von
Suͤd-Europa
im
ſechszehnten und ſiebzehnten Jahrhundert.
Berichten.
Bei Duncker und Humblot.
[[III]]
ihre Kirche und ihr Staat
im
ſechszehnten und ſiebzehnten Jahrhundert.
Bei Duncker und Humblot.
[[IV]][[V]]
Inhalt.
- Seite
- Achtes Buch. Die Paͤpſte um die Mitte des ſieb-
zehnten Jahrhunderts. Spaͤtere Epochen1 - Heimfall von Urbino 4
- Anwachs der Schulden des Kirchenſtaates 10
- Gruͤndung neuer Familien 15
- Krieg von Caſtro 25
- Innocenz X.38
- Alexander VII. und Clemens IX.50
- Elemente der roͤmiſchen Bevoͤlkerung 60
- Bauwerke der Paͤpſte 69
- Digreſſion uͤber Koͤnigin Chriſtine von Schweden 78
- Verwaltung des Staates und der Kirche 103
- Die Jeſuiten in der Mitte des ſiebzehnten Jahrhunderts 123
- Janſeniſten 135
- Stellung des roͤmiſchen Hofes zu den beiden Parteien 145
- Verhaͤltniß zu der weltlichen Macht 152
- Uebergang auf die ſpaͤteren Epochen 157
- Ludwig XIV. und Innocenz XI.160
- Spaniſche Erbfolge 172
- Veraͤnderte Weltſtellung. Innere Gaͤhrungen. Aufhebung
der Jeſuiten 182 - Revolutionaͤres Zeitalter 202
- Anhang.
- Verzeichniß der benutzten Handſchriften, nachtraͤgliche Auszuͤge und
kritiſche Bemerkungen. - Seite
- Erſter Abſchnitt. Bis zum tridentiniſchen Concilium 227
- Zweiter Abſchnitt. Zur Kritik Sarpis und Pallavicinis 270
- Dritter Abſchnitt. Zeiten der Reſtauration bis auf Six-
tus V.290 - Vierter Abſchnitt. Sixtus V.317
- I. Zur Kritik der Biographen dieſes Papſtes Leti und
Tempeſti 317 - II. Handſchriften 324
- Fuͤnfter Abſchnitt. Zweite Epoche der kirchlichen Reſtau-
ration 346 - Einſchaltungen: Bemerkung uͤber die Denkwuͤrdig-
keiten Bentivoglios 354. — Ueber einige Geſchicht-
ſchreiber des Jeſuitenordens 381. - Sechſter Abſchnitt. Spaͤtere Epochen 442
- Einſchaltung: Bemerkung uͤber die Vita di Donna
Olimpia Maldachina450.
Achtes Buch.
Die Päpſte um die Mitte des ſiebzehnten Jahr-
hunderts. Spätere Epochen.
Päpſte** 1
[[2]][[3]]
Nachdem der Verſuch der Paͤpſte ihre Weltherrſchaft zu
erneuern, ſo weit er auch bereits gediehen war, doch zu-
letzt mißlungen iſt, hat ſich ihre Stellung uͤberhaupt ver-
aͤndert. Die Verhaͤltniſſe des Fuͤrſtenthums, der Verwal-
tung, der innern Entwickelung ziehen unſere Aufmerkſam-
keit wieder am meiſten an ſich.
Wie man aus dem hohen Gebirge, welches große und
weite Ausſichten eroͤffnet, in ein Thal tritt, das den Blick
beſchraͤnkt und in engen Grenzen feſthaͤlt, ſo gehn wir von
der Betrachtung der großen Weltereigniſſe zu einer Wahr-
nehmung der beſondern Angelegenheiten des Kirchenſtaates
uͤber.
Erſt in den Zeiten Urbans VIII. gelangte der Kir-
chenſtaat zu ſeiner Vollendung. Beginnen wir mit dieſem
Ereigniſſe.
1*
[4]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Heimfall von Urbino.
Das Herzogthum Urbino umfaßte ſieben Staͤdte, bei
300 Schloͤſſer: es hatte eine fruchtbare, zum Handel wohl-
gelegene Seekuͤſte, — die Apenninen hinauf geſundes, an-
muthiges Bergland.
Wie die ferrareſiſchen, machten ſich auch die urbina-
tiſchen Herzoͤge bald durch Waffenthaten, bald durch lite-
rariſche Beſtrebungen, bald durch einen freigebigen glaͤnzen-
den Hofhalt bemerklich 1). Guidubaldo II. hatte im Jahre
1570 vier Hofhaltungen eingerichtet: außer ſeiner eigenen
beſondere fuͤr ſeine Gemahlin, den Prinzen und die Prin-
zeſſin: ſie waren alle glaͤnzend, gern beſucht von einheimi-
ſchen Edelleuten, offen fuͤr die Fremden 2). Nach alter
Sitte ward jeder Fremde in dem Pallaſt bewirthet. Die
Einkuͤnfte des Landes haͤtten zu ſo vielem Aufwande wohl
nicht hingereicht: ſie konnten ſich, wenn der Kornhandel in
Sinigaglia gut ging, auf 100000 Sc. belaufen. Aber die
Fuͤrſten ſtanden, wenigſtens dem Namen und Titel nach,
immer in fremden Kriegsdienſten: die gluͤckliche Lage des
Landes in der Mitte von Italien bewirkte, daß die benach-
[5]Heimfall von Urbino.
barten Staaten wetteiferten ſie durch Beguͤnſtigungen, Be-
ſoldungen, Subſidien in Ergebenheit zu erhalten.
Man bemerkte in dem Lande, daß der Fuͤrſt mehr ein-
bringe, als er koſte.
Zwar wurden wohl auch hier wie allenthalben Verſuche
gemacht die Abgaben zu erhoͤhen: aber es zeigten ſich hiebei
ſo große Schwierigkeiten, vor allem in Urbino ſelbſt, daß man
es doch am Ende, halb aus gutem Willen, halb weil man
nicht anders konnte, bei dem Herkoͤmmlichen bewenden ließ.
Auch die Privilegien, die Statuten blieben unangetaſtet.
Unter dem Schutze dieſes Hauſes bewahrte San Marino
ſeine unſchuldige Freiheit 1). Waͤhrend in dem uͤbrigen Ita-
lien allenthalben das Fuͤrſtenthum freier, ungebundener,
maͤchtiger wurde, blieb es hier in ſeinen alten Schranken.
Daher kam es, daß die Einwohner ſich auf das engſte
an ihre Dynaſtie anſchloſſen; ſie waren ihr um ſo ergebe-
ner, weil eine Vereinigung mit dem Kirchenſtaate ohne Zwei-
fel die Aufhebung aller hergebrachten Verhaͤltniſſe herbei-
fuͤhren mußte.
Eine Landesangelegenheit von der groͤßten Wichtigkeit
war demnach die Fortpflanzung des herzoglichen Geſchlechtes.
Wir ſahen, welch einen entſcheidenden Einfluß Lucre-
zia von Eſte auf das Schickſal, die Aufloͤſung des Her-
zogthums von Ferrara hatte. Auch in die urbinatiſchen
Angelegenheiten finden wir ſie auf das ungluͤcklichſte ver-
flochten.
[6]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Der Prinz von Urbino, Franz Maria, hielt ſich eine
Zeit lang an dem Hofe Philipps II. auf 1). Er gerieth
hier, wie man erzaͤhlt, in ein ſehr ernſthaftes Verhaͤltniß
zu einer ſpaniſchen Dame und dachte ſich mit ihr zu ver-
maͤhlen. Aber der Vater Guidubaldo war ſchlechterdings
dagegen: er wollte vor allem eine ebenbuͤrtige Schwieger-
tochter in ſeinem Hauſe ſehen. Er noͤthigte ſeinen Sohn
zuruͤckzukommen und jener ferrareſiſchen Prinzeſſin Lucrezia
von Eſte ſeine Hand zu geben.
Es haͤtte ein wohl zuſammenpaſſendes Paar ſcheinen
ſollen. Der Prinz, gewandt und ſtark, geuͤbt in Waffen-
ſpiel, und nicht ohne Wiſſenſchaften beſonders militaͤriſche:
die Prinzeſſin, geiſtreich, voll Majeſtaͤt und Anmuth. Man
uͤberließ ſich der Hoffnung, daß das Haus hiemit wohlbe-
gruͤndet ſeyn werde: die Staͤdte wetteiferten die Vermaͤhlten
mit Triumphboͤgen und ſchoͤnen Geſchenken zu empfangen.
Aber das Ungluͤck war, daß der Prinz erſt 25, die
Prinzeſſin dagegen ſchon gegen vierzig Jahre zaͤhlte. Der
Vater hatte daruͤber weggeſehen, um die Verweigerung der
ſpaniſchen Verbindung, die doch am Hofe Philipps keinen
[7]Heimfall von Urbino.
guten Eindruck gemacht hatte, durch eine ſo hohe, glaͤnzende
und auch reiche Partie zu beſchoͤnigen. Jedoch es ging
ſchlechter, als er wohl geglaubt haben mochte. Nach Gui-
dubaldos Tode mußte Lucrezia nach Ferrara zuruͤckkehren:
an Nachkommenſchaft war nicht zu denken 1).
Schon damals demnach als Ferrara genommen wurde,
ſchien auch der Heimfall von Urbino gewiß, um ſo mehr,
da es hier keine Agnaten gab, welche Anſpruch auf die
Succeſſion haͤtten machen koͤnnen.
Jedoch noch einmal aͤnderten ſich die Sachen. Im Fe-
bruar 1598 ſtarb Lucrezia: Franz Maria konnte zu einer
neuen Vermaͤhlung ſchreiten.
Das Land war voll Entzuͤcken, als man bald darauf
vernahm, der gute Herr, der alle die Jahre daher ein mil-
des und ruhiges Regiment gefuͤhrt, den alles liebte, habe
wirklich Hoffnung, obwohl er nun auch ſchon in die Jahre
gekommen, daß ſein Stamm nicht mit ihm untergehn werde.
Alles that Geluͤbde fuͤr die gluͤckliche Niederkunft der neuen
Herzogin; als die Zeit herankam, verſammelten ſich die Edel-
leute des Landes, die Magiſtrate der Staͤdte in Peſaro,
wo ſich die Fuͤrſtin aufhielt: in der Stunde der Geburt
war der Platz vor dem Pallaſte ſammt den nahen Straßen
mit Menſchen uͤberfuͤllt. Endlich zeigte ſich der Herzog am
Fenſter. „Gott“, rief er mit lauter Stimme, „Gott hat
uns einen Knaben beſcheert.“ Mit unbeſchreiblichem Jubel
[8]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
ward dieſe Nachricht empfangen. Die Staͤdte erbauten
Kirchen und errichteten fromme Stiftungen, wie ſie gelobt 1).
Wie betruͤgeriſch aber ſind doch Hoffnungen die ſich
auf Menſchen gruͤnden!
Der Prinz ward ſehr wohl erzogen; er entwickelte Ta-
lent wenigſtens literariſches; der alte Herzog hatte die Freude
ihn noch mit einer Prinzeſſin von Toscana vermaͤhlen zu
koͤnnen. Dann zog er ſich ſelbſt in die Ruhe von Caſtel-
durante zuruͤck, und uͤberließ ihm die Regierung.
Aber kaum war der Prinz ſein eigener Herr, der Herr
des Landes, ſo ergriff ihn der Rauſch der Gewalt. Erſt
in dieſer Zeit nahm in Italien der Geſchmack am Theater
uͤberhand: der junge Prinz ward um ſo mehr davon hin-
geriſſen, da er ſich in eine Schauſpielerin verliebte. Am
Tage machte er ſich das neroniſche Vergnuͤgen den Wa-
gen zu lenken: am Abend erſchien er ſelbſt auf den Bret-
tern: tauſend andere Ausſchweifungen folgten. Traurig
ſahen die ehrlichen Buͤrgersleute einander an. Sie wußten
nicht, ſollten ſie es beklagen oder ſich daruͤber freuen, als
der Prinz im Jahre 1623 nach einer wild durchtobten Nacht
eines Morgens in ſeinem Bette todt gefunden ward.
Hierauf mußte der alte Franz Maria die Regierung
nochmals uͤbernehmen: voll tiefen Grames, daß er nun
doch der letzte Rovere war, daß es mit ſeinem Hauſe ganz
zu Ende ging: doppelt und dreifach unmuthig, da er die
[9]Heimfall von Urbino.
Geſchaͤfte wider Willen fuͤhren, und in den bittern Begeg-
nungen mit dem roͤmiſchen Stuhle aushalten mußte 1).
Von allem Anfange glaubte er fuͤrchten zu muͤſſen,
daß ſich die Varberini der Tochter die von ſeinem Sohne
uͤbrig war, eines Kindes von einem Jahre, bemaͤchtigen
wuͤrden. Um ſie ihren Werbungen auf immer zu entziehen,
ließ er ſie mit einem Prinzen von Toscana verſprechen und
auf der Stelle in das benachbarte Land hinuͤberbringen.
Aber es entſpann ſich ſogleich ein anderes Mißverhaͤltniß.
Auch der Kaiſer machte Anſpruͤche auf einige urbina-
tiſche Landestheile: Urban VIII. forderte eine Erklaͤrung von
dem Herzoge, daß er alles was er beſitze von dem paͤpſt-
lichen Stuhle zu Lehen trage. Lange weigerte ſich Franz
Maria: er fand dieſe Erklaͤrung wider ſein Gewiſſen: end-
lich gab er ſie doch von ſich: „aber ſeitdem“, ſagt unſer
Berichterſtatter, „iſt er nie wieder heiter geworden: er
fuͤhlte ſich dadurch in ſeiner Seele gedruͤckt.“
Bald darauf mußte er zulaſſen, daß die Befehlshaber
ſeiner feſten Plaͤtze dem Papſte den Eid leiſteten. Endlich
— es war in der That das Beſte — gab er die Regie-
rung des Landes ganz und gar an die Bevollmaͤchtigten
des Papſtes auf.
Lebensmuͤde, altersſchwach, von Herzeleid gebeugt, nach-
dem er alle ſeine vertrauten Freunde hatte ſterben ſehen,
fand der Herzog ſeinen einigen Troſt in den Uebungen der
Froͤmmigkeit. Er ſtarb im Jahre 1631.
Auf der Stelle eilte Taddeo Barberini herbei, um das
[10]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Land in Beſitz zu nehmen. Die Allodialerbſchaft kam an
Florenz. Auch das Gebiet von Urbino wurde nach dem
Muſter der uͤbrigen Landſchaften eingerichtet 1).
Kommen wir nun auf dieſe Verwaltung uͤberhaupt,
und zwar zunaͤchſt auf den wichtigſten Moment, von dem
alles abhaͤngt, die Finanzen.
Anwachs der Schulden des Kirchenſtaates.
Wenn Sixtus V. die Ausgaben beſchraͤnkte, einen Schatz
ſammelte, ſo hatte er doch auch zugleich Einkuͤnfte und
Auflagen vermehrt, und eine große Maſſe Schulden darauf
gegruͤndet.
Sich einzuſchraͤnken, Geld zu ſammeln war nicht Je-
dermanns Sache. Auch wurden die Beduͤrfniſſe ſowohl
der Kirche als des Staates von Jahr zu Jahr dringender.
Zuweilen griff man den Schatz an: jedoch war ſeine Ver-
wendung an ſo ſtrenge Bedingungen gebunden, daß dieß
doch nur in ſeltenen Faͤllen geſchehen konnte. Sonderbarer
Weiſe war es um vieles leichter Anleihen zu machen, als
das Geld das man liegen hatte, zu brauchen. Auf das ra-
ſcheſte und ruͤckſichtsloſeſte gingen die Paͤpſte auf dieſem
Wege vorwaͤrts.
Es iſt ſehr merkwuͤrdig zu beobachten, wie ſich das
Verhaͤltniß der Einkuͤnfte und der Summe der Schuld
[11]Anwachs der Schulden.
und ihrer Zinſen in den verſchiedenen Jahren ſtellte, von
denen wir glaubwuͤrdige Berechnungen daruͤber haben.
Im Jahre 1587 betrugen die Einkuͤnfte 1,358456
Scudi, die Schulden ſiebenthalb Millionen Sc. Unge-
faͤhr die Haͤlfte der Einkuͤnfte, 715913 Sc., war auf die
Zinſen der Schuld aſſignirt.
Im Jahre 1592 ſind die Einkuͤnfte auf 1,585520
Scudi, die Schulden auf 12,242620 geſtiegen. Der An-
wachs der Schuld iſt bereits um vieles groͤßer als die
Zunahme der Einkuͤnfte: es ſind 1,088600 Sc., d. i. un-
gefaͤhr zwei Drittel der Einnahme, zum Zins der Schuld
in Aemtern und Luoghi di Monte angewieſen 1).
Schon dieß Verhaͤltniß war ſo mißlich, daß es große
Bedenklichkeiten erregen mußte. Man waͤre gern ſogleich
zu einer Verringerung des Zinsfußes geſchritten; es ward
der Vorſchlag gemacht, eine Million aus dem Caſtell zu
nehmen, um Denen, die ſich einer Reduction der Zin-
ſen widerſetzen wuͤrden, das Capital herauszuzahlen. Das
reine Einkommen wuͤrde dadurch betraͤchtlich geſtiegen ſeyn.
Jedoch die Bulle Sixtus V, die Beſorgniß vor einer Ver-
ſchleuderung des Schatzes verhinderte Maaßregeln dieſer Art,
und man mußte auf dem einmal betretenen Pfade bleiben.
Vielleicht koͤnnte man glauben, daß die Erwerbung
eines ſo eintraͤglichen Landes, wie das Herzogthum Fer-
rara, eine beſondere Erleichterung gewaͤhrt haben wuͤrde;
jedoch iſt das nicht der Fall.
[12]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Schon im Jahre 1599 verſchlangen die Zinſen nahe
an drei Viertheil des Geſammteinkommens.
Im Jahre 1605 aber, bei dem Regierungsantritt
Pauls V, waren von den Gefaͤllen der Kammer nur noch
70,000 Sc. nicht fuͤr Zinſen angewieſen 1). Cardinal du
Perron verſichert, daß der Papſt von ſeinem regelmaͤßigen
Einkommen, obwohl die Ausgaben des Pallaſtes ſehr maͤ-
ßig ſeyen, doch nicht ein halb Jahr leben koͤnne.
Um ſo weniger konnte es vermieden werden, daß er
Schulden auf Schulden haͤufte. Aus authentiſchen Ver-
zeichniſſen ſehen wir, wie regelmaͤßig Paul V. zu dieſem
Mittel griff; im November 1607, Januar 1608 zwei
Mal, Merz, Juni, Juli 1608, September deſſelben Jah-
res zwei Mal: ſo fort durch alle Jahre ſeiner Regierung.
Es ſind nicht große Anleihen in unſerm Sinne: die klei-
nen Beduͤrfniſſe, wie ſie vorkommen, werden durch die Er-
richtung und den Verkauf neuer Luoghi di Monte, in groͤ-
ßerer oder in geringerer Zahl, gedeckt. Bald werden ſie auf
den Zoll von Ancona, bald auf die Dogana von Rom oder
einer Provinz, bald auf die Erhoͤhung des Salzpreiſes,
bald auch auf den Ertrag der Poſt gegruͤndet. Allmaͤhlig
wachſen ſie doch gewaltig an. Paul V. allein hat uͤber
2 Millionen Schulden in Luoghi di Monte gemacht 2).
[13]Anwachs der Schulden.
Es wuͤrde dieß aber unmoͤglich geweſen ſeyn, waͤre
nicht ein Umſtand beſonderer Art dieſem Papſte zu Statten
gekommen.
Immer zieht die Macht auch das Geld an. So lange
die ſpaniſche Monarchie in ihrem großen Fortſchritt war
und die Welt mit ihrem Einfluß beherrſchte, hatten die Ge-
nueſen, damals die reichſten Geldbeſitzer, ihre Capitalien in
den koͤniglichen Anleihen untergebracht, und ſich durch einige
gewaltſame Reductionen und Eingriffe Philipps II, darin
nicht ſtoͤren laſſen. Allmaͤhlig aber, da die große Bewe-
gung abnahm, die Kriege und die Beduͤrfniſſe derſelben
aufhoͤrten, zogen ſie ihr Geld zuruͤck. Sie wandten ſich
nach Rom, das indeß wieder eine ſo gewaltige Weltſtellung
eingenommen: die Schaͤtze von Europa ſtroͤmten aufs neue
dahin zuſammen. Unter Paul V. war Rom vielleicht der
vornehmſte Geldmarkt von Europa. Die roͤmiſchen Luo-
ghi di Monte wurden außerordentlich geſucht. Da ſie be-
deutende Zinſen abwarfen nnd eine genuͤgende Sicherheit
darboten, ſo ſtieg ihr Kaufpreis zuweilen bis auf 150
Procent. So viel ihrer der Papſt auch gruͤnden mochte,
ſo fand er Kaͤufer in Menge.
So geſchah es denn daß die Schulden unaufhoͤrlich
ſtiegen. Im Anfange Urbans VIII. beliefen ſie ſich auf
18 Millionen. Auch die Einnahmen mußten bei dem Sy-
ſteme des roͤmiſchen Hofes hiemit in Verhaͤltniß bleiben;
ſie werden im Anfang dieſer Regierung auf 1,818104 Sc.
96 Baj. berechnet 1). Ich finde nicht genau, wie viel da-
[14]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
von zu den Zinſen verbraucht ward; doch muß es bei
weitem der groͤßte Theil geweſen ſeyn. Sehen wir die
Rechnungen im Einzelnen an, ſo uͤberſtieg die Forde-
rung gar oft die Einnahme. Im Jahre 1592 hatte die
Dogana di Roma 162450 Sc. getragen: im Jahre 1625
trug ſie 209000 Sc.; damals aber waren doch 16956 Sc.
in die Caſſen der Kammer gefloſſen: jetzt uͤbertraf die An-
weiſung die Einnahme um 13260 Sc. Die Salara di
Roma war in dieſer Zeit von 27654 auf 40000 Sc. ge-
ſtiegen, 1592 aber war ein Ueberſchuß von 7482 Sc. ge-
blieben, 1625 hatte man ein Minus von 2321 Sc. 98 Baj.
Man ſieht, wie wenig es auch bei einer ſparſamen
Haushaltung hiebei ſein Bewenden haben konnte.
Wie viel weniger unter einer Regierung wie Ur-
bans VIII, den ſeine politiſche Eiferſucht ſo oft zu Ruͤ-
ſtungen und Fortificationen antrieb.
Zwar ward Urbino erworben: allein wenigſtens fuͤrs
Erſte trug es nur wenig ein. Nach dem Verluſte der Al-
lodien beliefen ſich die Einkuͤnfte nur auf 40000 Sc. Da-
gegen hatte die Beſitzergreifung, bei der man den Erben
nicht unbedeutende Zugeſtaͤndniſſe machte, viele Unkoſten
verurſacht 1).
Schon im Jahre 1635 hatte Urban VIII. die Schul-
den bis auf 30 Millionen Scudi erhoͤht. Um die noͤ-
thigen Fonds dazu zu bekommen, hatte er bereits zehn
verſchiedene Auflagen entweder neu eingefuͤhrt, oder doch
erhoͤht. Aber er war damit noch lange nicht an ſeinem
[15]Gruͤndung neuer Familien.
Ziele. Es traten Combinationen ein die ihn veranlaßten
noch viel weiter zu gehn, die wir jedoch erſt uͤberſehen
koͤnnen, wenn wir eine andere Entwickelung ins Auge ge-
faßt haben.
Gruͤndung neuer Familien.
Fragen wir nemlich, wohin nun alle jene Einkuͤnfte
geriethen, wozu ſie angewandt wurden, ſo iſt allerdings
unleugbar, daß ſie großentheils den allgemeinen Beſtrebun-
gen des Katholicismus dienten.
Heere wie ſie Gregor XIV. nach Frankreich ſchickte,
die dann auch ſeine Nachfolger eine Zeit lang unterhalten
mußten, die thaͤtige Theilnahme Clemens VIII. am Tuͤrken-
kriege, Subſidien wie ſie der Liga, dem Hauſe Oeſtreich un-
ter Paul V. ſo oft gewaͤhrt wurden, die Gregor XV. her-
nach verdoppelte und Urban VIII. wenigſtens zum Theil
auf Maximilian von Baiern uͤbertrug, mußten den roͤmi-
ſchen Stuhl ungemeine Summen koſten.
Auch die Beduͤrfniſſe des Kirchenſtaates noͤthigten oft
zu außerordentlichem Aufwande: die Eroberung von Ferrara
unter Clemens VIII, — Pauls V. Anſtalten gegen Ve-
nedig, — alle die Kriegsruͤſtungen Urbans VIII.
Dazu kamen die großartigen Bauwerke, bald zur Ver-
ſchoͤnerung der Stadt, bald zur Befeſtigung des Staates,
in denen jeder neue Papſt mit dem Andenken ſeiner Vor-
fahren wetteiferte.
Allein es bildete ſich auch noch ein Inſtitut aus, das
zur Aufhaͤufung jener Schuldenmaſſe nicht wenig beitrug,
[16]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
und das freilich weder der Chriſtenheit noch dem Staate,
auch nicht der Stadt, ſondern das allein den Familien der
Paͤpſte zu Gute kam.
Es hatte ſich uͤberhaupt eingefuͤhrt, und haͤngt mit der
Stellung des Prieſterſtandes zu einer ſehr entwickelten Fa-
milienverfaſſung zuſammen, daß der Ueberſchuß der geiſtli-
chen Einkuͤnfte in der Regel den Verwandten eines Jeden
zu Theil wurde.
Die Paͤpſte waren durch Bullen verhindert ihren An-
gehoͤrigen, wie ſie fruͤher verſucht, Fuͤrſtenthuͤmer zu ver-
leihen: dagegen ließen ſie es ſich um ſo angelegener ſeyn,
denſelben durch Reichthuͤmer und feſten Beſitz ein erbliches
Anſehen zu verſchaffen.
Sie verfuhren hiebei nicht ohne eine ſcheinbare Recht-
fertigung. Sie gingen davon aus, daß ſie durch kein Ge-
luͤbde zur Armuth verpflichtet ſeyen: indem ſie nun ſchloſ-
ſen, daß ſie den Ueberſchuß der Fruͤchte des geiſtlichen Am-
tes als ihr Eigenthum anſehen duͤrften, glaubten ſie zu-
gleich das Recht zu haben ihren Verwandten mit dieſem
Ueberſchuß ein Geſchenk zu machen.
Bei weitem mehr aber als dieſe rationellen Gruͤnde
wirkten hiebei Herkommen und Blut, und die natuͤrliche
Neigung des Menſchen eine Stiftung nach ſeinem Tode
zuruͤckzulaſſen.
Der Erſte der die Form fand, an welche darnach
die Andern ſich hielten, war Sixtus V.
Den einen ſeiner Pronepoten erhob er zum Cardi-
nal, ließ ihn Antheil an den Geſchaͤften nehmen, und gab
ihm ein kirchliches Einkommen von 100000 Sc. — den
an-
[17]Gruͤndung neuer Familien.
andern vermaͤhlte er mit einer Sommaglia, und erhob ihn
zum Marcheſe von Mentana, wozu ſpaͤterhin das Fuͤrſten-
thum Venafro und die Grafſchaft Celano im Neapolita-
ſchen kamen. Das Haus Peretti erhielt ſich in großem
Anſehen: zu wiederholten Malen erſcheint es im Cardinal-
collegium.
Bei weitem maͤchtiger aber wurden die Aldobrandini 1),
Wir ſahen, welchen Einfluß Pietro Aldobrandino waͤhrend
der Regierung ſeines Oheims ausuͤbte. Er hatte ſchon 1599
bei 60000 Sc. kirchlicher Einkuͤnfte: wie ſehr muͤſſen ſie ſeit-
dem noch angewachſen ſeyn. Die Erbſchaft der Lucrezia d’Eſte
kam ihm trefflich zu Statten: er kaufte ſich an: auch
finden wir, daß er Geld in der Bank von Venedig nieder-
legte. Wie viel er aber auch zuſammenbringen mochte, ſo
mußte doch zuletzt alles der Familie ſeiner Schweſter und
ihres Gemahles, Johann Franz Aldobrandini, zufallen. Jo-
hann Franz wurde Caſtellen von S. Angelo, Governatore
des Borgo, Capitaͤn der Garde, General der Kirche. Auch
er hatte 1599 bereits 60000 Sc. Einkuͤnfte: oft bekam er
baares Geld von dem Papſte: ich finde eine Rechnung, nach
welcher Clemens VIII. ſeinen Nepoten uͤberhaupt in den
13 Jahren ſeiner Herrſchaft uͤber eine Million baar ge-
ſchenkt hat. Sie wurden um ſo wohlhabender, da Johann
Franz ein guter Wirth war; die Guͤter Ridolfo Pios,
die dieſem nicht mehr als 3000 Sc. eingetragen, kaufte er
Päpſte** 2
[18]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
an ſich und brachte ſie zu einem Ertrage von 12000 Sc.
Nicht ohne große Unkoſten ward die Vermaͤhlung ſeiner
Tochter Margaretha mit Rainuccio Farneſe durchgeſetzt;
ſie brachte demſelben außer einigen vortheilhaften Verguͤn-
ſtigungen 400000 Scudi Mitgift zu 1): — obwohl ſich
dieſe Verbindung, wie wir ſahen, ſpaͤter dann doch nicht ſo
innig erwies wie man gehofft hatte.
Auf dem Wege der Aldobrandini fuhren nun die Bor-
gheſen faſt noch raſcher und ruͤckſichtsloſer fort.
Cardinal Scipione Cafarelli Borgheſe hatte uͤber Paul V.
ſo viel Autoritaͤt wie Pietro Aldobrandini nur irgend uͤber
Clemens VIII. Auch brachte er wohl noch groͤßere Reich-
thuͤmer zuſammen. Im Jahre 1612 werden die Pfruͤnden,
die ihm uͤbertragen worden, bereits auf ein Einkommen
von 150000 Sc. des Jahres gerechnet. Den Neid, den
ſo viel Macht und Reichthum nothwendig hervorrief, ſuchte
er durch Wohlwollen und ein hoͤfliches zuvorkommendes
Weſen zu vermindern, doch wird man ſich nicht wundern
wenn ihm das nicht vollkommen gelang.
Die weltlichen Aemter kamen an Marc Antonio Bor-
gheſe, den der Papſt uͤberdieß mit dem Fuͤrſtenthum Sul-
mona in Neapel, mit Pallaͤſten in Rom und den ſchoͤnſten
Villen in der Umgegend ausſtattete. Er uͤberhaͤufte ſeine
Nepoten mit Geſchenken. Wir haben ein Verzeichniß der-
ſelben ſeine ganze Regierungszeit hindurch bis ins Jahr
[19]Gruͤndung neuer Familien.
1620. Zuweilen ſind es Edelſteine, Silbergeraͤthſchaften:
praͤchtige Zimmerbekleidungen werden unmittelbar aus den
Vorraͤthen des Pallaſtes genommen und den Nepoten uͤber-
bracht: bald werden ihnen Carroſſen, bald ſogar Muske-
ten und Falconetten gegeben; aber die Hauptſache iſt im-
mer das baare Geld. Es findet ſich, daß ſie bis zum
Jahre 1620 im Ganzen 689727 Sc. 31 Baj. baar, in
Luoghi di Monte 24600 Sc. nach ihrem Nennwerth, in
Aemtern, nach der Summe die es gekoſtet haben wuͤrde
ſie zu kaufen, 268176 Sc. erhielten: was ſich denn auch
wie bei den Aldobrandini ziemlich auf eine Million be-
laͤuft 1).
Auch die Borgheſen aber verſaͤumten nicht, ihr Geld
ſogleich in liegenden Gruͤnden anzulegen. In der Cam-
pagna von Rom haben ſie gegen 80 Guͤter an ſich gebracht:
die roͤmiſchen Edelleute ließen ſich durch den guten Preis,
der ihnen gezahlt ward, und durch die hohen Zinſen, welche
die Luoghi di Monte trugen, die ſie dafuͤr ankauften, ver-
leiten ihr altes Eigenthum und Erbe zu veraͤußern. Auch
in vielen andern Gegenden des Kirchenſtaates ſiedelten
ſie ſich an; der Papſt beguͤnſtigte ſie dabei durch beſon-
dere Privilegien. Zuweilen empfingen ſie das Recht Ver-
bannte herzuſtellen, einen Markt zu halten, oder ihre
Unterthanen wurden mit Exemtionen begnadigt: es wur-
den ihnen Gabellen erlaſſen: ſie brachten eine Bulle
aus, kraft deren ihre Guͤter niemals confiscirt werden
ſollten.
2*
[20]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Die Borgheſen wurden das reichſte und maͤchtigſte
Geſchlecht das noch in Rom emporgekommen.
Hiedurch war nun aber dieß Nepotenweſen dergeſtalt
in Schwung gebracht, daß auch eine kurze Regierung zu
einer glaͤnzenden Ausſtattung die Mittel fand 1).
Ohne Zweifel noch unbedingter als die fruͤhern Ne-
poten herrſchte der Neffe Gregors XV, Cardinal Ludovico
Ludoviſio. Er hatte das Gluͤck, daß waͤhrend ſeiner Ver-
waltung die beiden wichtigſten Aemter der Curie, das
Vicecancellariat und das Camerlengat, vacant wurden und
ihm zufielen. Er erwarb uͤber 200000 Scudi kirchlicher
Einkuͤnfte. Die weltliche Macht, das Generalat der
Kirche und mehrere andere eintraͤgliche Aemter gelangten
zunaͤchſt an den Bruder des Papſtes, Don Orazio, Sena-
tor zu Bologna. Da der Papſt kein langes Leben ver-
ſprach, hatte man es um ſo eiliger die Familie auszuſtatten.
Es floſſen ihr in der kurzen Zeit fuͤr 800000 Sc. Luo-
ghi di Monte zu. Von den Sforzen ward das Herzog-
thum Fiano, von den Farneſen das Fuͤrſtenthum Zaga-
rolo fuͤr ſie angekauft. Schon durfte der junge Niccolo
Ludoviſio auf die glaͤnzendſte, reichſte Vermaͤhlung An-
ſpruch machen. Durch eine erſte Heirath brachte er Ve-
noſa, durch eine zweite Piombino an ſein Haus. Die
[21]Gruͤndung neuer Familien.
Gunſt des Koͤnigs von Spanien trug dazu noch beſon-
ders bei.
Wetteifernd mit ſo glaͤnzenden Beiſpielen warfen ſich
nun auch die Barberini in dieſe Bahn. Zur Seite Ur-
bans VIII. erhob ſich deſſen aͤlterer Bruder Don Carlo
als General der Kirche, ein ernſter geuͤbter Geſchaͤftsmann,
der wenig Worte machte, ſich durch den Aufgang ſeines
Gluͤckes nicht blenden noch zu nichtigem Hochmuth verlei-
ten ließ, und jetzt vor allem die Gruͤndung eines gro-
ßen Familienbeſitzes ins Auge faßte 1). „Er weiß,“
heißt es in der Relation von 1625, „daß der Beſitz des
Geldes von dem großen Haufen unterſcheidet: und haͤlt
es nicht fuͤr geziemend, daß wer einmal mit einem Papſt
in Verwandtſchaft geſtanden, nach deſſen Tode in beſchraͤnk-
ter Lage erſcheine.“ Drei Soͤhne hatte Don Carlo, die
nun unmittelbar zu einer großen Bedeutung gelangen muß-
ten, Francesco, Antonio und Taddeo. Die beiden erſten
widmeten ſich geiſtlichen Aemtern. Francesco, der durch
Beſcheidenheit und Wohlwollen ſich das allgemeine Zutrauen
erwarb, und es zugleich verſtand ſich in die Launen ſei-
nes Oheims zu fuͤgen, bekam die leitende Gewalt: die ihm,
obwohl er ſich im Ganzen gemaͤßigt hielt, doch in ſo lan-
gen Jahren ganz von ſelbſt bedeutende Reichthuͤmer zufuͤh-
ren mußte. Im Jahre 1625 hat er 40000 Sc., ſchon
[22]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
im Jahre 1627 gegen 100000 Sc. Einkuͤnfte 1). Es war
nicht vollkommen mit ſeinem Willen, daß auch Antonio
zum Cardinal ernannt ward, und nur unter der ausdruͤck-
lichen Bedingung geſchah dieß, daß er keinen Antheil an
der Regierung nehmen ſollte. Antonio war hochſtrebend,
hartnaͤckig, ſtolz, wiewohl koͤrperlich ſchwach: um wenig-
ſtens nicht in allem von ſeinem Bruder verdunkelt zu wer-
den, beeiferte er ſich eine Menge Stellen zuſammen zu
bringen, große Einkuͤnfte, die im Jahre 1635 auch ſchon
auf 100000 Scudi anliefen: er bekam allein ſechs Mal-
teſercommenden, was nun wohl den Rittern dieſes Ordens
nicht ſehr gefallen haben wird: auch nahm er Geſchenke:
doch gab er auch wieder viel aus: er war mit Abſicht frei-
gebig, um ſich in dem roͤmiſchen Adel einen Anhang zu bil-
den. Zur Gruͤndung einer Familie durch Erwerbung erb-
licher Beſitzthuͤmer war der mittlere unter dieſen Bruͤdern,
Don Taddeo, auserſehen worden. Er bekam die Wuͤrden
des weltlichen Nepoten, und ward nach ſeines Vaters Tode
General der Kirche, Caſtellan von S. Angelo, Governator
des Borgo: ſchon im Jahre 1635 war er mit ſo vielen
Beſitzthuͤmern ausgeſtattet, daß auch er ein jaͤhrliches Ein-
kommen von 100000 Sc. genoß 2), und unaufhoͤrlich wur-
den neue erworben. Don Taddeo lebte ſehr zuruͤckgezo-
[23]Gruͤndung neuer Familien.
gen und fuͤhrte eine muſterhafte Haushaltung. In kurzem
rechnete man die regelmaͤßige Einnahme der drei Bruͤder
zuſammen jaͤhrlich auf eine halbe Million Scudi. Die
wichtigſten Aemter gehoͤrten ihnen. Wie das Camerlengat
an Antonio, ſo war das Vicecancellariat an Francesco,
die Praͤfectur, die durch den Tod des Herzogs von Urbino
erledigt worden, an Don Taddeo gelangt. Man wollte
berechnen, daß im Laufe dieſes Pontificats den Barberini
die unglaubliche Summe von 105 Millionen Scudi zu-
gefallen ſey 1). „Die Pallaͤſte,“ faͤhrt der Autor dieſer
Nachricht fort, „zum Beiſpiel der Pallaſt an den Quattro
Fontane, ein koͤnigliches Werk, die Vignen, die Ge-
maͤhlde, Bildſaͤulen, das verarbeitete Silber und Gold, die
Edelſteine, die ihnen zu Theil geworden, ſind mehr werth
als man glauben und ausſprechen kann.“ Dem Papſte
ſelbſt ſcheint eine ſo reiche Ausſtattung ſeines Geſchlechtes
doch zuweilen bedenklich geworden zu ſeyn: im Jahre 1640
ſetzte er foͤrmlich eine Commiſſion nieder, um die Recht-
maͤßigkeit derſelben zu pruͤfen 2). Zunaͤchſt ſprach dieſe
2)
[24]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Commiſſion den Grundſatz aus, mit dem Papſtthume ſey
ein Fuͤrſtenthum verknuͤpft, aus deſſen Ueberſchuß oder Er-
ſparniſſen der Papſt ſeine Angehoͤrigen beſchenken koͤnne.
Hierauf erwog ſie die Verhaͤltniſſe dieſes Fuͤrſtenthums,
um zu beſtimmen, wie weit der Papſt gehn duͤrfe. Nach-
dem alles berechnet worden, urtheilte ſie, der Papſt koͤnne
mit gutem Gewiſſen ein Majorat von 80000 Scudi rei-
nem Einkommen und uͤberdieß noch eine Secundogenitur
in ſeinem Hauſe ſtiften; die Ausſteuer der Toͤchter werde
ſich auf 180000 Sc. belaufen duͤrfen. Auch der Jeſuiten-
general Vitelleschi, denn in allen Dingen muͤſſen die Jeſui-
ten ihre Hand haben, ward um ſeine Meinung befragt: er
fand dieſe Beſtimmungen maͤßig und gab ihnen Beifall.
Dergeſtalt erhoben ſich von Pontificat zu Pontificat
immer neue Geſchlechter zu erblicher Macht: ſie ſtiegen un-
mittelbar in den Rang der hohen Ariſtokratie des Landes
auf, den man ihnen willig zuerkannte.
Natuͤrlich konnte es unter ihnen nicht an Reibun-
gen fehlen. Der Gegenſatz zwiſchen Vorgaͤngern und Nach-
folgern, der fruͤher von den Factionen des Conclave abge-
hangen, ſtellte ſich jetzt in den Nepoten dar. Das zur
Herrſchaft gelangte neue Geſchlecht hielt eiferſuͤchtig uͤber
ſeine hoͤchſte Wuͤrde, und verhaͤngte in der Regel Feindſe-
ligkeiten ja Verfolgungen uͤber das zunaͤchſt vorhergegan-
gene. So vielen Antheil auch die Aldobrandini an der Er-
hebung Pauls V. gehabt, ſo wurden ſie doch von den An-
gehoͤrigen deſſelben bei Seite geſetzt, angefeindet, mit koſt-
ſpieligen und gefaͤhrlichen Proceſſen heimgeſucht 1): ſie nann-
[25]Gruͤndung neuer Familien.
ten ihn den großen Undankbaren. Eben ſo wenig Gunſt
fanden die Nepoten Pauls V. bei den Ludoviſi; Cardinal
Ludoviſio ſelbſt mußte unmittelbar nach dem Eintritt der
barberiniſchen Herrſchaft Rom verlaſſen.
Denn mit vielem Ehrgeiz machten nun auch die Bar-
berini die Gewalt geltend welche ihnen der Beſitz der paͤpſt-
lichen Macht uͤber den einheimiſchen Adel und die italieni-
ſchen Fuͤrſten verſchaffte. Darum verlieh Urban VIII. ſei-
nem weltlichen Nepoten die Wuͤrde eines Prefetto di Roma,
weil mit derſelben Ehrenrechte verbunden waren, welche die-
ſem Hauſe auf ewig ſeinen Vorrang vor den uͤbrigen ſichern
zu muͤſſen ſchienen.
Hieran knuͤpfte ſich jedoch zuletzt eine Bewegung, welche
zwar nicht weltbedeutend iſt, aber fuͤr die Stellung des
Papſtthums ſowohl innerhalb des Staates als in ganz
Italien eine wichtige Epoche ausmacht.
Krieg von Caſtro.
Den hoͤchſten Rang unter den nichtherrſchenden pa-
palen Familien behaupteten allemal die Farneſen, da ſie
es nicht allein zu Reichthuͤmern im Lande, wie die uͤbri-
gen, ſondern uͤberdieß zum Beſitz eines nicht unbedeuten-
den Fuͤrſtenthumes gebracht hatten; und es war den regie-
renden Nepoten niemals leicht geworden, dieß Haus in
Ergebenheit und gebuͤhrender Unterordnung zu halten. Als
Herzog Odoardo Farneſe 1639 nach Rom kam, ward ihm
alle moͤgliche Ehre angethan 1). Der Papſt ließ ihm Wohnung
[26]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
anweiſen, Edelleute ihn zu bedienen, und leiſtete ihm
auch in ſeinen Geldgeſchaͤften Vorſchub: die Barberini ga-
ben ihm Feſte, beſchenkten ihn mit Gemaͤhlden, mit Pfer-
den: mit alle dem konnten ſie ihn nicht vollkommen ge-
winnen. Odoardo Farneſe, ein Fuͤrſt von Talent, Geiſt und
Selbſtgefuͤhl, hegte den Ehrgeiz jener Zeiten, der ſich in
eiferſuͤchtiger Wahrnehmung kleiner Auszeichnungen gefiel,
in hohem Grade. Er war nicht dahin zu bringen, daß er
die Wuͤrde eines Prefetto in Taddeo gebuͤhrend anerkannt,
und ihm den Rang, der mit derſelben verbunden war, zu-
geſtanden haͤtte. Selbſt wenn er den Papſt beſuchte, zeigte
er ſich von der Vornehmheit ſeines Hauſes und ſogar von
ſeinen perſoͤnlichen Vorzuͤgen auf eine laͤſtige Weiſe durch-
drungen. Es kam zu Mißverſtaͤndniſſen, die ſich um ſo we-
niger heben ließen, da ſie auf einem unverwindbaren per-
ſoͤnlichen Eindruck beruhten.
Da war es nun eine wichtige Frage, wie man den
Herzog bei ſeiner Abreiſe begleiten wuͤrde. Odoardo for-
derte die nemliche Behandlung welche dem Großherzoge
von Toscana zu Theil geworden war; der herrſchende Ne-
pot, Cardinal Franz Barberini, ſollte ihm perſoͤnlich das
Geleit geben. Dieſer wollte das nur thun, wenn ihm der
Herzog zuvor einen foͤrmlichen Abſchiedsbeſuch im Vatican
1)
[27]Krieg von Caſtro.
machen werde, und hiezu hielt ſich Odoardo nicht fuͤr ver-
pflichtet. Es kamen einige Schwierigkeiten die man ihm
in ſeinen Geldſachen machte hinzu, ſo daß ſeine doppelt ge-
kraͤnkte Eigenliebe heftig aufflammte. Nachdem er mit kur-
zen Worten, in denen er ſich noch uͤber den Nepoten beklagte,
von dem Papſt Abſchied genommen, verließ er Pallaſt und
Stadt, ohne Cardinal Franz auch nur begruͤßt zu haben.
Er hoffte ihn damit bis ins Herz zu kraͤnken 1).
Aber die Barberini, im Beſitz einer abſoluten Gewalt
in dieſem Lande, beſaßen die Mittel ſich noch empfindlicher
zu raͤchen.
Die Geldwirthſchaft die ſich in dem Staate ent-
wickelte, fand auch bei allen jenen fuͤrſtlichen Haͤuſern, wel-
che die Ariſtokratie deſſelben ausmachten, Eingang und
Nachahmung: ſie hatten ſaͤmmtlich Monti errichtet, und
ihre Glaͤubiger eben ſo auf den Ertrag ihrer Guͤter an-
gewieſen, wie die paͤpſtlichen auf die Gefaͤlle der Kam-
mer angewieſen waren: die Luoghi di Monte gingen auf
die nemliche Art von Hand in Hand. Dieſe Monti wuͤr-
den jedoch ſchwerlich Credit gefunden haben, haͤtten ſie nicht
[28]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
unter der Aufſicht der hoͤchſten Gewalt geſtanden: nur mit
beſonderer Genehmigung des Papſtes durften ſie errichtet
oder modificirt werden. Es gehoͤrte mit zu den Vorrechten
des herrſchenden Hauſes, daß es durch eine ſolche Oberauf-
ſicht einen bedeutenden Einfluß auf die haͤuslichen Angele-
genheiten aller andern erwarb: die Reductionen der Monti
auf einen niedrigern Zinsfuß waren an der Tagesordnung,
ſie hingen von ſeinem guten Willen, ſeiner Geneigtheit ab.
Nun waren auch die Farneſen mit ſehr anſehnlichen
Schulden beladen. Der Monte Farneſe vecchio ſchrieb ſich
noch von den Beduͤrfniſſen und dem Aufwande Alexander
Farneſes in den flandriſchen Feldzuͤgen her: ein neuer
war errichtet worden: Indulte der Paͤpſte hatten die Maſſe
vermehrt, und indem neue Luoghi mit geringen Zinſen ge-
gruͤndet, die alten nicht getilgt, die verſchiedenen Operatio-
nen aber von verſchiedenen auf einander eiferſuͤchtigen Han-
delshaͤuſern geleitet wurden, war alles in Verwirrung ge-
rathen 1).
Dazu kam aber jetzt, daß die Barberini einige Maaß-
regeln ergriffen, welche dem Herzog großen Schaden zu-
fuͤgten.
Die beiden farneſiſchen Monti waren auf den Ertrag
[29]Krieg von Caſtro.
von Caſtro und Ronciglione angewieſen. Die Siri, Paͤch-
ter der Gefaͤlle von Caſtro, zahlten dem Herzoge 94000 Sc.,
mit welchen die Zinſen der Monti eben noch bezahlt wer-
den konnten. Aber es war nur in Folge einiger von Paul
III. ſeinem Hauſe ertheilten Bewilligungen daß der Ertrag
ſich ſo hoch belief. Papſt Paul hatte zu dem Ende die große
Landſtraße von Sutri nach Ronciglione verlegt, und jenem
Landſtrich eine groͤßere Freiheit der Kornausfuhr zugeſtanden,
als andere Provinzen beſaßen. Jetzt beſchloſſen die Barbe-
rini, dieſe Beguͤnſtigungen zu widerrufen. Sie verlegten
die Straße zuruͤck nach Sutri: in Montalto di Maremma,
wo das Getreide von Caſtro geladen zu werden pflegte, lie-
ßen ſie ein Verbot der Ausfuhr bekannt machen 1).
Augenblicklich zeigte ſich der beabſichtigte Erfolg. Die
Siri, die ohnehin wegen jener Operationen mit dem Herzoge
geſpannt waren und jetzt einen Ruͤckhalt in den Pallaſt hatten,
— man behauptet, noch beſonders auf Antrieb einiger Praͤ-
laten, die insgeheim an ihrem Geſchaͤfte Theil nahmen —
weigerten ſich ihren Contract zu halten: ſie hoͤrten auf, die
Zinſen des Monte Farneſe zu zahlen. Die Montiſten, de-
nen ihr Einkommen ploͤtzlich fehlte, drangen auf ihr Recht
und wandten ſich an die paͤpſtliche Regierung. Der Herzog
verſchmaͤhte es, da er ſich ſo abſichtlich beeintraͤchtigt ſah,
Anſtalten zu ihrer Befriedigung zu treffen. Aber die Kla-
gen der Montiſten wurden ſo lebhaft, dringend und allge-
[30]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
mein, daß der Papſt das Recht zu haben glaubte, um ſo
vielen roͤmiſchen Buͤrgern zu ihrer Rente zu verhelfen, ſich
in Beſitz der Hypothek zu ſetzen. In dieſer Abſicht ſchickte
er eine kleine Heeresmacht nach Caſtro. Nicht ohne allen
Widerſtand ging es dabei ab: „wir ſind genoͤthigt geweſen“,
ruft er unter anderm in ſonderbarem Zorneseifer in ſeinem
Monitorium aus, „vier große Schuͤſſe thun zu laſſen, durch
welche auch Einer der Feinde geblieben iſt“ 1). Am 13.
October 1641 nahm er Caſtro ein. Und ſelbſt hiebei ſtehn
zu bleiben war er nicht gemeint. Im Januar 1642 ward
uͤber den Herzog, der ſich jene Einnahme nicht ruͤhren ließ,
die Excommunication ausgeſprochen; aller ſeiner Lehen
ward er verluſtig erklaͤrt: es ruͤckten Truppen ins Feld,
um ihm auch Parma und Piacenza zu entreißen. Von einer
Pacification wollte der Papſt nichts hoͤren; er erklaͤrte: „zwi-
ſchen dem Herrn und ſeinem Vaſallen finde eine ſolche nicht
Statt: er wolle den Herzog demuͤthigen, er habe Geld,
Muth und Kriegsvolk, Gott und Welt ſey fuͤr ihn.“
Hiedurch aber bekam dieſe Sache eine allgemeinere Be-
deutung. Die italieniſchen Staaten waren ſchon laͤngſt auf
die wiederholten Erweiterungen des Kirchenſtaates eiferſuͤch-
tig. Sie wollten nicht dulden, daß er etwa auch Parma
an ſich ziehen ſolle, wie Urbino und Ferrara: noch hatten
[31]Krieg von Caſtro.
die Eſte ihre ferrareſiſchen, die Medici gewiſſe urbinatiſche
Anſpruͤche nicht aufgegeben: durch die Anmaaßungen Don
Taddeos waren ſie ſaͤmmtlich beleidigt: die Venezianer dop-
pelt, da Urban VIII. vor kurzem eine Inſchrift in der Sala
Regia, in der ſie wegen jener ihrer fabelhaften Vertheidi-
gung Alexanders III. geprieſen wurden, hatte vernichten
laſſen: was ſie fuͤr einen großen Schimpf hielten 1): —
auch allgemeinere politiſche Ruͤckſichten geſellten ſich hinzu.
Wie fruͤher die ſpaniſche, ſo erregte jetzt die franzoͤſiſche
Uebermacht die Bedenklichkeiten der Italiener. Allenthal-
ben erlitt die ſpaniſche Monarchie die groͤßten Verluſte:
die Italiener fuͤrchteten, es moͤchte auch bei ihnen eine all-
gemeine Umwaͤlzung erfolgen, wenn Urban VIII, den ſie
fuͤr einen entſchiedenen Verbuͤndeten der Franzoſen hielten,
noch maͤchtiger werde. Aus allen dieſen Gruͤnden beſchloſ-
ſen ſie ſich ihm zu widerſetzen. Ihre Truppen vereinigten
ſich im Modeneſiſchen. Die Barberini mußten den Durch-
zug durch dieß Gebiet aufgeben, den Verbuͤndeten gegen-
uͤber bezog die paͤpſtliche Heeresmacht ihre Quartiere um
Ferrara.
Gewiſſermaßen wiederholte ſich demnach hier der Ge-
genſatz des franzoͤſiſchen und des ſpaniſchen Intereſſe, der
Europa uͤberhaupt in Bewegung hielt. Allein wie viel
ſchwaͤcher waren doch die Beweggruͤnde, die Kraͤfte, die An-
ſtrengungen, die es hier zu einer Art von Kampf brachten!
Ein Zug, den der Herzog von Parma, der ſich nun-
mehr ohne viel Zuthun von ſeiner Seite beſchuͤtzt und doch
nicht gebunden ſah, auf eigene Hand unternahm, offenbart
[32]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
uns recht die Sonderbarkeit des Zuſtandes in welchem man
ſich befand.
Ohne Geſchuͤtz noch Fußvolk, nur mit 3000 Reitern
brach Odoardo in den Kirchenſtaat ein. Das Fort Urbano,
das mit ſo vielen Koſten errichtet worden, die verſammelte
Miliz, die ſich nie auf einen bewaffneten Feind gefaßt ge-
macht, hielten ihn nicht auf. Die Bologneſen ſchloſſen ſich
in ihre Mauern ein: ohne die paͤpſtlichen Truppen auch
nur zu Geſichte zu bekommen, zog der Herzog voruͤber.
Imola eroͤffnete ihm die Thore: er machte dem paͤpſtlichen
Befehlshaber einen Beſuch: er ermahnte die Stadt dem
roͤmiſchen Stuhle getreu zu ſeyn. Denn nicht gegen Rom,
nicht einmal gegen Urban VIII, nur gegen die Nepoten
deſſelben behauptete er die Waffen ergriffen zu haben; er
zog unter der Fahne des Gonfaloniere der Kirche einher,
auf welcher man St. Peter und St. Paul erblickte; im
Namen der Kirche forderte er den Durchzug. In Faenza
hatte man die Thore verſchanzt: als aber der Governatore
den Feind anſichtig wurde, ließ er ſich an einem Seile die
Mauer herunter um perſoͤnlich mit dem Herzoge zu unter-
handeln: das Ende der Unterhandlung war, daß die Thore
geoͤffnet wurden. So ging es auch in Forli. Ruhig ſa-
hen ſich die Einwohner aller dieſer Staͤdte von den Fen-
ſtern auf den Straßen den Durchzug ihres Feindes an.
Der Herzog begab ſich uͤber das Gebirge nach Toscana:
von Arezzo her drang er dann aufs neue in den Kirchen-
ſtaat ein. Caſtiglione da Lago, Citta del Pieve oͤffneten
ihm ihre Thore: unaufhaltſam eilte er vorwaͤrts: mit dem
Schrecken
[33]Krieg von Caſtro.
Schrecken ſeines Namens erfuͤllte er das Land 1). Vornehm-
lich in Rom gerieth man hieruͤber in Beſtuͤrzung; der Papſt
fuͤrchtete das Schickſal Clemens VII. Er ſuchte ſeine Roͤ-
mer zu bewaffnen. Allein erſt mußte eine Auflage wider-
rufen, Haus bei Haus mußten Beitraͤge eingeſammelt wer-
den, wobei es denn nicht ohne anzuͤgliche Reden abging,
ehe man eine kleine Schaar zu Pferde ausruͤſten konnte.
Waͤre der Herzog von Parma in dieſem Augenblicke erſchie-
nen, ſo haͤtte man ihm ohne Zweifel ein paar Cardinaͤle
am Ponte Molle entgegengeſchickt und ihm alle ſeine For-
derungen zugeſtanden.
Aber ein Kriegsmann war auch er nicht. Gott weiß
welche Betrachtungen, welche Ruͤckſichten ihn zuruͤckhielten.
Er ließ ſich bewegen auf Unterhandlungen einzugehn, von
denen er niemals etwas erwarten konnte. Der Papſt ſchoͤpfte
wieder Athem. Mit einem durch die Gefahr verjuͤngten Ei-
fer befeſtigte er Rom 2). Er ſtellte ein neues Heer ins Feld,
das den Herzog, deſſen Mannſchaften auch nicht zuſammen-
hielten, gar bald aus dem Kirchenſtaate herausdraͤngte.
Wie nichts mehr zu fuͤrchten war, machte Urban aufs neue
die haͤrteſten Bedingungen: — die Geſandten der Fuͤrſten
Päpſte** 3
[34]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
verließen Rom: auch in dem friedlichen Italien ruͤſtete man
ſich noch einmal einheimiſche Waffen zu verſuchen.
Zuerſt im Mai 1643 griffen die Verbuͤndeten im Fer-
rareſiſchen an. Der Herzog von Parma nahm ein paar
feſte Plaͤtze: Bondeno, Stellata: die Venezianer und Mo-
deneſen vereinigten ſich, und ruͤckten tiefer ins Land. Aber
auch der Papſt, wie geſagt, hatte ſich indeß aus aller Kraft
geruͤſtet: er hatte 30000 Mann zu Fuß, 6000 zu Pferde
beiſammen: die Venezianer trugen Bedenken eine ſo ſtatt-
liche Macht anzugreifen: ſie zogen ſich zuruͤck, und in kur-
zem finden wir nun die kirchlichen Truppen in das Mode-
neſiſche und ins Poleſine di Rovigo vordringen 1).
Der Großherzog von Toscana warf ſich dann verge-
bens auf Perugia: die Truppen des Papſtes ſtreiften hie
und da ſogar ins großherzogliche Gebiet.
Wie ſonderbar nehmen ſich dieſe Bewegungen aus:
von beiden Seiten ſo ganz und gar ohne Nachdruck und
Nerv, verglichen mit den gleichzeitigen Kaͤmpfen in Deutſch-
land, mit jenen ſchwediſchen Zuͤgen von der Oſtſee bis in
die Naͤhe von Wien, von Maͤhren bis nach Juͤtland!
Und doch waren ſie nicht einmal rein italieniſch; zu bei-
den Seiten dienten Fremde: in dem verbuͤndeten Heere mach-
ten die Deutſchen, in dem kirchlichen die Franzoſen die groͤ-
ßere Anzahl aus.
Die Folge hatte indeſſen auch der italieniſche Krieg,
daß das Land erſchoͤpft wurde und beſonders die paͤpſt-
lichen Caſſen in die groͤßte Verlegenheit geriethen 2).
[35]Krieg von Caſtro.
Gar mancherlei Mittel verſuchte Urban VIII. um ſich
das Geld zu verſchaffen das er brauchte. Schon im Sep-
tember 1642 ward die Bulle Sixtus V. einer neuen Er-
waͤgung unterworfen, und hierauf in dem Conſiſtorium der
Beſchluß gefaßt, 500000 Sc. aus dem Caſtell zu entneh-
men 1). Natuͤrlich konnte dieß nicht ſehr weit reichen:
man fing an, Anleihen bei dem Reſte jenes Schatzes zu
machen, d. i. man ſetzte feſt, das Geld das man entnahm,
in Zukunft in denſelben zuruͤckzahlen zu wollen. Wir ſahen
ſchon, daß man zu perſoͤnlichen Taxen ſchritt: oͤfter wurden
ſie wiederholt: der Papſt zeigte den Conſervatoren an, welche
Summe er beduͤrfe: den Einwohnern, auch die Fremden
nicht ausgeſchloſſen, ward alsdann ihre Quote aufgelegt.
Die Hauptſache aber blieben doch immer die Auflagen.
Anfangs waren ſie noch wenig fuͤhlbar, z. B. eine Auf-
lage auf das Schrotkorn fuͤr die Vogelbeize: bald aber
folgten ſchwerere, auf die unentbehrlichſten Lebensbeduͤrf-
niſſe, Brennholz, Salz, Brot und Wein: 2) — ſie nahmen
2)
3*
[36]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
jetzt ihren zweiten großen Schwung; ſie erhoben ſich
1644 bis auf 2,200000 Sc. Es verſteht ſich ſchon, daß
man jede Erhoͤhung, jede neue Auflage ſofort capitaliſirte,
einen Monte darauf gruͤndete, und ihn verkaufte. Cardi-
nal Ceſi, fruͤher Schatzmeiſter, berechnete, daß auf dieſe
Weiſe 7,200000 Scudi neue Schulden gemacht worden,
obwohl noch 60000 Scudi im Schatze geweſen ſeyen.
Den ganzen Aufwand des Krieges gab man den vene-
zianiſchen Geſandten im Jahre 1645 auf mehr als 12
Millionen an 1).
In jedem Moment fuͤhlte man mehr, wie viel das zu
bedeuten hatte; der Credit ward am Ende doch erſchoͤpft;
allmaͤhlig mußten alle Huͤlfsquellen verſagen. Auch der
Krieg ging nicht immer nach Wunſch. In einem Schar-
muͤtzel bei Lagoscuro — 17. Merz 1644 — entkam Car-
dinal Antonio nur durch die Schnelligkeit ſeines Pferdes
der Gefangenſchaft 2). Da der Papſt ſich taͤglich hinfaͤlli-
ger fuͤhlte, ſo mußte er auf den Frieden denken.
Die Franzoſen uͤbernahmen die Vermittelung. Die
Spanier vermochten ſo wenig an dem paͤpſtlichen Hofe und
hatten auch anderwaͤrts an ihrer Autoritaͤt ſo viel verlo-
ren, daß ſie dießmal ganz ausgeſchloſſen blieben.
Fruͤher hatte der Papſt oft geſagt, er wiſſe wohl, die
2)
[37]Krieg von Caſtro.
Abſicht der Venezianer ſey ihn durch Mißvergnuͤgen zu
toͤdten, aber es ſolle ihnen nicht gelingen: er werde ihnen
Stand zu halten wiſſen; jetzt ſah er ſich doch genoͤthigt
alles zu bewilligen was ſie forderten: den Herzog von Parma
von dem Banne loszuſprechen und in Caſtro wiederherzu-
ſtellen. Niemals haͤtte er geglaubt, daß es ſo weit kom-
men werde: er empfand es auf das tiefſte.
Noch etwas Anderes bedraͤngte ihn dann. Es ſchien
ihm aufs neue, als habe er ſeine Nepoten doch wohl un-
gebuͤhrlich beguͤnſtigt, als werde dieß ſein Gewiſſen vor
dem Angeſichte Gottes beſchweren. Noch einmal rief er
einige Theologen, auf die er ein beſonderes Vertrauen ſetzte,
unter denen Cardinal Lugo und Pater Lupis ein Jeſuit
genannt werden, zu einer Conſultation in ſeiner Gegenwart.
Die Antwort war: da ſich die Nepoten S. Heiligkeit ſo
viele Feinde gemacht, ſo ſey es billig und fuͤr die Ehre
des apoſtoliſchen Stuhles ſogar nothwendig, ihnen die Mit-
tel zu laſſen um ſich dieſen Feinden zum Trotz auch nach
dem Abgange des Papſtes in ungeſchmaͤlertem Anſehen zu
erhalten 1).
In ſo ſchmerzlichen Zweifeln und dem bittern Gefuͤhle
einer mißlungenen Unternehmung ging der Papſt dem Tode
entgegen. Sein Arzt hat verſichert, daß er in dem Augen-
blicke, in welchem er den Frieden von Caſtro unterzeichnen
mußte, von Schmerz uͤbermannt in Ohnmacht fiel: womit
die Krankheit anfing an der er ſtarb. Er flehte den Him-
mel an, ihn an den gottloſen Fuͤrſten zu raͤchen, die ihn
zum Kriege genoͤthigt. Er ſtarb am 29. Juli 1644.
[38]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Kaum war der paͤpſtliche Stuhl von dem Mittelpunkte
der europaͤiſchen Geſchaͤfte zuruͤckgetreten, ſo erlitt er in
den italieniſchen, in den Angelegenheiten des Staates eine
Niederlage, wie er ſie lange nicht erfahren.
Auch Papſt Clemens VIII. war wohl mit den Farne-
ſen zerfallen und hatte ihnen zuletzt Verzeihung angedeihen
laſſen. Jedoch that er das nur, weil er ſich mit Huͤlfe
der uͤbrigen italieniſchen Fuͤrſten an den Spaniern raͤchen
wollte. Jetzt war die Lage der Dinge um vieles anders.
Mit aller ſeiner Macht hatte Urban VIII. den Herzog von
Parma angegriffen. Die vereinten Kraͤfte von Italien hat-
ten die ſeinen erſchoͤpft und ihn zu einem unguͤnſtigen Frie-
den genoͤthigt. Es ließ ſich nicht leugnen, das Papſtthum
war endlich einmal entſchieden im Nachtheil geblieben.
Innocenz X.
Gleich in dem naͤchſten Conclave zeigte ſich die Ruͤck-
wirkung hievon 1). Die Nepoten Urbans VIII. fuͤhrten acht
und vierzig Cardinaͤle, Creaturen ihres Oheims, ein: nie
hatte es eine ſo ſtarke Faction gegeben. Nichts deſto min-
[39]InnocenzX.
der ſahen ſie gar bald, daß ſie den Mann ihrer Wahl,
Sacchetti, nicht durchſetzen wuͤrden: die Scrutinien fielen
von Tage zu Tage unguͤnſtiger aus. Um nicht einen erklaͤr-
ten Gegner zur Tiara kommen zu laſſen, entſchied ſich Franz
Barberini endlich fuͤr Cardinal Pamfili, der wenigſtens
eine Creatur Urbans VIII. war, obwohl er ſich ſtark auf
die ſpaniſche Seite neigte, obwohl der franzoͤſiſche Hof ihn
ausdruͤcklich verbeten hatte. Am 16. September 1644 ward
Cardinal Pamfili gewaͤhlt. Er nannte ſich Innocenz X,
zum Andenken wie man glaubt an Innocenz VIII, unter
dem ſein Haus nach Rom gekommen war.
Hiemit aͤnderte ſich nun aber auf einmal die Politik
des roͤmiſchen Hofes.
Die verbuͤndeten Fuͤrſten, namentlich die Medici, de-
nen der neue Papſt ſeine Erhebung vorzugsweiſe zuſchrieb,
gewannen jetzt Einfluß auf die Gewalt, die ſie eben be-
kaͤmpft hatten: jene venezianiſche Inſchrift ward wieder her-
geſtellt 1): in der erſten Promotion wurden faſt lauter
Freunde der Spanier erhoben. Die geſammte ſpaniſche Par-
tei erwachte wieder, und hielt der franzoͤſiſchen wenigſtens
zu Rom das Gleichgewicht.
Zunaͤchſt bekamen die Barberini dieſen Umſchwung der
Dinge zu fuͤhlen. Es laͤßt ſich jetzt wohl nicht mehr aus-
machen, wie viel von alle dem gegruͤndet iſt, was man
ihnen Schuld gab. Sie ſollten ſich Eingriffe in die Juſtiz
[40]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
erlaubt, fremde Pfruͤnden an ſich geriſſen, hauptſaͤchlich
ſollten ſie die oͤffentlichen Gelder unterſchlagen haben. Der
Papſt beſchloß, die Nepoten ſeines Vorgaͤngers wegen ihrer
Geldverwaltung waͤhrend des Krieges von Caſtro zur Re-
chenſchaft zu ziehen 1).
Anfangs glaubten ſich die Barberini durch die Pro-
tection von Frankreich ſicher ſtellen zu koͤnnen; da Maza-
rini in ihrem Hauſe, durch ihre Befoͤrderung emporgekom-
men, ließ er es ihnen jetzt an Unterſtuͤtzung nicht fehlen:
ſie ſtellten die franzoͤſiſchen Wappen an ihren Pallaͤſten auf
und begaben ſich foͤrmlich in den Schutz von Frankreich.
Allein Papſt Innocenz erklaͤrte: er ſey dazu da, um die
Gerechtigkeit zu handhaben, und wenn Bourbon vor den
Thoren ſtuͤnde, koͤnnte er davon nicht ablaſſen.
Hierauf entfloh zuerſt Antonio, der am meiſten ge-
faͤhrdet war, im October 1645; einige Monat ſpaͤter ent-
fernten ſich auch Franz, und Taddeo mit ſeinen Kindern.
Der Papſt ließ ihre Pallaͤſte beſetzen, ihre Aemter ver-
theilen, ihre Luoghi di Monte ſequeſtriren. Das roͤmiſche
Volk ſtimmte ihm in ſeinem Verfahren bei. Am 20. Fe-
bruar 1646 hielt es eine Verſammlung auf dem Capitol.
Es war die glaͤnzendſte deren man ſich erinnerte: ſo viel
vornehme, durch Rang und Titel ausgezeichnete Perſonen
nahmen daran Antheil. Es ward der Vorſchlag gemacht,
den Papſt zu erſuchen, von den Auflagen Urbans VIII.
[41]InnocenzX.
wenigſtens die druͤckendſte, die Mahlſteuer, aufzuheben. Die
Angehoͤrigen der Barberini, in der Beſorgniß, man werde,
ſobald die Steuer aufgehoben ſey, die darauf gegruͤndete
Schuld von ihrem Vermoͤgen bezahlen wollen, ſetzten ſich
dawider: Donna Anna Colonna, Gemahlin Taddeo Bar-
berinos, ließ eine Schrift verleſen, in welcher ſie an die
Verdienſte Urbans VIII. um die Stadt, ſeinen Eifer fuͤr
die Handhabung der Gerechtigkeit erinnerte, und es fuͤr
unziemlich erklaͤrte, wider die geſetzmaͤßigen Auflagen ei-
nes ſo wohlverdienten Papſtes einzukommen. Nichts deſto
minder ward der Beſchluß gefaßt: ohne Anſtand ging der
Papſt darauf ein: der Ausfall der dadurch entſtand, ſollte,
wie man richtig vorausgeſehen, von dem Vermoͤgen Don
Taddeos gedeckt werden 1).
Indem nun das Geſchlecht des vorigen Papſtes ſo
lebhaft angegriffen und verfolgt wurde, ſo fragte ſich —
es war jetzt das wichtigſte Intereſſe in jedem Pontifi-
cat — wie das neue ſich einrichten wuͤrde. Fuͤr die Ge-
ſchichte des Papſtthums uͤberhaupt iſt ein wichtiges Ereig-
niß, daß dieß nicht ganz ſo geſchah wie fruͤher: obwohl
der Anſtoß den der Hof gab, ſich eigentlich noch vermehrte.
Papſt Innocenz hatte gegen ſeine Schwaͤgerin, Donna
Olimpia Maidalchina von Viterbo, beſonders deshalb Ver-
pflichtungen, weil ſie ein bedeutendes Vermoͤgen in das
Haus Pamfili gebracht hatte. Er rechnete es ihr hoch an,
daß ſie ſich nach dem Tode ſeines Bruders ihres Gemahls
nicht wieder hatte vermaͤhlen wollen 2). Er ſelbſt war da-
[42]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
durch gefoͤrdert worden. Von jeher hatte er ihr die oͤko-
nomiſchen Angelegenheiten der Familie uͤberlaſſen: jetzt er-
folgte, daß ſie auch auf die Verwaltung des Papſtthums
Einfluß bekam.
Sehr bald gelangte ſie zu großem Anſehen. Ihr
zuerſt machen die anlangenden Botſchafter einen Beſuch:
Cardinaͤle ſtellen ihr Bild in ihren Gemaͤchern auf, wie
man das Bild ſeines Fuͤrſten aufſtellt: fremde Hoͤfe ſuchen
ſich ihre Gunſt durch Geſchenke zu erwerben. Da auch
alle Anderen die an der Curie etwas ſuchen, dieſen
Weg einſchlagen — man behauptet ſogar, daß ſie ſich
von geringern Aemtern die ſie verſchaffte eine monatliche
Abgabe habe zahlen laſſen, — ſo ſtroͤmen ihr die Reich-
thuͤmer zu. In kurzem machte ſie ein großes Haus: gab
Feſte, Comoͤdien, reiſte, und kaufte Guͤter an. Ihre Toͤch-
ter wurden in die vornehmſten, beguͤtertſten Familien ver-
heirathet: die eine mit einem Ludoviſi, die andere mit ei-
nem Giuſtiniani. Fuͤr ihren Sohn Don Camillo, der von
geringen Faͤhigkeiten war, hatte ſie es anfangs angemeſſe-
ner gefunden, daß er geiſtlich wuͤrde, und wenigſtens aͤu-
ßerlich die Stellung eines Cardinal Nepoten einnaͤhme 1):
als ſich aber auch fuͤr ihn Gelegenheit zu einer glaͤnzenden
2)
[43]InnocenzX.
Vermaͤhlung zeigte — indem die reichſte Erbin in Rom,
Donna Olimpia Aldobrandina, durch den Tod ihres Ge-
mahls ledig wurde, — kehrte er in den weltlichen Stand
zuruͤck und ging dieſe Verbindung ein.
Don Camillo nun wurde hiedurch ſo gluͤcklich, als
er nur werden konnte. Seine Gemahlin war nicht allein
reich, ſondern auch noch in bluͤhenden Jahren, voll An-
muth und Geiſt: ſie ergaͤnzte ſeine Maͤngel durch ausge-
zeichnete Eigenſchaften. Aber auch ſie wollte herrſchen. Zwi-
ſchen der Schwiegermutter und der Schwiegertochter blieb
nicht einen Augenblick Friede. Das Haus des Papſtes
erfuͤllte ſich mit dem Hader zweier Frauen. Anfangs muß-
ten ſich die Neuvermaͤhlten entfernen; aber nicht lange hielten
ſie es aus: wider den Willen des Papſtes kamen ſie zuruͤck:
hierauf fiel die Entzweiung aller Welt in die Augen. Donna
Olimpia Maidalchina erſcheint z. B. einmal waͤhrend des
Carnevals in praͤchtigem Aufzuge im Corſo: ihr Sohn und
ſeine Gemahlin ſtehn an dem Fenſter: ſo wie ſie den Wa-
gen der Mutter anſichtig werden, begeben ſie ſich weg.
Jedermann bemerkt es: ganz Rom ſpricht davon 1). Die
verſchiedenen Parteien ſuchen ſich der Entzweiten zu be-
maͤchtigen.
Ungluͤcklicher Weiſe hatte Papſt Innocenz eine Sinnes-
weiſe, die ſich eher eignete Zwiſtigkeiten dieſer Art zu be-
foͤrdern als ſie zu heben.
[44]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
An ſich war er ein Mann von keinesweges gemeinen
Eigenſchaften. In ſeiner fruͤhern Laufbahn, in der Rota,
als Nuntius, als Cardinal, hatte er ſich thaͤtig, unbe-
ſcholten und redlich gezeigt: auch jetzt bewaͤhrte er dieſen
Ruf. Man fand ſeine Anſtrengungen um ſo außerordent-
licher, da er ſchon 72 Jahre zaͤhlte als er gewaͤhlt wurde:
„dabei mache ihn“, ruͤhmte man, „die Arbeit nicht muͤde:
er ſey nach derſelben ſo friſch wie vorher: es mache ihm
Vergnuͤgen Leute zu ſprechen, und Jedermann laſſe er aus-
reden.“ Der ſtolzen Zuruͤckgezogenheit Urbans VIII. ſetzte
er Zugaͤnglichkeit und muntere Laune entgegen. Beſonders
ließ er ſich die Ordnung und Ruhe von Rom angelegen
ſeyn. Er ſuchte einen Ehrgeiz darin, die Sicherheit des
Eigenthums, die Sicherheit der Perſonen bei Tag und
Nacht aufrecht zu erhalten, keine Mißhandlungen der Un-
tern von den Obern, der Schwachen von den Maͤchtigen
zuzulaſſen 1). Er noͤthigte die Baronen ihre Schulden zu
bezahlen. Da der Herzog von Parma ſeine Glaͤubiger noch
immer nicht befriedigte, und der Papſt ſich in Rom nicht
zeigen durfte ohne daß man ihm zugerufen haͤtte, er moͤge
den Montiſten Gerechtigkeit verſchaffen, da uͤberdieß auch
der Biſchof von Caſtro, wie man glaubte, auf Veranſtal-
tung der herzoglichen Regierung getoͤdtet worden, ſo wur-
den endlich auch in dieſer Sache durchgreifende Schritte
[45]InnocenzX.
gethan. Die Guͤter der Farneſen wurden aufs neue zum
Verkauf ausgeboten: es gingen Soldaten und Sbirren nach
Caſtro, um es im Namen der Montiſten in Beſitz zu neh-
men 1). Auch jetzt widerſetzte ſich der Herzog: er machte
Verſuche in den Kirchenſtaat vorzudringen. Dieß Mal
aber fand er keine Huͤlfe. Innocenz X. ward von den
italieniſchen Fuͤrſten nicht mehr gefuͤrchtet, er war, wie
wir ſahen, eher ihr Verbuͤndeter. Caſtro wurde genommen
und geſchleift: der Herzog mußte ſich bequemen jenes Land
der Verwaltung der paͤpſtlichen Kammer zu uͤberlaſſen, die
ſich dafuͤr verpflichtete ſeine Glaͤubiger zu befriedigen: er
ergab ſich ſogar in die Beſtimmung, daß er das Land ganz
verlieren ſolle, wofern er die farneſiſchen Monti binnen 8
Jahren nicht getilgt habe. Das Capital betrug gegen
1,700000, die aufgelaufenen Zinſen gegen 400,000 Sc.
Der Herzog ſchien nicht im Stande zu ſeyn eine ſo große
Summe aufzubringen. In der Abkunft — die uͤbrigens
wieder unter ſpaniſcher Vermittelung zu Stande kam — lag
gleich damals eine erzwungene und nur nicht eingeſtandene
Verzichtleiſtung.
In alle dieſen Verhaͤltniſſen erſcheint Innocenz kraͤf-
tig, klug und entſchloſſen: er litt aber an einem Fehler,
der es ſchwer machte mit ihm auszukommen und ihm ſelbſt
ſein Leben verbitterte: er hatte zu Niemand ein unerſchuͤt-
[46]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
terliches Vertrauen, Gunſt und Ungunſt wechſelten nach
den Eindruͤcken des Augenblickes in ihm ab.
Unter andern der Datar Cecchini erfuhr das. Nach-
dem er lange die paͤpſtliche Gnade genoſſen, ſah er ſich mit
einem Male beargwoͤhnt, angefahren, getadelt, und ſeinem
Unterbeamten nachgeſetzt, jenem Mascambruno, dem ſpaͤter
die außerordentlichſten Verfaͤlſchungen nachgewieſen wor-
den ſind 1).
Aber noch viel empfindlichere Verwickelungen entſtan-
den in der paͤpſtlichen Familie ſelbſt, die ſchon ohnehin ent-
zweit war.
Innocenz X. hatte nach der Vermaͤhlung Don Ca-
millo Pamfilis keinen geiſtlichen Nepoten mehr, was doch
ſeit langer Zeit nun einmal zu einer paͤpſtlichen Hofhaltung
gehoͤrte. Einſt fuͤhlte er ſein Herz zu beſonderm Wohl-
wollen bewegt, als ihm Don Camillo Aſtalli, ein ent-
fernter Verwandter ſeines Hauſes, vorgeſtellt wurde. Er
faßte den Entſchluß dieſem jungen Menſchen die Wuͤrde
eines Cardinal-Nepoten zu uͤbertragen. Er nahm ihn auf
in ſein Haus, gab ihm Zimmer in dem Pallaſte und Antheil
an den Geſchaͤften. Mit oͤffentlichen Feierlichkeiten, mit Freu-
denſchuͤſſen vom Caſtell ließ er dieſe Erhebung ankuͤndigen.
Doch folgte daraus nichts als lauter neue Mißhelligkeit.
Die uͤbrigen Verwandten des Papſtes glaubten ſich zu-
ruͤckgeſetzt: ſelbſt die bisher von Innocenz ernannten Car-
[47]InnocenzX.
dinaͤle waren mißvergnuͤgt, daß ihnen ein Spaͤter-gekomme-
ner vorgezogen wuͤrde 1): vornehmlich aber war Donna
Olimpia Maidalchina unzufrieden. Sie hatte den jungen
Aſtalli gelobt, ſie hatte ihn zum Cardinal vorgeſchlagen;
doch hatte ſie niemals geglaubt, daß es ſo weit kommen
wuͤrde.
Zuerſt ward nun ſie ſelbſt entfernt. Der weltliche
Nepot und deſſen Gemahlin, die, wie ſich ein Zeitgenoſſe
ausdruͤckt „eben ſo weit uͤber gewoͤhnliche Frauen erhaben
war, wie er unter gewoͤhnlichen Maͤnnern ſtand“, traten
in den Pallaſt ein.
Aber nicht lange vertrugen ſich der natuͤrliche welt-
liche und der angenommene geiſtliche Nepot. Die alte Olim-
pia ward wieder herbeigerufen um das Haus in Ordnung
zu halten.
In kurzem gelangte ſie aufs neue zu ihrem gewohnten
Einfluſſe 2).
In einem Zimmer der Villa Pamfili ſtehn die Buͤ-
ſten des Papſtes und ſeiner Schwaͤgerin. Wenn man ſie
mit einander vergleicht, die Zuͤge der Frau, welche Ent-
[48]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
ſchloſſenheit und Geiſt athmen, mit dem milden und aus-
drucksloſen Antlitz des Papſtes, ſo wird man inne, wie
es nicht allein moͤglich, ſondern ſogar unvermeidlich war,
daß er von ihr beherrſcht wurde.
Nachdem ſie aber wieder aufgenommen worden, wollte
ſie auch nicht dulden, daß die Vortheile, welche die Stel-
lung eines Nepoten mit ſich brachte, einem andern
Hauſe als dem ihren zu Theil wuͤrden. Da Aſtalli nicht,
wie ſie wuͤnſchte, mit ihr theilte, ſo ruhte ſie nicht, bis
er die Gunſt des Papſtes verlor, geſtuͤrzt und aus dem
Pallaſte entfernt wurde, bis ſie wieder ohne Nebenbuh-
ler Herr im Hauſe war. Dagegen trat ſie, durch Geſchenke
beguͤtigt, mit den Barberini, die indeß zuruͤckgekommen,
jetzt ſogar in engere Verbindung.
Wie ſehr mußte alle dieſer Wechſel von Gnade und
Ungnade, ein ſo unaufhoͤrlicher Hader der naͤchſten vertrau-
teſten Umgebung den armen alten Papſt bedraͤngen! Auch
der erklaͤrte Bruch kann doch die innere Hinneigung des
Gemuͤthes nicht vertilgen: ſie wird dadurch nur unbe-
quem und peinlich, ſtatt wie ſie beſtimmt waͤre zu Heiter-
keit und Wohlbehagen zu fuͤhren. Ueberdieß fuͤhlte der alte
Herr am Ende doch, daß er das Werkzeug weiblicher Herrſch-
ſucht und Habgier war: er mißbilligte es, und haͤtte es
gern abgeſtellt, doch fuͤhlte er nicht Kraft und Entſchluß
dazu: auch wußte er nicht ohne ſie fertig zu werden. Sein
Pontificat, das ohne bemerkenswerthe Widerwaͤrtigkeiten
dahinging, gehoͤrt ſonſt zu den gluͤcklichern: durch dieſe
Uebelſtaͤnde in Familie und Pallaſt iſt es jedoch in ſchlech-
ten
[49]InnocenzX.
ten Ruf gerathen 1). Innocenz X. ward dadurch per-
ſoͤnlich noch mehr, als er es von Natur war, launiſch,
wankelmuͤthig, eigenſinnig, ſich ſelber beſchwerlich: noch in
ſeinen letzten Tagen finden wir ihn mit Beraubung und
neuer Entfernung ſeiner uͤbrigen Verwandten beſchaͤftigt:
in dieſem Unmuth ſtarb er, 5. Januar 1655.
Drei Tage lag die Leiche, ohne daß einer ſeiner An-
gehoͤrigen, denen es nach dem Gebrauch des Hofes zuge-
kommen waͤre, Sorge fuͤr die Beerdigung derſelben getragen
haͤtte. Donna Olimpia ſagte, ſie ſey eine arme Witwe,
das gehe uͤber ihre Kraͤfte: kein Anderer glaubte dem Ver-
ſtorbenen verpflichtet zu ſeyn. Ein Canonicus, der fruͤher
in paͤpſtlichen Dienſten geſtanden, aber ſchon lange entfernt
worden war, wendete endlich einen halben Scudo daran,
und ließ ihm die letzte Ehre erweiſen.
Glauben wir aber nicht, daß dieſe haͤuslichen Mißver-
haͤltniſſe bloß perſoͤnliche Folgen gehabt haͤtten.
Es liegt am Tage, daß die Nepotenregierung, die in
den vorhergegangenen Pontificaten eine ſo vollkommene
Gewalt in dem Staate, einen ſo maͤchtigen Einfluß auf
die Kirche ausgeuͤbt hatte, nachdem ſie ſchon in den letz-
ten Jahren Urbans VIII. einen ſtarken Stoß erlitten, jetzt
nicht einmal mehr zur Darſtellung gekommen war und ſich
ihrem Sturze naͤherte.
Päpſte** 4
[50]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Alexander VII. und Clemens IX.
Sogleich das Conclave bot einen ungewohnten An-
blick dar.
Mit zahlreichen Schaaren ergebener Creaturen waren
bisher die Nepoten erſchienen um die neue Wahl zu be-
herrſchen: Innocenz X. hinterließ keinen Nepoten der die
Cardinaͤle ſeiner Wahl zuſammengehalten, zu einer Faction
vereinigt haͤtte. Jenem Aſtalli, der das Ruder nur eine
kurze Zeit gefuͤhrt und keinen herrſchenden Einfluß aus-
geuͤbt hatte, waren ſie ihre Befoͤrderung nicht ſchuldig,
konnten ſie ſich auch nicht verpflichtet fuͤhlen. Seit un-
vordenklicher Zeit zum erſten Male traten die neuen Car-
dinaͤle mit unbeſchraͤnkter Freiheit in das Conclave ein.
Man ſchlug ihnen vor, ſich von freien Stuͤcken unter ein
Haupt zu vereinigen: ſie ſollen geantwortet haben, ein je-
der habe Haupt und Fuͤße fuͤr ſich ſelbſt. Es waren groͤß-
tentheils ausgezeichnete Maͤnner, von unabhaͤngiger Ge-
muͤthsart; die ſich wohl auch zuſammenhielten — man
bezeichnete ſie mit dem Titel des Squadrone volante 1) —
aber die nun nicht mehr den Winken eines Nepoten, ſon-
dern ihrer Ueberzeugung und Einſicht folgen wollten.
Noch an dem Sterbelager Innocenz X. rief einer von
ihnen, Cardinal Ottobuono, aus: „wir muͤſſen einen recht-
[51]AlexanderVII.
ſchaffenen Mann ſuchen.“ „Sucht ihr einen rechtſchaffenen
Mann“, entgegnete ein anderer von ihnen, Azzolino, „dort
ſteht ein ſolcher“: er zeigte auf Chigi 1). Nicht allein hatte
ſich Chigi uͤbrigens den Ruf eines geſchickten und wohl-
geſinnten Mannes erworben, ſondern ſich auch beſonders
als einen Gegner der Mißbraͤuche der bisherigen Regierungs-
form gezeigt, die freilich niemals ſchreiender geweſen waren.
Dieſen Freunden gegenuͤber fand er jedoch auch, beſonders
in den Franzoſen, maͤchtige Widerſacher. Als ſich Mazarin,
durch die Unruhen der Fronde aus Frankreich vertrieben,
an den deutſchen Grenzen ruͤſtete, um ſich mit den Waffen
in den Beſitz der verlorenen Gewalt zu ſetzen, hatte er bei
Chigi, der damals Nuntius in Coͤln war, nicht die Foͤr-
derung gefunden auf die er rechnen zu duͤrfen glaubte: er
hegte ſeitdem perſoͤnlichen Widerwillen gegen denſelben. Da
her kam es daß es doch viel Muͤhe koſtete: die Wahl-
kaͤmpfe dauerten wieder einmal ſehr lange; endlich aber
drangen die neuen Mitglieder des Collegiums, die Squa-
droniſten durch: am 7. April 1655 ward Fabio Chigi er-
waͤhlt: er nannte ſich Alexander VII.
Dem neuen Papſt war ſchon durch den Grundgedan-
ken, der zu ſeiner Erhebung Anlaß gegeben hatte, die Ver-
pflichtung aufgelegt ein anderes Regiment zu fuͤhren als
ſeine naͤchſten Vorfahren: auch ſchien er dazu entſchloſſen
zu ſeyn.
Eine geraume Zeit ließ er ſeine Nepoten nicht nach
4*
[52]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Rom kommen, er ruͤhmte ſich daß er ihnen keinen Pfen-
nig zufließen laſſe: ſchon flocht ſein Beichtvater Pallavicini,
der damals die Geſchichte des tridentiniſchen Conciliums
ſchrieb, eine Stelle in ſein Werk ein, in welcher er Ale-
xander VII. beſonders wegen dieſer Enthaltſamkeit gegen ſein
Blut einen unſterblichen Ruhm verkuͤndigte 1).
Es wird jedoch niemals leicht ſeyn, eine Gewohnheit
die einmal eingeriſſen iſt, zu verlaſſen: ſie wuͤrde ja nicht
haben herrſchend werden koͤnnen, wenn ſie nicht auch eini-
ges Empfehlungswerthe, Natuͤrliche haͤtte: an jedem Hofe
werden ſich Leute finden die dieß hervorheben, und bei dem
Herkoͤmmlichen, waͤre der Mißbrauch gleich in die Augen
fallend, feſtzuhalten ſuchen.
Allmaͤhlig ſtellte Einer und der Andere Alexander dem
VII. vor, es ſey nicht anſtaͤndig fuͤr paͤpſtliche Verwandte
einfache Buͤrger einer Stadt zu bleiben, auch ſey das ja gar
nicht moͤglich, in Siena laſſe man ſich doch nicht abhal-
ten ſeinem Hauſe fuͤrſtliche Ehre zu erweiſen, und leicht
koͤnne er dadurch den h. Stuhl in Mißverhaͤltniſſe mit Tos-
[53]AlexanderVII.
cana verwickeln: — Andere beſtaͤtigten dieß nicht allein,
ſie fuͤgten hinzu, der Papſt werde ein noch beſſeres Bei-
ſpiel geben, wenn er ſeine Verwandten zwar annehme, aber in
Schranken zu halten wiſſe, als wenn er ſie ganz entferne: —
den meiſten Eindruck aber machte ohne Zweifel der Rector
des Jeſuitencollegiums Oliva, der geradezu erklaͤrte, der
Papſt begehe eine Suͤnde, wenn er ſeine Nepoten nicht her-
beirufe: zu einem bloßen Miniſter wuͤrden die fremden
Geſandten niemals ſo viel Vertrauen haben, wie zu einem
Blutsverwandten des Papſtes: der h. Vater werde um ſo
viel ſchlechter unterrichtet werden und ſein Amt nicht ſo
gut verwalten koͤnnen 1).
Kaum bedurfte es ſo vieler Gruͤnde, um den Papſt
zu bewegen, der ohnehin dahin neigte: am 24. April 1656
ſtellte er in dem Conſiſtorium die Frage auf, ob es den
Cardinaͤlen ſeinen Bruͤdern gut ſcheine, daß er ſich ſeiner
Verwandten zum Dienſte des apoſtoliſchen Stuhles bediene.
Man wagte nicht zu widerſprechen: kurz darauf langten ſie
an 2). Der Bruder des Papſtes Don Mario bekam die
eintraͤglichſten Aemter, die Aufſicht uͤber die Annona, die
Gerechtigkeitspflege im Borgo: deſſen Sohn Flavio ward
Cardinal Padrone und hatte in kurzem 100000 Sc. geiſtli-
[54]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
cher Einkuͤnfte: ein anderer Bruder des Papſtes, den derſelbe
beſonders geliebt, war bereits geſtorben: deſſen Sohn Ago-
ſtino ward zur Gruͤndung der Familie auserſehen: mit den
ſchoͤnſten Beſitzthuͤmern, dem unvergleichlichen Ariccia, dem
Principat Farneſe, dem Pallaſt an Piazza Colonna, vielen
Luoghi di Monte ward er nach und nach ausgeſtattet, und
mit einer Borgheſe vermaͤhlt 1). Ja dieſe Gunſt ward
auch auf entferntere Verwandte, z. B. den Commendatore
Bichi, der zuweilen in dem Kriege von Candia erſcheint,
auf die Saneſen uͤberhaupt ward ſie ausgedehnt.
Und ſo ſchien wohl alles geworden zu ſeyn, wie es
fruͤher war. Indeſſen war dieß doch nicht der Fall.
Flavio Chigi beſaß bei weitem nicht die Autoritaͤt
Pietro Aldobrandinos oder Scipione Caffarellis oder Franz
Barberinos: auch ſtrebte er nicht danach: es hatte fuͤr ihn
keinen Reiz, zu regieren: er beneidete eher ſeinen weltlichen
Vetter Agoſtino, dem ohne viel Muͤhe und Arbeit der
weſentliche Genuß zuzufallen ſchien.
Ja Alexander VII. ſelbſt regierte lange nicht mehr
mit der alleinherrſchenden Eigenmacht ſeiner Vorfahren.
Noch unter Urban VIII. ward eine Congregatione di
[55]AlexanderVII.
ſtato eingerichtet, in der die wichtigſten allgemeinen Staats-
angelegenheiten durch Berathung zum Beſchluß gebracht
werden ſollten, doch wollte ſie da noch wenig bedeuten.
Unter Innocenz X. ward ſie ſchon um vieles wichtiger.
Pancirolo, Secretaͤr dieſer Congregation, der erſte ausge-
zeichnete Mann in dieſer Wuͤrde der ihr ſpaͤteres Anſehen
begruͤndete, hatte bis zu ſeinem Tode den groͤßten Antheil
an der Regierung Innocenz X; und ihm vor allem wird
es zugeſchrieben, daß ſich damals kein Nepot in der Ge-
walt feſtſetzen konnte. Chigi ſelbſt bekleidete eine Zeit lang
dieſe Stelle. Jetzt erlangte ſie Rospiglioſi. Er hatte die
auswaͤrtigen Geſchaͤfte bereits vollkommen in ſeinen Haͤn-
den. Neben ihm war Cardinal Corrado von Ferrara in
Sachen der kirchlichen Immunitaͤt maͤchtig; die Leitung der
geiſtlichen Orden hatte Monſignore Fugnano; theologiſche
Fragen entſchied Pallavicin. Die Congregationen, welche
unter den fruͤhern Paͤpſten wenig bedeutet, gelangten wieder
zu Anſehen und eigenthuͤmlicher Wirkſamkeit. Schon hoͤrte
man behaupten: dem Papſte ſtehe eigentlich nur in geiſtli-
chen Sachen die abſolute Selbſtentſcheidung zu: in allen
weltlichen Geſchaͤften dagegen, wenn er Krieg anfangen, Frie-
den ſchließen, ein Land veraͤußern, eine Auflage einfordern
wolle, muͤſſe er die Cardinaͤle um Rath fragen 1). In der
That nahm Papſt Alexander VII. an der Staatsverwal-
tung nur wenig thaͤtigen Antheil. Zwei Monat ging er
[56]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
aufs Land nach Caſtelgandolfo, wo dann die Geſchaͤfte ge-
fliſſentlich vermieden wurden: wenn er in Rom war, wur-
den die Nachmittage der Literatur gewidmet: Schriftſteller
erſchienen, laſen ihre Werke vor; der Papſt liebte es ſeine
Verbeſſerungen anzubringen. Auch in den Fruͤhſtunden war
es ſchwer, fuͤr eigentliche Geſchaͤfte bei ihm Audienz zu be-
kommen. „Ich diente“, ſagt Giacomo Quirini, „42 Monat
bei Papſt Alexander: ich erkannte, daß er nur den Namen
eines Papſtes hatte, nicht der Gebrauch des Papſtthums.
Von jenen Eigenſchaften, die er als Cardinal entwickelt,
Lebhaftigkeit des Geiſtes, Talent zur Unterſcheidung, Ent-
ſchloſſenheit in ſchwierigen Faͤllen, Leichtigkeit ſich auszu-
druͤcken, fand man keine Spur mehr: die Geſchaͤfte wur-
den von der Hand gewieſen: er dachte nur darauf in un-
geſtoͤrter Seelenruhe zu leben“ 1).
Zuweilen empfand und mißbilligte auch Alexander die-
ſen Zuſtand. Wenn ſeine Unterhandlungen mißgluͤckten, gab
er es den Intereſſen der Cardinaͤle Schuld. Noch in ſei-
nem Irrereden kurz vor ſeinem Tode hoͤrte man ihn davon
ſprechen.
Da es aber die Natur, der Gang der Dinge ſo mit
ſich brachte, ſo blieb es nun auch ferner dabei.
Jene Cardinaͤle des Squadrone, die zur Wahl Ale-
xanders VII. das Meiſte beigetragen, und unter ſeiner gan-
zen Regierung ein großes Anſehen behauptet hatten, gaben
auch nach dem Tode deſſelben in dem neuen Conclave den
Ausſchlag. Nur daß ſie dieß Mal mehr im Einverſtaͤnd-
[57]ClemensIX.
niſſe mit Frankreich waren. Am 20. Juni 1667 ward der
bisherige Staatsſecretaͤr Rospiglioſi unter dem Namen Cle-
mens IX. auf den paͤpſtlichen Thron erhoben 1).
Alle Stimmen vereinigten ſich, daß es der beſte, guͤ-
tigſte Menſch ſey der ſich nur finden laſſe. Wohl war er
nicht ſo thaͤtig wie wohlgeſinnt: man verglich ihn mit ei-
nem Baume von vollkommenem Geaͤſte, welcher Laub die
Fuͤlle und vielleicht auch Bluͤthen aber keine Fruͤchte her-
vorbringe: aber alle jene moraliſchen Tugenden die auf einer
Abweſenheit von Fehlern beruhen, Reinheit der Sitten, Be-
ſcheidenheit, Maͤßigung, beſaß er in hohem Grade. Er war
der erſte Papſt der in der Beguͤnſtigung ſeiner Nepoten
wirklich Maaß hielt. Sie wurden nicht geradezu entfernt
gehalten, ſie bekamen die gewoͤhnlichen Stellen und ſtifteten
ſelbſt eine neue Familie: aber dieß geſchah nur dadurch,
daß ſich eine Gelegenheit fand einen jungen Rospiglioſi
mit einer reichen Erbin, einer Pallavicina von Genua,
zu vermaͤhlen. Die Beguͤnſtigungen, die ſie von ihrem
Oheim genoſſen, waren ſehr gemaͤßigt: das oͤffentliche Ver-
moͤgen eigneten ſie ſich nicht an, es waͤre denn, daß ihnen
Luoghi di Monte gegeben worden waͤren: die Geſchaͤfte,
die Gewalt theilten ſie nicht unter ſich.
Hierin liegt nun die groͤßte Umwandlung.
Bisher waren bei jeder Thronbeſteigung die Beamten
[58]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
entweder ſaͤmmtlich oder doch groͤßtentheils veraͤndert wor-
den: der Charakter, die Bewegung des Hofes beruhten
darauf: zuerſt Clemens IX. ſtellte dieß ab: er wollte Nie-
mand mißvergnuͤgt machen: außer in einigen wenigen ho-
hen Stellen beſtaͤtigte er alle Beamte die er fand 1). In
jenen ſetzte er Cardinaͤle wie Ottobuono und Azzolino ein,
Mitglieder des Squadrone, die die letzten Wahlen geleitet
und ohnehin maͤchtig. Die bisherigen Nepoten zu verfol-
gen, wie es bei ſo vielen Pontificaten uͤblich geweſen, war
er weit entfernt: die Empfehlungen Flavio Chigi’s galten
bei ihm nicht viel weniger als unter Alexander: die Be-
guͤnſtigungen gingen ferner durch die Hand deſſelben: es
blieb alles wie es war.
Wie ſehr ſahen ſich die Landsleute des Papſtes, die
Piſtojeſen getaͤuſcht. Sie hatten auf Beguͤnſtigungen ge-
rechnet, wie ſie ſo vielen Saneſen ſo eben zu Theil gewor-
den: ſie hatten, ſagt man, ſo viele ihrer in Rom waren,
ſchon vornehme Sitten angenommen und angefangen auf
Edelmannsparole zu ſchwoͤren: wie ſchmerzlich erſtaunten
ſie, daß die Stellen auf welche ſie hofften, nicht einmal
erledigt, geſchweige denn ihnen zugetheilt wurden.
Wohl ließ auch Clemens IX. die Freigebigkeit nicht
vermiſſen, mit der die Paͤpſte ihre Thronbeſteigung zu
[59]ClemensIX.
bezeichnen pflegten: er ging darin ſogar ungewoͤhnlich weit:
in ſeinem erſten Monat hat er uͤber 600000 Sc. ver-
ſchenkt. Aber dieß kam weder ſeinen Landsleuten zu Gute,
noch ſelbſt ſeinen Nepoten, denen man ſogar Vorſtellungen
uͤber dieſe Vernachlaͤſſigung ihrer Intereſſen machte 1), ſon-
dern es ward unter die Cardinaͤle, unter die vorwaltenden
Mitglieder der Curie uͤberhaupt vertheilt. Schon wollte
man glauben, es ſeyen Stipulationen des Conclave dabei
im Spiele, doch findet ſich davon keine deutliche Spur.
Es entſpricht auch dieß vielmehr der allgemeinen
Entwickelung, wie ſie ſich waͤhrend dieſer Epoche faſt in
dem geſammten uͤbrigen Europa vollzog.
Es hat keine Zeit gegeben welche der Ariſtokratie guͤn-
ſtiger geweſen waͤre, als die Mitte des ſiebzehnten Jahr-
hunderts: wo uͤber den ganzen Umfang der ſpaniſchen Mo-
narchie hin die Gewalt wieder in die Haͤnde des hoͤchſten
Adels gerieth, dem ſie fruͤhere Koͤnige entzogen hatten;
wo die engliſche Verfaſſung unter den gefaͤhrlichſten Kaͤm-
pfen den ariſtokratiſchen Charakter ausbildete, den ſie bis
in unſere Zeiten behalten; die franzoͤſiſchen Parlamente ſich
uͤberredeten, eine aͤhnliche Rolle ſpielen zu koͤnnen wie
das engliſche; in allen deutſchen Territorien der Adel ein
entſchiedenes Uebergewicht bekam, ein und das andere aus-
genommen, in welchem ein tapferer Fuͤrſt unabhaͤngige Be-
ſtrebungen durchfocht; wo die Staͤnde in Schweden nach
einer unzulaͤßigen Beſchraͤnkung der hoͤchſten Gewalt trach-
[60]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
teten, und der polniſche Adel zu vollkommener Autonomie
gelangte. So geſchah es nun auch in Rom: eine zahl-
reiche, maͤchtige und reiche Ariſtokratie umgibt den paͤpſt-
lichen Thron; die ſchon gebildeten Geſchlechter beſchraͤnken
das aufkommende; aus der Selbſtbeſtimmung und durch-
greifenden Kuͤhnheit der Monarchie geht die geiſtliche Ge-
walt in die Berathung, Ruhe und Gemaͤchlichkeit einer
ariſtokratiſchen Verfaſſung uͤber.
Unter dieſen Umſtaͤnden nahm der Hof eine veraͤn-
derte Geſtalt an. In jenem unaufhoͤrlichen Zuſtroͤmen der
Fremden, die daſelbſt ihr Gluͤck ſuchten, in dem ewigen
Wechſel der Emporkoͤmmlinge trat ein ſehr bemerklicher
Stillſtand ein; es hatte ſich eine ſtehende Population ge-
bildet, deren Erneuerung in einem bei weitem geringeren
Maaße Statt fand. Werfen wir einen Blick auf die-
ſelbe.
Elemente der römiſchen Bevölkerung.
Fangen wir von den hoͤchſten Kreiſen an, die wir
eben beruͤhrten.
Da bluͤhten noch jene altberuͤhmten roͤmiſchen Ge-
ſchlechter: Savelli, Conti, Orſini, Colonna, Gaetani. Die
Savelli beſaßen noch ihre alte Gerichtsbarkeit der Corte
Savella, mit dem Rechte alle Jahr einen Verbrecher von
der Todesſtrafe zu befreien 1); die Damen des Hauſes
verließen nach unvordenklichem Herkommen ihren Pallaſt
[61]Elemente der roͤmiſchen Bevoͤlkerung.
entweder niemals, oder doch nur in dicht verſchloſſener Car-
roſſe. Die Conti bewahrten in ihren Vorſaͤlen die Bil-
der der Paͤpſte die aus ihrem Hauſe entſproſſen waren.
Nicht ohne Selbſtgefuͤhl erinnerten ſich die Gaetani an Bo-
nifacius VIII: ſie meinten, und man war geneigt es
ihnen zuzugeſtehn, der Geiſt dieſes Papſtes ruhe auf ihnen.
Colonna und Orſini ruͤhmten ſich, daß Jahrhunderte lang
kein Friede zwiſchen den chriſtlichen Fuͤrſten geſchloſſen wor-
den, in welchen man ſie nicht namentlich eingeſchloſſen
haͤtte 1). Wie maͤchtig ſie aber auch fruͤher geweſen ſeyn
mochten, ſo verdankten ſie doch ihre damalige Bedeutung
vor allem ihrer Verbindung mit der Curie und den Paͤp-
ſten. Obwohl die Orſini die ſchoͤnſten Beſitzungen hatten,
die ihnen bei 80000 Sc. haͤtten einbringen ſollen, ſo wa-
ren ſie doch durch eine nicht wohl berechnete Freigebigkeit
ſehr heruntergekommen, und bedurften der Unterſtuͤtzung aus
geiſtlichen Aemtern. Der Conteſtabile Don Filippo Co-
lonna hatte ſeine Vermoͤgensumſtaͤnde eben erſt durch die
Erlaubniß Urbans VIII. die Zinſen ſeiner Schuld herab-
zuſetzen, und durch die geiſtlichen Pfruͤnden zu denen vier
Soͤhne von ihm befoͤrdert wurden, wiederherzuſtellen ver-
mocht 2).
[62]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Denn ſchon lange war es herkoͤmmlich, daß die neu-
aufkommenden Geſchlechter mit dieſen altfuͤrſtlichen Fami-
lien in genaue Beziehung traten.
Unter Innocenz X. beſtanden eine Zeit lang gleichſam
zwei Factionen, zwei große Verwandtſchaften. Mit den
Pamfili waren Orſini, Ceſarini, Borgheſi, Aldobrandini,
Ludoviſi, Giuſtiniani vereinigt; ihnen gegenuͤber Colonne-
ſen und Barberini. Durch die Verſoͤhnung der Donna
Olimpia mit den Barberini ward die Vereinigung allge-
mein: ſie umſchloß alle namhaften Geſchlechter.
Eben in dieſem Kreiſe bemerken wir jetzt eine Ver-
aͤnderung. Fruͤher hatte die regierende Familie alle Mal
die große Rolle geſpielt, die Vorgaͤnger verdraͤngt, durch
die Erwerbung groͤßerer Reichthuͤmer in Schatten geſtellt.
Jetzt war dieß nicht mehr moͤglich: einmal weil die aͤltern
Haͤuſer durch wechſelſeitige Verheirathungen oder durch gute
Wirthſchaft ſchon allzureich geworden waren, ſodann auch
weil die Schaͤtze des Papſtthums ſich allmaͤhlich erſchoͤpf-
ten. Die Chigi konnten nicht mehr daran denken, ihre
Vorgaͤnger zu uͤberbieten: die Rospiglioſi waren weit ent-
fernt danach zu trachten: ſchon genug, wenn ſie dahin ge-
langten unter ſie aufgenommen zu werden.
In irgend einem geiſtigen Product, einer Sitte, einem
Gebrauch wird ſich jede Geſellſchaft darſtellen, ſo zu ſagen,
abſpiegeln: das merkwuͤrdigſte Product dieſer roͤmiſchen Ge-
ſellſchaft und ihres Lebens unter einander war das Cere-
moniell des Hofes. Nie hat es uͤberhaupt eine Epoche ge-
2)
[63]Elemente der roͤmiſchen Bevoͤlkerung.
geben in welcher man ſtrenger auf das Ceremoniell gehalten
haͤtte als damals; es entſpricht den ariſtokratiſchen Ten-
denzen derſelben uͤberhaupt; daß es in Rom ſo vorzugs-
weiſe ausgebildet ward, mag daher ruͤhren, weil dieſer Hof
den Vorrang vor allen andern in Anſpruch nahm, und
dieß in gewiſſen Aeußerlichkeiten auszudruͤcken ſuchte 1)
weil auch hier die Geſandten von Frankreich und Spanien
von jeher um den Vortritt geſtritten hatten. Da gab es
denn unzaͤhlige Rangſtreitigkeiten: zwiſchen den Geſandten
und den hoͤhern Beamten z. B. dem Governatore; zwi-
ſchen den Cardinaͤlen die zugleich in der Rota ſaßen, und
den uͤbrigen; zwiſchen ſo vielen andern Corporationen von
Beamten; zwiſchen den verſchiedenen Geſchlechtern, z. B.
Orſini und Colonnen. Papſt Sixtus V. hatte vergebens
beſtimmt, daß immer der aͤlteſte aus beiden Haͤuſern den
Vortritt haben ſollte: war dieß ein Colonna, ſo erſchienen
die Orſini nicht; war es ein Orſino, ſo blieben die Co-
lonna weg: aber ihnen ſelbſt raͤumten Conti und Savelli
nur ungern und unter unaufhoͤrlichen Proteſtationen den
hoͤhern Rang ein. Die Unterſcheidungen waren auf das
genaueſte beſtimmt; den Verwandten des Papſtes z. B.
wurden bei ihrem Eintritt in die paͤpſtlichen Gemaͤcher beide
Fluͤgel der Thuͤre eroͤffnet, andere Baronen oder Cardinaͤle
mußten ſich mit einem begnuͤgen. Eine ſonderbare Art von
Ehrenbezeugung hatte ſich eingefuͤhrt: man hielt mit ſeiner
Carroſſe an, wenn man dem Wagen eines Hoͤheren, eines
Goͤnners begegnete. Es war, wie man behauptet, zuerſt
[64]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Marcheſe Mattei, der dem Cardinal Aleſſandro Farneſe dieſe
Ehre erwies: auch dieſer Cardinal hielt alsdann an, und
ſie ſprachen einige Worte 1). Bald folgten Andere dem Bei-
ſpiel. Die Botſchafter empfingen dieſen Beweis von Hoch-
achtung von ihren Landsleuten: es ward ein allgemeiner Ge-
brauch, ſo hoͤchſt unbequem er auch war, eine allgemeine
Pflicht. Eben an das Nichtsbedeutende haͤngt ſich die Ei-
genliebe am ſtaͤrkſten: man iſt damit entſchuldigt, daß man
ſeinen Angehoͤrigen oder den Gleichgeſtellten nichts verge-
ben duͤrfe.
Gehn wir eine Stufe weiter herab.
In der Mitte des 17. Jahrhunderts rechnete man in
Rom ungefaͤhr funfzig adliche Familien die 300, fuͤnf und
dreißig die 200, ſechszehn die 100 Jahr alt ſeyen. Hoͤ-
her hinauf wollte man keine gelten laſſen, und auch dieſen
ſchrieb man ein geringfuͤgiges und niedriges Herkommen
zu 2). Urſpruͤnglich war ein großer Theil von ihnen in
der Campagna angeſeſſen. Ungluͤcklicher Weiſe aber ließen
ſie ſich, wie wir ſchon beruͤhrten, in der Zeit, in welcher die
Luoghi di Monte hohe Zinſen trugen, verleiten ihre Guͤ-
ter großentheils an die Nepotenfamilien zu verkaufen und
den Ertrag in den paͤpſtlichen Monti anzulegen. Anfangs
ſchien
[65]Elemente der roͤmiſchen Bevoͤlkerung.
ſchien dieß kein unbedeutender Vortheil. Die Nepoten be-
zahlten ſehr gut, oſtmals uͤber den Werth: die Zinſen aus den
Luoghi di Monte, die man ohne Muͤhe einzog, beliefen ſich
hoͤher, als der Ueberſchuß der ſorgfaͤltigſten Bearbeitung
des Landes geſtiegen ſeyn wuͤrde. Jedoch wie bald beka-
men ſie zu fuͤhlen, daß ſie liegende Gruͤnde in fluͤchtige Ca-
pitalien umgewandelt hatten. Alexander VII. ſah ſich zu
Reductionen der Monti veranlaßt, durch welche der Credit
erſchuͤttert wurde und der Werth der Luoghi gewaltig ſank.
Es war keine Familie die nicht dabei verloren haͤtte.
Neben ihnen erhoben ſich aber zahlreiche andere neue
Geſchlechter. Eben wie die Paͤpſte verfuhren auch die Car-
dinaͤle und Praͤlaten der Curie, ein jeder natuͤrlich nach dem
Maaße ſeines Vermoͤgens. Auch ſie verſaͤumten nicht aus
dem Ueberſchuſſe der kirchlichen Einkuͤnfte ihre Nepoten zu
bereichern, Familien zu gruͤnden. Andere erhoben ſich durch
Anſtellungen in der Juſtiz. Nicht wenige kamen als Wechs-
ler durch die Geſchaͤfte der Dataria empor. Man zaͤhlte
in unſerer Zeit 15 florentiniſche, 11 genueſiſche, 9 portu-
gieſiſche, 4 franzoͤſiſche Familien die hiedurch in Aufnahme
gekommen, mehr oder weniger, je nachdem ſie Gluͤck und
Talent gehabt: einige unter ihnen, deren Ruf nicht mehr
von den Geſchaͤften des Tages abhing, Koͤnige des Gel-
des — unter Urban VIII. die Guicciardini, Doni, denen
ſich Giuſtiniani, Primi, Pallavicini zugeſellten 1). Auch
ohne Geſchaͤfte dieſer Art wanderten noch immer angeſehene
Päpſte** 5
[66]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Familien ein, nicht allein von Urbino, Rieti, Bologna,
ſondern auch von Parma und Florenz. Die Einrichtung
der Monti und die kaͤuflichen Aemter luden dazu ein. Lange
Zeit waren die Luoghi di Monte ein ſehr geſuchter Beſitz:
beſonders die vacabili, die eine Art Leibrenten bilden ſoll-
ten und deshalb 10½ Proc. Zinſen trugen, aber nicht al-
lein in der Regel von den Aeltern auf die Juͤngern uͤber-
tragen, ſondern auch, wenn man dieß verſaͤumt hatte, ge-
radezu vererbt wurden: ohne Schwierigkeit bot die Curie
ihre Hand dazu. Nicht anders ging es mit den kaͤuflichen
Aemtern. Sie haͤtten mit dem Tode des Inhabers an die
Kammer zuruͤckfallen ſollen: deshalb war der Ertrag den ſie
abwarfen, im Verhaͤltniß zu dem urſpruͤnglich eingezahlten
Capital ſo bedeutend, und doch in der That reine und wahre
Rente, da dem Inhaber keine Pflicht der Verwaltung ob-
lag: aber ohne viel Schwierigkeit konnte auch hier die
Uebertragung bewirkt werden. Manches Amt iſt ein Jahr-
hundert lang nicht wieder vacant geworden.
Die Vereinigung der Beamten, der Montiſten in Col-
legien gab ihnen eine gewiſſe Repraͤſentation, und obwohl
man ihnen ihre Rechte nach und nach verkuͤmmerte, ſo hat-
ten ſie doch immer eine ſelbſtaͤndige Stellung. Das ari-
ſtokratiſche Princip, mit Credit- und Staatsſchuldenweſen
merkwuͤrdig verſchmolzen, das dieſen ganzen Staat durch-
drang, war auch ihnen foͤrderlich. Fremde fanden ſie doch
zuweilen allzu anmaßend.
Um ſo viele beſitzende, emporſtrebende, nach und nach
immer mehr fixirte Geſchlechter her, denen die Einkuͤnfte
der Kirche uͤberhaupt zu Gute kamen, bildete ſich nun
[67]Elemente der roͤmiſchen Bevoͤlkerung.
auch die geringere Volksclaſſe immer zahlreicher und fe-
ſter an.
Wir haben Liſten der roͤmiſchen Bevoͤlkerung uͤbrig,
aus deren Vergleichung in den verſchiedenen Jahren ſich
fuͤr die Bildung derſelben ein recht merkwuͤrdiges Reſultat
ergibt. Nicht daß ſie im Ganzen ſehr raſch geſtiegen
waͤre: dieß koͤnnte man nicht ſagen: im Jahre 1600 fin-
den wir gegen 110000, ſechs und funfzig Jahre darnach
etwas uͤber 120000 Einwohner, und dieſer Fortſchritt hat
nichts Außerordentliches: aber es bildete ſich hier ein an-
deres, der Bemerkung werthes Verhaͤltniß. Fruͤher war
die roͤmiſche Einwohnerſchaft ſehr fluͤchtig geweſen: von
80000 ſank die Seelenzahl unter Paul IV. auf 50000;
wenige Jahrzehnte darauf erhob ſie ſich uͤber 100000.
Das ruͤhrte daher weil es meiſt ledige Maͤnner waren, die
den Hof bildeten, welche keine bleibende Staͤtte daſelbſt hat-
ten. Jetzt fixirte ſich die Bevoͤlkerung in anſaͤßigen Familien.
Schon gegen Ende des ſechszehnten Jahrhunderts fing dieß
an: hauptſaͤchlich aber geſchah es in der erſten Haͤlfte des
ſiebzehnten. Rom hatte
- im Jahre 1600 109729 Einw. und 20019 Familien;
- 1614 115643 21422
- 1619 106050 24380
- 1628 115374 24429
- 1644 110608 27279
- 1653 118882 29081
- 1656 120596 30103 .
5*
[68]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Wir ſehen, die allgemeine Anzahl der Einwohner nimmt
in einem und dem andern Jahre ſogar wieder ab: in regel-
maͤßigem Fortſchritte dagegen vermehrt ſich die Zahl der
Familien. In jenen ſechs und funfzig Jahren ſtieg ſie um
mehr als zehntauſend: was nun allerdings um ſo mehr
ſagen will, da der Anwachs der Einwohner uͤberhaupt
eben auch nur dieſelbe Zahl darbietet. Die Schaar der ledi-
gen Maͤnner welche ab und zuſtroͤmten, ward geringer:
die Maſſe der Bevoͤlkerung ſetzte ſich dagegen auf immer
feſt. In jenem Verhaͤltniß iſt ſie mit unbedeutenden auf
Krankheiten und der natuͤrlichen Ergaͤnzung beruhenden Ab-
wandlungen ſeitdem verblieben.
Nach der Ruͤckkehr der Paͤpſte von Avignon und der
Beilegung des Schismas hat ſich die Stadt, die damals
zu einem Dorfe zu werden drohte, um die Curie her ge-
bildet. Erſt mit der Macht und dem Reichthume der pa-
palen Geſchlechter jedoch, ſeitdem weder innere Unruhen noch
auch auswaͤrtige Feinde zu befuͤrchten waren, ſeitdem die
Rente die man aus den Einkuͤnften des Staates oder der
Kirche zog, einen muͤheloſen Genuß gewaͤhrte, kam eine zahl-
reiche anſaͤßige Bevoͤlkerung zu Stande. Ihr Gluͤck und
Beſitz ſchrieb ſich, ſey es durch unmittelbare Begabung
oder durch mittelbaren Vortheil, alle Mal von der Bedeu-
tung der Kirche und des Hofes her: es waren eigentlich
alles Emporkoͤmmlinge, wie die Nepoten ſelbſt.
Bisher waren die bereits Einheimiſch-gewordenen durch
friſche Anſiedler, die beſonders aus der Vaterſtadt jedes
1)
[69]Elemente der roͤmiſchen Bevoͤlkerung.
neuen Papſtes zahlreich herbeiſtroͤmten, unaufhoͤrlich ver-
mehrt und verjuͤngt worden: bei der Geſtalt, die der Hof
jetzt annahm, hoͤrte dieß auf. Unter dem Einfluſſe je-
ner großen Welteinwirkung, die der roͤmiſche Stuhl durch
die Reſtauration des Katholicismus uͤberhaupt gewonnen,
war auch die Hauptſtadt gegruͤndet worden; da hatten ſich
die roͤmiſchen Geſchlechter gebildet die noch heute bluͤhen:
ſeitdem die Ausbreitung des geiſtlichen Reiches inne hielt,
hoͤrte mit der Zeit auch die Bevoͤlkerung auf zu wachſen.
Wir koͤnnen ſagen: ſie iſt ein Product jener Epoche.
Ja die moderne Stadt uͤberhaupt, wie ſie noch heute
die Aufmerkſamkeit des Reiſenden feſſelt, gehoͤrt großen-
theils demſelben Zeitraum der katholiſchen Reſtauration an.
Werfen wir auch darauf einen Blick.
Bauwerke der Päpſte.
Wir haben eroͤrtert, wie großartige Bauunternehmun-
gen Sixtus V. ausfuͤhrte, aus welchen Geſichtspunkten der
Kirche und Religion er dieß that.
Clemens VIII. folgte ihm darin nach. In S. Gio-
vanni und S. Peter gehoͤren ihm einige der ſchoͤnſten Ca-
pellen: er hat die neue Reſidenz im Vatican gegruͤndet:
der Papſt und der Staatsſecretaͤr wohnen noch heut zu Tage
in den Gemaͤchern die er erbaut hat.
Vornehmlich aber ließ es Paul V. ſeinen Ehrgeiz ſeyn,
mit dem Franciscaner zu wetteifern. „In der ganzen Stadt“,
ſagt eine gleichzeitige Lebensbeſchreibung von ihm, „hat er
Huͤgel geebnet: wo es Winkel und Kruͤmmungen gab, weite
[70]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17 Jahrh.
Ausſichten eroͤffnet, große Plaͤtze aufgethan, und ſie durch
die Anlage neuer Gebaͤude noch herrlicher gemacht: das
Waſſer das er herbeigefuͤhrt, iſt nicht mehr das Spiel einer
Roͤhre, es bricht hervor wie ein Strom. Mit der Pracht
ſeiner Pallaͤſte wetteifert die Abwechſelung der Gaͤrten die
er angelegt. In dem Innern ſeiner Privatcapellen glaͤnzt
alles von Gold und Silber; mit Edelſteinen ſind ſie nicht
ſowohl geſchmuͤckt als erfuͤllt. Die oͤffentlichen Capellen
erheben ſich wie Baſiliken, die Baſiliken wie Tempel, die
Tempel wie marmorne Berge.“ 1)
Wir ſehen wohl, nicht das Schoͤne und Angemeſſene,
ſondern das Praͤchtige und Coloſſale lobt man an ſeinen
Werken, wie es dieſe auch ausſprechen.
In S. Maria Maggiore errichtete er der Capelle Six-
tus V. gegenuͤber eine noch bei weitem glaͤnzendere, durch-
aus vom koſtbarſten Marmor.
Noch weiter als Sixtus V, fuͤnf und dreißig Miglien
weit her, fuͤhrte er das Waſſer das ſeinen Namen traͤgt,
die Aqua Paolina, nach dem Janiculus: der Fontana und
dem Moſes Sixtus V. aus der Ferne gegenuͤber, bricht
ſie, beinahe fuͤnfmal ſo ſtark wie dieſe, in vier gewaltigen
Armen hervor. Wer war nicht hier, dieſe altberuͤhmten
Huͤgel zu beſuchen, die Porſena angriff, jetzt lauter Wein-
garten, Obſtgarten und Ruine: man uͤberſieht Stadt und
Land bis zu den entfernten Bergen, die der Abend mit
wundervoll farbigem Dufte, wie mit einem durchſichtigen
Schleier, bedeckt. Von dem Getoͤſe des hervorbrechenden
Waſſers wird die Einſamkeit herrlich belebt. Was Rom
[71]Bauwerke der Paͤpſte.
von allen andern Staͤdten unterſcheidet, iſt der Ueberfluß
des Waſſers, die Menge der Springbrunnen. Zu dieſem
Reize traͤgt die Aqua Paolina wohl das Meiſte bei. Sie
erfuͤllt die unvergleichlichen Fontaͤnen des Petersplatzes.
Unter dem Ponte Siſto wird ſie nach der eigentlichen Stadt
geleitet: die Brunnen an dem farneſiſchen Pallaſte und wei-
ter viele andere werden von ihr geſpeiſt.
Hatte nun Sixtus V. die Kuppel von S. Peter auf-
gefuͤhrt, ſo unternahm Paul V. die Kirche uͤberhaupt zu
vollenden 1). Er fuͤhrte das im Sinne ſeiner Zeit im groͤß-
ten Maaßſtabe aus. Heut zu Tage ſaͤhe man wohl lie-
ber den urſpruͤnglichen Plan Bramantes und Michel An-
gelos befolgt: dagegen hat das Unternehmen Pauls V. den
Sinn des ſiebzehnten und des achtzehnten Jahrhunderts
vollkommen befriedigt. Es iſt wahr, es ſind ungeheure
Dimenſionen: wer wollte dieſe Façade ſchoͤn finden? Aber
es iſt alles heiter, bequem, großartig. Das Coloſſale des
Gebaͤudes, der Platz, der Obelisk und die geſammte Um-
gebung bringen den Eindruck des Gigantiſchen hervor, den
man beabſichtigte, und der ſich unwiderſtehlich, unaus-
loͤſchlich aufdringt.
So kurz die Regierungszeit der Ludoviſi auch war,
ſo haben ſie ſich doch in S. Ignatio und ihrer Villa in
der Stadt ein unvergaͤngliches Denkmal geſtiftet. Niccolo
[72]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Ludoviſio beſaß einſt ſechs Pallaͤſte, die er alle erhielt oder
verſchoͤnerte.
Das Gedaͤchtniß Urbans VIII. finden wir nicht allein
in mancherlei Kirchen — S. Bibiana, S. Quirico, S. Se-
baſtian auf dem Palatin, — ſondern ſeinen Neigungen ge-
maͤß noch mehr in Pallaͤſten und Befeſtigungen. Nachdem
er S. Angelo mit Graͤben und Bruſtwehren umgeben, dieß
Caſtell, wie er auf einer ſeiner Muͤnzen ruͤhmt, geruͤſtet, befe-
ſtigt, vollendet hatte, fuͤhrte er die Mauer nach dem Entwurf
des bauverſtaͤndigen Cardinal Maculano um den Vatican
und den Garten Belvedere bis nach der Porta Cavalleggieri:
hier fingen dann andere Befeſtigungen an, die Lungara,
Trastevere und den Janiculus umfaſſen und bis an das
Priorat auf dem Aventin reichen ſollten; wenigſtens ſchreibt
ſich Porta Portuenſe hauptſaͤchlich von Urban VIII. her.
Erſt in dieſer Umgebung fuͤhlte er ſich ſicher. Jene Bruͤcke
die von den paͤpſtlichen Wohnungen nach dem Caſtell fuͤhrt,
hat er ſorgfaͤltig wiederhergeſtellt 1).
Auch Papſt Innocenz X. hat fleißig gebaut: auf dem
Capitol, deſſen beide Seiten er in Uebereinſtimmung zu
bringen ſuchte: in der Laterankirche, wo er ſich das Verdienſt
erwarb ſchonender mit den alten Formen umzugehn als man
damals gewohnt war: hauptſaͤchlich an der Piazza Navona.
Man bemerkte, wenn er uͤber den Petersplatz kam, daß er
ſeine Augen nicht von der Fontana verwandte die Paul V.
[73]Bauwerke der Paͤpſte.
dort errichtet 1). Gern haͤtte er mit dieſem Papſt gewetteifert
und ſeinen Lieblingsplatz mit einer noch ſchoͤnern geſchmuͤckt.
Bernini wandte alle ſeine Kunſt daran. Ein Obelisk ward
aus dem Circus des Caracalla herbeigefuͤhrt, an dem man
das Wappen des Hauſes anbrachte. Haͤuſer wurden nie-
dergeriſſen um dem Platz eine neue Geſtalt zu geben: S.
Agnete von Grund aus erneut; unfern erhob ſich dann,
mit Bildſaͤulen, Gemaͤhlden und koſtbarer innerer Einrich-
tung reich ausgeſtattet, der Pallaſt Pamfili. Die Vigna,
die ſeine Familie jenſeit des Vatican beſaß, ſchuf er zu ei-
ner der ſchoͤnſten Villen um, welche alles in ſich ſchließt
was das Landleben angenehm machen kann.
In Alexander VII. bemerken wir ſchon den modernen
Sinn fuͤr das Regelmaͤßige. Wie viel Haͤuſer hat er um-
reißen laſſen um gerade Straßen zu gewinnen: der Pallaſt
Salviati mußte fallen, um den Platz des Collegio Romano
zu bilden: auch der Platz Colonna, an dem ſich ſein Fa-
milienpallaſt erhob, ward von ihm umgeſchaffen. Er hat
die Sapienza und die Propaganda erneuert. Sein vor-
nehmſtes Denkmal ſind aber ohne Zweifel die Colonna-
den, mit denen er den obern Theil des Petersplatzes um-
faßte, ein coloſſales Werk von 284 Saͤulen und 88 Pfeilern.
Was man auch gleich von Anfang und ſpaͤter dagegen ge-
ſagt haben mag 2), ſo iſt doch nicht zu leugnen, daß ſie in
[74]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
der Idee des Ganzen gedacht ſind, und zu dem Eindruck des
zugleich Unermeßlichen und Heiter-Behaglichen, den der
Platz hervorbringt, das Ihre beitragen.
So bildete ſich allmaͤhlig die Stadt, nach der ſeitdem
ſo unzaͤhlige Fremde gewallfahrtet. Sie erfuͤllte ſich zu-
gleich mit Schaͤtzen aller Art. Zahlreiche Bibliotheken
wurden geſammelt: nicht allein der Vatican, oder die Kloͤ-
ſter der Auguſtiner, der Dominicaner, die Haͤuſer der Je-
ſuiten und der Vaͤter des Oratoriums, ſondern auch
die Pallaͤſte wurden damit ausgeſtattet; man wetteiferte
gedruckte Werke anzuhaͤufen, ſeltene Handſchriften zuſam-
menzubringen. Nicht daß man nun auch den Wiſſenſchaf-
ten ſehr eifrig obgelegen haͤtte; man ſtudirte, aber mit
Muße: weniger um etwas Neues zu entdecken, als um
das Bekannte an ſich zu bringen und zu verarbeiten. Von
alle den Akademien, die ſich Jahr fuͤr Jahr erhoben, wid-
mete ſich eine und die andere der Naturforſchung, etwa der
Botanik, obwohl auch ohne recht eigenthuͤmliche Erfolge 1):
aber alle die andern, die Gutgelaunten 2), die Geordne-
2)
[75]Bauwerke der Paͤpſte.
ten, die Jungfraͤulichen, die Phantaſtiſchen, die Einfoͤrmi-
gen, und welche ſonderbare Namen ſie ſich ſonſt gaben,
beſchaͤftigten ſich nur mit Poeſie und Beredtſamkeit, Uebun-
gen geiſtiger Gewandtheit, die in einem engen Kreiſe von
Gedanken ſtehn blieben, und doch viele ſchoͤne Kraͤfte ver-
brauchten. Und nicht allein mit Buͤchern, ſondern auch
mit Kunſtwerken alter und neuer Zeit, mit Antiquitaͤten
mancherlei Art, Bildſaͤulen, Reliefs und Inſcriptionen muß-
ten die Pallaͤſte geſchmuͤckt ſeyn. In unſerer Epoche wa-
ren die Haͤuſer Ceſi, Giuſtiniani, Strozzi, Maſſimi, die
Gaͤrten der Mattei am beruͤhmteſten; an die ſich Samm-
lungen wie die Kircherſche bei den Jeſuiten zu nicht ge-
ringerer Bewunderung der Mitwelt anreihten. Noch war
es mehr Curioſitaͤt, antiquariſche Gelehrſamkeit, was zu den
Sammlungen veranlaßte, als Sinn fuͤr die Formen oder
tieferes Verſtaͤndniß. Es iſt merkwuͤrdig, daß man im
Grunde noch immer daruͤber dachte wie Sixtus V. Den
Reſten des Alterthums war man noch weit entfernt die
Aufmerkſamkeit und ſchonende Sorgfalt zu widmen welche
ſie ſpaͤterhin gefunden haben. Was darf man erwarten,
wenn ſich unter andern Privilegien der Borgheſen eins fin-
det, welches beſagt, daß ſie durch keinerlei Art von Zer-
ſtoͤrung in Strafe verfallen ſeyn ſollen. Man ſollte kaum
glauben, was man ſich im ſiebzehnten Jahrhundert noch
erlaubt hat. Die Thermen des Conſtantin unter andern
hatten ſich durch ſo viel wechſelnde Zeitraͤume noch immer
ziemlich in Stand erhalten, und gewiß haͤtte ſchon das
Verdienſt ihres Erbauers um die Herrſchaft der chriſtlichen
Kirche ſie beſchuͤtzen ſollen; jedoch unter Paul V. wurden
[76]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
ſie von Grund aus zerſtoͤrt, und in dem Geſchmack jener Zeit
zu Pallaſt und Garten umgeſchaffen; welche darnach fuͤr die
Villa Mondragone in Frascati vertauſcht wurden. Selbſt
der Friedenstempel, damals ebenfalls noch ziemlich gut er-
halten, fand vor Paul V. keine Gnade. Er faßte den
ſonderbaren Gedanken, der Jungfrau Maria mit dem Kinde
eine coloſſale eherne Bildſaͤule gießen, und dieſelbe ſo hoch
aufſtellen zu laſſen, daß die Stadt von dieſer ihrer Be-
ſchuͤtzerin ganz uͤberſehen werden koͤnne. Nur gehoͤrte dazu
eine Saͤule von ungewoͤhnlicher Laͤnge. Er fand eine ſolche
endlich im Friedenstempel: ohne ſich zu kuͤmmern, daß ſie
dort ein Gewoͤlbe ſtuͤtzte, daß ſie ſich einzeln mehr ſeltſam
und auffallend als ſchoͤn und zweckmaͤßig ausnehmen wuͤrde,
fuͤhrte er ſie weg, und brachte jenen Coloß darauf an, wie
wir ihn noch heute ſehen.
Sollte auch nicht alles wahr ſeyn, was man den
Barberini nachgeſagt hat, ſo iſt doch unleugbar, daß ſie
im Allgemeinen in eben dieſem Sinne verfuhren. Unter Ur-
ban VIII. hatte man in der That noch einmal die Abſicht
jenes einzig echte und erhaltene, unvergleichliche Monument
der republikaniſchen Zeiten, das Denkmal der Caͤcilia Me-
tella, zu zerſtoͤren, um den Marmor bei der Fontana di
Trevi anzuwenden. Der beruͤhmteſte Bildhauer und Bau-
meiſter jener Zeit, Bernini, dem die Fontana uͤbertragen
worden, machte dieſen Entwurf, und der Papſt gab ihm
in einem Breve die Erlaubniß zur Ausfuͤhrung. Schon
legte man Hand an, als das roͤmiſche Volk, das ſeine
Alterthuͤmer liebte, die Sache inne wurde und ſich mit
Gewalt dawiderſetzte. Zum zweiten Male rettete es dieſen
[77]Bauwerke der Paͤpſte.
ſeinen aͤlteſten Beſitz. Man mußte abſtehn, um keinen
Auflauf zu erregen 1).
Es haͤngt aber alles zuſammen. Die Epoche der Re-
ſtauration hat ihre beſonderen Ideen, Antriebe entwickelt:
die auch in Kunſt und Literatur nach der Alleinherrſchaft
ſtreben, das Fremdartige weder verſtehn noch auch aner-
kennen, und es zu zerſtoͤren entſchloſſen ſind, wenn ſie es
nicht unterjochen koͤnnen.
Nichts deſto minder war Rom noch immer eine Haupt-
ſtadt der Cultur, die in ſammelnder Gelehrſamkeit und einer
Kunſtuͤbung wie ſie der Geſchmack jenes Zeitalters nun ein-
mal beliebte, ihres Gleichen nicht hatte; productiv noch immer
in der Muſik: — der concentirende Styl der Cantate trat
damals dem Styl der Capelle zur Seite; — es entzuͤckte die
Reiſenden. „Man muͤßte von der Natur verwahrloſt ſeyn,“
ruft Spon aus, der 1674 nach Rom kam, „wenn man nicht
in irgend einem Zweige ſeine Befriedigung faͤnde“ 2). Er
geht dieſe Zweige durch: die Bibliotheken, wo man die ſelten-
ſten Werke ſtudiren, die Concerte in Kirchen und Pallaͤſten,
wo man taͤglich die ſchoͤnſten Stimmen hoͤren koͤnne; ſo
viel Sammlungen fuͤr alte und neue Sculptur und Male-
rei; ſo viel herrliche Bauwerke aller Zeiten, ganze Villen
mit Basreliefs und Inſcriptionen, deren er allein tauſend
neue copirt hat, uͤberkleidet; die Gegenwart ſo vieler Frem-
den von allen Laͤndern und Zungen; die Natur genieße man
in den paradieſiſchen Gaͤrten; und wer die Uebungen der
[78]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Froͤmmigkeit liebt, fuͤgt er hinzu, fuͤr den iſt durch Kir-
chen, Reliquien, Proceſſionen ſein Lebelang geſorgt.
Ohne Zweifel gab es anderwaͤrts noch großartigere gei-
ſtige Regungen; aber die Vollendung der roͤmiſchen Welt,
ihre Beſchloſſenheit in ſich ſelbſt, die Fuͤlle des Reichthums,
der ruhige Genuß, vereinigt mit der Sicherheit und Befrie-
digung, welche den Glaͤubigen der unaufhoͤrliche Anblick
der Gegenſtaͤnde ſeiner Verehrung gewaͤhrte, uͤbte noch im-
mer eine maͤchtige Anziehung aus, bald mehr durch das
eine, bald mehr durch das andere Motiv, zuweilen unent-
ſchieden durch welches am meiſten.
Vergegenwaͤrtigen wir uns dieſe Anziehung an dem
auffallendſten Beiſpiele, das zugleich auf den roͤmiſchen Hof
lebendig zuruͤckwirkte.
Digreſſion über Königin Chriſtine von Schweden.
Schon oft ſind wir in dem Falle geweſen unſere Blicke
nach Schweden hinzuwenden.
Das Land, wo das Lutherthum zuerſt die geſammte
Verfaſſung politiſch umgeſtaltete, die Antireformation auf
eine ſo ungewoͤhnliche Weiſe in den hoͤchſten Perſonen Re-
praͤſentanten und Widerſacher fand, von wo dann die
große Entſcheidung in dem welthiſtoriſchen Kampfe haupt-
ſaͤchlich ausgegangen war; eben da machte jetzt der Katholi-
cismus auch in der neuen Geſtalt die er angenommen, die
unerwartetſte Eroberung. Die Tochter jenes Vorkaͤmpfers
der Proteſtanten, Koͤnigin Chriſtine von Schweden, zog er
[79]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
an ſich. Wie dieß geſchah, iſt ſchon an ſich, und dann
insbeſondere fuͤr uns der Betrachtung werth.
Gehn wir von der Stellung aus, welche die junge Koͤ-
nigin in ihrem Lande einnahm.
Nach dem Tode Guſtav Adolfs war auch in Schwe-
den, wie 1619 in Oeſtreich, 1640 in Portugal, und in
dieſer Epoche an ſo vielen andern Orten einen Augenblick
die Rede davon, ob man ſich nicht von der koͤniglichen
Gewalt frei machen und als Republik conſtituiren ſolle 1).
Nun ward dieſer Antrag zwar verworfen: man hul-
digte der Tochter des verſtorbenen Koͤnigs; aber daß dieß
ein Kind von ſechs Jahren war, daß es Niemand von koͤ-
niglichem Geſchlechte gab der die Zuͤgel haͤtte ergreifen koͤn-
nen, bewirkte doch, daß die Gewalt in die Haͤnde einiger
Wenigen kam. Die antimonarchiſchen Tendenzen jener Zeit
fanden in Schweden Anklang und Billigung: ſchon das
Verfahren des langen Parlamentes in England, noch viel
mehr aber die Bewegungen der Fronde, da ſie um ſo viel
entſchiedener ariſtokratiſch waren. „Ich bemerke wohl,“
ſagte Chriſtina einſtmals ſelbſt in dem Senate, „man wuͤnſcht
hier, daß Schweden ein Wahlreich oder eine Ariſtokratie
werde.“
Dieſe junge Fuͤrſtin aber war nicht gemeint die koͤ-
[80]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
nigliche Gewalt verfallen zu laſſen: ſie ſtrengte ſich an, in
vollem Sinne des Worts Koͤnigin zu ſeyn. Von dem Au-
genblicke an daß ſie die Regierung ſelbſt antrat, im Jahre
1644, widmete ſie ſich den Geſchaͤften mit einem bewun-
dernswuͤrdigen Eifer. Niemals haͤtte ſie eine Senatsſitzung
verſaͤumt: wir finden, daß ſie mit dem Fieber geplagt iſt,
daß ſie zur Ader gelaſſen hat: ſie beſucht die Sitzung deſ-
ſenungeachtet. Sie verſaͤumt nicht ſich auf das beſte vor-
zubereiten. Deductionen, viele Bogen lang, lieſt ſie durch
und macht ſich ihren Inhalt zu eigen: Abends vor dem
Einſchlafen, fruͤh beim Erwachen uͤberlegt ſie die ſtreitigen
Punkte 1). Mit großer Geſchicklichkeit verſteht ſie dann die
Frage vorzulegen: ſie laͤßt nicht bemerken auf welche Seite
ſie ſich neigt: nachdem ſie alle Mitglieder gehoͤrt hat, ſagt
auch ſie ihre Meinung, die ſich immer wohlbegruͤndet fin-
det, die man in der Regel beliebt. Die alten Senatoren
ſind verwundert welche Gewalt ſie ſich zu verſchaffen weiß 2).
An dem Abſchluß des weſtphaͤliſchen Friedens hatte ſie perſoͤn-
lich vielen Antheil: die Offiziere der Armee, ihr Geſandter
am
[81]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
am Congreß waren nicht dafuͤr: auch in Schweden gab es
Leute welche die Zugeſtaͤndniſſe, die man den Katholiken beſon-
ders fuͤr die oͤſtreichiſchen Erblande machte, nicht billigten:
aber ſie wollte das Gluͤck nicht immer aufs neue heraus-
fordern: niemals war Schweden ſo glorreich, ſo maͤchtig
geweſen: ſie ſah eine Befriedigung ihres Selbſtgefuͤhls darin,
daß dem ſo war, ſie wuͤnſchte ihren Namen an dieſen Zu-
ſtand zu knuͤpfen.
Hielt ſie nun ſelbſt die Eigenmacht der Ariſtokratie
nach Kraͤften nieder, ſo ſollte ſich dieſe eben ſo wenig
ſchmeicheln duͤrfen, etwa in Zukunft zu ihrem Ziele zu
gelangen: ſo jung ſie auch noch war, ſo brachte ſie doch ſehr
bald die Succeſſion ihres Vetters des Pfalzgrafen Carl
Guſtav in Vorſchlag. Sie meint, der Prinz habe das
nicht zu hoffen gewagt: ſie allein habe es durchgeſetzt, wi-
der den Willen des Senates, der es nicht einmal habe
in Ueberlegung nehmen wollen, wider den Willen der Staͤnde,
die nur aus Ruͤckſicht auf ſie darin gewilligt: genug dieſe
Succeſſion ward unwiderruflich feſtgeſetzt 1).
Doppelt merkwuͤrdig iſt es nun, daß ſie bei dieſem
Eifer fuͤr die Geſchaͤfte zugleich den Studien mit einer Art
von Leidenſchaft oblag. Noch in den Jahren der Kindheit
war ihr nichts angenehmer geweſen als die Lehrſtunde.
Es mochte daher kommen, daß ſie bei ihrer Mutter wohnte,
die ſich ganz dem Schmerze uͤber ihren Gemahl hingab:
mit Ungeduld erwartete ſie taͤglich den Augenblick, wo ſie
aus dieſen dunkeln Gemaͤchern der Trauer erloͤſt wurde.
Päpſte** 6
[82]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Aber ſie beſaß auch, beſonders fuͤr die Sprachen, ein außer-
ordentliches Talent; ſie erzaͤhlt, daß ſie die meiſten eigentlich
ohne Lehrer gelernt habe 1); was um ſo mehr ſagen will,
da ſie es wirklich in einigen bis zur Fertigkeit eines Einge-
bornen gebracht hat. Wie ſie aufwuchs, ward ſie immer
mehr von dem Reize ergriffen der in der Literatur liegt.
Es war die Epoche in welcher ſich die Gelehrſamkeit all-
maͤhlig von den Feſſeln der theologiſchen Streitigkeiten ab-
loͤſte, in welcher ſich uͤber beide Parteien hin allgemein an-
erkannte Reputationen erhoben. Sie hatte den Ehrgeiz be-
ruͤhmte Leute an ſich zu ziehen, ihres Unterrichtes zu
genießen. Zuerſt kamen einige deutſche Philologen und
Hiſtoriker, z. B. Freinsheim, auf deſſen Bitten ſie ſeiner
Vaterſtadt Ulm den groͤßten Theil der ihr auferlegten Kriegs-
contribution erließ 2); dann folgten Niederlaͤnder: Iſaak
Voſſius brachte das Studium des Griechiſchen in Schwung;
ſie bemaͤchtigte ſich in kurzem der wichtigſten alten Auto-
ren, und ſelbſt die Kirchenvaͤter blieben ihr nicht fremd.
Im Jahre 1650 erſchien Salmaſius: die Koͤnigin hatte
ihm ſagen laſſen: komme er nicht zu ihr, ſo werde ſie ge-
genoͤthigt ſeyn zu ihm zu kommen: ein Jahr lang wohnte
er in ihrem Pallaſte. Endlich ward auch Carteſius bewo-
[83]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
gen ſich zu ihr zu begeben: alle Morgen um fuͤnf hatte er
die Ehre ſie in ihrer Bibliothek zu ſehen: man behauptet,
ſie habe ſeine Ideen, ihm ſelbſt zur Verwunderung, aus
dem Plato abzuleiten gewußt. Es iſt gewiß, daß ſie in
ihren Conferenzen mit den Gelehrten wie in ihren Beſpre-
chungen mit dem Senate die Ueberlegenheit des gluͤcklich-
ſten Gedaͤchtniſſes und einer raſchen Auffaſſung und Pene-
tration zeigte. „Ihr Geiſt iſt hoͤchſt außerordentlich“, ruft
Naudaͤus mit Erſtaunen aus: „ſie hat alles geſehen, alles
geleſen, ſie weiß alles“ 1).
Wunderbare Hervorbringung der Natur und des Gluͤcks.
