei-
    deschüttung 18 Zoll hoch ist, und drei 3 Fuss breite Gänge der Länge nach, 4 eben
    solche der Breite nach gelassen werden, und die Dachung ein gleichseitiges Dreieck
    bildet; so fragt sich, wie viel jeder Sparren und jede Hängsäule zu tragen haben,
    und welchen horizontalen Schub der Bundtram erfährt?

I. Die Länge eines Sparrens ist 6 Klafter, daher die Dachfläche 13⅓ . 6 = 80 Quad.
Klafter, welche nach §. 358. jede Quad. Klafter zu 6 Zentner berechnet, das Gewicht der
Eindeckung für eine Dachseite mit 480 Zentner geben. Sind die Sparren 8 Zoll im Ge-
vierten, so ist das Gewicht eines Sparrens = Zentner, und weil das
Gebäude auf 4 Fuss Entfernung einen Sparren, also zusammen = 21 Sparren
erhält, das Gewicht aller Sparren = = 112 Zentner. Mithin das Gewicht
einer Dachseite 592 Zentner, welches in vorigem §. mit P bezeichnet wurde.


II. Das Gewicht eines Bundtrames ist = 12 Zentner und weil in der
Länge des Gebäudes auch 21 sind, das Gewicht aller Bundtrame = 12 . 21 = 252 Zent-
ner. Diese tragen zunächst den Dielenboden, welcher bei 13⅓ Klafter Länge, 6 Klafter
Breite und 3 Zoll Dicke = 240 Zentner wiegt.


Die Bodenfläche ist = 2880 Quad. Fuss. Hievon 3 Gänge zu 3 Fuss in
der Länge mit = 720 Quad. Fuss, dann 4 Gänge zu 3 Fuss in der Breite mit
[395]Dachstuhl mit einfachen Hängwerken.
4 . 3 . 6 . 6 = 432 Quad. Fuss, also zusammen 1152 Quad. Fuss von 2880 Quad. Fuss ab-Fig.
12.
Tab.
17.

geschlagen, gibt die Grundfläche des aufgeschütteten Getreides = 1728 Quad. Fuss. Mit-
hin sind = 2592 Kubikfuss, oder weil 2 Kubikfuss sehr nahe 1 Strich geben,
1296 Strich Getreide aufgeschüttet; wiegt 1 Strich Getreide 1 Zentner, so ist das Gewicht
des aufgeschütteten Getreides 1296 Zentner. Die Belastung des Bodenraumes ist daher
252 + 240 + 1296 = 1788 Zentner.


III. Das Gewicht einer Hängsäule ist = 16,24 Zentner, weil die Höhe des
Daches h = √ (362 — 182) = 31,18 Fuss ist. Das Gewicht des Unterzugbalkens, so weit
er an einer Hängsäule hängt, nämlich auf 4 . 4 = 16 Fuss, ist = 5,33 Zent-
ner, also das Gewicht der Hängsäule sammt Unterzugbalken = 16,24 + 5,33 = 21,6 Zentner.
Da nun 6 Hängsäulen für die ganze Länge nothwendig werden, so ist ihr Gesammtge-
wicht = 129,6 Zentner.


IV. Wir kommen nun zur Bestimmung der Grösse Q. Die Belastung des ganzen Dach-
raumes mit 1788 Zentner (nach II) kann als gleichförmig vertheilt betrachtet werden,
und dann tragen die 21 Bundtrame nach §. 300 die Last — G (und für
m = 144) die Last = 716 Zentner, es bleibt also der Mehrbe-
trag der Belastung mit 1072 Zentner von den Hängsäulen zu tragen. Dieses Gewicht wird
noch durch das Gewicht der Hängsäulen und des Unterzuges (nach III) mit 129,6 Zentner
vermehrt, also ist Q = 1202 Zentner. P wurde (in I) = 592 Zentner gefunden. Für
die ganze Länge des Gebäudes ist daher nach dem vorigen §. am untern Ende des Daches
der horizontale Schub
H = = 517,5 Zentner und der senkrechte
P + ½ Q = 592 + 601 = 1193 Zentner.


V. Weil 21 Sparren vorhanden sind, so hat ein jeder das Gewicht
= 28,2 zu tragen. Ein Sparren in dem leeren Gesperre übt also den horizon-
talen Druck = 8,1 Zentner und den vertikalen = 28,2 Zent. aus. Und
weil 6 Gesperre mit Hängsäulen sind, so trägt jede Hängsäule die Last
= 200,3 Zentner und der Sparren übt den horizontalen Druck =
= 65,9 Zentner und den vertikalen =
128,4 Zentner aus.


§. 361.


Will man bei Brücken von grössern Weiten einfache Hängwerke anwenden,
so werden die Sparren, hier Streben genannt, zu lang, und nebstdem der Uiberbau zu
50 *
[396]Druck doppelter Hängwerke.
Fig.
13.
Tab.
17.
zu hoch. Um beide Uibelstände zu beseitigen, gebraucht man zusammengesetzte Häng-
werke Fig. 13. mit zwei Hängsäulen C E, D F, welche mit einem Spannriegel C D verbunden, in
die Streben D N, C M eingehängt und diese beiderseits in den Bundtram M N, hier Endsbaum
genannt, gestützt werden. Die Hängsäulen werden dann wie früher noch mit Unterzug-
balken e mittelst Hängeisen verbunden.


Es sey das Gewicht jeder Strebe A, das Gewicht des Spannriegels B und das Gewicht
der Hängsäule sammt der getragenen Last Q. In dem Punkte C und eben so in dem
Punkte D wirkt offenbar das halbe Gewicht der Strebe M C oder N D = , weiter das
halbe Gewicht des Spannriegels C D = und endlich das ganze Gewicht der Hängsäu-
le C E oder D F sammt der übrigen angehängten Belastung Q lothrecht herab; es ist
also die in C und D lothrecht herabwirkende Kraft = , die wir indess
mit P bezeichnen wollen. In M und N wirkt unmittelbar bloss das halbe Gewicht der
Strebe herab, oder der senkrechte Druck ist = ½ A.


Es stelle C m = D n die Kraft P vor, welche gestützt werden soll; zerlegen wir C m
in C o und C p, und D n in D r und D q durch die Kräftenparallelogramme o C p m und q D r n
so sieht man leicht ein, dass C p = D r und eben so C o = D q ist. Die beiden gleichen
Kräfte C p und D r liegen in der Richtung des Spannriegels und halten, als gerade entge-
gengesetzt, einander das Gleichgewicht; die beiden andern C o und D q wirken in der
Richtung der Streben und drücken diese mit der Kraft C o oder D q nach ihrer Richtung
an die Stützpunkte M und N. Zerlegen wir die in M und N zu stützenden Kräfte, näm-
lich M s = C o und N t = D q durch das Kräftenparallelogramm v M u s und x N w t, in die Ho-
rizontalen M v, N x und in die Senkrechten M u, N w so sieht man sogleich dass das
Dreieck M s u kongruent mit C o m, und eben so N w t kongruent mit D n q, und dass
sonach an die Stelle des fortgepflanzten schiefen Druckes die senkrechte Kraft
M u = C m = D n = N w = P und die horizontale M v = C p = D r = N x wirkend
angenommen werden kann. Es ist also in M und N der gesammte senkrechte Druck gleich
dem aus der Fortpflanzung entstandenen P mehr dem unmittelbaren der Strebe ½ A, also
P + ½ A = ½ A + ½ B + Q + ½ A = A + ½ B + Q. Setzen wir den Winkel C M E,
welchen die Strebe mit dem Horizonte macht = w, oder auch M E = b und C E = h,
so ist der wagrechte Druck M v = H = oder auch = , und für P sei-
nen Werth gesetzt, ist H = .


Vergleichen wir diese Resultate mit jenen des §. 352 so sehen wir dasselbe Gesetz
und dieselbe Form, und nur die absolute Grösse durch die hinzugekommenen Gewichte
B und Q geändert.


§. 362.


Beispiel. Es ist für eine 12 Klafter lange und 4 Klafter breite Brücke, die
zu beiden Seiten ein doppeltes Hängwerk erhalten soll, die Zahl und Stärke der Ends-
bäume, so wie für die grösstmögliche Belastung das von den Hängsäulen getragene
[397]Brücke mit doppeltem Hängwerke.
Gewicht, und endlich der horizontale Schub des Hängwerkes an den Spannriegel und anFig.
13.
Tab.
17.

die Widerlagen zu bestimmen.


Setzen wir die Hängsäulen so vertheilt, dass M E = E F = F N = ⅓ M N =
4 Klafter ist, so sind die Endsbäume in den Punkten M, E, F und N unterstützt und
jeder Theil der Brücke, wie M E, E F und F N ist in demselben Falle, wie die S. 313
angeführte Brücke. Es werden demnach auch hier die dortigen Abmessungen ihre An-
wendung finden. Hiernach sind, derselben Brückenbreite wegen, auch hier 7 Ends-
bäume von der Stärke 12 Zoll hinreichend und die grösstmögliche Belastung der Brücken-
theile M E, E F und F N ist auch wie dort (5600 + 9600 + 900 + 444 + 48000) = 64544 ℔,
wofür wir 646 Zentner nehmen wollen.


Die Belastung auf M E (von 646 Zentner) vertheilt sich auf die beiden Unterstüt-
zungspunkte M und E und zwar auf jeden zur Hälfte mit 323 Zentner, dasselbe gilt für
E F und F N. Hiernach übernehmen die Hängsäulen in C E die halbe Belastung von
M E und die halbe von E F oder 323 + 323 = 646 Zentner, mithin jede 323 Zentner.
Die Belastung der beiden Hängsäulen in D F ist offenbar eben so gross. Es sey ferner
die Höhe der Hängsäulen = h = 6 Fuss und die Entfernung derselben
M E = E F = F N = ⅓ M N = 24 Fuss = b, so ist zu Folge des vorigen §. der hori-
zontale Druck, mit welchem der Brustriegel in C und D zusammengedrückt oder die
Endsbäume in M und N auseinander gezogen werden,
H = = 1292 Zentner, wo offenbar ½ A + ½ B + Q = 323
Zentner gesetzt wurde.


Es müssen daher die Einzapfungen und Verschneidungen der Streben in die Ends-
bäume in M und N mit solcher Vorsicht und mit solchen Maassen geschehen, dass so-
wohl die Endsbäume als auch die Streben dieser Kraftäusserung von 1292 Zentner gehö-
rig widerstehen können, und nicht ausreissen oder abgleiten.


Würde die Höhe der Hängsäulen h = 12 Fuss angenommen, so ergibt sich der horizon-
tale Druck = = 646 Zentner, und ist also um die Hälfte kleiner. Die Höhe
der Hängsäulen muss ein jeder Baumeister in vorkommenden Fällen nach den Regeln der
Schicklichkeit oder nach andern Nebenrücksichten zu wählen wissen. Die eben gemach-
te Rechnung zeigt übrigens augenscheinlich, dass der gefährliche wagerechte Druck
in eben dem Maasse vermindert werde, in welchem die Höhe der Hängsäulen ver-
mehrt wird.


§. 363.


Die Hängwerke sind meistens nur bei gedeckten Brücken in Anwendung. Da jedoch
diese wegen ihres kostspieligen und schwerfälligen Baues, Beschädigungen durch Sturm-
winde und anderen Ungelegenheiten über breite Flüsse nur sehr selten gebaut werden,
so zieht man denselben die Sprengwerke vor, weil bei denselben die Stuhlsäulen höher
gestellt und vor Regen durch die Brücke selbst grösstentheils geschützt werden.


Ein Sprengwerk Fig. 14 besteht aus zwei Stuhlsäulen A D, A' D', welche sich in die
Durchzugbalken d und d' stützen, die selbst mit einander durch den Spannriegel D D'Fig.
14.

verbunden sind.


[398]Brücke mit Sprengwerken.
Fig.
14.
Tab.
17.

Die Figur 14 stellt das Profil vor, in welchen die Durchzugbalken d, d' nur in ih-
rer Querschnittsfläche erscheinen, von denen aber zu bemerken ist, dass sie unter der
Brücke der ganzen Breite nach durchgehen, und auf solche Art alle darauf liegenden
Endsbäume unterstützen.


Der Unterschied zwischen diesem Sprengwerke und dem früher betrachteten Häng-
werke besteht hauptsächlich darin, dass die dortigen Hängsäulen ausgelassen, und die
unter den Hängsäulen befindlichen Unterzüge unmittelbar in den Stuhl A D D' A' einge-
bunden sind. Die Rechnung ist übrigens der vorigen vollkommen ähnlich.


Als Beispiel wollen wir die Brücke des vorigen §. nochmals, aber unter der Vor-
aussetzung eines Sprengwerkes berechnen. Da die Spannweite 12 Klafter vorausgesetzt
wird, so sey jeder Theil, wie M D = D D' = D' N = ⅓ M N = 4 Klafter, wie dort.
Und da hier auf gleiche Art die Endsbäume auf die Länge von 4 Klafter frei liegen,
und ihre Stärke darnach bestimmt werden muss, so erhalten die Endsbäume nothwendig
dieselben Abmessungen, also 12 Zoll im Gevierten. Jeder Theil M D, D D' oder D' N
ist daher mit demselben Gewichte 646 Zentner gleichförmig vertheilt belastet, und der
Druck von der überliegenden Brücke ist auf die Durchzugbalken in d und d' eben auch
wie dort 646 Zentner. Werden zur Stützung der Brücke 2 Stuhlsäulen angewendet, so ist
der Druck für jeden Stuhl ein Drittheil von 646 Zentner oder 215⅓ Zentner. Das Gewicht
des Spannriegels D D' ist, wenn zu dem liegenden Stuhle gleich starkes Holz wie zu den
Endsbäumen angewendet wird ⅓ . 1 . 1 . 24 = 8 Zentner.


Wird das Sprengwerk weiter so angeordnet, dass die Stuhlsäule A D mit der Ho-
rizontalen A E einen Winkel von 45 Graden bildet, so ist A M = M D = 4 Klafter, al-
so die Länge der Stuhlsäule A D = √ (M D2 + A M2) = √ (42 + 42) = 4 √ 2 = 5,66
Klafter oder 33,96 Fuss und ihr Gewicht ⅓ . 1 . 1 . 33,96 = 11,32 Zentner. Das ganze in
D und D' senkrecht herabwirkende Gewicht besteht also in dem halben Gewichte der
Stuhlsäule A D = ½ A = 5,7 Zentner, dann dem halben Gewichte des Spannriegels
D D' = ½ B = 4 Zentner, und endlich in dem von der Brücke auf den Stuhl in D aus-
geübten Drucke = Q = 215⅓ Zentner, also zusammen 225 Zentner. Wird dieses ver-
möge der Gleichung H = aus §. 361 noch mit dem Verhältnis-
se = 1 multiplicirt, so ergibt sich der horizontale Druck
H = 225 Zentner.


Man sieht aus dem Vergleiche dieser für den horizontalen Druck des Sprengwer-
kes gefundenen 225 Zentner, mit jenen für das Hängwerk berechneten von 1292 Zent-
ner, dass derselbe bei den Sprengwerken bedeutend kleiner gemacht werden kann,
als bei Hängwerken, weil es in den meisten Fällen zulässig seyn wird, die Stuhl-
säulen höher zu stellen.


Weil die Stuhlsäulen unter der Brücke angebracht und dem Fuhrwerke nicht hin-
derlich sind, so kann man ihre Anzahl beliebig vermehren, also den Druck auf meh-
rere Punkte vertheilen, und für jeden einzelnen verkleinern.


Eine noch vortheilhaftere Construction für Brücken gibt die Verbindung der Häng-
werke mit Sprengwerken, wovon wir später handeln werden.


[399]Druck schief übereinander gestellter Balken.

§. 364.


Wir haben die vorigen §§. der Anwendung gewidmet, und wollen itzt zu den
theoretischen Betrachtungen wieder zurückkehren. Der Deutlichkeit halber werden
wir im Verfolg der weitern Betrachtung alle Balken bloss durch ihre Mittellinie vor-
stellen.


Der §. 352 lehrte uns, dass ein schiefgestellter schwerer Balken A B Fig. 15 anFig.
15.
Tab.
17.

seinem obern Ende den wagrechten Druck A a = H = , und an
seinem untern Ende nebst demselben wagrechten Drucke B b = H =
noch den lothrechten Druck A, der dem ganzen Gewichte des Körpers gleicht, äus-
sere. Diese beiden Kräfte müssen, wenn der Balken in seiner Lage verharren soll,
gestützt werden.


Soll diess durch einen zweiten Balken B C, dessen Gewicht B ist, geschehen, so
wird der Körper B C in seiner schiefen Stellung nach dem bekannten Satze §. 351 an
seinen beiden Endpunkten B und C den lothrechten Druck ½ B äussern.


Stellt B q den von A B herrührenden vertikalen Druck A und q r den neuen durch
den Körper B C hinzugekommenen vertikalen Druck ½ B vor, so haben wir durch die
Stütze B C in B die Kraft B q + q r = B r = A + ½ B nach lothrechter Richtung
und die Kraft B b = H = nach wagrechter Richtung zu stützen.


Aus diesen beiden ist die zusammengesetzte mittlere Kraft und Richtung die Dia-
gonale B b' des Kräftenparallelogramms b B r b'. Stellen wir sonach den neuen Balken
B C in die Richtung dieser mittlern Kraft B b', so fällt die Richtung des ganzen
Druckes in die Mitte seiner Länge B C, und die Kraft B b' hat kein Vermögen den
Körper nach irgend einer Seite zu verschieben oder um den Punkt C zu drehen; er
wird also in der angewiesenen Lage verbleiben, wenn nur noch der Punkt C hinläng-
lich befestiget wird. Betrachten wir in dem Punkte C zuerst den schiefen Druck
C c' = B b' und zerlegen diesen durch das Parallelogramm c C s c' in den wagrechten
C c und den lothrechten C s, so zeigt die Fig. 15 deutlich, dass die Dreiecke B b' r
und C c' s kongruent sind, also auch C c = b' r = B b und C s = B r ist. Es ist
aber B b = H, und B r = A + ½ B, also auch C c = H und C s = A + ½ B. Zu dem
lothrechten fortgepflanzten Druck A + ½ B in C kommt noch ½ B das halbe eigene
Gewicht des Körpers B C hinzu, und der gesammte lothrechte Druck ist also
A + ½ B + ½ B = A + B, oder gleich der Summe der Gewichte der beiden über-
einander gestellten Balken.


Auf solche Art sehen wir deutlich, dass, wenn zwei Balken so zusammengestellt
werden, dass der Druck von den Punkten A, B und C durch die Mitte der Balken
A B und B C fortgeleitet wird, am untern Ende bei C sich eine senkrechte Kraft äus-
sere, welche den Gewichten der beiden Balken A B und B C gleich ist, und dass hiezu
noch eine horizontale Kraft C c kommt, welche eben so gross als die Horizontale in A ist.


Die wechselseitige Stellung der Balken A B und B C wird auf folgende Art be-
stimmt: den Winkel, den der obere Balken A B mit der Horizontalen B e macht, haben
[400]Verzeichnung der gebrochenen Dächer.
Fig.
15.
Tab.
17.
wir = w gesetzt und tang w = gefunden. Wenn wir auf gleiche Art
den Winkel, den der zweite Balken B C mit dem Horizonte C D macht, mit w' bezeich-
nen, so ist tang w' = , folglich tang w : tang w' = ½ A : A + ½ B.


§. 365.


Fig.
16.

Der letzte Satz gibt uns ein leichtes Mittel, die Lage der Sparren durch Zeichnung
zu finden. Wenn der Winkel A B D, Fig. 16. den der obere Sparren eines gebrochenen Da-
ches mit dem Horizonte macht, bestimmt worden ist, so trage man die Höhe A D auf-
wärts nach A E, so gibt die Gerade E B die Richtung, nach welcher der obere Bal-
ken auf den untern drückt. Ist nun das Gewicht des zweiten Balkens B, so bestimme
man die Länge der Linie E F nach der Proportion ½ A : ½ B = A D : E F; trägt man
die Linie E F in derselben Linie von E nach F aufwärts, so gibt die Linie B F die
Richtung nach welcher der Balken B C aufgestellt werden muss, um mit dem ersten A B
im Gleichgewichte zu seyn; denn es ist offenbar der Winkel F B D = F C G, folglich
tang w' = , oder
tang w : tang w' = .


Sind die Gewichte A und B einander gleich, so sind auch die Linien A D = A E = E F,
folglich tang w : tang w' = 1 : 3.


Fig.
17.

Eine andere Art die Stellung der zwei gleichen Balken A B und B C für den Fall zu
bestimmen, wenn die Höhe A O des Daches der halben Breite des Gebäudes oder
A O = C O = seyn soll, ist folgende: Man verzeichne über der ganzen Breite C c das
gleichseitige Dreieck C M c und durchschneide mit derselben Weite aus A die verlängerte
Dachbreite C c in N und n. Zieht man sodann die Linien A N und A n, so geben die
Durchschnittspunkte der Linien A N und M C den Punkt B von der einen Seite und
eben so von der andern Seite den Punkt b und C B A b c ist die Figur des Daches; denn es
ist offenbar der Winkel A B b = A N O = w, welchen der Sparen A B mit dem
Horizonte bildet, und der Winkel M C O = N A O = w', welchen der Sparren
B C mit dem Horizonte bildet. Es ist aber tang A N O = tang w = , und
tang M C O = tang N A O = tang w' = , folglich
tang w : tang w' = ; ferner ist A O = C O vermöge der Bedingniss
der Aufgabe und N O2 = A N2 — A O2 = C c2 — A O2 = (2 C O)2 — C O2 = 3 A O2, also
auch tang w : tang w' = A O2 : 3 A O2 = 1 : 3.


Aus dieser Construction ist zugleich zu ersehen, dass der Winkel B C O = 60
Grad ist, weil das Dreieck M C c gleichseitig ist, und der Winkel C M c durch
M O in zwei gleiche Theile getheilt, dann wegen des rechten Winkels bei O ist
[401]Verzeichnung der Mansarddächer.
der Winkel C M O = 30 Grad, und weil das Dreieck M C O mit dem Dreiecke N A O
congruent ist, so ist auch der Winkel A N O = A B b = 30 Grad.


Nach einer dritten Art beschreibe man in diesem Falle aus O mit C O = A O denFig.
18.
Tab.
17.

halben Kreis C A c und theile durch Eintragung des Halbmessers, von C, c und A aus,
jeden Quadranten in 3 Theile zu 30 Graden. Wird nun der obere Punkt A mit den
beiden untern Theilungspunkten F und f durch die Geraden A F und A f und eben
so die Punkte C und c mit den obern Theilungspunkten E und e durch die Linien C E
und c e verbunden, so geben die Durchschnitte dieser Linien die Figur des gebroche-
nen oder sogenannten Mansarddaches C B A b c.


Zieht man nämlich noch die Linie B b, so ist der Winkel A B b = A F f, weil aber
dieser Winkel an der Peripherie mit seinen 2 Schenkeln den Bogen A f von 60 Graden über-
spannt, so enthält derselbe 30 Grad, folglich auch der Winkel A B b. Auf gleiche Art
überspannen die 2 Seiten B C und C c den Bogen E A e f c von 120 Grad, folglich enthält der-
selbe als Peripheriewinkel 60 Grad. Diese Figur ist also der obern (Fig. 17) ähnlich und
wenn die Breite C c in beiden gleich ist, so ist sie mit ihr auch congruent.


Die Grösse und Richtung des mittlern Druckes auf die Widerlagen ist bekanntlich
durch die Diagonale eines rechtwinkligen Dreieckes dargestellt, in welchem die beiden
Catheten den wagerechten und den lothrechten Druck vorstellen, d. h. nach Fig. 15 ist
.


Die Länge der Dachsparren A B und B C lässt sich zwar nach der Verzeichnung mit
Hilfe des Maasstabes bestimmen, da aber bei breitern Gebäuden die Zeichnung auf
dem Bauplatze Schwierigkeiten unterliegt, so dürfte es nicht überflüssig seyn, die Län-
ge der Dachsparren A B und B C durch Rechnung zu finden.


Da die Bögen C F, F E, E A einander gleich sind, und jeder 30 Grad hat, so istFig.
18.

der Winkel E F B gleich dem Winkel B E F = 15 Grad, mithin das Dreieck gleich-
schenklich und B E = F B; da aber auch A F = E C ist, so ist auch A B = B C.


Im Dreiecke A B d ist A d = A B . Sin 30, und im Dreiecke B C a ist B a = B C . Cos 30,
daher ist A d + B a = A O = A B . Sin 30 + B C . Cos 30 = A B (Sin 30 + Cos 30). Setzt
man die Breite des Daches C c = b, so ist A B = ;
d. h. man findet die Länge der Sparren, wenn man die Breite des Da-
ches durch
2,732dividirt.


  • Beispiel. Wenn die Breite des Gebäudes, über welches ein Mansarddach zu
    errichten ist, 5 Klafter beträgt, und es auf die oben beschriebene Art construirt
    werden soll, so ergibt sich die Länge der Sparren zwar aus der Zeichnung von
    selbst, wornach nun auch das Gewicht jeder Dachseite berechnet werden kann; der
    senkrechte Druck auf die Widerlagsmauern ist demnach gleich dem Gewichte
    der zwei angehörigen Dachflächen, und der horizontale Druck ist gleich dem
    halben Gewichte einer Dachfläche ½ A dividirt durch die Tangente von 30
    Graden, oder multiplicirt mit der Cotang 30 Graden = 1,732 d. i. 0,866 A, woraus
    man den Druck an die Widerlagen ohne Anstand berechnen kann.

Gerstners Mechanik. Band I. 51
[402]Gesetz für schiefe Zusammenstellungen mehrerer Körper.

§. 366.


In den vorigen Paragraphen wurden die Bedingnisse angegeben, unter welchen
zwei schwere schiefgestellte Balken sich stützen, und unter einander das Gleichge-
wicht halten; es ist nun noch übrig, das Gesetz zu bestimmen, nach welchem mehre-
re solche prismatische Körper (Balken oder Steine) in schiefer Richtung auf einander
gestellt werden können, wenn sie sich das Gleichgewicht halten sollen.


Fig.
1.
Tab.
18.

Ist nämlich der Stellungswinkel des ersten Prisma zum Horizonte, c b a = α, dessen Ge-
wicht = A, so wirkt nach §. 351 sowohl in c als auch in b der Druck senkrecht her-
ab. Da dieser senkrechte Druck in c nach seiner Richtung c a keine Unterstützung
findet, so trage man denselben = c d auf; er zerlegt sich nun in einen horizontalen
c f = H und in einen schiefen c e nach der Richtung des Prisma, und es verhält sich
, folglich ist tang (I).


Der horizontale Druck c f = H drückt in c an irgend einen Körper, an welchen
das Prisma gelehnt ist, und dieser muss mit seiner Stabilität diesem Drucke widerste-
hen; der schiefe Druck c e hingegen wirkt in der Richtung des Prisma c b fortlau-
fend. Trägt man daher auf die Verlängerung des Prisma den schiefen Druck von
b nach g auf und zerlegt selben in einen horizontalen und senkrechten, so ist nach
Ergänzung des Parallelogramms, da das Dreieck b g h mit dem Dreiecke c d f congruent ist,
b h = c f = H und g h = c d = ½ A d. h. am Endpunkte des ersten Prisma fin-
det derselbe horizontale Druck statt, wie oben
. Da aber bereits
bemerkt wurde, dass in b noch das Gewicht der zweiten Hälfte ½ A des ersten
Prisma wirke, so ist der gesammte senkrechte Druck in b = A. Soll nun dieses er-
ste Prisma durch ein zweites, dessen Gewicht B ist, gehörig unterstützt werden, so
findet im Punkte b, da noch die Hälfte des Gewichtes des zweiten Prisma ½ B senk-
recht herabwirkt, der senkrechte Druck A + ½ B und der horizontale Druck H statt.
Wird nun dieses zweite Prisma so gestellt, dass es den ganzen Druck des obern und
zugleich die Hälfte seines eigenen Gewichtes am obern Ende gehörig aufnimmt, und
trägt man den Druck A + ½ B = b i senkrecht unter b dann den Druck H = b h
auf, so wird nach Ergänzung des Parallelogramms die Diagonale b l die Stellung des
zweiten Prisma angeben, und es verhält sich H : A + ½ B = 1 : tang β, folglich ist
tang (II).


Der mittlere Druck wirkt ebenfalls in der Verlängerung des zweiten Prisma und
behält am Ende desselben die gleiche Grösse. Trägt man sich daher diesen Druck b l
am untern Ende = m n auf, und zerlegt ihn wie oben in einen horizontalen und
senkrechten, so findet hier ebenfalls, der Congruenz der Dreiecke zu Folge, in m
derselbe horizontale und senkrechte Druck statt, welcher in b statt fand. Da aber in
m noch die zweite Hälfte des Gewichtes vom zweiten Prisma oder ½ B und das halbe
Gewicht des dritten Prisma ½ C senkrecht herab wirkt, so ist der gesammte senkrechte
Druck in m = A + B + ½ C und der horizontale = H. Ergänzt man das Paral-
lelogramm und zieht die Diagonale m o, so erhält man die Grösse des mittlern Dru-
[403]Gesetz für schiefe Zusammenstellungen mehrerer Körper.
ckes, wie auch die Richtung des dritten Prisma, wenn selbes alle Drücke aufnehmenFig.
1.
Tab.
18.

und ihnen das Gleichgewicht halten soll, und es verhält sich H : A + B + ½ C = 1 : tang γ
und tang (III). Eben so ist für das unterste Prisma
tang (IV).


Aus diesen Betrachtungen geht hervor, dass, wenn mehrere auf einander gestellte
schiefe Prismen sich das Gleichgewicht halten sollen, der horizontale Druck
in allen Winkelpunkten derselbe sey, wie am obersten Punkte c,
der senkrechte Druck am Ende jedes Prisma aber aus dem Gewichte
aller vorhergehenden Prismen bestehe
. Um das Verhältniss der Stellungs-
winkel zu finden, setze man die Gleichungen I, II, III und IV in eine Proportion, so ist
tang α : tang β : tang γ … : tang ω = ½ A : A + ½ B : A + B + ½ C … : A + B + C + D .. + ½ Z
d. h. die Tangenten der Stellungswinkel mehrerer unter einander
schief gestellter Prismen verhalten sich, wie die Gewichte aller
darüber gestellter Prismen bis zur Mitte desjenigen, dessen Stel-
lung gesucht wird
.


§. 367.


Aus dem bereits Angeführten lässt sich überhaupt sowohl die Stellung als auch
der Druck, den mehrere über einander gestellte Prismen ausüben, durch eine Zeich-
nung darstellen.


Wenn die Länge des ersten Prisma und eben so der Winkel a b c = α, unter welchem
dasselbe mit dem Horizonte gestellt ist, gegeben sind, so kann man sich unter derFig.
2.

Linie a c das Gewicht ½ A vorstellen. Macht man a c = a d, so stellt c d das Ge-
wicht A vor. Um die Grösse der Linien zu finden, welche durch die Gewichte
B, C, D .... Z vorgestellt werden, verhält sich A : B = c d : d e und .
Eben so verhält sich A : C = c d : e f, woraus ; ferner ist
u. s. w. Werden nun diese Linien d e, e f, f g .... über einander aufgetragen, und
halbirt, die Mittelpunkte h, i, k .... mit dem Punkte b verbunden, so erhält man
für das erste Prisma den Stellungswinkel a b c, für das zweite Prisma h b c, für das
dritte Prisma i b c u. s. w. Die Stellung des zweiten Prisma liegt nämlich in der
Verlängerung von h b; für die Stellung des dritten Prisma zieht man aus dem End-
punkte l des zweiten zu i b die Parallele l m u. s. w.


Um übrigens den Druck zu finden, welcher am Endpunkte eines jeden Prisma
gegen das folgende statt findet, verbinde man die Punkte d, e, f, g, … mit b, so
gibt d b die Richtung des Druckes an, in welcher das erste Prisma gegen das zweite
drückt, und der gesammte Druck ist . Eben so gibt e b die Richtung des
Druckes, nach welcher das zweite Prisma gegen das dritte drückt, und der gesamm-
te Druck ist u. s. w.


51 *
[404]Bildung der Gewölbe.

Für den Fall, wenn alle Prismen ein gleiches Gewicht haben, ist A = B = C ....
also tang α : tang β : tang γ …: tang ω = 1 : 3 : 5 .... : 2 n — 1, d. h. wenn die Pris-
men gleiche Schwere haben, so verhalten sich die Tangenten der
Stellungswinkel wie die ungeraden Zahlen
.


§. 368.


Fig.
2.
Tab.
18.

Wenn a b, b l, l m … die Mittellinien der Stellungen mehrerer untereinander
schiefgestellter Prismen sind, so ist vermög des Vorigen d b die Richtung, nach welcher
der ganze Druck des obern Prisma gegen das folgende wirkt. Zieht man durch b
die Linie b s winkelrecht auf d b, so steht der ganze Druck , den das
oberste Prisma gegen das nächstfolgende ausübt, auf der Linie s b, folglich auf der Ba-
sis n' n senkrecht, und es ist eben so viel, als ob eine Säule mit dem Gewichte
auf die Basis n' n senkrecht gestellt würde. Seine Stabilität wird dem-
nach durch die Dicke des Prisma oder durch die Linie n' n bestimmt. Eben so gibt
für das folgende Prisma die Linie e b die Richtung, nach welcher das zweite Prisma
gegen das dritte drückt. Wird nun diese Linie e b bis nach o verlängert und aus
dem Punkte l die Linie p l o winkelrecht auf e o gezogen, so steht wieder der ganze
Druck der ersten zwei Prismen auf der Basis r' r senkrecht
u. s. w.


Diese Betrachtungen reichen hin, aus der gegebenen Anzahl und Höhe der über-
einander zu stellenden Prismen jedesmal die Schnittlinie zu finden.


Fig.
3.

Wenn von der andern Seite der senkrechten Linie a z auf gleiche Art mehrere
solche Prismen untereinander gestellt werden, so bilden sie ein mehrmal gebrochenes
Dach oder auch ein Gewölbe von mehreren Gewölbsteinen, deren Länge und Grösse
bestimmt ist, und für welche bloss die Stellung angegeben werden muss. Es erhellet
von selbst, dass auf solche Art z. B. ein Dachgewölbe aus einer Zusammensetzung
von mehreren Quadersteinen gebildet werden kann, folglich die Frage über ein unver-
brennliches Dach sehr leicht aufzulösen wäre.


§. 369.


Um die nachfolgende Theorie verständlicher zu machen, wollen wir zuerst eine Er-
klärung der bei Gewölbungen gewöhnlich vorkommenden Ausdrücke geben.


Fig.
4.

Nach dem vorigen §. entsteht ein Gewölbe (voute), wenn mehrere prismatische
Steine a b b' a', b c c' b', ..... so an einander gestellt werden, dass sie unterhalb eine
Höhlung bilden und sich wechselseitig so stützen, dass keiner derselben aus ihrer Zusam-
menstellung fallen kann. Da die Gewölbsteine (voussoirs) auf ihrer Aussenseite ei-
ne grössere, an der innern Seite aber eine kleinere Länge haben, so bilden sie Keile, de-
ren Seitenflächen besonders bestimmt werden müssen.


Die Linien b' b, c' c ....., in welchen sich die Gewölbsteine berühren, heissen die
Fugen (joints); und die Flächen, womit sie sich berühren, die Berührungsflä-
chen
oder Lager (lits).


Um die Gewölbsteine in der gehörigen Ordnung aufzustellen, werden mehrere Bre-
ter in einer Fläche so zusammengenagelt, dass die Linie a b c d e f hierauf verzeichnet wer-
[405]Verschiedene Arten der Gewölbe.
den kann. Sind die Breter nach der Form dieser Linie von aussen abgeschnitten, soFig.
4.
Tab.
18.

heisst diess ein Lehrbogen.


Wenn mehrere solche Lehrbögen in einer horizontalen Richtung parallel aufgestellt
und an ihrer obern Seite mit andern Bretern verschalt werden, so dass sie die Hälfte ei-
ner Tonne bilden, so heisst man das hiernach erbaute Gewölbe ein Tonnengewölbe
(berceau), welches gewöhnlich wagerecht ist. Werden aber die Lehrbogen nicht ho-
rizontal, sondern immer niedriger gestellt, so entsteht ein schiefes Tonnengewöl-
be
, wie es z. B. bei einem geschlossenen Stiegengewölbe der Fall ist.


Die Masse f f' g' g, von welcher der unterste Gewölbstein getragen wird, heisst die
Widerlage (support, pied-droit). Bei Brücken heisst diess der Stirnpfeiler
(culée), und wenn zwei Gewölbe neben einander darauf ruhen, ein Pfeiler (pilier).


Der Anfang des Gewölbes (naissance) heisst derjenige Theil desselben, welcher
sich zunächst an der Widerlage befindet. Der daselbst befindliche unterste Gewölbstein
f e e' f' heisst der Kämpfer (coussinet); der oberste oder höchste Gewölbstein a a' b' b
heisst der Schlusstein (clef).


Wird ein Querschnitt durch den Schlusstein und die beiden Widerlagen des Gewöl-
bes gemacht, welcher die innere und äussere Gewölbfläche senkrecht durchschneidet, so
heisst die innere Fläche, wovon die Linie a b c d e f das Profil bildet, die innere Wöl-
bung
(intrados); die Fläche, deren Durchschnitt die Linie a' b' c' d' e' f' vorstellt, die
äussere Wölbung (extrados) und die höchsten Punkte a, a' die Scheitel dieser
Wölbungen. Die Linien a b c d e f und a' b' c' d' e' f' heissen die Wölbungslinien.


Die Gestalt der innern Wölbung bestimmt den Beinamen des Gewölbes. Wenn der
Lehrbogen ein Kreis ist, heisst es ein Kreisgewölbe, ist er eine Parabel, so heisst es ein
parabolisches Gewölbe; ist er eine Elypse, so heisst es ein elyptisches oder
gedrücktes Gewölbe; ist der Lehrbogen eine horizontale Fläche, so heisst es ein
scheidrechtes Gewölbe (platte bande droite), wobei daher die innere Wölbung
gerade ist u. s. w.


Die vordere Ansicht eines jeden Gewölbes heisst die Stirnfläche (parement), bei
welcher immer vorausgesetzt wird, dass sie auf der Fläche der innern Wölbung winkel-
recht stehe.


Eine andere Art Gewölbe sind die Kuppel- oder Kesselgewölbe (voutes en
dôme
), deren Höhlung irgend ein Conoid bildet, dessen krumme Oberfläche die innere
Wölbung des Kuppelgewölbes ausmacht.


Ein Pultgewölbe, oder Stiegengewölbe besteht aus einem Bogen und einer dar-
auf gelegten schiefen Fläche. Ein Dachgewölbe besteht aus einem Bogen und zwei
gegen einander gelegten schiefen Flächen.


§. 370.


Je kleiner die Länge der Prismen angenommen wird, um so näher kommt die Zeich-
nung (§. 368.) einer krummen Linie oder dem Lehrbogen eines Gewölbes. Weil es aber
sehr schwierig seyn würde, aus einem so kleinen Winkel, als in diesem Falle der Schluss-
stein mit dem Horizonte bildet, auf die Stellung der übrigen Gewölbsteine überzu-
gehen, und auf solche Art die zahllosen Winkel in einen ordentlichen Lehrbogen zu
vereinigen, nach welchem alle übrigen Gewölbsteine aufgestellt werden müssen, so be-
[406]Lehrbögen und Stützlinien.
dient man sich hiezu der Theorie der krummen Linien und der Methoden, nach wel-
chen dieselben mit der nöthigen Genauigkeit verzeichnet werden können.


Um diesen Gegenstand mit der erforderlichen Deutlichkeit zu behandeln, ist zu be-
merken, dass wir bei jedem Gewölbe den Lehrbogen, auf welchem die Gewölbsteine
gewöhnlich winkelrecht aufgestellt werden, von der Stützlinie unterscheiden, nach
welcher die Gewölbsteine wechselseitig gegen einander wirken, und sich eben so das Gleich-
gewicht halten, wie wir es in den vorigen §. §. für die Stellung mehrerer Prismen über-
einander bereits angegeben haben. Es ist in dieser Hinsicht allgemein bekannt, dass ein,
nach einem halben Kreisbogen frei aufgestelltes Gewölbe (welches also keine besondere
Last zu tragen hat), in dem Falle einstürzt, wenn nicht durch eine hinreichende Höhe der
Gewölbsteine und durch angemessene Widerlagen für seinen Bestand gesorgt wird. Er-
hält sich das Gewölbe in seiner Lage, so liegt die Stützlinie innerhalb der
Masse des Gewölbes
und die Gewölbsteine sind nur als an dieser Linie hängend zu
betrachten. Wenn jedoch eine Stützlinie innerhalb der Masse des Gewölbes nicht ge-
denkbar ist, so wird dasselbe, wenn es sich auch durch den Mörtelverband während ei-
ner kurzen Zeit erhielte, später dennoch sicher einstürzen.


Da dieser Gegenstand, über welchen schon so viel geschrieben wurde, zu seiner um-
ständlichen Ausführung eine sehr weitläufige Abhandlung für sich allein fordern würde,
so wollen wir hievon nur das Wichtigste ausheben und für die gewöhnlichen Fälle der
Wölbungen folgende drei Fragen abhandeln:


  • 1tens. Wenn die Grösse und Gewichte der Prismen, z. B. Ziegeln, aus welchen ein Ge-
    wölbe zusammengesetzt werden soll, gegeben ist, die Zeichnung des Lehrbogens
    für ihre Stellung, oder für diejenige krumme Linie zu finden, nach welcher
    sie sammengestellt werden müssen, um sich das Gleichgewicht zu halten.
  • 2tens. Wenn der Lehrbogen oder die Zeichnung für die Stellung der Gewölbsteine
    gegeben ist, die Gewichte zu finden, welche die Gewölbsteine für sich selbst ha-
    ben, oder womit sie beschwert werden müssen, damit dieser Lehrbogen und alle in-
    nerhalb des Gewölbes zu demselben gezogene parallele Linien wirkliche Stützlinien
    abgeben.
  • 3tens. Wenn endlich die Bogenlinie des Gewölbes sowohl an ihrer obern als un-
    tern Seite gegeben ist, die Bedingnisse zu finden, unter welchen noch Stütz-
    linien innerhalb des gegebenen Profils gedacht werden können, und sonach das
    Gewölbe eine Stabilität erhält.

§. 371.


Der gewöhnlichste Fall bei der Herstellung der Gewölbe ist ein freies Ge-
wölbe
, das aus Ziegeln oder Backsteinen zusammengesetzt wird. Für diesen Fall lehrt
die höhere Mechanik, dass die Bogenlinie für die Mittelpunkte der Ge-
wölbsteine eine Kettenlinie
, oder diejenige krumme Linie seyn müsse, welche
von einer frei hängenden Kette gebildet wird. Für die Zeichnung dieser Linie hat
man bisher nur die Methode angegeben, dass man eine Kette oder biegsame Schnur
an beiden Enden des zu überwölbenden Raumes aufhängen, und in der Mitte so weit her-
ablassen soll, bis der niedrigste Punkt der Kette mit der gegebenen Gewölbshöhe über-
[407]Freie Gewölbe nach der Kettenlinie.
einstimmt; sodann sollen alle Punkte, welche die aufgehängte Kette bildet, an dem da-
hinter gestellten Lehrbogen bezeichnet, und auf diese Art nach der Bezeichnung der
Lehrbogen ausgeschnitten werden.


Obwohl diese Methode in neuern Zeiten bei den Kettenbrücken in England zur Be-
messung der Länge der Hängstäbe angewendet wurde, so ist doch noch kein Fall bekannt,
dass man sich derselben bei der Zeichnung der Lehrbögen für steinerne Gewölbe von
grössern Spannweiten bedient, und die letztern hiernach ausgeführt hätte. Weil jedoch
der Bau freier Gewölbe bei öffentlichen Gebäuden, Kirchen, grossen gewölbten Sä-
len u. s. w. sehr häufig vorkommt, demnach eine Anleitung zur grösstmöglichen Festigkeit
bei ihrer Herstellung von Wichtigkeit ist, so wollen wir hiezu noch Folgendes anfüh-
ren. *) Die unten angeführte Theorie der Kettenlinie gibt uns für die Herstellung der
[408]Freie Gewölbe nach der Kettenlinie.
freien Gewölbebögen folgende Tabelle, welche für die Stellungswinkel von 0 bis 85 Grad
berechnet ist:



[409]Gewölbe nach der Kettenlinie.

Die erste Columne dieser Tabelle enthält die Stellungswinkel, welche die Ge-
wölbsteine mit dem Horizonte bilden; die zweite und dritte Columne enthält die Co-
ordinaten
, nach welchen die Gewölblinie verzeichnet werden kann, und zwar werden
die Abscissen vom Scheitel aus vertikal herabgetragen, und in den bezeichneten
Punkten die Ordinaten horizontal zu beiden Seiten aufgetragen. Weil jedoch die
Abscisse x der Kettenlinie auf dem analytischen Wege von einem Punkte gemessen
wird, der über dem Scheitel der Gewölblinie auf der Höhe m liegt, so hat man von
diesem x die Grösse m abgezogen, damit die Grösse x — m an jedem Orte die Höhe
des Gewölbes vom Scheitel herab und die Grösse 2 y die Weite des Gewölbbogens da-
selbst vorstelle. Damit endlich diese Grössen x — m und y für alle möglichen Fälle
der Kettengewölbe brauchbar seyen, so hat man sie noch mit m dividirt, um durch
eine angemessene Bestimmung der Grösse m die wirklichen Maasse der Gewölblinie zu
erhalten und hiernach dieselbe verzeichnen zu können.


Wenn man auf diese Art die Abscissen und Ordinaten z. B. von 5 zu 5 Graden
aufträgt und die Endpunkte der letztern mitsammen verbindet, so erhält man ein Po-
lygon, welches aber von einer krummen Linie so wenig abweicht, dass man ohne An-
Gerstners Mechanik. Band I. 52
[410]Gewölbe nach der Kettenlinie.
stand aus freier Hand diese Linie ziehen kann. Die folgenden drei Columnen sind bloss
zur leichtern Zeichnung, um nicht so viel Punkte auftragen zu müssen. Zu dieser Ab-
sicht sind nämlich in der vierten Columne die Krümmungshalbmesser und in der fünf-
ten und sechsten Columne die Orte für die Mittelpunkte dieser Krümmungshalbmesser
bestimmt worden, damit man entweder eine krumme Linie, welche durch diese Punkte
geht, ziehen, und durch Herumlegen eines Fadens die Kettenlinie selbst durch einen
Zug verzeichnen kann; oder wie man es in neuern Zeiten gethan hat, einige Mittel-
punkte annehmen und mit dem zugehörigen Krümmungshalbmesser die krumme Linie
nach Art einer sogenannten Korblinie verzeichnen könne.


Aus der nähern Betrachtung der vierten Columne ersieht man, dass der Krümmungs-
halbmesser im Scheitel , bei dem Stellungswinkel von 30 Graden = 1⅓, bei dem
Winkel von 45 Graden = 2 und bei 60 Graden = 4, oder dass bei diesen 4 Win-
keln r = m, dann r = 1⅓ m, ferner r = 2 m und zuletzt r = 4 m sey. In dieser
Hinsicht werden auch vorzüglich für diese Winkel die Mittelpunkte bezeichnet und aus
denselben die krumme Linie bis zu dem Stellungswinkel von 60 Grad und noch etwas
weiter in der Ausübung beschrieben.


§. 372.


  • Beispiel. Zur deutlichern Erklärung des Gebrauches dieser Tabelle wollen wir als
    ein Beispiel den Fall annehmen, dass ein freies Gewölbe über eine Breite von
    8 Klafter = 48 Fuss herzustellen und die Höhe der halben Spannweite oder =
    24 Fuss seyn soll.

Für diesen Fall müssen wir in der Tabelle denjenigen Stellungswinkel aufsuchen,
bei welchem die Höhe der halben Breite gleich ist. Dieses finden wir bei dem Win-
kel von 67,5 Grad, bei welchem nämlich ist. Setzen wir demnach
Fig.
5.
Tab.
18.
y = 24 Fuss, so ist und m = 14,9 Fuss = A D = A B.


Werden die in der 2ten bis 6ten Columne angeführten Zahlen mit 14,9 multiplicirt,
so erhält man die Coordinaten für die zu bestimmende Kettenlinie, wie auch den Krüm-
mungshalbmesser und die Coordinaten für ihre Entwicklung in der angemessenen Grösse.
Um hiebei Raum zu ersparen, sind in folgendem Schema nur für die Winkel w = 30, 45,
60 und 67,5 Grad die Werthe für die Coordinaten berechnet und zusammengestellt worden:

[411]Gewölbe nach der Kettenlinie.

Zieht man nun die Horizontale q q' = 48 Fuss, trägt im Mittelpunkte x die HöheFig.
6.
Tab.
18.

des Gewölbes x A = 24 Fuss auf, und von A auf selbe die in der 2ten und 3ten Columne ange-
führten Maasse A B = 2,31 und B E = B E' = 8,18, ferner A C = 6,17 und C F = C F' = 13,13,
dann A H = 14,90 und H G = H G' = 19,62 auf, so muss die Kettenlinie durch die hie-
mit bestimmten Punkte A, E, F, G, q und eben so von der andern Seite durch
A, E', F', G' und q' gehen.


Weil aber eine Verbindung dieser Punkte durch eine krumme Linie von freier
Hand
nicht wohl ausgeführt werden kann, so trägt man aus dem Punkte A die Li-
nie A H = 14,9 Fuss als den Krümmungshalbmesser für den Scheitel oder den Bogen
m A m' auf. Nun wird H J = 4,62 und h' J = h J = 1,74 aufgetragen. Diess gibt
diejenigen Punkte, aus welchen mit dem Krümmungshalbmesser h E = 19,86 der Bogen
n E m und mit h' E' = 19,86 der Bogen m' E' n' beschrieben werden kann. Auf
gleiche Art trägt man wieder aus H die Linie H V = 12,34 und aus V die Ordinaten
V v' = V v = 7,94 auf; hiedurch erhält man abermals die Punkte v und v', aus
welchen mit dem Krümmungshalbmesser v F = 29,80 der Bogen n F o und mit dem-
selben Halbmesser aus v' der Bogen n' F' o' beschrieben werden kann. Trägt man
endlich aus H die Linie H L = 29,80 und aus L die Ordinaten L l = L l' = 31,99
auf, so geben die Punkte l und l' die Mittelpunkte, aus welchen mit dem Halbmesser
l G = l' G' = 59,60 die Bögen o G p und o' G' p' beschrieben werden. Die wei-
tern Bögen q p und q' p' sollten nun mit dem Krümmungshalbmesser von 101,74 Fuss
beschrieben werden; da diess jedoch einen zu grossen Raum erfordern würde, so kann
man von p und p' die Linien p q und p' q' in gerader Richtung als Tangenten zu
den Punkten p und p' ziehen.


Die Punkte m, n, o, p und m', n', o', p' ergeben sich bei der Verzeichnung von selbst,
indem der ganze Bogen q G F E A .... eine gleichförmig fortlaufende krumme Li-
nie bilden muss. Wollte man die krumme Linie in einem Zuge beschreiben, so müsste
man die Coordinaten der Entwicklungslinie für die Stellungswinkel von 5 zu 5 Grad
auftragen, sodann an l eine Schnur anbinden, die um die Punkte v, h, H und
bis A gelegt, bei A ein Stift befestigt, und nun der Bogen von A bis q nach der Rich-
tung der fortwährend angespannten, in l befestigten Schnur beschrieben wird. Auf
gleiche Art wird der andere Bogen A q' von dem Punkte l' aus beschrieben.


Die Zeichnung, welche auf diese Art verfertigt wird, gibt die Stützlinie für die
Mitte der Gewölbsteine
; wenn man daher die Schnur um die halbe Höhe der
Gewölbsteine und um die Dicke der Breterverschalung bei A verkürzt, und den Stift
bei a einsetzt, so gibt die gezogene Linie a e f g .... die krumme Linie für den
eigentlichen Lehrbogen
, welcher dann auf die gewöhnliche Art aufgestellt
und die Gewölbsteine, die in diesem Falle eine gleiche Höhe haben, aufgesetzt
werden.


Auf solche Art können nun alle freien Gewölbe, welche keine andere Last, als
das eigene Gewicht der Gewölbsteine zu tragen haben, für eine jede Spannweite und
Höhe verzeichnet und mit vollkommener Sicherheit erbaut werden.


52 *
[412]Gewölbe nach der Kettenlinie.

§. 373.


Fig.
6.
Tab.
18.

Man hat gegen die Anwendung der Kettenlinie bei Gewölben eingewendet, dass
der Winkel, den die Kettenlinie an ihren Endpunkten bei q und q'
mit dem Horizonte bildet, immer kleiner als
90 Grad ausfällt, und
demnach eine dem Auge missfällige Form darstelle. Diesem Uibelstande kann sehr leicht
dadurch abgeholfen werden, indem man aus zwei beliebigen, und von dem Mittelpunkte
der Linie q q' gleichweit entfernten Punkten t und t' die Kreisbögen r s und r' s' zieht,
welche sich oberhalb mit den Lehrbögen verlaufen und unterhalb, d. h. an ihren End-
punkten s und s' so wie ein jedes Kreisgewölbe senkrecht stehen, demnach mit der innern
Seite der Widerlagsmauer eine gerade Linie bilden.


Dabei ist aber zu bemerken, dass der Druck der Gewölbsteine dessen ungeachtet im-
mer der Kettenlinie q p und q' p' folgen, und wenn man dieselbe bis an das unterste En-
de der Widerlagsmauern oder bis auf den Grundbau bei u und u' verlängert, zugleich die
Stützpunkte u und u' auf dem Grundmauerwerke angeben werde.


Es ist offenbar, dass wenn auf solche Art das Gewölbe nach der Richtung der Ket-
tenlinie bis auf die Grundmauern fortgeführt würde, selbes ohne allen Mörtelverband
und ohne stärkere Widerlagen als die Dicke a a' des Gewölbes im Scheitel beträgt, be-
stehen könnte, wenn nicht etwa von Seite des Materials ein Zerdrücken desselben zu be-
fürchten wäre. Man pflegt daher in dieser Hinsicht den Widerlagsmauern immer eine
solche Stärke zu geben, dass in denselben nicht nur das mit gleicher Dicke a a' fortlau-
fende Gewölbe eingeschlossen wird, sondern auch zur Vermehrung der Stabilität noch
eine grössere Basis als a a', nämlich y z und y' z' in der Mauer M N O P und M' N' O' P'
vorhanden sey. Die Stützlinie q u befindet sich auf solche Art innerhalb der ganzen
Mauer M N O P, wovon die innere r s P z zur Stützung des Gewölbes nichts beiträgt, da-
gegen aber die äussere O M N q durch ihr Gewicht dem Gewichte des Gewölbes zuwächst,
folglich den Stützpunkt u noch näher gegen die Mitte der Mauer O P versetzt. Da je-
doch auch die innere Mauer mit dem darin fortlaufenden stützenden Gewölbbogen durch
Steine und Mörtel verbunden wird, so vermehrt sie auch in dieser Hinsicht die Festigkeit
des Gewölbes, welches um so nothwendiger ist, weil die Mauern durch Fenster und
Thüren wieder geschwächt werden.


Wir bemerken schlüsslich, dass diese Theorie der Kettengewölbe desshalb ausführli-
cher behandelt wurde, um aus derselben überhaupt eine deutlichere Ansicht über die
wechselseitige Wirkung der Gewölbsteine sowohl als auch der Widerlagsmauern entneh-
men zu können.


§. 374.


So gross übrigens die Vortheile solcher Wölbungslinien seyn mögen, deren Lehrbö-
gen zugleich dem Gewölbe zur Unterstüzung dienen, so wird doch die Schwierigkeit,
diese Lehrbögen gehörig zu zeichnen, bei den Baumeistern immer einige Anstände fin-
den, und eine Anweisung für die Bauleute, wie in diesem Falle die Gewölbsteine für
solche Bogenlinien gehörig zu behauen, und in das Gewölbe einzustellen wären, dürfte
noch grössern Schwierigkeiten unterliegen. Die Kreisbögen und die gedrückten
oder elyptischen Bögen werden demnach ihre bisherige Anwendung in der Bau-
[413]Gewölbe nach der Kettenlinie.
kunst (die Fälle sehr grosser Spannungen ausgenommen) auch in der Zukunft um so
mehr behaupten, als nicht nur der an die Formen der Alten gewöhnte Kunstgeschmack
für dieselben spricht, sondern auch weil ihre Festigkeit durch zweckmässige Verhält-
nisse in jedem Falle erreichbar ist, und durch häufige Beispiele bestättigt wird. Zur
Ausmittlung dieser Verhältnisse gibt es zwei Wege; indem


  • 1tens die gegebenen Bogenlinien hinlänglich beschwert und dadurch die Verhältnis-
    se, welche zwischen den Gewichten und den Tangenten der Stellungswinkel statt
    finden müssen, hergestellt, folglich die Bogenlinie durch angemessene Beschwe-
    rungen zur Stützlinie gemacht wird. Wenn aber
  • 2tens sowohl die Gewichte der Gewölbsteine und die darauf ruhende Last, als auch
    ihre wechselseitige Stellung gegeneinander durch die Bogenlinie unabänderlich ge-
    geben ist, diese Linie aber z. B. ein Kreis oder eine Elypse, die Eigenschaft nicht
    besitzt, dass die Tangenten der Stellungswinkel den Gewichten proportional wer-
    den, so kann man ihre Festigkeit nur dadurch herstellen, indem innerhalb der
    Gewölbsteine diejenigen Stützlinien aufgesucht werden, denen die Ei-
    genschaft der vollkommenen Unterstützung zukommt, und an welchen die Gewölb-
    steine sodann nur als angehängt zu betrachten sind.

Es wird nunmehr nur darauf ankommen, dass die Zahl dieser Stützlinien innerhalb
der Masse des Gewölbes möglichst gross sey. Es erhellet nämlich von selbst, dass jedes
Gewölbe um so mehr Sicherheit gegen den Fall (Stabilität) besitzen werde, je mehr sol-
che Stützlinien innerhalb der Masse des Gewölbes statt finden können, oder je breiter
die Basis ist, mit welcher die Gewölbsteine sowohl auf einander wechselseitig, als auch
auf ihrer Widerlage ruhen. Dieser Begriff von Stabilität der Gewölbe ist demjenigen
analog, nach welchem wir den festen Stand aller Körper, die auf einer Stütze z. B. auf
einer aufrecht stehenden Säule ruhen, erkennen oder zu beurtheilen pflegen, denen wir
nämlich bei gleicher Höhe um so mehr Stabilität beimessen, je mehr Stützlinien innerhalb
der Basis Raum finden, oder je grösser die Fläche ist, auf welcher der Körper ruhet.
Der Unterschied zwischen beiden Vorstellungsarten besteht nur darin, dass die Stützli-
nien des auf einer Säule ruhenden Körpers gerade, senkrechte, innerhalb der Säule fort-
laufende Linien sind, wogegen bei Gewölben die Stützlinien gegen die beiderseitigen
Widerlagen nach schiefen Richtungen in krummen Linien fortlaufen, übrigens aber doch
in allen Punkten auf ihren Stützflächen winkelrecht stehen.


§. 375.


Die erste Aufgabe, welche wir nunmehr zu behandeln haben, betrifft die Untersu-
chung, wie der Kreis- und der elyptische Bogen zu Stützlinien ge-
macht werden können
. *)


[414]Erforderliche Belastung für Kreisgewölbe.

Da diese beiden krummen Linien nicht die Eigenschaft besitzen, dass die Tangen-
ten ihrer Stellungswinkel den Gewichten der zu stützenden Gewölbsteine proportional
sind, so wird es nothwendig, diesen Gewölbsteinen solche Gewichte zu geben, oder sie
so zu beschweren, damit die Winkel, welche die gegebene Bogenlinie (der Kreis oder
die Elypse) an jedem Orte mit dem Horizonte macht, mit den zu stützenden Lasten in
das angemessene Verhältniss gesetzt und auf solche Art die Bogenlinie zu einer Stütz-
linie werde.



[415]Erforderliche Belastung für Kreisgewölbe.

Hiezu gibt uns die §. 366 aufgestellte allgemeine Proportion die nöthige Anleitung.
Nennen wir nämlich das Gewicht des obersten Gewölbsteines A, des folgenden B, des
dritten C ....., und die Winkel, welche die Grundflächen dieser Steine mit dem Hori-
zonte bilden, α, β, γ ....., so ist für die obersten zwei Gewölbsteine
tang α : tang , demnach . Wir
erhalten daher die Gewichtszulage, welche der zweite Gewölbstein erfordert, nämlich
, welche wir = b setzen wollen (I).


Hieraus folgt B = A + b (II).


Für den dritten Stein haben wir auf gleiche Art die Proportion
tang α : tang , demnach
, und die Zulage auf den dritten
Gewölbstein, welche wir c nennen wollen (III);
hieraus folgt C = A + c (IV).


Weiter erhalten wir für den vierten Gewölbstein die Proportion
tang α : tang , demnach
und die Zulage auf
den vierten Gewölbstein, welche wir d nennen wollen
(V). Hieraus ersieht man nun, wie die-
se Rechnung fortgesetzt und für jeden Gewölbstein die angemessene Belastung gefun-
den werden könne.


  • Beispiel. Wir wollen annehmen, die Wölbungslinie sey ein Kreis.

Theilen wir denselben von 10 zu 10 Graden ein, so kann die halbe Kreisfläche alsFig.
8.
Tab.
18.

ein Polygon von 18 Seiten betrachtet werden. Nun beträgt der Winkel a b b', welcher
auf dem Bogen a b von 10 Grad steht, offenbar 5 Grad; der zweite Winkel b c c',
dessen Schenkel den Bogen b a b' c' = 30 Grad einschliessen, beträgt 15 Grad, der
dritte Winkel 25 Grad …; die Tangenten aber sind tang 5° = 0,087, tang 15° = 0,268,
tang 25° = 0,466, tang 35° = 0,700. Nehmen wir nun an, dass die Gewölbsteine durch-
aus einander gleich sind, so ergibt sich die Zulage des zweiten Steines nach der
Formel I berechnet, . Auf gleiche Art findet man aus
dem Ausdrucke III die Zulage für den dritten Stein oder c = 0,196 A, ferner nach der
Formel V die Zulage für den vierten Stein oder d = 0,494 A u. s. w.


Hieraus ersieht man, dass diese Zulagen in einem bedeutenden Verhältnisse stei-
gen; da nun die Tangente des letzten Winkels, nämlich tang 85° = 11,430 und diese
noch mit tang α = tang 5° = 0,087 zu dividiren ist, so würde die Zulage des letzten
Steines ausserordentlich gross werden. Wollte man diese Zulage durch Ausmauerung
[416]Erforderliche Belastung für elyptische Gewölbe.
über den Gewölbsteinen bewirken, so müsste eine jede nach den vorigen Formeln berech-
nete Zulage noch mit dem Cosinus des Stellungswinkels dividirt werden, um die Höhe der
auf die Gewölbsteine senkrecht zu stellenden Mauer zu finden. Weil nun Cos 85° = 0,087,
so steigt diese Höhe bei dem letzten Steine abermals in dem Verhältnisse von 87 : 1000;
hieraus ersieht man, dass sich nach der angeführten Rechnung zwar das Gesetz für
die Grösse der Belastung der Steine oder die Höhe der Mauerung auf dem Gewölbe
finden lässt, dass diese Rechnung jedoch mit Genauigkeit geführt, ausserordentlich
mühsam seyn würde.


Eine bessere Uibersicht hievon gibt uns die höhere Analysis, welche zeigt, dass,
wenn die Höhe oder Dicke der Gewölbsteine im Scheitel = h ist, bei einem Kreisge-
wölbe die Höhe der Belastung oder die Höhe der auf jeden Punkt zu stellenden Mau-
er sey, wo unter v der Winkel verstanden wird, wie weit dieser Punkt vom
Scheitel entfernt ist. Diese höhere Rechnung zeigt weiter, dass für jedes freie Ton-
nengewölbe der Kreisbogen nur bis zum Winkel von v = 45 Grad eine Stützlinie ab-
geben könne, weil für die grössern Winkel die Höhe der Mauerung über das Ge-
wölbe grösser als die Höhe des Gewölbes im Scheitel, für den tiefsten Punkt aber
oder für v = 90 Grad diese Höhe unendlich gross werden würde.


§. 376.


Aehnliche Resultate ergeben sich für die Elypse, welche für ein freyes Tonnen-
gewölbe, wobei die Dicke des Gewölbes im Scheitel oder die Höhe
der Spannweite ist, nur bis zum Winkel von 38 Grad 31 Minuten anwendbar ist, übri-
gens aber bei dem letzten Punkte oder dem Winkel v = 90 Grad abermals eine Auf-
mauerung von unendlich grosser Höhe statt finden müsste. *)


[417]Stützlinie für das Kreisgewölbe.

§. 377.


Wir kommen nunmehr zur Untersuchung der Bedingnisse, unter welchen Ge-
wölbe ohne jene Belastung, die in den zwei vorhergehenden §. §.
berechnet wurde, sich zu erhalten im Stande sind
, und wollen wieder
zuerst die Umstände aufsuchen, unter welchen ein freies Kreisgewölbe sich
selbst zu erhalten vermag
. *)



Gerstners Mechanik. Band I. 53
[418]Stützlinie für das Kreisgewölbe.

Wenn wir zu dieser Absicht den halben Kreis in vier gleiche Theile
theilen, und jeden Theil als ein für sich bestehendes Prisma betrachten, so wird der
*)
[419]Stützlinie für das Kreisgewölbe.
Winkel A B F, den das erste Viertheil mit dem Horizonte macht, weil er einen BogenFig.
1.
Tab.
19.

von 45 Grad überspannt = 22,5° und der Winkel B D N, den das untere Viertheil mit dem
Horizonte bildet = 67,5° seyn.


Bereits bei den gebrochenen Dächern wurde gezeigt, dass für den Fall, als zwei
gleich lange und gleich schwere Prismen sich auf diese Art im Gleichgewichte erhalten
sollen, der Winkel A B F = 30°, und B D N = 60° seyn müsse; demnach ist für unsern
Fall im Kreise der obere Winkel zu klein, der untere aber zu gross. Diess bestättigt auch
die Erfahrung; stellt man nämlich vier Stücke Holz auf die Art zusammen, dass ihre End-
punkte D, B, A, C und M in der Peripherie eines Kreises liegen, und überlässt nun die-
se Stücke ihrer freien Stellung, so werden sogleich die untern zwei Theile von den obern
auswärts gedrückt und die obern fallen herab.


Wir wollen daher den halben Kreis in mehr als vier, und zwar in sechs TheileFig.
2.

theilen; ein jeder Theil A B, B D, D E überspannt daher einen Winkel von 30 Grad,
und es sind die Peripherie-Winkel A B F = 15° und B D N = 45°, endlich D E C = 75°.
Sollen nun die obern zwei Theile A B und B D einander das Gleichgewicht halten, so
muss tang A B F : tang B D N = seyn, da die Stücke A B = B D
oder A = B sind. Weil nun der untere Winkel B D N = 45° und seine Tangente = 1 ist,
so müsste die obere Tangente oder tang A B F = ⅓ = 0,3333 seyn. Da aber tang 15° = 0,2679
ist, so sieht man, dass der Winkel A B F = 15° zu klein sey.


Ein Gleichgewicht kann daher nur dann statt finden, wenn von B oberhalb A B eine
Linie nach G gezogen, und die Masse des ersten Gewölbtheiles als an dieser Linie hän-
gend gedacht wird. Zur Bestimmung dieses Punktes G wollen wir den Halbmesser oder
die halbe Weite des Kreisgewölbes E C = a setzen, so ist , fer-
ner beinahe.
Soll sich das Gewölbe im Punkte G gehörig stützen, so muss seyn, und da
ist, so folgt . Hieraus ergibt sich die Entfernung A G, wo sich
der oberste Gewölbtheil stützt .


Wenn man sich daher bei einem Kreisgewölbe am Schlusse von dem untern Punkte
A den 24ten Theil des Halbmessers aufträgt, so erhält man den Punkt G, an welchen der
Druck des Gewölbes übergeht.



53 *
[420]Stützlinie für das Kreisgewölbe.
Fig.
2.
Tab.
19.

Wäre daher das Gewölbe im Schlusse schwächer als , so würde dieser Druck über
die Gewölbsdicke hinausfallen, demnach an dem gegenüber stehenden Gewölbtheile kei-
ne Unterstützung finden, und der Einsturz des Gewölbes nicht gehindert werden können.
Es bleibt hiebei noch zu bemerken, dass die geringste Stärke des Gewölbes
im Scheitel
ist, und dass man, wenn man auf einige Sicherheit rechnen will, den
Stützpunkt G des Gewölbes in die Mitte der Gewölbdicke (δ) zu setzen hat, woraus die
Dicke des Gewölbes im Schlusse folgt. Da die Entfernung E H = 2 a
ist, so folgt hieraus die von praktischen Baumeistern angenommene Regel, dass man,
um die Gewölbsdicke im Schlusse zu erhalten, die Spannweite des
Gewölbes im Lichten durch
24 dividiren müsse. Dass in diesem Falle die
Stabilität des Gewölbes nur auf der Grösse beruhe, versteht sich von selbst.


Hiebei ist noch zu bemerken, dass bei der Herstellung des Gewölbes die Gewölb-
steine zu beiden Seiten vom untern Ende nach und nach gegen die Mitte auf den Lehr-
bogen gelegt werden; der mittlere Gewölbstein (Schlusstein) muss jedoch, da er frei
senkrecht herabhängt, mit grosser Kraft eingekeilt werden, um dem horizontalen Drucke,
den das Gewölbe im Scheitel äussert, den gehörigen Widerstand zu leisten. Weil aber
der Lehrbogen sehr leicht dem Drucke, der durch dieses Einkeilen entsteht, nachgeben,
folglich derselbe, und mit ihm auch das Gewölbe am Schlusse zu tief herab gedrückt wer-
den kann, so ist die Vorsicht nöthig, den Lehrbogen an diesem Orte zu unterstützen, da-
mit er nicht nachgibt. Erfahrene Baumeister pflegen aber überdiess noch den obersten
Gewölbsteinen etwas unterzulegen, damit auf solche Art das Gewölbe höher gehalten wer-
de, und wenn es sich nach dem Ausschlagen der Lehrbögen setzt, den gehörigen Stand
erhalten möge.


Nachdem auf diese Art die zwei obern Theile des Gewölbes A B und B D in das
Gleichgewicht gestellt wurden, bleibt nur noch die Stützlinie für den 3ten Theil D E des
Gewölbes zu suchen.


Wenn der 2te Theil B D des Gewölbes von dem dritten D E gehörig gestützt werden
soll, so muss sich tang β : tang γ = 3 : 5 verhalten, und da tang β = 1 ist, so muss
tang seyn. Diess entspricht einem Winkel von beinahe 59 Grad. Nun ist aber
im Kreise der Winkel D E C = 75°; man sieht daher, dass die Stützlinie hinter den
Punkt E gegen die Widerlagsmauer zurücktritt, folglich aus dem Gewölbbogen
austreten müsse
. Um diess zu verhüten, pflegt man in der Ausübung die Winkel,
welche die Widerlagsmauern mit dem Gewölbe beiderseits bilden, von unten bis zum Bo-
gen von 45° auszumauern. Diess Mauerwerk oder die sogenannte Hintermauerung
muss jedoch in das Gewölbe eingebunden werden, um hiemit eine Masse zu
bilden, innerhalb welcher die Stützlinie nunmehr verbleibt.


Da hiedurch die Rechnung geändert wird, so pflegt man bei dem Winkel von 45
Grad aus dem Punkte K die Tangente K J zu ziehen, und die innere Linie der Wider-
lagsmauer von E bis nach J zu verlängern. Wird nun J mit C verbunden, so sieht man, dass
[421]Stützlinie für das elyptische Gewölbe.
K J = E J seyn müsse; da aber der Winkel K C E einen Bogen von 45° überspannt, soFig.
2.
Tab.
19.

muss der Winkel J C E = 22,5 Grad seyn, demnach die Höhe E J = a . tang 22,5 = 0,4142 . a
seyn. Auf solche Art erhält man den Punkt J, von welchem man annehmen kann, dass
hiebei die Stützlinie des Gewölbes in die Widerlagsmauer eintritt. Eine genauere Be-
rechnung hierüber ist in der Note unter dem Texte enthalten.


Wir haben daher bei J denjenigen Punkt, wo das Gewölbe mit seiner ganzen Last
A B D E . δ = . a. δ senkrecht herabdrückt. Nebst dem ist noch der horizontale
Druck in J vorhanden, welcher, da er in allen Punkten der krummen Linie gleich ist,
am leichtesten bei K bestimmt wird; das Gewicht des Gewölbes von A bis K ist näm-
lich = . a . δ, und weil für K die tang 45° = 1, folglich der horizontale Druck so
gross als der senkrechte ist, so haben wir auch bei J den horizontalen Druck
= . a . δ.


Theilt man daher die Linie J E in 2 gleiche Theile J M = M E und trägt von J
nach der horizontalen Richtung die Grösse J L = J M auf, so gibt die Diagonale J O des
Parallelogrammes J L O M die Richtung, nach welcher das freie Kreisgewölbe gegen die
Widerlagen drückt. Hievon werden wir bei der Bestimmung der Stärke der Widerlags-
mauern Gebrauch machen.


§. 378.


Eine ähnliche Rechnung ergibt sich auch bei der Ausmittlung der Stützlinie für
das elyptische Gewölbe
*). Hierbei verhält sich jedoch der horizontale Druck
[422]Stützlinie für das elyptische Gewölbe.
zum senkrechten, wie sich a : b verhält, wo mit a die halbe grössere Achse oder die
halbe Spannweite, und mit b die halbe kleinere Achse oder die Höhe des Gewölbes in
der Mitte bezeichnet wird.



[423]Stützlinie für das elyptische Gewölbe.

Der senkrechte Druck ist abermals das Gewicht des halben Gewölbes (a + b) δ,
der horizontale Druck ist = (a + b) δ, und die Höhe E I, wo sich
der Druck der Stützlinie an der Widerlage äussert, ist = 0,414 . b.



[424]Stützlinie für das elyptische Gewölbe.

Diese Ausdrücke werden später wieder zur Bestimmung der Stärke der Widerlags-
mauern dienen. Die genaue Rechnung über diesen Gegenstand ist abermals in der Note
enthalten.



[425]Brückengewölbe nach der Kettenlinie.

§. 379.


Auf die meisten Gewölbe werden gewöhnlich noch andere Lasten gelegt,
wie es z. B. bei Brückengewölben der Fall ist. Wird nämlich über dieselben eine
horizontale Strasse geführt, und der Raum zwischen dem Gewölbe und der Strasse zum
Theil ausgemauert, zum Theil aber mit einem schweren Materiale ausgeschüttet, so hat
das Gewölbe nebst seiner eigenen Last noch die bis zur Oberfläche der Brücke reichende
Belastung zu tragen. In demselben Falle befinden sich auch die Gewölbe für Keller und
andere Gewölbe, auf welchen die darüber befindlichen Räume zur Bewohnung hergerichtet,
und gewöhnlich auch bis zur Horizontallinie angeschüttet werden.


Die genaue Rechnung für den Lehr- und Stützbogen eines Brückenge-Fig.
5.
Tab.
19.

wölbes folgt hier unter dem Texte *); bezeichnet nämlich M''' M'' M' M A .....
Gerstners Mechanik. Band I. 54
[426]Brückengewölbe nach der Kettenlinie.
Fig.
5.
Tab.
19.
eine Kettenlinie, bei welcher der Krümmungshalbmesser für den Punkt A von A nach
B aufgetragen, und durch B eine horizontale Linie gezogen wird, so kann man die
Ordinaten A B, M Q, M' Q' .... nach einem beliebigen Verhältnisse, z. B. wie 1 : 2
oder wie 1 : 3 … theilen, und es werden die hiedurch erhaltenen Punkte m''', m'', m', m, b
.... oder n''', n'', n', n, a .... mitsammen verbunden eine krumme Linie geben, wel-
che die darüber befindliche Last vollkommen zu stützen im Stande ist. Sind z. B. die
Linien A B, M Q .... in die Hälfte getheilt worden, so verhalten sich die Tangenten
der Stellungswinkel in der untern Kettenlinie zu den Tangenten der Stellungswinkel in
der neuen Theilungslinie ebenfalls wie 1 : 2; in diesem Verhältnisse stehen aber auch die
Lasten, es sind demnach diese letztern den Tangenten der Stellungswinkel abermals pro-
portional.


Wir können aber auch die Ordinaten der Kettenlinie in jedem bestimmten Verhältnisse
z. B. wie 1 : 2 .... verlängern, und durch die erhaltenen Punkte eine krumme Linie
r''' r'' r' r c … ziehen, so gibt auch diess eine Wölbungslinie, welche die darüber lie-
gende Last bis an die oberste Horizontale trägt, und im Gleichgewichte erhält.


Da nun eine jede solche Linie, wie m''' m'' m' m b … die darüber befindliche Last
mit dem Querschnitte m''' b m''' Q''' B Q''', und eben so die Linie n''' n'' n' n a … die
Last, deren Querschnitt n''' a n''' Q''' B Q''' ist, trägt, so wird auch, wenn man die
Fläche n''' a n''' Q''' B Q''' abnimmt, der übrige Theil, nämlich m''' b m''' n''' a n'''
vollkommen gestützt seyn; es wird daher in einer jeden Fläche, die zwischen zwei Wöl-
bungslinien liegt, sich gleichfalls Alles im Gleichgewichte erhalten; und da wir zwischen
den Linien m''' b m''', n''' a n''' .... noch unendlich viele Stützlinien denken können,
die alle sowohl ihre eigene Last, als auch die darauf gelegte und die darunter angehängte
Last zu tragen im Stande sind, so erhellet, dass wir auf diese Art die Zeichnung solcher
Gewölblinien finden, bei welchen kein Punkt überflüssig, und die ganze Masse des Ge-
wölbes in das Gleichgewicht gebracht wird.


Diese Theorie gibt uns zugleich für den Fall, wenn die Strasse über die Brücke nicht
horizontal, sondern nach einer krummen Linie auf- und abwärts gebaut. werden soll, so-
wohl die Bestimmung der Form für die Strasse, als auch die Form des Lehrbogens für
die darunter herzustellende Gewölblinie.



[427]Elyptische Brückengewölbe.

§. 380.


So sehr diese Vollkommenheit allen Arten von Gewölben zu wünschen ist, so
dürfte doch die Schwierigkeit der genauen Verzeichnung der dazu nöthigen Lehrbögen
ihrer allgemeinen Einführung ein sehr grosses Hinderniss entgegenstellen, und man wird
daher auch künftig, wie bisher, solche Gewölbungen nach dem Kreise oder
nach der elyptischen Form
um so mehr ausführen, als sich der Kunstge-
schmack, wie wir bereits früher bemerkten, für diese Formen ausgesprochen, und die
Erfahrung auch gezeigt hat, dass solche Gewölbe sich zu erhalten fähig sind.


Es ist nunmehr von Wichtigkeit, die Stützlinie eines solchen Gewölbes sowohl
ihrer Richtung, als ihrer Zahl nach zu kennen, um durch angemessene Widerlagen
für ihren festen Stand sorgen zu können. Die Berechnung der Stützlinie für ein
elyptisches Gewölbe
ist in der unten angeführten Note *) ausführlich behandelt.
54 *
[428]Elyptische Brückengewölbe.
Fig.
6.
Tab.
19.
Ist nämlich W A die Fahrbahn oberhalb des elyptischen Gewölbes D S M B, und ist
U N i die Stützlinie dieses Gewölbes; die halbe Spannweite desselben D C = a, seine
Höhe in der Mitte B C = b, der Stützwinkel für den willkührlich angenommenen Punkt
N oder N n o = λ, die Ordinate für denselben Punkt Q N = z, der Krümmungshalb-
messer für den kleinen Bogen N n der Stützlinie = R, und der Winkel, welchen der
senkrecht oberhalb N im Kreise D R F liegende Punkt R mit dem Scheitel des Gewölbes
bildet, F C R = v; ferner die Höhe der Fahrbahn oberhalb dem Scheitel des Gewölbes
A B = h; endlich der horizontale Druck, welchen die Fläche Q A B M ausübt = H,
so erhält man nach der unten angeführten höhern Rechnung folgende drei Gleichungen
zur Bestimmung der Eigenschaften unserer Stützlinie:


  • I. Für den Stellungswinkel ist tang
  • II. Zur Bestimmung der Ordinaten der Stützlinie unter der Fahrbahn ist
  • III. Für den Krümmungshalbmesser ist

§. 381.


Fig.
7.
Die aufgestellten drei Gleichungen sind allgemein und behalten ihre vollkommene
Richtigkeit, was man immer für Werthe den Grössen b, h und a beilegen mag.


Wir wollen demnach den einfachsten Fall zuerst vornehmen und b = 0 setzen; dem-
nach verschwindet hier die Elypse und es bleibt uns nur die Steinmasse oder ein Qua-
derstein
übrig, dessen Länge U U' = 2 a und die Höhe A B = h ist, für welchen
nunmehr die Stützlinie aufzusuchen ist. Da in den vorigen Gleichungen alle Glieder,
welche b enthalten, verschwinden, so haben wir tang und
, sonach
Q N — A i = (N p)2 = i p. Daraus folgt (N p)2 = · i p.


Diess ist offenbar die Gleichung für eine Parabel. Die Stützlinie U N i U'
ist demnach eine Parabel, in welcher i p und N p die Coordinaten und die Grösse
der Parameter ist.



[429]Elyptische Brückengewölbe.

Wir wollen nun diese Gleichung auf einen Sturzstein U K K' U' anwenden,Fig.
7.
Tab.
19.

welcher z. B. auf die Futtersteine eines Fensters gelegt wird, und zugleich die Last des
darüber befindlichen Mauerwerkes durch eine, in seiner Masse liegende Wölbung voll-
kommen stützen soll.


Um die Fläche für den horizontalen Druck H zu bestimmen, setzen wir
N p = U B = a, so ist a2 = , daraus folgt
. Der Druck, den der Stein nach der horizontalen Rich-
tung bei U und U' äussert, ist demnach um so grösser, je grösser die Spannweite 2 a
und das Verhältniss ist.


  • Beispiel. Es sey die Höhe des Sturzsteines E B = 1 Fuss, die Höhe i B = ½
    Fuss, und die Höhe A B = 6 Fuss, endlich die Spannweite 2 a = 5 Fuss. Für
    diesen Fall ist der horizontale Druck; der
    senkrechte Druck in den Punkten U und U' ist = a . h = 2,5 . 6 = 15,
    folglich der gesammte Druck, der sich aus diesen beiden nach der Rich-
    tung der Diagonale ergibt = √ (37,5 + 152) = √ 1631,25 = 40,39. Die
    Richtung dieses Druckes ergibt sich aus der bekannten Proportion:
    U T : O T wie der senkrechte Druck bei U zum horizontalen, also wie
    15 : 37,5 = 1 : 2,5 = 2 : 5 = 2 B i : B U. Wenn wir demnach die Höhe
    2 B i = 1 Fuss von U nach T senkrecht und von T noch O fünf Fuss horizontal auftra-
    gen, so muss der Steinschnitt oder die Fuge U K winkelrecht auf die Linie O U seyn.

Bei der Einsetzung des Steines ist aber zu bemerken, dass die Widerlage bei
U nach der wagerechten Richtung einen Druck von 37,5, und nach der senkrechten
von 15 auszuhalten hat, dass sonach auch der Stein so scharf eingekeilt werden müss-
te, um diesem Drucke zu widerstehen. Da diess mit einigen Schwierigkeiten verbun-
den ist, so pflegt man solche Sturzsteine mit einem flachen Bogen zu über-
wölben
, und erst, nachdem dieser sich hinlänglich gesetzt hat, und ausgetrocknet
ist, den Sturzstein frei einzulegen, welcher demnach nur den zwischen dem Gewölbe
und dem Sturzsteine ausgemauerten Raum zu tragen hat, weil die übrige Last von dem
darüber geführten Gewölbe getragen wird.


§. 382.


Aus der vorhergehenden Rechnung ersehen wir, dass die ersten Glieder in denFig.
6.

§. 380 gefundenen drei Gleichungen, welche die Grösse h zum Faktor haben, zur Un-
terstützung des Parallelogrammes A W E B dienen, und zur Stützlinie eine Pa-
rabel geben
; die folgenden Glieder, welche mit b multiplicirt sind, enthalten die
Abweichung der Stützlinie des elyptischen Gewölbes von der Para-
bel
; diese Glieder gehören sonach nur der Unterstützung des Raumes zwischen der
horizontalen Linie durch den Scheitel des Gewölbes und dem elyptischen Bogen, oder
[430]Elyptische Brückengewölbe.
Fig.
6.
Tab.
19.
des sogenannten Zwickels B S D E. In der Nähe des Scheitels oder bei dem Schluss-
steine ist die Fläche des Zwickels B S D E im Vergleiche mit der Fläche des Paralle-
logramms W A B E sehr klein, folglich kommen daselbst diese beiden Unterstützungs-
linien mit einander sehr nahe überein. Diess ist der Grund, warum der 6te Theil des
ganzen Kreises oder solche Bögen, die von beiden Seiten des Schlussteines nur bis
zu 30 Grad reichen, und welche sonach über der Seite eines gleichseitigen Dreieckes be-
schrieben werden, ihrer vorzüglichen Festigkeit wegen durch die Erfahrung so bewährt
sind, und daher häufig in der Baukunst angewendet werden.


Da die Abweichungen der Stützlinie des elyptischen Bogens von der Stützlinie des
Parallelogramms nur von dem Beisatze derjenigen Grössen, welche in den angeführten
Gleichungen die Höhe des elyptischen Bogens b zum Faktor haben, abhängen, so sieht
man von selbst, dass hiebei das Verhältniss vorzüglich zu berücksichtigen seyn werde.


Die Höhe h des Schlussteines richtet sich nach dem horizontalen Drucke H, wel-
chen diese Steine auszuhalten haben. Wollte man diesen Druck der Fläche gleich
setzen, welche entsteht, wenn der Krümmungshalbmesser der Elypse im Scheitel =
mit der Höhe h multiplicirt wird, oder annehmen, und unter dieser Vor-
aussetzung die Coordinaten z für die folgenden Stellungswinkel berechnen, so würde
man finden, dass für den Fall, wenn i nach A versetzt wird, oder wenn die Stützlinie
im Scheitel mit der Fahrbahn in A zusammfällt, alle Coordinaten z grösser als
h + b — b . Cos v für den gleichen Stellungswinkel v sind, und dass folglich die durch
den Punkt B gehende Stützlinie gänzlich ins Freie fallen oder eine Stützlinie geben
würde, welche mit dem elyptischen Bogen nur den Punkt B gemein hat, deren übrige
Punkte aber sich unterhalb des elyptischen Bogens befinden.


Es ist demnach nothwendig, für die Stützlinie den Krümmungshalbmesser im Scheitel
grösser als , sonach auch den horizontalen Druck H grösser als anzunehmen; da
jedoch die unterste Stützlinie sich von dem elyptischen Bogen nicht zu weit entfernen
darf, so muss diese Linie ausser dem Scheitel den elyptischen Bogen zu beiden Sei-
ten noch irgendwo berühren.


Es entsteht demnach die Frage, wie gross der Winkel v für diesen Berührungspunkt
genommen werden könne, damit in diesem Punkte nicht nur die Ordinate Q N oder z für
die Stützlinie mit der Ordinate Q M für den elyptischen Bogen gleich sey, sondern auch
der Stellungswinkel N n o für die Stützlinie mit dem Stellungswinkel des elyptischen Bo-
gens M m O übereinkomme.


Die erste Bedingniss, dass die Ordinaten gleich seyn sollen, gibt nach II, §. 380 die Glei-
chung


Die zweite Bedingniss, dass die Stellungswinkel der Stützlinie und des elyptischen
Bogens gleich seyn sollen, gibt nach I die Gleichung

[431]Elyptische Brückengewölle.

Wird in diesen Gleichungen h = gesetzt, welches der Fall für einen Kreisbo-Fig.
6.
Tab.
19.

gen wäre, wo b = a und h wie gewöhnlich = angenommen ist, so ergibt sich aus
diesen beiden Gleichungen sehr nahe v = 1,047, folglich der Winkel A C Q = 60 Grad,
wo nämlich die unterste Stützlinie den elyptischen Bogen zu bei-
den Seiten des Scheitels berührt
. Für die übrigen Fälle hat man überhaupt
v = Arc (60° — u) = 1,047 — u gesetzt; für diesen Werth folgt aus den beiden letzten
Gleichungen , und der horizontale Druck

Die Höhe D U', wo die unterste Stützlinie S U' der Widerlage D U W begegnet,
wird gefunden, wenn von W D = h + b, die Linie W U' = z' abgezogen wird. Die
Linie W U' = z' wird gefunden, wenn in der allgemeinen Gleichung II, v = 90° ge-
setzt wird; wir erhalten demnach , wo H aus
der vorhergehenden Gleichung zu nehmen ist. Man findet auf diese Weise

Der senkrechte Druck an der Widerlage U ist offenbar =
= a (h + 0,2146 b).
Diese Gleichungen geben für .... h = ; ; .....
den Winkel .......... u = 0 ; 3° 49Min.; 5° 28Min. ..
folglich für die Berührung den Winkel v = 60° ; 56° 11Min.; 54° 32Min. ..
sonach den horizontalen Druck … H = 1,3730 h · ; 1,1648 h · ; 1,0608 h · ..
die Höhe der Stützlinie über dem Kämpfer D U' = 0,2169 b ; 0,2402 b ; 0,2575 b ....
den senkrechten Druck an der Widerlage = 0,2979 a . b ; 0,3396 a . b ; 0,3813 a . b. ..


Die Höhe der Stützlinie über jedem Punkte M des elyptischen Bogens ist M N of-
fenbar = Q L — Q N — M L = h + b — z — b . Cos v

Zu einem Beispiele haben wir den Fall angenommen, dass die Gewölbhöhe in der
Mitte ein Drittheil der Spannweite oder b = ⅔ a und h = 1/12 a = ⅛ b ist. Für diesen
Fall gibt die letzte Gleichung
für die Winkel v = 0; 30 Grad; 45 Grad; 60 Grad; 90 Grad.
die Höhe M N = 0; 0,0059 b; 0,0031 b; 0,0010 b; 0,2414 b.


§. 383.


Wir haben nun noch über die Anzahl der Stützlinien, welche die Masse des
elyptischen Gewölbes vor dem Einsturze zu sichern im Stande sind, zu bemerken:


[432]Elyptische Brückengewölbe.
  • 1tens. Dass durch alle Punkte der Höhe A B = h vom Scheitel des Gewölbes bis
    an die Fahrbahn Linien gezogen werden können, welche mit der untersten durch
    B gehenden Stützlinie parallel laufen, demnach auch die Eigenschaft besitzen,
    das ganze Gewölbe vollkommen zu unterstützen, und dass sonach der ganze vor-
    handene Raum zwischen der untersten und der obersten Stützlinie zur Stütze des
    Gewölbes diene.
  • 2tens. Können wir aber auch alle Ordinaten von der Fahrbahn bis zur elyptischen
    Fig.
    8.
    Tab.
    19.
    Gewölblinie nach irgend einem gemeinschaftlichen Verhältnisse z. B. wie 1 : ½ thei-
    len. Werden nun diese Theilungspunkte B', M', N' und D' mit einander verbun-
    den, so erhellet von selbst, dass auch der Raum zwischen der Fahrbahn A W und
    dem elyptischen Bogen B D durch die Theilungslinie B' N' D' in zwei gleiche Theile
    getheilt, folglich auch die Fläche A B' N' Q die Hälfte von A B N Q seyn werde.

Wenn wir nun für den Raum A B' D' W eine Stützlinie suchen, so ergibt sich aus
der Eigenschaft, dass die Tangenten der Stellungswinkel den zu stützenden Lasten
proportional seyn müssen, tang N' n' o' : tang N n o = = A B' N' Q : A B N Q = 1 : 2.
Daraus sieht man, dass N' o' = d z' die Hälfte von N o = d z sey; demnach wird auch
nach der Integration der Differenzialgleichung z' = seyn müssen, weil bei der obern
Stützlinie alles in dem Verhältnisse 1 : 2 sich befindet. Da nun der obere Stützbogen
das obere Gewölbe für sich zu tragen im Stande ist, der untere Stützbogen aber das
ganze Gewölbe trägt, so sieht man von selbst, dass auch nach der Entfernung des
obern der übrig bleibende Theil sich selbst zu stützen im Stande seyn müsse.


Diese Verhältnisse finden aber bei einer jeden andern Theilung statt, es folgt da-
her, dass man zwischen A B und W D unendlich viele Stützlinien er-
halten werde, wovon jede sowohl den ganzen Raum, als auch den
zwischen zwei Stützlinien enthaltenen Raum zu stützen im Stande
ist
. Wir können demnach auf diese Art zwischen A B und W D unendlich viele sol-
che Stützlinien ziehen, welche die ganze Masse zwischen der Fahrbahn und der unter-
sten Stützlinie im Gleichgewichte zu erhalten im Stande sind, so wie diess bereits hin-
sichtlich der Kettenlinie §. 379 bemerkt wurde.


Hiebei ist aber noch zu erinnern, dass für eine jede solche Stützlinie zwar der
senkrechte Druck bei den Widerlagen derselbe bleibe, jedoch der horizontale Druck
für den Fall, wenn zur Unterstützung der Masse A B D W die mittlere Linie B' D' ge-
wählt wird, doppelt so gross seyn werde, als wenn die Masse auf die untere Linie
B D gelegt wird. Dieses erhellet daraus, weil alle Krümmungshalbmesser der mittlern
Stützlinie doppelt so gross als jene für die untere seyn müssen, folglich auch der
Krümmungshalbmesser in B', dem der horizontale Druck bei B' proportional ist, dop-
pelt so gross seyn muss, als der Krümmungshalbmesser in B, welcher dem horizonta-
len Drucke in B proportional ist.


Dass aber die Krümmungshalbmesser um so grösser seyn müssen, je höher der
Punkt B' über den Scheitel B zu liegen kommt, folgt daraus, weil die Biegungen
der Bögen von unten gegen die Fahrbahn aufwärts fortwährend abnehmen, so zwar,
[433]Verzeichnung elyptischer Bögen.
dass in dieser Fahrbahn gar keine Biegung mehr vorhanden ist. Wenn also derFig.
8.
Tab.
19.

Bogen B' D' durch die Mitte zwischen A B und W D geführt wird, so kann derselbe
auch nur die halbe Biegung des untern Bogens haben, sein Krümmungshalbmesser ist
daher doppelt so gross. Der strenge Beweis hiefür ergibt sich durch die Differen-
zialrechnung.


§. 384.


Wir haben nun noch von den Methoden zu sprechen, deren man sich zur Ver-
zeichnung einer Elypse
bedient. Schon in ältern Zeiten war man bemüht, ver-
schiedene Methoden und Instrumente zu erfinden, um die Zeichnung der Elypsen auf
eine einfache Art zu bewerkstelligen, jedoch ist noch keine Art bekannt, welche im
Grossen und im Kleinen gleich brauchbar anzuwenden wäre.


Hieher gehört zuerst die Methode aus den zwei Brennpunkten einer Elypse diesel-Fig
9.

be mittelst einer Schnur zu beschreiben. Wenn nämlich die Spannweite oder grössere
Achse A A' der Elypse und die Höhe derselben in der Mitte, oder die halbe kleinere
Achse C B gegeben ist, so beschreibt man zuerst von B aus mit dem Halbmesser
= B G = B G' einen Bogen, dessen Durchschnittspunkte G, G' die sogenannten
Brennpunkte geben. Nun wird in G und G' ein Stift eingesetzt und eine Schnur
um den Punkt G' von beiden Seiten bis zu A geführt, und daselbst verbunden. Bin-
det man nun zugleich in A den Zeichenstift ein, womit der Bogen beschrieben werden
soll, und fährt damit bei angespannter Lage der Schnur von A nach E, B bis A', so
hat man den elyptischen Bogen verzeichnet. Diese Methode wird vorzüglich in dem
Falle zur Beschreibung der Lehrbögen gebraucht, wenn die Spannweite nicht sehr
gross ist; ist aber das letztere der Fall, so unterliegt die Schnur der Ausdehnung.
Zur Verzeichnung am Papiere kann man sich derselben auch nicht leicht bedienen.


In dieser Hinsicht wurde in neuern Zeiten die Methode angewandt, elyptische
Bögen aus drei oder mehr, mit verschiedenen Halbmessern beschrie-
benen Kreisbögen zusammen zu setzen
. Hieher gehört folgende Methode:


Es sey A C A' die gegebene Spannweite oder die grössere Achse der Elypse undFig.
10.

C B die gegebene Höhe derselben in der Mitte. Man beschreibe aus dem Mittel-
punkte C mit dem Halbmesser A C den halben Kreis A D B' D' A', und trage aus A und
A' den Halbmesser A D = A C und A' D' = A' C auf. Wird nun der Punkt D mit
A und C, dann D' mit A' und C verbunden, so entstehen die gleichseitigen Dreiecke
A D C und A' D' C. Man verbinde nun die Punkte B', D und D' und ziehe aus dem
obersten Punkte der zu beschreibenden Elypse, nämlich aus B die Linie B F parallel
zu B' D, dann ziehe man aus F die Linie F E parallel zu D C, so werden die Durch-
schnittspunkte E und G, so wie auf der andern Seite E und G' die Mittelpunkte seyn, aus
welchen der Bogen F B F' und die Bögen A F und A' F' beschrieben werden können.
Man sieht nun von selbst, dass ein jeder dieser drei Bögen an seinem Mittelpunkte einen
Winkel von 60 Grad überspannt; diese Bögen werden bei F und F' in einander laufen
und die aus allen dreien zusammengesetzte krumme Linie A F B F' A'. in der Mitte die
gegebene Höhe C B, so wie die gegebene Weite A C A' überspannen.


Gerstners Mechanik. Band I. 55
[434]Verzeichnung elyptischer Bögen.

Fig.
10.
Tab.
19.
Der Beweis hiefür ergibt sich aus der Figur selbst; es bleibt daher nur zu bemer-
ken, dass der auf diese Art entstandene Bogen der Elypse um so näher kommt, je we-
niger die beiden halben Achsen von einander verschieden sind. Wenn nämlich die
Höhe B C so klein ist, dass die aus B zu B' D parallel gezogene Linie B F in den Punkt
A trifft, so wird A A' E ein gleichseitiges Dreieck geben, und der Bogen A B A' gibt
bloss den Kreisausschnitt, dessen beide Schenkel den Winkel von 60 Grad einschliessen.


§. 385.


Da der plötzliche Uibergang von der Krümmung eines grössern Kreises zu einem
kleinern an dem Orte, wo die beiden Bögen sich in einander verlaufen, zu sichtbar
auffällt, so hat man es vorgezogen, zur Verzeichnung der elyptischen Bö-
gen von grössern Spannweiten mehrere Halbmesser anzunehmen
,
um dadurch dem Auge diese sichtbare Ungleichheit möglichst zu verbergen; diese Li-
nien wurden in neuern Zeiten Korblinien genannt. Wenn aber diese Bögen nach
ihrer Zusammensetzung den elyptischen Bogen von einer gegebenen Höhe und Weite
bilden sollen, so bedarf es einer umständlichen Berechnung, mittelst welcher sowohl
die Grösse der Krümmungshalbmesser, als die Orte der Mittelpunkte dieser Bögen zu
bestimmen sind.


Fig.
11.
Zu dieser Absicht hat Perronet für den Bau der steinernen Brücke zu
Neuilly
den Lehrbogen aus 11 verschiedenen Kreisbögen zusammengesetzt, und hiezu
die ganze Weite 2 C Z = 2 a = 120 Fuss und die Höhe C A = b = 30 Fuss angenom-
men. Da in diesem Falle der Krümmungshalbmesser für den Punkt A = = 120 Fuss
und für den Punkt Z = = 15 Fuss ist, so wurde die Linie G C = 90 Fuss zuerst in
5 gleiche Theile, und C b = a — = 45 Fuss in 15 Theile getheilt, jedoch so, dass
C g = 5 Theile betrug, folglich C g = 15 Fuss, dann g f = 4 Theile oder = 12 Fuss, ferner
f e = 3 Theile oder = 9 Fuss, weiters d e = 2 Theile = 6 Fuss, endlich
b d = 1 Theile = 3 Fuss erhielt. Dann beschrieb er aus dem Mittelpunkte G den Bo-
gen A g', dann aus F', wo die Linien G g' und F f' sich schneiden, den Bogen g' f';
auf gleiche Art aus E' den Bogen f' e'; aus D' den Bogen e' d' und aus B' den Bogen
d' b', endlich aus b den Bogen b' Z.


Nun untersuchte Perronet die Höhen der Ordinaten g' i, f' k .... und verglich
sie mit denjenigen Höhen, welche der Construktion einer vollkommenen Elypse entspre-
chen. Um die gefundenen Differenzen auszugleichen, fand er nun, dass man C B = 24 Fuss
und Z b = 39,89 Fuss oder 40 Fuss annehmen müsse. Von diesen zwei Punkten aus wurde
nun die Verzeichnung auf die vorher beschriebene Art vorgenommen, und der elyptische
Bogen konstruirt. Da jedoch diese Verzeichnung wesentlich auf dem Umstande beruht,
dass die Höhe C A = b der 4te Theil der Spannweite 2 C Z = 2 a oder b =
seyn müsse, so sieht man von selbst, dass diese Verzeichnungsart auch nur in diesem
Falle für eine verhältnissmässige Vergrösserung oder Verkleinerung brauchbar seyn könne.


[435]Verzeichnung elyptischer Bögen.

§. 386.


Um demnach die Verzeichnung der Elypse auf eine allgemeine Art
vorzunehmen, führen wir noch folgende Methode an, die sich auf die Länge des
Krümmungshalbmessers für jeden Punkt des elyptischen Bogens

gründet.


Es sey A C = A' C = a die verlangte halbe Spannweite und B C = b die Höhe desFig.
12.
Tab.
19.

Gewölbes. Man beschreibe mit dem Halbmesser C A den Kreis A B' A', verbinde einen
beliebigen Punkt M' desselben mit dem Mittelpunkte C und ziehe von M' die Senkrech-
te M' M und Horizontale M' R'; es fragt sich nun den Punkt M in der Elypse zu bestimmen.


Nennen wir den Winkel B C M' = v, so ist M' R' = a. Sin v = M R = P Q, dann
M' N = a. Cos v, und weil sich die Ordinate der Elypse zur Ordinate im Kreise, wie die
halbe kleinere Achse zur halben grössern Achse oder M N : M' N = b : a verhalten muss,
so ist auch M N = b . Cos v.


Ziehen wir nun auf den Bogen M m die Linie M O winkelrecht und bezeichnet O den
Mittelpunkt der Krümmung für den elyptischen Bogen in der Gegend von M, demnach
M O den Krümmungshalbmesser dieses Bogens, welchen wir mit r bezeichnen wollen, so
ist, nach der höhern Analysis *) die Grösse dieses Krümmungshalbmessers
M O = r = .


Für den Punkt B ist v = 0, daher r = = B D, für die Punkte A und A' aber
ist v = 90 Grad, daher r = = A E; auf gleiche Art kann der Krümmungshalbmes-
ser für jeden andern Werth von v berechnet werden.


Um die Krümmungshalbmesser für eine Entwicklungslinie zu erhalten, mit-
telst welcher, so wie §. 371 bei der Kettenlinie, der elyptische Bogen beschrieben wer-
den kann, ziehen wir für den Endpunkt O des Krümmungshalbmessers M O die Horizon-
tale P O Q und verlängern die Ordinate M N bis Q. Demnach ist C P die Abscisse und
O P die Ordinate für den Mittelpunkt O.


55 *
[436]Verzeichnung elyptischer Bögen.

Fig.
12.
Tab.
19.
Setzen wir nun den Winkel O M Q = M m q = w, so ist die Linie O Q = r . Sin w,
und wenn wir diese von P Q = M R = a . Sin v abziehen, so erhalten wir
P O = a . Sin v — r . Sin w. Auf gleiche Art ist M Q = r . Cos w, und wenn wir
hievon die Linie M N = b . Cos v abziehen, so erhalten wir C P = r . Cos w — b . Cos v.


Zur Bestimmung des Winkels w ist zu bemerken, dass tang w = ; auf gleiche
Art ist tang M' m' p = tang v = ; es verhält sich also tang v : tang w =
Nun ist M' p = M' N — m' n, dann M q = M N — m n, demnach
tang v : tang . Da ferner p m' = q m und
M' N : M N = a : b = m' n : m n, so ist auch tang v : tang w = a : b, also
tang w = · tang v, woraus sich der Winkel w für jeden Werth von v bestimmen lässt.


Nach diesen Gleichungen sind für die Werthe v = 0, 30, 45, 60 und 90 Grad, die
Coordinaten der Elypse M R = a . Sin v und M N = b . Cos v, dann der Krümmungs-
halbmesser , die Tangenten der Stellungswinkel w und
zuletzt die Coordinaten der Entwicklungslinie C P = r . Cos w — b . Cos v und
P O = a . Sin v — r . Sin w berechnet worden.


Um über den Gebrauch dieser Tabelle ein Beispiel zu geben, wollen wir
b = ⅔ a setzen, oder annehmen, dass die Höhe des Gewölbes dem dritten Theile der
ganzen Spannweite gleich sey. Für diesen Fall haben wir


[437]Verzeichnung [elyptischer] Bögen.
Fig.
12.
Tab.
19.

Ist z. B. die Spannweite des elyptischen Bogens, 2 a = 120 Fuss und die Höhe
der 3te Theil der ganzen Spannweite oder b = 40 Fuss, so braucht man nur alle
Zahlen der vorstehenden Tabelle mit 60 zu multipliciren, um alle Maasse, die zur ge-
nauesten Verzeichnung des Gewölbbogens nothwendig sind, zu erhalten.


Hiernach ist der Bogen in Fig. 13 und zwar im 360ten Theil der natürlichen GrösseFig.
13.

verzeichnet, zugleich aber auch die Stützlinie, welche für diesen Fall Seite 431
berechnet wurde, zu dem Zwecke eingetragen worden, damit die Gewölbsteine,
so wie es bereits von Perronet geschah, nicht winkelrecht auf den elyptischen Bogen,
sondern winkelrecht auf diese Stützlinie behauen, zugerichtet und in das
Gewölbe eingesetzt werden. Auf solche Art wird nun der ganze Druck an jedem Or-
te winkelrecht auf den verschiedenen Grundflächen stehen.


§. 387.


Kuppelgewölbe gehören der höhern Baukunst an, und werden gewöhnlich beiFig.
1.
Tab.
20.

öffentlichen Gebäuden in einem grössern Maasstabe ausgeführt; ihre feste Aufstellung
verdient daher auch eine um so grössere Aufmerksamkeit. Von den Tonnengewölben
sind sie hauptsächlich dadurch verschieden, dass ihre Rippen A B C, .... gegen einen
gemeinschaftlichen Punkt A in der Höhe oder am Scheitel zusammenlaufen, demnach
von unten aufwärts immer schmäler werden, wogegen die Tonnengewölbe bloss aus
parallelen Streifen von gleicher Breite bestehen.


Da wir bereits den Grundsatz angenommen haben, dass bei der Stellung der Ge-
wölbsteine auf Verbindungen durch Mörtel und wechselseitigen Zusammenhang keine
Rücksicht genommen, und die letztere nur zur Vermehrung des festen Standes der
Gewölbe vorbehalten werden soll, so müssen wir diese Rücksicht auch bei der gegen-
wärtigen Untersuchung beibehalten, und demnach annehmen, dass die Rippen von der Seite
keine Haltbarkeit bekommen, sondern jede für sich allein ihren festen Stand nach §. 366 be-
hauptet. Die Regeln, die wir dort für die wechselseitige Stellung der Prismen
aufgestellt haben, sind allgemein und von der besondern Figur der Gewölbsteine un-
abhängig, wir müssen daher auch hier den Grundsatz aufstellen, dass ein jeder Ge-
wölbstein unter dem andern eine solche Stellung erhalten soll, dass er mit seinem Ge-
[438]Erforderliche Belastung für clyptische Kuppelgewölbe.
wichte nicht nur den nächst darüber befindlichen, sondern auch allen, von wel-
chen dieser Stein gedrückt wird, oder überhaupt der ganzen Masse der darauf sich
stützenden Gewölbtheile bis an den Schlusstein Gleichgewicht zu halten im Stande
ist, demnach muss sich auch der horizontale Druck an jedem Orte zum senkrechten
Drucke, wie der Halbmesser zur Tangente des Stellungswinkels verhalten.


Da die meisten Kuppelgewölbe nach der Form einer hohlen Kugel, oder nach ei-
ner eyförmigen aufwärts gestreckten elyptischen Form gebaut werden, so wollen wir
in dieser Hinsicht zuerst die Last untersuchen, mit welcher ein jeder Ge-
wölbstein beschwert werden müsste, wenn die kreisförmige oder
elyptische Form zugleich die Eigenschaft einer Stützlinie erhal-
ten soll
.


Fig.
2.
Tab.
20.
Zu dieser Absicht sey die Höhe der Kuppel in der Mitte A C = a, die halbe
Spannweite im Lichten B C = b, die Höhe der Belastung für den willkührlich angenom-
menen Punkt M sey M M'' = z, und die Höhe der Belastung für den Winkel v = 45°
sey = f, so ist nach der Lehre der höhern Analysis *). Nach
dieser Gleichung sind nun für die Winkel von 10 zu 10 Graden die Höhen z der Be-
lastungen berechnet worden:


Aus dieser Rechnung ist zu ersehen, dass ein freies elyptisches Kuppelge-
wölbe
sowohl im Scheitel als auch in der Nähe der Widerlagen eine grössere Belastung
[439]Stützlinie für elyptische Kuppelgewölbe.
erfordere, als die gleichförmige Dicke des Gewölbes allein zu geben im Stande ist. Die
Ursache hievon ist, weil oben beim Scheitel die Rippen zu schmal werden, und nur in ei-
nen Punkt zusammen laufen, demnach dem übrigen Theile der Rippen das Gleichgewicht
zu halten nicht im Stande sind. In der Nähe der Widerlagen aber ist die beinahe senk-
rechte Stellung der Gewölbsteine nicht im Stande dem horizontalen Drucke der übrigen
das Gleichgewicht zu halten.


Dem erstern Umstande am Scheitel wird dadurch abgeholfen, dass das gesammte Ge-
wicht, womit das Kuppelgewölbe bis zu einer bestimmten Entfernung vom Scheitel bela-
stet werden muss, eine bestimmte Grösse erhält. *) Dieses Gewicht wird nach der un-
ten angeführten höhern Rechnung bestimmt, und man sieht von selbst, dass den Later-
nen
, welche zur innern Beleuchtung in der Mitte der Kuppelgewölbe aufgesetzt zu wer-
den pflegen, dieses nothwendige Gewicht ohne Anstand gegeben werden könne.


Dem zweiten Umstande kann nicht anders als durch eine angemessene Stellung der
Gewölbsteine, oder durch eine entsprechende Stützlinie, welche innerhalb der
Masse des Gewölbes verborgen werden muss, abgeholfen werden.


§. 388.


Die Bestimmung der Stützlinie für ein freies elyptisches Kuppelge-
wölbe
kann nur durch höhere Rechnung aufgefunden werden. **) Bei dieser Rechnung
[440]Stützlinie für elyptische Kuppelgewölbe.
ist die Annahme zum Grunde gelegt, dass das elyptische Kuppelgewölbe von dem Schei-
tel bis zu dem Winkel v = 45 Grad so belastet wird, wie es das Gleichgewicht erfor-
dert und dass von 45 Grad abwärts die weitere Unterstützung in einer angemessenen Stütz-
linie mit Beibehaltung der elyptischen Form gesucht werden müsse.



[441]Stützlinie für elyptische Kuppelgewölbe.

Die unter dem Texte erscheinende Gleichung I. gibt die Tangenten für den Stel-
lungswinkel λ, welchen die Stützlinie des elyptischen Kuppelgewölbes an jedem Punk-
te mit dem Horizonte macht; die Gleichung II. enthält die Tiefe z, wie viel ein jeder
Punkt dieser Stützlinie unter der bei 45 Grad (in dieser Linie) gezogenen Horizontalen
liegt. Der Winkel v wird hier, wie bei den frühern Berechnungen vom Scheitel an
gerechnet.


Es wäre zu weitläufig die ganze Stützlinie in jedem Falle durch eine RechnungFig.
4.
Tab.
20.

zu bestimmen und zu verzeichnen. Da es aber hiebei nur darauf ankommt, den Ort
zu wissen, wo die Stützlinie der Widerlage begegnet, so hat man den Werth von z
nur für diejenigen Winkel v berechnet, wo die Stützlinie in die Widerlage einfällt.
Um diess auf eine allgemeine Art zu thun, wurden für das Verhältniss der Breite der
Anlage des elyptischen Kuppelgewölbes am Kämpfer (β) zum Durchmesser oder zur
Spannweite an demselben Orte (2 b) die Werthe , , , und angenommen,
d. h. die Fälle berechnet, wo für eine Spannweite von 72 Fuss die Anlage oder Dicke
des elyptischen Gewölbes auf dem Kämpfer 3, 4, 4,5, 5 und 6 Fuss beträgt.


Für diese Annahmen wurde der Winkel v, wo das Kuppelgewölbe in die Wider-
lage trifft, aus der Gleichung Sin v = (III) bestimmt.


Für diesen Winkel hat man sodann sowohl die Linie z = K U aus der Glei-
chung II, als auch die Höhe D' (IV.) be-
rechnet. Da die Höhe D' K = E S = . L E = a . Cos 45° = 0,7071068 a ist, so
finden wir die Linie i U, wie weit die Stützlinie bei U den äussern Gewölbbogen
überschreitet, wenn wir von K D' die Summe K U + D' i abziehen. Hiernach wur-
de die vorletzte Columne in der unten folgenden Tabelle berechnet.


Man hat diesen Rechnungen noch in der letzten Columne den Werth
f = 0,7071063 . a zu der Absicht beigesetzt, weil man diesen Werth zur Be-
**)
Gerstners Mechanik. Band I. 56
[442]Stützlinie für elyptische Kuppelgewölbe.
Fig.
4.
Tab.
20.
stimmung des Gewichtes der Belastung des elyptischen Gewölbes von 0 bis zu 45 Grad,
so wie auch zur Bestimmung der Grösse des horizontalen Druckes bedarf. Der kub.
Inhalt des Gewölbraumes von 0 bis 45 Grad beträgt der frühern Rechnung zu Folge
; der horizontale Druck für jede Rippe, welche den Winkel w an dem Mit-
telpunkte bildet, ist nach derselben Rechnung = .


Da der Raum zwischen dem Gewölbebogen und der Stützlinie U i p nicht leer
bleiben darf, sondern eben so wie bei den Tonnengewölben ausgemauert werden muss,
so ist es dem Zwecke zuträglich, die Verhältnisse und so auszumitteln, dass
dieser Raum ein Minimum werde. Hiezu dient der Umstand, dass alle Gewölbe in
der Nähe der Widerlagen eine grössere Stärke, als am Scheitel erhalten müssen; es
wird demnach vortheilhaft seyn, gross und dagegen klein zu machen. Da man
jedoch diese Verhältnisse auch nicht zu weit von einander entfernen darf, so wurde
in der folgenden ersten Tabelle angenommen, wo, wie in der Note unter
dem Texte bemerkt wurde, α die Höhe ist, welche die Gewölbsteine im Scheitel in
dem Falle erhalten würden, wenn das Kuppelgewölbe nach der Verzeichnung der bei-
den (äussern und innern) Elypsen ganz ausgeführt werden könnte; a aber ist die ver-
tikale Höhe von der Mitte dieses Gewölbsteines bis zur Horizontallinie durch die
Kämpfer. Wir erhalten für diesen Fall folgende Werthe:


[443]Stützlinie für elyptische Kuppelgewölbe.

Die zweite Tabelle ist für den Fall berechnet, dass ist.

§. 389.


Aus diesen zwei Tabellen sehen wir, dass die Tiefe z der Stützlinie an den Käm-Fig.
4.
Tab.
20.

pfern von oben herab abnimmt, wie es die dritte Columne zeigt, und dagegen die
Höhe des erstern Bogens über den Kämpfern nach Verhältniss der Werthe in der vierten
Columne von oben herab zunimmt. Da nun die Summe dieser beiden Grössen immer
von a . Cos 45° = a . 0,7071068 abgezogen werden muss, so sieht man aus der vorletzten Co-
lumne der Tabelle, dass die Höhe der Stützlinie über dem äussern Bogen, folglich der
Raum, der an der Widerlage über dem elyptischen Bogen ausgemauert werden muss, an-
fangs ab- und dann wieder zunimmt.


Das Minimum dieser Höhe liegt in der ersten Tabelle bei dem Werthe
, d. h. bei der Spannweite. In der zweiten Tabelle liegt dieses Mi-
nimum bei , welches schon daraus erhellet, indem die Anlage des
Gewölbes auf den Kämpfern breiter seyn muss, wenn es in der Höhe stärker gehalten
wird.


In Hinsicht auf die Bestimmung der Widerlagen ist hier noch zu bemer-
ken, dass der Ort oder die Höhe, wo die Stützlinie an die Widerlagen anläuft, sich
über dem Kämpfer befindet, und zwar ist diese Höhe = K D' — K U = a . Cos 45° — z.


56 *
[444]Bemerkungen über Kuppelgewölbe.

Der senkrechte Druck, oder der diesem Drucke entsprechende kubische In-
halt wird gefunden, wenn man die aus der Gleichung I berechnete tang λ mit dem ho-
rizontalen Drucke multiplizirt.


§. 390.


Es ist merkwürdig, dass die Baue der Alten und vorzüglich des Römischen Pan-
theons
mit dieser Theorie so sehr übereinstimmen, wie sich jedermann aus der An-
sicht des in mehreren Werken bekannt gemachten Profiles von diesem Bauwerke über-
zeugen kann.


Bereits früher haben wir bemerkt, dass es nicht nothwendig sey, dem Gewölbe von
0 bis 45 Grad eine durchaus gleiche Dicke zu geben, und dass es hinreiche, wenn die-
ses Gewölbe bis zum Winkel von 45 Grad vom Scheitel gerechnet, den kubischen Inhalt
hat, weil dieser zum Gleichgewichte für den untergesetzten Theil von 45 bis 90
Grad erfordert wird.


Bei den neuern Kuppelgewölben hat man oben auf das Gewölbe eine La-
terne
gesetzt, und die Verhältnisse derselben so angenommen, dass eine Beleuch-
tung des innern Raumes der Kuppel von oben statt finden könne. Da diese Laternen
verhältnissmässig ein grösseres Gewicht haben, als der übrige Raum des Kuppelgewöl-
bes bis zum Winkel von 45°, so ist dafür dieser Raum schwächer gehalten.


Bei dem Römischen Pantheon hingegen, auf welchem oben keine solche La-
terne aufgesetzt ist, ist der obere Theil dieses Gewölbes stärker gehalten, als von 30
bis 45° abwärts (von oben herabgerechnet); von 45° bis zu den Kämpfern hat diess
Gewölbe aber eine grössere Stärke, als die neuern Kuppeln dieser Art besitzen.


§. 391.


In mehreren Schriften über diesen Gegenstand ist die Bemerkung vorhanden, dass
man sich bei dem Baue der Kuppeln um die verhältnissmässige Unterstützung dersel-
ben gar nicht zu bekümmern brauche, indem die im Kreise herumgelegten Gewölb-
steine gegen das Hineinfallen in den innern Raum des Gewölbes durch diese kreis-
förmige Bauart hinlänglich gesichert sind. Allein die Erfahrung hat bewiesen, dass bei
einem unzweckmässigen Verhältnisse, besonders wenn die Kuppeln sehr flach gebaut wer-
den, der untere Theil des Gewölbes dem Drucke des obern nicht hinlänglich widerste-
hen könne, und auswärts getrieben wird. Diess erklärt zum Theil die Gebrechen, welche
sich bei einigen Bauwerken dieser Art, und vorzüglich bei der Peterskirche in Rom ge-
zeigt haben.


§. 392.


Zur Beendigung der Theorie der Gewölbungen bleibt uns noch übrig, die Stärke
der Widerlagen
zu bestimmen, welche sowohl dem berechneten horizontalen, als
auch dem senkrechten Drucke hinlänglich zu widerstehen im Stande sind. Unter den
Widerlagen versteht man nämlich diejenigen Mauern oder Pfeiler, auf welche das
Gewölbe gestellt wird, in denen demnach die bis auf den Grundbau fortgeführte Stütz-
linie hinlängliche Stabilität erhalten muss.


[445]Stärke der Widerlagsmauern.

Es ist bereits §. 348 gezeigt worden, dass in dem Falle, wenn der Druck an die
Stützmauer so gross wird, dass dadurch das Gewicht dieser Mauer überwältigt
oder die aus beiden zusammengesetzte mittlere Kraft in den äussern Endpunkt der Ba-
sis oder ausserhalb der Basis ins Freie fallen würde, auch die Mauer nothwendig
sammt dem Gewölbe zusammenfallen müsste. Auch haben wir bereits daselbst angeführt,
dass die Stabilität nur aus der Grösse der Linie u B, wie weit nämlich der zusammenge-Fig.
6.
Tab.
20.

setzte mittlere Druck innerhalb der Basis fällt, beurtheilt und gemessen werden könne.


In den bisherigen Schriften über Baukunst befindet sich zur Bemessung der Stärke
der Widerlagen die Regel, dass die statischen Momente des Gewölbedruckes und der
Widerlagsmauer einander gleich seyn müssen, demnach der Widerlagsmauer eine so grosse
Basis A B gegeben werden müsse, als zur Gleichheit dieser Momente nothwendig ist. Wir
wollen demnach annehmen, dass die Stützlinie des Gewölbes die Widerlage bei J trifft,Fig.
5.

folglich daselbst der horizontale Druck H und der senkrechte oder das Gewicht des Ge-
wölbes vom Schlussteine bis zur Widerlagsmauer (= G) gestützt werden müsse. Hiezu
sey die nöthige Breite der Widerlagsmauer A B = x, ihre Höhe B D = 𝕳, endlich die
Länge des Gebäudes nach der horizontalen Richtung = L, so ist der kubische Inhalt der
Mauer = 𝕳 . x . L, und wenn wir das Gewicht eines Kubikfusses mit g benennen, und alle
Dimensionen in Fussen ausdrücken, so ist das Gewicht der Mauer = g . 𝕳 . x . L. Auf
gleiche Art ist das Gewicht des horizontalen Druckes = g . H . L.


Das Gewicht des Gewölbes oder G wird gefunden, wenn die Querschnittsfläche
F des Gewölbes mit der Länge L und mit dem Gewichte eines Kubikfusses g multi-
plicirt wird, demnach ist G = F . L . g.


Da das Gewicht der Mauer in der Mitte senkrecht herabdrückt, so ist sein He-
belsarm = = und sein statisches Moment = g . 𝕳 . L . . Weil das Gewicht
des Gewölbes nach der Richtung J A senkrecht herabdrückt, so ist sein Hebelsarm of-
fenbar = A B = x und sein statisches Moment = g . F . L . x. Da nun der horizontale
Druck in J nach der horizontalen Richtung J L wirkt, so ist sein Hebelsarm offenbar
= L B = A E + E J, und wenn wir die Höhe der Widerlagsmauer bis an den Käm-
pfer A E = A und die Höhe des Stützpunktes vom Kämpfer aufwärts E J = e setzen, so
ist auch L B = A + e, folglich das statische Moment des horizontalen Druckes
= g . H . L (A + e).


Werden nun die entgegenwirkenden Momente einander gleich gesetzt, so er-
halten wir g . 𝕳 . L . + g . F . L . x = g . H . L . Aus der Auflösung
dieser Gleichung folgt die gesuchte Stärke der Widerlage
.


§. 393.


