D. Georg Henning
Behrens Physici Subordinati
zu Nordhauſen
Hercinia Curiosa od’ Curieuser Hartz
Ward das iſt Beſchreibung derer Curieusen an
und auf dem Harß gelegenen Holen
Seen Hergen u. andern daſelbſt an
zutreffende Curioſitæten.
Nordhauſen
Beij Carl Chriſtian Neuenhahn Buchänd:
[]
oder
Curiöſer
Hartz-Wald/
Sonderbahre
Beſchreibung und Verzeichnis
Derer Curiöſen
Hoͤlen/ Seen/ Brunnen/ Bergen/
und
vielen andern an- und auff dem Hartz vorhandenen
Denckwuͤrdigen Sachen
mit unterſchiedenen Nuͤtzlichen und Ergetzlichen
Mediciniſchen/Phyſicaliſchen undHiſtoriſchen
Anmerckungen
denen
Liebhabern ſolcher Curioſitaͤten
zur Luſt
von
D. GEORG HENNING BEHRENS,
Phyſico Ordin. Subordin.in Nordhauſen.
NORDHAUSER: /
Verlegts Carl Chriſtian Neuenhahn/ Buch-Haͤndler.
1703.
[][]
Vorrede.
Geehrter Leſer.
NAchdem ich den Welt-beruͤhm-
ten Edlen Hartz/ ingleichen die
um denſelben liegende herrliche
Landſchafften von Jugend auf/
nunmehro bey die 30 Jahr/ zum
oͤftern durchgereiſet und darin-
nen an unterſchiedenen Orten
viele ſonderliche Wunder-Wer-
cke der Natur und wunderbahre Meiſter-Stuͤcke der
ihr nachahmenden Kunſt/ mit andern ſeltzamen und
denckwuͤrdigen Sachen angetroffen; ſo habe nicht
ermangelt/ ſolche Curioſitaͤten nach und nach zu
)( 2anno-
[]annotiren/ auch derſelben Verzeichnis und Beſchrei-
bung mit unterſchiedenen nuͤtzlichen und ergetzlichen
Anmerckungen anietzo der Curiöſen Welt/ durch oͤf-
fentlichen Druck/ mitzutheilen. Die Urſachen aber
ſo mich hierzu bewogen/ ſind unter andern: erſtlich/
die Ehre GOttes dadurch zu vermehren: indem ein
ieder verſtaͤndiger Menſch bekennen muß/ wie die na-
tuͤrlichen Wunder kraͤftig bezeuͤgen/ daß ein GOtt
ſey und derſelbe HERR aller Creaturen damit ſeine
Allmacht/ Kunſt und Weisheit genugſam anzeige.
Hiernechſt iſt ſolches geſchehen/ diejenigen/ welche
aus Curioſitaͤt den Hartz mit denen angraͤntzenden
Oertern in Augenſchein nehmen wollen/ zu unter-
richten: was vor Curioſa daſelbſt eigentlich vorhan-
den ſind/ maſſen ich wahrgenommen/ daß zu Zeiten
etlichen weit darnach gereiſeten Perſonen aus Man-
gel eines Berichts nicht der dritte Theil davon gezei-
get worden. Ferner habe ich daſſelbe denen Curioſis
zu Gefallen gethan/ ſo Ambts- und anderer Verhinde-
rung wegen nicht vermoͤgen dergleichen/ wie gerne ſie
auch wolten/ in Augen-Schein zu nehmen/ damit
dieſelben zu ihren Vergnuͤgen auch von denjenigen
einige Nachricht bekommen moͤchten/ welches die vor-
gedachten mit Unkoſten/ Muͤhe und Gefahr geſehen
haben. Endlich hat das Verlangen des Herrn Ver-
legers und anderer guter Freunde viel darzu geholf-
fen/ als welche mich erſuchet/ ie eher ie lieber/ dieſes
Buch heraus zu geben/ und zwar in Teuͤtſcher/ und
nicht in Lateiniſcher Sprache/ in welcher ſolches vor-
hero
[] hero von mir concipiret oder aufgeſetzet worden/ da-
mit ſich deſſelben auch die ungelehrte Curioſi bedie-
nen koͤnten. Hieraus beliebe der geneigte Leſer meine
gute Intention zu erſehen/ und dieſerwegen ſich mei-
ne/ ob ſchon geringe doch wohl gemeinte/ Arbeit ge-
fallen zu laſſen. Erhalte ich nun von demſelben dieſe
Bitte/ ſo will davor dienſtlich dancken/ wiedrigen
Falls/ wenn etwa ein ungebethener Splitter-Richter
davon ein unzeitiges Urtheil faͤllen wolte/ man mich
nicht verdencken wird/ daß ich daraus ſchlieſſe: wie
ein ſolcher Kluͤgling mein Anagrammatiſcher Die-
ner/ das iſt/ Neider/ derer ich wiſſentlich viel habe/
ſey/ oder mit nichten unter die Zahl derer Curieuſen
Perſonen gehoͤre/ als welche dergleichen angenehme
Materien nicht verwerfen/ und koͤnte ich davon viel
Weſens mit Ruͤhmen und Loben machen/ wenn der
Pralerey zugethan/ und ſolches von Noͤthen waͤre/
derohalben ich die uͤberfluͤßige Recommendation ge-
ſparet/ verhoffende: daß das Werck ſich ſelber loben
werde/ maſſen darinnen viele Curieuſe Sachen ent-
halten ſind/ die man entweder bey denen Autoribus
gar nicht oder doch auf eine andere Art beſchrieben/
antrifft/ ſolte aber uͤber alles Vermuthen einem Cu-
rioſo das Buch in etlichen Stuͤcken etwas unvoll-
kommen vorkommen/ und demſelben nicht alle ver-
langte Satisfaction geben/ ſo wird Er ſolches mit
denjenigen/ was ich zu Ende deſſelben angefuͤhret/
entſchuldigen/ und ſich damit begnuͤgen laſſen/ daß
ich vor ietzo die Fuͤrnehmſten und Merckwuͤrdigſten
)( 3an-
[] an- und auff dem Hartz vorhandenen Curioſitaͤten
erzehlet und beſchrieben habe. Sonſt wolle der wohl-
meinende Leſer ſich daran nicht aͤrgern/ daß im An-
fange des Titel-Blats HERCYNIA mit einem Y ge-
drucket worden/ denn ob ſchon Prætorius in der Be-
ſchreibung des Blocks-Berges part. 1. cap. \& §. 2.
pag. 38. den Thalium dieſerwegen tadeln und vorge-
ben will/ wie derſelbe unrecht daran gethan/ daß er
in ſeiner ſo genandten Sylvâ Hercyniâ gedachtes
Wort nicht mit einem i geſchrieben habe/ ſo werde
ich mich doch weniger als nichts daran kehren/ indem
von denen Alten Lateiniſchen Scriptoribus Hercynia
mit einem y geſchrieben worden/ nicht deswegen/ daß
das y ein Lateiniſcher Buchſtabe ſey/ denn ſolches
die Alten ſo gut und noch wohl beſſer als diejenigen/
die ſolche Art zu ſchreiben verwerffen/ gewuſt/ ſon-
dern es haben dieſelbe ſolches gethan/ damit anzu-
zeigen/ daß Hercynia von dem Griechiſchen herruͤh-
re/ und in ſolcher Sprache [...] genennet wer-
de. Jm uͤbrigen wird die Gunſt des Leſers die
Druck- und andere Fehler entſchuldigen/ wovor ich
demſelben alles Vergnuͤgen wuͤntſche/ und ihn ſchließ-
lich in GOttes Schutz/ mich aber in deſſen beharrliche
Affection befehle.
I. N. J.
I. N. J.
Das I Capitel
von
denen Curieuſen Hoͤhlen an und auf dem
Hartz und zwar
I.
von
der Vaumans-Hoͤle.
JCh mache billich von dieſem Wunder-wuͤrdigen
Wercke und Meiſter-Stuͤck der Natur den Anfang;
weilen ſolche Hoͤle alle andere an und auf dem Hartz
gelegene/ mit ihrer Groͤſſe/ Vielheit derer Gruͤften
und darinnen befindlichen Raritaͤten/ uͤbertrifft/ und
dieſer wegen von denenſelben von langen Jahren und Menſchen Ge-
dencken an/ die allerberuͤhmteſte geweſen/ und noch iſt/ auch wol blei-
ben wird/ und dieſes iſt die Urſache/ daß iederzeit viele/ ſo wohl von
hohen Standes Perſonen als andern vornehmen und gemeinen Leuͤ-
then/ ſich in dieſelbe aus Curioſitaͤt begeben haben; wie man denn
wenig recht curieuſe Gemuͤther/ ſo wohl in denen angraͤntzenden als
auch zimlich weit abgelegenen Landen/ antreffen wird/ die da nicht
ſolten derſelben zu Gefallen dahin gereiſet ſeyn/ oder ſelbige im
AVorbey-
[2]Das I Capitel
Vorbey-Reiſen in Augen-Schein genommen haben: waͤre aber
ſolches nicht geſchehen/ indem ſie keine Zeit und Vermoͤgen zu reiſen
gehabt/ oder ſind durch andere Urſachen daran verhindert worden/
ſo verſichere: daß ſie doch zum wenigſten von ſolcher Curioſitaͤt-
Kammer der Natur Wiſſenſchafft haben werden/ und ſolches dahero:
daß ihnen entweder von andern ſolches rares Werck der Natur er-
zehlet worden/ oder ſie davon in unterſchiedenen Autoribus oder
Buͤchern geleſen haben; maſſen dieſe ſehr curieuſe Hoͤle/ als das
Geruͤchte von ihr weit und breit erſchollen/ auch denen frembden Na-
tionen/ als Engellaͤndern/ Italiaͤnern und andern auslaͤndiſchen
Voͤlckern bekand worden/ und bey ihnen in ſolchen Beruff kommen/
daß ſie auch dieſelbe gewuͤrdiget/ ihrer in ihren Schriften ruͤhmlich zu
gedencken; wie bey dem Henrico Oldenburgio, als Secretario
der vortreflichen und hochberuͤhmten Koͤniglichen Societaͤt in En-
gelland/ in denen von ihm heraus gegebenen Actis Philoſophicis
von gedachter hochloͤblichen Societaͤt/ und zwar in denen Actis des
Monats Septembris Ao. 1668 pag. m. 647 ingleichen bey dem be-
ruͤhmten Athanaſio Kirchero in ſeinen Scriptis, inſonderheit in ſei-
nem ſo genandten mundo ſubterraneo tom. 2 ſect. 2 libr. 8 cap. 5
\& 6 fol. 60 \& ſeq. wie auch bey dem Olao Wormio Tollio und
vielen andern auslaͤndiſchen Scribenten mehr zu erſehen iſt; welches
denn auch dieſe ſchauwuͤrdige Hoͤle wegen ihrer vielen Curioſitaͤten
und natuͤrlichen Wunder-Arbeiten wohl verdienet/ und deswegen
ſicherlich werth iſt: daß man ferner davon melde/ und ſelbiger ei-
gentliche Beſchaffenheit der gelehrten und curieuſen Welt noch
mehr kund mache. Es ſcheinet zwar/ als ob der Hochwohlgebohrne
Herr Johann Weichhardt Valvasor, Frey-Herr von Gallnegkh, in
ſeinen in vier Tomos getheilten und mit vielen herrlichen Kupfer-
Stuͤcken gezierten ſchoͤnen Wercke/ die Ehre des Herzogthums
Crain genandt/ dem dieſer Hoͤlen rechtmaͤßig zukommenden Lobe
viel entziehen/ und ſelbiges alſo ziemlich verdunckeln wolle/ indem er
nicht allein lib. 2 cap. 68 Tom. I fol. 278 in genere oder ins gemein
die inner-Craineriſchen Grotten oder Hoͤlen andern frembden weit
vorziehet/ ſondern auch in ſpecie und inſonderheit ſaget: daß unter
andern
[3]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz
andern ſo wohl die am innern Crain unter Lueg, als einem der Hoch-
Graͤfflichen Khobenzelſchen Familie zugehoͤrigen und auf Craine-
riſch Iamma genandten Schloſſe/ befindliche und von Herr D. Lud-
wig Schoͤnleben in Apparatu Carniolæ Antiquæ cap 4 §. 5 fol. 123
beſchriebene Hoͤlen/ wie auch die in gedachtem Lande bey dem Fuͤrſt-
lichen Auerſpergiſchen Schloſſe Adlersberg oder Adelſperg/ an der
Poick zwiſchen Laybach und S. Veit am Pflaum gelegene Grotte/ die
Baumans-Hoͤle an curienſen Raritaͤten weit uͤbertreffe/ und nicht
daran hindere/ daß die Braunſchweigiſche und Luͤneburgiſche Topo-
graphia Matthæi Merians fol. 31 \& 36 dieſelbe vor unvergleichlich
ausſtreiche/ und vorgebe: es werde in keiner Hiſtoriſchen Schrifft von
dergleichen geleſen/ ſey auch wol nirgends auf dem Erd-Boden der-
gleichen eine mehr anzutreffen; maſſen ſolches mit der Wahrheit nicht
uͤbereinkaͤme/ weilen er die Baumans-Hoͤle auch vormals geſehen
habe/ und alſo den Unterſcheid unter dieſer Hoͤhle und vorgemeldeten
Craineriſchen Grotten am beſten wuͤſte/ welchen ebenfals ein Engel-
laͤnder und zwey Hollaͤnder/ als wohl gereiſete Perſonen/ bekennen
muͤſſen: Denn als er ſelbigen vorgedachte Craineriſche Hoͤlen ge-
zeiget/ haͤtten ſie ſich nicht genugſam daruͤber verwundern koͤnnen/
und verſichert: daß ihnen zwar niemahls eine Hoͤle zu Augen kom-
men/ welche uͤber die Baumans-Hoͤle waͤre/ dieſe zwey aber giengen
weit daruͤber; aus dieſen Urſachen haͤlt nun wohlgemeldeter Herr
Baron Valvaſor in vor angezogenen Tomo lib. 4 cap. 7 fol. 519
ſonderlich die Grotte bey Lueg fuͤr eine Fuͤrſtin unter allen andern
Hoͤlen: die werth ſey/ daß ſie den Thron vor denenſelben einnehme;
Ob ich nun ſchon geſtehen muß/ daß beſagte Craineriſche Hoͤlen/ ſo
wohl der Beſchreibung als der durch Kupfer-Stuͤcke geſchehenen
Vorſtellungen nach/ Preis- und Verwunderns-wuͤrdig ſind/
auch nicht kan geleugnet werden/ daß der Autor vor gemeldeter To-
pographiæ nicht ſolte geirret haben/ und in etwas zu weit gegangen
ſeyn; uͤber das man ebenfals etlichen andern gerne zugiebet: wie in der
Baumans-Hoͤle bey weiten nicht mehr ſo viel bewegliche Curioſa als
vor Alters anzutreffen ſind; indem die jaͤhrlich haͤuffig ankommende
curieuſe Beſucher/ von Jahren zu Jahren/ davon vieles zum An-
A 2dencken
[4]Das I Capitel
dencken mitgenommen haben/ auch ſelbige Hoͤle oftmahls gar von
ungewaſchenen Haͤnden und Dieben alſo beſtohlen worden/ daß auch
dahero/ zu Verhuͤtung weiteren Ruins/ der Eingang zu derſelben
mit einer verſchloſſenen Thuͤr hat muͤſſen verwahret werden; den-
noch kan ich mit gutem Fug und Recht dieſelbe vor eine Fuͤrſtin aller
hier zu Lande auch anderer weit herum gelegenen Hoͤlen halten/ und
befindet ſich noch in ſolchem Stande/ daß ſie meritiret/ von curieu-
ſen Perſonen beſehen zu werden; maſſen dieſelbe einem ieden Lieb-
haber derer Curioſitaͤten leichtlich/ mit ihren Wunder-Spielen der
Natur/ alles verlangte Vergnuͤgen und Satisfaction geben wird/
wenn er in dieſelbe gelanget. Es lieget aber die Baumans-Hoͤle
auf dem Unter-Hartz/ und zwar in der alten Graffſchaft Reinſtein:
Nahe bey derſelben gegen Mittag befindet ſich das ſo genandte Ruͤ-
beland/ mit denen an der Bode/ als einen beruͤhmten Hartz-Fluß/
erbaueten Eiſen-Huͤtten und Haͤmmern: Mitternacht-werts iſt
die Stadt und Schloß Blancken-Burg; gegen Abend aber/ das
Ambt und Stadt Elbingerode oder Eligerode gelegen/ aus welcher
Stadt der ſelige Magiſter Heinricus Eckſtormius, weiland Rector,
Prior und Paſtor in Walckenrieth buͤrtig geweſen: liegt alſo die
Hoͤle zwiſchen Blanckenburg und Elbingerode/ und zwar/ einiger
Vorgeben nach/ recht mitten zwiſchen vorgemeldeten Staͤdten/ alſo/
daß man von einem der vor beſagten Oerter ſo weit als von dem an-
dern zu der Hoͤle zu gehen habe; welches ich dahin geſtellet ſeyn laſſe/
weilen ich ſolches nicht gemeſſen habe/ das kan ich aber wohl ſagen:
daß mir der Weg von Blanckenburg biß dahin ziemlich laͤnger vor-
kommen ſey/ wenn ich denſelben gereiſet/ als derjenige/ der von El-
bingerode zur Hoͤle fuͤhret: gegen Morgen findet man nahe bey der
Hoͤle keinen bewohnten Ort; ſondern es iſt daſelbſt nuhr ein Theil
des Hartz-Waldes zu ſehen: Den Nahmen anbetreffend/ wird
dieſe Hoͤle einig und allein die Baumans-Hoͤle/ und von denen
Landes-Einwohnern/ ihrer ziemlich platten Nieder-Saͤchſiſchen
Sprache nach/ die Bumans-Hoͤle geheiſſen/ auſſer welchen Nahmen
ſie/ meines Wiſſens/ keinen mehr hat; ſehe alſo nicht; warum und
mit was vor Fug und Recht Tollius, Kircherus und Wormius
ſelbige
[5]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
ſelbige Baumans-Holtz nennen/ zumahlen da bey derſelben kein
Holtz/ davon ſie ſolchen Nahmen etwa bekommen haͤtte oder noch
haben koͤnte/ anzutreffen/ ſondern vielmehr der Berg/ worinnen die
Hoͤle ſich befindet/ oben gantz bloß/ und mit keinen Baͤumen bewach-
ſen iſt; derowegen ich ſolches billich vor einenJrthum halte/ welchen
ein Auslaͤnder leicht begehen kan/ wenn derſelbe entweder nicht recht
berichtet wird/ oder ſelbſt nicht gebuͤhrend auf den Nahmen Achtung
giebet: Obgedachten Nahmen aber hat ſie von ihrem Erfinder er-
langet/ den man insgemein davor haͤlt/ daß derjenige/ ſo ſich zum
erſtenmahl hinein gewaget/ derſelben Gelegenheit entdecket/ und alſo
dieſelbe Hoͤle erfunden/ ſoll Baumann/ oder/ des Landes Redens-
Art nach/ Buman geheiſſen haben: wenn nun einige curieuſe
Perſonen vorhanden/ die ſelbige zu ſehen verlangen/ muͤſſen ſie ſich/
damit ſie kein vergebenes Werck anfangen/ vorhero und vor allen
Dingen umb einen Fuͤhrer umbſehen/ welcher ein Mann iſt/ ſo ge-
meiniglich zu gedachten Ruͤbelande wohnet/ und von der hohen O-
brigkeit uͤber die Hoͤle beſtellet/ auch mit ſolcher Verrichtung privi-
legiret worden: haben ſie nun daſelbſt nach demſelben gefraget/
und ihn angetroffen/ koͤnnen ſie demſelben ihr Verlangen entdecken/
ſo wird er alsdenn leichtlich ihnen ſeines Intereſſe wegen willfahren/
und ſie umb ein leidliches Trinck-Geld in die Hoͤle fuͤhren; zu dem
Ende er alſobald Berg- oder andere geringe Kleider verſchaffet/ wel-
che die Compagnie anziehen muß/ wenn ſie anders nicht im Durch-
kriechen derer Hoͤlen ihre Kleider mit Staub und Koht abſcheulich
beſudeln und verderben auch wohl gar zu ihrem Schaden noch Spott
haben wollen: wovon ich ein Exempel an einem filzigen und geizigen
Menſchen geſehen/ welcher zu menagiren gedachte/ und deswegen
ſeine Kleider anbehielte/ in Meinung: daß er alsdenn nicht ſo viel
zum Trinck Gelde vor den Fuͤhrer/ welches demſelben vorhero einige
aus Kurtzweile weis gemachet/ geben duͤrfte/ und half es nicht/ daß
demſelben von den Fuͤhrer vorher geſaget wurde/ wie er dieſelben
heßlich zurichten wuͤrde/ welches auch erfolgete/ indem er grauſam
beſudelt aus der Hoͤle kam/ woruͤber denſelben die Compagnie heftig
auslachete/ und nicht wenig vexirete; ſonderlich da er eben ſo viel als
A 3andere
[6]Das I Capitel
andere zum Trinckgeld/ nach Ausſpruch des Fuͤhrers/ mit dem ei-
nige aus der Compagnie ſolches vorhero abgeredet/ unter dem Vor-
wand/ daß ſolches alſo braͤuchlich ſey/ erlegen muſte/ und ihm ſeine
Entſchuldigung nicht zu ſtatten kam: daß er nehmlich ſeine Kleider
anbehalten haͤtte. Unterdeſſen als die Compagnie mit dem Aus-
und Anziehen beſchaͤftiget iſt/ verſiehet ſich der Fuͤhrer nicht allein
mit Lichtern und Fackeln/ ſondern auch mit einem guten Feuͤer-
Zeuͤge/ welches inſonderheit mit druckenen Zunder wohl verſehen
iſt; maſſen derſelbe ohndem in der Hoͤle nicht gerne faͤnget: weilen
er daſelbſt von denen darinnen enthaltenen feuͤchten Duͤnſten noch
feuͤchter wird/ und alſo deſtoweniger die aus dem Stahl geſchlagene
Funcken annimmet: Es wird aber das Feuer-Zeuͤg von dem Fuͤhrer
deswegen in Vorraht mitgenommen: daß er ſich deſſelben bedienen
koͤnne/ wenn die Lichter und Fackeln nicht brennen wollen/ ſondern
ausleſchen/ welches denn oͤfters zu geſchehen pfleget/ und von denen
meiſten denen Bosheiten und Tuͤcken derer ſich in der Hoͤle aufhal-
tenden Erd-Geiſter oder Geſpenſter zugeſchrieben wird/ das auch zu
Zeiten wohl von ihnen geſchehen kan/ weilen nicht zu leugnen iſt: daß
der Teuͤffel nicht allein uͤber ſondern auch unter der Erde und zwar in
denen einſahmen Hoͤlen am meiſten ſich aufhalte/ und daſelbſt ſein
Spiel habe/ wie ſich denn zu Zeiten ſolche Spectra in der Baumans-
Hoͤle in einer langen weiſſen Frauen oder anderer Geſtalt denen
Curioſis præſentiret/ und ſonderlich aus denen Neben-Hoͤlen/ darin-
nen es etlicher Ausſage nach nicht richtig ſeyn ſoll/ heraus gegucket
haben/ und erzehlet Herr Licentiat Chriſtoph Helvvig Phyſicus
zu Taͤnnſtaͤdt in ſeinen Berg-Hiſtorien pag. 44 daß ſolches einigen
von der Geſellſchafft/ ſo mit ihm die Baumans-Hoͤle beſehen/ in
der Ober-Hoͤle wiederfahren ſey/ als ſie ſich in die mittlere Hoͤle nicht
mit wagen wollen/ ſondern daſelbſt/ biß zur Wiederkunft dererjeni-
gen/ die in ſolche mittlere Hoͤle gefahren/ verblieben waͤren: welches
denn keine unmuͤgliche Sache iſt/ wenn ſie nicht aus Furcht ſich der-
gleichen Geſpenſt eingebildet haben: Ob nun ſchon alſo vorgemel-
dete Ausleſchung derer Lichter und Fackeln von denen Geſpenſten
geſchehen kan; ſo halte doch davor/ daß dieſelbe mehrentheils von
denen
[7]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
denen Duͤnſten und Ausdaͤmpfungen herruͤhre/ und eher von den-
ſelben als durch die Erd-Geiſter geſchehe/ maſſen die dicke und feuͤch-
te Vapores oder Daͤmpffe die in der Hoͤle befindliche Luft ſehr dicke/
ſchwer und alſo zur Brennung derer Lichter und Fackeln unbequem
machen; ſonderlich da dieſelbe von der euͤſerlichen Luft wenig und
faſt gar nicht/ wie ſichs gebuͤhret/ kan verduͤnnert werden: weilen
die Hoͤle nur ein Lufft-Loch/ nemlich den einigen Eingang/ hat/
wodurch nicht viel von der euͤſerlichen/ durch Sonne und Wind ver-
beſſerten und duͤnne gemachten/ Luft hinein kommen kan; daß aber
eine ſolche dicke/ ſchwere und feuͤchte Lufft die Lichter und andere
brennende Sachen nicht gern brennen laſſe/ ſondern ausleſche/ iſt aus
denen fundamentis Phyſicis denen Gelehrten/ ſonderlich Natur-
Kuͤndigern/ bekand/ und von dem Autore der Philoſophiæ Veteris
\& novæ Tom. 2 Tract. 1 cap 2 pag. m. 80 zur Genuͤge erwieſen/
auch ſo ein groß Wunder nicht; maſſen die Erfahrung bezeuͤget/
daß dergleichen in denen Kellern ſich begiebet/ wo vieles ſtarck gaͤh-
rendes Getraͤncke/ als Wein- Birn- und Aepfel-Moſt/ lieget/ oder
Bier und Breyhan zu zeitig gefaſſet worden/ indem dieſe ſtarck fer-
mentirende Dinge ſolche Duͤnſte von ſich geben/ die wegen ihres
ſchweren und feuͤchten Weſens der nothwendigen Bewegung und
Ventilation der Luft/ ohne welche keine brennende Materiebrennen
kan/ wiederſtehen/ und dahero die Flamme derer brennenden Lichter
gleichſam erſticken/ welches alles ich mit vielen rationibus und expe-
rimentis darthun koͤnte/ wenn ſolches voꝛ noͤthig eꝛachtete: Es moͤchte
zwar einigen von denenjenigen/ ſo die Urſach gedachter Ausleſchung
derer Lichter und Fackeln einig und allein denen Erd-Geiſtern und
Geſpenſtern beymeſſen wollen/ meine vorgebrachte Meinung wun-
derlich vorkommen/ und duͤrften dieſelbn darwieder einwenden/ daß/
wenn die Lichter und Fackeln/ meinem Vorgeben nach/ von den
dicken/ ſchweren und feuͤchten vaporibus ausgeleſchet wuͤrden/ ſol-
ches allezeit geſchehen muͤſte/ wenn man in die Hoͤle gelangete/ wel-
ches aber doch wieder die Erfahrung ſey; indem viele in der Bau-
mans-Hoͤle geweſen waͤren/ die dergleichen nicht obſerviret oder
wahrgenommen haͤtten; es dienet aber darauf denenjenigen/ die
einen
[8]Das I Capitel
einen ſolchen Einwurf machen/ zur Antwort: daß freylich in ſolcher
Hoͤle nicht allemahl die brennenden Lichter und Fackeln ausleſchen;
weilen daſelbſt die Duͤnſte und Witterungen nicht allezeit ſo ſtarck
ſind/ daß ſie ſolches verrichten koͤnnen; maſſen die Luft/ ſo wohl
inner-als auſſerhalb der Hoͤlen/ der Wechſelung unterworfen/ auch
derowegen einmahl ſchwerer und feuͤchter als das andermahl iſt/ ob
ſie ſchon insgemein ſich allezeit in der Hoͤle dick und feuͤchte befindet;
welches alles durch Huͤlffe eines von der Guericke, Boyle, Schotto
und Sturmio beſchriebenen Thermometri oder ſo genandten Wet-
ter-Glaſes demjenigen kan probiret und bewieſen werden/ der ſolches
etwa vor unglaublich halten will. Nachdem nun die curieuſe Ge-
ſellſchafft mit dem Anziehen derer Berg- und andern geringen Klei-
dern fertig worden; ſo machen ſie einen Berg- oder Fuhrmaͤnniſchen
Aufzug/ und wandern mit dem Fuͤhrer in dem angelegten Berg-
Habit auch oͤfters in ſchlechten Fuhrmanns Kitteln den nah-gele-
genen Berg/ darinnen die Hoͤle lieget/ hinauf/ und lachet wohl in-
zwiſchen einer den andern uͤber die Verſtellung weidlich aus/ ſonder-
lich wenn unter der Compagnie etliche angetroffen werden/ denen
ſolche Kleydungen vor andern poßirlich anſtehen/ wie ich denn be-
hertztes und curieuſes Frauen-Zimmer habe mit einfahren ſehen/
uͤber derer Poſituren ſich auch mancher melancholiſcher Sauer-Topff
haͤtte zu Schanden lachen muͤſſen/ unter ſolchen Poſſen und Vexa-
tionen koͤmmet die Compagnie bald an den Ort/ wo die Hoͤle iſt/
vor deren Eingang ſich ein/ durch die Natur/ von Felſen-Stein und
Erden gewoͤlbeter Schwib-Bogen ſich befindet/ ſo einer Capelle faſt
aͤhnlich ſiehet/ und gleichſam der Hoͤle Vor-Gemach iſt; alwo et-
liche erſtlich die Berg- und andere Kleider anzuziehen pflegen; allein
es iſt beſſer/ wenn ſolches in des Fuͤhrers Behauſung geſchiehet/ ſonſt
man einen Huͤter zur Verwahrung der abgelegten rechten Kleider
haben/ und dabey laſſen muß: gedachter Eintritt oder Mund der
Hoͤle beſtehet ebenfals aus einem feſten und derben Stein/ iſt an ſich
ſelbſt rund und zu ſolcher runden Figur mehr durch die Natur als
Kunſt kommen/ darneben ſo enge/ daß mehr als eine Perſon zugleich
in ſelbiges nicht kriechen kan/ und will der ſeelige Herr Matthæſius,
weyland
[9]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
weyland im Jochims-Thal in Boͤhmen ſehr beliebt und belobt ge-
weſener Berg-Prediger/ in ſeiner dritten Berg-Predigt/ laut des hier-
aus von Tit. Herrn Doctor David Kellnern gezogenen und in ſei-
nem Berg- und Saltz-Wercks-Buche befindlichen Extracts oder
Auszuges pag. 38/ daß die Enge dieſes Hoͤlen-Ganges von dem
Wachsthum der Steine oder Felſen herruͤhre/ ſagende: daß Stein
und Felſen noch heuͤtiges Tages wuͤchſen/ welches daher abzunehmen
ſey; weilen man noch Stollen faͤnde/ die nach uͤblichem Stoll-Recht
ſo weit genommen worden/ daß man mit einem Lauff- oder Schiebe-
Karn geraͤumig darinne habe fahren und fortkommen koͤnnen/ welche
mit der Zeit aber alſo enge wieder worden und zuſammen gewachſen
waͤren/ daß eine Perſon kaum auf der Seite hinein dringen koͤnne/
wie anietzo an der Baumans-Hoͤle zu ſehen ſey/ welche Enge meines
Erachtens wohl dahero entſtehen kan/ ob ſchon ſelbige auch von Na-
tur alſo beſchaffen geweſen; maſſen alle Grund-gelehrte Phyſici
ſtatuiren/ daß Felſen und Steine fort vor fort unvermerckt wachſen
und zunehmen/ wie bey dem Antoin le Grand in ſeinen Inſtitutioni-
bus Philoſophiæ Tom. 1 part. 6 Articul. 9 pag. 540 Daniel. Sen-
nerto in Epitom. naturalis Scientiæ lib. 5 c. 4 p. 417 und Matthia
Gruvio, als meinem geweſenen Præceptore in Philoſophicis, wie
ich mich auf der Univerſitaͤt Erfurt aufgehalten/ in ſeiner Phyſica
Sect. 5 cap. 2 wie auch in der Philoſophia Veteri \& nova Burgun-
diaca Tom. 2 part. 2 cap. 5 pag. 489 und andern mehr kan geleſen
werden: Die Urſache aber des gedachten Wachsthums derer Stei-
ne und Felſen wird von denen Autoribus dem ſucco \& aquæ lapi-
deſcenti, das iſt/ einem zu Stein werdenden Safft und Waſſer/ auch
dem ſpiritui lapidifico oder einem Stein-machenden Geiſt/ inglei-
chen andern Dingen zugeſchrieben/ und wolte ich gern dem curieuſen
Leſer zu Gefallen eines ieden Autoris Meinung in ſpecie anfuͤhren/
wenn es nicht eine weitlaͤufige Materie waͤre/ und demſelben alſo
mehr Verdruß als Luſt verurſachen wuͤrde. Vor gemeldetem run-
den Loche oder Eingang zu der Hoͤle zuͤndet der Fuͤhrer bey einem in
der Laterne oder Leuͤchte verborgenen brennenden Lichte die bey ſich
habende Fackeln und Lichte an/ theilet ſolche unter die Compagnie
Baus/
[10]Das I Capitel.
aus/ und krieehet alsdenn voran in den Eingang/ dem einer nach dem
andern von der Geſellſchafft mit einem in der Hand habenden bren-
nenden Licht oder Fackel folget/ und muͤſſen dieſelbe ingeſamt auf ietzt
erzehlte Art und Weiſe eine zimliche Laͤnge durch der Hoͤlen Schlund/
ſo zwey niedrige und enge Kluͤfte ſind/ ihren March nehmen/ und
damit ſo lange nicht ohne ziemliche Muͤhe anhalten/ biß ſie Abend-
und Mitternacht-werts/ mit Staub wohl beſtaͤuͤbet und gepudert/
in die erſte oder oberſte Hoͤle kommen/ welche ein von der kuͤnſtlichen
Natur verfertigtes Gewoͤlbe und von ſolcher Hoͤhe und Weite iſt/
daß auch/ dem Augen-Maß nach/ ein mittelmaͤßiges Haus oder et-
liche kleine niedrige Gebaͤu darinnen ſtehen koͤnnen: der Tropf- oder
Trauf-Stein befindet ſich haͤuffig in derſelben/ nicht allein auf der
Hoͤlen ungleichem und unebenem Boden/ ſondern auch an denen
Seiten und oben an der Decke des Gewoͤlbes/ alwo derſelbe wie Eis-
Zapfen haͤnget/ zwiſchen welchen vor dieſem/ als die Hoͤle noch offen
geſtanden/ die Fleder-Maͤuſe in groſſer Menge geſehen worden/
welche aber nunmehr/ da die Hoͤle mit einer Thuͤr verwahret worden/
ſo haͤuffig daſelbſt nicht mehr anzutreffen ſind/ weilen ihnen dadurch
der Paß verſperret worden: Ferner trift man in dieſer Hoͤle viele
kleine Neben-Gaͤnge oder Hoͤlen an/ darinnen die ſpectra oder Ge-
ſpenſter ſonderlich ihr Spiel und Weſen haben ſollen/ wovon Unter-
ſchiedliches von Unterſchiedenen erzehlet wird/ weilen aber daſelbſt
ſonſt nichts Sonderliches zu ſehen iſt/ ſo fuͤhret der Fuͤhrer ſelten/ und
wenn es nicht in ſpecie verlanget wird/ die Compagnie in ſelbige
ein/ ſondern er gehet/ umb genugſahme Zeit zu Beſchauung derer
andern Curioſitaͤten zu gewinnen/ mit derſelben ſolche vorbey zu
einem kleinen Brunnen/ der zwar nicht viel Waſſer in ſich haͤlt/ wel-
ches aber doch ſo helle und klar als ein Cryſtall iſt/ auch darneben
einen gar reinen und ſuͤſſen Geſchmack hat: Dieſes Waſſer wird
von vielen vor die Stein-Schmertzen verlanget/ und vor ſolche als
ein bewaͤhrtes Mittel ausgegeben; wie denn auch der albereit gemel-
dete Eckſtormius in ſeiner Lateiniſchen/ von dieſer Hoͤle an D. Za-
charias Brendeln/ weyland Profeſſorem Medicinæ zu Jena A. C.
1589 den 28 April. geſchriebenen und bey D. Brendels Hiſtorie derer
Erd-
[11]voncurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
Erd-Beben befindlichen/ Epiſtel meldet: daß/ ſo viel er gehoͤret/
der vornehme Arzt D. Johann Schroͤter den Gebrauch dieſes Waſ-
ſers nicht getadelt habe/ als derſelbe von Jena aus von den Hohn-
ſteiniſchen Graffen/ Herren Volckmar Wolffgang (als dem Vater
des letzten Hohnſteiniſchen Graffens und Herrens Erneſti, mit deſ-
ſen Tode die Graͤffliche Hohnſteiniſche Familie A. C. 1593 aufge-
hoͤrt) zu einer Cur beruffen worden. Ebenfals gedencket vorgedachter
Eckſtormius in der angezogenen Epiſtel/ wie hauptſaͤchlich von die-
ſem Waſſer zu mercken ſey: daß/ ſo es in Glas gethan und verwah-
ret werde/ ſolches ein gantzes Jahr/ auch ſo gar ohne einzige Hefen
oder Anſetzen gut und friſch bleibe: Ob nuhn ſolches Waſſer vim
anodynam oder eine Schmertzen-ſtillende Kraft in ſich habe/ und
dadurch die Stein-Schmertzen lindere/ ingleichen worinnen ſolche
Kraft beſtehe/ daſſelbe werde vor dieſesmahl nicht vollkoͤmmlich be-
antworten koͤnnen; weilen deſſen ingredientia noch nicht/ wie ofte
Willens geweſen/ durch die Deſtillation/ Evaporation/ Præcipita-
tion und andere Chymiſche Experimenta (ſo wieder des Becheri
und anderer Einwuͤrfe von Herr D. Roſino Lentilio, Phyſico zu
Noͤrdlingen/ in denen Ephemeridibus Germanorum Decur. 2
A. 5 Obſ. 201 pag. 411 rechtmaͤßig defendiret werden) erforſchet
habe/ nnd alſo nicht wiſſen kan/ was ſolches etwa bey ſich ſuͤhren
moͤchte. Das hab ich aber an demſelben obſerviret und wahrgenom-
men/ wie ſelbiges auch ein Bruſt-Mittel ſey/ und den in der Lunge
enthaltenen dicken und zaͤhen Schleim zertheile; indem etliche von
denenjenigen/ ſo davon in der Hoͤle getruncken/ darauf einen ſolchen
dicken und zaͤhen Schleim mit rauhem Huſten dermaſſen von ſich
geworfen haben/ daß ſie auch uͤber die haͤuffig ausgeworffene Materie
ſich ſehr verwundern muͤſſen/ muthmaſſe dahero alſo/ daß ſolches
Waſſer virtutem reſolvendi vel attenuandi, oder eine zertheilende
und duͤnne machende Tugend und Macht haben muͤſſe/ und dieſer-
wegen auch in denen Stein-Schmertzen gut thue/ weilen es den bey
den Steinen und Sande befindlichen und die gewoͤhnlichen Gaͤnge
verſtopfenden dicken Schleim zertheile/ und dem dadurch verarreſtir-
tem Steine und ſcharfen Schmertzen machendem Sande den Paß
B 2wieder
[12]Das I Capitel.
wieder eroͤfne/ darneben kan das bloſſe/ reine und ſuͤſſe Waſſer/ als
das groſſe menſtruum der Natur/ wie es der gelehrte Engellaͤnder
Thom. Willis in ſeinem Tractat de fermentatione cap. 9 oper.
p. 38 nennet/ die in denen humoribus enthaltene/ ſcharfe/ rauche und
die meatus zuſammen ziehende Saltze aufloͤſen/ diluiren/ abſpuͤlen/
wodurch die auf vorbeſagte Art enge gemachte Wege ebenfals wieder
zu der gebuͤhrenden Weite gelangen/ und auf ſolche Weiſe den Stein
mit dem Sande leichter und mit wenigern Schmertzen durchlaſſen/
derowegen nicht unbillich Herr D. Chriſtianus Menzelius in vorge-
dachten Ephemeridibus Decur. 2 A. 3 Obſerv. 14 pag. 56 ſaget/
wie das bloſſe Waſſer gewißlich eine Heil-Meiſterin vieler Kranck-
heiten ſey/ welches man inſonderheit an dem nunmehro aller Orten
bekandten Thée-Tranck ſiehet/ als welcher ſeine Krafft nicht allein
von denen Thée-Blaͤttern ſondern auch von dem warmen Waſſer
hat/ ja es will gar Herr D. Johann Ludwig Hanneman in ietzt ge-
meldeten Ephemeridibus Decur. 2 A. 5 obſerv. 113 Schol. p. 224
\& ſeq. die Wuͤrckung dieſes Tranckes allein dem warmen Waſſer
und nicht dem Thée zuſchreiben; weilen hievon das Waſſer nicht
verbeſſert wuͤrde/ und man in demſelben nach der Evaporation kaum
etliche wenige Gran von einem Thée-Extract finde/ welcher Mei-
nung aber Herr D. Lucas Schrœckius in dem Scholio oder Erklaͤ-
rung uͤber die vorangefuͤhrte Obſervation p. 227 nicht beypflichtet/
ſagende: daß der Thée auch das Seinige darbey thue/ indem der-
ſelbe mit ſeinem alcaliſchen Saltze und denen gelinde adſtringirenden
und bittern Theilen das warme Waſſer corrigire/ und habe er durch
die Evaporation befunden/ daß ein Quentgen Thée mehr als den
dritten Theil ſeines Weſens dem warmen Waſſer mittheile. Be-
langend dasjenige/ was wohl gedachter Eckſtormius von dem
Brunnen-Waſſer in der Hoͤle meldet/ nemlich daß ſelbiges ſich ein
Jahr lang halte/ und nicht faul werde; ſo zeiget ſolches an/ daß es
ein mineraliſches Waſſer ſeyn muͤſſe/ und mit einigen ſubtilen ſol-
virten Mineralien und ſuͤſſen mineraliſchen Saltzen imprægniret
und vermiſchet ſey/ welche daſſelbe von der Corruption oder Verder-
bung bewahre/ bevorab wenn es an einen gebuͤhrenden kuͤhlen Ort
geſetzet worden/ wiewohl die gemeldete Verwahrung auch viel bey
der
[13]von dencurinuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
der Sache thut; denn wenn das Glas mit einer Rinden oder an-
dern guten Blaſen wohl verbunden wird/ kan keine Lufft darzu kom-
men/ welche ſonſt das Waſſer zu einer almaͤhligen Fermentation
oder Gaͤhrung/ und durch dieſelbe zu einer Faͤulniß bringet: Fer-
ner ruͤhmet Eckſtormius von dieſem Waſſer/ daß es keine Hefen
oder Truͤbe ſetze/ die Urſache iſt/ daß ſich in ſelbigem keine Un-
reinigkeitem befinden/ die ſich auf dem Boden des Glaſes præci-
pitiren oder niederſchlagen koͤnten/ weilen ſelbiges aus einem harten
Felſen quillet/ und durch denſelben gleichſam filtriret und von allen
impuritatibus gelaͤutert worden/ die Mineralien aber/ ſo es etwa
bey ſich fuͤhren moͤchte/ fallen ſo leicht nicht zu Boden/ ſonderlich
wenn die Luft nicht zu dem im Glaſe verwahrten Waſſer kommen/
mit ihrer Schwere dieſelbe drucken/ und nach und nach præcipitiren
oder niederſchlagen kan/ welches doch auch ſchwer hergehet/ wenn
ſchon das Glas offen ſtehet/ denn die Luft einig und allein inſuffi-
cient und nicht genug iſt/ die Mineralien gaͤntzlich aus denen poris
oder ſpatiis, die/ wie denen Phyſicis bekannt/ das Waſſer hat/ zu
bringen und ſelbige niederzuſchlagen/ wenn ihr nicht ein gewiſſes
præcipitans oder niederſchlagende Materie zu Huͤlffe koͤmmet/ und
die Mineralien mit Gewalt daraus treibet; indem ſolches præci-
pitans die gedachten poros des Waſſers einnimmet/ worauf die
hierinnen befindliche Mineralien ihre gehabte Herberge verlaſſen/
und mit etwas von der niederſchlagenden Materie zu Grunde fallen
muͤſſen/ woruͤber ſich diejenigen/ ſo dergleichen experimenta Chy-
mica niemahls geſehen/ oftmahls ſehr verwundern/ wenn man ihnen
ſolche zeiget. Vor-gedachtes Brunnen-Waſſer laͤſſet der Fuͤhrer
die ſaͤmtliche curieuſe Compagnie koſten/ nicht allein des lieblichen
ſuͤſſen Geſchmacks wegen/ ſondern auch/ damit ſie davon andern
erzehlen koͤnnen. So bald nun ſolches die Reyhe herum geſchehen iſt/
gehen ſie mit demſelben wieder eine ziemliche Laͤnge durch die Hoͤle
biß zu dem ſo genannten Roſſe oder Pferde/ welches ein wunderlicher
Stein-Fels iſt/ indem derſelbe einem hoͤltzernen Pferde/ darauf die
Exercitien-Meiſter ihre Diſcipel voltigiren lehren/ oder vielmehr
einem hoͤltzernen Eſel/ auf welchem die Soldaten/ wenn ſie etwas
B 3began-
[14]Das I Capitel.
begangen haben/ zur Straffe reiten muͤſſen/ ziemlich gleich ſiehet:
Dieſes Felſen-Roß iſt ohngefehr 6 Werck-Schuh oder 3 Ellen hoch/
und bey 10 biß 12 Ellen lang; Oben auf demſelben befindet ſich eine
zimliche harte Schaͤrfe/ die dieſes Pferdes Ruͤcken iſt/ aldar es faſt
in der Mitten einen Durchſchnitt/ etwa einer guten Hand breit/ hat;
auf der einen Seite dieſes artig formirten Felſens aber gehet eine
Kluft hinunter/ und ſchlieſſet ſich uͤber demſelben rund herum der
Hoͤlen rechte und eigentliche Fels/ wie ein Schwib-Bogen oder
Gewoͤlbe wieder zuſammen: Auf dieſes Roß muß die Compagnie
ſteigen/ und darauf reitend mit denen in Haͤnden habenden bren-
nenden Fackeln und Lichtern/ welches recht poßirlich laͤſſet/ fort-
rutſchen und kriechen/ biß dieſelbe faſt zum Ende kommen/ alwo zur
lincken Hand die Einfahrt zu der andern und mittlern Hoͤle iſt/ wel-
chen ihnen der Fuͤhrer zeiget/ und dabey vermeldet/ daß ſolcher weit
enger und gefaͤhrlicher als der Eingang in die obere Hoͤle ſey: dieje-
nige nun/ welche furchtſames Gemuͤths ſind/ und ſich hiedurch haben
abſchrecken laſſen/ nehmen ihren Ruͤck-Weg von dieſem Felſen
wieder in die erſte Hoͤle/ und erwarten daſelbſt die andern von ihrer
Compagnie, ſo ſich reſolviret/ mit dem Fuͤhrer in die mittlere Hoͤle
zu fahren/ und dieſelbe zu beſchauen; dieſe hingegen aber muͤſſen
in einen ziemlich ſauren Apfel beiſſen/ und ihrem Fuͤhrer durch
enge unwegſame Oerter folgen/ welches alles aber die Curioſi-
taͤt und Schau-Luſt ihnen wieder verſuͤſſet/ und alle Muͤhe gering
machet; derowegen ſie keine Arbeit noch Gefahr ſcheuͤen/ ſondern
mit dem Fuͤhrer von vor gemeldetem Roſſe nach der gedachten Ein-
fahrt bald auf den Knien/ bald auf dem Bauche/ nachdem ſolches
des Ortes Enge und der durchfahrenden Perſon Leibes-Beſchaf-
fenheit erfordert/ mit zimlicher Muͤhe und Gefahr des Fallens/ wo-
vovon ſie ſich durch feſte Anſetzung und Anſteiffung des Ruͤckens
ſonderlich bewahren/ bey die 6 Ehlen tieffer fortkriechen/ und endlich
durch Huͤlffe eines ſtarcken an einem in etwas heraus ragenden Fel-
ſen angebundenen Seiles bey die 18 Schue tieff hinunter auf den
Boden der Hoͤle ſteigen/ oder ſich vielmehr an das Seil haltende
gleichſam hinab laſſen. Dieſe Hoͤle iſt ungleich groͤſſer und hoͤher
als
[15]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
als die obere/ und hat ebenfals viele Neben-Hoͤlen und unterſchie-
dene tieffe Loͤcher/ in welche man ſo wenig als in diejenigen/ ſo ſich
in der erſten Hoͤle befinden/ recht gefuͤhret wird/ denn der Fuͤhrer
ſelbige nur entweder von auſſen zeiget/ oder auf Begehren derer
Curioſorum dieſelbe nicht weit hinein bringet/ vorgebende: daß
darinnen/ wie in denen obern Neben-Hoͤlen/ nichts Curieuſes an-
zntreffen ſey. Der Tropf-Stein iſt auch hierinnen allerwegen viel
haͤuffiger nnd glaͤntzender als in der Ober-Hoͤle/ unter andern ſtehet
faſt mitten in der Hoͤle ein ſchoͤner groſſer Tropf-Stein/ ſo wie ein
ausgearbeiteter Pfeiler geſtalt iſt/ welcher aber in der Mitte wegen
des unaufhoͤrlichen Waſſer-Tropfens entzwey gegangen/ doch iſt
er noch ſo wohl unten auf dem Boden als oben an der Hoͤlen und
zwar an einem ieden Ende bey vier oder fuͤnff Schue hoch. Nicht weit
hiervon befindet man einen Brunnen/ der mit dem in der Ober-
Hoͤle an Groͤſſe/ Geſchmack und Krafft allerdings uͤberein koͤmmet.
Von dieſem Brunnen gehet man ferner einen ziemlichen Weg fort/
und gelanget endlich zu einer langen Klufft/ die dem Eingange zu
der obern Hoͤle faſt gleichet/ ausgenommen daß ſie etwas niedriger/
und alſo zum Durchkriechen unbequemer iſt/ durch dieſe Klufft muß
man abermahl bald auf der Seiten bald auf dem Bauche mit ziemli-
cher Muͤhe kriechen/ [und] ſich mit Haͤnden und Fuͤſſen etwas auf-
waͤrts in die Hoͤhe hinauf arbeiten/ daſelbſt ſiehet man zur rechten
Hand der Hoͤle einen wunderbahren ſchoͤnen Ort/ ſo mit dem
Grunde der Wahrheit die ſchoͤne Wand kan genennet werden/ und
ohngefehr 24 Schuh hoch und eben ſo lang iſt. An dieſem curieuſen
Ort befinden ſich allerhand artige/ erhobene/ durchbrochene und
glatte Figuren oder Bilder von menſchlichen wohl-proportionirten
Angeſichtern/ allerley Thieren/ als Loͤwen/ Pferden/ und derglei-
chen/ wie auch unterſchiedenen Blumen und Laub-Werek mit an-
dern wunderlichen Sachen/ welche die Natur durch die Verſteine-
rung des unaufhoͤrlich herunter trieffenden Tropf-Waſſers alſo
gebildet und gekuͤnſtelt hat/ die auch von dem Trauff-Waſſer ſo
ſchoͤn geglaͤttet und poliret werden/ daß es ſcheinet/ als waͤren die-
ſelben von dem ſchoͤnſten polirten Alabaſter durch des beſten Kuͤnſt-
lers
[16]Das I Capitel
lers Hand gemachet worden/ ja ich zweifele billig/ ob ein Mahler
ſolche beſſer mahlen und ein Bild-Hauer oder Bild-Schnitzer die-
ſelbe zierlicher verfertigen koͤnne: Unter vielen andern iſt das daſelbſt
befindliche Orgel-Werck ein uͤberaus herrliches und ſchoͤnes Kunſt-
Stuͤck der Natur; maſſen die Pfeiffen daran ſo naturel ſind/ daß
ſie auch denen von einem Kuͤnſtler verfertigten rechten Orgel-Pfeif-
fen nicht viel nachgeben werden. Nachdem nun die curieuſen Be-
ſchauer ſich an dieſem ſchoͤnen Ort genugſam ergetzet haben/ ſo ſtei-
gen oder kriechen vielmehr dieſelben etwas hoͤher hinauff in ein Ge-
woͤlbe/ das einer Capelle ziemlich gleichet/ aldar ſtehet ein Tropf-
Stein/ der ohngefehr 4 biß 5 Schue hoch iſt/ und insgemein der
Muͤnch genennet wird/ weilen er natuͤrlich als ein geſchorner Muͤnch
gebildet iſt/ und ſelbigen gar artig mit einer Platte und anderm Zu-
gehoͤr præſentiret; Zu beyden Seiten dieſes Muͤnch-Bildes finden
ſich noch zwey andere Tropf-Steine/ die ſehr nahe bey demſelben/
und nur etwa zwey Ellen weit davon ſtehen/ dieſelben ſind wie zwey
menſchliche Bruſt-Bilder geſtaltet/ und bedeuͤten des Muͤnches Auf-
waͤrter/ werden auch mit dem ietzt gedachten ſteinernen Muͤnch von
etlichen fuͤr das Wahr-Zeichen dieſer Hoͤlen gehalten/ worauf der
gemeine Mann/ ſo in der Hoͤle geweſen/ dermaſſen viel haͤlt/ daß
er auch ſolches mit groſſem Eyfer von demjenigen fodert/ ſo ſolche
geſehen zu haben vorgiebt/ umb zu erfahren/ ob er die Wahrheit
geredet habe/ trift er nun daſſelbe nicht/ indem er etwa ſolches von
dem Fuͤhrer nicht gehoͤret oder wieder aus der Acht gelaſſen hat/ ſo
muß er gelogen haben/ ſolte er auch ſchon auſſer dieſem von der Be-
ſchaffenheit der Hoͤle gute Nachricht geben/ und damit erweiſen/
daß er nicht wieder die Wahrheit geredet habe. Von den ietzt ge-
meldeten Wahr-Zeichen ſteiget man faſt wie auf einer Wendel-
Treppe etwas weiter und hoͤher in die Hoͤle/ biß man alſo endlich
zum Ende dieſer mittlern Hoͤle und zum Eingang oder Einfahrt der
dritten Hoͤle gelanget/ welches ein groſſes/ weites und einer ziem-
lichen Pforten aͤhnliches Loch iſt/ daß man alſo Raum genug in
ſelbige Hoͤle zu ſteigen haͤtte/ es wird aber niemand in ſelbige gefuͤh-
ret/ und kan auch ſolches nicht wohl geſchehen/ weilen dieſelbe hierzu
nicht
[17]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
nicht aptiret worden/ und weder Stricke noch Fahrten oder Leitern
in derſelben vorhanden ſind/ vermoͤge derer man hinab kommen
koͤnte/ doch kan man in dieſelbe wohl und fuͤglich ſehen/ wormit ſich
ein Curioſus muß begnuͤgen laſſen. Eckſtormius haͤlt mit dem
gemeinen Mann davor/ daß dieſe dritte Hoͤle nicht zu ergruͤnden ſey/
ſondern ſich zwiſchen den weiten Felſen ſehr lang und weit hinaus
ſtrecke/ daß noch niemand an das Ende kommmen zu ſeyn ſagen
koͤnne/ ob ihrer gleich viel etliche Tage lang darinnen verharret/ mit
ungezweifelnden Umbſtaͤnden erzehlend: daß ſie durch ſolche Erd-
Gaͤnge biß an die vier Meile Weges fortgekrochen/ und nicht weit
von der Gegend der Kaͤyſerlichen Freyen und des Heyligen Roͤmi-
ſchen Reichs-Stadt Goslar geweſen waͤren/ welche Stadt ohnge-
fehr 4 biß 5 Meilen von der Hoͤle gelegen iſt; Allein es halten ſol-
ches viele vor ein Fabel-Werck/ weilen von denenjenigen/ ſo nach
und nach die Inſpection uͤber die Hoͤle gehabt/ berichtet worden: daß
ſie oftmahls in derſelben geweſen/ ſelbige ſorgfaltig durchkrochen
und durchſuchet/ auch alſo darinnen das Ende gefunden haͤtten/
dieſem Einwurff begegnen aber andere mit der Antwort: daß viele
Gaͤnge/ die zu denen untern Hoͤlen oder Gruͤften abfuͤhreten/ ent-
weder durch das Alterthum allgemaͤhlich eingefallen/ oder von de-
nenjenigen/ die zu Sammlung derer darinnen liegenden Einhorns-
Knochen die Erde uͤmbgegraben/ unzeitig und zu fruͤh verſtopfet
waͤren/ daher es denn kommen ſey/ daß der Eingang zu denen weit
entlegenen Hoͤlen allmaͤhlich verſchloſſen worden/ wie ſolches wohl
gedachter Eckſtormius anfuͤhret/ und ſelbſten faſt der Meinung zu
ſeyn ſcheinet/ welches ich zwar laſſe dahin geſtellet ſeyn/ muß aber
dennoch bekennen/ daß ſolches nicht wieder die Vernunft lauffe/
und dahero zimlich glaublich ſey/ ſonſt ſoll/ derer Fuͤhrer Bericht
nach/ die Einfahrt dieſer dritten Hoͤle noch einmahl ſo tieff hinunter
ſeyn/ als diejenige iſt/ ſo von den oberſten Hoͤlen in die mittlere gehet/
im uͤbrigen ſagen ſie/ daß ſelbige an der Groͤſſe und andern Beſchaf-
fenheiten der mittleren faſt gleich ſey; nur daß ein Tropf-Stein
darinnen gefunden werde/ welcher die Geſtalt eines runden Tiſches
habe: uͤber dieſes wird ſonderlich von dem gemeinen Mann derer
COrten
[18]Das I Capitel
Orten erzehlet: daß gantze Rieſen-Gerippe von der Suͤnd-Fluhe
noch her/ auch allerhand Erd-Geiſter ſich in dieſer Hoͤle befaͤnden/
und man darinnen die Waſſer ſtarck brauſen hoͤre; Andere ſagen:
daß ein Baͤchlein darinnen ſey/ welches nicht leicht von einem ieden
gefunden werde/ und gediegene Gold-Koͤrner bey ſich fuͤhre/ ja ſie
ſcheuͤen ſich nicht zu ſagen: daß Perſonen gefunden worden/ ſo
dadurch Reichthum erlanget haͤtten/ welcher Erzehlung nicht un-
gleich iſt/ was Johannes Thalius weyland in dieſer Kaͤyſerlichen
Freyen und des Heyligen Roͤmiſchen Reichs-Stadt Nordhauſen
beſtallter Phyſicus in ſeinen geſchriebenen Collectaneis aufgezeichnet
hinterlaſſen hat/ nemlich: Daß in der benachbarten Hoch-Graͤff-
lichen Reſidentz-Stadt Stolberg ein beruͤhmter Chymicus und cu-
rieuſer Mahler/ auch aller freyen Kuͤnſten befliſſener Mann/ mit
Nahmen Johann Reiffenſtein/ geweſen/ der ihn berichtet: wie er
in der Baumans-Hoͤle einesmahls einen Sand angetroffen/ wel-
chen er gewaſchen/ und hierdurch aus demſelben etliche Koͤrner von
feinem Golde bekommen haͤtte/ welches alles man in ſeinem Wehrt
und Unwehrt beruhen laͤſſet/ dieſes aber iſt gewiß: daß/ wenn man
eine Piſtole oder ander Gewehr in dieſelbe Hoͤle loszuͤndet/ davon
ein ſolcher ſtarcker Knall entſtehet/ als wenn darinnen eine zimliche
Canone oder Stuͤck losgebrennet worden/ die Urſach iſt leicht zu fin-
den/ und ruͤhret daher/ daß die in der Hoͤle enthaltene und durch den
Schuß ſtarck bewegete Luft oder Knall ſich nicht/ wie in freyer Luft
geſchiehet/ weit austheilen und der Gewalt entweichen kan; ſondern
es muß dieſelbe zuſammen bleiben/ an die Decke und Seiten des Ge-
woͤlbes anſchlagen/ von dar nach dem Loche der Einfahrt zuruͤck
prallen/ und alſo heftig in die Ohren derer dabey-Stehenden fallen/
dahero auch ein im Keller oder andern Gewoͤlbe abgeloͤſetes Gewehr
einen noch einmahl ſo ſtarcken Knall als in bloſſer Lufft verurſachet:
Auf vor gedachtes Donnern koͤmmt aus der Hoͤle ein groſſer dicker
Pulver-Dampff/ welcher eine zimliche Zeit anhaͤlt/ weilen derſelbe
ebenfalls ſich in der Hoͤle nicht als wie in freyer Luft vertheilen und
aus einander gehen kan: Dieſes Knalles und Dampffes wegen
pfleget man wohl zu Zeiten aus Curioſitaͤt etlichemahl in die Hoͤle
zu
[19]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
zu ſchieſſen/ ſonſt aber ſich nicht uͤbrig lange dabey aufzuhalten;
weilen daſelbſt nichts Sonderlichs zu ſehen iſt/ ſo bald nun ſolches
geſchehen/ und der Fuͤhrer mit ſeiner Erzehlung von der Beſchaffen-
heit dieſer Hoͤle fertig worden/ begiebet man ſich wieder in die mittlere
Hoͤle/ hat der Fuͤhrer nun denen Curioſis vorhero das unicornu
foſſile oder gegrabene Einhorn nicht gewieſen/ ſo zeiget er ihnen ſol-
ches anietzo; maſſen daſſelbe abſonderlich und am meiſten in dieſer
Hoͤle gefunden wird/ und haͤuffig in denen Felſen und der darzwiſchen
vorhandenen Erde ſtecket: Man trifft auch in derſelben eine kleine
niedrige Neben-Hoͤle an/ ſo wie ein klein Gewoͤlbe formiret iſt/ auf
deſſen Boden allerhand Arten von Tropf-Steinen liegen/ die den
ſchoͤnſten Zucker-Confect, ſo wohl von glatter als Criſpatur-Arbeit/
aͤhnlich ſeyn; deswegen auch ſolcher Ort von etlichen die Confect-
Tafel genennet wird: dieſer Stein Confect koͤmmet mit demjeni-
gen/ deſſen Wormius in Muſæo lib. 11 cap. 6 fol. 25 gedencket/ und
insgemein Confelti di Tivoli, weilen es bey Tivoli in Italien anzu-
treffen/ genannt wird/ zimlicher maſſen uͤberein; denn ich vormals
etliche Stuͤcke von denenjenigen/ ſo die Aufſicht uͤber die Hoͤle ge-
habt/ verlanget und bekommen habe/ darunter welches geweſen/
ſo theils wie die ſchoͤnſten mit Zucker uͤberzogenen Mandeln/ theils
wie Zimmet und andern dergleichen Confect ausgeſehen/ derowe-
gen ich ſolches aus Kurtzweil oftmahls unter wahres Zucker-Con-
fect gemenget/ umb zu ſehen/ ob diejenigen/ denen daſſelbe vorge-
ſetzet/ das falſche Confect von dem rechten unterſcheiden und erken-
nen moͤchten/ welches aber niemahls erfolget iſt/ und erinnere ich
mich eines ſonſt klugen und kuͤnſtlichen Zucker-Beckers/ welchem
einsmahls ſolches vermiſchtes Confect zur Probe vorlegte/ der doch
ſo wenig als andere einen Unterſcheid darinnen zu machen wuſte/
ſondern auch etwas von ſteinernem Confect erwiſchte/ und darauf
biſſe/ daß ihm die Zaͤhne im Kopfe krachten/ ich bin aber auf ſolche
Art faſt um alle meinen Vexir-Confect kommen/ daß alſo ſehr we-
nig mehr in meinem geringen Muſæo davon denen Curioſis auf-
zuweiſen habe. Es iſt auch gedachte Confect-Tafel in der Hoͤle
nunmehro ſo aufgehaben/ und von ſolchem raren Confect ledig wor-
C 2den/
[20]Das I Capitel
den/ daß darauf von demſelben wenig mehr anzutreffen iſt/ weilen
die Curioſi, wie Anfaͤnglich ſchon gedacht worden/ nach und nach
von demſelben etwas mitgenommen/ und dieſelbe alſo zimlich bloß
gemachet haben/ dahero die Fuͤhrer/ dem Bericht nach/ ſolche Tafel
ungern und nicht einem ieden zu zeigen pflegen. Woferne nun von
denen curieuſen Perſonen alles Beſehens-wuͤrdige in dieſer Hoͤle
zur Gnuͤge betrachtet/ und dabey von ihnen die daſelbſt befindliche
zimliche Kaͤlte erdultet worden/ oder es haben dieſelbe ſich nicht mit
genugſamen Lichtern und Fackeln verſorget/ und ſind ſo lange darin-
nen verblieben/ biß die mit genommene darinnen faſt ausgebrannt;
ſo muͤſſen ſie den Ruͤck-Weg durch eben die Oerter/ wodurch ſie vor-
hero eingefuͤhret worden/ wieder nehmen/ weilen die Baumaus-
Hoͤle keinen andern Ausgang als den albereit anfaͤnglich gemeldeten
Eingang hat/ die Ruͤck-Fahrt aber iſt viel muͤhſamer und beſchwer-
licher als die Einfahrt; maſſen dieſelbe bey dem Aufſteigen viel
groͤſſere Muͤhe und Arbeit erfodert/ ſonderlich an den Ort/ da man
in die obere Hoͤle ſteiget/ alwo es einer/ ſonderlich corpulenten/
Perſon ſauer genug ankoͤmmet/ ſich an den Seilen wieder hinauf zu
helffen/ und durch die obgedachte Enge und bey die 20 Schue lange
Klufft biß auf das Roß zu kriechen/ ſind aber die Curioſi biß hie-
her kommen/ ſo haben ſie die Arbeit uͤberſtanden/ und/ wie man
ſaget/ gewonnen Spiel/ denn ſie leichtlich von dar wieder in die obere
und erſte Hoͤle bey diejenige/ welche von der Geſellſchafft zuruͤck
geblieben ſind/ und daſelbſt ihrer erwartet haben/ gelangen koͤnnen/
die alsdenn offtmahls denenſelben nicht genug zu erzehlen wiſſen/
was ihnen unterdeſſen da ſie nicht beyſammen geweſen begegnet ſey/
und wie ſie etliche ſpectra oder Geſpenſte geſehen haͤtten/ welches
aber wohl zu Zeiten bloſſe Einbildungen ſolcher furchtſamen Gemuͤ-
ther ſind: Denn weilen dieſelben nicht das Hertze gehabt mit in die
mittlere Hoͤle zu fahren/ ſo iſt es ebenfals keine unmuͤgliche Sache/
daß ſie ſich dergleichen Phantaſien nicht ſolten gemachet haben;
wiewohl der Teuͤffel ſonſt auch furchtſame Leuͤthe am meiſten zu
aͤffen und zu vexiren pfleget/ hinwieder koͤnnen die aus der mittlern
Hoͤle gekommene Curioſi ihnen ebenmaͤßig nicht ſattſam beſchrei-
ben/
[21]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz
ben/ was vor curieuſe Sachen ſie darinnen angetroffen haͤtten/ und
wie ſie darnach klettern und kriechen muͤſſen/ welches ihnen doch we-
gen denen geſehenen Raritaͤten im geringſten nicht gereuͤe; maſſen ſie
nicht viel davor nehmen wolten/ daß ſolche von ihnen nicht in Augen-
Schein genommen worden. Endlich ſiehet ſich die geſamte curi-
euſe Geſellſchafft noch einmahl in der Ober-Hoͤle umb/ und kriechen
hernach durch den Schlund wieder aus derſelben/ da ſie denn zu
Sommers-Zeit/ ſonderlich wenn warme Tage vorhanden/ vor der
Hoͤle eine ſolche groſſe Hitze empfinden/ daß ihnen deuͤcht/ als waͤren
ſie in eine Bad-Stube kommen/ welches ihnen ſehr wohl zu ſtatten
koͤmmet; weilen ſie ſich ohne dem in der Hoͤle zimlich erkaͤltet ha-
ben. Hat ſich nun die Compagnie vor dem Eingang der Hoͤle ver-
kleidet/ ſo ziehen ſie alhier ihre entlehnete Kleider aus und die rechten
wieder an/ iſt aber daſſelbe in des Fuͤhrers Wohnung geſchehen/ ſo
gehen ſie mit demſelben dahin/ und verrichten ſolches daſelbſt. Zu
letzt/ wenn dieſes geſchehen/ geben ſie dem Fuͤhrer das zugeſagte und
wohl verdiente Trinck Geld/ nehmen von demſelben Abſchied/ und
reiſen vergnuͤgt wieder den Weg den ſie kommen ſind. Auf ſolche
Art hat alsdenn die curieuſe Geſellſchafft die Baumans-Hoͤle be-
ſchauet/ und damit bey die zwey/ drey/ auch wol mehr Stunden/
nachdem dieſelben ſich kurtz oder lang darinnen aufgehalten und um-
geſehen haben/ zugebracht/ ingleichen ſind ſie daraus gluͤcklich ohne
einiges bey der Einfahrt gemachtes Merck-Zeichen wieder angelan-
get; derowegen ſich diejenigen wohl eine recht vergebliche Sorge
machen/ die da vermeinen: daß man daraus ſo wenig als aus einem
Labyrinth ſich wieder finden/ ſondern leichlich vergehen und verirren
koͤnne/ wenn nicht vorhero bey dem Einfahren der Ort des Ausgan-
ges bezeichnet worden/ und ſolches entweder mit Hinwerffung Koh-
len-Staubes/ Strohes und dergleichen/ oder vermittels Anbindung
eines Fadens nach dem Exempel des ſchoͤnen Juͤnglings Theſei,
welcher auf dieſe Weiſe/ vermoͤge des getreuͤen von ſeiner geliebteſten
Ariadne bekommenen Unterrichts/ aus dem Labyrinth zu Creta
ſich gluͤcklich wieder heraus gefunden hat/ wie die Poeten fabuliren
oder dichten; maſſen man ſolches alles nicht bedarff/ weilen dem
C 3Fuͤhrer
[22]Das I Capitel
Fuͤhrer die Gelegenheit der Hoͤle genugſam bekannt iſt/ indem
er dieſelbe offt durchkrochen/ und an vielen figurirten Tropff-
Steinen/ auch anderer Sachen/ genugſame Merck-Zeichen ge-
nommen hat/ wie ich denn etlichemahl in derſelben geweſen/ da
nicht einmahl an dergleichen gemachte Kenn-Zeichen gedacht wor-
den/ und bin doch deſſen ohngeacht nechſt GOttes Huͤlffe/ durch
gute Anfuͤhrung des Fuͤhrers ohne einziges Jrre-Gehen gut und
wohl daraus kommen/ vor dieſem aber ehe die Hoͤle genugſam er-
kundiget und erforſchet worden/ iſt das gedachte Bezeichnen der
Ausfahrt ohn allen Zweifel eine noͤthige Sache geweſen/ dannen-
hero man noch zu des ſeeligen Eckſtormii Zeiten hievon an ſolcher
Crypte viel indicia und Merck-Zeichen gefunden hat/ wie derſelbe
in ſeiner Epiſtel gedencket/ anietz aber iſt ſolches in Gegenwart eines
erfahrnen Fuͤhrers gar nicht vonnoͤthen/ und wuͤrde derſelbe einen
ſolchen Marqueur oder Zeichner nicht genugſam auszulachen wiſ-
ſen/ wenn er mit dergleichen vor ſeinen Augen angeſtochen kaͤme:
dennoch wenn iemand dieſes nicht achten und ſich befuͤrchten wolte/
daß der Fuͤhrer von denen Geſpenſtern etwa verfuͤhret werden moͤch-
te/ der mag meinetwegen immerhin allerhand Zeichen machen/ ver-
ſichere aber/ daß/ wenn GOtt einen auf ſolche Art verſuchen wolte/
alle die gemachten Kenn-Zeichen wegen des Teuffels Spiel und
Verblendungen nicht helffen wuͤrden/ und ein ieder alſo leicht Steine
vor Stroh anſehen moͤchte; das beſte Mittel iſt/ wenn derjenige/
welcher die Hoͤle beſchauen will/ GOtt bittet/ daß er ihm auf ſolche
Art nicht in Verſuchung fuͤhren wolle/ nechſt dem habe er einen gu-
ten Fuͤhrer und genugſamen Vorraht von Lichtern und Fackeln bey
ſich/ halte dieſelbe wohl brennend/ und da allenfalls ſolche aus denen
anfaͤnglich erzehleten Urſachen ausleſchen ſolten/ laſſe er ſie durch
Huͤlffe eines wohl verſehenen Feuͤer-Zeuͤges/ wieder anzuͤnden/ ſo
hat er/ ob GOtt wil/ keine Gefahr zu beſorgen/ im Finſtern aber
aus der Hoͤle zu kommen/ ſolte wohl/ wegen derer vielen Jrr-Wege/
die die Neben-Hoͤlen und Gaͤnge verurſachen/ wo nicht gar unmuͤg-
lich/ doch groſſe Kunſt ſeyn/ denn im Dunckeln die Merck-Zeichen
zu erkennen/ und ſich nicht zu verirren/ erfordert Katzen-Augen/ von
welchen
[23]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
welchen man vorgiebet/ daß ſie im Finſtern alles ſehen koͤnnen/ Men-
ſchen aber iſt ſolches nicht gegeben/ es ſey denn/ daß ſie des Nachts
ſehr wohl/ bey Tage aber nichts/ ſehen koͤnten/ wie in der einen Gat-
tung der Beſchwerung Nyctalopia genannt zu geſchehen pfleget/ iſt
alſo kein Wunder/ daß ſich vormahls ein Fuͤhrer im Dunckeln aus
der Hoͤle nicht hat wieder von ſich ſelbſt finden koͤnnen/ wenn ſonſt
dasjenige wahr iſt/ was man erzehlet/ nemlich: daß ein gewiſſer
feiner Mann/ welcher nicht gar weit von der Hoͤle gewohnet/ und
dieſelbe denen curieuſen Reiſenden auf ihr Verlangen gezeiget/ ſich
einesmahls habe gefallen laſſen/ gantz alleine ohne einigen Gefaͤhr-
ten mit brennenden Lichtern/ wie gebraͤuchlich/ in die Hoͤle zu ſteigen/
um darinnen eines und das andere noch weiter zu erkundigen/ nach-
dem demſelben aber die Lichter in waͤhrender Durchſuchung der Hoͤle
eines nach dem andern verloſchen/ und er zu ſeinem Ungluͤck das mit-
gehabte Feuͤer-Zeuͤg nicht finden koͤnnen/ habe er ſich vergebens be-
muͤhet/ die Ausfahrt wieder anzutreffen/ derowegen er darinnen
drey gantze Tage und Nacht ohne Speiſe und Tranck zugebracht/
im Finſtern herum getappet/ und ſo lange in der Jrre gewandert/
biß ihm endlich ein Engel in Geſtalt eines brennenden Liechtes oder
Feuͤers erſchienen/ und denſelben aus der Hoͤle gefuͤhret; als er nun
alſo wunderlich errettet worden/ und unverhofft wieder aus derſelben
an des Tages Licht kommen/ habe er ſolches erzehlet/ aber nur drey
Tage darauf noch gelebet/ und ſey hernach geſtorben. Ebener maſ-
ſen berichtet Eckſtormius in der offt erwehnten Epiſtel/ wie in denen
Eiſen-Huͤtten bey dem Ruͤbelande ein armer gemeiner und ſeinen
ſeeligen Eltern bekannter Mann ſich aufgehalten/ welcher eines-
mahls/ als die Hoͤle noch offen geſtanden/ und mit keiner verſchloſſe-
nen Thuͤr verwahret geweſen/ ſich unterſtanden/ gantz alleine vor
ſich in die Hoͤle zu kriechen/ habe ſich aber aus denen Kluͤfften nicht
wieder finden koͤnnen/ weilen er kein brennendes Licht mit ſich ge-
nommen/ derohalben er acht Tage lang mit Herumwandern daſelbſt
zubringen muͤſſen/ biß er endlich durch GOttes ſonderbahre Huͤlffe
hinwieder an des Tages Licht gelanget/ und nach dem noch eine Zeit
lang gelebet; in dieſen acht Tagen aber habe er vor groſſer Furcht
und
[24]Das I Capitel
und Schrecken gantz Eis-graue Haare bekommen; weilen derſelbe
durch viele Geſpenſter/ wie er erzehlet/ auf mancherley Art geplaget
worden/ denn es haͤtten etliche derſelben ihn angegriffen/ eines
Diebſtahls beſchuldiget/ und deswegen aufzuhengen befohlen; wenn
er nun dieſer los geweſen/ ſey er von andern eines Todtſchlages be-
zuͤchtiget/ und daher zum Schwerdt verdammet worden; noch an-
dere haͤtten ihn auf eine andere Weiſe gequaͤlet und gepeiniget/ auf
welche Art es kein Wunder geweſen/ daß der Mann nicht aus Angſt
verzweifelt waͤre; wie denn auch ebenfalls es keine unmuͤgliche Sache
iſt/ daß er dieſerwegen grau worden; denn man dergleichen Exem-
pel mehr hat/ darunter auch eines iſt/ ſo ſich im Unter-Hartze zuge-
tragen/ maſſen man von einem von Adel/ ſo man den reichen Bern-
hard von der St. genannt/ erzehlet/ daß derſelbe im Walde von denen
Geſpenſtern ſehr geplaget/ und dadurch innerhalb zweyen Tagen zu
einem Eis-grauen Manne worden/ denn als derſelbe auf der Jagt
von ſeinen Bedienten abkommen/ haben ihn die ſpectra oder Jrr-
Geiſter alſo verfuͤhret/ daß er ſich in dem ſonſt bekannten Walde
nicht finden koͤnnen/ ſondern bald hier/ bald dar/ in der Jrre herum
wandern muͤſſen/ und iſt ihm zu ſeinem Ungluͤck kein Menſch begeg-
net/ der den rechten Weg anzeigen koͤnnen/ unterdeſſen die ſpectra
nicht ermangelt/ denſelben vielfaͤltig zu quaͤlen/ und darmit ſo lange
anzuhalten/ biß er von ſolcher Anfechtung erloͤſet worden/ welches
denn endlich den dritten Tag drauf in der Fruͤhe-Stunde geſchehn iſt/
da er zu ſeinem im Unter-Hartz gelegenen Schloſſe Falckenſtein ge-
langet/ alwo die Seinigen ihn faſt nicht mehr gekennet haben/ weilen
er durch die grauen Haare gantz verſtellet worden/ und ſagt man/ daß
er nach dem niemahls mehr gelachet/ und ſich aller luſtigen Com-
pagnie entſchlagen habe/ da er doch vorhero ein groſſer Liebhaber
davon geweſen ſey. Dieſer erzehlten Begebniß iſt nicht ungleich/
was der wegen ſeiner Evangeliſchen und Epiſtoliſchen Hertz-Poſtille/
auch andern herrlichen Geiſt-reichen Schrifften/ bekannte redliche
Theologus, Valerius Herberger/ in ſeinem Florilegio ex Paradiſo
Pſalmorum oder Paradis-Bluͤmlein aus dem Luſt-Garten der 150
Pſalmen/ und zwar in denen Geiſtlichen Paradis-Roͤſelein aus dem
7 und
[25]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
7 und 8 Vers des 6 Pſalmes pag. 268 erzehlet/ wie nemlich es zu
Leipzig ſich zugetragen/ daß einesmahls eine frevele Dienſt-Magd
auf den ſo genannten Rabenſtein/ worauf der Galgen ſtehet/
geſtiegen ſey/ als eben die ſonſt verſchloſſene Thuͤr auf geſtanden/
und aus Verſehen von dem Nach-Richter offen gelaſſen worden/
welcher Fuͤrwitz ihr aber ſehr uͤbel bekommen/ indem der Wind die
Thuͤr hinter ihr zugeſchlagen/ und ſie alſo nicht wieder herab kom-
men koͤnnen/ ſondern die folgende gantze Nacht darauf verbleiben
muͤſſen/ weilen niemand vorbey gegangen/ der da vermocht ihr er-
baͤrmliches Schreyen und Ruffen zu hoͤren/ und derſelben die ver-
langte Huͤlffe zu verſchaffen; nachdem nun die gantze Nacht hin-
durch der Wind ſtarck gegangen/ und die aufgehenckten Coͤrper zu-
ſammen geſchlagen/ ſey dieſelbe durch das Geklapper derer Beine
in ſolche groſſe Angſt und Schrecken gerathen/ daß ſie davon gantz
grau und weiß als eine Taube worden/ und habe ſie des Morgens
darauf der Scharff-Richter/ als er von denen voruͤber Gehenden
hiervon Nachricht bekommen/ und dieſe armſeelige Gefangene nach
Eroͤffnung der Thuͤr wieder heraus gelaſſen/ in ſolcher Geſtalt an-
getroffen. Ferner ſtimmet mit des Eckſtormii Hiſtorie uͤberein/
was Cælius Rhodiginus lib. 3 cap. 27 von einem Jaͤger erzehlet/
welcher auf einem Felſen junge Fincken-Habichte ſuchen wollen/
woruͤber demſelben aber die darzu gebrauchte Strick-Leiter zerbro-
chen/ und er dieſerwegen durch hefftiges Erſchrecken alſobald graue
Haare bekommen. Dergleichen Exempel findet man auch bey dem
Levino Lemnio in ſeiner Diſſertation de complexionibus libr. \&
cap. 2 p. 111 da er meldet/ wie ein Adelicher Juͤngling ſich die Liebe
uͤberwinden laſſen/ und durch Hefftigkeit derſelben eine Staats-
Dame an des Kaͤyſers Caroli V Hofe zu Falle gebracht habe; ob
nun ſchon dieſe Dame aus inbruͤnſtiger Gegen-Liebe darzu ihren
Willen gegeben/ ſo haͤtte doch deſſen ohngeacht derſelbe andern zum
Exempel mit dem Schwerdt ſollen hingerichtet werden/ woruͤber der
ſonſt ſchoͤne und anmuthige Juͤngling dermaſſen erſchrocken ſey/ daß
er daruͤber im Gefaͤngniß in einer Nacht alſo grau und heßlich von
Geſichte worden/ daß ihn auch weder der Kaͤyſer noch ſeine Bekann-
Dten
[26]Das I Capitel
ten anfaͤnglich/ als man denſelben vor den Richter-Stuhl geſtellet/
mehr gekennet: derohalben der Kaͤyſer anfaͤnglich vermeinet/ es ſey
entweder ein anderer an ſeine Stelle in das Gefaͤngniß gefuͤhret/
oder derſelbe durch eine ſolche Farbe als die Zigeuͤner brauchen/ alſo
im Geſichte verſtellet worden/ und habe dieſerwegen befohlen/ ihn
genau zu beſichtigen: als aber ſolches geſchehen/ und man derglei-
chen nicht befunden/ ſey der Kaͤyſer uͤber ſolchen erbaͤrmlichen Anblick
hefftig erſchrocken/ und habe demſelben dieſerwegen das Leben ge-
ſchencket/ vermeinende/ daß er auf ſolche Art genugſam geſtraffet
ſey. Nicht anders iſt es jenem jungen Spaniſchen Edelmann/
Jacobo Oſario mit Nahmen/ in ſeiner Liebes-Affaire ergangen/
denn als er ebenfalls eine Hof-Dame an des Koͤnigs Ferdinandi
Catholici in Spanien Hoff lieb gewonnen/ und abgeredeter maſſen
in den Koͤniglichen Garten auf einen groſſen ſchattichten Baum ge-
ſtiegen/ ihrer daſelbſt zu erwarten/ hat denſelben ein kleines Schos-
Huͤndlein vernommen/ und durch ſein Bellen verrathen/ worauf
man denſelben in Verwahrung gebracht/ um an demſelben die von
denen eyferſuͤchtigen Spaniern auf ſolche That geſetzte Eapital-
Straffe zu exequiren; als nun die Sentenz uͤber den ungluͤcklich
verliebten Delinquenten gefaͤllet/ und demſelben der Tag zur Execu-
tion angeſagt worden/ hat die Todes-Angſt und Furcht dieſen vier
und zwantzig-jaͤhrigen Juͤngling in einen/ ob ſchon nicht den Jahren/
doch der Geſtalt nach/ Eis-grauen Mann verwandelt/ deswegen
aus Mit-Leiden demſelben auch keine andere Straffe als dem vorigen
geſchehen/ wiederfahren iſt/ wie Hadrianus Junius in ſeinem Com-
ment. de Comâ libr. 10 cap. 4 pag. 363 berichtet. Eine gleiche
Geſchicht erzehlet Henricus Salmuht rer. memorabil. part. 2 tit. 11
pag. 586 von einem Schmiede in Heſſen/ welcher/ als er bey der
Nacht gereiſet/ vom Teuͤffel uͤbel geplaget/ und wegen ſolches Schre-
ckens in einer Nacht grau worden. Solcher Hiſtorien koͤnte ich
noch ſehr viel aus denen Autoribus, ſonderlich den Lic. Chriſtian.