Ein junges Fraͤulein frei von aller Eitelkeit: ſie ſucht es
nicht zu verbergen, daß ſie die eine Schulter hoͤher hat als
die andere: man hat ihr geſagt, ihre Schoͤnheit beſtehe be-
ſonders in ihrem reichen Haupthaar, ſie wendet auch nicht
die gewoͤhnlichſte Sorgfalt darauf; jede kleine Sorge des
Lebens iſt ihr fremd: ſie hat ſich niemals um ihre Tafel
bekuͤmmert, ſie hat nie uͤber eine Speiſe geklagt, ſie trinkt
nichts als Waſſer; auch eine weibliche Arbeit hat ſie nie
begriffen: — dagegen macht es ihr Vergnuͤgen, zu hoͤren,
daß man ſie bei ihrer Geburt fuͤr einen Knaben genommen,
daß ſie in der fruͤheſten Kindheit beim Abfeuern des Ge-
ſchuͤtzes ſtatt zu erſchrecken in die Haͤnde geklatſcht und ſich
als ein rechtes Soldatenkind ausgewieſen habe; auf das
6*
[84]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
kuͤhnſte ſitzt ſie zu Pferd, Einen Fuß im Buͤgel, ſo fliegt
ſie dahin: auf der Jagd weiß ſie das Wild mit dem er-
ſten Schuß zu erlegen; — ſie ſtudirt Tacitus und Plato,
und faßt dieſe Autoren zuweilen ſelbſt beſſer als Philolo-
gen von Profeſſion; — ſo jung ſie iſt, ſo weiß ſie ſich
ſelbſt in Staatsgeſchaͤften ſelbſtaͤndig eine treffende Mei-
nung zu bilden, und ſie unter den in Welterfahrung er-
grauten Senatoren durchzufechten: ſie wirft den friſchen
Muth eines angebornen Scharfſinns in die Arbeit; vor
allem iſt ſie von der hohen Bedeutung durchdrungen die
ihr ihre Herkunft gebe, von der Nothwendigkeit der Selbſt-
regierung: keinen Geſandten haͤtte ſie an ihre Miniſter ge-
wieſen: ſie will nicht dulden, daß einer ihrer Unterthanen
einen auswaͤrtigen Orden trage, wie ſie ſagt, daß ein Mit-
glied ihrer Heerde von einer fremden Hand ſich bezeichnen
laſſe: ſie weiß eine Haltung anzunehmen, vor welcher die
Generale verſtummen welche Deutſchland erbeben gemacht:
waͤre ein neuer Krieg ausgebrochen, ſo wuͤrde ſie ſich unfehl-
bar an die Spitze ihrer Truppen geſtellt haben.
Bei dieſer Geſinnung und vorwaltenden Stimmung
war ihr ſchon der Gedanke unertraͤglich ſich zu verheira-
then, einem Manne Rechte an ihre Perſon zu geben; der
Verpflichtung hiezu, die ſie gegen ihr Land haben koͤnnte,
glaubt ſie durch die Feſtſetzung der Succeſſion uͤberhoben
zu ſeyn; nachdem ſie gekroͤnt iſt, erklaͤrt ſie, ſie wuͤrde eher
ſterben als ſich vermaͤhlen 1).
[85]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
Sollte aber wohl ein Zuſtand dieſer Art uͤberhaupt
behauptet werden koͤnnen? Er hat etwas Geſpanntes, An-
geſtrengtes, es fehlt ihm das Gleichgewicht der Geſundheit,
die Ruhe eines natuͤrlichen und in ſich befriedigten Da-
ſeyns. Es iſt nicht Neigung zu den Geſchaͤften, daß ſie
ſich ſo eifrig hineinwirft; Ehrgeiz und fuͤrſtliches Selbſtgefuͤhl
treiben ſie dazu an: Vergnuͤgen findet ſie daran nicht. Auch
liebt ſie ihr Vaterland nicht, weder ſeine Vergnuͤgungen
noch ſeine Gewohnheiten: weder ſeine geiſtliche noch ſeine
weltliche Verfaſſung: auch nicht ſeine Vergangenheit, von
der ſie keine Ahndung hat: die Staatsceremonien, die lan-
gen Reden, die ſie anzuhoͤren verpflichtet iſt, jede Function
bei der ſie perſoͤnlich in Anſpruch genommen wird, ſind
ihr geradezu verhaßt: der Kreis von Bildung und Gelehr-
ſamkeit in dem ſich ihre Landsleute halten, ſcheint ihr ver-
aͤchtlich. Haͤtte ſie dieſen Thron nicht von Kindheit an
beſeſſen, ſo wuͤrde er ihr vielleicht als ein Ziel ihrer Wuͤn-
ſche erſchienen ſeyn; aber da ſie Koͤnigin war, ſo weit ſie
zuruͤckdenken kann, ſo haben die begehrenden Kraͤfte des
Gemuͤthes, welche die Zukunft eines Menſchen ihm vor-
bereiten, eine von ihrem Lande abgewendete Richtung ge-
nommen. Phantaſie und Liebe zu dem Ungewoͤhnlichen fan-
gen an, ihr Leben zu beherrſchen: ſie kennt keine Ruͤckſicht:
ſie denkt nicht daran, den Eindruͤcken des Zufalls und des
Momentes die Ueberlegenheit des moraliſchen Ebenmaaßes,
welche ihrer Stellung entſpraͤche, entgegenzuſetzen; ja ſie iſt
hochgeſinnt, muthig, voll Spannkraft und Energie, groß-
1)
[86]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
artig, aber auch ausgelaſſen, heftig, recht mit Abſicht un-
weiblich, keinesweges liebenswuͤrdig, unkindlich ſelbſt, und
zwar nicht allein gegen ihre Mutter: auch das heilige An-
denken ihres Vaters ſchont ſie nicht, um eine beißende Ant-
wort zu geben: es iſt zuweilen als wuͤßte ſie nicht was
ſie ſagt 1). So hoch ſie auch geſtellt iſt, ſo koͤnnen doch
die Ruͤckwirkungen eines ſolchen Betragens nicht ausblei-
ben: um ſo weniger fuͤhlt ſie ſich dann zufrieden, heimiſch
oder gluͤcklich.
Da geſchieht nun, daß dieſer Geiſt der Nichtbefriedi-
gung ſich vor allem auf die religioͤſen Dinge wirft: wo-
mit es folgendergeſtalt zuging.
In ihren Erinnerungen verweilt die Koͤnigin mit be-
ſonderer Vorliebe bei ihrem Lehrer Dr. Johann Matthiaͤ,
deſſen einfache, reine, milde Seele ſie vom erſten Augenblick
an feſſelte: der ihr erſter Vertrauter wurde: auch in allen
kleinen Angelegenheiten 2). Unmittelbar nachdem ſich ge-
zeigt, daß von den beſtehenden Kirchengeſellſchaften keine
die andere uͤberwaͤltigen werde, regte ſich hie und da in
wohlgeſinnten Gemuͤthern die Tendenz ſie zu vereinigen.
Auch Matthiaͤ hegte dieſen Wunſch: er gab ein Buch her-
aus, in welchem er eine Vereinigung der beiden proteſtan-
tiſchen Kirchen in Anregung brachte. Die Koͤnigin nun
war ſehr ſeiner Meinung: ſie faßte den Gedanken eine theo-
[87]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
logiſche Akademie zu ſtiften, die an der Vereinigung der
Bekenntniſſe arbeiten ſollte. Allein auf der Stelle er-
hob ſich hiewider der unbezaͤhmte Eifer unerſchuͤtterlicher
Lutheraner. Ein Superintendent von Calmar griff jenes
Buch mit Ingrimm an: die Staͤnde nahmen dawider
Partei. Die Biſchoͤfe erinnerten den Reichsrath, uͤber die
Landesreligion zu wachen: der Großkanzler begab ſich zur
Koͤnigin, und machte ihr ſo nachdruͤckliche Vorſtellungen,
daß ihr Thraͤnen des Unmuthes in die Augen traten 1).
Da mag ſie recht deutlich zu bemerken geglaubt ha-
ben, daß es nicht ein reiner Eifer ſey, was ihre Luthera-
ner in Bewegung ſetze. Sie meinte, man wolle ſie mit
der Idee von Gott taͤuſchen, die man ihr gab, nur um ſie
nach einem vorbedachten Ziele zu leiten. Es ſchien ihr Got-
tes nicht wuͤrdig wie man ihn ihr vorſtellte 2).
Die weitlaͤuftigen Predigten, die ihr ſchon immer Lan-
geweile gemacht, und die ſie um der Reichsordnungen wil-
len anhoͤren mußte, wurden ihr nun unertraͤglich. Oft
zeigte ſie ihre Ungeduld: ſie ruͤckte mit dem Stuhle, ſpielte
mit ihrem Huͤndchen; deſto laͤnger, unbarmherziger ſuchte
man ſie feſtzuhalten.
In der Stimmung in welche ſie hiedurch gerieth, in
der ſie ſich von der angenommenen Landesreligion innerlich
[88]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
entfernte, ward ſie nun durch die Ankunft der fremden Ge-
lehrten beſtaͤrkt. Einige waren katholiſch: andere z. B.
Iſaak Voſſius galten geradezu fuͤr unglaͤubig: Bourdelot,
der bei ihr um ſo hoͤher ſtand, da er ſie von einer gefaͤhr-
lichen Krankheit gluͤcklich heilte, verſpottete alles, Polyhi-
hiſtoren und Landesreligionen, und galt geradezu fuͤr einen
Naturaliſten.
Allmaͤhlig gerieth die junge Fuͤrſtin in unaufloͤsliche
Zweifel. Es ſchien ihr, als ſey alle poſitive Religion eine
Erfindung der Menſchen, als gelte jedes Argument gegen
die eine ſo gut wie gegen die andere: als ſey es zuletzt
gleichguͤltig welcher man angehoͤre.
Indeſſen ging ſie hiebei doch nie bis zu eigentli-
cher Irreligioſitaͤt fort: es gab auch in ihr einige unerſchuͤt-
terliche Ueberzeugungen: in ihrer fuͤrſtlichen Einſamkeit auf
dem Throne haͤtte ſie doch den Gedanken an Gott nicht
entbehren koͤnnen: ja ſie glaubte faſt ihm einen Schritt naͤ-
her zu ſtehn: „du weißt“ ruft ſie aus, „wie oft ich in
einer gemeinen Geiſtern unbekannten Sprache dich um die
Gnade bat mich zu erleuchten, und dir gelobte dir zu ge-
horchen, ſollte ich auch Leben und Gluͤck daruͤber aufopfern.“
Schon verknuͤpft ſie dieß mit ihren uͤbrigen Ideen: „ich
verzichtete“, ſagt ſie, „auf alle andere Liebe und widmete
mich dieſer.“
Sollte aber Gott die Menſchen ohne die wahre Reli-
gion gelaſſen haben? Beſonders machte ein Ausſpruch Ci-
ceros, daß die wahre Religion nur Eine ſeyn koͤnne und
alle andern falſch ſeyn muͤßten, auf ſie Eindruck 1).
[89]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
Die Frage war nur eben welche dieß ſey.
Suchen wir hier nicht nach Gruͤnden, Beweiſen. Sie
hat oft geſagt, ſie habe an dem Proteſtantismus keine we-
ſentlichen Irrthuͤmer im Dogma gefunden. Aber wie ihre
Abneigung gegen denſelben aus einem urſpruͤnglichen, nicht
weiter abzuleitenden, nur durch die Umſtaͤnde erhoͤhten Ge-
fuͤhle herruͤhrt, ſo wirft ſie ſich mit einer eben ſo unerklaͤr-
lichen Neigung, mit unbedingter Sympathie auf die Seite
des Katholicismus.
Sie war neun Jahr alt, als man ihr zuerſt eine naͤ-
here Notiz von der katholiſchen Kirche gab: und ihr unter
andern ſagte, daß in derſelben der eheloſe Stand ein Ver-
dienſt ſey: „Ah,“ rief ſie aus, “wie ſchoͤn iſt dieß, dieſe
Religion will ich annehmen.”
Man verwies ihr das ernſtlich: deſto hartnaͤckiger
blieb ſie dabei.
Daran knuͤpften ſich weitere verwandte Eindruͤcke.
„Wenn man katholiſch iſt,“ ſagt ſie, „hat man den Troſt,
zu glauben was ſo viel edle Geiſter 16 Jahrhunderte lang
geglaubt: einer Religion anzugehoͤren die durch Millionen
Wunder, Millionen Maͤrtyrer beſtaͤtigt iſt: die endlich,“
fuͤgt ſie hinzu, „ſo viele wunderbare Jungfrauen hervorge-
bracht hat, welche die Schwachheiten ihres Geſchlechts uͤber-
wunden und ſich Gott geopfert haben.“
Die Verfaſſung von Schweden beruht auf dem Pro-
teſtantismus: der Ruhm, die Macht, die Weltſtellung die-
ſes Landes ſind darauf gegruͤndet; ihr aber wird er wie
eine Nothwendigkeit aufgelegt: abgeſtoßen von tauſend Zu-
faͤlligkeiten, unberuͤhrt von ſeinem Geiſte, eigenwillig reißt
[90]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
ſie ſich von ihm los: das Entgegengeſetzte, von dem ſie
nur eine dunkele Kunde hat, zieht ſie an: daß es in dem
Papſt eine untruͤgliche Autoritaͤt gebe, ſcheint ihr eine der
Guͤte Gottes angemeſſene Einrichtung: darauf wirft ſie ſich
von Tage zu Tage mit vollerer Entſchiedenheit: es iſt
als fuͤhlte ſich das Beduͤrfniß weiblicher Hingebung hie-
durch befriedigt, als entſpraͤnge in ihrem Herzen der Glaube
wie in einem andern die Liebe, eine Liebe des unbewußten
Affectes, die von der Welt verdammt wird, und verheim-
licht werden muß, aber darum nur deſto tiefer wurzelt,
in der ein weibliches Herz ſich gefaͤllt, der es alles zu
opfern entſchloſſen iſt.
Wenigſtens wandte Chriſtine nun, um ſich dem roͤ-
miſchen Hofe zu naͤhern, eine geheimnißvolle Verſchlagen-
heit an, wie ſie ſonſt nur in Angelegenheiten der Leiden-
ſchaft oder des Ehrgeizes vorkommt: ſie ſpann gleichſam
eine Intrigue an um katholiſch zu werden. Darin zeigte
ſie ſich vollkommen als eine Frau.
Der erſte dem ſie ihre Neigung zu erkennen gab, war
ein Jeſuit Antonio Macedo, Beichtvater des portugieſiſchen
Geſandten Pinto Pereira 1). Pereira ſprach nur portugie-
ſiſch: er brauchte ſeinen Beichtvater zugleich als Dolmet-
ſcher. Ein ſonderbares Vergnuͤgen das ſich die Koͤnigin
machte, in den Audienzen die ſie dem Geſandten gab, in-
[91]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
dem er von Staatsgeſchaͤften zu handeln gedachte, mit ſei-
nem Dolmetſcher auf religioͤſe Controverſen zu kommen,
und dieſem in Gegenwart eines Dritten der davon nichts
verſtand, ihr tiefſtes Geheimniß anzuvertrauen 1).
Ploͤtzlich verſchwand Macedo von Stockholm. Die
Koͤnigin that, als laſſe ſie ihn ſuchen, verfolgen, aber ſie
ſelbſt hatte ihn nach Rom geſchickt, um ihre Abſicht zu-
naͤchſt dem Jeſuitengeneral vorzutragen, und ihn zu bitten
ihr ein paar vertraute Mitglieder ſeines Ordens zuzuſenden.
Im Februar 1652 langten dieſe in der That in Stock-
holm an. Es waren ein paar juͤngere Maͤnner, die ſich
als reiſende italieniſche Edelleute vorſtellen ließen, und hier-
auf von ihr zur Tafel gezogen wurden. Sie vermuthete auf
der Stelle, wer ſie waͤren: indem ſie unmittelbar vor ihr her
in das Speiſezimmer gingen, ſagte ſie leiſe zu dem Einen,
vielleicht habe er Briefe an ſie; dieſer bejahte das, ohne ſich
umzuwenden; ſie ſagte: ſprecht mit Niemand, und ſchickte
dann nach Tiſche ihren vertrauteſten Diener Johann Holm
um die Briefe, den andern Morgen um ſie ſelbſt im tief-
ſten Geheimniß nach dem Pallaſte abzuholen 2).
In dem Koͤnigspallaſt Guſtav Adolfs traten Abgeord-
nete von Rom mit ſeiner Tochter zuſammen um mit ihr
uͤber ihren Uebertritt zur roͤmiſchen Kirche zu unterhandeln.
[92]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Der Reiz fuͤr Chriſtine lag auch darin, daß Niemand et-
was davon ahndete.
Die guten Jeſuiten beabſichtigten anfangs die Ord-
nung des Katechismus zu beobachten, doch ſahen ſie bald,
daß das hier nicht angebracht ſey. Die Koͤnigin warf ih-
nen ganz andere Fragen auf, als die dort vorkamen. Ob
es einen Unterſchied zwiſchen Gut und Boͤſe gebe, oder ob
alles nur auf den Nutzen und die Schaͤdlichkeit einer Hand-
lung ankomme; wie die Zweifel zu erledigen, die man ge-
gen die Annahme einer Vorſehung erheben koͤnne; ob die
Seele des Menſchen wirklich unſterblich; ob es nicht am
rathſamſten ſey, ſeiner Landesreligion aͤußerlich zu folgen
und nach den Geſetzen der Vernunft zu leben. Die Jeſui-
ten melden nicht, was ſie auf dieſe Fragen geantwortet ha-
ben: ſie meinen, waͤhrend des Geſpraͤchs ſeyen ihnen Ge-
danken gekommen, an die ſie fruͤher nie gedacht und die
ſie dann wieder vergeſſen: in der Koͤnigin habe der heilige
Geiſt gewirkt. In der That war in ihr ſchon eine ent-
ſchiedene Hinneigung, welche alle Gruͤnde und die Ueber-
zeugung ſelbſt ergaͤnzte. Am haͤufigſten kam man auf je-
nen oberſten Grundſatz zuruͤck, daß die Welt nicht ohne
die wahre Religion ſeyn koͤnne: daran ward die Behaup-
tung geknuͤpft, daß unter den vorhandenen die katholiſche
die vernuͤnftigſte ſey. „Unſer Hauptbeſtreben war,“ ſagen
die Jeſuiten, „zu beweiſen, daß die Punkte unſeres heili-
gen Glaubens uͤber die Vernunft erhaben, aber keineswe-
ges ihr entgegen ſeyen.“ Die vornehmſte Schwierigkeit
betraf die Anrufung der Heiligen, die Verehrung der Bil-
der und Reliquien. „Ihre Majeſtaͤt aber faßte,“ fahren
[93]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
ſie fort, „mit eindringendem Geiſte die ganze Kraft der
Gruͤnde, die wir ihr vorhielten: ſonſt haͤtten wir lange
Zeit gebraucht.“ Auch uͤber die Schwierigkeiten ſprach ſie
mit ihnen, die es haben werde, wenn ſie ſich zu dem Ueber-
tritte entſchließe, ihn ins Werk zu ſetzen. Zuweilen ſchienen ſie
unuͤberſteiglich, und eines Tages, als ſie die Jeſuiten wieder
ſah, erklaͤrte ſie ihnen, ſie moͤchten lieber wieder nach Hauſe
gehn: unausfuͤhrbar ſey das Unternehmen: auch koͤnne ſie
ſchwerlich jemals ganz von Herzen katholiſch werden. Die
guten Patres erſtaunten: ſie boten alles auf, um ſie feſt
zu halten, ſtellten ihr Gott und Ewigkeit vor, und erklaͤr-
ten ihre Zweifel fuͤr eine Anfechtung des Satans. Es be-
zeichnet ſie recht, daß ſie gerade in dieſem Augenblicke ent-
ſchloſſener war als bei irgend einer fruͤhern Zuſammen-
kunft. „Was wuͤrdet ihr ſprechen,“ fing ſie ploͤtzlich an,
„wenn ich naͤher daran waͤre, katholiſch zu werden, als
ihr glaubt?“ — „Ich kann das Gefuͤhl nicht beſchreiben,“
ſagt der jeſuitiſche Berichterſtatter, „das wir empfanden:
wir glaubten von den Todten zu erſtehn.“ Die Koͤnigin
fragte, ob ihr der Papſt nicht die Erlaubniß geben koͤnne
das Abendmahl alle Jahr einmal nach lutheriſchem Ge-
brauche zu nehmen. „Wir antworteten: nein; dann,
ſagte ſie, iſt keine Huͤlfe, ich muß die Krone aufgeben.“
Denn dahin richteten ſich ohnedieß ihre Gedanken von
Tage zu Tage mehr.
Nicht immer gingen die Geſchaͤfte des Landes nach
Wunſch. Der maͤchtigen Ariſtokratie gegenuͤber, die ſich
enge zuſammenhielt, bildete die Koͤnigin mit ihrer aus ſo
vielen Laͤndern herbeigezogenen Umgebung, mit dem Thron-
[94]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
folger, den ſie dem Lande aufgenoͤthigt, und dem Grafen
Magnus de la Gardie, dem ſie ihr Vertrauen ſchenkte, den
aber der alte ſchwediſche Adel noch immer nicht als eben-
buͤrtig anerkennen wollte, eine Partei die gleichſam als eine
fremde betrachtet ward. Ihre unbeſchraͤnkte Freigebigkeit
hatte die Finanzen erſchoͤpft, und man ſah den Augenblick
kommen, wo man mit allen Mitteln zu Ende ſeyn werde.
Schon im October 1651 hatte ſie den Staͤnden die Ab-
ſicht zu reſigniren angekuͤndigt. Es war in dem Momente
als ſie Antonio Macedo nach Rom geſchickt hatte. Noch
einmal jedoch ließ ſie ſich davon zuruͤckbringen. Der Reichs-
kanzler ſtellte ihr vor, ſie moͤge ſich nicht etwa durch die
finanzielle Bedraͤngniß beſtimmen laſſen, man werde ſchon
dafuͤr ſorgen, daß der Glanz der Krone nicht leide 1). Auch
ſah ſie wohl, daß dieſe Handlung der Welt nicht ſo
heroiſch vorkommen wuͤrde, wie ſie anfangs geglaubt.
Als kurz darauf Prinz Friedrich von Heſſen mit einem aͤhn-
lichen Schritte umging, mahnte ſie ihn ausdruͤcklich ab:
nicht gerade aus religioͤſen Gruͤnden: ſie erinnerte ihn nur,
wer ſeinen Glauben veraͤndere, werde von denen gehaßt die
er verlaſſe, und von denen verachtet zu denen er uͤbergehe 2).
Aber allmaͤhlich wirkten dieſe Betrachtungen auf ſie ſelbſt
nicht mehr. Es war vergebens, daß ſie ſich durch wie
[95]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
derholte Ernennungen in dem Reichsrathe, den ſie von
28 Mitgliedern auf 39 brachte, eine Partei zu machen
ſuchte: das Anſehen der Oxenſtierna, das eine Zeit lang
verdunkelt war, erhob ſich durch Verwandtſchaften, Gewohn-
heit und ein in dieſer Familie gleichſam erbliches Talent
aufs neue: in mehreren wichtigen Fragen, z. B. der Aus-
einanderſetzung mit Brandenburg, blieb die Koͤnigin in der
Minoritaͤt. Auch Graf Magnus de la Gardie verlor ihre
Gnade. Das Geld fing wirklich an zu mangeln und reichte
oft nicht zu den taͤglichen Beduͤrfniſſen des Haushaltes 1).
War es nicht in der That beſſer, wenn ſie ſich eine jaͤhr-
liche Rente ausbedang, und damit ohne ſo viel Widerrede
zelotiſcher Prediger, die in ihrem Thun und Treiben nur
eine abentheuerliche Curioſitaͤt, einen Abfall von der Re-
ligion und den Sitten des Landes ſahen, nach ihres Her-
zens Geluͤſten in dem Ausland lebte? Schon waren ihr
die Geſchaͤfte zuwider, und ſie fuͤhlte ſich ungluͤcklich, wenn
ſich ihr die Secretaͤre naͤherten. Schon ging ſie nur noch
gern mit dem ſpaniſchen Geſandten Don Antonio Pimentel
um, der an allen ihren Geſellſchaften und Vergnuͤgungen
Theil nahm, den Verſammlungen jenes Amarantenordens,
den ſie ſtiftete, deſſen Mitglieder ſich zu einer Art von Coͤ-
libat verpflichten mußten. Don Antonio wußte um ihre ka-
tholiſche Abſicht: er ſetzte ſeinen Herrn davon in Kenntniß,
der die Fuͤrſtin in ſeinen Staaten aufzunehmen, ihren Ue-
bertritt bei dem Papſte zu bevorworten verſprach 2). In
[96]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Italien hatten ſchon jene Jeſuiten, die indeß zuruͤckgegangen,
einige Vorbereitungen getroffen.
Dieß Mal war ſie durch keine Vorſtellungen abzu-
bringen. Ihr Brief an den franzoͤſiſchen Geſandten Cha-
nut beweiſt, wie wenig ſie auf Beifall rechnete. Aber ſie
verſichert, daß ſie das nicht kuͤmmere. Sie werde gluͤck-
lich ſeyn, ſtark in ſich, ohne Furcht vor Gott und Men-
ſchen, und von dem Hafen aus die Pein Derjenigen an-
ſehen, die von den Stuͤrmen des Lebens umhergeſchleudert
wuͤrden. Ihre einzige Sorge war nur, ſich ihre Rente auf
eine Weiſe ſicher zu ſtellen, daß ſie ihr nicht wieder ent-
riſſen werden koͤnne.
Am 24. Juni 1654 ward die Ceremonie der Abdan-
kung vollzogen. So manchen Anſtoß die Regierung der
Koͤnigin gegeben hatte, ſo waren doch Vornehme und Ge-
ringe von dieſer Losſagung des letzten Sproſſen der Waſa
von ihrem Lande ergriffen. Der alte Graf Brahe weigerte
ſich ihr die Krone wieder abzunehmen, die er ihr vor drei
Jahren aufgeſetzt hatte: er hielt das Band zwiſchen Fuͤrſt
und Unterthan fuͤr unaufloͤslich, dieſe Handlung fuͤr un-
rechtmaͤßig 1). Die Koͤnigin mußte ſich die Krone ſelbſt
vom
2)
[97]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
vom Haupte nehmen: erſt aus ihrer Hand nahm er ſie an.
Der Reichsinſignien entkleidet, in einfachem weißem Kleid,
empfing hierauf die Koͤnigin die Abſchiedshuldigung ihrer
Staͤnde. Nach den uͤbrigen erſchien auch der Sprecher des
Bauernſtandes. Er kniete vor der Koͤnigin nieder, ſchuͤt-
telte ihr die Hand, kuͤßte ſie wiederholt: die Thraͤnen bra-
chen ihm hervor: er wiſchte ſie ſich mit ſeinem Tuche ab:
ohne ein Wort geſagt zu haben kehrte er ihr den Ruͤcken
und ging an ſeinen Platz 1).
Ihr ſtand indeß all ihr Sinnen und Trachten nach
der Fremde; keinen Augenblick wollte ſie laͤnger in einem
Lande verweilen, wo ſie die oberſte Gewalt an einen an-
dern abgetreten hatte. Schon hatte ſie ihre Koſtbarkeiten
vorausgeſchickt: indem man die Flotte ausruͤſtete, die ſie
nach Wismar bringen ſollte, ergriff ſie den erſten guͤnſti-
gen Augenblick ſich verkleidet mit wenigen Vertrauten von
der laͤſtigen Aufſicht zu befreien die ihre bisherigen Unter-
thanen uͤber ſie ausuͤbten, und ſich nach Hamburg zu be-
geben.
Und nun begann ſie ihren Zug durch Europa.
Bereits in Bruͤſſel trat ſie insgeheim, hierauf in Ins-
bruck oͤffentlich zum Katholicismus uͤber: von dem Segen
des Papſtes eingeladen, eilte ſie nach Italien: Krone und
Zepter brachte ſie der Jungfrau Maria in Loreto dar.
Die venezianiſchen Geſandten erſtaunten, welche Vorbereitun-
gen man in allen Staͤdten des Kirchenſtaates traf um ſie
praͤchtig zu empfangen; Papſt Alexander, deſſen Ehrgeiz es
befriedigte, daß eine ſo glaͤnzende Bekehrung in ſein Pon-
Päpſte** 7
[98]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
tificat gefallen, erſchoͤpfte die apoſtoliſche Caſſe, um dieß
Ereigniß feierlich zu begehn; nicht wie eine Buͤßende, ſon-
dern triumphirend zog ſie in Rom ein 1). In den er-
ſten Jahren finden wir ſie noch oft auf Reiſen: wir be-
gegnen ihr in Deutſchland, ein paar Mal in Frankreich,
ſelbſt in Schweden: politiſchen Beſtrebungen blieb ſie nicht
immer ſo fern, wie ſie wohl anfangs beabſichtigt hatte;
ſie unterhandelte einmal alles Ernſtes, und nicht ohne eine
gewiſſe Ausſicht, die Krone von Polen an ſich zu bringen,
wobei ſie wenigſtens haͤtte katholiſch bleiben koͤnnen; ein
ander Mal zog ſie ſich den Verdacht zu, Neapel in fran-
zoͤſiſchem Intereſſe angreifen zu wollen: die Nothwendigkeit
fuͤr ihre Penſion zu ſorgen, mit deren Bezahlung es gar oft
mißlich ſtand, ließ ihr ſelten vollkommene Ruhe. Daß ſie
keine Krone trug und doch die volle Autonomie eines ge-
kroͤnten Hauptes in Anſpruch nahm, zumal in dem Sinne
wie ſie das verſtand, hatte ein paar Mal ſehr bedenkliche
Folgen. Wer koͤnnte die grauſame Sentenz entſchuldigen,
die ſie in Fontainebleau in ihrer eigenen Sache uͤber ein
Mitglied ihres Haushaltes Monaldeschi ausſprach und von
deſſen Anklaͤger und perſoͤnlichem Feinde vollſtrecken ließ?
[99]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
Sie gab ihm nur eine Stunde Zeit, um ſich zum Tode
vorzubereiten 1). Die Treuloſigkeit, die der Ungluͤckliche
gegen ſie begangen haben ſollte, ſah ſie an als Hochver-
rath: ihn vor ein Gericht zu ſtellen, welches es auch im-
mer ſeyn mochte, fand ſie unter ihrer Wuͤrde. „Niemand
uͤber ſich zu erkennen,“ ruft ſie aus, „iſt mehr werth als
die ganze Erde zu beherrſchen.“ — Sie verachtete ſelbſt
die oͤffentliche Meinung. Nach jener Hinrichtung, die vor
allem in Rom, wo der Hader ihrer Hausgenoſſenſchaft
dem Publicum beſſer bekannt war als ihr ſelbſt, allgemei-
nen Abſcheu erregt hatte, eilte ſie dahin zuruͤck. Wo
haͤtte ſie auch ſonſt leben koͤnnen als in Rom? Mit jeder
weltlichen Gewalt, die einen ihren Anſpruͤchen gleichartigen
Charakter gehabt haͤtte, wuͤrde ſie in unaufhoͤrliche Compe-
tenzen gerathen ſeyn. Sogar mit den Paͤpſten, mit eben dem
Alexander VII. deſſen Namen ſie bei dem Uebertritte dem
ihrigen hinzugefuͤgt, gerieth ſie oft in bittere Zwiſtigkeiten.
Allmaͤhlig aber ward ihr Weſen milder, ihr Zuſtand
ruhiger, ſie gewann es uͤber ſich einige Ruͤckſicht zu nehmen,
und fand ſich in die Nothwendigkeiten ihres Aufenthal-
tes, wo ja ohnehin die geiſtliche Herrſchaft ariſtokrati-
ſchen Berechtigungen und perſoͤnlicher Unabhaͤngigkeit ei-
nen weiten Spielraum geſtattete. Sie nahm immer mehr
Theil an dem Glanze, den Beſchaͤftigungen, dem Leben der
Curie, wohnte ſich ein, und gehoͤrte allmaͤhlig recht eigent-
lich mit zu der Geſammtheit jener Geſellſchaft. Die Samm-
lungen die ſie aus Schweden mitgebracht, vermehrte ſie
nun mit ſo viel Aufwand, Sinn und Gluͤck, daß ſie die
7*
[100]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
einheimiſchen Familien uͤbertraf, und dieß Weſen aus dem
Gebiete der Curioſitaͤt zu einer hoͤhern Bedeutung fuͤr Ge-
lehrſamkeit und Kunſt erhob. Maͤnner wie Spanheim und
Havercamp haben es der Muͤhe werth gefunden ihre Muͤn-
zen und Medaillen zu erlaͤutern; ihren geſchnittenen Steinen
widmete Sante Bartolo ſeine kunſtgeuͤbte Hand. Die Correg-
gios ihrer Gemaͤhldeſammlung ſind immer der beſte Schmuck
der Bildergallerien geweſen, in welche der Wechſel der Zeiten
ſie gefuͤhrt hat. Die Handſchriften ihrer Bibliothek haben
nicht wenig dazu beigetragen, den Ruhm der Vaticana, der
ſie ſpaͤter einverleibt worden ſind, zu erhalten. Erwerbungen
und Beſitzthuͤmer dieſer Art erfuͤllen das taͤgliche Leben mit
harmloſem Genuß. Auch an wiſſenſchaftlichen Beſtrebun-
gen nahm ſie lebendigen Antheil. Es gereicht ihr ſehr zur
Ehre daß ſie ſich des armen verjagten Borelli, der in hohen
Jahren wieder genoͤthigt war Unterricht zu geben, nach Kraͤf-
ten annahm, und ſein ruhmwuͤrdiges, noch immer unuͤber-
troffenes Werk uͤber die Mechanik der Thierbewegungen,
das auch fuͤr die Entwickelung der Phyſiologie ſo große
Bedeutung gehabt hat, auf ihre Koſten drucken ließ. Ja wir
duͤrfen, denk ich, behaupten daß auch ſie ſelbſt, wie ſie ſich
weiter ausbildete, ihr gereifter Geiſt einen nachwirkenden und
unvergaͤnglichen Einfluß ausgeuͤbt hat; namentlich auf die
italieniſche Literatur. Es iſt bekannt, welchen Verirrun-
gen in das Ueberladene, Geſuchte, Bedeutungsloſe ſich ita-
lieniſche Dichtkunſt und Beredſamkeit damals hingab. Koͤ-
nigin Chriſtine war zu gut gebildet, zu geiſtreich, als
daß ſie von dieſer Mode haͤtte beſtrickt werden ſollen: ihr
war dieſelbe ein Graͤuel. Im Jahre 1680 ſtiftete ſie eine
[101]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
Akademie fuͤr politiſche und literariſche Uebungen in ihrem
Hauſe, unter deren Statuten das vornehmſte iſt, daß man
ſich der ſchwuͤlſtigen, mit Metaphern uͤberhaͤuften moder-
nen Manier enthalten, und nur der geſunden Vernunft und
den Muſtern des auguſteiſchen und mediceiſchen Zeitalters
folgen wolle 1). Es macht einen ſonderbaren Eindruck,
wenn man in der Bibliothek Albani zu Rom auf die Ar-
beiten dieſer Akademie ſtoͤßt, Uebungen italieniſcher Abba-
ten, verbeſſert von der Hand einer nordiſchen Koͤnigin; je-
doch iſt das nicht ohne Bedeutung. Aus ihrer Akademie
gingen Maͤnner hervor wie Aleſſandro Guidi, der fruͤher
auch dem gewohnten Style gefolgt war, ſeit er aber in
die Naͤhe der Koͤnigin gekommen, ſich entſchloſſen von ihm
losſagte, und mit einigen Freunden in Bund trat um ihn
wo moͤglich ganz zu vertilgen: die Arcadia, eine Akademie
der man das Verdienſt zuſchreibt dieß vollbracht zu haben,
hat ſich aus der Geſellſchaft der Koͤnigin Chriſtine entwik-
kelt. Ueberhaupt, das iſt nicht zu leugnen, daß die Koͤ-
nigin in der Mitte ſo vieler auf ſie eindringenden Ein-
[102]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
druͤcke eine edle Selbſtaͤndigkeit des Geiſtes bewahrte. Der
Anforderung, die man ſonſt an Convertiten macht, oder die
ſie ſich von freien Stuͤcken auflegen, einer in die Augen fal-
lenden Froͤmmigkeit war ſie nicht gemeint ſich zu bequemen.
So katholiſch ſie iſt, ſo oft ſie auch ihre Ueberzeugung
von der Infallibilitaͤt des Papſtes wiederholt, von der Noth-
wendigkeit alles zu glauben was er und die Kirche gebiete,
ſo hat ſie doch einen wahren Haß gegen die Bigotten,
und verabſcheut die Direction der Beichtvaͤter, die damals
das geſammte Leben beherrſchte. Sie ließ ſich nicht neh-
men, Carneval, Concert, Comoͤdie, und was das roͤmiſche
Leben ihr ſonſt darbieten mochte, vor allem die innere Be-
wegung einer geiſtreichen und lebendigen Geſellſchaft zu ge-
nießen. Sie liebt, wie ſie bekennt, die Satyre: Pasquino
macht ihr Vergnuͤgen. In die Intriguen des Hofes, die
Entzweiungen der papalen Haͤuſer, die Factionen der Cardi-
naͤle unter einander iſt ſie immer auch mit verwickelt. Sie
haͤlt ſich an die ſquadroniſtiſche Faction, deren Haupt ihr
Freund Azzolini iſt, ein Mann den auch Andere fuͤr das
geiſtreichſte Mitglied der Curie halten, den ſie aber gera-
dezu fuͤr einen goͤttlichen, unvergleichlichen, daͤmoniſchen
Menſchen erklaͤrt, den einzigen den ſie dem alten Reichs-
kanzler Axel Oxenſtierna uͤberlegen glaubt. Sie wollte ihm
in ihren Memoiren ein Denkmal ſetzen. Ungluͤcklicher
Weiſe iſt nur ein kleiner Theil derſelben bekannt gewor-
den, der aber einen Ernſt, eine Wahrhaftigkeit in dem
Umgange mit ſich ſelbſt, einen freien und feſten Geiſt ent-
huͤllt, vor dem die Afterrede verſtummt. Eine nicht min-
der merkwuͤrdige Production ſind die Sinnſpruͤche und zer-
[103]Koͤnigin Chriſtine von Schweden.
ſtreuten Gedanken, die wir als eine Arbeit ihrer Neben-
ſtunden beſitzen 1). Bei ſo viel feinen Bemerkungen, ſo vie-
ler Einſicht in das Getriebe menſchlicher Leidenſchaften, ſo
vielem Sinn fuͤr die Welt, doch eine entſchiedene Richtung
auf das Weſentliche, lebendige Ueberzeugung von der Selbſt-
beſtimmung und dem Adel des Geiſtes, gerechte Wuͤrdigung
der menſchlichen Dinge, welche weder zu gering, noch auch
zu hoch angeſchlagen werden, eine Geſinnung die nur Gott
und ſich ſelbſt genug zu thun ſucht. Die große Bewegung
des Geiſtes, die ſich gegen das Ende des ſiebzehnten Jahr-
hunderts in allen Zweigen der menſchlichen Thaͤtigkeit ent-
wickelte und eine neue Aera eroͤffnete, vollzog ſich auch in
dieſer Fuͤrſtin. Dazu war ihr der Aufenthalt in einem
Mittelpunkte der europaͤiſchen Bildung und die Muße des
Privatlebens wenn nicht unbedingt nothwendig, doch ge-
wiß ſehr foͤrderlich. Leidenſchaftlich liebte ſie dieſe Umge-
bung: ſie glaubte nicht leben zu koͤnnen wenn ſie die Luft
von Rom nicht athme.
Verwaltung des Staates und der Kirche.
Es gab ſchwerlich noch einen andern Ort in der dama-
ligen Welt, wo ſich ſo viel Cultur der Geſellſchaft, ſo man-
nigfaltiges beſtreben in Literatur und Kunſt, ſo viel hei-
teres geiſtvolles Vergnuͤgen, uͤberhaupt ein Leben ſo erfuͤllt
[104]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
mit Theilnahme abgewinnenden, beſchaͤftigenden Intereſſen
gefunden haͤtte, wie am Hofe zu Rom. Die Gewalt fuͤhlte
man wenig: die herrſchenden Geſchlechter theilten im Grunde
Glanz und Macht; auch die geiſtlichen Anforderungen konn-
ten nicht mehr in aller ihrer Strenge durchgeſetzt werden:
ſie fanden ſchon in der Geſinnung der Welt einen merkli-
chen Widerſtand. Man moͤchte ſagen: die im Laufe der
Zeiten emporgekommenen geiſtigen Antriebe und Perſoͤn-
lichkeiten bewegten ſich in ſchwelgeriſchem Gleichgewicht.
Eine andere Frage war aber, wie man von hier aus
Kirche und Staat regieren werde.
Denn ohne Zweifel hatte der Hof oder vielmehr die
Praͤlatur, welche eigentlich erſt die vollguͤltigen Mitglieder
der Curie umfaßte, dieſe Verwaltung in ihren Haͤnden.
Schon unter Alexander VII. hatte ſich das Inſtitut
der Praͤlatur in ſeinen modernen Formen ausgebildet. Um
Referendario di Segnatura zu werden, wovon alles abhing,
mußte man Doctor Juris ſeyn, 3 Jahre bei einem Advo-
caten gearbeitet, ein beſtimmtes Alter erreicht haben, ein be-
ſtimmtes Vermoͤgen beſitzen, und uͤbrigens keinen Tadel dar-
bieten. Das Alter war fruͤher auf 25 Jahre, das Vermoͤgen
auf ein Einkommen von 1000 Sc. feſtgeſetzt; Alexander traf
die ziemlich ariſtokratiſche Abaͤnderung, daß nur 21 Jahre
erforderlich ſeyn, aber dagegen 1500 Scudi feſte Einkuͤnfte
nachgewieſen werden ſollten. Wer dieſen Anforderungen
genuͤgte, ward von dem Prefetto di Segnatura eingekleidet,
und mit dem Vortrag uͤber zwei Streitſachen vor verſam-
melter Segnatura beauftragt 1). So ergriff er Beſitz: ſo
[105]Verwaltung des Staates und der Kirche.
ward er zu allen andern Aemtern befaͤhigt. Von dem Go-
verno einer Stadt, einer Landſchaft ſtieg man zu einer Nun-
tiatur, einer Vicelegation auf; oder man gelangte zu einer
Stelle in der Rota, in den Congregationen: dann folgten
Cardinalat, Legation. Geiſtliche und weltliche Gewalt wa-
ren ſelbſt in der Verwaltung in den hoͤchſten Stellen ver-
einigt. Wenn der Legat in einer Stadt erſcheint, hoͤren ei-
nige geiſtliche Ehrenvorrechte des Biſchofs auf: der Legat
gibt dem Volke den Segen wie der Papſt. Unaufhoͤrlich
wechſeln die Mitglieder der Curie zwiſchen geiſtlichen und
weltlichen Aemtern.
Bleiben wir nun zuerſt bei der weltlichen Seite, der
Staatsverwaltung ſtehn.
Alles hing von den Beduͤrfniſſen ab, von den Anfor-
derungen, die man an die Unterthanen machte, von der
Lage der Finanzen.
Wir ſahen, welch einen verderblichen Schwung das
Schuldenweſen unter Urban VIII. beſonders durch den
Krieg von Caſtro bekam[;] aber noch einmal waren doch die
Anleihen durchgeſetzt worden, die Luoghi di Monte ſtan-
den hoch im Preiſe: ohne Ruͤckſicht noch Einhalt fuhren
die Paͤpſte auf dem betretenen Wege fort.
Innocenz X. fand 1644 182103¾, und hinterließ
1655 die Zahl von 264129½ Luoghi di Monte, ſo daß
das Capital, welches hiedurch bezeichnet wird, von 18 auf
mehr als 26 Millionen geſtiegen war. Obwohl er mit
dieſer Summe auch anderweite Schulden bezahlt, Capitalien
abgeloͤſt hatte, ſo lag doch immer ein ſtarker Anwachs der
Geſammtmaſſe darin, die man bei ſeinem Ableben auf 48
Millionen Scudi berechnete. Er hatte das Gluͤck gehabt,
[106]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
von den Auflagen Urbans VIII. einen Mehrertrag zu zie-
hen, auf den er die neuen Monti fundirte.
Indem nun Alexander VII. die Regierung antrat,
zeigte ſich wohl, daß eine Vermehrung der Auflagen un-
thunlich ſey; neue Anleihen waren nun ſchon ſo zur Ge-
wohnheit geworden, daß man ihrer gar nicht mehr entbeh-
ren konnte: Alexander entſchloß ſich eine neue Huͤlfsquelle
in einer Reduction der Zinſen zu ſuchen.
Die Vacabili, welche 10½ Procent Zinſen trugen, ſtan-
den auf 150: er beſchloß ſie alle einzuziehen. Obwohl er
ſie nach dem Curs bezahlte, ſo hatte er doch dabei einen
großen Vortheil, da die Kammer im Allgemeinen fuͤr 4 Pro-
cent aufnahm, und daher, wenn ſie auch mit geliehenem
Gelde zuruͤckzahlte, doch in Zukunft ſtatt 10½ nur 6 Pro-
cent Zinſen zu zahlen brauchte.
Hierauf faßte Papſt Alexander die Abſicht, auch alle
Nonvacabili die uͤber 4 Proc. trugen, auf dieſen Zinsfuß zu-
ruͤckzubringen 1). Da er ſich aber hiebei um den Curs nicht
kuͤmmerte, der 116 Proc. ſtand, ſondern ſchlechtweg nach dem
Wortlaut ſeiner Verpflichtung hundert fuͤr den Luogho zu-
[107]Verwaltung des Staates.
ruͤckzahlte und nicht mehr, ſo machte er einen neuen ſehr
bedeutenden Vortheil. Alle dieſe Zinſen beruhten, wie wir
ſahen, auf Auflagen, und es mag vielleicht anfangs die Ab-
ſicht geweſen ſeyn die druͤckendſten zu erlaſſen; aber da man
bei der alten Wirthſchaft beharrte, ſo war das nicht durch-
zuſetzen: auf einen Nachlaß an dem Salzpreiſe erfolgte ſehr
bald eine Erhoͤhung der Mahlſteuer: jener ganze Gewinn
ward von der Staatsverwaltung oder dem Nepotismus
verſchlungen. Rechnet man die Erſparniſſe der Reductionen
zuſammen, ſo muͤſſen ſie ungefaͤhr 140000 Scudi getragen
haben, deren neue Verwendung als Zins eine Vermehrung
der Schuld ungefaͤhr um 3 Millionen involviren wuͤrde.
Auch Clemens IX. wußte die Staatsverwaltung nur
mit neuen Anleihen zu fuͤhren. Aber ſchon ſah er ſich ſo
weit gebracht, daß er den Ertrag der Dataria, der bisher
immer geſchont worden, auf den der taͤgliche Unterhalt des
paͤpſtlichen Hofes gegruͤndet war, doch endlich auch an-
griff. Er hat 13200 neue Luoghi di Monte darauf ge-
gruͤndet. Im Jahre 1670 konnten ſich die paͤpſtlichen
Schulden auf ungefaͤhr 52 Millionen Scudi belaufen.
Daraus folgte nun einmal, daß man die Laſten, die
ſich in einem unproductiven, an dem Welthandel keinen
Antheil nehmenden Lande ſchon ſehr druͤckend erwieſen, auch
bei dem beſten Willen nicht anders als unmerklich und
voruͤbergehend vermindern konnte.
Eine andere Klage war, daß die Monti auch an
Fremde gelangten, denen dann die Zinſen zu Gute kamen,
ohne daß ſie zu den Abgaben beigetragen haͤtten. Man be-
rechnete, daß jaͤhrlich 600000 Sc. nach Genua geſchickt
[108]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
wuͤrden; das Land wurde hiedurch zum Schuldner einer
fremden Landsmannſchaft, was ſeiner freien Entwickelung
unmoͤglich foͤrderlich ſeyn konnte.
Und noch eine tiefer eingreifende Wirkung knuͤpfte ſich
hieran.
Wie haͤtte es anders ſeyn koͤnnen, als daß die Inha-
ber der Renten, die Geldbeſitzer auch einen großen Einfluß
auf den Staat und ſeine Verwaltung erlangen mußten?
Die großen Handelshaͤuſer bekamen einen unmittelba-
ren Antheil an den Staatsgeſchaͤften. Dem Teſoriere war
immer ein Handelshaus beigegeben, bei dem die Gelder in
Empfang genommen und ausgezahlt wurden; die Caſſen des
Staates waren eigentlich immer in den Haͤnden der Kauf-
leute. Aber ſie waren auch die Paͤchter der Einkuͤnfte,
Schatzmeiſter in den Provinzen. So viele Aemter waren
kaͤuflich: ſie beſaßen die Mittel ſie an ſich zu bringen.
Schon ohnehin gehoͤrte ein nicht unbedeutendes Vermoͤgen
dazu, um an der Curie fortzukommen. In den wichtigſten
Stellen der Verwaltung finden wir um das Jahr 1665
Florentiner und Genueſen. Der Geiſt des Hofes nahm eine
ſo mercantile Richtung, daß allmaͤhlig die Befoͤrderungen bei
weitem weniger von Verdienſt als von Geld abhingen. „Ein
Kaufmann mit ſeiner Boͤrſe in der Hand“, ruft Grimani
aus, „hat am Ende alle Mal den Vorzug. Der Hof
erfuͤllt ſich mit Miethlingen, die nur nach Gewinn trach-
ten, die ſich nur als Handelsleute fuͤhlen, nicht als Staats-
maͤnner, und lauter niedrige Gedanken hegen.“ 1)
[109]Verwaltung des Staates.
Das war nun um ſo wichtiger, da es in dem Lande
keine Selbſtaͤndigkeit mehr gab. Nur Bologna entwickelte
zuweilen einen nachhaltigen Widerſtand, ſo daß man in
Rom ſogar einmal daran dachte, dort eine Citadelle zu er-
richten. Wohl widerſetzten ſich dann und wann auch an-
dere Communitaͤten: die Einwohner von Fermo wollten
einſt nicht dulden, daß Getreide, deſſen ſie ſelbſt zu beduͤr-
fen glaubten, aus ihrem Gebiete weggefuͤhrt wuͤrde 1): in
Perugia weigerte man ſich, ruͤckſtaͤndige Auflagen nachzu-
zahlen; aber die Generalcommiſſarien des Hofes unterdruͤck-
ten dieſe Bewegungen leicht, und fuͤhrten dann eine um ſo
ſtrengere Unterordnung ein: allmaͤhlig wurde auch die Ver-
waltung der Communalguͤter dem Ermeſſen des Hofes un-
terworfen.
Ein merkwuͤrdiges Beiſpiel von dem Gange dieſer Ver-
waltung gibt uns das Inſtitut der Annona.
Wie es im 16. Jahrhundert uͤberhaupt ein allgemei-
ner Grundſatz war die Ausfuhr der unentbehrlichen Le-
bensbeduͤrfniſſe zu erſchweren, ſo trafen auch die Paͤpſte
dahin zielende Einrichtungen, vorzuͤglich um der Theu-
rung des Brotes vorzubeugen. Doch hatte der Prefetto
1)
[110]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
dell’ Annona, dem dieſer Zweig der aufſehenden Gewalt
uͤbertragen ward, anfangs nur ſehr beſchraͤnkte Befugniſſe.
Zuerſt Gregor XIII. erweiterte ſie. Ohne die Erlaubniß
des Prefetto ſollte das gewonnene Getreide weder uͤber-
haupt aus dem Lande, noch auch nur von einem Bezirke
in den andern ausgefuͤhrt werden. Nur in dem Falle aber
ward die Erlaubniß ertheilt, daß das Getreide am 1ſten
Merz unter einem gewiſſen Preiſe zu haben war. Cle-
mens VIII. beſtimmte dieſen Preis auf 6, Paul V. auf
5½ Scudi fuͤr den Rubbio. Es war ein beſonderer Tarif
fuͤr das Brot nach den verſchiedenen Kornpreiſen feſtge-
ſetzt 1).
Nun fand ſich aber daß das Beduͤrfniß von Rom von
Jahr zu Jahr anwuchs. Die Einwohnerzahl nahm zu:
der Anbau der Campagna gerieth in Verfall. Der Verfall
der Campagna wird beſonders in die erſte Haͤlfte des ſieb-
zehnten Jahrhunderts zu ſetzen ſeyn. Irre ich nicht, ſo
wird man ihn aus zwei Urſachen herzuleiten haben: einmal
jener Veraͤußerung der kleineren Beſitzthuͤmer an die gro-
ßen Familien: denn dieſes Land fordert die ſorgfaͤltigſte
Bearbeitung, die ihm nur der kleinere Eigenthuͤmer zuzu-
wenden pflegt, der mit ſeinem ganzen Einkommen darauf
verwieſen iſt; und ſodann der zunehmenden Verſchlechterung
der Luft. Gregor XIII. hatte den Getreidebau ausdehnen,
Sixtus V. die Schlupfwinkel der Banditen zu vernichten
[111]Verwaltung des Staates.
geſucht, und ſo hatte jener die tieferen Gegenden nach dem
Meere hin ihrer Baͤume und Gebuͤſche, dieſer die Anhoͤhen
ihrer Waldungen beraubt 1). Weder das Eine noch das
Andere kann von Nutzen geweſen ſeyn: die Aria cattiva
dehnte ſich aus, und trug dazu bei die Campagna zu ver-
oͤden. Von Jahr zu Jahr nahm ihr Ertrag ab.
Dieſes Mißverhaͤltniß nun zwiſchen Ertrag und Be-
duͤrfniß veranlaßte Papſt Urban VIII. die Aufſicht zu ſchaͤr-
fen, die Rechte des Prefetto auszudehnen. Durch eine ſei-
ner erſten Conſtitutionen hob er alle Ausfuhr von Getreide
oder Vieh oder Oel ſowohl aus dem Staate uͤberhaupt
als aus einem Gebiete in das andere ſchlechthin auf, und
bevollmaͤchtigte den Prefetto dem Ertrage einer jeden Ernte
gemaͤß den Preis des Getreides auf Campofiore zu beſtim-
men, und den Baͤckern das Gewicht des Brotes nach
Maaßgabe deſſelben vorzuſchreiben.
Hiedurch ward der Prefetto allmaͤchtig, und er ver-
ſaͤumte nicht, die ihm zugeſtandene Befugniß zu ſeinem
und ſeiner Freunde Vortheil anzuwenden. Er bekam gera-
dezu das Monopol mit Korn, Oel, Fleiſch, mit allen er-
ſten Lebensbeduͤrfniſſen in die Haͤnde. Daß die Wohlfeil-
heit derſelben ſehr befoͤrdert worden waͤre, kann man nicht
finden: den Beguͤnſtigten ward ſelbſt die Ausfuhr zugeſtan-
den, und man fuͤhlte hauptſaͤchlich nur den Druck der bei
Aufkauf und Verkauf Statt fand. Auf der Stelle wollte
man bemerken, daß der Ackerbau noch mehr abnehme 2).
[112]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Ueberhaupt beginnen nun die Klagen uͤber den allge-
meinen Verfall des Kirchenſtaates, die ſeitdem nie wieder
aufgehoͤrt. „Auf unſrer Reiſe hin und her“, ſagen die vene-
zianiſchen Geſandten von 1621, bei denen ich ſie zuerſt finde,
„haben wir große Armuth unter den Bauern und in dem
gemeinen Volke, und geringen Wohlſtand um nicht zu ſa-
gen große Beſchraͤnkung in allen uͤbrigen wahrgenommen;
eine Frucht der Regierungsart und beſonders des geringfuͤ-
gigen Verkehrs. Bologna und Ferrara haben in Pallaͤſten
und Adel einen gewiſſen Glanz; Ancona iſt nicht ohne
Handel mit Raguſa und der Tuͤrkei; alle andern Staͤdte
aber ſind tief geſunken.“ Um das Jahr 1650 bildete ſich
die Meinung ganz allgemein aus, daß eine geiſtliche Re-
gierung verderblich ſey 1). Schon fangen auch die Einwoh-
ner an ſich bitter zu beklagen. „Die Auflagen der Barbe-
rini“, ruft eine gleichzeitige Lebensbeſchreibung aus, „haben
das Land, die Habſucht der Donna Olimpia hat den Hof
erſchoͤpft, von der Tugend Alexanders VII. erwartete man
eine Verbeſſerung: aber ganz Siena hat ſich nach dem Kir-
Ein
2)
[113]Verwaltung des Staates.
chenſtaate ergoſſen, um ihn vollends auszuſaugen.“ 1) Und
indeß ließen die Forderungen doch niemals nach.
Ein Cardinal verglich dieſe Verwaltung einſt mit ei-
nem Pferde, das im Lauf ermuͤdet aufs neue angetrieben
werde, und ſich aufs neue in Lauf ſetze, bis es erſchoͤpft
ſey und hinſtuͤrze. Dieſer Moment einer voͤlligen Erſchoͤ-
pfung ſchien jetzt gekommen.
Es hatte ſich der ſchlechteſte Geiſt, der eine Beam-
tenſchaft ergreifen kann, gebildet: ein Jeder ſah das Ge-
meinweſen hauptſaͤchlich als einen Gegenſtand ſeines per-
ſoͤnlichen Vortheils, oft nur ſeiner Habſucht an.
Wie riß die Beſtechlichkeit auf eine ſo furchtbare
Weiſe ein!
An dem Hofe Innocenz X. verſchaffte Donna Olim-
pia Aemter unter der Bedingung einer monatlichen Erkennt-
lichkeit. Und waͤre ſie nur die Einzige geweſen! Aber die
Schwaͤgerin des Datarius Cecchino, Donna Clementia, ver-
fuhr auf aͤhnliche Weiſe. Beſonders das Weihnachtsfeſt
war die große Ernte der Geſchenke. Daß Don Camillo
Aſtalli einſtmals, obwohl er es hatte hoffen laſſen, dann
doch mit Donna Olimpia nicht theilen wollte, regte de-
ren heftigen Ingrimm auf, und legte den Grund zu ſeinem
Sturze. Zu welchen Verfaͤlſchungen ließ ſich Mascambruno
durch Beſtechung hinreißen! Den Decreten die er dem
Papſt vorlegte, fuͤgte er falſche Summarien bei: da der
Papſt nur die Summarien las, ſo unterzeichnete er Dinge
Päpſte** 8
[114]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
von denen er keine Ahndung hatte, und die den roͤmiſchen
Hof mit Schmach bedeckten 1). Es gibt nichts Schmerz-
licheres als wenn man lieſt, der Bruder Alexanders VII
Don Mario ſey unter andern dadurch reich geworden, daß
er die Gerechtigkeit im Borgo verwaltete.
Denn leider war auch die Rechtspflege von dieſer
Seuche ergriffen.
Wir haben ein Verzeichniß der Mißbraͤuche die an
dem Gerichtshofe der Rota eingeriſſen, das dem Papſt
Alexander von einem Manne uͤbergeben wurde der 28 Jahr
an demſelben gearbeitet hatte 2). Er rechnet, daß es kei-
nen Auditor di Rota gebe der zu Weihnachten nicht an
500 Sc. Geſchenke erhalte. Wer an die Perſon des Audi-
tore ſelbſt nicht zu kommen vermochte, wußte doch an ſeine
Verwandten, Gehuͤlfen, Diener zu gelangen.
Nicht minder verderblich aber wirkten die Empfehlun-
gen des Hofes oder der Großen. Die Richter haben ſich
zuweilen bei den Parteien ſelbſt uͤber das ungerechte Ur-
theil entſchuldigt, das ſie ausgeſprochen: ſie erklaͤrten, die
Gerechtigkeit erleide Gewalt.
Was konnte dieß nun fuͤr eine Rechtspflege geben.
Vier Monat hatte man Ferien: auch in den uͤbrigen war
das Leben zerſtreuend, aufreibend: die Urtel verzogen ſich
[115]Verwaltung des Staates.
ungebuͤhrlich, und trugen zuletzt doch alle Spuren der Ueber-
eilung. Es waͤre vergeblich geweſen ſich auf Appellatio-
nen einzulaſſen. Zwar wurde dann die Sache andern Mit-
gliedern uͤbergeben: aber wie haͤtten dieſe nicht eben ſo gut
wie die fruͤhern jenen Einfluͤſſen unterliegen ſollen? Sie
nahmen ſogar uͤberdieß auf das vorhergegangene Votum
Ruͤckſicht.
Uebelſtaͤnde die ſich von dem hoͤchſten Gerichtshofe in
alle andern, in die Juſtiz und Regierung der Provinzen
ausbreiteten 1).
Auf das dringendſte ſtellt ſie Cardinal Sacchetti in
einer uns aufbehaltenen Schrift dem Papſt Alexander vor:
die Unterdruͤckung des Armen, dem Niemand helfe, durch
die Maͤchtigern: die Beeintraͤchtigung der Gerechtigkeit durch
die Verwendungen von Cardinaͤlen, Fuͤrſten und Angehoͤ-
rigen des Pallaſtes: das Verzoͤgern von Sachen, die in
ein paar Tagen abgethan werden koͤnnten, auf Jahre und
Jahrzehende: die Gewaltſamkeiten, die derjenige erfahre
der ſich von einer untern Behoͤrde an eine hoͤhere wende:
die Verpfaͤndungen und Executionen, mit denen man die
Abgaben eintreibe: grauſame Mittel, nur dazu geeignet,
den Fuͤrſten verhaßt und ſeine Diener reich zu machen:
„Leiden, heiligſter Vater,“ ruft er aus, „welche ſchlim-
mer ſind als die Leiden der Hebraͤer in Egypten! Voͤl-
ker die nicht mit dem Schwert erobert, ſondern entweder
8*
[116]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
durch fuͤrſtliche Schenkungen, oder durch freiwillige Unter-
werfung an den roͤmiſchen Stuhl gekommen ſind, werden
unmenſchlicher behandelt als die Sklaven in Syrien oder
in Afrika. Wer kann es ohne Thraͤnen vernehmen!“ 1)
So ſtand es mit dem Kirchenſtaate bereits in der
Mitte des ſiebzehnten Jahrhunderts.
Und waͤre es nun wohl zu denken, daß ſich die Ver-
waltung der Kirche von Mißbraͤuchen dieſer Art haͤtte
frei halten koͤnnen?
Sie hing eben ſo gut wie die Verwaltung des Staa-
tes von dem Hofe ab: von dem Geiſte deſſelben empfing
ſie ihren Antrieb.
Allerdings waren der Curie auf dieſem Gebiete Schran-
ken gezogen. In Frankreich genoß die Krone die bedeu-
tendſten Vorrechte; in Deutſchland behaupteten die Capitel
ihre Selbſtaͤndigkeit. In Italien und Spanien dagegen
hatte ſie freiere Hand: und in der That machte ſie hier
ihre lucrativen Rechte ruͤckſichtslos geltend.
In Spanien ſtand dem roͤmiſchen Hofe die Ernen-
nung zu allen geringeren, in Italien ſelbſt zu allen hoͤheren
[117]Verwaltung der Kirche.
Aemtern und Pfruͤnden zu. Es iſt kaum zu glauben, wel-
che Summen der Dataria durch die Ausfertigung von Be-
ſtallungen, die Spolien, die Einkuͤnfte waͤhrend der Vacan-
zen aus Spanien zufloſſen. Aus dem italieniſchen Ver-
haͤltniß aber zog die Curie, als Geſammtheit betrachtet,
vielleicht noch groͤßern Vortheil: die reichſten Bisthuͤmer
und Abteien, ſo viele Priorate, Commenden und andere
Pfruͤnden kamen den Mitgliedern derſelben unmittelbar zu
Gute.
Und waͤre es nur hiebei geblieben!
Aber an die Rechte, die ſchon etwas Bedenkliches
hatten, knuͤpften ſich die verderblichſten Mißbraͤuche. Ich
will nur Einen beruͤhren, der freilich wohl auch der
ſchlimmſte ſeyn wird. Es fuͤhrte ſich ein, und kam in der
Mitte des ſiebzehnten Jahrhunderts ſo recht in Schwang,
daß man die Pfruͤnden, die man vergabte, zu Gunſten ir-
gend eines Mitgliedes der Curie mit einer Penſion be-
laſtete.
In Spanien war dieß ausdruͤcklich verboten: wie die
Pfruͤnden ſelbſt nur an Eingeborne gelangen durften, ſo
ſollten auch nur zu deren Gunſten Penſionen Statt fin-
den. Allein man wußte zu Rom dieſe Beſtimmungen zu
umgehn. Die Penſion ward auf den Namen eines einge-
bornen oder eines naturaliſirten Spaniers ausgefertigt: dieſer
aber verpflichtete ſich durch einen buͤrgerlichen Contract,
jaͤhrlich eine beſtimmte Summe fuͤr den eigentlich Beguͤn-
ſtigten in einem roͤmiſchen Handelshauſe zahlen zu laſſen.
In Italien nun brauchte man nicht einmal dieſe Ruͤckſicht
zu nehmen: oft waren die Bisthuͤmer auf eine unertraͤg-
[118]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
liche Weiſe belaſtet. Monſignor de Angelis, Biſchof von
Urbino, klagte im Jahre 1663, daß er aus dieſem reichen
Bisthume nicht mehr uͤbrig behalte als 60 Sc. des Jah-
res, er habe ſchon Verzicht geleiſtet und der Hof wolle ſeine
Entſagung nur nicht annehmen. Es fand ſich Jahre
lang Niemand der die Sitze von Ancona und Peſaro unter
den ſchweren Bedingungen die man auflegte, haͤtte uͤber-
nehmen moͤgen. Im Jahre 1667 zaͤhlte man in Neapel
28 Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe welche von ihrem Amte ent-
bunden worden, weil ſie ihre Penſionen nicht bezahlten.
Von den Bisthuͤmern ging man unmittelbar zu den Pfar-
ren fort. Auf der reichſten Pfarrei fand der Inhaber oftmals
nur noch ein duͤrftiges Auskommen. Die armen Landpfar-
rer ſahen zuweilen auch ihre Accidenzien belaſtet 1). Manche
wurden unmuthig und verließen ihre Stellen; aber mit der
Zeit fanden ſich immer wieder Competenten; ja ſie wettei-
ferten mit einander, der Curie groͤßere Penſionen anzubieten.
Was mußten das aber fuͤr Leute ſeyn! Es konnte
[119]Verwaltung der Kirche.
nichts anders als das Verderben der Landpfarren, die Ver-
wahrloſung des gemeinen Volkes erfolgen.
Weit beſſer war es doch in der That, daß man in
der proteſtantiſchen Kirche das Ueberfluͤſſige von allem An-
fange beſeitigt hatte, und nun wenigſtens Ordnung und
Recht walten ließ.
Allerdings bewirkten die Reichthuͤmer der katholiſchen
Kirche und der weltliche Rang, zu welchem eine Stellung
in derſelben erhob, daß ſich die hohe Ariſtokratie ihr wid-
mete; Papſt Alexander hatte ſogar die Maxime vorzugs-
weiſe Leute von guter Geburt zu befoͤrdern; er hegte die
ſonderbare Meinung, da es ſchon den Fuͤrſten der Erde
angenehm ſey, Diener von vornehmer Herkunft um ſich zu
ſehen, ſo muͤſſe es auch Gott gefallen, wenn ſein Dienſt
von Perſonen vollzogen werde welche uͤber die andern er-
haben ſeyen. Aber gewiß das war nicht der Weg auf wel-
chem die Kirche ſich in fruͤhern Jahrhunderten erhoben,
es war ſelbſt der nicht auf welchem ſie ſich in den letzten
Zeiten reſtaurirt hatte. Die Kloͤſter und Congregationen,
die ſo viel zur Wiederaufnahme des Katholicismus bei-
getragen, ließ man dagegen in Verachtung gerathen. Die
Nepoten mochten Niemand der durch Kloſterverpflichtun-
gen gebunden war, ſchon darum weil ein ſolcher ihnen
nicht ſo unaufhoͤrlich den Hof machen konnte. Bei den
Concurrenzen behielten jetzt in der Regel die Weltgeiſtli-
chen den Platz, auch wenn ſie in Verdienſten oder Gelehr-
ſamkeit nachſtanden. „Man ſcheint dafuͤr zu halten,“ ſagt
Grimani, „das Bisthum oder gar der Purpur werde be-
ſchimpft, wenn man ſie einem Kloſterbruder ertheile.“ Er
[120]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
will bemerken, daß die Moͤnche nicht mehr recht wagen ſich
am Hofe blicken zu laſſen, weil ihrer da nur Spott und
Beleidigung warte. Schon zeige ſich, daß nur Leute von der
geringſten Herkunft in die Kloͤſter zu treten geneigt ſeyen.
„Selbſt ein fallirter Kraͤmer“, ruft er aus, „haͤlt ſich
fuͤr zu gut um die Capuze zu nehmen.“ 1)
Verloren dergeſtalt die Kloͤſter wirklich an innerer Be-
deutung, ſo iſt es kein Wunder wenn man auch bereits
anfing, ſie fuͤr uͤberfluͤſſig zu halten. Es iſt ſehr bemerkens-
werth, daß ſich dieſe Meinung zuerſt in Rom entwickelte,
daß man es zuerſt hier nothwendig fand das Moͤnchswe-
ſen zu beſchraͤnken. Schon im Jahre 1649 verbot Inno-
cenz X. durch eine Bulle alle neue Aufnahme in irgend
einen regularen Orden, bis das Einkommen der verſchiedenen
Convente berechnet, und die Zahl der Perſonen beſtimmt
ſey welche darin leben koͤnnten 2). Noch wichtiger iſt eine
Bulle vom 15. October 1652. Der Papſt beklagt darin,
daß es ſo viel kleine Convente gebe, in denen man weder
[121]Verwaltung der Kirche.
die Offizien bei Tage oder bei Nacht verſehen, noch geiſt-
liche Uebungen halten, noch die Clauſur beobachten koͤnne,
Freiſtaͤtten fuͤr Liederlichkeit und Verbrechen: ihre Anzahl
habe jetzt uͤber alles Maaß zugenommen; er hebt ſie mit
Einem Schlage alle auf: denn das Unkraut muͤſſe man ſon-
dern von dem Weizen 1). Schon begann man und zwar
zunaͤchſt ebenfalls in Rom darauf zu denken, finanziellen
Beduͤrfniſſen ſelbſt fremder Staaten durch Einziehungen
nicht von Kloͤſtern, ſondern von ganzen Inſtituten zu Huͤlfe
zu kommen. Als Alexander VII. kurz nach ſeiner Thron-
beſteigung von den Venezianern erſucht ward ſie in dem
Kriege von Candia gegen die Osmanen zu unterſtuͤtzen, ſchlug
er ſelbſt ihnen die Aufhebung einiger Orden in ihrem Lande
vor. Sie waren eher dagegen, weil dieſe Orden doch eine
Verſorgung fuͤr die armen Nobili darboten. Aber der Papſt
ſetzte ſeine Abſicht durch. Das Daſeyn dieſer Convente,
ſagte er, gereiche den Glaͤubigen eher zum Anſtoß als zur
Erbauung: er verfahre wie ein Gaͤrtner, der die unnuͤtzen
Zweige von dem Weinſtocke abſchneide, um ihn deſto frucht-
barer zu machen 2).
Doch haͤtte man nicht ſagen koͤnnen, daß es nun un-
ter Denen, die man befoͤrderte, beſonders glaͤnzende Talente
gegeben haͤtte. In dem ſiebzehnten Jahrhundert iſt eine
allgemeine Klage uͤber den Mangel an ausgezeichneten Leu-
[122]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
ten 1). Einmal blieben talentvolle Maͤnner haͤufig ſchon
darum von der Praͤlatur ausgeſchloſſen, weil ſie zu arm wa-
ren um jene Bedingungen der Aufnahme zu erfuͤllen 2).
Das Fortkommen hing doch allzu ſehr von der Gunſt der
Nepoten ab, die ſich nur durch eine Geſchmeidigkeit und
Unterwuͤrfigkeit erreichen ließ, welche der freien Entwicke-
lung edler Geiſtesgaben nicht guͤnſtig ſeyn konnte. Auf die
geſammte Geiſtlichkeit wirkte dieß zuruͤck.
Gewiß iſt es auffallend, daß in den wichtigſten theo-
logiſchen Disciplinen ſo gut wie gar keine originalen italie-
niſchen Autoren auftreten, weder in der Schrifterklaͤrung,
wo man nur die Hervorbringungen des 16. Jahrhunderts
wiederholte, noch auch an der Moral, obwohl dieſe ſehr
cultivirt wurde, noch auch in dem Dogma: ſchon in den Con-
gregationen uͤber die Gnadenmittel erſcheinen lauter Fremde
auf dem Kampfplatze: an den ſpaͤteren Streitigkeiten uͤber
Freiheit und Glauben nehmen die Italiener nur wenig An-
theil. Nach Girolamo da Narni thut ſich ſelbſt in Rom
kein ausgezeichneter Prediger mehr hervor. In jenem Tage-
buche von 1640 bis 1650, das ein ſo ſtrenger Katholik ver-
faßt hat, wird es mit Erſtaunen bemerkt. „Mit den Fa-
ſten“, heißt es darin, „hoͤre die Comoͤdie auf in den Saͤ-
[123]Verwaltung der Kirche.
len und Haͤuſern und fange an in den Kirchen auf den
Kanzeln. Das heilige Geſchaͤft der Predigt diene der Ruhm-
ſucht oder der Schmeichelei. Man trage Metaphyſik vor,
wovon der Sprechende wenig, ſeine Zuhoͤrer aber gar nichts
verſtehn. Statt zu lehren, zu tadeln, laſſe man Lobreden
erſchallen, nur um ſich emporzubringen. Schon komme es
auch bei der Wahl der Prediger nicht mehr auf Verdienſt,
ſondern nur auf Verbindung und Gunſt an.“
Die Summe iſt: jener große innere Antrieb, der fruͤ-
her Hof und Staat und Kirche beherrſcht und ihnen ihre
ſtreng religioͤſe Haltung gegeben hat, iſt verloſchen: mit
den Tendenzen der Reſtauration und Eroberung iſt es vor-
bei: jetzt machen ſich andere Triebe in den Dingen geltend,
die doch zuletzt nur auf Macht und Genuß hinauslaufen
und das Geiſtliche aufs neue verweltlichen.
Die Frage entſteht, welche Richtung unter dieſen Um-
ſtaͤnden die Geſellſchaft angenommen hatte die auf die Prin-
cipien der Reſtauration ſo beſonders gegruͤndet war, der
Orden der Jeſuiten.
Die Jeſuiten in der Mitte des ſiebzehnten Jahr-
hunderts.
Die vornehmſte Veraͤnderung in dem Innern der Ge-
ſellſchaft Jeſu beſtand darin, daß die Profeſſen in den Beſitz
der Macht gelangten.
Profeſſen, welche die vier Geluͤbde ablegten, gab es
anfangs nur wenige: von den Collegien entfernt, auf Al-
[124]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
moſen angewieſen, hatten ſie ſich darauf beſchraͤnkt eine
geiſtliche Autoritaͤt auszuuͤben: die Stellen welche weltliche
Thaͤtigkeit erforderten, von Rectoren, Provincialen, die Col-
legien uͤberhaupt waren in den Haͤnden der Coadjutoren ge-
weſen. Jetzt aber aͤnderte ſich dieß. Die Profeſſen ſelbſt
gelangten zu den Stellen der Verwaltung: ſie nahmen Theil
an den Einkuͤnften der Collegien: ſie wurden Rectoren,
Provinciale 1).
Daher folgte nun zunaͤchſt, daß die ſtrengeren Ten-
denzen perſoͤnlicher Devotion, die bisher in der Abſon-
derung der Profeſſionshaͤuſer vorzuͤglich feſtgehalten wor-
den, allmaͤhlig erkalteten; ſchon bei der Aufnahme konnte
man nicht mehr ſo genau auf die ascetiſche Befaͤhigung ſe-
hen; namentlich Vitelleschi ließ viele Unberufene zu: man
draͤngte ſich nach dem hoͤchſten Grade, weil er zugleich
geiſtliches Anſehen und weltliche Macht gewaͤhrte. Außer-
dem aber zeigte ſich dieſe Verbindung auch ganz im All-
gemeinen nachtheilig. Coadjutoren und Profeſſen hatten ſich
fruͤher wechſelſeitig beaufſichtigt: jetzt vereinten ſich prakti-
ſche Bedeutung und geiſtlicher Anſpruch in denſelben Per-
ſonen. Auch die Beſchraͤnkteſten hielten ſich fuͤr große Koͤpfe,
da ihnen Niemand mehr zu widerſprechen wagte. Im Be-
ſitze der ausſchließenden Herrſchaft fingen ſie an, der Reich-
[125]Jeſuiten.
thuͤmer, welche die Collegien im Laufe der Zeit erworben,
in Ruhe zu genießen und hauptſaͤchlich nur auf eine Ver-
mehrung derſelben zu denken: die eigentliche Amtsfuͤhrung
in Schule und Kirche uͤberließen ſie den juͤngern Leuten 1).
Auch dem General gegenuͤber nahmen ſie eine ſehr ſelbſtaͤn-
dige Haltung an.
Wie groß die Umwandlung war, ſieht man unter an-
dern an der Natur und den Schickſalen der Generale, —
welche Leute man ſich zu Oberhaͤuptern waͤhlte, wie man
mit dieſen verfuhr.
Wie verſchieden war Mutio Vitelleschi von ſeinem
ſelbſtherrſchenden, verſchmitzten, unerſchuͤtterlichen Vorgaͤn-
ger Aquaviva! Vitelleschi war von Natur mild, nachgie-
big, verſoͤhnend: ſeine Bekannten nannten ihn den Engel
des Friedens: auf ſeinem Todtenbette fand er in der Ue-
berzeugung einen Troſt, daß er Niemand beleidigt habe.
Treffliche Eigenſchaften eines liebenswuͤrdigen Gemuͤthes,
die aber nicht hinreichten einen ſo weit verbreiteten, thaͤti-
gen und maͤchtigen Orden zu regieren. Auch vermochte er
die Strenge der Disciplin nicht einmal in Hinſicht der
Kleidung feſtzuhalten, geſchweige den Forderungen eines
entſchloſſenen Ehrgeizes Widerſtand zu leiſten. Unter ſeiner
Verwaltung, 1615—1645, ſetzte ſich die oben bezeichnete
Umwandlung durch.
In ſeinem Sinne verfuhren auch ſeine naͤchſten Nach-
[126]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
folger: Vincenzo Caraffa (— 1649), ein Mann der ſelbſt
eine perſoͤnliche Bedienung verſchmaͤhte, lauter Demuth und
Froͤmmigkeit war 1), aber weder mit ſeinem Beiſpiel noch
mit ſeinen Ermahnungen durchzudringen vermochte: Pic-
colomini (— 1651), der einer Neigung zu durchgreifenden
Maaßregeln, die ihm von Natur eigen war, jetzt entſagte,
und nur noch auf die Genugthuung ſeiner Ordensbruͤder
Bedacht nahm.
Denn ſchon war es nicht mehr rathſam, hierin eine
Aenderung treffen zu wollen. Aleſſandro Gottofredi —
Januar bis Merz 1651 — haͤtte das gern gethan: er
ſuchte wenigſtens den ſich vordraͤngenden Ehrgeiz in Schran-
ken zu halten: aber die zwei Monate ſeiner Verwaltung
reichten hin ihn allgemein verhaßt zu machen; man begruͤßte
ſeinen Tod als die Befreiung von einem Tyrannen. Und
noch weit entſchiedenere Abneigung zog ſich der naͤchſte Ge-
neral, Goswin Nickel, zu. Man koͤnnte nicht ſagen, daß
er tief eingreifende Reformen beabſichtigt haͤtte; er ließ es
im Ganzen gehn wie es ging; er war nur gewohnt mit
Hartnaͤckigkeit auf einmal ergriffene Meinungen zu beſtehn
und zeigte ſich rauh, abſtoßend, ruͤckſichtslos; aber ſchon
hiedurch verletzte er die Eigenliebe maͤchtiger Mitglieder des
[127]Jeſuiten.
Ordens ſo tief und lebhaft, daß die Generalcongregation
von 1661 zu Maaßregeln gegen ihn ſchritt, die man bei
der monarchiſchen Natur des Inſtitutes nicht haͤtte fuͤr moͤg-
lich halten ſollen.
Sie erſuchte zuerſt Papſt Alexander VII. um die Er-
laubniß, ihrem General einen Vicar mit dem Rechte der
Nachfolge beizuordnen. Leicht war die Erlaubniß erlangt,
der Hof bezeichnete ſogar einen Candidaten dafuͤr, jenen
Oliva der zuerſt die Einberufung der Nepoten angerathen,
und man war fuͤgſam genug, dieſen Guͤnſtling des Palla-
ſtes zu waͤhlen. Es fragte ſich nur, unter welcher Form
man die Gewalt von dem General auf den Vicar uͤbertra-
gen koͤnne. Das Wort Abſetzung auszuſprechen konnte man
nicht uͤber ſich gewinnen. Um die Sache zu erlangen und
das Wort zu umgehn, ſtellte man die Frage auf, ob der
Vicar eine cumulative Macht haben ſolle, d. i. zugleich mit
dem General, oder eine privative, d. i. ohne ihn. Die
Congregation entſchied natuͤrlich fuͤr die privative: ſie er-
klaͤrte in Folge dieſer Entſcheidung ausdruͤcklich, daß der
bisherige General aller ſeiner Gewalt verluſtig, und dieſe
vollſtaͤndig auf den Vicar uͤbertragen ſeyn ſollte 1).
So geſchah, daß die Geſellſchaft, deren Princip der
unbedingte Gehorſam war, ihr Oberhaupt ſelbſt entfernte,
und zwar ohne daß ſich dieß eines eigentlichen Vergehens
ſchuldig gemacht haͤtte. Es liegt am Tage, wie ſehr da-
[128]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
durch auch in dieſem Orden die ariſtokratiſchen Tendenzen
zur Herrſchaft gelangten.
Oliva war ein Mann der aͤußere Ruhe, Wohlleben,
politiſche Intrigue liebte; unfern Albano hatte er eine Villa,
bei der er die ſeltenſten auslaͤndiſchen Gewaͤchſe anpflanzte;
auch wenn er in der Stadt war, zog er ſich doch von Zeit
zu Zeit nach dem Novizenhauſe von S. Andrea zuruͤck, wo
er Niemand Audienz gab: auf ſeinen Tiſch brachte man nur
die ausgeſuchteſten Speiſen: nie ging er zu Fuß aus: in
ſeinen Wohnzimmern war die Bequemlichkeit bereits raffi-
nirt: er genoß ſeine Stellung, ſeine Macht: gewiß ein ſol-
cher Mann war nicht geeignet den alten Geiſt des Or-
dens wieder zu beleben.
In der That entfernte ſich dieſer taͤglich mehr von den
Grundſaͤtzen, auf die er gegruͤndet worden.
War er nicht vor allem verpflichtet die Intereſſen
des roͤmiſchen Stuhles zu verfechten, und hiezu eigentlich
geſtiftet? Aber jenes ſein naͤheres Verhaͤltniß zu Frank-
reich und dem Hauſe Bourbon hatte er jetzt dahin ausge-
bildet, daß er in den allmaͤhlig hervortretenden Compe-
tenzen roͤmiſcher und franzoͤſiſcher Intereſſen faſt ohne Aus-
nahme auf die Seite der letztern trat 1). Zuweilen wur-
den jeſuitiſche Werke von der Inquiſition zu Rom verdammt,
weil
[129]Jeſuiten.
weil ſie die Rechte der Krone zu lebhaft verfochten. Die
Oberhaͤupter der franzoͤſiſchen Jeſuiten vermieden den Um-
gang mit dem paͤpſtlichen Nuntius, um nicht den Ver-
dacht ultramontaner Geſinnung auf ſich zu laden. Auch ſonſt
konnte der roͤmiſche Stuhl den Gehorſam des Ordens in
dieſer Zeit nicht ruͤhmen: namentlich in den Miſſionen wur-
den die paͤpſtlichen Anordnungen faſt immer in Wind ge-
ſchlagen.
Ferner war ein Hauptgrundſatz des Ordens, allen welt-
lichen Verbindungen zu entſagen und ſich nur den geiſtli-
chen Pflichten zu widmen. Wie hatte man ſonſt ſo ſtreng
daruͤber gehalten, daß jeder Eintretende auf alle ſeine Be-
ſitzthuͤmer Verzicht leiſtete! Zuerſt ward das eine Weile
verſchoben; dann geſchah es wohl, aber nur bedingungs-
weiſe, weil man ja am Ende wieder ausgeſtoßen werden
koͤnne; endlich fuͤhrte ſich ein, daß man ſeine Guͤter der
Geſellſchaft ſelbſt uͤberließ: jedoch wohlverſtanden, dem be-
ſtimmten Collegium in welches man trat, dergeſtalt daß
man ſogar die Verwaltung derſelben nur unter anderm Ti-
tel oft noch ſelbſt in Haͤnden behielt 1). Die Mitglieder der
Collegien hatten hie und da mehr freie Zeit als ihre Ver-
wandten die mitten im Leben ſtanden: ſie verwalteten de-
ren Geſchaͤfte, zogen ihr Geld ein, fuͤhrten ihre Proceſſe 2).
Päpſte** 9
[130]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Aber auch in den Collegien als Geſammtheiten nahm die-
ſer mercantile Geiſt uͤberhand. Man wollte ihren Wohlſtand
ſichern: da die großen Schenkungen aufhoͤrten, ſuchte man
dieß durch Induſtrie zu bewerkſtelligen. Die Jeſuiten hielten
es fuͤr keinen beſondern Unterſchied, den Acker zu bauen,
wie die aͤlteſten Moͤnche gethan, und Geſchaͤfte zu treiben,
wie ſie es verſuchten. Das Collegio Romano ließ zu Ma-
cerata Tuch fabriciren, anfangs bloß zu eigenem Gebrauch,
dann fuͤr alle Collegien in der Provinz, endlich fuͤr Jeder-
mann: man bezog damit die Meſſen. Bei dem engen Ver-
haͤltniß der verſchiedenen Collegien bildeten ſich Wechſelge-
ſchaͤfte aus. Der portugieſiſche Geſandte in Rom war fuͤr
ſeine Caſſe an die Jeſuiten aus Portugal angewieſen. Be-
ſonders in den Colonien machten ſie gluͤckliche Geſchaͤfte:
uͤber beide Feſten hin breitete ſich ein Netz von Verbin-
dungen dieſes Ordens aus, das in Liſſabon ſeinen Mittel-
punkt hatte.
Ein Geiſt der, ſo wie er einmal angeſchlagen war,
nothwendig auch auf alle innern Verhaͤltniſſe zuruͤckwirkte.
Noch immer blieb es bei dem Grundſatze den Unter-
richt umſonſt zu geben. Allein man nahm Geſchenke bei
der Aufnahme, Geſchenke bei feierlichen Gelegenheiten, ein
paar Mal des Jahres 1): man ſuchte vorzugsweiſe beguͤ-
2)
[131]Jeſuiten.
terte Schuͤler. Daraus folgte jedoch, daß dieſe nun auch
eine gewiſſe Unabhaͤngigkeit fuͤhlten und ſich der Strenge
der alten Disciplin nicht mehr fuͤgen wollten. Ein Je-
ſuit, der den Stock gegen einen Schuͤler erhob, empfing
von dieſem einen Dolchſtoß: ein junger Menſch in Gubbio,
der ſich von dem Pater Prefetto zu hart behandelt glaubte,
brachte denſelben dafuͤr um. Auch in Rom gaben die Be-
wegungen im Collegium, der Stadt und dem Pallaſt un-
aufhoͤrlich zu reden. Die Lehrer wurden von ihren Schuͤ-
lern einmal geradezu einen Tag lang eingeſperrt gehalten:
der Rector mußte, wie dieſe forderten, zuletzt doch wirk-
lich entlaſſen werden. Es ſind das Symptome eines all-
gemeinen Kampfes zwiſchen den alten Ordnungen und
neuen Tendenzen. Am Ende behielten dieſe letzten doch
wirklich den Platz. Die Jeſuiten vermochten den Einfluß
nicht mehr zu behaupten, mit welchem ſie fruͤherhin die
Gemuͤther beherrſcht hatten.
Ueberhaupt das war nicht mehr ihr Sinn ſich die
Welt zu unterwerfen, ſie mit religioͤſem Geiſte zu durch-
dringen: ihr eigener Geiſt war vielmehr ſelbſt der Welt ver-
fallen: ſie ſtrebten nur, den Menſchen unentbehrlich zu wer-
den, auf welche Weiſe das auch immer geſchehen mochte.
Nicht allein die Vorſchriften des Inſtitutes, die Leh-
ren der Religion und Moral ſelbſt bildeten ſie nach dieſem
Zwecke um. Dem Geſchaͤfte der Beichte, durch das ſie
1)
9*
[132]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
einen ſo unmittelbaren Einfluß auf das Innerſte der Per-
ſoͤnlichkeiten ausuͤbten, gaben ſie eine Wendung die auf
alle Zeiten merkwuͤrdig iſt.
Wir haben hieruͤber unzweifelhafte Documente. In
zahlreichen ausfuͤhrlichen Werken haben ſie die Grundſaͤtze
vorgelegt, die ſie bei Beichte und Abſolution ſelbſt beob-
achteten und Andern an die Hand gaben. Es ſind im All-
gemeinen wirklich die nemlichen, die ihnen ſo oft zum Vor-
wurfe gemacht worden. Suchen wir wenigſtens die Haupt-
principien zu faſſen, von denen aus ſie ſich das geſammte
Gebiet zu eigen machen.
Bei der Beichte wird aber ohnfehlbar alles davon ab-
hangen, welchen Begriff man von der Vergehung, von der
Suͤnde aufſtellt.
Sie erklaͤren die Suͤnde fuͤr die freiwillige Abweichung
von Gottes Gebot 1).
Und worin, fragen wir weiter, beſteht nun dieſe Frei-
willigkeit? Ihre Antwort iſt: in Einſicht von dem Feh-
ler und vollkommener Beiſtimmung des Willens 2).
Dieſen Grundſatz ergreifen ſie mit dem Ehrgeiz etwas
Neues vorzutragen und dem Beſtreben ſich mit den Gewohn-
heiten des Lebens abzufinden. Mit ſcholaſtiſcher Spitzfin-
[133]Jeſuiten.
digkeit und umfaſſender Beruͤckſichtigung der vorkommenden
Faͤlle bilden ſie ihn bis zu den anſtoͤßigſten Folgerun-
gen aus.
Ihrer Lehre zufolge iſt es ſchon genug, die Suͤnde
nur nicht als ſolche zu wollen; man hat um ſo mehr auf
Verzeihung zu hoffen, je weniger man bei der Uebelthat
an Gott denkt, je heftiger die Leidenſchaft war von der man
ſich getrieben fuͤhlte: Gewohnheit, ja das boͤſe Beiſpiel,
welche den freien Willen beſchraͤnken, gereichen zur Ent-
ſchuldigung. Wie enge wird ſchon hiedurch der Kreis der
Vergehungen! Niemand wird ja die Suͤnde um ihrer ſelbſt
willen lieben. Außerdem erkennen ſie aber auch noch Ent-
ſchuldigungsgruͤnde anderer Art an. Allerdings iſt z. B.
das Duell von der Kirche verboten; jedoch die Jeſuiten
finden, ſollte jemand deshalb weil er ein Duell ausſchluͤge
Gefahr laufen fuͤr feig gehalten zu werden, eine Stelle oder
die Gnade ſeines Fuͤrſten zu verlieren, ſo ſey er nicht
zu verdammen wenn er es annehme 1). Einen falſchen Eid
zu leiſten waͤre an ſich eine ſchwere Suͤnde: wer aber, ſa-
gen die Jeſuiten, nur aͤußerlich ſchwoͤrt, ohne dieß inner-
lich zu beabſichtigen, der wird dadurch nicht gebunden: er
ſpielt ja und ſchwoͤrt nicht 2).
Dieſe Lehren finden ſich in Buͤchern, die ſich ausdruͤck-
lich fuͤr gemaͤßigt ausgeben. Wer wollte jetzt noch, da die
[134]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Zeiten voruͤber ſind, die weitern Verirrungen eines alle
Moral vernichtenden Scharfſinnes, in welchem von dieſen
Lehrern einer den andern mit literariſchem Wetteifer zu uͤber-
bieten ſtrebte, hervorſuchen? Aber zu leugnen iſt nicht,
daß auch die ſchroffeſten Lehren einzelner Doctoren durch ei-
nen andern Grundſatz der Jeſuiten, durch ihre Lehre von
der Probabilitaͤt, ſehr gefaͤhrlich wurden. Sie behaupteten,
man duͤrfe in zweifelhaften Faͤllen einer Meinung folgen
von der man nicht ſelber uͤberzeugt ſey, vorausgeſetzt daß
ſie von einem angeſehenen Autor vertheidigt werde 1): ſie
hielten es nicht allein fuͤr erlaubt, den nachſichtigſten Leh-
rern zu folgen, ſondern ſie riethen das ſogar an. Gewiſ-
ſensſcrupel muͤſſe man verachten, ja der wahre Weg ſich
ihrer zu entledigen ſey, daß man die mildeſten Meinungen
befolge, ſelbſt wenn ſie weniger ſicher ſeyn ſollten 2). Wie
wird das innerſte Geheimniß der Selbſtbeſtimmung hiedurch
ein ſo ganz aͤußerliches Thun. In den jeſuitiſchen Hand-
buͤchern ſind alle Moͤglichkeiten der Faͤlle des Lebens be-
handelt, ungefaͤhr in dem Sinne wie es in Syſtemen des
buͤrgerlichen Rechts zu geſchehen pflegt, und nach dem
Grade ihrer Entſchuldbarkeit gepruͤft; man braucht nur dar-
in nachzuſchlagen, und ſich ohne eigene Ueberzeugung dar-
nach zu richten, ſo iſt man der Abſolution vor Gott und
[135]Janſeniſten.
Kirche ſicher. Eine leichte Abwandlung des Gedankens
entlaſtet von aller Verſchuldung. — Mit einer gewiſſen
Ehrlichkeit erſtaunen zuweilen die Jeſuiten ſelbſt, wie ſo
leicht durch ihre Lehren das Joch Chriſti werde.
Janſeniſten.
Es muͤßte in der katholiſchen Kirche bereits alles Le-
ben erſtorben geweſen ſeyn, wenn ſich gegen ſo verderbliche
Doctrinen und die geſammte Entwickelung die damit zu-
ſammenhing nicht doch auch in demſelben Moment eine
Oppoſition haͤtte hervorthun ſollen.
Schon waren die meiſten Orden mit den Jeſuiten ge-
ſpannt, die Dominicaner wegen ihrer Abweichungen von
Thomas von Aquino, die Franciscaner und Capuziner we-
gen der ausſchließenden Gewalt, die ſie ſich in den Miſ-
ſionen in Hinteraſien anmaßten: zuweilen wurden ſie von
den Biſchoͤfen bekaͤmpft, deren Autoritaͤt ſie ſchmaͤlerten, zu-
weilen von den Pfarrern, in deren Amtsgeſchaͤfte ſie ein-
griffen; auch an den Univerſitaͤten erhoben ſich wenigſtens
in Frankreich und den Niederlanden noch oftmals Gegner.
Aber alles dieß bildete doch noch keinen nachhaltigen Wi-
derſtand, der von einer tieferen und mit friſchem Geiſte er-
griffenen Ueberzeugung herruͤhren mußte.
Denn zuletzt hingen doch auch die moraliſchen Lehren
der Jeſuiten mit ihren dogmatiſchen Vorſtellungen genau
zuſammen. In jenen wie in dieſen gewaͤhrten ſie dem freien
Willen einen großen Spielraum.
Eben dieß war nun aber auch der Punkt, an welchen
[136]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
ſich der groͤßte Widerſpruch anſchloß welchen die Jeſuiten
uͤberhaupt gefunden haben. Er entwickelte ſich folgender-
geſtalt.
In den Jahren, in welchen die Streitigkeiten uͤber
die Gnadenmittel die theologiſche Welt in der katholiſchen
Kirche in großer Spannung erhielten, ſtudirten zu Loͤwen
zwei junge Menſchen, Cornelis Janſe aus Holland und
Jean du Verger ein Gascogner, die mit einmuͤthiger Ue-
berzeugung fuͤr die ſtrengeren Lehren, die ja in Loͤwen nie-
mals untergegangen waren, Partei ergriffen, und einen hef-
tigen Widerwillen gegen die Jeſuiten faßten. Verger war
vornehmer, wohlhabender: er nahm ſeinen Freund mit ſich
nach Bayonne. Hier vertieften ſie ſich in unablaͤſſig wie-
derholtem Studium in die Werke des Auguſtinus: ſie faß-
ten fuͤr die Lehren dieſes Kirchenvaters von Gnade und
freiem Willen eine Begeiſterung, die ihr ganzes folgendes
Leben beſtimmte 1).
Janſenius, welcher Profeſſor zu Loͤwen, Biſchof zu
Ypern wurde, ſchlug mehr den theoretiſchen, Verger, der
die Abtei St. Cyran bekam, mehr den praktiſchen, asceti-
ſchen Weg ein um ſie wieder geltend zu machen.
Das Buch, in welchem Janſenius ſeine Ueberzeugun-
gen ausfuͤhrlich und ſyſtematiſch entwickelte, betitelt: Au-
guſtinus, iſt doch ſehr bedeutend, nicht allein weil es ſich
den Jeſuiten in ihren dogmatiſchen und moraliſchen Ten-
[137]Janſeniſten.
denzen ſo kuͤhn entgegenſtellte, ſondern weil es dieß dadurch
that, daß es die herkoͤmmlichen Formeln von Gnade, Suͤnde
und Vergebung aufs neue zu lebendigen Gedanken durch-
bildete.
Janſenius geht von der Unfreiheit des menſchlichen
Willens aus: durch die Begierde nach irdiſchen Dingen ſey
er gefeſſelt, in Knechtſchaft gehalten: aus eigener Kraft ver-
moͤge er ſich aus dieſem Zuſtande nicht zu erheben: die
Gnade muͤſſe ihm zu Huͤlfe kommen, die Gnade, die nicht
ſowohl Vergebung der Suͤnden als die Befreiung der Seele
von den Banden der Begierde ſey 1).
Hier tritt ſogleich ſeine unterſcheidende Anſicht her-
vor. Die Gnade laͤßt er durch das hoͤhere und reinere
Vergnuͤgen eintreten, welches die Seele an den goͤttlichen
Dingen empfinde. Die wirkſame Gnade des Heilandes
ſagt er, iſt nichts anders, als ein geiſtliches Ergoͤtzen,
durch welches der Wille bewogen wird zu wollen und zu
vollbringen was Gott beſchloſſen hat. Sie iſt die un-
willkuͤrliche von Gott dem Willen eingefloͤßte Bewegung,
durch welche das Gute dem Menſchen wohlgefaͤllt, und er
bewogen wird darnach zu ſtreben 2). Wiederholt ſchaͤrft
er ein, daß das Gute nicht aus Furcht vor der Strafe,
ſondern aus Liebe zur Gerechtigkeit gethan werden muͤſſe.
[138]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Und von dieſem Punkte aus erhebt er ſich nun zu der
hoͤhern Frage, was dieſe Gerechtigkeit ſey?
Er antwortet: Gott ſelbſt.
Denn Gott muß man ſich nicht denken wie einen Koͤr-
per, oder unter irgend einem Bilde, ſelbſt nicht unter dem
des Lichtes: man muß ihn betrachten und lieben als die
ewige Wahrheit, aus der alle Wahrheit und Weisheit
quillt, als die Gerechtigkeit, nicht in wiefern ſie die Ei-
genſchaft eines Gemuͤthes iſt, ſondern in wiefern ſie als
eine Idee, als eine hoͤchſte unverletzliche Regel ihm vor-
ſchwebt. Die Regeln unſrer Handlungen fließen aus dem
ewigen Geſetze: ſie ſind ein Abglanz ſeines Lichtes: wer die
Gerechtigkeit liebt, liebt Gott ſelbſt 1).
Der Menſch wird nicht dadurch gut, daß er ſein Ge-
muͤth auf dieß oder jenes Gute richtet: ſondern dadurch,
daß er das unveraͤnderliche einfache hoͤchſte Gut ins Auge
faßt, welches die Wahrheit, welches Gott ſelbſt iſt. Die
Tugend iſt die Liebe Gottes.
Und eben in dieſer Liebe beſteht die Befreiung des Wil-
lens: ihre unausſprechliche Suͤßigkeit vertilgt das Wohl-
gefallen der Begierde: es entſteht eine freiwillige und be-
gluͤckende Nothwendigkeit nicht zu ſuͤndigen ſondern gut zu
[139]Janſeniſten.
leben 1), der wahre freie Wille, d. i. ein Wille, befreit
von dem Boͤſen, erfuͤllt mit dem Guten.
Es iſt an dieſem Werke bewundernswuͤrdig, in wie
hohem Grade philoſophiſch durchſichtig die dogmatiſchen
Entwickelungen gehalten ſind, ſelbſt in dem gelehrten Eifer
einer feindſeligen Discuſſion: die Grundbegriffe ſind zugleich
moraliſch und religioͤs, ſpeculativ und praktiſch: jenem aͤu-
ßerlichen Sich-abfinden der jeſuitiſchen Lehre ſetzt es ſtrenge
Innerlichkeit, das Ideal einer in der Liebe zu Gott auf-
gehenden Thaͤtigkeit entgegen.
Waͤhrend aber Janſenius noch mit der Abfaſſung die-
ſes Werkes beſchaͤftigt war, verſuchte ſein Freund ſchon,
die Ideen die demſelben zu Grunde lagen, zunaͤchſt in ſei-
nem eigenen Leben darzuſtellen und in ſeiner Umgebung
praktiſch auszubreiten.
St. Cyran, denn ſo ward Verger jetzt genannt, hatte
ſich mitten in Paris eine gelehrte, ascetiſche Einſiedelei ge-
ſchaffen. In unermuͤdlichem Studium der heiligen Schrift
und der Kirchenvaͤter ſuchte er ſich mit ihrem Geiſte zu
durchdringen. Die Lehren, die Janſenius mehr im Allge-
meinen ausgebildet, wandte er auf das Sacrament der
Buße an. Sich erniedrigen, dulden, von Gott abhangen,
der Welt voͤllig entſagen 2), ſich mit alle ſeinem Thun und
Trachten der Liebe zu Gott widmen, das ſind ſeine For-
derungen. Aber nach ſeiner Lehre muß die Gnade der Buße
[140]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
ſchon vorhergehn. „Wenn Gott eine Seele retten will, ſo
faͤngt er inwendig an: — iſt das Herz nur einmal veraͤn-
dert, wird nur erſt wahre Reue empfunden, ſo folgt das
andere alles nach: die Abſolution kann nur den erſten Strahl
der Gnade bezeichnen: wie ein Arzt nur den Bewegungen
und innern Wirkungen der Natur nachzugehn hat, ſo muͤſ-
ſen auch die Aerzte der Seele den Wirkungen der Gnade
nachfolgen.“ Oft wiederholt er, daß er ſelbſt den ganzen
Weg von Verſuchung und Suͤnde zu Zerknirſchung, Ge-
bet und Erhebung durchgemacht habe. Nur Wenigen
theilte er ſich mit: er that das jedes Mal ohne viel Worte,
mit dem Ausdrucke der Ruhe; aber da ſeine ganze Seele
von dem erfuͤllt war was er ſprach, da er immer Gele-
genheit und innere Stimmung abwartete, ſowohl in ſich,
als in den Andern, ſo machte er einen unwiderſtehlichen
Eindruck: unwillkuͤrlich fuͤhlten ſich ſeine Zuhoͤrer umge-
wandelt, die Thraͤnen brechen ihnen hervor, ehe ſie es ahn-
den 1). Gar bald ſchloſſen ſich ihm einige ausgezeichnete
Maͤnner als entſchiedene Proſelyten an: — Arnauld d’An-
dilly, der zu Cardinal Richelieu und Koͤnigin Anna von
Oeſtreich in engem Verhaͤltniß ſtand, und in den wichtig-
ſten Geſchaͤften gebraucht ward: deſſen Neffe, le Maitre,
der damals als der erſte Redner vor dem Parlamente be-
wundert wurde, und die glaͤnzendſte Laufbahn vor ſich hatte,
ſich aber jetzt geradezu in eine Einſiedelei bei Paris zu-
ruͤckzog. Angelique Arnauld, deren wir bereits gedachten,
und ihre Nonnen von Portroyal hingen mit der unbe-
[141]Janſeniſten.
dingten Hingebung welche fromme Frauen fuͤr ihren Pro-
pheten zu fuͤhlen pflegen, an St. Cyran.
Janſenius ſtarb, ehe er ſein Buch gedruckt ſah: St.
Cyran ward gleich nach ſeinen erſten Bekehrungen von Ri-
chelieu, der einen natuͤrlichen Widerwillen gegen eine ſolche
Wirkſamkeit hatte, ins Gefaͤngniß geworfen; allein dieſe Un-
faͤlle verhinderten den Fortgang ihrer Lehren nicht.
Das Buch des Janſenius brachte durch ſein inneres
Verdienſt, ſo wie durch die Kuͤhnheit ſeiner Polemik nach
und nach einen allgemeinen, tiefen Eindruck hervor 1).
St. Cyran ſetzte ſeine bekehrende Thaͤtigkeit von dem Ge-
faͤngniß aus fort: das unverſchuldete Leiden das ihn be-
troffen, und das er mit großer Ergebung trug, vermehrte
ſein Anſehen: als er nach dem Tode Richelieus frei wurde,
ward er wie ein Heiliger, wie ein Johannes der Taͤufer
betrachtet. Zwar ſtarb er wenige Monate darauf (11. Oct.
1643); aber er hatte eine Schule gegruͤndet, welche in ſei-
ner und ſeines Freundes Lehren ihr Evangelium ſah: „ſeine
Schuͤler“, ſagt einer von ihnen, „gingen wie junge Adler
unter ſeinen Fluͤgeln hervor: Erben ſeiner Tugend und Froͤm-
migkeit, die das, was ſie von ihm empfangen, wiederum
Andern uͤberlieferten. Elias ließ Eliſa’s nach, die ſein Werk
fortſetzten.“
Schon ſammelte ſich in der Einſiedelei von Port-
royal des Champs, in die ſich zuerſt le Maitre zuruͤckge-
[142]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
zogen, um ihn her eine nicht unanſehnliche Geſellſchaft, die
ſich zu jenen Grundſaͤtzen bekannte.
Urſpruͤnglich hatte ſie nun wohl etwas Beſchraͤnktes;
ſie beſtand hauptſaͤchlich aus Mitgliedern und Freunden der
Familie Arnauld. Le Maitre zog allein vier ſeiner Bruͤder
nach ſich: ihre Mutter, die ihnen ihre geiſtliche Richtung
eingefloͤßt, war eine Arnauld: der aͤlteſte Freund St. Cy-
rans, dem dieſer ſein Herz vermachte, war Arnauld d’An-
dilly: endlich trat auch er in dieſe Geſellſchaft: ſein juͤng-
ſter Bruder, Antoine Arnauld, verfaßte die erſte bedeutende
Schrift zu Gunſten derſelben. Gar manche andere Ver-
wandte und Freunde folgten ihnen nach. Auch das Klo-
ſter Portroyal in Paris war faſt ausſchließend in den Haͤn-
den dieſer Familie. Andilly erzaͤhlt, daß ſeine Mutter, die
endlich auch hineintrat, von zwoͤlf Toͤchtern und Enkelinnen
umgeben geweſen 1). Wir erinnern uns hiebei, daß der
aͤltere Antoine Arnauld, von welchem dieſe Alle abſtamm-
ten, es hauptſaͤchlich war, durch deſſen glaͤnzendes Plai-
doyer im Jahre 1594 die Entfernung der Jeſuiten aus
Paris entſchieden worden. Die Abneigung gegen den Or-
den war gleichſam erblich in dieſer Familie.
Allein wie ſo bald und ſo großartig ward dieſer enge
Kreis erweitert.
Einmal ſchloſſen ſich ihm viele Andere an, durch
keine andere Verwandtſchaft als die der Geſinnung ange-
zogen. Beſonders war ein einflußreicher Prediger zu Pa-
ris, Singlin, Anhaͤnger St. Cyrans, fuͤr ſie thaͤtig. Sing-
lin hatte die beſondere Eigenſchaft, daß er ſich im gewoͤhn-
[143]Janſeniſten.
lichen Leben nur mit Schwierigkeit ausdruͤckte, aber ſo wie
er die Kanzel beſtieg, eine hinreißende Beredſamkeit ent-
wickelte 1). Diejenigen die ſich am eifrigſten zu ihm hiel-
ten, ſchickte er nach Portroyal, wo man ſie gern auf-
nahm. Es waren junge Geiſtliche und Gelehrte, wohl-
habende Kaufleute, Maͤnner aus den angeſehenſten Fami-
lien, Aerzte, die ſchon eine bedeutende Stellung hatten,
Mitglieder anderer Orden, jedoch alles Leute, die nur in-
nerer Trieb und entſchiedenes Einverſtaͤndniß zu dieſem
Schritte vermochten.
Und in dieſer Einſamkeit nun, gleichſam einem freiwil-
ligen und durch keine Verpflichtung zuſammengehaltenen
Kloſter, gab es allerdings viel religioͤſe Uebungen; man be-
ſuchte die Kirche fleißig: man betete viel, gemeinſchaftlich
oder allein: auch wurden laͤndliche Arbeiten, von Einem
oder dem Andern ward ein Handwerk getrieben; allein
hauptſaͤchlich widmete man ſich literariſchen Beſchaͤftigun-
gen: die Geſellſchaft von Portroyal war zugleich eine Art
von Akademie.
Waͤhrend die Jeſuiten in unuͤberſehbaren Folianten
Gelehrſamkeit aufſpeicherten, oder ſich in die widerwaͤrtige
Scholaſtik kuͤnſtlicher Syſteme der Moral und der Dogma-
tik verloren, wandten ſich die Janſeniſten an die Nation.
Sie fingen an zu uͤberſetzen: die h. Schrift, Kirchen-
vaͤter, lateiniſche Gebetbuͤcher: gluͤcklich wußten ſie hiebei
die altfraͤnkiſchen Formen zu vermeiden, die bisher Arbei-
ten dieſer Art geſchadet hatten, und ſich mit anziehender
Verſtaͤndlichkeit auszudruͤcken. Eine Unterrichtsanſtalt, die
[144]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
die ſie bei Portroyal einrichteten, gab ihnen Anlaß Schul-
buͤcher zu verfaſſen, uͤber alte und neue Sprachen, Logik,
Geometrie, welche aus friſcher Auffaſſung hervorgegangen
neue Methoden an die Hand gaben, deren Verdienſt von
Jedermann anerkannt ward. Dazwiſchen traten dann an-
dere Arbeiten hervor, Streitſchriften von einer Schaͤrfe und
Praͤciſion, welche die Feinde geiſtig vernichteten: Werke tie-
ferer Froͤmmigkeit, wie die Heures de Portroyal, die mit
lebhafter Begierde empfangen wurden und nach Verlauf ei-
nes Jahrhunderts noch ſo neu und geſucht waren wie den
erſten Tag. Geiſter von ſo eminenter Wiſſenſchaftlichkeit
wie Pascal, Koryphaͤen der franzoͤſiſchen Poeſie wie Ra-
cine gingen aus ihrer Mitte hervor. Es iſt nicht zu er-
meſſen, welchen Einfluß dieſe Vereinigung geiſtreicher, von
einer großen Intention erfuͤllter Maͤnner, die ganz von
ſelbſt im Umgang mit einander einen neuen Ton des Aus-
drucks, der Mittheilung entwickelten, auf die Literatur von
Frankreich und von Europa uͤberhaupt ausgeuͤbt hat 1).
Wie haͤtte nun aber der Geiſt, der alle dieſen Hervor-
bringungen zu Grunde lag, ſich nicht durch ſie in der Na-
tion Bahn machen ſollen? Aller Orten erhoben ſich ihm
Anhaͤnger. Beſonders ſchloſſen ſich ihnen die Pfarrer an,
denen die jeſuitiſche Beichte ſchon lange verhaßt geweſen
war. Zuweilen, z. B. unter dem Cardinal Retz, ſchien es
wohl, als wuͤrden ſie auch in die hoͤhere Geiſtlichkeit ein-
dringen: es wurden ihnen wichtige Stellen zu Theil. Schon
fin-
[145]Stellung d. roͤm. Hofes zu d. beiden Parteien.
finden wir ſie nicht allein in den Niederlanden und in
Frankreich, auch in Spanien haben ſie Goͤnner: noch un-
ter Innocenz X. hoͤrt man einen janſeniſtiſchen Lehrer oͤf-
fentlich in Rom predigen 1).
Da fragte ſich nun vor allem, wie der roͤmiſche Stuhl
dieſe Meinungen anſehen wuͤrde.
Stellung des römiſchen Hofes zu den beiden Par-
teien.
Es hatte ſich nur unter etwas veraͤnderten Formen
derſelbe Streit erneuert, welchen vierzig Jahre fruͤher we-
der Clemens VIII, noch Paul V. zu entſcheiden gewagt
hatten.
Ich weiß nicht, ob Urban VIII, Innocenz X. entſchloſ-
ſener geweſen ſeyn wuͤrden, waͤre nicht ungluͤcklicher Weiſe
in dem Werke des Janſenius eine Stelle vorgekommen, an
welcher der roͤmiſche Stuhl aus andern Gruͤnden großen
Anſtoß nahm.
Päpſte** 10
[146]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
In ſeinem dritten Buche uͤber den Stand der Unſchuld
kommt Janſenius auf einen Satz des Auguſtin, von dem
er nicht leugnen kann, daß er vom roͤmiſchen Hofe ver-
dammt worden ſey. Er nimmt einen Augenblick Anſtand,
wem er folgen ſolle, dem Kirchenvater oder dem Papſte.
Nach einigem Bedenken aber bemerkt er 1), der roͤmiſche
Stuhl verdamme zuweilen eine Lehre bloß um des Friedens
willen, ohne ſie darum gleich fuͤr falſch erklaͤren zu wollen:
er entſcheidet ſich ſchlechtweg fuͤr den auguſtinianiſchen
Lehrſatz.
Natuͤrlich machten ſich ſeine Gegner dieſe Stelle zu
Nutze: ſie erklaͤrten ſie fuͤr einen Angriff auf die paͤpſtliche
Infallibilitaͤt: gleich Urban VIII. ward vermocht ſein Miß-
fallen uͤber ein Werk auszuſprechen, welches zur Verrin-
gerung des apoſtoliſchen Anſehens Saͤtze enthalte die ſchon
von fruͤhern Paͤpſten verdammt worden ſeyen.
Mit dieſer Erklaͤrung richtete er jedoch noch wenig
aus. Die janſeniſtiſchen Lehren griffen nichts deſto minder
gewaltig um ſich: in Frankreich trat eine allgemeine Ent-
zweiung ein. Die Gegner von Portroyal hielten es fuͤr
nothwendig eine andere beſtimmtere Verdammung von dem
roͤmiſchen Stuhle auszubringen. Zu dem Ende faßten ſie
die Grundlehren des Janſenius, wie ſie dieſelben verſtan-
den, in fuͤnf Saͤtze zuſammen, und forderten den Papſt In-
[147]Stellung d. roͤm. Hofes zu d. beiden Parteien.
nocenz X. auf, ſein apoſtoliſches Urtheil daruͤber auszu-
ſprechen 1).
Und hierauf ſchritt man nun an dem roͤmiſchen Hofe
zu einer foͤrmlichen Unterſuchung. Es ward eine Congre-
gation von vier Cardinaͤlen gebildet, unter deren Aufſicht
dreizehn theologiſche Conſultoren die Pruͤfung vornahmen.
Nun waren jene Saͤtze ſo beſchaffen, daß ſie auf den
erſten Blick lauter Heterodoxien enthielten, aber naͤher be-
trachtet ſich doch wenigſtens auch zum Theil in rechtglaͤu-
bigem Sinne erklaͤren ließen 2). Unter der Commiſſion zeig-
ten ſich ſogleich verſchiedene Meinungen. Vier Mitglieder
derſelben, zwei Dominicaner, ein Minorit, Luca Wadding,
und der Auguſtinergeneral fanden die Verdammung unrath-
ſam. Die uͤbrigen neun aber waren dafuͤr 3). Es kam
nun darauf an, ob der Papſt der Majoritaͤt beiſtimmen
wuͤrde.
Innocenz dem X. war die ganze Frage zuwider. Schon
an ſich haßte er ſchwierigere theologiſche Unterſuchun-
gen: aber uͤberdieß ſah er von dieſer, wie er ſich auch im-
mer erklaͤren mochte, nur widerwaͤrtige Folgen voraus.
Trotz der Entſcheidung einer ſo großen Mehrheit konnte
er ſich nicht entſchließen. „Wenn er an den Rand des
10*
[148]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Grabens kam“, ſagt Pallavicini, „und mit den Augen
die Groͤße des Sprunges maß, hielt er inne und war nicht
weiter vorwaͤrts zu bringen.“
Aber nicht der geſammte Hof theilte dieſe Bedenklichkei-
ten. Unmittelbar zur Seite des Papſtes ſtand ein Staats-
ſecretaͤr, der Cardinal Chigi, der ihn unaufhoͤrlich anfeuerte.
Noch in Coͤln hatte Chigi das Buch zu Handen bekommen
und geleſen: ſchon damals hatte ihn jene Stelle mit de-
voter Entruͤſtung erfuͤllt, ſo daß er es von ſich warf; von
einigen deutſchen Ordensgeiſtlichen war er in ſeinem Wi-
derwillen beſtaͤrkt worden: an der Pruͤfungscongregation
hatte er thaͤtigen Antheil genommen und zum Reſultate der-
ſelben das Seine beigetragen; jetzt drang er in den Papſt
nicht zu ſchweigen: ſchweigen wuͤrde dießmal heißen erlau-
ben: er duͤrfe die Lehre der paͤpſtlichen Unfehlbarkeit nicht
in Mißcredit gerathen laſſen: eben das ſey eine Hauptbe-
ſtimmung des apoſtoliſchen Sitzes, in den Zweifeln der
Glaͤubigen eine Entſcheidung zu geben 1).
Nun war Innocenz, wie wir wiſſen, ein Mann der
ſich von ploͤtzlichen Eindruͤcken leiten ließ. In einer un-
gluͤcklichen Stunde uͤberwaͤltigte ihn die Vorſtellung von
der Gefahr der paͤpſtlichen Infallibilitaͤt. Er nahm das
um ſo mehr fuͤr hoͤhere Eingebung, da es am Tage des
h. Athanaſius war. Am 1. Juni 1653 erließ er ſeine
Bulle, in welcher er jene fuͤnf Saͤtze verdammte, als ketze-
riſch, blasphemiſch, fluchbeladen. Er erklaͤrt, hiemit hoffe
er den Frieden der Kirche herzuſtellen; nichts liege ihm
mehr am Herzen als daß das Schiff der Kirche wie im
[149]Stellung d. roͤm. Hofes zu d. beiden Parteien.
ruhigen Meere dahinfahren und in den Port der Selig-
keit gelangen moͤge 1).
Allein wie ſo voͤllig anders mußte doch der Erfolg
ausfallen!
Die Janſeniſten leugneten, daß die Saͤtze in dem Buche
Janſens zu finden, und noch viel mehr, daß ſie von dem-
ſelben in dem Sinne verſtanden ſeyen, in dem man ſie ver-
dammt habe.
Nun erſt zeigte ſich, in welch eine falſche Stellung
der roͤmiſche Hof gerathen war. Die franzoͤſiſchen Biſchoͤfe
drangen in Rom auf die Erklaͤrung, daß jene Saͤtze wirk-
lich im Sinne Janſens verdammt worden. Chigi, der in-
deß unter dem Namen Alexander VII. den Thron beſtie-
gen, konnte dieſelbe um ſo weniger verweigern, da er ſelbſt
ſo großen Antheil an der Verdammung genommen hatte: er
ſprach ſie unumwunden und foͤrmlich aus: „die fuͤnf Saͤtze
ſeyen allerdings aus dem Buche von Janſen gezogen, und
in dem Sinne deſſelben verurtheilt worden“ 2).
Aber auch hiewider waren die Janſeniſten geruͤſtet.
Sie entgegneten: eine Erklaͤrung dieſer Art uͤberſchreite die
Grenzen der paͤpſtlichen Macht: die paͤpſtliche Unfehlbarkeit
erſtrecke ſich nicht auf ein Urtheil uͤber Thatſachen.
Dergeſtalt geſellte ſich der dogmatiſchen Streitigkeit
[150]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
uͤberdieß eine Frage uͤber die Grenzen der paͤpſtlichen Ge-
walt hinzu; in ihrer unleugbaren Oppoſition gegen den
roͤmiſchen Stuhl wußten ſich die Janſeniſten doch noch
immer als gute Katholiken zu behaupten.
Auch war dieſe Partei nun gar nicht mehr zu beſei-
tigen. Zuweilen machte man von Seiten der Krone An-
ſtalt dazu; es wurden Formulare im Sinne der Verdam-
mungsbulle erlaſſen, die von allen geiſtlichen Perſonen un-
terſchrieben werden ſollten, ſelbſt den Schulmeiſtern, ſelbſt
den Nonnen. Die Janſeniſten ſtraͤubten ſich nicht, die fuͤnf
Saͤtze zu verdammen, die wie geſagt auch eine heterodoxe
Auslegung zuließen, ſie weigerten ſich nur, durch eine un-
bedingte Unterſchrift anzuerkennen, daß ſie in Janſenius
enthalten, daß dieß die Lehren ihres Meiſters ſeyen: keine
Verfolgung konnte ſie dazu bewegen. Ihre Standhaftig-
keit bewirkte, daß ihre Anzahl, ihr Credit von Tage zu
Tage zunahm: ſchon fanden ſich auch unter den Biſchoͤfen
zahlreiche Verfechter ihrer Meinung 1).
Um die Ruhe wenigſtens aͤußerlich herzuſtellen, mußte
ſich Clemens IX. im Jahre 1668 mit einer Unterſchrift
zufrieden erklaͤren, wie auch ein Janſeniſt ſie leiſten konnte.
Er begnuͤgte ſich mit einer Verdammung der fuͤnf Saͤtze
im Allgemeinen, ohne darauf zu beſtehn, daß ſie von
Janſenius wirklich gelehrt worden ſeyen 2). In der That
[151]Stellung d. roͤm. Hofes zu d. beiden Parteien.
enthaͤlt das doch eine weſentliche Nachgiebigkeit des roͤ-
miſchen Hofes: nicht allein ließ er den Anſpruch fallen,
uͤber die Thatſachen zu entſcheiden, ſondern er ſah auch zu,
daß ſein Verdammungsurtheil uͤber Janſenius ohne alle
Folgen blieb.
Und ſeitdem erhob ſich die Partei St. Cyrans und Jan-
ſens, von der Curie geduldet, mit dem koͤniglichen Hofe
in gutem Verhaͤltniß — der bekannte Miniſter Pomponne
war ein Sohn Andillys, — von einigen Großen beguͤn-
ſtigt, zu immer groͤßerer Staͤrke und Bedeutung. Ihre
literariſche Thaͤtigkeit umfaßte nun erſt die Nation. Aber
mit ihrem Emporkommen verbreitete ſich trotz des Frie-
densſchluſſes zugleich eine lebhafte Oppoſition gegen den
roͤmiſchen Stuhl; ſie wußten recht wohl, daß ſie gar nicht
beſtehn wuͤrden, wenn es nach deſſen Abſichten gegangen
waͤre.
[152]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
Verhältniß zu der weltlichen Macht.
Da hatte ſich auch ſchon von einer andern Seite her
ein wenigſtens nicht minder gefaͤhrlicher Gegenſatz in ſtei-
gender Heftigkeit und immer weiter greifender Ausbreitung
erhoben.
Im ſiebzehnten Jahrhundert fing der roͤmiſche Stuhl
an, ſeine jurisdictionellen Gerechtſame ich weiß nicht ob
lebhafter und nachdruͤcklicher aber gewiß ſyſtematiſcher und
unnachgiebiger wahrzunehmen als bisher. Urban VIII, der
ſeine Erhebung unter andern auch dem Anſehen verdankte,
in das er ſich als ein eifriger Verfechter dieſer Anſpruͤche
geſetzt hatte 1), ſtiftete eine eigene Congregation der Im-
munitaͤt. Weniger Cardinaͤlen, die ſchon in der Regel ein
Verhaͤltniß zu den Maͤchten hatten, als juͤngern Praͤlaten,
die nach dem Eifer, den ſie hiebei bewieſen, befoͤrdert zu
werden hofften, vertraute er das Geſchaͤft an, auf alle Ein-
griffe der Fuͤrſten in die geiſtliche Jurisdiction ein wach-
ſames Auge zu haben. Seitdem wurde nun die Beobach-
tung um vieles ſchaͤrfer und regelmaͤßiger, die Anmahnung
dringender: Amtseifer und Intereſſe vereinigten ſich: der
[153]Verhaͤltniß zu der weltlichen Macht.
oͤffentliche Geiſt des Hofes hielt es fuͤr einen Beweis von
Froͤmmigkeit, uͤber jeden Punkt dieſer althergebrachten
Rechte eiferſuͤchtig zu wachen 1).
Sollten ſich aber die Staaten dieſer geſchaͤrften Auf-
ſicht gutwillig bequemen? Das Gefuͤhl religioͤſer Vereini-
gung, das im Kampfe mit dem Proteſtantismus erweckt
worden, war wieder erkaltet; alles ſtrebte nach innerer
Staͤrke, politiſcher Geſchloſſenheit; es geſchah, daß der roͤ-
miſche Hof mit allen katholiſchen Staaten in bittere Strei-
tigkeiten gerieth.
Machten doch ſelbſt die Spanier zuweilen Verſuche
die Einwirkungen Roms z. B. auf Neapel zu beſchraͤnken,
der Inquiſition daſelbſt einige Beiſitzer von Staats wegen
beizugeben! Man haͤtte in Rom Bedenken getragen dem
Kaiſer das Patriarchat von Aquileja, auf das er Anſpruͤche
hatte, zuzugeſtehn, aus Furcht, er benutze den Beſitz deſſel-
ben zur Erwerbung einer groͤßern kirchlichen Unabhaͤngig-
keit. Die deutſchen Reichsſtaͤnde ſuchten in den Wahlca-
pitulationen von 1654 und 1658 die Gerichtsbarkeit der
Nuntien und der Curie durch ſtrengere Beſtimmungen ein-
zuſchraͤnken; in unaufhoͤrlicher Bewegung war Venedig uͤber
[154]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17 Jahrh.
den Einfluß des Hofes auf die Beſetzung der geiſtlichen
Stellen im Lande, die Penſionen, die Anmaßungen der
Nepoten; bald fand Genua, bald Savoyen Anlaß, ſeinen
Geſandten von Rom abzuberufen; aber den lebhafteſten Wi-
derſtand leiſtete, wie das auch ſchon im Princip ihrer
Reſtauration lag, die franzoͤſiſche Kirche 1). Die Nuntien
finden kein Ende der Beſchwerden, die ſie machen zu muͤſſen
glauben, vorzuͤglich uͤber die Beſchraͤnkungen welche die
geiſtliche Jurisdiction erfahre: ehe ſie noch einen Schritt
gethan, lege man ſchon Appellation ein; man entziehe ihr
die Eheſachen unter dem Vorwande, es ſey eine Entfuͤh-
rung im Spiele; man ſchließe ſie von den peinlichen Pro-
ceſſen aus; zuweilen werde ein Geiſtlicher hingerichtet ohne
erſt degradirt zu ſeyn; ohne Ruͤckſicht erlaſſe der Koͤnig
Edicte uͤber Ketzerei und Simonie: die Zehenten ſeyen all-
maͤhlig zu einer immerwaͤhrenden Auflage geworden. Bedenk-
lichere Anhaͤnger der Curie ſahen in dieſen Anmaßungen
ſchon die Vorboten zu einem Schisma.
Das Verhaͤltniß, in das man durch dieſe Irrungen
gerieth, hing nothwendig auch mit andern Umſtaͤnden, haupt-
ſaͤchlich mit der politiſchen Haltung die der roͤmiſche Hof
annahm, zuſammen.
Aus Ruͤckſicht auf Spanien wagte weder Innocenz
noch Alexander, Portugal, das ſich von dieſer Monarchie
losgeriſſen, anzuerkennen, und den daſelbſt ernannten Bi-
[155]Verhaͤltniß zu der weltlichen Macht.
ſchoͤfen die canoniſche Inſtitution zu geben. Faſt das ganze
rechtmaͤßige Episcopat von Portugal ſtarb aus: die kirch-
lichen Guͤter wurden zum großen Theil den Offizieren der
Armee uͤberlaſſen: Koͤnig, Clerus und Laien entwoͤhnten ſich
der fruͤhern Ergebenheit.
Aber auch uͤbrigens neigten ſich die Paͤpſte nach Ur-
ban VIII. wieder auf die ſpaniſch-oͤſtreichiſche Seite.
Man darf ſich daruͤber nicht wundern, da die Ue-
bermacht von Frankreich ſo bald einen die allgemeine Frei-
heit gefaͤhrdenden Charakter entwickelte. Es kam hinzu,
daß jene Paͤpſte ihre Erhebung dem ſpaniſchen Einfluſſe
verdankten, und beide perſoͤnliche Gegner Mazarins wa-
ren 1). In Alexander ſprach ſich dieſe Feindſeligkeit immer
ſtaͤrker aus: er konnte dem Cardinal nicht vergeben, daß er
ſich mit Cromwell alliirte, und lange Zeit den Frieden mit
Spanien aus perſoͤnlichen Beweggruͤnden verhinderte.
Daraus folgte nun aber auch, daß ſich in Frankreich
die Oppoſition gegen den roͤmiſchen Stuhl immer tiefer feſt-
ſetzte, und von Zeit zu Zeit in heftigen Schlaͤgen hervor-
brach. Wie ſehr bekam das noch Alexander zu empfinden!
Ein Streit, der ſich zu Rom zwiſchen dem Gefolge
des franzoͤſiſchen Botſchafters Crequy und den corſiſchen
Stadtſoldaten erhob, in welchem Crequy zuletzt ſelbſt be-
leidigt wurde, gab dem Koͤnige Anlaß ſich in die Zwiſtig-
[156]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
keiten des roͤmiſchen Stuhles mit den Haͤuſern Eſte und
Farneſe zu miſchen, und zuletzt geradezu Truppen nach Ita-
lien marſchiren zu laſſen. Der arme Papſt ſuchte ſich durch
eine geheime Proteſtation zu helfen: vor den Augen der
Welt aber mußte er dem Koͤnige in dem Vertrage zu Piſa
alle ſeine Forderungen zugeſtehn. Man kennt die Neigung
der Paͤpſte zu ehrenvollen Inſcriptionen: keinen Stein, ſagte
man, laſſen ſie in eine Mauer ſetzen ohne ihren Namens-
zug: Alexander mußte in ſeiner Hauptſtadt, auf einem der
beſuchteſten Plaͤtze, eine Pyramide errichten laſſen, deren
Inſchrift ſeine Demuͤthigung verewigen ſollte.
Dieſer Act allein mußte die Autoritaͤt des Papſtthums
tief herabwuͤrdigen.
Aber auch uͤbrigens war dieß Anſehen um das Jahr
1660 bereits in vollem Verfall. Den Frieden von Ver-
vins hatte der paͤpſtliche Stuhl noch herbeigefuͤhrt, durch
ſeine Unterhandlungen gefoͤrdert und zum Abſchluß gebracht;
bei dem weſtphaͤliſchen hatte er ſeine Abgeordneten gehabt,
aber ſich ſchon genoͤthigt geſehen, gegen die Bedingungen
uͤber welche man uͤbereinkam, zu proteſtiren: an dem pyre-
naͤiſchen Frieden nahm er auch nicht einmal mehr einen
ſcheinbaren Antheil: man vermied es ſeine Abgeordne-
ten zuzulaſſen: kaum wurde ſeiner noch darin gedacht 1).
Wie bald ſind Friedensſchluͤſſe gefolgt, in denen man uͤber
[157]Uebergang auf die ſpaͤteren Epochen.
paͤpſtliche Lehen disponirt hat ohne den Papſt auch nur
zu fragen.
Uebergang auf die ſpäteren Epochen.
Ueberaus merkwuͤrdig bleibt es alle Mal und eroͤffnet
uns einen Blick in den Gang der menſchlichen Entwicke-
lung uͤberhaupt, daß das Papſtthum in dem Momente daß
es in der Durchfuͤhrung ſeiner auf eine erneuerte allgemeine
Herrſchaft abzielenden Plaͤne ſcheiterte auch in ſich ſelbſt zu
verfallen anfing.
In jenem Zeitraum des Fortſchrittes, der Reſtauration
war alles gegruͤndet worden. Da hatte man die Lehre er-
neuert, die kirchlichen Berechtigungen ſtaͤrker centraliſirt, mit
den Fuͤrſten Bund geſchloſſen, die alten Orden verjuͤngt und
neue gegruͤndet, die Kraft des Kirchenſtaates zuſammenge-
nommen, zu einem Organe kirchlicher Beſtrebungen gemacht,
Sinn und Geiſt der Curie reformirt, alles nach dem Ei-
nen Ziele der Wiederherſtellung der Gewalt und des katho-
liſchen Glaubens geleitet.
Eine neue Schoͤpfung war das nicht, wie wir ſahen:
es war eine Wiederbelebung durch die Macht neuer Ideen,
welche einige Mißbraͤuche abſchaffte, und nur die vorhan-
denen Lebenselemente in friſchem Impuls mit ſich fortriß.
Ohne Zweifel iſt aber eine Wiederherſtellung dieſer
Art noch eher dem Verfall der belebenden Motive aus-
geſetzt, als eine von Grund aus neugeſchaffene Geburt.
Der erſte Einhalt den die kirchliche Reſtauration er-
fuhr, geſchah in Frankreich. Die paͤpſtliche Gewalt konnte
[158]BuchVIII.Die Paͤpſte um d. Mitte d. 17. Jahrh.
auf dem betretenen Wege nicht durchdringen; ſie mußte
eine Kirche, obwohl katholiſch, doch nicht unter dem Ein-
fluß den ſie beabſichtigte, ſich bilden, ſich erheben ſehen,
und ſich zu einer Abkunft mit derſelben entſchließen.
Damit hing dann zuſammen, daß ſogleich auch in
dem Innern ſtarke Gegenſaͤtze ſich erhoben, Streitigkeiten
uͤber die wichtigſten Glaubenspunkte, uͤber das Verhaͤlt-
niß der geiſtlichen zu der weltlichen Macht; — an der Cu-
rie bildete ſich der Nepotismus auf eine gefahrdrohende
Weiſe aus, — die finanziellen Kraͤfte, ſtatt vollſtaͤndig zu
ihrem Zwecke verwandt zu werden, kamen zum großen
Theil einzelnen Familien zu Gute.
Noch immer aber hatte man ein großes und allge-
meines Ziel, nach welchem man mit außerordentlichem Gluͤck
vorwaͤrts ſchritt. In dieſem hoͤhern Streben wurden alle
Gegenſaͤtze vermittelt, die Streitigkeiten der Lehre und des
kirchlich weltlichen Anſpruches beſchwichtigt, die Entzweiun-
gen der Maͤchte verſoͤhnt, der Fortgang der allgemeinen
Unternehmungen im Zuge erhalten: die Curie war der
den Weg anweiſende Mittelpunkt der katholiſchen Welt:
im groͤßten Styl ſetzten ſich die Bekehrungen fort.
Aber wir ſahen wie es geſchah, daß man doch nicht
zum Ziel gelangte, ſondern durch innern Zwiſt und aͤußern
Widerſtand auf ſich ſelbſt zuruͤckgeworfen wurde.
Seitdem nahmen nun auch alle Verhaͤltniſſe des Staa-
tes, der innern Entwickelung eine andere Geſtalt an.
In dem Geiſte der Eroberung und Erwerbung, der
ſich einem großen Zweck widmet, liegt zugleich Hingebung,
mit einem beſchraͤnkten Egoismus vertraͤgt er ſich nicht;
[159]Uebergang auf die ſpaͤteren Epochen.
jetzt trat an der Curie der Geiſt des Genuſſes, des Beſitzes
ein. Es bildete ſich eine Genoſſenſchaft von Rente-inha-
bern aus, die ein gutes Recht auf den Ertrag des Staa-
tes und der kirchlichen Verwaltung zu beſitzen glaubte. In-
dem ſie dieß Recht auf eine verderbliche Weiſe mißbrauchte,
hielt ſie doch mit demſelben Eifer daran feſt, als ſey das
Weſen des Glaubens daran geknuͤpft.
Eben dadurch geſchah aber, daß der Widerſpruch ſich
von entgegengeſetzten Seiten unverſoͤhnlich erhob.
Es trat eine Lehre auf, die aus einer neuen An-
ſchauung der Tiefen der Religion hervorgegangen, von dem
roͤmiſchen Hofe verdammt und verfolgt wurde, aber nicht
beſeitigt zu werden vermochte. Die Staaten nahmen eine
unabhaͤngige Haltung an: von der Ruͤckſicht auf die paͤpſt-
liche Politik machten ſie ſich los; in ihren innern Angele-
genheiten nahmen ſie eine Autonomie in Anſpruch, die der
Curie auch in kirchlicher Hinſicht immer weniger Einfluß
uͤbrig ließ.
Auf dieſen beiden Momenten beruht nun die fernere
Geſchichte des Papſtthums.
Es folgen Epochen, in denen es bei weitem weniger
eine freie Thaͤtigkeit entwickelt, als daß es, bald von der
einen bald von der andern Seite angegriffen, nur bedacht
iſt ſich in jedem Augenblicke ſo gut als moͤglich zu ver-
theidigen.
Die Aufmerkſamkeit wird in der Regel von der Kraft
angezogen, und nur von der Seite der Thaͤtigkeit kann ein
Ereigniß verſtanden werden: auch gehoͤrt es nicht zu der
Abſicht dieſes Buches die letzten Epochen zu ſchildern.
[160]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
Allein ein uͤberaus merkwuͤrdiges Schauſpiel bieten ſie doch
immer dar, und wie wir mit einer Anſicht der fruͤhern
Zeiten begonnen, ſo duͤrfen wir wohl nicht ſchließen, ohne
den Verſuch zu machen, auch die ſpaͤtern, wiewohl nur in
kurzen Zuͤgen, vor den Augen voruͤbergehn zu laſſen.
Zunaͤchſt erhebt ſich aber der Angriff von der Seite
der Staaten. Auf das genaueſte haͤngt er mit der Spal-
tung der katholiſchen Welt in zwei feindſelige Theile, in
die oͤſtreichiſche und die franzoͤſiſche Partei, die der Papſt
nicht mehr zu uͤberwaͤltigen oder zu beruhigen vermag, zu-
ſammen. Die politiſche Stellung die er annimmt, beſtimmt
auch das Maaß der geiſtlichen Ergebenheit die er findet.
Wir ſahen ſchon, wie das begann. Nehmen wir wahr, wie
es ſich weiter entwickelte.
Ludwig XIV. und Innocenz XI.
So gut katholiſch Ludwig XIV. auch war, ſo kam es
ihm doch unertraͤglich vor, daß der roͤmiſche Stuhl eine
unabhaͤngige, ja der ſeinen nur allzu oft entgegengeſetzte Po-
litik befolgen ſollte.
Wie Innocenz und Alexander, und wenn Clemens IX.
nicht ſelbſt, doch ſeine Umgebung, neigte ſich auch Cle-
mens X. (1670 bis 1676) und deſſen Nepot Pauluzzi
Altieri auf die Seite der Spanier 1). Ludwig XIV. raͤchte
ſich
[161]LudwigXIV.und InnocenzXI.
ſich dafuͤr durch unaufhoͤrliche Eingriffe in die geiſtliche
Gewalt.
Eigenmaͤchtig zog er geiſtliche Guͤter ein; unterdruͤckte
einen oder den andern Orden; er nahm die Befugniß
in Anſpruch die Pfruͤnden der Kirche mit militaͤriſchen
Penſionen zu belaſten; das Recht waͤhrend der Vacanz
eines Bisthums die Einkuͤnfte deſſelben zu genießen und
die davon abhaͤngigen Pfruͤnden zu beſetzen, das unter dem
Namen der Regale ſo beruͤhmt geworden, ſuchte er auf Pro-
vinzen auszudehnen, in denen es nie gegolten; die ſchmerz-
lichſte Wunde ſchlug er den roͤmiſchen Rentebeſitzern, in-
dem er die Geldſendungen an den Hof in beſchraͤnkende
Aufſicht nahm 1).
So fuhr er nun auch unter Innocenz XI. fort, der
im Ganzen die nemliche Politik beobachtete; an dem aber
fand er Widerſtand.
Innocenz XI, aus dem Hauſe Odeſcalchi von Como,
war in ſeinem 25ſten Jahre mit Degen und Piſtole nach
Rom gekommen, um ſich irgend einer weltlichen Beſchaͤf-
tigung vielleicht in Neapel dem Kriegsdienſte zu widmen.
Der Rath eines Cardinals, der ihn beſſer durchſchaute als
er ſich ſelbſt kannte, vermochte ihn, ſich der Laufbahn
an der Curie zu widmen. Er that das mit ſo viel Hin-
gebung und Ernſt, und verſchaffte ſich nach und nach ei-
nen ſolchen Ruf von Tuͤchtigkeit und guter Geſinnung, daß
Päpſte** 11
[162]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
das Volk waͤhrend des Conclaves ſeinen Namen unter den
Portici von S. Peter rief, und die oͤffentliche Meinung ſich
befriedigt fuͤhlte, als er mit der Tiare geſchmuͤckt aus dem-
ſelben hervorging. (21. Sept. 1676.)
Ein Mann der ſeine Diener wohl unter der Bedin-
gung rufen ließ, wenn ſie keine Abhaltung haͤtten — von
dem ſein Beichtvater betheuerte, er habe nie etwas an ihm
wahrgenommen was die Seele von Gott entfernen koͤnnte
— mild und ſanftmuͤthig, den aber dieſelbe Gewiſſenhaf-
tigkeit, die ſein Privatleben beſtimmte, nun auch antrieb
die Verpflichtungen ſeines Amtes ruͤckſichtslos zu erfuͤllen.
Wie gewaltig griff er die Uebelſtaͤnde beſonders der
finanziellen Verwaltung an. Die Ausgaben waren auf
2,578106 Sc. 91 Baj. geſtiegen; die Einnahmen, Data-
ria und Spolien mit eingeſchloſſen, betrugen nur 2,408500
Sc. 71 Baj.; ein ſo großes Deficit, jaͤhrlich von 170000
Sc., drohte den offenbaren Bankrutt herbeizufuͤhren 1). Daß
es zu dieſem Aeußerſten nicht kam, iſt ohne Zweifel das
Verdienſt Innocenz XI. Er enthielt ſich endlich des Ne-
potismus durchaus. Er erklaͤrte, er liebe ſeinen Neffen
Don Livio, der das durch ſeine Beſcheidenheit verdiene,
eben darum aber wolle er ihn nicht in dem Pallaſte.
Alle Aemter und Einkuͤnfte die bisher den Nepoten zu Gute
gekommen, zog er geradezu ein. So verfuhr er nun aber
auch mit vielen andern Stellen, deren Daſeyn mehr eine
Laſt war. Unzaͤhlige Mißbraͤuche und Exemtionen ſchaffte
er ab: da es ihm endlich der Zuſtand des Geldmarktes er-
[163]LudwigXIV.und InnocenzXI.
laubte, trug er kein Bedenken die Monti von 4 Pc. auf
3 Pc. herabzuſetzen 1). Nach einigen Jahren war es ihm
in der That gelungen die Einnahme wieder auf einen nicht
unbedeutenden Ueberſchuß uͤber die Ausgabe zu erhoͤhen.
Und mit derſelben Entſchloſſenheit begegnete der Papſt
nun auch den Angriffen Ludwigs XIV.
Ein paar Biſchoͤfe janſeniſtiſcher Geſinnung, die ſich
jener Ausdehnung des Regalrechtes widerſetzten, wurden da-
fuͤr von dem Hofe bedruͤckt und geaͤngſtigt; der Biſchof von
Pamiers mußte eine Zeitlang von Almoſen leben. Sie
wandten ſich an den Papſt. Innocenz ſaͤumte nicht ſich
ihrer anzunehmen. 2)
Ein Mal, zwei Mal ermahnte er den Koͤnig, den
Schmeichlern kein Gehoͤr zu geben, die Freiheiten der Kirche
nicht anzutaſten: er moͤchte verurſachen, daß die Quelle der
goͤttlichen Gnade uͤber ſein Reich vertrockene. Da er keine
Antwort bekam, ſo wiederholte er ſeine Ermahnungen zum
dritten Male: nun aber, fuͤgte er hinzu, werde er nicht wie-
der ſchreiben, ſich jedoch auch nicht laͤnger mit Ermahnungen
begnuͤgen, ſondern ſich aller Mittel der Macht bedienen, die
Gott in ſeine Hand gelegt habe. Keine Gefahr, keinen
Sturm werde er dabei fuͤrchten, in dem Kreuze Chriſti ſehe
er ſeinen Ruhm. 3)
11*
[164]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
Es iſt immer eine Maxime des franzoͤſiſchen Hofes
geweſen, durch die paͤpſtliche Macht ſeinen Clerus, durch
den Clerus die Einwirkungen der paͤpſtlichen Macht zu be-
ſchraͤnken. Niemals aber beherrſchte ein Fuͤrſt ſeine Geiſt-
lichkeit vollkommener als Ludwig XIV. Eine Ergebenheit
ohne Gleichen athmen die Reden, mit denen man ihn bei
feierlichen Gelegenheiten begruͤßte. „Wir wagen kaum,“
heißt es in einer derſelben 1), „Forderungen zu machen,
aus Furcht, dem kirchlichen Eifer Ew. Maj. ein Ziel zu
ſetzen. Die traurige Freiheit Beſchwerde zu fuͤhren ver-
wandelt ſich jetzt in eine ſuͤße Nothwendigkeit unſern Wohl-
thaͤter zu loben.“ Prinz Condé meinte, ſollte es dem Koͤ-
nige einfallen zur proteſtantiſchen Kirche uͤberzugehn, ſo
wuͤrde ihm der Clerus zuerſt nachfolgen.
Und wenigſtens gegen den Papſt ſtand die Geiſtlich-
keit ohne Scrupel ihrem Koͤnige bei: von Jahr zu Jahr
erließ ſie entſchiedenere Erklaͤrungen zu Gunſten der koͤnigli-
chen Gewalt. Endlich folgte die Verſammlung von 1682.
„Sie ward,“ ſagt ein venezianiſcher Geſandter, „nach der
Convenienz des Staatsminiſteriums berufen und aufgeloͤſt,
nach deſſen Eingebungen geleitet“ 2). Die vier Artikel, die
[165]LudwigXIV.und InnocenzXI.
ſie abfaßte, haben ſeitdem immer als das Manifeſt der gal-
licaniſchen Freiheiten gegolten. Die drei erſten wiederholen
aͤltere Behauptungen: Unabhaͤngigkeit der weltlichen Gewalt
von der geiſtlichen, Superioritaͤt eines Conciliums uͤber den
Papſt, Unantaſtbarkeit der gallicaniſchen Gewohnheiten. Vor-
zuͤglich merkwuͤrdig aber iſt der vierte, weil er auch die
geiſtliche Autoritaͤt beſchraͤnkt. „Selbſt in Fragen des Glau-
bens ſey die Entſcheidung des Papſtes nicht unverbeſſerlich,
ſo lange er die Beiſtimmung der Kirche nicht habe.“ Wir
ſehen, die beiden Gewalten unterſtuͤtzten einander. Der Koͤnig
ward von den Einwirkungen der weltlichen, der Clerus von
der unbedingten Autoritaͤt der geiſtlichen Gewalt des Papſt-
thums freigeſprochen. Die Zeitgenoſſen fanden, wenn man
in Frankreich ja noch innerhalb der katholiſchen Kirche ſey,
ſo ſtehe man doch ſchon auf der Schwelle um herauszutre-
ten. Der Koͤnig erhob jene Saͤtze zu einer Art von Glau-
bensartikel, von ſymboliſchem Buch. In allen Schulen
ſollte darnach gelehrt werden, Niemand einen Grad in der
juriſtiſchen oder der theologiſchen Facultaͤt erlangen koͤnnen,
der dieſelben nicht beſchwoͤre.