Eine andere Methode die Stärke der Widerlagsmauern zu finden, gibt uns das
Parallelogramm der Kräfte. Setzen wir nämlich den horizontalen Druck g . H . L = J LFig.
6.

und den senkrechten g . F . L = J M oder nehmen wir an, dass J L : J M wie H : F
sich verhält, so ist offenbar, dass das Gewicht der Mauer A B C D = g . 𝕳 . L . x in
[446]Stärke der Widerlagsmauern.
Fig.
6.
Tab.
20.
der Mitte derselben, folglich nach der Richtung J A nur mit der Hälfte in Anschlag
zu bringen ist, sonach dem schon vorhandenen senkrechten Drucke J M = g . F . L
noch das halbe Gewicht der Mauer oder ½ . g . 𝕳 . L . x beizusetzen kommt, wel-
ches wir durch die Linie M N vorstellen wollen. Setzen wir diese Kräfte J L und J N
durch das Parallelogramm J L K N zusammen, so gibt die Diagonale J K die Richtung
und Grösse des aus allen vorhandenen Kräften zusammengesetzten mittlern Druckes.
Wenn nun diese Richtung die Basis A B nicht überschreiten, sondern dieselbe noch
wenigstens bei B erreichen soll, so haben wir die Proportion J N : N K = J A : A B
und wenn wir an die Stelle dieser Linien die dadurch bezeichneten Kräfte oder ihre
algebraischen Werthe setzen, so ist g . F . L + : g . H . L = A + e : x. Die-
se Proportion gibt g . F . L . x + ½ . g . 𝕳 . L . x2 = (A + e) g . H . L oder
F . x + ½ . 𝕳 . x2 = (A + e) H, welches genau dieselbe Gleichung ist, die wir oben
gefunden haben, woraus demnach auch dieselbe Stärke der Widerlagen gefunden wird.


Aus der bei dieser Berechnung angewendeten letzten Methode geht hervor, dass
durch die Zusammensetzung der Kräfte der gesammte Druck der Widerlagsmauer und des
Gewölbes nur auf den Endpunkt B gestellt werde, folglich hiedurch noch keine Sta-
bilität
, welche auf der Grösse Bu beruht, erreicht werden könne; demnach auch der
Breite der Mauer noch eine Zulage Bu gegeben werden müsse. Um diese
zu bestimmen, ist zu bemerken, dass, vorzüglich wenn das Gewölbe nicht frei ist,
sondern zu beiden Seiten horizontal angeschüttet oder ausgemauert, mit einem Fuss-
boden oder Pflaster bedeckt oder mit andern zufälligen Lasten beschwert wird, die
Grösse der Zulage B u nach Verhältniss dieser zufälligen Gewichte bemessen werden
müsse. Weil aber diese zufälligen Belastungen keinem Gesetze unterliegen, sondern
nur nach Verhältniss der Bestimmung des Gebäudes in Antrag gebracht werden müssen,
so wollen wir in dieser Hinsicht das Gewicht des Gewölbes g . L . F um die Grösse
m . g . L . F vermehren und auf gleiche Art auch dem horizontalen Drucke g . H . L noch
das Gewicht m . g . L . H zusetzen. Wir müssen demnach in der obigen Gleichung
an die Stelle von g . F . L . x die Grösse (1 + m) g . F . L . x, und an die Stelle von
g . H . L die Grösse (1 + m) g . H . L setzen.


§. 394.


Eine weitere Rücksicht fordert noch der Umstand, dass in der angeführten
Proportion die Widerlagsmauer als ein vereintes Ganzes betrach-
tet
, folglich die ganze Masse der Widerlagsmauer bis auf die Grundlinie A B als an
der Stützlinie hängend betrachtet wird. Da man der Verbindung durch Mörtel beson-
ders bei hohen Mauern keinen so festen Zusammenhang zutrauen kann, so wollen wir
diesem Umstande dadurch begegnen, dass wir nur denjenigen Theil der Mauer, wel-
cher sich oberhalb der Stützlinie befindet, als darauf drückend betrachten, den dar-
unter befindlichen Theil aber ausser der Rechnung lassen. *)


[447]Stärke der Widerlagsmauern.

In dieser Hinsicht zeigt die unten angeführte Rechnung, dass wir in der allgemeinen
Gleichung g . L . F . x + g . L . 𝕳 . = g . L . H (A + e) an die Stelle von g . L . 𝕳 .
die Grösse g . L . 𝕳 . zu setzen haben.


Bei der bisherigen Berechnung haben wir die Widerlagsmauern als voll oder massiv
angenommen; da sich aber in denselben gewöhnlich Fenster, Thüren und andere unaus-
gefüllte Räume befinden, welche keiner festen Bestimmung fähig sind, sondern von dem
Baumeister nur nach Massgabe der Zwecke des Gebäudes bemessen werden können, und
da auch selbst in den Gewölben Lunetten und Gurten angebracht zu werden pflegen, wo-
durch die ganze Last des Gewölbes nur auf die zwischen den Fenstern und Thüren übrig-
bleibende Zwischenpfeiler gestellt wird; so wird es darauf ankommen noch den kub. In-
halt dieser Pfeiler auszumitteln. Zu dieser Absicht wollen wir von dem kub. Inhalte der
massiven Widerlagsmauer 𝕳 . L . x den kub. Inhalt f . x abziehen, wo nämlich f die Wand-
fläche der unausgefüllten Räume bedeutet. Diese Rücksicht fordert, dass wir an die Stel-
le von g . L . 𝕳 . x die Grösse g . L . 𝕳 . x setzen. Dadurch erhält nun die
*)
[448]Stärke der Widerlagsmauern.
allgemeine Gleichung für die Widerlagsmauern folgende Gestalt:
(1 + m) g . L . F . x + g . L . 𝕳 . = (1 + m) g . L . H (A + e).


Bevor wir aus dieser Gleichung die Grösse x berechnen, wollen wir noch über die
Bestimmung der Grössen F und H (A + e) Folgendes bemerken. An die Stelle von F ist
die Querschnittsfläche des Gewölbes vom Scheitel bis an die Widerlage zu setzen. Diese
ist für ein elyptisches Gewölbe (h + b) a — . Zur Bestimmung
der Grösse H dient die bereits angeführte Bemerkung, dass der horizontale Druck H dem
Produkte aus dem Krümmungshalbmesser im Scheitel und der Höhe des Gewölbes
beim Schlussteine (h) gleich ist, folglich haben wir H = . Zur Bestimmung der Hö-
he der Stützlinie über den Kämpfern (e) ist zu bemerken, das wir bereits oben §. 382 ge-
zeigt haben, dass die Stützlinie die krumme Linie des elyptischen Bogens bei v = 60 Grad
berühren müsse. Die Höhe dieses Punktes ist aber b . Cos 60° = ½ b. Da es bei diesen
Rechnungen, wobei so vieles geschätzt werden muss, nicht auf eine mathematische Ge-
nauigkeit ankommt, so können wir in jedem Falle die Grösse e = ½ b, und wenn wir die
Stützlinie durch die Mitte des Schlussteines gehen lassen, e = ½ (b + h) setzen.


Nach diesen Bemerkungen haben wir zur Bestimmung der Stärke der Widerlags-
mauern (x) mit Hinweglassung des gemeinschaftlichen Faktors g . L folgende allgemeine
Gleichung .


Zu einem Beispiele wird angenommen, dass ein 120 Fuss (= L) langes und 30 Fuss
(= 2 a) breites Wirthschaftsgebäude mit einem elyptischen Tonnengewölbe zu überwölben
sey, bei welchem die Höhe über dem Kämpfer b = 10 Fuss betragen soll. Hiebei ist:


  • Die Höhe des Kämpfers über der ebenen Erde   A = 4 Fuss.
  • Die Höhe des Schlussteines   h = 1 Fuss.
  • Die Höhe der Widerlagsmauer   𝕳 = A + b + h = 15 Fuss.
  • Die Fläche der Fenster und Thüren nach einem vorläufigen Uiberschlage f = 216 Qdr. Fuss.

Das Verhältniss der auf das Gewölbe zu legenden Belastung . m = ⅓.
demnach
hieraus folgt die Stärke der Widerlage x = 3,7 Fuss.


Wir bemerken schliesslich, dass der Mangel bestimmter Regeln zur Bemessung der
Stärke der Widerlagsmauern wahrscheinlich die Ursache sey, dass man hiezu bisher nur
praktische, von bestehenden Gebäuden entlehnte Vorschriften gebrauchte, deren Unzuläng-
lichkeit jedoch aus so vielen verunglückten Gebäuden bekannt ist. Die hier aufgestellten
Grundsätze dürften Jedermann einleuchten, und bei ihrer Anwendung dem Zwecke ent-
sprechen.


[449]Geschichte der Kettenbrücken.

§. 395.


Unter die wichtigern Gegenstände der neuern Mechanik und Baukunst gehören die
Hänge- oder Kettenbrücken. Die einfachste Art dieser Brücken besteht bereits
seit Jahrhunderten in Asien und Südamerika, wo sie zur Uebersetzung von Flüssen und Ab-
gründen angewendet wurde; man spannte nämlich quer über dieselben hinreichend starke
Seile, und hing eine Brückenbahn daran, welche gewöhnlich nur für Fussgänger be-
stimmt war. Aehnliche Brücken sind laut den hierüber erhaltenen Nachrichten schon
seit langer Zeit auch in China erbaut, und daselbst auch eiserne Ketten statt der Seile
angewendet worden. Ueber den Fluss Sampoo in Hindostan soll sich, Reisebeschrei-
bungen zu Folge, eine an fünf eisernen Ketten, deren jede aus 500 Gliedern besteht,
hängende Brücke von 160 Yards Länge befinden.


In Nordamerika waren, dem Berichte des Architekten Thomas Pope zu New-York
zu Folge, im Jahre 1811 bereits 8 Kettenbrücken ausgeführt, worunter die, um das
Jahr 1809 in Massachusets über den Fluss Marimack erbaute, eine Spannung von
244 Fuss hat.


Den Engländern gehört inzwischen der Ruhm, die grössten und vollkommensten
Bauwerke dieser Art ausgeführt zu haben. Die älteste Kettenbrücke in England ist
die über den Fluss Tees angelegte Winchbrücke, welche im Jahre 1741 errichtet wur-
de; diese Brücke führt über einen beinahe 60 Fuss tiefen Abgrund, sie hat 70 Fuss
Länge, beiläufig 2 Fuss Breite, und die Ketten sind in den zu beiden Seiten vorhan-
denen Felsen befestigt.


Im Jahre 1814 machte Herr Telford in Verbindung mit den Ingenieurs Donkin,
Chapmann
und Rennie, dann Hrn. Professor Barlow eine Reihe von Versuchen mit ge-
schmiedeten Eisenstangen und Ketten, wovon die letztern eine Länge von 30 bis 900
Fuss hatten, an zwei Enden aufgehängt, und an verschiedenen Punkten derselben be-
lastet wurden. Die Resultate der Versuche, welche derselbe über die absolute Festig-
keit des Schmiedeeisens anstellte, haben wir bereits S. 256 angeführt. Die Versuche mit
belasteten Ketten finden sich umständlich in dem Werke: An Essay on the Strength
and Stress of Timber, also an Appendix on the Strength of Iron, and other Ma-
terials, by Prof. Barlow; London
1817, beschrieben. Das Resultat dieser weitläufigen
Versuche, welche hier umständlich anzuführen, der Raum nicht gestattet, lieferte dem
Berichte der oben genannten Ingenieurs zu Folge den Beweis, dass Kettenbrücken für
die grössten Spannungen ausführbar seyen, dass sie dieselbe Sicherheit wie die bisheri-
gen steinernen oder gusseisernen Brücken gewähren, und dass sie in den meisten Fällen
einen weit geringern Kostenaufwand als die letztern verursachen.


In der That gewähren Kettenbrücken in jenen Fällen, wo es wegen der Tiefe der
Abgründe, oder wegen der Tiefe und Schnelligkeit der zu übersetzenden Ströme unmög-
lich, oder doch ausserordentlich kostspielig wäre, Mittelpfeiler zu erbauen, die gröss-
ten Vortheile, indem man sie mit weit grössern Spannweiten anlegen kann, als es bei höl-
zernen, steinernen oder gusseisernen Brücken für möglich erachtet wird. Navier stellt
in seinem, über diesen Gegenstand bekannt gemachten Werke: Rapport et Mémoire sur
les ponts suspendus, Paris
1823, chez Carilian Goeury, die Meinung auf, dass eine
Gerstners Mechanik. Band I. 57
[450]Geschichte der Kettenbrücken.
Kettenbrücke ohne Anstand in einem Bogen von 500 Metres (1582 N. Oe. Fuss) Span-
nung erbaut werden könnte, wenn nur die Unterstützung der Ketten durch 30 Metres
(95 N. Oe. Fuss) hohe Tragpfeiler geschieht, und es waltet kein Grund ob, dieser
Ansicht zu widersprechen. Kettenbrücken gewähren aber überdiess noch den Vortheil,
dass ihre Aufstellung selbst bei den grössten Spannweiten in einer viel kürzern
Zeit bewirkt werden kann, als es bei der Aufstellung steinerner Brückenbögen der Fall
ist, dass sonach die Schiffahrt in Flüssen hiebei weit weniger als bei dem Baue ande-
rer Brücken unterbrochen wird. Sollte endlich, was jedoch bisher noch nirgends statt
gefunden hat, mit der Zeit eine oder die andere Kette schadhaft werden, so können
ohne Anstand nicht bloss einzelne Glieder aus einer Kette herausgenommen und durch
neue ersetzt, sondern auch die Ketten verkürzt und der Fahrweg erhöht werden, ohne
desshalb die Communikation, wie es bei Vornahme solcher Reparaturen an steinernen
oder gusseisernen Bögen der Fall ist, zu hemmen.


Seit jener Zeit, als Herr Telford den genannten Bericht erstattete, wurde die
öffentliche Aufmerksamkeit in England immer mehr und mehr auf diesen Gegenstand
gerichtet, und mehrere der grössten Bauten dieser Art ausgeführt. Obwohl man sich
in diesem Werke auf eine Beschreibung mehrerer solcher Bauten nicht einlassen kann,
so dürfte es doch für unsere Leser sehr erwünscht seyn, hier die Beschreibung und
die Zeichnungen einiger Kettenbrücken zu finden, welche bei ähnlichen Anlagen zum
Grunde gelegt werden können, oder auch dazu dienen, Irrthümer zu vermeiden, über
die sich die Erfahrung bereits ausgesprochen hat. Hiedurch wird auch die nachfol-
gende Theorie leichter verstanden werden.


§. 396.


Unter den neuern Bauten dieser Art zeichnet sich vorzüglich die Hammersmith-
Kettenbrücke
, welche beiläufig zwei deutsche Meilen oberhalb London über die
Themse erbaut wurde, aus. Im Juny 1824 trat eine durch Parlamentsakte ermächtigte
Aktiengesellschaft zum Baue dieser Brücke zusammen, und unterzeichnete einen Fond
von 80000 Liv. st.; der Bau wurde bald hierauf begonnen, und die vollendete Brücke
am 23ten August 1827 zum allgemeinen Gebrauche des Publikums eröffnet. Der Inge-
nieur, welcher den Entwurf für den Bau dieser Brücke verfasste, und den Bau nach-
her leitete, war Herr William Tierney Clark, allein die Unternehmungsgesellschaft
glaubte sicherer vorzugehen, wenn sie vorläufig den Plan dieses Ingenieurs Hrn. Tel-
ford
und andern Bauverständigen zur Beurtheilung und Verbesserung vorlegte *), wor-
[451]Kettenbrücke in Hammersmith.
nach dann erst der Bau ausgeführt wurde. Man kann daher diese Brücke als das Re-
sultat der Erfahrungen ansehen, welche man bis zum Jahre 1827 im Baue der Ketten-
brücken in England gemacht hat. Die Dimensionen derselben in der nachfolgenden
Beschreibung sind sämmtlich an Ort und Stelle in Hammersmith verificirt und da-
selbst vom Hrn. Clark die nothwendigen Aufklärungen in Betreff dieses Baues ertheilt
worden. Die Dimensionen bei dieser und der hierauf folgenden Menai-Kettenbrücke
sind in englischem Maasse angegeben.


Die Hammersmithkettenbrücke, welche Tab. 21 und 22 darstellt, ist für Fuss-Tab.
21
und
22.

gänger und Fuhrwerk aller Art bestimmt, und unterscheidet sich von allen bisher in
England ausgeführten Kettenbrücken dadurch, dass sie aus drei Bogen besteht, wel-
che mitsammen durch Ketten verbunden sind, die sich oberhalb zweier im Flusse erbau-
ten Tragpfeiler auf Rollen hin- und herbewegen können, je nachdem ein
Bogen oder Theil der Brücke mehr als der andere belastet ist. Während daher die über
den Tweed-Fluss erbaute, und seit dem 28ten July 1820 eröffnete Unions-Kettenbrücke
aus einer einzelnen 367 Fuss (354 N. Oe. Fuss) langen und 18 Fuss (17 N. Oe. Fuss) breiten
Brückenbahn besteht, sind bei der Hammersmithbrücke drei einzelne Brückenbahnen
oder Brückenfelder vorhanden, deren jedes für sich dem andern nachgeben kann.


Ein zweiter Unterschied der Hammersmithbrücke gegen die bisherigen Construktionen
dieser Art besteht darin, dass die Ketten, welche die zwei äussern Brückenfelder tra-
gen, nicht durchaus oberhalb der Brückenbahnliegen, sondern auch
unter dieselbe gehen
. Während nämlich ein Theil dieser zwei Brückenfelder
an den Ketten hängt, wird der andere Theil derselben von den Ketten von unten unter-
stützt oder getragen, wie diess Tab. 21 aus der Längenansicht und den Durchschnitten,
so wie Tab. 22 aus dem im vergrösserten Maasse gezeichneten Durchschnitte ersichtlich
ist. Bei diesem Systeme ist daher, statt die ganze Breite des Flusses mit einem Bogen
zu überspannen, dieselbe in 5 Theile von beinahe gleicher Länge getheilt worden, wo-
von ein jeder äussere Bogen einen Theil, der mittlere aber 3 Theile zur Länge hat;
es ergibt sich ferner, dass die Tragpfeiler, die eine Höhe von 48 Fuss über die Brü-
ckenbahn haben, wenn sie an den beiderseitigen Ufern aufgestellt worden wären, wie es bei
den frühern Kettenbrücken der Fall war, bei demselben Verhältniss des Sinus versus zur
Spannweite (hier 29,5 : 400 ¼) eine um 6 Fuss grössere Höhe erhalten hätten,
(da 400 ¼ : 29,5 = 732 ⅔ : 54 und 54 — 48 = 6); die Ketten hätten daher stärker
seyn, und weil sie über die Pfeiler gehen, so hätten sie auch rückwärts auf eine bedeu-
tende Weite bis zu ihrem Befestigungspunkte verlängert werden müssen. Durch die an-
genommene Construktion wurde daher die Höhe der Tragpfeiler geringer, und es sind
sowohl die Dimensionen, als auch die Baukosten der Brücke wesent-
lich vermindert worden
.


Ausser diesen Verbesserungen ist das Detail der Construktion der Hammersmith-
brücke eben so belehrend als neu, indem bei derselben Bestandtheile von Schmiedeei-
sen, Gusseisen und Holz auf eine solche Art zusammenwirken, dass hiedurch eine Fe-
stigkeit des Ganzen erzielt wird, welche keine andere bestehende Kettenbrücke in dem-
selben Grade besitzt.


57 *
[452]Kettenbrücke in Hammersmith.

§. 397.


Tab.
21.
und
22.

Die ganze Länge der Hammersmithkettenbrücke beträgt:Engl. Maass.


  • 1tens. Der mittlere oder Hauptbogen misst   400 Fuss 3 Zoll
  • 2tens. Die zwei Tragpfeiler oder Thürme zu beiden Seiten dessel-
    ben, ein jeder 22 Fuss stark   44 „ — „
  • 3tens. Die aufgehängte Brückenbahn hinter dem Tragpfeiler ge-
    gen die Grafschaft Middlesex  142 „ 11 „
  • 4tens. Der aufgehängte Theil der [Brückenbahn] hinter dem Trag-
    pfeiler gegen die Grafschaft Surrey  145 „ 6 „
  • 5tens. Die 2 Landwiderlagen, eine jede von 45 Fuss Stärke  90 „ — „
  • Demnach beträgt die Länge von der Rückseite eines Landpfeilers zur
    Rückseite des andern Landpfeilers gemessen   822 Fuss 8 Zoll,
    oder 793,2 N. Oe. Fuss. Zieht man jedoch die Stärke der zwei Landpfeiler ab, so ergibt
    sich die Weite der Brücke für das Strombett = 732 Fuss 8 Zoll oder 706,4 N. Oe. Fuss.

Die Brückenbahn ist in 3 Theile getheilt; der mittlere Theil oder die Fahrbahn
beträgt 20 Fuss auf der Brücke und 14 Fuss in den Thoren der zwei Tragpfeiler; zu bei-
den Seiten derselben sind Fusswege, wovon jeder 5 Fuss breit ist; sonach beträgt
die Breite der Brücke, so weit sie von Wägen und Fussgängern benützt wird, 30
Fuss; wenn man jedoch die Breite, welche die Ketten sammt Geländern einnehmen,
hinzuschlägt, so beträgt die ganze Breite der Brückenfelder 33½ Fuss.


Die Brückenbahn liegt 16 Fuss oberhalb dem Wasserspiegel des höchsten Wasser-
standes zur Zeit der Fluthen der Themse, weil hier Dampf- und andere Schiffe, die
ihre Masten oder Rauchröhren umlegen, durchgehen, und sie erhebt sich von den Tho-
ren der Tragpfeiler sanft gegen die Mitte, wo sie um 8 Zoll höher als an den Ufern liegt.
Die Haupt- oder Tragpfeiler (principal piers, or suspension towers), welche im
Flusse erbaut sind, haben von der Oberfläche der Brückenbahn gemessen, eine Höhe von
48 Fuss; die Länge, welche sie winkelrecht auf die Richtung der Brücke einnehmen,
beträgt 42 Fuss, und ihre Stärke, welche sie im Flusse haben, 22 Fuss, wie bereits oben
bemerkt wurde. Diese Pfeiler sind von Bruchsteinen erbaut, an ihrer Aussenseite je-
doch ganz mit Quadersteinen verkleidet, und ausserdem laufen 6 Lagen starker Quadern
in angemessenen Entfernungen durch die ganze Fläche derselben hindurch. Hievon liegt
die erste Lage auf dem Grundroste, die zweite in der halben Höhe bis zur Fahrbahn, die
dritte in der Fahrbahn, die vierte unter den Pilastern, die fünfte in der halben Höhe bis
zu den gusseisernen Satteln und die oberste Lage Quadern, welche durchaus gehen, unter
diesen Satteln. Die Verankerung der Quadern unter einander geschah durch gusseiserne
Röhren von 3 Zoll Durchmesser und ½ Zoll Stärke, die immer drei Lagen Steine mitsam-
men verbanden. Der ganze Bau dieser Pfeiler wurde mit aller möglichen Sorgfalt und
Fleisse vorgenommen.


Die Widerlagen oder Haltpfeiler sind aus Steinen und Ziegeln von der besten Qua-
lität aufgeführt, und mit Oeffnungen oder Kanälen zum Durchlassen der Ketten versehen.
Die Verbindung der Quadern geschah hiebei auf gleiche Art und diese Pfeiler haben 45
Fuss Länge in der Richtung der Brücke und 38 Fuss Breite.


[453]Kettenbrücke in Hammersmith.

§. 398.


Die Brückenbahn hängt an 4 Hauptketten, die auf der Entfernung von beiläufig 1 FussTab.
21.
und
22.

doppelt über einander laufen, demnach eigentlich an 8 Haupt- oder Spannketten.
Am Rande der Brücke lauft zu jeder Seite ein solches Paar Ketten und zwischen dem Fuss-
und Fahrwege befindet sich abermals zu jeder Seite ein Paar Ketten. Diese 8 Hauptket-
ten sind an der Rückseite der Widerlagsmauern befestigt, gehen durch dieselben und
in den zu diesem Behufe angebrachten Oeffnungen durch das Mauerwerk der Tragpfei-
ler, laufen daselbst auf eisernen Rollen und senken sich in der Mitte des 400 Fuss 3 Zoll
langen Feldes auf 29 Fuss 6 Zoll herab, welches daher der sogenannte Pfeil oder Sinus
versus ist. Eine jede der 4 innern Hauptketten, welche den Fahrweg begränzen, besteht
aus 6 einzelnen, nebeneinander liegenden, mitsammen verbundenen Schienenreihen, wel-Fig.
2.
Tab.
22.

che im Grundrisse Fig. 2 dargestellt sind; eine jede von den 4 äussern Ketten, welche
am Rande der Brücke fortlaufen, besteht aus 3 solchen Schienenreihen, demnach bilden
36 Schienenreihen die 8 Hauptketten. Jede einzelne Schiene hat 5 Zoll Höhe und 1 Zoll
Breite; es beträgt daher der Querschnitt aller Spannketten 36 . 5 = 180 engl. Quad. Zoll
(167,3 N. Oe. Quad. Zoll).


Von diesen Spannketten gehen Tragstaugen, an welchen die Brückenfelder hän-Fig.
4.

gen und deren jede einen Quad. Zoll im Querschnitt hat, in der Entfernung
von 5 zu 5 Fuss senkrecht herab, das mittlere 400 Fuss 3 Zoll lange Brückenfeld hängt
daher an 4mal 81 = 324 Tragstangen; ein jedes von den Seitenfeldern aber hängt an
4mal 23 = 92 schmiedeisernen Tragstangen von demselben Querschnitte, und wird von
4mal 7 = 28 gusseisernen Stützen, welche sich unter der Bahn befinden, getragen oder
gestützt. Die Construction dieser Stützen ist aus Fig. 3 ersichtlich. Wo die KettenFig.
3.

die Brückenbahn durchschneiden, sind sie unmittelbar an dieselbe befestigt.


Zur Verfertigung der Glieder der obigen 8 Hauptketten wurde möglichst reines Roh-
eisen nach der Puddlings Methode gefrischt, die Theile ausgewalzt, zerschnitten und
so wie bei dem Raffiniren des Stahles zusammengebunden, dann abermals geschweisst
und ausgewalzt, und nachdem diese Operation zweimal wiederholt worden, sind erst die
Stäbe zu den Kettengliedern unter dem Streckhammer verfertigt worden.


Die Länge eines solchen Kettengliedes beträgt von Mitte zu Mitte der an ihrem Ende
vorhandenen gebohrten Bolzenlöcher 8 Fuss 9¾ Zoll. Diese Bolzenlöcher haben 2¾ Zoll
im Durchmesser, und die Kettenglieder sind bei denselben verhältnissmässig breiter, da-
mit das Eisen um etwas mehr als seine Stärke von 5 Quad. Zoll im Querschnitte behalte.


Die einzelnen Schienen sind durch abgerundete, 8 Zoll hohe, 15 Zoll lange und
1 Zoll dicke Blätter von gewalztem Eisen, wovon Fig. 7 die Ansichten zeigt, zu einerFig.
7.

Kette verbunden. Bei der Verbindung der Glieder der mittlern Hauptketten liegen daher
6 Schienen und 7 Blätter neben einander, die eine Breite von 13 Zoll einnehmen; bei den
äussern Ketten 3 Schienen und 4 Blätter, die zusammen 7 Zoll breit sind. Diese Blätter
haben an jedem Ende eine Oeffnung von 2¾ Zoll Durchmesser zum Durchstecken der zur
Verbindung der Schienen nöthigen Bolzen, und etwas über ihrer Mitte eine 1½ zöllige
Oeffnung zum Anhängen der vertikalen Tragstangen. Um gleiche Längen der Kettenglie-
der und Blätter zu erhalten, wurden alle Oeffnungen für die Bolzen so gebohrt, dass
[454]Kettenbrücke in Hammersmith.
immer 3 oder 6 zu einer Hauptkette gehörige Schienen übereinander gelegt und gemein-
Fig.
8.
Tab.
22.
schaftlich durchbohrt wurden. Die runden 1½ und 2¾ zölligen Bolzen Fig. 8 wurden
alle abgedreht, an den Enden schraubenförmig eingeschnitten und mit gusseisernen
Muttern versehen.


Fig.
9.

Die Form der Hängestangen zeigt Fig. 9; die obern und untern Ketten
sind so gelagert, dass die Hängstangen der obern Kette zwischen den Räumen, welche
die Verbindungsblätter der untern Kette bilden, senkrecht durchgehen; zu diesem
Fig.
6.
Behufe wurden die Gehänge abcdef bei den äussern, und ghik bei den mittlern
Hauptketten angewendet.


§. 399.


Die acht beschriebenen Hauptketten sind nicht auf den Tragpfeilern befestigt,
Fig.
1.
sondern laufen daselbst wie Fig. 1 zeigt, über zwei Reihen gusseiserner ge-
nau abgedrehter Walzen
, die einen für die obern und die andern für die un-
tern Ketten; diese Walzen haben 11 Zoll Durchmesser, und 3zöllige schmiedeiserne
Zapfen, die in metallenen Lagern ruhen; die letztern sind auf einem massiven, guss-
eisernen Gerüste oder Satteln, welche in die Tragpfeiler eingelassen, und fest an die-
selben angeschraubt sind, befestigt. Da die Achsen dieser Walzen, wie die Figur zeigt,
in der Peripherie eines Kreises liegen, so ergibt sich die leichte Beweglichkeit der-
selben und der darauf ruhenden Ketten; die letztern haben einen grössern Durch-
schnitt als 5 Quad. Zoll.


Die Hauptketten laufen, wie schon bemerkt wurde, paarweise übereinander, und sind
innerhalb vier Oeffnungen oder Kanälen durch die Widerlagen geführt, an deren Rück-
seite sie an sehr starken gusseisernen Platten von der Form wie der Durch-
Fig.
5.
schnitt Fig. 5 zeigt, befestigt sind. Diese Platten sind an das Mauerwerk ange-
schraubt; damit jedoch die Spannketten um mehrere Zolle verlängert oder verkürzt,
und ihnen bei der Einhängung oder auch später die gehörige Spannung gegeben wer-
den könne, sind die letzten Glieder derselben viel stärker und mit einer 6 Zoll lan-
gen Oeffnung versehen, in welche ein ebenfalls stärkerer Bolzen c eingesetzt wird.
Dieser Bolzen ruht auf dem Lager a b, welches durch die von zwei Seiten gegen ein-
ander getriebenen eisernen Keile m und n vom Boden der Platte mehr oder weniger
entfernt, und dadurch eine jede Kette gehörig gespannt werden kann.


§. 400.


Fig.
4. u. 6.

Das untere Ende einer jeden Hängestange, welche daselbst 2¼ Zoll im Gevierten
hat, ist mit einer Oeffnung versehen, durch welche ein eiserner Keil getrieben, und
dadurch der von einer jeden Stange getragene Theil der Brückenbahn gehörig ange-
zogen werden kann. Auf diesem Keile liegen nämlich starke gusseiserne, an ih-
rem Umfange auf 2 Seiten mit Rändern versehene Platten p r, die zwei paarweise ne-
ben einander liegende Unterzüge von 4 Zoll Stärke und 12 Zoll Höhe tragen, zwi-
schen welchen letztern die Hängeeisen durchgehen. Um der Fahrbahn möglichst viel
Festigkeit und Sicherheit gegen Seitenschwankungen zu geben, sind diese Un-
[455]Kettenbrücke in Hammersmith.
terzüge durch diagonale Verstrebungen, welche in Fig. 3 in der untern An-Fig.
3.
Tab.
21.

sicht dargestellt sind, mitsammen verbunden. An die Unterzüge sind nämlich an den
gehörigen, in der Richtung der Diagonalen liegenden Orten gusseiserne Platten
oder Schuhe m angeschraubt, die theils auf 3, theils auf 4 Seiten mit hervorstehenden
Rändern versehen sind. Von der vierten oder offenen Seite wurden nun eichene Streben
n, die mit möglichst grosser Genauigkeit zugerichtet waren, eingeschoben, und gut an-
getrieben, wodurch dann die Brückenbahn, im Falle die Arbeit mit dem gehörigen
Fleisse vorgenommen wird, wie es in Hammersmith wirklich der Fall war, eine unge-
meine Festigkeit gegen Schwingungen nach der Seite erhält.


Um nun der Brückenbahn auch möglichst viel Festigkeit gegen vertikaleFig.
4
und
6.
Tab.
22.

Schwingungen zu geben, liegen winkelrecht über den Unterzügen als Begränzung
des Fahr- und Fussweges der ganzen Länge der Brücke nach zwei Lang-Schwel-
len
A, A (also 4 auf der ganzen Brücke), deren jede 15 Zoll hoch und 6 Zoll breit ist;
diese Schwellen liegen nur so weit von einander entfernt, dass sie die Hängestangen
zwischen sich durchlassen, und sind durch Schrauben mit einander verbunden; ober-
halb denselben sind aber Hängewerke von einer eigenen Construktion aufgestellt.


Es sind nämlich gusseiserne Säulen osmn mit einer Sohlenplatte m n auf die
Schwellen geschraubt, der Kopf o t s oder die gusseiserne Kappe dieser Säulen
kann jedoch abgenommen werden, und ist zu beiden Seiten mit viereckigen Oeffnungen
x, x für die zwei neben einander liegenden hölzernen Streben l o, s v von 5 Zoll
Höhe und 4 Zoll Breite versehen. Diese Streben sind an ihrem untern Ende in guss-
eiserne Schuhe
1, v die sie genau umfassen, eingesetzt. Durch jede Säule geht
eine schmiedeiserne, oben mit Schraubengewinden und Mutter versehene Stange t u,
deren unterer Kopf die unter den Bohlen angebrachte eiserne Platte w y umfasst. Wird
nun die Mutter bei t angezogen, so geht die Kappe der Säule und mit ihr auch die
hölzernen Streben herab, die letztern werden demnach auch in dem Maasse gespannt.
Es erhellet von selbst, dass man, wenn die Spannung der Streben und des Hängewerkes
mit der Zeit nachlassen sollte, durch Anziehen der Schrauben diese Spannung wieder
vermehren, folglich die Brückenbahn immer in einer festen Lage erhalten könne. Eben
so leuchtet es auch ein, dass dieses aus einer Verbindung von Holz, Guss- und Schmiede-
eisen bestehende Hängwerk die vertikalen Schwingungen auf ähnliche Art vermindere,
wie es bei den Verstrebungen unterhalb der Brücke hinsichtlich der horizontalen Schwin-
gungen der Fall ist.


Die Scheidewände zwischen der Fahrbahn und den Fusswegen werden auf diese Art
durch die Langschwellen, die gusseisernen Hängesäulen mit den hölzernen Streben und
die senkrecht herabgehenden Hängestäbe gebildet. Am Rande der Brücke sind gussei-Fig.
6.

serne mit rosettenförmigen Kappen bedeckte Säulen B C aufgestellt, die mit dem Geländer
ein ähnliches, obgleich weit minder festes, Hängewerk bilden, wie es zwischen der Fahr-
bahn und den Fusswegen angebracht ist.


§. 401.


Der übrige Theil der Brückenbahn besteht aus einer doppelten Bebrü-Fig.
6.

ekung, die auf den Unterzügen, die eine der Länge, die andere, und zwar die obere der
[456]Kettenbrücke in Hammersmith.
Fig.
6.
Tab.
22.
Breite der Brücke nach von 3 Zoll starken Bohlen aufgenagelt wurde. Zwischen diese
zwei Bohlenlagen wurde ein mit Theer und Pech getränkter Filz (Borrodale’s Patent-
Filz) gelegt. Diese obere Bohlenlage in der Fahrbahn besteht aber aus Klötzen (einem
Stöckelpflaster) von 3 Zoll Höhe, die senkrecht auf die Jahresringe abgeschnitten wurden
und mit dem Kerne aufwärts liegen. Auf diese Klötze wurde ein feiner durchgesieb-
ter Granit mit einer Mischung von Theer, Pech und Kalk gelegt, um das Holz vor
Fäulniss zu bewahren, und um den Pferden einen festern Eingriff, als es auf den Boh-
len der Fall wäre, zu gewähren.


Alle eisernen Theile der Brücke sind, wie bereits §. 274 bemerkt wurde, zur Ver-
minderung der durch die Sonnenstrahlen bewirkten Ausdehnung mit weisser Oehl-
farbe angestrichen
, und dieser Anstrich wird von Zeit zu Zeit sorgfältig erneuert.


Die zu beiden Seiten stehenden Zollhäuser bilden Achtecke. Die Beleuch-
tung
der Brücke geschieht durch gusseiserne Gas-Lampen.


§. 402.


Den mündlichen Mittheilungen zu Folge, welche Herr Clark in Hammersmith
in Bezug auf mehrere Gegenstände dieses Brückenbaues ertheilte, haben wir noch Fol-
gendes beizufügen:


Um die Bewegungen der Ketten auf den gusseisernen Rollen der
Tragpfeiler
zu prüfen, brachte Herr Clark einen Zeiger im Mauerwerke an, der
mit einem gut bezeichneten Feilstriche der Ketten zusammen fiel. Wenn nun Wägen
im scharfen Trabe über die Brücke giengen, betrug die Bewegung der Ketten ein
Viertheil eines Zolles, und die beobachtete grösste Verschiebung derselben war über-
haupt nie mehr als ein Zoll.


Auf gleiche Art wurde die Grösse des Sinus versus von 29 Fuss 6 Zoll in
der Mitte der Brücke zu verschiedenen Zeiten von Herrn Clark auf die Art gemessen,
dass derselbe mit einem am Ufer aufgestellten Nivellier-Instrumente die grösste Senkung
der Ketten unter einem angenommenen Fixpunkte sowohl bei verschiedenen Tempera-
turen, als auch zur Zeit heftiger Winde und bei eingetretenen bedeutenden Belastun-
gen der Brücke bestimmte. Der grösste. Unterschied, welcher sich bei diesen Messun-
gen der Senkungen der Kette in ihrer Mitte ergab, betrug 5 Zoll, womit eine Ver-
schiebung von beiläufig 1 Zoll der Ketten auf dem Tragpfeiler übereinstimmt (Siehe
die Note Seite 278).


Uiberdiess wird von Zeit zu Zeit die Auflage der Ketten in den Tragpfeilern
vom Herrn Clark untersucht, und derselbe hat bisher noch nie eine Aenderung oder
einen nachtheiligen Einfluss gefunden; die Bauart der Hammersmith-Brücke dürfte
daher als durch die Erfahrung hinreichend bewährt, angesehen werden.


§. 403.


Es dürfte für viele unserer Leser interessant seyn, den Kostenausweis dieser
Kettenbrücke und eine Vergleichung dieser Kosten mit jenen der
gusseisernen und steinernen über die Themse erbauten Brücken
zu
erhalten.


[457]Baukosten der Hammersmithkettenbrücke.

Die Auslagen für den Bau der Hammersmith-Brücke betrugen laut dem gedruck-
ten Rechnungsabschlusse der Akziengesellschaft vom 28ten May 1829 folgendes:


Zu diesem Rechnungsabschlusse hat Herr Clark noch folgende mündliche Erklärun-
gen beigefügt:


Die zwei Kontrahenten, welche die Pfeiler herstellten, und das Eisenwerk liefer-
ten, waren verpflichtet, alle Gerüste ohne weitere Entschädigung beizuschaffen, und
alle Auslagen jeder Art, die sich bei dem Baue ergaben, zu tragen, indem sie nur
für die fertige Arbeit nach dem Kubik-Maasse zu den kontraktmässig fest-
gesetzten Preisen bezahlt wurden. Unter diesen Bedingnissen erhielt der Kontrahent
der Mauerwerke den Betrag von 10 d. bis 11 d. für einen Kubik-Fuss Ziegelmauer-
werk
(105 fl. C. M. für die N. Oe. Kubik-Klafter) und 4 sh. für einen Kubik-Fuss
Steinmauerwerk (482 fl. C. M. für eine N. Oe. Kubik-Klafter), worunter jedoch
auch die Ornamente begriffen sind, die nicht höher gezahlt wurden. Der Preis von
Gerstners Mechanik. Band I. 58
[458]Baukosten der Hammersmithkettenbrücke.
4 sh. zerfiel nun wieder in 2 sh. 3 d. für den Kubik-Fuss Stein, rauh abgearbeitet, von
Bramley Fall bei Leeds in der Grafschaft York zugeführt und an die Ufer der Themse
in Hammersmith abgelegt; dann in 1 sh. 9 d. für das Zuführen vom Ufer zu den
Pfeilern, das Aufstellen, den Mörtel, das reine Abarbeiten, und der Rest blieb endlich
dem Kontrahenten als Gewinn.


Die Ziegeln, die man bei dem Baue verwendete, hatten die in England gewöhn-
lichen Dimensionen von 9 Zoll Länge, 4 Zoll Breite und 2½ Zoll Dicke; hievon ko-
stete das Tausend zur Brücke an das Ufer geliefert 38 sh. (19 fl. C. M.), wobei aber
zu bemerken ist, dass die Hammersmith-Ziegeln in England als ganz vorzüglich be-
kannt sind. Der Kalk musste 40 englische Meilen weit auf einer Strasse und 60 sol-
che Meilen zu Wasser beigeführt werden, und es kamen 8 bushels gebrannten Kalk
in Hammersmith geliefert, auf 20 sh. (Der N. Oe. Metzen auf 2 fl. 9 kr. C. M.)
Der Sand, welcher zu dem Mörtel verwendet wurde, musste sämmtlich von Wool-
wich
, etwa 4 deutsche Meilen weit auf der Themse stromaufwärts zugeführt werden,
weil bei Hammersmith kein guter Sand zu finden war; ein Kubik-Yard Sand kam
auf 4 sh. zu stehen. (Die N. Oe. Kubik-Klafter auf 17 fl. 51 kr. C. M.)


Die schmiedeisernen Theile der ganzen Brücke wurden laut Kontrakt um
36 Liv. st. für die Tonne (19 fl. 51 kr. C. M. für den N. Oe. Zentner) geliefert, wofür
jedoch der Kontrahent verbunden war, alle Gerüste für das Aufhängen der Ketten
und Aufstellen der Bögen herbeizuschaffen, diese Aufstellung zu bewirken, die Ketten
zu adjustiren, und alle hieher gehörige Arbeiten zu verrichten, ohne hiefür eine wei-
tere Entschädigung ansprechen zu können.


§. 404.


Zu den im vorigen §. speziell angeführten Auslagen von 45249 Liv. st. 2 sh. 10 d.,
welche die eigentliche Brücke verursachte, kamen noch folgende Summen, die
in dem gedruckten Rechnungsabschlusse der Akziengesellschaft vom 28ten May 1829
angegeben sind:


Laut der Parlamentsakte war die Gesellschaft verpflichtet, auf dem rechten
Themse-Ufer eine Strasse von beiläufig 3 engl. Meilen Länge herzustellen, ohne hie-
für eine andere Begünstigung als die für die Brücke bemessenen Zölle zu erhalten.
Die Auslagen für diesen Strassenbau betrugen 14508 Liv. 4 sh. 9 d. Die Grundein-
lösung verursachte der Gesellschaft eine Auslage von 5783 Liv. 17 sh. 7 d. Die Par-
laments- und andere durch die Gesetze vorgeschriebene Auslagen betrugen 3939 Liv.
11 d.; die Auslagen für die Ingenieurs, wie S. 450 bemerkt wurde, 2844 Liv. 9 sh.;
die Auslagen für die Direktion und sämmtliche Beamte, für das Kanzley-Lokale, für
Stämpeln und Ankündigungen und für diverse Gegenstände betrugen während 5 Jah-
ren 4046 Liv. 19 sh. 7 d., wozu endlich noch die Interessen für ausgeliehene Gelder
kamen. Auf diese Weise ergibt sich, wie die Gesellschaft ihren ganzen Fond, der
in 1600 Akzien, eine jede zu 50 Liv., oder im Ganzen in 80000 Liv. st. bestand, für
die Ausführung der Unternehmung ausgelegt hat. Wenn man jedoch zu den §. 403
ausgewiesenen Kosten des eigentlichen Brückenbaues noch die Kosten für die Inge-
[459]Baukosten der Hammersmithkettenbrücke.
nieurs und für die Direktion während des Baues der Brücke zuschlägt, so ergibt
sich, dass dieselben zusammen beiläufig 50000 Liv. st. oder eine halbe Million
Conv. Mze
. betragen haben.


§. 405.


Die Vergleichung der Kosten dieser Brücke mit den in London ausgeführten guss-
eisernen und steinernen Brücken ergibt sich auf folgende Art:


Die Vauxhall-Brücke, deren Bau im Jahre 1813 begonnen, und im Jahre
1816 beendigt wurde, besteht aus 9 Bögen von Gusseisen, deren jeder die Span-
nung von 78 Fuss hat; die Breite der Brücke beträgt im Lichten 36 Fuss. Die Themse
fliesst daher unterhalb dieser Brücke mit 9mal 78 = 702 Fuss Breite ab, wogegen bei der
Hammersmith-Kettenbrücke der Wasserabfluss eine Breite von 688 Fuss 8 Zoll hat.
Die Kosten dieses Brückenbaues wurden durch 6000 Akzien gedeckt, deren jede mit
70 Liv. st. 10 sh. 3 d. eingezahlt wurde. Das ganze Kapital betrug demnach 423075 Liv. st.


Die Southwark-Brücke, deren Bau im September 1814 begonnen und im
April 1819 beendigt wurde, besteht aus 3 grossen Bögen von Gusseisen, von wel-
chen der mittlere 240 Fuss, und ein jeder der zwei äussern 210 Fuss Spannung hat;
die zwei Mittelpfeiler haben eine Stärke von 24 Fuss; demnach beträgt die Länge der
Brücke, zwischen den zwei Landpfeilern gemessen, 708 Fuss. Das Gewicht des Eisens
für die drei Bögen macht über 5308 Tonnen oder über 100000 Zentner aus. Die
Kosten dieser Brücke, mit Inbegriff der Gebäude, welche abgetragen werden mussten,
betrugen über 800000 Liv. st.


Die Waterloo-Brücke, deren Bau im Jahre 1811 begonnen, und im Juny 1817
beendigt wurde, besteht aus 9 elyptischen Bögen von Stein, deren jeder 120 Fuss
Spannung hat; die Pfeiler haben eine Stärke von 20 Fuss; die Breite des Fahrweges
ist 28 Fuss, die Breite eines jeden Fussweges 7 Fuss, sonach die gesammte Breite
42 Fuss, und die Länge dieser Brücke zwischen den beiderseitigen Landpfeilern
9 . 120 + 8 . 20 = 1240 Fuss, wozu noch die bedeutenden Auffahrten zur Seite kom-
men. Die Kosten dieses Baues betrugen sammt der Entschädigung für die abgetra-
gegen Gebäude 1100000 Liv. st.


Die neue Londoner Brücke, deren Bau im Jahre 1826 begonnen wurde, be-
steht aus 5 elyptischen Bögen von Stein, wovon die zwei äussersten eine Spannung
von 130 Fuss, die zwei gegen die Mitte 140 Fuss und der mittlere 150 Fuss Spannung
erhielt. Ein jeder von den zwei mittlern Pfeilern hat 24 Fuss und die zwei äussern
Pfeiler 22 Fuss Stärke, demnach haben die fünf Bögen sammt den 4 im Strome er-
bauten Pfeilern eine Länge von 782 Fuss. Die Kosten dieses Brückenbaues betragen
500000 Liv. st., wozu noch beiläufig dreimal so viel als Entschädigung für die abzutra-
genden Gebäude kommt. Die Ausführung dieser Unternehmung verursacht demnach
einen Kostenaufwand von 20 Millionen Conv. Gulden, welcher durch die Stadt London
gedeckt wird.


Vergleicht man nun die oben nachgewiesenen Kosten der Kettenbrücke mit den
Auslagen für diese 4 Brücken, so ergibt sich, wie bedeutend wohlfeiler die erstere ge-
58 *
[460]Beschreibung der Menai-Kettenbrücke.
wesen sey, und es ist nicht zu zweifeln, dass ein ähnliches Verhältniss zwischen den
Kosten steinerner oder gusseisener und den Kosten der Kettenbrücken sich in den
meisten Fällen darstellen werde.


§. 406.


Zu den imposautesten Bauwerken, die sich in England vorfinden, gehört die Ket-
tenbrücke über den Meeresarm Menai-strait
zur Verbindung der Insel
Anglesey bei Bangor mit dem festen Lande von England. Der kürzeste Weg von
London nach Dublin führt nämlich über diesen Meeresarm und Holyhead auf der In-
sel Anglesey; da nun die Verbindung mit dieser Insel bisher durch eine beschwerliche
und gefahrvolle Ueberfahrt getrennt wurde, so war die Anlage einer Brücke über die-
sen Meeresarm schon seit vielen Jahren in Verhandlung. Der Umstand, dass See-
schiffe hier ungehindert passiren müssen, machte es nothwendig, der Brücke eine Hö-
he von 100 Fuss zu geben. Nach dem Plane des Hrn. Telford vom Jahre 1810 sollte
die Brücke einen Bogen aus Gusseisen von dieser Höhe und 500 Fuss Spannung er-
halten; ähnliche Projekte wurden auch von andern Ingenieurs vorgelegt. Die bedeu-
tenden Kosten des Baues einer solchen Gusseisenbrücke (127331 Liv. st.) und die Schwie-
rigkeit ihrer Ausführung bestimmten endlich das Parlament im Jahre 1818, für den
Bau einer Kettenbrücke nach dem Projekte des Hrn. Telford zu entscheiden; der
Bau wurde unter seiner Leitung in demselben Jahre begonnen, am 26. April 1825 die
erste Hauptkette (binnen einer Stunde und 35 Minuten) eingehängt, und die Brücke am
30ten Jänner 1826 eröffnet, wo sie jedoch noch nicht ganz beendigt war.


Es ist bekannt, dass die wenigsten Bauwerke in England von den dortigen
Civil-Ingenieurs öffentlich mit ihrem Detail bekannt gemacht werden; eine Ausnahme
hievon macht jedoch die Menai-Kettenbrücke, deren umständliche Beschreibung in
folgendem Werke enthalten ist: „An historical and descriptive account of the Sus-
spension brigde, constructed over the Menai-Strait in North Wales, from designs
by, and under the direction of Thomas Telford, by W. A. Provis, the resident
engineer; London, printed for the author
. 1828.“ (Preis 7 Guineen, und auf beson-
ders feinem Papier 10 Guineen oder 105 fl. C. M.)


Die vorzüglichsten Bestandtheile dieser Brücke, woraus sich das hiebei angewandte
Bausystem beurtheilen lässt, sind in unsern Kupfern auf der mit Nro. 23 und 24 bezeich-
neten Doppelplatte enthalten.


§. 407.


Die Menai-Kettenbrücke besteht aus einem Hauptbogen, welcher 579 Fuss
10½ Zoll (93,2 N. Oe. Klafter) zwischen den Aufhängspunkten der Kette oder von
Mitte zur Mitte der Tragpfeiler gemessen zur Länge hat. Um den Durchgang der
Seeschiffe unter der Brücke zu gestatten, liegt die untere Fläche dieses Bogens in ih-
rer Mitte 102 Fuss, bei den Tragpfeilern aber 100 Fuss über dem höchsten Wasserspie-
gel zur Zeit der Frühjahrsfluthen. Da die Aufdämmung der Strasse zu beiden Seiten
der Tragpfeiler zu hoch und zu kostspielig geworden wäre, so sind diese Pfeiler mit
den Dämmen am Ufer durch sieben steinerne Bögen von 52½ Fuss Spannung verbunden.
[461]Beschreibung der Menai-Kettenbrücke.
Der Tragpfeiler (Main Pier) auf der Seite der Insel Anglesey ist auf dem Felsen-Tab.
23
und
24.

riffe Ynys-y-Moch genannt, erbaut und hat, so wie der entgegengesetzte Tragpfeiler,
eine Höhe von 52 Fuss von der Brückenbahn bis zur Befestigung der Ketten, im Funda-
mente eine Breite von 52¼ Fuss, und in der Oberfläche der Brückenbahn eine Breite von
28 Fuss, beides in der Richtung der Brücke gemessen; winkelrecht auf diese Richtung
beträgt die Tiefe der Pfeiler im Fundamente 66¼ Fuss. Man ersieht aus den Durchschnit-
ten Fig. 1 und 2, dass diese Trag- oder Hauptpfeiler nicht ganz massiv sind, sondern
in ihrem Innern Kammern haben.


Die Brückenbahn hängt, wie der Durchschnitt Fig. 5 zeigt, an 16 Spannketten
Main Chains), wovon immer vier übereinander laufen. Von diesen 16 Ketten besteht
eine jede aus 5 Gliedern von 3¼ Zoll Höhe, 1 Zoll Dicke und 9 Fuss 1¼ Zoll Länge von
Mitte zur Mitte der Endöffnungen oder 10 Fuss Länge von Mitte zu Mitte der Verbin-
dungsglieder. Der Querschnitt aller 16 Spannketten, an welchen die Brückenbahn hängt,
ist daher = 80. 3¼. 1 = 260 Quad. Zoll. Der Sinus versus oder Pfeil der Spannketten
beträgt 43 Fuss auf die obige Länge von beiläufig 580 Fuss. Die Gestalt einer einzel-
nen Schiene (Chain bar) zeigt Fig. 6; die Oeffnungen am Ende derselben haben
3 1/16 Zoll Durchmesser; ein Verbindungsblatt (Connective plate) zeigt Fig. 7; ei-
nen Bolzen (Bolt) aber Fig. 8; derselbe hat 3 Zoll Stärke und ist auf einer Seite
mit einem Kopfe, auf der andern Seite aber mit Gewinden und Mutter versehen.


Von den Spannketten gehen in der Entfernung von 5 zu 5 Fuss die vertikalen
Tragstangen (Suspending rods) von einem Quadratzoll im Querschnitte herab. Die
Verbindung der Hauptketten untereinander und mit den Tragstangen zeigt Fig. 12. Die
letztern sind wegen ihrer bedeutenden Länge, wie man in Fig. 1 sieht, aus mehreren
Stäben zusammengesetzt. Zur Bestimmung der Länge dieser Stäbe liess Herr Telford
eine Kette im vierten Theile jener Grösse verfertigen, in welcher die Ketten später bei
der Brücke eingehängt wurden. Die Länge dieser Probekette betrug 142 Fuss 6 Zoll,
und die Länge ihrer Glieder 2 Fuss 6¾ Zoll. Diese Kette wurde nun auf den Pfeil von
10 Fuss 9 Zoll herabgelassen und ihre Senkung für eine jede Tragstange abgemessen.
Dieses Maass gab viermal genommen die Länge für die hiernach ausgefertigten Trag-
stangen.


§. 408.


An den Tragstangen hängt die Brückenbahn, welche in zwei Fahrbahnen für die
hin- und herfahrenden Wägen und einen dazwischen liegenden Fussweg abgetheilt ist.
Die Entfernung von Mitte zu Mitte der Spannketten über den Fahrbahnen beträgt 12
Fuss; die Entfernung von Mitte zu Mitte der zwei innern Kettenreihen 4 Fuss, demnach
die Breite der Brücke von Mitte zu Mitte der zwei äussersten Ketten gemessen, 28 engl.
Fuss oder 27 N. Oe. Fuss; die Länge der ganzen aufgehängten Brückenbahn misst
560 engl. Fuss oder 540 N. Oe. Fuss.


Die Brückenbahn liegt auf den schmiedeisernen Querstangen ab, derenFig.
5.

Verbindung im Grundrisse a'b' ersichtlich ist. Hierauf ruhen zwei Lagen Bohlen
(Fir plank); die untere c d ist 3 Zoll, die obere e f ist 2 Zoll stark und diese Boh-
len liegen der Länge der Brücke nach; in den Fahrbahnen liegt noch eine dritte Lage
[462]Beschreibung der Menai-Kettenbrücke.
Tab.
23
und
24.
zweizölliger Bohlen m, m in der Quer der Brücke. Zwischen diesen Bohlenlagen ist wie
bei der Hammersmith-Brücke ein Patent-Filz zur Bewahrung des Holzes aufgelegt.
Die Fig. 5 zeigt sowohl die Befestigungsart dieser Bohlen, als auch die zur grössern
Festigkeit der Brückenbahn unterhalb angebrachten schmiedeisernen Sprengwer-
ke
. Die Brückenbahn hat in der Mitte, ihrer Länge nach, eine Erhöhung von 2 Fuss.


Der Durchschnitt Fig. 2 zeigt das Geländer oder Gitter der Brücke von 6 Fuss
Höhe; dieses besteht aus dünnen Schienen von gewalztem Eisen, ist in seinem un-
tern Theile doppelt durchflochten, und mit den vertikal herabgehenden Hängestäben
verbunden.


§. 409.


Die Spannketten sind nicht auf den Tragpfeilern befestigt, sondern laufen daselbst
auf beweglichen gusseisernen Satteln (Moveable Cast Jron Saddles), wel-
che Fig. 9 und 10 dargestellt sind. Diese Sattel bestehen aus 4 übereinander liegen-
den kastenförmigen Stücken N, O, P und Q, wovon das unterste Q auf 8 Rollen
oder Walzen (Rollers) o, o, o … von geschmiedetem Eisen ruht, welche letztern sich
auf einer gusseisernen Sohlenplatte, deren Durchschnitt R R' zeigt, etwas hin und her
bewegen können, je nachdem die Ketten entweder durch die Aenderung der Tempe-
ratur oder durch eine grössere Belastung etwas nachgeben. Diese schmiedeisernen Rol-
len haben 8 Zoll im Durchmesser, und wurden an ihrer Oberfläche gut abgedreht; sie
können sich auf der gusseisernen Platte R R' zwischen den daselbst angegossenen Rippen
4½ Zoll weit bewegen, jedoch aus eben dieser Ursache aus den Satteln nicht herauslau-
fen. Um das Eindringen des Regenwassers zu verhindern, sind die Sattel mit einer
gusseisernen Platte M bedeckt. Um endlich die 4 Sattel, welche zur Leitung der 4
Hauptketten auf den Tragpfeilern ruhen, gegeneinander zu stützen, wurden 4 schmied-
eiserne Stangen oder Streben m, m, m und m Fig. 10 von 3 Zoll im Quadrat zu jeder Sei-
te dieser Sattel angebracht.


Damit die Gusseisenplatten genau mit dem Mauerwerke zusammenfallen, und gar
kein Abstand oder Zwischenraum übrig bleibe, wurden sowohl unter die Platten, als in
allen Ecken und auch bei jeder Berührung zweier eisernen Flächen Flanelle eingelegt,
die in heissem Oehl mit Bleiweiss getränkt waren. Derselbe Flanell wurde zwischen alle
Glieder der Ketten gelegt, um das Ausreiben derselben zu vermindern.


Aehnliche gusseiserne Sattel sind Fig. 1 auf der Anglesey-Seite bei B angebracht,
wo die Spannketten in den Stollen eintreten und ihre Richtung ändern; ingleichem auf
der entgegengesetzten Seite bei C, wo die Spannketten oberhalb dem Zollhause geleitet
sind, und ebenfalls ihre Richtung ändern.


Die über den Satteln liegenden Kettenglieder sind stärker als die Glieder in der übri-
gen Länge der Kette. Zunächst den Tragpfeilern befindet sich in einer Reihe Verbin-
dungsblätter und Kettenglieder statt der gewöhnlichen Oeffnung von 3 1/16 Zoll Durchmes-
ser ein Schlitz a b (Fig. 2) von 13½ Zoll Länge, um durch Antreiben mit Keiien den Ketten
bei ihrer Einhängung die gehörige Spannung geben zu können.


Um die Spannketten, so weit sie über den gewölbten steinernen Bögen fortlaufen,
vor Schwingungen möglichst zu bewahren, wurden oberhalb dieser Bögen (Fig. 2) auf
beiden Aussenseiten des Mauerwerkes gusseiserne Platten n, n .... von 5 Fuss Länge
[463]Beschreibung der Menai-Kettenbrücke.
8 Zoll Breite und 2 Zoll Dicke, deren äusseres Ende durchbohrt war, eingemauert, undTab.
23
und
24.

durch dieselben ein starker schmiedeiserner, mit einem Kopfe versehener Bolzen, wel-
cher die obere Brückenbahn auf dem Mauerwerke festhält, durchgesteckt.


§. 410.


Die ganze Länge einer Spannkette, zwischen ihren beiderseitigen Endpunkten gemes-
sen beträgt 1740 Fuss. Die Verankerung der Ketten ist aus dem Durchschnitte Fig. 1.
ersichtlich. Zu jeder Seite der Brücke wurden nämlich drei Stollen ausgesprengt, in
deren mittlerem die zwei Kettenreihen, welche die Fussbahn begränzen, und in jedem äus-
sern eine Kettenreihe, die an der Aussenseite der Brücke fortlauft, geführt ist. Diese Stollen
erweitern sich an ihrem Ende zu 9 Fuss breiten Kammern, an deren Seitenwänden mas-
sive gusseiserne Platten
, die Fig. 3 und 4 dargestellt sind, angelehnt wurden.
Die Endglieder der Spannketten sind mit Bolzen von Schmiedeisen befestigt, welche
in die Vertiefungen der gusseisernen Platte eingelegt sind, und auf diese Weise die Ket-
ten festhalten. Diese Bolzen haben 9 Fuss Länge und 6 Zoll im Durchmesser. In
die Kammern führt eine steinerne Treppe herab, in welcher die vorgenannte eiserne Platte
mit den Stützen A, B, C, die gegen den Felsen gestellt sind, befestigt ist.


Die Kettenglieder in den Kammern sind ebenfalls stärker als in der übrigen Länge
der Ketten und zwar haben sie 4 Zoll Höhe und 1½ Zoll Dicke.


Die Glieder aller Spann- und Tragketten wurden vor ihrem Gebrauche einer Prü-
fung unterworfen und dabei mit 11 Tonnen auf den engl. Quad. Zoll oder mit 215 N. Oe.
Zentner auf einen N. Oe. Quad. Zoll belastet.


Zum Behufe der Zufuhr der Baumaterialien wurden, wie es gewöhnlich bei den
grössern Bauten in England der Fall ist, einige Eisenbahnen auf jeder Seite der Brücke an-
gelegt, wovon zwei Fig. 11 angezeigt sind; man sieht daselbst auch die Baugerüste, welche
zur Aufstellung der Bögen zwischen den Tragpfeilern und dem festen Lande errichtet
wurden.


§. 411.


Als diese Brücke ihrer Vollendung nahe war, bemerkte man während eines ungemein
heftigen Sturmes am 6ten Februar 1826, dass die Schwingungen der Kettenreihen sehr be-
deutend waren, dass man daher bedacht seyn müsse, dieselben zu vermindern. Zu die-
sem Zwecke wurden zwischen die Spannketten in 8 Punkten A, A1, A2, A3, A4, A5, A6, A7,
eiserne Rahmen (Transverse braces), welche Fig. 5 dargestellt sind, befestigt.
Diese Rahmen bestehen aus 2 übereinander fortlaufenden hohlen gusseisernen Röhren von
3 Zoll Stärke, durch welche schmiedeiserne, an ihrem Ende durchbohrte Stangen gehen,
welche mit den Röhren durch Bolzen verbunden sind. Andere schmiedeiserne Stangen
wurden in diagonaler Richtung zwischen die gusseisernen Röhren eingepasst, und da-
durch dem Ganzen die gehörige Festigkeit gegeben.


Durch diese Einrichtung hat man die Schwingungen so vermindert, dass sie, wenn
Postkutschen im scharfen Trabe über die Brücke fahren, kaum mehr bemerkbar sind;
allein bei Stürmen, die von der Seite kommen, erhebt sich die 560 Fuss lange Brücken-
bahn in ihrer Mitte noch immer um 1 bis 2 Fuss. Es leuchtet übrigens von selbst ein,
[464]Beschreibung der Menai-Kettenbrücke.
dass dieselbe Brücke nach gleichen Grundsätzen und mit denselben Dimensionen an einem
andern Orte erbaut, wo die Stürme nicht so heftig als an diesem Meeresarme sind, auch
weit geringern Schwankungen unterliegen würde.


§. 412.


In dem oben genannten englischen Werke, welches die Geschichte und Beschreibung
dieses merkwürdigen Brückenbaues enthält, befindet sich auch folgender Ausweiss über
das ganze Gewicht der Spannketten, Tragstangen, der Brückenbahn etc., welches zwi-
schen den 2 Trag- oder Hauptpfeilern aufgehängt ist.

[465]Kettenbrücke über die Seine in Paris.

§. 413.


Die Wichtigkeit und Grösse der neuern Kettenbrückenunternehmungen in England
hat auch die Aufmerksamkeit der Französischen Regierung erregt, und es wurde bereits
im Jahre 1821 und später wieder im Jahre 1823 von Seite derselben Herr Navier, en-
génieur en chef des ponts et chaussées
, zu dem Behufe nach England gesendet, um dort
den Bau der Kettenbrücken zu untersuchen und bei seiner Rückkehr öffentlichen Bericht
hierüber zu erstatten. Diess geschah in dem vom Herrn Navier im Jahre 1823 bekannt
gemachten, bereits S. 449 erwähnten Werke. Hierin befindet sich ohne Zweifel die
vollständigste theoretische Behandlung dieses Gegenstandes, welche bisher noch er-
schienen ist; zugleich hat aber Herr Navier den Entwurf einer Kettenbrücke für eine
Strasse und einer solchen Brücke für eine Wasserleitung seinem Werke beigefügt. Die
erste Kettenbrücke sollte über die Seine zu Paris zwischen der Esplanade der Invali-
den und den elyseeischen Feldern erbaut werden; es fand sich auch bald nach Bekannt-
machung dieses Projektes eine Akziengesellschaft, welche den zu diesem Baue erforder-
lichen Fond von 800000 Franken (320000 Gulden C. M.) zusammenlegte, und der Bau
wurde unter der Leitung des Herrn Navier begonnen; allein nachdem die Pfeiler er-
baut, die Spannketten und Tragstangen eingehängt und der grösste Theil der Brücken-
bahn aufgelegt war, traten Beschädigungen dieses kostspieligen Bauwerkes ein, wo-
durch dessen Vollendung unmöglich war, die Brücke demnach abgetragen und von
der Gesellschaft an diesem Orte ganz aufgegeben wurde.


Da das obengenannte theoretische Werk des Herrn Navier mit vielem Beifalle von
dem wissenschaftlichen Publikum aufgenommen wurde, so ist es um so wichtiger, die
Gründe zu kennen, welche den Ruin dieser Kettenbrücke herbeiführten, als diess sonst
zu Missdeutungen führen und über die angeführten Vortheile des Kettenbrückenbaues
Zweifel veranlassen könnte. Wir haben daher auf der Tafel Nro. 25 sowohl die Zeich-
nung dieser vom Herrn Navier projektirten Kettenbrücke, als auch die Zeichnung je-
ner Kettenbrücke aufgenommen, welche die Akziengesellschaft später nach dem Muster
der Hammersmithbrücke in England etwa 100 Schritt vom Orte der frühern Brücke ent-
fernt durch den Ingenieur Herrn de Vèrges erbauen liess, und die seit dem Monathe
November 1829, wo sie eröffnet wurde, mit voller Sicherheit besteht.


§. 414.


Die vom Herrn Navier entworfene Kettenbrücke, welche Fig. 1 bis 6Tab.
25.

dargestellt ist, hatte eine Länge von 170 Meter (537,8 Nied. Oesterr. Fuss), von Mitte
zu Mitte der Säulen gemessen, über welche die Ketten geführt wurden; die Entfer-
nung zwischen den Kay-Mauern oder die Breite des Rinnsales der Seine unter der
Brücke betrug 150 Met., und für diese letztere Spannweite war der Pfeil oder Sinus
versus
mit 10 Met. bemessen. Der Abstand der Vertikalebenen, welche durch die zwei
am Rande der Brücke fortlaufenden Kettenreihen gingen, oder die Entfernung der
von diesen Kettenreihen herabgehenden Tragstangen betrug 9,5Met.; der Abstand der
beiderseitigen äussern Geländer Fig. 2 war 8,7Met. (27,5 N. Oe. Fuss.) Dieser Zwi-
schenraum war in 3 Theile getheilt, nämlich in einen Fahrweg von 5,7Met. und
zu jeder Seite einen Fussweg von 1,5Met.


Gerstners Mechanik. Band I. 59
[466]Kettenbrücke über die Seine in Paris.
Fig.
2.
Tab.
25.

Unter der Brückenbahn sollte dem ersten Projekte zu Folge ein gusseiserner,
aus 3 Stücken bestehender Rahmen liegen, welcher an den Tragstangen aufgehängt,
eine Art Sprengwerk bilden, und der Bahn die nöthige Festigkeit geben sollte.
Hierauf kamen Längenbalken (solives longitudinales) von 0,5Met. Breite und
0,19Met. Höhe, welche der Länge der Brücke nach, und Bohlen von 0,1Met.
Stärke, welche der Quer nach gelegt und für den Fahrweg mit eisernen Schienen be-
nagelt wurden.


§. 415.


Die Spann- oder Tragketten (Chaines de support) bestanden aus 9 Reihen
länglicher Kettenglieder von geschmiedetem Eisen, welche in 3 Lagen angeordnet
wurden. Diese Glieder hatten 4,9Met. äussere Länge, eine Höhe von 0,08Met. und
Dicke von 0,04Met.; demnach einen Querschnitt von 0,0032Quad. Met. (4,6 N. Oe.
Fig.
5 u. 6.
Quad. Zoll.) Die Verbindung dieser Kettenglieder geschah durch Ringe und Bol-
zen
, wovon die letztern aus 2 Hälften bestanden, zwischen welche Keile eingetrieben
wurden, um die Länge der Ketten hiernach reguliren zu können. Der Querschnitt al-
ler Spann- oder Tragketten, an welchen die oben beschriebene Brückenbahn hing,
betrug 115200 Quadratmillimeter (166 N. Oe. Quad. Zoll).


Fig.
4.

Um die 9 Gliederreihen einer jeden Kette vereinigen zu können, wurden dieselben
mit gusseisernen Querstangen a b, c d zusammengehalten, die dort, wo die Ketten zu lie-
gen kamen, eingeschnitten waren und mit Schraubenbolzen angezogen wurden; hie-
durch sind die 9 Kettengliederreihen in einen Bund oder Körper von 0,58Met. Breite
und 0,32Met. Höhe vereinigt worden; Fig. 4 enthält den Querdurchschnitt einer sol-
chen vereinigten Kette; Fig. 5 die Bolzen und Fig. 6 die Ringe.


Die vertikalen Tragstangen waren rund und hatten einen Durchmesser von
0,04Met.; auf jede Länge von 1,667Met. der Brückenbahn kamen 4 solche Stangen,
indem sie je zwei und zwei angebracht waren. Diese Tragstangen trugen an ihrem
untern Ende zwei Tragschienen von 0,1Met. Höhe und 0,03Met. Dicke, welche
unterhalb der ganzen Brückenbahn ihrer Länge nach zu beiden Seiten fortliefen, und
auf denen die vorgenannten gusseisernen Rahmen in der Quere lagen.


Die Spannketten auf der Rückseite der runden Tragpfeiler, vom Herrn Navier
Chaines de retenue
genannt, waren auf gleiche Art wie die Spannketten zwischen den
Tragpfeilern gebildet, allein sie waren stärker und der Querschnitt beider Kettenglie-
derreihen betrug 135360 Quadratmillimeter (195 N. Oe. Quad. Zoll).


§. 416.


Fig.
3.

Die Tragpfeiler der Ketten waren zwei runde Säulen, wie aus der vorderen
Ansicht Fig. 3 ersichtlich ist; sie wurden aus Quadersteinen aufgeführt und hatten un-
ten, wo sie auf einem Sockel standen, 3,3Met., oben hingegen nur 2,5Met. Durch-
messer. Der Durchmesser des Kranzes oder obersten Theiles des Kapitäls betrug 4 Met.
und auf diesem Kranze ruhte ein quadratförmiger Sockel von 1 Met. Höhe. In der
Mitte dieses Sockels war ein gusseisernes Gehäuse eingelassen, welches mit
mehreren Scheidewänden versehen war und zur Aufnahme der Ketten diente; der un-
[467]Kettenbrücke über die Seine in Paris.
tere Boden dieses Gehäuses war nach einem Kreisbogen gekrümmt, und die Kette bestandFig.
3.
Tab.
25.

hier aus kurzen Gliedern, welche durch horizontale Bolzen mit einander vereinigt waren.


Zur Verstärkung des Mauerwerkes der Säulen waren in denselben in der durch die
Mitte der Ketten gehenden Vertikalebene Bänder aus Gusseisen angebracht, wel-
che von der Grundmauer durch das Kapitäl bis zum Boden des erwähnten Gehäuses
gingen; diese Bänder wurden durch schmiedeiserne Bolzen, welche durch die Säulen
gingen, mit einander verbunden.


Die zwei Säulen zu jeder Seite der Brücke waren noch, wie Fig. 3 zeigt, unter
sich durch einen gusseisernen hohl gegossenen Balken verbunden, der eine Länge von
7,8Met. hatte, und in seinem Innern mit einer senkrechten Scheidewand versehen war.
Dieser Querbalken diente dazu die Säulen gegen einander zu stützen.


§. 417.


Die Verankerung der Ketten zeigt Fig. 1, sie gingen nämlich von denFig.
1.

Tragsäulen in schiefer Richtung herab, bogen sich über das gusseiserne auf dem Mauer-
werke liegende Segment o p und gingen von p senkrecht hinab bis q, wo sie an einer
starken gusseisernen Querplatte durch Bolzen befestigt waren. Um das Gewicht des
vertikalen Schachtmauerwerkes und den Widerstand, welchen dasselbe einer Bewegung
entgegensetzt, zu vergrössern, wurden zwei Flügel m q n angemauert, und man hoffte
das Gleichgewicht durch das Gewicht dieses Mauerwerks und des Erdreichs, welches darauf
lag, herzustellen. Um aber auch der bedeutenden Pressung, welche die Ketten auf dem
kreisförmigen Segmente o p verursachen, den gehörigen Widerstand zu leisten, wurde,
wie Fig. 1 ebenfalls zeigt, ein gemauerter auf einem Pfahlwerke stehender Strebepfeiler
in der Richtung der mittlern Spannkraft der beiden Theile der Kette angebracht und mit
dem übrigen Mauerwerke verbunden.


§. 418.


Herr Navier berechnete die Belastung dieser Brücke auf folgende Art. Die be-
ständige Last
bestand aus:


  • 1. Die Glieder der beiden Hauptketten auf eine Bogenlänge von
    • 151,76Met. oder horizontale Länge von 150 Met.   134992Kil.
      Verbindungsringe der Kettenglieder für dieselbe Länge   14455
      Bolzen und Vorsteckkeile   9536
      Querstücke aus Gusseisen zu Trägern für die Hängstäbe   10359
  • 2. Vertikale Hängestäbe   26734
    • 3. Tragschienen nach der Länge der Brücke, die an den Hänge-
      stäben aufgehängt sind und worauf die Querträger des Brü-
      ckenweges ruhen   7437
      Balken aus Guss- und Schmiedeeisen   156330
      Balken und Bohlen von Eichenholz   175119
      Gegossene Streifeisen, Schmiedeeisenschienen zur Bede-
      ckung des Brückenweges, Schrauben und Nägel   35000
      Geländer  14470
      oder 10436 N. Oe. Zentner. Totalgewicht   584432Kil.

59 *
[468]Kettenbrücke über die Seine in Paris.

Wird dieses Gewicht mit 150 dividirt, so kommt auf jeden Metre-Länge der
Brückenbahn eine Last von 3896Kil. (auf einen N. Oe. Fuss Länge die Last von 22
N. Oe. Zentner).


Zur Bestimmung der zufälligen Belastung nahm Hr. Navier an, dass bei ei-
nem Menschengedränge 195Kil. auf den Quad. Met. entfallen. (Diess gibt 12,5 N. Oe. Zent-
ner auf eine N. Oe. Quad. Klafter). Da nun der Abstand der Geländer 8,7Met. betrug,
so ergab sich für jeden Met. Länge eine Belastung von 1697Kil.


Die beständige und zufällige Belastung addirt, gibt eine Totallast von 5593Kil.


§. 419.


Fig.
1.
Tab.
25.

Wir haben bereits erwähnt, dass diese Brücke noch vor ihrer gänzlichen Aufstellung
solche Gebrechen zeigte, dass sie abgetragen werden musste. Nach den hierüber an
Ort und Stelle gesammelten Erkundigungen wurde das Mauerwerk unterhalb des Bo-
gens o p durch die Zugkraft der Ketten aus seiner Lage gerückt oder gehoben, es bilde-
ten sich zwischen allen daselbst vorhandenen Quadern grosse Fugen, und ein bedeuten-
der Theil der Quadersteine zerbrach. Herr Navier liess nun den Raum A B zwischen
den Tragpfeilern und Widerlagen, welcher bisher gar nicht beachtet wurde, und mit
Thon und Erdreich gefüllt war, ausheben und Bruchsteine hineinwerfen; allein nun
ging der Strebepfeiler, welcher den Bogen o p stützte, noch mehr zurück; die Trag-
pfeiler oder Säulen verloren auch ihre vertikale Lage und man konnte die Brückenbahn
nicht mehr einhängen, da die Hauptketten sich immer mehr senkten. Weil aber das
Mauerwerk bedeutende Beschädigungen erlitten hatte, und keine Verbesserung desselben
möglich war, so musste es ganz abgetragen und die neue Brücke in einiger Entfernung
hievon errichtet werden.


§. 420.


Die Akziengesellschaft, welche die beschriebene Kettenbrücke über die Seine un-
ternommen hatte, entschloss sich, ein Jahr, nachdem der Bau derselben aufgelassen
wurde, eine neue Kettenbrücke zu erbauen, und schickte zu diesem Behufe den In-
genieur de Vèrges nach England, um daselbst die Construction der Hammersmithbrü-
cke genau kennen zu lernen. Nach seiner Rückkehr wurde die neue Brücke beiläufig
hundert Schritte von dem Orte, wo die frühere gestanden war, unter seiner Leitung
erbaut, und im November 1829 beendigt. Die Darstellung derselben enthält Fig. 7 bis
10 auf der Tafel Nro. 25.


Nach der Längenansicht Fig. 7 beträgt die Entfernung zwischen den zwei Land-
Fig.
7
bis
10.
widerlagen 125 Met. (395,4 N. Oe. Fuss) und ist in fünf gleiche Theile getheilt.
Die Mitte der zwei Tragpfeiler befindet sich genau auf der Entfernung von ein Fünf-
theil der ganzen Spannweite oder 25 Met.; es bleiben daher für die Entfernung der
zwei Tragpfeiler von Mitte zu Mitte derselben gemessen 3mal 25 = 75 Met. (237,3 N. Oe.
Fuss) übrig. Die Tragpfeiler sind gleich jenen in Hammersmith erbaut, wie es
aus der Ansicht Fig. 10 zu ersehen ist. Da die Spannweite dieser Brücke beiläufig
halb so gross, als bei jener in Hammersmith ist, so hielt es der Ingenieur nicht für
nothwendig, einen Theil der Brückenbahn durch die Tragketten von unten zu stützen,
[469]Kettenbrücke zu Bamberg über die Regnitz.
welches noch mehr dadurch begründet wurde, weil unter den Landwiderlagen zu je-
der Seite eine gewölbte Oeffnung für die ungehinderte Passage entlängst den QuaysFig.
7.
Tab.
25.

bleiben musste. Um jedoch den Spannketten mehr Auflagspunkte zu geben, sind die-
selben bei A und A' über massive gusseiserne Walzen (Chevalets), welche auf
den Landpfeilern ruhen, geführt. Diese Walzen sind von ähnlicher Construction, wie
die gusseisernen Sattel, über welche die Hauptketten der Menaibrücke bei ihrem Eintritte
in die Stollen geführt sind. Ohne diese Sattel würde sich die Brückenbahn, wenn
die Ketten im Sommer durch die Hitze ausgedehnt werden, zunächst den Landwider-
lagen bei A und A' um mehrere Zolle senken, und eine für die Befahrung nachthei-
lige Stuffe bilden, während bei Anwendung der Sattel die Brückenbahn sich zwi-
schen den Landwiderlagen und den Mittelpfeilern nur bogenförmig senken kann.


Die Anordnung der Ketten zeigt Fig. 8 und 9 und da diese Brücke mit jener inFig.
8
und
9.

Hammersmith beinahe ganz übereinkommt, so haben wir nur noch zu bemerken, dass
hiebei das Sprengwerk, welches das Geländer bildet, wie Fig. 9 zeigt, eine verbesserte
Construction erhielt; es kreuzen sich nämlich die Streben, welche sich in den guss-
eisernen Geländersäulen stützen, einander durch und geben demnach mehr Festigkeit,
als wenn bloss einfache Streben a b, b c, c d … wie in Hammersmith angebracht würden,
bei denen wohl der Punkt e, nicht aber a und c gehörig gestützt sind.


Ungeachtet der Verkehr über diese Brücke bedeutend ist, so fand man es den-
noch hinreichend, dem Fahrwege in der Mitte eine Breite von 5,4Met. (17,1 N. Oe.
Fuss) und den zu beiden Seiten desselben angebrachten etwas erhöhten Fusswegen
eine Breite von 1,3Met. (4,1 N. Oe. Fuss), demnach der ganzen Brücke zwischen den
beiderseitigen Geländern eine Breite von 8 Met. oder 25,3 N. Oe. Fuss zu geben. Wir
glauben, dass diese Breite in den meisten Fällen hinreichen werde.


§. 421.


Die auf der Tafel Nro. 26 dargestellte zu Bamberg über die Regnitz er-Tab.
26.

baute, am 31ten Dezember 1829 eröffnete Kettenbrücke führen wir vorzüglich desshalb
an, weil sie wie Fig 3 zeigt, ebenfalls nach Art des Projektes vom Herrn Navier,
zu beiden Seiten zwei isolirte Pfeiler (Pylonen) hat, über welche die Ketten geleitet
sind. Diese Pfeiler messen an ihrer Grundfläche 10,5 Fuss und unter dem Gesimse
8 Fuss im Gevierten, sie haben eine Höhe von 24,5 und einen Kubikinhalt von 2130
Kubikfuss; sie sind 20 Fuss im Lichten von einander entfernt und stützen die Ketten
der 316,5 Fuss langen und 30 Fuss breiten Brückenbahn.


Kurze Zeit nach Eröffnung der Brücke bemerkte man auch hier Risse an den
Pfeilern, deren Grund wahrscheinlich in der gewählten Bauart und in dem Umstande
liegt, dass die Ketten auf denselben nur auf einer mit dem Mauerwerke verbundenen
festen Gusseisen-Platte unverrückbar ruhen; es müssen demnach den Pylonen die-
selben Erschütterungen mitgetheilt werden, die wir bei dem Fahren der Wägen in
unsern Wohngebäuden empfinden, obgleich deren ganze Grundfläche und zu bewegen-
de Masse doch weit grösser als jene solcher einzelner Pfeiler ist.


[470]Kettenbrücke zu Nienburg über die Saale.

Aehnliche Anstände als die erwähnten haben sich auch bei mehreren Ketten- und
Drahtbrücken in Frankreich gezeigt. Die Drahtbrücke über die Rhône bei Vienne
war kaum beendigt, und schon mussten die obgleich bogenförmig verbundenen Trag-
pfeiler, da sie bloss von Bruchsteinen ohne hinlänglichen Fleiss aufgeführt waren,
an ihrem Umfange mit mehreren eisernen Schliessen umgürtet werden; dasselbe trat
auch bei andern Brücken in Frankreich ein; es dürfte sonach bei jedem solchen Baue
die grösste Sorgfalt auf die Herstellung der Tragpfeiler und die Beweglichkeit der Ket-
ten über dieselben verwendet werden.


§. 422.


Tab.
26.

Die letzte Kettenbrücke, welche sich auf unseren Tafeln dargestellt befindet, ist
jene, welche im Jahre 1825 über die Saale bei München-Nienburg errichtet wurde.
Die Construction derselben weicht von den in England, Frankreich und überhaupt bei
den Kettenbrücken bisher angenommenen Grundsätzen wesentlich ab.


Die Tragpfeiler dieser Brücke bestanden in hölzernen Portalen oder in zwei
Fig.
10.
eichenen Säulen a, a, deren Höhe 40 Fuss, die untere Stärke 23, die obere aber 19
Zoll im Quadrate betrug. Diese Säulen waren auf 7 Fuss hohe Blöcke b, b von Sand-
stein gestellt, und durch starke eiserne Dippeln befestigt worden; sie waren ferner
durch Querriegel c, c und c von weichem Holze, welche in dieselben eingezapft und
Fig.
9.
mit Eisenschienen befestigt waren, dann durch einige Andreaskreuze mitsammen ver-
bunden, und das ganze Portal sodann mit Brettern von Aussen verkleidet.


Oben auf den eichenen Säulen wurden (Fig. 10) gusseiserne Platten e, e aufge-
Fig.
10.
schraubt, an welchen die Spannketten, sechs an der Zahl, festgemacht waren, und
von hier auf der einen Seite zur Brückenbahn, auf der andern Seite zu den Landpfei-
lern herabgingen. Die Verankerung der Ketten in den Landpfeilern zeigt Fig. 6; die
Verzweigung und Theilung der Hauptketten in mehrere Nebenketten zeigt der Durch-
schnitt Fig. 4. Die Fig. 7 enthält das Längenprofil der Klappe oder des Eröff-
nungsthores
, welches in der Mitte der Brücke angebracht war, um die auf der
Saale segelnden Schiffe mit Masten ungehindert durchlassen zu können; Fig. 8 ent-
hält die äussere Ansicht dieses Thores, woraus man zugleich die Befestigung der Ket-
ten und die der Länge der Brücke nach zu beiden Seiten liegenden Endsbäume ersieht.


Eine jede Brückenhälfte war 120 Fuss lang, 23,5 Fuss breit; und die daran befind-
liche Klappe hatte 4 Fuss 7 Zoll, demnach betrug die ganze Länge der Brücke mit Ein-
schluss der Klappen 249 Fuss 2 Zoll Preuss. Maass. (247,4 N. Oe. Fuss.)


Die Ketten waren durchgehends von gleicher Stärke, nämlich in den einfachen Ge-
lenken 1,5 Zoll, in den doppelten Gliedern aber 1 Zoll im Durchmesser. An ihrem Ende
gingen dieselben durch Sandsteinquadern von 18 Zoll Stärke, welche mit Oeffnungen
durchgearbeitet und die Ketten an vorgesteckte eiserne Riegel befestigt waren.


Am 27ten August 1825 wurde die Brücke geprüft, indem man einen mit 110 Zentner
beladenen, und mit 10 Pferden bespannten Wagen über die Brücke gehen liess; da sie
nun diese Probe aushielt, so fand ihre Eröffnung am 6ten September 1825 statt; allein 3
Monathe hierauf stürzte die Brücke ein.


[471]Stahlbrücke in Wien.

Die hierüber öffentlich erschienenen: „Verhandlungen über die artistische Untersu-
chung des Baues der Hängebrücke über die Saale bei München-Nienburg, bekannt
gemacht von dem Baumeister dieser Brücke Hrn. G. Bandhauer, herzoglich An-
halt-Köthen’schen Baurathe. Leipzig 1829“ enthalten die Darstellung und Untersuchung
der Ursachen des am 6ten Dezember 1825 erfolgten Einsturzes dieser Kettenbrücke. Man
ersieht daraus, dass sie laut des von dem Baumeister am 1sten Jänner 1824 vorgelegten
und von seiner Behörde genehmigten Anschlages nur auf ein Tragvermögen von 1650 Zent-
nern gleichmässiger Belastung (für eine Fläche von 249⅙. 23,5 = 5855 Quad. Fuss),
demnach für 1100 Menschen zu 1,5 Zentner oder auch für einzelne, einander folgende,
mit 100 Zentner belastete zehnspännige Wägen, nicht aber für die grösste Belastung,
welche durch Menschengedränge entstehen kann, angetragen und berechnet war. Das
letztere konnte allerdings auch bei den geringen Baukosten, welche für die ganze Brücke
ursprünglich nur mit 4000 Rthlr. pr. Cour. berechnet waren, und sich bei der Ausfüh-
rung beiläufig auf das Doppelte erstreckten, nicht gefordert werden. Aus diesen Grün-
den konnte auch dem Baumeister nach der hierüber eingeleiteten Untersuchung kein ge-
gründeter Vorwurf gemacht werden.


§. 423.


Hinsichtlich der Stahl- und Drahtbrücken haben wir bereits S. 282 bemerkt,
dass sie den Kettenbrücken von Stabeisen nachstehen, wenn man nicht bloss das Tra-
gungsvermögen und die Kosten des Materials, sondern auch die Senkung und Schwin-
gungen der Brücke bei zufälligen Belastungen berücksichtigt.


Die Erfahrung hat hierüber bei der in Wien erbauten Stahlbrücke bereits ent-
schieden, indem jeder Fussgänger, welcher sie passirt, Schwingungen empfindet, wel-
che man, auch ohne die neuern englischen Kettenbrücken gesehen zu haben, für bedeutend
erachten muss. Nach der öffentlich erschienenen: „Beschreibung der ersten Stahlket-
tenbrücke in Wien von J. E. von Mitis, Wien 1829 Seite 74“ hat aber die 303 Fuss lange
Bahn dieser Brücke bei dem Orkane am 20. July 1828 sogar in schuhhohen Wellen
geschwankt, woraus zur Genüge ersichtlich ist, warum man dem Vorschlage, Stahl zu
Kettenbrücken zu verwenden, bisher keine weitere Folge gegeben hat.


Auch die Drahtbrücken, wovon mehrere von den Gebrüdern Seguin in Frank-
reich erbaut wurden, haben aus gleichen Gründen den Erwartungen, welche man An-
fangs davon hegte, nicht entsprochen. Die Drahtbrücke in Vienne, ungefähr
2 lieues unter Lyon über die Rhône von den Herren Seguin und Mignon als Unterneh-
mung in Folge einer vom Könige für 48 Jahre bewilligten Concession erbaut, wurde im
April 1828 begonnen, und am 15ten May 1829 eröffnet. Diese Brücke besteht aus drei
Trag- oder Stützpfeilern, wovon zwei an den Ufern, der dritte aber in der Mitte der
Rhône erbaut wurde. Die erstern haben 3 Met., der Mittelpfeiler aber 5 Met. Länge
in der Richtung der Brücke gemessen, und die beiderseitigen Pfeiler sind mitsammen
durch gewölbte Bögen verbunden. Die Entfernung von Mitte zu Mitte zweier Pfeiler
beträgt 90 Met., demnach die Entfernung von Mitte zu Mitte der an den Ufern erbauten
Pfeiler 180 Met. (569,4 N. Oe. Fuss). Hinter diesen Pfeilern ist an jedem Ufer noch eine
Kammer zur Aufnahme und Verankerung der Ketten erbaut worden. Der Sinus versus
[472]Drahtbrücken in Frankreich.
für die Länge eines Brückenfeldes von 86 Met. (272 N. Oe. Fuss) beträgt 9,4Met. Diese
Brücke besteht eigentlich aus zwei einzelnen Brücken, indem Ketten oder Drahtbündel
von jedem Uferpfeiler nur über den Mittelpfeiler hinüber, dann sogleich auf seiner Rück-
seite herabgeführt, und in seinem Fundamente befestigt wurden. Die Brückenbahn hängt
zu jeder Seite an 6 nebeneinander liegenden Spannketten, demnach im Ganzen an 12 sol-
chen Ketten. Eine jede derselben besteht aus 160, in einen Bündel vereinigten Drähten,
deren Durchmesser 0,002Met. (0,91 N. Oe. Linie) beträgt; der Querschnitt aller Spannketten
beträgt sonach 12. 160. 3,14159. (0,002)2. ¼ = 0,00603 Quad. Met. oder 8,69 N. Oe. Quad.-Zoll.


Die Brücke besteht aus einer Fahrbahn von 4,4Met. Breite und zwei erhöhten Fuss-
wegen von 0,8Met., demnach ist die ganze Breite der Brücke im Lichten 6 Met. (19
N. Oe. Fuss), welches man für den dortigen obgleich bedeutenden Verkehr als hinrei-
chend erachtete. Das Geländer dieser Brücke bildet ein ähnliches Hängewerk, wie es
bei der in Paris vom Herrn de Vèrges erbauten Kettenbrücke der Fall ist.


Die Baukosten der ganzen Brücke betrugen 300000 Franken, worunter 30000 Franken
Entschädigung für die abgetragenen Gebäude begriffen sind. Bei diesem geringen Auf-
wande musste das ohnehin schwache Mauerwerk der Tragpfeiler ganz von Bruchsteinen
hergestellt, und bloss die Ecken mit kleinern Quadern verkleidet werden.


Die Brücke wurde vor ihrer Eröffnung auf die in Frankreich vorgeschriebene ge-
setzliche Art einer Probe unterworfen, indem man sie auf ihrer ganzen Fläche und zwar
von den Ufern gegen die Mitte zu mit Schotter und Steinen überführte, und darüber
noch einen dreispännigen Wagen fahren liess. Die zwei Brückenfelder wurden auf diese
Art mit 104 Kubik-Met. Schotter oder mit 208000 Kilogramm (3714 N. Oe. Zentner) be-
lastet, als jedoch der Schotter wieder abgeräumt wurde, fand man die Erhöhung in der
Mitte der Brückenfelder um 0,4Met. geringer, das Mauerwerk über den Thoren der
Pfeiler bekam Risse, und man musste um jeden Landpfeiler in der Nähe der Auflage der
Ketten drei eiserne Ringe von 3 Zoll Höhe und ½ Zoll Dicke spannen.


Nach ähnlichen Grundsätzen ist die Drahtbrücke zwischen Tournon und
Tain
über die Rhône erbaut. Die Beschreibung derselben kommt in dem: „Journal
du Génie civil, des sciences et des arts, á l’usage des ingenieurs
.... 16melivraison
pag. 127 vor. Die Brücke hat 178 Met. (563,1 N. Oe. Fuss) Länge, einen im Fluss erbau-
ten Mittelpfeiler und zwei Landpfeiler; sie besteht aus einer Fahrbahn von 2,2Met. und
zwei erhöhten Fusswegen von 1 Met. Breite; die ganze Breite derselben im Lichten be-
trägt demnach 4,2Met. (13,3 N. Oe. Fuss). Damit sich die Wägen auf der Brücke aus-
weichen können, erweitert sich ihre Breite bei dem im Flusse erbauten Mittelpfeiler auf
6,2Met. Die Herrn Seguin et Comp. erbauten diese Brücke gegen eine auf 99 Jahre
ertheilte Concession, nach deren Ablauf die Brücke als Eigenthum dem Staate anheim
fällt. Der Bau wurde im Jänner 1824 begonnen und schon am 22ten August 1824 die Prü-
fung vorgenommen; hiebei wurde 1 Met. Länge der Brücke mit 500 Kilogramm (765 N. Oe.
℔. auf die N. Oe. Quad. Klafter) belastet, und noch mit schweren Wägen darüber gefahren.


Ausser diesen zwei beschriebenen Drahtbrücken wurden noch drei andere über die
Rhône erbaut, und zwar eine in Serrieres von 200 Met. Länge, die zweite in Andence
von gleicher Länge, die dritte in Beaucaire von 400 Met. Länge; eine vierte von 320 Met.
Länge sollte in Bourg St. Andreol erbaut werden.


[473]Theorie der Kettenbrücken.

§. 424.


Zur Bestimmung der krummen Linie, welche die Ketten annehmen,
wenn sie nebst ihrer eigenen Last noch das Gewicht der Brücken-
bahn der darüber fahrenden Wägen etc. zu tragen haben
, wollen wirFig.
8.
Tab.
20.

vorläufig die Stellung der Seiten eines Polygons untersuchen, welche ein biegsamer Faden
annimmt, wenn an denselben in den Punkten a, b, c ..... die Gewichte P, Q, R … und
eben so an der andern Seite in den Punkten b', c' .... die Gewichte Q', R' ...... angehängt
werden. Es leuchtet von selbst ein, dass das Polygon von dem Punkte a aus nach beiden
Seiten symetrisch seyn müsse, wenn die Grösse und Entfernungen der angehängten Gewichte
untereinander und von der Mittellinie zu beiden Seiten gleich angenommen werden. Es wird
also hinreichend seyn, das Verhältniss der Stellungswinkel, welche die Polygonseiten mit
dem Horizonte bilden, nur an einer Seite aufzusuchen. Zu dieser Absicht wollen wir
vorerst das Gewicht P in dem Punkte a betrachten, welches an den beiden Fäden b a und
b' a hängt. Um diejenige Kraft zu finden, mit welcher jeder dieser Fäden nach seiner
Richtung von dem Gewichte P gezogen wird, wollen wir die Kraft P durch die Linie
a p vorstellen, und sie durch das Parallelogramm a n p m in die beiden äussern Kräfte a n
und a m nach den Richtungen der gespannten Fäden b a und b' a zerlegen.


Nennen wir die Spannung a m nach der Richtung des Fadens = T, so erhalten
wir nach der Theorie des Kräftenparallelogrammes die Proportion T : P = a m : a p. In
dem Punkte b wirkt also die Kraft b s = a m = T nach der Richtung b a. Zerlegen wir
die Spannung b s = a m durch das Parallelogramm brst in die senkrechte Kraft b t(= P')
und in die Horizontale b r (= H), so folgt aus dem Parallelogramm brst die Proportion
P' : T = b t : b s (oder a m). Durch die Multiplikation der beiden Proportionen erhält
man P' : P = b t : a p. Ziehen wir in dem Parallelogramm a m p n die Diagonale m n, so
ist das rechtwinklichte Dreieck a m o, wegen b s = a m, mit dem rechtwinklichten Dreiecke
b s t kongruent, daher t s oder b r = o m und b t = a o. Weil aber die Diagonallinien
eines Parallelogramms sich wechselseitig halbiren, so ist a o = ½ a p, also auch b t = ½ a p.
Dieses in die letzte Proportion gesetzt, gibt P' : P = ½ a p : a p = 1 : 2, mithin P' = ½ P.
Setzen wir den Stellungswinkel, welchen die erste Seite b a mit der Horizontalen b b'
bildet, b' b a = α, so ist im Dreiecke b t s auch b t : t s oder H : ½ P = 1 : tang α, und hieraus
für den Stellungswinkel tang , und wenn der Winkel α gegeben ist, so folgt die
horizontale Spannung.


In dem Punkte b haben wir zur senkrechten Kraft ½ P noch die Last Q (= t u) hinzu-
zusetzen. Durch diese Vermehrung haben wir also in b die senkrechte Kraft b u = ½ P + Q
und die horizontale = b r = H. Wenn nun diese beiden durch das Parallelogramm b r w u
zusammengesetzt werden, so gibt die Diagonale b w sowohl die Richtung, als auch die
Grösse der in b angebrachten mittlern Kraft. Da wir nun annehmen, dass diese von der
Spannung des Fadens b c im Gleichgewichte erhalten wird, so folgt von selbst, dass c b
in der Richtung der Diagonale b w liegen, folglich die Linie c b w eine gerade Linie seyn
müsse. Ziehen wir nun durch c die horizontale Linie c c', so ist diese zu der horizontalen
b b' parallel, folglich der Stellungswinkel c' c b = β = b' b w. In dem rechtwinklichten
Gerstners Mechanik. Band I. 60
[474]Theorie der Kettenbrücken.
Fig.
8.
Tab.
20.
Dreiecke b r w erhalten wir daher auch die Proportion b r : r w oder H : ½ P + Q = 1 : tang β
und hieraus für den Stellungswinkel der Seite b c die Gleichung tang . Durch
die Spannkraft der Seite b c wirkt also in dem Punkte c die horizontale Kraft b r = H
(= c k) und die senkrechte b u = ½ P + Q (= c g). Zu dieser letztern muss abermal
die Last R hinzugesetzt werden. Dadurch erhalten wir im Punkte c die senkrechte
Kraft
½ P + Q + R = c f und die horizontale H = c k, welche durch das Paralle-
logramm c k e f zusammengesetzt die mittlere c e oder die Richtung der Seite c d geben.


Ziehen wir abermal durch den Punkt d die horizontale d d' parallel zu c c', so ist der
Stellungswinkel der dritten Seite c d d' = γ = e c k und in dem rechtwinklichten Dreiecke
e c k ergibt sich die Proportion c k : k e oder H : ½ P + Q + R = 1 : tang γ, woraus für den Stel-
lungswinkel die Gleichung tang folgt. Auf gleiche Art würde man bei d zur
senkrechten Kraft ½ P + Q + R noch die Kraft S hinzuzusetzen haben, wo sonach durch
die Verbindung dieser Kraft mit der horizontalen H für den Stellungswinkel der folgenden
Seite die Gleichung tang sich ergeben würde u. s. w.


Wir sehen aus dieser Theorie, dass in jedem Punkte des Polygons der hori-
zontale Druck dieselbe Grösse behält, der senkrechte Druck aber für jeden Punkt
dem Gewichte des daranhängenden belasteten Polygons bis zum tiefsten Punkte a gleich-
kommt, und dass endlich für die Grösse des Stellungswinkels sich die Tangente ergibt,
wenn der gesammte senkrechte Druck an jedem Punkte durch den horizontalen dividirt
wird. Bringen wir alle obigen Gleichungen in eine Proportion, so ist
tang α : tang β : tang γ : ..... = ½ P : ½ P + Q : ½ P + Q + R : ......


Wenn nebst den Gewichten P, Q, R, ..... noch die Kettenglieder a b, b c, c d ..... die
eigenthümlichen Gewichte A, B, C ..... besitzen, so erhellet von selbst, da je-
des Kettenglied die Endpunkte zu beiden Seiten mit dem halben Gewichte belastet, dass
auf solche Art bei a zur Last ½ P noch ½ A, bei b zur Belastung Q noch ½ A + ½ B, bei c
zur Belastung R noch ½ B + ½ C u. s. w. zugesetzt werden müsse, dadurch erhalten wir
tang α : tang β : tang γ : … = ½ P + ½ A : ½ P + Q + A + ½ B : ½ P + Q + R + A + B + ½ C : ....
Hieraus ergibt sich von selbst, dass für den Fall, wenn die Kette nur durch ihr ei-
genes Gewicht
belastet ist, folglich P = Q = R ..... = 0 gesetzt werden,
tang α : tang β : tang γ : ..... = ½ A : A + ½ B : A + B + ½ C ...... statt
finden werde, welches dieselbe Proportion ist, die wir §. 366 bei den Gewölben angege-
ben und mit dem Namen der Kettenlinie bezeichnet haben.


§. 425.


Es wäre zu weitläufig, für ein jedes Kettenglied die Spannung und die Stellungswin-
kel desselben berechnen, und hiernach den Kettenbogen verzeichnen zu wollen; in die-
ser Hinsicht betrachtet man die Kettenglieder als unendlich klein, wodurch ihre Stel-
lungslinien in eine krumme Linie übergehen. Bevor wir aber eine Gleichung für diese
krumme Linie aufsuchen, wollen wir vorläufig die horizontale Spannkraft be-
stimmen. Wir haben oben gezeigt, dass in dem Parallelogramme a m p n die Linie m o
die beständige horizontale Spannung H, und a p die senkrechte Belastung P des Punk-
[475]Theorie der Kettenbrücken.
tes a mithin a o die Last ½ P vorstellt; hiernach erhalten wir die ProportionFig.
9.
Tab.
20.

½ P : H = a o : o m. Errichten wir aus den Mitten q und q' der untersten Kettenglieder
a b und a b' die winkelrechten C q und C q', so gibt ihr Durchschnittspunkt C den
Mittelpunkt des Kreises an, der mit dem Halbmesser C a = r durch die Punkte b, a und b'
gezogen werden kann. Es ist aber das Dreieck a o m dem Dreiecke a C q ähnlich,
weil C q winkelrecht auf a m und C a winkelrecht auf o m, folglich nebst dem rech-
ten Winkel noch der Winkel a m o dem Winkel a C q gleich ist. Daraus folgt die Propor-
tion a o : om = a q : Cq; dieses in die obige Proportion gesetzt, gibt ½ P : H = a q : C q.
Offenbar findet nun auch von der andern Seite die Proportion ½ P : H = a q' : C q' statt,
und weil C q = C q' ist, so folgt aus der Addition der beiden letzten Proportionen auch
P : 2 H = a q + a q' : 2 C q, woraus . Betrachtet man hier die
Kettenglieder unendlich klein, so ist C q = C q' = C a = r dem Krümmungshalbmesser im
tiefsten Punkte a, und wenn man noch die Länge des Bogens daselbst q a q' = 1 Fuss setzt,
und daher unter P das gesammte Gewicht eines Kurrentfausses in der Mitte der Brücke ver-
steht, so erhält man für die horizontale Spannung die einfache Gleichung H = P. r.


Die Auffindung der krummen Linie, welche die Kette durch ihr eigenes Ge-
wicht und durch die Last der angehängten Brückenbahn und der zufälligen Belastung
im Zustande des Gleichgewichtes annimmt, lässt sich nur durch die höhere Analysis
bewerkstelligen. *)


60 *
[476]Theorie der Kettenbrücken.

Die in der untern Note gefundenen Gleichungen I bis VI dienen alle vorkommen-
den Abmessungen bei der Kettenlinie der Brücken zu bestimmen.



[477]Anwendung auf die Menai Brücke.

§. 426.


Um von diesen Gleichungen Gebrauch zu machen, ist nöthig, vorläufig den horizon-
talen Druck H, den Coeffizienten μ und den Krümmungshalbmesser r zu bestimmen, wozu
wir die Menai-Brücke als Beispiel wählen.


Im §. 407 wurde die Spannweite der Menai-Brücke = 580 Fuss, und §. 412 das Gewicht
der Ketten und ihrer Verbindungsstücke = 394 Tonnen 5 Zent. = 7885 Zentner, dann das
Gewicht der übrigen Brückenbestandtheile = (643 Tonnen 15½ Zent.) — (394 Tonnen
5 Zent.) = 4990 ½ Zentner angegeben. Wenn man nun das Gewicht der gesammten 16
Ketten (7885 Zentner) mit ihrer Länge (588,4 Fuss) dividirt, so ergibt sich das Gewicht
eines Kurrentfusses der Ketten 13,4 Zentner = g. f. Auf gleiche Art findet man das Ge-
wicht eines Kurrentfusses der Brückenbahn G. F = = 8,6 Zentner. Demnach ist
die horizontale Zugkraft H = (G. F + g. f) r = 22 r, und der Coeffizient
. Wird der für μ gefundene Werth in die obigen Glei-
chungen IV und VI gesetzt, so erhält man
(VII) und s = y (VIII)


Bei der Menai-Brücke ist die grösste Ordinate y = der halben Spannweite 290 Fuss, und
die zugehörige Abscisse x = dem Pfeil 43 Fuss; werden diese Werthe in die Gleichung VII
gesetzt, so ist , woraus der Krümmungs-
halbmesser im Scheitel r = 986,6 Fuss folgt. Mit Einführung dieses Werthes für r gibt
VII die Gleichung für die Coordinaten der Kettenlinie
und für die horizontale Spannung erhal-
ten wir H = 22. r = 21705 Zentner.


Aus der vorhergehenden Gleichung sieht man, dass bei der Berechnung der Abscisse
x aus der gegebenen Ordinate y das letzte Glied auf das Rechnungsresultat einen höchst
unbedeutenden Einfluss habe; man kann es daher unbeschadet der nöthigen Genauigkeit
zur Vereinfachung der Rechnung ausser Acht lassen, und man sieht, dass die Kettenlinie
in unserm Falle zunächst mit einer Elypse übereinstimmt, deren grössere Achse horizontal
liegt und 4860 Fuss und die kleinere senkrecht liegende Achse 3097 Fuss enthält. Mittelst
der Gleichung wurden für die in der ersten
Columne der beiliegenden Tabelle angenommenen Werthe von y die zugehörigen Werthe
von x berechnet und in die zweite Columne eingetragen; die dritte Columne dieser Tabelle
enthält die Längen der Kette für die vom Scheitel gemessenen horizontalen Weiten der
ersten Columne. Die Zahlen dieser Columne sind nach der Gleichung VIII berechnet.
Da endlich bei der Menai-Brücke die Entfernung der Tragstäbe nach der schiefen Rich-
tung des Kettenbogens gemessen genau 5 Fuss beträgt, so wurden die in der zweiten Co-
lumne berechneten Höhen x nach Maassgabe der in der vierten Columne angenommenen
Bogenlänge berichtigt und in die fünfte Columne eingetragen.


[478]Anwendung auf die Menai Brücke.

§. 427.


Die Fahrbahn auf der Menai-Brücke ist aber nicht horizontal, sondern in der Mitte
höher gelegt als an den Stützpfeilern. Da das Gesetz, nach welchem diese Erhöhung ge-
gen die Mitte zu gemacht wurde, nicht angegeben ist, so hat man für die Convexität der
Fahrbahn die parabolische Form und ihre grösste Erhöhung in der Mitte 2 Fuss ange-
nommen, und hiernach von der Mitte der Brücke gegen die Stützpfeiler hin zu jeder be-
rechneten Länge x der Hängestangen noch die Grösse, um welche die Fahrbahn unter
dem Niveau des Scheitels liegt, hinzugesetzt. Weil nun für die Weite 290 Fuss die Sen-
kung der Bahn 2 Fuss beträgt, so wird für jede andere Weite y die Senkung der Bahn
nach dem Gesetze der Parabel die Grösse u = betragen. Nach dieser Gleichung
wurden die zugehörigen Verlängerungen der Höhen x berechnet und in der VIten Co-
lumne eingetragen. Die VIIte Columne enthält die Summe der Zahlen aus beiden letztern
Columnen, und also die Länge der Tragstangen von der untersten Kette bis an die durch
den Scheitel der Kettenlinie gezogene Parabel. In der letzten Columne der Tabelle sind
endlich die Werthe für dieselben Längen beigesetzt, wie sie Herr Telford durch Ver-
suche an einem Modelle fand, welches um diese Rechnungen zu vermeiden, in einem
Maasstabe von ¼tel der wirklichen Grösse erbaut wurde. Die Vergleichung der Zahlen
in den beiden letzten Columnen zeigt genügend die grosse Uibereinstimmung unserer
Rechnung mit den Erfahrungen des Herrn Telford. Da die Abweichungen höchstens nur
einige Zolle, folglich im Modell nur ¼ hievon betragen, so können diese theils in der
willkührlichen Form der Fahrbahn und ihrer Verschiedenheit von der hier angenomme-
nen Parabel, theils auch in Messungsfehlern, welche bei der Vergleichung eines Modelles
mit der wirklichen Grösse nicht wohl zu vermeiden sind, ihren Grund haben. Da übri-
gens die Tragstangen oben an den vier übereinander gehängten Ketten und unten an den
Tragschwellen unter der Brückenbahn endigen, so versteht sich von selbst, dass man bei
der Bemessung der ganzen Länge der Hängestäbe zu den in der folgenden Tabelle ange-
gebenen Maassen noch die Höhe vom Scheitel der untersten Kette bis zu dem Orte der
Befestigung an den Tragschwellen, nämlich die Höhe des Geländers, die Dicke der Fahr-
bahn und den Betrag, wie viel die Hängestäbe hinsichtlich der Befestigung noch unter-
halb hervorstehen müssen, wie auch die zugehörige Entfernung der Tragketten unter
einander hinzuzusetzen habe.


§. 428.


Wir kommen nun zur Bestimmung der nöthigen Stärke und des Gewich-
tes der Ketten
. Zu dieser Absicht haben die englischen Baumeister sehr viele Ver-
suche über die Festigkeit verschiedener Eisengattungen angestellt, welche bereits im
III. Kapitel angeführt worden sind. Da jedoch hieraus noch keine bestimmte Regel
für die nöthige Stärke der Ketten abgeleitet werden konnte, so wollen wir hierüber vor-
läufig nur dasjenige anführen, was bei den zwei grössten englischen Kettenbrücken für
zweckmässig anzunehmen befunden wurde.


Bei der Menai-Brücke haben wir bereits oben die horizontale Zugkraft
H = (G. F + g. f) r = 21705 Zentner gefunden. Der Querschnitt aller Ketten beträgt 260
Quad. Zoll; daraus folgt, dass ein Quad. Zoll nur eine Spannkraft von 83,5 Zentner zu


[]

Zur Seite 478.


Tabelle
über die Länge der Hängestäbe bei der
Menai-Brücke.


[]
[479]Anwendung auf die Menai Brücke.

tragen habe. Für die grösste zufällige Belastung können wir auf 36 engl. Quad. Fuss
(= 1 Quad. Klafter) 30 Ztr., nämlich 20 Personen, jede zu 168 engl. ℔ (oder 136 N. Oe. ℔)
rechnen; weil aber die Menai-Brücke 28 Fuss breit ist, folglich ein Kurrentfuss dieser
Brücke nur 28 Quad. Fuss enthält, so kommt auf jeden Kurrentfuss 23⅓ Zentner. Wer-
den diese zu dem obigen Gewichte G . F + g. f = 22 Ztr. hinzugeschlagen, so ist das
Gewicht eines Kurrentfusses der höchst belasteten Brücke 45⅓ Ztr., demnach die hori-
zontale Spannkraft H = 45⅓. 986,6 = 44726 Ztr. Wird nun diese mit 260 Quad. Zoll divi-
dirt, so kommt auf einen Quad. Zoll 172 Ztr.


Nach den Seite 256 angeführten Erfahrungen des Hrn. Telford beträgt die Fe-
stigkeit eines engl. Quad. Zolles Eisen 587 engl. Zentner. Wird diese Zahl mit der
Spannkraft der unbelasteten Brücke (83,5 Ztr.) dividirt, so sehen wir, dass die Last der
Brücke und der Ketten an und für sich nur den 7ten Theil des Tragungsvermögens der
Kette betrage; wird aber diese Zahl mit der Spannkraft der höchst belasteten Brücke
(172 Ztr.) verglichen, so sieht man, dass die grösste Spannung der Kette noch nicht den
3ten Theil ihres Tragungsvermögens erreicht. Da überdiess alle Kettenglieder vor ihrem
Gebrauche einer Spannkraft von 11 Tonnen oder 220 Ztr. auf jeden Quad. Zoll unter-
worfen wurden, welches die grösste Spannkraft von 172 Ztr. um 48 Ztr. übersteigt, so
sehen wir, dass hiedurch für hinlängliche Festigkeit der Brücke gesorgt worden sey,
und dass demnach ähnliche Verhältnisse für Brücken an andern Orten genügende Si-
cherheit gewähren.


Wir hahen nun noch die Ausdehnung des Eisens und das davon abhängen-
de Einsinken der Brücke in ihrer Mitte zu betrachten. Nach Tredgold beträgt
das elastische Kraftverhältniss (Modulus elasticitatis) für Stabeisen 24920000 ℔
oder 222500 engl. Ztr.; wird diese Grösse mit der Spannkraft der unbelasteten Brücke
dividirt, so ist das Verhältniss der Länge zur Ausdehnung = 2665. Die Länge des
Brückenbogens beträgt 588,4 Fuss, also ist die Ausdehnung der Ketten bei der unbela-
steten Menai-Brücke = 2,6 Zoll. Auf gleiche Art findet man bei der grössten
Belastung von 172 Ztr. auf jeden Quad. Zoll, die Ausdehnung der 588 Fuss langen
Kette = 5,5 Zoll. Der Unterschied von beiden ist daher 2,9 Zoll, welche Ausdehnung
von der grössten Belastung mit 23⅓ Ztr. für jeden Kurrentfuss bewirkt wird.


Zur Berechnung der Grösse, wie viel die Brücke in der Mitte einsinkt, dient die
oben angeführte Gleichung VI, vermöge welcher mit Hinweglassung des letzten Glie-
des die Länge des Bogens für die halbe Spannweite (y) aus der Gleichung s = y +
berechnet werden kann; demnach ist für die ganze Spannweite
2 s = 2 y + , und wenn wir für x die Grösse x + u setzen, so ist 2 S = 2 y + ,
folglich der Unterschied 2 S — 2 s = . Setzen wir nun 2 S — 2 s = der letzt-
gefundenen Ausdehnung = 2,6 Zoll, y = 290 Fuss und x = 43 Fuss, so ist
2,6 = . Hieraus folgt mit Vernachlässigung von u2 die Tiefe der Einsen-
kung der Brücke in der Mitte u = 6,6 Zoll. Diess wäre jedoch nur die Einsenkung in
[480]Anwendung auf die Hammersmithbrücke.
der Mitte, wenn die Endpunkte der Ketten an den beiderseitigen Tragstützen unbe-
weglich
befestigt wären; da man aber dieses in Hinsicht auf die Festigkeit der Pfeiler
bedenklich gefunden, demnach die Ketten auf Rollen gelegt und an den beiderseitigen
Ufern in eigenen Kammern befestigt hat, wodurch die Ketten eine Länge von 1740
Fuss erhielten, so müssen wir die Ausdehnung für die ganze Länge in Rechnung neh-
men. Diese beträgt, auf gleiche Art wie oben berechnet, für die unbelastete Brücke
= 7,8 Zoll und für die grösstbelastete = 16,1 Zoll. Es beträgt demnach
die Ausdehnung, welche der Belastung allein zukommt 16,1 — 7,8 = 8,3 Zoll. Wird
dieser Werth für 2 S — 2 s in obigen Ausdruck statt 2,6 substituirt, so beträgt die Ein-
senkung der Brücke in der Mitte u = 8,3 = 21 Zoll. Dadurch erklärt sich die
von mehreren Reisenden bereits angegebene Beobachtung, dass an der Menai-Brücke
bei dem Darüberfahren grosser Lasten sehr bemerkbare Einsenkungen oder Oscillationen
in der verticalen Richtung statt finden.


§. 429.


Wir wollen auf gleiche Art diese Verhältnisse noch für die Hammersmith-
Brücke
aufsuchen. Da bei dieser das Gewicht der Kette und der Fahrbahn nicht angege-
ben ist, so wurden diese nach den in der Beschreibung angegebenen Maassen (S. 450 und die
folgenden) berechnet. Nach dieser Berechnung fand man für den mittlern Kettenbogen von
400 Fuss Spannweite und 29½ Fuss Hängetiefe das Gewicht eines Kurrentfusses der Ketten
g . f = 9,19 Ztr. für ihren Querschnitt von 180 Quad. Zoll; das Gewicht eines Kurrentfusses
der Fahrbahn sammt den Hängestangen G . F = 15,73 Ztr. Nach diesen beiläufig ausge-
mittelten Werthen beträgt der Coeffizient μ = = 0,3688. Der Ausdruck IV gibt so-
dann für diese Werthe und für die halbe Spannweite y = 200 Fuss, und die ganze Hänge-
tiefe x = 29,5 Fuss, die Gleichung 2002 = 2 . r . 29,5 — ⅔. 0,3688. (29,5)2, woraus der Krüm-
mungshalbmesser der Kettenlinie im Scheitel r = 681,6 Fuss folgt. Die horizontale Spann-
kraft der Ketten ist daher H = 24,92. 681,6 = 16985 Ztr. für die blosse Belastung durch
das eigene Gewicht der Brücke.


Wird nach denselben Grundsätzen, wie für die Menai-Brücke die grösstmögliche
zufällige Belastung auch für die Hammersmith-Brücke berechnet, so findet man diese
= 25 Ztr. für jeden laufenden Fuss; der Coeffizient μ ist sodann = = 0,1841 und die
horizontale Spannkraft für die belastete Brücke H' = 49,92 . 681,6 = 34025 Ztr. Die auf einen
Quad. Zoll entfallende Spannkraft der Ketten beträgt daher bei der unbelasteten Brücke
= 94,4 Ztr., und bei der belasteten Brücke = 189 Ztr. Werden diese beiden
letzten Kraftanstrengungen mit dem oben angegebenen Kraftvermögen eines Quad. Zolles
587 engl. Ztr. verglichen, so findet man, dass bei der unbelasteten Hammersmith-Brücke
nur der 6te Theil und bei der höchst belasteten nur höchstens der 3te Theil von dem Kraft-
vermögen des Eisens in Anspruch genommen wurde, welches beinahe dieselben Verhält-
nisse sind, wie sie sich aus den Betrachtungen für die Menai-Brücke ergaben.


Man sieht also hieraus, dass bei den grössten engl. Kettenbrücken die Ketten
bei ihrer grösstmöglichen Belastung beiläufig ein Drittheil der-
jenigen Last zu tragen haben, von welcher sie zerrissen würden
.


[481]Aufsteigen und Einsinken zusammenhängender Bögen.

§. 430.


Um die Nachtheile zu verhüten, welche die Brückenpfeiler von den Erschütte-
rungen der darüber fahrenden Wägen
erleiden, hat man in letztern Zeiten
auf die Pfeiler Rollen gelegt, über welche die Ketten sich frey hin und her bewe-
gen können. Da jedoch auf solche Art die Brücke durch das zufällige Befahren mit
schwereren und leichteren Wägen sehr vielen Veränderungen unterliegt, indem die
grössere Last von einer Seite des Pfeilers ein Einsinken des mehr belasteten Brücken-
feldes und dagegen an der andern Seite ein Aufsteigen des minder belasteten Feldes
zur Folge haben muss, so ist noch die Grösse des wechselseitigen Einsinkens und Auf-
steigens zu berechnen. Die Rechnung hierüber, welche auf elementare Art gemacht
ist, befindet sich unter dem Texte. *)


Beispiel. Es sey die Länge der Brücke 2 A = 400 Fuss, die Höhe der Pfeiler
Gerstners Mechanik I. Band. 61
[482]Aufsteigen und Einsinken zusammenhängender Bögen.
B = 30 Fuss = 360 Zolle, das Gewicht der Brücke sammt Ketten für jeden Kurrent-
Fuss = 25 Ztr., also P = 5000 Ztr.; die zufällige Belastung oder die Uiberwucht des er-
*)
[483]Aufsteigen und Einsinken zusammenhängender Bögen.
sten Bogens über den zweiten sey ⅕ der ganzen Last der ersten Brückenhälfte, also
Z = 1000 Ztr. und der Coeffizient für den Reibungswiderstand m = . Diese Werthe
*)
61 *
[484]Aufsteigen und Einsinken zusammenhängender Bögen.
Fig.
11.
Tab.
20.
geben das Einsinken des mehr belasteten Brückenfeldes nach der unten gefundenen letz-
ten Gleichung b = . 360 = 9,7 Zoll.


Die Verschiebung der Ketten auf den Rollen in C ergibt sich aus dem Unterschiede
der ursprünglichen Bogenlänge B C in II und dem verlängerten Bogen B E C oder B' C in
VIII und beträgt daher oder sehr nahe · p und weil
p = · b, so ist die Verschiebung der Ketten auch = · b.


Im obigen Beispiele war und b = 9,7 Zoll. Für diesen Fall würde daher
die Verschiebung der Ketten · 9,7 oder 4,2 Zoll betragen.


§. 431.


Wir wollen nunmehr zu der im vor. §. betrachteten und Fig. 11 dargestellten Brücke
Fig.
12.
eine vollkommen gleiche hinzufügen, wobei jedoch die mittlern an einander stossenden
Kettenende nicht befestigt, sondern die Ketten bloss zusammengehängt sind (wie in Fig. 12
C N C') und wollen die Grösse des Einsinkens untersuchen, wenn das mittlere Brückenfeld
C C' mit der zufälligen Last 2 Z oder jede Hälfte, wie C M oder C' M mit Z beschwert wird.
Durch die grössere Belastung des mittlern Brückenfeldes wird der mittlere Bogen C N C' sich
verlängern und das Brückenfeld herabsinken. Der herabgesenkte Bogen nehme die Gestalt
C n C' an, wobei sein Pfeil um die Grösse N n = p zunehme, also auf die Grösse M n = B + p
herabsinkt. Hiedurch werden nothwendig die beiden äussern Bögen C B und C' G, und zwar
jeder um dieselbe Grösse verkürzt und vollkommen auf gleiche Art gespannt und gehoben
werden. Wir wollen hier für die gespannten Bögen C B und C' G ähnliche Hülfsbögen
wie bei der einfachen Brücke des vorigen §. C B' und C' G' mit der Eigenschaft substi-
tuiren, dass sie mit den zugehörigen gespannten Bögen gleiche Belastung, gleiche Längen
und gleiche horizontale Spannkraft besitzen, und die Erhöhung ihrer Scheitel B B' = q
und G G' = q', also ihre Pfeile A B' = B — q und F G' = B — q' setzen.


Bei den Untersuchungen der Kraftanstrengungen in dem Punkte C kommt aber von der
einen Seite nur der herabgedrückte Bogen C n und von der andern Seite der substituirte
Hülfsbogen C B' in Betrachtung. Vergleichen wir also die Brückenhälfte A M mit der
§. 430 Fig. 11 betrachteten Brücke, so stehen offenbar die Bögen C B' und C n des gegen-
wärtigen Falles gegeneinander genau in denselben Beziehungen wie die Bögen C G' und
C B' des früher betrachteten Falles. Es gilt also die dort geführte Rechnung auch für
die Brückenhälfte A M, und wir erhalten also auch hier, wie dort zunächst p = q.


Die zweite Brückenhälfte M F ist aber in Bezug auf die Wirkungen mit der ersten A M
identisch, daher sind auch hier die Resultate dieselben, und wir erhalten aus denselben
Gründen, wie §. 430, p = q'.


Es ist sonach p = q = q', d. h. das wirkliche Einsinken p des mittlern
Bogens ist gleich dem Aufsteigen q oder q' eines jeden der äussern
Hülfsbögen
.