Frideric. Germanno de miraculis mortuorum lib. \& tit. 1 §. 29
p. 12 Martin. Zeillero in ſeiner 17 Epiſtel des I Theils pag. 43 auch
in der 318 Epiſtel des 2 Theils p. 63. ingleichen aus denen Ephe-
meridibus
[27]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
meridibus Germanorum Decur. 2 Ann. obſ. 60 pag. 134. und
Borello centur. 1 obſ. 16 pag. 32 auch andere mehr anfuͤhren/
wenn vorige Exempel nicht genugſam waͤren zu erweiſen/ daß
Furcht und Schrecken auch bey jungen Leuͤten in kurtzer Zeit graue
Haare verurſachen koͤnten/ zumahl/ da ſolches ohne dem auch mit
genugſamen Vernunffts-Gruͤnden kan dargethan werden/ wie es
aber zugehe/ daß ſolche geſchwinde Veraͤnderung derer Haare durch
Furcht und Schrecken entſtehe/ davon ſind unterſchiedene Meinun-
gen/ und hat ſelbige Herr D. Johann. Dolæus in ſeiner Encyclo-
pœdiâ Chirurgicâ rationali libr. 1 cap. 2 pag. 16 \& ſeq. aus dem
Helmontio, Sylvio, Paracelſo und andern Autoribus zuſammen
getragen/ alwo derjenige/ der hiervon weitlaͤufftigen Unterricht ver-
langet/ nach Belieben nachſchlagen kan: Meines Orts aber halte
davor/ doch ohne Schaden und Nachtheil des von vor beſagten Au-
toribus gefaͤlleten Urtheils/ daß ſolches nemlich die Urſache ſey/
weilen die Spiritus, ſie moͤgen auch von denen Autoribus genennet
werden wie ſie wollen/ durch die Alteration dermaſſen geſchwaͤchet
und vermindert worden/ daß ſie auch nicht mehr die Kraft und Macht
haben/ die Feuͤchtigkeiten/ wovon die Haare wachſen/ und ihre Farbe
erlangen durch die in der Haut des Hauptes befindliche glandulas
oder Druͤſen/ darinnen die Haar-Wurtzeln ſtecken/ wie es ſich ſonſt
geziemet/ fortzutreiben/ ſonderlich da ſolche Druͤſen ebenfalls hier-
durch zuſammen gezogen/ erhaͤrtet/ und alſo verſtopffet ſind/ daß ſie
nichts durchlaſſen koͤnnen/ auch gedachte Feuͤchtigkeiten oder Saͤffte
ſich nicht mehr in ſolcher natuͤrlichen Fluͤßigkeit befinden/ daß ſie von
denen ſpiritibus koͤnten fortgebracht werden/ weilen dieſelbe von de-
nen gedachten ſtarcken Gemuͤths-Bewegungen alzuſehr verdicket/
und gleichſam zu einer dicken gelatina oder Gallerte gemachet wor-
den. Vermoͤgen nun auf ſolche Art die vor beſagten Feuͤchtigkeiten
nicht in gebuͤhrender Quantitaͤt/ ſondern entweder zu wenig oder gar
nicht nach denen Haar-Wurtzeln zu gelangen/ ſo iſt es kein Wun-
der/ daß auch davon die Haare alteriret und veraͤndert werden;
maſſen derſelben filamenta ſich ſo enge zuſammen begeben/ daß
davon die Haare eine gantz andere Textur und Geſtalt/ als ſie vorher
D 2gehabt/
[28]Das I Capitel.
gehabt/ bekommen/ und dieſerwegen/ wie denen Herren Mathema-
ticis aus der Opticâ zur Gnuͤge bekannt/ grau ausſehen; diejenigen
aber/ ſo dergleichen Wiſſenſchafften nicht kundig ſind/ und dahero
ſolches nicht wohl begreiffen koͤnnen/ ſtellen ſich nur zum Exempel
der vor gemeldeten Veraͤnderung derer Haare die Blaͤtter an denen
Baͤumen vor/ als welche nicht allein gewoͤhnlicher maſſen jaͤhrlich
bey heran nahendem Winter/ ſondern auch offtmahls mitten im
Sommer in kurtzer Zeit weiß oder gelbe werden/ nachdem denen
Baͤumen/ darauf ſich dieſelben befinden/ zufaͤlliger Weiſe derjenige
Safft/ welcher ſie mit denen Blaͤttern erhaͤlt/ entgangen iſt/ welches
zu Zeiten geſchiehet/ wenn die Wurtzeln von denen Reit- Fahr- oder
Waſſer-Maͤuſen abgefreſſen werden/ oder dieſelben in einem hitzi-
gen ſandigen Erdreich ſtehen/ und darinnen bey anhaltender groſſer
Hitze und Duͤrre verbrennen/ auch ſonſt auf andere Art einen ſol-
chen Schaden leiden/ der da verhindert/ daß der Safft aus denen
Wurtzeln in den Stamm und Aeſte nicht aufſteigen koͤnne. Auf
vor gedachte Art und Weiſe vermag nun zwar Furcht und Schre-
cken gar wohl extraordinariè in weniger Zeit graue Haare verur-
ſachen; ob aber auch nicht zum oͤfftern eine uͤbernatuͤrliche Theo-
logiſche Urſache/ nemlich GOttes Straffe/ zugleich mit dahinter
ſtecke/ will ich denen Herren Theologis zu erkennen geben/ weilen
die Umſtaͤnde verſichern/ daß die meiſten von denen Perſonen/ derer
Haare alſo verwandelt worden/ kein gutes Leben gefuͤhret haben/
wiewohl auch nicht zu leuͤgnen iſt/ daß zu Zeiten fromme Hertzen
ebenfalls nicht ſolten koͤnnen verſuchet werden. Sonſt erzehlet der
gemeine Mann auſſer demjenigen/ was albereit von mir iſt angefuͤh-
ret worden/ noch unterſchiedene Dinge von der Baumans-Hoͤle/
welche mit der Wahrheit nicht gar wohl uͤberein zu kommen/ und
deswegen ziemlich fabelhafft zu ſeyn ſcheinen/ doch iſt hierunter mei-
nes Erachtens dasjenige nicht zu rechnen/ was offt gedachter Eck-
ſtormius in ſeiner Epiſtel auch unter andern anfuͤhret: wie nemlich
oͤffters Leuͤthe durch Wunder-ſeltſame Traͤume gleichſam bezaubert
worden/ als wenn Schaͤtze in dieſer Hoͤle verborgen waͤren/ derowe-
gen ſie hinein gekrochen/ um ſelbige zu ſuchen und zu heben; nachdem
nun
[29]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
nun dieſelben unverrichteter Sache wieder heraus kommen/ ſey von
ihnen erzehlet worden/ wie ſie zwar groſſe eiſerne Schatz-Kaͤſten dar-
innen angetroffen/ haͤtten aber nicht darzu gelangen koͤnnen/ weilen
darauf ſehr groſſe ſchwartze Hunde gelegen geweſen/ welche dieſelbe
verwahret gehabt; daß ich aber ſolches vor eine muͤgliche und wahre
Begebenheit halte/ und nicht mit unter die Fabeln zehle/ beweget
mich darzu/ daß es nichts Ungewoͤhnliches ſey/ wenn der Teuͤffel
dergleichen Spiel/ ſonderlich mit Geld-gierigen Leuͤthen/ machet/
und ſind mir ſolcher Exempel mehr bekannt/ die ſich an gewiſſen
Orten zugetragen haben/ welche mit Fleiß nicht melden will/ um
nicht einen und andern Intereſſenten damit zu touchiren. Dieſes
iſt nun dasjenige/ was ich von der Baumans-Hoͤle und derſelben
merckwuͤrdigſten Sachen dem curieuſen Leſer habe berichten wollen;
Erinnere aber dabey/ daß darinnen noch viele Tropf-Steine anzu-
treffen ſind/ ſo einige Figur haben; wie denn einer einen Tauff-
Stein/ der andere eine Rinder-Zunge und ſo weiter præſentiret/
welche alle ſonderlich zu beſchreiben anietzo mein Vorhaben nicht ge-
weſen; derowegen ich ſolche bedaͤchtlich ausgelaſſen/ um denenjeni-
gen/ ſo ſelbige albereit geſehen/ nicht damit einen Verdruß zu er-
wecken/ und andere curieuſe Gemuͤther/ die nicht in der Hoͤle gewe-
ſen/ anzufriſchen/ dergleichen luſus naturæ oder Wunder-Spiele
der Natur ſelber in Augen Schein zu nehmen. Schließlichen will
ich dem gelehrten Curieuſen Leſer zwey wohl elaborirte gelehrte Car-
mina gleichſam als ein ſupplementum oder Zuſatz mittheilen/ und
hat das erſte Herr Magiſter Friderich Hildebrand, weyland wohl-
verdienter Rector bey der hieſigen Stadt-Schule Anno 1660 in den
Druck gegeben/ das andere aber iſt von Herr Johann Ludewig Fuͤ-
rern verfertiget/ und von demſelben als eine Epiſtel an den ſeeligen
Herrn Magiſter Johannem Cajum, vormalhs im Cloſter Jlefeld
geweſenen Verwaltern/ geſendet worden/ dieſes Carmen findet
man in Herr D. Chriſtoph Helwigs/ Profeſſoris Medicinæ zu
Greiffswald in Pommern Bericht von der Peſt part. 2 cap. 2 p. 129
alwo der ſeelige Fürerus ein Medicus genennet wird/ welches er doch
nicht geweſen/ wohl aber ein Raths-Herr alhier/ und ein Curieuſer
D 3Bota-
[30]Das I Capitel
Botanicus, maſſen derſelbe dem D. Caſparo Bauhino, wie aus
deſſen Pinace Theatri Botanici und andern ſcriptis an unterſchie-
denen Orten zu erſehen/ viele von denen an und auf dem Hartz
wachſenden Kraͤutern nach Baſel uͤberſendet/ und etliche ſchoͤne ſo
genandte Herbaria viva verfertiget hat/ darunter eines iſt/ welches
von demſelben dem Johanni Nicolao Londinoldano zu Gefallen
gemachet/ und mir von Tit. Herr D. Conrad Froman/ bey dieſer
Kaͤyſerlichen Freyen und des Heiligen Roͤmiſchen Reichs Stadt
Nordhauſen hochverdientem aͤlteſten und nunmehr durch GOttes
Gnade 86jaͤhrigen Buͤrgermeiſtern/ auch Phyſico ordinario \&c.
als meinem an Vaters Statt hochzuehrendem Herrn Vetter und
Gevatter aus vaͤterlicher Affection nechſt ſeinen mit eigenen Haͤn-
den zubereiteten Viridariis artificialibus, als ſie D. Johann Ludwig
Hannemann in method. cognoſcend. ſimpl. vegetab. f. 12 p. 24
nennet/ verehret worden. Die Carmina aber/ derer ich gedacht/
ſind folgende:
de
Specu Baumannica.
Huc
[31]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
Duce-
[32]Das I Capitel
Impoſuit
[33]voncurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
de
Miraculis Antri Baumannici.
EDeuca-
[34]Das I Capitel.
(b) Buda
[35]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
Dieſe Carmina werden nun verhoffentlich einem Liebhaber der
Lateiniſchen Poëſie und natuͤrlichen Curioſitaͤten wohl vergnuͤgen/
ſonderlich da ſelbige die Beſchreibung von der Baumans-Hoͤle
ziemlich illuſtriren; kan aber unberichtet nicht laſſen/ daß ich des
Füreri Carmen nicht von Wort zu Wort hergeſetzet habe/ wie es
in gedachtem Herrn D. Helwigs Tractat ſtehet/ indem daſſelbe nicht
allerdings mit dem manuſcripto des ſeeligen Füreri uͤberein kom-
met; derowegen ſolches von mir an denen Orthen/ da es vonnoͤthen
geweſen/ nach Anweiſung des Originals/ geaͤndert/ und mit denen
in dem manuſcripto befindlichen notis vermehret worden.
II.
Von der Schartzfeldiſchen oder Scharz-
felſiſchen Hoͤle.
NAch der Baumans-Hoͤle iſt die Schartzfeldiſche oder vielmehr
Schartzfelſiſche Hoͤle Beſehens wuͤrdig; weilen darinnen
ebenfalls etliche curieuſe Sachen anzutreffen ſind: Die Einwohner
des Landes nennen aber dieſelbe insgemein die Zwerg-Loͤcher/ und
ſind ſelbige am Unter-Hartz in der alten Graffſchafft Hohnſtein/
nicht weit von dem Schloß Schartzfels im Gehoͤltze und Buſch-
Werck gelegen/ wie denn auch die Hoͤle von ietzt gemeldeten Ort
den Nahmen bekommen hat: So nun iemand dieſelbe zu ſehen ver-
langet/ muß er in dem nahe dabey liegenden und zum Ambte gehoͤ-
rigen Dorffe Schartzfeld ſich nach einem Fuͤhrer umthun/ worzu
denn derſelbe leicht gelangen kan; weilen niemand daſelbſt allein
uͤber die Hoͤle/ wie bey der Baumans-Hoͤle geſchiehet/ beſtellet iſt/
E 2ſondern
[36]Das I Capitel.
ſondern viele von denen Einwohnern ſich hierzu gebrauchen laſſen/
worunter anietzo ein Mann iſt/ den die ſo genannten Brauſchauffen
verfertiget/ welcher guten Beſcheid in der Hoͤle weiß; wiewohl auch
andere gefunden werden/ denen es hieran ebenfalls nicht mangelt;
wenn er alsdenn einen Fuͤhrer ausgemacht/ und mit demſelben des
Trinck-Geldes wegen einig worden/ ſo begiebt er ſich mit demſelben
auf den Weg/ und koͤmmet durch allerhand Holtz- und Buſch-
Werck zu dem unangenehmen und unebenen Eingang der Hoͤle/ al-
da derſelbe an ſtatt der Leiter auf denen Aeſten eines an denen Zwei-
gen behauenen Baumes hinunter klettern/ und ſich dabey in Acht
nehmen muß/ daß er nicht falle/ und alſo eher als er es verlange/ hin-
ab komme; ſo bald derſelbe aber auf den Boden gelanget/ ſo iſt alle
Gefahr vorbey/ und ſtellet ſich vor Augen eine groſſe aus einem Fel-
ſen-Stein beſtehende Hoͤle von ſolcher Hoͤhe/ daß auch wohl eine
vormahls im Kriege ſehr gebraͤuchliche aber nunmehro aus gewiſſen
Urſachen mehrentheils wieder abgeſchaffte lange Soldaten-Pique
darinnen aufrecht ſtehen kan; Jnwendig iſt dieſelbe faſt aller Orten
mit einem dicken Tropf Stein gleichſam uͤbertuͤnchet und uͤberzogen/
und gehet man in dieſer Hoͤle eine ziemliche Laͤnge fort biß zu dem
Eingange/ der in die folgende Hoͤle gehet/ wodurch man ebenfalls
eine gute Weile zu kriechen hat/ ehe man in die andere Hoͤle gelanget/
welche der vorigen an der Weite und Hoͤhe nichts nachgiebet. Aus
dieſer kriechet man auf vorige Art mit ziemlicher Muͤhe/ doch ohne
einige Gefahr/ weiter in die dritte/ und von dar in die vierdte Hoͤle/
und ſo weiter/ denn derſelben ſehr viel nach einander folgen/ wie denn
etliche Fuͤhrer berichten/ daß man faſt eine Teuͤtſche Meile lang der-
gleichen Hoͤlen hinter einander antreffe; maſſen ſie dieſelben ſo weit
durchkrochen/ und doch kein Ende gefunden haͤtten. Die Kaͤlte iſt
in dieſen Hoͤlen ebenfalls/ als in der Baumans-Hoͤle/ zu vermercken/
und faſt noch ſtaͤrcker als daſelbſt/ wie denn/ ſolche zu maͤßigen/ in-
gleichen den Tag oder das Licht in dieſelbe zu bringen/ in etlichen Hoͤ-
len oben an der Decke runde und andere in unterſchiedener Geſtalt
verfertigte Loͤcher gefunden werden/ wovon zwar viele mit Stein und
Erde wieder verfallen und verſtopffet ſind. Dieſe Loͤcher haͤlt der
gemeine
[37]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
gemeine Mann vor die Ein- und Ausgaͤnge der Hoͤlen/ wodurch
die Zwerge vor Alters/ ihren Gedancken nach/ vermittelſt einer Lei-
ter/ ſollen ein- und ausgeſtiegen ſeyn/ es iſt aber glaublicher/ daß ſol-
ches nur Lufft-Loͤcher geweſen/ und vielmehr angefuͤhrter Urſachen
halber gemachet worden. Es ſind auch in der Scharzfelſiſchen Hoͤle
eine ſolche Menge derer Schlupf-Loͤcher anzutreffen/ daß es nicht
genugſam zu beſchreiben iſt; maſſen allerwegen Kluͤffte vorhanden
ſind/ die bald gleich vorwaͤrts gehen/ bald aber zur Seiten lauffen/
und kan man aus einer in die ander kommen; dahero ſolches ziem-
licher maſſen mit einem Labyrinth oder Jrr-Garten kan verglichen
werden/ denn derjenige/ ſo in die Hoͤlen ſich begeben/ nicht ſo leicht
ſich wieder daraus finden wird/ wenn er nicht ſehr wohl und genau
alle Ecken/ die er vorbey gegangen/ in Acht genommen und gemercket
hat; Es ſind aber gemeldete Schlupf-Winckel an etlichen Orten ſo
reine/ als wenn ſie mit einem Beſen ausgekehret worden/ hingegen
ſind etliche derſelben gantz durch das Graben derjenigen/ die darin-
nen Metallen oder das unicornu foſſile geſuchet/ verdorben/ und mit
Stein und Erden angefuͤllet worden. Was den Tropf-Stein an-
betrifft/ ſo iſt derſelbe nicht allein in der erſten Hoͤle/ wie albereit ge-
meldet/ ſondern auch in etlichen andern anzutreffen/ ob ſchon der
Gipfel oder Spitze des Berges/ darinnen die Hoͤle lieget/ aus ſehr
trocknen Kalck-Steinen beſtehet; maſſen etliche Seiten derer Hoͤ-
len mit dem Tropf-Waſſer ſtetig befeuͤchtet werden/ und fallen die
Tropfen davon mit ſolchem Schalle auf den Boden/ daß die Un-
wiſſenden vermeinen/ es regne darinnen; derohalben ſolches auch
von etlichen Fuͤhrern das Tropf-Spiel genennet wird; wenn ſolche
Tropfen iemand auf die Kleider fallen/ und darauf auſſerhalb denen
Hoͤlen von der Lufft trocken werden/ ſo entſtehen daraus weiſſe Fle-
cken/ aus welchen hernach ein weiſſes ſandichtes Puͤlverlein faͤllet/
wenn man dieſelben ausreibet/ welches aus einem aufgeloͤſeten Stein-
marck und Kalck- oder Gyps-Stein beſtehet. Es wollen Unter-
ſchiedene unter denen Fuͤhrern berichten/ daß offtmahls in denen
Hoͤlen/ ſonderlich zu Nacht-Zeit/ ein ſo groſſes Ungewitter und
Donnern verſpuͤret wuͤrde/ daß auch die Hoͤlen davon erſchuͤtterten/
E 3und
[38]Das I Capitel
und ſagen einige/ daß ſie ſolches ſelber gehoͤret haͤtten/ als ſie eines-
mahls uͤber Nacht darinnen geblieben waͤren/ die Urſach aber ſchrei-
ben ſie gemeiniglich denen Erd-Teuͤffeln und Geſpenſter zu/ ſolte
nun daſſelbe/ als es erzehlet worden/ ſich alſo in der That und Wahr-
heit verhalten/ ſo kan zwar nicht in Abrede ſeyn/ daß der Teuͤffel
nicht ſolte ein ſolches Gepraſſel/ das einem Donner gleich komme/
verurſachen koͤnnen; Allein ich halte gaͤntzlich davor/ daß die einfaͤl-
tigen Fuͤhrer zu Zeiten ſich in ihrer Meinung ſehr betriegen/ indem
zu der Zeit/ da ſie ſich des Nachts darinnen befunden haben/ offt-
mahls leichtlich kan auſſerhalb denen Hoͤlen ein ſtarckes Donner-
Wetter entſtanden ſeyn/ durch deſſen Hefftigkeit die Hoͤlen nicht
allein von auſſen/ ſondern auch inwendig erſchuͤttert worden/ weilen
der ſtarcke Donner-Knall ſo wohl durch etliche/ annoch offene Lufft-
Loͤcher/ als auch den Eingang/ in dieſelbe mit Gewalt ſich gedrungen/
und daſelbſt durch den Wieder-Schall vielfaͤltig verdoppelt hat; Daß
aber dergleichen Reſonantz oder Wieder-Thon kein erdiehtetes Werck
ſey/ kan man leicht bey andern Hoͤlen und hohl gemachten corpori-
bus, voraus bey etlichen muſicaliſchen Inſtrumenten/ wahrnehmen/
als welche insgeſamt wegen des in der Cavitaͤt oder Hoͤle vielfaͤl-
tiglich an- und wieder zuruͤck ſchlagenden Schalles entweder hefftig
oder gelinde wiederthoͤnen/ nachdem der anſchlagende und zuruͤck
prallende Schall ſtarck oder ſchwach iſt/ auch die Hoͤlen und andere
hole reſonirende corpora groß oder klein ſich befinden/ und dieſer-
wegen viel oder wenig Lufft in ſich haben/ welche von dem Thon oder
Schall beweget worden/ wovon ich ſchon in der Beſchreibung der
Baumans-Hoͤle gemeldet habe. Uber vor gedachtes wird auch
von der Scharzfelſiſchen Hoͤle der Orten insgemein erzehlet/ wie
nemlich einesmahls auf den Abend Petri und Pauli ſich fuͤnff und
zwantzig Perſonen mit einander eidlich verbunden haͤtten/ dieſe Hoͤ-
len gaͤntzlichen zu durchkriechen/ und derſelben Beſchaffenheit recht
zu erkundigen/ zu welchem Ende von denſelben nicht allein viele Lich-
ter/ Leiter und Schnuͤre/ ſondern auch auf etliche Tage Speiſe und
Tranck mitgenommen worden; Als ſie nun auf ſolche Art uͤber
neuͤn hundert Klaffter weit in die finſtern Hoͤlen gekrochen/ waͤren
ihnen
[39]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz
ihnen darinnen ſehr viele curieuſe Sachen vor Augen kommen/ un-
ter andern aber gantze Pallaͤſte/ allerhand ſchoͤne Bilder und Saͤulen/
welches alles aus Tropf-Stein beſtanden/ und von dem Tropf-
Waſſer ſo ſchoͤn gebildet worden/ als wenn ſolches durch Kunſt und
Menſchen-Hand geſchehen geweſen/ ingleichen haͤtten ſie daſelbſt
etliche ſchoͤne Brunnen-Quellen/ flieſſende Waſſer/ viele Knochen
und gantze verweſete Coͤrper von ungewoͤhnlicher und grauſamer
Groͤſſe angetroffen/ auch waͤren ſie in viele heimliche Schlupf-Win-
ckel gerathen/ und als ſie durch dieſelbe gekrochen/ auf ſolche groſſe
Plaͤtze kommen/ daß ſie auch alle [fuͤnff] und zwantzig neben einander
gehen koͤnnen/ welches ſie ſo lange angetrieben/ biß ſie weiter fortzu-
kommen nicht mehr vermocht/ alsdenn dieſelben gezwungen worden/
den Ruͤck-Weg wieder zu nehmen/ und durch Huͤlffe derer bey dem
Eingange angebundenen und an einander geknuͤpften Schnuͤre oder
Faͤden ſich aus denen Hoͤlen zu machen/ dieſes ſey ihnen zwar alſo
gegluͤcket/ haͤtten aber doch in denſelben ihre vorige Geſtalt ziemlich
verlohren/ und waͤren von der in denen grauſamen Hoͤlen und Oer-
tern ausgeſtandenen Furcht und groſſen Kaͤlte dergeſtalt im Ange-
ſicht erblichen und verſtellet worden/ daß ſie auch deswegen faſt nicht
mehr zu erkennen geweſen/ als ſie wieder zu Hauſe angelanget. End-
lich wird das ſo genannte unicornu foſſile oder gegrabenes Berg-
Einhorn auch in dieſer Scharzfelſiſchen Hoͤlen gefunden/ bey weiten
aber nicht mehr in ſolcher Menge als vor dieſen/ da es darinnen von
denen Benachbarten vielfaͤltig ausgegraben/ und von denſelben/
darunter noch einige anietzo am Leben ſind/ unter andern meinem
ſeeligen Vater Johann Henning Behrens/ weyland E. E. Raths
Apothecker alhier/ haͤuffig zu Kauffe gebracht wurde/ als welcher
ſolches nicht allein vor die von E. E. Rahte gepachtete Apothecke
behielt/ ſondern auch an andere Oerter/ da ſolches nicht gegraben
wird/ verſendete/ und daſelbſt denen Herren Apotheckern und Mate-
rialiſten wieder verhandelte. Da nun auf vor erzehlte Weiſe ſehr
viel davon aus der Hoͤle geholet worden/ ſo hat es wohl nicht anders
ſeyn koͤnnen/ als daß ſolches nach und nach abnehmen/ und weniger
werden muͤſſen/ wie denn auch dieſerwegen dasjenige/ was zu dieſer
Zeit
[40]Das I Capitel
Zeit in der Hoͤle gegraben wird/ mehrentheils nur daſſelbe iſt/ was
vormahls entweder nicht gefunden/ oder ſeiner Schwaͤrtze halben
verachtet worden/ und alſo unter denen in der Hoͤle befindlichen
Stein- und Erd-Hauffen liegen geblieben. Gedachtes Einhorn
aber iſt nicht einerley Geſtalt; denn bald ſiehet ſolches als wie ein
Horn/ Hirn-Schaͤdel/ Kinn Backen/ Schulter-Blat oder Ruͤck-
Grad aus; bald ſtellet daſſelbe eine Rippe/ Zahn/ Schinn- und
Huͤfft-Bein/ auch andere Knochen/ ſo von Menſchen und Thieren
herkommen/ fuͤr/ auch wird welches angetroffen/ das eine unfoͤrmige
Maſſe oder ungeſtalter Klumpe iſt/ ſo da entweder ſehr wenig oder
gar im geringſten nicht die Figur eines Knochens an ſich hat; dieſer-
wegen ſind von dem gegrabenen Einhorn ſchon vor langer Zeit un-
terſchiedene Meinungen entſtanden/ maſſen diejenigen/ welche das
erſte/ nemlich daß ſolches wahrhafften Menſchen- und Thier-Kno-
chen aͤhnliche/ betrachtet haben/ auf die Gedancken kommen ſind/
als muͤſte daſſelbe nothwendig ein animale, oder eine von einem
Menſchen oder Thier herkommende Sache ſeyn; Andere aber/ de-
nen die unfoͤrmlichen Stuͤcke ſehr im Kopffe herum gegangen/ haben
vermeinet/ es haͤtte dadurch die Natur ihr geheimes Spiel genugſam
verrathen/ und zu verſtehen gegeben/ daß es kein animale, ſondern
minerale oder mineraliſches Gewaͤchs ſey/ welches in der Erde
alſo gewachſen/ und von der ſpielenden Natur formiret oder ausge-
arbeitet worden. Nechſt dieſen haben ſich gleichſam Neutraliſten
angefunden/ welche weder die erſte noch die andere Meinung allein
gebilliget/ ſondern ſo wohl der einen als der andern beygepflichtet
haben/ gaͤntzlich davor haltende/ daß man alhier diſtinguiren/ und
einen Unterſchied unter dem gegrabenen Einhorn machen muͤſſe;
maſſen ein Theil deſſelben ein wahrhafftes animale, nemlich verſtei-
nerte Knochen eines Thiers/ das lange in der Erden gelegen/ ſey/ da
hingegen ein anders kein animale, ſondern wuͤrcklich ein minerali-
ſches Weſen oder Berg-Gewaͤchſe waͤre. Es hat aber iede Mei-
nung ihre Patronos oder Verfechter vor ſich/ welche ſolche mit pro-
babilibus rationibus und argumentis zu defendiren ſich euͤſerſt be-
muͤhen/ ob ſchon ſolches ohne Difficultaͤten nicht abgehet: denn
dieje-
[41]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
diejenigen/ ſo ſolches vor ein animale oder verſteinerte Knochen aus-
geben/ ſolches damit beweiſen wollen/ daß daſſelbe/ wenn man es
gegen rechte Knochen halte/ mit denſelben in eſſentialibus uͤberein
komme/ und natuͤrlich als ſelbige geſtalt ſey/ woher aber die Verſtei-
nerung ſolcher Knochen entſtehe/ ſind dieſelbe unter einander nicht
einig; maſſen etliche daſſelbe bloß dem Stein-machenden Waſſer
zuſchreiben; Andere aber dawider einwenden/ daß ſolches allein
nicht vermoͤge/ gedachte Veraͤnderung derer Knochen zuwege zu
bringen/ weilen das Waſſer unmuͤglich in die Knochen/ ihrer Haͤrte
und Feſtigkeit wegen/ gelangeu koͤnte/ wenn dieſelben nicht vorhero
durch das unterirdiſche Feuͤer alſo calciniret/ und dergeſtalt porös
oder lucker und loͤchericht gemacht worden/ daß das Stein-machende
Waſſer leicht ſich eindringen/ und ſelbige in eine andere/ nemlich
ſteinerne Natur nach und nach verwandeln koͤnne/ und ſolche Cal-
cination ſey auch Urſach/ daß man mehrentheils aus dem gegra-
benen Einhorn durch das Feuͤer dasjenige nicht bekomme/ was ſonſt
vermittelſt der Deſtillation aus andern nicht verſteinerten Knochen
gebracht werde/ weilen durch die Calcination diejenigen Theile/ ſo
ein Oehl und fluͤchtiches Saltz in ſich haben/ guten Theils verzehret
worden/ und nur die truckenen irdiſchen zuruͤck geblieben waͤren;
Noch andere/ die ſolches vor ein animale halten/ laſſen die vor ge-
meldete Petrification oder Verſteinerung derer Knochen fahren/ und
geben vor/ daß ſolche einig und allein in der Erde von denen daraus
ſteigenden feuͤchten und warmen Duͤnſten gleichſam per calcinatio-
nem Philoſophicam, oder Vaporoſam, wie die Chymici reden/
calciniret wuͤrden/ und lieſſen ſolche Duͤnſte nicht zu/ daß ſie daſelbſt
vermoderten/ ſonderlich/ wenn die Erde nicht gar zu feuͤcht/ ſondern
trucken/ ſandig oder leimicht waͤre. Gleichwie nun die Verfechter
vor gedachter Meinung in dem Punct der Verſteinerung ſolcher
Knochen ſtreitig ſeyn/ alſo koͤnnen ſie ſich auch nicht vertragen/ wo-
von ſolche urſpruͤnglich herkommen/ maſſen viele es mit dem gemei-
nen Manne halten/ welcher gaͤntzlich in denen Gedancken ſtehet/ daß
ſolches nichts anders als Beine von dem Einhorn/ als einem in der
Heiligen Schrifft gedachten vierfuͤßigen Thiere/ ſeyn/ deswegen
Fſolche
[42]Das I Capitel
ſolche Knochen auch von denſelben insgemein gegraben Einhorn ge-
nenet werden/ es ſind aber dieſelben zu dieſer Meinung dadurch ver-
leitet worden/ weilen ſie geſehen oder gehoͤret haben/ daß offtmahls
an unterſchiedenen Orten gantze Sceleta oder Gerippe von denen
vermeinten und verweſeten vierfuͤßigen Einhoͤrnern gefunden und
ausgegraben worden; wie denn unter andern der wegen ſeiner unver-
gleichlichen Mathematiſchen Wiſſenſchafft hoch-beruͤhmte Herr
Otto de Guericke, weyland Chur-Fuͤrſtl. Brandenburgiſcher
Raht und Hoch-verdienter Buͤrgermeiſter zu Magdeburg/ in ſeinen
Experimentis Magdeburgicis lib. 5 cap. 3 fol 155 erzehlet: wie
es ſich Ann. 1663 in Quedlinburg zugetragen habe/ daß daſelbſt in
dem Berge/ der Zeuͤnicker-Berg genannt/ alwo die Kalck-Steine
gebrochen wuͤrden/ ein gantzes Sceleton oder Coͤrper eines Einhorns
ſey gefunden worden/ das vor der Stirn ein lang ausgeſtrecktes uno
wie eines Menſchen Schinn-Bein dickes Horn gehabt/ welches Sce-
leton hernach der Durchlauchtigſten Fuͤrſtin und Aebtiſſen zu Qued-
linburg von denjenigen/ ſo ſolches gefunden/ ſey uͤberantwortet wor-
den. Andere vermeinen/ daß ſolche Knochen nicht allein von den
Einhoͤrnern/ ſondern auch zu Zeiten von den Elephanten waͤren/ wel-
ches ſie ebener maſſen mit denen Elephanten-Coͤrpern/ ſo an etlichen
Orten unter der Erden/ auch noch A. 1695 bey Burg Tonna in der
Sand-Grube angetroffen worden/ darzuthun gedencken. Nechſt
dieſen finden ſich wieder etliche/ die da vorgeben/ daß ſolche Beine
allemahl ſo wenig von Einhoͤrnern als Elephanten waͤren/ in Be-
trachtung/ daß dieſelben ebenmaͤßig offtmahls von groſſen ungeheuͤ-
ren Rieſen-Coͤrpern herruͤhreten/ und vermeinen ſie/ daß man ſol-
ches leicht daraus abnehmen koͤnte/ daß nicht ſelten die ſo genannten
Einhorns-Graͤber und andere Leuͤthe in waͤhrendem Graben auf
gantze Gerippe Menſchen Knochen kommen waͤren/ welche unge-
mein groß geweſen/ maſſen man in dem Theatro Europæo Meriani
part. 5 fol. 574 finde/ daß Ao. 1645 die Schweden bey der Nieder-
Oeſterreichiſchen Stadt Krembs ein Rieſen-Sceleton ausgegraben
haͤtten/ deſſen Kopff wie ein mittelmaͤßiger runder Tiſch groß gewe-
ſen/ und habe ein Zahn von denſelben ſechſtehalb Pfund gewogen/ die
Arm-
[43]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
Arm-Roͤhre aber ſey ſo dicke als ein Kerl geweſen/ und die Hoͤle des
Schulter-Blats von ſolcher Weite/ daß eine Carthaunen-Kugel
hinein gegangen/ auch bezeuͤge Eckſtormius in ſeiner Epiſtel mit dem
Autore der Topographie oder Oerter-Beſchreibung derer Laͤnder
Braunſchweig und Luͤneburg fol. 32 \& ſeq. wie einesmahls ein
gantzes menſchliches Sceleton in der Baumans-Hoͤle ſey gefunden
worden/ welches von einer ſolchen Groͤſſe geweſen/ als ein Menſch
immer in der Welt haͤtte ſeyn moͤgen/ woraus er auch einfoͤlglich
und ohne Zweifel geſchloſſen habe/ daß vor Alters die Rieſen uͤberaus
groß muͤſten geweſen ſeyn/ dergleichen Exempel ſie mehr anfuͤhren
koͤnten. Auf was Art aber die vor gemeldete Einhoͤrner-Elephan-
ten- und Rieſen-Coͤrper in die Hoͤlen und andere gedachte Oerter
gerathen ſind/ koͤnnen ſie ſich ebenfals nicht gaͤntzlich vergleichen;
denn etliche darunter davor halten/ daß ſelbige einig und allein in der
allgemeinen und erſchrecklichen Suͤnd-Fluth/ wormit GOtt die
gantze Welt beſtraffet gehabt/ auch das vom Abend gegen Morgen
wuͤtende Nord-Mehr dahin geſchwemmet/ und entweder mit Erde/
Stein und Sand/ oder denen von der Gewalt des Waſſers abge-
riſſenen und fortgetriebenen Spitzen und Gipfel derer Berge/ als
wovon die Hoͤlen entſtanden waͤren/ bedecket worden; Andere aber
geben zwar zu/ daß ſolches in waͤhrender Suͤnd-Fluht geſchehen ſey/
ſind aber dabey der gaͤntzlichen Meinung/ daß auch nach derſelben
von Kriegs- und Kauff-Leuͤthen Elephanten in Teuͤtſch-Land und
andere Laͤnder waͤren gebracht worden/ deren Coͤrper man nach ihrem
Tode daſelbſt/ wo ſie gefunden worden/ habe begraben laſſen. Ob
nun ſchon dieſelben alſo in etlichen Stuͤcken ſich nicht gar wohl ver-
tragen koͤnnen/ ſo ſind ſie doch ingeſamt in dieſem einig: daß das ge-
grabene Einhorn ein animale ſey/ und halten es mit denſelben unter-
ſchiedene Autores, unter welchen auch der ſeelige Herr Doctor Con-
ring iſt/ als welcher in ſeiner diſſertatio de antiquo Helmſtadii
ſtatu pag. 13 ſaget: wie es unmuͤglich ſey/ daß die Natur an und
vor ſich ſelbſt ohne Zuthun eines andern Thiers vollkoͤmmliche Bei-
ne formiren koͤnne/ dergleichen Anfaͤnglich in Mutter Leibe gemacht/
hernach durch langes Wachsthum zur Perfection gebracht worden.
F 2Es
[44]Das I Capitel
Es antworten aber hierauf diejenigen/ ſo das unicornu foſſile vor
ein minerale nnd Spiel der Natur halten/ daß/ wenn die Verfechter
voriger Meinung ſolche vermeinte Knochen nicht obenhin/ ſondern
genau angeſehen haͤtten/ ſie alsdenn eine ſolche Gleichheit als ſie
ſich eingebildet nicht wuͤrden angetroffen haben; maſſen man an
denenſelben/ ſonderlich denenjenigen/ ſo wie die Kinn-Backen aus-
ſehen/ ſolche wunderliche Apophyſes oder Proceſſus wahrnehme/
die wider die Oſteologiam oder Anatomiſche Beſchreibung derer
Knochen lieffen/ und niemahls ordinariè bey denen Menſchen- und
Thier-Beinen zu finden waͤren; wie es denn ebenfalls unter ſolchen
unechten Knochen dergleichen Stuͤcke gebe/ ſo gantz ungeſtalt und
mit keiner Figur eines rechten Beines uͤberein kaͤmen; Geſetzt auch/
daß etliche Stuͤcke von dem unicornu foſſili die rechte und natuͤrliche
Geſtalt eines Menſchen- oder Thier-Knochens accurat haͤtten; ſo
waͤren doch dieſelben deswegen keine wahrhaffte Beine/ denn nicht
allemahl dasjenige wuͤrcklich ein Knochen ſey/ was demſelben aͤhn-
lich waͤre: derowegen man von der euͤſerlichen Geſtalt dieſes mine-
ralis ohne eine daraus kommende abſurde Folge nicht argumentiren
koͤnte/ ſonſt auch andere luſus naturæ, nemlich die in denen Schiefer-
Steinen offtmahls befindliche ſteinerne Fiſche/ cornua Ammonis
und mehr Arten derer figurirten Steine/ nothwendig dasjenige ſeyn
muͤſten/ was ſie præſentirten oder denen Augen vorſtelleten/ wel-
ches doch falſch ſey/ weilen ſelbige nur Steine ihrer Art waͤren. Fer-
ner opponiren dieſelben wider den ignem ſubterraneum, auch die
daher derivirte Calcination und Verſteinerung derer Knochen/ daß
viele mit dem Autore der Philoſophiæ Veteris \& Novæ Burgundia-
cæ Tom. 2 part. 2 cap. 2 p. 413 billich davor hielten/ wie das unter-
irdiſche Feuͤer nicht aller Orten gefunden werde; derowegen ſie erſt-
lich beweiſen muͤſten/ daß man ſolches daſelbſt/ wo das unicornu
fosſile gegraben werde/ gewiß und ohnfehlbar antreffe/ welches ſie
aber mit untadelhafften Wahrheits-Gruͤnden nicht wuͤrden darthun
koͤnnen/ maſſen in denen meiſten Hoͤlen/ darinnen das gegrabene
Einhorn zu finden ſey/ keine Waͤrme als ein Zeichen des unterirdi-
diſchen calcinirenden Feuͤers/ ſondern vielmehr eine groſſe Kaͤlte/
faſt
[45]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
faſt durch das gantze Jahr/ verſpuͤret werde; waͤre nun ein ſolches
Feuͤer nicht vorhanden/ ſo koͤnne man leicht erachten/ daß auch noth-
wendig die angefuͤhrte Calcination von ſich ſelbſt hinweg fallen muͤſ-
ſe/ und wenn ſie auch ſchon zugeben wolten/ daß das unterirdiſche
Feuͤer derer Orten vorhanden ſey/ ſo vermoͤge doch ſolches nicht der-
gleichen Calcination zu vollbringen; denn wolte man dadurch eine
actuale oder wahre Calcination/ ſo mit ſtarckem Feuͤer geſchehe/
verſtehen/ ſo muͤſſe man die Knochen nicht daſelbſt laſſen/ ſondern in
den Berg Veſuvium, Ætnam oder andere beruͤhmte Feuͤer-ſpeyen-
de Berge werffen/ wenn ſie ſolten recht calciniret werden. Solte es
aber gleichſam eine Philoſophiſche Calcination ſeyn/ ſo waͤre denen
Herren Chymicis bekannt/ daß ſolche ebenfalls einen ziemlichen
Grad des Feuͤers erfodere/ und ohne heiſſe Duͤnſte unmuͤglich geſche-
koͤnne/ welche man doch nicht vermerckte/ wenn man in die Erde/
darinnen das unicornu foſſile vorhanden ſey/ ein Loch machte/ und
die Haͤnde hinein ſteckte. Dieweil aber alſo ihre auf die Bahn ge-
brachte Calcination/ wo nicht gar unmuͤglich/ dennoch ſehr unge-
wiß und unerwieſen ſey; ſo hielten ſie davor: daß auch die Verſtei-
nerung derer Knochen eben auf ſolchem Fundament beſtuͤnde; weilen
ihrer etlicher Bekaͤnntniß nach das Stein-machende Waſſer vor
der Calcination durch die poros und meatus derer Knochen nicht
kommen koͤnnen/ dahero ſie glaubeten/ daß eher die Knochen mit
einer ſteinernen Materie uͤberzogen wuͤrden/ oder gar verweſeten/
als daß dieſelben ein ſteinernes Weſen annehmen ſolten. Gleicher
Geſtalt halten die Patronen dieſer Meinung alles dasjenige/ was
vom Gegentheil wegen derer vermeinten Einhoͤrner-Knochen vor-
gebracht worden/ vor bloſſe und ungegruͤndete Muthmaſſungen/ und
dieſes deswegen/ weilen noch biß hieher ſtreitig und nicht ausgemacht
ſey: was eigentlich das vor ein grauſames und wildes vierfuͤßiges
Thier muͤſſe geweſen ſeyn/ welches in der Heil. Schrifft den Nahmen
eines Einhorns bekommen habe/ und welches man unter denjenigen
Einhoͤrnern/ davon unterſchiedene Autores melden/ hentiges Tages
vor das rechte halten ſolle; daß ſolches alles aber auf lauter unge-
wiſſen Gruͤnden beruhe/ wollen dieſelben folgender maſſen beweiſen:
F 3erſtlich:
[46]Das I Capitel
erſtlich: daß die Ausleger der Heiligen Schrifft/ nemlich Herr
Doctor Lucas Oſiander, weiland Hoch-verdienter Wuͤrtenbergi-
ſcher Theologus Orthodoxus, und andere mehr/ nichts Vollkom-
menes von der eigentlichen Beſchaffenheit derer vor der Suͤnd-Fluht
geweſenen Einhoͤrnern ſetzten/ auch ſolches aus Mangel einer gruͤnd-
lichen Nachricht und vollkommener Beſchreibung nicht zu thun ver-
maͤchten/ woran auch wenig gelegen waͤre/ weilen es keine Sache ſey/
ſo zu der Seelen Seeligkeit gehoͤre; zum andern: weilen ſo viele
Einhoͤrner bey denen Scribenten gefunden wuͤrden/ daß man nicht
wiſſen koͤnne/ welches das rechte ſey/ maſſen Martinus Zeillerus in
ſeinen Epiſteln und zwar part. \& centur. 1 epiſt. 26 pag. 77 \& ſeq.
berichtet/ daß Ludovicus di Barthema von Bonomen aus Jtalien
buͤrtig in ſeiner Orientaliſchen Reiſe-Beſchreibung libr. 1 de Arab.
cap. 18 pag. 20 melde/ wie er auf ſeiner Reiſe in Arabien zu Mecha/
als des Mahomets Vater-Lande/ zwey Einhoͤrner geſehen haͤtte/
ſo dem Sultan daſelbſt von einem Koͤnig aus Æthiopia oder Moh-
ren-Land vor einen ſonderlichen Schatz waͤren verehret und mit ei-
nem Gitter-Werck verwahret worden/ deren das groͤſte ſich einem
drittehalb jaͤhrigen wohl gewachſenem Fohlen oder Fuͤllen vergli-
chen/ und ein Horn bey drey Ellen lang vor dem Kopff gehabt habe;
das andere aber ſey faſt wie ein jaͤhriges Fohlen/ und deſſen Horn
ungefehr faſt vier Spannen lang geweſen/ beyde aber haͤtten Koͤpffe
wie ein Hirſch gehabt. Ferner ſage auch Marcus Paulus Venetus
libr. 3 deſcript. Orient. c. 15 daß man im Koͤnigreich Baſinam
Einhoͤrner mit einem Schweins-Kopff finde/ ſo etwas kleiner als ein
Elephant waͤren; Jngleichen wuͤrden auch unter die Einhoͤrner ge-
rechnet der in denen Wuͤſten des Mohren-Landes ſich aufhaltende
Wald-Eſel/ das Naſen-Horn/ ſonſt Rhinoceros genannt/ und an-
dere mehr/ derer gemelter Zeillerus in angefuͤhrten Epiſteln cen-
tur. 3 Epiſt. 790 pag. 171 gedacht haͤtte. Bey ſolcher Vielheit derer
Einhoͤrner geben diejenigen/ ſo das unicornu fosſile vor kein ani-
male halten/ einem ieden unpasſionirten zu bedencken: Ob ſolches
ohne Streit abgehen koͤnne/ wenn etliche ſolten befraget werden:
welches unter vor gedachten Einhoͤrnern dasjenige ſey/ wovon die
Heilige
[47]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
Heilige Schrifft ſchreibe; denn einer dieſes der ander jenes davor
halten/ und doch nicht gewiß wiſſen wuͤrde/ ob er das rechte erwehlet
habe/ wie denn auch dieſerwegen Lorentz Catelan, Apotheker zu
Mompelier ſich faͤlſchlich einbilde das rechte Pfloͤckgen getroffen zu
haben/ indem er in dem 1 Capitel ſeines Tractats von Einhoͤrnern/
deſſen Zeillerus an letzt gedachtem Ort gedachte/ vorgebe: daß das
rechte Einhorn in Jndien gefunden/ und Cardazonus oder Loͤwen-
Horn/ ſeiner Staͤrcke und Grauſamkeit halber/ genennet werde;
ſintemahl derſelbe ſolches eben ſo wenig als vor gemeldete/ fuͤr gewiß
ſagen koͤnte/ ſonderlich da es ziemlich fabelhafftig heraus kaͤme/ wenn
er berichte: welcher Geſtalt ſolches am meiſten durch Jungfrauen
gefangen werde/ zumahl auch auſſer dieſen ein groſſer Glaube darzu
gehoͤre: Ob ſich alles in der That und Wahrheit alſo befinde/ als
die Autores von denen Einhoͤrnern geſchrieben haͤtten. Hieraus
ſchlieſſen nun diejenigen/ welche der Meinung ſind/ wie das uni-
cornu fosſile nichts anders als ein mineraliſches Erd- und Berg-
Gewaͤchs ſey/ daß/ weilen der Gegen-Part vor erzehlter maſſen nicht
wiſſe/ was das Einhorn eigentlich vor ein Thier ſey/ haͤtte auch ſein
Lebetag keinen Knochen davon weder in Natur noch in Kupffer ge-
ſehen/ und gegen das unicornu fosſile gehalten/ davon er doch ſonſt
ein groß Weſen machte/ ſo koͤnne er auch mit Wahrheits-Grunde
nicht ſagen/ daß das gegrabene Einhorn rechte Knochen von einem
wahren Einhorn waͤren/ und wenn gleich einige hierwider einwenden
wolten/ daß/ ob man ſchon keine gantze Sceleta oder einzelne Knochen
von denen rechten Einhoͤrnern habe/ dennoch davon ſchoͤne gantze
Hoͤrner an vornehmer Potentaten Hoͤfen und in beruͤhmten Staͤd-
ten/ nemlich zu Dresden im Chur-Fuͤrſtenthum Sachſen/ S. Denis
in Franckreich/ Windsor in Engelland/ Friedrichsburg in Daͤnne-
marck/ ingleichen zu Strasburg/ Venedig und andere Oerter mehr
finde/ welche hoͤher als Gold geachtet/ und als eine groſſe Raritaͤt
denen Fremden gezeiget wuͤrden/ wovon eine curieuſe Perſon leicht
ein Muſter nehmen/ und mit dem gegrabenen Einhorn conferiren
koͤnne/ ſo ſolten doch dieſelben wiſſen/ daß ſie ſich in ihrer Meinung
grauſam betrogen faͤnden; maſſen dieſelbe mit denen mineraliſchen
nicht
[48]Das I Capitel
nicht uͤberein kaͤmen/ indem die gegrabenen ſo genannten Einhoͤrner
mehrentheils glatt und grau ausſehen/ die vermeinten rechten aber
haͤtten keine andere als weiſſe Farbe/ und waͤren mit Striemen alſo
rund umgeben/ daß mancher ſchweren ſolte/ es waͤren dieſelbe nicht
natuͤrlich/ ſondern durch eines Kuͤnſtlers Hand zu ſolcher gewunde-
nen Schnecken-Linie gebracht worden. Uber dieſes waͤren auch ge-
dachte Hoͤrner von keinem vierfuͤßigen Einhoͤrnichten Thiere/ wie
ſolches diejenigen/ ſo damit gehandelt/ ihres ſehr groſſen Wuchers
wegen/ vormahls denen Leuͤthen weis gemachet/ auch dieſerwegen
daſſelbe vornehme und gelehrte Perſonen feſtiglich geglaubet haͤtten/
weilen man nunmehro hinter ſolche Stuͤcke kommen ſey/ und erfah-
ren habe/ daß ſolche Hoͤrner von einer Gattung Wall-Fiſche her-
kaͤmen/ welche in dem Mitternaͤchtigen Meer oder Nord-See/ ſon-
derlich bey der Norwegiſchen Jnſel Jsland gefangen/ und von denen
Jslaͤndern Narvval genennet wuͤrden/ welchen Nahmen ſolche
Wall-Fiſche deswegen bekommen haͤtten/ weilen ſie ſich bloß vom
Aaſe nehreten/ welches auf Jslaͤndiſch Nar und Hual ein Wall-
Fiſch hieſſe/ deshalben diejenigen ſehr irreten/ die ihnen den Nahmen
Nahvval geben. Ebener maſſen koͤnne man auch dieſelben propriè
oder eigentlich keine Hoͤrner nennen/ weilen ſie ſich in der maxillâ
ſuperiori oder Ober-Kiefel/ und nicht in der Hirn-Schale/ wie ſonſt
der Hoͤrner Art ſey/ befaͤnden/ und alſo mehr unter die Zaͤhne als
Hoͤrner zu rechnen waͤren/ wie ſolches alles Olaus Wormius in ſei-
nem Muſæo libr. 3 cap. 13 fol. 280 \& cap. 14 fol. 282. ingleichen
Johann Ludwig Gottfried in ſeiner Hiſtoriâ Antipodum part. 3
fol. 635. und Henrich Sivers in ſeinem verdeuͤtſchten Bericht von
Groͤnland cap. 9 pag. 18 mit mehrern bezeuͤgeten; Als welche von
ſolchen Einhoͤrnern inſonderheit geſchrieben/ und davon denen Cu-
rioſis accurate Abriſſe mitgetheilet haͤtten/ welches auch verurſachet
habe/ daß ſolche Einhoͤrner nicht mehr bey ihrem vormahligen hohen
Preis geblieben/ ſondern nunmehro gemeiner und ziemliches Kauffs
worden waͤren. Weiter wird von denen Patronis der vor gedachten
Meinung nicht zugegeben/ daß das gegrabene Einhorn Elephanten-
Knochen/ wie einige wollen/ ſind/ aus denen Urſachen/ weilen nicht
funda-
[49]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
fundamentaliter oder gruͤndlich koͤnne erwieſen werden/ auf was
Art und zu welcher Zeit die Elephanten vormahls in Teuͤtſchland/
alwo dieſelben notoriſcher maſſen nicht ordentlicher Weiſe gefunden
wuͤrden/ gebracht/ und daſelbſt/ einiger Vorgeben nach/ an unter-
ſchiedene Oerter nach ihrem Tode begraben worden; Denn wenn ſie
ſchon zugeben wolten/ daß die Soldaten und Kauff-Leuͤthe/ welches
aber doch noch ungewiß/ und lange nicht gaͤntzlich ausgemachet ſey/
die Elephanten einesmahls mit dahin gefuͤhret haͤtten/ ſo kaͤme es
doch ihnen unglaublich vor/ daß dieſelben ſich ſolten die Muͤhe und
Weile genommen haben/ um eines Elephantens willen ein ſolches
groſſes Loch/ darinnen ein ſolches ungeheuͤres von 14 biß zu 24
Werck-Schuh hohes Thier haͤtte koͤnnen eingeſcharret werden/ zu
graben oder machen zu laſſen/ und zwar ſo tieff/ daß der todte Ele-
phante bey eilff Ellen tiff unter die Erde komme/ wie dem bey Burg
Tonna gefundenen vermeinten Elephanten widerfahren ſey/ als
welchen man eilfftehalb Ellen tieff in der Sand-Grube ſteckend an-
getroffen habe/ dieſerwegen hielten ſie vielmehr davor/ daß die Sol-
daten und Kauff-Leuͤthe viel eher ein ſolches Aas wuͤrden haben ent-
weder liegen/ oder da ſolches der Ort nicht zugegeben/ als ein ander
todtes Thier auf den Schind-Anger bringen/ und daſelbſt in freyer
Lufft verfaulen laſſen/ als daß ſie ſich um ein ſolches unnoͤthiges und
muͤhſames Elephanten-Begraͤbniß bekuͤmmert haͤtten: Ob nun
auch gleich andere dieſes verbeſſern und ſagen wolten/ daß die Ele-
phanten-Coͤrper durch die Suͤnd-Fluht auf albereit gedachte Art in
Teuͤtſch-Land gebracht waͤren/ ſo kaͤme ihnen doch nicht allein un-
glaublich/ ſondern auch unmuͤglich vor/ daß ſolche abſcheuͤlich ſchwere
fleiſcherne Huͤgel oder Berge/ wie von etlichen die Elephanten ge-
nennet wuͤrden/ in der Suͤnd-Fluht uͤber tauſend und mehr Meilen
Weges aus Aſia und Africa/ als wo ſich die Elephanten mehrentheils
auf hielten/ ſolten in Teuͤtſch-Land fortgetrieben/ und nicht unter
Weges geblieben ſeyn; Denn wenn dieſelben zu Zeit der Suͤnd-Fluht
auf der Ebene erſoffen waͤren/ ſo koͤnne man leicht erachten/ daß die
Gewalt des Waſſers ſolche an die vielen/ ſo wohl innerhalb Aſien
und Jndien/ als auch zwiſchen hier und Teuͤtſch-Land liegende hohe
GBerge
[50]Das I Capitel
Berge wuͤrde geworffen haben/ weilen die Berge in der Suͤnd-Fluht
nicht alſobald/ ſondern erſt nach Verlauff viertzig Tagen und Naͤch
ten mit Waſſer gaͤntzlich bedecket worden/ unterdeſſen dieſelben leicht
haͤtten verfaulen oder von denen ſich daſelbſt aufgehaltenen Raben
und andern Fleiſch-freſſenden Voͤgeln aufgezehret werden koͤnnen.
Nun ſey glaublich/ daß/ wo nicht alle/ doch die meiſten/ ſo wohl zahme
als wilde Elephanten auf ebenen und niedrigen Orten durch Uberei-
lung der Suͤnd-Fluht umkommen waͤren/ weilen ſich dieſelbe ohne
Zweifel daſelbſt ihrer Schwere wegen aufgehalten haͤtten/ und auf
hohe Berge zu klettern nicht vermoͤchten; Geſetzt auch/ daß etlichen
Elephanten/ ſo nicht gleich anfaͤnglich mit drauf gangen waͤren/
ſondern ſich mit genauer Noth noch ſalviret haͤtten/ die groſſe Gefahr
gelehret haͤtte/ auf hohe Berge uͤber ihr Vermoͤgen zu ſteigen/ und
waͤren darauf von der nachfolgenden Waſſer-Fluht erſaͤuffet wor-
den/ ſo ſey doch ebenfalls zu glauben/ daß dieſelben auf ſolche Art
auch nicht in Teuͤtſch-Land kommen/ ſondern auf dem gedachten
weiten Wege verſuncken/ und auf dem Grunde mit Sand/ Erde
oder Steinen bedecket und verſchwemmet waͤren/ ſonderlich da ohn-
dem die todten Elephanten im Waſſer leicht unterzugehen pflegten/
nicht allein ihrer grauſamen Schwere wegen/ ſondern weilen ſie auch
nach ihrem Tode alſobald zu faulen anfiengen/ und darauf die an-
dere faulende Coͤrper auf den Grund des Waſſers fielen; daß aber
die Elephanten das vor andern Thieren beſonders haͤtten/ daß ihr
Coͤrper leicht faule/ wollen ſie daher beweiſen/ weilen Johann. Bapti-
ſta Tavernier in ſeiner Reiſe-Beſchreibung in Jndien libr. 1 cap. 18
fol. 73 Teuͤtſcher Edition melde/ wie er in Acht genommen habe:
daß/ obwohl der Elephante bey ſeinem Leben eine ſehr harte Haut
habe/ dennoch dieſelbe/ ſo bald er geſtorben/ dem Vogel-Leim gleich
anzutreffen ſey/ welches man vor nichts anders/ als eine gewiſſe An-
zeigung einer anfangenden Faͤulung halten koͤnne; uͤber dieſes lauffe
es ebenfalls wider die geſunde Vernunfft/ wenn etliche vorgeben:
daß die Elephanten in der Suͤnd-Fluht durch das von Abend gegen
Morgen ſtuͤrmende Nord-Meer nach Teuͤtſch-Land und andere in
Europa liegende benachbarte Laͤnder gebracht waͤren/ denn ihnen der
hefftige
[51]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
hefftige Sturm-Wind mit denen davon erregeten ſtarcken Wellen
contrair oder zuwider geweſen/ als wodurch ſie vielmehr weiter in
das Land gegen Morgen und Mittag/ alwo Aſien und Africa liege/
als gegen Mitternacht in Teuͤtſch-Land wuͤrden fortgetrieben ſeyn;
Maſſen bekannt ſey: daß auf dem Waſſer nichts gegen Wind und
Wellen treibe/ wie denn auch hieraus leicht ein ieder erſehen koͤnne:
daß dasjenige/ was ietzt vorgebracht worden/ ſo wenig als die andern
vorhergehenden Meinungen beſtehen moͤgen/ und wenn ſchon einige
weiter einwenden wolten: wie die Elephanten vor der groſſen Suͤnd-
und See-Fluht gemeine Thiere in Teuͤtſch-Land geweſen/ und nach-
gehends in derſelben umkommen waͤren/ ſo wuͤrde es ihnen doch
nichts helffen/ weilen ſie dadurch nur das onus probandi auf den
Hals bekaͤmen/ auch dieſerwegen ſolches erſtlich glaublich machen/
und wie es ſich gebuͤhrete/ beweiſen muͤſten/ welches denn ohne Ab-
ſurditaͤten nicht abgehen wuͤrde. Neben dem wird auch die Meinung
dererjenigen verworffen/ welche das gegrabene Einhorn vor Beine
von Rieſen-Coͤrpern ausgeben/ maſſen die Autores, ſo daſſelbe vor
ein bloſſes minerale erkennen/ ebenmaͤßig ſagen: daß die Verfech-
ter ſolcher Meinung nicht damit aufkommen koͤnten/ und wenn es
zum Beweis kaͤme/ derſelbe bey weiten nicht ſo groß als eines von
denen angegebenen Rieſen-Coͤrpern ſey/ als welche/ ihrer grauſamen
Groͤſſe wegen/ von keinem Enakim, Goliaht, Og zu Baſan oder an-
dern in der Heiligen Schrifft gedachten Rieſen herruͤhren koͤnten/
ſondern vielmehr von monſtris oder groſſen Miß-Geburten derer
Rieſen muͤſten herkommen ſeyn/ wenn man dieſelben vor rechte Rie-
ſen-Coͤrper halten wolte/ indem der Og zu Baſan nicht uͤber acht Ellen
hoch geweſen ſey/ welches man aus dem 5 Buch Moſis cap. 3 verſ. 11
erſehen koͤnne/ indem daſelbſt berichtet werde/ daß deſſen Bette nur
neuͤn Ellen in die Laͤnge und viere in die Breite gehabt haͤtte; wenn
man nun eine Elle davon abziehe/ weilen daſſelbe nothwendig groͤſſer/
als der Rieſe ſo darinnen geſchlaffen/ geweſen ſeyn muͤſſe/ ſo blieben
acht Ellen zur Hoͤhe des Rieſens uͤbrig/ welche aber noch lange nicht
an diejenige Laͤnge kaͤme/ ſo die vermeinten Rieſen-Coͤrper zu Zeiten
haͤtten/ daraus auch gewiß zu ſchlieſſen ſey/ daß ſolche keine rechte
G 2ſceleta
[52]Das I Capitel
ſceleta von wahrhafften Rieſen waͤren/ welches man zur Gnuͤge
erweiſen koͤnte/ wenn man nicht alleine die Groͤſſe des Kopffes aus
der Geometriſchen Proportion betrachtete/ ſondern ſich auch die
Rechnung von den groſſen Zaͤhnen machte/ welches beydes ſie ſich
auch/ um ihre Meinung zu behaupten/ bedienen wolten: unerachtet
nun ein Zahn von dem groͤßten Menſchen nicht viel uͤber ein Quent-
lein wiege/ wie Gesnerus in ſeiner Hiſtoriâ animalium davor hielte/
und ſolches die Erfahrung bezeuͤgete/ ſo ſolte doch/ damit ſich der
Gegen-Theil nicht zu beſchweren habe/ ein Zahn vor ein halb Loht
gerechnet/ und davon die Rechnung auf einen ſechſtehalb pfuͤndigen
Rieſen-Zahn gemachet werden/ da denn das Facit heraus kaͤme/
daß ſolcher Rieſen-Zahn/ ſalvo errore calculi, drey hundert und
ſechs und neuͤnzigmahl groͤſſer als der groͤßte ordinaire Menſchen-
Zahn waͤre; Ferner wolten ſie die Hoͤhe eines Menſchen auf zehen
Werck-Schuh oder fuͤnf Ellen rechnen/ da doch ordinariè die groͤßte
Perſon heuͤtiges Tages nicht ſo hoch ſey/ und darauf die Rechnung zie-
hen/ verſichrende/ daß die Arithmetica oder Rechen-Kunſt gewißlich
darthun werde/ wie ein ſolcher vermeinter Rieſe ebenfals drey hundert
und ſechs und neuͤnzigmahl groͤſſer als ein zehenſchuͤhigter Menſch
muͤſſe geweſen ſeyn/ und bey zwey hundert und ſieben und vierzigmahl
den Og zu Baſan an der Laͤnge uͤbertroffen haben/ dergleichen Rieſen-
Menſch iemahls auf der Welt und in rerum naturâ geweſen zu ſeyn
kein Verſtaͤndiger verhoffentlich glauben und ſtatuiren werde. Nichts
weniger wollen vor gedachte Autores diejenigen hoͤren/ welche vor-
geben/ daß aus denen in der Suͤnd-Fluht abgeriſſenen Spitzen und
Bergen die Hoͤlen entſtanden waͤren; denn haͤtte es vor der Suͤnd-
Fluht ſchon Berge gegeben/ uͤber welche das Gewaͤſſer funfzehen
Ellen gegangen/ wie in der Heiligen Schrifft nemlich im 1 Buch
Moſis cap. 7 v. 20 zu erſehen ſey/ ſo wuͤrden auch folglich und ohne
allen Zweifel in etlichen derſelben natuͤrliche von keines Menſchen
Hand gemachte Hoͤlen geweſen/ und nicht erſtlich darinnen nach der
Suͤnd-Fluht geworden ſeyn. Endlich verwundern ſich dieſelben/
daß man die Natur vor ſo ohnmaͤchtig halte/ und nicht zugeben wol-
le/ daß dieſelbe an und vor ſich ſelbſt vollkoͤmmliche Beine ohne
Zuthun
[53]voncurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
Zuthun eines Thiers formiren koͤnne/ da doch dieſelbe wohl andere
Sachen bilde/ die mehr verwunderlich als Knochen waͤren/ und hin-
dere daran nicht/ daß ſie zu Zeiten in etlichen Stuͤcken irre/ und die-
ſelben nicht vollkoͤmmlich fuͤrſtelle. Dieſes ſind nun die Urſachen/
warum einige darauf beſtehen/ daß das gegrabene Einhorn von kei-
nem Menſchen oder Thiere ſey/ und halten dieſelbe gaͤntzlich davor/
daß daraus gnugſam erhelle/ wie uͤbel ſolches von etlichen unter die
Knochen gerechnet worden/ da es doch in der That und Wahrheit
ein mineraliſches Gewaͤchs und ſolcher Stein waͤre/ der nur offt-
mahls eine euͤſerliche Gleichheit mit denen Knochen haͤtte/ dahero
auch die heuͤtigen Medici und Phyſici daſſelbe unter die mineralia
ſetzeten/ wie unter andern D. Daniel Sennertus in ſeiner Epitome
Natural. Scient. libr. 5 cap. 4 pag. 422 und D. Schrœderus in
ſeiner Pharmacopæâ medic. Chymic. libr. 3 cap. 8 p. 352 gethan
haͤtten/ auch daß es darunter gehoͤre von D. Johann. Laurent. Bau-
ſchio in ſeinem Schediasmate curioſo de unicornu foſſili mit vie-
len Autoribus, rationibus und exemplis erwieſen ſey; wie man denn
ebenfals bey dem Plinio lib. 36 cap. 18 finde: daß derſelbe ſchon zu
ſeiner Zeit gewuſt habe/ daß Beine aus der Erde wuͤchſen/ und ſtei-
nerne Knochen gefunden wuͤrden/ welches von nichts anders als von
dem unicornu foſſili auf gewiſſe Art zu verſtehen ſey/ ohnerachtet
des Plinii Meinung dem Zacuto Luſitano libr. 1 Med princ. hi-
ſtor. 24 auch dem Garciæ ab Horto lib. 1 cap. 14 nicht in den Kopf
gewolt/ und dieſerwegen von beyden vor unglaublich gehalten wor-
den/ ſey es alſo mehr als zu gewiß/ daß das gegrabene Einhorn von
keinem Menſchen oder Thiere/ ſondern von einem mineraliſchen
Weſen herruͤhre/ ſonderlich da auch deſſen Materie und geneſis oder
Ankunfft ſolches bezeuͤge. Wegen gedachter Materie aber haben
die Autores nicht einerley Gedancken/ indem einige mit dem Libavio
part. 3 ſingular. libr. 8 cap. 17 davor halten: daß ſolche eine bitu-
minoſiſche Erde oder dergleichen Erd-Aſche ſey. Andere hingegen
vermeinen/ daß man dieſelbe vor nichts anders als einen verdorbenen
und gleichſam verfaulten Agt- oder andern Stein erkennen koͤnne
und ſo weiter/ welche doch ingeſamt weit vom Ziele ſchieſſen/ und
G 3die-
[54]Das I Capitel
diejenigen nur am allernechſten dabey kommen/ welche glauben/ daß
die materia proxima oder naͤheſte Materie des gegrabenen Einhorns
eine fette und thonichte Erde ſey/ welche zu Latein Marga, auf
Deuͤtſch aber Mergel oder Steinmarck genennet/ und an vielen
Orten Teuͤtſch-Landes/ ſonderlich um den Hartz herum/ haͤuffig
gefunden wird/ wie man denn auch nicht gar weit von der Scharzfel-
ſiſchen Hoͤle ein groſſe Mergel-Grube antrifft/ daraus die da herum
wohnende Land-Leuͤthe den Mergel holen/ um damit ihre Aecker und
Wieſen zu duͤngen/ weilen ſie denſelben an ſtatt des Miſtes brauchen/
wie vielen bekannt iſt. Aus ſolcher Mergel-Erde wird nun das ge-
grabene Einhorn generiret/ wenn nemlich ein durch die Berg-Ritzen
flieſſendes unterirdiſches Stein-Waſſer oder ſteinigter Safft ſich
mit derſelben genau vermiſchet/ und ſo fluͤßig machet/ daß ſie von dar
in Geſtalt einer Milch oder duͤnnen Maſſe durch die Erd-Loͤcher in
einen gewiſſen holen Ort/ als in eine Forme oder Model flieſſet/ in
welchen ſolche duͤnne Materie nach und nach dicker/ auch endlich/
wenn die bloſſe waͤſſerige Feuͤchtigkeit ſich gaͤntzlich verzehret hat/ da-
ſelbſt coaguliret/ und in einen Stein verwandelt wird/ welches denn
auch keine unmuͤgliche Sache iſt/ weilen gedachtes Stein-Waſſer
mehrentheils aus ſolvirten oder aufgeloͤſeteu Steinen beſtehet/ und
vermittelſt ſeiner irdiſchen und ſaltzigen Theile/ auch darinnen coa-
gulirenden ſaliniſchen ſpiritus lapidifici leichtlich dergleichen Ver-
ſteinerung verurſachen kan: Was nun vor gemeldete Erd-Mutter
oder Patrone vor eine Geſtalt hat/ das nimmet auch die darinnen
coagulirte Maſſe an/ denn iſt die Mutter nach der Form eines
Knochens von Menſchen oder Thieren diſponiret/ ſo ſiehet das
Kind derſelben ſehr aͤhnlich/ und hat der ſteinerne Knoche alsdenn
die eigentliche Geſtalt eines natuͤrlichen Knochens an ſich; wenn
aber die patrone unfoͤrmlich/ ſo wird auch daraus nicht leichtlich ein
gebildetes ſondern vielmehr ungebildetes Stuͤck herkommen. Die-
ſem nach ſiehet man hieraus/ welcher Geſtalt die Beſchaffenheit des
Ortes/ worinnen der von dem Stein-machenden Waſſer ſolvirte
Mergel gefloſſen/ viel zur Formirung ſolcher Figuren helffe/ wie-
wohl auch einigen/ denen ſolches nicht genug zu ſeyn ſcheinet/ zuge-
geben
[55]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
gegeben wird/ daß dieſelben zugleich ihre formam von einer durch den
Archæum terræ oder den Spiritum univerſalem dahin gelegten ideâ
nehmen: Es geſchiehet aber die gedachte Bildung nicht allezeit gleich
auf einmahl/ ſondern allgemach/ dahero auch an denen Orten/ wo
der Raum zu wachſen vorhanden geweſen/ offtmahls ſolche Stuͤcke
angetroffen werden/ die durch den taͤglichen/ vielfaͤltigen Zufluß zu
einer ſolchen Groͤſſe gelanget/ daß auch ihnen keine Knochen von
dem groͤßten Menſchen oder Thiere/ ſo iemahls in der Welt gefun-
den worden/ zu vergleichen ſind; dahero auch diejenigen/ welche das
gegrabene Einhorn vor kein animale halten/ zu erkennen geben/ wie
unbillich einige ſolche von der Natur gekuͤnſtelte Knochen-Bilder vor
Rieſen- Einhorn- oder Elephanten-Knochen ausgeben wolten. Be-
treffend diejenigen Autores, ſo gleichſam Neutraliſten ſind/ und kei-
nem von denen Patronis derer vor gedachten Meinungen allein bey-
fallen/ ſondern einen Unterſchied unter denen wahrhafftigen verſtei-
nerten und denen mineraliſchen Rieſen-Einhorns- und Elephan-
ten-Knochen machen/ und das erſte mit dem ſeeligen D. Ettmuͤllern
in ſeiner mineralogiâ cap. 8 oper. fol. 428 ein falſches/ das andere
aber ein gerechtes gegrabenes Einhorn nennen/ ſo bedienen ſich die-
ſelben des von dem ſeeligen Herrn D. Paulo Ammanno, weyland
wohlveꝛdienten Præceptore auf der Univerſitaͤt Leipzig/ und meinem
vormahligen in Botanicis Profeſſore, in der Vorrede ſeiner Medi-
cinæ Criticæ ſehr gelobten Syncretismi Medici/ und leſen dasjenige
aus/ was in ihren Kram dienet/ ſie halten aber unter andern davor/
daß man wegen des unicornu animalis aus der Vergleichung und
Augenſchein nehmen muͤſſe/ ob daſſelbe von dieſem oder jenem Thiere
waͤre/ denn wenn iemand ein Sceleton vor Augen kaͤme/ deſſen gantze
textura mechanica auf einen Elephanten ziele/ und accurat auch in
behoͤriger Proportion mit eines rechten natuͤrlichen/ von D. Moulins
in Engliſcher Sprache/ auch von Johann. Rajo in ſeiner Synopſi
Animalium quadrupedum pag. 131 \& ſeq. beſchriebenen/ Elephan-
ten-Sceleto uͤberein komme/ ſo ſey auch daſſelbe gewiß von einem
Elephanten/ welches aber von etlichen/ wie aus Vorhergehenden
zu erſehen/ nicht will angenommen werden. Nicht viel beſſer gehet
es
[56]Das I Capitel
es dem Kirchero, wie er in ſeinem mundo ſubterraneo libr. 8 cap. 4
den Unterſchied zwiſchen den mineraliſchen und verſteinerten Bei-
nen lehren und ſagen will/ daß die rechten Knochen ihre inwendige
hole Roͤhren/ darinnen vormahls das Marck geſeſſen/ behalten haͤt-
ten/ die mineraliſchen aber gar nicht hohl/ ſondern durch und durch
gantz feſte wie ein Stein waͤren/ denn ſolches ebenfals nicht perpe-
tuæ veritatis iſt/ und allezeit eintrifft; maſſen man auch zu Zeiten
unter denen mineraliſchen Knochen etliche findet/ die da hohl ſind
und Marck-Knochen haben/ ob ſie ſchon ſonſt in andern Stuͤcken
mit einem rechten animaliſchen Knochen nicht allerdinges uͤberein
kommen/ dahero auch ſolches in ſpecie zu ſagen ſehr ſchwer faͤllet.