Aber auch der Papſt hatte noch eine Waffe. Der Koͤ-
nig befoͤrderte vor allen andern die Urheber der Decla-
ration, die Mitglieder dieſer Verſammlung in die biſchoͤf-
lichen Aemter: Innocenz weigerte ſich ihnen die geiſtliche
Inſtitution zu geben. Die Einkuͤnfte mochten ſie genießen,
2)
[166]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
aber die Ordination empfingen ſie nicht, einen geiſtlichen
Act des Episcopates durften ſie nicht ausuͤben.
Dieſe Verwickelung vermehrte ſich noch dadurch, daß
Ludwig XIV. in dieſem Augenblicke, und zwar vorzuͤglich
deshalb um ſich als vollkommen rechtglaͤubig auszuweiſen,
zu jener grauſamen Ausrottung der Hugenotten ſchritt. Er
glaubte damit der katholiſchen Kirche einen großen Dienſt
zu leiſten. Auch hat man wohl geſagt, Papſt Innocenz
ſey damit einverſtanden geweſen 1). Aber in der That iſt
das nicht ſo. Der roͤmiſche Hof wollte jetzt mit einer Be-
kehrung durch bewaffnete Apoſtel nichts zu ſchaffen haben:
„dieſer Methode habe ſich Chriſtus nicht bedient, man muͤſſe
die Menſchen in die Tempel fuͤhren, aber nicht hinein
ſchleifen“ 2).
Und immer neue Irrungen erhoben ſich. Der fran-
zoͤſiſche Botſchafter zog im Jahre 1687 mit einem ſo ſtar-
ken Gefolge, ſogar ein paar Schwadronen Cavallerie, in
Rom ein, daß ihm das Aſylrecht, welches die Geſandten da-
mals nicht allein fuͤr ihren Pallaſt, ſondern auch fuͤr die
benachbarten Straßen in Anſpruch nahmen, obwohl es der
[167]LudwigXIV.und InnocenzXI.
Papſt feierlich aufgehoben, nicht wohl haͤtte ſtreitig gemacht
werden koͤnnen. Mit bewaffneter Mannſchaft trotzte er dem
Papſt in ſeiner Hauptſtadt. „Sie kommen mit Roß und
Wagen,“ ſagte Innocenz, „wir aber wollen wandeln im
Namen des Herrn.“ Er ſprach die kirchlichen Cenſuren
uͤber den Botſchafter aus: die Kirche S. Luigi, in welcher
derſelbe einem feierlichen Hochamt beigewohnt hatte, ward
mit dem Interdict belegt 1).
Da ging auch der Koͤnig zu den aͤußerſten Schritten
fort. Er appellirte an ein allgemeines Concilium, ließ
Avignon beſetzen, den Nuntius in S. Olon einſchließen;
man glaubte, er habe die Abſicht, den Erzbiſchof Harlai
von Paris, der alle dieſe Schritte wo nicht veranlaßt doch
gebilligt hatte, zum Patriarchen von Frankreich zu creiren.
So weit kam es: der franzoͤſiſche Geſandte in Rom
excommunicirt, der paͤpſtliche in Frankreich feſtgehalten, —
35 franzoͤſiſche Biſchoͤfe ohne die canoniſche Inſtitution, —
eine paͤpſtliche Landſchaft vom Koͤnige eingenommen; das
Schisma war hiemit in der That ſchon ausgebrochen. Nichts
deſto minder wich Innocenz XI. keinen Schritt breit.
Fragen wir, worauf er ſich dabei ſtuͤtzte, ſo war es
nicht eine Ruͤckwirkung ſeiner Cenſuren in Frankreich, nicht
die Macht ſeines apoſtoliſchen Anſehens; ſondern es war
vor allem jener allgemeine Widerſtand, welchen die Europa
[168]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
in dem Weſen ſeiner Freiheit bedrohenden Unternehmungen
Ludwigs XIV. erweckt hatten, an dieſe ſchloß auch der Papſt
ſich an.
Er unterſtuͤtzte Oeſtreich in ſeinem tuͤrkiſchen Kriege
nach beſten Kraͤften 1): der gluͤckliche Erfolg dieſer Feld-
zuͤge gab der ganzen Partei und auch dem Papſt eine neue
Haltung.
Das wird ſich zwar ſchwerlich beweiſen laſſen, daß
Innocenz, wie man geſagt hat, mit Wilhelm III. in un-
mittelbarer Verbindung geſtanden und um den Plan deſſelben
gegen England gewußt habe 2). Aber ſo viel liegt am Tage,
daß die Oppoſition wider Frankreich hauptſaͤchlich auf pro-
teſtantiſchen Kraͤften und Antrieben beruhte, und daß der
Papſt das enge Verhaͤltniß Jacobs II. zu Ludwig XIV, wel-
ches jene Unternehmung hervorrief, unaufhoͤrlich mißbilligte 3).
Der Widerſtand den er dem von Frankreich beguͤnſtigten
Candidaten fuͤr das Erzbisthum Coͤln leiſtete, war im In-
[169]LudwigXIV.und InnocenzXI.
tereſſe jener Oppoſition und trug zum Ausbruch des Krie-
ges nicht wenig bei.
Eines Krieges, der nun auch ſogleich auf das geiſt-
liche Verhaͤltniß zuruͤckwirkte. Schon mußten die Prote-
ſtanten, indem ſie das europaͤiſche Gleichgewicht gegen die
„exorbitante Macht“ aufrecht erhielten, dazu mitwirken,
daß dieſe ſich auch den geiſtlichen Anſpruͤchen des Papſt-
thums fuͤgte.
Zwar Innocenz XI. erlebte das nicht mehr. Aber
gleich der erſte franzoͤſiſche Geſandte, der nach dem Tode
deſſelben (10. Aug. 1689) in Rom erſchien, verzichtete
auf das Aſylrecht; die Haltung des Koͤnigs aͤnderte ſich;
er gab Avignon zuruͤck, und fing an zu unterhandeln.
Es war das um ſo nothwendiger, da der neue Papſt
Alexander VIII, wie weit er auch uͤbrigens von dem
ſtrengen Beiſpiel ſeines Vorgaͤngers abwich, doch in die-
ſem Punkte bei den Grundſaͤtzen deſſelben aushielt. Ale-
xander erklaͤrte aufs neue die Beſchluͤſſe von 1682 1) fuͤr
unguͤltig und leer, null und nichtig, fuͤr unverbindlich, ſelbſt
wenn ſie mit einem Eide bekraͤftigt worden ſeyen; Tag und
Nacht denke er mit einem Herzen voll Bitterkeit daran,
mit Thraͤnen und Seufzen erhebe er ſeine Augen.
[170]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
Nach dem fruͤhen Tode Alexanders VIII. wandten die
Franzoſen alles an, um einen friedfertigen, zur Verſoͤhnung
geneigten Mann zum Papſt zu bekommen 1): wie ihnen
das auch mit Antonio Pignatelli — Innocenz XII. — ge-
lang (12. Juli 1691).
Der Wuͤrde des paͤpſtlichen Stuhles etwas zu verge-
ben, hatte jedoch auch dieſer Papſt eben ſo wenig Neigung
als irgend dringende Veranlaſſung, da die verbuͤndeten
Waffen Ludwig XIV. ſo ernſtlich und drohend beſchaͤftigten.
Zwei Jahre lang ward unterhandelt. Innocenz ver-
warf mehr als einmal die von den franzoͤſiſchen Geiſtlichen
ihm vorgeſchlagenen Formeln. Endlich mußten ſie doch in
der That erklaͤren, daß alles was in jener Aſſemblee berathen
und beſchloſſen worden, als nicht berathen und nicht be-
ſchloſſen angeſehen ſeyn ſolle: „niedergeworfen zu den Fuͤ-
ßen Ew. Heiligkeit bekennen wir unſern unausſprechlichen
Schmerz daruͤber“ 2). Erſt nach einem ſo unbeſchraͤnkten
Widerrufe gab ihnen Innocenz die canoniſche Inſtitution.
Nur unter dieſen Bedingungen ward der Friede her-
geſtellt. Ludwig XIV. ſchrieb dem Papſt, daß er ſeine auf
die 4 Artikel gegruͤndeten Befehle zuruͤcknehme. Wir ſe-
[171]LudwigXIV.und InnocenzXI.
hen wohl, noch einmal behauptete ſich der roͤmiſche Stuhl
auch dem maͤchtigſten Koͤnige gegenuͤber in ſeinen Praͤroga-
tiven.
War es aber nicht ſchon ein großer Nachtheil, daß
Behauptungen von ſo entſchiedener Feindſeligkeit eine Zeit
lang Geltung und Anſehen gehabt hatten? Mit laͤrmen-
dem Aufſehen, als Reichsbeſchluͤſſe waren ſie verkuͤndigt wor-
den: privatim, ganz in der Stille, in Briefform wurden
ſie widerrufen. Und noch eine andere Bemerkung muͤſſen
wir machen. Keinesweges durch eigene Kraft hatte der
roͤmiſche Hof ſich behauptet, ſondern doch nur in Folge
einer großen politiſchen Combination, nur dadurch daß Frank-
reich uͤberhaupt in engere Schranken zuruͤckgewieſen ward.
Wie dann, wenn dieſe Verhaͤltniſſe ſich aͤnderten, wenn es
einmal Niemand mehr gab der den roͤmiſchen Stuhl ge-
gen den angreifenden Theil in Schutz nehmen wollte?
[172]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
Spaniſche Erbfolge.
Daß die ſpaniſche Linie des Hauſes Oeſtreich ausſtarb,
war auch fuͤr das Papſtthum ein Ereigniß von der hoͤch-
ſten Bedeutung.
Auf dem Gegenſatze, in welchem die ſpaniſche Mo-
narchie mit Frankreich ſtand, der den Charakter der euro-
paͤiſchen Politik uͤberhaupt beſtimmte, beruhte zuletzt auch
die Freiheit und Selbſtbeſtimmung des paͤpſtlichen Stuh-
les: durch die Maximen der Spanier war der Kirchenſtaat
anderthalb Jahrhunderte lang mit Friede umgeben worden.
Was auch geſchehen mochte, ſo war es alle Mal gefaͤhr-
lich, daß ein Zuſtand, auf welchen ſich alle Gewohnheiten
des Daſeyns bezogen, zweifelhaft wurde.
Aber noch viel gefaͤhrlicher war, daß uͤber die Erb-
folge ein Streit obwaltete, der in einen allgemeinen Krieg
auszuſchlagen drohte, einen Krieg der dann großentheils in
Italien ausgefochten werden mußte. Der Papſt ſelbſt konnte
ſich der Nothwendigkeit Partei zu ergreifen ſchwerlich ent-
ziehen, ohne daß er doch zum Siege dieſer Partei etwas
Weſentliches beizutragen ſich haͤtte ſchmeicheln koͤnnen.
Ich finde die Nachricht 1), Innocenz XII, der jetzt
[173]Spaniſche Erbfolge.
mit den Franzoſen verſoͤhnt war, habe Carl dem II. von
Spanien den Rath ertheilt den franzoͤſiſchen Prinzen zum
Erben einzuſetzen, und dieſer Rath des h. Vaters habe bei
der Abfaſſung jenes Teſtamentes, auf das ſo viel ankam,
vorzuͤglich mitgewirkt.
Auf jeden Fall verließ der roͤmiſche Stuhl die anti-
franzoͤſiſche Politik, die er ſeit Urban VIII. faſt ohne Aus-
nahme befolgt hatte: er mochte es als die geringere Ver-
aͤnderung, als das mindere Uebel anſehen, wenn die ganze
Monarchie ohne Theilung an einen Prinzen aus einem
Hauſe uͤberging das ſich damals ſo vorzugsweiſe katholiſch
hielt. Clemens XI, Gianfranc. Albani, gewaͤhlt 16. Nov.
1700, lobte den Entſchluß Ludwigs XIV, die Erbſchaft an-
zunehmen, oͤffentlich; er erließ ein Gluͤckwuͤnſchungsſchrei-
ben an Philipp V, und gewaͤhrte ihm Subſidien aus geiſt-
lichen Guͤtern, gleich als walte kein Zweifel an ſeinem Rechte
ob 1). Clemens XI. konnte als ein Zoͤgling, recht als ein
Repraͤſentant des roͤmiſchen Hofes angeſehen werden, den
er niemals verlaſſen hatte; leutſeliges Weſen, literariſches
Talent, untadelhaftes Leben hatten ihm den allgemeinen
Beifall verſchafft 2); den drei letzten Paͤpſten, ſo verſchieden
ſie auch waren, hatte er ſich gleich ſehr anzuſchmiegen, noth-
1)
[174]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
wendig zu machen gewußt; durch ein geuͤbtes, brauchbares
und doch niemals unbequemes Talent kam er empor. Wenn
er einmal geſagt hat, als Cardinal habe er guten Rath zu
geben verſtanden, als Papſt wiſſe er ſich nicht zu helfen,
ſo mag das bezeichnen, daß er ſich geeigneter fuͤhlte, einen
gegebenen Impuls zu ergreifen und weiter zu leiten, als mit
freiem Entſchluß ſeine Bahn zu waͤhlen. Indem er unter an-
dern gleich bei ſeinem Eintritte die jurisdictionellen Fragen
mit erneuter Strenge aufnahm, folgte er nur der oͤffentlichen
Meinung, dem Intereſſe der Curie. So glaubte er nun
auch an das Gluͤck und die Macht des großen Koͤnigs.
Er zweifelte nicht, daß Ludwig XIV. den Sieg behaupten
werde. Bei jener Unternehmung von Deutſchland und
Italien her gegen Wien im Jahre 1703, welche alles en-
digen zu muͤſſen ſchien, konnte er, wie der venezianiſche
Geſandte verſichert, die Freude und Genugthuung nicht ver-
bergen, welche ihm der Fortgang der franzoͤſiſchen Waffen
machte.
Aber eben in dieſem Augenblicke ſchlug das Gluͤck um;
jene deutſchen und engliſchen Gegner des Koͤnigs, denen
Innocenz XI. ſich angeſchloſſen, Clemens XI. aber allmaͤhlig
entfremdet hatte, erfochten Siege, wie noch nie; die kai-
ſerlichen Schaaren, vereinigt mit preußiſchen, ergoſſen ſich
nach Italien; einen Papſt, der ſich ſo zweideutig betrage,
waren ſie nicht gemeint zu ſchonen; die alten Praͤtenſionen
des Kaiſerthums, deren ſeit Carl V. nicht mehr gedacht
worden, erwachten wieder.
Da wollen wir nun nicht alle die bittern Irrungen
[175]Spaniſche Erbfolge.
eroͤrtern, in welche Clemens XI. verwickelt ward 1); end-
lich ſetzten ihm die Kaiſerlichen einen Termin zur Annahme
ihrer Friedensvorſchlaͤge, unter denen die Anerkennung des
oͤſtreichiſchen Praͤtendenten die wichtigſte war. Vergebens
ſah ſich der Papſt nach Huͤlfe um. Er wartete bis auf
den feſtgeſetzten Tag, nach deſſen unbenutztem Verlaufe die
Kaiſerlichen Stadt und Staat feindſelig zu uͤberziehen ge-
droht hatten, 15. Jan. 1709; erſt in der letzten Stunde
deſſelben, eilf Uhr Abends, gab er ſeine Unterſchrift 1). Er
hatte fruͤher Philipp V. begluͤckwuͤnſcht; jetzt ſah er ſich
genoͤthigt deſſen Gegner Carl III. als katholiſchen Koͤnig
anzuerkennen 2).
Damit bekam nun nicht allein die ſchiedsrichterliche
Autoritaͤt des Papſtthums einen harten Stoß, ſondern alle
politiſche Freiheit und Selbſtbeſtimmung ward ihm entriſ-
ſen. Der franzoͤſiſche Geſandte verließ Rom mit der Er-
klaͤrung, es ſey gar nicht mehr der Sitz der Kirche 3).
Schon nahm auch die Lage der Welt uͤberhaupt eine
andere Geſtalt an. Am Ende war es doch das proteſtan-
[176]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
tiſche England, welches die Entſcheidung uͤber die letzte Be-
ſtimmung der ſpaniſchen und katholiſchen Monarchie herbei-
fuͤhrte: welchen Einfluß konnte dann der Papſt noch aus-
uͤben.
Im Frieden von Utrecht wurden Laͤnder, die er als
ſeine Lehen betrachtete, Sicilien, Sardinien, an neue Fuͤr-
ſten gewieſen, ohne daß man ihn dabei auch nur zu Rathe
gezogen haͤtte 1). An die Stelle der unfehlbaren Entſchei-
dung des geiſtlichen Oberhirten trat die Convenienz der gro-
ßen Maͤchte.
Ja es widerfuhr dem paͤpſtlichen Stuhle hiebei be-
ſonderes Ungluͤck.
Es war allezeit einer der vornehmſten Geſichtspunkte
ſeiner Politik geweſen, auf die italieniſchen Staaten Ein-
fluß zu beſitzen, wo moͤglich eine indirecte Hoheit uͤber die-
ſelben auszuuͤben.
Jetzt aber hatte ſich nicht allein das deutſche Oeſtreich
faſt in offenem Kampfe mit dem Papſte in Italien feſtge-
geſetzt: auch der Herzog von Savoyen gelangte im Wider-
ſpruch mit ihm zu koͤniglicher Macht und großen neuen
Beſitzthuͤmern.
Und ſo ging das nun weiter.
Um den Streit zwiſchen Bourbon und Oeſtreich zu
verſoͤhnen, gaben die Maͤchte dem Wunſche der Koͤnigin
von Spanien Gehoͤr, einem ihrer Soͤhne Parma und Pia-
cenza zu uͤberlaſſen. Seit zwei Jahrhunderten war die paͤpſt-
liche
[177]Spaniſche Erbfolge.
liche Oberherrlichkeit uͤber dieß Herzogthum nicht in Zwei-
fel gezogen worden: die Fuͤrſten hatten die Lehen empfan-
gen, den Tribut gezahlt; jetzt aber da dieſes Recht eine neue
Bedeutung bekam, da ſich vorausſehn ließ daß der Manns-
ſtamm des Hauſes Farneſe in kurzem erloͤſchen werde, nahm
man nicht mehr Ruͤckſicht darauf. Der Kaiſer gab das
Land einem Infanten von Spanien zu Lehen. Dem Papſt
blieb nichts uͤbrig als Proteſtationen zu erlaſſen, auf welche
Niemand achtete 1).
Aber nur einen Augenblick beſtand der Friede zwiſchen
den beiden Haͤuſern. Im Jahre 1733 erneuerten die Bour-
bons ihre Anſpruͤche an Neapel, das in den Haͤnden von
Oeſtreich war; auch der ſpaniſche Botſchafter bot dem
Papſt Zelter und Tribut an. Jetzt haͤtte Papſt Clemens
XII. die Dinge gern gelaſſen wie ſie ſtanden; er ernannte
eine Commiſſion von Cardinaͤlen, welche fuͤr die kaiſerlichen
Anſpruͤche entſchied. Aber auch dieß Mal lief das Kriegs-
gluͤck dem paͤpſtlichen Urtheile entgegen; die ſpaniſchen
Waffen behaupteten den Sieg. In kurzem mußte Clemens
die Inveſtitur von Neapel und Sicilien demſelben Infan-
ten zuerkennen, den er mit ſo großem Verdruß von Parma
hatte Beſitz nehmen ſehen.
Wohl war nun der endliche Erfolg aller dieſer Kaͤmpfe
dem nicht ſo ganz unaͤhnlich, was der roͤmiſche Hof ur-
ſpruͤnglich beabſichtigt hatte: das Haus Bourbon breitete
ſich uͤber Spanien und einen großen Theil von Italien aus:
Päpſte** 12
[178]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
— aber unter wie ganz andern Umſtaͤnden war das doch
geſchehen, als welche man urſpruͤnglich im Sinne hatte.
Das Wort der Entſcheidung in dem wichtigſten Mo-
ment war von England ausgegangen: nur in offenbarem
Widerſpruche mit dem paͤpſtlichen Stuhle waren die Bour-
bons in Italien eingedrungen: die Trennung der Provin-
zen, die man vermeiden wollte, war eben eingetreten, und
erfuͤllte Italien und den Kirchenſtaat unaufhoͤrlich mit feind-
ſeligen Waffen. Die weltliche Autoritaͤt des paͤpſtlichen
Stuhles war damit bis in ſeine naͤchſte Umgebung ver-
nichtet.
Auf die kirchenrechtlichen Streitfragen, die mit den po-
litiſchen Verhaͤltniſſen ſo genau zuſammenhangen, mußte das
dann auch eine große Ruͤckwirkung ausuͤben.
Wie ſehr hatte es ſchon Clemens XI. zu empfinden!
Mehr als einmal ward ſein Nuntius aus Neapel ent-
fernt: in Sicilien wurden einſt die roͤmiſch geſinnten Geiſt-
lichen in Maſſe aufgehoben und nach dem Kirchenſtaat ge-
bracht 1); ſchon erhob ſich in allen italieniſchen Gebieten
die Abſicht, nur noch Eingeborne zu kirchlichen Wuͤrden
gelangen zu laſſen 2): auch in Spanien ward die Nuntia-
tur geſchloſſen 3), und Clemens XI. glaubte einmal genoͤthigt
[179]Spaniſche Erbfolge.
zu werden den leitenden ſpaniſchen Miniſter Alberoni vor
die Inquiſition zu ziehen.
Von Jahr zu Jahr wurden dieſe Irrungen weit-
ausſehender. Der roͤmiſche Hof beſaß nicht mehr die
Kraft und innere Energie ſeine Glaͤubigen zuſammenzu-
halten.
„Ich kann nicht leugnen,“ ſagt der venezianiſche Ge-
ſandte Mocenigo 1737, „es hat etwas Widernatuͤrliches, wenn
man die katholiſchen Regierungen ſaͤmmtlich in ſo großen
Zwiſtigkeiten mit dem roͤmiſchen Hofe erblickt, daß ſich keine
Verſoͤhnung denken laͤßt, die nicht dieſen Hof an ſeiner Le-
benskraft verletzen muͤßte. Sey es groͤßere Aufklaͤrung, wie
ſo Viele annehmen, oder ein Geiſt der Gcwaltthaͤtigkeit ge-
gen den Schwaͤchern, gewiß iſt es, daß die Fuͤrſten mit
raſchen Schritten darauf losgehn den roͤmiſchen Stuhl al-
ler ſeiner weltlichen Gerechtſame zu berauben.“ 1)
Erhob man in Rom einmal die Augen, ſah man um
ſich her, ſo mußte man inne werden, daß alles auf dem
Spiele ſtehe, wenn man nicht die Hand zum Frieden biete.
Das Andenken Benedict XIV. — Prospero Lamber-
tini, 1740—1758 — iſt in Segen, weil er ſich entſchloß
die unerlaͤßlichen Zugeſtaͤndniſſe zu machen.
Man weiß, wie wenig ſich Benedict XIV. durch die
hohe Bedeutung ſeiner Wuͤrde blenden, mit Selbſtgefuͤhl
erfuͤllen ließ. Seiner ſcherzhaften Munterkeit, ſeinen bolo-
gneſiſchen Bonmots wurde er nicht ungetreu, weil er Papſt
war. Er ſtand von ſeiner Arbeit auf, trat zu ſeiner Um-
12*
[180]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
gebung, brachte einen Einfall vor, den er indeß gehabt,
und ging wieder an ſeinen Tiſch 1). Er blieb immer uͤber
den Dingen. Mit freiem Blick uͤberſchaute er das Ver-
haͤltniß des paͤpſtlichen Stuhles zu den europaͤiſchen Maͤch-
ten, und nahm wahr, was ſich halten laſſe, was man auf-
geben muͤſſe. Er war ein zu guter Canoniſt und doch auch
zu ſehr Papſt, um ſich hierin zu weit fortreißen zu laſſen.
Vielleicht der außerordentlichſte Act ſeines Pontificates
iſt das Concordat, das er 1753 mit Spanien abſchloß.
Er gewann es uͤber ſich, auf jene Vergabung der kleineren
Pfruͤnden, welche die Curie dort noch immer beſaß, obwohl
jetzt nur unter heftigem Widerſpruch, Verzicht zu leiſten.
Sollte aber der Hof den bedeutenden Geldgewinn den er
bisher daher gezogen, ſo ohne alle Entſchaͤdigung verlieren?
Sollte die paͤpſtliche Gewalt auch ihren Einfluß auf die
Perſonen mit Einem Male fahren laſſen? Benedict fand fol-
genden Ausweg. Von jenen Pfruͤnden wurden 52 nament-
lich der Beſetzung des Papſtes vorbehalten, „damit er die-
jenigen ſpaniſchen Geiſtlichen belohnen koͤnne, welche ſich
durch Tugend, Sittenreinheit, Gelehrſamkeit, oder durch
Dienſte, dem roͤmiſchen Stuhle geleiſtet, einen Anſpruch
darauf erwerben wuͤrden“ 2). Der Verluſt der Curie
[181]Spaniſche Erbfolge.
ward auf Geld angeſchlagen. Man fand, er belaufe ſich
nachweislich auf 34300 Scudi. Der Koͤnig verpflichtete
ſich ein Capital zu zahlen, deſſen Zinſen zu 3 Procent ge-
rechnet eben ſo viel betragen moͤchten: 1,143330 Scudi.
Das alles ausgleichende Geld zeigte auch endlich einmal in
kirchlichen Angelegenheiten ſeine verſoͤhnende Kraft.
Auch mit den meiſten andern Hoͤfen traf Benedict XIV.
nachgebende Vertraͤge. Dem Koͤnige von Portugal ward
das Patronatrecht, das er ſchon beſaß, noch erweitert, und
zu den andern geiſtlichen Ehrenvorrechten, die er erworben,
auch noch der Titel des Allergetreueſten gewaͤhrt. Der ſar-
diniſche Hof — doppelt mißvergnuͤgt, weil die Zugeſtaͤnd-
niſſe, die er in guͤnſtigen Augenblicken erlangt, unter dem
letzten Pontificat wieder zuruͤckgenommen worden — wurde
durch die concordirenden Inſtructionen von 1741 und
1750 befriedigt 1). In Neapel, wo ſich unter der Beguͤn-
ſtigung auch der kaiſerlichen Regierung beſonders durch
Gaëtano Argento eine juridiſche Schule gebildet, welche die
Conteſtationen des geiſtlichen Rechtes zu ihrem vornehm-
ſten Studium machte, und den paͤpſtlichen Anſpruͤchen leb-
haften Widerſtand leiſtete 2), ließ Benedict XIV. geſchehen,
daß die Rechte der Nuntiatur gewaltig beſchraͤnkt, und die
2)
[182]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
Geiſtlichen zur Theilnahme an den Auflagen herbeigezogen
wurden. Dem kaiſerlichen Hofe wurde die Beſchraͤnkung
der gebotenen Feſttage gewaͤhrt, die zu ihrer Zeit ſo gro-
ßes Auſſehn machte; hatte der Papſt nur erlaubt an die-
ſen Tagen zu arbeiten, ſo trug der kaiſerliche Hof kein Be-
denken mit Gewalt dazu zu noͤthigen.
Dergeſtalt verſoͤhnten ſich die katholiſchen Hoͤfe noch
einmal mit ihrem kirchlichen Oberhaupte. Noch einmal
ward der Friede hergeſtellt.
Durfte man ſich aber wohl uͤberreden, daß es hiemit
abgethan ſey? Sollte der Streit zwiſchen Staat und Kir-
che, der faſt auf einer innern Nothwendigkeit des Katho-
licismus beruht, durch ſo leichte Transactionen geſchlichtet
ſeyn? Unmoͤglich konnten dieſe doch fuͤr mehr als fuͤr den
Augenblick genuͤgen, aus dem ſie hervorgegangen waren.
Schon kuͤndigten ſich aus der aufgeregten Tiefe neue und
bei weitem gewaltigere Stuͤrme an.
Veränderte Weltſtellung. Innere Gährungen.
Aufhebung der Jeſuiten.
Nicht allein in Italien, in dem ſuͤdlichen Europa, ſon-
dern in der allgemeinen politiſchen Lage der Dinge hatte ſich
die groͤßte Veraͤnderung vollzogen.
Wo waren die Zeiten hin, in welchen ſich das Papſt-
thum, und zwar nicht ohne Grund, Hoffnung machen
durfte Europa und die Welt aufs neue zu erobern?
Unter den fuͤnf großen Maͤchten, welche bereits in der
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts die Weltgeſchicke be-
[183]Veraͤnderte Weltſtellung.
ſtimmten, hatten ſich drei unkatholiſche erhoben. Wir be-
ruͤhrten, welche Verſuche die Paͤpſte in fruͤhern Epochen
machten, von Polen aus Rußland und Preußen, von
Frankreich und Spanien her England zu uͤberwaͤltigen.
Eben dieſe Maͤchte nahmen jetzt Antheil an der Weltherr-
ſchaft; ja man darf wohl ohne Taͤuſchung ſagen, daß ſie
in jener Zeit das Uebergewicht uͤber die katholiſche Haͤlfte
von Europa beſaßen.
Nicht etwa daß ein Dogma uͤber das andere, die pro-
teſtantiſche Theologie uͤber die katholiſche obgeſiegt haͤtte:
auf dieſem Gebiete bewegte ſich der Streit nicht mehr;
ſondern die Veraͤnderung war durch die nationalen Ent-
wickelungen eingetreten, deren Grundlage wir oben wahrnah-
men: die Staaten der unkatholiſchen Seite zeigten ſich den
katholiſchen im Allgemeinen uͤberlegen. Die zuſammenhal-
tende monarchiſche Geſinnung der Ruſſen hatte uͤber die
auseinanderfallende Ariſtokratie von Polen, — die Indu-
ſtrie, der praktiſche Sinn, das ſeemaͤnniſche Talent der
Englaͤnder uͤber die Nachlaͤßigkeiten der Spanier und uͤber
die ſchwankende, von zufaͤlligen Abwandlungen innerer Zu-
ſtaͤnde abhaͤngige Politik der Franzoſen, — die energiſche
Organiſation und die militaͤriſche Disciplin von Preußen
hatte uͤber die Principien einer Foͤderativmonarchie wie ſie
ſich damals in Oeſtreich darſtellte, den Sieg davon getragen.
War nun gleich dieß Uebergewicht keineswegs von
kirchlicher Natur, ſo mußte es doch auf die kirchlichen
Dinge eine nothwendige Ruͤckwirkung ausuͤben.
Einmal ſchon, indem mit den Staaten die Religions-
parteien emporkamen. Rußland z. B. ſetzte jetzt in den
[184]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
unirten Provinzen von Polen ohne Weiteres griechiſche Bi-
ſchoͤfe ein 1); die Erhebung von Preußen gab allmaͤhlig den
deutſchen Proteſtanten wieder ein Gefuͤhl von Selbſtaͤndig-
keit und Kraft, wie ſie es lange nicht gehabt; je entſchie-
dener ſich die proteſtantiſche Macht von England zur See-
herrſchaft erhob, deſto mehr mußten die katholiſchen Miſ-
ſionen in Schatten treten und an ihrer Wirkſamkeit ver-
lieren, die ja einſtmals auch auf politiſchem Einfluß be-
ruhte.
Aber auch in weiterm Sinne. Noch in der zweiten
Haͤlfte des ſiebzehnten Jahrhunderts, als England an die
franzoͤſiſche Politik geknuͤpft, Rußland von dem uͤbrigen
Europa ſo gut wie getrennt war, die brandenburgiſch-preu-
ßiſche Macht ſich eben erſt erhob, hatten die katholiſchen
Maͤchte, Frankreich, Spanien, Oeſtreich, Polen ſelbſt in ih-
rer Entzweiung die europaͤiſche Welt beherrſcht. Es mußte,
daͤucht mich, das Gefuͤhl des Daſeyns umwandeln, daß
dieß ſo ſehr veraͤndert war; das Selbſtgefuͤhl einer unbe-
dingten Bedeutung mußte beſchraͤnkt werden, verſchwinden.
Der Papſt ward jetzt erſt inne, daß er nicht mehr an der
Spitze der vorwaltenden Weltmacht ſtand.
Endlich aber, ſollte man nicht daran denken, woher
die Veraͤnderung kam? Jede Niederlage, jeder Verluſt
wird bei dem Beſiegten, der noch nicht an ſich verzwei-
felt, eine innere Gaͤhrung hervorrufen, Nachahmung des
uͤberlegenen Gegners, Wetteifer mit ihm. Die ſtrenger mo-
narchiſchen, militaͤriſch-commerciellen Tendenzen des unka-
tholiſchen Theiles drangen jetzt in die katholiſchen Staaten
[185]Veraͤnderte Weltſtellung.
ein. Da es ſich doch nicht leugnen ließ, daß der Nach-
theil, in den ſie gerathen waren, mit ihrer geiſtlichen Ver-
faſſung zuſammenhing, ſo warf ſich die Bewegung zunaͤchſt
auf dieſe Seite.
Hier aber traf ſie mit maͤchtigen innern Gaͤhrungen zu-
ſammen, die indeß auf dem Gebiete des Glaubens und der
Meinung innerhalb des Katholicismus ausgebrochen waren.
Die janſeniſtiſchen Streitigkeiten, deren Urſprung wir
beobachteten, erneuerten ſich ſeit dem Anfange des achtzehn-
ten Jahrhunderts mit verdoppelter Heftigkeit. Von hoͤch-
ſter Stelle gingen ſie aus. In dem oberſten geiſtlichen
Rathe in Frankreich pflegten der Beichtvater des Koͤnigs,
in der Regel ein Jeſuit, und der Erzbiſchof von Paris den
vornehmſten Einfluß auszuuͤben. La Chaiſe und Harlai
hatten von hier aus in enger Vereinigung die Unterneh-
mungen der Krone gegen das Papſtthum geleitet. Nicht
ſo gut verſtanden ſich ihre Nachfolger, le Tellier und No-
ailles. Es moͤgen leichte Meinungsverſchiedenheiten gewe-
ſen ſeyn, welche den erſten Anlaß gaben: ſtrengeres Feſt-
halten des Einen bei den jeſuitiſchen, moliniſtiſchen, tole-
rirende Hinneigung des Andern zu den janſeniſtiſchen Be-
griffen; allmaͤhlig aber brach eine vollkommene Entzweiung
aus: von dem Cabinet des Koͤnigs her ſpaltete ſich die
Nation. Dem Beichtvater gelang es, nicht allein ſich in
der Gewalt zu behaupten, den Koͤnig zu gewinnen, ſondern
auch den Papſt zu der Bulle Unigenitus zu bewegen, in
welcher die janſeniſtiſchen Lehren von Suͤnde, Gnade, Recht-
fertigung und Kirche auch in ihrem minder herben Aus-
druck, zuweilen woͤrtlich wie man ſie in Auguſtinus zu
[186]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
finden meinte, und in bei weitem groͤßerer Ausdehnung als
in jenen fuͤnf Saͤtzen, verurtheilt wurden 1). Es war die
letzte Entſcheidung in den alten durch Molina angeregten
Glaubensfragen; der roͤmiſche Stuhl trat nach ſo langem
Zaudern endlich unzweifelhaft auf die jeſuitiſche Seite. Da-
durch gelang es ihm nun allerdings, den maͤchtigen Orden
fuͤr ſich zu gewinnen, der ſeitdem, was er fruͤher wie wir
ſahen keinesweges immer that, die ultramontanen Doctri-
nen, die Anſpruͤche der paͤpſtlichen Gewalt auf das lebhaf-
teſte verfocht; es gelang ihm auch, mit der franzoͤſiſchen
Regierung in gutem Verhaͤltniß zu bleiben, von der ja
jene Entſcheidung hervorgerufen worden; bald wurden nur
noch Die angeſtellt, die ſich der Bulle unterwarfen. Aber
auf der andern Seite erhob ſich auch die gewaltigſte Oppo-
ſition: in den Gelehrten, die ſich an Auguſtin, den Orden,
die ſich an Thomas von Aquino hielten; in den Parla-
menten, welche in jedem neuen Acte des roͤmiſchen Hofes
eine Verletzung der gallicaniſchen Rechte ſahen; jetzt end-
lich ergriffen die Janſeniſten fuͤr dieſe Freiheiten ernſtlich
Partei: mit immer weiter ſchreitender Kuͤhnheit bildeten ſie
eine der roͤmiſchen entgegenlaufende Doctrin uͤber die Kirche
aus; ja unter dem Schutze einer proteſtantiſchen Regierung
[187]Innere Gaͤhrungen.
ſetzen ſie ihre Idee ſogleich ins Werk; in Utrecht entſtand
eine erzbiſchoͤfliche Kirche, die ſich im Allgemeinen katho-
liſch, aber dabei in voller Unabhaͤngigkeit von Rom hielt,
und der jeſuitiſch-ultramontanen Richtung unaufhoͤrlich den
Krieg machte. Es waͤre wohl der Muͤhe werth, der Entwicke-
lung, Verbreitung und Wirkſamkeit dieſer Meinungen uͤber
ganz Europa hin nachzuforſchen. In Frankreich wurden
die Janſeniſten bedraͤngt, verfolgt, von den Stellen ausge-
ſchloſſen; aber, wie es zu geſchehen pflegt, in der Haupt-
ſache ſchadete ihnen das nicht: waͤhrend der Verfolgungen
erklaͤrte ſich ein großer Theil des Publicums fuͤr ſie. Haͤt-
ten ſie nur nicht durch ihre wunderglaͤubigen Uebertreibun-
gen auch ihre begruͤndeten Lehren in Mißcredit geſetzt. Aber
auf jeden Fall behielten ſie ein enges Verhaͤltniß zu reine-
rer Sittlichkeit und tieferem Glauben, das ihnen allenthal-
ben Bahn machte. Wir finden ihre Spuren in Wien und
in Bruͤſſel, in Spanien und Portugal 1), in ganz Ita-
lien 2). Durch die geſammte katholiſche Chriſtenheit brei-
teten ſich ihre Lehren aus: zuweilen oͤffentlich, haͤufiger ins-
geheim.
Ohne Zweifel war es unter andern auch dieſe Ent-
zweiung der Geiſtlichkeit, welche der Erhebung noch einer
weit gefaͤhrlichern Geſinnung den Weg bahnte.
Es iſt ein auf ewig merkwuͤrdiges Phaͤnomen, wel-
[188]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
chen Einfluß die religioͤſen Beſtrebungen Ludwigs XIV. auf
den franzoͤſiſchen, ja auf den europaͤiſchen Geiſt uͤberhaupt her-
vorgebracht haben. Er hatte die aͤußerſte Gewalt angewandt,
goͤttliche und menſchliche Geſetze verletzt, um den Proteſtan-
tismus auszurotten, und ſelbſt alle abweichenden Meinun-
gen innerhalb des Katholicismus zu vernichten; ſein gan-
zes Beſtreben war geweſen, ſeinem Reiche eine vollkommen
und orthodox katholiſche Haltung zu geben. Kaum hatte
er aber die Augen geſchloſſen, als alles umſchlug. Der
reprimirte Geiſt warf ſich in eine zuͤgelloſe Bewegung.
Gerade der Abſcheu gegen das Verfahren Ludwigs XIV.
bewirkte, daß ſich eine Meinung erhob, die dem Katholi-
cismus, ja aller poſitiven Religion uͤberhaupt den Krieg
erklaͤrte. Von Jahr zu Jahr nahm ſie an innerer Kraft
und Verbreitung nach außen zu. Die ſuͤdeuropaͤiſchen Reiche
waren auf die innigſte Verbindung der Kirche und des Staa-
tes gegruͤndet. Hier bildete ſich eine Geſinnung aus, welche
den Widerwillen gegen Kirche und Religion zu einem Syſtem
entwickelte, in welchem ſie alle Vorſtellungen von Gott
und Welt, alle Principien des Staates und der Geſellſchaft,
alle Wiſſenſchaften ſyſtematiſch begriff, eine Literatur der
Oppoſition, welche die Geiſter unwillkuͤhrlich an ſich riß
und mit unaufloͤslichen Banden feſſelte.
Es liegt am Tage, wie wenig dieſe Tendenzen mit
einander uͤbereinſtimmten: die reformirende war ihrer Natur
nach monarchiſch: was man von der philoſophiſchen nicht
ſagen kann, die ſich gar bald auch dem Staate entgegen-
ſetzte: die janſeniſtiſche hielt an Ueberzeugungen feſt, welche
der einen wie der andern gleichguͤltig wo nicht verhaßt
[189]Innere Gaͤhrungen.
waren; aber zunaͤchſt wirkten ſie zuſammen. Sie brachten
jenen Geiſt der Neuerung hervor, der um ſo weiter um
ſich greift, je weniger er ein beſtimmtes Ziel hat, je mehr
er die geſammte Zukunft in Anſpruch nimmt, und der aus
den Mißbraͤuchen des Beſtehenden taͤglich neue Kraͤfte
ſaugt. Dieſer Geiſt ergriff jetzt die katholiſche Kirche. Zu
Grunde lag ihm wohl in der Regel, bewußt oder unbe-
wußt, was man die Philoſophie des achtzehnten Jahrhun-
derts genannt hat; die janſeniſtiſchen Theorien gaben ihm
kirchliche Form und Haltung; zur Thaͤtigkeit trieb ihn das
Beduͤrfniß der Staaten, die Gelegenheit des Momentes an.
In allen Laͤndern, an allen Hoͤfen bildeten ſich zwei Par-
teien aus, von denen die eine der Curie, der geltenden Ver-
faſſung und Lehre den Krieg machte, die andere die Dinge
wie ſie waren, die Praͤrogative der allgemeinen Kirche feſt-
zuhalten ſuchte.
Die letzte ſtellte ſich vor allem in den Jeſuiten dar;
der Orden erſchien als das Hauptbollwerk der ultramon-
tanen Grundſaͤtze: zunaͤchſt gegen ihn richtete ſich der
Sturm.
Noch in dem achtzehnten Jahrhundert waren die Je-
ſuiten ſehr maͤchtig; wie fruͤher, hauptſaͤchlich dadurch, daß
ſie die Beichtſtuͤhle der Großen und der Fuͤrſten inne hat-
ten, und den Unterricht der Jugend leiteten; ihre Unter-
nehmungen, ſey es der Religion, wiewohl dieſe nicht mit
der alten Energie getrieben wurden, oder auch des Handels,
umfaßten noch immer die Welt. Jetzt hielten ſie ſich ohne
[190]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
Wanken zu den Doctrinen kirchlicher Orthodoxie und Un-
terordnung; was denſelben irgend zuwiderlief, eigentlicher
Unglaube, janſeniſtiſche Begriffe, Tendenzen der Reform,
alles fiel bei ihnen in dieſelbe Verdammniß.
Zuerſt wurden ſie auf dem Gebiete der Meinung, der
Literatur angegriffen. Es iſt wohl nicht zu leugnen, daß
ſie der Menge und Kraft der auf ſie eindringenden Feinde
mehr ein ſtarres Feſthalten an den einmal ergriffenen Leh-
ren, indirecten Einfluß auf die Großen, Verdammungsſucht
entgegenſetzten als die echten Waffen des Geiſtes. Man
kann es kaum begreifen, daß weder ſie ſelber noch auch
andere mit ihnen verbuͤndete Glaͤubige ein einziges ori-
ginales und wirkſames Buch zur Vertheidigung hervor-
brachten, waͤhrend die Arbeiten ihrer Gegner die Welt
uͤberſchwemmten und die oͤffentliche Ueberzeugung feſtſtellten.
Nachdem ſie aber einmal auf dieſem Felde der Lehre,
der Wiſſenſchaft, des Geiſtes, uͤberwunden waren, konnten
ſie ſich auch nicht mehr lange in Beſitz der Gewalt halten.
In der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts kamen
im Widerſtreit jener beiden Tendenzen faſt in allen ka-
tholiſchen Staaten reformirende Miniſter ans Ruder: in
Frankreich Choiſeul 1), in Spanien Wall, Squillace, in
Neapel Tanucci, in Portugal Carvalho: alles Maͤnner
[191]Aufhebung der Jeſuiten.
welche es zum Gedanken ihres Lebens gemacht hatten das
Uebergewicht des geiſtlichen Elementes zu unterdruͤcken.
Die kirchliche Oppoſition bekam in ihnen Darſtellung und
Macht; ihre perſoͤnliche Stellung beruhte darauf; der of-
fene Kampf war um ſo unvermeidlicher, da ihnen die Je-
ſuiten durch perſoͤnliche Gegenwirkung, durch Einfluß auf
die hoͤchſten Kreiſe in den Weg traten.
Der erſte Gedanke ging noch nicht auf eine Vertil-
gung des Ordens: man wollte ihn nur zunaͤchſt von den
Hoͤfen entfernen, ihn ſeines Credites, wo moͤglich auch
ſeiner Reichthuͤmer berauben. Hiezu glaubte man ſich ſogar
des roͤmiſchen Hofes bedienen zu koͤnnen. Die Spaltung
welche die katholiſche Welt theilte, war am Ende auch hier
in gewiſſem Sinne eingetreten: es gab eine ſtrengere und
eine mildere Partei: Benedict XIV, der die letzte repraͤſen-
tirte, war laͤngſt mit den Jeſuiten unzufrieden: ihr Ver-
fahren in den Miſſionen hatte er oftmals laut verdammt 1).
Nachdem Carvalho in der Bewegung der Factionen
des portugieſiſchen Hofes, den Jeſuiten, die ihn zu ſtuͤrzen
ſuchten, zum Trotz, Herr und Meiſter der Staatsgewalt, ja
des koͤniglichen Willens geblieben, forderte er den Papſt zu
einer Reform des Ordens auf 2). Er hob, wie natuͤr-
lich, die Seite hervor die den meiſten Tadel darbot: die
mercantile Richtung der Geſellſchaft, die ihm auch uͤber-
[192]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
uͤberdieß bei ſeinen commerciellen Beſtrebungen ſehr beſchwer-
lich fiel. Der Papſt trug kein Bedenken darauf einzugehn.
Die weltliche Geſchaͤftigkeit des Ordens war ihm ſelbſt ein
Graͤuel. Auf den Antrag Carvalhos beauftragte er einen
Freund deſſelben, einen Portugieſen, Cardinal Saldanha,
mit einer Viſitation des Ordens. In kurzem erging ein
Decret dieſes Viſitators, worin den Jeſuiten ihre Handels-
geſchaͤfte ernſtlich verwieſen, und die koͤniglichen Behoͤrden
ermaͤchtigt wurden alle dieſen Geiſtlichen zugehoͤrige Waa-
ren einzuziehen.
Und ſchon hatte man indeß in Frankreich die Geſell-
ſchaft von derſelben Seite angegriffen. Der Bankrutt eines
mit dem Pater Lavallette auf Martinique in Verbindung
ſtehenden Handelshauſes, das eine Menge anderer Falliſ-
ſements nach ſich zog, veranlaßte die bei dem Verluſte Be-
theiligten, ſich mit ihren Beſchwerden an die Gerichte zu
wenden, welche die Sache eifrig in die Hand nahmen 1).
Waͤre Benedict XIV. laͤnger am Leben geblieben, ſo
laͤßt ſich wohl annehmen, daß er den Orden zwar nicht
etwa vernichtet, aber allmaͤhlig einer durchgreifenden und
gruͤndlichen Reform unterworfen haben wuͤrde.
Jedoch in dieſem Augenblick ſtarb Benedict XIV.
Aus dem Conclave ging — 6. Juli 1758 — ein Mann
von entgegengeſetzter Geſinnung, Clemens XIII, als Papſt
hervor.
Clemens war von reiner Seele, reinen Abſichten; er
betete viel und inbruͤnſtig: ſein hoͤchſter Ehrgeiz war, einmal
ſelig
[193]Aufhebung der Jeſuiten.
ſelig geſprochen zu werden. Dabei hegte er aber die Mei-
nung, daß alle Anſpruͤche des Papſtthums heilig und unver-
letzlich ſeyen: er beklagte tief, daß man einige fallen laſſen; er
war entſchieden, keinerlei Zugeſtaͤndniſſe zu machen, ja er
lebte der Ueberzeugung, daß man durch ſtandhaftes Feſthal-
ten noch alles gewinnen, den verdunkelten Glanz von Rom
wiederherſtellen koͤnne 1). In den Jeſuiten ſah er die ge-
treueſten Verfechter des paͤpſtlichen Stuhles und der Re-
ligion; er billigte ſie wie ſie waren: einer Reform fand er
ſie nicht beduͤrftig. In alle dem beſtaͤrkte ihn ſeine Um-
gebung, die mit ihm betete.
Allein wie die Sachen nun einmal ſtanden, konnte er
damit nichts anderes bewirken, als daß die Angriffe hefti-
ger wurden, und ſich zugleich gegen den roͤmiſchen Stuhl
ſelber wandten.
In Portugal wurden die Jeſuiten, man kann doch
noch nicht deutlich ſehen, ob ſchuldig oder nicht, in die
Unterſuchung wegen eines Attentats gegen das Leben des
Koͤnigs verwickelt; es erfolgte Schlag auf Schlag; end-
lich wurden ſie mit unbarmherziger Gewaltſamkeit vertrieben
und geradezu an den Kuͤſten des Kirchenſtaates ausgeſetzt.
Indeſſen waren ſie in Frankreich durch jenen Pro-
ceß in die Gewalt der Parlamente gerathen, von denen
ſie von Anbeginn gehaßt worden. Ihre Sache ward mit
großem Geraͤuſch verhandelt; zuletzt verurtheilte man die
Päpſte** 13
[194]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
geſammte Geſellſchaft die Verpflichtungen Lavalette’s zu er-
fuͤllen. Aber hiebei blieb man nicht ſtehn. Man machte
den Jeſuiten die unumſchraͤnkte Gewalt des Generals, die
mit den Reichsgeſetzen nicht vereinbar ſey, aufs neue zum
Verbrechen, und zog die Geſetzlichkeit ihres Daſeyns uͤber-
haupt in Zweifel.
Gern haͤtte Ludwig XV. den Orden gerettet. Nicht
um ihn zu verderben, ſondern um ihn ſo viel als moͤglich
zu ſchuͤtzen, und nur weil die oͤffentliche Stimme, das Ur-
theil der Gerichte, die Mehrzahl ſeines Conſeils ihn dahin
draͤngte, ſchlug er dem General vor, einen Vicar in Frank-
reich zu ernennen 1).
Wenn ein Mann wie Acquaviva an der Spitze ge-
ſtanden haͤtte, ſo wuͤrde man ohne Zweifel auch in die-
ſem Augenblick noch auf eine Auskunft, eine Vereinba-
rung gedacht haben. Aber die Geſellſchaft hatte jetzt das
unbeugſamſte Oberhaupt, Lorenzo Ricci, der nichts als das
Unrecht fuͤhlte das ihr geſchah. Er entgegnete, eine ſo
weſentliche Aenderung der Verfaſſung ſtehe nicht in ſeiner
Macht. Man wandte ſich an den Papſt; Clemens XIII.
erwiederte, durch das h. tridentiniſche Concilium, durch ſo
viele Conſtitutionen ſeiner Vorfahren ſey dieſe Verfaſſung
allzu deutlich gutgeheißen, als daß er ſie abaͤndern koͤnne 2).
Jedwede Modification wieſen ſie von ſich. Es iſt ganz der
Sinn Ricci’s: sint ut sunt aut non sint.
[195]Aufhebung der Jeſuiten.
Es erfolgte das Nichtſeyn. Am 6ſten Auguſt 1762
ſprach das Parlament von Paris die Aufhebung der Jeſui-
ten in Frankreich aus. Zwar erklaͤrte der Papſt in ei-
nem Conſiſtorium dieſen Beſchluß fuͤr null und nichtig 1),
aber ſchon war es ſo weit gekommen, daß er die Allocution,
in der er das gethan, nicht bekannt zu machen wagte.
Und unaufhaltſam verbreitete ſich dieſe Bewegung uͤber
alle bourboniſchen Laͤnder. Carl III. von Spanien ward
uͤberredet, es ſey ein Plan der Jeſuiten, ſeinen Bruder Don
Luis an ſeiner Statt zum Throne zu befoͤrdern 2); hier-
auf ließ er mit der entſchloſſenen Verſchwiegenheit die ihn
uͤberhaupt auszeichnete, alles vorbereiten, und die Haͤuſer der
Jeſuiten an einem und demſelben Tage in ganz Spanien
ſchließen. In Neapel und Parma folgte man dieſem Bei-
ſpiele ohne zu zoͤgern.
Vergebens war alles Ermahnen, Bitten, Beſchwoͤren
des Papſtes. Endlich machte er auch einen andern Ver-
13*
[196]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
ſuch. Als der Herzog von Parma ſo weit ging, auch den
Recurs an roͤmiſche Tribunale, ſo wie alle Verleihung
der Pfruͤnden des Landes an Nichteingeborne zu verbieten,
ermannte ſich der Papſt zu einem Monitorium, worin er
dieſem ſeinem Lehensmann die geiſtlichen Cenſuren ankuͤn-
digte 1). Der erſte Schritt einer den Angriff zuruͤckgeben-
den Vertheidigung. Aber er hatte die ſchlimmſten Folgen:
der Herzog antwortete auf eine Weiſe wie es in fruͤhern
Jahrhunderten der maͤchtigſte Koͤnig nicht gewagt haben
wuͤrde: die Bourbonen nahmen ſich ſeiner insgeſammt an.
Avignon, Benevent, Pontecorvo wurden von ihnen beſetzt.
Dahin entwickelte ſich die Feindſeligkeit der bourbo-
niſchen Hoͤfe. Von der Verfolgung der Jeſuiten gingen
ſie unmittelbar zum Angriff auf den roͤmiſchen Stuhl uͤber.
An wen ſollte der Papſt ſich wenden? Alle italieni-
ſchen Staaten nahmen wider ihn Partei, Genua, Modena,
Venedig. Er richtete ſeine Augen noch einmal auf Oeſt-
reich. Er ſchrieb der Kaiſerin Maria Thereſia, ſie ſey auf
Erden ſein einziger Troſt; ſie moͤge nicht zugeben, daß man
ſein Alter mit Gewaltthaͤtigkeiten erdruͤcke.
Die Kaiſerin entgegnete, wie einſt Urban VIII. dem
Kaiſer Ferdinand, es ſey eine Sache des Staates und
nicht der Religion, ſie wuͤrde unrecht thun ſich darin ein-
zumiſchen.
Der Muth Clemens XIII. war gebrochen. Im An-
fang des Jahres 1769 erſchienen die Geſandten der bour-
boniſchen Hoͤfe, einer nach dem andern, erſt der neapolita-
niſche, dann der ſpaniſche, endlich der franzoͤſiſche, um die
[197]Aufhebung der Jeſuiten.
unwiderrufliche Aufhebung des geſammten Ordens zu for-
dern 1). Der Papſt berief auf den 3. Febr. ein Conſiſtorium,
in welchem er die Sache wenigſtens in Ueberlegung nehmen
zu wollen ſchien. Aber es war nicht beſtimmt, daß er
eine ſo tiefe Demuͤthigung erleben ſollte. Den Abend zu-
vor ergriff ihn eine Convulſion, an der er verſchied.
Die Stellung der Hoͤfe war zu drohend, ihre Einwir-
kung zu maͤchtig, als daß ſie in dem Conclave, das nun-
mehr folgte, nicht haͤtten durchdringen, und einen Mann
wie ſie ihn bedurften, zur dreifachen Krone befoͤrdern ſollen.
Von allen Cardinaͤlen war Lorenzo Ganganelli ohne
Zweifel der mildeſte, gemaͤßigtſte. In ſeiner Jugend hat
einer ſeiner Lehrer von ihm geſagt, es ſey kein Wunder,
wenn er die Muſik liebe, in ihm ſelber ſey alles Harmo-
nie 2). So entwickelte er ſich weiter, in unſchuldiger Ge-
[198]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
ſelligkeit, Zuruͤckgezogenheit von der Welt, einſamen Stu-
dien, die ihn immer tiefer und tiefer in das Geheimniß
wahrer Theologie fuͤhrten. Wie er von Ariſtoteles ſich bald
zu Plato wandte, der ſeine Seele mehr befriedigte, ſo ging
er von den Scholaſtikern zu den Kirchenvaͤtern, von dieſen
zu der h. Schrift fort, die er mit der Inbrunſt eines von
der Offenbarung des Wortes uͤberzeugten Gemuͤthes faßte:
an deren Hand er ſich dann mit jener ſtillen und reinen
Myſtik durchdrang, die in allen Dingen Gott ſieht, und
ſich dem Dienſte des Naͤchſten widmet. Seine Religion
war nicht Eifer, Verfolgung, Herrſchſucht, Polemik, ſon-
dern Friede, Demuth und inneres Verſtaͤndniß. Der un-
aufhoͤrliche Hader des paͤpſtlichen Stuhles mit den katho-
liſchen Staatsgewalten, der die Kirche zerruͤttete, war ihm
von ganzem Herzen verhaßt. Seine Maͤßigung war nicht
Schwaͤche oder auferlegte Nothwendigkeit, ſondern freies
Wollen und innere Genialitaͤt.
Aus dem Schooße der Religion entwickelte ſich eine
Geſinnung, welche, ſo verſchieden ſie auch in ihrem Ur-
ſprunge von den weltlichen Tendenzen der Hoͤfe war, ihnen
doch von einer andern Seite her entgegenkam.
Hauptſaͤchlich durch die Bourbons, zunaͤchſt auf einen
Vorſchlag der ſpaniſchen und franzoͤſiſchen Cardinaͤle, ward
Ganganelli in dem Conclave durchgeſetzt. Er nannte ſich
Clemens XIV.
[199]Aufhebung der Jeſuiten.
Die roͤmiſche Curie war, wie beruͤhrt, ſo gut wie an-
dere in zwei Parteien zerfallen: die Zelanti, welche alle alten
Gerechtſame aufrecht zu erhalten ſuchten, und die Regaliſten,
welche das Heil der Kirche in weiſer Nachgiebigkeit zu finden
glaubten, die Partei der Kronen, in Ganganelli kam dieſe
letzte zur Gewalt: in Rom vollzog ſich die nemliche Ver-
aͤnderung, die bereits an allen fuͤrſtlichen Hoͤfen eingetreten.
Ganganelli begann damit, die Bulle in coena domini
nicht verleſen zu laſſen: die Zugeſtaͤndniſſe welche Bene-
dict XIV. dem Koͤnige von Sardinien gemacht, und die
man ſeitdem nicht hatte anerkennen wollen, erweiterte er
noch; gleich am Tage ſeiner Beſitzergreifung erklaͤrte er,
daß er einen Nuntius nach Portugal ſenden werde; er ſus-
pendirte die Wirkſamkeit jenes Monitoriums gegen Parma;
alsdann nahm er alles Ernſtes die jeſuitiſche Sache vor.
Eine Commiſſion von Cardinaͤlen ward niedergeſetzt, das
Archiv der Propaganda durchſucht, das Fuͤr und Wider
bedaͤchtig erwogen. Clemens XIV. war wohl von vorn
herein unguͤnſtig geſtimmt. Er gehoͤrte dem Orden der
Franciscaner an, der ſchon immer beſonders in den Miſ-
ſionen die Jeſuiten bekaͤmpft hatte; er hielt ſich an den
auguſtinianiſch-thomiſtiſchen Lehrbegriff, ſo ganz in Gegen-
ſatz mit der Geſellſchaft; von janſeniſtiſchen Meinungen
war er wohl nicht durchaus frei. Dazu kamen nun die
mancherlei Anklagepunkte, die man nicht wegargumentiren
konnte, und vor allem die Unmoͤglichkeit den Frieden der
Kirche auf eine andere Weiſe herzuſtellen. Am 21. Juli
1773 erfolgte ſein Spruch. „Angehaucht von dem goͤtt-
lichen Geiſte, wie wir vertrauen, durch die Pflicht getrie-
[200]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
ben die Eintracht der Kirche zuruͤckzufuͤhren, uͤberzeugt,
daß die Geſellſchaft Jeſu den Nutzen nicht mehr leiſten kann,
zu dem ſie geſtiftet worden, und von andern Gruͤnden der
Klugheit und Regierungsweisheit bewogen, die wir in un-
ſerm Gemuͤthe verſchloſſen behalten, heben wir auf und
vertilgen wir die Geſellſchaft Jeſu, ihre Aemter, Haͤuſer,
Inſtitute.“ 1)
Ein Schritt von unermeßlicher Bedeutung.
Einmal ſchon fuͤr das Verhaͤltniß zu den Proteſtan-
ten. Zu dem Kampfe mit denſelben war das Inſtitut ur-
ſpruͤnglich berechnet, von Grund aus eingerichtet: — bezog
ſich doch ſelbſt ſeine Dogmatik hauptſaͤchlich auf den Ge-
genſatz gegen Calvin; — es war der Charakter, den die
Jeſuiten noch am Ende des 17ten Jahrhunderts in den
Hugenottenverfolgungen erneuert und befeſtigt hatten. Mit
dieſem Kampfe war es aber jetzt am Ende; auch einer ge-
fliſſentlichen Selbſttaͤuſchung haͤtte er keine weſentliche Aus-
ſicht mehr dargeboten: in dem großen Weltverhaͤltniß beſa-
ßen die Unkatholiſchen ein unleugbares Uebergewicht, und
die katholiſchen Staaten ſuchten ſich ihnen vielmehr anzu-
naͤhern als ſie an ſich zu ziehen. Darin, ſollte ich glau-
ben, liegt der vornehmſte, tiefſte Grund der Aufhebung des
Ordens. Er war ein Kriegsinſtitut, das fuͤr den Frieden
nicht mehr paßte. Da er nun um kein Haar breit wei-
chen wollte, und alle Reform, deren er doch auch in anderer
Hinſicht ſehr bedurfte, hartnaͤckig von ſich wies, ſo ſprach
er ſich ſelbſt ſein Urtheil aus. Es iſt von hoher Bedeu-
tung, daß der paͤpſtliche Stuhl einen Orden nicht zu be-
[201]Aufhebung der Jeſuiten.
haupten vermag, der zur Bekaͤmpfung der Proteſtanten ge-
gruͤndet iſt, daß ein Papſt und zwar zugleich aus innerli-
cher Bewegung ihn aufgibt.
Die naͤchſte Wirkung hatte das aber auf die katholiſchen
Laͤnder. Die Jeſuiten waren angefeindet, geſtuͤrzt worden
hauptſaͤchlich weil ſie den ſtrengſten Begriff der Oberhoheit
des roͤmiſchen Stuhles verfochten; indem dieſer ſie fallen ließ,
gab er zugleich die Strenge jenes Begriffes und ſeine Con-
ſequenzen ſelber auf. Die Beſtrebungen der Oppoſition er-
fochten einen unzweifelhaften Sieg. Daß die Geſellſchaft,
welche den Unterricht der Jugend zu ihrem Geſchaͤft ge-
macht und noch immer in ſo großem Umfange trieb, ohne
Vorbereitung, mit Einem Schlage vernichtet ward, mußte
eine Erſchuͤtterung der katholiſchen Welt bis in die Tiefe, bis
dahin wo die neuen Generationen ſich bilden, hervorru-
fen 1). Da das Außenwerk genommen worden, mußte der An-
griff einer ſiegreichen Geſinnung auf die innere Feſtung noch
viel lebhafter beginnen. Die Bewegung wuchs von Tage
zu Tage, der Abfall der Gemuͤther griff immer weiter um
ſich; was ließ ſich erwarten, da die Gaͤhrung jetzt ſogar
in dem Reiche hervortrat, deſſen Daſeyn und Macht mit
den Reſultaten der katholiſchen Beſtrebungen in der Epo-
che ihrer Herſtellung am genaueſten zuſammenhing, in
Oeſtreich. Eine allgemeine Umwaͤlzung kuͤndigte ſich da-
mit an.
[202]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
Revolutionäres Zeitalter.
Es war der Sinn Joſephs II. alle Kraͤfte ſeiner Mo-
narchie unumſchraͤnkt in ſeiner Hand zu vereinigen. Wie
haͤtte er die Einwirkungen von Rom, den Zuſammenhang
ſeiner Unterthanen mit dem Papſte billigen ſollen. Sey es,
daß er mehr von Janſeniſten oder mehr von Unglaͤubigen
umgeben war 1) — ſie boten einander ohne Zweifel auch
hier die Hand, wie in dem Angriff auf die Jeſuiten, —
allen zuſammenhaltenden, auf eine aͤußerliche Einheit der
Kirche abzielenden Inſtituten machte er einen unablaͤßigen
zerſtoͤrenden Krieg. Von mehr als 2000 Kloͤſtern hat er
nur ungefaͤhr 700 uͤbrig gelaſſen; von den Nonnencongre-
gationen fanden nur die unmittelbar nuͤtzlichen bei ihm
Gnade; und auch die, welche er noch verſchonte, riß er
von ihrer Verbindung mit Rom los. Die paͤpſtlichen Dis-
penſationen ſah er an wie auslaͤndiſche Waare, und wollte
kein Geld dafuͤr aus dem Lande gehn laſſen; er erklaͤrte
ſich oͤffentlich fuͤr den Adminiſtrator der Weltlichkeit der
Kirche.
Schon ſah der Nachfolger Ganganelli’s, Pius VI, das
einzige Mittel den Kaiſer von den aͤußerſten Schritten,
vielleicht auch in dogmatiſcher Hinſicht, zuruͤckzuhalten, in
[203]Revolutionaͤres Zeitalter.
dem Eindruck, den er in perſoͤnlicher Begegnung auf ihn
zu machen hoffte: er ſelbſt begab ſich nach Wien, und man
wird nicht ſagen duͤrfen, daß die Milde, der Adel und die
Anmuth ſeiner Erſcheinung ohne Einfluß geblieben. Jedoch
in der Hauptſache fuhr Joſeph ohne Wanken noch Ruͤck-
ſicht fort. Dem Kloſter, bei welchem er feierlich von dem
Papſt Abſchied genommen, ward unmittelbar darnach ſeine
Aufhebung angekuͤndigt. Pius VI. mußte ſich zuletzt ent-
ſchließen die Beſetzung der biſchoͤflichen Stellen dem Kai-
ſer auch in Italien zu uͤberlaſſen.
So drangen die antipaͤpſtlichen Beſtrebungen jetzt auch
von der oͤſtreichiſchen Seite in Italien vor. Leopold, ſo
viel wir urtheilen koͤnnen, ſelbſt von janſeniſtiſcher Geſin-
nung, reformirte die Kirche von Toscana ohne Ruͤckſicht
auf den Stuhl von Rom: unfern der Capitale der Chriſten-
heit erließ die Synode von Piſtoja in ihren Beſchluͤſſen ein
rechtes Manifeſt der Vereinigung gallicaniſcher und janſeni-
ſtiſcher Grundſaͤtze. Neapel, das durch die Koͤnigin Caro-
line auch mit dieſer Seite in enger Verbindung ſtand, hob
die letzten Zeichen des Lehensverbandes mit dem roͤmiſchen
Stuhle auf.
Auch auf die deutſche Kirche hatten die Unternehmun-
gen des Kaiſers mittelbare Ruͤckwirkung. Die geiſtlichen
Churfuͤrſten begannen nach ſo langem Einverſtaͤndniß ſich
endlich auch dem roͤmiſchen Stuhle entgegenzuſetzen. Nach
ihrer Erklaͤrung von Ems, „geſchrieben mit einer Feder“,
ſagt ein roͤmiſcher Praͤlat, „die in die Galle Paul Sarpis
getaucht war,“ ſollte ſich der roͤmiſche Primat in Zukunft
mit den Rechten begnuͤgen, die ihm in den erſten Jahr-
[204]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
hunderten zugeſtanden 1). Die deutſchen Canoniſten hatten
ihnen trefflich vorgearbeitet. Nur gab es neben dieſen auch
andere Rechtslehrer, welche das ganze Weſen der katholi-
ſchen Kirche in Deutſchland, die politiſche Macht dieſer
Hierarchie, ihre Staatsverwaltung bekaͤmpften 2). Der Ge-
lehrten wie der Laien hatte ſich eine lebhafte Neuerungs-
ſucht bemaͤchtigt. Der geringere Clerus und die Biſchoͤfe,
Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe, dieſe ſelbſt und der Papſt waren
gegen einander. Es ließ ſich auch hier alles zu einer Ver-
aͤnderung an.
Ehe man aber noch dazu ſchritt, ehe noch Joſeph mit
ſeinen Reformen zum Ziel gekommen, brach die gewaltigſte
Exploſion der in der Tiefe gaͤhrenden Elemente in Frank-
reich aus.
Es liegt am Tage, daß die Irrungen des Clerus in
ſich ſelbſt, der Gegenſatz zwei feindſeliger Parteien in allen
religioͤſen Angelegenheiten, die Unfaͤhigkeit der herrſchenden,
ſich auf dem Gebiete der Meinung und der Literatur zu
behaupten, der allgemeine Widerwille, den ſie nicht ganz
ohne ihre Schuld auf ſich geladen, zu der Entwickelung
des Ereigniſſes das den Charakter der neuern Zeit beherrſcht,
der franzoͤſiſchen Revolution, unbeſchreiblich beigetragen hat.
Der Geiſt der Oppoſition, der ſich aus dem Innern des
[205]Revolutionaͤres Zeitalter.
in ſich ſelbſt irre gewordenen Katholicismus erhoben, hatte
ſich immer mehr conſolidirt. Schritt fuͤr Schritt drang er
vorwaͤrts; in den Stuͤrmen des Jahres 1789 gelangte er
in den Beſitz der Gewalt, einer Gewalt die ſich berufen
glaubte das Alte durchaus zu zerſtoͤren, eine neue Welt
zu machen; in dem allgemeinen Umſturz, der uͤber das al-
lerchriſtlichſte Reich verhaͤngt ward, traf dann nothwendig
einer der ſtaͤrkſten Schlaͤge auch die geiſtliche Verfaſſung.
Es kam alles zuſammen: finanzielles Beduͤrfniß, In-
tereſſe der Einzelnen wie der Municipalitaͤten, Gleichguͤl-
tigkeit oder Haß gegen die beſtehende Religion: endlich
machte ein Mitglied des hohen Clerus ſelbſt den Antrag,
der Nation, d. i. der weltlichen Gewalt, und zunaͤchſt der
Nationalverſammlung das Recht zuzuerkennen, uͤber die geiſt-
lichen Guͤter zu verfuͤgen. Bisher waren dieſe Guͤter als
ein Eigenthum nicht nur der franzoͤſiſchen, ſondern zugleich
der allgemeinen Kirche betrachtet worden: zu jeder Veraͤu-
ßerung war eine Beiſtimmung des Papſtes erforderlich ge-
weſen. Wie entfernt aber lagen die Zeiten, die Ideen,
aus denen Begriffe dieſer Art hervorgegangen waren. Jetzt
ſprach die Verſammlung nach kurzer Debatte ſich ſelbſt das
Recht zu, uͤber die Guͤter zu verfuͤgen, d. i. ſie zu veraͤu-
ßern, und zwar noch mit unbedingterer Befugniß als bei
dem erſten Antrag beabſichtigt war. Unmoͤglich aber konnte
ſie hiebei ſtehn bleiben. Da durch die Einziehung der
Guͤter, mit der man keinen Augenblick zoͤgerte, das fernere
Beſtehn der bisherigen Verhaͤltniſſe unmoͤglich ward, ſo
mußte man unverzuͤglich zu einer neuen Einrichtung ſchrei-
ten, wie ſie in der buͤrgerlichen Conſtitution des Clerus zu
[206]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
Stande gekommen iſt. Das Princip des revolutionirten
Staates ward auch auf die geiſtlichen Dinge uͤbergetra-
gen 1); an die Stelle der durch die Concordate beſtimmten
Einſetzung ſollte die Volkswahl, an die Stelle der Unab-
haͤngigkeit, welche der Beſitz liegender Gruͤnde gewaͤhrte,
die Beſoldung treten; alle Dioͤceſen wurden geaͤndert, die
Orden abgeſchafft, die Geluͤbde aufgehoben, der Zuſam-
menhang mit Rom unterbrochen; als eins der ſchwerſten
Verbrechen wuͤrde die Annahme eines Breve betrachtet
worden ſeyn. Der Verſuch eines Karthaͤuſers die Allein-
herrſchaft der katholiſchen Religion zu retten hatte nur den
Erfolg dieſe Beſchluͤſſe zu beſchleunigen. Der geſammte
Clerus ſollte ſich durch feierliche Eidesleiſtung auf dieſelben
verpflichten.
Es laͤßt ſich nicht leugnen, daß dieſer Gang der Dinge
ſich unter der Mitwirkung der franzoͤſiſchen, der Beiſtimmung
aller uͤbrigen Janſeniſten vollzog. Sie ſahen mit Vergnuͤ-
gen, daß die Macht von Babel, wie ſie in ihrem Haſſe die
roͤmiſche Curie nannten, einen ſo ſtarken Schlag erlitt, daß
der Clerus geſtuͤrzt wurde, von dem ſie ſo viele Verfol-
gungen erfahren hatten. Selbſt ihre theoretiſche Ueberzeu-
gung ging dahin: „indem man die Geiſtlichkeit ihrer Reich-
thuͤmer beraube, zwinge man ſie ſich wirkliche Verdienſte
zu erwerben“ 2).
[207]Revolutionaͤres Zeitalter.
Der roͤmiſche Hof ſchmeichelte ſich noch einen Augen-
blick, dieſer Bewegung durch eine innere Reaction Einhalt
gethan zu ſehen; der Papſt unterließ nichts, um dazu mit-
zuwirken. Er verwarf die neue Conſtitution, verdammte
die Biſchoͤfe welche den Eid darauf geleiſtet, ſuchte durch
Zuſpruch und Lob die noch immer zahlreiche Partei, die ſich
in den Widerſtand geworfen, darin zu beſtaͤrken; endlich
ſprach er ſogar uͤber die einflußreichſten und namhafteſten
Mitglieder des conſtitutionellen Clerus den Bann aus.
Es war aber alles umſonſt; die revolutionaͤre Ten-
denz behielt den Platz; der innere Buͤrgerkrieg, den haupt-
ſaͤchlich die religioͤſen Antriebe entzuͤndeten, ſchlug zum Vor-
theil der Neuerung aus. Gluͤcklich waͤre der Papſt gewe-
ſen, wenn es nur dabei ſein Bewenden gehabt, wenn Frank-
reich nichts weiter als ſich von ihm losgeriſſen haͤtte.
Aber indeß war der allgemeine Krieg ausgebrochen,
der die Lage von Europa ſo von Grund aus umwandeln
ſollte.
Mit jener unwiderſtehlichen Wuth, einer Miſchung
von Enthuſiasmus, Begierde und Schrecken, die in dem
innern Kampfe entwickelt worden, ergoß ſich die revolutio-
naͤre Gewalt auch uͤber die franzoͤſiſchen Grenzen.
Was ſie beruͤhrte, Belgien, Holland, das uͤberrheini-
ſche Deutſchland, wo gerade die geiſtliche Verfaſſung ihren
vornehmſten Sitz hatte, wandelte ſie auf eine ihr analoge
Weiſe um: durch den Feldzug von 1796 ward ſie Meiſte-
2)
[208]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
rin auch in Italien: allenthalben erhoben ſich die revolu-
tionaͤren Staaten; ſchon bedrohte ſie den Papſt in ſeinem
Staate, in ſeiner Hauptſtadt.
Ohne eigentlich thaͤtige Theilnahme hatte er ſich nur
mit dem Gewicht ſeiner geiſtlichen Waffen auf der Seite
der Coalition gehalten. Aber vergeblich machte er dieſe ſeine
Neutralitaͤt geltend 1). Seine Landſchaften wurden uͤber-
zogen, zur Empoͤrung gereizt; unerſchwingliche Lieferungen
und Abtretungen wurden ihm auferlegt, wie noch nie einem
ſeiner Vorgaͤnger 2). Und damit war es noch nicht einmal
gethan. Der Papſt war nicht ein Feind wie die andern.
Waͤhrend des Krieges hatte er ſogar den Muth gefaßt die
janſeniſtiſch-gallicaniſchen Doctrinen von Piſtoja durch die
Bulle auctorem fidei zu verwerfen: die unnachgiebige Hal-
tung, die er angenommen, jene ſeine verurtheilenden Bre-
ven hatten noch immer auf das innere Frankreich eine große
Wirkung: die Franzoſen forderten jetzt als Preis des Frie-
dens den Widerruf derſelben, die Anerkennung der buͤrger-
lichen Conſtitution.
Dazu aber war Pius VI. nicht zu bewegen. Es haͤtte
ihm eine Abweichung von dem Grunde des Glaubens, ein
Verrath an ſeinem Amte geſchienen, hierin nachzugeben 3).
Er
[209]Revolutionaͤres Zeitalter.
Er erwiederte auf die Vorſchlaͤge, „nachdem er Gott um
ſeinen Beiſtand angerufen, inſpirirt, wie er glaube, von dem
goͤttlichen Geiſte, weigere er ſich auf dieſe Bedingungen
einzugehn.“
Einen Augenblick ſchienen die revolutionaͤren Gewal-
ten ſich zu beſcheiden — es ward ein Abkommen getrof-
fen auch ohne jene Zugeſtaͤndniſſe, — aber nur einen Au-
genblick. Von der Abſicht ſich von dem Papſt loszurei-
ßen waren ſie ſchon zu dem Gedanken fortgeſchritten ihn
geradehin zu vernichten. Das Directorium fand das Re-
giment der Prieſter in Italien unvertraͤglich mit dem ſei-
nigen. Bei dem erſten Anlaß, den eine zufaͤllige Bewe-
gung in der Bevoͤlkerung gab, wurde Rom uͤberzogen, der
Vatican beſetzt. Pius VI. bat ſeine Feinde, ihn hier, wo
er gelebt, nun auch noch ſterben zu laſſen: er ſey ſchon uͤber
80 Jahr alt. Man antwortete ihm, ſterben koͤnne er uͤberall;
man beraubte ſein Wohnzimmer vor ſeinen Augen; auch
ſeine kleinſten Beduͤrfniſſe nahm man ihm weg; den Ring,
den er trug, zog man von ſeinem Finger; endlich fuͤhrte
man ihn nach Frankreich ab, wo er im Auguſt 1799
ſtarb.
In der That, es konnte ſcheinen, als ſey es mit der
paͤpſtlichen Gewalt fuͤr immer aus. Jene Tendenzen kirch-
licher Oppoſition, die wir entſtehn, ſich erheben ſahen, wa-
ren jetzt dahin gediehen, eine ſolche Abſicht faſſen zu duͤrfen.
Päpſte** 14
[210]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
Es traten Ereigniſſe ein die das doch verhinderten.
Einmal hatte die Revolution noch nicht die ganze ka-
tholiſche Welt uͤberwunden: der Tod des Papſtes fiel gerade
in eine Zeit, in welcher die Coalition wieder einmal Siege
erfocht. Hiedurch ward es moͤglich, daß die Cardinaͤle
in S. Giorgio bei Venedig ſich verſammeln und zur Wahl
eines Papſtes, Pius des VII, ſchreiten konnten (13. Merz
1800).
Sodann aber nahm die innere Entwickelung der re-
volutionaͤren Tendenzen nach ſo vielen im Sturme des drin-
genden Momentes vollzogenen Metamorphoſen eine Wen-
dung zur Monarchie. Ein Gewalthaber trat auf, der die
Idee eines Reiches in ſich trug, zu dem er, wie ſo vieler
andern Formen der alten Staaten, vor allem der Einheit
der Religion, hierarchiſcher Unterordnung bedurfte. Noch
auf dem Schlachtfelde von Marengo ordnete Napoleon den
Biſchof von Vercelli ab, um Verhandlungen uͤber die Her-
ſtellung der katholiſchen Kirche mit dem Papſte anzuknuͤpfen.
Ein Anerbieten, das zwar etwas uͤberaus Reizendes,
aber doch auch viel Gefaͤhrliches hatte. Die Herſtellung
der katholiſchen Kirche in Frankreich und ihrer Verbindung
mit dem Papſte konnte nur durch außerordentliche Nach-
giebigkeiten erkauft werden.
Pius VII. entſchloß ſich zu denſelben. Er erkannte
die Veraͤußerung der geiſtlichen Guͤter — einen Verluſt von
vierhundert Millionen Franken in liegenden Gruͤnden —
auf einmal an; ſein Beweggrund war, wie er ſich aus
druͤckt: es wuͤrden neue Unruhen ausbrechen, wenn er ſich
weigern wollte, er ſey aber vielmehr geſonnen ſo weit zu
[211]Revolutionaͤres Zeitalter.
gehn, als die Religion nur irgend erlaube; eine neue
Organiſation der franzoͤſiſchen Geiſtlichkeit, die nun beſol-
det und von der Regierung ernannt wurde, gab er zu; er
war zufrieden, daß ihm das Recht der canoniſchen Inſtitu-
tion in demſelben Umfange, und ohne Beſchraͤnkung des
Rechtes der Verweigerung, zuruͤckgegeben wurde, wie es
die fruͤhern Paͤpſte beſeſſen 1).
In der That erfolgte nun hierauf die Herſtellung des
Katholicismus in Frankreich, eine neue Unterwerfung die-
ſes Landes unter die geiſtliche Autoritaͤt. Der Papſt war
entzuͤckt, „daß die Kirchen von Profanationen gereinigt, die
Altaͤre wieder aufgerichtet, die Fahne des Kreuzes aufs
neue ausgebreitet, geſetzmaͤßige Hirten dem Volke vorgeſetzt,
ſo viele vom rechten Wege verirrte Seelen zur Einheit zu-
ruͤckgefuͤhrt, mit ſich ſelbſt und mit Gott verſoͤhnt ſeyen.“
„Wie viele Motive“, ruft er aus, „zur Freudigkeit und
zum Danke!“
Durfte man ſich aber wohl uͤberreden, daß mit dem
Concordat von 1801 auch zugleich eine innige Vereinigung
der alten geiſtlichen Gewalt und des revolutionaͤren Staa-
tes vollzogen worden ſey?
Es waren Conceſſionen beider Theile; ihnen zum Trotz
blieb ein jeder auf ſeinem Principe beharren.
Der Reſtaurator der katholiſchen Kirche in Frankreich
trug unmittelbar darnach das Meiſte dazu bei, daß das
14*
[212]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
ſtolze Gebaͤude der deutſchen Kirche endlich voͤllig umge-
ſtuͤrzt wurde, ihre Beſitzthuͤmer und Herrſchaften an die
weltlichen Fuͤrſten, gleichviel ob an die proteſtantiſchen oder
katholiſchen, gelangten. Am roͤmiſchen Hofe war man dop-
pelt und dreifach betroffen. „Nach den alten Decretalen
habe die Ketzerei den Verluſt der Guͤter nach ſich gezogen,
jetzt muͤſſe die Kirche zuſehen, daß ihre eigenen Guͤter an
die Ketzer vertheilt wuͤrden.“ 1).
Und indeß war auch fuͤr Italien ein Concordat im
Sinne des franzoͤſiſchen entworfen; der Papſt mußte auch
hier den Verkauf der geiſtlichen Guͤter genehmigen, die Be-
ſetzung der Stellen der weltlichen Gewalt uͤberlaſſen; ja
dieſem Uebereinkommen wurden ſogleich ſo viel neue be-
ſchraͤnkende Beſtimmungen einſeitig hinzugefuͤgt, daß Pius
VII. unter dieſen Umſtaͤnden ſich weigerte es zu publi-
ciren 2).
Vor allem aber machte Napoleon in Frankreich ſelbſt
die Rechte der Staatsgewalt gegen die Kirche auf das eif-
rigſte geltend; die Declaration von 1682 betrachtete er als
ein Grundgeſetz des Reiches, und ließ ſie in den Schulen
erlaͤutern; auch er wollte keine Geluͤbde, keine Moͤnche; die
Verordnungen uͤber die Ehe, welche fuͤr ſein buͤrgerliches Ge-
ſetzbuch angenommen wurden, widerſtritten den katholiſchen
Principien uͤber ihre ſacramentale Bedeutung; die organi-
ſchen Artikel, die er dem Concordat von allem Anfang hin-
zufuͤgte, waren durchaus in antiroͤmiſchem Sinne.
[213]Revolutionaͤres Zeitalter.
Als der Papſt trotz alle dem ſich entſchloß, auf die
Bitten des Kaiſers, uͤber die Alpen zu gehn und ihn zu
kroͤnen, ſo war ſein vornehmſter Beweggrund, daß er, wie
viel oder wie wenig man nun auch von der franzoͤſiſchen
Seite dazu beigetragen haben mag, ſich mit der Hoffnung
ſchmeichelte „etwas zum Vortheil der katholiſchen Kirche
auszurichten, das angefangene Werk zu vollenden“ 1). Er
rechnete dabei auf den Einfluß perſoͤnlicher Unterredungen.
Er nahm den Brief Ludwigs XIV. an Innocenz XII. mit,
um Napoleon zu uͤberzeugen, daß ſchon dieſer Koͤnig die
Declaration von 1682 wieder habe fallen laſſen.
Aber wie ſehr ſah er ſich getaͤuſcht. Gleich bei dem
Acte der Kroͤnung nahm man an ihm eine tiefe Melan-
cholie wahr. Von alle dem was er wuͤnſchte und beab-
ſichtigte, erreichte er nicht das Mindeſte. Ja eben dieß
war der Moment, in welchem ſich die Abſichten des Kai-
ſers in vollem Umfange enthuͤllten.
Die conſtituirende Verſammlung hatte ſich von dem
Papſt loszureißen geſucht: das Directorium haͤtte ihn zu
vernichten gewuͤnſcht; Bonaparte’s Sinn war, ihn zu be-
halten, aber zugleich ihn zu unterjochen, ihn zu einem
Werkzeuge ſeiner Allgewalt zu machen.
Ohne Umſchweif erklaͤrte er jetzt, er ſey, wie ſeine
Vorfahren von der zweiten und dritten Dynaſtie, der aͤl-
teſte Sohn der Kirche, der das Schwert fuͤhre um ſie zu
beſchuͤtzen, und nicht dulden koͤnne, daß ſie mit Ketzern
[214]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
oder Schismatikern, wie die Ruſſen und Englaͤnder, in Ge-
meinſchaft ſtehe. Beſonders liebte er es, ſich als den Nach-
folger Carls des Großen zu betrachten. Er nahm an, der
Kirchenſtaat ſey eine Schenkung Carls an den Papſt, aber
eben darum liege dieſem die Verpflichtung ob, ſich nicht
von der Politik des Kaiſerthums zu trennen: auch er werde
das nicht dulden 1).
Der Papſt war erſtaunt uͤber die Zumuthung, die
Feinde eines Andern als ſeine Feinde betrachten zu ſollen.
Er erwiederte, er ſey der allgemeine Hirte, der Vater Aller,
der Diener des Friedens, ſchon eine ſolche Forderung er-
fuͤlle ihn mit Entſetzen: „er muͤſſe Aaron ſeyn, der Pro-
phete Gottes, nicht Ismael, deſſen Hand wider Jedermann
und Jedermanns Hand wider ihn.“
Napoleon aber ging geradeswegs auf ſein Ziel los.
Er ließ Ancona, Urbino beſetzen, nachdem ſein Ultimatum,
worin er unter andern die Ernennung eines Drittheils der
Cardinaͤle in Anſpruch nahm, verworfen war, ſeine Trup-
pen nach Rom vorruͤcken: die Cardinaͤle, die ihm nicht ge-
wogen waren, wurden verwieſen, zweimal der Staatsſe-
cretaͤr des Papſtes; da aber alles dieß keine Wirkung auf
Pius VII. machte, ward auch ſeine Perſon nicht geſchont;
auch er ward aus ſeinem Pallaſt und ſeiner Hauptſtadt ab-
gefuͤhrt. Ein Senatusconſult ſprach dann die Vereinigung
des Kirchenſtaates mit dem franzoͤſiſchen Reiche aus. Die
weltliche Souveraͤnetaͤt ward fuͤr unvereinbar mit der Aus-
[215]Revolutionaͤres Zeitalter.
uͤbung geiſtlicher Gerechtſame erklaͤrt; der Papſt ſollte in
Zukunft auf die vier gallicaniſchen Saͤtze foͤrmlich verpflich-
tet werden: er ſollte Einkuͤnfte aus liegenden Gruͤnden be-
ziehen, ungefaͤhr wie ein Lehentraͤger des Reiches: der Staat
wollte die Koſten des Cardinalcollegiums uͤbernehmen 1).
Ein Plan, wie man ſieht, der die geſammte kirchliche
Gewalt dem Reiche unterworfen und ſie wenigſtens mittel-
bar in die Haͤnde des Kaiſers gebracht haben wuͤrde.
Wie wollte es aber gelingen, was doch unerlaͤßlich
war, auch den Papſt zur Einwilligung in dieſe Herabwuͤr-
digung zu vermoͤgen. Pius VII. hatte den letzten Moment
ſeiner Freiheit benutzt, um die Excommunication auszu-
ſprechen. Er verſagte den Biſchoͤfen, die der Kaiſer er-
nannte, die canoniſche Inſtitution. Napoleon war nicht
ſo vollkommen Herr ſeines Clerus, daß er nicht bald von
der einen, bald von der andern, auch wohl von der deut-
ſchen Seite her Ruͤckwirkungen hievon empfunden haͤtte.
Aber eben dieſer Widerſtand diente zuletzt dazu, den
Papſt zu uͤberwaͤltigen. Die Folgen davon fielen dem
kirchlichen Oberhaupte, das ein Mitgefuͤhl mit dem innern
Zuſtande der Kirche hatte, um vieles ſchmerzlicher als dem
weltlichen, dem ja die geiſtlichen Dinge nur ein Mittel der
Macht waren, in ſich ſelbſt gleichguͤltig.
In Savona, wohin man den Papſt gebracht, war er
einſam, auf ſich ſelbſt beſchraͤnkt, ohne Rathgeber. Durch
lebhafte und faſt uͤbertriebene Vorſtellungen, von der Ver-
wirrung der Kirche, welche ſeine Verweigerung der In-
[216]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
ſtitution nach ſich ziehe, ward der gute Menſch wirklich
vermocht, obwohl unter bittern Schmerzen und heftigem
Straͤuben, dieſes Recht doch eigentlich aufzugeben. Denn
was heißt es anders, wenn er es den Metropolitanen uͤber-
traͤgt, ſo oft als er ſelbſt aus einem andern Grunde als
wegen perſoͤnlicher Unwuͤrdigkeit laͤnger als ſechs Monat
zoͤgere es auszuuͤben. Er verzichtete auf ein Recht, worin
doch in Wahrheit ſeine letzte Waffe beſtand.
Allein das war noch nicht alles was man von ihm
wollte. In ungeduldiger Eile, die ſeine koͤrperliche Schwach-
heit noch vermehrte, fuͤhrte man ihn nach Fontainebleau: es
folgten neue Beſtuͤrmungen, die dringendſten Aufforderungen
den Frieden der Kirche vollkommen herzuſtellen. Endlich
gab der Papſt auch in den uͤbrigen, den entſcheidenden Punk-
ten nach. Er willigte ein, in Frankreich zu reſidiren; die
weſentlichſten Beſtimmungen jenes Senatusconſults gab er
zu. Das Concordat von Fontainebleau — 25. Januar
1813 — iſt in der Vorausſetzung abgefaßt, daß er nicht
wieder nach Rom zuruͤckkehren werde 1).
Was niemals ein fruͤherer katholiſcher Fuͤrſt auch nur
ernſtlich in Abſicht zu faſſen gewagt hatte, war hiemit dem
Autokraten der Revolution wirklich gelungen. Der Papſt
willigte ein, ſich dem franzoͤſiſchen Reiche zu unterwerfen.
Seine Autoritaͤt waͤre auf alle Zeiten ein Werkzeug in der
Hand dieſer neuen Dynaſtie geworden: ſie haͤtte den innern
Gehorſam und die Verhaͤltniſſe der Abhaͤngigkeit der noch
[217]Revolutionaͤres Zeitalter.
nicht unterworfenen Staaten zu befeſtigen gedient. In ſo-
fern wuͤrde das Papſtthum in die Stellung zuruͤckgekom-
men ſeyn, in die es unter den deutſchen Kaiſern in der
Fuͤlle ihrer Macht, vornehmlich unter dem Salier Hein-
rich III. gerathen war. Aber noch bei weitem ſchwerere
Feſſeln haͤtte es getragen. In der Macht, die den Papſt
jetzt beherrſcht haͤtte, lag etwas, das dem Principe der
Kirche widerſprach; ſie war doch im Grunde nur eine andre
Metamorphoſe jenes Geiſtes der kirchlichen Oppoſition, der
ſich im achtzehnten Jahrhundert entwickelt hatte, und eine ſo
ſtarke Hinneigung zu eigentlichem Unglauben in ſich trug.
Dieſer feindſeligen Gewalt waͤre das Papſtthum unterwor-
fen geweſen, und bei ihr zu Lehen gegangen.
Jedoch es war nicht beſtimmt, daß es ſo weit kom-
men ſollte.
Als ſich der Papſt in der Einſamkeit ſeiner Gefangen-
ſchaft, wo ihm keine Kunde der Weltereigniſſe zukam, end-
lich bewegen ließ ſich zu beugen, war das gewaltige Reich,
deſſen hierarchiſchen Mittelpunkt er ausmachen ſollte, ſchon
in ſeiner letzten, groͤßten Unternehmung, gegen Rußland, ge-
ſcheitert, und durch alle die Folgen, die daraus entſpran-
gen, in ſeiner Tiefe erſchuͤttert. Europa faßte die bei-
nahe aufgegebene Hoffnung ſich zu befreien. Als der
Papſt, zu dem in Folge ſeiner Unterwerfung einige Cardi-
naͤle zuruͤckkehren durften, von dieſer Lage der Dinge un-
terrichtet ward, kehrte das Vertrauen auch in ihm zuruͤck:
[218]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
er athmete wieder auf: jeden Fortſchritt der verbuͤndeten
Maͤchte fuͤhlte er als einen Act der Befreiung.
Als ſich Preußen erhob, kurz darauf nachdem der Auf-
ruf des Koͤnigs erſchienen, ermannte ſich Pius VII. zu
einem Widerrufe jenes Concordates; — als der Congreß
von Prag verſammelt war, wagte er ſchon ſeinen Blick
uͤber die Grenzen des Reichs, das ihn umfaßt hielt, zu er-
heben, und ſeine Rechte dem Kaiſer von Oeſtreich in Er-
innerung zu bringen. Nach der Schlacht bei Leipzig hatte
er wieder ſo viel Zuverſicht, daß er den Antrag, den man
ihm jetzt machte, ihm ſein Land zum Theil zuruͤckzugeben,
von der Hand wies; — nachdem die Verbuͤndeten uͤber
den Rhein gegangen, erklaͤrte er, nicht mehr unterhandeln
zu wollen, ehe nicht ſeine vollkommene Herſtellung erfolgt
ſey. Auf das raſcheſte entwickelten ſich die Ereigniſſe; als
die Verbuͤndeten Paris eroberten, war er bereits an den
Grenzen des Kirchenſtaates angelangt; am 24. Mai 1814
zog er wieder in Rom ein. Er bekam auch die Legatio-
nen zuruͤck, die er noch nie beſeſſen: alle verjagten Fuͤrſten
um ihn her kehrten wieder: eine allgemeine Wiederbrin-
gung ſchien einzutreten.
Es liegt aber am Tage, daß die innere Gaͤhrung der
Gemuͤther, die ſo tief eingedrungen und ſchon ſo lange
herrſchte, damit nicht beruhigt ſeyn konnte. Die ſiegrei-
chen Maͤchte hatten weder Neigung noch Faͤhigkeit, Nor-
men fuͤr die politiſchen, geſchweige denn fuͤr die religioͤſen
Einrichtungen der wieder hergeſtellten Staaten feſtzuſetzen.
Auch iſt die katholiſche Welt, mit Ausnahme einiger deut-
ſchen Gebiete, in unaufhoͤrlicher ſtuͤrmiſcher Gaͤhrung ge-
[219]Revolutionaͤres Zeitalter.
blieben. Auf der pyrenaͤiſchen Halbinſel und ihren Colo-
nien, in Italien, den Kirchenſtaat nicht ausgenommen, in
Frankreich, Belgien, Irland, Polen iſt mehr als einmal
die ganze Ordnung der Dinge in Frage geſtellt worden;
und unter dieſen Bewegungen gibt es wohl keine, bei
der nicht religioͤſe Motive mitgewirkt haͤtten, oder doch
ſofort zur Sprache gekommen waͤren. Auf der einen Seite
hat man die alte Kirche mit ihren politiſchen Berechti-
gungen wieder aufzurichten, Jeſuiten, Inquiſition wieder
herzuſtellen geſucht: auf der andern hat man nun erſt an-
gefangen die Kloͤſter aufzuheben, die geiſtlichen Guͤter zu
verkaufen, die Autoritaͤt des Papſtes anzugreifen. Wir
nehmen nicht wahr, daß der roͤmiſche Hof einen weſent-
lichen und wirkſamen Einfluß hiegegen auszuuͤben ver-
moͤchte: ſchon genug, daß man wenigſtens bisher noch
zu keinem entſchiedenern Abfall von ihm geſchritten iſt.
Wohin wuͤrde es aber gekommen ſeyn, wenn nicht
die noͤrdlichen Maͤchte, die den Sieg erfochten, Widerſtand
geleiſtet, und die allgemeinen Verhaͤltniſſe, auf denen zu-
letzt alles beruht, aufrecht erhalten haͤtten.
Aufs neue iſt das Papſtthum in eine ſehr ſonderbare
der kirchlichen Idee, vor allem den Beſtrebungen unſrer
Reſtaurationsepoche widerſprechende Stellung gerathen.
In den anderthalb Jahrhunderten, die wir hier in
kurzem Ueberblick zuſammengefaßt haben, iſt es unaufhoͤr-
lich bekaͤmpft, beſtuͤrmt, in ſeiner Gewalt beſchraͤnkt, end-
lich ſogar bis nahe an eine vollkommene Unterwerfung, bis
zur Einwilligung in ſeine Dienſtbarkeit gebracht worden:
noch heute iſt es jeden Augenblick bedroht und mit Ge-
[220]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
fahren umgeben. Wer ſind die, welche es angreifen? Es
ſind allein die Katholiſch-glaͤubigen ſelbſt. Durch je-
nen Verfall der reſtaurirten Kirche, der ſich in der zwei-
ten Haͤlfte des ſiebzehnten Jahrhunderts erkennen ließ, iſt
im Schooße derſelben eine Entzweiung hervorgerufen wor-
den, die ſeitdem in immer wiederholten Ausbruͤchen den
Oberhirten beſchaͤftigt und bedraͤngt. Wer hat dagegen
das Papſtthum von jeher geſtuͤtzt, ihm ſeinen Ruͤckhalt
gegeben, es zuletzt aus offenbarer Knechtſchaft befreit? Es
iſt immer eine Vereinigung aller Bekenntniſſe geweſen, her-
vorgegangen aus politiſchen Geſichtspunkten, aus Wider-
willen gegen eine die allgemeine Freiheit gefaͤhrdende Ueber-
macht. Wir ſahen, an welche Staaten ſich Innocenz XI.
in ſeinen Streitigkeiten mit Ludwig XIV. anſchloß. Als
die Jeſuiten von den bourboniſchen Hoͤfen dem Untergange
geweiht waren, fanden ſie im Norden, in Rußland und
Preußen Gnade und Schutz; daß ſich die Hoͤfe im Jahre
1758 Avignons und Benevents bemaͤchtigten, brachte eine
politiſche Aufregung in England hervor. Niemals aber iſt
dieß Verhaͤltniß großartiger hervorgetreten als in den letz-
ten Ereigniſſen. Es war der Bund der vier großen Maͤchte,
des katholiſchen Oeſtreich mit den germaniſchen Proteſtan-
ten deutſcher und anglicaniſcher Confeſſion und den grie-
chiſch-glaͤubigen Slaven, durch welchen der Papſt in ſei-
ner groͤßten Bedraͤngniß errettet, und in ſeine geiſtliche
wie ſeine weltliche Autoritaͤt wiederhergeſtellt worden iſt;
auf der Ordnung der Dinge, die in den Zeiten ihres Sie-
ges ſich gleichſam von ſelbſt einfuͤhrte, und die ſeitdem er-
halten worden iſt, beruht ſeine heutige Bedeutung.
[221]Revolutionaͤres Zeitalter.
Hiedurch iſt nun nothwendig in dem Verhaͤltniß des
Papſtthums zu den Proteſtanten, welches uns in dieſem
Buche beſchaͤftigt hat, eine abſchließende Veraͤnderung ein-
getreten. Es hat ſich gleichſam gerechtfertigt, daß Paul III,
Urban VIII. in den gefaͤhrlichſten Momenten, die der Pro-
teſtantismus zu beſtehn hatte, ihm wenigſtens mittelbar
zu Huͤlfe gekommen ſind. Wie koͤnnte der roͤmiſche Stuhl
aber jetzt daran denken, den Nichtkatholiken einen ernſtli-
chen Krieg zu machen, nachdem ſie einen ſo großen Antheil
daran genommen ihn wider die revolutionaͤren Tendenzen
aufrecht zu erhalten. Obwohl die Natur dieſer Verhaͤltniſſe
vielleicht nicht in jedem Augenblicke das Bewußtſein erfuͤllt,
ſo beherrſchen ſie doch die Lage der Welt. Der Papſt hat
mit den proteſtantiſchen Fuͤrſten nicht anders Concordate
abgeſchloſſen als mit den katholiſchen, und ihnen kirchliche
Befugniſſe eingeraͤumt. Kam doch ſchon ſeine Entzweiung
mit Napoleon zunaͤchſt daher, daß er ſich nicht entſchlie-
ßen wollte, mit ihm gemeinſchaftliche Sache wider das pro-
teſtantiſche England zu machen. Auch unter dem proteſtan-
tiſchen Scepter wohnen die Katholiken in vollkommener Si-
cherheit, Glaubensfreiheit und gleicher Berechtigung. In
England, wo die Staatsverfaſſung urſpruͤnglich auf die
ausſchließende Herrſchaft der Proteſtanten gegruͤndet iſt,
hat man ſich endlich zu Modificationen in dieſem Grund-
ſatze verſtehn muͤſſen. Daß die religioͤſen Meinungsver-
ſchiedenheiten nicht mehr einen ſo vollſtaͤndigen Gegenſatz
in ſich ſchließen wie ehedem, iſt ein Moment der Welt-
entwickelung, der dieß gebieteriſch erheiſcht 1).
[222]BuchVIII.Spaͤtere Epochen.
Aus dieſen Verhaͤltniſſen, dieſem Gange der Dinge
geht aber auch ſchon eine weitere Wahrnehmung hervor.
Der Friede iſt geſchloſſen: die Umſtaͤnde haben ihn
herbeigefuͤhrt. Nach der Betrachtung der jahrhundertlan-
gen Entzweiung, welche die Seele mit Schmerz erfuͤllt,
erhebt ſie ſich zur Ausſicht der Verſoͤhnung, des Ver-
ſtaͤndniſſes.
Wie iſt, wenn nicht uͤberall in den Schulen, doch
deſto unzweifelhafter im Leben, die Heftigkeit der fruͤhern
Polemik zuruͤckgewichen, aufgegeben worden! — Nicht
durch bloße Gleichguͤltigkeit iſt es geſchehen: es waͤre ein
Irrthum dieß anzunehmen; es iſt augenſcheinlich, daß
man auf beiden Seiten angefangen hat, immer bewußter,
eindringender, freier von den Feſſeln beſchraͤnkender Kir-
chenformeln auf die ewigen Principien der echten innern
Religioſitaͤt zuruͤck zu gehn. Unmoͤglich kann das ohne
Folgen bleiben. Die vollkommenere Auffaſſung des Gei-
ſtig-poſitiven, das allen Formen zu Grunde liegt, und
durch keine in ſeinem ganzen Inhalte auszuſprechen waͤre,
1)
[223]Revolutionaͤres Zeitalter.
muß endlich alle Feindſeligkeiten in einer hoͤheren Ein-
heit verſoͤhnen. Auch den Unglauben muß ſie uͤberwin-
den. An dem Minder weſentlichen mit unbeugſamer Starr-
heit feſtzuhalten wuͤrde denſelben unaufhoͤrlich aufwecken:
dem lebendigen Chriſtenthume in freier Darſtellung kann
er auf die Laͤnge nicht widerſtehn. Ueber alle Gegen-
ſaͤtze erhebt ſich die Einheit eines reinen und darum ſei-
ner Sache nicht minder ſichern Gottesbewußtſeyns.
[[224]][[225]]
Anhang.
Verzeichniß der benutzten Handſchriften, nachträgliche
Auszüge und kritiſche Bemerkungen.
Päpſte ** 15
[[226]][[227]]
Erſter Abſchnitt.
Bis zum tridentiniſchen Concilium.
1.
Ad S. Dm Nostrum Pontificem Maximum Nicolaum V confor-
matio curie romane loquentis edita per E. S. oratorem
Joseph. B. doctorem cum humili semper recommendatione.
(1453.) Bibl. Vatic. nr. 3618.
Eine Klage uͤber die bekannte Verſchwoͤrung Stephan Porcaris,
die nicht gerade naͤhere Nachrichten uͤber dieſelbe mittheilt, aber doch
einige Momente der Lage der Dinge zur Anſchauung bringt. Ein-
mal: worauf die Bauunternehmungen Nicolaus V. vorzuͤglich ab-
zweckten:
Arces fortificat muris turrimque superbam
Extruit — — — ne quisque tyrannus ab alma
Quemque armis valeat papam depellere Roma.
Wie oft hatten fruͤhere Paͤpſte ihre Stadt verlaſſen muͤſſen. Nico-
laus baute, um ſich gegen innere und aͤußere Feinde vertheidigen zu
koͤnnen.
Ferner das Verhaͤltniß von Rom zu andern italieniſchen Staͤdten:
— — Si tu perquiris in omnibus illam (libertatem)
urbibus Italiae, nullam mihi crede profecto
invenies urbem quae sic majore per omnem
libertate modum quam nunc tua Roma fruatur:
omnis enim urbs dominis et bello et pace coacta
praestita magna suis durasque gravata gabellas
solvit, et interdum propriam desperat habere
justitiam, atque ferox violentia civibus ipsis
saepe fit, ut populus vario vexatus ab illis
fasce sub hoc onerum pauper de divite fiat;
at tua Roma sacro nec praestita nec similem vim
nec grave vectigal nec pondera cogitur ulla
solvere pontifici ni humiles minimasque gabellas:
15*
[228]Instructiones Sixti IV 1478.
praeterea hic dominus tribuit justissimus almam
justitiam cuicunque suam, violentaque nulli
infert: hic populum prisco de paupere ditem
efficit, et placida Romam cum pace gubernat.
Er verdenkt es den Roͤmern, daß ſie nach der altroͤmiſchen Freiheit
trachten. Auch iſt es ohne Zweifel gegruͤndet und hat zu den Er-
werbungen des Kirchenſtaates viel beigetragen, daß die paͤpſtliche
Gewalt milder war als die Herrſchaft ſtaͤdtiſcher Oberhaͤupter. Unſer
Autor findet den Widerſtand der Buͤrger gegen die Kirche unver-
zeihlich, die ihnen ſo viel geiſtliche und weltliche Guͤter gewaͤhre:
quibus auri copia grandis
argentique ferax aeternaque vita salusque
provenit, ut nulli data gratia tam ardua genti.
Dem Papſt wird der Rath gegeben, ſich noch mehr zu befeſtigen,
nie ohne 300 Bewaffnete nach St. Peter zu gehn: dabei aber auch
nach der Liebe der Einwohner zu trachten: die Armen zu unter-
ſtuͤtzen, beſonders Arme von guter Herkunft, „vitam qui mendi-
care rubescunt“;
— succurre volentibus artes
exercere bonas, quibus inclyta Roma nitescat;
was nun Nicolaus dem V. ſchwerlich geſagt zu werden brauchte. —
Uebrigens iſt ſchon in der Vita Nicolai V a Dominico Georgio
conscripta Romae 1742 p. 130 unſers Werkchens gedacht.
2.
Instructiones datae a Sixto IV RR. PP. Dnis J. de Agnellis
protonotario apostolico et Anto de Frassis s. palatii
causarum auditori ad M. Imperatoris. 1 Decis 1478.
Bibl. Altieri VII. G. 1. 99.
Die aͤlteſte Inſtruction, welche mir unter den Handſchriften die
ich ſah vorgekommen iſt. Sie faͤngt an: „Primo salutabunt Se-
renissimum Imperatorem.“
Am 26ſten April 1478 war der Anfall der Pazzi auf die Me-
dici geſchehen. Ganz Italien war daruͤber in Bewegung. „Eccle-
sia justa causa contra Laurentium mota, clamant Veneti, clamat
tota ista liga.“
Die Geſandten ſollen den Kaiſer verhindern einem gewiſſen Ja-
cob de Medio, den die Venezianer an den kaiſerlichen Hof abgeord-
net, Glauben beizumeſſen. „Est magnus fabricator et Cretensis:
multa enim referebat suis quae nuncquam cogitaveramus neque
dixeramus.“ Sie ſollen den Kaiſer um ſeine Vermittelung bitten.
Der Koͤnig von Frankreich habe ſie angeboten, aber der Papſt moͤchte
dieſe Ehre lieber dem Kaiſer zuwenden. „Velit scribere regi Fran-
ciae et ligae isti, ostendendo quod non recte faciunt et pa-
rum existimant deum et honorem pontificis, et quod debent
magis favere ecclesiae justitiam habenti quam uni mercatori,
qui semper magna causa fuit quod non potuerunt omnia con-
fici contra Turcum quae intendebamus parare, et fuit semper
petra scandali in ecclesia dei et tota Italia.“
[229]Relatione di Polo Capello 1500.
Die Sache war fuͤr den Papſt um ſo gefaͤhrlicher, da man be-
abſichtigte, ſeinen weltlichen Anmaßungen mit einem Concilium zu
begegnen. „Petunt cum rege Franciae, concilium in Galliis ce-
lebrari in dedecus nostrum.“
Hiebei erinnern wir uns an den Verſuch, den man einige Jahre
ſpaͤter allerdings machte, ein Concilium zu Stande zu bringen. Der
Erzbiſchof von Kraina hat ſich dadurch einen gewiſſen Namen er-
worben. Johann v. Muͤller hat demſelben in dem fuͤnften Bande
der Schweizergeſchichte ein paar Seiten gewidmet (p. 286). — Nur
tritt in dieſer Darſtellung die weltliche Veranlaſſung nicht genugſam
hervor. Der Cardinal Andreas war nicht ſo ganz geiſtlich, wie es
bei Muͤller ſcheinen ſollte. Die Geſandten von Florenz und Mai-
land ſuchen ihn in Baſel auf; ſie kommen im Namen der geſamm-
ten Liga, die wider Sixtus im Felde ſtand. Sie finden in ihm,
wir haben ihren Bericht, große Welterfahrung (gran pratica et ex-
perientia del mundo) — und einen heftigen Haß wider den Papſt
und deſſen Neffen. „E huomo per fare ogni cosa purche e’ tuffi
el papa e’l conte.“ S. Baccius Ugolinus Laurentio Medici
in Basilea a dì 20 Sept. 1482 bei Fabroni Vita Laurentii, II,
229. Wir ſehen, es iſt ſchon dieß eine geiſtliche Oppoſition der
Fuͤrſten aus weltlichen Ruͤckſichten. Auch ſie hatten geiſtliche Waf-
fen und ſetzten ſie denen des Papſtes entgegen.
3.
Relatione fatta in pregadi per Polo Capello el cavalier venuto
orator di Roma 1500 28 Sett. Archiv zu Wien.
Die erſte Relation eines venezianiſchen Geſandten uͤber den paͤpſt-
lichen Hof, die ich gefunden. In dem venezianiſchen Archiv iſt ſie
nicht vorhanden; es ſcheint, als ſeyen die Relationen damals noch
nicht ſchriftlich eingegeben worden. Sie findet ſich in der Chronik
des Sanuto, bei dem dasjenige uͤberhaupt verzeichnet iſt, was in
dem Senate, den Pregadi, vorgetragen wurde.
Polo Capello verſpricht von vier Stuͤcken zu handeln: den
Cardinaͤlen — dem Verhaͤltniß (disposition) des Papſtes zu dem
Koͤnig von Frankreich und zu Venedig — den Abſichten (el desi-
derio) S. H. — von dem was ſich von ihm erwarten laſſe;
aber wie dieſe Eintheilung nicht eben auf ſehr genauer Unterſchei-
dung beruht, ſo haͤlt er ſich auch nicht daran.
Er bemerkt vornehmlich, daß weder Venedig noch Frankreich
gut mit dem Papſte ſtehe: jenes, weil es einen Theil des Mailaͤn-
diſchen an ſich gebracht, weil man fuͤrchte, es nehme noch ganz
Italien ein; — dieß aber, weil der Koͤnig dem Papſt ſeine Zuſagen
nicht halte. Wir finden hier die Bedingungen des Bundes zwiſchen
Koͤnig und Papſt vom Jahre 1498. Der Papſt gewaͤhrte dem
Koͤnig die Dispenſation zur Scheidung von ſeiner Gemahlin. Da-
fuͤr verſprach der Koͤnig dem Sohne des Papſtes Ceſar Borgia ei-
nen Staat von 28000 Franken Einkuͤnften, eine Gemahlin aus
koͤniglichem Gebluͤt (Navarra?), und Verzichtleiſtung auf eine eigene
neapolitaniſche Unternehmung außer zu Gunſten der Borgia, „— del
[230]Polo Capello Bel. 1500.
regno di Napoli non se impazzar se non in ajutar il papa.“
So daß wir ſehen, der Papſt hatte ſchon damals ſelbſt eine Abſicht
auf Neapel. Allein dieſe Verſprechungen wurden nicht gehalten. Die
Vermaͤhlung, die Ceſarn gewaͤhrt wurde, war nicht ganz nach
Wunſch; der Papſt bequemte ſich, zur Sicherheit der Mitgift ſelbſt
eine Beſitzung von 12000 Franken zu erkaufen, aber die junge Ge-
mahlin blieb in Frankreich. Nur die Uebermacht des Koͤnigs hielt
den Papſt in Pflicht. „Quando il Sr Lodovico intrò in Milan,“
ſagt Capello ſehr bezeichnend, „publice diceva (il papa) mal del
roy.“ Cr war entruͤſtet, daß ihm die Franzoſen nicht zur Verja-
gung der Bentivogli von Bologna die Hand hatten bieten wollen.
Fuͤhrt uns nun dieſe Stelle beſſer in das innere Getriebe der
damaligen paͤpſtlichen Politik, ſo folgt alsdann eine Schilderung der
Perſoͤnlichkeiten, die von vielem Werth iſt.
Der Autor kommt zuerſt auf den Tod des Schwiegerſohnes
Alexanders VI. Ceſar hatte ihn bereits verwundet. Per dubio
mandò a tuor medici di Napoli: ste 33 dì ammalato, et il cl Ca-
pua lo confessò, e la moglie e sorella, ch’è moglie del prin-
cipe di Squillaci altro fiol di papa, stava con lui et cusinava in
una pignatella per dubio di veneno per l’odio li haveva il du-
cha di Valentinos, et il papa li faceva custodir per dubio esso
ducha non l’amazzasse, e quando andava il papa a visitarlo, il
ducha non vi andava se non una volta e disse: quello non è
fatto a disnar si farà a cena. Or un zorno, fo a dì 17 avo-
sto, intrò in camera, che era za sublevato, e fe ussir la moglie
e sorella: li tre (?) michieli cussi chiamati, estrangolò ditto
zovene. — —
Il papa ama et ha gran paura del fiol ducha, qual è di
anni 27, bellissimo di corpo e grande, ben fatto e meglio che
re Ferandin (der letzte Koͤnig von Neapel, Ferdinand d. j., der fuͤr
beſonders ſchoͤn galt): amazzò 6 tori salvadegi combatendo a ca-
vallo a la zaneta, et a uno li taiò la testa a la prima bota,
cosa che paresse a tutta Roma grande. E realissimo, imo
prodego, e il papa li dispiace di questo. Et alias amazzò
sotto il manto del papa M. Peroto, adeo il sangue li saltò in
la faza del papa, qual M. Peroto era favorito dal papa. Etiam
amazzò il fratello ducha di Gandia e lo fe butar nel Tevere.
— Tutta Roma trema di esso ducha non li faza amazzar.
In dem Leben Leos X. hat Roscoe verſucht, das Andenken der
Lucrezia Borgia von den ſchaͤndlichen Beſchuldigungen zu befreien,
die man auf ſie gehaͤuft hat. Den Anklagen uͤber ihre fruͤhere Zeit
hat er eine Menge guͤnſtiger Zeugniſſe aus der ſpaͤtern entgegenge-
ſetzt. Gleich der deutſche Herausgeber ſeines Buches iſt dadurch
aber doch nicht uͤberzeugt worden. Seine Meinung iſt, ſie habe ſich
erſt nachher gebeſſert. Unſere Relation iſt auch dadurch merkwuͤrdig,
daß ſie ein guͤnſtiges Zeugniß fuͤr Lucrezia aus der fruͤhern Zeit mit-
theilt. Sie ſagt: Lucrezia la qual è savia e liberal. Ceſar Bor-
gia war eher ihr Feind als ihr Liebhaber. Er nahm ihr Sermo-
neta, das ſie von dem Papſt erhalten; er ſagte, ſie ſey ein Weib,
ſie wiſſe es doch nicht zu behaupten: „è donna, non lo potrà man-
tenir.“
[231]Il successo de la morte di Alex. VI.
4.
Unter den mancherlei Documenten, die ſich im fuͤnften Bande
des Sanuto finden, ſchien mir folgendes das wichtigſte:
Questo è il successo de la morte di papa Alexandro VI.
Hessendo el cl datario d̅n̅o̅ Arian da Corneto stato richie-
sto dal pontefice chel voleva venir a cena con lui insieme con
el duca Valentinos a la sua vigna et portar la cena cum S.
Sta, si imagino esso cardinal questo invito esser sta ordinado
per darli la morte per via di veneno per aver il duca li soi da-
nari e beneficii, per esser sta concluso per il papa ad ogni modo
di privarlo di vita per aver il suo peculio, come ho ditto, qual
era grande, e procurando a la sua salute penso una sola cosa
poter esser la via di la sua salute. E mando captato tp̅i̅o̅
(tempo) a far a saper al schalcho del pontefice chel ge ve-
nisse a parlar, con el qual havea domestichezza. El qual ve-
nuto da esso cdl, se tirono tutti do in uno loco secreto, dove
era preparato duc. X m. d’oro, e per esso cl fo persuaso ditto
schalcho ad acetarli in dono e galderli per suo amor. El qual
post multa li accepto, e li oferse etiam il resto di la sua fa-
culta, perche era richissimo cardl, a ogni suo comando, perche
li disse chel non poteva galder detta faculta se non per suo
mezo, dicendo: vui conoscete certo la condition del papa, et io
so chel ha deliberato col ducha Valentinos ch’io mora e questo
per via di esso scalcho per morte venenosa, pregandolo di gra-
tia che voia haver pieta di lui e donarli la vita. Et dicto que-
sto, esso scalcho li dichiari il modo ordinato de darli il ve-
neno a la cena, e si mosse a compassione promettendoli di
preservarlo. Il modo era chel dovea apresentar dapoi la cena
tre schatole di confecion in taola, una al papa, una al dto cardl
et una al ducha, et in quella del cardl si era il veneno. E cussi
messe ditto cardl ordine al prefato scalcho del modo che dovea
servar, e far che la scutola venenata, dovea aver esso cardl, di
quella il papa manzasse e lui si atosegaria e moriria. E cussi
venuto il pontefice a la cena al zorno dato l’hordine col ducha
preditto, el prefato cl se li butto a li piedi brazzandoli et stret-
tissimamente baxandoli, con affectuosissime parole supplicando a
S. Sta, dicendo, mai di quelli piedi si leveria si S. Beat. non
li concedesse una gratia. Interrogato del pontefice, qual era
facendo instanza se levasse suso, esso cl respondeva chel vo-
leva aver la gratia el dimanderia et haver la promessa di far-
gela da S. Sta. Hor dapoi molta persuasion, il papa stete as-
sai admirativo vedendo la perseverantia del dto cle e non si vo-
ler levar, e li promisse di exaudirlo: al qual cardl sublevato
disse: patre santo, non e conveniente che venendo il signor a
caxa del servo suo, dovesse el servo parimente confrezer (?)
con el suo signor, e perho la gratia el dimandava era questa
zusta e honesta che lui servo dovesse servir a la mensa di S.
Sta, e il papa li fece la gratia. E andato a cena al hora de-
[232]Polo Capello Rel. 1510.
bita di meter la confecion in tavola, fo per il scalcho posto la
confezion avenenata ne la scutola secondo el primo ordine li ha-
vea dato il papa, et il cl hessendo chiaro in quella non vi es-
ser venen li fece la credenza di dicta scatola e messe la vene-
nata avante il papa, e S. S. fidandosi del suo scalcho e per la
credenza li fece esso cl, judico in quella non esser veneno e
ne manzo allegramente, e del altra, chel papa fusse avenenata
si credeva e non era, manzo ditto cl. Hor al hora solita a la
qualita del veneno sua Sta comenzo a sentirlo e cussi sen’e morto:
el cardl, che pur haveva paura, se medicino e vomito, e non have
mal alcuno ma non senza difficulta. Valete.
Eine wo nicht authentiſche, doch ſehr bemerkenswerthe Nachricht
uͤber den Tod Alexanders: von allen die wir haben vielleicht die beſte.
5.
Sommario de la relatione di S. Polo Capello, venuto orator
di Roma, fatta in collegio 1510.
Nach dem großen Mißgeſchick, das die Venezianer durch die
Ligue von Cambray betroffen, gelang es ihnen zunaͤchſt Papſt Ju-
lius II. wieder zu gewinnen.
Polo Capello fuͤhrt einige noch unbekannte Momente an, wie
dieß geſchehen. Der Papſt war vor dem Reſultat bange, das eine
projectirte Zuſammenkunft Maximilians mit dem Koͤnig von Frank-
reich haben duͤrfte. „Dubitando perche fo ditto il re di Romani
et il re di Francia si voleano abboccar insieme et era certo in
suo danno.“ Eine Zeit lang forderte er zwar die Venezia-
ner auf, die Staͤdte fahren zu laſſen, die kraft der Ligue dem
deutſchen Koͤnig zufallen ſollten; als er aber ſah, daß die Unter-
nehmung Maximilians ſo ſchlecht ablief, drang er nicht ferner dar-
auf. Er hatte von demſelben eine ſehr geringe Meinung. „E una
bestia,“ ſagte er, „merita piu presto esser rezudo ch’ a rezer
altri.“ Dagegen gereichte es den Venezianern, deren Namen man
in Rom ſchon fuͤr ausgeloͤſcht gehalten hatte, zu großer Ehre, daß ſie
ſich behaupteten. Allmaͤhlig entſchloß ſich der Papſt zur Abſolution.
Vor deſſen Eigenſchaften hat Capello viel Reſpect. „E papa
sapientissimo, e niun pol intrinsechamente con lui, e si conseja
con pochi, imo con niuno.“ Nur ſehr indirect hatte der Cardi-
nal Caſtel de Rio Einfluß: „parlando al papa dirà una cosa,
qual dita il papa poi considererà aquella.“ Gleich damals war
der Cardinal wider die Venezianer, und der Papſt ſchloß doch ſeine
Abkunft mit ihnen. Capello findet ihn ſehr gut bei Geld: er moͤge
700000 Duc. wo nicht eine Million im Schatze haben.
6.
Sommario di la relatione di Domenego Trivixan, venuto orator
di Roma, in pregadi 1510.
Was Capello im Collegium vorgetragen, fuͤhrt Triviſan im Se-
nate weiter aus. Doch iſt der Unterſchied, daß jener die geheimen
[233]Dom. Trivixan Relatione 1510.
Motive entwickelt, dieſer ſich mehr eine allgemeine Schilderung an-
gelegen ſeyn laͤßt. Auch dieß iſt doch merkwuͤrdig.
Er ſtimmt ſeinem Collegen in der Berechnung des paͤpſtlichen Schatzes
bei, er fuͤgt nur hinzu: der Papſt habe das Geld zu einem Kriege
wider die Unglaͤubigen beſtimmt. Il papa è sagaze praticho: ha
mal vecchio galico e gota, tamen è prosperoso, fa gran fadi-
cha: niun pol con lui: alde tutti, ma fa quello li par. — E te-
nuto e di la bocha e di altro per voler viver piu moderatamente.
(Soll dieß heißen, daß er ſelbſt geaͤußert, er werde ſich kuͤnftig
— etwa im Trunke — maͤßigen?) A modo di haver quanti da-
nari il vole: perche come vacha un beneficio, non li da si non
a chi (a) officio e quel officio da a un altro, si che tocca per
esso (hiedurch) assai danari; ed è divenudo li officii sensari piu
del solito in Roma. D. i. die Aemter die man hat werden zu Maͤk-
lern von Pfruͤnden, verſchaffen ſie.
Il papa a entrada duc. 200000 di ordinario, et extraordina-
rio si dice 150 m. (d. h. die Paͤpſte haben gewoͤhnlich ſo viel);
ma questo a di do terzi piu di extraordinario e di ordinario an-
cora l’entrade: ſo daß er gegen eine Million gehabt haben wuͤrde.
Er erlaͤutert ſogleich: Soleano pagare il censo carlini X al du-
cato e la chiesia era ingannata: era carlini XIII½ el duc., vole
paghino quello convien, et a fatto una stampa nova che val X
el duc. e son boni di arzento, del che amiora da X a XIII½ la
intrada del papa, et diti carlini novi si chiamano juli. Man ſieht,
welches der Urſprung der noch heute gewoͤhnlichen Muͤnze iſt. Denn
die heutigen Paoli haben erſt ſpaͤt den Namen und Gebrauch der
Giuli verdraͤngt. Die Carlini, welche die Rechnungsmuͤnze bildeten,
hatten ſich ſo verſchlechtert, daß man in der Caſſe ſtark zu Schaden
kam. Im Intereſſe der Caſſe machte Julius II. gute Muͤnze.
Item è misero: a pocha spesa. Si acorda col suo maestro
di caxa: li da el mexe per le spexe duc. 1500 e non piu. Item
fa la chiexia di S. Piero di novo, cosa bellissima, per la qual
a posto certa cruciata, et un solo frate di S. Francesco di quelli
habia racolto diti frati per il mondo li portò in una bota duc.
27 m. si che per questo tocca quanti danari el vuol. A data
a questa fabrica una parte de l’intrada di S. M. di Loreto e
tolto parte del vescovado di Recanati.
7.
Summario de la relatione di S. Marin Zorzi, dotor, venuto ora-
tor di corte, fata in pregadi a dì 17 Marzo 1517.
Marin Zorzi wurde am 4. Januar 1514, und nachdem er die
Wahl abgelehnt hatte, am 25. Januar nochmals zum Botſchafter
am Hofe Leos X. gewaͤhlt. Wenn es wahr iſt, daß ihm Commiſ-
ſionen in Bezug auf die Expedition Franz I. gegeben worden, wie
Paruta ſagt (lib. III, p. 109), ſo muͤßte er erſt im Anfang des
Jahres 1515 nach Rom gegangen ſeyn.
Seine Relation bezieht ſich auf dieſe Zeit. Sie iſt um ſo wich-
tiger, da er ſich vornahm das zu berichten, was er nicht zu ſchreiben
[234]Marin Zorci Rel. 1517.
gewagt hatte. Referirà, ſagt das wie es ſcheint nachgeſchriebene
Sommario, di quelle cose che non a scritto per sue lettere,
perche multa occurrunt quae non sunt scribenda.
Hauptſaͤchlich betreffen dieſe die Unterhandlungen des Papſtes
mit Franz I, die ſelbſt Paruta nicht kannte, von denen man hier,
ſo viel ich weiß, die beſte Nachricht findet.
Man hat bisher zuweilen davon geredet, das Papſt Leo ſeinem
Bruder Julian eine Krone habe verſchaffen wollen: wie das geſchehen
ſollen, iſt jedoch nie recht an Tag gekommen. Zorzi verſichert, damals
habe Leo dem Koͤnig von Frankreich vorgeſchlagen: „che del reame
di Napoli saria bon tuorlo di man di Spagnoli e darlo al ma-
gnifico Juliano suo fradello“; — er fuͤgt hinzu: e sopra questo
si fatichoe assai, perche el non si contentava di esser ducha so
fradello, ma lo volea far re di Napoli: il christianissimo re li aria
dato il principato di Taranto e tal terre: ma il papa non volse,
e sopra questo venneno diversi oratori al papa, monsr di Soglie
e di Borsi, et il papa diceva: quando il re vol far questo acordo,
saremo con S. M. Hor si stette sopra queste pratiche: il chmo re
havendo il voler che’l papa non li saria contra, deliberò di ve-
nir potente et cussi venne: et il papa subito si ligò con l’im-
perator, re catholico, re de Inghilterra e Sguizzari.
Die Notizen welche ſich auf die Zeit des Feldzugs beziehen, habe
ich ſchon in Text oder Noten mitgetheilt.
Wie ſehr der Papſt aber insgeheim antifranzoͤſiſch geſinnt war,
geht daraus hervor, daß er ſogleich bei der Unternehmung Maximi-
lians im naͤchſten Jahre es nicht allein den Venezianern verdachte,
daß ſie ſich ſo entſchieden franzoͤſiſch zeigten — o che materia, ſagte
er, a fatto questo senato a lassar le vostre gente andar a Mi-
lano, andar con Francesi, aver passa 8 fiumi, o che pericolo è
questo; ſondern auch Maximilian insgeheim unterſtuͤtzte. Il papa
a questo subito mandò zente in favor del imperador e sotto man
dicendo: M. Ant. Colonna è libero capitano a soldo del impe-
rador. Indeß verzoͤgerte ſich die Ratification der Beſchluͤſſe von Bo-
logna. Der Koͤnig ſchickte Geſandte auf Geſandte um ſie zu fordern.
Endlich ſandte der Papſt dagegen ſeine eigenen nach Frankreich, und
die Capitel wurden geſiegelt.
Bald hatte Franz I. eine Gelegenheit ſich hiefuͤr zu raͤchen. Der
Herzog von Urbino leiſtete dem Papſt einen unerwarteten Widerſtand.
Dieſer Geſandte verſichert: Il re non si tien satisfacto del papa;
è contento Francesco Maria prosperi.
Er ſchildert alsdann den Papſt naͤher. A qualche egritudine
interior de repletion e catarro ed altra cosa, non licet dir, vi-
del, in fistula. E hom da ben e liberal molto, non vorria fa-
ticha s’il potesse far di mancho, ma per questi soi si tuo fati-
cha. E ben suo nepote è astuto e apto a far cosse non come
Valentino ma pocho mancho. Er meint Lerenzo Medici. Er be-
hauptet nun ſchlechterdings, was Andere leugnen, z. E. Vettori, daß
Lor. Medici ſelbſt lebhaft nach Urbino getrachtet habe. Julian habe
zwei Tage vor ſeinem Tode den Papſt gebeten Urbino zu ſchonen,
wo er nach ſeiner Verjagung aus Florenz ſo viel Gutes genoſſen.
[235]Marco Minio Rel. 1520.
Der Papſt gab nichts darauf. Er ſagte: „non è da parlar deste
cose.“ Questo feva perche de altra parte Lorenzin li era at-
torno in volerli tuor il stato.
Unter den Rathgebern des Papſtes findet er zunaͤchſt Julius Me-
dici, nachmals Clemens VII, von deſſen Talenten er doch keine ſo
große Vorſtellung hat wie Andere: è hom da ben, hom di non molte
facende, benche adesso il manegio di la corte è in le sue mani,
che prima era in S. Ma in Portego; dann Bibbiena, den er fuͤr
ſpaniſch geſinnt haͤlt, wie er denn durch ſpaniſche Beneficien bereichert
ſey; endlich jenen Lorenzo — qual a animo gaiardo.
Lorenzo bringt ihn auf Florenz zu reden. Er ſagt ein Wort
von der Verfaſſung, doch fuͤgt er hinzu: hora non si serva piu
ordine: quel ch’el vol (Lorenzin) è fatto. Tamen Firenze è piu
francese che altrimente, e la parte contraria di Medici non pol
far altro, ma non li piace questa cosa. Die Landmiliz — Ordi-
nanzen — war vermindert worden. Die Einkuͤnfte betrugen: 1) von
den Abgaben am Thor und in der Stadt 74000 Duc. 2) von den
unterworfenen Staͤdten 120000 Duc. 3) von dem balzello — di-
recte Auflage, eine Art Zehnten — 160000 Duc.
Dieß bringt ihn auf die Einkuͤnfte des Papſtes, die er im All-
gemeinen auf 420000 Duc. angibt; und ſo kommt er auf die Aus-
gaben und die Perſoͤnlichkeit des Papſtes zuruͤck. E docto in huma-
nità e jure canonlcho, et sopra tutto musico excellentissimo, e
quando el canta con qualche uno, li fa donar 100 e piu ducati:
e per dir una cosa che si dimenticò (von ihm, dem Redner), il
papa trahe all’ anno di vacantie da duc. 60000 e piu, ch’è, zercha
duc. 8000 al mese, e questi li spende in doni, in zuogar a pri-
mier di che molto si diletta.
Nachrichten, wie man ſieht, recht bezeichnend, mit vieler Nai-
vetaͤt und geſpraͤchsweiſe mitgetheilt. Man hoͤrt und lebt mit.
8.
Sommario di la relatione di Marco Minio, ritornato da corte,
1520 Zugno. Sanuto Tom. XXVIII.
Marco Minio war der Nachfolger Zorzi’s; ſeine Relation iſt
leider ſehr kurz.
Er beginnt mit den Einkuͤnften, die er geringfuͤgig findet. Il
papa a intrada per il papato pocha; son tre sorte de intrade: d’an-
nate traze all’ anno 100 m. duc., ma le annate consistorial,
ch’è episcopati e abbatie, la mita è de cardinali; di officj traze
all’ anno 60 m.; di composition 60 m. Non a contadi (con-
tante), perche è liberal, non sa tenir danari, poi li Fiorentini
e soi parenti non li lassa mai aver un soldo, e diti Fiorentini
è in gran odio in corte, perche in ogni cosa è Fiorentini. Il
papa sta neutral fra Spagna e Franza: ma lui orator tien
pende da Spagna, perche è sta pur messo in caxa da Spa-
gnoli, etiam asumpto al papato. Il cardinal di Medici suo ne-
pote, qual non è legitimo, a gran poter col papa: è hom di
gran manegio — man ſieht, ſeit Zorzi’s Zeiten war ſeine Reputa-
[236]De Branca de Telini Diario 1494—1513.
tion gewachſen — a grandissima autorità, tamen non fa nulla se
prima non dimanda al papa di cose di conto; hora si ritrova
a Firenze a governar quella città; il cardinal Bibbiena è ap-
presso assa del papa, ma questo Medici fa il tutto.
Seine Landsleute verſichert der Geſandte ziemlich guͤnſtiger Ge-
ſinnungen des Papſtes. Zwar wolle dieſer Venedig nicht groͤßer ſe-
hen, aber es auch um kein Gut der Welt untergehn laſſen.
9.
Diario de Sebastiano de Branca de Telini. Barber. Bibl.
n. 1103.
Es geht auf 63 Blaͤttern vom 22ſten April 1494 bis 1513 in
die Zeit Leos X. Mit Burcardus iſt es freilich nicht zu vergleichen;
und da dem Verf. das Wenigſte bekannt wurde, nicht einmal zu
einer Rectification deſſelben zu brauchen. Er ſah nur was jeder An-
dere auch ſah.
So ſchildert er den Einzug Carls VIII, deſſen Heer er auf
30000 bis 40000 Mann ſchaͤtzt. Den Koͤnig findet er den haͤßlich-
ſten Menſchen den er je geſehen, ſein Volk dagegen das ſchoͤnſte von
der Welt: la piu bella gente non fu vista mai. Man muß ihm
das nicht auf das Wort glauben: er liebt dieſe Art ſich auszudruͤcken.
(Er erzaͤhlt, man habe ein Pferd bis auf 300 Duc. bezahlt.)
Ceſar iſt der grauſamſte Menſch der je gelebt. Die Zeiten Ale-
xanders durch Grauſamkeit, Theurung und Auflagen ausgezeichnet.
Papa Alessandro gittao la data a tutti li preti e a tutti li offi-
ciali per tre anni e tutte le chiese di Roma e fora di Roma —
— per fare la cruciata contro il Turco, e poi la dava allo figliuolo
per fare meglio la guerra. Ihm zufolge gab Ceſar Niemand Au-
dienz als ſeinem Henker Michilotto. Alle ſeine Diener gingen herr-
lich gekleidet: vestiti di broccado d’oro e di velluto fino alle
calze: se ne facevano le pianelle e le scarpe.
Von Julius II. iſt er ein großer Bewunderer. Non lo fece
mai papa quello che have fatto papa Julio. — Er zaͤhlt die
Staͤdte auf die er erobert, doch meint er, durch ſeine Kriege ſey er
Schuld an dem Tode von 10000 Menſchen.
Es folgte Leo. Er begann mit Verſprechen, che i Romani
fossero fianchi di gabella, ed officii e beneficii che stanno nella
cittade di Roma fossero dati alli Romani: ne fecero grand’ al-
legrezze per Roma.
Zuweilen erſcheinen auch Privatleute, wie wir denn hier den
kuͤhnſten und beruͤhmteſten Procurator kennen lernen: Bento Moc-
caro, il piu terribile uomo (maͤchtigſte, gewaltigſte) che mai fusse
stato in Roma per un huomo privato in Roma. Er verlor durch
die Orſini ſein Leben.
Auch in dieſem ſonſt unbedeutenden Werke ſpiegelt ſich der
Geiſt der Zeiten, der Geiſt der verſchiedenen Verwaltungen: — die
Zeiten des Schreckens, der Eroberung und der Milde unter Alexan-
der, Julius und Leo. Andere Diarien z. B. des Cola Colleine, von
1521—1561, enthalten dagegen nichts von Bedeutung.
[237]Notitia temporum Leonis X. Adr. VI. Clem. VII.
10.
Vita Leonis X Pontificis Maximi per Franciscum Novellum Ro-
manum, J. V. Professorem. Bibl. Barberina.
Alii, ſagt der Autor, longe melius et haec et alia mihi in-
cognita referre et describere poterunt. Ja wohl. Sein Werk-
chen iſt hoͤchſt unbedeutend.
11.
Quaedam historica quae ad notitiam temporum pertinent ponti-
ficatuum Leonis X, Adriani VI, Clementis VII. Ex li-
bris notariorum sub iisdem pontificibus. Excerpirt von Fe-
lix Contellorius Bibl. Barberina. 48 Blaͤtter.
Kurze Anzeige des Inhaltes der Inſtrumente: z. B. Leo X
assignat contessinae de Medicis de Rodulfis ejus sorori duc. 285
auri de camera ex introitibus dohanarum pecudum persolvendos.
Ich habe dieſe Angaben hie und da benutzt. Leicht das menſch-
lich merkwuͤrdigſte und unerwaͤhnt geblieben iſt folgender Auszug aus
einem Breve vom 11. Juni 1529. „Bei Bernardo Bracchi waren
einige Pretioſen des paͤpſtlichen Stuhles verſetzt worden. Zur Zeit
der Eroberung hielt es Bracchi fuͤr gerathen ſie in einem Garten zu
vergraben. Er gab davon nur Einem Menſchen Nachricht, einem ge-
wiſſen Hieronymus Bacato von Florenz, damit es doch Jemand
wuͤßte, wenn ihn ein Ungluͤck betraͤfe. In kurzem ward nun Bracchi
von den Deutſchen ergriffen und ſehr gemißhandelt. Hieronymo
glaubte ſchon, ſein Freund ſey unter den Martern geſtorben, und theilte
nun aus gleicher Beſorgniß ſein Geheimniß einem Andern mit. Dieſer
aber war nicht ſo verſchwiegen: die Deutſchen hoͤrten von dem ver-
borgenen Schatze; durch neue verſtaͤrkte Martern noͤthigten ſie Brac-
chi, endlich den Ort anzugeben. Um die Pretioſen zu retten, machte
ſich dieſer nun zur Zahlung von 10000 Duc. anheiſchig. Hierony-
mus hielt ſich fuͤr einen Verraͤther und toͤdtete ſich ſelbſt aus Scham
und Wuth.“
12.
Sommario di la relation fatta in pregadi per S. Aluixe Gradenigo,
venuto orator di Roma, 1523 Mazo. Bei Sanuto Tom. 34.
Zuerſt von der Stadt, die auch er in kurzer Zeit um 10000
Haͤuſer vergroͤßert findet; von ihrer Verfaſſung: die Conſervatoren
nehmen den Rang vor den Botſchaftern in Anſpruch, den ihnen dieſe
verweigern; von den Cardinaͤlen. Julius Medici war in ſeiner Re-
putation noch hoͤher geſtiegen. Hom di summa autorità e richo
cardinale, era il primo appresso Leon, hom di gran ingegno e
cuor: il papa (Leone) feva quello lui voleva. Er beſchreibt Leo
X. Di statura grandissima, testa molto grossa, havea bellissima
man: bellissimo parlador: prometea assa ma non atendea. —
Il papa si serviva molto con dimandar danari al imprestido, ven-
deva poi li officii, impegnava zoie, raze del papato e fino li apo-
[238]Aluixe Gradenigo Rel. di 1523.
stoli per aver danaro. Er berechnet die weltlichen Einkuͤnfte auf
300000, die geiſtlichen auf 100000 Duc.
Die Politik Leos findet er durchaus antifranzoͤſiſch. Habe es
jemals anders geſchienen, ſo habe er ſich verſtellt. „Fenzeva esso
amico del re di Francia.“ Damals war er aber ganz offen gegen
Frankreich, wovon Gradenigo folgenden Grund anfuͤhrt. Disse che
mr di Lutrech et mr de l’Escu havia ditto che’l voleva che le
recchia del papa fusse la major parte restasse di la so persona.
Heißt es, es ſolle von dem Papſt nicht viel mehr uͤbrig bleiben als
ſeine Ohren? Freilich ein grober Spaß und abgeſchmackt dazu, den
Leo ſehr uͤbel nahm. Nach der Nachricht von der Eroberung Mai-
lands ſoll Leo geſagt haben, es ſey erſt die Haͤlfte des Krieges.
Leo hinterließ die paͤpſtliche Kammer ſo erſchoͤpft, daß man zu
ſeinen Exequien die Wachskerzen nehmen mußte, welche fuͤr den kurz
vorher geſtorbenen Cardinal S. Giorgio beſtimmt geweſen waren.
Der Geſandte erwartete noch die Ankunft Hadrians VI. Er
beſchreibt das maͤßige, verſtaͤndige Leben deſſelben, und bemerkt, daß
er ſich im Anfange neutral gehalten habe. Disse: il papa per opi-
nion soa, ancora che’l sia dipendente del imperador, è neutral,
ed a molto a cuor di far la trieva per atender a le cose del
Turco, e questo si judica per le sue operation cotidiane come
etiam per la mala contentezza del vicere di Napoli, che venne
a Roma per far dichiarar il papa imperial, e S. Stà non volse,
onde si partì senza conclusion. Il papa è molto intento a le
cose di Hungaria e desidera si fazi la impresa contra infideli,
dubita che’l Turco non vegni a Roma, pero cerca di unir li prin-
cipi christiani e far la paxe universal, saltem trieve per tre anni.
13.
Summario del viazo di oratori nostri andono a Roma a dar la
obedientia a papa Hadriano VI.
Die einzige Relation die das Intereſſe einer Reiſebeſchreibung
gewaͤhrt, und die auch auf Gegenſtaͤnde der Kunſt Ruͤckſicht nimmt.
Die Geſandten ſchildern die Bluͤthe von Ancona, die Frucht-
barkeit der Mark; in Spello werden ſie von Oratio Baglione wohl
aufgenommen; ſo kommen ſie nach Rom.
Sie ſchildern ein Gaſtmahl, das ihnen ein Landsmann, Cardinal
Cornelio, gab. Merkwuͤrdig ihre Schilderung der Tafelmuſik. A
la tavola vennero ogni sorte de musici, che in Roma si atro-
vava, li pifari excellenti, di continuo sonorono, ma eravi clavi-
cembani con voce dentro mirabilissima, liuti e quatro violoni;
— auch Grimani gab ihnen ein Gaſtmahl; poi disnar venneno al-
cuni musici, tra li quali una donna brutissima che cantò in liuto
mirabilmente.
Sie beſuchen alsdann die Kirchen. In Sta Croce arbeitete man
einige Verzierungen an den Thuͤren — alcuni arnesi e volte di
alcune porte di una preda raccolta delle anticaglie: jeder kleine
Stein, den man hier verarbeitete, verdiente nach ihrer Meinung in
Gold gefaßt und am Finger getragen zu werden. — Das Pantheon.
[239]Viaggio degli oratori a Hadr. VI.
Man errichtet eben einen Altar, zu deſſen Fuͤßen das Grab Ra-
phaels. Man zeigt ihnen Verzierungen, angeblich von Gold, ſo gut
wie zu den rheiniſchen Guͤlden. Sie meinen, waͤre es wahr, ſo
wuͤrde es Papſt Leo nicht daran gelaſſen haben. Sie bewundern
die Saͤulen, groͤßer als ihre von S. Marco. Sostengono un co-
perto in colmo, el qual è di alcune travi di metallo.
Mit großer Naivetaͤt widmen ſie den Alterthuͤmern ihre Be-
wunderung. Ich weiß nicht, ob dieſes Buch den Alterthumskundi-
gen in die Haͤnde kommen wird. Folgende Beſchreibung der Coloſ-
ſen iſt wenigſtens ſehr auffallend. Monte Cavallo è ditto perche
alla summità del colle benissimo habitato vi è una certa ma-
china de un pezo di grossissimo muro (eine rohe Baſis), so-
pra uno di cantoni vi è uno cavallo di pietra par de Istria molto
antiquo e della vetustà corroso e sopra l’altro uno altro, tutti
doi dal mezo inanzi zoe testa, collo, zampe, spalle e mezo il
dorso: appresso di quelli stanno due gran giganti, huomini due
fiate maggiori del naturale, ignudi, che con un brazzo li ten-
gono: le figure sono bellissime, proportionate e di la medesima
pietra di cavalli, bellissimi sì i cavalli come gli huomeni, sotto
una di quali vi sono bellissime lettere majuscule che dicono opus
Fidie e sotto l’altro opus Praxitelis. Sie begeben ſich nach dem
Capitol, wo ſie denn unter vielen andern ſchoͤnen Figuren auch finden:
uno villano di bronzo che si cava un spin da un pe, fatto al na-
tural rustico modo: par a cui lo mira voglia lamentarsi di quel
spin, cosa troppo excellente. Im Belvedere beſuchen ſie vor al-
lem den Laocoon. Man gab bisher oft den deutſchen Landsknechten
Schuld, daß ſie zur Reſtauration eines Armes an dieſem Kunſtwerk
Anlaß gegeben. Hier finden wir aber, daß er ſchon vor der Erobe-
rung der Stadt fehlte. Ogni cosa è integra, salvoche al Lao-
coonte gli manca il brazzo destro. Sie ſind von Bewunderung
hingeriſſen. Sie ſagen von dem allen: non gli manca che lo spi-
rito. Die Knaben ſchildern ſie ſehr gut: L’uno volendosi tirare
dal rabido serpente con il suo brazello da una gamba nè poten-
dosi per modo alcuno ajutar, sta con la faccia lacrimosa cri-
dando verso il padre e tenendolo con l’altra mano nel sinistro
brazzo. Si vede in sti puttini doppio dolore, l’uno per vedersi
la morte a lui propinqua, l’altro perche il padre non lo puol aju-
tare e si languisce. Sie fuͤgen hinzu, Koͤnig Franz habe bei der
Zuſammenkunft von Bologna den Papſt um dieſes Werk erſucht, er
habe aber ſein Belvedere nicht berauben wollen und dem Koͤnig
eine Copie machen laſſen. Schon ſeyen die Knaben fertig. Lebte
aber der Meiſter 500 Jahre, und arbeitete hundert daran, ſo wuͤr-
den ſie ſo nicht ausfallen. Im Belvedere fanden ſie auch einen jun-
gen flamaͤndiſchen Kuͤnſtler, der zwei Bildniſſe des Papſtes verfer-
tigt hatte.