§. 432.


In dem Ausdrucke für das Einsinken des mittlern Brückenfeldes durch die zufällige
Belastung 2 Z zeigt das erste Glied , dass das Verhältniss des Einsin-
[485]Aufsteigen und Einsinken zusammenhängender Bögen.
kens dem Verhältnisse der zufälligen Belastung 2 Z zum Gewichte der ganzen Brücke
4 P + 2 Z proportional sey, welches auch daraus begreiflich ist, weil durch das Einsinken des
einen Theiles eigentlich die ganze Brücke aus ihrer Stelle bewegt wird. Das zweite Glied
dieses Ausdruckes zeigt, weil es negativ ist, dass durch die Reibung die Grösse
des Einsinkens in jedem Falle vermindert werde. Aus Versuchen, die an Rollen und Fla-
schenzügen gemacht wurden, und im Vten Kapitel angeführt werden, ergab sich für die Grös-
se des Widerstandes der Reibung ⅓ des Druckes; dieses Verhältniss wird noch durch
das Verhältniss der Durchmesser der Rollen und ihrer Achsen vermindert; setzen wir die-
ses, wie bei der Hammersmithbrücke, 3 : 1, so ist in unserer Gleichung m = 1/9. Behalten
wir nebstdem B = 30 Fuss = 360 Zoll, A = 200 Fuss und P = 5000 Ztr., so erhalten wir nach
dem vorigen §. für die Grösse des Einsinkens mit Rücksicht auf Reibung
. Aus dieser Gleichung können wir nunmehr diejenige zufällige Last
Z bestimmen, bei welcher keine Verschiebung der Ketten und folglich auch kein Einsinken
des mehr belasteten Brückenfeldes erfolgt; diess ist nämlich der Fall, wenn in der obigen
Gleichung p = 0 gesetzt wird, woraus sich sodann sehr nahe Z = 345 Ztr., folglich die zu-
fällige Belastung des ganzen Brückenfeldes 2 Z = 690 Ztr. ergibt, welche sonach gar
kein Einsinken
bewirken. Setzen wir aber die zufällige Belastung oder die Uiber-
wucht des mittleren Brückenfeldes 2 Z = 2. 690, also Z = 690, so gibt die obige Gleichung
die Einsenkung des belasteten Brückenfeldes p = 11,2 Zoll.


§. 433.


Die absolute Grösse des Einsinkens wird, wie die hierüber gemachten Berechnun-
gen deutlich zeigen, vermindert:


  • 1tens Durch die Verminderung der Pfeilhöhe B, wodurch jedoch der Krümmungshalb-
    messer und folglich auch die horizontale Spannung H vergrössert wird.
  • 2tens Durch Vermehrung der Reibung oder durch Verminderung des Verhältnisses der
    Durchmesser der Rollen und ihrer Achsen, u. dgl. m.

Da jedoch der Reibungswiderstand ganz allein von dem Pfeiler und zwar nach hori-
zontaler Richtung gehalten werden muss, so ist es nöthig den Steinen, woraus der Pfeiler
konstruirt wird, eine solche Verbindung zu geben, dass keine Abschiebung der obern
Quadersteinlagen über die darunter liegenden statt finden könne. Die Art, wie diess ge-
schieht, ist §. 397 erklärt.


Bei dem gewöhnlichen Befahren der Brücken finden aber keine so bedeutende Uiber-
wuchten der Brückenfelder unter einander statt, und es gibt auch verschiedene Maassre-
geln, dieses zu verhüten; wenn man nämlich dafür sorgt, dass sich Menschen und andere
Lasten nicht an einem Orte zu sehr anhäufen, sondern über die ganze Länge der Brücke
vertheilen, wesshalb man auch den Eingang auf die Brücke enger zu machen pflegt, wo-
durch, wenn auch am Eingange ein Gedränge entsteht, Menschen und Lasten sich nach-
her auf der Brücke auf einen grössern Raum verbreiten, und so von selbst die Brücke
gleichförmiger belasten. Ist aber die ganze Brücke gleichförmig und selbst bis zur grösst
möglichen Belastung beschwert, so findet abermal ein vollkommenes Gleichgewicht und
von keiner Seite eine Uiberwucht, folglich auch kein Verschieben der Ketten und kein an-
[486]Beispiel über eine Kettenbrücke.
deres Einsinken statt, als dasjenige, welches der Veränderung der Wärmegrade, der Aus-
dehnungsfähigkeit und Elasticität des Eisens angemessen ist. Eine weitere Verminderung
des Einsinkens der Brückenfelder, vorzüglich von einzelnen grössern Lastwägen und der-
gleichen wird auch dadurch bewirkt, dass man der Fahrbahn eine grössere Straffheit gibt,
wodurch die Lasten auf eine grössere Fläche vertheilt werden. Dieses wird bei den ge-
wöhnlichen Brücken durch einfache oder doppelte Endsbäume, gespannte Röste u. dgl. be-
wirkt. Bei der Hammersmithbrücke sind zu demselben Zwecke die oben beschriebenen
Spreng- oder Hängwerke angewendet, und diese sind bei den neuen französischen Brücken
durch ihre Verdopplung verstärkt worden; diese Hängwerke fordern aber immer eine
ausserordentliche Genauigkeit in der Ausführung.


§. 434.


Wir kommen nun zu dem Hauptgegenstande unserer Abhandlung, nämlich zur Auflö-
sung der Frage, wie für eine gegebene Breite des Flusses die Maasse der Brücke und aller
ihrer Bestandtheile verlässig zu bestimmen sind. Da hiebei keine Willkühr statt finden
darf, so wollen wir die Bedingniss voraussetzen, dass der Brücke verhältnissmässig dieselbe
Festigkeit gegeben werden solle, worüber die Erfahrung an den grössten oben erwähnten
englischen Kettenbrücken sich bereits ausgesprochen hat.


Um diese Beantwortung mit mehr Deutlichkeit zu geben, wollen wir dieses sogleich
in einem Beispiele grösserer Art zeigen, und die Breite des mit einer Brücke zu über-
setzenden Flusses oder die Länge zwischen den beiden Uferpfeilern = 125 Klafter setzen,
wie es bei der pag. 259 erwähnten, in Prag zu erbauenden Kettenbrücke der Fall war.


  • 1tensEintheilung.

Diese wird nach dem Beispiele der Hammersmithbrücke in 5 gleiche Theile getheilt, und jedem Sei-
tenbogen 1 Theil oder 25 Klafter und dem mittlern Bogen 3 Theile oder 75° = 450 Fuss beigemessen.
Da jedoch die Ketten an beiden Ufern nicht an der Oberfläche, sondern unterhalb der Fahrbahn angehängt
werden sollen, so wollen wir den Befestigungspunkt noch um die Hälfte von 25 oder um 12½ Klftr. zurück-
setzen. Dadurch erhält jeder Seitenbogen vom Pfeiler bis zu seiner Widerlage die Entfernung 37½ Klftr.,
folglich beträgt die horizontale Länge zwischen beiden Befestigungspunkten 37½ + 75 + 37½ = 150 Klftr.


  • 2tensBestimmung der Pfeilhöhe und der Länge der Ketten.

Bei den obengenannten engl. Brücken ist das Verhältniss des Pfeiles zur Spannweite wie 30 : 400,
demnach ist der Pfeil (x) für unsere Spannweite = = 34 Fuss sehr nahe. Mit dieser Pfeilhöhe
findet man die zur Uiberspannung der Weite 2 y = 450 Fuss nöthige Länge der Ketten nach §. 425
Gleichung VI, 2 s = 2 y + = 450 + = 457 Fuss sehr nahe.


  • 3tensBestimmung des Krümmungshalbmessers und der Länge der Hängestäbe.

Da die für Brücken oben berechnete Kettenlinie der Parabel sehr nahe kommt, so findet man aus der
Gleichung y2 = 2 r . x den Krümmungshalbmesser im Scheitel r = = 744 Fuss. Nun lässt sich die
Länge der Hängestäbe (x) nach der Gleichung x = sehr leicht berechnen, wozu wir bereits
oben bei der Menai-Brücke ein Beispiel angeführt haben. Zu diesen berechneten Längen x kommt, wie
es gleichfalls oben gezeigt wurde, die Erhöhung der Brückenbahn so wie nach der Zeichnung der Brücke
die Höhe der Geländer, Stärke der Endsbäume, Höhe der Ketten übereinander etc. etc. noch zuzusetzen.


  • 4tensBestimmung der Stärke und des Gewichtes der Ketten.

Es sey die Querschnittsfläche aller Ketten, an welche die Fahrbahn gehängt werden soll, = f Quad.
Zoll. Da nach dem österr. Fussmaass 1 Kub. Zoll Eisen sehr nahe ¼ ℔ wiegt, so ist das Gewicht eines Kur.
Fusses dieser Kettenstäbe = = 3 f ℔. Da jedoch die Kettenstäbe durch Verbindungsblätter, Bolzen,
[487]Beispiel über eine Kettenbrücke.
Schrauben etc. verbunden werden, so können wir die daraus entstehende Gewichtsvermehrung nach demselben
Verhältnisse wie bei der Menai- und Hammersmithbrücke von 7 auf 12 berechnen, wornach das Gewicht
eines Kur. Fusses der Ketten g. f = Zentner gefunden wird.


Zu diesem Gewichte müssen wir noch G. F das Gewicht eines Kur. Fusses der Brückenbahn und für
den Fall der grössten Belastung noch die grösstmögliche zufällige Belastung hinzusetzen. Das Gewicht
der Brückenbahn lässt sich leicht nach dem Zeichnungsentwurf für ihre Bauart und nach der Wahl der Be-
standtheile (von Holz oder Eisen) berechnen; wir wollen annehmen, dass sich hieraus das Gewicht der
Brückenbahn für jeden Kur. Fuss = 15 Ztr. ergeben habe. S. 312 wurde gezeigt, dass die grösste zu-
fällige Belastung
bei Brücken mit 30 Ztr. für 1 Quad. Klftr. oder für 36 Quad. Fuss anzuschlagen
sey; wenn daher unsere Brücke eine Breite von 30 Fuss erhält, so entfällt hiernach die grösste zufällige
Belastung für jeden Kur. Fuss mit 25 Ztr. Das Gewicht eines Kur. Fusses der Fahrbahn bei ihrer gröss-
ten Belastung ist daher G . F = 15 + 25 = 40 Ztr. Wir erhalten daher nach der oben aufgestellten Gleichung
die Spannung der Kette oder die horizontale Zugkraft H = (G. F + g. f) r = 744 Ztr.


Diese Kraft muss offenbar von der Festigkeit des Eisens in den Kettenstäben gewältigt werden. Nach
den Seite 256 angeführten 17 Versuchen ist 54148 N. Oe. ℔ das Gewicht, wovon ein Stab von 1 Quad.
Zoll zerrissen wird. Da jedoch der Fall des Zerreissens hier nicht statt finden darf, so haben die Baumei-
ster der englischen Kettenbrücken die Festigkeit eines Quadratzolles nur mit dem 3ten Theile des grössten
Kraftvermögens in Rechnung genommen, dagegen aber die Kettenstäbe einer vorläufigen Probe bis zu ⅖ des-
selben Kraftvermögens unterworfen, wie es oben gezeigt wurde.


Wenn wir demnach unserer Brücke die gleiche Sicherheit verschaffen wollen, so können wir von den angeführ-
ten 54148 ℔ nur den 3ten Theil oder die Festigkeit für ein Quad. Zoll nur mit 180 Ztr. in Anschlag nehmen.


Das Tragvermögen der Querschnittsfläche f wird daher 180. f Ztr. seyn. Setzen wir dieses Tragver-
mögen der Spannkraft der Kette gleich, so erhalten wir zur Bestimmung der Grösse f die Gleichung
189 f = (40 + f) 744. Daraus ergibt sich die Querschnittsfläche sämmtlicher Kettenstäbe f = 210 Quad.
Zoll. Wird nun jedem Kettenstabe, so wie bei der Hammersmithbrücke, ein Querschnitt von 5 Quad. Zoll
gegeben, so sind 42 Stäbe zur Bildung der Ketten nothwendig, und jeder Stab ist bis zu einer Belastung
von . 5 . 541 = 1082 Ztr. zu probiren.


Das Gewicht der 457 Fuss langen Ketten beträgt . 210 . 457 = 4935,6 Ztr. Die Ketten für die beiden
Seitenbögen besitzen ein gleiches Gewicht.


Die Angabe und Berechnung der übrigen Eisenbestandtheile und ihres Gewichtes, so wie der Kosten-
anschlag für das Material und die Arbeit, welches bei jedem Baue vorkommt, muss bei jedem Bauverstän-
digen als bekannt voraus gesetzt werden; es werden daher die angegebenen Daten hinreichen und jeden Baumel-
ster in den Stand setzen, ohne Anstand einen Kostenanschlag über den Bau einer Kettenbrücke zu verfassen.


  • 5tensBeweglichkeit der Brücke.

Die unvermeidlichen Veränderungen, denen die Kettenbrücken unterliegen, rühren her:


  • a) von der Elasticität des Eisens, b) von der Ausdehnung des Eisens durch Wärme, und c) von den darauf
    gebrachten ungleichen Belastungen.

a) Das elastische Kraftverhältniss des Eisens ist nach den S. 384 angeführten Versuchen 205080 bis
236390 N. Oe. Ztr. mithin im Mittel beiläufig 220000 Ztr. für 1 N. Oe. Quad. Zoll (nach Tredgold für
englisches Maass 222500 engl. Ztr). Da nun die horizontale Zugkraft unserer Brücke bei dem unbelasteten
Zustande 19200 Ztr. also für 1 Quad. Zoll 91 Ztr. und bei dem höchstbelasteten Zustande 37800 Ztr. also
für ein Quad. Zoll 180 Ztr. beträgt, so ergibt sich das Ausdehnungsverhältniss im ersten Falle
und im 2ten Falle der Länge. Die Ausdehnung der 457 Fuss langen Kette
beträgt demnach für die unbelastete Brücke 2,3 Zoll und für die höchstbelastete 4,5 Zoll; wornach mithin
die grösst mögliche zufällige Belastung eine Verlängerung des Bogens von 2,2 Zolle bewirkt. Diese Ver-
[488]Beispiel über eine Kettenbrücke.
längerung des Bogens gibt nach der Gleichung (§. 428), 2,2 = u eine Einsenkung in der Mitte
u = 5,5 Zoll.


b) Die Längenänderung des Eisens durch den Einfluss der Wärme beträgt nach Lavoisier und Laplace für
80 Grad nach Reaumur 0,001235 der Länge. Nehmen wir daher für den Wärmeunterschied in unserm Klima 40
Grad Reaumur an, so beträgt die Veränderung der 457 Fuss langen Ketten 3,4 Zolle, welche eine Aenderung
in der Höhe der Fahrbahn von . 3,4 = 8,4 Zoll verursachen kann.


c) Für das Einsinken des Brückenfeldes durch zufällige Belastung wurde §. 430 die Gleichung
gefunden.


Unsern Abmessungen zufolge beträgt das Gewicht des ganzen Brückenfeldes sammt Ketten etc. etc.
2 P = 11686 Ztr., und B = 34 Fuss = 408 Zoll, und wenn wir m wie oben = setzen,
2 m . Setzen wir diese Werthe in die obige Gleichung und nehmen die Einsenkung p = 0, so findet man
Z = 403 Ztr. Wenn daher das mittlere Brückenfeld mit 2 Z = 806 Ztr. belastet wird, während die beiden äus-
sern Felder unbelastet bleiben, so findet noch gar kein Einsinken desselben Statt. Für eine doppelt so grosse
Belastung mit 1612 Ztr., also für Z = 806 Ztr. gibt die obige Gleichung das Einsinken in der Mitte p = 12,7 Zoll.


§. 435.


In der Berechnung der Kettenkurve §. 425 wurde die Querschnittsfläche der Ketten
im Scheitel = fangenommen und ausser dem Scheitel = gefunden, wornach also die
Ketten in der Nähe der Pfeiler stärker seyn müssen. In unserem Falle ist an den Pfeilern
tang v = = = 0,3022, also v = 16° 49Min. und = 1,0447, mithin der Querschnitt
der Ketten an den Pfeilern = 1,0447 . f = 219,4 Quad. Zoll. Uiber diesen Umstand pflegt
man jedoch gewöhnlich aus dem Grunde hinaus zu gehen, weil die Ketten schon an und
für sich 3mal stärker gemacht wurden, als es zur grössten Belastung nothwendig ist.


Wenn aber die Ketten von der andern Seite des Pfeilers unter einem spitzigern Win-
kel ablaufen als vor demselben, so ist dieser Umstand um so mehr zu berücksichtigen, als
bei einem sehr spitzigen Winkel die nöthige Verstärkung sehr bedeutend werden kann.
Fig.
13.
Tab.
20.
Es stelle A C die Richtung und zugleich die Grösse der Zugkraft der Ketten von der
einen Seite vor, und A D eben so die Richtung und Zugkraft der Ketten von der andern
Seite. Man konstruire über der Senkrechten A B das Parallelogramm A C B D, so wird
sich die Zugkraft A D zur Zugkraft A C oder verhalten wie Sin C A B : Sin D A B
= Cos V : Cos W. Weil nun die Stärke der Ketten den Kräften A D und A C proportional
seyn muss, so wird sich auch die Querschnittsfläche der Kette A D (F) zur Querschnitts-
fläche der Kette A C verhalten wie Cos V : Cos W. Hieraus folgt F = , wor-
nach für jeden gegebenen Winkel W, den nämlich die zweite Kette mit dem Horizonte
macht, die nöthige Stärke F der Kette A D leicht berechnet werden kann.


[489]Widerstand der Reibung.

V. Kapitel.
Widerstände der Reibung, Unbiegsamkeit
der Seile und ihr Einfluss auf den Effekt
der Maschinen
.


§. 436.


Bei allen bisherigen Rechnungen haben wir angenommen, dass die Körper, welche
sich auf oder mit einander bewegen, vollkommen glatt seyen, dass sonach bei dieser
Bewegung kein neuer Widerstand eintritt, und die bewegten Körper bloss den Grund-
sätzen des statischen Gleichgewichtes folgen. Wir haben auf gleiche Weise angenom-
men, dass die Taue oder Seile, welche wir bei Maschinen verwenden, vollkommen
biegsam seyen, demnach auch keinen besondern Widerstand verursachen, wenn sie
z. B. um eine Rolle gewunden werden. Beide Voraussetzungen können jedoch für eine
genaue Berechnung der Wirkung der Maschinen nicht angenommen werden; indem
alle Körper, selbst wenn sie noch so glatt sind, bei ihrer Bewegung auf einander
einen Widerstand verursachen, und auch alle Seile einen grössern oder geringern Grad
von Unbiegsamkeit besitzen, zu deren Ueberwältigung ebenfalls eine Kraft erfordert
wird.


Werden zwei Körper auf einander gelegt, und der eine auf dem andern fortge-
schoben, so wird der Widerstand, welcher sich bei dieser Bewegung äussert, der Rei-
bungswiderstand
oder die Reibung genannt. Alle Körper, sie mögen noch so
glatt seyn, zeigen mit bewaffnetem Auge betrachtet, immer noch kleine hervorstehende
Theile und ähnliche Vertiefungen. Werden die Flächen zweier Körper über einander
fortgeschoben, so legen sich die Erhöhungen des einen in die Vertiefungen des an-
dern, und die Bewegung kann nicht anders vor sich gehen, als wenn diese Theile
entweder abgebrochen und die Oberflächen abgeglättet werden, oder wenn die Körper
darüber, als über eben so viele schiefe Flächen hinweg gehen. Dass der Widerstand,
welcher auf diese Art entsteht, in manchen Fällen sehr bedeutend werden könne, leuch-
tet von selbst ein; da es aber keine Maschine gibt, bei welcher dieser Widerstand nicht
einträte, bei manchen Maschinen aber, z. B. bei Schleif- und Polirwerken die Arbeit
in der Ueberwältigung der Reibung besteht, so ergibt sich, wie nothwendig es sey,
diesen Widerstand und die Gesetze, nach welchen sich die Reibung in den verschie-
denen Fällen äussert, genau kennen zu lernen.


Die Wichtigkeit dieser Kenntniss war die Veranlassung, dass man sich schon in äl-
tern Zeiten mit Aufsuchung der Reibungsgesetze beschäftigte, allein die gefundenen Re-
sulsate waren nur im Kleinen richtig, im Grossen aber sehr abweichend. So hat Muss-
chenbrock
gefunden, dass der Widerstand der Reibung im Durchschnitte dem 3ten Theile
des wechselseitigen Druckes der reibenden Körper gleichkommt; allein die Erfahrung
Gerstners Mechanik. Band I. 62
[490]Versuche über Reibung.
zeigte, dass Seeschiffe bei dem Herablassen vom Stappel über eine schiefe Fläche von
selbst herablaufen, wenn dieselbe eine Neigung von 1 Zoll auf einen Fuss Länge hat.
Nun ist nach §. 123 in diesem Falle bei einer schiefen Fläche P : Q = h : 1 = 1 : 12,
demnach P = , d. h. die Reibung wird schon von dem 12ten Theile des Gewichtes über-
wältigt.


Amontons war (Mem. de l’ acad. des Sciences p. l’ an 1699) der erste, der über die
Reibung sowohl, als auch über die Unbiegsamkeit der Seile Versuche angestellt, und sie
bei den einfachen Maschinen in Rechnung zu bringen gesucht hat. Er entdeckte zuerst
das Gesetz, dass die Reibung sich nicht nach der Grösse der Berührungsflächen, son-
dern allein nach der Grösse der Last, womit diese Flächen auf einander gedrückt wer-
den, richte. Musschenbroek fand hiebei einige Abweichungen. Camus und Desaguilliers
fanden, dass die Reibung kleiner wird, wenn die Berührungsflächen durch einen Stoss
erschüttert werden; man schloss zwar daraus, dass die Reibung im Zustande der Bewe-
gung nicht so gross seyn könne, als im Zustande der Ruhe; doch machten sie das
eigentliche Verhältniss zwischen diesen zwei Gattungen der Reibung nicht ausfindig.
Segner fand dagegen, dass die Reibung in etwas mit der Bewegung zunehme; seine
Versuche sind aber nicht entscheidend genug; darum blieben Euler, Bossut u. a.
bei dem Grundsatze des Amontons, dass nämlich die Reibung von der Geschwindigkeit
des bewegten Körpers nicht abhänge, wodurch die Rechnung viel Leichtigkeit erhält,
und meistens hinreichend ist.


Die Wichtigkeit dieses Gegenstandes veranlasste vor beiläufig 50 Jahren die Aka-
demie der Wissenschaften in Paris, einen Preis für die beste Abhandlung über die Wi-
derstände der Reibung und Unbiegsamkeit der Seile auszusetzen. Dieser Preis wurde
Hrn. Coulomb zuerkannt, welcher die Resultate seiner Versuche und die hierauf gegrün-
dete Theorie in folgender Abhandlung bekannt machte: Théorie des machines simples,
en ayant égard au frottement de leurs parties et à la roideur des Cordages. Pièce
qui a remporté le prix double de l’ academie des sciences pour l’ année
1781. —
Mémoires de mathematique et de physique presentées a’ l’ académie. Tom. X. Pa-
ris
1785, p. 161 — 332.


§. 437.


Coulomb betrachtet die Reibung in zweierlei Hinsicht, die gleitende oder dre-
hende
und die wälzende Reibung. Die erste entsteht, wenn zwei Körper auf
einander fortgeschoben werden, z. B. wenn ein Schlitten oder eine Schleife auf der Erde
fortgezogen wird, oder auch, wenn ein Körper sich um eine unbewegliche Achse dreht,
und hiebei einen andern unbeweglichen Körper berührt, wie diess z. B bei der Bewe-
gung der Zapfen in den Pfannen oder Lagern der Fall ist. Die wälzende Reibung
tritt dagegen ein, wenn ein runder Körper z. B. ein Cylinder über eine Fläche gerollt
wird.


Fig.
1.
Tab.
27.

Um die gleitende Reibung zu versuchen, liess Herr Coulomb einen sehr star-
ken horizontalen Tisch verfertigen, welcher an dem Fussboden hinlänglich befestigt
wurde. Auf der Platte dieses Tisches waren an beiden Enden Ansätze angebracht, zwi-
[491]Gesetze der Reibung.
schen welchen verschiedene Hölzer, Metalle und andere Körper eingesetzt werden konn-Fig.
1.
Tab.
27.

ten. Auf diese Körper wurden andere von derselben oder von verschiedener Art aufge-
legt und horizontal fortgezogen. Diese letztern wurden mit immer grösseren und grösse-
ren Gewichten beschwert, vorne eine Schnur a f befestigt, über die Rolle E geleitet,
und so lange Gewichte P zugelegt, bis eine möglichst gleichförmige Bewegung des Kör-
pers erfolgte. Zu diesem Behufe war es nöthig, dem Körper vorläufig eine kleine Be-
wegung beizubringen und nachzusehen, ob die Bewegung durch das über die Rolle an-
gehängte Gewicht P beschleunigt oder verzögert werde; im ersten Falle wurde P ver-
mindert, im zweiten vergrössert, und der Versuch so lange wiederholt, bis eine gleich-
förmige Bewegung zu Stande kam. Auf diese Art war der Widerstand der Reibung
gerade so gross, als das zur Bewegung an der Rolle erforderliche Gewicht P, und die
Vergleichung dieses Gewichtes mit der Last, womit beide Körper an einander gedrückt
wurden, gab das Verhältniss, in welchem der Druck der reibenden Körper gegen den
Reibungswiderstand steht.


§. 438.


Nach vielfältigen Versuchen, welche Herr Coulomb mit gleichen und verschieden-
artigen Körpern bei kleinen und grossen Belastungen anstellte, ergaben sich folgende
Resultate:


I. Ueber die Reibung lässt sich so lange kein bestimmtes Gesetz
angeben, als die Körper nicht vorläufig vollkommen abgeglättet
oder polirt sind
. Diess ist sehr einleuchtend; denn so lange die Ungleichheiten
der Körper unbestimmt oder die Körper rauh sind, so muss auch der Widerstand, den
sie verursachen, oder die Reibung unbestimmt bleiben. Diess ist aber nicht der Fall,
wenn die Körper möglichst gut polirt sind. Weil aber ein jeder Körper einer
eigenen Politur fähig ist, so liegt hierin der Grund, warum bei jedem Körper ein ande-
res Verhältniss der Reibung zum Drucke gefunden wird. Zur Politur gehört aber, dass
die Körper nicht nur sehr geglättet und abgezogen werden, sondern diese mög-
lichst glatt gemachten Körper müssen noch unter einem sehr grossen Drucke auf ein-
ander hin und her bewegt werden, wodurch sie dann eine Glätte und Dichtigkeit an
ihrer Oberfläche erhalten, welche der Hobel oder die Feile nicht zu geben vermögen.


II. Nur bei einem Drucke von mehreren Zentnern lassen sich be-
stimmte Verhältnisse für den Widerstand der Reibung angeben
. Sind
nämlich die zu bewegenden Körper unbedeutend belastet, so zeigen theils die noch übri-
gen geringen Ungleichheiten, vorzüglich aber die wechselseitige Adhäsion der Körper
einen Einfluss, der den Reibungswiderstand bedeutend vermehrt, wogegen bei grossen
Belastungen dieser Einfluss als unbedeutend entfällt. Diess ist die Ursache, warum alle
von Musschenbroek, Amontons und andern Physikern im Kleinen angestellten Versuche mit
den Erfahrungen im Grossen nicht übereinstimmen, und warum von denselben die Reibung
grösser angegeben wurde, als sie sich nach den Erfahrungen im Grossen zeigte. Hieraus
folgt weiter, dass man keineswegs von dem Widerstande der Reibung bei einem kleinen
Modelle auf jenen schliessen kann, welcher bei einer nach diesem Modelle im Grossen
zu erbauenden Maschine statt finden wird, wenn man diess Verhältniss nach Maassgabe
des senkrechten Druckes der gleichnamigen Theile auf einander anschlagen wollte.


62 *
[492]Gesetze der Reibung.

III. Bei einem solchen Drucke von mehreren Zentnern zweier,
an den reibenden Flächen gut polirter Körper ist der Widerstand
der Reibung dem Drucke, welchen die Körper gegeneinander aus-
üben, sehr nahe proportional
.


IV. Der Widerstand der Reibung ist bei einem und demselben
Drucke und bei gleichartigen Körpern von dem Flächeninhalte
oder der Grösse der sich reibenden Flächen unabhängig
, oder die
Vergrösserung des Widerstandes, welcher bei einer grössern Fläche entsteht, ist so
unbedeutend, dass sie in der praktischen Mechanik füglich ausser Acht gelassen werden
kann. In dieser Hinsicht ist es hinlänglich, den Widerstand der Reibung bei zwei, mit
einem bedeutenden Drucke auf einander wirkenden Körpern bloss nach Maassgabe die-
ses senkrechten Druckes und der Gattung der sich reibenden Flächen zu bestimmen.


Dass der Widerstand der Reibung bei übrigens gleichen Umständen mit dem Flä-
cheninhalte der sich reibenden Flächen nicht zunehme, wird dadurch begreiflich,
weil wir uns bei der Reibung die Flächen mit einer Menge durch den senkrechten
Druck dem Körper entgegengedrückter, in einander greifender hervorragender Theilchen
vorstellen können, demnach auch bei einer grössern sich reibenden Fläche ein jeder
einzelne hervorragende Theil weniger tief zwischen die Theile der andern Fläche ge-
drückt, und dadurch der Widerstand bei jedem einzelnen Theile in gleichem Maasse
geringer wird, als die Anzahl der in Berührung kommenden Theile mit der Ver-
grösserung der Fläche wächst.


V. Die Reibung im Zustande der Ruhe ist bei denselben Körpern
und gleichem Drucke grösser, als die Reibung im Zustande der Be-
wegung
, d. h. soll ein Körper aus dem Zustande der Ruhe in jenen der Bewegung
versetzt werden, so gehört hiezu eine grössere Kraft, als zur Unterhaltung der Bewe-
gung derselben Körper über einander erfordert wird.


VI. Die gleitende Reibung ist grösser als die drehende, wir finden
demnach bei der Bewegung der Zapfen in ihren Lagern eine etwas kleinere Reibung,
als wenn dieselben Körper sich in horizontaler Richtung auf einander fortbewegen.


VII. Die verschiedenen Geschwindigkeiten, womit sich die Kör-
per auf einander bewegen, haben auf die Grösse der Reibung keinen
Einfluss
, oder derselbe ist so gering, dass er bei unsern Berechnungen füglich ausser
Acht gelassen werden kann. Diess Gesetz erklärt sich aus der Betrachtung, dass bei
einer schnellern Bewegung zwar mehr Theile mit einander in Berührung kommen, je-
doch wegen der kurzen Dauer dieser Berührung nicht so tief in einander dringen
können, als es bei einer langsamen Bewegung der Fall ist.


§. 439.


Nachstehende Tabellen, welche vom Herrn Eytelwein in seinem bereits mehrmals
genannten Handbuche der Statik fester Körper vorkommen, enthalten die Uebersicht
der Resultate, welche Coulomb bei seinen Versuchen über Reibung gefunden hat.


Die erste Tabelle enthält nämlich die Versuche, welche über diejenige Reibung
angestellt wurden, die sich äussert, wenn ein Körper aus der Ruhe in die Bewe-
gung versetzt wird:


[493]Versuche über Reibung.
[494]Versuche über Reibung.

Die Zeichen, welche sich in der Tabelle befinden, bedeuten:
* dass die reibende Fläche möglichst klein war,
= dass sich die Hölzer nach der Richtung der Fasern auf einander bewegten,
+ dass sich die Holzfasern kreuzten oder winkelrecht auf einander standen.


Zu den vorstehenden Versuchen ist noch zu bemerken, dass die Reibung in den
meisten Fällen nach einer sehr kurzen Ruhezeit kleiner war, als wenn sich der Kör-
per schon einige Zeit in Ruhe befand und dann in Bewegung gesetzt wurde. Die
Angaben in der Tabelle beziehen sich auf den Fall, wo die Reibung beständig ist.


§. 440.


Nennen wir den winkelrechten Druck, welchen zwei polirte Körper gegen einan-
der ausüben = D und die Kraft, welche zur Bewegung erfordert wird = R, so wird
R immer ein aliquoter oder mter Theil von D seyn, und wir erhalten zur Bestimmung
der Reibung die allgemeine Gleichung R = m. D. Es kommt demnach nur darauf
an, die Grösse m oder den sogenannten Reibungscoeffizienten durch Versuche
zu bestimmen, um die Grösse der Reibung in jedem Falle berechnen zu können.


Nachstehende Tabellen enthalten die Zusammenstellung der Werthe für den Rei-
bungscoefficienten m, welche Coulomb für die Reibung bei dem Anfange der Bewe-
gung eines Körpers und dann bei der fortgesetzten Bewegung desselben fand.

[495]Folgerungen aus den Versuchen.

§. 441.


Die angeführten tabellarischen Uebersichten führen zu folgenden Betrachtungen:


Die Reibung ist verschieden, wenn die Materien verschieden, wenn die Kör-
per im Zustande der Ruhe oder in jenem der Bewegung begriffen, und wenn die
Oberflächen derselben eingeschmiert sind, oder sich trocken auf einander bewegen.
Vorzüglich bei Hölzern ist es der Fall, dass sie im Zustande der Bewegung einer weit
geringeren Kraft bedürfen, als wenn sie aus dem Zustande der Ruhe in jenen der Be-
wegung versetzt werden sollen. Coulomb fand, dass man durch einen kleinen Stoss
an den zu bewegenden Körper oder durch eine andere kleine Erschütterung die Be-
wegung weit leichter bewirken könne, als ohne denselben. Dagegen ist bei Metallen
kein merklicher Unterschied, ob sie aus dem Zustande der Ruhe in den der Bewe-
gung versetzt werden oder nur ihre Bewegung fortsetzen.


Werden zweckmässige Schmieren zwischen polirte Flächen gelegt, oder vielmehr
diese Schmieren in die Körper eingerieben, so wird der Widerstand der Reibung bedeu-
tend vermindert, indem die Schmiere die Höhlungen der polirten Flächen ausfüllt, und
diese Flächen gleichsam in einiger Entfernung von einander hält, wodurch dann das wech-
selseitige Eingreifen der hervorragenden Theilchen beider Flächen in einander vermin-
dert wird. Hiebei ist zu bemerken, dass ein vollkommen polirter Körper, wenn er
frisch eingeschmirt wird, einen grössern Widerstand der Reibung äussert, als wenn die-
se Schmiere durch einen stärkern Druck eingerieben und diese Operation mehrmals wie-
derholt wird. Werden polirte Holzflächen unter einem beträchtlichen senkrech-
ten Drucke auf einander bewegt, so braucht man zur Verminderung des Reibungswider-
standes die sogenannten harten Schmieren, als: Unschlitt, Seife ....., weil das
Holz vom Oehle aufquillt, und daher die Erhöhungen und Vertiefungen statt sie zu be-
decken, vielmehr grösser macht. Bei Metallen hingegen ist die anwendbarste Schmiere
zur Verminderung des Widerstandes der Reibung das Oehl, jedoch muss diess ganz rein
und frisch, und nicht ranzig oder oxydirt seyn, weil es sonst die Metalle angreift und
diese rosten. Das Einschmieren der Hölzer und Metalle geschieht übrigens am vortheil-
haftesten unter einem grossen Drucke und bei geschwinder Bewegung, weil in diesem
Falle die Schmiere viel leichter eindringt. Wird eine sehr schmale oder schneidige
Fläche auf einer andern Fläche fortgeschoben, so nützt die Schmiere weit weniger, als
wenn die reibenden Flächen breit sind. Der vortheilhafteste Fall findet dann statt, wenn
sich die Schmiere immer wieder erneuert, wie z. B. bei einem Wagenrade, wo die feste
Achse bei der Umdrehung der Büchse fortwährend einen andern Punkt derselben berührt.


Da der Reibungswiderstand bei gleichartigen Körpern nach Aus-
weis der obigen Tabellen grösser ist, als wenn ungleichartige Körper
sich auf einander bewegen
, so wird von diesem Umstande ein vortheilhafter
Gebrauch bei Maschinen gemacht, indem wir z. B. statt eiserne Zapfen in eisernen
Lagern umdrehen zu lassen, zu den Lagern lieber Messing oder eine andere Metall-
komposition verwenden. Laufen stählerne Zapfen in kupfernen Pfannen, so ist die Rei-
bung geringer, als wenn die Pfannen auch aus Stahl bestehen. Bei Kupfer auf Eisen
ist der Reibungscoefficient bei der drehenden Reibung 2/23; läuft aber Eisen auf einem
[496]Wälzende Reibung.
harten Holze, z. B. auf Guajac, so ist dieser Coeffizient nur 1/20. Diess ist ein Grund,
warum man bei dem Eingriffe der Kämme oder Zähne in die Getriebe häufig die letztern
von Eisen, die erstern aber von Holz macht. Ein zweiter Grund hievon liegt noch in
dem Umstande, weil die Getriebe bei einem Rade mit mehr Zähnen öfter in Berührung
kommen, als jeder Zahn für sich; z. B. wenn das Getriebe 6 Triebstöcke und das Rad
72 Zähne hat, so wird bei einer Umdrehung jeder Triebstock 12mal in Berührung kom-
men, während diess bei einem Zahne nur einmal statt findet. In den englischen Ma-
schinenwerken sieht man häufig Räder von Gusseisen, in deren Oberflächen Oeffnungen
vorhanden sind, in welche die hölzernen Kämme oder Zähne eingesetzt wurden, die so-
dann in ein eisernes Getriebe eingreifen. Aus demselben Grunde werden bei den Uhren die
Räder von Messing und die Getriebe von Stahl verfertigt, und da die Reibung im Allgemei-
nen desto geringer ist, je härter die Körper und einer je grössern Politur sie fähig sind,
so lässt man in astronomischen Uhren glasharte stählerne Zapfen in Edelsteinen laufen.


Der Umstand, dass die Reibung von der Geschwindigkeit, womit
sich die Körper auf einander bewegen, nicht abhängt
, hat in den letz-
tern Jahren in England zu einer Reihe von Versuchen geführt, welche gezeigt haben,
dass bei einer möglichst vollkommenen Eisenbahn, wobei die Verbindungen der Schie-
nen mit aller Sorgfalt zusammengepasst und das gehörige Niveau beobachtet ist, der Wi-
derstand bei grösserer und kleinerer Geschwindigkeit sich gleich oder beinahe derselbe
bleibt. Diess gab die Veranlassung zu der ausserordentlichen Schnelligkeit, womit man
gegenwärtig die Beförderung der Reisenden auf Eisenbahnen in England einleitet, wo-
von wir bereits S. 10 eine Erwähnung gemacht haben.


§. 442.


Fig.
2.
Tab.
27.

Zur Bestimmung der Grösse der wälzenden Reibung machte Herr Coulomb
abermals eine Reihe von Versuchen. Er legte nämlich auf zwei wagerechte, an ihrer
Oberfläche vollkommen glatte Unterlagen eine ebenfalls vollkommen glatte und runde
Walze, über welche ein sehr biegsamer Faden ging, dessen beide Enden mit gleichen
Gewichten D belastet wurden. Zu einem dieser Gewichte wurden nun so lange kleine Ge-
wichte zugelegt, bis eine gleichförmige Bewegung der Walze erfolgte. Auf diese Weise
erhielt er nachstehende Resultate:


[497]Wälzende Reibung.

Aus diesen Versuchen ersieht man, dass der Reibungswiderstand bei der wälzenden
oder rollenden Bewegung sich gerade wie die Belastung, und umgekehrt wie der Halb-
messer der Walzen verhält, wenn die Körper von gleicher Materie sind. Bei den Wal-
zen von Guajac mit 6 Zoll Durchmesser war nämlich bei der Belastung von 100 ℔ die
Reibung = 0,6 ℔, wogegen bei 1000 ℔ oder der zehnfachen Belastung die Reibung bei
denselben Walzen auch 10mal so viel, oder 6 ℔ betrug. Bei gleicher Belastung von 1000 ℔
betrug die Reibung bei der zweizölligen Walze 18 ℔, bei der sechszölligen Walze hin-
gegen 6 ℔. Bezeichnen wir daher die Belastung der Walze mit Q, ihren Durchmesser
mit d und die Reibung mit R, so ist R = , wo m' durch Versuche zu bestim-
men ist. Aus den angeführten Versuchen folgt:
bei Walzen von Guajac, die auf Eichenholz laufen, R = ,
bei Walzen von Ulmen, die auf Eichenholz laufen, R = ,
wobei aber zu bemerken ist, dass bei dem Gebrauche dieser Formeln Q in französi-
schen Pfunden und d in französischen Zollen gesetzt werden muss.


Diese Versuche zeigen, dass die Reibung weit kleiner ist, wenn sich
dieselben Körper auf einer Ebene fortwälzen, als wenn sie überein-
ander gleiten
. In dieser Hinsicht ist es vortheilhafter, Körper übereinander zu
wälzen, und kann diess nicht geschehen, sie aufeinander drehen zu lassen, statt sie
in paralleler Richtung aufeinander fortzuziehen. Es ist demnach auch vortheilhafter,
die Wellzapfen, statt sie, wie es gewöhnlich geschieht, in einer Vertiefung oder Pfanne
laufen zu lassen, auf eine wagerechte Unterlage zu legen, und diesem Zapfen zwei
kleine bewegliche Räder, sogenannte Frictionsräder unterzulegen, wodurch, wie
wir später sehen werden, die Reibung von der Oberfläche des stärkern Wellzapfens auf
die Oberfläche der schwächern Frictionsräder übertragen, und bedeutend vermindert
wird. Aus demselben Grunde hat man schon seit langer Zeit versucht, Frictionskugeln
oder kleine Walzen in den Naben der Wagenräder anzubringen, auf welchen nunmehr
die eisernen Achsen laufen.


Wir haben hinsichtlich der Reibung noch die allgemeine Bemerkung beizufügen, dass
die Resultate der angeführten Versuche nur als solche Werthe anzusehen seyen, wie sie
Coulomb für die von ihm versuchten Körper gefunden hat. Da aber alle Hölzer, Me-
talle etc. mehr und minder von einander verschieden sind, so ist es einleuchtend, dass
sich auch über ihre Reibung keine allgemeine Bestimmung festsetzen lasse, demnach
auch hier, wie in allen andern Fällen, der Effekt der Maschine nur durch eigene Ver-
suche ganz genau bestimmt werden kann.


§. 443.


Ein zweiter Widerstand, welcher häufig bei Maschinen vorkommt, ist die Un-
biegsamkeit der Taue, Seile oder Stricke
. Wenn man ein Seil mit der
Hand um irgend einen Körper biegen oder wickeln will, so findet man, dass hiezu
eine um so grössere Kraft erfordert wird, je kleiner der Körper ist, um den man das
Gerstners Mechanik. Band I. 63
[498]Unbiegsamkeit der Seile.
Seil windet, je grösser die Spannung des Seiles ist, je dicker das zu biegende Seil, und
je neuer oder steifer dasselbe ist. Bei dem Maschinenwesen äussert sich diese Unbieg-
samkeit vorzüglich bei den Rollen oder Cylindern, um welche Seile gewickelt wer-
den. Um den Grad der Unbiegsamkeit der Seile durch einen Versuch zu bestim-
Fig.
3.
Tab.
27.
men, kann man sich der von Amontons angegebenen Vorrichtung bedienen. Hiebei
wird das zu untersuchende Seil g f f' g' um den Cylinder D gewunden, und an seinen
Enden mit dem Gewichte G belastet. Zur Bewirkung der Bewegung des Cylinders D
werden so lange Gewichte P zugelegt, bis dieselbe gleichförmig erfolgt. Es ist offenbar,
dass bei einer vollkommenen Biegsamkeit des Seiles der Cylinder D sogleich herab-
rollen müsste; demnach wird das Gewicht dieses Cylinders sammt dem angehängten
Gewichte P — p die Grösse der Unbiegsamkeit der Seile für die vorhandene Spannung G
des Seiles, den Durchmesser D des Cylinders und die Dicke des Seiles δ geben.


Zu gleichem Zwecke bediente sich Coulomb mehrerer Cylinder, die um ihre
Achse beweglich waren. Die Achsen dieser Cylinder lagen in Pfannen, Seile von
verschiedenen Durchmessern wurden um sie geschlungen, und an beiden Enden
gleiche Gewichte angehängt. Zu einem dieser Gewichte wurde so lange zugelegt, bis
die Bewegung gleichförmig blieb. Weil sich aber hiebei auch bei dünnen Achsen eine
Reibung äusserte, so wurde ihr Einfluss zuerst bestimmt, und zu dieser Absicht an einer
sehr dünnen, seidenen Schnur von beiden Seiten Gewichte angehängt, und aus der
Grösse derselben das Verhältniss der Reibung zu den angehängten Gewichten bestimmt.
Bei dem Gebrauche der Seile wurde nun von dem erforderlichen Zulagsgewichte die
Reibung abgeschlagen, und der Ueberrest der Unbiegsamkeit der gebrauchten Seile
beigemessen.


§. 444.


Durch solche Versuche bestimmte Herr Coulomb den Widerstand der Seile, Stricke,
Schnüre ...... nach ihrer verschiedenen Qualität, Dicke und Spannung und nach
dem verschiedenen Durchmesser des Cylinders, um welchen diese Seile gewunden wur-
den. Seine mit dem Apparate von Amontons gemachten Erfahrungen gaben folgende Ta-
belle zur Bestimmung der Unbiegsamkeit der Seile, die nicht gepicht waren.


[499]Unbiegsamkeit der Seile.

Diese Tafel ist das Resultat einer langen und mühsamen Arbeit, allein ungeach-
tet aller Sorge, die man für ihre Genauigkeit angewendet hat, gehen diese Erfahrun-
gen doch nicht vollkommen regelmässig; sie sind aber doch hinreichend, um daraus zu
schliessen, dass die Kräfte, welche zur Biegung der Seile nöthig sind, sich gerade
wie die Spannungen der Seile und umgekehrt wie die Durchmesser der Walzen verhal-
ten, wie schon Amontons und Dessaguliers gefunden haben. Das Letzte ist wenig-
stens für grössere Walzen richtig, die wir in der Ausübung häufig gebrauchen. Allein
diese Kräfte sind nicht, wie diese zwei Physiker fanden, in geradem Verhältnisse der
Dicke der Seile, denn wenn wir die obigen drei Seile bei der Aufwindung um die-
selbe Walze von 4 Zoll unter dem nämlichen angehängten Gewichte von 625 Pfund ver-
gleichen, so ist die Kraft für das Seil


  • Nro. 1, von 6 Fäden, 12½ Linie im Umkreise   7,2 ℔.
  • „ 2, „ 15 „ 20 „ „ „   16,7
  • „ 3, „ 30 „ 28 „ „ „   31,0

Die letzten Zahlen 7,2 dann 16,7 und 31,0 verhalten sich nicht, wie 12½ : 20 : 28,
sondern beinahe wie die Anzahl der Fäden 6 : 15 : 30.


Weiter sieht man aus den obigen Versuchen, dass sich die Unbiegsamkeit beinahe
wie das Quadrat der Durchmesser verhält. Setzen wir allgemein die Unbiegsamkeit
der Function des Umkreises mit dem Exponenten m proportional, so gibt die Verglei-
chung


  • von Nro. 3 mit Nro. 1 die Proportion 31,0 : 7,2 = 28m : 12,5m oder m = = 1,8.
  • „ „ 2 „ „ 1 „ „ 16,7 : 7,2 = 20m : 12,5m oder m = = 1,8.
  • „ „ 3 „ „ 2 „ „ 31,0 : 16,7 = 28m : 20m oder m = = 1,8.

Hieraus ersehen wir, dass sich die Unbiegsamkeit beinahe wie das Quadrat der
Durchmesser verhält; jedoch scheint der Werth von m nicht beständig zu seyn, son-
dern für ganz neue Seile ist m = 2, für mehr gebrauchte m = 1,5 und für sehr
dünne und lockere ist nach Amontons m = 1. Coulomb fand m nie kleiner als 1,4.


Die Unbiegsamkeit ist ebenfalls nicht dem angehängten Gewichte allein propor-
tional. In der 3ten Versuchsreihe brauchte das Seil von 30 Fäden über die Rolle von
2 Zoll im Durchmesser, 11 Pfund bei dem angehängten Gewichte von 25 ℔, und 67 ℔
bei angehängten 625 ℔. Ziehen wir 11 von 67 ab, so kommen 56 ℔ auf 600 angehängte
Pfund, und daher auf jeden Zentner 9,3 ℔. Diess würde für 25 ℔ nur 2,3 ℔ geben, wo-
gegen 11 ℔ nach dem Versuche erfordert wurden; die Unbiegsamkeit war daher um 8,7
grösser. Wenn wir aber die Unbiegsamkeit mit 9,3 ℔ für jeden Zentner des ange-
hängten Gewichtes berechnen, und durchaus 8,7 ℔ zugeben, so erhalten wir sehr
nahe die nämlichen Zahlen, welche in der 3ten Versuchsreihe der obigen Tabelle ange-
führt sind. Z. B. bei der Belastung von 225 ℔ haben wir 2,25 . 9,3 = 20,9 und wird hiezu
die beständige Zahl 8,7 addirt, so erhalten wir 29,6 ℔, wogegen in der Tabelle 29,0
erscheinen. Hieraus ersehen wir nun, dass die 8,7 ℔ der natürlichen Spannung zu-
geschrieben werden müssen, welche alle Fiebern des Seils bei ihrer Zusammendrehung
63 *
[500]Unbiegsamkeit der Seile.
erhalten; wird nämlich ein Seil gespannt, so haben alle Fiebern nicht bloss das
angehängte Gewicht, sondern auch ihre natürliche Spannung auszuhalten, und die
Elasticität derselben ist der Summe von beiden proportional. Diese Grösse 8,7
ist daher nach Verschiedenheit der Zusammendrehung auch verschieden, nur ist
hiebei noch zu merken, dass bei den Versuchen 2 Seile auf einmal umgebogen wur-
den, demnach für ein Seil nur die Hälfte von 8,7 ℔ d. i. nur 4,4 ℔ gehören.


§. 445.


Nennen wir den Durchmesser der Walze = d, das angehängte Gewicht mit Ein-
schluss des eigenen Gewichts der Walze = G, den Umkreis des Seiles = K, so ist die
Unbiegsamkeit des Seiles in Pfunden . Mittelst dieser For-
mel erhalten wir für die obigen Versuche, wobei aber wegen des doppelten Seiles 10
statt 5 gesetzt worden, folgende Tabelle:

Herr Coulomb machte noch mehrere andere Versuche, die wir ihrer Weitläufigkeit
wegen nicht anführen. Er fand auf diese Weise, dass die Unbiegsamkeit getheerter Seile
den nämlichen Gesetzen folgt, nur ist sie um ⅙ grösser, d. h. die Unbiegsamkeit der
trockenen Seile verhält sich zur Unbiegsamkeit der getheerten, wie 6 : 7. Alte, mit Theer
bestrichene Seile bleiben eben so unbiegsam, als wenn sie neu sind, weil die Fäden des
Hanfes zwar etwas nachgeben, aber der Theer dafür um so fester und härter wird. Die
angeführten Versuche wurden im Winter bei 5 bis 6 Grad nach Reaumur angestellt und
man fand, dass die Kälte vorzüglich bei dicken Seilen die Unbiegsamkeit vermehrt. Das
Seil von 15 Fäden wurde bei einer Kälte von 4 Grad unter dem Gefrierpunkte untersucht
und man fand die Unbiegsamkeit um ⅙ grösser.


[501]Einfluss der Unbiegsamkeit der Seile.

§. 446.


Wenn ein Seil über eine Scheibe gezogen und an beiden Enden gleich viel bela-Fig.
4.
Tab.
27.
Fig.
5.

stet wird, so steht es im Zustande der Ruhe zu beiden Seiten gleich weit ab. Be-
wegt sich aber die Scheibe, d. h. zieht P die Last Q hinauf, so muss das Seil von
k bis o erst gebogen werden, und wird desshalb von der Scheibe um e k abstehen.
Von der andern Seite aber wickelt sich das schon gebogene Seil ab, und legt sich
um etwas gegen die Rolle hinein; das Seil nimmt demnach die Lage Fig. 5 ein.
Es ist nun zu berechnen, welchen Einfluss diess Abstehen des Seiles verursacht.
Ziehen wir von der Mitte des Seiles die Vertikalen A k und B j, dann durch die
Mitte des Seiles einen Kreis, und bezeichnen den Halbmesser der Scheibe mit a, den
Durchmesser des Seiles aber mit δ, so ist
P . c j = Q . c k oder . Wir sehen hier-
aus, dass die Unbiegsamkeit der Seile den Hebelsarm der Kraft P um die Grösse f j
vermindert, und dagegen den Hebelsarm der Last Q um die Grösse e k vermehrt, dem-
nach zur Ueberwältigung der Last eine grössere Kraft erfordert wird, oder dass P grös-
ser als Q seyn muss. Nennen wir daher die Kraft auf der einen Seite = Q + p,
so ist ,
woraus die Grösse des Widerstandes, der von der Unbiegsam-
keit der Seile herrührt.


Wir sehen hieraus, dass der Widerstand um so grösser wird:


  • 1tens Je grösser die Last Q ist,
  • 2tens kleiner der mittlere Halbmesser ist, und
  • 3tens Je grösser die Summe der Abstände e k + f j ist. Diese Abstände werden aber
    um so grösser, je dicker die Seile und je steifer sie sind, dann je kleiner das ange-
    hängte Gewicht ist. Diess Letztere steht der Bemerkung, dass der Abstand mit der
    Last zunimmt, offenbar entgegen; wir sehen daher, dass es eigentlich nur auf die Dif-
    ferenz zwischen der angehängten Last und der Steifheit oder Elastizität des Seiles an-
    kommt. Die kleine Grösse f j kann im Nenner ohne Anstand gegen vernach-
    lässigt werden.

Da die Steifheit der Seile für jedes Materiale, den Grad der Drehung ..... ver-
schieden ist, so sieht man, dass sich hierüber keine allgemeine Regel angeben lässt,
und dass demnach auch aus der, nach den Erfahrungen von Coulomb §. 445 abgeleiteten
Formel, wo auf die Differenz zwischen der Elastizität und der angehängten Last keine
Rücksicht genommen wurde, zu keiner allgemeinen Vorschrift dienen können. Man
nimmt in dieser Hinsicht folgende Erfahrung bei dem gewöhnlichen Voranschlage der
Maschinen an:


[502]Versuche über Reibung und Unbiegsamkeit.

Es sey der Durchmesser eines Seiles oder einer Schnur = δ, so beträgt der Ab-
stand e k + f j bei neuen Seilen gewöhnlich ½ δ, bei einem etwas gebrauchten ⅓ δ und
bei einem schon oft gebrauchten oder auch schlappen Seile ¼ δ bis ⅕ δ. Man wird dem-
nach in jedem Falle den entsprechenden Coeffizienten, welcher von ½ bis ⅕ varirt, zu
wählen haben. Bezeichnen wir aber diesen Coeffizienten allgemein mit n, so beträgt
n . δ die Grösse des Abstandes oder den Raum, um welchen der Hebelsarm derjenigen
Kraft vergrössert wird, bei welcher sich das Seil erst aufwinden muss.


§. 447.


Fig.
6.
Tab.
27.

Da wir durch das bisher Angeführte in Stand gesetzt sind, den Widerstand der
Reibung und der Unbiegsamkeit der Seile in Rechnung zu nehmen, so bleibt nur noch
das Verfahren übrig, die Grösse des Reibungscoeffizienten m, und den Abstand
des Seiles n . δ bei einer vorkommenden Maschine zu finden. Hierzu dient das bereits
§. 443 angedeutete, von Coulomb angewandte Verfahren. Wäre z. B. bei einer Scheibe
oder einem Cylinder m und n . δ zu bestimmen, so nehme man zuerst eine seidene, sehr
biegsame Schnur, und hänge beiderseits Gewichte an, bis Gleichgewicht erfolgt. Legt
man nun noch zu dem einen Gewichte so lange zu, bis eine gleichförmige Bewegung
eintritt, so ist das Moment dieses vermehrten Gewichtes P . a = dem Momente
der Last Q . a + dem Momente der Reibung. Der Druck auf den Zapfen ist die Last
Q, die Kraft P und das Gewicht der Maschine M, mithin Q + P + M, daher ist der
Widerstand der Reibung = m (Q + P + M), und da er an der Peripherie des Zapfens
geschieht, also den Halbmesser e des Zapfens zum Hebelsarme hat, so ist sein Moment
m (Q + P + M) e. Wir erhalten demnach die Gleichung
P . a = Q . a + m . e (Q + P + M), woraus man den Reibungs-Coeffizienten
findet.


Ist nun der Reibungs-Coeffizient bekannt, so lässt sich durch einen ähnlichen Ver-
such auch die Grösse n . δ für ein gegebenes Seil bestimmen. Man wickelt nämlich statt
jener seidenen Schnur das gegebene Seil um den Cylinder und sucht abermals die Kraft
P', welche die Last Q gleichförmig zu bewegen im Stande ist. Da das neue Seil um
n . δ abstehen wird, so ist das Moment der Last Q (a + n . δ), jenes der Kraft ist
P' . a = Q (a + n . δ) + m . e (Q + P' + M), woraus
gefunden wird.


  • Beispiel. Hätten wir für den ersten Fall die Last Q = 20 ℔, P = 20,5 ℔, a = 4 Zoll,
    e = ¼ Zoll und das Gewicht M = 15,5 ℔ gefunden, so wäre
    , und wäre im zweiten Falle die Last
    Q abermals 20 ℔, das Gewicht der Maschine aber wegen des schweren Seiles
    M = 18 ℔, ferner a = 4 Zoll, e = ¼ Zoll und die Kraft P' = 21 ℔, so
    ergibt sich die Unbiegsamkeit
    Zoll.

[503]Reibung bei dem Hebel und der Wage.

§. 448.


Bei dem Hebel findet eine so geringe Reibung statt, dass man sie in den mei-
sten Fällen ohne Anstand vernachlässigen kann.


Dasselbe betrifft die Krämer- oder gleicharmige Wage, wenn die AchseFig.
7.
Tab.
27.

derselben so wie bei dem Rade an der Welle in eine Pfanne gelegt wird. Man berech-
net in diesem Falle die Reibung auf folgende Art. Es sey der Arm A e = e B = a, der
Halbmesser der Achse = e und ein jedes angehängte Gewicht = P. Um die Reibung
zu überwältigen, müsse zu P noch p gelegt werden, ohne das Gleichgewicht zu stören.
In diesem Falle hat die Achse e das Gewicht 2 P + p zu tragen und hieraus entsteht bei
i die Reibung m (2 P + p), welche sich der Bewegung des Wagebalkens um den Mittel-
punkt e entgegensetzt. Das Moment der Reibung ist demnach = m . e (2 P + p), und
weil dieses Moment dem Zulagsgewichte p am Hebelsarme a das Gleichgewicht hält, so ist
m . e (2 P + p) = a . p, woraus folgt. Gewöhnlich kann m . e als ein
Produkt zweier kleinen Brüche gegen a vernachlässigt werden, und dann ist .


  • Beispiel. Es sey P = 200 ℔ und , m für Stahl auf Eisen = 1/10, so ist
    p = 0,4 ℔; die Wage wäre also in diesem Falle bis auf 0,4 ℔ über das Gleich-
    gewicht oder bis auf 0,8 ℔ unzuverlässig.

Für die römische oder Schnellwage sey das ganze Gewicht in A sammt demFig.
8.

zur Reibung erforderlichen Antheile = P', die abzuwägende Last in B = Q, der Hebels-
arm der Kraft A e = a, jener der Last B e = b und der Halbmesser der Achse = e. Die
Achse muss offenbar die Summe von beiden Gewichten P' + Q tragen; aus diesem
Drucke entsteht die Reibung m (P' + Q). Weil dieselbe bei i am Hebelsarme e ange-
bracht ist, so haben wir das Moment der Reibung = m . e (P' + Q). Das Gleichge-
wicht bleibt aber so lange ungestört, als das Moment der Kraft a . P' nicht grösser ist,
als das Moment der Last b . Q sammt dem Momente der Reibung. Setzen wir daher
a . P' = b . Q + m . e (P' + Q), so wird . Ohne Reibung wäre
, daher ist die Unempfindlichkeit
.
Eben so ist von Seite der Last b . Q' = a . P + m . e (P + Q'), daher ,
ferner , demnach .


  • Beispiel. Es sey Q = 200 ℔, P' = 10 ℔, a = 20 Zoll und b = 1 Zoll, dann
    e = 1/10 Zoll, m = 1/10, so ist Pf.
    = 3⅓ Loth.

§. 449.


Um die Reibung bei einem Rade an der Welle zu bestimmen, haben wir
drei Fälle zu unterscheiden:


[504]Reibung bei dem Rade an der Welle.
  • 1tens Wenn Kraft und Last an entgegengesetzten Armen senkrecht herabwirken,
  • 2tens wenn die Last senkrecht herab und die Kraft an demselben Arme in entgegenge-
    setzter Richtung hinauf wirkt,
  • 3tens wenn die Last senkrecht herab, und die Kraft unter irgend einem andern gegebe-
    nen Winkel wirkt.

Fig.
9.
Tab.
27.

Im ersten Falle, wo die Kraft bei einem Rade an der Welle senkrecht herab-
wirkt, müsste, wenn keine Reibung an den Zapfen und keine Unbiegsamkeit des Seiles
vorhanden wäre, das Moment der Kraft dem Momente der Last gleich seyn oder P . R
= Q . r; da aber das Seil auf der Seite der Last erst aufgewickelt werden muss, so ver-
mehrt die Unbiegsamkeit desselben den Hebelsarm der Last r um n . δ und es ist das
Moment der Last = Q (r + n . δ). Uiberdiess findet an den Zapfen, welche sich in den
Pfannen bewegen, eine Reibung statt, es muss demnach zu dem Momente der Last noch
das Moment der Reibung hinzukommen, indem die Kraft beide zu überwältigen hat. Auf
den Zapfen drücken die zwei Kräfte P, Q und das Gewicht der Maschine M, daher ist der
Reibungswiderstand = m (P + Q + M) und weil derselbe an der Peripherie des Zap-
fens, folglich auf der Entfernung des Halbmessers des Zapfens e vom Unterstützungs-
punkte statt findet, so ist das statische Moment der Reibung = e . m (P + Q + M).
Wir haben demnach zwischen Kraft und Last die Gleichung
P . R = Q (r + n . δ) + m . e (Q + P + M), woraus die Kraft
folgt.


Dieser Ausdruck zeigt, dass die Grösse m . e auf doppelte Weise der Kraft zum
Nachtheile kommt, denn hiedurch wird sowohl der Zähler grösser oder der Hebelsarm
der Last vermehrt als auch der Nenner R — m . e kleiner oder der Hebelsarm der
Kraft vermindert. Man muss daher m . e so klein als möglich machen, d. h. der
Halbmesser der Zapfen e muss nur so gross genommen werden, als es die Festigkeit
erfordert und der Reibungscoeffizient m muss durch fleissiges Abglätten und dann
Schmieren möglichst vermindert werden. Eben so soll das Gewicht der ganzen Ma-
schine M nicht unnöthig gross seyn, und es wird eine leicht erbaute Maschine weni-
ger Kraft zu ihrer Bewegung erfordern, als eine schwerfällige.


  • Beispiel. Es sey die aufzuziehende Last Q = 1000 ℔; der Halbmesser der Welle
    r = 4 Zoll, und des Zapfens e = 1 Zoll; der Hebelsarm der Kraft R = 3 Fuss, das
    Gewicht der Maschine M = 90 ℔, dann m = 1/9 und n . δ = ⅛ Zoll, so ist die nö-
    thige Kraft .

Ohne Reibung und Unbiegsamkeit ist P . R = Q . r, also ;
man muss daher wegen der Reibung des Zapfens und Unbiegsamkeit der Seile 7,2
mehr Kraft anwenden und diese Kraftvermehrung wird noch erhöht, wenn der Zapfen
nicht sehr glatt ist und neue steifere Seile angewendet worden wären.


§. 450.


Wir haben gesehen, dass grosse Zapfen, besonders wenn sie nicht sehr glatt und
eingeschmiert sind, der Kraft zum Nachtheile gereichen. Die Gestalt des Nenners
[505]Reibung bei dem Rade an der Welle.
R — m . e in der §. 449 gefundenen Gleichung zeigt uns aber noch mehr, nämlich den-
jenigen Fall an, in welchem der Einfluss der Reibung so bedeutend ist, dass jede Be-
wegung der Maschine unmöglich
wird. Haben nämlich R und m . e solche
Werthe, dass R = m . e wird, so ist der Nenner R — m . e = 0, und da hiemit divi-
dirt wird, so müsste in diesem Falle die Kraft P unendlich gross seyn. Da es nun eine
solche Kraft nicht gibt, so ist auch die Bewegung dieser Maschine unmöglich.


  • Beispiel. Es sey Fig. 10 ein Modell, wobei der Halbmesser des Zapfens e = 2
    Fig.
    10.
    Tab.
    27.

    Zoll und der Halbmesser der Welle eben so gross als der Halbmesser des Rades
    r = R = 1 Zoll ist; das Modell sey von Holz und der Zapfen nicht eingeschmiert,
    so dass m = ½ ist. Wir erhalten daher R — m . e = 1 — 2 . ½ = 0, mithin wird
    jede Bewegung des Modelles unmöglich.

§. 451.


Wenn die Kraft und Last bei einem Rade an der Welle auf derselben Seite,
jedoch in entgegengesetzter Richtung
wie Fig. 11 wirken, so muss wie-Fig.
11.

der das Moment der Kraft P . R = Q (r + n . δ) + dem Momente des Reibungswider-
standes seyn. Der senkrechte Druck auf den Zapfen beträgt aber Q + M, wogegen die
Kraft P hinauf zieht; es bleibt daher der wirkliche Druck mit Q + M — P übrig. Diess
gibt den Reibungswiderstand m (Q + M — P), und da derselbe sich an der Peripherie
des Zapfens äussert, das Reibungsmoment m . e (Q + M — P). Die Gleichung zwi-
schen Kraft und Last ist daher P . R = Q (r + n . δ) + m . e (Q + M — P), woraus
folgt.


In dieser Gleichung ist der Zähler derselbe wie im vorigen Falle §. 449 und nur im
Nenner erscheint hier R um m . e vermehrt, welches im ersten Falle um eben so viel ver-
mindert wurde. Hieraus folgt, dass es in Hinsicht der Kraft vortheilhafter ist, wenn
Kraft und Last auf einer Seite und in entgegengesetzter Richtung wirken, weil dadurch
der Druck auf den Zapfen, mithin auch die Reibung vermindert wird. Uibrigens kann
hier nie der Fall wie §. 450 eintreten, dass nämlich die Kraft P unendlich gross, folg-
lich die Bewegung unmöglich ist, denn der Nenner R + m . e kann niemals = 0
werden.


  • Beispiel. Es sey abermals Q = 1000 ℔, R = 36 Zoll, r = 4 Zoll, e = 1 Zoll,
    n . δ = ⅛ Zoll, m = 1/9 und M = 90 ℔, so ist ,
    wogegen ohne die Wiederstände der Bewegung ist.

§. 452.


Wenn zwei Menschen bei einem Rade an der Welle auf entgegengesetzten Seiten
und daher in Hinsicht der Richtung ihres Druckes auf den Zapfen entgegengesetzt wir-Fig.
12.

ken, so beträgt dieser Druck nur Q + M, weil sich P und P', wenn sie gleich gross
sind, gegenseitig aufheben, indem das eine den Zapfen so viel hebt, als das andere
Gerstners Mechanik. Band I. 64
[506]Reibung bei dem Rade an der Welle.
Fig.
12.
Tab.
27.
herab drückt, demnach erhalten wir die Gleichung zwischen Kraft und Last
(P + P') R = Q (r + n . δ) + m . e (Q + M), woraus die Kraft
folgt.


Dieser Fall findet auch statt, wenn ein Arbeiter einen Haspel mit einer Kurbel be-
wegt, denn er vermehrt den Widerstand, wenn er herunter drückt, und vermindert densel-
ben, wenn er hinauf drückt. Man muss also bei allen solchen Maschinen das arithmetische
Mittel zwischen beiden Drücken nehmen, um den wirklichen Druck auf den Zapfen zu
erhalten, welcher die Reibung verursacht.


§. 453.


Fig.
13.

Der dritte Fall bei einem Rade an der Welle tritt dann ein, wenn die Richtung
der Kraft mit jener der Last einen schiefen Winkel bildet
. Um in diesem
Falle den Druck auf den Zapfen zu finden, welcher durch die Kraft verursachet wird,
ziehe man zu der Richtung von P aus dem Punkte A die Parallele A B, welche wir
= P annehmen wollen, so wird diese Linie den Druck auf den Zapfen von Seite der
Kraft vorstellen. Eben so ziehe man aus A die Linie A F senkrecht herab, welche den
Druck der Last vorstellt, hiezu kommt F D = M der Druck von der Maschine. Be-
schreibt man nun aus diesen zwei äussern Kräften das Parallelogramm A B C D, so wird
dessen Diagonale A C die mittlere Kraft, d. h. den ganzen vorhandenen Druck auf den
Zapfen vorstellen. Um diesen Druck zu berechnen, wollen wir den schiefen Winkel, den
die Richtung der Kraft mit der Richtung der Last und dem Gewichte der Maschine
bildet, nämlich B A D = w setzen, folglich sind auch die Winkel A B E, dann G A E und
D C B = w, demnach ist A E = P . Sin w, B E = P . Cos w, und
A C = √ {P2 . Sin2 w + (P . Cos w + Q + M)2}. Von dieser Last wird der Zapfen ge-
drückt; wir haben demnach die Gleichung zwischen Kraft und Last
P . R = Q (r + n . δ) + m . e ℚ {P2 . Sia2w + (P . Cos w + Q + M)2}. Wollte man hieraus die
Kraft P genau finden, so würde diess einen sehr zusammengesetzten Werth geben; wir
wissen aber, dass man bei einer jeden Maschine dafür sorgen müsse, den Einfluss der
Reibung so klein als möglich zu machen, in welcher Hinsicht e klein und R gross seyn
muss. Es wird daher immer beinahe seyn. Wird dieser Werth in dem obigen
Ausdrucke hinter dem Wurzelzeichen substituirt, so ist
. Dass die
vorige Annahme für P dem wirklichen Werthe sehr nahe komme, ersieht man daraus,
weil sich aus der gefundenen Gleichung auch die beiden Fälle §. 449 und §. 451 ableiten
lassen. Im ersten Falle, wo die Kraft senkrecht herab wirkt, ist w = 0, also Sin w = 0
und Cos w = 1, mithin wie §. 449.


Im zweiten Falle, wo die Kraft auf der Seite der Last senkrecht hinauf zieht,
ist der Winkel w = 180°, demnach Sin w = 0 und Cos w = — 1, mithin
wie §. 451.


[507]Reibung bei dem Rade an der Welle.

Wirkt endlich die Kraft bei einem Rade an der Welle horizontal, so ist w = 90°,Fig.
14.
Tab.
27.

also Sin w = 1 und Cos w = 0, mithin
.


  • Beispiel. Es seyen hier dieselben Werthe wie in den vorhergehenden Fällen gege-
    ben, also Q = 1000 ℔, R = 36 Zoll, r = 4 Zoll, e = 1 Zoll, n . δ = ⅛ Zoll,
    m = 1/9 und M = 90 ℔, so ist die erforderliche Kraft, im Falle sie horizontal
    wirkt . Da nun
    ohne Reibung und Unbiegsamkeit wäre, so
    muss die Kraft wegen der zwei Widerstände um 6,9 ℔ vermehrt werden.

§. 454.


Zur Aufstellung der Gleichung zwischen Kraft und Last bei einer Winde, Gö-
pel .... wird es nothwendig, das Moment der Reibung bei einem stehenden
Zapfen
zu berechnen. Hiebei findet die Reibung nicht an der Peripherie, sondern
an der ganzen Fläche des Zapfens statt, da die Last auf alle Punkte dieser Fläche
drückt. Bezeichnen wir daher das Gewicht der Maschine, welche auf dem Zapfen
ruht, mit M, so beträgt zwar der Reibungswiderstand den mten Theil des Druckes oder
m . M, allein der Hebelsarm dieses Widerstandes kann hier nicht der Halbmesser e des
Zapfens seyn, indem nicht alle Punkte der Kreisfläche, welche von M gedrückt wer-
den, auf der Entfernung e vom Mittelpunkte der Kreisfläche liegen.


Um nun das Moment des ganzen Druckes und dadurch das Moment der Reibung be-Fig.
15.

rechnen zu können, theile man die ganze Kreisfläche Fig. 15 in unendlich viele kleine
Sectoren, so wird ein jeder solche Sector ein Dreieck seyn, und jeder Punkt dieses Drei-
eckes wird von der Maschine gedrückt. Man kann sich jedoch den ganzen Druck, wel-
chen ein solches Dreieck erfährt, in einem einzigen Punkte desselben, nämlich in seinem
Schwerpunkte vereinigt denken, und es wird, wenn der Druck auf ein solches Dreieck
D ist, das Moment der Reibung bei dieser Dreiecksfläche gefunden, wenn man den Wi-
derstand m . D mit der Entfernung des Schwerpunktes von der Spitze des Dreieckes
multiplicirt. Nach §. 74 beträgt diese Entfernung ⅔ e, wenn unter e die ganze Höhe
des Dreieckes, die hier der Halbmesser des stehenden Zapfens ist, bezeichnet wird. Das
Reibungsmoment eines Sectors ist daher = m . D . ⅔ e, des 2ten Sectors = m . D' . ⅔ e, des
3ten = m . D'' . ⅔ e ...., demnach das Reibungsmoment aller Sectoren oder der ganzen
Fläche = m . ⅔ e (D + D' + D'' ....). Die Summe der Drücke auf alle Sectoren ist
dem Gewichte der Maschine gleich, folglich ist das Moment des Reibungswiderstandes
bei einem stehenden Zapfen = ⅔ . m . e . M.


Da das Reibungsmoment bei einem liegenden Zapfen = m . e . M ist, so sehen wir,
dass bei einem liegenden Zapfen unter übrigens gleichen Umständen der Widerstand der
Reibung um ⅓ grösser sey, als bei einem stehenden.


64 *
[508]Reibung bei der Rolle.

§. 455.


Fig.
5.
Tab.
27.

Die Grösse der Kraft, welche bei einer festen Rolle mit Rücksicht auf Reibung
und Unbiegsamkeit der Seile erfordert wird, lässt sich auf folgende Art finden: Es sey
der Halbmesser der Rolle A, des Zapfens a und die übrigen Bezeichnungen dieselben,
wie in den vorhergehenden §§., so ist im Zustande des Gleichgewichtes
P . A = Q (A + n . δ) + m . a (Q + P + M) und .


  • Beispiel. Es sey Q = 100 ℔, A = 3 Zoll, a = 1 Zoll, n = ⅙, δ = ½ Zoll, m = ⅛,
    und M = 5 ℔, so ist .
    Hiebei ist 11,6 ℔ die Reibung und Unbiegsamkeit des Seiles, welche von der Kraft
    und Last entsteht, und 0,2 ℔ ist die Reibung von dem Gewichte der Maschine.

Da überhaupt das Gewicht der Rolle M gegen P + Q immer sehr klein ist, so
kann man die Reibung, welche von M herrührt, füglich weglassen, sonach haben
wir bei einer festen Rolle , und wenn man die Division ver-
richtet, so ist ; die zweite Grösse ist daher derjenige
Widerstand, welchen die Unbiegsamkeit der Seile und die Reibung hervorbringt. Die-
ser Widerstand wird unter denselben Umständen gross, welche wir §. 449 bei dem Rade
an der Welle angegeben haben.


Wir ersehen auch hieraus, dass das Seil zu beiden Seiten der festen Rolle eine un-
gleiche Spannung
hat; es wird nämlich das Seil, an welchem die Last hängt,
nur von dieser Last Q, das Seil aber, an dem die Kraft zieht, von der Kraft
gespannt. Nennt man also die Spannung des ersten Sei-
les S und des zweiten S', so ist S : S' = Q : P = A — m . a : A + n . δ + m . a,
weil die Spannungen den Kräften gleich, folglich proportional sind, demnach ist auch
.


§. 456.


Bei der vorhergehenden Berechnung haben wir angenommen, dass die Richtung
Fig.
16.
der Kraft und Last zu einander parallel sey. Es fragt sich nun, die erforderliche
Kraft bei einer festen Rolle zu bestimmen, wo die Last senkrecht hinab,
die Kraft aber horizontal wirkt
. Hiezu können wir uns der für diesen Fall
Seite 507 bei dem Rade an der Welle gefundenen allgemeinen Gleichung
bedienen. Geht nämlich das
Rad an der Welle in eine feste Rolle über, so ist r = R, und wir haben
. Da wir aber, wie bereits gezeigt wur-
[509]Reibung bei der Rolle.
de, das Gewicht M der Scheibe gegen das Gewicht Q der Last in der Addition vernachlässigen
können, so ist ,
und weil 1,414 beinahe so viel als 1,5 beträgt, und durch diese Vermehrung beiläufig
wieder der Abschlag von M ersetzt wird, so folgt, dass man den Druck auf den Zapfen
bei einer festen Rolle, wenn die Kraft horizontal wirkt, 1,5mal so gross als die Last Q
annehmen könne, oder dass Q sey.


Der Druck auf den Zapfen, im Falle beide Seile parallel sind, beträgt daher 2 Q,
im Falle aber die Kraft horizontal wirkt, 1,5 Q. Hieraus folgt, dass für den Fall, woFig.
17.
Tab.
27.

die Richtung der Kraft einen Winkel von 45° = w bildet, der Druck auf den Zapfen
mit dem mittlern Werthe oder mit angeschlagen werden
könne.


§. 457.


Die Kraft bei einer beweglichen Rolle wird auf gleiche Art berechnet.Fig.
18.

Wir wissen aus §. 100, dass sich die Last bei einer beweglichen Rolle im Zustande des
Gleichgewichtes auf zwei Seile vertheilt, oder dass ist. Bei der beweglichen
Rolle hat die Kraft die Reibung und Unbiegsamkeit des Seiles zu überwinden, demnach
sind die Spannungen der Seile im Zustande der Bewegung nicht gleich, und es ist hier
derselbe Fall, wie bei der festen Rolle vorhanden, demnach .
Ferner ist S + S' = Q, weil Q an beiden Seilen, die es spannt, hängt, und hier das
Gewicht der Rolle gegen Q vernachlässiget werden kann; wir haben demnach zwei Glei-
chungen, woraus sich das Verhältniss von P : Q finden lässt. Es ist nämlich
und ,
woraus folgt.


§. 458.


Nach denselben Grundsätzen wird die Kraft bei einem zweirolligen Fla-
schenzuge
berechnet. Ist Fig. 19. ein Flaschenzug, der aus einer festen und einer
beweglichen Rolle besteht, so spannt hiebei die Last offenbar die zwei Seile, derenFig.
19.

Spannungen in der Figur mit S und S' bezeichnet sind, daher muss Q = S + S' seyn.
Die Spannung des dritten Seils S'' wird durch die Kraft bewirkt, demnach ist P = S''.


Nennen wir den Halbmesser der untern Rolle A und jenen des Zapfens a, so wird
die Spannung S' grösser als S seyn müssen, weil das Seil S durch die Spannung S' über
die Rolle A gezogen werden muss; es ist daher S' in Rücksicht auf die Spannung S als
Kraft anzusehen, und wir haben nach §. 455 die Gleichung .
[510]Reibung bei Flaschenzügen.
Fig.
19.
Tab.
27.
Dasselbe gilt auch von den Spannungen S' und S'', wo die letztere als Kraft anzusehen
ist, daher muss seyn, wenn B der Halbmesser der obern
Rolle und b jener des Zapfens ist. Da jedoch P = S'', so ist P = S'
und wenn statt S' der Werth gesetzt wird P = S .
Wir hatten Q = S + S' = S ; wird nun diese Gleichung mit
jener für P dividirt und mit Q multiplicirt, so ist die Kraft zur Bewegung des Flaschen-
zuges .


§. 459.


Fig.
20.

Soll man die Kraft angeben, welche bei einem Flaschenzuge mit 2 beweglichen
und einer festen Rolle erfordert wird, und bezeichnen A, B, C die Halbmesser der
Rollen, a, b, c die Halbmesser ihrer Zapfen, endlich S, S', S'' und S''' die verschie-
denen Spannungen des Seiles, so haben wir zuerst, da die Bewegung gegen S' ge-
schieht, diese Spannung , ferner
und , hieraus folgt
. Da aber die Last an
drei Seilen hängt, so ist
.
Werden nun beide Gleichungen mitsammen dividirt, so ist

§. 460.


Besteht endlich ein Flaschenzug aus zwei festen und zwei beweglichen Rollen, so
finden wir auf gleiche Art das Verhältniss der Kraft zur Last

[511]Reibung bei Flaschenzügen.

Hieraus ersieht man bereits das Gesetz, welches zur Auffindung der Gleichungen
zwischen Kraft und Last bei einem Flaschenzuge mit einer beliebigen Anzahl Rollen
dient. Setzen wir nämlich , dann , ....
so ist bei einem Flaschenzuge mit mehreren Rollen:
In diesem Ausdrucke ist der Zäh-
ler
immer das Produkt so vieler Faktoren, als Scheiben vorhanden sind, worüber das Seil
geht. Der Nenner ist die Summe so vieler Glieder, als Seile, woran die Last hängt;
von diesen Gliedern ist das erste immer die Einheit; das zweite ist die Function der
ersten Scheibe nach dem Hacken, worüber das Seil geht; das dritte ist das Produkt
aus der 1ten und 2ten; das vierte ist das Produkt aus der 1ten, 2ten und 3ten, u. s. w.


Uibrigens ersehen wir auch, dass, wenn in den gefundenen Gleichungen m = 0
und n . δ = 0 gesetzt wird, wir genau dieselben Ausdrücke erhalten, welche nach ein-
fachen statischen Grundsätzen §. 97 bis §. 103 abgeleitet wurden. In diesem Falle
ist z. B. für den Flaschenzug mit 4 Rollen .


§. 461.


Wird in der oben gefundenen Gleichung mit den drei ersten Faktoren des Zäh-
lers sowohl im Zähler als im Nenner dividirt, so ist für 4 Rollen
Daraus sehen wir, dass der Divisor kleiner als
4 Einheiten ist, d. h. dass die Kraft grösser als ¼ Q seyn müsse. Da ferner die einzelnen
Glieder im Nenner desto kleiner werden, je mehr Faktoren mit einander zu multipliciren
kommen, so werden in diesem Falle statt der Einheit immer kleinere Zahlen im Nenner
erscheinen; demnach wird auch das Verhältniss der Kraft zur Last von dem Verhältnisse
der Einheit zur Anzahl der gespannten Seile, wie §. 103 ohne Rücksicht auf Widerstän-
de berechnet wurde, immer mehr abweichen müssen. Vergleichen wir sonach einen
Flaschenzug mit 2 Rollen, einen zweiten mit 4 Rollen und einen dritten mit 6 Rol-
len, so werden sich ihre Wirkungen nicht wie 1 : 2 : 3 verhalten, weil die Reibung
bei dem Flaschenzuge mit 6 Rollen mehr als dreimal so gross als bei einem Flaschen-
zuge mit 2 Rollen ist. Demnach werden auch zwei Flaschenzüge, deren jeder 4
Rollen hat, vortheilhafter zu brauchen seyn, als ein Flaschenzug mit 8 Rollen, bei
welchem letztern überdiess auch noch eine Verflechtung der Seile leicht eintreten kann.


§. 462.


Da man überhaupt sowohl den Reibungscoeffizienten m, als auch die Grösse n . δ
nicht genau anzugeben im Stande ist, und da die Fehler bei dieser Bestimmung in
den berechneten Formeln einen um so grössern Einfluss ausüben, je mehr Faktoren,
[512]Versuche mit Flaschenzügen.
worin m und n . δ erscheint mit einander zu multipliciren sind, so ist es einleuchtend,
warum man bei einem sehr zusammengesetzten Flaschenzuge durch eine Berechnung
nach den obigen Formeln keine vollkommene Uibereinstimmung mit der Erfahrung fin-
den könne. Dieser Umstand nöthigt uns in jedem Falle, wo ein genaues Verhältniss
zwischen Kraft und Last gesucht wird, erst einen Versuch mit dem vorhandenen Fla-
schenzuge zu machen, um sich auf diese Weise von seiner Wirkung praktisch zu
überzeugen.


Zur Bestimmung der Reibung bei einem Flaschenzuge wurden folgende Versuche
am technischen Institute in Prag gemacht. Der erste Versuch geschah mit einem ge-
wöhnlichen Flaschenzuge mit vier Rollen, der bereits mehrere Jahre von einem Zim-
mermeister gebraucht wurde; derselbe wurde zuerst genau untersucht und verbessert,
damit kein besonderer Widerstand vorhanden sey; hierauf wurde er eingeschmiert und
an einem im Fenster des zweiten Stockwerkes angebrachten Balken befestigt. Bei die-
sem Flaschenzuge war die obere und untere Flasche gleich, der Halbmesser der grös-
sern Rollen an der obern und untern Flasche sammt dem Halbmesser des Seiles
C = D = 23 Linien, der Halbmesser der kleinern Rollen sammt dem Halbmesser des
Seiles A = B = 18,5 Linien, der Halbmesser der Achsen a = b = c = d = 3,5
Linien. Eine jede Flasche wog 10 ℔, und das Gewicht der vier gespannten Seile be-
trug 12 ℔. An diesem Flaschenzuge wurden nun verschiedene Gewichte angehängt,
und zwar zuerst 50 ℔. Da das Gewicht der vier Seile 12 ℔ und der untern Flasche
10 ℔ betrug, so folgt, dass das Gesammtgewicht in diesem Falle 72 ℔ war. An das
fünfte Seil wurden nun so lange Gewichte befestigt, bis eine gleichförmige Bewegung
erfolgte. Diess geschah in dem genannten Falle bei 22 ℔, da jedoch das Gewicht
dieses fünften Seiles 3 ℔ betrug, so war die ganze Kraft = 25 ℔, demnach das
Verhältniss der Kraft zur Last = 25/72.


Nunmehr wurde das Gewicht von 25 ℔ (die Kraft) so lange vermindert, bis die
Last von 72 ℔ die Ueberwucht erhielt, und eine gleichförmige Bewegung der letztern
hinab erfolgte; diess geschah, wenn 6 ℔ am fünften Seile angehängt waren, demnach
die Last sammt dem Gewicht des Seiles 6 + 3 = 9 ℔ betrug. Nachstehende Tabelle
enthält die Resultate der Versuche:

[513]Versuche mit Flaschenzügen.

Die vorigen Versuche werden im ersten Falle, wo alle 4 Rollen gebraucht wur-
den, nach folgender Gleichung berechnet:
und wenn der leichtern Rechnung wegen mit A und C dividirt wird, ist

Werden nur drei Rollen gebraucht, so entfällt in dieser Gleichung das Glied,
welches von der vierten Rolle herrührt, und werden nur zwei Rollen gebraucht, so
bleiben bloss die hierauf Bezug habenden Faktoren stehen. Wenn im zweiten Falle
der angeführten Versuche P' hinauf und Q herabgeht, so haben wir:

Hier ist A = 18,5‴, C = 23‴, a = 3,5‴ und n . δ = 1/10 Zoll angenommen worden.
Gerstners Mechanik. Band I. 65
[514]Versuche mit Flaschenzügen.
Da es zu schwierig wäre, m durch Auflösung einer Gleichung des 4ten Grades zu be-
rechnen, so wurden für m einige Werthe angenommen und untersucht, ob hiebei der im
Versuche gefundene Werth von eintrifft. Diess gab nun folgende Resultate:

Durch eine proportionale Berechnung ergeben sich nun die genauen Werthe von
m für die in den Versuchen gefundenen Werthe von und und zwar ist:

§. 463.


Der zweite Versuch wurde mit einem vierrolligen, sogenannten französischen Fla-
schenzuge, wobei immer zwei Rollen neben einander stehen, vorgenommen. Auch
dieser Flaschenzug wurde vor dem Gebrauche genau untersucht und die Achsen gut
eingeschmiert. Die Halbmesser der 4 Rollen mit Einschluss der halben Stärke des
Seiles betrugen A = 72 Linien, die Halbmesser der Zapfen a = 4,5 Linien. Die
Versuche wurden wieder zuerst mit allen 4 Rollen, sodann bloss mit Anwendung von
3, und hierauf bloss mit 2 Rollen vorgenommen. Ingleichem wurde P zuerst so lange
[515]Versuche mit Flaschenzügen.
vermehrt, bis eine gleichförmige Bewegung desselben herab erfolgte; sodann aber wur-
de P so lange vermindert, bis die Last Q die Uiberwucht erhielt, und mit gleichförmiger
Geschwindigkeit herabging. Die Resultate der angestellten Versuche enthält nachste-
hende Tabelle, welche auf gleiche Art, wie die im vorigen §. angeführte gelesen wer-
den muss.


Diese Versuche werden im ersten Falle, wo alle 4 Rollen gebraucht wurden, nach
folgender bereits reduzirter Gleichung
berechnet.


In diesem Ausdrucke wurde nämlich die Unbiegsamkeit der Seile oder n . δ = 0 ge-
setzt, weil das gebrauchte bereits sehr abgenützte Seil eine sehr grosse Biegsamkeit hat-
te. Im zweiten Falle, wo nur 3 Rollen gebraucht wurden, findet die Gleichung
und im dritten Falle, wo das Seil bloss
über 2 Rollen ging, die Gleichung statt. Für den Fall
als die Last die Uiberwucht hat, und mit gleichförmiger Geschwindigkeit herab, dage-
65 *
[516]Versuche mit Flaschenzügen.
gen P' hinauf steigt, werden die Gleichungen auf ähnliche Art abgeleitet. Versucht man
nun verschiedene Werthe für m, so erhält man:

Durch eine proportionale Berechnung ergeben sich nun die genauen Werthe für m
für die in den Versuchen gefundenen Werthe von und und zwar ist:

Aus den gefundenen Werthen für m ersehen wir bei einer Vergleichung derselben,
dass der Reibungscoeffizient m mit keiner solchen Genauigkeit und Uebereinstimmung
abgeleitet werden kann, als es bei einer einfachen Maschine, wo die Last nur auf einem
Zapfen beiderseits aufliegt, statt findet, und dass überhaupt die Reibung viel grösser
ausfällt, als es Coulomb bei den bereits angeführten Versuchen mit einfachen Maschinen
gefunden hat. Hieraus folgt weiter, wie nothwendig es sey, in jedem Falle, wo es
darauf ankommt, ein sicheres Verhältniss zwischen Kraft und Last bei einem Flaschen-
zuge aufzustellen, mit demselben vorerst einen genauen Versuch zu machen.


§. 464.


Die Reibung, welche bei einem Seile statt findet, wenn es um einen festste-
henden Cylinder
oder um eine Welle geschlungen wird, lässt sich auf folgende Art
[517]Reibung der Seile um Cylinder.
berechnen: Es sey a e ein kleines Stück der Peripherie, um welche das Seil geschlun-Fig.
21.
Tab.
27.

gen ist; die Last Q hänge in a senkrecht herab, und die Kraft P wirke in der Rich-
tung der Tangente zu e. Verlängern wir die Richtung der Kraft und Last, und set-
zen b a = Q, so ist b e = P und diese zwei Kräfte, welche bei b einen Winkel mit-
sammen bilden, lassen sich mittelst des Parallelogrammes a b e d in die mittlere Kraft
b d vereinigen, die den gesammten Druck auf den Cylinder vorstellt.


Wegen der Aehnlichkeit der Dreiecke b o a und o c a haben wir b o : b a = o a : a c
und , also ist der ganze Druck auf die Peripherie des Cy-
linders . Liegen die Punkte a und e nahe an einander, so
fällt die Sehne a o e mit dem Bogen a n e zusammen, und es ist daher der Druck auf die
Peripherie des Cylinders , wenn wir den Bogen, an welchem das Seil anliegt,
mit s bezeichnen. Die Kraft in e, welche ohne Reibung = Q gewesen wäre, wird
demnach wegen der Reibung ebendaselbst, seyn.


Nehmen wir nun einen zweiten Bogen e f von gleicher Länge wie a e an, so ist
P für den Punkt e als Last zu betrachten, und wir haben die erforderliche Kraft in
der Richtung der Tangente zu f, nämlich , und wenn substituirt
wird, . Für einen dritten Bogen von gleicher Länge erhalten
wir die am Ende desselben erforderliche Kraft u. s. w. Hier-
aus ersehen wir bereits das Gesetz, nach welchem die zur Bewegung des Seiles er-
forderliche Kraft zunimmt *).


[518]Reibung der Seile um Cylinder.

Nehmen wir s = 1 Grad, und berechnen die Kraft zur Bewegung eines Seiles,
welches 90 Grade umspannt, so ist die Länge eines Grades , dem-
nach die Kraft ; wird das Seil um einen Bogen von 180 Grad
geschlungen, so ist ; für 270 Grad ist ;
für eine ganze Peripherie ist u. s. w. Die Kräfte, welche zur
Bewegung des umwundenen Seiles erfordert werden, steigen daher in einem geometri-
schen Verhältnisse, während die Bögen nur im arithmetischen Verhältnisse zunehmen.
Die wirkliche Grösse der Kraft P hängt jedoch von dem Reibungscoeffizienten m a b.


  • Beispiel. Nehmen wir den Reibungscoeffizienten m = ⅛, so ist die erforderliche
    Kraft, wenn
  • das Seil 1 Peripherie umschlingt ,
  • „ „ 2 „ „ ,
  • „ „ 3 „ „ ,
  • „ „ 4 „ „ u. s. w.

Es wird daher eine sehr bedeutende Kraft erfordert, um ein Seil, welches mehr-
mals um einen Cylinder geschlungen ist, zu bewegen. Umgekehrt folgt aber aus dieser
Rechnung, dass man die grössten Lasten bloss durch mehrmaliges Umschlingen eines
Seiles um einen Cylinder mit einer kleinen Kraft aufhalten könne. Auf diese Weise
werden die grössten Schiffe durch Taue festgehalten, welche man um hinlänglich starke
Cylinder mehreremale windet.


Wir hätten nun noch die Reibung zwischen Zahn und Getriebe zu be-
rechnen, da sie jedoch nur nach der Bestimmung der vortheilhaftesten Gestalt der Zähne
und Getriebe statt finden kann, so werden wir auch erst dort die hiebei eintretende
Reibung berechnen.


§. 465.


Wird ein Körper, dessen Gewicht Q ist, über eine horizontale Fläche fort-
gezogen, so verursacht die Reibung einen Widerstand, der bekanntlich den mten Theil
der Last beträgt, und es ist P = m . Q. Soll aber derselbe Körper über eine schiefe
Fläche
nach der horizontalen Richtung ohne Rücksicht auf die Reibung gezogen
werden, so ist nach §. 124 die hiezu nöthige Kraft . Ist daher der Rei-
bungscoeffizient m so gross als das Verhältniss , so ist auch , und es
wird zur Ueberwindung des Reibungswiderstandes auf der horizontalen Fläche eine
eben so grosse Kraft erfordert, als zur Fortschaffung der Last ohne Reibung über eine
schiefe Fläche benöthigt wird, bei welcher das Verhältniss der Höhe zur Grund-
[519]Reibung bei der schiefen Fläche.
linie dem Reibungscoeffizienten gleich kommt. Man kann sich daher den Widerstand
der Reibung bei der Berechnung in den Widerstand einer schiefen Fläche verwan-
deln, bei welcher = m = tang α, also h = m . b ist.


Da nun auch = tang v ist, wo v den Neigungswinkel der schiefen Fläche be-
deutet, so ist auch m . Q = Q . tang α, d. h. der Reibungswinkel ist derje-
nige Winkel, dessen Tangente dem Reibungscoeffizienten gleich ist
;
man findet ihn daher in jedem Falle, indem man den jedesmaligen Reibungscoeffizien-
ten m unter den Tangenten aufsucht. Beträgt z. B. m = 0,1, so findet man einen
Winkel von 5° 43Min.; für m = 0,2 ist v = 11° 19Min., für m = 0,3 ist v = 16° 42Min. u. s. w.


§. 466.


Wird eine Last parallel zur schiefen Fläche bewegt, so zerfällt das Ge-Fig.
23.
Tab.
27.

wicht Q = M O in M N = P = = Q . Sin v und in M R = Q . Cos v. Die
letztere Kraft, womit die schiefe Fläche winkelrecht gedrückt wird, verursacht eine
Reibung auf derselben, die = m . Q . Cos v ist; weil wir aber den Reibungscoeffizien-
ten m = tang α setzen können, so beträgt die Reibung des Körpers auf der schiefen
Fläche tang α . Q . Cos v. Demnach ist die Zugkraft
P = Q . Sin v + Q . tang α . Cos v = Q =
Q oder P = . Ist nun der Neigungs-
winkel v der schiefen Fläche und der Reibungswinkel α gegeben, so kann die erforder-
liche Kraft für jede Last gefunden werden. Wäre der Reibungswinkel α = 0, so ist
P = Q . Sin v = Q . wie §. 123 gefunden wurde.


§. 467.


Auf gleiche Art wird die Kraft berechnet, welche erfordert wird, wenn die Last
über die schiefe Fläche bei horizontaler Richtung des Zuges fortgeschafft wird.


Wirkt aber die Kraft unter irgend einem Winkel w mit der schiefen Fläche,Fig.
24.

so zerfällt Q = M O auf gleiche Art in Q . Sin v = M N und Q . Cos v = M R, wovon die
erste parallel zur schiefen Fläche, die zweite aber winkelrecht auf dieselbe drückt. Auf
gleiche Weise zerfällt P = M D in P . Cos w = M E und P . Sin w = M F, wovon aber-
mals die erste parallel zur schiefen Fläche, die zweite aber winkelrecht auf dieselbe wirkt.
Die Reibung rührt offenbar von den zwei winkelrechten Drücken M R und M F her; ginge
aber die Richtung der Zugkraft aufwärts, so würde die Reibung bloss durch den Druck
M R — M F bewirkt. In unserm Falle haben wir daher die Gleichung zwischen Kraft
und Last P . Cos w = Q . Sin v + m . Q . Cos v + m . P . Sin w. Setzen wir nun wieder
den Reibungscoeffizienten m = tang α, so ist
P (Cos w — tang α. Sin w) = Q (Sin v + tang α. Cos v) oder
P (Cos α. Cos w — Sin α. Sin w) = Q (Sin v . Cos α + Cos v . Sin α) oder
[520]Reibung bei der schiefen Fläche.
P . Cos (α + w) = Q . Sin (α + v) und daher P = . Aus dieser Glei-
chung sehen wir, dass die kleinste Zugkraft in dem Falle erfordert wird, wenn der Nen-
ner am grössten, demnach Cos (α + w) = 1 und daher α + w = 0 oder w = — α ist,
d. h. der Zugwinkel w muss eben so gross als der Reibungswinkel α seyn, allein der
Zug muss aufwärts statt finden.


§. 468.


Bei den schiefen Flächen, für welche wir gewöhnlich die Zugkraft berechnen, ist
der Neigungswinkel v sehr klein, z. B. bei unsern Strassen, deren Steigung nicht über
4 Zoll auf die Klafter betragen darf, ist Sin v = 4/72 und daher v = 3° 11Min. 5Sec.. Der
Zugwinkel w ist ebenfalls in diesen Fällen unbedeutend, weil der Zug von der Richtung
der schiefen Fläche nicht viel abweicht. Endlich ist auch der Reibungswinkel bei den
meisten Strassen nicht sehr gross. Wir können demnach zur leichtern Berechnung der
Zugkraft auf unsern schiefen Flächen folgendes Verfahren anwenden:


Es sey Fig. 25 die gegebene schiefe Fläche A B C; man trage von A die Linie
Fig.
25.
Tab.
27.
A D = m . b = m . B C winkelrecht auf, und verbinde D mit C, so hat man eine schiefe
Fläche D C B erhalten, bei welcher die Höhe h um m . b vermehrt ist, welche Vermeh-
rung gerade so viel als der Widerstand der Reibung beträgt. Es ist demnach eine gleich
grosse Kraft nöthig, wenn der Körper Q über die wirkliche schiefe Fläche A C mit Rei-
bung oder über die verzeichnete schiefe Fläche D C B ohne Reibung gezogen werden
soll. Da nun nach unserer Voraussetzung klein ist, so kann man auch A C = B C = b
und A D = m . b = A E setzen; wir erhalten demnach P : Q = h + m . b : b, woraus
die Kraft, die zur Bewegung des Körpers über die schiefe Fläche erfordert wird
P = = Q folgt.


  • Beispiel. Es sey die Last Q = 100 ℔, = 4/72 und m = ⅛, so wäre die zur
    Uiberwindung der schiefen Fläche und des Reibungswiderstandes nöthige Kraft
    P = 100 (4/72 + ⅛) = 18,1 ℔, wogegen ohne Reibung bloss die Kraft von 5,6
    erfordert wird.

§. 469.


Fig.
26.

Wir können nunmehr auch den bereits behandelten Fall, wo die Kraft nach
einer beliebigen Richtung
zieht, und mit der Länge der schiefen Fläche den
Zugwinkel w bildet, berechnen. Wir wollen hiebei die Kraft als aufwärtswirkend an-
nehmen, und abermals die Höhe der schiefen Fläche um die Grösse m . b vermehren.
Wir erhalten hiedurch den Winkel z als den Zugwinkel auf der konstruirten schiefen
Fläche E C B und da w = z + α, folglich z = w — α ist, so erhalten wir nach
der §. 125 aufgestellten allgemeinen Proportion P : Q = Sin (v + α) : Cos (w — α),
woraus die Zugkraft P = folgt. Die Kraft wird daher desto grös-
ser seyn müssen, je grösser die Last Q ist, je grösser v + α oder der Neigungswin-
[521]Reibung bei der schiefen Fläche.
kel der schiefen Ebene und Reibungswinkel ist, also wenn die schiefe Ebene hoch undFig.
26.
Tab.
27.

die Reibung gross ist, endlich wenn Cos (w — α) klein ist. In letzterer Hinsicht wird
daher eine kleine Kraft zur Bewegung einer Last über eine schiefe Fläche erfordert,
wenn Cos (w — α) möglichst gross ist. Für den vortheilhaftesten Fall ist dieser
Cosinus = 1, also w — α = 0 und w = α. Es ist daher am vortheilhaftesten, den
Zugwinkel eben so gross als den Reibungswinkel anzunehmen; die Kraft darf also
nicht parallel zur schiefen Fläche wirken, sondern ihre Richtung muss mit derselben
einen Winkel w bilden, der dem jedesmaligen Reibungswinkel gleich kommt.


§. 470.


Von der vorstehenden Bemerkung kann bei den Fuhrwerken eine vortheilhafteFig.
27.

Anwendung zur Bestimmung der Richtung der Zuglinie für den Fall der vortheilhafte-
sten Bespannung gemacht werden. Es ist bekannt, dass die Zugstränge bei dem Fuhr-
wesen gewöhnlich nicht horizontal, sondern in schiefer Richtung angebracht sind, indem
die Brust der Pferde höher liegt, als der Punkt an dem man die Wage aufzuhängen pflegt.


Der Widerstand, welchen die Pferde bei der Fortschaffung eines Wagens, dessen
Gewicht sammt Ladung Q ist, zu überwältigen haben, beträgt P = m . Q, wo m nach
Verschiedenheit des guten oder schlechten Weges zu bemessen ist. Wir können nun
auch hier m = tang α setzen, und den Widerstand der Strasse auf der horizontalen
Ebene b c mit Reibung in den Widerstand auf der schiefen Fläche a c ohne Reibung
verwandeln, wobei aber = tang α = m ist.


Es sey e der Punkt, an welchem die Wage hängt, so muss die Richtung der Zug-
stränge nach dem vorhergehenden §. in die Linie c e a fallen, deren Neigung gegen
den Horizont, a e d = α ist. Die Höhe der Wage ober der Strasse sey e f = a; die Ent-
fernung der Brust der Pferde von der Wage oder die Länge der Zugstränge nehmen
wir d e = E, dann die Höhe der Brust a b = H an, so ist a d = H — a; es muss dem-
nach m = seyn, oder a = H — m . E.


Hieraus folgt, dass für den Fall, als m gross oder der Weg schlecht ist, der Werth
für a klein ausfällt, d. h. man muss bei schlechtem Wege die Wage tief hängen; im Ge-
gentheile wird a grösser, also die Wage höher zu hängen seyn, wenn m klein oder der
Weg besser ist.


  • Beispiel. Es sey H = 4 Fuss und E = 8 Fuss, so ist
    bei gutem Wege, wo m = , die Höhe der Wage a = 4 — · 8 = 3,6 Fuss,
    bei schlechtem Wege, wo m = , — — a = 4 — . 8 = 3 Fuss.

Aus demselben Grunde trifft man bei dem sogenannten schweren Fuhrwerke die
Einrichtung, dass man die Wage sowohl über die Deichsel, als auch unter dieselbe hän-
gen kann, und alle Fuhrleute pflegen, wenn sie aus einem guten Wege in einen schlech-
ten, weichen Weg, in einen Morast oder in eine Vertiefung gerathen, die Wage, wel-
che früher über der Deichsel angebracht war, nunmehr unter dieselbe zu hängen.


Gerstners Mechanik. Band I. 66
[522]Reibung bei der schiefen Fläche.

§. 471.


Fig.
28.
Tab.
27.

Die Kraft, um einen Körper Q über eine schiefe Fläche parallel zur
Grundlinie herab zu bewegen
, wird auf gleiche Art gefunden. Soll Q über die
schiefe Fläche a c herabgezogen werden, so kommt der Reibungswinkel wie in den frü-
hern Fällen der Kraft zum Nachtheile, indem er die Neigung der schiefen Fläche vermin-
dert. Trägt man daher von c aus die Höhe c d = m . b auf und verbindet d mit a, so
ist es einerlei, den Körper Q über a c mit Reibung, oder über a d ohne Reibung zu be-
wegen. Zieht man nun durch a eine horizontale Linie a e, so ist der Neigungswinkel
der konstruirten schiefen Fläche, nämlich d a e = α — v, und die Höhe dieser schie-
fen Fläche oder d e = m . b — h. Demnach ist die Kraft, welche zum Heraufziehen
des Körpers über a d benöthigt wird, P = Q = Q . Hieraus
folgt:


  • 1tens. Wenn m = oder der Widerstand des Weges dem Verhältnisse der Hö-
    he der schiefen Fläche zu ihrer Grundlinie gleich kommt, so ist die Kraft P = 0,
    d. h. der Körper wird sich auf der schiefen Fläche erhalten, und wenn er eine
    Bewegung bereits angenommen hat, dieselbe beibehalten.
  • 2tens. Wenn m grösser als oder der Widerstand des Weges grösser als das Ver-
    hältniss bei der schiefen Fläche ist, so muss man noch eine Kraft anwenden,
    um den Körper über die schiefe Fläche herab zu ziehen.
  • 3tens. Ist im Gegentheile grösser als m, so wird der Werth für P negativ, d. h.
    es muss eine Kraft angewendet werden, um den Körper auf der schiefen Fläche
    zu erhalten, und sein Herabrollen zu verhindern.

§. 472.


Die Reibung bei der Schraube wird aus der schiefen Fläche abgeleitet.
Fig.
29.
Da man nämlich die Schraube als eine schiefe Fläche betrachten kann, die um einen
Cylinder gewunden wurde, so erhellet von selbst, dass man bei derselben den Rei-
bungswiderstand auf gleiche Art in Rechnung zu nehmen hat, wie es bei der schie-
fen Fläche geschehen ist. Es sey Fig. 29 eine Schraube und a b c ein aufgewunde-
nes Gewinde derselben, so wird, da hier die Kraft parallel zur Grundlinie wirkt,
P : Q = h + m . b : b seyn, woraus die Kraft, die zur Bewegung der Schraube an
ihrer Peripherie erfordert wird, P = Q folgt. Nun ist aber die Grundlinie
in diesem Falle die Peripherie eines Schraubengewindes oder 22/7 . 2 a; wir erhalten
demnach P = Q .


Wird die Schraube mit einem Hebel oder Schraubenschlüssel verbunden, so ist,
wenn wir dieselben Bezeichnungen wie §. 141 beibehalten, die Last, welche die Schrau-
be hebt, oder der Druck, welchen sie ausübt, Q = .


[523]Reibung bei der Schraube.
  • Beispiel. Es sey, wie §. 141 der Hebelsarm der Kraft A = 24 Zoll und h = 1 Zoll,
    a = 2 Zoll und m = ⅛, so ist substituirt
    Q = = 58⅔ . K. Ohne Reibung ist Q = 150,9 . K, der Widerstand
    der Reibung vermindert daher in diesem Verhältnisse die Leistung der Ma-
    schine.

Eine ähnliche Verminderung des Verhältnisses der Kraft zur Last findet bei allen
Schrauben hinsichtlich der Reibung statt. Da auf diese Weise die Reibung bei der
Schraube mehr Einfluss als bei allen andern Maschinen nimmt, so folgt, dass man die
Schraube dort, wo es auf einen vortheilhaften Effekt in einer gegebenen Zeit ankommt,
nicht brauchen könne; wenn es sich aber nur darum handelt, eine grosse Last zu
heben, ohne auf die hiezu nöthige Zeit Rücksicht nehmen zu müssen, und wenn man
noch überdiess bei der Arbeit auf einen kleinen Raum beschränkt ist, so verdient
die Schraube unstreitig vor andern Hebmaschinen den Vorzug.


§. 473.


Von einigen Schrauben wird gefordert, dass sie von selbst aufgehen. Z. B.Fig.
30.
Tab.
27.

bei Papierpressen, bei Münzstöcken u. s. w. Werden diese Schrauben angezogen, so
verrichten sie ihren Druck, so wie aber die Kraft nachlässt, gehen sie von selbst wieder
zurück oder auf. Es fragt sich daher, was für eine Einrichtung diese Schrauben haben.


Betrachten wir Fig. 30 die schiefe Fläche a b c, über welche ein Körper hinab
bewegt werden soll; wird der Reibungswinkel in c aufgetragen und ist derselbe kleiner
als der Neigungswinkel der schiefen Fläche, so bleibt der Winkel z = v — α, welchen
die konstruirte schiefe Fläche mit dem Horizonte bildet übrig, d. h. der Körper würde
auf dieser schiefen Fläche, wobei keine Reibung statt findet, schon durch seine eigene
Schwere herabgehen. Wenn also eine Schraube so beschaffen ist, dass ihr Reibungs-
winkel kleiner als ihr Neigungswinkel
ist, so muss sie, nachdem sie auf-
gedreht wurde, von selbst oder durch ihren eigenen Druck wieder zurückgehen. Sol-
che Schrauben erhalten gewöhnlich 2, 3 auch 4 neben einander gehende Gewinde
und werden in allen Fällen angewendet, wo es darauf ankommt, dass das Auf- und
Zudrehen schnell vor sich gehen soll.


§. 474.


Wir sind nunmehr im Stande die Gleichung zwischen Kraft und Last bei den
drei Gattungen Winden oder Hebern zu berechnen, welche auf der 6ten Tafel abge-
bildet sind.


Bei der Winde mit Vorgelege oder der deutschen Winde sey die KraftFig.
31.

an der Peripherie der Kurbel = K, der Halbmesser der Kurbel = A, der Halbmes-
ser des Getriebes, welches unmittelbar durch die Kurbel bewegt wird = a und der
Halbmesser seines Zapfens = e, der Halbmesser des grossen gezähnten Rades = B,
des hiermit verbundenen Getriebes = b, des zugehörigen Zapfens = E, endlich die
Last, welche gehoben werden soll = Q. Wir haben demnach K . A = W (a + m . e) (I),
wo W die Kraft an der Peripherie des grossen gezähnten Rades bedeutet.


66 *
[524]Reibung bei Winden.
Fig.
31.
Tab.
27.

Weiter haben wir W . B = Q . b + dem Momente der Reibung. Der Druck auf
den Zapfen E beträgt offenbar , mithin ist
W . B = Q . b + m . Q . E . (II).


Werden diese zwei Gleichungen mitsammen multiplizirt, so ist
K . A . B = Q (a + m . e) , oder
.


Um den Einfluss der Reibung zu berechnen, sind die Dimensionen der Winde mit
Vorgelege nach der Zeichnung auf der 6ten Tafel hier angenommen worden, und diese
geben
= . Die Kraft muss daher wegen
der Reibung um 1/14 grösser seyn, wobei aber zu bemerken, dass bei dieser Rech-
nung auf die minder bedeutende Reibung zwischen Zahn und Getriebe keine Rücksicht
genommen wurde.


Bei der französischen Winde sey auf gleiche Art die Kraft an der Peripherie
Fig.
32.
der Kurbel = K, der Halbmesser der Kurbel = A, die Kraft am Umfange des horizon-
talen gezähnten Rades = P, der Halbmesser dieses Rades = B, der Halbmesser der
Schraube ohne Ende = a, der Zapfen, mit welchem die Schraube ohne Ende aufliegt
= e, der Widerstand an der Peripherie der Schraubenspindel = W, der Halbmes-
ser dieser Schraubenspindel = b, und der Halbmesser der Kreisfläche, womit die runde
Scheibe auf der Winde liegt = E, endlich die Höhe eines Schraubengewindes der Schrau-
be ohne Ende = h und der Schraubenspindel = h'. Wir erhalten demnach folgen-
de Gleichungen:
(I).
(II).

Demnach K . A . B = ,
und (III).


Nun ist bei der französischen Winde A = 12 Zoll, a = ⅔ Zoll, B = 2 Zoll,
b = 1 Zoll, h = ¾ Zoll, h' = 1 Zoll, e = ½ Zoll und E = 1⅝ Zoll, dann kann man
m = ⅛ setzen. Diese Werthe substituirt geben:
oder
.


[525]Reibung bei Winden.

Wir sehen aus dieser Rechnung, dass die Reibung den Widerstand beinahe auf
das Siebenfache erhöht, als er ohne Reibung wäre; in diesem Falle hätten wir näm-
lich .


Für die englische Winde oder den englischen Heber haben wir bereitsFig.
23.
Tab.
27.

§. 146 die Gleichung zwischen Kraft und Last nach einfachen statischen Grundsätzen
abgeleitet. Bedienen wir uns hier wieder derselben Bezeichnungen für die gleichnami-
gen Maasse der Maschine, so folgt die Gleichung zwischen Kraft und Last, welche
auf gleiche Art wie bei der französischen Winde abgeleitet wird
.


Diese Gleichung ist genau dieselbe, wie bei der französischen Winde, weil beide
Maschinen, wie man aus Tab. 6 sieht, eigentlich dieselbe Einrichtung haben. Auch
die Dimensionen beider Maschinen sind gleich, nur dass bei der französischen Winde
B = 2 Zoll, bei dem englischen Heber aber B = 6,5 Zoll misst. Für den letztern
ist daher das Verhältniss der Kraft zur Last , die
Kraft muss daher auch beinahe siebenmal so gross seyn, als sie ohne Reibung wäre.


Alle diese Berechnungen zeigen, wie nothwendig es sey, bei der Berechnung sol-
cher Maschinen, wobei Schrauben vorkommen, die Reibung mit in Anschlag zu neh-
men, indem man ohne dieselbe die Leistung der Maschine gar nicht zu beurtheilen
im Stande ist. Wir werden von den gefundenen Gleichungen bei der Berechnung des
Aufschraubens eines Dachstuhles, welche bereits §. 147 gemacht wurde, im §. 479, wo
diese Arbeit mit Rücksicht auf die Reibung neu berechnet wird, wieder Gebrauch
machen.


§. 475.


Die Gewinde aller Schrauben müssen so stark seyn, um nicht abgedrückt zu
werden; da nun ein Gewinde, wenn man es so stark machen wollte, um eine grosse
Last zu tragen, zu sehr steigen müsste, demnach der Vortheil, welchen man von der
Schraube erwartet, nicht erreicht würde, so werden die Schraubenmuttern, wie schon
§. 146 bemerkt wurde, so stark gemacht, dass sie eine hinlängliche Anzahl Gewinde
aufnehmen, die nunmehr den Druck der auf der Schraube ruhenden Last auszuhalten
vermögen.


Es sey D der innere Durchmesser der Schraube oder der Durchmesser ihrer Spin-
del, die Anzahl der Gewinde, welche die Schraubenmutter aufnimmt, sey = n, und
die Dicke der Gewinde = d, die Schraube aber rechtwinklicht geschnitten, so gibt
22/7 . D . n . d die Querschnittsfläche aller Gewinde. Ist die Schraube von Schmiedeei-
sen, so wissen wir, dass eine Fläche von 1 Quad. Zoll eine Last von 5 bis 600 Zentner
bis zum Bruche aushält. Wird daher dieser Fläche eine Last von 100 Zentner anvertraut,
so erhalten wir zur Bestimmung des ganzen Querschnittes, welcher zum Tragen der Last
Q erfordert wird, die Proportion 1□″ : 100 Zentr. = 22/7 D . n . d□'' : Q. Hieraus folgt
[526]Reibung bei dem Keile.
n = , die Anzahl der Gewinde, welche die Schraube erhalten muss, um
die darauf liegende Last mit hinlänglicher Sicherheit zu tragen.


  • Beispiel. Ein englischer Heber, welcher zum Aufschrauben eines Dachstuhles von
    Q = 1000 Zentner gebraucht wird, habe eine eiserne Schraubenspindel von D = 2
    Zoll im Durchmesser, und die Gewinde seyen d = ⅓ Zoll dick.

In diesem Falle ist n = = 4,77, es müssen daher 5 Gewinde in der
Schraubenmutter enthalten seyn, um von der darauf liegenden Last nicht abgedrückt zu
werden.


§. 476.


Die Reibung bei dem Keile wird auf gleiche Art, wie bei der schiefen Flä-
Fig.
34.
Tab.
27.
che berechnet. Ist nämlich a c d ein doppelter Keil, dessen Kopf a c = 2 b und die
Höhe e d = h ist, so kann auch hier die Reibung als der mte Theil der Grundlinie, oder
c o = a n = m . h aufgetragen werden, und wir erhalten, wenn der Widerstand mit W,
die zum Eintreiben des Keils erforderliche Kraft aber mit K bezeichnet wird, die Propor-
tion K : W = 2 (m . h + b) : h, woraus K = 2 W folgt.


Da hier keine Abglättung der reibenden Körper angenommen werden kann, und die-
se Reibung z. B. bei dem Absprengen der Steine sehr bedeutend ist, so kann man m = ½
setzen. Wird nun ein Keil genommen, dessen Länge 5mal so gross als die Stärke seines
Kopfes ist, so haben wir K = 2 W , woraus man sieht, dass die
Reibung bei dem Keile eben so bedeutend sey als bei der Schraube.


§. 477.


Nach gleichen Grundsätzen, als wir bisher den Einfluss der Reibung bei allen ein-
fachen und einigen zusammengesetzten Maschinen berechnet haben, wird derselbe auch
bei jeder andern Maschine in Anschlag genommen. Wir kommen nunmehr zu einer
zweiten eben so wichtigen Untersuchung, nämlich zur Berechnung des Einflus-
ses, welchen die Reibung auf den Effekt oder das Arbeitsquantum
der Maschinen nimmt
. Wir wollen in dieser Hinsicht einige Aufgaben auflösen,
welche am häufigsten vorkommen, und zur Berechnung ähnlicher Fälle als Anleitung
dienen können.


Behandeln wir zuerst den Fall, wo mittelst eines Flaschenzuges
in Verbindung mit einer Winde von einer gegebenen Anzahl Ar-
beiter Bauholz, Quadersteine oder andere Baumaterialien auf ein
Gebäude aufgezogen werden sollen
, und untersuchen wir, wie die Arbeit
einzurichten sey, damit in einem Tage möglichst viel aufgezogen werde. Dieser Fall
wurde bereits §. 107 ohne Rücksicht auf die Widerstände der Bewegung behandelt; es
fragt sich daher, welchen Einfluss die Reibung und die Unbiegsamkeit der Seile sowohl
auf die Einrichtung der Arbeit als auf den Effekt der Maschine nehmen.


[527]Flaschenzug mit der Winde.

Nehmen wir an, der Flaschenzug sey derselbe, womit die S. 513 beschriebe-
nen Versuche gemacht worden sind, wobei also der Halbmesser der grössern zwei Rol-
len C = 23 Linien und jener der kleinern zwei Rollen A = 18,5 Linien, der Halbmes-
ser der Achsen a = 3,5 Linien ist. Die Unbiegsamkeit des Seiles wollen wir abermals
mit n . δ = 1/10 Zoll und den Reibungscoeffizienten nach dem Resultate der Berechnung
S. 514 für den Fall, wo Q hinaufging, mit m = 0,380 annehmen. Dem Versuche zu
Folge war der mittlere Werth bei dem Gebrauche aller vier Rollen = 0,379. Bezeich-
nen wir daher die Spannung des Seiles, welches von dem Flaschenzuge sich abwindet,
mit S4, so ist S4 = 0,379 Q.


Für die Spannung S5 des horizontalen Seiles haben wir die Gleichung
S5 . D = S4 (D + n . δ) + 3/2 S4 . m . d, oder S5 = S4.


Auf gleiche Art erhalten wir zur Bestimmung der Kraft der Arbeiter
N . k R = S5 (r + n . δ) + S5 . m . E + M . ⅔ . m . E oder wenn der
Werth für S5 und S4 substituirt und durch Q ausgedrückt wird
N . k + M . ⅔ m . E.


Aus diesem Ausdrucke erhalten wir die Last
.


Wir wollen nun sehen, welchen Einfluss die Reibung auf dem stehenden Zapfen
nimmt, oder wie gross sey. Ist die Länge der Welle 8 Fuss und der Durch-
messer derselben = ⅘ Fuss, dann das Gewicht von einem Kubikfusse Holz, woraus sie
besteht = 36 ℔, so beträgt das Gewicht M = 11/14 . 16/25 . 36 . 8 = 145 ℔. Wie wir spä-
ter sehen werden, muss R beiläufig 40 Zoll messen; nimmt man nun selbst m = 0,3 und
E = ½ Zoll an, so ist ; diese Grösse ist daher so un-
bedeutend, dass sie in dem obigen Ausdrucke für Q ausser Acht gelassen werden kann,
wir erhalten daher .


Zur Bestimmung des Effektes haben wir die Proportion v : v'' = 4 R : r, wo v'' die
Geschwindigkeit der Last bedeutet. Hieraus folgt die Zeit eines Aufzugs
= , und die Anzahl der Aufzüge während z Arbeitsstunden n = .
[528]Flaschenzug mit der Winde.
Diess gibt den Effekt = .


Dieser Ausdruck wird ein Maximum, wenn = 1 ist, mithin ist der grösste
Effekt = , die Zeit eines Auf-
zuges = , die Anzahl Aufzüge in einem Tage = , endlich die je-
desmalige Last .


Werden diese Ausdrücke mit den S. 118 für denselben Fall gefundenen verglichen,
so sehen wir, welchen Einfluss die Reibung und Unbiegsamkeit der Seile hier nehmen.


  • Beispiel. Es sey, wie S. 119 angenommen wurde, die Höhe des Gebäudes H = 60
    Fuss, die Anzahl der Arbeiter N = 4, k = 25 ℔, c = 2,5 Fuss, t = 8 Stunden;
    ferner nehmen wir den Halbmesser der Rolle D = 4 Zoll, d = ½ Zoll, und E = ½ Zoll,
    sodann m = ⅛, endlich das Gewicht der aufzuziehenden Bauobjekte Q = 2000 ℔
    an, so ist, wenn in die Gleichung für Q substituirt wird,
    2000 = oder
    20 = oder R = 1,2916 + 7,9480 . r.

Wollte man 2 r = ⅘ Fuss = 9,6 Zoll annehmen, so folgt R = 39,44 Zoll, oder 3 Fuss
3,4 Zoll. Für diesen Fall ist weiter die Zeit eines Aufzuges = 789Sec., die Anzahl Auf-
züge in einem Tage = 36,5, und der Effekt = 36,5 . 2000 = 73000 ℔ oder 730 Zentner.
Werden diese Werthe mit jenen S. 119 für denselben Fall, jedoch ohne Rücksicht auf
die Widerstände berechneten verglichen, so zeigt sich, dass der Effekt gegenwärtig
in dem Verhältnisse von 730 : 1200 = 1 : 1,6 vermindert sey. Diess rührt beinahe allein
von der Vergrösserung der Last durch die bedeutende Reibung bei dem vierrolligen
Flaschenzuge her, da die Reibung bei der Winde sehr unbedeutend ist.