Hieraus kan nun ein Curioſus leicht erſehen/ was man vor einen
Zweyſpalt des gegrabenen Einhorns wegen ſchon vor dieſem ge-
macht habe/ und iſt ſolcher alte Diſputat vor etlichen Jahren gleich-
ſam wieder aufgewaͤrmet worden/ als ein Sand-Graͤber im Anfang
des Decembris 1695 bey dem in dem Hoch-Fuͤrſtlichen Saͤchſi-
ſchen Gothaiſchen Gebiethe gelegenen Dorffe Burg-Tonna einen
ſonderlichen Coͤrper gefunden; Jndem das Hoch-Loͤbliche Colle-
gium Medicum in Gotha denſelben/ vermoͤge eines daruͤber Anno
1696 den 14 Februarii verfertigten und heraus gegebenen Berichts/
vor ein mineraliſches Gewaͤchs und Spiel der Natur gehalten/ da
hingegen im April. Ann. 1696 derer von Herr Fritſchen in Leipzig
verlegten ſo genannten monatlichen Unterredungen einiger guten
Freuͤnde nicht will zugegeben werden/ daß ſolche ausgegrabene groſ-
ſe Beine ein unicornu foſſile propriè dictum ſeyn/ ſondern es wird
darinnen von dem 302 Blatt an biß zum Ende ſtatuiret: daß ſolche
nichts anders/ als wahrhafftige verſteinerte Beine von einem Ele-
phanten waͤren/ und haben beyde Theile an gedachten Orten aller-
hand argumenta zu Defendirung ihrer Meinung vorgebracht. Ob
ich nun ſchon mich in ſolchen curieuſen Schrifft-Streit zu miſchen
nicht geſinnet bin/ und einem ieden leicht goͤnne/ daß er/ wie man zu
ſagen pfleget/ auf ſeinen fuͤnff Augen bleibe dennoch/ wenn ich meine
Meinung hievon ſagen ſolte und muͤſte/ wie offt von guten Freuͤn-
den/ denen etwas von dem Tonniſchen unicornu foſſili zu Handen
kom-
[57]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
kommen/ begehret worden/ ſo wolte ich es mit dem wohl gedachten
Collegio Medico halten: als deſſen rationes mir viel wichtiger als
des Herrn Autoris vor gemeldeter Unterredungen/ ſalvâ tamen
illius autoritate, vorkommen/ wie man auch aus Vorhergehen-
dem leicht erſehen wird/ und ich uͤber dieſes noch im Zweifel ſtehe/ ob
daſſelbe/ was in vor beſagten Unterredungen vor ein verſteinertes
Marck derer vermeinten Elephanten-Knochen gehalten worden/
wuͤrcklich ein wahres Marck und nicht ein fetter roͤhtlicher der terræ
ſigillatæ aͤhnlicher bolus geweſen ſey/ welcher durch einen luſum na-
turæ in ſolche vermeinte Knochen gerathen; weilen nicht gemeldet
wird/ was ſolches Marck vor einen Geruch und Geſchmack gehabt
habe. Aus vor gemeldeten Urſachen halte ich gaͤntzlich davor/ daß
dasjenige/ ſo unter dem Nahmen eines Hartziſchen gegrabenen Ein-
horns zum Vor-Schein mehrentheils ein minerale ſey/ maſſen ich
daſſelbe in groſſer Menge/ ſonderlich bey meinem ſeeligen Vater/
unter Haͤnden/ und Stuͤck vor Stuͤck genau beſchauet gehabt/ und
koͤnte ich dieſerwegen ſolches genugſam erweiſen/ wenn nicht ſolches
zu Verhuͤtung fernerer Weitlaͤufftigkeit unterlaſſen muͤſte. Sonſt
haben die Autores dem gegrabenen Einhorn viele Nahmen gegeben/
indem daſſelbe von ihnen bald unicornu minerale und Eburfoſſile
oder gegrabenes Elffenbein/ bald oſteites, Ceratites, Monoceros
Vulgi, Lithomarga alba und ſo ferner genennet wird/ nachdem die-
ſelben ſolches vor dieſe oder jene Sache gehalten haben; die Farbe
deſſelben iſt mehrentheils weiß-grau/ ſchwaͤrtz- oder gelblicht ſelten
aber alleine natuͤrlicher Weiſe gantz und gar weiß/ und ruͤhret der
Unterſcheid von der Beſchaffenheit des Mergels und Stein-ma-
chenden Waſſers/ als woraus das gegrabene Einhorn beſtehet/ her;
denn wenn dieſelben reine/ und mit keiner unreinen irdiſchen Materie
vermiſchet ſind/ ſo kan auch daraus nichts anders als ein weiſſes
Stuͤcke entſtehen/ da hingegen/ wo die impuritates terreſtres die
Oberhand in gedachtem Mergel und Waſſer haben/ daſſelbe grau-
ſchwartz- oder gelblicht werden muß/ uͤber das glaͤntzet etliches/ als
wenn es von einem Kuͤnſtler waͤre poliret worden/ welchen Glantz
Kircherus in ſeinem mundo ſubterraneo lib. 8 cap. 4 dem Salpe-
Hter/
[58]Das I Capitel
ter/ wormit das Stein-machende Waſſer imprægniret ſey/ zu-
ſchreibet. Wie und warum daſſelbe der Figur nach von einander
unterſchieden ſey/ habe ich ſchon in Vorhergehenden gemeldet/ und
wird dasjenige/ welches keine gewiſſe Geſtalt oder Form hat/ von
Herr Doctor Georg Wofgang Wedeln/ weit beruͤhmtem Profes-
ſore zu Jena/ wenn er bey denen demonſtrationibus ſimplicium
davon discuriret/ auf Griechiſch ein [...], das andere aber/ ſo
einem gantzen Thiere oder Theile davon aͤhnlich ſiehet/ ein [...]
genennet/ wie ich vormahls zu Jena als ein ſtudioſus medicinæ aus
ſeinem Munde gehoͤret habe. Der Haͤrte wegen befindet man auch
einen Unterſchied unter dem gegrabenen Einhorn; Denn etliches wie
ein Stein ſo feſte iſt/ da hingegen ein anders keine ſolche Haͤrte hat/
auch zu Zeiten nur ſo wenig als ein bloſſer Mergel angetroffen wird/
woran das ſteinichte Waſſer Schuld iſt; denn fuͤhret ſolches viel
von einem ſolvirten Gyps- oder anderm Stein bey ſich/ ſo muß
nothwendig dadurch ein ſehr ſteinichtes und hartes mineraliſches
Gewaͤchs generiret werden: Jſt aber ſolches ſchwach/ und beſtehet
mehr aus waͤſſerichen als verſteinernden Theilen/ ſo wird auch die in
Stein verwandelte Materie eine ſolche Haͤrte haben/ als die Krafft
des ſteinichten Waſſers oder Safftes geweſen; hierbey iſt dennoch
zu erinnern/ wie daſſelbe unter der Erden ſchwer und muͤrbe ſey/ auch
nicht an die Zunge anklebe/ wenn man daran lecke; weilen es noch
zu viel Feuͤchtigkeit bey ſich hat/ welche erſtlich uͤber der Erden durch
die Lufft verzehet und ausgetrocknet werden muß/ ſo bald ſolches aber
trucken worden/ wird es nicht allein leichter und haͤrter/ ſondern faͤl-
let ſehr ſcharff an die Zunge an/ wenn iemand dieſelbe darmit beruͤh-
ret/ indem daſſelbe ſeiner ſehr trucknen Subſtantz wegen den an der
Zunge klebenden Speichel/ und mit demſelben zugleich die Zunge/
wie ein truckener Mergel und dergleichen/ an ſich ziehet. Einen
ſonderlichen Geruch mercket man an dem unicornu minerali gemei-
niglich nicht/ doch trifft man zu Zeiten einiges an/ ſo ziemlich lieblich
nach Quitten und andern Sachen riechet/ und iſt zu glauben/ daß
daſſelbe ſolchen angenehmen Geruch von einem wohl-riechenden
bitumine bekommen habe/ indem das ſteinichte Waſſer in der Erde
eine
[59]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz
eine ſolche bituminoſiſche Ader angetroffen/ davon etwas aufgeloͤſet/
und nach der Materie des gegrabenen Einhorns gefuͤhret hat. Eben-
falls hat daſſelbe auch keinen mercklichen Geſchmack nicht/ und wird
man bey demſelben leichtlich keinen andern Geſchmack/ als an einer
Kreide iſt/ antreffen. Zur Artzney wird das weiſſe vor das beſte ge-
halten/ und am meiſten geſuchet/ welches aber auch rar und nicht ſo
gemein als das andere iſt; derowegen ſich etliche ſehr bemuͤhen/ durch
Kunſt auf gewiſſe Art dem grauen/ ſchwartz und gelblichten eine weiſ-
ſe Farbe zuwege zu bringen/ da es doch die weiſſe nicht alleine thut/
dieweil ſolches zugleich inwendig ein Marck haben/ und muͤrbe oder
loͤchericht wie ein Bimſtein ſeyn muß/ ſonſt daſſelbe nicht beſſer als
als vor gedachtes iſt; denn dasjenige/ ſo nicht lucker und zart/ ſon-
dern durch und durch feſte als wie ein Stein iſt/ mit dem vorigen an
Kraͤfften lange nicht uͤberein koͤmmet/ wie Boetius à Boodt. de lap.
\& gemm. cap. 243 nicht ohne Urſach davor haͤlt/ weilen ſelbiges der
Feſtigkeit wegen bey denen Krancken die ſchaͤdlichen verdorbenen
Feuͤchtigkeiten nicht ſo leicht als das andere absorbiren oder anneh-
men kan: dahero auch der gemeine Mann nicht unrecht daran thut/
wenn er/ um das gerechte von dem ungerechten zu unterſcheiden/ das
gegrabene Einhorn in ein Geſchirr mit Waſſer leget/ und dasjenige
alsdenn vor gut haͤlt/ welches darinnen viele Blaͤsgen uͤber ſich
wirfft/ ob er ſchon die Urſach nicht weis/ warum ſolches das beſte ſey/
und woher ſolche Blaͤsgen entſtehen; maſſen dieſe Probe eine ge-
wiſſe Anzeigung giebet/ daß daſſelbe muͤrbe ſeyn muͤſſe/ denn weilen
ein luckerichtes mehr pori oder Loͤcherchen als ein feſtes hat/ ſo muß
auch darinnen folglich mehr Lufft/ als in dem andern enthalten/ ſeyn;
iſt nun alſo mehr Lufft in demſelben vorhanden/ ſo kan es auch nicht
anders ſeyn/ als daß ſolches deſto mehr Blaͤsgen verurſache/ denn
dieſelben von der Lufft herkommen/ und nichts anders als eine von
von dem Waſſer aus gedachten poris getriebene Lufft ſind; ie muͤr-
ber alſo das gegrabene Einhorn iſt/ ie mehr Blaͤsgen es uͤber ſich
ſtoͤſſet/ dahero auch die gemeinen Leuͤthe nicht irren/ wenn ſie dasje-
nige vor das beſte halten/ welches die meiſten Blaͤsgen von ſich gie-
bet/ hingegen aber daſſelbe verwerffen/ welches dergleicheu gar nicht
H 2thut/
[60]Das I Capitel
thut/ und damit zu erkennen giebet/ daß es ſo ſehr feſte ſey/ daß auch
dieſerwegen ſich keine Lufft darinnen auf halten/ und ſolche Blaͤsgen
zuwege bringen koͤnne. Ob nun ſchon alſo vor gedachter maſſen
das weiſſe und zugleich muͤrbe unicornu minerale ſeiner Reinigkeit
wegen den Vorzug vor andern hat/ ſo iſt doch deswegen das graue/
ſchwaͤrtz- und gelblichte nicht zu verwerffen/ wenn es nur muͤrbe und
nicht allzufeſte iſt. Was die Wuͤrckung anbetrifft/ ſo iſt vor dieſem/
da es noch rar geweſen/ aus Neuͤgierigkeit ein groſſes Weſen davon
gemacht worden/ nunmehr aber/ da es gemein und haͤuffig zu haben/
hat daſſelbe ſeinen Credit auch ziemlich verlohren/ auſſer dem/ daß
der gemeine Mann demſelben biß hieher unerhoͤrte Kraͤffte zuſchrei-
bet aus dem einmahl gefaßten Wahn/ daß es ein wahrhafftiges
Einhorn ſey. Ohnerachtet aber es alſo ſich nicht mehr in ſeinen vo-
rigen Æſtim befindet/ ſo iſt es doch ein gutes Medicament, welches
das Seinige in gewiſſen Faͤllen thut/ wenn es nicht ohne Verſtand/
von Idioten und Pfuſchern/ gebrauchet wird; denn der Gebrauch des-
ſelben unterſchieden und nicht einerley iſt/ ſondern/ nachdem es an
einem Ort gefunden wird/ auch ſolches an ſich ſelbſt entweder hart
oder weich iſt/ darnach bekoͤmmet daſſelbe auch insgemein ſeine Kraͤff-
te/ derohalben Boetius à Boodt am vor angefuͤhrten Orte ſaget/ wie
das harte keine andere als ausdrucknende Krafft habe/ da hingegen
das muͤrbe die groͤßten virtutes beſitze. Aus dieſen und albereit ge-
meldeten Urſachen wird das harte mehr aͤuſſerlich als innerlich ge-
brauchet/ das weiſſe aber hat ſeinen Nutzen ſo wohl aͤuſſerlich als in-
nerlich; ob es ſchon gemeiniglich nur zum innerlichen Gebrauch ge-
geben und verordnet wird/ und koͤmmet in der Wuͤrckung mit der ter-
râ ſigillatâ uͤberein/ weil es auch absorbiret/ adſtringiret und den
Schweiß treibet: dieſerwegen iſt daſſelbe in denen Bauch- und
Blut-Fluͤſſen dienlich/ wenn ſelbe nicht von einem motu naturæ,
und nicht moxnur, wie einesmahls ein ungelehrter Pfuſcher geſaget/
herruͤhren; in gifftigen anſteckenden Kranckheiten wird es ebenfalls
gebrauchet/ und lobet Franciſcus Joël in ſeiner Practic. Tom. 5 l. c.
das Hartziſche als ein vortreffliches Schweis- und Gifft-treibendes
Mittel ſehr/ wie denn auch dieſerwegen das unicornu foſſile mit
unter
[61]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
unter das Bezoardiſche Pulver des ſeeligen Herrn D. Ludovici koͤm-
met/ welches derſelbe in ſeiner Pharmaciâ moderno ſeculo appli-
candâ diſſert. 1 p. m. 121 beſchreibet/ und guten Effect thut/ wenn
es gebuͤhrend adhibiret wird/ und keine ſonderbahre ſymptomatiſche
Verſtopffung des Leibes vorhanden ſind/ als welche ſonſt dadurch
ob virtutem adſtringendi vermehret werden. Auͤſſerlich dienet das-
ſelbe in intertrigine oder den Fratt ſeyn derer Kinder und erwachſe-
nen Perſonen/ wenn es pulveriſiret und eingeſtreuͤet wird/ auch kan
man das ſubtil præparirte zu denen fluͤßigen Trief-Augen auf unter-
ſchiedene Weiſe gebrauchen. Letzlich vermahnet der ſeelige Herr
Doctor Hoffmann in ſeinem clave Schrœderianâ lib. 3 cap. 8 §. 179
p. 190: daß man das gegrabene Einhorn vorhero an Hunden oder
andern Thieren probiren ſolle/ ehe man daſſelbe einem Menſchen
eingebe/ weil es offte was Gifftiges bey ſich fuͤhre/ nachdem ſolches
an Oertern ſich befinde: welche cautela zwar nicht zu verachten/
doch aber bey dem Hartziſchen unnoͤthig zu ſeyn ſcheinet; weilen das-
ſelbe von langer Zeit an ohne ſolche Probe mit Nutz gebrauchet/ und
niemahls daran eine gifftige Eigenſchafft verſpuͤret worden/ welches
alles ich denjenigen Curioſis, ſo von der Beſchaffenheit des gedach-
ten Einhorns nichts oder wenig wiſſen/ zu Gefallen in moͤglichſter
Kuͤrtze habe berichten wollen/ und kan derjenige Gelehrte/ der mehr
Nachricht hievon verlanget/ ſolches bey denen von mir angefuͤhrten
und andern Autoribus nachſchlagen.
III.
Von der Harzeburgiſchen Hoͤle.
DJe Harzeburgiſche Hoͤle hat ſolchen Nahmen daher bekom-
men/ weilen man dieſelbe nicht weit von der Harzburg an-
trifft/ erinnern aber/ zu Verhuͤtung einiger Confuſion/ gleich An-
fangs hierbey/ daß hierdurch nicht das alte verfallene Schloß Hartz-
burg verſtanden werde/ ſo ohngefehr eine gute Teuͤtſche Meile von
hier in der Grafſchafft Hohnſtein nicht weit vom Cloſter Jlefeld im
Vor- und Unter-Hartz lieget/ und nunmehro eine Herberge vieler
H 3Schlan-
[62]Das I Capitel
Schlangen iſt/ die ſich haͤuffig da herum aufhalten/ und daſelbſt von
denen Schlangen-Faͤngern gefangen werden/ bey welchen es auch
vor Zeiten ſehr groſſe abſcheuͤliche Haſel-Wuͤrmer gegeben hat/ maſ-
ſen von dem Eckſtormio in ſeiner Lateiniſchen Walckenriether-
Chronicâ pag. 290 wie auch von dem Zeillero in ſeinen Epiſteln
part. 1 centur. 3 epiſt. 92 pag. 860 aus der Braunſchweigiſchen
Ehronic annotiret oder aufgezeichnet worden: daß einesmahls nahe
bey derſelben zwey Holtz-Hauer/ aus dem Hohnſteiniſchen Dorffe
Sachswerffen buͤrtig/ und die Schoͤnemaͤnner genannt/ einen ſol-
chen Haſel-Wurm getoͤdtet haͤtten/ ſo zwoͤlff Werck-Schuh lang/
und am Maule wie ein Hecht geſtaltet geweſen ſey/ gedachtes Schloß
iſt es nun alſo nicht; indem dabey keine merckwuͤrdige Hoͤle ſich be-
findet/ ſondern es iſt das andere weiter von hier auf dem Unter-Hartz
gegen dem Blocks-Berg und Ober-Hartz gelegene vormahls ſehr
feſte nachgehends aber ruinirte Schloß Hartzeburg/ von welchen
man bey denen Hiſtoricis unterſchiedenes findet/ wie denn M. Cy-
riacus Spangenberg in ſeiner Mansfeldiſchen Chronicâ cap. 185
fol. 190 gedencket: daß Kaͤyſer Heinrich der Vierdte dieſes Nah-
mens von Goslar/ da er ſeine Hofhaltung gehabt/ auf ſelbiges
Schloß und Feſtung geflohen ſey/ als er von denen Sachſen verfol-
get worden. Gemeldete Hoͤhle iſt nun ſehr tieff und lang/ wie ſie
denn ebenfalls keinen Mangel an vielen Jrr-Gaͤngen hat/ und die-
ſerwegen ziemlich mit der Schartzfelſiſchen Hoͤle kan verglichen wer-
den/ als mit welcher ſie auſſer dieſen in vielen Stuͤcken uͤberein koͤm-
met/ dahero auch dieſelbe von denenjenigen/ ſo nahe darbey wohnen/
den Nahmen derer Zwerg-Loͤcher bekommen hat. Das gegrabene
Einhorn iſt ſo wohl in dieſer als der Baumans- und Schartzfelſi-
ſchen Hoͤle anzutreffen/ und darinnen ſchon vor dieſem gefunden
worden/ wie denn auch Joh. Dan. Horſtius in ſeinen Obſerv. Ana-
tom dec pag. 10 gedencket: daß er in derſelben habe ausgraben ſe-
hen Knochen/ Zaͤhne und viele Kinn-Backen/ ſo ausgeſehen als
wenn dieſelben von Baͤren/ Loͤwen/ Menſchen und andern Thieren
herkommen waͤren/ derowegen er viele davon in ſeinem Muſæo auf-
behalten haͤtte/ unter welchen ſich eine Hirn-Schale befinde/ welche
mit
[63]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
mit denen ſuturis ſonderlich unterſchieden ſey; Merckwuͤrdig aber
iſt es von dem aus dieſer Hoͤle gegrabenen Einhorn/ daß man zu Zei-
ten Stuͤcke finde/ die ſehr hart ſind/ und dabey einen nicht unange-
nehmen Geruch haben/ dergleichen in denen andern vor gedachten
Hoͤlen nicht leicht angetroffen werden; wovon aber ſolche Haͤrte
mit dem Geruch herruͤhre/ iſt dem curieuſen Leſer ſchon von mir in
der Beſchreibung der Schartzfelſiſchen Hoͤle eroͤffnet worden. Jn-
gleichen findet ſich auch haͤuffig in dieſer Hoͤle der Tropf- oder Trauff-
Stein/ und wird von etlichen der Orten Gallizen-Stein genennet;
Dieſer Stein hat den Nahmen von Tropfen oder Trauffen bekom-
men/ weilen derſelbe von denen Tropfen des Trof- oder Trauff-
Waſſers entſtanden/ und nicht anders als ein in Stein verwandel-
tes Tropf-Waſſer iſt. Es ſolte zwar manchen/ die ſolches nicht
geſehen/ und keine Wiſſenſchafft von dergleichen natuͤrlichen Din-
gen haben/ wohl bloſſer Dinges unmuͤglich und unglaublich vorkom-
men/ daß das Waſſer zu Stein werde/ allein die Wahrheit iſt am
Tage/ und wird durch die Erfahrung ſo wohl in dieſer Hoͤle als auch
in denen vorher beſchriebenen und andern Kluͤften genugſam und
uͤberfluͤßig bezeuͤget/ auch von der Vernunft erwieſen; maſſen das
durch die Erde und Stein Felſen von oben herab hin und wieder in
die Hoͤle ſich dringende Tropf-Waſſer mit einem Stein-machenden
Safft vermiſchet iſt/ welcher erſtlich oben an der Decke der Hoͤle nach
und nach/ entweder vor ſich ſelbſt einer von GOtt eingepflantzten
Natur nach/ oder vermoͤge eines Spiritus lapidificantis, deſſen ich
unter vorher gehendem Titel gedacht/ in ſteinerne Zapfen erhaͤrtet/
nicht anders als wie zu Winters-Zeit die Waſſer-Tropfen an denen
Daͤchern in Eis-Zapfen verwandelt werden; dasjenige Tropf-
Waſſer aber/ was in der Hoͤhe nicht zum Steine worden/ faͤllet ent-
weder von denen Stein-Zapfen Tropfen-Weiſe zu Boden nieder/
oder flieſſet an denen Seiten der Hoͤle herunter/ und wird auch da-
ſelbſt zu einem weiſſen glatten und ziemlich harten Stein/ welcher
alsdenn auf ſolche Art von Jahren zu Jahren ſehr dick auf einander
waͤchſet. Vor gemeldete Stein-Zapfen werden nun nicht in einer-
ley Geſtalt gefunden/ denn etliche ſind duͤnne und weiß/ hingegen
andere
[64]Das I Capitel
andere wie ein ſtarcker Finger und mehr dicke/ auch von Farbe grau-
oder ſchwaͤrtzlicht/ und iſt curieus zu ſehen/ daß dieſe durch und durch
hart und nicht ausgehoͤlet ſind/ die meiſten aber unter denen weiſſen
ſich wie ein tubulus oder Roͤhrlein hohl befinden/ deren Hoͤle auch
nach und nach von dem ſteinichten Tropf-Waſſer angefuͤllet wird/
woruͤber ſich etliche Curioſi, denen ich ſolches gezeiget/ ziemlich ver-
wundert haben; die Urſach aber der Farbe dieſer grau- und ſchwaͤrtz-
lichen Tropf-Steins-Zapfen iſt eine unreine irdiſche Materie/ wel-
che ſich an etlichen Orten in der Erde mit dem Tropf-Waſſer genau
vereiniget/ und daſſelbe truͤbe machet; iſt nun ſolches nicht gar zu
ſehr unrein/ ſo verurſachet es nur dem Tropf-Stein eine graue Far-
be/ da hingegen/ wenn viel von ſolcher Unreinigkeit darinnen ver-
handen iſt/ derſelbe auch eine ſchwaͤrtzlichte Farbe davon bekoͤmmet/
und dieſes mehr oder weniger/ nachdem das Tropf-Waſſer viel oder
wenig Unflaht bey ſich gehabt; Ebenfalls ruͤhret es auch von der
gedachten unreinen Materie her/ daß dieſe Tropf-Steins-Zapfen
nicht hohl/ ſondern gantz und gar ſteinern ſind/ weilen dieſelbe nicht
allein das Tropf-Waſſer ſo dicke machet/ daß daraus/ wie ſonſt ge-
ſchiehet/ keine rechte Roͤhrlein von der Natur koͤnnen formiret oder
gebildet werden/ ſondern auch diejenigen/ ſo ohngefehr daraus ent-
ſtanden und gerathen ſind/ alſobald verſtopfet und ausfuͤllet; hieraus
kan man nun leicht ſchlieſſen/ daß ſich das Gegen-Theil bey denen
weiſſen Tropf-Steins-Zapfen befinde/ nemlich daß ſolche von einem
klaren und reinen Tropf-Waſſer herruͤhren/ und deswegen auch
laͤnger hohl als vorige bleiben/ weilen gedachtes Waſſer nicht ſo viel
von einem Stein-machenden oder albereit ſteinichten Weſen bey
ſich fuͤhret/ daß die Roͤhrlein davon von Stund an voll gemachet
werden koͤnten/ zumahl da die ſteinichte Materie ihrer Fluͤßigkeit we-
gen ſich in denen tubulis nicht lange aufhaͤlt/ und darinnen auf ein-
mahl anſetzet/ ſondern bald zu Boden faͤllt/ und daſelbſt zu einem
Stein wird/ wie albereit gedacht worden. Es moͤchte aber etlichen
wunderlich vorkommen/ wenn ich vermelde/ daß derjenige Tropf-
Stein/ ſo von denen Tropfen derer Stein-Zapfen herruͤhret/ und
unter denenſelben angetroffen wird/ weiß ſey/ da er doch vielmehr
grau
[65]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
grau oder anderer Farbe ſeyn muͤſte/ weilen die Zapfen/ wie vor ge-
dacht/ nicht alle weiß/ ſondern auch grau oder ſchwaͤrtzlicht waͤren;
Allein ich antworte darauf denenjenigen/ ſo keinen Beſcheid hierum
wiſſen/ daß die grau- und ſchwaͤrtzlichten Tropf-Stein-Zapfen dem
gemeldeten weiſſen Tropf-Stein ſo wenig ſchaden/ als es der Milch
an ihrer Weiſſe hindere/ daß ſie von einem ſchwartzen Thier herkom-
men ſey/ weilen ſolche Zapfen ihren Gedancken nach kein unſauberes/
ſondern eben ſo wohl als die weiſſen/ ein reines Tropf-Waſſer von
ſich geben/ indem die garſtige und unreine Materie in denſelben blei-
bet/ und das Waſſer dadurch gleichſam filtriret oder gereiniget wird.
Was die Kraͤfte derer vor gedachten Tropf-Steine anbetrifft/ ſo iſt
zu gedencken/ daß dieſelben weder in der Medicin noch Chirurgie biß
dato uſual oder gebraͤuchlich ſind/ ob ſchon ſolche einige Chirurgi vor
eine geheime Brannt-Leſchung in denen geſchoſſenen Wunden hal-
ten/ wenn nemlich dieſelben klein gepuͤlvert/ in warmer Milch ge-
weichet/ und nachgehends zwey- oder dreymahl aufgeleget wuͤrden/
da daſſelbe zwar etwas beiſſe/ aber doch bald wieder aufhoͤre/ worzu
ich aber nichts ſagen kan/ weilen ich ſolches nicht probiret habe/ auch
nicht zu wiſſen verlange/ weilen mir beſſere Mittel bekannt ſind/ die
ich in meiner Praxi, ſonderlich vormahls in Ungarn/ als des damah-
ligen Chur-Fuͤrſtlichen Saͤchſiſchen General-Staabs Feld- und
Leib-Medicus vor bewaͤhret gefunden habe/ darauf ich mich auch
ſicher verlaſſen kan/ wenn ein ſolcher Fall vorkommen ſolte/ da zu-
gleich bey denen geſchoſſenen Wunden ein von dem Buͤchſen-Pul-
ver und denen ſo wohl hiervon als durch die hefftige Bewegung er-
hitzten Kugeln verurſachter Brannt waͤre/ welches aber doch ſelten
und nicht eher geſchiehet/ als wenn der Verletzende ſehr nahe mit
dem abgeſchoſſenen Gewehr bey dem Verwundeten geſtanden hat/
wie die Erfahrung/ und mit derſelben unter andern Horſtius in Ob-
ſervat. libr. 1 de caſ. Chirurg. ingleichen D. Ettmüller. in Chirurg.
Medic. oper. fol. 675 bezeuͤget. Nechſt dem wird das Pulver ſol-
ches Steines von etlichen/ ſo nahe um ſolche Hoͤlen wohnen/ darin-
nen der Tropff-Stein gefunden wird/ zu denen Wunden und Ge-
ſchwuͤren des Viehes/ als ein heilſames Mittel geruͤhmet/ wofern
Jdavon
[66]Das I Capitel
davon etwas in dieſelben geſtreuͤet wuͤrde/ dieſerwegen loben und
brauchen ſie ſonderlich daſſelbe auch auf gedachte Art in denen Wun-
den derer Pferde/ ſo von denen uͤbel gemachten Saͤtteln oder von un-
geſchickten Reuͤtern wund gedrucket worden/ welches alles ich an ſei-
nen Ort geſtellet ſeyn laſſe/ und davor halte/ daß wenn daſſelbe das-
jenige/ was ihm zugeeignet wird/ in der That præſtire/ ſolches ſeiner
ausdrucknenden Krafft zuzuſchreiben ſey/ vermoͤge derſelben die
ſcharffen Feuͤchtigkeiten in denen Geſchwuͤren und Wunden absor-
biret/ und alſo trucken gemacht und gereiniget werden/ zumahl da
ſolcher Stein ein alcali bey ſich hat/ welches die in denen Geſchwuͤren
vorhandene Schaͤrffe und Saure temperiret/ und ihnen ihr ſchaͤd-
liches Weſen benimmet.
IV.
Von der Ufftrungiſchen Hoͤle/ die Heimkaͤle
genannt.
DJeſe Hoͤle findet man in der Graffſchafft Stolberg gegen den
Vor-Hartz/ nicht weit von dem Dorffe Ufftrungen auf der
mitternaͤchtigen Seite des Berges/ ſo an den Stolberg ſtoͤſſet/ und
die Schabeleite genennet wird: uͤber dem Eingang derſelben haͤnget
ein hoher und ſtickler Steinfels/ welcher manchen/ ſo dieſe Hoͤle be-
ſehen will/ fuͤrchtend machet/ daß etwa ein Stein davon losbrechen/
und ihm auf den Kopff fallen moͤchte/ und dieſes nicht ohne Urſach/
weilen derſelbe aus keinem feſten/ ſondern nur muͤrben und loſen
Kalck-Stein beſtehet/ dahero die Curioſi, ſonderlich ſo furchtſam
ſind/ ſich nicht lange unter ſelben aufhalten/ ſondern bald darunter
wegmachen/ und zu dem Eingange begeben/ der an ſich ſelbſt gerau-
mig und weit/ aber zur lincken Hand durch die herab geſchoſſene Stei-
ne des ietzt gedachten Felſens zum Theil verſchuͤttet iſt/ auch mit der
Zeit von denen nachfolgenden Steinen mehr und mehr vermuhtlich
verſtopfet werden moͤchte: wenn man nun durch den Eingang ge-
langet iſt/ ſo haͤlt man ſich gegen Abend/ und trifft alsdenn eine
grau-
[67]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
grauſame Hoͤle an/ in welcher man hinunter ſteiget/ und bald darauf
zur rechten Hand derſelben bey ein klares Waſſer koͤmmet/ welches/
derer Fuͤhrer Ausſage nach/ weder zu noch abnehmen/ ſondern bey
einer Tieffe beſtaͤndig verbleiben ſoll. Dieſes Waſſer machet/ der
Laͤnge der Hoͤle nach/ gleichſam einen See/ und fallen von der
Decke der Hoͤle continuirlich Waſſer-Tropfen mit einem Geraͤu-
ſche in daſſelbe. Neben dieſem unterirdiſchen See gehet man vor-
waͤrts uͤber die von oben herab gefallene Steine fort/ und wird alſo
von dem Fuͤhrer auf einen Platz gebracht/ welcher des Orts Gelegen-
heit nach ziemlicher maſſen gleich und eben iſt/ alwo auch die Hoͤle
eine ziemliche Hoͤhe hat/ und die Decke derſelben bey einer Flamme
einer Fackel anzuſehen iſt/ als wenn dieſelbe mit einer dunckel-rothen
Farbe waͤre angeſtrichen worden. Ferner ſteiget man von dieſem
Platz durch ebene und unebene Oerter uͤber ſich nach dem Ort/ wo
vormahls der Ausgang der Hoͤle in den Ober-Theil des Berges/
darinnen dieſelbe lieget/ geweſen/ nunmehro aber mit Steinen gantz
und gar zugefallen iſt; derowegen auch der Ruͤck-Weg wieder durch
eben die Oerter/ wodurch man biß dahin kommen/ mus genommen
werden; wenn nun ſolches verrichtet/ ſo zeiget der Fuͤhret denen Cu-
rioſis die bey dem Eingange zur Rechten gegen Mitternacht gelegene
Hoͤle/ ſo aber gegen die vorige klein/ und aufdem Boden voller Waſ-
ſer iſt. Dieſe Heimkaͤle wird oͤffters von curieuſen Perſonen be-
ſuchet/ und iſt ebenfalls der Tropff-Stein darinnen/ wie in vor-
gedachten Hoͤlen zu finden/ ja ich vermeine auch/ daß man da-
ſelbſt das gegrabene Einhorn vielleicht antreffen wuͤrde/ wenn
man fleißig nachſuchen/ und darnach graben lieſſe/ beſorge aber
gleich darbey/ daß nunmehro/ da ſolches keine Raritaͤt mehr/ und
anderswo haͤuffig um einen wohlfeilen Preis zu haben iſt/ niemand
dergleichen Muͤhe auf ſich nehmen wird.
J 2V. Von
[68]Das I Capitel
V.
Von zweyen Queſtenbergiſchen Hoͤlen/ das
groſſe und kleine kalte Loch oder
Eis-Loch genannt.
JN dem benachbarten Hoch-Graͤflichen Stolbergiſchen gegen
dem Vor- oder Vorder-Hartze gelegenen Ambte Queſten-
berg lieget in einem Thale zwiſchen zweyen Bergen ein Dorff/ ſo
ebenfalls wie das Ambt Queſtenberg heiſſet; Unter vor beſagten
Bergen nun befindet ſich einer/ ſo ein Kalck-Berg/ und an der Sei-
te/ da er nach dem Dorffe zugehet/ ſehr hoch und ſtickel iſt/ welchen
die Einwohner gemeldeten Dorffes den Waſſer-Berg nennen/ und
derjenige iſt/ ſo von denen Curioſis geſuchet wird/ maſſen man da-
ſelbſt auf der Sommer-Halbe/ oder der mittaͤgigen Seite/ da der
Weg nach Wickerode zu gehet/ gleich unter dem Dorffe einen Riß
oder Loch antrifft/ ſo etliche Klaffter tieff iſt/ in welchem zu Som-
mers-Zeit/ auch in denen allerheiſſeſten Tagen/ eine ſolche hefftige
Kaͤlte verſpuͤret wird/ daß die Tropfen des in dieſelbe flieſſenden
Waſſers/ als wie im Winter an denen Daͤchern geſchiehet/ zu Eis-
Zapfen gefrieren/ und bald vorne im Eingange herab hangen/ daß es
alſo ſcheinet/ als wenn die Natur alhier gleichſam einen immer-waͤh-
renden Winter im Sommer machen wolle/ wie denn auch die Kaͤlte
daſelbſt ſo empfindlich/ daß/ wenn einer ſo vorwitzig iſt/ und die Naſe
hinein ſtecket/ ſolcher dieſelbe bald wieder/ der grauſamen Kaͤlte we-
gen/ zuruͤck ziehet. Dieſer ſehr kalte Ort wird das kleine kalte Loch
oder das Eis-Loch genennet/ zum Unterſchied des beruͤhmten groſſen
kalten Loches/ als welches weiter in den Berg hinein lieget/ und an
ſich ſelbſt nichts anders/ als eine aus einem Kalck-Stein-Felſen be-
ſtehende geraume und nicht ſehr tieffe Liecht-helle Hoͤle iſt/ darinnen
im Sommer eine Wunder-wuͤrdige Kaͤlte angetroffen wird. Wenn
ein curieuſer Herr nicht weit von dieſer kalten Hoͤle ein Schloß oder
andere Luſt-Wohnung aufbauen lieſſe/ ſo koͤnten die Gemaͤcher
der-
[69]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
derſelben im warmen Sommer/ wenn groſſe Hitze vorhanden/ durch
die in gedachter Hoͤle befindliche und vermoͤge etlicher Roͤhren dahin
gebrachten kalten Lufft kuͤhl gemachet werden/ auf die Art/ als ſol-
ches in Italien oder Welſch-Land an einem gewiſſen Ort geſchiehet;
maſſen Megiſerus in ſeinem Paradiſo deliciarum, oder Beſchrei-
bung Venedig lib. I cap. 24 wie auch der Autor deliciarum Italiæ
p. m. 282 gedencket: daß nicht gar weit von Vicenza, wenig auſſer
dem Wege nach Padoa, eine gar groſſe Hoͤle oder Loch in einem
Berglein mit Menſchen-Hand gegraben und gemacht ſey/ darinnen
ſich das Volck aus denen umliegenden Flecken zu Krieges-Zeiten
verſtecket und aufgehalten habe/ und la grotta di Vicenza oder il Cu-
balo genennet werde: Hierbey nahend ſey eines Vicenziniſchen
Edelmanns Hoff/ darinnen eine luſtige Æolia oder Wind-Kunſt
zu ſehen ſey/ dadurch die Winde in Sommers-Zeiten koͤnten regie-
ret/ und entweder hefftiger oder ſchwaͤcher gemachet werden/ wie man
es begehrete/ wie denn auch dieſerwegen uͤber die Thuͤr des gemelde-
ten Hofes folgender Vers des Virgilii geſchrieben ſey/ nemlich:
Æolus hîc clauſo ventorum carcere regnat.
Ebenfalls ſey ein viereckigter Stein dabey eingemauret/ daran einge-
hauen ſtuͤnde: daß Ao. 1560 Franciſcus Tridenteus im 22zigſten
Jahre ſeines Alters in dieſen Hoff/ und zwar in alle Zimmer/ die kal-
te Lufft aus vor gedachter Hoͤle durch ein neuͤes und wunderbahres
Kunſt-Stuͤcke gebracht habe/ und ſolcher Curioſitaͤt wegen der Hoff
wohl unter die Koͤniglichen Zierden und Luſt-Haͤuſer koͤnne gerechnet
werden. Gleicher Geſtalt vermeinen einige/ daß man aus dem
groſſen kalten Loche einen viel beſſern und kuͤhlern Berg-Keller ma-
chen koͤnne/ als in dem Ertz-Biſthum Saltzburg zu Kaltenhauſen
angetroffen/ und daraus von etlichen/ derer darinnen vorhandenen
und zu Sommers-Zeit ſehr angenehmen kuͤhlen Weine wegen/ ein
groß Weſen gemachet wird/ ob aber der Wein und ander Getraͤncke
darinnen gut thun wuͤrde/ wolte ich faſt zweifeln/ weilen es vor die-
ſelbe des Sommers zu kalt/ des Winters aber zu warm ſeyn duͤrffte;
maſſen von dieſem kalten Loche merckwuͤrdig iſt/ daß/ ie heiſſer die
Sonne im Sommer ſcheinet/ ie haͤrter es darinnen frieret/ und kalt
J 3iſt/
[70]Das I Capitel
iſt/ auch ſoll es/ wie etliche berichten// zu Zeiten ſich begeben/ daß es
daſelbſt recht ſchneye/ indem die in der Hoͤle vorhandenen feuͤchten
Duͤnſte/ ihrer Meinung nach/ durch die Kaͤlte in Schnee verwan-
delt wuͤrden/ hingegen ie haͤrter und ſchaͤrffer es im Winter gefreuͤret/
ie heiſſer es in der Hoͤle iſt/ daß auch davon aus derſelben ein ſtarcker
Broden oder Dampff/ wie zu Winters-Zeit aus einer ſtarck gehitz-
ten Bad-Stube/ gehet/ uͤber welches Natur-Wunder ein Curioſus
ſich billich hoͤchlich verwundern muß/ ſonderlich da die Hoͤle wie ein
halb abgebrochener oder offen ſtehender Keller ausſiehet/ auch recht
gegen Suͤden oder Mittag offen ſtehet/ und doch deſſen ohngeachtet
weder won denen heiſſen Sonnen-Strahlen im Sommer erwaͤr-
met/ noch im Winter von denen kalten Winden und Luͤfften erkaͤltet
wird.
VI.
Von der Queſtenbergiſchen Hoͤle/ das
Haͤckers-Loch genannt.
WEilen ich unter dem vorigen Titel eines beruͤhmten/ durch
Menſchen-Hand verfertigten/ Berg-Kellers gedacht habe/
ſo will auch alhier dem curieuſen Leſer von einem/ allein durch die
Natur gemachten/ Berg-Keller Bericht ertheilen: Es iſt aber der-
ſelbe eine Hoͤle/ ſo ebenfalls im gedachten Waſſer-Berg bey dem
Ober-Theil des gemeldeten Dorffes Queſtenberg/ hinter einem
Hauſe eines Einwohners/ lieget; wenn man nun zu dem Eingange
dieſer Hoͤle koͤmmet/ muß man auf einer Leiter hinab ſteigen zu einem
ziemlichen hohen und weiten Gewoͤlbe/ ſo von demjenigen/ der nechſt
daran wohnet/ an Statt eines Kellers gebrauchet wird. Von hier
ſteiget man weiter/ durch Huͤlffe einer Leiter/ hinunter in eine dun-
ckele/ groſſe und weit unter dem Felſen hingehende Hoͤle/ worinnen
ein ſehr hartes/ ſtilles und ſo tieffes Waſſer ſich befindet/ daß man
ſich daruͤber verwundern muß/ und manchem davon ein Grauſen
entſtehet: Dieſes Waſſer dienet nun dem gemeldeten Jnhaber der
Hoͤle an Statt eines Brunnen/ daß alſo mancher geitzige und unge-
wiſſen-
[71]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
wiſſenhaffte Bier- oder Breyhan-Schencke eine ſolche ſchoͤne Ge-
legenheit wuͤnſchen moͤchte/ um das Waſſer mit dem Biere oder
Breyhan ſo wohl ohne Geſang und Klang als auch mit demſelben/
wie mir eine laͤcherliche Hiſtorie bekannt/ bequem vermiſchen zu koͤn-
nen; auſſer vorigen aber iſt ſonſt alhier nichts mehr zu ſehen/ als
daß man darinnen eine Art Tropf-Steine antrifft/ ſo gantz kraus
wie eine Wolle iſt.
VII.
Von der in der Gegend bey Ufftrungen vor-
handenen Hoͤle/ das Diebes-Loch
genannt.
ES ſtoͤſſet in der Grafſchafft Stolberg ein Wald an den nicht
weit von Ufftrungen gelegenen ſo genannten See-Berg/ und
wird der Arns-Wald geheiſſen/ darinnen iſt die vielfaͤltige Hoͤle/
welche man insgemein das Diebes-Loch nennet/ weilen/ dem Bericht
nach/ ſich vormahls eine zuſammen-rottirte Diebes-Geſellſchafft
ſich heimlich darinnen ſoll aufgehalten haben. Dieſe Hoͤle iſt ſehr
dunckel/ und richtet man darinnen ohne brennende Fackeln und Lich-
ter nichts aus/ wie auch mehrentheils in andern geſchiehet. Der
Eingang zu derſelben iſt ſehr enge/ und ſo niedrig/ daß man nicht an-
ders/ als durch Kriechen/ in die Hoͤle gelangen kan; iſt man nun
alſo hinunter in die erſte Hoͤle kommen/ ſo ſteiget man aus derſelben
in die andere hinab/ und ſo weiter/ weilen der Hoͤlen viel nach einan-
der ſind; man wird aber nicht in alle gefuͤhret/ ſonderlich in die aͤu-
ſerſte/ darein man/ derer Fuͤhrer Bericht nach/ nicht/ ohne die
groͤßte Gefahr Leibes und Lebens/ kommen kan/ weilen man gleich
hinter dem Eingange uͤber ein grauſam tieffes Loch ſpringen muͤſſe:
Jngleichen wird von ihnen und andern Leuͤthen vermeldet/ daß es in
dieſer letzten Hoͤle nicht allein wie in der Baumans-Hoͤle ein kleines
Baͤchlein gebe/ darinnen Gold-Koͤrner unter dem Sande gefunden
wuͤrden/ ſondern man treffe auch darinnen ſolche reiche Ertze an/ daß
davon
[72]Das I Capitel
davon etliche ſo wohl in denen nahe dabey gelegenen als auch weit
entfernten Oertern wohnende Perſonen heimlich reich worden waͤ-
ren/ es haͤtten aber dieſelben die Loͤcher und Gaͤnge zu denen gedach-
ten Ertzen ſo genau und kuͤnſtlich verſetzet oder verſtopfet/ daß nie-
mand anders dieſelben finden koͤnne als ſie ſelber/ weilen andere die
Merck-Zeichen nicht wuͤſten und verſtuͤnden/ die ſie dieſer Gaͤnge
wegen gemachet haͤtten. Sonſt werden auch in dieſer Hoͤle unter-
ſchiedene Menſchen-Hirn-Schaͤdel angetroffen/ welche mit Fleiß
nach einander geleget ſind/ fraget man nun die Fuͤhrer um die Ur-
ſache/ ſo geben dieſelben zur Antwort: daß insgemein davor gehal-
ten werde/ wie ſolches von denenjenigen geſchehen ſey/ ſo gemeldete
Ertze daraus holeten/ um dadurch andere/ die auch Ertz daſelbſt ſu-
chen wolten/ abzuſchrecken und glaubend zu machen/ daß ſich in der
Hoͤle Moͤrder aufhielten/ und ſolche Hirn-Schalen von denen
Menſchen waͤren/ die von ihnen ermordet worden/ welche Muhtmaſ-
ſung mit vor gedachter Erzehlung man dahin geſtellet ſeyn laͤſſet.
VIII.
Von der im Ambt Stiege gelegenen Hoͤle/
des Berges Hegers-Horſt genannt.
ES lieget auf dem Unter-Hartz in dem/ vor Alters Graͤflichen
Reinſteiniſchen/ nunmehro aber Hoch-Fuͤrſtlichen Braun-
ſchweigiſchen Wolffenbuͤtteliſchen Ambte Stiege/ nicht weit von
denen Graͤntzen des Hoch-Graͤflichen Stolbergiſchen Ambtes
Hohnſtein ein Berg/ welcher der Hegers-Horſt genennet wird/ in
dieſem findet ſich am Fuß oder zu unterſt deſſelben eine dreyfache
Hoͤle/ die keinen eigentlichen Nahmen hat. Der Eingang zu der-
ſelben iſt nicht gar zu weit/ derohalben man auch aufrecht nicht in die-
ſelbe kommen kan/ ſondern es muß alhier/ wie auch bey vielen andern
Hoͤlen geſchiehet/ gekrochen ſeyn/ wenn man anders hinein gelangen
und ſolche beſchauen will. Jſt man nun alſo in dieſelbe kommen/ ſo
trifft man vorwaͤrts drey Hoͤlen hinter einander an/ welche nicht ſehr
hoch/
[73]voncurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
hoch/ auch nicht breit und lang ſind; in dieſen Hoͤlen findet man
hell-glaͤntzende/ durchſichtige groſſe und kleine Steine/ welche auf
der Seiten/ da ſie an denen Steinen der Hoͤle anſitzen/ breit/ auf der
andern Halbe aber ſechs-eckicht/ und offtmahls ſo ſpitzig ſind/ daß
ſie auch das Glas wie ein Demand ſchneiden/ und derowegen von
etlichen falſche Diamanten genennet werden/ dergleichen man auch
auf und an dem Hartz mit und ohne Ertz mehr haben/ und inſonder-
heit bey Stolberg in dem Ur-Berge/ in dem Blocks-Berge an dem
Ort zum ſchwartzen Ochſen genannt/ und denen meiſten Berg-
Wercken des Hartz-Waldes antreffen kan/ und nichts anders als
eine beſondere Art des Criſtalles iſt. Alhier wird auch offtmahls
zwiſchen denen Stein-Ritzen eine Art Erde gefunden/ darunter etwas
iſt/ das wie Gold glaͤntzet/ und von denen gemeinen Leuͤthen vor ein
wahrhafftiges Gold gehalten wird/ weilen ſie ſich gaͤntzlich einbilden/
daß in dieſer Hoͤle heimliche Gaͤnge vorhanden/ die ſehr reich von
Golde waͤren; Allein es heiſſet hier nach dem gemeinen Sprich-
Wort: Es iſt nicht alles Gold/ was da glaͤntzet; maſſen ich eines
mahls aus Curioſitaͤt ſolche Erde mit groſſer Muͤhe geſchlemmet/
und das Geſchlemmete durch ein microscopium oder kuͤnſtliches
Vergroͤſſerungs-Glas betrachtet habe/ um zu erforſchen/ was doch
die glaͤnzende-Materie eigentlich ſeyn moͤge/ da denn auf ſolche Art
befunden/ daß es kein Metal/ ſondern ein ſchoͤner Gold-gelber
Sand ſey/ ſo ausgeſehen/ als wenn es ein hoch-gelb-gefaͤrbter
lapis ſpecularis oder der hieſiges Ortes ſo genannte Glinzerſpatt
waͤre/ der oftmahls in dem dunckel-grauen Alabaſter-Stein gefun-
den wird; als ich nun dem microscopio nicht allein trauen wollen/
iſt von mir endlich der Probier-Ofen zu Huͤlffe genommen worden/
aber deſſen ohngeachtet habe ich weder Gold noch etwas von einem
andern Metall daraus bekommen. So iſt mir es vormals mit ſolcher
Erde gegangen/ ſolten aber andere/ die ſich ruͤhmen/ daß ſie aus
Koht das Gold Klumpen- Weiſe machen koͤnten/ mit dieſer Erde
gluͤcklicher/ als ich/ geweſen ſeyn/ ſo will ich ihnen daſſelbe wohl
goͤnnen.
KIX. Von
[74]Das I Capitel
IX.
Von denen Hoͤlen oder Zwerg-Loͤchern bey
Walckenried.
BEy dem zwey Meile Weges von hier am untern Vor-Hartz
gelegenen Hoch-Fuͤrſtlichen Braunſchweigiſchen Wolffen-
buͤtteliſchen Stifft Walckenried giebet es groſſe Kalck-Berge/ die/
wie ſolcher Berge Art iſt/ faſt gaͤntzlich hohl ſind/ und von denen derer
Orten Wohnenden die Zwerg-Loͤcher genennet werden/ wovon ich
aber auſſer dieſem nichts Sonderliches berichten kan/ weilen nun-
mehro entweder derſelben Ein- und Ausgaͤnge von den herab gefal-
lenen Steinen ſo verſtopfet worden/ daß man darein nicht mehr ge-
gelangen mag/ oder es ſind dieſelben an ſich ſelbſt ein- und zu Hauffe
gefallen/ wie man an etlichen Orten ſiehet und wahrnimmet/ daß
die Natur dieſelben inwendig ſo glatt gemachet habe/ als wenn ſol-
ches mit Gyps durch Menſchen-Hand geſchehen ſey.
X.
Von den Hoͤlen oder Zwerg-Loͤchern zwi-
ſchen Elbingerode und dem Ruͤbelande.
MAn findet zwiſchen dem alberett gedachten Ambt und Stadt
Elbingerode und dem Ruͤbelande auch Hoͤlen/ welche die
Zwerg-Loͤcher heiſſen/ wovon ich ingleichen ſo wenig als von vori-
gen dem curieuſen Leſer einen vollkommenen Bericht ertheilen kan;
maſſen die Ein- und Ausgaͤnge derſelben ebenfalls ruiniret und ver-
fallen ſind/ weilen ich aber im Vorhergehenden albereit etlicher
Zwerg-Loͤcher gedacht habe/ auch unter denen Curioſis ein und an-
dere Meinung von ſolchen Loͤchern vorhanden ſind/ ſo habe inſon-
derheit ſolchen curieuſen Streits wegen derſelben alhier gedencken
wollen/ denn es halten etliche mit denen gemeinen Leuͤthen davor/
daß vor Alters in allen denen vor beſagten Zwerg-Loͤchern ohnfehlbar
Zwerge
[75]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
Zwerge ihre Wohnungen gehabt/ wie denn auch etliche von denen
ietzt gemeldten Hoͤlen erzehlen wollen: daß ſie von alten Leuͤthen ge-
hoͤret haͤtten/ wie vormahls Zwerge in denenſelben ſich aufgehalten/
von welchen denen Einwohnern zu Elbingerode alle Guͤte erzeiget
worden/ denn wenn daſelbſt Hochzeiten vorgefallen/ ſo waͤren die
Eltern oder Anverwandten derer Verlobten nach ſolchen Hoͤlen ge-
gangen/ und haͤtten von denen Zwergen meßingene und kuͤpferne
Keſſel/ eherne Toͤpfe/ zinnerne Schuͤſſel und Teller/ auch anderes
noͤthiges Tiſch- und Kuͤchen-Geſchirr verlanget/ auch ſo bald be-
kommen/ als ſie nun ein wenig zuruͤck gegangen/ maſſen von denen
Zwergen gleich darauf die verlangten Sachen vor den Eingang derer
Hoͤlen geſetzet worden/ alsdenn diejenigen/ ſo ſolches begehret/ ſich
wieder hinzu gemachet/ und daſſelbe abgeholet haͤtten; wenn nun die
Hochzeiten vorbey geweſen/ habe man alles Geborgete wieder dahin
gebracht/ und zur Danckbarkeit etwas Speiſe darbey geſetzet. An-
dere aber wollen durchaus nicht geſtehen/ daß darinnen Zwerge ge-
wohnet haͤtten/ weilen man daran zweifele/ ob es iemahls gantze
Voͤlcker oder einzelne Familien von rechten Zwergen gegeben habe
und noch gebe/ ſondern es waͤren ſolche Hoͤlen vormahls nichts an-
ders als Retiraden und Schlupff-Loͤcher zu Krieges-Zeiten geweſen/
darinnen das Volck aus denen kleinen und andern unverwahrten
Staͤdten/ wie auch aus dem offenen Lande ihre Guͤther in Sicherheit
gebracht/ und ſich daſelbſt vor dem Feinde verborgen und aufgehalten
haͤtten; in dieſen Gedancken ſtehet der Autor der alten Saͤchfiſchen
Chronike fol. 81 und Zacharias Rivander in ſeiner Thuͤringiſchen
Chronicâ, wie auch M. Cyriacus Spangenberg in ſeiner Mansfel-
diſchen Chronicâ cap. 115 fol. 104 \& ſeq. ingleichen Herr Val-
vaſor in der Beſchreibung Crain Tom. 3 libr. \& cap. 10 fol. 195
als welche vermeinen/ daß ſolches zu der Zeit geſchehen ſey/ als der
Hunnen oder Ungarn Koͤnig Attila oder Ezel genannt mit ſeinen
barbariſchen und Blut-gierigen Soldaten/ Beyern/ Francken/
Thuͤringen/ Sachſen und den Hartz durchſtreiffet und verwuͤſtet haͤt-
te/ und kaͤme es daher/ daß ſolche Hoͤlen die Zwerg-Loͤcher genennet
wuͤrden/ weilen die Voͤlcker derer vor gemeldeten Laͤnder gegen die
K 2Hunnen
[76]Das I Capitel
Hunnen nichts anders als Kinder oder Zwerge geſchienen/ fuͤr wel-
chen ſie ſich auch dieſerwegen ſehr gefuͤrchtet/ und in dergleichen Loͤcher
wie die armen Maͤuslein verkrochen und verborgen haͤtten/ zumahl
da die Hunnen etliche Leuͤthe geſchunden und gebraten/ auch ſonſt
auf andere Weiſe ſehr unmenſchlich und greuͤlich mit denenſelben
umgangen waͤren. Ob nun ſchon bewuſter maſſen man von allen
alten Dingen nicht allezeit genugſamen Bericht geben/ und die rechte
Urſache aller alten Hiſtorien oder Geſchichte vollkoͤmmlich darthun
kan; dennoch ſo halte unmasgeblich davor/ daß beyde Parteyen auf
gewiſſe maſſe recht geredet haben/ und man derſelben Meinung leicht
vereinigen koͤnne: Denn was die Zwerge anbetrifft/ ſo weiß man
zwar wohl/ daß unter andern Strabo in ſeiner Geographie libr. 2
gaͤntzlich geleuͤgnet habe/ daß iemahls Zwerg Voͤlcker und Familien
in der Welt waͤren gefunden worden: Es iſt aber derſelbe auf ſolche
Meinung deswegen kommen/ weilen davon die Poeten/ ſonderlich
Homerus iliad. libr. 1 Ovidius libr. 6 Metamorph. und Juvenalis
Satyr. 13 viele wunderliche und unglaubliche Sachen fabuliret oder
gedichtet haben/ denen auch die Hiſtorien-Schreiber getreuͤlich nach-
gefolget ſind/ wie denn Münſterus in ſeiner Cosmographia von de-
nen Zwergen ſchreibet/ daß ſolche im 3 oder 5 Jahr Kinder zeuͤgeten/
im 7/ 8 oder 9 aber ſtuͤrben/ und mit denen Kranichen oder Stoͤrchen
beſtaͤndig Kriege fuͤhreten/ auch ihre Neſter oder Haͤuſelein von Lei-
men/ Federn und Eyer-Schalen erbauet haͤtten/ auch was derglei-
chen Fabel-Werck mehr iſt; Wodurch ebenfalls Albertus Magnus
bewogen worden/ nicht zu glauben/ daß es vormahls rechte kleine
Zwerg-Menſchen gegeben habe/ maſſen er gaͤntzlich davor haͤlt/ daß
alle diejenigen Creaturen/ welche die Autores vor Zwerge ausgege-
geben haͤtten/ nichts anders als eine Gattung Affen waͤren; Allein
es iſt auch deſſen ohngeachtet denen Gelehrten zur Gnuͤge bekannt/
daß es viel mehr Autores gebe/ die das Gegen-Theil ſtatuiren/ und
gaͤntzlich vermeinen/ daß vor Alters dergleichen Zwerg-Menſchen
angetroffen worden/ ja es finden ſich hierunter etliche/ die gar davor
halten/ daß es noch heuͤtiges Tages ſolche kleine Voͤlcker und Fami-
lien gebe/ ob dieſelben ſchon rar waͤren/ wovon Caſpar. Schottus in
ſeiner
[77]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
ſeiner Phyſica Curioſa part. 1 lib. 3 cap. 7 § 1 pag. 421 \& ſeq. kan
geleſen werden/ als welcher daſelbſt ausfuͤhrlich von dieſer Materie
handelt/ und nicht allein viele Autores anfuͤhret/ ſo voriges affirmi-
ren oder bejahen/ ſondern auch ihre dieſerwegen habende argumenta
defendiret/ weilen er ſelber ſolcher Meinung beypflichtet/ und davor
haͤlt/ daß/ wenn daſſelbe geleuͤgnet wuͤrde/ man auch nicht glauben
und zugeben koͤnne/ daß es vormahls Rieſen gegeben habe/ welches
doch wider die Heiligr Schrifft lauffe/ als welche bezeuͤget/ daß man
zu der Zeit ſolche groſſe Leuͤthe und Voͤlcker im gelobten Lande und
folglich auch in der Welt gefunden habe/ welche Gedancken auch mit
der geſunden Vernunft uͤberein kommen/ denn da die Natur zu der
Zeit im gelobten Lande excediret und groſſe Rieſen zuwege gebracht/
ſo iſt es auch keine unmuͤgliche Sache/ daß ſie nicht eben zu ſolcher
Zeit/ auch hingegen in andern Oertern haͤtten in defectu pecciren/
und Zwerge generiren koͤnnen/ ſonderlich da daſſelbe noch auf den
heuͤtigen Tag geſchiehet/ indem man an unterſchiedenen Orten nicht
allein ſehr groſſe Leuͤthe/ ſondern auch Zwerge antrifft/ hieraus iſt
nun zu ſchlieſſen/ daß vor Zeiten Zwerge ſo wohl auf als auch muth-
maßlich in der Erden gewohnet haben; Ob aber dieſelben noch biß
hieher ſich in einer gewiſſen Landſchafft aufhalten/ iſt eine Frage/ ſo
eigentlich nicht hieher gehoͤret/ doch will ich denen Curioſis zu Liebe
kuͤrtzlich darauf antworten/ daß es ſcheine/ wie vor gedachter Schot-
tus nicht der Meinung ſey/ weilen er an gedachtem Ort §. 4 pag. 429
auf die Inſtantz: daß nemlich nunmehro die gantze Welt genugſam
erkundiget/ und doch darinnen keine Zwerg-Voͤlcker und Familien
angetroffen worden/ die Antwort giebet/ wie die Autores nicht ſage-
ten/ daß man dergleichen noch in der Welt finde/ ſondern daß ſie
vormahls darinnen gefunden worden; hingegen haͤlt Herr Jobus
Ludolfus in ſeiner Hiſtoriâ Æthiopicâ libr. 1 gaͤntzlich davor/ und
will beweiſen/ daß die Zwerge nicht allein wahrhaftig vor dieſem ge-
weſen und noch waͤren/ wie denn auch Johann Ludwig Gottfried
in ſeiner Hiſtoriâ Antipodum part. 1 fol. 139 gedencket/ daß ſich
noch Zwerg-Voͤlcker in Braſilien als einer in dem mittaͤgigen oder
Peruvianiſchen Americâ gelegenen groſſen und wuͤſten Landſchafft
K 3auf-
[78]Das I Capitel
aufhielten/ welche von denen Landes-Einwohnern Tadyguiren ge-
nennet wuͤrden/ wovon ich diejenigen will urtheilen laſſen/ ſo an ſol-
chen Oertern geweſen ſind/ und von derſelben Beſchaffenheit eine
genaue Kundſchafft bekommen haben. Dieſes iſt nun dasjenige/
was die Autores von gedachten Zwergen berichten/ welche kleine
wahrhaftige Menſchen ſind. Es gedencket aber auch Paracelſus in
ſeiner Epiſt. ad Athen. oder de occultâ Philoſophiâ, ingleichen der
dem Paracelſo getreuͤlich nachaffende Kornman. in ſeinem Tracta-
tu de monte Veneris cap. 9 pag. 119 einer andern Sorte oder Gat-
tung derer Zwerge/ ſo keine rechte ordentliche Menſchen/ ſondern ein
ſonderbahres Geſchlecht ſeyn ſollen/ maſſen dieſelbe vorgeben: daß
ſolche Zwerge nicht allein Menſchen/ ſondern auch zugleich Geiſter
waͤren/ welche von GOtt auſſerhalb Adams des erſten Menſchens
Nachkommen erſchaffen worden/ es haͤtten aber ſolche Geiſt-Men-
ſchen ihre Wohnungen nicht auff ſondern in der Erden/ waͤren denen
rechten Menſchen nicht abguͤnſtig/ und denenſelben an Geſtalt nicht
gar ungleich/ truͤgen auch ebenfalls Fleiſch und Bein an ſich/ welches
aber ſo ſubtil waͤre/ daß ſie durch Mauren und Waͤnde damit gehen
koͤnten/ deſſen ohngeachtet genoͤſſen dieſelben ſo wohl Speiſe und
Tranck/ und zeuͤgeten Kinder als andere Menſchen/ ſonſt braͤchten
dieſelben in der Erden die allerkoͤſtlichſten Sachen als Schaͤtze und
dergleichen zuſammen/ und verfertigten die kuͤnſtlichſte Arbeit von
Metall und Steinen/ und was des Fabulirens mehr iſt. Es iſt aber
von denen gedachten Geiſt-Menſchen kein Buchſtab in der Heiligen
Schrifft zu finden/ und dieſerwegen ſolche gottloſe wider die geſunde
Vernunft lauffende Meinung von gemeldeten Schotto lib. 1 cap. 38
pag. 197/ ingleichen von Abraham Seideln in ſeiner pnevmatologiâ
oder Bericht von denen Geiſtern/ ſonderlich in der 14/ 15/ 16 und 17
Frage genugſam widerleget und dargethan worden: daß ſolche er-
dichtete Geiſt-Menſchen und Zwerge nichts anders als der Teuͤffel
ſelber ſey/ welcher ſich alſo verſtelle, denn ſolche Zwerge keinen rech-
ten/ ſondern nur einen angenommenen Leib von einem Aas haͤtten/
und dieſerwegen wuͤrcklich keine Speiſe genoͤſſen/ ſondern diejenigen/
ſo ihnen vorgeſetzet wuͤrden/ nur deswegen annehmen/ damit die
Ein-
[79]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz
Einfaͤltigen glauben moͤchten/ daß ſie rechte Menſchen und keine
Geiſter waͤren/ auch moͤchten dieſelben ſich ſo gut ſtellen als ſie wol-
ten/ ſo ſey denenſelben doch nimmermehr zu trauen/ denn des Teuͤf-
fels Trug und Bosheit darhinten ſtecke/ und ſie zuletzt mehr Schaden
zufuͤgeten/ als ſie vorher erzeiget håtten. Was die andere Mei-
nung von denen Zwerg-Loͤchern anbelanget/ ſo iſt gewiß/ daß ſich zu
Krieges-Zeiten die Benachbarte in ſolche und andere Hoͤlen mit dem
Jhrigen ſalviret haben/ maſſen bekannt iſt/ daß ſolches auch noch in
dem vergangenen dreißig-jåhrigen Kriege geſchehen ſey; Ob aber
von denen Benachbarten des Hartz-Waldes die gemeldete Flucht
aus Furcht vor dem Attila vormahls vorgenommen worden/ wie
gedachter Rivander mit dem Spangenberg vermeinet/ laſſe ich zwar
dahin geſtellet ſeyn/ weilen Attilæ Krieges-Zug und Geſchaͤffte in
Thuͤringen ſehr ungewiß ſeyn ſoll/ wie Sagittarius lib. 2 cap. 5 vom
Thuͤringer Koͤnigreich weitlaͤufftig darzuthun ſich ſehr bemuͤhet;
Doch halte ich davor/ daß vor gemeldete und andere glaubwuͤrdige
Hiſtorici ſolches ohne Fundament ſchwerlich werden geſchrieben
haben/ und es ſich leicht habe zutragen koͤnnen/ daß die documenta,
worauf ſie ſich fundiret gehabt/ nach ihrem Tode verlohren gegan-
gen/ und alſo dem Sagittario nicht zu Haͤnden kommen ſind/ uͤber
das iſt eine ungewiſſe Sache nicht gleich unmuͤglich/ maſſen es wohl
ſeyn kan/ daß zu ſolcher Krieges-Zeit/ ob ſchon nicht der Attila ſelber/
doch etliche ſtarcke Parteyen von deſſelben Kriegs-Heer in Thuͤrin-
gen und nach dem Hartze zu geſtreiffet haben/ denn ſolche weite
Streiffereyen die Ungarn/ ihrer leichten Ruͤſtung und ſehr ſchnellen
Pferde wegen/ gar leicht zu verrichten vermocht/ und noch heuͤtiges
Tages bekannter maſſen bey ihnen ſehr im Gebrauch ſind. Wenn
man nun voriges alles recht uͤberleget/ ſo erhellet daraus/ daß beyde
von denen Zwerg-Loͤchern vorgebrachte Meinungen beſtehen koͤn-
nen/ weilen es keine unmuͤgliche Sache iſt/ daß ſich erſtlich in vorigen
Zeiten Zwerge darinnen aufgehalten haben/ ſo entweder rechte Men-
ſchen oder in menſchlicher Geſtalt verſtellte Erd-Geiſter geweſen/
welches letztere in denen zwiſehen Elbingerode und dem Ruͤbelande
gelegenen Zwerg-Loͤchern wohl kan geſchehen ſeyn/ wenn anders die
Fabel
[80]DasICapitel
Fabel wahr iſt/ welche davon erzehlet wird/ maſſen der Teuͤffel zu
Zeiten derer Alt-Vaͤter dergleichen Spiel mehr angerichtet hat.