Auf dieſen und den Hof kommen ſie nun. Die wichtigſte No-
tiz die ſie mittheilen iſt, daß der Cardinal von Volterra, der bis-
her die Medici verdraͤngt hatte, deshalb gefangen gehalten wor-
den ſey, weil man Briefſchaften von ihm aufgefangen, indem er Koͤ-
nig Franz ermuntert habe, jetzt einen Angriff auf Italien zu wa-
[240]Clementis VII conclave.
gen: niemals koͤnne er eine guͤnſtigere Gelegenheit finden. Eben
hiedurch kam Medici wieder empor. Der kaiſerliche Botſchafter
Seſſa ſtand ihm bei. Leicht duͤrfte dieß Ereigniß zu der Wendung
der Politik Hadrians den entſcheidenden Anlaß gegeben haben.
14.
Clementis VII P. M. conclave et creatio. Bibl. Barb. 4. 70 Bl.
Auf dem Titel findet ſich folgende Bemerkung: „Hoc conclave
sapit stylum Joh. Bapt. Sangae civis Romani, qui fuit Clementi
VII ab epistolis.“ Allein man kann wohl unbedenklich dieſe Ver-
muthung verwerfen. Ein anderes MS der Barberina, das den Ti-
tel fuͤhrt: Vianesii Albergati Bononiensis commentarii rerum sui
temporis, enthaͤlt nichts als dieſes Conclave. Es bildet den erſten
Theil der Commentarien, von denen indeß keine Fortſetzung zu finden
iſt. Wir duͤrfen annehmen, daß das obgedachte Conclave den Via-
neſio Albergati zum Verfaſſer hat.
Wer war aber dieſer Autor? Mazzuchelli hat mehrere Alber-
gati, dieſen aber nicht.
In einem Briefe Girolamo Negros findet ſich folgendes Hiſtoͤr-
chen. Ein Bologneſe ließ Papſt Hadrian wiſſen, er habe ihm ein
wichtiges Geheimniß mitzutheilen, doch fehle es ihm an dem Geld
um die Reiſe zu machen. Meſſer Vianeſio, ein Freund und Beguͤn-
ſtigter der Medici, verwendete ſich fuͤr ihn. Dieſem ſagte endlich
der Papſt, er moͤchte die 24 Ducaten auslegen, welche der Bolo-
gneſe forderte, er ſolle ſie zuruͤckbekommen. Vianeſio that es; ſein
Mann kam an. Auf das geheimſte ward er eingefuͤhrt. „Heiliger
Vater,“ fing er an, „wenn Ihr die Tuͤrken beſiegen wollt, ſo muͤßt
Ihr eine große Armata zu Land und See ruͤſten.“ Weiter brachte
er nichts vor. „Per deum!“ ſagte der Papſt, den dieß ungemein
verdroß, als er Meſſer Vianeſio wiederſah, „dieſer Euer Bologneſe
iſt ein großer Gauner: aber er ſoll mich auf Eure Koſten betrogen
haben.“ Er gab ihm die 24 Duc. nicht wieder. Wahrſcheinlich iſt
dieß unſer Autor. Auch in unſerm Werkchen ſagt er, er habe zwi-
ſchen den Medici und dem Papſt den Unterhaͤndler gemacht: me
etiam internuntio. Er hatte gute Bekanntſchaft mit Hadrian, den
er bereits in Spanien kennen gelernt hatte.
Doch hat er ihm das unruͤhmlichſte Denkmal von der Welt ge-
ſtiftet. Man lernt daraus den ganzen Haß kennen, den Hadrian
bei dieſen Italienern erweckte: „Si ipsius avaritiam, crudelitatem
et principatus administrandi inscitiam considerabimus, barbaro-
rumque quos secum adduxerat asperam feramque naturam, me-
rito inter pessimos pontifices referendus est. Er ſchaͤmt ſich nicht
die elendeſten Pasquille auf den Geſtorbenen mitzutheilen, z. B.
eins, wo er erſt mit einem Eſel, dann mit einem Wolf — post
paulo faciem induit lupi acrem, — ja endlich mit Caracalla und
Nero verglichen wird. Fragt man aber nach Beweiſen, ſo wird der
arme Papſt durch das, was Vianeſio erzaͤhlt, ſogar gerechtfertigt.
Hadrian hatte eine Stube in der Torre Borgia, zu der er den
Schluͤſſel immer bei ſich trug, die man das Allerheiligſte zu nennen
pflegte
[241]Clementis VII conclare.
pflegte; mit Begier eroͤffnete man ſie als er todt war. Da er viel
eingenommen und nichts ausgegeben, ſo meinte man hier ſeine Schaͤtze
zu finden. Man fand nichts als Buͤcher und Papiere, ein paar
Ringe von Leo X, faſt gar kein Geld. Man geſtand ſich am Ende:
„male partis optime usum fuisse.“
Gegruͤndeter moͤgen die Klagen ſeyn, die der Autor uͤber die
Verzoͤgerungen der Geſchaͤfte erhebt. Der Papſt ſagte: „cogitabimus,
videbimus.“ Er verwies wohl an ſeinen Secretaͤr; allein nach lan-
gem Verzug verwies dieſer an den Auditore di Camera. Das war
ein wohlgeſinnter Mann, der aber niemals fertig wurde, und ſich
in ſeine eigene Thaͤtigkeit verwickelte. „Nimia ei nocebat diligen-
tia.“ Man ging aufs neue an Hadrian. Der ſagte wieder: „co-
gitabimus, videbimus.“
Um ſo mehr ruͤhmt er die Medici und Leo X, ſeine Guͤte, die
Sicherheit die man unter ihm genoſſen, auch ſeine Bauwerke.
Ich entnehme daraus, daß die Arazzi Raphaels urſpruͤnglich fuͤr
die ſixtiniſche Capelle beſtimmt waren. Quod quidem sacellum
Julius II opera Michaelis Angeli pingendi sculpendique scientia
clarissimi admirabili exornavit pictura, quo opere nullum abso-
lutius extare aetate nostra plerique judicant, moxque Leo X in-
genio Raphaelis Urbinatis architecti et pictoris celeberrimi au-
leis auro purpuraque intextis insignivit, quae absolutissimi ope-
ris pulchritudine omnium oculos tenent.
15.
Instruttione al Cardl Revmo di Farnese, che fu poi Paul III,
quando andò legato all’ Impre Carlo V doppo il sacco
di Roma.
Ich fand dieſe Inſtruction zuerſt in der Bibliothek Corſini Nr.
467, und acquirirte hierauf eine Abſchrift mit den Schriftzuͤgen der
Mitte des 16ten Jahrhunderts.
Pallavicini kannte ſie; — Istoria del concilio di Trento lib.
II, c. 13 gedenkt er derſelben. Doch hat er ſie, wie ſich in den
folgenden Capiteln zeigt, noch weniger benutzt, als ſeine Worte
andeuten. Er hat ſeine Erzaͤhlung aus andern Quellen.
Da dieſe Inſtruction nicht allein fuͤr die paͤpſtlichen Sachen,
ſondern fuͤr die geſammte europaͤiſche Politik in einem ſo bedeuten-
den Zeitpunkte von großer Wichtigkeit iſt, und viele Momente
enthaͤlt welche ſonſt nicht bekannt geworden, ſo habe ich fuͤr das
beſte gehalten ſie vollſtaͤndig abdrucken zu laſſen. Kein Auszug
wuͤrde den Kennern genug thun. Es ſeyen die paar Blaͤtter mehr
darauf gewendet!
Man wird finden, daß dieſe Inſtruction aus zwei verſchiedenen
Theilen beſteht: dem einen, in welchem von der Perſon des Papſtes
in der dritten Perſon geredet wird; vielleicht von Giberto oder ei-
nem andern vertrauten Miniſter des Papſtes verfaßt; uͤber die fruͤ-
hern Ereigniſſe ſowohl unter Leo als Clemens hoͤchſt wichtig; dem
andern, kleinern, welcher mit den Worten anfaͤngt: per non entrare
Päpſte** 16
[242]Instruttione
in le cause per le quali fummo costretti, in welchem der Papſt
in der erſten Perſon redet, und den er vielleicht ſelbſt aufgeſetzt hat.
Illmo Revmo Signore. Nella difficultà della provincia che è
toccata alle mani di V. S. Illma e Rma, tanto grande quanto ella
stessa conosce, et nella recordatione della somma et estrema
miseria nella quale siamo, penso che non sarà se non di qualche
rilevamento a quella, haver quella informatione che si può di
tutte l’attioni che sono accadute tra N. Signore e la Mtà Ce-
sarea et in esse conoscere che V. S. Rma va a prencipe del quale
Sa Stà et la casa sua è piu benemerita che nessun altra che nè
per li tempi passati nè per li presenti si possa ricordare: et
se qualche offensione è nata in quest’ ultimo anno, non è cau-
sata nè da alienatione che Sa Stà havessi fatto della solita vo-
luntà et amore verso sua Maestà o per disegni particulari d’ag-
grandire i suoi o altri, o per abbassare la reputatione o stato suo,
ma solo per necessità di non comportare d’esser oppresso da
chi haveva et auttorità et forze in Italia, et per molte prove che
sua Be havessi fatto per nuntii, lettere, messi et legati, non era
mai stato possibile trovarci remedio. La Stà di N. Signore da
che cominciò a esser tale da poter servir la corona di Spagna
et la casa della Maestà Cesarea, il che fu dal principio del pon-
tificato della Sta Mria di Leone suo fratello, con el quale po-
teva, quanto ogn’uno sa et la Mtà sua ha provato, fu sempre
di tanto studio et servitù della parte Spagnuola et imperiale
che non si potrà numerar beneficio o gratia o sodisfattione di
cosa alcuna che questa parte in ogni tempo habbia ricevuta
dalla Sta Mria di Leone et della chiesa, nella quale non solo N.
Signore stando in minoribus non si sia trovato o non adversario
o consentiente solo, ma ancora auttore, indrizzatore et conduttore
del tutto. Et per toccare quelle cose che sono di piu importantia
solamente: la lega che si fece il secondo et terzo anno della
Sta Mria di Leone per adversare alla venuta prima che fece il
christianissimo re Francesco passò tutta per mano di S. Stà,
et ella andò in persona legato per trovarsi in fatto con gli al-
tri. Dove essendo riusciti li disegni diversamente da quello
che s’era imaginato, et constretto papa Leone a fare quelli ac-
cordi che potè con el chrmo, il cardinale de Medici hebbe quella
cura di conservare il papa Spagnuolo che ogn’uno di quelli
che all’ hora vi si trovorono posson render testimonio, et usò
tutta l’auttorità che haveva col papa suo fratello, che la vo-
luntà et estremo desiderio che el christianissimo haveva di se-
guir la vittoria et passar con tanto esercito et favore nel regno,
fussi raffrenato hor con una scusa et hor con un altra, et tra
le altre che essendo il re cattolico vecchio et per l’infermità
gia a gli ultimi anni, S. Mtà aspettasse l’occasione della morte
sua, nel qual tempo l’impresa riuscirebbe senza difficultà al-
cuna. Et succedendo assai presto doppo questi ragionamenti la
morte del re cattolico, che credo non ci fusse un mese di tempo,
con quant’ arte et fatica fussi necessario reprimere l’instantia
grande che el christianissimo ne faceva, ne sarebber testimonio
[243]al cardinal Farnese.
le lettere di propria mano di Sa Mtà, se questi soldati, che tra
le altre cose hanno ancor saccheggiato tutte le scritture, o ci
le rendessero over le mandassero all’ imperatore. Et queste
cose con molte altre, che tutte erano in preparar quieta e sta-
bile la heredità et successione della persona hora dell’ impera-
tore et in assicurarlo etiam vivente l’avo de maestrati di Spa-
gna, tutte faceva el cardinale de Medici non per privato com-
modo suo alcuno, anzi direttamente contro l’utile particulare,
non havendo rendita alcuna di momento se non nel dominio
di Francia, et non procurando mai d’haver ristoro in quel di
Spagna. Successe la morte dell’ imperatore Massimiliano, et
essendo Leone inclinato alla parte del christianissimo per quella
dignità et opponendosi alli conati della Mtà Cesarea d’hora, non
passò il termine dell’ elettione che el cardinal de Medici con-
dusse il papa a non contravenirvi, e doppo fatta l’elettione ad
approvarla, assolverlo dalla simonia, dal pergiuro, che non po-
teva, essendo re di Napoli, sì come vuole la costitutione di papa …
…, procurar d’essere imperatore, rinvestirlo et darli di nuovo il
regno di Napoli: in che non so — se l’affettion grande et l’oppi-
nione nella quale el cardinal de Medici era entrato della bontà,
prudentia et religione della Mtà sua non lo scusasse — se fusse
piu o il servitio, che può molto apertamente dire d’haver fatto
grandissimo alla Mtà sua, overo il deservitio fatto al fratello
cioè al papa et alla chiesa, favorendo et nutrendo una potentia
tanto grande e da considerare che un dì da questo fiume po-
teva erumpere una devastatione et oltraggio sì grande come
hora è seguito. Ma vedendo il cardinale queste due potenze di
Spagna et Francia divise di sorte che malamente non contrape-
sando l’una coll’ altra si poteva sperar pace, andò prima
con questo disegno d’aggiunger tanta auttorità et forze al re
di Spagna che essendo uguale al christianissimo dovessi haver
rispetto di venire a guerra, et se pur la disgratia portasse che
non si potesse far dimeno, essendo l’oppinione d’anteporre il re
di Spagna al christmo, Spagna fussi in modo ferma et gagliarda
che attaccandosi in un caso simile a quella parte si potesse spe-
rarne buon esito et certa vittoria. Et questo lo provassi con
altro che a parole, se forte le cose sopradette fusser così os-
cure che havesser bisogno di piu aperta fede; ne farà testi-
monio la conclusa lega con Cesare contra Francia, et tanto
dissimili le conditioni che si promettevano da un lato a quelle
dell’ altro, che non solo Leone non doveva venire a legarsi coll’
imperatore, essendo in sua libertà et arbitrio d’elegger quel che
piu faceva per lui, ma essendo legato doveva fare ogni opera
per spiccarsene: et per mostrar brevemente esser con effetto
quanto io dico, l’imperatore si trovava in quel tempo che Leone
fece lega seco, privo d’ogni auttorità, nervo, amici et reputa-
tione, havendo perduto in tutto l’obbedienza in Spagna per la
rebellione di tutti i populi, essendo tornato dalla dieta che sua
Mtà haveva fatta in Vormatia, escluso d’ogni conclusion buona
d’ajuti et di favori che si fussi proposto d’ottenere in essa, ha-
16*
[244]Instruttione
vendo la guerra gia mossa ne suoi paesi in due lati, in Fian-
dra per via di Roberto della Marca et in Navarra, il qual regno
gia era tutto andato via et ridottosi all’ obbedienza del re favo-
rito da i Francesi: li Suizzeri poco inanzi s’eron di nuovo alle-
gati col christianissimo con una nuova conditione d’obbligarsi
alla defensione dello stato di Milano, che el re possedeva, cosa
che mai per inanzi non havevon voluto fare: et il sermo re
d’Anglia, nel quale forse l’imperatore faceva fondamento per il
parentado tra loro et per la nemistà naturale con Francia, mo-
strava esser per star a veder volentieri, come comprobò poi con li
effetti, non si movendo a dar pure un minimo ajuto all’ impera-
tore per molta necessità in che lo vedessi et per molta instan-
tia che gli ne fusse fatta, salvo doppo la morte di Leone. Il
christianissimo all’ incontro, oltre la potentia grande unita da se
et la pronta unione che haveva con l’Illma Signoria et che ha-
veva questa nuova lianza de Suizzeri, si trovava tanto piu su-
perior nel resto quanto li causano la potentia sua, et la face-
vano maggiore li molti et infiniti disordini ne quali dico di so-
pra che l’imperatore si trovava. Le speranze et propositioni dei
premii et comodità del successo et prosperità che le cose ha-
vessero havuto eron molto diverse: il christianissimo voleva
dar di primo colpo Ferrara alla chiesa inanzi che per sua Mtà
si facessi altra impresa, poi nell’ acquisto del regno di Na-
poli Sa Mtà christianissima, per non venire a i particulari,
dava tante comodità alla chiesa circa ogni cosa che gli tor-
nava di piu comodo piu utilità et sicurtà assai, che non sa-
rebbe stato se ce l’havesse lassato tutto; in quest’ altra banda
non era cosa nessuna se non proposito di metter lo stato di
Milano in Italiani et far ritornar Parma et Piacenza alla chiesa:
et nondimeno, essendo et nella facilità dell’ impresa in una parte
et nell’ altra il pericolo così ineguale et aggiungendovisi an-
cora la disparità de i guadagni sì grande, potette tanto la vo-
luntà del cardinale de Medici appresso al papa, et appresso a
S. S. Revma l’oppinione della bontà et religione della Maestà
Cesarea, che mettendosi nella deliberatione che era necessaria
di fare o in un luogo o in un altro questa imaginazione inanzi
agli occhi, non volle dar parte della vista all’ altro consiglio
nè altro esamine se non darsi in tutto et per tutto a quella
parte donde sperava piu frutti d’animo santo et christiano che
da qualsivoglia altri premii che temporalmente havesser po-
tuto pervenire per altra via. Et che sia vero chi non ha visto che
non essendo successe le cose in quel principio come si spe-
rava, et essendo consumati i danari che per la prima portion
sua la Mtà Cesarea haveva dato, et vedendo male il modo che
si facessi provisione per piu, la Sta Mria di Leone per sua parte
et S. S. Revma molto piu per la sua non mancò mettervi la
sustantia della patria sua et di quanti amici et servitori che ha-
vessi et per l’ultimo la persona sua propria, della quale co-
nobbe l’importantia et il frutto che ne seguì.
Morì in quello papa Leone, et benche S. S. Revma si tro-
[245]al cardinal Farnese.
vasse nemico tutto il mondo, perche quelli che haveva offeso
dalla parte francese tutti s’eron levati contro lo stato et dignità
sua temporale et spirituale, gli altri della parte dell’ Impre parte
non lo volsero ajutare, parte gli furon contrarj, come V. S.
Revma et ogn’ uno sa molto bene, non dimeno nè il pericolo o
offerte grandi dei primi nè l’ingrattitudine o sdegno dei secondi
bastorono mai tanto che lo facesser muovere pur un minimo
punto della voluntà sua, parendoli che sicome l’animo di Ce-
sare et l’oppinion d’esso era stato scopo et objetto, così quello
dovessi esser sua guida: et non si potendo imaginar che que-
sto nascessi dall’ animo suo nè potendo per il tempo breve su-
spicarlo, volse piu presto comportar ogni cosa che mutarsi niente,
anzi come se fussi stato il contrario, di nessuna cura tenne piu
conto che di fare un papa buono parimente per la Mtà sua
come per la chiesa: et che l’oppinione anzi certezza fussi che
non sarebbe quasi stato differenza a far papa Adriano o l’Impre
stesso, ogn’ uno lo sa, sicome ancora è notissimo che nessuno
fu piu auttore et conduttore di quella creatione che’l cardinal
de Medici.
Hor qui fu il luogo dove il cardle de Medici hebbe a far
prova, se’l giudicio el quale S. S. haveva fatto della Mtà Cesa-
rea gli riusciva tale quale S. S. Revma s’era imaginato, perche
inanzi l’ombra et in drizzo della Sta Mria di Leone haveva fatto
che non si veniva a fare esperienza d’altro, et l’animo di S. S.
tutto occupato a servir la Mtà sua non haveva pensato di distra-
herlo in cura sua o di suoi particulari, nè era così avido o
poco prudente che s’imaginasse i premii corrispondenti ai me-
riti, anzi in questo pareva d’haver perfettamente servito et meri-
tato assai, non havendo objetto nessun tale et essendosi rimesso
in tutto e per tutto alla discrettione et liberalità sua. E’ vero
che trovandosi piu di due anni quasi prima che la Mtà sua non
pensava nè credeva poter ricever tanto beneficio et servitio dalla
casa de Medici, haver promesso per scritto di sua mano et di-
segnato et tenuto a tale instantia separatamente da quella uno
stato nel regno di Napoli di 6 m. scudi et una moglie con stato
in dote di X m. pur promesso a quel tempo per uno dei ni-
poti di papa Leone et di S. S. Rma, et non essendosi mai cu-
rati d’entrare in possesso del primo nè venir a effetto del se-
condo per parerli d’haver tutto in certissimo deposito in mano
di sua Maestà, morto papa Leone et non essendo rimasto segno
alcuno di bene verso la casa de Medici, che gli facessi ricordo
d’haver havuto tanto tempo un papa, se non questo, mandando
S. S. Rma alla Mtà Cesarea a farli riverenza et dar conto di se,
dette commissioni dell’ espeditione di questa materia, che se ne
facessi la speditione, la consignatione et li privilegii et venisse
all’ effetto. Ma successe molto diversamente da quello che non
solo era l’oppinion nostra ma d’ogn’ uno: perche in cambio di
vedere che si pensasse a nuovi premii et grattitudine per li
quali si conoscesse la recognitione de beneficii fatti alla Mtà sua,
et la casa de Medici si consolasse vedendo non haver fatto molta
[246]Instruttione
perdita nella morte di Leone, si messe difficoltà tale nell’ espe-
ditione delle cose dette non come si fusse trattato di uno stato
gia stabilito et debito per conto molto diverso et inferiore ai
meriti grandi che s’erono aggiunti prima di disputare, non al-
trimenti che se la casa de Medici gli fusse stata nemica, facendo
objettioni di sorte che ancorche fusse stata in quel termine, non
si devevon fare, perche la fede et quel che s’è una volta pro-
messo si vuol servare in ogni tempo, pure si replicò et mostrò
il torto che si riceveva talmente che in cambio di sperar piu
o di havere almeno interamente quello che era promesso d’uno
stato di XVI m. scudi, VI di Sa Mtà propria et X m. di dote
che si doveva dare, si risolvette in tre, nel qual tempo essendo
il cardinale de Medici bene informato di tutto, se S. S. Rma non
si mosse dalla devotione di Sa Mtà perseverando non come trat-
tato ut supra ma come se fusse stato remunerato a satietà, si
potrebbe dire che l’havessi fatto per forza, essendo la potenza
dell’ imperatore fermata di sorte che non poteva far altro, overo
per mancarli partito con altri prencipi, overo per trovarsi in qual-
che gran necessità nella quale fussi piu pronto prestar ajuto all’
imperatore che ad altri: ma chi si ricorda dello stato di quei
tempi, che è facile essendo assai fresca la memoria, conoscerà che
l’esercito e parte imperiale in Italia per el nuovo soccorso che i
Francesi havean mandato reparando l’esercito et forze loro,
con l’Illma Sigria, era in grandissimo pericolo, et in mano d’al-
cuno era piu in Italia per l’opportunità del stato amici, parenti,
dependentie, denari et gente, che del cardinale de Medici far ca-
der la vittoria in quella parte dove gli fusse parso a S. S.
Rma salda nella volontà verso l’imperatore, cercavono opprimerlo,
non solo poteva sperare ajuto dalli Cesarei, ma essi male have-
rebbon fatto i fatti loro se da S. S. Rma non havesser ricevuto
ogni sorte di ajuto tanto ad acquistar la vittoria quanto a man-
tenerla, essendosi spogliato fino all’ ossa et se et la patria per
pagare una grossa impositione che fu imposta per contribuire et
pagar l’essercito et tenerlo unito. Direi volentieri, connumerando
tutti i beneficii, officii et meriti infiniti del cardinale de Medici
et di casa sua, qualche amorevol demostratione che Sa Mtà o
specie di grattitudine havessi usato inverso di loro, così per dire
il vero come per scusare in questo modo questa perseverantia
mai interrotta per alcun accidente verso Sa Mtà et difenderla
da chi la volessi chiamare piu tosto ostinatione che vero giudi-
cio, ma non vi essendo niente non lo posso far di nuovo, salvo
se non si dicesse che in cambio di XXII m. sc. d’entrata perduti
in Francia Sa Mtà gli ordinò sopra Toledo una pensione di X
m. sc., dei quali ancora in parte ne resta creditore. E’ vero che
nelle lettere che Sa Mtà scriveva in Italia a tutti li suoi ministri
et oratori et capitani gli faceva honorifica mentione di S. S. Rma, et
cometteva che facessin capo a quella et ne tenessero gran conto
per insino a cometterli che se dio disponesse della Sta Mria d’A-
driano, non attendessero a far papa altri che S. S. Rma: donde
nasceva che tutti facevano nei negotii loro capo a Fiorenza et
[247]al cardinal Farnese.
communicavano le facende, et quando s’haveva a trattar di da-
nari o altra sorte d’ajuti, a nessuno si ricorreva con piu fidu-
cia che a S. S. Rma, favorendola gagliardamente contro la ma-
la dispositione di papa Adriano per triste informationi ingeste
da Volterra che mostrava haver di S. Sria: nelle quai cose, non
facendo ingiuria al buon animo che Cesare potesse havere con
el cardinale, dirò bene che Sa Mtà si governava prudentissima-
mente in volere che si mantenessi una persona di tanta autto-
rità in Italia, la quale per poca recognitione che gli fussi stata
fatta non si era mai mutato un pelo del solito suo, et non pos-
sendo succedere, così in questo come negli altri stati, che mutan-
do la forma et regimento se ne fusse potuto sentire evidentissimi
frutti et commodità che faceva sua Maestà stando integro in
Fiorenza el cardinale de Medici.
Morto Adriano fu il cardinale creato papa, dove ancorche
i ministri et altri dependenti da Cesare havesser gagliarda com-
missione, parte si portoron come volsero, et alcuni che all’ ul-
timo descesero poi a favorir la sua elettione il primo protesto
che essi volsero fu che non intendevono per niente che S. Stà co-
noscesse l’opera loro ad instantia dell’ imperatore, ma che lo
facevono per mera dispositione privata. Et nondimeno fatto
papa ritenne S. Stà la medesima persona del cardinal de Medici,
quanto comportava una union tale insieme con la dignità nella
quale dio l’haveva posto: et se in pesar queste due parti del
debito del pontefice et dell’ affettion verso l’imperatore S. Stà non
s’havesse lassato vincere et fatto pesar piu l’ultima, forse che
il mondo sarebbe piu anni fa in pace, et non patiremmo hora
queste calamità. Perche trovandosi nel tempo che Sa Stà fu papa,
due esserciti gagliardi in Lombardia, di Cesare et del christianis-
simo, et il primo oppresso da molte difficultà di potersi mante-
nere, se N. S. non l’ajutava, come fece con lassar le genti ec-
clesiastiche et Fiorentine in campo, con darli tante decime nel
regno che ne cavavano 80m. scudi, et farli dar contributioni di
Fiorenza, et Sa Stà ancora privatamente denari et infinite altre
sorti d’ajuti, forse quella guerra havrebbe havuto altro esito et
piu moderato et da sperar fine ai travagli et non principio a
nuove et maggiori tribulationi, alle quali sperando N. S. tanto
ritrovar forma quanto oltre all’ auttorità ordinaria che credeva
haver coll’ imperatore et per consigliarlo bene ci haveva ancora
aggiunto queste nuove dimostrationi, senza le quali non havrebbe
potuto vincere, perche et me n’ero scordato senz’ esse mai la Si-
gnoria faceva unir l’esercito suo, non solo non fu dato luogo
alcuno al suo consiglio, che dissuadeva di passare in Francia
con l’esercito, anzi in molte occorentie si cominciò a mostrare
di tenere un poco conto di Sa Stà, et favorir Ferrara in dispreg-
gio di quella, et, in cambio di lodarsi et ringratiarla di quanto
haveva fatto per loro, querelarsi di quel che non s’era fatto a
voglia loro, non misurando prima che tutto si facessi per mera
dispositione senza obbligo alcuno, et poi se ben ce ne fussero stati
infiniti, che molto maggior doveva esser quello che tirava Sa San-
tità a fare il debito suo con dio che con l’imperatore.
[248]Instruttione
L’esito che hebbe la guerra di Francia mostrò se el con-
siglio di N. Sige era buono, che venendo el christianissimo adosso
all’ esercito Cesareo, ch’era a Marsiglia, lo costrinse a ritirarsi,
di sorte, e’l re seguiva con celerità, che prima fu entrato in Mi-
lano ch’ essi si potesser provedere, et fu tanto terrore in quella
giornata del vicerè, secondo che l’huomo di S. Stà che era presso
a S. Eccza scrisse, che non sarebbe stato partito quale S. Signoria
non avessi accettato dal re, et prudentemente vedendosi in
estrema rovina se la ventura non l’havessi ajutato con fare che
el christianissimo andasse a Pavia et non a Lodi, dove non
era possibile stare con le genti che vi s’eron ridotte. Hora
le cose si trovavano in questi termini et tanto peggiori quanto
sempre in casi così subiti l’huomo s’imagina, et N. S. in ma-
lissima intelligentia col chrmo et poca speranza di non haver a
sperar se non male da Sa Mtà et rimanerli odiato in infi-
nito, essendosi governata, come dirò appresso con quella ve-
rità che debbo et sono obbligato in qualsivoglia luogo, che
piu potessi stringere a dirla di quel che io mi reputi al pre-
sente.
Fatto che fu N. Sigre papa, mandò el christianissimo di
mandar subito messi a supplicare a S. Stà, che come dio l’ha-
veva posta in luogo sopra tutti, così ancora si volessi metter
sopra se stessa et vincer le passioni quali gli potesser esser
rimaste o di troppa affettione verso l’imperatore o di troppo
mala voluntà verso di lui, et che rimarebbe molto obbligato a
dio et a S. Stà se tenessi ogn’ uno ad un segno, interponendosi
a far bene, ma non mettendosi a favorir l’una parte contro l’al-
tra, et se pure per suoi interessi o disegni S. Bne giudicasse
bisognarli uno appoggio particulare d’un prencipe, qual poteva
havere meglio del suo, che naturalmente et a figliuolo della chiesa
et non emulo, desiderava et era solito operar grandezza di essa
et non diminutione, et quanto alla voluntà poi da persona a
persona, gli farebbe ben partiti tali che S. Stà conoscerebbe che
molto piu ha guadagnato in farsi conoscere quanto meritava
offendendo et deservendo lui, che ajutando et favorendo l’im-
peratore, venendo in particulari grandi.
Nostro Signore accettava la prima parte d’essere amore-
vole a tutti, et benche poi con li effetti dependessi piu dall’
imperatore, oltre alla inclinazione lo faceva ancora con certis-
sima speranza di poter tanto con l’imperatore che facilmente
lassandosi Sua Mtà Cesarea governare et muovere, a Sua
Stà non fussi per essere sì grave quello che offendeva el
christianissimo, quanto gli sarebbe comodo poi in facilitare
et ajutare gli accordi che se havessero havuto a fare in la pace.
Ma succedendo altrimenti et facendo il re, mentre che l’esser-
cito Cesarea era a Marsiglia, resolutione di venire in Italia,
mandò credo da Azais un corriere con la carta bianca a N.
Sigre per mezzo del sigre Alberto da Carpi con capitulatione fa-
vorevole et amplissimi mandati et con una dimostration d’ani-
mo tale che certo l’haverebbe possuto mandare al proprio impe-
[249]al cardinal Farnese.
ratore, perche di voler lo stato di Milano in poi era contento
nel resto di riporsi in tutto et per tutto alla voluntà et ordine
di Nostro Signore: et non ostante questo Sua Santità non si
volse risolver mai se non quando non la prima ma la seconda
volta fu certa della presa di Milano et hebbe lettere dall’ huomo
suo, che tutto era spacciato et che el vicerè non lo giudicava
altrimenti. Mettasi qualsivoglia o amico o servitore o fratello
o padre o l’imperatore medesimo in questo luogo, (et vegga in
questo subito et ancora nel seguente?), che cosa havria potuto
fare per beneficio suo che molto meglio S. Stà non habbia
fatto, dico meglio perche son certo che quelli da chi forse
S. Mtà ha sperato et spera miglior voluntà poiche si trovano
obbligati havrebber voluto tenere altro conto dell’ obbligo, che
non fece la S. Stà, la quale havendo risposto in man sua far
cessar l’arme nè far proseguir la guerra nel regno di Napoli
et infiniti altri comodi et publici et privati, non era obligata
ad altro in favor dell’ christianissimo se non a farli acquistar
quello che gia l’esercito di Cesare teneva per perduto et in
reprimerlo di non andare inanzi a pigliare il regno di Napoli,
nel quale non pareva che fussi per essere molta difficultà: et chi
vuol farsi bello per li eventi successi al contrario, deve ringratiare
dio che miracolosamente et per piacerli ha voluto così, et non
attribuir nulla a se, et riconoscer che ’l papa fece quella capi-
tulazione per conservar se et l’imperatore et non per mala vo-
lontà. Perche trovando poi per sua disgratia el re difficultà
nell’ impresa per haverla presa altrimenti di quel che si do-
veva, N. Sre lo lassò due mesi d’intorno a Pavia senza dar
un sospiro di favore alle cose sue, et benche questo fusse as-
sai beneficio delli Spagnuoli, non mancò ancora far per loro,
dandoli del suo stato tutte le comodità che potevon disegnare,
non mancando d’interporsi per metter accordo quanto era pos-
sibile tra loro: ma non vi essendo ordine et sollecitando il re,
che N. Sigre si scoprisse in favor suo per farli acquistare tanto
piu facilmente lo stato di Milano, et instando ancora che i Fio-
rentini facessero il medesimo, a che parimente come S. Stà
erono obbligati, fece opera di evitare l’haversi a scoprire nè
dare ajuto alcuno salvo di darli passo et vettovaglia per el suo
stato a una parte dell’ esercito, che sua Mtà voleva mandare
nel regno per far diversione et ridur piu facilmente all’ accordo
gl’imperiali. Oh che gran servitio fu questo ai Francesi, conce-
dendoli cosa la quale era in facoltà loro di torsela, ancorche
non glie l’havesse voluto dare, trovandosi disarmato et parendo
pur troppo strano che havendo fatto una lega con S. Mtà chri-
stianissima non l’havendo voluto servir d’altro, gli negasse
quello che non poteva, et una publicatione d’una concordia finta,
come fu quella che si dette fuora all’ hora per dare un poco
di pastura a quella Mtà et fare che di manco mal animo com-
portasse che S. Stà non osservasse ad unguem la capitulatione:
et se si vorrà dire il vero, el christianissimo fu piu presto de-
servito che servito di quella separatione dell’ esercito, perche
[250]Instruttione
furono le genti intertenute tanto in Siena et di poi in questo
di Roma, che l’imperiali hebber tempo in Lombardia di far la
prova che fecero a Pavia: la qual ottenuta, qualche ragione vo-
leva, che l’imperatore nè i suoi agenti nè huomo al mon-
do di quella parte si tenesse offeso da Sua Stà o pensassi al-
tro che farli servitio o piacere, se la religione non li moveva
et il seguitare gli esempii degli altri prencipi, li quali non solo
non hanno offeso i papi, che si sono stati a vedere, ma quando
hanno ottenuto vittoria contro quella parte con la quale la chiesa
si fussi adherita, gli hanno havuti in somma adherenza e rive-
renza e posto termine alla vittoria sua in chiederli perdono, ho-
norarla et servirla. Lasciamo stare la religione da canto et met-
tiamo il papa et la chiesa in luogo di Moscovita, dove si tro-
vò mai che a persona et stato che non ti occupa niente di
quello a che la ragione vuole, tu possa pretendere? anzi ha-
vendo una continuata memoria d’haver tanti anni col favore,
ajuto et sustantia sua et particularmente della persona ottenuto
tante vittorie, et se hora si era adherito col re, lo fece in tempo
nel quale non potendo ajutare, se ne altri gli parve d’havere
una occasione divina di poter col mezzo dei nemici fare quel
medesimo effetto, non gli dando piu di quello che o la forza
loro o l’importantia dell’ imperatore gli concedeva, et poi quando
el corso della vittoria si fermò per i Francesi, haverla piu to-
sto arenata che ajutata a spignere inanzi: che inhumanità in-
audita, per non usar piu grave termine, fu quella, come se ap-
punto non vi fusse stata alcuna di queste raggioni o fussero
state al contrario, subito ottenuto la vittoria in Pavia et fatto
prigione il re, cercare di far pace con gli altri, dei quali meri-
tamente potevasi presumere d’essere stati offesi, alla chiesa
et alla persona del papa subito indir la guerra et mandarli uno
esercito adosso? O gl’imperiali havevon veduti i capitoli della lega
con el chrmo o non gli havevon veduti. Havendo gli visti, come
siam certi, essendo andate in man loro tutte le scritture di S.
Stà, dovevon produrli, et mostrando offensione in essi o nel tempo
che furon conclusi overo nei particulari di cosa che fusse in pre-
giudicio alla Mtà Cesarea, giustificar con essi quello che con-
tavano, se giustificatione alcuna pero vi potesse essere bastante.
Non gli havendo visti, perche usar tale iniquità contra di —
— —? Ma nè in scriptis non havendo visto cosa tale nè in
fatto non havendolo provato, non havevon sentito offensione al-
cuna. Nè restò N. Sigre per poco animo o per non potere,
perche se l’ha dell’ animo o del potere essi in loro beneficio l’ha-
vevon provato tanto tempo et del primo l’età non glien’ haveva
potuto levar niente et del secondo la dignità glien’ haveva ag-
giunto assai, nè anche perche S. Stà havessi intercette al-
cune lettere di questi sigri nelle quali si vedeva che stanno
gonfi et aspettavano occasione di vendicarsi della ingiuria, che
non riceverono da S. Stà, ma per non reputar niente tutte que-
ste cose, respetto alla giustitia et al dovere et buon animo della
Mtà Cesarea, senza participation della quale non pensò mai
[251]al cardinal Farnese.
che si mettesse a tentare cosa alcuna, et non possendo mai
persuadersi che S. Mtà fusse per comportarlo. Pero accadde tutto
per il contrario, che subito senza dimora alcuna fecer passare
l’esercito in quel della chiesa et constrinser S. Stà a redimer la
vexatione con 100 m. sc. et col far una lega con loro: la quale
mandandosi in Spagna, la demostratione che S. Mtà ne fece
d’haverlo a male fu che se in essa si conteneva qualche cosa
che fusse in beneficio di N. Sigre et della chiesa, non la volse
ratificare, non ostante che quanto fu fatto in Italia, fussi con
li mandati amplissimi della Mtà sua, et tra le altre cose v’ era
la reintegratione dei sali dello stato di Milano che si piglias-
ser dalla chiesa, et la restitution di Reggio, di che non volse far
nulla. Havendo N. Sigre veduto gabbarsi tante volte et sperando
sempre che le cose dell’ imperatore, ancorche alla presentia
paressero altrimenti, in effetto poi fussero per riuscire migliori et
havendo sempre visto riuscirli il contrario, cominciò a dare
orecchie con tante prove che ne vedeva a chi glie l’haveva sem-
pre detto et perseverava che la Mtà sua tendessi alla oppressione
di tutta Italia et volersene far sigre assoluto, parendoli strano
che senza un’ objetto tale S. Mtà si governasse per se et per
li suoi di qua della sorte che faceva: et trovandosi in questa
suspettione et mala contentezza di veder che non gli era os-
servato nè fede nè promessa alcuna, gli pareva che gli fusse
ben conveniente adherire alla amicitia et pratiche di coloro li
quali havessero una causa commune con la santità sua et fus-
ser per trovar modi da difendersi da una violentia tale che si
teneva: et essendo tra le altre cose proposto che disegnando
Cesare levar di stato el duca di Milano et farsene padrone et
havendo tanti indicii che questo era piu che certo non si do-
veva perder tempo per anticipar di fare ad altri quel che
era disegnato di fare a noi, S. Stà non poteva recusare di se-
guitare il camino di chi come dico era nella fortuna com-
mune. Et di qui nacque che volendosi il regno di Francia, la
S. Sria di Venetia et il resto di Italia unire insieme per rileva-
mento delli stati et salute commune, N. S. dava intentione di
non recusare d’essere al medesimo che gli altri s’offerivono: et
confessa ingenuamente che essendoli proposto un in nome et
da parte del marchese di Pescara che egli come mal contento
dell’ imperatore et come Italiano s’offeriva d’essere in questa
compagnia, quando s’avesse a venire a fatti, non solamente non
lo ricusò, ma havendo sperato di poterlo havere con effetti, gli
haverebbe fatto ogni partito, perche essendo venuto a termine
di temer dello stato et salute propria, pensava che ogni via che
se gli fusse offerta da potere sperare ajuto non era da rifiu-
tare. Hora egli è morto et dio sa la verità et con che animo
governò questa cosa. E’ ben vero et certo questo che simile
particulare fu messo a N. Signore in suo nome: et mandando
S. Stà a dimandarnelo, non solo lo ricusò, ma tornò a con-
fermare egli stesso quel che per altri mezzi gli era stato fatto
intendere: et benche le pratiche procedesser di questa sorte,
[252]Instruttione
dio sa se N. Signore ci andava piu tosto per necessità che per
elettione; et di cio possono far testimonio molte lettere scritte
in quel tempo al nuntio di S. Stà appresso l’imperatore, per le
quali se gli ordinava che facesse intendere alla Mtà Sa li mali
modi et atti a rovinare il mondo che per quella si tenevano,
et che per amor di dio volesse pigliarla per altra via, non es-
sendo possibile che Italia, ancorche si ottenesse, si potesse te-
nere con altro che con amore et con una certa forma la quale
fusse per contentare gli animi di tutti in [universale]. Et non
giovando niente, anzi scoprendosi S. Mtà in quel che si dubi-
tava, d’impatronirsi dello stato di Milano sotto la persona di
Girolamo Morone et che il duca si fusse voluto ribellare a S.
Mtà, perseverava tuttavia in acconciarla con le buone, descen-
dendo a quel che voleva S. Mtà se ella non voleva quel che
piaceva alla Stà S., purche lo stato di Milano restasse nel
duca, al quale effetto si erano fatte tutte le guerre in Italia: in
che S. Stà hebbe tanto poca ventura che, andando lo spaccio
di questa sua voluntà all’ imperatore in tempo che S. Mtà vo-
leva accordarsi col christianissimo, rifiutò far l’accordo: et po-
tendo, se accettava prima l’accordo con il papa, far piu van-
taggio et poi piu fermo quel del christianissimo, rifiutò far
l’accordo con N. Signore, per fare che quanto faceva con il
re fusse tanto piu comodo vano quanto non lo volendo il re
osservare era per haver de’ compagni mal contenti con li quali
unendosi fusse per tenere manco conto della Mtà Sua; et non
è possibile imaginarsi donde procedesse tanta alienatione dell’
imperatore di volere abbracciare il papa: non havendo ancora
con effetto sentita offesa alcuna di S. Stà, havendo mandato
legato suo nipote per honorarlo et praticare queste cose ac-
cioche conoscesse quanto gli erano a cuore, facendoli ogni
sorte di piacere, et tra gli altri concedendoli la dispensa del
matrimonio, la quale quanto ad unire l’amicitia et intelligentia
di quei regni per ogni caso a cavargli denari della dote et ha-
ver questa successione era della importanza, che ogn’uno sa,
et tamen non si movendo S. Mtà niente, costrinse la S. Stà a
darsi a chi ne la pregava, non volendo l’imperatore suppli-
carlo, et a grandissimo torto accettarlo: et avenne che strin-
gendosi N. Signore con il christianissimo et con l’altri pren-
cipi et potentati a fare la lega per commune difensione et pre-
cipuamente per far la pace universale, quando l’imperatore lo
seppe, volse poi unirsi con N. Signore et mandando ad offrir-
gli per il sigre Don Ugo di Moncada non solo quel che S. Stà
gli haveva addimandato et importunato, ma quel che haveva
sperato di potere ottenere. Et se o la Mtà S. si vuol difendere o
calumniare N. Sigre, che concedendoli per il sigre Don Ugo quan-
to dissi di sopra, non l’havesse voluto accettare, non danni la
Stà S., la quale mentre che fu in sua potestà, gli fece istanza di
contentarsi di manco assai, ma incolpi il poco giudicio di coloro
che quanto è tempo et è per giovare non vogliono consentire a
uno et vengono fuori d’occasioni a voler buttar cento. — — —
[253]al cardinal Farnese.
Non essendo con somma giustificatione cio in tempo, che sua Mtà
negasse d’entrare in lega con honeste conditioni et che le imprese
riuscissero in modo difficili che altrimenti non si potesse ot-
tenere l’intento commune, et chi dubitassi che l’impresa del regno
non fusse stata per essere facile, lo può mostrare l’esito di
Frusolone et la presa di tante terre, considerando massime che
N. Sigre poteva mandare nel principio le medesime genti, ma
non eron gia atti ad havere nel regno in un subito tante pre-
parationi quante stentorono ad havere in molti mesi con aspet-
tare gli ajuti di Spagna, et mentre non manca nell’ amicitia
esser amico et voler usar piu presto ufficio di padre, minac-
ciando che dando e procedendo con ogni sincerità et non man-
cando di discendere ancora ai termini sotto della dignità sua in
fare accordo con Colonnesi sudditi suoi per levare ogni suspet-
tione et per non mandar mai il ferro tanto inanzi che non si
potessi tirandolo in dietro sanar facilmente la piaga, fu ordinata
a S. Stà quella traditione, che sa ogn’ uno et piu sene parla
tacendo, non si potendo esprimere, nella quale è vero che se
S. Mtà non ci dette ordine nè consenso, nè mostrò almeno gran
dispiacere et non fece maggior dimostration, parendo che l’armata
e tutti li preparatorii che potessi mai fare l’imperatore non ten-
dessino ad altro che a voler vendicare la giustitia che N.
Sigre haveva fatta contro i Colonnesi di rovinarli quattro ca-
stelli. Non voglio disputar della tregua fatta qui in castello
questo septembre per il sigre Don Ugo se teneva o non teneva:
ma l’assolutione dei Colonnesi non teneva gia in modo N. Sigre
che essendo suoi sudditi non gli potessi et dovessi castigare. Et
se quanto all’ osservantia poi della tregua tra N. Sigre et l’im-
peratore fussi stato modo da potersi fidare, si sarebbe osser-
vata d’avvanzo, benche N. Sigre non fusse mai el primo a rom-
perla: ma non gli essendo osservata nè qui nè in Lombardia,
dove nel tempo della tregua calando XII mila lanzichineche ven-
nero nella terra della chiesa, et facendosi dalle bande di qua el
peggio che si poteva, et sollecitandosi el vicerè per lettere del
consiglio di Napoli, che furono intercette, che S. Sria accele-
rassi la venuta per trovare il papa sprovisto et fornir quel che
al primo colpo non haveva potuto fare, non potè N. Sigre
mancare a se stesso di mandare a tor gente in Lombardia, le
quali, ancorche venissero a tempo di far fattione nel regno, non
volse che si movesser dei confini — et la rovina de luoghi dei
Colonnesi fu piu per l’inobbedienza di non haver voluto alloggiare
che per altro — et similmente di dar licentia a Andrea Doria di an-
dare ad impedir quell’ armata della quale S. Stà haveva tanti
riscontri che veniva alla sua rovina. Non si può senza nota di
S. Stà di poca cura della salute et dignità sua dir, con quante
legittime occasioni costretto non abbandonassi mai tanto tempo
l’amore verso l’imperatore, e dipoiche cominciò a esservi qual-
che separatione, quante volte non solo essendoli offerti ma an-
dava cercando i modi di tornarvi, ancorche et di questo pri-
mo proposito et di quest’ altre reconciliationi gliene fussi se-
[254]Instruttione
guito male. Ecco che mentre le cose son piu ferventi che mai,
viene el padre generale dei Minori, al quale havendo N. Sigre
nel principio della guerra andando in Spagna dette buone pa-
role assai dell’ animo suo verso l’imperatore et mostratoli quali
sariano le vie per venire a una pace universale, la Mtà sua lo
rimandò indietro con commissioni a parole tanto ample quanto
si poteva desiderare, ma in effetto poi durissime: pur deside-
rando N. Sigre d’uscirne et venire una volta a chiarirsi facie ad
faciem con l’imperatore, se vi era modo o via alcuna di far
pace, disse di sì et accettò per le migliori del mondo queste
cose che l’impre voleva da sua santità et quello che la Mtà sua
voleva dare: et volendo venire allo stringere et bisognando far
capo col vicerè, il quale si trovava anch’ esso arrivato a Gaetta
nel medesimo tempo con parole niente inferiori di quelle che
el generale haveva detto, queste conditioni crescevano ogn’hora
et erano infinite et insoportabili da potersi fare: con tutto cio
niente premeva piu a N. Signore che esser costretto a far solo
accordo con l’imperatore in Italia, perche la causa che moveva
a farlo, etiam con grandissimo danno et vergogna sua, era l’u-
nione et pace in Italia et il potere andare all’ imperatore, et se
la Signoria di Venetia non gli consentiva, questo non poteva
occorrere, et per praticare il consenso loro, stando il vicerè a
Frusolone, si fece la sospensione dell’ armi otto giorni, tra
quali potesse venire la risposta di Venetia, et andando con
esse il signor Cesare Fieramosca, non fu prima arrivato là che
gia essendosi alle mani et liberato Frusolone dall’ assedio non
si potè far niente: nel qual maneggio certo che N. Signore
andò sinceramente et così ancora il revmo legato, ma trovan-
dosi gia l’inimici a posta et con l’armi in mano, non era pos-
sibile di trattare due cose diverse in un tempo medesimo. —
— Si potrebbe maravigliarsi che doppo l’aver provato l’animo
di questa parte et restarsi sotto con inganno, danno et ver-
gogna, hora volens et sciens, senza necessità alcuna, libero dalla
paura del perdere, sicuro di guadagnare, non sapendo che amicitia
acquistassi, essendo certo della alienatione et nemicitia di tutto il
mondo et di quei principali che di cuore amano la Stà sua, andasse
a buttarsi in una pace o tregua di questa sorte. Ma havendo sua
Stà provato che non piaceva a dio che si facessi guerra, per-
che ancorche havessi fatto ogni prova per non venire ad arme
et di poi essendovi venuto con tanti vantaggi, il non haver ha-
vuto se non tristi successi non si può attribuire ad altro, ve-
nendo la povera christianità afflitta e desolata in modo insoffri-
bile ad udirsi da noi medesimi, che quasi eravamo per lassar
poca fatica al Turco di fornirla di rovinare, giudicava che nes-
sun rispetto humano dovessi per grande che fusse valer tanto
che havessi a rimuovere la Stà sua da cercar pace in compagnia
d’ogn’ uno, non possendola haver con altri, farsela a se stessa,
et massime che in questi pensieri tornorno a interporvisi di
quelli avvisi, et nuove dell’ animo et voluntà di Cesare dispo-
sto a quello che suol muovere le S. Stà mirabilmente havendo
[255]al cardinal Farnese.
havuto nel medesimo tempo lettere di man propria di S. Mtà per
via del Sigre Cesare et per quel di Arezzo di quella sorte che
era necessario; vedendo che d’accordarsi il papa col imperatore
fusse per seguirne la felicità del mondo overo imaginarsi che
uomo del mondo non potessi mai nascer di peggior natura che
l’imperatore se fusse andato a trovare questa via per rovinare
il papa, la qual fussi indegnissima d’ogni vilissimo uomo et
non del maggiore che sia tra christiani, ma absit che si possa
imaginar tal cosa, ma si reputa piu tosto che dio l’habbia per-
messa per recognition nostra et per dar campo alla Mtà sua di
mostrar piu pietà, piu bontà e fede et darli luogo d’assettare
il mondo piu che fusse mai concesso a prencipe nato. Essendo
venute in mano di questi soldati tutte le scritture, tra l’altre
gli sarà capitato una nuova capitulatione, che fece N. Sre cin-
que o sei dì al piu prima che seguisse la perdita di Roma, per
la quale ritornando S. Stà per unirsi con la lega et consentendo
a molte conditioni che erano in pregiudicio della Mtà Cesarea,
non penso che alcuno sia per volersene valere contro N. Sre
di quelli della parte di Cesare, perche non lo potrebbon fare
senza scoprir piu i difetti et mancamenti loro, li quali dato che
si potessi concedere che non si fussi potuto ritrar Borbone dal
proposito suo di voler venire alla rovina del papa, certo è che
eron tanti altri in quel campo di fanti et uomini d’arme et per-
sone principali che havrebbono obbedito a i commandamenti dell’
imperatore se gli fussero stati fatti di buona sorte: et privato
Borbone d’una simil parte, restava pocco atto a proseguire el
disegno suo. Et dato che questo non si fusse possuto fare, ben-
che non si possa essere escusazione alcuna che vagli, come si
giustificherà che havendo N. Sigre adempito tutte le conditioni
della capitulazione fatta col vicerè, sicome V. S. Rma potria
ricordarsi et vedere rileggendo la copia di essa capitulazione,
che porterà seco, che domandando S. Stà all’ incontro che se li
osservasse il pagamento dei fanti et degli uomini d’arme, che ad
ogni richiesta sua se li erano obbligati, non ne fussi stato osser-
vato niente, sì che non essendo stato corrisposto in nessuna parte
a N. Sigre in quella capitulatione, da un canto facendosi con-
tro quello che si doveva, dall’ altro non se li dando li ajuti
che si doveva, non so con che animo possa mettersi a voler ca-
lunniare la Stà S. o d’una cosa fatta per mera necessità in-
dutta da loro et tardata tanto a fare, che fu la rovina di sua
Beattitudine, pigliare occasione di tenersi offesi da noi.
Dalla deliberatione che N. Sigre fece dell’ andata sua all’
imperatore in tempo che nessuno posseva suspicare che si mo-
vessi per altro che per zelo della salute de christiani, essendo
venuta quella inspiratione subito che si hebbe nuova della morte
del re d’Ungheria et della perdita del regno, non lo negheranno li
nemici proprii, havendo Sa Stà consultato e resoluto in concis-
toro due o tre dì inanzi l’entrata di Colonnesi in Roma; nè credo
che sia alcuno si grosso che pensi si volessi fare quel tutto di
gratia coll’ imperatore prevedendo forse quella tempesta, perche
[256]Instruttione
non era tale che se si fussi havuto tre hore di tempo a saperlo,
non che tre dì, non si fusse con un minimo suono potuto scac-
ciare. Le conditioni che el padre generale di S. Francesco portò
a N. Sigre furon queste: la prima di voler pace con Sa Stà, et se per
caso alla venuta sua trovasse le cose di Sa Stà et della chiesa
rovinate, che era contento si riducessero tutte al pristino stato et
in Italia darebbe pace ad ogn’ uno, non essendo d’animo suo
volere nè per se nè per suo fratello pur un palmo, anzi lassar
ogn’ un in possesso di quello in che si trovava tanto tempo fa;
la differentia del duca di Milano si vedessi in jure da giudici da
deputarsi per Sa Stà et Sa Mtà, et venendo da assolversi si re-
stituisse, dovendo esser condennato si dessi a Borbone, et Fran-
cia sarebbe contento far l’accordo a danari, cosa che non ha-
veva voluto far fin qui, et la somma nominava la medesima che’l
christianissimo haveva mandato a offerire cioè due millioni d’oro;
le quali conditioni N. Sigre accettò subito secondo che il generale
ne può far testimonio, et le sottoscrisse di sua mano, ma non
furono gia approvate per gli altri, li quali V. S. sa quanto gravi
et insoportabili petitioni gli aggiunsero. Hora non essendo da
presumere se non che la Mtà Cesarea dicesse da dovero et con
quella sincerità che conviene a tanto prencipe, et vedendosi per
queste propositioni et ambasciate sue così moderato animo et
molto benigno verso N. Sigre, in tanto che la Mtà sua non sa-
peva qual fussi quello di Sa Stà in verso se et che si stimava
l’armi sue essere così potentissime in Italia per li lanzichine-
che et per l’armata mandata, che in ogni cosa havessi ce-
duto, non è da stimare se non che quando sarà informato che
se la Mtà sua mandò a mostrar buon animo non fu trovato in-
feriore quel di N. Sigre, et che alle forze sue era tal resisten-
tia che Sa Stà piu tosto fece beneficio a Sa Mtà in depor l’ar-
mi, che lo ricevessi, come ho detto di sopra et è chiarissimo,
et che tutta la rovina seguita sta sopra la fede et nome di
sua Mtà, nella quale N. Sigre si è confidato, verrà non sola-
mente esser simile a se, quando anderà sua sponte a desiderar
bene et offerirsi parato rifarne a N. Sigre et alla chiesa, ma an-
cora aggiunger tanto piu a quella naturale disposition sua quanto
ricerca il volere evitare questo carico, et d’ignominioso che sa-
rebbe per essere, passarsene di leggiero, voltarlo in gloria per-
petua, facendola tanto piu chiara et stabile per se medesima
quanto altri hanno cercato come suoi ministri deprimerla et os-
curarla. Et gli effetti che bisognerebbe far per questo tanto pri-
vatamente verso la chiesa et restauration sua quanto i beneficii
che scancellassero le rovine in Italia et tutta la christianità,
estimando piu essere imperatore per pacificarla che qualsivoglia
altro emolumento, sarà molto facile a trovarli, purche la dis-
positione et giudicio di volere et conoscere il vero bene dove
consiste vi sia.
Per
[257]al cardinal Farnese.
Per non entrare in le cause per le quali fummo costretti
a pigliar l’armi, per essere cosa che ricercarebbe piu tempo, si
verrà solamente a dire che non le pigliammo mai per odio o
mala voluntà che havessimo contra l’imperatore, o per am-
bitione di far piu grande lo stato nostro o d’alcuno de no-
stri, ma solo per necessità nella quale ci pareva che fusse
posta la libertà et stato nostro et delli communi stati d’Ita-
lia, et per far constare a tutto il mondo et all’ imperatore
che se si cercava d’opprimerci, noi non potevamo nè doveva-
mo comportarlo senza far ogni sforzo di difenderci, in tan-
to che sua Mtà, se haveva quell’ animo del quale mai dubita-
vamo, intendesse che le cose non erano per riuscirli così facil-
mente come altri forse gli haveva dato ad intendere, overo se
noi ci fussimo gabbati in questa oppinione che Sa Mtà intendessi
a farsi male, et questi sospetti ci fusser nati piu per modi dei
ministri che altro, facendosi S. Mtà Cesarea intendere esser
così da dovero, si venisse a una buona pace et amicitia non solo
tra noi particularmente et S. Mtà, ma in compagnia degli altri
prencipi o sigri con li quali eravamo colligati non per altro ef-
fetto che solamente per difenderci dalla villania che ci fusse
fatta o per venir con conditioni honeste et ragionevoli a met-
tere un’ altra volta pace infra la misera christianità: et se
quando Don Ugo venne S. Mtà ci havesse mandato quelle resolu-
tioni le quali honestissimamente ci parevan necessarie per ve-
nir a questo, ci haverebbe N. Sigre Iddio fatto la piu felice gra-
tia che si potessi pensare, che in un medesimo dì quasi che
si presero l’armi si sarebbon deposte. Et che sia vero quel
che diciamo che habbiamo havuto sempre in animo, ne può
far testimonio la dispositione in che ci trovò il generale di S.
Francesco, con el quale communicando noi, hora è un’ anno
che era qui per andare in Spagna, le cause perche noi et gli al-
tri d’Italia havevamo da star mal contenti dell’ imperatore, et
dandogli carico che da nostra parte l’esponesse tutte a quella,
con farli intendere che se voleva attendere ai consigli et pre-
ghiere nostre, le quali tutte tendevano a laude et servitio di
dio et beneficio così suo come nostro, ci troverebbe sempre di
quella amorevolezza che ci haveva provato per inanzi, et essen-
dosi di là alquanti mesi rimandatoci il detto generale da S.
Mtà con risponderci humanissimamente che era contenta, per usar
delle sue parole, accettar per comandamento quello che noi gli
havevamo mandato a consigliare: et per dar certezza di cio, por-
tava tra l’altre risolutioni d’esser contento di render li figliuoli
del christianissimo con quel riscatto et taglia che gli era stata
offerta da S. Mtà, cosa che sin qui non haveva voluto mai fare:
oltre che prometteva che se tutta Italia per un modo di dire a quell’
hora che ’l generale arrivassi a Roma, fussi in suo potere, era
contenta, per far buggiardo chi l’havesse voluto calunniare che la
volessi occupare, di restituir tutto nel suo pristino stato et mostrar
che in essa nè per se nè per il sermo suo fratello non ci voleva
un palmo di piu di quello che era solito di possidervi antica-
Päpſte** 17
[258]Instruttione
mente la corona di Spagna: et perche le parole s’accompagnas-
ser con i fatti, portava di cio amplissimo mandato in sua per-
sona da poter risolver tutto o con Don Ugo o con el vicerè, se al
tempo che ci capitava, in Italia fussi arrivato. Quanto qui fussi
il nostro contento, non si potrebbe esprimere, e ci pareva un’
hora mill’ anni venire all’ effetto di qualche sorte d’accordo ge-
nerale di posar l’arme: et sopragiungendo quasi in un mede-
simo tempo il vicerè et mandandoci da San Steffano, dove
prima prese porto in questo mare, per el comandante Pignatosa
a dire le miglior parole del mondo et niente differenti da quanto
ci haveva detto el generale, rendemmo gratie a iddio che il
piacere che havevamo preso per l’ambasciata del generale non
fusse per havere dubbio alcuno, essendoci confermato il mede-
simo per il signor vicerè, il quale in farci intendere le com-
missioni dell’ imperatore ci confortava in tutto, et pur ci mandava
a certificare che nessuno potrebbe trovarsi con migliore voluntà
di mettersi ad eseguirle. Hora qualmente ne succedesse il contra-
rio, non bisogna durare molta fatica in dirlo, non essendo al-
cun che non sappia le durissime, insoportabili et ignominiose
conditioni che ne furono dimandate da parte del vicerè, non
havendo noi posta dimora alcuna in mandarlo a pregare che
non si tardasse a venire alla conditione di tanto bene. Et
dove noi pensavamo ancora trovar meglio di quel che ne era
stato detto, essendo l’usanza di farsi sempre riservo delle mi-
gliori cose per farle gustare piu gratamente, non solo ci riuscì
di non trovare niente del proposto, ma tutto il contrario, et
prima: non havere fede alcuna in noi, come se nessuno in ve-
rità possa produrre testimonio in contrario; et per sicurtà do-
mandarci la migliore et piu importante parte dello stato nostro
et della Sria di Fiorenza, dipoi somma di denari insoporta-
bile a chi havesse havuto i monti d’oro, non che a noi, che
ogn’uno sapeva che non havevamo un carlino; volere che con
tanta ignominia nostra, anzi piu dell’ imperatore, restituissimo
coloro che contra ogni debito humano et divino, con tanta tra-
dizione, vennero ad assalire la persona di N. Signore, saccheg-
giare la chiesa di San Pietro, il sacro palazzo; stringerne senza
un minimo rispetto a volere che ci obbligassimo strettamente di
piu alla Mtà Cesarea, sapendo tutto il mondo quanto desiderio
ne mostrammo nel tempo che eravamo nel piu florido stato che
fussimo mai, et, per non dire tutti gli altri particulari, volere
che soli facessimo accordo, non lo potendo noi fare se vole-
vamo piu facilmente condurre a fine la pace universale per la
quale volevamo dare questo principio. Et così non si potendo
il vicerè rimuoversi da queste sue dimande tanto insoportabili
et venendo senza niuna causa ad invader lo stato nostro, ha-
vendo noi in ogni tempo et quei pochi mesi inanzi lasciato
stare quello dell’ imperatore nel regno di Napoli, accadde la
venuta di Cesare Fieramosca: il quale trovando il vicerè gia
nello stato della chiesa, credemmo che portasse tali commis-
sioni da parte dell’ imperatore a S. Sria che se si fossero ese-
[259]al cardinal Farnese.
guite, non si sarebbero condotte le cose in questi termini. Et
mentre S. Sria volse fare due cose assai contrarie insieme, una
mostrare di non haver fatto male ad esser venuto tanto inanzi
overo non perdere le occasioni che gli pareva havere di gua-
dagnare il tutto, l’altra di obbedire alli comandamenti dell’ im-
peratore, quali erano che in ogni modo si facesse accordo,
non successe all’ hora nè l’uno nè l’altro: perche S. Sria si
trovò gabbata, che non potette fare quello che si pensava. Et
tornando il signor Cesare con patti di far tregua per otto dì,
fintanto che venisse risposta se la Sigria di Venetia vi voleva
entrare, quando arrivò in campo, trovò gli eserciti alle mani
et non si andò per all’ hora piu inanzi: salvo che non ostante
questo successo et conoscendo certo che stassimo sicurissimi
in Lombardia et in Toscana per le buone provisioni et infi-
nita gente di guerra, che vi era di tutta la lega, et che le cose
del reame non havessero rimedio alcuno come l’esperientia l’ha-
veva cominciato a dimostrare, mai deponemmo dall’ animo no-
stro il desiderio et procuratione della pace. Et in esser suc-
cesse le cose così bene verso noi, non havevamo altro contento
se non poter mostrare che se desideravamo pace, era per vero
giudicio et buona voluntà nostra et non per necessità, et per
mostrare all’ imperatore che, se comandò con buono ani-
mo, come crediamo, al padre generale che ancorche tutto
fusse preso a sua devotione si restituisse, che quel che ella si
imaginava di fare quando il caso havesse portato di esserlo,
noi essendo così in fatto lo volevamo eseguire. A questo no-
stro desiderio ci aggiunsero un ardore estremo piu lettere scritte
di mano dell’ imperatore, tra l’altre due che in ultimo havem-
mo da Cesare Fieramosca et da Paolo di Arezzo nostro servi-
tore, le quali sono di tal tenore che non ci pareria havere mai
errato se in fede di quelle lettere sole non solo havessimo po-
sto tutto il mondo ma l’anima propria in mano di S. Mtà;
tanto ci scongiura che vogliamo dar credito alle parole che ne
dice, et tutte esse parole sono piene di quella satisfattione di
quelle promesse et quell’ ajuto che noi a noi non lo desidera-
vamo migliore. Et come in trattare la pace finche non eravamo
sicuri che corrispondenza s’era per havere, non si rimetteva
niente delle provisioni della guerra, così ci sforzavamo chiarirci
bene et essendo due capi in Italia, Borbone et il signor vicerè,
s’era bisogno trattare con un solo et quello sarebbe rato per
tutti, overo con tutti due particularmente: accioche se ci fusse
avenuto quel che è, la colpa che è data d’altra sorte ad altri, non
fusse stata a noi di pocca prudentia: et havendo trovato che
questa facultà di contrattare era solo nel vicerè, ce ne volemmo
molto ben chiarire et non tanto che fussi così come in effetto il
generale, il signor Cesare, il vicerè proprio, Paulo d’Arezzo et
Borbone ne dicevono, ma intender dal detto Borbone non una
volta ma mille et da diverse persone se l’era per obbedirlo, et
proposto di voler fare accordo particularmente con lui et recu-
sando et affermando, che a quanto appuntarebbe el vicerè non
17*
[260]Instruttione
farebbe replica alcuna. Hora fu facil cosa et sarà sempre ad
ogn’ uno adombrar con specie di virtù un suo disegno, et non
lo potendo condurre virtuosamente nè all’ aperta, tirarlo con
fallacia, come venghi donde si voglia — ci par esser a termine
che non sappiamo indovinar donde procedeva — ci par che si sia
stato fatto a noi, li quali si vede che tutte le diligentie che si
possono usare di non esser gabbati, sono state usate per noi,
et tanto che qualche volta ci pareva d’esser superstitiosi et di
meritarne reprehensione. Perche havendo el testimonio, et di
lettere et di bocca dell’imperatore, del buon animo suo, et che
Borbone obbedirebbe al vicerè, et a cautela dando S. Mtà let-
tere nuove a Paulo sopra questa obbedientia al vicerè dirette
a esso Borbone, et facendosi el trattato con el poter si ampio
di S. Mtà che doveva bastare, et havendo Borbone mostrato di
remettersi in tutto nel vicerè, et contentandosi poi esso di venire
in poter nostro, fu una faciltà tanto grande a tirarci allo stato
ove siamo che non sappiamo gia che modo si potrà piu trovare
al mondo di credere alla semplice fede d’un privato gentil
huomo, essendovi qui intervenute molte cose e riuscito a questo
modo. Et per non cercare altro che fare i fatti proprii, era molto
piu lecito et facile a noi senza incorrer non solo in infamia di
non servator di fede, ma nè anche d’altro, usar dell’ occasione
che la fortuna ci haveva portato, di starsi sicurissimo in Lombar-
dia come si stava che mai veniva Borbone inanzi, se l’eser-
cito della lega non si fusse raffreddato per la stretta prattica
anzi conclusion della pace, et valuto di quella commodità se-
guitar la guerra del reame, et da due o tre fortezze in poi le-
varlo tutto, e di poi andare appresso in altri luoghi, dove si
fosse potuto far danno et vergogna all’ imperatore, et stando
noi saldi in compagnia dei confederati rendere tutti li disegni
suoi piu difficili. Ma parendoci che el servitio di dio et la misera
christianità ricercasse pace, ci proponemmo a deporre ogni grande
acquisto o vittoria che fussimo stati per havere, et offender
tutti li prencipi christiani et Italiani, senza saper quodammodo
che haver in mano, ma assai pensavamo d’havere se l’animo
dell’ imperatore era tale come S. Mtà con tante evidentie si sfor-
zava darci ad intendere. Et molto poco stimavamo l’offensione
degli altri prencipi christiani, li quali di lì a molto poco ci sa-
rebber restati molto obbligati se si fusse seguito quello che
tanto amplamente S. Mtà ci ha con argumenti replicato, che sa-
rebbe, accordandosi noi seco, per rimettere in nostra mano la
conclusion della pace et assenso con li prencipi christiani. Et
se alcuno volesse pensare che fussimo andati con altro objetto,
costui conoscendoci non può piu mostrare in cosa alcuna la
malignità sua; non ci conoscendo et facendo diligentia di sapere
le attioni della vita nostra, troverà che è molto consentiente
che noi non habbiamo mai desiderato se non bene et operato
virtuosamente et a quel fine postposto ogni altro interesse: et
se hora ce n’è successo male ricevendo di mano di N. Sigre dio
quanto giustamente gli piace con ogni humiltà, non è che da
gli huomini non riceviamo grandissimo torto et da quelli massime
[261]al cardinal Farnese.
che se ben fino a un certo termine posson coprirsi con la forza
et con la disobbedienza d’altri, benche quando s’havessi a dis-
cutere si trovarebbe da dire assai, hora et un pezzo fa et
per honor loro et per quel che sono obbligati secondo dio et se-
condo il mondo si potrebber portare altrimenti di quel che fanno.
Noi siamo entrati nel trattato poi fatto a Fiorenza con quelli
di Borbone per mano del sigre vicerè et dipoi non osservato,
perche non vogliamo parer d’haver tolto assunto di fare il
male contra chi è stato causa di trattarci così, li quali dio giu-
dichi con el suo giusto giudicio; doppo la misericordia del quale
verso di noi et della sua chiesa non speriamo in altro che nella
religione, fede et virtù dell’ imperatore; che essendoci noi con-
dotti dove siamo per l’opinione che havevamo di esso con el
frutto che s’aspetta a tal parte ci ritragga et ponga tanto piu
alto quanto siamo in basso. Dalla cui Mtà aspettiamo della
ignominia et danni patiti infinitamente quella satisfattione che
S. Mtà ci può dare eguale alla grandezza sua et al debito, se
alcuna se ne potesse mai trovare al mondo che bastasse alla
minima parte. Non entraremo esprimendo i particolari a torre la
gratia dei concetti, che doviam sperare che havrà et che ci man-
derà a proporre. Dicono che mettendoci al piu basso grado
di quel che si possi domandare et che è per esser piu presto
vergogna a S. Mtà a non conceder piu et a noi a non doman-
dare che parer duro a farlo, che da S. Mtà dovrebber venire
queste provisioni:
Che la persona nostra, el sacro colleggio et la corte dello
stato tutto temporale et spirituale siamo restituiti in quel grado
ch’era quando furon fatte l’indutie col sigr vicerè, et non ci
gravare a pagare un denaro dell’ obbligato.
Et se alcuno sentendo questo si burlerà di noi, rispondiamo
che se le cose di sopra son vere, et si maraviglia che ci acquie-
tiamo di questo, ha gran raggione; ma se gli paresse da do-
vero strano, consideri con che bontà lo giudica o verso Cesare o
verso noi: se verso Cesare, consideri bene che ogni volta che
non si promette di S. Mtà e questo e molto piu, che lo fa gia
partecipe di tutto quel male che qui è passato: ma se verso noi
diciamo che iniquamente ci vuole detrarre quello che nessuno
mai ardirebbe di far buona mente. Nè si deve guardare che
siamo qui, ma si bene come ci siamo, et che è pur meglio
far con virtù et giudicio quello che finalmente el tempo in ogni
modo ha da portare, se non in vita nostra, in quella d’altri.
16.
Sommario dell’ istoria d’Italia dall’ anno 1512 insino a 1527
scritto da Francesco Vettori.
Ein uͤberaus merkwuͤrdiges Werkchen, von einem in die Geſchaͤfte
des Hauſes Medici und alle italieniſchen tief eingeweihten geſcheid-
ten Manne, Freunde Machiavells und Guicciardinis. Ich fand es
in der Bibliothek Corſini zu Rom; doch konnte ich es nur excerpiren.
Ich wuͤrde es ſonſt zum Druck befoͤrdern, deſſen es hoͤchſt wuͤrdig iſt.
[262]Franc. Vettori istoria d’Italia 1512—1527.
Die Peſt des Jahres 1527 vertrieb Franz Vettori von Florenz;
auf ſeiner Villa ſchrieb er dieſe Ueberſicht der juͤngſten Ereigniſſe.
Hauptſaͤchlich beſchaͤftigt er ſich mit florentiniſchen Angelegen-
heiten. Er naͤhert ſich einer Geſinnung wie jene ſeine Freunde
ſie ausgebildet. Wo er der Einrichtung gedenkt, welche die Medici
ſeiner Vaterſtadt im Jahre 1512 gegeben, ſo daß Cl. Medici, nach-
mals Leo X, alles vermocht habe (si ridusse la città, che non si
facea se non quanto volea il cardl de Medici), fuͤgt er hinzu, man
nenne das freilich Tyrannei, aber er fuͤr ſeine Perſon kenne keinen
Staat, weder Fuͤrſtenthum noch Republik, der nicht etwas Tyranni-
ſches habe. „Tutte quelle republiche e principati de’ quali io
ho cognitione per historia o che io ho veduto mi pare che sen-
tino della tirannide.“ Man werde ihm das Beiſpiel von Frank-
reich oder von Venedig einwerfen. Aber in Frankreich habe der Adel
das Uebergewicht im Staate und genieße die Pfruͤnden; in Venedig
ſehe man 3000 Menſchen uͤber 100000 herrſchen, nicht immer ge-
recht; zwiſchen Koͤnig und Tyrann ſei kein Unterſchied, als daß
ein guter Herrſcher Koͤnig, ein boͤſer Tyrann genannt zu werden
verdiene.
Trotz dem nahen Verhaͤltniſſe in dem er zu den beiden medi-
ceiſchen Paͤpſten ſtand, iſt er von der Chriſtlichkeit der paͤpſtlichen
Gewalt wenig uͤberzeugt. Chi considera bene la legge evange-
lica, vedrà i pontefici, ancora che tenghino il nome di vicario
di Christo, haver indutto una nova religione, che non ve n’è altro
di Christo che il nome; il qual comanda la povertà e loro vogliono
la richezza, comanda la humiltà e loro vogliono la superbia,
comanda la obedientia e loro vogliono comandar a ciascuno.
Man ſieht, wie ſehr dieß weltliche Weſen und ſein Gegenſatz gegen
das geiſtliche Princip dem Proteſtantismus vorarbeitete.
Die Wahl Leos ſchreibt Vettori vor allem der Meinung zu, die man
von deſſen Gutmuͤthigkeit hatte. Es waren zwei furchtbare Paͤpſte
vorausgegangen, und man war ihrer ſatt. Man waͤhlte Medici.
„Havea saputo in modo simulare che era tenuto di ottimi co-
stumi.“ Das Meiſte trug hiezu Bibbiena bei, der die Neigungen al-
ler Cardinaͤle kannte und ſie gegen ihr eigenes Intereſſe zu gewinnen
wußte. Condusse fuori del conclave alcuni di loro a promettere,
e nel conclave a consentire a detta elettione contra tutte le ra-
gioni.
Die Expedition Franz I. im Jahre 1515 und die Haltung Leos
X. waͤhrend derſelben fuͤhrt er ſehr gut aus. Daß ſie keinen ſchlim-
mern Erfolg fuͤr den Papſt gehabt, mißt er beſonders der Geſchick-
lichkeit des Tricarico bei, der in dem Momente in das franzoͤſiſche
Lager kam, als der Koͤnig bei Marignano zu Pferde ſtieg, um den
Schweizern Widerſtand zu leiſten, und der dann ſpaͤter die Unterhand-
lung auf das kluͤgſte leitete.
Es folgt die Bewegung von Urbino. Ich habe ſchon ange-
geben, welche Gruͤnde Vettori fuͤr Leo anfuͤhrt. Leone disse, che
se non privava il duca dello stato, el quale si era condotto con
lui e preso danari et in su l’ardore della guerra era conve-
nuto con li nemici nè pensato che era suo subdito, nè ad al-
tro, che non sarebbe sì piccolo Barone, che non ardisse di
[263]Franc. Vettori istoria d’Italia 1512—1527.
fare il medesimo o peggio; e che havendo trovato il ponteficato
in riputatione lo voleva mantenere. Et in verità volendo vi-
vere i pontefici come sono vivuti da molte diecine d’anni in
qua, il papa non poteva lasciare il delitto del duca impunito.
Vettori hat noch beſonders ein Leben von Lorenzo Medici dem
J. verfaßt. Er lobt ihn mehr als irgend ein anderer Autor. Seine
Staatsverwaltung von Florenz ſtellt er in einem eigenthuͤmlichen
und neuen Lichte dar. Es ergaͤnzt ſich wechſelsweiſe, was er in je-
ner Lebensbeſchreibung und in unſerm Sommario ſagt.
Auch die Kaiſerwahl, die in dieſe Periode fiel, behandelt er. Er
findet, daß Leo den Koͤnig von Frankreich nur darum in ſeinen Be-
ſtrebungen beſtaͤrkt habe, weil er ſchon gewußt, daß ihn die Deut-
ſchen doch nicht waͤhlen wuͤrden. Seine Berechnung ſey geweſen,
Franz I. ſolle, um nur Carln nicht waͤhlen zu laſſen, ſeine Gunſt
einem deutſchen Fuͤrſten zuwenden. Ich finde die unerwartete Notiz
— die ich freilich nicht ſofort angenommen haben will — daß der
Koͤnig wirklich zuletzt die Wahl Joachims von Brandenburg zu be-
foͤrdern geſucht habe. Il re — — haveva volto il favore suo
al marchese di Brandenburg, uno delli electori, et era contento
che li danari prometteva a quelli electori che eleggevano lui,
dargli a quelli che eleggevano dicto marchese. Wenigſtens iſt
das Verfahren Joachims bei dieſer Wahl ſehr außerordentlich. Dieſe
ganze Geſchichte, mit und ohne Abſicht wunderlich verunſtaltet, ver-
diente endlich wohl einmal ihre Aufklaͤrung.
Vettori findet den Bund Leos mit Carl uͤber alle Begriffe
unklug. La mala fortuna di Italia lo indusse a fare quello che
nessuno uomo prudente avrebbe facto. Er gibt es beſonders dem
Zureden Hieronymo Adorno’s Schuld. Auf die natuͤrlichen Ruͤck-
ſichten des mediceiſchen Hauſes kommt er nicht zu ſprechen.
Von dem Tode des Papſtes erzaͤhlt er einige der Particularitaͤ-
ten die ich aufgenommen. An eine Vergiftung glaubt er nicht. Fu
detto che morì di veneno, e questo quasi sempre si dice delli
uomini grandi e maxime quando muojono di malattie acute. Er
meint, eher muͤſſe man ſich wundern, daß Leo noch ſo lange ge-
lebt habe.
Er beſtaͤtigt, daß Hadrian ſich anfangs weigerte etwas wider die
Franzoſen zu thun; erſt auf ein dringendes Schreiben des Kaiſers
habe er ſich dazu verſtanden einiges Wenige zu leiſten.
Es wuͤrde zu weit fuͤhren, die [Bemerkungen] hier niederlegen zu
wollen, welche in dieſer Schrift uͤber den weitern Verlauf der Bege-
benheiten gemacht werden; merkwuͤrdig bleibt ſie ſelbſt da, wo der Autor
nur ſeine Geſinnung ausſpricht. Er ſtand hierin, wie geſagt, Machia-
velli ſehr nahe. Von den Menſchen hat er eine eben ſo ſchlechte
Meinung. Quasi tutti gli uomini sono adulatori e dicono volon-
tieri quello che piaccia agli uomini grandi, benche sentino altrimenti
nel cuore. Daß Franz I. den Frieden von Madrid nicht hielt,
erklaͤrt er fuͤr die herrlichſte und edelſte That die ſeit vielen hundert
Jahren geſchehen. Francesco, ſagt er, fece una cosa molto con-
veniente, a promettere assai con animo di non observare, per
potersi trovare a difendere la patria sua. Eine Anſicht, die des
Principe wuͤrdig iſt.
[264]Marco Foscari Rel. 1526.
Aber auch in anderer Hinſicht erweiſt ſich Vettori als ein Geiſtes-
verwandter der großen Autoren dieſer Epoche. Unſre Schrift iſt voll
Originalitaͤt und Geiſt, und um ſo anziehender, da ſie nur kurz iſt.
Der Verfaſſer ſagt nur eben ſo viel als er weiß. Aber dieß iſt doch
recht bedeutend. Es wuͤrde eine ausfuͤhrlichere Arbeit dazu gehoͤren,
um ihm ſein Recht widerfahren zu laſſen.
17.
Sommario di la relatione di S. Marco Foscari venuto orator
del sommo pontefice a dì 2 Marzo 1526. Bei Sanuto
Bd. 41.
Marco Foscari gehoͤrte mit zu jener Geſandtſchaft, welche
Hadrian die Obedienz leiſtete. Er ſcheint dann bis 1526 in Rom ge-
blieben zu ſeyn.
Auch von Hadrians Zeit ſagt er Einiges, jedoch fuͤr Clemens
VII. iſt er um ſo wichtiger, weil er in dem damaligen engen Ver-
haͤltniß zwiſchen Venedig und dem Papſt mit Dieſem unausgeſetzten
lebhaften Verkehr hatte.
Er ſchildert Clemens folgendergeſtalt. Hom prudente e savio,
ma longo a risolversi, e di qua vien le sue operation varie. Dis-
corre ben, vede tutto, ma è molto timido: niun in materia di
stato pol con lui, alde tutti e poi fa quello li par: homo justo
et homo di dio: et in signatura, dove intravien tre cardinali e
tre referendarii, non farà cosa in pregiuditio di altri, e come
el segna qualche supplicacion, non revocha piu, come feva papa
Leon. Questo non vende beneficii, nè li da per symonia, non
tuo officii con dar beneficii per venderli, come feva papa Leon
e li altri, ma vol tutto passi rectamente. Non spende, non
dona, nè tuol quel di altri: onde è reputa mixero. E’ qual-
che murmuration in Roma, etiam per causa del cardl Armelin,
qual truova molte invention per trovar danari in Roma e fa
metter nove angarie e fino a chi porta tordi a Roma et altre
cose di manzar. — — E’ continentissimo, non si sa di alcuna
sorte di luxuria che usi. — — Non vol buffoni, non musici,
non va a cazare. Tutto il suo piacere è di rasonar con inze-
gneri e parlar di aque.
Er kommt dann auf ſeine Rathgeber. Seinem Neffen geſtatte
der Papſt keinen Einfluß; — ſelbſt Giberto vermoͤge in Staatsſa-
chen nicht viel: — il papa lo alde, ma poi fa al suo modo; auch
er findet, daß Giberto — devoto e savio — franzoͤſiſch, Schom-
berg — libero nel suo parlar — kaiſerlich ſey. Ein großer An-
haͤnger des Kaiſers war auch Zuan Foietta: er war weniger haͤufig
mit dem Papſt, ſeit dieſer in Bund mit Frankreich getreten. Fos-
cari gedenkt auch der beiden Secretaͤre des Papſtes, Jac. Salviati,
und Fr. Vizardini (Guicciardini), den letzten findet er geſchickter,
aber ganz franzoͤſiſch.
Es iſt merkwuͤrdig, daß der Papſt mit den Franzoſen nicht viel
beſſer ſtand als mit den Kaiſerlichen. Er fuͤhlte wohl, was er von
ihnen zu erwarten hatte. Nur mit Venedig fuͤhlte er ſich wahr-
[265]Marco Foscari Rel. 1526.
haft verbuͤndet. Conosce, se non era la Signoria nostra, saria
ruinado e caza di Roma.
Beide beſtaͤrkten ſich wechſelſeitig in ihren italieniſchen Intentio-
nen, und ſahen ihre Ehre darin. Der Papſt war ſtolz, daß er Ve-
nedig abgehalten habe ſich mit dem Kaiſer zu verſtaͤndigen; dagegen
behauptet nun unſer Geſandter geradezu, er ſey es, durch den Ita-
lien frei geworden; ſchon ſei der Papſt entſchloſſen geweſen, Bour-
bon als Herzog von Mailand anzuerkennen, er habe demſelben ſo
ernſthaft zugeredet daß er von ſeinem Entſchluſſe zuruͤckgekommen.
Er beſtaͤtigt, daß der Papſt dem Kaiſer die Dispenſation die
zu der Ehe deſſelben noͤthig war, nur unter gewiſſen Bedingungen
gewaͤhren wollen — was obige Inſtruction nicht andeutet, — der Kai-
ſer habe ſie aber ohne dieß zu bekommen gewußt.
Bei dieſer Relation tritt noch eine beſondere Merkwuͤrdigkeit ein.
Als ſpaͤter die Geſandten angewieſen wurden, ihre Relationen ſchrift-
lich abzufaſſen und einzureichen, that das auch Marco Foscari. Es
iſt auffallend, wie viel ſchwaͤcher die zweite Relation iſt als die erſte.
Dieſe ward unmittelbar nach den Ereigniſſen vorgetragen, aus voller
Friſche der Erinnerung; ſpaͤter waren ſo viele andere große Ereigniſſe
eingetreten, daß jene Erinnerungen ſich bereits verwiſchten. Es zeigt
das, wie viel Dank wir auch in dieſer Hinſicht dem Fleiße des un-
ermuͤdlichen Sanuto ſchuldig ſind. Dieß iſt die letzte Relation die
ich aus ſeiner Chronik kennen gelernt. Es folgen andere, welche in
eigenen Abſchriften, von den Autoren revidirt, aufbehalten worden.
18.
Relatione riferita nel consiglio di pregadi per il clarissimo Gas-
par Contarini, ritornato ambasciatore del papa Clemente
VII e dal impre Carlo V, Marzo 1530. Informationi
Politiche XXV. Bibl. zu Berlin.
Der nemliche Gaspar Cantarini von dem in unſerer Geſchichte
ſo viel Loͤbliches zu melden war.
Nachdem er ſchon einmal eine Geſandtſchaft bei Carl dem V.
verwaltet — die Relation die er uͤber dieſe abſtattete, gehoͤrt zu den
ſeltenſten; ich habe ein einziges Exemplar davon geſehen, zu Rom bei
den Albani, — ward er 1528, noch ehe der Papſt nach ſo vielem
Ungluͤck und langer Abweſenheit nach Rom zuruͤckgegangen, an die-
ſen abgeordnet. Er begleitete ihn von Viterbo nach Rom, von Rom
zur Kaiſerkroͤnung nach Bologna. Hier nahm er Theil an den Un-
terhandlungen.
Von alle dem was er in Viterbo, Rom und Bologna erfahren,
gibt er hier Bericht; es iſt daran nur das Eine auszuſetzen, daß er
ſich ſo kurz faßt.
Contarinis Geſandtſchaft traf in den wichtigen Moment in wel-
chem der Papſt ſich allmaͤhlig wieder zu dem Bunde mit dem Kai-
ſer neigte wie ihn die Medici fruͤher gehalten. Gar bald bemerkte
der Geſandte mit Verwunderung, daß der Papſt, obwohl er von den
Kaiſerlichen ſo ſtark beleidigt war, zu ihnen doch faſt mehr Vertrauen
hatte als zu den Verbuͤndeten; darin beſtaͤrkte ihn vornehmlich Mu-
[266]Gaspar Contarini Rel. 1530.
ſettola — huomo, wie Contarini ſagt, ingegnoso e di valore assai,
ma di lingua e di audacia maggiore; — ſo lange das Kriegsgluͤck
ſchwankte, entſchied der Papſt ſich noch nicht; als aber die Franzoſen
geſchlagen waren, und die Kaiſerlichen ſich allmaͤhlig bereit finden
ließen, die Plaͤtze zu raͤumen die ſie inne hatten, war es nicht mehr
zweifelhaft. Schon im Fruͤhjahre 1529 ſtand der Papſt wieder gut
mit dem Kaiſer: im Juni ſchloſſen ſie ihren Bund, deſſen Bedingun-
gen Contarini nur mit Muͤhe zu ſehen bekam.
Auch die Perſonen ſchildert Contarini.
Der Papſt war ziemlich groß und wohlgebaut: damals hatte er
ſich von den Wirkungen ſo vieler Ungluͤcksfaͤlle und von einer ſchwe-
ren Krankheit noch nicht wieder recht erholt. „Er hat weder große
Liebe“, ſagt Contarini, „noch heftigen Haß; er iſt choleriſch, aber er
beherrſcht ſich ſo, daß ihn Niemand dafuͤr halten ſollte. Er wuͤnſchte
wohl den Uebelſtaͤnden abzuhelfen welche die Kirche druͤcken: doch er-
greift er hiezu kein geeignetes Mittel. Ueber ſeine Neigungen laͤßt
ſich nicht mit Sicherheit urtheilen. Es ſchien eine Zeit lang, als
liege ihm Florenz wenig am Herzen, und doch laͤßt er nun ein kai-
ſerliches Heer vor dieſe Stadt ziehen.“
In dem Miniſterium Clemens VII. waren mehrere Veraͤn-
derungen eingetreten.
Der Datario Giberto hatte noch immer das eigentliche Ver-
trauen ſeines Herrn am meiſten, allein nachdem die Maaßregeln, die
unter ſeiner Verwaltung ergriffen worden waren, einen ſo ſchlechten
Ausgang genommen, zog er ſich von ſelbſt zuruͤck. Er widmete
ſich ſeinem Bisthume Verona. Niccolo Schomberg dagegen war
durch eine Sendung nach Neapel wieder in die wichtigſten Geſchaͤfte
gekommen. Contarini findet ihn ſehr kaiſerlich, von gutem Verſtande,
mildthaͤtig, aber heftig. Auch Jacob Salviati vermochte viel; er
galt damals noch fuͤr franzoͤſiſch.
So kurz dieſes Schriftchen iſt, ſo gewaͤhrt es doch viele Be-
lehrung.
19.
Instructio data Caesari a revmo Campeggio in dieta Augustana
1530. (MS Rom.)
Bis hieher waren die politiſchen Geſchaͤfte das Wichtigſte: all-
maͤhlig reißen die kirchlichen die Aufmerkſamkeit an ſich. Gleich im
Eingange ſtoßen wir auf jenen blutſchnaubenden Entwurf zu einer
Reduction der Proteſtanten deſſen ich gedacht habe: hier ſogar eine
Inſtruction genannt.
Der Stelle die er einnehme, und der Commiſſion des apoſtoli-
ſchen Stuhles gemaͤß, ſagt der Cardinal, wolle er die Maaßregeln
angeben, die man nach ſeinem Urtheile ergreifen muͤſſe.
Die Lage der Dinge ſchildert er folgendergeſtalt. In alcuni luo-
ghi della Germania per le suggestioni di questi ribaldi sono abro-
gati tutti li christiani riti a noi dagli antichi santi padri dati:
non piu si ministrano li sacramenti, non si osservano li voti,
li matrimonii si confundono e nelli gradi prohibiti della legge
[267]Instructio Campeggi 1530.
— u. ſ. w., denn es waͤre uͤberfluͤſſig dieſe Capuzinaden abzu-
ſchreiben.
Den Kaiſer erinnert er, daß dieſe Secte ihm keinen Zuwachs
an Macht verſchaffen werde, wie man ihm verſprochen habe. Bei
den Schritten, die er demſelben anraͤth, verſpricht er ihm ſeine geiſt-
liche Unterſtuͤtzung. Et io, se sarà bisogno, con le censure e
pene ecclesiastiche li proseguirò, non pretermettendo cosa a
far che sia necessaria, privando li heretici beneficiati delli be-
neficii loro e separandoli con le excommunicationi dal cattolico
gregge, e V. Cels. col suo bando imperiale justo e formidabile
li ridurrà a tale e sì horrendo esterminio che ovvero saranno
costretti a ritornare alla santa e cattolica fede ovvero con la
loro total ruina mancar delli beni e della vita. — — Se al-
cuni ve ne fossero, che dio nol voglia, li quali obstinatamente
perseverassero in questa diabolica via, — — quella (V. M.)
potrà mettere lamano al ferro et al foco et radicitus extirpare
queste male e venenose piante.
Auch fuͤr die Koͤnige von England und von Frankreich ſchlaͤgt
er die Confiscation der Guͤter der Ketzer vor.
Jedoch hauptſaͤchlich bleibt er bei Deutſchland ſtehn; er zeigt, wie
man die Artikel von Barcellona, auf die er ſich haͤufig bezieht, deu-
ten zu duͤrfen glaubte: Sarà al proposito, poiche sarà ridotta questa
magnifica e cattolica impresa a buono e dritto camino, che al-
cuni giorni dipoi si eleggeranno inquisitori buoni e santi, li quali
con summa diligentia et assiduità vadino cercando et inquirendo,
s’alcuni, quod absit, perseverassero in queste diaboliche et here-
tiche opinioni nè volessero in alcun modo lasciarle, — — et in
quel caso siano gastigati e puniti secundo le regole e norma che
si osserva in Spagna con li Marrani.
Ein Gluͤck daß nicht Alle ſo dachten. Auch herrſchen dieſe Be-
ſtrebungen in unſern Documenten noch nicht vor.
20.
Relatio viri nobilis Antonii Suriani doctoris et equitis, qui re-
versus est orator ex curia Romana, presentata in collegio
18 Julii 1533. (Archivio di Venetia.)
„Zu den wichtigſten Dingen“, hebt er an, „welche die bei den
Fuͤrſten beglaubigten Geſandten zu beobachten haben, gehoͤren ihre
Eigenſchaften.“
Er beſchreibt zuerſt den Charakter Clemens VII.
Er meint: wenn man die geſetzte Lebensweiſe dieſes Papſtes,
die Unverdroſſenheit mit der er ſeine Audienzen abwarte, ſeine Auf-
merkſamkeit bei den kirchlichen Ceremonien beobachte, ſo ſollte man
ihn fuͤr melancholiſch halten; doch urtheilen die Kundigen, daß er
ſanguiniſch ſey, nur von einem kalten Herzen; ſo daß er ſich lang-
ſam entſchließe, und ſich leicht bewegen laſſe ſeinen Entſchluß zu
veraͤndern.
„Io per me non trovo che in cose pertinenti a stato la sia
„proceduta cum grande dissimulatione. Ben cauta: et quelle
[268]Ant. Suriano Rel. 1533.
„cose che S. Stà non vole che si intendano, piu presto le tace
„che dirle sotto falso colore.“
Unter den Miniſtern Clemens VII. waren diejenigen, deren
die fruͤheren Relationen hauptſaͤchlich Erwaͤhnung thun, nicht mehr
von Bedeutung: ſie werden gar nicht einmal genannt; dagegen tritt
Jacob Salviati hervor, der vornehmlich die Verwaltung der Ro-
magna und des Kirchenſtaates uͤberhaupt zu leiten hatte. Der Papſt
verließ ſich darin voͤllig auf ihn. Zwar ſah der Papſt, daß er wohl
ſeinen Vortheil etwas zu ſehr im Auge hatte; er beklagte ſich ſelbſt
ſchon in Bologna daruͤber; aber er ließ ihn in den Geſchaͤften.
Eben deshalb aber war Salviati den uͤbrigen Verwandten des
Papſtes verhaßt. Sie glaubten, er ſtehe ihnen im Wege; ſie ſchrieben
es ihm zu, wenn ſich Clemens weniger freigebig gegen ſie zeigte —
— pare che suadi al papa a tener strette le mani nè li sub-
ministri danari secundo è lo appetito loro, che è grande di
spender e spander.
Aber auch die uͤbrigen waren unter einander nur allzu uneinig.
Cardinal Hippolyt Medici waͤre lieber weltlich geweſen. Der Papſt
ſagte zuweilen nur: „er iſt ein Teufel von Narr, er will nicht Prie-
ſter ſeyn“; L’è matto diavolo, el matto non vole esser prete; aber
es war ihm doch hoͤchſt verdrießlich, als Hippolyt wirklich Verſuche
machte den Herzog Alexander von Florenz zu verdraͤngen.
Cardinal Hippolyt lebte in enger Freundſchaft mit der jungen
Catharina Medici, die hier als die duchessina vorkommt. Sie iſt
ſeine cusina in terzo grado, con la quale vive in amor grande,
essendo anco reciprocamente da lei amato, nè piu in altro lei
si confida nè ad altri ricorre in li sui bisogni e desiderj salvo
al dicto cardl.
Suriano beſchreibt das Kind, das zu einer ſo bedeutenden Welt-
ſtellung beſtimmt war, folgendergeſtalt. Di natura assai vivace, mon-
stra gentil spirito, ben accostumata: è stata educata e guber-
nata cum le monache nel monasterio delle murate in Fiorenza,
donne di molto bon nome e sancta vita: è piccola de persona,
scarna, non de viso delicato, ha li occhi grossi proprj alla
casa de’ Medici.
Von allen Seiten bewarb man ſich um ſie. Der Herzog von
Mailand, der Herzog von Mantua, der Koͤnig von Schottland
wuͤnſchten ſie zur Gemahlin; bei Einem ſtand das eine, bei einem An-
dern das andere entgegen; die franzoͤſiſche Vermaͤhlung war damals
noch nicht entſchieden: „nach ſeiner irreſoluten Natur“, ſagt Suriano,
ſprach der Papſt bald mit groͤßerm, bald mit geringerm Eifer von
derſelben.“
Er findet, daß der Papſt wohl auch darum auf die Verbin-
dung mit Frankreich eingehe, um die franzoͤſiſche Partei in Florenz
fuͤr ſich zu gewinnen. Uebrigens behandelt er die auswaͤrtigen Ver-
[haͤltniſſe] nur kurz und zuruͤckhaltend.
21.
Relatione di Roma d’Antonio Suriano 1536. MS Foscar. zu
Wien. St. Marc. Bibl. zu Venedig.
Die Abſchriften dieſer Relation ſchwanken zwiſchen den Jahr-
[269]Ant. Suriano Rel. 1536.
zahlen 1535 und 1539. Ich halte 1536 fuͤr richtig. Einmal weil
darin die Ruͤckkehr des Kaiſers nach Rom erwaͤhnt wird, die in den
April 1536 faͤllt; ſodann weil ſich ein Brief Sadolets an Suriano
findet, aus Rom Nov. 1536, welcher beweiſt, daß der Geſandte
Rom damals ſchon wieder verlaſſen hatte.
Es iſt das ein Brief — Sadoleti Epp. p. 383 — der fuͤr
Suriano ſehr ehrenvoll lautet: mihi ea officia praestitisti quae
vel frater fratri, vel filio praestare indulgens pater solet, — nul-
lis meis provocatus officiis.
Drei Tage nach der Mittheilung der vorigen Relation —
21. Juli 1533 — war Suriano wieder zum Geſandten in Rom er-
nannt worden.
Die neue Relation entwickelt den weitern Gang der damals ein-
geleiteten Verhaͤltniſſe, beſonders den Abſchluß der franzoͤſiſchen Ver-
maͤhlung, die doch nicht allen Verwandten des Papſtes genehm war —
non voglio tacere che questo matrimonio fu fatto contra il volere
di Giac. Salviati e molto piu della Sra Lucretia sua moglie, la
quale etiam con parole ingiuriose si sforzò di dissuadere S.
Stà, ohne Zweifel weil die Salviati jetzt kaiſerlich geſinnt waren: ferner
jene merkwuͤrdige Zuſammenkunft des Papſtes mit Clemens, deren
wir gedachten. Der Papſt betrug ſich mit aͤußerſter Vorſicht: er
haͤtte keine ſchriftliche Verſicherung ausgeſtellt. Di tutti li deside-
rii s’accommodò Clemente con parole tali che gli facevano cre-
dere S. Stà esser disposta in tutte alle sue voglie senza pero
far provisione alcuna in scritture. Der Papſt wuͤnſchte keinen
Krieg, wenigſtens nicht in Italien, er wuͤnſchte nur den Kaiſer in
Zaum zu halten: „con questi spaventi assicurarsi del spavento
del concilio.“
Allmaͤhlig ward das Concilium der Hauptgegenſtand der paͤpſtlichen
Politik. Suriano eroͤrtert die Geſichtspunkte welche der roͤmiſche
Hof im Anfange Pauls III. daruͤber hegte. Schon ſagte Schom-
berg, man werde es nur unter der Bedingung zugeben, daß alles,
was daſelbſt vorkomme, zuvoͤrderſt in Rom von Papſt und Cardi-
naͤlen uͤberlegt, berathen und zum Beſchluß gebracht werden muͤſſe.
[270]
Zweiter Abſchnitt.
Zur Kritik Sarpi’s und Pallavicini’s.
Das tridentiniſche Concilium, ſeine Vorbereitung, Berufung,
zweimalige Trennung und Wiederberufung mit alle den Motiven
die dazu beigetragen haben, erfuͤllt einen großen Theil der Geſchichte
des 16ten Jahrhunderts. Fuͤr die definitive Feſtſtellung des katho-
liſchen Glaubensbegriffes und ſein Verhaͤltniß zu dem proteſtanti-
ſchen hat es, ich brauche hier nicht zu eroͤrtern, welch eine uner-
meßliche Bedeutung. Es iſt ſo recht der Mittelpunkt der theologiſch
politiſchen Entzweiung, die jenes Jahrhundert ergriffen hatte.
Auch hat es zwei ausfuͤhrliche, in ſich ſelbſt bedeutende, origi-
nale hiſtoriſche Darſtellungen gefunden.
Aber nicht allein ſind ſich dieſe geradezu entgegengeſetzt, ſondern
wie uͤber das Factum, ſo hat ſich die Welt auch uͤber die Hiſtoriker
entzweit; noch heut zu Tage wird von der einen Partei Sarpi fuͤr
wahrhaft und glaubwuͤrdig, Pallavicini fuͤr falſch und luͤgneriſch:
von der andern Pallavicini fuͤr unbedingt glaubwuͤrdig, Sarpi faſt
ſprichwoͤrtlich fuͤr einen Luͤgner erklaͤrt.
Indem wir an dieſe voluminoͤſen Werke kommen, faßt uns eine
Art von Furcht. Es waͤre ſchon ſchwer, ihres Stoffes Herr zu wer-
den, wenn ſie auch nur glaubwuͤrdige Dinge uͤberlieferten: wie un-
endlich viel mehr aber will es ſagen, daß wir auch bei jedem Schritte
beſorgen muͤſſen, von dem einen oder dem andern mit Unwahrheit
berichtet und in ein Labyrinth von abſichtlichen Taͤuſchungen gezo-
gen zu werden.
Demohnerachtet iſt es auch unthunlich, ihre Glaubwuͤrdigkeit
Schritt fuͤr Schritt an der anderswoher beſſer erkannten Thatſache
zu pruͤfen; wo faͤnde man uͤber dieſe Thatſachen unparteiiſche Nach-
weiſungen? ſelbſt wenn ſie zu finden waͤren, ſo wuͤrden neue Folio-
baͤnde noͤthig ſeyn, um auf dieſe Weiſe zu Ende zu kommen.
Es bleibt nichts uͤbrig, als daß wir den Verſuch machen, zu
einer Anſchauung der Methode unſrer Autoren zu gelangen.
Denn nicht alles pflegt den Hiſtorikern anzugehoͤren, was in
ihren Werken vorkommt, zumal in ſo weitſchweifigen, ſtoffhaltigen:
die Maſſe der Notizen haben ſie uͤberkommen; erſt in der Art und
Weiſe ſich des Stoffes zu bemeiſtern, ihn zu verarbeiten zeigt ſich
der Menſch, der doch zuletzt ſelber die Einheit ſeines Werkes iſt.
Auch in dieſen den Fleiß in Schrecken ſetzenden Folianten ſteckt
ein Poet.
[271]Sarpi.
Storia del concilio Tridentino di Pietro Soave Polano. Erſte,
von fremden Zuſaͤtzen freie Ausgabe, Genf 1629.
Zuerſt in England, durch einen zum Proteſtantismus uͤberge-
tretenen Erzbiſchof, Dominis von Spalatro, ward dieſes Werk pu-
blicirt. Obwohl Fra Paolo Sarpi ſich niemals zu demſelben bekannt
hat, ſo laͤßt ſich doch nicht zweifeln, daß er der Autor deſſelben ſey.
Aus ſeinen Briefen ſieht man, daß er ſich mit einer ſolchen Ge-
ſchichte beſchaͤftigte; — in Venedig findet ſich eine Abſchrift, die er
ſich machen laſſen, mit Correcturen von ſeiner Hand; — man kann
ſagen, er war geradezu der einzige Menſch, zu allen Zeiten, der eine
Geſchichte wie ſie hier vor uns liegt, verfaſſen konnte.
Fra Paolo ſtand an der Spitze einer katholiſchen Oppoſition
gegen den Papſt. Ihr Widerſpruch ging vom Geſichtspunkte des
Staates aus, naͤherte ſich aber beſonders durch auguſtinianiſche
Grundſaͤtze den proteſtantiſchen Anſichten in vielen Stuͤcken: zuweilen
iſt ſie ſogar in den Ruf des Proteſtantismus gerathen.
Dieſer Richtung halber iſt jedoch Sarpi’s Arbeit nicht ſogleich zu
verdaͤchtigen. Es gab in der Welt faſt nur entſchiedene Anhaͤnger und
entſchiedene Gegner dieſes Conciliums. Von jenen war nichts als
Lobeserhebung, von dieſen nichts als Verwerfung zu erwarten. Sar-
pis Stellung war im Ganzen außerhalb dieſer entgegengeſetzten Rich-
tungen. Er hatte keinen Anlaß es durchaus zu vertheidigen, er war
nicht in der Nothwendigkeit es allenthalben zu verwerfen. Seine
Stellung verſchaffte ihm die Moͤglichkeit einer freiern Anſicht, —
in der Mitte einer italieniſchen katholiſchen Republik konnte er auch
allein den Stoff ſammeln deſſen er bedurfte.
Wollen wir uns nun vergegenwaͤrtigen wie er arbeitete, ſo muͤſ-
ſen wir uns erſt erinnern, wie man bis zu ſeiner Zeit groͤßere hiſto-
riſche Werke verfaßte.
Man hatte ſich noch nicht die Aufgabe gemacht weder die Ma-
terialien in einer gleichartigen Vollſtaͤndigkeit zu ſammeln, was ohne-
hin ſo ſchwer zu erreichen iſt, noch auch ſie erſt kritiſch zu ſichten,
auf unmittelbare Kunde zu dringen, und den Stoff geiſtig durchzuar-
beiten.
Wie Wenige machen es ſich noch heutzutage ſchwer!
Man begnuͤgte ſich damals die im Allgemeinen als glaubwuͤr-
dig betrachteten Schriftſteller nicht ſowohl zu Grunde zu legen als
geradezu heruͤberzunehmen, ihre Erzaͤhlungen zu ergaͤnzen, d. i. wo
man es vermochte, ſie zu adoptiren; wo nicht neu aufgefundene hand-
ſchriftliche Nachrichten an der gehoͤrigen Stelle einzuſchalten. Dann
war die Hauptbemuͤhung, dieſem Stoff einen gleichmaͤßigen Styl
zu geben.
So beſteht Sleidan aus den Documenten der Reformationshi-
ſtorie, wie er ſie haben konnte, die er dann ohne viel Kritik an
einander reihte und durch die Farbe ſeiner Latinitaͤt in ein gleichar-
tiges Ganze verwandelte.
Thuanus hat ohne Bedenken lange Stellen aus andern Ge-
ſchichtſchreibern heruͤbergenommen. Des Buchanan ſchottiſche Ge-
ſchichte findet man auseinandergenommen und an die verſchiedenen
Stellen des fremden Werkes eingeſchaltet. Die engliſche Geſchichte
[272]Sarpi.
hat er aus den Materialien die ihm Camden ſendete, die deutſche aus
Sleidanus und Chytraͤus, die italieniſche aus Adriani, die tuͤrkiſche
aus Busbequius und Leunclavius entlehnt.
Eine Methode bei der freilich die Originalitaͤt wenig geſchont
wird, bei der man oft das Werk eines Andern lieſt, als des Au-
tors der auf dem Titel genannt iſt, die ſich heutzutage beſonders die
Verfaſſer franzoͤſiſcher Memoiren aufs Neue zu eigen gemacht haben.
Die letzten freilich ohne alle [Entſchuldigung]. Ihre eigentliche Ten-
denz ſollte es ja ſeyn, das Originale mitzutheilen.
Auf Sarpi zuruͤckzukommen, ſo ſtellt er uns in den erſten Saͤtzen
ſeines Werkes ſeine Lage unverholen dar.
„Meine Abſicht iſt, die Geſchichte des tridentiniſchen Conciliums
zu ſchreiben. Denn obwohl mehrere beruͤhmte Hiſtoriker unſers Jahr-
hunderts in ihren Werken einzelne Punkte derſelben beruͤhrt, und Jo-
hann Sleidan, ein ſehr genauer Schriftſteller, mit großem Fleiß
die fruͤheren Ereigniſſe, durch die es veranlaßt wurde, — le cause an-
tecedenti — erzaͤhlt hat, ſo wuͤrden doch alle dieſe Sachen, wenn
man ſie zuſammenſtellte, noch nicht eine vollſtaͤndige Erzaͤhlung ge-
waͤhren. Sobald ich anfing mich um die Angelegenheiten der Menſch-
heit zu bekuͤmmern, bekam ich große Luft dieſe Geſchichte vollſtaͤndig
zu erfahren; nachdem ich alles das geſammelt was ich davon ge-
ſchrieben fand — auch die Documente die davon gedruckt oder hand-
ſchriftlich verbreitet worden, ſo begann ich in dem Nachlaſſe der
Praͤlaten und Anderer die an dem Concil Theil genommen, die Nach-
richten aufzuſuchen die ſie daruͤber hinterlaſſen, ſo wie die Stimmen
welche ſie abgegeben, von ihnen ſelbſt oder von andern aufgeſetzt, und
die brieflichen Nachrichten die von jener Stadt ausgegangen; ich habe
dabei keine Muͤhe und Arbeit geſpart; auch habe ich das Gluͤck ge-
habt ganze Sammlungen von Noten und Briefen von Perſonen
die an jenen Verhandlungen großen Antheil nahmen, zu Geſicht zu
bekommen. Da ich nun ſo viele Sachen zuſammengebracht, welche
einen uͤberfluͤſſigen Stoff zu einer Erzaͤhlung geben, ſo faßte ich den
Entſchluß ſie zuſammenzuſtellen.“
Mit anſchaulicher Naivetaͤt hat Sarpi hier ſeine Lage geſchil-
dert. Man ſieht ihn auf der einen Seite zwiſchen den Hiſtorikern,
deren Erzaͤhlungen er an einander reiht, die ihm indeß doch nicht
genug thun: auf der andern Seite mit handſchriftlichen Materialien
verſehen, mit denen er jene ergaͤnzt.
Leider hat Sarpi weder die einen noch die andern ausfuͤhrlich
genannt; auch die Methode ſeiner Vorgaͤnger war das nicht; er ließ,
wie ſie, ſein ganzes Bemuͤhen ſeyn, aus den Nachrichten die er ge-
funden eine wohlgeordnete, angenehme, in ſich abgeſchloſſene Geſchichte
zuſammenzuweben.
Indeſſen auch ohne Angabe im Einzelnen koͤnnen wir leicht er-
kennen, welches die gedruckten Geſchichten ſind die er benutzte: von
vorn herein Jovius, Guicciardini, dann Thuanus, Adriani, haupt-
ſaͤchlich aber der, den er ja auch nennt, Sleidan.
Z. B. in der geſammten Darſtellung der Verhaͤltniſſe zur Zeit
des Interims und nach der Translation des Conciliums nach Bo-
logna hat er den Sleidan und nur ein paar Mal die Urkunden die
die-
[273]Sarpi.
dieſer Schriftſteller anfuͤhrt, uͤbrigens aber nichts als ihn vor Au-
gen gehabt.
Es iſt wohl der Muͤhe werth, und muß uns einen Schritt wei-
ter fuͤhren, zu beobachten wie er hiebei verfaͤhrt.
Nicht ſelten uͤberſetzt er den Sleidan geradezu: — zwar etwas
frei, aber er uͤberſetzt; z. B. bei den Verhandlungen des Kaiſers
mit den Fuͤrſten uͤber ihre vorlaͤufige Unterwerfung unter das triden-
tiniſche Concilium: Sleidan lib. XIX, p. 50.
Et Palatinus quidem territatus fuit etiam, nisi morem gere-
ret, ob recentem anni superioris offensionem, uti diximus, cum
vix ea cicatrix coaluisset: Mauricius, qui et socerum landgra-
vium cuperet liberari et nuper admodum esset auctus a Cae-
sare, faciundum aliquid sibi videbat. Itaque cum Caesar eis
prolixe de sua voluntate per internuncios promitteret, et ut
ipsius fidei rem permitterent flagitaret, illi demum octobris die
vigesimo quarto assentiuntur. Reliquae solum erant civitates:
quae magni rem esse periculi videbant submittere se concilii
decretis indifferenter. Cum iis Granvellanus et Hasius diu mul-
tumque agebant; atque interim fama per urbem divulgata fuit,
illos esse praefractos, qui recusarent id quod principes omnes
comprobassent: auditae quoque fuerunt comminationes, futurum
ut acrius multo quam nuper plectantur. Tandem fuit inventa
ratio ut et Caesari satisfieret et ipsis etiam esset cautum. Ete-
nim vocati ad Caesarem, ut ipsi responsa principum corrigant
non suum esse dicunt, et simul scriptum ei tradunt, quo testi-
ficantur quibus ipse conditionibus concilium probent. Caesar,
eorum audito sermone, per Seldium respondet, sibi pergratum
esse quod reliquorum exemplo rem sibi permittant et caeteris
consentiant. Sarpi lib. III, p. 283. Con l’elettor Palatino le
preghiere havevano specie di minacce rispetto alle precedenti
offese perdonate di recente. Verso Mauricio duca di Sasso-
nia erano necessità, per tanti beneficii nuovamente havuti da
Cesare, e perche desiderava liberare il lantgravio suo suo-
cero. Perilche promettendo loro Cesare d’adoperarsi che in
concilio havessero la dovuta sodisfattione e ricercandogli che
si fidassero in lui, finalmente consentirono, e furono se-
guiti dagli ambasciatori dell’ elettore di Brandeburg e da tutti i
prencipi. Le città ricusarono come cosa di gran pericolo il
sottomettersi indifferentemente a tutti i decreti del concilio. Il
Granvela negotiò con gli ambasciatori loro assai e longamente,
trattandogli anco da ostinati a ricusar quello che i prencipi
havevano comprobato, aggiongendo qualche sorte di minacce di
condannargli in somma maggiore che la già pagata: perilche
finalmente furono costrette di condescendere al voler di Cesare,
riservata però cautione per l’osservanza delle promesse. Onde
chiamate alla presenza dell’ imperatore, et interrogate se si con-
formavano alla deliberatione de’ prencipi, risposero che sarebbe
stato troppo ardire il loro a voler correggere la risposta de’
prencipi, e tutti insieme diedero una scrittura contenente le
conditioni con che avrebbono ricevuto il concilio. La scrittura
Päpſte** 18
[274]Sarpi.
fu ricevuta ma non letta, e per nome di Cesare dal suo can-
cellario furono lodati che ad essempio degli altri havessero ri-
messo il tutto all’ imperatore e fidatisi di lui: e l’istesso im-
peratore fece dimostratione d’haverlo molto grato. Così l’una
e l’altra parte voleva esser ingannata.
Gleich bei dieſer Ueberſetzung laͤßt ſich die Bemerkung machen,
daß ſich Sarpi doch nicht ganz getreu an die ihm uͤberlieferte That-
ſache haͤlt. Es wird von Sleidan nicht geſagt, daß Granvella die
Staͤdte bedroht habe: was der Deutſche als ein allgemeines Ge-
ſpraͤch bezeichnet, legt der Italiener dem Miniſter in den Mund;
die Auskunft die man mit den Staͤdten trifft, wird in dem Origi-
nal deutlicher ausgedruͤckt als in der Ueberſetzung. — Wie hier, iſt
es auch in unzaͤhligen andern Stellen.
Dabei wuͤrde jedoch nichts weiter zu bemerken ſeyn: man wuͤrde
ſich nur allezeit zu entſinnen haben, daß man eine etwas willkuͤr-
liche Ueberarbeitung des Sleidan vor ſich hat; wenn nicht dann und
wann noch einige weſentlichere Veraͤnderungen eintraͤten.
Einmal hat Sarpi keinen rechten Begriff von der Reichsverfaſ-
ſung. Er hat eigentlich immer eine Verfaſſung im Sinne welche
aus den drei Staͤnden: Geiſtlichkeit, weltlichen Großen und Staͤd-
ten, beſteht. Nicht ſelten veraͤndert er die Ausdruͤcke ſeines Autors
nach dieſer eigenthuͤmlich irrigen Vorſtellung. Z. B. lib. XX, p.
108 eroͤrtert Sleidan die Stimmen uͤber das Interim in den drei
Collegien: 1. dem churfuͤrſtlichen. Die drei geiſtlichen Churfuͤrſten ſind
dafuͤr, doch nicht die weltlichen: reliqui tres electores non quidem
ejus erant sententiae, Palatinus imprimis et Mauricius, verum
uterque causas habebant cur Caesari non admodum reclamarent;
2. dem Fuͤrſtencollegium: caeteri principes, qui maxima parte sunt
episcopi, eodem modo sicut Moguntinus et collegae respondent;
3. civitatum non ita magna fuit habita ratio. Daraus macht nun
Sarpi (lib. III, p. 300): die geiſtlichen Churfuͤrſten ſagen ihre
Meinung eben wie bei Sleidan. Al parer de’ quali s’accostarono
tutti i vescovi: i prencipi secolari per non offendere Cesare tac-
quero: et a loro esempio gli ambasciatori delle città parlarono
poco, nè di quel poco fu tenuto conto. Was bei Sleidan von
zwei Churfuͤrſten geſagt iſt, wird hier auf alle weltlichen Fuͤrſten
uͤbertragen. Es ſcheint als haͤtten die Biſchoͤfe ihre Stimmen be-
ſonders abgegeben; das ganze Odium wird auf ſie geworfen. Die
hohe Bedeutung die der Reichsfuͤrſtenrath in dieſen Zeiten erlangte, wird
voͤllig verkannt. — Gleich in der oben angefuͤhrten Stelle behauptet
Sarpi, die Fuͤrſten ſeyen dem Gutachten der Churfuͤrſten beigetreten.
In der That aber hatten ſie ſchon ein eigenes abgegeben, welches
von dem churfuͤrſtlichen auf das mannigfaltigſte abwich.
Aber noch wichtiger iſt es, daß Sarpi, indem er die Notizen
die er findet heruͤbernimmt, oder auch anderswoher geſchoͤpfte da-
mit verbindet, excerpirt, uͤberſetzt, daß er dabei ſeine Erzaͤhlung zu-
gleich mit eigenen Bemerkungen durchwebt. Beobachten wir, wel-
cher Art dieſe ſind. Es iſt ganz merkwuͤrdig.
Zum Beiſpiel wiederholt der gute Sleidan — lib. XX, p. 58 —
ohne alles Arg einen Vortrag des Biſchofs von Trient: worin dreier-
[275]Sarpi.
lei gefordert wird: die Wiederherſtellung des Conciliums nach Trient,
die Sendung eines Legaten nach Deutſchland, und eine Beſtimmung
wie es im Falle einer Sedisvacanz gehalten werden ſolle. Woͤrtlich
uͤberſetzt dieß Sarpi; dann aber ſchaltet er eine Bemerkung ein: „der
dritte Punkt“, ſagt er, „wurde hinzugefuͤgt, um den Papſt an ſein
hohes Alter, ſeinen nahen Tod zu erinnern, um ihn dadurch zu groͤ-
ßerer Nachgiebigkeit zu bewegen, denn er werde ja ſeinen Nachkommen
das Mißvergnuͤgen des Kaiſers nicht zum Erbtheile zuruͤcklaſſen wollen.“
In dieſem Style ſind ſeine Bemerkungen uͤberhaupt, ſie ſind
ſaͤmmtlich von Bitterkeit und Galle durchdrungen. „Der Legat be-
rief die Verſammlung und ſagte zuerſt ſeine Meinung; denn der h.
Geiſt, welcher die Legaten nach dem Sinne des Papſtes und die
Biſchoͤfe nach dem Sinne der Legaten zu bewegen pflegt, that auch
dießmal wie er gewohnt iſt.“
Nach Sleidan ſchickt man das Interim nach Rom, „denn es
war doch auch den Proteſtanten darin einiges bewilligt.“ Nach Sarpi
drangen darauf die deutſchen Praͤlaten, „denn“, ſagt er, „von jeher
ſuchen ſie die paͤpſtliche Autoritaͤt in Anſehen zu erhalten, da dieſe al-
lein das Gegengewicht der kaiſerlichen ausmacht, der ſie ohne den
Papſt nicht wuͤrden widerſtehn koͤnnen, beſonders wenn einmal die
Kaiſer nach dem Gebrauch der alten chriſtlichen Kirche ſie zu ihrer
Pflicht noͤthigen und die Mißbraͤuche der ſogenannten kirchlichen Frei-
heit in Schranken halten wollen.“
Im Allgemeinen ſehen wir wohl, wie ſehr ſich Sarpi von den
bisherigen Compilatoren unterſcheidet. Der Auszug den er macht,
iſt voll von Geiſt und Leben. Dem fremden Material zum Trotz
hat ſein Ausdruck einen leichten, angenehmen und gleichmaͤßigen
Fluß. Man bemerkt es nicht, wo er von einem Autor zu einem
andern uͤbergeht. Aber damit iſt freilich auch verbunden, daß ſeine
Darſtellung die Farbe ſeiner Stimmung traͤgt, der ſyſtematiſchen
Oppoſition, des Widerwillens oder des Haſſes gegen den roͤmiſchen
Hof. Um ſo groͤßern Eindruck bringt ſie hervor.
Aber, wie wir ſahen, Paul Sarpi hatte noch ganz andere Ma-
terialien als gedruckte Autoren. Bei weitem der wichtigere Theil
ſeines Buches iſt, was er aus dieſen ſchoͤpfte.
Er ſelbſt unterſcheidet die interconciliaren und vorbereitenden
Ereigniſſe von der eigentlichen Geſchichte des Conciliums. Er ſagt,
er wolle jene mehr in Form eines Jahrbuchs, dieſe mehr in Form
eines Tagebuchs behandeln. Ein anderer Unterſchied iſt, daß er fuͤr
jene ſich großentheils an die gelaͤufigen und wohlbekannten Schrift-
ſteller gehalten, fuͤr dieſe dagegen aus neuen und eigenen Docu-
menten geſchoͤpft hat.
Es fragt ſich zunaͤchſt, welcher Art dieſe ſind.
Da moͤchte ich nun nicht glauben, daß es im Einzelnen viel
waͤre, was er von Maͤnnern wie jener Secretaͤr des erſten Lega-
ten an dem Concilium, Oliva, oder von dem franzoͤſiſchen Geſand-
ten Ferrier in Venedig, der auch am Concilium geweſen war, er-
halten konnte — eben in Hinſicht Olivas begeht Sarpi einen ſtarken
Fehler: er laͤßt ihn das Concilium eher verlaſſen, als dieß geſchehen
iſt — die franzoͤſiſchen Acten wurden gar bald gedruckt; die Einwirkung
18*
[276]Sarpi.
dieſer Maͤnner, die zu den Mißvergnuͤgten gehoͤrten, wird darin be-
ſtehn, daß ſie den Widerwillen, den P. Sarpi gegen das Conci-
lium empfand, verſtaͤrkten. Die eigentlichen Actenſtuͤcke boten ihm
dagegen die venezianiſchen Sammlungen in großer Fuͤlle dar: Briefe
der Legaten, wie Monte’s, geheimer Geſchaͤftstraͤger, wie Viscontis;
Nachrichten von Nuntien, wie Chieregatos; ausfuͤhrliche Tagebuͤcher
die am Concilium gehalten worden; Lettere d’Aviſi, und unzaͤhlige an-
dere mehr oder minder authentiſche Denkmale. Er war hierin ſo
gluͤcklich, daß er Schriften benutzt hat die ſeitdem nie wieder zum Vor-
ſchein gekommen ſind, die Pallavicini, trotz der großartigen Unter-
ſtuͤtzung die er fand, ſich doch nicht zu verſchaffen wußte: fuͤr welche
die forſchende Hiſtorie allezeit auf ſein Werk angewieſen ſeyn wird.
Nur entſteht nun die neue Frage, wie er ſie benutzt hat.
Zum Theil hat er ſie ohne Zweifel mit leichter Ueberarbei-
tung geradezu heruͤbergenommen. Courayer verſichert, er habe eine
handſchriftliche Relation uͤber die Congregationen des Jahres 1563
in Haͤnden gehabt, die von Sarpi benutzt und beinahe copirt wor-
den, „que notre historien a consultée et presque copiée mot
par mot.“
In meinen Haͤnden iſt eine handſchriftliche Historia del s. con-
cilio di Trento scritta per M. Antonio Milledonne, secr. Vene-
ziano — welche auch Foscarini (Lett. Venez. I, p. 351) und Mend-
ham kennen — von einem gleichzeitigen, ſehr wohl unterrichteten Autor,
trotz aller Kuͤrze fuͤr die ſpaͤtern Sitzungen des Conciliums keines-
wegs unerheblich.
Ich finde nun, daß Sarpi ſie zuweilen woͤrtlich aufgenommen
hat. Z. B. Milledonne: Il senato di Norimbergo rispose al
nontio Delfino, che non era per partirsi dalla confessione Augu-
stana, e che non accettava il concilio, come quello che non
aveva le conditioni ricercate da’ protestanti. Simil risposta fe-
cero li senati di Argentina e Francfort al medesimo nontio Del-
fino. Il senato di Augusta e quello di Olma risposero, che
non potevano separarsi dalli altri che tenevano la confessione
Augustana.
Sarpi p. 450. Il noncio Delfino nel ritorno espose il suo
carico in diverse città. Dal senato di Norimberg hebbe rispo-
sta, che non era per partirsi dalla confessione Augustana, e che
non accetterà il concilio, come quello che non haveva condi-
tioini ricercate da’ protestanti. Simili risposte gli fecero li se-
nat d’Argentina e di Francfort. Il senato d’Augusta e quello
d’Olma risposero, che non potevano separarsi dagli altri che
tengono la lor confessione.
Nur da folgt Sarpi nicht nach, wo Milledonne ins Loben ge-
raͤth, wenn es auch ganz unverfaͤnglich waͤre.
Milledonne: Il cl Gonzaga prattico di negotii di stato per
aver governato il ducato di Mantova molti anni doppo la morte
del duca suo fratello fino che li nepoti erano sotto tutela, gen-
tiluomo di bell’ aspetto, di buona creanza, libero e schietto nel
parlare, di buona mente, inclinato al bene. Seripando era Na-
politano, arcivescovo di Salerno, frate eremitano, grandissimo
[277]Sarpi.
teologo, persona di ottima coscienza e di singolar bontà, desi-
deroso del bene universale della christianità.
Sarpi iſt uͤber dieſe Maͤnner viel karger. Destinò al conci-
lio, ſagt er z. B. p. 456, fra Girolamo, Cl Seripando, theo-
logo di molta fama; das iſt ihm genug.
Die Briefe Viscontis, welche Sarpi vor ſich hatte, ſind ſpaͤter-
hin gedruckt worden, und bei der erſten Vergleichung erſehen wir, daß
er ſich ihnen hie und da ſehr genau anſchloß. Ein Beiſpiel ſey Vis-
conti lettres et négotiations tom. II, p. 174. Ci sono poi stati
alcuni Spagnuoli, li quali parlando dell’ istituzione de’vescovi e
della residenza havevano havuto ordine di affirmare queste opi-
nioni per vere come li precetti del decalogo. Segovia seguì
in queste due materie l’opinione di Granata, dicendo ch’era ve-
rità espressa la residenza ed istituzione delli vescovi essere de
jure divino e che niuno la poteva negare, soggiungendo che
tanto più si dovea fare tal dichiarazione per dannare l’opinione
de gli heretici che tenevano il contrario. Guadice, Aliffi e Mon-
temarano con molti altri prelati Spagnuoli hanno aderito all’
opinione di Granata e di Segovia; ma piacque al signore dio che
si fecero all’ ultimo di buona risoluzione.
Sarpi VIII, 753. Granata disse, esser cosa indegna haver
tanto tempo deriso li padri trattando del fondamento dell’ in-
stituzione de’ vescovi e poi adesso tralasciandola, e ne ricercò
la dichiarazione de jure divino, dicendo maravegliarsi perche
non si dichiarasse un tal punto verissimo et infallibile. Ag-
gionse che si dovevano prohibire come heretici tutti quei libri
che dicevano il contrario. Al qual parer adherì Segovia, af-
fermando che era espressa verità che nissuno poteva negarla,
e si doveva dichiarare per dannare l’openione degli heretici che
tenevano il contrario. Seguivano anco Guadice, Aliffe et Monte
Marano con gli altri prelati Spagnuoli, de’ quali alcuni dissero,
la loro openione esser così vera come li precetti del decalogo.
Man ſieht, Sarpi iſt nicht ein gewoͤhnlicher Abſchreiber; je
weiter man ihn mit ſeiner Quelle vergleicht, deſto mehr wird man
inne, wie gut er es verſteht den Zuſammenhang zu ergaͤnzen, den
Ausdruck durch eine leichte Wendung zu heben; — aber zugleich
iſt auch ſein Bemuͤhen augenſcheinlich, den Eindruck zu Ungunſten
des Conciliums zu verſtaͤrken.
Wie das ſich auch nicht anders denken laͤßt, er behandelt das
Ungedruckte eben wie das Gedruckte.
Es verſteht ſich aber, daß das zuweilen von vielem Ein-
fluß auf die Auffaſſung der Thatſachen iſt, wie ſich unter andern
bei der Darſtellung des wichtigſten unſrer deutſchen Religionsge-
ſpraͤche, von Regensburg 1541, ergibt.
Er hielt ſich da zunaͤchſt wieder an Sleidan: auch hatte er ohne
Zweifel den Bericht vor Augen, welchen Bucer uͤber dieſes Geſpraͤch
erſtattet hat.
In der Benutzung dieſer deutſchen Quellen begeht er den ſchon
beruͤhrten Fehler aufs neue. Die Staͤnde gaben an dieſem Reichs-
tage dem Kaiſer zwei Mal eine Antwort auf ſeine Antraͤge ein. Beide
[278]Sarpi.
Male waren ſie ſelbſt uneinig. Das churfuͤrſtliche Collegium war
fuͤr die Intentionen des Kaiſers, das fuͤrſtliche dagegen. Doch war
der Unterſchied, daß die Fuͤrſten das erſte Mal nachgaben, das
zweite Mal jedoch nicht; dann reichten ſie eine abweichende Ant-
wort ein.
Sleidan ſucht den Widerſpruch des fuͤrſtlichen Collegiums dadurch
zu erklaͤren, daß er bemerkt, es ſeyen ſo viele Biſchoͤfe darin gewe-
ſen: ein fuͤr die Reichsverfaſſung allerdings ſehr wichtiger Punkt.
Sarpi verwiſcht aber das Weſentliche ganz, indem er dabei bleibt,
das Fuͤrſtencollegium geradezu Biſchoͤfe zu nennen. Er ſagt bei der
erſten Antwort: I vescovi rifiutarono; bei der zweiten: i ve-
scovi con alcuni pochi principi cattolici; was denn, wie geſagt,
die Anſicht der Reichsverfaſſung durchaus verunſtaltet.
Wir wollen indeß hiebei nicht ſtehn bleiben. Die Hauptſache
iſt, wie er die ihm eigenthuͤmlichen geheimern Quellen benutzt, von
denen er glauben durfte, daß ſie noch eine geraume Zeit unbekannt
bleiben wuͤrden.
Fuͤr die Geſchichte dieſes Reichstages hatte er die Inſtruction
Contarinis, die der Cardinal Quirini ſpaͤterhin eben auch aus einem
venezianiſchen MS hat drucken laſſen.
Da bemerken wir nun zuerſt, daß er das was er in der In-
ſtruction fand, bald hier bald da in die Unterredungen verflicht,
welche der Legat mit dem Kaiſer gehalten habe.
Z. E. heißt es in der Inſtruction: Eos articulos in quibus in-
ter se convenire non possunt, ad nos remittant, qui in fide boni
pastoris et universalis pontificis dabimus operam ut per univer-
sale concilium vel per aliquam viam aequivalentem non praeci-
pitanter, sed mature et quemadmodum res tanti momenti exigit,
finis his controversiis imponatur, et remedium quod his malis
adhibendum est quam diutissime perdurare possit.
Sarpi laͤßt Contarini fordern: ogni cosa si mandasse al papa,
il qual prometteva in fede di buon pastore et universal ponte-
fice di fare che il tutto fosse determinato per un concilio gene-
rale o per altra via equivalente con sincerità e con nissun af-
fetto humano, non con precipitio, ma maturamente.
Die Inſtruction faͤhrt an einer andern Stelle fort: Si quidem
ab initio pontificatus nostri, ut facilius hoc religionis dissidium
in pristinam concordiam reduceretur, primum christianos prin-
cipes ad veram pacem et concordiam per literas et nuntios no-
stros saepissime hortati sumus, — mox ob hanc eandem cau-
sam concilium generale — — christianis regibus et principibus
etiam per proprios nuntios significavimus, — — multaque in Ger-
mania religionis causa non ea qua decuit auctoritatem nostram,
ad quam religionis judicium cognitio et examen spectat, reve-
rentia tractari et fieri non absque gravi dolore animi intellexi-
mus, tum temporum conditione moti, tum Caesareae et regiae
majestatum vel earum oratorum pollicitationibus persuasi quod
ea quae hic fiebant boni alicujus inde secuturi causa fierent,
partim patientes tulimus etc.
Sarpi fuͤgt hinzu: Sicome la Stà S. nel principio del ponti-
[279]Sarpi.
ficato per questo medesimo fine haveva mandato lettere e nun-
tii a prencipi per celebrar il concilio, e poi intimatolo, e mandato
al luogo i suoi legati, e che se haveva sopportato che in Ger-
mania si havesse parlato tante volte della cose della religione
con poca riverentia dell’ autorità sua, alla quale sola spetta
trattarle, l’haveva fatto per essergli dalle Mtà S. data intentione
e promesso che cio si faceva per bene.
Genug es iſt offenbar, daß die Erklaͤrungen, welche Sarpi dem
Contarini in den Mund legt, geradezu aus der Inſtruction deſſelben
entnommen ſind; und wenn man nun einmal weiß woran man iſt,
ſo wird man das leicht entſchuldigen. Jedoch zu leugnen iſt auch
nicht, daß die Wahrheit bei dieſem Verfahren zuweilen ins Gedraͤnge
kommt. Der Legat bekam bei dem taͤglichen Wechſel der Ereigniſſe
veraͤnderte Inſtructionen; Gruͤnde, welche darauf berechnet waren,
daß nur die unvertragenen Punkte nach Rom geſchickt wuͤrden,
laͤßt ihn der Autor in einer Zeit vortragen, wo man in Rom be-
reits forderte, daß er alles, auch die Punkte uͤber die man ſchon uͤber-
eingekommen, der Begutachtung des roͤmiſchen Hofes anheimſtellen
ſolle.
Dieſer erſten Abweichung, daß der Autor Worte der Inſtruction
auf einen Fall anwendet auf den ſie nicht berechnet waren, fuͤgt er aber
auch noch wichtigere hinzu.
Der Papſt erklaͤrt ſich in der Inſtruction beſonders gegen ein
Nationalconcilium: — — Majestati Caesareae in memoriam redi-
gas, quantopere concilium illud sit semper detestata, cum alibi
tum Bononiae palam diceret nihil aeque perniciosum fore et apo-
stolicae et imperiali dignitatibus quam Germanorum nationale
concilium, illi nulla meliore via quam per generale concilium
obviam iri posse confiteretur: quin imo etiam S. M. post Ratis-
bonensem dietam anno dni 1532 habitam pro sua singulari pru-
dentia omni studio semper egit ne qua imperialis dieta hactenus
sit celebrata ac ex ea occasione ad concilium nationale deveni-
retur.
Woͤrtlich fuͤhrt dieß auch Sarpi und zwar als aus der In-
ſtruction genommen an; jedoch mit einem merkwuͤrdigen Zuſatz. Che
raccordasse all’imperatore quanto egli medesimo havesse de-
testato il concilio nationale essendo in Bologna, conoscendolo
pernicioso all’ autorità imperiale: poiche i sudditi preso animo
dal vedersi concessa potestà di mutare le cose della religione
pensarebbono ancora a mutare lo stato: e che S. M. dopo il 1532
non volse mai più celebrare in sua presenza dieta imperiale per
non dar occasione di domandar concilio nationale.
Wer ſollte nicht glauben, daß der Kaiſer den Gedanken, eine
Nation veraͤndere leicht ihre Regierungsform, wenn ſie ihre Religion
einmal aͤndere, ſelbſt geaͤußert habe? Ich kann das aber dem Au-
tor nicht auf ſein Wort glauben. In der Inſtruction findet ſich
nichts davon. Es iſt ein Gedanke der erſt nach den Begebenheiten
der ſpaͤtern Zeit der Welt gelaͤufig wurde.
Ich denke nicht daß mein Verfahren zu kleinlich erſcheine.
Was will man machen um heraus zu bekommen ob Jemand die Wahr-
[280]Sarpi.
heit ſagt, als daß man ihn mit den Quellen vergleicht die er vor
ſich gehabt hat.
Ich finde noch eine Abweichung, ſtaͤrker als die uͤbrigen.
Gleich in der erſten Unterredung, die er zwiſchen Contarini und
dem Kaiſer anſetzt, flicht er die Worte der Inſtruction ein; jene wich-
tigen Worte, auf die auch wir uns bezogen haben.
Der Papſt entſchuldigt ſich, daß er dem Cardinal nicht eine ſo
ausgedehnte Vollmacht gegeben habe, wie Kaiſer und Koͤnig dieſelbe
gewuͤnſcht: primum quia videndum imprimis est, an protestan-
tes — — in principiis nobiscum conveniant, cujusmodi est hu-
jus sanctae sedis primatus tanquam a deo et salvatore nostro in-
stitutus, sacros. ecclesiae sacramenta, et alia quaedam quae tum
sacrarum literarum auctoritate tum universalis ecclesiae perpe-
tua observatione hactenus observata et comprobata fuere et tibi
nota esse bene scimus: quibus statim initio admissis omnis su-
per aliis controversiis concordia tentaretur.
Sarpi laͤßt Contarini ſagen: che S. Stà gli aveva data ogni
potestà di concordare con protestanti, purche essi ammettino i
principii, che sono il primato della sede apostolica instituito da
Christo, et i sacramenti sicome sono insegnati nella chiesa Ro-
mana, ele altre cose determinate nella bolla di Leone,
offerendosi nelle altre cose di dar ogni sodisfattione alla Ger-
mania.
Man ſieht welch ein Unterſchied dieß iſt. In der Unbeſtimmt-
heit der paͤpſtlichen Worte lag die ganze Moͤglichkeit eines guten Er-
folges: die Zuſammenkunft wuͤrde gar keinen denkbaren Zweck gehabt
haben, haͤtte man dieſe Ausſicht nicht gelaſſen; bei Sarpi faͤllt die-
ſelbe eigentlich doch durchaus weg. Der Papſt will nicht „quaedam
quae tibi nota esse bene scimus“, er fordert die Anerkenntniß der
Beſtimmung der Bulle Leos X, d. i. die Verdammung lutheriſcher
Lehren. Eine voͤllig unausfuͤhrbare Sache.
Ueberhaupt will Sarpi nicht anerkennen, daß der paͤpſtliche Stuhl
irgend eine Art von Nachgiebigkeit bewieſen habe. Contarini muß
bei ihm die paͤpſtliche Autoritaͤt in den haͤrteſten Formen verfechten.
Bei Sarpi beginnt er gleich damit, „der Papſt koͤnne die Befug-
niß zweifelhaſte Glaubensmeinungen zu entſcheiden ſchlechthin Nie-
mand mittheilen: ihm allein ſey das Privilegium gegeben nicht zu ir-
ren; in den Worten: Ego rogavi pro te Petre.“ Dinge von de-
nen ſich in der Inſtruction wenigſtens kein Wort findet.
Denn uͤberhaupt ſah Sarpi das Papſtthum in dem Lichte ſeiner
Zeit an. Nachdem die Reſtauration ſich vollzogen, war es bei wei-
tem gewaltſamer, inflexibler geworden, als es in den Tagen der Ge-
fahr und Bedraͤngniß geweſen. Aber in dieſer Fuͤlle von Macht und
ungebrochenem Selbſtgefuͤhl ſtand es Sarpi vor Augen. Was er
erlebte und fuͤhlte, trug er dann auch in die fruͤhern Zeiten uͤber. Alle
Nachrichten und Documente die er fand, ſey es gedruckt oder unge-
druckt, legte er in dieſem Sinne aus, der ihm ſo natuͤrlich war und
auf der Stellung ſeiner Vaterſtadt, ſeiner Partei in derſelben, auf
ſeiner perſoͤnlichen Stellung beruhte.
Wir haben noch ein anderes Geſchichtswerk von Paul Sarpi,
[281]Sarpi.
uͤber die venezianiſch-roͤmiſchen Irrungen von 1606: Historia parti-
colare delle cose passate tra’l summo pontefice Paolo V e la
serma repa di Venetia, Lion 1624; das im Ganzen in verwand-
tem Sinne geſchrieben iſt. Meiſterhaft in der Darſtellung, im Gan-
zen wahrhaft, aber doch eine Parteiſchrift. Von der Spaltung der
Venezianer unter einander, die bei dieſer Gelegenheit ausbrach und
einen ſo wichtigen Moment der innern Geſchichte ausmacht, finden
wir bei Sarpi wenig oder nichts. Bei ihm iſt es, als herrſche nur
Eine Meinung. Er ſpricht immer von dem Princeps: ſo bezeichnet
er die venezianiſche Staatsgewalt. Dieſe Fiction geſtattet dann nicht,
daß er zu einer eingehenden Darſtellung der innern Verhaͤltniſſe ge-
langte. Leichten Fußes ſchluͤpft er uͤber die Dinge hin, welche min-
der ehrenvoll fuͤr Venedig ſind; z. B. uͤber jene Auslieferung der
Gefangenen; gleich als wuͤßte er nicht, weshalb ſie erſt dem Geſand-
ten und dann mit andern Worten dem Cardinal uͤbergeben wurden.
Auch erwaͤhnt er nicht, daß die Spanier fuͤr die Ausſchließung der
Jeſuiten waren. Er hat ihnen beiden einen unverſoͤhnlichen Haß ge-
widmet, und will nicht wiſſen, daß ihre Intereſſen hier auseinander
gingen.
So iſt es nun auch ungefaͤhr mit der Geſchichte des Conciliums.
Die Quellen ſind fleißig zuſammengebracht, — ſehr wohl uͤberarbeitet,
mit uͤberlegenem Verſtande benutzt; — auch koͤnnte man nicht ſagen,
daß ſie verfaͤlſcht, daß ſie haͤufig und weſentlich verunſtaltet waͤren;
— aber die Bearbeitung iſt im Geiſte einer entſchiedenen Oppoſition
gemacht.
Hiedurch brach Sarpi aufs neue nach einer andern Seite hin
Bahn. Jenem compilatoriſchen Weſen gab er die Einheit der allge-
meinen Tendenz; ſeine Arbeit iſt mißbilligend, verwerfend, feindſelig:
das erſte Beiſpiel einer Geſchichte, welche die ganze Entwickelung ihres
Gegenſtandes mit unaufhoͤrlichem Tadel begleitet: weit entſchiedener
als etwa Thuanus, der nur erſt an dieſe Methode ſtreift; hierin hat
denn Sarpi unzaͤhlige Nachfolger gefunden.
Istoria del concilio di Trento scritta dal padre Sforza Pal-
lavicino della compagnia di Gesu. 1664.
Ein Buch wie die Geſchichte des Sarpi, ſo reich ausgeſtattet
mit bisher niemals bekannt gewordenem Detail, voll von Geiſt und
Maledicenz, uͤber ein ſo wichtiges Ereigniß, das in ſeinen Fol-
gen die damalige Zeit beherrſchte, mußte nothwendig den groͤß-
ten Eindruck machen. Die erſte Ausgabe war 1619 erſchienen:
bis 1622 erſchien eine lateiniſche Ueberſetzung viermal, uͤberdieß
eine deutſche und eine franzoͤſiſche Ueberſetzung.
Der roͤmiſche Hof dachte um ſo mehr daran ſie widerlegen zu
laſſen, da ſie doch in der That viele Irrthuͤmer enthielt, die einem
Jeden einleuchteten, der die Angelegenheiten dieſer Zeit genauer kannte.
Ein Jeſuit Terentio Alciati, Praͤ[f]ect der Studien im Collegio
Romano, beſchaͤftigte ſich ſofort damit, den Stoff zu einer Wider-
legung, die zugleich ein ausfuͤhrliches Werk waͤre, zuſammen zu brin-
gen; ſein Buch fuͤhrte den Titel: Historiae concilii Tridentini
[282]Pallavicini.
a veritatis hostibus evulgatae elenchus*); ein ungeheures Ma-
terial haͤufte er auf: ehe er es bearbeitet, ſtarb er, 1651.
Der Jeſuitengeneral Goswin Nickel waͤhlte zur Ausarbeitung
deſſelben einen andern ſeiner Ordensbruͤder, der ſchon ein gewiſſes
literariſches Talent bewaͤhrt hatte, Sforza Pallavicini; er machte
ihn frei von andern Geſchaͤften — „wie ein Condottiere einen Sol-
daten“, ſagt Pallavicini ſelbſt, habe ihn der General zu dieſer Ar-
beit angeſtellt.
In drei dicken Quartanten foͤrderte Pallavicini ſeit dem Jahre
1656 dieſe Arbeit ans Licht.
Ein Werk das in der That einen ungeheuren Stoff enthaͤlt,
und fuͤr die Geſchichte des 16ten Jahrhunderts — denn es faͤngt auch
vom Urſprung der Reformation an — von der groͤßten Wichtigkeit iſt.