§. 478.


Die Gleichung zwischen Kraft und Last und für den Effekt, welcher von einer
gegebenen Kraft bei einem Göpel oder Spiralkorbe mit Rücksicht auf den Rei-
bungswiderstand bewirkt wird, ergibt sich aus folgender Berechnung:


Es sey der mittlere Halbmesser des Spiralkorbes oder = B und der Halb-
messer der Pferdekraft = A, so haben wir nach §. 224 ohne Rücksicht auf den Rei-
bungswiderstand die Gleichung K . A = Q . B. Nennen wir die Zugkraft, mit wel-
[529]Förderung mit Göpel.
cher das Seil, welches sich aufwindet, durch die in der Tonne befindliche Last ge-Fig.
36.
Tab.
27.

spannt wird = Z, und die Spannung des zweiten Seiles, welches der Kraft zu Hülfe
kommt = Z', so ergibt sich das Moment von Seite der Last, welche wir zur Vereinfachung
der Rechnung auf der mittlern Höhe annehmen wollen, auf folgende Art: Das Seil Z
hat nicht bloss die Last Q + T + ½ S, sondern auch die Reibung an der Rolle zu über-
winden. Weil das Seil in horizontaler Richtung und auf der andern Seite der Rolle in
senkrechter Richtung läuft, so beträgt nach §. 456 der mittlere Druck auf den Zapfen
3/2 (Q + T + ½ S), und die daselbst vorhandene Reibung m . 3/2 (Q + T + ½ S); eine
Unbiegsamkeit der Kette wird hier nicht in Anschlag genommen. Wir haben dem-
nach für die Spannung Z die Gleichung Z . E = (Q + T + ½ S) E + m . e . 3/2 (Q + T + ½ S)
oder Z = (Q + T + ½ S) .


Dieser Spannkraft kommt das zweite Seil mit der Spannung Z' zu Hülfe; an dem
Ende dieses Seiles zieht das Gewicht T + ½ S herab, welches itzt als Kraft zu be-
trachten ist. Wir haben hier auf gleiche Art wie in dem vorigen Falle die Glei-
chung (T + ½ S) E = Z' . E + m . e . 3/2 (T + ½ S) oder Z' = (T + ½ S) ,
welches nunmehr die Kraft ist, die der Maschine zu Hülfe kommt.


Wir haben demnach K . A = Z . B — Z' . B + dem Momente der Reibung. Diese
Reibung findet hier sowohl am liegenden als am stehenden Zapfen statt. Der obere
und untere Zapfen des vertikalen Wellbaumes vom Spiralkorbe wird mit dem Drucke
Z + Z' an die Lager gepresst und erleidet desshalb die Reibung m . (Z + Z'); ferner
verursacht das Gesammtgewicht des Spiralkorbes das Reibungsmoment am stehenden
Zapfen M . m . ⅔ e'. Wir haben also folgende Gleichung zwischen Kraft und Last:
K . A = (Q + T + ½ S) B — (T + ½ S) B +
(Q + T + ½ S) m . e' + (T + ½ S) m . e' + M . m . ⅔ e'.
Werden hier die Multiplikationen verrichtet, hiebei die Produkte zweier Brüche in der
Addition ausgelassen, und die Last Q gesucht, dann der Werth für die Kraft nach der
im I. Kapitel aufgestellten Formel substituirt, so ist
Wäre in diesem Ausdrucke m = 0, so ergibt sich die bekannte Gleichung zwischen
Kraft und Last bei dem Spiralkorbe. Aus dem gegenwärtigen Ausdrucke ersehen wir
aber, dass der Zähler kleiner und der Nenner grösser wird, als es ohne Reibung der
Fall ist; die Last Q muss daher in doppelter Hinsicht geringer angenommen werden.


Zur Vereinfachung der Rechnung können wir die Reibung auf den stehenden Zap-
fen, welche bloss von dem Gewichte der Maschine herrührt, demnach nicht bedeu-
tend seyn darf, ausser Acht lassen; wir erhalten hiedurch folgende Gleichung zur
Bestimmung der Last:
Gerstners Mechanik. Band I. 67
[530]Förderung mit Göpel.
Fig.
36.
Tab.
27.
.


Der Effekt der Maschine oder das in einem Tage geförderte Quantum beträgt die
bekannte Grösse . Q, und wird hierin der Werth für Q substituirt, so
erhalten wir den Effekt des Göpels in einem Tage
.


Dieser Ausdruck soll nunmehr ein Maximum werden; wir sehen, dass er von
derselben Form ist, welche wir §. 41 bei dem Tragen der Lasten in einem Tragge-
fässe gefunden haben; es muss daher auch hier, wie es dort der Fall war, für das
Maximum seyn.


Nach diesen Gleichungen kann nun ein jeder hieher gehörige Fall aufgelösst werden.


  • Beispiel. Wir wollen den §. 231 berechneten Fall nunmehr mit Rücksicht auf
    den Widerstand der Reibung einer neuen Berechnung unterziehen, und hiebei
    annehmen, dass die Leitungsrollen E = 18 Zoll Halbmesser, e = 1 Zoll, E' = 2 Zoll
    und m = ⅛ sey. Der mittlere Halbmesser wurde B = 5 Fuss, A = 12 Fuss, dann
    T = 300 ℔ und S = 1500 ℔, endlich N . k = 4 . 125 ℔ gefunden.

Durch Substitution dieser Werthe erhalten wir
= 1 — 0,01276. Beträgt
daher c = 4 Fuss, so ist v = 3,95 Fuss und z = 7,9h. Wir sehen hieraus, dass wenn die
Dimensionen der Rollen und Achsen so beschaffen sind, als wir es angenommen haben,
die Pferde beinahe mit der mittlern Geschwindigkeit am vortheilhaftesten verwendet werden.


Die Ladung, welche in diesem Falle in die Tonne genommen werden muss, beträgt
oder = 1183 ℔.


Der Effekt der Maschine in einem Tage wird daher erhalten, wenn man zur Zeit eines
Aufzuges die Zeit zum Ein- und Ausstürzen mit 2Min.
addirt; diess gibt 33,5 Aufzüge in 7,9 Stunden, demnach 33,5 . 11,8 = 395 Zentner als ge-
fördertes Quantum.


Aus dieser Rechnung ersehen wir, dass die Reibung bei dem Göpel so wie bei dem
Rade an der Welle sehr unbedeutend ist; ihr Einfluss bewirkt nur eine um etwas klei-
nere Geschwindigkeit der Pferde, demnach eine geringe Vermehrung der Zeit eines
[531]Aufschrauben eines Dachstuhles.
Aufzuges, und die Ladung wird wegen der, im Divisor des gefundenen Ausdruckes für
Q vorkommenden Grössen auch etwas geringer, als es ohne Rücksicht auf die Reibung
der Fall wäre. Uiberhaupt muss bemerkt werden, dass der unbedeutende Einfluss der Rei-
bung hier vorzüglich in dem geringen Verhältnisse der Halbmesser der Zapfen zu den Halb-
messern der Kraft und Last liege; eine weitere Verminderung des Einflusses der Reibung
wäre demnach nur durch eine Vermehrung der Halbmesser der Kraft und Last zu errei-
chen. Dass übrigens durch den Einfluss der Reibung die Spirallinie nicht geändert
werde, haben wir schon Seite 238 bemerkt.


§. 479.


Soll ein Dachstuhl mittelst englischer Heber gehoben wer-
den
, so kann man sich der §. 474 mit Rücksicht auf Reibung gefundenen Gleichung be-
dienen. Bezeichnen wir mit v die Geschwindigkeit, welche die Kraft an der Kurbel
anwendet, so ist die Zeit, in welcher die Kurbel einmal umgedreht wird, und
die Zeit, in welcher das horizontale Rad einmal umläuft, sodann
die Zeit, in welcher der Dachstuhl auf die Höhe H' geschraubt
wird, endlich ist die Anzahl Hübe in einem Arbeitstage für 2 Heber
.


Die Arbeit muss so eingerichtet werden, dass in einem Tage möglichst viel Hübe
zu Stande kommen, demnach muss v = c und z = t seyn; diess gibt die grösste Anzahl
Hübe in einem Tage n = .


Aus dieser Rechnung ersehen wir, dass die Arbeiter, wenn sie den vortheilhaftesten
Effek tzu Stande bringen sollen, sich auch itzt, wo auf die Reibung Rücksicht genommen
wurde, mit der mittlern Geschwindigkeit durch die gewohnte Arbeitszeit beschäftigen
müssen; die Reibung nimmt daher auf die Geschwindigkeit bei der Arbeit und die Anzahl
Hübe keinen Einfluss. Da jedoch der Widerstand durch die Reibung vermehrt wird, so
werden nunmehr entweder mehr Arbeitsleute erfordert, um eine gegebene Last zu
gewältigen, oder es müssen die Hebelsarme der Maschine geändert werden,
um dieselbe Anzahl Menschen, welche ohne Rücksicht auf Reibung berechnet wurde, in
Stand zu setzen, die Last sammt der Reibung zu überwältigen; oder aber die Men-
schen müssen, wie bereits bei dem Tragen einer bestimmten Last §. 39 gezeigt wurde,
mit einer geringern Geschwindigkeit und in einer kleinern Anzahl Arbeitsstunden den
Mangel an Kraft ersetzen.


Für den letzten Fall haben wir ohne Rücksicht auf Reibung S. 157 die Gleichung
N . k = , dann mit Rücksicht auf Reibung S. 525 die Gleichung
N . k gefunden. Sollten nun dieselben
67 *
[532]Aufschrauben eines Dachstuhles.
Menschen die Arbeit mit und ohne Rücksicht auf Reibung verrichten, so kann man beide Glei-
chungen mitsammen dividiren, und man erhält 1+5,806=,
da beide Verhältnisse einander gleich seyn müssen. Hieraus folgt ;
da nun 6,806 grösser als 2 ist, so folgt, dass die Arbeiter selbst bei der kleinsten Ge-
schwindigkeit und kleinsten Arbeitszeit (v = 0 und z = 0) die Arbeit noch nicht zu
gewältigen im Stande sind, dass man also entweder mehr Maschinen anstellen, oder den
S. 157 angenommenen zwei Winden eine solche Einrichtung geben müsse, wobei die Ar-
beit wirklich möglich wird.


In dem Beispiele Seite 157 ist bei dem englischen Heber A = 12 Zoll,
B = 6 Zoll, h = ¾ Zoll und h' = 1 Zoll.


Demnach bestimmt sich die erforderliche Anzahl Menschen aus der Gleichung
N . 25 = (1 + 5,806), woraus N = 10,8 folgt, man müsste daher
5 Winden, deren jede durch 2 Arbeiter bedient wird, anstellen.


Nimmt man dagegen den Halbmesser der Kurbel A = 15 Zoll und bloss N = 4 Men-
schen an, so ist 4 . 25 = . (1 + 5,806), woraus B = 12,9 Zoll folgt;
der Durchmesser dieses Rades muss daher 25,8 Zoll betragen, damit die Arbeit mit der
gegebenen Anzahl von 4 Menschen möglich wird.


Wollte man sich des französischen Hebers bedienen, wobei A = 12 Zoll,
B = 2 Zoll, h = ¾ Zoll und h' = 1 Zoll ist, so erhalten wir
N . 25 = (1 + 5,806), woraus N = 32,3 oder 32 Menschen folgt;
es müssten daher 8 Winden, eine jede zu 4 Menschen angestellt werden.


Hieraus sehen wir nun, dass der englische Heber weit wirksamer ist, als der
französische, indem man bei dem erstern nur 10 Menschen, bei dem letztern aber 32
Menschen benöthigt, um dieselbe Arbeit zu verrichten. Die Ursache hievon ist, weil
bei dem englischen Heber das horizontale Rad einen weit grössern Halbmesser hat, als
bei der französischen Winde.


[533]Ungleichförmige Bewegung.

VI. Kapitel.
Ungleichförmige Bewegung.


§. 480.


Wir haben §. 8 die Begriffe von Bewegung, Raum, Zeit und Geschwindigkeit aufgestellt,
und weiter bemerkt, dass eine jede Bewegung entweder gleichförmig oder ungleich-
förmig
sey. Da wir die gleichförmige Bewegung bereits abgehandelt haben, so über-
gehen wir sogleich zur gleichförmig beschleunigten Bewegung.


Eine jede gleichförmig beschleunigte Bewegung kann nur dadurch ent-
stehen, wenn ein Körper, der entweder schon in Bewegung ist, oder sich in Ruhe be-
findet, eine Einwirkung von einer Kraft dergestalt erleidet, dass diese Kraft während
der ganzen Zeit, als die Bewegung fortdauert, gleichstark auf den Körper wirkt. Der
freie Fall aller schweren Körper biethet uns das erste Beispiel einer gleich-
förmig beschleunigten Bewegung dar. Es ist nämlich bekannt, dass ein jeder Körper
gegen seine Unterlage drückt (welcher Druck sein absolutes Gewicht bestimmt), und dass
der Körper herabfällt, sobald die Unterlage weggenommen wird. Die Ursache dieses
Druckes und des Falles der Körper ist eine Kraft, welche die innersten Theile dersel-
ben gleichsam durchdringt, und Schwere oder Schwerkraft (la gravité) genannt
wird. Diese Kraft wirkt auf alle Theile der Materie eines Körpers zu allen Zeiten gleich
stark ein, und ertheilt einem jeden Körper, der aus der Ruhe fällt, dieselbe Bewegung;
man kann demnach die Schwere nahe an der Oberfläche der Erde als eine beständige
Kraft
annehmen. Die Physik lehrt uns zwar, dass die in gleichen Zeiten beschriebe-
nen Räume am Aequator kleiner, und bei den Polen grösser sind, weil die Körper am
ersten Orte vom Mittelpunkte der Erde weiter entfernt, als bei den Polen sind, allein
die Unterschiede, welche hiedurch im Falle der Körper entstehen, sind so unbedeutend,
dass sie bei den gewöhnlichen Berechnungen der Mechanik ohne Anstand ausser Acht
gelassen werden können.


§. 481.


Die Gleichung für die Geschwindigkeit eines frei fallenden Kör-
pers nach jeder gegebenen Zeit
findet man auf folgende Art: Wenn ein
Körper frei herabfällt, so hat er im Augenblicke, bevor er seine Bewegung anfängt,
noch keine Geschwindigkeit, oder dieselbe ist = 0. Wie er sich nun selbst über-
lassen wird, so fällt er in senkrechter Richtung auf die Oberfläche des Wassers oder
gegen den Schwerpunkt der Erde, welcher gewöhnlich im Mittelpunkte derselben ange-
nommen wird, herab, und nimmt eine Geschwindigkeit an, welche wir nach Ablauf
oder am Ende der ersten Sekunde = c setzen wollen. Da nun der Körper durch die
erworbene Geschwindigkeit die Fähigkeit hat, in jeder folgenden Sekunde den Raum c
[534]Freier Fall der Körper.
zu beschreiben, so würde er sich auch mit dieser Geschwindigkeit gleichförmig fortbe-
wegen, wenn nun nichts mehr auf ihn einwirken würde. Allein die dem Körper eigen-
thümliche Schwere wirkt in der zweiten Sekunde eben so stark, wie in der ersten auf
ihn, sie gibt demnach seiner Bewegung einen gleichen Zusatz wie in der ersten Sekunde,
d. h. sie vermehrt seine Geschwindigkeit wieder um dieselbe Grösse c, er wird sonach
am Ende der zweiten Sekunde die Geschwindigkeit 2 c haben. Würde nun wieder nichts
mehr auf den Körper einwirken, so würde er in jeder folgenden Sekunde den Raum 2 c
beschreiben, die Schwere wirkt aber in der dritten Sekunde eben so stark, wie in der
ersten, d. h. sie gibt ihm am Ende der dritten Sekunde abermal eine Vermehrung der
Geschwindigkeit um c, und da er schon die Geschwindigkeit 2 c hat, so wird der Kör-
per am Ende der dritten Sekunde die Geschwindigkeit 3 c erlangen. Aus demselben
Grunde ist die Geschwindigkeit eines freifallenden Körpers am Ende der vierten Sekun-
de = 4 c, am Ende der fünften Sekunde = 5 c .... Nennen wir daher v die Endgeschwin-
digkeit nach der Zeit t (in Sekunden ausgedrückt) so erhalten wir die Gleichung v = c . t,
worin c die Geschwindigkeit des Körpers am Ende der ersten Sekunde ist.


§. 482.


Der Raum, den ein Körper durch den freien Fall zurücklegt, ist
dem Produkte aus dem Quadrate der dazu nöthigen Zeit in den
mittlern Raum der Zeiteinheit gleich
.


Wir haben gesehen, dass die Geschwindigkeit, welche der Körper am Ende
der 1, 2, 3 .... t Sekunde erhält, = c, 2 c, 3 c ..... t . c sey. Weil aber der
Körper seine Bewegung von der Ruhe anfing, so ist seine anfängliche Geschwindigkeit
= 0, und man hat für die Zunahme der Geschwindigkeiten folgende Progression:


0, c, 2 c, 3 c ..... t . c. Da wir hieraus sehen, dass die Geschwindigkeit gleichför-
mig zunimmt, so können wir zur Bestimmung des Raumes das arithmetische Mittel zwi-
schen der ersten und letzten Geschwindigkeit nehmen, und diese als diejenige betrach-
ten, womit der Körper gleichförmig fortgeht. Die Geschwindigkeit des Körpers ist zu
Anfange des Falles = 0, die Endgeschwindigkeit v = c . t, folglich die mittlere Ge-
schwindigkeit , und da die Bewegung itzt als gleichförmig betrachtet wird,
so ist der Raum S = dem Produkte aus der Zeit t in die Geschwindigkeit , oder
S = .


§. 483.


Um den Raum S einer gleichförmig beschleunigten Bewegung aus der vorstehenden
Gleichung in Zahlen finden zu können, kommt es vor allem darauf an, die Grösse c
oder die Geschwindigkeit, welche der Körper zu Ende der ersten Sekunde erlangt, zu
bestimmen. Diess müsste durch einen Versuch ausgemittelt werden, allein, wie soll
man diesen Versuch anstellen, nachdem ein jeder Körper, wie wir gesehen haben, fort-
während eine grössere Geschwindigkeit erhält, und diess zwar nicht bloss von Sekunde
zu Sekunde, sondern von einem Augenblicke oder Momente seiner Bewegung zum an-
[535]Freier Fall der Körper.
dern. Dagegen ist es nicht so schwierig, den Raum zu finden, welchen ein Körper in
einer bestimmten Anzahl von Sekunden zurücklegt.


Genaue Beobachtungen dieser Art sind sehr häufig gemacht worden, und man hat
gefunden, dass der Raum eines Körpers in der ersten Sekunde 15,515 Niederösterreicher
Fuss betrage. Man bezeichnet diesen Raum in der ersten Sekunde gewöhnlich mit dem
Buchstaben g, so dass g = 15,515 Fuss ist. Diess gewährt den Vortheil, dass man nun g
in jedem Lande, wo ein anderes Maass üblich ist, in diesem Maasse berechnen kann.
So beträgt g = 15,098 Pariser Fuss, 15,624 Berliner Fuss u. s. w. Da nun die Gleichung
S = für den Fallraum der Körper allgemein gilt, so findet sie auch für t = 1 statt,
in welchem Falle S = 15,5 = g wird, und wenn man diess substituirt, so ist
15,5 = = g, woraus c = 31 Fuss = 2 g folgt, d. h. die Endgeschwindigkeit
eines freifallenden Körpers nach der ersten Sekunde beträgt 31 Fuss; würde daher die
Schwere nach der ersten Sekunde auf den Körper zu wirken aufhören, so würde er in
der zweiten und jeder folgenden Sekunde den Raum von 31 Fuss zurücklegen.


Wir haben daher zur Bestimmung des freien Falles der Körper die 2 Gleichungen
S = = g . t2 und v = c . t = 2 g . t. *)


§. 484.


Aus der Gleichung S = g . t2 folgt, dass die Räume, welche in verschie-
denen Zeiten bei einer gleichförmig beschleunigten Bewegung
zurückgelegt werden, sich wie die Quadrate dieser Zeiten verhalten
.


Wenn man nämlich für t verschiedene Werthe annimmt, und zwar:
t = 0, 1, 2, 3, 4 ......, so ist S = 0, g, 4 g, 9 g, 16 g ......, d. h. die
Räume sind den Quadraten der natürlichen Zahlen proportional; wenn man jedoch in
der Reihe 0, g, 4 g, 9 g, 16 g … die Differenzen nimmt, so betragen selbe
g, 3 g, 5 g, 7 g …, d. h. die Räume, welche durch den freien Fall in
gleichen hinter einander folgenden Zeitabtheilungen zurückgelegt
werden, wachsen wie die ungeraden Zahlen
1, 3, 5, 7, 9 ....


§. 485.


In den Gleichungen S = g . t2 und v = 2 g . t kommen (da g bestimmt ist) 3
veränderliche Grössen S, t und v vor; wenn daher nur eine Grösse gegeben ist, so kann
man die übrigen 2 finden, und zwar:


[536]Freier Fall der Körper.

Wenn t gegeben ist, so ist S = g . t2 und v = 2 g . t.


Wenn S gegeben ist, so ist v = 2 √ g . S und t = √ .


Wenn v gegeben ist, so ist t = und S = ; den letzten Ausdruck werden
wir bei den folgenden Berechnungen sehr häufig brauchen und bemerken, dass man
S = die Geschwindigkeitshöhe oder diejenige Höhe nennt, von welcher
ein Körper herabfallen müsste, um die Endgeschwindigkeit v zu erhalten.


  • 1. Beispiel. Wie gross ist die Endgeschwindigkeit, welche ein Stein erhält,
    wenn er in einen 100 Klafter tiefen Schacht frei fällt, und binnen welcher Zeit kommt
    er hinab?

Es ist v = 2 √ g . S = 2 √ 15,5 . 600 = 192,88 Fuss; der Körper erreicht so-
nach am Ende seines Falles die Geschwindigkeit einer Flintenkugel. Die Zeit, in
welcher der Körper unten in dem Schachte auffällt, ist t = = 6,22
Sekunden.


  • 2. Beispiel. Nach den Erzählungen von Reisenden soll es in Schweden Höhlen
    geben, wobei man, wenn man Steine hineinfallen lässt, selbe erst nach 25 Sekun-
    den unten auffallen hört. Wie tief sind diese Höhlen?

Es ist S = g . t2 = 15,5 . 252 = 9687,5 Fuss = 1614 Klafter 3 Fuss 6 Zoll.


Diese Rechnungen gewähren inzwischen keine sehr grosse Genauigkeit, weil:


  • 1tens Die oben angeführten 15,5 Fuss der Fallraum der Körper in einer Sekunde und
    zwar im luftleeren Raume sind, wo allerdings alle Körper einen gleichen
    Raum zurücklegen, da kein Widerstand der Luft statt findet. Da nun aber alle
    Körper in der Luft fallen, so erleiden sie eine Verminderung der Bewegung, welche
    sich nach ihrer Gestalt, ihrem Gewichte u. s. w. richtet, und hiernach erst abgelei-
    tet werden müsste.
  • 2tens Bei dem zweiten Beispiele findet insbesondere noch eine wichtige Rücksicht statt,
    nämlich, dass die Zeit von 25 Sekunden nicht nur die eigentliche Zeit des Fallens
    des Körpers, sondern auch jene Zeit enthält, welche der Schall braucht, ehe er
    von dem Momente, wo der Körper unten auffällt, bis hinauf kommt. Dieser letz-
    tere Umstand lässt sich jedoch in Rechnung ziehen, nachdem es bekannt ist, wel-
    chen Raum der Schall in 1 Sekunde zurücklegt. Dieser Raum beträgt nämlich
    nach den Versuchen von Benzenberg 1058 Nieder-Oesterreicher Fuss. Es
    zerfällt demnach die Zeit von 25 Sekunden in zwei Theile x und y, wovon x die
    eigentliche Fallzeit und y jene Zeit ist, in welcher der Schall von unten bis
    hinauf kommt.

Es ist daher S = 15,5 x2, und da der Schall nach der obigen Erfahrung in einer
Sekunde 1058 Fuss zurücklegt, so ist auch S = 1058 y, folglich : 15,5 x2 = 1058 y, wozu
die zweite Gleichung 25 = x + y kommt. Um aus diesen zwei Gleichungen die Grös-
sen x und y zu finden, substituiren wir den Werth y = 25 — x in die erste Gleichung,
[537]Bewegung senkrecht hinab geworfener Körper.
und erhalten sonach: 15,5 x2 = 1058 (25 — x) und x2 + ,
woraus x = — folgt, wo offenbar bloss + √ statt
finden kann, weil sonst x negativ wäre, folglich ist x = — = 19,455, mit-
hin y = 25 — 19,455 = 5,545 Sekunden für den Schall. Hieraus ergibt sich nun die
eigentliche Tiefe jener Höhlen S = 15,5 . x2 = 5866,7 Fuss = 977,8 Klafter, wobei aber
noch der Widerstand der Luft nicht berücksichtigt ist; die Tiefe der Höhlen beträgt
daher weniger.


§. 486.


Nebst dem freien Falle haben wir vorzüglich noch die Bewegung geworfener
Körper
zu betrachten. Ein jeder Körper kann nach dreierlei Richtungen, nämlich
senkrecht hinab, senkrecht hinauf und in einer zwischen diesen liegenden
schiefen Richtung geworfen werden; wir haben daher diese 3 Fälle nach einander
zu untersuchen.


Es sey C die Geschwindigkeit, welche einem Körper durch den Wurf senkrecht
hinab
gegeben wird, so ist offenbar, dass, wenn die Schwere nicht auf den Körper wir-
ken würde, er sich mit seiner anfänglichen Geschwindigkeit C gleichförmig fortbewegen
und den Raum C . t beschreiben müsste; allein, da der Körper selbst schwer ist, und wie
wir gesehen haben, die Schwere seine Geschwindigkeit in einer Sekunde um c ver-
mehrt, oder ihm diese Geschwindigkeit gibt, so muss die Geschwindigkeit des herabge-
worfenen Körpers am Ende der ersten Sekunde C + c seyn. Da nun der Körper die
anfängliche Geschwindigkeit C immer behält, die Wirkung der Schwere aber in jeder
Sekunde ein c zusetzt, so ist die Geschwindigkeit nach t Sekunden, welche wir v nennen
wollen, v = C + 2 g . t. Auf gleiche Art ist der Raum S = C . t + g . t2, da er
aus dem Theile C . t, welchen der Körper wegen der ihm anfangs ertheilten Geschwin-
digkeit mit gleichförmiger Bewegung beschreibt, und nebstbei aus g . t2 oder der Wir-
kung der Schwere besteht.


§. 487.


In den zwei Gleichungen v = C + 2 g . t und S = C . t + g . t2 kommen vier
veränderliche Grössen v, C, t und S vor; man muss daher zwei hievon wissen, um die
Bewegung eines senkrecht herabgeworfenen Körpers berechnen zu können. Ist nämlich
C und t bekannt, so ist v = C + 2 g . t und S = C . t + g . t2; wäre aber v und C
gegeben, so ist = t und S = (C + g t) t =
= , d. h. S ist gleich der Differenz der Fallhöhen, da und die Höhen
sind, von welchen ein Körper herabfallen müsste, um am Ende die Geschwindigkeit v
und C zu erhalten.


Wäre endlich S und C bekannt, so ist aus der letzten Formel
v = (C2 + 4 g . S) und t = . Wir erhalten sonach folgende
Gerstners Mechanik. Band I. 68
[538]Bewegung senkrecht hinab geworfener Körper.
sechs Formeln v = C + 2 g . t = (C2 + 4 g . S), dann S = C . t + g . t2 =
und t = . Wenn man in diesen Formeln die Geschwin-
digkeit C = 0 setzt, so erhält man gerade dieselben Ausdrücke, welche wir §. 485
für den freien Fall der Körper gefunden haben.


§. 488.


  • 1. Beispiel. Man wirft einen Körper mit der Geschwindigkeit von C = 5 Fuss
    hinab, er soll aber eine Geschwindigkeit v = 80 Fuss erhalten, wie tief und
    wie lange muss er zu diesem Behufe fallen?

Es ist S = = 102,82 Fuss und
t = = 2,419 Sekunden.


  • 2. Beispiel. Man wirft einen Körper mit der Geschwindigkeit C = 10 Fuss, und
    er fällt S = 100 Fuss tief, wie gross ist die Geschwindigkeit, mit der er un-
    ten anschlägt?

Es ist v = (C2 + 4 g . S) = (100 + 62 . 100) = 79,37 Fuss.


§. 489.


Ein jeder Körper, der senkrecht hinaufgeworfen wird, nimmt eine gleich-
förmig verminderte oder gleichförmig verzögerte Bewegung an, da seine
Geschwindigkeit nach einem beständigen Gesetze abnimmt. Die Ursache dieser Ver-
minderung ist die Schwere, welche der Bewegung des hinaufgeworfenen Körpers ent-
gegensteht, und weil sie immer gleich stark wirkt, seiner Bewegung eben so viel ent-
zieht, als sie ihm zusetzen würde, wenn er senkrecht herabfiele. Nach diesem Grund-
satze lässt sich die Geschwindigkeit und der Raum eines senkrecht in
die Höhe geworfenen Körpers für jede gegebene Zeit bestimmen
.


Es sey nämlich C die Geschwindigkeit, womit der Körper in die Höhe geworfen
wird, so würde derselbe, wenn nichts auf ihn einwirkte, in jeder folgenden Sekunde
den Raum C zurücklegen. Da nun aber die Schwere ihn senkrecht herabzieht, und
seine Geschwindigkeit nach Verlauf der ersten Sekunde um 2 g vermindert, so ist seine
wirkliche Geschwindigkeit am Ende der ersten Sekunde = C — 2 g. Aus gleichem
Grunde ist seine Geschwindigkeit am Ende der zweiten Sekunde = C — 2 . 2 g, am
Ende der dritten Sekunde = C — 3 . 2 g .....; am Ende von t Sekunden ist die
Geschwindigkeit v = C — t . 2 g.


Hinsichtlich des Raumes entzieht die Schwere dem Körper von Sekunde zu Sekunde
g, 4 g, 9 g, .... g . t2, folglich ist der Raum, welchen er in der ersten Sekunde beschreibt
= C — g, der Raum bis zum Ablauf von 2 Sekunden = 2 C — 4 g, bis zum Ende
der dritten Sekunde = 3 C — 9 g ....., folglich ist der ganze in t Sekunden be-
schriebene Raum S = C . t — g . t2.


[539]Bewegung senkrecht hinauf geworfener Körper.

§. 490.


In den zwei Gleichungen: v = C — 2 g . t und S = C . t — g . t2 kommen
vier unbekannte Grössen v, C, t, S vor; es müssen daher abermal 2 hievon gegeben
seyn, um die andern bestimmen zu können. Zu dieser Bestimmung erhält man fol-
gende Gleichungen: v = C — 2 g . t = ± √ (C2 — 4 g . S), dann
S = C . t — g . t2 = , und t = .


Vergleicht man diese Formeln mit jenen, welche §. 487 für die Bewegung senkrecht
hinab geworfener Körp er gefunden wurden, so sieht man, dass selbe einander ganz gleich
kommen und sich nur in Hinsicht des Einflusses der Schwere durch das Zeichen + und —
vor der Grösse g unterscheiden, nachdem diejenige Grösse, um welche die Bewegung
senkrecht hinab geworfener Körper durch die Schwere vermehrt wird, eine eben so grosse
Verminderung bei der Bewegung senkrecht hinauf geworfener Körper hervorbringt.


§. 491.


  • Beispiel. Es sey die Bewegung eines, mit der Geschwindigkeit von 310 Fuss senk-
    recht in die Höhe geworfenen Körpers zu berechnen.

Man nehme für t in den zwei Formeln v = C — 2 g . t und S = C . t — g . t2 ver-
schiedene Werthe an, und man erhält:


Aus dieser Tabelle ersieht man,
dass der Körper 10 Sekunden in die
Höhe steigt, und da er sodann sei-
ne grösste Höhe erreicht hat, so
fällt er wieder herab, d. h. er erhält
eine der vorigen entgegengesetzte
oder negative Geschwindigkeit und
sein Raum, d. h. seine Entfernung
von dem Punkte, wo er ausgewor-
fen wurde, vermindert sich, da er
demselben wieder näher kommt.


68 *
[540]Bewegung senkrecht hinauf geworfener Körper.

§. 492.


Die grösste Höhe, auf welche ein senkrecht in die Höhe gewor-
fener Körper steigt
, wird auf folgende Art gefunden:


Der Körper steigt so lange, bis er seine ganze, durch den Wurf erworbene Ge-
schwindigkeit verliert, d. i. bis v = C — 2 g . t = 0, woraus die Zeit t = gefunden
wird. Substituirt man nun diesen Werth in die Gleichung für den Raum, so
ist S = , d. i. der Körper steigt so hoch, als er
hätte fallen müssen, um seine Wurfsgeschwindigkeit C zu erhalten
.
Wir haben bereits bemerkt, dass diese Höhe die Geschwindigkeitshöhe, d. h. die
zur Erlangung der Geschwindigkeit C gehörige Höhe ist. In dem Beispiele §. 491 war
C = 310, folglich ist die grösste Höhe, welche der Körper ersteigt
S = = 1550 Fuss und die Zeit, in welcher der Körper diese grösste
Höhe erreicht, ist t = = 10 Sekunden.


§. 493.


Auf gleiche Art ergibt sich die Zeit, in welcher ein senkrecht in die Hö-
he geworfener Körper wieder zurück kommt
. Man findet diess aus der
Gleichung für den Raum S = C . t — g . t2 = t (C — g . t). Dieser Ausdruck wird of-
fenbar in zwei Fällen zu Null, nämlich, wenn der Körper zu steigen anfängt, und wenn
er wieder herunter oder in den Punkt zurück kommt, von wo er ausgeworfen wurde.
Im Anfange des Steigens ist t = 0, folglich auch S = 0, es muss daher der Ausdruck
C — g . t = 0 werden, wenn der Körper wieder herabkommt. Hieraus findet man
t = , welches sonach die Zeit ist, in welcher der Körper wieder von oben herab-
kommt. Zieht man von dieser Zeit t = die gefundene Zeit des Steigens t = ab,
so bleibt die Zeit des Rückfalles. Hieraus folgt, dass die Zeit,
während welcher ein Körper senkrecht hinaufsteigt, eben so gross
sey, als die Zeit, durch welche er wieder herabfällt
. In dem obigen
Beispiele, wo ein Körper mit 310 Fuss Geschwindigkeit hinaufgeworfen wurde, steigt
er 10 Sekunden und braucht zu seinem Rückfalle abermal 10 Sekunden.


§. 494.


Aus der Zeit, in welcher ein Körper wieder herabkommt, kann
man nun auch die Geschwindigkeit finden, mit der er geworfen wurde
.


Da nämlich die Zeit, welche der Körper zum Hinaufsteigen und Herabfallen braucht,
t = ist, so ist die Geschwindigkeit, mit welcher er ausgeworfen wurde, C = g . t. In
[541]Bewegung senkrecht hinauf geworfener Körper.
unserm Beispiele kommt der in die Höhe geworfene Körper in 20 Sekunden wieder auf den
Punkt, von wo er ausgeworfen wurde, herab, er ist sonach mit der Geschwindigkeit
C = g . t = 15,5 . 20 = 310 Fuss in die Höhe geworfen worden.


Von diesem Satze wird bei den Pulverproben in der Artillerie Gebrauch gemacht;
man beobachtet nämlich die Zeit, in welcher eine Kugel, welche durch eine gewisse
Menge Pulver aus der Kanone geschossen wurde, wieder herabkommt; aus dieser Zeit
lässt sich die Wurfsgeschwindigkeit berechnen, und sonach die Güte des Pulvers beur-
theilen. Da nämlich die Wurfsgeschwindigkeit desto grösser ist, je grösser die Zeit ist,
bis der Körper wieder herabkommt, so wird auch dasjenige Pulver besser seyn, bei des-
sen Anwendung eine abgeschossene Kugel später den Boden trifft.


§. 495.


Die Geschwindigkeit, mit welcher der Körper wieder auf seinen
Ort zurück kommt, ist eben so gross wie jene, mit welcher er aus-
geworfen worden ist
.


Wir fanden die Zeit, in welcher der Körper wieder auf den Boden herabkommt
t = . Wird diess in die allgemeine Formel für die Geschwindigkeit substituirt, so
ist v = C — 2 g . t = C — 2 g · = — C, d. h. die Geschwindigkeit am Ende ist so
gross, als die anfängliche, jedoch in entgegengesetzter Richtung, indem der Körper im
Augenblicke, als er herabkommt, das Vermögen hat, denselben Raum, welchen er beim
Werfen in einer Sekunde hinauf beschrieb, nun hinunter zurückzulegen.


§. 496.


Man kann nun auch die Zeit, binnen welcher der Körper eine be-
stimmte Höhe erreicht, berechnen
. Es ist nämlich S = C . t — g . t2, wor-
aus man t = findet.


  • Beispiel. Wann kommt ein Körper, der mit der Geschwindigkeit von 310 Fuss
    abgeschossen wurde, auf die Höhe von 1410,5 Fuss?

Es ist t = . Es fragt sich nun, ob
man hier den positiven oder negativen Werth für die Wurzel nehmen solle?
Um diess zu entscheiden, stelle A D den ganzen Raum, welchen der Körper beschreibt,Fig.
1.
Tab.
28.

vor, A B seyen die 1410,5 Fuss, für welche die Zeit des Steigens gesucht wird, so
wird offenbar der Körper, wenn er in B keinen Widerstand findet, bis D weiter ge-
hen; also ist die Zeit, in welcher der Körper von A nach B kommt. Hier-
auf geht er bis D und von da wieder herunter nach B, es ist daher die
Zeit, in welcher der Körper zum zweitenmale nach B kommt.


[542]Bewegung senkrecht hinauf geworfener Körper.
Fig.
1.
Tab.
28.

Diess lässt sich auch auf folgende Art zeigen: Da C = 310 Fuss die Wurfsgeschwin-
digkeit, so ist die grösste Höhe, welche der Körper erreicht, A D = = 1550Fuss,
folglich das übrige Stück B D = A D — A B = 1550 — 1410,5 = 139,5 Fuss. Soll der
Körper diesen Raum zurücklegen, so muss seine in B vorhandene Geschwindigkeit
C = 2 √ g . B D = 2 √ (15,5 . 139,5) = 93 Fuss seyn. Hieraus ergibt sich nun die Zeit,
wie lange er von B bis D steigt, nach §. 492, t = = 3 Sec., was gerade
auch in der obigen Tabelle vorkommt. Demnach ist die Zeit, wann der Körper zum
erstenmal in B eintrifft = = 7 Sekunden und die Zeit, wann er zum zweiten-
mal in B ankommt = = 13 Sekunden.


§. 497.


Der Körper mag steigen oder fallen, so hat er auf gleichen Hö-
hen immer gleiche Geschwindigkeiten
. Um diess zu beweisen, muss man
die Geschwindigkeit v durch den Raum S ausdrücken. Es ist nämlich
v = C — 2 g . t und t = , folglich
v = = ± √ (C2 — 4 g . S), woraus man sieht,
dass die Geschwindigkeit auf gleichen Höhen, welche der Körper im Hinauf- oder
Herabgehen erreicht, auch gleich ist, indem sie sich nur durch das Zeichen + und —
vor dem Wurzelzeichen unterscheidet.


Es sey in dem obigen Beispiele die Geschwindigkeit zu finden, welche der
Körper auf der Höhe von 1302 Fuss erreicht; es ist demnach
v = ± √ (3102 — 62 . 1302) = ± 124, d. h. der Körper hat, wenn er auf die Höhe
von 1302 Fuss kommt, im Hinaufsteigen die Geschwindigkeit + 124 und im Hinabfal-
len auf derselben Höhe die Geschwindigkeit — 124 Fuss.


Die bisherige Rechnung ist ohne Rücksicht auf den Widerstand der
Luft
gemacht; die Aenderungen, welche derselbe verursacht, werden im zweiten Ban-
de, wo von dem Widerstande der Flüssigkeiten gehandelt werden wird, gezeigt werden.


§. 498.


Fig.
2.

Die Bahn eines schief in die Höhe geworfenen Körpers wird auf
folgende Art bestimmt
. Es sey c = A B die Geschwindigkeit, mit der ein Kör-
per geworfen wird, oder der Raum, welchen er ohne Einfluss seiner Schwere in der
ersten Sekunde beschreiben würde. Man löse diesen Raum in zwei Theile A D und
A C auf, so wird der Körper offenbar in einer Sekunde um B D gehoben, und geht
zu gleicher Zeit in der horizontalen Richtung um A D weiter. Nennen wir den Win-
kel, unter welchem der Körper geworfen oder geschossen wird = w, so ist
B D : A B = Sin w : 1 und B D = c . Sin w, ferner A D : A B = Cos w : 1 und A D = c . Cos w.


[543]Bewegung schief geworfener Körper.

Es ist offenbar, dass die Schwere nur der senkrechten, nicht aber der horizonta-Fig.
2.
Tab.
28.

len Richtung entgegenwirken wird; wenn sich daher der obige Körper nur allein in
der horizontalen Richtung bewegen möchte, so würde er fortwährend die Geschwin-
digkeit c . Cos w behalten, und den horizontalen Raum = c . t . Cos w in t Se-
kunden beschreiben. Was jedoch die senkrechte Bewegung des Körpers betrifft,
so wird selbe durch die Wirkung der Schwere fortwährend vermindert, und zwar hin-
sichtlich der Geschwindigkeit um die Grösse 2 g, 2.2 g, 3 .2 g, … t . 2 g, so dass allge-
mein die senkrechte Geschwindigkeit = c . Sin w — 2 g . t seyn wird, und der senk-
rechte Raum, welchen der Körper nach t Sekunden zurücklegt, oder die Höhe, auf
welcher sich der Körper nach t Sekunden befindet, wird = c . t . Sin w — g . t2 seyn.


Dasselbe lässt sich auch auf folgende Art zeigen: Wenn der Körper mit der Ge-
schwindigkeit c nach der Richtung A O geworfen wird, so wird er während der Zeit t
ohne Rücksicht auf die Schwere den Raum A O = c . t beschreiben. Weil aber die
Linie A O mit dem Horizonte den Winkel w macht, so würde derselbe in gleicher
Zeit auf die Höhe A N = c . t . Sin w gehoben, und nach der horizontalen Richtung
den Raum A N = c . t . Cos w zurückgelegt haben. Diess stimmt mit dem vorher An-
geführten überein. Weil aber die Schwere den Körper nach der senkrechten Richtung
um die Höhe g . t2 = O M herabzieht, so wird derselbe sich nur auf der Höhe
N O — M O = N M = c . t . Sin w — g . t2 befinden, was abermal mit dem Vorherge-
henden übereinstimmt. Wir haben daher zu der Bestimmung der Bewegung eines, un-
ter einem schiefen Winkel geworfenen Körpers folgende vier Gleichungen:


  • I. Die vertikale Geschwindigkeit v = c . Sin w — 2 g . t.
  • II. Der vertikale Raum y = c . t . Sin w — g . t2.
  • III. Die horizontale Geschwindigkeit v' = c . Cos w.
  • IV. Der horizontale Raum x = c . t . Cos w.

Hieraus lässt sich die Bahn eines jeden geworfenen Körpers berechnen und ver-Fig.
3.

zeichnen: Man theile nämlich die horizontale Linie A N in gleiche Theile, wovon je-
der den Raum c . Cos w vorstellt, ziehe unter dem gegebenen Winkel w die Linie A O,
errichte in den Theilungspunkten b, b', b'' ...... die Perpendikeln b d, b' d', b'' d''
...... und ziehe hievon die Wirkung der Schwerkraft g, 4 g, 9 g ..... ab, so erhält
man eine krumme Linie A M, in welcher sich der Körper wirklich bewegen wird, und
die ohne Rücksicht auf den Widerstand der Luft eine Parabel seyn wird.


Um die Geschwindigkeit in der Richtung der Bahn v'' = A e zu fin-
den, haben wir A e2 = e b2 + A b oder substituirt
(v'')2 = (c . Sin w — 2 g . t)2 + c2. Cos2 w = c2 — 4 g (c . t . Sin w — g . t2) = c2 — 4 g . y
woraus v'' = ± √ (c2 — 4 g . y) (V) folgt.


Dieser Ausdruck gibt sammt den obigen nunmehr fünf Gleichungen, in welchen acht
veränderliche Grössen: x, y, v, v', v'', t, c und w vorkommen; wenn daher drei von
diesen Grössen gegeben sind, so kann man die fünf andern berechnen.


§. 499.


  • Beispiel. Es sey die Bahn eines Körpers zu bestimmen, welcher mit der Geschwin-
    digkeit von 310 Fuss geworfen wird, und zwar für die Wurfswinkel von 15, 30, 45,
    60, 75 und 90 Grad.

[544]Bewegung schief geworfener Körper.

In diesem Falle ist c = 310 Fuss, der Winkel w hat für die erste Bahn den Werth
von 15 Grad und für die andern Bahnen die Werthe von 30, 45, 60, 75 und 90 Grad; die
Zeit t wird der Reihe nach = 1, 2, 3, 4 .... Sekunden angenommen, und sonach erhält
man folgende Tabellen:


Auf gleiche Art werden die Bahnen für w = 45 w = 60 und w = 75 Grad berechnet;
die Bahn des Körpers für w = 90 Grad wurde bereits §. 491 berechnet. Um die gefundenen
Fig.
4.
Tab.
28.
Werthe in einer Uibersicht zusammen zu stellen, sind dieselben Fig. 4 aufgetragen wor-
den, woraus man nunmehr den Einfluss, welchen der Schusswinkel auf die Bahn des
Körpers bewirkt, leichter beurtheilen kann.


§. 500.


Die grösste Höhe, auf welche der Körper steigt, zu finden.


Wir haben §. 498 die vertikale Geschwindigkeit v = c . Sin w — 2 g . t gefunden;
wenn der Körper auf dem höchsten Punkt angekommen ist, verliert er seine ganze Ge-
schwindigkeit in der vertikalen Richtung, oder es ist v = 0 = c . Sin w — 2 g . t, wor-
aus die Zeit t = folgt. Wird dieser Werth in der allgemeinen Gleichung für den
vertikalen Raum y = c . t . Sin w — g . t2 substituirt, so ist
y = c . Sin w . die grösste Höhe, welche der Kör-
per erreicht. Diese Höhe ist genau dieselbe, auf welche der Körper steigt, wenn er mit
der Geschwindigkeit c . Sin w senkrecht in die Höhe geworfen wird.


[545]Bewegung schief geworfener Körper.
  • Beispiel. In dem obigen Falle, wo C = 310 Fuss ist, hat die grösste Höhe des Körpers
  • wenn w = 15 Grad den Werth = 103,8 Fuss
  • w = 30 „ „ „ = 387,5 Fuss
  • w = 45 „ „ „ = 775,0 Fuss
  • w = 60 „ „ „ = 1162,5 Fuss
  • w = 75 „ „ „ = 1446,2 Fuss.

§. 501.


Um die horizontale Entfernung des höchsten Punktes der Bahn
zu finden, substituiren wir in den allgemeinen Ausdruck für den horizontalen Raum
x = c . t . Cos w den gefundenen Werth für die Zeit (§. 500) t = , und wir er-
halten x = c . Cos w. . Sin 2 w, d. h. man findet die horizontale Ent-
fernung des höchsten Punktes der Bahn, wenn man die Fallhöhe , welche der Ge-
schwindigkeit c gehört, mit dem Sinus des doppelten Wurfswinkels oder mit Sin . 2 w
multiplicirt.


In dem obigen Beispiele hat daher die Entfernung des höchsten Punktes


  • für w = 15 Grad den Werth = 775,0 Fuss
  • w = 30 „ „ „ = 1342,3 Fuss
  • w = 45 „ „ „ = 1550,0 Fuss
  • w = 60 „ „ „ = 1342,3 Fuss
  • w = 75 „ „ „ = 775,0 Fuss.

Weil aber der Körper auf dem höchsten Punkte seiner Bahn nur die senkrechte
Geschwindigkeit c . Sin w — 2 g . t verliert, dagegen aber die horizontale behält, so
ergibt sich von selbst, dass er am höchsten Punkte nur die Geschwindigkeit
c . Cos w haben werde.


Dasselbe folgt aus der Gleichung für die Geschwindigkeit des Körpers in der
Richtung der Bahn v'' = √ (c2 — 4 g . y). Substituirt man nämlich hierin die gefun-
dene grösste Höhe , auf welche der Körper steigt, so ist
v'' = = c . Cos w, d. h. die Geschwin-
Gerstners Mechanik. Band I. 69
[546]Bewegung schief geworfener Körper.
digkeit im Scheitel der krummen Linie ist dieselbe als die horizontale Geschwindig-
keit, mit welcher der Körper ausgeworfen wurde.


§. 502.


Wann kommt ein schief geworfener Körper wieder herab?


Wir haben (§. 498) den Werth für den vertikalen Raum y = c . t . Sin w — g . t2
= t (c . Sin w — g . t) gefunden. Dieser Ausdruck wird zu Null, wenn erstens t = 0
ist, d. h. am Anfange der Bewegung; ferner wird der vertikale Raum am Ende der
Bewegung = 0, wo der Körper wieder auffällt, wo sonach c . Sin w — g . t = 0 und
daher t = ist.


Vergleicht man diesen Ausdruck mit der Zeit t = , welche der Körper
bis zu seinem höchsten Punkte braucht, so ergibt sich, dass derselbe gerade doppelt
so gross sey, und dass derselbe in der Zeit von seinem
höchsten Punkte bis auf den Boden kommt, dass also die Zeit, während wel-
cher der Körper steigt, jener gleich sey, durch welche er herab fällt
.


§. 503.


Die Entfernung, in welcher ein Körper auf den Boden wieder
auffällt, oder die Wurfsweite eines geworfenen Körpers zu finden
.


Der allgemeine Ausdruck für den horizontalen Raum ist x = c . t . Cos w und sub-
stituirt man hierin den gefundenen Werth für die Zeit, wann der Körper wieder auffällt
t = , so ist x = c . Cos w . . Sin 2 w, welches die Schussweite
eines Körpers ist.


Vergleicht man nun wieder diesen Ausdruck mit der Entfernung des Körpers bis zu
seinem höchsten Punkte x = . Sin 2 w, so folgt, dass die Wurfsweite gerade
noch einmal so gross ist, als die horizontale Entfernung des höch-
sten Punktes der Bahn
.


In den obigen Beispielen erhält die Wurfsweite


  • für w = 15 Grad den Werth = 1550,0 Fuss
  • w = 30 „ „ „ = 2684,7 Fuss
  • w = 45 „ „ „ = 3100,0 Fuss
  • w = 60 „ „ „ = 2684,7 Fuss
  • w = 75 „ „ „ = 1550,0 Fuss

[547]Bewegung schief geworfener Körper.

§. 504.


Die Geschwindigkeit, mit welcher der Körper wieder auf den
Boden auffällt, zu finden
.


Die senkrechte Geschwindigkeit für einen jeden Ort ist = c . Sin w — 2 g . t und da
wir t = gefunden haben, so ist die Geschwindigkeit, mit welcher der Körper wieder
auffällt = c . Sin w — = — c . Sin w, d. h. der Körper hat wieder die an-
fängliche Geschwindigkeit, aber nun in entgegengesetzter Richtung, da er herabgeht.


§. 505.


Wir haben die Geschwindigkeit in der Richtung der Bahn v'' = ± √ (c2 — 4 g . y)
gefunden; es hat daher die Geschwindigkeit in der Bahn zwei gleiche Werthe, welche
sich nur durch das Zeichen + und — unterscheiden und der Körper mag stei-
gen oder fallen, so hat er auf gleichen Höhen immer gleiche Ge-
schwindigkeiten
. Wenn y = 0 wird, so ist die Geschwindigkeit in der Bahn
v'' = ± √ c2 = ± c, d. h. der Körper schlägt mit derselben Geschwindigkeit c auf,
mit welcher er ausgeworfen wurde. Wirft man also oder schiesst man auf einen Berg
hinauf, so wird der Stein oder die Kugel mit einer viel geringeren Geschwindigkeit oben
anschlagen, als wenn man in einer horizontalen Ebene wirft oder schiesst; denn erst in
dem Falle, wenn der Punkt, wo der Stein oder die Kugel auffällt, in derselben horizon-
talen Ebene mit dem Punkte liegt, wo man sie ausgeworfen hat, ist v'' = c, früher immer
kleiner. Aus gleichem Grunde folgt, dass, wenn von einem Berge herabgeschossen wird,
die Kugeln mit grösserer Geschwindigkeit anschlagen, weil dann noch die Geschwindig-
keit von der Höhe des Berges hinzukommt.


§. 506.


Unter welchem Winkel wird die Wurfsweite eines Körpers am
grössten
?


Die Wurfsweite oder der ganze horizontale Raum des Körpers ist (nach §. 503)
= c . Cos w . . Dieser Ausdruck wird ein Maximum, wenn Cos w = Sin w
oder w = 45 Grad ist, man schiesst oder wirft daher unter einem Winkel von 45 GradFig.
4.
Tab.
28.

am weitesten. Dasselbe sieht man aus Fig. 4.


Um nun die grösstmögliche Schussweite zu finden, haben wir
Sin2 45° + Cos2 45° = 1 = 2 Cos2 45°, woraus Cos 45 = √ ½ = 0,707 = Sin 45, und wenn man
diess substituirt, so ist die grösste Schussweite = , folglich
in dem obigen Beispiele = = 3100 Fuss.


§. 507.


Ein jeder Körper, welcher sich auf einer schiefen Ebene befindet, wird mit
der Kraft , wie §. 123 berechnet wurde, über dieselbe herabgezogen. Wenn er
daher durch nichts gehindert wird, so läuft er über diese Fläche herab.


69 *
[548]Bewegung über schiefe Flächen.

Da die Kraft, welche den Körper über eine schiefe Fläche herunter treibt, be-
ständig
ist, folglich der Bewegung des Körpers in gleichen Zeiten gleiche Zusätze
geben muss, so wird hiebei eine gleichförmig beschleunigte Bewegung
entstehen. Es handelt sich nun, die Gesetze dieser Bewegung zu entwickeln; wir wol-
len sie zuerst ohne Reibung und dann mit Rücksicht auf Reibung behandeln.


§. 508.


Wenn ein Körper über eine schiefe Fläche herabläuft, seine Ge-
Fig.
5.
Tab.
28.
schwindigkeit und den durchlaufenen Raum nach einer gegebenen
Zeit ohne Rücksicht auf die Reibung zu finden
. Wenn der Körper senk-
recht herabfallen würde, so wäre S = g . t2 und v = 2 g . t; da aber derselbe nicht
senkrecht, sondern auf der schiefen Fläche und zwar parallel zu ihr herabgehen muss,
so löse man das Gewicht des Körpers Q = D F in zwei Theile auf, wovon der eine
D N winkelrecht auf die schiefe Fläche drückt, und daher von ihr getragen wird, der
andere Theil D M aber die wirkliche Bewegung über die schiefe Fläche bewirkt.


Es ist ausser Zweifel, dass überhaupt alle Bewegungen den Kräf-
ten, welche sie hervorbringen, proportional sind
. Wir erkennen nämlich
die Kräfte nicht anders, als durch die von ihnen bewirkten Bewegungen und sagen
desshalb, eine Kraft sey 2, 3, .... nmal so gross als eine andere, wenn sie dem Kör-
per, worauf sie wirkt, eine 2, 3, .... nmal grössere Bewegung als eine andere Kraft
ertheilt hat. Man vergleicht gewöhnlich die Kräfte, welche einen Körper in Bewe-
gung setzen, mit der Schwere, und nimmt jedesmal bei der Schwere die Wirkung
derselben im luftleeren Raume
als Vergleichungsmaasstab an, da diese Kraft
und ihre Wirkung für jeden Ort der Erde einen beständigen Werth hat. Nennen wir
daher die Kraft, welche den Körper auf der schiefen Fläche herabzieht K, die von
ihr in der Zeit t bewirkte Geschwindigkeit v und den in gleicher Zeit beschriebenen
Raum S, so kann man sagen: Würde die Schwere auf den Körper wirken oder derselbe
der Kraft und Richtung seines Gewichtes folgen, so erlangt er in der Zeit t die Ge-
schwindigkeit 2 g . t; nun wird er aber durch eine Kraft K bewegt, er erlangt daher die
Geschwindigkeit v, demnach ist Q : 2 g . t = K : v. Nun ist aber I : Q = h : K, folglich
1 : 2 g . t = h : v, woraus die Geschwindigkeit v = . 2 g . t folgt.


Auf gleiche Art findet man den Raum, welchen der Körper in t Sekunden auf
der schiefen Fläche zurücklegt; würde sich nämlich der Körper durch sein Gewicht
Q bewegen, so wäre der von ihm in der Zeit t beschriebene Raum = g . t2, nun wird
aber nicht das ganze Gewicht, sondern nur der Theil zum Herabtreiben des Kör-
pers verwendet, man findet daher den Raum aus der Proportion Q : g . t2 = : S,
woraus der Raum auf der schiefen Fläche S = . g . t2 folgt. Auf diese Weise kann
man sowohl die Geschwindigkeit, als auch den Raum eines jeden Körpers, der sich
über eine schiefe Fläche herab bewegt, berechnen.


[549]Bewegung über schiefe Flächen.

§. 509.


Aus den zwei Gleichungen v = . 2 g . t und S = . g . t2 ergibt sich:


  • 1tens. Da die Geschwindigkeit im geraden Verhältnisse mit der Zeit, der Raum aber
    wie das Quadrat der Zeit wächst, so folgt, dass die Bewegung der Körper über
    eine schiefe Ebene eine gleichförmig beschleunigte sey, welche in glei-
    chem Verhältnisse mit der Zeit, wie es bei der Schwere der Fall ist, zunimmt.
  • 2tens. Da die Grösse des Gewichtes Q des Körpers ganz aus der Rechnung gefallen
    ist, so beschreiben offenbar schwere und leichte Körper in gleichen Zeiten auch
    gleiche Räume, wie es bei dem freien Falle schon gezeigt wurde. Hiebei darf
    jedoch nie vergessen werden, dass bei diesen Berechnungen auf keine Reibung
    und keinen Widerstand der Luft Rücksicht genommen wurde, wesshalb die
    so eben entwickelten Gesetze genau genommen, nur in einem luftleeren Raume
    statt finden, und sich daher in der Ausübung dem berechneten Werthe mehr
    oder weniger nähern.
  • 3tens. Je kleiner die Höhe und je grösser die Länge der schiefen Fläche ist, desto lang-
    samer wird die Bewegung; wäre aber h = 0, so ist v = 0, oder es tritt gar kei-
    ne Bewegung ein.

Will man den Raum S durch die Geschwindigkeit ausdrücken, so
ist: = t, folglich substituirt S = .


Eben so kann man umgekehrt die Geschwindigkeit v durch den Raum S ausdrücken,
indem v = . Man erhält sonach zur Bestimmung der Geschwindigkeit
und des Raumes eines Körpers, der sich über eine schiefe Fläche herab bewegt, ohne
Rücksicht auf Reibung folgende Gleichungen: S = und
v = .


§. 510.


Die Geschwindigkeit, welche ein Körper am Ende der schiefen
Fläche erlangt, ist gerade so gross, als die Geschwindigkeit, die er
erlangen würde, wenn er durch die vertikale Höhe der schiefen Flä-
che herabfiele
.


Wir haben im vorigen Paragraphe die Geschwindigkeit, womit sich ein Körper überFig.
5.
Tab.
28.

eine schiefe Fläche bewegt, v = gefunden, wo unter S die Länge des
zurückgelegten Weges verstanden wird. Nehmen wir daher für S die ganze Länge der
schiefen Fläche 1 an, so ist die Geschwindigkeit am Ende derselben, nämlich in dem
Punkte B = = 2 √ g . h. Dagegen ist bei dem senkrechten Falle
nach §. 485 die Endgeschwindigkeit v = 2 √ g . S, und wenn man für den Raum S die
Höhe der schiefen Fläche h = A C annimmt, so ist abermal v = 2 √ g . h, d. h. der
Körper hat in B dieselbe Geschwindigkeit, wie in C.


[550]Bewegung über schiefe Flächen.

Da sich dasselbe von einem jeden andern Punkte, der in der horizontalen Linie B C
liegt, beweisen lässt, so folgt, dass die Neigung der schiefen Fläche auf die Geschwin-
Fig.
6.
Tab.
28.
digkeit des Körpers keinen Einfluss habe. Zieht man daher aus einem Punkte A mehrere
schiefe Flächen A B, A C, A E .... und lässt nun von diesem Punkte A Körper über
die schiefen Flächen herab laufen, so werden alle diese Körper in denselben Hori-
zontallinien
, nämlich in M N, oder in O P, oder in F B .... gleiche Geschwin-
digkeiten
haben, nachdem die Körper daselbst gleiche Fallhöhen erlangen. Dieses
wird aber nicht nur bei der Bewegung über gerade Linien, sondern auch bei jener über
eine krumme A F statt finden, indem man eine krumme Linie als aus unendlich vielen
geraden Linien so zusammengesetzt denken kann, dass diese Linien keinen messbaren Win-
kel mit einander bilden.


§. 511.


Wenn ein Körper über eine schiefe Fläche hinab gestossen wird,
die Bewegung desselben ohne Rücksicht auf Reibung zu berechnen
.


Es sey die Geschwindigkeit, welche der Körper durch den Stoss erhält = c, so
würde sich derselbe mit gleicher Geschwindigkeit fortwährend bewegen, wenn nicht die
Schwerkraft auf ihn wirken möchte; die Wirkung derselben beträgt nach §. 508 in der
Geschwindigkeit die Grösse , 2 g . t, folglich wird nach Verlauf der Zeit t die Ge-
schwindigkeit des Körpers, der über eine schiefe Fläche hinabgestossen wird
v = und auf gleiche Art der Raum S = seyn.


Auf gleiche Weise wird die Bewegung eines Körpers, welcher über eine schie-
fe Fläche hinauf gestossen wird
, berechnet. Es sey die Geschwindigkeit des
Stosses abermal = c, so ist offenbar, dass selbe durch die Schwere um die Grösse
vermindert wird, sonach wird nach Verlauf der Zeit t die Geschwindigkeit
des Körpers v = seyn. Die anfängliche Geschwindigkeit des Körpers
ist c, die Endgeschwindigkeit (nämlich nach t Sekunden) ist c — , folglich
die mittlere Geschwindigkeit = c — . Hieraus findet man den Raum, wel-
chen der Körper in t Sekunden zurücklegt S = .


Der Körper geht so weit auf der schiefen Fläche hinauf, bis seine Geschwindig-
keit = 0 ist, also bis = 0, woraus die Zeit t = folgt. Substi-
tuirt man diesen Werth in den Ausdruck für den Raum, so ist der gesuchte Raum
S = . Wird hier S = 1, so
ist h = , d. h. der Körper steigt eben so hoch, als wenn er mit der Geschwindig-
keit c senkrecht hinauf geworfen wird.


§. 512.


Man lasse nun einen Körper (Fig. 7) über die schiefe Fläche A B C D E von A aus-
Fig.
7.
laufen, so wird er in C eine Geschwindigkeit haben, welche eben so gross ist, als wenn
[551]Bewegung über schiefe Flächen.
er durch die Höhe J C senkrecht herabgefallen wäre, nämlich v = 2 √ g . J C. DaFig.
7.
Tab.
28.

der Körper in C diese ihm nun eigenthümlich gewordene Geschwindigkeit besitzt, so wird
er in C nicht ruhig bleiben, sondern über die schiefe Fläche C D E hinaufgehen, und
zwar so lange, bis er seine ganze Geschwindigkeit verliert. Wir haben nämlich §. 511
gezeigt, dass jeder Körper so hoch steigt, als er hätte fallen müssen, um seine Wurfs-
geschwindigkeit zu erhalten, oder dass S = = J C sey, d. h. der Körper steigt bis
zu dem Punkte E oder auf die Höhe E G = J C hinauf. Sobald nun der Körper sich in
E, wo er seine ganze Geschwindigkeit verloren hat, befindet, geht er dem Gesetze der
Schwere zufolge wieder über die schiefe Fläche E C herab, erlangt dadurch in C die
Geschwindigkeit 2 √ g . C J und steigt desshalb anderseits wieder bis A hinauf, wo er sei-
ne ganze Geschwindigkeit verloren hat, abermal herunterläuft, und so diese Bewegung
bis ins Unendliche fortsetzen würde, wenn nicht der Widerstand der Luft und der Rei-
bung in den Weg treten möchte.


Bei dieser Bewegung wird der Körper wieder auf gleichen Höhen z. B. in B und D
auch gleiche Geschwindigkeiten haben, und daher wird die Bewegung über A B C herab
der Bewegung über C D E hinauf vollkommen gleich kommen.


Auf diesem Grundsatze beruht die Bewegung der Pendel. Ein Pendel istFig.
8.

ein schwerer Körper A (Fig. 8) der an einem unbiegsamen, in C befestigten Faden A C
herab hängt. Wird dieser Körper von D nach A aufgezogen, und dort ausgelassen, so
wird sein Gewicht Q, welches senkrecht herabzieht, in zwei Theile zerlegt, wovon ei-
ner in der Richtung des Fadens liegt und bloss auf die Spannung dieses Fadens verwen-
det wird, der andere aber die Bewegung des Körpers in der krummen Linie A D veran-
lasst. Langt der Körper in D an, so hat er eine Geschwindigkeit, welche so gross ist,
als wenn er über die senkrechte Höhe O D herabgefallen wäre, er steigt desshalb wieder
anderseits auf eine gleiche Höhe, nämlich bis E hinauf, geht von da wieder herunter
und setzt so seine Schwingungen in dem Bogen A D E fort.


Der Gebrauch des Pendels zum Zeitmaasse und eine umständlichere Erklärung
seiner Bewegung wird bei den Uhren vorkommen.


§. 513.


Der vertikal durchlaufene Raum verhält sich zu dem auf der
schiefen Ebene in derselben Zeit zurückgelegten Wege, wie die Län-
ge der schiefen Ebene zur Höhe derselben
.


Wenn zwey Körper zu gleicher Zeit von dem höchsten Punkte der schiefen EbeneFig.
9.

A ausgehen und einer hievon sich über die Ebene A C bewegt, der andere aber senk-
recht herabfällt, so wird der letztere in der Zeit t den Raum A D = g . t2 nach dem Ge-
setze des freien Falles der Körper zurücklegen. Zieht man nun aus dem Punkte D ein
Perpendikel D E auf A C, so ist A E der Weg auf der schiefen Fläche, welchen
der Körper in derselben Zeit t beschreibt. Es ist nämlich wegen der Aehnlichkeit der
Dreiecke A E D und A B C, A E : A D = h : l, oder A E : g . t2 = h : l, woraus A E =
folgt. Nun haben wir aber §. 508 gefunden, dass der Raum, welchen der Körper in der
[552]Bewegung über schiefe Flächen.
Fig.
9.
Tab.
28.
Zeit t auf der schiefen Fläche beschreibt, S = sey, es muss daher ein Körper, der
von A ausläuft, sich nach t Sekunden auf der schiefen Ebene in E, in der senkrechten
Linie aber in D befinden, und da A D = g . t2 und A E = ist, so ist auch
A D : A E = 1 : h, d. h. der vertikal beschriebene Raum verhält sich zu dem Raume, wel-
cher in gleicher Zeit auf der schiefen Fläche zurück gelegt wurde, wie die Länge der
schiefen Fläche zur Höhe derselben.


Hieraus folgt, dass alle Sehnen (Fig. 10) A O, A R, A F, ..... eines
Fig.
10.
Kreises, die aus einem Punkte Agezogen werden können, in gleicher
Zeit, als der senkrechte Durchmesser A N des Kreises zurückgelegt
werden
.


Es sey nämlich A N der Durchmesser eines Kreises, welcher zugleich die Höhe ver-
schiedener schiefen Flächen A E, A D, A G ..... vorstellt. Will man bei einer jeden
schiefen Fläche den Punkt wissen, wo sich der Körper befindet, wenn er im freien Falle
von A bis N gekommen ist, so muss man nach dem vorigen Paragraphe Perpendikeln auf
diese schiefen Flächen aus dem Punkte N ziehen. Es ist jedoch aus den Eigenschaf-
ten des Kreises bekannt, dass die Scheitel aller dieser rechten Winkel in der Peripherie
eines Kreises liegen, der A N zum Durchmesser hat, folglich sind A O, A R, A F, .....
Sehnen eines Kreises und werden als Theile von schiefen Flächen in derselben Zeit zu-
rück gelegt, in welcher der Durchmesser senkrecht beschrieben wird.


Wenden wir diesen Satz auf Pendeln an, so folgt, dass grosse und kleine
Schwingungen
(für dieselbe Pendellänge) in gleicher Zeit zurückgelegt
werden
, wovon aber umständlicher bei der Theorie der Uhren gehandelt werden wird.


§. 514.


Bei den bisherigen Berechnungen haben wir die Bewegung der Körper auf schie-
Fig.
5.
fen Flächen ohne Rücksicht auf Reibung behandelt; allein eine jede solche Bewegung
ist in der Natur mit Reibung vorhanden, da wir noch keine Körper kennen, welche
bei der Bewegung auf einander keine Reibung äussern. Es sey daher Q das Ge-
wicht des Körpers, welches wir in einen Theil zerlegen, der winkelrecht auf die
schiefe Fläche wirkt, folglich für die Bewegung verloren geht, und in einen Theil
Q . , der den Körper parallel zur schiefen Fläche herabtreibt. Die Reibung, wel-
che bei dieser Bewegung statt findet, rührt offenbar von dem winkelrechten Drucke
D N des Körpers gegen die schiefe Fläche her, und da D N : Q = b : 1 oder D N = ,
so ist m . . Q die Kraft, welche zur Ueberwältigung der Reibung nothwendig ist. Da
nun die Kraft Q . , welche den Körper über die schiefe Fläche herabtreibt, durch
den Widerstand der Reibung vermindert wird, so ist bloss der Unterschied
die eigentliche Kraft, welche den Körper auf der schiefen Fläche
in Bewegung setzt, und man kann sagen: Würde der Körper durch eine Kraft, welche
[553]Bewegung über schiefe Flächen.
so gross als sein eigenes Gewicht Q ist, bewegt, so bechriebe er in der Zeit t denFig.
5.
Tab.
28.

Raum g . t2, nun wird er aber bloss durch die Kraft bewegt, also wird
sein Raum, den er in der Zeit t beschreibt, aus folgender Proportion gefunden:
Q : g . t2 = , woraus S = . Auf gleiche Weise ist:
Q : 2 g . t = , woraus v = . Diess sind die For-
meln, welche zur Berechnung der wirklichen Bewegung der Körper über schiefe Flä-
chen dienen. Man ersieht aus ihnen, dass nur dann eine Bewegung möglich ist, wenn
h grösser als m . b, oder wenn grösser als m ist; es muss daher das Verhältniss der
Höhe zur Grundlinie der schiefen Fläche grösser seyn, als der Reibungscoeffizient, oder da
tang w = , so muss die Tangente des Neigungswinkels der schiefen Fläche grösser
seyn, als der Reibungscoeffizient, wenn eine Bewegung über die schiefe Fläche statt
finden soll.


§. 515.


Die gefundenen Formeln lassen sich auch auf folgende Art herleiten: Es sey A B CFig.
11.

die schiefe Fläche, über welche der Körper hinabgeht, so wird die Höhe C B = h
dieser schiefen Fläche wegen der vorhandenen Reibung um die Grösse A D = m . b ver-
mindert, wenn der Körper von C nach A herabläuft; die Höhe der schiefen Fläche,
über die er ohne Reibung herabrollt, beträgt demnach nur noch h — m . b, und wir
können itzt die Formeln des §. 508 anwenden, wornach v = 2 g . t und
S = g . t2, welches dieselben Ausdrücke sind, die wir im vorigen Para-
graphe gefunden haben.


  • Beispiel. Bei unsern Strassen sind die Gebirgssteigungen für längere Strecken
    gewöhnlich nur 4 Zoll auf die Klafter, oder es verhält sich h : l = 1 : 18. Die
    Widerstände der Bewegung auf der Strasse betragen bei einer guten Strasse bloss
    5 Procent, oder m = .

Da nun die Tangente des Neigungswinkels w sehr klein ist, so kann man b = l
setzen und erhält v = und
S = . Nehmen wir nun für t verschiedene Werthe an, so ist:


  • für t = 1 Sekunde, die Geschwindigkeit v = 0,172 und der Raum S = 0,086,
  • „ t = 2 „ „ „ v = 0,344 „ „ S = 0,344,
  • „ t = 3 „ „ „ v = 0,517 „ „ S = 0,775,
  • „ t = 4 „ „ „ v = 0,689 „ „ S = 1,378 u. s. w.

Berechnet man diese Werthe ohne den Einfluss der Reibung, so wird sich ein be-
deutender Unterschied ergeben.


Gerstners Mechanik. Band I. 70
[554]Bewegung über schiefe Flächen.

§. 516.


Wenn ein Körper über eine schiefe Fläche hinab gestossen wird,
die Bewegung desselben mit Rücksicht auf Reibung zu bestimmen
.


Es sey die Geschwindigkeit, welche der Körper im Anfange seiner Bewegung
durch den Stoss erhält = c, so ist offenbar, dass ihm diese Geschwindigkeit bestän-
dig bleibt, und dass selbe ausserdem durch die Wirkung der Schwere einen Zusatz
erhält; sonach wird die ganze Geschwindigkeit v = , und der
Raum S = seyn.


Auf gleiche Art wird die Bewegung eines Körpers, der über eine schiefe
Fläche hinauf gestossen wird, mit Rücksicht auf Reibung
gefunden.


Es sey die Geschwindigkeit, welche der Körper durch den Stoss erhält = c, so
wird dieselbe durch die Schwere um 2 g . t vermindert, und daher ist
v = und S = . Die Reibung steht hier der
Bewegung abermal entgegen, wie es auch bei den vorigen Aufgaben der Fall war.


Die Bewegung des Körpers hört auf, wenn die Geschwindigkeit = 0 wird, oder
wenn 0 = , woraus die Zeit t = ; substituirt man diess
in der Gleichung für den Raum, so erhält man die Länge des Weges, wie weit der Kör-
per hinaufgeht oder S = . Vergleicht man diesen Ausdruck mit dem
§. 511 gefundenen, so ergibt sich, dass der Nenner abermal um die Grösse m vermehrt
worden sey; der Raum, wie hoch ein Körper über eine schiefe Fläche hinaufsteigt,
wird daher wegen des Einflusses der Reibung ebenfalls kleiner.


§. 517.


Die Einrichtung einer Schraube zu finden, welche von selbst
aufspringt
.


Wenn eine Schraube von selbst aufspringen soll, so will diess eben so viel sagen,
Fig.
12.
Tab.
28.
als dass die Last auf der schiefen Fläche von selbst herablaufen soll. Es sey (Fig. 12)
A B C die schiefe Fläche eines Gewindes, wobei also A B die Länge der ganzen Peri-
pherie ist. Man mache A D = m . b, so ist offenbar, dass wenn h grösser als m . b,
die Last Q von selbst hinab geht; wenn h = m . b, so ist für die Bewegung keine
schiefe, sondern nur mehr eine horizontale Fläche vorhanden, die Schraube bleibt da-
her überall stehen, wäre aber h kleiner als m . b, so braucht man noch eine Kraft, um
die Schraube zurück zu drehen. Es wird daher im erstern Falle die Geschwindigkeit
v = seyn, und wenn grösser als m, so wird der Körper eine Ge-
schwindigkeit erreichen, oder die Schraube von selbst aufspringen.


[555]Bewegung bei Schrauben.
  • Beispiel. Bei einer eisernen Schraube ist der Reibungscoeffizient m = 1/9, es muss
    daher grösser als 1/9 seyn, damit die Schraube von selbst aufspringt; wenn
    also der Durchmesser der Schraube 2 Zoll beträgt, so ist die Peripherie
    b = 22/7 . 2 Zoll, also muss grösser als 1/9 oder h grösser als und sonach h
    grösser als ⅔ Zoll seyn; die Schraube muss demnach beiläufig 1 Zoll zur Höhe
    eines Gewindes erhalten.

Bei hölzernen Schrauben kann man m = ½ annehmen, also muss h grösser als
seyn, und wenn wir abermal eine Schraube von 2 Zoll Durchmesser annehmen, so
muss h grösser als oder h grösser als 31/7 Zoll seyn; sonach wären 3 Zoll für die
Höhe eines Gewindes noch nicht genug, und die Schraube müsste, um von selbst
aufzuspringen, Gewinde erhalten, die beinahe 4 Zoll hoch sind, während die Schraube
nur 2 Zoll dick ist. Aus dieser Ursache werden solche Schrauben immer doppelt oder
dreifach gemacht.


§. 518.


Wir kommen nunmehr zur Berechnung der Gesetze der Bewegung, wenn ein schwe-
rer Körper durch einen andern bewegt wird, welcher nicht frei, sondern mittelst ei-
nes Hebels auf ihn wirkt. Dieses ist der Fall bei dem Rade an der Welle, wenn
die Kraft als ein Gewicht betrachtet das Uibergewicht oder die Uiberwucht hat,
und daher ihr eigenes Gewicht, die Last und auch die Maschine, an welcher ge-
wöhnlich ein Schwungrad angebracht ist, in Bewegung setzen muss. Der einfachste
Fall dieser Art kommt bei einer festen Rolle vor.


Da hiebei die Hebelsarme der Kraft und Last gleich sind, so ist offenbar, dass inFig.
13.
Tab.
28.

dem Falle keine Bewegung von selbst erfolgen werde, wenn auch P = Q ist. Gibt
man einem dieser Körper einen Stoss, und wäre abermal P = Q und keine Rei-
bung vorhanden, so erfolgt eine gleichförmige Bewegung. Nehmen wir aber an,
dass an derselben Rolle zwei ungleiche Gewichte hängen, so wird die Bewegung of-
fenbar nach der Seite des grössern Gewichtes vor sich gehen, und zwar wird P — Q
die Kraft seyn, welche nun auf der einen Seite zieht und eine Bewegung bewirkt. Die-
se bewegende Kraft bleibt sich beständig gleich, die hervorgebrachte Bewegung
wird daher eine gleichförmig beschleunigte seyn.


Es ist offenbar, dass die bewegende Kraft nicht bloss das Gewicht Q, sondern
auch das Gewicht P in Bewegung setzen muss, denn beide Gewichte P + Q, welche
an der Rolle angebracht sind, werden bei einer eintretenden Uiberwucht bewegt. Da
nun die Kräfte und ihre Wirkungen immer proportional sind, so hat man folgen-
de Proportion: Würden die beiden Körper sich selbst überlassen seyn, folglich von
ihrem ganzen Gewichte P + Q bewegt, so würden sie in der Zeit t die Geschwindig-
keit 2 g . t erlangen; nun werden sie aber bloss von der Kraft P — Q bewegt, wie
gross ist daher ihre Geschwindigkeit v, oder P + Q : 2 g . t = P — Q : v, woraus
v = . Auf gleiche Weise findet man den Raum durch die Proportion:
70 *
[556]Ueberwucht bei der Rolle.
Fig.
13.
Tab.
28.
P + Q : g . t2 = P — Q : S, woraus S = . Aus diesen Formeln folgt,
dass die Geschwindigkeit, welche die Körper annehmen, ihrer Zeit, und der Raum, wel-
chen sie beschreiben, dem Quadrate der Zeit proportional sey; die Bewegung wird daher
gleichförmig beschleunigt seyn.


  • Beispiel. Es sey P = 33 Loth und Q = 32 Loth, so ist v = 1/65 . 2 g . t und
    S = 1/65 . g . t2.
  • Wenn daher t = 1Sec., so ist S = = 0,238 Fuss.
  • — — t = 2Sec., so ist S = = 0,954 Fuss.
  • — — t = 3Sec., so ist S = = 2,146 Fuss u. s. w.

§. 519.


Die Uiberwucht bei einer Rolle gibt uns ein Mittel, den Fallraum der Körper
in der ersten Sekunde
, oder die Grösse g zu bestimmen. Wir können nämlich die
Räume, welche von einer kleinen Uiberwucht an einer Rolle veranlasst werden, weit
leichter messen, als die Räume, welche bei der Bewegung eines frei herabfallenden Kör-
pers zurückgelegt werden, denn die erstern Räume, welche in den einzelnen Sekunden
beschrieben werden, sind, wie wir aus den Gleichungen des vorigen Paragraphes sehen,
viel kleiner, als die Räume beim freien Falle. Um diess näher zu bestimmen, nehmen
wir an, dass auf einer Seite der Rolle das Gewicht Q, auf der andern Seite aber das
Gewicht Q + p vorhanden sey, so wird p die Uiberwucht bewirken, und wir erhalten
die Proportion Q + Q + p : g . t2 = p : S, woraus S = folgt.
Gesetzt, es soll nun, wenn t eine Sekunde beträgt, der Raum S ein Zoll werden, so ist,
wenn wir den Fallraum der Körper in der ersten Sekunde g = 15,5 substituiren
1/12 Fuss = oder 2 Q + p = 186 p, woraus p = folgt.


Wenn man daher das Zulagsgewicht so schwer nimmt, als der 185te Theil der bei-
derseits angehängten, gleich schweren Gewichte beträgt, so wird der Raum, welchen
die Gewichte an dieser Rolle beschreiben, in der ersten Sekunde einen Zoll betragen.
Hat man im Gegentheile die Gewichte Q und p gewogen und misst den Raum S, welcher
in einer Sekunde, oder auch in mehreren Sekunden beschrieben wird, so kann man die
Grösse g, d. h. den Raum, welchen schwere Körper bei dem freien Falle in der ersten
Sekunde beschreiben, aus der obigen Formel berechnen.


Fig.
14.

Die Maschine, welche zu dem Zwecke dient, die Grösse g aus der Uiberwucht bei
einer Rolle zu berechnen, hat Attwood in England Fallmaschine genannt; um die
Reibung, welche in der obigen Berechnung weggelassen wurde, möglichst zu vermin-
dern, legte derselbe die feine Achse m n der Rolle A an jeder Seite auf 2 andere grössere
Rollen B, C und D, E. In Deutschland hat man dagegen die Achse in sehr feinen stäh-
lernen Spitzen laufen lassen, und der Rolle einen Durchmesser von mehreren Zollen ge-
geben, wodurch die Reibung ebenfalls unmerklich geworden ist.


[557]Attwood’s Fallmaschine.

Wird eine Fallmaschine nach dem oben berechneten Beispiele, wo p = war,Fig.
14.
Tab.
28.

eingerichtet, und will man mit derselben Versuche über den Fallraum während acht Se-
kunden machen, so muss die Höhe der Maschine S = 1 Zoll . 82 = 64 Zoll betragen.
Attwood hat der Fallmaschine noch die Einrichtung gegeben, dass man das Zulagsgewicht
p bei dem zurückgelegten Raume von 1, 4, 9 .... Zoll auffangen kann, so dass für die
weitere Fortsetzung der Bewegung keine Beschleunigung mehr statt findet, folglich die-
selbe gleichförmig wird. Zu diesem Behufe erhält p die Form eines Blechstreifens und Q
geht bei seiner Bewegung durch einen Ring M, dessen Durchmesser kleiner als die Länge des
Blechstreifens ist, der sonach an dem Orte, wo der Ring befestiget ist, auf demselben lie-
gen bleibt. Man findet auf diese Art, dass z. B. ein Körper, welcher nach einer Bewegung
von 2 Sekunden von seinem Zulagsgewichte befreit wird, in jeder folgenden Sekunde
nur die Geschwindigkeit von 4 Zoll hat, folglich am Ende der dritten Sekunde bei 8 Zoll,
am Ende der vierten Sekunde bei 12 Zoll .... sich befindet, während er mit dem Zu-
lagsgewichte bei der beschleunigten Bewegung zu 9, 16 .... Zoll gekommen wäre. Die
Fallmaschine dient daher zur Versinnlichung der Beweise:


  • 1tens. Dass die Geschwindigkeiten in geradem Verhältnisse mit der Zeit, und
  • 2tens. Dass die Räume mit dem Quadrate der Zeit zunehmen. Endlich kann man
  • 3tens. Die Grösse g (die Beschleunigung der Schwere) hieraus berechnen.

§. 520.


Die Uiberwucht bei einem Rade an der Welle zu berechnen, wo
die zwei Kräfte oder Gewichte an ungleichen Hebelsarmen wirken
.


Es sey der Hebelsarm des Rades = a, jener der Welle = b, und der Halbmesser des
Zapfens = e, so ist im Zustande des Gleichgewichtes P . a = Q . b + (P + Q + M) e . m
oder P = . So lange nun die Kraft P nicht grösser ist, alsFig.
15.

dieser berechnete Widerstand, so bleibt die Maschine im Zustande der Ruhe oder
wenn sie eine Bewegung erhielt, setzt sie dieselbe gleichförmig fort. Nur der Uiber-
rest oder die Grösse kann eine Bewegung bewirken,
und zwar muss von diesem Gewichte sowohl das Gewicht von P, als auch jenes von Q
und wenn die Maschine ein bedeutendes Gewicht hat oder ein Schwungrad vorhanden
ist, auch diess bewegt werden. Da sonach 2 Körper zu bewegen sind, so setzen wir
= x + y (I), wo x das am Hebelsarme a ange-
brachte Gewicht ist, welches P und y das an demselben Hebelsarme angebrachte Gewicht
ist, das Q bewegen muss. Würde nun das Gewicht P sich selbst überlassen, oder
durch seine Schwere bewegt, so würde es in der Zeit t die Geschwindigkeit 2 g . t
bekommen, nun wird es aber durch x bewegt, wie gross ist daher die Geschwindigkeit
v, welche es in t Sekunden erhält oder P : 2 g . t = x : v, woraus v = und
x = folgt (II).


[558]Uiberwucht bei dem Rade an der Welle.
Fig.
15.
Tab.
28.

Das Gewicht y ist in E angebracht, während das Gewicht Q in F befestigt ist;
nennen wir daher y' dasjenige Gewicht, welches in der Richtung der Last Q oder an
dem Hebelsarm b wirkt, so ist y' . b = a . y und y' = , welches nunmehr das Ge-
wicht ist, wovon Q unmittelbar bewegt wird. Die Geschwindigkeit von Q, nämlich
v' findet man aus der Proportion v' : v = b : a und v' = ; wir haben daher
Q : 2 g . t = , woraus y = (III).


Setzt man nun die zwei Werthe II und III in die Gleichung I, so ist:
und hieraus
v = . Hier erscheinen im Nenner die
Gewichte P und Q mit dem Quadrate ihrer Hebelsarme multiplicirt, welches man die
Trägheits-Momente nennt, es ist daher v =

Auf gleiche Art findet man die Geschwindigkeit der Last:
v' = d. h. man erhält die Ge-
schwindigkeit der Last, wenn man die Geschwindigkeit, welche die Schwere in t Se-
kunden ertheilt (2 g . t) mit dem Hebelsarme der Last b und mit der Differenz der
statischen Momente multiplicirt, und das Produkt mit der Summe der Trägheits-Mo-
mente dividirt.


Um die Räume zu bestimmen, hat man dieselben Gleichungen; es ist nämlich:
P . a — Q . b — e . m (P + Q + M) = a (x + y), (I) und für das Gewicht P erhält
man die Proportion P : g . t2 = x : S, woraus x = . (II) Um das Gewicht y' zu fin-
den, welches die Lat Q unmittelbar zieht, oder in Bewegung setzt, haben wir wieder
y . a = y' . b und y' = . Der Raum S', welchen die Last beschreibt, wird aus
der Proportion gefunden S' : S = b : a, woraus S' = und nun erhält man die wei-
tere Proportion Q : g . t2 = , woraus y = (III)
Substituirt man die Gleichungen II und III in I, so erhält man
P . a — Q . b — e . m (P + Q + M) = , woraus
S = , d. h. S ist =

[559]Uiberwucht bei dem Rade an der Welle.

Den Raum, welchen die Last Q beschreibt, erhält man auf gleiche Art aus der
Gleichung, .


§. 521.


Aus der gefundenen Formel sieht man, dass, so oft die Kraft bei einem Rade
an der Welle die Uiberwucht hat, eine beschleunigte Bewegung entsteht. Da nun
die Kraft bei den meisten Maschinen nicht durchaus gleich stark zu wirken im Stande
ist, so bringt man in solchen Fällen ein Schwungrad an. Man versteht darunter
ein schweres, grosses Rad, welches zugleich an der Welle, woran die Kraft wirkt,
oder auch an einer andern mit der Kraft verbundenen Welle angebracht ist und den
Zweck hat, die Bewegung der Maschine so gleichförmig als möglich zu machen. In
allen Fällen, wo die Kraft ihrer Natur nach nicht gleichförmig wirken kann, bedient
man sich eines Schwungrades z. B. die Drechsler, Porzellaindreher, Spinner .... haben
an ihren Drehbänken, Spinnrädern .... Schwungräder, weil sie mit ihrem Fusse das
Rad mittelst des an einer Kurbel angebrachten Hebels nur herunter, nicht aber hinauf
bewegen können, demnach das Rad nur durch einen Halbkreis bewegen, wogegen die
Bewegung durch den andern halben Kreis von dem, dem Rade ertheilten Schwunge fort-
gesetzt werden muss. Die Menschen, welche an Kurbeln oder Haspeln arbeiten, üben
hiebei eine grössere Kraft aus, wenn sie drücken oder ziehen, als wenn ihre Arme horizontal
ausgespannt sind, man wendet daher auch bei allen Kurbelbewegungen Schwungräder an.


Bei Dampfmaschinen wird der Kolben und der mit ihm verbundene Hebel
durch die Kraft der Dämpfe nur hinauf und hinabgezogen, man muss daher bei allen
Dampfmaschinen ebenfalls Schwungräder anbringen, um die Bewegung während des
Wechsels der Dämpfe durch die dem Rade ertheilte Schwungkraft zu bewirken. Der-
selbe Fall tritt auch bei Brettsägen und vielen andern Maschinen ein.


§. 522.


Alle diese Schwungräder dienen bloss dazu, die Bewegung der Maschine,
wenn die Kraft nicht fortwährend gleich stark wirkt, möglichst gleichförmig zu
machen; das Schwungrad selbst kann nie eine Bewegung hervorbringen, weil es in sei-
nem Mittelpunkte auf der Achse liegt; der einzige Zweck desselben besteht darin, die
Ungleichförmigkeiten der Bewegungen zu vermindern und den Gang der Maschinen so
gleichförmig als möglich zu machen.


Um nun zu finden, wie ein Schwungrad eingerichtet seyn müsse, um den ZweckFig.
16.
Tab.
28.

einer gleichförmigen Bewegung zu bewirken, wollen wir dessen Gewicht = R und sei-
nen Hebelsarm = f setzen, ferner, um eine einfachere Formel zu erhalten, auf den
Widerstand der Reibung keine Rücksicht nehmen. Demnach ist P . a — Q . b das Mo-
ment, welches die Bewegung hervorbringt und P . a — Q . b = a (x + y + z), (I) wo
x das Gewicht ist, welches zur Bewegung von P, y das Gewicht, welches zur Bewegung
von Q, und z derjenige Theil ist, welcher zur Bewegung des Schwungrades R verwendet
wird. Demnach erhält man folgende Proportionen, P : 2 g . t = x : v und (II),
[560]Uiberwucht bei dem Rade an der Welle.
Fig.
16.
Tab.
28.
ferner und (III) endlich R : 2 g .
woraus (IV). Substituirt man die Werthe II, III, IV in die Gleichung I,
so erhält man
, woraus
und die Geschwindigkeit . Auf gleiche
Weise findet man den Raum . Auf gleiche Art
wird der Werth für die Räume S' und S'' gefunden. Alle diese Formeln stimmen
mit jenen, welche wir bisher für die beschleunigte Bewegung bei einem Rade an der
Welle aufstellten, vollkommen überein; man erhält daher abermal die Geschwindigkeit
oder den von einem Körper beschriebenen Raum, indem man die Differenz der statischen
Momente mit der Summe der Trägheitsmomente aller Körper, die sich um den gemein-
schaftlichen Punkt herumdrehen, dividirt und diess mit dem zugehörigen Hebelsarme und
mit g . t2 für den Raum, oder mit 2 g . t für die Geschwindigkeit multiplicirt.


§. 523.


Den Raum und die Geschwindigkeit bei dem Rade an der Welle
mit einem Schwungrade zu finden, wenn die Maschine, ehe die Kraft
zu wirken anfing, schon eine Geschwindigkeit hatte
.


Wenn das Rad eine Geschwindigkeit C erhält, so wird es sich immerfort mit dersel-
ben bewegen, und ausserdem noch jene Geschwindigkeit annehmen, die von der Uiber-
wucht herrührt; wir erhalten demnach die Geschwindigkeit von P, oder
, und der von P beschriebene Raum ist
. Findet hingegen an der Kraft eine Ver-
minderung
statt, oder wenn man den Körper P hinauf oder entgegendrückt, so ist:
und


Wenn daher bei der Umdrehung eines Rades an der Welle der Fall eintritt, dass
das Moment der Kraft P . a an einem Orte grösser und an einem andern Orte kleiner
als Q . b ist, so wird die Geschwindigkeit wechseln und zwar wird der Unterschied
in der Geschwindigkeit
die Grösse und der
Unterschied im Raume die Grösse betragen. Hier-
aus sieht man den Grund, warum bei den Maschinen, wenn sich die Kraft, oder der Wi-
derstand ändert, bald eine beschleunigte und bald eine verzögerte Be-
wegung erfolgen müsse
.


[561]Uiberwucht bei dem Rade an der Welle.

Weil wir aber in dieser Rechnung die Kraft als ein Gewicht angenommen haben,
welches in allen Punkten seiner Bewegung dieselbe Wirkung äussert, so versteht
es sich von selbst, dass man diese Rechnung nur als eine Annäherung zur bessern Er-
klärung dieses Gegenstandes betrachten könne.


In dieser Hinsicht kommt es vorzüglich auf die obige Grösse
an. Man sieht, dass eine Beschleunigung erfolgt, wenn das statische Moment der
Kraft P . a grösser als das Moment der Last Q . b, und im Gegentheile erfolgt eine
Verzögerung, wenn Q . b grösser als P . a ist. Eine ganz gleichförmige Bewegung ist
nur zu erhalten, wenn diese zwei Momente einander gleich sind. Man muss daher
in allen Fällen darauf sehen, diese Momente einander gleich zu machen; ist diess
aber nicht möglich, so wird die Ungleichheit in der Bewegung durch die Grös-
se des Nenners vermindert. Da eine Vermehrung von P . a2 und Q . b2 in mancher Hinsicht
nicht wohl geschehen kann, so kommt es vorzüglich auf das Moment M . f2 an, d. h.
das Schwungrad muss schwer seyn und was noch besser ist, die schwe-
ren Theile des Schwungrades müssen auf einer möglichst grossen
Entfernung von der Achse angebracht werden
.


Auf diese Weise wird in allen Fällen, wo die Kraft oder die Widerstände un-
gleichförmig wirken, eine möglichst gleichförmige Bewegung hervorgebracht. Hieraus
erhellet aber auch, dass in jenen Fällen, wo sowohl die Kraft, als auch die Wider-
stände einander gleichförmig entgegenwirken, z. B. bei einem Pferdezuge das Anbrin-
gen eines Schwungrades sehr unschicklich seyn würde, weil diess der Kraft nichts
nützen, nur die Reibung und die Hindernisse der Bewegung vermehren, und dem Ef-
fekte vielmehr nachtheilig seyn würde.


§. 524.


Will man auf den Widerstand der Reibung Rücksicht nehmen, so ist die Geschwin-
digkeit und der Raum
.


  • Beispiel. Es sey die Last Q = 100 ℔, die Kraft P = 30 ℔, das Gewicht des
    Schwungrades R = 200 ℔, und das Gewicht der Maschine M = 240 ℔. Der
    Reibungscoeffizient m = ⅛, der Halbmesser des Zapfens e = 1 Zoll, der Halb-
    messer der Welle b = 3 Zoll, und der Halbmesser der Kraft a = 12 Zoll, so ist:
    , oder
    .

Wenn nun der Halbmesser des Schwungrades oder der Halbmesser derjenigen Pe-
ripherie, in welcher das Gewicht aller Bestandtheile des Schwungrades vereinigt gedacht
werden kann, f = 36 Zoll, so ist ; wäre aber f doppelt so gross oder
Gerstners Mechanik. Band I. 71
[562]Bewegung mittelst Krummzapfen.
f = 72 Zoll, so ist , die Bewegung ist daher in dem zweiten Falle
viel gleichförmiger, als in dem ersten. Setzt man im zweiten Falle C = 2,5 Fuss und


  • t = 0Sec. so ist v = 2,5 ± 0,00000 Fuss
  • t = 1 „ „ v = 2,5 ± 0,00491
  • t = 2 „ „ v = 2,5 ± 0,00982
  • t = 3 „ „ v = 2,5 ± 0,01473 „ u. s. w.

Die Unterschiede dieser Geschwindigkeiten zeigen zwar das Daseyn einer gleichför-
migen Beschleunigung oder Verzögerung, allein diese ist so gering, dass die Bewegung
offenbar durch mehrere Sekunden als gleichförmig betrachtet werden kann


§. 525.


Wir kommen nun zu einem in der Mechanik sehr häufig vorkommenden Falle, näm-
lich zur Untersuchung der Bewegung mittelst eines Krummzapfens
Fig.
17.
Tab.
28.
durch menschliche Kräfte. Wenn bei einem Haspel die eiserne Achse verlängert,
und wie Fig. 17 zweimal unter einem rechten Winkel gebogen ist, so wird diess ein
Krummzapfen genannt; die Kraft treibt hier die Handhabe A am Hebelsarme c d im
Kreise herum, wodurch sonach auch die an der Achse befestigte Welle umgedreht, und
die Last mittelst der Aufwindung des Seiles senkrecht in die Höhe gehoben wird. Es
Fig.
18.
sey A R U F, Fig. 18 dieser Kreis, so ist offenbar, dass der Arbeiter seine Kraft
nicht in allen Punkten des Kreises auf gleiche Art äussern, und
durch abwechselndes Heben, Schieben, Drücken und Ziehen eine gleichförmige Erhe-
bung der Last bewirken könne. Die allgemeine Erfahrung belehrt Jedermann, dass ein
Arbeiter mit ausgestrecktem Arme keine so grosse Last heben kann, als in der Nä-
he seines Körpers; wenn der Arbeiter in U die Handhabe mit der ganzen Kraft seines
Körpers herabzudrücken vermag, so kann er im Gegentheile bei R die Handhabe nur von
sich schieben, und hiebei vom Gewichte seines Körpers keinen Gebrauch machen; in A
wird er die Handhabe nur heben und bei F nur an sich ziehen können.


Um diese verschiedenen Kraftäusserungen auf eine einfachere Art auszuüben, pfle-
gen die Arbeiter gewöhnlich die Krummzapfen nur in F an sich zu ziehen, in R mit
einer grössern Schnelligkeit von sich zu schieben und die weitere Bewegung in der Zwi-
schenzeit der eigenen sogenannten Trägheitskraft der Last und des Schwungrades
zu überlassen. Diese Wirkungsart gewährt den Vortheil, dass die Kraft in R und F mit
dem ganzen Halbmesser der Kurbel als Hebelsarm wirkt, wogegen in A und U ein Zug
oder Stoss nach der Richtung A U gar nichts zu bewirken vermag, indem der ganze Stoss
oder Zug von der Achse C ganz aufgehalten wird. Es ist demnach vortheilhafter, die
Kraft bei A und U ganz ruhen zu lassen und dagegen in der Nähe der Punkte R und F
einen um so stärkern Stoss auszuüben. Um eine noch grössere Ausgleichung zu bewirken,
Fig.
19
und
20.
hat man die Einrichtung angebracht, dass der eine Arbeiter bei P vermittelst der Zug-
stange P M, welche bei S aufgehängt ist, den Punkt M wechselweise anzieht und abstösst,
während an derselben Welle ein zweiter Kurbelarm C R untern rechtem Winkel mit dem
[563]Bewegung mittelst Krummzapfen.
ersten befestigt ist, der von dem zweiten Arbeiter in Q mittelst der in E aufgehängten
Zugstange Q R bewegt wird.


Diese Einrichtung gewährt den wesentlichen Vortheil, dass zu der Zeit, wann dieFig.
18.
Tab.
28.

Kraft des ersten Arbeiters sich in A befindet und zur Erhebung der Last nichts wirken
kann, dagegen der andere Arbeiter in F seine volle Zugkraft ausübt; wenn sonach der
erste Arbeiter von A nach F gelangt ist und in F seine volle Kraft ausübt, so kann
der andere, der inzwischen nach U kam, und daselbst zur Bewegung der Last nichts
wirken kann, durch mindere Anstrengung sich wieder erholen. Wir wollen zuerst
die Kraft eines Arbeiters, der für sich allein mit ungleicher Kraft
am Krummzapfen wirkt, betrachten
.


Nehmen wir an, dass die Kraft des Arbeiters sich in der Mitte zwischen M und N
nämlich in m befinde, und dass die Geschwindigkeit, womit sich der Krummzapfen im
Kreise herumbewegen soll, v = M N sey, so ist offenbar, dass der Arbeiter während der
Zurücklegung seines Weges von M nach N nur den Raum M o nach der horizontalen Rich-
tung zurücklege, folglich auch die Geschwindigkeit, mit welcher der Krummzapfen der
Kraft nach der horizontalen Richtung ausweicht, nur = M o seyn werde. Nun sind die
Dreiecke M o N und m s' C einander ähnlich, folglich verhält sich
M o : M N = m s' : m C; setzen wir nun m s' = y und den Halbmesser des Krummzapfens
m C = a, so ist M o : v = y : a und die Geschwindigkeit, mit welcher der Punkt m der
Kraft nach der horizontalen Richtung ausweicht, ist M o . Substituiren wir diess
in den ersten Theil der Kraftformel , so ist die Kraft in .
Wir sehen hieraus, dass die Kraft sich fortwährend verändert, weil y in dem ganzen
Kreise immer andere Werthe bekommt; in A und in U ist y = 0, demnach die Kraft
= 2 k, weil jedoch der Hebelsarm, mit welchem die Kraft in diesen zwei Punkten wirkt
= 0 ist, so ist auch die Wirkung der Kraft daselbst = 0. Bei F ist dagegen
y = a, demnach die Kraft oder am grössten.


Nachdem wir bereits gezeigt haben, dass bei einer jeden Maschine, wenn eine
gleichförmige Bewegung statt finden soll, die Rücksicht auf Hebelsarme aus der Rech-
nung entfalle, und das Produkt der Last in ihren Raum gleich dem Produkte der
Kraft in den gleichzeitig beschriebenen Raum sey, so muss auch hier die Kraft
multiplicirt mit ihrem Raume M o (welchen wir allgemein = x setzen
wollen) gleich seyn der Last Q multiplicirt mit ihrem in gleicher Zeit beschriebenen
Raume P p (= p) oder (I).


Wenn die Kraft weiter von N nach D kommt, so wird der von ihr horizontal be-
schriebene Raum N n = x' und der von der Last beschriebene Raum = p' seyn, und wir
erhalten daher (II). Wenn die Kraft von D nach E kommt,
71 *
[564]Bewegung mittelst Krummzapfen.
Fig.
18.
Tab.
28.
so erhalten wir abermal (III). So geht es nun durch die ganze
krumme Linie von A über E bis U fort, und wir erhalten, wenn wir alle Gleichungen
I, II, III .......... addiren
2 k (x + x' + x'' .....) — (x . y + x' . y' + x'' . y'' .....) = Q (p + p' + p'' .....).
Diess ist die Gleichung für die obere halbe Peripherie, und da bei der untern halben Periphe-
rie genau dasselbe statt findet, so ist der obige Ausdruck die allgemeine Gleichung zwischen
Kraft und Last bei einem Krummzapfen sowohl für die obere als für die untere halbe
Peripherie des Kreises
. Es werden aber in diesem Falle die Grössen
x + x' + x'' …. = dem Durchmesser 2 a seyn; ferner ist x . y der Flächeninhalt
des Trapezes M N s'' s, x' . y' die Fläche des zweiten Trapezes N D s''' s'' ......, dem-
nach ist die Summe x . y + x' . y' + x'' . y'' ..... = der Fläche des halben Kreises
= 22/7 . a . . Endlich sind die Räume p + p' + p'' ..... = der halben Peripherie
der Welle 22/7 . b. Wir erhalten sonach, wenn alle diese Werthe substituirt werden:
2 k (2 a) — = Q . (22/7 . b) oder .


Wir wissen jedoch, dass die Kraft noch von der Zeit abhängt, wie viel Stunden
der Arbeiter in einem Tage beschäftigt wird, und dass wir in dieser Hinsicht noch
mit dem Faktor multipliciren müssen; wir erhalten sonach den Ausdruck:
, welches nunmehr die Last ist, welche die Kraft zu
gewältigen im Stande ist, wenn sie an einem Krummzapfen wirkt *).


[565]Bewegung mittelst Krummzapfen.

Diese Formel ist von jener verschieden, welche wir §. 19 für die unmittel-
bare Wirkung der Kraft der Menschen und Thiere gefunden haben. Wir sehen, dass
bei einer Kurbel die Kraft desto grösser wird, je grösser der Halbmesser des Krumm-
*)
[566]Bewegung mittelst Krummzapfen.
zapfens (a) ist, allein diess ist durch die Länge des menschlichen Armes bestimmt,
und kann nicht leicht grösser als a = 12 Zoll genommen werden. Auf gleiche Weise
kann der Halbmesser der Welle nicht leicht kleiner als 3 Zoll seyn; nehmen wir nun
*)
[567]Effekt bei dem Krummzapfen.
noch einen mittelmässig starken Menschen an, wobei k = 25 ℔, v = c = 2,5 Fuss und
z = t = 8 Stunden ist, so erhalten wir die Kraft, welche dieser Arbeiter am Krumm-
zapfen ausübt , wogegen derselbe Arbeiter
bei einer Winde, wo er im Kreise herumgeht, die Kraft
ausüben würde; hieraus folgt, dass die Kraft eines Arbeiters am Krumm-
zapfen um beiläufig ein Viertheil geringer sey, als wenn derselbe
Arbeiter zieht oder trägt
. Die geringere Wirkung der Kurbelbewegung hat be-
reits Desaguliers bemerkt, jedoch ihre Grösse nicht genau angegeben. Da überdiess die
Erfahrung in allen Ländern diess bestätigt hat, so wird die Kurbel nur selten gebraucht.


§. 526.


Den Effekt bei einem Haspel (Krummzapfen) zu berechnen, wenn
bloss ein Arbeiter angestellt ist
.


Bezeichnen wir die Geschwindigkeit der Last mit v' und jene der Kraft mit v, so ist ,
die Zeit eines Aufzuges und die Anzahl der Aufzüge in 1 Tage
endlich findet man den Effekt, wenn man die Last Q, welche der Arbeiter auf einmal
aufzieht, mit der Anzahl der Aufzüge multiplicirt
.
Dieser Ausdruck soll nun ein Maximum werden, zu welchem Behufe zuerst der Faktor
ein Maximum werden muss, welches der Fall ist, wenn man z = t an-
nimmt. Ferner muss der zweite Faktor ebenfallsFig.
2.
Tab.
1.

ein Maximum werden. Wenn man zu diesem Behufe die Linie und
*)
[568]Effekt bei dem Krummzapfen.
Fig.
2.
Tab.
1.
macht, so ist = A B . B D = B E2, und diess wird
ein Maximum, wenn A B = B D oder wird. Hieraus findet man ,
wofür man c annehmen kann. Die beste Wirkung eines Arbeiters bei einem
Krummzapfen findet daher statt, wenn derselbe nicht mit der mittlern Geschwindigkeit,
sondern beiläufig um ¼ schneller arbeitet. Diess wird abermal durch die Erfahrung be-
stätigt, indem nach Desaguliers die englischen Arbeiter am Krummzapfen eine um ¼ grös-
sere Geschwindigkeit haben, als es bei den andern Arbeiten derselben Menschen der
Fall ist.


Wenn wir nun die gefundenen Werthe in die, im vorigen Paragraphe abgeleitete
Gleichung für die Kraft des Arbeiters am Krummzapfen
substituiren, so ist . Wenn daher der Ar-
beiter von mittelmässiger Stärke ist, so beträgt dessen Kraft , d. h. die
Kraft des Arbeiters am Krummzapfen beträgt bei seiner vortheilhaf-
testen Verwendung nur 7/11 oder 64 Procent jener Kraft, welche der-
selbe Arbeiter im Zuge oder bei dem Tragen einer Last verwendet
.


Wenn wir die gefundenen Werthe in die Gleichung für den Effekt substituiren, so ist
derselbe
d. h. der Effekt eines Arbeiters am Krummzapfen wird erhalten, wenn man dessen mittle-
res Bewegungsmoment mit der Höhe dividirt, und hievon 81/100 nimmt. Dieser Effekt ist
daher um 19/100 kleiner, als es bei dem Tragen oder Ziehen einer Last der Fall ist, und
wir ersehen sonach als Resultat dieser Rechnungen, dass der Effekt oder die
Arbeit eines Menschen am Krummzapfen 19 Procente weniger, als
seine Arbeit beim Ziehen
(z. B. bei einer Winde) oder beim Tragen be-
trägt
; es ist daher weit besser, eine Winde statt eines Haspels oder Krummzapfens zum
Aufziehen von Lasten zu verwenden.


  • Beispiel. Es sey die Aufzugshöhe H = 10° = 60 Fuss, so ist der Effekt
    .

Ein Arbeiter kann daher aus der Tiefe von 10 Klaftern mit einem Hornhaspel täglich
243 Zentner aufziehen, wobei jedoch der Widerstand der Reibung und Unbiegsamkeit der
Seile noch nicht berechnet ist, und daher noch anzuschlagen kommt.


§. 527.


Betrachten wir nunmehr zwei Arbeiter, die gemeinschaftlich an einem
Haspel arbeiten
, wobei die Krummzapfen unter rechtem Winkel gestellt sind.


Die Gleichung für die Kraft des ersten Arbeiters ist nach §. 525.


[569]Effekt bei dem Krummzapfen.

2 k (x + x' + x'' .......) — (x . y + x' . y' + x'' . y'' ....) = Q (p + p' + p'' ....).
Die Gleichung für die Kraft des zweiten Arbeiters ist:
2 k (X + X' + X'' .......) — (X . Y + X' . Y' + X'' . Y'' ....) = Q (p + p' + p'' ....).


Es fallen nämlich die Werthe von x, x', x'' .... in den ersten Quadranten, und die
Werthe von X, X', X'' .... in den zweiten Quadranten, und wenn die Last einen Qua-
dranten beschreibt, so wird x + x' + x'' .... = a, und eben so X + X' + X'' .... = a,
der Flächeninhalt x . y + x' . y' + x'' . y'' .... beträgt die Fläche des Quadranten ,
und dasselbe beträgt X . Y + X' . Y' + X'' . Y'' .... Endlich beträgt der Raum der Last
p + p' + p'' .... ebenfalls den vierten Theil der Peripherie der Welle oder .
Wenn wir demnach substituiren, so ist die Gleichung für den ersten Arbeiter
und die Gleichung für den zweiten Arbeiter ist
. Werden diese zwei Gleichungen addirt, so
erhalten wir die Gleichung zwischen Kraft und Last bei einem Krummzapfen, wobei
zwei Arbeiter angestellt sind , woraus
und mit Rücksicht auf die Arbeitszeit
.


Diese Gleichung ist genau dieselbe, welche wir §. 525 gefunden haben.


§. 528.


Den Effekt bei einem Haspel zu berechnen, wenn zwei Menschen
unter rechten Winkel der Krummzapfen mit einander arbeiten
.


Ist die Geschwindigkeit der Arbeiter v, so ist abermal die Anzahl der Aufzüge in
einem Tage , dagegen ist aber die Last doppelt so gross als jene, die
oben gefunden wurde, oder . Das Produkt beider
gibt den Effekt
.


Soll diess ein Maximum werden, so muss abermal z = t und seyn, dem-
nach ist der grösste Effekt in einem Tage . Diess ist genau
dieselbe Grösse, welche wir §. 526 fanden, nur ist 2 k statt k in unserem Aus-
Gerstners Mechanik. Band I. 72
[570]Effekt bei dem Krummzapfen.
drucke, weil dermalen zwei Menschen und oben nur ein Arbeiter angenommen
wurde. Der Effekt ist daher mit zwei Arbeitern gerade doppelt so gross, als bei
einem Arbeiter, allein die Verwendung zweier Arbeiter gewährt den Vortheil, dass sich
die Kraft und Geschwindigkeit viermal innerhalb einer Peripherie herstellt, während
diess bei einem Arbeiter nur zweimal innerhalb einer Peripherie eintritt, dass also
die Bewegung weit gleichförmiger wird. Hiebei ist jedoch in Erinnerung zu bringen,
dass bei zwei an einer Kurbel arbeitenden Menschen die Kraftanstrengung eines jeden
einzelnen nicht sichtbar ist, demnach die mindere Verwendung des einen dem andern
zur Last fällt. —


Uiber die vorstehende Theorie der Bewegung am Krummzapfen ist zu bemerken,
dass selbe hier nur in der Hinsicht abgehandelt wurde, als die bewegende Kraft jene
der Menschen ist, und dass diese Kraft auch auf dieselbe Art, wie es bei den
Dampf- oder Wassersäulmaschinen der Fall ist, nur als schiebend und zurückzie-
hend
betrachtet wurde. Für die Kräfte der Dämpfe und des Wassers werden wir die
Kurbelbewegung bei diesen Maschinen noch eigends behandeln.


[571]

VII. Kapitel.
Frachtwägen, Strassen- und Eisenbahnen.


§. 529.


Die ältesten Maschinen, welche die Menschen erfunden haben, sind unstreitig
der Pflug und der Wagen. Es musste gleich den ersten Menschen einfallen,
wenn sie eine ihre Kräfte übersteigende Last bewegen wollten, selbe auf der Erde
fortzuziehen, statt ihr ganzes Gewicht zu tragen. Da jedoch auch bei dem Fortziehen
oder Schleppen einer Last ein grosser Widerstand dadurch entsteht, indem die untere
Seite der Last von der rauhen Erde, Sand und Steinen angegriffen, Theile abgerissen
und die Last selbst beschädigt wird, so verfiel man wohl bald auf den Gedanken
hölzerne Schleifen unterzulegen, um dadurch die Waaren vor Beschädigungen zu
schützen. Diese Schleifen konnten überdiess auch mehr eben gemacht werden, als es
in den meisten Fällen bei der Last möglich ist; durch die grössere Länge derselben
wurde der Druck auf die Erde gleichförmiger vertheilt und sie konnten über die
Unebenheiten des Bodens leichter fortgebracht werden. Dieses Fuhrwerk, nämlich die
Schleife oder der Schlitten ist noch bis zum heutigen Tage die einfachste Art,
eine Last zu transportiren, und wenn der Boden, auf welchem gefahren wird, sehr
eben und glatt ist, welches in unsern Gegenden im Winter auf einer gefrorenen und
schon hinlänglich befahrenen Schlittenbahn der Fall ist, so werden die Pferde dadurch
in Stand gesetzt, sehr grosse Lasten fortzuziehen. Nennen wir nämlich das Gewicht der
Ladung und der Schleife = Q und den Reibungscoeffizienten, welcher den WiderstandFig.
1.
Tab.
29.

zwischen der Schleife und dem Boden ausdrückt = m, so ist offenbar, dass die Kraft
nur den Widerstand m . Q zu überwältigen hat, und dass sonach K = m . Q ist. Im
Winter ist auf einer gefrorenen und hinlänglich abgefahrenen Bahn m = 1/20 bis 1/30,
ein Pferd kann sonach 20 bis 30 Zentner auf einer guten Schlittenbahn fortziehen.
Allein im Sommer und vorzüglich auf schlechten Strassen ist der Widerstand solcher
Schleifen sehr gross, und wir sehen gewöhnlich, dass Stücke Holz von denselben abge-
rissen werden und auf der Strasse zurückbleiben; man kann demnach für solche Fälle
m = ⅕, ¼ und selbst ½ setzen, der Vortheil solcher Schleifen ist daher bei schlechten
Strassen äusserst gering.


In dieser Hinsicht musste wohl die Erfahrung gleich die ersten Menschen beleh-
ren, dass es in vielen Fällen leichter sey, die Lasten zu wälzen, als sie auf einer und
derselben Fläche fortzuschleppen. Diese Leichtigkeit findet vorzüglich bei kreisrunden
Körpern statt, wobei die gleiche Entfernung der Aussenseite von ihrer Mitte oder vom
Schwerpunkte das Wälzen ungemein erleichtert. Hieraus ergab sich von selbst die An-
wendung kreisrunder Körper bei dem Fortschaffen grosser Lasten, welcher Vortheil bis auf
unsere Zeiten beibehalten und nur noch zweckmässig verbessert worden ist. Ein merk-
würdiges Beispiel einer solchen bloss wälzenden Bewegung erzählt Vitruvius im 6ten
Kapitel des 10ten Buches vom Baumeister Ktesiphon, welcher bei dem berühmten Baue
des Tempels der Diana zu Ephesus für die Zufuhr der grossen, übermässig schweren
72 *
[572]Geschichte der Frachtwägen.
60 Fuss langen marmorenen Säulen, welche die stärksten Räder und Wägen eingedrückt
haben würden, das Mittel wählte, dass er die runden Säulenschäfte von beiden Seiten in
der Mitte anbohren, mit Achsen versehen, und durch vorgespannte Zugthiere auf dieselbe
Art fortwälzen liess, welche noch gegenwärtig bei unsern Garten- und Feldwalzen im
Gebrauche ist. Andere Denkmale des Alterthums, welche nicht rund waren, und desshalb
sich nicht stürzen oder wälzen liessen, wurden auf Gerüste gebracht, und auf untergeleg-
ten Walzen eben so fortgeführt, wie noch zu unsern Zeiten der grosse Felsen, den die
Kaiserinn Katharina zum Monumente Peter des Grossen bestimmt hatte, nach Petersburg
geschafft worden ist. Da hiezu der Boden vorläufig geebnet und zur Beseitigung von
Eindrücken mit starkem Zimmerholze belegt, dann die hintersten ausgelaufenen Walzen
wieder vorwärts getragen, und wenn die Last gross ist, auch noch Pfähle vorgeschlagen
werden müssen, um Erdwinden und Flaschenzüge daran zu befestigen, so fällt die Lang-
samkeit eines solchen Fuhrwerkes von selbst in die Augen.


Zur Vermeidung des Aufenthaltes, der vom Auslaufen und Vorwärtstragen der Walzen
entsteht, verfiel Jemand in dem unbekannten Alterthume auf den sinnreichen Gedanken,
von den Walzen nur Scheiben oder kurze runde Klötze abzuschneiden, selbe in der Mitte
zu durchbohren, und an feste runde Hölzer oder Achsen zu stecken, damit auf diese
Weise die Scheiben oder kurzen Walzen mit dem Gerüste, worauf die Last liegt, zugleich
fortgebracht werden. Man machte wohl bald die Erfahrung, dass man leichter fährt,
wenn diese Scheiben gross und leicht sind, und diess hatte nunmehr die Bauart der
Wagenräder mit Naben, Speichen und Radfelgen, die mit eisernen Schienen zusammen-
gebunden wurden, zur Folge; hiedurch wurden nun unsere Wagenräder grösser, leichter
und auch dauerhafter, als die ehemaligen Scheiben, deren sich noch die Türken nach
der letzten Belagerung Wiens zur Fortführung ihrer Kanonen bedient haben sollen.


Die übrige Einrichtung der Frachtwägen, nämlich die Leitern mit ihren Verbindun-
gen und Stützen, um dazwischen zu laden und die Gepäcke zu verwahren, die Stange
oder Deichsel sammt Wage oder Widerhalt, um der Fahrt die gehörige Richtung zu
geben, beide Zugpferde mit gleicher Arbeit zu belegen und den Wagen bergab anhalten
zu können, die Verbindung des Vorder- und Hintergestelles mit einer einfachen Stange
(Ruthe oder Langwiede) um den vier Rädern auf ungleichem Boden das gleiche Aufsitzen
zu verschaffen, der Reihnagel, um ausweichen und umkehren zu können u. dgl. gehören
eigentlich zur praktischen Ausfertigung, zur Regierung und Bedienung des Wagens und
kommen daher bei der gegenwärtigen Theorie in keine Rechnung.


§. 530.


Der Vortheil der Wägen besteht daher darin, dass der Boden oder die Erde die
Last trägt und die vorgespannten Thiere bloss die Widerstände zu überwältigen haben.
Diese Widerstände oder Hindernisse sind folgende:


  • 1tens Durch die Achsen, welche an dem Gestelle des Wagens befestigt sind, wird
    die Reibung nicht so, wie durch die ehemaligen Walzen behoben, sondern
    eigentlich nur von dem Erdboden oder von der Peripherie der Räder an die
    Peripherie ihrer Achsen übersetzt. Es wird nämlich die innere oder hohle
    Seite der Nabe des Rades an der auswärtigen Seite der Achse noch eben so
    fortgeschoben und gerieben, wie es bei der Schleife auf dem Erdboden der Fall
    [573]Vor- und Nachtheile der Frachtwägen.
    war. Nur der Umstand kommt hiebei zu statten, dass die Achsen und Naben
    rund abgedreht, geschmiert und mit Eisen beschlagen werden können, wodurch
    sowohl der Reibungswiderstand vermindert, als auch für längere Dauer gesorgt wird.
  • 2tens Sowohl durch einzelne im Wege liegende Steine, als auch auf dem festen
    Steinpflaster verlieren die Wägen durch das Anstossen der Räder an die
    Steine einen Theil von ihrer Bewegung, der von der Zugkraft wieder ersetzt
    werden muss. Das Rasseln und Poltern der Wägen auf den Gassen und Stras-
    sen gibt dem Gehöre sehr merklich zu erkennen, welche bedeutende Kraft zur
    fortwährenden Unterhaltung dieses Getöses erforderlich seyn müsse. Zuweilen
    sind die Radreifen auf den Felgen mittelst eiserner Nägel befestigt, deren
    Köpfe über den Radreifen hervorstehen. Hieraus entsteht ein Widerstand, der
    gerade derselbe ist, als wenn Steine im Wege lägen, deren Höhe der Höhe
    der Nagelköpfe gleich kommt.
  • 3tens Die runde Peripherie der Räder, welche dem Wagen die leichte Beweglichkeit
    gibt, hat den merkwürdigen Nachtheil gegen sich, dass der Wagen nur von
    einer sehr kleinen unbedeutenden Fläche unterstützt, sonach der Punkt, wo
    die Räder die Strasse berühren, von der Last des Wagens eingedrückt wird.
    Die Räder lassen desshalb Geleise zurück, welche nach Verhältniss der La-
    dung und der Nachgiebigkeit des Bodens tiefer werden, und in demselben
    Maasse auch die Fahrt beschwerlicher machen.
  • 4tens Die meisten Wagenräder sind konisch gebaut, d. h. die Speichen stehen mit
    den Radfelgen nicht in einer und derselben Ebene, sondern sie bilden die
    Oberfläche eines Kegels, dessen Achse in die Mitte der Wagenachse fällt. Da
    nun die Oberfläche des Radreifens senkrecht auf diesen Kegel steht, so laufen
    nicht alle Punkte in der Oberfläche des Radreifens mit gleicher Geschwindig-
    keit herum, und zwar werden die Punkte ausserhalb am Wagen einen kleinern
    und die Punkte am Radreifen zunächst des Wagenkastens einen grössern Kreis
    beschreiben, folglich entsteht eine Reibung oder Schleifung des Radreifens auf
    dem Erdboden, wodurch wieder ein besonderer Widerstand hervorgebracht wird.
  • 5tens Die Art der Bespannung oder die Richtung der Zugstränge kann auch ein Hin-
    derniss für die Zugkraft werden, wenn dadurch der Druck des Wagens an die
    vorkommenden Steine, Sand und Erde vermehrt, oder im Gegentheile durch eine
    zu hohe Richtung den Pferden zu viel Last aufgebürdet wird.
  • 6tens Nebst diesen Widerständen, welche auf horizontalen Strassen vorhanden sind,
    kommt bei Gebirgsstrassen noch ein bedeutender Widerstand vor, indem nur
    ein Theil der Last von der Strasse getragen wird, der übrige Theil aber von
    den Pferden gezogen werden muss, wobei nicht nur das Gewicht des leeren
    Wagens, sondern auch jenes der Zugpferde der Kraft entgegen wirkt.