Nachdem aber nachgehends die Zwerge ſich aus ſolchen Hoͤlen ver-
lohren/ haben dieſelben auch im Fall der Noht denen fluͤchtigen
Hartz-Laͤndern und andern Benachbarten zu einer Retirade dienen
koͤnnen/ zumahl da dergleichen Zwerg-Loͤcher an und auf dem Hartz/
als ein wenig unter Stolberg im groſſen Thal nahe bey der Land-
Straſſe und andern Orten mehr/ vorhanden ſind/ derer Zu- und
Ausgånge aber nunmehro von denen herab fallenden Steinen gåntz-
lich verſtopfet worden.
XI.
Von der Biſchofferoͤdiſchen Hoͤle/ die neuͤe
Kelle genannt.
EJne gute Teuͤtſche Meile von dieſer Kaͤyſerlichen Freyen und
des Heiligen Roͤmiſchen Reichs Stadt Nordhauſen lieget ge-
gen den untern Vor-Hartz/ unweit von der nunmehro zur Koͤnigli-
chen Preuͤßiſchen Graffſchafft Clettenberg gehoͤrigen Stadt Ellrich
ein Land-Guth/ ſo alhier denen Michaeliſchen und Wildiſchen
Erben zuſtaͤndig iſt/ und Biſchofferode genennet wird; hierbey be-
ſindet ſich nun im Felde ein luſtiges Waͤldlein/ und in demſelben eine
wåſſerige Hoͤle/ welche die Einwohner da herum die neuͤe Kelle heiſ-
ſen/ zum Unterſchied der alten Kelle/ ſo nicht weit davon unter freyem
Himmel gelegen/ und ein Erdfall voller Waſſer iſt/ da hingegen die
neuͤe Kelle unter einem mit Baͤumen dicht bewachſenen Berge lieget.
Der Eingang zu dieſer unterirdiſchen Hoͤle iſt ſehr weit und offen/
dahero auch ſo viel von dem Tages-Licht in dieſelbe faͤllet/ daß die
Curioſi, zu Beſchauung derſelben/ keines brennenden Lichtes vonnoͤ-
then haben. Von dieſem Eingange muß man einen tieffen und
ſtickeln Berg biß auf das Waſſer hinunter klettern/ welches ohne
ziemliche Gefahr nicht abgehet/ denn ſolte iemand ſich nicht in Acht
nehmen/ und erſtlich in das Lauffen kommen/ ſo glaube ich/ daß es
wohl ſolte zu thun haben/ daß er nicht in das Waſſer hinein lieffe/
und
[81]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
und nicht lebendig wieder heraus kåme/ wenn er nicht bey Zeiten nie-
derfiele/ und ſich an die Erde anhielte/ dieſerwegen wird ſich auch
leichtlich keiner in die Hoͤle wagen/ wenn es ſtarck geregnet hat/ und
davon der Berg glitſcherig oder glatt worden iſt/ es muͤſte denn der-
ſelbe ein verwegener Wage-Hals ſeyn. Vor etlichen zwantzig
Jahren hatten die Curioſi ſich dieſes zum Theil beſchwerlichen/ zum
Theil gefaͤhrlichen Abſteigens wegen nicht das Geringſte zu befuͤrch-
ten/ indem der damahlige Hoch-Fuͤrſtliche Hannoͤveriſche General-
Lieutenant von Pudevvels viele breite Abſåtze und Tritte oder Stu-
fen in den Berg hatte machen laſſen/ weilen derſelbe zu Sommers-
Zeit bey dieſer Hoͤle zu unterſchiedenenmahlen/ des luſtigen Orts
wegen/ ſich divertirte oder erluſtigte/ und zu dem Ende das Getraͤn-
cke in dem Waſſer der Hoͤlen abkuͤhlen ließ/ nachgehends aber ſind
gedachte Staffeln und Abſaͤtze von denen Platz-Regen alle wieder
eingeriſſen/ und/ ſolche zu repariren/ keine Anſtalt gemacht worden.
Nachdem alſo iemand in die Hoͤle hinunter gelanget iſt/ koͤmmet dem-
ſelben eine Hoͤle vor Augen/ deſſen Ober-Theil von der Natur mit
einem ſtarcken Stein-Felſen geſchloſſen und zuſammen gewoͤlbet
worden. Die Laͤnge derſelben iſt/ ſo viel man abnehmen kan/ uͤber
18/ und die Breite uͤber 16 Land-Meſſer-Ruthen/ ſolcher Gattung/
da eine iede 16 Werck-Schuh hat. Vor ſich aber ſiehet man in
derſelben ein Waſſer/ welches ſich auf dem gantzen Boden der Hoͤle
ausbreitet/ daſſelbe iſt helle/ ſtille/ und ſehr kalt/ nimmet weder ab
noch zu/ und ſind keine lebendige Thiere darinnen befindlich/ darne-
ben iſt es ſo tieff/ daß ſolches noch niemand hat ergruͤnden koͤnnen.
Mitten durch die Hoͤle der Långe nach uͤber dem Waſſer ſind Felſen/
welche wie eine Mauer ausſehen/ und das Waſſer von einander thei-
len. Wenn ein Stein uͤber ſolche Felſen hingeworffen wird/ hoͤret
man denſelben in das andere jenſeit derer ietzt gedachten Felſen vor-
handene Waſſer mit einem ſtarcken Klange fallen/ ſehen kan man
aber daſſelbe nicht/ weilen die vor gemeldeten Felſen ſolches verhin-
dern/ verlanget aber eine ſehr curieuſe Perſon daſſelbe in Augen-
Schein zu nehmen/ ſo muß er auf einem vorhero angeſchafften Kahn
uͤber das erſte Waſſer fahren/ und auf den Felſen ſteigen/ von welchen
Lder-
[82]DasICapitel
derſelbe das andere in dieſem dunckeln Theil der Hoͤle vorhandene
Waſſer bey einer angezuͤndeten Fackel ſehen kan. Sonſt iſt auch
dieſe Hoͤle/ ihrer grauſamen Tieffe wegen/ Verwunderns werth/
denn wenn iemand oben auf dem Berge bey dem Eingange ſich be-
findet/ und von dar den groͤſten unten in der Hoͤle vor dem Waſſer
ſtehenden Menſchen anſchauet/ ſo wird ihm derſelbe nicht als ein
langer Menſch/ ſondern als der kleineſte Zwerg oder ein ander Ding
vorkommen. Nechſt dieſem iſt auch von dieſer Hoͤle merckwuͤrdig:
daß vormahls im Pabſtthum jaͤhrlich eine ſolenne Proceſſion ange-
ſtellet worden/ weilen man geglaubet/ es muͤſſe in derſelben jåhrlich
ein Menſch umkommen/ wenn ihr nicht auf ſolche Weiſe ein Genuͤ-
gen geſchehe; Es iſt aber ſolche vermeinte Verſuͤhnung folgender
maſſen geſchehen: Auf dem Berge gegen der Hoͤle oder Kelle uͤber
iſt eine Capelle S. Johanni geheiliget/ in dieſe iſt ein papiſtiſcher Prie-
ſter aus Ellrich alle Jahr zu gewiſſer Zeit/ in Begleitung ſeiner
Pfarr-Kinder und andern Benachbarten der Hoͤle/ in voller Pro-
ceſſion mit vorher getragenem Creuͤtz/ Fahnen und Bildern derer
Heiligen gegangen/ ſo bald nun daſelbſt der heilige Johannes, papi-
ſtiſchem Gebrauch nach/ genugſam verehret worden/ hat derſelbe mit
eben der Proceſſion ſich fort nach der Hoͤle gemachet/ und in dieſelbe
ein Creuͤtz hinab gelaſſen/ auch wieder heraus gezogen. Als nun ſol-
ches ebenfalls geſchehen/ hat er dem umſtehenden Volcke dieſe Reime
zugeruffen:
wie ſolches in des Eckſtormii an Herr D. Brendeln geſchriebenen
und albereit von mir angefuͤhrten Epiſtel zu erſehen iſt.
XII.
Von der Sachswerfiſchen Hoͤle/ das
Ziegen-Loch genannt.
DJeſe Hoͤle lieget ebenfalls gegen den untern Vor-Hartz nicht
ferne von vor beſagter neuͤen Kelle/ und trifft man dieſelbe bey
dem
[83]von dencurieuſen Hoͤlen an und auf dem Hartz.
dem eine halbe Meile von Nordhauſen gelegenen Hoch-Gråflichen
Stolbergiſchen zum Amte Hohnſtein gehoͤrigen Dorffe/ Nieder-
Sachswerfen genannt/ an/ maſſen daſelbſt zur lincken Hand gleich
an dem Wege/ welcher nach dem Dorff Appenrode gehet/ ein ſtickeler
Berg ſich befindet/ darinnen die Hoͤle iſt. Den Namen hat ſie da-
her bekommen/ weilen die Nieder-Sachswerfiſchen Einwohner vor-
mahls Ziegen auf dem vor gemeldeten Berge gehalten haben/ ſo
Tag und Nacht/ Sommer und Winter darauf verblieben ſind/ wel-
che offtmahls zu Nacht-Zeit/ wenn ſtarcke Platz-Regen oder groſſe
Ungewitter entſtanden/ vorne in die Hoͤle ſich reteriret haben/ und
hat mir mein alter Gaͤrtner/ ſo aus gedachtem Dorffe buͤrtig iſt/ er-
zehlet/ daß ſeine ſeelige Mutter von ſolchen Berg-Ziegen einesmahls
bald den Tod bekommen habe; Denn als zu einiger Zeit in dem
dreißig-jaͤhrigen Kriege das Dorff von einer ſtreiffenden Partey
Soldaten uͤberfallen worden/ ſey dieſelbe in eine nicht weit von dem
Ziegen-Loche gelegene Hoͤle gekrochen/ und habe aus derſelben mit
Schmertzen am Tage zugeſehen/ wie die Soldaten in dem Dorffe
mit den Leuͤthen umgangen und gehauſet haͤtten/ welches aber doch
nichts gegen den groſſen Schrecken geweſen waͤre/ womit ſie in der
ſehr dunckeln Nacht uͤberfallen worden; Denn als vor gedachte
Berg-Ziegen im Finſtern zu ihr in die Hoͤle gekrochen/ habe ſie ſich
auf dieſe Thiere vor groſſer Furcht nicht beſinnen koͤnnen/ ſondern
vermeinet/ daß ſolches Soldaten wåren/ ſo ſie aufſuchen wolten/
derohalben dieſelbe in ein ſolches Schrecken gerathen waͤre/ daß ſie/
als eine ohne dem vom vorher gehabten Schrecken und Furcht ſchon
halb erſtorbene Frau/ nicht anders gedacht/ als daß ſie davon des
Todes ſeyn muͤſſe/ endlich aber/ als die vermeinten Soldaten durch
ihre Stimme verrathen worden/ indem die Ziegen/ ihrer Art nach/
zu meckern angefangen/ habe dieſelbe ihren Jrrthum erkennet/ und
ſey darauf bald wieder zu ſich ſelber kommen. Der Eingang zu die-
ſem Ziegen-Loche iſt nicht gar weit/ und trifft man zu Ende deſſelben
eine groſſe dunckele Hoͤle an/ von dar man wieder durch eine Kiufft
kriechet/ und alsdenn in eine andere Hoͤle koͤmmet/ ſo von der Natur
mit einem Stein-Felſen rund gewoͤlbet/ und wie eine Stube ausge-
L 2gypſet
[84]DasIICapitel von dencurieuſen Seen und
gypſet iſt/ hinter dieſem Gewoͤlbe zu åuſſerſt der Hoͤle iſt ein Fall-Loch
vorhanden/ welches ſehr tieff/ und gleichſam als in einen Abgrund
hinunter gehet/ von dieſem Loch iſt die gemeine Muthmaſſung/ daß
darinnen ſich ein Theil von dem nahe dabey liegenden ſo genanten
Tantz-Teiche befinde/ und einesmahls ein freveler Hirten-Junge
in ſolchem Waſſer erſoffen ſey; denn als derſelbe auf dem gegen der
Hoͤle uͤber gelegenen Pfingſt-Raſen das Vieh gehuͤtet/ und ihm eine
Luſt ankommen/ die Hoͤle zu beſehen/ habe derſelbe ſich zu dem Ende
gantz allein hinein gewaget/ waͤre aber nicht wieder aus derſelben
kommen/ vielweniger darinnen gefunden worden. Sonſt iſt es in
dieſer Hoͤle ſehr kalt/ und kan vielleicht hierzu das gedachte
Waſſer viel helffen.
Das II Capitel
von
denen Curieuſen Seen und waͤſſerigen Erd-
Faͤllen an und auf dem Hartz
und zwar
I.
Von dem Hochſtaͤdtiſchen See und der
darauf ſchwimmenden Jnſel.
JN dem benachbarten Koͤniglichen Preuͤßiſchen und Chur-
Fuͤrſtlichen Brandenburgiſchen Ambt Clettenberg lieget ge-
gen den untern Vor-Hartz zu eine Meile von hier bey dem
Dorff Hochſtaͤdt oben auf dem Berge faſt gegen der Flarch-Muͤhle
uͤber ein ſehr groſſer und waͤſſeriger Erd-Fall/ welchen die daran
graͤn
[85]waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz.
graͤntzende Einwohner insgemein den See oder das See-Loch nen-
nen/ wovon Herr Conradus Dunckelberg/ hieſiger Schulen wohl-
verdienter und treuͤfleißiger Rector im 1696ſten Jahr den 21 Julii
ein gelehrtes Programma bey denen damahls gehaltenen Schul-Re-
den an den Tag gegeben/ und damit gelehrte curieuſe Perſonen
uͤberaus vergnuͤget hat; weilen aber daſſelbe nicht in allen Haͤnden
iſt/ auch nicht von iedermann/ der Lateiniſchen Sprache wegen/ ver-
ſtanden wird/ will ich eines und das andere daraus ziehen/ und ver-
deuͤtſchet hieher ſetzen mit demjenigen/ was mir auſſer dieſem von des
Ortes Beſchaffenheit bekannt iſt. Melde derohalben: daß ſich dieſer
waͤſſerige Erd-Fall zwiſchen denen Hochſtaͤdtiſchen Frucht-Feldern
auf einem glatten und mit keinerley Art Baͤumen oder Straͤuchen
bewachſenen Berge befinde; die Geſtalt deſſelben koͤmmet faſt mit
einem Kelche oder andern oben weiten und unten engen Trinck-Ge-
ſchirr uͤberein/ maſſen der Umkreis des Ober-Theils 160 Meß-
Ruthen in ſich haͤlt/ da hingegen der Umgang unten bey dem Waſſer
nur 112 Ruthen lang iſt/ wie denn auch der Diameter oder Durch-
Schnitt der obern Peripheriæ oder Umkreiſes 51 Ruthen/ des untern
Umganges aber nicht mehr als 36 Ruthen austråget; die Tieffe
dieſes Erd-Falls machet von oben biß auf das Waſſer hinunter 11
Ruthen/ der See aber an ſich ſelbſt iſt an dem Ort/ wo derſelbe am
tieffſten iſt/ bey 12 Klaffter oder 36 Ellen tieff/ wie ſolches diejenigen
Fiſcher bezeuͤgen/ welche ſolche Tieffe mit einem Senck-Bley erfor-
ſchet haben. Vormahls gab es ſehr groſſe Hechte darinnen/ anietzo
aber ſind ſolche und andere Fiſche daſelbſt ſehr rar. Es berichten
die Einwohner derer benachbarten Oerter von dem Urſprung dieſes
Erd-Falles/ wie ſie von ihren Eltern gehoͤret haͤtten: daß in vorigen
Zeiten an der Stelle/ wo anietzo der See ſich befindet/ ein feuͤchter
graſichter Platz geweſen ſey/ und die Pferde darauf gehuͤtet worden;
Als nun einesmahls etliche Pferde-Jungen die Pferde darauf zur
Weyde gebracht/ und geſehen haͤtten/ daß einer unter ihnen weiß
Brodt eſſe/ waͤre ihnen auch ein Appetit/ davon zu genieſſen/ ankom-
men/ derowegen ſie daſſelbe von dem Jungen heftig begehret/ wie
aber derſelbe ſolches gaͤntzlich abgeſchlagen/ und fuͤrgewendet/ daß er
L 3dieſes
[86]DasIICapitel von dencurieuſen Seen und
dieſes Brodt zu Stillung ſeines Hungers ſelber nothwendig beduͤrf-
fe/ wåren gemeldete Jungen ſo unwillig und erbittert darauf worden/
daß ſie nicht allein ihren Herren alles Unglůck an den Hals geflu-
chet/ als die ihnen nicht dergleichen weiß Brodt/ ſondern nur gemei-
nes ſchwartzes Haus-backen Brodt/ zur Speiſe mitgegeben/ ſon-
dern ſie håtten auch ihr Brodt/ aus groſſem Zorn und Frevel/ auf die
Erde geworffen/ mit Fuͤſſen getreten/ und mit ihren Pferde-Peitſchen
gegeiſſelt; als aber darauf alſobald Blut aus dem Brodte gefloſſen/
wåren ſie ůber ſolches Wunder und Zeichen eines bevorſtehenden
Ungluͤcks dermaſſen erſchrocken/ daß ſie nicht gewuſt/ wohin ſie ſich
wenden/ und was ſie anfangen ſollen; unterdeſſen ſey hingegen der
Unſchuldige/ ſonderlich da derſelbe/ wie einige erzehlen/ von einem
alten unbekannten ohngefehr darzu kommenden Mann gewarnet
worden/ auf eines ſeiner Pferde gefallen/ und mit dieſem/ auch denen
andern uͤbrigen/ dem groſſen Ungluͤck entflohen/ welchem zwar die
Boͤſewichter nachfolgen wollen/ håtten aber nicht von der Stelle
kommen koͤnnen/ wie denn auch bald hernach der gantze Platz/ ſo
bald der vorige davon geweſen/ mit groſſem Krachen untergangen/
und ſolche boͤſe Buben ſamt ihren Pferden mit ſich ſo tieff hinunter
genommen habe/ daß auch nach der Zeit nicht das Geringſte von ih-
nen an das Tages-Licht kommen ſey. Dieſes ſind nun die Ge-
dancken des gemeinen Mannes/ welche er von dem See hat/ und
ſolte derſelbe eher einen Eyd ſchweren/ als zugeben/ daß derſelbe auf
eine andere als ietzt gemeldete Art koͤnte entſtanden ſeyn; woferne
nun ſolche Tradition ſich wahrhaftig alſo in der That verhielte/ als
dieſelbe erzehlet wird/ ſo wåre es ein ſonderliches und erbaͤrmliches
Exempel der von GOtt hoͤchlich beſtraften Uppigkeit und Verach-
tung des lieben/ ob ſchon ſchwartzen/ Brodts. Dem ſey nun wie ihm
wolle/ ſo ſtecket doch unter ſolcher Tradition ein feines morale oder
eine herrliche Sitten-Lehre/ maſſen die lieben Alten damit haben an-
zeigen wollen/ daß man insgemein das liebe Brodt/ wenn es auch
noch ſo geringe/ nicht verachten ſolle/ inſonderheit aber iſt dem ge-
meiniglich unvergnuͤgten Geſinde damit eine heimliche Lection ge-
geben worden/ daß ſie mit demjenigen Brodt vor lieb nehmen ſollen/
wel-
[87]waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz.
welches ihnen ihre Herren und Frauen/ ihrem Vermoͤgen nach/
zur Speiſe darreichen. Sonſt befindet ſich auch auf dieſer See eine
Beſehens-wuͤrdige Jnſel/ welche aber nicht mehr ſo groß iſt/ als ſie
vor dieſem geweſen/ und noch vor zwantzig Jahren war/ da ich die-
ſelbe mit Juncker Joſt Adolph von Taſtungen/ Erb- und Gerichts-
Herrn auf Groſſenwechſungen \&c. als meinem damahligen Schul-
Geſellen/ oͤfters beſuchete; Die Urſach deſſen iſt der Donner/ wel-
cher ein ziemliches Stuͤck davon abgeſchlagen hat/ welches theils
untergeſuncken iſt/ theils aber noch Stuͤck-weiſe auf dem See herum
ſchwimmet/ dahero ſie auch ihre vorige Geſtalt verlohren hat/
denn da ſie vorhero wie ein Krantz rund geweſen/ ſiehet ſie nun-
mehro wie der Mond aus zu der Zeit/ wenn derſelbe am Him-
mel mit zwey Hoͤrnern/ oder wie eine Sichel/ krumm erſeheinet.
Der Durchſchnitt dieſer nunmehro ziemlich ruinirten Jnſel iſt 14
Meß-Ruthen lang/ und iſt dieſelbe an dem Orte/ wo ſie ſich
am breiteſten befindet/ 4 Ruthen breit. Der Boden derſelben
iſt moſicht/ ſumpficht/ und von denen Wurtzeln derer darauf be-
findlichen Stauden- und andern Gewaͤchſe ziemlicher maſſen zu-
ſammen gewachſen/ wie denn auch dieſelbe/ vermoͤge derer durch
den Boden gehenden Wurtzeln/ bald hier bald dar mit einem
Theil nicht weit vom Rande der See/ alwo das Waſſer nicht
ſehr tieff iſt/ ſich angehenget hat/ nachdem ſie zu Zeiten durch
die Gewalt des Windes von einem Ort abgeriſſen/ und wieder
an einem andern angetrieben worden; maſſen die Erfahrung be-
zeuͤget/ daß ſich dieſe Jnſel nicht allezeit an dem Orte befunden
habe/ wo ſolche anietzo zum Theil feſte ſitzet/ das Stauden- und
Kraͤuter-Werck aber/ ſo es vor dieſem darauf gegeben/ iſt nicht
alle mehr darauf anzutreffen/ wie ich kůnftig/ wenn mir GOtt
das Leben ferner goͤnnet/ in meinem unter Haͤnden habenden
Hartziſchen Kraͤuter-Buche an gehoͤrigen Orten erinnern werde.
II. Von
[88]DasIICapitel von dencurieuſen Seen und
II.
Von einem in dem Halberſtaͤdtiſchen bey
Gruͤningen vorhandenen waͤſſerigen Erd-
Fall und der darauf ſchwimmenden
Jnſel.
JEnſeit des untern Vor-Hartzes/ nicht weit von dem im Fuͤr-
ſtenthum Halberſtadt gelegenen Schloß und Amt Gruͤningen/
gegen dem Walde/ der Hackel genannt/ befindet ſich noch ein anderer
Erd-Fall/ ſo gantz voll Waſſer iſt/ und worauf auch eine kleine Jnſel
ſchwimmet/ auf welcher nichts als Rohr wåchſet/ darinnen viel wilde
Enten ſich auf halten/ von denen aber/ wo nicht unmuͤglich/ doch
ſchwerlich welche zu bekommen ſind: denn wenn ſchon einige davon
geſchoſſen werden/ ſo kan man doch/ wegen der grauſamen Tieffe und
Grundloſigkeit des Waſſers/ nicht darzu gelangen/ es ſey denn/ daß
man mit einem Nachen oder Kahn hinzu fahre/ oder dieſelbe durch
einen abgerichteten Hund herab holen laſſe. Merck-wuͤrdig iſt von
ſolchen ſchwimmenden und andern Jnſeln/ daß vor Alters etliche
auch gelehrte Leuͤthe gezweifelt haben/ ob es auch in der Wahrheit
ſchwimmende Jnſeln gebe/ und denen Alten Glauben beyzumeſſen
ſey/ die davon geſchrieben/ maſſen Herodotus einer Jnſel gedencket/
ſo auf dem Aegyptiſchen See Chemnis geſchwommen/ und ſo wohl
groſſe als kleine Waͤlder/ ja gar den groſſen beruͤhmten Goͤtzen-
Tempel Apollinis mit ſich auf dem Waſſer herum gefuͤhret haben;
ſo ſchreibet auch Mela libr. \& cap. 5 daß bey dem Anfange des Nil-
Fluſſes in Aegypten ein See gefunden werde/ auf welchem eine Jnſel
herum walle/ die nicht allein dick bewåldert ſey/ ſondern auch groſſe
Haͤuſer und andere Gebaͤu trage/ und von dem Winde bald hier-
bald dahin getrieben werde. Gleichfalls meldet Plinius lib. 2 cap. 95
von dem See Vadimonis, den man heuͤte zu Tage auf Jtaliåniſch
lago de Baſſanello, ingleichen lago di Viterbo nennet/ daß auf
dem-
[89]waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz.
demſelben eine ſchwimmende Jnſel mit einem dicken finſtern Walde/
ſo wohl Tages als Nachtes/ herum fahre/ und niemahls an einem
Orte beſtaͤndig verbleibe/ dergleichen auf dem Waſſer ſchwebende und
bewegliche Jnſeln man auch noch mehr bey andern alten Scribenten
beſchrieben findet. Es ſind aber dieſelben ingeſamt vormahls von
einigen vor eine Fabel oder Gedicht deswegen gehalten worden/ wei-
len ihnen entweder ſolche Jnſeln ihr Lebetage nicht vor Augen kom-
men/ und ſie ſich alſo daſſelbe nicht haben einbilden koͤnnen/ oder/ daß
die ſchwimmenden Jnſeln nachgehends an einem gewiſſen Ort mit
dem Grund-feſten Lande ſich vereiniget/ und alſo feſt geſetzet haben.
Bey ſolcher Beſchaffenheit hat es nun nicht anders ſeyn koͤnnen/ als
daß ſie auf eine irrige Meinung gerathen/ und dabey verblieben ſind;
hingegen iſt nunmehro durch die Erfahrung ſolcher Zweifel benom-
men/ und damit dieſer vor Zeiten geweſene Streit beygeleget worden/
indem nunmehro zur Gnuͤge bekannt iſt/ daß es nicht allein an dem
Hartz beſchriebener maſſen Jnſeln gebe/ die auf dem Waſſer ſchwim-
men/ ſondern auch anderswo ſo wohl groſſe als kleine ſchwimmende
Jnſeln gefunden werden/ wie denn unter andern Kircherus in de-
ſcriptione Latii fol. 204 berichtet/ wie der Jtaliaͤniſche See la Sol-
vatara bey Tivoli 16 ſchwimmende Jnſeln fuͤhre/ welche zum Theil
Circkel-rund/ theils oval oder Ey-rund/ und mit allerley Strauch-
und Kraͤuter-Werck bewachſen waͤren. Ebener maſſen meldet Herr
Baron Valvaſor in ſeiner albereit von mir im erſten Capitel gedach-
ten Beſchreibung des Herzogthums Crain tom. 1 libr. 4 cap. 29
fol. 588: wie daſelbſt zwiſchen S. Marain und der Stadt Weichſel-
burg ein groſſer Teich oder Weyher liege/ ſo dem Kloſter Sittig zu-
gehoͤre/ worauf ein ziemlich groſſes Stuͤck Erde herum wandere/ auf
welchem einige kleine Baͤumlein ſtuͤnden/ und viel Gras wachſe/
maſſen jaͤhrlich mehr als ein Fuder Heuͤ darauf eingeerndet wuͤrde.
Ferner gedencket auch Zeillerus in ſeinen Epiſteln an unterſchiedenen
Orten ſolcher Jnſeln/ und koͤnte ich derſelben noch eine ziemliche An-
zahl anfuͤhren/ wenn es vonnoͤthen wåre. Woraus nun das Fun-
dament oder Boden ſolcher ſchwimmenden Jnſeln beſtehe/ ſind die
Autores nicht einerley Meinung/ denn Schottus in ſeiner Magiâ
MUni-
[90]DasIICapitel von dencurieuſen Seen und
Univerſali Naturæ \& Artis part. 3 libr. 5 Erotem. 12 ſaget/ wie
Cabæus libr. 1 Meteor. text. 69 quæſt. 1 in denen Gedancken ſte-
he/ daß der Boden derſelben aus Schilff/ Bintzen und andern Waſ-
ſer-Kraͤutern/ aermoͤge derer ſich durch einander flechtenden Wur-
zeln/ zuſammen gewachſen wåren: Es antworten aber hierauf eini-
ge/ daß ſolches nicht genug ſey/ maſſen der Boden ſo viel Erde bey
ſich habe/ daß auch zu Zeiten groſſe Båume darauf zu wachſen pfleg-
ten. Andere vermeinen/ daß dergleichen Jnſeln aus einem fetten
harzigen und leichten Tropf- oder Bim-ſteinichten Erdreich beſtuͤn-
den/ ſo mit Holtz/ Binſen und allerley Pflantz- und Kraut-Wurtzeln
vermiſchet/ und vermittels des Erd-Hartzes zuſammen geklebet ſey:
Theils halten gar davor/ daß unter ſolchen, Jnſeln groſſe Hoͤltzer
oder Båume vorhanden/ welche dieſelben truͤgen/ und was derglei-
chen Meinungen mehr ſind; wovon man aber inſonderheit nicht
wohl eine Epicriſin oder rechtes Urtheil geben kan/ weilen der Boden
gedachter Jnſeln nicht einerley iſt/ ſondern bald aus dieſer bald aus
einer andern Materie beſtehet/ doch iſt in genere oder insgemein ge-
wiß/ daß ſolche Jnſeln/ wie Cardanus libr. 1 Varietat. cap. 7 will/
ein ſchwammichtes/ luckeriges/ und zugleich zaͤhes Erdreich haben;
denn ſo daſſelbe ſich nicht leicht befaͤnde/ koͤnte ſolches auch nicht auf
dem Waſſer ſchwimmen/ muͤſte auch durch die Bewegung nothwen-
dig von einander gehen/ und zerreiſſen/ wenn es nicht zugleich zaͤhe
waͤre. Gedachte Erde koͤmmet aber entweder aus dem Grunde
derer Waſſer hervor/ oder wird von dem feſten Lande durch die Ge-
walt des Waſſers abgeriſſen/ wie ſolches alles Herr Erasmus Fran-
ciſci in ſeinen Anmerckungen uͤber vor gemeldeten Ort der Beſchrei-
bung des Herzogthums Crain fol. 588 \& ſeq. weitlaͤufig ausge-
fuͤhret hat/ alwo der curieuſe Leſer nach Belieben ein mehres von
ſolchen ſchwimmenden Jnſeln leſen kan.
III. Von
[91]waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz.
III.
Von dem Sachswerfiſchen See/ der
Tantz-Teich genannt.
VOn dieſem See habe ich zwar albereit etwas im vorigen Capitel
unter dem zwoͤlfften Titel von der Hoͤle/ das Ziegen-Loch ge-
nannt/ gedacht/ weil derſelbe Bericht aber unvollkommen/ hingegen
ſolcher See/ wegen ſeines Strudels/ merck-wuͤrdig iſt/ ſo habe nicht
unterlaſſen koͤnnen/ alhier ein mehrers davon zu melden. Berichte
alſo: daß dieſer See uͤber dem Dorffe Nieder-Sachswerfen zur lin-
cken Hand/ des Weges wenn man nach Appenrode zugehet/ hart an
dem Berge/ darinnen das vor gemeldete Ziegen-Loch ſich befindet/
liege; Das Waſſer darinnen hat keinen ſichtbaren Zufluß/ aber
einen ziemlich ſtarcken Ausfluß/ und iſt von ſolcher Tieffe/ daß man
auch keinen Grund an dem Ort/ wo es am tieffeſten/ ſehen kan/ dero-
wegen auch ſolches gantz ſchwartz und grauſam ausſiehet. Wenn
man auf dieſem See mit einem Kahne faͤhret/ und damit dem vor
gedachten Berge in etwas zu nahe koͤmmet/ faͤnget derſelbe gleichſam
an zu tantzen/ und mit den darauf Fahrenden rund umzugehen/ da-
hero auch der See den Namen bekommen/ und der Tantz-Teich ge-
nennet wird. Es hat aber ein ſolcher gefaͤhrlicher Tantz einesmahls
bald einen unvorſichtigen Fiſcher/ ſo den Teich gepachtet gehabt/ um
ſein Leben gebracht/ maſſen er mit genauer Noht/ durch groſſe Ar-
beit/ hat wieder davon kommen koͤnnen: Die Urſach aber dieſes ge-
zwungenen Tantzes iſt ein Strudel oder Waſſer-Wirbel/ ſo unter
dem holen Berge/ darunter das Waſſer hinflieſſet/ ſich befindet und
die herzu nahenden Kaͤhne an ſich ziehet. Vor der letzten Ao 1682
alhier grauſam graſſirenden Contagion hat in gedachtem Sachs-
werfen ein Hannoͤveriſcher Soldate im Quartier gelegen/ ſo ein gu-
ter Fiſcher und Tåucher geweſen/ derſelbe hat manchen ſchoͤnen Fiſch/
ſonderlich groſſe Forellen aus dieſem See oder Teiche geholet/ und
dabey berichtet/ daß unter dem Berge ein Loch in einen Felſen gehe/
M 2darein
[92]DasIICapitel von dencurieuſen Seen und
darein das Waſſer fiele/ und ſolchen Wirbel verurſachte/ von wel-
chem er auch zu einer Zeit bald waͤre ertappet und erſaͤuffet worden/
als er demſelben ein wenig zu nahe kommen ſey.
IV.
Von einem in der Graffſchafft Stolberg
bey Rotleberode gelegenen waͤſſerigen
Erd-Fall.
EJne ſtarcke Meile von hier lieget gegen dem untern Vor-Hartz
das zur Graffſchafft Stollberg gehoͤrige Dorff Rotleberode/
alwo ſich nahe bey einem Hauſe eines Einwohners gegen Mitter-
nacht zu ein kleiner Huͤgel befindet/ welcher als ein ander Feld gebauet
wird. Auf dieſem Huͤgel iſt nun dieſer waͤſſerige Erd-Fall/ ſo zwar
keinen eigentlichen Nahmen fuͤhret/ dennoch/ wegen ſeines wunder-
lichen Urſprungs/ wohl verdienet/ daß man ſeiner kuͤrtzlich gedencke:
Es hat ſich aber mit demſelben alſo zugetragen: Es iſt einesmahls
ein Acker-Mann von gedachtem Rotleberode geſchaͤfftig geweſen/
ſein des Orts habendes Land gewoͤhnlicher maſſen zu pfluͤgen/ als
er nun ſolche Arbeit verrichtet gehabt/ und kaum mit dem Pfluge und
Pferden von dem Acker kommen/ iſt auf demſelben Lande/ da er vor-
hero geackert/ die Erde ploͤtzlich geſuncken/ und dadurch ein groſſes
tieffes Loch entſtanden/ welches bey etliche vierzig Jahr trocken und
ohne Waſſer geſtanden/ und inſonderheit ſo wohl inner-als auſſer-
halb mit allerhand Heck-Werck und Baͤumen ſondeꝛlich mit ſchwar-
tzen Kirſch- und Zwieſel-Beer-Baͤumen durch etliche von denen
Voͤgeln dahin gebrachte Kerne alſo bewachſen geweſen/ daß es gleich-
ſam wie ein kleiner Baum-Garten ausgeſehen; ůber aller Men-
ſchen Vermuthen aber hat dieſes Loch zu einer ſehr truckenen Zeit
A. C. 1650 im Julio oder Heuͤ-Monat ſich geſchwinde mit groſſem
Krachen und Praſſeln ziemlich weit ausgebreitet/ und alle Baͤume
und Stråuche verſchlungen/ auch mit vielem ſtarck aus der Erde
dringendem Waſſer dergeſtalt bedecket/ daß man nachgehends weder
Strumpf
[93]waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz.
Strumpf noch Stiel mehr davon ſehen koͤnnen/ welches denjeni-
gen/ ſo nahe dabey gewohnet/ keine geringe Schrecken verurſachet
hat/ indem ſie ſich befuͤrchtet/ daß es endlich auch ihren Wohnungen
alſo ergehen werde/ und ſie irgend mit denſelben/ wie an andern Or-
ten ſich zugetragen/ unterſincken moͤchten.
V.
Von dem im Amt Clettenberg befindlichen
See/ das Kreis-Loch genannt.
DJeſer See lieget ohngefaͤhr eine halbe Meile von dem Hoch-
Fuͤrſtlichen Braunſchweigiſchen Lůneburgiſchen Wolffenbuͤt-
teliſchen Stifft Walckenried im Clettenbergiſchen Territorio bey
einer Wieſe/ und meldet davon Eckſtormius in ſeiner oft gedachten
Epiſtel: daß dieſer See eben zu der Zeit/ oder doch nicht lange her-
nach/ entſtanden ſey/ als in Luſitanien im Januario A. C. 1531 die
Stadt/ Ulyſſipo oder Olyſſipo genannt/ von denen ſtuͤrmenden
Wellen des Meers und Fluſſes Tagi, auch zugleich durch ein ſtarckes
Erd-Beben ſehr groſſen Schaden erlitten habe; denn als damahls/
ohngefaͤhr bey gelindem Winter-Wetter/ ein Hirte auf gemeldeter
Wieſe gehuͤtet/ habe derſelbe wahrgenommen/ wie daſelbſt etwas
Waſſer aus dem Erd-Boden heraus quelle/ woruͤber er erſchrocken
ſey/ und eilends ſein Vieh davon getrieben habe; Als er nun eine
ziemliche Weite weg geweſen/ und ſich alsdenn umgeſehen/ håtte er
nicht mehr die gantze Wieſe/ darauf er vorher gehuͤtet/ ſondern/ an
Statt derſelben/ einen See erblicket. Dieſer See iſt vor dieſem bey
vierzig Klaffter tieff geweſen/ nun aber iſt er auf die Helfte mit der
von Jahren zu Jahren nachfallenden Erde ſeines Ufers angefuͤllet
worden. Sonſt giebet es auch in demſelben Fiſche/ welche entweder
mit Netzen und Angeln gefangen/ oder mit Schrott und Kugeln ge-
ſchoſſeu werden. Den Nahmen hat dieſer See daher bekommen/
weilen in vorigen Zeiten ein Graͤflicher Hohnſteiniſcher Bedienter
auf dem Schloß Clettenberge geweſen/ ſo Creiſſius oder Kreiſſe ge-
M 3heiſſen/
[94]DasIICapitel von dencurieuſen Seen und
heiſſen/ und damahls der Richter genennet worden/ ohnerachtet
deſſen Amt mehr darinnen beſtanden/ daß er denen Unterthanen die
Frohn-Dienſte anſagen/ und dieſelben darzu antreiben/ auch die un-
gehorſamen gefangen nehmen/ und mit dem Gefångniß beſtraffen
muͤſſen. Dieſer Menſch hat nun ein ſehr gottloſes wuͤſtes Leben
gefuͤhret/ und ſich oftmahls verlauten laſſen/ daß/ wenn er ſtuͤrbe/
ſeine Seele nirgend anders hin als in dieſen See fahren ſolte/ dahero
auch die Einwohner derer benachbarten Oerter ihr den Nahmen von
dieſem boͤſen Menſchen gegeben haben/ welchen ſie biß auf den heuͤti-
gen Tag behalten hat.
VI.
Von dem Hertzbergiſchen See/ der
Ochſen-Pful genannt.
Fuͤnff Meile von hier in dem nach Hannover gehoͤrigen Fuͤrſten-
thum Grubenhagen lieget gegen dem Obern Vor-Hartz das
Schloß und Staͤdtgen Hertzberg/ dabey ein runder See iſt/ welchen
die Einwohner den Ochſen-Pful nennen. Dieſer See iſt biß oben
an das Ufer ſtetig voll Waſſer/ weilen er einen ſtarcken Zufluß/ hin-
gegen gar keinen Ausfluß hat/ deſſen ohngeachtet/ laͤufft er doch nicht
uͤber/ indem das uͤberfluͤßige Waſſer durch gewiſſe unterirdiſche
Gånge wieder abgefuͤhret wird/ und vermeinen einige/ daß ſolches auf
gedachte Art nach dem Rhumſpringe flieſſe. Es iſt aber dieſer Ort
ohngefåhr eine Meile von dieſem See gelegen/ und hat ſolchen Nah-
men von dem Fluß/ die Rhume genannt/ bekommen/ als welcher da-
ſelbſt entſpringet/ und bey Catelnburg ſich mit dem aus dem Hartz-
Gebuͤrge kommenden Oder-Fluß vermiſchet/ und endlich unter
Northeim in die Leine fållet. Ferner hat dieſer See an Fiſchen kei-
nen Mangel. Merck-wuͤrdig aber iſt es/ daß hart bey demſelben
ein ziemlich tieffer Erd-Fall angetroffen wird/ der kein Waſſer hat:
Die Urſach deſſen iſt vielleicht/ daß ſich hierzwiſchen ein feſter Stein-
Fels oder ein anderer harter Boden befindet/ ſo da verhindert/ daß
aus der See kein Waſſer in den Erd-Fall dringen kan. Sonſt giebet
es
[95]waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz.
es noch bey Hertzberg einen andern laͤnglichten See/ der auch ſehr voll
Waſſer iſt/ und ziemliche Fiſche hat/ weilen ich aber nichts Sonder-
liches davon melden kan/ ſo habe denſelben mit Stillſchweigen uͤber-
gehen wollen.
VII.
Von unterſchiedenen andern auf dem Hartz
vorhandenen Seen und waͤſſerigen
Erd-Faͤllen.
UBer die vor erzehlte Seen und waͤſſerigen Erd-Faͤlle finden ſich
noch unzehlbar viele andere an dem Hartz; Ob nun ſchon bey
denſelben nichts zu berichten vorfaͤllet/ welches vor andern merck-
wuͤrdig ſey/ ſo habe dennoch von etlichen derſelben gedencken wollen/
um denen unwiſſenden Curioſis zu zeigen/ woher dieſelben entſtehen/
zumahl da ſolches zu der Anmerckung der folgenden Beſchreibung
des Hunger-Sees ſehr vonnoͤthen zu ſeyn erachte/ damit aber/ ſo viel
muͤglich/ fernere Weitlåufigkeit verhuͤtet werde/ ſind dieſelben zu-
ſammen alhier unter einen Titel gebracht worden. Melde derohal-
ben/ daß man in der Grafſchafft Stollberg allein unterſchiedene an-
treffe/ nemlich die beyden Seen bey Ufftrungen/ der Enten-See/
unter dem ſo genannten Todten-Wege/ etliche See-Loͤcher in dem
groſſen Huͤtten-Teiche bey Rotleberode/ ſo daſelbſt das Huͤtten-
Werck treibet/ und noch ein ander See-Loch in dem Dorffe Rotle-
berode ſelbſten/ dem die Einwohner einen wunderlichen Nahmen
gegeben haben/ indem ſie ſolches auf ihre Sprache Orthien-Buchs
Loch/ das iſt/ Dorotheen-Bauchs Loch nennen/ welche alle ein flieſ-
ſendes Quell-Waſſer von ſich geben/ da hingegen ein ſtehendes und
ſtilles Waſſer haben der Faule- oder Bernhards See bey dem Ber-
ge/ ſo davon den Nahmen hat/ und der See-Berg genennet wird/
ingleichen der Fach-See/ die Egels-Grube/ die Gruben unter Rot-
leberode nach dem Creutz-Stiege/ der Raͤthers-See und andere
mehr. Auſſer vor gemeldeten im Stolbergiſchen gelegenen Seen und
wåſſerigen Erd-Fållen giebet es noch mehr andere/ maſſen nicht weit
von
[96]DasIICapitel von dencurieuſen Seen und
von dem unter dem 5 Titel gedachten Kreiß-Loche gegen Abend auf
der Hoͤhe fuͤnff tieffe Erd-Fålle vorhanden ſind/ welche alle ein tief-
fes Waſſer/ und keinen Mangel an Fiſchen/ haben/ die von denen
Einwohnern des benachbarten Dorffes Liebenrode daraus geholet
werden. Es hat aber ein ieder von dieſen Seen ſeinen beſondern
Nahmen bekommen/ denn der erſie genennet wird die Reffel-See/
der andere die Milch-See/ der dritte das Elige Grabenthal/ der
vierdte die Opfer-See/ und der letzte das Wieder-Tåuffer Loch;
weilen in demſelben vor Alters drey Wieder-Tåuffer von Ellrich/
deren es etliche zu der Zeit daſelbſt gegeben/ erſaͤuffet worden. Merck-
wuͤrdig iſt es von dieſem letzten See: daß deſſen Waſſer weder zu-
noch abnimmet/ ſondern immerfort in einer Tieffe bleibet. Noch
werden dergleichen waͤſſerige Erd-Faͤlle im Walckenrieder Gebiete
gefunden/ wovon der eine nahe bey dem Cloſter/ an dem Berge/
darinnen die Zwerg-Loͤcher ſind/ lieget/ und/ ſeiner vormahligen
grauſamen Tieffe wegen/ die Hoͤlle genennet wird/ zwey andere
aber werden nicht weit von Ellrich an dem Berge/ ſo der Bogenthal
heiſſet/ gefunden/ welche ingeſamt Fiſch-reich ſind/ ſonderlich wenn
denſelben Friede gelaſſen/ und ihnen nicht gar zu offte zugeſprochen
wird. Was den Urſprung dieſer waͤſſerigen Erd-Fålle anbetrifft/
ſo ruͤhren ſolche von denen tieffen unterirdiſchen Waſſern her/ denn
wenn von denſelben die in der Tieffe vorhandene Erde zum Theil ab-
geſchwemmet/ theils aber nur erweichet wird/ ſo kan es nicht anders
ſeyn/ als daß von ſolcher etwas ab- und auf den Grund gedachter
Waſſer falle/ alsdenn von Jahren zu Jahren die innere Grund-
Erde ſo lange nachſchieſſet/ biß endlich daraus eine Hoͤle entſtehet/
weilen aber auf ſolche Art der obern Erde ihr Fundament oder
Grund-Feſte benommen worden/ ſo faͤllet alsdenn dieſelbe/ ihrer
Schwere wegen/ auf einmahl ploͤtzlich ein/ ſonderlich wenn dieſelbe
von einem ſtarcken Donner-Wetter heftig erſchuͤttert/ oder durch
einen heftigen Platz-Regen erweichet und ſchwer gemachet wird. Aus
vor beſagten iſt nun ebenfalls zu ſchlieſſen/ woher der Unterſchied
ſolcher Erd-Faͤlle entſtanden/ und einer von dem andern tieff und
weit ſey/ ſintemahl ein ieder leicht erachten kan/ daß/ ie tieffer und
groͤſſer
[97]waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz.
groͤſſer das Waſſer unter der Erden an einem Ort ſich befinde/ ie
tieffer und groͤſſer auch ein Erd-Fall daſelbſt ſeyn muͤſſe.
VIII.
Von dem in der Graſſchafft Stolberg bey
Angsdorff gelegenen Hunger-See/ ſonſt
auch der Baurengrabe und Bau-
renſtein genannt.
JN dem Hoch-Graͤflichen Stolbergiſchen Ambt Rosla lieget
nach dem Unter-Vor-Hartz zu/ nicht weit von Breitungen/ in
der Gegend Angsdorff ein langer und breiter/ aber nicht ſehr tieffer
Graben/ welcher etliche Aecker in ſich haͤlt/ und von denen Einwoh-
nern insgemein der Bauren-Grabe genennet wird; Dieſer hat ge-
gen Mittag etliche aus einem Kalck-Steine beſtehende Stein-Klip-
pen/ welche mit vielen Ritzen und Loͤchern ausgehoͤlet ſind/ dahero
auch unterſchiedene veranlaſſet worden/ den Graben von dieſem Ort
den Bauren-Stein zu heiſſen. Aus dieſem Stein-Felſen quillet
durch ein ſonderbahres Spiel der Natur gantz unvermuthet in unge-
wiſſen Jahren auch oftmahls in der trockneſten Sommer-Zeit eine
ſolche groſſe Menge Waſſers/ daß davon nicht allein der gantze
Graben nach und nach voll Waſſer wird/ ſondern auch derſelbe end-
lich gar uͤbergehet/ und die darunter gegen Breitungen uͤber gelegene
Aecker uͤberſchwemmet: weilen aber aus der Menge ſolches Waſſers
gleichſam ein See wird/ und die Benachbarten vor Alters gewiß
davor gehalten haben/ daß es einen zukuͤnftigen Hunger und theuͤre
Zeit im gantzen Lande bedeuͤte. Wenn ſich dieſes Waſſer alſo er-
gieſſe/ ſo iſt demſelben der Name Hunger-See gegeben worden/ wel-
chen es noch auf dieſe Stunde behalten/ ohnerachtet die Erfahrung
zum oͤfftern bezeuͤget hat/ daß ſolche Meinung falſch ſey/ und nicht
allemahl eintreffe. Gleichwie nun dieſes See-Gewaͤſſer zu keiner
gewiſſen Zeit/ ſondern oftmahls nur in ſechs/ acht/ weniger oder mehr
Jahren ankoͤmmet/ alſo pfleget auch daſſelbe keine gewiſſe Zeit da-
Nſelbſt
[98]DasIICapitel von dencurieuſen Seen und
ſelbſt zu veroleiben/ ſondern/ nachdem es oͤfters nur etliche Wochen/
zu Zeiten aber uͤber ein Jahr/ auch laͤnger/ welches doch ſelten geſchie-
het/ geſtanden/ ſich wieder durch den Ort/ da es heraus gequollen/
entweder in geſchwinder Eile/ oder doch in kurtzer Zeit/ wieder zu ver-
lauffen und ſich zu verlieren/ worbey daſſelbe vor denen ausgehoͤleten
Stein-Felſen einen ziemlich ſtarcken Strudel oder Wirbel verurſa-
chet/ indem ſolches mit Gewalt durch deren Loͤcher zuruͤck fållet. Her-
nach wenn der Bauren Grabe wieder trocken worden/ wird die darin-
nen befindliche Laͤnderey von denen Beſitzern derſelben mit Sommer-
Fruͤchten beſaͤet/ maſſen die Winter-Fruͤchte daſelbſt nicht aufkom-
men koͤnnen/ weilen jaͤhrlich im Fruͤh-Jahr viel Schnee- und Regen-
Waſſer ſich der Orten verſammlet/ und die Winter-Saat erſaͤuffet
oder erſticket. Dieſer See koͤmmet etlicher maſſen mit dem beruͤhm-
ten im Herzogthum Crain gelegenen Zircknizer-See uͤberein/ deſſen
die Acta Anglicana A. 1669 menſ. Decembr. p. m. 897 ingleichen
die Acta Lipſienſia A. 1689 menſ. Novemb. p. 558 gedencken/ und
welchen oft hochgedachter Herr Baron Valvaſor in ſeiner Beſchrei-
bung des Herzogthums Crain Tom. 1 libr. 4 cap. 47 fol. 630 als
eine Raritaͤt und ſonderbahres Wunder-Werck der Natur lobet/ und
mit vielen Umſtånden beſchreibet. Der Unterſchied aber zwiſchen
dieſen Seen beſtehet mehrentheils darinnen/ daß der Hunger-See
bey ſeiner Ergieſſung keine blinde und nackichte Enten/ und faſt gar
keine/ oder doch nicht ſo viele Fiſche/ als der Circknizer-See/ mit
ſich bringet/ auch das Waſſer nicht ſo hoch/ als derſelbe/ uͤber ſich
wirffet: dahero man auch dem Circknizer See gerne den Vorzug
goͤnnet. Unterdeſſen iſt doch nicht zu leuͤgnen/ daß der Hunger-See
nicht auch ein ſehr curieuſes Werck und merck-wuͤrdiges Wunder
der Natur ſey; Denn man dergleichen weit und breit nicht viel fin-
det. Die Urſach dieſes Sees iſt mehrentheils das unterirdiſche
Waſſer/ deſſen es in ſelbiger Gegend/ wie in dieſem und nachfolgen-
dem Capitel unter dem Titel von Brunnen und waͤſſerigen Erd-
Faͤllen zu erſehen/ viel giebet/ wie denn auch der Bauren-Grabe an
ſich ſelbſt nichts anders als ein groſſer/ flacher und trockener/ ſo wohl
von dem unterirdiſchen/ als auch jaͤhrlich im Fruͤh- Jahr darinnen
vor-
[99]waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz.
vorhandenen Schnee- und Regen-Waſſer verurſachter Erd-Fall/ zu
ſeyn ſcheinet. Dieſes Waſſer wird durch verborgene unterirdiſche
Canaͤle und Waſſer-Gånge zu- und abgefuͤhret/ ob man ſchon nicht
eigentlich weiß/ wo ſolches herkoͤmmet. Da nun die wahre Beſchaf-
fenheit derer Oerter/ worinnen gedachte Oerter ſich befinden/ nicht
bekannt iſt/ ſo kan man auch nicht gewiß ſagen/ auf was Art deſſen
wunderlicher Zu- und Abfluß geſchiehet. Soll aber alhier das Muth-
maſſen ſo viel als Beweiſen gelten/ ſo will ich denen Curioſis meine
Meinung offenbahren/ vermelde alſo/ wie ich ſupponire und davor
halte/ daß zum wenigſten zwey Waſſer-Pfuͤle oder Seen in der Ge-
gend des Hunger-Sees vorhanden ſeyn muͤſſen/ davon der eine nicht
ferne von dem Bauren-Stein unter der Erde in einer Kalck-ſteinich-
ten Hoͤle ſey/ die entweder in oder uͤber ihren Boden einen Ausfluß
oder Loͤcher habe/ und mit dem Grunde des Baurengrabens in einer
Linie oder Gleiche liege; der andere aber weiter davon an einem Orte
unter oder uͤber der Erde/ und zwar hoͤher als der vorige ſich befinde:
Jſt nun dieſe Hypotheſis oder beliebte Grund-Regel richtig/ ſo kan es
auch nicht anders ſeyn/ als daß das Waſſer aus der obern See in
die untere falle/ und daſelbſt durch die Loͤcher/ deren die kalckichte
Stein-Felſen bewuſter maſſen gemeiniglich haben/ wieder aus- und
an einen andern Ort unter die Erde flieſſe/ ſo lange nun ſolches ohn-
verhindert geſchiehet/ darff man nicht dencken/ daß der Bauren-
Grabe von ſolchem Waſſer angefuͤllet werde: weilen aber daſſelbe
faſt zu iederzeit einen Schlamm bey ſich fuͤhret/ welcher ſo wohl aus
der obern See herruͤhret/ als auch von denen Waſſer-Gaͤngen abge-
ſpuͤlet wird/ ſo muͤſſen davon die Loͤcher in der untern Hoͤle nach und
nach verſtopfet/ und die Hoͤle voll Waſſer werden/ welches endlich/
wegen des aus der obern See continuirlich nachfallenden Waſſers/
mit Gewalt durch den Bauren Stein in den Bauren-Graben drin-
get/ und alſo den gemeldeten Hunger-See verurſachet. Wenn denn
ſolche Loͤcher nicht allein mit einem zaͤhen und leimichten Schlamm/
ſondern auch mit einigen von der Hoͤle herab gefallenen Steinen ſich
ſehr feſte verſtopfet haben/ iſt die Eroͤffnung dererſelben ſo bald nicht
zu hoffen/ muß dieſerwegen der Hunger-See långer/ als ſonſt geſchie-
N 2het/
[100]DasIICapitel von dencurieuſen Seen und
het/ ſtehen bleiben/ da hingegen/ wenn die Verſtopfung ſolcher Loͤ-
cher nicht gar zu groß/ und nur mit einem leichten ſandichten Schlam̃
geſchehen iſt/ ſich das Waſſer daſelbſt nicht ſo lange aufhaͤlt/ ſondern/
ſeiner Schwere wegen/ den verſperreten Paß bald wieder eroͤffnet/
und durch denſelben aus dem Bauren-Graben wieder abgehet/ und
zuruͤck faͤllet. Hieraus erhellet auch/ woher es komme/ daß der
Hunger-See offtmahls viele Jahre ausbleibe/ maſſen ſolches ge-
ſchiehet/ wenn es nicht viele naſſe Jahre mit ſtarcken Schlag-Regen
giebet/ als welche ſonſt den Schlamm und Zulauff des Waſſers ver-
mehren/ und alſo verurſachen/ daß der niedrige und gewoͤhnliche Aus-
fluß der untern See deſto eher verſetzet und verſtopfet werde. Jn-
gleichen kan man auch daraus erſehen/ warum dieſer See zu keiner
gewiſſen Zeit im Jahre/ ſondern oftmahls mitten im Sommer/
wenn groſſe Duͤrre vorhanden/ ankomme/ denn die vor gedachte
Verſtopfung des Ausfluſſes nicht zu gewiſſer/ ſondern ungewiſſer/
Zeit geſchiehet/ wornach ſich der See richten/ und wenn ſolche ge-
ſchiehet/ es mag nun ſeyn zu welcher Zeit es wolle/ ergieſſen muß.
Dieſes ſind nun meine wenige und unmasgebliche Gedancken und
Anmerckungen uͤber den Hunger-See: Solte aber ein anderer etwas
beſſers aus denen Fundamentis Hydrotechnicis derer Herren Ma-
thematicorum auf die Bahn bringen/ will ich gerne von meinen
Gedancken abſtehen/ und demſelben Glauben beymeſſen. Es moͤchte
aber mancher ſich verwundern/ daß/ weilen im Vorhergehenden ge-
dacht worden/ wie der Hunger-See etlicher maſſen mit dem Zirck-
nizer-See uͤberein komme/ ich doch deſſen ohngeacht des Hoch-ge-
dachten Herrn Baron Valvaſors Meinung von dem Urſprung die-
ſer See nicht behalten haͤtte: da er doch ex Principiis Hydraulicis
genugſam dargethan habe/ daß deſſen Zu- und Abfluß/ vermoͤge
vieler wie zuruͤck gebogene Heber geſtalte/ verborgene/ unterirdiſche
Canåle geſchehe/ als wodurch das aus etlichen unterirdiſchen Seen
zuſammen lauffende Waſſer in den Zircknizer-See einfalle/ und
wieder heraus flieſſe/ wenn die Heber daſſelbe wieder an ſich zoͤgen;
ich antworte aber hierauf/ daß/ ob ſchon ſolche Meinung nach denen
Principiis Heronis und Portæ ſehr gelehrt ſey/ und mit der Beſchaf-
fenheit
[101]waͤſſerigen Erd-Faͤllen an und auf dem Hartz.
fenheit des Zirchnizer-Sees wohl uͤberein komme/ doch dieſelbe ſich
auf den Hunger-See nicht ſchicke/ weilen derſelbe/ ſeiner verborgenen
Waſſer-Gaͤnge halber/ von beſagtem See unterſchieden iſt/ und die-
ſerwegen bey ſeiner Ergieſſung das Waſſer vor dem Einfluß nicht
hoch uͤber ſich wirffet: da hingegen in dem Circknizer-See das Waſ-
ſer aus denen Canaͤlen drey biß vier Klaffter hoch/ als eine
Waſſer-Kunſt/ uͤber ſich ſpritzet.
Das III Capitel
von
denen Curieuſen Brunnen/ Quellen und
Waſſer-Kuͤnſten an und auf dem
Hartz/ und zwar
I.
Von einem bey Queſtenberg gelegenen
Brunnen.
NJcht gar weit uͤber dem/ im erſten Capitel gedachten/ Dorffe
Queſtenberg lieget ein Brunn/ welcher/ ſeiner ſtarcken Quel-
len wegen/ viel Waſſer von ſich giebet/ und derohalben gleich
vor ſeinem Ausfluß ein ſolches ziemliches Teichlein machet/ daß zur
Noht eine Muͤhle treiben koͤnte. Nun ſolte man bey ſolcher Be-
ſchaffenheit wohl vermeinen/ daß daraus ein ſtarcker Fluß entſprin-
gen moͤchte; Allein es lauffet derſelbe von dannen ſtracks unter
einen hohen Felſen/ und verliehret ſich daſelbſten mit einem ziemlichen
Gerauſche/ daß man alſo eigentlich nicht wiſſen kan/ wo er hinkom-
me/ ob ſchon etliche Leuͤthe des Orts vor eine gewiſſe Wahrheit be-
N 3richten
[102]DasIIICap. von dencurieuſen Brunen/ Quellen
richten wollen/ daß ſolcher Brunnen in die Aſcherslebiſche See/
welche acht Meilen davon gelegen/ wieder heraus flieſſe.
II.
Von einem im Fuͤrſtenthum Halberſtadt
bey Gruͤnigen vorhandenen Brunnen.
ES iſt in dem benachbarten Fuͤrſtenthum Halberſtadt nicht ferne
von Gruͤningen im ebenen Felde ein ſehr tieffes von der Natur
in einen Steinfelſen gemachtes Loch anzutreffen/ welches wie ein mit
Fleiß durch einen Maurer verfertigter Brunn ausſiehet. Wenn nun
die Curioſi einen Stein in daſſelbe werffen/ ſo hoͤren ſie denſelben uͤber
eine Weile in das Waſſer mit einem Gethoͤne fallen/ und koͤnnen
eigentlich vernehmen/ wie das Waſſer unten in dem Brunnen ſtetig
wie einſtarck flieſſender Strom rauſche.
III.
Von dem oben auf dem Blocks-Berge
befindlichen Brunnen.
OBen auf dem Blocks-Berge lieget eine Brunn-Quell/ welche
ein helles und wohl-ſchmeckendes Waſſer hat. Nun moͤchte
te mancher Curioſus, dem der Urſprung ſolcher auf der Hoͤhe gele-
genen Brunnen unbekannt/ ſich hieruͤber verwundern/ und fragen/
woher es komme: daß man auf einem ſo hohen Berge einen ſolchen
Brunnen antreffe? welchem ich aber hierauf kuͤrtzlich antworte:
daß/ wie insgemein die Autores ſich um die Urſachen derer auf der
Ebene liegenden Brunnen nicht gaͤntzlichen vertragen koͤnnen/ alſo
auch dieſelben von dergleichen Berg-Brunnen unterſchiedene Mei-
nungen haben; denn etliche wollen: daß ſie aus Regen- und Schnee-
Waſſer entſtehen. Andere wollen: daß dieſelben von dem Meer-
Waſſer herkommen/ weilen nach dem Ausſpruch des Syrachs
cap. 41 verſ. 11 alle Fluͤſſe/ und folglich auch die Brunnen aus dem
Meer
[103]und Waſſer-Kuͤnſten an und auf dem Hartz.
Meer kåmen/ und wieder in daſſelbe floͤſſen. Nachdem aber die
Berge hoͤher als das Meer ſind/ und ſo wohl denen Herren Mathe-
maticis aus denen Fundamentis Hydrotechnicis, als auch dem ge-
meinen Mann/ aus der Erfahrung bekannt iſt: daß das Waſſer
ſeine Waſſer-Wage halte/ und natuͤrlicher Weiſe nicht hoͤher flieſſe/
als der Ort iſt/ da es entſpringet. So ſind die Patroni dieſer Meinung
auf unterſchiedene Gedancken gerathen/ und ſtreiten mit einander/
auf was Art ſolches Waſſer auf die hohen Berge gelange. Ein
Theil meinet/ daß dieſes per Suctum geſchehe: indem die Erde derer
Berge ſolches Waſſer in ſich ſauge/ gleich wie ein Stuͤcke Brodt
oder ein Schwamm das Waſſer und andere Feuͤchtigkeiten an ſich
ziehe/ wenn man ſolche Sachen hinein werffe. Es opponiren aber
einige hierwieder: daß ſolches in der Vernunft nicht Statt finden
koͤnne/ und das Exempel mit dem Brodt und Schwamme hierzu
nicht diene: maſſen das Saugen eine empfindliche Bewegung eines
ſaugenden Coͤrpers præſupponire oder erfodere/ und die Erde davon
wie ein naſſer Schwamm aufſchwellen muͤſte/ welches ja nicht ge-
ſchehe. Uber das/ wenn ſchon die Erde das Waſſer an ſich zoͤge/ wuͤr-
de doch daſſelbe nicht daraus lauffen/ wie man ebenfalls an einem
aufgeſchwollenen Schwamm wahrnehmen koͤnne/ als welcher keine
Feuͤchtigkeit von ſich gebe/ es ſey denn/ daß man denſelben ausdrucke.
Andere wollen: daß das Waſſer aus dem Meer mediante Trans-
miſſione auf die Berge gebracht werde/ und wie das Gebluͤthe von
einem Menſchen oder Thiere/ durch gewiſſe Meatus hinauf ſteige/
welcher Meinung ſonderlich Plinius libr. 2 cap. 65 iſt. Sie bilden
ſich aber ein/ wie das auf dem Grunde des Meeres vorhandene
Waſſer von der grauſamen Laſt des daruͤber ſtehenden Gewåſſers
gedrucket/ und durch gewiſſe verborgene Canåle/ biß zu oberſt eines
Berges/ getrieben werde/ welche Meinung doch wieder von etlichen
nicht zugegeben wird/ vermeinende: daß/ ob ſchon das unterſte Meer-
Waſſer auf vor beſagte Art in einige unter der Erden vorhandene
Hoͤlen getrieben wuͤrde/ und von dar/ wegen gewaltigen Nachdrucks
des obern Waſſers/ durch etliche Gaͤnge in die Hoͤhe ſteige/ ſo ſchiene
es doch nicht glaublich zu ſeyn/ daß ſolches dadurch auf hohe Berge
koͤnne
[104]DasIIICap. von dencurieuſen Brunnen/Quellen
koͤnne gebracht werden: denn daſſelbe/ wenn es die obere Flaͤche des
Meeres erreichet habe/ entweder daſelbſt ſtehen bleibe/ oder wieder
zuruͤck falle; weil die Gewalt des Nachdruckes alsdenn auf hoͤre/
und ſich nicht weiter erſtrecke. Zu dem/ wenn das Meer-Waſſer durch
offene Canaͤle gefuͤhret wuͤrde/ muͤſte das Waſſer in ſolchen Brun-
nen nicht ſuͤſſe/ ſondern/ wie das Meer-Waſſer/ ſalzig ſeyn. Die-
ſerwegen halten die meiſten davor: wie es der Wahrheit eher gleich
zu ſeyn ſcheine/ daß der Urſprung derer Berg-Brunnen von denen
waͤſſerigen Duͤnſten des/ ſeiner Schwere und Fluͤßigkeit wegen/ in
die unterſten Hoͤlen derer Berge gebrachten Meer- und andern Waſ-
ſers herruͤhre/ indem der meiſte Theil von demſelben durch die Waͤr-
me der Erde und Sonnen-Hitze daſelbſt in Duͤnſte verwandelt wuͤr-
de/ und von dar zu den Gipfeln der Berge aufſteige/ alwo ſelbige end-
lich wieder von der daſelbſt befindlichen kalten Erde zu Waſſer wuͤr-
den/ welches wegen der heftigen Enge derer Gaͤnge/ dadurch ſolches
aufgeſtiegen/ nicht wieder zuruͤck in die vorgemeldete Hoͤlen fallen
koͤnne/ zumahl da es oben in der Hoͤhe andere weite Wege finde/
durch welche ſolches ſeiner Art nach unter ſich flieſſe/ und alſo einen
Brunnen verurſache; wie man denn auch hievon ein Exempel in de-
nen Chymiſchen Deſtillationen haͤtte/ alwo vermittels des Feuͤers
viele Duͤnſte aus denen wåſſerigen Corporibus oben in den etwas
kuͤhlen Helm ſtiegen/ und daſelbſt zu Waſſer-Tropfen wuͤrden/ wel-
che nachgehends håuffig durch den Schnabel des Helms in den Re-
cipienten oder Vorlage fielen/ welcher Meinung Anton le grand
in ſeiner Hiſtoriâ Naturæ Part. 4 Articul 4 pag. 172 und in ſeiner
Inſtitutione Philoſophiæ Part. 6 Articul. 7 p. 577. Jngleichen der
Autor Philoſophiæ Veteris \& Novæ Burgundiacæ Part. 2 cap. 3
pag. 420 beypflichtet/ bey denen auch ein mehrers hievon kan gele-
ſen werden. Ob nun ſchon die letzt gedachte curieuſe Meinung
ziemlicher maſſen auf den Brunnen des Blocks-Berges appliciret
werden koͤnte/ ſo glaube ich doch eher/ daß die fuͤrnehmſte Urſach
dieſes Brunnens das Schnee- und Regen-Waſſer ſey/ weilen auf
dieſem Berge nicht allein die meiſte Jahres-Zeit uͤber ein ſehr dicker
Schnee lieget/ ſondern auch auſſer dem mehrentheils es darauf
regnet/
[105]und Waſſer-Kuͤnſten an und auf dem Hartz.
regnet/ wovon es denn wohl nicht anders ſeyn kan/ als daß die auf
dem Gipfel des Berges unter der Erden vorhandene Loͤcher/ Hoͤlen
und andere Behåltniſſe voll Waſſer werden/ und ſich davon nach
und nach wieder entledigen. Sonſt iſt bey dieſem Brunnen ein groſ-
ſer Stein vorhanden/ an welchem vor Zeiten eine Kelle oder groſſer
Loͤffel mit einer eiſern Kette gehangen hat/ auf daß man deſto beque-
mer daraus aus Curioſitaͤt hat trincken koͤnnen/ wiewohl das Waſ-
ſer darinnen auch mitten in denen Hundes-Tagen oftmahls ſo kalt
iſt/ daß es kaum in den Mund kan genommen geſchweige getruncken
werden.
IV.
Von dem Kinder-Brunnen und Ram-
mels-Berge.
NAhe bey der Kåyſerlichen Freyen und des Heiligen Roͤmiſchen
Reichs Stadt Goslar lieget an dem Ober-Hartz/ der/ ſeiner
Berg-Wercke wegen/ weit und breit bekannte Rammels-Berg/
welcher auf der Seiten gegen den Hertzberg/ wo derſelbe am hoͤheſten
und ſtickelſten iſt/ einen ſchoͤnen klaren Brunnen hat/ der eines Armes
dicke quillet/ und von denen Einwohnern der Stadt Goslar und
andern Benachbarten der Kinder-Brunn genennet wird/ wie denn
auch ein Gewoͤlbe daruͤber geſchloſſen iſt/ uͤber deſſen Thuͤr zwey in
Stein gehauene Kinder zu ſehen ſind. Von dieſem Brunnen ge-
dencket Herr Georg Engelhard von Loͤhn Eyſen/ weiland Hoch-
Fuͤrſtlicher Braunſchweigiſcher geheimter Berg-Raht und Stall-
Meiſter zu Wolffenbuͤttel/ im 5ten Theil ſeines Berichts von Berg-
Wercken fol. 78: daß niemand wiſſe/ wovon der Brunn alſo ge-
nennet werde; hingegen meldet Herr Schreiber/ in dem Hiſtoriſchen
Bericht von Aufkunft und Anfang derer Hoch-Fuͤrſtlichen Braun-
ſchweigiſchen Luͤneburgiſchen Berg-Wercke an und auf dem Hartz
cap. 5 pag. 38, daß Anno 1016 ein Kåyſerlicher Hof-Diener/ wel-
cher des erſten Erfinders derer Rammelsbergiſchen Brudern Sohn
geweſen/ und Guͤnther Carl geheiſſen haben ſoll/ der Rammelsberg
Ovon
[106]DasIIICap. von dencurieuſen Brunnen/ Quellen
von Kaͤyſer Heinrich dem Andern ausgebethen habe/ da es ſich denn
zugetragen: daß einesmahls deſſen hoch-ſchwangere Frau Belie-
bung gehabt/ den Berg zu beſehen/ und ſey dieſerwegen mit ihrem
Herrn/ Luſts halber/ dahin ſpatzieren gegangen: Als ſie nun im
Ruͤck-Wege unter andern an den Berg und bey dem Brunnen an-
gelanget/ wåren ihr daſelbſt die Gebuhrts-Schmertzen ploͤtzlich an-
kommen/ und haͤtte zwey junge Soͤhne zur Welt gebohren/ von wel-
chen Kindern der Brunn noch heutiges Tages den Nahmen habe/
daß er der Kinder-Brunn genennet werde/ welcher auch hernach/
auf Befehl Kåyſer Conrads/ des Andern dieſes Nahmens/ durch
Roͤhren in den damahligen Kåyſerlichen Pallaſt zu Goslar gefuͤhret
worden. Sonſt thut dieſer Brunn nunmehro/ da der vor gedachte
Pallaſt nicht mehr im Stande iſt/ gute Dienſte/ denn ſie ſich von
dieſem Brunnen ihres Roͤhr-Waſſers zum Theil erholen muͤſſen.
V.
Von dem ſo genannten Eliſabethen-Brun-
nen in Rordhauſen.