Die Archive waren dem Autor aufgethan, was die roͤmiſchen Bibliotheken
von Materialien die er brauchen konnte enthielten, war ihm zugaͤng-
lich; nicht allein die Acten des Conciliums auf das ausfuͤhrlichſte,
ſondern auch der Briefwechſel der Legaten mit Rom und eine große
Menge anderer Informationen kamen ihm zu Gute: er iſt weit
entfernt ſeine Quellen zu verſchweigen: er macht eher mit ihren
Titeln auf dem Rande ſeines Buches Parade: es iſt ihrer eine
Unzahl.
Sein vornehmſtes Geſchaͤft iſt nun, Sarpi zu widerlegen. Hin-
ter jedem Bande laͤßt er einen Catalog „der Irrthuͤmer in den That-
ſachen“ folgen, deren er ſeinen Gegner uͤberwieſen zu haben behaup-
tet; er zaͤhlt ihrer 361. Allein unzaͤhlige andere, fuͤgt er hinzu, die
er auch widerlegt habe, ſeyen in dieſen Catalogen gar nicht auf-
gefuͤhrt.
In ſeiner Vorrede ſagt er: „in kleine Scharmuͤtzel werde er
ſich nicht einlaſſen: wer ihn angreifen wolle, moͤge mit ordentlicher
Heeresmacht anruͤcken, und ſein ganzes Buch widerlegen, wie er
Paul Sarpi ganz widerlege.“ Was wollte das fuͤr ein Werk ge-
geben haben. Wir koͤnnen nicht verſucht ſeyn, auf eine aͤhnliche
Weiſe zu verfahren.
Es muß uns genuͤgen, wie geſagt, uns an einigen Beiſpielen
einen Begriff von der Methode des Pallavicini zu bilden.
Da er nun aus ſo vielen geheimen Urkunden ſchoͤpfte, und ei-
gentlich das ganze Buch aus ihnen zuſammenwebte, ſo kommt es
vor allem darauf an, ſich zu vergegenwaͤrtigen, wie er dieſe be-
nutzt hat.
Es wird uns dieß beſonders da moͤglich ſeyn, wo etwa die Ur-
kunden, deren er ſich bediente, nachher gedruckt worden ſind. Auch
iſt es mir gegluͤckt eine ganze Reihe von Documenten einzuſehen,
die niemals gedruckt worden, und die er citirt; es iſt nothwendig,
die Originale mit ſeiner Bearbeitung zu vergleichen.
Ich will dieß in einigen Punkten nach einander thun.
1. Und da iſt nun zuerſt zu bekennen, daß die Inſtructionen
und Papiere, welche Pallavicini vorlagen, von ihm oft ganz genuͤ-
gend excerpirt und benutzt worden ſind. Ich habe z. B. eine In-
ſtruction, welche der ſpaniſche Geſandte im November 1562 erhielt,
[283]Pallavicini.
die Antwort welche ihm der Papſt im Merz 1563 ertheilte, die
neue Inſtruction mit welcher der Papſt ſeinen Nuntius verſah, mit
den Auszuͤgen bei Pallavicini verglichen und ſie im Ganzen durchaus
uͤbereinſtimmend gefunden. — Pall. XX, 10. XXIV, 1. Er hat
ſich ſeines Rechtes bedient, wenn er einige Umſtellungen vorgenommen
hat, die der Wahrheit keinen Eintrag thun. Es iſt wohl wahr, daß er
einige ſtarke Ausdruͤcke mildert, z. B. wenn der Papſt ſagt: er habe
das Concilium nur im Vertrauen auf den Beiſtand des Koͤnigs wieder
eroͤffnet, in der Meinung, der Koͤnig werde ſein rechter Arm ſeyn und
ihm in allen ſeinen Gedanken und Handlungen ein Wegweiſer und
Anfuͤhrer ſeyn — il fondamento che facessimo nella promessa di
S. Mtà e de’ suoi ministri di doverci assistere ci fece entrare
arditamente nell’ impresa, pensando di avere S. Mtà per nostro
braccio dritto e che avesse a esserci guida o conduttiero in ogni
nostra azione e pensiero, — laͤßt er ihn nur ſagen, er wuͤrde das
Concilium nicht wieder eroͤffnet haben, wenn er nicht das Vertrauen
gehegt haͤtte, der Koͤnig werde ſein Arm und ſein Anfuͤhrer ſeyn. Da
indeß hiebei doch die Subſtanz bleibt, ſo kann das keinen Tadel be-
gruͤnden. Bei der Sendung Viscontis nach Spanien und eines an-
dern Geſandten an den Kaiſer meint Sarpi (VIII, 61), ihr Auf-
trag eine Zuſammenkunft vorzuſchlagen ſey wohl nur ſcheinbar ge-
weſen; allein dieß iſt eine allzu feine Vermuthung: der Antrag auf
einen Congreß, oder eine Conferenz, wie man damals ſagte, iſt einer
von den Punkten auf die in der Inſtruction am meiſten gedrungen
wird. Pallavicini hat ohne Zweifel Recht indem er darauf beſteht.
2. Nicht immer aber iſt Pallavicini der beſſer unterrichtete.
Wenn Sarpi erzaͤhlt, Paul III. habe bei der Zuſammenkunft von
Buſſeto Kaiſer Carl dem V. den Antrag gemacht, ſeinem Enkel, der
mit einer natuͤrlichen Tochter des Kaiſers verheirathet war, Mailand
zu verleihen, ſo wendet Pallavicini ein ganzes Capitel daran ihn zu
widerlegen. Er will den Geſchichtſchreibern nicht glauben, in denen
dieß auch ſonſt vorkommt. „Wie haͤtte denn“, ruft er aus, „der Papſt
wagen koͤnnen dem Kaiſer Briefe in einem Tone zu ſchreiben wie
er ſie geſchrieben hat?“ Con qual petto avrebbe ardito di scrivere
a Carlo lettere così risentite. Der Kaiſer haͤtte ihm ja unver-
ſchaͤmte Verſtellung (simulatione sfacciata) vorwerfen koͤnnen. Da
Pallavicini ſo heftig wird, ſo muß man wohl glauben, daß er hier
bona fide ſchreibt. Nichts deſto minder hat die Sache ihre Richtig-
keit, wie ſie Sarpi erzaͤhlt. Aus den Depeſchen des florentiniſchen
Geſandten (Dispaccio Guicciardini 26 Giugno 1543) geht das un-
widerſprechlich hervor.
In einem handſchriftlichen Leben des Vaſto finden ſich daruͤber
noch ausfuͤhrlichere Details. Wir werden einen Discorſo des Car-
dinal Carpi erwaͤhnen, der eben dahin zielt. Ja noch im Jahre
1547 hatte der Papſt dieſen Gedanken nicht fahren laſſen. Le car-
dinal de Bologne au roi Henry II bei Ribier II, 9. L’un —
le pape — demande Milan, qu’il jamais n’aura, l’autre — l’em-
pereur — 400000 sc., qu’il n’aura sans rendre Milan. Deſſen-
ungeachtet ſchrieb Papſt Paul III. jene Briefe.
3. Aber die Frage entſteht, ob Pallavicini in der Regel nur
[284]Pallavicini.
bona fide irret. Nicht allenthalben moͤchte dieß der Fall ſeyn. Es fin-
det ſich zuweilen, daß ſeine Documente nicht ſo rechtglaͤubig und
katholiſch ſind wie er ſelber. Waͤhrend die Angelegenheiten noch im
Gange waren und alle Seiten ihres Daſeyns, alle Moͤglichkeiten ei-
ner andern Entwickelung darſtellten, konnte man ſie nicht ſo ſtreng
anſehen wie ſpaͤterhin, nachdem ſich alles wieder feſtgeſtellt hatte. Einen
Vertrag wie der Religionsfriede war, konnte die Rechtglaͤubigkeit des
17. Jahrhunderts nimmermehr billigen; Pallavicini beklagt die „de-
trimenti gravissimi“ die er dem roͤmiſchen Stuhle zugefuͤgt, — er
vergleicht ihn mit einer Palliativcur, welche nur eine gefaͤhrlichere Criſis
hervorbringe. Demohnerachtet fand er uͤber denſelben die Relation
eines Nuntius, welcher ſeine Nothwendigkeit einſah. Es war der
Biſchof Delfino von Lieſina. Pallavicini fuͤhrt die Relation an,
welche dieſer Biſchof an den Cardinal Carafſa abgeſtattet hatte, und
benutzt ſie in der That. Wie aber thut er dieß?
Alle die Gruͤnde, mit welchen Delfino die innere Nothwendig-
keit dieſer Abkunft beweiſt, verwandelt er in Entſchuldigungsgruͤnde
die Ferdinand fuͤr ſich anfuͤhre.
Der Nuntius ſagt: In dieſer Zeit war kein Fuͤrſt und keine
Stadt die nicht mit ihrem Nachbar Haͤndel gehabt haͤtte — er
nennt ſie: — das Land ging zu Grunde, — gleichſam von einem
Gegenreichstag ſchrieben Brandenburg, Heſſen und Sachſen von
Naumburg, ſie wollten ſich vereinigt halten, — der Koͤnig hatte den
Kaiſer gebeten, lieber Frieden mit Frankreich zu machen und auf
Deutſchland ſein Augenmerk zu richten; doch ſchlug er es ab, — in der
Mitte von ſo viel Unheil kamen die Staͤnde zuſammen, — der Koͤ-
nig beſtaͤtigte nun die Punkte, uͤber welche beide Theile ſich verei-
nigt hatten: ſo freudig haben ſie das gethan (sì allegramente) daß
es ſeit Maximilian niemals in Deutſchland ſo ruhig geweſen iſt
wie jetzt.
Alles dieß beruͤhrt nun auch Pallavicini (l. XIII, c. 13); aber
wie ſehr geſchwaͤcht wird es dadurch daß er es einem Fuͤrſten in den
Mund legt, der ſich nur entſchuldigen will.
Scusavasi egli di cio con addurre che haveva richiesto d’or-
dini specificati, l’imperatore confortandolo alla pace di Francia, —
— ed havergli ricordato esser questa l’unica arme per franger
l’orgoglio de’ protestanti etc. — man halte gegen dieſe geſchraub-
ten Ausdruͤcke die Worte Delfinos: Il sermo re vedendo questi
andamenti (die religioͤſen Entzweiungen) scrisse a S. Mtà Cesa-
rea esortandola alla pace col christianissimo accioche ella possa
attendere alle cose di Germania e farsi ubedire etc.
Es iſt ohne Zweifel eine ſtarke und bei einem Buche das ſich
der Urkundlichkeit ſo ſehr ruͤhmt, nicht zu duldende Abweichung, daß
der Autor die Erzaͤhlung eines Nuntius zur Entſchuldigung des Fuͤrſten
macht: aber das Schlimmſte iſt, daß dadurch die reine Anſicht der
Begebenheit verdunkelt wird.
Ueberhaupt iſt die ganze Urkunde gebraucht, aus dem Styl des
ſechzehnten in den Styl des ſiebzehnten Jahrhunderts uͤberſetzt, aber
gemißbraucht.
4. Bleiben wir bei den Verhaͤltniſſen des Papſtes zu Ferdi-
[285]Pallavicini.
nand I. ſtehn, ſo finden wir noch einige andere Bemerkungen zu
machen. Man weiß, daß unſer Kaiſer auf eine Reform drang, die
dem Papſte nicht ſehr angenehm war. In den erſten Monaten des
Jahres 1563 ſchickte Pius zweimal ſeine Nuntien, erſt Commen-
done, dann Morone, nach Insbruck, wo der Kaiſer ſich damals
aufhielt, um ihn von ſeiner Oppoſition abzubringen. Sehr merk-
wuͤrdige Sendungen, fuͤr das Concilium von großem Erfolg. Es
iſt intereſſant zu beobachten, wie Pallavicini (XX, 4) von den-
ſelben Bericht erſtattet. Wir haben Commendones Relation 19. Fe-
bruar 1563, die auch er vor Augen hatte.
Da iſt nun zuerſt zu bemerken, daß er die Ausdruͤcke deren man
ſich an dem kaiſerlichen Hofe bediente, die Ausſichten die man da
faßte, unendlich ſchwaͤcht. Von der Vereinigung, in der damals der
Kaiſer mit den Franzoſen und dem Cardinal von Lothringen ſtand,
laͤßt er Commendone ſagen: rendersi credibile che scambievolmente
si confirmerebbono nel parer e si prometterebbono ajuto nell’
operare: es werde glaublich, daß ſie ſich in ihrer Meinung mit ein-
ander vergleichen und ſich auch in ihren Unternehmungen Huͤlfe lei-
ſten wuͤrden. Ganz anders druͤckt ſich Commendone aus. Am kai-
ſerlichen Hofe dachte man nicht allein die Reform mit den Franzo-
ſen gemeinſchaftlich nachzuſuchen: pare che pensino trovar modo e
forma di haver più parte et autorità nel presente concilio per
stabilire in esso tutte le loro petitioni giuntamente con Fran-
cesi.
Vieles andere aber laͤßt Pallavicini geradezu weg. Am kaiſerlichen
Hofe war man der Meinung, mit etwas mehr Nachgiebigkeit und ernſt-
licher Reform haͤtte man vieles bei den Proteſtanten ausrichten koͤnnen.
La somma è che a me pare di haver veduto non pur in S. Mtà ma
nelli principali ministri, come Trausen e Seldio, un ardentissimo
desiderio della riforma e del progresso del concilio con una gran
speranza quod remettendo aliquid de jure positivo et reformando
mores et disciplinam ecclesiasticam non solo si possono conser-
vare li cattolici ma guadagnare e ridurre degli heretici, con una
opinione et impressione pur troppo forte che qui siano molti
che non vogliano riforma. Ich will nicht unterſuchen, wer die
Proteſtanten ſeyn mochten, von denen im Falle ordentlicher Re-
formen eine Ruͤckkehr zum Katholicismus zu erwarten geweſen
waͤre, allein viel zu anzuͤglich ſind dieſe Reden dem Hofpraͤlaten, als
daß er ſie mittheilen ſollte. „Man ſprach von den Schwierigkeiten,
die man in dem Concilium finde: Seld antwortete kurz: Opor-
tuisset ab initio sequi sana consilia.“ Die Klagen uͤber die Schwie-
rigkeiten erwaͤhnt auch Pallavicini, die Antwort verſchweigt er.
Dafuͤr aber theilt er einen Ausſpruch des Kanzlers zu Gunſten
der Jeſuiten in extenso mit.
Genug er verweilt bei dem was ihm angenehm iſt, was ihm
und der Curie unbequem ſeyn moͤchte ignorirt er.
5. Es kann nicht fehlen, daß das nicht fuͤr die Anſicht des
Gegenſtandes nachtheilig werden ſollte.
Z. B. noch in dem Jahre 1547 gaben die Spanier einige Re-
formationsartikel ein, die unter dem Namen der Cenſuren bekannt ſind.
[286]Pallavicini.
Kurz darauf erfolgte die Translation des Conciliums, und es kann
keine Frage ſeyn, daß die Cenſuren darauf ſehr viel Einfluß hatten.
Es war allerdings von der groͤßten Bedeutung, daß die unmittelbaren
Anhaͤnger Kaiſer Carls in dem Momente daß er ſiegreich war, ſo
ungemeine Forderungen aufſtellten. Sarpi hat ſie in alle ihrer Aus-
dehnung, lib. II, p. 262. Auch die Antworten des Papſtes theilt
er kurz darauf mit. Dem Pallavicini aber ſind ſo ungeſtuͤme For-
derungen rechtglaͤubiger Praͤlaten nicht gelegen. Er ſagt, Sarpi er-
zaͤhle da viel, wovon er nichts finden koͤnne; nur finde er eine Ant-
wort die der Papſt auf gewiſſe Reformvorſchlaͤge ertheilt, die von
vielen Vaͤtern gemacht und ihm von dem Praͤſidenten angezeigt wor-
den, lib. IX, c. 9, sopra varie riformazioni proposte da molti
de’ padri. Sie anzufuͤhren huͤtet er ſich wohl. Es koͤnnte ihm bei
der Widerlegung der menſchlichen Beweggruͤnde, welche Sarpi der
Translation unterlegt, ſchaͤdlich werden.
6. In dieſem Verſchweigen, bei Seite liegen laſſen deſſen was
ihm nicht gefaͤllt, iſt er nun ſehr ſtark.
In dem dritten Buche z. B. citirt er ein paar Mal eine veneziani-
ſche Relation von Suriano. Er ſagt von ihr, der Autor verſichere, eine
ausgeſuchte und uͤber allen Zweifel erhabene Kenntniß der Tractaten
zwiſchen Franz und Clemens zu beſitzen, auch denkt er nicht daran
ſie ihm zu beſtreiten (III, c. 12, n. 1): er nimmt Zuͤge, die der-
ſelbe mittheilt, geradezu in ſeine Erzaͤhlung auf, z. B. daß Clemens
Thraͤnen vergoſſen habe vor Schmerz und Unmuth bei der Nachricht
von der Gefangennehmung ſeines Nepoten durch den Kaiſer; — ge-
nug er glaubt an ihn. Auch gibt er vor: dieſer Venezianer ſtehe
mit ſeinem Landsmanne Sarpi in geradem Widerſpruche. Sarpi
nemlich ſagt: Il papa negotiò confederazione col re di Francia,
la quale si concluse e stabilì anco col matrimonio di Henrico
secondogenito regio e di Catharina. Hieruͤber faͤhrt Pallavicini auf.
„Der Papſt,“ ſagt er, „verbuͤndete ſich nicht mit dem Koͤnige, was P.
Soave ſo keck behauptet.“ Er beruft ſich auf Guicciardini und So-
riano. Was ſagt nun Soriano? Weitlaͤuftig deducirt er, wie und wo
die Hinneigung des Papſtes zu den Franzoſen begonnen habe; welch
eine entſchieden politiſche Farbe ſie hatte; endlich ſpricht er auch von
den Unterhandlungen zu Bologna. Da leugnet er nun allerdings, daß
es zu einem eigentlichen Bunde gekommen ſey: allein nur eine ſchrift-
liche Abfaſſung deſſelben leugnet er ab. Di tutti li desiderii (del
re) s’accommodò Clemente con parole tali che gli fanno credere,
S. Stà esser disposta in tutto alle sue voglie, senza però far pro-
visione alcuna in scrittura. Er erzaͤhlt ſpaͤter, daß der Koͤnig auf
die Erfuͤllung der Verſprechungen gedrungen habe, die ihm dort gemacht
worden: S. Mtà chrma dimandò che da S. Stà li fussino osservate
le promesse; — was nach demſelben Autor mit eine Urſache an
dem Tode des Papſtes war. Hier iſt der ſonderbare Fall, wo die
Unwahrheit gewiſſermaßen wahrer iſt als die Wahrheit. Es iſt
kein Zweifel: Sarpi hat Unrecht wenn er ſagt, es ſey ein Buͤnd-
niß geſchloſſen worden: was man ſo nennt, kam nicht zu Stande:
Pallavicini hat Recht wenn er es leugnet; aber im Ganzen trifft
doch Sarpi viel naͤher zur Wahrheit. Es war die engſte Vereini-
[287]Pallavicini.
gung, nur eine muͤndliche, nicht eine ſchriftliche. Aber Pallavicini
ſucht nur ſeinen Gegner zu widerlegen, ohne ein Intereſſe zu ha-
ben die Wahrheit ſelbſt an den Tag zu bringen.
7. Nirgends faͤllt dieß mehr in die Augen als bei jenem Re-
gensburger Colloquium, von dem wir oben ſo ausfuͤhrlich gehandelt ha-
ben. Auch Pallavicini kannte dieſe Inſtruction, wie man leicht er-
achtet; er hielt ſie fuͤr geheimer als ſie wirklich iſt. In der Art aber
wie er ſie behandelt lernen wir ihn vollſtaͤndig kennen. Heftig faͤhrt
er auf Sarpi los: er ſchilt ihn, daß er den Papſt erklaͤren laſſe,
er wolle den Proteſtanten Genugthuung gewaͤhren, wofern ſie nur
in den bereits feſtgeſetzten Punkten des katholiſchen Glaubens mit
ihm uͤbereinſtimmen wuͤrden: che ove i Luterani convenissero ne’
punti già stabiliti della chiesa romana, si offeriva nel resto di
porger ogni sodisfattione alla Germania. Er findet, daß das der
Wahrheit geradezu entgegen ſey. Questo è dirimpetto contrario
al primo capo dell’ instruttione. Wie? das Gegentheil davon waͤre
wahr? In der Inſtruction des Papſtes heißt es: Videndum est
an in principiis nobiscum conveniant, — — quibus admissis
omnis super aliis controversiis concordia tentaretur, und die uͤbri-
gen Worte, die oben angefuͤhrt worden ſind. Es iſt wahr: Sarpi be-
geht hiebei einen Fehler: er reſtringirt den Legaten mehr, als er es
war; er ſagt zu wenig von der Nachgiebigkeit des Papſtes; ſtatt dieß
zu entdecken, wie es denn am Tage liegt, gibt Pallavicini vor, er ſage
zu viel: er wirft ſich da in eine Diſtinction von Glaubensartikeln und
andern, welche in der Bulle nicht gemacht worden; er bringt eine
Menge Dinge herbei, die auch wahr ſind, aber nicht allein wahr,
welche jene Worte, die nun einmal in der Inſtruction ſtehn, nicht
wegfallen machen. In dem Unweſentlichen iſt er genau: das We-
ſentliche verunſtaltet er ganz und gar. Genug Pallavicini betraͤgt
ſich wie ein Advocat, der ſeinen hart angeklagten Clienten in allen
Stuͤcken und durchaus zu vertheidigen unternommen hat. Er ſucht
ihn in das beſte Licht zu ſetzen, er bringt herbei was ihm foͤrderlich
iſt; was ihm nach ſeiner Einbildung ſchaͤdlich ſeyn koͤnnte, laͤßt er
nicht allein weg, ſondern leugnet es geradezu.
Es wuͤrde unmoͤglich ſeyn, ihn in alle den weitlaͤuftigen Dis-
cuſſionen zu begleiten, welche er unternimmt; es iſt ſchon genug wenn
wir einigermaßen ſeine Manier erkannt haben.
Freilich ergibt ſich daraus fuͤr die Geſchichte des Conciliums
nicht das erfreulichſte Reſultat.
Man hat wohl geſagt, aus dieſen beiden Werken zuſammen
ergebe ſich die Wahrheit. Vielleicht ſehr im Ganzen und Allgemei-
nen laͤßt ſich dieß behaupten. Im Einzelnen iſt es nicht der Fall.
Sie weichen beide von der Wahrheit ab: es iſt gewiß, dieſe liegt
in der Mitte: aber durch Conjectur koͤnnte ſie nicht ergriffen werden,
ſie iſt wieder etwas Poſitives, Neues; durch keine Vermittelung der
Parteien, ſondern nur durch Anſchauung des Factums laͤßt ſie ſich
faſſen.
Wie wir geſehen haben — Sarpi ſagt: es ſey ein Bund zu Bolo-
gna geſchloſſen worden: Pallavicini leugnet es; keine Conjectur in
der Welt kann herausbringen, daß der Bund muͤndlich abgeredet,
[288]Sarpi und Pallavicini.
nicht ſchriftlich verfaßt worden war, was denn freilich die Gegen-
ſaͤtze vereinigt.
Die Inſtruction Contarinis verunſtalten ſie beide; ihr Wider-
ſpruch iſt niemals auszugleichen; nur indem man das Original vor
ſich nimmt, tritt die Wahrheit an den Tag.
Sie ſind Geiſter von ganz entgegengeſetzter Natur. Sarpi iſt
ſcharf, penetrirend, boshaft; ſeine Anordnung iſt uͤberaus geſchickt,
ſein Styl iſt rein und ungeſucht, und obwohl ihn die Crusca nicht
in den Catalog der Claſſiker aufnehmen wollen, wahrſcheinlich wegen
einiger Provincialismen die er hat, ſo iſt er doch nach ſo vielem Wort-
gepraͤnge, durch das man ſich anderwaͤrts durchwinden muß, ein wahres
Labſal: ſein Styl faͤllt mit den Sachen ſelbſt zuſammen: in Hinſicht
der Darſtellung iſt er unter den modernen Geſchichtſchreibern von Ita-
lien gewiß der zweite: — ich ſetze ihn unmittelbar nach Machiavelli.
Auch Pallavicini iſt nicht ohne Geiſt: — er macht manchmal ſinn-
reiche Vergleichungen: — er vertheidigt oft nicht ohne Gewandtheit.
Aber ſein Geiſt hat etwas Schwerfaͤlliges, Druͤckendes; es iſt haupt-
ſaͤchlich ein Talent das Phraſen macht und auf Ausfluͤchte denkt:
ſein Styl iſt uͤberfuͤllt mit Worten. Sarpi iſt hell und durchſichtig
bis auf den Grund; Pallavicini nicht ohne Fall und Fluß, aber truͤbe,
breit und im Grunde ſeicht.
Beide ſind von ganzem Herzen parteiiſch; — der wahre Sinn
des Hiſtorikers, den Gegenſtand, das Object in voller Wahrheit zu
ergreifen und an das Licht zu ſchaffen, geht in der That Beiden ab;
Sarpi haͤtte gewiß das Talent, aber er will nun einmal anklagen;
Pallavicini hat das Talent in unendlich geringerm Grade, aber um
jeden Preis will er vertheidigen.
Auch kann man ſelbſt in Beiden zuſammen den Stoff noch nicht
vollſtaͤndig uͤberſehen. Es bleibt immer merkwuͤrdig, daß Sarpi vie-
les hatte was Pallavicini mit alle der großartigen Unterſtuͤtzung die er
fand nicht aufzutreiben gewußt hat. Ich will nur ein Memoire des
Nuntius Chieregato uͤber die Berathſchlagungen am Hofe Hadrians
VI. anfuͤhren, welches ſehr wichtig iſt, und gegen das Pallavicini
Exceptionen macht, die gar nichts bedeuten. Auch uͤbergeht Pallavi-
cini manches aus einer Art von Unfaͤhigkeit. Er ſieht nicht ein, daß
viel darauf ankommt, und ſo laͤßt er es weg. Dagegen mangelten
aber dem Sarpi wieder unzaͤhlige Informationen, welche Pallavicini
hatte: von der Correſpondenz des roͤmiſchen Hofes mit den Legaten
ſah er nur einen kleinen Theil. Seine Fehler kommen meiſtens von
dem Mangel an urkundlichen Berichten her.
Oft haben ſie aber auch Beide wichtige Denkmale nicht gehabt.
Fuͤr die Geſchichte des ganzen letzten Theils des Conciliums iſt eine
kleine Relation des Cardinal Morone, der die entſcheidende Geſandt-
ſchaft an Ferdinand I. verwaltete, hoͤchſt wichtig. Sie blieb von Bei-
den unbenutzt.
Auch muß man nicht glauben, daß Rainaldus oder Le Plat die-
ſen Mangel voͤllig erſetze. Rainaldus excerpirt oft nur den Pallavi-
cini. Le Plat folgt ihm oder Sarpi oft woͤrtlich, und nimmt aus
den lateiniſchen Ueberſetzungen ihrer Werke dasjenige als Denkmal auf
was er ſonſt nicht authentiſcher fand. Er hat weniger Ungedrucktes
als
[289]Sarpi und Pallavicini.
als ſich erwarten ließe. In Mendhams Memoirs of the council of
Trident findet ſich manches Neue und Gute; z. B. finden wir p.
181 einen Auszug aus den Acten des Paleotto, ſogar deſſen Einlei-
tungen, ſelbſt zu einzelnen Seſſionen, wie zur 20ſten; aber es iſt nicht
das gehoͤrige Studium dahintergeſetzt.
Wollte Jemand, was indeß, da dieſe Sachen ihr Intereſſe ſehr
verloren haben, nicht ſo leicht zu erwarten iſt, eine neue Geſchichte
des tridentiniſchen Conciliums unternehmen, ſo muͤßte er ganz von
vorn anfangen. Er muͤßte die eigentlichen Verhandlungen deſſelben,
die Discuſſionen der Congregationen zuſammenbringen, von denen
nur ſehr wenig authentiſch bekannt geworden iſt; er muͤßte ſich auch
die Depeſchen eines oder des andern Geſandten der daſelbſt zugegen
war verſchaffen. Erſt alsdann wuͤrde er den Stoff und die beiden
entgegengeſetzten Bearbeiter voͤllig uͤberſehen koͤnnen. Ein Unterneh-
men, zu dem es jedoch nicht kommen wird, da diejenigen die es
allenfalls vollfuͤhren koͤnnten, es nicht wollen, und die welche es wol-
len, es nicht vermoͤgen.
Päpſie** 19
[290]
Dritter Abſchnitt.
Zeiten der Reſtauration bis auf Sixtus V.
Wir kehren zu unſern Handſchriften zuruͤck, in denen ſich, wenn
gleich fragmentariſch, doch auf jeden Fall eine echte und unver-
faͤlſchte Belehrung findet.
22.
Instructio pro causa fidei et concilii data episcopo Mutinae,
Pauli III ad regem Romanorum nuntio destinato. 24.
Oct. 1536. (MS Barb. 3007. 15 Bl.)
Ein rechter Beweis wie nothwendig es der roͤmiſche Hof fand ſich
zuſammen zu nehmen, fuͤr ſeinen guten Ruf zu ſorgen. Dem Nun-
tius werden unter andern folgende Regeln gegeben. Er ſoll weder
zu freigebig ſeyn noch auch geizig; weder zu ernſthaft noch zu mun-
ter; er ſoll ſeine geiſtlichen Befugniſſe nicht durch Anſchlaͤge an den
Kirchthuͤren bekannt machen: er moͤchte dadurch laͤcherlich werden:
wer ihn brauche, finde ihn auch ohne das; er ſoll ſeine Gebuͤhr zwar
nur unter beſondern Umſtaͤnden ganz erlaſſen, aber niemals allzu ei-
frig eintreiben; — keine Schulden machen — in den Gaſthoͤfen be-
zahlen. Nec hospitii pensione nimis parce vel fortasse etiam ne-
quaquam soluta discedat, id quod ab aliquibus nuntiis aliis fa-
ctum plurimum animos eorum populorum in nos irritavit. — In
vultu et colloquiis omnem timorem aut causae nostrae diffiden-
tiam dissimulet. — Hilari quidem vultu accipere se fingant in-
vitationes, sed in respondendo modum non excedant, ne id forte
mali iis accidat quod cuidam nobili Saxoni, camerario secreto
q. Leonis X (Miltitz), qui ob Lutheranam causam componendam
in Saxoniam missus, id tantum fructus reportavit, quod saepe,
perturbatus vino, ea effutire de pontifice et Romana curia a Saxo-
nibus inducebatur, non modo quae facta erant, sed quae ipsi e
malae in nos mentis affectu imaginabantur et optabant; et ea
omnia scriptis excipientes postea in conventu Vormatiensi no-
bis publice coram tota Germania exprobrabant.
Wir ſehen auch aus Pallavicini I, 18, daß das Betragen des
Miltitz ihm ein ſehr ſchlechtes Andenken am roͤmiſchen Hofe geſtiftet
hatte.
Unſere Inſtruction iſt noch dadurch merkwuͤrdig, daß ſie einige
weniger bekannte Vertheidiger des Katholicismus in Deutſchland
[291]Instructio Pauli III 1536. — Instr. 1537.
nahmhaft macht: Leonh. Marſtaller, Nicol. Appel, Joh. Burchard
Prediger Ordens, — qui etsi nihil librorum ediderit contra Lu-
theranos, magno tamen vitae periculo ab initio usque hujus tu-
multus pro defensione ecclesiae laboravit. Unter den bekanntern
wird vor allem Ludwig Berus, der von Baſel nach Freiburg im
Breisgau geflohen war, geruͤhmt, und dem Nuntius empfohlen,
tum propter sanam et excellentem hominis doctrinam et morum
probitatem, tum quia sua gravitate et autoritate optime operam na-
vare poterit in causa fidei. Man weiß, daß ſich Ber ſelbſt bei
den Proteſtanten in gutes Anſehen zu ſetzen verſtand.
23.
Instruttione mandata da Roma per l’elettione del luogo del con-
cilio. (1537.) Informationi Politt. T. XII.
Allerdings war nun die Meinung Pauls III. ein Concilium zu
berufen: in unſerer Inſtruction verſichert er, er ſey feſt dazu ent-
ſchloſſen (tutto risoluto). Nur wuͤnſcht er es in Italien zu ver-
ſammeln. Seine Neigung geht gleich auf Piacenza und Bologna,
Orte der Kirche der gemeinſchaftlichen Mutter Aller; — hoͤchſtens
auf eine Stadt der Venezianer, da auch dieſe die gemeinſchaftlichen
Freunde Aller ſeyen. Sein Grund iſt, es ſey den Proteſtanten mit
dem Concilium kein Ernſt; wie man aus den Bedingungen ſehe,
welche von ihnen aufgeſtellt worden: gleich hier tritt der Gedanke
hervor, der hernach eine ſo hohe welthiſtoriſche Bedeutung bekommen
hat, das Concilium ſey allein eine Sache der Katholiken unter ſich.
Uebrigens gibt er dem Kaiſer von ſeinen Bemuͤhungen fuͤr
eine innere Reform Nachricht. — „Sarà con effetto e non con
parole.“ —
24.
Instruttione data da Paolo III al cl Montepulciano destinato
all’ imperatore Carlo V sopra le cose della religione in
Germania 1539. (Bibl. Corsini nr. 467.)
Bei alle dem lag aber am Tage, daß das Beduͤrfniß einer Ver-
ſoͤhnung zunaͤchſt in Deutſchland hervortrat. Dann und wann brach
es ſich auf beiden Seiten im Gegenſatz mit dem Papſte Bahn. Auf
dem Convent in Frankfurt machte der kaiſerliche Geſandte Johann
Weſſel, Erzbiſchof von Lund, den Proteſtanten ſehr bedeutende Zuge-
ſtaͤndniſſe: — einen funfzehnmonatlichen Stillſtand, waͤhrend deſſen
alles gerichtliche Verfahren des Kammergerichts eingeſtellt ſeyn ſollte;
er verſprach ihnen ein Religionsgeſpraͤch ohne Theilnahme des Pap-
ſtes. Natuͤrlich war dieß Paul dem III. hoͤchlich verhaßt: der Car-
dinal Montepulciano, ſpaͤter Marcellus II, ward deshalb nach Deutſch-
land geſchickt, um ein ſo unkatholiſches Abkommen ruͤckgaͤngig zu
machen.
Die Inſtruction gibt nun vor allem dem Erzbiſchof von Lund
ſchlechte perſoͤnliche Beweggruͤnde ſeiner Nachgiebigkeit Schuld: Ge-
ſchenke, Verſprechungen, weitere Abſichten. „La communità d’Au-
gusta gli donò 2500 fiorini d’oro, poi gli fu fatta promissione
19*
[292]Instr. al card. Montepulciano 1539.
di 4000 f. singulis annis sopra il frutto del suo arcivescovato
di Lunda occupato per quel re Luterano (von Daͤnemark).“
Bei dem Herzoge von Cleve, bei der Koͤnigin Maria von Ungarn
wolle er gut ſtehn. Denn vor allem wird dieſe Schweſter des Kai-
ſers, damals Statthalterin in den Niederlanden, einer ſtarken Hin-
neigung zu den Proteſtanten angeklagt. Secretamente presta fa-
vore alla parte di Luterani, animandogli ove può, e con man-
darli huomini a posta disfavoreggia la causa de’ cattolici. In
Schmalkalden habe ſie einen Abgeordneten gehabt, und den Chur-
fuͤrſt von Trier ausdruͤcklich abgemahnt, in den katholiſchen Bund
zu treten.
Maria und der Erzbiſchof repraͤſentirten nemlich die antifranzoͤ-
ſiſche und antiroͤmiſche Richtung der Politik des kaiſerlichen Hofes.
Sie wuͤnſchten Deutſchland unter dem Kaiſer vereinigt zu ſehen. Der
Erzbiſchof erklaͤrte, das hange nur von einigen religioͤſen Zugeſtaͤnd-
niſſen ab: „che se S. Mtà volesse tolerare che i Luterani stassero
nei loro errori, disponeva a modo e voler suo di tutta Ger-
mania.“
Der Papſt entgegnet, es gebe ganz andere Mittel um mit
Deutſchland zu Ende zu kommen. Hoͤren wir ihn an.
Annichilandosi dunque del tutto per le dette cose la dieta
di Francfordia, et essendo il consiglio di S. Mtà Cesarea et al-
tri principi christiani, che per la mala dispositione di questi
tempi non si possa per hora celebrare il concilio generale non
ostante N. S. già tanto tempo lo habbia indetto et usato ogni
opera e mezzo per congregarlo, pare a S. Bne che sarebbe bene
che S. Mtà pensasse alla celebratione di una dieta imperiale,
per prohibire quelli inconvenienti che potriano nascere massi-
mamente di un concilio nationale, il quale facilmente si potria
fare per cattolici e Luterani per la quiete di Germania quando
i cattolici havendo visto infiniti disordini seguiti per causa di
alcun ministro della Cesarea e Regia Mtà vedessero anche le
Maestà loro esser tardi alli rimedj: nè detto concilio nationale
sarebbe meno dannoso alla Cesarea e Regia Maestà, per le oc-
culte cause, che sanno che alla sedia apostolica non potriano
non pure partorire scisma ma in tutta la christianità così nel
temporale come nello spirituale. Ma S. Stà è di parere che si
celebri tal dieta in evento che S. Mtà si possa trovare presente
in Germania o in qualche luogo vicino a la congregatione: altri-
menti se S. Mtà Cesarea distratta da altre sue occupationi non
potesse trovarsi così presto, è d’opinione che la dieta non s’in-
dichi, nè che S. Mtà si riposi nel giudicio altrui, quantunque
sufficienti e buoni che procurassero e sollecitassero fare detta
dieta in assenza di S. Mtà, per non incorrere in quei disordini
che sono seguiti nelle altre diete particolari ove non si è tro-
vato S. Mtà e tra questo mezzo con fama continuata da ogni
banda di voler venire in Germania e fare la dieta e con honeste
vie et esecutioni trattenere quei principi che la sollecitano e
l’addimandano: mentre che S. Mtà venendo da buon senno la in-
dichi poi e celebri, et interea vedendo S. Mtà quanto bene et
[293]Instructio pro episcopo Mutinensi 1540.
utile sia per portare la propagatione della lega cattolica, attenda
per hora a questa cosa principalmente, e scriva al suo oratore
in Germania e parendoli ancora mandi alcun’ altro che quanto
più si può procurino con ogni diligenza e mezzo d’accrescere
detta lega cattolica acquistando e guadagnando ogn’ uno, ancora
che nel principio non fossero così sinceri nella vera religione,
perche a poco a poco si potriano poi ridurre, e per adesso im-
porta più il togliere a loro che acquistare a noi: alla quale cosa
gioveria molto quando S. Mtà mandasse in Germania quella più
quantità di denari ch’ella potesse, perche divulgandosi tal fama
confirmarebbe gli altri, che più facilmente entrassero vedendo
che li primi nervi della guerra non mancariano. E per mag-
giore corroboratione di detta lega cattolica S. Stà si risolverà
di mandare una o più persone a quei principi cattolici per ani-
marli, similmente con promissioni di ajuto, di denari et altri ef-
fetti, quando le cose s’incammineranno di sorte, per il beneficio
della religione e conservatione della dignità della sede aposto-
lica e della Cesarea Mtà, che si veda da buon senno la spesa
dover fare frutto: nè in questo si partirà dal ricordo di S. Mtà:
nè sarebbe male tra questo mezzo sotto titolo delle cose Tur-
chesche mandare qualche numero di gente Spagnuola et Italiana
in quelle bande con trattenerli nelle terre del re de’ Romani suo
fratello, accioche bisognando l’ajuto fosse presto in ordine.
Pallavicini kannte dieſe wie die vorige Inſtruction (lib. IV,
c. XIV). Wir ſehen bei ihm, daß die in der letzten enthaltenen No-
tizen uͤber Deutſchland beſonders aus den Briefen Aleanders ſtammten,
der ſich in dieſen Haͤndeln einen ſo zweideutigen Namen gemacht hat.
25.
Instructiones pro revmo domno episcopo Mutinensi apostolico nun-
tio interfuturo conventui Germanorum Spirae 12 Maji
1540 celebrando. (Barb. 3007.)
Dennoch kam es zu den Religionsgeſpraͤchen. Wir ſehen hier
in welchem Lichte man ſie in Rom betrachtete.
Neque mirum videatur alicui si neque legatis neque nuntiis
plenaria facultas et auctoritas decidendi aut concordandi in causa
fidei detur, quia maxime absurdum esset et ab omni ratione dis-
sentaneum, quin imo difficile et quam maxime periculosum, sa-
cros ritus et sanctiones per tot annorum censuras ab universali
ecclesia ita receptas ut si quid in his innovandum esset id non-
nisi universalis concilii decretis vel saltem summi pontificis ec-
clesiae moderatoris mature et bene discussa deliberatione fieri
debeat, paucorum etiam non competentium judicio et tam brevi
ac praecipiti tempore et in loco non satis idoneo committi. —
Debet tamen rev. dom. nuntius domi suae seorsim intelli-
gere a catholicis doctoribus ea omnia quae inter ipsos et do-
ctores Lutheranos tractabuntur, ut suum consilium prudentiamque
interponere et ad bonum finem omnia dirigere possit, salva sem-
per sanctissimi Domini Nostri et apostolicae sedis auctoritate
[294]Instructio data card. Contareno 1541.
et dignitate, ut saepe repetitum est, quia hinc salus universalis
ecclesiae pendet, ut inquit D. Hieronymus. Debet idem parti-
culariter quadam cum dexteritate et prudentia catholicos princi-
pes, tam ecclesiasticos quam saeculares, in fide parentum et
majorum suorum confirmare et ne [quid] in ea temere et absque
apostolicae sedis auctoritate, ad quam hujusmodi examen spe-
etat, innovari aut immutari patiantur, eos commonefacere.
26.
Instructio data revmo cardli Contareno in Germaniam legato
28. Jan. 1541.
Schon gedruckt und oft beruͤhrt. — Endlich laͤßt ſich der roͤmi-
ſche Hof doch zu einiger Nachgiebigkeit herbei.
Zwiſchen 1541 und 1551 folgen in unſerer Sammlung eine nicht
unbedeutende Anzahl von Briefen, Berichten, Inſtructionen, welche
ganz Europa umfaſſen, und nicht ſelten ein neues Licht auf die Be-
gebenheiten werfen, die hier jedoch nicht genau eroͤrtert werden koͤn-
nen; wie ja auch das Buch, welches dieſe Auszuͤge weiter erlaͤutern
ſollen, nicht zu einer ausfuͤhrlichen Darſtellung dieſer Periode beſtimmt
war. Ohne viel Scrupel bleibe ich nur bei dem Wichtigeren ſtehn.
27.
1551 die 20 Junii in senatu Matthaeus Dandulus eques ex Roma
orator.
Der Titel der Relation welche Matth. Dandolo — wie wir aus
den Briefen des Cardinal Polo ſehen (ed. Quir. II, p. 90) der
Schwager Gasp. Contarinis, — nach einem Aufenthalte von 26
Monaten in Rom, abſtattete. Er verſpricht kurz zu ſeyn: „alle re-
lationi non convengono delle cose che sono state scritte se non
quelle che sono necessarie di esser osservate.“
Er handelt zuerſt von den letzten Tagen Pauls III; ich habe
das Wichtigſte davon ſchon angefuͤhrt; ſodann vom Conclave: alle
Cardinaͤle werden genannt. Dandolo verſichert, daß er mit Mitglie-
dern des Collegiums von der Univerſitaͤt von Padua herkomme. Man
ſieht wie gut er unterrichtet ſeyn mußte. Dann theilt er eine Ta-
belle uͤber die paͤpſtlichen Finanzen mit: Il particolar conto, io l’ho
avuto da essa camera.
I. La camera apostolica ha d’entrata l’anno: per la the-
saureria della Mavca 25000 sc., per la salara di detta provin-
cia 10000, per la thesaureria della città d’Ancona 9000, — d’As-
coli 2400, — di Fermo 1750, — di Camerino 17000, — di Ro-
magna et salara 31331, — di Patrimonio 24000, — di Perugia
et Umbria 35597, — di Campagna 1176, per Norsia 600, per
la salara di Roma 19075, per la doana di Roma 92000, per la
gabella de cavalli in Roma 1322, per le lumiere 21250, per l’anco-
raggio di Civita vecchia 1000; per il sussidio triennale: dalla Marca
[295]Matth. Danduli relat. 1551.
66000, da Romagna 44334, da Bologna 15000, da Perugia et
Umbria 43101, da Patrimonio 18018, da Campagna 21529; da
censi di S. Pietro 24000, dalla congregne de frati 23135, da vige-
sima de Hebrei 9855, da maleficj di Roma 2000. Summa 559473.
Da dexime del stato ecclesiastico quando si pongono
3000 sc., da dexime di Milano 40000, — del regno
37000, dalla gabella della farina 30000, — della gabella
de contratti 8000. = 220(?)000.
- Ha il datario per li officii che vacano compositioni et (6?)
- admissioni 131000, da spoglie di Spagna 25000 = 147000
- Summa delle entrate tutte 706(?)473
senza le 5 partite non tratte fuora, che stanno a beneplacito di
N. Signore.
II. La camera ha di spesa l’anno: a diversi governatori, le-
gati, roche 46071 scudi, alli officiali di Roma 145815, a diverse
gratie 58192, in Roma al governatore Bargello, guardie came-
rali et altri officii 66694, al capitano generale 39600, alle gallere
24000, al populo Romano per il capitolio 8950, al maestro di
casa, il vitto della casa 60000, a diversi extraordinarii in Ro-
ma 35485, al signor Balduino cameriere 17000, al signor
Gioan Battista 1750, alla cavalleria quando si teneva l’anno
30000, al N. S. per suo spendere et per provisioni da a car-
dinali e tutto il datariato 232000. Summa in tutto questo exito
70(6?)5557 sc.
Er ſchließt mit Bemerkungen uͤber die Perſon Julius III. Papa
Giulio, Serma Sigria, gravissimo e sapientissimo conso, è dal
Monte Sansovino, picciol luogo in Toscana, come già scrissi
alle Eccze Ve. Il primo che diede nome e qualche riputatione
alla casa sua fu suo avo, dottore e molto dotto in legge, e fu
al servitio del duca Guido de Urbino, dal quale mandato in
Roma per negotii del suo stato lì acquistò gratia molta, sicche
col molto studio che in detta facultà fece il suo nepote, acqui-
stò tanto di gratia et riputatione che el fu il cardinal de Monte:
de chi po fu nipote questo. Arrivato in corte per il primo grado
camerier di papa Julio secondo, fu poi arcivescovo di Siponto,
et in tal grado venne qui alle Eccze Ve a dimandargli Ra-
venna et Cervia quandoche elle le hebbeno doppo il sacco di Ro-
ma: et col multo suo valore nel quale el si dimostrò et nelle
lettere di legge et nei consigli havuti molti et per l’auttorità
molta di suo zio che fu il cardinal de Monte, doppo morto lui,
fu fatto cardinal questo. Et fatto papa si prese subito il nome
di Julio, che fu il suo patron, con una perfettion (presun-
tion?) di volerlo imitare.
Ha Sua Stà 64 anni a 28 di Ottobre, di natura collerica
molto, ma ancho molto benigna, sicche per gran collera che
l’abbi la gli passa inanzi che compisse di ragionarla, sicche a
me pare di poter affirmare lui non portar odio nè ancho forse
amore ad alcuno, eccetto però il cardinal di Monte, del quale
dirò poi. A Sua Santità non volsero mai dar il voto li cardinali
[296]Vita di Marcello II.
nè di Marsa (?) nè di Trento, et furono li subito et meglio pre-
miati da lei che alcun’ altro di quei che la favorirono. Il più
favorito servitore di molti anni suo era lo arcivescovo di Si-
ponto, che lei essendo cardinale gli diede l’arcivescovato e da
lui fu sempre ben servita, sicche si credea che subito la lo fa-
rebbe cardinale, ma lui si è rimasto in minoribus quasi che non
era quandoche lei era cardinale, che poi fatto papa o poco o
nulla si è voluta valer di lui, sicche el poverino se ne resta
quasi come disperato. — — Unſre Handſchrift iſt leider zu feh-
lerhaft, als daß wir, zumal da die Nachrichten doch oft ins Unbe-
deutende fallen, ſie weiter copiren ſollten.
28.
Vita di Marcello II scritta di propria mano del signor Alex.
Cervini suo fratello. (Alb. nr. 157.)
Es exiſtirt ein recht brauchbares Werkchen uͤber Papſt Marcel-
lus II von Peter Polidoro 1744. Von den Quellen, aus denen
dieſer Autor ſchoͤpfte, iſt gleich die erſte welche er angibt unſere Le-
bensbeſchreibung von Alex. Cervini. Ungluͤcklicher Weiſe aber war
dieſelbe ſchon 1598 bei einem Brande im Hauſe der Familie zu
Montepulciano zum groͤßten Theile verungluͤckt. Wir haben nur
ein Fragment uͤbrig. Ich hebe folgende Stelle aus, die ſich auf den
Verſuch der Kalenderverbeſſerung bezieht, der unter Leo X. gemacht
wurde, und die ſich bei Polidoro nicht findet.
Havendolo adunque il padre assuefatto in questi costumi et
esercitatolo nella grammatica, rettorica, aritmetica, e geometria,
accadde che anche fu esercitato nell’ astrologia naturale più ancora
che non haverebbe fatto ordinatamente, e la causa fu questa:
la Stà di N. Sigre in quel tempo, Leone X, per publico editto
fece intendere che chi aveva regola o modo di correggere l’anno
trascorso fino ad all’ hora per undici giorni, lo facesse noto a S.
Stà: onde Mr Riccardo già detto (Vater des Papſtes), siccome assai
esercitato in questa professione, volse obbedire al pontefice, e però
con longa e diligente osservatione e con suoi stromenti trovò il
vero corso del sole, siccome apparisce nelli suoi opusculi man-
dati al papa Leone, con il quale e con quella gloriosissima
casa de Medici teneva gran servitù e specialmente con il magni-
fico Giuliano, dal quale aveva ricevuti favori et offerte grandi.
Ma perche la morte lo prevenne, quel Signore non seguì più
oltre il disegno ordinato che Mr Riccardo seguitasse, servendo
la persona Sua Eccza in Francia e per tutto dove essa andasse,
come erano convenuti. Nè la santità di N. Signore potette ese-
guire la publicatione della correttione dell’ anno per varii impe-
dimenti e finalmente per la morte propria, che ne seguì non
molto tempo doppo.
Man ſieht doch wie der Geiſt der Italiener in den Zeiten Leos
X. auch in dieſem Fache arbeitete; daß jener Biſchof von Foſſom-
brone, der im Lateranconcilium von 1513 zu dem Werke der Ka-
lenderverbeſſerung ermahnte, nicht der einzige war der daran dachte.
[297]Ant. Caracciolo vita di Paolo IV.
29.
Antonio Caracciolo Vita di Papa Paolo IV. (2 Voll. fol.)
Ant. Caracciolo, Theatiner, Neapolitaner, ein Sammler ſein
Lebenlang, konnte nicht verſaͤumen ſeinen Fleiß auch dem beruͤhmte-
ſten neapolitaniſchen Papſte, dem Gruͤnder der Theatiner, Paul IV.
zu widmen. Wir ſind ihm dafuͤr allen Dank ſchuldig. Eine große
Menge Notizen die uns ohne ihn verloren ſeyn wuͤrden, hat er
zuſammengebracht. Sein Buch iſt die Grundlage des ausfuͤhrlichen
Werkes von Carlo Bromato: Storia di Paolo IV Pontefice Mas-
simo, Rom. 1748, das in zwei dicken und enggedruckten Quartbaͤn-
den eine uͤberaus reiche Sammlung von Materialien darbietet.
Wie es indeß bei der Strenge der Cenſur, welche in der ka-
tholiſchen Kirche gehandhabt ward, nicht anders ſeyn konnte, Bro-
mato durfte keineswegs alles aufnehmen was ſeine Quelle ihm
darbot.
Ich habe oͤfter einer ausfuͤhrlichen Information J. P. Caraf-
fas an Clemens VII. uͤber den Zuſtand der Kirche gedacht, die im
Jahre 1532 verfaßt ward. Bromato macht I, p. 205 einen lan-
gen Auszug daraus. Vieles aber laͤßt er auch weg, welches nun
freilich eben das Bezeichnendſte iſt; z. B. uͤber die Verbreitung lu-
theriſcher Meinungen in Venedig.
Si supplica S. Stà che per l’honore di dio e suo, non es-
sendo questa città la più minima nè la più vil cosa della chri-
stianità et essendovi nella città e nel dominio di molte e molte
migliara d’anime commesse a S. Stà, sia contenta da persona
fedele ascoltare qualche cosa del loro bisogno, il quale, ancor-
che sia grande, pure se ne dirà per hora qualche parte. E
perche, come l’apostolo dice, sine fide impossibile est placere
deo, comminciarete da questa, et avisarete S. Stà come si sente
degli errori e dell’ heresie nella vita e nei costumi di alcuni,
come è in non fare la quaresima e non confessarsi etc., e
nella dottrina di alcuni, che publicamente ne parlano e tengono
e communicano ancora con gli altri de’ libri prohibiti senza ri-
spetto. Ma sopra tutto direte che questa peste, tanto dell’ here-
sia Luterana quanto d’ogni altro errore contra fidem et bonos
mores, da due sorti di persone potissimamente si va dissemi-
nando et aumentando, cioè dagli apostati e da alcuni frati mas-
sime conventuali, e S. Stà deve sapere di quella maledetta ni-
data di quelli frati minori conventuali, la quale per sua bontà
fermando alcuni suoi servi ha incominciato a mettere in iscom-
piglio: perche essendo loro stati discepoli d’un frate heretico già
morto, han voluto far onore al maestro. — — E per dire quello
che in cio mi occorse, pare che in tanta necessità non si debba
andare appresso la stampa usata: ma siccome nell’ ingruente
furore della guerra si fanno ogni dì nuove provvisioni oppor-
tune, così nella maggior guerra spirituale non si deve stare a
dormire. E perche S. Stà sa che l’officio dell’ inquisitione in
questa provincia sta nelle mani de’ sopradetti frati minori con-
[298]Bern. Navagero Relatione 1558.
ventuali, li quali a caso s’abbattono a fare qualche inquisitione
idonea, come è stato quel maestro Martino da Treviso, della
cui diligenza e fede so che il sopradetto di buona memoria ve-
scovo di Pola informò S. Stà, et essendo hora lui mutato da
quello in altro officio, è successo nell’ inquisitione non so chi,
per quanto intendo, molto inetto: e però bisogneria che S. Stà
provvedesse parte con eccitar gli ordinarj, che per tutto quasi si
dorme, e parte con deputare alcune persone d’autorità, mandare
in questa terra qualche legato, se possibile fosse, non ambi-
tioso nè cupido, e che attendesse a risarcire l’honore e cre-
dito della sede apostolica e punire o almeno fugare li ribaldi
heretici da mezzo de’ poveri christiani: perche dovunque ande-
ranno, porteranno seco il testimonio della propria nequitia e
della bontà de’ fedeli cattolici, che non li vogliono in lor com-
pagnia. E perche la peste dell’ heresia si suole introdurre e per
le prediche e libri hereticali e per la lunga habitatione nella
mala e dissoluta vita, della quale facilmente si viene all’ here-
sia, par che S. Stà potria fare in cio una santa, honesta et utile
provvisione.
So enthaͤlt nun das Werk Caracciolos noch gar manche andere
mehr oder minder wichtige Nachrichten: die uͤbrigens unbekannt ge-
blieben ſind und die ſich eine ausfuͤhrlichere Arbeit nicht duͤrfte entgehn
laſſen. Von einer andern ſeiner Schriften Collectanea historica de
Paulo IV unterſcheidet ſich die italieniſche Lebensbeſchreibung durch-
aus: ſie iſt ein ganz anderes und bei weitem brauchbareres Werk.
Jedoch findet ſich auch in den Collectaneen einiges was in der Vita
eben ſo wiederkehrt, z. B. die Schilderung der Veraͤnderungen,
welche Paul IV. vornahm, nachdem er ſeine Nepoten entfernt hatte.
30.
Relatione di M. Bernardo Navagero alla Sma Repca di Venetia
tornando di Roma ambasciatore appresso del pontefice
Paolo IV. 1558.
Eine von den venezianiſchen Relationen, welche allgemeine Ver-
breitung fanden. Schon Pallavicini hat ſich ihrer bedient, er iſt ſo-
gar deshalb angegriffen worden; auch Rainaldus (Annales eccles.
1557, nr. 10) gedenkt ihrer, um der Spaͤtern zu geſchweigen.
Ohne Zweifel verdient ſie dieſe Ehre in hohem Grade. Bern.
Navagero genoß in Venedig das Anſehen eines Gelehrten. Wie
wir aus Foscarini (della lett. Ven. p. 255) ſehen, war er im
Vorſchlag zum Hiſtoriographen der Republik; auf ſeinen fruͤhern Ge-
ſandtſchaften, bei Carl V, Heinrich VIII, Soliman, hatte er ſich zu-
gleich in Behandlung ſchwieriger Geſchaͤfte und Beobachtung ausge-
zeichneter Naturen geuͤbt. Unmittelbar nach dem Eintritte Pauls IV.
kam er nach Rom.
Drei Geſchaͤfte eines Geſandten unterſcheidet Navagero: Verſtehn,
wozu Einſicht, Unterhandeln, wozu Geſchicklichkeit, Referiren, wozu
Urtheil gehoͤre um das Nothwendige und Nuͤtzliche zu ſagen.
Er geht von der Wahl und der Macht eines Papſtes aus. Er
[299]Aluise Mocenigo Relatione 1559.
meint, wenn die Paͤpſte ſich angelegen ſeyn ließen, Chriſtum nach-
zuahmen, ſo wuͤrden ſie bei weitem mehr zu fuͤrchten ſeyn. Dann
ſchildert er „le conditioni“, wie er ſagt, „di papa Paolo IV, e
di chi lo consiglia“, d. i. vor allem ſeine drei Nepoten; — ich
habe mir ſeine Schilderung zu Nutze gemacht: in dem allgemei-
nen Urtheil aber kann man doch mit dem Autor nicht uͤberein-
ſtimmen. Er meint, auch Paul IV. wolle nur ſein Haus groß ma-
chen. Haͤtte er ſpaͤter geſchrieben, nach der Vertreibung der Nepo-
ten, ſo wuͤrde er ein ſolches Urtheil nicht gefaͤllt haben. Eben dieſer
Moment iſt der große Wendepunkt der paͤpſtlichen Politik von welt-
lichen zu geiſtlichen Abſichten. — Von den Perſonen wendet ſich
Navagero zu einer Beſchreibung des Krieges zwiſchen Paul IV. und
Philipp II; eben ſo gluͤcklich geworfen und voll geiſtreicher Beobach-
tung. — Es folgt eine Betrachtung uͤber die auswaͤrtigen Verhaͤltniſſe,
und uͤber das wahrſcheinlichſte Ergebniß einer kuͤnftigen Wahl. Nur
mit großer Vorſicht geht Navagero daran, hievon zu reden: „più,“
ſagt er „per sodisfare alle SS. VV. EE. che a me in quella parte.“
Doch hat er es nicht uͤbel getroffen. Unter den Beiden, in denen
er die meiſte Wahrſcheinlichkeit der Nachfolge bemerkt, nennt er wirk-
lich den, der dazu gelangt iſt, Medighis, obwohl er freilich den
Andern, Puteo, doch noch wahrſcheinlicher findet.
Jetzt aber, ſagt er, bin ich wieder hier, ich ſehe wieder das An-
geſicht meines Fuͤrſten, der erlauchten Republik, zu deren Dienſt nichts
ſo groß ſeyn wird daß ich es nicht wagen, nichts ſo gering daß ich
es nicht uͤber mich nehmen ſollte. — Der Ausdruck der Ergebenheit
erhoͤht noch die Farbe der Darſtellung.
31.
Relatione del Clmo M. Aluise Mocenigo Cavre ritornato della corte
di Roma 1560. (Arch. Ven.)
Siebzehn Monat ſtand Mocenigo noch bei Paul IV, 4 Mo-
nat 8 Tage dauerte das Conclave, ſieben Monat verſah er dann
die Geſandtſchaft bei Pius IV.
Er ſchildert zuerſt die kirchliche und weltliche Verwaltung, die
Juſtiz und den Hof unter Paul IV. Er macht hiebei eine Bemer-
kung, deren ich mich nicht zu bedienen gewagt habe: obwohl ſie eine
weite Ausſicht darbietet: I cardinali, ſagt er, dividono fra loro le
città delle legationi (nel conclave): poi continuano in questo
modo a beneplacito delli pontefici. Iſt dieß etwa der Urſprung
der Verwaltung des Staates durch Geiſtliche, die ſich allmaͤhlig
einfuͤhrte?
Auch die Alterthuͤmer vergißt er nicht, an denen Rom, wie die
Beſchreibungen von Boiſſard und Gamucci bezeugen, damals einen
groͤßern Reichthum als jemals beſaß. In cadaun loco, habitato o
non habitato, che si scava in Roma, si ritrovano vestigie e fa-
briche nobili et antiche, et in molti luoghi si cavano di bellis-
sime statue. Di statue marmoree, poste insieme, si potria fare
un grandissimo esercito.
Dann kommt er auf die Unruhen, die beim Tode Pauls IV.
[300]Michiel Rel. 1560. — Dispacci degli amb. 1560.
ausbrachen, und die ſich auch nachdem ſie geſtillt zu ſeyn ſchienen,
noch in tauſend Unordnungen wiederholten. Cessato c’ebbe il popolo,
concorsero nella città tutti falliti e fuorusciti, che non si sen-
tiva altro che omicidii, si ritrovavano alcuni che con 8, 7 e fin
6 scudi si pigliavano il carico d’amazzar un’ uomo, a tanto che
ne furono in pochi giorni commesse molte centenara, alcuni per
nimicizia, altri per lite, molti per ereditar la sua roba et altri
per diverse cause, di modo che Roma pareva, come si suol dire,
il bosco di Baccaro.
Das Conclave war ſehr vergnuͤgt, alle Tage Bankette: Vargas
war ganze Naͤchte da; wenigſtens alli busi del conclave; — der
aber der den Papſt machte, war der Herzog Coſimo von Florenz.
Il duca di Firenze l’a fatto papa: lui l’a fatto poner nei nomi-
nati del re Filippo e poi con diversi mezzi raccommandar anco
dalla regina di Franza, e finalmente guadagnatogli con grand’
industria e diligenza la parte Carafesca. Wie ſo ganz zerfallen
jene Intriguen, welche die Geſchichten der Conclaven melden, in ihr
Nichts zuſammen. Die Verfaſſer dieſer Geſchichten, gewoͤhnlich ſelbſt
Conclaviſten, ſahen nur die wechſelſeitigen Beruͤhrungen der Perſoͤn-
lichkeiten die ſie kannten, alle Einwirkungen von außen blieben ih-
nen verborgen.
Die Relation ſchließt mit einer Schilderung Pius IV, ſo weit
ſich deſſen Eigenthuͤmlichkeit damals bereits entwickelt hatte.
32.
Relatione del Clmo M. Marchio Michiel Kr e Proc. ritornato
da Pio IV sommo pontefice, fatta a 8 di Zugno 1560.
Relation einer Gluͤckwuͤnſchungsgeſandtſchaft, die nur 39 Tage
von Venedig abweſend geweſen; ſie hatte 13000 Duc. gekoſtet. Als
Relation ſehr ſchwach. Michiel ermahnt znr Nachgiebigkeit gegen
Rom. Non si tagli la giurisdition del papa, e li sigri avoga-
dori per non turbare l’animo di S. Stà abbino tutti quelli rispetti
che si conviene, i quali ho visto che molto volte non si hanno.
33.
Dispacci degli ambasciatori Veneti 18 Maggio — 21 Sett. 1560.
Inform. Politt. Tom. VIII. 272 Bl. Ragguagli dell’ am-
basciatore Veneto in Roma 1561. Inform. Politt. Tom.
XXXVII. 71 Bl.
Auch die Ragguagli ſind Depeſchen vom Jan. und Febr. 1561;
alle von Marc. Anton de Mula, der eine Zeitlang die Stelle eines
Geſandten verſah. — (S. Andreae Mauroceni Hist. Venet. lib.
VIII, tom. II, 153.) Sie ſind ſehr unterrichtend, — intereſſant
fuͤr die Zeitumſtaͤnde und die Natur Papſt Pius; — beſonders tre-
ten die letzten Schickſale der Carafeschen hervor, und es ergibt ſich,
daß Philipp II. jetzt dieſe ſeine alten Feinde zu retten wuͤnſchte. Man
machte ihm am Hofe ſogar ein Verbrechen daraus. Vargas ent-
gegnete, Philipp II. habe ſie nun einmal begnadigt: „quel gran re,
[301]Processus card. Caraffae 1560.
quel santo, quel cattolico non facendo come voi altri.“ Der
Papſt dagegen machte ihnen die heftigſten Vorwuͤrfe: „havere mosse
l’arme de Christiani, de Turchi e degl’ eretici, — — e che le
lettere che venivano da Francia e dagli agenti in Italia, tutte
erano contrafatte“ etc. Der Papſt meint, er wolle 100000 Sc.
darum geben, daß ſie unſchuldig waͤren. Aber Graͤuel wie ſie be-
gangen, duͤrfe man in der Chriſtenheit nicht dulden.
Jedoch ich ſtehe ab, Briefe zu excerpiren. Es iſt genug ihren
Inhalt angedeutet zu haben.
34.
Extractus processus cardinalis Caraffae. Inff. tom. II. f. 465
bis 516, mit dem Zuſatz: Haec copia processus formati
contra cardinalem Caraffam reducta in summam cum im-
putationibus fisci eorumque reprobationibus perfecta fuit
d. XX Nov. 1560.
Aus dem neunten Punkt der Vertheidigung s. v. haeresis erſehen
wir, daß Albrecht von Brandenburg einen gewiſſen Oberſt Friedrich
nach Rom ſchickte, um mit Papſt Paul IV. einen Vertrag abzu-
ſchließen, der Oberſt hatte Audienz bei dem Papſt ſelbſt; aber der
Cardinal von Augsburg (Otto von Truchſeß) machte ſo viel Ein-
wendungen gegen denſelben, daß er zuletzt aus Rom entfernt ward.
Hieran ſchließt ſich: El successo de la muerte de los Garrafas
con la declaracion y el modo que murieron y el di y hora 1561.
Inform. II.
35.
Relatione di Girolamo Soranzo del 1563. Roma. (Arch. Ven.)
Die Jahrzahl 1561, die das Exemplar des Archivs traͤgt, iſt
ohne Zweifel unrichtig. Nach dem authentiſchen Verzeichniß der Ge-
ſandtſchaften ward Gir. Soranzo zwar ſchon 1560 22. Sept. gewaͤhlt,
weil Mula eine Stelle von Papſt Pius IV. angenommen hatte,
und dadurch bei der Republik in Ungnade gefallen war; aber man
verzieh ihm das doch wieder, und erſt nachdem Mula gar zum Car-
dinal ernannt worden, im Jahre 1562, loͤſte Soranzo ihn ab. So
bezieht er ſich dann auch oft auf das Concilium, das ja 1561 noch
gar nicht ſaß.
Gir. Soranzo bemerkte, daß die Relationen dem Senate ſowohl
nuͤtzlich als angenehm ſeyen (e volontieri udite e maturamente
considerate); — er hat die ſeine mit Fleiß und Liebe abgefaßt. Es
iſt wohl der Muͤhe werth daß wir ſeine Schilderug Pius IV. an-
hoͤren.
Delle qualità dell’ animo di Sua Beatitudine dirò sincera-
mente alcune particulari proprietà, che nel tempo della mia le-
gatione ho potuto osservare in lei et intender da persone che
ne hanno parlato senza passione. Il papa, come ho detto di
sopra, ha studiato in leggi: con la cognitione delle quali e con
la pratica di tanti anni nelli governi principali, che ha havuto,
[302]Girolamo Soranzo
ha fatto un giudicio mirabile nelle cause così di giustitia come
di gratia che si propongono in segnatura, in modo che non s’a-
pre la bocca che sa quello si può concedere e quello si deve
negare, la quale parte è non pur utile ma necessaria in un pon-
tefice per le molte et importanti materie che occorre trattar di
tempo in tempo. Possiede molto bene la lingua latina e s’ha
sempre dilettato di conoscer le sue bellezze, in modo che, per
quanto mi ha detto l’illustrissimo Navagiero, che ne ha così bel
giudicio, nei concistorj, dove è l’uso di parlar latino, dice quello
che vuole e facilmente e propriamente. Non ha studiato in theo-
logia, onde avviene che non vuole mai propria autorità pi-
gliar in se alcuna delle cause commesse all’ ufficio dell’ inqui-
sitione: ma usa di dire che non essendo theologo si contenta
rimettersi in tutte le cose a chi si ha il carico: e se bene si
conosce non esser di sua satisfatione il modo che tengono gl’in-
quisitori di procedere per l’ordinario con tanto rigore contra gl’in-
quisiti, e che si lascia intendere che più gli piaceria che usas-
sero termini da cortese gentilhuomo che da frate severo, nondi-
meno non ardisce o non vuole mai opponersi ai giudicii loro,
nei quali interviene poche volte, facendosi per il più congrega-
tioni senza la presenza sua. Nelle materie e deliberationi di
stato non vuole consiglio d’alcuno, in tanto che si dice non es-
ser stato pontefice più travagliato e manco consigliato di S.
Stà, non senza meraviglia di tutta la corte che almeno nelle
cose di maggior importantia ella non voglia avere il parere di
qualche cardinale, che pur ve ne sono molti di buon consiglio:
e so che un giorno Vargas lo persuase a farlo, con dirle che
se bene S. Stà era prudentissima, che però unus vir erat nullus
vir, ma ella se lo levò d’inanzi con male parole: et in effetto
si vede che, o sia che ella stima esser atta di poter resolver
da se tutte le materie che occorrono, o che pur conosca esser
pochi o forse niuno cardinale che non sia interessato con qualche
principe, onde il giudicio non può esser libero e sincero, si vede,
dico, che non si vuole servire d’altri che dal cardl Borromeo
e dal sigre Tolomeo, i quali essendo giovani di niuna o poca
sperienza et esseguenti ad ogni minimo cenno di S. Stà, si pos-
sono chiamar piutosto semplici esecutori che consiglieri. Da
questo mancamento di consiglio ne nasce che la Beate Sua, di
natura molto presta per tutte le sue attioni, si risolve anco molto
presto in tutte le materie, per importanti che le sieno, e presto
si rimuove da quello che ha deliberato: perche quando sono pub-
blicate le sue deliberationi e che li venga poi dato qualche ad-
vertimento in contrario, non solo le altera, ma fa spesso tutto
l’opposito al suo primo disegno, il che a mio tempo è avvenuto
non una ma molte volte. Con i principi tiene modo immediate
contrario al suo precessore: perche quello usava di dire il grado
del pontefice esser per metter sotto i piedi gl’imperatori et i re,
e questo dice che senza l’autorità de’ principi non si può con-
servare quella del pontefice: e percio procede con gran rispetto
verso di cadauno principe e fa loro volentieri delle gratie, e
[303]Relatione 1563.
quando le niega, lo fa con gran destrezza e modestia. Procede
medesimamente con gran dolcezza e facilità nel trovar i negotii
indifferentemente con tutti: ma se alcuna volta segli domanda
cosa che non sente, se mostra vehemente molto e terribile, nè
patisce che segli contradica: nè quasi mai è necessaria con S.
Stà la destrezza, perche quando si è addolcita, difficilmente niega
alcuna gratia: è vero che nell’ essecutione poi si trova per il
più maggior difficultà che nella promessa. Porta gran rispetto
verso i revmi cardli, e fa loro volentieri delle gratie, nè de-
roga mai ai soi indulte nelle collationi de’ beneficii, quello che
non faceva il suo precessore. E’ vero che da quelli di maggior
autorità par che sia desiderato che da lei fusse dato loro mag-
gior parte delle cose che occorrono a tempo di tanti travagli di
quelle che usa di fare la S. Stà: onde si dogliono di vedere de-
liberationi di tanta importantia passar con così poco consiglio,
e chiamano felicissima in questa parte la Serenità Vostra. Alli
ambasciatori usa S. Beatne quelle maggior dimostrationi d’amore
et honore che si possi desiderare, nè lascia adietro alcuna cosa
per tener li ben satisfatti e contenti: tratta dolcemente i negotii
con loro, e se alcuna volta s’altera per causa di qualche dimanda
ch’ella non senta o altra occasione, chi sa usare la destrezza,
l’acquieta subito, e fa in modo che se non ottiene in tutto quanto
desidera, ha almeno in risposta parole molto cortesi; dove quando
segli vuol opponere, si può esser certo di non aver nè l’ uno
nè l’altro: e però Vargas non è mai stato in gratia di S. Stà,
perche non ha proceduto con quella modestia ch’era desiderata
da lei. Finito che ha di trattar li negotii con li ambasciatori,
fa loro parte cortesemente, parla delli avvisi che ha di qualche
importantia, e poi entra volentieri a discorrere de lo presente
stato del mondo: e con me l’ha fatto in particulare molto spesso,
come si può ricordar V. Stà che alcune volte ho empito i fogli
dei suoi ragionamenti. Con i suoi famigliari procede in modo
che non si può conoscere che alcuno ha autorità con lei, per-
che lí tratta tutti egualmente, non li dando libertà di far cosa
alcuna che non sia conveniente, nè permettendo che se la pi-
glino da loro medesimi, ma li tiene tutti in così bassa e povera
fortuna che dalla corte saria desiderato di veder verso quelli
più intimi camerieri et altri servitori antichi dimostratione di
maggior stima et amore. Fa gran professione d’esser giudice
giusto, e volentieri ragiona di questo suo desiderio che sia
fatto giustitia, e particolarmente con gli ambasciatori de’ prin-
cipi, con li quali entra poi alle volte con tal occasione a giu-
stificarsi della morte di Caraffa e delle sententie di Napoli e
Monte come fatte giustamente, essendoli forse venuto alle orec-
chie esser stato giudicato della corte tutta ch’esse sententie e
particularmente quella di Caraffa siano state fatte con severità
pur troppo grande et extraordinaria. E’ naturalmente il papa
inclinato alla vita privata e libera, perche si vede che difficil-
mente si può accomodare a procedere con quella maestà che
usava il precessore, ma in tutte le sue attioni mostra piutosto
[304]Girol. Soranzo Relat. 1563.
dolcezza che gravità, lasciandosi vedere da tutti a tutte l’hore
et andando a cavallo et a piedi per tutta la città con pochissima
compagnia. Ha una inclinatione grandissima al fabbricare, et
in questo spende volentieri e largamente, sentendo gran piacere
quando si lauda le opere che va facendo: e par che habbi fine
lasciar anco per questa via memoria di se, non vi essendo hor-
mai luogo in Roma che non habbi il nome suo, et usa di dire
il fabbricare esser particularmente inclinatione di casa de Me-
dici, nè osserva S. Beatne quello che è stato fatto dalli altri
suoi precessori, che hanno per il più incominciato edificii grandi
e magnifici lasciandoli poi imperfetti, ma ella ha piutosto a
piacere di far acconciar quelli che minacciano rovina e finir gl’in-
cominciati, con farne anco de’ nuovi, facendo fabbricar in molti
luoghi dello stato ecclesiastico: perche fortifica Civita vecchia,
acconcia il porto d’Ancona, vuol ridur in fortezza Bologna: in
Roma poi, oltra la fortificatione del borgo e la fabbrica di Bel-
vedere e del palazzo, in molte parti della città fa acconciar strade,
fabbricar chiese e rinovar le porte con spesa così grande che
al tempo mio per molti mesi nelle fabbriche di Roma solamente
passava 12 m. scudi il mese e forse più di quello che si con-
viene a principe, in tanto che viene affermato da più antichi
cortigiani non esser mai le cose passate con tanta misura e così
strettamente come fanno al presente. E perche credo non hab-
bia ad esser discaro l’intendere qualche particulare che tiene S.
Beatne nel vivere, però satisfarò anche a questa parte. Usa il
pontefice per ordinario levarsi, quando è sano, tanto di buon’
hora così l’inverno come l’estate ch’è sempre quasi inanzi giorno
in piedi, e subito vestito esce a far esercitio, nel quale spende
gran tempo: poi ritornato, entrano nella sua camera il revmo Bor-
romeo e monsr Tolomeo, con i quali tratta, come ho detto, S.
Stà tutte le cose importanti così pubbliche come private, e li tiene
per l’ordinario seco doi o tre hore: e quando li ha licentiati,
sono introdutti a lei quei ambasciatori che stanno aspettando
l’audientia: e finito che ha di ragionar con loro, ode S. Stà la
messa, e quando l’hora non è tarda, esce fuori a dare audien-
tia ai cardinali et ad altri; e poi si mette a tavola, la qual, per
dir il vero, non è molto splendida, com’ era quella del preces-
sore, perche le vivande sono ordinarie e non in gran quantità
et il servitio è de’ soliti soi camerieri. Si nutrisce di cibi grossi
e di pasta alla Lombarda bene più di quello che mangia, et il
vino è greco di somma molto potente, nel quale non si vuole
acqua. Non ha piacere che al suo mangiare si trovino, secondo
l’uso del precessore, vescovi et altri prelati di rispetto, ma piu-
tosto ha caro udir qualche ragionamento di persone piacevoli e
che habbino qualche umore. Ammette alla sua tavola molte volte
di cardinali e degli ambasciatori, et a me in particulare ha fatto
di questi favori con dimostrationi molto amorevoli. Dapoi che
ha finito di mangiare, si ritira nella sua camera, e spogliato
in camicia entra in letto, dove vi sta per l’ordinario tre o quat-
tro hore: e svegliato si ritorna a vestire, e dice l’ufficio et al-
cune
[305]Instr. del re cattol. al mr d’ Alcantara 1562.
cune volte da audientia a qualche cardinale et ambasciatore, e
poi se ne ritorna al suo esercitio in Belvedere, il quale non in-
termette mai l’estate fin l’hora di cena e l’inverno fin che si
vede lume.
Auch gar manche andere fuͤr die Geſchichte jener Zeit merkwuͤr-
dige Notiz bringt Soranzo bei. Z. B. erlaͤutert er den uͤbrigens
kaum erklaͤrlichen Uebertritt des Koͤnigs von Navarra zu den Katho-
liken recht gut. Man hatte dieſem Fuͤrſten in Rom verſichert, ſollte
ja Philipp II. ihn fuͤr den verlornen Theil von Navarra nicht mit
Sardinien entſchaͤdigen, ſo werde ihm der Papſt doch auf jeden Fall
Avignon geben. Nicht Theologen, ſagt der Geſandte, habe man ge-
braucht, um ihn umzuſtimmen: die Unterhandlung habe genuͤgt.
36.
Instruttione del re cattolico al Cr Mr d’Alcantara suo am-
basciatore di quello ha da trattar in Roma. Madr. 30 Nov.
1562. (MS Rom.)
Zugleich mit den Antworten des Papſtes. Bei Pallavicini
XX, 10 genuͤgend excerpirt, bis auf folgende Stelle, die bei ihm
eher mißverſtanden iſt. Circa l’articolo della communione sub
utraque specie non restaremo di dire con la sicurtà che sa-
pemo di potere usare con la Mtà Sua, che ci parono cose molto
contrarie il dimandar tanta libertà e licenza nel concilio et il
volere in un medesimo tempo che noi impediamo detto concilio
e che prohibiamo all’ imperatore, al re di Francia, al duca di
Baviera et ad altri principi che non possano far proponere et
questo et molti altri articoli che ricercano attento, che essi sono
deliberati et risoluti di farli proponere da suoi ambasciatori e
prelati, etiam che fosse contro la volontà dei legati. Sopra il
che S. Mtà dovrà fare quella consideratione che le parerà con-
veniente. Quanto a quello che spetta a noi, havemo differita
la cosa fin qui, e cercaremo di differirla più che potremo, non
ostante le grandi istanze che circa cio ne sono state fatte: e
tuttavia se ne fanno dalli sudetti principi, protestandoci che se
non se gli concede, perderanno tutti li loro sudditi, quali dicono
peccar solo in questo articulo e nel resto esser buoni cattolici,
e di più dicono che non essendogli concesso, li piglieranno da
se, e si congiungeranno con li settarii vicini e protestanti; da
quali quando ricorrono per questo uso del calice, sono astretti
ad abjurare la nostra religione: sicche S. Mtà può considerare
in quanta molestia e travaglio siamo. Piacesse a dio che S.
Mtà cattolica fosse vicina e potessimo parlare insieme ed anche
abboccarsi con l’imperatore — havendo per ogni modo S. Mtà
Cesarea da incontrarsi da noi, — che forse potriamo acconciare
le cose del mondo, o nessuno le acconcierà mai se non dio solo,
quando parerà a Sua Divina Maestà.
Päpſte** 20
[306]Instr. a Visconti 1563. — Commendone Rel. 1563.
37.
Instruttione data al sr Carlo Visconti mandato da papa Pio IV
al re cattolico per le cose del concilio di Trento. Unter-
zeichnet: Carolus Borromaeus ultimo Oct. 1563.
In der Sammlung der Briefe des Nuntius, die nur bis in den
September 1563 gehn, nicht enthalten, und dadurch merkwuͤrdig,
daß ſie die Motive das Concilium zu ſchließen eroͤrtert. Pal-
lavicini hat XXIV, 1, 1 dieſe Inſtruction großentheils aufge-
nommen, obwohl in andrer Ordnung, als ſie geſchrieben war. Das
Merkwuͤrdigſte moͤchte noch ſeyn, daß man die Abſicht hatte, die
Sache von England auf dem Concilium vorzunehmen, und nur aus
Ruͤckſicht auf Philipp II. davon abſtand. Non abbiamo voluto par-
lare sin ora nè lasciar parlare in concilio della regina d’Inghil-
terra (Maria Stuart), con tutto che lo meriti, nè meno di
quest’ altra (Eliſabeth), e cio per rispetto di S. Mtà Cattolica. —
Ma ancora a questa bisognerebbe un dì pigliare qualche verso,
e la Mtà S. dovrebbe almeno fare opera che li vescovi et altri
cattolici non fossero molestati. Man ſieht, daß Philipp dem II.
eine gewiſſe Verpflichtung auferlegt wird ſich der Katholiken in Eng-
land anzunehmen.
38.
Relatione in scriptis fatta dal Commendone ai sri legati del
concilio sopra le cose ritratte dell’ imperatore 19 Febr.
1563.
La somma è che a me pare di aver veduto non pur in S. Mtà
ma nelli principali ministri, come Trausen e Seldio, un ardentis-
simo desiderio della riforma e del progresso del concilio con una
gran speranza quod rimettendo aliquid de jure positivo et re-
formando mores et disciplinam ecclesiam non solo si possono
conservare li cattolici ma guadagnare e ridurre degli heretici,
con una opinione o impressione pur troppo forte che qui siano
molti che non vogliano riforma. Beſonders die Wirkſamkeit der
Jeſuiten hatte Eindruck gemacht. Seldio disse, che li Gesuiti
hanno hormai mostrato in Germania quello che si può sperare
con effetto, perche solamente con la buona vita e con le pre-
diche e con le scuole loro hanno ritenuto e vi sostengono tut-
tavia la religione cattolica.
39.
Relatione sommaria del cardinal Morone sopra la legatione sua
1564 Januario. (Bibl. Altieri VII, F. 3.)
Wuͤrde eigentlich woͤrtlich mitgetheilt werden muͤſſen. Ungluͤck-
licher Weiſe fand ich mich nicht in dem Fall eine Copie zu nehmen.
Und ſo muß der Auszug genuͤgen, den ich in dem dritten Buch ein-
geſchaltet.
[307]Paolo Tiepolo Relatione 1568.
40.
Antonio Canossa: Ueber den Mordverſuch auf Pius IV. Vgl.
I, p. 350.
41.
Relatione di Roma al tempo di Pio IV e V di Paolo Tiepolo
ambasciatore Veneto; zuerſt in der Handſchrift zu Gotha,
dann in vielen andern Sammlungen gefunden. — 1568.
Faſt in allen Copien iſt die Relation in das Jahr 1567 ge-
ſetzt; da jedoch Paul Tiepolo ausdruͤcklich ſagt, er habe 33 Monat
bei Pius V. geſtanden, und dieſer im Januar 1566 gewaͤhlt wor-
den iſt, ſo muß ſie noch nach dem September 1568 fallen. Auch
die Dispacci dieſes Geſandten, die erſten welche in dem veneziani-
ſchen Archive aufbewahrt werden, reichen in dieſes Jahr.
Tiepolo ſchildert Rom, den Kirchenſtaat und ſeine Verwaltung,
auch die geiſtliche Gewalt, welche, wie er ſagt, beſtraft durch Inter-
dicte und belohnt durch Indulgenzen. Hierauf vergleicht er Pius IV.
und V ihre Froͤmmigkeit, Gerechtigkeit, Freigebigkeit, Sitte und
Natur uͤberhaupt. Venedig hatte an dem erſten einen ſehr milden,
an dem zweiten einen ſehr ſtrengen Papſt gefunden. Pius V.
klagte unaufhoͤrlich uͤber die Beſchraͤnkungen kirchlicher Gerechtſame
die ſich Venedig erlaube, — daß es die Kloͤſter beſteuere, Prieſter
vor ſein Gericht ziehe; er beſchwerte ſich uͤber die Avogadoren. Trotz
dieſer Mißverſtaͤndniſſe faͤllt die Vergleichung, welche Tiepolo an-
ſtellt, ganz und gar zu Gunſten des ſtrengern, zum Nachtheil des
mildern Papſtes aus. Auch an dieſem Geſandten zeigt ſich der Ein-
druck, welchen die Perſoͤnlichkeit Pius V. uͤberhaupt in der geſamm-
ten katholiſchen Welt hervorbrachte.
Dieſe Relation iſt, wie geſagt, viel verbreitet. Auch iſt ſie zu-
weilen in gedruckte Werke uͤbergegangen. Aber man bemerke auf
welche Weiſe. In dem Teſoro Politico I, 19 findet ſich eine Rela-
tione di Roma, in der alles, was Tiepolo von Pius V. ſagt, auf
Sixtus V. angewendet wird. Charakterzuͤge, ja ſelbſt Thaͤtigkeiten,
Anordnungen u. ſ. w. werden hier ohne Weiteres von Einem Papſte
auf den Andern uͤbergetragen. Dieſer ſo ganz verfaͤlſchte Bericht
iſt dann in die elzeviriſche Respublica Romana uͤbergegangen, wo er
ſich p. 494, unter dem Titel de statu urbis Romae et pontificis
relatio tempore Sixti V papae, anno 1585, woͤrtlich findet.
42.
Relatione di Roma del Clmo Sr Michiel Suriano Kr ritornato
ambasciatore da N. S. papa Pio V. 1571.
Michiel Suriano, in welchem, wie Paruta ſagt, das Studium
der Literatur das Talent fuͤr die Geſchaͤfte in glaͤnzenderes Licht
ſtellte (Guerra di Cipro I, p. 28), war der unmittelbare Nach-
folger P. Tiepolo’s.
20*
[308]Michiel Suriano Rel. 1571.
Er ſchildert Pius V. folgendergeſtalt.
Si vede che nel papato S. Santità non ha atteso mai a de-
litie nè a piaceri, come altri suoi antecessori, che non ha alte-
rato la vita nè i costumi, che non ha lasciato l’essercitio dell’
inquisitione che haveva essendo privato, et lasciava più presto
ogn’ altra cosa che quella, riputando tutte l’altre di manco stima
et di manco importantia: onde benche per il papato fosse mu-
tata la dignità et la fortuna, non fu però mutata nè la volontà
nè la natura. Era S. Stà di presenza grave, con poca carne
magra, et di persona più che mediocre ma forte et robusta: ha-
vea gl’ occhi piccoli ma la vista acutissima, il naso aquilino, che
denota animo generoso et atto a regnare, il colore vivo et la
canitie veneranda, caminava gagliardissimamente, non temea l’aere,
mangiava poco e bevea pochissimo, andava a dormire per tempo:
pativa alcune volte d’orina, et vi rimediava con usar spesso la
cassia et a certi tempi il latte d’asina et con viver sempre con
regola et con misura. Era S. Stà di complession colerica et su-
bita, et s’accendeva in un tratto in viso quando sentiva cosa che
le dispiacesse: era però facile nell’ audientie, ascoltava tutti,
parlava poco et tardo et stentava spesso a trovar le parole pro-
prie et significanti al suo modo. Fu di vita esemplare et di
costumi irreprensibili con un zelo rigoroso di religione, che ha-
veria voluto che ogn’ un l’havesse, et per questo corregea gl’ec-
clesiastici con riserve et con bolle et i laici con decreti et av-
vertimenti. Facea professione aperta di sincerità et di bontà,
di non ingannare, di non publicar mai le cose che gli eran dette
in secretezza et d’esser osservantissimo della parola, tutte cose
contrarie al suo predecessore: odiava i tristi et non poteva tol-
lerarli, amava i buoni o quei che era persuasa che fosser buoni:
ma come un tristo non potea sperar mai di guadagnar la sua
gratia, perche ella non credea che potesse diventar buono, così
non era senza pericolo un buono di perderla quando cadea in
qualche tristezza. Amava sopra tutte le cose la verità, et se
alcuno era scoperto da S. Stà una sol volta in bugia, perdeva
la sua gratia per sempre, et fu visto l’essempio nel sigr Paolo
Ghisilieri suo nipote, il quale scacciò da se per averlo trovato
in bugia, come S. Stà medesima mi disse, et per officii che fus-
ser fatti non volse mai più riceverlo in gratia. Era d’ingegno
non molto acuto, di natura difficile et sospettosa, e da quella
impression che prendea una volta non giovava a rimoverlo niuna
persuasione di ragione di rispetti civili. Non avea isperienza di
cose di stato per non averle mai pratticate se non ultimamente:
onde nei travagli che portan seco i maneggi di questa corte et
nelle dificoltà che sempre accompagnan la novità dei negotij, un
che fosse grato a S. Santità et in chi ella havesse fede era fa-
cilmente atto a guidarla a suo modo, ma altri in chi non havea
fede non potea essere atto, et le ragioni regolate per prudenza
humana non bastavano a persuaderla, et se alcun pensava di
vincere con auttorità o con spaventi, ella rompeva in un subito
et metteva in disordine ogni cosa o per lo manco gli dava nel
[309]Informatione di Pio V.
viso con dir che non temeva il martirio et che come dio l’ha
messo in quel luogo così poteva anco conservarlo contra ogni
auttorità et podestà humana. Queste conditioni et qualità di S.
Santità, se ben son verissime, però son difficili da credere a
chi non ha auto la sua pratica et molto più a chi ha auto pra-
tica d’altri papi; perche pare impossibile che un huomo nato et
nutrito in bassa fortuna si tenesse tanto sincero: che resistesse
così arditamente a i maggior prencipi et più potenti: che fosse
tanto difficile nei favori et nelle gratie et nelle dispense et in
quell’ altre cose che gl’ altri pontefici concedean sempre facil-
mente: che pensasse più all’ inquisitione che ad altro, et chi se-
condava S. Santità in quella, potesse con lei ogni cosa: che
nelle cose di stato non credesse alla forza delle ragioni nè all’
auttorità de i prencipi esperti, ma solamente alle persuasioni di
quei in chi havea fede: che non si sia mai mostrato interessato
nè in ambitione nè in avaritia, nè per se nè per niun de suoi:
che credesse poco ai cardenali et gl’avesse tutti per interessati
et o quasi tutti, et chi si valea di loro con S. Santità, se nol
facea con gran temperamento et con gran giudicio, si rendea
sospetto et perdea il credito insieme con loro. Et chi non sa
queste cose et si ricorda delle debolezze, della facilità, de i ri-
spetti, delle passioni et degl’ affetti de gl’ altri papi, accusava
et strapazzava gl’ambasciatori, credendo non che non potesser
ma che non volessero o non sapessero ottener quelle cose che
s’ottenevano facilmente in altri tempi.
Man wird es dem Botſchafter gern glauben, daß er mit einem
ſo geſinnten Papſt einen ſchweren Stand hatte. Als Pius z. B.
inne wurde, daß man in Venedig die Bulle in coena domini
nicht publiciren wollte, gerieth er in heftige Aufwallung, „si per-
turbò estremamente, et acceso in collera disse molte cose gravi
e fastidiose.“ Umſtaͤnde, unter denen die Geſchaͤfte doppelt ſchwie-
rig wurden. Suriano verlor in der That die Gnade ſeiner Repu-
blik. Er ward abberufen, und ein großer Theil dieſer Relation hat
den Zweck ſein Verfahren zu rechtfertigen, wobei wir ihn nun
nicht begleiten koͤnnen.
43.
Informatione di Pio V. Inform. politt. Bibl. Ambros. F. D. 181.
Zwar anonym, aber aus genauer Kenntniß hervorgegangen;
die uͤbrigen Schilderungen beſtaͤtigend. Beſonders iſt es, was wir
hier hoͤren, daß trotz aller Strenge dieſes frommen Papſtes in ſei-
nem Hauſe dennoch Factionen herrſchten. Die aͤltern Diener ſind
gegen die juͤngern, welche ſich mehr an den Haushofmeiſter Mr. Ci-
rillo halten. Ueberhaupt war dieſer am meiſten zugaͤnglich. Con
le carezze e col mostrar di conoscere il suo valore facilmente
s’acquistarebbe: ha l’animo elevatissimo, grande intelligenza con
Gambara e Coreggio, e si stringe con Morone.
[310]Relatione di Roma 1574.
44.
Relatione della corte di Roma nel tempo di Gregorio XIII.
(Bibl. Cors. nr. 714.) Unterſchrieben 20. Febr. 1574.
Anonym, aber nichts deſto minder ſehr unterrichtend und mit
dem Gepraͤge der Wahrhaftigkeit.
Der Verfaſſer findet es ſchwer uͤber Hoͤfe und Fuͤrſten zu urthei-
len. „Dirò come si giudica nella corte e come la intendo.“
Er gibt folgende Schilderung Gregors XIII.
Assonto che è stato al pontificato in età di 71 anni, ha
parso c’habbi voluto mutare natura: et il rigore che era solito
biasimare in altri, massimamente nel particulare del vivere con
qualche licenza con donne, n’ è stato più rigoroso dell’ anteces-
sore e fattone maggiori esecutioni: e parimente nella materia
del giuoco si è mostrato rigorosissimo, perche havendo certi il-
lustrissimi principiato a trattenersi nel principio del pontificato
con giuocare qualche scudo, li riprese acremente, ancorche al-
cuni dubitarono che sotto il pretesto del giuoco si facessero
nuove pratiche di pontificato per un poco di male c’hebbe S.
Stà in quel principio: e da questo cominciò a calare quella ri-
putatione o oppinione che si voleva far credere dall’ illustrissimo
de’ Medici, d’haver lui fatto il papa e doverlo governare, la
qual cosa fece chiaro il mondo quanto S. Stà abhorrisce che al-
cuno si voglia arrogare di governarlo o c’habbi bisogno d’essere
governato, perche non vuole essere in questa oppinione di las-
ciarsi governare a persona. Perche in effetto nelle cose della
giustitia n’è capacissimo e la intende e non bisogna pensare di
darli parole. Ne’ maneggi di stati S. Stà ne potria saper più,
perche non vi ha fatto molto studio, e sta sopra di se alle volte
irresoluto, ma considerato che v’habbi sopra, n’è benissime ca-
pace e nell’ udire le oppinioni discerne benissime il meglio. E’
patientissimo e laboriosissimo e non sta mai in otio e piglia
ancora poca ricreatione. Da continuamente audientia e vede
scritture. Dorme poco, si leva per tempo, e fa volontieri eser-
citio, e li piace l’aria, quale non teme, per cattiva che sia. Man-
gia sobriamente e beve pochissimo, ed è sano senza sorte al-
cuna di schinelle. E’ grato in dimostrationi esteriori a chi gli
ha fatto piacere. Non è prodigo nè quasi si può dire liberale,
secondo l’oppinione del volgo, il quale non considera o discerne
la differentia che sia da un principe che si astenghi dall’ estor-
sioni e rapacità a quello che conserva quello che ha con tena-
cità: questo non brama la roba d’altri e gli insidia per haverla.
Non è crudele nè sanguinolento, ma temendo di continuo delle
guerre sì del Turco come degli heretici, li piace d’haver somma
di denarì nell’ erario e conservarli senza dispensarli fuori di
proposito, e n’ha intorno a un millione e mezzo d’oro: è però
magnifico e gli piacciono le grandezze, e sopra tutto è deside-
roso di gloria, il qual desiderio il fa forse trascorrere in quello
che non piace alla corte: perche questi reverendi padri Chiettini,
[311]Paolo Tiepolo Relatione 1576.
che l’hanno conosciuto, se li sono fatti a cavaliere sopra, con di-
mostrarli che il credito et autorità che haveva Pio V non era
se non per riputatione della bontà, e con questo il tengono qua-
siche in filo et il necessitano a far cose contra la sua natura e
la sua volontà, perche S. Stà è sempre stato di natura piace-
vole e dolce, e lo restringono a una vita non consueta: et è
oppinione che per far questo si siano valsi di far venire lettere
da loro padri medesimi di Spagna e d’altri luoghi, dove sempre
fanno mentione quanto sia commendata la vita santa del papa
passato, quale ha acquistata tanta gloria con la riputatione della
bontà e delle riforme, e con questo modo perseverano loro in
dominare et havere autorità con S. Beatne: e dicesi che sono
ajutati ancora dal vescovo di Padova, nuntio in Spagna, crea-
tura di Pio V e di loro. Brama tanto la gloria che si ritiene,
e sforza la natura di fare di quelle dimostrationi ancora verso
la persona del figliuolo quali sariano riputate ragionevoli et
honeste da ogn’uno per li scrupoli che li propongono costoro:
et in tanta felicità che ha havuto S. Stà di essere asceso a questa
dignità da basso stato, è contrapesato da questo oggetto e dall’
havere parenti quali non li sodisfanno e che a S. Stà non pare
che siano atti o capaci de’ negotii importanti e da commetterli
le facende di stato.
So ſchildert er nun auch die Cardinaͤle. Von Granvella be-
merkt er, daß er ſeinen Credit nicht behaupte. Er haͤnge ſeinem Ver-
gnuͤgen nach, er gelte fuͤr geizig; in Sachen der Ligue habe er es
beinahe bis zum Bruch zwiſchen Koͤnig und Papſt gebracht. Dage-
gen wird Commendone ſehr hervorgehoben. „Ha la virtù, la bontà,
l’esperienza con infinito giudicio.“
45.
Seconda relatione dell’ ambasciatore di Roma, clarmo M. Paolo
Tiepolo Kr 3 Maggio 1576.
Die obgedachte anonyme Relation gedenkt auch unſers Tiepolo
im Beſten. Er gelte fuͤr einen guten Kopf und tuͤchtigen Mann.
E’ modesto e contra il costume de’ Veneziani è corteggiano e
liberale, e riesce eccellentemente, e sodisfa molto, e mostra pru-
denza grande in questi travagli e frangenti a sapersi regere.
Da nemlich die Venezianer von jener Verbindung wider die Tuͤr-
ken abtruͤnnig wurden, ſo hatte er einen ſchweren Stand. Man
glaubte, der Papſt werde in dem Conſiſtorium auf eine Excommuni-
cation der Venezianer antragen, und es machten ſich einige Cardi-
naͤle fertig einem ſolchen Vorhaben zu widerſprechen. „Levato Cor-
naro (ein Venezianer) nessuno fo che in quei primi giorni mi
vedesse o mi mandasse a veder, non che mi consigliasse, con-
solasse e sollevasse“. Als den eigentlichen Grund des Separatfrie-
dens gibt Tiepolo an, daß nachdem die Spanier verſprochen hatten,
im April 1573 geruͤſtet zu ſeyn, ſie in dieſem Monat erklaͤrten, ſie
wuͤrden erſt im Juni mit ihren Ruͤſtungen fertig werden. Zur Be-
ſaͤnftigung des Papſtes trug viel bei, daß ſich Venedig endlich ent-
[312]Paolo Tiepolo
ſchloß den Sohn des Papſtes zum venezianiſchen Nobile zu ernen-
nen. Es iſt recht merkwuͤrdig wie ſich Tiepolo uͤber dieſen Sohn
des Papſtes, Giacomo Boncompagno, ausdruͤckt.
Il sr Giacomo è figliuolo del papa: è giovane anchor esso
di circa 29 anni, di belle lettere, gratiose maniere, di grande et
liberal animo et d’un ingegno attissimo a tutte le cose dove egli
l’applicasse. Non bisogna negar che’l primo et si può dir solo
affetto del papa non sia verso di lui, come è anco ragionevole
che sia, perciocche nel principio del pontificato, quando egli
operava più secondo il suo senso, lo creò prima castellano et
dapoi governator di s. chiesa con assegnarli per questo conto
provisioni di cerca X m. ducati all’ anno et con pagarli un lo-
cotenente, colonnelli et capitani, accioche egli tanto più hono-
ratamente potesse comparer: ma dapoi, come che si fosse pen-
tito di esser passato tanto oltre verso un suo figliuolo naturale,
mosso per avvertimenti, come si affermava, di persone spirituali,
che li mettevano questa cosa a conscientia et a punto d’honore,
incominciò a ritirarsi con negarli i favori et le gratie che li
erano da lui domandate et con far in tutte le cose manco stima
di lui di quello che prima avea fatto: anzi come che dopo averlo
palesato volesse nasconderlo al mondo, separandolo da lui lo
fece partir da Roma et andar in Ancona, dove sotto specie di
fortificar quella città per un tempo lo intertenne, senza mai pro-
vederlo d’una entrata stabile et sicura colla quale egli dopo la
morte sua avesse possuto con qualche dignità vivere et soste-
nersi: onde il povero signore dolendosi della sua fortuna che lo
havesse voluto innalzar per doverlo poi abbandonare si messe
più volte in tanta desperatione che fuggendo la pratica et con-
versatione di ciascuno si retirava a viver in casa solitario, con-
tinuando in questo per molti giorni, con far venir anchora all’
orecchie dell’ padre come egli era assalito da fieri et pericolosi
accidenti, per vedere se con questo havesse possuto muover la
sua tenerezza verso di lui. In fine troppo può l’amor naturale
paterno per spingere o dissimulare il quale indarno l’uomo s’ad-
opera. Vinto finalmente et commosso il papa dapoi passato
l’anno santo volse l’animo a provederli et a darli satisfattione,
et prima si resolse da maritarlo.
Auch uͤber die Staatsverwaltung Gregors XIII. und beſonders
den Cardinal von Como theilt Tiepolo noch einige merkwuͤrdige Nach-
richten mit.
Partisce il governo delle cose in questo modo, che di quelle
che appartengono al stato ecclesiastico, ne da la cura alli dni
cardinali sui nepoti, et di quelle che hanno relatione alli altri
principi, al cardinal di Como. Ma dove in quelle del stato ec-
clesiastico, che sono senza comparation di manco importanza,
perche non comprendono arme o fortezze, al governatore gene-
rale reservate, nè danari, de’ quali la camera apostolica et il
tesorier generale ne tien cura particolare, ma solamente cose
ordinarie pertinenti al governo delle città et delle provincie, non
si contentando delli dni nepoti ha aggiunta loro una congrega-
[313]Relatione 1576.
tione di quattro principali prelati, tra’ quali vi è monsignor di
Nicastro, stato nuntio presso la Serenità Vra, colli quali tutte le
cose si consigliano per doverle poi referir a lui; in quelle di
stato per negotii colli altri principi, che tanto rilevano et im-
portano non solo per la buona intelligentia con lor ma ancora
per beneficio et quiete di tutta la christianità, si rimette in tutto
nel solo cardinal di Como, col quale si redrecciano li amba-
sciatori dei principi che sono a Roma et li nuntii apostolici et
altri ministri del papa che sono alle corti, perche a lui solo scri-
vono et da lui aspettano li ordini di quello che hanno da fare.
Egli è quello che solo consiglia il papa, et che, come univer-
salmente si tiene, fa tutte le resolutioni più importanti, et che
da li ordini et li fa eseguire. Sogliono ben alcuni cardinali di
maggior pratica et autorità et qualcun’ altro ancora da se stesso
raccordare al papa quello che giudica a proposito, et suole an-
cora alle volte il papa domandar sopra alcune cose l’opinione
di qualcuno et di tutto il collegio di cardinali ancora, massi-
mamente quando li torna bene che si sappia che la determina-
tion sia fatta di conseglio di molti, come principalmente quando
si vuol dare qualche negativa, et sopra certe particolari occor-
rentie ancora suole deputar una congregatione di cardinali,
come già fo fatto nelle cose della lega et al presente si fa in
quelle di Germania, del concilio, et di altre: ma nel restretto alle
conclusioni et nelle cose più importanti il cardinal di Como è
quello che fa et vale. Ha usato il cardinal, seben cognosce sa-
ver et intender a sofficientia, alle volte in alcune cose andarsi
a consigliare col cardinal Morone et cardinal Commendon, per non
si fidar tanto del suo giudicio che non tolesse ancor il parer
d’huomini più intelligenti et savii: ma in fatto da lui poi il tutto
dipende. Mette grandissima diligentia et accuratezza nelle cose,
et s’industria di levar la fatica et i pensieri al papa et di darli
consigli che lo liberino da travagli presenti et dalla spesa, poi-
che nessuna cosa pare esser più dal papa desiderata che’l spa-
ragno et la quiete. Si stima universalmente ch’esso abbia grande
inclinatione al re cattolico, non tanto per esser suo vassallo et
per haver la maggior parte delli sui beneficii nei sui paesi, quanto
per molti comodi et utilità che in cose di molto momento es-
traordinariamente riceve da lui, per recognition de’ quali all’ in-
contro con destri modi, come ben sa usar senza molto scoprirsi,
se ne dimostri nelle occasioni grato. Verso la Serenità Vostra
posso affermar ch’egli sottosopra si sia portato assai bene, mas-
simamente se si ha respetto che ne i ministri d’altri principi non
si può ritrovar tutto quello che si vorria, et che ben spesso bi-
sogna contentarsi di manco che di mediocre buona volontà.
Obwohl dieſe Relation lange nicht die Verbreitung der erſten
gefunden hat, ſo iſt ſie doch in der That nicht minder wichtig und
lehrreich fuͤr die Zeiten Gregors XIII, als jene erſte fuͤr die Zeiten
Pius IV. und Pius V.
[314]Comment. de rebus Gregorii XIII.
46.
Commentariorum de rebus Gregorii XIII lib. I et II.
(Bibl. Alb.)
Ungluͤcklicher Weiſe unvollendet. Der Verfaſſer, Cardinal von Ver-
celli, verſpricht, nachdem er nach einigen Vorbereitungen auf das Papſt-
thum Gregors zu reden gekommen iſt, von drei Dingen zu handeln:
dem Kriege gegen die Tuͤrken, dem Kriege der Proteſtanten gegen
die Koͤnige von Frankreich und Spanien, und den Streitigkeiten uͤber
die kirchliche Jurisdiction.
Leider finden wir aber in dem zweiten Buche nur den Krieg ge-
gen die Tuͤrken bis auf den venezianiſchen Frieden.
Wir kennen die Verbindung in der die orientaliſchen Angelegen-
heiten mit den Religionsſachen ſtanden; — gar nicht uͤbel ſetzt unſer
Autor die Verwickelungen des Jahres 1572 auseinander. Es war
die Nachricht eingegangen, Carl IX. unterſtuͤtze die Einfaͤlle der Pro-
teſtanten in den Niederlanden. Quod cum Gregorius moleste fer-
ret, dat ad Gallorum regem litteras quibus ab eo vehementer
petit ne suos in hoc se admiscere bellum patiatur: alioquin se
existimaturum omnia haec illius voluntate nutuque fieri. Rex
de suis continendis magnae sibi curae fore pollicetur, id quod
quantum in se est praestat: verum ejusmodi litteris, quae paulo
minacius scriptae videbantur, nonnihil tactus, nonnullis etiam
conjecturis eo adductus ut se irritari propeque ad bellum pro-
vocari putaret, ne imparatum adorirentur, urbes quas in finibus
regni habebat diligenter communit, duces suos admonet ope-
ram dent ne quid detrimenti capiat, simulque Emanuelem Allo-
brogum ducem, utriusque regis propinquum et amicum, de his
rebus omnibus certiorem facit. Emanuel, qui pro singulari pru-
dentia sua, quam horum regum dissensio suis totique reipubli-
cae christianae calamitosa futura esset, probe intelligebat, ad
pontificem haec omnia perscribit, eumque obsecrat et obtestatur
nascenti malo occurrat, ne longius serpat atque inveteratum ro-
bustius fiat. Pontifex, quam gereret personam minimum obli-
tus, cum regem Gallorum adolescentem et gloria cupiditate in-
censum non difficillime a catholicae fidei hostibus, quorum tunc
in aula maxima erat auctoritas, ad hujusmodi bellum impelli
posse animadverteret, reginam tamen ejus matrem longe ab eo
abhorrere dignitatisque et utilitatis suae rationem habituram pu-
taret, mittit eo Antonium Mariam Salviatum, reginae affinem
eique pergratum, qui eam in officio contineat, ipsiusque opera
facilius regi, ne reip. christianae accessionem imperii et gloriam
quae ex orientali expeditione merito expectanda esset invideat
funestumque in illius visceribus moveat bellum, persuadeat.
Inſofern war der Papſt allerdings bereits indirect bei der Bar-
tholomaͤusnacht betheiligt. Er mußte alles verſuchen, um einen Aus-
bruch des Krieges zwiſchen Spanien und Frankreich zu verhindern.
[315]Discorso della corte di Roma.
Es waͤre ſehr zu wuͤnſchen, daß wir dieß Werk wenigſtens noch uͤber
die religioͤſen Irrungen beſaͤßen.
Obige Stelle habe ich auch darum angefuͤhrt, weil gleich die
erſten Zeilen beweiſen, daß es zu den Quellen gehoͤrt deren ſich Maf-
fei in ſeinen Annali di Gregorio XIII Pontefice Massimo be-
dient hat. Man vergleiche I, p. 27 bei Maffei. Scrisse a Carlo
risentitamente, che se egli comportava che i sudditi e ministri
s’intromettessero in questa guerra per distornarla, egli tutto ri-
conoscerebbe da lui e dalla mala sua intenzione. E per l’istesso
fine operò che li signori Veneziani gli mandassero un’ amba-
sciadore con diligenza. Rispose Carlo modestamente, ch’egli fa-
rebbe ogni possibile perchè i suoi nè a lui dovessero dar dis-
gusto nè agli Spagnuoli sospetto di quello ch’egli non aveva in
pensiero. Ma non restò però di dolersi con Emanuele duca di
Savoja della risentita maniera con che gli aveva scritto il pon-
tefice: parendogli che si fosse lasciato spingere dagli Spagnuoli
che avessero voglia essi di romperla: et ad un tempo cominciò
a presidiare le città delle frontiere.
Auch uͤbrigens finde ich, daß Maffei hie und da ein ergaͤnzen-
der Auszug unſerer Schrift iſt. Doch will ich damit dem Werke
Maffeis, dem ich viel Belehrung verdanke, und welches zwar eben
nicht unparteiiſch aber doch ruhig, inhaltsreich und im Ganzen zuver-
laͤßig iſt, nicht im Mindeſten zu nahe treten.
47.
Relatione di monsr revmo Gio P. Ghisilieri a papa Gregorio XIII,
tornando egli dal presidentato della Romagna. S. I. p. 389.
48.
Discorso over ritratto della corte di Roma di monsr illmo Com-
mendone all illmo sr Hier. Savorgnano. (Bibl. Vindob.
Codd. Rangon. nr. 18. fol. 278—395.)
Nach allem Anſchein gehoͤrt dieß Werk in die Zeiten Gregors.
Commendones Namen moͤchte ich nicht verbuͤrgen; von wem es aber
auch herruͤhrt, es iſt alle Mal ein Mann von Geiſt geweſen, tief
eingeweiht in die geheimeren Beziehungen des roͤmiſchen Lebens.
Den Hof definirt er ſo. Questa republica è un principato
di somma autorità in una aristocratia universa di tutti i chri-
stiani collocato in Roma. Il suo principio è la religione. Con-
ciosia, ſchließt er nun weiter, che la religione sia il fine e che
questa si mantenga con la virtù e con la dottrina, è impossi-
bile che alterandosi le conditioni degli uomini non si rivolga in-
sieme sotto sopra tutta la republica.
Er handelt [nun] hauptſaͤchlich von dieſem Conflict geiſtlicher und
weltlicher Beſtrebungen. Vor allem ſchaͤrft er große Vorſicht ein:
molto riguardo di tutti i movimenti e gesti della persona: casa,
[316]Discorso della corte di Roma.
servitori, cavalcature convenienti, amicitie e honorate e virtuose,
non affermando cosa che non si sappia di certo. Der Hof for-
dert „bontà, grandezza dell’ animo, prudentia, eloquentia, theo-
logia.“ Doch iſt alles unſicher. Deve si pensar che questo sia
un viaggio di mare, nel quale benche la prudentia possa molto
e ci renda favorevole la maggior parte de’ venti, nondimeno non
gli si possa prescriver tempo determinato o certezza alcuna d’ar-
rivar. Alcuni di mezza estate in gagliarda e ben fornita nave
affondono o tardano assai, altri d’inverno in debole e disarmato
legno vanno presto.
[317]
Vierter Abſchnitt.
Sixtus V.
I.Zur Kritik der Biographen dieſes Papſtes, Leti
und Tempeſti.
Vita di Sisto V pontefice Romano scritta dal signor Geltio
Rogeri all’ instanza di Gregorio Leti. Losanna 1669,
2 B.; ſpaͤter unter minder ſeltſamen Titeln in 3 B.
Bei weitem mehr durch populaͤre Schriften, welche ſich allge-
meinen Eingang verſchaffen, als durch bedeutendere hiſtoriſche Werke,
die ſich auch oft allzu lange erwarten laſſen, pflegt der Ruf eines
Mannes, die Anſicht einer Begebenheit feſtgeſtellt zu werden. Das
Publicum fragt nicht eigentlich, ob die Dinge die man ihm vortraͤgt
wirklich gegruͤndet ſind; es iſt zufrieden, wenn ihm die Erinnerung,
wie ſie ſich in dem Geſpraͤche ausdruͤckt, eben ſo mannigfaltig, viel-
farbig, aber ein wenig zuſammengenommen und eben darum noch
pikanter gedruckt vorgelegt wird.
Ein Buch dieſer Art iſt die Biographie Sixtus V. von Leti.
Vielleicht die wirkſamſte von allen Arbeiten dieſes Vielſchreibers;
es hat das Andenken an Papſt Sixtus beſtimmt, wie dieß ſeitdem die
allgemeine Meinung der Welt beherrſcht.
Bei dem erſten Verſuche des Studiums geraͤth man mit ſolchen
Buͤchern in die groͤßte Verlegenheit. Eine gewiſſe Wahrheit iſt ih-
nen nicht abzuſprechen, man duͤrfte ſie nicht unberuͤckſichtigt laſſen,
doch ſieht man auch gleich, daß ihnen nicht weit zu trauen iſt: wo
aber die Grenze liegt, laͤßt ſich im Allgemeinen nicht beſtimmen.
Zu einem ſichern Urtheil vermag man doch erſt dann zu kom-
men, wenn man die Quellen ſeines Autors findet, und ſich die Art
und Weiſe vergegenwaͤrtigt wie er ſie benutzt hat.
Bei fortgehendem Studium ſtoͤßt man nun auch auf die Quel-
len aus denen unſer Leti ſchoͤpfte; — wir koͤnnen uns der Nothwen-
digkeit nicht entziehen ſeine Darſtellung mit denſelben zu vergleichen.
1. An der geſammten Geſchichte Sixtus V. iſt nichts famoſer
als der Weg auf dem er zum Papſtthume gelangt ſeyn ſoll, ſein
Betragen in dem Conclave. Wer weiß nicht, wie der gebuͤckte an
ſeinem Stab daherſchleichende Cardinal, nachdem er Papſt geworden,
ſich ploͤtzlich mannhaft erhob, den Stab von ſich warf, und diejeni-
gen mit dem Gebrauche ſeiner Macht bedrohte denen er ſie durch
Taͤuſchung abgewonnen. Dieſe Erzaͤhlung Letis hat in der ganzen
Welt Eingang gefunden. Wir fragen, wo er ſie her nahm.
[318]Leti.
Von jeder Papſtwahl exiſtiren Schriften uͤber ihre Motive, oder
vielmehr uͤber die Intriguen die ihr vorhergingen: auch uͤber die
Wahl Sixtus V. findet ſich ein ſogenanntes Conclave, gleichzeitig,
wie die meiſten andern, mit genauer Kenntniß der Perſoͤnlichkeiten
verfaßt. Conclave nel quale fu creato il cl Montalto che fu
Sisto V.
Bei der erſten Vergleichung ſieht man, daß Leti vor allem dieſe
Schrift vor Augen hatte. Man bemerke, daß er ſie eigentlich nur
umſchreibt.
Concl. MS. Il lunedì mattina per tempo si ridussero nella ca-
pella Paulina, dove il cardinal Farnese come decano celebrò messa,
e di mano sua communicò li cardinali: dipoi si venne secondo
il solito allo scrutinio, nel quale il cardinal Albani hebbe 13
voti, che fu il maggior numero che alcun cardinale havesse. Ri-
tornati i cardinali alle celle, si attese alle pratiche, et Altemps
cominciò a trattare alla gagliarda la pratica di Sirleto, ajutato
da Medici e delle creature di Pio IV, per la confidenza che ha-
vevano di poter di qualsivoglia di loro disponere: ma subito fu
trovata l’esclusione, scoprendosi contra di lui Este, Farnese e
Sforza.
Leti: Lunedì mattina di buon’ hora si adunarono tutti nella
capella Paolina, ed il cardinal Farnese in qualità di decano ce-
lebrò la messa, e communicò tutti i cardinali: e poi si diede
principio allo scrutinio, nel quale il cardinal Albano hebbe 13
voti, che fu il numero maggiore. Doppo questo li cardinali se
ne ritornarono alle lor celle per pransare, e doppo il pranso si
attese alle pratiche di molti: ma particorlamente Altemps comin-
ciò a trattare alla gagliarda le pratiche di Guglielmo Sirleto Ca-
labrese, ajutato dal cardinal Medici e dalle creature di Pio IV,
per la confidenza che haveva ogni uno di loro di poterne dis-
porre: ma in breve se gli fece innanzi l’esclusione, scoprendosi
contro di lui Este, Farnese e Sforza.
So die Hauptſachen; ſo Nebenumſtaͤnde. Z. B. MS. Farnese
incapricciato et acceso di incredibile voglia di essere papa, co-
mincia a detestare publicamente la pratica et il soggetto, di-
cendo: Io non so come costoro lo intendono di volere far Sir-
leto papa. Leti: Il primo che se gli oppose fu Farnese, inca-
pricciato ancor lui ed acceso d’incredibile voglia d’esser papa:
onde parendo a lui d’esserne più meritevole, come in fatti era,
cominciò publicamente a detestare la pratica ed il soggetto, di-
cendo per tutti gli angoli del conclave: Io non so come costoro
l’intendono di voler far papa Sirleto.
Nicht minder auch die Betrachtungen. Z. B. ſagt das MS,
wie dem Cardinal Aleſſandrino doch ſeine Verkleidung Anſtoß gibt:
Ma dio, che haveva eletto Montalto papa, non permesse che si
avertisse a quello che principalmente avertire si dovea, nè la-
sciò che Farnese nè suoi si svegliassero a impedire la pratica,
credendo che non fosse per venire ad effetto dell’ adoratione;
ma solo per honorare Montalto nello scrutinio. Obwohl eine
ſo fromme Betrachtung Leti’n fremd iſt, ſo iſt es ihm doch bequem
[319]Leti.
ſie abzuſchreiben und in ſein Buch aufzunehmen. Er ſchrieb mit ei-
nigen leichten Veraͤnderungen woͤrtlich ab.
Iſt dieß nun nicht vielmehr ein Lob fuͤr die oft angefochtene
Treue des Leti als ein Tadel?
Kommen wir aber auf die Eine Sache welche hier Zweifel er-
regt: das Betragen des Cardinals. Merkwuͤrdig, in dieſem Einen
ſtimmt Leti mit ſeinem Original nicht zuſammen.
Leti ſagt: Montalto se ne stava in sua camera e non già
nel conclave, fingendosi tutto lasso et abandonato d’ogni ajuto
humano. Non usciva che raramente, et se pure andava in qual-
che parte, come a celebrare messa, o nello scrutinio della ca-
pella, se ne andava con certe maniere spensierate.
Dagegen ſagt das Original: Sebene non mostrava una sco-
perta ambitione, non pretermetteva di far poi tutti quelli officii
che il tempo et il luogo richiedevano, humiliandosi a cardinali,
visitandoli et offerendosi, ricevendo all’ incontro i favori e l’of-
ferte degli altri.
Das Original ſagt: noch vor dem Conclave habe er dieß mit
Farneſe gethan, darauf mit Medici und Eſte: es erzaͤhlt, wie er den
Abend vor ſeiner Wahl den Cardinal Madruzzi und den Morgen
vorher den Cardinal Altemps beſucht, und von ihnen die Verſiche
rung empfangen daß er gewaͤhlt werden ſolle. Mit Einem Wort,
in dem Original erſcheint Montalto thaͤtig, lebhaft, geſund: ja daß er
ſo friſch an Jahren und munter iſt, wird als ein Motiv ſeiner Wahl
betrachtet. Die ganze Erzaͤhlung von ſeiner verſtellten Schwachheit
und Zuruͤckgezogenheit, die ſo beruͤhmt geworden, iſt ein Zuſatz Le-
tis; woher er ihn aber nahm, ob er bloß dem Geruͤcht folgte, einer
Erzaͤhlung die ſich von ſelbſt gebildet, oder einem andern Schrift-
werk? — Wir kommen noch darauf.
2. Einen zweiten Moment in dem allgemeinen Rufe Sixtus
bildet der Eindruck, den ſeine finanziellen Einrichtungen hervorgebracht
haben. Auch dieſer gruͤndet ſich zum Theil auf Leti. In dem zwei-
ten Theile des Buches (p. 289) findet ſich ein Verzeichniß der paͤpſt-
lichen Einnahme und Ausgabe, der ſelbſt bei den geſcheidteſten und
gelehrteſten Leuten einen gewiſſen Glauben gefunden hat. Rendite
ordinarie c’havea la sede apostolica nel tempo che Sisto en-
trava nel pontificato. Wenigſtens ſeinen Zahlen ſollte man doch
im Allgemeinen glauben duͤrfen.
Indeſſen auch hier zeigt ſich augenblicklich, daß die Sachen nicht
ſo ſtehn wie Leti vorgibt. Als Sixtus V. im April 1585 eintrat,
waren noch die Contracte guͤltig, die von Gregor XIII. im Auguſt
1576 auf neun Jahre mit den Paͤchtern der Einkuͤnfte abgeſchloſſen
worden waren. Von dieſen haben wir ein authentiſches Verzeich-
niß unter dem Titel Entrata della reverenda camera apostolica
sotto il pontificato di N. Sigre Gregorio XIII fatto nell’ anno
1576; ſehr genau, in welchem erſt die Pachtſumme, dann der Theil
derſelben welcher alienirt war, endlich der Reſt einzeln angegeben
wird. Mit dieſem Verzeichniß nun ſtimmen Letis Angaben ſehr
ſchlecht. Er gibt den Ertrag der Dogana di Roma auf 182450
Scudi an, waͤhrend er nur 133000 betrug: von allen Summen
[320]Leti.
die er nennt, iſt keine einzige richtig. Woher aber ſchreibt ſich ſein
Verzeichniß? er kann es unmoͤglich voͤllig aus der Luft gegriffen
hahen. Es iſt ein anderes in unſern Haͤnden, vom Jahre 1592,
zwei Jahre nach dem Tode Sixtus V. Mit dieſem ſtimmt das
Verzeichniß von Leti faſt in allen Poſten, auch in ihrer Ordnung
uͤberein; in beiden heißt es z. B. nach einander: Dogana di Civita
vecchia 1977 sc., di Narni 400, di Rieti 100, gabella del studio di
Roma 26560, gabella del quadrino a libra di carne di Roma
20335 u. ſ. w. Welch eine Verwechſelung iſt dieß aber! Bei die-
ſen Poſten ſind ſchon alle Veraͤnderungen einbegriffen welche Sixtus
machte, und die ja nun eben detaillirt werden ſollen. Ja nicht ein-
mal hiebei iſt die Verwirrung ſtehn geblieben. Wahrſcheinlich gerieth
Leti an eine ſchlechte Handſchrift, wenn er nicht gar ſelbſt einige
willkuͤhrliche Aenderungen anbrachte; wenigſtens hat er die ſeltſam-
ſten Abweichungen. Die Salara di Roma brachte 27654 Sc. ein,
er ſetzt 17654; tesoreria e salara di Romagna ertrug 71395
Sc., er ſetzt tesoreria e salario di Romagna 11395. Genug ſein
Verzeichniß iſt nicht einmal von einem andern Jahre richtig, ſon-
dern durchaus in allen ſeinen Theilen falſch und unbrauchbar.
3. Wir ſehen ſchon, er compilirte ohne Urtheil und Kritik: —
er ſchrieb ab, aber fluͤchtig; wie waͤre es auch moͤglich, daß er bei
ſeinem unaufhoͤrlichen Fluͤchtlingsleben ſo viel Buͤcher durch wirklich
eigene Arbeit zu Stande gebracht haͤtte. Woher ſchoͤpfte er nun
dieß Mal ſeine Sachen?
Ueber das Leben Sixtus V. gibt uns ein Manuſcript in der
Bibliothek Corſini zu Rom hinreichende Auskunft: „Detti e fatti
di papa Sisto V.“
Auf den erſten Blick ergibt ſich, daß dieſes Werk im Weſentli-
chen durchaus die Arbeit von Leti iſt. Vergleichen wir nur die erſte
beſte Stelle.
Z. B. ſagt das Mſ. bei Corſini. Il genitore di Sisto V si
chiamava Francesco Peretti, nato nel castello di Farnese, di
dove fu costretto non so per qual accidente partire, onde s’in-
caminò per trovare la sua fortuna altrove: et essendo povero
e miserabile, non aveva da poter vivere, essendo solito sosten-
tarsi di quello alla giornata guadagnava grandemente faticando,
e con la propria industria viveva. Partitosi dunque da Farnese,
se ne andò a trovare un suo zio.
Leti hat gleich in der erſten Ausgabe: Il padre di Sisto si chia-
mava Francesco Peretti, nato nel castello di Farnese, di dove
fu constretto non so per qual’ accidente occorsoli di partirsi, ciò
che fece volentieri per cercar fortuna altrove, mentre per la po-
vertà della sua casa non haveva di che vivere se non di quello
che lavorava con le proprie mani alla giornata. Partito di Far-
nese la matina, giunse la sera nelle grotte per consigliarsi con
un suo zio.
Es leuchtet ein, daß dieß ganz das Nemliche iſt, mit einer leich-
ſen Ueberarbeitung.
Ja zuweilen finden ſich bei Leti kleine Einſchiebſel: — ſogleich
kommen Mſ. und Druck wieder voͤllig zuſammen.
Und
[321]Leti.
Und fragen wir nun, woher jene Zuſaͤtze ſtammen mit welchen
Leti die Erzaͤhlung von dem Conclave ausſtattete, ſo zeigt ſich, daß
auch dieſe aus unſerm Mſ. ſind. Die oben angefuͤhrte Stelle Letis
lautet in der Handſchrift folgendergeſtalt: Montalto se ne stava tutto
lasso con la corona in mano et in una piccolissima cella aban-
donato da ogn’uno, e se pure andava in qualche parte, come a
celebrar messa, o nello scrutinio della capella, se ne andava etc.
Man ſieht, daß Leti nur eine leichte Umarbeitung machte.
Ich will wegen der Wichtigkeit des Gegenſtandes noch Eine
Stelle hinzufuͤgen. Das Mſ. hat: Prima di cominciarsi il Mont-
alto, che stava appresso al cardl di San Sisto per non perderlo
della vista o perche non fosse subornato da altri porporati, gli
disse alle orecchie queste parole: Faccia instanza V. Sria illma
che lo scrutinio segua senza pregiudicio dell’ adoratione: e questo
fu il primo atto d’ambitione che mostrò esteriormente Montalto.
Non mancò il cardl di San Sisto di far ciò: perche con il Bo-
nelli unitamente principiò ad alzare la voce due o tre volte così:
Senza pregiudicio della seguita adoratione. Queste voci atter-
rirono i cardinali: perche fu supposto da tutti loro che dovesse
esser eletto per adoratione. Il cardl Montalto già cominciava
a levar quelle nebbie di fintioni che avevano tenuto nascosto per
lo spatio di anni 14 l’ambitione grande che li regnava in seno:
onde impatiente di vedersi nel trono papale, quando udì leggere
la metà e più delli voti in suo favore, tosto allungò il collo e
si alzò in piedi, senza attendere il fine del scrutinio, e uscito
in mezzo di quella capella gittò verso la porta di quella il ba-
stoncello che portava per appoggiarsi, ergendosi tutto dritto in
tal modo che pareva due palmi più longo del solito. E quello
che fu più maraviglioso, etc.
Vergleichen wir hiemit die entſprechende Stelle bei Leti I, p.
412 (Ausg. von 1669): Prima di cominciarsi Montalto si calò
nell’ orecchia di San Sisto, e gli disse: Fate instanza che lo
scrutinio si faccia senza pregiudicio dell’ adoratione: che fu ap-
punto il primo atto d’ambitione che mostrò esteriormente Mont-
alto. Nè San Sisto mancò di farlo, perche insieme con Ales-
sandrino cominciò a gridare due o tre volte: Senza pregiudi-
cio dell’ adoratione. Già cominciava Montalto a levar quelle
nebbie di fintioni che havevano tenuto nascosto per più di quin-
deci anni l’ambitione grande che li regnava nel cuore: onde im-
patiente di vedersi nel trono ponteficale, non si tosto intese leg-
ger più della metà de’ voti in suo favore che assicuratosi del
ponteficato si levò in piede e senza aspettare il fino dello scru-
tinio gettò nel mezo di quella sala un certo bastoncino che
portava per appoggiarsi, ergendosi tutto dritto in tal modo
che pareva quasi un piede più longo di quel ch’era prima: ma
quello che fu più maraviglioso, etc., ſo zeigt ſich, daß bis auf
wenige Worte alles eben ſo lautet.
Leti fuͤhrt einmal ein Zeugniß fuͤr ſeine Erzaͤhlung an: Io ho
parlato con un Marchiano, ch’ è morto venti (in ſpaͤtern Aus-
gaben trenta) anni sono, et assai caduco, il quale non aveva altro
Päpſte** 21
[322]Leti.
piacere che di parlare di Sisto V, e ne raccontava tutte le par-
ticolarità. Schon an ſich iſt es unwahrſcheinlich, daß Leti, der 1644
14 Jahr alt nach Rom kam, mit Leuten die Sixtus V. genau
kannten, Verkehr gehabt, und aus ihren Geſpraͤchen viel fuͤr ſein
Buch geſchoͤpft haben ſoll; — es iſt aber auch dieß eine aus jener
Handſchrift heruͤbergenommene Stelle. Et un giorno parlando con
un certo uomo Marcha, che è morto, che non aveva altro pia-
cere che di parlare di Sisto V. Die zwanzig oder dreißig Jahre
fuͤgte der Autor mehrerer Glaubwuͤrdigkeit halber hinzu.
Auch hier ſcheint mir Leti wohl an eine ſchlechte Copie gerathen
zu ſeyn. Die Handſchrift hat gleich von Anfang, der Knabe habe
oft die Nacht auf freiem Felde das Vieh huͤten muͤſſen: in cam-
pagna aperta; Leti hat dafuͤr: in compagnia d’un’ altro, was ganz
wie ein ſchlecht zurechtgelegter Schreibfehler ausſieht. Der M. A.
Selleri bei Leti wird wohl auch der Handſchrift nach M. A. Siliaci
geheißen haben.
Mit einem Worte, Letis Vita di Sisto V iſt gar kein ſelb-
ſtaͤndiges Werk. Es iſt eine ſtyliſirte mit einigen Zuſaͤtzen vermehrte
Ueberarbeitung eines italieniſchen Manuſeripts, das ihm zu Handen
gekommen war.
Die ganze Frage wuͤrde nun ſeyn, welche Glaubwuͤrdigkeit dieſe
Handſchrift verdient. Sie iſt eine Anekdotenſammlung, nach einem
ziemlichen Verlauf von Jahren gemacht, durchaus apokryphiſcher Na-
tur. Leti hat ſie nicht allein nicht von ihren Fehlern gereinigt, ſon-
dern ſie nach Kraͤften noch weiter verunſtaltet.
Nichts deſto minder fand er damit den groͤßten Beifall; ſein Buch
erlebte Auflage auf Auflage, eine Menge Ueberſetzungen.
Es iſt auffallend, daß die Hiſtorie, ſo wie ſie in das Gedaͤcht-
niß der Menſchen uͤbergeht, alle Mal das Gebiet der Mythologie
beruͤhrt. Die Perſoͤnlichkeiten werden ſchroffer, ſtaͤrker; ſie naͤhern
ſich auf irgend eine Weiſe einem faßlichen Ideal; die Begebenheiten
werden bezeichnender ausgebildet; die Nebenumſtaͤnde und mitwirken-
den Urſachen vergeſſen und beſeitigt. Auf dieſe Art ſcheint auch al-
lein der Forderung der Phantaſie genug geſchehen zu koͤnnen.
Spaͤt kommt dann der Gelehrte, der ſich wundert wie man auf
ſo falſche Meinungen gerathen iſt, das Seine thut um die Irrthuͤ-
mer zu zerſtreuen, aber zuletzt inne wird, daß das doch nicht ſo
leicht zu erreichen iſt. Der Verſtand laͤßt ſich uͤberzeugen, die Phan-
taſie iſt nicht zu uͤberwinden.
Storia della vita e geste di papa Sisto V sommo pontefice,
scritta dal Pre Mro Casimiro Tempesti. Roma 1755.
Wir haben des gemaͤßigten, heitern und wohlgeſinnten Papſtes
Lambertini, Benedict XIV, gedacht; ſein Pontificat iſt auch dadurch
ausgezeichnet, daß faſt alle einigermaßen brauchbare Werke uͤber die
innere Papſtgeſchichte in dieſe Epoche fallen. Da ſind die Annalen
von Maffei gedruckt worden: da hat Bromato ſeine Sammlung
uͤber Paul IV. veranſtaltet: die Lebensbeſchreibungen Marcells II,
Benedicts XIII. fallen in dieſelbe Regierung: da hat auch Caſimiro
[323]Tempeſti.
Tempeſti, ein Franciscaner, wie Sixtus V, es unternommen Gre-
gorio Leti zu widerlegen.
Es ward ihm dazu alle wuͤnſchenswerthe Freiheit gegeben. Er
durchſuchte die roͤmiſchen Bibliotheken, und fand da die ſchoͤnſte Aus-
beute, Lebensbeſchreibungen, Briefſchaften, Denkſchriften mannigfal-
tiger Art, die er nun alle in ſein Buch zuſammenwebte. Vielleicht
vor allem das Wichtigſte iſt die Correſpondenz des Nuntius in Frank-
reich, Moroſini, die einen großen Theil ſeines Werkes erfuͤllt. Denn
in der Regel nimmt er ſeine Urkunden nur mit einiger Ueberarbei-
tung in ſeinen Text auf.
Nur iſt dabei zweierlei zu bemerken.
Einmal ſtellt er ſich zu ſeinen Quellen in ein beſonderes Ver-
haͤltniß. Er glaubt ihnen, ſchreibt ſie aus. aber er findet, der Papſt
muͤſſe wohl mit den Autoren zerfallen ſeyn, er muͤſſe ſie beleidigt
haben; ſo wie ſie zu tadeln beginnen, ſagt er ſich von ihnen los;
er bemuͤht ſich die in Anſpruch genommenen Handlungen des Helden
anders auszulegen.
Zuweilen aber weicht er auch von ſeinen Urkunden ab, entweder
weil ſie ihm nicht kirchlich genug ſind, oder weil er von den Sa-
chen doch keinen rechten Begriff hat. Ein Beiſpiel ſey die Muͤhl-
haͤuſer Angelegenheit vom Jahre 1587. Das Manuſcript das Tem-
peſti durch „Anonymo Capitolino“ bezeichnet, das er in ſehr vielen
Stellen geradezu abgeſchrieben hat, erzaͤhlt die Sache mit vieler Ein-
ſicht: betrachten wir, wie er es benutzt. Der Anonymo bezeichnet
die in Muͤhlhauſen, wie Laufer Helv. Geſchichte XI, 10 ſich aus-
druͤckt, „wegen eines Hoͤlzlins, das kaum zwoͤlf Kronen geſchaͤtzt
war,“ ausgebrochene Streitigkeit mit den Worten „in non so
che causa“ ganz paſſend. Tempeſti macht daraus in urgente lor
emergenza. Die Muͤhlhaͤuſer ſetzten einige ihrer Rathsherrn gefan-
gen, „carcerarono parecchi del suo senato“, — Tempeſti ſagt nur
carcerati alcuni, ohne zu bemerken, daß ſie vom Rathe geweſen.
Man fuͤrchtete, die Muͤhlhaͤuſer moͤchten ſich in die Protection der
katholiſchen Orte ergeben, und ſich von den proteſtantiſchen abſon-
dern: „che volesse mutar religione e protettori, passando all’
eretica fede con raccomandarsi alli cantoni cattolici, siccome
allora era raccomandata alli eretici;“ was ſich darauf bezieht,
daß Muͤhlhauſen gleich bei ſeinem erſten Eintritt in das ſchweize-
riſche Verhaͤltniß von Uri, Schwyz, Luzern und Unterwalden nicht
angenommen worden war, wie ihm dieſe Orte eben auch nachher
ihren Schutz abſchlugen, als ſie ſich zur reformirten Kirche bekann-
ten (Glutz Blotzheim Fortſetzung von Muͤllers Schweizergeſchichte
p. 373). Tempeſti hat keine Ahnung von dieſem eigenthuͤmlichen
Verhaͤltniß. Ganz trocken ſagt er: Riputarono che i Milausini
volessero dichiararsi cattolici. So geht das weiter, auch da wo
der Verf. durch Druckzeichen andeutet, daß er fremde Worte an-
fuͤhre. — Der Anonymo Capitolino ſagt, der Papſt Sixtus ſey im
Begriff geweſen, 100000 Sc. zur Befoͤrderung dieſes Uebertrittes
nach der Schweiz zu ſchicken, als er Nachricht bekommen habe, daß
alles beigelegt ſey. Tempeſti verſichert dennoch, der Papſt habe
das Geld geſchickt. Denn vor allem ſoll ſein Held glaͤnzend und
21*
[324]Memorie autografe
auch freigebig erſcheinen, obgleich nun wohl das letzte ſeine glaͤn-
zendſte Eigenſchaft nicht war.
Ich will nicht weitere Beiſpiele haͤufen. Dieß iſt ſein Verfah-
ren uͤberall wo ich ihn mit ſeinen Quellen verglichen. Er iſt flei-
ßig, ſorgfaͤltig, mit guten Nachrichten ausgeruͤſtet, aber beſchraͤnkt,
trocken, eintoͤnig, ohne wirkliche Einſicht in die Sachen; ſeine Samm-
lungen machen doch ſeine Urkunden nicht entbehrlich. Dem Eindruck
den das Buch Letis gemacht, einen aͤhnlichen entgegenzuſetzen, war
ſein Werk nicht geeignet.
II.Handſchriften.
Kehren wir nun zu unſern Handſchriften zuruͤck; fuͤr eine eigent-
liche Kenntniß ſind wir doch immer auf ſie verwieſen.
Es begegnet uns zunaͤchſt ein Mſ. von Papſt Sixtus ſelbſt.
Aufzeichnungen von ſeiner Hand, die er noch in dem Kloſter gemacht.
49.
Memorie autografe di papa Sisto V. Bibl. Chigi n. III, 70.
158 Bl.
Ein gewiſſer Salvetti hat ſie einſt in einer Bodenkammer ge-
funden und Alexander VII zum Geſchenk gemacht. Es laͤßt ſich in
der That an ihrer Authentie nicht zweifeln.
Questo libro sarà per memoria di mie poche facenducce,
scritto di mia propria mano, dove cio che sarà scritto a laude
di dio sarà la ignuda verità, e così priego creda ogn’ uno che
legge.
Es enthaͤlt nun zuerſt Rechnungen, an denen jedoch wenigſtens
Ein Blatt fehlt, wenn nicht mehrere.
E qui sarà scritti, faͤhrt er fort, tutti crediti, debiti et
ogn’ altra mia attione di momento. E così sarà la verità come
qui si troverà scritto.
Ich will zu dem was ich ſchon in der Erzaͤhlung bemerkt habe,
doch noch Ein Beiſpiel hinzufuͤgen.
Andrea del Apiro, frate di San Francesco conventuale,
venne a Venetia, e nel partirse per pagar robe comprate per
suo fratello, qual mi disse far botega in Apiro, me domandò in
prestito denari, e li prestai, presente fra Girolamo daLunano e fra
Cornelio da Bologna, fiorini 30, e mi promise renderli a Mont-
alto in mano di fra Salvatore per tutto il mese presente d’Au-
gusto, come appar in un scritto da sua propria mano il dì 9 Ago-
sto 1557, quale è nella mia casetta. H. 30.
Man ſieht dieſe frateschen Geſchaͤfte, wie Einer dem Andern
Geld leiht, der Borgende ſeines Bruders kleinen Handel unterſtuͤtzt,
Andere Zeugen ſind. Auch Fra Salvatore erſcheint.
Dann folgt ein Verzeichniß von Buͤchern. Inventarium omni-
um librorum tam seorsum quam simul legatorum quos ego
Fr. Felix Perettus de Monte alto emi et de licentia superiorum
[325]di papa Sisto V.
possideo. Qui seorsum fuerit legatus, faciat numerum qui non
cum aliis minime. Es thut mir jetzt leid, daß ich mir nichts aus
dieſem Verzeichniß angemerkt habe: es ſchien mir ſehr unbedeutend
zu ſeyn.
Endlich findet man p. 144:
Memoria degli anni che andai a studio, di officii prediche e
commissioni avute.
Ich will dieß hier vollſtaͤndig mittheilen, obwohl Tempeſti hie
und da einiges daraus hat; wichtig als das einzige Tagebuch eines
Papſtes das wir beſitzen.
Col nome di dio 1540 il dì 1 settembre di mercoldì intrai a
studio in Ferrara, e vi finii il triennio sotto il rdo mro Barto dalla
Pergola. Nel 43 fatto il capitolo in Ancona andai a studio
in Bologna sotto il rdo maestro Giovanni da Correggio: intrai in
Bologna il dì S. Jacobo maggior di Luglio, e vi stetti fino al
settembre del 44, quando il costacciaro mi mandò baccellier di con-
vento in Rimini col revmo regente mr Antonio da città di Penna,
e vi finii il tempo sino al capitolo di Venezia del 46. Fatto
il capitolo andai baccellier di convento in Siena con mro Ale-
xandro da Montefalco, e qui finii il triennio fino al capitolo
d’Assisi del 49. Ma il costacciaro mi die’ la licentia del ma-
gisterio nel 48 a 22 Luglio, e quattro dì dopo me addottorai a
Fermo. Nel capitolo generale di Assisi fui fatto regente di
Siena 1549 e vi finii il triennio, fu generale monsre Gia Jacobo
da Montefalco. A Napoli: nel capitolo generale di Genova fui
fatto regente di Napoli 1553 dal revmo generale mr Giulio da
Piacenza e vi finii il triennio. A Venezia: nel capitolo ge-
nerale di Brescia 1556 fui fatto regente di Venezia, e vi finii il
triennio, e l’anno primo della mia regeria fui eletto inquisitor in
tutto l’illmo dominio 1557 dì 17 di Gennaro. Nel capitolo gene-
rale di Assisi 1559 eletto generale mre Giovan Antonio da Cer-
via, fui confirmato regente et inquisitore in Venezia come di so-
pra. Per la morte di papa Paolo IIII l’anno detto d’Agosto
partii da Venezia per visitare li miei a Montalto, Inquisitore apo-
stolico: mosso da gran tumulti; il 22 di Febbraro 1560 tornai in
ufficio col brieve di Pio IIII papa, et vi stetti tutto’l Giugno,
e me chiamò a Roma: il dì 18 Luglio 1560 fui fatto teologo
assistente alla inquisitione di Roma e giurai l’officio in mano
del cardl Alessandrino.
(Prediche.) L’anno 1540 predicai, nè havevo anchor can-
tato messa, in Montepagano, terra di Abruzzo. L’anno 1541
predicai a Voghiera, villa Ferrarese, mentre ero studente in
Ferrara. L’anno 1542 predicai in Grignano, villa del Polesine
di Rovigo, e studiavo in Ferrara. L’anno 1543 predicai alla
fratta di Badenara, (viveva il Diedo c’l Manfrone) e studiavo
in Ferrara. L’anno 1544 predicai alla Canda, villa della
Badia e studiavo in Bologna. L’anno 1545 predicai le feste
in Rimini in convento nostro, perche il mro di studio di Bo-
logna ne preoccupò la predica di Monte Scutulo, et ero bacco
di convento di Rimini. L’anno 1546 predicai a Macerata di
[326]Memorie autografe
Montefeltro et ero bacco di convento di Rimini. L’anno 1547
predicai a S. Geminiano in Toscana et ero bacco di convento a
Siena. L’anno 1548 predicai a S. Miniato al Tedesco in Toscana,
et ero bacco di Siena. L’anno 1549 predicai in Ascoli della Marca,
partito da Siena per l’ingresso de Spagnoli introdutti da Don
Diego Mendozza. L’anno 1550 predicai a Fano et ero regente
a Siena. L’anno 1551 predicai nel domo di Camerino condotto
dal rmo vescovo et ero regente a Siena. L’anno 1552 predi-
cai a Roma in S. Apostoli, e tre illmi cardinali me intrattennero
in Roma, e lessi tutto l’anno tre dì della settimana la pistola
a Romani di S. Paolo. L’anno 1553 predicai a Genova, e vi se
fece il capitolo generale, et andai regente a Napoli. L’anno
1554 predicai a Napoli in S. Lorenzo, e vi ero regente, e lessi
tutto l’anno in chiesa l’evangelio di S. Giovanni. L’anno 1555
predicai nel duomo di Perugia ad istanza dell’ illmo cardinale
della Corgna. L’anno 1556 fu chiamato a Roma al concilio
generale, che già principiò la santità di papa Paulo IIII, però non
predicai. L’anno 1557 fu eletto inquisitor di Venezia e del do-
minio, e bisognandome tre dì della settimana seder al tribunale
non predicai ordinariamente, ma 3 (?) dì della settimana a S.
Caterina in Venezia. L’anno 1558 predicai a S. Apostoli di
Venezia e 4 giorni della settimana a S. Caterina, ancorche exe-
quisse l’officio della sta inquisne. L’anno 1559 non predicai
salvo tre dì della settimana a S. Caterina per le molte occupa-
tioni del s. officio. L’anno 1560 tornando col brieve di S.
Santità a Venezia inquisitore tardi predicai solo a S. Caterina
come di sopra.