Wir wollen nun versuchen, alle diese Gegenstände in Rechnungsformen zu bringen,
um vorläufig mit den Gesetzen, denen diese Hindernisse unterliegen, bekannt zu werden,
und ihre eigentliche Grösse aus der Erfahrung entnehmen zu können. Diese Theorie
wird dann von selbst die Regeln angeben, wie ihre nachtheilige Wirkung zweckmässig
vermindert, dagegen die Vortheile der Frachtwägen vermehrt und sonach von einer ge-
[574]Reibung an den Achsen der Räder.
gebenen Zugkraft die grösste Last in der kürzesten Zeit an den Ort ihrer Bestimmung
gebracht werden könne.


§. 531.


Fig.
2.
Tab.
29.

Widerstand der Reibung an den Achsen der Räder. Wenn die Räder
an den Achsen unbeweglich fest sitzen, oder gesperrt (gebremset oder mit Radschuhen
unterlegt) werden, so drückt die Last des geladenen Wagens bei b auf die Strasse, und
die Zugkraft hat die ganze Reibung zu überwältigen, womit das Rad von der rauhen
Strasse angehalten wird. Dieser Widerstand lässt sich, wie wir wissen, allgemein durch
m . Q ausdrücken, wo Q die Last bedeutet, womit die reibenden Flächen an einander ge-
drückt werden (also das Gewicht des Wagens und der Ladung) und m eine Zahl vorstellt,
welche mit der Rauhigkeit der Flächen im Verhältnisse steht, und mittelst eigener Erfah-
rungen bestimmt werden müsste. Wenn jedoch die Räder um die Achse beweglich sind,
so findet die Reibung m . Q nur bei a statt, wo die Achse auf der hohlen Nabe aufliegt.
Diesen Widerstand wollen wir nun dahin zurückführen, wie stark der Wagen von der
Erde zurückgehalten wird, wenn die Reibung m . Q an der Achse ist. Wir müssen daher
eine Kraft suchen, die an der Peripherie des Rades wirkt und mit der Reibung
an der Achse im Gleichgewichte ist; sey diese = 𝔎, ferner sey der Halbmesser des Ra-
des b c = A, jener der Achse c a = a, so ist 𝔎 . A = a . m . Q, und hieraus ist die Kraft
. m . Q. Es ist demnach eben so viel, als ob an der Peripherie des Rades
bei b nur der Widerstand. m . Q vorhanden und das Rad um die Achse
unbeweglich wäre
, die Räder gewähren demnach den Vortheil, dass der Wider-
stand, welcher ohne die Beweglichkeit des Rades = m . Q seyn würde, nur . m . Q
beträgt.


Gewöhnlich ist die Last Q auf vier Rädern vertheilt, folglich ist der Druck auf ein
Rad und der Widerstand für ein Rad ; der gesammte Widerstand für alle
vier Räder beträgt daher wie zuvor.


Hieraus lässt sich nun beurtheilen, unter welchen Umständen die Wägen in Hinsicht
der Reibung an den Achsen leicht gehen; nämlich


  • 1tens. Je kleiner das Verhältniss ist; ein Wagen wird daher leicht gehen, wenn
    er grosse Räder und dünne Achsen erhält. Allein die Grösse der Räder darf
    nicht zu sehr vermehrt werden, weil in diesem Falle auch das Gewicht der Rä-
    der zunimmt, und daher der Widerstand vorzüglich bei dem Bergauffahren
    wächst. Wägen mit hohen Rädern schwanken mehr, und fallen auf geneigten
    Strassen leichter um, als jene mit niedrigen Rädern, dann sind grosse Räder
    in der Regel auch gebrechlicher als kleine; wir sehen daher, dass die Er-
    fahrung uns ein gewisses Maass für A festsetzt, welches nicht überschritten
    werden darf. Man pflegt in dieser Hinsicht die Räder bei zweirädrigen Wägen
    gewöhnlich 4½ bis 5 Fuss, und bei vierrädrigen Lastwägen 4 bis 4½ Fuss gross
    zu machen. Die Achsen werden von Holz oder Eisen gemacht, und die höl-
    [575]Reibung an den Achsen der Räder.
    zernen mit Eisen beschlagen. Da die Tragungsfähigkeit des Eisens viel grösser
    als jene des Holzes ist, so kann man eiserne Achsen auch viel schwächer als höl-
    zerne machen, und die erstern werden daher vorzüglich bei Stadtwägen ange-
    wendet. Die Verminderung der Durchmesser der Achsen hat inzwischen auch
    ihre Gränze, indem sie so berechnet werden müssen, um das Brechen zu ver-
    meiden; es gibt daher auch hier ein bestimmtes Maass, das nicht überschritten
    werden darf.
  • 2tens.Die Zugkraft wird desto geringer, je kleiner der Reibungs-
    coeffizient m ist
    , in welcher Hinsicht die Nabe ausgedreht, vollkommen ge-
    glättet und gut geschmiert wird. Man dreht daher auch die Achsen genau ab,
    und beschlägt sie mit Eisen, wenn sie von Holz sind; die Nabe erhält ebenfalls
    wenn sie von Holz ist, eine metallene Büchse, demnach kann man in den mei-
    sten Fällen m = ⅛ setzen.
  • 3tens.Die Zugkraft wird desto geringer, je kleiner die Last Q ist,
    wie sich übrigens von selbst versteht. Unter Q wird jedoch immer nur jene
    Last verstanden, welche den Druck und sonach die Reibung an der Nabe
    verursacht; diess ist das Gewicht der Ladung und das Gewicht des Wagen-
    gestelles
    , die Räder sind hierunter nicht begriffen, weil selbe bloss auf die
    Erde
    drücken, und daher hinsichtlich der Reibung an den Achsen keinen Ein-
    fluss ausüben.

Wenn der Widerstand der Räder an dem Erdboden kleiner als der Widerstand
an den Achsen m . Q . ist, so bewegen sich die Räder nicht; diess sieht man
öfters im Winter, wenn die Schneebahn recht abgefahren und dagegen die Wagen-
schmiere eingefroren ist. Ist hingegen der Widerstand an der Erde grösser als an den
Achsen, so bewegen sich die Räder.


  • Beispiel. Es sey der Durchmesser der Räder 2 A = 5 Fuss = 60 Zoll, der Durch-
    messer der Achsen 2 a = 4 Zoll und der Reibungscoeffizient für Eisen auf Eisen
    m = ⅛, so ist die zur Ueberwältigung der Reibung an den Achsen nothwendige
    Zugkraft , d. h. der Widerstand beträgt nur den 120sten Theil der
    Last, oder es ist eben so viel, als wenn man nur den 120stenTheil der
    Last zu tragen oder zu ziehen hätte
    . Wäre daher Q = 20 Zentner, so
    ist 𝔎 = 16 ⅔ ℔.

Da nun die Kraft eines Pferdes zu 1 Zentner angeschlagen wird, so würde folgen,
dass ein Pferd eine Last von 120 Zentner, (worunter das Gewicht der Ladung und des
Wagens begriffen ist) zu ziehen vermag; allein wir wissen, dass man auf ein mittelmäs-
sig starkes Pferd gewöhnlich nur 10 bis 12 Zentner Ladung rechnet. Hieraus ergibt sich,
dass die übrigen im vorigen Paragraphe bemerkten Widerstände bei weitem mehr be-
tragen müssen, als die Reibung an den Achsen.


§. 532.


Der nächste Widerstand, welchen wir zu betrachten haben, wird durch die Steine
verursacht
, an welche die Räder anstossen. Da die Räder bei diesem Stosse von
[576]Widerstand einzelner Steine.
Fig.
3.
Tab.
29.
der ihnen eigenthümlichen Geschwindigkeit v einen Theil verlieren, so muss derselbe
durch die Zugkraft der Pferde wieder ersetzt werden. Es sey die Geschwindigkeit oder
der Raum, welchen der Wagen in jeder Sekunde zurücklegt B C = C D = v. Man ziehe
durch den Berührungspunkt i des Rades am Steine die Tangente i N und den Radius C i,
so ist offenbar, dass sich das Rad nach der Richtung dieser Tangente als über eine
schiefe Fläche hinauf bewegen muss. Zerlegt man daher die Geschwindigkeit C D in
C F und C E, so ist C E die Geschwindigkeit, mit welcher das Rad an den Stein an-
stösst, die sonach verloren geht, und C F ist die Geschwindigkeit, womit das Rad über
die schiefe Fläche i N hinaufsteigt. Man kann nun abermal C F in die Senkrechte F G
und die Horizontale C G auflösen. Die erstere F G trägt offenbar zur horizontalen Fort-
bewegung des Wagens nichts bei; es bleibt demnach nur die Bewegung C G übrig, folg-
lich verliert das Rad von seiner Geschwindigkeit C D den Theil C D — C G = G D, wel-
cher von der Zugkraft der Pferde wieder ersetzt werden muss, wenn der Wagen mit der
gleichförmigen Geschwindigkeit B C = C D fortgeführt werden soll.


Wegen der Aehnlichkeit der Dreiecke verhält sich C D : C F = C i : C K, ferner
C F : C G = C i : C K, demnach C D : C G = C i2 : C K2 oder v : C G = A2 : C K2, woraus ;
folglich ist der Verlust der Geschwindigkeit, welchen das Rad durch den Stoss an den
Stein erleidet C D — C G = v — , und setzt
man annäherungsweise K M = 2 A und die Höhe des Steines h = A K, so ist .


Da nun der Wagen mit einerlei Geschwindigkeit fortgehen soll, so müssen die
Pferde die an dem Steine verlorne Geschwindigkeit des Wagens wieder ersetzen. Es
sey nun Q das Gewicht des Wagens sammt Rädern und der Ladung, so er-
hält dieses Q, wenn es sich selbst bewegt, in der Zeit t die Geschwindigkeit 2 g . t;
nun wird es aber durch einen Theil der Zugkraft der Pferde oder 𝔎' bewegt, und
dieser muss die verlorene Geschwindigkeit wieder ersetzen, oder Q : 2 g .
woraus .


Da der Wagen mit der mittlern Geschwindigkeit v fortgehen soll, und durch den
Stoss an Steine von seiner Bewegung nichts verlieren darf, so ist offenbar, dass die
verlorene Geschwindigkeit in der Zeit von einem Steine bis zu dem andern wieder er-
setzt werden muss. Es sey daher die Entfernung eines Steines vom andern = E, so
ist diese Zeit , und diess substituirt ist derjenige Theil der Zug-
kraft, welchen die Pferde wegen einzelner im Wege liegender Steine anwenden müs-
sen. Hieraus folgt:


  • 1tens. Die Zugkraft wird desto grösser, je grösser Q oder das Gewicht des ganzen
    Wagens und der Ladung ist. Schwere Wägen fordern demnach in allen Fällen
    mehr Zugkraft als leichte.
  • 2tens. Die Zugkraft wächst mit dem Quadrate der Geschwindigkeit, mit welcher ge-
    fahren wird. Wenn daher die Geschwindigkeit v, 2 v, 3 v .... ist, so verhält
    [577]Widerstand einzelner Steine.
    sich die Zugkraft wie 1 : 4 : 9 .... Es ist also zuträglicher, auf steinigten
    Strassen langsam zu fahren, und dafür schwerer zu laden, als mit kleinern La-
    dungen schneller zu fahren. Das Poltern der Wägen, die über steinigte Stras-
    sen fahren, ist nichts anders, als das Geräusch, welches die Steine bei dem
    Stosse der Räder an dieselben verursachen und alle diese Stösse müssen die
    Pferde durch ihre Zugkraft wieder ersetzen.
  • 3tens. Je höher die im Wege liegenden Steine sind, oder je mehr h beträgt, desto
    mehr Zugkraft müssen die Pferde anwenden. Man fährt demnach schwerer über
    grössere Steine als über kleinere.
  • 4tens. Je grösser der Halbmesser der Räder A ist, desto kleiner wird die Zug-
    kraft. Wenn wir nämlich zwei Wägen annehmen, deren einer höhere Räder als
    der andere hat, so werden die schiefen Flächen, über welche die Räder nach
    unserer obigen Erklärung fahren müssen, bei kleinen Rädern und denselben Stei-
    nen höher als bei grossen Rädern; demnach sind hohe Räder besser als niede-
    re, weil sie keine so hohe schiefe Flächen bilden.
  • 5tens. Je näher ein Stein am andern ist, oder je mehr Steine auf einer gegebenen
    Länge des Weges vorkommen, desto mehr Zugkraft haben die Pferde nöthig;
    wäre E unendlich gross, so ist 𝔎' = 0, weil dann gar keine Steine vorhanden
    sind; dasselbe ist der Fall, wenn die Höhe der Steine h = 0 ist.
  • Beispiel. Es sey das Gewicht des Wagens und der Ladung Q = 2000 ℔, die
    Geschwindigkeit v = 4 Fuss, die Entfernung eines Steines vom andern E = 4
    Fuss, die Höhe der Steine h = 2 Zoll und die Höhe der Räder 2 A = 60 Zoll,
    so ist , wogegen wir im vorigen Paragraphe den Wi-
    derstand der Reibung für sich allein = 16⅔ ℔ gefunden haben; der Widerstand
    2 Zoll hoher Steine beträgt daher weit mehr.

§. 533.


Dieselbe Berechnung findet für den Widerstand statt, wenn die Radreifen an
die Radfelgen mit Nägeln befestigt sind, deren Köpfe über die
Oberfläche der Radreifen hervorragen
; dieser Widerstand wird desshalb
bedeutend, weil er auf sehr kleinen Entfernungen vorkommt, indem diese Nagelköpfe
bloss einige Zolle von einander entfernt sind. Es sey nämlich die Höhe eines solchen
Nagelkopfes h = ⅜ Zoll, und die Entfernung eines Nagels vom andern E = 9 Zoll, so
ist die nöthige Zugkraft zur Uiberwindung des Widerstandes, der aus den hervorstehen-
den Nagelköpfen entsteht, in dem obigen Beispiele wie oben.


Der Widerstand ist daher derselbe, wenn 2 Zoll hohe Steine in der Entfernung von
4 Fuss von einander auf der Strasse liegen, oder wenn an den Radreifen Nagelköpfe
von ⅜ Zoll Höhe in der Entfernung von 9 Zoll von einander hervorstehen, weil
. Wenn selbst die Höhe der Nägelköpfe nur ⅙ Zoll beträgt, und wenn die-
selben 4 Zoll von einander entfernt sind, so entsteht ein gleicher Widerstand, als wenn Stei-
Gerstners Mechanik. Band I. 73
[578]Widerstand der Steine auf dem Pflaster.
ne von 2 Zoll Höhe in der Entfernung von 4 Fuss von einander auf der Strasse liegen
weil . Man ersieht daher, wie nothwendig es sey, die Köpfe der Nägel ge-
nau in die Radreifen zu versenken, weil sonst ein sehr bedeutender Widerstand entsteht.


Es versteht sich übrigens von selbst, dass die Berechnung in dem vorigen und in
diesem Paragraphe den Fall voraus setzt, dass die im Wege liegenden Steine sich weder
in den Erdboden eindrücken, noch vor dem Rade zermalmen oder zerdrücken, sondern
dass dieselben auf einer harten Grundfläche liegen; eben so wird vorausgesetzt, dass
die Köpfe der Nägel sich nicht in den Erdboden eindrücken, sondern auf eine vollkom-
men harte Unterlage, z. B. auf ein Steinpflaster treffen, wie es in den meisten Städten
der Fall ist.


§. 534.


Widerstand der Steine bei einem Pflaster. Wenn ein Wagen über ein
hartes Steinpflaster fährt, so erleidet derselbe an jedem Steine oder in jeder Vertiefung
zwischen zwei Steinen einen Stoss und eine merkliche Erschütterung, und die Räder sin-
ken immerwährend aus einer Vertiefung in die andere. Dieser Widerstand muss demnach
für die Zugpferde um so nachtheiliger werden, je schlechter das Pflaster oder je grösser
die Gruben sind, die sich zwischen den Steinen vorfinden. Es sey B E D eine sol-
che Vertiefung zwischen zwei Steinen, worin sich das Rad befindet; man ziehe durch
die Berührungspunkte B und D die Tangenten des Rades B E, D E, so muss der Wagen,
Fig.
4.
Tab.
29.
wenn er sich von M nach N bewegt, über die Tangente B E herab und über E D hinauf-
fahren. Es sey nun die Geschwindigkeit oder der Raum, welchen der Wagen in einer
Sekunde von M nach N zurücklegt = v. Da die Bewegung des Wagens bei dem Hinab-
fahren desselben über die schiefe Fläche A E von der Schwerkraft zwar beschleunigt,
aber bei dem Hinauffahren über die schiefe Fläche E D wieder um eben so viel verzögert
wird, so wollen wir hier nur denjenigen Verlust in Rechnung nehmen, welcher durch
den Stoss an den Punkt D entsteht, demnach die Geschwindigkeit, mit welcher der Wa-
gen an den Stein N ankommt, oder womit er über B E herabfährt = A E = v setzen.
Wird nun aus A die Linie A F winkelrecht auf D E gezogen, so zerfällt die Bewegung
A E in A F, welche durch den Stoss an dem unbeweglichen Steine N verloren geht, und
in F E = c, womit das Rad nach der Richtung E D seine Bewegung fortsetzt. Man be-
schreibe aus E mit dem Halbmesser A E den Kreisbogen G A H, so ist der erlittene Ver-
lust an der Geschwindigkeit offenbar = A E — E F = G F = v — c. Dieser Verlust
muss von der Zugkraft wieder ersetzt werden, wenn die Geschwindigkeit des Wagens
nicht abnehmen, sondern auf der Strasse in M und N gleich bleiben soll.


Nach der bekannten Eigenschaft des Kreises ist F G : A G = A G : G H, sonach
. Die Aehnlichkeit der Dreiecke A E G und D C B gibt
A G : A E = D B : B C, sonach ; folglich der Geschwindigkeitsverlust
. Es sey die Entfernung der zwei Berührungspunkte B und D oder
die Breite der Fuge B D = e, und die Entfernung oder die Grösse der Pflastersteine
[579]Steinbahnen.
M N = E, so haben wir, wegen A E = v und B C = A, den Verlust F G = ;Fig.
4.
Tab.
29.

folglich gibt uns die Proportion 2 g. t : Q = , oder 2 g .
Sonach ist der Widerstand, welcher den Pferden bei jeder Fuge zweier Steine begegnet,
oder die Zugkraft .


Man sieht aus diesem Ausdrucke, dass die Zugkraft auf einem gepflasterten Wege
von denselben Umständen abhängig sey, als wenn bloss einzelne Steine im Wege liegen;
die Zugkraft wird nämlich gross:


  • 1tens. Wenn das Gewicht der Ladung und des Wagens oder Q bedeutend wird.
  • 2tens. Nimmt die Zugkraft wie das Quadrat der Geschwindigkeit, mit welcher gefahren
    wird, zu.
  • 3tens. Nimmt die Zugkraft mit dem Quadrate der Breite der Fuge zwischen zwei Stei-
    nen, e2 zu.
  • 4tens. Wird die Zugkraft vorzüglich vermindert, je grösser der Durchmesser des Rades
    2 A ist, endlich
  • 5tens. Wird die Zugkraft desto kleiner, je grösser die Entfernung E zweier Steine
    von einander ist, d. h. je weniger Gruben oder Fugen zwischen den Steinen vor-
    kommen.

Da hier die Zugkraft eigentlich im Quadrate des Verhältnisses der Breite der Vertie-
fungen zum Halbmesser des Rades wächst, so folgt, dass einige grosse oder tiefe Löcher
in der Strasse für die Zugkraft nachtheiliger als mehrere kleine sind, und dass man über-
haupt über dieselben Steine mit grossen Rädern leichter als mit kleinen fahre.


Eine gleiche Berechnung findet für den Fall statt, wenn ein Rad in eine Grube ein-
sinkt und auf der entgegenstehenden Seite eine feste oder steinigte Widerlage findet. In
diesem Falle ist nämlich der Widerstand auch um so grösser, je grösser die Breite der
Grube ist.


§. 535.


Auf den angeführten Grundsätzen beruht die Anlage der Steinbahnen, welche
man schon seit längerer Zeit in einigen italienischen Städten, vor mehreren Jahren in
Edinburgh und erst im Jahre 1829 in London von den ostindischen Docks bis zu
der Royal exchange in der City in einer Länge von beinahe 3 engl. Meilen ange-
legt hat. Diese Steinbahnen dienen für das schwere Fuhrwerk, welches die gewöhn-
liche Strasse theils zu sehr beschädigen, theils auch einen nicht unbedeutendenFig.
5.

Widerstand auf derselben erleiden würde; man hat daher in die gewöhnliche Strasse
zwei Reihen Quadersteine für die hingehenden, und zwei Reihen solcher Steine für
die zurückgehenden Wägen eingelegt; diese Steine sind 15 Zoll tief, wenigstens 2 Fuss
lang und 18 Zoll breit, sie sind auf gleiche Höhe mit der äussern Strasse versenkt und
liegen im Grunde auf sehr fest zusammengeschlagenen Schotter, so wie sie auch
an den zwei Seiten, wo sie mit der Strasse in Berührung kommen, vollkommen fest
verstampft werden; endlich werden zu den Steinen nur die härtesten Gattungen ge-
nommen.


73 *
[580]Wägen mit Federn.

Eine solche Steinbahn bildet für die Wägen eine vollkommen harte unnachgiebige
Grundfläche, und da die Steine wenigstens 2 Fuss lang und an ihren Enden vollkom-
men genau zusammengefügt sind, so folgt von selbst, dass hier beinahe keine Wider-
stände ausser der Reibung an den Achsen (vorausgesetzt, die Strasse sey horizon-
tal) vorhanden sind. Die Steinbahnen sind sonach ein Ersatzmittel für Eisenbahnen,
und da auf ihnen ein jeder Wagen ohne Unterschied fahren kann, welches bei Eisenbah-
nen nicht der Fall ist, so ist es unbezweifelt, dass die Anlage solcher Steinbahnen in-
nerhalb und in der Nähe von Städten von wesentlichen Nutzen ist.


§. 536.


Wenn auf einer Strasse unbedeutende Höhen und Tiefen vorkommen,
welche keinen Stoss verursachen, sondern in Gestalt einer gestreckten Schlangenlinie
sanft auf- und ablaufen, so sind sie für die Zugpferde weder zum Nachtheile noch zum
Vortheile. Wenn nämlich die Steigung und der Abhang sehr sanft und von der Art ist,
Fig.
6.
Tab.
29.
dass die Wägen Fig. 6 von M nach N nicht in die Haltketten fallen, oder nicht an-
gehalten zu werden brauchen
, so wird der Zug über den Abhang M N um eben
so viel leichter, als er bei dem Ansteigen über N O schwerer ist. Dieselbe Betrachtung
findet auch bei flachrunden Steinen statt, indem von der Schwerkraft bekannt ist, dass
sie bei der Bewegung über eine abhängige runde Oberfläche dem Körper eben so viel
Geschwindigkeit gibt, als sie bei dem Ansteigen über eine gleiche Höhe wieder entzieht.
Weil nun die Kraft der Pferde durch kein so genau bestimmtes Maass beschränkt wird,
wie die Zugkraft eines Gewichtes, sondern auf eine kurze Zeit ein wenig mehr ange-
strengt werden kann, wenn hierauf wieder eine eben so grosse Erleichterung folgt, so
wird durch diese Abwechslung weder das Kraftvermögen der Pferde, noch die gleichför-
mige Bewegung des Wagens merklich verändert.


Dieselbe Betrachtung kommt denjenigen Wägen zu statten, bei welchen, gewöhnlich zur
Bequemlichkeit der Reisenden, der Kasten des Wagens nicht unmittelbar auf die Achsen
der Räder gelegt, sondern mittelst Stahlfedern unterstützt wird, welche dem Stosse
nachgeben, wodurch dann der Wagen mit der zu verführenden Last nicht mehr so viel von
seiner Geschwindigkeit verliert, und überhaupt bewirkt wird, dass der Schwerpunkt des
Fig.
7.
Wagens bei dem Fahren über Steine (Fig. 7) nur die gestreckte Schlangen-
linie
b c a c' b beschreibt, sonach denjenigen Verlust an seiner Geschwindigkeit, den
er auf dem Wege c a aufwärts erfährt, auf dem Wege a c' abwärts beinahe wieder zurück-
erhält. Da es zu weitläufig seyn würde, diesen Gegenstand durch eigene Rechnungen
umständlicher zu erläutern, so dürfte es hinreichend seyn, die Leser nur auf die Versuche
des Engländers R. L. Edgeworth aufmerksam zu machen, welche in Deutschland von
Gilbert in den Annalen der Physik, neue Folge, Band XXI. S. 322, bekannt gemacht
worden sind.


§. 537.


Eine weitere Art des Widerstandes ist die Nachgiebigkeit des Bodens, über
welchen der Wagen geführt wird. Eine jede Erde ist eines Eindruckes fähig, welcher
sich nach der Beschaffenheit derselben richtet, indem er desto mehr beträgt, je weicher
die Erde ist. Aus dieser Ursache sinkt auch ein jedes Rad in den Boden, worauf es steht
[581]Widerstand der Geleise.
mehr oder weniger und zwar so tief ein, bis der Widerstand der runden Fläche H A EFig.
8.
Tab.
29.

so gross ist, als der Druck des Rades auf diesen Boden. Wenn ein Wagen ruhig steht,
so ist der Druck an das Rad beiderseits gleich, das Einsinken der Räder in Geleise hat
daher nichts zu bedeuten. Wird aber der Wagen nach der Richtung F H E fortgeführt,
so steht die zusammengedrückte Erde, wie bekannt, hinter dem Rade nicht wieder auf,
sondern jedes Rad hinterlässt eine Spur oder ein Geleise; es ist daher beinahe eben
so, als wenn das Rad fortwährend über eine schiefe Fläche hinauffahren und sie nie-
derdrücken müsste. Es erhellet von selbst, dass das Rad während seiner Bewegung nicht
mehr von dem rückwärtigen Bogen H A, sondern nur von dem vorwärtigen A E unter-
stützt und getragen werde; die mittlere Richtung dieses Bodendruckes geht demnach
nicht mehr durch den Mittelpunkt des Rades C, sondern fällt vorwärts in die Linie O G,
wodurch dieser Gegendruck ein statisches Moment erhält, welches von der Zugkraft der
Pferde überwältigt werden muss. Da die Erde vor dem Rade bei E noch gar nicht zu-
sammengedrückt ist, bei A hingegen die auf der Höhe A B vorhanden gewesene Erde
theils auf die Seite geschoben, theils aber auch herabgedrückt und dadurch die Dichtig-
keit und Festigkeit des Bodens bei A vermehrt worden ist, so erhellet, dass auch der
Widerstand oder der Gegendruck des Bodens bei E und A nicht gleich sey, sondern
nach Maasgabe der dichter und fester gewordenen Erde von E bis A zunehme.


Um hier keine allzuschwierige Rechnung zu erhalten, können wir bei dem Umstan-
de, dass sehr tiefe Geleise ohnehin als nachtheilig bekannt sind, und daher hier nur von
minder tiefen Eindrücken inzwischen gehandelt wird, den ganzen Druck dem ku-
bischen Inhalte der Grube proportional setzen
, so dass bei einem 2, 3
… nmal stärkern Drucke oder Gewichte des beladenen Wagens auch ein 2, 3 … nmal grös-
serer Kubikinhalt Erde von dem Rade eingedrückt wird, und daher auch ein um eben so viel
grösseres Geleise entsteht. Nennen wir die Tiefe des Einsinkens B A = h, die Länge der
Grube B E = B und die Breite der Radschiene = b, so wäre der Kubikinhalt der ein-
gedrückten Grube, im Falle von A nach E eine gerade Linie ginge = ½. B. h. b; weil
jedoch A E ein Kreisbogen ist, so wird dieser Inhalt etwas grösser, und zwar nach den
Berechnungen der höhern Analysis = ⅔. B. h. b.


Es bezeichne nun W das Gewicht, welches nöthig ist, einen Kubikzoll solcher Erde
einzudrücken, so ergibt sich das Gewicht Q, welches offenbar den Eindruck von ⅔ B. h. b
bewirkt, aus der Proportion 1 : W = ⅔ B. h. b : Q, woraus Q = ⅔ W. B. h. b. Nun
verhält sich aber in dem Kreise h : B = B : 2 A — h, oder wenn man h in der Subtrak-
tion gegen 2 A weglässt, (da h bei guten Strassen gewöhnlich nur ¼ oder ½ Zoll und 2 A
4 bis 5 Fuss beträgt) so ist h = , und diess substituirt Q = ⅔. W. B. . b,
woraus B = .


Es sey nun der Schwerpunkt des eingedrückten Erdkörpers in O, so ist nach un-
serer obigen Erklärung das statische Moment des Widerstandes Q. G C = dem Mo-
mente der Zugkraft 𝔎''' multiplizirt mit A, weil wir uns wieder den Widerstand auf
die Peripherie des Rades oder auf die für die Pferde hieraus entstehende Zugkraft re-
duzirt denken; da nun die Entfernung des Schwerpunktes nach §. 77, G C = ⅜. E B = ⅜. B
[582]Widerstand der Geleise.
gefunden wurde, so ist Q. ⅜ B = 𝔎'''. A, woraus
.


Aus dieser Rechnung ist zu ersehen:


  • 1tens Der Widerstand der Geleise nimmt in allen Fällen in einem grössern Verhält-
    nisse zu, als nach Maassgabe der Last Q; es ist demnach in Rücksicht auf
    diesen Widerstand vortheilhafter, die Fracht auf mehr Wägen zu vertheilen,
    als auf einen Wagen übermässig viel zu laden. Nehmen wir an, ein Wagen
    sammt Ladung wiege 160 Zentner, so ist die Zugkraft zur Uiberwältigung des
    Widerstandes der Geleise . Wenn hingegen diese Last
    auf acht Wägen vertheilt ist, so dass jeder Wagen sammt seiner Ladung bloss
    20 Zentner wiegt, so ist der Widerstand der Geleise für jeden einzelnen Wagen
    = und sonach für alle 8 Wägen = 8. 20. ⅜ ; es ver-
    hält sich sonach der Widerstand der Geleise für einen 160 Zentner schweren Wa-
    gen zum Widerstand der Geleise für 8 Wägen, deren jeder bloss 20 Zentner wiegt,
    wie = 2 : 1, d. h.
    die Zugkraft für 8 Wägen ist nur halb so gross, als jene für einen Wagen, oder auch
    wenn 16 Pferde zu dem einen, 160 Zentner schweren Wagen benöthigt werden, so
    braucht man bloss 8 Pferde, um alle 8 Wägen, deren jeder 20 Zentner (Ladung
    und eigenes Gewicht) Schwere hat, fortzuziehen. Wenn daher der Boden weich
    ist, so ist es weit besser, die Last auf mehrere Wägen zu vertheilen,
    man fährt nämlich leichter, oder mit einer geringern Bespannung. Ein sehr schwe-
    rer Wagen kann in einer weichen Strasse so sehr einsinken, dass man ihn gar nicht
    mehr weiter bringt, während die leichtern Wägen noch immer fortkommen. Da
    es nach der obigen Formel vorzüglich auf eine vielfache Vertheilung der Last Q
    auf mehrere Räder ankommt, so sehen wir, dass in dieser Hinsicht ein Wagen mit
    vier Rädern den Vorzug vor einem zweirädrigen und ein Wagen mit sechs Rädern
    den Vorzug vor einem vierrädrigen verdient, weil bei dem letztern (im Falle einer
    gleichen Ladung) der Druck auf mehrere Räder vertheilt ist, folglich der Wi-
    derstand der Geleise nach der obigen Berechnung bedeutend vermindert wird.
    In dieser Hinsicht würde sich die Einführung sechsrädriger Wägen empfehlen,
    wenn nicht andere Hindernisse, wohin vorzüglich die verminderte Beweglichkeit
    des Wagens gehört, im Wege stünden.
  • 2tens Der Widerstand der Geleise wird desto grösser, je kleiner das Gewicht W ist,
    welches zum Eindrücken eines Kubikzolles erfordert wird.
  • 3tens Der Widerstand der Geleise nimmt ab, wenn der Halbmesser des Rades A ver-
    mehrt wird; folglich fährt man abermals mit grossen Rädern leichter, als mit
    kleinen.
  • 4tens Der Widerstand der Geleise wird auch kleiner, wenn die Breite der Radschie-
    nen b grösser genommen wird; demnach fährt man mit breiten Schienen
    leichter
    , als mit schmalen. Wenn nämlich die Schienen oder Felgen breiter
    [583]Vortheile breiter Felgen.
    sind, so drücken mehr Theile auf die Strasse, folglich können die Räder nicht so
    tief einsinken, und daher ist auch der Widerstand und sonach die Zugkraft zur
    Uiberwältigung dieses Widerstandes kleiner; dieser Widerstand verhält sich nach
    der obigen Formel, wie . Wenn also bei gleicher Belastung die
    Radfelgen achtmal so gross gemacht werden, so wird der Widerstand der Geleise
    auf die Hälfte vermindert, ein solches Rad würde jedoch zu schwer werden
    und vorzüglich beim Bergauffahren hinderlich seyn; nehmen wir daher die
    Breite der Radfelgen zu 4 Zoll statt der hier Landes meistens gebrauchten von
    1¾ bis 2½ Zoll Breite an, so verhalten sich die Widerstände der Geleise wie
    ¼ = 1 : ¾ beinahe, d. h. man erspart den vierten Theil an Zugkraft.
    Nach den Erhebungen des Grafen Rumford in Frankreich laden die Fuhrleute
    seit der eingeführten grössern Breite der Radschienen wirklich um ein Viertel
    mehr, als es früher bei den schmalen Schienen der Fall war.

§. 538.


Die Einführung breiter Radfelgen gewährt nicht bloss für die Zugkraft,
sondern auch für die Unterhaltung der Strasse wesentliche Vortheile; schmale
Radschienen schneiden in die Strasse ein und bilden tiefe Geleise, während breite
Radschienen entweder keine oder sehr kleine Geleise bilden; wenn das Beschotterungs-
materiale nicht vollkommen hart ist, so wird es von schmalen Radschienen bald zer-
drückt oder zermalmt, während breite Radschienen, die auf mehreren kleinen Steinen
aufliegen, über dieselben hinweggehen, ohne sie zu zerdrücken. Die Geleise, welche
schmale Radschienen machen und vorzüglich die Erde und der Schotter, welchen sie
aus den Geleisen herauswerfen, werden von den breitern Radfelgen abermal nieder-
gedrückt und so die Strasse geebnet.


Diese Gründe haben in neuern Zeiten die Regierungen veranlasst, die Einführung
der breiten Radfelgen vorzüglich zu begünstigen. In England ist für eine jede
Breite der Radfelgen ein bestimmtes Gewicht gesetzlich bestimmt, welches der Wagen
sammt Ladung haben darf, und dieses Gewicht beträgt im Sommer, wo die Strassen
gewöhnlich im bessern Stande sind, mehr als im Winter; die beladenen Wägen werden
auf der bei jedem Mauthschranken (turnpike gate) aufgestellten Strassenwage abgewo-
gen und hiernach der Strassenzoll bemessen und bezahlt. Nach einer Parlamentsakte,
welche im 3ten Regierungsjahre Georg’s IV. erlassen wurde, sind folgende Gewichte für
die Ladung und den Wagen auf den Heerstrassen (turnpike roads) erlaubt:


[584]Ladung für jede Felgenbreite in England.

In dieser Tabelle wird die englische Tonne zu 20 Zentner und der Zentner zu 112 ℔
gerechnet. Die Zeit des Sommers wird nach der hierüber bestehenden Bestimmung vom
1ten Mai bis 31ten Oktober, und die Zeit des Winters vom 1ten November bis 30ten April,
beides inclusive gezählt. Von allen Wägen, welche das an der Tabelle enthaltene er-
laubte Gewicht wiegen, wird der auf jeder Strassenstrecke bestehende Strassenzoll be-
zahlt; jene aber, welche ein Uibergewicht haben, bezahlen ausserdem den in der letz-
ten Rubrike beigefügten bedeutenden Geldbetrag.


§. 539.


In ganz Frankreich wird dermalen gar kein Strassenzoll von Fuhrwerken jeder
Art erhoben, allein gesetzliche Bestimmungen verfügen ebenfalls über die Ladungsfähig-
keit, welche ein jeder Wagen bei seiner Felgenbreite im Sommer und im Winter haben
darf. Zu diesem Behufe sind an den Strassen (routes royales) von Strecke zu Strecke
ebenfalls Strassenwagen (ponts à bascule) aufgestellt, auf welchen die Wägen gewogen
werden; findet man, dass ihre Ladung das erlaubte Gewicht überschreitet, so muss nach
Maassgabe desselben ein Strafbetrag entrichtet werden.


Durch das Dekret der französischen Regierung vom 23ten Juni 1806 wird für den Ge-
brauch der breitfelgigen Räder folgendes Gewicht der Ladung, der Frachtwägen mit
Inbegriff des Wagens, des Packtuches u. dgl. festgesetzt:


[585]Ladung für jede Felgenbreite in Frankreich.

Hiebei ist noch zu bemerken, dass für den Strassenkoth, der an den Wägen hän-
gen bleibt, oder wenn das Packzeug und die Ladung nass ist, für zweirädrige Wägen
200 Kilog = 3,57 N. Oe. Ztr. und für vierrädrige Wägen 300 Kilog = 5,36 N. Oe. Zentner
Nachsicht gestattet wird.


§. 540.


In Deutschland berechnete Hr. A. Schlichtegroll in seiner „Abhandlung über den
Nutzen der breitfelgigen Räder an Fracht und anderm schweren Fuhrwerk“ (München,
bei Fleischmann 1819), auf jeden Zoll Breite der Radschienen 320 ℔ (bairisches oder
Wiener Gewicht), demnach auf 10 Zoll breite Felgen 32 Zentner auf jedes Rad, und dess-
halb das Gewicht des Wagens sammt Ladung mit 4 Rädern zu 128 Zentner; hiezu 8 Zug-
pferde, so kommen auf jedes Pferd 16 Zentner. Demnach ist


  • für 2 Pferde, die Felgenbreite = 2,5 Zoll u. das Gewicht des beladen. Wagens = 32 Ztr.
  • „ 4 „ „ = 5 „ „ „ „ = 64 —
  • „ 6 „ „ = 7,5 „ „ „ „ = 96 —
  • „ 8 „ „ = 10 „ „ „ „ = 128 —

Man rechnet, dass eine gewöhnliche Strasse, deren Material aus Kiesel oder gebroche-
Gerstners Mechanik. Band I. 74
[586]Einfluss der Grösse der Räder auf die Ladung.
nem Kalksteine, Basalt u. dgl. besteht, einen Druck von 300 bis 450 ℔ auf jeden Zoll ih-
rer Oberfläche auszuhalten im Stande sey, ohne dass die Solidität der Strasse dadurch
gefährdet werde. Hiernach kann die Ladung oder der Druck einer 2½ Zoll breiten Rad-
schiene 300. 2,5 = 7,5 Ztr. bis 450. 2,5 = 11,25 Zentner, folglich für 4 Räder 30 bis 45 Ztr.
betragen. Hieraus folgt, dss leichtes Fuhrwerk, Kutschen u. dgl. der Verbindlich-
keit breiterer Radschienen enthoben werden kann.


§. 541.


Die Vorschrift, dass die Breite der Felgen dem Gewichte des Wagens sammt La-
dung proportional seyn müsse, würde noch besser entsprechen, wenn hiebei zugleich
auf die Grösse oder auf den Durchmesser der Räder Rücksicht genom-
men würde
. Jeder Wagen macht nämlich einen Eindruck auf die Strasse, welches
die nach jedem Fuhrwerke zurückbleibenden Spuren oder Geleise darthun. Daraus
sehen wir, dass die Last des Wagens immer auf einer Fläche ruhe, welche die Breite
der Schiene zur Breite, und die Länge der Sehne zur Länge hat. Wenn wir dem-
nach die Breite zweier Schienen mit B und b, und die Länge der Sehnen mit L und l,
die Gewichte der Ladung und Wägen aber mit Q und q bezeichnen, so ist
Q : q = B. L : b. l. Setzen wir die Durchmesser der Räder = 2 A und 2 a, und die Tiefe
der Eindrücke = U und u, so ist aus dem Kreise bekannt, dass = 2 A. U und
= 2 a. u, folglich L : 1 = √ 2 A. U : √ 2 a. u. Soll nun der Eindruck in die Strasse
in beiden Fällen gleich, oder U = u seyn, so ist Q : q = B. √ 2 A : b. √ 2 a, folglich
die Breite der Schienen B : b = .


Im südlichen Deutschland bedient man sich verhältnissmässig kleinerer Rä-
der; die vordern haben 4½ bis 4 Fuss, die hintern Räder 5 Fuss, die Räder mit brei-
ten Felgen aber nur 2½ bis 3 Fuss im Durchmesser. Es verhält sich demnach
√ 5 : √ 2,5 = 7 : 5, also wäre B : b = , oder wenn die Lasten Q und q gleich sind,
B : b = 1/7 : ⅕, also B = 5/7 b, demnach würden grössere Räder für eine gleiche Ladung
schmälere Schienen erhalten können, als kleine.


§. 542.


In der österreichischen Monarchie sind noch keine Strassenwagen aufge-
stellt, und in dieser Hinsicht wird die Ladung und die Mauth nach der An-
zahl der vorgespannten Pferde bemessen
. Eine alte Verordnung verfügt
in dieser Hinsicht, dass kein Fuhrmann über 50 Zentner auf 4 Pferde laden darf;
ein späteres Hofdekret vom 7ten Jänner 1819 erlaubt eine unbedingte Ladung für
alle Wägen, deren Felgen wenigstens 6 Zoll Breite haben, und diese Wägen haben
zugleich auch nur die halbe Mauth zu entrichten. Die Einführung der breiten
Radfelgen gewährt daher für die Fuhrleute den doppelten Vortheil, dass sie auf ein
Pferd weit mehr laden können, und ausserdem noch eine geringere Mauth zu entrich-
[587]Breite der Radfelgen in Oesterreich.
ten haben. Die Ursache, dass diese breiten Felgen bei uns noch nicht so allgemein,
wie in Frankreich und England eingeführt sind, liegt in dem Umstande, dass in je-
nen Ländern eine weit grössere Länge von Kunststrassen (Chausseen), als bei uns her-
gestellt ist; die Fuhrleute fahren sonach dort gewöhnlich nur auf Chausseen, während
sie bei uns auf Landwege kommen, in denen die Geleise (und zwar häufig auch in
Steine) so tief und so schmal eingeschnitten sind, dass man nur wieder mit einem
Wagen von ganz gleicher Geleiseweite und schmalen Radfelgen fortzukommen im Stan-
de ist. So lange daher nicht die meisten Kommunicationen mit guten Strassen herge-
stellt sind, wird auch die allgemeine Einführung breiter Radfelgen bei
uns nicht statt finden können.


Aus diesem Umstande erklärt sich nun auch, warum die meisten Wägen in den
österreichischen Staaten eine gleiche Geleiseweite, nämlich 3 Fuss 6 Zoll Wiener
Maass innerhalb der Räder besitzen, und warum diese Geleiseweite für die vordern und
hintern Räder gleich sey; man kann nämlich nur mit solchen Wägen in den tief ein-
geschnittenen Landstrassen und Hohlwegen fortkommen.


In dieser Hinsicht gewährt es auf den französischen Strassen einen besondern Vor-
theil für die Unterhaltung derselben, dass nach einer gesetzlichen Bestimmung die hin-
tern Räder aller Wägen gerade um die Geleiseweite weiter aus einander stehen
müssen, als die vordern Räder. In diesem Falle gleichen nämlich die hintern Räder
die von den vordern Rädern aus der Strasse durch die Geleise hinausgedrückte Erde
wieder aus, und so lassen diese Wägen beinahe keine Spuren oder Geleise zurück.


§. 543.


Widerstand der konischen Räder. Die Räder der meisten Stadtwägen
sind, wie Fig. 9 so gebaut, dass die Speichen nicht in einer vertikalen Fläche, son-Fig.
9.
Tab.
29.

dern in der Oberfläche eines Kegels liegen, dessen Mittellinie zugleich die
Mittellinie eines Theils der Wagenachse ist, die an ihrem Ende herabgebogen wurde.
Diese konischen Räder wendet man vorzüglich desshalb an:


  • 1tens Damit die Wagenkästen aufwärts eine grössere Weite erhalten können, als die
    Geleiseweite beträgt; sind nämlich die Speichen und das ganze Rad vertikal ge-
    stellt, so kann der Wagenkasten nicht so weit (breit) gemacht werden, und
    nachdem derselbe bei den Stadtwägen an Federn hängt, so würde er auch bei
    vertikalen Speichen weit leichter an die Peripherie des Rades anschlagen, als
    es bei einem konischen Rade der Fall ist.
  • 2tens Ein anderer Grund, warum konische Räder bei Stadtwägen angewendet wer-
    den, liegt darin, weil der Koth, der sich an selbe anhängt, von dem Rade
    auf die Strasse heraus geworfen wird, während bei vertikalen Speichen der Koth
    nach beiden Seiten gleich, folglich auch an den Wagenkasten geschleudert wird.

Uibrigens ist hier noch zu erinnern, dass die konischen Räder, wenn die Speichen
nach beiden Seiten auswärts gestellt sind, leichter aus dem Haufen fallen, als wenn
die untern Speichen auf der Strasse senkrecht stehen. Dagegen ist aber zu bemerken,
74 *
[588]Widerstand konischer Räder.
dass die konischen Räder eine bedeutende Reibung verursachen, welche auf fol-
gende Art berechnet wird: *)


Fig.
10.
Tab.
29.

Wenn ein konisches Rad Fig. 10 um seine Achse gedreht wird, so muss jeder
Punkt B, A, D .... wegen der Festigkeit der Materie in derselben Zeit um die Achse
O C umlaufen. Es sey der mittlere Halbmesser des Rades A C = A, so ist die mitt-
lere Peripherie für den Punkt A = 22/7. 2 A = 2 π. A.


In derselben Zeit, in welcher die Peripherie 2 π. A zurückgelegt wird, muss
auch ein jeder Punkt an der Peripherie beschrieben werden, allein der äussere Punkt
des Rades oder der Radfelge muss einen grössern Raum und der innere einen kleinern
Raum beschreiben, demnach muss der äussere Punkt sich um etwas fortschieben oder
[589]Widerstand konischer Räder.
vorausschieben, und der innere Punkt des Radreifens muss um etwas zurückge-
schoben
werden. Hieraus entsteht nun eine Reibung, die mit keiner wälzenden Be-Fig.
10.
Tab.
29.

wegung verbunden ist, und wobei sich ein Körper auf einem andern nämlich der Rad-
reifen auf der Strasse fortschleift; diese Reibung muss von der Zugkraft überwältigt
werden, und sonach ergibt sich, dass konische Räder einen besondern Wider-
stand verursachen
.


Der äussere Punkt des Radreifens hat den Halbmesser A + e, wo unter e die
Grösse verstanden wird, um welche der äussere Durchmesser grösser, und daher auch
der innere Durchmesser kleiner als der mittiere A ist; demnach beschreibt der äussere
Punkt den Raum π. 2 (A + e) = 2 π. A + 2 π. e. und der innere Punkt beschreibt
den Raum = 2 π (A — e) = 2 π. A — 2 π. e; sonach wird der äussere Punkt um den Raum
2 π. e vorwärts und der innere Punkt um 2 π. e zurück geschoben. Da diese Bewegung unten
an der Strasse vorgeht, so entsteht daraus eine Reibung, welche sowohl das Rad, als auch
die Strasse abnützt. Der Widerstand ist im Punkte D am grössten, im Punkte A aber = 0;
wir können also zwischen beiden Räumen das Mittel nehmen. Nennen wir
nun den Druck der Ladung auf ein Rad und das eigene Gewicht des Rades = Q, so
drückt die halbe Breite des Rades A D auf die Strasse mit , und wenn wir den Rei-
bungscoeffizienten M nennen, so entsteht zwischen der Radfläche A D und der Strasse
eine Reibung = und der Raum, welchen dieser Widerstand bei einer Umdrehung
des Rades beschreibt, ist , folglich das Produkt beider = . π. e.


Der Punkt B bleibt, wie wir oben bemerkten, um die Grösse 2 π. e bei einer Um-
drehung des Rades gegen die mittlere Geschwindigkeit desselben zurück; also gibt
wieder, da der Punkt A um nichts zurückbleibt, die Grösse = π. e den Raum
an, um welchen die halbe Breite des Rades A B bei einer Umdrehung zurückbleibt;
die Reibung ist wieder und sonach das Produkt beider = . π. e. Wenn wir
nun diese beiden Widerstände für die zwei halben Breiten des Rades summiren, so
sind selbe = . π. e = M. Q. π. e. Dieser Widerstand muss von der
Zugkraft während eines Radumlaufes überwältigt werden; setzen wir die hiezu nöthige
Zugkraft = 𝔎'''', so müssen die Produkte dieser Kräfte in ihre Räume gleich seyn, oder
𝔎'''' × 2 π. A = M. Q × π. e woraus die Zugkraft , folgt; dieselbe wird
daher desto grösser, je mehr die Reibung des Rades an der Strasse oder M beträgt,
je grösser die Last Q ist, je grösser e oder je grösser der Unterschied der Durch-
messer des konischen Rades ist, endlich je kleiner der mittlere Durchmesser des Rades
2 A ist. Hohe Räder sind daher abermal vortheilhafter, als niedrige.


[590]Widerstand konischer Räder.

§. 544.


Wenn wir die Kraft mit jener zur Uiberwältigung der Reibung an
der Achse vergleichen, so ist : m. a.
Es ist daher bei einem konischen Rade eben so viel, als ob das Rad noch um eine
Achse einen Kreis beschriebe, welcher die halbe Höhe des über der Mitte vorstehenden
Rades, nämlich zum Halbmesser hat. Der Ausdruck wird desshalb be-
deutend gross, weil M. Q den Reibungswiderstand an der Strasse vorstellt,
wo also die Mittel zur Verminderung der Reibung, nämlich Abglättung, Schmieren etc.
nicht anwendbar sind, und desshalb der Reibungscoeffizient den Werth M = ½ oder
= ¾, zuweilen auch = 1 erhält. Bei den Versuchen des Ingenieurs Walker in London
wurde gefunden, dass ein Wagen mit kegelförmigen Rädern um den vierten Theil mehr
Zugkraft als mit cylindrischen Rädern brauchte. Nehmen wir nun M = ½ und m = ⅛ an,
so ist nach diesen Versuchen 𝔎'''' : 𝔎 = ¼ 𝔎 : 𝔎 = 1 : 4 = ½. : ⅛. a; also wäre e = ⅛ a gewe-
sen und wenn wir annehmen, dass die Achse des Rades den Halbmesser a = 1 Zoll hatte,
so wäre e = ⅛ Zoll gewesen, folglich hätte der Uiberschuss des äussern Halbmessers
des Rades über den innern nur 2. ⅛ Zoll oder 3 Linien betragen. Wollte man M = ¾
annehmen, so wäre 1 : 4 = ¾. : ⅛. a, also e = = 1 Linie, d. h. die Zugkraft würde
schon um ein Viertel grösser, wenn der äussere Halbmesser des Rades nur um eine
Linie von dem mittlern Halbmesser abweicht, oder wenn der äussere Halbmesser nur
um 2 Linien grösser, als der innere Halbmesser ist.


Nach R. L. Edgeworth Versuchen ist 𝔎'''' : 𝔎 = ½ : 1 = : m. a, woraus M. e = m. a
folgt. Wir ersehen hieraus, dass konische Räder aus den im vorigen Paragraph ange-
führten Gründen für Stadtwägen zwar zweckmässiger und bequemer sind, allein ihre
Anwendung wäre bei Frachtwägen sehr nachtheilig; cylindrische Räder verdienen daher
in jedem Falle, wo keine besondern Gründe obwalten, den Vorzug vor den konischen.


§. 545.


Bei den neuern englischen Eisenbahnen sind die gegossenen Räder zwar
senkrecht, allein sie erhalten einen konischen Radkranz, indem die Peripherie des
Rades nicht senkrecht auf der mittlern Fläche des Rades steht; die Räder sind daher
auch konisch, jedoch beträgt die Differenz des äussern und innern Raddurchmessers
gewöhnlich nur ⅛ Zoll, d. h. der innere Raddurchmesser ist 30 + ⅛ Zoll und der
äussere 30 Zoll gross, während die Breite des Rades für diese Verjüngung 3 Zoll be-
trägt. Der Zweck dieser konischen Bahnräder besteht sowohl darin um das Formen
des Rades für den Guss zu erleichtern, als auch um das Anstossen des hervorstehen-
den Randes an die Bahnschienen in geraden Linien möglichst zu vermeiden, und dem
Wagen eine Tendenz zu geben, wodurch er immer gegen die Mitte der Bahn herabzu-
gehen trachtet. Aus dieser Ursache werden nun aber auch die Schienen an ihrer
[591]Konische Räder bei Eisenbahnwägen.
Oberfläche nicht horizontal, sondern unter einem gleichen Winkel mit der Oberfläche des
Radkranzes gelegt, und weiter erhalten auch die Steinblöcke dieselbe geneigte Lage.
Das nähere Detail hievon, wie es bei der Eisenbahn zwischenLiverpool und
Manchester angewendet wird, enthält Fig. 13. Hiebei beträgt die Breite des konischen
Radkranzes a b = 3,5 Zoll, die Verjüngung b c = 3/16 Zoll; der kleinere DurchmesserFig.
13.
Tab.
29.

des Rades a a' = 2 Fuss 6 Zoll, der grössere aber c c' = 2′ 6″ + 2. 3/16″ = 2 Fuss 6 6/16 Zoll, die
Oberfläche des 24″ langen Steinblockes A B wird paralell zu a c gelegt; die Neigung C E er-
gibt sich daher aus der Proportion 3,5″ : 3/16″ = 24″ : C E und C E = 1 2/7 Zoll. Damit die Stein-
blöcke A B C D ihre Lage erhalten, wird das Erdreich unter C D mit einem Pflasterstössel
von bedeutender Schwere fest gestampft, Schotter in die Erde hineingeschlagen, der
Steinblock aufgelegt und abermal von allen Seiten mit Schotter und Erde verstampft.
Sind auf diese Art die Steinblöcke, welche auf der Liverpool-Bahn 2 Fuss Länge, 2 Fuss
Breite und 1 Fuss zur Höhe haben, unverrückbar fest, so kann auch die berechnete Rei-
bung an den konischen Rädern nicht mehr statt finden.


§. 546.


Die fünfte Art des Widerstandes entsteht aus der Bespannung, womit
wir zugleich die Frage über ungleiche Räder verbinden. Bisher haben wir an-
genommen, dass die Last des Wagens auf alle Räder gleich vertheilt ist, und dass auch
alle Räder gleich gross sind. Für das erstere wird zwar bei der Ladung der Fracht-
wägen gesorgt, aber das zweite findet bei den meisten Stadtwägen aus der Ursache nicht
statt, weil zum Umkehren in den Gassen und auf schmalen Strassen nöthig ist, dass die
vordern Räder unter dem Wagen durchgehen, sonach kleiner seyn müssen als die hintern
Räder. Uiberdiess werden alle Wägen gewöhnlich so bespannt, dass die Richtung
der Zugkraft nicht durch den Schwerpunkt des Wagens, sondern unterhalb desselben
durchgeht. Dieser excentrische Angriff hat zur Folge, dass der Frachtwagen nebst sei-
ner fortlaufenden Bewegung sich noch um seinen Schwerpunkt wieder drehen müsste,
wenn diese Bewegung nicht von der Strasse gehindert würde. Hiedurch entsteht ein
ungleicher Druck auf die Räder, dessen Folgen wir gegenwärtig zu untersuchen haben.


Es sey der Schwerpunkt des Wagens Fig. 14 in G und die Richtung der ZuglinieFig.
14.

sey C A. Man ziehe durch den Schwerpunkt G die Horizontallinie F H und durch die
Achsen der Räder die Senkrechten F E, H J. Nennen wir das ganze Gewicht des be-
frachteten Wagens = Q, den Theil von diesem Gewichte, welcher auf die Achse E
drückt = F, und jenen, welcher auf die Achse J drückt = H, sonach F + H = Q,
so ist nach den bekannten Gesetzen der Statik F = Q. und H = Q. . Die
Kraft, mit welcher der Wagen nach der Richtung C A gezogen wird, wollen wir = C A = K
setzen. Der Winkel A C B, den die Richtung dieser Kraft mit der Strasse macht, sey
= w, so zerfällt die Zugkraft C A in C D = K. Sin w, welche den Wagen hebt, und in
C B = K. Cos w, welche auf den Zug des Wagens längst der Strasse verwendet wird.
Weil aber C B nicht durch den Schwerpunkt geht, sondern an dem Hebelsarme C G an-
gebracht ist, so würde hieraus eine Umdrehung um den Schwerpunkt G entstehen, folg-
lich die Last F sammt der Achse E gehoben, und die Last H sammt der Achse J herab-
[592]Ungleiche Räder bei Frachtwägen.
Fig.
14.
Tab.
29.
gedrückt werden, wenn nicht die Last des Wagens und der Widerstand der Strasse die-
ser Bewegung entgegenwirkte. Um aber die Kräfte zu finden, womit die Achse E oder
das Gewicht F gehoben und dagegen die Achse J oder das Gewicht H von der Zugkraft
niedergedrückt wird, wollen wir die Strasse als ein wenig nachgiebig, folglich den Wa-
gen einer kleinen Drehung um seinen Schwerpunkt fähig gedenken, so dass der Punkt
F den Raum F f, und der Punkt H den Raum H h heschreiben möge. Zu derselben Ab-
sicht wollen wir die Zugkraft C B = K. Cos w in zwei Theile K' und K'' zerlegen, wo-
von K' auf die Bewegung der Last F und K'' auf die Bewegung der Last H verwendet
wird. Da die Kraft K' mittelst der Hebelsarme C G und F G die Last F hebt, so wirkt
auf den Punkt F die Kraft ; und wenn wir den Raum der freifallenden Körper
in der Zeiteinheit = g, und die Zeit, in welcher der Raum F f beschrieben wird = t
setzen, so geben die bekannten Gesetze der gleichförmigen Beschleunigung den Raum
F f = ; und wenn noch statt der Last F der gefundene Werth
gesetzt wird, so ist der Raum F f = . Auf dieselbe Art findet man
den Raum H h = . Weil aber die Räume F f und
H h den Entfernungen F G und G H proportional seyn müssen, so folgt nach Hinweglas-
sung der gleichen Faktoren F G : G H = F f : H h = K' : K''. Demnach ist
; und die Kraft, womit die Achse E gehoben
wird = K. Cos w. . Eben so ist K'' = = K. Cows. ;
sonach die Kraft, womit die Achse J niedergedrückt wird K''. = K. Cos w. .
Hieraus ersehen wir, dass die Kräfte, womit von dem excentrischen Angriffe die vorde-
re Achse gehoben, und die hintere niedergedrückt wird, einander gleich sind. Die ex-
centrische Bespannung hat sonach die merkwürdige Folge, dass ein Theil des Gewich-
tes, den die Formel K. Cos w. angibt, von den vordern Rädern abgenommen
und auf die hintern Räder aufgelegt wird. Wenn also bei gleichen Achsen
die hintern Räder grösser sind als die vordern, so wird der Zug
des Wagens durch die angeführte excentrische Richtung der Zug-
stränge wirklich erleichtert
. Zugleich zeigt diese Rechnung, dass durch eine
hohe Ladung die hintern Wagenräder sehr leiden und in einen weichen Boden tiefer ein-
sinken als die vordern, weil G C gross wird. Dieser Nachtheil wird vermindert durch
lange Wägen, wodurch ein unbedeutender Bruch werden kann.


Der Druck auf die vordere Achse ist nämlich
= (Q — K. Sin w) — K. Cos w. ; und der Druck auf die hintere Achse ist
(Q — K. Sin w) + K. Cos w. . Setzen wir den Durchmesser eines vordern
[593]Ungleiche Räder bei Frachtwägen.
Rades = A, den Durchmesser seiner Achse = a, den Durchmesser eines hintern Rades
= A', den Durchmesser seiner Achse = a' und zur Abkürzung
= tang μ, und = tang μ',
so haben wir zwischen der Zugkraft und dem Widerstande des Wagens folgende Gleichung
K. Cos w = tang μ';
woraus die nöthige Grösse der Zugkraft K in jedem gegebenen Falle berechnet wer-
den kann.


Zur leichtern Uibersicht der Folgen, welche aus dieser Rechnung gezogen werden
können, ist zu bemerken:


  • 1tens. Wenn die vordern und hintern Räder sammt ihren Achsen einander gleich sind,
    Fig.
    14.
    Tab.
    29.

    so ist auch tang μ = tang μ', sonach
    K. Cos w = (Q — K. Sin w) tang μ = (Q — K. Sin w) , wor-
    aus K = folgt.
  • 2tens. Wenn die hintern Räder grösser sind, und eine grössere Last tragen sollen, als
    die vordern, so müssen auch die Achsen verhältnissmässig stärker seyn. Setzen
    wir demnach , so ist auch sehr nahe tang μ = tang μ', sonach abermals
    K = .
  • 3tens. Wollte man die Ladung oder den Schwerpunkt des geladenen Wagens so weit
    zurücksetzen, dass die vordern Räder gar nichts und die hintern die ganze Last
    des Wagens allein zu tragen hätten, so würde der Druck auf die vordere Achse
    = 0, demnach (Q — K. Sin w) G H = K. Cos w. G C seyn. Wird dieser Werth in
    die obige Gleichung gesetzt, so erhalten wir abermals K = .

Es erhellet von selbst, dass alle gedenkbaren Fälle zwischen diese drei angeführten
nothwendig fallen müssen; wir können demnach die einfachere Gleichung
K = in jedem Falle als sehr annähernd und ohne erheblichen Fehler für
die weitern Folgen brauchen.


§. 547.


Die Grösse des Widerstandes, den die Wägen auf unsern Strassen erfahren, ergibt
sich aus folgenden Versuchen.


Es ist bekannt, dass die Frachtwägen von unsern Gebirgsstrassen dort anfangen von
selbst herabzulaufen, ohne noch merklich in die Haltketten zu fallen, wo der Abhang
oder das Gefälle 1½ bis 2 Zolle auf jede Klafter beträgt. Da in diesem Falle die bewe-
gende Kraft dem ganzen Widerstande des Wagens gleich ist, so folgt die
Zugkraft auf ebenen Strassen K = . Wenn im Gegentheile der Wagen über eine
Gerstners Mechanik. Band I. 75
[594]Versuche über die Widerstände der Wägen.
Strasse bergauf, mit 4 Zoll Steigung auf jede Klafter geführt wird, so ist die Zugkraft
K = , welches Resultat gleichfalls von der Erfahrung in so weit bestät-
tiget wird, als man auf unsern Strassen gewöhnlich 40 bis 50 Zentner Ladung für 4 Fracht-
wagenpferde berechnet. Für die Reibung an den Achsen wurde oben §. 531 angenommen
; also wäre der übrige Widerstand der Geleise und Steine zusammen
= beinahe zweimal grösser, als die Reibung an den Achsen.


§. 548.


Graf Rumford hat die Zugkraft, welche sein Wagen auf verschiedenen Strassen for-
derte, mit einer Federwage gewogen, und hierüber in seinen Beobachtungen über die
Vortheile der Räder mit breiten Felgen folgende Versuche bekannt gemacht.


  • Der Wagen mit den neuen Rädern wog   1721 ℔.
  • Drei Personen: Herr, Kutscher und Bedienter  400 „
  • Das ganze, von den Pferden gezogene Gewicht war demnach   2121 ℔.

Auf dem Pflaster der Versailler Strasse zwischen der Brücke von Sevres und Passy
betrug der Zug in Pfunden:


[595]Versuche über die Widerstände der Wägen.

Auf der Erde, wo der Weg etwas sandig war:


Auf neu geschütteten Kieseln, worüber noch kein Wagen gefahren war:


Betrachten wir zuerst den Zug auf dem Pflaster, und nehmen wir die Geschwindig-
keit der Pferde beim kleinen Schritte v = 3 Fuss, im grossen Schritte v = 4½ Fuss, im
kleinen Trabe v = 6 Fuss, im grossen Trabe v = 8 Fuss an. Da wir gesehen haben, dass
die Widerstände der Reibung, der Geleise, der konischen Räder u. s. w. von der Geschwin-
digkeit nicht abhängen und beständig sind; dagegen der Widerstand, welcher durch den
Stoss an Steine entsteht, dem Quadrate der Geschwindigkeit proportional ist, so setze
man, um aus diesen Versuchen die Resultate für die wirkliche Grösse des Widerstandes
abzuleiten, die Zugkraft allgemein = A + B. v2.


Hiernach folgt der Widerstand der neuen Räder mit 4 Zoll breiten Schienen sehr
nahe = 27 + ; der Widerstand der letzten Räder mit 2¼ Zoll breiten Schienen
= 28 + 5/3. v2; der Widerstand der vorletzten Räder mit 1¾ Zoll breiten Schienen
= 37 + 7/4. v2. Das Mittel zwischen dem Widerstande der letzten und vorletzten Räder
beträgt für 2 Zoll breite Schienen = 33 + 1,7. v2. Es verhält sich demnach der Wider-
stand der 4 Zoll breiten Schienen zum Widerstand der 2 Zoll breiten Schienen wie
27 + 1,5. v2 zu 33 + 1,7 v2, folglich beinahe wie 15 zu 17.


Hieraus erfahren wir


  • 1tens. dass durch eine Verdoppelung der Breite der Radschienen die Zugkraft um 2/17 oder
    beiläufig um ⅛ vermindert werde.
  • 2tens. Dass der Widerstand der Pflastersteine sehr nahe dem Quadrate der Geschwin-
    digkeit proportional sey; so wie es die oben §. 534 angeführte Theorie gezeigt hat.
  • 3tens. Dass die Zugkraft auf dem Pflaster für die gewöhnlichen Wägen mit 2 Zoll brei-
    ten Radschienen auf angeschlagen werden
    könne. Das erste Glied ist sehr nahe doppelt so gross, als der oben berech-
    nete Reibungswiderstand an den Achsen. Das zweite Glied beträgt in dem Falle,
    75 *
    [596]Versuche über die Widerstände der Wägen.
    wenn die Pferde auf ebenen Strassen 4 Fuss in jeder Sekunde, oder eine Meile
    von 24000 Fuss in 1⅔ Stunde zurücklegen, nur . Beide zusammen geben den
    Widerstand auf einer gepflasterten horizontalen Strasse sehr nahe = , welches
    mit der vorigen Erfahrung §. 547 übereinstimmt.
  • 4tens. Der Widerstand auf Erde, Sand und lockerem Schotter zeigt sich im Schritte und
    im Trabe von gleicher Grösse, folglich hat die Geschwindigkeit des Wagens hier-
    auf keinen Einfluss, so wie es die über den Widerstand der Geleise §. 537 angege-
    bene Theorie gelehrt hat. Dieser Widerstand steigt aber nach Maassgabe der
    grössern Lockerheit des Sandes, Schotters und tiefern Erdreichs, worin die Rä-
    der tiefere Geleise ziehen. Der Widerstand der Wägen beträgt nämlich:

Der Widerstand auf unsern Strassen beträgt also überhaupt nach Maassgabe des bes-
sern oder schlechtern Weges 4 bis 12 Prozent von dem Gewichte der Ladung und des
Wagens.


§. 549.


Die vortheilhafteste Steigung der Bergstrassen wird auf folgende
Art berechnet:


Es sey die Kraft der Zugpferde = ; das Gewicht des Wagens
= W, das Gewicht der Ladung, welche auf dem Wagen geführt wird = Q, das Ge-
wicht der Zugpferde = P, der Widerstand des Weges = m (Q + W), das Verhältniss
der Höhe zur Länge der Bergstrasse = = x, so haben wir für die aufwärtige Fahrt
zwischen Kraft und Last folgende Gleichung
= m (Q + W) + (Q + W + P). Hieraus folgt
[597]Steigung der Bergstrassen.
Die Zeit, in welcher die Länge des Weges l zurückgelegt wird, ist offenbar = . Wenn
nun die Kosten eines Zugtages, nämlich der tägliche Lohn des Knechtes (Kutschers)
und die Kosten, welche auf die Anschaffung und Unterhaltung der Pferde und des
Wagens auf einen Tag ausfallen = p gesetzt werden, so haben wir die Proportion:
Die Zeit eines Tages zur Zeit der Fahrt auf dem Bergwege, wie der Lohn p zu den
Kosten der Fahrt über die Länge des Bergweges, oder 3600. z : ; da
diese Kosten für den Transport der Ladung Q ausgelegt werden, so betragen die
Frachtkosten für 100 Pfund = . Weil aber bei dieser Frage nur die Höhe
des Berges h gegeben ist, und die Länge l, welche diese Bergstrasse erhalten soll,
gesucht wird, so können wir den Werth l = in die Gleichung für die Frachtkosten
setzen. Hiernach ergibt sich der Betrag der Frachtkosten = . Setzen
wir nun statt Q den oben gefundenen Werth, so sind die Frachtkosten
=
Diese Funktion ist in dreifacher Hinsicht einer Vermehrung oder Verminderung fähig,
nämlich


  • 1tens in Hinsicht auf die Geschwindigkeit v, mit welcher gefahren wird,
  • 2tens in Hinsicht auf die Zeit z, wie lange gefahren wird, und
  • 3tens in Hinsicht auf die Steigung x, je nachdem der Weg mehr oder weniger steil
    angelegt wird.

In dieser Gleichung sind die Grössen p, h, t, c, k gegeben, die Frachtkosten wer-
den demnach ein Minimum seyn, wenn die Funktion
zu einem Maximum ge-
macht wird. Weil aber in dieser Funktion drei veränderliche, von einander unab-
hängige Verhältnisse, nämlich und x vorkommen, so muss die Funktion auch in
Hinsicht auf alle diese Verhältnisse zu einem Maximum gemacht werden. *)


[598]Steigung der Bergstrassen.

Um die für die Steigung der Bergstrassen unten angeführte allgemeine Gleichung
aufzulösen, können wir = y setzen und erhalten auf solche Art folgende Gleichung
.


  • Beispiel. Es sey für einen mit 4 Pferden bespannten Frachtwagen das Gewicht des
    leeren Wagens W = 2000 ℔, die Kraft eines Pferdes 125 ℔, folglich für alle
    4 Pferde k = 500 ℔, c = 4 Fuss und ihr Gewicht P = 4. 5. 125 = 2500 ℔.

Mit diesen Werthen ergibt sich die vortheilhafteste Steigung aus der Auflösung
folgender Gleichung
.



[599]Steigung der Bergstrassen.

§. 550.


Aus der vorstehenden Tabelle sehen wir, dass die Steigung von 4 Zoll auf die
Klafter nur für schlecht unterhaltene Strassen, wobei der Widerstand 6 bis 10 Prozent
beträgt, angemessen sey, bei bessern Strassen aber auf 3½ oder 3 Zoll reduzirt werden
müsse. Uihrigens folgt aus der oben angeführten Gleichung die weitere Bemerkung, dass
die vortheilhafteste Strassensteigung noch dieselbe bleibt, wenn die Verhältnisse der
Grössen k, P und W dieselben sind, z. B. ein zweispänniger Wagen, dessen Gewicht
W = 1000 ℔, das Gewicht der zwei Pferde P = 2 . 5 . 125 = 1250 ℔ und die Kraft
k = 250 ℔ beträgt. Auch ergibt sich von selbst, dass für den Fall, wenn die Verhält-
nisse der Grössen k, P und W sich nicht bedeutend ändern, die vortheilhafteste Stei-
gung sehr nahe denselben Werth behalte.


In der vorstehenden Tabelle ist Q das Gewicht der Ladung, welche die Pfer-
de auf der Bergstrasse mit der berechneten vortheilhaftesten Geschwindigkeit in der
angemessenen Zeit führen können. Tritt jedoch der Fall ein, dass der Fuhrmann eine
grössere Ladung auf den Wagen genommen hat, welche er zwar auf der horizontalen
Strasse ohne Anstand fortführt, auf der Bergstrasse aber ohne übermässige Anstren-
gung seiner Pferde nicht mehr fortschaffen kann, so muss er dann für dieses Uiberge-
wicht Vorspannpferde auf der Bergstrasse nehmen. Die Zahl n der hiezu erforderli-
chen Pferde ergibt sich aus der Proportion: die Last Q + W erfordert 4 Pferde, die
Differenz der Ladung wird daher n Pferde benöthigen.


  • Beispiel. Es sey wie oben W = 2000 Pfund, und der Widerstand m = 0,05,
    so folgt aus der Gleichung (Q + W) 0,05 = 500, die Ladung auf der horizon-
    talen Strasse Q = 8000 ℔. Die vortheilhafteste Steigung ist in diesem Falle 3,7
    Zoll auf die Klafter und die Ladung Q = 4618 ℔; es werden demnach n = 2
    Vorspannpferde erfordert.

Für lange Strassen, wo abwechselnde Berge und Ebenen vorkommen,
pflegen die Fuhrleute ihre Ladung nach einem aus der Erfahrung angenommenen
Durchschnitte zu bemessen, die ganze Strasse mit denselben Pferden zu befahren, und
nur über die höchsten Bergstrecken Vorspann zu nehmen; hiebei wird über Anhöhen
etwas langsamer, auf ebenen Strecken und bergab aber schneller gefahren, und die
Forderung des Frachtlohnes für die ganze Strecke von den Fuhrleuten nach dem be-
nöthigten Zeitaufwande bemessen. Es entsteht demnach die Frage, wie die Frachtko-
sten auf einer Strassenstrecke anzuschlagen seyen, wobei nebst den ebenen Strecken noch
andere Gefälle vorkommen. Wir werden diese Aufgabe bei dem Gegenstande der Ei-
senbahnen umständlich behandeln, und dort in einem Beispiele die zur Befahrung ei-
ner Strecke mit verschiedenen Steigungen erforderliche Zeit und den Kostenaufwand
berechnen.


§. 551.


Die bisherige Theorie enthält die wesentlichsten Grundsätze über die Konstrukzion
der Frachtwägen und Strassen. Obwohl wir bereits S. 572 bemerkten, dass das prak-
tische Detail dieser Gegenstände hier nicht behandelt werde, so wird es doch unsern
Lesern nicht unangenehm seyn, hier noch folgende Bemerkungen über den Bau der
Räder als des wesentlichsten Theiles der Frachtwägen zu finden.


[600]Bauart der Frachtwagenräder.

Bei den sogenannten schweren Frachtwägen kommen gegenwärtig die breiten Fel-
gen immer mehr in Anwendung, nachdem die Vortheile derselben mehr erkannt und
gewürdigt werden. Alle Felgen werden hierlandes von Holz verfertigt, gewöhnlich
sechs in einen Radkranz gebunden und mit eisernen Schienen oder Radreifen beschla-
gen. Die älteste Art dieses Beschläges bestand darin, dass man über jede Fuge der
Felgen eine Schiene und demnach über die sechs Felgen auch eben so viel Schienen
nagelte. Auf gleiche Weise hat man auch bei den sechs und mehr Zoll breiten Felgen die
eisernen Radreifen aus mehreren Stücken zusammengesetzt, die durch Nägel oder Schrau-
Fig.
15
bis
18.
Tab.
29.
ben an die Radfelgen befestigt wurden. Die Konstruction eines solchen Rades zeigt Fig. 15
bis 18. In England werden breitfelgige Räder gewöhnlich mit 3 oder 4 nebeneinander lie-
genden Radreifen von 1¾ bis 2 Zoll Breite beschlagen. Es gibt jedoch grössere Hammer-
werke, z. B. in Steyermark, wo zugleich ein stärkeres Schmiedeisen erzeugt wird, und wo
man Radschienen für die ganze Breite 6zölliger Felgen und die ganze Länge der Peripherie
des Rades aus einem Stücke verfertigt, zusammen schweisst, auf das Rad aufzieht und sie
sodann mit Nägeln befestigt, deren Köpfe in konischen Oeffnungen im Radreifen versenkt,
und die entgegengesetzten Ende mit Schrauben an die Radfelgen angezogen werden.


Die Speichen der Räder werden gewöhnlich nur in eine konische Fläche gestellt;
da dieselben jedoch leicht aus dem Haufen fallen, so hat man für schwere Wägen die
Nabe der Räder 12 bis 15 Zoll lang gemacht und die Speichen doppelt gegegeneinander ge-
stellt. Diese Speichen so wie den Radkranz hat man in England von Schmiedeisen, die
Nabe aber von Gusseisen zu machen versucht, jedoch bei schwerem Fuhrwerke wieder
aufgegeben, weil bei solchen Rädern auf gewöhnlichen Strassen die Stösse an Steine
zu heftig, demnach auch der Festigkeit des Rades sehr nachtheilig wurden, wogegen
hölzerne Räder mehr Biegsamkeit und Nachgiebigkeit besitzen, und daher der nach-
theiligen Einwirkung solcher Stösse leichter widerstehen.


Bei dem gewöhnlichen Fuhrwerke werden die Naben der Räder etwas mehr
ausgebohrt, als es, die Achse erfordert und eben so befindet sich zwischen dem Vor-
stecknagel und der Nabe noch ein Spielraum, damit die Räder den Unebenheiten der
Strasse, den Steinen etc. nachgeben können. Da solche Räder bei der Bewegung des
Wagens auf den Achsen immer hin und her schwanken, so kann man wegen des noth-
wendigen Spielraumes keine flüssige Schmiere anwenden, und auch die gewöhnliche
Schmiere geht sehr schnell verloren. Wenn jedoch die Strasse sehr eben, abgefahren
und hinlänglich fest ist, wie es z. B. bei den englischen M°. Adam’isirten Strassen
der Fall ist, so kann man Räder zu den Wägen verwenden, deren Naben keinen Spiel-
raum auf den Achsen besitzen, und man kann die Achsen in einer sogenannten Schmier-
büchse laufen lassen. In England nennt man solche Räder close ended wheels (an ihrem
Ende geschlossene Räder) und man braucht sie sowohl bei leichten Stadtwägen, (Gigs
oder Caricles) als auch bei grossen Lastwägen. Die genaue Darstellung der Achse und
Fig.
19
bis
21.
Nabe eines solchen Rades für leichte Wägen enthält Fig. 19 in der Längenansicht, Fig. 20
im Längendurchschnitte und Fig. 21 in der Ansicht von vorne. Der Durchschnitt der Achse
AB zeigt die Form, nach welcher sie abgedreht wurde; auf diese Achse wird eine gusseiser-
ne Hülse a b c d, welche in dem hölzernen Haufen des Rades eingesetzt ist, und auf gleiche
[601]Naben der Frachtwägen.
Art von der andern Seite die Scheibe e f angesteckt. Diese Scheibe wird durch dieFig.
19
bis
21.
Tab.
29.

Schrauben m, m', m'', welche durch den Radhaufen gehen, mit demselben verbunden,
und dreht sich daher gemeinschaftlich mit dem Haufen herum. Damit jedoch das Rad
von der Achse nicht ablaufen könne, ist die letztere mit dem ringförmigen Absatze o o'
Fig. 20 versehen. Die Hülse ist vorn mit der messingenen, in dieselbe eingeschraubten
Platte g h geschlossen, in welche leztere durch eine mit der Schraube k geschlossene
Oeffnung Oehl eingelassen wird; dieses füllt den Raum p und die kleinen Zwischenräume
q, q', r, t, r', und s, s'. Zur bessern Erhaltung des Oehls wird zwischen der Scheibe e f
und der Hülse a d ein Filz eingelegt, zu dessen Befestigung abermal an der Hülse dort,
wo sie die Scheibe bei a, a' berührt, ein im Kreise herum laufender hervorstehender
kleiner Rand bei dem Abdrehen gelassen wird. Aus dieser Beschreibung erhellet, dass das
Oehl in der Büchse vollkommen gehalten werde, und sich bei der Bewegung des Rades
auf der ganzen Länge der reibenden Achse vertheile. Dass übrigens diese Achse unbe-
weglich bleibe und das Rad sammt der Hülse a b c d und der Scheibe e f sich gemein-
schaftlich herumdrehe, versteht sich von selbst. Die Verbindung des ganzen Rades mit
der Hülse und Achse zeigt Fig. 22. Die Fig. 23, 24 und 25 stellen die Achse und NabeFig.
22.
Fig.
23, 24
u. 25.

für einen grossen Güterwagen vor. Die erstere ist wieder von Schmiedeisen und
bleibt bei der Bewegung des Rades fest. Die Nabe ist von Gusseisen und mit 12 Oeffnun-
gen zum Einsetzen der hölzernen Speichen versehen. Eine ganze Achse sammt zwei solchen
Naben wiegt 280 ℔ und gehört zu einem vierrädrigen Wagen, der mit 150 bis 200 Zentnern
beladen wird. Der abgedrehte Theil der Achse misst bloss 2½ Zoll im Durchmesser und ist
auf seiner ganzen Länge, wie Fig. 23 zeigt, bei r segmentartig abgeschnitten, um die
Vertheilung des Oehles gleichförmig auf der ganzen Achse zu bewirken.


§. 552.


Die Versuche, welche §. 548 über die Widerstände der Wägen auf den Strassen
von verschiedener Beschaffenheit angeführt wurden, führen zur Uiberzeugung, dass
unsere Landfracht durch mechanische Verbesserungen des Wagens, breitere Radschie-
nen, grössere Räder und dgl. zwar noch einigermassen befördert werden könne, dass aber
Hauptverbesserungen nur durch Herstellung guter Strassen zu bewirken sind.
Die Engländer haben in dieser Hinsicht sehr zweckmässig die Wagengeleise mit eisernen
Schienen belegt und diese Strassen, Eisenbahnen genannt, vorzüglich in den letz-
tern Zeiten so vervollkommnet, dass sie gegenwärtig bereits in sehr ausgedehnter Be-
nützung daselbst stehen, und auch auf dem Continente von Europa, so wie in den
nordamerikanischen Freistaaten immer mehr in Anwendung kommen; die Eisenbahnen
sind sonach ein Gegenstand, dem man in der neuesten Zeit ausserordentliche Wichtig-
keit beilegt.


Die ältesten Bahnen waren von Holz und sollen vor beiläufig 200 Jahren bei
den Steinkohlen-Gruben in der Nähe von Newcastle-upon-Tyne im Gebrauche ge-
wesen seyn; nach andern Nachrichten sollen diese Bahnen jedoch erst im Jahre 1680
ihren Ursprung finden. Als man nämlich wegen des immer mehr überhand genomme-
nen Holzmangels sich in London und andern englischen Städten gezwungen fand,
Steinkohlen zur Feuerung zu verwenden, wurden zur Verminderung der grossen Trans-
Gerstners Mechanik. Band I. 76
[602]Geschichte der Eisenbahnen.
portkosten hölzerne Bahnen (wooden-rail-ways) von den Steinkohlengruben in
den Grafschaften Northumberland und Durham, vorzüglich in der Gegend von New-
castle-upon-Tyne
bis zu den Flüssen Wear und Tyne gelegt, auf welchen die Koh-
len mit eigends hiezu gebauten Wägen zu den Schiffen verführt, und mit den letztern
zum Absatze an den englischen Küsten weiter gebracht wurden.


Auf diesen noch ganz unvollkommenen Bahnen machte man bereits die Erfah-
rung, dass ein Pferd mit Leichtigkeit einen mit Steinkohlen beladenen Wagen ziehen
konnte, wozu vorher auf der gewöhnlichen Strasse drei oder mehr Pferde verwendet
werden mussten. Im Jahre 1738 wurden die ersten Bahnen von Gusseisen (cast iron-
rail-ways
) gelegt; im Jahre 1768 wurden bedeutende Verbesserungen an den Trans-
portwägen vorgenommen, und die Eisenbahnen immer mehr und mehr vervollkommnet,
bis sie vom Jahre 1797 an die öffentliche Aufmerksamkeit im hohen Grade in Anspruch
nahmen. Im August 1799 wurde dem englischen Parlamente ein umständlicher Bericht
über die grossen Vortheile der Einführung der Eisenbahnen erstattet, und es wurden
in Gegenwart besonderer Commissäre mehrere Versuche auf ausgeführten Eisenbahnen
gemacht, die erstaunungswürdige Resultate lieferten. Seit jener Zeit war man unabläs-
sig mit der Verbesserung derselben beschäftigt; man belegte zuerst die hölzernen Bah-
nen mit Schienen von Schmiedeisen, man legte Bahnen ganz von Gusseisen, und auch
ganz von Schmiedeisen; endlich belegte man sogar gusseiserne Bahnen mit Schienen
von Schmiedeeisen.


Die Schienen von Gusseisen macht man 3 bis 4 Fuss lang, jene von Schmiedeisen
15, 20 bis 30 Fuss lang, und beide an der Oberfläche 2 bis 2½ Zoll breit; man legt sie für
die gewöhnlichen Wagengeleise 4½ Fuss weit von einander; die gusseisernen Schienen
befestigt man auf steinernen Unterlagen, die schmiedeisernen entweder eben so, oder auf un-
tergelegten hölzernen, auf Grundschwellen ruhenden Trämen, und auf beiden fährt man
bloss mit besonders hiezu gebauten Wägen mit gusseisernen Rädern. Durch den Gebrauch
werden die Schienen an der Oberfläche so abgeglättet, dass ein Pferd gewöhnlich 100,
und wenn die Bahn sehr gut gelegt ist, 150 bis 180 Wiener Zentner auf einer hori-
zontalen Eisenbahn, bei gewöhnlicher Anstrengung
im starken Schritte,
und eben so leicht zu ziehen vermag, als es auf einer gewöhnlichen Strasse 10 bis 15
Wiener Zentner zieht.


In den Pariser Annales des Arts et Manufactures par O’ Reilly befindet sich in
den Monathsheften Nivose an IX (1801), Fructidor an XI und Messidor an XII einer
der ersten umständlichen Berichte über die englischen Eisenbahnen, und es wird da-
selbst angeführt, dass im Jahre 1801 in Carnarvonshire eine Eisenbahn zum Behufe ei-
nes Bruchsteintransportes bis zu dem Hafen Penrhyn angelegt wurde, wobei zehn
Pferde
dieselbe Arbeit, wie vier hundert Pferde auf der vormals bestandenen
Strasse verrichteten. In denselben Annalen wird bereits gezeigt, dass die Anlage der
Eisenbahnen vor jener der kleinern Schiffahrts-Canäle bedeutende Vorzüge besitze, und
dass der Transport auf den Eisenbahnen nur halb so viel, als auf den kleinern Canä-
len koste.


In allen neuern mechanischen Schriften und Reisebeschreibungen von England wird
der Eisenbahnen erwähnt, allein in den wenigsten Werken finden sich genaue Beschrei-
[603]Verschiedene Arten von Eisenbahnen.
bungen derselben und bestimmte Nachweisungen über ihren Erfolg. Die genauesten
Zeichnungen, welche bisher über die Konstruktion der englischen Eisenbahnen erschie-
nen sind, verdanken wir einem Ingenieur von Nord-Amerika, welcher auf Kosten einer
Gesellschaft in Philadelphia England im Jahre 1825 und 1826 bereiste, und hierauf die
Resultate seiner Beobachtungen in folgendem Werke bekannt machte: Reports on Ca-
nals, Railways, Roads and other subjects, made to the Pennsylvania sociely for
the promotion of internal improvement, by W. Strickland, architect and engi-
neer. Philadelphia
1826 (Mit 71 Kupfertafeln, Preis des Werkes in London 3 Liv. 13 sh.
6 d.) Die umständlichen Beschreibungen der Eisenbahnen, welche in den letztern Jahren in
England ausgeführt wurden und die genauesten Angaben über ihre Bau- und Unterhal-
tungskosten, so wie über die Leistungen der Kräfte der Pferde und des Dampfes auf
denselben finden sich in dem Werke: „Uiber Schienenwege in England; Bemerkungen,
gesammelt auf einer Reise in den Jahren 1826 und 1827. Von C. v. Oeynhausen und
H. v. Dechen. Berlin 1829. Im Verlage bei G. Reimer.“


Die Angaben in der folgenden Beschreibung sind vom Verfasser dieses Werkes an Ort
und Stelle in den Jahren 1822, 1827 und 1829 in England und Schottland gesammelt
und die Zeichnungen, welche Tab. 30 bis 36 enthalten, sind daselbst mit aller Genauig-
keit aufgenommen worden. Die Dimensionen sind im englischen Maasse.


§. 553.


Alle Eisenbahnen lassen sich in drei Gattungen eintheilen: 1tens flache Schienen-
wege
(Railroads), bei welchen die Schienen (edge rails) flach oder etwas abgerun-
det, und die Räder der darauf sich fort bewegenden Wägen gegen das Abgleiten mit
einem hervorstehenden Rande oder Spurkranze an der innern Seite des Wagens ver-
sehen sind. 2tensSchienenwege mit hervorstehendem Rande (Tramroads),
wobei die Schienen (plate rails) gegen das Abgleiten der Räder mit einem hervorste-
henden Rande nach aussen versehen, die Wagenräder aber flach sind, und 3tens
Palmer’sche Schienenwege, welche nur eine Schienenreihe haben, die über dem
Boden erhöht ist, und zweirädrige Wägen trägt, deren Kästen zu beiden Seiten der
Räder herabhängen. Die Railroads sind vorzüglich im Norden von England, in den
Grafschaften Northumberland und Durham, wo die meisten Eisenbahnen vorhanden
sind, im Gebrauche, und werden gegenwärtig wegen ihrer allgemein anerkannten
grössern Vortheile gegen die Tramroads bei allen neuern Eisenbahnunternehmungen
in England, so wie auch in Frankreich angewendet. Die Tramroads sind vorzüglich
im Westen von England, in Wales im Gebrauche; die grösste Zahl derselben dürfte
sich in Monmouthshire befinden. Der Palmer’sche Schienenweg ist bisher nur bei
Cheshunt in Hertfordshire in einer Länge von ¾ engl. Meilen zum Transporte des
Kalks und der Ziegeln an den Lee Canal, dann auf einer sehr kurzen Strecke in dem
Proviant-Amte (Victualling office) zu Deptford bei London erbaut worden, und
dürfte wegen der vielen Unbequemlichkeiten, die seine Konstruktion mit sich führt,
kaum in weitere Anwendung kommen.


Die Tafel No. 31 enthält die Konstruktion der Gusseisenschienen auf den
englischen Railroads, wie dieselben von den Herrn Losh, Wilson und Bell gegossen
76 *
[604]Gusseisenschienen.
Fig.
1
und
2.
Tab.
31.
werden; hievon ist Fig. 1 die Längenansicht im 4ten Theile der natürlichen Grösse und
Fig. 2 der Querdurchschnitt durch die Mitte der Schiene in halber Grösse. Die Länge der
Schiene von einem Ende zum andern beträgt 4 Fuss, und ihre Höhe in der Mitte 5 Zoll, an
den Enden aber 3½ Zoll, die obere Breite der Schiene ist 2½ Zoll und so abgerundet, wie der
Durchschnitt Fig. 2 zeigt. Die Befestigung dieser Schiene in gusseisernen Lagern
(Chairs oder pedestals), so wie die Befestigung der letztern auf untergelegten Steinblö-
Fig.
1
bis 4.
Tab.
32.
cken ist aus Tafel 32, Fig. 1 bis 4 ersichtlich. Die Schiene M wird nämlich mit dem schmied-
eisernen Nagel N an das gusseiserne Lager befestigt; dieses letztere aber durch die höl-
zernen Nägel O und P auf Steinblöcken fest gemacht. Die Dimensionen der Steinblöcke bei
der Manchester und Liverpool Bahn und die Art sie im Grunde vollkommen fest zu legen,
haben wir bereits Seite 591 beschrieben. Bei der Darlington Eisenbahn sind die stei-
nernen Unterlagen 14 Zoll lang, 18 Zoll breit und 9 Zoll hoch, sie wurden jedoch zu klein
gefunden, da sie leicht aus ihrer Lage verrückt werden und dann wieder gerichtet werden
müssen. Die gusseisernen Schienen sind an ihrem Ende entweder gerade abgeschnitten wie
Fig.
6.
Fig. 4, oder nach der patentirten Verbindung Fig. 6 oder auch mit andern geraden oder
krummen Linien begränzt.


Die Gewichte der Gusseisenschienen betragen mehr und minder, je nach-
dem die Wägen, welche auf denselben fahren, ein grösseres oder kleineres Gewicht haben.
Bei der Darlington Eisenbahn, wo beiläufig auf dem 5ten Theile der Länge Gusseisen-
schienen vorhanden sind, beträgt das Gewicht einer 3 Fuss langen Schiene 56 ℔, ein
pedestal wiegt 6 ℔, demnach benöthigt man bei einer einfachen Bahn für die N. Oe.
Meile 8333 N. Oe. Zentner Gusseisen. Die Wägen, womit diese Bahn befahren wird, haben
ein Gewicht von 1¼ bis 1½ Tonnen und enthalten 1 chaldron oder 53 engl. Zentner Stein-
kohlen. Der Transport geschieht jedoch auch durch mehrere Dampfwägen, die 7 Ton-
nen wiegen; in diesem Falle beträgt daher der Druck auf ein Rad 1¾ Tonnen (32 N. Oe.
Zentner.)


Bei der Brunton und Shield’s Eisenbahn (Wide open Railroad genannt) sind die
gusseisernen Schienen 4 Fuss lang, an der Oberfläche 1⅞ Zoll breit, in der Mitte 5 Zoll,
an beiden Enden 3 Zoll hoch und wiegen 42 ℔, das pedestal jedoch nur 3 ℔. Eine
N. Oe. Meile benöthigt daher 4536 N. Oe. Zentner Gusseisen. Die vierrädrigen Wägen,
welche auf dieser Bahn gehen, sind half chaldron waggons, d. h. sie enthalten nur 26½
engl. Zentner Steinkohlen, die Wägen wiegen 12¾ Zentner, demnach ist der Druck von
einem Rade = 9,81 engl. Zentner (8,9 N. Oe. Zentner.) Dieser Druck ist weit geringer,
als bei der Darlington Bahn, und die Schienen sind für denselben hinreichend stark
gefunden worden.


§. 554.


Bei allen neuern Eisenbahnen in England, Schottland und Frankreich werden ohne
Ausnahme Schienen von gewalztem Eisen (malleable Iron rails) verwendet.
Diese Schienen sind 5 bis 6 yards oder 15 bis 18 Fuss lang, liegen jedoch von 3 zu 3
Fuss auf pedestals auf. Die Längenansicht eines Stückes gewalzter Schienen im 4ten Theile
Fig.
11.
der natürlichen Grösse enthält Fig. 11, den Querdurchschnitt dieser Schiene in der Mitte
[605]Schienen von gewalztem Eisen.
A B zwischen zwei pedestals zeigt Fig. 5 und den Durchschnitt in einem pedestal die
Fig. 1. Nebst diesen Profilen sind diese Schienen auch wie Fig. 13 Tab. 29 zeigt geformt;
an den Enden sind sie entweder gerade abgeschnitten oder schief wie Fig. 6 (half lap
joint
). Die vorzüglichsten gewalzten Schienen werden auf den Bedlington Iron works
bei Morpeth, 8 Meilen von Newcastle upon Tyne entfernt, verfertigt. Die Verfertigungs-
art wird bei der Beschreibung der Walzwerke im 3ten Bande umständlich abgehandelt
werden.


Auf der Darlington Eisenbahn ist beiläufig der 5te Theil der Hauptbahn mit Guss-
eisenschienen, der übrige Theil aber und alle seit 1827 angelegten Nebenbahnen mit gewalz-
ten Schienen belegt; hievon wiegt ein yard 28 ℔, also gerade halb so viel als 1 yard
Gusseisenschiene. Eine Schiene hat 5 yards Länge und wiegt 10 stones = 5/4 engl. Zent-
ner, demnach werden auf eine N. Oe. Meile 3763 N. Oe. Zentner gewalzte Schienen benö-
thigt. Diese Schienen wurden zu 12 Liv. st. für die Tonne (6 fl. 37 kr. C. M. für 1 N. Oe.
Zentner) bezahlt, wogegen die Gusseisenschienen mit 6 Liv. st. 15 sh. für die Tonne
(3 fl. 43 kr. C. M. für den N. Oe. Zentner) vergütet wurden. Da jedoch 2mal so viel
Gusseisen für eine Meile benöthigt wurde, so kommen die Gusseisenschienen wirklich
theurer zu stehen, und nachdem in den letztern Jahren der Unterschied des Preises der
gewalzten und Gusseisenschienen noch geringer wurde, so behaupten die gewalzten Schie-
nen schon hinsichtlich der ersten Anschaffungskosten den Vorzug. Nebstbei unterliegen
gewalzte Schienen der Gefahr des Zerbrechens bei weitem weniger als gusseiserne, es
finden auf denselben 4 bis 5mal weniger Zusammenfügungen als bei den Gusseisenschienen
statt, man kann daher leichter und schneller hierauf fahren, zumal als diese Schienen
sich in den Krümmungen regelmässiger biegen lassen, und dieselben auf 5 bis 6 pedes-
tals
aufliegen, folglich nicht so leicht aus ihrer Lage gerückt werden, als es bei Guss-
eisenschienen von 3 oder 4 Fuss Länge der Fall ist. Endlich behaupten diese Schienen
in kalten Klimaten bei ihrer geringern Sprödigkeit im Winter einen entschiedenen Vorzug:


Die Eisenbahn von Manchester nach Liverpool hat durchaus gewalzte Schienen, die
jedoch 35 ℔ auf 3 Fuss Länge, demnach 7 ℔ mehr als die Schienen der Darlington Bahn
wiegen. Die Ursache hievon liegt in dem Gebrauche der Dampfwägen, welche mit einer
Schnelligkeit von 15 bis 25 engl. Meilen in 1 Stunde über diese Bahn fahren, demnach
auch die Schienen weit stärker seyn müssen, als es bei dem Gebrauche der Pferdekraft
allein der Fall wäre. Die Schienen der obigen Bahn wurden um 10 Liv. 10 sh. für
die Tonne (5 fl. 47 kr. C. M. für den N. Oe. Zentner bezahlt). Die pedestals sind eben-
falls massiver als bei der Darlington Bahn, und wiegen 10 ℔.


Auf der Monkland und Kirkintilloch Eisenbahn in Schottland sind die gewalzten
Schienen in der Hauptbahn (main line) ebenfalls 15 Fuss lang und wiegen 28 ℔ auf 3 Fuss
Länge; auf den Nebenbahnen sind die Schienen nicht so massiv und die schwächsten
hievon wiegen nur 17 ℔ auf 3 Fuss Länge (2285 N. Oe. Zentner auf eine N. Oe. Meile),
allein diese Schienen haben sich zwischen den pedestals bedeutend gebogen, obgleich
der Transport auf der Bahn bloss durch Pferde und mit Wägen geschieht, die nur 2 Ton-
nen Ladung haben.


Die gewalzten Schienen auf der Glasgow und Garnkirk Eisenbahn wiegen ebenfalls
nur 28 ℔ auf 3 Fuss Länge. Man kann daher diess Gewicht oder 3763 N. Oe. Zentner
[606]Ausweichplätze.
gewalztes Eisen auf eine N. Oe. Meile einfache Bahn für Wägen, bei welchen ein Rad
den Druck von 32 N. Oe. Zentner auf die Bahn ausübt, als durch die Erfahrung bewährt
annehmen.


§. 555.


Die meisten Bahnen in England sind nur einfach, d. h. mit zwei Reihen paralleler
Schienen gelegt, und nur wenige Bahnen, wie z. B. jene von Manchester nach Liverpool
sind doppelt oder mit 4 Reihen Schienen, wo also in einer Bahn hin- und in der andern
zurückgefahren wird. Bei einer einfachen Bahn muss immer eine hinreichende Anzahl
Ausweichplätze (siding or passing places) vorhanden seyn, damit der Verkehr zu
gleicher Zeit hin und zurück statt finden könne. Bei der Darlington Bahn sind so viel
Ausweichplätze in der Hauptlinie angebracht, dass man immer von einem zum andern
sehen kann, und ein eigenes Reglement bestimmt, welche Wägen bei dem Begegnen in
der Hauptbahn bleiben, und welche in den Ausweichungsplatz fahren müssen. Den
Fig.
3
bis
8.
Tab.
31.
Grundriss eines solchen Ausweichplatzes enthält Fig. 3 Tab. 31. Man bemerkt hiebei 3
besondere Schienenstücke, nämlich das Mittelstück A B, welches Fig. 4 und die 2 Sei-
tenstücke C D und E F, welche Fig. 5 und 6 im vergrösserten Masstabe gezeichnet sind.
Die Konstruktion dieser 3 Stücke, welche aus Gusseisen geformt werden, ersieht man
theils aus diesen Grundrissen, theils aus den Durchschnitten Fig. 7 und 8. Die Furchen,
welche in diesen Schienen enthalten sind, haben 2 bis 2½ Zoll Breite und 5/4 oder 1½ Zoll
Tiefe, um die Spurkränze der Räder aufzunehmen. Die Zungen m n und m' n' (movea-
ble iron tongues
) welche von Schmiedeisen und bei m, m' um einen Nagel beweglich sind,
werden an eine oder die andere Schienenreihe angelegt, um den Wagen in eine oder die
andere Bahn zu leiten. Kommt der Wagen von I und soll in der Hauptbahn fortgehen, so
muss die Zunge m n geöffnet und m' n' geschlossen oder die Spitze n' an die Bahnschienen
angelegt werden; dasselbe muss geschehen, wenn der Wagen von II gegen I geht. Wenn
jedoch der Wagen von I in die Nebenhahn III gehen soll, so wird die Zunge m n bei n
an die Schiene C D angelegt, dagegen aber die Zunge m' n' bei n' geöffnet. Dasselbe
geschieht, wenn ein Wagen aus der Nebenbahn von III nach I geht.


Es erhellet jedoch, dass der Wagen von II nach I und von III nach I gehen kann,
wenn auch die Zungen sich nicht in der angezeigten Lage befinden, denn wenn z. B. ein
Wagen von II nach I geht und die Zunge bei n geschlossen, bei n' aber geöffnet ist, so
wird die erste Zunge durch den blossen Druck des Spurkranzes des Rades geöffnet, und
die zweite Zunge durch denselben Druck geschlossen, und so auch, wenn ein Wagen von
III nach I geht. In diesen Fällen ist es daher nicht nothwendig, dass der Kutscher von
dem Wagen absteige, und die Zungen ein- oder auslege; kommt jedoch ein Wagen von 1
und die Zungen befinden sich nicht in der gehörigen Lage, so muss der Kutscher diesel-
Fig.
5 u. 6.
ben erst einlegen oder öffnen. Damit die Zungen in ihrer Lage bleiben, werden keil-
förmige Eisenbleche G von 4 bis 6 Zoll Länge und ½ Zoll Dicke, die an kleine Ketten
befestigt sind, zwischen einen auf der Schiene angegossenen Vorsprung o p und die Zun-
ge eingeschoben. Dass die Zungen immer so liegen müssen, damit die Hauptbahn geöff-
net bleibt, und nur wenn sich Wägen begegnen, geschlossen wird, versteht sich von selbst.


Fig.
3 u. 4.

Um zu verhindern, dass die Spurkränze der Wagenräder nicht an die Spitze o an-
stossen und genau in der ihnen vorgezeichneten Bahn fortgehen, sind in jedem Auswei-
[607]Uibersetzung der Strassen.
chungsplatze auf jeder Seite noch 2 Leit- oder Einweiseschienen (check rails) a b, von
5 bis 6 Fuss Länge angebracht; diese Schienen sind auch häufig bloss von Holz mit
schmiedeisernen Radreifen beschlagen.


Zur Vermeidung des Aufenthaltes, welcher durch das Absteigen des Kutschers undFig.
9.
Tab.
31.

Einlegen der Schiene entsteht, hat man auf der Wide open Eisenbahn die Einrichtung
Fig. 9 angebracht. Hiebei ist a die Schiene, n' die Zunge und b c d ein eiserner Win-
kelhebel, der in einem hohlen Raume unter der Bahn befestigt und bei d mit einem Ge-
wichte belastet ist. Diess letztere verursacht, dass die Zunge n' fortwährend an die
Schiene a angedrückt wird; kommt daher ein Wagen (Fig. 3) vom III nach I und öffnet
die Zunge n' (ohne Beihülfe des Kutschers), so geht diese Zunge durch den Druck des
Winkelhebels sogleich wieder in die vorige Lage zurück; es bleibt daher die Hauptbahn
immer bei n' geschlossen. Will man aber von I nach III fahren, so muss das Blech G (Fig.
5 und 6) durch den Begleiter des Wagens gehörig eingelegt und wenn alle Wägen vorüber
sind, die Zuge wieder frey gemacht werden. Ein ähnlicher Mechanismus ist auf der
Monkland Eisenbahn angebracht und Fig. 10 dargestellt. Die Zunge a b c ist bei d mitFig.
10.

einem Nagel durchbohrt, an dessen Spitze e eine kleine Kette e f befestigt ist, die über eine
gusseiserne Rolle geht, und am Ende mit einem Gewichte beschwert wurde. Dieses letztere
zieht die Zunge beständig an, eben so wie es bei dem Winkelhebel Fig. 9 der Fall ist.


Die Länge einer Ausweichung richtet sich nach dem vorhandenen Verkeh-
re; auf jenen Bahnen, wo mit Dampfwagen transportirt wird, muss in der Ausweichung
wenigstens der Raum für den Dampfwagen und alle (20 bis 24) angehängte Wägen seyn.
Der Raum zwischen der Haupt- und der Nebenbahn Fig. 3 beträgt auf englischen Bahnen
gewöhnlich nur 4 bis 5 Fuss.


Sehr häufig ist es der Fall, dass eine Eisenbahn von Strassen durchschnitten
wird; die Bahn läuft daher entweder auf Brücken über der Strasse, oder in Stollen unter
der Strasse, oder die Bahn durchschneidet die Strasse in gleicher Höhe. Eine solche Uiber-Fig.
11
und
12.

setzung enthält Fig. 11 im Durchschnitte und Fig. 12 in der obern Ansicht. Es werden näm-
lich die Schienen auf gewöhnliche Art auf Steinblöcken, die in der Strasse versenkt sind,
in den pedestals befestigt, auf der inneren Seite der Schiene aber ein Falz oder eine Oeff-
nung von 2 Zoll Tiefe und 1½ Zoll Breite für die Spurkränze gelassen; damit jedoch diese
Oeffnung sich gehörig erhalte, wird auf der andern Seite derselben in paralleler Richtung
zur Schiene ein hinlänglich starkes mit Eisen beschlagenes Stück Holz o oder auch eine
zweite Schiene eingelegt. Auf diese Art können nunmehr alle Wägen ohne Anstand über
die Strasse fahren, so wie auch die Bahnwägen in ihrer Spur fortlaufen, und nur erfordert
wird, dass die Oeffnung von Zeit zu Zeit gereinigt werde.


Zur Vermeidung dieser Mühe ist bei der Manchester und Liverpool Eisenbahn fol-Fig.
13
und
14.

gende Konstruktion eingeführt worden. Es wird der Länge nach unter jeder Schiene ein
gewölbter Kanal in solcher Weite angelegt, dass ein Knabe durchkriechen und ihn reinigen
kann. Der Kanal ist immer auf 18 Zoll Länge oben geschlossen, wie Fig. 13, dann aber
wieder auf 18 Zoll Länge oben offen, wie Fig. 14. Die Schienen a, b von hinlänglicher
Stärke sind an Quadersteine befestigt und halten durch die kleinen Quereisen o, o die
Bahnschiene c in der gehörigen Entfernung, so zwar, dass die lichte Oeffnung zwischen
der Bahnschiene c und den Schienen a, b immer 5/4 Zoll beträgt. Auf diese Art kann also
[608]Drehscheiben.
Fig.
13
und
14.
Tab.
31.
aller Strassenkoth in jenen Strecken, wo das Gewölbe Fig. 14 oben offen ist, sogleich in
den unterirdischen Kanal fallen. In jenen Strecken aber, wo dieser Kanal geschlossen
ist, befindet sich auf der Mitte des Gewölbes ein pedestal, welches die Bahnschiene und die
Schienen a, b aufnimmt; der Falz für den Spurkranz ist hier auch vorhanden, und da der
letztere die Unreinigkeiten auf 18 Zoll Weite leicht fortschieben und bis zur nächsten Oeff-
nung des Gewölbes bringen kann, so erhellet, dass durch diese Einrichtung das Reini-
gen der Falze beinahe ganz beseitigt wird.


§. 556.


Wo eine Eisenbahn entlangst einem Flusse oder einem Abladeplatze läuft, werden
häufig mehrere kurze Nebenbahnen unter rechten Winkel mit der Hauptbahn angelegt.
Fig.
7 u. 8.
Tab.
32.
In diesem Falle sind in dem Durchschnittspunkte der Hauptbahn mit der Nebenbahn
Drehscheiben angebracht, deren Konstrucktion aus Fig. 7 und 8 ersichtlich ist.
Dieselben bestehen nämlich aus einer hölzernen hinlänglich festen Scheibe, die auf dem
gusseisernen Zapfen o im Mittelpunkte hängt und auf vier Rollen läuft. Diese Rollen
sind in gusseisernen Lagern M, N, O, P an der hölzernen Scheibe befestigt und lau-
fen auf einer kreisrunden mit einem eisernen Ringe beschlagenen Bahn m, n, wodurch nun
die ganze Scheibe sammt dem auf derselben befindlichen Eisenbahnwagen ohne bedeu-
tenden Kraftaufwand um einen Winkel von 90 Grad gedreht und daher der Wagen aus der
Bahn A A' B B' in jene C C' D D' geführt werden kann. Damit die Drehscheibe ge-
nau einen Winkel von 90 Grad beschreibe, sind bei a und b eiserne Hacken angebracht,
welche die weitere Bewegung der Drehscheibe über 90 Grad hinaus verhindern; zur grös-
sern Sicherheit kann man noch einen an der Drehscheibe befestigten Hacken in den Ring
bei c oder d einhängen, welches dann geschieht, wenn durch längere Zeit über die
Drehscheibe gefahren wird, ohne ihre Richtung zu ändern. Die übrige Konstruktion
der Drehscheibe ist aus Fig. 7 und 8 zu ersehen.


An dem Ende der kurzen Bahnen, welche von den Drehscheiben auslaufen, sind
gewöhnlich eigene Maschinerien angebracht, wodurch das leichte Ausstürzen oder Ausla-
den der Wägen in Schiffe oder in Stazionsplätzen bewirkt wird. Die Beschreibung
dieser Maschinerien wird im 3ten Bande dieses Werkes folgen.


§. 557.


Alle Wägen, welche auf den englischen Eisenbahnen gebraucht werden, haben guss-
eiserne Räder
, die überall auf schmiedeisernen Achsen festgekeilt sind. Es
bewegt sich daher immer eine Achse gemeinschaftlich mit zwei Rädern in den Lagern
oder Achsenpfannen. Die Durchmesser der Räder haben bei den verschiedenen Bahnen
auch verschiedene Grössen; gewöhnlich beträgt der Durchmesser 28, 30 bis 32 Zoll. Die
Zeichnung eines solchen Wagenrades enthält Fig. 9 und 10, den Durchschnitt des Rad-
Fig.
9
und
10.
kranzes im 4 mal grössern Maasstabe Fig. 12, und die Darstellung der gewöhnlichen Art
Lager Fig. 13 und 14. Man ersieht hieraus, dass der Durchmesser des Rades c c' = 30 Zoll,
e e' = 29½ Zoll, demnach die Verjüngung zu jeder Seite d e = ¼ Zoll auf die Breite
c d = 3 Zoll sey. Die Höhe des hervorstehenden Randes ist b c = 1¼ Zoll und die ganze
Breite des Randes von d i bis zur entgegengesetzten Ausbauchung unter a gerade 4 Zoll.
[609]Gusseiserne Bahnräder.
Die Nabe dieses Rades misst mit Einrechnung der hieran befestigten Ringe 6 Zoll imFig.
9
und
10.
Tab.
32.

Durchmesser und eben so viel in der Länge. Diese Nabe bildet jedoch im Gusse keinen
massiven Körper, sondern sie wird bei ihrer Formung in Sand durch die Schnitte m, n, p
in drei Theile getheilt, damit das Eisen bei dem Abkühlen sich gehörig zusammenziehen
könne, und keine Spannung in den Speichen und dem Radkranze übrig bleibe. Diese Metho-
de ist für die Dauer der Räder sehr wichtig, indem jene Räder, wobei der Rand, die Spei-
chen und die Nabe ein Ganzes bilden, immer noch eine Spannung, die von der ungleichen
Zusammenziehung des Eisens herrührt, behalten und nach dem Gusse oder bei dem
nachherigen Gebrauche sehr leicht zerspringen.


Da man gefunden hat, dass die auf gewöhnliche Art in Sandformen gegossenen Rä-
der an der Oberfläche a c e und vorzüglich in dem Ecke bei c sich sehr bald aus-
schleifen, so werden seit mehreren Jahren die Oberflächen aller Räder mittelst eines
sogenannten Schalengusses erzeugt, und diese Räder case hardened wheels (roues,
dont la gorge est trempée
) genannt. Man legt nämlich in die Sandform einen nach
der Krümmung a c e genau ausgedrehten, mehrere Zoll dicken gusseisernen Ring ein,
und bestreicht denselben mit Oehl; das flüssige Gusseisen erstarrt an diesem kalten
mit Oehl bestrichenen Ringe sehr schnell, erhärtet an seiner Oberfläche und bildet
unter derselben ein krystallinisches oder strahliges Gefüge, wodurch die Oberfläche so
sehr gehärtet wird, dass itzt die Räder mehrere Jahre dauern, während sie bei gewöhn-
lichem Sandgusse, vorzüglich in gekrümmten Bahnen nur einige Monathe zu brauchen
waren. Je dicker die Schale ist, desto tiefer geht in der Regel das strahlige Gefüge
von der Oberfläche in das Eisen; die gewöhnlichen Schalen in England haben nur 2
Zoll Dicke; für die zur Budweiser Eisenbahn in Böhmen gegossenen Räder wurden
jedoch die Schalen 5 bis 6 Zoll dick angewendet, und bewirkt, dass das strahlige Ge-Fig.
12.

füge von der Oberfläche c e bis an die entgegengesetzte Oberfläche bei i ging. Dass
eine solche Schale wegen ihres bedeutenden Gewichtes in den Giessereien mit Kranichen
regiert werden muss, versteht sich von selbst.


Das gegossene Rad wird aus der Form gehoben, vom Sande gereinigt, in die Schnitte
m, n, p schmiedeiserne Keile eingelegt, und nun zu jeder Seite der Nabe die schmiedei-
sernen Ringe g g' und f f' glühheiss angetrieben; diese ziehen bei ihrem Abkühlen die
Nabe zusammen und geben ihr wieder vollkommene Festigkeit. Hierauf wird das Rad in
ein vertikales Bohrwerk zwischen 3 gusseiserne Säulen gestellt, mit Stellschrauben unter
die Mitte des Bohreisens gerichtet, und nun die 2 bis 2½ zöllige Oeffnung für die Achse in
der Nabe ausgebohrt. Diese Oeffnung befindet sich daher genau im Centrum der 3 Punkte
der Oberfläche, nach welchen das Rad bei dem Bohren gestellt wurde. Die schmiedei-
serne Achse, welche zu jeder Seite 12 Zoll = h i weit auf den gehörigen Durchmesser
abgedreht wurde, wird nun in die gebohrte Oeffnung der Nabe eingesetzt, und hierauf die
Oeffnung o von 6 bis 8 Linien im Durchmesser zur Hälfte in die Achse und zur Hälfte in
die Nabe gebohrt, mit einem schmiedeisernen Stifte vernagelt, und so die Achse mit der
Nabe fest verbunden. Dass bei dieser Einrichtung die Achse senkrecht auf der Fläche
des Rades stehe, erhellet daraus, weil die Oeffnung in der Nabe vollkommen winkelrecht
auf die Fläche des Rades gebohrt wird. Diese Verfertigungsart wird gegenwärtig als die
Gerstners Mechanik. Band I. 77
[610]Gehärtete Achsen.
beste angesehen; minder zweckmässig hält man die Konstruktion Fig. 1, Tab. 33, wobei
die Nabe in 2 Theile getheilt, und die Oeffnung für die Achse viereckig ist.


Fig.
1 u. 4
Tab.
33.

Die 12 Speichen, aus welchen alle englischen Bahnräder bestehen, sind theils
gerade wie Fig. 4, theils auch in krummer Richtung gegossen, wie Fig. 1. Man hat
in der letztern Zeit beobachtet, dass die Räder, welche im gebremsten Zustande mit
grosser Schnelligkeit über schiefe Flächen herab gehen, und sich hiebei sehr erhitzen,
bei geraden Speichen weit leichter springen, als bei gekrümmten, ohne Zweifel, weil
im letztern Falle die durch die Hitze bewirkte Ausdehnung des Radreifens und der
anstossenden Speichenstücke weit leichter im Rade vor sich gehen kann, als wenn die
Speichen senkrecht auf die Peripherie stehen.


§. 558.


Der obigen Beschreibung zu Folge sitzen alle Räder bei den englischen Eisen-
bahnen auf den Achsen fest, und man ist hierin so weit gegangen, dass alle Wägen,
deren Räder früher um die Achse beweglich waren z. B. bei der Mansfield und Pinx-
ton
Eisenbahn vernagelt wurden; es laufen daher alle Achsen in den an dem Wagen-
gestelle befestigten Achsenpfannen oder Lagern (bearers) herum. Die Konstruktion
der letztern ist wieder sehr verschieden. Die gewöhnliche Gattung dieser Lager ist
Fig.
13
und
14.
Tab.
32.
Fig. 13 und 14 dargestellt. Dieselben bestehen aus einer halben Pfanne von Gussei-
sen, welche über den Achsen liegt und aus zwei Laschen von Schmiedeisen, die durch
das Wagengestelle gehen, oben mit Schrauben befestigt sind, am untern Ende aber
mit einen Bolzen verbunden werden, damit die Achse bei zufälligen Stössen oder wenn
der Kasten des Wagens gehoben wird, nicht aus der Pfanne herausfallen könne. Ver-
suche haben gezeigt, dass die Reibung der Achsen in einer gusseisernen Pfanne ge-
ringer sey, als in einer messingenen oder schmiedeisernen, dass jedoch diese Pfannen,
wie Fig. 13 wenigstens 4 Zoll lang seyn müssen, damit sich die Achsen nicht in selbe
einschneiden. In der letztern Zeit hat man auch die Fläche der Pfanne, wo die
Reibung mit der Achse statt findet, in die Schale gegossen, und man vermin-
derte die Reibung noch weiter, indem man die schmiedeiserne bereits abgehärtete Achse
an ihrer Oberfläche ebenfalls härtet. Die Manipulation hiebei ist folgende: Der 6 Zoll
lange abgedrehte Theil der Achse, wo die Reibung in der Pfanne statt finden soll,
wird in eine gusseiserne beiderseits offene hohle Röhre von 9 Zoll Länge, deren innerer
Durchmesser um 1½ Zoll grösser als jener der Achse ist, gesteckt, das eine Ende die-
ser hohlen Röhre mit Lehm verschlossen und dann der Zwischenraum zwischen der
Achse und der Röhre mit Stücken von altem Leder, Kuhhaaren und einer Quantität
Salz gefüllt, hierauf das andere Ende der hohlen Röhre wieder mit Lehm geschlossen
und nun die Achse mit der hohlen Röhre in ein heftiges durch fortwährende Luftzu-
strömung erhaltenes Kohlenfeuer gebracht, und darin beiläufig ½ Stunde gelassen.
Man nimmt nun die Achse aus dem Feuer heraus, schlägt die hohle Röhre herab, und
steckt die noch glühende Achse in kaltes Wasser. Man findet die Achse, wenn sie
abgekühlt ist, stahlartig angelaufen, und wenn der Arbeiter die nothwendige Uibung
erlangt hat, um aus dem Grade des Feuers die Härte der Achse zu beurtheilen, so
[611]Achsenlager der Bahnwägen.
wird dieselbe mit einem Feuer vollkommen gehärtet seyn. Ist diess nicht der Fall,
so muss die Achse einer gleichen Manipulation neuerdings unterzogen werden.


Durch diese Härtung der Achsen und den Gebrauch gusseiserner, in Schalen ge-
gossener Lager hat man in der letztern Zeit den Widerstand der Reibung bei den
Bahnwägen ausserordentlich vermindert, und die Dauer der Lager und der Achsen
bedeutend vermehrt. Man war nun auch bemüht, solche Lager zu konstruiren, bei
welchen die Schmiere so wenig als möglich verloren geht. Die Achsen, welche in
den Lagern Fig. 13 und 14 laufen, werden gewöhnlich von unten geschmiert, allein
man sieht leicht, dass hiedurch Schmiere verloren geht, und bei bedeutenden Trans-
porten auch viel Zeit zum Schmieren der Wägen erfordert wird. Um das erstere zu
vermeiden, hat man in den letztern Jahren die Lager von unten mit Holz geschlossen,
in welchem die Achse lief, und man hat von oben eine Oeffnung angebracht, wodurch
die flüssige Schmiere auf die Achse zugeführt wurde, allein diese Lager, welche auch
auf der Budweiser Bahn eingeführt wurden, haben noch nicht alle Forderungen erfüllt.
Ein sehr vervollkommnetes Lager, (seaphons bearer genannt) welches im Jahre 1829 inFig.
1
bis
5.
Tab.
30.

England bei der Manchester und Liverpool Eisenbahn eingeführt wurde, ist Fig. 1 bis 4
und Fig. 5 in der Verbindung mit einem Wagenrade dargestellt. Der Grundriss
Fig. 4 zeigt ein viereckiges Behältniss a b c d, welches im Längendurchschnitte Fig. 2
mit m n o p bezeichnet ist. Dieses fasst beiläufig 15 Kubikzoll Oehl, die zur Schmiere
einer Achse für mehrere Tage hinreichen. In die Oeffnungen e, f von 4 Linien Durch-
messer werden Baumwolldochte, die oben befestigt sind, eingelegt, und so viel zusamm-
gedreht, dass sie gerade einen Tropfen in der bestimmten Zeit fallen lassen, um die
Achse in dem gehörigen feuchten Zustande zu erhalten. Damit von vorn kein Staub
in das Oehl dringe, wird ein Stück Leder i k (Fig. 5) über die Oeffnung gelegt, und
bei i befestigt, so wie auch die angegossenen gekrümmten Deckel m m' m'' und p p' p''
(Fig. 2), welche zu beiden Seiten von dem Lager über die an der Achse vorhandenen
Ringe A und B herabgehen, das Zutreten des Staubes von oben verhindern und dabei
doch noch der Achse einen Spielraum in der Pfanne gewähren. Dass dieses Lager mit
Schrauben, welche durch die Oeffnungen C und D gehen, an das Gerüste des Wagens E
wie Fig. 13 und 14, Tab. 32 angeschraubt werden, leuchtet von selbst ein.


§. 559.