ES ſcheinet zwar ein Brunn an dem Orte/ wo es derſelben uͤber-
fluͤßig giebet/ manchem Menſchen eine geringe Sache zu ſeyn/
wie denn die meiſten Wunder-Wercke GOttes/ ihrer Vielheit we-
gen/ verachtet werden; Allein/ was ein reiner/ friſcher und geſun-
der Brunn vor eine Edle Gabe des Hoͤchſten ſey/ erkennen diejenigen
inſonderheit/ ſo in dergleichen Laͤndern wohnen/ oder dahin gereiſet
ſind/ da es dergleichen Brunnen nicht hat; derohalben mich niemand
verdencken wird/ wenn ich von dem alhier befindlichen Cryſtall-hel-
len wohl-ſchmeckenden und geſunden Eliſabethen-Brunnen etwas
melde. Es iſt aber derſelbe in der Vor-Stadt nahe bey der Kirche
des Hoſpitals S. Eliſabeth gelegen/ davon ſolcher auch ſeinen Nah-
men bekommen hat. Der Urſprung oder Quell deſſelben befindet
ſich ebenfalls nicht weit von der vor beſagten Kirche/ indem ſolcher
kurtz uͤber dieſelbe an dem ſo genannten Stad-Graben lieget/ und
mit
[107]und Waſſer-Kuͤnſten an und auf dem Hartz.
mit einem Håuslein verbauet iſt/ damit kein Unflat hinein fallen
koͤnne. Von dieſem Ort wird der Brunn mit metallinen Roͤhren
unter der Erde durch die Kirche biß zu einem ſteinern in die Erde ge-
grabenen Brunn-Kaſten geleitet; damit aber derſelbe mit keinem Re-
gen-Waſſer vermiſchet/ und ſonſt auf einige Art und Weiſe verun-
reiniget werde/ ſo iſt nicht allein der Kaſten mit Bretern zugedecket/
ſondern auch uͤber denſelben ein runder Schwib-Bogen gewoͤlbet
worden. Dieſer Brunn wird nicht unbillich vor den allerbeſten hie-
ſiges Orts gehalten/ wie denn auch ſolches etliche alhier wohnhafte
Perſonen/ welche nichts anders als Waſſer trincken/ bekraͤftigen/
und ſagen: daß ſie es eigentlich ſchmecken koͤnten/ wenn ihr Geſinde
oftmahls aus Faulheit das Waſſer nicht aus dieſem/ ſondern aus
einem andern nahe gelegenen/ Brunnen geholet haͤtten. Dieſer-
wegen wird ebenfalls kein ander Brunnen-Waſſer/ als dieſes/ zum
Auf-Fuͤllen derer in hieſiger Stadt zu Zeiten ſehr haͤuffig vorhande-
nen Lager-Biere gebrauchet/ maſſen es ſolche nicht allein vor an-
dern erfriſchet/ ſondern auch verurſachet/ daß die Hefen deſto eher ſich
niederſchlagen/ und dadurch reiner und heller werde. Denen armen
Leuͤthen/ ſonderlich im vor gedachten Hoſpital/ koͤmmet dieſer Brun-
nen wohl zu ſtatten/ und iſt eine merck-wuͤrdige Guͤtigkeit GOttes/
daß/ ohnerachtet von dieſem Brunnen tåglich ſehr viel Waſſer ver-
brauchet wird/ doch daran kein Mangel verſpuͤret werde/ ſondern
derſelbe ein ſo haͤuffiges Waſſer durch das gantze Jahr gebe/ daß es
auch uͤberlauffe/ und ein kleines Baͤchlein mache/ welches in dem
darunter gelegenen ſo genannten Muͤhl-Graben flieſſet. Sonſt
muß ich noch von dieſem Brunnen gedeneken/ daß damit ein gewiſſer
Mann alhier eine wunderliche Augen-Cur an ſich ſelbſt verrichtet ha-
be; denn wie derſelbe/ Alters wegen/ bloͤde Augen bekommen/ und
ſich derer Brillen bedienen muͤſſen/ traͤget es ſich einesmahls zu/ daß
in langer Zeit nicht ſo viel Geld einkoͤmmet/ als er zum Bier und
Branntwein/ welches beydes von ihm ſehr geliebet worden/ vonnoͤ-
then gehabt/ dahero ihn die Noht gezwungen/ dieſen Brunnen einig
und allein zu trincken/ worauff deſſen Augen-Beſchwerung alſo
nachgelaſſen/ daß er endlich ohne Brille wieder leſen koͤnnen. Da
O 2ſiehet
[108]DasIIICap. von dencurieuſen Brunnen/ Quellen
ſiehet man/ was die Diæt bey einem ſolchen Malo vermag/ und wie
kraͤfftig das bloſſe ſuͤſſe Waſſer ſey/ die ſauren/ ſcharffen/ dicken und
die Augen verdunckelnden Feůchtigkeiten zu verſuͤſſen.
VI.
Von denen unter Auleben gelegenen
Saltz-Brunnen.
JN der benachbarten/ nach Rudolſtadt gehoͤrigen/ Grafſchafft
Schwartzburg findet man uͤber dem Dorff Auleben etliche
Saltz-Qellen/ ſo aber nicht reich von Saltz ſind/ und alſo die Un-
koſten nicht abwerffen/ wenn man ſolche in Pfannen unter Saltz-
Huͤtten oder Koͤthen ſieden will/ ehe und bevor dieſelben von dem
wilden Waſſer durch ein Leck-Werck befreyet werden. Es iſt aber
ein Leck-Werck ein langes mit Ziegeln/ Schindeln/ Stroh oder an-
derer Materie gedecktes und unten offenes Gebaͤude/ welches bey
ſechzehen Werck-Schuh weit/ und ohngefaͤhr vier Ellen hoch von der
Erde iſt. Mitten durch daſſelbe gehet von oben biß unten aus ein
langer von Brettern gemachter Kaſten/ welchen man voll Soͤhle
lauffen laͤſſet/ uͤber demſelben henget aber vieles an einander gebun-
denes langes Schuͤtten-Stroh/ daran die arme Saltz-Soͤhle/ wenn
die Sonne ſcheinet/ von beyden Seiten gegoſſen wird/ ſo verzehret
ſich das dabey befindliche uͤbrige wilde oder ſuͤſſe Waſſer/ und dieſes
ie leichter und eher/ ie heiſſer die Sonne ſcheinet/ und ein trocken luf-
tiges Wetter vorhanden iſt. Wenn nun die Soͤhle etliche Tage an
das Stroh gegoſſen/ und alſo dicker und reicher im Kaſten worden/
ſo wird dieſelbe in die Saltz-Pfanne gebracht/ und alsdenn mit we-
nigern Holtz/ als andere ſonſt reiche Soͤhle/ geſotten. Auf dieſe
Art ſind vormahls ſolche Saltz-Quellen zu Gute gemachet worden/
nachgehends aber ſind dieſelben biß hieher liegen geblieben/ vielleicht
deswegen/ weilen ſolche in der Qualitaͤt abgenommen/ und die
Muͤhe und Arbeit nicht wohl verlohnet haben/ derowegen anietzo bey
denenſelben nichts Sonderliches mehr zu ſehen iſt/ auſſerhalb deſſen/
daß
[109]und Waſſer-Kuͤnſten an und auf dem Hartz.
daß daſelbſt einige Kråuter angetroffen werden/ die ſonſt an dem
Meer und andern ſalzigen Oertern wachſen.
VII.
Von dem Saltz-Brunnen zu Francken-
hauſen.
WEilen ich vorhero eines Saltz-Brunnens gedacht habe/ der/
wegen derer dabey wachſenden Meer-Kråuter/ merck-wuͤrdig
iſt/ ſo kan nicht unterlaſſen/ dem curieuſen Leſer von einem andern
Nachricht zu geben/ welcher/ ſeiner kuͤnſtlichen Arbeit wegen/ verdie-
net/ geſehen zu werden. Es iſt aber derſelbe ebenfalls in der vor ge-
dachten Rudolſtaͤdtiſchen Grafſchafft Schwartzburg gelegen/ und
wird in der/ wegen des Saltz-Siedens/ weit und breit bekannten
Stadt Franckenhauſen/ nicht weit von denen Saltz-Koͤthen/ ange-
troffen/ welches ſicherlich ein Werck iſt/ das den Meiſter lobet/ maſ-
ſen deſſen vielfaͤltige kuͤnſtliche Råder und andere Sachen ſolches ge-
nugſam bezeuͤgen/ und einem Curioſo nicht gereuͤen machen/ daß er
ſich die Muͤhe genommen habe/ dieſes Kunſt-Stuͤcke in Augenſchein
zu nehmen.
VIII.
Von unterſchiedenen tieffen an und auf dem
Hartz vorhandenen Ziehe-Brunnen.
NEchſt denen vor gemeldeten Brunnen ſind auch etliche an und
auf dem Hartz gelegene Zieh-Brunnen/ ihrer grauſamen Tief-
fe/ groſſer angewendeter Muͤhe und Unkoſten wegen/ ſehr verwun-
derlich/ und koͤnte ich davon eine ziemliche Anzahl anfuͤhren/ wenn
dieſelben nicht zum Theil nunmehro verfallen waͤren/ und ich ſolches
nicht/ um Weitlåufftigkeit zu verhuͤten/ unterlaſſen muͤſte. Dero-
wegen ich nur diejenigen/ welche ſich noch in gutem Stande befinden/
und darunter vor die Merckwuͤrdigſten gehalten werden/ erzehlen
O 3will.
[110]DasIIICap. von dencurieuſen Brunnen/ Quellen
will. Es ſind aber dieſelben erſtlich der Brunn auf der Feſtung
Schwarzfels/ ferner derjenige/ welcher auf der Feſtung Reinſtein/ im
Fuͤrſtenthum Halberſtadt ſich befindet/ welche zwey Brunnen die an-
dern alle uͤbertreffen/ ob ſchon ſonſt dieſelben auch ſehr tieff ſind.
IX.
Von denen curieuſen Fontainen oder
Spring-Brunnen des Gartens zu
Heſſem.
EJn ſehr ſchoͤner/ kuͤnſtlicher und aus lauter gutem Metall ver-
fertigter Spring-Brunn befindet ſich in dem gegen den Ober-
Vor-Hartz gelegenen Hoch-Fuͤrſtlichen Braunſchweigiſchen Wolf-
fenbuͤtteliſchen Garten zu Heſſem/ und iſt vormahls dem Durch-
lauchtigſten Fuͤrſten und Herrn/ Herrn Julio, Poſtulirten Biſchoff
zu Halberſtadt und Herzogen zu Braunſchweig und Luͤneburg/
Hoch-loͤblichſter Gedaͤchtniß/ von einigen Augſpurgiſchen Kauff-
Leuͤthen zu Kauffe gebracht worden. Als nun derſelbe Jhro Hoch-
Fuͤrſtlichen Durchlauchtigkeit/ ſeiner treflichen Arbeit wegen/ gefal-
len/ haben Sie ſolchen um acht tauſend gute Guͤlden gekauffet/ und
denſelben Dero Gemahlin/ Frauen Eliſabeth/ Gebohrnen aus dem
Koͤniglichen Stamm Dennemarck/ zum Neuͤen Jahr geſchencket.
welche dieſen Brunn in den vor gedachten/ damahls neuͤ angelegten/
Luſt-Garten hat ſetzen laſſen. Es ſtehet aber derſelbe in dem ſo ge-
nannten Brunnen-Quartier auf einem/ von ſchoͤnen Guater-Stei-
nen aufgefuͤhrten Mauer-Werck/ worunter ein feines Gewoͤlbe iſt;
Oben ſind zwey Umgånge um den Brunnen/ welche mit kuͤnſtlich-
gemachten eiſernen Gitter-Wercken umgeben und mit zweyen der-
gleichen Thuͤren verſchloſſen ſind. Auf dem Unter-Gange liegen
viele bleyerne Roͤhren und Meßings-Pfeifflein alſo verborgen/ daß
man dieſelben nicht ſehen kan/ wodurch einer/ der auf dieſen Gang
ſteiget/ Pfuͤtzen-naß kan gemacht werden/ da hingegen ein anderer
auf dem obern Gange im Trocknen ſtehet/ und dieſes Luſt-Spiel
lachend
[111]und Waſſer-Kuͤnſten an und auf dem Hartz.
lachend anſiehet. Weiter iſt der Brunn an ſich ſelbſt folgender
maſſen beſchaffen/ und faͤnget ſich unten bey dem Fuß alſo an: Es
ſtehen drey ziemlich groſſe ſo genannte Vogel-Greiffe/ worauf das
unterſte Becken ruhet/ darzwiſchen ſtehen etliche Loͤwen/ auch von de-
nen groſſen See-Krabben und Meer-Krebſen; unten im Becken ſind
Muſcheln/ Froͤſche/ Plateiſe oder Halb-Fiſche die man hier zu
Lande Schollen nennet/ und andere in der See befindliche Sachen
zu ſehen/ welchen alles natuͤrlich und nach dem Leben gar kuͤnſtlich
verfertiget iſt. Hernach gehet ůber dieſem Becken wie eine Stein-
Klippe oder Felſen in der Mitte des Brunnens herum/ worzwiſchen
Froͤſche/ Kroͤten/ Eydexen/ Schlangen/ ingleichen allerhand Voͤ-
gel und Thiere/ ſo ſich in denen Felſen aufzuhalten pflegen/ ſehr artig
und fleißig gemachet ſind. Auf dieſem Stein-Felſen ſind ferner
ſechs groſſe Auer-Ochſen/ worauf denn das andere Becken ſtehet/
zwiſchen denſelben ſitzen drey-koͤpfichte Drachen/ die mit denen
Ochſen das Waſſer aus denen Koͤpfen geben. Jn dieſem andern
Becken iſt auch dasjenige zu befinden/ was in dem Vorhergehenden
gemeldet worden/ und ſiehet darinnen alles aus/ als ob es lebete im
Waſſer/ uͤber dieſem Becken gehet auch ebenfalls wieder eine Stein-
Klippe herum/ auf welchem eine Gemſen-Jagd mit Gemſen/ Hun-
den und Jaͤgern zu ſehen iſt. Jngleichen ſind noch mehr Thiere/ ſo
auf dieſer Klippe ſtehen/ denen das Waſſer aus denen Maͤulern und
Fuͤſſen ſpringet/ nemlich proportionirte Pferde/ welche auf denen
Hinter-Fuͤſſen ſtehen/ und ſcheinen/ als wolten ſie herunter ſprin-
gen. Ferner Pelicane, welchem das Waſſer aus der Bruſt ſprin-
get/ darneben Affen/ die auf der Sack-Pfeiffe ſpielen/ und Waſſer
aus denen Pfeiffen geben/ wie auch Elephanten/ Einhoͤrner und der-
gleichen mehr/ die alle artiger Weiſe Waſſer geben. Endlich ſtehet
zu alleroberſt ein wohl gebildeter Hirſch/ als ein zum Hoch-Fuͤrſtli-
chen Braunſchweigiſchen Luͤneburgiſchen Wapen gehoͤriges Stuͤck/
dem ebenfalls das Waſſer aus dem Maule/ denen Vorder-Fuͤſſen
und Hoͤrnern gantz zierlich ſpringet/ welches Kunſt-Stuͤck wohl zu
ſehen/ und von Johann Royern/ vormahls Hoch-Fuͤrſtlichen
Braunſchweigiſchen Luͤneburgiſchen beſtalten Gårtner/ in der Be-
ſchrei-
[112]DasIIICap. von dencurieuſen Brunnen/ Quellen
ſchreibung des Garten zu Heſſem c. 1 p. 2 in einem Kupfer-Stuͤck
vorgeſtellet iſt. Nicht gar weit von dieſem Brunnen trifft man auch
zwiſchen dem ſo genannten Wapen- und Rauten-Quartier/ welches
bey dem Schloß-Graben hergehet/ auch eine feine Waſſer-Kunſt
an/ ſo der Dianen Badt nach der Hiſtorie/ oder vielmehr Fabel/ des
Ovidii artig vorgeſtellet/ denn erſtlich daſelbſt ein ziemliches mit Qua-
ter-Steinen inwendig glatt-auswendig aber wie eine Stein-Klippe
gemauretes Gewoͤlbe vorhanden iſt/ deſſen Boden mit gutem Zinn
beleget worden/ hierinnen nun ſitzet die Diana mit ihren Jungfrauen
gantz nackend/ und ſtehet in demſelben ein verguͤldetes Knaben-Bild/
welches einen Delphin unter ſeinem Fuſſe hat/ dem das Waſſer aus
dem Munde in dieſes Bad laͤuffet: Nechſt dabey haͤlt der Jaͤger
Actæon mit ſeinen Hunden bey einem Baume/ in der Hand einen
Jaͤger-Spieß auf dem Kopf aber Hirſch-Hoͤrner oder Geweyhe
habende/ welche derſelbe/ wie fabuliret wird/ aus Verfluchung der
Dianæ, zum Trinck-Gelde ſoll bekommen haben/ als er die badende
Geſellſchafft aus Vorwitz beſchauet gehabt. Vor gemeldete Bil-
der aber ſind alle aus Steinen in natuͤrlicher Groͤſſe gantz kuͤnſtlich
gehauen/ und mit lebendigen Oel-Farben zierlich vermahlet. Der
Platz/ darinnen dieſes Bad ſtehet/ iſt 24 Werck-Schuh ins Ge-
vierdte/ und mit einem Gitter-Werck umgeben/ auch mit dreyen
Thuͤren verſchloſſen. An den vier Ecken deſſelben befinden ſich
feine ausgearbeitete Pfoſten mit Menſchen Bildern/ welche einen
Delphin unter dem Fuß haben/ aus welchem Waſſer lauffet/ und
bey einer ieden Thuͤr ſtehet auch zu beyden Seiten ein ſchoͤn geſchnitz-
ter Pfoſte mit Delphinen/ die ebenfalls aus ihrem Munde Waſſer
geben. Jnwendig iſt dieſer Platz mit feinen kleinen Steinen aus-
geſetzet/ darunter viele verborgene bleyerne Roͤhren und Meßings-
Pfeiflein liegen/ welche zu einer Kurtzweil dienen/ denn/ ſo iemand
hinein koͤmmet/ dieſe ſchoͤne Bilder zu beſehen/ und man den Hahn
umdrehet/ ſpringet das Waſſer unten aus der Erden anderthalb
Mannes hoch/ und aus allen Ecken hervor/ daß derſelbe davon gantz
naß wird/ welches luſtig anzuſehen iſt. Ferner ſtehet in dieſem
Garten mitten vor dem darinnen befindlichen Luſt-Hauſe noch eine
andere
[113]und Waſſer-Kuͤnſten an und auf dem Hartz.
andere artige Fontaine mit einem ſchoͤnen wohl gemachten Bilde/
welches die keuͤſche Lucretia mit einem in der Hand habenden Dolch
iſt/ woraus ebenfalls das Waſſer in die Hoͤhe ſpringet.
X.
Von einem kuͤnſtlichen Spring-Brunnen
in dem Hoch-Fuͤrſtlichen Schwartzburgi-
ſchen Garten zu Sondershauſen.
JN dem benachbarten Hoch-Fuͤrſtlichen Schwartzburgiſchen
ſchoͤnen Schloß- und Luſt-Garten zu Sondershauſen/ wo-
von ich in dem Nachfolgenden etwas gedencken werde/ befindet ſich
auch ein kuͤnſtlicher Spring-Brunnen/ welcher nicht allein im Som-
mer zum Begieſſen derer/ von denen Sonnen-Strahlen abgemat-
teten/ Garten-Gewaͤchſen dienet/ ſondern auch eine unvergleichliche
Zierde des Gartens/ und dieſerwegen ſonderlich merck-wuͤrdig iſt.
Es lieget aber derſelbe faſt mitten in dem Garten zwiſchen denen
Quartieren deſſelben/ und vergnuͤget/ ſo wohl mit ſeinem hellen ſprin-
genden Waſſer die Augen eines curieuſen Anſchauers/ als auch deſ-
ſen Ohren mit ſeinem angenehmen Geraͤuſche. Das Waſſer deſ-
ſelben wird mit groſſer Muͤhe und Unkoſten geleitet; maſſen deſſen
Urſprung von demſelben 2000 Schritt weit an einem/ gegen den
Garten uͤber liegenden/ Berge vorhanden iſt/ von dar ſolches durch
ſehr viele Roͤhren gefuͤhret werden muß/ ehe es an Ort und Stelle
koͤmmet. Ob nun ſchon der Boden des Gartens auch an keinem
niedrigen/ ſondern ziemlich erhabenen/ Orte gelegen iſt/ ſo wirffet
doch dieſe Fontaine oder Spring-Brunnen das Waſſer durch den
engen Aufſatz 24 Schuh hoch uͤber ſich/ und faͤllet/ an Statt eines
Spring-Brunnen Beckens oder Kaſtens/ in ein ziemlich weites und
Mannes-tieffes rundes Behaͤltniß oder Teichlein/ welches von
ausgearbeiteten Steinen ausgemauret/ und deſſen Boden mit brei-
ten ſteinernen Blatten beleget iſt.
PXI. Von
[114]DasIIICap. von dencurieuſen Brunnen/ Quellen
XI.
Von denen Stangen-Kuͤnſten derer Har-
ziſchen Berck-Wercke
VOr Alters ſind die Waſſer aus denen Waſſer-noͤthigen Ze-
chen/ davon unter dem 8 Capitel ſoll gedacht werden/ mit
Pumpen/ Bulgen-Kuͤnſten und andern alten Berg-Inſtrumenten
durch Menſchen gebracht worden/ wobey die Arbeiter/ wie das Vieh/
ziehen/ und ſich abmergeln muͤſſen. Dieſer Marter hat man nun
mit denen nachgehends erfundenen Stangen- oder Feld-Kuͤnſten
abgeholffen. Es haben aber dieſelben ein Rad/ welches unter einem
Gebaͤu/ die Rad-Stube genannt/ hånget/ und oftmahls bey tauſend
Lachter weit/ wenn kein treibendes Waſſer in der Naͤhe vorhanden/
von der Zeche entfernet iſt. Dieſes Rad hat an dem einen Ende
ſeiner Welle einen eiſernen Zapfen/ ſo die gantze Kuſt regieret/ indem
derſelbe die Kunſt-Stangen durch den ſo genannten Arm hin und
wieder ziehet. Solcher Stangen ſind ſehr viel zwiſchen denen Ste-
gen biß in eine gewiſſe Zeche oder Grube gehende Hoͤltzer/ welche ſo
wohl oben als unten/ der Laͤnge nach/ in die Schwingen gemachet/
und mit gutem Eiſen/ der Gewalt wegen/ ſo dieſelben ausſtehen
muͤſſen/ ſtarck verbunden oder verwahret werden/ zu Ende derſelben
iſt ein Creuͤtz uͤber dem Schacht vorhanden/ welches die Zuͤge in de-
nen Goſſen oder Roͤhren niederdrucket/ ſo bald der Arm an der Kunſt
ſchiebet; hingegen hebet ſolches die Zuͤge in die Hoͤhe/ wenn der ge-
meldte Arm das gantze Geſtånge ziehet. Gedachte Roͤhren ſind
mehrentheils aus Eiſen gegoſſen/ ausgenommen in dem Rammels-
Berge bey Goslar/ alwo dieſelben Hoͤltzer ſind/ weilen die eiſerne
daſelbſt von dem Vitrioliſchen Waſſer bald verzehret werden. Es
ſtehen auch dieſelben in dem Schachte nicht gerade auf einander/ ſon-
dern ein Satz/ ſo 5 Lachter lang/ hebet dem andern zu: Als nemlich
der unterſte Satz ziehet das Waſſer aus dem Sumpfe in ſich/ und
gieſſet ſolches in den erſten Trog aus/ der folgende bringet es von dar
hinauf
[115]und Waſſer-Kuͤnſten an und auf dem Hartz.
hinauf in den andern Trog/ und ſo weiter/ biß endlich der letzte das
Waſſer in die Gerinne des Stollens ausgieſſet.
XII.
Von denen Waſſer-Kuͤnſten in
Nordhauſen.
DJe erhoͤhete und bergichte Situation oder Lage der hieſigen
Ober-Stadt und der daher ruͤhrende Mangel eines von ſich
ſelbſt flieſſenden Waſſers hat die klugen/ und um das Stadt-Regi-
ment wohl-verdienten/ Vorfahren E. E. Rahts alhier gelernet/
darauf zu dencken/ wie die Stadt mit nohtwendigem Waſſer verſor-
get werden moͤchte; derohalben Sie nicht allein haben etliche ſehr tieffe
Brunnen graben/ ſondern auch zwey unterſchiedliche Waſſer-Kunſt-
Wercke anlegen laſſen. Die erſte von denſelben wird die Ober-Kunſt
genennet/ weilen ſolche eine ziemliche Weite uͤber der nachfolgenden
lieget. Dieſe Kunſt iſt anfånglich A. 1546 von Hans Laxuern/ von
Sachswerfen buͤrtig/ angeleget/ und dadurch das Waſſer bey 85 El-
len hoch erhoben worden/ es hat aber nachgehends A. 1598 Peter
Guͤnther von Halle ſolche Hoͤhe auf 264 Ellen gebracht/ dabey es
biß hieher verblieben iſt; woraus ich muthmaſſe/ daß dieſe Kunſt vor
dieſem erſtlich ein unterſchlaͤgig Werck muͤſſe geweſen ſeyn/ wovon
etliche/ inſonderheit die Berg-Leuͤthe am Hartz/ nicht viel halten/ wie
Herr Chriſtian Berward/ weyland JCtus und Aſſeſſor im Ober-
Harziſchen Berg-Amte/ in ſeiner/ Herrn Lazari Erckers Probier-
Buch mit angehaͤngten/ Erklaͤhrung derer Berg-Leuͤthe Redens-
Arten p. 27 bezeuͤget. Die Urſach deſſen iſt: daß das Waſſer nicht
darauf fållet/ und ſolches dieſerwegen keine ſonderliche Laſt heben
kan/ derohalben es auch dem andern eine leichte Muͤhe geweſen/ die-
ſen Fehler mit einem uͤberſchlågigen Rade/ darauf das Waſſer mit
Gewalt fållet/ zu verbeſſern/ und dadurch das Waſſer hoͤher hinauf
zu bringen. Das Kunſt-Gehauſe/ worinnen dieſe Kunſt ſich befin-
det/ trifft man in der Vor-Stadt/ das Altendorff genannt/ nahe bey
der Kirche/ und gleich unter dem Wohn-Hauſe des Kunſt-Meiſters
P 2an/
[116]DasIIICap. von dencurieuſen Brunnen/ Quellen
an/ von dar das Waſſer durch 84 ſechs-ſchuhigte und einen halben
Centner ſchwere Meßings-Roͤhren biß nach einem andern/ auf dem
Kirſchberg oder vielmehr Giersberg gebaueten Kunſthaͤuslein/ getrie-
ben wird/ und darinnen in einen Waſſer-Trog/ mit einem ziemlichen
Schall/ faͤllet/ oder/ hieſiger Redens-Art nach/ hinein plumpet;
deswegen auch die Kinder/ wenn ſie ſolchen Laut hoͤren/ davor hal-
ten/ daß ſolchen das Plump-Maͤnngen verurſache/ indem ſolches
denenſelben von ihren Eltern alſo vorgeſchwatzet und eingebildet wor-
den/ wenn ſie mit ihnen zu Sommers-Zeit nach dieſem luſtigen Ort
ſpatzieren gegangen ſind. Aus dieſem Troge flieſſet das Waſſer/
durch 160 hoͤlzerne oder tannene Roͤhren/ in den Stadt-Graben/ und
ferner unter der Mauer/ durch Tit. Herrn Buͤrgermeiſters Johann
Caſpar Arens/ meines Hochzuehrenden Herrn Patroni und Ge-
vatters/ hinter dem Hauſe am Pferde-Marckte gelegenen Garten/
in die Stadt/ biß an E. E. Rahts Marſtall/ alwo wieder ein Kunſt-
Håuslein iſt/ von dar ſolches endlich durch mehr als 1100 mit ſo viel
eiſernen Buͤchſen zuſammen geſchloſſenen Roͤhren in die am Korn-
Marckt vorhandene ſteinerne Kunſt/ darzu gehoͤrige Brau-Haͤuſer
und andere Oerter mehr/ vermittels 28 in denen Kunſt-Loͤchern oder
viereckichten in die Erde gemachten und mit Deckeln belegten Be-
haͤltniſſen vorhandenen Meßings-Hahnen/ geleitet wird. Die an-
dere von denen vor gemeldeten Kuͤnſten nennet man/ ihrer Lage we-
gen/ die Unter-Kunſt. Ob nun ſchon dieſelbe ebenfalls von Peter
Guͤnthern von Halle Ao. 1598 angebauet worden; ſo koͤmmet ſie
doch der vorigen nicht gleich/ weilen das Waſſer daſelbſt keinen rech-
ten Fall hat/ und ſolche Kunſt dieſerwegen ein unterſchlaͤgig Werck
iſt; deſſen ohngeachtet/ treibet ſie doch das Waſſer 222 und eine halbe
Elle hoch. Das Kunſt-Gehauſe derſelben lieget in der Vor-Stadt
unter denen Weyden an dem Muͤhl-Graben/ hart bey des Tit. Herrn
Johann Wilhelm Harprechts/ hieſigen Stadt-Conſulentens und
Syndici, meines Hochzuehrenden Herrn Schwagers und Gevat-
ters/ Garten/ und zwar in der Behauſung des Unter-Kunſt-Mei-
ſters/ wovon das Waſſer durch 71 vor beſchriebene Meßings-Roͤh-
ren den Berg hinan biß in den am Neuͤenweges-Thore vorhande-
nen
[117]und Waſſer-Kuͤnſten an und auf dem Hartz.
nen Waſſer-Trog ſteiget/ und daſelbſt durch den Fall-Stånder wie-
der in 543 tannene gerade und 178 Queer-Roͤhren faͤllet/ auch
endlich durch Huͤlffe 30 Meßings-Hahnen/ wenn die aufgedrehet
werden/ bald in die darzu beſtimmte Brau-Håuſer/ bald in die ſtei-
nerne am Marckte und die hoͤlzerne in der Rauten-Gaſſe/ nicht ferne
von Tit. Herrn Buͤrgermeiſter Johann Martin Kromans/ meines
Hochgeehrten Herrn Schwagers und Gevatters/ Hauſe gelegene
Kunſt auch weiter gefuͤhret wird. Beyde Kuͤnſte aber ſind Truck-
Wercke/ und koſten E. E. Rahts Caͤmmerey jaͤhrlich viel/ mit ihrer
Zubehoͤr in gutem Stande zu erhalten. Nichts deſto weniger ſind es
zwey Stuͤcke/ derer die Stadt nicht entbehren kan/ welches diejenigen
wohl bedencken ſolten/ die denen Gelehrten oftmahls Spinnen-feind
ſind/ maſſen dieſelben von denen Gelehrten/ nemlich aus der Mathe-
ſi, herruͤhren/ und/ vermoͤge derſelben/ anfaͤnglich erfunden worden
ſind; hingegen ſoll man auch die Handwercks-Leuͤthe nicht verach-
ten/ weilen die meiſten Hand-Wercke ſich auf die Ma-
theſin gruͤnden.
Das IV Capitel
von denen
Curieuſen Fluͤſſen an und auf dem Hartz.
I.
Von dem Nordhauſiſchen Feld-Waſſer/
die Zorge genannt.
OB es ſchon an und auf dem Hartz keine beruͤhmte Schiff-
reiche Fluͤſſe giebet/ ſo trifft man doch daſelbſt etliche an/ wor-
bey unterſchiedene merck-wuͤrdige Sachen ſich befinden.
Unter dieſen Hartz-Fluͤſſen iſt/ meines Erachtens/ wohl der fuͤr-
P 3nehmſte/
[118]DasIVCapitel von denen
nehmſte/ ſo alhier insgemein das Feld-Waſſer/ von etlichen aber/
ſonderlich dem Eckſtormio in ſeiner Walckenriedter Chronicâ, die
Zorge genennet wird; weilen derſelbe in dem Vor-Harze nicht weit
von dem wegen derer Eiſen-Huͤtten bekannten Hartz-Flecken/ die
Zorga genannt/ entſpringet. Dieſer Fluß lauffet von dar inſonder-
heit die Stadt Ellrich und das Dorff Waffleben vorbey/ und wird
unter Weges von etlichen andern Fluͤſſen/ als die kalte Weyde und
dergleichen/ vermehret. Wenn nun derſelbe unter den Kohnſtein
bey E. E. Rahts Kalck-Huͤtte koͤmmet/ wird er der Ditfurt geheiſ-
ſen/ welches/ einiger Meinung nach/ ſo viel/ als diſſeits des Furts/
bedeuͤten ſoll. Ferner flieſſet derſelbe das eine gute Viertel Meile
von hier gelegene Dorff Grimbderode/ oder Krimderode/ fuͤruͤber/
unter welchem man ein Theil davon bey dem anmuthigen Orte/ unter
denen Erlen genannt/ zur lincken Hand in einen Graben nach Nord-
hauſen leitet/ und denſelben alsdenn den Muͤhlen-Graben nennet/
weilen er/ ohne den Zehnt-Hammer und zwey Waſſer-Kuͤnſte/ nicht
allein eine Payier-Muͤhle und unterſchiedene Gerber-Loh- und
Oehl-Muͤhlen/ ſondern auch ſieben Mahl-Muͤhlen treibet. Der
andere Theil faͤllet bey denen vor gemeldeten Erlen zur rechten Hand
in das Feld/ und wird anfaͤnglich die Grimme/ oder Krimme/ davon
obgedachtes Dorff den Nahmen haben ſoll/ nachgehends aber das
Feld-Waſſer genennet/ welches unter Nordhauſen/ nicht weit von
dem auf dem Bilen-Raſen gelegenen Zehnt-Hammer/ ſich wieder
mit dem Waſſer des durch die Stadt gehenden Muͤhl-Grabens ver-
einiget/ von dar ſolcher endlich bey der Hoch-Graͤflichen Schwartz-
burgiſchen Stadt Heringen in die Helm/ und mit derſelben durch die
guͤldene Au in die Unſtrut faͤllet. An Fiſch-Werck hat die Zorge
keinen Mangel/ ſonderlich ober- und unterhalb Nordhauſen/ da es
ſonderlich ſchoͤne Forellen/ Aſchen und Schmerlinge giebet/ dazwi-
ſchen aber trifft man anietzo nicht gar viel davon an/ weilen ſolches
daſelbſt nicht geheget/ ſondern einem ieden Buͤrger/ darinnen durch
das gantze Jahr zu fiſchen/ zugelaſſen wird. Vor dieſem aber hat man
auch alhier ſchoͤne Forellen gefunden/ maſſen daſſelbe die zwey zu
Raht-Hauſe alhier abgemahlte und in dieſem Feld-Waſſer vormals
gefan-
[119]curieuſen Fluͤſſen an und auf dem Hartz.
gefangene groſſe Forellen bezeuͤgen/ als wovon die eine 15 und ein
halb Pfund gewogen hat/ wie an dem vor beſagten Gemaͤhlde zu er-
ſehen iſt. Gleicher Geſtalt ſind vor gedachte Fiſche in dem Muͤhl-
Graben ſo haͤuffig nicht/ weilen ſie auch darinnen von der Buͤrger-
ſchafft nicht geſchonet werden/ wiewohl zu Zeiten auch mit denen
Heslingen eine und andere feine Forelle ertappet wird. Sonſt er-
gieſſet ſich die Zorge/ ſonderlich im Fruͤhling und Herbſt/ durch die
von denen Hartz-Bergen in dieſelbe fallende Schnee- und Regen-
Waſſer oftmahls alſo/ als ob dieſelbe Schiff-reich waͤre/ und thut
alsdenn nicht allein groſſen Schaden an Bruͤcken/ Stegen/ Waſ-
ſer-Wehren/ Laͤndereyen und andern Sachen/ ſondern bringet auch
faſt jaͤhrlich manchen Menſchen um das Leben/ wovon ein erbaͤrm-
Exempel Herr Ericus Chriſtoph. Bohne, E.E. Rahts dieſer Stadt
Vier- und Bau-Herr \&c. als mein Special-guter Freuͤnd/ in ſeiner
annoch geſchriebenen Nordhauſiſchen Chronica Cap. 1 mit folgen-
den Worten anfuͤhret: Jndem ich der Kirche des Hoſpitals S. Cy-
riacy, ſonſt S. Cyliax genannt/ ſo allernechſt bey der von der Zorge
A. 1689 im Mertz-Monat eingeriſſenen vormahligen 6 Jochichten
ſteinern/ nunmehro aber auf eine andere Art wieder uͤber dieſes Waſ-
ſer gebaueten Bruͤcke lieget/ erwehne/ muß ich letzlich noch dieſes ge-
dencken: Es ſind an derſelben Kirch-Mauer acht Creuͤze von rothen
ſandigten Steinen/ ſo durch das Zeit-Alter nunmehro gelbe worden/
zu befinden/ welche vielleicht nicht ein ieder ſo genaue betrachtet hat;
Oben in der Hoͤhe unter dem Kirch-Schiefer Dache kniet ein Prie-
ſter in ſeinem Prieſter-Rocke/ den Kelch in der rechten Hand gen
Himmel haltend/ fragt ſich/ was ſolches bedeuͤte? Hierauf dienet
zur Antwort: Es iſt einſt in vorigen Zeiten des Pabſtthums/ gleich
als der Prieſter/ vor dem Altar ſtehend/ ſeinen Eingepfarreten/ wel-
che damahls als Communicanten um den Altar herum gangen/ das
Heilige Nacht-Mahl gereichet/ ein ſtarck ſauſend- und brauſendes
Donner-Wetter/ darauf ein heftiger Wolcken-Bruch/ und daraus
eine groſſe und ungeheuͤre Waſſer-Fluht entſtanden/ welche den
Prieſter ſamt denen Communicanten und Gebaͤuden mit ſich hin-
weg gefuͤhret/ deswegen zu ſtetem Andencken und Erinnerung allen
Voruͤher-
[120]DasIVCap. von denen
Voruͤbergehenden dieſe Creuͤze an bemeldter Kirche/ nach Anzahl
derer Perſonen/ ſo viel ihrer erſoffen/ eingemauret/ ietzo noch zu erſe-
hen; Die Kirch-Glocken hat man etliche Wochen hernach/ nach
vergangenen Fluthen/ welche dieſelbe hinfort getrieben/ ſo durch eine
Saue ausgewuͤhlet und ausgegraben worden/ in dem Erd-Moraſte
wieder gefunden/ daher derſelben Laͤnderey-Gegend/ die Sau-Grube
genannt/ annoch ſoll den Nahmen haben/ wie Herr Buͤrgermeiſter
Auguſtus Sigismund Wilde/ Erbſaß auf Biſchofferode Seeliger/
als viel Jahr geweſener Vorſteher dieſes Hoſpitals/ mir ſeinem da-
mahligen Collegen umſtaͤndlich alles erzehlet hat. Ohnerachtet
nun die Zorge alſo zu gewiſſen vor beſagten Zeiten mit ihrer Fluht
wuͤtet und tobet/ ſo wird man doch mitten im trockenen Sommer ent-
weder ein weniges oder gar kein Waſſer davon/ auſſer demjenigen/
was in dem Muͤhl-Graben vorhanden/ antreffen/ es ſey denn/ daß
ſolches von einem heftigen Platz-Regen und Wolcken-Bruch in ei-
nem Donner-Wetter entſtehe. Dieſerwegen iſt es keine unmuͤg-
liche Sache/ wenn einige hieſiges Orts entweder aus Schertz oder
aus Ernſt vorgeben: wie ſich einesmahls in der Fremde zwey reiſende
Handwercks-Burſche/ dieſes Waſſers wegen/ ſich heftig gezancket
und geſchlagen haͤtten/ indem der eine vorgegeben habe/ als ob ein
Schiff-reich Waſſer bey Nordhauſen waͤre/ welches er mit ſeinen
Augen geſehen habe; der andere aber haͤtte behaupten wollen/ daß
dem nicht ſo ſey/ weilen ſolches von ihm daſelbſt nicht gefunden wor-
den. Als aber zu dieſem Streite der dritte Mann kommen/ der um
die Beſchaffenheit dieſes Waſſers gute Wiſſenſchafft gehabt/ und
beyde gefraget/ zu welcher Zeit ſie zu Nordhauſen geweſen waͤren?
habe er aus der Antwort vernommen/ wie ſolches zu unterſchiedenen
Zeiten geſchehen ſey/ indem der eine zur Faſten- der andere aber zur
Erndte-Zeit ſich daſelbſt aufgehalten: worauf von dieſem Schieds-
Manne der Streit bald beygeleget/ und ihnen die Urſach angezeiget
worden; warum ſie beyde Recht haͤtten.
II. Von
[121]curieuſen Fluͤſſen an und auf dem Hartz.
II.
Von dem Hartz-Fluß/ die Bode genannt.
NEchſt vor gemeldeter Zorge folget billich die Bode/ als ein am
Hartz auch beruͤhmter Fluß. Dieſelbe entſpringet nun in der
Gegend des Blocks-Berges an dreyen Orten/ und flieſſet vom
Abend gegen Morgen unterſchiedene Oerter im Hartz/ als das
Voigtsfelde/ die Sorge/ die Tanne/ das Ruͤbeland und andere
mehr vorbey; ferner lauffet ſolche auf Quedlinburg zu/ von dar ſie
durch das Sachſen-Land ſo lange fortgehet/ biß ſich dieſelbe mit der
Saale vereinbahret. Jn dem Hartz machet dieſer Fluß ein ſtarckes
Geraͤuſche/ wegen derer vielen darinnen vorhandenen groſſen Stei-
ne/ woran ſich das Waſſer ſtoͤſſet/ und uͤber dieſelben mit einem Ge-
thoͤne faͤllet/ vor der Saale aber flieſſet dieſelbe viel ſtiller und ſånf-
ter/ weilen ſie von andern zugefloſſenen Waſſern viel tieffer worden/
und es mit derſelben alsdenn nach dem gemeinen Sprich-Wort heiſ-
ſet: Stille Waſſer ſeyn tieff. Es giebet auch feine Forellen und
andere Fiſche in der Bode/ ſonderlich im Hartz/ alwo die meiſten
Fluͤſſe Forellen bey ſich fuͤhren/ uͤber das ergieſſet ſich dieſelbe ebener-
maſſen ſo leicht als die Zorge durch das Schnee- und Regen-Waſ-
ſer/ und weichet alsdenn derſelben mit ihrem ſtarcken wuͤtenden
Strohm wenig/ als welcher oftmahls auch viel Ungluͤck und Scha-
den verurſachet. Sonſt iſt in dieſem Fluſſe unter dem Roß-Trapp/
deſſen ich unter dem V Capitel gedencken werde/ ein tieffes und faſt
unergruͤndliches Loch vorhanden/ welches von denen Einwoh-
nern der Creful genennet wird/ und erzehlet von demſelben der
gemeine Mann: wie vormahls eines Huͤnen-Koͤniges Tochter
eine Wette angeſtellet habe/ mit ihrem Pferde an gedachtem Or-
te dreymahl von einem Felſen zum andern zu ſpringen/ welches
ſie zweymahl gluͤcklich verrichtet haͤtte/ zum drittenmahl aber
ſey das Roß ruͤckwerts uͤbergeſchlagen/ und mit ihr in den Creful
geſtuͤrtzet/ worinnen ſie ſich auch noch befinde/ maſſen ſolche eines-
mahls von einem Taͤucher/ einigen zu Gefallen/ um ein Trinck-
QGeld/
[122]DasIVCapitel von denen
Geld/ ſo weit auſſer Waſſer gebracht worden/ daß man etwas von
der Crone ſehen koͤnnen; als aber derſelbe ſolches zum drittenmahl
thun ſollen/ haͤtte er anfaͤnglich nicht daran gewolt/ endlich aber das-
ſelbe gewaget/ und dabey vermeldet: daß/ wenn aus dem Waſſer
eine Blut-Strahle aufſtiege/ er alsdenn von der Jungfer umgebracht
ſeyn wůrde/ und die Zuſchauer geſchwinde davon eilen moͤchten/ ſonſt
ſie ebenfalls in Lebens-Gefahr kaͤmen/ welches alles denn vor beſag-
ter maſſen erfolget ſey. Man kan aber dieſes unter keine wahre
Geſchichte rechnen; und werde ich von dieſer Materie unter dem
VI Titel des V Capitels ein mehrers handeln.
III.
Von dem Fluß/ die Helme genannt.
DEr Fluß Helma, oder die Helme/ lieget nahe bey Nordhauſen
gegen den untern Vor-Hartz. Der Urſprung derſelben iſt
hinter dem/ denen Hoch-Adelichen Bodenhauſiſchen Erben zuſtån-
digen/ Dorff Stoͤckey/ von dar dieſelbe unter andern auf die Koͤnigli-
che Preuͤßiſche/ in der Grafſchafft Clettenberg gelegene/ Doͤrffer
Guͤnzerode und Heſſerode zulauffet/ und nahe bey dieſer Stadt/ an
der Werther-Bruͤcke/ ſich mit der Salze vereiniget. Wenn nun
ſolches geſchehen/ flieſſet ſie mit derſelben ferner die Hoch-Graͤfliche
Schwartzburgiſche Rudolſtadtiſche Doͤrffer Sundhauſen und Uht-
leben vorbey/ und endlich nach der Stadt Heringen zu/ unter welcher
dieſelbe in die Zorge faͤllet. Jn dieſem Fluß giebet es feine Krebſe/
auch Hechte/ Karpfen/ Doͤbel und andere Fiſche/ davon etliche oft-
mahls aus denen nahe dabey liegenden Teichen/ ſonderlich dem groſ-
ſen Fiſch-reichen Schiedunger Teiche/ in denſelben kommen/ wenn
ſolche/ wegen einer ſtarcken Waſſer-Fluht/ uͤbergehen. Jm uͤbri-
gen pfleget die Helme von dem vielen Regen- und Schnee-Waſſer
bald uͤberzugehen/ und dabey-gelegene Laͤndereyen und Wieſen/ mit
groſſem Schaden derer Eigenthums Herren/ zu uͤberſchwemmen.
IV. Von
[123]curieuſen Fluͤſſen an und auf dem Hartz.
IV.
Von dem Fluß/ die Salze genannt.
WOher dieſer Fluß die Salze genennet werde/ iſt mir unbekannt/
maſſen der Nahme mit der That nicht uͤberein koͤmmet/ denn
ſolcher kein ſalziges/ ſondern ein ſuͤſſes Waſſer hat; und wenn auch
ſchon einer ſagen wolte/ daß ſolcher Nahme von dem Dorffe Salze
herruͤhre/ ſo iſt doch ungewiß/ ob vor Alters der Fluß von dem
Dorffe/ oder das Dorff von dem Fluſſe/ alſo genennet worden.
Es entſpringet aber dieſelbe uͤber dem benachbarten Koͤniglichen
Preuͤßiſchen Dorffe Salze/ unter dem Kohnſtein aus vielen daſelbſt
vorhandenen Quellen/ ſo von der hinter dieſem Berge flieſſenden ſo
genannten Kalten Weyde/ wie auch von der nicht weit hievon gele-
genen Neuen Kelle herruͤhren ſollen/ indem einige vor gewiß ſagen
wollen/ wenn man in dieſelben Heckerling oder klein-geſchnitten
Stroh wuͤrffe/ ſolches aus dieſen Quellen wieder heraus kaͤme/ wel-
ches/ weil ich ſolches nicht verſucht/ dahin geſtellet ſeyn laſſe. Vor
gemeldete Quellen nun geben ein håuffiges Waſſer von ſich/ daß
auch davon der Fluß bey ſeinem Urſprung alſobald ſo ſtarck wird/ daß
er Muͤhlen treiben kan/ wie denn auch nicht weit davon eine Oehl-
Muͤhle daran erbauet iſt. Von dieſer Muͤhle flieſſet derſelbe durch
vor gedachtes Dorff Salze/ und ferner durch das Nordhauſiſche
Territorium oder Gebiethe biß an die Werther-Bruͤcke/ alwo der-
ſelbe in die Helme gehet/ worbey dieſes Curieus zu ſehen iſt/ daß ſich
alhier beyde Waſſer nicht gleich mit einander vermiſchen/ ſondern
eine Weile neben einander herflieſſen/ ehe ſolches geſchiehet/ welches
man aus der Farbe dieſer Fluͤſſe erkennen kan/ weilen das Waſſer aus
der Helme truͤbe/ das aus der Salze aber helle und klar ausſiehet/
wenn es nicht von einem ſchlemmenden Platz-Regen truͤbe gemacht
worden. Die Urſach iſt meiſtentheils der geſchwinden Bewegung
beyder Waſſer zuzuſchreiben/ als welche verhindert/ daß die Ver-
miſchung derſelben nicht alſobald geſchehen kan. Nechſt dieſem
ruͤhret ſolches auch etlicher maſſen von der Dicke und Schwere des
Q 2Helm-
[124]DasIVCapitel von denen
Helm-Waſſers her/ welche das helle und leichte Waſſer der Salze
gleichſam von ſich ſtoͤſſet/ und nicht zugiebet/ daß ſich ſolches mit
einander alſofort vereinbahre. Jm uͤbrigen iſt die Salze ſo wohl
der Stadt Nordhauſen als auch denen Benachbarten ein ſehr nutz-
bahrer Fluß/ weilen derſelbe nicht allein ſchoͤne Forellen hat/ ſondern
auch bey vierzehen Muͤhlen treibet/ wo unter die drey oberſten nach
dem Dorffe Salze/ und zwar anietzo Tit. Herrn Lic Johann Chri-
ſtoph Eilhardten/ Hoch-verdienten Buͤrgermeiſter bey dieſer Kaͤy-
ſerlichen Reichs-Freyen Stadt Nordhauſen/ \&c. meinem inſonders
Hochzuehrenden Herrn Schwager und Patrono, die andern aber alle
nach vor beſagter Stadt/ und mehrentheils E. E. Rathe daſelbſt/
gehoͤren. Eine ſonderbahre Gnade GOttes aber iſt es/ daß derſel-
be in denen hårteſten Wintern nicht leicht zufrieret/ und die daran
liegende Mahl-Muͤhlen dieſerwegen zu der Zeit im Gange bleiben/
wenn die in Nordhauſen und andere da herum liegende Muͤhlen vom
Froſte ſtille ſtehen; ſonſt mancher armer Haus. Wirth Noht leiden
muͤſte/ wenn er nechſt GOtt zu dieſen gangbahren Muͤhlen ſeine
Zuflucht nicht nehmen koͤnte.
V.
Von dem Hartz-Fluß/ die Goſe genannt.
DJeſer Fluß iſt nicht groß/ und entſtehet im Ober-Hartz/ nicht
gar weit von Goslar/ in welche Stadt ſolcher auch/ vermoͤge
eines Grabens/ geleitet wird. Den Nahmen ſoll derſelbe von der
Frau des Jaͤgers und Erfinders derer Rammelsbergiſchen Berg-
Wercke bekommen haben/ als welche Goſa geheiſſen/ wie Herr
Georg Engelhardt von Lehneyſen in dem fuͤnfften Theil des Be-
richts von Bergwercken fol. 77 meldet. Von dieſem Fluß iſt merck-
wuͤrdig/ daß daraus zu Goslar eine Art Weizen- oder Weiß-Bier
gebrauet werde/ welches man die Goslariſche Goſe oder daß Gosla-
riſche Bier nennet/ das/ ſeiner Tugenden wegen/ ſehr geruͤhmet/ und
hie und dort hingefuͤhret wird/ maſſen ſolches nicht allein einen
ſolchen lieblichen Geſchmack hat/ daß auch die davon zubereiteten
Suppen
[125]curieuſen Fluͤſſen an und auf dem Hartz.
Suppen wie Wein-Suppen ſchmecken/ ſondern auch ſehr geſund
zu trincken iſt/ indem es ſo wohl eroͤfnet/ als auch zugleich laxiret.
Es pfleget aber am meiſten diejenigen zu laxiren/ ſo dieſes Getraͤnckes
nicht gewohnt ſind/ dahero auch einige folgenden Schertz-Reim da-
von gemachet haben:
Die Urſach aber derer vor gedachten Kråfte wird gemeiniglich dem
mineraliſchen Goſe-Waſſer zugeſchrieben/ wiewohl auch/ was das
Laxiren betrifft/ ſolches von der Hefe der Goſe herruͤhren kan: weilen
dieſelbe der Orten vor eine Delicateſſe oder das Beſte des Tranckes
gehalten/ und derſelbe dieſerwegen vorhero wohl umgeruͤttelt wird/
ehe man denſelben trincket.
VI.
Von dem Hartz-Fluß/ die Ocker oder
Oker genannt.
OHngefaͤhr eine halbe Meile unter Goslar liegen in einem
Thale etliche Schmeltz- oder Hammer-Huͤtten/ die man auf
der Ocker/ oder/ wie es der Orten ausgeſprochen wird/ auf der Oker
nennet/ weilen daſelbſt der Ocker-Fluß ſich befindet. Dieſer ent-
ſpringet nun in dem Ober-Hartz/ und flieſſet auf vor gemeldete Huͤt-
ten/ und eine darunter gelegene Papier-Muͤhle zu/ von dar ſolcher
nach unterſchiedenen im Stein-Felde gelegenen Oertern und weiter
fortfaͤllet. Auf dieſem Fluß wird ſehr viel Setz- oder Brenn-Holtz
aus dem Hartze unter vor gedachte Oker-Huͤtten gefloͤſſet/ und als-
denn mit Waͤgen nach denen Rammelsbergiſchen Berg-Wercken
gefuͤhret/ um damit derſelben ſehr feſte Ertze/ durch Huͤlffe des
Feuͤers/ zu gewinnen. Sonſt iſt von dieſem Fluß denck-wůrdig/
daß an dem Ort/ wo die von Goslar kommende ſo genannte Ab-
zucht ſich mit demſelben vereiniget/ auf zwo Meile Weges kein Fiſch
in derſelben anzutreffen iſt/ und ſo die wilden Endten darauf fallen/
Q 3die-
[126]DasVCapitel von dencurieuſen Stein-Felſen
dem Bericht nach/ davon lahm werden. Die Urſache iſt das ſcharffe
Vitrioliſche Waſſer der gedachten Abzucht/ als welches aus dem
tieffen/ vor dem breiten Thor bey Goslar ausgehenden/ Rammels-
bergiſchen Stollen koͤmmet/ und die Ocker ſo lange gleichſam ver-
giftet/ biß wieder andere ſuͤſſe Waſſer darzu kommen/ und ſolchen
Fluß wieder erfriſchen und verſuͤſſen/ da es alsdenn wieder
Fiſche darinnen giebet.
Das V Capitel
von denen
Curieuſen Stein-Felſen und Stein-Bruͤ-
chen an und auf dem Hartz.
I.
Von einem Stein-Felſen bey dem Cloſter
Jlefeld/ das Nadel-Oehr genannt.
EJne gute Meile von hier/ uͤber dem Cloſter Jlefeld/ iſt zur lin-
cken Hand/ gleich bey dem Hartz-Fahr-Wege/ an einen ho-
hen Berg ein nicht gar hoher doch ſtarcker Stein-Fels ange-
wachſen/ welcher in ſeiner Mitte eine enge und ſchmale durchgehende
Hoͤle hat/ und das Nadel-Oehr genennet wird/ weilen das Loch et-
lichermaſſen mit der Geſtalt eines Nadel-Oehrs ſich vergleichet.
Durch dieſes Loch muͤſſen die Knechte/ ſo wohl aus Nordſauſen als
andern umliegenden Oertern/ wenn ſie zum erſtenmahl hinter Jle-
feld in den Hartz/ um daher Brenn-Holtz auf Wågen abzuholen/
fahren/ und an dieſen Ort gelangen/ mit groſſer Muͤhe/ der Enge
wegen/ dreymahl kriechen/ und werden noch darzu von ihren dabey
ſtehenden Cameraden/ nicht allein bey dem Ein-ſondern auch bey
dem
[127]und Stein-Bruͤchen an und auf dem Hartz.
dem Auskriechen/ mit Peitſchen- und Geiſſel-Stiehlen tapfer abge-
ſchmiſſen/ zumahl wenn dieſelben corpulent oder dicke ſind/ und die-
ſerwegen ſo bald durch das Nadel-Oehr nicht kommen koͤnnen; wol-
len ſie aber dieſe Kurtzweil nicht ausſtehen/ und haben es im Ver-
moͤgen/ ſo muͤſſen ſie ſolches Tractament mit Gelde bezahlen. Es
iſt zwar dieſes boͤſe Weſen/ inſonderheit von der Obrigkeit zu Jle-
feld/ bey ziemlicher Straffe verboten worden/ weilen dadurch die
Knechte abgeſchrecket worden/ hinter Jlefeld zu fahren/ und damit
dem Holtz-Handel groſſer Abbruch geſchiehet; Es hilfft aber ſolches
wenig/ denn/ will ein Knecht vor ſeinen Cameraden Friede haben/
und in ihrer Sauff-Compagnie gelitten werden/ ſo muß er doch nach
ihrer Pfeiffe tantzen/ und hilfft darzu kein Klaͤglich-Thun. Der ge-
meine Mann erzehlet von dem Urſprung dieſes Steines eine Hand-
greiffliche luͤgenhafte Fabel/ und giebet vor: wie einesmahls ein
Huͤhne oder Rieſe etliche Meile gereiſet ſey; Als er nun hinter Jle-
feld ankommen/ und gefuͤhlet/ daß ihn/ ſalvâ veniâ, der eine Schuh
heftig druͤcke/ håtte er denſelben ausgezogen/ und dieſen groſſen
Stein darinnen gefunden/ welchen er anden Ort/ wo er noch liege/
geworffen habe. Daß dieſes aber einem Kinder-Maͤhrgen gleich
ſey/ kan ein ieder Verſtaͤndiger leicht erachten/ maſſen das ein weid-
licher groſſer Rieſen Flegel můſte geweſen ſeyn/ der einen ſo groſſen
Stein bey dem Fuſſe haͤtte verbergen koͤnnen/ doch iſt es denen gemei-
nen Leuͤthen nichts Neuͤes/ dergleichen Fratzen/ entweder aus Schertz
oder aus Ernſt/ zu erzehlen; wie denn auch von denen bey der Hoch-
Fuͤrſtlichen Braunſchweigiſchen Wolffenbuͤtteliſchen Univerſitåt
Helmſtaͤdt/ auf dem ſo genannten Cornelius-Berge liegenden/ groſ-
ſen Steinen vorgegeben wird: daß vor Alters die Huͤhnen einesmals
bey gutem Wetter damit geſpielet/ und Exercitii gaatiâ aus Kurtz-
weil ſich damit geworffen håtten/ deswegen ſie biß hieher daſelbſt ge-
funden wuͤrden; glaub-wuͤrdiger aber iſt es/ daß dieſe Steine/ eini-
Gelehrten Muthmaſſung nach/ nichts anders als Begråbniſſe alter
tapferer Helden ſeyn. Sonſt iſt bekannt/ daß ſich bey dieſen Stei-
nen in vorigen Zeiten eine Lehr-reiche und luſtige Begebenheit zuge-
tragen habe/ indem ein beruͤhmter Profeſſor Matheſeos, als wenig
Zuhoͤrer
[128]DasVCapitel von dencurieuſen Stein-Felſen
Zuhoͤrer in ſeinen Collegiis und oͤffentlichen Lectionibus ſich einge-
funden/ gebraͤuchlicher maſſen an das ſchwartze Brett angeſchlagen
gehabt: wie er dieſe groſſe Steine auf einen gewiſſen benahmten
Tag alle hinweg blaſen wolle; Als nun der beſtimmte Tag heran
nahet/ lauffen faſt alle Studenten hinaus/ dieſe Wunder-Kunſt an-
zuſchauen/ und faͤnget alsdenn der Profeſſor in ihrer Gegenwart an/
aus allen Kraͤfften auf die Steine los zu blaſen/ es will aber nicht ein
einiger weder wancken noch weichen/ derowegen er anfaͤnget/ zu ihnen
zu ſagen: daß er verheiſſen habe/ wie er dieſe Steine hinweg blaſen
wolle/ nicht aber/ daß er daſſelbe koͤnte; wobey er Gelegenheit nim-
met/ denen Studenten zu zeigen/ daß ſolche Laſt durch mathemati-
ſche Kuͤnſte koͤnten gehoben werden/ vermahnet auch dieſelben/ ein
ſolches herrliches Studium beſſer/ als vorhero/ zu treiben/ und ſo
wohl ſeine Collegia als oͤffentliche Lectiones fleißiger zu beſuchen.
II.
Von dem Stein-Felſen/ der Gaͤnſe-
Schnabel genannt.
UBer vor gedachtes Nadel-Oehr findet ſich auch in dem Unter-
Vor-Hartz ein Luſus Naturæ oder Spiel der Natur/ ſo man
den Gaͤnſe-Schnabel nennet/ welcher nicht weit von dem vor gedach-
ten Stein-Fels/ auch dem Jlefeldiſchen groſſen und Fiſch-reichen
Teich/ der Netz-Boden genennt/ angetroffen wird/ und ein Fels iſt/
deſſen heraus ragende Spitze einem Gaͤnſe-Schnabel gantz aͤhnlich
ſiehet/ und davon ſolchen Nahmen bekommen hat.
III.
Von dem in der Gegend des Cloſters Mi-
chaelſtein vorhandenen Muͤnch-
Stein.
JN der Hoch-Fůrſtlichen Braunſchweigiſchen Luͤneburgiſchen
Wolffenbůtteliſchen Grafſchafft Blanckenburg trifft man/
nicht
[129]und Stein-Bruͤchen an und auf dem Hartz.
nicht weit von dem Cloſter Michaelſtein im Walde zwey hohe Klip-
pen oder Stein-Felſen an/ die wie zwey Muͤnche ausſehen/ und die-
ſerwegen von etlichen der Muͤnch-Stein genennet werden. Es ſind
aber dieſelben von keines Menſchen Hand gemachet/ ſondern bloß
von der ſpielenden Natur alſo gebildet worden/ daß ſie die Geſtalt
zweyer Muͤnche gar artig vorſtellen.
IV.
Von etlichen wie eine Mauer geſtalten
Stein-Felſen bey Blanckenburg.
EJne gute halbe Meile von der Stadt Blanckenburg ſiehet man
viele ſehr hohe Stein-Felſen/ welche gegen Morgen ſtreichen/
und naturel wie eine Mauer geſtalt ſind/ maſſen dieſelbe in einer ſol-
chen geraden Ordnung nach einander ſtehen/ daß iemand/ der keine
Wiſſenſchaft um dieſes Natur-Spiel håtte/ einen Eyd ſchweren ſol-
te/ daß ſolches nicht natuͤrlich/ ſondern von Menſchen-Haͤnden/ nach
der geradeſten Linie/ eine rechte Mauer dahin gezogen ſey.
V.
Von der nicht weit von dem Dorffe Thal
vorhandenen ſo genannten Teuͤffels-
Mauer.
EJne gute Meile Weges von der Stadt Quedlinburg/ in der
alten Grafſchafft Rheinſtein lieget am Unter-Hartz das Dorff
Thal genannt/ von dar man nicht weit einen Ort gegen dem Roß-
Trapp uͤber antrifft/ der wie eine von ſehr groſſen uͤber einander ge-
legten Steinen verfertigte Mauer ausſiehet. Weilen aber/ ſo wohl
der Hoͤhe des Orts/ als auch der abſcheuͤlichen groſſen Steine we-
gen/ es eine pur lautere unmuͤgliche Sache iſt/ daß ſolche ſolte durch
Menſchen-Hand zubereitet ſeyn/ ſo wird von dem gemeinen Mann
vorgegeben: daß dieſelbe der Teuͤffel gemachet habe/ dahero ſie auch
Rden
[130]DasVCapitel von dencurieuſen Stein-Felſen
den vor gedachten Ort die Teuͤffels-Mauer nennen/ da es doch viel-
mehr ein Spiel der Natur oder Wunder-Geſchoͤpfe des Allmåchri-
gen Bau-Meiſters GOttes iſt.
VI.
Von dem Stein-Felſen/ der Roß-Trapp
genannt.
DJeſer Wunder-ſeltſame Felſen lieget ebener maſſen/ wie die
Teuͤffels-Mauer/ in dem Unter-Hartz/ und nicht ferne von
dem vor gedachten Dorffe Thal. Wenn nun einige Curioſi Luſt
haben/ denſelben zu beſehen/ muͤſſen ſie einen Fuͤhrer aus dem ietzt
gemeldeten Dorffe mitnehmen/ welcher dieſelben durch ein buſchich-
tes und an etlichen Orten ſteinichtes Gebuͤrge/ die Fall-Endte ge-
nannt/ ohngefehr in anderthalb Stunden/ zu zwey Felſen bringet/
die zwar in etwas von einander liegen/ doch aber von einem niedrigen
Queer-Felſen dergeſtalt an einander gewachſen ſind/ daß derjenige/
welcher nicht mit dem Schwindel behaftet/ ohne Gefahr uͤber denſel-
ben gehen/ und alſo von einem Felſen zu dem andern kommen kan.
Unter vor gedachten zweyen Felſen iſt nun einer/ welcher zwar uͤber-
aus hoch/ ſcharff und ſpitzig/ doch aber oben etwas breit/ darauf
man eigentlich eine ſehr groſſe Pferde- oder Roß-Trappe ſiehet/ wel-
che mehrentheils voll Waſſer iſt/ und verurſachet gedachtes Zeichen/
daß der Fels der Roß-Trapp genennet wird. Woher aber dieſes
Huff Eiſen-Zeichen entſtanden/ ſind zweyerley Meinungen: Denn
einige vermeinen/ daß ſolches ein natuͤrliches Werck ſey. Andere
aber halten es mit den gemeinen Leuͤthen dieſer Orten/ als welche
davon erzehlen: wie vor Alters ein Koͤnig auf einem da herum gele-
genen alten Schloͤſſern gewohnet/ der eine ſehr ſchoͤne Tochter ge-
habt/ welche einesmahls ein Verliebter/ durch Huͤlffe der ſchwartzen
Kunſt/ auf einem Pferde entfuͤhren wollen/ worbey es ſich zugetra-
gen/ daß das Pferd mit einem Fuſſe auf dieſen Felſen geſprungen/
und mit dem Huff-Eiſen dieſes Wahr-Zeichen eingeſchlagen habe.
Daß dieſes aber keine wahrhaftige Hiſtorie/ ſondern ein bloſſes Ge-
dicht
[131]und Stein-Bruͤchen an und auf dem Hartz.
dicht und Fabel-Werck ſey/ erhellet aus denen Umſtånden/ indem
erſtlich daſſelbe von andern auch auf eine andere Art/ wie unter dem
II Titel des IV Capitels zu erſehen/ erzehlet wird. Ferner iſt ex Hi-
ſtoricis nicht zu erweiſen/ daß einesmahls ein Koͤnig da herum ge-
wohnet habe/ dem ſolches widerfahren ſey. Endlich mangelt dieſer
Trappe einiger maſſen die Form eines rechten Huff-Eiſens; uͤber
das iſt dieſelbe in der Circumferentz faſt wie eine gemeine Kuchen-
Schuͤſſel groß/ dergleichen Huff-Eiſen wohl kein Schmidt iemahls
in der Welt vor ein Pferd wird verfertiget haben/ und thut nichts zur
Sache/ wenn einige vorwenden: daß ſolches Pferd der Teuͤffel ſel-
ber geweſen/ denn ihre Meinung erſtlich muß in allen Stuͤcken erwie-
ſen werden/ biß dahin ich die Erzehlung vor eine Fabel/ und die Roß-
Trappe vor ein Spiel der Natur/ halte.
VII.
Von dem Stein-Felſen/ der Maͤgde-
Sprung genannt.
DJeſer Stein-Fels wird in dem Fuͤrſtenthum Anhalt angetrof-
fen/ denn ſolcher/ wenn man von Hartzgerode nach Quedlin-
burg reiſet/ zur lincken Hand am Wege/ bey dem Fluß/ die Selcke ge-
nannt/ lieget. Auf dieſem Felſen-Stein ſiehet man einen Fuß-Stap-
fen eines Menſchens/ welcher ebener maſſen als der Roß-Trapp ein
Luſus Naturæ, oder Spiel der Natur iſt/ ob ſchon die Einwohner da
herum auch eine Fabel von einem Schaͤfer/ einer Bauren-Magd und
einem Ziegen-Bock erzehlen/ und vorgeben/ daß dieſer Fuß-Tritt von
dem Sprunge gedachter Magd entſtanden ſey.
VIII.
Von einem curieuſen Stein-Bruch bey
Blanckenburg.
JN der Grafſchafft Blanckenburg/ etwa eine gute halbe Meile
von dem albereit gedachten ſo genannten Muͤnch-Stein/ trifft
R 2man
[132]DasVCapitel von dencurieuſen Stein-Felſen
man auf der Hoͤhe einen Stein-Bruch an/ darinnen es groſſe und
kleine Steine giebet/ die wie runde Schuͤſſeln ausſehen/ und feſte an
einander ſtehen/ nicht anders/ als ob ſie mit Fleiß durch Menſchen-
Hånde alſo gerundet/ gehoͤlet und in-auch an einander gefuͤget wor-
den/ uͤber welche ſteinerne Schuͤſſeln ein curieuſer-Menſch ſich billich
verwundern muß/ zumahl/ da etliche darunter ſo groß ſind/ daß man
ſie auch zu einem Traͤnck-Stein vor das Vieh gebrauchen kan.
IX.
Von dem weiſſen Alabaſter-Bruch.
EJne Meile Weges von Nordhauſen/ gegen den Unter-Vor-
Hartz zu/ lieget in dem Hoch-Graͤflichen Stolbergiſchen Amt
Hohnſtein ein Dorff/ Harzungen genannt/ dabey man erſtlich einen
weiſſen Alabaſter-Stein-Bruch findet. Nechſt dieſem wird auch eine
gute Stunde von Nordhauſen/ in dem ſo genannten Kohnſtein/ ein
Stein-Bruch angetroffen/ welcher nechſt dem Kalck-Bruch \&c.
E. E. Raht alhier/ vermoͤge eines ausdruͤcklichen von dem Glor-
wuͤrdigſten Kaͤyſer Carolo, Anno Chriſti 1368, Dienſtages nach
dem Sontage Judica, zu Prag ertheileten Privilegii, zugehoͤret/
worinnen ebenfalls ein feiner weiſſer Alabaſter ſtehet/ ſo aber hår-
ter als der vorige iſt/ und/ dem Bericht nach/ ſich dieſerwegen
nicht gar wohl verarbeiten laͤſſet. Von beyderley Gattungen aber
dieſes weiſſen Steines ſind nicht allein kleine/ ſondern auch ſehr
groſſe Stuͤcke zu bekommen/ wie denn oftmahls Stuͤcke von hun-
dert Centnern gebrochen werden. Der Preiß dieſer Steine iſt nicht
einerley/ denn nachdem die Stuͤcke groß oder klein ſind/ nach-
dem ſie auchgeſchaͤtzet werden: alſo gilt der Centner in groſſen Stuͤ-
cken von 50 biß 100 Centnern einen Reichs-Thaler/ in Stuͤcken
von 30 biß 50 Centnern 21 Groſchen/ in Stuͤcken von 10 biß 30
Centnern 18 Groſchen: So nnn die Stuͤcke noch kleiner fallen/
iſt auch der Kauff etwas geringer.
X. Von
[133]und Stein-Bruͤchen an und auf dem Hartz.
X.
Von dem Stein-Bruch/ der ſchoͤne Maͤd-
gen- oder Maͤgdlein-Stein genannt.
VOn dieſem Stein ſind auch zwey Bruͤche vorhanden/ davon der
eine in dem Koͤniglichen Preuͤßiſchen Amt Clettenberg/ bey dem
Dorffe Hoͤrningen/ lieget/ der andere aber in dem Hoch-Graͤflichen
Stolbergiſchen Amt Hohnſtein/ nicht weit von dem Dorff Wiegers-
dorff/ ſich befindet. Dieſer Stein iſt/ wie auch mehrentheils alle
nachfolgende/ ziemlich feſter als der weiſſe Alabaſter/ und kan dahero
mit gutem Fug und Recht vor eine Gattung des Marmors gehalten
werden. Den Nahmen hat dieſer Stein/ wegen ſeines ſchoͤnen An-
ſehens bekommen/ denn er vortreflich artige Adern hat; es fallen aber
die Stuͤcke davon nicht ſo gar groß/ als wie bey dem weiſſen Alabaſter
geſchiehet/ doch findet man von demſelben ſolche groſſe Stuͤcke/ daß
man daraus uͤberaus ſchoͤne Tiſche und Architectur-Arbeit machen
kan. Sonſt gilt der Centner hievon durchgehends 16 Groſchen.
XI.
Von dem rothen Alabaſter-Bruch.
NJcht allein in der Grafſchafft Stolberg bey dem Dorffe Uff-
trungen/ ſondern auch in der benachbarten Graffſchafft
Schwartzburg Rudolſtadt/ nicht weit von dem Dorffe Badra oder
Bader/ findet man einen Stein-Bruch/ darinnen rother Alabaſter
gebrochen wird. Es iſt aber derſelbe nicht gantz roht/ ſondern roht
und weiß/ wie ein Marmor/ meliret/ und kommen die Stuͤcke von
demſelben/ ſo wohl in der Groͤſſe/ als auch in dem Preiſe/ mit dem
vor gedachten ſchoͤnen Mådgen-Stein uͤberein. Sonſt wird der-
ſelbe auch bey dem Koͤniglichen Preuͤßiſchen Dorff Herreden gefun-
den/ weilen ſolcher aber im Lande ſtehet/ darff man denſelben nicht
brechen.
R 3XII. Von
[134]DasVCapitel von dencurieuſen Stein-Felſen
XII.
Von dem Stein-Bruch/ der Nuß-Holtz-
Stein genannt.
DJeſer Stein-Bruch iſt nicht weit von dem Hoch-Graͤflichen
Stolbergiſchen Dorffe/ Steyer-Thal genannt; und wird
deswegen der Nuß-Holtz-Stein genennet/ weilen derſelbe faſt wie
ein flammigt-gewachſenes Nuß-Holtz ausſiehet/ wenn er gearbeitet
wird. Der Centner von dieſem Stein gilt auch 16 Groſchen/ und
ſind die Stuͤcke deſſelben ebenfalls/ wie die vorher gehenden/ nicht
ſehr groß/ doch ſo beſchaffen/ daß ziemliche Tiſche davon koͤnnen
verfertiget werden.
XIII.
Von dem Stein-Bruch/ der Land-Karten-
Stein genannt.
DJeſer Stein-Bruch iſt nahe bey denen uns benachbarten in dem
Hoch-Graͤflichen Stolbergiſchen Amt Hohnſtein oder Neuͤ-
ſtadt gelegenen Doͤrffern Petersdorff und Ruͤdigers- oder Riddi-
gesdorff genannt/ anzutreffen/ und hat den Nahmen daher bekom-
men: weilen die Adern dieſes Steines in groſſen Stuͤcken/ wie die
Fluͤſſe in denen Land-Karten/ ein Anſehen haben. Von dieſem
Stein fallen ziemlich groſſe Stuͤcke/ und gilt der Centner durchge-
hends 14 Groſchen.
XIV.
Von dem dunckel-grauen Alabaſter-
Stein-Bruch.
DJeſer dunckel-graue Alabaſter-Stein ſtehet nicht weit von dem
Dorff Steyer-Thal/ und ſiehet mehrentheils ſchwartz aus/
wenn er gearbeitet und poliret wird. Von dieſem hat man lange
breite Stuͤcke/ welche ſieben biß acht Schuh lang/ und oftmahls auch
ſo
[135]und Stein-Bruͤchen an und auf dem Hartz.
ſo breit ſind; Sie fallen aber nicht viele uͤber einen Schuh dicke/ wei-
len dieſelben Blatten- oder Schalen-Weiſe gebrochen werden/ da
etwa eine Blatte drey biß funfzehen Zoll dicke iſt. Der Centner gilt
hiervon durch die Banck zwoͤlff Groſchen/ und iſt ein herrlicher
Stein/ um daraus Epitaphia, Altaͤre und andere Architectur-Ar-
beiten zu machen/ maſſen die weiſſe Bildhauer-Arbeit ſehr ſchoͤn
darauf pariret oder låſſet. Jn dieſem Stein faͤllet zu Zeiten hier
und da eine gerade/ oder gleiche/ weiſſe und ſehr hell-glaͤnzende
Ader/ biß zwey Zoll dicke/ ſo von etlichen Frauen-Eis/ hier aber
Glinzer-Spatt/ genennet wird. Hievon werden ſchoͤne Tiſche
verfertiget. Es koͤnnen aber auch ſolche Stuͤcke in der Architectur,
wie mir berichtet worden/ zu gleichen Sachen/ als da ſind Pilaſtre,
Friſe, und andern mehr/ gebrauchet werden/ denn ſolche Adern/
wenn der Stein an ſich ſelbſt poliret worden/ wie Silber oder Per-
len-Mutter ausſehen/ und dieſes deſto mehr/ wenn die Flammen
ſchoͤn fallen/ wird aber ſolcher Stein mit einem beſondern hellen Fir-
nuͤß uͤberzogen/ und hernach poliret/ ſo ſpielen deſſen Flammen wie
Gold. Von dieſer Gattung wird der Schuh in die Laͤnge und
Breite/ wenn dieſelbe auf vor beſagte Art verarbeitet worden/ um
einen Reichs-Thaler verkauffet. Sonſt hat mich eine gewiſſe Per-
ſon berichtet: wie auch/ auſſer vor gedachten Alabaſter-Steinen/
in der Grafſafft Stolberg ein rechter Marmor gefunden werde/ der
ſo feſt wie ein Kieſel-Stein/ und derowegen/ ſo wohl zu denen Præ-
parir-Steinen derer Apothecker/ als auch denen Farbe- oder Reibe-
Steinen derer Mahler/ ſehr dienlich ſey; weilen aber derſelbe/ ohn-
erachtet Jhro Hoch-Graͤfliche Gnaden von Stollberg ihm eine
Gnade zugeſagt/ ſolchen Bruch nicht offenbahren will/ ſo kan
anietzo davon nichts Sonderliches melden. Endlich berichte dem
curieuſen Leſer/ daß man von denen vorhero ſpecificirten Ala-
baſter-Steinen/ bey denen hieſigen Bild-Hauern/ ſchoͤne polirte
Proben/ um ein billiges Geld/ haben kan/ welche wehrt ſind/ daß ſie
ein Curioſus zur Raritåt/ unter andern Curioſitaͤten/ aufbehalte/
wie ich denn hievon albereit unterſchiedene an gute Freuͤnde
habe verſchicken muͤſſen.