(Commissioni.) L’anno 1548 ebbi da revmo mre Bartolom-
meo da Macerata, ministro della Marca, una commissione a
Fermo per liberar di prigione del Sr vicelegato fra Leonardo
della Ripa: lo liberai e lo condussi in Macerata. L’anno 1549
ebbi dal sudo R. Pre commissioni in tutta la custodia di Ascoli
da Febbraro fino a pasqua. L’anno istesso dall’ istesso ebbi
una commissione nel convento di Fabriano e vi rimisi frate Evan-
gelista dell’ istesso luogo. L’anno 1550 ebbi dall’ istesso padre
commissione in Senegaglia: rimisi fra Nicolò in casa e veddi
i suoi conti. L’anno 1551 ebbi commissione dal rmo pre gene-
rale mre Gia Jacobo da Montefalco a visitar tutta la parte de
Montefeltro, Cagli et Urbino. L’anno 1552 ebbi dall’ illmo car-
dinale protettor commissione sopra una lite esistente tra il guar-
diano fra Tommaso da Piacenza et un fra Francesco da Osimo,
che aveva fatto la cocchina in Santo Apostolo. L’istesso anno
ebbi commission dal revmo padre generale mre Giulio da Piacenza
nel convento di Fermo, e privai di guardianato mro Domenico
da Montesanto, e viddi i conti del procuratore fra Ludovico da
Pontano, e bandii della provincia fra Ciccone da Monte dell’
Olmo per aver dato delle ferite a fra Tommaso dell’ istesso
luogo. L’anno 1555 ebbi dal sudetto rmo generale commissione
di andar in Calabria a far il ministro, perche avea inteso quello
esser morto, ma chiarito quello esser vivo non andai. L’anno
[327]di papa Sisto V.
1557 ebbi commissione sopra il Gattolino di Capodistria, sopra
il Garzoneo da Veglia et altre assai commissioni di fra Giulio
di Capodistria. L’anno 1559 fui fatto commissario nella pro-
vincia di S. Antonio, tenni il capitolo a Bassano, e fu eletto mi-
nistro mro Cornelio Veneso. L’anno 1560 fui fatto inquisitore
apostolico in tutto il dominio Veneto, e dell’ istesso anno fui
fatto teologo assistente alla inquisitione di Roma il dì 16 Lu-
glio 1560.
Nel capitolo generale di Brescia 1556 fui eletto promotor
a magisterii con l’Andria e con mro Giovanni da Bergamo, et
otto baccalaurei da noi promossi furon dottorati dal revmo ge-
nerale mro Giulio da Piacenza, cioè Antonio da Montalcino,
Ottaviano da Ravenna, Bonaventura da Gabiano, Marc Antonio da
Lugo, Ottaviano da Napoli, Antonio Panzetta da Padova, Otta-
viano da Padova, Martiale Calabrese. Otto altri promossi ma non
adottorati da s. p. rma: Francesco da Sonnino, Antonio da Ur-
bino, Nicolò da Montefalco, Jacobo Appugliese, Antonio Bol-
letta da Firenze, Constantino da Crema, il Piemontese et il Si-
colino. Io però con l’autorità di un cavalier di S. Pietro da
Brescia addottorai Antonio da Urbino, il Piemontese e Constan-
tino da Crema. Di Maggio 1558 con l’autorità del cavalier Cen-
tani adottorai in Venezia fra Paolo da S. Leo, frate Andrea
d’Arimino, Giammatteo da Sassocorbaro e fra Tironino da Lu-
nano, tutti miei discepoli.
50.
De vita Sixti V ipsius manu emendata. Bibl. Altieri. 57 Bl.
Zwar nur eine Abſchrift, aber in welcher die Fehler des erſten
Schreibers und die Verbeſſerungen des Papſtes treulich aufgenom-
men worden ſind. Ueber durchſtrichenen Worten lieſt man die Cor-
rectur.
Cs faͤngt von der Armuth der Eltern dieſes Papſtes an, welche
„alieni parvique agri cultura“ ihr Leben friſteten; er ruͤhmt von
der Familie vor allem Signora Camilla, die wenigſtens damals als
er ſchrieb ſich in ihren Anſpruͤchen noch ſehr maͤßigte: „quae ita se
intra modestiae atque humilitatis suae fines continuit semper ut
ex summa et celsissima fortuna fratris, praeter innocentiae at-
que frugalitatis famam et in relictis sibi a familia nepotibus pie
ac liberaliter educandis diligentiae laudem, nihil magnopere ce-
pisse dici possit.“ Er fuͤhrt Erziehung, Emporkommen und die
erſte Zeit der Staatsverwaltung aus. Beſonders iſt er merkwuͤrdig,
weil er das bei den Bauten von Rom vorherrſchende chriſtliche Prin-
cip heraushebt.
Ungefaͤhr 1587 wird dieß Werkchen verfaßt ſein. Der Ver-
faſſer hegte die Abſicht auch die folgenden Zeiten zu ſchildern. Tum
dicentur nobis plenius cum acta ejus (Sixti) majori parata or-
dine prodere memoriae experiemur. Quod et facturi pro viri-
bus nostris, si vita suppetet, omni conatu sumus, et ipse ingen-
tia animo complexus nec ulla mediocri contentus gloria uberem
[328]Vita Sixti V ipsius manu emendata.
ingeniis materiam praebiturus egregie de se condendi volumina
videtur.
Bei dem nun, was wir vor Augen haben, iſt die wichtigſte Frage
ob es wirklich von jenem Papſt revidirt worden.
Auch Tempeſti, der die Abſchrift der Bibliothek Altieri nicht
kannte, beſaß ein Werkchen das man ihm als von Graziani verfaßt,
von Papſt Sixtus revidirt empfohlen hatte. Er macht einige Ein-
wendungen dagegen, und mag in denſelben Recht haben. Es iſt aber
mit dem unſern nicht identiſch. Tempeſti macht unter andern darauf
aufmerkſam (p. XXX.), daß Graziani den Papſt gleich ſeine erſte
Proceſſion von S. Apoſtoli anfangen laſſe, da ſie doch von Araceli
ausgegangen. Ein Fehler der freilich wohl eher einem Manne ent-
gehn konnte der Papſt geworden und die Geſchaͤfte der Welt trieb,
als dem Padre Maeſtro Tempeſti. Aber in unſerer Vita findet er
ſich nicht. Ganz richtig heißt es in derſelben: Verum ut acceptum
divinitus honorem ab ipso deo exordiretur, ante omnia suppli-
cationes decrevit, quas ipse cum patribus et frequente populo
pedibus eximia cum religione obivit a templo Franciscanorum
ad S. Mariam Majorem.
Wir haben auch noch ein poſitives Zeugniß fuͤr die Authentie
unſers Werkchens. Eine andere Lebensbeſchreibung — die naͤchſte de-
ren wir gedenken — erzaͤhlt, Sixtus habe zu gewiſſen Commenta-
rien an dem Rande bemerkt: „sororem alteram tenera aetate de-
cessisse.“ Wir finden daß eben dieß in unſerer Schrift geſchehen
iſt. Der erſte Verfaſſer hatte geſchrieben: Quarum altera nupsit,
ex cujus filia Silvestrii profluxisse dicuntur quos adnumerat suis
pontifex“ etc. Sixtus ſtrich dieß und einiges andere aus, und ſchrieb
hinzu: „Quarum altera aetate adhuc tenera decessit.“
Jene zweite Lebensbeſchreibung ſagt ferner: In illis commen-
tariis ab ipso Sixto, qui ea recognovit, adscriptum reperi, Sixti
matrem Marianam non quidem ante conceptum sed paulo ante
editum filium de futura ejus magnitudine divinitus fuisse moni-
tam. Auch dieß finden wir in unſerer Schrift. Der Autor hatte
geſagt, Peretto habe im Traum die Vorherſagung empfangen: „na-
sciturum sibi filium qui aliquando ad summas esset dignitates per-
venturus.“ Vater iſt weggeſtrichen, und geſetzt: „Ejus uxor par-
tui vicina.“
Hiedurch bekommt nun unſer Werkchen eine große Authentie;
es ſchließt ſich unmittelbar an jenes Autographum des Papſtes an.
Es verdiente wohl einen beſondern Abdruck.
51.
Sixtus V Pontifex Maximus. Bibl. Altieri. 80 Blaͤtter.
Eben die Schrift durch welche wir die Authentie der vorigen zu
beweiſen vermochten. Ich finde nicht, daß ſie Tempeſti oder ein An-
derer gekannt habe.
Der Autor ſchrieb nach dem Tode des Sixtus. Schon er be-
klagt, daß das Gedaͤchtniß deſſelben durch viele Erdichtungen verun-
ſtaltet werde. Sixtus V, hebt er an, memoriae quibusdam gratae,
[329]Sixtus V Pont. Max.
aliquibus invisae, omnibus magnae, cum cura nobis et sine am-
bitu dicetur: curam expectatio multorum acuit (obwohl die Schrift
niemals gedruckt worden), ambitum senectus nobis imminens prae-
cidit.
Seinen Gegenſtand findet er ſehr wichtig. „Vix aut rerum
moles major aut majoris animi pontifex ullo unquam tempore
concurrerunt.“
In einem erſten Theile ſeines Werkchens geht er das Leben Six-
tus V. bis zu deſſen Erhebung auf den paͤpſtlichen Stuhl durch. Er
ſchoͤpfte dabei aus obiger Lebensbeſchreibung, Briefſchaften des Six-
tus, die er oͤfter citirt, und muͤndlichen Nachrichten von Cardinal
Paleotto oder einem vertrauten Hausgenoſſen des Papſtes Namens
Capelletto. Dabei kommen auch gar mancherlei Denkwuͤrdigkeiten
zur Sprache.
Cap. I. Sixti genus, parentes, patria. Die ſonderbare No-
tiz, daß Sixtus ſich in ſeiner Jugend habe Erinitus nennen wollen,
ja ſogar in dem Kloſter eine Zeitlang ſo genannt worden ſei. Er
verſtand darunter einen Kometen, und waͤhlte dieſen Namen um ſei-
ner Gluͤckshoffnungen willen (propter speratam semper ab se ob
ea quae mox exsequar portenta nominis et loci claritatem). Dar-
auf ſoll ſich der Stern in ſeinem Wappen beziehen. Wenigſtens iſt
dieß kein Komet. Uebrigens hat er ſelbſt Paleotto’n geſagt, daß durch
die Birnen auf dieſem Wappen ſein Vater (Peretti), durch die
Berge ſein Vaterland angezeigt werde: der Loͤwe der die Birnen
traͤgt, zeige zugleich Großmuth und Wohlthaͤtigkeit an.
II. Ortus Sixti divinitus ejusque futura magnitudo prae-
nunciatur. Sixtus ſelbſt erzaͤhlt, ſein Vater habe einſt in der Nacht
den Zuruf vernommen: „Vade, age, Perette, uxori jungere: pa-
ritura enim tibi filium est, cui Felicis nomen impones: is enim
mortalium olim maximus est futurus.“ Ein ſeltſamer Kauz war
dieſer Peretti doch. Seine Frau war damals in Dienſten jener Diana
in der Stadt. Auf Veranlaſſung der weiſſagenden Ermunterung ſchlich
er ſich nun bei Nacht und Nebel hinein. Am Tage durfte er ſich aus
Furcht vor ſeinen Glaͤubigern nicht blicken laſſen. — Seltſamer Ur-
ſprung! Spaͤter hat Peretti ſeine Glaͤubiger auf das Gluͤck ſeines
Sohnes foͤrmlich vertroͤſtet. Wenn er das Kind auf den Armen
hatte, ſagte er wohl: er trage einen Papſt, und zog das Fuͤßchen
hervor um es von ſeinen Nachbarn kuͤſſen zu laſſen.
III. Nomen. Peretto ſagte, als man ihm gegen den Na-
men Felix Einwendungen machte: „Baptismo potius quam Felicis
nomine carebit.“ Die Betten fingen einmal von einem ſtehn ge-
bliebenen Lichte Feuer: die Mutter lief herbei, und fand das Kind
unbeſchaͤdigt und lachend. Ungefaͤhr, wie dem Kinde der Sclavin
Servius Tullius, die ihm bevorſtehende Hoheit durch die Flamme
angekuͤndigt ward, die im Schlafe ſein Haupt umgab. Nach ſo
vielen Jahrhunderten wiederholt ſich das Wunder oder der Glaube.
IV. Studia. Daß er Schweine gehuͤtet, habe er doch nicht gern
gehoͤrt: weil es in obigen Commentarien geſtanden, habe er deren
Fortſetzung verboten. Erzaͤhlung von ſeinen erſten raſchen Fortſchrit-
ten: ſo daß er den Lehrmeiſter fuͤr ſeine 5 Bajocchi allzu ſehr beſchaͤf-
tigte. Vix mensem alterum operam magistro dederat, cum ille
[330]Sixtus V Pont. Max.
Perettum adit, stare se conventis posse negans: tam enim multa
Felicem supra reliquorum captum et morem discere ut sibi multo
plus in uno illo quam in ceteris instituendis omnibus laboranti
non expediat maximam operam minima omnium mercede consu-
mere. Bei Fra Salvatore ward er ziemlich hart gehalten. Er be-
kam manchen Schlag, weil er ihm die Speiſen nicht recht vorſetzte.
Das arme Kind hob ſich hoch auf die Zehen, war aber ſo klein, daß
es kaum die Tiſchplatte mit ſeiner Hoͤhe erreichte.
V. Moͤnchsleben. Was wir uͤber die Art ſeines Studirens
und die Disputation zu Aſſiſi berichtet haben. Der erſte Ruf ſei-
ner Predigten. Auf den Reiſen hielt man ihn zu Belforte auf, und
ließ nicht ab, bis er unter ungeheurem Zulauf der Nachbarn drei-
mal gepredigt.
VI. Montalti cum Ghislerio Alexandrino jungendae familia-
ritatis occasio.
VII. Per magnam multorum invidiam ad magnos multos-
que honores evadit. Namentlich in Venedig, wo er den Druck des
Index durchſetzte, hatte er viel zu dulden. Er hatte ſich einmal ent-
fernen muͤſſen, und trug Bedenken dahin zuruͤckzukehren. Der Car-
dinal Carpi, ſeit jener Disputation ſein Beſchuͤtzer, kuͤndigte den
dortigen Franciscanern an: entweder ſollte Montalto oder Keiner von
ihnen in Venedig bleiben. Indeſſen konnte er ſich doch nicht in Ve-
nedig halten. Seine Ordensbruͤder klagten ihn vor dem Rathe der
Zehen an, daß er Unordnung in der Republik ſtifte, indem er na-
mentlich diejenigen nicht abſolviren wolle welche im Beſitze verbote-
ner Buͤcher ſeyen (qui damnatos libros domi retineant). Cr mußte
nach Rom zuruͤckgehn, wo er Conſultor der Inquiſition wurde.
VIII. Romanae inquisitionis consultor, sui ordinis procu-
rator, inter theologos congregationis Tridentini concilii adscri-
bitur. Auch bei den Franciscanern in Rom fand Montalto nur auf
ausdruͤckliche Empfehlung des Carpi Aufnahme, und dieſer ſchickte
ihm ſeine Mahlzeit zu. Er befoͤrderte ihn in jene Stelle, er em-
pfahl ihn ſterbend dem Cardinal Ghislieri.
IX. Iter in Hispaniam. Er begleitete Buoncompagno, nach-
mals Gregor XIII. Schon damals verſtanden ſie ſich [nur] ſchlecht
unter einander. Montalto mußte zuweilen auf dem Packwagen rei-
ſen. Accidit nonnunquam ut quasi per injuriam aut necessita-
tem jumento destitutus vehiculis quibus impedimenta comporta-
bantur deferri necesse fuerit. Es folgten viele andere Vernach-
laͤſſigungen.
X. Post honorifice delatum episcopatum per iniquorum ho-
minum calumnias cardinalatus Montalto maturatur. Auch der Ne-
pote Pius V. war ihm entgegen, „alium veterem contubernalem
evehendi cupidus.“ Unter andern ſagte man dem Papſt, man habe
vier wohlverſchloſſene Kiſten in das Zimmer des Montalto getragen,
der ſich ganz verweichliche und praͤchtig wohne. Pius ging unvermu-
thet ſelbſt in das Kloſter. Er fand nackte Waͤnde, und fragte end-
lich was in den Kiſten ſey, welche noch da ſtanden. „Buͤcher, hei-
liger Vater,“ ſagte Montalto, „die ich mit nach S. Agatha
nehmen will“ — das war ſein Bisthum, — und oͤffnete eine.
[331]Sixtus V Pont. Max.
Pius war hoͤchlich zufrieden, und ernannte ihn in kurzem zum Car-
dinal.
XI. Montalti dum cardinalis fuit vita et mores. Gregor
entzog ihm ſeine Penſion, was viele auf das kuͤnftige Pontificat des
Montalto deuteten. Levis enim aulicorum quorundam superstitio
diu credidit, pontificum animis occultam quandam in futuros suc-
cessores obtrectationem insidere.
XII. Francisci Peretti caedes incredibili animi aequitate
tolerata.
XIII. Pontifex M. magna patrum consensione declaratur.
Hierauf folgt der zweite Theil.
„Hactenus Sixti vitam per tempora digessimus: jam hinc
per species rerum et capita, ut justa hominis aestimatio cuique
in promptu sit, exequar.“
Es finden ſich jedoch von dieſem Theile nur drei Capitel: Gra-
tia in benemeritos; — pietas in Franciscanorum ordinem; —
publica securitas.
Das letzte iſt durch ſeine Schilderung gregorianiſcher Zeiten bei
weitem das wichtigſte, und ich will, da ich nicht eine voͤllige Ab-
ſchrift genommen, wenigſtens einen Auszug mittheilen.
Initio quidem nonnisi qui ob caedes et latrocinia proscripti
erant, ut vim magistratuum effugerent, genus hoc vitae institue-
rant, ut aqua et igne prohibiti latebris silvarum conditi aviis-
que montium ferarum ritu vagantes miseram anximaque vitam
furtis propemodum necessariis sustentarent. Verum ubi rapi-
nae dulcedo et impunitae nequitiae spes alios atque alios extre-
mae improbitatis homines eodem expulit, coepit quasi legitimum
aliquod vel mercimonii vel artificii genus latrocinium frequen-
tari. Itaque certis sub ducibus, quos facinora et saevitia nobi-
litassent, societates proscriptorum et sicariorum ad vim, cae-
des, latrocinia coibant. Eorum duces ex audacia vel scelere
singulos aestimabant: facinorosissimi et saevissima ausi ma-
xime extollebantur ac decurionum centurionumque nominibus
militari prope more donabantur. Hi agros et itinera non jam
vago maleficio sed justo pene imperio infesta habebant. — —
Denique operam ad caedem inimicorum, stupra virginum et alia
a quibus mens refugit, factiosis hominibus et scelere alieno ad
suam exaturandam libidinem egentibus presente pretio locare:
eoque res jam devenerat ut nemo se impune peccare posse cre-
deret nisi cui proscriptorum aliquis et exulum periculum prae-
staret. Iis fiebat rebus ut non modo improbi ad scelera, verum
etiam minime mali homines ad incolumitatem ejusmodi feras
bestias sibi necessarias putarent. — — Id proceribus et princi-
pibus viris perpetuo palam usurpari. — — Et vero graves Ja-
cobo Boncompagno susceptae cum primariis viris inimicitiae ob
violatam suarum aedium immunitatem diu fortunam concussere.
Procerum plerique, sive quos aes alienum exhauserat, sive quo-
rum ambitio et luxus supra opes erat, sive quos odia et ulci-
scendi libido ad cruenta consilia rejecerant, non modo patroci-
nium latronum suscipere, sed foedus cum illis certis conditioni-
[332]Sixtus V Pont. Max.
bus sancire ut operam illi ad caedem locarent mercede impuni-
tatis et perfugii. Quum quo quisque sicariorum patrono utere-
tur notum esset, si cui quid surreptum aut per vim ablatum fo-
ret, ad patronum deprecatorem confugiebatur, qui sequestrum si-
mulans, utrinque raptor, tum praedae partem a sicariis tum
operae mercedem a supplicibus, aliquando recusantis specie, quod
saevissimum est rapinae genus, extorquebat. Nec defuere qui
ultro adversus mercatores atque pecuniosos eorumque filios,
agros etiam et bona ex destinato immitterent, iisque deinde re-
dimendis ad seque confugientibus operam venderent, casum adeo
miserantes ut ex animo misereri credi possent. — — Lites si-
cariorum arbitrio privatis intendebantur, summittebantur vi adacti
testes, metu alii a testimonio dicendo deterrebantur. — — Per
urbes factiones exoriri, distinctae coma et capillitio, ut hi in
laevam, illi in dexteram partem vel villos alerent comarum vel
comam a fronte demitterent. Multi ut fidem partium alicui
addictam firmarent, uxores necabant, ut filias, sorores, affines
eorum inter quos censeri vellent ducerent, alii consanguinearum
viros clam seu palam trucidabant, ut illas iis quos in suas par-
tes adlegerant collocarent. Vulgare ea tempestate fuit ut cui-
que sive forma seu opes mulieris cujuscunque placuissent, eam
procerum aliquo interprete vel invitis cognatis uxorem duceret:
neque raro accidit ut praedivites nobilesque homines exulum
abjectissimis et rapto viventibus grandi cum dote filias collo-
care vel earum indotatas filias ipsi sibi jusso matrimonio jun-
gere cogerentur. — — Sceleratissimi homines tribunalia consti-
tuere, forum indicere, judicia exercere, sontes apud se accu-
sare, testibus urgere, tormentis veritatem extorquere, denique
solemni formula damnare: alios vero a legitimis magistratibus
in vincula conjectos, causa per prôrem (procuratorem) apud se
dicta, absolvere, eorum accusatores ac judices poena talionis
condemnare. Coram damnatos praesens poena sequebatur:
si quid statutum in absentes foret, tantisper morae erat dum
sceleris ministri interdum cum mandatis perscriptis riteque ob-
signatis circummitterentur, qui per veram vim agerent quod le-
gum ludibrio agebatur. — — Dominos et reges se cujus collibuis-
set provinciae, ne solennibus quidem inaugurationum parcentes,
dixere multi et scripsere. — — Non semel sacra supellectile e
templis direpta, augustissimam et sacratissimam eucharistiam in
silvas ac latibula asportarunt. qua ad magica flagitia et execra-
menta abuterentur. — — Mollitudo Gregoriani imperii malum
in pejus convertit. Sicariorum multitudo infinita, quae facile
ex rapto cupiditatibus conniventium vel in speciem tantum ira-
scentium ministrorum largitiones sufficeret. Publica fide se-
curitas vel petentibus concessa vel sponte oblata: arcibus, oppi-
dis, militibus praeficiebantur. Eos velut ab egregio facinore
reduces multitudo, quocunque irent, spectando effusa miraba-
tur, laudabat. — —
[333]Memorie del pontificato di Sisto V.
52.
Memorie del pontificato di Sisto V. Altieri XIV. a. IV. fol.
480 Blaͤtter.
Nicht ganz neu und unbekannt iſt dieſes ausfuͤhrliche Werk.
Tempeſti hatte eine Abſchrift aus dem Archiv des Capitols, und be-
zeichnet den Urheber deſſelben als den Anonymo Capitolino.
Tempeſti iſt aber gegen dieß Werk hoͤchſt ungerecht. Er co-
pirt es in unzaͤhligen Stellen, und in dem allgemeinen Urtheil am
Anfang ſeiner Geſchichte ſpricht er ihm doch die Glaubwuͤrdig-
keit ab.
Es iſt aber ohne Zweifel das Beſte was es uͤber Sixtus V. Ge-
ſchichte gibt.
Der Autor hatte die wichtigſten Documente in Haͤnden. Man
ſieht es ſeiner Erzaͤhlung an: auch ſagt er es ſelbſt, z. B. in deut-
ſchen Sachen: „mi risolvo di narrar minutamente quanto ne
trovo in lettere e relationi autentiche.“
Ueber die Finanzeinrichtungen Sixtus V. hat er die genaueſten
Nachrichten: Schritt fuͤr Schritt begleitet er ſie. Doch geht er dabei
mit vieler Discretion zu Werke. Gli venivano, ſagt er, proposte
inventioni stravagantissime ed horrende, ma tutte sotto faccia
molto humana di raccor danari, le quali per esser tali non ar-
disco di metter in carta tutte, ma sole alcune poche vedute da
me nelle lettere originali degl’ inventori.
Er hatte ein Leben Gregors XIII. geſchrieben, und deshalb
mag man ihn fuͤr Maffei gehalten haben; obwohl ich ſonſt keinen
Grund finde ihn mit dieſem Jeſuiten zu identificiren.
Schade nur daß auch dieß Werk nur ein Fragment iſt. Gleich
von vorn fehlen die fruͤhern Ereigniſſe. Sie waren geſchrieben, doch
bricht wenigſtens unſer Mſ. mitten in einem Satze ab. Hierauf wer-
den die Einrichtungen der erſten Jahre des Papſtes durchgegangen,
aber der Verfaſſer kommt nur bis zu dem Jahre 1587.
Den erſten Mangel koͤnnen wir verſchmerzen, da wir daruͤber
ſo viel andere und gute Belehrung beſitzen; aber der Mangel der
ſpaͤtern Arbeit iſt hoͤchſt empfindlich. Es iſt eine Art europaͤiſcher
Geſchichte, die der Verfaſſer aus wirklich glaubwuͤrdigen Nachrich-
ten mittheilt. Ueber das Jahr 1588, den annus climactericus der
Welt, wuͤrden wir gewiß bei ihm viele gute Nachrichten finden.
Man hoͤre, wie vernuͤnftig er ſich im Anfange ſeiner Arbeit
ausdruͤckt.
Non ho lasciata via per cui potessi trar lume di vero che
non abbia con molta diligenza et arte apertami et indefessa-
mente camminata, come si vedrà nel racconto che faccio delle
scritture e relationi delle quali mi son servito nella tessitura
di questa istoria. Prego dio, autore e padre d’ogni verità, si-
some mi ha dato ferma volontà di non dir mai bugia per in-
gannare, così mi conceda lume di non dir mai il falso con es-
sere ingannato.
Ein Gebet, eines Hiſtorikers ganz wuͤrdig.
[334]Sixti V vita
Er ſchließt bei den Cardinalwahlen von 1587 mit den Worten:
E le speranze spesso contrarie alle proprie apparenze.
Ich habe einen großen Theil ſeiner Notizen nach Vergleichung
mit den anderweiten aufgenommen; was etwa noch uͤbrig waͤre hier
nachzutragen, wuͤrde bei dem Umfange des Werkes zu weit fuͤhren.
53.
Sixti V Pontificis Maximi vita a Guido Gualterio Sangenesino
descripta. MS der Bibl. Altieri. VIII. F. 1. 54 Blaͤtter.
Tempeſti gedenkt eines Tagebuches uͤber die Zeiten Sixtus V.
von einem Autor dieſes Namens. Es iſt der nemliche der unſre Le-
bensbeſchreibung verfaßt hat. In unſerm Werk erwaͤhnt er das fruͤhere.
Er war von Sixtus fuͤr ſeine Bemuͤhungen beſonders belohnt worden.
Das Exemplar in dem Pallaſt Altieri iſt ſehr authentiſch und
vielleicht einzig. Es hat Anmerkungen von der Hand des Autors.
„Me puero cum in patria mea Sangeno“ etc. ſagt er darin, ſo
daß kein Zweifel ſeyn kann.
Er ſchrieb es kurz nach Sixtus Tode, in den erſten Zeiten Cle-
mens VIII, deſſen er oͤfter gedenkt. Er erwaͤhnt, daß gerade die
Nachricht von dem Uebertritt Heinrichs IV. zum Katholicismus ein-
treffe, ſo daß wir das Jahr 1593 mit Sicherheit als das Jahr der
Abfaſſung annehmen koͤnnen.
Auch iſt der Autor beſonders glaubwuͤrdig. Er ſtand mit der
Familie Peretti in naͤherer Verbindung: Maria Felice, Tochter der
Signora Camilla, war in Sangeno erzogen; die Frau des Autors
war ihre genaue Freundin; er ſelbſt war mit Anton Boſic, dem
Secretaͤr des erſten Befoͤrderers von Montalto, des Cardinal Carpi,
ſehr genau bekannt: „summa mihi cum eo necessitudo interce-
debat.“
Und ſo iſt er denn vornehmlich uͤber die fruͤhern Lebensumſtaͤnde
des Papſtes gut unterrichtet.
Er widmet ihnen den erſten Theil ſeiner Schrift.
Er berichtet, wie Fra Felice zuerſt mit P. Paul IV. bekannt ge-
worden ſey. Bei dem Brande einer Minoritenkirche in der Mark war
die Hoſtie verſchont geblieben. Es muß das mit einigen beſondern
Umſtaͤnden verknuͤpft geweſen ſeyn; genug man hielt hieruͤber große
Conſultation. Die Cardinaͤle der Inquiſition, Ordensgenerale, viele
andere Praͤlaten waren zugegen. Cardinal Carpi brachte den Mont-
alto mit, und drang darauf, daß auch dieſer ſein Guͤnſtling ſeine
Meinung zu ſagen habe. Montalto ſagte eine Meinung, die allen
die beſte ſchien; hoͤchlich zufrieden ging Carpi weg. — In ejus sen-
tentiam ab omnibus itum est. Surgens cardinalis Carpensis di-
xit: Probe noram quem virum huc adduxissem.
Merkwuͤrdig iſt die Schilderung ſeiner ariſtoteliſchen Bemuͤ-
hungen.
Die Ausgabe des Poſius, in der That eines Schuͤlers von
Montalto, wird von Gualterius dieſem letzten geradehin zugeſchrie-
ben. Aristotelis Averroisque opera ex pluribus antiquis biblio-
thecis exemplaria nactus emendavit, expurgavit, aptoque ordine
[335]a Guido Gualterio descripta.
in tomos, ut vocant, undecim digessit. Mediam et magnam
Averrois in libros posteriorem expositionem apta distributione
Aristotelis textui accommodavit: mediam Averrois expositionem
in 7 metaphysicorum libros invenit, exposuit, ejusdem Averrois
epitomata [quaesita] et epistolas suis restituit locis, solutionibus
contradictionum a doctissimo Zunara editis (in denen die Wider-
ſpruͤche zwiſchen Ariſtoteles und Averroes ausgeglichen werden) cen-
tum addidit.
Dann ſchildert er den Charakter ſeines Helden. Magnanimus
dignoscebatur, ad iram tamen pronus. Somni potens: cibi par-
cissimus: in otio nunquam visus nisi aut de studiis aut de ne-
gotiis meditans.
So gelangt er zum Conclave. Hierauf faͤngt auch er an, die
Thaten Sixtus V. nach ſeinen verſchiedenen Tugenden zu ſchildern:
Religio, Pietas, Justitia, Fortitudo, Magnificentia, Providentia.
So ſeltſam dieſe Eintheilung iſt, ſo kommen doch dabei eine
Menge huͤbſcher Dinge zum Vorſchein.
Lebhaft bemuͤht ſich Gualterius den Papſt gegen die Anklagen zu
vertheidigen die ihm wegen ſeiner Auflagen gemacht worden. Man
hoͤre aber wie. „Imprimis ignorare videntur, pontificem Roma-
num non in nostras solum facultates sed in nos etiam ipsos
imperium habere.“ Was wuͤrde die heutige Zeit zu dieſem Staats-
recht ſagen?
Vornehmlich den Bauwerken Sixtus V. widmet er Aufmerkſam-
keit, und iſt daruͤber recht intereſſant.
Er ſchildert den Zuſtand des alten Lateran. Erat aula per-
magna quam concilii aulam vocabant — ohne Zweifel wegen der
Lateranconcilien, bis zu Leo X, — erant porticus tractusque cum
sacellis nonnullis et cubiculis ab aula usque ad S. Sabae quam
S. Salvatoris capellam vocant. Erant s. scalarum gradus et
porticus vetustissimae e qua veteres pontifices, qui Lateranum
incolebant, populo benedicebant. Aedes illae veteres maxima
populi veneration, celebrari solebant, cum in illis non pauca
monumenta esse crederentur Hierosolymis usque deportata. Sed
fortasse res in superstitionem abierat: itaque Sixtus, justis de
causis ut credere par est, servatis quibusdam probatioribus mo-
numentis, sanctis scalis alio translatis, omnia demolitus est.
Wir ſehen, der Autor unterwirft ſich, aber er fuͤhlt das Unrecht.
Nicht minder merkwuͤrdig iſt die Beſchreibung von S. Peter,
wie es zu dieſer Zeit war (1593).
In Vaticano tholum maximum tholosque minores atque adeo
sacellum majus quod majorem capellam vocant aliaque minora
sacella et aedificationem totam novi templi Petro Apostolo di-
cati penitus absolvit. At plumbeis tegere laminis, ornamenta-
que quae animo destinarat adhibere, templique pavimenta ster-
nere non potuit, morte sublatus. At quae supersunt Clemens
VIII persecuturus perfecturusque creditur, qui tholum ipsum
plumbeis jam contexit laminis, sanctissimae crucis vexillum ae-
ueum inauratum imposuit, templi illius pavimentum jam imple-
vit, aequavit, stravit pulcherrime, totique templo aptando et
[336]Galesini Vita Sixti V.
exornando diligentissimam dat operam: cum vero ex Michaelis
Angeli forma erit absolutum, antiquitatem omnem cito supe-
rabit.
Wir ſehen, daß man noch immer nichts beabſichtigte als den
Plan des Michel Angelo auszufuͤhren, und es ſcheint als ſey alles
ſchon wirklich vollendet geweſen (penitus absolvit).
Wir hatten uͤber die Coloſſen ſchon oben eine merkwuͤrdige No-
tiz. Ich will hier noch eine hinzufuͤgen.
Der Autor redet von dem Platz auf dem Quirinal. Er ſagt
von den Verſchoͤnerungen deſſelben durch Sixtus V: Ornavit per-
enni fonte et marmoreis Praxitelis et Phidiae equis, quos ve-
tustate cum eorum rectoribus deformatos una cum basi marmo-
rea in pristinam formam concinnavit et e vetere sede ante Con-
stantini thermas in alteram areae partem prope S. Paulli mona-
corum aedes transtulit. Auch in aͤltern Abbildungen, von denen eine
bei Meier wiederholt iſt (ſ. Geſch. der Kunſt II, 299 und Abbildun-
gen dazu Tafel XV.), erſcheinen die Coloſſen in einer ſehr verſtuͤm-
melten Geſtalt; ungefaͤhr wie ſie unſere Venezianer ſchilderten (ſ. S.
239). Offenbar wurde ihnen erſt unter Sixtus V. ihre heutige
Form gegeben.
54.
Galesìni Vita Sixti V. Vatic. 5438. (122 Blaͤtter.)
Handſchrift ohne eigentlichen Titel, auf dem erſten Blatt mit
folgender Widmung.
Sanctissimo patri Sixto V, pontifici maximo, vigilantissimo
ecclesiae dei pastori, providissimo principi, sapientissimo uni-
versae reipublicae christianae moderatori et rectori, commenta-
rium hoc de vita rebusque ab eo in singulos annos diesque pu-
blice et pontificie actis gestisque distribute ac luculenter scri-
ptum Petrus Galesinus magno et summo benignissimoque patrono
singularis in illum pietatis atque observantiae ergo in perpetuum
dicavit.
Schon dieſe Worte zeigen, daß wir mehr eine Lobſchrift vor uns
haben als eine Lebensbeſchreibung.
Der Autor findet es bemerkenswerth, daß Sixtus V. als das
vierte Kind ſeiner Eltern geboren — „sol enim quarto die creatus
est“ — daß er an dem Tage der Gruͤndung Roms zum Papſt ge-
waͤhlt worden.
Die Erzaͤhlung der fruͤhern Jahre iſt ſehr fragmentariſch. Auch
hier wird bezeugt, daß ein begabter junger Menſch in Armuth und
Strenge am beſten zu gedeihen pflege. In dem Hauſe der Peretti war
die Mutter ſtrenge: „Matris metu, cum aliquid mali se comme-
ruisse videret, in omnes partes corporis se excitavit.“
Die Arbeiten in der Villa: Opus manu faciebat, ita ut vel
hortos coleret vel arbores sereret aut aliqua ratione, instar dili-
gentissimi agricolae, egregiae insitionis opera consereret, inter-
locaret.
Bei den Handlungen des Papſtthums tritt beſonders die ſtren-
gere religioͤſe Richtung hervor der ſich Sixtus ergab: — z. B. bei
den
[337]Relatione al papa Sisto V.
den Bauten: „ut urbis opera et idolatriae simulacra, inanis et
falsae gloriolae insanarumque superstitionum monumenta, adhuc
in urbe jam diu nimis inveterata quadam rerum olim Romanarum
a christiano cultu abhorrentium curiositate, — — ad christianae
pietatis ornamentum pertraheret.“
Urſprung des Lateranpallaſtes. Pontifex cum vix cubiculum
inveniret quo se reciperet, continuo jussit aedes pontificia ma-
jestate dignas in Laterano extrui: valde enim absurdum abso-
numque duxit basilicam Lateranensem, omnium ecclesiarum ma-
trem, proprium pontificis Romani episcopatum aedes non ha-
bere quae cum tanta episcopatus dignitate convenirent.
Ueberhaupt findet er Rom ſehr fromm. Dat magna pietatis
et integritatis indicia. Clericorum disciplina fere est ad pristi-
nos sanctissimos mores restituta, ratio divini cultus administra-
tioque sacrarum aedium ad probatum veterem morem plane per-
ducta. — — Ubique in ipsis ecclesiis genuflexiones: ubique in
omni fere urbis regione fideles qui sacra illa sexta feria (Char-
freitag) infinitis verberibus miserandum in modum propria terga
ita lacerabant ut sanguis in terram usque defluxerit.
55.
Vita Sixti V anonyma. Vatic. n. 5563.
Nur wenige Blaͤtter uͤber die Jugendjahre Sixtus V. Sein
Name Felix wird von einem Traume ſeines Vaters hergeleitet.
56.
Relatione al papa Sisto V. 41 Bl.
Von einem Mitgliede der Curie, das den Pallaſt nicht beſuchte,
und nur eben ſo viel erfuhr wie Jedermann wußte; urſpruͤnglich an
einen Freund gerichtet, der uͤber die Handlungen Sixtus V. unter-
terrichtet ſeyn wollte, dann an den Papſt ſelbſt.
In Schriften wie die unſere, von mittelmaͤßigen Leuten geſchrie-
ben welche nur zufaͤllig aus der Menge heraustreten, iſt es merkwuͤr-
dig zu beobachten, welche Ruͤckwirkung eine Regierung uͤberhaupt auf
das groͤßere Publicum ausuͤbt.
In unſerm Werkchen, welches durchaus in dem ſtrengern reli-
gioͤſen Sinne geſchrieben iſt, der am Ende des 16. Jahrh. zu herr-
ſchen anfing, ſieht man nun zunaͤchſt welchen gewaltigen Eindruck die
Umgeſtaltung der heidniſchen Monumente in chriſtliche hervorbrachte.
Le croci santissime in cima delle guglie e le statue delli
prencipi apostolici sopra le colonne scancellano la memoria delle
antiche idolatrie, — — come anco che la croce posta in mano
della statua sopra la torre di Campidoglio significante Roma ci
mostra che hoggi Roma cioè il papa non opra la spada per sog-
giogare il mondo a guisa d’infideli imperatori Romani ma la
croce per salutifero giorno dell’ universo. — Es iſt auffallend,
wie populaͤr dieſe Ideen der geiſtlichen Weltherrſchaft auch unter
den Leuten von minderer Bedeutung waren. Der Autor leug-
Päpſte** 22
[338]Lorenzo Priuli Rel. 1586.
net ferner, daß der Papſt, wie einige ſagen um ſehr weiſe zu ſcheinen
— per esser savioni, — durch ſeinen Schatz ſich bei den Fuͤrſten
in Anſehen zu ſetzen gedenke; deſſen beduͤrfe er nicht; ſein Sinn ſey
vielmehr, daß er die gehorſamen Fuͤrſten belohnen, die ungehorſamen
zuͤchtigen wolle. „Col tesoro castigherà i prencipi ribelli di santa
chiesa, et ajuterà i prencipi obbedienti nelle imprese cattoliche.“
Er ruͤhmt Sixtus, daß er Heinrich IV. excommunicirt habe. Su-
bito fatto papa ricorse a dio per ajuto, e poi privò del regno
di Navarra quello scellerato re eretico, — — e con queste armi
spirituali principalmente i papi hanno disfatti e fatti imperatori
e re. Daß Prieſter und Moͤnche als eine Miliz des Papſtes zu be-
trachten ſeyen, wird hier einmal auch von der roͤmiſchen Seite aus-
geſprochen. Il papa tiene grossi presidii in tutti regni, che sono
frati monaci e preti, in tanto numero e così bene stipendiati e
provisti in tempo di pace e di guerra. — — Nelle cose della re-
ligione vuole esser patrone solo et assoluto, sicome dio vuole:
— — e beati quei populi che avranno prencipi obbedientissimi.
— — Se i prencipi manterranno il pensiero di trattar le cose
delli stati prima con li sacerdoti che con i lor consiglieri seco-
lari, credami che manterranno i sudditi obbedienti e fedeli. Alle
Behauptungen der politiſch-kirchlichen Doctrin treten hier in popula-
rer Faſſung hervor. Was ſey aber dieſe weltliche Macht des Papſtes,
verglichen mit der Autoritaͤt welche er habe einen armen Knecht Gottes
zum Heiligen zu erheben? Dieſe Heiligſprechungen, welche Sixtus V.
erneuert hatte, kann unſer Autor nicht genug preiſen. A maggior gloria
di dio, ha dedicato alcuni giorni festivi a santi che non erano
nel calendario, sì per dare occasioni a’ christiani di spendere
tanto più tempo in honor di dio per salute delle anime loro con
l’intercessione de’ santi astenendosi dell’ opere servili, sì perche
siano onorati gli amici di dio. Unter andern Gruͤnden fuͤhrt er
auch noch an: „per far vedere gli infedeli e falsi christiani che
solo i veri servi di Christo salvatore fanno camminare i zoppi,
parlare i muti, vedere i ciechi, e resuscitare i morti.“
57.
Relatione presentata nell’ eccmo collegio dal clmo Sigr Lorenzo
Priuli, ritornato di Roma, 1586 2 Luglio.
Von den roͤmiſchen Monumenten gehn wir uͤber auf die vene-
zianiſchen.
Lorenzo Priuli hatte die letzten Jahre Gregors XIII. und die
erſten Sixtus V. erlebt; er iſt voll von ihrem Gegenſatz.
Wir muͤſſen uns davon nicht ſogleich mit fortreißen laſſen: die
erſten Zeiten eines Papſtes machten in der Regel einen beſſern Ein-
druck als die letzten. Sey es weil mit den zunehmenden Jahren das
Talent der Staatsverwaltung nothwendig abnimmt, oder weil
ſich allmaͤhlig bei einem Jeden Manches findet, was man lieber weg-
wuͤnſcht.
Aber Priuli iſt nicht ungerecht. Er findet, daß auch die Verwal-
tung Gregors der Kirche ſehr nuͤtzlich geworden ſey. Nella bontà della
[339]Gritti Rel. 1589. — Badoer Rel. 1589.
vita, nel procurare il culto ecclesiastico, l’osservanza del conci-
lio, la residenza dei vescovi, nell’ eccellenza della dottrina, l’uno
legale l’altro teologicale, si possono dire assai simili. Er preiſt
Gott, daß er ſeiner Kirche ſo treffliche Vorſteher gegeben habe.
Wir bemerken, daß auch die fremden Geſandten von der Geſin-
nung ergriffen waren welche den Hof beherrſchte.
Priuli findet die Erwaͤhlung Sixtus V. durchaus wunderbar, un-
mittelbare Wirkung des heil. Geiſtes. Seine Vaterſtadt erinnert er
daran, daß ſie durch ihr gutes Einverſtaͤndniß mit den Paͤpſten em-
porgekommen ſey; er raͤth vor allen Dingen die Erhaltung deſſel-
ben an.
58.
Relatione del clmo sigr Giov. Gritti ritornato ambasciatore da
Roma anno 1589.
In dem venezianiſchen Archive findet ſich nur ein defectes Exem-
plar.
Mit großem Verlangen griff ich nach einem andern, das ich
auf der ambroſianiſchen Bibliothek zu Mailand ſah, aber auch dieß
enthielt gerade ſo viel wie jenes und nicht ein Wort mehr.
Es iſt das um ſo mehr zu bedauern, da der Autor recht ſyſte-
matiſch zu Werke geht. Er will erſtens von dem Kirchenſtaate, dann
von der Perſon des Papſtes, als deſſen großen Bewunderer er ſich
ankuͤndigt, drittens von ſeinen Abſichten, endlich von den Cardinaͤlen
und dem Hofe handeln.
Nur von dem erſten Hauptſtuͤck iſt ein kleiner Theil vorhanden.
Eben wo der Autor zeigen will, wie die Einkuͤnfte unter Sixtus ge-
wachſen, bricht die Handſchrift ab. Demohnerachtet kann ich nicht
zweifeln, daß die Arbeit fertig war. Was wir haben, iſt wenigſtens
kein Entwurf, ſondern ein Theil der Ausarbeitung.
Aber ſeltſam iſt es doch, daß ſich auch ſogar in dem Archive
nur ein mangelhaftes Exemplar findet.
59.
Relatione di Roma dell’ ambasciatore Badoer Kr relata in senato
anno 1589.
In dem venezianiſchen Archive fehlt dieſe Relation. In der
Sammlung der Familie Quirini findet ſie ſich, aber auch nur frag-
mentariſch.
Es ſind acht Blaͤtter, die nichts als ein paar Notizen in Be-
zug auf die Landſchaft enthalten.
Badoer bemerkt, daß ſich Venedig ſeine Anhaͤnger in der Mark
dadurch entfremde, daß es ihrer zu viele entweder dem Papſt aus-
liefere oder auf deſſen Anſuchen umbringen laſſe.
Man hatte von der Aufnahme des Handels von Ancona gere-
det, doch fuͤrchtete der Geſandte nicht, daß er den Venezianern Ein-
trag thun werde.
Essendo state imposte allora (bei ſeiner Hinreiſe) da Sisto
22*
[340]Dispacci Veneti
V doi per cento sopra tutte le mercantie, le quali a querelle
d’Anconitani furono poi levate, non era gionta in 14 mesi al-
cuna nave in quel porto.
Wir ſehen, daß die beiden Auflagen Gregors und Sixtus V,
obwohl ſie wieder abgeſchafft wurden, doch durch die Unſicherheit des
Gewinnes, in die ſich die Kaufleute ploͤtzlich verſetzt ſahen, zur Ab-
nahme des anconitaniſchen Handels gewaltig beitrugen. Damals
machte man die meiſten Geſchaͤfte in Kamelot und Pelzwerk, doch
fanden die Juden keine rechte Gelegenheit zu einem Tauſch in Tuch
oder andern Waaren. Die Zoͤlle waren nur zu 14000 Scudi ver-
pachtet, und auch dieſe kamen niemals ein.
Badoer wuͤnſcht uͤbrigens, daß man das Beiſpiel von Spanien
nachahme und die Freunde, die man in der Mark etwa habe, beſolde.
Er bricht ab, indem er ſich anſchickt dieſe Freunde zu nennen.
60.
Dispacci Veneti 1573—1590.
Niemand ſollte glauben, daß man bei einem ſo großen Reich-
thum an Monumenten dennoch Mangel empfinden koͤnnte. Dem-
ohnerachtet waͤre dieß hier beinahe der Fall geweſen. Wir ſehen,
welch ein Unſtern uͤber die venezianiſchen Relationen waltete: die roͤ-
miſchen Denkſchriften erlaͤutern nur die erſten Zeiten dieſes Pontifi-
cates mit einiger Ausfuͤhrlichkeit: ich wuͤrde mich fuͤr deſſen letzte
Jahre — eine der wichtigſten Epochen — doch am Ende auf Tem-
peſti reducirt geſehen haben, waͤren mir nicht die Depeſchen der ve-
nezianiſchen Geſandten zu Huͤlfe gekommen.
Schon in Wien excerpirte ich die ganze Reihe der veneziani-
ſchen Dispacci von 1573 bis 1590, die in dem dortigen Archiv zum
Theil in authentiſchen Copien, zum Theil in Rubricarien, zum Be-
huf des Staates gemacht, aufbewahrt werden.
Die erſten zu uͤbermeiſtern hat in der That eine gewiſſe Schwie-
rigkeit: zuweilen faßt ein Monatsheft 100 Blaͤtter: ſie ſind beim
Transport vom Meerwaſſer angegriffen worden: ſie brechen, ſo wie
man ſie oͤffnet, und der Athem fuͤhlt ſich von einem widerlichen Staube
beruͤhrt. Leichter ſind die Rubricarien zu handhaben: ſie ſind durch
Einbaͤnde geſchuͤtzt; und die Abkuͤrzung erleichtert die Ausſonderung
des Weſentlichen von den tauſend unbedeutenden Geſchaͤften, die zwei
italieniſche Staaten mit einander haben mochten, und die keiner
geſchichtlichen Reproduction wuͤrdig ſind.
Wir finden nun hier die Berichte von Paul Tiepolo bis 1576,
Antonio Tiepolo bis 1578, Zuanne Correr bis 1581, Lunardo Do-
nato bis 1583, Lorenzo Priuli bis 1586, Zuanne Gritti bis 1589,
Alberto Badoer bis 1591.
Neben dieſen regelmaͤßigen Botſchaftern erſcheinen dann und
wann auch noch außerordentliche: Zuanne Soranzo vom October
1581 bis Februar 1582, der wegen der Streitigkeiten uͤber das Pa-
triarchat von Aquileja abgeordnet worden; die Gluͤckwuͤnſchungsge-
ſandtſchaft vom Jahre 1585 an Sixtus V, die aus M. Ant. Bar-
baro, Giacomo Foscarini, Marino Grimani und Lunardo Donato
[341]1573—1590.
beſtand, und ihre gemeinſchaftlichen Schreiben durch den Secretaͤr
Padavino abfaſſen ließ; endlich wegen der politiſchen Verwickelungen
des Jahres 1589 aufs neue Lunardo Donato. Die Depeſchen des
letzten ſind bei weitem die wichtigſten: hier ward einmal das Ver-
haͤltniß zwiſchen der Republik und dem Papſt welthiſtoriſch bedeutend;
ſie finden ſich gluͤcklicher Weiſe auch in aller ihrer Ausfuͤhrlichkeit
unter dem Titel: Registro delle lettere dell’ illmo signor Lunardo
Donato Kr ambasciatore straordinario al sommo pontefice; co-
mincia a 13 ottobre 1589 e finisce a 19 decembre 1589.
Und auch hiemit kennen wir noch nicht den geſammten geſandt-
ſchaftlichen Verkehr. Es gab noch eine beſondere geheime Correſpon-
denz der Geſandten mit dem Rathe der Zehen, die ſich ſehr zierlich
auf Pergament geſchrieben findet; der erſte Band unter dem Titel:
Libro primo da Roma; secreto del consiglio di X sotto il se-
renissimo D. Aluise Mocenigo inclito duca di Venetia; unter
entſprechenden Titeln die folgenden Baͤnde.
Ich weiß recht wohl, was ſich gegen die Benutzung geſandt-
ſchaftlicher Schreiben einwenden laͤßt. Es iſt wahr, ſie ſind unter
den Eindruͤcken des Augenblicks abgefaßt: ſelten ganz unparteiiſch:
haͤufig nur auf gewiſſe Gegenſtaͤnde gerichtet, und keineswegs im-
mer geradehin zu adoptiren. Aber man nenne die Denkmaͤler, die
Schriften, denen ſo ganz ohne Weiteres Glauben beizumeſſen waͤre.
Allenthalben iſt das Koͤrnchen Salz unentbehrlich. Auf jeden Fall
ſind die Geſandten gleichzeitig, an Ort und Stelle anweſend, zur
Beobachtung verpflichtet; und ſie muͤßten in der That ganz ohne
Geiſt ſeyn, wenn ihre Berichte, in einigem Umfange geleſen, nicht
das Gefuͤhl der Gegenwart, gleichſam der unmittelbaren Wahrneh-
mung mittheilen ſollten.
Unſere Venezianer waren nun ſehr geuͤbt, ſehr gewandt: ich
finde dieſe Schreiben hoͤchſt unterrichtend.
Wohin wollte es aber fuͤhren, wenn ich aus dieſer langen Reihe
von Baͤnden auch hier Auszuͤge mittheilen wollte?
Man wird mir wohl geſtatten, daß ich meiner Regel treu
bleibe in dieſem Anhange Auszuͤge aus Depeſchen zu vermeiden.
Nur eine laͤngere Reihenfolge koͤnnte einigermaßen einen Begriff
ihres Inhaltes geben.
Dagegen will ich noch zwei wichtige Miſſionen beruͤhren, die in
die Zeit Sixtus V. fallen.
61.
Relazione all’ illmo e revmo cardinale Rusticucei segrio di
N. Sigre papa Sisto V delle cose di Polonia intorno alla reli-
gione e delle azioni del cardinale Bolognetto in quattro anni
ch’ egli è stato nuntio in quella provincia, divisa in due parti:
nella prima si tratta de’ danni che fanno le eresie in tutto quel
regno, del termine in che si trova il misero stato ecclesiastico,
e delle difficoltà e speranze che si possono avere intorno a
rimedii: nella seconda si narrano li modi tenuti dal cardinale
Bolognetto per superare quelle difficoltà, et il profitto che fece,
[342]Spannocchj
et il suo negoziare in tutto il tempo della sua nuntiatura: di
Horatio Spannocchj, già segrio del detto sigre cardle Bolognetto.
Der Secretaͤr Bolognettos, Spannocchi, der mit ihm in Polen
geweſen war, benutzte die Ruhe eines Winteraufenthaltes zu Bo-
logna, um dieſe Relation zuſammenzuſtellen, die nicht allein ausfuͤhr-
lich, ſondern auch recht belehrend gerathen iſt.
Er ſchildert zuerſt die ausnehmende Verbreitung des Proteſtan-
tismus in Polen: „non lasciando pure una minima città o ca-
stello libero.“ Er leitet dieſe Erſcheinung, wie man denken kann,
hauptſaͤchlich aus weltlichen Ruͤckſichten ab: er behauptet, daß der
Adel ſeine Unterthanen mit Geldſtrafen belegt habe, wenn ſie die
proteſtantiſchen Kirchen nicht beſuchten.
Uebrigens war auch hier wie im uͤbrigen Europa einmal ein
Zuſtand der Indifferenz eingetreten. „La differenza d’esser catto-
lico o di altra setta si piglia in burla o in riso, come cosa di
pochissima importanza.“
Die Deutſchen, welche ſich ſelbſt in den kleinſten Orten anſiedel-
ten und ſich hier verheiratheten, hatten großen Antheil an der Aus-
breitung der proteſtantiſchen Lehren, jedoch noch gefaͤhrlicher kommen
dem Autor die Italiener vor, welche die Meinung ausbringen, in
Italien zweifele man, unter dem Deckmantel des Katholicismus, ſo-
gar an der Unſterblichkeit der Seele: man erwarte nur eine Gele-
genheit, um ſich ganz gegen den Papſt zu erklaͤren.
Er ſchildert nun den Zuſtand, in den die Geiſtlichkeit unter die-
ſen Umſtaͤnden gerathen ſey.
Infiniti de’ poveri ecclesiastici si trovano privi degli ali-
menti, sì perche i padroni delle ville, eretici per il più, se non
tutti, hanno occupato le possessioni ed altri beni delle chiese
o per ampliarne il proprio patrimonio o per gratificarne mini-
stri delle lor sette ovvero per alienarne in varj modi a persone
profane, sì ancora perche negano di pagar le decime, quantun-
que siano loro dovute, oltre alle leggi divine e canoniche, anco
per constituzione particolare di quel regno. Onde i miseri preti
in molti luoghi non avendo con che sostentarsi lasciavano le
chiese in abbandono. La terza è rispetto alla giurisdizione ec-
clesiastica, la quale insieme con i privilegj del clero è andata
mancando, che oggidì altro non si fa di differenza tra’ beni sot-
toposti alle chiese o monasterj e gli altri di persone profane,
le citazioni e sentenze per niente. — — Io medesimo ho udito
da principalissimi senatori che vogliono lasciarsi tagliare più
presto a pezzi che acconsentire a legge alcuna per la quale si
debbano pagar le decime a qualsivoglia cattolico come cosa de-
bita. Fu costituito ne’ comizj già sei anni sono per pubblico
decreto che nessuno potesse esser gravato a pagar le medesime
decime da qualsivoglia tribunale nè ecclesiastico nè secolare.
Tuttavia perche ne’ prossimi comizj per varj impedimenti non
si fece detta composizione, negano sempre di pagare, nè vo-
gliono i capitani de’ luoghi eseguire alcuna sentenza sopra dette
decime.
Er findet es nun fuͤr einen Nuntius ſehr ſchwer etwas auszu-
[343]Relatione di Polonia 1586.
richten. Es werde unmoͤglich ſeyn die Inquiſition einzufuͤhren, oder
auch nur ſtrengere Ehegeſetze: ſchon der Name des Papſtes ſey ver-
haßt: die Geiſtlichkeit halte ſich fuͤr verpflichtet, das Intereſſe des
Landes gegen Rom wahrzunehmen; nur auf den Koͤnig laſſe ſich
zaͤhlen.
Der Palatin Radziwill von Wilna hatte dem Koͤnige einen von
einem Zwinglianer verfaßten Aufruf gegen die Tuͤrken mitgetheilt.
Er hatte der Nation darin empfohlen, vor allem erſt ſich zu beſſern und
die Bilder abzuſchaffen, deren Verehrung er als Goͤtzendienſt betrachtete.
Der Koͤnig wollte die Rede ſo nicht paſſiren laſſen. Er ſchrieb ei-
genhaͤndig folgende Worte an den Rand. „Praestat hoc omittere
quam falso imputare et orationem monitoriam religionis anti-
quissimae sugillatione infamem reddere. O utinam faciant no-
vae sectae nos tam diuturna pace florentes atque fecit sancta re-
ligio catholica veros secutores suos.“ Eine Erklaͤrung, auf welche
unſer Berichterſtatter große Hoffnungen baut.
Er geht nun zu einer Eroͤrterung der Unternehmungen Bolo-
gnettos uͤber, die er auf ſieben Hauptſtuͤcke zuruͤckbringt:
- 1. Herſtellung der paͤpſtlichen Autoritaͤt;
- 2. Verfolgung der Ketzer;
- 3. Reform der Geiſtlichen (modi per moderare la licentiosa
vita di sacerdoti scandalosi); - 4. Herſtellung des Gottesdienſtes;
- 5. Vereinigung des Clerus;
- 6. Vertheidigung der Rechte deſſelben;
- 7. Ruͤckſichten auf das chriſtliche Gemeinweſen uͤberhaupt.
Ich habe die Wirkſamkeit Bolognettos nach dieſen Angaben ſchon
im Allgemeinen geſchildert. Beiſpiels halber folge hier genauer ſeine
Einwirkung auf die engliſche Unterhandlung.
La reina d’Inghilterra domandava al re di Polonia un’ in-
dulto per i suoi mercanti Inglesi di poter portar le loro mer-
canzie e vendere per tutto il regno liberamente, dove ora non
possono venderle se non i mercanti del regno in Danzica, do-
mandando insieme che fosse loro concesso aprire un fondaco
pubblico in Torogno, ch’è il più celebre porto della Prussia
dopo quello di Danzica, e di là poi portar le loro mercanzie
eglino stessi a tutte le fiere che si fanno per la Polonia, dove
non possono portare ordinariamente se non mercanti del paese,
che per il più sono o Tedeschi o Pruteni o Italiani. Doman-
dava dunque con quest’ occasione quella pretesa reina che nel
decreto di tal concessione si esprimesse, che a questi suoi mer-
canti non potesse mai esser fatta molestia per conto di religione,
ma che potessero esercitarla liberamente a modo loro ovunque
andassero per il regno. Piaceva questo partito universalmente
a tutta la nobiltà Polacca: solo i Danzicani ostavano gagliarda-
mente, mostrando che da questo indulto saria seguito l’ultimo
danno al porto loro, tanto celebre e tanto famoso per tutto il
mondo, e che la speranza del minor prezzo era fallace massi-
mamente perche i mercanti forastieri quando fossero stati in
possesso di poter vendere ad arbitrio loro e poter servar la mer-
[344]Spannocchj Relatione.
canzia loro lungo tempo nelle mani, l’avrebbon venduta molto
più cara di quello che la vendono oggi i mercanti del paese.
Tuttavia il contraccambio che offeriva la regina a mercanti di
Polonia, di poter fare lo stesso loro in Inghilterra, pareva che
già havesse persuaso il re a concedere tutto quello che doman-
davano. Il che non prima venne agli orecchj del Bolognetto,
che andò a trovare S. Mtà, e con efficacissime ragioni le mo-
strò quanto esorbitante cosa sarebbe stata che avesse concesso
per publico decreto una tanto obbrobriosa setta, e come non
senza nascosto inganno e speranza d’importantissime conseguenze
quella scellerata donna voleva che si dichiarasse così per de-
creto potersi esercitar la setta Anglicana in quel regno, dove
tutto il mondo pur troppo sa che si permetta il credere in ma-
teria di religione quel che piace a chi si sia: con questa ed al-
tre efficacissime ragioni il re Stefano rimase talmente persuaso
che promesse non voler mai far menzione alcuna di religione
in qualunque accordo avesse fatto con quella regina o suoi mer-
canti.
Man ſieht, daß dieſe Relation auch rein politiſche Notizen ent-
haͤlt.
Zum Schluß geht der Autor noch eigentlicher darauf ein.
Er findet Polen von mannigfaltigen Factionen getheilt: — Ent-
zweiungen einmal zwiſchen den verſchiedenen Provinzen und ſodann
in denſelben zwiſchen Geiſtlichen und Weltlichen: zwiſchen den Sena-
toren und den Landboten: zwiſchen dem alten hohen Adel und dem
geringern.
Ueberaus maͤchtig erſcheint der Großkanzler Zamoisky; von dem
alle Anſtellungen abhingen; beſonders ſeitdem ein Vicekanzler und ein
Secretaͤr des Koͤnigs ganz in ſeinem Intereſſe waren (da che è
stato fatto il Baranosky vicecancelliere et il Tolisky segretario
del re, persone poco fa incognite.)
Ueberhaupt hatten die Anſtellungen Stephan Bathorys keines-
wegs den allgemeinen Beifall. Schon richtete ſich die Aufmerkſam-
keit auf ſeinen Nachfolger Sigismund, „amatissimo di tutti i Po-
lacchi.“
62.
Discorso del molto illustre e revmo monsr Minuccio Minucci so-
pra il modo di restituire la religione cattolica in Alema-
gna. 1588.
Eine ſehr wichtige Schrift, deren ich mich beſonders II, p. 136
fg. ausfuͤhrlich bedient habe.
Minucei diente lange unter Gregor in Deutſchland; bei Maffei
erſcheint er oft genug; hier ſucht er die Lage der Dinge auseinander
zu ſetzen, wie er ſagt, damit man von Rom aus dem Patienten ge-
faͤhrliche Medizin verweigern lerne.
Er beklagt von vorn herein, daß man ſich katholiſcher Seits ſo
wenig Muͤhe gebe die proteſtantiſchen Fuͤrſten zu gewinnen; hier-
auf eroͤrtert er — denn ſeine Miſſion war in die Zeiten des lebhaf-
[345]Discorso di Minuccio Minucci 1588.
ten und noch unentſchiedenen Kampfes gefallen — die Angriffe der
Proteſtanten auf den Katholicismus: ho pensato di raccontare le
pratiche che muovono gli eretici ogni dì per far seccare o svel-
lere tutta la radice del cattolicismo; endlich die Mittel, wie ihnen
dabei zu begegnen ſey.
Er zeigt ſich der deutſchen Dinge ungewoͤhnlich kundig; doch kann
er noch immer eine gewiſſe Verwunderung nicht unterdruͤcken, wenn
er den Zuſtand, wie er nun einmal iſt, mit der Ruhe und Geſetz-
lichkeit von Italien oder von Spanien vergleicht. Auch wir haben
der unruhigen Bewegungen Caſimirs von der Pfalz gedacht. Man
hoͤre wie ſie einen Auslaͤnder in Erſtaunen ſetzten.
Il Casimiro dopo aver sprezzata l’autorità dell’ imperatore
in mille cose, ma principalmente in abbruciare le munitioni presso
Spira, che si conducevano in Fiandra con salvocondotto impe-
riale, dopo aver offeso il re di Spagna non solo con quell’ atto,
ma anco con tanti ajuti dati a ribelli suoi di Fiandra e con l’ha-
ver concesso spatio alli medesimi ribelli Fiamenghi per edificare
una città (Franchendal) nelli stati suoi, con l’haver portati tante
ruine in Francia, tante desolationi in Lorena hor in propria per-
sona, hora mandando genti sue, con l’haver fatto affronto no-
tabile all’ arciduca Ferdinando impedendo il cardl suo figliuolo
con minaccie e con viva forza nel camino di Colonia con l’i-
stesso dichiarato nemico alla casa di Baviera, e passato in pro-
pria persona contra l’elettore di Colonia, pur se ne sta sicuro
in un stato aperto nel mezzo di quelli c’hanno ricevute da lui
tante ingiurie, nè ha fortezze o militia che li dia confidenza
nè amici o parenti che siano per soccorrerlo e difenderlo, ma
gode frutto della troppa pazienza de’ cattolici, che li potriano
d’improviso et a mano salva portare altre tante ruine quante egli
ha tante volte causate nelli stati d’altri, purche si risolvessero
et havessero cuor di farlo.
[346]
Fuͤnfter Abſchnitt.
Zweite Epoche der kirchlichen Reſtauration.
63.
Conclaven.
Ich fuͤrchte nicht daruͤber in Anſpruch genommen zu werden,
daß ich nicht jedes fliegende Blatt, jeden minder bedeutenden Auf-
ſatz, der mir im Laufe der mancherlei hieher gehoͤrigen Studien
handſchriftlich vorgekommen, an dieſer Stelle regiſtrire: eher moͤchte
ich ſchon zu viel gethan haben. Gar mancher Leſer der mir noch
ſeine Aufmerkſamkeit ſchenkt, wird ohnehin uͤber eine formloſe aus
verſchiedenen Sprachen gemiſchte Arbeit Mißbehagen empfinden; und
doch wuͤrde es nicht rathſam ſeyn, die urkundlichen Mittheilungen
deutſch zu geben: ſie wuͤrden dadurch an ihrer Brauchbarkeit und
Authenticitaͤt verlieren. Eben darum aber darf ich doch auch meine
Collectaneen nicht ohne Weiteres in dieſe Sammlung ergießen.
Von den Conclaven z. B., von denen eine große Anzahl Hand-
ſchriften exiſtirt, will ich doch nur ſummariſch Meldung thun.
Nach jeder Papſtwahl, vornehmlich von der zweiten Haͤlfte des
ſechzehnten Jahrhunderts bis in den Anfang des achtzehnten erſchien
ein Bericht uͤber dieſelbe; zwar nicht anders als handſchriftlich,
aber doch auf eine Weiſe, daß er ſich weit verbreitete und ſogar oft
Gegenſchriften hervorrief. Dann und wann ſind ſie von Cardinaͤ-
len verfaßt; in der Regel aber von ihren Secretaͤren, die unter dem
Titel von Conclaviſten in den Conclaven blieben, und ſich im Intereſſe
ihrer Herrn beſonders angelegen ſeyn ließen den Gang der Intriguen
zu beobachten, was fuͤr dieſe ſelbſt, ſchon der Haltung wegen die ihnen
ihre Wuͤrde auflegte, nicht ſo leicht geweſen waͤre. Zuweilen haben aber
auch Andere die Feder ergriffen. „Con quella maggior diligenza
che ho potuto“, ſagt der Autor des Conclaves Gregors XIII, „ho
raccolto così dalli signori conclavisti come da cardinali che
sono stati partecipi del negotio, tutto l’ordine e la verità di
questo conclave.“ Wir ſehen, er ſelbſt war nicht dabei. Bald
ſind es Tagebuͤcher, die wir in die Haͤnde bekommen, bald Briefe,
bald auch ausgearbeitete Erzaͤhlungen. Jedes iſt ein ſelbſtaͤndiges
Werkchen: die allgemein bekannten Formalitaͤten werden doch noch
dann und wann wiederholt. Ihr Werth iſt, wie ſich verſteht, ſehr
verſchieden. Zuweilen zerfließt alles in ein unauffaßbares Detail, —
zuweilen, jedoch ſelten, erhebt man ſich bis zu einer wirklichen Er-
[347]Conclaven.
kenntniß der beherrſchenden Momente; — jedoch im Grunde allent-
halben wird man unterrichtet, wenn man nur Muth behaͤlt und
nicht ermuͤdet.
Wie viele Schriften dieſer Art exiſtiren, kann man unter an-
dern aus dem Marſandſchen Catalog der Pariſer Bibliothek ſehen.
Auch nach Deutſchland haben ſie den Weg gefunden. Der 33ſte,
35ſte und mehrere andre Baͤnde unſerer Informationen enthalten
Copien in reicher Fuͤlle. In Joh. Gottfr. Geißler Programm de
bibliotheca Milichiana IV, Goͤrlitz 1767, werden die Conclaven
verzeichnet die ſich in dem 32ſten, 33ſten und 34ſten Codex der dor-
tigen Sammlung befinden. Das ausfuͤhrlichſte Verzeichniß das ich
kenne, iſt in Novaes Introduzione alle vite de’ sommi pontefici,
1822, I, p. 272, anzutreffen. Er hatte Zutritt zu der Bibliothek der
Jeſuiten, in der eine ziemlich vollſtaͤndige Sammlung dieſer Arbei-
ten vorraͤthig war.
Es liegt in der Natur der Sache, daß ſie wenigſtens zum
Theil ſehr bald auch auf eine andere Weiſe ins Publicum gelang-
ten. Zunaͤchſt wurden ſie in die paͤpſtlichen Hiſtorien aufgenommen.
Das Conclave Papſt Pius des V. iſt, wenn nicht ſeinem vollſtaͤn-
digen Inhalte nach, doch in ſeinem Anfang und ſeinem Ende in
die Geſchichte des Panvinius uͤbergegangen. Cicarella hat die
Conclaven Gregors XIII. und Sixtus V. großentheils uͤberſetzt;
das letzte mit alle den Nebenbetrachtungen die in dem Italieniſchen
vorkommen. Die Stelle welche Schroͤckh N. Kirchengeſch. III, 288
als aus Cicarella anfuͤhrt, iſt woͤrtlich aus dem Conclave. Auch
Thuanus hat dieſen Nachrichten eine Stelle eingeraͤumt; jedoch, wie
ſich aus naͤherer Vergleichung bald ergibt, aus Cicarella, nicht aus
dem Original (lib. 82, p. 27). In den Teſoro politico iſt dieß
Conclave nicht minder aufgenommen, aber ſehr unvollſtaͤndig und in
einem fluͤchtig gemachten Excerpte. Wie mit dieſem, iſt es denn
auch mit andern gegangen.
Allmaͤhlig aber und zwar zunaͤchſt im ſiebzehnten Jahrhundert
dachte man daran, auch Sammlungen dieſer Conclaven anzulegen.
Die erſte gedruckte Sammlung fuͤhrt den Titel: „Conclavi de’ pon-
tefici Romani quali si sono potuto trovare fin a questo giorno“
1667. Sie faͤngt an mit Clemens V, hat aber eine Luͤcke bis auf
Urban VII, eine neue Luͤcke bis auf Nicolaus V; von hier erſt geht ſie
regelmaͤßig bis auf Alexander VII. Man faßte bei der Publication
wenigſtens oſtenſibel den Geſichtspunkt, daß ſich an dieſem Beiſpiel
zeige, wie wenig menſchliche Weisheit gegen die Leitung des Him-
mels vermoͤge. „Si tocca con mano che le negotiationi più se-
crete, dissimulate et accorte — — per opra arcaua del cielo
svaniti sortiscono fini tanto difformi.“ Doch war das nicht der
Geſichtspunkt der uͤbrigen Welt, die ſich vielmehr des curioſen und zu-
weilen anſtoͤßigen Materials eifrig bemaͤchtigte. Es erſchien eine fran-
zoͤſiſche Ausgabe in Lyon, und da dieſe bald vergriffen war, ein
nach dem Original revidirter Abdruck in Holland, bezeichnet Co-
logne 1694, nicht etwa wie Novaes angibt, 1594. Sie iſt mit
ferneren Zuſaͤtzen bereichert oftmals wiederholt worden.
Auf dieſe Weiſe haben die Conclaven mancherlei Veraͤnderun-
[348]Vita e successi
gen beſtanden. Vergleicht man die franzoͤſiſche Sammlung mit
den Originalen, ſo iſt es im Ganzen daſſelbe. Im Einzelnen ſtoͤßt
man auf betraͤchtliche Veraͤnderungen. So viel ich finde, ſtammen
ſie oͤfter von Mißverſtaͤndniß als von boͤſem Willen her.
Aber auch andere Sammlungen, die nicht gedruckt worden, gibt
es. In meinen Haͤnden befindet ſich eine ſolche, die zugleich die Luͤcken
ausfuͤllt, welche die gedruckte gelaſſen hat, und der wenigſtens eine
nicht mindere Authenticitaͤt zukommt als den andern. Fuͤr detail-
lirte Benutzung wird freilich alle Mal eine Einſicht der Originale zu
wuͤnſchen ſeyn.
64.
Vita e successi del cardl di Santaseverina.
Eine Autobiographie dieſes wichtigen Cardinals, deſſen oftmals
hat gedacht werden muͤſſen.
Sie iſt etwas weitſchweifig, verliert ſich oft in Kleinlichkeiten;
die Urtheile uͤber Perſonen und Notizen, die darin gefaͤllt werden,
haͤngen ganz von der Perſoͤnlichkeit des Mannes ab: allein es wer-
den ſehr eigenthuͤmliche charakteriſtiſche Notizen mitgetheilt.
Es iſt nur uͤbrig, einige von dieſen, auf die wir uns zuweilen
beziehen, auch hier woͤrtlich wiederzugeben.
I. Proteſtanten in Neapel.
Crescendo tuttavia la setta de’ Lutherani nel regno di Na-
poli, mi armai contro di quella spina del zelo della religione
cattolica: e con ogni mio potere e con l’autorità del officio,
con le prediche publiche, scritte da me in un libro detto Qua-
dragesimale, e con le dispute publiche e private in ogni occa-
sione e con l’oratione cercai d’abbattere et esterminare peste
sì crudele da i nostri paesi: onde patii acerbissima persecutione
dagl’ eretici, che per tutte le strade cercavano d’offendermi e
d’ammazzarmi, come ne ho fatto un libretto, distintamente in-
titolato: Persecutione eccitata contro di me Giulio Antonio
Santorio servo di Gesù Christo per la verità della cattolica
fede. Era nel nostro giardino in un cantone una cappelletta
con l’immagine di Maria sma con il bambino in braccio, et ivi
avanti era nata una pianta d’olivo, che assai presto con mara-
viglia d’ogn’uno crebbe in arbore grande, essendo in luogo chiuso
et ombreggiato da alberi: mi ritiravo ivi a far oratione con
disciplinarmi ogni volta che dovevo predicare e disputare con-
tro Lutherani, e mi sentivo mirabilmente infiammare ed avva-
lorare senza tema di male alcuno e di pericolo, ancorche di
sicuro mi fosse minacciato da quelli inimici della croce, e sen-
tivo in me tanta gioja et allegrezza che bramavo d’essere uc-
ciso per la fede cattolica. — — Intanto vedendo crescere con-
tro di me maggiormente la rabbia di quelli eretici quali io
avevo processati, fui costretto nel 1563 al fine di Agosto o
principio di Settembre passarmene in Napoli alli servitii d’Al-
[349]del card. di Santaseverina.
fonso Caraffa cardle del titolo di S. Giovanni e Paolo arci-
vescovo di Napoli, ove servii per luogotenente sotto Luigi Cam-
pagna di Rossano vescovo di Montepeloso, che esercitava il
vicariato in Napoli: e poiche egli partì per evitare il tumulto
popolare concitato contro di noi per l’abrugiamento di Gio.
Bernardo Gargano e di Gio. Francesco d’Aloys detto il Ca-
serta, seguito alla quattro di Marzo di sabbato circa le 20 hore,
rimasi solo nel governo di detta chiesa: ove doppo molti peri-
coli scorsi e doppo molte minacce, sassi et archibugiate ti-
rate, mi si ordisce una congiura molto crudele et arrabbiata da
Hortensio da Batticchio con fra Fiano (?) di Terra d’Otranto, he-
retico sacramentario e relapso che io insieme col cardl di Na-
poli e monsr Campagna l’haveva (ssi?) richiesto, di distillare
un veleno di tanta forza che poteva infettare l’aria per estin-
guere papa Pio IV come nemico de’ Carafeschi: e non dubi-
tava l’heretico di far intendere tutto cio al pontefice per mezzo
del signor Pompeo Colonna.
II. Gregor XIII. und Sixtus V.
Appena egli credeva di morire non ostante la longa età,
essendo sempre vissuto con molta moderatione e caminato per
tutti i gradi della corte. Dopoche lasciò la lettura di Bologna,
venne in Roma, fu fatto collaterale di Campidoglio, esercitò
l’ufficio di luogotenente di monsre auditore della camera, fu fatto
referendario, e la prima volta che propose in segnatura, venne
meno: onde tutto pieno di vergogna e di confusione voleva ab-
bandonare la corte, ma fu ritenuto dal cardl Crescentio a non
partire. Da Giulio III nell’ auditorato di rota li fu anteposto
Palleotto: onde di nuovo confuso di doppio scorno determinò
partirsi di Roma, ma dall’ istesso cardl Crescentio fu rincorato
e trattenuto. Fu da Paolo IV fatto vescovo di Vieste, fu fatto
consultore del sant’ officio, fu al concilio di Trento e da Pio
IV fu fatto cardle e mandato in Spagna per la causa Toletana:
e dopo la morte della santa memoria di Pio V con ammirabil
consenso fu assunto al pontificato. Il quale visse con molta
carità, liberalità e modestia, e saria stato ammirabile e senza
pari, se in lui fossero concorsi valore e grandezza d’animo
senza l’affetto del figlio, che oscurò in gran parte tutte le at-
tioni dignissime di carità che egli usò verso li stranieri e verso
tutte le nationi che veramente padre di tutti. Dalli signori
cardinali nepoti S. Sisto e Guastavillano fu fatto subito inten-
dere la sua morte al sacro collegio, e doppo celebrate l’ese-
quie e tutte quelle funtioni che porta seco la sede vacante,
s’entrò in conclave: ove fu eletto papa il sigr cardle Montalto,
già nostro collega e nella causa Toletana e nell’ assuntione al
cardinalato, per opera speciale del sigr cardl Alessandrino e
sigr cardl Rusticucci, che tirarono in favore di lui il sigr cardl
d’Este e sigr cardl de Medici, con non poco disgusto del sigr
cardl Farnese, essendoli mancato di porola il sigr cardl San
Sisto, sul quale egli haveva fatto molto fondamento per ostare
[350]Vita e successi
alli suoi emoli e nemici, essendosi adoprato contro di lui va-
lorosamente il sigr cardl Riario, ma con pentimento poi grande,
non havendo trovato quella gratitudine che egli si haveva pre-
supposta; sicome anco intervenne al sigr cardle Alessandrino, che
tutto festante si credeva di maneggiare il pontificato a modo
suo: escendendo in San Pietro lo pregai che dovesse far of-
ficio con S. Bne in favore di monsr Carlo Broglia, rettore del
collegio Greco, per un beneficio che egli dimandava: mi ri-
spose tutto gratioso: „Non diamo fastidio a questo povero vec-
chio, perche noi saremo infallibilmente li padroni“: al quale
sorridendo io all’ hora risposi segretamente all’ orrechie: „Fac-
cia dio che subito che sarà passata questa sera, ella non se ne
penta“: come appunto in effetto fu, poiche non stette mai di
cuore allegro in tutto quel pontificato, sentendo sempre ramma-
richi, angustie, travagli, affanni, pene et angoscii. E’ ben
vero che esso medesimo se l’andava nelle maggior parte pro-
curando o per trascuraggine, inavertenza o altro o pure per la
troppa superbia con esprobare sempre esso assiduamente li be-
neficii, servitii et honorevolezze che haveva fatti a S. Bne.
Nelli primi ragionamenti che io potei havere con S. Stà fu il
rallegrarmi dell’ assuntione sua al pontificato, con dirli che era
stata volontà di dio, poiche in quel tempo e punto che fu as-
sunto erano finite le 40 hore: quivi ella si dolse della mali-
gnità de tempi con molta humiltà e pianse: l’essortai che co-
minciasse il pontificato con un giubileo generale, che tenesse
parimente cura del sant’ officio e delle cose sue, sapendo bene
che da quello haveva havuto origine la sua grandezza.
III. Sache von Ferrara.
Venuto il duca di Ferrara in Roma per l’investitura, della
quale pretendeva che li fosse data buona intentione, vi furono
di molti garbugli: et avendomi io opposto gagliardamente nelli
publici e privati ragionamenti et in concistoro, mi persi affatto
la gratia del papa con procurarmi il sdegno del cardl Sfon-
drato, quale andava parlando per Roma che io sentivo mala-
mente dell’ autorità del papa: come anco haveva imputato il car-
dinale di Camerino, che si mostrava molto ardente in servitio
della sede apostolica. Sentendomi pungere in cosa tanto lon-
tana dalla mente mia, io che ero andato incontrando tutti li
pericoli per la difensione dell’ autorità del papa e della sede
apostolica, non potei fare di non alterarmene gravemente: e
come si conveniva: feci una apologia pro Cardinale Sancta
Severina contra cardinalem Sfondratum, ove si tratta qual sia
la carica e qual sia l’officio di cardinale: benche il papa, che
si era mostrato in concistoro molto turbato e collerico in ca-
mera, poi nel palazzo di S. Marco mi domandò perdono con
lagrime e con humiltà e con havermi anco ringratiato, penten-
dosi del decreto che egli haveva fatto in pregiudicio della bolla
di Pio V de non alienandis feudis. Partendosi il duca da Ro-
ma senza haver fatto effetto alcuno, da quel tempo in poi mi
[351]di card. di Santaseverina.
si mostrò sempre nemico, dicendo che io ero stato cagione pre-
cipua che egli non havesse ottenuto l’investitura di Ferrara pro
persona nominanda, e che io come antico suo amico doveva
parlare più mitamente, senza intraprendere l’impresa con tanta
ardenza, come che io fossi più obligato agli huomini che a dio
et alla santa chiesa.
IV. Conclaven nach dem Tode Innocenz IX.
Entrato l’anno 1592 si entrò in conclave, essendosi raddop-
piata contro di me la malignità de miei nemici, mostrandosi
il cardl Sfondrato ardentissimo contro la persona mia, non so-
lamente per tema delle cose sue, ma anco più irato delle pa-
role del cardle Acquaviva, che timoroso et invidioso per l’ar-
civescovo d’Otranto suo parente et altri signori regnicoli amici
miei, moveva ogni pietra contro di me: e s’erano uniti insieme
li cardli Aragona, Colonna, Altemps e Sforza, capitali nemici
tra essi, ma contro di me concordissimi: Aragona per la con-
tinua osservanza et ossequio che io havevo usati, ma pigliava
pretesti dell’ abbadia che havevo tolta all’ abbate Simone Sel-
larolo; Colonna per li molti servitii che gli havevo fatti in ogni
tempo, ma si raccordava del Talmud impedito da me contro li
Giudei, repetendo la morte di Don Pompeo de Monti, con tac-
cia anco di sua sorella; Altemps per li favori che gli haveno
fatti appresso papa Sisto e monsr Pellicano senatore per conto
del figlio rattore della Giulietta, onde ne venne quel galant’
huomo in disgratia di Sisto, ma così voleva Galleotto Belardo suo
padrone; Sforza per haverlo favorito nel caso del Massaino,
quando papa Sisto fulminava contro di lui, havendomi ringra-
tiato con baciarmi la mano in presenza del buon cardle Farnese
vecchio, a cui ancora si era mostrato ingrato havendo avuta da
quel buon sigr l’abbadia di S. Lorenzo extra moenia, ma egli
diceva che non poteva mancare alli amici suoi, ma in effetto
egli temeva sapendo bene la sua coscienza. Palleotto m’usò
quell’ ingratitudine che ogn’ un sa. Venne la notte delli 20 di
Gennaro: quivi si rappresentò una tragedia de’ fatti miei, men-
tre Madrucci, già mio caro amico e collega nel sant’ officio con-
sentì tacitamente cogli emoli miei in danno mio*), oprando per
questa via di conseguire il pontificato, ma egli sentì di quelli
bocconi amari che non potendo poscia digerire se ne mori mi-
seramente. Lascio da parte gli andamenti fraudolenti del cardl Ge-
sualdo, che come Napoletano non poteva patire che io gli fossi
anteposto, et anche mosso da invidia contro i suoi patriotti:
poiche questo e gli altri sigri cardli Napoletani Aragona et
Acquaviva havevano questo senso di non voler nessun compagno
de’ patriotti nel cardinalato. L’atto poi che fece il cardle Co-
lonna, fu il più brutto che s’havesse sentito già mai, et impro-
bato etiam da suoi più cari, e malissimo inteso nella corte di
[352]Vita Clementis VIII.
Spagna. Canano solea prima havermi in tanta riverenza che
nullo più, e dovunque m’incontrava, mi voleva baciar la mano:
ma all’ hora scordato d’ogni amicitia obbediva al suo duca di
Ferrara; Borromeo, ajutato da me nella sua promotione per la
memoria di quel santo cardinale di S. Prassede et havendo fatta
professione di sempre mio caro amico, invischiato dall’ interesse
d’alcune abbadie che haveva rassegnato Altemps, furiava a guisa
di forsennato quello che non professava altro che purità, de-
votione, spiritualità e coscienza. Alessandrino, autore di tutte
le trame, non mancò di fare il suo solito in perseguitare i suoi
più cari amici e creature con haversele tutte alienate, e massime
doppo l’assuntione di Sisto sentì in conclave quel che non volse
per bocca del sigr cardl di Sens che esclamava publicamente
contro di lui. Il fervore all’ incontro de’ miei amici e fautori
non fu mediocre, essendosi mostrato ardente più d’ogni altro il
sigr cardl Giustiniano: quel suo spirito vivace e coraggioso fu
in quella notte et in quel giorno in gravi affanni, essendomi an-
che stata saccheggiata la cella. Ma la notte appresso mi fu do-
lorosissima sopra ogn’ altra cosa funesta: onde per il grave af-
fanno dell’ animo e dell’ intima angoscia sudai sangue, cosa in-
credibile a credere: e ricorrendo con molta humiltà e devotione
al sigre, mi sentii affatto liberato da ogni passione di animo da
ogni senso delle cose mondane, venendo in me stesso e consi-
derandole quanto sono fragili, quanto caduche e quanto mise-
rabili, e che solo in dio e nella contemplatione di lui sono le
vere felicità e veri contenti e gaudii.
65.
Vita et Gesta Clementis VIII. Informatt. Politt. XXIX.
Urſpruͤnglich zur Fortſetzung des Ciaconius beſtimmt, wo ich es
aber nicht finde.
Eine Erzaͤhlung von dem Aufkommen des Papſtes: — ſeinen
erſten Thaten: „Exulum turmas coercuit, quorum insolens furor
non solum in continentem sed in ipsa litora et subvecta Tibe-
ris alveo navigia hostiliter insultabat“: ſo wenig hatte ihnen Six-
tus V. ein Ende auf immer gemacht: — die Abſolution Heinrichs
IV; vornehmlich wird der Widerſtand den Clemens dem Koͤnige ge-
leiſtet hervorgehoben: wie ſchwer er daran gegangen: — endlich die
Eroberung von Ferrara. „A me jam latius coepta scribi opportu-
niori tempore immortalitati nominis tui consecrabo.“ Aber auch
davon findet ſich nichts. Wie es iſt, nur unbedeutend.
66.
Instruttione al Sr Bartolommeo Powsinsky alla Mtà del re di
Polonia e Suetia. 1 Aug. 1593. Unterzeichnet Cinthio
Aldobrandini.
Ragguaglio della andata del re di Polonia in Suetia 1594.
Ich wuͤßte dem in die Erzaͤhlung aufgenommenen Inhalt dieſer
Schrif-
[353]Rel. di Polonia 1598. — Rel. di Suezia 1598.
Schriften nichts hinzuzufuͤgen, als etwa die Behauptung in der zwei-
ten, daß Herzog Carl im Grunde [verhaßt] ſey: „perche egli avea
ridotto in se stesso quasi tutte l’incette e mercantie e tutte le
cave di metalli e sopra tutto dell’ oro e dell’ argento.“
67.
Relatione di Polonia. 1598.
Von einem Nuntius verfaßt, der die ungeordnete Freiheitsliebe
der Polen bereits lebhaft beklagt.
Sie wollen einen ſchwachen Koͤnig, keinen der kriegeriſch geſinnt
waͤre. Sie ſagen, „che coloro che hanno spirito di gloria, gli
hanno vehementi e non moderati e però non diuturni, e che la
madre della diuturnità degli imperii è la moderatione.“
Auch wollen ſie keine Verbindung mit Fremden. Sie behaup-
ten, es koͤnne ihnen niemals ſchwer werden ihr Reich zu vertheidigen.
Immer wuͤrden ſie 50000 Pferde aufbringen, und im ſchlimmſten
Falle im Winter wiedergewinnen was ſie im Sommer verloren. Sie
trotzen auf das Beiſpiel ihrer Vorfahren.
Der Nuntius fuͤhrt ihnen zu Gemuͤth: „che gli antichi Po-
loni non sapevano che cosa fosse smaltire il grano nel mar Bal-
tico in Danzig o in Elbing, nè erano intenti a tagliar selve per
seminare, nè asciugavano paludi per il medesimo effetto.“
Uebrigens ſchildert der Nuntius den Fortgang des Katholicis-
mus, der gerade im beſten Zuge war. Ich habe die wichtigeren Mo-
mente aufgenommen.
68.
Relatione dello stato spirituale e politico del regno di Suezia
1598.
Ueber die Unternehmungen Siegmunds auf Schweden unmit-
telbar vor ſeiner zweiten Reiſe. Ebenfalls ſeinem weſentlichen In-
halte nach benutzt.
Doch kommen noch einige merkwuͤrdige Notizen uͤber die fruͤ-
heren Angelegenheiten vor.
Erich wird geradezu als Tyrann geſchildert. Per impresa fa-
ceva un asino carco di sale a piedi d’una montagna erta e senza
via per salirvi sopra, et egli era dipinto con un bastone in mano,
che batteva il detto asino. Der Autor erklaͤrt dieß ſchon an ſich
ſehr verſtaͤndliche Symbol: das Volk ſoll mit Gewalt genoͤthigt
werden, auch das Unmoͤgliche zu leiſten.
Johann wird als ein entſchiedener Katholik betrachtet. Perche
era in secreto cattolico, siccome al nuntio ha affirmato il re
suo figliuolo, usò ogni industria perche il figliuolo ritornasse
mentre esso viveva in Suetia a fine di dichiararsi apertamente
cattolico e ridurre il regno ad abbracciar essa fede.
Dieſe Dinge moͤchte ich indeß doch nicht unterſchreiben. Wahr-
ſcheinlich bildete ſie der gute Siegmund ſich ein, um den Troſt zu
haben von einem katholiſchen Vater entſproſſen zu ſeyn.
Päpſte** 23
[354]Bentivoglio.
Dagegen iſt das erſte Unternehmen Siegmunds mit dem ganzen
Gepraͤge der Wahrhaftigkeit eines Eingeweihten geſchildert. Die Hoff-
nungen die ſich an ſeine zweite Reiſe knuͤpften, werden in ihrer eu-
ropaͤiſchen Bedeutung dargeſtellt.
Einſchaltung.
Bemerkung uͤber die Denkwuͤrdigkeiten Bentivoglios.
In ſeinem 63ſten Jahre, nicht 1640, wie die Ausgabe in den
Classici Italiani behauptet, ſondern 1642, wie auch Mazzuchelli
hat, begann Cardinal Guido Bentivoglio (geb. 1579), nachdem er
manches andere Memoire uͤber Weltgeſchaͤfte verfaßt, auch perſoͤn-
liche Denkwuͤrdigkeiten niederzuſchreiben.
Er beabſichtigte urſpruͤnglich, ſeinen erſten Aufenthalt an dem
roͤmiſchen Hofe, ſeine Nuntiaturen in Frankreich und den Niederlan-
den, die Zeiten ſeines Cardinalates zu umfaſſen. Waͤre er damit zu
Stande gekommen, ſo wuͤrde die Geſchichte der erſten Haͤlfte des ſieb-
zehnten Jahrhunderts um ein ſchoͤnes Werk voll von Anſchauung rei-
cher ſeyn.
Aber er ſtarb, ehe er nur noch mit dem erſten Theile zu Stande
gekommen. Sein Werk — Memorie del cardl Guido Bentivo-
glio — geht nur bis 1600.
Es macht den Eindruck der Ruhe und des Behagens, wie ein
alter Praͤlat ihrer genießt, der, frei von Geſchaͤften, bequem in ſei-
nem Pallaſte Haus haͤlt. Es iſt eine ſehr angenehme, zugleich er-
freuende und unterrichtende Lectuͤre: natuͤrlich aber legte dem Cardi-
nal ſeine Stellung Pflichten auf, und es laͤßt ſich bemerken, daß er
mit der Sprache nicht voͤllig herausgeht.
Die Schilderung z. B., die er ziemlich ausfuͤhrlich von den
Cardinaͤlen gibt, von denen er Clemens VIII. umgeben fand, ent-
ſpricht doch den Nachrichten, die uns Andere uͤber dieſelben mitthei-
len, nur ſehr im Allgemeinen.
Gleich der erſte, der Decan Geſualdo, wird von Bentivoglio
geſchildert als „ein vornehmer Mann, von liebenswuͤrdigen Sitten,
der die Geſchaͤfte nicht ſucht, aber auch nicht vermeidet“; davon aber,
was uns Andere erzaͤhlen, und auch Bentivoglio ohne Zweifel wußte,
wie er die Wahl Sanſeverinos aus perſoͤnlicher Abneigung verhin-
derte, — welche Praͤtenſionen hoͤhern Ranges er gegen die uͤbrigen
Cardinaͤle geltend machte, die ſich nur ſehr ungern fuͤgten, — wie
alle ſeine Beſtrebungen ſeitdem dahin gingen, ſich Freunde zu er-
werben, um das Pontificat erlangen zu koͤnnen, wie er ſich beſonders
an Spanien anſchloß, — von alle dem erfahren wir nichts.
Der zweite Aragona. Bentivoglio bemerkt von ihm, „er habe in
fruͤhern Conclaven beſonders die juͤngern Cardinaͤle geleitet; er habe
waͤhrend der Abweſenheit des Papſtes Rom auf das trefflichſte verwaltet;
er liebe guten Hausrath; er habe eine ſchoͤne Capelle, mit den Altarbil-
dern wechſle er ab.“ Allein damit iſt der Mann noch nicht gezeichnet.
Er war, wie wir aus Delfino ſehen, ein von der Gicht gepeinigter
alter Mann, deſſen Tod ſich bald erwarten ließ, der aber darum an
den Hoffnungen auf das Pontificat nur um ſo feſter hielt. Bei dem
[355]Relatione al card. d’Este 1599.
ſpaniſchen Hofe war er keineswegs ſo angeſehen wie er wuͤnſchte.
In die Congregation uͤber die franzoͤſiſchen Angelegenheiten hatte er
nicht gelangen koͤnnen; und man wußte, daß er das ſehr uͤbel nahm:
aber nichts deſto minder ſuchte er mit den ſpaniſchen Botſchaften jener
Abſicht wegen das engſte Verhaͤltniß zu erhalten.
Jener Eindruck der Ruhe und Stille, den das Buch macht,
kommt auch daher, weil die Lichter zugleich abſichtlich ſehr gedaͤmpft
werden, weil das Leben in der Wahrheit ſeiner Erſcheinung nicht ei-
gentlich reproducirt wird.
69.
Relatione fatta all’ illmo sigr cardle d’Este al tempo della sua
promotione che doveva andar in Roma. (Bibl. Vindob.
Codd. Foscar. n. 169. 46 Bl.)
In Folge des Abkommens, das Clemens VIII. bei der Ein-
nahme von Ferrara mit den Eſte getroffen hatte, ſchloß er einen
Prinzen dieſes Hauſes, Alexander, in die Promotion vom 3. Merz
1599 ein.
Dieſer Prinz iſt es, den man durch unſre Inſtruction zu ſeinem
Eintritt in den Hof vorbereiten wollte. Obwohl ſie kein Datum
fuͤhrt, ſo iſt ſie doch ohne Zweifel in das Jahr 1599 zu ſetzen.
Von einer venezianiſchen Relation iſt ſie ſchon durch ihre Be-
ſtimmung ſehr verſchieden. Sie ſoll den Prinzen in Stand ſetzen,
als ein guter Steuermann zu ſchiffen, — per potere come pru-
dente nocchiero prendere meglio l’aura propitia della corte —;
von den politiſchen Verhaͤltniſſen enthaͤlt ſie nichts; ſelbſt das Un-
gluͤck, das das Haus Eſte ſo eben betroffen, wird mit Stillſchweigen
uͤbergangen: die Abſicht des Verfaſſers iſt nur, die Eigenſchaften der
wichtigſten Perſonen zu bezeichnen.
Der Papſt, ſeine Nepoten, die Cardinaͤle werden geſchildert.
Clemens VIII. „Di vita incolpabile, di mente retta, di condi-
tione universale. Si può dir ch’abbia in se stesso tutta la theo-
rica e la pratica della politica e ragion di stato.“ Wir finden
hier, Salveſtro Aldobrandini habe Paul IV. zum Kriege gegen
Neapel angereizt; — doch habe man darauf Verſuche gemacht das
Haus wenigſtens mit den Medici zu verſoͤhnen. „Dicesi che Pio
V volendo promovere il cardl Giovanni, fratello di questo pon-
tefice, assicurò il GD Cosimo che tutta questa famiglia gli sa-
rebbe fidelissima sempre, e che mandò l’istesso Ippolito Aldo-
brandino, hora papa, a render testimonio a S. Altezza, della
quale fu molto ben visto.“ Damals war bei Papſt Clemens Johann
Bardi in der meiſten Gunſt. „Fra i servitori di Clemente il più
intimo e favorito è il sigr Giov. Bardi dei conti di Vernio, luo-
gotenente delle guardie, di molta bontà, virtù e nobiltà.“ An
ihn kann ſich der neue Cardinal um ſo mehr halten, da er es mit
dem Hauſe Eſte gut meint.
Die Nepoten. Das Uebergewicht Pietro Aldobrandinis uͤber
San Giorgio war entſchieden. San Giorgio, accommodato l’animo
alla fortuna sua, mortificate le sue pretensioni, non gareggia,
23*
[356]Gioan Delfino
non contrasta più, ma o lo seconda o non s’impaccia seco, e
si mostra sodisfatto dell’ ottenuta segnatura di giustitia.
Die Cardinaͤle theilten ſich in zwei Factionen: die ſpaniſche, wel-
cher auch Montalto bereits anhing, und die aldobrandiniſche. Jene war
damals 25, dieſe nur 14 entſchiedene ſichere Mitglieder ſtark. Rich-
tig bezeichnet der Autor denjenigen als den wahrſcheinlichſten Candi-
daten zum Papſtthum, der hernach wirklich dazu gelangt iſt, Alexan-
der Medici. Man wußte nicht, wie derſelbe mit dem Großherzog
von Toscana ſtand, aber bei Clemens war er dafuͤr deſto mehr in
Gunſt: „per patria e conformità di humore,“ ſo gut als waͤre
er ſeine Creatur.
Nicht uͤbel erſcheint der Hiſtoriker der Kirche, Baronius: „molto
amato per la dottrina, bontà e semplicità sua: si dimostra tutto
spirito, tutto risegnato in dio: si burla del mondo e della pro-
pria esaltatione di se stesso.“
70.
Relatione di Roma dell’ Illmo Sigr Gioan Delfino Kr e Pror ri-
tornato Ambasciatore sotto il pontificato di Clemente VIII.
(1600).
Auch eine von den verbreitetern Relationen, ſehr ausfuͤhrlich —
ſie hat in meinem Exemplar 94 Quartblaͤtter, — ſehr unterrichtend.
I. Delfino beginnt damit, den Papſt („il nascimento, la na-
tura e la vita del papa“) und ſeine Nepoten zu ſchildern.
Delli due cardinali (Aldobrandino e S. Giorgio) reputo
quasi necessario parlarne unitamente. Questo di età d’anni 45,
di gran spirito, altiero, vivace e di buona cognizione nelli af-
fari del mondo; ma temo assai che sia di mala natura, overo
che gli accidenti del mondo occorsi, che l’hanno levato dalle
gran speranze in che si è posto nel principio del pontificato,
lo fanno esser tale, cioè demostrarsi con tutti non solo severo
ma quasi disperato. Questo era grandemente amato e grande-
mente stimato dal papa avanti che fosse salito al pontificato, e
doppo per gran pezzo ebbe la cura principale de’ negotj, e si
credeva da ogn’ uno che egli avesse da esser il primo nipote,
perche l’altro era più giovane, assai di poca prosperità e di
pochissima cognizione: ma o sia stato la sua poca prudenza nel
non essersi saputo governare come averebbe bisognato, sendosi
rotto con l’ambasciatore di Spagna quando gittò la beretta, con
l’ambasciator di Toscana quando li disse che il papa doveria
cacciarlo di corte, oltre i disgusti che ha dato a tutti in mille oc-
casioni, o pur la gran prudenza e destrezza dell’ altro, o la
forza natural del sangue, questo ha perduto ogni giorno tanto
di autorità e di credito che non ha chi lo seguiti e non ottiene
cosa alcuna che dimandi. Ha però il carico di tutti li negotj
d’Italia e Germania, se bene li ministri publici trattino li me-
desimi con Aldobrandino, e nelle cose brusche tutti ricorrono
a lui. Io con esso sigr cardle di S. Giorgio nel principio ho
[357]Relatione di Roma 1600.
passato qualche borasca, anzi nella prima audienza fui astretto
a dolermi apertamente per dignità della republica, e doi o tre
volte mi sono lasciato intendere liberamente, in modo tale che
so che è stato frutto appresso di lui, et il papa l’ha avuto a
carro, e particolarmente nell’ ultima occasione di Ferrara: ma
doppo sempre è passato tra noi ogni sorte di dimostratione
d’amore, et io l’ho onorato sempre come si conveniva. Cre-
do veramente che sia mal affetto alla Serenità Vostra per
natura e per accidente: la sua natura l’ho descritta, ma dirò
solo delli accidenti. Prima sappia che da un pezzo in qua s’è
buttato affatto in braccio de’ Spagnuoli, e si è dimostrate poco
amico di quelli che sono uniti con Francesi: ha cresciuto an-
cora quel mal animo suo il vedere che il cardinal Aldobrandino
habbi in tutte le occasioni protetto li affari dell’ EE. VV.,
quasi che non sia possibile che concorrino ambidue in alcuna
operatione, per giusta e raggionevole che sia. Da che si può
conoscere la miseria de’ poveri ambasciatori et rappresentanti
publici.
II. Das zweite Capitel, wenigſtens in unſern Copien foͤrmlich
als ſolches unterſchieden, betrifft Regierungsform, Finanzen und be-
waffnete Macht. Delfino erſtaunt, wie billig, uͤber einige Momente
der Finanzverwaltung. Mentre l’entrate della chiesa sono impe-
gnate all’ ingrosso ordinariamente e straordinariamente; e quello
ch’ è peggio, si comprano castelli e giurisdittioni de’ sudditi a
1½ o 2 per cento (ich verſtehe: die ſo viel abwerfen) e si pagano
censi a 9 o 10 per cento, parendo strano agli uomini savj che
in tante strettezze si fanno queste compre, e più è che se si
vogliono far certe spese, non si facciano per via delli danari
del castello, per non ci andar debitando e consumando del
tutto. Auch in jener Zeit, ſehen wir, gab es doch Leute, die an
dem Theſauriren geliehenen Geldes Anſtoß nahmen. Uebrigens war
nach der erſten kurzen Zufriedenheit in Ferrara vieles Mißvergnuͤ-
gen eingetreten. Nobili e popolo si darebbero volentieri a qual
principe si voglia, per uscir dalle manidove si trovano.
III. Intelligenze. Wie mißlich der Papſt mit dem Kaiſer,
mit Philipp II. ſtand — er erwartete den Tod des Koͤnigs mit ei-
ner Art von Angſt; wie ſchlecht mit Florenz, denn ſehr wohl erin-
nerte man ſich, daß das Haus Aldobrandini zu den Ausgewanderten
gehoͤrte (le cose passano peggio che con ogn’ altro, ricordandosi
d’esser andato il papa e la sua casa ramingo per il mondo);
wie viel beſſer dagegen mit Frankreich und Polen, vornehmlich mit
dem letzten, mit dem er gemeinſchaftliche Intereſſen und Plaͤne hat
(concorrendo e dall’ una e dall’ altra parte interessi nel pre-
sente e disegni nel tempo a venire). Fuͤr Niemand aber war
Clemens eingenommener, als fuͤr den Fuͤrſten von Siebenbuͤrgen.
Col prencipe di Transilvania ha trattato il papa con tanto amore
e con tener un nuntio apostolico appresso di lui e con averli
dato in mio tempo 60 m. scudi in tre volte e con infiniti of-
ficii fatti fare con l’imperatore per servitio che quasi poteva
dirsi interessato et obligato alla continua sua protettione; e
[358]Venier
credo che ’l povero prencipe la meritava, perche s’è risoluto
alla guerra con fondamento principale del consiglio et delle
promesse di S. Stà; quanto nel principio già tre anni e già due
ancora esaltava la virtù e valor di questo prencipe fino al cielo,
avendo detto a me più volte ch’egli solo faceva la guerra al
Turco, tanto più ultimamente con la cessione che gli fece de’
suoi stati restava molto chiarito, et il predicava un gran da
poco: onde si vede che se bene aveva promesso all’ imperatore
di farlo cardinale et a lui ancora, non averebbe però osservato
cosa alcuna, e perciò credo che essendo tornato al governo de’
suoi stati abbia sentito S. Stà gran consolatione.
IV. Cardinali. Sie werden alle nach der Reihe durchgegan-
gen, und mehr oder minder guͤnſtig beurtheilt.
V. De’ soggetti, che cascano in maggior consideratione
per lo pontificato.
VI. Interessi con Venetia. Es waren ſchon tauſend Strei-
tigkeiten im Gange. Quando non si proveda alle pretensioni et
ai disordini, un giorno si entrerà in qualche travaglio di gran
momento, massime di questi novi acquisti (uͤber die Schiffahrt
auf dem Po), che sempre vi penso per cognitione che ho
della natura de’ preti e della chiesa mi fa temere.
Das ging nur allzubald in Erfuͤllung.
71.
Venier: Relatione di Roma. 1601.
Schon waren die Streitigkeiten zwiſchen Papſt und Venedig
ziemlich heftig geworden. Die Venezianer verweigerten, ihren Pa-
triarchen zur Pruͤfung nach Rom zu ſchicken. Ueber den Poausfluß
Goro hatten bittere Irrungen begonnen: eben um dieſer Streitigkeiten
willen ward Venier nach Rom geſchickt.
Nur eine kurze Zeit blieb er da: die Schilderung, die er von
Clemens VIII. entwirft, iſt deſſenungeachtet recht brauchbar.
Della natura et pensieri del pontefice, per quello che a me
tocca di considerare nella presente congiuntura per li negotii
che giornalmente tratta V. Serenità con S. Beatitudine, dirò
che il papa in questa età sua di 65 anni è più sano e più ga-
gliardo di quello che sia stato negli anni adietro, non havendo
indispositione alcuna fuoriche quella della chiragra o gotta, che
però li serve, come vogliono li medici, a tenerlo preservato da
altre indispositioni, e questa molto più di rado e molto meno
che per l’inanzi le da molestia al presente, per la bona regola
particolarmente del viver, nel quale da certo tempo in qua pro-
cede con grandissima riserva e con notabile astinenza nel bere:
che le giova anco grandemente a non dar fomento alla grassezza,
alla quale è molto inclinata la sua complessione, usando anco
per questo di frequentare l’esercitio di camminar longamente
sempre che senza sconcio de negotii conosce di poterlo fare, ai
[359]Relatione di Roma 1601.
quali nondimeno per la sua gran capacità supplisce, intanto
che le resta comoda parte di tempo che dispensa admettendo
persone private et altri che secondo il solito ricorrono a S.
Stà. A negotii gravi si applica con ogni suo spirito, et persiste
in essi senza mostrarne mai alcuna fiachezza, et quando li suc-
cede di vederli conclusi, gode et fruisce mirabilmente il con-
tento che ne riceve. Nè di cosa maggiormente si compiace che
di esser stimato, et che sia rispettata la sua reputatione, della
quale è gelosissimo. Et quanto per la complessione sua molto
sanguigna e colerica è facile ad accendersi, prorompendo con
grandissima vehementia in esagerationi piene di escandescenza
et acerbità, tanto anco mentre vede che altri tace con la lingua
seben s’attrista nel sembiante, si ravede per se stesso et pro-
cura con gran benignità di raddolcire ogni amaritudine: la qual
cosa è così nota hormai a tutti li cardinali che ne danno cor-
tese avvertimento agli amici loro, sicome lo diede anco a me
nel primo congresso l’illustrissimo sigr cardle di Verona per mia
da lui stimata molto utile conformatione. Ha S. Stà volti li pen-
sieri suoi alla gloria, nè si può imaginare quanto acquisto fac-
ciano li principi della gratia sua, mentre secondano la sua in-
clinatione. Onde Spagnoli in particolare, che sempre mirano
a conservarsi et ad aumentar la gran parte che hanno nella
corte di Roma, non trascurano punto l’occasione; et però con
tanto maggior prontezza hanno applicato l’animo a far qualche
impresa contra Turchi, come hora si vede, et con andar soffe-
rendo non mediocri durezze, che provano ancor loro nelli ne-
gotii importanti, particolarmente per causa di giurisditione, che
vivono alla corte di Roma, si vanno sempre più avanzando nel
riportare in molte cose non piccole soddisfattioni. E’ tenuto ge-
neralmente il pontefice persona di gran virtù, bontà et religione:
di che egli si compiace far che del continuo se ne veggano segni
et importanti effetti. E se ben li cardinali si vedono nel pre-
sente pontefice scemata molto quella autorità che ne’ tempi pas-
sati sono stati soliti d’havere, restando quasiche del tutto es-
clusi dalla partecipatione de negotii più importanti, poiche ben
spesso fino all’ ultima conclusione di essi non hanno delle trat-
tationi la già solita notitia, mostrano nondimeno di stimare il
pontefice, lodano la Stà S. con termini di somma riverenza, ce-
lebrando la prudenza et l’altre virtù sue con grand’ esageratione,
affirmando che se fosse occasione hora di elegere pontefice, non
elegerebbono altro che questo medesimo, seben son molto re-
conditi et profondi i loro pensieri, et le parole et le apparenze
sono volte ai proprj disegni forse a Roma più che altrove.
Dem Geſandten gelang es, die Streitigkeiten noch einmal bei-
zulegen, obwohl der Papſt bereits von der Excommunication redete:
er findet ihn doch im Ganzen wohlgeſinnt. Venedig bequemte ſich
den Patriarchen nach Rom zu ſchicken.
[360]Instr. a Viglienna 1603. — Dialogo di Malaspina.
72.
Instruttione all’ illmo et eccmo marchese di Viglienna ambascia-
tore cattolico in Roma 1603. (Informatt. politt. n. 26.)
Viglienna war der Nachfolger Seſſa’s. Unſer Autor uͤberlaͤßt
es billig dem abgehenden Botſchafter, uͤber den Papſt und deſſen naͤch-
ſte Angehoͤrigen zu berichten. Er ſelbſt gibt uns von den Cardinaͤ-
len Nachricht. Sein Zweck iſt anzuzeigen, welcher Faction ein jeder
angehoͤre. Da ſehen wir nun, daß ſich die Lage der Dinge ſeit 1599
ſehr veraͤndert hatte. Es werden nur noch 10 entſchieden ſpaniſche
Cardinaͤle aufgefuͤhrt. Von den franzoͤſiſchen war fruͤher noch we-
nig die Rede: jetzt erſcheinen ihrer neun, die uͤbrigen gehoͤren zu kei-
ner Partei.
Von der Wichtigkeit der Curie iſt auch dieſer Autor durchdrun-
gen. Qui le differenze, le pretensioni, le paci, le guerre si ma-
neggiano. — — Le conditioni invitano i più vivaci e cupidi di
grandezza, di maniera che non è meraviglia che qui fioriscano
i più acuti ingegni.
73.
Dialogo di monsr Malaspina sopra lo stato spirituale e politico
dell’ imperio e delle provincie infette d’heresie. (Vallic.
n. 17. 142 Bl.)
Ein Geſpraͤch zwiſchen Monſ. Malaſpina, dem Erzbiſchof von
Prag und den Biſchoͤfen von Lyon und von Cordova; — alſo von
Geiſtlichen der vier Hauptnationen: ungefaͤhr vom Jahre 1600. Es
geſchieht darin der Einnahme von Ferrara Erwaͤhnung.
Der Zweck iſt eigentlich. zu vergleichen was die fruͤhern Paͤpſte
und was Papſt Clemens VIII. fuͤr den Fortgang des Katholicismus
gethan.
Unter den fruͤhern Paͤpſten: 1. La reduttione delle Indie,
2. la celebratione del concilio, 3. la lega santa e la vittoria
navale, 4. l’erettione de’ collegii, 5. l’offerta dagli heretici del
primato di Pietro al patriarcha Constantinopolitano — (??)
6. la constantia del re cattolico in non concedere agli heretici
nei paesi bassi cose in pregiudicio della religione.
Vom Papſt Clemens VIII. 1. Il governo pastorale et uni-
versale, 2. il governo particolare dei dominii del stato eccle-
siastico, 3. la vita di S. Beatitudine, 4. il Turca hora per opera
di S. Beatitudine fatto apparire di potersi vincere, 5. Ferrara oc-
cupata, 6. l’essersi fatto cattolico il christianissimo re di Francia.
Malaſpina ſchließt, daß dieß mehr zu bedeuten habe, als alles
was die anderen vollbracht. Natuͤrlich. Das Werkchen iſt den paͤpſt-
lichen Nepoten gewidmet.
Nur einen einzigen bemerkenswerthen Punkt habe ich in dem
langen Geſchreibe auffinden koͤnnen.
Der Verf. war mit auf dem Churfuͤrſtentage von Regensburg
m J. 1575. Er ſprach hier Churfuͤrſt Auguſt von Sachſen. Noch
[361]Rel. delle chiese di Sassonia.
war dieſer Fuͤrſt entfernt davon, den Katholiken Hoffnung zu ſeinem
Uebertritt zu erregen. Er erklaͤrte vielmehr er mache ſich aus dem
Papſt nichts, weder inſofern er Papſt, oder Fuͤrſt von Rom ſey, noch
auch wegen ſeiner Schaͤtze; die paͤpſtliche Schatzkammer ſey mehr eine
Ciſterne, als ein lebendiger Quell; nur das erwecke ihm Nachden-
ken, daß ein Moͤnch wie Pius V. ſo maͤchtige Fuͤrſten zu einem tuͤr-
kiſchen Kriege vereinigt habe; er koͤnne das wohl auch wider die Pro-
teſtanten vollbringen. — In der That faßte Gregor XIII. einen ſol-
chen Plan. Weil er ſah, daß Frankreich aus Furcht vor den Huge-
notten ſich von jedem Antheil an dem tuͤrkiſchen Kriege losſagte, hielt
er einen allgemeinen Bund der katholiſchen Fuͤrſten wider Tuͤrken und
Proteſtanten zugleich fuͤr nothwendig. Daruͤber ward ſofort auch mit
dem Kaiſer und mit Erzherzog Carl in Steiermark unterhandelt.
74.
Relatione delle chiese di Sassonia. Felicibus auspiciis illmi
comitis Frid. Borromei. 1603. (Bibl. Ambros. H. 179.)
Auch einer von den mancherlei Entwuͤrfen des Katholicismus,
ſich wieder in Beſitz von Deutſchland zu ſetzen.
Der Verfaſſer haͤlt ſich uͤberzeugt, man ſey in Deutſchland des
Proteſtantismus allmaͤhlig muͤde. Es liege den Vaͤtern bereits we-
nig daran, ihre Kinder in ihrer Religion zu erziehen. Li lasciano
in abandono, perche dio gl’inspiri, come essi dicono, a quel che
sia per salute dell’ anime loro.
In dieſer Ueberzeugung macht er Entwuͤrfe auf zwei vorwal-
tende proteſtantiſche Laͤnder, Sachſen und Pfalz.
In Sachſen habe der Adminiſtrator bereits den Calvinismus
vertilgt. Man muͤſſe ihn durch die Hoffnung der Wiedererlangung
des Churfuͤrſtenthums gewinnen (mettergli inanzi speranza di poter
per la via della conversione farsi assoluto patrone dell’ eletto-
rato). Auch der Landesadel werde es gern ſehen, wenn er wieder
zu den Bisthuͤmern gelangen koͤnne.
Ueber die Pfalz druͤckt er ſich folgendergeſtalt aus. Il Casi-
miro aveva una sorella vedova, che fu moglie d’un landgravio
d’Hassia, la quale suol vivere in Braubach, terra sopra il Rheno,
e si dimostra piena di molte virtù morali e di qualche lume
del cielo: suol esercitare l’opere di charità per molto zelo, fa-
cendo molte elemosine e consolando gl’infermi di quei contorni
con provederli di medicine: conversa volentieri con alcuni pa-
dri del Giesù e con l’arcivescovo di Treveri. — — E’ opi-
ni[c]ne di molti che mediante una più diligenza o di qualche
padre del Giesù amato da lei o di qualche principe cattolico
o vescovo saria facil cosa di ridurla totalmente alla vera fede:
— — di che se dio benedetto desse la gratia e che la cosa
passasse con conveniente segretezza, sarebbe ella ottimo instru-
mento per convertire poi il nipote con la sorella di lui et un
altra figlia che resta del Casimiro.
Der Verfaſſer bezeichnet hiemit Anna Eliſabeth von der Pfalz,
Gemahlin Philipps II. von Heſſen Rheinfels, der ſchon im Jahre
[362]Instruttione a mr Barberino.
1583 ſtarb. Sie war fruͤher im Verdacht des Calvinismus gewe-
ſen, und daruͤber in einem Auflauf ſogar einmal verwundet wor-
den. Wir ſehen, daß ſie ſich ſpaͤterhin auf ihrem Witwenſitz Brau-
bach, das ſie verſchoͤnerte, der entgegengeſetzten Hinneigung zum Ka-
tholicismus verdaͤchtig machte.
Dieſe Combination iſt es, auf welche unſer Autor baut. Er
meint, wenn man den jungen Pfalzgrafen demnach mit einer baieri-
ſchen Prinzeſſin vermaͤhle, werde das ganze Land katholiſch wer-
den. Und welch ein Vortheil waͤre es, ein Churfuͤrſtenthum zu
gewinnen!
75.
Instruttione a V. Sria Monsr Barberino arcivescovo di Nazaret
destinato nuntio ordinario di N. Sigre al re christianis-
simo in Francia 1603. (MS Rom.)
Ausgearbeitet von Cardinal P. Aldobrandino, der ſeiner fruͤhern
Geſandtſchaft am franzoͤſiſchen Hofe oͤfters gedenkt; darauf berech-
net, den durch die Bekehrung Heinrichs IV. in Frankreich in Auf-
ſchwung gekommenen Katholicismus ferner zu befoͤrdern.
Hoͤren wir einige Auftraͤge die dem Nuntius (es iſt der ſpaͤtere
Papſt Urban VIII.) gegeben werden.
Ella farà si con il re ch’ egli mostri non solamente di de-
siderare che gli eretici si convertino, ma che dopo che si sono
convertiti, gli ajuti e favorisca. — — Il pensare a bilanciare
le cose in maniera che si tenghi amiche ambidue le parti è una
propositione vana, falsa et erronea, e non potrà esser sugge-
rita a S. Mtà che da politici e mal intentionati e da chi non
ama la suprema autorità del re nel regno. — — N. Sigre non
vuol lasciar di porli (dem Koͤnig) in consideratione una strada
facile (ſich der Proteſtanten zu entledigen) e senza che possa par-
torir tumulto e che si eseguisca facilmente e fa il suo effetto
senza coltivatione, et è quella che altre volte ha S. Stà ricor-
dato alla Mtà S. et addotto l’esempio di Polonia cioè di non
dar gradi ad eretici: — — ricorda a S. Mtà di dar qualche
sbarbatezza alle volte a costoro (den Hugenotten), perche è turba
ribelle et insolente. — — V. Sria dovrà dire liberamente al re
che deve fuggire gli economati et il dar vescovati e badie a
soldati et a donne.
In dieſen Economati liegt der Urſprung des Regalrechtes, das
ſpaͤterhin ſo große Irrungen veranlaßte. Il re nomina l’economo,
il quale in virtù d’un arresto, inanzi sia fatta la speditione
apostolica, amministra lo spirituale e temporale, conferisce be-
neficii, constituisce vicarii che giudicano, assolvono, dis-
pensano.
Auch ſoll der Nuntius den Koͤnig ſelbſt im katholiſchen Glau-
ben zu befeſtigen ſuchen, waͤhrend der Kriege habe er nicht gehoͤrig
unterrichtet werden koͤnnen; er ſoll auf die Ernennung guter Biſchoͤfe
dringen, auf die Reform des Clerus ſehen: wo moͤglich die Publica-
tion des tridentiniſchen Conciliums bewirken, die der Koͤnig dem Car-
dinal bei ſeinem Abſchiede binnen zwei Monat ins Werk zu ſetzen
[363]Pauli V vita.
verſprochen habe, und mit der er nach mehreren Jahren noch zoͤgere;
er ſoll die Vernichtung von Genf anrathen (di tor via il nido che
hanno gli eretici in Ginevra, come quella che è asilo di quanti
apostati fuggono d’Italia).
Italien liegt dem Papſt vor allem am Herzen: daß ein huge-
nottiſcher Befehlshaber nach Caſtel Delfino jenſeit der Berge ge-
ſetzt worden, erklaͤrt er fuͤr unertraͤglich; ſein Beiſpiel ſey toͤdtlich.
Clemens trug ſich lebhaft mit dem Gedanken an einen Tuͤr-
kenkrieg. Jeder Fuͤrſt ſolle die Tuͤrken von einer andern Seite her
angreifen: der Koͤnig von Spanien ſey dazu bereit, er fordere nur
die Verſicherung, daß ihm indeß der Koͤnig von Frankreich nicht an-
derswo Krieg erhebe.
76.
Pauli V pontificis maximi vita compendiose scripta.
(Bibl. Barb.)
Eine Lobrede von nicht viel Werth.
Die Rechtspflege, die Verwaltung, die Bauunternehmungen
dieſes Papſtes werden ausfuͤhrlich geprieſen.
Tacitus plerumque et in se receptus, ubique locorum et
temporum vel in mensa meditabatur, scribebat, plurima trans-
igebat.
Nullus dabatur facinorosis receptui locus. Ex aulis prima-
riis Romae, ex aedium nobilissimarum non dicam atriis sed pe-
netralibus nocentes ad supplicium armato satellitio educebantur.
Cum principatus initio rerum singularum, praecipue pecu-
niarum difficultate premeretur, cum jugiter annis XVI tantum
auri tot largitionibus, substructionibus, ex integro aedificationi-
bus, praesidiis exterorumque subsidiis insumpserit, rem frumen-
tariam tanta impensa expediverit, — nihil de arcis Aeliae the-
sauro ad publicum tutamen congesto detraxerit, subjectas pro-
vincias sublevaverit; tot immensis tamen operibus non modo
aes alienum denuo non contraxit, sed vetus imminuit; non modo
ad inopiam non est redactus, sed praeter publicum undequaque
locupletatum privato aerario novies centena millia nummum au-
reorum congessit.
Wahrſcheinlich hielt dieſer Panegyriſt die Creation ſo viel neuer
Luoghi di Monte nicht fuͤr eine Anleihe.
77.
Relatione dello stato infelice della Germania cum propositione
delli rimedii opportuni, mandata dal nuntio Ferrero ve-
scovo di Vercelli alla Stà di N. Sigre papa Paolo V.
(Bibl. Barb.)
Wahrſcheinlich einer der erſten ausfuͤhrlichern Berichte, die Paul
dem V. zu Handen kamen. Der Nuntius gedenkt der Empoͤrung
der kaiſerlichen Truppen gegen ihren General Baſta im Mai 1605
als eines eben eingetretenen Ereigniſſes.
[364]Ferrero Rel. della Germania 1605.
Der ungluͤckliche Gang, den der Krieg unter dieſen Umſtaͤnden
nahm, die Fortſchritte der Tuͤrken und der Rebellen im Kampfe mit
dem Kaiſer, ſind es ohne Zweifel hauptſaͤchlich, weshalb er den Zu-
ſtand von Deutſchland ungluͤckſelig nennt.
Denn uͤbrigens entging es ihm nicht, wie viele Eroberungen die
katholiſche Kirche in Deutſchland machte.
Di questi frutti ne sono stati prossima causa gli alunni
così di Roma come delle varie città e luoghi della Germania
dove la pietà di Gregorio XIII alle spese della camera aposto-
lica gl’ instituì, giunti li collegii e scuole delli padri Giesuiti,
alli quali vanno misti cattolici et heretici; perche li alunni su-
detti si fanno prelati o canonici.
Er verſichert wiederholt, daß die Jeſuitenſchulen eine große
Menge junger Leute fuͤr den Katholicismus gewonnen. Nur findet
er namentlich in Boͤhmen einen außerordentlichen Mangel an katho-
liſchen Pfarrern.
Auch auf den politiſchen Zuſtand geht er ein: die Gefahr vor
den Tuͤrken findet er bei den ſchlechten Anſtalten des Kaiſers und
der innerlichen Entzweiung des Hauſes Oeſtreich ſehr bedeutend. In
Oppoſition mit dem Kaiſer hatten ſich die Erzherzoͤge Matthias
und Maximilian verſoͤhnt. Hora l’arciduca Mattia e Massimi-
liano si sono uniti in amore, vedendo che con la loro disunione
facevano il gioco che l’imperatore desidera, essendosi risoluto
il secondo a cedere al primo come a quello che per ragione di
primogenitura toccava il regno d’Ungaria, Boemia e stati d’Au-
stria, et Alberto ha promesso di star a quello che se ne farà,
e di comun concerto sollecitano l’imperatore con lettere a
prendere risolutione al stabilimento della casa: ma egli è ca-
duto in tanta malinconia, o sia per questa lor unione, e gelo-
sia che non siano per valersi di queste sedizioni, o per altro,
che non provede alla casa nè agli stati nè a se stesso.
Auch manche andere Merkwuͤrdigkeiten kommen dabei zu Tage:
z. B. Abſichten des Hauſes Brandenburg auf Schleſien ſchon in die-
ſer Zeit. „Il Brandeburgh non dispera con gli stati che ha in
Slesia e le sue proprie forze in tempo di revolutione tirar a
se quella provincia.“
78.
Relatione dell’ illmo Sr Franc. Molino cavr e pror ritornato da
Roma con l’illmi sigri Giovanni Mocenigo cavr, Piero
Duodo cavr e Francesco Contarini cavr, mandati a
Roma a congratularsi con papa Paolo V della sua as-
sontione al ponteficato, letta in senato 25 Genn. 1605
(1606).
Schon war der Ausbruch der Unruhen vorauszuſehen. Die Ge-
ſandten haben Paul V. ſo genau als moͤglich beobachtet.
Sicome pronuntiato Leone XI penarono doi hore a vestirlo
[365]Relatione di Molino 1606.
pontificalmente, così il presente pontefice fu quasi creduto pri-
ma vestito ch’eletto et pur da altri cardinali: che non fu così
presto dichiarato che in momento dimostrò continenza et gra-
vità pontificia tanta nell’ aspetto, nel moto, nelle parole et nelli
fatti, che restarono tutti pieni di stupore et meraviglia et molti
forse pentiti, ma tardi et senza giovamento: perche diversissimo
dalli altri precessori, che in quel calore hanno tutti assentito alle
richieste così de’ cardinali come d’altri et fatte infinite gratie, così
il presente stette continentissimo et sul serio, tanto che si dichiarì
risoluto a non voler assentire et promettere pur minima cosa, di-
cendo ch’era conveniente aver prima sopra le richieste et gratie
che le erano dimandate ogni debita et matura consideratione: onde
pochissimi furono quelli che dopo qualche giorno restassero in
qualche parte gratiati. Nè tuttavia si va punto allargando, anzi
per la sua sempre maggior riservatezza dubitando la corte di veder
anco sempre poche gratie et maggior strettezza in tutte le cose,
se ne sta molto mesta. Fra li cardinali non v’è alcuno che si
possi gloriar di aver avuto tanto d’intrensichezza o familiarità
seco che di certo si possi promettere di ottener prontamente
alcuna cosa da lui, e tutti procedono con tanto rispetto che si
smarriscono quando sono per andarli a parlar et negotiar seco:
perche oltre che lo trovano star sempre sul serio et dar le ri-
sposte con poche parole, si vedono incontrar in risolutioni fon-
date quasi sempre sopra il rigor dei termini legali: perche non
admettendo consuetudini, ch’egli chiama abusi, nè esempj de
consenso de’ pontefici passati, ai quali non solamente dice che
non saperia accomodar la sua conscientia, ma che possono aver
fatto male et potriano render conto a dio o che saranno stati
ingannati, o che la cosa sarà stata diversa da quella che a lui
viene portata, li lascia per il più malcontenti. Non ha caro
che si parli seco lungo per via di contesa o di disputatione, et
se ascolta pur una o doi repliche, quelle stimando di aver ri-
soluto con le decisioni de’ leggi o dei canoni o de’ concilj che
lor porta per risposta, si torce se passano inanzi, overo egli
entra in altro, volendo che sappino che per le fatiche fatte da
lui il spatio di trenta cinque anni continuo nel studio delle
leggi et praticatele con perpetui esercitii nelli officii di corte in
Roma et fuori, possi ragionevolmente pretendere, se bene que-
sto non dice tanto espressamente, di aver così esatta cogni-
tione di questa professione che non metti il piede a fallo nelle
risolutioni che da et nelle determinationi che fa, dicendo bene
che nelle cose dubbie deve l’arbitrio et interpretatione partico-
larmente nelle materie ecclesiastiche esser di lui solo come
pontefice. Et per questo li cardinali, che per l’ordinario da
certo tempo in qua non contradicono, come solevano, anzi
quasi non consigliano, et se sono ricercati et comandati di par-
lar liberamente, lo fanno conforme a quell’ intentione che ve-
dono esser nelli pontefici, se ben non la sentono, col presente
se ne astengono più di quello che habbino fatto con alcun dei
suoi precessori: et averanno ogni dì tanto maggior occasione
[366]Relatione di Molino 1606.
di star in silentio, quanto che manco delli altri ricerca il
parere di loro o di alcuno a parte, come soleva pur far papa
Clemente et altri: fa fra se stesso solo le risolutioni et quelle
de improviso pubblica nel concistoro: in cui hora si duole dei
tempi presenti, hora si querela de’ principi con parole pungenti,
come fece ultimamente in tempo nostro per la deditione di
Strigonia, condolendosi et attribuendo la colpa all’ imperatore
et ad altri principi con parole aculeate et pungenti; hora rap-
presentando a’ cardinali li loro obblighi, li sfodra protesti senza
alcun precedente ordine o comandamento, con che li mette in
grandissima confusione, come fece significandoli l’obbligo della
residenza et, come ho detto, non per via di comando, come fa-
cevano li altri pontefici, li quali prefigevano loro ancor stretto
tempo di andar alle lor chiese, ma con solamente dirli che non
escusarebbe li absenti da esse da peccato mortale et da rice-
vere i frutti, fondando la sudetta conclusione sopra li canoni et
sopra il concilio di Trento: col qual termine solo così stretto
et inaspettatamente con molta flamma pronunciato mette tanta
confusione nelli cardinali vescovi che conoscendo loro non po-
tersi fermare in Roma più lungamente senza scrupolo et ri-
morso grandissimo della conscientia, senza dar scandalo et
senza incorrer in particolar concetto presso il papa di poco cu-
ranti li avvertimenti della Stà Sua, di poco timorati di dio et di
poco honore ancor presso il mondo, hanno preso risolutione
chi di andar alla residenza, et già se ne sono partiti alquanti,
chi di rinunciare, et chi di aver dispensa fin che passi la furia
dell’ inverno per andarvi alla primavera: nè ha admesso per di-
fesa che salvino le legationi delle provincie e delle città del
stato ecclesiastico: solo doi poteano esser eccettuati, il cardl
Tarasio arcivescovo di Siena vecchissimo et sordo, che non
sarà perciò salvato da restar astretto alla renoncia, et il sigr
cardl di Verona, medesimamente per l’età grandissima et per
aver già molti anni monsr suo nipote ch’ esercita la coadjuto-
ria et ottimamente supplisce per il zio.
Die Geſandten kamen dieſer Strenge zum Trotz mit Paul V.
im Grunde recht gut weg. Er entließ ſie auf das freundlichſte.
Auch der guͤnſtigſte Papſt haͤtte ſich nicht gewogener ausdruͤcken koͤn-
nen. Sie ſind ſelbſt erſtaunt, wie ſo bald die Sachen eine ſo ge-
faͤhrliche Wendung nehmen.
79.
Instruttione a monsre il vescovo di Rimini (Cl Gessi) destinato
nuntio alla republica di Venetia dalla Santità di N. S. P.
Paolo V. 1607 4 Giugno. (Bibl. Alb.)
Unmittelbar nach Beendigung der Irrungen, jedoch noch nicht
ſehr friedfertig.
Der Papſt beklagt ſich, daß die Venezianer den Act der Abſo-
lution zu verheimlichen ſuchen; in einer Erklaͤrung an ihren Clerus
[367]Instr. al card. Gessi 1607.
kam eine Andeutung vor, daß der Papſt die Cenſuren aufgehoben,
weil er die Reinheit ihrer Abſichten erkenne: — (che S. Beatne per
haver conosciuta la sincerità degli animi e delle operationi loro
havesse levate le censure.)
Dennoch geht Paul V. ſo weit, ſich Hoffnung zu machen, daß
man die Conſultoren, auch Fra Paolo an die Inquiſition ausliefern
werde. Sehr merkwuͤrdig iſt dieſe Stelle. Delle persone di Fra
Paolo Servita e Gio. Marsilio e degli altri seduttori che pas-
sano sotto nome di theologi s’è discorso con Vra Sigria in voce:
la quale doveria non aver difficoltà in ottener che fossero
consignati al sant’ officio, non che abbandonati dalla republica
e privati dello stipendio che s’è loro constituito con tanto scan-
dalo. Mußten auch ſolche Antraͤge hinzukommen, um die Feind-
ſeligkeiten Fra Paolos zu ſteigern und unverſoͤhnlich zu machen. Der
Papſt wußte nicht, was fuͤr ein Feind das war. Alle ſeine Mon-
ſignoren und Illuſtriſſimi ſind vergeſſen. Der Geiſt Fra Paolos lebt
wenigſtens in einem Theile der innern Oppoſition in der katholiſchen
Kirche noch heute fort.
Uebrigens hatte der Widerſtand den der Papſt in Venedig ge-
funden, den groͤßten Eindruck auf ihn gemacht. Vuole N. Sigre che
l’autorità e giurisdittione ecclesiastica sia difesa virilmente da
V. Sria, la quale averte non dimeno di non abbracciar causa
che possa venire in contesa dove non abbia ragione, perche
forse è minor male il non contendere che il perdere.
80.
Ragguaglio della dieta imperiale fatta in Ratisbona l’anno del
Sr 1608, nella quale in luogo dell eccmo e revmo monsr An-
tonio Gaetano, arcivescovo di Capua, nuntio apostolico, ri-
masto in Praga appresso la Mtà Cesarea, fu residente il
padre Filippo Milensio maestro Agostino vicrio generale
sopra le provincie aquilonarie. All’ eccmo e revmo sigre e
principe il sigr cardl Francesco Barberini.
Als der Kaiſer Rudolf im Jahre 1607 einen Reichstag berief,
war Antonio Gaetano Nuntius an ſeinem Hofe.
Gaetano hatte den Auftrag, das Tridentinum vollſtaͤndiger ein-
zufuͤhren, die Annahme des gregorianiſchen Kalenders zu bewirken,
— wozu die drei weltlichen Churfuͤrſten ſchon damals willig waren,
am entſchiedenſten Sachſen, das ſeinen Geſandten ſchon dazu inſtruirt
hatte, — und ſich beſonders der katholiſchen Intereſſen auf dem Kam-
mergerichte anzunehmen. Die Stockung die daſſelbe erfahren, war
in der Inſtruction folgendergeſtalt angegeben.
Di questo tribunal essendo presidente supremo l’intruso Mag-
deburgese heretico, e volendo egli esercitare il suo officio, non
fu ammesso, e da quel tempo in qua non essendo state reviste
le cause et essendo moltiplicati gli aggravii fatti particolarmente
alli catolici, protestando li heretici di volere avere luogo nella
detta camera indifferentemente, come hanno li catolici, hanno
atteso continuamente ad usurpare i beni ecclesiastici.
[368]Filippo Milensio Rugguaglio.
Es war vorauszuſehen, daß von dieſer Sache am Reichstage
lebhaft wuͤrde gehandelt werden: — dennoch konnte der Nuntius den-
ſelben nicht beſuchen. Der Kaiſer ließ Erzherzog Ferdinand als
ſeinen Commiſſar dahin gehn, und wuͤrde es als eine Beleidigung be-
trachtet haben, wenn der Nuntius ihn verlaſſen haͤtte.
Gaetano ſchickte an ſeiner Stelle den Auguſtinervicar Fra Mi-
lentio. Da ſich dieſer ſchon mehrere Jahre in Deutſchland aufgehal-
ten, mußte er die Verhaͤltniſſe einigermaßen kennen. Ueberdieß aber
wies ihn der Nuntius an Matth. Welſer — per esatta cognitione
delle cose dell’ imperio — und eben jenen Biſchof von Regens-
burg, von dem damals ein Schreiben eine ſo große Aufregung unter
den Proteſtanten hervorbrachte. Auch an den Beichtvater des Kai-
ſers Pater Willer ſollte er ſich halten.
Ungluͤcklicher Weiſe hat dieſer Auguſtiner den Bericht uͤber ſeine
Wirkſamkeit erſt viele Jahre nachher aufgeſetzt. Jedoch iſt das,
was er von ſeiner perſoͤnlichen Thaͤtigkeit erwaͤhnt, noch immer
hoͤchſt merkwuͤrdig: wir haben es ſchon in die Geſchichte aufge-
nommen.
Uebrigens leitet er die geſammte Unruhe, die damals in dem
Reiche ausgebrochen war, von der zweifelhaften Erbfolge her: „es-
sendo fama che Ridolfo volesse adottarsi per figliuolo Leopoldo
arciduca, minor fratello di Ferdinando, e che poi a Ferdinando
stesso inchinasse.“ Matthias war daruͤber ſehr mißvergnuͤgt. Aber
in Kleſel und dem Fuͤrſten Lichtenſtein, der in Maͤhren ſo viel ver-
mochte, fand er treue und einflußreiche Anhaͤnger.
Dietrichſtein und Gaetano hatten dieſem Berichte zufolge gro-
ßen Antheil an dem Abſchluß des Vertrages zwiſchen den Bruͤdern.
81.
Relatione di Roma dell’ illustrissimo Sr Giovan Mocenigo Kavr
Ambr a quella corte l’anno 1612. Inff. Politt. Tom XV.
Der erſte Botſchafter nach Beilegung der Irrungen war Franz
Contarini; 1607—1609. Unſer Mocenigo ruͤhmt, wie wohl ihm deſ-
ſen vernuͤnftiges Betragen zu Statten gekommen. Er ſelbſt, der be-
reits 18 Jahr in Geſandtſchaften beſchaͤftigt geweſen, ſtand von 1609
bis 1611 in Rom. Der ruhige Ton ſeiner Relation zeigt am beſten,
daß es auch ihm gelang, ein gutes Verhaͤltniß aufrecht zu erhalten.
Bei dieſer Relation iſt nicht ſeine Abſicht, das Allgemeine, das
Bekannte zu wiederholen: ſondern nur die Eigenſchaften und die
Geſinnungen des Papſtes in Bezug auf die Republik zu eroͤr-
tern: la qualità, volontà, dispositione del papa e della republica
verso questa republica. Tratterò il tutto con ogni brevità, tra-
lasciando le cose più tosto curiose che necessarie.
1. Papſt Paul V. Maestoso, grande, di poche parole: nien-
tedimeno corre voce che in Roma non sia alcuno che lo possa
agguagliare nelli termini di creanza e buoni officii: veridico, in-
nocente, di costumi esemplari.
2. Cardinal Borgheſe: di bella presenza, cortese, benigno,
por-
[369]Gio. Mocenigo Rel. 1612.
porta gran riverenza al papa: rende ciascuno sodisfatto almeno
di buone parole: è stimatissimo e rispettato da ogn’ uno. — Im
Jahre 1611 hatte er ſchon 150000 Sc. Einkommen.
3. Geiſtliche Macht. Er bemerkt daß fruͤhere Paͤpſte eine Ehre
darin geſucht, Gnaden zu gewaͤhren; die damaligen ſtrebten die
bereits gewaͤhrten eher wieder zu entreißen (rigorosamente stu-
diano d’annullare et abbassare le già ottenute gratie). Den-
noch ſucht man mit ihnen gut zu ſtehn, weil man glaubt, der Gehor-
ſam der Voͤlker beruhe auf der Religion.
4. Weltliche Macht. Er findet noch immer die Voͤlker des
Kirchenſtaates ſehr kriegeriſch geſinnt (prontissimi alle fattioni,
alli disaggi, alle bataglie, all’ assalto et a qualunque attione mi-
litare), die paͤpſtliche Kriegsmacht nichts deſto minder in vollem
Verfall. Man hatte fruͤher 650 leichte Pferde gehalten, hauptſaͤch-
lich gegen die Banditen; da dieſe beſiegt waren, hatte man die
Reiterei in den ungariſchen Krieg geſchickt, ohne eine andere an
ihre Stelle zu ſetzen.
5. Regierungsform: abſolut. Der Cardinal Nepot, der Da-
tario und Lanfranco hatten einigen Einfluß: ſonſt wurden die Car-
dinaͤle nur gefragt, wenn der Papſt ihre Meinung gewinnen wollte.
Selbſt wenn er ſie fragte, antworteten ſie mehr nach ſeiner Neigung
als nach ihrer Einſicht. (Se pure dimanda consiglio, non è al-
cuno che ardisca proferir altra parola che d’applauso e di laude,
siche tutto viene terminato dalla prudenza del papa). Auch war
das im Grunde am beſten, weil die Factionen des Hofes ſie doch nur
parteiiſch gemacht haͤtten.
6. Verhaͤltniß zu Spanien und Frankreich. Der Papſt ſuchte
ſich neutral zu halten. Quando da qualcheduno dipendente da
Spagnoli è stato tenuto proposito intorno alla validità et inva-
lidità del matrimonio della regina, si è stato mostrato risoluto
a sostenere le ragioni della regina. Li poco buoni Francesi
nel medesimo regno di Francia non hanno mancato d’offerirsi
pronti a prender l’armi, purche havessero avuto qualche favore
del papa e del re di Spagna.
Il re di Spagna è più rispettato di qualsivoglia altro prin-
cipe dalla corte Romana. Cardinali e principi sono consolatis-
simi, quando possono havere da lui danari et essere suoi de-
pendenti. — Il papa fu già stipendiato da lui, e dall’ autorità di
S. M., come soggetto confidente, favorito all’ assuntione del pon-
tificato con singolare et incomparabile beneficio. — Procura di
dar sodisfattione al duca di Lerma, acciò questo le serva per in-
strumento principalissimo di suoi pensieri presso S. Mtà cattolica.
7. Sein Rath: temporeggiare e dissimulare alcune volte
con li pontefici. — Vincitori essercitano le vittorie a modo loro,
vinti conseguiscono che conditioni vogliono.
Päpſte** 24
[370]Rel. della nuntiatura de’ Suizzeri 1608—1612
82.
Relatione della nunziatura de’ Suizzeri. Informationi Politt.
Tom. IX. fol. 1—137.
Informatione mandata dal Sr Cl d’Aquino a Monsr Feliciano Sil-
va vescovo di Foligno per il paese di Suizzeri e Grisoni.
Ibid. fol. 145—212.
In Lebrets Magazin zum Gebrauch der Staaten- und Kirchen-
geſchichte Bd. VII, p. 445 finden ſich Auszuͤge aus den Briefen,
die von dem roͤmiſchen Hofe in den Jahren 1609 und 1614 an die
Nuntien in der Schweiz ergangen ſind; — man koͤnnte nicht ſagen,
daß ſie ſehr intereſſant waͤren; ſie ſind ſo allein, ohne Antworten und
Berichte, nicht einmal verſtaͤndlich.
Der erſte dieſer Nuntien iſt der Biſchof von Venafro, eben der
von welchem Haller (Bibliothek der Schweizergeſchichte Bd. V. Nr.
783) eine Relation uͤber die Schweiz erwaͤhnt. „Der paͤpſtliche Nun-
tius“, ſagt er, „Lad. Gr. von Aquino Episcopus Venafranus hat in
dieſem Werke eine Probe ſeiner Einſicht und ſeiner Geſchicklichkeit ab-
gelegt, und es verdient ſehr gedruckt zu werden.“ Haller hat ſie in
Paris eigenhaͤndig copirt und auf der Zuͤricher Bibliothek nieder-
gelegt.
Dieſe Relation iſt nun eben die unſere; doch beſitzen wir ſie voll-
ſtaͤndiger, als ſie Haller kannte.
Als der Biſchof von Venafro die Nuntiatur verließ, die er von
1608—1612 verwaltet hatte, theilte er ſeinem Nachfolger, Biſchof
von Foligno, nicht allein die Inſtruction mit, die er von dem Car-
dinal Borgheſe empfangen, ſondern er gab ihm auch in einer aus-
fuͤhrlichen Information davon Nachricht, wie er dieſelbe ausgefuͤhrt
habe (di quanto si è eseguito sino al giorno d’hoggi nelli ne-
gotii in essa raccommandatimi). Es iſt dieß die zweite von den
oben bezeichneten Handſchriften. Sie beginnt mit einer Schilderung
der innern Parteiungen der Schweiz.
E seguitando l’istesso ordine dell’ instruttione sopradetta,
dico che da molti anni in qua si è fatta gran mutatione ne’ can-
toni cattolici e particolarmente nella buona amicitia e concordia
che anticamente passava fra di loro: perche hoggidì non solo
per causa delle fattioni Spagnuole e Francesi e delle pensioni,
ma ancora per altri interessi, emolumenti e gare vi è fra alcuni
tanto poca amicitia che col tempo potrebbe partorire molti
danni se tosto non si prende buon rimedio con procurare una
dieta particolare non ad altro effetto che a rinuovare le leghe
antiche, l’amicitia, fratellanza et amorevolezza, come io molte
volte ho proposto con grandissimo applauso, se bene sin’ hora
non ho potuto vederne l’effetto. Altorfo è antico emulo di Lu-
cerna, e tira seco gli altri due cantoni Schwitz et Undervaldo,
e vede mal volontieri preminenza e primo luogo de’ signori Lu-
cernesi, et però spesse volte contradice in attioni publiche non
ad altro fine che di gara e di poca intelligenza: Lucerna tira
[371]et Informatione, dal Card. d’ Aquino.
seco Friburgo e Soloturno e ancora Zug, e fa un’ altra partita.