Die verschiedenen Gattungen Wägen, welche auf den englischen Eisenbahnen vor-
züglich gebraucht werden, sind Tabelle 33 in einem Maasstabe, welcher den 24sten Theil
ihrer natürlichen Grösse enthält, dargestellt. Da der Transport auf den Bahnen gewöhnlich
mit Steinkohlen (coals) geschieht, so sind die Steinkohlenwägen daselbst am mei-
sten im Gebrauche. Die Darstellung dieser Wägen, wie sie auf der Darlington Bahn ge-Fig.
1
bis
3.
Tab.
33.

braucht werden, enthält Fig. 1, 2 und 3, wobei zu bemerken, dass daselbst auch Räder
mit geraden Speichen und dreimal getheilten Haufen vorkommen. Aus der Längenan-
sicht Fig. 1 ersehen wir die Konstruktion der Bremse. Dieselbe besteht nämlich aus
einem krumm gebogenen eisernen Hebel a b, der bei b in ein viereckigtes Holzstück b e
eingesetzt ist, an dem die hölzernen Bremsstücke d und e angeschraubt sind. Dieser
Hebel dreht sich um die eiserne Achse c und liegt gewöhnlich in dem Haken bei a; wird
77 *
[612]Englische Steinkohlenwägen.
Tab.
33.
er daselbst herausgenommen und herabgedrückt, so werden beide Räder, und weil an
einer Achse immer zwei Räder fest sind, hiedurch alle vier Räder in ihrer Bewegung ge-
hemmt oder gesperrt. Bei f, f sieht man die Haken, welche entweder zum Einhängen
der Pferdestränge, oder auch zum Einlegen der Verbindungsketten bei einem Wagenzuge
dienen. Diese Haken sind Fig. 4 und Fig. 9 verschieden geformt. Aus Fig. 2 ersehen wir,
dass der mittlere Theil n n' der Achse achteckig und n m = n' m' = 8 Zoll rund abge-
dreht sey. Die Lager sind wie Fig. 13 und 14, Tab. 32 construirt und 4 Zoll lang, es bleibt
demnach ein Spielraum von 4 Zoll übrig, innerhalb dessen die Lager und somit der ganze
Kasten des Wagens auf den Achsen sich hin und her bewegen kann. Aus Erfahrung
hat man diesen Spielraum sehr vortheilhaft gefunden, indem bei einer noch so sorg-
fältig gelegten Bahn immer Unebenheiten übrig bleiben, wodurch ein oder das andere Rad
in seinem Laufe verrückt wird, oder einen Stoss erleidet. Sind nun die Lager auf den
Achsen unbeweglich, so wird jeder Stoss, den das Rad und hiedurch die Achse erleidet,
auch dem Kasten des Wagens mitgetheilt; es entsteht eine Seitenreibung und mit der Zeit
wird die Zertrümmerung des Wagens vorzüglich bei schnellen Transporten herbeigeführt.
Beobachtet man dagegen den Gang eines wie Fig 5 construirten Wagens von hinten, so
sieht man, dass alle Stösse nur das Rad und die Achse treffen, und dass der Kasten des
Wagens beständig in dem Spielraume von n m = n' m' (Fig. 2) sich etwas hin und her bewege.
Um übrigens zu grossen Schwankungen und einer Seitenreibung der Lager an die Naben
der Räder vorzubeugen, werden zwei bewegliche schmiedeiserne Ringe x, x' (Pig 5 und 8)
an dem Ende des abgedrehten Theiles der Achse angebracht und daher noch vor dem
Befestigen der Achse an das Rad aufgesteckt. Das Lager kann nun bei seiner Bewegung
auf der Achse nur bis zu diesen Ringen gelangen, und nicht an die Nabe des Rades an-
stossen. Fig. 3 enthält den Grundriss des Wagengestelles. Gewöhnlich ist bei diesen
Steinkohlenwägen der Boden nach unten zum Oeffnen, um die Steinkohlen auszustürzen,
wozu nun wieder verschiedene Mechanismen dienen. Fig. 2 Tab. 34 enthält eine solche
Vorrichtung; diese besteht in dem Winkelhebel c b a', der bei c befestigt, in b in einem
Gewinde beweglich ist und an den Haken a dann eingehängt wird, wenn man die untere
Thür schliessen will.


Zur Verführung der Erde und des Schotters während dem Baue der Bahn
kann man mit besonderm Vortheile den Fig. 4 und 5 dargestellten Wagen mit dop-
peltem Kasten gebrauchen
. Auf dem Gerüste A B werden zwei Schotterkästen
f h n und f' h' n' so befestigt, dass sie um die Achsen e', e' sich drehen und die Lage m n o p
und m' n' o' p' annehmen können. Um diese Kästen in der horizontalen Lage zu erhalten,
wird zu jeder Seite ein konischer eiserner Keil n n' in die eiserne Stange g n eingescho-
ben, sodann die Kästen mit Erde oder Schotter gefüllt und an den Abladeort geführt.
Dort werden zuerst die Seitenthüren f h, f' h', (oder a b e d, Fig. 4) welche bei h und h'
in Angeln gehen, durch Herausziehen der Stifte bei f und f' (Fig. 4 bei a und d) geöffnet,
wodurch sie in die senkrechte Lage überstürzen und ein Theil des Schotters zu jeder
Seite der Bahn herausfällt. Nun wird der Vorsteckkeil n n' zu beiden Seiten herausge-
schlagen, die Kästen, welche etwas ausser dem Mittelpunkte in e', e' aufliegen, gehen
durch ihr Uibergewicht in die Lage m n o p, m' n' o' p' und der Rest des Schotters fällt
ohne weitere Beihülfe eines Arbeiters zu beiden Seiten über die Eisenbahn heraus. Um
[613]Schollerwägen, Bauholzwägen.
zu verhindern, dass die schweren Kästen bei ihrem Umschlagen nicht auf die gusseiser-Tab.
33.

nen Radkränze der Räder fallen, sind unter jedem Kasten zwei Ketten befestiget, welche
Fig. 4 in der Linie i j k und i j k herabhängen, in Fig. 5 für einen Kasten mit r und
für den andern mit r' bezeichnet sind. Bei dem Umstürzen des Wagens fängt sich
der unterste Punkt j einer jeden Kette an dem Querholze A des Wagengerüstes,
man kann daher durch eine angemessene Länge dieser Ketten das Auffallen der Schot-
terkästen auf die Gusseisenräder verhindern.


Ein zweiter Mechanismus zum Ausstürzen der Erde- oder Schotterwägen nach vornFig.
16
und
17.
Tab.
34.

oder in die Mitte der Bahn ist Fig. 16 und 17 abgebildet. Der Kasten a d hängt an
der Kette a b und stürzt, so wie diese Kette ausgelöst und der Kasten bei a etwas ge-
hoben wird, um die Achse bei c um; hat man daher die Thüre des Wagens früher
geöffnet, so fällt aller Schotter in die Bahn. Dieselbe Einrichtung mit einiger Abän-
derung erscheint Fig. 18. Hier sind m, n die Achsen der zwei Bahnräder, auf welchenFig.
18.

das Holzstück a c n m und hierauf der Schotterkasten ruht, der abermal mit einer Kette
in der horizontalen Lage gehalten wird. Die Kästen dieser Wägen, welche von vorn
ausstürzen (von den Franzosen chariots à bascule genannt), haben gewöhnlich nur 15 bis 20
Kub. Fuss Inhalt und die Durchmesser der Wagenräder messen nur 18 bis 20 Zoll, da die
Wägen bloss während des Baues gebraucht, und gewöhnlich von Menschen bewegt werden.


Zum Ausschottern der Bahn bedient man sich eines Wagens mit Hebewinde,
welcher auch auf den Laudstrassen in England gebraucht wird und Fig. 8 und 9, Tab. 33Fig.
8 u. 9.
Tab.
33.

dargestellt ist. Derselbe besteht aus einem um die Achse h beweglichen Schotterkasten,
dessen hintere Thüre m n geöffnet werden kann und der vorn mit einer Hebewinde in dem
Maasse gehoben wird, als man mehr oder weniger Schotter an einem Orte ausstürzen will.
Diese Winde besteht aus der gezähnten schmiedeisernen Stange c d, welche mittelst des
Getriebes b durch Umdrehung der Kurbel a b bewegt wird.


Zum Transporte langer Bauholzstämme in krummen Bahnen werden auf
der Darlingtonbahn die Wägen Fig. 6 und 7 angewendet. Diese bestehen aus einemFig.
6 u. 7.

hinreichend starken Gerüste m n o p, dessen unterer Theil von Gusseisen, die Quer-
schiene o p von Schmiedeisen und der obere Rahmen m n von Holz ist. Auf dem letz-
tern bewegt sich ein starker Baum A B um die eiserne Spindel oder den Reihnagel a b,
auf welchen die Bauholzstämme dergestalt gelegt werden, dass das eine Ende dersel-
ben auf dem Baume A B eines Wagens, das andere Ende aber auf gleiche Weise
auf einem zweiten Wagen aufliegt. Am Ende der Balken A B sind starke eiserne
Ringe angebracht, an welche die Bauholzstämme mit Ketten oder Seilen befestigt wer-
den. Es erhellet von selbst, dass durch eine Verbindung zweier solcher vierrädriger
Wägen die Bauholzstämme ohne weitere Leitung in allen Krümmungen geführt werden
können, indem die beweglichen Balken A B immer winkelrecht auf den daraufliegen-
den Bauholzstämmen stehen, die Wägen aber sich nach den Krümmungen der Bahn
drehen. In Fig. 7 sehen wir noch eine auf der Darlingtonbahn versuchte Einrich-
tung. Die schmiedeiserne Achse steckt nämlich in einer zu beiden Seiten geschlosse-
nen gusseisernen Hülse, deren innerer Durchmesser beiläufig 1½ Linien grösser, als
der Durchmesser der Achse ist. Durch die Oeffnungen d, c, f wird nun Oehl einge-
gossen und der ganze Raum zwischen der Achse und Hülse gefüllt. Da nun das Gerüste
[614]Bahnwägen in Krümmungen.
des Wagens auf der Hülse befestigt ist, so erwartete man, dass die Stösse, welche bei den Zu-
sammenfügungen der Schienen oder durch Steine an die Räder und Achsen verursacht
werden, durch das flüssige jedoch zähe Oehl, welches die Achse umgibt, vermindert, und
nur in einem geringern Grade der Hülse und dadurch dem Gestelle des Wagens mitgetheilt
werden. Der Zweck dieser Einrichtung war die Erreichung derselben Vortheile, welche
die Federn gewähren, deren Gebrauch aber in England mit einer Taxe belegt ist.


§. 560.


Da unserer bisherigen Beschreibung zufolge bei den englischen Bahnen immer zwei
Räder an einer Achse fest sind, und sich gemeinschaftlich mit derselben bewegen, so
muss nothwendig der Widerstand der Reibung an den Bahnschienen in Krümmungen be-
deutend werden, indem die Räder in der äussern Bahn einen grössern Raum, jene in der
innern Bahn aber einen kleinern Raum in derselben Zeit zurückzulegen haben, demnach
nebst der rollenden Bewegung ein ähnliches Schleifen auf der Bahn entstehen muss, wie
wir es bereits §. 543 bei den konischen Rädern gezeigt haben. Um diese Reibung, so weit
es möglich ist, zu verhindern, sind folgende Einrichtungen bei den englischen Eisen-
Fig.
1, 11
und
12.
Tab.
32.
bahnen vorhanden: 1tens der Kranz des Rades ist wie Fig. 12, Tab. 32 konisch geformt
und die Schienen wie Fig. 1 und 11 an ihrer Oberfläche abgerundet, demnach läuft der
harte Radkranz eigentlich nur mit einer sehr schmalen Fläche auf den Schienen und
kann daher sehr leicht von denselben herabgleiten oder hinaufgehen. Da die Verjüngung
der Räder auf 30 Zoll Höhe gewöhnlich ½ Zoll beträgt, so wollen wir Beispiels halber
nur annehmen, dass das Rad in der innern Bahn auf dem Durchmesser 29½ + ⅛ = 29⅝
Zoll und jenes in der äussern Bahn auf einem um ¼ Zoll grössern Durchmesser oder mit
29⅞ Zoll sich forbewege. Demnach werden sich die Durchmesser wie 237 : 239 verhalten
und in diesem Verhältnisse können auch die Halbmesser der krummen Bahnen stehen.
Nennen wir den Halbmesser der innern Bahn x und setzen die Geleiseweite = 4,5 Fuss,
so haben wir x : x + 4,5 = 237 : 239, woraus x = 533,25 Fuss folgt. Für diesen Krüm-
mungshalbmesser wird daher wegen der angenommenen konischen Gestalt der Räder keine
besondere Reibung auf der Bahn entstehen. 2tens Um das Abgleiten der Wägen von der
äussern Bahn in die innere bei der Bewegung in Krümmungen möglichst zu erleichtern,
werden die Schienen an der Aussenseite der Krümmungen immer höher als an der
innern Seite
gelegt. Diese Erhöhung beträgt bei den schärfsten Krümmungen, deren
Halbmesser beiläufig 40 Klafter ist, für die Geleiseweite von 4,5 Fuss vier bis fünf Zoll.
Der Wagen befindet sich daher in jeder Krümmung in einer geneigten Lage und be-
gegnet dadurch der Wirkung der Schwungkraft, welche ihn vorzüglich bei grossen
Geschwindigkeiten auswärts treiben oder vom Mittelpunkte der Krümmung entfernen
würde. 3tens Um das Wenden der Wägen in den Krümmungen zu erleichtern,
beträgt die Entfernung der Radachsen bei den englischen Bahnwägen gewöhnlich nur
3 Fuss 3 Zoll, während die Geleiseweite im Lichten der Schienen 4 Fuss 6 Zoll misst;
es kann also eine Verrückung des Wagens innerhalb der Bahn mit vieler Leichtigkeit
geschehen, wogegen diess bei jedem andern Wagen, dessen Geleiseweite kleiner als
die Entfernung der Radachsen ist, nicht ohne bedeutenden Kraftaufwand verrichtet wer-
den kann. Alle englischen Bahnwägen sind in dieser Hinsicht sehr kurz, und wenden
sich daher leicht bei dem daselbst vorhandenen Verhältnisse der Geleiseweite.


[615]Gewicht der englischen Bahnwägen.

Ungeachtet dieser Einrichtungen ist doch der Druck der Räder auf die Eisenbahn-
schienen besonders in scharfen Krümmungen so bedeutend, dass dieselben zuweilen aus
ihrer Lage gerückt werden, die Geleiseweite verloren geht, und die Räder zwischen
die Schienen in die Bahn fallen. Aus dieser Ursache werden vorzüglich auf den neu
hergestellten Dämmen, die noch Senkungen unterliegen, die pedestals der Schienen nicht
auf Steinblöcke, sondern auf Querhölzer (thorough sleepers), die beide Schienenreihen
verbinden, gelegt. So liegen die Schienen auf allen Dämmen der Liverpoolbahn; so
ist auch ein Theil der Schienen der Darlingtonbahn auf Querhölzern von alten See-
schiffen aufgelegt, und man sieht, dass eine auf hölzernen Querriegeln ruhende Bahn,
wie es bei der Budweiser Holz- und Eisenbahn der Fall ist, hinsichtlich der Geleise-
weite den Vorzug vor einer jeden auf Steinblöcken ruhenden Bahn besitze. Man hat
inzwischen auf mehreren Tramroadseiserne Bahnschliessen Fig. 8, Tab. 34 zu
gleichem Zwecke angebracht.


§. 561.


Man hat nicht mit Unrecht den englischen Bahnen vorgeworfen, dass die Bahn-
wägen gewöhnlich die Hälfte des Gewichtes der Ladung und auch mehr betragen,
und dass überhaupt der Druck, welchen das Gewicht der Wägen sammt Ladung ver-
ursacht, bei der eingeführten schnellen Fracht eine bedeutende Zerrüttung der Bahn
und häufige Reparaturen herbeiführe. Dieser Vorwurf konnte allerdings den Wägen
auf den ältern Bahnen gemacht werden; allein in den letztern Jahren war man auch
in dieser Hinsicht bemüht, bedeutende Verbesserungen einzuführen. Die vorzüglich-
sten Wägen haben sich im Jahre 1829 auf den Eisenbahnen in der Nähe von Glasgow
vorgefunden; das Gewicht eines Wagens betrug nämlich


  • 1tens Vier Räder von 30 Zoll Durchmesser zu 2 Zentner   8 Zentner.
  • 2tens Zwei Achsen zu 1 Zentner und 4 Lager zu ¼ Zentner   3 „
  • 3tens Eisenbeschläge 4 Zentner und Holztheile 5 Zentner  9 „
  • Gesammtgewicht eines Chaldronwagens 20 Zentner.

Andere Wägen mit blechernen Kästen wogen nur 19 Zentner, kosteten jedoch
20 Liv. st. wogegen die obigen Wägen mit hölzernen Kästen bloss 15 Liv. st. koste-
ten. Ein jeder dieser Wägen wird mit 2¾ Tonnen oder mit 55 Zentner beladen, das
Gewicht des Wagens ist daher beiläufig nur der dritte Theil von dem Gewichte der Ladung.


Auf der Brunton und Schields Eisenbahn, wo nur half chaldron Waggons, d. h.
Wägen mit 26½ Ztr. Kohlenladung vorhanden sind, ist das Gewicht eines Wagens


  • 1tens Vier Räder von 30 Zoll Durchmesser zu 1¼ Ztr.   5 Ztr. 0 Vtl. Ztr. 0 ℔.
  • 2tens Zwei schmiedeiserne Achsen von 2⅛ Zoll Durchmesser 1 — 0 — 2 —
  • 3tens Vier Gusseisenlager   0 — 1 — 15 —
  • 4tens Holztheile an dem Wagen   5 — 0 — 18 —
  • 5tens Beschläge von Eisen  1 — 1 — 8 —
  • Gesammtgewicht eines halben Chaldronwagens 12 — 3 — 15 —

Nebst der Verminderung des Gewichtes und der sorgfältigern Bauart der Wägen hat
man in den letztern Jahren in England noch die Einrichtung getroffen, dass ein grosser
Theil der Wägen von Privaten, welche die Bahnen befahren, beigeschafft, und der Unterneh-
mungsgesellschaft für die Benützung der Eisenbahn nur ein bestimmter Zoll gezahlt
[616]Schmicre der Eisenbahnwägen.
wird. So hatte die Darlington Eisenbahngesellschaft, welche anfangs die Fracht nur
in eigener Regie betrieb, im Oktober 1829 nur mehr 350 eigene Wägen, während 526 Wä-
gen andern Privaten gehörten. Mehrere Eigenthümer von Eisenwerken verstanden sich
darauf, die Wägen herzuleihen, und nebstbei alle Reparaturen (muthwillige Beschädigun-
gen abgerechnet) an denselben vorzunehmen, beides gegen eine Entrichtung von ⅛ pence
für jede Tonne, die eine engl. Meile weit mit diesen Wägen geführt wird. Diess gibt 0,081 kr.
C. M. für den N. Oe. Ztr. eine N. Oe. Meile weit als Betrag für die Anschaffung und die Repa-
ratur des Wagens, und da auch bei andern englischen Eisenbahnen ähnliche Preise bestan-
den, so kann man diesen Betrag von ⅛ pence als durch die Erfahrung bewährt annehmen.


§. 562.


Die Schmiere der Wägen wird auf verschiedene Art in England bereitet, und
gegenwärtig liefern die meisten Kontrahenten, welche für den Transport auf der Bahn
nach der Tonne und Meile gezahlt werden, die Schmiere selbst. Auf der Darlington
Bahn hat man folgende Bereitungsart der Schmiere für Bahnwägen als vorzüglich gut an-
gegeben: In einem Gefässe wird 1 ℔ russischer Talg bis zur Südhitze erwärmt, das Ge-
fäss vom Feuer weggenommen, 2½ ℔ Fischthran hineingegossen, gut umgerührt, sodann
¼ ℔ Theer hineingegeben und abermal gut umgerührt. Mit dieser Masse werden die
beladenen Wägen alle 4 engl. Meilen einmal geschmiert, und die leeren Wägen auf glei-
cher Entfernung, jedoch nur mit ¼ des Schmierquantums, welches die beladenen fordern.


Auf der Wide open Eisenbahn braucht man 2erlei Schmiere im Sommer und Winter. Zur
Schmiere im Sommer nimmt man 3 gallons oder 22½ ℔ grönländischen Fischthran
und mischt ihn mit 33 ℔ russischem Talg; die Masse wird auf einem schwachen Feuer
bloss geschmolzen, ohne in Südhitze zu kommen, und dann in ein Gefäss gegossen. Zur
Schmiere im Winter werden 4 gallons oder 30 ℔ Fischthran mit 26 ℔ russischem
Talg geschmolzen; diese Schmiere ist daher flüssiger als die erste, und hat die Consistenz
wie beiläufig unser Schmalz. Für jede Achse wird bei dem Einschmieren ein Stückchen
von der Grösse zweier Erbsen auf ein langes Holz genommen, und damit die Achse von
unten bestrichen. Im Jahre 1828 wurden 29079 Tonnen von den Kohlengruben in Faw-
don
und 22414 Tonnen von den Gruben in Wide open, zusammen also 51493 Tonnen über
die 9¾ engl. Meilen lange Bahn geführt und die Beischaffung der Schmiere für alle zu
diesem Transporte verwendete Wägen kostete 51 Liv. st. 8 sh. Die Redukzion gibt als
Kosten der Schmiere für einen N. Oe. Ztr. eine N. Oe. Meile weit zu führen 0,016 kr. C. M.


§. 563.


Ein grosser Theil der Transporte auf den englischen Railroads geschieht mit Pfer-
den, wir haben daher die wichtige Frage über die Leistung der Pferde auf diesen Bahnen
und die Frachtkosten bei dem Gebrauche der Pferdekraft zu beantworten. Es leuchtet
von selbst ein, dass die Leistung gleich starker Pferde nebst der Steigung oder dem Ge-
fälle der Bahn vorzüglich auch von dem Zustande der Bahnschienen, ob sie
hinreichend stark sind, oder sich unter der Last biegen und wie genau sie gelegt sind,
dann aber auch von der Konstruktion und dem Gewichte der Wägen abhängt. Sind die
Wägen schwer, nicht mit der hinreichenden Sorgfalt gebaut, oder haben sie allzustarke
Achsen, so wird in jedem solchen Falle die Ladung verringert.


[617]Frachtkosten auf den englischen Bahnen.

In dieser Hinsicht findet man bei den neuesten englischen Bahnen einen ausseror-
dentlichen Unterschied gegen die alten Bahnen, indem ein Pferd dermal wohl die dop-
pelte Ladung fortzieht, welche noch vor 10 Jahren von einem Pferde fortgeschafft wurde.
Folgende Erfahrung kann hier als ein vorzüglicher Anhaltspunkt dienen. Auf der Dar-
lington
eisenbahn beträgt die Länge der Hauptlinie von dem Fusse der schiefen Fläche
bei Brusselton bis Stockton 33653 yards oder 97345 N. Oe. Fuss und das Gefäll für die-
selbe Länge 395,2 engl., oder 381,1 N. Oe. Fuss. Der mittlere Fall ist daher . Auf die-
ser Strecke sind mehrere hundert tausend Tonnen Steinkohlen, Kalk und andere Fracht-
stücke bereits mit Pferden transportirt worden, man kann daher die hierüber gemachte
Erfahrung als hinlänglich bewährt ansehen. Die Fuhrleute spannen hier ein Pferd
mehreren Wägen vor, und zwar werden gewöhnlich 11 Tonnen Kohlen in vier Wägen,
deren jeder 5/4 Tonnen wiegt, geladen und der obige Weg von 19,12 engl. Meilen mit die-
ser Ladung in einer Woche fünfmal bergab zurückgelegt und eben so oft die leeren Wä-
gen bergauf zurückgeführt. Da diese Fuhrleute ½ pence für die Tonne und die Meile
erhalten, und die obige Entfernung mit 20 engl. Meilen berechnet wird, so ist der wo-
chentliche Verdienst für ein Pferd und den zugehörigen Begleiter = 11 . 20 . ½ . 5 = 550 pence,
demnach der tägliche Verdienst = 550 d . 1/7 = 6 sh. 6 4/7 d. Manchmal legen jedoch die
Fuhrleute diese Strecke 6mal der Woche zurück, nehmen aber jedesmal nur 9 Tonnen La-
dung, demnach ist der wochentliche Verdienst = 9 . 20 . ½ . 6 = 540 d und der tägliche Ver-
dienst = 540 d . 1/7 = 6 sh. 5 1/7 d. oder beinahe dasselbe.


In Hinsicht auf die Grösse des Widerstandes, welcher auf dieser Bahn statt findet,
ist zu bemerken, dass die Wägen in allen jenen Strecken von selbst herablaufen, wo das
Gefäll zur Länge sich wie 1 zu 160 verhält. Der Herausgeber dieses Werkes hat zur Ve-
rification dieser Angabe die ganze Bahnstrecke von Darlington bis Stockton im Februar
1827 selbst nivellirt, und gefunden, dass die Länge dieser Strecke 982,48chains (zu 66 Fuss)
und das ganze Gefäll 167,425 Fuss, demnach das mittlere Gefäll betrage. Da dieses Re-
sultat mit den Angaben, welche von den Ingenieurs der Bahn gemacht wurden, sehr nahe
übereinstimmte, so fand man es für überflüssig, die weitere Nivellirung von Darlington bis
zum Fusse der schiefen Fläche bei Brusselton vorzunehmen. In den letzten Jahren hat man
bei der Darlington Eisenbahn die Einrichtung getroffen, dass hinter jedem Zuge von 4 Wä-
gen ein niedriger zweirädriger Bahnkarren (Frame) angehängt wird. Das Pferd wird dort
ausgespannt, wo das Gefäll 1 : 160 oder mehr beträgt, und in den angehängten hinten offenen
Karren hineingeführt, in welchem es mit den beladenen Kohlenwägen nunmehr herabfährt;
wie diese Wägen stehen bleiben und wegen des geringern Falles der Bahn nicht mehr wei-
ter können, wird das Pferd aus dem hintern Karren herausgeführt und vorn wieder
eingespannt. Die Pferde sind durch die lange Gewohnheit bereits so abgerichtet, dass
sie bei den betreffenden Strecken, wo die Wägen selbst zu laufen anfangen, still stehen
und wie sie ausgespannt sind, selbst zurück gehen, in den hintern Wagen hinein springen
und mit sichtbarer Zufriedenheit eine Strecke im Wagen zurücklegen; wie aber die Wä-
gen stehen bleiben, steigen die Pferde wieder selbst heraus und kehren an ihren ursprüng-
lichen Bestimmungsort zurück. Die Unternehmer der Darlington Eisenbahn, welche
Gerstners Mechanik. Band I. 78
[618]Frachtkosten auf den englischen Bahnen.
meistens Quäcker sind, rühmen sich, die ersten gewesen zu seyn, welche dem Pferde
neben seiner Arbeit des Ziehens der Wägen auch die Erholung des Fahrens im Wagen
verschafft haben.


Wir können daher den Widerstandscoeffizienten m = setzen. Die Ladung be-
trägt im Bergabfahren, wenn fünf Fahrten in einer Woche gemacht werden Q = 11 Ton-
nen, wozu 4 Wägen mit W = 5 Tonnen kommen. Die tägliche Arbeitszeit, welche die
Pferde zum wirklichen Zuge verwenden, beträgt z = 9 Stunden, und die mittlere Kraft
der Pferde, welche auf dieser Bahn gehen, kann mit k = 125 N. Oe. ℔ angeschlagen
werden; wir erhalten daher für die Fahrt von Brusselton bis Stockton
, woraus v = 5,52 folgt. Für die leere
Rückfahrt ist , woraus v' = 4,63 folgt;
die Pferde brauchen daher mehr Zeit zur Rückfahrt, oder sie müssen sich mehr anstren-
gen, wenn sie in derselben Zeit die leeren Wägen zurück bringen sollen, in welcher sie
mit den beladenen Wägen herabgingen. Diess hat die Erfahrung auf der Darlingtonbahn
auch gezeigt. Berechnet man für die gefundenen Werthe von v und v' die Zeit, welche
auf der 97345 Fuss langen Bahn für 5 Hin- und Rückfahrten benöthigt wird, so gibt diess
53,69 Stunden, welches mit den angenommenen 54 Stunden sehr nahe übereinstimmt. Wer-
den dagegen 6 Fahrten in einer Woche mit 9 Tonnen Ladung und 5 Tonnen Gewicht der
Wägen angenommen, so folgt durch eine gleiche Rechnung v = 5,83 und v' = 4,63 Fuss;
auf gleiche Weise findet man die Zeit, welche zu den 6 Hin- und Rückfahrten verwendet
wird = 62,87 Stunden, die Pferde müssen daher täglich entweder 10½ Stunden in der Ar-
beit bleiben, oder sich mehr anstrengen. Auch diess hat die Erfahrung auf der Darling-
ton
bahn vollkommen bestättigt.


Nehmen wir nun eine horizontale Eisenbahn, Pferde von mittlerer Stärke, m abermal
und das Gewicht der Wägen an, so erhalten wir
, da aber zur vortheilhaftesten Verwendung der
Pferdekraft erfordert wird, dass v = c und z = t sey, so haben wir ,
woraus Q = 12000 ℔ folgt. Ein Pferd von mittelmässiger Stärke kann daher auf gleichen
Schienen wie bei der Darlingtonbahn und mit Wägen von gleicher Konstruktion eine La-
dung von 120 N. Oe. Ztr. nebst 40 Ztr. Gewicht an Wägen fortbringen und damit täglich
einen Weg von 19200 Klaftern oder 4,8 N. Oe. Meilen zurücklegen.


Wo die Schienen stärker sind, demnach sich weniger biegen, und auch besser zu-
sammengefügt sind, als es auf der Darlingtoneisenbahn bei dem Gebrauche der mit
grosser Schnelligkeit fahrenden Dampfwägen der Fall ist, kann auch ein Pferd weit
mehr fortbringen. Wood nimmt in seinem Werke: A practical treatise on Railroads
and interior communication in general; London
1825 an, dass der Widerstand der
Schienen nur betrage, und dass ein Pferd auf einer horizontalen Bahn 200 engl.
[619]Frachtkosten auf den Bahnen in Deutschland.
Zentner (Ladung und Wägen) täglich 20 engl. Meilen weit führen könne. Rechnet man hier
66⅔ engl. Ztr. für die Wägen ab, und schlägt die Unterhaltungskosten eines Pferdes
sammt Begleiter zu 5 sh. oder 2 fl. 30 kr. C. M. an, wie es in England im Durchschnitte
statt findet, so ergeben sich die Frachtkosten eines N. Oe. Zentners die N. Oe. Meile weit
mit 0,293 kr. C. M. Werden hiezu die S. 616 nachgewiesenen Kosten für die Abnützung
der Wägen mit 0,081 kr. und für die Schmiere mit 0,016 kr. gerechnet, so ergeben sich die
Frachtkosten eines N. Oe. Zentners, die N. Oe. Meile weit zu führen mit 0,390 kr. C. M.


Tredgold nimmt in dem Werke: A practical treatise on Rail-Roads and car-
riages, shewing the principles of estimating their strength, proportions, expense and
the conditions, which render them effective, economical and durable, with the theory,
effect and expense of steam carriages, stationary engines and gas machines, London

1825, die täglichen Kosten des Pferdes sammt Begleiter zu 2½ sh. an und berechnet die Kosten
für die Pferdekraft auf einer horizontalen Eisenbahn für die Tonne und die engl. Meile
zu 2,0farthings, die Anschaffungs- und Reparaturskosten des Wagens mit 0,4f. zusam-
men also mit 2,4farthings oder 0,6pence. Diess beträgt reducirt für den N. Oe. Zent-
ner und die N. Oe. Meile abermal 0,390 kr. C. M.


Wenn wir jedoch für Deutschland die Kosten eines Pferdes sammt Begleiter täglich mit
1 fl. 30 kr. C. M. anschlagen und eine Bahn und Wägen von gleicher Konstrukzion wie jene
in Darlington annehmen, so entfallen bei der berechneten Ladung von 133⅓ engl. oder 121
N. Oe. Ztr, welche von einem Pferde täglich 20 engl. oder 4,2 N. Oe. Meilen weit geführt wer-
den, die Frachtkosten für den Zentner und die Meile mit 0,177 kr. Wird hiezu zur grössern
Sicherheit der für die engl. Eisenbahnen berechnete Betrag für die Abnützung des Wa-
gens mit 0,081 kr. und für die Schmiere mit 0,016 kr. angeschlagen, so ergibt sich der Ge-
sammtbetrag der Frachtkosten auf einer horizontalen Bahn für einen N. Oe. Zentner die
N. Oe. Meile weit mit 0,274 oder mit ein Viertel kr. C. M. Dieser Betrag ist der zehnte
Theil
von 2½ kr. C. M., welche auf unsern Landstrassen (Chauseen) gewöhnlich für den
Zentner und die Meile gezahlt werden.


Um nun die Frachtkosten auf einer zu erbauenden Eisenbahn anzuschlagen, müssen
noch die Zinsen und allenfalls der Tilgungsfond des Baukapitals und die jährlichen Un-
terhaltungs- und Regiekosten der Bahn hinzugerechnet werden. Hierüber lassen sich
keineswegs bestimmte Summen anschlagen. In England rechnet man die Baukosten ei-
ner engl. Meile einfacher Eisenbahn, wenn keine besondere Schwierigkeiten des Terrains
vorhanden sind, auf 1000 Liv. st. demnach die deutsche Meile auf beiläufig 5000 Liv. st. und
eine Meile doppelter Bahn auf 10000 Liv. st. Inzwischen kostet die von Manchester nach
Liverpool erbaute doppelte Bahn von 30¼ engl. Meilen Länge sammt Grundeinlösung,
Gebäuden und allem Zugehör eine Million Liv. st.; es kommt daher die deutsche Meile
auf beiläufig 160000 Liv. st. Die Darlington-Bahn, welche grösstentheils einfach an-
gelegt ist, wird, wenn sie ganz ausgeführt ist, eine Länge von 41 engl. Meilen haben und
gegen 250000 Liv. st. kosten. Uiber die Baukosten der Eisenbahnen können daher nur die
Schwierigkeit der Lokalität in jeder Gegend, die Preise der einzulösenden Grundstücke,
des Eisens, des Arbeitslohnes etc. entscheiden. Dasselbe betrifft auch die Angabe der
Unterhaltungskosten, die auf gleiche Weise in jeder Lokalität bestimmt werden
müssen. Auf der Darlingtoneisenbahn wurden alle Reparaturen, die auf der Bahn, an den
78 *
[620]Englische Tramroads.
Dämmen etc. vorfallen, jährlich mit 40 Liv. st. für die engl. Meile verpachtet; auf der
Budweiser Eisenbahn wurde die Unterhaltung mit beiläufig 1000 fl. C. M. für die N. Oe.
Meile jährlich verpachtet, jedoch die Reparaturen der Holzbahn von Seite der Unterneh-
mungsgesellschaft noch besonders bestritten. Es lassen sich also in dieser Hinsicht keine
allgemeinen Bestimmungen angeben, sondern die Rechnung muss für jeden Fall ent-
scheiden.


§. 564.


Die zweite Gattung Eisenbahnen, wobei die Räder ohne Spurkranz, die Schienen
aber mit einem hervorstehenden Rande auf der innern Seite der Bahn versehen sind, wer-
den Tramroads genannt, und sind sammt den hierauf gebrauchten Wägen auf der 34. Tafel
Fig.
1
bis
8.
Tab.
34.
dargestellt. Diese Bahnen sind vorzüglich in den englischen Bergwerken, dann aber
auch zu Tage in Wales und Monmouthshire im Gebrauche. Fig. 1, 2, 6, 7 und 8 stellen
die Schienen dar, welche auf der in Monmouthshire vom J. 1825 bis 1827 erbauten 21¼
engl. Meilen langen Eisenbahn (Rumney Railway genannt) zur Verbindung der grossen
Eisenwerke in Rumney mit der Sirhowy Eisenbahn angewendet wurden. Diese Schie-
nen sind wie auf allen andern Tramroads nicht gewalzt, sondern von Gusseisen; sie haben
4 Fuss Länge, beinahe 4 Zoll Breite und die Höhe des hervorstehenden Randes beträgt
2½ Zoll. An dem Ende sind die Schienen zur bessern Verbindung untereinander oval-
förmig und zur grössern Festigkeit sind sie an ihrer untern Fläche mit einer angegosse-
nen Rippe versehen. Zur vollkommenen Erhaltung der Geleiseweite wurden gusseiserne
Bahnschliessen, wie Fig. 2, 6 und 8 zeigt, bei einer jeden Zusammenfügung der Schienen
angebracht; diese Schliessen sind an den Enden 3 Zoll breit, haben in der Mitte einen Quer-
schnitt von 5/4 Quad. Zoll und werden bei g (Fig. 3) verkeilt. Die Schienen selbst wurden mit
viereckigen in ihre Oberfläche genau versenkten schmiedeisernen Nägeln, welche wieder in
grössere hölzerne in den Steinblöcken eingeschlagene Nägel eingriffen, befestigt. Die
Geleiseweite der Bahn von a (Fig. 3) bis zu a auf der entgegengesetzten Seite gemessen
beträgt 4 Fuss 2 Zoll. Das Gewicht einer Gusseisenschiene von 4 Fuss Länge beträgt 65
engl. Pfund, demnach entfallen auf eine N. Oe. Meile einfacher Bahn 6552 N. Oe. Zentner
Gusseisen, wozu noch die Bahnschliessen zu rechnen sind. Die Wägen, welche auf die-
sen Schienen fahren, laden 2½ Tonnen Kohlen, und die Schienen sind gegenwärtig für
dieselben hinreichend stark, nachdem man die frühern schwächern Schienen, die häufig
zerbrachen, durch die beschriebenen stärkern ersetzt hat.


Die Gusseisenschienen, welche auf dem im Jahre 1809 erbauten 9¾ engl. Meilen lan-
gen einfach angelegten Tramroad von Gloucester nach Cheltenham angewendet wurden,
Fig.
9
und
10.
sind Fig. 9 und 10 dargestellt; die Länge derselben beträgt nur 3 Fuss, die ganze Breite
5 Zoll, die Höhe des hervorstehenden Randes 2 Zoll [und] das Gewicht einer Schiene 48
engl. ℔, demnach entfallen auf eine N. Oe. Meile einfacher Bahn 6451 N. Oe. Zentner
Gusseisen. Ein vierrädriger Wagen wird auf dieser Bahn mit 2 Tonnen Kohlen, Kalk
oder andern Gütern beladen. Die Geleiseweite der Bahn misst 3 Fuss 6 Zoll. Eine ver-
besserte 3te Art Gusseisenschienen ist Fig. 11, 12 und 13 dargestellt; die zwei unter den
Schienen angebrachten Rippen geben denselben hinreichende Festigkeit gegen den Bruch.


[621]Palmer’sche Eisenbahn.

Die Wägen, welche auf den englischen Tramroads gebraucht werden, sind vonFig.
1
bis
5.
Tab.
34.

sehr verschiedener Konstruktion, wie es auch bei den Railroads der Fall ist. Fig. 1 bis 5
enthalten die Darstellung eines Kohlenwagens auf der Rumney Eisenbahn; hiebei ver-
dient vorzüglich die Einrichtung der Räder (close ended wheels) unsere Aufmerksamkeit.
Der Durchmesser derselben misst 2,5 Fuss, die obere Breite, womit sie die Schienen be-
rühren, 1 Zoll; der mittlere Theil der Achse bis zur Linie n p ist viereckig und an dem
Wagen befestigt, der Theil von n p bis A aber rund; die Räder drehen sich demnach um
die Achsen, und haben zur Erhaltung der Schmiere eine ähnliche Einrichtung, welche
wir bereits S. 600 bei den Rädern auf guten Landstrassen angegeben haben. Die Schmie-
re, welche hier in flüssigem Oehl besteht, wird durch die mit einer Schraube gewöhn-
lich geschlossene Oeffnung B eingegossen und vertheilt sich auf der ganzen Länge der
Achse; damit aber das Rad von der Achse nicht ablaufen könne, ist die letztere wie
Fig. 3 zeigt, von A bis n abgedreht und es werden zwei 6 Zoll hohe und ½ Zoll dicke gussei-
serne Platten, (Fig. 4 und 5) mit den Schnitten abwechselnd auf einander gelegt, zur bes-
sern Haltung Filze zwischen diese Platten und das Rad eingelegt und das Ganze mit
4 Schrauben an das Rad befestigt. Man sieht leicht, dass der nächst m o an der Achse
befindliche eiserne Ring das Ablaufen der 2 Scheiben und demnach auch des Rades
verhindere. Da der Guss des letztern von A aus geschieht, so steckt man bei A ge-
wöhnlich einen schmiedeisernen Nagel in die flüssige Eisenmasse, mit welchem dieselbe
zusammenschmilzt.


Wir haben bereits bemerkt, dass die Tramroads in neuern Zeiten nicht mehr an-
gelegt werden, wo sie nicht etwa zur Verbindung mit einer schon bestehenden Bahn,
wie es bei der Rumney Bahn der Fall war, dienen. Wo dagegen solche Bahnen in
Magazinen oder Schiffswerften erbaut werden, sind sie noch immer mit Vortheil an-
zuwenden, weil die hiebei gebrauchten Wägen auch ausser der Bahn benützt werden
können, was bei den Railroads nicht der Fall ist. Fig. 14 und 15 enthält die Kar-Fig.
14
und
15.

ren, welche zum Transporte der Fässer mit Rohzucker und andern Gegenständen in
den westindischen Docks dienen. Die mit A bezeichneten Theile sind von Holz, das
übrige von Guss- und Schmiedeisen; die Bahnen sind in das steinerne Pflaster versenkt.


§. 565.


Die 3te Gattung Eisenbahnen, welche in der neuesten Zeit erfunden wurden; sindFig.
6
bis
8.
Tab.
30.

von dem Ingenieur Palmer angegeben, und Fig. 6 bis 8, Tab. 30 dargestellt. Die Bahn
ist hiebei einfach und auf einem Gerüste befestigt; man erspart daher den Bau der Stras-
se für die Bahn und benöthigt nur ein Geleise. Die Wägen sind zweirädrig, und es
hängt zu jeder Seite ein Kasten, in welchen die Waaren geladen werden, die daher
auf jeder Seite ein gleiches Gewicht haben müssen; das Pferd geht zur Seite und
zieht an einem langen Seile. Obgleich diese Konstruktion dem ersten Anscheine nach
bedeutend wohlfeiler als die früher beschriebenen zwei Arten Bahnen auszuführen ist,
und hier auch noch der Vortheil eintritt, dass der Widerstand bei einer vollkommen ge-
legten Palmer’schen Bahn wirklich geringer als auf den andern Bahnen ist, so biethet
doch eben die Schwierigkeit, diese Bahn in der gehörigen Richtung und dem Niveau zu
erhalten, ein so grosses Hinderniss dar, dass man in England dieser Konstruktion gar kei-
[622]Eisenbahn zum Aufziehen der Schiffe.
nen Beifall schenkt, und sie bisher nur zum Versuche auf einigen sehr kurzen Strecken
ausgeführt hat. Auch bei Pesth wurde vor 4 Jahren eine solche Bahn zum Behufe des
Steintransportes angelegt, jedoch in kurzer Zeit wegen ihrer bedeutenden Gebrechen
wieder abgetragen.


§. 566.


Wenn grosse Lasten auf schiefen Flächen über bedeutende Anhöhen gebracht werden
sollen, bedient man sich ebenfalls mit Vortheile der Eisenbahnen. In Schottland hat der
Schiffbaumeister T. Morton in Leith nächst Edinburgh ein Patent für einen von ihm
angegebenen Apparat zum Herausziehen der Seeschiffe behufs der Repara-
turen auf das feste Land erhalten, und diese Vorrichtung ist in kurzer Zeit in den
Fig.
1
bis
8.
Tab.
35.
meisten englischen Häfen, so wie auf Verlangen der betreffenden Regierungen in Russ-
land, Frankreich, dann in Nordamerika aufgestellt und die Maschinerie hiezu von dem
Erfinder dahin gesandt worden. Die Darstellung dieser Vorrichtung Mortons pa-
tent slip
genannt, enthält Fig. 1 bis 8 Tab. 35. Sie gewährt in Seehäfen einen ausseror-
dentlichen Vortheil gegen die trockenen Bassins (dry docks), in welche letztern die
Schiffe zur Zeit der Fluth einlaufen, hierauf das Wasser während der Ebbe herausgelassen
und nun das Schiff, so weit es trocken liegt, ausgebessert wird. Die Aufstellung dieses Ap-
parates unterliegt keiner Schwierigkeit, er kann von einem Orte zum andern gebracht und
selbst zu Schiffe verführt werden, um an einem andern Orte zur Herausschaffung des Schiffes
auf das feste Land zu dienen. In der hierüber bekannt gemachten, englischen Beschrei-
bung wird behauptet, dass 6 Arbeiter für 100 Tonnen Gehalt hinreichen, um das Schiff
2,5 bis 5 Fuss weit in der Minute aufzuwinden; ein Schiff von 300 Tonnen Gehalt würde
daher durch 18 Arbeiter in ein oder zwei Stunden auf das Trockene gebracht werden
können.


Der Apparat besteht aus einer schief gelegten, vierfachen Eisenbahn nach Art der
Tramroads, worauf das Schiff mittelst eines hinreichend grossen Wagengerüstes, auf das
es aufgefahren und befestigt wird, durch eine Zugmaschine herausgewunden wird. Fig 1,
2, 3 und 7 zeigen sowohl die Konstruktion des Wagens als die Art der Befestigung des
Schiffes auf demselben. Die mittlern Rollen b, c des Wagens tragen einen sehr starken
Balken A B, auf welchem einzelne kurze Hölzer (Klötze) befestigt sind, worauf das Schiff
mit seinem Kiele auffährt. Die schwächern Balken C D und E F werden von den Seiten-
rollen getragen. Auf diesen 3 Balken ruhen die Querhölzer A G und A H (Fig. 1), wel-
che in ihrer schiefen Lage durch untergelegte Holzstücke erhalten werden. Hierauf lie-
gen die beweglichen Klötze K, L..... deren anfängliche Lage Fig. 3 bei M zeigt, und
die man, sobald das Schiff mit dem Kiele auf dem mittlern Balken A B aufsitzt, mittelst
Seilen, welche durch die Stangen e f über dem Wasser erhalten werden, unter das Schiff
fest anzieht. Es wird nämlich an jeden beweglichen Klotz ein Seil bei i befestigt, über die
Rolle k und an der Stange e f hinaufgeführt; um aber das Rückgehen dieser Klötze zu ver-
meiden, fällt zugleich ein Sperrkegel (rackpall) in die gezähnte Stange g h (Fig. 8) ein.
Die eisernen Bänder w, w ..... dienen zur Befestigung und bessern Leitung des Wagens
und die Streben v zur bessern Erhaltung des Schiffes in der vertikalen Lage. Fig. 4 und 5
enthält die Darstellung der Zugmaschine und Fig. 6 den hiebei gebrauchten Bremshebel im
[623]Selbstwirkende schiefe Flächen.
vergrösserten Maasstabe. Die Zugmaschine wird durch zwei lange unter rechten Win-Fig.
4
bis
7.
Tab.
35.

kel gegeneinanderstehende Kurbeln bewegt, an welchen die Arbeiter angestellt werden,
wie der Grundriss Fig. 7 zeigt. Durch die Kurbeln A wird das Getriebe a und hiedurch
das gezähnte Rad B bewegt; an der Welle des letztern (welche im Grundrisse Fig. 5
nicht zu sehen ist) steckt das Getriebe b, welches abermal das gezähnte Rad C treibt,
an dessen Welle c die Kette aufgewunden ist, an deren Ende das Wagengerüst befestigt
ist. Das ganze Räderwerk ist von Gusseisen, so wie auch dessen Fussgestell, welches jedoch
auf einem hinreichend festen Mauerwerke mit Schrauben befestigt wird. Um das Schiff
auf der schiefen Fläche in jedem Punkte zu erhalten, dienen die Sperrkegel q, q', q'',
welche in eine auf der mittlern Bahn befestigte gezähnte Stange eingreifen. Zu gleichem
Zwecke dient auch der Bremshebel p n, mit den halbkreisförmigen Bremsringen o u r und
m s r. Beide sind in r an dem Gerüste der Maschine befestigt und bewegen sich daselbst
in einem Scharniere. Der Bremshebel dagegen ist an einer eisernen Achse in n eben-
falls an dem Maschinengerüste beweglich. Wird nun dieser Hebel bei p herabgedrückt,
so geht der Punkt o hinauf, und der Bremsring r u o wird an der Welle angezogen, wäh-
rend zu gleicher Zeit der Punkt m in entgegengesetzter Richtung von o fortgerückt,
und dadurch auch der Ring r s m an die Welle, worauf sich die Kette windet, gedrückt
wird. Diese Bremse kann übrigens auch auf andere Art eingerichtet werden.


Es leuchtet von selbst ein, dass dieser Schiffsaufzug nicht bloss bei Seeschiffen, son-
dern auch bei Flusschiffen, wo er dann einfacher und weit minder kostspielig angelegt
wird, zu brauchen sey, und dass er in jeder Hinsicht dem gewöhnlichen Verfahren, wo
Schiffe mit Pferden behufs der Vornahme von Reparaturen oder zur Winterszeit aus dem
Wasser gezogen werden, den Vorzug verdiene.


§. 567.


Wenn auf Eisenbahnen beladene Wägen über schiefe Flächen (inclined planes)
herabgehen, kann man ihr überwiegendes Gewicht zum Aufzuge leerer Wägen zu gleicher
Zeit mit vielem Vortheile verwenden. In England nennt man diese Flächen self acting
planes
oder selbstwirkende schiefe Flächen, und sie sind daselbt seit mehr
als einem halben Jahrhunderte im Gebrauche. Es mag wohl mehrere hundert solche schiefeFig.
13
und
14.

Flächen in England geben, deren Konstruktion auch mehr und minder von einander ab-
weicht. Fig. 13 und 14 enthalten die Darstellung einer solchen selbstwirkenden schiefen
Fläche, welche nächst Leeds in Yorkshire auf der Eisenbahn, die von dem Middleton
Kohlenwerke kommt, angelegt ist. Vier Wägen, deren jeder mit 53 Ztr. Kohlen beladen
ist, ziehen bei dem Herablaufen über die schiefe Fläche 4 andere leere Wägen hinauf;
zu diesem Behufe hängen dieselben mittelst eines Seiles zusammen, das um das horizontale
Rad a b von 16 Fuss Durchmesser geschlungen wird. Die Speichen und Welle dieses
Rades sind von Gusseisen, um ihnen eine grössere Festigkeit zu geben; der Kranz ist aber
von Holz. Zur Leitung des Seiles dienen die gusseisernen Räder c, d von 4 Fuss Durch-
messer. Um das grosse Rad bremsen, und hiedurch die Bewegung des Seiles vermindern
zu können, liegt um dasselbe ein hölzerner Kranz, der bei e befestigt und an den Ketten
f, f aufgehängt ist. Wird nun der Hebel m n bei m herabgedrückt, so schiebt die bei n
befestigte vertikale Stange den Punkt o gegen a, und drückt den schwebenden Kranz an
[624]Aufzug beladener Wägen über schiefe Flächen.
Fig.
13
und
14.
Tab.
35.
das grosse Rad an. Da auf dieser schiefen Fläche bei Tag und Nacht gefahren wird, so
muss der Arbeiter, welcher oben die beladenen Wägen an das Seil anhängt, zugleich
auch gewiss seyn, dass 4 andere Wägen am Fusse der schiefen Fläche an das andere En-
de des Seils befestigt wurden. Zu diesem Behufe dient eine Art Telegraph A B, wel-
cher am Fusse jeder solchen schiefen Fläche aufgestellt wird, und wieder verschieden
eingerichtet seyn kann. Gewöhnlich wird auf einer eisernen Platte in der Höhe bei A
ein Steinkohlenfeuer gemacht, welches jedoch gegen die schiefe Fläche durch eine verti-
kal vorgehängte Blechplatte gedeckt wird. Wie nun unten 4 Wägen eingehängt sind,
wird diess Blech aufgezogen, der Arbeiter bei dem obern Maschinengebäude erblickt das
Feuer, und hängt sogleich oben 4 andere Wägen ein, die nun durch ihr Uibergewicht
herabgehen, und zu gleicher Zeit die leeren Wägen hinauf ziehen. Da jedoch die Be-
wegung über die schiefe Fläche mit einer Beschleunigung verbunden ist, so wird, wenn
die untern Wägen auf der Höhe der schiefen Fläche beinahe angelangt sind, das Brems-
rad angezogen, oder man hängt die Wägen schnell aus, worauf sie in der neben dem
Gebäude fortgeführten horizontalen Strecke noch ein bedeutendes Stück fortlaufen, ehe
sie zur Ruhe kommen.


Da die Seile sich bei der Bewegung über die schiefe Fläche auf der Erde schleifen
und bald abnützen würden, so werden von Strecke zu Strecke in der Mitte der Bahn guss-
eiserne Seilleitungsrollen (sheeves) auf hölzernen in die Erde eingegrabenen Pfosten be-
Fig.
9
bis
12.
festigt, über welche nunmehr das Seil fortläuft. Die Darstellung dieser Seilleitungsrollen,
wie sie auf der Bolton und Leigh Eisenbahn nächst Manchester gebraucht werden, ent-
hält Fig. 9 bis 12; die letztere Figur zeigt die schmiedeiserne Achse, an welche die
gusseiserne Rolle angegossen wird.


§. 568.


Wenn beladene Wägen über eine schiefe Fläche hinab und zu gleicher Zeit andere be-
ladene Wägen hinauf gehen, so kann man sich der im vorigen §. beschriebenen Vorrich-
tung ebenfalls bedienen, nur muss das Gewicht der herabgehenden Wägen immer grösser
als derjenigen seyn, welche zu gleicher Zeit hinauf gezogen werden. Es kann aber auch
der entgegengesetzte Fall und selbst jener vorkommen, wo bloss beladene Wägen hinauf
und leere hinabgeschafft werden; nun gleichen sich zwar die Gewichte der Wägen beider-
seits aus, allein zur Fortschaffung der Ladung und zur Bewegung der ganzen Maschine-
rie wird noch eine Kraft erfordert. In England werden in solchen Fällen Dampfmaschinen
(fixed steam engines oder stationary engines) auf die Anhöhe gestellt, mittelst welcher
nunmehr das Aufziehen der Wägen bewirkt wird; man nennt diese schiefen Flächen
Engine planes. In Gegenden, wo man Wasserkraft zur Disposition hat, werden zu
gleichem Zwecke auch Wasserräder oder auch Pferdegöpel gebraucht. Auf der
Grabe Wheal friendship unweit Tavistock geschieht die Förderung der Bahnwägen mit-
telst eines Wasserrades. An dem Ende des Tavistock Kanales befindet sich eine
schiefe Fläche, auf welche die leeren Wägen mittelst eines oberschlächtigen Wasser-
rades von 28 Fuss Höhe und 4 Fuss Breite aufgezogen werden. Auf demselben Kanale
wurde statt 2 Schleussen zu bauen, eine Strecke mit einer schiefen Fläche, die 19,5 Fuss
hoch ist und die Steigung 1 : 48 hat, angelegt; ein Wagen von 20 Fuss Länge fährt unter
[625]Aufzug beladener Wägen über schiefe Flächen.
ein beladenes Boot und nun wird derselbe sammt seiner Ladung durch Pferde hinaufge-
zogen. In dem Schieferbruche bei Milhill werden mittelst eines einfachen Pferdegöpels die
beladenen Wägen hinaufgeführt und die leeren herabgelassen. Bei Anlegung grosser Ab-
grabungen werden gewöhnlich die beladenen Wägen auf schiefen Flächen durch Pferde
aufgezogen. Die Anlage der Wasserräder bei schiefen Flächen besteht bereits seit mehr
als einem halben Jahrhunderte bei einigen Holzaufzügen in der Oester. Monarchie. Bei
Maria Zell in Steiermark ist ein solcher Holzaufzug, wo durch die Kraft eines mittel-
schlächtigen Wasserrades mit 5 Fuss Gefälle täglich in 11 Arbeitsstunden 37 bis 40 Klaf-
ter Holz, die zusammen 800 Zentner wiegen, über eine schiefe Fläche (Holzbahn),
deren senkrechte Höhe 40 N. Oe. Klafter beträgt, hinaufgezogen werden. Ein ähnlicher
Aufzug steht in dem äussern Weissenbache im Oberöster. Salzkammergute.


Der Grundsatz, bei der Fahrt über schiefe Flächen die herabgehenden Wägen zur
Erleichterung des Aufzugs anderer beladener Wägen zu verwenden, ist von dem Civil In-
genieur Benjamin Thompson auf alle Fälle der Anwendung ausgedehnt und demselben
unter dem 24. Oktober 1821 ein Patent für dieses von ihm genannte „reciprocating system
oder wechselwirkende System ertheilt worden. Eine Anwendung dieser Grundsätze hat
B. Thompson bei der Brunton und Schields Eisenbahn nächst Newcastle mit dem
besten Erfolge in Ausführung gebracht.


Man hat in England noch andere Mechanismen versucht, um beladene Wägen über
Berge aufzuziehen. So hat man Wägen mit blechernen Kästen auf der Anhöhe des Ber-
ges mit Wasser oder Steinen gefüllt, diese Wägen während ihres Herabgehens über die
schiefe Fläche zum Aufziehen anderer beladener Wägen verwendet, sodann die erstern
unten ausgeladen, und auf gleiche Art wieder leer hinauf gezogen. Allein dieser und
noch andere ähnliche Mechanismen sind sämmtlich wieder aufgegeben worden, da ihre
Anwendung zu viel andern Anständen in der Ausübung unterlag.


§. 569.


Man würde überhaupt sehr irren, wenn man von dem Gebrauche der beschriebenen
Mechanismen einen ausserordentlichen Gewinn an Frachtkosten erwarten
wollte. Zwar sollte man dem Anscheine nach glauben, dass die Frachtkosten auf einer
selbstwirkenden schiefen Fläche beinahe = 0 seyen, da die einen Wägen die andern ohne
weitere Beihülfe aufziehen, allein die Erfahrung im Grossen hat hierüber in England
anders entschieden. Als Belege hiefür werden nachstehende Ausweise über die Fracht-
kosten in verschiedenen Fällen angeführt, welche H. Nicolas Wood dem Herausge-
ber dieses mitgetheilt hat.


I. Selbstwirkende schiefe Fläche bei dem Kohlenwerke zu Killingworth.


  • Länge 715 yards, Fall 57 Fuss 3 Zoll oder 1 : 37,5, vollkommen gerade Bahn.
  • Das Seil wurde gelegt am 1. März 1822, abgenommen am 18. Juli 1823, damit verführt 55977 Chaldrons
  • „ „ „ „ 18. Juli 1823, „ „ 27. Nov. 1824 „ „ 59839
  • Zusammen 115816 Chaldrons.

Demnach wurden mit einem Seile im Durchschnitte 57908 Chaldrons zu 53 Ztr. = 153456 Tonnen auf
7 15 yards Weite oder 62342 Tonnen eine Meile weit geführt, welches folgende Kosten verursachte:


Gerstners Mechanik. Band I. 79
[626]Frachtkosten auf selbstwirkenden schiefen Flächen.
  • Liv. st. sh. d.
  • 1tens Das Seil von 5 Zoll Umfang, 800 yards Länge und 25 Ztr. 19 ℔ Gewicht, den Ztr. zu 52 sh.   65 — 8 — 10
  • 2tens 2 Personen zur Aufsicht, ein jeder 2 sh. 6 d täglich, für 300 Tage jährlich und bei
    der Annahme von 45000 Chaldrons jährlich, macht für 15 Monate   93 — 15 — 0
  • 3tens Schmiere, Oehl etc. für die Seilleitungsrollen   3 — 0 — 0
  • 4tens Die ursprünglichen Kosten der Maschinerie waren 200 Liv. st. wovon 4 procent Zinsen
    für 15 Monate  10 — 0 — 0
  • Zusammen   172 — 3 — 10
  • Diess gibt für das oben angeführte Frachtquantum ⅔d. für die Tonne und die Meile.

II. Untere selbstwirkende schiefe Fläche zu Killingworth.


Länge 631 yards, Fall 77 Fuss 7 Zoll, oder 1 : 24,4, ein wenig gekrümmte Bahn.


Auf derselben wurden 147340 Tonnen auf 631 yards Weite oder 52825 Tonnen eine Meile weit für 160
Liv. st. 19 sh. 8 d. verführt, welches für die Tonne und die Meile ¾ d. beträgt.


III. Selbstwirkende schiefe Fläche bei dem Kohlenwerke zu Mount Moor.


Beinahe gerade Bahn, 704 yards lang, mit dem Gefälle von 88 Fuss 10¾ Zoll oder 1 : 23,8. Es wurden
63600 Tonnen auf 704 yards Weite oder 25440 Tonnen eine Meile weit für 120 Liv. st. 14 sh. 0 d. ver-
führt, welches den Betrag von 1 d. für die Tonne und die Meile gibt.


IV. Zweite selbstwirkende schiefe Fläche auf dem Kohlenwerke zu Mount Moor,
942 yards lang, mit einem Gefälle von 101 Fuss 6 Zoll oder 1 : 27,8. Auf derselben wurden 84800 Tonnen auf
942 yards Länge oder 45387 Tonnen 1 Meile weit geführt; der Betrag war ⅔ d. für die Tonne und die Meile.


V. Erste selbstwirkende schiefe Fläche bei dem Kohlenwerke zu Hetton,
1302 yards lang, mit starken Krümmungen und einem Gefälle von 130 Fuss 4 Zoll oder 1 : 30. Auf der-
selben wurden 258645 Tonnen auf die Weite von 1302 yards oder 191339 Tonnen 1 Meile weit geführt,
welches den Kostenbetrag von ⅔ d. für die Tonne und die Meile verursachte.


VI. Schiefe Fläche mit einer aufgestellten Dampfmaschine (Byre Engine Plane) bei dem
Hetton-Kohlenwerke,

beinahe gerade, 882 yards lang, mit 151 Fuss Steigung oder 1 : 17,5. Auf der Höhe der schiefen Fläche
steht eine 60 Pferdekraft starke Condensationsmaschine (Condensing Engine), welche mit Einschluss der
Seilleitungsrollen 3000 Liv. st. kostete.


  • Das 1te Seil von 7¼ Zoll Durchm. wog 62 — 0 — 0 zu 50 sh. macht 155 — 0 — 0 wurde abgenom. 12. Apr. 1823.
  • „ 2te „ „ „ „ „ „ 61 — 3 — 25 „ „ „ 154 — 18 — 8 „ „ 10. Jän. 1824.
  • „ 3te „ „ „ „ „ „ 62 — 0 — 23 „ „ „ 155 — 10 — 3 „ „ 4. Juni 1824.
  • „ 4te „ „ „ „ „ „ 62 — 0 — 23 „ „ „ 155 — 10 — 3 „ „ 26. Sept. 1824
  • Zusammen Liv. st. 620 — 19 — 2

Mit diesen Seilen wurden 163238 Chaldrons oder 273581 Tonnen über die Länge von 882 yards
geführt, welches eben so viel ist, als 137101 Tonnen eine Meile weit. Die Förderung mit diesen Seilen
fing am 18 Nov. 1822 an, und dauerte 97 Wochen; die Kosten der Seile betrugen für diese ganze Zeit
620 Liv. st. 19 sh. 2 d. Nebstbei waren wochentlich noch folgende Auslagen:


  • Liv. st. sh. d.
  • 1.) Zwei Personen zur Dampfmaschine zu 21 sh. wochentlich   2 — 2 — 0
  • 2.) Ein Junge zur Dampfmaschine, wochentlich mit   0 — 7 — 6
  • 3.) Schmiere, Talg, Oehl, Hanf etc.   1 — 8 — 6
  • 4.) Ein Mann, welcher mit den Wägen fährt   0 — 18 — 0
  • 5.) Ein Mann am obern Ende der schiefen Fläche   0 — 14 — 0
  • 6.) Ein Mann am Fusse der schiefen Fläche   0 — 12 — 0
  • 7.) Ein Knabe bei der Signalstange (Telegraphen)   0 — 5 — 0
  • 8.) Schmiere für die Seilleitungsrollen   0 — 5 — 0
  • 9.) Reparaturen der Eisenstangen des Feuerrostes der Dampfmaschine   1 — 5 — 0
  • 10.) 24 Tonnen Kohlen wochentlich zu 5 sh. die Tonne   6 — 0 — 0
  • 11.) Interessen des Kapitals von 3000 Liv. st. zu 4 Prozent wochentlich  2 — 6 — 2
  • Zusammen   16 — 3 — 2

[627]Frachtkosten bei dem Aufzuge mit Dampfmaschinen.

Diese Auslage macht für 97 Wochen 1567 Liv. st. 7 sh. 2 d. und sammt dem obigen Betrage für die
Seile 2188 Liv. st. 6 sh. 4 d. Wird diess auf die, eine Meile weit geführten 137101 Tonnen vertheilt, so
entfallen 3⅘ d. für die Tonne und die Meile.


VII. Schiefe Fläche mit einer aufgestellten Dampfmaschine bei dem Hetton-Kohlenwerke
(Mill Engine Plane and Flat). Dieselbe besteht aus einer Strecke von 775 yards Länge und 115 Fuss
Steigung oder 1 : 20,2, dann aus einer zweiten Strecke von gleicher Länge (775 yards) und 30 Fuss Stei-
gung oder 1 : 77,5. Die Dampfmaschine auf der Höhe der schiefen Fläche ist von gleicher Construktion und
Kraft von 60 Pferden und kostete ebenfalls 3000 Liv. st. Uiber diese schiefe Fläche oder die Länge von 1550
yards wurden 260958 Tonnen oder 229821 Tonnen eine Meile weit für den Betrag von 2479 Liv. st.
18 sh. 0 d. geführt, welches 2⅗ d. für die Tonne und die Meile beträgt.


VIII. Schiefe Fläche mit einer Dampfmaschine bei dem Kohlenwerke in Backworth
(Prospect Plane). Die Länge derselben beträgt 1104 yards, die Steigung 42 Fuss oder 1 : 78,9. Die
hierauf verführten 145750 Tonnen auf die Länge von 1104 yards sind eben so viel als 91425 Ton-
nen eine Meile weit; die Auslage hiefür betrug 572 Liv. st. 17 sh. 8 d. oder 1½ d. für die Tonne und die
Meile.


IX. Schiefe Fläche mit einer Dampfmaschine (Murtonrow Engine) bei dem Kohlenwerke
in Backworth,

Länge derselben 1905 yards, Steigung 89 Fuss 9 Zoll oder 1 : 63,7. Uiber diese Länge von 1905 yards
wurden 145750 Tonnen geführt, welches eben so viel ist, als 157758 Tonnen eine Meile weit; die Kosten
betrugen für die Tonne und die Meile 1⅛ d.


X. Schiefe Fläche mit einer Dampfmaschine bei dem Kohlenwerke zu Gosforth
(West Plane). Dieselbe besteht aus einer Strecke von 964 yards mit 57 Fuss 7 Zoll Steigung, dann
einer zweiten Strecke von 1012 yards mit 33 Fuss Gefäll. Uiber diese Länge von 1976 yards wurden 81641
Tonnen geführt, welches eben so viel ist, als 91661 Tonnen eine Meile weit; die Auslagen hiefür waren
368 Liv. st. 14 sh. 1 d., welches beinahe 1 d. für die Tonne und die Meile beträgt.


XI. Frachtkosten mit 4 Dampfwägen,
welche auf dem Killingworth Railroad vom 31. Dezember 1823 bis 31. Dezember 1824 gebraucht
wurden. Die Eisenbahnstrecke, wo man die Dampfwägen verwendete, hatte folgendes Profil: Von der
Burraton- bis zur Killingworth-Grube A sind 2230 yards und 37 Fuss 6 Zoll Fall; von der Grube A bis
zur Grube C sind 1432 yards Länge und 4 Fuss Steigung, dann aber 18 Fuss 8 Zoll Fall; von der Grube
C bis zu dem Endpunkte, wie weit Dampfwägen gehen, sind 3688 yards mit einigen Steigungen und Ge-
fällen, jedoch ist diese Strecke beinahe horizontal. Die Auslagen bei dem Gebrauche der 4 Dampfwägen
betrugen in der oben angeführten Zeit


  • Liv. st. sh. d.
  • 1.) Hanf 2 Ztr. zu 42 sh.; Talg 11 Ztr. zu 36 sh.  24 — 0 — 0
  • 2.) Der Oehlbedarf in dieser Zeit betrug   15 — 14 — 0
  • 3.) Räder mussten nach einem Durchschnitte von 3 Jahren jährlich 27 Stück angeschafft
    werden, zu 3 Liv. st. jedes   81 — 0 — 0
  • 4.) Vier Personen zu den Dampfmaschinen für 240 Tage zu 3 sh. 6 d. (indem ein
    Tag in jeder 2ten Woche für Reparaturen verloren ging) und 4 Jungen 240
    Tage zu 1 sh. 6 d.  240 — 0 — 0
  • 5.) Jede Maschine benöthigte 16 Ztr. Kohlen täglich, welches in 220 Tagen den Bedarf
    einer Maschine mit 176 Tonnen oder 704 Tonnen für alle 4 Maschinen gibt, zu
    5 sh. die Tonne   176 — 0 — 0
  • 6.) Abnützung der Dampfmaschinen mit Einschluss aller zufälligen Auslagen   120 — 0 — 0
  • 7.) Interessen des Kapitals für 4 Dampfwägen zu 500 Liv. st. oder für 2000 Liv.
    st.
    zu 5 procent  100 — 0 — 0
  • Zusammen   756 — 14 — 0

79 *
[628]Frachtkosten mit Dampfwägen.

Die Arbeit, welche mit diesen Maschinen verrichtet wurde, bestand in Folgendem: 12636 Chaldrons
Kohlen wurden 5120 yards, ferner 17545 Chaldrons wurden 3688, endlich 14579 Chaldrons wurden 7350
yards, zusammen also 44760 Chaldrons transportirt. Diess ist eben so viel, als die Fracht von 356181
Tonnen eine Meile weit; die Gesammtauslage betrug 756 Liv. st. 14 sh.; es entfällt daher beinahe ½ d.
für die Tonne und die Meile. Da diese Eisenbahn auf die obige Länge von 7350 yards ein Gefälle von
56 Fuss 2 Zoll und eine Steigung von 4 Fuss hat, so gibt diess einen mittlern Fall von 1 : 423.


XII. Hiezu können wir noch die Fracht mit Dampfwägenauf derDarlington-Eisen-
bahn
rechnen. Nach S. 617 beträgt die Länge dieser Bahn von dem Fusse der Brusselton schiefen
Fläche bis Stokton 100959 Fuss und der Fall 395,2 Fuss, demnach das mittlere Gefäll 1 : 255,5. Die Fracht
wird hier mit 4 Dampfwägen mit grösster Lebhaftigkeit betrieben; die Gesellschaft hat diese Fracht an einige
Unternehmer um den Betrag von ¼ d. für die Tonne und die Meile verpachtet, allein sie liefert die Dampf-
wägen und bestreitet alle Reparaturen an denselben. Hiedurch kommen die Frachtkosten für die Tonne
und die Meile auf ⅓ d. und selbst auf ½ d. oder eben so hoch als bei dem Gebrauche der Pferdekraft.
(Siehe S. 617.) Der Vortheil der Dampfwägen besteht jedoch noch immer darin, dass die Fracht weit
schneller als mit Pferden geht, dass man Tag und Nacht fahren, folglich im Falle eines Bedarfes in kurzer
Zeit sehr viel transportiren kann und dass der Verkehr auf einer einfachen Bahn bei dem Gebrauche von
Dampfwägen, die 20 bis 24 Kohlenwägen mit sich führen, weit weniger unterbrochen wird, als es der Fall
ist, wenn ein Pferd bloss 4 Kohlenwägen fortbringt. Uiberdiess ist hier zu bemerken, dass die Dampfwä-
gen, die in den letztern Jahren gebaut wurden, eine weit vollkommnere Einrichtung haben und demnach auch
mehr leisten, als jene auf der Darlington-Bahn.


XIII. Hinsichtlich der Dauer der Seile und der Kosten, welche dieselben auf selbstwirkenden
schiefen Flächen verursachen, verdient noch folgende von H. Wood mitgetheilte Erfahrung angeführt zu wer-
den. Die schiefe Fläche, worauf die Seile gebraucht wurden, befindet sich auf dem Killingworth Rail-
road;
die Länge derselben beträgt 715 yards, der Fall 57 Fuss 3 Zoll oder 1 : 37,5; die Bahn läuft ohne
Krümmungen ganz gerade. Jedesmal gehen 6 beladene Wägen hinab und ziehen zu gleicher Zeit 6 leere
hinauf; ein Wagen wiegt 25 Ztr. und enthält gesetzlich 53 Ztr. Steinkohlen, gewöhnlich auch bis 56 Ztr.
Die gebrauchten Seile haben 5 Zoll im Umfange.


Nun betragen 292852 Chaldrons zu 53 Ztr. gerade 776058 Tonnen, die 715 yards weit geführt
wurden, welches eben so viel ist, als 315274 Tonnen eine Meile weit. Dieses Frachtquantum mit den
ausgewiesenen Kosten der Seile verglichen, gibt 0,2284d. für die Tonne und die Meile.


Noch ist zu bemerken, dass H. Wood in seinem bereits genannten Werke über Eisenbahnen eine
Reihe von Versuchen über den Widerstand der Reibung auf selbstwirkenden schiefen Flächen anführt. Hier-
aus ergibt sich, dass die Reibung eines Seiles und der Widerstand, welcher bei einer solchen schiefen
Fläche statt findet, beiläufig ein Drittel des Gewichtes beträgt, welches mit der Grösse des Widerstandes,
den wir §. 462 bei der Reibung der Seile an einem Flaschenzuge angegeben haben, nahe übereinstimmt.


§. 570.


Die im vorigen §. angeführten Erfahrungen über die Frachtkosten auf den Eisen-
bahnen geben hinlängliche Anhaltspunkte, um in ähnlichen Fällen bestimmte Anschläge
machen zu können. Es versteht sich hiebei von selbst, dass dasjenige, was die Anlage
[629]Beschreibung der Darlington Eisenbahn.
der Dampfmaschinen und Dampfwägen betrifft, erst in den folgenden 2 Bänden dieses
Werkes abgehandelt wird. Wir sehen aus den Erfahrungen über selbstwirkende schiefe
Flächen, dass es zwar an und für sich einen Vortheil gewährt, wenn das Uibergewicht her-
abgehender Wägen zum Aufzuge anderer zu gleicher Zeit hinaufgehender Wägen verwen-
det wird, dass jedoch die Frachtkosten für die Tonne und die Meile noch immer sehr bedeu-
tend bleiben und selbst bei einem so lebhaften Verkehre, wie er auf den englischen Eisenbah-
nen statt findet, immer mehr als auf einer horizontalen Bahn betragen.
Wenn man daher einen in der Richtung einer Bahn liegenden steilen Hügel oder Berg zu
beiden Seiten mit einer schiefen Fläche übersetzen und die einerseits hinabgehenden Wä-
gen zum Aufzuge der anderseits hinaufgehenden Wägen verwenden will, so wird die
Fracht in jedem Falle höher zu stehen kommen, als wenn man den Hügel durch-
gräbt, oder einen Stollen führt, und die Fracht ohne Anwendung einer Maschinerie
mit Pferden verrichtet. Die Lokalität und die Grösse des Verkehres muss nun in jeder
Gegend entscheiden, ob der geringere Frachtlohn die Durchgrabung des Berges oder auch
den Bau eines Stollens lohne; eine allgemeine Rechnung lässt sich hierüber nicht anstellen.


Obgleich man in England mit dem Gebrauche der Maschinen vertrauter, als in je-
dem andern Lande ist, so bemüht man sich doch bei den gegenwärtig im Baue ste-
henden Bahnen, schiefe Flächen mit Maschinen so viel als es möglich ist, zu ver-
meiden und man spart keine Kosten, um Bahnen zu erhalten, deren Neigungen so klein
sind, dass sie ohne Anstand in ihrer ganzen Länge mit Pferden oder Dampfwägen be-
fahren werden können. Dass hiedurch die Baukosten in einem ausserordentlichen Ver-
hältnisse gestiegen sind, haben wir bereits S. 619 von der Manchester- und Liverpool-
bahn erwähnt.


§. 571.


Obgleich es nicht in dem Zwecke dieses Werkes liegt, detaillirte Beschreibungen
bestehender Eisenbahnen zu geben, da diess mehr dem Fache der Baukunst angehört,
so glauben wir doch, dass es unsern Lesern angenehm seyn wird, eine Skizze einiger
vorzüglichen Eisenbahnen zu erhalten, um hieraus die Einrichtung und Grösse solcher
Anlagen beurtheilen zu können.


Der Bau der Stockton- und Darlingtoneisenbahn in der Grafschaft Dur-
ham
wurde im Jahre 1822 begonnen und bis zum Jahre 1830 ununterbrochen fortgesetzt,
nachdem jedoch schon am 4ten Oktober 1825 die Hauptlinie der Eisenbahn eröffnet
und seit dieser Zeit stets benützt wurde. Der vorzügliche Zweck dieser Bahn besteht
in dem Transporte der Steinkohlen von den Gruben bei Auckland nach Darlington, Stock-
ton
und einigen andern Städten, wohin Nebenbahnen angelegt wurden, dann aber auch
in dem Transporte dieser Kohlen bis nahe an die See, damit sie von dort zu Schiffe wei-
ter verführt werden können. Ursprünglich war diese Bahn nur bis Stockton berechnet,
welches an dem Flusse Tees, 8 engl. Meilen oberhalb seiner Einmündung in die See liegt;
da jedoch dort nur Schiffe von 100 bis 120 Tonnen laden konnten, so wurde die Bahn
im Jahre 1829 noch 4 Meilen entlängst dem Flusse bis zu einem Punkte fortgesetzt, wo
grosse Seeschiffe ohne Anstand laden können. Die Länge der Hauptbahn, welche im
Jahre 1825 vollendet war, betrug von Stockton bis Witton Park Colliery 25¼ engl Mei-
len. Hiezu kamen dann nach und nach folgende Seitenbahnen: Nach Yarm von ¾ Mei-
[630]Beschreibung der Darlington Eisenbahn.
len Länge, nach Croft 4¼ Meilen, nach Darlington 2/4 Meilen, nach Blackboy 2 Meilen,
nach Hagger Leases 4¼ Meilen; die ganze Länge betrug daher 37 englische Meilen, und
die Baukosten hiefür gegen 200000 Liv. st. Durch die im J. 1829 ausgeführte Verlänge-
rung der Bahn entlängst dem Flusse Tees bis Middlesbro’ erhält dieselbe eine Gesammt-
länge von 41 Meilen, und die Baukosten steigen bis auf 250000 Liv. st.; doch werden ohne
Zweifel noch einige Nebenbahnen seiner Zeit hinzu kommen und die Länge der Bahn
und der Baufond erweitert werden.


Die Schienen und Wägen, welche auf dieser Bahn gebraucht werden, haben wir be-
reits beschrieben, so wie wir auch den mittlern Fall der Hauptbahn von dem Fusse der
schiefen Fläche bei Brusselton bis Stockton angaben. Dieser Fall (2 : 511) ist jedoch in
der Nähe vor Stockton am stärksten, nämlich 1 : 104, in allen andern Strecken kleiner.
Die Brusselton schiefe Fläche hat auf der einen Seite die Steigung 1 : 33½ und erhebt sich
165¾ Fuss hoch, auf der andern Seite ist dass Gefäll 1 : 30½ und der ganze Fall 81 Fuss.
Eine zweite schiefe Fläche, die zwischen Brusselton und den Kohlengruben liegt, steigt
einerseits mit 1 : 33 auf die Höhe von 100 Fuss und fällt auf der andern Seite mit 1 : 30¾
auf die Tiefe von 214,5 Fuss. Auf dem Scheidungspunkte der Brusselton schiefen Fläche
steht eine Dampfmaschine von 60 Pferdekräften, auf dem Scheidungspunkte der letzten
schiefen Fläche bei Greenfield steht eine Dampfmaschine von 30 Pferdekräften. Beide
schiefe Flächen wären vermieden worden, und man hätte ein Gefälle von 1 : 190 erhalten,
wenn man einen Stollen von beiläufig 5 engl. Meilen Länge angelegt oder beide Berge durch
eine lange Umgehung vermieden hätte. Die ganze Bahn ist, wie wir auch schon bemerk-
ten, einfach angelegt, doch sind so viele Ausweichplätze vorhanden, dass man
von einem zum andern sehen kann; hiedurch wird bei einiger Aufmerksamkeit und Hand-
habung der hierüber aufgestellten Reglements das Begegnen der Wägen in einer einfach
gelegten Bahnstrecke ganz vermieden. Uibrigens besteht die ganze Bahn theils aus ge-
raden Linien
, theils auch aus sehr sanften Krümmungen, deren Halbmesser gewöhn-
lich 600 bis 700 yards beträgt; nur eine kleine Strecke von 4,5chains (297 engl. Fuss) Länge
hat einen Krümmungshalbmesser von 139 yards oder 67 N. Oe. Klafter.


Dass auf dieser Bahn sowohl mit Pferden als mit Dampfwägen transportirt wird, und zu
welchen Preisen dasselbe geschieht, haben wir auch schon angeführt. Zur Bestimmung des Ge-
wichtes der Ladung wurden mehrere Waghäuser an der Bahn aufgestellt, und das Gewicht des
leeren Wagens ist an einem jeden Wagen deutlich angeschrieben. Die Gesellschaft erhebt einen
Zoll von allen Gütern, den sie von Zeit zu Zeit verändert, jedoch innerhalb der vom Parla-
mente festgesetzten Gränzen bleiben muss. Zur Begünstigung der Kohlenausfuhr zur See
ist der Tariff für diesen Fall immer sehr niedrig gestellt. Vor Errichtung dieser Eisenbahn
gingen wochentlich nur zwei Postkutschen von Stockton nach Darlington und diese waren
grösstentheils leer, gegenwärtig aber, wo diese Bahn ununterbrochen mit Kutschen, deren
manche 30 und noch mehr Personen fassen, befahren wird, hat sich die Anzahl der
Reisenden jährlich bis auf 40000 vermehrt; ein hinreichender Beweis, dass wohlfeile, be-
queme und schnelle Kommunikationen die grösste Betriebsamkeit und Belebung in einer
Gegend, die früher unbelebt war, bringen. Das Fortschreiten der Darlingtonbahn im
Verkehre und den Revenüen ist so interessant und für ähnliche Unternehmungen aufmun-
ternd, dass wir es hier beizusetzen nicht anstehen:


[631]Erträgnisse der Darlington Bahn.
[632]Erträgnisse der Darlington Bahn.

Werden die einzelnen Rubriken in der vorstehenden nach den gedruckten Berichten
copirten Tabelle summirt, so erhalten wir sowohl das Frachtquantum als die Brutto-Ein-
nahme, welche auf dieser Bahn vom Monate Oktober 1825 bis Juni 1829, demnach in
45 Monaten statt hatten. Diess betrug nämlich:


  • Transportirte Steinkohlen 351755¾ Tonnen, wofür 59428 Liv. st. 7 sh.d. eingingen
  • „ Steine und Kalk 31507½ „ „ 3524 „ 11 — 1¾ — „
  • „ Blei, Bauholz, Eisen
    u. Kaufmannsgüter 40506¾ „ „ 4115 — 2 — 3¾ — „
  • Die Postkutschen trugen ein   1819 — 10 — 5 —
  • Verschiedene andere Einnahmen  2459 — 4 — 3 —
  • Gesammteinnahme in 45 Monaten   71346 — 15 — 5½ —

Hinsichtlich der Postkutschen ist hier noch zu bemerken, dass die Eigenthümer der-
selben an die Akziengesellschaft den Zoll von 3 d. für die zurückgelegte engl. Meile entrich-
ten müssen, und dagegen von den Reisenden 1½ d. für die Meile im Innern des Wagens
(inside) und 1 d. für einen Platz auf der Aussenseite des Wagens (outside) erheben. Das
letztere beträgt im ersten Falle 17,689 kr. C. M., im zweiten aber 11,792 kr. C. M. für die
N. Oe. Meile. Da man jedoch die Preise in England bei solchen Gegenständen im Durch-
schnitte 2½mal höher, als in Oesterreich annehmen kann, so würden auf einer Oesterreichi-
schen Eisenbahn die Kosten nur mit 7,08 kr. und 4,72 kr. C. M. für die N. Oe. Meile anzuschlagen
seyn. Gäbe es daher z. B. eine Eisenbahn zwischen Prag und Wien, von 42½ N. Oe. Meilen
Länge, so wäre der Tariff für die Beförderung eines Reisenden im Innern des Wagens mit
5 fl. 1 kr. und auf der Aussenseite des Wagens mit 3 fl. 20½ kr. C. M. anzuschlagen. Der
ganze Weg könnte bei Annahme einer Geschwindigkeit selbst nur von 3 Meilen in der
Stunde, in 14 Stunden zurückgelegt werden. (Siehe S. 10, 3tes Beispiel).


Die Akziengesellschaft der Darlingtonbahn hat von den eingegangenen Revenüen bisher
nur 5 Prozent auf die Akzien jährlich ausgezahlt und den Uiberrest zum weitern Baue der
Bahn verwendet. Da man jedoch auch von dem pecuniären Vortheile dieser Unterneh-
mung allgemein in England überzeugt ist, so stiegen die Akzien bereits im Jahre 1829 von
ihrem ursprünglichen Werthe von 100 Liv. st. auf 185 und sie waren um diesen Preiss kaum
[633]Beschreibung der Manchester und Liverpool-Bahn.
zu finden. Dieser vortheilhafte Stand der Unternehmung veranlasste bald eine Opposi-
tion, wie sie in solchen Fällen sehr bald in England eintritt und es bildete sich bereits
im Jahre 1828 eine zweite Gesellschaft zum Baue einer solchen Eisenbahn von den Kohlen-
gruben zunächst der Stadt Durham bis zu einem Punkte am Flusse Tees, wohin ebenfalls
Schiffe gelangen können. Diese Bahn, welche den Namen Clarence Railway führt, soll
sammt ihren Nebenbahnen eine Länge von 45 engl. Meilen erhalten und die Baukosten der-
selben betragen nach den Berechnungen, welche der Ingenieur Story bei der im Parlamen-
te ernannten Commission im J. 1828 hierüber vorlegte, 358770 Liv. st., nach den Berech-
nungen des Ingenieur Leather aber nur 243003 Liv. st. Die Parlamentsakte für diese
Bahn wurde ungeachtet der lebhaften Opposition der Darlingtonbahngesellschaft in der
Sitzung 1829 erlassen, und der Bau derselben sogleich begonnen.


§. 572.


Bald nach der Eröffnung der Darlingtonbahn wurde das bereits im J. 1822 verfasste
Projekt, eine Eisenbahn von Manchester nach Liverpool zu bauen, wieder aufgenommen,
und im J. 1825 von einer Gesellschaft ein Plan und Uiberschlag, den der Ingenieur H.
George Stephenson
bearbeitet hatte, dem Parlamente vorgelegt. Dieses Projekt war um
so merkwürdiger, als sich zwischen Manchester und Liverpool nebst mehreren guten
Landstrassen noch drei Wasserverbindungen befinden, worunter vorzüglich der
Canal des Herzogs von Bridgewater, auf welchem ein ungeheuerer Verkehr statt findet,
eine allgemein als vortheilhaft bekannte Communikation darboth. Der Erbe des Herzogs,
der Marquis von Stafford und die Eigenthümer der übrigen Kanäle widersetzten sich mit
aller Macht dem Projekte der Eisenbahn, sie liessen den Plan und das Profil des H. Ste-
phenson
untersuchen, erwiesen hierin einen Messungsfehler von 40 Fuss im Niveau, und
so wurde die Ausführung der Eisenbahn bei dem Ausschusse im Parlamente abgewiesen.
Diess entmuthigte jedoch keineswegs die Unternehmer, sie wendeten sich itzt an H. Rennie,
der unter seiner Leitung durch den Ingenieur Vignoles einen zweiten Plan bearbeiten
liess, der Marquis von Stafford wurde auch für die Unternehmung gewonnen, unterzeich-
nete selbst 1000 Akzien (zu 100 Liv. st.), die Sache wurde neuerdings dem Parlamente
vorgelegt, die Bill ging nun durch, und erhilt am 5ten May 1826 die königl. Sanktion.
Diese Bill kostete der Unternehmungsgesellschaft über 40000 Liv. st., ein Betrag, um welchen
man in Deutschland beinahe eine gleiche Länge Eisenbahn ganz herstellen könnte. Dem
Inhalte der 134 Druckseiten langen Parlamentsakte gemäss gründet sich die Unternehmung
auf ein Kapital von 510000 Liv. st., welches noch um 127500 Liv. st. vermehrt werden kann,
und die Gesellschaft wurde unter andern auch verpflichtet, die Bahn in einem Stollen
(Tunnel) unterhalb der ganzen stadt Liverpool zu führen. Der Bau dieses Stollens be-
gann im J. 1826 unter der Leitung des H. Rennie, welcher zuerst sieben Schächte absenken
liess, um den Stollen, der eine vollkommen gerade Linie, und ein Gefäll von 1 : 48 er-
halten sollte, auf mehrern Punkten anzugreifen. H. Stephenson, entdeckte abermal, dass
die Mittellinie der Schächte von der gehörigen Richtung bedeutend und bis zu 13 Fuss
abwich; die Gesellschaft entliess Herrn Rennie und übertrug wieder Herrn Stephen-
son
die Leitung des Baues, welcher, obgleich die Bahn schon im Herbste 1830 eröffnet
wurde, dennoch bis zu diesem Augenblicke in seiner vollen Ausdehnung noch nicht
Gerstners Mechanik. Band I. 80
[634]Beschreibung der Manchester- und Liverpool-Bahn.
ausgeführt ist. Aus dieser Ursache lassen sich auch die Baukosten der ganzen 30¾ engl.
Meilen langen, durchaus doppelten Bahn noch nicht angeben; sie betrugen im Oktober
1829 bereits über 600000 Liv. st. und man rechnete damals, dass die ganze Unternehmung
eine Million Liv. st. kosten würde. Es ist noch zu bemerken, dass die Regierung der Un-
ternehmung 100000 Liv. st. in Schatzkammerscheinen (Exchequer bills) unter der Bedin-
gung vorstrekte, dass sie mit 3½ Prozent verzinset und jährlich 5000 Liv. st. zurückgezahlt
werden.


Aus diesem ungeheuern Aufwande lässt sich leicht beurtheilen, dass dieser Bau zu den
grossartigsten, die überhaupt je in England ausgeführt wurden, gehört, und es würde ei-
ner eigenen eben so umständlichen Darstellung, als jene über die Menaibrücke S. 460 er-
wähnte, lohnen, um die ganze Grösse und Schwierigkeit dieser Unternehmung zu schil-
dern. Die ganze Bahn geht entweder in tiefen Abgrabungen oder auf hohen Dämmen bei-
nahe immer in gerader Linie fort; nach der Angabe des H. Stephenson beträgt die Krüm-
mung bei der stärksten Curve 4 Zoll auf 22 yards, welches einem Krümmungshalbmesser
von 2178 yards entspricht. Die Geleiseweite der Bahn beträgt 4 Fuss 8 Zoll engl. Maass.


Ausser dem Tunnel unter der ganzen Stadt Liverpool, welcher eine Länge von
2200 yards, eine Breite von 22 Fuss und eine Höhe von 17 Fuss in der Mitte der Wölbung
hat, verdient noch vorzüglich die steinerne Brücke oder der viaduct über den Sankeykanal
bemerkt zu werden. Da nämlich dieser Kanal mit Segelschiffen befahren wird, und die
Brücke eine solche Höhe erhalten musste, dass die Schiffe ohne Niederlegung ihrer Se-
gel unten durchgehen können, so wurde dieselbe aus 9 steinernen Bögen, deren jeder
50 Fuss Spannung hat, so angelegt, dass der Schlusstein der Bögen 65 Fuss über dem Was-
serspiegel des Kanals und die Oberfläche der Bahnschienen 72 Fuss über dem gleichen
Wasserspiegel liegt. Ausser diesem mit aller Solidität hergestellten Bauwerke zeichnet
sich noch vorzüglich die Brücke bei Newton mit 4 steinernen Bögen, ein jeder von 30 Fuss
Spannweite aus, dann aber verdient noch der Bau der Bahn über einen ausgedehnten Sumpf
Chat Moss genannt, die grösste Aufmerksamkeit. Die Beschreibung aller dieser Objekte
ist für unser Werk viel zu weitläufig; wir glauben jedoch, das Profil dieser Bahn hier an-
führen zu können. Geht man von Manchester aus, so hat die Bahn zuerst eine horizon-
tale Strecke von 42′ engl. Meilen, dann 5½ Meilen mit dem Falle 1 : 1200, dann 6½ Meilen
mit der Steigung 1 : 880, hierauf 2½ Meilen mit der Steigung 1 : 2640. Von hier geht auf
den Berg Rainhill eine schiefe Fläche von 1¼ Meilen Länge mit der Steigung 1 : 96, oben
ist eine horizontale Strecke von 1⅛ Meilen und dann geht wider eine schiefe Fläche von
1½ Meilen Länge mit dem Gefälle 1 : 96 herab. Hierauf folgt eine Strecke von 5⅛ Meilen
mit der Steigung 1 : 1092, sodann eine horizontale Strecke von ⅝ Meilen Länge und zuletzt
der Tunnel von 1¼ Meilen Länge und dem Gefälle von 1 : 48. Diess gibt zusammen
eine Länge von 30⅛ engl. Meilen und mit den zu beiden Seiten vorhandenen Verlängerun-
gen der Bahn 30¾ Meilen.


Da man von dem ausserordentlichen Vortheile dieser Eisenbahn allgemein überzeugt
ist, so bildeten sich bald andere Gesellschaften, welche die zu beiden Seiten der Bahn
liegenden Städte durch Nebenbahnen mit der Hauptbahn in Verbindung brachten. Die
erste Nebenbahn geht von Bolton le Moors nach Leigh und dann zur Hauptbahn, mit wel-
cher sie sich bei Kenyan vereinigt; sie ist einfach, mit Ausweichplätzen, beinahe durchaus
[635]Beschreibung der Hetton Bahn.
in gerader Linie angelegt, hat 10 engl. Meilen Länge und kostet 80000 Liv. st. Die zwei-
te Nebenbahn geht von Warrington bis zur Hauptbahn bei Newton, sie wird einfach ange-
legt, 6 engl. Meilen lang und ist auf 43000 Liv. st. angeschlagen.


§. 573.


Zu den ältern Bahnen, deren Schienen noch von Gusseisen sind, gehört die Eisen-Tab.
36.

bahn von den Kohlengruben bei Hetton an den Fluss Wear bei Sunder-
land.
Diese Bahn hat 8 engl. Meilen Länge, und zeichnet sich vor allen in England
bisher ausgeführten Bahnen dadurch aus, dass jährlich mehr als 5 Millionen Ztr. über die
ganze Länge derselben bloss durch die Kraft des Dampfes, (ohne auch nur ein
Pferd zu verwenden) transportirt werden. Die Ansicht dieser Bahn und eines Dampfwa-
gens mit den angehängten Kohlenwägen findet sich nach einer in England aufgenomme-
nen Zeichnung auf der Tafel Nro. 36, wo die Längen der 11 Strecken, in welche die Bahn
getheilt ist, zugleich mit dem Gefälle und den Steigungen einer jeden Strecke bemerkt
wurde. Auf der genannten Länge von 8 engl. Meilen wird der Transport in den ebenen
Strecken mit 2 Dampfwägen, auf den schiefen Flächen aber mit 6 permanenten Dampf-
maschinen und 5 selbstwirkenden schiefen Flächen verrichtet. Gehen wir von dem Het-
ton
kohlenwerke aus, so finden wir zuerst eine Strecke von 2541 yards mit 22 Fuss 9 Zoll
Steigung (1 : 335,1). Hier gehen zwei Dampfwägen, an deren jedem 16 Chaldronkohlenwä-
gen angehängt werden; die Dampfwägen gehen mit einem solchen Zuge bis an den Fuss
der schiefen Fläche (I) und kehren mit 16 andern leeren Wägen zurück; sie machen in
14 Stunden 24 Fahrten und bringen daher 16 . 24 . 53 = 20352 Ztr. täglich an Ort und Stel-
le. Die Einrichtung dieser Dampfwägen wird im dritten Bande unsers Werkes näher an-
gegeben. Von I bis II ist die erste schiefe Fläche von 832 yards Länge und 154 Fuss
6 Zoll Steigung (1 : 16,2) vorhanden; auf der Höhe befindet sich eine Dampfmaschine von
60 Pferdekräften, welche auf einmal 8 Wägen mit 8 . 53 = 424 Ztr. Kohlenladung aufzieht.
Von II bis III ist die zweite schiefe Fläche von 768 yards Länge und 25 Fuss 6 Zoll Stei-
gung (1 : 90,4), an deren Ende eine Dampfmaschine von 30 Pferdekräften steht. Von III
bis IV ist die dritte schiefe Fläche, welche bis auf den Scheidungspunkt des Bergrückens
(IV) reicht. Die Länge derselben beträgt 775 yards, die Steigung 115 Fuss (1 : 20,2). Auf
dem Scheidungspunkte befinden sich zwei Dampfmaschinen, zusammen von 60 Pferdekräf-
ten. Vom Scheidungspunkte herab sind 5 selbstwirkende schiefe Flächen und 3 festste-
hende Dampfmaschinen vorhanden. Von VIII bis X gingen früher 3 Dampfwägen, deren
jeder in 14 Stunden die Länge von 4350 yards mit 16 beladenen Chaldronwägen 10mal zu-
rücklegte; da man jedoch fand, dass die Schienen häufig aus ihrer Lage gerückt wurden,
so wird itzt die Beförderung der Wägen auf diesem Theile der Bahn durch 2 feststehen-
de Dampfmaschinen verrichtet. Am Ende der ganzen Bahn befindet sich der Auslade-
platz (staith), wo die Wägen durch eigene Maschinerien in die Schiffe hinabgelassen und
durch ein bei ihrem Herabgehen aufgezogenes Gegengewicht, wenn sie entleert sind, wieder
auf die Bahn gehoben werden. Aus der Beschreibung der Tab. 36 sehen wir, dass die Länge
der Bahn von Hetton bis zu dem Scheidungspunkte 4916 yards und die Steigung 317 Fuss 9
Zoll; vom Scheidungspunkte aber bis an den Wearfluss die Länge der Bahn 8819 yards
und das ganze Gefälle 522 Fuss beträgt. Für den Beobachter gewährt die Besichtigung
80 *
[636]Beschreibung der Wide open Bahn.
dieser Bahn mit ihrem lebhaften Verkehre, das grösste Interesse, und man wird noch mehr
überrascht, wenn man hört, dass auf den Eisenbahnen, welche von den bei Sunderland
liegenden Gruben die Steinkohlen zu dem Flusse Wear herabführen, jährlich 5 bis 600000
Newcastle Chaldrons oder gegen 30 Millionen Ztr. Steinkohlen transportirt werden.


§. 574.


Die Eisenbahn, welche in England unter dem Namen Wide open Railroad be-
kannt ist, und von dem Ingenieur H. Benjamin Thompson nach dessen reciprocating system
angelegt wurde, gehört in Hinsicht der Vollkommenheit ihrer Ausfertigung und der Leich-
tigkeit der Schienen und Wägen zu den gelungensten Bauten dieser Art. Sie hat eine
Länge von 17375 yards, wovon auf 10882 yards mit schiefen Flächen, die theils selbstwirkend
sind, theils durch 5 feste Dampfmaschinen betrieben werden, auf der übrigen Länge aber
mit Pferden gefördert wird. Wir haben bereits früher angeführt, dass die Gusseisenschie-
nen dieser Bahn 4 Fuss Länge und 42 ℔ Gewicht haben; sie liegen hier durchaus auf höl-
zernen Unterlagen. Die Wägen haben nach S. 615 ein Gewicht von 12¾ Ztr. 15 ℔ und
laden 26½ Ztr. Steinkohlen. Der Durchmesser der Räder misst 30 Zoll; sie haben 8 gera-
de Speichen, eine zweimal getheilte Nabe, gehärteten Radkranz, gehärtete Achsen nach
der S. 610 angegebenen Methode, und laufen in gleichfalls in die Schale gegossenen La-
gern. Die Geleiseweite dieser Bahn beträgt 4 Fuss 6 Zoll, während die Entfernung der
Mittelpunkte der zwei Radachsen nur 3 Fuss 3 Zoll misst. Im J. 1829 gingen ununterbro-
chen 500 Wägen auf dieser Bahn. Obgleich dieselbe erst am 22. November 1826 eröffnet
wurde, so betrug doch das Frachtquantum noch in diesem Jahre 1170 Chaldrons; im J.
1827 von den Kohlengruben in Fawdon 27512, von den Gruben in Wide open 5326, zusam-
men 32838 Chaldrons; im J. 1828 aber von den ersten Gruben 29079, von den letzten 22414,
oder zusammen 51493 Chaldrons. Der Transport war daher binnen zwei Jahren auf 2¾ Mil-
lionen Ztr. jährlich angewachsen und ist seit dieser Zeit gewiss noch bedeutend vermehrt
worden.


§. 575.


Die zweckmässigste Verbindung eines Kanales mit Eisenbahnen findet sich in der
Grafschaft Monmouth, und ist unter dem Namen The Montmoutshire Canal and Tramroads
bekannt. Diese Unternehmung besteht seit beiläufig 30 Jahren, sie beruht auf 2409 Akzien
zu 100 Liv. st. und mehreren Darlehen, und kostete laut den hierüber erschienenen gedruck-
ten Berichten bis zum 31. März 1829 bereits 326718 Liv. st. 8 sh. Hiefür wurden folgende
Objekte hergestellt: Erstens. Die Crumlin Kanallinie, welche von dem Hafen Newport
13 engl. Meilen aufwärts geht, 358 Fuss Steigung hat und 32 Schleussen zählt. Zweitens.
Die Pont-y-pool Kanallinie geht ebenfalls von Newport bis zur Verbindung des Breckon
and Abergavenny
Kanals 9 Meilen hinauf und von dort noch zwei Meilen weiter; die
Steigung beträgt 447 Fuss, und es sind 42 Schleussen vorhanden. Drittens. Vom obern
Ende der Crumlin Kanallinie (in Crumlin) läuft der Beaufort Tramroad bis Ebbw
Vale
(8¼ Meilen) und weiters höher hinauf bis zu dem Beaufort Iron Works (1½ Meilen),
zusammen also 9¾ Meilen. Diese Bahn wurde zugleich mit dem Kanale und zwar ein-
fach angelegt. Viertens. Vom obern Ende der Pont-y-pool Kanallinie geht der
Blaenavon Railroad, einfach, 5 Meilen lang, der auch zugleich mit dem Kanale
[637]Monmoutshire Canal und Eisenbahnen.
angelegt wurde. Fünftens. Der Trevil Tramroad beginnt nahe bei den Sirhowy
furnaces
und geht bis zu Trevil lime; hierauf werden vorzüglich Kalksteine zu den
Eisenwerken geführt, die Bahn ist 2 Meilen lang, einfach und wurde auch mit dem
Kanale angelegt.


Diese zwei Kanalstrecken von 24 Meilen und die 3 Bahnen von 16¾ Meilen Länge
wurden zusammen um 255871 Liv. st. 5 sh. 2 d. hergestellt. Später wurden noch folgende
Eisenbahnen, die in den Kanal einmünden, angelegt: 6tens Der Sirhowy Tramroad geht
von den Hafen in Newport beiläufig 2 Meilen in doppelter Linie bis zum Parke des Sir
Charles Morgan;
im Parke eine Meile fort, welches Stück jedoch der Akziengesellschaft
nicht gehört, dann 6 Meilen vom andern Ende des Parkes Pye Corner bis zu einem Punkte Nine
miles point
genannt (da hier eigentlich 9 Meilen Bahn endigen, wovon aber nur 8 Meilen
der Gesellschaft gehören). Von diesem Punkte hat die Sirhowy Compagnie den Tramroad
auf ihre Kosten 15 M. weit bis zu den Sirhowy furnaces fortgesetzt; diese Strecke bildet
daher eine Bahn für sich. Die ganze Länge der Sirhowy Bahn beträgt auf diese Weise
2 + 1 + 6 + 15 = 24 Meilen. Die Kosten der obengenannten 8 Meilen doppelter Bahn
dieses Tramroad betrugen 47895 Liv. st. 18 sh. 6 d., und sind vorzüglich wegen des über
den Fluss Ebbw und über einen Sumpf erbauten steinernen viaduct von beinahe 1
engl. Meile Länge so sehr gestiegen. Auch diese ganze Bahn wurde vor 25 Jahren er-
baut. 7tens der Aberbeeg Tramroad wurde im Jahre 1828 beendigt, er ist einfach, 6¼
Meilen lang und kostete 8473 Liv. st. 1 sh. 1 d. 8tens der Crumlin Tramroad ist einfach
angelegt, 6¾ Meilen lang, kostete 12093 Liv. st. 5 sh. 6 d. und wurde am 28ten September
1828 eröffnet. 9tens der Pont-y-pool Tramroad von 2 Meilen Länge, einfach angelegt;
geht von dem Vereinigungspunkte des Brekon und Pont-y-pool Kanales entlängst
dem letztern Kanale
bis zu seinem höchsten Punkte, und wurde desshalb angelegt,
weil in diesen zwei Meilen Kanalstrecke das Wasser häufig im Sommer fehlt und die
Schiffahrt unterbrochen wird; die Eisenbahn wurde demnach parallel zu dem Kanale
hergestellt.


Aus diesem Ausweise ersieht man, dass die ganze Unternehmung aus 24 engl. Meilen
Kanal und aus 39¾ engl. Meilen Eisenbahn besteht, wofür im Ganzen 326718 Liv. st. 8 sh.
bis zum letzten März 1829 ausgelegt waren. Die Zollgebühr (tonnage) wird von der
Gesellschaft auf dem Kanale und den damit in Verbindung stehenden Eisenbahnen mit
dem gleichen Betrage erhoben, und zwar wird für die Tonne und die engl. Meile Folgen-
des entrichtet : 3 d. für Eisen, Blech, Eisenwaaren und Bauholz; 1½ d. für Steinkohlen,
d. für Ziegeln und Schieferplatten; 1¼ d. für Eisenerz. Hiebei ist jedoch zu bemerken,
dass die Akziengesellschaft nach dem Inhalte der Parlamentsakte diese Zollsätze erhöhen
darf, wenn ihre reinen Einnahmen nicht 10 prozent von dem Kapitale der ursprünglichen
Akzien betragen.


Die Wägen, welche diese Bahn befahren, wiegen bloss 10 Zentner, und laden 2½ Ton-
nen Kohlen; sie sind daher die leichtesten Bahnwägen, die man in England
findet
; würde hier mit Dampfwägen oder auf schiefen Flächen sehr schnell gefördert,
so müssten auch die Wägen weit stärker und daher schwerer seyn. Jene Wägen, welche 3 bis
3½ Tonnen Eisen laden, wiegen 12½ Zentner. Die 4 gusseisernen Räder der Bahnwägen sind
bloss 26 Zoll hoch und wiegen 5 Zentner; der Preiss eines Wagens beträgt hier 9 Liv. st. 10 sh.
[638]Beschreibung der Rumney Eisenbahn.
Damit die Räder der Wägen die Schienen nicht zu bald abschleifen und sich ein-
schneiden, müssen sie der Parlamentsakte zufolge im neuen Zustande wenigstens ½ Zoll
Breite haben. Auf der Sirhowy Bahn werden immer 13 Kohlenwägen zusammengehängt
und durch 4 hintereinander gespannte Pferde fortgezogen; wenn jedoch die Schienen nach
einem Regen nass sind, ziehen dieselben Pferde mit Leichtigkeit 14 Wägen, in beiden
Fällen die beladenen Wägen abwärts der Bahn und die leeren aufwärts.


Diese ganze Unternehmung zeichnet sich durch die zweckmässige Leitung ihrer
Direktion ganz vorzüglich aus. Nach der gedruckten, der Generalversammlung der Akzio-
näre am 6ten Mai 1829 vorgelegten Rechnung betrug die reine Zolleinnahme vom 1ten Okto-
ber 1828 bis letzten März 1829 die Summe von 22543 Liv. st. 10 sh., wogegen die Kosten
für alle Reparaturen an den Kanälen und der Bahn während derselben Zeit 3146 Liv. st.
11 sh. 2 d., für alle Beamte 622 Liv. st. 11 sh., für die Schleussenmeister 265 Liv. st. 10 d.
und für alle diversen Auslagen 566 Liv. st. 12 sh. 2 d. zusammen also 4600 Liv. st. 15 sh. 2 d.
oder 20 Prozent der reinen Zolleinnahme ausmachten. Der ausgedehnte Verkehr, welcher
auf diesen Eisenbahnen und Kanälen statt findet, ergibt sich aus nachfolgendem Ausweise
über das Frachtquantum, welches in den 3 Jahren, die mit dem 31ten März 1827, 1828 und
1829 endigten, hierauf verführt wurde.


Es wurden also in dem letzten Jahre 11,6 Millionen engl. Zentner Steinkohlen und
Eisen auf dieser Bahn verführt, worunter das Eisen 2,2 Millionen Ztr. betrug. Hieraus
mag man sich einen Begriff von dem ungeheuern Verkehre in jener Gegend machen.


§. 576.


Wir haben bereits S. 620 erwähnt, dass die Rumney Eisenbahn (Tramroad) zur
Verbindung der grossen Eisenwerke in Rumney mit der Sirhowy Eisenbahn angelegt
wurde. Die Parlamentsakte zum Baue dieser Bahn ging in der Sitzung von 1825 durch,
und der Bau wurde sogleich auf Kosten der vier Unternehmer, nämlich der zwei Brüder
Bailey, des Sir Charles Morgan und Herrn Thompson begonnen, mit vieler Thätigkeit
fortgesetzt, und im März 1828 die Bahn eröffnet. Die Länge derselben beträgt 21¼ engl.
Meilen und sie vereinigt sich bei dem Punkte Pye Corner mit der Sirhowy Eisenbahn.
Diese Bahn ist in einer sehr gut gewählten Linie entlängst dem Flüsschen Rumney fort-
geführt, hat im Ganzen den Fall von 756 Fuss, welcher beinahe gleichförmig auf ihrer
Länge vertheilt ist. Unter den Tramroads ist diese Bahn unstreitig die vollkommenste,
[639]Eisenbahn von Gloucester nach Cheltenham.
sie ist einfach angelegt, hat gusseiserne S. 620 beschriebene Schienen, die mit 4 Liv. st.
4 sh. für die Tonne zur Bahn geliefert (2 Gulden 19 kr. C. M. für ein N. Oe. Zentner)
bezahlt wurden. Die ganze Auslage des Baues betrug 51000 Liv. st., worunter jedoch
keine Wägen begriffen sind, da sie sämmtlich den Eigenthümern der Kohlen- und Eisen-
werke, welche die Bahn befahren, gehören. Die Gesellschaft erhebt bloss einen Zoll
(Tonnage), welcher für die Tonne und die Meile bei Steinkohlen 1 d., bei Eisen 2 d., bei
Kaufmannsgütern 3 d. beträgt. (Diess macht im ersten Falle 0,65 kr. im zweiten 1,30 kr.
im dritten 1,95 kr. für den N. Oe. Ztr. und die N. Oe. Meile). Auch auf dieser Bahn zie-
hen 4 hintereinander gespannte Pferde 11 Wägen oder auch 5 Pferde 13 Wägen, deren
jeder mit 2½ Tonnen Kohlen beladen ist. Der Verkehr auf dieser Bahn ist sehr bedeu-
tend und betrug in der Woche unserer Besichtigung derselben am 25ten August 1829 an
Kohlen 510 Tonnen, an Eisen 153 Tonnen, zusammen also 663 Tonnen. Da die Bahn von
den Eigenthümern der Hochöfen zu Rumney noch eine Meile verlängert wird, so wird das
Frachtquantum sodann noch bedeutend zunehmen.


§. 577.


Unter den Tramroads verdient noch jener von Gloucester nach Cheltenham, dessen
Beschreibung wir bereits S. 620 lieferten, bemerkt zu werden. Die Parlamentsakte für
diese Bahn erging im April 1809, sie wurde jedoch erst im J. 1812 eröffnet. Die Bahn
beginnt bei dem Bassin des grossen Berkeley und Gloucestershire Canal in der Stadt
Gloucester, und geht entlängst der Landstrasse bis Cheltenham. Die ganze Länge der
Bahn beträgt 9¾ Meilen, sie ist einfach angelegt, jedoch mit so viel Ausweichplätzen,
dass man von einem auf den andern sehen kann. Die ursprünglichen Kosten wurden durch
350 Akzien zu 100 Liv. st. gedeckt, jedoch später noch gegen 15000 Liv. st. Darlehen ver-
wendet. Die Kohlenwägen wiegen 10 Ztr., kosten hier 10 Liv. st. und werden mit 2 Ton-
nen beladen. Im J. 1827 betrug das Frachtquantum bloss 26446 Tonnen, die Reparaturen
der Bahn und die Regie verursachten bedeutende Auslagen und der Preis der Akzien
war demnach im J. 1829 von 100 auf 78 herabgegangen. Diese Unternehmung ist daher
als kein Muster zu empfehlen.


§. 578.


Die Bahnen, welche in den letztern Jahren in Schottland angelegt wurden, sind
sämmtlich Railroads. Hierunter zeichnet sich vorzüglich der Edinburgh und Dalkeith
Railroad
durch die Grösse seiner Anlage aus; derselbe geht zunächst Edinburgh in einem
Tunnel von 576 yards Länge, der sich unter dem Felsen Arthur seat endigt, und wird
auf seiner weitern Strecke über einen Damm (fisherow embankement) von 1200 yards
Länge und 24 Fuss Höhe geführt. Die ganze Länge desselben beträgt 9¾ engl. Meilen,
wovon die ersten 6 Meilen doppelt angelegt sind. Diese Bahn war im J. 1829 im Baue
begriffen und man berechnete ihre Kosten ohne Wägen auf 100000 Liv. st.


Zunächst Glasgow wurden ebenfalls in den letztern Jahren mehrere sehr gute Bah-
nen erbaut. Hierunter gehört vorzüglich der Monkland and Kirkintilloch Railway,
welcher im Juni 1824 angefangen und im August 1827 eröffnet wurde. Die Länge dessel-
ben beträgt ohne die Nebenbahnen 12 Meilen und sie ist einfach angelegt. Die Baukosten
von 42000 Liv. st. wurden durch 800 Akzien zu 50 Liv. st. und durch ein Darlehen von
[640]Eisenbahnen in Schottland.
2000 Liv. st. gedeckt. Diese Eisenbahn wurde mit aller möglichen Sorgfalt ausgeführt
und die Unterhaltung derselben nach ihrer Eröffnung auf 5 Jahre an einen Pächter um
30 Liv. st. für die engl. Meile jährlich verpachtet. Da diese Eisenbahn in Opposition
mit zwei Kanälen gebaut wurde, so setzte die Akziengesellschaft den Zoll (Tonnage) bei
Steinkohlen auf 7 d. für die Tonne und 10½ Meilen (oder auf 0,43 kr. für den N. Oe.
Ztr. und die N. Oe. Meile) herab, in Folge dessen die Steinkohlen in Glasgow von 12 sh.
auf 5,5sh. für die Tonne im Preise herabfielen, allein demungeachtet gab die Bahn im
ersten Jahre nicht bloss 5 Prozent Zinsen, sondern noch gegen 1500 Liv. st. Uiberschuss
und dieser Gewinn steigt immer mehr, da das Frachtquantum beständig zunimmt, und
im J. 1829 im Durchschnitte wochentlich 3000 Tonnen betrug. Mit dieser Bahn in Ver-
bindung jedoch von einer zweiten Gesellschaft erbaut, steht der Ballochney Railway
von 3½ Meilen Länge, der Clerkston Railway von 1½ Meilen Länge, der Whiterig Rail-
way
von ¾ Meilen Länge. Diese drei Bahnen wurden seit dem J. 1826 erbaut, sie sind ein-
fach und kosten 20000 Liv. st. Eine dritte Gesellschaft baute noch folgende Neben-
bahnen: den Coltness and Wishaw Railway, einfache Bahn, 13 engl. Meilen lang mit
60000 Liv. st. und den Glasgow and Garnkirk Railway, doppelte Bahn, 8½ Meilen lang,
ebenfalls mit 60000 Liv. st. Beide Bahnen waren jedoch im J. 1829 noch nicht beendigt.
Die Geleiseweite bei allen diesen Bahnen beträgt 4 Fuss 6 Zoll im Lichten, die Wägen
haben 30 Zoll hohe gusseiserne Räder, wiegen 19 Ztr. und laden 2¾ Tonnen Kohlen.


Nebst diesen Bahnen sind in der Nähe von Glasgow noch der Kilmarnok Railway
von 11 Meilen Länge, dem Herzog von Portland gehörig, der Androssan and Johnston
Railway
von 5 Meilen Länge, und in grösserer Entfernung von hier der Dundee and Newtyle
Railway
von 12 Meilen Länge und mehrere andere, in den letztern Jahren erbaute Bah-
nen zu bemerken.


§. 579.


In England sind unter den Eisenbahnen noch vorzüglich zu bemerken:


Der Cromford and High Peak Railway von 33 engl. Meilen Länge. Diese Bahn beginnt
bei dem Cromford-Kanale unweit dem Badeorte Matlock und geht über das Gebirge bei Bux-
ton
vorbei bis zu dem Peak Forest Canal bei Whaley; sie dient daher zur Verbindung
dieser zwei Kanäle, da der Bau der letztern wegen der bedeutenden Höhe zu kostspielig
wäre; diese Höhe des Scheidungspunktes beträgt nämlich 995 Fuss über dem Wasserspie-
gel des Cromfordkanals und 741 Fuss über jenen des Peak Forestkanals. Der Entwurf
für diese Bahn wurde von dem Ingenieur Josias Jessop im J. 1824 verfasst und für eine
doppelte Bahn auf 149206 Liv. st. 16 sh. 8 d. berechnet. Die ganze Bahn besteht theils
aus horizontalen oder beinahe horizontalen Strecken, dann aber aus 10 steilen schiefen Flä-
chen, wovon eine 266 Fuss vertikale Höhe und die bedeutende Steigung 1 : 7,5 hat. Diese
Bahn war im J. 1829 noch nicht beendigt und dürfte weit mehr kosten, als ursprünglich
berechnet war, nachdem hier sehr häufig Felsensprengungen von 40 und mehr Fuss Tiefe
und Dämme von gleicher Höhe vorkommen.


Der Bristol and Gloucestershire Railway wurde im Jahre 1829 be-
gonnen; derselbe erhält eine Länge von 9 engl. Meilen, und ist mit 44994 Liv. st. 14 sh.
2 d. berechnet. Die Bahn wird einfach gelegt, die Schienen sind wie bei allen neuern
[641]Mansfield und Pinxton Bahn.
Bahnen von gewalztem Eisen, 15 Fuss lang, und wurden im J. 1829 um 9 Liv. st. für die
Tonne nach Bristol geliefert, während das Gusseisen zu den Pedestals mit 7 Liv. st. für die
Tonne bezahlt wurde. Man hoffte mit dieser Bahn im J. 1830 fertig zu werden, und hatte
den Plan, sie später bis Gloucester und Birmingham fortzusetzen.


Unter die grössten neuern Projekte gehört jedoch die Eisenbahn von Newcast-
le upon Tyne
nach Carlisle
, welche die ganze Breite von England von Osten
nach Westen durchschneidet, und den Zweck hat, einen grossen Theil jener Güter zu
befördern, die bisher auf dem grossen Forth and Clyde Canal in Seeschiffen transportirt
wurden. Diese Bahn erhält eine Länge von 62 engl. Meilen und geht ohne eine schiefe
Fläche (Inclined Plane) zu übersteigen über das Gebirge von 418 Fuss Höhe; die ge-
wöhnliche Steigung beträgt 1 : 500 bis 1 : 2346, und nur auf einer Länge von 7⅞ engl. Mei-
len in der Nähe des Scheidungspunktes ist ein Gefäll von 1 : 128,8 vorhanden. Die Parla-
mentsakte für diese Bahn erhielt am 22. May 1829 die königliche Genehmigung; der Bau
sollte im Frühjahre 1830 beginnen; das unterzeichnete Akzien-Kapital betrug vorläufig
300000 Liv. st., es wird jedoch ohne Zweifel weit mehr benöthigt werden.


Es gibt viele Eisenbahnen in England, welche bisher noch nirgends beschrieben sind,
ungeachtet sie sehr lange bestehen, und ein vielfältiger Verkehr auf ihnen statt findet.
Hierunter dürfen wir vorzüglich die Mansfield and Pinxton Eisenbahn rechnen,
welche in Folge einer Parlamentsakte vom Jahre 1817 unter Leitung des Ingenieurs
Josias Jessop im J. 1818 erbaut und am 25ten März 1819 eröffnet wurde. Diese Bahn be-
ginnt bei dem Hafen des Kanals in Pinxton und geht in ziemlich gerader Richtung bis
zu der Stadt Mansfield. Von Pinxton bis zum Scheidungspunkte des Gebirges hat die
Bahn eine Länge von 7300 yards und 229 Fuss Steigung (im Mittel 1 : 95,6). Von diesem Schei-
dungspunkte bis Mansfield ist die Länge der Bahn 6342 yards und das Gefäll 137,7 Fuss,
folglich der mittlere Fall 1 : 138,2. Die ganze Bahn besteht aus langen geraden Linien und 28
dazwischen liegenden kurzen Krümmungen, wovon die schärfste einen Halbmesser von 27
Klftr. hat. Nach Eröffnung der Bahn wurde der Transport mit 160 Wägen, wobei die Rä-
der sich um die Achsen und die Achsen auch in den Lagern drehen konnten, begonnen; man
fand jedoch, dass die Wagenräder, obgleich die Fracht auf der ganzen Bahn bloss mit Pferden
statt findet, sehr häufig das Geleise verliessen und aus der Bahn herausstiegen; es wurden da-
her alle Räder auf den Achsen festgenagelt, wie wir bereits S. 610 bemerkt haben. Die
Baukosten dieser Bahn wurden durch 228 Akzien, jede zu 100 Liv. st. und durch einige klei-
ne Darlehen gedeckt. Der Verkehr, welcher auf derselben statt fand, betrug in den er-
sten 7 Jahren, die immer vom 25ten März an gerechnet werden:


Gerstners Mechanik. Band I. 81
[642]Eisenbahnen in Frankreich.

Wir sehen hieraus, dass 298936 Tonnen 19¼ Ztr. in den ersten 7 Jahren, demnach in
einem Jahre im Durchschnitte 42705 Tonnen 5½ Ztr. oder 774674 N. Oe. Ztr. verführt wur-
den, welches allerdings diese Unternehmung für England nicht sehr vortheilhaft dar-
stellt. Der mitgetheilte Detail-Ausweis über den Verkehr mag jedoch als Belege die-
nen, dass auf den englischen Eisenbahnen seit vielen Jahren nicht bloss Steinkohlen, son-
dern auch Kaufmanns- und andere Güter transportirt wurden.


Es wäre für unsern Zweck viel zu weitläufig, wenn wir noch von mehreren andern in
England ausgeführten Bahnen die Details anführen wollten. Es gibt in der That eine so
grosse Menge Eisenbahnen, vorzüglich von kürzerer Länge, bei Steinkohlenwerken, Stein-
brüchen, Eisenwerken, Magazinen und überhaupt an allen Orten, wo bedeutende Trans-
porte statt finden, dass ihre genaue Aufzählung und Beschreibung beinahe unmöglich ist.
Eine grosse Anzahl Bahnen wird alle Jahre neu angelegt und mehrere werden wieder
abgetragen und die Schienen an andern Orten verwendet, wenn die Transporte in dieser
Gegend aufgehört haben.


§. 580.


Auch in Frankreich haben die Eisenbahnen, jedoch erst in den letztern Jahren
ihre Anwendung gefunden. Die erste Bahn von einiger Ausdehnung wurde in Folge der
königl. Konzession vom 28ten Februar 1823 von St. Etienne nach Andrezieux an der Loire
durch Herrn Baunier erbaut, und am 1ten Juni 1827 eröffnet. Das Kapital zum Baue dieser
Bahn betrug 320 Akzien zu 5000 Franken, oder 1600000 Franken; die Länge der Bahn be-
trägt 21150 mètres, wovon der grösste Theil einfach gelegt ist. Die Schienen sind von
Gusseisen und eben so wie die Wägen nach englischer Konstrukzion. Auf der Bahn wur-
den nach Angabe des Herrn Baunier vom 1ten Oktober 1827 bis 1ten Oktober 1828 im
Ganzen 66000 Tonnen transportirt.


Die 2te französische Eisenbahn, welche unter die grössten Unternehmungen gehört,
die in diesem Lande durch Akziengesellschaften unternommen wurden, geht von St. Etienne
nach Lyon; sie wird zu Folge der k. Ordonnanz vom 7ten Juni 1826 ausgeführt, und das
Baukapital ist nach den am 7ten März 1827 genehmigten Statuten der Gesellschaft auf 10
Millionen Franken festgesetzt; es wird jedoch wahrscheinlich weit mehr betragen. Die
ganze Bahn hat eine Länge von 53306 mètres, sie wird doppelt und mit gewalzten Schie-
nen angelegt, und man hofft, wenn sie vollendet ist, jährlich 170000 franz. Tonnen bahn-
abwärts und 80000 Tonnen bahnaufwärts über das Gebirge (von 191,2 N. Oe. Klafter Höhe)
mit Verwendung von 35 Dampfwägen zu transportiren.


Die 3te Eisenbahn unter dem Namen Chemin de la Loire bekannt, geht entlängs der
Loire von Andrezieux bis Roanne und bezweckt die durch einen grossen Theil des Jah-
res unterbrochene Flusschiffahrt zu ergänzen. Der Bau dieser Bahn wurde im Jahre
1828 begonnen; sie wird eine Länge von 67000 mètres erhalten, mehrere Dampfmaschinen
werden bei schiefen Flächen hiebei angelegt, und man hofft mit 6 bis 7 Millionen Franken die
Unternehmung auszuführen. Nebstbei gibt es einige kleinere Eisenbahnen in Frankreich,
die jedoch genau so konstruirt sind, wie es in England der Fall ist.


§. 581.