[136]DasVICap. von dencurieuſen Bergen und alten
Das VI Capitel
von denen
Curieuſen Bergen und alten verfallenen
Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
I.
Von dem Blocks Berge/ insgemein der
Blocken oder Brocken genannt.
DJeſer Berg iſt weit und breit/ ſo wohl durch gantz Teuͤtſch-
Land/ als auch auswertig in fremden Landen/ ſehr beruͤhmt/
nicht allein deswegen/ weilen ſolcher vor den hoͤchſten in
Teuͤtſch-Land gehalten/ und auf die 16 Meile Weges herum/ in
Sachſen/ Heſſen und Thuͤringen/ bey hellem Wetter/ geſehen wird/
ſondern/ weil auch die Kinder davon zu ſagen wiſſen: wie nemlich
alle Jahr darauf die Hexen aus Teuͤtſch-Land in der Walpurgis-
Nacht/ oder den erſten des Maͤy-Monats/ ſich verſammleten/ und
daſelbſt mit denen boͤſen Geiſtern/ durch einen Schmaus und Tantz/
luſtig macheten. Es lieget aber derſelbe auf dem Ober-Hartz/ nicht
weit von der Hoch-Graͤflichen Stolbergiſchen/ eine Meile von der
Stadt Wernigerode gelegenen/ Reſidens, Jlſenburg genannt/ und
nur ohngefehr fuͤnff Meilen von Nordhauſen/ weilen aber der Weg
nicht gerade darauf zugehet/ ſondern man nicht anders/ als durch
viele Um-Wege/ zu demſelben gelangen kan/ muß man wohl 7 biß
9 Meilen/ nachdem der Weg genommen wird/ reiſen/ ehe man von
hier dahin koͤmmet. Die Benahmung dieſes Berges iſt nicht ei-
nerley/ indem derſelbe von unterſchiedenen Autoribus, bald der
Bruckers- oder Bructers Berg/ bald der Prockel- oder Brockels-
Berg/ ja gar der Bocks-Berg/ und ſo weiter/ genennet wird; hin-
gegen heiſſen denſelben diejenigen/ ſo an und auf dem Hartz wohnen/
ihrer
[137]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
ihrer Mund-Art nach/ entweder der Blocksberg oder insgemein der
Blocken oder Brocken/ dabey man es billich haͤtte ſollen verbleiben
laſſen; allein da etliche Autores ſich eingebildet/ daß der Berg nicht
mehr ſeinen alten Nahmen habe/ und dieſerwegen von denen Anwoh-
nenden unrecht genennet werde/ etliche aber auch viele zum Theil wun-
derliche Einfaͤlle wegen der Etymologie des Nahmens gehabt/ ſo hat
es wohl nicht anders ſeyn koͤnnen/ als daß daraus eine Confuſion
und Vielheit derer Nahmen entſtehen muͤſſen; indem einige vermei-
net/ daß der Nahme dieſes Berges von denen Bructeris, als denen
alten Voͤlckern/ ſo vormahls am Berge gewohnet håtten/ herruͤhre/
derowegen ſie dem Berge den Nahmen Bruckers oder Bructers ge-
geben/ welches aber von einigen verworffen/ und fuͤrgewendet wird/
daß die Bructeri nicht am Hartz/ ſondern am Rhein/ wo ietzo das
Herzogthum Bergen ſey/ gewohnet håtten/ und die Worte des
Claudiani: Venit accola Sylvæ Bructerus Hercyniæ, nicht eigent-
lich von dem Hartz/ ſondern von einem andern/ bey dem Rhein gele-
genen Walde/ zu verſiehen wåren/ ſo ein Theil des ſehr groſſen Wal-
des geweſen/ welchen man vor Alters Sylvam Hercyniam genennet
habe/ und von Schwaben an faſt durch gantz Teuͤtſch-Land gegan-
gen ſey/ ehe derſelbe hin und wieder ausgehauen worden. Andere
halten davor: daß der Berg deswegen der Blocken oder Blocks-
Berg heiſſe/ weilen er von dem Nieder-Saͤchſiſchen Wort Block/
das iſt/ einem groſſen Bloch oder Klotz/ daraus man kan entweder
Feuͤer-Holtz machen/ oder Bretter daraus auf einer Såge-Muͤhle
ſchneiden laſſen/ herkomme/ maſſen es derſelben unten am Berge
ſehr viel gebe/ die daſelbſt verfaulen muͤſten/ weilen ſie ſchwerlich aus
dem Walde zu bringen waͤren/ welches wohl auch die ſicherſte Mei-
nung iſt. Hingegen koͤmmet es wohl recht låcherlich heraus/ wenn
etliche ſagen wollen: er werde davon der Blocks-Berg genennet/
weilen diejenige Hexe/ ſo in der Walpurgis-Nacht ſich verſpaͤtet
haͤtte/ und zu langſam kommen waͤre/ ſich muͤſte zur Straffe vor ei-
nen Hacke-Block oder Hacke-Klotz gebrauchen laſſen/ darauf der
Teuͤffel das Fleiſch zu denen Wuͤrſten/ ſo er zu der Freſſerey gebrau-
chete/ hacken lieſſe. Nichts weniger wird auch iemand daruͤber
Sſchwer-
[138]DasVICap. von dencurieuſen Bergen und alten
ſchwerlich weinen/ wenn M. Johann Prætorius, in ſeinem Tractat
vom Blocks-Berge part. 1 cap. \& §. 2 p. m. 42, den Blocks-Berg
gar zu einem Bocks-Berg/ Bocken und Hoͤll-Bocken machen will/
davor haltende: daß er alſo vor Alters mit ſeinen rechten Nahmen
geheiſſen habe/ entweder weilen die Hexen auf Boͤcken ihre Walfahrt
auch zur ſelben Zeit darauf gehabt: Oder daß der Teuͤffel ſich in ei-
nes groſſen Hoͤlliſchen Bocks Geſtalt darauf præſentirte/ und ver-
meinet er/ daß ſolches auch aus den Nahmen derer Bructerorum
erhelle/ als welche ihren Nahmen von dem Bock/ den ſie auf ihre
Sprache Buck genennet/ bekommen haͤtten/ und ſo viel als Bucteri
hieſſen/ welches dieſem wunderlichen Kautz/ wie er in denen monat-
lichen Unterredungen einiger guten Freuͤnde im Monat Julio An-
no 1689 pag. 721 genennet wird/ ſchwerlich iemand zu Gefallen
glauben wird/ ob er ſchon pag. 46 ſaget: daß er ſolches/ ſonderlich
derer dummen Schoͤpſe wegen/ am allerklaͤreſten gemachet habe/
maſſen wenn man ſich nur die Muͤhe nehmen wolte/ man leicht aus
ſeinen Scriptis darthun koͤnte/ daß er eines und das andere absque
judicio geſetzet/ auch derowegen ſelber unter ſolche Schoͤpſe/ und
zwar in ſuperlativo gradu, gehoͤre. Der Nahme Brocken ſoll/
nach etlicher Meinung/ davon herruͤhren: daß ſolcher Berg bey
dem Tode Chriſti unſers Heylandes nebſt andern Bergen zerſpal-
ten/ und/ wie die an dem Berge wohnende Nieder-Sachſen reden/
te brocken/ das iſt/ zu brochen waͤre/ welche Derivation aber von
vielen nicht will zugegeben werden/ warum ich mich doch wenig be-
kuͤmmere. Weilen mein Vorhaben anietzo nicht iſt/ die Curioſos
långer mit dieſem Wort-Streit aufzuhalten; ſondern denenſelben
nunmehro zu zeigen/ durch was vor Wege man auf den Berg gelan-
gen koͤnne. Der nåheſte Weg von Nordhauſen aus iſt/ wenn man
auf Braunlage zureiſet/ und von dar ſich auf den Berg durch einen
Fuͤhrer bringen laͤſſet/ welchen Weg ich unterſchiedene mahl kommen
bin/ der mir wohl gefallen hat; man kan ſich aber auf dieſem Wege
in dem Hartz leicht verirren/ wenn dem Weg-Weiſer der Weg nicht
accurat bekannt iſt. Nechſt dieſen hat mich Tit. Herr D. Samuel
Rochliz/ wohl-beſtallter Phyſicus zum S. Andreas-Berge \&c., mein
ſonder-
[139]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz
ſonderbahrer guter Freuͤnd und Gevatter berichtet: wie auch ein fei-
ner Weg von ietzt gedachter Ober-Harziſchen Berg-Stadt nach
dem Brocken zugienge/ welcher/ meinen Gedancken nach/ in den
vor gedachten Weg fallen muß/ weilen S. Andreas-Berg zur lincken
Hand dieſes Weges lieget. Gleicher Geſtalt gehet von Elbingero-
de ein Weg hinauf/ der/ dem Bericht nach/ ſehr moraſtig iſt; bey
Jlſenburg aber iſt noch ein anderer vorhanden/ welcher von denen
fremden reiſenden curieuſen Perſonen am meiſten geſuchet und be-
treten wird/ ohnerachtet derſelbe ſehr beſchwerlich zu ſteigen iſt/ wie
ich ſelbſt erfahren habe/ wiewohl es auch bey denen vor gedachten
Wegen ohne Verdrießlichkeit nicht abgehet/ weilen ſolche rauh und
ungebahnet ſind/ denn derjenige Bohl- oder Fuhr-Weg/ welchen
Jhro Hoch-Fuͤrſtliche Durchlauchtigkeit Heinrich Julius, Herzog
zu Braunſchweig und Luͤneburg \&c. Hoch-ſeligen Andenckens/ hat
hinauf machen laſſen/ um ſeine Gemahlin aus Curioſitaͤt hinauf zu
fuͤhren/ vor laͤngſt wieder verfallen iſt/ welches alles aber ein Curio-
ſus weniger als nichts achten muß. Hat nun iemand Luſt/ dieſen
Berg zu beſchauen/ ſo rathe ich demſelben/ daß er ſein Vorhaben biß
nach dem Feſt S. Johannis des Taͤuffers/ auch wohl gar/ wenn der
Winter lang angehalten hat/ biß in den Julium oder Heuͤ-Monat
verſpare/ ſonſt derſelbe/ wenn er eher koͤmmet/ eine vergebliche Reiſe/
wie mir dergleichen Exempel bekannt/ vornimmet/ und entweder
wegen des tieffen auf dem Berge annoch um die Zeit vorhandenen
Schnees/ oder des groſſen Froſtes wegen nicht darauf kommen kan;
es muͤſte denn ſeyn/ daß vor beſagtem Johannes-Tage eine ſolche
groſſe Hitze geweſen waͤre/ die vor gedachte Verhinderungen aus
dem Wege geraͤumet haͤtte/ welches aber auf dem Hartz bey dem
Brocken ein ſelzames und ungewoͤhnliches Werck iſt/ nach der Zeit
aber kan derſelbe ſich mit einer curieuſen Geſellſchafft anfinden/ und
einen Weg erwehlen/ welchen er will. Wenn denn ihm der Weg
bey Jlſenburg beliebet/ ſo muß er von daſelbſt einen Weg-Weiſer
mitnehmen/ der die Compagnie/ nachdem ſich dieſelbe mit leichten
Stiefeln oder geringen Schuhen und Struͤmpfen verſehen/ durch
Moraſt/ Holtz- und Buſch-Werck uͤber Steine/ Bruͤcken und
S 2Baͤche
[140]DasVICap. von dencurieuſen Bergen und alten
Baͤche/ bey einem ziemlichen hohen Stein-Felſen/ der Jlſen-Stein
genannt/ vorbey/ und weiter den Berg hinauf bey zwey Stunden lang
fuͤhret/ ehe er diejenigen/ welche ihrer Bequemlichkeit halber zu Pferde
ſich befinden/ abſteigen heiſſet/ und ihnen anzeiget/ daß man wegen
des boͤſen Weges/ wie er anfaͤnglich ſchon geſaget/ nicht weiter zu
Pferde fortkommen koͤnne/ ſondern ſolche mit etlichen Bedienten
muͤſſe ſtehen laſſen. Worauf die Compagnie an dieſem Ort zu
Zeiten etwas ausruhet/ und alsdenn vollends zu Fuß hinauf uͤber
Stock und Block/ wie ſie aldort reden/ bald klettert bald ſteiget/ wel-
ches auch ohngefaͤhr/ nach Verflieſſung zwey guter Stunden/ voll-
bracht wird/ alsdenn die Compagnie ſich oben auf dem hoͤchſten Gip-
fel des Berges befindet/ und uͤber deſſen grauſame Hoͤhe/ wenn eben
helle Wetter vorhanden/ verwundert/ ſonderlich/ da derſelbe unten
im Lande/ wegen derer andern hohen Hartz-Gebuͤrge/ nicht ſo hoch/
als er iſt/ ſcheinet. Ebener maſſen wird keiner darunter ſeyn/ der
ſich vorhero zwey ſolche runde/ ob ſchon abhaͤngige/ doch ziemlich
ebene Plaͤtze/ auf einer ſolchen Hoͤhe eingebildet haͤtte/ als er oben
auf dieſem Berge antrifft/ und wovon der eine hohe und weite der
groſſe oder rechte Block-Berg/ der andere gegen uͤber liegende nie-
drige und ziemlich kleinere aber der kleine Brocken genennet wird/
wobey es artig zu ſehen iſt/ daß auf dieſen Plaͤtzen keine Baͤume und
Straͤuche zu finden ſind/ da doch etwa einen guten Muſqueten- oder
Buͤchſen-Schuß von der oberſten Hoͤhe des groſſen Platzes/ und
ohngefahr nur halb ſo weit von der Spitze des kleinen Brockens her-
unter viel Baͤume und Straͤucher/ von allerhand Gattung/ rund um
dieſelbe/ als wenn ſie mit Fleiß alſo waͤren gepflanzet worden/ ſtehen/
und faſt keiner auſſer der Ordnung weiter hinein waͤchſet/ die Urſach
deßen wollen einige deꝛ daſelbſt continuirlich befindlichen großen Kaͤl-
te zuſchreiben/ worzu auch die denen meiſten Baum-Wurzeln ſchaͤd-
liche uͤberfluͤßige Naͤſſe viel helffen kan/ maſſen es oben auf dem
Blocks-Berge ſehr moraſtig/ ſumpficht und voll Moos iſt/ welches
von dem Regen und Schnee-Waſſer/ ingleichen von dem Brunnen
herruͤhret/ deſſen ich albereit unter dem III Capitel und Titel gedacht
habe. Ferner ſind auch oben auf dieſem Berge etliche Stein-Felſen
vor-
[141]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
vorhanden/ darinnen ſchon vor langen Zeiten/ wie die Jahr-
Zahl ausweiſet/ viele Nahmen von denenjenigen/ ſo darauf aus
Curioſitaͤt geweſen/ zum Andencken eingegraben worden/ wei-
len aber unterſchiedene Boͤſewichte ſich nicht geſcheuͤet/ bey etli-
chen einen Eſels-Kopff zu machen/ hat ſolches nachgehends viele
curieuſe Perſonen abgeſchrecket/ daſelbſt ihr Gedaͤchtniß auf ſol-
che Art zu hinterlaſſen. Die Lufft auf dieſem Berge iſt/ der treff-
lichen Hoͤhe wegen/ mehrentheils kalt und truͤbe/ auch zu der
Zeit/ da oftmahls unten im Thal oder in dem Lande das ſchoͤn-
ſte und waͤrmeſte Wetter vorhanden; doch trifft man oftmahls
dieſelbe alhier temperiret und helle an/ alsdenn die Curioſi ſich mit
Anſchauung derer da herum liegenden Laͤnder/ Berge/ Staͤdte und
anderer Oerter ergetzen/ ſonderlich wenn ſie ein gutes Perſpectiv bey
ſich haben. Es geſchiehet aber zu Zeiten/ daß der Berg ploͤtzlich mit
einem dicken Nebel und etlichen vorbey-ſtreichenden finſtern Wolcken
dergeſtalt umgeben wird/ daß die Compagnie davor einander nicht
ſehen kan/ ob ſie ſchon nicht gar weit von einander ſtehen; uͤber das
werden dieſelben vielmahls von der herunter fallenden Naͤſſe Pfuͤ-
zen-naß. Wenn nun der feuͤchte Nebel mehrentheils herunter gefal-
len iſt/ und die dunckeln Wolcken faſt gaͤntzlich vorbey gezogen ſind/
auch eben zu der Zeit im Lande die Sonne ſcheinet/ ſo laͤſſet es/ als
ob darinnen allerwegen ein dunckeles Feuͤer brennete/ indem die
Sonne ſich alſo durch die annoch etwas finſtere Wolcken præſenti-
ret. Nach dieſem wird es wieder wie zuvor helle/ hingegen traͤgt es
ſich nicht ſelten zu/ daß es hierauf nach dem Lande hinunter alles fin-
ſter wird/ entweder weilen die Nebel und Wolcken dahin fallen/ oder
daß neuͤe Wolcken ankommen/ welche unten an den Berg anſtoſſen/
und ſich daſelbſt zertheilen/ und was ſolcher wunderlichen Veraͤnde-
rungen der Lufft daſelbſt mehr ſind/ die man aber gar langſam auf
einmahl/ auch nicht zu ieder Zeit auf dieſem Berge gewahr wird. Es
halten einige davor/ wie der bekannte wilde Jaͤger/ als ein bekanntes
Teuͤfels-Geſpenſt/ des Nachts alhier und in der Gegend herum ſein
Spiel habe/ derowegen etliche nicht viel naͤhmen/ daß ſie des Nachts
auf dem Berge verharreten/ wenn ſie auch ſchon die bequemeſte
S 3Witte-
[142]DasVICap. von dencurieuſen Bergen und alten
Witterung darzu haͤtten; Allein ich bin zweymahl/ einer angeneh-
men Compagnie zu Gefallen/ mit droben verblieben/ da ich/ GOtt
Lob! mit ihnen von ſolchem Teuͤffels-Werck nichts vermercket ha-
be/ vielmehr konten wir uns das erſtemahl auf dieſem Obſervatorio
nicht genugſam an dem Lauff derer Sternen ergetzen/ weilen es da-
mahls die ganze Nacht durch am Himmel ſehr helle war/ und ich zu
dem Ende einen Tubum Opticum mitgenommen hatte/ welches uns
auch anfriſchete/ etliche Tage hernach wieder eine Nacht an dieſe
Curioſitaͤt zu wagen/ wir waren aber dieſesmahl ungluͤcklich/ denn es
nicht allein gegen Mitternacht ſehr dunckel/ ſondern auch ſo kalt dar-
auf wurde/ daß wir uns kaum bey einem angezuͤndeten Feuͤer erwaͤr-
men konten. Ob ich nun ſchon alſo vor beſagter maſſen nichts von
denen Geſpenſtern auf dieſem Berge verſpuͤhret habe/ ſo will doch
damit nicht leuͤgnen/ daß nicht auch zu Zeiten der Teuͤfel alhier/ wie
an andern Orten/ ſein Weſen haben ſolte/ denn ich ebenfalls der-
gleichen einesmahls nicht weit von dem Blocks-Berge mit einigen
guten Freuͤnden/ wovon Herr Andreas Heinrich Sickel/ E. E.
Rahts Apothecker alhier/ mein vielgeliebter Stieff-Vater und Ge-
vatter annoch am Leben/ angehoͤret habe/ als wir uns verirret hatten/
und die Nacht uͤber daſelbſt verbleiben muſten. Ferner iſt dieſer
Berg oben mit langem Gras/ vielen Kraͤutern und Wurzeln be-
wachſen/ wovon unterſchiedene Johannes Thalius, weyland Phyſi-
cus alhier/ in ſeinem ſo genannten Sylvâ Hercyniâ, ingleichen Jo-
hann Royer/ vormahls Hoch-Fuͤrſtlicher Braunſchweigiſcher Luͤ-
neburgiſcher Gaͤrtner zu Heſſem/ in einem bey die Beſchreibung des
Heſſemiſchen Gartens gedruckten Catalogo angefuͤhret hat/ welche
ich auch mit vielen andern/ ſo von dieſen Autoribus entweder vergeſ-
ſen/ oder nicht obſerviret worden/ zukuͤnfftig/ wenn mir GOtt das
Leben verleihet/ in meinem Herbario Hercynico erzehlen werde.
Dieſes will ich aber denen Curioſis zur Nachricht und Warnung
ſagen: daß es alhier eine Gattung Heydel-Beere gebe/ welche
Trunckel-Beere heiſſen/ weilen wenn ſie gegeſſen ein ſtarckes Haupt-
Wehe mit einem Schwindel verurſachen/ und gleichſam truncken
machen. Nechſt dem findet man auch daſelbſt kleine Beere/ ſo denen
Heydel-
[143]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
Heydel-Beeren ziemlich aͤhnlich ſehen/ und von denen Leuͤthen/ ſo
da herum wohnen/ Apen-Beere/ das iſt/ Affen-Beere/ genennet
werden/ indem diejenigen/ welche davon genieſſen/ ſich wie Affen
anſtellen/ und allerhand tolle Gebaͤrden machen/ derowegen ſich die
Naͤſcher wohl in Acht zu nehmen haben/ wenn ſie zu der Zeit auf dem
Berge ſich befinden/ da ſolche Beere reiff ſind. Wenn man eine
Buͤchſe oder dergleichen Gewehr auf der Hoͤhe dieſes Berges ab-
ſchieſſet/ entſtehet davon ein ſchlechter Knall/ vielweniger giebet der-
ſelbe ein Echo oder einen Wieder-Schall/ weilen keine ſolche hohe
Berge dagegen liegen/ woran der Schall anſchlagen/ und wieder
zuruͤck prallen kan. Haben nun die Curioſi dasjenige/ was bey der
Beſichtigung dieſes Berges merck-wuͤrdig iſt/ genugſam beſchauet
und betrachtet/ ſo begeben ſich dieſelben alsdenn den Berg wieder
hinunter/ und langen ohngefaͤhr nach zwey guten Stunden zu Jlſen-
burg an/ denn ihnen das Herabſteigen leichter/ als das Hinaufſteigen
bekannter maſſen/ ankoͤmmet. Sonſt gehoͤret der Blocks-Berg
theils zum Hoch-Fuͤrſtlichen Braunſchweigiſchen Luͤneburgiſchen
Wolffenbuͤtteliſchen/ theils zum Hoch-Graͤflichen Stolbergiſchen
Jlſenburgiſchen Gebiethe/ und zeiget denen beywohnenden Land-
Leuͤthen/ gewiſſer als eine Calender-Practica, alle Tage die Witte-
rung an: denn/ wenn derſelbe des Morgens fruͤhe/ wie ſie ſagen/
brauet/ das iſt/ mit einem dicken Nebel bedecket iſt/ ſo regnet es dieſen
Tag uͤber gewiß; hingegen wenn derſelbe zu der Zeit ohne einen Ne-
bel iſt/ ſo folget ein ſchoͤner heller Tag darauf. Schließlichen giebt mir
dieſer Berg Anlaß/ einigen curieuſen Leſern zu berichten/ wie unter
denen Gelehrten noch ein groſſer Streit ſey: Ob ſo wohl hierauf/
als an andern Orten/ die Hexen in der That und Wahrheit leiblicher
Weiſe zu ihren Gaſtereyen und Teuͤfels-Taͤnzen fahren? oder: Ob
dieſelbe ſich nur ſolches einbilden? maſſen etliche davor halten: daß
ſolches ein Traum-Werck ſey/ und der Teuͤfel/ als ein Tauſend-
Kuͤnſtler/ denen Zauberern und Hexen im Schlaff einbilde/ als ob
ſie anders wo bey Gaſtereyen waͤren/ und tanzeten/ da ſie doch zu
Hauſe im Bette/ auf der Banck/ oder ſonſt wo/ ſich befaͤnden. An-
dere vermeinen/ daß der Teuͤfel die Seele derer Zauberer und Hexen
durch
[144]DasVICap. von dencurieuſen Bergen und alten
durch eine Entzuͤckung aus dem Leibe fuͤhre; hingegen finden ſich
wieder einige/ die da wollen: daß ſolche leibhaftig dahin fahren/ oder
gebracht werden/ denn der Teuͤfel ſolches wohl vermoͤge/ weilen er
ſo ein ſtarcker Geiſt ſey/ daß er auch Chriſtum wahrhaftig in der Ver-
ſuchung auf die Zinnen des Tempels/ und weiter herum/ gefuͤhret ha-
be. Dieſe Meinungen werden nun von unterſchiedenen gelehrten
Autoribus verfochten/ und bemuͤhet ſich ein ieder/ ſeine Gedancken
mit Vernunfts-Gruͤnden und Exempeln zu behaupten/ wovon ich
ſehr viele anfuͤhren koͤnte/ wenn die Materie nicht gar zu weitlaͤuftig
waͤre; derowegen ich demjenigen/ der ein mehrers hievon zu wiſſen
verlanget/ Herrn D. Johannis Gerhardi, weyland vornehmen Pro-
feſſoris Publici zu Jena/ Commentarium uͤber das 4 Capitel des
Evangelii S. Matthæi pag. 208, ingleichen M. Johannis Prætorii
Teuͤtſchen Tractat vom Blocks-Berge part. 2 cap. 2 p. 201 \& ſeq.
zu leſen vorſchlage/ denn dieſelben ſolche Fragen ausfuͤhrlich abge-
handelt haben.
II.
Von dem bey Goslar gelegenen Ram-
mels-Berge.
DEr Rammels-Berg lieget gegen Mittag an dem Ober-Hartz/
nahe bey der Kaͤyſerlichen Reichs Freyen Stadt Goslar/ und
iſt ein ſehr groſſer/ hoher und auſſerhalb unfruchtbarer Berg/ denn
man darauf keine Tannen-Baͤume/ wie auf denen benachbarten
Bergen/ antrifft/ ſondern es iſt derſelbe nur mit Heidel-Beeren/
groſſer Heyde/ Breuͤſel-Beeren und wenig Straͤuchen bewachſen/
vor ſich nach Goslar zu/ hat ſolcher keinen Berg mehr/ hinten aber
ſtoͤſſet er an die andern Hartz-Gebuͤrge an/ und iſt in der Hoͤhe wun-
derbarlicher Weiſe zerborſten/ maſſen man uͤber denen Ober-Gruben
einen Riß ſiehet/ der an etlichen Orten faſt drey biß vier Ellen weit/
bey hundert Lachter lang/ und ſo tieff iſt/ daß man auf den Grund
nicht ſehen kan/ welcher auch/ derer Berg-Leuͤte Bericht nach/ von
Jahren zu Jahren weiter werden ſoll/ woher ſolcher aber entſtanden
ſey/
[145]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
ſey/ hat man keine eigentliche und gewiſſe Nachricht/ doch vermeinen
einige/ daß ſich der Berg zu der Zeit von einander gegeben/ als der-
ſelbe einesmahls/ wie in der alten Saͤchſiſchen Chronicâ zu erſehen/
eingegangen ſey/ und bey vierdthalb hundert Weiber auf einen Tag
zu Witt-Frauen gemachet habe/ welche alle vor dem Berge geſtan-
den/ und ihre Maͤnner beweinet haͤtten. Der Nahme dieſes Ber-
ges ruͤhret von dem Erfinder derer Rammelsbergiſchen Berg-Wer-
cke her/ und hat es ſich damit folgender maſſen zugetragen: Als
Kaͤyſer Otto/ der Erſte dieſes Nahmens/ nicht gar weit von Gos-
lar/ auf der Hartz-Burg ſeinen Hof gehalten/ und vielfaͤltig in dem
Hartz-Gebirge hat jagen laſſen/ begiebet es ſich eines mahls/ daß einer
von ſeinen vornehmen Jaͤgern Ramm genannt/ auf Befehl des
Kaͤyſers/ an denen Vor-Bergen des Harzes jaget/ wie er nun an
einen Berg kommen/ da er/ der Hoͤhe wegen/ nicht weiter mit dem
Pferde dem Wilde nacheilen kan/ bindet derſelbe ſein Pferd woran/
und folget zu Fuſſe dem Wilde nach. Jndeſſen als ſolches geſchie-
het/ und der Jaͤger etwas lange ausbleibet/ verlanget das Pferd nach
ſeinem Herrn/ und ſcharret/ der Pferde-Art nach/ hefftig mit denen
Vorder-Fuͤſſen/ wodurch ohngefaͤhr ein Ertz-Gang entbloͤſſet wird/
davon der Jaͤger/ bey ſeiner Wiederkunft/ eine Stuffe mitnimmet/
und dem Kaͤyſer zeiget/ der ſolches probiren/ und/ aus Liebe die er
zum Berg-Wercke getragen/ aldar einſchlagen laͤſſet; nachdem aber
ſolches gegluͤcket/ und die Berg-Leuͤthe ie laͤnger ie mehr den Berg
mit Bauen angegriffen/ hat der Kaͤyſer dem Berge/ nach dem Jaͤger
Ramm/ den Nahmen Rammelsberg gegeben/ wie er denn noch auf
den heuͤtigen Tag alſo heiſſet. Es wollen zwar einige vorgeben:
daß der Berg ſeinen Nahmen nicht von dem Jaͤger/ ſondern von dem
Pferd bekommen habe/ als welches von ſeinem Herrn Ramm genen-
net worden. Allein/ die erſte Meinung iſt wohl die ſicherſte; denn/
hat man des Jaͤgers Frau/ Goſa genannt/ die Ehre angethan/ und
nach ihrem Nahmen die Stadt Goslar/ und das dahin flieſſende
Waſſer die Goſe/ deſſen ich im IV Capitel gedacht/ geheiſſen/ wie
vielmehr wird man nicht den Jaͤger ſelbſten geehret/ und den Berg
nach ſeinem Nahmen genennet haben/ weilen man denſelben/ wegen
TEr-
[146]DasVICap. von dencurieuſen Bergen und alten
Erfindung derer Rammelsbergiſchen Berg-Wercke/ ohne Zweiffel
wird ſehr æſtimiret haben/ welches inſonderheit daraus zu ſchlieſſen
iſt/ daß man denſelben mit ſeinem Weibe/ nach beyder Abſterben/ nicht
allein in Goslar in S. Auguſtini Capelle/ die auf dem Franckenber-
giſchen Kirch-Hofe ſtehet/ hat begraben/ ſondern auch zu Ehren einen
groſſen Stein auf ihr Grab legen laſſen/ darauf ſie beyde in Lebens-
Groͤſſe gehauen ſind/ und haͤlt der Jaͤger in ſeiner rechten Hand ein
Schwert uͤber ſich/ ſeine Frau aber traͤget eine Crone auf ihrem Kopf.
Dieſer Stein iſt vormahls/ als man den Buͤrgermeiſter Karſten oder
Chriſtian Balder/ als einen Befreuͤndten meiner ſeligen aus Goslar
gebuͤrtigen Mutter Eliſabeth Catharinen Balderin/ in dieſer Ca-
pelle hat begraben/ und zu dem Ende das Grab daſelbſt machen wol-
len/ faſt drey Ellen tieff in der Erde gefunden worden/ worauf E. E.
Raht zu Goslar denſelben zu einem ewigen Gedaͤchtniß auſſen an die
Capelle hat aufrecht ſetzen laſſen/ damit er von iedermann kan geſe-
hen werden. Vormahls hat/ nach des Kaͤyſers Ottonis Zeiten/
der Raht zu Goslar mit etlichen Buͤrgern oder Huͤtten Herren/ den
Rammels-Berg innen gehabt/ aniezo aber kommen faſt alle Nutzun-
gen/ laut eines mit der Stadt Anno 1552 getroffenen Vergleichs/
von demſelben dem Hoch-Fuͤrſtlichen Hauſe Braunſchweig zu/ und
hat gedachter Raht nur noch drey Zechen darinnen. Ob nun ſchon
vor beſagter maſſen der Rammels-Berg von auſſen ein unfruchtbarer
Berg iſt/ ſo hat er doch dieſen Mangel mit ſeinem Ertz und Minera-
lien etliche hundert Jahr her reichlich erſetzet; denn man das Ertz dar-
innen in ſolcher Menge angetroffen hat/ und noch findet/ als wohl in
einem Berge/ allein in der Chriſtenheit/ biß auf dieſen Tag nicht ge-
ſchehen iſt/ derowegen auch Herr Georg Engelhard von Loͤhneyß im
fuͤnfften Theil ſeines Berichts vom Berg-Werck fol. 84 dieſen
Berg ſehr ruͤhmet/ und ſaget: daß man dergleichen/ aus dem ſo man-
cherley Ertz und Gaben kommen/ in Teuͤtſch-Land nicht antreffen
werde; Er redet aber nicht von einem reichen/ groſſen weitlaͤufftigen
Berg-Werck/ das auf etliche Meilen begriffen iſt/ ſondern nur von
einem Berge/ da das Berg-Werck/ wie bey dem Rammels-Berge/
ſo enge beyſammen iſt/ daß man es mit einem Pirſch-Rohr uͤberſchieſ-
ſen
[147]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
ſen kan. Es werden aber aus dem Rammels-Berg nachfolgende
Ertze und Mineralien gewonnen/ nemlich Glantz-Ertz/ braun Bley-
Ertz/ gemein Ertz/ weiß Kupfer-Ertz/ gelb Kupfer-Ertz/ Kupfer-
Kieß/ weiſſer Kieß/ graue Gans/ Schmer-Ertz/ rother Atrament-
Stein/ grauer Atrament-Stein/ weiſſe Joͤckeln/ gruͤne Jockeln
oder gediegen Victril/ weiſſe Blume oder Victril, gruͤne Blume/
grauer Kupfer-Rauch/ gelber Miſy, Ockergelb/ Talg und Feder-
weiß; hieraus werden allerhand Metallen und Mineralien gemacht/
als Gold/ davon doch die Marck Silber nur einen Heller haͤlt/ dero-
wegen ſolches/ weil es die Unkoſten nicht abwirfft/ von dem Silber
ungeſchieden bleibet/ ferner Silber/ Kupfer/ Gloͤtt-Bley/ Zinck/
Schwefel/ Gallmey/ Kobolt/ blau und weiſſer Victriol, auch andere
mehr. Hingegen ſind die Rammelsbergiſchen Ertze ſo feſte/ daß ſie
mehrentheils weder mit Gezaͤn oder Inſtrumenten noch mit Schieſ-
ſen koͤnnen gewonnen werden/ derohalben ſolche die Berg-Leuͤthe mit
Feuͤer beſetzen/ welches denn ſehr wohl hebet/ weilen das Ertz in dem
gantzen Berg ſehr kluͤftig iſt/ und das Feuͤer alſo leicht an die Kluͤfte
kan geſetzet werden. Von ſolchem Feuͤer-Setzen iſt die Hitze ſo groß
in denen Gruben/ daß die Berg-Leuͤthe ihre Arbeit an etlichen Orten
nackend verrichten muͤſſen/ zumahl/ da das Waſſer in dem Rammels-
Berge ſehr vitrioliſch/ und ſo ſcharff iſt/ daß es ihnen Kleider und
Schuhe zerfriſſet/ wenn ſie ſolche anziehen. Nichts deſto weniger
wird das Waſſer vor die Beſchwerung des Magens und andere
Kranckheiten von etlichen hart genaturten Menſchen getruncken/
weilen es hefftig purgiret/ und ihnen alſo zum oͤfftern mehr ſchaͤdlich
als nuͤtzlich iſt/ geſchweige daß ſolches einen uͤberaus heßlichen Ge-
ſchmack hat/ und dieſerwegen nicht wohl in den Mund kan genom-
men werden/ auch die Fiſche aus der Ocker vertreibet/ wie ich im IV
Capitel albereit erinnert habe. Vor Zeiten hat man in dem Tieffe-
ſten derer Gruben Suͤmpfe gehabt/ darein dieſes Waſſer gefallen;
wenn man nun in ſolche Suͤmpfe eiſerne Staͤbe geleget/ hat das
Waſſer das Eiſen verzehret/ und ſich herum eine Materie/ gleich ei-
nem Roſt/ geſetzet/ welcher endlich zu gutem Kupfer worden/ aus dem
man das annoch uͤbrige Eiſen/ wie ein Schwerdt aus der Scheide/
T 2hat
[148]DasVICap. von dencurieuſen Bergen und alten
hat ziehen koͤnnen. Es ſind zwar ſolche Oerter nunmehro wieder
verfallen/ doch hat das Waſſer die Krafft/ das Eiſen in wahrhafftig
Kupfer zu verwandeln/ biß hieher behalten. Sonſt ſetzet ſich von
dieſem Waſſer an dem Ort/ wo daſſelbe durch den Stollen flieſſet/
am Gezimmer und in der Waſſer-Seige/ ein gelber Slich oder
Schlamm/ an etlichen Orten faſt Haͤnde-dicke/ an/ welcher Ocker-
gelb genennet/ und daraus eine braune und rothe Farbe gemacht wird.
Jnwendig iſt der Rammels-Berg/ nachdem er nunmehro viele hun-
dert Jahr hero gebauet worden/ in ſolche groſſe Weiten ausgehauen
worden/ daß es daſelbſt ſehr gefaͤhrlich zu arbeiten iſt/ zumahl/ da die
Weiten ſo hoch ſind/ daß man mit keinem Holtz zu Huͤlffe kommen
kan. Wenn nun daſelbſt die Ertz-Waͤnde herein gehen/ wie offt ge-
ſchiehet/ nehmen die Arbeiter Schaden/ und zerſchlagen ſolche/ was
ſie antreffen; derowegen die Berg-Leuͤthe zu Goslar/ in der hart am
Thor gelegenen S. Claus-Kirche/ woͤchentlich zweymahl des Mor-
gens fruͤhe durch eint Predigt vermahnet werden: daß ſie ſich in ſol-
cher Gefahr GOtt befehlen ſollen; allein/ es iſt ein verwegen Volck/
das ſolches wenig achtet/ denn wo der Prieſter ein wenig zu lang pre-
diget/ und unterdeſſen das Stadt-Thor aufgehet/ lauffen ſie meh-
rentheils alle davon/ und laſſen den Prediger allein ſtehen/ alsdenn
derſelbe von ſich ſelbſt wohl aufhoͤren muß/ welches Lob dieſen Ar-
beitern wohl-gedachter Loͤhneyſſen im fuͤnfften Theil ſeines Berck-
Wercks-Buches fol. 79 giebet. An denen Orten aber/ wo man
darzu kommen kan/ iſt der Rammels-Berg mit Holtz genugſam un-
terbauet/ und ſagen die Berg-Leuͤthe/ ſo darinnen arbeiten: daß in
dem Berge mehr Holtz/ als in der Stadt Goslar/ verbauet ſey/ wie
man denn auch in dem Rammels-Berge etliche Weiten oder Oerter
findet/ welche die Alten mit ſtarckem Eichen-Holtz ausgezimmert ha-
ben/ damit/ wenn ſich der Berg ſetzen wuͤrde/ er darauf ruhen koͤnte/
und iſt daſſelbige Holtz ſo ſchwartz und hart worden/ daß auch das
Werck-Zeuͤg darinnen verdorben wird/ wenn man es arbeiten will/
derowegen der Berg daſelbſt hiervon eine gute Berg-Feſtung hat.
Nichts weniger haben die Alten an andern Oertern dieſes Berges/
nemlich wo die Waſſer-Kunſt anietzo haͤnget/ groſſe und hohe Ge-
woͤlbe
[149]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
woͤlbe mit Kalck mauren laſſen/ davon etliche doppelte Bogen uͤber
einander haben/ und dieſes zu dem Ende/ damit ihre Heinzen/ ſo zu
der Zeit aldar gehangen/ fuͤr dem Waͤnde-Einfallen daſelbſt ſicher
ſeyn moͤchten/ welches viel muß zu bauen gekoſtet haben. Dieſer
Rammels-Berg hat viel Gruben/ es werden aber nicht alle gebauet.
Merck-wuͤrdig aber iſt es/ daß man aldar eine alte verlegene Grube
antrifft/ welche die Teuͤffels-Grube heiſſet/ und dieſes dahero/ weil/
wie man ſagt/ der Teuͤffel neben andern Gewercken darinne ſoll ge-
bauet/ ſein Geld woͤchentlich fuͤr die Grube geleget/ und ſein zugemeſ-
ſen Ertz weggebracht haben. Als aber einesmahls die Gewercker
nicht recht mit demſelben das Ertz getheilet haͤtten/ ſey die Grube von
ihm uͤber einen Hauffen geworffen worden/ und habe biß auf den heuͤ-
tigen Tag ihren Nahmen von dem Teuͤffel behalten. Jm uͤbrigen
iſt noch ein feiner Brunn/ der Kinder-Brunn genannt/ am Ram̃els-
Berge vorhanden/ deſſen ich aber ſchon im III Capitel gedacht habe.
Verlanget nun ein Curioſus mehr Nachricht von dem Rammels-
Berge/ ſo ſo kan er davon in des offt gedachten Loͤhneyſſens Be-
richt von Berg-Wercken/ ingleichen Thomæ Schreibers Bericht
von denen Berg-Wercken/ und Chriſtiani Bervvardi Erklaͤhrung
derer Berg-Leuͤthe Redens-Arten/ nachſchlagen.
III.
Von dem in der Guͤldenen Aue gelegenen
Kieffhaͤuſer-Berge/ und darauf vorhande-
nen wuͤſten Schloſſe/ Kieffhauſen
genannt.
OHngefaͤhr drey gute Meilen von hier lieget/ nicht weit von Fran-
ckenhauſen und Kelbra/ gegen dem Unter-Vor-Hartz/ in der
ſo genannten guͤldenen Aue/ der Kieffhauſer-Berg/ welcher von de-
nen Einwohnern/ ihrer Mund-Art nach/ der Kipphuͤſer-Berg ge-
nennet/ und/ ſeiner Hoͤhe wegen/ ziemlich weit/ ſonderlich in der guͤl-
denen Aue/ welche ſich bey Nordhauſen anfaͤnget/ und biß gegen Frey-
T 3burg
[150]DasVICap. von dencurieuſen Bergen und alten
burg gehet/ geſehen wird/ auch dieſerwegen gleichſam derer Nordhaͤu-
ſiſchen von denen Leipziger Meſſen zurůck kommenden Kauff- und
Handels-Leuͤthe Promontorium bonæ Spei oder Vor-Gebirge
guter Hoffnung iſt/ denn wenn ſie denſelben wieder erblicken/ machen
ſie ſich gute Hoffnung/ bald/ mit GOttes Huͤlffe/ wieder zu denen
Jhrigen zu gelangen. Auf der Spitze dieſes Berges iſt nun ein wuͤ-
ſtes Schloß vorhanden/ das Kieffhauſen oder Kipphuſen heiſſet/ wo-
von auch der Berg ſeinen Nahmen bekommen hat. Dieſes Schloß
ſoll/ einiger Meinung nach/ Julius Cæſar, als der erſte Roͤmiſche
Kaͤyſer/ erbauet haben/ es wird aber davon in keiner alten Chronicâ
etwas gedacht/ und lauffet ſolches wider die alten Hiſtorien/ als wel-
che bezeuͤgen: daß Julius Cæſar zwar zweymahl uͤber den Rhein in
Teuͤtſch-Land gefallen ſey/ doch ſich nicht weit in daſſelbe/ aus Furcht
vor denen Teuͤtſchen/ gewaget/ und dieſerwegen bald wieder hinuͤber
gemachet habe. Hingegen koͤmmet es glaub-wuͤrdiger heraus/ wenn
andere vorgeben: daß ſolches Claudius Druſus, des Roͤmiſchen Kaͤy-
ſers Auguſti Stieff-Sohn/ oder ſein Bruder Germanicus funffze-
hen Jahr vor Chriſti Gebuhrt habe als eine Feſtung in die Hoͤhe fuͤh-
ren/ und alſo aufbauen laſſen/ da denn derſelben von dem Druſo, oder
ſeinem Bruder Germanico, zum Gedaͤchtniß ſeiner gehaltenen
Siege/ der Nahme Confuſio, das iſt/ eine Verwirrung oder Um-
ſtoſſung ſey gegeben worden/ dieweil er das damahlige Koͤnig-Reich
mit ſeinen Kriegen verwirret/ umgekehret und verwuͤſtet gehabt.
Nachdem aber die Thuͤringer ſolches Lateiniſche Wort nicht recht
auszuſprechen vermocht/ und aus Confuſion/ ihrer Mund-Art
nach/ Kieffhuſen gemachet/ habe ſolches Schloß auch nachgehends
ſolchen Namen bey denen Teuͤtſchen biß hieher behalten. Etliche
thun auch noch dieſes darzu/ daß Druſus ſein Vieh und Kaͤlber in der
Gegend/ wo anietzo Kellbra lieget/ ſoll gehabt/ und dieſe Stadt da-
von ihren Nahmen bekommen haben/ welches aber vielmehr aus
Schertz alſo mag geſaget/ als in Ernſt geglaubet werden. Dieſes
Schloß hat vormahls Kaͤyſer Heinrich/ dem Fuͤnfften dieſes Nah-
mens/ zugehoͤret/ und iſt zu derſelben Zeit eine ſolche vortrefliche
Berg-Feſtung geweſen/ daß davor mancher tapferer Soldat ſein
Leben
[151]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
Leben hat laſſen muͤſſen/ biß im Jahr Chriſti 1118 der damahlige
Land-Graf in Thuͤringen/ Ludwig der Springer genannt/ dieſelbe/
nach einer dreyjaͤhrigen Belagerung/ endlich erobert/ und mehren-
theils zerſtoͤhret hat/ doch iſt das Schloß nachgehends wieder erbauet/
und dahin Anno 1483 in dem Pabſtthum eine groſſe Wallfahrt zum
Heiligen Creuͤtz angeſtellet worden/ nunmehro aber iſt daſſelbe ſehr
wuͤſte/ und faſt gaͤntzlich verfallen/ derohalben man nur die Rudera
noch davon ſiehet. Von dieſem Berge und Schloſſe redet der al-
hier am Hartz und in der Nachbarſchafft wohnende gemeine Mann
viel Fabelhaftes/ die gemeineſte Sage aber iſt: gleichwie Kaͤyſer
Carolus Magnus zu Nuͤrnberg auf der Kaͤyſerlichen Burg ſich in ei-
nen daſelbſt vorhandenen ſehr tieffen Brunnen; alſo auch Kaͤyſer
Friedrich der Erſte/ Ænobarbus oder Barbaroſſa, das iſt Roht-
Bahrt/ zubenahmet/ ſich ſelbſt mit etlichen der Seinigen in dieſen
Ort verfluchet habe/ auch dieſerwegen mit ihnen daſelbſt auf der
Banck/ an einem ſteinern Tiſch ſitzend/ und den Kopf in der Hand
haltend/ ruhe oder ſchlaffe/ dem Kaͤyſer aber ſey ſein rohter Bahrt
durch den Tiſch biß auf die Fuͤſſe gewachſen/ nicke ſtetig mit dem
Kopfe/ und zwinckere mit den Augen/ als wenn er etwa nicht recht
ſchlieffe/ oder bald wieder aufwachen wolle; denn ſie in denen Ge-
dancken ſtehen/ als wenn derſelbe vor dem Juͤngſten Tage wiederum
aufwachen/ und ſein verlaſſenes Keyſerthum auf das Neuͤe antreten
und beſtaͤtigen werde. Will nun dieſes ein Verſtaͤndiger denen ge-
meinen Leuͤthen nicht zugeben/ ſo wollen ſie ſolche Fabel gar mit einer
Begebenheit bekraͤfftigen/ und geben vor: daß/ als einsmahls ein
Schaͤfer auf dem Kieffhaͤuſer Berge ein Liedgen gepfiffen/ habe ſol-
ches dem Kaͤyſer ſo wohl gefallen/ daß er denſelben durch einen Zwerg
zu ſich haͤtte beruffen/ und ihm davor zur Danckbarkeit/ aus Freyge-
bigkeit/ von dem daſelbſt vergrabenen reichen Schatze viel Geld geben
laſſen/ wobey er den Schaͤfer gefraget: Ob die Raben noch um den
Berg herum floͤgen? und da derſelbe ja geantwortet/ haͤtte der Kaͤy-
ſer geſagt: nun muͤſte er daſelbſt noch hundert Jahr ſchlaffen. An-
dere ſetzen hinzu: daß Anno 1669 ein Bauer aus dem im Riethe
gelegenen Dorffe Reblingen den Kaͤyſer/ doch unbeweglich und
ſchlaf-
[152]DasVCap. von dencurieuſen Bergen und alten
ſchlaffend geſehen habe/ denn als er Willens geweſen/ einen Wagen
voll Korn nach Nordhauſen/ zu feilem Kauff/ zu fuͤhren/ ſey derſelbe
von einem kleinen Maͤnnichen gebethen worden/ die Frucht auf den
Kipphaͤuſer Berg zu liefern und davor ſo viel/ aber nicht mehr/ Geld
zu nehmen/ als dieſelbe/ nach der damahligen theuͤren Zeit wehrt waͤ-
re/ welches er auch gethan/ und bey dieſer Gelegenheit den Kaͤyſer zu
ſehen bekommen/ habe allerhand Gepraͤge gehabt/ und ſey darunter
eine alte Muͤnze angetroffen worden/ auf deſſen einer Seite Tibe-
rius, hingegen auf der andern Halber Secel, geſtanden. Sie moͤgen
aber ſolches beſchoͤnen/ womit ſie wollen/ ſo iſt und bleibet es doch
ein wahrhaftiges laͤcherliches Gedichte/ maſſen aus beglaubten Hi-
ſtoricis bekannt iſt/ wie vor gedachter loͤblicher und tapferer Kaͤyſer
ſchon vorlaͤngſt geſtorben ſey/ denn als derſelbe einen Feld-Zug in das
gelobte Land wider den Saladinum und die Saracener gethan/ und
oͤfters wider dieſelbe geſieget/ hat er ſich einesmahls/ groſſer Hitze
wegen/ in Cilicien in dem Fluß Cydno baden und abkuͤhlen wollen/
iſt aber darinnen ertruncken/ oder hat davon/ wie einige wollen/ eine
toͤdtliche Kranckheit bekommen/ die ihm das Leben genommen. Wol-
len nun ſchon einige ſagen: daß der in dem Berge vorhandene Kaͤy-
ſer Friedrich der Andere ſey/ ſo iſt doch ebenfalls ſolcher todt/ und in
Apuliâ auf dem Florentiner Schloſſe/ theils durch Gifft/ theils
durch Erſtickung/ von ſeinem unechten Sohn Monfredo, um das
Leben gebracht worden. Nichts weniger kan es Friedrich der Dritte
ſeyn/ weilen derſelbe zu Lintz in Oeſterreich von unmaͤßig gegeſſenen
Melonen/ und daher entſtandenem Durch-Fall/ den Tod bekommen
hat. Derohalben iſt es wider die Wahrheit/ daß ein Kaͤyſer Fried-
rich in dem Kieffhauſer Berge vorhanden ſey/ geſchweige daß er dar-
inn ſchlaffe/ und endlich wieder aufwache. Die andern erdichteten
Hiſtorien ſind auch noch nicht gebuͤhrend erwieſen/ und ſolte ſolches
ſchon gewiß geſchehen ſeyn/ ſo geben es doch alle Umſtaͤnde/ daß das-
ſelbe ein Teuͤfels-Spiel und Verblendung geweſen ſey/ auch der
Teuͤfel damit nur geſucht habe/ die Einfaͤltigen in ihrem nichtigen
Wahn zu ſtaͤrcken/ und alſo zu aͤffen. Deſſen ohngeachtet finden
ſich doch etliche/ die ſich hierdurch von ihrer Meinung durchaus nicht
laſſen
[153]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
laſſen abwendig machen/ worzu die ſo genannten Schatz-Graͤber/ als
Ertz-Betrieger/ viel helffen/ weilen dieſelben dem gemeinen leicht-
glaͤubigen Mann vorſchwatzen/ wie der Kaͤyſer Friedrich mehr als zu
gewiß in dem Kieffhaͤuſer-Berge ſey/ und daſelbſt einen unſaͤglichen
Schatz vergraben habe/ wovon ein ieder ein Ziemliches bekommen
koͤnte/ wenn er nur die alhier wachſende und ihnen allein bekannte
Spring-Wurzel haͤtte/ denn in derſelben eine ſolche Krafft ſtecke/ daß
auch davon die groͤſten vor denen Schaͤtzen liegende Schloͤſſer augen-
blicklich aufſpringen muͤſten/ ſo bald man nur ſolche daran hielte; bey
welcher Erzehlung ſie weiter vorgeben: daß man ſolche Spring-
Wurzel von ſich ſelbſt nicht finden koͤnne/ ſondern es muͤſten vorhero
die Geiſter von ihnen mit einer in den Kreis gelegten Summe Geldes
beſchworen werden/ daß ſie die rechte Wurzel braͤchten/ und ihnen den
Ort anzeigeten/ wo die Schaͤtze vorhanden waͤren/ und was derglei-
chen Uberredungen mehr ſind/ wodurch manche Schatz-gierige Leuͤte
betrogen worden/ maſſen man etliche alhier bekannte Exempel hat/
daß ſie dieſelben mit dem Gelde in einen Kreis geſtellet/ und ihre-
ſchwerungen zu leſen angefangen haben/ es ſind aber darauf keine
Geiſter/ ſondern verkleidete/ und vorher hierzu beſtellte Maͤnner aus
einem nahe dabey liegenden Buſch-Werck kommen/ welche/ an Statt
der Spring-Wurzel/ bloſſe Degen in den Haͤnden gehabt/ und ſie
nicht allein aus dem Kreis ſpringend gemacht/ ſondern auch alles/
was dieſelben an und bey ſich getragen/ weggeraubet haben.
IV.
Von dem zwiſchen Kieffhauſen und Kelbra
gelegenen alten Schloſſe die Rotenburg ge-
nannt/ und dem darauf vormahls geſtan-
denen Abgott Puͤſtrich.
ZWiſchen vor gedachtem wuͤſten Schloſſe Kieffhauſen und der
Hoch-Graͤflichen Schwartzburgiſchen Rudolſtaͤdtiſchen Stadt
Kelbra/ liegt ein altes Berg-Schloß/ ſo die Rotenburg genennet wird/
Uund
[154]DasVICap. von dencurieuſen Bergen und alten
und nunmehro ſehr verfallen iſt/ hierauf hat zu denen Zeiten/ da un-
ſere Vorfahren noch unglaͤubige Heyden geweſen/ der Abgott geſtan-
den/ welchen die Autores insgemein den Paͤuſter/ Puͤſtrich oder Beuͤ-
ſtrich/ die Einwohner der Guͤlden-Aue aber den Beuͤſterd oder den
Beuͤſtard/ und die Nieder-Sachſen den Puͤſter/ nennen/ weilen er/
wie folget/ die Feuͤer-Flammen gleichſam von ſich puſtet oder blaͤſet.
Dieſer Heydniſche Abgott iſt nach vor gedachter Zeit ehemahls bey
einem von Adel von Tutgerode am Hartze vorhanden geweſen/ und
nachgehends von dar nach Sondershauſen gebracht worden/ alwo
derſelbe noch biß hieher auf dem Hoch-Fuͤrſtlichen Schwartzburgi-
ſchen Schloſſe in dem Zeuͤg-Hauſe/ als eine Raritaͤt/ zum Gedaͤcht-
niß aufbehalten wird. Die Materie/ daraus dieſes Goͤtzen-Bild
gemacht worden/ iſt ein Metall/ was es aber eigentlich vor eine Gat-
tung deſſelben ſey/ kan man aus dem bloſſen Augenſchein nicht erken-
nen/ und wird vor gewiß geſagt: daß man ſolches auch nicht habe er-
forſchen koͤnnen/ als einesmahls von deſſen lincken Arm ein Stuͤck
abgeloͤſet/ und im Feuͤer probiret worden/ derowegen es nicht unbillig
von etlichen fuͤr ein unbekanntes Metall gehalten wird. Die Geſtalt
deſſelben iſt ziemlicher maſſen heßlich/ denn er wie ein wilder und un-
baͤndiger Junge/ der aus Bosheit ſeine Geberden verſtellet/ ausſie-
het. Es iſt aber dieſes gegoſſene Bild eine Elle hoch/ ſeine rechte Hand
lieget auf dem Kopfe/ und die Finger von der lincken befinden ſich uͤber
dem lincken Kien/ denn der lincke Arm unter dem Ellenbogen biß auf
die Finger/ wegen der vor gedachten Probe des Metalls/ abgebrochen
iſt. Mitten auf dem Haupt hat daſſelbe ein Loch wie ein guter Finger
oder Daumen dicke/ und/ an Statt des Mundes/ iſt noch ſo eins vor-
handen. Der Bauch iſt/ nach Proportion des Bildes/ ſehr dicke/ und
begreifft der Umfang von auſſen fuͤnff Viertel Elle; und dieſes iſt die
Urſach/ daß ein ſehr dicker und fetter Menſch dieſer Orten ein dicker
Puͤſter oder Puͤſtrich genennet wird. Jnwendig iſt ſo wohl der Bauch
als auch das gantze Bild hohl/ und gehet ohngefaͤhr ein Eymer Waſ-
ſer hinein. Jm uͤbrigen mangeln demſelben beyde Fuͤſſe/ und kniet es
auf dem zerſtuͤmmelten rechten Beine/ das lincke aber iſt etwas aufge-
richtet/ und ruhet daſſelbe darauf/ dahero der Puͤſter nicht/ wie einige
wollen/
[155]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz
wollen/ ein vollkoͤmmlich ſitzendes/ ſondern vielmehr ein kniendes
Bild præſentiret oder vorſtellet/ wie ein ieder/ der es einmahl recht in
Augenſchein genommen hat/ bekennen wird. Man ſagt/ daß/ wenn
man dieſen Goͤtzen mit Waſſer anfuͤlle/ deſſen Loͤcher mit hoͤlzernen
Pfloͤcken verſtopfe/ hernach in das Feuͤr oder auf gluͤende Kohlen ſetze/
ſolcher als denn anfange/ ſo ſehr zu ſchwitzen/ daß ein Tropfe dem an-
dern folge/ ſo bald er aber gaͤnzlich erhitzet werde/ ſtoſſe er beyde Pfloͤcke
von ſich mit einem ſolchen Knall/ als wenn es donnerte; hierauf
werffe derſelbe aus beyden Loͤchern/ in die Hoͤhe und Weite/ viele
Feuͤer-Flammen/ wovon einesmahls das Schloß zu Sondershauſen
angezuͤndet/ und kaum mit groſſer Noht geloͤſchet worden/ als in Ab-
weſenheit des damahligen Grafens und Herrns Anton Heinrichs
ein Hauptmann und Schoͤſſer/ aus Fuͤrwitz/ den Puͤſter mit Waſſer
anfuͤllen/ und in der Hof-Kuͤche auf das Feuͤer ſetzen laſſen. Es ver-
meinen aber viele: daß ſolches Bild nicht natuͤrlicher Weiſe die Feuͤer-
Flammen ausſpeye/ ſondern alſo von denen Heydniſchen Pfaffen
durch Teuͤffels-Kunſt zugerichtet worden ſey/ indem ſie dergleichen
Zauberey und Augen-verblendete Gauckeley vor Alters mehr getrie-
ben haͤtten; Allein/ ob ſchon nicht zu leuͤgnen ſtehet: daß von denen
Goͤtzen-Prieſtern alle ihre Betruͤgereyen mit Raht und Huͤlffe des
Teuͤfels verrichtet worden/ und es alſo ſcheinet/ daß es dieſerwegen
auch leicht eine ſolche Beſchaffenheit mit dieſem Abgott haben koͤnne/
zumahl/ da dem Bericht nach/ es ſelten ohne Ungluͤck und iemandes
Beſchaͤdigung abgangen iſt/ wenn derſelbe auf dem Feuͤer ſeine Probe
hat ablegen ſollen/ ſo iſt es doch ebenfalls bekannt: daß der Teuͤfel/ als
ein Tauſend-Kuͤnſtler/ ſich ingleichen der natuͤrlichen Mittel zur Zau-
berey bediene; derohalben Herr D. Sagittarius in ſeinen Antiquita-
tibus Gentilismi Thuringiaci lib. 1 cap. 2 nicht ohne Urſach davor
haͤlt: daß es mit dem Puͤſter alles natuͤrlich zugehe/ nicht allein/ weil
auch von andern ſolche Bilder verfertiget worden/ die das eingefuͤllte
und erhitzte Waſſer mit einem ſtarcken Krachen/ und darauf erfolge-
ten Feuͤer-Flammen/ von ſich geſtoſſen haͤtten/ dergleichen zu Rom
bey dem Leben des Pabſts Leonis X geſchehen ſey/ ſondern auch/ weil
Henricus Ernſtius im letzten Capitel des andern Buchs ſeiner Varia-
U 2rum
[156]DasVCap. von dencurieuſen Bergen und alten
rum Obſervationum die Art und Weiſe deuͤtlich gezeiget/ deſſen
Worte Herr D. Sagittarius alſo verdeuͤtſchet hat: wenn du in ein hoh-
les und gantz verſchloſſenes Gefaͤß/ das inwendig mit einem durchge-
bohrten Deckel unterſchieden/ etwas Feuͤchtes gieſſen wirſt/ daß es in
den unterſten Theil ablaͤufft/ in den oberſten Theil aber etwas von ſol-
cher Materie/ welche gar leichtlich zuͤndet/ und doch das Feuͤer lange
halten kan/ als da iſt von Schwefel/ ungeloͤſchtem Kalck/ Erd-Pech/
oder zu Staub gemachten Kohlen/ dieſes Gefaͤß aber auf gluͤende
Kohlen ſetzeſt/ ſo wird die erhitzte Feuͤchtigkeit einen groſſen Dampff
abgeben/ welcher/ wenn er durch die alſo genannte Antiperiſtaſin den
mittelſten Deckel erreichet/ die darauf ligende Materie anzuͤnden
wird. Ferner wird alsdenn die duͤnn gemachte Lufft/ ſo ſich in dem en-
gen Platz nicht behelffen kan/ wenn ſie mit groſſem Ungeſtuͤmm einen
Ausgang ſuchet/ die Pfloͤcke aus- und das Feuͤer mit groſſer Bewe-
gung vertreiben. Es hat Hero, ein dergleichen Werck zu verfertigen/
gewieſen/ welches/ wie es der Vernunft gemaͤß/ alſo erfahren ſolches
faſt taͤglich die Buͤchſenmeiſter. Gedachter Sagittarius will/ daß man
ſich erkundigen ſolle/ ob bey dem Puͤſter ſo wohl die inwendige Form/
als eine leichtlich zuͤndente Materie/ das Jhrige contribuire; wie
kan man aber die inwendige Form oder Geſtalt erforſchen/ da das
Bild/ wegen der Raritaͤt/ nicht darff zerbrochen werden? Hingegen
iſt an einer leicht zuͤndenden Materie/ ſo entweder ſchon darinnen/ auf
eine unbekannte Art/ verborgen iſt/ oder mit dem Waſſer erſtlich hin-
ein gethan werden muß/ nicht zu zweifeln/ maſſen Herr Lic. Benja-
min Scharff/ weyland Hoch-Fuͤrſtlicher Leib-Medicus und Buͤrger-
Meiſter zu Sondershauſen/ in ſeinem Lateiniſchen Tractat de Juni-
pero cap. 8 pag. 105 geſtehet: daß der Puͤſter nicht allein mit Waſ-
ſer/ ſondern auch andern Qualitaͤten/ angefuͤllet werde. Gewiß iſt es/
daß das Waſſer allein und fuͤr ſich ſelbſt unmuͤglich Feuͤer-Flammen/
wohl aber einen ſtarcken Knall/ und darauf ein pfeiffendes und gleich-
ſam heuͤlendes Brauſen verurſachen kan/ welches die von dem Atha-
naſio Kirchero in ſeiner Arte Magneticâ part. 2 libr. \& cap. 3 fol.
433 beſchriebene Pilæ Æoliæ/ oder Wind-Kugeln/ genugſam bezeuͤ-
gen/ denn wenn man dieſelben allein mit Waſſer anfuͤllet/ und auf
gluͤen-
[157]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
gluͤende Kohlen ſetzet/ werden ſie zwar/ wie der Puͤſter/ den in das
Mund-Loch geſteckten Pflock mit einem ſtarcken Gethoͤne ausſtoſſen/
und darauf ein ſtarckes Brauſen verurſachen/ doch aber keine Feuͤer-
Flammen von ſich geben/ man mag es auch verſuchen wie man will;
und erinnere ich mich/ daß der weyland unvergleichliche Mathemati-
cus und Profeſſor zu Jena/ Herr Erhardus Weigelius, in einem
Collegio Experimentali oder Curioſo in meiner und anderer Ge-
genwart mit ſolchen Wind-Kugeln auf vor beſagte Art unterſchie-
dene curieuſe Experimenta angeſtellet/ niemahls aber damit aus
bloſſem Waſſer Feuͤer-Flammen zuwege gebracht hat. Gleichwie
nun daſſelbe mit denen ietzt gemeldeten Wind-Kugeln nicht angehet/
alſo vermag der Puͤſter ebenfalls nicht/ ſolches zu thun/ wenn dem
Waſſer nicht vorhero eine in denſelben leicht brennende Materie/ es
geſchehe nun/ auf was Art und Weiſe es wolle/ zugethan worden/
weilen der Puͤſter nichts anders als eine figurirte Gattung ſolcher
Wind-Kugeln iſt/ wie ein ieder/ der deſſen faſt Kugel-runden Bauch
mit andern Umſtaͤnden recht betrachtet/ und gegen ſolche Kugeln
haͤlt/ leicht bekennen muß. Woraus aber vor gedachte brennende
Materie eigentlich beſtehe/ iſt mir annoch unbekannt. Etliche muth-
maſſen/ daß ſolches nichts anders als Schwefel/ ungeloͤſchter Kalck
und dergleichen ſey/ zu welchen Gedancken ſie unetr andern von dem
Zeillero verleitet worden/ als welcher unter andern in der 551 Epi-
ſtel pag. 870 gedencket: wie das Feuͤer von dem Puͤſter nicht allein
einen garſtigen Geſtanck und dicken ſchwartzen Rauch von ſich gebe/
ſondern auch wie Schwefel oder Kreyde auf die Steine oder Erde
falle/ und dieſelbe alſo beflecke/ welches dieſelben fuͤr Kenn-Zeichen
vor beſagter Materialien halten/ und ich dahin muß geſtellet ſeyn laſ-
ſen/ weilen noch niemahls den Puͤſter habe probiren geſehen. Mit
dieſem Abgott haben in dem Heydenthum die Goͤtzen-Pfaffen groſſe
Dieberey und Betruͤgerey getrieben/ denn ſie denen einfaͤltigen Leuͤ-
then/ hohen und niedrigen Standes/ in denen Schwartzburgiſchen
und Stolbergiſchen Territoriis feſt eingebildet/ daß ihr Gott hefftig
auf ſie erzuͤrnet ſey/ wenn er donnere und Feuͤer ausſpeye/ derohalben
ſie denſelben wieder mit allerhand angenehmen Opfer verſuͤhnen muͤ-
U 3ſten/
[158]DasVICap. von dencurieuſen Bergen und alten
ſten/ wenn ſie nicht des Todes ſeyn wolten/ welches das arme dum-
me Volck geglaubet/ daruͤber geweinet/ und zum Opfer Geld/ Vieh
und Victualien willigſt und mildiglich gebracht/ worauf die Pfaffen
nicht ermangelt/ ſolches anzunehmen/ ſich dabey/ ſo lange es waͤhret/
luſtig zu machen/ und wenn alles verzehret/ alsdenn ihre vorige Co-
moͤdie wieder zu ſpielen. Es will zwar im Julio 1689 derer ſo genann-
ten monatlichen Unterredungen einiger guten Freuͤnde \&c. pag. 722
nicht zugegeben werden/ daß der Puͤſter iemahls ein Heydniſcher Ab-
gott geweſen ſey/ weilen deſſen Geſtalt gar nichts Goͤtzenhaftiges
repræſentire/ und die Bildung ſeiner Haare zu erkennen gebe/ daß er
nicht gar viel hundert Jahr ſeines Alters zehlen koͤnne; derohalben
haͤlt der Autor dieſer Meinung davor: daß ſolches Bild von denen
Raͤubern auf dem Kiffhaͤuſiſchen oder andern da herum gelegenen
Schloſſe ſey zu ihrer Defenſion gebraucht worden/ indem wegen deſ-
ſen Feuͤer-Speyen ihnen niemand haͤtte beykommen koͤnnen. Allein/
es verzeihe mir derſelbe/ daß ich ſage: wie ſolche Meinung nicht beſte-
hen koͤnne; denn ein ieder aus der anfaͤnglich gedachten Beſchrei-
bung des Puͤſters zur Genuͤge erſehen kan/ daß er ein goͤtzenhafftes
Anſehen habe/ und zeiget die Bildung derer Haare nicht gar zu ge-
wiß und allezeit das Alter eines Bildes an/ maſſen dasjenige offt
wieder zu einer neuͤen Mode wird/ welches die Alten vorlaͤngſt getra-
gen haben/ derowegen es keine unmuͤgliche Sache iſt/ daß die Hey-
den ihre Haare auf ſolche Art/ als man an dem Puͤſter ſiehet/ nicht
auch ſich haͤtten koͤnnen zu der Zeit/ da der Abgott gemacht worden/
verſchneiden laſſen. Ferner gebe ich einem ieden Kriegs-Verſtaͤndi-
gen zu erkennen: Ob nicht ſolches Bild denen Raͤubern/ zur Defen-
ſion ihrer Raub-Schloͤſſer/ faſt gar nicht/ oder doch ſehr wenig/ ge-
dienet habe? indem es nicht mehr als eine Seite hat defendiren koͤn-
nen/ und zwar ſchlecht genug/ denn es nicht vermocht/ immerfort
Feuͤer auszuſpeyen/ ſondern hat/ wenn das Waſſer heraus geweſen/
nohtwendig erſtlich wieder mit andern muͤſſen angefuͤllet werden/ ehe
es aufs Neuͤe angefangen Feuͤerflam̃en von ſich zu geben/ unterdeſſen
es ja nicht den geringſten Schaden dem Feinde verurſachen koͤnnen/
wenn er ſich ſonſt nicht vor demſelben/ als einem Abgott/ gefuͤrchtet
haͤtte.
[159]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
haͤtte. Uber das ſind in dem Hoch-Graͤflichen Schwartzburgiſchen
Rudolſtaͤdtiſchen und Stolbergiſchen Amte Heringen noch eine Art
Guͤter anzutreffen/ die man die Flaͤmiſche Laͤnderey nennet/ und ſol-
ches dahero: weilen dieſelbe vormahls nach der Rotenburg denen
Flaminibus, oder Heydniſchen Prieſtern/ ſollen zugehoͤret/ und von
ihnen den Nahmen bekommen haben; welche Muthmaſſung auch
nicht ohne Grund iſt/ indem die Guͤther gantz frey ſind/ und derer Be-
ſitzer noch dieſe Stunde die Flaͤminge genennet werden/ von welchen
Herr Doctor Johann. Titius, weyland bey dieſer Stadt wohl ver-
dienter Syndicus und Conſulent \&c. in ſeinem unter dem Nahmen
Janſonii Torquati heraus gegebenen Buͤchlein vom redlichen Vor-
Munde §. 14 p. 50 \& ſeq weitlaͤuftiger handelt. Hat es nun vor
beſagter maſſen daſelbſt vor Alters Heydniſche Prieſter gegeben/ ſo
muͤſſen auch ſolche nothwendig einen Abgott gehabt haben/ welcher/
allen Umſtaͤnden nach/ der Puͤſter geweſen. Sonſt wollen einige da-
vor halten/ daß die Moͤnche/ nach dem Heydenthum/ auch ihre Gau-
ckeley mit dieſem Bilde getrieben/ und daſſelbe auf der Rotenburg in
die Kirche in eine Mauer hinter eine Tafel geſtellet haͤtten/ zumahl/
weilen dahin jaͤhrlich eine groſſe Wallfahrt gehalten worden; wenn
nun dieſerwegen viel Volck alhier beyſammen geweſen/ ſey ein Moͤnch
aufgeſtanden/ habe geprediget/ ſich klaͤglich geſtellet/ und geſagt: daß
GOtt im Himmel uͤber ihre Suͤnde ſehr zuͤrne/ und/ damit ſie ſolches
ſehen moͤchten/ wuͤrde der Beuͤſtrich bald donnern/ und hoͤlliſches
Feuͤer ausſpeyen; alsdenn haͤtte er befohlen/ die Tafel aufzuheben/
dahinter der Beuͤſtrich geſtanden; wenn das geſchehen/ habe derſelbe/
wie vor geſaget/ ſich erzeiget/ und alsdenn das einfaͤltige Volck reich-
lich geopfert/ vermeinende: daß dadurch GOtt verſoͤhnet wuͤrde/
denn ſie nicht gewuſt/ daß ſie von denen Moͤnchen waͤren alſo betrogen
worden/ indem unter der Predigt ein ander Moͤnch durch einen heim-
lichen Gang in der Mauer hinauf zu dem Bilde geſtiegen ſey/ daſſelbe
vor gedachter maſſen zubereitet/ und die in denen Loͤchern ſteckende
Zapfen mit einem Stricklein behende hinweg gezogen habe/ wenn der
predigende Moͤnch befohlen/ die Tafel aufzuthun. Es zweifelt aber
an dem ietzt gedachten Moͤnch-Betrug Herr D. Sagittarius an dem
albereit
[160]DasVICap. von dencurieuſen Bergen und alten
albereit angefuͤhrten Orte/ und haͤlt der Autor derer vor gemeldeten
Unterredungen pag. 724 ſolches vor eine Fabel/ weilen es nicht muͤg-
lich ſeyn koͤnne/ daß ein ſolch Bild in der Kirche hinter einer hoͤlzernen
Tafel ſtehen/ und nicht alles mit ſeinem Feuͤer verderben und verbren-
nen ſolte/ ingleichen/ daß die Pfloͤcke erſtlich mit einem Stricklein hin-
weg geruͤcket werden muͤſten/ und nicht von ſich ſelbſt ausgeſtoſſen
wuͤrden/ denn ſolches/ wie aus Vorhergehenden zu erſehen/ wider
die Natur und Wuͤrckung des Puͤſters ſey.
V.
Von dem bey Blanckenburg gelegenen wuͤ-
ſten Schloſſe/ Alten-Reinſtein genannt.