Zug è diviso fra se stesso, essendo in gravi controversie li cit-
tadini con li contadini, volendo ancora essi essere conosciuti
per patroni: e così in ogni cantone cattolico vi sono molte pu-
bliche e private dissensioni con pregiudicio delle deliberationi e
con pericolo di danni assai maggiori se non vi si rimedia, come
io procuro con ogni diligenza.
Gleich bei der Ueberſendung dieſer Information verſpricht der
Nuntius eine noch ausfuͤhrlichere Relation. (Fra pochi giorni spero
di mandarle copia d’una piena e più diffusa relatione di tutti li
negotii della nuntiatura.)
Dieß iſt die zuerſt genannte Handſchrift: dieſe war Hallern be-
kannt geworden.
Der Nuntius geht darin etwas methodiſcher zu Werke. Cap. I.
Della grandezza della nuntiatura. Er ſchildert zuerſt den Umfang
der Nuntiatur, die ſo groß ſey wie das Koͤnigreich Neapel, und ſich au-
ßerdem uͤber Voͤlker der verſchiedenſten Zungen erſtrecke. Auch die
romaniſche Sprache vergißt er nicht: una favella stravagantissima
composta di otto o dieci idiomi.
II. Degli ambasciatori de’ principi che resiedono appresso
Suizzeri e de’ loro fini.
III. Delle diete e del modo, tempo e luogo dove si con-
gregano fra Suizzeri.
IV. Delli passi che sono nella nuntiatura de’ Suizzeri.
Denn eben die Paͤſſe bildeten den wichtigſten Streitpunkt der Maͤchte.
V. Stato spirituale della nuntiatura de’ Suizzeri. Das wich-
tigſte und wie billig ausfuͤhrlichſte Capitel: p. 28—104; in welchem
uͤber einzelne Dioͤceſen, auch die Abteien Bericht erſtattet wird.
VI. Officio del nuntio per ajutare lo stato spirituale e de’
modi più fruttuosi di farlo.
VII. Che debbia fare il nuntio per dare sodisfattione in
cose temporali nella nuntiatura.
Man ſieht, wie ſorgfaͤltig die wichtigſten Momente geſondert
und durchgegangen werden. Die Ausfuͤhrung zeigt von Kenntniß
nicht minder der Vergangenheit wie der Gegenwart, von Eifer, Ge-
wandtheit und Einſicht. Natuͤrlich wiederholt die Relation das Meiſte
von dem was in der Information enthalten war.
Dennoch war unſerm Nuntius auch das noch nicht genug. Der
Relation fuͤgte er ein Compendio di quanto ha fatto monsre di
Venafro in esecutione dell’ instruttione datali nel partire di Roma
hinzu; das er ſchon bei einer andern Gelegenheit gemacht hatte, und
das namentlich mit der Information faſt identiſch ſeyn mußte. Er
bemerkt es ſelbſt, legt das Schriftchen aber doch bei. Bei den Co-
pien iſt es ohne Zweifel ganz mit Recht weggelaſſen worden.
Statt deſſelben folgt ein Appendice de’ Grisoni e de’ Valle-
sani, nicht minder merkwuͤrdig als das Fruͤhere.
„E questo“, ſchließt endlich der Verfaſſer ſein voluminoͤſes
Werk, „è il breve summario promesso da me del stato della
nuntiatura Suizzera con le parti che a quella soggiaciono. Deo
gratias. Amen.“
24*
[372]Instr. a Diotallevi dest. nuntio in Polonia 1614.
Noch immer glaubte er nur eine kurze Ueberſicht des Wiſſens-
wuͤrdigen gegeben zu haben: ſo wenig laͤßt ſich die Welt in Worten
wiedergeben.
Ich habe mich Bd II, p. 121 fg. der Notizen die ſich hier finden,
nur zu meinem Zwecke bedient: das Uebrige zu erheben muß dem Fleiße
der Schweizer uͤberlaſſen bleiben.
83.
Instruttione data a monsr Diotallevi vescovo di S. Andelo de-
stinato dalla Stà di Nro Sigre papa Paolo V nuntio al
re di Polonia 1614.
Allgemeine Anweiſung, die katholiſche Religion, die Einfuͤhrung
des tridentiniſchen Conciliums, die Anſtellung gut katholiſcher Perſo-
nen zu befoͤrdern, niemals etwas zu dulden was zum Vortheil der
Proteſtanten ſey.
Es zeigen ſich jedoch Spuren eines gewiſſen Mißverſtaͤndniſſes.
Der Papſt hatte dem Koͤnig verweigert, den Biſchof von Reg-
gio, wie dieſer vorſchlug, zum Cardinal zu ernennen. Der Nuntius
ſoll den Koͤnig daruͤber zu beruhigen ſuchen.
Beſonders wird ihm eingeſchaͤrft, niemals Geld zu verſprechen.
Perche o non intendendosi o non vedendosi le strettezze
pur troppo grandi della sede apostolica, sono facili i potentati
particolarmente oltramontani a cercar ajuto, e se si desse ogni
picciola speranza, si offenderebbero poi grandemente dell’ es-
clusione.
Ueber die letzten Jahre Pauls V. finden ſich weniger kirchliche
Denkmale. Benutzen wir dieſe Luͤcke um einige andere zu beruͤhren,
die ſich auf die Verwaltung des Staates in dieſer Periode beziehen.
84.
Informatione di Bologna del 1595. (Ambros. Bibl. zu Mailand
F. D. 181.)
Die Stellung und Verfaſſung von Bologna, die Art von Un-
abhaͤngigkeit die es behauptete, waren ſo merkwuͤrdig und bedeutend,
daß man auch Papiere und Denkſchriften, die ſich auf dieſe Pro-
vinzialſtadt bezogen, in die Sammlungen aufnahm.
Im 22ſten Bande der Informationi finden wir eine Menge
Schreiben vom Jahre 1580 an Monſignor Ceſi, Legaten von Bo-
logna, die auf ſeine Verwaltung Bezug haben.
Es ſind faſt alles Empfehlungen, hauptſaͤchlich Interceſſionen.
Großherzog und Großherzogin von Toscana bitten fuͤr den Grafen
Ercole Bentivoglio, dem man Feldfruͤchte ſequeſtrirt hatte; in kur-
zem dankt die Großherzogin, daß ihre Fuͤrbitte beruͤckſichtigt wor-
den; — der Herzog von Ferrara empfiehlt eine Schauſpielerin des
Namens Vittoria; der Cardinal San Siſto einige unruhige Stu-
[373]Informatione di Bologna 1595.
denten der Univerſitaͤt: „auch wir“, ſagt er, „waren Scholaren“;
Giacomo Boncompagno, Sohn des Papſtes, einen Profeſſor, dem
ſein Amt genommen war; der Cardinal von Como, der die Ge-
ſchaͤfte damals hauptſaͤchlich leitete, einige Moͤnche, die man in ih-
ren Privilegien ſtoͤre: er ſpricht dabei keineswegs in dem Tone ei-
nes Gebieters. Aber auch andere Bitten finden ſich. Ein Vater,
dem der Sohn ermordet worden, bittet dringend, ja flehentlich, an
dem Moͤrder, den man bereits in Bologna gefangen hielt, die Ge-
rechtigkeit vollſtrecken zu laſſen.
Hauptſaͤchlich nemlich auf die Rechtspflege hatte der Governa-
tore Einfluß. In allen andern Dingen war die Stadt ſehr unab-
haͤngig.
I senatori, heißt es in unſerer Relation, conferiscono ogni
cosa importante col superiore, et havendo in mano tutti li datii
et entrate della città, del datio del sale e vino in poi, che è del
papa, dispensano li denari publici mediante un scrutinio, che
si fa presente il superiore con le mandate sottoscritte dal
detto superiore, dal gonfaloniere et assunti deputati secondo li
negotii. Hanno cura delle impositioni e gravezze imposte a con-
tadini, reali e personali, come per li buoi e teste: — attendono
alle tasse che pagano li contadini; alle muraglie, porte e ser-
ragli; a conservare il numero de’ soldati del contado: — pro-
vedono ch’ altri non usurpi il publico e si conservi la bellezza
della città: — han cura della fiera della seta: — eleggono ogni
mese per la ruota civile 4 dottori forastieri, che bisogna siano
almeno dottori di X anni, e questi veggono e determinano ogni
causa civile.
Es fragt ſich nun, in wie fern die Repraͤſentanten der paͤpſtli-
chen Regierung bei dieſer Lage der Dinge noch Einfluß behalten.
Wie geſagt, er zeigt ſich hauptſaͤchlich in der Rechtspflege. Un au-
ditore generale concorre nelle cognitioni delle cause con la
ruota et un’ altro particolare delle cause che avoca a se et uno
criminale chiamato auditore del torrione del luogo ove risiede,
qual tiene due sottoauditori per suo servitio, e tutti quelli sono
pagati dal publico.
Folgen noch einige ſtatiſtiſche Nachrichten. Contado circa mi-
glia 180: semina intorno a corbe 120 m., raccoglie un anno per
l’altro 550 m. a 66o m. corbe. Fa da 130 m. anime (la città
70 m., che avanti le carestie passava 90 m.) 16 m. fuochi, con-
suma corbe 200 m. di formento (la corba 160 libre), 60 m. co-
stolate di vino, 18 m. corbe di sale, 1700 m. libre d’olio, am-
mazza 8 m. vaccine, 10 m. vitelli, 13 m. porchi, 8 m. castrati,
6 m. agnelli, et abrugia 400 m. libre di candele. — — Si fa
conto che un anno per l’altro moreno nella città 3 m. persone e
ne nascono 4 m., che si faccino 500 spose e 60—70 monachi,
che siano portati a’ poveri bastardini 300 putti l’anno. Ha 400
fra carrozze e cocchi. Vengono nella città ogni anno da 600 m.
libre de follicelli da quali si fa la seta, e se ne mette opera per
uso della città 100 m. libre l’anno.
[374]Bologna. — Vassalli dei baroni Rom.
85.
Instruttione per un legato di Bologna. (Vallic.)
Von etwas ſpaͤterer Zeit. Wir bemerken folgende Rathſchlaͤge.
Invigilare sopra gli avvocati cavillosi et in particolare quelli
che pigliano a proteggere a torto i villani contro li cittadini e
gentilhuomini, — accarezzare in apparenza tutti li magistrati,
non conculcare i nobili. Das Unweſen der Bravi war ſo hoch ge-
ſtiegen, daß es deren ſogar unter den immatriculirten Studenten gab.
Andere Papiere fuͤhren uns in die Campagna von Rom; wie
der arme Bauer geplagt war, was die Baronen einnahmen, wie das
Land gebaut ward.
86.
Dichiaratione di tutto quello che pagano i vassalli de baroni Ro-
mani al papa e aggravj che pagano ad essi baroni.
I. Pagamenti diversi che si fanno da vassalli de baroni
Romani al papa. Pagano il sale, pagano un quattrino per li-
bra di carne, pagano l’impositione per il mantenimento delle
galere posta da Sisto quinto, pagano i sussidii triennali, pa-
gano i cavalli morti cioè per alloggiamento di cavalleria, pa-
gano una certa impositione che si chiama de soldati, pagano
una certa impositione che si chiama l’archivio, pagano un’ altra
impositione che si chiama S. Felice, pagano la foglietta messa
da Sisto quinto, pagano una certa impositione che si chiama
sala forastico.
II. Pagamenti che fanno li medesimi vassalli a baroni. Pa-
gano poi al barone, ove sono molina, tanto grano, perche è
somma molto grave, pagano risposta di vino, pagano risposta
d’olio ove ne fa, pagano di mandare i porci nei castagneti e
querceti fatta la raccolta che chiamano ruspare, pagano tasse
d’hosterie, pagano tasse de pizigaroli, pagano tasse de fornari,
pagano de bichierari, pagano quelli che vanno a spigolare come
è secato il grano, pagano dei bestiami che vanno a pascere, pa-
gano risposta di grano, pagano risposta di biada. Montano tutti
questi aggravii, come si puol vedere dall’ entrate del duca Al-
temps, computata la portione del molino della molara che si trahe
da vassalli, 2803 sc.; questo si cava da vassalli del Montecapuri (?)
del ducato Altemps, che sono da 180 e 190 fuochi, e ciò si
mette per esempio, onde si possa vedere appresso come sono
aggravati i vassalli de baroni Romani dello stato ecclesiastico.
Avertasi che qui non ci è quello che si paga alla camera.
[375]Entrata di signori e duchi Rom.
87.
Nota della entrata di molti signori e duchi Romani.
Ohne Zweifel, wie das vorige Stuͤck, aus den Zeiten Clemens
VIII, der ſchlechtweg der Papſt heißt.
Die Colonna zeichnen ſich dadurch aus, daß ſie Vaſallen haben;
Andere beſitzen mehr Allodialguͤter. Der Conteſtabile Colonna wird
auf 25000, Martio Colonna von Zagarolo auf 23000 Sc. Einkuͤnfte
geſchaͤtzt.
Wir ſahen, wie das Schuldenweſen des Staates von den Ba-
ronen nachgeahmt ward. Die Sermoneta hatten um das Jahr 1600
27000 Sc. Einkuͤnfte, aber 300000 Schulden; der Duca von Caſtel
Gandolfo 14600 Sc. Einkuͤnfte, 360000 Sc. Schulden. Das Haus
Montalto uͤbertraf die andern: es hatte 600000 Schulden. Die ge-
ſammten Einkuͤnfte der roͤmiſchen Baronen werden auf 271747 Sc.
und ihre Beſitzthuͤmer zu einem Werth von 9 Millionen Goldes an-
geſchlagen.
Der Autor findet, daß die Guͤter keineswegs vernachlaͤſſigt wer-
den. Questi terreni di campagna, contrario all’ opinione com-
mune e a quel che io pensavo, sono tenuti con grandissima cura
e diligenza: perche si arano quattro, sei e sette volte, si net-
tano d’erbe due o tre, tra le quali una d’inverno, si levano
l’erbe con la mano, si seminano, ragguagliati li quattro anni,
li due a grano nei sodi luoghi: dove non si semina, vi si fidano
le pecore. Le spighe si tagliano alte, onde rimane assai paglia:
e quella poi si abbrugia, che fa crescere. E li aratri con che
si arano questi terreni, generalmente non vanno molto profondo:
e questo avviene perche la maggior parte di questi terreni non
son molto fondati e tosto si trova il pancone. Questa campagna
è lavorata tutta per punta di danaro (durch Tageloͤhner), segata,
seminata e sarchiata: in somma, tutti li suoi bisogni si fanno
con forastieri: e genti che lavorano detta campagna, sono nu-
triti della robba che si porta loro con le cavalle. Questa cam-
pagna, computati i terreni buoni e cattivi e ragguagliato un’ anno
per l’altro, si può dir che faccia ogni uno sei, avvertendo che
nei luoghi di questi signori dove sono i loro castelli molte fiate
non fanno far lavorare, ma li danno a risposta a’ vassalli se-
condo che convengono. E questo basti quanto alla campagna
di Roma. S’affitterà ragguagliato il rubbio di questo terreno
50 giulj, onde a farli grassa verrà il rubbio del terreno cento
scudi e dieci giulj.
Uebrigens rechnete man damals in der Campagna 79504 Rub-
bia, und ihren Ertrag auf 318016 Sc.; 4 Sc. den Rubbio; — da-
von gehoͤren den Baronen etwas uͤber 21000, den frommen Stiftun-
gen gegen 23000, den Fremden uͤber 4000, den uͤbrigen roͤmiſchen
Einwohnern 31000 Rubbia. Spaͤter hat ſich dieß Verhaͤltniß geaͤn-
dert, da die roͤmiſchen Buͤrger ſo vieles verkauften.
Erheben wir uns jedoch zu den allgemeineren Verhaͤltniſſen.
[376]Discorso di m. Malvasia. 1606.
88.
Per sollevare la camera apostolica. Discorso di monsr Mal-
vasia. 1606.
Bei alle den Auflagen bemerkte man mit Schrecken, daß man
doch nichts beſitze. Die Intereſſen, ruft unſer Autor aus, verzehren
beinahe das geſammte Einkommen: man iſt in unaufhoͤrlicher Ver-
legenheit die laufenden Ausgaben zu decken; tritt ein außerordentli-
ches Beduͤrfniß ein, ſo weiß man nicht wohin man ſich wenden ſoll.
Neue Auflagen anzuordnen ſey unmoͤglich; neue Erſparniſſe nicht
einmal rathſam: „magnum vectigal parsimonia“; es bleibe nichts
uͤbrig als den Zinsfuß zu reduciren und zugleich Geld aus dem Ca-
ſtell zu nehmen. Statt alle der Monti mit ſo verſchiedenen Zinſen
ſolle es nur Einen geben, einen Monte Papale mit vier, hoͤchſtens
fuͤnf Procent, alle uͤbrigen muͤſſe man zuruͤck kaufen. Zu dieſem
Ruͤckkauf nach dem Nennwerth des Luogo ſey man vollkommen
berechtigt: in der Regel habe es ſich der apoſtoliſche Stuhl bei der
Errichtung vorbehalten; — ſeyen doch fruͤhere Paͤpſte, z. B. Paul
IV, genoͤthigt geweſen, zuweilen ſogar um 50 Procent zu verkau-
fen. Clemens VIII. ſelbſt habe nur 96½ bekommen. Er fuͤhrt hier-
auf aus, in wie fern das thunlich ſey.
Succederà che stante la larghezza ed abbondanza del de-
naro che al presente si trova nella piazza di Roma con l’ac-
crescimento che farà il millione estratto, aggiunta la difficoltà
e pericolo di mandar fuori la moneta e l’oro per la prohibi-
tione sudetta — die er vorgeſchlagen, — che la maggior parte di
quelli che hanno monti ed offizj estinti, volontieri entreranno in
questo monte papale, ed a quelli che vorranno i lor denari con-
tanti, se gli potranno pagare del detto millione e del prezzo
del monte papale che si andrà vendendo. Si può anche con-
siderare che ne’ monti non vacabili ne sono gran parte vincu-
lati ed obbligati a reinvestimento per sicurtà di eccezione di dote,
di luoghi pii ed altri obblighi, che necessariamente entreranno
in questo monte papale, e si tarderà assai a ricevere il dinaro,
per ritrovare altro reinvestimento o dare altra sodisfattione
ed adempimento alle conditioni ed obblighi a quali sono sottopo-
sti, il che anco apporterà molto comodo e facilità a questo
negotio.
Potrà anco la camera accollarsi tutti i monti delle commu-
nità e de’ particolari, e ridurli come sopra, e godere quel più
sino che da esse communità e particolari saranno estinti.
A tutti quelli che in luogo di altri monti e officj vor-
ranno del detto monte papale, se gli deve dare la spedizione
e la patente per la prima volta gratis senza spesa alcuna.
In questa maniera può la Stà V. in breve tempo sollevare
e liberare la sede e la camera apostolica da tanti debiti e
tanta oppressione: perche con l’avanzo che si farà dalla detta
estinzione e reduzione di frutti ed interesse, che secondo il
calcolo dato alla Stà V. dal suo commissario della camera
[377]Danari donati da Paolo V a suoi parenti.
ascende almeno con far la reduzione a 5 per cento a sc. quat-
tro cento trentunmila ottocento cinque l’anno, potrà estin-
guere ogni anno scudi trecento trentunmila ottocento cinque di
debito, oltre alli sc. centomila che saranno assegnati per rimet-
tere in castello il millione estratto a compire la metà del terzo
millione che manca.
Es iſt genug, daß wir hier bemerken, wie ernſtlich man auf eine
geordnete Statswirthſchaft dachte. Doch wird es nicht noͤthig ſeyn,
die Rechnungen mitzutheilen. Der roͤmiſche Hof ging auf Vorſchlaͤge
dieſer Art nicht ein, ſondern folgte dem leichteren und bequemeren
Wege.
89.
Nota di danari officii e mobili donati da papa Paolo V a suoi
parenti e concessioni fatteli.
Man hatte dem Papſt gerathen, die zinstragenden Officii und
Monti einzuziehen: hier finden wir 1) eine Nota officiorum con-
cessorum excellmo domino M. Antonio Burghesio tempore pon-
tificatus felicis recordationis Pauli V; es ſind im Ganzen 120
Aemter, deren Werth nach den gewoͤhnlichen Kaufpreiſen berechnet
wird; 2) Nota di molte donationi di monti fatte alli sigri Fran-
cesco Gioan Battista e M. A. Borghese da Paolo V, con le
giustificationi in margine di qualsivoglia partito. D. h. es liegen
die Auszuͤge aus den officiellen Buͤchern bei, aus welchen ſich dieſe
Schenkungen ergeben. Unter aͤhnlichen Rubriken wird verzeichnet, was
ihnen an baarem Geld oder an Koſtbarkeiten zugefloſſen, welche Pri-
vilegien ihnen gewaͤhrt worden ſeyen. Die Juſtificationen ſind in
folgender Manier. Nel libro della thesoreria secreta d’Alessan-
dro Ruspoli fol. 17 e da doi brevi, uno sotto la data delli 26
Genn. 1608 et l’altro delli 11 Marzo, registrati nel libro primo
signaturarum Pauli V negli atti di Felice de Totis fol. 126 et
fol. 131. — A dì 23 Dec. 1605 sc. 36 m. d’oro stampe donati al
sigr GB Borghese per pagar il palazzo et il restante impiegarli
nella fabrica di quello, quali scudi 36 m. d’oro delle stampe pro-
venivano del prezzo del chiamato di monsr Centurioni ridotti a
24 moneta a ragione di Giulii 13 per scudo sono 46800 sc.
Ich habe ſchon angegeben, zu wie ungemeinen Summen dieſe
Schenkungen ſtiegen, welchen Einfluß das Emporkommen der papa-
len Geſchlechter auf die Hauptſtadt und die Provinzen ausuͤbte.
90.
Relatione dello stato ecclesiastico dove si contengono molti par-
ticolari degni di consideratione. (1611.) Inform. Politt.
XI, f. 1 bis 27.
Von vorn herein heißt es, der Autor ſey am Morgen um dieſe
Relation gebeten worden und jetzt am Abend ſende er ſie.
Wahrhaft bewunderungswuͤrdig, wenn er im Stande war eine
[378]Pitaro sopra la negotiatione maritima. 1612.
ſo ausfuͤhrliche Relation, die doch ſo gar uͤbel nicht ausgefallen iſt,
und viel Merkwuͤrdiges enthaͤlt, binnen wenigen Stunden zu dicti-
ren. Namentlich kommt ſchon hier das Bekenntniß vor, daß die
Einwohnerzahl in vielen Theilen von Italien abnehme, entweder durch
Peſt und Theurung; oder durch die Mordthaten der Banditen;
oder auch weil die Auflagen allzu ſehr angewachſen; es ſey nicht mehr
moͤglich ſich zur rechten Zeit zu verheirathen, die Kinder zu ernaͤh-
ren. Ueberdieß durch die Auflagen nimmt man den Einwohnern das
Blut; durch die unendlichen Handelsbeſchraͤnkungen laͤhmt man zu-
gleich ihren Geiſt.
Der anonyme Autor verraͤth ſich einmal. Er bemerkt, daß er
ein Buch: Ragione di stato geſchrieben. „Ho diffusamente trat-
tato nella ragione di stato,“ ſagt er irgendwo.
Eben hiedurch kommen wir ihm auf die Spur. In dem Jahre
1589 erſchien zu Venedig: Della ragion di stato libri X con tre
libri delle cause della grandezza delle città. Sie iſt jenem Wolf
Dietrich von Raittenau, Erzbiſchof von Salzburg, gewidmet, der un-
ter den deutſchen Fuͤrſten zuerſt eine ſtrengere der italieniſchen nach-
gebildete Staatsverwaltung einfuͤhrte. Ihr Verfaſſer iſt der wohl-
bekannte Johann Botero, deſſen Relationi univerſali zu ihrer Zeit
eine allgemeine Verbreitung genoſſen.
Es verſteht ſich, daß nun dieſe Relationi unterſucht werden muͤſſen,
ob ſie nicht auch die unſere enthalten.
In dem eigentlichen Hauptwerke, wo des Kirchenſtaates ſumma-
riſch gedacht wird, findet ſie ſich nicht: es gibt aber noch ein klei-
neres Buch, das jenem haͤufig angehaͤngt iſt: Relationi del sigr Giov.
Botero Benese, — di Spagna, dello stato della chiesa, del Pia-
monte, della contea di Nizza, dell’ isola Taprobana, deren De-
dication vom Jahre 1611 iſt; da findet ſie ſich woͤrtlich.
Nur iſt der Eingang anders. Die Relation fuͤhrt den Titel:
Discorso intorno allo stato della chiesa preso della parte dell’
ufficio del cardinale che non è stampata. Sie gehoͤrte, wie wir
ſehen, zu einem Werke uͤber die Pflichten der Cardinaͤle.
Ich laſſe dahingeſtellt ſeyn, ob mit unſerm Eingange irgend ein
Leichtglaͤubiger getaͤuſcht werden ſollte.
91.
Tarqu. Pitaro sopra la negotiatione maritima. 17 Ott. 1612.
(Vallic.)
Botero empfiehlt unter andern, den Handel des Kirchenſtaates
in Schwung zu bringen. In der That war damals im Plane, fuͤr
die Stadt Fano einen neuen Hafen zu graben. Man hoffte den
Handel der urbinatiſchen Plaͤtze dahin zu ziehen.
Unſer Verfaſſer ſetzt ſich jedoch dieſem Plane mit den triftigſten
Gruͤnden entgegen. Er meint, man moͤge ſich ſpiegeln an dem Bei-
ſpiele von Ancona, das er, wie kurz darauf auch die Venezianer,
als ſehr heruntergekommen ſchildert. Ne sono partiti li mercanti
forastieri, i nativi falliti, le genti gl’uomini impoveriti, gli ar-
tigiani ruinati e la plebe quasiche dispersa. Es duͤrfte die Stadt
[379]Relat. della Romagna c. 1615.
Fano eher zu Grunde richten, wenn ſie den Hafen mit aufgenom-
menem Gelde baue. Wie es Ascoli gegangen, das ein bedeuten-
des Anleihen gemacht um ſeine Maremma urbar zu machen; womit
es ihm aber nicht gelungen ſey.
Es war in der That auch aus andern Gruͤnden nicht rath-
ſam darauf einzugehn, da die urbinatiſchen Plaͤtze ja ohnehin in kur-
zem heimfallen mußten.
92.
Relatione della Romagna. (Alt.)
Ungefaͤhr 1615, das Jahr 1612 wird ausdruͤcklich erwaͤhnt; aber
fuͤr die ganze Periode ſeit Julius III. von hoher Bedeutung. Die
Parteien welche die Provinz theilten, werden geſchildert; der Wechſel
des Beſitzes, der beſonders durch den Eintritt der papalen Familien
Statt hatte, ſehr wohl eroͤrtert. Ich habe mich dieſer Arbeit oͤfter
bedient: hier finde noch eine Bemerkung uͤber San Marino, das
ſich noch in dieſen Zeiten nach und nach durch fortgehende Exemtio-
nen zur Freiheit erhob, eine Stelle.
La republica di S. Marino si presume libera, se non in quanto
è raccommandata al duca d’Urbino. Del 1612 si propose e si
ottenne in quel consiglio che succedendo la mancanza della linea
delle Rovere si dichiaravano sotto la protettione della sede apo-
stolica, della quale per ciò ottennero alcuni privilegii et in parti-
colare dell’ estrattione de grani e di grascia. Fa questa terra,
compresovi due altri castelli annessi, circa 700 fuochi. E’ situata
in monti e luogo forte et è custodita la porta da soldati pro-
prii. Hanno la libera amministratione della giustizia e della
grazia. Si elegono tra di loro ad tempus i magistrati maggiori
chiamati conservatori, a quali tra di loro si da il titolo dell’ il-
lustrissimo. In qualche grave eccesso sogliono condurre offi-
ciali forestieri per fare processi e cause, et in particolare li mi-
nistri dell’ Altezza del duca d’Urbino, con quella autorità che
loro pare. Il publico è povero, che non arriva a 500 scudi d’en-
trada. Ma li particolari alcuni sono comodi et alcuni ricchi
rispetto alla pochità del paese. Solevano affittare banditi d’ogni
sorte: ma perche alle volte ne nascevano scandali, è stato da
loro decretato che non si possino affittare banditi se non con
certe conditioni: ma non si ne può havere facilmente salvocon-
dotto.
93.
Parole universali dello governo ecclesiastico, per far una greg-
gia et un pastore. Secreto al papa solo. — Informatt.
XXIV. (26 Bl.)
Dem Zuſtande des Landes, der ſich allmaͤhlig ſo merklich ver-
ſchlechterte, zum Trotz, gab es noch Leute welche die kuͤhnſten Ab-
ſichten hegten.
Sonderbarer und ausſchweifender ſind ſie aber wohl nie vorge-
[380]Parole dello governo ecclesiastico.
tragen worden als von Thomas Campanella in dem vorliegenden
Werkchen.
Denn ohne Zweifel iſt dieſer ungluͤckliche Philoſoph, der in Ver-
dacht kam Calabrien von der ſpaniſchen Monarchie losreißen zu wol-
len und an den ausſchweifenden Plaͤnen des Herzogs von Oſſuna
Theil genommen zu haben, der Verfaſſer dieſer Schrift. Questo
è il compendio, ſagt er, del libro intitolato il governo ecclesia-
stico, il quale restò in mano di Don Lelio Orsino, et io autore
tengo copia in Stilo patria mia; — er fuͤgt hinzu: Haec et longe
plura explicantur in Monarchia Messiae. Campanella war aus
Stilo, dieſe Monarchia Meſſiaͤ iſt ſein Werk. Wir koͤnnen nicht
zweifeln, daß er auch das unſere entweder abfaßte oder uͤberarbeitete.
Die Zeit kann man unbeſtimmt laſſen. Wahrſcheinlich trug er
ſich ſein Leben lang mit Ideen dieſer Art.
Er bemerkt, daß der Papſt ſehr kriegeriſche Unterthanen habe.
Li Romagnuoli e Marchiani sono per natura inclinati all’ armi:
onde servono a Venetiani, Francesi, Toscani e Spagnuoli, per-
che il papa non è guerriero. Er raͤth aber auch dem Papſt krie-
geriſch zu werden. Es gebe noch den Stoff zu Ciceronen, Bruten
und Catonen: — es fehle nicht die Natur, ſondern die Kunſt.
Er meint, der Papſt muͤſſe zwei Heere aufrichten, eins di S.
Pietro zur See, ein anderes di S. Paolo zu Lande, ungefaͤhr wie
die Janitſcharen. Nie ſey eine bewaffnete Religion beſiegt worden,
zumal wenn ſie gut gepredigt werde.
Denn dieß ſetzt er keineswegs aus der Acht. Er raͤth, aus
allen Orden die geſchickteſten Leute auszuwaͤhlen, ſie von den Klo-
ſterpflichten entbinden und ſich den Wiſſenſchaften widmen zu laſſen.
In den Kloͤſtern muͤſſe man Recht, Medicin und freie Kuͤnſte
ſo gut treiben wie Theologie. Dem Volke muͤſſe man von dem
goldnen Zeitalter predigen, wo ein Hirt und eine Heerde ſey, das
Gluͤck des befreiten Jeruſalems, die patriarchaliſche Unſchuld, dar-
nach muͤſſe man deſſen Sehnſucht erwecken.
Wann aber wird ein ſo gluͤcklicher Zuſtand eintreten? „Alsdann“,
antwortet er, „wenn alle weltlichen Fuͤrſtenthuͤmer erledigt ſeyn wer-
den und der Vicarius Chriſti uͤber alle Erde herrſchen wird.“ —
Sarà nel mondo una greggia et un pastore, e si vedrà il secol
d’oro cantato da poeti, l’ottima republica descritta da philosophi,
e lo stato dell’ innocenza de’ patriarchi, e la felicità di Geru-
salemme liberata da mano degli eretici et infedeli. E questo
fia quando saranno evacuati tutti li principati mondani e re-
gnerà per tutto il mondo solo il vicario di Christo.
Man muͤſſe predigen, raͤth er an, daß der Papſt Herr ſey auch
in weltlichen Dingen, ein Prieſter wie Abimelech, nicht wie Aaron.
Solche Gedanken hegte man noch — denn ich will nicht entſchei-
den — gegen das Ende des ſechszehnten oder in den erſten Decennien
des ſiebzehnten Jahrhunderts. Wir wiſſen ſchon, in welchem unge-
meinen Fortgange die roͤmiſche Macht damals war. Ehe ich zu den
Documenten uͤber denſelben zuruͤckkehre, ſey es mir erlaubt noch ein
Wort uͤber die Geſchichtſchreiber der Jeſuiten hinzuzufuͤgen, die eben
damals am einflußreichſten waren.
[381]Geſchichtſchreiber des Jeſuiterordens.
Einſchaltung.
Ueber einige Geſchichtſchreiber des Jeſuiterordens.
Selbſtgefuͤhl und Muße veranlaßten allmaͤhlig die meiſten Or-
den ihre Geſchichten ausfuͤhrlich aufzuzeichnen.
Keiner von allen hat das aber wohl ſo ſyſtematiſch gethan
wie der jeſuitiſche. Er ſah es darauf ab, der Welt eine zuſammen-
hangende und umfaſſende Hiſtorie ſeiner Wirkſamkeit auch ſelber zu
uͤberliefern.
In der That iſt die Historia societatis Jesu, die man unter
dem Namen des Orlandinus und ſeiner Fortſetzer kennt, ein fuͤr
den Orden, ja wir duͤrfen ſagen fuͤr die Geſchichte des Jahrhun-
derts uͤberhaupt hoͤchſt bedeutendes Werk.
Nicolaus Orlandinus, aus Florenz gebuͤrtig, hatte eine Zeit
lang dem Collegium zu Nola, den Novizen von Neapel vorgeſtan-
den, als er 1598 von Acquaviva nach Rom berufen und zum Ge-
ſchichtſchreiber des Ordens ernannt ward. Er war wie in den Ge-
ſchaͤften des Lebens, ſo auch in ſeinem Styl ſorgfaͤltig, ſehr genau
und bedachtſam: aber ſehr kraͤnklich. Mit Muͤhe brachte er ſein
Werk bis zum Tode des Ignatius. Er ſtarb 1606.
Sein Nachfolger in dieſem Geſchaͤfte war Franciscus Sacchi-
nus, aus dem Gebiete von Perugia, von den jeſuitiſchen Hiſtorikern
uͤberhaupt wohl der ausgezeichnetſte. Er war der Sohn eines
Bauern: zuweilen beſuchte ihn ſein Vater in dem Collegium Roma-
num, wo er Rhetorik lehrte, und es wird ihm zum Ruhme ange-
rechnet, daß er ſich ſeiner Herkunft nicht geſchaͤmt habe. Achtzehn
Jahre lang widmete er ſich hierauf der Abfaſſung ſeiner Geſchichte, in
dem Probationshauſe auf dem Quirinal zu Rom, das er faſt niemals
verließ. Aber er lebte nichts deſto minder in der Anſchauung der großen
Intereſſen der Welt. Die Reſtauration des Katholicismus war noch im-
mer im groͤßten Fortgang. Was kann fuͤr einen Hiſtoriker reizender ſeyn,
als die Origines eines Ereigniſſes zu beſchreiben, deſſen Entwicke-
lung und Wirkungen er lebendig vor ſich hat? Sacchinus fuͤhlte ſehr
wohl die einzige Eigenthuͤmlichkeit ſeines Gegenſtandes; — dieſen Welt-
kampf, vollbracht im Enthuſiasmus der Orthodoxie. „Kriege be-
ſchreibe ich“, ſagt er, „nicht der Voͤlker unter einander, ſondern
des menſchlichen Geſchlechtes mit den Ungeheuern und den Gewal-
ten der Hoͤlle, Kriege die nicht einzelne Provinzen, ſondern alle Laͤn-
der und Meere umfaſſen, Kriege endlich, in denen nicht die irdiſche
Gewalt, ſondern das himmliſche Reich der Kampfpreis iſt.“ In
dieſem Sinne jeſuitiſcher Begeiſterung hat er nun die Regierung des
Lainez 1556—1564, des Borgia bis 1572, des Everardus Mercu-
rianus bis 1580, jede in einem Bande von acht Buͤchern, und die
erſten zehn Jahre Acquavivas in eben ſo viel Buͤchern beſchrieben.
Es ſind das vier ziemlich ſtarke und enggedruckte Foliobaͤnde; nichts
deſto minder entſchuldigt er ſich, daß er ſo kurz ſey. Auch koͤnnte
[382]Ueber einige Geſchichtſchreiber
man in der That nicht ſagen, daß er in Weitſchweifigkeit verfiele, oder
Langeweile erregte. Natuͤrlich iſt er parteiiſch, hoͤchſt parteiiſch; er
uͤbergeht das was ihm nicht gefaͤllt: aus dem ihm vorliegenden Ma-
terial nimmt er oft nur das Ehrenvolle auf, u. ſ. w.; aber nichts
deſto minder lernt man ſehr viel aus ſeinen Buͤchern. Ich habe ihn
hie und da mit ſeinen Quellen verglichen, z. B. den Litteris an-
nuis, wo ſie gedruckt ſind und zu bekommen waren — in unſern
Gegenden ſind Buͤcher dieſer Art doch ſehr ſelten: ich habe die
Bibliotheken von Breslau und Goͤttingen zu Huͤlfe rufen muͤſſen; —
allenthalben habe ich ſeine Auszuͤge mit Verſtand, Eigenthuͤmlichkeit,
ja mit Geiſt gemacht gefunden. — Mit dieſer Arbeit aber hatte ſich
Sacchini eine ſo ausfuͤhrliche und genaue Kenntniß der Geſchaͤfte der
Geſellſchaft verſchafft, daß ihn der General Mutio Vitelleschi ſelbſt
zu denſelben herbeizog. Fuͤr uns waͤre zu wuͤnſchen, das waͤre nicht
geſchehen. Dann wuͤrde Sacchini die Regierung Acquavivas vollen-
det haben, — eine der wichtigſten Epochen wuͤrde bei weitem beſſer
erlaͤutert worden ſeyn, als es ſpaͤter der Fall geweſen iſt. Sacchini
ſtarb 1625. Schon ſein letzter Band iſt von Petrus Poſſinus zu
Ende gebracht und herausgegeben.
Mit den Zeiten aber ging auch die Begeiſterung voruͤber. Die
Imago primi ſaͤculi, im Jahre 1640, iſt ſchon bei weitem weniger
inhaltreich, wunderglaͤubiger, barocker, — erſt 1710 erſchien eine
Fortſetzung Sacchinis von Jouvency, die die letzten funfzehn Jahre
Acquavivas umfaßte. Auch Jouvency hat unleugbar Talent; er er-
zaͤhlt anſchaulich und fließend, obwohl nicht ohne Anſpruch; aber das
Ungluͤck iſt, er nahm den Ausdruck Historia allzu buchſtaͤblich und
wollte nicht Annalen ſchreiben, wie Sacchini gethan. Er zerlegte
daher den Stoff, den er vorfand, nach verſchiedenen Rubriken: So-
cietas domesticis motibus agitata — societas externis cladibus
jactata — vexata in Anglia — oppugnata — aucta — etc. Da-
bei geſchah ihm nun, daß er dem ohne Zweifel wichtigſten Punkt,
der Wiederausbreitung des Katholicismus in den proteſtantiſchen
Laͤndern, nicht die gehoͤrige Aufmerkſamkeit widmete. Die annaliſti-
ſche Methode war ohnehin einem Gegenſtande wie dieſer iſt, bei wei-
tem angemeſſener. Mit alle ſeinem hiſtoriſchen Bemuͤhen bringt Jou-
vency doch nichts als Fragmente zu Stande.
Auch hat er damit wenig Beifall erworben. Der Orden hegte
ſogar einmal die Abſicht, dieſe ganze Epoche nach dem Muſter des
Sacchinus umſchreiben zu laſſen. Julius Cordara, der dieſe Ge-
ſchichte von 1616—1625 fortſetzte, hielt ſich genau an dieß Muſter.
Allein der Geiſt der fruͤhern Epoche war unwiederbringlich verloren.
Der Band Cordaras iſt ganz brauchbar, aber weder mit den fruͤhern
Vorgaͤngern, noch ſelbſt mit Juvencius an Schwung und Kraft zu
vergleichen. Er erſchien 1750. Seitdem mußte die Geſellſchaft viel
zu ſehr um ihre Exiſtenz kaͤmpfen, als daß ſie an eine Fortſetzung
ihrer Geſchichte haͤtte denken koͤnnen. Auch hatte ſie die Epoche ih-
res Glanzes ſchon umfaßt.
Außer dieſer allgemeinen Hiſtorie gibt es nun, wie man weiß,
noch eine große Anzahl Provinzialgeſchichten des Ordens. Groͤßten-
theils liegt bei denſelben die allgemeine Geſchichte zu Grunde; oft
[383]des Jeſuiterordens.
wird ſie geradezu copirt. Am auffallendſten bei Socher Historia
provinciae Austriae, der Sacchinus haͤufig bis auf die einzelnen
Wendungen copirt, und z. B. das „pudet referre“ ſeines Origi-
nals in einem „pudet sane referre“ wiederbringt. (Sacchin. IV,
VI, 78. Socher VI, n. 33.)
Jedoch ich will mich nicht in eine Kritik dieſer Autoren einlaſ-
ſen; das Feld iſt allzu weit, und verfuͤhreriſch ſind ſie ohnehin in
unſern Zeiten nicht, man glaubt ihnen eher zu wenig als zu viel;
nur uͤber die Geſchichte Ignatio Loiola’s ſelbſt ſey mir eine Bemer-
kung erlaubt.
Wenn man Orlandinus mit den beiden andern wichtigern Ge-
ſchichtſchreibern des Loiola vergleicht, ſo iſt auffallend, daß er mit dem
einen von ihnen, Maffei — de vita et moribus D. Ignatii Loiolae
— bei weitem mehr uͤbereinſtimmt, als mit dem andern, Pietro Ri-
badeneira. Auch die Art jener Uebereinſtimmung iſt merkwuͤrdig.
Das Buch von Maffei erſchien bereits 1585; erſt 15 Jahre ſpaͤter
arbeitete Orlandinus das ſeine aus, und bei der großen Aehn-
lichkeit zwiſchen beiden koͤnnte Maffei dem andern vorgelegen zu
haben ſcheinen. Nichts deſto minder iſt Maffei allenthalben geſuch-
ter, ſtyliſirter: Orlandinus natuͤrlicher, einfacher, und wohl auch an-
ſchaulicher. Das Raͤthſel loͤſt ſich auf, wenn wir bemerken, daß
beide aus derſelben Quelle, den Aufzeichnungen des Polancus ſchoͤpf-
ten. Maffei nennt ihn nicht, doch belehrt uns ein beſonderer Auf-
ſatz von Sacchinus, „Cujus sit auctoritatis quod in B. Cajetani
vita de b. Ignatio traditur“, der ſich in den ſpaͤtern Ausgaben des
Orlandinus findet, daß Everardo Mercuriano ihm die Handſchriften
von Polancus vorlegte. Aus demſelben Polancus ſchoͤpfte darnach
Orlandinus hauptſaͤchlich. Kein Wunder wenn ſie uͤbereinſtimmen
Nur werden wir bei Orlandinus die urſpruͤngliche Aufzeichnung ech-
ter haben als bei Maffei: — jener iſt fleißiger, ausfuͤhrlicher, do-
cumentirter: dieſer ſucht ſeinen Ruhm in hiſtoriſchem Schmuck und
gutem Latein.
Woher kommen nun aber die Abweichungen Ribadeneiras? —
Er ſchoͤpfte hauptſaͤchlich aus einem andern ſchriftlichen Denkmal, den
Aufzeichnungen des Ludovicus Conſalvus.
Sowohl Conſalvus als Polancus hatten ihre Nachrichten aus
den muͤndlichen Mittheilungen Ignatios ſelbſt; ſo viel wir jedoch ſe-
hen, nahm Polancus mehr die zufaͤlligen und gelegentlichen Aeuße-
rungen des Generals auf, waͤhrend ihn Conſalvus zu bewegen wußte,
ſich einmal zu einer ausfuͤhrlichen Erzaͤhlung, namentlich uͤber ſeine
erſte Erweckung, herbeizulaſſen.
Und ſo ergibt ſich, daß wir hier eine doppelte Tradition unter-
ſcheiden muͤſſen, die eine des Polancus, die in Maffei und Orlan-
dino, die andre des Conſalvus, die in Ribadeneira wiederholt iſt.
Am merkwuͤrdigſten bei weitem iſt Conſalvus: es iſt eigentlich
eine, ſo viel ſich hier denken laͤßt, authentiſche Ueberlieferung Igna-
tios ſelbſt, bei der jedoch die Spaͤteren nicht ſtehn bleiben.
Schon Ribadeneira ging um vieles weiter. Z. B. nahm er die
Erzaͤhlung der achttaͤgigen Ekſtaſe, welche Ignatius zu Manreſa
gehabt, aus der er mit dem Wort Jeſu erwacht ſey, aus den Erzaͤh-
[384]Giustinian Grimani Contarini Soranzo
lungen der Frau Iſabella Roſel aus Barcellona auf. Examen Ri-
badeneirae in comment. praev. AA. SS. Julii t. VII, p. 590.
Aber man war noch lange nicht mit ihm zufrieden. Viele von
den Wundern, die man bereits glaubte, beruͤhrte er nicht. „Nescio“,
ſagt Sacchinus, „quae mens incidit Ribadeneirae ut multa ejus
generis miracula praeteriret.“ Eben darum legte Polancus ſeine
Sammlung an und ließ Mercurian dieſelbe durch Maffei bearbei-
ten. So gingen ſie denn auch in Orlandin uͤber.
Allein ſelbſt deſſen Erzaͤhlungen genuͤgten dem wunderſuͤchtigen
Jeſuitismus des 17ten Jahrhunderts nicht. Schon im Jahre 1606
kam man darauf eine Hoͤle bei Manreſa fuͤr heilig zu halten, in
der man annahm daß die Exercitia spiritualia des Ignatius ver-
faßt worden ſeyen, — obwohl weder die eine noch auch ſelbſt die an-
dere Tradition ein Wort davon meldete, und die Dominicaner ohne
Zweifel ganz mit Recht behaupteten, in ihrem Kloſter ſey die Spe-
lunca des Ignatius.
Eben waren die heftigſten Streitigkeiten zwiſchen Dominicanern
und Jeſuiten im Schwange. Antrieb genug fuͤr die Jeſuiten, um
fuͤr die Gruͤndung ihres Ordens ſich einen andern Schauplatz zu
ſuchen.
Und nun kehren wir zu unſern Handſchriften uͤber Gregor XV
und Urban VIII. zuruͤck.
94.
Relatione delli eccmi Sri Hieron. Giustinian Kr Procr, Ant.
Grimani Kr, Franc. Contarini Procr, Hieron. Soranzo Kr,
ambri estraord. al sommo pontefice Gregorio XV l’anno
1621 il mese di Maggio.
Wie alle Relationen dieſer Art, von minderer Bedeutung.
Die Schilderung des neuen Papſtes und ſeiner Regierung kann
nach ſo kurzem Aufenthalt nur fluͤchtig ſeyn: einige Bemerkungen
uͤber die Reiſe, das Conclave, Herkommen und Praͤcedentien des Ge-
waͤhlten und den erſten Anlauf der Verwaltung bilden in der Re-
gel den ganzen Stoff.
Dieß Mal haͤtte nun wohl etwas mehr geſchehen koͤnnen, da
der ordentliche Botſchafter, der fuͤnf Jahre am roͤmiſchen Hofe reſi-
dirt hatte, Hieronymo Soranzo, in der Reihe der vier Geſandten
auftrat, und mit ihnen zugleich Bericht abſtattet.
Das Intereſſe des venezianiſchen Senates war jedoch nicht das
unſere, politiſch, nicht hiſtoriſch. Naturell und Hofhalt eines verſtor-
benen Fuͤrſten reizten die Neugier nicht mehr und hatten keine we-
ſentliche Bedeutung. Soranzo begnuͤgt ſich mit wenigen Bemerkun-
gen. „Non debbo tralasciare di narrare qualche cosa delle più
gravi che mi sono occorse di maneggiare in sì lunga et impor-
tante legatione.“
Das Wichtigſte iſt, daß er die Stellung, welche Venedig in den
kurz
[385]Relatione di Roma 1621.
kurz voraus gegangenen Haͤndeln mit Spanien dem roͤmiſchen Stuhle
gegenuͤber annahm, eroͤrtert.
Gli Spagnuoli facevano considerar a S. Stà quelle sì op-
portune congiunture di ravvivar le ragioni della chiesa in golfo.
L’ambr si affaticò di mostrare il giusto, antico et indubitato
possesso del golfo, aggiungendo che la repca per difenderlo
ricorrerebbe ad ajuti stranieri, si valerebbe di Inglesi, Olan-
desi e di Turchi medmi, e se S. Stà havesse fomentato l’in-
giuste et indebite pretensioni di Spagnuoli, arebbe posta tutta la
Xtà in grandmo scompiglio. Un giorno S. Stà mi disse „Sti-
miamo necessario che le cose del golfo non si alterino: le no-
vità seguite in esso ci son spiacciute grandemente: lo abbiamo
detto a chi ne ha parlato.“
Man ſieht, es war ſchon wieder ein Ausbruch der alten Ge-
genſaͤtze zu offenbaren Feindſeligkeiten zu beſorgen.
Soranzo bemuͤhte ſich nur, Papſt Paul V. zu uͤberzeugen, daß
ſich die Republik nicht zu den Proteſtanten hinneige. „Lo resi al
pieno capace della bontà e del puro zelo della republica.“
Auch hegten die Geſandten die Zuverſicht, daß der neue Papſt
nicht ſpaniſch ſeyn werde. Die Art und Weiſe ſeiner Wahl ſchien
dieß erwarten zu laſſen.
Nella elettione di Gregorio XV si mostrò l’effetto del spi-
rito santo. Borghese, che aveva per far il papa a sua voglia
sei voti oltre il bisogno, era risoluto di far eleggere Campori:
ma tre delle sue creature dissentendovi, nascendo più altri in-
convenienti, più per motivo et istigatione d’altri che per incli-
nation propria venne alla nominatione di Ludovisio sua crea-
tura. Questo cardinale aveva l’amore di Aldobrandino, fu te-
nuto da Spagnuoli di placidi pensieri, Francesi suo confidente
l’aveano.
Auch der Nepot ſchien ſich noch frei zu halten. „Mostra sin-
ora genio alieno da Spagnoli“, ſagen die Geſandten.
Jedoch nur allzubald aͤnderte ſich dieß.
95.
Vita e fatti di Ludovico Ludovisi, di S. R. Ch. vicecanc. nepote
di papa Gregorio XV, scritto da Luc. Antonio Giunti
suo servitore da Urbino. (Cors. 122 Bl.)
„Ludovico, ch’è poi stato il cardl Ludovisi, nacque in Bo-
logna dal conte Oratio della famiglia di Ludovisi e della con-
tessa Lavinia Albergati l’anno 1595 a 27 d’Ottobre.“ Er wurde
im Jeſuitencollegium zu Rom erzogen, 1615 Doctor, begleitete ſei-
nen Oheim auf deſſen Nuntiatur nach Bologna 1617; 1619 begann
er die Laufbahn der Praͤlatur; den Tag nach der Kroͤnung ſeines
Oheims, 16. Februar 1621, ward er Cardinal und bekam hiedurch
jene weltbedeutende Stellung die wir wahrnahmen.
Darò, ſagt der Autor, qualche cenno delle cose parte da lui
Päpſte** 25
[386]Giunti
proposte, parte da lui coadjuvate o promosse nel pontificato del
suo zio Gregorio.
1. Charakterzuͤge. — Ascoltava tutto con flemma più che
ordinaria: gli ambasciatori mai si rendevano satii di trattar seco,
— — si dava a tutti, accioche tutti si dassero a lui. Mostrava
giustitia e misericordia insieme, senza passione o doppiezza.
2. Befoͤrderungen: — der Cardinaͤle welche die Erwaͤhlung ſei-
nes Oheims befoͤrdert, zu verſchiedenen Legationen, Orſinos in die Ro-
magna, Pios in die Mark, Ubaldinis nach Bologna, Capponis zum
Erzbiſchof von Ravenna. So wurden ihnen ihre guten Dienſte be-
lohnt. Nach allen Hoͤfen wurden Nuntien ausgeſandt: Maſſimi nach
Toscana, Pamfili nach Neapel, Corſini nach Frankreich, Sangro
nach Spanien, Caraffa an den Kaiſer, Montorio nach Coͤln. Aldobran-
dino diente als General, Pino als Zahlmeiſter in Deutſchland. Wir
haben den groͤßten Theil der Inſtructionen jener Nuntien uͤbrig. Um
ſo intereſſanter iſt uns folgende Notiz uͤber die Art ihrer Abfaſſung.
Quantunque fossero distese da mr Agucchia prelato Bolognese,
nondimeno il cardle fece in esse particolar fatica nelle annota-
tioni di capi, di motivi, del senso di S. Beatne, de’ ripieghi e
consigli suggeriti dal suo proprio avvedimento e sapere. Wir
ſehen, den Entwurf machte der Cardinal Nepot, die Ausfuͤhrung
uͤbernahm Agucchia, ein Landsmann von Ludoviſi.
3. Bulle uͤber die Papſtwahl. Man aͤnderte die bisherigen
Formen: das geheime Scrutinium ward eingefuͤhrt, die Adoration
abgeſchafft. Giunti fuͤhrt die Nachtheile an, welche die Adoration
verurſache: Rendeva i cardinali più timidi nel dire il parer loro,
partoriva e fomentava gravi disgusti tra gli escludenti e gli es-
clusi, cagionava che il pontefice si eleggesse senza la debita
premeditatione, mentre i capi delle fattioni manifestavano le loro
voluntà, faceva che la somma delle elettioni fosse per il più ap-
poggiata a cardinali giovani. Man glaubt nun wohl, daß Ludo-
viſi noch andere geheimere Gruͤnde zu der Abaͤnderung hatte: dieſe
kommen jedoch hier nicht vor.
4. Stiftung der Propaganda. Canoniſation der Heiligen. Wir
haben davon gehandelt.
5. Uebertragung der Chur. Eroͤrterung des perſoͤnlichen An-
theils von Ludoviſi an dieſem Ereigniß.
6. Erwerbung der Heidelberger Bibliothek: — per la quale
(la biblioteca Palatina) si operò molto il cardle Ludovisio, at-
teso che riputava uno degli avvenimenti più felici del pontificato
del zio di poterla conseguire. Fu destinato il dottor Leon Al-
laccio, scrittore Greco dell’ istessa biblioteca Vaticana, che an-
dasse a riceverla et accompagnarla.
7. Protection der Capuziner, die Lud. ſehr hoch hielt, vorzuͤg-
lich der Jeſuiten. Vitelleschi ſagt, durch den beſondern Schutz, den
Gott dieſer Geſellſchaft angedeihen laſſe, geſchehe, daß ſie immer ei-
nen großen Cardinal zu ihrem Protector bekomme: Alexander Far-
neſe, Odoardo Farneſe, Alexander Orſino, und nun Lud. Ludoviſi.
Er hat die Jeſuitenkirchen zu Rom und Bologna aus ſeinem Pri-
vatvermoͤgen reichlich unterſtuͤtzt, zuletzt zur Vollendung der erſten
[387]Vita di Ludovico Ludovisi.
200000 Sc. in ſeinem Teſtament beſtimmt. Schon bei ſeinen Leb-
zeiten ſchenkte er ihr alle Jahr 6000 Sc. Der Autor zaͤhlt das zu
den Almoſen die er gezahlt, und die er jaͤhrlich genau auf 32882
Sc. berechnet.
8. Die Wahl Urbans VIII. Sie wird hier dem Cardinal zu-
geſchrieben, „superando con la sua destrezza le difficoltà che si
traponevano.“ Seine Entfernung aus Rom nach ſeinem erzbiſchoͤf-
lichen Sitze in Bologna ſey ganz ſein eigener Entſchluß geweſen.
9. Spaͤteres Leben. Er predigte zuweilen in Bologna: — er
bewirkte, daß die Bologneſen Ignaz und Xaver zu ihren himmliſchen
Schutzpatronen hinzufuͤgten: aber die Hauptſache iſt, daß er den Ten-
denzen der von ihm gefuͤhrten Verwaltung gemaͤß ſich gegen die ſchwan-
kende Politik Urbans VIII. in heftige Oppoſition ſetzte. Als im Jahre
1631 die Siege Guſtav Adolfs erfolgten, bot er dem ſpaniſchen Hofe
100000 Scudi und den Ertrag von ſeinen ſpaniſchen Abteien, de-
ren er zehen beſaß, auf die Dauer des Krieges an. Giunti theilt
den Brief mit, in welchem Ludoviſi dieſen Antrag auf die „pre-
senti bisogni della Germania e dell’ augustissima casa di S.
Mtà, base e sostegno della religione cattolica,“ begruͤndete. In
Spanien nahm man das nun nicht an: Olivarez antwortete ihm,
wiewohl der Koͤnig dieſes Erbieten ablehne, ſo werde das doch S.
M. nicht hindern, dem Cardinal die Gnaden zu erweiſen die er ſich
wuͤnſche, und die man ſonſt fuͤr intereſſirt halten koͤnnte.
Von der Abſicht die ein Venezianer dem Cardinal zuſchreibt,
ein Concilium wider Papſt Urban VIII. zu berufen, findet ſich hier
nichts.
Denn uͤberhaupt iſt dieſe Lebensbeſchreibung im Tone eines offi-
ciellen Panegyricus verfaßt. Obwohl ſie viele nuͤtzliche und glaub-
wuͤrdige Nachrichten enthaͤlt, theilt ſie doch das Bedenklichere nicht mit.
Der Cardinal ſtarb bald nachher. „La cui anima,“ ſchließt
Giunti, „riposi in cielo.“
96.
Instruttione a monsr vescovo d’Aversa, nuntio destinato da N.
Sigre alla Mtà Cesarea di Ferdinando II Imperatore. Ro-
ma 12 Apr. 1621.
Wir haben geſehen, wie wichtig die Thaͤtigkeit Caraffas war:
ſchon darum waͤre die Inſtruction merkwuͤrdig, die ihm Gregor XV.
bei dem Antritt ſeiner Nuntiatur ertheilte. Sie iſt es aber auch
deshalb, weil ſie die Geſichtspunkte enthuͤllt, die man zu Rom nach
der Schlacht von Prag faßte.
Gregor geht davon aus, daß es die Abſicht der Proteſtanten
geweſen ſey, das Haus Oeſtreich auszurotten, das Kaiſerthum an ſich
zu reißen, und dann nach Italien vorzudringen um dieſen edelſten
Theil der Welt zu berauben und zu pluͤndern. Gott habe aber den
Dingen eine andere Wendung gegeben. Man muͤſſe nun darauf den-
ken, aus derſelben den moͤglichſten Nutzen zu ziehen.
Er weiſt den Nuntius an, auf folgende Punkte ſein Augen-
merk zu richten.
25*
[388]Instrutt. a C. Caraffa 1621.
I. Befeſtigung des Reiches bei den Katholiken. Er verſpricht
dem Kaiſer Huͤlfe, und dringt auf raſches Verfolgen des Sieges.
II. Herſtellung der katholiſchen Religion. Der Papſt iſt er-
freut, wie gluͤcklich ſich dieſe Angelegenheit in Oeſtreich und Maͤhren
anlaͤßt. Es troͤſtet ihn, daß man in Schleſien wenigſtens die Calvi-
niſten nicht duldet, doch wuͤrde er nicht billigen, wenn man in Ungarn
auch nur das Augsburger Bekenntniß geſtatten wollte, das ſich doch
dem Katholicismus am meiſten annaͤhert (la confessione che, quan-
tunque rea, si dilunga assai meno dalla professione cattolica di
quello che facciano le più sette cattoliche). Beſonders aber liegt
ihm Boͤhmen am Herzen. Fuͤr die Herſtellung des Katholicismus
daſelbſt gibt er folgende Mittel an:
- 1. Fondare in Praga un’ università cattolica;
- 2. Rimettere nelle antiche parrocchie i parrochi cattolici
e per le città i maestri di scola parimente cattolici; - 3. L’uso dei catechismi e di buoni libri per tutto, ma per
li fanciulli et idioti l’antiche canzoni spirituali in lingua Bo-
hema; - 4. Librarj e stampatori cattolici, facendo visitare le libre-
rie e stampe degli eretici; - 5. L’opera de’ padri Gesuiti e di altri religiosi;
- 6. Ritornare in piedi li collegii di poveri, assegnando a
quelli li beni ecclesiastici alienati.
Alles Mittel des Unterrichts und der Erziehung. Außerdem
wird der Nuntius aber noch erinnert, ſich der Anſtellung prote-
ſtantiſcher Beamten zu widerſetzen. Lasciandosi le menti humane
più consigliare dal proprio interesse che da altro, incomince-
ranno a poco a poco massimamente i giovani a piegare l’animo
alla religione cattolica, se non per altro, per partecipare di pu-
blici honori.
III. Herſtellung der kirchlichen Gerichtsbarkeit. Ueber gar
Vieles hat der Papſt ſich in dieſer Hinſicht zu beklagen. Die Bi-
ſchoͤfe wollen ſich den Satzungen von Trient noch immer nicht un-
terwerfen: die Domherrn haben verderbliche Gewohnheiten: die Ca-
pitel beſetzen die Stellen ihres Patronates ſchlecht: auch der Kaiſer
erlaubt ſich zu viel. L’imperatore istesso sotto varii pretesti di
spogli, di juspatronati, di concessioni apostoliche, di avocarie, di
incamerationi e di pienezza di potestà trattiene le chiese gli
anni vacanti, et in quel mentre se ne prende per se l’entrate.
IV. Herſtellung der paͤpſtlichen Autoritaͤt. Die Kaiſer ſcheinen
es gern zu ſehen, daß der Papſt ſich mit ſeinen Excommunicationen
und Bullen nicht mehr zeigen darf. Auch hat der paͤpſtliche Hof
an Geldeinkuͤnften aus Deutſchland, die fruͤher 200000 Scudi be-
trugen, ungemein verloren. Das Verfahren mit Kleſel will Gre-
gor nicht billigen, doch druͤckt er ſich ſehr gemaͤßigt daruͤber aus:
„non è mai piaciuto troppo quel fatto.“ Der Auditor di Rota
Verospi ward heruͤbergeſchickt, um den Proceß zu fuͤhren.
V. Verhaͤltniß des Kaiſers zu Italien. Beſonders in der val-
telliniſchen Sache koͤnnte es nuͤtzlich werden. Noch gebe man in
Spanien die Schleifung der eroberten Feſtungen nicht zu. Pare
[389]Instrutt. a Sangro per Ispagna 1621.
che il duca di Feria et altri ministri di S. Mtà Ces. in Italia si
opponghino a quel consiglio, come coloro che vorrebbero ritenere
i forti e con essi la gloria di quell’ acquisto. Der Papſt aber
ſieht voͤllig ein, wie gefaͤhrlich dieß ſey; die Proteſtanten in Deutſch-
land wuͤrden nichts mehr wuͤnſchen als das Schwert in Italien au-
ßer der Scheide zu ſehen.
VI. Betragen des Nuntius. Vor allem wird er an Ecken-
berg gewieſen, wie ſich das ja verſteht; aber beſonders merkwuͤrdig
iſt, daß ſich der Nepot uͤber die Jeſuiten nur ſehr behutſam aus-
druͤckt. Terrà gran conto del padre Beccano confessore di
Cesare, e si valerà con destrezza dell’ opera sua, non lasciando
intanto di osservare i suoi discorsi e consigli per scoprirne me-
glio i fini et avvisarmegli. E parimente a’ padri Gesuiti ricor-
rerà con avveduta confidenza. Mit vorſichtigem Vertrauen! ein
ſehr guter Rath.
Man ſieht indeß, zu wie glaͤnzenden Ausſichten der Papſt ſich
bereits erhob. Eine Herſtellung der geſammten Kirchenguͤter faßte er
ſchon damals ins Auge. Dieſe merkwuͤrdige Stelle ſchließe un-
ſern Auszug. Secondo che s’anderanno acquistando de paesi te-
nuti avanti dagli eretici, ella faccia grandissima istanza con S.
Mtà di ricuperare i beni ecclesiastici occupati da loro e di ren-
derli alle chiese et alli veri patroni. Questo officio si fece per
ordine di papa Paolo V, quando il marchese Spinola s’impos-
sessò del palatinato, e l’imperatore rispose che non era ancor
tempo di trattarne.
Wir ſehen, daß der Gedanke des Reſtitutionedictes im Jahre
1620 von Paul V. gefaßt, aber damals vom Kaiſer noch als unzei-
tig zuruͤckgewieſen ward.
Der Nuntius ſoll jetzt neuerdings darauf dringen, und dem Kai-
ſer das Verdienſt vorſtellen das er ſich dadurch erwerben werde.
97.
Instruttione a monsr Sangro, patriarcha d’Alessandria et arci-
vescovo di Benevento, per andar nunzio di S. Stà al re
cattolico. 1621.
Sangro wird erinnert, daß die Gewalt in Spanien jetzt haupt-
ſaͤchlich in den Haͤnden Uzeda’s und des Großinquiſitors ſey. Er
ſoll denn vornehmlich dem letzten ſeine geiſtlichen Pflichten ins Ge-
daͤchtniß zuruͤckrufen.
Um die Geheimniſſe in Erfahrung zu bringen, wird er ange-
wieſen ſich an die Geſandten von Venedig und Toscana zu halten:
„de’ quali si suol cavar molto.“
Die Geſchaͤfte der Immunitaͤt, kirchlichen Jurisdiction, Collet-
toria werden hierauf naͤher eroͤrtert. Ich will nur geſtehn, daß die
fehlerhafte und unleſerliche Copie die ich fand, mich abgehalten hat
naͤher auf dieſe Punkte einzugehn.
Die Hauptſache bleibt die Eroͤrterung der politiſchen Ver-
haͤltniſſe.
[390]Instrutt. a Torres per Polonia 1621.
Da ſoll nun der Nuntius beſonders die Erneuerung des hol-
laͤndiſchen Krieges fordern.
Er ſoll in Erinnerung bringen, daß Prinz Moritz ſchon alt
und ſchwach ſey, und ſich ſein Tod alle Tage erwarten laſſe: — die
Parteiung der Arminianer und Gomariſten ſchwaͤche die Provinzen:
mit Huͤlfe der erſten hoffe Graf Heinrich, mit Huͤlfe der letzten
Graf Ernſt zur hoͤchſten Gewalt zu gelangen: — die Seelaͤnder ſeyen
arm, die Hollaͤnder wegen ihrer Anmaßungen den Uebrigen verhaßt.
„Laonde il re non può voltare le sue forze contra di loro in
meglior tempo ovvero opportunità.“
98.
Instruttione a V. Sigria Mr di Torres, arcivescovo di Antrino-
poli, nuntio destinato da N. Sigre in Polonia. 30 Mag-
gio 1621.
Das Mißverſtaͤndniß zwiſchen Paul V. und Siegmund III. war
doch ſo unbedeutend nicht. „Se la pietà del re“, ſagt Gregor XV.
in dieſer Inſtruction, die er ſeinem erſten Nuntius mitgab, „e la
riverenza che a questa sede egli porta, non havesse ammorzato
del tutto o almeno coperte le scintille de’ dispiaceri loro, se ne
sarebbe per li soffioni altrui acceso alcun fuoco di discordia ma-
nifesta.“
Gregor iſt nun bemuͤht alles beizulegen. Er iſt durchdrungen
von den Verdienſten dieſes Koͤnigs, der in Rom nicht haͤtte katholi-
ſcher ausgebildet werden koͤnnen.
Der Nuntius wird erinnert, ſich vor allen Dingen ſelbſt ohne
Tadel zu betragen: — perche tutti gli pongono gli occhi adosso e
prendono ancora esempio da santi costumi di lui, et il re me-
desimo il propone a suoi prelati per norma. Den Banketten der
Großen fleißig beizuwohnen, waͤre zwar an ſich kein unebenes Mit-
tel ſich Einfluß zu verſchaffen, wuͤrde aber doch zuletzt die Achtung
ſchwaͤchen, die man vor einem Nuntius haben muͤſſe.
Es wuͤrde gut ſeyn, wenn der Nuntius wieder wie fruͤher die
Kirchen perſoͤnlich viſitiren wollte.
Die Hauptſache bleibt immer die Erziehung. Das Inſtitut der
Dottrina Christiana, wie es in Italien beſtehe, ſollte auch hier ein-
gefuͤhrt werden. Fuͤr Katechismen und geiſtliche Buͤcher muͤſſe man
ſorgen, weltliche und proteſtantiſche Geſaͤnge durch katholiſche ver-
draͤngen.
99.
Instruttione a V. Sria Mr Lancellotti, vescovo di Nola, destinato
da N. Sre suo nuntio in Polonia.
Ich weiß nicht, ob 1622 oder 1623, aber gewiß noch unter
Gregor XV.
Dem Nuntius wird die Inſtruction welche Torres empfangen
hatte mitgetheilt. Seitdem hatten auf Befehl der Propaganda alle
[391]Instrutt. a Lancellotti per Polonia.
Biſchoͤfe Bericht uͤber ihre Dioͤceſen erſtatten muͤſſen: auch aus de-
nen ſoll der Nuntius ſich unterrichten.
Die politiſchen Verhaͤltniſſe treten etwas mehr hervor. Der Nun-
tius ſoll das gute Vernehmen zwiſchen Polen und dem Haus Oeſtreich
moͤglichſt aufrecht erhalten. Das zaͤhme die Tuͤrken und die Rebel-
len des Kaiſers.
Gern haͤtten die Polen Friede oder wenigſtens einen zwanzig-
jaͤhrigen Steillſtand mit Guſtav Adolf geſchloſſen: auch ſtellte dieſer
vor, daß ihm die polniſche Linie ſuccediren ſolle, wenn er ohne Kin-
der ſterbe, aber Siegmund wies alles von der Hand. Ben-
che Gustavo per conditione espressa offrisse che morendo lui
senza figliuoli gli avesse a succedere S. Mtà e la sua stirpe,
s’oppose a questi consigli. Nur aus Ruͤckſicht auf die Polen wollte
er ſich zu einem kurzen [Stillſtand] verſtehn.
Die Verhaͤltniſſe der unirten Griechen waren ſchon in der In-
ſtruction von Torres eroͤrtert worden, doch geſchieht das hier klarer
und gruͤndlicher.
I Greci commossi al tempo di Clemente Ottavo per opera
di Rupaccio Pacciorio, che fu prima vescovo overo vladica di
Vladimiera e poi metropolitano di Chiovia, si contentarono i
vescovi o vladici loro, eccettuati quelli di Leopoli e di Pre-
misla, che nella loro ostinatione si rimasero, d’unirsi alla chiesa
Romana, e di riconoscere, come fecero l’anno 1595, il papa
per loro capo secondo la forma e professione di fede nel con-
cilio Fiorentino contenuta. Ma tante discordie ne nacquero, e
così si posero nelle diete a impugnare quella unione li nobili
Greci, dagli heretici favoriti, che s’è havuto a mettere sosso-
pra il regno: imperocche pochi del clero e molto meno del po-
polo l’hanno voluto abbracciare, affermando tutti essere per pri-
vati disegni e per ambitione di pochi stata fatta e senza loro
partecipatione. Onde si conservano bene li vescovi e pastori cat-
tolici, ma questi soli se ne stanno, senza trovare pecorelle che
seguitare li vogliano, e di più corrono gran rischio d’essere
dalle sedie loro cacciati e che vengano ancor ad essi levate quelle
chiese che tolte già alli scismatici furongli concedute. Onde in
tutte le diete se ne fa lo strepito grande; e nell’ anno passato
avvenne che un vescovo o fosse il patriarca scismatico di Ge-
rusalemme mandato in Moscovia et in Russia dal patriarca di
Costantinopoli, si fermò fra Russi, e vi creò tanti scismatici
quanti sono gli uniti, et eccitò li cosacchi, che sono tutti Greci
scismatici, ad addimandare nella dieta con offerte grandissime,
perche il regno per la guerra col Turco havesse bisogno di loro,
che all’ antiche loro pretensioni si sodisfacesse: ma il vescovo
di Santo Angelo, all’ hora nuntio, ne divertì l’impeto, siche tra
per questo e per publiche necessità, che a nuove contese non
lasciavano luogo, si pose con l’autorità del re il negotio in si-
lentio. Si vive non di meno dagli uniti nel medesimo timore;
e li più prudenti prelati ne pronosticano alla fine de’ mali eventi
se alcun provedimento non vi si piglia: onde havrebbero alcuni
havuto per lo migliore che l’unione non si fosse mai fatta, ap-
[392]Dion. Lazari Relatione 1620.
portando essi che sarebbe stato più agevole il ridurre li nobili
singolarmente e di famiglia in famiglia alla chiesa cattolica, per-
che si vede per prova che tutti coloro che ad uno abbandonano
il rito Greco e lo scisma, stanno nella nostra chiesa perseveranti.
100.
Relatione fatta alla congregatione de propaganda fide da Dio-
nysio Lazari sopra alcune cose che possono essere di ser-
vitio alla santa fede cattolica. 1622.
Dion. Lazari war eine Zeitlang — wie er ſich ausdruͤckt, molti
mesi — in England geweſen, und gibt nun an, wie ſich dort der
Katholicismus herſtellen laſſe.
Drei Mittel gebe es, meint er: Unterhandlung mit Einem, oder
mit Vielen, oder gewaltſame Maaßregeln.
Er meint doch, daß ſich bei dem Koͤnig Jacob perſoͤnlich viel aus-
richten laſſe. Der Koͤnig ſey indifferent in ſeiner Meinung, und furcht-
ſam. „Per la pratica che ho di lui, lo stimo indifferente in qual-
sivoglia religione.“ Man wuͤrde wohl thun, auch durch unterge-
ſchobene Briefe ſeinen Verdacht zu naͤhren. „Far artificiosamente
avisar qualche suo ministro fuori del regno di persona da loro
creduta fedele, e nell’ istesso regno far trovar qualche lettera
a nome supposito che trattasse in forme segrete queste materie.“
Auch waͤre Buckingham wohl zu gewinnen; ſeine Frau ſey die Toch-
ter eines Katholiken und insgeheim ſelbſt katholiſch (è segreta catto-
lica figlia anche di segreto cattolico). Buckingham gebe viel auf Ver-
bindungen mit fremden Maͤchten: durch dieſe koͤnne er am leichteſten
gewonnen werden; beſonders weil er von dem Parlament immer ge-
faͤhrdet ſey. Essendo composto il parlamento quasi per la mag-
gior parte di puritani, stimarebbe egli specie d’efficace vendetta
l’indurre il re al cattolicismo.
Wirkung auf die Menge. Sehr nuͤtzlich wuͤrde es ſeyn, wenn
man nur freie Predigt erlangte: Il che si potrebbe fare per via
di danaro, proponendo, per così dire, una gabella di predicatori
et auditori, inducendosi il re molte volte per l’interesse a cose
contrarie a sua volontà.
An gewaltſame Maaßregeln, ſagt er, ſey nicht zu denken.
Wir ſehen aber wohl, daß auch die friedlichen welche er angibt
nicht auszufuͤhren ſeyn werden.
Lazari gehoͤrt zu den Leuten, die durch Intriguen und fein an-
gelegte Maaßregeln auf den Fortgang des Lebens einwirken zu koͤn-
nen glauben, was doch niemals geſchehen kann.
Von dem erwachſenden Geſchlecht hofft er nichts: es iſt ganz
in den proteſtantiſchen Meinungen erzogen; nur der Prinz, ſpaͤ-
ter Carl I, ſcheint ihm Hoffnung zu geben. Io v’ho grandissima
speranza, per vederlo d’indole molto ingenua, di costumi assai
generosi, molto sobrio nel detestar li cattolici.
[393]Instruttione al dottor Allatio.
101.
Instruttione al dottor Leone Allatio per andare in Germania
per la libreria del Palatino. 1622. (Hofbibl. zu Wien. MS
Hohenb.)
Die Inſtruction durch welche Leo Allatius, damals Scriptor
an der Vaticana, beauftragt ward die Heidelberger Bibliothek in
Empfang zu nehmen.
Sie findet ſich nicht allein in Wien, ſondern auch in gar man-
chen andern Bibliotheken, z. B. der Bibliothek Chigi zu Rom, un-
ter den Sammlungen der Inſtructionen Gregors XV. Auch hat das
gelehrte Intereſſe des Gegenſtandes veranlaßt, daß ſie bei uns be-
kannt geworden. Quade, Baumgarten und Gerdes nach einander
haben ſie lateiniſch abdrucken laſſen.
Nachdem ſie einmal das Gebiet der proteſtantiſchen Gelehrſam-
keit beruͤhrt hatte, mußte ſie endlich auch Discuſſionen hervorru-
fen. In der Geſchichte der Bildung, Beraubung und Vernichtung
der alten Heidelbergiſchen Buͤcherſammlungen (Heidelberg 1817) p.
235 hat unſer gelehrter Mitbuͤrger und Freund, Herr GR Fr.
Wilken, erhebliche Zweifel gegen ihre Echtheit aufgeſtellt.
In der That iſt die lateiniſche Ueberſetzung auf eine Art und
Weiſe gemacht, daß ſie Mißtrauen erregen mußte. Gluͤcklicher
Weiſe hebt ſich das jedoch, wenn man das handſchriftliche Origi-
nal vor Augen nimmt.
Im Lateiniſchen heißt es z. B. in Bezug auf geweihete Me-
daillen, die dem Allatio fuͤr die Soldaten Tillys mitgegeben wur-
den: unum adhuc R. T. D. suppeditamus stratagema, ut scilicet
sibi magnum nummorum comparet copiam, quos a sanctis cano-
nisatos esse fingat. Gewiß! es iſt unglaublich, daß der roͤmiſche
Hof gegen einen ſeiner Diener ſich auf dieſe Weiſe ausgedruͤckt ha-
ben ſoll.
Vergleicht man das Original, ſo lautet es auch in Wahrheit
ganz anders. E qui soggiungerò a V. S. che se le darà un
grosso numero di medaglie con l’indulgenza della canonizzatione
de’ santi fatta da N. S. Ich verſtehe Medaillen auf die Canoni-
ſation der Heiligen, welche Gregor XV. vorgenommen hatte, mit
Indulgenz.
Eben ſo wenig iſt in dem Original davon zu finden, daß Al-
latio den Herzog von Baiern deutſch anreden ſolle, wie die lateini-
ſche Verſion will: „tradito“, heißt es bei Baumgarten, „brevi a
Sancto Patre fidei ipsius concredito, Germanico idiomate eum
affandi.“ Im Original dagegen: presentando a Sua Altezza il
breve di N. Sre, le parlerà a nome di Sua Stà conforme al te-
nore di esso.
Eine Ueberſetzung, welche dem Italieniſchen und aller Wahrſchein-
lichkeit Hohn ſpricht.
So wie man aber das Original ſieht in ſeiner ſo viel vernuͤnf-
tigern Abfaſſung, und in einer Umgebung die keinen Zweifel zulaͤßt,
kann man an ſeiner Authenticitaͤt nicht mehr zweifeln.
Das allerdings bleibt wahr, daß Allatio das Geruͤcht ausbrei-
[394]Instrutt. al padre Tob. Corona
ten ſoll, die Bibliothek ſolle nach Muͤnchen, nicht nach Rom geſchafft
werden. „In ogni caso sarà bene di metter voce che si abbia
da condurre solamente a Monaco e non a Roma.“ Wir haben
ſchon geſehen, wie oft den paͤpſtlichen Abgeordneten die aͤußerſte Vor-
ſicht zur Pflicht gemacht wird. Noch andere aͤhnliche Inſtructionen
erhielt Allatio. Z. B. Massimamente per i paesi sospetti sarà
sempre meglio di andare in habito corto, come persona nego-
tiante del dominio Veneto. So viel Verſtellung ſchien noth-
wendig.
Daß ſolche Anweiſungen ſchriftlich gegeben werden, daruͤber darf
man ſich nicht wundern. Man liebte an dieſem Hofe namentlich
in der Kanzlei Ludoviſios zu ſchreiben. Den Inſtructionen die
Agucchia verfaßte, fehlt es nicht an bedeutenden politiſchen Geſichts-
punkten, aber auch mit Kleinlichkeiten dieſer Art ſind ſie angefuͤllt.
Der Verfaſſer wollte das Verdienſt haben alles zu bedenken.
Uebrigens konnte man wohl fuͤrchten, die Wuth namentlich der
Reformirten uͤber dieſen Verluſt ihrer Metropole herauszufordern.
Mit einer Abtheilung Cavallerie ſollte die Bibliothek escortirt
werden.
102.
Instruttione al padre Don Tobia Corona de’ chierici regolari
mandato da papa Gregorio XV al re di Francia e prima
al duca di Savoia per l’impresa della città di Ginevra.
1622. (Bibliothek zu Frankfurt am Main. MSS Glau-
burg. Tom. 39, n. 1. 26 Bl. 4°.)
Anfang: „L’Italia che dall’ eterna providenza è stata eletta
a reggere hora l’imperio temporale, hora lo spirituale del
mondo.“
Verhaßt iſt dieſer geiſtlichen Herrſchaft vor allem Genf, „non
solo come piena di huomini appestati ma come catedra di pe-
stilenza.“
Es zu zuͤchtigen, zu zerſtoͤren kommt vor allem dem Papſt, Vi-
carius Chriſti, und dem Herzog von Savoyen zu, der ſich noch
Graf davon nennt. Auch haben die Paͤpſte und Herzoge oͤfters
Verſuche dazu gemacht; allein ſie ſind immer an der Protection ge-
ſcheitert, die Frankreich dieſer Stadt angedeihen ließ.
Jetzt aber iſt die Lage der Dinge veraͤndert. „La Francia tratta
il soggetto di domare i ribellati heretici, et ha da ricever pia-
cere che per togliere loro le forze e la riputatione si faccia il
medesimo senza suo costo in altre parti.“
Der Papſt hat von Anfang ſeiner Regierung den Plan gefaßt,
und denkt durch die Miſſion eines Kloſtergeiſtlichen die Ausfuͤhrung
vorzubereiten: „Poiche habbiamo un’ argumento di religione, si
conviene fuggendone il rumore coprirlo più che si puote: vuole
inviarvi un religioso. La P. Vra porterà da per tutto questo
negotio come nato nell’ animo di Sua Stà senza altra origine
che dello spirito santo.“
Er ſoll zuerſt in dem Herzog von Savoyen die Neigungen ei-
[395]mandato in Savoia c Francia 1622.
nes kriegeriſchen Herzens erwecken, und wenn er Huͤlfe verlangt, ihm
zwar vorſtellen, wie ſehr die dem Kaiſer und der Liga gewaͤhrte
Unterſtuͤtzung den apoſtoliſchen Stuhl erſchoͤpfe, wie viel Anſpruͤche
Polen mache, welche Koſten Avignon verurſache; jedoch einige Huͤlf-
leiſtung allerdings hoffen laſſen: „che Sua Stà non sarà stretta a
S. A. di tutti quelli ajuti che dalle picciole forze uscir potranno.“
Auch wird er ſich uͤber die Rechte Savoyens an Genf die noͤthigen
Informationen erbitten.
Die Hauptſache aber iſt, was er dem Koͤnige von Frankreich
vorſtellen ſoll: 1. daß er ja nicht den Verdacht auf ſich laden werde
als verfolge er die Proteſtanten bloß aus Staatsintereſſe; 2. daß
auch dieß wohlverſtanden die Vernichtung von Genf fordere: Se
Ginevra non fosse stata ricovero di Calvino, la Mtà S. non ha-
vrebbe di presente da portare l’armi contro l’ostinati e perversi
suoi popoli Ugonotti, non si vedrebbe nascere le republiche
contro la monarchia. — — Sono republiche (die hugenottiſchen)
popolari che in ogni palmo di terreno e fino nell’ istessa corte
e forse nella camera del re hanno lor cittadini e seguaci. — —
Già la republica loro (Ugonotti) è piantata, già ne sono publi-
cate le leggi, e già in ogni provincia hanno costituiti i magi-
strati, i consigli et i governatori dell’ armi: più non hanno da
fare che da andare eglino a muovere l’armi al re per cacciarlo
di casa.
Man ſieht, wie ſehr hier in den katholiſchen Beſtrebungen das
monarchiſche Element hervortritt. Genf ſoll zerſtoͤrt werden als
Meiſterin und Rathgeberin der hugenottiſchen Republiken. Jetzt
kann es keine Huͤlfe bekommen, da alle andern Proteſtanten ſelbſt be-
ſchaͤftigt, die Englaͤnder durch Vertraͤge gebunden ſind.
Und was wolle dieſe Vergroͤßerung von Savoyen in Vergleich
mit der franzoͤſiſchen Macht wohl ſagen; — der Paß koͤnne den
Schweizern nicht verwehrt werden, ſeit der Koͤnig Breſſe beſitze.
I cantoni cattolici, con quali la corona è più congiunta, ne ri-
ceveranno e servitio e piacere: certo che il cantone di Friburgo
circondato da Bernesi heretici, benche sia valoroso e di loro
non tema, haverà nondimeno più caro di confinare per via del
lago con quella città divenuta cattolica e posta sotto il domi-
nio di un principe amico e cattolico, che libera et heretica re-
manente.
Cardinal Retz, der Connetable (Luines), Pere Arnoux werden
dem Pater als diejenigen genannt, von denen er beſonders Unter-
ſtuͤtzung erwarten koͤnne.
Wir werden bald auf den Erfolg dieſer Miſſion kommen.
103.
Relatione di Roma fatta nel senato Veneto dall’ ambasciador
Rainiero Zeno alli 22 di Nov. 1623. Informat. Politt.
Tom. XVI. 101 Bl.
Gewoͤhnlich druͤcken ſich die zuruͤckkehrenden Botſchafter mit Be-
ſcheidenheit und Deferenz ſowohl gegen den Fuͤrſten von dem ſie
[396]Rainiero Zeno.
kommen, als gegen ihre Zuhoͤrer aus; Rainier Zeno iſt der erſte,
der eine große Selbſtzufriedenheit zu erkennen gibt. Er erklaͤrt nicht
allein, er lege eine Bilanz paͤpſtlicher Einkuͤnfte und Ausgaben vor,
die er mit fleißigſter Sorgfalt zuſammengeſtellt (f. 80); er erinnert
auch daran, mit wie lebendigen Farben er einen oder den andern
Cardinal in ſeinen Depeſchen geſchildert habe (f. 111); von Papſt
Urban ſagt er ohne Scheu: „mit zwei Worten machte ich ſeine Mei-
nung zu nichte“; er ſpricht geradezu aus, die goͤttliche Majeſtaͤt
habe ihm das Talent gegeben, in das Innerſte geheimnißvoller
Menſchen zu dringen; der Cardinal Ludoviſio laͤßt er der Republik
deshalb einen Lobſpruch widmen, weil ſie zur Geſandtſchaft von Rom
immer Maͤnner von der erprobteſten Tuͤchtigkeit waͤhle.
Rainier Zeno erſcheint ein paar Jahr ſpaͤter in den venezia-
niſchen Unruhen des Jahres 1628. Auch da traͤgt alles was von ihm
ausgeht, wie unſere Relation, das Gepraͤge des Selbſtgefuͤhls, das
ſich in ſo vielen Italienern und Spaniern dieſes Jahrhunderts
darſtellt.
Zwiſchen Maͤnnern dieſer Geſinnung konnte es nun aber nicht
an Reibungen fehlen: auch Rainier Zeno erlebte auf ſeiner Geſandt-
ſchaft die unangenehmſten Auftritte.
Groͤßtentheils fiel ſie in die Zeiten Gregors XV. Ludoviſio
forderte eine Verehrung und Anerkennung, die ihm Zeno nicht wid-
men wollte; — gar bald geriethen ſie heftig an einander.
In dem letzten Theile ſeiner Relation ſchildert Zeno dieſe Ir-
rungen. Er ruͤhmt ſich, dem Nepoten oft ſcharfe Antworten gege-
ben, ihn zum Schweigen gebracht zu haben. Es macht ihm beſon-
ders Vergnuͤgen, daß er durch geheime Mittel Dinge in Erfahrung
gebracht, welche der Nepot in tiefes Geheimniß verhuͤllt geglaubt,
und dann denſelben merken laſſen, er wiſſe darum; er freut ſich noch
des Mißvergnuͤgens in das Ludoviſio dadurch gerathen ſey. „Ve-
deva“, ſagt er, „che appresso di me non poteva restare in quel
gran concetto di sapere ch’egli con tutti ascosamente ambiva.“
Aber man moͤge nicht glauben, daß das viel geſchadet. Die Re-
publik ſey dadurch vielmehr in Reputation gekommen. Bei dem
Gedanken, Valtellin als ein Depoſitum in den Haͤnden der Spanier
zu laſſen, habe Ludoviſio ſich vor nichts ſo ſehr gefuͤrchtet wie vor
dem Laͤrm der venezianiſchen Proteſtationen (il fracasso che era per
fare io, il rimbombo delle mie proteste.)
Dieſe Zeiten waren indeß voruͤbergegangen. Urban VIII. hatte
den paͤpſtlichen Thron beſtiegen, und Rainier Zeno laͤßt es ſein
vornehmſtes Geſchaͤft ſeyn, deſſen Perſoͤnlichkeit, Hof und Staats-
verwaltung, ſo weit ſie ſich damals entwickelt hatten, zu ſchildern.
Er wiederholt, daß die Cardinaͤle nur darauf bedacht ſeyen, dem
Papſt zu Gefallen zu reden: er findet es recht gut, daß kein Menſch
daran denke, die paͤpſtlichen Finanzen in Ordnung zu bringen. Es
gebe, ſagt er, kein geeigneteres Inſtrument die Chriſtenheit zu ver-
wirren, als den Kopf eines Papſtes.
Er entwirft darauf ein Bild von Urban VIII: E’ prencipe
d’aspetto grave e venerabile, di statura grande, di colore oliva-
stro, di lineamenti nobili, di pel nero che comincia a tirar al
[397]Relatione di Roma 1623.
canuto, d’attillatura più che ordinaria, e di gratia singolare ne’
gesti e ne’ moti del corpo. Parla per eccellenza bene, et in
qualsivoglia discorso che s’entra seco, ha da difendersi quanto
vuole, e d’ogni materia mostra d’haver peritia straordinaria.
Ha mostrato sin hora diletto grande della poesia, l’uso della
quale non ha mai intermesso, nè pure nelle occupationi et nelli
studii più serij: perciò gl’intendenti di questa arte e delle lettere
che chiamano di humanità sono stati sempre benveduti da lui, et
gli ha favoriti cortesemente in quello che ha potuto: non l’a però
questo diletto astratto da quello che importava più e che era
più necessario per li carichi che successivamente li sono pas-
sati per le mani, dico dallo studio delle leggi, nel quale ha
faticato incessantemente dalla prima gioventù sino a questi ul-
timi anni con tanta maggiore applicatione, perche così richie-
deva la carica del perfetto della signatura di giustitia, magi-
strato che richiede studio et acutezza grandissima et esattissima
per la varietà delle materie che vi concorrono. Delli affari del
mondo e degl’ interessi de’ prencipi è intendentissimo, quanto
che se nelle scuole politiche havesse fatto continua dimora.
Es iſt wohl nicht noͤthig, das weiter mitzutheilen: es iſt doch
nur im Allgemeinen aͤhnlich. Die feineren Zuͤge dieſer geiſtigen
Phyſiognomie, ſey es daß ſie ſich erſt ſpaͤter entwickelten, oder daß
Zeno ſie nicht aufzufaſſen verſtand, finden wir hier nicht.
Eben ſo wenig iſt dieß bei den folgenden Schilderungen der
Verwandten des Papſtes der Fall, oder bei den Cardinaͤlen, die der
Autor ausfuͤhrlich durchgeht.
Nur das iſt zu bemerken, daß er von den venezianiſchen Car-
dinaͤlen keinerlei Dienſte zu erwarten raͤth. „Priuli“, ſagt er, „lan-
guido di spirito come di corpo.“ So ſchnoͤde behandelt er ſie.
Von Venier will er gar nicht reden, um nicht Haͤndel mit den Ver-
wandten deſſelben zu bekommen.
Dann kommt er auf die politiſchen Verhaͤltniſſe. Er iſt nur zu-
frieden, daß dießmal ein Papſt gewaͤhlt worden, der nicht in die
Spanier verliebt ſey. Albuquerque habe den Boden ungewoͤhn-
lich hart gefunden und man habe ihm ſeine Forderungen nicht be-
willigt. Das Verhaͤltniß Urbans VIII. zu Frankreich ſchildert Zeno
folgendergeſtalt.
Non è da dubitarsi che il pontefice verso il regno di Fran-
cia habbi molta propensione d’affetto, additandocelo molte conget-
ture probabilissime: hebbero a quella corte principio le sue gran-
dezze, alle quali, se bene ascese per meriti proprii, non nega
però egli medesimo che di grande ajuto li fossero le attestationi
d’Henrico quarto della sodisfattione che haveva del suo modo
di negotiare et del gusto che sentirebbe di vederli partecipato
l’honor solito a conferirsi alli altri residenti in quella carica;
quadra benissimo a Sua Stà il trattare de’ Francesi ingenuo et
libero, lontano dalli artificii, lontano dalle duplicità proprie delle
altre nationi; ha una certa conformità di genio alle qualità de’
studii alli quali s’applicano et de’ quali si dilettano più li Fran-
cesi, ch’è la pulitezza delle lettere, l’eruditione più acconcia,
[398]Cornero Erizzo Soranzo Zeno
la poesia, la cognitione delle lingue, in che per quanto le per-
mettono le sue attioni, s’è pigliato molto piacere. Stima quel
regno, quanto si possa dire, per reputarlo equilibrio dell’ am-
bitione d’altri, li cui fini mirano senza dubbio alla monarchia
universale.
Den Venezianern nahm der Papſt ihre Verbindung mit Ketzern
und Unglaͤubigen uͤbel. Er meinte, es gebe wohl einen andern Ruͤck-
halt fuͤr ſie.
Zeno ſchließt, indem er noch einmal Schweiß und Arbeit die
ihm ſein Amt gemacht, die unaufhoͤrlichen Nachtwachen, den bittern
Aerger, wodurch ſeine Geſundheit geſchwaͤcht worden, ins Gedaͤcht-
niß ruft. „Dennoch“, ſagt er, „freue ich mich mehr, mein Leben im
Dienſte meines Vaterlandes abgenutzt zu haben, als wenn ich ein
ganzes Jahrhundert gluͤcklich leben koͤnnte, aber unbeſchaͤftigt.“
104.
Relatione degli eccmi signori ambri straordinarii Corner, Erizzo,
Soranzo e Zeno ritornati ultimamente da Roma, letta all’
eccmo senato 25. Febr. 1624. (d. i. M. V. 1625.)
Als Papſt Gregor XV. erklaͤrte, daß er mit Rainier Zeno nicht
mehr unterhandeln wolle, ſchickten die Venezianer Hier. Soranzo,
um die Stelle deſſelben zu vertreten. Noch war jedoch, wie wir ſo
eben ſahen, Zeno in Rom, als Urban VIII. gewaͤhlt ward. Beide
wurden zur feierlichen Begluͤckwuͤnſchung des neuen Papſtes be-
ſtimmt; Corner und Erizzo erſchienen um die Geſandtſchaft zu ver-
vollſtaͤndigen.
Die gemeinſchaftliche Relation welche ſie erſtatten, iſt nun frei
von den perſoͤnlichen Erguͤſſen, denen Zeno allein ſich hingegeben; ſie
bekommt dadurch eine gewiſſe Wichtigkeit, weil die Verhaͤltniſſe der
Republik ſich durch die Sache von Valtellin aufs neue verwickelt
hatten.
Papſt Urban ſchien ſehr unzufrieden zu ſeyn, daß Venedig an
dem Angriff der Franzoſen auf die paͤpſtlichen Garniſonen Theil ge-
nommen: „che i cannoni della republica si fossero voltati contra
i luoghi tenuti in deposito della S. Stà, che chiamò luoghi dell’
istessa chiesa.“
„Nè mancano,“ fahren die Geſandten fort, „in Roma sog-
getti d’ogni grado et d’ogni qualità che proponevano a S. Stà,
come ella medesima ci disse, ad usare contra quell’ eccmo senato
le censure ecclesiastiche.“
Sie ſuchen ſich ſo gut wie moͤglich zu entſchuldigen: ſie fuͤhren
aus, daß es die Abſicht der Spanier ſey, ſich der Alleinherrſchaft zu
bemaͤchtigen: — rendersi patroni di quelli passi, per facilitarsi
la monarchia di questa provincia —; die Religion koͤnne ja doch
geſichert werden; daß ſie mit Ultramontanen in Bund getreten, duͤrfe
man ihnen um ſo weniger verargen, da ihnen von den Paͤpſten ſelbſt
die Truppenwerbung im Kirchenſtaate verwehrt ſey.
Urban VIII. hatte geglaubt, ſie wuͤrden ihm in Hinſicht auf
jene Angelegenheit einige vermittelnde Vorſchlaͤge machen: doch hat-
[399]Relatione di Roma 1624.
ten ſie dazu keinen Auftrag. Auch ſeinerſeits zeigte er ſich deshalb
fuͤr ihre Geſuche unzugaͤnglich. Sie mußten zufrieden ſeyn nur ſei-
nen Unwillen zu beguͤtigen — non si impetrava altro che mitiga-
mento dell’ acerbità mostrata del suo animo.
Allzu ſchwer kann ihnen dieß nicht geworden ſeyn. Schon trat
die antiſpaniſche Geſinnung Urbans doch auch hervor. Er erklaͤrt,
che non poteva parlar alto, perche troppo era circondato da’
Spagnoli e che a Madrid lo chiamavano heretico, ma che ar-
mato si havrebbe fatto rispettare.“
Seine ſpaͤtere Geſinnung und Haltung liegt ſchon in dieſen
Worten.
Vorzuͤglich mit Intereſſen ſolcher Art beſchaͤftigt ſich unſere Re-
lation: außerdem aber ſucht ſie auch die Zuſtaͤnde zu ſchildern. Hoͤ-
ren wir, wie ſie die Haͤupter der Verwaltung in den erſten Zeiten
Urbans VIII. beſchreibt.
Quelli che di presente sono in maggior autorità presso il
pontefice nella essentia degli affari, si ristringono nel sigr car-
dinale Magalotti e nel sigr Don Carlo Barberino, fratello della
Beatne Sua. Mostrano però ambidue di non conoscere e non
havere questa autorità: schifano i congressi, parono non esser
informati dei negotii, non gustano di esser frequentemente visi-
tati, e con questa maniera di procedere, differente assai dal co-
stume dei parenti dei pontefici passati, conservano in maggior ri-
putatione la Santità Sua, volendo dar ad intendere che tutto
dipende dai soli cenni di lei.
Era solita la Beatne Sua alle volte nelle occorrenze più
gravi chiamare anche a se li cardinali Bandino, Melini, Scaglia,
Santa Susanna et qualche altro, perche conoscendoli di natura
molto severa, procurava con tale apparenza dar segno di stima
verso il sacro collegio e verso le persoue loro, non già perche
volentieri inclini o molto si fidi delle loro opinioni; e di questo
concetto della Stà Sua, ben noto a detti cardinali et ad altri,
tutti se ne dogliono, dicendo che dopo fatte le deliberationi delle
cose ella le communica per non admettere il loro consiglio. E
si sente anco che va ogni giorno più tralasciando queste comu-
nicationi, anzi omettendo in tutto e per tutto le consultationi
con cardinali, così per conservare in se medesimo il solo de-
spotico dominio et autorità, come anco perche conoscendoli di-
pendenti et interessati chi per l’uno chi per l’altro principe, giu-
dica così convenire al suo servitio maggiormente.
Nelle occorrentie della repca sono intervenuti nelle consulte mr
Gessi e mr di Montefiascone, come stati nontii in questa città e
bene informati delle cose. E talvolta si è introdotto anche An-
zolo Badoer, che sotto altro nome e cognome pur si trattiene
in Roma positivamente: è fatto sacerdote, et habita per sua
maggior sicurezza una casa congiunta con il monasterio de’ frati
della scalla, nella cui chiesa è solito celebrare la messa. Ma
come habbiamo detto, il cardl Magalotti et il sigr Carlo Barbe-
rino sono le stelle fisse di quel firmamento: et i negotii ridotti
in queste due sole teste passano con molta secretezza, sicche
[400]Instruttione
quello che non si può penetrare con la congettura ovvero che
non viene riferito dal medesimo pontefice, difficilmente si può
sapere per altra via.
Il sigr Don Carlo mostra la istessa indipendenza da prin-
cipi nella quale professa conservarsi Sua Stà. E’ in età di 58
anni, ben complessionato e forte. E’ inclinato alla soddisfatione
de’ popoli per conservare la città abbondante di tutte le cose.
Nella sua casa è buon economo, et ha mira di far denari as-
sai, sapendo egli molto bene che l’oro accresce la riputatione agli
huomini, anzi l’oro gli inalza e li distingue vantaggiosamente
nel conspetto del mondo: oltre che si tiene per massima co-
mune non esser conveniente nè ragionevole che chi una volta
è stato parente del papa, resti dopo la sua morte in angusta
fortuna. E’ huomo di poche parole, ma sensitivo. Ha mostrato
somma riverenza verso la serenissima Republica, et havendo
noi nel complir seco detto che auguravamo lunghi anni a Sua
Beatne, ci rispose egli con qualche acerbità che quando il papa
havesse ad essere rispettato et honorato come papa, alludendo
alle cose correnti della Valtellina, li desiderava vita lunga, ma
che quando havesse dovuto seguir altrimenti, pregava il sigr dio
a chiamarlo a se quanto prima.
Il cardl Magalotti professa egli ancora vivere indipendente.
E’ huomo sagace et accorto: mostra grande vivacità di spirito e
d’inquietezza, et è in concetto di poter esser guadagnato. Cre-
scendo in età et esperienza il cardl nepote si crede che non pas-
seranno d’accordo insieme e che il papa penserà però di valer-
sene in qualche legatione opportunamente.
105.
Instruttione a Mre Sacchetti vescovo di Gravina, nunzio desti-
nato di N. Sre per la Mtà cattca. 1624. (Barb. fol. 26 Bl.)
Die Auftraͤge Sacchettis beziehen ſich I. auf die innern ſpani-
ſchen, II. auf die allgemeinen europaͤiſchen Angelegenheiten.
I. Es gab immer mancherlei Competenzen zwiſchen Rom und
Spanien. Namentlich hatte es damals der roͤmiſche Hof uͤbel em-
pfunden, daß ein Cardinal wie Lerma ſeiner Einkuͤnfte beraubt,
und vor ein weltliches Gericht geſtellt worden war. Indem der
Papſt den Fortgang dieſes Verfahrens einzuhalten ſucht, laͤßt er doch
auch zugleich Lerma ermahnen, alle Hoffnung auf weltliche Groͤße auf-
zugeben: es ſey ja doch nichts mehr auszurichten, da Olivarez ſo
ſehr in Gnade ſtehe, und er moͤge ſich entſchließen, nachdem er ſo
lange Andern gelebt, jetzt ſich und Gott zu leben. Dagegen wird der
Nuntius an Olivarez gewieſen, mit dem der roͤmiſche Hof in dieſem
Augenblick noch gut ſtand. Es kommt dabei folgende Merkwuͤrdig-
keit vor. E’ avvenuto che la gelosia della regina per qualche
sospetto d’altri amori del re l’ha provocata a dolersene col re
di Francia suo fratello, a segno tale che venne pensiero a que-
sto di far doglianze e querele pubbliche contro il cognato. Di
cio scrisse l’antecessore di V. Sria e che vi haveva posto rime-
dio
[401]a Succhetti per Spagna 1624.
dio con far confidente della regina il conte Olivares di diffi-
dentissimo che era prima.
Auch an den Großinquiſitor wird der Nuntius gewieſen. Er
ſoll denſelben noch anfeuern, gegen die Einfuͤhrung ketzeriſcher Buͤ-
cher in Spanien und Indien wachſam zu ſeyn.
II. Man hatte in Spanien den Gedanken gefaßt die deutſche
Linie durch zwei neue Vermaͤhlungen in ruhigeren Beſitz ihrer letzten
Erwerbungen zu ſetzen. Der Erbprinz von der Pfalz und Bethlen-
gabor ſollten beide mit kaiſerlichen Prinzeſſinnen vermaͤhlt werden:
hiedurch hoffte man die ungariſchen, und noch mehr die deutſchen
Unruhen beizulegen. Anfangs wollte man zu Rom daran nicht glau-
ben. Jedoch nach neuen Nachrichten ließ ſich nicht mehr zweifeln.
Der Papſt eilt dem Koͤnig Vorſtellungen dagegen zu machen. Man
erſehe aus Briefen, daß es die Abſicht der Englaͤnder keinesweges
ſey, wenn auch der Prinz von der Pfalz an den kaiſerlichen Hof ge-
ſendet werde, ihn katholiſch werden zu laſſen. Und wolle man
ſich einem ſo unzuverlaͤßigen Menſchen wie Gabor anvertrauen?
Er koͤnne es nicht glauben noch billigen. Seinem Nuntius gibt er
den Auftrag ſich aus allen Kraͤften dawiderzuſetzen. „V. Sria, ma
con destrezza et a tempo, facci per impedirli (questi due ma-
trimonj) tutto quello che umanamente può.“
Wir wiſſen, daß Papſt Urban ſelbſt an dem Scheitern dieſer
wenngleich weitausſehenden, doch wohlgemeinten Plaͤne Antheil hatte.
Die Sendung Rotas, deren wir gedachten, erklaͤrt ſich aus dieſen
Aeußerungen.
106.
Instruttione a V. Sria arcivescovo di Damiata e chierico di camera
per la nuntiatura ordinaria al re cristmo. 23 Genn. 1624.
Das Seitenſtuͤck zu der Inſtruction Sacchettis.
Auf das lebhafteſte verdammt der Papſt auch hier jenen Plan
zur Reſtitution der Pfalz; er ruft den Einfluß des Koͤnigs an, um
Sachſen zu bewegen ſich den Fortſchritten der baieriſchen Macht nicht
zu widerſetzen. Ueberdieß wuͤnſcht er nichts mehr, als daß Oranges
zerſtoͤrt werde, was nur ein Sammelplatz fuͤr die Ketzer ſey.
Das Wichtigſte aber ſind die innern Angelegenheiten. Koͤnig
Ludwig XIII. wird folgendergeſtalt geſchildert. Il re è fuori di
modo virtuoso et abborrisce tutti quei vitii che sogliono accom-
pagnarsi alla dominatione: non è altiero, ma humanissimo: non
è amatore della propria opinione, ma più volentieri crede a
buoni consigli: non ama il riposo, ma è dedito alle fatiche e
le tollera fortemente, senza conoscere altro piacere che quello
della caccia: non nutrisce pensieri dimessi, ma è avidissimo di
gloria, senza dilungarsi punto dalla pietà. Con la Mtà S. pos-
sono i ministri di stato et i serventi nelle caccie, a quali volen-
tieri s’accosta per godere la libertà, che non concede la stretta
pratica de’ grandi. Il più caro di quelli che hanno l’adito a
S. Mtà con occasione delle caccie è il signore di Toiras, huomo
cauto e prudente, che non si rimescola negli affari di stato per
ascondere la sua autorità, ma ne è capace. —
Päpſte** 26
[402]Instr. a Damiata per Francia 1624.
Unter dieſem Fuͤrſten nun war der Katholicismus in glaͤnzendem
Fortgange. Der Nuntius wird angewieſen, allen jenen Miſſionen,
namentlich im ſuͤdlichen Frankreich, nach Kraͤften beizuſtehn und ihre
Sache am koͤniglichen Hofe zu verfechten.
Aber daneben regt ſich auch unuͤberwindlich und immer aufs
neue die Oppoſition der gallicaniſchen Grundſaͤtze.
Wenigſtens von einem Theile der Mitglieder der Sorbonne
wird die Lehre von der Unabhaͤngigkeit der weltlichen Gewalt und
dem goͤttlichen Rechte der Biſchoͤfe vorgetragen. Schon bringen Ei-
nige die Meinung auf, den Pfarrern ſtehe in ihrer Pfarre eben ſo
viel Macht zu, wie den Biſchoͤfen in ihrem Bisthum. Der Papſt findet
dieſe Meinungen abominabel. Es ſchmerzt ihn, daß Richer, der ſie
beſonders eifrig vertheidigt, obwohl excommunicirt, ſich doch daraus
nichts macht, ſondern fortwaͤhrend Meſſe lieſt.
Indeſſen greifen die Parlamente thaͤtlich in die kirchliche Juris-
diction ein. Die Appellationen, come d’abus, die Unterſuchungen
uͤber die Ausfertigungen der Dataria, die Eingriffe in die Gerichts-
barkeit der Biſchoͤfe kommen dem Papſt als eben ſo viel Uſurpatio-
nen vor. „Favoriscono chiunque ad essi ricorre, et in questa
maniera procurano di soggiogare le provincie a loro non sog-
gette, come la Bretagna, la Provenza e la Borgembrescia.“
Auch in die Buͤcherverbote miſchen ſie ſich. Gern haͤtten die
Nuntien Werke wie von Thou und Richer verboten, aber es war
ihnen nicht moͤglich. Der neue Nuntius wird angewieſen, der Er-
ſcheinung ſchaͤdlicher Buͤcher lieber zuvorzukommen als ſie erſt zu
erwarten. Le stampe de’ libri sono il fomite delle false dottrine:
et è necessario che ella procuri di tenersi amorevoli i librari,
accioche l’avisino di mano in mano de’ libri che si stampano:
imperoche stampati che sono porta seco difficoltà di ottenere
la prohibitione.
Man ſieht, ſchon iſt der ganze Kampf der Curie und des Gal-
licanismus eingeleitet, der in mancherlei Phaſen die Periode der al-
ten bourboniſchen Monarchie in Bewegung erhalten hat.
107.
Instruttione a V. Sria monsr Campeggi, vescovo di Cesena, desti-
nato da N. Sigre suo nuntio al Smo Sigr duca di Savoia. 1624.
Eine auch deshalb merkwuͤrdige Inſtruction, weil ſie den Er-
folg jener Sendung des Don Tobia Corona weiter eroͤrtert. Wir
ſehen, daß der Plan gegen Genf beſonders an dem Widerſtande von
Luines und Rohan, der noch immer maͤchtig war, dem Anſehen der
Hugenotten uͤberhaupt ſcheiterte; daß man ihn aber darum keines-
weges aufgab.
Da chi venisse il motivo di tal impresa, dal papa o dal duca,
non si sa bene: perche il pontefice lasciò brevi e lettere di
esortatione al medesimo sigr duca et al principe del Piemonte,
donde poteva farsi congettura che il papa ne fosse autore: ma
nel ricevere l’esortatione si mostrò tanto pronta l’A. S. che non
[403]Instr. a Campeggi per Savoia 1624.
parve lontano dal vero il credere che havesse indotto il papa a
scrivergli. — — — Le difficultà che incontrò il padre Co-
rona, non furono dalla parte del re e della regina, che pie-
garono subito alle persuasioni ponteficie, ma della parte del
contestabile Luines, seguitato da principali ministri, o per pro-
prio interesse o per adulatione, e da alcuni grandi del partito
Ugonotto. A Luines si crede che instillasse questa avversione
all’ impresa il duca di Roano, e cercandosi della cagione che
ha potuto spignere questo ad opporvisi, altra non se ne trova
fuori della propria inclinatione al mantenimento degli eretici,
essendo egli tale, ed il timore di perdere il seguito dentro alla
Francia, mentre che i seguaci suoi havessero havuto a soc-
correre i Genevrini. Il trattato del padre Tobbia restò a
segno che non solamente il re non rimase offeso di questa mis-
sione, ma niuno, etiandio di quelli che l’intendessero bene,
hebbe ardire di biasimarla; e solamente dissero alcuni che non
era quello il tempo di intraprendere un tanto affare, altri, che
non doveva il duca mettere in queste strette il re se non dopo
il fatto, imperciocche allora S. Mtà non havrebbe potuto non
dar lode alla pietà e generosità del duca, ma che antecedente-
mente non doveva la Mtà S. violare quella fede sotto la quale
pensano di riposare sicuri i Genevrini. Dall’ hora in qua si è
creduto che il sigr duca pensi a tentare la via d’una sorpresa,
e adesso non se ne ha più dubbj, imperciocche S. A. se n’è
dichiarata con la Stà di N. Sigre, supplicandola a volerlo assi-
stere. La Stà S. ha risposto che volentieri e con quel mede-
simo modo che fece papa Gregorio: ma perche il necessario
segreto della sorpresa non è capace di questa via, S. A. si è ri-
voltata a contentarsi che N. Sigre gli prometta di fare tali uffi-
cii col re christianissimo dopo il fatto che la Mtà S. non habbi
a sdegnarsene.
Uebrigens kommen hier auch einige eigentlich piemonteſiſche Sa-
chen zur Sprache. Die ſpaͤtern Streitigkeiten bahnen ſich an. Der
Herzog machte Anſpruch auf Ernennung zu den biſchoͤflichen Stellen;
der Papſt geſtand ihm nur das Recht der Empfehlung zu: uͤber
einige Belaſtungen der Geiſtlichkeit zeigt er ſich mißvergnuͤgt.
108.
Ragguaglio dello stato di religione nel regno di Boemia e sue
provincie incorporate. 1624.
Im Mai 1621 langte Carl Caraffa in Prag an, und ſchritt
ſogleich an das Werk, das ihm Papſt Gregor XIII. vorzugsweiſe
aufgetragen, die Wiederherſtellung des Katholicismus in Boͤhmen zu
leiten.
Achtzehn Monate darauf, wie er ſelbſt ſagt, alſo im November
1622, faßte er unter dem Titel Relatio Bohemica einen Bericht
uͤber ſeine Thaͤtigkeit ab, den er an die neugegruͤndete Propaganda
einſchickte. Ich ſah das Original deſſelben, das bei den Mitgliedern
der Congregation circulirte: es waren die Cardinaͤle Sauli, Bandini,
26*
[404]C. Caraffa
Barberini (ſpaͤter Urban VIII), Borgia (ſpaͤter der heftige Oppo-
nent Urbans), Ubaldini, Santa Suſanna, Valerio Sagrato, Zol-
lern und die Praͤlaten Vives, Agucchi, Scala. Zollern ſollte eine
Copie nehmen und aus derſelben referiren.
Dieſen erſten Bericht erweiterte Caraffa 14 Monate ſpaͤter, alſo
im Januar 1624, und ſchickte ihn unter obigem Titel an Urban VIII
ein; „um“ wie er ſagt „deſſen vaͤterlichen Eifer noch mehr zur Liebe
gegen die Boͤhmen zu entflammen.“
Wir haben ein ausfuͤhrliches gedrucktes Werk von Caraffa: Com-
mentaria de Germania sacra restaurata; eine der wichtigſteu Quel-
len fuͤr die Geſchichte der erſten zehn Jahre des dreißigjaͤhrigen Krie-
ges. Aber einmal konnte er da auf ſeine boͤhmiſche Wirkſamkeit, de-
ren er allerdings mit Vorliebe gedenkt, doch nicht mit ſo großer
Vollſtaͤndigkeit eingehn wie in einer eigens dazu beſtimmten Rela-
tion: und ein gedrucktes Werk machte auch anderweite Ruͤckſichten noͤ-
thig. Mit voller Ausfuͤhrlichkeit und Freimuͤthigkeit dagegen druͤckt
ſich die Relation aus.
Sie begreift freilich nur den Anfang der boͤhmiſchen Umwand-
lung, aber fuͤr dieſen iſt ſie in der That ſehr wichtig.
Ich habe mich ihrer ſchon bei der Erzaͤhlung bedient: doch, der
Natur des Gegenſtandes nach, mit großer Beſchraͤnkung: ich will
hier einige Particularitaͤten nachtragen, aus denen ſich ergeben wird,
unter welchen Schwierigkeiten, die ihm beſonders die Landesregie-
rung machte, der Nuntius ſeine Abſichten ins Werk ſetzte.
1. Einfuͤhrung des lateiniſchen Ritus.
Havendo io tenuto sopra cio proposito col Plateis e consi-
derando sicome quei pochi Boemi che erano cattolici frequenta-
vano in ogni modo le chiese di nostro rito, dove pure ascolta-
vano i divini ufficj in lingua latina, giudicai non essere dispe-
rabile che l’istesso potessero fare anche quelli che di nuovo si
convertissero, insinuandosi massime loro da predicatori che
questa lingua sia quasi in un certo modo d’essenza ne’ divini
ufficj in tutti li paesi cattolici e particolarmente in quelle chiese
che si comprendono sotto l’imperio occidentale per segno della su-
periorità e maggioranza della chiesa Romana sopra tutte le altre:
però diedi ordine ad esso Plateis, che quanto prima havesse po-
tuto, usasse ogni suo studio per restituire l’uso del predetto
idioma in quelle chiese che già si erano levate di mano agli
eretici: onde il giorno de’ santi apostoli Simone e Giuda dell’
anno 1621, con l’occasione di essere stata provista dall’ arci-
vescovo di parroco cattolico la chiesa di Santo Stefano, princi-
pale parrocchia di Terra nuova, habitata dal più minuto volgo,
tra il [quale] sono pochissimi cattolici, fu celebrata alla presenza
di numero grandissimo di heretici nella predetta chiesa l’immacu-
latissimo sacrificio della messa in lingua latina con l’aspersione
dell’ acqua benedetta, con l’invocatione de’ santi e con tutti i
riti Romani, due secoli dopo che n’era stata esclusa la lingua
latina e che per molti anni non vi si era celebrato nè nell’ uno nè
nell’ altro idioma. Il quale esempio hanno poi seguito con le
chiese della città tutti i luoghi del regno senza sentirsi romore
[405]Ragguaglio di Boemia 1624.
o strepito alcuno nel popolo: et io essendo in Praga ho visto
detto popolo stare con molta attentione alle funtioni divine.
2. Abſchaffung des Kelches.
Inteso poi da me il senso della sacra congregatione del santo
ufficio per le lettere e scritture all’ hora mandatemi, risolvei di
vietarlo (il calice) onninamente e non dar più orecchie alle ciance
e preghiere di detti regnicoli, argomentando che se havessero voluto
essere obbedienti figli di santa chiesa, camminerebbero così in
questa come in ogni altra cosa di concerto col restante del corpo
cattolico; ma se sfuggissero di recedere da questo abuso radi-
cato anche negli animi de’ cattolici per la pretesa concessione
di Pio Quarto, tenerlo per segno di superbia et ostinatione e per
indicio di non veri cattolici: onde tralasciato ogni altro rispetto
e timore allegato da politici, i quali da questa novità immagi-
navano sollevationi o ruine irremediabili, feci prohibire a tutti
li parrochi che non porgessero ad alcuna persona la specie del
vino, comandando loro che a chiunque le domandava ambedue,
chiedessero se era cattolico, e confessandosi tali gli enuncias-
sero la necessità di ubbedire al rito Romano il quale esclude i
laici dal calice. Così molti che non erano tocchi da vero zelo,
sentendo questo si rimanevano nella loro ostinatione, non com-
municando nè nell’ una nè nell’ altra forma, e noi intanto con-
seguivamo l’intento nostro, che non si porgeva il calice: ma
non fu però niuno di quei preti tornati all’ obbedienza che ha-
vevano in cura le chiese reconciliate il quale havesse l’animo
di porgere la sola specie del pane in faccia degli heretici che
frequentavano dette chiese: sino che il cancelliere Plateis diede
intrepidamente principio a questa santa impresa nella parrocchia
di San Martino, come di sopra si è notato. Il quale uso intro-
dotto poi a laude di Dio nell’ altre chiese si osserva con intera
quiete, ancorche mi habbiano in cio dato assai che fare i politici.
Perciocche vedendosi gli heretici svanito il disegno fatto di do-
vere in ogni modo conseguire da veri sacerdoti cattolici il san-
tissimo sacramento sotto l’una e l’altra specie, hebbero l’anno
passato 1622 ricorso da politici: e qualunque maniera con loro
si tenessero, a me per adesso non importa riferirlo: basta che
estorsero una lettera del principe Liechtestain, che all’ hora si
trovava qui, in virtù della quale, come se fosse per ordine di
Sua Mtà, chiamando i due parrochi della madonna del Tein e
di Santo Enrico, stati già predicanti, comandarono loro che
nella solennità della pasqua porgessero indifferentemente a ogn’
uno, di qualunque rito fosse, la communione sotto l’una e l’al-
tra specie. Così il giovedì in caena domini per mera perfidia
di detti politici nella chiesa del Tein fu commessa grandissima
abominatione, ricevendo il venerabile corpo del signore consa-
crato sotto le due specie del pane e del vino da legittimo sa-
cerdote più di mille scellerati heretici, dandosi in tale guisa per
colpa d’huomini cattolici il santo a cani. A questo non mancò
il Plateis di fare l’oppositione che se li aspettava, ma niente
potè contro la temerità loro: onde egli per sostenere la prohi-
[406]C. Caraffa
bitione dell’ uso del calice deliberò fare animo e distribuire il
sacramento, come tre giorni dipoi fece, pubblicamente sotto la
sola specie del pane, nella parrocchia di San Martino. Ma ha-
vendo io havuto notitia di questo empio attentato, fui subito a
farne acerba lamentatione con Sua Mtà, dolendomi con ogni più
efficace maniera che i suoi ministri si volessero ingerire in quelle
cose che concernono la reverenza verso il tremendo sacramento
dell’ altare, che meramente riguardano lo spirituale e la salute
dell’ anime, e che senza rispetto niuno s’intromettevano negli
affari di religione, non mostrando segno alcuno di obbedienza
verso dio e la santa sede Romana, della quale la maestà Sua
si era sempre mostrata tanto ossequente. Da che fuori di modo
commosso l’imperatore diede subito rigidissimi ordini a detti po-
litici, acciò lasciassero la cura delle cose ecclesiastiche e di re-
ligione agli huomini di chiesa, facendo loro grave riprensione
per la temerità commessa: onde essi gagliardamente si incitarono
contro di me e del Plateis, come quelli da quali si persuasero
essere proceduto il rabbuffo fattoli da Sua Mtà; et oltre al mi-
nacciare aspramente il Plateis, non si astennero dal manomet-
tere anche l’autorità mia, insinuando a monsr arcivescovo che
egli s’io non li mostravo sopra cio special breve di Sua Beatne,
non fosse tenuto ad obbedirmi in una cosa di tanto rilievo come
il sopprimere in Praga l’uso del calice; e non tralasciando di
sollevare i predetti parrochi e farli animo, persuadendo loro che
non havessero timore alcuno di me nè dell’ arcivescovo, perche
dal governo politico, al quale in quel regno per antiquato stile
devono soggiacere gli ecclesiastici, sariano sempre protetti e
sostenuti, operarono che il curato del Tein facendo nuova pre-
varicatione si ridusse in aperta disubbidienza, e prese ardire di
predicare al popolo che non volesse tollerare che i papisti, che
miravano tiraneggiare il tutto, li togliessero l’uso del calice, e
pregassero dio per lui vero difensore del paterno antico rito:
di modo che quel volgo fece un poco di tumulto, rappresentan-
dosi quella sera sino al numero di mille alla casa di detto cu-
rato come in sua difesa. Il che venuto a mia notitia, cavai su-
bito da Sua Mtà Cesarea indignatione e comandamento che il
detto prete fosse subito arrestato e consegnato a monsre arci-
vescovo: come fu senza dilatione alcuna eseguito: e quel po-
polo, che prima si era mostrato così ardente per la sua inden-
nità, non fece motivo alcuno, perche lo vedesse condurre pri-
gione in faccia del giorno e di tutta la gente. Et egli dopo al-
cune settimane di carcere se ne morì dentro di quella, supplen-
dosi alla cura di detta chiesa, che è la principale di terra vec-
chia, con altro parroco cattolico e con la predica del canonico
Rottua, soggetto insigne per dottrina e zelo, il quale ammini-
stra tuttavia questa carica con molto profitto e con grandissimo
concorso così di cattolici come di heretici, i quali volentieri
ascoltano le prediche di questo buon sacerdote per la sua efficace
e grata maniera di dire.
[407]Ragguaglio di Boemìa 1624.
3. Allgemeines Verfahren.
Per decreto di Sua Mtà in conformità delle risolutioni prese
nella congregatione prefata tenuta in Vienna si sono dipoi ri-
formate tutte le città del regno, cacciando da esse e da loro
contorni li ministri e predicanti heretici. In ciascuna di esse
oltre il parroco si sono messi il capitano, il giudice, il primate
del consiglio et un cancelliere cattolico, restandone in eterno
bandito l’esercitio heretico, havendo l’imperatore per prova co-
nosciuto, coll’ esempio della fedeltà di Budueis e con la perfi-
dia di quasi tutte le altre, quanto importi che le città siano he-
retiche o cattoliche. Et ancorche il principe Liechtestain sopra-
sedesse già dalla incominciata riforma rispetto a gran rumori
che si spargevano del disgusto di Sassonia, poi la proseguì, ha-
vendogliene io fatto reiterare l’ordine: ma però se li sospese
circa li circoli di Egra e Culma per essere contigui alla Sasso-
nia e pretendersi che la proprietà loro sia dell’ imperio e non
della corona di Bohemia. Con tutto ciò resta per ancora nel
regno qualche predicante protetto da baroni heretici o da poco
buoni cattolici, e particolarmente ne sono nel circolo di Leit-
meriz spalleggiati da un barone cattolico, che professando grande
strettezza e fratellanza con l’elettore di Sassonia si persuade
farli in questa maniera cosa gratissima: et havendolo io esortato
a cacciarli e fattogliene parlare ancora da altri, ha promesso
mandarli via, ma dubito che ritenuto dalla moglie, che è here-
tica, non vorrà farlo se non forzatamente. Ne sono anco rima-
sti in quelle città nelle quali si trovano acquartierate militie he-
retiche, non havendo voluto li commissarj regj esporsi col ri-
formarli a pericolo di tumulto: ma hora che i sospetti di guerra
vanno scemando, si darà licenza alli soldati heretici, ovvero se
li assegneranno altri quartieri, acciò habbia luogho la riforma.
Ne resta uno ancora nella città di Kuttembergh, scusando il
principe di Liechtestain di non poter cacciarlo, perche quegli
huomini non vorrebbero poi lavorare nelle miniere che ivi sono:
tuttavia col ritorno dell’ imperatore a Praga spero in dio che
si rimediarà da ogni cosa. Nè devo tralasciare che nel mio
passaggio da Ratisbona a Praga, havendo traversato una gran
parte della Bohemia, e così da Praga a Vienna ho trovato in
ogni luogo la riforma effettuata, eccettoche nella città di Jaro-
mir, dove erano in alloggio alcune fanterie del colonnello duca
di Sassonia: ma dipoi ho mandato stretto ordine di Sua Mtà, ac-
ciò sia riformata: et in ciascuna di esse città s’istruiscano i
figliuoli nella dottrina christiana, insegnandoseli orare in lingua
latina.
Sono state sotto rigide pene prohibite dentro e fuori di
Praga le conventicole degli heretici, sotto qualunque pretesto
le facessero, la qual commissione fu data molti mesi addietro
a mia richiesta: ma non ostante che io più volte n’habbia recla-
mato col governo di Praga, non era stata mai eseguita.
Dal senato della città di Praga si sono levati tutti gli he-
retici, supplendo i loro luoghi di persone cattoliche, e se li è tolta
[408]Caraffa Ragguaglio di Boemia 1624.
ogni essentiale autorità, lasciandogliene solamente qualche ap-
parenza nelle cose che non sono di molto rilievo, annullando
in specie tutti li privilegj pregiudiciali alla religione cattolica
concessi da re passati, potendo benissimo farlo l’imperatore ha-
vendosi per forza d’armi riguadagnato questo regno già aperta-
mente ribellatoseli. L’accademia o collegio di Carlo IV a glo-
ria divina e della religione cattolica si è restituita alla sua pri-
miera istitutione sotto la cura de’ padri Gesuiti, li quali hanno
ancora la sopraintendenza di tutte le scuole del regno, et a’ me-
desimi l’usare diligenza che non si stampino o vendano libri
contrarj alla verità cattolica, essendosi sottoposti alla loro cen-
sura i librarj e gli stampatori. Si è havuto intorno alla pre-
detta accademia qualche difficoltà, volendocisi deputare un presi-
dente laico, il che da me non veniva bene inteso, ma finalmente
spero che sarà lasciata questa cura a monsr arcivescovo, pre-
tendendo egli per suoi antichi privilegj essere cancelliero del
regno.
Alla casa de’ poveri istituita in Praga da Ferdinando Terzo
si sono di più assegnati 4 m. talleri annui: onde si è ac-
cresciuto il numero loro da ottanta, che prima vi sene ali-
mentavano, fino a ducento. A padri Gesuiti si sono dati per
una volta 20 mila talleri da spendersi nella fabbrica del loro
collegio: et in questo non è occorso che si impieghino li miei
ufficj, non havendo bisogno di alcun mezzo appresso dell’ im-
peratore l’evidenti utilità che dalle loro attioni si traggono.
Per augumento dell’ entrate capitolari della cattedrale sono
stati assegnati beni che rendono 6 m. talleri annui, e per le
archiepiscopali 24 mila: ma perche questi beni sono assai gua-
sti e rovinati, monsignor arcivescovo desidera ritenersi per qual-
che tempo il monsr d’ Ossegg, assegnato già alla mensa archie-
piscopale sotto Ridolfo in vece della pensione camerale che ve-
niva difficilmente pagata. Nell’ arbitrio di monsignor arcive-
scovo si è riposta la provincia delle parrocchie di Praga e di tutto
il regno, etiam che prima fossero possedute da signori partico-
lari che erano tutti ribelli, essendosi riserbato l’imperatore que-
sto jus, mentre si sono venduti li beni di essi ribelli, haven-
dosi anche havuto riguardo che per molte leghe intorno a Praga
siano tutti comprati da cattolici.
109.
Relatione alla Stà di N. Sre papa Urbano VIII delle cose ap-
partenenti alla nuntiatura di Colonia per Mr Montorio
vescovo di Nicastro ritornato nuntio di quelle parti l’anno
di N. Sre 1624.
Mitten in jenen Kriegsunruhen langte Montorio in Deutſchland
an. Er ſtellt die Gefahr heraus, in welche die Katholiken gerathen
ſeyn wuͤrden, wenn Mannsfeld, der den Oberrhein von Strasburg
bis Mainz, und der Biſchof von Halberſtadt, der Weſtphalen be-
herrſchte, es dahin gebracht haͤtten ſich mit Baden Durlach zu verei-
[409]Montorio Rel. di Colonia 1624.
nigen. Aber alle dieſe Anfuͤhrer erlitten Niederlagen. — Er ſchil-
dert nun, welcher Vortheil aus dieſen Siegen hervorgegangen, in wel-
chen Zuſtand die deutſche Kirche gelangt ſey.
In Fulda hat die Gegenreformation in aller Heftigkeit wieder
angefangen: in Osnabruͤck iſt mit Huͤlfe der Infantin und der li-
giſtiſchen Armee die katholiſche Partei durchgedrungen: in Minden
hat man Hoffnung einen Erzherzog zum Biſchof zu machen: auch
in Bremen hatte man durch eigene Sendungen die Domherrn bear-
beitet einen katholiſchen Coadjutor zu waͤhlen, doch war fuͤr dieß-
mal ein daͤniſcher Prinz durchgedrungen: aber wenigſtens Duldung
der katholiſchen Religion hofft der Nuntius in allen Hanſeſtaͤdten
eintreten zu ſehen: ihm ſcheint, der Kaiſer koͤnne ſie geradezu anbe-
fehlen, zumal da dieſe Staͤdte von dem ſpaniſch-portugieſiſchen Han-
del große Vortheile ziehen: ſchon iſt in Altona eine Kirche eroͤffnet,
von der ſich vieles fuͤr den Norden hoffen laͤßt: per potere in qual-
che tempo fondarsi un seminario, onde possino pigliarsi operaj,
dopo che avranno appreso la lingua Danica e Norvegica, per
ridurre al lume delle vera fede quei popoli più settentrionali.
Bei dieſem Fortſchritt findet Montorio zugleich eine Reform in
dem Innern der deutſchen Kirche unerlaͤßlich. Die Praͤlaten kleiden ſich
weltlich, machen ſich keinen Scrupel daraus, in den Krieg zu gehn:
das Concubinat herrſcht ganz oͤffentlich, und der Nuntius hat wegen
dieſes Fehlers einen ſonſt ſehr geeigneten Candidaten, einen Hornberg,
nicht zum Bisthum Wuͤrzburg gelangen laſſen. Auch denken die
deutſchen Biſchoͤfe wenig an den Papſt; ſie beſetzen die Stellen in
den vorbehaltenen Monaten, und durch ihre Beamten maßen ſie ſich
viele unerlaubte Dinge an. Dispensano ne’ gradi matrimoniali
prohibiti, ad sacros ordines et beneficia vacata, super defectu
natalium, concedono extra tempora, dispensano super defectu
aetatis, anche talvolta hanno dispensato con persone institute
in sacris di prender moglie. Sie nennen ſich von Gottes Gna-
den, ohne des apoſtoliſchen Stuhles zu gedenken, und behandeln ihre
kirchlichen Guͤter faſt wie Eigenthum. In den Kloͤſtern ſteht es nicht
beſſer. Die Aebte betragen ſich als abſolute Herrn. In den Staͤd-
ten gibt es nichts als Bankette, Geſellſchaften mit Maͤnnern und
Frauen: in den Kloͤſtern auf dem Lande treiben ſie die Jagd, und
man ſieht nichts als Jagdhunde und Jagdgefolge.
Der Nuntius haͤtte gern Hand an eine Reform gelegt, doch ver-
hinderten ihn anſteckende Krankheiten, die Kriegsunruhen und po-
litiſche Geſchaͤfte.
Auch von dieſen handelt er ſehr gut. Ich habe doch nicht alles
aufnehmen koͤnnen was er von der Uebertragung der Chur ſagt, und
will es hier nachholen.
Possono esser note a S. Beatne le cose all’ hora occorse,
ed io benche mi fossero giunti assai tardi i brevi che mi man-
dava papa Gregorio, acciocche intervenissi alla dieta per tale
effetto adunata in Ratisbona, mi mossi nondimeno nel maggior
rigore dell’ inverno con grandissime spese, disagi e pericoli per
comparirvi: e condottomi sino ad Herbipoli da ministri di S.
Stà e da principi elettori ivi congregati, a quali avevo dato av-
[410]Montorio Rel. di Colonia 1624.
viso della mia mossa, mi fu significato non esser più necessa-
ria la mia persona, poiche la conclusione del negotio era ritar-
data da più alta cagione che dal mancamento del consenso de’
principi ivi adunati, e che il vedersi ivi compariti tanti ministri
apostolici havrebbe accresciute le difficoltà, mettendosi in gelo-
sia li protestanti, come che quella traslatione fu trattata più to-
sto come materia di religione che di stato. Mi rimasi perciò
d’andarvi, tanto più che il Magontino, che come degano del
collegio elettorale era quasi arbitro del negotio, praticato da me
alcuni mesi prima, stava costante nell’ offerta fattami di voler
secondare la mente del papa e dell’ imperatore. Li deputati di
Treveri havevano ordine dal suo principe, datoli a mia istanza,
di non iscostarsi dalle deliberationi del Magontino e del Colo-
nicense. Io non starò qui a divisare a V. Beatne le difficoltà
che incontrai per disporre il Magontino a consentire a detta
traslatione: perche hora diceva abborrire la città di Ratisbona
come d’aria nemica alla sua sanitâ, hora diceva trovarsi esau-
sto di denari e da non potere supplire alle spese che ivi gli sa-
ria convenuto di fare, hora che il negotio non era maturo, non
essendoci il consenso di Spagna e di Sassonia, hora temeva le
minacce del re d’Inghilterra, di Dania e di altri settarj, hora
affermava che quella traslatione havrebbe accesa nuova e più
cruda guerra in Germania, con danno evidente della religione
cattolica, mentre i principi ecclesiastici, che havevano portato
fino all’ hora e dovevano portare per l’avvenire il peso, esausti
per le contributioni passate alla lega, spogliati d’ogni loro ha-
vere dall’ insolenze e rubamenti non meno de’ nostri che de’
nemici soldati, non solo non potevano nè havevano modo di ap-
parecchiarsi a nuova guerra, ma erano ridotti ad estremità tali
che erano costretti licentiare le proprie famiglie a vivere quasi
privatamente: non lasciava di porre in consideratione il duca
di Neoburgh, come più prossimo di sangue al palatino, la cui
persona non havrebbe recata tanta gelosia a protestanti, che te-
meano la grandezza del Bavaro, a cui conforme łe costitutioni
imperiali secondo la bolla aurea come a più prossimo doveasi
quella dignità, nella quale il medesimo duca haveva protestato
non volere consentire sino all’ ultimo spirito che altri fosse a
se preferito: basta che in quattro o cinque giorni che mi trat-
tenni con lui in Acciaffemburgo, dopo lunghi discorsi fatti in
voce et in iscritto, ottenni la risolutione che io desiderava. La
traslatione fu fatta, et ancora si mantiene. Il palatinato è in
parte occupato dal Bavaro, in parte da Spagnuoli, nè altro re-
sta al palatino che la città di Franchinthal depositata in certo
tempo in mano della serenissima infanta di Fiandra con concerto
del re Inglese.
Mentre per detto negotio io ero in Acciaffemburgo, giunse
ivi la nuova della presa di Adilbergh: et havendo io già fatto
officio per commissione di Sua Stà col sigr duca di Baviera per
la libreria Palatina et havendone havuta offerta, mandai subito
un’ espresso al sigr conte di Tilly, facendoli istanza per la con-
[411]Instr. a L. Caraffa per Colonia 1624.
servatione di essa, poiche mi veniva affermato per la qualità e
quantità de’ libri massime manoscritti essere di valore inestima-
bile: e mi rispose S. E. che il tutto era in poter suo ben con-
servato per eseguirne l’ordine del sigr duca: di che havendo dato
conto a patroni, havendo essi mandata persona a pigliarlo, fu
detta libreria dopo alcuni mesi condotta a Roma.
110.
Instruttione a V. S. Monsr Caraffa vescovo di Tricarico desti-
nato da N. S. suo nuntio in Colonia. 26 Giugno 1624.
Ludwig Caraffa iſt der Nachfolger Montorios: er war Nun-
tius in Coͤln zu derſelben Zeit, als Carl Caraffa die Nuntiatur in
Wien verwaltete.
In einer ſehr ausfuͤhrlichen Inſtruction theilt ihm der Papſt
ſeine Anſichten uͤber die deutſchen Sachen mit.
Er eroͤrtert darin alle jene Punkte uͤber die innere Kirchendisciplin,
welche Montorio in Anregung gebracht hatte. Schon habe der apo-
ſtoliſche Stuhl ſo viel Verluſte an Einkommen und Anſehen erlitten;
der Nuntius ſoll verſuchen das Verlorene wieder herbeizubringen.
V. S. stia attentissima a tutto quello che può sostentare l’auto-
rità apostolica e specialmente a procurare che da essa eschino
le dovute provisioni beneficiali. Es iſt merkwuͤrdig, daß dem Nun-
tius hier Auftraͤge gegeben werden die unmittelbar auf die Rath-
ſchlaͤge Minuccio Minuccis gegruͤndet ſind. Z. B. ſoll er eine Liſte
der der Befoͤrderung wuͤrdigen deutſchen Geiſtlichen nach Rom ſen-
den. De’ più costumati, de’ più dotti, de’ più nobili, de’ me-
glio appoggiati all’ autorità d’alcun principe cattolico. — Così
noi aremo notizie tali che sollecitamente la sede apostolica po-
trà provedere prima che scorra il suo tempo. Woͤrtlich eben
das, was Minucci 1588 anempfohlen hatte. Doch hat die Zeit noch
neue Maaßregeln an die Hand gegeben. Die wichtigſte iſt, daß man
einem alternden Biſchof noch bei ſeinen Lebzeiten einen katholiſchen
Coadjutor beigeſelle. Schon hat man das in Paderborn wie in
Muͤnſter mit dem beſten Erfolge ins Werk geſetzt.
Die Hauptſache bleibt nun aber die weitere Ausbreitung des Ka-
tholicismus.
Die Liga ſoll aus allen Kraͤften aufrecht erhalten werden: der
Nuntius ſoll daruͤber wachen, daß Jedermann ſeine Rata bezahle.
In Coͤln iſt eine geiſtliche Geſellſchaft zur Bekehrung der Proteſtan-
ten geſtiftet, an welcher Prinzen von Oeſtreich und Baiern Theil neh-
men, und die eine gute Caſſe beſitzt: der Nuntius ſoll ſie nicht ein-
gehn laſſen. Einige fuͤrſtliche Haͤuſer werden ins Auge gefaßt, die
man zunaͤchſt zu gewinnen hofft, namentlich Darmſtadt und Sach-
ſen. Der Nuntius ſoll dieſe Neigung befoͤrdern, „auf daß dieſe Fuͤr-
ſten der Gnade nicht widerſtehn die Gott ihnen erweiſen will.“ Be-
ſonders ſoll er die Errichtung von Seminarien, die Einfuͤhrung der
Jeſuiten befoͤrdern. Dieſe Stelle iſt vielleicht die merkwuͤrdigſte der
ganzen Inſtruction, und ſie mag woͤrtlich folgen.
Sarà opera degnissima di S. Sria l’impiegarsi a coltivare i
[412]Pietro Contarini
seminarj già fatti et a procurare che altri se ne faccino di nuovo;
e per queste simili opere chi non vede che i padri della com-
pagnia di Gesù sono maravigliosi? Laonde il predecessore di
S. Sria diede principio a pratticare l’introduttione di quelli in
Franchfort, scrivendo sopra di cio caldissime lettere a Cesare,
e voleva fare altrettanto l’elettore di Colonia. N. Sre, per sol-
lecitare l’effettuatione di questo buon pensiero, fece scrivere al
nuntio presso l’imperatore che non si riscaldi: col quale S.
Sria s’intenderà per quello che restasse da fare, avvisandone le
speranze e i successi. L’elettore di Magonza ha fatto rappre-
sentare alla Stà di N. Sre che per propagare la religione catto-
lica, che col favore divino piglia piede nel palatinato inferiore,
niuna cosa viene giudicata più spediente quanto l’erettione de’
seminarj e delle case dove possino convenire i nobili del Reno:
e per cio fare, propone a S. Bne che si potrebbono comodamente
applicare i beni d’alcuni monasterj e specialmente di Germers-
haim, Spanhaim et Odernhaim, posti nella diocesi di Ma-
gonza et altre volte occupati da principi Palatini del Reno: la
quale proposta è stata stimata da S. Bne di molto rilievo, e
prima di risolvere voleva che l’antecessore di V. Sria presane di-
ligente informatione avvisasse distintamente lo stato di detti mo-
nasterj col suo parere: ma perche la brevità del tempo non gli
havrà permesso eseguir tutto, S. Bne vuole che ella supplisca
al rimanente con ogni sollecitudine et accuratezza.
L’elettore di Colonia ancora vuole instituire un’ università
nella sua città di Munstero: e di cio è stato ragionato nella
sagra congregatione de propaganda fide, inclinando la Stà di N.
Sre che si facci detta università, con conditione però che oltre
alle scienze vi si insegnino le leggi canoniche e civili. Serva
a S. Sria per avviso, accioche ella tratti in questa forma con
detto elettore, quando S. A. le parlerà d’havere ottenuto per
detta erettione il beneplacito apostolico.
111.
Relatione dell’ illmo et eccmo sigr Pietro Contarini Kr ritornato
dell’ ambasceria ordinaria di Roma, presentata alli 22
Giugno 1627 e letta il medesimo giorno nell’ eccmo senato.
Ueber vierthalb Jahr — 44 Monate — hatte P. Contarini an
dem Hofe Urbans VIII. zugebracht, als er dieſen Bericht erſtattete.
In vier Abtheilungen handelt er in demſelben von der weltli-
chen, der geiſtlichen Verwaltung, den wichtigſten Geſchaͤften und den
einflußreichſten Mitgliedern des Hofes.
Beſonders ausfuͤhrlich und unterrichtend iſt er uͤber die Erwei-
terung der geiſtlichen Jurisdiction. Er findet, noch niemals ſey ſie
mit ſolcher Strenge in Italien ausgeuͤbt worden: durch die doppelte
Abſicht eine unmittelbare Herrſchaft uͤber die geiſtlichen Perſo-
nen und eine freie Dispoſition uͤber die geiſtlichen Guͤter zu be-
haupten, werde der roͤmiſche Hof den Fuͤrſten ſehr gefaͤhrlich. Ur-
ban VIII. ſage oft, wenn ein venezianiſcher Edelmann auf dem roͤ-
[413]Relatione di Roma 1627.
miſchen Stuhle ſaͤße, koͤnnte ein ſolcher den Venezianern nicht gewo-
gener ſeyn als er, der gegenwaͤrtige Papſt; deſſenungeachtet erlange
man von ihm niemals die mindeſte Gunſt.
Ueberhaupt hat er eine ſchlechte Meinung von dem geſammten
roͤmiſchen Weſen. Das Princip der ganzen Verwaltung ſey der Ne-
potismus.
L’inclinatione dei papi di far grandi i nepoti da in questi
tempi il primo moto all’ attioni, dichiarationi e dipendenze con
altri principi. Prima si pensa ad imprese contra infideli, ad ac-
quisto di stati, ma come gli anni son brevi, le difficoltà molte,
così si ferma il concetto senz’ effettuatione alcuna: doppo altra
strada si prende più facile, accumulando grandi richezze, com-
prando stati.
Er ſchildert die Umgebung Urbans folgendergeſtalt.
Per ordinario si consiglia il pontefice con il cardle Maga-
lotti, cognato del fratello, e che tiene anco il carico di segre-
tario di stato, per le cui mani passano tutte l’espeditioni. E’
cardinale d’ingegno grande, vivace: lo stima assai il papa: l’ha
voluto sempre appresso di se, et in particolare nella legatione
di Bologna, dove le diede la viceregenza di quel governo. E
se vi è alcuno che arrivi ad havere predominio nell’ animo della
Stà Sua, quest’ è l’uno, nè si sa se per proprio affetto et in-
clinatione di lei o se per la grande accortezza del cardinale, che
bene conoscendo il genio di chi così lungamente si è servito
di lui sa valersi delli mezzi proprj per condursi a questo segno:
e può dirsi che negli affari di momento di esso solo si vale.
Egli però s’affatica d’aggiustarsi alle inclinationi del pontefice,
le contradice meno che può, e nelli suoi sensi procura d’incam-
minare le proprie attioni per conservare il posto, la confidenza
e la riputatione che le apporta l’esser adoperato nelli maneggi
più gravi. Procura con allontanarsi da tutte le apparenze, fug-
gendo l’audienze ordinarie de’ ministri di principi, de’ cardinali
e quasi d’ogni altro (ma solo tratta i negotii ch’espressamente
gli sono incaricati) di non acquistar l’odio che per l’ordinario
suole cader sopra quelli che si veggono più vicini e partecipano
dell’ autorità o gratia del principe: e lo fa maggiormente per
non ingelosire il cardle Barberino, che da principio non mostrò
di ricevere intiero gusto di vederlo avanzarsi tanto, e più valersi
il pontefice di lui che della sua persona: e percio bene spesso
per questa causa s’udirono da Barberino parole che dinotavano
il suo sentimento. Hora nondimeno lascia correr le cose come
vanno, e mostra confidar nel zio, o per sollevarsi del peso de-
gli affari, o perche non sa o conosce di non poter fermare il
corso alla fortuna di questo. Il tutto pure si partecipa col me-
desimo cardinal Barberino, con S. Onofrio e Don Carlo.