Die vorstehenden mit allem Detail gelieferten Beschreibungen der englischen Eisen-
bahnen setzen Jedermann in die Lage, diesen Gegenstand genau zu beurtheilen, und be-
[643]Schlussfolgerungen.
stimmte Anschläge über die Frachtkosten für jede Lokalität und für die verschiedenen
hiebei zu verwendenden Kräfte zu verfassen. Die Vermessung und Nivellirung der Gegend,
wo eine Eisenbahn angelegt werden soll, geben die weitern Anhaltspunkte für die Bau- und
Unterhaltungskosten
der Bahn. Die letztern müssen immer weit weniger betragen, als
es bei der Unterhaltung der Landstrassen (Chauseen) der Fall ist, da der Damm einer einfachen
Eisenbahn gewöhnlich nur 10 Fuss, einer doppelten Bahn aber nur 18 bis 20 Fuss Breite an
seiner Oberfläche erhält, und weiter bei einer Eisenbahn nie dieselbe Zermalmung des
Schotters und der Steine eintritt, als es durch das Fuhrwerk auf den Landstrassen der
Fall ist *). Wir wiederholen die bereits früher gemachte Bemerkung, dass sich im Allgemei-
nen über die Bau- und Unterhaltungs-Kosten keine bestimmten Anschläge machen las-
sen, dass demnach auch die Vortheile, welche eine Eisenbahn gewährt, lediglich erst
nach den für jede Gegend verfassten Uiberschlägen, wozu unsere Beschreibungen hin-
längliche Anhaltspunkte darbiethen, beurtheilt werden müssen. Es versteht sich von
selbst, dass bei diesen Anschlägen immer das auf den Eisenbahnen zu transportirende
Frachtquantum eine vorzügliche Rücksicht erfordert. Wir haben gesehen, dass auf
den in England als vortheilhaft bekannten Eisenbahnen immer ein Quantum von einigen
Millionen Zentner
jährlich verführt wird. Dieses Frachtquantum dürfte an sehr
wenigen Punkten in Deutschland vorhanden seyn, allein die Baukosten unserer Bahnen
81 *
[644]Vortheile der Eisenbahnen gegen Landstrassen.
werden nie auf die ungeheuern in England hiefür verausgabten Summen steigen. Die
Entgegenhaltung der Baukosten, der Fracht- und Unterhaltungskosten, so wie des zu er-
wartenden Frachtquantums und der Frachtlöhne muss den Werth einer solchen Unter-
nehmung für jede Gegend bestimmen.


§. 582.


Nach den vorstehenden Beschreibungen lassen sich die Vortheile beurtheilen, welche
der Transport auf einer Eisenbahn im Vergleiche mit unserer gewöhnlichen Chaussèefracht
gewährt; diese bestehen nämlich in Folgendem: Erstens. Der Widerstand, welcher bei
den Landstrassen durch den aufgetragenen Schotter und durch Steine entsteht, ist bei
Eisenbahnen ganz und gar nicht vorhanden, weil die Oberfläche derselben gewöhnlich 3
bis 4 Zoll über dem Zugpfade liegt, und von Steinen, wenn ja welche darauf kommen, immer
gereinigt wird. Zweitens. Der Widerstand des Einsinkens in Geleise ist bei den Eisen-
bahnen ebenfalls nicht vorhanden, indem die Oberfläche der Schienen eine harte und
ebene Fläche darstellt. Drittens. Die Zusammenfügungen der Schienen verursachen
zwar einen kleinen Widerstand, wenn hiebei eine Sehiene über die andere etwas hervor-
steht, oder in die Bahnlinie etwas gerückt ist, allein dieser Umstand findet nur bei min-
der gut gelegten Bahnen statt und hängt daher lediglich von dem Grade der Genauigkeit
ab, welche man bei dem Legen und bei der nachherigen Unterhaltung (Conservation) der
Bahn verwendet. In dieser Hinsicht gewähren die Schienen desto mehr Vortheile, je
länger sie sind, und daher ist die Einführung gewalzter Schienen von 15 bis 18 Fuss Län-
ge, welche gegenwärtig bei den neuern Bahnen in England angewendet werden, eine we-
sentliche Verbesserung und Vervollkommnung.


§. 583.


Der einzige Widerstand, welcher auf diese Art bei Eisenbahnen statt findet, ist dem-
nach nur die Reibung an den Achsen, und da dieser Widerstand, wie wir §. 531
gesehen haben, ohnediess unbedeutend ist, so folgt, dass ein Pferd auf jeder Eisenbahn
auch eine viel grössere Ladung fortzubringen im Stande sey, als es auf unsern Strassen
der Fall ist. Bei den englischen Bahnwägen ist gewöhnlich der Durchmesser der gussei-
sernen Räder 2 A = 30 Zoll und der Durchmesser der schmiedeisernen Achsen 2 a = 2
bis 2½ Zoll; das Gewicht des Wagenkastens, welches eigentlich die Reibung auf den Ach-
sen bewirkt, beträgt gewöhnlich 15 Ztr., und da man die Reibung von Eisen auf Eisen
= ⅛ annehmen kann, so ist der Widerstand eines mit 2½ Tonnen oder 50 engl. Ztr. bela-
denen Wagens = = 0,609 engl. Ztr.; es kann daher
ein mittelmässig starkes Pferd ohne Anstand 2 Wägen, die zusammen 5 Tonnen oder 91
N. Oe. Zentner Ladung haben, in einem Tage 4 bis 5 N. Oe. Meilen weit führen. Da man
nun auf unsern gewöhnlichen Strassen nur 10 Ztr., wenn sie eben fortlaufen, für jedes vor-
gespannte Pferd von mittlerer Stärke rechnet, so folgt, dass auf Eisenbahnen ein Pferd we-
nigstens neunmal so viel als auf Chaussèen führen könne. Man hat jedoch in den letztern
Jahren noch wesentliche Verbesserungen an den englischen Bahnwägen und zwar vorzüglich
in ihren Lagern und in einer besondern Art der Härtung der Achsen und Radkränze ein-
geführt und es dadurch dahin gebracht, dass ein Pferd auf den gegenwärtig bestehenden
[645]Reibung an den Achsen der Bahnwägen.
vollkommensten englischen Bahnen 8 bis 10 Tonnen fortzuführen im Stande ist, wenn die
Bahn entweder horizontal ist, oder auch nur solche Steigungen hat, über welche das Pferd
ohne besondere Anstrengung seiner Zugkraft gelangen kann.


Dass der Widerstand auf den neuesten englischen Bahnen so gering sey, ergibt sich
aus dem einfachen Versuche, bei welcher Neigung der schiefen Fläche die Wägen von
selbst herabzulaufen anfangen. Diese Neigung findet man bei der Darlington-Bahn = ,
woraus nunmehr ganz einfach folgt, dass ein mittelmässig starkes Pferd, welches die
Kraft von 100 N. Oe. Pfund hat, auch eine Last von 160 N. Oe. Zentner (an Wägen und
Ladung) auf einer horizontalen Bahn zu ziehen, und damit den Weg von täglich 4 bis
5 N. Oe. Meilen zurückzulegen im Stande ist. Die genaue Berechnung hierüber haben
wir Seite 618 geliefert.


Zur Untersuchung des Widerstandes bei verschiedenen Geschwindigkeiten hatFig.
9.
Tab.
30.

H. Roberts in Manchester folgenden Versuch gemacht: Ein gusseisernes Rad A B von 3 Fuss
Durchmesser wurde an seinem Umfange nach der Gestalt der Bahnschienen abgedreht, hier-
auf ein kleiner Eisenbahnwagen C gesetzt und mit dem Kraftmesser D verbunden. Nun
wurde das Rad durch das Seil E, F mit verschiedenen Geschwindigkeiten bewegt und es
zeigte sich, dass der Widerstand immer derselbe bleibe.


§. 584.


Da der Widerstand der Eisenbahnen, wenn sie in ebenen Gegenden geführt sind, an
der wälzenden Bewegung und an der Reibung an den Achsen liegt, so lassen sich Mittel
angeben, diese Widerstände noch weiter zu vermindern. Das erste Mittel hiezu ist die
Vergrösserung der Räder, allein diess hat seine bestimmte Gränze. Ein gussei-
sernes Rad, welches, wie es bei allen neuern Rädern der Fall ist, in die Schaale gegossen
(Case hardened) wird, kann nicht leicht grösser als 3½ Fuss im Durchmesser gemacht
werden, weil es sich sonst im Gusse sehr leicht wirft, und nun wegen seiner Härte an der
Oberfläche nicht mehr abgedreht werden kann. In dieser Hinsicht haben schon mehrere
engl. Ingenieurs für räthlich erachtet, die Räder von Holz, 4½ bis 5 Fuss hoch und mit
eisernen Reifen versehen, auszuführen, allein die bisherigen Bemühungen der Werkleute
haben es noch nicht dahin gebracht, Räder von solcher Höhe mit der hinreichen-
den Festigkeit
herzustellen, und man ist daher noch immer bei den gusseisernen Rä-
dern stehen geblieben. Sodann ist noch zu bemerken, dass alle hohen Räder zwar bei
der Fahrt auf Ebenen grosse Vortheile gewähren, allein bei der Fahrt über Anhöhen und
Berge wegen ihres grössern Gewichtes den Zug erschweren, wobei auch die Wägen
einer grossen Unbequemlichkeit beim Aufladen unterliegen, mehr schwanken und leichter
umfallen können. In dieser Hinsicht erscheint es weit zweckmässiger, die bekannten
Friktionsrollen auch hier anzuwenden. Wenn man nämlich zwei Räder soFig.
10,
11
und
12.

übereinander stellt, dass der Wagenkasten, welcher die Ladung enthält, an der Achse
des obern Rades hängt
, folglich die Achse des obern Rades allein die eigentliche
Last trägt, und wenn ferner die Peripherie des obern Rades auf der Nabe des untern Ra-
des (welches nunmehr auf der Eisenbahn geht) sich bewegt, so wird durch diese Ver-
[646]Vortheile doppelter Räder.
Fig.
10, 11
u. 12.
Tab.
30.
dopplung der Räder der Friktionswiderstand bedeutend vermindert. Nennen wir nämlich
den Halbmesser des obern Rades A und den Halbmesser seiner Achse a; den Halbmesser
des untern Rades B und den Halbmesser der Nabe, worauf das obere Rad läuft b, die Last
= Q, und den Reibungskoeffizienten = m, so ist die Grösse der Kraft, welche
man an der Peripherie des obern Rades anwenden müsste, um z. B. dieses Rad, wor-
auf die Ladung hängt, mit der Hand zu drehen. Allein das obere Rad läuft auf der Na-
be des untern Rades und wird an seiner Peripherie eben so fortgetrieben, als ob es Zähne
hätte, welche von den Triebstöcken der Nabe mit der gleichen Kraft und Geschwindigkeit
umgedreht werden. Nennen wir diese Kraft, nämlich = 𝔎' und die Kraft an der
Peripherie der untern Räder = 𝔎, so erhalten wir aus der Gleichung 𝔎 . B = 𝔎' . b die zur
Fortschaffung der Last Q nöthige Kraft . Es ist daher der gewöhn-
liche Reibungswiderstand noch mit dem Verhältniss der Hebelsarme des Friktions-
rades multiplizirt, und daher ist die Reibung in derselben Proportion verringert.


Beispiel. Es sey der Reibungskoeffizient m = , der Durchmesser der Nabe des
untern Rades 2 b = 5 Zoll und der Durchmesser des untern Rades 2 B = 30 Zoll, der Durch-
messer der obern Achse 2 a = 2½ Zoll und der Durchmesser des obern Rades 2 A = 30
Zoll, so ist der Reibungswiderstand auf die Peripherie des untern Rades reduzirt
= und die nöthige Zugkraft, welche ohne Friktionsräder
= seyn würde, beträgt nur . Wir sehen also, dass
ein Pferd itzt eine viel grössere Last zu ziehen im Stande ist, als es bei einem Wagen mit
einfachen Rädern statt findet; da nun diese Verhältnisse sich noch vortheilhafter anneh-
men lassen, so folgt, dass ein Pferd auf einer horizontalen Eisenbahn eine Last von 500
bis 800 und noch mehr Zentner fortzubringen im Stande ist. Wägen mit doppelten über
einander liegenden Rädern sind daher, wenn sie mit der gehörigen Genauigkeit
ausgefertigt werden, auf horizontalen Bahnen sehr vortheilhaft, auf geneigten Bahnen wird
aber dieser Vortheil geringer, da man das grössere Gewicht dieser Räder über die schie-
fe Fläche fortschaffen muss.


§. 585.


Die vorstehende Berechnung gilt eigentlich nur für den Fall, wenn die horizontale
Bahn in einer geraden Linie angelegt ist. Man hat es inzwischen zur grössern Solidität
der Bahnwägen in England nach den §. 560 angegebenen Einrichtungen für zweckmässig
erachtet, immer zwei Räder auf einer gemeinschaftlichen Achse zu befe-
stigen
, so dass die Räder gemeinschaftlich mit der Achse herumgehen. Diese Konstruk-
zion hat für gerade Bahnlinien unstreitige Vortheile; allein in gekrümmten Bahnen
entsteht nun ein Widerstand
, dessen Grösse sich auf folgende Art berechnen lässt:
Fig.
13.
Es sey E F das äussere und C D das innere Bahngeleise, so dass die Länge des
Weges in der Mitte der Bahn, welcher eigentlich von dem Wagen zurückgelegt werden
[647]Widerstand fester Räder in krummen Bahnen.
muss, A B = l ist. Ist der Krümmungshalbmesser der mittlern Bahn O B = r und die halbeFig.
13.
Tab.
30.

Breite der Geleise A C = b, so verhält sich A B : C D = r : C O oder l : C D = r : r — b, wor-
aus C D = , d. h. C D ist um kleiner als der mittlere Bogen A B.
Die äussere Bahnlinie ist um dieselbe Grösse grösser als die mittlere, denn es verhält sich
E F : A B = E O : A O oder E F : l=r + b : r, woraus E F=l + .


Weil nun die Räder auf ihren Achsen fest sind und der Mittelpunkt des Wagens bloss
die Länge der Bahn l beschreibt, so muss das äussere Rad um auf der äussern Bahn
vorwärts geschoben und das innere Rad um die Grösse auf der innern Bahn zu-
rückgehalten
werden. Hiedurch entsteht nun eine Reibung zwischen der Ober-
fläche des Rades und den Bahnschienen, wodurch die Bewegung des Rades an seiner Periphe-
rie aufgehalten wird. Da diese Reibung von jener an den Achsen wesentlich verschie-
den ist, indem hier weder an eine Abglättung noch an eine Einschmierung der sich rei-
benden Flächen gedacht werden kann, so wollen wir sie zum Unterschiede mit μ be-
zeichnen. Nennen wir die Last, welche auf zwei Rädern liegt = Q, so wird der Druck
auf ein Rad und die Reibung wird seyn. Wird dieser Widerstand mit dem Raume,
, welchen er beschreibt, multiplizirt, so erhalten wir als Bewegungsmoment
für das innere, und eben so als Bewegungsmoment für das äussere Rad. Wer-
den diese beiden addirt, so gibt das Bewegungsmoment des ganzen Wider-
standes für zwei an einer Achse befestigte Räder.


Die Zugkraft der Pferde, welche zur Uiberwältigung dieses Widerstandes
nothwendig ist
, sey 𝔎. Da diese in gleicher Zeit den Raum 1 beschreibt, so ist ihr
Bewegungsmoment zur Gewältigung des Reibungswiderstandes 𝔎.l. Setzen wir diese
beiden Bewegungsmomente einander gleich, so ist 𝔎.l = , woraus 𝔎 =
folgt. Die Zugkraft, welche zur Uiberwältigung des Widerstandes in den Bahnbiegun-
gen nothwendig ist, wird demnach desto grösser, je grösser der Reibungskoeffizient μ an
und für sich ist, dann je grösser die Ladung Q, je grösser die Geleiseweite 2 b und je klei-
ner der Krümmungshalbmesser r der Bahn ist. Dieser Widerstand ist aber der Bewegung
der Räder auf der Bahn parallel und wenn die Richtung der Zugkraft ebenfalls der Bahn
parallel ist, so hat diese Kraft nebst dem Widerstande noch diesen Widerstand zu
gewältigen; wir haben demnach die nöthige Zugkraft für einen zweirädrigen Wagen,
der mit der Last Q beschwert ist = .


§. 586.


Wir wollen nun den Widerstand für einen vierrädrigen Wagen bestim-
men. Wenn ein solcher Wagen sich auf der geraden Bahn befindet, so stehen die
Räder parallel zur Bahn und die Achsen winkelrecht auf dieselbe. Wird aber dieser Wa-
[648]Widerstand fester Räder in krummen Bahnen.
Fig.
14.
Tab.
30.
gen auf eine gekrümmte Bahn übersetzt, so stehen die Räder parallel zur Sehne A B,
auf dieselbe Sehne stehen auch die Achsen winkelrecht, und es ist ein Spielraum noth-
wendig, oder die Entfernung der Räder auf ihren Achsen muss um so viel kleiner seyn, als
nöthig ist, damit der Wagen zwischen der Geleiseweite noch stehen könne. Weil aber
die Zugkraft parallel zur Mittellinie der Bahn wirkt, so macht dieselbe mit der Sehne
A B und auch mit der Fläche der Räder den Winkel D A Z = dem Winkel M C A. Zur
Bestimmung des Winkels M C A setzen wir die Länge der Sehne A B = e, die Grösse des
Krümmungshalbmessers A C = r und das Perpendikel C M = p, so ist Sin A C M =
und Cos A C M = .


Es sey nun die Kraft, welche den Wagen nach der Richtung der Sehne bewegen
muss A D = 𝔎. Zerlegen wir diese in Z A nach der Richtung der Bahn und in F A nach der
Richtung des Krümmungshalbmessers, so ist Z A = und F A = .
Durch die Kraft F A wird das Vordergestell des Wagens sammt den Rädern an die
Bahn mit der Kraft angedrückt, und hieraus entsteht an der Peripherie der Räder
abermal der Reibungswiderstand . Die Zugkraft hat demnach nebst dem Wi-
derstande noch den Widerstand der Reibung zu überwin-
den. Daraus folgt Z A = , folglich
𝔎 = . Setzen wir nun die Zugkraft, welche die Pferde zu Bewe-
gung des ersten Paares Räder
anwenden müssen = P, so ist die Zugkraft nach
der Richtung der Bahn P = .


Das zweite Paar Räder, welches gleichfalls mit der Ladung Q belastet angenommen
wird, würde zu seiner Bewegung nach der Richtung der Bahn gleichfalls die Zugkraft
Q nöthig haben; weil aber das zweite Paar Räder von der im A ange-
brachten Kraft K nach der Richtung B A gezogen wird, und diese Richtung abermal mit
der Bahn den Winkel B C M macht, so müssen wir diese Kraft K = B J in B L nach der
Richtung des Halbmessers und B G nach der Richtung der Bahn zerlegen. Hievon ist
B L = und B G = . Durch die erste Kraft werden die Räder an die Bahn ange-
drückt und erfahren demnach den Reibungswiderstand . Wir müssen also zur Kraft
B G = Q noch die Kraft hinzusetzen und erhalten demnach die
Kraft B G nach der Richtung der Bahn oder ;
[649]Widerstand fester Räder in krummen Bahnen.
daraus folgt die Zugkraft B J oder K = . Diese Kraft B J oder N A ziehtFig.
14.
Tab.
30.

die vordern Räder in A nach derselben Richtung zurück, und da dieselbe mit der Zug-
kraft A Z einen Winkel macht, so müssen wir sie abermal in die Kraft A R nach der
Richtung des Krümmungshalbmessers = und in die Kraft A O = nach der Richtung
der Bahn zerlegen. Daraus folgt, dass die Zugkraft der Pferde nebst der Kraft
A O = noch die Kraft , oder zusammen zu ziehen habe.


Setzen wir nun statt K den gefundenen Werth, so folgt die Kraft, welche zum
Zuge des hintern Paares Räder nothwendig ist P' = . Für das
erste Paar Räder ist die Zugkraft P = , wird diess addirt, so erhalten wir die
nöthige Zugkraft für den mit 2 Q belasteten 4rädrigen Wagen = .


Beispiel. Die englischen Wägen haben gewöhnlich ein eigenes Gewicht von 5/4 Ton-
nen oder 25 engl. Ztr. und sie werden mit 2½ Tonnen oder 50 Ztr. beladen, es beträgt da-
her 2 Q = 75 engl. Ztr. (6802,5 N. Oe. ℔), die Durchmesser der Räder haben 30 Zolle und
die Achsen 2¼ Zoll. Demnach ist . Die Entfernung der beiden Achsen e ist
= 39 Zoll = 3¼ Fuss. Der Widerstand des Wagens kann bei den neuern Bahnen im
Durchschnitte auf angeschlagen werden. Die Weite der Geleise 2 b beträgt in England
4 Fuss 6 Zoll, demnach ist b = 2 Fuss 3 Zoll.


In Bezug auf den Reibungscoeffizienten μ hat eine grosse Anzahl genauer Versuche,
welche am ständ. technischen Institute zu Prag mit Rädern und Bahnschienen von Schmied-
eisen im Modelle angestellt wurden, wobei sowohl die Räder als die Bahnschienen mög-
lichst abgeglättet wurden, gezeigt, dass der Coeffizient μ mit ½ in Anschlag zu nehmen sey.


Setzen wir den Krümmungshalbmesser r = p = 67 Klafter = 402 Fuss, wie es bei den
kleinsten Krümmungen der Darlington Bahn der Fall ist, so beträgt die nöthige Zugkraft
= Zentner
= 52,5 (1 + 0,4508) engl. ℔ = 76,2 engl. ℔.


Hieraus ersehen wir, dass die Zugkraft, welche auf der geraden Bahn nur 52,5 engli-
sche Pfund beträgt, am meisten durch diejenige Reibung vermehrt werde, welche aus dem
Fortschieben der Räder auf den Bahnschienen entsteht und welche in unserm Falle 30/67 von
Gerstners Mechanik I. Band. 82
[650]Eisenbahnwägen mit Reihnägeln.
52,5 ℔ oder 23,5 ℔ beträgt. Dagegen beträgt der Widerstand der Seitenreibung nur tel
von 52,5 ℔ oder 0,2 ℔.


§. 587.


Um diesen bedeutenden Widerstand zu vermeiden, legt man in England an jenen Or-
ten, wo eine starke Wendung der Wägen nöthig wird, Drehscheiben an, auf welchen
der Wagen gewöhnlich um einen Viertelkreis oder um einen andern bestimmten Winkel her-
umgedreht und dann in der zweiten Bahn wieder weiter geführt wird. Solche Drehschei-
ben sind in grosser Anzahl an dem Ende der Darlington Bahn in der Stadt Stockton,
dann vorzüglich an dem Wearflusse in Sunderland bei den Endpunkten der Eisenbahnen,
wo die Wägen in die Seeschiffe ausgeladen werden, etc. vorhanden. Die Zeichnung und
Beschreibung der Drehscheiben haben wir bereits geliefert.


Wenn jedoch Eisenbahnen um mehrere Berge herumgeführt werden müssen, weil es
zu kostbar seyn würde, diese Berge mit Stollen zu durchgraben, und die Thäler entweder
mit Dämmen anzuschütten oder mit Bahnen auf hohen steinernen oder hölzernen Brücken
fortzuführen, so gibt es noch ein Mittel, welches darin besteht, dass die Bahnen in krum-
men Linien geführt und die Wägen so eingerichtet werden, dass ein jedes Rad sich unab-
hängig von den übrigen in die Richtung der Bahn stellen, folglich die Zugpferde keinen
andern Widerstand zu überwältigen haben, als denjenigen, den dieselben Wägen auf der
geraden Bahn erfahren würden, wozu nur noch derjenige geringe Widerstand kommt,
der aus der Wendung dieser Wägen entsteht, und nur bei einer grossen Anzahl Wägen,
die von einer und derselben Zugkraft geführt werden, eine Bedeutung erhalten kann. Die-
ses Mittel besteht nämlich darin, dass ein jedes Paar Räder um seinen Reihnagel sich mög-
lichst frey wenden kann, und die hintern Räder ihre fortschreitende Bewegung von einer
Kraft erhalten, die von dem Reihnagel des ersten Paares Räder ausgeht und mittelst einer
Langwiede oder einer andern Vorrichtung bloss dem Reihuagel des hintern Paares Räder
mitgetheilt wird.


Damit die beiden Achsen l m und i k eines Wagens um die in ihrer Mitte befindli-
Fig.
15.
Tab.
30.
chen Reihnägel q und r so viel verwendet werden können, als es nothwendig ist, um je-
des Rad in einer gekrümmten Bahn genau parallel zu derselben zu stellen, dienen die ei-
sernen Gabelstützen a c b und d f e, welche mit ihren Endpunkten a, b, e und d an
den Achsstöcken mittelst Schrauben befestigt werden, und an ihren Spitzen c und f,
wo sie in der Mitte des Wagens gegeneinander liegen, mit gabelförmigen Ansätzen c g
und f h versehen sind. Diese Gabeln c g und f h liegen, ohne mit einander verbunden
zu seyn, blos übereinander auf einer darunter in die Quere oder in die Länge angebrach-
ten Schiene, welche einen Stift trägt, wodurch die Gabeln und mittelst derselben die Ach-
sen der Räder so gewendet werden, dass sie mit der Mittellinie der Bahn einen rechten
Winkel bilden, folglich die Räder parallel zur Bahn fortlaufen. So starke Krümmungen,
bei welchen schon eine bedeutende Verschiebung des Stiftes n nothwendig wird, kommen
jedoch nur bei dem Ausladen und Verführen der Wägen in die Magazine u. dgl. vor; bei der
Anlage der Eisenbahnen auf freyem Felde vermeidet man aber alle solchen starken Krüm-
mungen und die Krümmungshalbmesser haben dann immer noch eine Grösse, wobei
die Verschiebung der Gabeln und die Verdrehungswinkel der Räder nicht bedeutend
gross werden. In diesem Falle wird der Stift n auf die Querschiene o p befestigt,
[651]Eisenbahnwägen mit Reihnägeln.
und anstatt des Spielraumes, den man zwischen den vorstehenden Rändern der Räder und
der Bahn gewöhnlich zu geben pflegt, werden die Gabeln zu beiden Seiten des Stiftes so
viel erweitert, als nöthig ist, damit die hervorstehenden Ränder der Räder dem Anstreifen
an die krumme Linie der Bahnschienen nachgeben, und auf solche Art ohne besondern
Druck parallel zur Bahnlinie gestellt und in der Richtung der Bahn fortlaufen können.


Es sey z. B. der Krümmungshalbmesser der vorkommenden BahnkrümmungenFig.
16.
Tab.
30.

O q = O r = R = 50 Klftr. = 300 Fuss; die Entfernung der beiden Reihnägel q und r = 4
Fuss = 48 Zoll, so verhält sich wegen der Aehnlichkeit der Dreiecke n w q und w q O', der
nöthige Spielraum n w : w q = w q : w O', folglich wenn wir w q = 2 Fuss, n O' = 2 . 300
Fuss und n w = x setzen, so ist x : 2 = 2 : 2 . 300 — x, woraus x sehr nahe = Fuss
oder 0,08 Zoll folgt.


Man sieht von selbst, dass dieser unbedeutende Spielraum zu beiden Seiten des Na-
gels n für den richtigen Gang der Räder keinen Nachtheil verursacht, aber den wichtigen
Vortheil gewährt, dass die Räder dem Anstreifen an die krumme Bahnlinie nachge-
ben, und auf solche Art sich von selbst in diejenige Richtung stellen, die der Bahn
angemessen ist. Weil der Boden des Wagenkastens die Verdrehung der Achsen um die
Reihnägel nicht hindern darf, so ist der Reihnagel mit einem starken Kopfe p versehen,Fig.
17.

auf welchen die Kipfstöcke des Wagens in der Mitte aufsitzen; damit aber der Wagenka-
sten sich weder auf der einen, noch auf der andern Seite wenden und aufsitzen könne,
so sind von aussen die Stützen s s angebracht.


§. 588.


Bei Eisenbahnen ist es gewöhnlich der Fall, dass ein Pferd mehrere hin-
tereinander hängende Wägen fortzieht
; die Anzahl dieser Wägen beträgt bei
einer horizontalen Bahn gewöhnlich 2 oder 3; wenn jedoch die Bahn einen Fall hat, so
werden, je nachdem der Fall grösser ist und das Gefälle dem Widerstandscoeffizien-
ten näher kommt, 4 bis 8 und auch noch mehr zusammengehängte Wägen von einem
einzelnen Pferde fortgezogen. Wenn die Eisenbahnwägen durch die Kraft eines Dampf-
wagens in Bewegung gesetzt werden, so werden gewöhnlich 24, ja auch 30 solche Wägen
an einander gehängt. Die Länge eines englischen Wagens beträgt 10 bis 12 N. Oe. Fuss,
die Länge der Verbindungsketten zwischen zwei Wägen beiläufig 1 Fuss; es folgt daher,
dass ein Zug von 24 bis 30 Wägen eine Länge von 50 bis 60 Klafter auf der Bahn einnehmen
müsse. Wenn nun die Bahn eine ganz gerade Linie bildet, so verursacht die Anzahl der
Wägen keinen andern Widerstand, als dass die Zugkraft nach Verhältniss der Anzahl
Wägen grösser genommen werden muss; wenn aber die Bahn Krümmungen hat, so macht
die Richtung der Zugkraft einen Winkel mit den angehängten Wägen und dieser Winkel
wird desto grösser, je grösser die Krümmung oder je kleiner der Krümmungshalbmesser
der Bahn ist und je entfernter die Wägen von der Zugkraft (dem Dampfwagen oder Pferde)
sich befinden. Nehmen wir an, der Halbmesser einer gekrümmten Bahn betrage 19 N. Oe.
Klafter, so wird die halbe Länge des Kreises oder eine halbe Peripherie 60 Klafter lang
seyn; wenn daher ein Dampfwagen 30 zusammenhängende Wägen fortschieben soll, so
wird der 30ste Wagen in einer gänzlich entgegengesetzten Richtung mit dem Dampfwagen
82 *
[652]Zugkraft für einen Wagen mit beweglichen Rädern.
bewegt werden müssen; der Dampfwagen würde ihn daher nach der verlangten Richtung
ganz und gar nicht zu bewegen im Stande seyn, wenn diese Bewegung nicht mittelst der
dazwischen liegenden Wägen auf eine ähnliche Art, wie es bei der Bewegung einer Last
mittelst eines um einen festen Cylinder geschlungenen Seiles der Fall ist, bewirkt würde.
Wir wollen nun sehen, welcher Rechnungsanschlag über diese grössere Zugkraft gemacht
werden könne.


Fig.
18.
Tab.
30.

Es sey A B C D die Mittellinie zwischen den zwei Geleisen a b c d und α β γ δ, worauf
die Räder des ersten Wagens a α, b β, dann des zweiten Wagens c γ, d δ und die Räder
aller folgenden Wägen laufen. Es sey O der Mittelpunkt der Kreislinie A B C D und die
Wägen seyen so gebaut, dass ein jedes Paar Räder um den Reihnagel in ihrer Mitte voll-
kommen beweglich und die Räder auf ihren Achsen nicht befestigt seyen, sondern jedes
um seine Achse frey herum laufen könne. Auf solche Art werden also die Räder durch die
vorstehenden Ränder in jeder Krümmung gewendet werden und mit der Richtung der
Bahn parallel fortlaufen können. Die Entfernung der vordern Achse von der hintern
A B = C D ...... sey = e. Die Länge der Verbindungsstange vom hintern Reihnagel B
des ersten Wagens zum vordern Reihnagel C des zweiten Wagens und bei den folgenden
Wägen sey = E = B C ..... Die Ladung auf einen Wagen sammt dem Gewichte des Wa-
gens wollen wir = 2 Q setzen, wodurch also auf jedem Paar Räder a α, b β, c γ, d δ ......
die Last Q liegt; der mittlere Krümmungshalbmesser der Bahn B O sey = r und endlich
sey die Zugkraft in der Richtung der Tangente zu dem Punkte A oder in der Linie A Z
angebracht.


Die Kraft, welche zur Bewegung der ersten Achse a α oder zur Bewegung des
ersten Paares Räder
erfordert wird, beträgt nach §. 583 bei einer Eisenbahn
. Es ist offenbar, dass diese Kraft hinreicht, das erste Paar Räder sowohl in der
geraden als in der krummen Bahn fortzuziehen, wenn die Räder sich frey um ihre Achsen dre-
hen können und die Achse selbst um einen Reihnagel beweglich ist, folglich die Räder durch
die vorstehenden Ränder jederzeit parallel zur Bahn gestellt werden und in dieser Richtung
ungehindert ihre Bewegung fortsetzen können. Die Zugkraft hat demnach bei dem ersten Paar
Räder nur den Widerstand zu gewältigen, so wie es bei jeder geraden Bahn ange-
nommen wird. Das folgende Paar Räder wird zwar von den vorstehenden Rändern
gleichfalls in die Richtung der Bahn gestellt, aber die Zugkraft, welche von dem er-
sten Reihnagel entweder mittelst einer Langwiede A B oder auf eine andere Art mitge-
theilt wird, wirkt in der Richtung der beiden Reihnägel A B, und diese bildet mit der
Bahn sowohl in A als in B den Winkel G B M = B O M = w, wenn man aus dem Mit-
telpunkte O die Linie O M (= p) winkelrecht auf A B zieht. Die Zugkraft nach der
Richtung B A oder die Linie B N sey = 𝔎, so wird diese Kraft offenbar in B G = 𝔎'
nach der Richtung der Bahn zerlegt und dann in B H = 𝔎'' winkelrecht auf die Bahn, wo-
mit die Achse b β das Rad an die innere Bahnschiene in b drückt und daselbst eine Rei-
bung verursacht. Wir erhalten nun die Proportionen:
B N : B G = B O : O M oder 𝔎 : 𝔎' = r : p, woraus 𝔎' = , ferner
[653]Zugkraft für einen Wagen mit beweglichen Rädern.
B N : B H = B O : B M oder 𝔎 : 𝔎'' = r : , woraus 𝔎'' = . Aus der zweiten Kraft 𝔎'',Fig.
18.
Tab.
30.

welche das Rad an die innere Bahnschiene andrückt, entsteht eine Seitenreibung
= und da nun die Kraft 𝔎', welche senkrecht auf das zweite Paar Räder wirkt,
sowohl den Widerstand , als auch die Seitenreibung bei b überwältigen muss, so ist
𝔎' = , woraus 𝔎 = . Nun zieht aber
die Kraft des Pferdes nicht in der Richtung der Linie B A, sondern in der Richtung der Linie
A Z; diese Linie bildet mit A B abermal den Winkel F A B = w; es zerfällt sonach wieder die
nach der Richtung A E wirkende mittlere Kraft 𝔎 in eine F A = 𝔎''', welche nach der Rich-
tung der Zugkraft A Z wirkt, und in eine zweite Kraft A L = 𝔎'''', womit die vordere Achse a α
bei α das Rad an die Bahn drückt und daselbst eine Seitenreibung verursacht. Nun haben wir
wieder 𝔎 : 𝔎'', = r : p und 𝔎''' = ; ferner 𝔎'''' : 𝔎 = und 𝔎'''' = . Aus diesem
letztern Drucke entsteht die Reibung bei α, und sonach erhalten wir die Kraft,
welche das Pferd zur Bewegung des zweiten Paares Räder
anwenden
muss = und für 𝔎 seinen für die Bewegung des hintern Paares Räder ge-
fundenen Werth substituirt, diese Kraft = .
Die Zugkraft für das erste Paar Räder war = , folglich er-
halten wir die Zugkraft für den ersten Wagen, wenn wir die zwei Grössen addiren
= . Man
erhält sonach die Zugkraft des ersten Wagens, wenn man das Gewicht des Wagens sammt
den Rädern (2 Q) mit der Grösse , welche den Widerstandscoeffizienten der Wägen
auf der geraden Bahn vorstellt, multiplizirt, und das Produkt noch mit 1 — dividirt.


§. 589.


Im §. 586 haben wir die nöthige Zugkraft für einen vierrädrigen Wagen, dessen
vier Räder auf den Achsen fest sitzen und dessen Gesammtgewicht 2 Q beträgt
= gefunden. In diesem Ausdrucke ist der letzte Fak-
tor beinahe = 1. Vergleichen wir nun diesen Ausdruck mit dem gegenwärtigen
[654]Zugkraft für mehrere zusammenhängende Wägen.
für die beweglichen Räder, so sehen wir, dass diese beiden Ausdrücke darin ver-
schieden sind, dass zur Grösse bei festen Rädern noch die Grösse zu-
gesetzt ist. Setzen wir wie zuvor 2 Q = 75 Ztr., die Grösse und ,
so folgt, dass bei Rädern mit unbeweglichen Achsen die Zugkraft noch um
vermehrt werde. In dem oben angeführten Beispiele war ,
folglich beträgt der Zusatz nahe 4/9 von derjenigen Kraft, welche ein Wagen mit beweglichen
Rädern erfordert. Diese Vermehrung kann sehr bedeutend werden, wenn r sehr klein
genommen wird, wäre z. B. r = 30 Klafter, so wird die nöthige Zugkraft wegen der Un-
beweglichkeit der Räder verdoppelt; wäre r = 15 Klafter, so wäre eine dreifache Zugkraft
anzuwenden u. s. w. Diess beweisst hinlänglich, welche bedeutenden Vortheile für die
Zugkraft durch Anwendung beweglicher Räder entstehen.


§. 590.


Wir übergehen nun zu dem Falle, wo zwei oder mehrere Wägen hinter-
einander
von einer gemeinschaftlichen Kraft gezogen werden. Wenn der zweite Wa-
gen in der Richtung C S gezogen würde, so wäre die zu seiner Bewegung erforderliche
Zugkraft 𝔎 = . Die Entfernung der hintern Achse des ersten Wagens zur vor-
dern Achse des zweiten Wagens sey B C = E, und die aus dem Mittelpunkte O auf B C win-
kelrecht gezogene O M' = p', so ist die Kraft in der Richtung der Bahn, wie es im
§. 588 für das zweite Paar Räder nachgewiesen wurde
𝔎' = . Um nun 𝔎' auf die Zugkraft bei A zu übersetzen, haben wir wieder
die Gleichung 𝔎'' = , welche dieselbe wie die vorige ist, nur dass hier e statt E
und p statt p' erscheint. Multipliziren wir diese drei Gleichungen mitsammen, so erhält
man die Kraft, welche das Pferd für den zweiten Wagen anwenden
muss 𝔎'' = . Auf gleiche Weise findet man die Zug-
kraft, welche das Pferd für den dritten Wagen anwenden muss
= . Wenn in einem Zuge allgemein n Wägen zusam-
[655]Zugkraft für mehrere zusammenhängende Wägen.
menhängen, so ist die Kraft für den nten Wagen = .
Zur Bestimmung der Zugkraft, welche für alle an einander gehängte Wägen nothwendig
ist, wollen wir = 1 + q setzen, wo sonach
q = ist. Mit Einführung dieser Bezeichnung erhalten wir für
den nten Wagen die nöthige Zugkraft allgemein = . Da die Zug-
kräfte des 1ten, 2ten, 3ten Wagens u. s. w. nach dem Gesetze einer geometrischen Reihe
fortschreiten, so erhalten wir die nöthige Zugkraft für n an einander gehängte Wägen =
. Wird die nte Potenz wirklich entwickelt, so gibt diess die weitere
Gleichung .


Werden diese n Wägen in einer geraden Bahn geführt, so ist p = p' oder unendlich
gross, demnach q = 0 und die nöthige Zugkraft für ihre Bewegung = . Da
man aber für jeden Fall den Nenner 1 — sehr nahe = 1 setzen kann, so sehen wir, dass
in dem obigen Ausdrucke das erste Glied die Zugkraft für dieselbe Anzahl Wägen in der
geraden Bahn enthält und demnach die folgenden Glieder dem Theile der Zugkraft ange-
hören, welche zur Uiberwindung des durch die krumme Bahn hinzukommenden Wider-
standes erfordert wird. Weil , 2 Q und μ als gegeben zu betrachten sind, so sehen
wir, dass die Grösse des Widerstandes in den Krümmungen hauptsächlich von der Anzahl
der Wägen n und von der Grösse q abhänge, und zwar wird dieser Widerstand um so
grösser, je grösser q ist, also je grösser und werden, d. h. je grösser die Entfernun-
gen der Reihnägel und je kleiner die Perpendikel p' und p oder die Krümmungshalbmes-
ser der Bahn sind. Lange Wägen und stark gekrümmte Bahnen sind daher
für die Zugkraft nachtheilig
.


In Bezug auf die Grösse n zeigt die Formel, dass der Widerstand nicht bloss nach
dem einfachen Verhältnisse mit der Anzahl der zusammengehängten Wägen, sondern viel
mehr zunehme. Es wird daher in dieser Beziehung für die Zugkraft und die Transport-
[656]Zugkraft für mehrere zusammenhängende Wägen.
kosten vortheilhafter seyn, abgesondert jedem einzelnen Pferde seine Wägen zum Zuge zu-
zuweisen, als einer grössern Anzahl Wägen zusammen mehrere Pferde vorzuspannen. In
dieser Rücksicht wird es daher auch nothwendig, bei der Anlage einer Eisenbahn in den
einzelnen Stationen für die zu übersteigende Höhe eine solche Länge auszumitteln, dass
von einem Pferde in jeder Station eine bestimmte Anzahl Wägen fortgeschafft werden
kann. Da die Abnützung der Wägen und ihre Zerstörung in eben dem Maasse beschleu-
nigt wird, in welchem sich die Widerstände der Bewegung vermehren, so wird in dieser
Hinsicht durch Krümmungen nicht nur die Zugkraft, sondern auch die Abnützung der
Wägen in gleichem Maasse vermehrt.


Da übrigens der Widerstand in den Krümmungen auch mit der Grösse wächst, so
sehen wir, dass auch in dieser Beziehung höhere Räder gegen die niedrigern Vortheile
gewähren.


Beispiel. Nehmen wir hier, wie im vorigen Beispiele das Gesammtgewicht eines
engl. Wagens 2 Q = 75 engl. Zentner = 8400 engl. ℔ (6802,5 N. Oe. ℔) und eben so auch die-
selben Abmessungen der Wägen und Bahn an, so ist , der kleinste Krümmungs-
halbmesser der Darlington-Bahn ist r = 67 Klafter = 402 Fuss, folglich auch sehr nahe
p = r = p' = 402 Fuss. Die Entfernung der Achsen e = 3¼ = 13/4 Fuss und für die zusammen-
gehängten Wägen die Entfernung zwischen der hintern Achse des vorhergehenden und der
vordern Achse des nachfolgenden Wagens E = 8½ = 17/2 Fuss, der Reibungscoeffizient
μ = ½. Setzen wir nun bei diesen Abmessungen die Räder auf den Achsen beweglich und
die Achsen nach der Bahnkrümmung verwendbar voraus, so finden wir nach der vorstehen-
den allgemeinen Berechnung die nöthige Zugkraft für den ersten Wagen:
= = 52,606 engl. ℔ und wenn an diesen noch ein zweiter Wagen angehängt
wird, so erfordert der zweite die Zugkraft =
= 53,258 engl. ℔ u. s. w. Werden aber bei dem Gebrauche eines
Dampfwagens von diesem 24 aneinander gehängte Wägen fortgedrückt, so erfordern alle
Wägen zusammen die Zugkraft
= 1498 engl. ℔.


Auf eine ähnliche Art wäre die Zugkraft für mehrere zusammengehängte Wägen mit
festen Rädern zu berechnen, wenn man die im §. 586 gezeigte Berechnung für mehrere
Wägen fortsetzen würde. Aus dem dort angeführten Beispiele ergibt sich aber schon,
dass dieselbe Anzahl Wägen mit festen Achsen eine bei weitem grössere Zugkraft erfor-
dern würde, als man nach der letzten Rechnung für Wägen mit beweglichen Rä-
dern gefunden hat, woraus die bereits erwähnten Vortheile beweglicher Räder gegen
feste noch auffallender ersichtlich werden.


[657]Anschläge der Frachtkosten auf Eisenbahnen.

§. 591.


Wenn die Frachtkosten für eine längere Eisenbahnstrecke zu be-
rechnen sind, so entsteht zuerst die Frage, wie viel Wägen, mit welcher Ladung und auf
welche Entfernung dieselben in einem Arbeitstage von einem Pferde fortgebracht werden
können. Wir wollen zuerst eine ganz horizontale Strecke betrachten, und das
Gewicht eines Wagens mit 15 N. Oe. Ztr., die Ladung für jeden Wagen mit 50 N. Oe.
Ztr., sonach das Gewicht eines Wagens sammt Ladung Q = 65 N. Oe. Ztr. annehmen. Der
Widerstand der Bahn sey durch Versuche gefunden worden. Nehmen wir
nun noch die mittlere Zugkraft eines stärkern Pferdes k = 125 ℔ an, so haben wir für
den Fall, wenn ein Pferd 3 Wägen vorgespannt wird, .
Die Entfernung, auf welche diese Wägen von dem Pferde in einem Tage geführt werden
können, ist = 3600 . z . v = . Im Iten Kapitel wurde gezeigt, dass die Fracht-
kosten für den Zentner und die Meile am kleinsten ausfallen, wenn die Verhältnisse
und einander gleich gesetzt werden. Wir haben also . Hieraus
folgt 2 — = √ 1,04 = 1,02, demnach = 0,98. Nehmen wir nun an, dass das
Pferd mit Anwendung der Zugkraft von 125 ℔ täglich in 8 Stunden Arbeitszeit 4,8 Meilen
zurücklegen kann, so ist die mittlere Geschwindigkeit desselben c = 4 Fuss, folglich
v = 4 . 0,98 = 3,92 Fuss und sonach der in einem Tage zurückzulegende Weg
= 3600 . 8 . 4 (0,98)2 Fuss = 18440 Klftr. oder 4½ Meile und 440 Klftr.


§. 592.


Wenn nebst den horizontalen Strecken noch kleine Steigungen und Gefälle
vorkommen, so müssen wir vorläufig die Fälle untersuchen, bei welchen dieselbe Last
von 3 . 65 Ztr. noch von einem Pferde fortgebracht werden kann. Setzen wir die Länge der
Strecke = l, die Höhe = h und das Gewicht des Zugpferdes = 600 ℔, so haben wir die
Gleichung für die Zugkraft . Zur Er-
leichterung der Rechnung wollen wir annehmen, dass das Pferd nur 8 Stunden täglich im Zuge
gehen soll; wir erhalten demnach die Gleichung .


Bei der grössten Anstrengung des Pferdes ist v = 0, folglich
= 250, also sehr nahe. Hieraus sehen wir, dass
die Steigung kleiner als seyn müsse, weil sonst das Pferd die oben angegebene Last
von 3 . 65 Ztr. nicht fortzubringen im Stande wäre. Auf gleiche Art ergibt sich für den
Gerstners Mechanik. Band I. 83
[658]Vortheilhafteste Steigung der Eisenbahnen.
Fall, wenn die Bahn ein Gefälle hat, aus der Gleichung ,
dass das Pferd gar keine Zugkraft anzuwenden habe, oder leer gehe, wenn
ist, weil in diesem Falle die Wägen von selbst laufen.


Wir wollen für ein Beispiel annehmen, eine Eisenbahn habe auf der ersten Stre-
cke von 3000 Klftr. eine Steigung von 60 Fuss oder 10 Klftr.; dann folge eine Strecke von
1500 Klftr. horizontal, dann eine Strecke von 6000 Klftr. mit einem Gefälle von 90 Fuss oder
15 Klftr. und die weitere Bahn sey horizontal. Zur Beantwortung der Frage, wie weit die
Last von 3 . 65 Ztr. von einem Pferde in einem Tage geführt werden könne, haben wir für die
erste Strecke die Gleichung ; daraus folgt
= 0,424. Setzen wir c = 4 Fuss, so ist in der ersten Strecke v = 1,696 Fuss, also die
Zeit, in welcher die 3000 Klftr. der ersten Strecke zurück gelegt werden = Se-
kunden, oder 2h 56Min. 53Sec. Für die zweite horizontale Strecke von 1500 Klftr. haben wir die
Gleichung , daraus folgt = 0,96, demnach v = 3,84 Fuss und
daher die Zeit der Fahrt über diese horizontale Strecke = Sekunden oder 39 Mi-
nuten 4 Sek. Für die Strecke bergab von 6000 Klftr. haben wir die Gleichung
; daraus folgt = 1,35 und v = 5,4 Fuss; daher
die Zeit, in welcher diese 6000 Klftr. zurück gelegt werden = Sekunden oder
1h 51Min. 7Sec. Rechnen wir nun die Zeit, welche zur Befahrung der ersten 3 Strecken erfor-
derlich ist, zusammen, so finden wir 5h 27Min. 4Sec. Ziehen wir diese Zeit von den tägli-
chen 8 Arbeitsstunden ab, so bleibt 2h 32Min. 56Sec. für die Befahrung der folgenden Stre-
cke noch übrig. Da diese Strecke horizontal ist, für welche wir die Geschwindigkeit
v = 3,84 Fuss gefunden haben, so ist die Länge des noch zurückzulegenden Weges
= (3600 . 2 + 1976) 3,84 Fuss oder 1¼ Meile und 873 Klftr. Also beträgt der in einem
Tage zurückzulegende Weg 16373 Klftr., oder 4 Meilen und 373 Klftr. Aus diesem Bei-
spiele sieht man leicht, wie in andern ähnlichen Fällen zu verfahren sey, und wie dem-
nach die Stationen eingerichtet werden können, auf welchen die Wägen zu bestimm-
ten Stunden einzutreffen haben.


§. 593.


Wenn die vorkommenden Steigungen grösser sind, so ist es von Wichtigkeit, die Bahn
mit jener Steigung anzulegen, damit die Frachtkosten zu ihrer Befahrung mög-
lichst klein, oder ein Minimum werden. Hiezu haben wir bereits oben §. 549 die An-
leitung gegeben. Weil aber dort die Steigung nur für Frachtwägen, bei welchen der
Widerstandscoeffizient m = 0,03 bis 0,12 beträgt, berechnet worden, bei Eisenbahnen aber
m viel kleiner ist, so wurde hiezu noch folgende Tabelle berechnet, und in derselben das
Gewicht des Wagens W = 15 Ztr., die mittlere Zugkraft des Pferdes k = 125 ℔ und das Ge-
wicht des Pferdes P = 5 . 125 ℔ = 625 ℔ angenommen.


[659]Verzeichnung der krummen Linien für Eisenbahnen.

In der Ausführung wird es nicht immer möglich seyn, genau die Zahlen dieser Ta-
belle zu gebrauchen; es versteht sich daher von selbst, dass man sich diesen Zahlen nur
möglichst nähern müsse und dann für jeden Fall die Zahl der vorzuspannenden Pferde,
welche zur Fortbringung der gegebenen Last nöthig sind, berechnen könne. Eine genaue
Rechnung wird übrigens zeigen, dass es in allen Fällen, wo grössere Steigungen eintreten,
als dass ein Pferd noch einen beladenen Wagen fortzubringen im Stande wäre, demnach
mehrere Zugpferde vorgespannt werden müssten, vortheilhafter sey, die Befahrung sol-
cher Höhen mittelst Maschinen zu bewirken, die entweder von Pferden, oder an-
dern Kräften, Dampfmaschinen, Wasserrädern, u. d. gl. zu betreiben sind, worüber im
folgenden Bande das Nöthige angeführt werden wird.


§. 594.


Zur Theorie der Eisenbahnen bleibt uns nun noch die Bestimmung der krummen
Linie der Bahn übrig, damit die Wägen mit Leichtigkeit aus einer geraden in eine krumme
Linie übergehen. Derselbe Fall kommt bei einem jeden Ausweichplatze vor. Will man
nämlich das Ausspringen der Wägen hiebei verhüten, so muss offenbar die Bahn für den
Uibergang aus einem Geleise in das andere nicht nach einer geraden Linie, welche einen
zu grossen Winkel zwischen der Haupt- und der Nebenbahn bilden würde, sondern nach
einer gleichförmigen Schlangenlinie angelegt werden. Die einfachste Krümmung dieser Art
besteht in zwei parabolischen Linien, die auf gleiche Art sowohl aus der Hauptbahn aus-
treten, als auch in die Nebenbahn sich verlaufen.


Ein Beispiel wird dieses am deutlichsten erklären. Setzen wir die Abweichung
= ¼ Zoll auf jede 3 Fuss Länge, oder = 1 Zoll auf jede Klafter, so gibt folgende Tabelle
die Abweichungen für die beigesetzten Längen.


83 *
[660]Beschreibung der Eisenbahn zwischen der Moldau und Donau.
Fig.
19.
Tab.
30.

Nach diesen Dimensionen ist die krumme Linie des Ausweichplatzes Fig. 19 aufge-
tragen worden, und man sieht leicht, wie in ähnlichen Fällen der Uibergang aus einer
geraden in eine krumme Linie oder die Verbindung zweier in entgegengesetzter Richtung
fortlaufender krummen Linien zu bewirken sey.


§. 595.


Am Schlusse dieses Werkes glaube ich unsern Lesern eine kurze Nachricht über die
in Böhmen in der Ausführung begriffenen zwei Eisenbahnen um so
mehr geben zu müssen, als man über den Stand dieser zwei bereits sehr weit fortgeschrit-
tenen Unternehmungen im Publikum noch wenig unterrichtet ist. Die erste Eisenbahn,
welche in Böhmen zur Ausführung kam, ist von meinem Vater im J. 1807 statt eines be-
reits im vierzehnten Jahrhunderte zur Verbindung der Moldau und Donau in Antrag ge-
brachten Kanales vorgeschlagen und die Gründe hiefür in dem in der Vorrede genann-
ten Werke umständlich auseinander gesetzt worden.


Die ungünstigen Zeitverhältnisse liessen jedoch dieses im Jahre 1807 gemachte Projekt
nicht zur Ausführung kommen, bis die im J. 1822 eingetretene Freiheit der Elbeschiffahrt
eine zweckmässige Verbindung der Donau und Elbe durch die Moldau und demnach den
Bau einer Eisenbahn wieder erwünschlich machte. Die Jahre 1823 und 1824 waren über-
diess für Akzienunternehmungen so günstig, dass dieses Projekt nunmehr ohne Anstand
realisirt werden konnte. Ich hatte in dieser Hinsicht bereits im J. 1822 meine erste Reise
nach England angetreten, um die dortigen Eisenbahnen kennen zu lernen und machte im
J. 1824 folgende Abhandlung hierüber bekannt: „Uiber die Vortheile der Anlage einer Ei-
senbahn zwischen der Moldau und Donau. Von Franz Anton von Gerstner, Ritter der
k. k. österr. Erblande, Herr und Landmann in Böhmen, Mähren und Schlesien, öffentli-
chem und ordentlichem Professor der praktischen Geometrie am k. k. polytechnischen Insti-
tute zu Wien. Wien, 1824. Bei Tendler.“ (Pr. 1 fl. C. M.) Diese Druckschrift erschien
später in französischer Uibersetzung in dem Jahrgange 1829 des Journal du genie civil.


Unter dem 7ten September 1824 geruhte Seine kaiserl. königl. Majestät mir ein
ausschliessendes Privilegium zum Baue und zur Benützung dieser Eisenbahn während
50 Jahren zu verleihen, ich trat sonach aus dem kaiserl. königl. Staatsdienste und
vereinigte mich unter dem 20sten März 1825 mit einer Privatgesellschaft, an deren
Spitze die Chefs der ersten Wiener Grosshandlungshäuser standen, zur Ausführung die-
ser Unternehmung. Die Privilegiumsurkunde, der gesellschaftliche Vertrag, die Statu-
ten, die ersten öffentlich erschienenen Berichte über die Unternehmung und alle andere
hieher gehörigen Dokumente, finden sich in der: „Sammlung der Aktenstücke in Be-
treff der Ausführung der k. k. priv. österr. Eisenbahn. Wien 1826. Bei Tendler“ (Pr. 30 kr.)
Die weitere Darstellung der Verhältnisse dieser Unternehmung, nachdem der Bau einer
Strecke von 32800 N. Oe. Klftr. oder 8,2 N. Oe. Meilen beendigt, ein bedeutender fundus
instructus
angeschafft, die Bahn eröffnet und ein Kapital von 921673 fl. 18 kr. C. M. ver-
ausgabt war, findet man in der Abhandlung: „Uiber die Vortheile der Unternehmung ei-
ner Eisenbahn zwischen der Moldau und Donau von Franz Anton Ritter von Gerstner;
im Februar 1829. Wien bei Tendler.“ (Preis 40 kr.). Diese Abhandlung dürfte für die
Unternehmer ähnlicher Bauten von Interesse seyn, weil hierin eine Vergleichung unse-
[661]Beschreibung der Eisenbahn zwischen der Moldau und Donau.
rer Eisenbahn mit andern Eisenbahnen und viele hieher gehörige wichtige Daten ent-
halten sind. Nach Bekanntmachung derselben trennte ich mich von der Gesellschaft,
und ging, nachdem ich schon früher den Winter 18 26/27 in England zugebracht hatte,
abermal dahin, um die früher besichtigten Bauwerke und die inzwischen ausgeführten
neuen grössern Bauunternehmungen zu besichtigen, was mich bis zum Ende des Jahrs
1829 beschäftigte. Die Gesellschaft liess inzwischen weitere 13400 Klftr. vom Schei-
dungspunkte des Gebirges bis Lest durch ihre Ingenieurs, welche sämmtlich früher
meine Schüler waren, bauen und benützte zugleich die von mir hergestellten 8⅕ Meilen
Bahn zum Salztransporte. Laut des später erschienenen öffentlichen Berichtes der ge-
sellschaftlichen Direkzion wurden vom 2ten April bis Ende November 1829 auf dieser Stre-
cke 215855 Fässchen Salz und 22287 Ztr. 55 ℔ Kaufmannsgüter, zusammen also beiläu-
fig eine Viertel Million Ztr. verführt, wovon die reine Einnahme nach Abzug der
Unterhaltungskosten der Bahn, aller Besoldungen und diversen Unkosten 38273 fl. 54 kr.
betrug. Da dieses Erträgniss der ersten 8 Monate auf ein Kapital von beiläufig 900000 fl.
zu vertheilen kam, so hätten sich die Verhältnisse der Unternehmung allerdings sehr
günstig dargestellt, wenn nicht die Einführung des Salzfreihandels in Böhmen die
Auflösung des auf die Dauer von 6 Jahren vom 1ten April 1829 anzufangen mit der ho-
hen Staatsverwaltung bedingungsweise abgeschlossenen Salztransportsvertrages herbei-
geführt hätte.


Nach Auflösung dieses Vertrages am 1ten November 1829 erfolgte eine solche Ver-
minderung des Frachtquantums und der Erträgnisse der Bahn, dass im Jahre 1830 kei-
ne Dividende an die H. Akzionäre vertheilt werden konnte.


Diess ist eine kurze Darstellung der Verhältnisse einer Eisenbahn, deren Länge
noch in diesem Augenblicke von keiner andern Bahn in Europa übertroffen wurde;
die Länge der vollkommen ausgeführten und für jede Art Güter in Benützung stehen-
den Strecke beträgt nämlich 46200 Nied. Oesterr. Klafter oder 11,55 N. Oe. Meilen, und
der Gesammtaufwand hiefür beiläufig zwölfmal hundert tausend Conventions-Gulden.
Die weitere Fortsetzung der 5 Meilen Bahn von Lest bis an die Donau bei Linz be-
nöthigt noch ein Kapital von beiläufig 400000 Gulden C. M., dessen Aufbringung der
Gesellschaft bei ihren ganz erschöpften Mitteln und vorzüglich bei den für solche Un-
ternehmungen eingetretenen äusserst ungünstigen Zeitverhältnissen bisher noch nicht
gelingen wollte.


Nebst den im Verlaufe dieses Werkes hinsichtlich dieser Eisenbahn angeführten
Details ihrer Bauart, haben wir zur bessern Darstellung dieser Unternehmung auf den zwei
letzten Doppelplatten unserer Kupfer einen möglichst genauen, mit dem Terrain versehe-
henen Situationsplan und die hiezu gehörigen Längen- und Querprofile der 32225 N. Oe.
Klafter langen Eisenbahnstrecke von der Stadt Budweis in Böhmen bis zum Scheidungs-
punkte des Gebirges oberhalb Leopoldschlag in Oberösterreich beigefügt. Der Grundriss
zeigt, wie mühsam die Bahn in der ausserordentlich coupirten Gebirgsgegend fortzufüh-
ren war, und welche Umwege man ergreifen musste, um, wie es aus den Profilen ersicht-
lich ist, die einmal erstiegene Höhe nirgends wieder zu verlieren, die ganze Höhe des Gebir-
ges von 173 N. Oe. Klafter mit keiner grössern Steigung als 1 : 120 oder 7,2 Linien auf die
Klafter zu erreichen, und 3 Theile oder 3 Stationen zu erhalten, in deren jeder für sich
[662]Beschreibung der Eisenbahn zwischen Prag und Pilsen.
Tab.
37,
38,
39
und
40.
beinahe dieselbe Steigung vorhanden ist. Die Querprofile der Dämme und Abgrabungen
zeigen, dass die eigentliche Bahn aus schmiedeisernen Schienen von 1¾ bis 2 Zoll
Breite und ⅓ Zoll Dicke, die auf Holz befestigt wurden, besteht, dass jedoch diese
Bahn durchaus auf einer sogenannten trockenen Steinmauer (ohne Mörtel), welche
vom festen Grunde des Terrains errichtet wurde, auflag. Diese Mauer war Anfangs wie
das Profil Nro. I. zeigt, in der Mitte mit Erde ausgefüllt, oder bestand aus zwei einzelnen
Mauern, auf deren jeder ein Bahngeleise lag; da diess jedoch bei der grossen Höhe vieler
Dämme nicht ganz entsprechend gefunden wurde, so ist die kostspieligere Konstrukzion
mit einer einzelnen massiven Mauer, wie das Profil Nro. II zeigt, bald nach Anfang des
Baues angenommen und für die ersten 8⅕ Meilen beibehalten worden. Diese Konstrukzion,
welche bisher noch bei keiner Eisenbahn eingeführt war, hatte den Zweck, den Senkun-
gen der Bahn auf den hohen Dämmen, die bis zu 60 Fuss stiegen, vorzubeugen und der
ganzen Bahn sogleich das gehörige Niveau zu geben. Die Konstrukzion der hölzernen
Brücken von 10 und 12 Klafter Spannung über die vorhandenen Schluchten ist aus der
Tafel Nro. 38 ersichtlich. Uibrigens ist noch zu bemerken, dass die hölzernen Unterla-
gen für die, im Vergleich mit der englischen Konstrukzion weit schwächern Schienen
aus der Ursache angenommen wurden, weil die Herbeischaffung und Erneuerung des Hol-
zes in dieser Gegend viel wohlfeiler zu stehen kam, als die Verwendung massiver gewalz-
ter Schienen, zu deren Erzeugung sich bisher noch kein Walzwerk in Oesterreich befin-
det. Sollte jedoch der Verkehr auf der Bahn mit der Zeit so sehr zunehmen, dass die
Mehrauslage für solche Schienen gedeckt wird, so wird wohl auch ihre Einführung auf
der Bahn erfolgen, so wie sich überhaupt über das Gelingen und den Werth dieser Un-
ternehmung erst in mehrern Jahren urtheilen lassen wird.


§. 596.


Eine andere vaterländische Unternehmung ist die im Baue begriffene Eisenbahn
zwischen Prag und Pilsen
, zu deren Gründung sich im Jahre 1825 ein Verein
bildete. Zu ihrer Ausführung erfolgte am 30ten Juli 1827 das Allerhöchste Privilegium,
der Bau begann im J. 1828 und wurde in den folgenden Jahren so fortgesetzt, dass am
Ende des Jahres 1830 bis auf einen unbedeutenden Rückstand 8 N. Oe. Meilen von Prag
bis in die Mitte der zum Verkaufe nach Prag bestimmten Pürglitzer Waldungen in fahr-
baren Stand hergestellt wurden, sonach im J. 1831 auch zu befahren seyn werden. Die
Bahn erhält von Pilsen bis Prag eine Länge von 20½ N. Oe. Meilen, und bekommt von
Pilsen bis Rostok an der Beraun auf 38340 Klafter das Gefälle von 340,5 Klafter, von da bis
zum Scheidungspunkte oberhalb Lana auf 16495 Klftr. die Steigung von 110,8 Klftr. und
von da bis Prag auf 27130 Klftr. wieder ein Gefälle von 117,5 Klfr. Bei Prag hat sie
eine 450 Klftr. lange schiefe Fläche mit 1/20 Gefälle. Die Chausèe zwischen Prag und
Pilsen hat dagegen eine Länge von beiläufig 13 Meilen. Um nämlich mehrere land-
wirthschaftliche Produkte zur Verführung zu erhalten, hat man die Bahn auf diesem
Umwege durch die bedeutendsten Waldgegenden geführt, und da diese Gegen-
stände einen geringen Werth haben und keine grossen Auslagen nach dem Zentner
gerechnet auf einen kostbaren Bau gestatten, so hat man auch in dieser Hinsicht
die Bäche möglichst vermieden und die Trace um die Berge und Hügel schlangenförmig
[663]Beschreibung der Eisenbahn zwischen Prag und Pilsen.
herumgeführt. Zur Vermeidung des Widerstandes, den die auf den Achsen festen Räder
der englischen Wägen durch Anreibung an die Bahn erleiden würden, hat man an den
Wägen die §. 587 beschriebene Vorrichtung angewendet, welche sich auch durch den Trans-
port der Baumaterialien auf den fertig gewordenen Bahnstrecken bisher bewährt hat. Der
Lokalumstand, dass die Anhöhe, auf welcher die Bahn von Lana bis Prag geführt wurde,
durchaus ein Sandsteinlager zur Unterlage hat, wovon an mehreren Stellen vorzüglich bei
Dogges und Zehrowitz die brauchbarsten Bau- und Quadersteine gebrochen werden, gab
die Veranlassung, dass man die Eisenschienen, welche nach dem frühern Antrage von
Schmiedeisen auf Holz gelegt werden sollten, in einer angemessenen Stärke von Roheisen
giessen, und sie durchaus auf eine ununterbrochene Reihe von Quadersteinen legen liess.
Diese Schienen sind, um in jeder krummen Linie brauchbar zu seyn, nur 3 Fuss lang, 1¾
Zoll breit und 1 Zoll stark, 17 bis 18 N1ed. Oester. ℔ schwer und mit 2 seitwärts angegos-
senen in ihrer Mitte gelochten Lappen zu ihrer Befestigung auf den Steinunterlagen ver-
sehen. Die bereits hergestellten 8 Meilen haben nach dem im Drucke erschienenen „drit-
ten Jahresbericht der Direktion der k. k. priv. prager Eisenbahngesellschaft“ sammt allen
Vorauslagen eine Ausgabe von 255130 fl. Conventions-Münze verursacht und erfordern
zu ihrer gänzlichen Beendigung, Anschaffung der Bahnwägen, Herstellung der nöthigen
Gebäude, und Bestreitung anderer noch zu leistenden Beträge eine Summe von beiläufig
38000 fl., wornach die nächst Prag liegenden 8 Meilen ein Anlagskapital von beiläufig
300000 fl. C. M. erheischen würden.


Das Unternehmen gründet sich hauptsächlich auf die Verführung des Brenn- und
Bauholzes, der Steinkohlen und einiger landwirtschaftlichen und Kunsterzeugnisse, als:
Getraide, Raps, Kleesamen, Wolle, Pottasche u. s. w., dann Mühl- Quader- Bausteine
und Ziegel, Gyps, Guss- und Schmiedeisenwaaren u. dgl. m. Der jährliche Transport
dieser Gegenstände wurde vor dem Beginne des Baues nach den Angaben der Wirth-
schaftsämter von den anliegenden Dominien auf beiläufig 1100000 Ztr. angeschlagen.
Die Transporte werden durchgängig mit Pferden eingeleitet.


(Ende des ersten Bandes.)


[]

Appendix A Druckfehler.

[][][]
Notes
*)
Die bisher erschienenen Schriften meines Vaters sind:
  • 1. Uiber die Bestimmung der geographischen Längen: Berichtigung der Längen von Marseille, Padua,
    Kremsmünster, Dresden, Berlin und Danzig. Abhand. der böh. Gesellsch. der Wissenschaften auf das
    Jahr 1785. Prag 1785. 4to.
  • 2. Vorübergang des Merkur vor der Sonne, beobachtet am 4. May 1786. Prag und Dresden 1786. 4to.
  • 3. Beobachtung der Sonnenfinsterniss am 4. Juny 1788 auf der königl. Sternwarte zu Prag. Prag und
    Dresden 1788. 4to.
  • 4. Eine leichte und genaue Methode für die Berechnung der geographischen Länge aus Sonnenfinsternissen.
    Prag und Dresden 1788. 4to.
  • 5. Einleitung in die statische Baukunst. Prag 1789. 8vo.
  • 6. Merkur vor der Sonne zu Prag den 5. November 1789. Prag 1790. 4to.
  • 7. Vergleichung der Kraft und Last beim Räderwerk mit Rücksicht auf Reibung. Prag 1799. 4to.
  • 8. Beobachtungen über den Gebrauch des Barometers bei Höhenmessungen. Dresden 1791. 4to.
*)
  • 9. Beweise zu den Formeln, welche im astronom. Jahrbuch von Berlin 1791 zur Berechnung der geographischen
    Längen aus Sonnenfinsternissen gebraucht worden (böhm. Abhandlung 1788. Prag und Dresden. 4to.)
    nebst einigen Zusätzen. Berliner astron. Jahrbuch auf 1792.
  • 10. Uiber die, der wechselseitigen Anziehung des Saturns und Jupiters wegen erforderlichen Verbesserungen
    der Beobachtungen des Uranus, zur richtigen Erfindung der Elemente seiner wahren elyptischen Bahn.
    Berlin. Jahrbuch 1792.
  • 11. Theorie des Wasserstosses in Schussgerinnen mit Rücksicht auf Erfahrung und Anwendung. Prag
    1795. 4to.
  • 12. Versuche über die Flüssigkeit des Wassers bei verschiedenen Temperaturen. Prag 1798. 4to.
  • 13. Theorie der Wellen sammt einer daraus abgeleiteten Theorie der Teichprofile. Prag 1804. 8vo.
  • 14. Mechanische Theorie der oberschlächtigen Räder. Prag. 1809. 8vo.
  • 15. Zwei Abhandlungen über Frachtwägen und Strassen und über die Frage, ob und in welchen Fällen
    der Bau schiffbarer Kanäle, Eisenwege oder gemachter Strassen vorzuziehen sey. Nach einer Untersuchung,
    ob die Moldau mit der Donau durch einen Schiffahrtskanal zu vereinigen sey. Prag 1813. 8vo.
    Diese Abhandlung erschien später in französischer und ungarischer Sprache unter folgenden Titeln:
    • Mémoire sur les grandes routes, les chemins de fer et les canaux de navigation; traduit de l’Allemand,
      de M. F. de Gerstner, Chevalier etc. et précédé d’ une introduction par M. P. S. Girard, Ingénieur
      en chef des Ponts et Chaussées, Membre de l’ Institut, (Académie royale des Sciences). Paris,
      Bachelier, 1827.
    • Két-Ertekezés a’ terh-Szekerekröl, Utakról és azon Kérdésröl, valljon a’ hajókázó csatornák, vas-és
      töltöttútak közül, mellyiknek és micsoda csetben kelljen az elsöséget adni? annak megvizsgálása utan:
      a’ Moldva-vizét lehessen-e a’ Dunaval hajókázó csatornával egyesiteni? Ki dolgozta: Vitéz Gerstner
      Ferencz,
      magyarázta, hasznos jegyzésekkel és egy toldalékkal „a’ vas-útakról“ megbövitette Vargha
      János,
      Pesten, 1828.
  • 16. Abhandlung über die Spirrallinie der Treibmaschinen. Prag 1816. 8vo.
  • 17. Bemerkungen über das hydrometrische Pendel und über das Gesetz, nach welchem die Geschwindigkeiten
    des Wassers von der Oberfläche bis auf das Grundbett der Flüsse sich ändern. Prag 1819. 8vo.
  • Nebst vielen andern Aufsätzen und Beobachtungen, die theils in den Berliner astronom. Jahrbüchern, theils
    in den Wiener Ephemeriden enthalten sind.
*)
Nach Vega verhält sich der Rheinländische Fuss zum Wiener Fuss, wie 313,8536 zu 316,1028
oder wie 1 zu 1,0072, es ist demnach ein Rheinl. Fuss Wiener Fuss.
*)
Die Berechnung der Kraft der Arbeiter aus folgenden in mechanischen Schriften angeführten Erfah-
rungen setzt bereits die Kenntnisse des Hebels, der schiefen Fläche u. s. w. voraus; die Begrün-
*)
dung der angegebenen Kraftformel durch diese Erfahrungen sollte demnach erst in einem spätern
Kapitel dieses Werkes folgen. Wir glauben aber, dass es den meisten unserer Leser, die mit die-
sen Elementarlehren bereits bekannt sind, angenehmer seyn werde, alles Merkwürdige über diesen
Gegenstand beisammen zu finden. Daher setzen wir das minder Verständliche in Noten unter den
Text, damit jene in die Grundsätze der Mechanik bereits eingeweihte Leser diesen Gegenstand
vollständig kennen lernen, andere Freunde der Wissenschaft aber, denen die hiezu nöthigen Vor-
kenntnisse noch fehlen, diese Noten inzwischen überschlagen, und erst nach Abhandlung des zweiten
Kapitels wieder vornehmen mögen.
  • 1. Coulomb erzählt in den Memoires de l’institut, tome 1. dass Borda mit seinen acht Begleitern
    am Pik von Teneriffa von 9 Uhr Morgens bis 5 a/2 Uhr Nachmittags eine Höhe von 2923 mètres
    erstiegen, und dabei nach der horizontalen Richtung 20000 mètres zurückgelegt habe. Da 1 mètre =
    3,1635 Nied. Oesterr. Fuss, so betrug die vertikal erstiegene Höhe 9247 Nied. Oesterr. Fuss, und
    der hiebei horizontal zurückgelegte Weg 63270 Nied. Oesterr. Fuss. Der mittlere Neigungswinkel α
    dieser schiefen Fläche ergibt sich aus tang. . 8° 18′ 54″ und die Länge des
    Weges über die schiefe Fläche ist demnach beinahe 64000 Nied. Oesterr. Fuss. Man hat während
    dieser Zeit nur ¾ Stunden ausgeruht, um das Mittagsmahl einzunehmen, demnach war z = 7,75
    Stunden und Nied. Oesterr. Fuss.
    Das Gewicht, welches die Arbeiter an Lebensmitteln, Instrumenten, Kleidungen u. dgl. zu tragen hat-
    ten, ist nicht angegeben. Rechnen wir das Gewicht eines Menschen zu 130 Pfunden, so hatte jeder
    zur Bewegung seines Körpers über diese schiefe Fläche die Kraft 130. Sin (8° 18′ 54″) = 18,8
    ℔ oder beinahe 19 ℔ anzuwenden. Unsere Formel gibt für denselben Fall, wenn man k = 25 ℔
    setzt: , also konnte jeder Begleiter nur noch 28—19 = 9 ℔
    tragen.
    Für stärkere Leute, z. B. für Soldaten wäre k = 30 ℔ und c = 3 Fuss, demnach
    ; also würde jeder Begleiter noch 38 — 19 d. i. 19 ℔'
    haben tragen können. Das Mittel von beiden Resultaten, nämlich stimmt mit
    den üblichen 15 ℔ sehr nahe überein, welche man der Dienerschaft auf solchen Reisen gewöhn-
    lich zu tragen gibt.
  • 2. Coulomb hat aus mehreren Erfahrungen geschlossen, dass auf einer Treppe, die nicht über 20 bis
    30 mètres hoch ist, in jeder Minute bequem 14 mètres (44,3 Nied. Oesterr. Fuss) erstiegen wer-
    den können. Setzen wir das Verhältniss der Höhe zur Breite der Stuffen, nach Coulomb, wie
*)
  • 1 : 3 (z. B. die Höhe einer Stuffe 4 Zoll, die Breite 12 Zoll), so ist das Verhältniss der Höhe zur
    Länge derselben, wie 1 zu 3⅙ = 6 : 19 und die schiefe Länge des Weges beträgt 44,3 . 19/6 = 140,3
    Fuss, folglich die Geschwindigkeit Fuss und die Kraft, welche der Steigende
    zur Bewegung seines Körpers von 130 ℔ Gewicht anwenden muss ; demnach
    wäre, wenn man die mittlere Kraft k = 25 ℔ setzt: wor-
    aus z = 3,84 Stunden = 3h 50Min. folgt. Demnach kann ein Mann bei dieser Arbeit täglich nur
    3 Stunden und 50 Minuten aushalten, welches auch Coulomb bestätigt.
  • 3. Eine andere hieher gehörige Erfahrung war, dass die Arbeitsleute eine bequeme 150 mètres hohe
    Treppe
    in einem Tage nicht 18mal ersteigen wollten, ungeachtet Coulomb denselben einen vol-
    len Tageslohn angebothen hatte. Rechnen wir nämlich, wie zuvor 14 mètres Höhe auf eine Mi-
    nute, so ist die Zeit, in welcher diese Treppe einmal erstiegen werden konnte
    Minuten = 10Min. 43 Sec. Weil die Menschen nach jeder Steigung wieder über dieselbe
    Treppe herabgehen müssen, so kann diese leichtere Arbeit zwar mit einer grössern, jedoch bei
    gleicher Anstrengung nicht mehr, als mit der doppelten Geschwindigkeit verrichtet werden. Rechnen
    wir demnach für das Herabgehen nur 5Min. 21Sec., so beträgt die Zeit eines Ganges auf und ab
    16Min. 4Sec., folglich die ganze Zeit, in welcher diese Treppe 18mal zu ersteigen war 4h 49Min.
    12Sec.; folglich mehr als die vorhin gefundenen 3 Stunden 50 Minuten, und die Arbeitsleute hatten
    allerdings einen hinreichenden Grund, die Treppe um einen Taglohn nicht 18mal ersteigen zu wol-
    len, weil sie sich sonst, wie es unsere Kraftformel zeigt, weit mehr als bei der gewöhnlichen Ar-
    beit hätten anstrengen müssen.
  • 4. Coulomb liess oft Brennholz 12 mètres hoch tragen; der Arbeiter war stark, konnte aber nie mehr,
    als 6 Voies in einem Tage auf diese Höhe bringen. Die Voie Holz wog 734 Kilogramme oder
    1311 Nied. Oesterr. Pfunde, da 1 Kilogramm = 1,7857 Nied. Oesterr. Pfund ist. Er brauchte im
    Durchschnitte zu einer Voie 11 Gänge, denn die ersten trug er in 10, die letzten in 12 Gängen;
    bei jedem Gange trug er demnach im Mittel 66,7 Kilogramme, wofür Coulomb mit Zurechnung des
    Gewichtes der Traghacken 68 Kilogramme (121 Nied. Oesterr. ℔) annimmt. Da dieser Träger
    sehr viel, (nämlich 121 Nied. Oesterr. ℔) trug, und vermuthlich auch nicht alle Tage dieselbe
    Arbeit vornahm, so wollen wir, wie bei den Soldaten, seine gewöhnliche Geschwindigkeit c = 10/3 Fuss
    und die mittlern Arbeitsstunden t = 8h setzen. Die Länge des Weges ist nicht angegeben, da jedoch
    Coulomb diejenige Stiege für die bequemste hält, deren Stuffen 5 Zoll Höhe und 15 Zoll Breite
    haben, so ist bei dieser Annahme das Verhältniss der Höhe zur Länge, wie 1 : 3⅙ = 6 : 19 und
    die schiefe Länge des Weges für 12 mètres (38 Nied. Oesterr. Fusse) Höhe beträgt 19/6 × 38 = 120,3
    Nied. Oesterr. Fuss. Rechnen wir nun, dass der Arbeiter diesen Weg in 2 Minuten zurückgelegt,
    sonach auf das Tragen der 6 Voies 2.11.6 = 132Min. = 2,2h verwendet habe, so ist
    Fuss und z = 2,2h. Demnach erhalten wir durch die Substitution in unsere Kraftformel
    woraus k = 41,3 ℔ gefunden wird. Hierbei ist aber das eigene
*)
  • Gewicht des Trägers noch nicht in Rechnung gebracht. Setzt man dieses Gewicht = 133 ℔, so
    ist die Kraft, die noch zum Hinauftragen seines Körpers nöthig ist ; demnach
    seine ganze Kraftanstrengung = 121 + 42 = 163 ℔ = woraus nun-
    mehr k = 55,6 ℔ folgt, d. h. dieser Arbeiter hat mehr, als die doppelte mittlere Kraftanstrengung
    ausgeübt.
    Um aus den Erfahrungen, welche Coulomb über die Kraft der Menschen bei dem Besteigen der Berge,
    Treppen oder Stiegen und bei verschiedenen Maschinenarbeiten macht, ein Gesetz für die Verände-
    rungen der menschlichen Kraft ableiten zu können, bemerkt derselbe: dass es überhaupt nothwen-
    dig sey, zur Last, welche der Mensch trägt, noch das Gewicht seines Körpers hinzuzusetzen, und
    die Summe von beiden als die Totalkraft des Arbeiters zu betrachten. Mit diesem Zusatze glaubt
    Coulomb aus seinen Erfahrungen das beständige Gesetz abzuleiten, dass jeder Arbeiter das Ver-
    mögen habe, auf eine gegebene Höhe täglich eine bestimmte Last hinauf zu bringen, so dass er
    auf grössere Höhen nur eine kleinere Last, und im Gegentheile auf kleinere Höhen eine grössere
    Last tragen könne, oder dass überhaupt das Produkt aus der gesammten Last in die Höhe, auf
    welche sie in einem Tage getragen wird, einen beständigen, für alle Tage, Lasten und Höhen
    immer gleichen Werth habe. Dieses, dem in §. 17. angeführten Bernoully’schen Satze ähnliche
    Resultat unterliegt aber auch, wie jenes, derselben Schwierigkeit, dass nämlich der Mensch, wel-
    cher auf einer horizontalen Ebene fortschreitet, oder am Berge still stehet, eine unendlich grosse
    Last müsste auf sich nehmen können, welches die beschränkten Kräfte der Menschen nicht gestatten.
  • 5. In Nordwall’s Maschinenlehre (a. d. Schwedischen, Berlin 1804) wird Seite 117 angeführt: „Man
    weiss aus der Erfahrung, dass ein Arbeiter durch 8 Stunden einen Hornhaspel 30mal in einer Mi-
    nute umdrehen kann, wenn 1) der Halbmesser der Walze und der Kurbel gleich gross und jeder
    = 14 Zolle und 2) die aufzufördernde Last 25 ℔ ist.“
    Da die Peripherie 44/7.14 = 88 Zolle beträgt, und ein schwed. Fuss = 0,9391 Nied. Oesterr. Fuss, so
    ist die Peripherie = 88 . 0,9391 = 82,641 Nied. Oesterr. Zolle, und der in einer Minute zurückge-
    legte Raum . 30 Nied. Oesterr. Fuss, folglich die Geschwindigkeit
    Fuss. Da nun ein schwedisches Schalpfund = 0,7563 Nied. Oesterr. ℔, so geben 25 schwe-
    dische ℔ beinahe 19 Nied. Oesterr. ℔. Setzt man nun die wirkliche Arbeitszeit z = t = 8 und
    die mittlere Geschwindigkeit c = 3 Fuss, so ist, wenn diese Werthe in die, in der folgenden Theorie
    abgeleitete Kraftformel für die Arbeit am Krummzapfen substituirt wer-
    den, , woraus k = 26,9 folgt. Die mittlere Kraft der Arbeiter
    in Schweden wäre demnach nur wenig grösser als bei den hiesigen Arbeitern, und würde den Leistungen
    unseres Militärs beinahe gleich kommen.
  • 6. Vauban folgert aus vielen angestellten Versuchen, dass ein Mensch in einem Tage mit einem Schub-
    karren 14,79 Kubikmeter (468 N. Oe. Kubikfuss) Erde führen und im Tage 500 Gänge, jeden zu 29,226
    Meter (92,46 Nied. Oesterr. Fuss) machen könne, wobei also die Länge des Weges im ganzen Tage
    14613 Meter (46228 Nied. Oesterr. Fuss), den er mit der Ladung hin und ohne Ladung zurück-
*)
  • geht, beträgt. Der Karren wurde im Durchschnitte mit einer Last von 70 Kilogrammen (125 Nied.
    Oesterr. ℔) beladen; das Gewicht des Karrens betrug im Mittel 30 Kilogramme (53,6 ℔) und das
    Verhältniss der Hebelsarme war 1 : 5, folglich die anzuwendende Kraft der Arbeiter
    oder beinahe 36 ℔. Coulomb fand mittelst einer Schnellwage, dass hiebei die Arme
    des Arbeiters 18 bis 20 Kilogramme (32 bis 36 N. Oest. ℔) und ungeladen 5 bis 6 Kilogramme (9 bis 11
    N. Oest. ℔) tragen, welches also mit der anzuwendenden Kraft, die wir vorher fanden, übereinstimmt.
    Rechnen wir nun 500 Gänge in 8 Stunden, so wird ein Gang in gemacht, und nimmt
    man an, dass der Arbeiter mit der Ladung dreimal langsamer als ohne dieselbe zurückgeht, so hat
    er eigentlich von diesen 58 Sekunden nur 58 . ¾ = 44Sec. auf das Tragen der Last verwendet. Die
    Geschwindigkeit, womit er die Kraft von 36 ℔ ausübt, ist sonach Fuss, und da ferner
    z = 8 ist, so erhält man durch die Substitution in unsere Kraftformel
    oder beinahe. — Eine genauere Berechnung die-
    ser Arbeit wird in der Folge angegeben werden.
  • 7. Eine ähnliche Bestätigung gewähren die Arbeiter an der Kurbel, oder am Krummzapfen. Gewöhnlich
    rechnet man den Druck auf den Handgriff der Kurbel 12 bis 13 Kilogramme (22,3 Nied. Oesterr.
    Pfunde). Der Handgriff durchläuft einen Kreis von 23 Decimeter (7,3 Nied. Oesterr. Fuss), auf
    eine Minute rechnet man 30 Umdrehungen. Coulomb zählt nur 20 bis 22 Umdrehungen, und die
    Arbeit dauert durch 6 Stunden täglich ununterbrochen.
    Nimmt man im Mittel 25 Umdrehungen in einer Minute an, so ist Fuss beinahe und
    da z = 6h, so ist die Kraft, wenn wir in die Formel für die Arbeit am Krummzapfen substituiren
    woraus k = 26,5 ℔ folgt.
  • 8. Desaguliers führt in seinem Cours de Physique experimentale, tome 1. pag. 256 an, dass ein Mensch
    am Krummzapfen nicht mehr Kraft als 30 engl. ℔ (24,3 Nied. Oesterr. ℔) mit einer Geschwindig-
    keit von 3,5 engl. Fuss (3,4 N. Oest. Fuss) habe, wenn derselbe durch 10 Tagesstunden arbeitet.
    Nehmen wir für einen solchen Menschen c = 10/3 Fuss und für die wirkliche Arbeit ohne Stillstandspau-
    sen nur 8 Stunden = z und t = 8, so ist, wenn in dieselbe Formel für die Kraft am Krummzapfen
    substituirt wird: woraus k = 31,9 ℔ folgt. Die englischen
    Arbeiter erscheinen daher stärker, als unsere gewöhnlichen Tagesarbeiter, und beiläufig eben so
    stark als unsere Soldaten.
*)
Bereits die Natur hat den Thieren durch ihren verschiedenen Körperbau die Art und Weise ange-
wiesen, ihre Kräfte zu gebrauchen. Ein englisches Blatt aus London vom 4. November 1828, enthält
folgende merkwürdige Zusammenstellung der in den thierischen Körpern wohnenden Kräfte und ihrer
verschiedenen Anwendung hinsichtlich des Fortbewegens. Ein Krebs, heisst es darin, bewegt sich
seitwärts, die Wasserfliege schwimmt auf dem Rücken, die Schlange bewegt sich wellenförmig, der
Ameisenlöwe geht rückwärts. Wasservögel gehen, laufen, fliegen und schwimmen. Einige Thiere
können nur gehen, andere nur laufen, wieder andere nur galloppiren. Das Pferd thut alles dieses.
Tieger und Krokodille schiessen auf ihren Gegenstand zu; das Rennthier läuft, aber nie im Gallopp;
das Armadill schreitet langsam vorwärts, kann aber weder laufen noch springen, während der grosse
Ameisenfresser besser klettert, als geht. Das Faulthier ist gross, und kann dennoch täglich nicht
mehr, als 50 Schritte machen; ein Elendthier durchläuft anderthalb englische Meilen in 7 Minuten,
eine Antilope eine Meile in einer Minute und noch schneller läuft der wilde tartarische Maulesel. Ein
Adler fliegt 18 deutsche Meilen in einer Stunde und ein kanarischer Falke legt 250 deutsche Meilen
in 16 Stunden zurück. Der Mensch hat fast alle genannte Bewegungen in seiner Gewalt, nur fliegen
kann er nicht.
*)
Die Bestimmungen über die Kraft der Pferde ergeben sich meistens aus der Berechnung von Maschinen,
welche abermals, wie §. 24 erwähnt wurde, die Kenntnisse des Hebels, Rades an der Welle u. s. w.
voraussetzen. Die vorzüglichsten hierüber gemachten Erfahrungen entlehnen wir aus folgenden Schriften:
  • 1. Die Beschreibung der bei dem Bergbaue zu Schemnitz in Niederhungarn errichteten Maschinen von
    Nikol. Poda, Prag 1771. gibt aus vieljährigen Erfahrungen von mehreren Gruben das überein-
    stimmende mittlere Resultat, dass mit 6 Pferden aus einer seigeren Teufe (senkrechten Tiefe) von
    81 Berglachtern (519 Nied. Oesterr. Fuss) in 8 Stunden 84 Säcke Erz, jeder zu 900 ℔ zu Tage gefördert
    wurden. Hieraus folgt die Zeit, welche zur Ausförderung eines Treibsackes verwendet wird = 8/84 Stun-
    den = 5,71 Minuten. Weil aber nach jedem Zuge der volle Sack über der Hängebank ausgehängt,
    der leere wieder eingehängt und zu gleicher Zeit das Gegentheil am Füllorte in der Grube verrichtet
    werden muss, wozu bei den Schemnitzer Maschinen 1¼ Minuten verbraucht werden, so bleiben für
    die eigentliche Arbeitszeit nur 5,71 — 1,25 = 4,46 oder beinahe 4½ Minuten übrig. Da nun der Hebel
    oder der Halbmesser für die Laufbahn der Pferde zweimal so gross ist, als der Halbmesser des
    Korbes, folglich der Weg, welcher von den Pferden bei jedem Aufzuge zurückgelegt wird, noch
    einmal so gross ist, als die Tiefe des Treibschachtes, so beträgt der Weg, den die Pferde bei einem
    Aufzuge zurücklegen, 2mal 519 oder 1038 Fuss. Wird nun diese Länge durch die Zeit 4,5 Minuten
    oder 270 Secunden dividirt, so erhalten wir die Geschwindigkeit der Pferde oder sehr nahe
    v = 4 Fuss. Die Last oder der Widerstand, welchen die 6 Pferde zu überwältigen haben, ist bei
    diesen Maschinen wegen des bedeutenden Gewichtes des Bergseiles sehr veränderlich. Zu Anfang
    nämlich, wenn die volle Tonne vom Füllorte aufgehet, ist dieselbe sammt dem Gewichte des Seiles,
    welches 810 ℔ wiegt und am Ende, wenn der volle Sack über
    die Hängebank heraufsteigt, ist dieselbe . Das Mittel von beiden beträgt 450 ℔.
    Der Widerstand der Reibung und die Unbiegsamkeit des Seiles können wir nach einem mässigen
    Uiberschlage auf 20 bis 25 Prozent von dieser mittlern Last oder auf 90 bis 112 ℔ annehmen; dem-
    nach ist der ganze Widerstand = 540 bis 562 ℔. Da zu seiner Gewältigung 6 Pferde vorgespannt
    sind, so kommen auf 1 Pferd 90 bis 94 ℔.
    Wir haben für diese Berechnung zur grössern Verlässlichkeit nur die grössten Teufen, aus welchen
    mit 3 Paar Pferden getrieben wird, und zwar das Mittel von den Maschinen am Siegelsberger-, Kö-
    nigsegger-, Karls- und Siegismundischachte genommen; die kleinern Teufen geben aber sehr nahe
    dieselben Resultate z. B. Auf dem Siegelsberge ist die Teufe vom Tage bis zum Piebererbstollen
    43 Lachter 39¼ Zoll (279 N. Ö. Fuss); in 8 Stunden werden 132 Säcke jeder zu 900, ℔ getrieben,
*)
  • demnach ist die Zeit, in welcher ein Sack getrieben wird ; hievon für das Ein-
    und Aushängen 1′ 15″ abgerechnet, so bleiben 2Min. 23Sec. = 143Sec. Da nun die Schwenkbäume
    noch einmal so lang sind, als der Halbmesser des Korbes: so legen die Pferde in der obigen Zeit
    die doppelte Höhe des Schachtes = 558 Fuss zurück, demnach ist die Geschwindigkeit der Pferde =
    Nied. Oesterr. Fuss beinahe. Uibrigens wird für diese Teufe dieselbe Last, nämlich 900 ℔
    angeschlagen, und auch dieselbe Anzahl Pferde, nähmlich 3 Paar eingespannt, demnach ist auch die
    Rechnung für die Zugkraft dieselbe.
    Hierbei bleibt jedoch zu bemerken, dass die Pferde bei diesen Arbeiten zu Anfang des Treibens
    viel über ihre mittlere Kraft angestrengt und doch mit derselben mittlern Geschwindigkeit getrieben
    werden wie am Ende. Da wir nun in der Folge dieses Werkes zeigen werden, dass die Pferde unter
    solchen Umständen sich mehr anstrengen müssen, als zu derselben Wirkung bei einem gleichförmi-
    gen Widerstande erforderlich wäre, so können wir die mittlere Kraft eines Zugpferdes auf beinahe
    100 ℔ oder auf das 4fache der menschlichen Kraft anschlagen.
    Eben so dürfen wir in Hinsicht auf die Dauer die vollen 8 Stunden täglich aus dem Grunde anneh-
    men, weil erstens die Pferde nebst dem Zuge noch durch einen Theil der für das Aus- und Einhän-
    gen nöthigen Zeit die Last des vollen Treibsackes halten müssen, und weil zweitens auch die Pferde
    durch die ganzen 8 Stunden ohne Futter in der Arbeit bleiben, aus dem nächsten Dorfe zur Maschine
    herbeigeführt und nach vollbrachter Arbeit wieder zurückgeführt, zuweilen auch noch zu Hause zu
    einer kleinen Arbeit verwendet werden, sonach in allen diesen Hinsichten etwas mehr leisten, als das,
    was nur aus dem Zuge allein berechnet wurde.
  • 2. Die Beschreibung des Pferdegöpels auf der Grube Neuer Morgenstern am Muldenberge bei Freiberg
    in Sachsen, welche in der Cragischen Buchhandlung zu Freiberg und Annaberg im Jahre 1792 her-
    aus kam, gibt an, dass mit 2 Pferden in 6 Stunden 38 Tonnen, jede zu 1036 ℔ (865 N. Ö. ℔)
    aus der Teufe von 422 Fuss (377 N. Ö. Fuss) zu Tage gefördert werden. Der Halbmesser des
    Korbes ist 5 Fuss 7 Zoll und die Länge des Schwenkbaumes oder Hebelarmes für die Pferde ist
    24 Fuss; folglich müssen die Pferde für jede herausgebrachte Tonne
    Dresdner oder Nied. Oesterr. Fuss zurücklegen. Die Aufförderungszeit d. i. die Zeit,
    während welcher eine Tonne vom Füllorte bis zum Sturzhacken gelanget, ist im Durchschnitte zu
    390 Secunden angegeben, folglich beträgt der Raum in einer Sekunde, oder die mittlere Geschwin-
    digkeit der Pferde Fuss, welche mit jener bei den Schemnitzer Treibmaschinen sehr nahe
    übereinkömmt. — Der Treibschacht ist tonnlegig, und macht mit der Sohle oder mit dem Horizonte
    einen Winkel von 56° 30′; wenn wir sonach das Gewicht des Erzes in der Tonne, welches 864 ℔
    beträgt, mit dem Sin. 56° 30′ und mit dem Verhältniss der Hebelsarme multipliciren, so ergibt
    sich der Widerstand oder die Last . Sin (56° 30′) = 167,8 ℔. Rechnet man hierzu für
    Unbiegsamkeit der Seile und Reibung an den Zapfen und tonnlegigen Strassbäumen beiläufig 20 Pro-
    zent oder 33,5 ℔; so beträgt der ganze Widerstand, den die Pferde zu gewältigen haben 201 ℔, folg-
    lich für ein Pferd 100 Nied. Oesterr. ℔.
  • 3. In der Maschinenlehre von Erich Nordwall, Berlin bei Lagarde 1804, Seite 128, wird eine Tafel über
    das Treiben im Arnells Schachte bei Fahlun in Schweden, vom Berggeschwornen Everström angeführt
    und mit den Schemnitzer Maschinen zusammengehalten. Aus der dortigen grössten Teufe von 50 Lach-
*)
  • tern werden nämlich in 8 Stunden 50 Kübel Erz, jeder zu 1000 ℔ nur von ein Paar Pferden, welche
    jedoch in diesen 8 Stunden viermal gewechselt werden müssen (also von 4 Paar Pferden) zu Tage
    gefördert. Der Halbmesser des Treibkorbes ist 1 Fuss und die Länge des Schwenkbaumes 10 4/37 Fuss,
    folglich beträgt der Weg der Pferde zur Ausförderung eines Kübels 10 4/37 × 50 = 505,4 Berglachter
    (3238 Nied. Oesterr. Fuss). Da 50 Kübel in 8 Stunden gefördert werden, so kommen auf einen Kü-
    bel 9Min. 36Sec. Die Zeit zum Anschlagen und Ausstürzen wird für 50 Kübel auf 1h 15Min. angege-
    ben, folglich kommen auf einen Kübel 1Min. 30Sec. Werden diese von 9Min. 36Sec. abgezogen, so er-
    gibt sich, dass die Pferde in 8Min. 6Sec. = 486Sec. den Raum 3238 Fuss, folglich in einer Secunde
    den Raum Fuss zurücklegen. Die mittlere Last, welche sie zu
    ziehen haben, beträgt . Rechnen wir hiezu für Reibung und Unbiegsamkeit
    der Seile 19 ℔, so kommen auf zwei Pferde 19 + 99 = 118, folglich auf ein Pferd 59 ℔ Zugkraft.
    Um diese mit der vorigen bei Schemnitz und Freiberg zu vergleichen, wollen wir, wie dort gefunden
    worden, c = 4 und t = 8 setzen. Da jedes Paar Pferde bei Fahlun nur durch 2 Stunden im Zuge geht,
    so ist z = 2 und , sonach , woraus k = 101 1/7 ℔ erhalten wird.
    Hieraus sehen wir, dass alle angeführten Bergwerksmaschinen sehr einstimmig für die mittlere Pfer-
    dekraft dasselbe Resultat geben, nämlich k = 100 ℔, c = 4 Fuss und t = 8 Stunden.
    Zugleich erhellet aus dieser Vergleichung, dass diese schwedischen Pferde bei ihrer grössern
    Geschwindigkeit zwar mit derselben Anstrengung arbeiten, als jene zu Schemnitz und Freiberg, dass
    jedoch ihre Wirkung oder der nutzbringende Effekt weit geringer ist, wie schon Nordwall bemerkt
    hat und in dem folgenden noch umständlicher gezeigt werden wird.
  • 4. Belidor (Architecture hydraulique, Paris 1737, tome I, Chap. I, §. 124) führt an, dass
    Hr. Sauveur mit Pferden aus einem Brunnen Wasser ziehen liess und gefunden habe, dass die Kraft
    eines Pferdes auf 175 livres (153 Nied. Oesterr. ℔) und die Geschwindigkeit auf 1800 toises
    (11098,1 Nied. Oesterr. Fuss) in einer Stunde, folglich anzunehmen sey. Setzen
    wir demnach in unsere Formel k = 100 und v = 3,1, so wäre , folg-
    lich z = 6, oder die Pferde konnten bei dieser Arbeit nur 6 Stunden aushalten, was zwar von
    Belidor nicht angeführt wird, aber kaum einem Widerspruche unterliegen dürfte.
  • 5. Walcher (kurzer Inhalt der mechanischen Kollegien, Wien 1759) und Delius (Anleitung zur
    Bergbaukunst, Wien 1773) bemerken, dass die Kraft eines Pferdes auf 175 ℔ und die Geschwindig-
*)
  • keit nicht über 2000 Klafter in einer Stunde (also v = 10/3 Fuss) angeschlagen werden könne, wenn
    das Pferd 2 bis 3 Stunden unablässig im Zuge gehen soll. Rechnen wir, dass ein Pferd mit dieser
    Last und Geschwindigkeit nur 2 Stunden vormittag und eben so viele Stunden nachmittag, also täglich
    nur 4 Stunden auszuhalten im Stande ist, so gibt die Gleichung den
    Werth für k = 100 ℔.
    Wollte man 3 Stunden vormittag und 3 Stunden nachmittag für die Arbeit der Pferde rechnen, so
    wäre also k = 120 ℔.
  • 6. Walcher nimmt §. 310 — 314 an, dass 204 ℔ mit 3,8 Fuss Geschwindigkeit und 3 Stunden Ar-
    beitszeit das höchste sey, was man für ein mittelmässig starkes Pferd annehmen könne. Setzen wir
    diese Werthe z = 3 und v = 3,8 in unsere Formel, so erhalten wir: ,
    woraus k = 119,6 ℔.
  • 7. Desaguliers (Cours de Physique experimentale, tom. I. pag. 254) führt an, dass ein Pferd 200 ℔
    (162 Nied. Oesterr. ℔) durch 8 Stunden in jedem Tage ziehen, und in einer Stunde 2½ englische
    Meilen oder in einer Secunde 3,7 Fuss (3,5 Nied. Oe. Fuss) zurücklegen könne. Lässt man aber das
    Pferd 240 ℔ (194 Nied. Oesterr. ℔) ziehen, so kann es mit derselben Geschwindigkeit nur durch
    6 Stunden arbeiten. Da diese Pferde offenbar mehr leisten, sonach stärker sind, als die gewöhnlichen,
    so wollen wir vorläufig ihre mittlere Geschwindigkeit um ⅛ grösser oder c = 4,5 Fuss und t = 8 Stun-
    den annehmen; die erste Erfahrung gibt nunmehr folglich k = 132,5
    und die zweite Erfahrung , folglich k = 127 ℔. Demnach stimmen
    beide Erfahrungen nahe überein, und aus beiden folgt, dass auch die mittlere Kraft dieser Pferde bei-
    läufig um ¼ grösser als die angeführten 100 ℔ sey.
    Desaguliers bemerkt noch (pag. 292) dass die engl. Pelzhändler ihre Pferde zuweilen mit 400
    bis 500 ℔ (324 bis 405 Nied. Oesterr. ℔) beladen, aber die Pferde gehen dann sehr langsam.
    Wollten wir für diese Pferde c = 4,5 und v = 1 Fuss, t = 8 Stunden und z = 2 Stunden, dann
    k = 100 (1 + ⅕) = 120 ℔ annehmen, so gäbe die Formel ,
    welches Resultat zwischen 324 und 405 in die Mitte fällt.
    Desaguliers hält es jedoch überhaupt für besser, wenn man die Pferde im Zuge gehen lässt,
    als wenn man denselben grosse Lasten zu tragen auflegt, so wie es im Gegentheile für Menschen
    bequemer ist, die Last zu tragen, als zu ziehen oder zu schieben. Vorzüglich ist dieses bei dem
    Bergsteigen der Fall, weil den Pferden ihr Körperbau hiebei mehr hinderlich ist, als den Menschen
    Man kann, bemerkt Desaguliers, die Pferdekraft nicht unvortheilhafter verwenden, als wenn man
    das Pferd bergauf tragen oder ziehen lässt, denn ist der Berg steil, so leisten 3 Männer mehr als ein
    Pferd, da jeder mit 100 ℔ schneller klettert, als ein mit 300 ℔ beladenes Pferd. Von der andern
    Seite lässt sich die Kraft des Pferdes nicht besser anwenden, als in horizontaler Richtung, in welcher
    der Mensch am wenigsten wirken kann.
*)
Um die Kraft, welche das Pferd im obigen Falle ausübte, berechnen zu können, kömmt es nebst dem
angeführten Gefälle vorzüglich auf die Widerstände der Reibung der Wägen an den Achsen und an den
Bahnschienen an, welche letztere von gewalztem Eisen sind. Diesen Widerstand fand ich bei der Besich-
tigung der Bahn , da die Wägen in jenen Strecken, wo die Bahn diesen Fall hatte, von selbst
herabzulaufen anfingen. Der Aufseher der Bahn Mr. Dodds erklärte jedoch, man könne diesen Wider-
stand nur auf anschlagen, da die Bahnschienen zur Zeit der Probefahrt ganz vorzüglich gut gelegt
und gerichtet gewesen seyen. Um nun die Kraft zu berechnen, welche das Pferd ausübte, berück-
sichtigen wir zuerst die Neigung der Bahn. Diese ist auf 4 Meilen horizontal, und hat in der übrigen
Strecke von 2¾ Meilen (2332 Nied. Oesterr. Klafter) ein Gefälle von 1 zu 116 bis 1 zu 600, wofür man
zufolge den, an Ort und Stelle hierüber erhaltenen Aufklärungen, ein mittleres Gefälle von 1 zu 200 an-
*)
nehmen kann; demnach beträgt der gesammte Fall in dieser Strecke Nied. Oesterr.
Klafter, und daher ist der mittlere Fall der ganzen 6¾ Meilen (5724 Nied. Oesterr. Klafter), welche
das Pferd in diesem Tage zurückgelegt hat . Nimmt man die Geschwindigkeit v des
Pferdes in der ganzen Zeit von 1h 41Min. gleich an, so ist Fuss. Die mitt-
lere Geschwindigkeit kann man bei diesem vorzüglich starken Pferde c = 4,5 Fuss und die mittlere
Arbeitszeit t = 8 Stunden annehmen. Da ferner die wirkliche Arbeitszeit z = 101Min.
Stunden und die Last, welche das Pferd zog = 50 engl. Tonnen = 90700 Nied. Oesterr. ℔ war,
so erhalten wir durch Substitution aller dieser Werthe in die gefundene Kraftformel
woraus k = 203 ℔ folgt, d. h. die mittlere
Kraft dieses Pferdes beträgt beiläufig anderthalbmal soviel, als die mittlere Kraft der Militär- oder
anderer starken Pferde, welche wir mit 130 ℔ in Anschlag brachten. — Hieraus ergibt sich aber auch,
wie unrichtig es sey, wenn man nach solchen ausserordentlichen, immer nur durch eine sehr kurze
Zeit statt gehabten Leistungen die Kraft eines Pferdes als 3 oder 4mal grösser gegen die gewöhnliche
Pferdekraft annehmen wollte.
*)
Die höhere Analysis lehrt ein sehr einfaches und allgemeines Verfahren, denjenigen Werth einer
veränderlichen Grösse (v oder x) zu finden, bei welchem eine Funktion dieser Grösse am grössten
oder kleinsten (ein Maximum oder Minimum) wird. Dieses Verfahren besteht darin, dass man an
die Stelle dieser veränderlichen Grösse (v oder x) einen Werth (v + w oder x + w) setzt und
die daraus entstehende Funktion nach den Potenzen von w ordnet, sonach der veränderlichen Grösse
(v oder x) einen solchen Werth gibt, bei welchem dasjenige Glied, welches die erste Potenz des
w zum Faktor hat, verschwindet. Es sey z. B. die gegebene Funktion (f v) = 2 c v — v2. Setzen
wir in dieser Funktion die Grösse v + w an die Stelle von v, so erhalten wir
(f (v + w)) = 2 c (v + w) — (v + w)2 = 2 c v — v2 + (2 c — 2 v) w — w2. Lassen wir nun
(2 c — 2 v) w verschwinden, so muss v = c seyn, und diess ist derjenige Werh von v, durch
welchen die Funktion (2 c — v) v ihren grössten oder kleinsten Werth erhält. Derselbe ist
nämlich = (2c — c) c = c2. Der Beweis hiezu ist daraus ersichtlich, weil dadurch (f (v + w))
= 2c2 — c2 + (2c — 2c) w — w2 = c2 — w2 wird. Man sieht hier, dass diese Funktion in jedem
Falle kleiner seyn werde als c2, man möge dem w was immer für einen positiven oder negativen
Werth beilegen. Zugleich erhellt aus unserem Falle, dass der gefundene Werth c2 ein Maximum
seyn müsse, weil w2 negativ wird, man mag w positiv oder negativ setzen. — Betrachten wir im
Gegentheile die Funktion (f. v) = a2 — (2cv — v2), so ist auf gleiche Art
(f (v + w)) = a2 — 2c (v + w) + (v + w)2 = a2 — 2cv + v2 — (2c — 2v) w + w2. Setzen
wir hier abermals (2c — 2v) w = 0, folglich c = v, so gibt dieser Werth
(f (v + w)) = a2 — c2 + w2; daraus ist ersichtlich, dass der Werth a2 — c2 ein Minimum sey, oder
dass die Gleichung v = c ein Minimum gegeben habe, weil w2 positiv ist, und auch diesen Werth
behält, man mag für w was immer für eine positive oder negative Grösse setzen.
Da die Funktionen von sehr verschiedener Art seyn können, so kommt es der Differentialrech-
nung zu, für jeden Fall die Form desjenigen Gliedes auszumitteln, welches die Grösse w zum
Faktor hat, und zugleich den Coefficienten des w2 zu bestimmen, um daraus zu ersehen, ob man ein
Maximum oder Minimum erhalte.
(*)
Die Auflösung mittelst der höheren Analysis geschieht auf folgende Art: Soll der Raum 3600. z. v
ein Maximum seyn, so folgt nach den Principien der Differentialrechnung z. d v + v. d z = o,
sonach d v = — . Weil aber die Last, welche der Arbeiter zu tragen hat,
eine gegebene Grösse ist, so gibt das Differentiale dieser Gleichung — .
Wird in dieser Gleichung der vorige Werth d v = — substituirt, so erhalten wir
, demnach , woraus folgt
und , d. h. es muss das Verhältniss der wirklichen Geschwindigkeit
v zur mittlern c eben dasselbe seyn, welches zwischen den wirklichen Arbeitsstunden z und den mitt-
lern t statt findet.
*)
Nach den Grundsätzen der höheren Analysis ergibt sich dieser Werth auf folgende Art: Da in dem
gefundenen Ausdrucke für p die Grössen und von einander unabhängig sind, so muss diese
Funktion sowohl in Beziehung auf als auch in Beziehung auf zu einem Maximum werden.
Hiezu geben die ersten abgeleiteten Funktionen oder die Differentialkoefficienten in Beziehung auf
und folgende Gleichungen: und
. Zieht man diese zwei Gleichungen von einander ab, so folgt:
welches bereits aus dem Umstande zu schliessen war, dass in der Funktion
die Grössen und
auf ganz gleiche Art vorkommen.
Setzen wir demnach in eine von beiden Gleichungen an die Stelle von , so ist:
= beinahe, nachdem immer ein ächter Bruch ist, und daher das Quadrat gegen
die erste Potenz vernachlässigt werden kann.
*)
Hinsichtlich der Geschwindigkeit wird ein Maximum, wenn der Differentialcoefficient
gesetzt wird, folglich und
, woraus beinahe.
*)
Nach den Grundsätzen der Differentialrechnung wird der Ausdruck
in Beziehung auf ein Maximum, wenn ,
also
*
Der Ausdruck wird am grössten, wenn
, folglich .
Demnach haben wir folglich
. Wird beiderseits die Quadratwurzel gezogen, so erhalten wir:
beinahe, folglich
. Setzen wir an die Stelle von V den oben gefundenen Werth
, so ist , folglich mit Hinweglassung der höhern
Potenzen von ist: .
*)
Bevor wir dieses Kapitel über die Grösse der thierischen Kräfte und ihre zweckmässigste Verwen-
dung schliessen, wollen wir noch einen Einwurf beleuchten, welcher gegen die Richtigkeit der ange-
gebenen Kraftformel, vorzüglich in Hinsicht auf ihre beiden Endpunkte nicht ohne Grund gemacht
worden ist. Wir haben bereits oben bemerkt, dass ein Ringer den andern zu heben und zu Boden
zu werfen vermag, auch ist bekannt, dass Knaben ihre Kräfte daran zu üben pflegen, indem einer
den andern vom Boden aufhebt, und auf eine kurze Entfernung trägt. Da nun die mittlern Kräfte
der schwächsten und stärksten Arbeiter auf 20 bis 30 Pfunde, und dagegen die Gewichte ihrer Kör-
per auf 100 bis 150 Pfunde angeschlagen werden, so folgt hieraus, dass die grösste Kraft der Men-
schen nicht viermal (wie §. 20.), sondern fünfmal so gross, als ihre mittlere Kraft
angenommen werden könne. Auf gleiche Art hat man hinsichtlich der grössten Geschwindigkeit be-
merkt, dass Arbeiter, welche eine ihrer mittlern Kraft gleichkommende Last tragen, und mit der-
selben 3 bis 4 Meilen täglich zurücklegen, bei ihrer freien Bewegung den vierfachen Raum von 12
bis 16 Meilen (§. 20 und 40) zu gross finden, und gewöhnlich nur beiläufig 8 oder 12
Meilen
oder ⅔ dieses berechneten Raumes zurückzulegen im Stande sind.
Um die Folgen dieser Bemerkungen für unsere Rechnung über die wirksamste Verwendung der
menschlichen Kräfte zu würdigen, wollen wir vorläufig zu unserer Kraftformel noch so viele Glieder
hinzufügen, als nöthig sind, um alle Erfahrungen, welche über die mittlere und grösste Kraft, Ge-
schwindigkeit und Arbeitszeit gemacht worden, mit derselben in Uibereinstimmung zu bringen. Zu
dieser Absicht sey die Kraft eines Arbeiters allgemein:
Setzen wir in dieser Gleichung , so gibt diese Formel die mittlere Kraft K = k, so wie
es den angeführten Begriffen von mittlerer Kraft, Zeit und Geschwindigkeit (k, t und c) gemäss ist.
Da die grösste Kraft nur auf eine kurze Zeit und ohne Anwendung einer merklichen Geschwindig-
keit (oder nur bei z und v = o) statt finden kann, so muss diese letztere Kraftformel für den-
selben Fall die aus Erfahrung bekannte grösste Kraft (oder nach der obigen Bemerkung 5 k)
geben; wir erhalten demnach für diesen Fall, k (1 + 1 + M + N)2 = 5 k, folglich
2 + M + N = √ 5 = 9/4 beinahe, sonach M + N = ¼. Für den freien Gang, wenn der Arbeiter
keine Last trägt, oder wenn K = 0 ist, müssen wir an die Stelle von und diejenigen Wer-
the setzen, welche abermals den hierüber gemachten Erfahrungen entsprechen. Da die oben gefun-
dene Zahl 2 hiezu zu gross ist, so wollen wir z. B. setzen, welches
Fuss oder 111/9 Meilen in 13⅓ Stunden gibt; dadurch erhalten wir
, demnach ist
. Aus der Verbindung dieser Gleichung mit der vorigen folgt
*)
, demnach ist und . Dieselben Werthe für M und N er-
folgen aus der zweiten Gleichung, wo gesetzt wird. Wäre aber das grösste dem gröss-
ten nicht gleich, so müssten wir zur angeführten Kraftformel noch ein Glied hinzusetzen oder
setzen;
demnach würde der Fall und eine Gleichung von der Form 2 + M + N + P = √ 5
oder geben und das grösste gäbe die Gleichung
. Wäre nun z. B. das grösste nur , so würden wir noch die
Gleichung erhalten und aus diesen drei Gleichungen die Grössen M,
N und P so bestimmen können, wie es bei der angenommenen Gleichheit der Verhältnisse
bloss für die Grössen M und N der Fall war. Da statt der angenommenen Verhältnisszahlen
, und noch andere Zahlen, welche den Erfahrungen mehr entsprechen, ange-
nommen werden können, so ist hieraus ersichtlich, dass die angeführte allgemeine Gleichung für die
Kraft der Menschen oder Thiere allen Forderungen entsprechen, und durch gehörige Bestimmung
der Grössen M, N, P ..... mit allen Erfahrungen über diese Kräfte in Uibereinstimmung ge-
bracht werden könne. Wir wollen uns demnach derselben in der angeführten allgemeinsten Form be-
dienen, und unter den bisher berechneten Aufgaben nur die erste §. 37, wo nämlich der grösste Lohn
zu bestimmen war, den sich ein Arbeiter verdienen kann, wenn der Lohn für das Fortschaffen eines
Zentners (oder 100 ℔) auf eine Meile Wegs (24000 Fuss) gegeben ist, einer genauern Rech-
nung unterziehen.
Der Weg, den ein Träger täglich mit der Last K zurücklegen kann, ist nach den angeführten
Erläuterungen = 3600 . z. v. Setzen wir den für einen Zentner und eine Meile bemessenen Lohn
= a und den Taglohn, den sich der Träger verdienen will = p, so gibt die Proportion
24000. 100: a = 3600. z. v . K : p den täglichen Verdienst des Arbeiters
.
*)
Zur Abkürzung der Rechnung wollen wir und setzen, so ist, wegen
und der tägliche Verdienst des Trägers
Dieser Lohn wird also am grössten, wenn
ein Maximum ist. Diess geschieht, wenn die
erste abgeleitete Funktion oder der Differentialkoeffizient
ist. Diese Gleichung ist ein Produkt
aus .
Der erste Faktor u = 0 gesetzt, gibt , folglich für den Fall des Maximum , und
eben so wird auch das zweite Produkt
ein Maximum, wenn . Der Träger verdient demnach den grössten Taglohn, wenn er nur
mit der mittlern Geschwindigkeit v = c geht und auf seinen Weg nur die mittlern Arbeitsstunden
z = t verwendet, und weil durch die Werthe auch in der Kraftformel
die Glieder mit den Faktoren M, N und P wegfallen, demnach die Last, die er zu tragen hat, nur der
mittleren Kraft k gleich ist, so ist sein grösster Verdienst oder sein grösster Taglohn ,
folglich derselbe, den wir §. 37 aus der obigen einfachern Kraftformel
abgeleitet haben.
Von den übrigen drei Faktoren, welche noch in der Gleichung
enthalten sind, gibt ein Faktor
für u einen negativen Werth, welcher aus dem Grunde nicht zu brauchen ist, weil derselbe den Lohn
zu einem Minimum machen würde. Die übrigen zwei Faktoren sind imaginär oder unmöglich. Hier-
aus ist zu erschen, dass die Grössen M, N, P, deren Bestimmung von den grössten Verhältnissen
, und abhängt, weder auf die Bedingnisse zur grössten Wirksamkeit der
menschlichen Kräfte, noch auf die grösste Tagesarbeit selbst
einen Einfluss neh-
men; und dass wir in dieser Hinsicht bei allen Aufgaben über die grösstmögliche Benützung der mensch-
lichen oder thierischen Kräfte uns mit der einfachern Kraftformel
vollkommen begnügen können.
*)
Mit Logarithmen wird die Rechnung auf folgende Art gemacht:
Da d = 6875499,348 so findet man (), wenn π = 3,1415926536 gesetzt wird
  • 3. log. d = 20,5119127356
  • log. π = 0,4971498727
  • Compl. log. 6 = 0,2218487496 — 1
  • log. (des kubischen Inhaltes) = 20,2309113579; Kubischer Inhalt in Kubikklaftern =
    170181112340000000000
  • log. 486 = 2,6866362693
  • log. Q = 22,9175476272 Q = 82708020587000000000000 Zeniner
  • Compl. log. 1,5 = 0,8239087409 — 1
  • log. C D = 22,7414563681; C D = 55138680387000000000000 Zolle
  • Compl. log. 12 = 0,9208187540 — 2
  • log. () = 21,6622751221 C D = 4594890032500000000000 Fuss
  • Compl. log. 6 = 0,2218487496 — 1
  • log. () = 20,8841238717 C D = 76581500546000000000 Klaster
  • Compl. log. 4000 = 0,3979400087 — 4
  • log. = 17,2820638804; C D = 191453751420000000 Meilen
*)
Der Schwerpunkt krummer Linien und jener Flächen und Körper, die von krummen Linien
begränzt sind, wird auf dieselbe Art gefunden, welche bereits in §. 69 angegeben wurde.
Es sey nämlich die Stellung aller Punkte der krummen Linie A N n P durch eine Gleichung zwi-Fig.
37.
Tab.
1.