DJeſes uhralte und zerſtoͤhrte Schloß lieget vor dem Unter-
Hartz/ eine kleine halbe Meile von Blanckenburg auf einem
ziemlich hohen Felſen/ und hat ſeinen Nahmen von dem Reinen
weiſſen Felſen-Stein/ darinnen es gebauet/ bekommen. Es iſt
daſſelbe wohl ein wunderliches Gebaͤu/ indem darinnen alles/ auſſer
dem etwas nunmehro verfallenen Thurm/ und faſt alle Gemaͤcher/
vornehmlich aber Kuͤche/ Keller/ Kirche/ Saal/ Pferde-Staͤlle und
dergleichen mehr in dem Stein-Fels ausgehauen worden/ maſſen
man in dem Schloſſe nichts anders als lauter Stein um und neben
ſich antrifft/ denn im Eingange zur rechten Hand ſind etliche Staͤlle
von klahrem weiſſem Felſen/ und haben einige derſelben oben Kam-
mern/ die im Felſen/ vermoͤge unterſchiedlicher Thuͤren/ zuſammen
gehen. Von hier ſteiget man auf lauter Felſen etwas hoͤher hinauf
zu einem breiten Stein-Felſen/ dabey zur lincken Hand ein in den
Felſen gehauener Graben iſt. Nicht weit hiervon ſind die Rudera
der rechten Schloß- Wohnung vorhanden/ in welches durch den
Felſen ein Thor-Weg durchgebrochen worden. Zur lincken Seite
hinterwerts iſt ein ziemliches in Felſen gehauenes Gewoͤlbe anzutref-
fen/ welches/ derer Fuͤhrer Ausſage nach/ die Kirche ſoll geweſen
ſeyn/ worbey auch noch einige in Felſen verfertigte Gemaͤcher gewieſen
werden.
[161]verfallenen Schloͤſſern an und auf dem Hartz.
werden. Wenn man nun durch die vor gedachte ſteinerne Durch-
Fahrt wieder ausgehet/ und noch hoͤher auf den Felſen hinauf ſteiget/
gelanget man oben auf das Schloß/ und deſſen Tach/ ſo von keinem
Holtz-Werck gemachet/ ſondern nichts anders als der bloſſe Stein-
Fels iſt/ hierauf kan man herum gehen/ und bey gutem Wetter
ſich weit und breit umſehen/ zur Rechten aber ſtehet hart am Schloſ-
ſe der anfaͤnglich gemeldete Thurm/ ſo von Back- oder Brannt-
Steinen aufgemauert iſt. Ferner ſiehet man gantz oben auf der
Hoͤhe nach der Quedlinburger Straſſe zu/ welche unten bey dem
Schloß vorbey gehet/ ein von Erde nach der alten Fortifications-
Art aufgeworffenes Boll-Werck/ und iſt an der Seite des Schloſ-
ſes/ wo es vonnoͤthen/ und der Felſen nicht ſtickel genug geweſen/
der Natur/ zu mehrer Befeſtigung dieſes Orts/ mit etwas Mauer-
Werck geholffen worden. Von dieſer Hoͤhe gehet man auf lauter
Felſen wieder herunter/ und koͤmmet auf der Seite gegen Blancken-
burg zu bey einem ziemlich hohen felſigten Wall und Graben/ und
ſind in den Wall Stuffen gehauen/ auf welchen man in den untern
Schloß-Platz hinunter ſteigen kan; weiter hinunter ſtehet ein Fels
gantz alleine/ darinnen eine Hoͤle oder Kammer iſt/ welche die
Fuͤhrer das Huren-Haus nennen/ weilen/ ihren Gedancken nach/
vor Zeiten die Raͤuber hierinn mit denen geraubeten Frauen-Volck
ſollen Unzucht getrieben haben. Endlich ſind noch tieffer hinab auf
dieſer Seiten/ wie auch nach Wernigerode zu/ lauter hohe und
ſtickele Stein-Felſen vorhanden. Hieraus kan nun ein ieder erſe-
hen/ wie dieſes Schloß/ theils von der Natur/ theils von der
Kunſt/ ſehr feſte gemachet worden/ und iſt leichtlich daraus zu
muhtmaſſen/ daß ſolches auch eine uͤberaus groſſe Arbeit und un-
ſaͤgliche Unkoſten erfodert habe/ ehe es zur Perfection kommen ſey.
Es ſoll aber dieſes Schloß von einem Grafen von Reinſtein/ deſſen
Stamm nunmehro gaͤntzlich abgeſtorben/ erbauet/ und von dem
letzten dieſes Nahmens eine geraume Zeit als ein Raub-Schloß ge-
brauchet worden ſeyn. Weilen man nun demſelben/ in dieſen Vor-
Zeiten faſt unuͤberwindlichen Orte/ mit Gewalt nichts hat anhaben
Xund
[162]DasVIICapitel von denencurieuſen Luſt-
und deſſen Rauberey verhindern koͤnnen/ ſo haben die Benachbarte/
denen der Graf mit Rauben groſſen Schaden zugefuͤget/ ſolches
endlich mit Liſt verſuchet/ und dadurch auch das Schloß gluͤck-
lich einbekommen; denn als ſie Kundſchafft erhalten/ daß der
Graf gern weiſſe weiche Kaͤſe eſſe/ und ſolche bey denen Bauer-
Weibern beſtellet habe/ ſind dergleichen Kaͤſe von etlichen bewehr-
ten/ und wie Bauer-Frauen angekleideten/ Soldaten in der Fruͤhe
vor das Schloß gebracht/ bey dem Einlaſſen die Wache im Thore
nieder gemachet/ und alſo/ mit Huͤlffe des hernach dringenden
Volcks/ dieſes Raub-Schloß zerſtoͤhret worden/ den Grafen
aber haben ſeine Maͤgde noch errettet/ indem ſie denſelben in etliche
Betten eingenaͤhet/ und oben im Schloß [durch] ein Loch/ welches
nach der Quedlinburger Straſſe gehet/ mit einem Seile hinab ge-
laſſen/ da er mit einem bey ſich habenden Meſſer die Betten aufge-
ſchnitten/ und ſich zu Fuſſe davon gemacht. Sonſt ſchallet es in
denen aus Stein gehauenen Gemaͤchern des Schloſſes uͤberaus
ſehr/ maſſen ein darinnen los geſchoſſenes Rohr einen ſolchen Knall
verurſachet/ als wenn ein Stuͤck darinnen waͤre abgebrennet wor-
den. Uber das trifft man auch auf dem Schloſſe ein ſchoͤnes Echo
an/ indem ein Schuß von einem Gewehr von unterſchiedenen Orten
her einen ſtarcken und vielfachen Wieder-Schall giebet. Endlich
iſt daſelbſt unter andern auch ein Loch vorhanden/ welches mit aller-
hand kleinen Steinen/ die nicht auf dem Berge/ ſondern nur in der
Ebene gefunden werden/ angefuͤllet iſt/ und wollen die Fuͤhrer vor
gewiß berichten: daß ſolche Steine von denen boͤſen Geiſtern hieher
gebracht wuͤrden/ denn wenn man dieſelbe heraus nehme und hin-
weg trage/ ſo kaͤmen doch alſobald wieder andere hinein/ ja auch
offtmahls diejenigen/ welche man heraus genommen haͤtte. Es
werden auch von ihnen viele Abentheuͤer erzehlet/ ſo ſich bey dieſem
Loche ſollen zugetragen haben mit denjenigen/ welche ſich er-
kuͤhnet/ freventlicher Weiſe etwas darbey vor-
zunehmen.
Das
[163]und Thier-Gaͤrten an und auf dem Haͤrtz.
Das VII Capitel
von denen
Curieuſen Luſt- und Thier-Gaͤrten an und
auf dem Hartz
I.
Von dem Luſt-Garten zu Heſſem.
OB ſchon oben auf dem Hartz die Einwohner etliche wenige
Gaͤrten zur Luſt haben anlegen laſſen/ ſo werden doch darin-
nen die Baum-Fruͤchte entweder gar nicht/ oder doch gar
ſpaͤte reiff/ und ſolches in keiner Menge/ ſondern gar einzeln/ denn die
Lufft daſelbſt iſt rauh/ hart und kalt/ auch dabey mehrentheils unge-
ſtuͤm und voller Nebels/ welcher auf dem Gebirge und Walde lieget/
derohalben es gemeiniglich alhier lange und harte Winter/ hingegen
kurtze Sommer giebet/ welches/ bekannter maſſen/ eine Sache iſt/ ſo
vor keine rechte Luſt-Gaͤrten dienet. Weilen nun in dieſen Gaͤrten
nichts Curieuſes zu ſehen iſt/ und alſo davon nichts Sonderliches
kan gemeldet werden/ ſo wende mich billich zu denen Gaͤrten/ welche
an und vor dem Hartz anzutreffen/ und mit zarten auslaͤndiſchen Ge-
waͤchſen gezieret ſind/ als welche vor jenen eine ungleich waͤrmere
Lufft haben/ zumahl/ da in denſelben die Kunſt der Natur mit glaͤ-
ſernen und andern Decken zu Huͤlffe koͤmmet/ wenn die kalten Hartz-
Luͤffte im Fruͤhling und Herbſt denen zarten Gewaͤchſen ſchaden
wollen. Es iſt aber mein Vorhaben nicht/ die Privat-Luſt-Gaͤrten
in Nordhauſen/ Quedlinburg und andern um den Hartz gelegenen
Oertern zu erzehlen/ und kuͤrtzlich zu beſchreiben/ ſondern nur diejeni-
gen/ ſo hohen Standes-Perſonen zukommen; mache derohalben
den Anfang von dem ſchoͤnen Hoch-Fuͤrſtlichen Braunſchweigiſchen
X 2Luͤne-
[164]DasVIICapitel von denencurieuſen Luſt-
Luͤneburgiſchen Wolffenbuͤtteliſchen Garten zu Heſſem oder Heſſen/
welcher daſelbſt bey dem Schloſſe/ und eine Meile von Oſterwieck/
lieget. Derſelbe begreifft zwoͤlff Quartiere in ſich/ davon ein iedes
ins Gevierdte achzig Werck-Schuhe haͤlt/ welche inwendig mit aller-
hand Gewaͤchſen und etlichen Fontainen/ deren ich im III Capitel
gedacht/ gezieret/ auswendig aber mit feinem Bied-Werck von un-
terſchiedenen Hecken oder Straͤuchern umgeben ſind. Jn einem
der gedachten Quartiere iſt auch ein hoch erhabenes/ ſchoͤn gemahl-
tes und mit vielen Fenſtern rings herum geziertes Luſt-Haus anzu-
treffen/ aus welchem man den gantzen Garten uͤberſehen kan/ und
gehet in daſſelbe von dem fuͤr dem Hauſe ſtehenden Fontaine eine
bleyerne Roͤhre an einer Saͤule hinauf zu einem Hand-Becken/ wor-
uͤber ein artig gemachter Meßings-Hahn iſt/ welcher denjenigen/ der
ſolchen umdrehet/ und nicht die rechte Weiſe weiß/ ſehr naß machet.
Ferner haben die Haupt-Gaͤnge im Garten durchgehends funffze-
hen Schuh in die Breite/ und gehet uͤm den Garten nach Oſten und
Norden ein ſchoͤner uͤbergebogener Gang/ der mit allerley Baum-
und Heck-Werck dichte bewachſen iſt. Jn dieſem Luſt-Garten hat
vor dieſem die Americaniſche Aloë zum oͤfftern gebluͤhet/ und habe
ich ſolche daſelbſt unterſchiedenemahl floriren geſehen; es iſt aber
dieſelbe nunmehro mit andern raren Gewaͤchſen nicht mehr ſo haͤuf-
fig alhier anzutreffen/ weilen dieſer Garte nicht mehr in ſolchem
Stande iſt/ indem er von der Reſidentz der Gnaͤdigſten Herrſchafft
zu weit ab-hingegen der unvergleichliche Garte zum Saltz-Thal
naͤher lieget/ doch verdienet derſelbe dieſe Stunde noch/ ſeiner raren
Fontainen und anderer Sachen wegen/ von einem Curioſo geſehen
zu werden. Sonſt iſt zu nechſt an dieſem Luſt-Garten auch ein
ziemlich groſſer Kuͤchen- und dabey ein Baum-Garte/ darinnen
die Baͤume nach der Ordnung ſtehen/ vorhanden/ und kan ein
Curioſus, nach Belieben/ von dieſen dreyen Gaͤrten ein mehrers in
Johann Royers Beſchreibung des Heſſemiſchen Gartens leſen.
II. Von
[165]und Thier-Gaͤrten an und auf dem Hartz.
II.
Von dem Luſt-Garten zu Sonders-
hauſen.
ZWey Meile Weges von Nordhauſen lieget zu Sondershauſen
bey dem Hoch-Fuͤrſtlichen Schwartzburgiſchen Reſidens-
Schloſſe ein Luſt-Garte/ welcher ſich innerhalb wenig Jahren ſehr
veraͤndert hat/ indem der Durchlauchtigſte Fuͤrſt und Herr/ Herr
Chriſtian Wilhelm/ Fuͤrſt zu Schwartzburg \&c. durch groſſe Arbeit
und Unkoſten/ nunmehro denſelben in ſolchen Stand hat bringen
laſſen/ daß er mit gutem Fug und Recht unter die beſten Fuͤrſtlichen
Gaͤrten in Teuͤtſch-Land kan gerechnet werden/ zumahl da Jhro
Hoch-Fuͤrſtliche Durchlauchtigkeit/ als ein uͤberaus curieuſer Herr/
mit fernerer Auszierung deſſelben jaͤhrlich continuiren laͤſſet. Es
iſt aber dieſer Garte in vier ſehr groſſe Quartiere abgetheilet/ welche
breite Rabatten oder Abſaͤtze haben/ darauf allerhand Frantz- oder
Zwerg-Baͤume/ von denen ſchoͤnſten Arten/ ſtehen/ und ſind die-
ſelbe mit einem wohl gewachſenen und zierlich beſchnittenen Heck-
Werck von Hage-Buͤchen umſchloſſen. Jnwendig hat ein ieder
Quartier was Beſonders/ denn in demjenigen/ ſo in der Ecke zur
rechten Hand des Schloſſes lieget/ im Sommer eine ſchoͤne Oran-
gerie mit andern fremden Gewaͤchſen angetroffen wird; hin-
gegen iſt in dem Quartier zur lincken ein wohl angelegter Laby-
rinth oder Jrr-Garten/ auf deſſen Gaͤngen viel hundert gemahlte
Toͤpfe mit raren Nelcken- oder Neglein-Stoͤcken geſetzet werden/
welches uͤberaus artig laͤſſet/ ſonderlich wenn die Nelcken floriren.
Die beyden andern Quartiere ſind mit einem feinen Laub-Werck
und andern Muſtern zum Blumen-Werck ausgezieret/ und mit dem
kleinen Bux-Baum bordiret oder beſetzet. Mitten zwiſchen dieſen
Quartieren iſt nun diejenige Fontaine, wovon ich im III Capitel
gehandelt habe/ um welche ſehr groſſe Satuen ſollen geſetzet werden/
wie denn auch mit einigen der Anfang hierzu gemachet worden.
X 3Weiter
[166]DasVIICapitel von dencurieuſen Luſt-
Weiter iſt in dieſem Garten bey dem Eingange am Schloſſe ein
kuͤnſtlich gebauetes Portal mit einem Altan vorhanden/ von welchem
zur rechten Hand/ um den halben Garten/ ein zierlicher von Baͤumen
gantz zugewachſener/ Bogen-Gang mit ſchoͤnen Laub-Huͤtten und
Grotten gehet/ die Seite aber gegen Mittag und Abend iſt/ des
freyen Proſpects wegen/ offen/ und nur an der Ecke wieder ein zier-
liches Portal mit einer Sommer-Laube aufgerichtet. Ferner ſind
die Haupt-Gaͤnge dieſes Gartens ſehr breit/ und ſteiget man von
denſelben/ aus dem zur Rechten des Schloſſes gelegenen Bogen-
Gange/ vermittels einiger Treppen/ auf eine ziemlich hohe Ter-
raſſe, darauf ſich eine uͤberaus ſchoͤne 166 Schritt breite und 650
Schritt lange Maille-Bahn befindet/ deſſen eine Seite nach dem
Garten zu mit einem hoͤlzern Gelaͤnder/ und die andere mit einer
Maure verwahret iſt/ beyde aber haben inwendig einen Abſatz oder
Rabat, und ſind mit Wein-Stoͤcken/ Abricoſen/ Pfirſchen und an-
dern Baͤumlein beſetzet/ welche der Zeit nach mit ihren Blaͤttern
Bluͤthen und Fruͤchten dieſelben bedecken/ und damit die Bahne
vortreflich zieren. Von dieſer Bahn gehet ein Gang auf das
Schloß/ und iſt an beyden Enden derſelben ein Luſt-Haus ange-
bauet/ davon das eine bey dem Schloſſe/ und das andere nach dem
Faſanen-Garten zuſtehet. Sonſt wird unter dieſem Luſt-Garten
zur lincken Hand/ wenn man von demſelben hinab gehet/ ein groſſes
Pomeranzen- oder Gewaͤchs-Haus/ weilen das oben in der einen
Ecke des Gartens liegende zu klein iſt/ gebauet/ welches ſchon ziem-
in die Hoͤhe gefuͤhret worden; ingleichen hat man auch nahe dabey
eine Allee angefangen/ die albereit etliche hundert Schritt lang iſt/
und noch weiter in das Feld hinaus/ biß faſt in den ſo genannten
Schlinck/ gefuͤhret werden ſoll: ſolche iſt auf beyden Seiten mit
Linden-Baͤumen beſetzet/ und ſo breit/ daß zwey Kutſchen geraͤumig-
lich bey einander fahren koͤnnen/ wodurch der Proſpect des Schloſ-
ſes und Gartens/ weilen derſelbe hierauf zugehet/ deſto ſchoͤner ge-
macht worden. Zum Beſchluß muß ich noch dieſes melden: daß
auch in dieſem Garten die Aloë Americana vielmahls ſehr ſchoͤn
und vollkommen floriret hat/ davon ich etliche in der Bluͤhte geſe-
hen/
[167]und Thier-Gaͤrten an und auf dem Hartz.
hen/ und erinnere mich/ daß einesmahls ein guter Freuͤnd/ der nun-
mehro in Hoch-Fuͤrſtlichen Schwartzburgiſchen wuͤrcklichen Dien-
ſten ſtehet/ dabey zugegen war/ der aus Kurtzweil eine bluͤhende Aloë
mit einem Spargel-Stengel vergliche/ und ſagte: daß er dergleichen
Spargel-Stengel ſein Lebetag nicht geſehen haͤtte/ woran er auch
nicht unrecht redete/ maſſen der Stengel von der florirenden Aloë
einem etwas aufgeſchoſſenen Spargel-Stengel nicht gar ungleich
ſiehet/ ob derſelbe ſchon nicht ſo dicke iſt.
III.
Von dem Luſt-Garten bey dem Schloß
Hertzberg.
BEgen dem Ober-Vor-Hartz trifft man auch bey dem Schloß
Hertzberg einen/ des Orts Gelegenheit und Situation nach/
fein angelegten Luſt-Garten mit wohl gewachſenen Heck-Werck
und andern Sachen an/ darinnen vormahls feine Gewaͤchſe vor-
handen geweſen/ welche aber nunmehro/ da keine Herrſchafft auf
dem Schloſſe reſidiret/ wieder ſehr eingangen ſind/ doch iſt ſolcher
noch wohl wehrt/ daß ein Curioſus denſelben mit dem Schloſſe/ im
Vorbey-Reiſen/ in Augen-Schein nehme.
IV.
Von dem Thier-Garten bey Blancken-
burg.
ES faͤnget ſich bey dem Hoch-Fuͤrſtlichen Braunſchweigiſchen
Luͤneburgiſchen Wolffenbuͤtteliſchen Schloß Blanckenburg
ein Thier-Garten an/ ſo in den Hartz gehet/ und/ dem Bericht nach/
uͤber zwey Meilen groß ſeyn ſoll/ in demſelben giebet es/ unter andern
wilden Thieren/ allerhand Gattung Hirſche von unterſchiedenen
Farben/ ſonderlich ſind darinnen groſſe Hirſche mit ſchwartzen Fle-
cken/
[168]DasVIICapitel von denencurieuſen Luſt-
cken/ und kleine weiſſe/ anzutreffen/ von welchen die Boͤcke kurtze
und breite Geweihe tragen/ und von etlichen Damm-Hirſche genen-
net werden.
V.
Vnn denen bey Stiege und Hertzberg
gelegenen Wolffs-Gaͤrten.
WEilen die Woͤlffe in dem Hartz groſſen Schaden verurſa-
chen/ und nicht allein das wilde/ ſondern auch allerhand zah-
me Vieh/ inſonderheit die von Nordhauſen und andern Orten
zu Sommers-Zeit in die Weyde dahin getriebene Kuͤhe und Rin-
der/ wie ich ſelber einesmahls mit meinem Schaden erfahren/ zu
Schanden reiſſen und auf-freſſen/ ſo wird ſolchen auf viele Art und
Weiſe nachgeſtellet/ am meiſten aber ihnen mit denen Wolffs-Gaͤr-
ten Abbruch gethan/ weilen dieſelben an einem Ort/ wo das Holtz
am dickeſten iſt/ und der Wolff ſich gern aufhaͤlt/ angeleget werden.
Einen ſolchen Garten trifft man nicht weit von dem Hoch-Fuͤrſtli-
chen Braunſchweigiſchen Luͤneburgiſchen Wolffenbuͤttelſchen Amt
Stiege an/ welcher viereckicht/ uͤber eine Viertel Meile lang und
breit/ auch mit hohen Plancken umgeben iſt. Der Eingang iſt wie
ein ziemlich breiter Thor-Weg weit/ und befindet ſich gegen Morgen
zur Rechten des Gartens an der Ecke/ alwo auch auswendig ein
Haͤuslein gebauet worden/ darinnen ein Tuch und Garn zum fol-
genden Gebrauch verwahret wird: Von dieſem Eingange gehet
ein breiter Weg durch das in dem Garten befindliche dicke Holtz/
nach einem gegen Abend zur Lincken in der Ecke des Gartens vor-
handenen bloſſen Platze/ alwo man das Luder/ als todte Pferde oder
Kuͤhe/ auf dieſen Weg hinſchleiffen laͤſſet. Gegen Mittag iſt/
nicht weit von der gegen Morgen zu gehenden Ecke/ die Plancke et-
was niedrig/ und darhinter/ auſſerhalb des Gartens/ ein Fall oder
eine groſſe und tieffe Wolffs-Grube gemacht/ die mit Reis-Holtz
bedecket wird. Ferner hat dieſer Garten inwendig an der Plancke
herum einen ſchmalen Weg oder Fuß-Steig/ auswendig aber einen
rechten
[169]und Thier-Gaͤrten an und auf dem Hartz.
rechten breiten Fahr-Weg/ an welchem gegen dem Luder-Platz uͤber
auf einem ſehr hohen Baum/ damit die Woͤlffe von dem hierinnen
zu Zeiten vorhandenen Jaͤger keinen Wind haben koͤnnen/ ein Jaͤ-
ger-Haͤusgen ſtehet/ und iſt noch ein anders und groͤſſers Jaͤger-
Haͤuslein nach Mitternacht gegen die Ecke des Gartens gebauet/ in
welchem ein Gloͤcklein henget/ ſo von einer Linie oder duͤnnem Strick
gezogen wird/ welcher auf den Baͤumen hin in Rollen biß zu dem vor
beſagten auf dem Baum befindlichen Haͤuslein gehet/ und/ der
Laͤnge wegen/ einen halben Centner ſchwer ſeyn ſoll. Endlich iſt
von dem auf der Erde vorhandenen groͤſſern Haͤuslein gegen den
um die Plancken gehenden Fahr-Weg ein Fuß-Steig biß zu dem
Eingang des Gartens gemacht. Wenn dann die Jaͤger vermer-
cken/ daß die Woͤlffe das Luder gerochen/ und davon gefreſſen haben/
ſo ſteiget einer zu der Zeit/ da die Naͤchte etwas helle ſind/ auf den
Baum in das Haͤuslein/ die andern hingegen begeben ſich in das
andere/ wo das Gloͤcklein henget. So bald nun zu Nacht die Woͤlf-
fe ſich in dem Garten bey dem Luder verſammlet haben/ ziehet der
Jaͤger ſo vielmahl an dem Stricke/ als er Woͤlffe vermercket/ auf
welches Zeichen die andern Jaͤger ſich nach dem Eingang eilends
fortmachen/ und vor denſelben das vor gemeldete Tuch und Garn
ziehen/ bey welcher Arbeit einer von denſelben mit einem oder mehr
hierzu abgerichteten Hunden in den Garten gehet/ und auf einen ge-
gen der Wolffs-Grube uͤber ſtehenden Stamm oder Baum ſteiget/
aldar er Achtung geben muß/ wie viel Woͤlffe in die Grube ſpringen/
ingleichen ruffet er auch die Hunde wieder zuruͤcke/ wenn dieſelben et-
wa denen Woͤlffen nachfolgen wollen; unterdeſſen gehen die Hunde
auf die Woͤlffe los/ die denn nicht ermangeln/ einen Ort zu ſuchen/
wo ſie durchzukommen gedencken/ doch vergebens/ maſſen die Plan-
cken viel zu hoch dahin ſind/ derohalben ſie ſo lange in dem Gar-
ten an denen Plancken herum lauffen/ biß dieſelben vor die Grube
kommen. Weilen es nun alhier nicht ſo dunckel als an andern
Orten des Gartens iſt/ indem nicht allein die Plancke ſich niedriger/
ſondern auch zu Nacht die Gegend nach Mittag heller als andere
befindet/ ſo vermeinen die Woͤlffe da hinaus zu kommen/ und ſprin-
Ygen
[170]DasIIXCap. von denCurioſitaͤten derer Berg-
gen alſo in die Grube hinein. Hierauf wird des Morgens fruͤh ein
ſonderlicher zugemachter Karren bey die Grube gefuͤhret/ in welche
ein Jaͤger mit einer Leiter ſteiget/ wirfft einem Wolff den Strick um
den Hals/ leget demſelben einen Knebel um das Maul/ damit er
nicht beiſſen kan/ bindet deſſen Vorder-Fuͤſſe zuſammen/ und ziehet
alſo einen nach dem andern aus der Grube in den Karn/ welcher als-
denn nach Wolffenbuͤttel/ oder wohin ſolches die Gnaͤdigſte Herr-
ſchafft verlanget/ gefuͤhret wird. Auf ſolche Art werden die Woͤlffe
lebendig gefangen/ und ſtellet man damit Luſt-Jagten an. Zu ver-
wundern iſt es/ daß ſolche/ dem Bericht nach/ wenn ſie alſo gefan-
gen worden/ ſehr gedultig und fromm ſind/ da ſie doch ſonſt treflich
um ſich beiſſen. Dieſe Invention von Wolffs-Gaͤrten wird vor
die beſte gehalten; und bin ich berichtet worden: wie man im vergan-
genen 1702ten Jahr vier und zwanzig Woͤlffe darinnen gefangen.
Nechſt vor gedachten iſt auch ein anderer Wolffs-Garte nicht weit
von Hertzberg im Hartz vorhanden/ er ſoll aber nicht ſo gut als dieſer
ſeyn/ weilen der Fang inwendig im Garten iſt.
VI.
Von dem Faſanen-Garten bey Sonders-
hauſen.
NJcht weit von dem Hoch-Fuͤrſtlichen Schwartzburgiſchen Luſt-
Garten zu Sondershauſen lieget ein groſſer Garte/ der mit
einer Mauer umgeben iſt/ und der Faſanen Garte genennet wird/
weilen darinnen viele Faſanen von unterſchiedenen Farben zur Rari-
taͤt/ ſo wohl wegen ihrer Schoͤnheit/ als auch des angenehmen Ge-
ſchmacks ihres Fleiſches/ unterhalten und geſpeiſet werden. Jn
dieſem Garten iſt ein ſchoͤner und geraumer Jrr-Garten angeleget/
welcher denen Faſanen ſehr zu gute koͤmmet/ maſſen dieſelben ſich des
Tages uͤber gerne unter das Geſtraͤuch verkriechen. Sonſt ſind die
Mauren alhier/ wie auf der uͤber dem Luſt-Garten vorhandenen
Maille-Bahn/ mit guten Zwerg-Baͤumen und dergleichen
beleget.
[171]und Huͤtten-Wercke an und auf dem Hartz
Das IIX Capitel
von denen
Curioſitaͤten derer Berg- und Huͤtten-
Wercke an und auf dem Hartz.
I.
Von denen Gaͤpeln oder Geipeln/ auch dar-
unter vorhandenen Schaͤchten und
Gruben.
DAß bey denen Berg- und Huͤtten-Wercken an und auf dem
Hartz/ ſonderlich zum Claus-Thal/ Zellerfeld/ und andern
Orten des Harzes mehr/ viele curieuſe Sachen zu ſehen
ſind/ wird keiner laͤugnen/ der dieſelben einmahl in Augen-Schein
genommen hat. Es iſt aber genug/ wenn ein Curioſus, ſo keine
Profeſſion von Berg-Wercks-Sachen machen will/ ſich davon die
folgenden/ als fuͤrnehmſten/ durch einen ſo genannten Geſchwor-
nen/ oder andere Berck Bedienten/ vor ein Trinck Geld zeigen laͤſ-
ſet/ und zwar in der Fruͤhe-Stunde oder bey der erſten Schicht/ ſo
ſich um vier Uhr fruͤh Morgens anfaͤnget/ und biß zu Eilffe waͤhret/
denn eine ſolche/ zumahl ungewohnte/ Arbeit ein voller Bauch nicht
wohl verrichten kan. Hat er nun einen Fuͤhrer bekommen/ ſo muß
er mit demſelben in ein bey der Grube vorhandenes Zechen-Haus ge-
hen/ daſelbſt ſeine Kleider aus- und davor Berg- oder Gruben-Klei-
der anziehen/ weilen man ſich in denen Gruben ziemlich beſudelt/ in
welcher Figur er mit nach dem Gaͤbel/ ſo auch Gaͤpel und Geipel
genennet wird/ wandert/ alwo ihm der Fuͤhrer weiſet/ wie Ertz und
Berg mit Pferden aus der Grube durch den Treib-Schacht gezogen/
Y 2oder/
[172]DasIIXCap. von denCurioſitaͤten derer Berg-
oder/ wie die Berg-Leuͤthe reden/ getrieben werden. Ein ſolcher
Geipel iſt unten rund/ und oben ſpitz zu/ wie ein Thurm/ von Holtz
gebauet/ auch mit tannenen Schindeln oder Bretern bedecket. Die
Runde deſſelben iſt neuͤnzig/ und die Weite dreyßig Ellen/ damit die
Pferde Raum zu gehen haben. Mitten in dem Gaͤpel befindet ſich
eine tieffe Grube oder Keſſel/ darinnen eine Spille ſtehet/ die oben
einen Korb hat/ um welchen die Ketten gehen/ daran die mit Ertz und
Berg angefuͤllte Tonnen aus der Grube gezogen werden. Endlich
gehet quer durch dieſe Spindel der Schweng Baum/ woran man
die Pferde ſpannet/ welche die Spille oder Spindel herum treiben.
Wenn denn eine Tonne herauf gewunden/ und ausgeſtuͤrzet worden/
ruffet der Ausrichter/ oder der Berg-Mann/ ſo Achtung giebet/ daß
die Tonnen nicht an einander haken/ ſondern unverhindert in dem
Schacht auf und nieder gehen: Zaupff! welches das Zeichen iſt/
daß der Fuhr-Mann die Pferde zuruͤck treiben ſoll/ damit die ledige
Tonne wieder hinunter/ und die angefuͤllte wieder herauf kommen
koͤnne. Auſſer dieſen Gaͤbeln giebet es auch Wind-Gaͤpel/ welche
oben an dem Tache Fluͤgel wie die Wind-Muͤhlen haben/ und/ an
Statt der Pferde/ von dem Winde umgetrieben werden/ weilen aber
der Wind gemeiniglich unbeſtaͤndig zu ſeyn pfleget/ ſo iſt dieſe Inven-
tion mehr curieus als nutzbar bey denen Berg-Wercken/ derohalben
ſind dieſelben auf dem Hartz bald wieder in Abgang gerathen/ und
habe ich noch vor etlichen Jahren einen ſolchen Wind-Gaͤpel bey
dem Zeller-Feld/ und dergleichen bey dem Hahnen-Klee/ alwo mein
ſeliger Vetter Zacharias Harbord/ ein auf dem Hartz/ ſeiner vor-
treflichen Berg-Wiſſenſchafft und Gluͤckes wegen/ beruͤhmter
Mann/ gewohnet/ in vollem Still-Stande angetroffen. Jch erin-
nere aber eine iede curieuſe Perſon/ daß ſolche bey der Beſchauung
des Geipels und andern Berck-Wercks-Sachen/ die Berg-Leuͤthe
mit dem Berg-Gruß: Gluͤck auf! anrede; denn ſo man zu denen-
ſelben/ wie im Lande gebraͤuch lich/ Gluck zu! ſaget/ lachen ſie ent-
weder daruͤber/ oder hoͤren es nicht gerne/ weilen etliche derſelben/ aus
Einfalt/ ſolches vor einen boͤſen Wunſch halten/ und vermeynen:
wie man ihnen damit wuͤnſche/ daß das Berg-Werck ein- oder
zugehen/
[173]und Huͤtten-Wercke an und auf dem Hartz.
zugehen/ und ſie erſchlagen ſolle. Von dem Geipel bringet der Fuͤh-
rer den Curioſum in das an denſelben gebauete Vor-Haus/ und zei-
get ihm den Schacht/ oder das in die Tieffe gebrochene/ und/ zu Ver-
huͤtung des Einfallens/ mit Holz-Werck verzimmerte Loch/ wodurch
man auf vielen unter einander und ſehr ſtickel geſetzten Fahrten in den
Schacht/ und von dar in die Grube viele Lachter tieff hinab ſteigen/
oder/ wie die Berg-Leuͤthe reden/ fahren muß. Vor gedachte Fahr-
ten ſind nichts anders/ als ſtarcke Leitern von zwanzig biß dreyßig
Spalen oder Staffeln; doch koͤnnen es die Berg-Leuͤthe nicht wohl
leiden/ daß man die Fahrten Leitern nennet/ und geben vor: wie der
Schinder Leitern fuͤhre/ hingegen ſie Fahrten brauchten. Es koͤm-
met aber das Einfahren demjenigen/ ſo es entweder nicht gewohnet/
oder corpulent iſt/ beſchwerlich an/ denn er ſolches etliche Tage in
Armen und Beinen fuͤhlet; uͤber das iſt ſolches auch nicht gantz ohne
Gefahr/ maſſen wenn irgend durch einen falſchen Tritt oder Entglei-
tung derer Haͤnde ein Ungluͤck ſich zutragen/ und iemand alſo von
der Fahrt hinunter fallen ſolte/ ſolcher ohne Zweifel um ſein Leben
kommen/ und zerſchmettern wuͤrde/ und iſt ſolches die Urſache/ daß
offtmahls etliche von denjenigen/ ſo zuvor niemahls einen Schacht
geſehen/ ſich noch vor demſelben bedencken/ ob ſie mit einfahren wol-
len oder nicht. Allein ein recht curieuſes Gemuͤthe ſcheuͤet keine
Arbeit/ und kan man der Gefahr durch gute Vorſichtigkeit und feſtes
Anhalten wohl vorkommen/ wie ich denn Frauen-Zimmer habe mit
einfahren geſehen/ ſo beydes nicht geachtet/ worunter einesmahls
eine mir am allernaͤhſten verwandee Perſon/ die es im Fahren denen
darbey vorhandenen Manns-Volck/ wo nicht zuvor/ doch gleich
that. Es muͤſſen aber die Weibes Perſonen ſich ebenfalls in einen
Berg-Habit verkleiden/ ſonſt dieſelben mit ihren langen Roͤcken auf
denen Fahrten nicht fortkommen koͤnten/ und es dieſerwegen leicht
Hals-brechende Arbeit geben wuͤrde. Nachdem nun der Curioſus
ſich reſolviret/ mit einzufahren/ brennet der Fuͤhrer ein mit Tacht
und Unſchlitt/ welches ſich nicht/ wie das Oehl/ verſchuͤtten laͤſſet/
verſehenes Gruben-Licht an/ weilen man ohne daſſelbe/ ſo wohl in
dem finſtern Schacht/ als in der dunckeln Grube/ nichts auszurichten
Y 3ver-
[174]DasIIXCap. von denCurioſitaͤten derer Berg-
vermag/ alsdenn faͤhret derſelbe voran in den Schacht/ welchem der
Curioſus nachfolgen/ und ſich in Acht nehmen muß/ da er nicht zu
geſchwinde nachfahre/ und dem Fuͤhrer/ oder einem andern/ wenn
ihrer etliche aus Curioſitaͤt mit einander fahren/ auf den Kopf oder
die Haͤnde trete/ als welches eine ſolche unverdingte und gefaͤhr-
liche Arbeit iſt/ daß davon bald einer Hals und Beine brechen koͤnte.
Wenn man denn alſo eine oder mehr Fahrten herunter gefahren/ und
irgend uͤber ſolcher ungewohnten Arbeit muͤde worden iſt/ kan man
nach Belieben an einem und andern Ort wohl ausruhen/ indem ſich
ein bretener Boden zwiſchen einer ieden Fahrt/ biß zu unterſt hinun-
ter/ befindet/ alsdenn faͤhret man auf ſolche Art weiter/ und ſo
lange fort/ biß man endlich in die Grube oder Zeche koͤmmet/ alda der
Fuͤhrer die Oerter oder Hoͤlen zeiget/ wo die Berg-Leuͤthe das Ertz
und Geſtein gewinnen oder arbeiten/ welche oftmahls in denen Gru-
ben/ die ſtarck beleget oder gebauet werden ſo groß/ als eine ziemliche
Kirche oder andere Gewoͤlbe/ ſind. Die Arbeit hierinnen iſt nicht
einerley/ denn einige mit einem Hand-Feuͤſtel/ und Berg-Eiſen/ ins-
gemein Schlaͤgel und Eiſen genannt/ das Geſtein und Ertz Stuͤck-
weiſe abhauen/ etliche mit Pulver groſſe Stuͤcke davon abſchieſſen/
zumahl in denen Gruben/ da das Geſtein ſich nicht will ſtuffen laſſen/
ſondern ſehr feſte/ und nicht wohl zu gewinnen iſt/ zu dem Ende ſie in
daſſelbe mit einem ziemlichen langen/ ſtarcken/ geſtahlten/ unten vier-
eckigten und ſcharffen Eiſen/ welches der Bohrer genennet wird/ ein
Loch ſchlagen/ oder/ wie die Berg-Leuͤthe reden/ bohren/ ſolches mit
Pulver fuͤllen/ einen langen Schwefel-Faden alſo darauf legen/ daß
das eine End eine ziemliche Weite auſſer dem Loche haͤnget/ endlich
das Loch oben wohl verwahren/ den Faden anſtecken/ und davon
lauffen/ unterdeſſen der Schwefel biß an das Pulver brennet/ und
ſolches anzuͤndet/ welches denn das vor dem Loche vorhandene Ge-
ſtein und Ertz mit einem heftigen Knall abſprenget. Es iſt aber
luſtig zu ſehen/ wenn ein ieder von vor gedachten Haͤuern oder Arbei-
tern/ derer oftmahls in Ertz-reichen Gruben uͤber dreyßig an einem
Orte vorhanden ſind/ ein Gruben-Licht vor ſich hat/ und alles vor
und uͤber denſelben von Ertz ſchimmert und glaͤnzet. Nichts weniger
klinget
[175]und Huͤtten-Wercke an und auf dem Hartz.
klinget es artig in die Ohren eines Zuſchauers/ wenn die Haͤuer in
ihrer Arbeit mit denen Iuſtrumenten ein Klippern und Klappern ver-
urſachen/ auch faſt zu iedem Schlage He! ſchreyen. Nach dieſem
pfleget der Fuͤhrer den Curioſum auf den Fuͤll-Ort zu bringen/ alwo
der ſo genannte Anſchlaͤger den Berg oder Ertz in die anfaͤnglich ge-
dachte Tonnen ſtuͤrtzet oder ſchuͤttet. Ferner weiſet derſelbe die
Berg-Feſtung oder Berg-Feſte/ welches das Ertz oder/ in Ermange-
lung deſſen/ das Geſtein iſt/ ſo die Berg-Leuͤthe hin und wieder ſtehen
laſſen/ damit die Grube hierauf/ als wie das Gewoͤlbe einer Kirche
auf den Pfeilern/ ruhe/ und nicht eingehe oder einfalle. Auf ſolche
Berg-Feſtung haͤlt der Berg-Mann ſehr viel/ und ſaget: daß man
nicht Berg-maͤnniſch/ ſondern raͤuberiſch baue/ wenn man alles in
den Zechen weghaue/ und keine Berg-Feſte ſtehen laſſe. Weiter
zeiget der Fuͤhrer das Gezimmer/ wormit an denen Orten/ da es
vonnoͤthen/ unter andern die Waͤnde in den Gruben/ wenn ſie ſich
ziehen/ gefaſſet werden/ damit dieſelben nicht herein gehen/ ſolches
beſtehet aus vielen groſſen/ dicken Baͤumen/ welche der Steiger
im Nohtfall unterziehen laͤſſet/ und ſolte es wohl mancher/ der das-
ſelbe niemahls geſehen/ nicht glauben/ daß ſo viel Holtz unter der
Erde verbauet ſey/ als man in etlichen lang gebaueten Gruben an-
trifft. Jſt nun die Grube vormahls Waſſer-noͤthig/ das iſt/ mit
ſo viel Waſſers angefuͤllet geweſen/ daß davor in derſelben nicht hat
koͤnnen gearbeitet werden/ ſo wird das Waſſer daraus entweder
durch einen Stollen/ oder im III Capitel von mir ſchon beſchrie-
benen Stangen-Kunſt abgefuͤhret/ und alsdenn von beyden dasje-
nige/ was in der Grube ſich befindet/ dem Curioſo gewieſen. End-
lich faͤhret derſelbe mit dem Fuͤhrer wieder aus der Grube heraus/
welches denn viel beſchwerlicher als das Einfahren iſt/ maſſen der
Leib von einer Fahrt auf die andere muß gleichſam gezogen wer-
den/ bey welcher Arbeit denn Arme und Beine das Jhrige ziem-
lich empfinden.
II. Von
[176]DasIIXCap. von denCurioſitaͤten derer Berg-
II.
Von der Ertz-Halle oder Ertz-Halde.
WEnn der Curioſus aus der Grube gefahren iſt/ bringet der Fuͤh-
rer denſelben nach der Ertz-Halle oder Halde/ welches ein vor
dem Geipel gelegener Platz/ dahin das aus der Gruben getriebene
Ertz uͤber einen Hauffen geſtuͤrtzet/ und von dar ab ins Puch-Werck
gefuͤhret wird. Von dieſer Halle pfleget der Curioſus, wenn er
Permiſſion erhalten/ eine Stuffe oder ein Stuͤck Ertz zur Curioſitaͤt
und Andencken mitzunehmen/ fraget auch den Fuͤhrer: wo ſonſt ein
rares Stuͤck zu verkauffen ſey? der ihm denn ſchon Gelegenheit hier-
zu verſchaffet/ darauf gehet der Curioſus mit dem Fuͤhrer wieder in
das Zechen-Haus/ giebet demſelben eine Discretion vor ſeine Muͤhe/
ziehet ſeine Kleider wieder an/ und nimmet einen Berg-Mann mit/
der ihm das Folgende zeige/ oder erkundiget ſich ſonſten/ wo daſſelbe
anzutreffen iſt.
III.
Von dem Stollen.
WEilen ich albereit in dem Vorhergehenden etwas von dem
Stollen gedacht habe/ ſo will dem curieuſen Leſer berichten/
was daſſelbe eigentlich vor ein Gebaͤu ſey/ und wozu ſolches ferner
nutze. Es iſt aber ein Stollen eine nicht gar zu weite/ doch ſehr lan-
ge und ſo wohl auf denen Seiten als oben mit Holtz ausgebauete
Hoͤle/ welche unter einem Berg-Werck in einem Thal oder Grund
angefangen/ und unter der Erde durch das Geſtein und Ertz/ als ein
Gang/ biß in eine oder mehr Gruben getrieben worden. Der Nutz
deſſelben iſt fuͤrtreflich/ denn auſſer dem/ daß mit ſolchen/ wie ſchon
im Anfange dieſes Capitels erinnert worden/ einer Waſſer-noͤthigen
Grube das Waſſer benommen wird/ ziehet auch durch denſelben ein
gutes Wetter oder eine geſunde friſche Lufft in eine Zeche ein/ und
hingegen der Schwaden wieder heraus. Dieſer Schwaden aber iſt
eine
[177]und Huͤtten-Wercken an und auf dem Hartz.
eine faule mit giftigen/ von denen Witterungen derer Ertze herruͤh-
renden/ Duͤnſten vermiſchte Lufft/ ſo die Gruben-Lichter ansloͤſchet/
und zu Zeiten die Berg-Leuͤthe gar ploͤtzlich toͤdtet/ oder doch zum
wenigſten ihnen auf die Lunge faͤllet/ davon ſie hernach Berg-ſuͤch-
tig werden/ keichen/ und nach und nach verdorren. Ferner koͤnnen
die Berg-Leuͤthe durch den Stollen eines und das ander aus- und in
die Grube bringen. Sonſt kan auch ein Curioſus wohl durch den
Stollen auf dem ſo genannten Treck-Wercke/ welches uͤber dem im
Stollen befindlichen Waſſer auf Stegen gelegte Hoͤlzer oder Breter
ſind/ aus der Zeche gehen; allein/ weilen das Mund-Loch des Stol-
lens oder der Ort/ da das Waſſer zu Tage ausflieſſet/ ſehr weit von
der Grube entfernet iſt/ ſo geſchiehet ſolches ſelten/ und laſſen ſich die
Curioſi mehrentheils nur/ um die Zeit zu gewinnen/ gedachtes
Mund-Loch mit dem Theil/ ſo ſich an der Grube befindet/ zeigen/
indem ſie von dem erſten Fuͤhrer ſchon berichtet worden/ daß/ wer
beydes in Augen-Schein genommen habe/ ſich auch leicht die Be-
ſchaffenheit des ganzen Stollens einbilden koͤnne/ weilen ſolcher alſo
durch und durch gebauet ſey.
IV.
Von denen zum Berg-Bau gehoͤrigen
Teichen.
DAs Waſſer iſt auſſer denen Gruben zum Berg-Bau ein ſehr
nohtwendiges Werck/ denn von denſelben unter andern die
Kuͤnſte/ Puch- und Huͤtten-Wercke getrieben werden/ und ſiehet
man deſſen Nohtwendigkeit am meiſten zu der Zeit/ da ſolches in
heiſſen Sommern ſehr eintrucknet/ oder im ſtarcken Winter ausfrie-
ret/ maſſen alsdenn die Berg-Wercke ſo lange ſtille ſtehen muͤſſen/
biß dieſer Waſſer-Mangel durch ein ſtarckes Regen- oder Tau-
Wetter wieder erſetzet wird. Dieſerwegen haben die Berg-Leuͤthe
an und auf dem Hartz hin und wieder ſehr viele groſſe und tieffe
Teiche angeleget/ um dadurch der zu Zeiten vorfallenden Waſſer-
ZNoht-
[178]DasIIXCap. von denCurioſitaͤten derer Berg-
Nohtdurfft/ ſo viel muͤglich/ vorzukommen. Solche Teiche befin-
den ſich nun mehrentheils in weiten und langen Thaͤlern/ in welche
das an etlichen Orten ſorgfaͤltig gefaſſete Quell-Waſſer geleitet/
und daſelbſt/ durch Huͤlffe eines vorgemachten Tammes/ verſamm-
let und aufbehalten wird. Dieſer Tamm iſt von Tamm-Erde oder
Raſen verfertiget/ und gemeiniglich ſo hoch und dicke/ daß ſich ein
Curioſus nicht genugſam uͤber die groſſe Arbeit und aufgewendete
Unkoſten verwundern kan. Die Urſach aber/ warum dieſe Taͤm-
me eine ſolche Hoͤhe und Dicke haben muͤſſen/ iſt das wilde oder reiſ-
ſende Regen- und Schnee-Waſſer/ welches/ der Jahres-Zeit nach/
haͤuffig in ſolche Teiche einflieſſet/ und mit Gewalt auf den Tamm
zudringet/ auch offtmahls durch denſelben bricht/ dahero ſolche Tei-
che nicht allein viel zu bauen/ ſondern auch ein Groſſes zu erhalten
koſten.
V.
Von dem Puch-Werck und Ertz-Waſchen.
MAn trifft in denen Berg-Wercken gar ſelten das Ertz gaͤnzlich
rein an/ ſondern es iſt daſſelbe mehrentheils mit Berg oder
Geſtein vermiſchet/ derohalben ſolches/ ehe es geroͤſtet und geſchmel-
zet wird/ zu Erſpahrung derer Unkoſten/ ſo auf Holtz/ Kohlen und
dergleichen gehen/ gepuchet/ und uͤber dem Plan-Herd gewaſchen
werden muß/ damit der unnuͤtze Berg von dem guten Ertz komme.
Gedachtes Puch- und Waſch-Werck iſt zwar ein niedriges doch
ziemlich weites/ langes und mit vielen Fenſtern/ weilen ſolche Arbeit
einen hellen Ort erfodert/ verſehenes Gebaͤu/ welches gemeiniglich
eine Wand unterſcheidet/ doch kan man/ vermittels einer Thuͤr/ aus
einem Theil in das andere kommen. Jn dieſer einem iſt das Puch-
Werck mit vielen oder wenigen Puch-Stempeln/ nachdem das
Puch-Rad von einem ſtarcken oder ſchwachen Waſſer umgetrieben
wird/ angeleget/ und werden die Stempel von denen in die Welle
gemachten Hebaͤrmen oder Geblingen einer nach dem andern auf-
gehoben; es iſt aber an einem ieden derſelben unten ein/ in die ſieben
und
[179]und Huͤtten-Wercke an und auf dem Hartz.
und funffzig Pfund ſchweres/ Eiſen befeſtiget/ welches die in dem
mit ſtarcken eiſernen Blech an denen Seiten beſchlagenen und unten
mit einer eiſernen drey Zoll dicken Unterlage belegten Puch-Trog
geſtuͤrzete Ertze/ naß oder trocken/ nachdem es die Nohtdurfft erfor-
dert/ klein puchet oder ſtoſſet. Jſt nun alſo das Ertz trucken gepochet
worden/ ſo wird ſolches hernach entweder durch ein Sieb mit einem
draͤhternen Boden geraͤdet/ oder durch einen Durch-Wurff oder
Durch-Schlag mit einem vor beſagten Boden geworffen/ hingegen
wenn man Waſſer in den Puch-Trog laͤſſet/ und auf ſolche Art naß
puchet/ flieſſet mit dem Waſſer aus dem Troge das ab- oder klein
gepuchte Ertz durch das ſo genannte Vorſetz-Blech/ welches ein von
Meßings-Drat gemachter Durch-Schlag iſt/ und wird von dar in
den Schlemm-Graben/ oder einen von Holtz gemachten Kaſten/ ge-
bracht/ alwo man daſſelbe ſo lange ſchlemmet/ biß es reine iſt/ alsdenn
ſolches den Nahmen Hedel und grober Schlich bekoͤmmet/ das zuruͤck
gebliebene Abgeſchlemmete aber/ ſo noch Ertz bey ſich fuͤhret/ heiſſet
Schlemm-Graben/ und wird auch folgender maſſen abgeleuͤtert oder
gereiniget. Es ſind in dem andern Theil des anfaͤnglich gedachten
Gebaͤues unterſchiedene von Holtz gemachte Werck-Staͤtte/ die man
Plane-Herde nennet/ weilen darauf viele Planen oder grobe lein-
wandene Tuͤcher liegen/ auf ſolche Herde bringen die Puch-Bediente
den Schlemm-Graben/ und waſchen denſelben uͤber die Planen/
wodurch das gute ſich in die oberſten Tuͤcher ſetzet/ welche alsdenn in
in denen Schlich-Faͤſſern ausgewaſchen werden/ damit der Schlich
aus denen Planen komme/ und zu Boden falle. Dieſer Schlich
wird Schlamm-Schlich/ zum Unterſchied des vor gemeldeten groben
Schlichs/ genennet. Von dieſem guten Schlich lauffet auch etwas
auf die mittelſten und unterſten Planen/ weilen er aber unrein iſt/ ſo
wird derſelbe ebenfalls auf vor beſagte Art gelaͤutert/ was denn in ſol-
cher Arbeit gaͤntzlich von denen Planen abrollet/ und unter den Plan-
Herd laͤuffet/ iſt mehrentheils ein unnuͤtzes und unartiges Weſen/
welches die Berg-Leuͤthe/ ihrer beſondern Redens-Art nach/ Affter
heiſſen. Dieſes flieſſet mit dem Waſſer in die vor dem Puch-Wercke
vorhandene Kaſten/ Affter-Gefaͤlle genannt/ in welche ſich daſſelbe
Z 2ſetzet/
[180]DasIIXCap. von denCurioſitaͤten derer Berg-
ſetzet/ alsdenn man ſolches ausſchlaͤget/ und es zuſammen auf einen
Hauffen wirfft/ alda ſolcher Hauffe ſo lange liegen bleibet/ biß in
dem Puch-Werck nicht mehr mit Ertz kan gefodert werden/ da denn
endlich ſolcher After wieder gepuchet/ und uͤber dem Herd gearbeitet
wird/ weilen ſich unter demſelben noch etwas weniges Ertz befindet.
Vor gedachte Puch- und Waſch-Arbeit wird unter der Aufſicht
eines Puch-Steigers von alten betagten Leuͤthen und Maͤgdlein/
mehrentheils aber von Knaben/ verrichtet/ welche man Puch-Jun-
gen nennet/ und gemeiniglich ſehr loſe Schaͤlcke ſind/ mit denen ein
Curioſus, wenn er das Puch- und Waſch-Werck beſiehet/ gar leicht
anlauffen kan/ maſſen dieſelbe Betlen wohl gelernet haben/ giebet er
nun einem oder mehr etwas/ ſo hat er die andern alle auf dem Halſe/
als welche auch dergleichen haben wollen/ erhalten ſie aber nichts/ ſo
lachen ſie denſelben aus/ und lauffen davon/ wovor ein Curioſus
ſelten Revange bekoͤmmet/ weilen es hernach niemand gethan hat/
und zu Zeiten auch der Puch-Steiger ſeinen Puch-Jungen durch
die Finger ſiehet/ derowegen dieſes die beſte Revange iſt/ wenn er zur
Luſt etwas kleine Muͤnze/ daß es die Jungen ſehen/ auf die Erde
wirffet/ da denn dieſelben nicht ermangeln/ uͤber dem Auff leſen einer
dem andern die Haare mit denen Fingern auszukaͤmmen/ zumahl/
wenn etliche darzu lauffen/ denen vorhero ſchon etwas mitgetheilet
worden/ indem dieſelbe nicht mit aufraffen ſollen/ welcher Zanck denn
ohne Haar-Collation und Schlaͤge nicht abgehet/ wie ich oͤfters ge-
ſehen habe.
VI.
Von dem Roͤſt- oder Brenn-Ofen und
Roͤſten auſſerhalb der Huͤtte.
DEr Roͤſt- oder Brenn-Ofen ſtehet/ wie alle andere nachfol-
gende Oefen/ unter einer Huͤtte oder einem Gebaͤu/ und iſt wie
ein groſſer Bach-Ofen mit einem Schuͤer oder Mund-Loch gewoͤl-
bet. Hierinnen wird der vorher gedachte grobe und Schlamm-
Schlich mit einem von kurtz gehauenem Holtz gemachten Feuͤer zwoͤlff
Stun-
[181]und Huͤtten-Wercke an und auf dem Hartz.
Stunden lang geroͤſtet oder gebrennet/ damit dem Ertz ſeine Wildig-
keit/ Giftigkeit und Unart benommen werde/ ſonſt man daſſelbe im
Schmelzen nicht zwingen koͤnte/ und das gute mit dem boͤſen in die
Lufft gehen wuͤrde. Unter waͤhrendem Roͤſten oder Brennen/ da-
von der Ofe den Nahmen hat/ wird das Ertz von denen Brenn-
Knechten/ unter der Direction des Brenn-Meiſters/ offt umgeruͤh-
ret und gewendet/ anfaͤnglich mit einer langen eiſernen Kruͤcke/ und
folgends/ wenn der Schlich zu ſchwitzen anfaͤnget/ mit dem Bocke/
welches ein Eiſen mit zwey krummen Zacken iſt. Beyde Inſtrumen-
ta aber leget der Brenn-Knecht in dem Schurtz oder einem an einer
eiſernen Kette vor dem Ofen hangenden groſſen Hacken/ und regi-
ret ſolche alſo mit dem Schwange. Sonſt iſt von dieſem Ofen
merck-wuͤrdig/ daß darinnen die groſſe Hitze anfaͤnglich unter dem
Umruͤhren etwas von dem Schlich/ ehe er flieſſe/ hebe/ und durch die
daruͤber gebauete Feuͤer-Eſſe hinaus auf das Dach fuͤhre/ dergleichen
von denen auf dem Hartz gelegenen Zeller-Felder- und Wilde-Maͤn-
ner-Huͤtten der Herr von Loͤheyſen in dem 5 Theil ſeines Berichts
von Berg-Wercken fol. 68 ſchreibet. Auſſer dieſen Roͤſt-Ofen
werden auch etliche rohe Ertze unter dem freyen Himmel geroͤſtet/ und
geſchiehet ſolches inſonderheit bey Goslar auf der Oker/ da man die
Rammelsbergiſchen Ertze neuͤn Schuh hoch auf Holtz ſchuͤttet/ und
daſſelbe mit gluͤenden Schlacken anſtecket/ alsdenn die Ertze ſich
hievon entzuͤnden/ und/ wegen des bey ſich habenden Schwefels/
eine lange Zeit in ſich ſelbſt brennen. Dieſer Schwefel ſammlet ſich
zum Theil oben auf dem Roͤſt Hauffen in die daſelbſt gemachte runde
Loͤcher/ woraus derſelbe mit eiſernen Loͤffeln geſchoͤpffet/ und hernach
zum gelben Schwefel gelaͤutert wird/ woruͤber die Arbeiter groſſen
Geſtanck ausſtehen muͤſſen/ theils tropfet derſelbe/ am meiſten aber
zu Sommers-Zeit aus denen Seiten des Roſtes/ und wird dieſer-
wegen Tropf- oder Truͤpf Schwefel genennet/ welcher wie Eis-
Zapfen ausſiehet/ und/ wegen ſeiner Reinigkeit/ in der Artzney/ an
Statt derer florum Sulphuris oder ſo genannten Schwefel-Bluh-
men ſicher kan gebrauchet werden.
Z 3VII. Von
[182]DasIIXCap. von denCurioſitaͤten derer Berg-
VII.
Von dem Schmeltz-Ofen.
ES wuͤrde wider mein Vorhaben lauffen/ und zu weitlaͤufig fal-
len/ wenn ich alhier von dieſem Ofen ausfuͤhrlich handeln wol-
te/ indem derſelbe nicht auf einerley Art gemachet/ auch darinnen das
Ertz/ ſeiner Vielfaͤltigkeit wegen/ auf unterſchiedene Weiſe geſchmel-
zet wird/ derohalben ich nur dem curieuſen Leſer kuͤrtzlich berichte/
wie darinnen der unter vorigem Titel gedachte Roſt oder geroͤſtete
Schlich mit oder ohne Vorſchlag/ nachdem die Ertze ſtrenge oder
fluͤßig/ geſchmelzet werde; wenn denn ſolches geſchehen/ wird der
Ofe geoͤffnet/ und die gefloſſene Materie heraus gelaſſen/ was denn
ſich oben auf derſelben befindet/ wird mit dem ſo genannten Streich-
Meiſſel abgezogen/ und Schlacken genennet: das andere aber/ ſo
ſich zu Boden ſetzet/ und aus Bley und Silber/ auch andern Metal-
len/ beſtehet/ heiſſet Werck/ und wird mit der Kelle in eiſerne Pfan-
nen gegoſſen. Nach dem wird der Ofe durch den ſtarcken Wind
derer vom Waſſer getriebenen groſſen Baͤlge ausgeblaſen oder abge-
kuͤhlet/ darmit man deſto eher wieder darinnen arbeiten und ſchmel-
zen koͤnne.
VIII.
Von dem Treib-Ofen.
DEr Treib-Ofen iſt derjenige/ darinnen das im vorher gehenden
Titel gemeldete Werck abgetrieben wird/ ſolches geſchiehet
folgender maſſen: wenn der Abtreiber den im Ofen befindlichen
Treib-Herd gebuͤhrend zugerichtet und abgewaͤrmet hat/ ſetzet er das
Werck darauf/ laͤſſet den Ofen mit zwey angezuͤndeten Treib Hoͤl-
zern an/ und ſtaͤrcket das Feuͤer ie mehr und mehr/ biß das Werck
zerſchmelzet/ alsdenn ſtreichet derſelbe die unreine oben ſchwimmende
Materie ab. Nach dieſem treibet das Geblaͤſe und Feuͤer die Glette
mit dem Bley von dem im Werck vorhandenen Silber/ davon
ſolches
[183]und Huͤtten-Wercke an und auf dem Hartz.
ſolches lauter wird/ und zu blicken anfaͤnget/ worauf man ſolches
alſobald nach und nach Kunſt-maͤßig mit Waſſer abquicket oder ab-
kuͤhlet/ und/ wenn es hart worden/ Blick-Silber nennet.
IX.
Von dem Brenn-Ofen.
WEnn das Blick-Silber in einem bekannten Probier-Ofen auf
der ſo genannten Capelle probieret/ und dadurch befunden
worden/ daß ſolches noch nicht ſo rein ſey/ daß es vermuͤnzet werden
koͤnne/ muß daſſelbe erſtlich von dem Silber-Brenner im Brenn-
Ofen gar fein gebrannt werden. Solcher Ofen hat nun etliche
Wind-Loͤcher/ und iſt von Ziegel-Steinen gemachet; in demſelben
wird ein Teſt mit dem Blick-Silber geſetzet/ und ſolches darinnen
entweder unter der Muffel/ oder fuͤr dem Geblaͤſe/ der Kunſt nach ſo
lange gebrennet/ biß es Bluhmen giebet/ alsdenn daſſelbe abgekuͤhlet
wird/ und den Nahmen Brannd-Silber bekoͤmmet.
X.
Von dem Muͤntz-Werck.
EJn Berg-Werck/ das in gutem Stande iſt/ kan ohne ein
Muͤntz-Werck nicht ſeyn/ weil ſolches allerhand Geld bedarff/
um damit ſo wohl denen Berg-Bedienten und Arbeitern zu lohnen/
als auch unter die Gewercken die darauf fallende Ausbeuͤte auszuthei-
len/ derowegen ich davon dem curieuſen Leſer einen kurtzen Bericht
mittheilen will. Was nun daſſelbe anbelanget/ ſo wird das vor ge-
dachte Brannd-Silber von denen Muͤntz-Bedienten in dem Tiegel
geſchmolzen/ und wenn es nicht fein ausgemuͤnzet werden ſoll/ dem-
ſelben/ ſo viel Roht/ das iſt Kupfer/ als es vonnoͤthen/ zugeſetzet/
hernach gieſſet man es in den ſo genannten Einguß zu Zainen oder
Staͤben/ und machet Schroͤtlinge oder Stuͤcke daraus/ wenn denn
ſolche ihre gebuͤhrende Form und Gewicht haben/ und weiß geſotten
ſind/ wird davon eines nach dem andern zwiſchen das Ober- und
Unter-
[184]DasIIXCap. von denCurioſitaͤten derer Berg-
Unter-Eiſen/ in welche der Eiſen-Schneider Wapen/ Bildniſſe und
Schrifften geſchnitten/ geleget/ und darauf mit einem groſſen Ham-
mer aus allen Kraͤfften geſchlagen/ wodurch der Praͤger dem Silber
die Geſtalt derer Stempel einpraͤget/ und ſolches alſo zum Gelde
machet/ wo aber das Geld Muͤntzen nicht mit einem Hammer-ſon-
dern durch ein Druck-Werck verrichtet wird/ ziehet man die Zaine
durch zwey ſtaͤhlerne feſt uͤber einander gefuͤgte Waltzen/ ſo die Pfer-
de/ vermittels eines Rades/ umtreiben/ wodurch dieſelben eine ziem-
liche Laͤnge bekommen/ darnach bringet man die ausgereckte krumme
Zaine zum Vergleich-Werck/ und windet ſie durch den Durch-Laß/
oder zwey ſtaͤhlerne zuſammen gefuͤgte Balcken/ damit ſolche die ge-
buͤhrende Gleichheit erlangen moͤgen/ und im Durch-Schneiden derer
Blatten keine ſchwerer oder leichter als die andere ſey. Endlich
werden die durchſchnittene Blatten weiß geſotten/ und durch die groſ-
ſe Preſſe/ Taſchen- und Schlag-Werck abgepraͤget. Auf gedachte Art
verfertigen die Muͤntz-Bediente in der Muͤntze auf dem Claus-Thal/
wie auch in denjenigen/ ſo an andern Orten des Hartzes vorhanden
ſind/ die Thaler und andere groſſe Sorten; hingegen machen ſie
mit der kleinen kurtze Arbeit/ indem die Zaine ſo fort zwiſchen denen
Waltzen/ darauf die Geſtalt des Geldes geſchnitten/ in einem Stuͤ-
cke/ das offt neuͤn und mehr Ellen lang iſt/ durchgezogen und gepraͤ-
get werden. Aus dieſem und Vorhergehenden kan nun ein ieder
erſehen/ wie viel Muͤhe und Arbeit es koſte/ ehe das Silber aus denen
Ertzen gebracht/ und zu Gelde gemachet werde/ welches die Ver-
ſchwender bedencken ſolten/ als welche das Geld vor nichts achten/
und bald liederlicher Weiſe verthun.
XI.
Von dem Anfriſch-Ofen.
DEr Anfriſch-Ofen koͤmmet in vielen Stuͤcken mit dem gemei-
nen Schmeltz-Ofen uͤberein/ und wird darinnen das vom Sil-
ber im Abtreiben geſchiedene Haͤrdt-Bley und Gloͤdt oder Glett zu
reinem Bley geſchmolzen/ welches in dem fuͤr dem Ofen ziemlich tieff
gemach-
[185]und Huͤtten-Wercken an und auf dem Hartz.
gemachten Herd flieſſet/ daraus ſolches der Schmelzer mit einem
groſſen eiſernen warm gemachten Loͤffel oder Kelle ſchoͤpfet/ und in
eiſerne Pfannen gieſſet/ ſo viel nun in eine dieſer Pfannen gehet/
wird eine Molle genennet/ und mit dem Numer-Eiſen numeriret
oder gezeichnet.
XII.
Von dem Seiger-Darr- und Gahr-
Ofen.
DEr Seiger-Ofen iſt derjenige/ darauf die Seiger-Stuͤcke oder
das ſchwartze Kupfer von dem bey ſich habenden Silber und
Bley abgeſeigert oder geſchieden werden. Was nun an Bley und
Silber im Seigern durchlauffet/ heiſſet Werck/ und wird wie Bley
abgetrieben/ das Kupfer aber/ ſo auf dem Seiger-Ofen liegen bleibet/
nennet man Kuͤhn-Stoͤcke/ dieſelben werden ferner auf den Darr-
Ofen gebracht/ daſelbſt zwoͤlff biß vierzehen Stunden gedarret/ und
davon das uͤbrige Silber und Bley getrieben/ was denn wieder von
dieſem Kupfer zuruͤck bleibet/ nennen die Schmelzer Darrlinge/
welche ſie endlich auf den Herd im Gahr-Ofen ſetzen/ und zu Gahr-
oder gutem Kupfer machen.
XIII.
Von dem Kupfer-Hammer.
DEr Kupfer-Hammer iſt eine Officin oder Werck-Statt/ darin-
nen das Gahr Kupfer nochmahls geſchmolzen/ von aller Un-
art ferner geſaubert/ und denn zu Keſſeln geſchmiedet wird. Solches
Schmieden geſchiehet nun erſtlich durch den vom Waſſer gefuͤhrten
groſſen Kupfer-Hammer/ welcher mit ſeiner breiten Bahne das
Kupfer breit ſchlaͤget. Ferner werden die Keſſel durch den Duͤb-
oder langen ſpitzigen Hammer/ den ebenfalls das Waſſer regieret/
abgeteuͤffet. Endlich giebet oder ſchlaͤget man denen Keſſeln mit ei-
nem hoͤlzern ſo genannten Polder-Hammer die rechte Weite/ welche
Arbeit diejenigen/ ſo dieſelbe verrichten/ das Herauspoltern nennen.
A aXIV. Von
[186]DasIIXCap. von denCurioſitaͤten derer Berg-
XIV.
Von der Meßings-Huͤtte.
JN der Meßings-Huͤtte wird aus dem Kupfer/ durch Huͤlffe des
Galmeys daß Meßing folgender maſſen zubereitet: Es ſind
runde Oefen/ ſo Schmeltz- oder Brenn-Oefen heiſſen/ in die Erde
gemacht/ da der Wind das Feuͤer durch Loͤcher/ die unten im Bock/
oder im Gewoͤlbe unter dem Schmeltz-Ofen ſeyn/ und in den Ofen
gehen/ treiben kan; in dieſelben ſetzen die Meßing-Brenner zugleich
acht groſſe Tiegel/ laſſen ſolche heiß werden/ und heben ſie denn her-
aus/ ſchuͤtten den Galmey mit einer Schauffel/ ſo ſie Tranſchier
nennen/ hinein/ und in einen ieden Topf 8 Pfund klein gebrochen Kup-
fer darauf/ wenn ſolches geſchehen/ ſetzen ſie die Tiegel hinein/ und
laſſen dieſelben neuͤn Stunden in groſſer Glut ſtehen/ darnach/ wenn
die Materie genugſam gefloſſen/ heben ſie die Tiegel wieder aus dem
Ofen: wollen ſie nun Stuͤck-Meßing daraus machen/ ſo ſchuͤtten
ſie dieſelben alle aus in eine Grube/ ſollen aber aus dem Meßing-Keſ-
ſel und andere Sachen vetfertiget werden/ gieſſen ſie daſſelbe zu groſſen
Blaͤttern in die von zwey groſſen breiten Steinen/ die man Britani-
ſche Steine von dem Orte/ da ſie herkommen/ nennet/ gemachte For-
men. Aus ſolchen Blaͤtten werden inſonderheit auf der Ober-Huͤtte
bey Goslar/ durch Huͤlffe vieler vom Waſſer getriebenen Meßing-
Haͤmmer unterſchiedene Keſſel gemachet/ und haben diejenigen/ wel-
che ſolche ſchmieden/ wegen des ſtetigen und ſtarcken Polterns derer
Haͤmmer/ mehrentheils Schaden am Gehoͤr. Sonſt iſt noch merck-
wuͤrdig/ daß aus dem Rammelsbergiſchen Kupfer kein Meßing kan
gemacht werden/ das aber aus Schweden und Heſſen koͤmmet/ iſt
darzu geſchickt/ wie auch dasjenige/ was aus denen Kupfer-Ertzen der
im Hartz am Steuͤer-Hall gelegenen Zeche/ der Prophet Amos ge-
nannt/ geſchmoltzen wird. Endlich iſt noch zu gedencken/ daß/ aus
denen in die acht Tiegel geſetzten fuͤnff und funffzig Pfund Kupfer/
vierzig Pfund Meßing werden/ die Urſach iſt der Gallmey/ welcher
ſolchen Zuwachs machet.
XV. Von
[187]und Huͤtten-Wercke an und auf dem Hartz.
XV.
Von denen Vitriol-Haͤuſern.
DErgleichen Haͤuſer trifft man zwey in Goslar an/ davon eines
denen Herzogen zu Braunſchweig-Luͤneburg/ Wolffenbuͤtte-
liſcher Linie/ das andere aber E. E. Raht zu Goslar/ zuſtehet. Solche
Haͤuſer werden insgemein daſelbſt die Victril-Haͤuſer genennet/ und
laſſen Hoch-gedachte Herzogen in dem ihnen zukommenden Hauſe
ſtets das Vitriolum oder Kupfer-Waſſer ſieden/ hingegen laͤſſet der
Raht nicht mehr ſieden/ als abgehet. Es wird aber darinnen der
gruͤne Vitriol auf folgende Art aus dem Rammelsbergiſchen Kupfer-
Rauch geſotten: Man ziehet denſelben erſtlich mit einem eiſernen
Harcken durch einander/ und ſchlaͤget mit einem Hammer die darun-
ter befindliche groſſe Stuͤcke klein/ darnach wird ſolches in ein Gefaͤſ-
ſe gethan/ eine Pfanne voll warm Waſſer darauf geſchuͤttet/ und von
drey Knechten dreymahl mit eiſernen Harcken durchzogen/ ſolches
heiſſet Treck/ und bleibet Nacht und Tag darauf ſtehen. Nach dem
fuͤllet man die daruͤber ſtehende Lauge in eine ſo genannte Schier-
Buͤdde/ worinnen dieſelbe vier Tage ſtehen/ und ſich ſchieren oder
ſetzen muß. Jſt denn der Kupfer-Rauch in vorigem Waſſer nicht alle
zergangen/ oder hat ſich nicht genugſam extrahiret oder in daſſelbe
gezogen/ wird ſolcher Schlamm noch einmahl durch hoͤlzerne Koͤrbe
in eine Budde gewaſchen/ und daſſelbe um den andern Tag auch in
eine Schier-Buͤdde gefuͤllet/ darinnen es ſich innerhalb vier Tagen
ſetzet oder ſchieret/ welche Lauge nun am erſten helle wird/ ſchlaͤget
man in eine von Bley gemachte Sied-Pfanne/ und ſiedet dieſelbe ei-
nen Tag und Nacht/ auch woldreyßig biß in ſechs und dreyßig Stun-
den/ alsdenn wird der Sud probiret/ und wenn die Probe richtig/ in
eine bleyerne Kuͤhl-Pfanne gefuͤllet/ weilen ſolche heiſſe Lauge in kei-
nem hoͤlzernen Geſchirr bleibet/ ſondern alſo fort durchlauffet. So
bald denn ſolcher Sud ſich abgekuͤhlet hat/ fuͤllet man denſelben in die
Satz-Faͤſſer/ darinnen langes in hoͤlzerne Riegel eine Hand breit von
einander gemachtes Teich-Rohr oder Schilff biß auf den Boden nie-
der gelaſſen iſt/ woran der Vitriol in vierzehen Tagen anſchieſſet oder
A a 2ſich
[188]DasIIXCap. von denCurioſitaͤten derer Berg-
ſich anſetzet/ alsdenn wird derſelbe heraus genommen/ der reine abge-
ſondert und in Faͤſſer gepacket/ den unreinen aber machen die Vitriol-
Sieder mit warmen Waſſer wieder zur Lauge/ und nennen ſolche ei-
nen Gruß/ weilen dieſelbe ſtarck oder reich von Vitriol iſt/ und alſo
den Sud befoͤdert. Dieſen Gruß laͤſſet man endlich mit der in denen
Saͤtz-Faͤſſern zuruͤck gebliebenen und andern guten friſchen Lauge
wieder ſieden/ und auf vor beſagte Art ferner zu Vitrioliſchen Chry-
ſtallen anſchieſſen. Sonſt duͤrffen die Arbeiter keine lederne Schuhe
tragen/ indem das ſcharffe Vitrioliſche Weſen ſolche bald zerfriſſet/
derowegen ſie an deren Stelle hoͤlzerne brauchen muͤſſen.
XVI.
Von denen Eiſen-Schmeltz- und Hammer-
Huͤtten.
SOlcher Officinen giebt es ſehr viel an und auf dem Hartz/ nem-
lich zur Zorge/ Wiede und Tanne/ bey Gittel und Stolberg/
auf dem Ruͤbelande/ Vos- oder vielmehr Voigts-Felde und andern
Orten mehr/ da insgemein ein gutes Eiſen gemachet wird/ ob ſchon
eines beſſer als das andere iſt/ alſo uͤbertrifft das Gittelſche vieles Ei-
ſen mit ſeiner Geſchmeidigkeit/ welches man zu Winters-Zeit an de-
nen Stangen-Kuͤnſten ſehen kan/ denn wenn davon durch einen heff-
tigen Froſt und von der Gewalt ſolcher Kuͤnſte das andere abſpringet/
ſo geſchiehet doch dergleichen von den Gittelſchen nicht/ ſondern es
ziehet und kruͤmmet ſich wie ein Nagel-Bohrer/ ehe daſſelbe zubricht/
dieſerwegen muß ſolches der Factor zu Gittel vor die Berg-Wercke
aufbehalten/ und darff es nicht in das Land verkauffen/ wenn daſſelbe
nicht etwa uͤberfluͤßig vorhanden iſt/ wie ich oͤfters bey Herrn Johann
Hagen/ wohl beſtalten Factor daſelbſt/ und meinem/ wegen ſeiner
vielen mir von Jugend auf als ein Vater erzeigeten Wohlthaten/
hoͤchlich geliebten und geehrten Herrn Vetter/ wie auch Gevatter/
geſehen und gehoͤret habe. Jn vor beſagten Officinen nun wird das
Eiſen folgender maſſen geſchmolzen und zubereitet: Erſtlich puchet
und roͤſtet man den ſo genannten Eiſen-Stein oder das Eiſen-hal-
tende
[189]und Huͤtten-Wercke an und auf dem Hartz
tende Ertz vor der Huͤtte/ darinnen der hohe Ofen iſt/ darnach wird
ſolcher in gedachtem Ofen mit Kohlen vor dem durchs Waſſer ge-
triebenen Geblaͤſe geſchmolzen/ wenn ſolches geſchehen/ wird das
Eiſen aus dem Ofen gelaſſen/ und daraus/ vermoͤge gewiſſer For-
men/ allerhand Gos- oder Gies-Werck/ als Oefen und dergleichen/
verfertiget/ oder es wird daſſelbe in groſſe dicke und lange Stuͤcke ge-
goſſen/ ſo man Gaͤnſe nennet. Dieſelben werden denn auf die Ham-
mer-Huͤtte gefuͤhret/ daſelbſt in einem Ofen vor dem Geblaͤſe/ ſo das
Waſſer regieret/ gluͤend gemachet/ und unter dem groſſen Hammer
zu langen und kurtzen/ breiten und ſchmalen Staͤben geſchmiedet/ wo-
durch die Unreinigkeit von dem Eiſen ſo wohl im Feuͤer/ als auch un-
ter dem Hammer/ als ein Hammer-Schlag wegſpringet/ und wird
ſolches Eiſen alsdenn zwey-geſchmolzen oder Stab-Eiſen genennet.
Von dieſen Staͤben bringet man endlich etliche nach dem kleinen ſo
genannten Zehnt- oder Zehent-Hammer/ dergleichen auch vor Nord-
hauſen Herr Chriſtoph Schreiber/ E. E. Rahts Mit-Glied \&c.,
A. 1689 auf dem ſo genannten Bielen-Raſen angeleget/ gluͤet ſolche
wieder mit Kohlen in einer Eſſe oder Ofen/ vor einem vom Waſſer
gezogenen Geblaͤſe/ und machet daraus unter dem vor gedachten
Hammer duͤnne/ lange und viel-gekerbete Staͤbe/ die man Kraus-
Eiſen heiſſet/ woraus die Nagel-Schmiede/ ſo wohl auf dem Hartz
als in dem Lande allerhand Naͤgel verarbeiten.
Das IX Capitel
Von unterſchiedenen an und auf dem Hartz
vorhandenen Curioſitaͤten und Denck-
wuͤrdigen Sachen.
I.
Von der Glas-Huͤtte.
ES iſt das Glas-Machen nicht allein ein ſehr nuͤtzliches/ ſon-
dern auch curieuſes und kuͤnſtliches Werck/ welches Johann
A a 3Kun-
[190]DasIXCap. von unterſch. an u. auf dem Hartz
Kunckel und Anton Nerus in denen Tractaten von der Glasmacher-
Kunſt mit andern mehr erwieſen haben/ auch ein ieder bekennen wird/
der einmahl aus Curioſitaͤt in eine Glas-Huͤtte kommen iſt. Solcher
Huͤtten waren vormahls drey an dem Hartz/ nemlich eine uͤber dem
Dorffe Steine/ und die andern beyden nicht weit von Bockelhagen
und Stoͤckey/ nachdem aber das Holtz/ aus gewiſſen Urſachen/ an-
genehm worden/ iſt davon nur eine von denen letzt gemeldeten uͤber-
blieben/ ſo Herrn Johann Heinrich Grimmen zuſtehet/ und ohnge-
faͤhr drey ſtarcke Meilen von Nordhauſen gegen den Ober-Hartz zu
lieget. Dieſelbe nun iſt zwar von lauter Holtz-Werck/ doch/ des
Feuͤers wegen/ ziemlich hoch/ und alſo gebauet/ daß man ſie im Noht-
Fall/ wenn kein Holtz mehr an dem Ort/ da ſolche ſtehet/ vorhanden/
abnehmen/ und auf eine andere bequeme Stelle bringen koͤnne/ wie
damit noch vor weniger Zeit geſchehen iſt. Die Oefen dieſer Huͤtte
ſind auf unterſchiedene Art gemachet/ und iſt der eine Glas-Ofen
inwendig mit feſten Sand-Steinen ausgemauret/ deſſen ohngeach-
tet/ dauret derſelbe zu Zeiten kaum drey Monat/ weilen die groſſe Tag
und Nacht darinnen befindliche Gluth ſolche Steine ſehr muͤrbe bren-
net. Die Materialien/ daraus man das Glas verfertiget/ ſind ent-
weder Scherben von zerbrochenem Glas/ das Centner-weiſe auf die
Huͤtte zu Kauffe koͤmmet/ oder es iſt Sand/ Aſche und Saltz/ wel
che Stuͤcke in gehoͤrigem Gewicht abgetheilet/ und in ſonderliche
Schmeltz-Tiegel/ die man Toͤpfe gemeiniglich oder Haͤfen nennet/
geſchmolzen werden. Wenn ſolches geſchehen/ wird es von etlichen
Metall/ weilen ſolches ſo helle wie zerfloſſen Zinn oder ander Metall
ausſiehet/ genennet/ und auf folgende Art und Weiſe verarbeitet oder
geblaſen. Es nimmet der Meiſter oder Glas-Macher/ der auch an
etlichen Orten der Schmelzer heiſſet/ eine Probe von der Glas-Ma-
terie/ indem er mit einer von Kupfer/ Eiſen oder Meßing verfertigten
und vorhero warm gemachten/ ſonſt die Materie nicht hafftet/ Roͤhre
oder Pfeiffe durch das im Ofen gemachte Werck-Loch in den Hafen
faͤhret; vermercket er nun/ daß dieſelbe recht gefloſſen/ und tuͤchtig zum
Glas-Machen ſey/ ſo tuncket er das vor beſagte Inſtrument wieder
in den Hafen/ nimmet von dem geſchmolzenen Glas/ ſo viel ihm
be-
[191]vorhanden.Curioſitaͤten u. denckwuͤrd. Sachen.
beduͤncket/ zu einem groſſen oder kleinen Glaſe genug zu ſeyn/ darauf
drehet ers um/ damit es wie eine Kugel rund werde/ und ziehet denn
das Inſtrument aus dem Ofen. Wenn denn die Glas-Materie an
der Lufft erkaltet/ bringet er ſolche wieder in den Ofen/ damit ſie dar-
innen weich werde/ faſſet auch wohl mehr Metall oder Materie dar-
zu/ wenn er ein groß Glas machen will/ alsdenn ſtreichet er dieſelbe
mit ſeinem Streich- oder Ruͤhr-Eiſen biß zum Ende der Roͤhre/ und
blaͤſet durch ſolche das Glas-Werck/ wie eine Rinder- oder andere
Blaſe/ auf/ darnach hebet er die Roͤhre in die Hoͤhe/ und ſchwencket
dieſelbe/ alsdenn wird das Glas bey demjenigen Theil/ ſo an der
Pfeiffe haͤnget/ abgeloͤſet/ und von einem Hand Langer in den ſo ge-
nannten Kuͤhl-Ofen geſetzet/ da es bey temperirtem Feuͤer gemach-
ſam hart und kuͤhl werden/ auch endlich/ wenn ſolches ausgehet/ vol-
lens erkalten muß/ ſonſt daſſelbe alſobald zerſpringet/ wenn es an der
Lufft bleibet/ und nicht vorhero auf gedachte Art abgekuͤhlet wird.
Dieſe Glas-Arbeit wird nicht im Winter/ der Kaͤlte wegen/ ſondern
nur im Sommer vorgenommen/ alsdenn ſolche/ wenn ſie einmahl
angefangen/ ſo lange der Ofen gut bleibet/ ſo wohl Nachtes als Ta-
ges fortgehet/ weilen das Metall ſtetig in einer Glut bleiben muß/
dieſerwegen werden mit groſſen Unkoſten viele Leuͤthe darzu gehalten/
die einander alle ſechs Stunden abloͤſen/ denn laͤnger keiner ſolche
Hitze ausſtehen kan/ ob er ſchon im bloſſen Hemde/ auch wohl gar in
heiſſer Sommer-Zeit nackend/ arbeitet. Ferner berichte/ wie derje-
nige/ ſo weiß Glas blaͤſet/ kein braun Bier trincken darff/ ſolte es ihm
auch noch ſo gut ſchmecken/ maſſen das Glas/ wie mir berichtet wor-
den/ davon unſcheinbar wird/ zumahl/ da das Hartz-Glas ohne dem
dunckeler und gruͤner als das Wald- und andere Glas iſt/ welchen
Fehler ſolches mit ſeiner Haͤrtigkeit und Dauerhafftigkeit im Feuͤer
erſetzet/ und damit vor beſagtes Glas uͤbertrifft/ wie ſolches die daraus
verfertigte Deſtillir Glaͤſer/ wenn ſie in gehoͤriger Staͤrcke/ und nicht
zu duͤnne/ geblaſen werden/ bezeuͤgen/ als welche/ ſolches Lobes we-
gen/ von weiten abgeholet werden. Endlich verdienen die ſo genann-
ten Troͤpfel-Spring- oder Verier-Glaͤſer/ daß man derſelben al-
hier gedencke/ als welche vormahls von dem Welt-bekannten cu-
rieuſen
[192]DasIXCap. von unterſch. an u. auf dem Hartz
rieuſen Engliſchen Printzen Ruperto, ſo gewuͤrdiget worden/ daß er
ſie aus Teuͤtſch-Land zu erſt in Engelland gebracht/ und daſelbſt Jh-
rer Koͤniglichen Majeſtaͤt uͤberreichet hat/ die ſolche hernach als eine
ſonderbahre Curioſitaͤt der Koͤniglichen Societaͤt in Engelland mit-
getheilet/ mit welchen und andern nachgemachten viele Experimenta
von derſelben angeſtellet worden/ wie ſolches Doctor Merret/ der ge-
dachten Societaͤt Mit-Glied/ zu Ende ſeiner Anmerckungen uͤber des
Neri Glasmacher-Kunſt pag. m. 156 erzehlet. Dieſe Glaͤſer kan
man nicht aus einem ieden Glaſe-Werck machen/ ſondern es muß
darzu ein reines gruͤnes geſchmolzenes Glas genommen werden/ von
welchem man etwas mit einem Inſtrument aus dem Hafen holet/
und in kalt Waſſer treuͤfelt/ darinnen die Spring-Glaͤſer ſo lange
liegen bleiben/ biß ſie kalt worden ſind/ alsdenn man dieſelbe zum
folgenden Gebrauch heraus nimmet: Die Geſtalt derſelben iſt zwar
nicht einerley/ vergleichet ſich doch mehrentheils ziemlicher maſſen
mit einer kleinen glaͤſernen Retorte, denn der Boden ſolcher Glaͤſer
iſt etwas rund/ der Hals ablaͤnglich und gekruͤmmet/ von welchem
eine kleine ſubtile Spitze ausgehet/ oder ſich endiget. Sonſt iſt die
auswendige Flaͤche derſelben glatt/ das Glas aber an ſich ſelbſt wie
ein Schwamm Poroſiſch und voller kleiner Hoͤlen oder Beuͤlen/ will
man nun mit ſolchen Glaͤſern iemand/ der keine Wiſſenſchafft da-
von hat/ aus Kurtzweil veriren/ ſo ſtellet man ſich an/ als ob man
demſelben eines hievon verehren wolle/ giebet ihm auch daſſelbe in die
Hand/ und wenn er ſolche zuſchlieſſet/ bricht man von dem Glaſe die
Spitze bey dem Halſe ab/ darauf ſolches mit ziemlichem Praſſeln in
ſehr viel kleine Stuͤcke zerſpringet/ und die Hand/ doch ohne einigen
Schaden/ zerſchuͤttert/ wobey es ohne ein Gelaͤchter nicht abgehet.
Woher aber ſolche Entſpringung entſtehe/ ſind unterſchiedene Mei-
nungen vorhanden/ welche nach einander zu erzehlen und zu examini-
ren/ ich/ der weitlaͤuftigen Materie und vieler Experimenten wegen/
unterlaſſen muß; berichte derohalben: wie die meiſten Autores
die Urſache/ ſo wohl der von der Hitze duͤnne gemachten/ und in die
Hoͤlen derer Spring-Glaͤſer eingeſchloſſenen/ als auch der aͤuſſer-
lichen Lufft/ zuſchreiben/ und vorgeben/ daß die innerliche Lufft durch
die
[193]vorhanden.Curioſitaͤten u. denckwuͤrd. Sachen.
die geoͤfnete Blaſen des Halſes heraus wolle/ daran aber von der
aͤuſſerlichen ſchweren mit Gewalt einfallenden Lufft verhindert/ und
zuruͤck getrieben wuͤrde/ wodurch es nicht anders ſeyn koͤnne/ als daß
das Glas entzwey ſpringen muͤſſe. Welcher gelehrte Curioſus nun
ein mehrers hiervon zu wiſſen verlanget/ kan in dem Collegio Expe-
rimentali oder Curioſo Herrn Chriſtoph Sturmii, Profeſſoris Pu-
blici zu Altdorff/ part. 2 Tentam. 6 pag. 93 \& ſeq. ingleichen in
des Herrn Lic. Roſini Lentilii, Phyſici zu Noͤrdlingen/ ſo genann-
ten und hinter die Ephemerides Germanorum Dec. 2 A. 3 p. 489
gedruckten Schediasmate Curioſo de Vitris Analecticis nachſchla-
gen.
II.
Von dem ſo genannten Zauber-Saal und
andern denck-wuͤrdigen Sachen in
Walckenried.
JN dem Cloſter Walckenried iſt uͤber dem Muͤnchs- oder Creuͤtz-
Gange ein Saal/ welchen man den Zauber-Saal nennet/ wei-
len ſich darauf/ zu der Zeit/ da noch daſelbſt eine weit-beruͤhmte
Schule geweſen/ nachfolgende wunderliche Sache mit einem Kna-
ben oder Schuͤler zugetragen hat/ nemlich: Es iſt einesmahls an ge-
dachtem Ort von denen Knaben zur Luſt ein Zeichen geleget worden/
um zu verſuchen/ wer unter ihnen daruͤber und am weiteſten ſpringen
koͤnne/ indem nun ſolches geſchiehet/ traͤget es ſich zu/ daß ein Knabe/
ſo/ dem Bericht nach/ von Ellrich ſoll buͤrtig geweſen/ und mit Nah-
men Damius geheiſſen haben/ daruͤber auf einen gewiſſen Platz ſprin-
get/ und nicht wieder davon kommen kan/ es moͤgen denſelben auch die
mit-ſpielende Knaben reiſſen und zerren/ wie ſie wollen; dieſerwegen
zeigen etliche derſelben ſolches dem Rectori an/ welcher denn koͤm-
met/ und den Knaben noch unbeweglich antrifft/ kan ihm aber ſo we-
nig als die Knaben helffen/ es faͤllet ihm aber bey/ daß ſolches von ei-
ner zauberiſchen Beſchwerung herruͤhren muͤſſe/ und ſaget dem Kna-
ben: er ſolle fleißig um ſich ſchauen/ ob er etwa eine Schrifft oder
B bZei-
[194]DasIXCap. von unterſchied. an u. auf dem Hartz
Zeichen erblicken koͤnne/ welches der Knabe thut/ und wird uͤber ſich
einen Circul gewahr/ ſiehet auch an der ſteinern Wand nach Oſten
eine Griechiſche Schrifft/ gegen Suͤden aber etliche Characteres,
ſtehen/ welches er theils herleſen/ theils beſchreiben muß/ woraus der
Rector verſtehet/ daß in der Mauer ein Schatz verborgen ſey/ und
derjenige/ welcher zu der Zeit/ da ſolches geſchehen/ mit ſeinen Fuͤſſen
den auf die Erde gemachten Punct beruͤhren wuͤrde/ die Schrifft ſe-
hen/ und das Verborgene offenbahren ſolle; ſo bald der Rector die-
ſes verſtehet/ wird der Knabe wieder los/ und gehet aus dem beſchwor-
nen Circkel heraus/ wohin er will. Hierauf zeiget der Rector ſolches
an/ da denn nach deſſen Anweiſung geſuchet/ und ein ſteinern Ge-
ſchirr mit Gelde eingemauert gefunden wird. Solches Geld ſoll
ſehr duͤnnes Schlages/ auch ſo groß als ein Orts-Thaler gewe-
ſen ſeyn/ und hat man daſſelbe hernach mit dem Geſchirr Herzog
Chriſtian Ludwigen/ Chriſt-mildeſter Gedaͤchtniß/ nach Zelle uͤber-
ſendet. Der Ort/ wo ſolcher Schatz geſtanden/ wird noch dieſe
Stunde denen Curioſis gezeiget/ und iſt ein viereckichtes auf gedach-
tem Saale in die Mauer gemachtes Loch/ welches mit Steinen ſo
wohl gefuͤget iſt/ daß man ſolches mit andern Steinen kuͤnſtlich hat
zuſchieben/ und mit Kalck uͤberſtreichen koͤnnen. Ob aber das in die-
ſem Loche gefundene und mit Geld angefuͤllte Geſchirr/ ein Topf/
oder/ wie einige wollen/ ein Kaͤſtlein geweſen/ muß man dahin geſtel-
let ſeyn laſſen/ zumahl/ da ſolches nichts zur Sache thut. Auf dieſem
Zauber-Saale iſt Ao. 1687 Herr Doctor Weitz/ Hoch-Fuͤrſtlicher
Saͤchſiſcher Raht/ Leib-Medicus und Buͤrgermeiſter zu Gotha/ mit
einigen andern gegangen/ um daſelbſt aus Curioſitaͤt die Metall-Ru-
the zu gebrauchen/ da ſie denn nicht weit von gedachtem Loche ſtarcke
Zuͤge der Ruthe angemercket/ haben aber/ wegen groſſen Schreckens/
ſo ihnen allen ankommen/ ablaſſen muͤſſen/ denn es am hellen Tage
etwas dunckel um ſie geworden/ und ob gleich keiner den andern feig
gemachet/ ſind ſie doch alle erblaſſet geweſen/ derowegen ſie ſich bald
wieder in Sicherheit gerettet/ alwo ſie einander faſt gleichfoͤrmig er-
zehlet: daß iedem geweſen/ als waͤre ein Wind durch ihn hingegan-
gen/ und ſie mit den Haaren biß an die Decke gezogen worden/ wie
ſolches
[195]vorbanden.Curioſitaͤten u. denckwuͤrd. Sachen.
ſolches Herr Samuel Reiherus, J. C. und Mathematum Profeſſor
zu Kiel in Holſtein/ in ſeiner Diſſertatione Juridico-Philoſophicæ
de nummis quibusdam ex Chymico metallo factis cap. 36 §. 20
pag. 135 \& ſeq. aus Herrn Doct. Weitzens Epiſt. anfuͤhret. Dieſe
Hiſtorie ſtaͤrcket den gemeinen Mann in ſeinen von dieſem Saal an-
noch habenden Gedancken/ als welcher gaͤntzlich davor haͤlt: daß noch
mehr von denen Muͤnchen mit gewiſſen Beſchwerungen eingemauer-
te Schaͤtze darauf vorhanden ſeyn muͤſſen/ weilen es gemeiniglich al-
hier nicht gar zu richtig ſey/ und der Teuͤffel offtmahls ſein Spiel da-
ſelbſt habe. Ferner iſt in dem Cloſter Walckenriedt im Creuͤtz-Gange
nach der Kirche der Meiſter der erſtmahligen Tinctur, mit allen Figu-
ren in kleinen Thieren/ als Tauben \&c. Lilien und dergleichen unter
5 Boͤgen/ zu ſehen/ ſo ſehr rar iſt/ und weil es noch ziemlicher maſſen
in ſeiner natuͤrlichen Farbe ſtehet/ da das andere faſt alles ruiniret
worden/ ſo haͤlt ſolches hochgedachter Herr D. Weitz/ am vor ange-
fuͤhrten Ort/ §. 30 p. 137 vor ein recht fatales Werck. Dieſerwegen
halten etliche davor: daß vor Alters Baſilius Valentinus, unter deſ-
ſen Nahmen viele beruͤhmte Chymiſche Schrifften gedruckt worden/
ſich in dieſem Cloſter aufgehalten habe/ und wollen ſie durchaus nicht
zugeben/ daß gedachter Baſilius ein nomen fictitium oder falſcher er-
dichteter Nahme von dem Griechiſchen Wort [...], das iſt auf
Teuͤtſch/ ein Koͤnig/ ſey/ maſſen er ein geiſtlicher Ordens-Mann aus
dem Unter-Elſaß buͤrtig geweſen/ wie nechſt andern der Filius Sendi-
vogii im 3 Principio de Sale, und er ſelbſten in ſeinem Tractaͤtlein
de Rebus Naturalibus \& Supernaturalibus bezeuͤge. Dieſes iſt
auch die Urſache/ daß etliche vermeinen: wie der vor beſagte auf dem
Zauber-Saale gefundene Schatz kein Geld/ ſondern der Lapis Phi-
loſophorum, oder der Stein der Weiſen/ geweſen ſey/ welchen der
Rector heimlich geholet/ und ſich damit/ alle ſeinen Haus-Raht im
Stich laſſend/ fort gemacht habe/ woran aber doch viele zweifeln/ und
das erſte vor wahrhaftiger halten wollen. Sonſt kan man auch in
dieſem Cloſter an vielen Orten die Wahr-Zeichen ſehen/ wie in dem
vorigen Bauren-Kriege A. C. 1525 die aufruͤhriſchen Flegel-Fechter
und Dorff-Materialiſten gehauſet haben/ deſſen Haupt und Fuͤhrer
B b 2Hans
[196]DasIXCap. von unterſchied. an u. auf dem Hartz
Hans Arnold/ ein Schaͤffer von Barthelfelde/ geweſen. Dieſer ver-
wegene Menſch hat ſich nicht geſcheuͤet/ zu dem damahligen Grafen
von Hohnſtein zu ſagen: Siehe Bruder Ernſt/ den Krieg kan ich
fuͤhren/ was kanſt du? darauf aber gedachter Herr weislich geant-
wortet: Ey Hans/ bis zufrieden/ das Bier iſt noch nicht in dem Faſ-
ſe/ darinn es gaͤhren ſoll/ welches auch erfolget iſt/ maſſen denen Raͤ-
dels-Fuͤhrern/ nach der vor Franckenhauſen auf dem/ dieſerwegen ſo
genannten/ Schlacht-Berge ergangenen blutigen Schlacht/ die Koͤp-
fe von dem Hencker abgeſchmiſſen worden/ und waͤre es dem armen
von ihnen verfuͤhrten Hauffen nicht beſſer ergangen/ wenn nicht
Balthaſar von Sundhauſen/ damahls E. E. Rahts zu Nordhauſen
beſtallter Ritt-Meiſter/ vor dieſelben ſonderlich gebethen/ und der
Graf deſſen Bitte gnaͤdig angenommen haͤtte/ ſagende: Sundhau-
ſen/ du haſt heuͤte geredt wie ein ehrlich Mann/ dein Wort ſoll Ehre
haben. Worauf ſie zuſammen los gelaſſen/ und mit Gelde ſehr
gnaͤdig beſtraffet worden/ als heuͤtiges Tages wohl ſchwerlich geſche-
hen wuͤrde/ wie Eckſtormius in ſeiner Lateiniſchen Walckenriedi-
ſchen Chronica unter dem 4 Seculo p. 200 \& ſeq. meldet.
III.
Von einem merck-wuͤrdigen Thurm auf
der Feſtung Schartzfels.
Innerhalb des im I Capitel gedachten Berg-Schloſſes und Fe-
ſtung Schartzfels iſt ein ſteinerner Thurm auf einem bey die
80 Werck-Schuhe uͤber dem Berge/ worauf die Feſtung lieget/ aus-
gehenden Stein-Felſen ſo hoch aufgefuͤhret/ daß er/ ſeiner Hoͤhe we-
gen/ weit und breit kan geſehen werden. Dieſer Thurm iſt deswegen
merck-wuͤrdig/ weilen das Geſpenſt kein Tach darauf leidet/ denn/
wenn ſchon des Tages uͤber eines darauf gebauet wird/ wirffet es
doch ſolches des Nachts wieder herunter/ und dieſes iſt die Urſach/
daß gedachter Thurm ſich iederzeit oben bloß und ohne Tach be-
findet.
IV. Von
[197]vorhanden.Curioſitaͤten u. denckwuͤrd. Sachen
IV.
Von denen Curieuſen bey Gandersheim
und Brunshuſen anzutreffenden Draken-
oder Drachen-Steinen.
YEnſeit des Ober-Hartzes/ nicht weit von Goslar/ wird in denen
nach Gandersheim und Brunshuſen gehoͤrigen Aeckern ein
curieuſes Foſſile gefunden/ welches ein artig formirter Stein iſt/ ſo
rund und gewunden wie ein Horn von einem Widder ausſiehet/ und
von denen Einwohnern/ ihret Mund-Art nach/ der Draken- oder
Drachen-Stein genennet wird/ weilen ſie insgemein davor halten:
daß ſolcher eine ſonderbahre Krafft vor die vom Drachen herruͤhrende
Hererey habe/ ſonderlich wenn die Kuͤhe dadurch nicht ihre voͤllige
Milch/ oder an Statt derſelben Blut/ geben; in welchem Fall ſie
alsdenn ſolchen Stein in den Milch-Kuͤbel legen/ und darauf die vo-
rige Milch in gebuͤhrender Quantitaͤt bey der Kuh wieder erwarten.
Von dieſem Stein hat M. Johannes Reiskius einen Tractat in La-
teiniſcher Sprache geſchrieben/ welcher ſich auch im Appendice derer
Ephemeridum Germanorum Decur. 2 A. 7 befindet/ in welcher
der gelehrte curieuſe Leſer ein mehrers finden wird.
V.
Von denen merck-wuͤrdigen Sachen auf
dem Schloſſe Blanckenburg.
DAs Schloß Blanckenburg/ ob es ſchon kein Reſidenz-Schloß
iſt/ ſo verdienet es doch wohl mit dem dabey befindlichen Thier-
Garten/ deſſen ich im VII Capitel gedacht/ beſehen zu werden/ maſſen
man darauf eines und das andere antrifft/ ſo eine recht curieuſe Per-
ſon vergnuͤgen kan; unter andern aber ſiehet man daſelbſt allerhand
rare Hirſch-Geweihe/ darunter etliche von verwunderlicher Groͤſſe
ſind. Nechſt ſolchen iſt auch daſelbſt eine kuͤnſtliche Schnecke oder
Wendel-Treppe anzutreffen/ daran die Ende der Wendel-Steine ſo
B b 3artig
[198]DasIXCap. von unterſchied. an u. auf dem Hartz
artig auf einander gefuͤget ſind/ daß ſie in der Mitte ein rundes Loch
mit Verwunderung darſtellen/ dadurch man von oben herab auf den
Boden ſehen/ und einen Stein/ oder ſonſt was Schweres/ ohne eini-
gen Anſtoß fallen laſſen kan.
VI.
Von denen curieuſen Saͤlen und Gemaͤ-
chern auf dem Schloſſe und Faſanen-Hauſe
zu Sondershauſen.
AUf dem neuͤen Schloſſe zu Sondershauſen iſt/ unter andern
ſchoͤnen und herrlich meublirten Fuͤrſtlichen Gemaͤchern/ ein
Saal vorhanden/ den man insgemein den groſſen Saal nennet/ und
worauf die Gnaͤdigſte Herrſchafft oͤfters offene Tafel haͤlt. Derſelbe
nun iſt um und um mit groſſen von Gips verfertigten curieuſen Sta-
tuen/ ſchoͤnen Spiegeln und andern zu einem herrlich aufgeputzten
Fuͤrſtlichen Gemach gehoͤrigen Sachen gezieret. Ferner trift man zu
gedachtem Sondershauſen auf dem ſo genannten und bey dem im VII
Capitel gemeldeten Faſanen-Garten gelegenen Faſanen-Hauſe ei-
nen andern feinen Luſt-Saal mit unterſchiedenen artigen Zimmern
an/ alwo zu Sommers-Zeit Jhro Hoch-Fuͤrliche Durchlauchtigkeit
mit Dero Hohen Familie ſich erluſtigen.
VII.
Von dem Rolands-Bilde zu Nordhauſen.
AN der nach dem Marckt zu gehenden Ecke des Nordhaͤuſiſchen
Raht-Hauſes ſtehet gegen E. E. Rahts Wein-Keller uͤber un-
ter einem mit Kupfer bedeckten Deckel oder Thuͤrmlein die Statua
Rulandi, oder der ſo genannte Roland/ welcher ein groſſes von Holtz
in Manns-Statur verfertigtes Bild iſt/ das auf dem Haupte eine
verguͤldete Crone hat/ in der rechten Hand aber uͤber ſich ein Schwert/
zur Anzeigung der Gerechtigkeit/ traͤgt/ und in der lincken den Reichs-
Adler/ damit die Freyheit anzuzeigen/ haͤlt. Dieſes Rolands-Bild
ſoll der erſte Teuͤtſche Kaͤyſer/ Carolus Magnus, ſeinem Schweſter-
Sohne
[199]vorhanden.Curioſitaͤten u. denckwuͤrd. Sachen.
Sohne dem tapfferen Held Pfaltz-Graf Roland/ zu einem ſonder-
bahren Ehren-Gedaͤchtniß alhier/ zu Halberſtadt und andern Orten
mehr/ haben aufrichten laſſen/ als derſelbe im Heim-Zuge aus dem
Saraceniſchen Kriege in Gasconien ſchaͤndlich mit ſeinem Krieges-
Heer verrathen und geſchlagen worden. Es wil aber ſolches unter an-
dern Martin Zeillerus im andern Theil ſeiner Epiſteln Ep. 351 p. 177
nicht zugeben/ vermeinende/ daß eine ſolche Rulands-Saͤule nicht vor
des Rulandi, ſondern vielmehr vor des Kaͤyſers Caroli Magni eigene
Abbildung zu achten/ und nicht anders als ein Weich-Bild ſey/ durch
welches angedeuͤtet werde/ daß daſelbſt eine Mahlſtatt vorhanden/ da
man frey und oͤffentlich das Kaͤyſerl. Gerichte halte/ maſſen Ruland
ſo viel als Ruͤgeland hieſſe/ weilen es von dem alten Teuͤtſchen Wort
Ruͤgen herkomme/ welches bey denenſelben ſo viel als Gericht halten
bedeuͤtet habe/ wie man denn auch noch an etlichen Orten Teuͤtſch-
Landes Ruͤge-Gerichte anſtelle/ und ſey im Herzogthum Wuͤrtenberg
geordnet/ daß alle Buͤrger jaͤhrlich auf einen gewiſſen Tag zu dem
Ruͤg Gericht beſchieden wuͤrden/ und ein ieder abſonderlich/ bey ſei-
nem Buͤrger-Eyde/ erinnert werde: alles dasjenige/ was er Straff-
und Ruͤgbar wiſſe anzuzeigen/ welchen Streit ich denenjenigen/ die da-
von Profeſſion machen/ zu decidiren oder beyzulegen uͤberlaſſe/ dabey
aber bekenne: daß die Crone/ ſo das Bild auf dem Haupte traͤgt/ Ur-
ſach zu zweifeln macht/ daß ſolches den Rulandum præſentire/ indem
dieſelbe niemals ein Ornamentum odeꝛ Zieꝛde eines Pfalz-Grafens/
wohl aber eines Kaͤyſers und Koͤnigs geweſen/ und ietzund noch iſt.
Von dieſem Rolands-Bilde machet ſich der gemeine Mann alhier
die wunderlichen Gedancken: als ob die Freyheit dieſer Kaͤyſerlichen
Reichs Freyen Stadt Nordhauſen verlohren gienge/ wenn daſſelbe in
Stuͤcke zerhauen/ oder auf eine andere Art ruinirt wuͤrde/ denn ſolche
Freyheit nicht auf dem Rolande/ ſondern auf denen von Jhr Kaͤyſerl.
Majeſtaͤt dem Groſſen Leopoldo I, unſerm Allergnaͤdigſten Kaͤyſer
und Herrn/ den 12 Maji A. 1695 confirmirten Privilegiis beruhet/ die
ohne dem nicht alle von dem Carolo Magno, ſondern mehrentheils
von denen nachfolgenden Teuͤtſchen Kaͤyſern herruͤhren. Sonſt bege-
ben ſich zu Zeiten bey dieſem Bilde kurtzweilige Schwaͤncke/ indem ei-
nige Spoͤtter denen Einfaͤltigen/ welche daſſelbe niemals geſehen/ aus
Schertz
[200]DasIXCap. von denckw. Sachen auf dem Harz.
Schertz vorſchwatzen/ wenn man zu demſelben ſage: Roland! was
macheſt du? ſo antworte derſelbe: Nichts; weilen ſie nun dieſen
Wort-Betrug nicht verſtehen/ und den Roland auf ſolche Art anre-
den/ ſo werden dieſelbe von denenjenigen/ welche darzu kommen/ und
es mit anhoͤren/ grauſam ausgelachet/ inſonderheit wenn ſie noch
darzu ein Stuͤcke Holtz in die Quer ins Maul nehmen/ und dabey
ſolche Worte ausſprechen/ wie vor weniger Zeit von einem ziemlich
groſſen Bauer-Jungen geſchehen iſt.
VIII.
Von denenCurioſitaͤten des Schloſſes Gruͤningen.
JN dem gegen den untern Vor-Hartz/ eine ſtarcke Meile von Hal-
berſtadt/ im Fuͤrſtenthum dieſes Nahmens/ gelegenen Schloſſe
Gruͤningen trift man unterſchiedene Curioſitaͤten an/ darunter die
merckwuͤrdigſten ſind: erſtlich die weitberuͤhmte ſchoͤne Schloß-Ca-
pelle/ darinnen eine Orgel von 59 Stim̃en iſt/ die Prætorius in ſeiner
Organographia beſchrieben hat. Ferner zeiget man daſelbſt denen Cu-
rioſis ein ſchoͤn Tafel-Gemach/ und fuͤhret dieſelben endlich in einen
Keller/ alda ein ſehr groſſes lediges Wein-Faß lieget/ welches/ wie
einige vorgeben/ in der Groͤſſe mit demjenigen/ ſo ſich auf der Chur-
Saͤchſiſchen Feſtung Koͤnigſtein befindet/ uͤberein kommen ſoll; es iſt
mir aber das Koͤnigſteiniſche groͤſſer vorkommen/ maſſen ich A. 1687,
wie aus Ungarn als Chur-Fuͤrſtl. Saͤchſiſ. General-Staabs-Feld-
und Leib-Medicus kommen/ etlichemahl bey ſolcher Function Gele-
genheit gehabt/ ſolches Faß zu ſehen/ und von dem darinnen vorhan-
denen Wein/ deſſen in dem Faß/ dem Bericht nach/ 2 tauſend Eymer
ſeyn ſoll/ etwas zu koſten. Dieſes iſt nun dasjenige/ was ich vor dieſes-
mahl von denen an und auf dem Hartz vorhandenen Curioſitaͤten
und denckwuͤrdigen Sachen/ dem curieuſen Leſer zu Gefallen/ habe
theils erzehlen theils beſchreiben koͤñen; maſſen viele unverhofft einge-
fallene Verhinderungen mir nicht zugelaſſen/ ein mehrers anietzo da-
von zu melden/ zumahl/ da der Buch-Drucker auch eilen muß/ damit
er gegen die heran nahende Leipziger Oſter-Meſſe/ wie im neuͤlichſten
Catalogo promittiret worden/ fertig werde. Schlieſſe derowegen im
Namen Gottes/ und bringe hiermit meine wenige Arbeit zu einem
ENDE.
Appendix A Regiſter
uͤber die merckwuͤrdigen Dinge
dieſes Wercks.
Appendix A.1 A.
- ABgott Puͤſtrich. V. Puͤſtrich.
- Æolia, ſo merckwuͤrdig in Jtalien p. 69
- Alabaſter Bruch der weiſſe 132
- der rothe 133
- der ſchoͤne Maͤdgenſtein genand 133
- der Nußholtzſtein benahmet 134
- der Landkartenſtein genand 134
- der dunckelgraue 134
- Alabaſter-Proben von ſchoͤner polirten Arbeit werden zu Nordhauſen
verfertiget 135 - Alten Reinſtein/ ein Schloß bey Blanckenburg iſt ein wunderliches
Gebaͤu 160 - Anfriſch-Ofen/ deſſen Beſchaffenheit und Nutzung 184. und 185
- Apen-oder Affen-Beere/ eine Gattung ſchaͤdlicher Heydelbeere auf dem
Blocksberge 143 - Aſcherslebiſche See 102
- Attiliæ des Hunnen Koͤniges Krieges-Zug in Thuͤringen/ ob ſolcher
ſchon ungewiß/ ſo iſt doch derſelbe nicht unmuͤglich 79 - Ausdaͤmpffungen/ warum dieſelben die brennende Lichter in der Bau-
mans-Hoͤle ausleſchen 7
Appendix A.2 B.
- Baumans-Hoͤle 1
- hat nicht mehr ſo viel bewegliche Curioſa als vor Alters 3
- iſt noch eine Fuͤrſtin unter denen an- und auf dem Hartz vor-
handenen Hoͤlen 4 - woher dieſelbe ihren Nahmen bekommen 5
- warum in derſelben oftmals die brennenden Lichter ausleſchen 6
- in derſelben iſt es im Sommer ſehr kalt 20
- davon erzehlet der gemeine Mann viel Fabelhafftes 28
- Baurengrabe oder Baurenſtein 97
- Berge an- und auf den Hartz welche curieus136
- ſind nicht in der Suͤndfluth entſtanden 52
- Bergleuthe im Nammelsberge verrichten an etlichen Orten der Hitze
wegen ihre Arbeit nackend 147- daſelbſt ſind ein verwegen Volck/ welches/ ohnerachtet der groſſen
Gefahr darinnen ſie ſchweben/ die Predigten nicht viel ach-
tet 148
- daſelbſt ſind ein verwegen Volck/ welches/ ohnerachtet der groſſen
- Bergziegen bey Sachswerfen 83
- Bernhards-See 95
- Bild des Rolandes und was dabey merckwuͤrdig 198
- Biſchofferodiſche Hoͤle die neue Kelle genand 80
- Blanckenburg hat ein Schloß darauf viel Hirſch-Geweihe verwunderli-
cher Groͤſſe ſind/ eine Wendel-Treppe/ ſo artig gebauet 197. ſeq. - Blaͤtter an denen Baͤumen/ warum ſolche ſich mitten im Sommer ver-
faͤrben und gelbe werden 28 - Blocksberg 136
- wird vor den hoͤchſten in Teutſchland gehalten 136
- hat viele Nahmen 137
- deſſen Nahme/ ob ſolcher von denen Bructeris herruͤhre 137
- wovon derſelbe recht genennet werde 137
- darauf ſollen in der Walpurgis-Nacht die Hexen ſich mit dem
Teuffel luſtig machen 137 - ſoll bey dem Tode Chriſti zerſpalten ſeyn 138
- auf denſelben kan man vor dem Feſt S. Johannis der Kaͤlte
und tieffen Schnees wegen nicht kommen 139 - hat in der Hoͤhe einen ziemlich ebenen Platz 140
- warum ſolcher oben keine Baͤume und Straͤucher hat 140
- darauff iſt ein artiger Brunn 102
- zeiget die Witterung beſſer als eine Calender-Practica an 143
- ob darauff die Hexen in der That und Warheit leiblicher weiſe
fahren oder ſolches ſich nur einbilden 143
- Bode/ ein Hartz-Fluß 121
- darinnen ein ſehr tieffes Loch der Creful genand 121
Brand/
[[203]]Regiſter.
- Brand/ wird nicht allezeit in denen geſchoſſenen Wunden von dem Pul-
ver verurſachet 65 - Brenn-Ofen/ wie der gebauet und was er nutze 183
- Brod/ von leichtfertigen Pferde-Jungen mit Fuͤſſen getreten und gepeit-
ſchet/ ſoll Blut geſchwitzet haben 86 - Bructeri, ſollen nicht am Hartz/ ſondern am Rhein vor Zeiten gewohnet
haben 137 - Brunnen an- und auf dem Hartz/ welche merckwuͤrdig 101
- woher dieſelben entſtehen 102
- Brunnenwaſſer curiret Augenbeſchwerungen 107
- Brunn/ welcher in der Baumanns- Hoͤle vorhanden. 10. 15
- auf den Blocksberge. 102
- woher derſelbe ſeinen Urſprung habe. 104
Appendix A.3 C.
- Carolus Magnus ſoll ſich zu Nuͤrnberg in einen Brunnen auf der Kaͤy-
ſerlichen Burg aufhalten. 151 - Confect-Tafel in der Baumans-Hoͤle. 19
- Creful/ ein ſehr tiefes Loch in der Bode. 121
- Clauß-Thal/ was das vor Gruben hat und was ſehens wuͤrdig. 171
- Cloſter zu Walckenried/ hat Kenn- und Wahrzeichen des A. C. 1525
- Bauren-Krieges/ und was dabey vorgegangen mit dem
Raͤdleins-Fuͤhrer Hanß Arnold/ einen Schaͤfer/ und dem da-
mahligen Grafen von Hohenſtein. 195. ſeq.
- Bauren-Krieges/ und was dabey vorgegangen mit dem
- Creisſius, vormahls ein Graͤflicher Clettenbergiſcher Bedienter/ iſt ein
Gottloſer Menſch geweſen. 44 - Curioſitaͤten des Schloſſes Gruͤningen welche darin zuſehen. 220
Appendix A.4 D.
- Darrlinge/ was das ſind bey Ertz-Schmeltzern. 185
- Diamanten/ welche falſch ſind. 73
- Dianen-Bad/ eine Fontaine in den Heſſemiſchen Garten. 112
- Diebes-Loch/ eine Hoͤle bey Ufftungen. 71
- Dittfurt/ ein Ort in der Zorge. 118
- Dorotheen-Bauchs-Loch/ ein See in Rottleberode. 95
- Druſus ſoll das Schioß Kieffhauſen erbauet haben. 150
- Dracken oder Drachen-Stein deſſen/ bey gemeinen Leuthen geglaubte
C c 2Krafft
[[204]]Regiſter.
Krafft und Beſchaffenheit/ deſſen Wirckungen und wer davon ge-
ſchrieben. 197 - Duͤnſte Leſchen zu zeiten in der Baumanns-Hoͤle die brennenden Lich-
ter aus. 7
Appendix A.5 E.
- Echo V. Wiederſchall.
- Eckſtormii, weyland Rectoris in Walckenried Vaterland. 4
- Edelmann im Unter-Hartz/ wird auf der Jagd vom Schrecken grau.
24 - Egels-Grube/ ein See. 95
- Einhorn/ welches gegraben wird. 19. 62
- iſt in der Schartzfeldiſchen Hoͤle nicht ſo haͤuffig mehr als
vormahls anzutreffen. 39 - was ſolches ſey iſt ſtreitig. 40. 55. 56
- wird von etlichen vor ein animale oder verſteinerte Knochen
gehalten. 41. 47 - ob ſolches von einen vierfuͤßigen Einhorn herkomme. 41
- ob ſolches Elephanten-Knochen ſind. 42. 48
- ob ſolches aus Rieſen-Knochen beſtehe. 42. 51
- iſt in der Schartzfeldiſchen Hoͤle nicht ſo haͤuffig mehr als
- Einhorn/ ſo gegraben wird/ halten etliche vor ein Minerale und Spiel
der Natur. 44. 53. 57- deſſen Materia proxima.53
- wie ſolches in der Erde generiret und gebildet werde. 54
- wird von etlichen zum Theil vor ein Animale, zum Theil vor
ein Minerale gehalten. 55 - hat viele Nahmen. 57
- woher deſſen unterſchiedene Farben herruͤhren. 57
- wovon ſolches ſeinen Glantz bekomme. 57
- iſt in der Haͤrte unterſchieden. 58
- wovon deſſen Haͤrte herruͤhre. 58
- warum ſolches nicht allezeit an die Zunge klebe wenn man
daran lecket. 58 - hat gemeiniglich keinen ſonderlichen Geruch. 58
- Einhorn/ welches gegraben wird/ wovon daſſelbe zu zeiten lieblich rie-
che. 58- welches das beſte und deſſen probe.59. 60
- warum das beſte Blaͤsgen giebet/ wen ſolches in das Waſ-
ſer geworffen wird. 59 - deſſen Wuͤrckung. 60
- wird in der Heimkaͤle vermuthet. 67
- ein Sceleton davon iſt zu Quedlinburg gefunden worden. 42
- Einhorn/ das wahre iſt von keinen vierfuͤßigen Thiere/ ſondern von ei-
nen Fiſche. 48- iſt vormahls in hohen Preiß geweſen/ nunmehro aber ziemlich
wohlfeil worden. 48 - ob ſolches Hoͤrner oder Zaͤhne ſind. 48
- iſt vormahls in hohen Preiß geweſen/ nunmehro aber ziemlich
- Einhoͤrner/ ob es noch unter denen vierfuͤßigen Thieren gebe. 45
- Einhoͤner/ ſollen von Jungfern gefangen werden. 47
- Eiſen wird in den Rammelsberge zu Kupfer. 147
- Eiſen-Huͤtten/ wie das Eiſen geſchmoltzen und gegoſſen werde/ welches
das beſte Eiſen ſey. 188- was Eiſen-Gaͤnſe ibid.
- Eisloch bey Queſtenberg/ darinnen man im heiſſeſten Sommer Eis-
Zapffen findet. 68 - Elephanten Sceleton.42
- ob ſolche in der Suͤndfluht aus Aſiâ und Africâ in Teuiſch-
land fortgetrieben worden. 49 - deſſen Haut iſt bey ſeinen Leben ſehr hart/ nach dem Tode aber
ſehr weich. 50 - Coͤrper/ welcher bey Burg-Tonna ausgegraben worden. 56
- Knochen/ ob ſolche das gegrabene Einhorn ſeyn. 42. 48
- ob ſolche in der Suͤndfluht aus Aſiâ und Africâ in Teuiſch-
- Elige Grabenthal ein See bey Liedenrode. 96
- Eliſabethen Brunn in Nordhauſen. 106
- mit deſſen Waſſer wird eine wunderliche Augen-Cur verrich-
tet. 107
- mit deſſen Waſſer wird eine wunderliche Augen-Cur verrich-
- Endten-See. 95
- Erde/ darunter etwas iſt welches wie Gold glaͤntzet. 73
- Erdfaͤlle/ welche waͤſſerig ſind. 84
- Entſtehen offt ploͤtzlich 8692. 93
- deren Urſache. 96
- Ertze von ſehr reichen Halt/ ſoll es im Diebes-Loche geben.
- Ertz-Halle oder Ertz-Halde/ was das ſey und was da zuſehen. 176
- Ertzwaſchen was das ſey und wozu es nutze. 178
Appendix A.6 F.
- Fach-See. 95
- Faſenen-Garte bey Sondershauſen. 170
C c 3Jſt
[[206]]Regiſter.- Jſt auch ein ſchoͤner Jrr-Garten darinn angelegt 170
- Faule-See 95
- Feldwaſſer bey Nordhauſen wird die Zorga genandt. 117
- Felſen/ wovon dieſelben wachſen. 9
- Figuren/ welche ſchoͤne ſind/ giebet es in der Baumans-Hoͤle. 15
- Flaͤmiſche Laͤnderey. 154
- Fontainen/ Vide Spring-Brunnen.
- Forellen von ſonderbahrer Groͤſſe/ ſind vormahls in der Zorge gefan-
gen worden. 119- giebet es in den meiſten Hartz-Fluͤſſen. 121
- Frauen-Eis. 135
- Füreri Carmen von der Baumans-Hoͤle. 33
- Fluͤſſe/ an- und auf den Hartz welche merckwuͤrdig. 117
Appendix A.7 G.
- Gaͤnſe/ ein groß Stuͤck Eiſen. 188
- Gaͤnſe-Schnabel ein Steinfels bey Jlefeld. 128
- Gaͤpeln oder Geipeln auch die darunter vorhandene Schaͤchte und Gru-
ben/ ſo merckwuͤrdig bey Clauß-Thal/ Zellerfeld und andern Orten.
171- Wie man ſich bey derer Beſichtigung verhalten muͤſſe.
172. 173 - die verſchiedene Arbeit in dieſen Gruben. 174
- Wie man ſich bey derer Beſichtigung verhalten muͤſſe.
- Geiſt-Menſchen Paracelſi ſind verſtellete Teufel. 78
- Gelehrte Leute ſoll man nicht haſſen. 117
- Gemaͤcher und Saͤhle ſo in Sondershaͤußiſchen Schloſſe anzutreffen.
198 - Germanicus ſoll Kieffhauſen erbauet haben. 150
- Geſpenſte leſchen zu zeiten die brennenden Lichter in der Baumans-
Hoͤle aus. 6- Quaͤlen einen Mann alſo/ daß er dadurch grau wird. 24
- ob ſolche verhindern/ daß man des Nachtes auf den Blocks-
Berge bleiben koͤnne. 142
- Glaß wie und woraus das gemacht wird. 190. ſeq.
- der weiß Glaß blaͤſet/ darff kein braun Bier trincken. 191
- das Glaß am Hartz/ giebt die beſte deſtilir-Glaͤſer. 191
- Troͤpfel-Spring oder vexir-Glaͤßer wie die gemacht ſind/
und was anbey merckwuͤrdig. 192
Glaß-
[[207]]Regiſter.
- Glaß-Huͤtten am Hartz deren Nutzen und Kunſt ſind auf vielerley Art
gebaut. 189 - Glintzer-Spaat. 135
- Gold-Koͤrner ſollen in der Baumanns-Hoͤle gefunden werden. 18
- ſoll man auch in den Diebes-Loche antreffen. 71
- Gold iſt nicht alles was da glaͤntzet. 73
- fuͤhret das Rammelsbergiſche Silber/ aber ſehr wenig/ bey
ſich. 147
- fuͤhret das Rammelsbergiſche Silber/ aber ſehr wenig/ bey
- Goldgelber Sand/ welcher ſehr ſchoͤne iſt. 73
- Goſe/ ein Hartz-Fluß bey Goßlar. 124
- eine Art Weitzen-Biers zu Goßlar/ warum daſſelbe Laxire.
125
- eine Art Weitzen-Biers zu Goßlar/ warum daſſelbe Laxire.
- Goßlar/ wovon daſſelbe den Nahmen bekommen. 145
- Grau/ warum Menſchen offtmahls in kurtzer Zeit vor Furcht und
Schrecken werden. 27 - Grimme/ ein Ort in dem Zorge-Fluſſe. 118
- Grotta di Vincenza.69
- Gruben bey Claußthal und Zellerfeld/ was darin merckwuͤrdig. 171
- Gruͤnningen/ hat ein Schloß darin verſchiedene curioſa anzutreffen ſind.
200
Appendix A.8 H.
- Haare/ warum dieſelben offtmahls ploͤtzlich grau werden 27
- Haͤckersloch eine Hoͤle bey Queſtenberg 70
- Handwercks-Leuthe/ warum dieſelben nicht zuverachten ſind 117
- Hartzburgiſche Hoͤle 61
- Haſelwurm/ welcher 12. Schuh lang geweſen/ iſt vormahls bey der alten
Hartzburg getoͤdtet worden 62 - Hedel was das ſey 179
- Hegershorſt/ ein Berg darinnen eine merckwuͤrdige Hoͤle iſt 72
- Heimkaͤle/ eine Hoͤle am Hartz 66
- Helme/ ein Fluß bey Nordhauſen 122
- Hereynia Sylva iſt vor Alters von Schwaben an faſt durch gantz Teutſch-
land gegangen 137 - Hexen/ ob ſolche in der That und Warheit auf den Blocksberg in der
Walpurgis Nacht leiblicher Weiſe fahren oder ſich daſſelbe
nur alſo einbilden 143- wenn ſie zu langſam auf den Blocksberg kommen/ wie ſie vom
Teuffel geſtraffet werden 137
- wenn ſie zu langſam auf den Blocksberg kommen/ wie ſie vom
Heydel-
[[208]]Regiſter.
- Heydelbeere giebet es auf dem Blocksberge/ welche ſchaͤdlich zu eſſen
ſind 142 - Hildebrandi Carmen von der Baumans-Hoͤle 30
- Hochſtaͤdtiſcher See 84
- Hoͤlen an- und auf dem Hartz/ welche curieus zu ſehen ſind 1
- Hoͤlle/ ein See bey dem Cloſter Walckenried 96
- Holtz/ iſt mehr in dem Rammelsberge als in der Stadt Goßlar ver-
bauet 148 - Hunger-See 97
- ſoll einen zukuͤnfftigen Hunger anzeigen 97
- iſt ein Wunderwerck der Natur 98
- woher derſelbe entſtehet 98
Appendix A.9 J.
- Jaͤger der Wilde genand iſt ein bekandtes Teuffels Geſpenſt. 141
- Ignis ſubterraneus wird nicht aller Orten gefunden 44
- Jnſel welche ſchwimmet auf der See bey Hochſtaͤd 87
- eine andere bey Gruͤningen 88
- Jnſeln die ſchwimmen ſind vor Alters von etlichen nicht gegla ibet wor-
den 88- woraus deſſen Boden beſtehet 89
- Johannis Capelle/ welche vormahls gegen der neuen Kelle uͤber gelegen 82
- Jrrgarten in Sondershauſen/ welcher ſehr ſchoͤn. 170
- Julius Cæſar ob derſelbe Kieffhauſen erbauet hat 150
- Juͤnglinge/ welche aus Furcht und Schrecken/ ploͤtzlich grau worden 25
Appendix A.10 K.
- Kaͤlte iſt zu Sommerszeit in der Baumans-Hoͤle 20
- iſt noch ſtaͤrcker in der Schartzfeldiſchen Hoͤle 36
- iſt am hefftigſten in dem kalten Loche 68
- Kaͤyſer Carolus Magnus, ſoll ſich zu Nuͤrnberg in einen Brunnen auf-
halten 151- Friedrich der Erſte ſoll in dem Kieffhaͤuſer Schloß ſchlaffen
und dermahleins wieder aufwachen 151 - Otto der Erſte hat zur Hartzburg ſeinen Hoff gehalten 145
- Friedrich der Erſte ſoll in dem Kieffhaͤuſer Schloß ſchlaffen
- Kelle/ eine Hoͤle bey Biſchoffsrode 80
- dahin iſt Jaͤhrlich im Pabſthum eine ſolenne Proceſſion ange-
ſtellet worden 82
- dahin iſt Jaͤhrlich im Pabſthum eine ſolenne Proceſſion ange-
- Keller/ welcher beruͤhmt in dem Ertz Biſthum Saltzburg zu Kalten-
hauſen 69
ob
[[209]]Regiſter.- ob aus den kalten Loche zu machen. 64
- Kieffhaͤuſer Berg/ iſt gieichſam derer Nordhauſiſchen von denen Leipzi-
ger Meſſen Zuruͤckkommenden Promontorium bonæ Spei150- darauff ſoll die Springwurtzel wachſen 153
- Kieffhauſen/ ein altes Schloß in der guͤldnen Aue 149
- ſoll Julius Cæſar erbauet haben 150
- iſt vielmehr vom Claudio Druſo oder ſeinem Bruder Germanico
aufgebauet 150 - iſt vormahls eine vortreffliche Berg-Feſtung geweſen 150
- iſt einesmahls von dem Landgraffen in Thuͤringen/ Ludwig der
Springer genand/ erobert worden 151 - darinnen ſoll Kaͤyſer Friedrich einen unſaͤglichen Schatz ha-
ben 153
- Kinder-Brunn am Rammelsberge 105
- Knechte von Nordhauſen/ wie ſie durch das Nadeloͤhr zum erſtenmahl
von ihren Mitknechten gepeitſchet werden - Kreisloch/ ein See in dem Ambte Clettenberg 93
- Krimme/ ein Ort in dem Zorge-Fluß 118
- Kuͤhn-Stoͤcke was das ſind 185
- Kupfer wird aus Eiſen im Nammelsberge 147
- Kupfer-Hammer/ deſſen Beſchaffenheit und Nutzung 185
- Aus Kupfer wird das Meßing gemacht 186
Appendix A.11 L.
- Land-Kartenſtein 134
- Leckwerge bey Auleben 108
- Lichter/ welche brennen/ wovon dieſelben zu Zeiten in der Baumans-
Hoͤle ausgeleſchet werden 6 - Loch/ das groſſe und kleine kalte Loch genand 68
- Loͤwenhorn/ ein Thier ſo genand 47
- Ludwig der Springer genand/ hat eines mahls Kieffhauſen erobert 151
- Lufft in denen Hoͤlen/ iſt darinnen ſo wol als auſſerhalb derſelben der Ab-
wechſelung unterworffen 8- auf dem Blocksberge iſt mehrentheils kalt und truͤbe 140
- iſt darauf wunderlichen Veraͤnderungen unterworffen 141
- Luſt-Garten zu Heſſem hat 12. Quartier in ſich/ welche inwendig mit al-
lerhand Gewaͤchſen und Fontainen/ auswendig mit feinen
Bied-Werck uͤmgeben ſind 164
D dhat
[[210]]Regiſter.- hat ein ſchoͤn Luſt-Hauß 164
- Luſt-Garten zu Sondershauſen kan mit Recht unter die beſten Fuͤrſtl.
Gaͤrten in Teutſchland gerechnet werden 165 - Luſtgarten bey dem Schloß Hertzberg hat ſchoͤn Heilwerck und andere
Sachen 167
Appendix A.12 M.
- Magd wird in einer Nacht von Furcht und Schrecken grau 25
- Maͤgdeſprung ein artiger Steinfels 131
- Maͤgdgenſtein ein Steinbruch 133
- Mauer ſo nicht von der Kunſt ſondern von der Natur gemachet 129
- Menſch welcher dick und ſett/ warum ſolcher ein Puͤſtrich genennet wer-
de 154 - Menſchen Hirnſchaͤdel/ warum ſolche in den Diebsloche anzutreffen 72
- Meßings-Huͤtte wie ſie gebauet iſt/ was ſie vor Nutzen bringe und was
darin zu ſehen 186 - Milch-See 96
- Mineralien und Metallen/ was vor welche aus dem Rammelsberge ge-
wonnen werden 147 - Muͤnch-Stein 128
- Muͤnch/ welcher Steinern/ iſt das Wahrzeichen der Baumans-
Hoͤle 16 - Muͤnche ob ſolche vormahls im Pabſthum mit dem Puͤſtrich ihre Gau-
ckeley getrieben 159 - Muͤntz-Werck was dabey ſehens wuͤrdig 183. und 184
Appendix A.13 N.
- Nadeloͤhr ein Steinfels bey Jlefeld 126
- Natur ob dieſelbe an und vor ſich ſelbſt ohne Zuthuung eines Thieres
Beine generiren koͤnne 43 - Nordhauſen hat des Rolands Bilde was vor Gedancken daruͤber ſind
und was dabey zu mercken 198 - Nußholtz-Stein 134
Appendix A.14 O.
- Ockergelb 148
- Ocker oder Oker ein Hartz-Fluß 125
- warum dieſelbe an etlichen Orten keine Fiſche haben und die
darauff fallende wilde Endten lahm werden 125
- warum dieſelbe an etlichen Orten keine Fiſche haben und die
- Ochſen-Pful bey Hertzberg 94
Opfer-
[[211]]Regiſter.
- Opfer-See 96
- Orgelwerck von Steinern iſt in der Baumans-Hoͤle 16
- Orgelwerck von 59. Stimmen iſt in den Gruͤningiſchen Schloß 200
- Otto der Erſte Kaͤſer dieſes Nahmens hat zur Hartzburg ſeinen Hoff
gehalten 145
Appendix A.15 P.
- Paracelſi irrige Meinung von denen Zwergen. 78
- Pferde/ welche die Saͤttel oder ungeſchickte Reuter gedrucket/ werden
mit den Tropff-Stein geheilet. 66 - Pilæ Æoliæ.156
- Piſtole oder ander Gewehr/ warum ſolches wie eine Canone in der Bau-
mans-Hoͤle knallet/ wenn daſſelbe darinnen geloͤſet wird. 18 - Plane-Herde/ was es ſey/ und warum es ſo genennet werde. 179
- Prætorius iſt ein wunderlicher Kautz geweſen. 138
- Procesſion iſt im Pabſtthum ſolenniter nach der neuen Kelle angeſtellet
worden. 82 - Puch-Werck was das ſey und deſſen Nutzen. 178
- Puͤſtrich ein Abgott/ ſoll in den Heydenthum auf der Rotenburg ge-
ſtanden haben. 154- iſt anietzo auf dem Schloſſe zu Sondershauſen. 154
- Puͤſter/ aus was vor Metal derſelbe beſtehe iſt zweifelhafftig. 154
- ob derſelbe natuͤrlicher Weiſe oder durch Teufels Kuͤnſten
Feuer ausſpeye. 155 - damit haben die Goͤtzen Pfaffen groſſe Betriegerey getrieben. 157
- ob ſolcher warhafftig ein Abgott geweſen. 158
- ob derſelbe natuͤrlicher Weiſe oder durch Teufels Kuͤnſten
Appendix A.16 Q.
- Quellen an- und auf dem Hartz ſo Curieuſ.101
- Queſtenbergiſche Hoͤle das groſſe und kleine Loch genandt. 68
Appendix A.17 R.
- Rammelsberg bey Goslar/ wovon derſelbe den Nahmen hat. 145
- faͤllet einesmahls an einen Orte ein/ und machet auf einen
Tag bey vierdtehalb hundert Wittfrauen. - deſſen Bergwerck/ wer daſſelbe erfunden. 145
- dergleichen Berg ſoll man in Teutſchland nicht antreffen. 146
- was von Ertze und Mineralien daraus gewonnen werden. 147
- hat ſo ſcharff Waſſer/ daß es denen Arbeitern Schuhe und
Kleider zerfriſt/ nichts deſtoweniger trincken es dieſelben
als eine Artzeney/ wen ſie ſich nicht wohl auf befinden.
147 - darinnen wird Eiſen zu Kupfer. 147
- das Rammelsbergiſche Kupfer giebt kein Meßing. 186
- in denſelben iſt mehr Holtz als in der Stadt Goslar verbauet.
148 - das da gegrabene Ertz wird unter freyen Himmel geroͤſtet. 181
- faͤllet einesmahls an einen Orte ein/ und machet auf einen
- Raͤthers-See. 95
- Reffel-See. 96
- Rhinoceros.46
- Rhumſpring. 94
- Rieſen Sceleta oder Gerippe. 42
- ſind nicht allezeit von Menſchen. 52
- Roß in der Baumans-Hoͤle. 13
- Roß-Trapp/ ein wunder ſeltſamer Felſen. 130
- Roͤſt-Ofen wie der gebauet/ deſſen Nutzen und was dabey merckwuͤr-
dig. 180. 181 - Rotenburg in der guͤldnen Aue/ darauf ſoll vormahls der Abgott Puͤ-
ſtrich geſtanden haben. 154
Appendix A.18 S.
- Saltzbrunn bey Auleben. 108
- zu Franckenhauſen/ ſo kuͤnſtlich gemachet iſt. 109
- Saltze ein Flus bey Nordhauſen. 122
- warum dieſelbe ſich nicht gleich mit der Helme an den Ort/
wo ſie zuſammen flieſſen vermiſche. 123
- warum dieſelbe ſich nicht gleich mit der Helme an den Ort/
- Sand/ welcher wie Gold glaͤntzet. 73
- Sau-Grube woher dieſelbe den Nahmen bekommen. 120
- Schartzfeldiſche Hoͤle/ in derſelben iſt die Kaͤlte noch ſtaͤrcker als in der
Baumans-Hoͤle. 36- darinnen ſoll das Geſpenſt zu zeiten des Nachtes einen Don-
ner erregen/ es ruͤhret aber daſſelbe nicht allezeit von den-
ſelben her. 38 - in derſelben iſt das gegrabene Einhorn nicht mehr ſo haͤuffig/
als von Alters geſchehen/ anzutreffen. 39 - von bem Schartzfeldiſchen Thurm iſt wunderſam/ daß kein
Dach darauf bleibet. 196
- darinnen ſoll das Geſpenſt zu zeiten des Nachtes einen Don-
Schaͤtze
[[213]]Regiſter.
- Schaͤtze ſoll es in dem Kieffhaͤuſer Berg geben. 153
- Schatz iſt von einem Knaben in Walckenrieder Cloſter verrathen 193. ſeq.
- dieſen Schatz halten etliche vor den lapidem philoſophorum195
- Schlammſchlich was das ſey 197
- Schlangen ſind haͤuffig bey der alten Hartzburg vorhanden. 61
- Schlemm-Graben was das ſey. ibid.
- Schlich was das ſey. 179
- Schloß zu Gruͤningen hat verſchiedene curioſitaͤten. 200
- Schloß zu Sondershauſen hat einen ſchoͤnen meublirten Saal. 198
- Schloͤſſer an- und auf dem Hartz/ worinnen unterſchiedene Curioſitaͤten
anzutreffen. 136 - Schmeltz-Oefen ſind verſchieden und von groſſen Nutzen. 182
- Schnee iſt zu Zeiten im Sommer in den kalten Loche. 70
- Schuͤſſeln welche die Natur aus Steinen formiret. 132
- Schwade was das ſey 176. 177
- Seiger-Ofen deſſen Beſchaffenheit und Nutzbarkeit 185
- Seen welche an- und auf den Hartz verhanden die merckwuͤrdig ſind. 84
- Silber in den Rammels-Berg fuͤhret etwas Gold bey ſich. 147
- Sondershaͤuſiſche Schloß hat unter andern Fuͤrſtl. Gemaͤchern/ auch ei-
nen uͤberaus ſchoͤnen Saal der ſchoͤne genand 198 - Spaatt 135
- Springbrunnen in den Sondershaͤuſiſchen Garten. 113
- Springbrunnen des Gartens zu Heſſem 110
- Spring-Wurtzel ſoll auf den Kieffhaͤuſer Berge wachſen. 153
- Stangen Kúnſte derer Hartziſchen Bergwercke. 114
- Steinbruͤche welche Curieus zu ſehen ſind an und auf den Hartz. 131
- Stein-Confect in der Baumans-Hoͤle. 19
- Steine wovon dieſelben wachſen. 9
- Stein-Felſen an- und auf den Hartz welche denckwuͤrdig. 126
- Sternen-Lauff laͤſſet ſich bey hellen Naͤchten ſchoͤne auf den Blocksberg
obſerviren. 142 - Stollen/ was das vor ein Gebaͤu ſey/ und wozu es nutze. 176
- Strudel in dem Tantz-Teiche. 91
Appendix A.19 T.
- Tantz-Teich bey Sachswerfen. 84. 91
- Teufels-Mauer. 129
- Teufels-Grube in dem Rammels-Berge ſoll vormahls der Teufel ge-
bauet haben. 149
D d 3Teufel
[[214]]Regiſter.
- Teufel aͤffet die Furchtſahmen am meiſten. 20
- machet einen Schmied in einer Nacht graue Haare. 26
- Thalius weyland Phyſicus zu Nordhauſen. 142
- Thée Tranck hat ſeine meiſte Wuͤrckung von dem warmen Waſſer. 12
- Teiche/ welche zum Bergbau gehoͤren und was ſie vor Nutzen ſchaffen 177
- Thiergarte bey Blanckenburg hat allerhand Hirſche von unterſchiedenen
Farben. 167 - Tiſche von ſchoͤnen Alabaſter werden zu Nordhauſen verfertiget. 135
- Treib-Ofen was der Nutze 182
- Tropf-Schwefel deſſen Beſchaffenheit und Nutzung. 181
- Tropf-Stein in denen Hoͤlen an- und auf den Hartz 10. 15. 16. 29. 36. 63. 67
- woher deſſen unterſchiedene Farbe herruͤhre. 64
- Kraͤffte deſſelben: 65. 66
- in der Heimkaͤle/ ſo kraus wie eine Wolle iſt. 71
- welcher dem Zucker-Confect aͤhnlich iſt. 19
- Trunckelbeere eine Gattung ſchaͤdlicher Heydelbeere auf dem Blocks-
Berge. 142 - Thurm auf der Feſtung Schartzfelß hat vor allen andern Thuͤrmen ſon-
derlich/ daß kein Dach darauf bleibet. 196
Appendix A.20 U.
- Vexier-Confect in der Baumans-Hoͤle. 19
- Vitriol Haͤuſer was die vor Nutzung haben. 187
- die Arbeiter bey dem Vitriol doͤrffen keine lederne Schuhe tragen
ſondern hoͤltzerne. 188 - wie der gruͤne Vitriol geſotten werde. 187
- die Arbeiter bey dem Vitriol doͤrffen keine lederne Schuhe tragen
- Viehe/ ſo verwundet oder mit Geſchwaͤren beladen werdẽ/ mit den Tropf-
Stein geheilet. 66 - Ufftrungiſche Hoͤle. 66
- Ungern/ ob ſolche vormahls in Thuͤringen geſtreiffet. 79
- Unicornu fosſile \& Verum vid. Einhorn. 79
Appendix A.21 W.
- Wahrzeichen in der Baumans-Hoͤle. 16
- Wald-Eſel. 46
- Walckenried hat im Cloſter einen Saal der Zauber Saal genannt/ wo
einſten ein Knabe bezaubert wurde/ daß er nicht vom Fleck kommen
kunte/ was alles mit dem Knaben vorgangen. 193. ſeq.- Jn dieſen Cloſter iſt auch ein ſchoͤner Creutzgang zuſehen und viel
andere merckwuͤrdige Sachen. 194. ſeq. - das Cloſter zu Walckenried hat auch Wahrzeichen des A. C. 1525
- gefuͤhrten Bauren-Kriegs. 195. ſeq.
- Jn dieſen Cloſter iſt auch ein ſchoͤner Creutzgang zuſehen und viel
- Wand ſo ſchoͤne iſt in der Baumans-Hoͤle. 15
- Waſſer aus denen in der Baumans-Hoͤle vorhandene Brunnen/ warum
daſſelbe ein gantzes Jahr gut bleibe. 12- Der Brunn in der Baumans-Hoͤle ſoll vor Steinſchmertzen
gut ſeyn. 10.
- Der Brunn in der Baumans-Hoͤle ſoll vor Steinſchmertzen
- Waſſer/ deſſen ingredientia werden durch die deſtillation und andere
Chymiſche Experimenta erforſchet 11- iſt eine Heilmeiſterin vieler Kranckheiten 12
- thut die meiſte Wuͤrckung bey dem Thee-Tranck 12
- hat ſeine pori oder ſpatia13
- aus den Eliſabether-Brunn zu Nordhauſen curiret bloͤde Au-
gen 107 - kan in den Abgott Puͤſter nicht allein Feuerflammen verurſa-
chen 156 - warum daſſelbe in etlichen Hartziſchen Hoͤlen zu einem Stein
werde 63 - in dem Rammelsberge iſts ſo ſcharff/ daß es denen Arbeitern
Schuhe und Kleider zerfriſt/ deſſen ungeachtet trincken es
doch dieſelben wider etliche Beſchwerungen 147
- Waſſer-Fluht von einen Wolckenbruch verurſachet/ nimmet eine Kirche
bey Nordhauſen mit dem Prieſter und Communicanten
hinweg 119 - Waſſer-Kuͤnſte an- und auf dem Hartz ſo merckwuͤrdig 101
- in Nordhauſen 101
- mit einen unterſchlaͤgigen Rad/ warum dieſelben auf den Hartz
nicht geachtet werden.
- Waſſer-Wirbel in dem Tantz-Teich 91
- Weinfaß von ſonderlicher Groͤſſe liegt im Gruͤningiſchen Schloſſe 200
- Werck was das bey Bergleuthen ſey 185
- Wiederſchall/ warum derſelbe oben auf dem Blocksberge nicht iſt 143
- Wiedertaͤuferloch/ ein See bey Liebenrode 96
- Windkugeln 156
- Windkunſt in Jtalien welche curieus iſt 69
- Witfrauen werden bey vierdthalb hundert in einem Tag einesmahls
von dem Rammelsberge gemachet 145
Wit-
[[216]]Regiſter.
- Witterungen zeiget der Blocksberg gewiſſer als eine Calender-Practica
an 143 - Wolcken ſtoſſen offtmahls oben an den Blocksberg an 141
- Wolffs-Garte bey Stiege und Hertzberg iſt uͤbrr eine viertel Meile lang/
und ſehr artig 168- die Woͤlffe kriegt man alle lebendig und werden Luſt-Jagten damit
angeſtellet 170
- die Woͤlffe kriegt man alle lebendig und werden Luſt-Jagten damit
- Wunden/ welche geſchoſſen worden/ haben nicht allezeit einen von dem
Pulver verurſachten Brand bey ſich 65
Appendix A.22 Z.
- Zellerfeld/ was das vor Gruben und was merckwuͤrdig darin 171
- Zieh-Brunnen an- und auf dem Hartz/ welche ihrer Tieffe wegen merck-
wuͤrdig 109 - Ziegenloch/ eine Hoͤle bey Sachswerfen 82
- Zirckeizer-See 98
- Zorge wird das Nordhauſiſche Feldwaſſer genennet 117
- ergieſſet ſich offtmahls ſehr/ verliehret ſich aber zu Zeiten wieder
faſt gaͤntzlich 120 - wurde durch einen Wolckenbruch einesmahls ſo groß/ daß es eine
Kirche mit dem Prieſter und Communicanten fortſchwem̃et 119
- ergieſſet ſich offtmahls ſehr/ verliehret ſich aber zu Zeiten wieder
- Zwerge/ ob es welche gebe die nicht allein Menſchen ſondern auch Gei-
ſter ſind 78 - Zwerg-Voͤlcker und Familien/ ob ſolche iemahls in der Welt geweſen
und noch darinnen vorhanden ſind 76- ſind von etlichen vor eine Gattung Affen gehalten worden 76
- Zwerg-Loͤcher bey Schartzfeld 35
- bey Walckenried 74
- zwiſchen Elbingerode und dem Ruͤbelande 74
- ob darinnen iemahls Zwerge gewohnet 75
- ſollen Retiraden und Schlupffloͤcher zu Kriegeszeiten geweſen ſeyn.
75. 79
[[217]][[218]][[219]][[220]]
- Rechtsinhaber*in
- Kolimo+
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2025). Collection 3. Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bp4f.0