schen den Abscissen A M = x und den Ordinaten M N = y gegeben. Man ziehe eine zweite Ordina-
te mn und setze den Unterschied der Abscissen M m = N o = d x, den Unterschied der Ordinaten
n o = d y und den dazwischen liegenden Bogen N n = d s, so wird man aus der zwischen x und y
gegebenen Gleichung auch die Verhältnisse zwischen den Grössen d x, d y und d s ableiten können.
Da wir annahmen, dass die Linien, Flächen und Körper, für welche die Schwerpunkte zu be-
stimmen sind, eigentlich Scheiben von sehr geringer Stärke und von einer gleichförmig dichten Ma-
terie sind, so können wir die Gewichte ihrer Bestandtheile der Grösse derselben proportional setzen.
Sucht man demnach den Schwerpunkt des Bogens A N n P, so ist das Moment des Elementes N n offen-
bar N M × N n = y. d s, demnach die Höhe des Schwerpunktes für alle Elemente in der krummen Li-
nie A N P oder , und eben so wird die Entfernung des Schwerpunktes U für den-
selben Bogen von einer Linie, die durch A senkrecht auf A C oder paralell zu U V gezogen wird,
nämlich seyn.
Beispiel. Es sey der Bogen A N P ein aus dem Mittelpunkte C mit dem Halbmesser A C = a be-
schriebener Kreisbogen und der Winkel A C N = λ, so ist N M = y = a. Sin. λ und
A M = x = a — a Cos. λ, der Bogen A N = a. λ = s, folglich N n = a. d λ und die Höhe
des Schwerpunktes für den Bogen ,
folglich für den ganzen Bogen A N P oder die Höhe . Eben so findet man die Ent-
fernung des Schwerpunktes für den Bogen A N von der Richtungslinie
, folglich ist die
Entfernung des Schwerpunktes für den ganzen Bogen A N P oder
. Daraus folgt die Entfernung desselben
Schwerpunktes vom Mittelpunkte .
Z. B. Es sey der Bogen A N P = ½ a. π oder der 4te Theil des ganzen Kreises, so ergibt sich
und . Wäre der Bogen A N P ein halber Kreis
oder = a π, so ist und die Entfernung des Schwerpunktes vom Mit-
telpunkte , wie es auch seyn muss.
Wäre der Bogen A N P = 2 a. π oder die Peripherie des ganzen Kreises, so ist
und die [Entfernung], d. i. der Schwerpunkt befindet sich im Mit-
telpunkte, wie es für sich offenbar ist.
*)
Fig.
37.
Der Schwerpunkt einer von dem Bogen A N P und den Coordinaten A Q und Q P be-
gränzten Fläche wird gefunden, wenn man erstlich die Fläche M N n m = y. d x mit der Höhe ih-
res Schwerpunktes ½ y multiplicirt, und dann die Summe aller dieser Produkte durch die ganze
Fläche A P Q dividirt, oder und die Entfernung des Schwerpunktes dieser Flä-
che von der Richtungslinie A R wird gefunden, wenn erstens das Element der Fläche M N n m = y. d x
mit A M = x multiplicirt, und dann die Summe aller dieser Momente durch die Fläche A P Q divi-
dirt wird, oder .
Beispiel. Es sey die krumme Linie A N P eine Parabel, für welche die Gleichung y2 = p. x
gegeben ist, so folgt oder = ⅔ x. y; eben so
, endlich
; demnach ist
und die Entfernung vom Scheitel .
Für die Bestimmung des Schwerpunktes eines Körpers, der durch die Umdrehung einer Fläche A P Q
Fig.
38.
um die Achse A Q entsteht, ist zu bemerken, dass die Schwerpunkte aller Kreise N N' bis P P' sich
in den Mittelpunkten, folglich sämmtlich in der Achse A Q befinden, dass man demnach nur nöthig
habe, den Schwerpunkt des Körpers in der Linie A Q vom Scheitel A zu finden.
Die Fläche des Kreises N N' ist wie bekannt π. y2; folglich der kubische Inhalt eines Elements
von diesem Körper π. y2. d x, sonach das Moment desselben Elementes x. π. y2. d x, demnach ist die
Entfernung des Schwerpunktes .
Beispiel. Es sey der Körper ein Paraboloid, so ist y2 = p x die Gleichung für die krumme
Linie A N P, folglich und
; demnach ist die Entfernung des Schwerpunktes
; mithin für den ganzen Körper = ⅔ A Q.
In den Lehrbüchern der Mechanik werden zwar gewöhnlich noch die Schwerpunkte für sehr
viele andere, sowohl massive als hohle geometrische Körper bestimmt; da jedoch alle diese Rechnungen
auf eine ähnliche Art, wie die bereits angeführten gemacht werden und ihre weitere Auseinander-
setzung hier nur als Beispiele zur Uibung für Anfänger anzusehen seyn würden, indem von ihren Re-
sultaten in diesem Lehrbuche kein Gebrauch vorkömmt, so glauben wir, sie übergehen zu können.
*)
Die Bedenklichkeit, ob auch der menschliche Arm diess zu thun im Stande sey, was für Ungleichhei-
ten in der Bewegung des Rades hieraus erfolgen, und die Mittel, wie dieselben zu verhüthen und
eine möglichst gleichförmige Bewegung zu bewirken sey, werden wir später bei der ungleichförmigen
Bewegung und bei den Schwungrädern abhandeln. Indess ist bei der Winde, wo die Kraft um die stehende
Welle herumgeht, wie auch bei dem Tret- und Spillenrade, wo sich die Kraft immerfort an einer
und derselben Stelle befindet, für die winkelrechte Richtung der Kraft vollkommen gesorgt.
*)
Das Produkt wird am grössten, wenn der Logarithmus dieses Produktes
nämlich log ein Maximum ist; hiezu ist erforderlich, dass
gesetzt werde. Oben wurde gefunden
; demnach ist und und
. Diese Werthe in die obige Differentialgleichung gesetzt, geben
. Hieraus folgt die Gleichung
*)
. Zur Abkürzung wollen wir setzen
oder , so erhalten wir
u (p — p.u + 2) (2 p — 2 p.u + 1) = p (p — p.u — 1) (1 — u2). Wird nun diese Gleichung nach
den Potenzen von u geordnet, so ist: .
Um diese Gleichung auf dem kürzesten Wege aufzulösen, ist zu bemerken, dass die Grösse u in jedem
Falle ein sehr kleiner Bruch sey, wie es aus der Gleichung erhellet, weil das Verhält-
niss sehr nahe = 1 seyn muss. Wir können demnach in der gedachten Gleichung die Glieder mit
der 2ten und 3ten Potenz weglassen, und erhalten dadurch beinahe
, sonach .
Mit diesem Näherungswerthe von u lässt sich nun nach der, für die Auflösung der höheren Glei-
chungen bekannten Approximations-Methode der Werth von u so genau bestimmen, als man es wünscht.
Wenn nun auf solche Art der Werth von u gefunden ist, so gibt die [Gleichung] das vor-
theilhafteste Verhältniss von , mit welchem sodann auch das Verhältniss der Arbeitszeit , die An-
zahl der Aufzüge n, die Ladung Q und der tägliche Effekt n . Q nach den hiezu angeführten
Gleichungen berechnet werden kann.
*)
Die Regeln für die vortheilhafteste Verwendung der Arbeiter bei dem Gange über schiefe Flächen
ergeben sich aus den Bedingnissen, unter welchen der Ausdruck für den Effekt
n . Q = ein Maximum wird. Da
ausser und alle übrigen Grössen gegeben sind, so muss der veränderliche Theil
sowohl in Hinsicht auf als zu einem Maximum ge-
macht werden.
*)
Differenziren wir diesen Ausdruck in Hinsicht auf , wobei als unveränderlich betrachtet
wird, und setzen wir den sich ergebenden Differenzialkoefficienten = 0,
so folgt hieraus . Betrachten wir wieder als beständig, und bloss
als veränderlich, so gibt der Differenzialkoefficient die Gleichung
= 0.
Hieraus folgt = 0
oder = 0, und wenn statt der gefundene Werth
gesetzt wird, so erhalten wir = 0,
sonach = 0.
Wird nun diese letzte Gleichung mit 2 — multiplicirt, so ergibt sich folgende allgemeine
Gleichung = 0, woraus nach der bekannten Nähe-
rungsmethode das vortheilhafteste Verhältniss für jeden Werth von leicht gefunden werden
kann.
Es ist hiebei merkwürdig, dass in dem Falle B = 4 k das Verhältniss = 0 wird; in die-
sem Falle wird nämlich die Kraft des Arbeiters von dem Gewichte des Schubkarrens und seinem
eigenen Gewichte auf der schiefen Fläche ganz erschöpft, so wie bereits
§. 20 in der zweiten Bemerkung Seite 19 gezeigt wurde. Es ist also zur Erreichung eines gros-
sen Effektes nothwendig, das Gewicht des Schubkarreus und die Verhältnisse und möglichst
klein zu machen.
Nach dem gefundenen Verhältnisse wird dann auch das Verhältniss der Arbeitszeit nach der
Gleichung berechnet und durch Substitution dieser Werthe sowohl die
Anzahl der täglichen Fuhren n = als auch die jedesmalige Ladung
Q = bestimmt.
*)
Lehrbuch der Baukunst zum Gebrauche der k. k. Ingenieurs-Akademie. Auf höchsten Be-
fehl verfasst von Franz Weiss, Hauptmann im k. k. Ingenieurs-Corps. Wien 1820, gedruckt bei
Anton Strauss.
**)
Der praktische Baubeamte. Wien 1798, bei M. A. Schmidt, k. k. Hofbuchdrucker.
II. Theil. S. 288.
Bautechnologie und Bauökonomie von Franz Sax, k. k. Hofbaubuchhaltungs-Rech-
nungsrathe, Wien 1814, im Verlage bei Anton Doll, 2ter Band. S. 94.
Praktischer Unterricht zur Verfassung eines richtigen Bauanschlags,
von Franz Sax, Rechnungsrath der k. k. Hofbaubuchhaltung. Wien 1825. S. 20.
*)
Eine Schemnitzer Berglachter beträgt 1 Klafter 4 Zoll 10½ Linien Wiener Maass.
*)
Akademische Vorlesung über die zu Schemnitz errichteten Pferdegöpel. Dresden 1773, in der Wal-
terschen Hofbuchhandlung.
*)
Die krumme Linie des Profils des Spiralkorbes wird mittelst höherer Analysis auf folgende Art ge-
funden: Zieht man die Gleichungen I und II von einander ab, so ist (Q + 2 T + 2 S — 2 W) z
= (Q + 2 T + 2 U) y folglich y : z = Q + 2 T + 2 S — 2 W : Q + 2 T + 2 U und
= S — W — U : Q + 2 T + S — W + U. Setzen wir = p y = q z = v,
so erhalten wir wegen = m, die Gleichung Q + 2 T + S — W + U = (S — W — U).
Weil die Gewichte der Ladung Q, der Tonne T und des ganzen Seiles S bei der Bestimmung der
einzelnen Halbmesser des Korbes als beständige Grössen zu betrachten sind, so ist das Differentiale
der letzten Gleichung d. m + d (W — U) = 0 (III), woraus die Halbmesser
der Spirallinie auf folgende Art bestimmt werden:
Für ein gewöhnliches Bergseil sey das Gewicht einer Lachter = g, so ist das Gewicht der Seil-Fig.
4

länge s = g. s. Nachdem aber diese Seillänge auf eine Spirallinie gewunden wird, so sey der unbestimmte
Winkel, den der Radius der Spirallinie beschreibt m Y y = φ, so ist d s = y. d φ. ,
welches wir sehr nahe = y. d φ setzen können; weil die Zunahme der Radien im Vergleiche mit der Län-
ge des Seiles sehr klein ist. (In dem angeführten Beispiele war a — b = 10 Fuss und die Länge des Sei-
les = 150 Lachter = 900 Fuss, folglich √ (810000 + 100) = 900,06, wo der Unterschied 0,06
gegen 900 Fuss offenbar als unbedeutend weggelassen werden kann.) Dasselbe gilt noch mehr von
*)
der Steigung der Spiralgewinde nach ihrer Höhe. Setzen wir demnach s = ∫ y. d φ, so ist das
Gewicht der unbestimmten Seillänge g. s = g ∫ y. d φ.
Da wir bereits gesehen haben, dass die Ordinaten p y und q z auf gleichen Entfernungen von m
einander gleich sind, so wollen wir den Winkel, welcher von der Mitte des Korbes oder von m nach y
beschrieben wird = φ setzen, so ist das Gewicht des Seiles, welches auf dem Spiralgewinde von
m bis y zu liegen kommt, = g ∫ y. d φ = g ∫ (m + v) d φ = g. m. φ + g ∫ v. d φ.
Eben so haben wir wegen der Gleichheit der Winkel von m bis y und von m bis z, auch das Ge-
wicht des Seiles auf dem Spiralgewinde von m bis z = g ∫ (m — v) d φ = g. m. φ — g ∫ v. d φ;
die Summe dieser beiden Ausdrücke gibt das Gewicht des Seiles, welches von z bis y auf dem Spi-
ralgewinde zu liegen kommt = 2 g. m. φ = S — W — U.
Setzen wir endlich noch das Gewicht des Seiles, welches auf der untern Hälfte des Spiralkorbes
von b bis m liegt = B, und welches auf der obern Hälfte von m bis a liegt = E, so ist
W = B — g. m. φ + g ∫ v. d φ und U = E — g. m. φ. — g ∫ v. d φ; demnach
W — U = B — E + 2 g ∫ v. d φ. Diese Werthe in die Gleichung III gesetzt geben
d. + 2 g. v. d φ = 0, oder = 0; folglich
· Das Integrale dieser Gleichung ist offenbar log. √ (m2 + v2) = C.
Die Bestimmung der beständigen Grösse C wird sich ergeben, wenn wir vorläufig die nöthige An-
zahl aller Windungen, welche der Spiralkorb für jede gegebene Tiefe des Schachtes braucht, zu be-
stimmen suchen. Da die Länge des aufgewundenen Seiles von z bis y = 2 m. φ, folglich für jede
gleiche Anzahl Windungen zu beiden Seiten von der Mitte eben so gross ist, als ob das Seil auf
dem mittlern Durchmesser des Spiralkorbes aufgewunden würde, so erhellet, dass die nöthige An-
zahl Windungen für jede von der Mitte aus berechnete Seillänge auf dieselbe Art gefunden werde,
wie für einen eylindrischen Spiralkorb. Setzen wir nämlich die Länge des ganzen Seiles = L, und
die mittlere Peripherie des Korbes = 2 π. m, so ist die Anzahl aller Windungen, n = .
In dem obigen Beispiele bei dem Siegelsberger Schachte war L = 900 Fuss, und m = 9 Fuss,
folglich ist die nöthige Anzahl der Spiralgewinde n = = 16 beinahe. Die Höhe
eines Gewindes rührt von der Stärke der Ketten oder Seile her; in unserm Falle beträgt die Seil-
stärke 2 Zoll, wozu ½ Zoll als Spielraum gehört. Rechnet man hiezu 1 Zoll als Stärke des her-
vorspringenden Bretes, um das Herabfallen der Seile zu verhindern, so ergibt sich für die eigent-
liche Höhe einer Windung 3,5 Zoll, demnach die Höhe für 16 Windungen = 56 Zoll = 4⅔ Fuss,
welches den obern Kegel ausmacht. Da der andere Theil eben so gross seyn muss, so ist die Höhe
des ganzen Spiralkorbes = 9⅓ Fuss.
Der Winkel, mit welchem das ganze Seil aufgewunden wird, ist offenbar = 2 π n, demnach
die Hälfte dessen, oder der Winkel von m bis a oder von m bis b, nämlich φ = π n. Da nun zu
gleicher Zeit auch der Unterschied werden muss, so haben wir die beständige
Grösse C = log , folglich ist die vollständige Gleichung der Spirallinie für
eine gleichförmige Seilstärke, .
*)
Zur bessern Uebersicht dieses Gegenstandes wollen wir noch die Umstände untersuchen, bei wel-
chen diese Spirallinie eine gleichförmige Steigung erhält, oder gänzlich in
die Oberfläche eines geradlinigten Kegels
fällt. Zu dieser Absicht ist vorläufig
zu bemerken, dass die Stärke oder das Gewicht einer Seilklafter der anzuhängenden Last propor-
tional genommen werden muss, und dass sonach das obere Ende, welches nebst der Last der be-
ladenen Tonne zugleich noch das ganze Gewicht des Seiles tragen muss, stärker seyn sollte,
als das untere Ende, welches nur allein die Last der beladenen Tonne zu tragen hat. Da auf
solche Art die Stärke der Seile von oben nach unten abnehmen muss, so wollen wir das veränder-
liche Gewicht einer Seillachter, welche auf dem Radius Z z zu liegen kommt = G und das Gewicht
einer Seillachter für den Radius Y y = γ nennen. Demnach ist das Gewicht des Seiles von m
bis y = ∫ γ. y. d φ, und von m bis z, = ∫ G. z. d φ, folglich U = E — ∫ γ. y. d φ,
und W = B — ∫ G. z. d φ. Werden nun diese Werthe in die allgemeine Gleichung III ge-
setzt, so erhalten wir (∫ γ [...] y . d φ + ∫ G . z . d φ) + γ . y . d φ . — G . z . d φ = 0.
Wollten wir hier die Gewichte γ, g, G den Radien y, m, z umgekehrt proportional oder
*)
γ. y = g. m = G. z setzen, so wäre d · 2 g. m. φ = 0, folglich
= C = 2 g. m3. sonach v = , welches die Gleichung für die
gleichförmige Steigung der Spirallinie auf der Oberfläche eines gerad-
linigten Kegels ist
.
Die Bedingniss, dass G : γ = y : z seyn müsse, nähert sich offenbar dem praktischen Bedürf-
nisse, indem wir bereits gesehen haben, dass das Seil am obern Ende, welches von b nach z ge-
wunden wird, stärker seyn sollte, als am untern Ende, von a nach y. Diese Bedingniss ist jedoch
nicht so leicht bei Seilen wegen der gleichförmigen Gespinnste und Drehungen, als vielmehr bei eiser-
nen Ketten
ausführbar, wo das zunehmende Gewicht der Seillachtern in jedem beliebigen oder
gegebenen Verhältnisse durch Abwägen des dazu anzuwendenden Eisens ohne Anstand vermehrt
werden kann.
Aber bei einer Kette fordert das allgemeine Gesetz für die Stärke, dass dieselbe in jedem Punkte
der daran hängenden Last proportional sey, demnach kann die obenangeführte Proportion für die
gleichförmige Zunahme (G : γ = y : z) nicht statt finden. Wir sehen also, dass durch die zuneh-
mende Stärke der Kette nur eine Annäherung zum geradlinigten Spiralkorb bewirkt
werde, dass jedoch wegen der Verschiedenheit dieser beiden Verhältnisse noch immer nöthig werde,
die Radien zu bestimmen, wenn eine vollkommene Ausgleichung der Zugkraft in
allen Punkten
statt finden soll.
Da jedoch diese Rechnung, welche in der §. 218 genannten Abhandlung geführt ist, oder eine noch
genauere, die hierüber angegeben werden könnte, zu verwickelt ist, demnach von den bei dem Berg-
baue angestellten Maschinenmeistern nicht leicht gebraucht werden dürfte, so glaubt man, dass es genüge,
hier nur die grössere Annäherung des Spiralkorbes zum geradlinigten Kegel
bei der Anwendung der Ketten
gezeigt zu haben, und dass sonach die noch übrig blei-
benden Ungleichheiten wegen ihrer Unbedeutenheit der Anstrengung oder dem Nachlassen der Pferde
überlassen werden können. Für diesen Fall wird also nur nothwendig seyn, den obern und untern
Halbmesser des Korbes (a und b) nach der Rechnung §. 224 zu bestimmen.
*)
Strenger lässt sich die Rechnung auf folgende Art führen: Es sey A M N n m a das Profil der Ket-Fig.
7.
Tab.
14.

te; die unbestimmte Länge derselben B O = x, O o = d x; die Querschnittsflächen A a = f und
M m = y; die Last, welche an B angehängt ist, oder das Gewicht der Ladung sammt der Tonne
= Q + T und das unbestimmte Gewicht der Kette B O = S.
Nach §. 239 müssen die Querschnittsflächen f, y den Gewichten Q + T und Q + T + S
proportional seyn; demnach ist : f : y = Q + T : Q + T + S, folglich .
Wird hier zu beiden Seiten mit d x multiplicirt, so ist d x, und wenn
wir das Gewicht der kubischen Einheit (z. B. eines Kubikzolles Eisen = ¼ ℔) = g setzen und im
ersten Gliede den Zähler und Nenner mit g multipliciren, so ist d x;
da aber g . y . d x = d S ist, so haben wir auch d x, demnach
= g . f . d x. Hievon ist das Integrale (Q + T) nat. log. = g . f . x.
Setzen wir die Basis der natürlichen Logarithmen = e, folglich nat. log. e = 1, so gibt die Glei-
chung nat. log. . nat. log. e den weitern Werth ;
demnach ist das Gewicht der Kette von der Länge x oder S = (Q + T) .
In dieser Gleichung ist g . f offenbar = dem Gewichte der untersten Einheit der Kettenlänge, folg-
lich wenn die Länge x nach Klaftern gerechnet wird, so ist g . f das Gewicht der untersten Klafter
der Kette. Zur Berechnung des Gewichtes der Kette S ist demnach nothwendig, das Verhältniss
des Gewichtes der ersten Kettenklafter zum Gewichte der daran zu hängenden Last Q + T durch
genaue Versuche auszumitteln.
Wenn wir zu einem Beispiele das Kraftvermögen der eisernen Kette nur dem Kraftvermögen
des aus Hanf verfertigten Klobenseiles §. 241 gleich setzen, so ist 1 : 300 = g . f : Q + T; so-
nach wäre das Gewicht der x Klafter langen Kette S = (Q + T) . Setzen wir
nun die Last der beladenen Tonne Q + T = 1200 ℔, und die Länge der Kette oder die seigere
Tiefe des Bergschachtes = 100 Klafter, so ist das Gewicht der Kette
S = 1200 = 1200 . 0,395623 = 474,75 Pfund.
*)
Man findet in dem Ausdrucke p = A . e — B . e2 das Maximum, wenn man denselben in Hinsicht
auf p und e differenzirt und den Differenzialkoefficienten = 0 setzt. Demnach ist
= A — 2 B . e = 0, woraus für das grösste p der Werth e = folgt.
*)
Die Gleichung für die parabolische krumme Linie der Ketten sey y2 = p . x so ist 2 y . d y = p . d x
also . Die Länge dieser krummen Linie vom Scheitel an gerechnet wird daher
d s = beinahe
seyn; also S = y + und weil p2 = , so ist S = y + . Nennen wir nun die Länge
der Brückenbahn = a, so ist y = ; die Höhe im Scheitel oder der Pfeil des Brückenbogens in
der Mitte = h = x; so ist die Länge des Bogens L = 2 S = 2 y + = a + . Weil
nun die Länge der horizontalen Bahn unverändert bleibt, wenn die Ketten durch ihre Spannkraft aus-
gedehnt werden, so ist d L = . Bei den meisten englischen Kettenbrücken ist a = 16 h,
folglich d h = 3 d L; d. h. die Senkung in der Mitte ist dreimal so gross, als die Ausdehnung,
welche die Ketten von der aufgelegten Last erleiden.
*)
Es sey Fig. 12 ein ovaler Cylinder ohne Schwere, dessen Materie zugleich ausdehnbar und zusam-
Fig.
12, 13
und
14.
Tab.
15.
mendrückbar ist. Wird derselbe in A C befestigt, z. B. eingemauert, und in B mit einem Gewichte
Q belastet, so wird er dadurch gebogen. Hiebei werden nun, wie §. 287 gezeigt wurde, die
obern Massentheilchen ausgedehnt, die untern dagegen zusammengedrückt, und in irgend einer ho-
rizontalen Fläche f g h i, welche durch die Sehne m n des Querschnittes F E zugleich geht, bleiben
die Theilchen ganz ungeändert.
Nehmen wir an, dass die Cohaesionskraft und Repulsionskraft vollkommen gleich wirke, oder
dass die Ausdehnung und die Zusammendrückung der Theile, welche ein und dasselbe Gewicht bei
derselben Materie und gleicher Fläche zu bewirken im Stande ist, gleich viel betrage, wie es bei
kleinen Belastungen durch die Erfahrung bestätigt wird, so wird die Sehne mon (Fig. 13) in der
Mitte der Höhe E F liegen.
Dieses vorausgesetzt, wollen wir zuerst die Gleichung für die Spannung des horizontalen Flä-
chenelementes N M e c (Fig. 13) aufstellen, und setzen in diesem elyptischen Querschnitte die halbe
kleine Achse F o = b, die halbe grosse Achse n o = a, beschreiben ferner aus o mit der halben
kleinen Achse den Kreis F r E k und setzen den Winkel r o v = φ. Hiernach ist p o = b. Sin. φ und
p q = b. d φ. Cos φ; ferner v p = b. Cos φ und daher nach der bekannten Eigenschaft der Elypse
N p = . b. Cos φ = a. Cos φ. Die Fläche des Elementes N M e c ist daher
= 2. N p q c = 2 a. Cos φ. b. d φ. Cos φ = 2 a. b. d φ. Cos2 φ, bei welcher die Ausdeh-
nung in allen Punkten gleich gross ist.
Die Fig. 14 zeigt einen Theil des vertikalen Längendurchschnittes durch die Achse des Cylin-
ders von einer beliebigen Länge o s = λ, und zwar nachdem der Cylinder durch das angehängte Gewicht
gebogen wurde. Hierin ist o s der mittlere, keiner Längenänderung unterworfene Cohaesionsfaden,
der nach der Biegung des Balkens eine Curve bildet. Die beiden Geraden E o F und H s G sind winkel-
recht auf die unveränderte Linie o s, daher ursprünglich, nämlich vor der Biegung, parallel zu ein-
ander, nach derselben aber gegen C convergent. Die durch o zu H s G gezogene Parallele E'o F' zeigt
für die obere Körperhälfte die in dem Dreiecke F o F' begriffene Grösse der Ausdehnungen, und für
die untere Körperhälfte die in dem Dreiecke E' o E begriffene Grösse der Zusammendrückungen der
Massentheile für die Länge o s.
Stellen wir durch α = F F' die Ausdehnung auf die Länge o s = λ in F auf der Entfernung
o F = b vor, so ist auf der Entfernung p o = b. Sin φ die Ausdehnung
p t = . b. Sin φ = α. Sin φ, welche in dem betrachteten Elemente statt findet. Bezeichnet
nun K die Kraft, welche ein Längenelement von dem Querschnitte f und der Länge λ um α auszu-
dehnen vermag, so wird für die Fläche 2 a. b. d φ. Cos2 φ und für die Ausdehnung α. Sin φ
offenbar die Kraft . α. Sin φ erfordert, mit welcher auch dieses Ele-
ment der wirkenden Spannkraft widersteht. Bei der Biegung des Balkens hat diese Kraft von der
unbeweglichen Geraden m n (Fig. 13) die Entfernung p o = b. Sin φ, mithin das Moment
. Sin φ. b. Sin φ = . Sin2 φ. Cos2 φ, dessen In-
tegral das Cohaesionsmoment für die Flä-
*)
che n N M m angibt, wo keine Constante beizusetzen ist, weil für φ = 0 zugleich die Summe derFig.
13.
Tab.
15.

Cohaesionsmomente verschwindet.
Für die Fläche n F m ist φ der 4te Theil der Peripherie oder , wenn π = 3,14159 … = ,
und daher die Summe der Cohaesionsmomente für den obern halben Querschnitt .
Die Summe der Repulsionsmomente für den untern halben Querschnitt hat dieselbe Grösse, weil
für jeden Querschnitt nur dann Ruhe oder Gleichgewicht statt finden kann, wenn die Momente der
Ausdehnung über der unveränderlichen Linie n o m den Momenten der Zusammendrückung unter der-
selben Linie n o m gleich werden.
Nach §. 287 ist die Summe aus den Cohaesionsmomenten und Repulsionsmomenten zusammen-
genommen, oder eben so gross, als das Moment des getragenen Gewichtes
Q. B E, oder weil die Biegung dort am stärksten ist, wo das Moment von Q am grössten wird, so
gibt diess das Moment Q. B C = Q. 1, wenn die Länge des Balkens mit l bezeichnet wird. Wir er-
halten daher für einen elyptischen Körper, dessen grosse Achse horizontal liegt, die Glei-
chung . Liegt dagegen bei diesem Körper die kleine Achse hori-
zontal
, so ist . Ist endlich der Körper ein Cylinder, demnach
sein Querschnitt ein Kreis, wo a = b, so ist .
Für ein Parallelopipedum ist die Breite des Elementes N p M = n o m constant. Setzen wir
diese = B und o p = x, also N M e c = B. d x und die halbe Höhe des Parallelopipedes F o = h, so ist
auf gleiche Art der Cohaesionswiderstand dieses Elementes . B. d x und sein Moment
, folglich dessen Integrale . Nehmen wir in diesem Ausdrucke
x = h, so ist die Summe der Cohaesionsmomente , und daher auf gleiche Art,
wie oben, .
Vergleicht man nun das Tragungsvermögen eines Cylinders mit jenem eines Parallelopipedes,
dessen Querschnitt ein um die Kreisfläche des Cylinders beschriebenes Quadrat ist, wo also B = 2 a
und h = a wird, so erhält man .
Nennen wir P das Gewicht, welches bei dem so eben betrachteten Parallelopipedum dieselbe
Ausdehnung erzeugen würde, wenn es nach der Länge der Cohaesionsfäden wirkte, so würde
man nach den Grundsätzen der absoluten Festigkeit bei seiner Querschnittsfläche B. 2 h = B. H
die Gleichung finden. Es verhält sich also , oder es ist
, d. h. die relative Festigkeit eines Parallelo pipedes ist dem
Produkte aus dem sechsten Theile seiner absoluten Festigkeit in das Ver-
hältniss gleich
. Ferner ist bei einem Parallelopipede die absolute Festigkeit eben so gross
als die relative, wenn seine Höhe der sechsfachen Länge gleich kommt.
*)
Setzt man in der Funktion den Differenzialcoeffizienten 3 x (c + x)2 — (c + x)2 = 0, so
gibt diess 3 x — (c + x) = 0 oder als denjenigen Werth von x, für welchen der obige
Ausdruck ein Minimum wird.
*)
Zur bessern Aufklärung dieses Gegenstandes wollen wir aus der Theorie der elastischen Linien Fol-
gendes anführen:
Fig.
24.
Es sey A M N B die Mittellinie eines elastischen Stabes A' A'' B'' B', welcher an einem Ende
bei A' A'' unveränderlich festgehalten, und durch das am andern Ende B angehängte Gewicht p aus
der horizontalen Richtung A' E in die krumme Linie A' M' O' B' herabgebogen wird. Zur Be-
stimmung der krummen Mittellinie A M N B nehme man einen willkührlichen Theil M N derselben,
jedoch von einer solchen Grösse, dass die Linie M N und die dazu Parallelen m n und m' n' als ge-
rade Linien betrachtet, sonach das Element m n n' m' des Stabes hinsichtlich seiner Ausdehnung und
Elasticität mit einem andern geraden Stabe von derselben Materie verglichen und hiebei die §. 238
(IV) angeführte Proportion angewendet werden könne.
Setzen wir zu dieser Absicht die Breite unseres Prisma = b, die Entfernung des Elementes
m n n' m' von der Mittellinie M N oder N n = x, n n' = d x, so ist die Querschnittsfläche dieses Ele-
mentes f = b . d x. Da der angenommene Theil M' M'' N' N'' durch die Biegung in die Lage
*)
M' M'' O' O'' versetzt, folglich an seiner Oberfläche um N' O' ausgedehnt, und an seiner untern SeiteFig.
24.
Tab.
15.

um N'' O'' verkürzt worden, so sieht man, dass auf gleiche Art das Element m n um n o verlängert,
folglich an die Stelle des das Verhältniss gesetzt werden müsse. Weil aber die Dreiecke
n N o und M C N einander ähnlich sind, so ist , und wenn wir den Krümmungshalb-
messer des Bogens M N oder M C = r setzen, so ist , folglich haben wir die Proportion
. Setzen wir an die Stelle der Querschnittsfläche des
zur Vergleichung angenommenen Stabes F = B . H, so ist das Gewicht, welches das Element m n n' m'
von der Länge m n auf die Länge m o ausdehnt .
Setzen wir nun die am Hebelsarme N P angebrachte und mit d q am Hebelsarme N n = x im
Gleichgewichte befindliche Kraft = d p, so folgt, wegen N P = t P — t N = E — y, für die Gleich-
heit der Momente, .
Da nun für alle Punkte der Höhe N n n' N' die Grössen E, y und r sich nicht ändern, so gibt
das Integrale dieser Gleichung ; folglich ist, wenn wir an die Stelle
von x die halbe Höhe des Stabes N N' setzen, . Weil aber
an der untern Hälfte des Stabes von N bis N'' das Moment der rückwirkenden Kraft (Repulsions-
kraft) dem Cohaesionsmomente von N bis N' das Gleichgewicht hält, und beide zusammen dem Mo-
mente der Last p am Hebelsarme N P entgegen wirken, so haben wir
. Diess ist die allgemeine Gleichung für alle Punkte der krummen
Linie A M N B.
Um aus dieser Gleichung den Krümmungshalbmesser r wegzuschaffen, wollen wir A t = u,
t N = y und den Winkel M N J = w, sonach Tang setzen. Da der Winkel
M C N = M N J — A M S = d w ist, und weil , so können wir für unsern Zweck,
wo der Balken nur wenig gebogen werden darf, für alle Fälle Cos w = 1 setzen, wornach
ist. Nehmen wir nun in dem Dreiecke N C M die Länge C μ = 1, folglich μ v = d w
an, so ist d w : 1 = M N : M C; weil aber wegen der geringen Grösse des Winkels M N J auch
M N = J N = d y gesetzt werden kann, so haben wir . Wird nun dieser Werth
in die letzte Gleichung gesetzt, so erhalten wir . Das
Integrale dieser Gleichung gibt , und wenn diese Glei-
chung noch einmal integrirt wird, so erhalten wir u.
*)
Fig.
24.
Tab.
15.
Setzen wir nun in dieser Gleichung y = T B = E und u = A T = U, so ist
U oder .
Wird aber der Stab auf zwei Unterlagen gelegt, und in der Mitte mit 2 p = G belastet, so
muss statt E die halbe Entfernung zwischen den Auflagspunkten, nämlich ½ gesetzt werden; wir
erhalten daher . Hieraus folgt
d. h. es verhält sich die Biegung des Stabes in der Mitte oder der soge-
nannte Pfeil (U) der krummen Linie zur Ausdehnung (α') des zur Vergleichung angenommenen Sta-
bes, wie die Grössen .
Aus dieser Proportion ergeben sich nachstehende Folgerungen:
  • 1tens. Wenn der Stab, welcher zur Vergleichung angenommen wurde, auf zwei Unterlagen gelegt
    und in der Mitte mit derselben Last Q, welche ihn vorher ausgedehnt hat, beschwert wird, so ist
    l = L, b = B, h = H und G = Q, demnach verhält sich , d. h.
    bei einem jeden vollkommen elastischen Körper verhält sich die Bie-
    gung zur Längenausdehnung, wie das Quadrat der halben Länge zum Qua-
    drate der Höhe desselben Stabes
    . Da nun bekannt ist, dass alle Körper, so lange
    ihre Biegungen sehr klein bleiben, als vollkommen elastisch betrachtet werden können, so lässt sich
    auch unter solchen Umständen für alle Körper die Ausdehnung, die sie durch eine bestimmte Last Q
    erleiden, aus jener Biegung berechnen, welche dieselbe Last (Q) bei diesem Körper verursacht hat.
    Diese Methode gewährt vorzüglich in dem Falle einen grossen Vortheil, wenn die Längenausdeh-
    nung der Körper zu klein ist, um sie unmittelbar messen zu können, weil die Biegung, da
    grösser als h2 ist, eine hinreichende Grösse hat. Umgekehrt kann man bei einem Körper, dessen
    Ausdehnung gegeben ist, die Biegung finden, welche dasselbe Gewicht verursacht.
  • Beispiel. Ein Stab sey 2 Fuss lang und 1 Zoll hoch, so ist U : α' = 144 : 1 oder die Biegung in der
    Mitte ist 144mal grösser als die Längenausdehnung, wenn die Belastungen in beiden Fällen gleich
    sind.
  • 2tens. In der obigen Gleichung kommt sowohl U als α' in der ersten
    Potenz vor; wenn also alle übrigen Grössen dieselben sind, so ist U dem α' proportional. Hier-
    aus sehen wir, dass sich bei der Biegung dieselben Gesetze finden müssen, die bei der Ausdehnung
    statt finden. Diess wird durch alle über diesen Gegenstand angestellten Versuche bestätigt.
  • 3tens. Wenn es sich nur um die Biegung allein handelt, welche zwei Körper von derselben Materie
    aber ungleichen Dimensionen bei verschiedenen Belastungen erfahren, so fällt in diesem Falle der
    Coefficient, welcher den zur Vergleichung angenommenen Stab betrifft, nämlich weg, und
    wir erhalten für die zwei Körper die Proportion oder
    welches dieselbe Proportion ist, die oben (wo Q statt P steht) bloss durch
    elementare Betrachtungen abgeleitet wurde.
*)
Es sey Fig. 5 der Durchschnitt eines runden Stammes, woraus der Balken A B E F gezimmert wird,Fig.
5.

dessen Höhe A F = H = 2 y und Breite G D = B = 2 x ist. Da das Produkt B . H3 = 2 x . 8 y3 ein
Maximum werden muss, so muss das Differenziale y3 . d x + 3 x . y2 . d y oder y . d x + 3 x . d y = 0
werden; demnach ist .
Die Gleichung für den Kreis gibt y2 + x2 = r2, demnach y . d y + x . d x = 0, oder
.
Es ist daher auch — oder y2 = 3 x2, demnach y : x = H : B = bei-
nahe. Substituiren wir diesen Werth in die Gleichung y2 + x2 = r2, so ist 3 x2 + x2 = r2 und ,
welches den weitern Werth r gibt.
*)
Fig.
6.
Tab.
16.
Es sey P die ganze Last, welche auf dem Balken A B C gleichförmig vertheilt ist, A N M D C sey
die krumme Linie, welche der Ballen A B C unter dem Drucke der Last P angenommen hat, die Co-
ordinaten des Punktes M seyen R M = u, R D = y, dann M O = d y und O N = d u, endlich
; demnach ist die Last, welche auf A M ruht = und die Last,
welche auf M D C ruht = .
Von der Last drückt nach §. 300 die Hälfte auf A und die andere Hälfte auf M, und
eben so drückt von der Last die eine Hälfte auf C und die andere auf M. Wir haben also
den gesammten senkrechten Druck auf M = . Diese Last muss nun von
der Elasticität des Querschnittes in M aufgewogen werden. Wir haben bereits S. 325 gezeigt, dass
die Elasticität der Biegung des Balkens in dem Punkte M mit dem statischen Momente
entgegenwirkt; wir müssen daher itzt auch das Moment von der Last , wel-
ches die Biegung in M hervorbringt, bestimmen.
Bei der Lehre vom Hebel wurde gezeigt, dass von der Last , welche in J auf dem
Hebel A C liegt, der Theil auf A und auf C drückt. Da nun der Punkt A
von dieser Last herabgedrückt wird, so müssen wir annehmen, dass er eben so stark entge-
gendrückt, es wird also das Moment dieser senkrecht aufwärts wirkenden Kraft um den Punkt M er-
halten, wenn wir mit dem Hebelsarme A J multipliciren, welches gibt. Eben
so wirkt die zweite Last bei C mit dem Hebelsarme J C, es ist demnach ihr Moment ebenfalls
. Diese Momente sind daher nicht nur unter einander,
sondern auch dem Elasticitätsmomente gleich, welches übrigens für jeden Punkt der krummen Linie
statt findet.
Da nun A J = E — y und C J = E + y, so ist A J . J C = E2 — y2, demnach
, welches die allgemeine Gleichung für die krum-
me Linie
A N M D C des gleichförmig beschwerten Balkens ist.
Setzen wir nun den Winkel N M O = w, so ist Sin N M O = ; Cos N M O = und der
Krümmungshalbmesser r = . Wird nun dieser Werth in die obige Glei-
chung substituirt, so ist P und integrirt
*)
, wo keine beständige Grösse beizusetzen ist, weilFig.
6.
Tab.
16.

y und w zugleich verschwinden.
Nun ist Sin w = ; weil aber die Biegung sehr klein, folglich s = y angenommen
wird, so ist auch d s = d y und Sin w = . Wird dieser Werth in vorstehende Gleichung ge-
setzt, so ist und integrirt
, wo abermals keine beständige Grösse beizusetzen ist,
weil u und y auch mit einander verschwinden. Da in dieser Gleichung die erste Potenz von u durch
die vierte Potenz von y ausgedrückt ist, so folgt, dass zwischen u und y eine parabolische
Gleichung des vierten Grades
statt findet.
Setzen wir in der vorigen Gleichung y = A B = E und die Biegung des Balkens in der Mitte
u = B D = U, so haben wir oder
, und da E = ist, so folgt
.
Nehmen wir im Gegentheile an, dass derselbe Balken bloss in seiner Mitte B mit der Last G
beschwert wird, so drückt auf ein jedes Ende A und C die Last ; wir haben also
. Nun ist A J = E — y und r = , folglich
und integrirt
. Setzen wir wieder Sin w = und integri-
ren, so ist . Da hier u' in der ersten und y in der
dritten Potenz vorkommt, so wird die krumme Linie des Balkens durch eine parabolische Glei-
chung des dritten Grades
ausgedrückt.
Wird y = E = und u' = U' gesetzt, so ist .
Werden die Gleichungen I und II durch einander dividirt, so ist . Sollen nun die
Biegungen der Balken in der Mitte einander gleich, oder U = U' seyn, so muss G = P seyn; wä-
re aber G = P, so ist U = U', d. h. wenn ein Balken mit der Last P gleichför-
mig auf seiner ganzen Länge beschwert wird, so ist seine Biegung in der
Mitte eben so gross, als wenn nur fünf Achtel derselben Last P auf die Mit-
te gelegt werden
.
*)
Fig.
7.
Tab.
16.
Es sey A B C die Mittellinie einer aufrechtstehenden vollkommen elastischen Säule, welche durch das
auf A' A'' gelegte Gewicht genöthiget worden, die krumme Linie A M N B C anzunehmen.
Wir haben bereits oben (in der Anmerkung zu §. 313) gefunden, dass zur Biegung des Elementes
M' N' M'' N'', dessen Krümmungshalbmesser M R = r ist, das statische Moment er-
forderlich sey.
Da hier die aufgelegte Last p nach der senkrechten Richtung A E C herabdrückt, so ist das sta-
tische Moment, welches die Biegung dieses Elementes bewirkt = p . M K.
Wir wollen nun die Coordinaten der elastischen Linie für den Punkt M, nämlich M K = y, A K = z,
den Winkel, den die elastische Linie A M mit der senkrechten A K bei A bildet, nämlich M A K = v
und den Winkel N M O = w setzen, so geben die obengenannten statischen Momente die Gleichung
und wenn wir die Grösse setzen, so ergibt sich für
alle Punkte der elastischen Linie A, M, N, B, C die allgemeine Gleichung a2 = r . y.
Die Länge des Krümmungshalbmessers r folgt aus der S. 325 angeführten Proportion
μ ϱ : R μ = M N : M R oder d w : 1 = d s : r folglich und wenn Zähler und Nenner mit Sin w
multiplicirt wird, so ist . Wird nun dieser Werth statt r in die Glei-
chung a2 = r . y gesetzt, so erhalten wir a2 . d Cos w = y . d y.
Wird diese Gleichung integrirt, so ist a2. Cos w + Const. = . Weil aber oben im Punkte A
die Linie y = 0 und der Winkel w = v seyn muss, so ist Const. = — a2 . Cos v, demnach
*)
. Die Ordinate y ist offenbar am grössten in B, wo Sin w = 0 und
Cos w = 1 ist. Setzen wir demnach die grösste Abweichung der elastischen Linie von der senkrech-Fig.
7.
Tab.
16.

ten oder B E = e, so erhalten wir für den Punkt B die Gleichung ; folglich, wenn
die vorige Gleichung mit dividirt wird, ergibt sich
. Hieraus folgt Cos .
Um hieraus noch eine Gleichung zwischen den Coordinaten z und y abzuleiten, ist zu bemerken,
dass in dem Dreiecke N M O sich verhalte M O : O N = d z : d y = Cos w : Sin w; hieraus folgt
, sonach .
Setzen wir nun im Nenner statt Cos w den oben gefundenen Werth Cos ,
so erhalten wir ;
demnach ist
, folglich
. In dieser Gleichung können wir die Glie-
der, in welchen mit 1 — Cos v multiplicirt ist, aus dem Grunde weglassen, weil hier eine
Gleichung für die möglichst gerade Säule gesucht wird, folglich nicht nur y sehr klein seyn, son-
dern auch der Winkel M A K = v = 0, folglich Cos v = 1 gesetzt werden muss, hiernach ergibt
sich .
Setzen wir nun = Sin λ, so ist d y = e . d λ. Cos λ und = Cos λ, demnach
. Das Integral dieser Gleichung ist offenbar . Oben war
, demnach ist e2 = 4 a2. Sin2 ½ v, folglich c = 2 a . Sin ½ v, und da
ist, so erhalten wir durch die Substitution dieser Werthe
*)
Fig.
7.
Tab.
16.
; folglich, weil für die gerade Säule v = 0 gesetzt werden muss, so ist
z = a . λ = a . Arc . Sin . Setzen wir nun die Höhe oder die Länge der ganzen Säule A C = l,
so ist für den Punkt B die Grösse z = A E = und y = B E = e, demnach Sin λ = = 1;
folglich λ = , und wenn in die Gleichung z = a . λ diese Werthe gesetzt werden, so ist
. Dieselbe Gleichung erhalten wir für den Punkt C, wo y = 0, λ = π
demnach, wegen z = a . λ, auch l = a . π oder a = wird.
Oben haben wir die Grösse gesetzt, demnach ist ,
folglich ist die Last, welche die Säule ohne Biegung tragen kann
.
Aus dieser Gleichung lässt sich die Last bestimmen, die eine Säule zu tragen vermag, wenn
für einen Stab von derselben Materie die Querschnittsfläche B. H und das Verhältniss der Ausdeh-
nung zur Länge , welche durch das Gewicht Q bewirkt worden, gegeben ist.
Auch sehen wir, dass in jedem Falle die Last, welche eine Säule trägt, der Fläche b . h pro-
portional ist, ingleichem, dass sie mit dem Verhältnisse wächst, folglich eine Säule um so
weniger tragen kann, je kleiner das Verhältniss ist; endlich ist diese Last auch dem Verhältnisse
proportional. Wenn also Körper durch eine geringe Kraft stark ausgedehnt werden, so können sie nur
sehr wenig tragen und sind zu Säulen nicht zu brauchen, wie diess z. B. bei elastischen Uhrfedern
der Fall wäre.
Beispiel. Bei dem versuchten Stabe von Tannenholz Nro. 11, war B = H = 1 Zoll, L = 37⅙ Zoll
und bei dem Gewichte von 100 ℔ betrug der Tabelle zu Folge die Biegung bei vollkommener Ela-
stieität Linien. Demnach ergibt sich die Längenausdehnung α', welche durch ein gleiches
Gewicht von 100 ℔ bewirkt wird, durch Substitution in die Proportion S. 326, U : α' = : H2, oder
, woraus Linien folgt.

Substituiren wir diese Werthe, so ist das Gewicht, welches eine prismatische Säule von gleichem
Tannenholze mit der Querschnittsfläche b, h, Breite h und Höhe l tragen kann
, wo b, h und l in Zollen
substituirt werden müssen, um p in Pfunden zu erhalten.
Bezeichne b . h und 𝔅 . 𝕳 die Querschnittsflächen, h, 𝕳 die Dimensionen, welche der Biegung un-
terliegen, und l, 𝔏 die Längen, dann p, 𝔓 die aufgelegten Gewichte, so folgt aus der gefundenen Glei-
chung für die Last, welche Säulen ohne Biegung tragen können, die Proportion
. Da bei der Berechnung der Tragungsfähigkeit runder Säulen
in der obigen Gleichung nur der Coefficient 12 im Nenner geändert wird, so findet diese Proportion auch bei
runden Säulen statt.
*)
Wir können uns offenbar den Cylinder aus sehr vielen geraden Fäden oder Fasern zusammengesetzt
Fig.
9.
denken, die in ihrem natürlichen Zustande parallel zur Achse H C liegen. Wenn diese Fäden nicht
starr, sondern nachgiebig sind, so wird der Punkt a durch die Kraft P nach b versetzt, während der
andere Endpunkt E des Fadens a E fest bleibt; dadurch wird der Faden gestreckt, demnach die Län-
ge des Fadens b E grösser als a E seyn. Setzen wir die Höhe a b, wie weit nämlich der Punkt a
von seinem Orte verrückt wird = a, die Länge des Cylinders a E = l und C J = B, so ist
beinahe, wenn nämlich oder der Drehungswinkel sehr klein ange-
nommen wird; demnach ist die Ausdehnung der Faser b E — a E = b d = = α. Die Quer-
schnittsfläche dieser Faser sey = f, so haben wir nach der §. 238 aufgestellten Proportion
; demnach ist die Spannkraft der Faser .
Die an der Oberfläche des Cylinders bei a, nach der Richtung a b der Peripherie wirkende Kraft
sey = K, so gibt die schiefe Richtung dieser Kraft zur Kraft q, welche den Faden nach der Rich-
tung d b spannt, die Proportion K : q = a b : b d = a : ; folglich ist
, demnach .
Diese Spannkraft ist auf der ganzen Oberfläche in allen Punkten der Peripherie O b a S des Cylinders
dieselbe, und wir können hieraus eine allgemeine Gleichung für alle Fasern an der Oberfläche des
Cylinders ableiten. Wenn wir aber von der Oberfläche gegen den Mittelpunkt gehen, so erleiden
die innern Kreise eine kleinere Spannkraft; es ist nämlich a' b' : a b = C a' : C a, also
; folglich ist die Ausdehnung des innern Fadens oder
und die hiezu nöthige Spannkraft . Weil dieselbe Spannkraft allen Punkten
des konzentrischen Kreises a' b' g' a' zukommt, so können wir statt f die Fläche des Kreises, oder
das Produkt der Kreislinie 2 π . r in die Höhe d r setzen; dadurch erhalten wir die Gleichung für
die Spannkraft dieses Kreiselementes . Weil aber die drehende
Kraft P an der Peripherie des äussern Rades J T sich befindet, so sey d P derjenige Theil dieser
Kraft, welcher mit d K' im Gleichgewichte ist, oder d P . B = r . d K', folglich ist auch
. Das Integrale dieser Gleichung gibt ,
wo keine beständige Grösse beizufügen ist, weil das Moment r . d K' mit r verschwindet. Wenn
*)
wir nun für den ganzen Cylinder r = A setzen, so ergibt sich die Gleichung für die drehende KraftFig.
9.
Tab.
16.

P nun Spannkraft aller Fasern des Cylinders . Diese Gleichung
enthält blos das Moment der Ausdehnung der Fasern des Cylinders. Weil aber die Ausdehnung
auch eine Zusammendrückung der innern Theile der Welle veranlasst und so, wie wir bei der
Biegung der Balken gesehen haben, sich auf ein gleiches Rückwirkungsmoment stützt, und auch von
der am Rade der Welle angebrachten Kraft gewältigt werden muss, so ist in dieser Hinsicht
. Vergleichen wir daher diesen Cylin-
der mit einem andern von derselben Materie, so fällt der gemeinschaftliche Faktor π weg,
und es verhalten sich die Momente der drehenden Kräfte B . P : B' . P', wie die Produkte aus den
Würfeln der Halbmesser A der Cylinder in die Räume a, um welche das eine Ende des Cylinders mehr
als das andere gedreht worden, und umgekehrt in die Längen dieser Cylinder.
Wenn das Drehungsmoment für einen hohlen Cylinder oder eine Röhre gesucht wird, so sey derFig.
10.
Tab.
16.

Halbmesser des äussern Umfangs der Röhre = R, des innern Umfanges = r, so ist nach der vo-
rigen Gleichung . In diesem
Ausdrucke ist π (R2 — r2) die Querschnittsfläche der Röhre. Wollten wir diese dem obigen π . r2 gleich
setzen, so wird R2 = 2 r2, und wir erhalten für die Röhre, deren äusserer Halbmesser
ist, das Moment ; da diess dreimal so gross ist, als das vorige
Moment, so ergibt sich, dass eine hohle Röhre, die eben so viel Masse (kubischen
Inhalt), wie ein solider Cylinder hat, einen dreimal so grossen Widerstand
gegen Drehung leiste
.
Bei dieser hohlen Röhre muss aber r = A seyn, d. h. der Halbmesser r im Lichten der hoh-
len Röhre muss eben so gross, als der äussere Halbmesser A des soliden Cylinders seyn.
Die obige Gleichung lässt sich noch in folgende Propor-
tion auflösen . Hierin ist die dre-
hende Kraft auf den Halbmesser des Cylinders reduzirt; es verhält sich also die Kraft Q zu
dem Produkte der zugehörigen Querschnittsfläche in das Verhältniss der Ausdehnung zur ausge-
dehnten Länge, wie die reduzirte Kraft zur Querschnittsfläche des Cylinders π . A2, multiplizirt
mit dem Verhältnisse der Ausdehnung a zur zugehörigen Länge l. Diese Proportion ist der §. 238
aufgestellten vollkommen ähnlich und hätte selbst ohne die vorangeführte Berechnung angenommen
werden können.
Da die Verdrehung der Wellen gewöhnlich durch Grade gemessen wird, so wollen wir die obige
Gleichung zu diesem Gebrauche einrichten. Die Peripherie der
Welle ist offenbar = 2 π . A; wenn diese in 360 Grade eingetheilt wird und G die Anzahl Grade
vorstellt, welche der Bogenlänge a entsprechen, so haben wir die Proportion 2 π . A : 360 = a : G,
woraus . Wird dieser Werth in die obige Gleichung gesetzt, so ist
. Wenn wir demnach zwei Wellen mit einander vergleichen, und
statt des Halbmessers A den Durchmesser D einführen, und eben so den Durchmesser der zweiten
Welle d nennen, so ist .
*)
Fig.
11.
Tab.
16.
Der Widerstand, den quadratförmige Schafte gegen Drehung leisten, ergibt sich aus
der vorigen Berechnung. Nach derselben ist das Drehungsmoment für den, in ein Quadrat ein-
geschriebenen Cylinder , wo A den Halbmesser des Cylinders, a die Grösse
der Drehung in der Drehungsfläche der Kraft an der Oberfläche des Cylinders gemessen, und l die
Länge des Cylinders bezeichnet. Zu diesem Momente kommen nun noch die Drehungsmomente der
vier rechtwinkeligen Ansätze J E G zu addiren.
Um das Drehungsmoment eines solchen Ansatzes zu finden, ziehen wir auf der willkührlichen
Entfernung C B den Bogen d B d' und hiezu die Tangente D B D'. Setzen wir die Linie E B = x, so
ist D B D' = 2 x. Setzen wir den Winkel d C B = 2 λ, so sind in dem Dreiecke d C E die Winkel
und eine Seite gegeben. Ist nun C E = E, so haben wir C d : C E = Sin 45 : Sin (45 + 2 λ)
oder E — x : E = Sin 45 : Sin (45 + 2 λ), woraus
Sin (45 + 2 λ) = = Sin 45 . Cos 2 λ + Sin 2 λ . Cos 45, oder
= Sin 2 λ + Cos 2 λ = 2 Sin λ . Cos λ + 1 — 2 Sin2λ, oder
= Sin λ . Cos λ — Sin2λ = Sin λ — Sin2λ — .
Da 2 λ kleiner als 45 Grad ist, demnach λ in jedem Falle kleiner als 22,5 Grad seyn muss, so
ist Sin λ ein so kleiner Bruch, dass die höhern Potenzen, welche die dritte übersteigen, ohne An-
stand vernachlässigt werden können. Mit Rücksicht auf diese Bemerkung gibt die bekannte Umkehrung
der Reihen . Es ist daher die Länge des Bogens
B d = und der ganze Bogen
.
Wir haben im vorigen §. für das Drehungsmoment die Differenzialgleichung
gefunden; wird diese Gleichung hier angewendet, so ist
2 π . r = der Länge des Bogens d B d', ferner d r = d x und r2 = C B2 = (E — x)2. Werden
*)
diese Werthe substituirt, so ist Fig.
11.

d x. Wird diess integrirt, so ist
x2. Hiezu kommt keine constante Grösse beizusetzen,
weil das Drehungsmoment mit x verschwindet.
Setzen wir x = E — A, wo A der Halbmesser des eingeschriebenen Kreises oder A = C G
ist, und bemerken, dass E2 = 2 A2, so ist x = = 0,414214 A, und demnach substi-
tuirt .
Diess Drehungsmoment muss für die vier Ecken 4mal genommen werden, es ist daher
. Wird hiezu das im vorigen §. für die Ausdehnung gefundene Moment des
Cylinders addirt, so erhalten wir das
gesammte Drehungsmoment für den quadratförmigen Schaft . Dassel-
be verhält sich demnach zu dem Drehungsmomente des Cylinders, welcher in das Quadrat einge-
zeichnet wird, wie 2,5806 : 1,5708 = 5 : 3 beinahe. Wenn aber hiebei zugleich die Rückwirkung, die
aus dem Zusammendrücken der Masse entstehet, berücksichtiget werden soll, so haben wir Glei-
chung .
Auf gleiche Art ist das Widerstandsmoment eines viereckigen hohlen Schaf-
tes
, wenn er A zur halben Dicke im Lichten und R zur äussern Dicke hat
. Soll nun die
Querschnittsfläche des hohlen Schaftes (R2 — A2) so gross seyn, als die Querschnittsfläche des massiven
Schaftes A2, oder R2 = 2 A2, so haben wir (R2 + A2) (R2 — A2) = 3 A4 und somit das Dre-
hungsmoment ; dieses Moment ist daher abermals dreimal grös-
ser
, als jenes eines soliden Schaftes, und es findet hier dasselbe Verhältniss, wie bei den hohlen
Röhren statt.
*)
Es sey A M N die durch die Mitte der Gewölbsteine gezogene Wölbungslinie, der BogenFig.
5.
Tab.
18.

A M = s, M N = d s, M O = d x, N O = d y, die Höhe der Gewölbsteine a a' = h, so ist die Fläche
a a' m' m = h. s. Da die Summe aller in dieser Fläche enthaltenen Gewölbsteine durch den folgenden
m m' n' n unterstützt werden soll, so muss die Tangente des Winkels M N O, den wir = w setzen wol-
len, der Fläche h. s proportional seyn. Setzen wir die Länge des Gewölbbogens bis zum Stellungs-
winkel w = 45 Grad, allgemein = m, so ist das Gewicht dieses Gewölbbogens = h . m, folglich
tang 45 : h . m = tang w : h . s, und weil tang 45 = 1, so folgt s = m . tang w; weil aber tang ,
so ist auch s . d y = m . d x (I). Werden beide Theile dieser Gleichung quadrirt, und zu beiden
Seiten s2 . d x2 addirt, so ist s2 . d y2 + s2 . d x2 = m2 . d x2 + s2 . d x2 oder s2 . d s2 = (m2 + s2) d x2,
woraus . Das Integrale dieser Gleichung ist (II).
Im Scheitel A ist der Bogen s = 0, daher x = m, wir müssen demnach von A die Li-
nie A B = m senkrecht auftragen und durch B die Linie B P Q horizontal ziehen, so sind
die Coordinaten unserer krummen Linie B P = y, P M = x, u. s. w. Aus der oben gefun-
denen Gleichung (II) ergibt sich die Länge des Bogens ; setzen wir
diesen Werth von s in die Gleichung (I), so ergibt sich , daher
. Das Integrale dieser Gleichung ist y = m . nat. log ,
und wenn die bekannte Grundzahl der natürlichen Logarithmen 2,7182818 … = e gesetzt wird, so er-
hält man . In dieser Gleichung erhält x offenbar einerlei Werthe, wir mögen
y positiv oder negativ annehmen. Die angeführte krumme Linie wird demnach durch die Senk-
rechte B A V in zwei gleiche und ähnliche Hälften getheilt, welches auch aus §. 368 bereits bekannt ist.
Obwohl sich mittelst dieser Gleichung die zusammengehörigen Werthe von x und y genau berech-
nen, und die krumme Linie zeichnen liesse, so wollen wir doch noch in Hinsicht auf eine bequeme-
re Zeichnung sowohl die Coordinaten der Kettenlinie x und y, als auch die krumme Linie für ihre
Entwicklung nach Verhältniss des Winkels w berechnen. Wir haben bereits oben gefunden, dass
, demnach m . tang ist; hieraus folgt
und , folglich .
Werden in die Gleichung die Werthe und
tang substituirt, so folgt .
*)
Setzen wir den Winkel w = 90 — u, so ist Sin w = Cos u und Cos w = Sin u, demnach
Fig.
5.
Tab.
18.
, und es ist daher
.
Die Länge des Krümmungshalbmessers M Z = r folgt aus der S. 325 angeführten Proportion
d w : 1 = M N : M Z = d s : r und . Die Gleichung s = m . tang w gibt
, folglich , und .
Im Scheitel A ist Cos w = 1, also r = m = A D = A B. Um den geometrischen Ort
der Mittelpunkte für die Krümmungshalbmesser oder die Entwicklungslinie D Z O zn finden, lasse
man aus M die Senkrechte M R herab und ziehe aus dem Mittelpunkte Z des zu M gehörigen
Krümmungshalbmessers M Z die Horizontale Z R, so ist der Winkel R M Z = M N O = w, folglich
M R = M Z . Cos und P R = P M + M R = 2 x = B V.
Wird hievon B D = 2 m abgezogen, so ist die Coordinate D V die wir u nennen wollen = 2 x — 2 m,
folglich . Auf gleiche Art ist R Z = M Z . Sin . Wenn wir
nun die Coordinate V Z = z setzen, so ist .
Um die Kettenlinie allgemein durch eine Zeichnung vorzustellen, hat man für A B = m eine
willkührliche Grösse angenommen und derselben gemäss die Coordinaten und
, dann die Coordinaten für die Entwicklungslinie und
wie auch den Krümmungshalbmesser berechnet und in folgender Tabelle zu-
sammengestellt.
*)
Zur Beantwortung der Frage, wie jede krumme Linie durch eine angemessene Belastung zu einer stüt-
zenden Gewölbslinie gemacht werden könne, wollen wir als Beispiel zuerst die Kreislinie und
im folgenden §. den elyptischen Bogen anführen.Fig.
7.
Tab.
18.

Es sey Fig. 7 der Halbmesser des Kreises A C = a und die Höhe der Belastung im Scheitel A B = h
gegeben. Nennen wir die Höhe der Belastung für den Punkt M, nämlich M N = z und den Win-
*)
Fig.
7.
Tab.
18.
kel A C M = v, so ist M P = a . Sin v, M G = a . Cos v, ferner mo = a . Cos v . d v; folglich
ist die Fläche M N n m, von welcher das Element M m belastet wird = z . a . Cos v . d v und daher
die ganze Fläche z . a . d v . Cos v.
Nun muss diese Fläche der Tangente des Stellungswinkels M m o proportional seyn, wir können daher
z . a . d v . Cos v : tang v = m . h : 1 setzen, woraus m . h . tang z . a . d v . Cos v folgt.
Wird diese Gleichung differenzirt, so ist = z . a . d v . Cos v, folglich .
Nun ist der obigen Annahme gemäss im Scheitel z = h und Cos v = 1, demnach , folg-
lich m = a, woraus die allgemeine Gleichung für die Belastung einer Kreislinie
folgt.
Wird diese Gleichung in die Proportion z : h = 1 : Cos3 v = a3 : a3 . Cos3 v = A C3 : M G3 auf-
gelösst, so sehen wir, dass die Höhen A B = h und M N = z, womit ein jeder Punkt des Kreisge-
wölbes belastet werden muss, umgekehrt den dritten Potenzen der Cosinusse der Stellungswinkel,
oder umgekehrt den dritten Potenzen der Höhen der Punkte A, M über der Horizontallinie D E
proportional sind.
Hieraus folgt weiter, dass für die Punkte D und E, wo die Bögen auf dem Durchmesser win-
kelrecht stehen, demnach v = 90 Grad und Cos v = 0 ist, die Höhe der Belastung unend-
lich gross
seyn müsste. Nimmt man überhaupt für den Stellungswinkel v die Werthe 0, 10, 20,
30, .... Grade an, und berechnet hiezu die Höhen z der entsprechenden Belastung, so ergeben sich
folgende Werthe:
Da die krumme Linie B N R F dieser Höhen von der Mitte A B des Gewölbes nach beiden Seiten ab-
wärts und dann wieder sehr schnell in die Höhe steigt, so lassen sich noch die niedrigsten Punkte
R, R' auf beiden Seiten durch Rechnung bestimmen. Die Höhe G N ist offenbar
. Wird der Differenzialkoefficient dieser Funktion, nämlich
— a . Sin gesetzt, so gibt der gemeinschaftliche Faktor Sin v = 0 offenbar
die grösste Höhe bei B, nämlich C B = a + h, und der zweite Faktor — ,
gibt Cos , demnach die zugehörige Höhe . Setzen wir die
Gewölbstärke h im Scheitel dem 24sten Theil der Spannweite (2 a) gleich oder , so ist
Cos Hieraus ersehen wir, dass für jedes freie Tonnengewölbe der Kreis-
bogen nur bis zum Winkel von v = 45 Grad eine Stützlinie abgeben könne; der weitere Bogen
würde nämlich eine zu hohe Belastung erfordern, wozu in den obersten Stockwerken, wo solche
freie Gewölbe angewendet werden können, der nöthige Raum bis an die Bundtrame des Daches
nicht zureicht.
*)
Auf gleiche Art findet man die nöthige Belastung für den elyptischen Gewölbsbo-
Fig.
9.
Tab.
18.
gen. Setzen wir nämlich die halbe grosse Achse C D = A' C = a, die halbe kleine Achse A C = b
und den Winkel A' C M' = v, so ist, wie zuvor M P = M' P' = a . Sin v, demnach
o m = a . d v . Cos v und die Durchschnittsfläche der Belastung oder ,
die nun der Tangente des Stellungswinkels M m o proportional seyn muss.
Weil die Ordinaten M G der Elypse zu den Ordinaten M' G im Kreise und auch zu ihren Diffe-
renzen in de n beständigen Verhältnisse b : a stehen, so verhält sich auch die Tangente des Winkels
M m o, den wir mit φ bezeichnen wollen, zur Tangente des Winkels M' m' o' oder tang v wie b : a,
woraus tang folgt. Setzen wir nun das Verhältniss
auf gleiche Art = m . h : 1, so haben wir die Gleichung
Das Differenziale dieser Gleichung ist , und hieraus .
Weil aber im Scheitel die Höhe z = A B = h seyn muss, so ist , folglich ;
daher die allgemeine Gleichung für die Belastung eines elyptischen Gewölbes
, wie bei dem Kreisgewölbe. Um die kleinste Höhe R r der Belastungslinie über dem Hori-
*)
Um die Stützlinie für das Kreisgewölbe A'' M'' D'' D' M' A' zu finden, sey A M S D dieFig.
10.

Mittellinie durch die Gewölbsteine. Da der Kreisbogen A M nicht die Eigenschaft hat, dass die
Tangenten der Stellungswinkel den darauf ruhenden Lasten proportional wären, so wollen wir anneh-
men, dass diese Eigenschaft der krummen Linie B N S zukomme, welche so beschaffen ist, dass sie
die Mittellinie A M D bei S, wo der Stellungswinkel 45 Grad beträgt, berührt, übrigens aber sowohl
aufwärts als abwärts die Eigenschaft besitzen muss, dass die Tangenten der Stellungswinkel N n i der
zu stützenden Last A' N' N'' A'' proportional sind.
Die zu stützende Fläche A' N' N'' A'' ist offenbar der Fläche A' M' M'' A'' gleich, weil die zwei
Dreiecke M M' N' und M M'' N'' einander gleich und ähnlich sind. Setzen wir die Höhe der Gewölb-
steine im Scheitel A' A'' = δ und den Winkel A C M = v, den Halbmesser A C = a, so ist der
Bogen A M = a . v und die Fläche A' M' M'' A'' = δ . a . v = der Fläche A' N' N'' A''. Eben so ist
die Fläche A' S' S'' A'' . Weil die zu stützenden Flächen den Tangenten der Stellungs-
winkel an ihren Endpunkten proportional seyn müssen, so erhalten wir
A' S' S'' A'' : A' N' N'' A'' = tang 45° : tang N n i oder , woraus
n i ist.
Da für den Kreis M P = a . Sin v, folglich a . d v . Cos v = m o = n i und wenn wir Q N = z
setzen und N i = d z ist, so erhalten wir Das Integral dieser Gleichung
gibt . Setzen wir für den Punkt S in dieser Gleichung
oder Sin v = Cos v = Sin 45 = Cos 45 = 0,707107, so erhalten wir
und
hieraus .
Hieraus ersehen wir, dass die Stützlinie des Kreisgewölbes um die Grösse B A oder
hinauf steigt; soll demnach der Stützpunkt B sich noch innerhalb des Kreisge-
*)
zonte zu finden, müssen wir zu M N noch die Höhe . Cos v = b . Cos vFig.
9.
Tab.
18.

addiren und erhalten demnach Setzen wir wieder den Differenzialcoeffizienten
— , so gibt diess, wie bei dem Kreisgewölbe für den einen Faktor
Sin v = 0, in der Mitte des Gewölbes die Höhe B C = b + h, und für den andern Faktor
— , ist , demnach die Höhe .
Beispiel. Es sey b = ⅔ a und wie vorher , so ist Cos
31Min., demnach kann für ein freies Tonnengewölbe der elyptische Bogen nur bis zu dem Winkel von
38½ Grad eine Stützlinie abgeben, und der weitere Bogen erfordert eben so wie bei der Kreis-
linie eine Belastung, welche die Höhe des Gewölbes übersteigt.
*)
Fig.
10.
Tab.
18.
wölbes befinden, so muss im Scheitel die Höhe wenigstens , folglich
seyn. Hierauf gründet sich die praktische Regel der Baumeister, welche ge-
wöhnlich den 24ten Theil der Spannweite für die Dicke des Gewölbes anzunehmen pflegen.
Um die Stützlinie zu zeichnen, bemerken wir vorläufig, dass B C = Q G oder
B A + A C = Q N + N M + M G, demnach M N = B A + A C — Q N — M G =
= 0,041292 a + a — z — a . Cos v = a (2,314532 — 2,273240 Cos v — 1,273240 v. Sin v). Nach die-
ser Gleichung wurden die Höhen der Stützlinie über der Mittellinie des Gewölbbogens für die Win-
kel v = 10, 20, 30, 40 .... Grad berechnet, und wie folgt gefunden:
Trägt man Fig. 11 diese berechnete Höhen der Stützlinie über der Mittellinie des Gewölbes nach
ihrer verhältnissmässigen Grösse auf, so wird ersichtlich
Fig.
11.
1tens, dass die Stützlinie für das freie Kreisgewölbe über die Mittellinie des Gewölbes im Scheitel um
0.0413 oder um des Halbmessers aufsteigt, und wenn aus dem Punkte S'' die Linie S'' w'' A zur
Stützlinie parallel gezogen wird, diese Linie die Mitte der Gewölbsteine bei A erreichen werde, wor-
aus demnach erhellet, dass die Festigkeit des Gewölbes nur auf dem stützenden Raume S A' A'' S''
beruhe und von dem Kreisbogen von 45 Grad, der Theil S S' A' nur als daraufliegend und dagegen
der Theil S'' A A'' als an dem Stützraume hängend betrachtet werden müsse.
2tens. Dass sonach das Gewölbe unten nur auf der Basis S S'' ruht, und oben an die Fläche A A' als an-
gelehnt zu betrachten sey und daher die Stabilität hinsichtlich dieses Bogens nur die halbe Dicke des
Gewölbes zu ihrem Maasse habe. Die Fläche des Gewölbes von A' A'' bis S' S'' beträgt ,
welche als Druck bei S senkrecht herabwirkt. Weil aber die Stützlinie bei S mit der Horizontalen einen
Winkel von 45 Graden macht, so ist auch der horizontale Druck dieselbe Grösse. Eben so gross ist
auch der horizontale Druck in jedem andern Punkte der Stützlinie.
Da die Stützlinie oben im Scheitel der Mittellinie um die halbe Gewölbdicke hinaufsteigt, so er-
gibt sich, dass man bei dem Schlusse des Gewölbraumes bei A' A'' die Vorsicht anwenden müsse, dass
der Schlusstein nicht unter den Kreisbogen des Gewölbes herabgedrückt werde; praktische Baumei-
ster pflegen demnach bei dem Schlusse grosser Gewölbe nicht nur unter den Lehrbogen bei A eine
Stütze anzubringen, sondern auch auf die Verschalung des Gewölbbogens etwas aufzulegen, um da-
durch den Gewölbbogen im Scheitel etwas höher zu erhalten, damit derselbe bei dem Setzen des Ge-
wölbes nicht unter die gehörige Höhe herabsinken könne.
Weiter ist zu ersehen, dass die Stützlinie von 45 Grad abwärts abermals die Mittellinie über-
steigen, beiläufig bei 75 Grad über die Oberfläche des Gewölbes austreten und der senkrechten Wi-
derlagsmauer in U begegnen würde.
Da durch diesen Austritt die Stützung des Gewölbes verloren gehen, folglich ein Bruch des Ge-
wölbes erfolgen müsste, so pflegt man die Kreisgewölbe von 45 Grad abwärts zu hintermauern. Es
versteht sich aber von selbst, dass dieses Mauerwerk in die Gewölbsteine selbst eingebunden werden
müsse, damit dasselbe den Gewölbedruck vollkommen aufnehmen und bis zur Widerlagsmauer bei U
gehörig zu stützen im Stande seyn möge.
Fig.
10.
Um den Punkt U, wo die Stützlinie die Widerlagsmauer erreicht, zu finden, ist zu bemerken, dass
. Für diesen Win-
kel findet man nach der obigen allgemeinen Gleichung für z die Linie z' = U U'' = 0,65356 a, folglich
*)
D'' U = A C + A B — U U'' = a + 0,0413 . a — 0,6536 . a = 0,3877 . a. Die Stützlinie trifft daher die Wi-Fig.
10.

derlagsmauer U' U'' auf der Höhe D'' U = 0,3877 . a über dem Kämpfer.
Obwohl durch die Hintermauerung das Gewicht des Gewölbes noch um etwas vermehrt, demnach
auch die Stützlinie etwas herabgedrückt wird, so werden wir doch bei der Berechnung der Stärke der
Widerlagen annehmen, dass bei U nebst dem horizontalen Drucke noch
das Gewicht des Gewölbes A U' . A' A'' = 1,2811 . a . δ senkrecht herabdrücke. Dadurch bestimmt
sich der Winkel, welchen die Stützlinie in dem Punkte U mit der Horizontalen bildet, nämlich
tang S U , mithin der Winkel S U w = 58° 30Min.
*)
Auf gleiche Art lässt sich die Stützlinie für ein elyptisches Gewölbe finden. Es seyFig.
3.

die Mittellinie des elyptischen Gewölbes A M S D, die halbe grössere Achse der Elypse C D = a,
die halbe kleinere A C = b, die Dicke des Gewölbes A' A'' = δ und der Winkel p C F = v. Vorläu-
fig wollen wir bemerken, dass man die Querschnittsfläche des elyptischen Gewölbes zur Bestim-
mung des hiezu nöthigen Materials u. s. w. auf folgende allgemeine Art bestimmen könne:
Die Fläche der äussern Elypse C A' D' ist =
, die innere Fläche C A'' D'' =
. Wird die zweite Fläche von der ersten
abgezogen, so erhalten wir die Fläche des elyptischen Gewölbes A' S' D' D'' S'' A'' = (a + b) δ;
daraus ist ersichtlich, dass die elyptische Gewölbfläche der Gewölbfläche eines Kreises gleich ist, welcher
die Grösse zum Halbmesser, und die Höhe der Gewölbsteine δ zur Höhe hat, folglich, dass
man die Länge des Gewölbbogens A S D = setzen könne, welche mit der winkelrecht
darauf stehenden Höhe δ multiplizirt die Fläche des Gewölbes gibt. Wir können demnach auch
die Fläche von A bis M = A M . δ = s . δ und jene von A bis S = A S . δ = β . δ setzen, wenn
nämlich der elyptische Bogen A M = s und der elyptische Bogen A S = β gesetzt wird.
Da diese Flächen den Tangenten der Stellungswinkel, welche die Stützlinie mit dem Horizonte
macht, proportional seyn müssen, so haben wir s . δ : β . δ = tang N n i : tang K S k =
*)
Fig.
3.
Tab.
19.
Setzen wir itzt die Coordinaten der Stützlinie B Q = x und Q N = z, so ist . Weil aber
x = B Q = M P = a . Sin v, so ist d x = a . d v . Cos v sonach
Für den Punkt S ist allgemein für den Kreis t R = a . Cos v', folglich in der Elypse S R = b . Cos v'
und C R = a . Sin v', mithin tang v'; weil aber für den Punkt
S, v' = 45° so ist Werden nun diese Werthe in die obige Proportion
gesetzt, so erhalten wir s. δ : β . δ = , hieraus folgt d z = Um
diese Gleichung zu integriren, muss der Bogen s durch eine Funktion von v, und auf gleiche Art auch β
durch eine Funktion des Bogens von 45 Graden ausgedrückt werden. Hiezu dient die allgemeine
Gleichung für die Punkte M in der Elypse, für welche die Abscisse x = P M = H J = a . Sin v und
die Ordinate y = G M = b . Cos v, woraus folgt d s2 = d x2 + d y2 = (a . d v . Cos v)2 + (b . d v . Sin v)2,
folglich d s = d v √ (a2 . Cos2 v + b2 . Sin2 v). Setzen wir nun das Quadrat der Excentricität
e2 = a2 — b2, folglich b2 = a2 — e2, so ist d s = a . d v
beinahe. Wird diese Gleichung integrirt, so ist s = a . v — (v — Sin v . Cos v); für den Win-
kel von 45 Grad ist v = und Sin v . Cos v = ½, also der Bogen
Werden diese Werthe in die obige Gleichung gesetzt, so er-
halten wir : b . d v . Cos v (v — Sin v. Cos v).
Wird diese Gleichung integrirt, so erhalten wir:
Mit dem Coefficienten von z dividirt und die vierten Potenzen von vernachlässigt, gibt
Setzen wir
in dieser Gleichung v = = 0,7854, Sin v = Cos v = 0,7071 und Cos3 v = 0,3535, so wird
W S = z' = b Weil ferner W R = B C oder W S + S R = B A + A C
ist, so findet man die Erhöhung der Stützlinie im Scheitel über der Mittellinie des Gewölbes
B A = W S + S R — A C = b + b . Cos 45 — b = b
Die Elypse wird zu einem Kreise, wenn b = a oder e = o ist, in diesem Falle stimmt die Erhö-
hung B A mit der überein, die wir für den Kreis gefunden haben. Setzen wir für die Elypse
b = a, so ist und B A = 0,036 . a. Diese Erhöhung war beim Kreise = 0,041 . a, folg-
*)
lich um 0,005 . a grösser; als bei dem gedrückten Gewölbe; daraus ergibt sich, dass, wenn man bei
der Elypse, so wie beim Kreise die Stärke des Gewölbes δ = setzt, für die Breite des stützen-
den Bogens 0,046 . a, statt wie beim Kreise nur 0,041 . a bleibt, dass folglich die Basis für die Sta-
bilität des elyptischen Gewölbes in dem angenommenen Falle um oder grösser seyn werde,
als es bei dem Kreise der Fall war.
Die Höhe M N, um welche die Mittellinie des Gewölbes von der Stützlinie in jedem Punkte
überstiegen wird, ergibt sich auf ähnliche Art, wie bei dem Kreisgewölbe aus der Gleichung
M N = B A + A C — M G — Q N = b + b — b . Cos v — z. Setzt
man in dieser Gleichung für M N, so wie in der obigen für z statt des Winkels v die Werthe 10,
20, 30 u. s. w., so ergeben sich nachstehende Werthe:
Aus dieser Tabelle ersehen wir erstens, dass die Stützlinie, so wie wir bereits bemerkt ha-
ben, nur um die Grösse 0,0413 . b + 0,0154 · · b im Scheitel über die Mittellinie aufsteigt, und
in dieser Hinsicht beim Schlusse des Gewölbes dasselbe zu bemerken sey, was bereits beim Kreise
angeführt worden.
2tens. Da die Stützlinie bei dem Winkel v = 45° den elyptischen Bogen A M S in S berührt, so ist,
da die Länge des Gewölbbogens bis zu v = 45 Grad oder von A bis S die Grösse
zu seinem Maasse hat, die Fläche, welche bei S senkrecht
*)
Fig.
3.
Tab.
19.
herabdrücht . Bei S ist aber tang K S k = ,
folglich ist der horizontale Druck Dieser horizontale Druck ist daher
grösser als beim Kreise, und zwar um so grösser, je kleiner die Höhe der Mitte des Gewölbes b
gegen die halbe Spannweite a angenommen wird.
3tens. Vom Punkte S abwärts erhöhet sich abermals die Stützlinie über die elyptische Mittellinie des
Gewölbes. Der Punkt U, in welchem die Stützlinie die Widerlagsmauer trifft, ergibt sich abermals
aus dem Winkel A C u. Es ist nämlich Sin , und wenn hier abermals
die Grösse angenommen wird, so findet man Sin = Sin 73° 24′,
mithin eben so gross, wie beim Kreise. Für diesen Winkel findet man nach der obigen allgemeinen
Gleichung für z die Linie z' = U U'' = b , folglich
D'' U = B A + A C — U U'' = b + b — b =
b als die Höhe, auf welcher die Stützlinie die Widerlagsmauer U U'' über
den Kämpfern D' D'' trifft. Da diese Höhe abermals grösser ist, als die Höhe, auf welcher der obere
oder äussere elyptische Gewölbbogen der Widerlage begegnet, so ist auch hier eine Hinter-
mauerung
und ihre Einbindung in das fortlaufende Gewölbe, so wie beim Kreise nothwendig.
4tens. Die Länge des Gewölbbogens von A bis U ist nach der obigen Gleichung für
, wenn statt v der Bogen von 73° 24′ oder 1,2811 gesetzt
wird, , mithin der in U wirksame vertikale Druck =
a . δ und der horizontale Druck wie oben
. Daraus ergibt sich die Tangente des
Winkels .
Uibrigens sieht man, dass der vertikale Druck des elyptischen Gewölbes an den Wider-
lagen fast eben so gross ist, wie für das Kreisgewölbe, dagegen aber der horizontale Druck
des elyptischen in dem Verhältnisse grösser ist, als beim Kreisgewölbe. Es erfordert daher ein
elyptisches Gewölbe in eben dem Maasse stärkere Widerlagsmauernals ein Kreisge-
wölbe
.
*)
Wir wollen zuerst den Fall untersuchen, wenn die Wölbungslinie zugleichFig.
4.

die Stützlinie seyn soll; die [Gleichung] für die krumme Linie ergibt sich hiebei auf folgen-
de Art:
Es sey A B = h die Höhe des Gewölbes im Scheitel, die Abscisse B Q = y und die Ordinate
Q M = x, ferner m o = d y und M o = d x, endlich der Stellungswinkel M m o = v.
Das Element M m hat offenbar die Fläche . d y zu stützen; da aber die Tangente
M m o = tang der Fläche A B Q M proportional seyn muss, so wollen wir dieses für alle
Elemente beständige Verhältniss wie 1 : m2 annehmen; wir haben demnach
m2 . tang .
Zur Auflösung dieser Gleichung erhalten wir durch Differenzirung m2 . d tang v = x . d y;
weil aber d y : d x = 1 : tang v, folglich ist, so erhalten wir durch die Substitution
dieses Werthes m2 . tang v . d tang v = x . d x. Das Integral dieser Gleichung gibt
m2 . tang2 v = x2 + Const; weil aber im Scheitel die Ordinate x = h und tang v = 0 seyn muss,
so erhalten wir 0 = h2 + Const, folglich Const = — h2 und daher m2 . tang2.
Aus dieser letzten Gleichung folgt weiter , und wenn wir diese Gleichung mit
Rücksicht, dass im Scheitel x = h und y = 0 wird, integriren, so ist
y = m . nat. log. . Setzen wir die Basis der natürlichen Logarithmen = e oder
nat. log . e = 1, so haben wir . nat. log. e = nat. log. . Durch Uibersetzung
dieser logarithmischen Gleiehung in eine Exponentialgleichung erhalten wir ,
daraus folgt . Diese Gleichung ist derjenigen, die wir oben für die
Kettenlinie
gefunden haben, vollkommen ähnlich.
*)
Fig.
5.
Oben wurde §. 371 gefunden Daraus ergibt sich, dass für den Fall,
wenn die Ordinaten zu gleichen Abscissen Y = y gesucht werden, ist, folglich die Or-
dinaten der Stützlinie für ein Brückengewölbe den Ordinaten für ein freies
nach der Ketten linie erbautes Gewölbe proportional sind
. Wir können dem-
nach in der Fig. 5 die Ordinaten Q M, Q' M', Q'' M'' .... nach einem beliebigen Verhält-
nisse 1 : 2 oder 1 : 3 .... h : m theilen, und es werden die gefundenen Theilungspunkte b, m, m' …,
wenn man sie mitsammen verbindet, die Zeichnung für ein Brückengewölbe angeben, welches im
Scheitel die Höhe b B hat.
*)
Um die Stützlinie für ein elyptisches Brückengewölbe zu finden, sey die halbeFig.
6.
Tab.
19.

Spannweite C D = a, die Höhe in der Mitte B C = b, A W sey die Fahrbahn; die Linie, welche
zur vollkommenen Unterstützung des Raumes zwischen der Fahrbahn A W und dem elyptischen
Brückenbogen D M B dienen soll, sey die krumme Linie i N U, für welche die Gleichung zu be-
stimmen ist.
Die Höhe der Fahrbahn oberhalb des Scheitels des Gewölbes sey A B = h, der Winkel R C F = v,
folglich R G = Q A = M P = a . Sin v, R L = a . Cos v und M L = b . Cos v.
Für die Stützlinie ist A Q = a . Sin v und Q N = z, folglich N o = d z. Setzen wir nun
den Stützwinkel N n o = λ, so ist wegen n o = m O = d . M P = a . d v . Cos v, die
tang
Zur Bestimmung der Fläche Q A B M, welche zwischen der Fahrbahn A Q und dem elypti-
schen Bogen B M enthalten ist, bemerken wir vorläufig, dass die Kreisfläche R F C L = dem Sek-
tor R C F + dem Dreiecke ist. Weil sich nun alle Ordinaten
der Elypse M B C L zu den Ordinaten der Kreisfläche R F C L wie b : a verhalten, so ist die elypti-
sche Fläche , und die Fläche Q A B M ist offenbar
Die analoge Fläche für den horizontalen Druck sey = H, so gibt uns die allgemeine Eigen-
schaft, vermög welcher die Taugenten der Stützwinkel den zu unterstützenden Flächen proportional
seyn müssen, für jeden Punkt N der Stützlinie die Proportion n o : N o = H : Q A B M oder
a . d v . Cos v : d z = H : a . Sin v , daher
Das Integral dieser Gleichung ist offenbar
Da die Gewölbsteine auf der Stützlinie winkelrecht stehen, folglich ihre Fugen der Richtung des
Krümmungshalbmessers folgen müssen, so haben wir nun noch den Krümmungshalbmesser für un-
sere Stützlinie, den wir R nennen wollen, zu bestimmen. Hiezu dient die allgemeine Gleichung
Nun ist
*)
tang Aus
dieser Gleichung folgt, wenn sie differenzirt wird
Den Werth für d λ in der Gleichung für R substituirt, gibt
*)
Wir haben M' R' = a . Sin v = M R = P Q und M' N = a . Cos v, folglich M N = b . Cos v, daherFig.
12.

m q = a . d v . Cos v und M q = b . d v . Sin v.
Setzen wir nun den Winkel M m q = w, so ist tang tang v.
Ziehen wir nun auf die Linien M m die Linie M O winkelrecht, so ist wiebekannt die Grösse des
Krümmungshalbmessers und da
tang w = · tang v, daher d w = · Cos2 w ist, so haben wir auch
Weil aber tang w = . tang v ist, so ist ,
woraus folgt.
*)
Fig.
2.
Es sey B M' A' ein Kreisbogen, der mit der halben Spannweite B C beschrieben ist. Man nehme
in diesem Bogen willkührlich den Punkt M' an, welcher mit dem Mittelpunkte C verbunden, den
Winkel A' C M' = v gibt. Durch den Punkt M' ziehe man die Senkrechte M'' L, bis sie dem elyp-
tischen Bogen B M A begegnet, so ist M' O' = b . Sin v = M O und M' L = b . Cos v, mithin
M L = a . Cos v und m p = a . d v . Sin v. Der Winkel B C b sey = w, so ist
L l = w . b . Sin v = M' m' = M m.
Das Element, welches auf dem Bogen M N liegt, hat zu seiner Basis die Länge
L l = w . b . Sin v = n p, und die horizontale Breite L K = b . d v . Cos v, also die Fläche
w . b2 . d v . Sin v . Cos v. Nennen wir die Höhe, womit das Element M N belastet werden muss,
M M'' = z, so ist der kubische Inhalt dieser Belastung z . w . b2 . d v . Sin v . Cos v, und die
ganze Belastung vom Scheitel A bis M ist z . w . b2 . d v . Sin v . Cos v. Setzen wir nun den
kubischen Inhalt der Belastung, welche den horizontalen Druck vorstellet = Q, so verhält sich
Q : z . w . b2 . d v . Sin v . Cos v = n p : m p = b . d v. Cos v : a . d v . Sin v = 1 : , daraus
ergibt sich z . w . b2 . d v . Sin v . Cos v = . Das Differenzial dieser Gleichung ist
z . w . b2. d v. Sin v . Cos v = , woraus z = folgt.
Setzen wir die Höhe z bei einem Winkel v von 45 Grad = f, so ist für diesen Fall f = .
Daraus folgt der horizontale Druck Q = , und wenn wir diesen Werth statt Q in die
Gleichung setzen, so ist z = .
*)
Wir haben nämlich die Gleichung z . w . b2 . d v . Sin v . Cos v = Q . . tang v, und wenn wir stattFig.
2.
Tab.
20.

Q den obigen Werth setzen, so ist das Gewicht des Gewölbetheiles vom Scheitel anzufangen, bis zu
dem Winkel v für eine Rippe = und für alle Rippen zusammen
. Weil aber die mit dem Halbmesser b . Sin v beschriebene Kreisfläche
= π . (b . Sin v)2 ist, so wird das einzusetzende Gewölbstück den kubischen Inhalt
π . (b . Sin v)2. = π . (b . Sin v)2 · haben.
**)
Wir wollen zu diesem Behufe vorläufig nur die Querschnittsfläche des elyptischen Bogens betrachten.Fig.
3.

Es sey für das elyptische Gewölbe Fig. 3, A M D derjenige Bogen, welcher durch die Mitte aller
Gewölbsteine geht; A'' M'' D'' sey der äussere, und A' M' D' der innere elyptische Gewölbbogen.
Die Stützlinie des Gewölbes sey B N U, die Höhe des mittlern elyptischen Gewölbbogens A C = a
und die halbe Spannweite desselben mittlern elyptischen Bogens sey C D = b.
Setzen wir die Höhe der Gewölbsteine A' A'' = α und D' D'' = β = F' F'', so ist die Höhe des
äusseren Bogens A'' C = a + ½ α, und des innern A' C = a — ½ α. Auf gleiche Art ist die
Weite des äussern elyptischen Bogens C D'' = b + ½ β und des innern C D' = b — ½ β.
Man beschreibe mit dem Halbmesser C D = b den Kreisbogen F R D und eben so mit dem
Halbmesser b + ½ β den äussern, und mit b — ½ β den innern Kreisbogen. Durch einen willkühr-
lichen Punkt M des elyptischen Bogens ziehe man die Senkrechte M'' G, verbinde die Durchschnitts-
punkte R, R', R'' der gezogenen Kreise mit dem Mittelpunkte C und setze die Winkel R C F = v,
und R'' C F = φ. Hiernach ist R T = M Q = N P = b . Sin v = (b + ½ β) Sin φ und
G R = b . Cos v, dann G R'' = (b + ½ β) Cos φ.
**)
Fig.
3.
Tab.
20.
Aus der ersten Gleichung (b + ½ β) Sin φ = b . Sin v folgt Sin2 φ = oder
1—Cos2φ = (1 — Cos2v); daraus ergibt sich weiter
(b + ½ β)2 Cos2 φ = b2. Cos2 v + (b + ½ β) — b2 = b2. Cos2 v + b . β + ¼ β2 und wenn man die höhern Po-
tenzen von vernachlässigt (b + ½ β) Cos φ = b . Cos v + = R'' G.
Nun ist aber M'' G : R'' G = a + ½ α : b + ½ β, daher
Auf gleiche Art findet man
auch, wenn — β statt + β und — α statt + α gesetzt wird, M' G =
und wenn von M'' G die Grösse M' G abgezogen wird, so bleibt
,
wenn nämlich die höhern Potenzen von und vernachlässigt werden.
Die Breite der Fläche M'' M' m' m'' ist n o = d . N P = b . d v . Cos v, demnach die Fläche
M'' M' m' m'' = a . b . dv Wird nun diese Fläche noch mit der
Tiefe w . b . Sin v multiplicirt, so ergibt sich der kubische Inhalt dieses Elementes
w . a . b2 . d v . Sin v
Bevor wir diese Gleichung integriren, ist zu bemerken, dass das Gleichgewicht der Knppelge-
wölbe bis zu einem Winkel v = 45 Grad durch eine entsprechende Belastung herzustellen ist.
Wir haben zu dieser Absicht in der obigen Note bereits den Kubik-Inhalt des elyptischen Ge-
wölbes sammt seiner Belastung = ¼ w . b2 . f . tang v gefunden. Setzen wir nun den Winkel
v = 45 Grad, so ist tang v = 1, folglich der Kubik-Inhalt des Kuppelgewölbes ¼ w . b2 . f. Für
denselben Punkt ist der horizontale Druck ; demnach ist die Taugente des Stellungs-
winkels in diesem Punkte = . Von diesem Punkte aus haben wir nun die Gleichung für
die Stützlinie und den Stellungswinkel
aufzusuchen.
Zu diesem Zwecke dient die oben gefundene Differenzialgleichung, vermöge welcher der Kubik-
Inhalt des elyptischen Gewölbbogens = w . a . b2 . d v . Sin v , wel-
ches nun so integrirt werden muss, dass es bei v = 45 Grad verschwindet. Daraus ergibt sich für
die Bestimmung des Gewichtes der kubische Inhalt vom Scheitel bis zum Winkel v
= ¼ w . b2 . f + w . a . b2
Da nun der horizontale Druck = ist, so ergibt sich aus der Division des senkrechten
Drucks mit dem horizontalen für den Stellungswinkel λ die Gleichung
tang (I).
**)
Ziehen wir nun durch den Punkt K der Mittellinie des Gewölbes bei 45 Grad eine horizontale
Fläche S K, von welcher die Ordinaten K U = z gerechnet werden, so ist auchFig.
4.

tang .
Wird nun statt tang λ dieser Werth gesetzt, so erhalten wir
d v . Cos v.
Das Integral dieser Gleichung ist z =
(II.)
*)
Fig.
7.
Es sey J O B diejenige Stützlinie, welche dem horizontalen und senkrechten Drucke des Gewölbes
und dem Drucke der daraufliegenden Mauer angemessen ist; J N = u sey die Abscisse, N O = y
*)
die Ordinate dieser Stützlinie, die Höhe der Mauer über dem Punkte J, wo der Druck des Gewöl-Fig.
7.
Tab.
20.

bes in die Widerlagsmauer einfällt, sey J C = c. Das Gewicht des Elements M N O o n m ist offen-
bar = g . L (c + y) d u, folglich das ganze Gewicht der auf der Stützlinie liegenden Mauer von
J bis O = g . L ∫ (c + y) d u.
Wollten wir nun mit diesem Gewichte g . L ∫ (c + y) d u eine Gleichung für die Stützlinie
J O B suchen, so würde man auf denselben Ausdruck kommen, den wir bereits bei den steinernen
Brückengewölben umständlich abgehandelt haben. Da jedoch jene Rechnung für den gegenwärtigen
Fall zu weitläufig seyn würde, so wollen wir hiezu das folgende annähernde Verfahren wählen und
annehmen, dass die Stützlinie bei ihrer Fortsetzung durch die Widerlagsmauer nur noch diejenige
Last zu tragen habe, welche sich über der Diagonallinie J p B befindet. Nach dieser Voraussetzung
lässt sich die Grösse y durch folgende Proportion bestimmen, J N : N p = J Q : Q B oder wenn
A B = x gesetzt wird, u : y = x : A + e, woraus y = u · Substituiren wir diesen Werth
für y in das ∫ (c + y) d u, so ist die Fläche der Widerlagsmauer
· Wir erhalten demnach zur Bestim-
mung der Stützlinie folgende Proportion:
g . L . F + g . L . c . u + g . L . : g . L . H = d y : d u, woraus sich die Gleichung
g . L . F . d u + g . L . c . u . d u + g . L . · d u = g . L . H . d y ergibt. Wird diese
Gleichung integrirt, so erhalten wir g . L . F . u + g . L . c . + g . L . = g . L . H . y.
Für die ganze Stützlinie wird u = x und y = A + e, wir erhalten daher zur Bestimmung der Stärke
der Widerlage x die Gleichung g . L . F . x + g · x2 = g . L . H . (A + e)
oder g . L . F . x + g . L = g . L . H (A + e).
*)
Als ein Belege, wie liberal die Arbeiten der Ingenieurs in England belohnt werden, wird angeführt,
dass die Aktiengesellschaft laut ihrem am 28. May 1829 gedruckten Rechnungsabschlusse für diese
Berathungen und vorgeschlagenen Abänderungen den genannten Ingenieurs den Betrag von 1065 Liv.
13 sh. bezahlt, und Hrn. Clark ausserdem für seinen Entwurf und die Bauführung mit 1778 Liv.
16 sh. entschädiget hat.
*)
Es sey für einen willkührlichen Punkt M der Kettenkurve, A B = x die Abscisse und B M = y die Or-Fig.
10.
Tab.
20.

dinate, ferner der Bogen A M = s; folglich B b = d x = M o, m o = d y und M m = d s, für das Ketten-
element M m der Stellungswinkel b m M = v. Es wird zunächst darauf ankommen, das Gewicht zu
bestimmen, welches an dem Punkte M hängt. Dieses besteht aus dem Gewichte der Kette von A bis M
und aus dem Gewichte der Brückenbahn sammt der zufälligen Belastung von C bis D.
Zur Bestimmung des Gewichtes der Kette sey in dem Punkte A die Querschnittsfläche der Kette = f,
welche der hier wirkenden Spannung der Kette H entspricht. In dem Punkte M erleidet die Kette
eine grössere Spannung und es sey die ihr entsprechende Querschnittsfläche an diesem Orte f'. Im
Punkte M wirkt aber die horizontale Kraft II und die senkrechte H. tang v, welche zusammengesetzt,
die mittlere = √ (H2 + H2. tang2 v) = geben. Sollen nun die Querschnittsflächen der mitt-
lern Spannkraft der Kette proportional seyn, so haben wir hiefür die Proportion f : f' = ,
woraus folgt. Der kubische Inhalt des Kettenelementes M m ist daher und wenn
g das Gewicht der kub. Einheit der Materie bezeichnet, das Gewicht desselben ; mithin das
Gewicht des Bogens A M = .
Ist auf gleiche Art F die Querschnittsfläche der belasteten Brückenbahn und G das Gewicht ihrer kubi-
schen Einheit, so ist, weil das Gewicht derselben der Länge C D = B M = y proportional ist, das
Gewicht der belasteten Brückenbahn = G. F . y. Es ist daher das von M getragene Gewicht
= G. F. y + . Die horizontale Spannung ist der oben angeführten Gleichung zu Folge
H = (F. G + f. g) r. Nach dem oben aufgestellten allgemeinen Gesetze erhalten wir daher für den
Stellungswinkel die Gleichung tang v = . Wird diese Gleichung differenzirt
und statt d s gesetzt, so ist H. d tang v = G. F. d y + . Weil aber = 1 + tang2 v
*)
Fig.
10.
Tab.
20.
ist, so ergibt sich durch diese Substitution in den letzten Ausdruck, d y =
und wenn statt H sein Werth (G. F + g. f) r gesetzt und G. F + g. f zum gemeinschaftlichen Fak-
tor gemacht wird, so erhält man auch d y = , oder wenn wir der Kürze wegen
setzen, d y = . Das Integral dieses Ausdruckes
ist y = . Arc. tang (. tang v). Weil aber d x = d y. tang v = ist, so
gibt das Integral dieses Ausdruckes für die Abscisse x = . log (1 + μ. tang2 v).
Da die transcendentale Form dieser Integralien nicht die nöthige Uibersicht dieses Gegenstandes
gewährt, und für die Anwendung zu unbequem ist, so finden wir es für angemessener, hier die
Annäherung durch die steigenden Potenzen von tang2 v zu wählen; welches um so mehr gesche-
hen kann, als tang v bei den englischen Kettenbrücken immer nur eine sehr kleine Grösse (bei der Me-
nai
brücke nur höchstens 0,331) ist, von welcher die höhern Potenzen noch kleiner werden. Diese kleinen
Grössen können wir in unserer Rechnung um so mehr vernachlässigen, als sie durch ihre Coeffizien-
ten noch mehr vermindert werden. Hiernach ist also d y = r. d tang v (1 — μ. tang2 v + μ2. tang4 v …)
Das Integral dieser Gleichung gibt für die Ordinate = tang v (I.)
Da aber d x = d y. tang v = r. tang v. d tang v (1 — μ. tang2v + μ2. tang4 v .....) ist, so erhalten wir durch
Integration für die Abscisse die Gleichung tang2 v (II.)
Wollte man für die Anwendung in den beiden Gleichungen für x und y sich bloss mit den ersten Glie-
dern begnügen und eine Gleichung zwischen x und y für die krumme Linie der Kette suchen, so wäre
y2 = r2. tang2 v und diese durch die zweite x = ½ r. tang2 v dividirt, gäbe y2 = 2 r. x, also eine Glei-
chung für die Parabel; mithin entsprechen die ersten Glieder in den Gleichungen I und II der Pa-
rabel und die folgenden geben die Abweichungen der eigentlichen Gleichgewichtslinie von der Parabel.
Für die Länge des Bogens ist d s = und weil = √ (1 + tang2 v) = 1 + ½ tang2v — ⅛ tang4v …
ist, so gibt die Multiplikation dieser Funktion mit jener für d y oben aufgestellten
= d tang v oder
= d tang v , welches integrirt für die
Länge des Bogens = tang v (III) gibt.
Wird die Gleichung I zum Quadrat erhoben und mit II dividirt, und hiebei die Glieder mit den 6ten
Potenzen von tang v als unbedeutend vernachlässigt, so erhalten wir
. tang2v + . tang4. v.
Nun gibt aber die Gleichung II durch Näherung tang2 v = und tang4 v = .
Diese Werthe in die letzte Gleichung gesetzt, geben (IV).
Wird auf gleiche Art die Gleichung III durch die Gleichung I dividirt und für tang2 v und tang4v
der Näherungswerth gesetzt, so erhält man die Gleichung s = y (V)
und wenn man hierin mittelst der Gleichung IV den Krümmungshalbmesser r eliminirt, so ist auch
s = y (VI).
*)
Um bei dieser Untersuchung von dem einfachsten Falle auszugehen, wollen wir zuerst annehmen,Fig.
11.
Tab.
20.

die Brücke besitze (nach dem Vorschlage des Cap. Brown) nur einen Pfeiler in ihrer Mit-
te
, über welchen die an beiden Ufern angehängten Ketten hinweggehen. Es sey demnach B O G
die horizontale Fahrbahn der Brücke, welche an den zwei Kettenbögen C B und C G auf die ge-
wöhnliche Art aufgehängt ist. Auf dem Pfeiler O C befinden sich bei C eine oder mehrere Rollen,
über welche die Ketten, wenn sie von einer Seite mehr als von der andern belastet werden, sich
frei hin- und herbewegen können. Vermöge der Gleichheit der beiden Brückenhälften müssen wir
annehmen, dass sie gleiche Maasse und gleiches Gewicht besitzen, demnach die Kettenbögen mit dem
Mittelpfeiler auch von beiden Seiten gleiche Winkel bilden. Es sey demnach der Winkel, den die
Kettenbögen C B und C G mit der horizontalen A C F im Punkte C bilden = v, das Gewicht einer
Brückenhälfte sammt Ketten = P und die horizontale Spannkraft in jedem Punkte der Kette = H. Eben
so sey die halbe Länge der Brücke B O = A C = A und der Pfeil des Bogeus A B oder die Höhe
des Punktes C über O = B. Nach §. 424 ist die horizontale Spannkraft der Ketten H = . Weil
aber die krumme Linie, welche die Ketten bilden, der Parabel sehr nahe kommt, so ist für den
Punkt C nach der bekannten Eigenschaft der Parabel tang v = ; daher für jede der gleichen Brücken-
hälften die horizontale Spannkraft H auch = (I). Die Länge des parabolischen Kettenbogens
für jede gleiche Brückenhälfte ist nach §. 425, Gleichung VI = A + (II).
Es werde nun das eine Brückenfeld B O nebst seinem eigenen Gewichte P noch mit der zu-
fälligen Last Z beschwert, welche wir auf der Länge B O gleichförmig vertheilt annehmen wollen.
Durch diese zufällige Belastung Z wird das Brückenfeld B O nothwendig herabgedrückt und die Kette
verlängert, dagegen aber das Brückenfeld G O gehoben und seine Kette verkürzt.
Es sey B E C der verlängerte Bogen des herabgedrückten Brückenfeldes, welcher wegen der
gleichförmigen Vertheilung der zufälligen Belastung Z abermal eine Parabel bilden wird, deren
Scheitel jedoch nicht mehr in B, sondern in dem tiefsten Punkte E auf der Entfernung A D = e seyn
wird. Eben so wird, wenn wir die Tiefe des Punktes E unter B = b setzen, die Grösse des Pfei-
les D E = B + b seyn.
Aus der gleichförmigen Vertheilung der gesammten Last P + Z über der Länge A C des herab-
gedrückten Brückenfeldes folgt, dass die Belastung P + Z des Bogens B E C sich zur Belastung des
Bogens C E verhält, wie A C : D C = A : A — e und dass also die Last, welche im Punkte C senk-
recht herabwirkt = (P + Z) ist. Hieraus ergibt sich, wenn wir in der obigen Gleichung I
statt P die Grösse (P + Z) , statt A die Grösse A — e und statt B die Grösse B + b set-
*)
Fig.
11.
Tab.
20.
zen, der durch die zufällige Belastung geänderte horizontale Zug in C = (III).
Wird auf gleiche Art in der Gleichung II, B + b statt B und A — e statt A geschrieben, so ist die Länge des
Bogens E C = A — e + , und eben so findet man die Länge des Bogens B E = e + ,
wenn e in der Gleichung II statt A, und b statt B gesetzt wird. Es ist demnach die Länge des geän-
derten Bogens B E C = B E + E C = A + (IV.)
Es sey nun von der andern Seite C w G der durch die Belastung Z des erstern Brückenfeldes
gespannte Bogen, so wird dieser abermal ein Theil einer Parabel C G K seyn, welche ihren Schei-
tel in K hat. Die Entfernung der beiden Scheitel F J sey = E und die Tiefe des neuen Scheitels K
unter dem ersten G sey = β, also der Pfeil der neuen Parabel J K = F G + β = B + β. Da der Bogen
C G mit dem Gewichte P belastet ist, so können wir auf gleiche Art wie zuvor die Belastung des
Bogens C K nach der Proportion C F : C J = A : A + E berechnen; folglich den senkrechten Druck,
welcher bei C durch den gespannten Bogen bewirkt wird = P setzen. Hiernach ergibt sich
nach der Gleichung I für den gehobenen Bogen der horizontale Zug in C = (V). Analog er-
gibt sich auch für den gespannten Bogen C K nach der Gleichung II die Länge des Bogens
C K = A + E + , und eben so die Länge des Bogens G K = E + , folglich die
Länge des gespannten Bogens C w G = C K — G K = A + (VI).
Um die weitern Rechnungen noch mehr abzukürzen, wollen wir statt der geänderten Brückenbö-
gen zwei andere Hülfsbögen substituiren, die mit den ursprünglichen gleiche
Spannweite und gleiche Belastung
, und mit den geänderten gleiche horizon-
tale Spannung und gleiche Bogenlänge
besitzen, damit auf solche Art an den Beding-
nissen des gleichen horizontalen Druckes und der gleichen Länge der Bögen nichts geändert werde.
Es sey daher C B' der Hülfsbogen, welcher statt des herabgedrückten B E C substituirt werden kann
und C G' der Hülfsbogen, der mit dem gespannten C w G gleichbedeutend ist.
Der Scheitel des ersten Hülfsbogens C B' sey in B' auf der Entfernung B B' = p unter B, also
sein Pfeil A B' = B + p, und der Scheitel des zweiten Hülfsbogens C G' befinde sich über G auf
der Höhe G G' = q, daher sein Pfeil B — q. Analog mit der Gleichung I findet man für den Hülfs-
bogen C B' die horizontale Spannung = (VII), welche demnach = (P + Z)
seyn muss. Werden nun in dieser Gleichung beide Glieder mit multiplizirt, so ist ,
und wenn man , und als sehr kleine Grössen behandelt, von welchen die zwei-
ten und höhern Potenzen vernachlässigt werden können, so erhält man
1 — = 1 — , sonach . Auf gleiche Art findet man nach der Gleichung II
die Länge des Bogens C B' = A + (VIII), welche = A + aus IV seyn
muss. Wird diese Gleichung abgekürzt und mit multiplizirt, so findet man
oder auch sehr nahe
, woraus auch 2 folgt.
Wird in der letzten Gleichung für der oben gefundene Werth gesetzt, so erhält sie die
*)
Form , und beiderseits die Wurzel gezogen, folgt sehrFig.
11.
Tab.
20.

nahe ⅞ (p — b) = b, mithin b = 7/15 p.
Führen wir für den 2ten Hülfsbogen C G' dieselbe Rechnung aus, so ist nach der Gleichung I
seine horizontale Spannung = (IX), welche auch = seyn muss. Diese Glei-
chung mit multiplizirt gibt oder sehr nahe 1 + = 1 + ,
mithin . Es ist aber auch die Länge des Bogens C G' nach der Gleichung II =
= A + (X), welche = A + aus VI seyn muss. Diese Gleichung mit
multiplizirt, gibt , oder weil
, und sehr kleine Grössen sind, auch sehr nahe
und abgekürzt 2 . In dieser
Gleichung für den oben gefundenen Werth gesetzt, ist
und beiderseits die Wurzel gezogen sehr nahe, folglich β = 7 q.
Wir können nunmehr das Einsinken der einen Brückenhälfte, welches von der darauf gebrachten
zufälligen Last Z bewirkt wird, auf folgende Art berechnen:
Die horizontale Zugkraft des herabgedrückten Bogens in VII oder muss offenbar dem hori-
zontalen Zuge des gehobenen Bogens in IX oder das Gleichgewicht halten, und zugleich den
Widerstand der Reibung überwältigen, der auf den Rollen in C der Bewegung entgegensteht. Die
Rollen werden aber von der einen Seite mit der Last P + Z und von der andern Seite mit P senk-
recht gedrückt, wir können den Widerstand der Reibung dem mten Theile der gesammten Last oder
= m (2 P + Z) setzen. Für den Zustand des Gleichgewichtes erhalten wir daher die Gleichung
= + m (2 P + Z) (XI).
Da nun die Länge der Kettenbögen für die belastete und unbelastete Brücke dieselbe bleibt,
so ist die Summe der Ausdrücke VIII und X die ganze Länge der Kette für die belastete Brücke
den beiden Bögen BC und C G gleich, welches die Gleichung
gibt, woraus sich leicht die Glei-
chung (B + p)2 + (B — q)2 = 2 B2 oder = 2 ableiten lässt, welche mit
Vernachlässigung der zweiten Potenzen von und den Werth p = q gibt, d. h. das Einsinken
p des einen Hülfsbogens ist dem Aufsteigen q des andern gleich
.
Werden noch in der Gleichung XI alle Glieder mit multiplizirt, so
ist auch (P + Z) (1 — ) = P (1 + ) + (2 P + Z) (1 + ). Wird hierin
statt q der gefundene Werth p gesetzt, und die Gleichung gehörig reduzirt, so ergibt sich
, und weil b = 7/15 p gefunden wurde, so beträgt das wirkliche Einsinken des
belasteten Brückenfeldes .
*)
Genauer wird obige Rechnung auf folgende Art gemacht: Es sey der Bogen m a = s und a e = d s,Fig.
22.

der Winkel m c a = φ und a c e = d φ; die Kraft, welche zur Bewegung des Seiles in a erfordert
wird, sey P und jene in e sey P'. Aus der im Texte angeführten Zerlegung der Kräfte folgt
, weil aber , so ist auch P' = P (1 + m . d φ). Der Unter-
schied der Kraft, welche in den Punkten a und e erfordert wird, ist daher P' — P = P . m . d φ
und diess muss = d P seyn. Diess gibt
Das Integrale hievon ist nat. log. P = m . φ + Const. Ist φ = 0, so ist P = Q, also
nat. log. Q = 0 + Const, und daher nat. log. P — nat. log. Q = m . φ oder
nat. log. = m . φ . nat. log. e, hieraus folgt e und P = Q . e m . φ.
Ist nun φ = 0, so ist P = Q. Für den Viertel Kreis ist , also ; für
den halben Kreis ist φ = π, also ; für drei Viertheile des Kreises ist φ = 1,5 π
also u. s. w. Setzt man π = 3,14159, so erhalten wir für das im Texte aufgelösste
  • Beispiel jedesmal die erforderliche Kraft, wenn
    das Seil 1 Peripherie umschlingt = Q . 2,193, wenn das Seil 3 Peripherien umschlingt = Q . 10,551,
    „ „ 2 „ „ = Q . 4,810, „ „ 4 „ „ = Q . 23,141.

Diese Werthe stimmen mit den obigen nahe überein.
*)
Nach den Gesetzen der Differenzialrechnung wird der Raum d S in einer unendlich kleinen Zeit d t
erhalten, wenn die Geschwindigkeit 2 g . t, womit sich der Körper bewegt, mit d t multiplicirt
wird, indem in der unendlich kleinen Zeit keine Beschleunigung eintritt, also ist d S = 2 g . t . d t.
Das Integral hievon ist S = g . t2, wo keine beständige Grösse beizusetzen kommt, weil für t = 0
der Raum S verschwindet.
*)
Fig.
21.
Tab.
28.
Auf eine allgemeine Art würde der Gegenstand der Frage über die Bewegung mittelst
Krummzapfen
so zu behandeln seyn: Es sey der Halbmesser des Rades A C = a, jener der
Welle B C = b, der Winkel A C M, welchen Kraft und Last in der Zeit t um den Mittelpunkt C be-
schrieben haben, sey = w. Demnach ist der Raum A M, den die Kraft in der Peripherie des Kreises
in der Zeit t zurückgelegt hat = a . w, und eben so ist der Raum der Last in derselben Zeit = b . w;
folglich ist die Geschwindigkeit, womit sich der Punkt M nach der Richtung des Kreises bewegt
und eben so ist die Geschwindigkeit der Last Q oder . Weil aber
die menschliche Kraft sich nur nach der horizontalen Richtung M o äussert, so müssen wir in der
Kraftformel für v die Grösse . Sin w setzen; wir erhalten
daher . Die Kraft wirkt in der horizontalen Richtung M o mit dem Hebelsarme
M E = a . Sin w, also ist das statische Moment derselben a . Sin w. Das sta-
tische Moment der Last bleibt = Q . b; wir haben also für den Fall der Uiberwucht des Momentes
der Kraft über das Moment der Last k . a Sin w — Q . b = a (q + p) (I), wo q
auf die Vermehrung der Geschwindigkeit der Last Q und p auf die Vermehrung der Geschwindig-
keit des Schwungrades verwendet wird. Aus dem Gesetze, dass die Wirkungen den Kräften, von
welchen sie bewirkt werden, proportional sind, folgt die Proportion: die Last Q durch sich selbst
bewegt, würde in der Zeit d t die Geschwindigkeit 2 g . d t erlangen; nun wird sie aber durch die
*)
Kraft bewegt und erhält die Geschwindigkeit oderFig.
21.
Tab.
28.

. Weil aber , so erhalten wir ,
woraus (II).
Auf gleiche Art ist für die Beschleunigung des Schwungrades M : 2 g . d t =
; da nun , so ist auch , folglich
, also (III). Diese zwei Gleichungen addirt geben
(p + q) a . d w . Wird statt (p + q) a der oben angegebene Werth
gesetzt, so ist Sin w . d w — b . Q . d w (IV).
Um das vollständige Integral dieser Gleichung zu finden, ist zu bemerken, dass die Beschleunigung
bei dem Anfange der Bewegung verschwindet, und dass daselbst die Geschwindigheit, welche wir
allgemein = v gesetzt haben, im Punkte A = der mittlern, die wir mit V bezeichnen, seyn muss.
Das Integrale dieser Gleichung ist daher
k . 2 a (1 — Cos w) — — b . Q . w =
. Wir erhalten hieraus
.
In diesem Ausdrucke ist die Geschwindigkeitshöhe in A bei dem Anfange der Beschleunigung,
die folgenden Glieder enthalten sowohl die Beschleunigung als Verzögerung und man sieht daraus, dass
dieselbe um so kleiner werde, je kleiner der Coeffizient ist. Weil k, Q, a und b gewöhn-
lich gegeben sind, so kommt es vorzüglich darauf an, das Bewegungsmoment M . f2 gegen k . a2 sehr
gross zu machen, wenn die Bewegung möglichst gleichförmig werden soll. Da nun in diesem
Falle
der Unterschied v — V sehr klein wird, demnach der Ausdruck für die noch weitere Ungleich-
förmigkeit dieser Beschleunigung, wo d v vorkommt, gegen die übrigen Grössen vernachlässigt wer-
den kann, so haben wir nur die Gleichung
zu
betrachten, woraus wir nun zuerst die Gleichung für den Beharrungszustand der Ma-
schine
, dann die Beschleunigung und Verzögerung der Bewegung ableiten können.
Die vorstehende Gleichung ist eigentlich nur für den Zustand der Maschine, wo die Kraft schiebt,
berechnet, sie beschränkt sich daher bis zu w = π, oder bis eine halbe Umdrehung vollendet ist.
Hierauf wirkt diese Kraft zurückziehend und da wir diese der erstern gleich annehmen, so findet auch
für die zweite halbe Peripherie dieselbe Gleichung wieder statt. Beim Beharrungsstande der
Maschine wird vorausgesetzt, dass an denselben Punkten immer wieder dieselbe Geschwindigkeit ein-
tritt. Daraus folgt, dass die Geschwindigkeit V, welche anfangs statt fand, auch naeh 180 Grad
wiederkehre; in diesem Falle ist also v = V und wenn wir w = π setzen, so haben wir für den
Beharrungsstand oder . Diese
*)
Fig.
21.
Tab.
28.
Gleichung zeigt, dass die Kraft k mit dem Raume 2 a und mit dem Coeffizienten mul-
tiplicht = der Last Q multiplicirt mit ihrem Raume b . π sey. Geht das Schwungrad mit der mitt-
lern Geschwindigkeit V = c der Kraft herum, so ist 2 a . k (2 — 11/14) = b . Q . 22/7 oder
a . k . 17 = Q . b . 22, wogegen bei der Winde a . k = Q . b ist; es gehen also 5/22 der Kraft bei
dem Krummzapfen in dem Falle verloren, wenn er mit der mittlern Geschwin-
digkeit der menschlichen Kraft bewegt wird
. Uiberhaupt ist ;
daraus sieht man, dass die Kraft sich um so mehr anstrengen müsse, je grösser das Verhältniss
angenommen wird, oder je schneller die Maschine umgedreht werden soll. Die Bestimmung des vor-
theilhaftesten Werthes von v zur Bewirkung des grössten Effektes ist im Texte §. 526 enthalten.
Wird in dem obigen Integrale v = c gesetzt, oder die Kurbel mit der mittlern Geschwindig-
keit der Kraft herumgetrieben, so ist für den Beharrungsstand
. Weil v = V, wenn w = 180 = π,
so ist für den Beharrungsstand ; dieselbe Gleichung findet aber auch
statt, wenn wir statt w nur 90 Grad setzen, denn in diesem Falle ist ,
oder wenn mit 2 multiplicirt wird, ; folglich kehrt auch am Ende des
ersten Quadranten die Geschwindigkeit, welche zu Anfang der Bewegung vorhanden war, zurück.
Dasselbe lässt sich für den dritten Quadranten zeigen; also findet dieselbe Geschwindigkeit viermal
in der Peripherie statt, nämlich bei w = 0, , w = π, w = 3/2 π, dann w = 2 π .....
Die Maximen und Minimen finden statt, wenn in der obigen allgemeinen Differenzial-
gleichung IV das gesetzt wird, oder wenn
ist, Setzt man hier v = V = c, so ist
. Das zweite Differenzial hievon ist
2 d w . Cos w — 2 Sin w . d w . Cos w = 2 d w . Cos w (1 — Sin w). Weil Sin w immer klei-
ner als 1, folglich 1 — Sin w eine positive Grösse ist, so wird der Fall des Maximum oder Mi-
nimum nur aus dem Cosinus bestimmt. Ist nämlich w kleiner als 90 Grad, so ist der Cosinus po-
sitiv, folglich die Geschwindigkeit ein Minimum; ist aber w grösser als 90 Grad, so ist Cos w ne-
gativ, folglich die Geschwindigkeit ein Maximum.
Für den Beharrungsstand haben wir v = c angenommen und es war
oder , also haben wir für den Fall des Maximum 2 Sin w — Sin2,
woraus Sin w = 1 ± √ 5/22. Hier kann nur — √ statt finden, weil der Sinus nie grösser als 1
werden kann, demnach ist Sin w = 1 — √ 5/22 = 0,5233; hiezu gehört w = 31° 33Min. und
w = 148° 27Min.
Im ersten Falle ist der Cos w positiv, folglich gibt die obige Gleichung ein Minimum; im
zweiten Falle ist der Cos w negativ, wir haben daher ein Maximum. Man sieht hieraus, dass die
*)
Bewegung von w = 0 bis w = 31° 33Min.verzögert wird, bei diesem Winkel am kleinsten ist,Fig.
21.
Tab.
28.

hierauf beschleunigt wird, bei w = 90° zur ursprünglichen Geschwindigkeit zurückkehrt, und
bei der fortwährenden Beschleunigung bei w = 148° 27Min. am grössten wird; von da aus wird sie
wieder verzögert, kehrt bei 180° zur ursprünglichen Geschwindigkeit zurück u. s. w.
Die wirkliche Grösse der grössten und kleinsten Geschwindigkeit ergibt sich aus der Gleichung
. Setzt man
hier im letzten Gliede v = c und statt den im Beharrungszustande gefundenen Werth
, so ist . Setzt man hier
w = 31° 33Min. und π = 22/7, so ist .
Wird aber w = 148° 27Min. gesetzt, so ist .
*)
Mit Differenzialrechnung wird der Widerstand konischer Räder auf folgende Art berechnet:
Fig.
11.
Es sey der mittlere Halbmesser des konischen Rades C B = A, der äussere Halbmesser A G = A + e,
der innere D H = A — e, der Halbmesser M m auf der Entfernung x von der Mitte, ,
C m = x, die Breite der Schiene A D = b. Bei jeder Umdrehung legt
der Punkt B in der Mitte der Schiene den Weg 2 A. π zurück. In derselben Zeit muss der äussere
Rand G, wegen des festen Zusammenhanges der Theile des Rades den Raum 2 π (A + e)
und der innere H den Raum 2 π (A — e) zurücklegen. Der Punkt G wird demnach bei jeder Um-
drehung um den Raum 2 π. e zurückgehalten, und der innere H um den Raum 2 π. e fortgeschoben,
woraus eine Reibung entsteht. Auf gleiche Art legt der Punkt M in der Zeit einer Umdrehung den
Raum 2 π. y = 2 π zurück, und wird also um den Raum 2 π . fortgeschoben.
Da die Last Q auf der ganzen Fläche der Felge 2 π. A. b zu liegen kommt, so liegt auf der Fläche
2 π. . d x die Last . d x. Daraus entsteht die Reibung .
Demnach beträgt der Reibungswiderstand von B bis M die Grösse und für die halbe
Breite des Rades = M. . Eben so gross ist die Reibung von B bis G, also die Reibung für das ganze
Rad = ; oder das Rad wird an der Strasse von dem Widerstande aufgehalten. Da
e = tang α, so ist derselbe Widerstand auch = ; derselbe ist demnach 1tens der Last Q,
2tens der Breite der Schiene b, 3tens der Tangente des Neigungswinkels α, und 4tens umgekehrt dem Durch-
messer des Rades 2 A proportional.
Dieselbe Art des Widerstandes findet auch auf runden, oder an beiden Kanten sehr
Fig.
12.
abgewetzten Radfelgen statt. Die Punkte B und M beschreiben in derselben Zeit die Räume
2 π. A, und 2 π (A — B C) also wird der Punkt M bei jeder Umdrehung des Rades auf den Raum
2 π. B C fortgeschleppt. Auf dem Element M N = 2 π. B C. d x kommt nach und nach und zwar eben
so wie auf 2 π. A. b die Last Q, demnach auf 2 π. B C. d x die Last zu liegen. Daraus
entsteht die Reibung . Setzen wir die krumme Linie B M H parabolisch oder
C B : E B = C M2 : E H2 oder C B : e = x2 : , also C B = demnach
oder für x = ½ b = M. . Auf der andern Seite ist der Widerstand eben so gross,
also der gesammte Widerstand des Rades = .
*)
Wir erhalten demnach
1tens in Beziehung auf
2tens in Beziehung auf
3tens in Beziehung auf x ....
*)
Aus der Verbindung der ersten zwei Gleichungen folgt, wie bereits in der Note Seite 51 be-
merkt worden . Die Substitution dieses Werthes in den beiden übrigen Gleichungen gibt
und .
Wird hier die obere Gleichung von der untern abgezogen, so bleibt
. Diese Gleichung zur 2ten Potenz erho-
ben und der Werth in die nächst vorhergehende substituirt gibt
.
Werden in dieser Gleichung die angezeigten Rechmungsoperationen verrichtet, die ganze Gleichung
mit multiplicirt und sodann nach den Potenzen von geordnet, so erhält man
woraus das Verhältniss der Steigung x oder gefunden werden kann, wenn m, W, P und k gegeben sind.
*)
Seit mehreren Jahren werden von den k. k. Provinzial-Strassenbau-Directionen Ausweise verfasst,
wie viel die Unterhaltung einer Meile Strasse von 4000 Wiener-Klafter Länge jähr-
lichbetrage
; unter diesen Kosten sind die Auslagen für die Strassenbau-Direction und sämmt-
liche bei den Strassen angestellte Beamte und zeitweilig oder tagweise verwendete Personen, die Aus-
lagen für das Beschotterungs-Materiale und die Einräumung desselben, für die Unterhaltung aller
Brücken, Kanäle und andere zu den k. k. Strassen gehörigen Werke und alle andern Auslagen jeder
Art begriffen, die in diesem Jahre dem k. k. Strassenfonde zufallen, mit blosser Ausnahme jener
Auslagen, welche die neue Herstellung einer Strasse oder die Umbauung einer schon be-
stehenden Strasse betreffen. Die Ausweise haben für nachstehende 4 Jahre folgende Resultate geliefert:
Die Breite dieser Strassen ist zwar sehr ungleich, kann aber im Durchschnitte mit fünf N. Oe.
Klafter angenommen werden.

Dieses Werk ist gemeinfrei.


Rechtsinhaber*in
Kolimo+

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2025). Collection 3. Handbuch der Mechanik. Handbuch der Mechanik. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bp5g.0