Il primo, come nipote, è veramente amato. Vorrebbe la
Stà Sua che con più applicatione attendesse alli negotii: ma egli
v’apparisce alieno assai, nè il suo naturale punto si vede incli-
nato, et pare che quasi a forza assista solo dove per il carico
che tiene non può far altrimenti, scaricando il peso degli af-
[414]Pietro Contarini
fari più gravi sopra l’istesso cardle Magalotti, contentandosi di
spogliarsi di quello che dovrebbe esser suo particolare per ve-
stirne il zio, contro la pratica degli passati pontefici, sia o per
propria debolezza, o per non saper volersi di quella antorità che
gode chi arriva a posto tanto eminente. E’ di ottimi, virtuosi
e lodevoli costumi, di soave natura, e con esempio unico non
vuole ricever donativi o presente alcuno. Sarà nondimeno vi-
vendo il pontefice al pari d’ogni altro cardinale grande e ricco.
Hor deve haver intorno 80 m. scudi d’entrata di beneficj eccle-
siastici, e con li governi e legationi che tiene deve avvicinarsi
a 500 m. scudi, e tutto il meglio che cava, sarà suo, princi-
piando a farsi delle investite di momento. E poco spendendosi
in breve tempo, verrassi ad accumular ricchezze immense.
Il cardl S. Onofrio essendo vissuto del continuo nei Cap-
puccini, seguito tuttavia in una vita religiosissima, non s’in-
gerisce se non in quello le viene commesso, e degli affari del
mondo poco ne sa e meno n’intende: e bene si è conosciuto la
sua inabilità in questo nell’ absenza di Barberino, mentre fu
necessario di trattare e negotiar seco. Hora si ritrova alla re-
sidenza della sua chiesa di Sinigaglia.
Il sigr Don Carlo pure, fratello del pontefice, è generale
di santa chiesa, e tutto quello che appartiene alla militie, alle
fortezze, alle galere, è sotto il suo comando. E’ signore d’in-
telligenza, prudente, cauto nello discorrere e trattare, e la cura
dell’ entrate e maneggi della camera ottimamente l’intende, es-
sendo stato huomo di negotio e versato in queste materie.
Qualche cosa ha rilasciato dalla sua prima applicatione agli af-
fari, per non aggravar maggiormente li suoi anni, essendo il
più vecchio delli fratelli e per qualche sua dispositione ancora.
Due altri nipoti tiene la Stà Sua. Il sigr Don Taddeo, nel
quale si pensa di stabilire la casa, giovane di anni 23 incirca,
di nobilissime maniere, di grande ingenuità, et è sommamente
amato da tutta la corte. Qualche disegno vi è nel pontefice di
farlo prefetto della città dopo la morte del duca di Urbino, che
hora gode questo titolo, carico degnissimo, che a tutti precede
e dura in vita e dopo la morte anco del pontefice tiene luogo
nel solio. E Don Antonio, commendatore di Malta, di anni
18. Ha intorno 14 m. scudi di commende. E’ di uno spirito
pronto, vivace, et a suo tempo vi vorrà esser per la sua parte:
desidera egli parimente il cardinalato, e si crede lo compiacerà
la Stà Sua. Molti che non amano il cardle Magalotti, lo vedreb-
bono volentieri quanto prima promosso a quella dignità, con
opinione possa egli arrivar dove non giugne il fratello a farle
contrasto et oppositione.
Die valtelliniſche Sache wird hier einmal in ihrem Zuſammen-
hange eroͤrtert.
L’altro importante negotio è quello della Valtellina, intorno
al quale pure grandemente vi travagliò la Santità Sua, ma con
fortuna diversa, se bene nel principio vogliono che potesse ap-
plicarvi maggiori e più risoluti rimedj. L’esser entrato in af-
[415]Relatione di Roma 1627.
fare tanto arduo li primi giorni del ponteficato, uscito e non
ben ancora rimesso da una grave indispositione, con il pensiero
più applicato al primo che a questo negotio, causò forse che
si lasciò correr molte cose che allora il provedervi non era dif-
ficile, sicome il remediarvi poi dopo riuscì impossibile. Fu
il deposito della Valtellina fatto dai Spagnoli in mano di Gre-
gorio XV, e Chiavenna con il suo contado la consegnarono
con le medesime conditioni al presente pontefice. Le prime ne-
gotiationi passarono per mano del commendatore Silleri con
tanta cantela e secretezza che il certo d’esse non solo si co-
municava alli ministri di V. Serenità, che pure ne doveano
aver tanta parte, ma con fatica veniva a loro notitia il vero di
quanto si trattava. In niuna altra cosa premeva il pontefice
che nel ricevere soddisfattione per il pagamento delli presidj
ch’egli teneva nelli forti della Valle, e dopo infinite doglian-
ze et instanze conseguì, credo, fra l’uno e l’altro re intorno
200 m. scudi. Questo danaro andò diminuendo il dispiacere del
deposito, che prima e dopo anche dannò sempre grandemente,
stimando non esser sollevato dall’ interesse, niuno pregiudicio
potesse apportarle la longhezza et irresolutione di tal maneggio.
Quelli del Valtellina s’offerivano al papa per vassalli, as-
sicurandolo che li datii che potrebbe imporre sopra li vini e for-
maggi basterebbono a mantener li presidj ordinarj per difesa
di quella Valle. Molti consideravano al pontefice che il ritornar
la Valtellina alli Grisoni e rimetter in mano degli heretici li
cattolici non si poteva da esso nè si dovea se non con gran-
dissimo scandalo e danno eseguire, che darla ai Spagnoli niuno
n’havrebbe assentito, et ai Francesi o ad altri quelli non lo per-
metterebbono; nè meglio vi fosse che si conservasse alla chiesa
la Valtellina, non contenendo alcun’ altra conditione di mo-
mento quel paese che dei passi, che si possono havere o pre-
tender per venirsene et andarsene oltre ai monti: questi restando
in potestà del pontefice patre comune, gli havrebbe aperti e con-
cessi sempre secondo il bisogno e necessità d’ogn’uno. Le ra-
gioni se bene poco fondate non lasciano di far impressione, e
talvolta anche persuadono dove apparisce alcuna speranza di
eomodo et utile. Del concetto se ne lasciò intender la Stà Sua,
et aggiunse anco, quando vi fosse qualche difficoltà nel restar
alla chiesa, ne si potrebbe investir un suo nipote. Era pro-
mosso dai Spagnoli il partito, a loro però nè ai Francesi pia-
ceva: in fine si fermò da Silleri il trattato ben noto a V. Se-
renità, che non fu in Francia approvato dal re, in particolare
nella parte che Spagnoli avessero il passo per le genti che an-
dassero in Fiandra e per le medesime solo che ritornassero:
poiche il formar della Valtellina una quarta lega, che tanto pre-
tesero Spagnoli, meno il pontefice v’assentì. Fu mutato per
questa causa l’ambasciatore, o fosse per la caduta del cancel-
liere e di Puysieux segretario, l’uno fratello e l’altro nipote del
medesimo Silleri. E giunse in Roma monsr di Bettune, mini-
stro di miglior consiglio, di più generosi e risoluti partiti, dis-
[416]P. Contarini Rel. di Roma 1627.
autorizzò il negotiato del suo precessore, insistè e parlò sem-
pre per il trattato di Madrid, negò assolutamente il permettere
per qualsivoglia maniera a’ Spagnoli il passo, e sollecitò in fre-
quenti audienze il pontefice a risolvere alcuna cosa, poiche nè
a maggiori lunghezze nè a più tarde dilationi potea la lega as-
sentire.
Il pontefice, che non stimò mai tanta risolutione nelli col-
legati nè da questa causa fossero per condursi all’ armi, mas-
sime che’l suo nuntio in Francia e quello di Suizzeri afferma-
rono del continuo alla Stà Sua con lettere che’l marchese di
Covre mai bavrebbe presentate l’armi del re dove vi fossero le
insegne della Beatne Sua, s’andò pure continuando nelle irre-
solutioni, e quanto più accrescevano et apparivano le difficoltà,
tanto maggiormente veniva ella a persuadersi (nè vi mancava
chi la confermava in questo) che in fine nelle contese essa ne
restarebbe posseditrice. E benche Bettune per ultimo significò
al papa che il re e la lega insieme la supplicavano di rimettere
ai Spagnoli li forti conforme allo obbligo del deposito, accioche
essendovi necessità di mover l’armi non s’attribuisca a poco ri-
spetto l’andar contro quelle della Stà Sua, e se all’ hora il pon-
tefice si risolvea e prendea partito come dovea, offerendo ai Spa-
gnoli li forti, il tutto veniva ad aggiustarsi con la riputatione
sua e soddisfatione degli altri, poiche non gli havrebbono rice-
vuti li Spagnoli non trovandosi in termine di poterli difendere,
e cessava la causa di dolersi mentre in tempo eseguiva il pon-
tefice le conditioni del deposito, nè poteva alcuno contradire la-
sciandoli a Grisoni; corsero alcuni giorni: in fine surprese il
marchese di Covre Plata Mala: allora il pontefice pretese et
adimandò tre mesi di tempo, e dopo si ristrinse a tanto che
bastasse di scriver in Spagna e farne l’eshibitione, dicendo che
li ministri d’Italia non tenevano facoltà di ricever li forti. Ma
essendo di già avanzate et ogni giorno procedendo di bene in
meglio l’intraprese di Covre, non fu stimato a proposito, anzi
sarebbe riuscito dannoso il suspender i progressi, per attender
poi di Spagna risposte incerte: e così andò il pontefice a poco
a poco perdendo tutto quello teneva in deposito, solo restan-
dole Riva e Chiavenna, che sole furono soccorse dai Spagnoli.
Si doleva Stà Sua che questi, se ben ricercati alle prime difese,
mai vennero al soccorso, et essi di non essere stati chiamati
in tempo, di modo che mal soddisfatti Spagnoli, non contenti
Francesi, ella sommamente disgustata stimando poco rispetto
s’havesse portato alle sue insegne, del continuo e grandemente
con ognuno se ne [querelava]: nè altrimenti facevano Spagnoli,
mentre attribuivano tutti gl’inconvenienti a lei, e di lei più d’o-
gni altro si dolevano: et ancorche dopo spedisse il nipote le-
gato in Francia et in Spagna col fine ben noto a V. Serenità,
e conoscendo haver preso altra maggior mossa le armi d’Italia,
più gravi si rendessero i pericoli se vi applicasse da dovero,
con tutto cio non si è potuto levare il primo concetto che da-
gli antecedenti mal incamminati principj non siano derivati gl’in-
con-
[417]C. Caraffa Relat. della Germania 1628.
convenienti che si sono dopo visti. Ugualmente Francesi come
Spagnoli attribuivano le durezze e difficoltà che si sono incon-
trate in questa negotiatione, alle pretensioni del pontefice, vo-
lendo che ad esso fossero consignati li forti, senza dichiararsi
quello che n’havrebbe fatto, negando però assolutamente di vo-
lerli demolire. Da che si ha reso sopramodo difficile il trovar
ripiego conveniente, si è consumato tanto tempo, fatte tante
speditioni, et in fine portato il negotio in Spagna, che in Roma
difficilmente s’havrebbe terminato.
112.
Relatione dello stato dell’ imperio e della Germania fatta da
monsr Caraffa nel tempo che era nuntio alla corte dell’
imperatore l’anno 1628.
Die ausfuͤhrlichſte Relation, welche mir uͤberhaupt vorgekommen
iſt: in einem roͤmiſchen Exemplar zaͤhlte ſie 1080 Seiten Folio.
Auch in Deutſchland iſt ſie nicht ſelten: ich kaufte ein Exemplar
in Leipzig, und in einer Privatbibliothek zu Berlin findet ſich ein an-
deres in einem ſchoͤnen Foliobande, welches ein gewiſſer Wynman
im Jahre 1655 dem Biſchof von Eichſtaͤdt mit einem praͤchtigen Ti-
tel uͤberreichte.
Sie beſteht aus vier Theilen. In dem erſten werden die deut-
ſchen Unruhen im Allgemeinen geſchildert, im zweiten die Lage, die
Beſitzungen und die Verhaͤltniſſe Ferdinands II, im dritten die deut-
ſchen Fuͤrſtenthuͤmer nach den Kreiſen, im vierten die Buͤndniſſe, die
beſonders in der letzten Zeit in Deutſchland Statt gefunden.
Der Autor erklaͤrt, daß er nichts ſchreiben werde, was er nicht
ſelbſt geſehen, oder ſonſt glaubwuͤrdig erfahren habe. Protestan-
domi che tutto quello che scriverò, parte n’ho praticato e vi-
sto io stesso per lo spatio di 8 anni che sono stato in Germa-
nia, parte n’ho inteso di persone degne di fede, parte n’ho ca-
vato della lettura de’ libri communi e delle lettere e cancellarie
tanto d’amici quanto d’inimici, che sono state intercette in di-
versi tempi, de’ quali alcune sono date alle stampe, altre no.
Man ſieht, es wird hier ſchon eine gelehrte Zuſammenſtellung
beabſichtigt.
Die gedruckten Commentarien Caraffas beobachten die Zeitfolge;
dieſes Werk iſt mehr in den Formen einer Relation abgefaßt. Nur
in dem erſten Theile werden die Ereigniſſe chronologiſch aufgezaͤhlt.
Ich will jedoch nicht verhehlen, daß ich oft Zweifel an der Echt-
heit deſſelben gehegt habe.
Die Zuſammenſetzung iſt uͤberaus locker. Da bekommen wir zu-
erſt die boͤhmiſche Relation wieder zu leſen, mit einigen wenigen Aus-
laſſungen: wir finden dann ein ſehr merkwuͤrdiges Stuͤck uͤber die un-
gariſche Koͤnigswahl von 1625, aber an unrechter Stelle eingeſchal-
tet; endlich was von noch groͤßerer Bedeutung iſt, eine Relation vom
Jahre 1629, von der ſich keine Spur findet daß ſie von Caraffa
ſelbſt waͤre, uͤber Deutſchland, den Kaiſer und die Fuͤrſten iſt hier
zwar erweitert, aber uͤbrigens woͤrtlich aufgenommen. Auch manche
Päpſte** 27
[418]C. Caraffa
andere Theile ſind offenbar fremdes Gut. Von Koͤnig Jacob I. von
England iſt als von „presente re d’Inghilterra“ die Rede, was doch
1628 nicht geſagt werden konnte.
Man ſollte glauben, daß irgend ein Compilator ohne eigene Ein-
ſicht dieſe Documente zuſammengeſtellt haͤtte.
Nach weiterer Ueberlegung zeigt ſich das jedoch auch nicht wahr-
ſcheinlich.
Dem alten Ragguaglio Caraffas werden doch hier recht wichtige
und eindringende Notizen uͤber die ſpaͤtere Zeit hinzugefuͤgt, von de-
nen ein Compilator nichts geahndet haben wuͤrde.
Es kommen Nachrichten vor, welche nur an einen Eingeweihten
gelangen konnten. Z. B. weiß der Autor von jener Unterhandlung
Urbans VIII. in England durch den Capuziner Rota, die ſo ge-
heim gehalten ward.
Auch ſpricht der Nuntius nicht ſelten in der erſten Perſon.
Ich ſchließe, daß dieß Werk wirklich von Caraffa herruͤhrt, aber
nicht zu eigentlicher Vollendung gebracht worden, ſey es, daß dem
Autor die Zeit, die Luſt, oder auch ſelbſt die Kraft dazu gebrach;
denn etwas Diffuſes und Formloſes hat wenigſtens auch ſeine boͤh-
miſche Relation. Er mochte, als er nach Averſa zuruͤckgekommen, ei-
nige muͤßige Stunden mit der Zuſammenſtellung ſeiner Materialien
ausfuͤllen.
Auf jeden Fall verdient die Arbeit auch in dieſer Geſtalt alle
Aufmerkſamkeit.
Die Relationen die ſie aufgenommen und mehr oder minder
verarbeitet hat, ſind von hohem Werthe. Auch die hiſtoriſchen Be-
merkungen unterſcheiden ſich doch immer von den in den gedruckten
Commentarien enthaltenen.
Ich will einige Notizen herausheben, die mir beſonders denk-
wuͤrdig ſcheinen.
I. Verfall des deutſchen Fuͤrſtenthumes. Denn es verſteht ſich
wohl, daß hier bei weitem mehr von deutſchen und oͤſtreichiſchen Zu-
ſtaͤnden die Rede iſt als von roͤmiſchen oder kirchlichen.
Per il passato era tanta l’abbondanza che li principi di Ger-
mania a pena potevano saper la quantità de regali, datii, ar-
genti, et altre dovitie venute da ogni parte, et hora a pena ri-
trovano il principio per haverle, e pare che vivano solo alla
giornata, e quello che da una giornata, l’altra lo consuma. Non
vi è raccolta grande di danaro, se non di cose refiutate da’ cre-
ditori e che sono più di titolo che di realtà. Di tal negligenza
e sì poca economia e di sì fatto errore varie s’assegnano le
cause: chi dice ciò venire per la liberalità de’ principi, chi per
le conditioni de’ tempi iniqui, chi per le frequenti guerre, chi
per le seditioni de’ cittadini, altri finalmente assegnano la causa
a’ ministri, prefetti e vicarii: veramente si vede tali officii ha-
ver voluto abbracciare più di quello che potevano stringere et
essere arrivate troppo oltre le comodità prese da governatori:
con questo il poco consiglio, l’interesse proprio anteposto
al commune, cose che poterono estinguere il gran Romano
imperio, perche non ponno estinguere il Germano? Nasce
[419]Relatione della Germania 1628.
anco la rovina di Germania dall’ otio de’ principi e dal loro
troppo delitiare, o dalla poca forza d’ingegno, o da una pre-
cipitosa vecchiaja, o pure per esser tanto nemici del governo
che più si contentano di dare in mano d’un’altro il maneggio
delle cose publiche, benche riconoschino spesso la poca idoneità
di colui, e quasi a foggia di alcuni antichi Eritrei farli secondi
principi, da loro solo differenti per nome, ma pari nel total ma-
neggio, come fu Joab appresso David et altri appresso altri prin-
cipi. I quali maneggiatori, come presi dalla plebe, abusavano
et abusano la loro data potestà, e più con la passione che con
la moderatione della virtù governandosi e dati in preda a para-
siti et adulatori constituivano e constituiscono altri sottoministri
indegni, che con prezzo e ragione di parentela et ambitione
corrompevano e corrompono la giustitia, et a tale esempio
dietro a se tirando altri principi circonvicini facevano commune
giustitia cio ch’era proprio interesse.
II. Ungariſche Koͤnigswahl.
Sopragiungendo alla dieta li voti del regno di Schiavonia
e di Croatia, che erano quasi tutti cattolici, e superando con
questa giunta la parte de’ cattolici et adherenti di Sua Maestà
di non poco la parte degli heretici e non confidenti, la voce
sparsa della volontà di S. Mtà dell’ elettione veniva giornalmente
meglio intesa. Tuttavia li deputati dell’ imperatore, per meglio
assicurarsi delli voti della dieta, volsero prima di proporre l’e-
lettione dell’ arciduca farne esperienza con l’elettione del pala-
tino, che si doveva fare per la morte del Thurzo, desiderando
S. Mtà che si facesse un cattolico e particolarmente il sopra-
detto conte Esterhasi, ancorche secondo le leggi e costitutioni
di quel regno havesse proposto alli stati quattro soggetti, due cat-
tolici e due heretici: et il negotio riuscì felicissimamente, poiche
detto conte fu eletto con 150 voti, non havendo havuto il con-
trario più che 60. Fatta questa prova e con essa rincorati
maggiormente li confidenti et amici dell’ imperatore, parve non-
dimeno alli ministri di S. Mtà che oltre alli sopradetti voti 150
saria stato bene a superare qualche buona parte delli 60 con-
trarj con presenti e con doni acciò riuscisse l’elettione con mag-
gior sodisfattione del regno, e collo spendere, per quanto fu
detto, da 20 m. fiorini si hebbe l’intento della maggior parte di
loro, come si esperimentò nell’ altri negotii della dieta. Li Bet-
leniani e suoi adherenti, ancorche non fosse all’ hora pubblicata
la volontà dell’ imperatore, sebbene si teneva per sicuro che
volesse fare eleggere re l’arciduca, non mancavano di contra-
riare al possibile.
Soggiungerò un’ esempio dell’ ardire di una donna in que-
sto proposito, dal quale, si come è straordinario, si conosceranno
le forze di detti contrarii. La madre del barone Bathiani, che
è de’ più principali signori di qualità e di stato e di adherenza
d’Ungaria, hebbe ardire di mettere in consideratione all’ impe-
ratrice che non doveva permettere che si facesse questa elet-
tione, perche si veniva a pregiudicare a S. Mtà stessa, poiche
27*
[420]Caraffa Relat. di Germania 1628.
se fosse venuta qualche disgratia alla vita dell’ imperatore, lei
per l’interegno, come coronata regina d’Ungaria, finche fosse
stato eletto un nuovo re, haveria governato quel regno. Ma
l’imperatrice, con somma prudenza dissimulando, le rispose che
la ringratiava dell’ affetto, ma che lei doppo la morte dell’ im-
peratore, se fosse sopravissuta, non voleva pensare ad altro
che all’ utile delli figli di Sua Mtà suo marito: al quale subito
diede parte della sopradetta proposta.
Ma ancorche il negotio dell’ elettione si stimasse già si-
curo, l’impedì tuttavia molti giorni il contrasto grande nato tra
ministri più supremi di Sua Mtà, includendosi ancora monsr ar-
civescovo di Strigonia et il nuovo palatino con monsr cancel-
liere et altri che vi havevano interessi, come era l’ambasciatore
di Spagna et io come indegno ministro apostolico. Il contra-
sto fu se seguita detta elettione si doveva far subito la corona-
tione. Alcuni dicevano di sì: perche con questa veniva l’arci-
duca ad assicurarsi totalmente nel regno, il che non saria stato
se fosse stato solamente eletto, per l’accennata di sopra elet-
tione del Gabor, essendo gli Ungari huomini volubilissimi e per
lo più infedeli: 2o dicevano che la coronatione, se si fosse
fatta, haveria giovato assai nella prima dieta imperiale, se l’im-
peratore havesse voluto far eleggere Sua Altezza in re de’ Ro-
mani: 3o per il matrimonio dell’ infanta di Spagna, essendosi
colà dichiarato di volere l’arciduca prima eletto e coronato re
di Ungaria. Altri per il contrario, tra quali ero io et il padre
confessore dell’ imperatore, dicevano che questa coronatione non
si doveva fare all’ hora, perche li stati di quel regno non ha-
veriano mai permesso che seguisse detta coronatione se Sua
Altezza non havesse promesso loro e giurato, tanto nelli punti
politici come di religione tutto quello che promise il padre
stando nelli maggiori pericoli; onde non vi essendo all’hora detti
pericoli e potendo con il tempo migliorarsi assai le cose di S. A.,
o per la morte del Gabor o per li felici successi dell’ imperio
o per altro, non era bene intrigare la conscienza di questo prin-
cipe giovane con serrarli la porta a’ progressi della religione et
impedirgli insieme l’acquisto di maggiore autorità politica e do-
minio nel regno: 2o dicevano, e questo per lo più li camerali,
che nella coronatione vi saria andata una buona spesa, come
ancora nell’ accrescimento della corte di Sua Altezza, onde
stando all’ hora imminente la spesa grossa del viaggio d’Ulma,
si saria potuto differire in altro tempo, non potendo probabil-
mente apportare alcun detrimento detta dilatione, perche se il
Gabor havesse voluto pigliare pretesti, venendo qualche acci-
dente di morte all’ imperatore, tanto l’haveria pigliato ancor-
che l’arciduca fosse stato coronato, come fece contro l’im-
peratore ancorche fusse eletto e coronato; che per elet-
tione in re de’ Romani e per il matrimonio dell’ infanta di
Spagna bastava che l’arciduca fusse vero re d’Ungaria, e come
tale si potesse intitolare per la sola elettione. Standosi dunque
in questo contrasto, ancorche l’ambasciatore di Spagna facesse
[421]Relatio dioecesis Augustanae 1629.
nuove instanze per la coronatione, dicendo che in Spagna non
haveriano fatto il matrimonio dell’ infanta con l’arciduca, sti-
mandosi altrimenti la successione nel regno non sicura, Sua
Mtà con la solita sua pietà si dichiarò che non voleva che si
facesse, stimando secondo il consiglio del suo padre confessore
che fosse contro conscienza se l’arciduca havesse giurato, come
non poteva far di meno, quello che era stata forzata giurare
Sua Mtà nelli pericoli grandi, quali all’ hora non vi erano.
113.
Relatio status ecclesiae et totius dioecesis Augustanae 1629.
Von keiner beſondern Bedeutung. Es wird nur hauptſaͤchlich
auf die Stadt Augsburger Verhaͤltniſſe Ruͤckſicht genommen.
Die Wirkſamkeit und endliche Entfernung der proteſtantiſchen
„Pſeudodoctoren“ aus Augsburg iſt der vornehmſte Gegenſtand des
Autors.
Er hofft, daß nachdem dieß beſonders durch Hieronymus Imhof
und Bernh. Rehlingen bei dem Kaiſer durchgeſetzt war, in kur-
zem alles wieder katholiſch werden ſolle.
114.
Legatio apostca P. Aloys. Carafae episcopi Tricaricensis sedente
Urbano VIII Pont. M. ad tractum Rheni et ad prov.
inferioris Germaniae obita ab anno 1624 usque ad annum
1634. Ad Clem Franc. Barberinum.
Eine ſehr ausfuͤhrliche Relation, auf 204 Blaͤttern: wohl auch
etwas weitſchweifig, doch enthaͤlt ſie gute Sachen.
Zuerſt wird die Reiſe erzaͤhlt: wo denn auch das Unbedeutende
viel Platz wegnimmt. Der Nuntius kommt unter andern nach
Fulda. Er macht ſich ein Verdienſt daraus, daß er die 16 Ahnen,
die Jemand haben mußte, welcher der Wuͤrde des Abtes faͤhig ſeyn
wollte, auf acht herabgeſetzt habe.
Beſonders ausfuͤhrlich iſt er uͤber die Haͤndel von Luͤttich mit
dem Biſchof, in die er ſelbſt thaͤtig eingriff: er verlegte den Sitz der
Nuntiatur von Coͤln nach Luͤttich.
Ohne Zweifel das Merkwuͤrdigſte iſt eine Schilderung der dama-
ligen katholiſchen Univerſitaͤten in dem Sprengel ſeiner Nuntiatur.
Wir ſehen daraus, wie ſo ganz der hoͤhere Unterricht in dieſer
Zeit in den Haͤnden der Jeſuiten lag. Sie waren die Meiſter in
Trier und Mainz; Paderborn, Muͤnſter, auch Osnabruͤck, wo man
erſt vor kurzem eine hohe Schule gegruͤndet, waren durchaus in ihren
Haͤnden: ſie lehrten aber nur Humaniora, Philoſophie und Theolo-
gie. Die Rechte wurden ganz vernachlaͤſſigt. In Coͤln, welches noch
immer die erſte von dieſen Univerſitaͤten blieb, wurde die Medizin nur
von zwei Lehrern vorgetragen, welche wenig Zuhoͤrer hatten. Der
Hauptuͤbelſtand in Coͤln war fruͤherhin, daß die Docenten allzureich
mit Praͤbenden ausgeſtattet worden. „Earum opibus ad vitam cle-
mentem et suavem instructi, raro aut nunquam ipsi sacram doc-
[422]Legatio P. Aloys. Caraffae
trinam tradebant, sed aliorum vicaria opera passim utebantur.
Hinc sine pondere et methodo instruebantur academici, et anni
quindeni facile circumagi solebant priusquam universam illi theo-
logiam audirent. Ea res vero antehac non parum incommoda
fuerat archidioecesi Coloniensi et praesertim ditionibus Juliae
Cliviae ac Montium, quod pro adeunda in iis animarum procu-
ratione reparandisque religionis catholicae ruinis parochi et sa-
cerdotes idonei hoc pacto nisi post longissimum diem non insti-
tuebantur.“ Die Vaͤter Jeſuiten ſtellten dieß ab. Das Collegium zu
den drei Kronen, das ihnen uͤbergeben ward, genoß einen großen
Ruf: es hatte 1634 uͤber 1200 Schuͤler. Jener Geiſt des Genuſſes ließ
ſich aber nicht ſo leicht vertilgen. Die Magiſterſchmaͤuſe vermehrten
die Koſten der Promotion und den Luxus. „Tota quadragesima
sunt quotidie academicorum symposia.“ — Den Katholicismus
und das Wohlleben der Coͤlner beſchreibt unſer Biſchof gar nicht
uͤbel. Populus Coloniensis religionis avitae retinentissimus est,
quam utique semel susceptam nunquam deseruit. Tolerantur qui-
dem in civitate familiae aliquae sectariorum, sed vetitum eis est
exercitium omne sectarum suarum, et aere gravi mulctantur si
qui clam habere privatos conventus et audire Lutheri aut Calvini
buccinatores deprehendantur. In senatum ipsum nulli cooptan-
tur qui catholici non fuerint, et quotquot in eo conscripti ad
curiam veniunt, sententiam dicere aut ferre suffragium non pos-
sunt nisi prius eodem die intervenerint rei sacrae in proximo
palatii senatorii sacello. Noctu ipsi cives excubias habent in po-
tioribus plateis civitatis, nec vis aut injuria metui potest, quia
strepitu quovis exciti adsunt et opitulantur, grassatores vero ac
sicarios in vincula conjiciunt. Sed et plateae omnes catenis fer-
reis noctu vinciuntur, ne pateant liberis excursionibus, ideoque
populus maxime in tranquillo agit. Inter alia plebis commoda
illud imprimis commemorari debet, licere cuique ineunte hieme
boves et sues emere eosque fumo arefacere ac in escam anni
consequentis, qua vescuntur avide, domi servare. Spatium vero
ejusdem anni eis concedi solet ad pretium repraesentandum, dum
interim aliqui a senatu constituti mercatoribus solvunt: nec un-
quam opifices ulli, quamvis inopes, patiuntur suam fidem in
ea re desiderari, quia deinceps haud foret integrum eis rursus
ejusmodi annonam rei cibariae illo tam insigni subsidio aeris
publici coemere. Sunt et triclinia tribuum communia, in eisque
possunt omnes iis diebus quibus feriantur in hebdomade, con-
stituto pretio admodum facili, convivari.
Es werden aber nicht allein Staͤdte und Univerſitaͤten, ſondern
auch Fuͤrſten und Begebenheiten geſchildert. Ferdinand von Coͤln:
gravitate morum, professione pietatis et ingenii maturitate nulli
secundus; Friedrich von Wuͤrzburg: linguarum etiam exterarum pe-
ritia, morum suavi quadam gravitate, prudentissima dexteritate
omnibus carus; Caſimir von Mainz: eloquens vir in Germanico
idiomate, legationibus functus.
Auch von den Begebenheiten bringt L. Caraffa manches Merkwuͤr-
dige bei. Ich weiß nicht, worauf ſich die Meinung gruͤndet, Wallenſtein
[423]ad tractum Rheni et infer. Germ. 1624—34.
haͤtte Stralſund nehmen koͤnnen: „si, quod multi existimant, pe-
cuniam quam urbem capere non maluisset.“ Fuͤr ein großes Un-
gluͤck haͤlt er es, daß Tilly ſich nicht bei der erſten Bewegung von
Sachſen auf dieß Land habe werfen duͤrfen. Sehr merkwuͤrdig iſt
auch ſeine Schilderung des Zuſtandes von Coͤln nach der Schlacht
von Leipzig, und der franzoͤſiſchen Abſichten die in dieſem Momente
hervortraten.
Ex accepta clade ad Lipsiam fractae vires fuerant et fracti
catholicorum animi, et tunc repente imperitia vel metus in pro-
pugnandis arcibus aditum hosti victori magnum aperuerunt, ut
viscera imperii mox infestis armis invaderet, ex quo Fulda, Her-
bipolis, Bamberga, Moguntia, Wormatia, Spira aliaeque urbes
atque oppida fuerunt exiguo tempore vel expugnata vel dedita.
Colonia superfuit principum exulum perfugium, et hi the-
sauros qua sacros qua laicos in eam civitatem importaverant,
si quibus licuerat tamen illos avehere antequam ingrueret ea belli
vehemens et subita tempestas. Ibidem anxiae curae principum
et dubia consilia erant, an, sicut proposuerat orator Gallus, ex-
pediret deinceps neutri parti, seu Caesaris seu Gustavi regis, tam
arma principum eorumdem quam arma ipsiusmet civitatis Colo-
niensis favere. Id Coloniae suadebat orator christianissimi re-
gis; sed necessarium fore affirmabat ut in eam urbem pariter
atque in alias ditiones principum electorum cohortes praesidia-
riorum ex regis sui legionibus introducerentur: tunc enim re-
veritus Coloniam Gustavus rex alio arma convertisset, aut si
venire hostis nihilominus deliberasset, provocasset merito chri-
stianissimum regem, ac foedere exstincto inimicitiam et iram ejus
experiri coepisset. Gravis nimirum videbatur ea conditio admit-
tendi cohortes praesidiarias regis externi in civitates ac ditiones
imperii; sed graviores multo erant conditiones aliae, quibus ut
neutri parti faverent deinceps proponebatur, quia in bello tam
ancipiti Caesarem non juvare sed quasi deserere videbatur ma-
xime alienum a professione pervetere civitatum ac principum
ipsiusmet imperii. Hoc superesse tamen consilii et eum portum
securitatis unice adeundum esse judicabat pariter apostolicus nun-
tius Parisiensis, ad quem scripseram de ingenti clade religioni
catholicae templisque et aris illata per Gustavum regem.
Es folgt noch eine ausfuͤhrliche Mittheilung uͤber die Kataſtro-
phe Wallenſteins, die ich anderswo mittheilen will.
115.
Relatione della corte di Roma del Sigr Kr Aluise Contarini
dell’ anno 1632 al 1635. (Arch. Ven.)
Eine ſehr ausfuͤhrliche Relation, in 35 Capiteln, auf 140 Sei-
ten; und doppelt wichtig, da Aluiſe Contarini unmittelbar von
Frankreich nach Rom gekommen, und deshalb um ſo faͤhiger war,
die ſo eigenthuͤmliche politiſche Stellung, die ſich Urban VIII. in die-
ſer Zeit gegeben, zu beurtheilen.
[424]Aluise Contarini
Er ſchildert zuerſt das geiſtliche und das weltliche Regiment des
Papſtes.
Er findet es ganz monarchiſch. Von allen alten Congregatio-
nen verſammelt ſich nur eine regelmaͤßig, die der Inquiſition; —
die Cardinaͤle haben keine weitern Vorrechte, als daß man mit dem
Wagen ſtill haͤlt wenn man ihnen begegnet, den Purpur und die
Stimme bei der Papſtwahl: der Papſt iſt ihnen ſo wenig geneigt,
daß er in wichtigen Sachen eher geringere Praͤlaten braucht, deren
Hoffnungen mehr von ihm abhangen, als Cardinaͤle, die ſchon mehr
Unabhaͤngigkeit haben.
Je ſtrenger man aber die Zuͤgel anzieht, deſto mehr verliert man
an Autoritaͤt. „L’antica veneratione sta oggidì molto dimi-
nuita.“
Vorzuͤglich unzufrieden waren die Einwohner von Urbino.
„Quei sudditi si aggravano molto della mutatione, chiamando
il governo di preti tirannico, i quali altro interesse che d’arric-
chirsi e d’avanzarsi non vi tengono.“ Der Autor beklagt noch
immer, daß Urbino in die Haͤnde des Papſtes gerathen ſey, als einen
großen Verluſt fuͤr Spanien und fuͤr Venedig.
In einem 2ten Theile ſchildert er nun die Perſoͤnlichkeiten. Nac-
que il papa Urbano VIII del 1567 (Andre 68) d’Aprile, onde cam-
mina per li 69 di sua età, conservato dal vigore della comples-
sione non soggetta a qualsivoglia malattia, e dalla vivacità dell’
ingegno. La statura mediocre, il color bruno, il pelo bianco,
l’occhio vivo, il parlar pronto, la temperatura sanguigna e bi-
liosa. Vive con gran regola. Regola in gran parte le sue
attioni coi moti del cielo, dei quali è molto intelligente, an-
corche con censure grandissime a tutti gli altri n’habbia prohi-
bito lo studio. Li suoi moti sono subiti e vehementi, tali che
alcuna volta confinano con la pazzia, non potendo con la pa-
tienza frenarli, se ben egli dice che questa commotione della
bile di quando in quando vaglia molto eccitando il calore alla
preservatione di sua salute. Cavalca, villeggia, cammina, ama
l’esercitio. Non s’affligge per le cose moleste: e tutte queste parti
concorrono a predirli qualche anno di vita ancora, non ostante
che nel tempo del mio soggiorno assai decaduto sia.
E’ arrivato al papato con un servitio continuo di 30 e più
anni alla corte. Fu prima prelato di segnatura e poi governa-
tore di Fano. Poco appresso, per opera di Francesco Barbe-
rini suo zio paterno, prelato di poco grido ma di gran richezze
accumulate con parsimonia Fiorentina, comprò ufficii in corte
e finalmente il chiericato di camera. Clemente VIII lo impiegò
in diverse cariche, ma particolarmente sopra quella del novo ta-
glio del Po, dacche sono arrivate in gran parte le differenze
presenti dei confini con la republica, per la cognitione che pro-
fessa di quell’ affare e per il disgusto che allora non si eseguisse
a modo suo. Fu poi dall’ istesso Clemente mandato nuntio in
Francia, prima estraordinario per tenere a battesimo il re pre-
sente, e poi ordinario di Enrico IV suo padre, dove si mostrò
zelantissimo dell’ immunità ecclesiastica. Paolo V successore di
[425]Relatione di Roma 1632—1635.
Clemente lo confermò nella medesima legatione di Francia: poi
lo fece cardinale, legato di Bologna, e ritornato a Roma pre-
fetto della signatura di giustitia, carico d’onore et impiego ben
grande. Finalmente del 1623 fu in luogo di Gregorio XV con
pratiche molto artificiose assonto al pontificato nell’ età sua di
56 anni: et oggi corre il XIII anno: con disgusto di tutta la
corte, alla quale non meno che ai principi torna conto i pon-
tificati brevi, perche tanto più tengono conto di tutti, abbon-
dano nelle gratie, non temporalizzano come se fossero hereditarj
del papato; e finalmente la corte in generale trova impiego e
fortuna nella frequenza delle mutationi.
In ogni stato hebbe il papa di se stesso grande opinione
con affetti di dominio sopra gli altri e disprezzo al consiglio di
tutti. Par ch’egli esercita oggidì tanto più liberamente quanto
che si ritrova in posto sopra a tutti eminente. Ha ingegno grande,
ma non giudicio: ingegno, perche nelle cose che da lui solo di-
pendono e che riguardano la sua persona e casa, si è sempre
condotto ove ha desiderato, senza omettere gl’inganni e gli ar-
tificii di lui molto connaturali, come si vide particolarmente
nelle pratiche del suo papato, nelle quali seppe far convenire
nella sua persona le due fattioni contrarie di Borghese e Ludo-
visio, solo col far credere all’ una d’esser inimico dell’ altra:
negli affari poi generali, nei quali si richiede il giudicio di sa-
per ben congiungere gl’interessi della sede apostolica con quelli
degli altri principi, si è osservato il papa esserne per sempre
stato manchevole. Tale lo dichiarano il negotio di Valtellina;
la guerra di Mantova, che non sarebbe seguita se il papa si
fosse dichiarito contro il primo innovatore; la perdita di Man-
tova, attribuita ai viveri che riceverono gli Alemani dallo stato
ecclesiastico, senza quali conveniva loro o disassediarla o mo-
rirsi; la prefettura di Roma data al nipote, privando la sede
apostolica dell’ assistenza di tanti ministri di principi che sono
il più bel fregio di lei, et aggravando lo stesso nipote d’invidia,
di riguardi e d’un posto assolutamente insostentabile dopo la
morte del pontefice; il mal termine usatosi contro l’ambasciatore
di V. Serenità mio precessore, lasciandolo partire senza sod-
disfattione; l’ultima comprotettione di Francia nel cardinale An-
tonio nipote prima persuasa et acconsentita, poi ritrattata e pro-
hibita, con nota appresso il mondo di grande artificio, per non
dire inganno, e con divisione della propria casa. Tralascio il
gran detrimento che sotto il presente pontefice ha fatto la reli-
gione cattolica in Fiandra et Alemagna; i pericoli all’ Italia per
la negata dispensa al duca di Mantova, e molto più per aversi
portato il papa in modo che ha disgustato tutti i principi grandi
e piccioli, che nessuno gli è amico: onde si è reso incapace di
poter esercitar con essi loro quelle parti di autorità e di pa-
terno consiglio che potrebbe pacificarli et unirli insieme alla di-
fesa della religione: parti che sono state così esattamente ma-
neggiate e conosciute proprie de’ pontefici che per sostenere il
nome di padre comune, dal quale proviene loro ogni veneratione,
[426]Aluise Contarini
e per mantenere l’unione tra i principi christiani, che cagiona
in essi molta autorità, si sono esposti ad azzardi, a viaggi, a
pericoli, non militando nel nome di padre quei puntigli che nell’
intromissione degli altri principi possono facilmente incontrarsi.
Si è sempre professato il papa presente neutrale, attribuendo
a sua gloria l’aver arricchita et ingrandita la sua easa senza com-
prar stati in regno di Napoli nè sottomettersi a favori dei prin-
cipi grandi. Nell’ interno però suo egli è affettionato a Fran-
cesi, le loro prontezze e risolutioni essendo più conformi al ge-
nio di S. Stà, in ordine di che ha fatto le maggiori dimostra-
tioni quando seguì l’acquisto della Roscella. Persuase la pace
con Inglesi, affinche la Francia potesse accorrer al soccorso di
Casale allora assediata dai Spagnoli: consigliò ai medesimi l’ac-
quisto e la conservatione di Pinarolo per necessario equilibrio
alle cose d’Italia: trovò sempre pretesti di diferir o diminuir
i soccorsi in Alemagna, con opinione, la qual vive tuttavia, che
a S. Stà sia dispiacciuta la morte del re di Suezia e che più
goda o per dir meglio manco tema i progressi de’ protestanti
che degli Austriaci. Anzi è opinion comune che quando anche
fosse portato il papa dal cardl Barberino tutto Spagnolo, a qual-
che unione con essi tornerebbe facilmente a maggior rottura di
prima. E la causa è questa: perche governandosi il papa con
artificio e credendo che Spagnoli facciano il medesimo, saranno
sempre tra di loro anzi gelosie d’inganni che confidenza di ben
vera unione.
Es iſt nicht noͤthig, die Schilderung der Nepoten, die Aluiſe Con-
tarini gibt, hier aufzunehmen. Selbſt Franz Barberino, obwohl ihn
der Papſt am meiſten liebte, und er ſich auch ganz den Geſchaͤften wid-
mete, hing doch durchaus von ſeinem Oheim ab. „Nessuno nipote
di papa fu giamai alle fatiche del negotio assiduo come egli è,
non avendo minimo divertimento: ma egli è anche vero che nes-
suno manco di lui ha operato.“
Die Cardinaͤle zu ſchildern gibt er auf. Er findet eine allge-
meine Heuchelei in dieſer Corporation. Sarà tal cardle sanissimo
che per facilitarsi il papato vorrà esser creduto infermo: cami-
nando zoppica: discorrendo tosse: uscendo si sta tutto in una
seggietta racchiuso. Tal altro che sarà buon politico, si mo-
strerà lontano da ogni negotio, nei discorsi s’ammutisce, ne’
quesiti si stringe le spalle, nelle risposte generalizza. — Man
kommt auf den Gedanken, daß dieß die Originale ſeyen, nach denen
man jene Fabel von der Erhebung Sixtus V. erfunden habe.
Es folgt der dritte Theil: uͤber die politiſchen Verhaͤltniſſe, voll
eindringender und lebendiger Einſicht: wie geſagt, fuͤr uns der wich-
tigſte.
So gut franzoͤſiſch geſinnt Papſt Urban auch war, ſo wurde
doch den Franzoſen in ihren kirchlichen Forderungen nicht immer ge-
willfahrt. Bisogna anche confessare, ch’ essi hanno addimandato
delle gratie difficili, come la dispositione dell’ abbazie di Lorena,
la nullità de’ matrimonj tanto del duca Carlo di Lorena come di
monsieur et altre simili. Auch war Franz Barberino nicht ſo ſehr
[427]Relatione di Roma 1632—1635.
auf der franzoͤfiſchen Seite wie ſein Oheim. Die Franzoſen hofften
ſchon nicht mehr eine auffallende Erklaͤrung zu ihren Gunſten, aber
ſie wußten auch, daß der Papſt nicht gegen ſie ſeyn werde: ſelbſt
das war ſchon ein großer Vortheil fuͤr ſie, daß er fuͤr franzoͤfiſch
galt, und die Gegenpartei ihm nicht traute.
Deſto mißvergnuͤgter waren die Spanier. Sie machten es dem
Cl. Borgia zum Vorwurf, daß er Urban VIII. habe waͤhlen laſſen,
und man behauptete, daß dieſer Cl. nur durch Verſprechung von man-
cherlei Gnaden gewonnen worden ſey. In den Unterhandlungen
uͤber Valtellin, der Politik der Franzoſen, den Verhaͤltniſſen welche
ſich Baiern gegeben, wollten ſie die Einfluͤſſe der Ungunſt des Pap-
ſtes wahrnehmen. Dagegen behauptete auch Barberino, daß die Zu-
geſtaͤndniſſe die er ihnen gemacht, keine Anerkennung bei ihnen gefun-
den. Das Mißverſtaͤndniß iſt wechſelſeitig, ſehen wir.
Am ausfuͤhrlichſten iſt Contarini uͤber das Verhaͤltniß Roms
zu Venedig. Er findet, die Schwierigkeit komme beſonders daher,
weil, waͤhrend andere Staaten von Rom als maͤchtiger gefuͤrchtet
oder als weniger maͤchtig vernachlaͤßigt wuͤrden, Venedig als gleich
betrachtet und behandelt werde.
In Rom iſt man ſchon daruͤber empfindlich, daß Englaͤnder und
Hollaͤnder einige Freiheiten daſelbſt genießen. Wird aber einmal
von Seiten der weltlichen Gerichte Hand an eine geiſtliche Perſon
gelegt, ſo erhebt ſich ein allgemeiner Sturm.
Der Geſandte iſt deſſenungeachtet der Meinung, daß man ſich
nicht irren laſſen duͤrfe. Gerade mit Denen, welche die beliebteſten
ſeyen, welche die meiſten Beichtkinder haben, ſey der Nuntius beauf-
tragt ſich in beſtem Verhaͤltniß zu erhalten. „E VV EE tengano
per constante, che col mezzo di questi tali vengono i nuncii a
risapere il midollo delli arcani.“ Um ſo nothwendiger ſey es, die
Autoritaͤt der Republik uͤber ſie nicht aufzugeben.
Aber uͤberdieß war man uͤber die Grenzen fortwaͤhrend ſtreitig.
Urban VIII. wird mit nichten als ein Goͤnner der Venezianer be-
trachtet. Beſonders ſuchte er Ancona zum Nachtheil von Venedig
empor zu bringen.
116.
Discorso della malattia e morte del cardl Ippolyto Aldobran-
dino camerlengo di Sta Chiesa col fine della grandezza
del papa Clemente VIII. 1638.
Es machte einen außerordentlichen Eindruck in Rom, daß die
ſo vor kurzem erſt gegruͤndete Familie der Aldobrandini ſo raſch un-
terging.
In dieſem Eindruck iſt unſer Werkchen geſchrieben. E’ stato
superato della morte quel gran ingegno! beginnt es. Es war
von dem ganzen Hauſe nur noch die Tochter von Johann Georg Al-
dobrandino uͤbrig, welcher ein unermeßlicher Reichthum zufallen
mußte.
Den Zuſtand der roͤmiſchen Geſellſchaft bezeichnet folgende Stelle
nicht uͤbel: „Il marchese Lodovico Lanti, il conte Gio. Francesco
[428]Discorso della morte d’Ippolito Aldobrandini.
da Bagni, Berlingieri Gessi e Bernardino Biscia, aspettando tutti
quattro a gara il pontificato de’ loro zii, ambivano le nozze della
principessa Aldobrandina. In der Hoffnung auf das Pontificat
ihres Oheims wetteifern die praͤſumtiven Nepoten um die Hand der
reichſten Erbin.
Doch ward weder dieſe Vermaͤhlung noch auch die Macht eines
Nepoten einem von ihnen zu Theil.
Ippolyta vermaͤhlte ſich mit einem Borgheſe. Unſer Autor iſt
im groͤßten Erſtaunen. Paul V. hatte die Aldobrandini verfolgt
und den Vater der Hippolyta ſelbſt gefangen geſetzt. Jetzt ver-
maͤhlte ſie ſich mit ſeinem Pronepoten.
Jedoch ſpaͤter gelangte ſie, wie wir wiſſen, wirklich an den
Nepoten eines regierenden Papſtes, Innocenz X, wozu die Umſtaͤnde
und die Convenienzen des roͤmiſchen Hofes ſie nun einmal beſtimmten.
117.
Relatione di q. Zuanne Nani Kr Procr ritornato di ambascia-
tore estraordinario da Roma 1641 10 Luglio. (Arch. Ven.)
Mancherlei Mißhelligkeiten gab es unaufhoͤrlich zwiſchen Rom
und Venedig; im Jahre 1635 trat noch eine neue der beſonderſten
Art hinzu.
Eine magnifike Inſchrift in praͤchtigen Worten, in der Sala re-
gia des Vatican von Pius IV. aufgeſtellt, bezeugte eine That der
Venezianer, auf die ſie ſich immer viel eingebildet, die in ihren An-
nalen prangte: einen Sieg uͤber Friedrich Barbaroſſa, durch den ſie
Papſt Alexander III. von dem Verderben errettet zu haben be-
haupteten.
In Rom fand man aber allmaͤhlig ſchon die Ausdruͤcke dieſer
Inſchrift unzulaͤßig. Daß es hier hieß „Pontifici Venetae reipu-
blicae beneficio sua dignitas restituta“, erklaͤrte die immer ſtarrer
werdende Orthodoxie fuͤr eine Art von Beleidigung. Der Geiſt der
Rangſtreitigkeiten, der die Welt beherrſchte, warf ſich auch auf dieſe
ſo laͤngſt voruͤbergegangenen, verſchollenen Ereigniſſe. Aber uͤberdieß
fing man auch an, die Wahrheit der Erzaͤhlung, wie ſie in den ve-
nezianiſchen Geſchichtsbuͤchern enthalten iſt, uͤberhaupt zu bezweifeln.
Es erſchienen Schriften von beiden Seiten.
Es iſt dieß eine Frage, die noch bis auf den heutigen Tag im-
mer wieder erneuert worden iſt.
Ich kann nicht glauben, daß ſie fuͤr Jemand zweifelhaft
ſeyn koͤnne, der von hiſtoriſcher Kritik auch nur den mindeſten Be-
griff hat.
Wie dem nun aber auch ſeyn mag, auf jeden Fall war es nicht
allein hiſtoriſche Ueberzeugung, ſondern auch politiſche Eiferſucht, was
Urban den VIII. vermochte, jene Inſchrift zuerſt veraͤndern, end-
lich ganz vertilgen zu laſſen.
Von dieſer Seite nahm es auch die Republik: da ſich gerade
die Irrungen uͤber die Grenzen, uͤber den Vortritt des neuen Prefetto
bitter und bitterer entwickelten, ſo ſendete Venedig eine Zeit lang
keinen regelmaͤßigen Geſandten nach Rom.
[429]Zuanne Nani Rel. di Roma 1641.
Auch Nani, der im Jahre 1638 dahin ging, war nur außeror-
dentlicher Geſandter. Er blieb indeß gegen vierthalb Jahr, und ſeine
Relation beweiſt, daß er ſich eine gute Kenntniß von dieſem Hofe
verſchafft hatte.
Die Hauptabſicht bei ſeiner Miſſion war, den Papſt zu einer
Unterſtuͤtzung der Republik fuͤr den Fall, daß ſie von den Tuͤrken an-
gegriffen wuͤrde, welcher damals ſehr nahe ſchien, zu bewegen.
Sonderbar, dieſe Bitte kam dem Papſt ſogar erwuͤnſcht. Er
konnte dieſe Nothwendigkeit den unaufhoͤrlichen Anforderungen des
Hauſes Oeſtreich, das von Proteſtanten und Franzoſen ſo lebhaft
bedraͤngt wurde, entgegenſetzen.
Gern haͤtte der Geſandte ihn auch zur Vermittelung zwiſchen
den kriegfuͤhrenden Maͤchten vermocht, indeſſen genoß dieſer Papſt
nicht das allgemeine Vertrauen, das hiezu nothwendig geweſen waͤre.
„Pullulando tante amarezze colle corone, restava fiacca, per non
dir quasi odiosa l’autorità del pontefice.“
Im Uebrigen bemerkt auch dieſer Geſandte die Neigung Urbans
militaͤriſch ſtark zu erſcheinen. Von ſeinen Fortificationen mußte man
ihm reden, wenn man mit ihm gut ſtehn wollte. Oft erwaͤhnte er
ſie ſelbſt. Er ſagte wohl, daß er binnen 20 Tagen mehr als 20000
M. aufbringen wolle. Er zaͤhlte die Geldmittel auf, die er habe.
Fuͤr das naͤchſte Beduͤrfniß hatte er 400000 Sc. bei Seite gelegt: im
Caſtell, glaubte man, ſeyen von den fuͤnf Millionen des Sixtus noch
immer drei uͤbrig.
Hoͤren wir, wie Nani die Perſon und die Regierungsweiſe die-
ſes Papſtes ſchildert.
Il pontefice è nel principio del settantesimo terzo della sua
età e nel fine del XVII del pontificato, dopo un spatio di 324
anni che altro papa non ha goduto così longo governo. E’ di
forze robusto e gagliardo, e per tale li piace di esser creduto:
et in effetto, levato qualche dubbio di flussioni e d’accidenti im-
provisi ai quali pare sottoposto, è in tale costitutione di buona
salute che può mantenersi più anni. Usa governo esquisito
nella sua cura. Al presente, ch’è più grave l’età, manco s’ap-
plica alle faccende, delle quali non suole però prendersi più
disturbo di quello che vuole. La mattina è dispensata in au-
dienze et in negotii, il dopo pranzo è riservato alla quiete et
alla conversatione domestica, nella quale è allegro e faceto,
come in ogni altro discorso erudito e facondo, e nelle audienze
stesse passa volentieri dal negotiare al parlare di cose piace-
voli e di studio, al quale è dedito assai. Possede gran talenti
e gran qualità. Ha memoria meravigliosa, petto e vigore che lo
rende alle volte troppo costante nelli suoi sensi. Ha spiriti
grandi accresciuti dall’ esperienza del governo e dei negotii.
Deferisce assai al suo proprio parere, perciò non ama di con-
sultare nè cura le qualità dei ministri, che possino maggior-
mente far risplendere le sue risolutioni. Non molto inclina al
gratiare. E’ ardente, et alle volte con li ministri medesimi dei
principi non ha potuto dissimulare il suo fervore. Ama che
sia trattato seco con destrezza e soavità; e se vi è strada di
[430]Zuanne Nani
poter far declinare dai suoi sensi l’animo di Sua Stà, questa è
sola, la quale, se pure alle volte non può profittare, avanza
certo, che se non si spiega, almeno non si rompe. — —
Nel governo presente è desiderata maggior e miglior con-
sulta, perche dove manca il discorso, suole mancar la ragione:
e veramente pochissimi sono li ministri e pochi quelli che hab-
bino autorità e confidenza a palazzo. Appresso il pontefice non
si sa alcuno che possi, e preponendo S. Stà il proprio parere a
quello di tutti, sogliono li altri o lodarlo o secondarlo. Si usò
in altri tempi che havevano i papi appresso di se tre e quattro
cardinali e con la loro discussione risolvevano i più gravi nego-
tii, e si teneva per arcano dei nepoti medesimi introdurre suoi
dipendenti nella confidenza del zio, per condurlo poi e guada-
gnarlo dove o non potevano essi spuntare o non volevano sco-
prire gli affetti loro proprj.
Barberino non ha voluto circuire in tal modo la libertà del
papa: ma riservando a se solo il posto più vicino alle orecchie
di S. Stà, obbliga gli altri a stare retirati et al solo parer di
lui sottoponere le proprie opinioni, non mostrando gusto che da
chi si sia si parli al pontefice di negotio senza sua precedente
participatione. Non si serve però nè anco di questa autorità,
che gode solo con quella libertà che per avventura complirebbe
al ben publico et al suo proprio interesse: ma non osando re-
spirare contro le risolutioni e li sensi del papa, prende molte
volte l’habito della costanza medesima di S. Stà, essendosi in
tal maniera sottoposto al disgusto delle corone e d’altri prin-
cipi e di loro ministri per non divertire e non sopire molti strani
accidenti.
Appresso di questo li cardinali pur si dogliono e massime
le creature di non haver apertura nè confidenza. Di pochis-
simi ministri si serve il sigr cardle, mentre la mole dei negotii
et altre circostanze di molti lo possono render bisognevole.
Pancirola e Ricchi, auditori di rota, sono li più domestici e li
più adoperati.
Pancirola è soggetto maturo e di molta esperienza, che fu
impiegato in Piemonte per la pace sin nel principio delle guerre
di Mantova. Serve per li negotii del governo dello stato eccle-
siastico, e non havendo havuto che trattar meco, non mi resta
che dire delle sue conditioni.
Ricchi è di gran spirito, pronto et sagace: dirige quasi tutti
li negotii dei principi e particolarmente ha in mano quelli della
republica. E’ dipendentissimo da Barberino, qualità che lo rende
oltre modo grato al sigr cardinale. Ha incontrato disgusto di
molti ministri de’ principi, nemeno è amato dall’ universale.
Non ha altra esperienza che quella che li concede l’impiego
presente, che è grande. Ha egli sempre trattato meco, e nelle
mie lettere e nella forma dei suoi officii l’averanno più volte
veduto descritto VV EE. Tratta con destrezza e con flemma
e con altrettanto ingegno e solertia. Della serenissima repu-
blica parla con tutte le espressioni di riverenza e divotione.
[431]Relatione di Roma 1641.
Tiene a cuore certo interesse di pensioni del cardinal suo fra-
tello, del quale ho scritto altre volte.
A questi aggiungerò monsr Cecca, segretario di stato, per-
che assiste al presente alla trattatione della lega. Non ha egli
talenti più che ordinarj: ma per la lunga esperienza della sua
carica tiene buona informatione de’ negotii. E’ vecchio assai,
e si crede vicino al cardinalato, se ben dalli nepoti è poco
amato, ma molto rispettato per l’affetto che li porta la Stà Sua.
Servì il segretario del pontefice mentre fu nuntio in Francia,
e con passaggio mostruoso di fortuna ma solito della corte oc-
cupò il luogo del padrone medesimo, e mentre questo vive an-
cora con poco buona sorte, Cecca gode carico, rendite e spe-
ranze più che ordinarie. Appresso Barberino non vi sono altri
di credito e di talenti che meritino d’esser osservati.
Per il governo dello stato vi è consulta dei cardinali e dei
prelati, che in due giorni della settimana discute diverse oc-
correnze. Altre congregationi sono dell’ inquisitione, de propa-
ganda fide, del concilio, de’ regolari, de’ riti e d’altri simili in-
teressi. Tutto però serve a discorso, perche la risolutione re-
sta al gusto di S. Stà e del nipote. Una congregatione di stato
si tiene di quando in quando avanti il papa per le occorrenze
più gravi, e non v’intervengono che le creature e i più confi-
denti che hanno servito nelle nuntiature: ma anco questa suole
servire ad accreditare le deliberationi più che a risolverle, per-
che nè si discorre nè si forma il decreto che per quell’ opi-
nione nella quale si sotragge o si lascia intendere esser S.
Stà, et in effetto si querelano i pontefici di non haver di chi
confidare, perche tutti li cardinali vivono con li loro interessi
e rispetti verso i principi stranieri.
118.
Racconto delle cose più considerabili che sono occorse nel go-
verno di Roma in tempo di monsr Gio Batta Spada.
Aus den letzten Zeiten Urbans VIII, voll von Zuͤgen des Le-
bens und der Sitte, die das Gebiet der Polizei und der Juſtiz be-
ruͤhrten, und hier recht urkundlich ſicher aufbewahrt ſind.
Noch immer Streitigkeiten zwiſchen den alten Geſchlechtern;
z. B. Gaetanen und Colonneſen; es iſt nicht allein ſchwer einen Ver-
gleich zwiſchen ihnen zu ſtiften, ſondern man braucht ſelbſt mehrere
Tage dazu, um in dem Inſtrument, das uͤber einen ſolchen aufgenom-
men wird, eine Erzaͤhlung ihrer Haͤndel zu Stande zu bringen, von
der ſich nicht der eine oder der andere Theil beleidigt fuͤhle.
Streitigkeiten zwiſchen Franzoſen und Spaniern. Sie treffen
einander in Oſterien: jeder Theil trinkt auf das Wohlſeyn ſeines Koͤ-
nigs: es kommt zu Beleidigungen; doch haͤlt ſich der ſchwaͤchere Theil
noch ziemlich gemaͤßigt: ſo wie er ſich aber verſtaͤrkt hat, ſo wie ſie
einander auf offenen Plaͤtzen begegnen, kommt es zu Thaͤtlichkeiten;
der Bargello hat die groͤßte Muͤhe ſie aus einander zu bringen.
[432]Gio. Batt. Spada Racconto di Roma.
Sind ſie aber unter einander entzweit, ſo wetteifern ſie dagegen,
dem Hofe, der Polizei von Rom ſich entgegenzuſetzen.
Beſonders die Ambaſſadeurs ſind ſchwer zu behandeln. Allmaͤh-
lig erhoben ſie die Anſpruͤche, welche ſpaͤter ſo große Irrungen veran-
laßt haben. Nicht allein ihren Pallaſt erklaͤrten ſie fuͤr eine Frei-
ſtaͤtte, ſo daß ſie daſelbſt verbotene Spiele geſtatteten, ſondern ſie
wollten auch ſchon die benachbarten Haͤuſer in ihren Schutz nehmen.
Monſignor Spada war natuͤrlich dagegen. „Che se si era usata
cortesia con i Sri ambasciatori di non entrare nelle case loro e
delle loro famiglie, era una troppo grande estensione quella che
volevano introdurre hora, che nè anche nelle case vicine e com-
prese nella medesima isola si potesse far esecutione.“
Hiſtoriſch das Wichtigſte ſind zwei Verſuche auf das Leben Ur-
bans VIII, uͤber die hier mit aller wuͤnſchenswuͤrdigen Authentie be-
richtet wird.
1. Dal processo di Giacinto Centini, nepote del cardl d’As-
coli, e d’alcuni complici — — la sostanza era, ch’essendo stato
pronosticato ch’al presente pontefice dovesse succedere il car-
dinal d’ Ascoli, invaghito Giacinto del pronostico e desiderando
di vederne prestamente l’effetto havesse trattato con fra Sera-
fino Cherubini d’ Ancona minor osservante, fra Pietro da Pa-
lermo eremita, che si faceva chiamare fra Bernardino, e fra Do-
menico da Fermo Agostiniano, di procurare con arte diabolica
d’abbreviare la vita a N. Sre, et a quest’ effetto fu risoluto di
fare una statua di cera rappresentante il papa, come si essequì,
e dopo molte invocationi di demonii e sacrificii fattigli la fluire,
distruggere e consumare al fuoco, con ferma credenza che di-
strutta quella dovesse terminare la vita di papa Urbano e farsi
loco alla successione del cardl d’ Ascoli zio di Giacinto.
2. La confessione di Tomaso Orsolini da Recanate. Che
per instigatione di fra Domenico Brancaccio da Bagnarea Au-
gustiniano era andato a Napoli per scoprire al vicerè un sup-
posto trattato di principi d’invadere il regno di Napoli con in-
teressarsi ancora S. Stà, e ch’il rimedio era di far morire uno
de’ collegati o il papa: al che fare s’offeriva il padre Bagnarea
sudetto, mentre se li dessero sc. 3000, quali voleva dare al sa-
grista di N. Sre, già reso inhabile, e succedendo egli in quel
carico, li haverebbe posto il veleno nell’ hostia ch’avesse dovuto
consegrare S. Stà nella messa, o pure quando non fosse succe-
duto sagrista, haverebbe operato che lo speciale Carcurasio suo
parente, mentre medicava le fontanelle a S. Stà, vi ponesse il
veleno: non passò però ad esprimere al vicerè questi partico-
lari, poiche havendogli accennato di dover far morire il papa,
vide ch’il vicerè non si applicò.
119.
[433]Rotture tra Barberini et Od. Farnese.
119.
Historica relatione dell’ origine e progressi delle rotture nate
tra la casa Barberina et Odoardo Farnese duca di Parma
e Piacenza. (Bibliothek zu Wien. Historia Prof. n. 899.
224 Bl.)
Eine Parteiſchrift, in Briefform uͤberſandt, in welcher der Ur-
ſprung jener Irrungen ganz dem uͤbeln Willen der Barberini zuge-
ſchrieben wird. Die Monti der Baronen knuͤpft auch dieſer Autor an
die Monti des Staates: leicht habe der Papſt die erforderliche Erlaub-
niß gewaͤhrt; er habe dadurch die Baronen ſich nur noch unterwuͤr-
figer gemacht. (Nella erettione di simili monti il principe era
mallevadore, riservatosi il beneplacito di poterne dimandare l’e-
stintione a suo piacimento.)
Ich finde nicht, daß dieſes Werk trotz ſeines Volumens beſon-
dere Aufſchluͤſſe ertheilte, oder, da wir deren in dieſem Falle ja nicht
einmal beduͤrfen, daß es großes Verdienſt haͤtte. Das Merkwuͤr-
digſte ſind wohl ſeine Angaben uͤber die antioͤſtreichiſchen und in ge-
wiſſem Sinne antikatholiſchen Tendenzen Papſt Urbans.
Si lasciava tal volta intendere, essergli ben grati li progressi
de’ cattolici contra li heretici, ma esservi insieme da temere che
un giorno queste prosperità cadessero a danno e precipitio de’
medesimi per le gelosie che si sarebbero svegliate in tutto il
mondo, che il imperio dovesse assorbir ogni residuo di libertà
che vi rimaneva. Corse fama per tutte le corti che dalli im-
pulsi d’Urbano originassero quelle ombre del duca Massimiliano
di Baviera, che apersero una gran scisma nell’ unione de’ prin-
cipi cattolici posti su i sbalzi, che domati li heretici fosse per
convertirsi lo sforzo delle armi Austriache a danni di quei
medesimi che erano stati ministri delle grandezze di quella casa;
e per dir tutto, vi fu chi in quei tempi si vantò di sapere che
la missione di Ceva, confidente ministro della casa Barberina,
in Francia con titolo di nontio straordinario, havesse ne’ suoi
più reconditi arcani secrete commissioni d’eccitare il re di Fran-
cia a mischiarsi nelle turbulenze di Germania, a fine che inten-
dendosi con Baviera si pensasse al modo di alzare qualche ar-
gine alla crescente potenza della casa d’Austria.
Es zeugt wenigſtens fuͤr die Verbreitung ſolcher Anſichten in die-
ſer Zeit.
120.
Della vita di papa Urbano VIII e historia del suo pontificato
scritta da Andrea Nicoletti. 8 Baͤnde in folio MS.
Es iſt ſehr zu bedauern, daß es von den ausgezeichneten Perſo-
nen der Weltgeſchichte ſo wenig gute oder auch nur brauchbare Le-
bensbeſchreibungen gibt.
Die Urſache dieſes Uebelſtandes iſt nicht in einer Vernachlaͤßigung
Päpſte** 28
[434]Andrea Nicoletti
ihres Andenkens zu ſuchen, das vielmehr von den Angehoͤrigen, wenn
nicht uͤberſchaͤtzt, doch ſehr hochgehalten zu werden pflegt: er hat eher
folgenden Urſprung.
Im Anfang, wo das Andenken friſch iſt, das Material noch
zuſammen gebracht werden kann, nimmt man Ruͤckſicht auf die Zeit-
genoſſen: man wagt nicht alles zu ſagen: eine Menge Perſoͤnlichkei-
ten wuͤrden compromittirt und tauſend Animoſitaͤten gegen den Hel-
den ſelbſt hervorgerufen werden.
Spaͤter, wenn die Zeitgenoſſen auch dahingegangen ſind, wenn
man nun ſich getrauen duͤrfte zu reden, iſt auch das Andenken ver-
loſchen, die Materialien ſind zerſtreut: das Intereſſe ſelbſt hat abge-
nommen, und erwacht nur in Denen wieder, die nun vom Stand-
punkt der hiſtoriſchen Wiſſenſchaft her unterrichtet zu werden wuͤnſchen.
Da traf man nun in Italien oͤfters folgende Auskunft.
Einem vertrauten Freunde oder Diener des Hauſes, der im All-
gemeinen mitwiſſend und unterrichtet ſeyn mußte, wurden die Ma-
terialien uͤbergeben: er ſtellte ſie zuſammen, ordnete ſie an und
verband ſie zu einer zuſammenhaͤngenden Erzaͤhlung; jedoch fuͤr den
Druck wurde dieſelbe nicht beſtimmt: ſie ward handſchriftlich in dem
Archiv des Hauſes aufbewahrt.
Dergeſtalt ſchonte man die Susceptibilitaͤt der Zeitgenoſſen und
erhielt doch auch die Moͤglichkeit dereinſtiger Auffriſchung eines raſch
verſchwindenden Andenkens in voller Wahrheit.
Zu den Werken dieſer Art gehoͤrt die Arbeit des Andrea Ni-
coletti.
Sie enthaͤlt die Erinnerungen des Hauſes an die Perſoͤnlichkeit
und die Handlungen Urbans VIII; das aber was ihr Koͤrper gibt,
was die Maſſe ausmacht, iſt die Aufnahme der geſammten geſandt-
ſchaftlichen Correſpondenz, wie ſie in den 21 Jahren Urbans gepflo-
gen worden war.
Dieſe Lebensbeſchreibung beſteht weſentlich aus einer Compila-
tion der Nuntiaturdepeſchen.
Es ſind nicht die Finalberichte, die eigentlich ſogenannten Rela-
tionen, ſondern die Depeſchen ſelbſt: wie ſich das denn auch fuͤr eine
Lebensbeſchreibung ziemt; der Papſt erſcheint darin immer ſelber an-
ordnend, beſchließend, handelnd.
Ich habe geſehen, daß man in Venedig aͤhnliche [Zuſammen-]
ſtellungen verſucht hat: aber da die Thaͤtigkeit der Republik ver-
ſchwindet, und nur die Maſſe der eingegangenen Nachrichten vorge-
legt wird, ohne daß eine Ruͤckwirkung ſichtbar hervortraͤte, ſo zer-
ſtreut ſich die Aufmerkſamkeit gar bald, und ermuͤdet.
Hier iſt es ganz anders. Der Beruf des Papſtthums, die ver-
wickelte politiſche Stellung Urbans VIII, die unmittelbare Bedeutung
aller Nachrichten fuͤr ein großes Weltereigniß bringen Einheit und In-
tereſſe hervor.
Es liegt am Tage, wie uͤberaus wichtig nun die Nachrichten
die hier vorkommen, fuͤr die Periode des dreißigjaͤhrigen Krieges in
Deutſchland ſind. Sie erlaͤutern ihn in jedem Momente.
Wo der Autor urtheilt oder in ſeiner Perſon referirt, wird man
ihm freilich nicht unbedingt zu folgen haben. Hie und da gebrach
[435]Vita di papa Urbano VIII.
es ihm vielleicht an den echten Nachrichten: die officielle Farbe ließ
ſich bei dem Urſprung und der erſten Conception eines ſolchen Wer-
kes nicht verleugnen. Ich will nur Ein Beiſpiel anfuͤhren. Im drit-
ten Bande ſeines Werkes, p. 673, behauptet Nicoletti, Urban VIII.
habe den Abſchluß eines Friedens zwiſchen England und Frankreich
im Jahre 1629 mit bitterm Herzeleid erfahren (il rammarico fu
acerbissimo); jedoch aus Aluiſe Contarini, der an allen Verhand-
lungen perſoͤnlich Antheil nahm, ſehen wir, daß der Papſt jene Un-
terhandlung, jenen Abſchluß ſogar angerathen hatte. Der Irr-
thum Nicolettis ruͤhrt daher, daß ihm in dem unabſehlichen Ueber-
ſchwang ſeiner Correſpondenzen dieſe Notiz entgangen war, und daß
er den Papſt nach der Idee ſeiner kirchlichen Stellung beurtheilt.
So kommt noch manches andere vor. Jedoch das hindert nicht, dem
Autor zu glauben, wo er nur excerpirt.
Sein Verfahren iſt, daß er die Papiere geradezu heruͤbernimmt,
in aller Ausfuͤhrlichkeit, nur mit ſolchen Abaͤnderungen, wie ſie eine
Erzaͤhlung nothwendig macht. Es koͤnnte hoͤchſtens der Fall ſeyn,
daß er einiges weggelaſſen oder umgeſtellt haͤtte. Bei der Natur
ſeiner Aufgabe, die nur darin beſtand das Gegebene zuſammenzu-
ſtellen, und der Beſchaffenheit des Werkes uͤberhaupt, das ja nicht
fuͤr das Publicum beſtimmt war, iſt dieß indeß von vorn herein nicht
vorauszuſetzen, und ich habe davon keine Spur gefunden.
Obwohl ich alle dieſe Baͤnde fleißig durchgegangen, und die Ge-
legenheit nicht verſaͤumt habe mich eines ſo bedeutenden Stoffes fuͤr
die Welthiſtorie zu bemaͤchtigen, ſo waͤre doch unmoͤglich, an dieſer
Stelle davon weitern Bericht zu erſtatten. Wer ſich mit Correſpon-
denzen beſchaͤftigt hat, weiß, wie viel man leſen muß um uͤber ir-
gend ein Factum ins Klare zu kommen. Ein ſo weitſchichtiges Ma-
terial kann ich nicht in dieſes Buch aufnehmen.
Es folge jedoch die Schilderung der letzten Augenblicke Urbans
VIII, die recht merkwuͤrdig iſt, und ſeiner Perſoͤnlichkeit, wie ſie der
Autor auffaßte.
Tomo ottavo am Schluß. Erano in quei giorni nel fine di
Giugno caldi eccessivi in Roma e molto più del solito perico-
losi: nondimeno, parendo al papa di essersi alquanto rihavuto,
e sapendo che diciasette chiese erano senza i loro vescovi e non
havere il cardinale Grimaldi, tornato dalla nuntiatura di Francia,
ricevuto il cappello cardinalizio, si dichiarò di volere tenere il
concistoro nel prossimo lunedì. Il cardinale Barberino credette
di poterlo indurre anche alla promotione de’ cardinali: perciò
non gli oppose la pericolosa sua debolezza e la febbre lenta che
se gli poteva raddoppiare, anzi lodò il pensiero e confortollo,
che fosse quasi in sicuro della sanità. Divulgatasi la voce del
futuro concistoro, mentre si teneva il papa da alcuni moribondo
e da altri indubitatamente morto ma che per alcuni giorni si
fosse la morte di lui occultata, si vide la maggiore parte di
Roma impaurita, benche ciascuno fingesse nel viso allegrezza e
contento per la ricuperata salute. Accortosi dapoi il cardinale
Barberino che il papa non voleva venire alla promotione di al-
cun cardinale, giacche ne mancavano otto nel sacro collegio,
28*
[436]Andrea Nicoletti
o perche non rimanesse sodisfatto de’ soggetti che se gli propo-
nevano, o perche lasciar voleva al successore quella cura, fece
con ragioni efficacissime e con preghiere l’ultima pruova di dis-
suadergli in quei giorni il concistoro, e tanto più si adoperò
quanto vedeva, oltre il danno del papa, che egli sarebbe rima-
sto in discapito della stima e del credito suo, perche non fa-
cendosi i cardinali si sarebbe confermata l’opinione che univer-
salmente correva, che egli per cagione delle guerre fosse caduto
dalla potenza che haveva appresso il papa, e che se havesse
la Stà Sua allungata la vita, havrebbe dominato il cardinale An-
tonio. Non essendosi a quelle preghiere e ragioni mosso il papa,
monsignor Roscioli, conoscendo di dare gusto al cardinale Bar-
berino e di giovare alla vita di Sua Stà col rimuoverlo dalla detta
deliberatione, confidato nella benevolenza di Sua Bne verso di
se, stabilì di adoperarsi con ogni efficacia possibile, anche a
nome pubblico de’ cardinali e della città di Roma, di volerlo
dissuadere dal concistoro. Preso adunque il tempo oppor-
tuno, entrò dal papa, e postosegli inginocchioni gli disse di
non volerlo supplicare a nome de’ suoi ministri nè per parte
de’ suoi nipoti nè della casa Barberina, ma della città tutta
di Roma: imperciocche essendo la Stà Sua stata eletta per
la salute de’ popoli e per governare la chiesa, abbandonando
la cura di se medesima con esporsi inferma a pericoloso acci-
dente veniva insieme a lasciare in abbandono la città et il
governo commessole della chiesa, non senza grandissimo do-
lore di tutti: importare più il suo bene o il suo male alla
christianità che alla casa Barberina o alla Stà Sua mede-
sima: che percio se non voleva differire quella fatica alle pre-
ghiere de’ nipoti, lo facesse almeno per l’istanze della città di
Roma, che la supplicava. Il papa dopo di essere stato alquanto
pensoso rispose di non curarsi di prolungare più la vita, cono-
scendo il pontificato non esser più peso delle sue forze, et iddio
havrebbe proveduto alla sua chiesa. Dopo questa risposta es-
sendosi alquanto trattenuto, si accorse monsignor Roscioli che
il papa haveva gli occhi pieni di lagrime, e sospirando si ri-
voltò al cielo e proruppe in ferventi preghiere a dio accioche
la maestà sua divina lo volesse liberare dalla vita presente, mo-
strandosene grandemente annojato.
Venuto finalmente il lunedì determinato per tenere il con-
cistoro, concorse al palazzo gran moltitudine di popolo curioso
di vedere il papa, che poco avanti haveva creduto per morto.
Appena entrato, i cardinali si accorsero havere egli hormai finita
la vita, imperciocche comparve languido, pallido e quasi smar-
rito nelle parole, e particolarmente nel fine del concistoro mo-
strava di essere rimasto quasi senza intendimento. Fu data la
cagione all’ eccessivo caldo della stagione accresciuto dalla calca
della gente penetrata dentro; e non andarono senza biasimo i
ministri più intimi del palazzo et anche il cardinale Barberino
per non havere impedito il papa da quella sì faticosa funtione,
non sapendo il popolo le manifatture che s[i] erano fatte per
distornelo: imperciocche ognuno dal vederlo in così grande squal-
[437]Vita di papa Urbano VIII.
lore et abbattimento di forze si sarebbe mosso a pietà, poiche
chiaramente conoscevasi che il male gli haveva ingombrata la
mente et il vero sentimento del governo delle cose. Dopo la
propositione delle chiese e dopo havere dato il cappello al car-
dinale Grimaldi partissi dal concistoro sommamente aggravato
dal male, come gli fu predetto.
Nel dì seguente fece un’ attione con la quale si acquistò
fama di gran pietà e degna di rimanere per esempio a tutti i
principi ecclesiastici. Questa fu di chiamare alla sua presenza
alcuni theologi in quella scienza e nella probità riguardevolis-
simi e dal papa creduti lontani dall’ adulatione, a quali fatta
prima dare piena cognitione di tutti li beni et entrate ecclesia-
stiche delle quali in tempo del suo pontificato haveva arricchita
la casa Barberina, ordinò che gli riferissero se in alcuna cosa
egli haveva trapassato il potere e l’autorità sua: perche era pre-
parato a ripigliare da’ nepoti tutto cio che aggravare gli poteva
la coscienza avanti al tribunale di dio. Li theologi furono il
cardinale de Lugo, il padre Torquato de Cupis della compagnia
di Gesù, et alcuni altri. E si animò il papa a fare questa at-
tione dal sereno che vide in fronte al cardinale Barberino, quando
chiamatolo prima di tutti lo fece partecipe di questo suo pen-
siero, che non ostanti l’ombre passate quasi volle parere di vo-
lere da lui prenderne consiglio. Lodò il cardinale la pietà della
Stà Sua, e mostrò di haverne particolare contento, sperando mag-
giori felicità dalla mano liberalissima di dio, mentre solo per
sodisfare a Sua Divina Maestà tutto cio si faceva. Dicesi che
il parere uniforme de’ theologi fu, che havendo Sua Stà arricchiti
li suoi nipoti, poteva con sicura coscienza lasciarli godere tutti
li beni che haveva loro conceduti, e cio per due ragioni: l’una
perche havendo promossi al cardinalato una quantità di soggetti
quali non haveva proveduti di entrate secondo il loro grado, li
medesimi nipoti havessero comodità di accomodarli secondo il
loro bisogno: l’altro motivo per quietare la coscienza del papa
fu, che havendo li sopradetti nipoti in sì lungo principato e
nelle passate guerre contratto l’odio e l’inimicitie con diversi
principi, era ragionevole di lasciarli ben comodi per mantenere
il loro grado, anche per riputatione della sede apostolica, e non
essere vilipesi, come suole accadere a quelli che dalla cima del
dominare si riducono a stato inferiore; onde l’essere bene provisti
di ricchezze e di beni di fortuna gli havrebbe fatti maggiormente
rispettare: et oltre di cio li medesimi nepoti havevano di loro
natura tali viscere di christiana pietà che havrebbero erogate l’en-
trate in beneficio de’ poveri et in altri usi pii. E con queste
et altre ragioni mostrò il papa di quietarsi.
Si andava dunque preparando alla morte, che da se stesso
conosceva essergli vicina: ma fra questi pensieri e dispositioni
si mostrava in tutti i ragionamenti pieno di giusto sdegno con-
tro i principi d’Italia, sentendo immenso dolore che havesse a
restare memoria che in tempo del suo pontificato si fossero col-
legati contro di lui et havessero assalito con eserciti lo stato
[438]Andrea Nicoletti
della chiesa: onde talvolta prorompeva in parole acerbe, come
se fossero stati senza pietà, senza religione e senza legge, et
implorava dal cielo giusta vendetta per vederli da dio gastigati
prima di morire o almeno pentiti. Già, come altrove si è detto,
si era con loro fatta la pace, firmata dalla Stà Sua e sottoscritta:
ma in essa non venivano li due cardinali Barberini nè compresi
nè nominati: onde le creature più fedeli giudicarono che men-
tre la casa Barberina era per la vita del papa ancora temuta,
si dovesse impiegare ogni industria perche i principi Italiani
li dichiarassero inclusi nella medesima pace. Et il cardinal
Bicchi, che agli stessi principi andò plenipotentiario per parte
di Francia, affermò che per non essere certi della morte del
papa non sarebbero stati lontani dal trattarla e dall’ accettarla.
Ma il cardinal Barberino con ordini precisi vietollo, ordinando
al Bicchi che di cio non ne trattasse punto, ancorche i principi
spontaneamente gliel’havessero offerto; nè volle mai sopra di
cio sentire consigli di alcuno, allegando per ragione che il vo-
lere loro essere inclusi ne’ capitoli della pace e nominati in essa
altro non era che un farsi dichiarare per autori di havere mossa
la guerra, conciossiacosache ne’ trattati di pace non sia mai so-
lito nè si costumi di nominare i ministri, ma i principi e capi
che a parte della guerra sono venuti.
Vacavano in quel tempo, come dianzi fu detto, otto luoghi
nel sacro collegio de’ cardinali: onde grande era l’agitatione in
che stava la corte, potendo così gran numero cagionare non pic-
ciola mutatione nelle cose de’ capi di fattioni già stabilite. II
papa, come più volte disse a noi il cardinale Barberino, deside-
rando che i cardinali fossero in maggiore estimatione e meglio
proveduti di entrate, pensò di ridurre con particolare constitu-
tione tutto il sacro collegio al numero di cinquanta: onde stava
fisso in non fare altra promotione. Barberino però, conoscendo
che col lasciare tanti luoghi vacanti non havrebbe il papa otte-
nuto l’intento et havrebbe servito d’ingrandimento alla fattione
del successore, più volte supplicollo che si lasciasse vincere dal
consentimento comune in promuovere tanti soggetti che vi erano
meritevoli della porpora. Ma il tutto gli riuscì vano, rispon-
dendogli il papa di non volere che alcuni de’ suoi successori col
suo esempio potessero nel fine della vita privatamente senza de-
coro e stando in letto creare cardinali, e che questo esempio da
Gregorio Decimoquinto ricevuto haveva e voleva con uguale glo-
ria lasciare a’ posteri. Vi si adoperarono altri personaggi e
particolarmente il cardinale de Lugo, il quale per rendere effi-
caci l’istanze del cardinale Barberino suggerì al papa il decreto
concistoriale delli tre cardinali fatti già spedito dopo il conci-
storo in cui fu fatta l’ultima promotione, e che il cardinale Bar-
berino come vicecancelliere era obbligato a ricordarlo a Sua
Stà, non perche promovesse, come fu il caso di Gregorio, ma
solo accioche dichiarasse i cardinali già creati e riservati in
petto, la quale publicatione a tutto il sacro collegio pareva ra-
gionevole, nè vi era bisogno di altro concistoro. Ma il papa,
[439]Vita di papa Urbano VIII.
o che fosse sdegnato perche il cardinale Barberino gli haveva
proposti alcuni soggetti che non erano di sodisfattione di Sua
Stà, o credesse di lasciare più gloriosa la memoria di se, stette
saldo a tutte le istanze, ordinando che niuno più ardisse di
parlargli di promotione. — —
Era l’aspetto di papa Urbano giocondissimo, ma pieno di
maestà: e sebbene nel suo temperamento vi era alquanto di ma-
linconico, sicche quando si veniva all’ emissione del sangue, che
per l’ordinario era ne’ tempi di primavera, gli uscivano dalle
vene pezzetti come gelati di quell’ humore, nè senza questo
havrebbe potuto profittare tanto nelle lettere, dicendo il filosofo
che la malinconia contribuisce assai per apprendere le scienze
e ritenerle impresse nell’ animo. La dispositione poi del corpo
e delle membra era nobilmente compartita. La statura piutosto
grande che mediocre: le carni di colore olivastro e più tosto piene
di succo che grasse: il capo grande, che dinotava un maravi-
glioso ingegno et una vivacissima memoria: la fronte spatiosa
e serena: gli occhi di colore fra l’azzurro et il bianco: il naso
proportionato: le guancie rotonde, ma negli ultimi anni notabil-
mente estenuate: la bocca piena di gratia: la voce sonora, ma
soave, onde con la favella Toscana, che sempre ritenne finche
visse, uscivano da essa dolcissime parole piene di eloquenza e
sparse di fiori di buone lettere e di eruditioni sacre e di anti-
chi esempj: nutrì infino da prelato la barba honestamente lunga
e riquadrata, la quale con la canitie rendeva il suo aspetto più
venerabile. — —
Veramente era tanto amabile che da una troppa apertura
in poi che dimostrava, se pure l’importanza del negotio non lo
ratteneva, non vi era altro che da critici bene attenti vi fosse
da tacciare. E se talvolta saliva in collera, ben presto tornava
alla giocondità di prima. — — L’opinione de’ saggi era che con
esso lui stimavasi necessario di essere o di alto sapere o di
niuno o di poco: poiche sicome non isdegnava di essere gua-
dagnato dalla saviezza dell’ uno, così compativa tanto all’ al-
tro che egli stesso lo soccorreva e sollevava, se però questo non
fosse stato presuntuoso o orgoglioso, abusandosi della huma-
nità e buona conditione del papa, il quale duro et inflessibile fu
sempre con gli orgogliosi et arroganti, sicome altrettanto amo-
revole e benigno mostravasi verso i rispettosi e modesti. — —
Verso i sopradetti servitori e verso anche i parenti proprj era
discretissimo in scegliere i tempi per valersene più comodi a
quelli che a se stesso, non isdegnando talvolta di udire con
patienza qualche parola o atto di sentimento o di doglienze loro.
E nelle sue malattie pareva che pigliasse più dispiacere de’ pa-
timenti e vigilie degli assistenti a lui che del proprio male o
de’ suoi dolori. Così anche non era facile a sfogamenti o la-
menti delle persone: ma gli era grave il negare o vedere par-
tire da se alcuno discontento. Coi suoi più confidenti servitori
era giocondissimo, e talvolta con essi usava de’ motti o come
si suol dire de’ sali ingegnosi. — — Non si scordò mai degli
[440]Andrea Nicoletti
amici antichi, o fossero assenti o morti, et in questo fu ammi-
mirabile la sua benevolenza: onde ordinò al cardinale Biscia
sua creatura, che era stato uno di quelli suoi più confidenti,
accioche havesse la cura di dargli spesso nuova di loro, e se
fossero morti, che pigliasse nota de’ loro discendenti per pro-
vederli all’ occasioni. — —
Fiorì in Roma nel suo tempo grandissima abbondanza di
tutte le cose: e soleva dire che egli da Firenze haveva havuto
il suo nascimento, ma da Roma tutta la sua grandezza, et ha-
vrebbe voluto che ogni persona godesse la felicità del suo pon-
tificato, che gli ufficj venali della cancelleria fruttassero copio-
samente, e percio egli era gratiossimo nelle speditioni della da-
taria, che gli artigiani nelle loro faccende facessero grossi ma
leciti guadagni, e lo stesso facessero anche i mercanti di ogni
sorte: e quindi era che nel suo pontificato correva tanto il da-
naro che ogn’uno di qualsivoglia professione rimaneva sodisfatto
e contento. Diede tali ordini per l’annona che perdoni a spesa
per mantenere l’abbondanza. Così il suo maggiore godimento
era che gli agricoltori non restassero privi di quei guadagni che
a lui pareva si richiedessero dal pericolo della vita e della fa-
coltà che impiegavano nella vastità delle campagne di Roma e
nell’ aere insalubre: e quando quasi a niun’ altro impiego pareva
atta la maritima che della agricoltura, quivi fissò il pensiero, e
tenne più volte proposito di seccare le paludi Pontine, per guada-
gnare quelle immensità de’ paesi che hora sono sott’acqua, e cio
per beneficio publico: ma altre cure gravi non gli lasciarono go-
dere l’effetto di sì glorioso disegno. Nè volle mai, per mante-
nere la detta abbondanza, che si stabilisse il prezzo del grano
e dell’ altre vittovaglie, ma che ogni cosa fosse libera, ovviando
in questo modo ai monopolj: onde i mercanti riempiendo i gra-
nari, ciascuno faceva a gara di venderlo a buon mercato, e così
la città di Roma diveniva opulenta.
Se poi nel suo pontificato fiorirono le lettere, non è mera-
viglia: poiche non haveva migliore divertimento che coi letterati,
quali accolse sempre con benignità e rimunerolli. Così anche
dell’ altre professioni nobili fu amantissimo, come della pittura,
scoltura et altre buone arti, sicche non isdegnò più volte e par-
ticolarmente un giorno, andando alla visita delle sette chiese
con tutto il sacro collegio, giunto a Santa Maria Maggiore, doppo
havere fatta oratione in quella basilica, di entrare con la stessa
comitiva de’ cardinali in casa del cavaliere Giovanni Lorenzo
Bernino colà vicina, per vedere alcuni lavori di celebre scoltura
del suo scalpello.
L’essere egli stato necessitato per la medesima cagione d’im-
porre loro le gravezze e le gabelle: onde tal volta a tali avvisi
si vide piangere, dicendo che volontieri havrebbe dato il pro-
prio sangue o de’ suoi congiunti più tosto che di sentire le af-
flittioni de’ popoli e di Roma e gl’incomodi della camera apo-
stolica. Et a monsignore Lorenzo Raggi, tesoriere di essa, il
quale in tempo della sua ultima infermità andò alla udienza,
[441]Vita di papa Urbano VIII.
disse che desiderava di vivere ancora due soli mesi per tre ca-
gioni: l’una per havere più lungo tempo di penitenza e chiedere
a dio il perdono de’ suoi peccati; l’altra per finire di rimettere
in castel Sant’ Angelo tutto il denaro che fu levato per la guerra
di Castro; la terza per vedere finita la fabbrica delle mura di
Borgo e di Trastevere et assicurata la città di Roma.
Se le azioni eroiche del Papa per debolezza della mia penna
saranno senza eloquenza, senza nobiltà di stile et in somma im-
proportionate per un pontefice sì grande, nondimeno sono state
scritte con pura e sincera verità: il che particolarmente mi fu
imposto et inculcato da chi teneva sopra di me suprema auto-
rità, cioè che io scrivessi semplicemente da istorico,
e mi tenessi totalmente lontano da ogni adulatione
e vanità e da rettorici ingrandimenti, attendendo più
alle cose che alle parole.
Ma tornando alla sua applicatione intorno alle cose sacre,
oltre l’havere fatto emendare e ristampare il ceremoniale Ro-
mano, non mancò di dare molti ordini per la cappella pontifi-
cia: però o per negligenza de’ ministri o per distrattione ad al-
tri gravi affari solo alcune cose principali sono rimaste in osser-
vanza. Vero si fu che riformò anche l’uso delle indulgenze per
chiudere la bocca agli heretici.
Finalmente se Urbano non havesse intrapresa la guerra, o,
per meglio dire, se non vi fosse stato provocato e tirato a forza,
il che gli accelerò anche notabilmente la morte, non si poteva
desiderare nè pontefice più glorioso nè principe di più egregie
qualità, per mezzo delle quali per molti anni del suo ponti-
ficato conservò verso di se l’amore universale di tutto il chri-
stianesimo, sicche fino ad hora si benedice dai popoli la sua
rimembranza per quegli anni felici ne’ quali godettero la tran-
quillità e la pace.
[442]Vita del cardinal Cecchini
Sechster Abſchnitt.
Spätere Epochen.
Wir haben in dem vorigen Abſchnitt alles zuſammengefaßt, was
ſich auf Urban VIII. unmittelbar bezieht; es folgen noch einige
Schriften, welche ſeine Zeiten mit den ſpaͤtern verbinden.
121.
Relatione della vita del cardl Cecchini composta da lui mede-
simo. (Barb. 275 S.)
Perſoͤnliche Denkwuͤrdigkeiten, die nicht gerade viel Licht uͤber
wichtige Staatsangelegenheiten verbreiten, aber ein ganz unterrich-
tendes Beiſpiel eines geiſtlichen Privatlebens doch auch immer unter
bedeutenden Verhaͤltniſſen darſtellen.
Der Autor deutet an, daß er ſie zu ſeinem Vergnuͤgen aufſetze.
„Tra tutte le cose che apportano all’ uomo sommo piacere, una
è la memoria delle cose passate.“
Funfzehn Jahre alt, ging Cecchini im Jahre 1604 von Perugia
nach Rom.
Er hatte ſeine Hoffnung auf die Aldobrandini geſetzt, mit denen
er in entfernter Verwandtſchaft ſtand; aber nur allzu fruͤh fuͤr ihn
ſtarb Clemens VIII, und nach deſſen Tode vermochten die Aldobran-
dini nichts mehr. Cecchini durfte zwar ſogleich neue Hoffnung ſchoͤ-
pfen: in Perugia ſchon war er mit Scipione Caffarelli in Verbin-
dung geweſen, demſelben der unter Paul V. die Stellung eines Ne-
poten ſo erfolgreich geltend zu machen wußte: aber Caffarelli wollte
ſich dieſer Bekanntſchaft nicht erinnern: der junge Menſch mußte
durch andere Protection fortzukommen ſuchen.
Da wollte nun ſein Gluͤck, daß er ſich gerade an zwei Mon-
ſignoren hielt, die beide ſpaͤter die hoͤchſte Wuͤrde erlangten, Ludoviſio
und Pamfilio.
Sehr bald verbreitete ſich die Meinung in Rom, daß Ludoviſio
die Tiare erlangen werde. So wie deſſen Neffe Ludovico 1619 in
die Praͤlatur eintrat, betrachteten ihn viele als den kuͤnftigen Cardinal
Padrone. Aller Augen richteten ſich auf ihn: von ſeinen Freunden und
Dienern ſuchte ſchon einer den andern auszuſtechen: auch Cecchini
klagt, daß man ihn zu verdraͤngen geſucht habe; aber er wußte ſich
zu halten: vermochte er doch ſelbſt dem Herrn wichtige Dienſte zu
[443]da lui medesimo.
erweiſen: als ein Verwandter der Aldobrandini war er im Stande
eine Verbindung beider Haͤuſer zu vermitteln. Cardinal Aldobran-
dini verſprach dem Ludoviſio ſeine Stimme.
Schon wurden alle Maaßregeln in dieſer Ausſicht genommen.
Cardinal Ludoviſio bedachte ſich lange eine ſpaniſche Penſion von 1200
Sc., die man ihm nach dem Abſchluß des Friedens mit Savoyen
anbot, anzunehmen: er fuͤrchtete ſich damit die Franzoſen zu verfein-
den: unſer Cecchini mußte mit dem franzoͤſiſchen Geſandten reden,
und ihm allen Verdacht benehmen, der daher entſpringen konnte.
Unter dieſen Umſtaͤnden kam Cardinal Ludoviſio nach dem Tode
Pauls V. ſchon in der Erwartung gewaͤhlt zu werden zum Conclave
nach Rom. Cecchini eilte ihm entgegen. „Ich fuͤhre den Papſt nach
Rom,“ ſagte er in freudigem Eifer. „Wir muͤſſen uns nur vor
dem Cardinal von Aquino in Acht nehmen“, entgegnete Ludoviſio,
„ſo wird es gut gehn.“ — Ludovisio aveva tal sicurezza del
pontificato che domandommi per burla chi saria stato papa:
rispondendogli che il papa non era in Roma e che io l’avrei
condotto, con gran fiducia mi soggiunse queste parole: „Guar-
datemi del cardl d’Aquino, che faremo bene.“
Alles gelang: Ludoviſio wurde wirklich gewaͤhlt. Der Nepot
umarmte Cecchini vor Freuden, und machte denſelben zu ſeinem Auditor.
Hiedurch trat dieſer nun unmittelbar in die Naͤhe der hoͤchſten
Gewalt. Er war nicht ohne Antheil an den Staatsgeſchaͤften, we-
nigſtens nicht ohne Mitwiſſenſchaft, aber ſeine vornehmſte Beſchaͤfti-
gung blieb, die Geldangelegenheiten des Cardinals zu verwalten. Der
Ertrag von Avignon und Fermo kam in ſeine Hand: der Cardinal
wollte nicht allgemein bekannt werden laſſen, wie viel er ausgebe.
Denn er war hoͤchſt ſplendid. Als Ludoviſio das Camerlengat be-
kam, ſtieg auch Cecchini zum Auditore dieſes Amtes auf.
Sonderbare Mißbraͤuche, die uns hier entgegentreten. Unter
dem Namen des Cardinal Nepoten gehn Befehle aus, die man
„non gravetur“ nennt. Wer ſie beſitzt, iſt gerichtlich nicht zu be-
langen. Man ſucht ſich vor ſeinen Glaͤubigern durch ein „non gra-
vetur“ zu ſichern: es gibt ſelbſt Handwerker die dergeſtalt ge-
ſchuͤtzt ſind. Aber noch viel ſchlimmere Dinge berichtet unſer Autor.
Unter Papſt Paul V. ward dem Prior und dem Fuͤrſten Aldobran-
dini der Proceß gemacht. Cecchini behauptet, daß ſich der General-
fiscal falſcher Zeugniſſe bedient habe, um ein verdammendes Urtel wider
ſie auszubringen. Aber ihren Tod habe man nicht gewuͤnſcht: der Zweck
ſey nur geweſen, die Aldobrandini zu noͤthigen einige Schloͤſſer an
die Borgheſen zu uͤberlaſſen. Unter Gregor XV. ward der Gene-
ralfiscal dafuͤr gefangen geſetzt. Era vivente Gregorio stato car-
cerato Pier Maria Cirocchi, che vivente papa Paolo fu fiscale
generale, per molte imputationi, tra le quali la principale era
che nella causa criminale intentata al principe e priore Aldo-
brandino, nella quale furono condannati in pena della vita e della
robba, egli avesse procurato di far esaminar testimonj falsi, si-
come in effetto fece. La detta sentenza non fu data per altro
se non perche il cardl Pietro Aldobrandino si disponesse a ce-
dere al cardl Borghese li castelli di Montefortino e di Olevano,
[444]Vita del cardinal Cecchini
che aveva comprati dal duca di Zagarolo, sicome se volse la
gratia della detta condennatione delli nepoti, lo convenne fare,
con farli anco constituir prigioni in castello, dove stettero quat-
tro mesi. — Unwuͤrdigkeiten die abſcheulich ſind. Die hiſtoriſche
Pflicht verbietet davon zu ſchweigen: obwohl wir bemerken muͤſſen,
daß Cecchini ein natuͤrlicher Anhaͤnger der Aldobrandini iſt.
Nach Gregor ward Urban VIII. gewaͤhlt. Schon hatte Cec-
chini Gelegenheit gefunden, ihm einen großen Dienſt zu erweiſen, wenn
auch nur durch Stillſchweigen. Als Cardinal hatte Urban einſt in
heftiger Aufwallung geſagt, man werde dem Cl. Ludoviſio etwas ge-
denken, und nichts haͤtte ihm im Conclave ſchaͤdlicher werden koͤnnen
als dieſe Drohung, da Ludoviſio ſo maͤchtig darin war; jedoch auf
Magalottos Bitten ſchwieg Cecchini.
Sehr charakteriſtiſch tritt Urban noch ein ander Mal in dieſer
Lebensbeſchreibung auf.
Urban VIII. fuͤhlte ſich durch die Proteſtation Borgias tief ge-
kraͤnkt: er ſchrieb den Cardinaͤlen Ubaldini und Ludoviſio einen An-
theil daran zu, und wollte ſie dafuͤr zuͤchtigen. Ubaldini wuͤrde er
ins Gefaͤngniß haben werfen laſſen, haͤtte ſich ihm der Fiscal nicht
ſtandhaft entgegengeſetzt: aber wenigſtens entfernen mußte ſich dieſer
Cardinal: auch Ludoviſio’n wollte der Papſt nicht in Rom dulden.
Unſern Cecchini, der noch in ludoviſiſchem Dienſte ſtand, ließ er deshalb
rufen, und befahl ihm, dem Cardinal zu ſagen, er moͤge ſich binnen
14 Tagen in ſein Erzbisthum Bologna begeben. Unter heftigen Aus-
bruͤchen ſeines Zornes erklaͤrte er das. „Eine gute Stunde,“ ſagt Cec-
chini, „mußte ich zuhoͤren, wie er mit tauſend Schmaͤhungen auch
Borgia zu zuͤchtigen drohte; ich durfte ihn nicht unterbrechen: er wie-
derholte dann, Ludoviſio moͤge ſich entfernen, oder er werde mit den
Sbirren fortgebracht werden.“ Auch dießmal haͤtte Cecchini beſſer ge-
ſchwiegen. Aber er hielt es fuͤr nothwendig ſeinem Herrn Meldung
zu machen. Es iſt fuͤr den Zuſtand des Hofes ſehr bezeichnend, daß
er es hiedurch mit Jedermann verdarb. Ludoviſio fand, Cecchini haͤtte
ſich die Ausbruͤche des Papſtes nicht gefallen, es eher zu einem voͤlligen
Bruche ſollen kommen laſſen. Cardinal Barberini war aufgebracht,
denn Cecchini haͤtte erſt mit ihm, dem Cardinal Nepoten, reden ſol-
len. Am ungehaltenſten aber war Urban ſelbſt, zumal da die Sache
ein wenig verunſtaltet herumgebracht wurde. Er ließ den armen Cec-
chini noch einmal kommen, und machte ihm hier eine Scene, in wel-
cher der alte Ingrimm gegen ſeine Feinde und Reue uͤber ſeine Au-
ßerung, — gethan haben und nicht gethan haben wollen, — Ueberzeu-
gung von ſeiner paͤpſtlichen Allgewalt und das Gefuͤhl daß der Andere
doch nicht unrecht gehandelt, ſich auf eine ſonderbare Weiſe vermiſch-
ten. Aber Urban VIII. war ein Mann, der zuletzt wieder in ſich
ging. Ludoviſio hatte ſich entfernt, und war kurz darauf geſtorben.
Cecchini hatte zwar ſeine bisherigen Stellen verloren, aber doch eine
neue bekommen, die ihm ſogar zuweilen Gelegenheit gab den Papſt
zu ſehen. „Monſignor Cecchini,“ fing dieſer eines Tages an, „ver-
zeiht uns, wir ſind gegen Euch zu weit gegangen.“ Cecchini ſagt,
ihm ſeyen hieruͤber Thraͤnen in die Augen geſtiegen, und er habe mit
tiefer Hingebung geantwortet. Der Maggiordomo des Papſtes
[445]da lui medesimo.
beſuchte ihn noch den nemlichen Tag, und ſagte, ſeit 4 Jahren habe
der Papſt dieſe Stunde erwartet, und ſich von Herzen gefreut, daß
ſie endlich gekommen.
Cecchini hielt ſich jetzt uͤbrigens wieder zu den Aldobrandini: ſehr
thaͤtig finden wir ihn bei der Verheirathung der reichen Erbin dieſes
Hauſes, Olympia. Cardinal Ippolyto ſtarb, ohne daruͤber definitiv
beſtimmt zu haben, und man fuͤrchtete, die Barberini wuͤrden ſich ein
ſo großes Erbtheil nicht entgehn laſſen: Olympia mußte ſich krank
ſtellen. Mit Huͤlfe des Jeſuitengenerals, mit dem alles uͤberlegt wer-
den mußte, gelang es, die Vermaͤhlung mit dem jungen Borgheſe
wie ſie der Cardinal zuletzt gewuͤnſcht, ſechs Tage nach dem Tode deſ-
ſelben, zu Stande zu bringen.
Deshalb ließen jedoch die Barberini unſern Praͤlaten nicht fal-
len: nachdem ſie ſich nur erkundigt, ob er auch nicht etwa mit den
Farneſen in Verbindung ſtehe, wandten ſie ihn bei der Bewaffnung
von Rom an.
Da fand nun Cecchini zunaͤchſt, daß die neue Auflage auf den
Landwein die Gemuͤther ſchwierig mache. Er erklaͤrte dem Cl. Bar-
berini, das ſey eine Auflage welche die Roͤmer nie gelitten, wegen
deren ſie gegen Eugen IV. aufgeſtanden, — und bewirkte in der That,
obgleich auf den Ertrag derſelben ſchon ein Monte gegruͤndet wor-
den, daß doch der Paͤchter auf der Stelle gerufen ward. Gern lei-
ſtete dieſer Verzicht, er ſah die groͤßte Schwierigkeit bei der Erhe-
bung vorher. Cecchini eilte auf das Capitol, wo die Roͤmer eine
Verſammlung hielten, und theilte ihnen dieſe Nachricht mit: ſie woll-
ten ihm Anfangs nicht glauben, aber er ließ den Paͤchter rufen, der
es dann beſtaͤtigte. Alles ſchrie: „Viva papa Urbano, viva mon-
signor Cecchini.“ Man kuͤßte ihm Hand und Kleider.
Noch hatte aber Cecchini ſeine hoͤchſte Stelle nicht erreicht. Er
erlebte das Gluͤck, daß noch einer ſeiner alten Goͤnner, und vielleicht
der eifrigſte von allen, Cardinal Pamfili, auf den paͤpſtlichen Stuhl
ſtieg.
In den erſten Tagen waren die Barberini noch in Gunſt bei
Innocenz X; Cecchini bekam die Einladung, mit den beiden Cardi-
naͤlen beim Papſt zu erſcheinen. „Hat Euch Cardinal Barberini
etwas geſagt,“ fragte ihn dann Innocenz. „Nein.“ Er wandte
ſich erſt an Franz, dann an Antonio, und bat ſie zu reden. Sie
weigerten ſich. „Wir wollen Euch nicht laͤnger peinigen,“ ſagte end-
lich der Papſt: „wir haben Euch zu unſerm Datar gemacht: ihr ſeyd
den Herrn Barberini dafuͤr verpflichtet, die uns darum gebeten ha-
ben: gern haben wir es zugegeben.“
Dieſe Stelle hatte indeß viel Unangenehmes. Der Papſt war
unbeſtaͤndig, eigenſinnig, mißtrauiſch. Aus andern Quellen wiſſen
wir, daß die Verwaltung Cecchinis nicht ganz ohne Tadel war:
Donna Olympia Maidalchina konnte ihn nicht leiden, ſchon weil auch
ſeine Schwaͤgerin, Donna Clementia, Geſchenke empfing: ich habe
dieſe Dinge bereits beruͤhrt: ſie haben fuͤr die Verwaltung Innocenz
X. eine gewiſſe Wichtigkeit: es erfolgten die gehaͤſſigſten, aͤrgerlichſten
Scenen. Cecchini iſt gluͤcklich, daß Donna Olympia endlich entfernt
iſt: in den Zeiten ihrer Ungnade, kurz nach dem Tode Panzirolos,
[446]Deone
der im Nov. 1651 ſtarb, alſo ungefaͤhr Anfang 1652, ſchrieb er
dieſes Werkchen.
Es faͤllt mir auf, daß in demſelben nicht allein in der Geſinnung,
ſondern bis in die einzelnſten Ausdruͤcke ſchon ein ganz modernes We-
ſen herrſcht, das taͤgliche Leben roͤmiſcher Praͤlaten von heute und
geſtern.
122.
Diario veridico e spassionato della città e corte di Roma, dove
si legge tutti li successi della suddetta città incominciando
dal primo d’Agosto 1640 fino all’ultimo dell’ anno 1644,
notato e scritto fedelmente da Deone hora Temi Dio, e
copiato dal proprio originale. Informatt. Politt. Tom.
XL bis Ende 1642; Tom. XLVII bis Ende 1644; Tom.
XLII Fortſetzung 1645—1647; Tom. XLIII 1648—1650.
(Zuſammen mehr als 2000 Bl.)
Es hat mir nicht gelingen wollen, uͤber den Autor dieſes ſo un-
gemein ausfuͤhrlichen Tagebuches andere Notizen aufzufinden, als
die welche er ſelber hie und da mittheilt.
Es ergibt ſich, daß er in ſpaniſchen Dienſten ſtand und daß er
in den Geſchaͤften der Niederlaͤnder mit Rom, vornehmlich mit der
Dataria beſchaͤftigt war. Ich ſollte urtheilen, daß er wirklich ein
Spanier und kein Niederlaͤnder geweſen. Zu dem Carneval uͤber-
ſetzt er Comoͤdien aus dem Spaniſchen ins Italieniſche und laͤßt ſie
vor einer ſehr glaͤnzenden Geſellſchaft durch junge Leute auffuͤhren.
Der ſpaniſchen Monarchie, welcher er angehoͤrt, widmet er eine reli-
gioͤſe Verehrung: er redet oft von der „heiligen Monarchie“, ohne
welche das Schifflcin Petri gar bald untergehn wuͤrde. Den Wi-
derſachern oder Abtruͤnnigen tritt er mit heftigem und unverholenem
Haſſe entgegen. Die Catalanen, die ſich eine Zeit lang unabhaͤn-
gig hielten, erklaͤrt er fuͤr eine barbariſche Nation: einer oder der
andere hatte ihn um eine Empfehlung bei der Dataria gebeten:
er erklaͤrte, ſie moͤchten erſt wieder gute Diener des Koͤnigs werden.
Noch bei weitem weniger aber kann er es verſchmerzen, daß die Por-
tugieſen ſich ſogar einen andern Koͤnig geſetzt haben: ſein Buch iſt voll
von Invectiven gegen dieſe Nation. Er meint, wenigſtens alle die,
welche in Rom angeſeſſen, ſeyen geneigt zum Judenthum abzufallen.
So ſchlecht es auch geht, ſo verliert er doch den Muth nicht. Er
hofft noch immer, daß ſich Holland zu ſeiner Zeit einmal wieder dem
Koͤnig unterwerfen werde: die Ketzerei habe ihre Perioden, man muͤſſe
ſie zu Ende kommen laſſen. Eine der ſpaniſchen Monarchie gewid-
mete enthuſiaſtiſche Rechtglaͤubigkeit!
Alle vierzehn Tage nun dictirte dieſer begeiſterte Diener Phi-
lipps IV. ein Schreiben, einen Bericht uͤber die waͤhrend dieſer Zeit
vorgefallenen Merkwuͤrdigkeiten, die er dann irgend einem Großen
der ſpaniſchen Monarchie zuſandte. Es waren urſpruͤnglich Avviſi,
wie ſie damals ſo haͤufig vorkommen: zuſammengeſchrieben bildeten
ſie ein Tagebuch.
Es iſt nun ganz in dem Sinne verfaßt, der dem Autor natuͤr-
[447]Diario di Roma 1640—1650.
lich war. Papſt Urban dem VIII. wird ſeine Neigung zu Frankreich,
und das geſammte politiſche Verhaͤltniß in das er ſich geſetzt hatte,
uͤbel genommen und ſchlecht ausgelegt. Papſt Innocenz X. dage-
gen, der eine andere Politik einſchlug, wird mit viel guͤnſtigeren Au-
gen betrachtet.
Es iſt nichts was der Autor nicht beruͤhrte: geiſtliche [und] gelehrte
Sachen: Geſchichte der Orden und des Hofes: die innern haͤuslichen
Verhaͤltniſſe und die Politik: allgemeine politiſche Betrachtungen und
Stadtgeſchichten.
Gehn wir naͤher auf die Quelle ſeiner Mittheilungen ein, ſo
iſt ſie, wie mir ſcheint, hauptſaͤchlich folgende. In den Vorzimmern
des Cardinal Nepoten vereinigte ſich an den beſtimmten Tagen alles
was Geſchaͤfte im Pallaſt hatte; es bildete ſich ein allgemeines Ge-
ſpraͤch; Jedermann brachte ſeine Notizen vor; es konnte nichts die
Aufmerkſamkeit erregen was hier nicht beſprochen ward: ſo weit ich
aus einigen Andeutungen ſchließen kann, ſammelte unſer Verfaſſer
hier die Hauptmaſſe der Nachrichten die er mittheilt.
Er geht dabei mit großer Redlichkeit zu Werke: er ſucht die
Dinge genau zu erfahren: oft traͤgt er Berichtigungen nach.
Zugleich aber ſah er doch auch jezuweilen den Papſt, den Ne-
poten, die einflußreichſten Staatsmaͤnner: auf das ſorgfaͤltigſte ver-
zeichnet er was er aus ihrem Geſpraͤch entnimmt: dann und wann
iſt es merkwuͤrdig genug.
Man koͤnnte nicht behaupten, daß die Lectuͤre eines ſo weitſchich-
tigen Opus gerade ſehr intereſſant waͤre: aber man lernt auch hier
Perſonen und Dinge nach und nach faſt wie aus unmittelbarer An-
ſchauung kennen. So oft und in ſo mannigfaltigen Lagen werden
ſie uns vorgefuͤhrt.
Es wuͤrde nun unmoͤglich ſeyn, einen einigermaßen genuͤgenden
Auszug aus einem ſo voluminoͤſen Werke einzuſchalten; es moͤgen die
Stellen genuͤgen, auf die ich mich bereits bezogen habe.
1. Una delle più belle memorie di questa già dominatrice del
mondo è un monumento antico in forma rotonda di circonferenza
grandissima e di bellissimo marmo presso a San Sebastiano detto
Capo di bove. Il Bernino, statuario famosissimo del papa per
suo utile, ha posto in consideratione di fare una facciata son-
tuosa all’ Acqua Vergine detta di Trevi: ottenne un breve di
poter buttare a terra quella machina sì bella, et incominciò a
metterlo in esecutione: ma fu dal popolo Romano avvedutosene
impedito, e l’opera cessa per non cagionare rumori.
2. Martedì mattina tenne concilio generale in Campidoglio
il popolo Romano, che fu numerosissimo più che mai, atteso
che vi concorsero molti titolati, che per il passato non mai in-
tervennero. La proposta fu che sendo il popolo Romano sup-
presso dalle gabelle imposte da papa Urbano si dovesse suppli-
care Sua Stà per levare almeno la gabella della macina, tanto
più che fu imposta fin che durasse la guerra all’hora in piedi,
la quale hoggi è terminata. Passò il partito, e furono deputati
sei gentilhuomini Romani per esporre al papa la petitione in-
continente. Comparve Don Cesare Colonna, zio del principe di
[448]Relatione di Roma dall’ Almaden.
Gallicano, il quale dimandò udienza da popolo Romano da parte
della signora Donna Anna Barberina. Gli fu risposto che ve-
nisse, e postosi allo scabelletto trasse dal seno un memoriale,
dicendo che era di Donna Anna Colonna, e chiedeva che si le-
gesse. Fu letto, e diceva che non si dovesse mandare al papa
per levar gabelle giuridiche e con legitima causa imposte da papa
Urbano, il cui zelo verso la giustitia e meriti che ha con que-
sta città non permettono che si ritratti il disposto di lui. Re-
stò ogn’uno meravigliato da simil dimandita, volente impedire
il sollevamento del popolo: ma fu però subito penetrato che la
buona signora haveva perinteso che si levarebbe la gabella colli
beni de’ Barberini. Fu risposto al Colonna che’l senato e po-
polo non faceva altro che esporre alla Sua Stà il bisogno della
città. Questa risposta il Colonna portò correndo a Donna Anna,
che stava aspettando per quest’ effetto alla chiesa d’Araceli. —
— Mercordì il cardinal Colonna havendo inteso la disorbitante
proposta della sorella, mandò al senato Romano a farli sapere
ch’egli uon hebbe in quella sciocchezza parte alcuna, ma che
era pronto di assistere alla giusta petitione del popolo. — —
Venerdì mattina il popolo Romano di nuovo convocò consiglio
pieno, e fu riferito che S. Stà s’era contentato di levar la gabella
della macina con l’effecto di Don Taddeo Barberini, di modo
che fu ben divisato la pretensione di Donna Anna Barberina.
123.
Del stato di Roma presente. (MS Vindob. Fosc. n. 147.) Auch
unter dem Titel: Relatione di Roma fatta dall’ Almaden.
Ich will nicht entſcheiden, ob aus der letzten Zeit Urbans VIII.
oder der erſten Innocenz X; fuͤr die innern Zuſtaͤnde in jener Epoche
recht bedeutend: uͤber Tiber und Anio, die Zunahme der Aria cat-
tiva, die Einkuͤnfte der Roͤmer, die Geldgeſchaͤfte uͤberhaupt, den Zu-
ſtand der Familien. Es waͤre moͤglich, daß dieſes Werkchen von dem
Verfaſſer des Diario ſelbſt herruͤhrte: einige Spuren ſollten darauf
fuͤhren.
Doch will ich die Auszuͤge nicht haͤufen, da ich, wenn ich mich
nicht irre, bei dem verſtorbenen Fea einen alten Druck davon ſah.
Es folge nur die Stelle, auf welche ich mich oben p. 111 bezo-
gen habe.
Gregorio XIII considerando che quantità grande di danaro
usciva da Roma e dallo stato per prezzo di grani che venivano
per mare da Barberia ed altri luoghi, spesse volte riscaldati e
guasti, e tal volta non giungevano a tempo o si restavano af-
fatto, per sostrarsi da tutti questi mancamenti, fece smacchiare
per molte miglia riducendo la campagna a coltura, sicche Roma
da quel tempo di rado ha havuto bisogno di grano forestiero;
ed il buon pontefice Gregorio ha conseguito il suo intento: ma
lo smacchiare ha aperto il passo a’ venti cattivi, da quali
nasce ogni intemperie, che cagiona certo morbo chiamato da
Alessandro da Cività medico, trattando de morbi de’ Romani,
[449]Compendio etc. da Gregorio XIII fino a Clemente IX.
capiplenium, cosa sopra modo fastidiosa e più alli forestieri
ch’ alli nativi, morbo anco cresciuto dopo la condotta di tanti
fonti, dalli quali Roma, sendo bassa et umida di sua posi-
tura, vien resa più umida per la moltitudine dell’ acque delle
fontane. Siccome Gregorio XIII smacchiò la campagna sotto
Roma verso il mare grassa ed attissima per la coltivatione del
grano, così Sisto Quinto smacchiò la campagna sopra Roma
meno fertile, per torre il ricovero a’ masnadieri che infestavano
le strade, e ben riusciva il disegno, perche li sradicò affatto.
Der Verfaſſer billigt zwar das Verfahren [Sixtus]V, weil es der
Tramontana zu freierem Durchzug verholfen: aber wie viele Uebel
hat man ſpaͤter von der Tramontana hergeleitet! (Cancellieri so-
pra il tarantismo p. 88.)
124.
Compendio delli casi più degni e memorandi occorsi nelli pon-
tificati da Gregorio XIII fino alla creatione di Clemente
IX. (50 Bl.)
Der Verfaſſer verſichert die Wolke geſehen zu haben die beim
Tode Sixtus V. den Quirinal verdunkelte (Aug. 1590). Da das
Werkchen bis 1667 reicht, ſo iſt klar, daß es nicht von Einem Au-
tor herruͤhren kann: es wird ſpaͤter in aͤhnlichem Sinne fortgeſetzt
worden ſeyn, wie es damals angefangen war, d. i. als eine Samm-
lung roͤmiſcher Merkwuͤrdigkeiten und Anekdoten. Z. B. lieſt man
hier, wie die franzoͤſiſchen Moͤnche in Trinita di Monte mit den ca-
labreſiſchen und andern in Feindſchaft geriethen und dieſe vertrie-
ben, ſo daß ſie Andrea delle Fratte anbauten, welches damals noch
zwiſchen Gaͤrten lag; — wie die Jeſuiten auch alle andern Orden
wieder erweckten ihre Pflicht zu thun; — Wunder die ſich ereigne-
ten; — Nachrichten von den Bauten der Paͤpſte.
Es kommt dabei doch gar manches Merkwuͤrdige vor. Z. B.
folgende Erzaͤhlung vom Tode der Bianca Capello: Volendo la gran-
duchessa di Toscana Bianca Capelli avvelenare il cardl Ferdi-
nando suo cognato in certa confezione, il GD Francesco suo
marito ne mangiò prima: il che inteso da lei, ne mangiò essa
ancora, e tutti due morirono subito et il cardl si fece granduca.
— Von der Wegfuͤhrung Cardinal Cleſels aus Wien, welche der
jeſuitiſche Beichtvater Ferdinands II. niemals zugeben wollte: Vero-
spi ebbe un giorno commodità d’essere coll’ impre senza il Gie-
suita, e con bella maniera fece capace l’impre che non poteva
ritenere detto cardle e solo il papa esser suo vero giudice, e tal-
mente commosse Cesare che lo fece piangere e glielo fece con-
signare. — Oder auch Sittenzuͤge. Ein reicher Praͤlat flicht in
ſein Teſtament die Clauſel ein, daß ſein Nepot nur dann ſeine Verlaſ-
ſenſchaft erben ſolle, falls er eines natuͤrlichen Todes ſterbe; wo nicht,
ſolle ſie an fromme Stiftungen kommen; — Duca Ceſarini bezahlt
Niemand, ehe man nicht Anſtalt macht, das Pfand zu verauctioni-
ren das er ſich bereits hatte nehmen laſſen. Ein Orſino droht einen
mahnenden Glaͤubiger zum Fenſter herauswerfen zu laſſen. Der
Glaͤubiger erſucht ihn, er moͤge ihn erſt beichten laſſen; Orſino ant-
Päpſte** 29
[450]Bemerkung uͤber die
wortet, zu ihm muͤſſe man nur kommen, wenn man ſchon gebeichtet
(che bisognava venirci confessato). — Ein Negromant faͤhrt auf
einem Wagen den ein paar Hunde ziehen, in Rom ein: man bringt
aus, es ſeyen ein paar Teufel, mit denen er fahre wohin er wolle.
Der Courier von Mailand behauptet, er habe ihn bei Mailand ver-
laſſen und bei Rom wiedergefunden. Man zieht den vermeinten
Hexenmeiſter ein und bringt ihn um.
Waͤren dieſe Aufzeichnungen nur etwas geiſtreicher, ſo waͤren
ſie unſchaͤtzbar, ſie wuͤrden Sitten und Zeiten vergegenwaͤrtigen, ohne
ſo ermuͤdende Studien noͤthig zu machen wie obgedachtes Tagebuch.
Gehen wir jetzt zu den Schriften uͤber, welche Innocenz X. un-
mittelbar betreffen.
Bemerkung
uͤber Gualdi Vita di Donna Olimpia Maldachina 1666.
So wie wir erfahren, daß Gregorio Leti, den wir hinreichend
kennen gelernt haben, der Autor auch dieſer Schrift iſt, ſo faͤllt faſt
der Anlaß weg, von ihrer Glaubwuͤrdigkeit zu handeln: ſie hat die
ſtaͤrkſte Vorausſetzung wider ſich.
Da jedoch noch 1770 eine franzoͤſiſche, 1783 eine deutſche Ue-
berſetzung davon erſchienen iſt, und unſer Schroͤckh wenigſtens die
Haupterzaͤhlung fuͤr wahr halten zu duͤrfen glaubt, weil ſie ja niemals
beſtritten worden ſey, ſo iſt wohl nicht uͤberfluͤſſig, ein Wort davon
zu ſagen. Behauptet doch der Autor kuͤhnlich, er werde nichts er-
zaͤhlen was er nicht ſelbſt geſehen oder wovon er ſich nicht die ſicherſte
Kunde verſchafft habe.
Von vorn herein ſchuͤrzt er ſeinen Knoten mit der Erzaͤhlung,
die Familie Maldachini, die er fuͤr roͤmiſch haͤlt, habe einſt eine Wall-
fahrt nach Loreto unternommen, hier habe ſich ihr in Borgheto der
junge Pamfili zugeſellt, ſich in die Tochter des Hauſes, Donna Olim-
pia, verliebt, und nach der Ruͤckkehr ſich mit ihr verheirathet; gar
bald aber ſey Olimpia mit ſeinem Bruder, dem nachmaligen Papſt,
damals einem jungen Abbate, vertrauter geworden als mit ihrem Ge-
mahl. Auf dieß Verhaͤltniß wird der Einfluß begruͤndet welchen
Donna Olimpia uͤber Innocenz X. hatte.
Wir koͤnnen aber getroſt ſagen, daß daran kein Wort wahr iſt.
Die Familie Maidalchina iſt keine roͤmiſche, ſie iſt aus Acqua-
pendente. Donna Olimpia war Witwe, als ſie ſich mit Pamfili
verheirathete. Paolo Nini zu Viterbo, der letzte von dieſem Geſchlechte,
war ihr erſter Mann: da ſie ihn beerbte, ſo brachte ſie in das Haus
Pamfili eine reiche Mitgift: darauf und nicht auf eine imaginaͤre
Vertraulichkeit mit dem Papſt war die Autoritaͤt gegruͤndet die ſie
in der Familie genoß. Als dieſe Vermaͤhlung vor ſich ging, fehlte
viel daran, daß Innocenz X. ein junger Abbate geweſen waͤre. In
einer Inſchrift, die der Senior des Hauſes in der Villa Maidalchina
zu Viterbo errichtet hat, heißt es: er habe dieſe Villa ausgeſchmuͤckt
im Jahre 1625, ehe ſeine Schweſter in das Haus Pamfili vermaͤhlt
[451]Vita di Donna Olimpia.
worden. Marchio Andreas Maidalchinus — — villam hanc ante
nuptam sororem suam Olympiam cum Innocentii X. germano
fratre — — extruxit ornavitque anno Domini MDCXXV. In
Buſſi’s Istoria di Viterbo p. 332 iſt die ganze Inſchrift mitgetheilt.
Mithin kann dieſe Vermaͤhlung erſt ungefaͤhr 1626 geſchehen ſeyn;
da war Giambattiſta Pamfili, ſpaͤter Innocenz X, bereits 54 Jahr
alt und ſeit 20 Jahren nicht mehr Abbate ſondern Praͤlat. In die-
ſem Augenblicke war er in mancherlei Nuntiaturen beſchaͤftigt: —
darf man aus einigen ſeiner Aeußerungen einen Schluß ziehen, ſo
wird das Verdienſt der Donna Olimpia geweſen ſeyn, daß ſie ihn
hiebei ſo wie ſpaͤter aus ihrem Vermoͤgen unterſtuͤtzte. Er konnte den
Glanz behaupten der in dieſen Zeiten dazu gehoͤrte um emporzukom-
men. Dieſem Anfange gemaͤß entwickelte ſich auch ihr geſammtes
Verhaͤltniß: hatte Donna Olimpia den Praͤlaten unterſtuͤtzt, und ei-
nen gewiſſen Antheil an der Erwerbung der paͤpſtlichen Wuͤrde, ſo
wollte ſie dieſe ſich nun auch zu Nutze machen.
In jenem ausfuͤhrlichen Diario, das der Olimpia Schritt fuͤr
Schritt folgt und wo von allen Geheimniſſen des paͤpſtlichen Haus-
weſens geredet wird, iſt keine Spur einer illegitimen Vertraulichkeit
zwiſchen dem Papſt und ſeiner Schwaͤgerin zu entdecken.
Auch dieſes Werkchen Letis iſt ein aus apokryphen Nachrichten
und chimaͤriſchen Dichtungen zuſammengewebter Roman.
125.
Relatione degli ambasciatori estraordinarj a Roma al sommo pon-
tefice Innocentio X, Pietro Foscarini Kr, Zuanne Nani
Kr Procr, Aluise Mocenigo I fu di q. Aluise, e Bertucci
Valier Kr. 1645 3 Ott.
Eine voͤllige Veraͤnderung iſt nach Urbans Tod eingetreten. In-
nocenz X. iſt von den Franzoſen ungern geſehen: er moͤchte gern
den Kaiſer unterſtuͤtzen, wenn er nur koͤnnte: er iſt ein Freund der
Venezianer. Nur waͤre moͤglich, daß er aus natuͤrlicher Unentſchloſ-
ſenheit ſich in ſeinen Maaßregeln ſchwankend zeigte. Die Geſand-
ten finden es deshalb doppelt noͤthig ſich nicht aus Privatruͤckſichten
mit ihm zu entzweien, und nicht etwa wegen eines liederlichen Moͤn-
ches das paͤpſtliche Wohlwollen zu verſcherzen.
Folgendermaßen werden die Praͤcedentien dieſes Papſtes dar-
geſtellt.
Nasce il presente sommo pontefice Innocentio X, chiamato
prima Gio. Batt. cardle Pamfilio, della famiglia de’ Pamfilj ori-
ginata già in Ugubbio città dello stato d’Urbino. Questa venne
habitare in Roma sotto il pontificato d’Innocentio VIII, si ap-
parentò con le prime case della città, visse sempre in molta ri-
putatione et honorevolezza. La madre di S. Bne fu della fa-
miglia de’ marchesi dal Buffolo, nobile e principale, della quale
ne fa il papa hoggidi molto conto, ritrovandosene più d’uno al
suo servitio in palazzo. Fu la Stà Sua allevata dal cardle Ge-
rolamo Pamfilio, suo zio paterno, che visse in gran concetto e
29*
[452]Rel. di IV ambasciatori 1645.
fu vicino ad esser papa e che fu fatto cardle da Clemente VIII
mentre si trovava auditor decano della rota chiaro per la virtù
et innocenza de’ suoi costumi. Si trova la Stà Sua in età di
72 anni, di statura più che ordinaria, ben proportionata, mae-
stosa nella persona, piena di grande mansuetudine e benignità:
onde sempre che esce dalle sue stanze per occasione di conci-
storj, capelle o altre occasioni, da prontamente e volentieri au-
dienza a tutti di ogni conditione, benche poveri e miserabili che
se gli fanno innanzi, riceve i lor memoriali, e con molta pa-
tienza e carità procura di sollevare ognuno, consolar tutti con
grande acclamation dei sudditi e con gran differenza dal pon-
tificato antecedente. Fu il papa prima avvocato concistoriale,
poi auditor di rota eletto da Clemente VIII. Fu da Gregorio
XV mandato noncio a Napoli e da Urbano VIII impiegato
nelle legationi di Franza e Spagna del cardl Barberino con ti-
tolo di datario, fu dallo stesso Urbano eletto patriarca d’An-
tiochia, mandato noncio in Spagna, e poi promosso al cardina-
lato li 9 Novembre 1627. Come cardinale è stato in concetto
di natura severa, inclinato al vigore, puntuale nelle cose eccle-
siastiche. E’ stato sempre adoperato in tutte le congregationi
principali, e si può dire che ha esercitate tutte le cariche più prin-
cipali di Roma con universale sodisfattione, havendo nell’ animo
suo fatta sempre particolar sede la modestia, la patienza, l’in-
tegrità, la virtù, la mira di non disgustare alcuno, accarezzando
tutti e condonando le ingiurie. Gode una buona salute, ha
complessione assai robusta, va sobrio nel cibo, fa volentieri
esercitio, assiste alle capelle et altre funtioni con gran mae-
stà, e fa tutte le cose ecclesiastiche con pompa, decoro, parti-
colar godimento suo e puntnalità. Va pesato assai in tutti li
negotii gravi, vuol tempo ad esaminarli e risolverli. E’ stato
solito nella sua passata fortuna andar tardi e tardi levarsi dal
letto, osserva il medesimo stile nel pontificato, onde rare volte
è retirato avanti la mezza notte nè levato la mattina avanti
qualche hora del giorno. Ha nei tempi andati fatta molta sti-
ma dei principi: ha desiderate le loro giuste sodisfattioni: si
dichiara preservare ne’ stessi concetti, non voler esser partiale
d’alcuna delle due corone, ma padre universale amorevole di
tutti: si risente non incontrar bene nè con l’una nè con l’altra
di esse al presente, e se n’è esalata con grande confidenza più
d’una volta con noi; crede però che ognuno si dolga per av-
vantaggiare i proprj interessi, non perche ambedue non cono-
scano la necessità della sua indipendenza, e come che sia amica
della pace naturalmente e la obblighi a questa il posto di pon-
tefice in cui si trova constituito. Va nutrendosi con simili con-
cetti ricevendo a grande alimento suo la confidenza con la
Serenissima Republica, come questa con l’autorità, consigli et
amor suo possa esserle del maggior presidio: anzi soggetto di
grand’ eminenza e della maggior confidenza nostra ha confidato
ad alcuno di noi, forse d’ordine della Stà Sua, la intentione
ch’ ella havrebbe di stringersi con l’ EE VV con particolare al-
[453]Rel. di Al. Contarini 1684.
leanza, quando credesse incontrare la publica dispositione: sopra
di che con termini generali ufficiosi fu risposto, nessun nodo
poter maggiormente legare i principi che la sincerità e corri-
spondenza de’ cuori e la uniformità de’ fini et interessi.
126.
Relatione dell’ ambasciatore Veneto Aluise Contarini fatta al se-
nato dopo il ritorno della sua ambasceria appresso In-
nocentio X. 1648. (22 Bl.)
Auch dieß Pontificat entwickelte ſich lange nicht ſo vortheil-
haft, wie man erwartet hatte. Der erſten, ziemlich ehrenvollen
Relation fuͤgt Aluiſe Contarini Sohn Niccolos — der fruͤhere Aluiſe
iſt ein Sohn Tommaſos — ſchon manche bei weitem minder guͤn-
ſtige Zuͤge hinzu.
In ſeiner Jugend habe Innocenz ritterliche Uebungen und den
Zeitvertreib der Liebe (passatempi amorevoli) den Studien vorge-
zogen: auf ſeiner Nuntiatur in Frankreich habe er ſich wenig An-
ſehen erworben; man habe ihn wegen ſeines ewigen Abſchlagens Mon-
ſignor Es geht nicht genannt (Mr Non si puol); dagegen in Spa-
nien ſey er durch Wortkargheit in den Ruf eines weiſen Mannes
gekommen.
Was ihn zum Papſt gemacht? Antwort: drei Dinge: wenig
reden, ſich viel verſtellen und gar nichts thun. „Da corteggiani
fu detto che tre cose l’avevano fatto papa, il parlar poco, si-
mulare assai e non far niente.“
Si fa conoscere hora poco inclinato alle gratie, delicato e
vetriolo, (?) — riputato da tutti d’ingegno tardo nell’ apprendere
e poco capace di gran machine, ma ostinato nell’ apprensioni: —
procura di non farsi conoscere partiale di alcuna corona: —
Freund der Ruhe, der Gerechtigkeit, nicht blutgierig, guter Oeconom.
Die Umgebung des Papſtes: Donna Olimpia: ihm deshalb lieb, weil
ſie eine große Mitgift in das Haus brachte und ihn damit unterſtuͤtzte:
donna d’ingegno e spirito virile, solo si fa conoscere donna per
la superbia e l’avaritia; — Pancirolo: di tratti manierosi, d’in-
gegno vivace, cortese di viso e di parole; — Capponi: a bocca
ridente ricuopre la sua malitiosa industria; — Spada: si pavo-
neggia delli suoi stimabili talenti. Man ſieht wohl, nicht eben
ſehr ehrerbietig druͤckt ſich unſer Autor aus. Der Mangel eines Ne-
poten ward bei dieſer Natur des Papſtes doppelt fuͤhlbar.
Folgen einige Zuͤge der Regierung. Tra li corteggiani si suol
dire che chi tratta col papa d’alcuno affare, nelle prime audienze
lo reputa quasi perfettionato, nella seconda conosce esser to-
talmente da farsi, e nella terza si scuopre con stupore sconcluso.
— Crede disprezzabile quel principe che non conserva appresso
di se un buon numero di contanti da valersene in un’ urgente
bisogno. Per non spendere si contenta di soffrire dell’ avversa
fortuna ogni più opprobrioso strapazzo. — Trovandosi l’annata
di Roma spogliata di quelli assegnamenti de’ quali si valse in
altri tempi, come proprii per essere stati dissipati nella guerra
[454]Memoriale dei deputati di Fermo 1648.
Barberina, Sua Stà conoscendo l’annata presente penuriosa di
grano ha più volte assegnato di esser pronto di sovvenirla di
grossa somma di contanti; ma ripugnando la sua natura allo
sborso, ha cercato aggiustarlo in altra forma, sebene non a suf-
ficienza. — Tutte le communità si trovano talmente esauste e
ruinate per cagione della guerra Barberina che gl’è impossibile
giammai risorgere e rihaversi. — Particolare entrata del papa
di 800 m. scudi consistente negli emolumenti delle componende
della dataria e nelle vacabilità degli officii di quella e della can-
celleria, come ancora di una sorte di monti vacabili dell’ audi-
tore e tesoriere di camera, chiericati di essa, et altri simili offi-
cii, di tutta questa somma, che entra nella borsa secreta e non
nella publica, ne è assoluto patrone S. Stà, potendone disporre
al suo arbitrio e donarla a chi più li piace senza temere che
siano richieste dal successore. Seine Bauten: auf dem Capitol,
in S. Pietro, im Lateran: — in cui rinnovandosi con nuovo mo-
dello le tre navate della chiesa, rimane nel suo essere l’adorna-
mento di quel vago e ben inteso soffitto, — in Piazza Navona:
con il gettato di alcune case per la parte di S. Giacomo de’
Spagnuoli restando in quadro la piazza.
Man ſieht, dem ſchlechten Eindruck den der Hof hervorbrachte
zum Trotz, iſt Contarini doch im Ganzen unparteiiſch und unter-
richtend.
127.
Memoriale presentato alla Stà di N. Sre papa Innocenzo X dai
deputati della città di Fermo per il tumulto ivi seguito alli
6 di Luglio 1648.
In Majolino Biſaccioni’s Historia delle guerre civili di que-
sti ultimi tempi Ven. 1664 findet ſich, wie ſchon bemerkt, mitten
unter den wichtigſten Ereigniſſen, neben Carl I. und Cromwell, der
Empoͤrung von Portugal und Catalonien, auch eine Historia della
guerra civile di Fermo, d. i. die Geſchichte eines Auflaufes, in
der der paͤpſtliche Governatore, Visconti, erſchlagen worden.
Hier haben wir das Memoriale, mit welchem zwei Deputirte,
Lorenzo Nobile und Lucio Guerrieri, vor dem Papſt erſchienen, um
ihn wegen der That um Verzeihung zu bitten.
Nach ihrer Darſtellung, die doch viel authentiſcher und anſchau-
licher iſt als Biſaccioni, und einen Blick in das Innere der Staͤdte
zu dieſer Zeit eroͤffnet, war das Korn mißrathen und das Brod
ungewoͤhnlich theuer: dennoch wollte der Governatore Getreide aus
dem Gebiete von Fermo ausfuͤhren. Keine Warnung ließ er Statt
finden. Seinen Carabiner zur Seite, Piſtolen auf ſeinem Tiſch, er-
klaͤrte er, er wolle eher ſterben, wie es einem Governatore und Sol-
daten zukomme, als nachgeben. Er verbot das Conſiglio, zu welchen
Deputirte auch aus den benachbarten Caſtellen ankamen, und zog
Truppen zuſammen. Aber dieſe ſeine Soldaten „kamen von dem
Acker wo ſie geerntet, von der Tenne wo ſie gedroſchen“: ſie kannten
den Mangel dem man ausgeſetzt war, und ſtatt ſich dem tumultui-
[455]Giustiani Relatione di Roma 1652.
renden Poͤbel zu widerſetzen, ergriffen ſie deſſen Partei. Der Go-
vernatore ſah ſich trotz ſeiner Bravaden genoͤthigt nachzugeben und
ſein Getreide innerhalb des Stadtgebietes zu laſſen.
Allein kaum fing man an ſich zu beruhigen, als corſiſche Mi-
lizen, vom Governatore berufen, am Thore erſchienen. Man glaubte
nicht anders, als Visconti wolle mit deren Huͤlfe ſeinen Vorſatz doch
durchſetzen. Ein Auflauf entſtand. Alles ſchrie: „Wir ſind verra-
then, zu den Waffen!“ man zog die Glocken, ſtuͤrmte den Pallaſt und
toͤdtete den Governatore.
Die Abgeordneten betheuern ihre Treue, und beklagen dieß Er-
eigniß, — — uͤber das vor allem der Adel betruͤbt ſey (di vedere,
senza potervi rimediare, da persone del popolo ucciso il prelato
di Vra Stà datogli per suo governo).
128.
Relatione della corte di Roma del cavre Giustiniani data in se-
nato l’anno 1652. (Copie in der Magliabechiana zu Florenz
24, 65.)
Von Bewunderung und Erwartung ging man aber auch un-
ter Innocenz erſt zu Zweifel und Mißbilligung, endlich zu Klage
und Verwerfung uͤber.
Zuan Zuſtinian — denn ſo ſprechen und ſchreiben die Venezianer
dieſen Namen — kam nach mancherlei andern Geſandtſchaften von
Wien nach Rom, und reſidirte hier von 1648 bis 1651. Dieſe
Jahre erfuͤllen ſeine Depeſchen, und auf ſie bezieht ſich ſeine Re-
lation.
Seine Schilderung des Hofes lautet nun nicht ſehr troͤſtlich.
Was in dem Papſte Gutes ſey, ſagt er, komme der Stadt Rom
und hoͤchſtens dem Kirchenſtaate zu Statten, ſeine ſchlechten Eigen-
ſchaften ſeyen der ganzen Chriſtenheit nachtheilig. Jedoch auch in
dem Kirchenſtaate ſey die Abloͤſung der ſchwerſten Strafen durch
Geld ein großes Uebel. „Mi si afferma per massima indubitata
che in sette anni di pontificato habbia estratto dalle composi-
tioni di persone processate come ree il valore di 1200 m. scudi,
che s’accosta a due milioni di ducati.“ Als eine Art von oͤffent-
lichem Ungluͤck erſcheint hier der Einfluß der Donna Olimpia Mai-
dalchina: „Donna di gran spirito, prepotente per solo titolo di
esatta economia. Se vacavano officj nella corte, niente si de-
liberaba senza il beneplacito di lei: se vi erano beneficj da dis-
tribuire, i ministri della dataria tenevano ordine di trattenere
ogni spedizione sinche datagli notizia della qualità delle vacanze
scegliesse a sua disposizione ciò che più tenesse di gusto: se
vi erano chiese episcopali da provedere, ad essa ricorrevano i
pretendenti: e quello che rendeva nausea a tutti gli uomini ono-
rati, era il vedere che erano preferiti quelli che più allargavano
la mano a donativi.“
So faͤhrt er fort; doch bin ich nicht ſicher, ob die Relation auch
wirklich echt iſt.
In dem venezianiſchen Archiv iſt ſie nicht vorhanden: in der
[456]Pesaro Contarini Valiero Sagredo
Magliabechiana zu Florenz finden ſich zwei Exemplare, die aber nicht
durchaus mit einander uͤbereinſtimmen. Ich habe mich an das ge-
maͤßigtere gehalten.
Gluͤcklicher Weiſe war es nicht nothwendig, aus dieſer Relation
zu ſchoͤpfen, da jenes Diarium und die Nachrichten Pallavicinis in
dem Leben Alexanders VII. eine bei weitem beſſere Auskunft dar-
boten.
129.
Relatione dell’ ambasceria estraordinaria fatta in Roma alla Stà di
N. Sre Alessandro VII dagli Eccmi SSri Pesaro, Conta-
rini, Valiero e Sagredo per rendere a nome della Serma
Republica di Venetia la solita obedienza al sommo pon-
tefice l’anno 1656.
Derſelbe Peſaro, in deſſen Geſandtſchaft die Entzweiung Ur-
bans VIII mit der Republik faͤllt, der ſeitdem immer eher fuͤr einen
Gegner der Geiſtlichkeit gegolten hatte, war an die Spitze der be-
gluͤckwuͤnſchenden Geſandten geſtellt, und jetzt von den Uebrigen mit
der Abfaſſung der Relation beauftragt worden. Sey es nun, daß
ſeine Geſinnung, wie er ſagt, von Anfang ſehr gemaͤßigt geweſen
war, oder daß die Reihe von Jahren, die ſeitdem verfloſſen, eine
Veraͤnderung in ihm hervorgebracht hatte: ſeine Relation iſt ſehr
verſtaͤndig, wohlmeinend und belehrend.
Schon uͤber die Regierung Innocenz X. druͤckt er ſich zwar miß-
billigend, aber nicht ſo vollkommen wegwerfend aus wie Andere.
„Oltre la cupidità insatiabile ch’è regnata in quella casa, vi si
è aggionto che essendo mancato di ministri valevoli al sosten-
tamento di così gran principato, non havendo luogo nell’ animo
suspicace di quel pontefice la fede di chi si sia, ogni cosa per
lo più si regolava secondo gli appetiti immoderati di una donna,
che ha aperto largo campo alle penne satiriche di fare compa-
rire i disordini di quel governo maggiori ancora di quel che in
fatti si fossero.“
Wie geſagt, ſo wenig das nun lautet wie ein Lobſpruch, ſo iſt
es doch mit den heftigen Exclamationen Anderer verglichen ein ſehr
mildes Urtheil.
Aber der vornehmſte Gegenſtand des Berichtes iſt nun der neue
Papſt Alexander VII.
Peſaro findet, wie ja auch die uͤbrige Welt davon uͤberzeugt war,
daß die Meinung von den Tugenden Fabio Chigis, der Ruf ſeiner
Nuntiatur ihn befoͤrdert habe, — obgleich die Medici im Grunde
die Erhebung eines ihrer Unterthanen ungern ſahen. „Più santa
elettione non si poteva aspettare da un senato di soggetti che
per quanto havessero distratta la volontà da mondani interessi,
non potevano di meno di non lasciarsi in fine guidare da quel
spirito santo che essi presumono assistere ad un’ attione di tanta
rilevanza.“
Er ſchildert ſein Emporkommen, im Allgemeinen den Charakter
ſeiner erſten Handlungen: „von den oͤconomiſchen Dingen zeige er
[457]Relatione di Roma 1656.
wenig Verſtaͤndniß, deſto mehr von kirchlichen, und nicht ganz un-
beugſam ſtelle er ſich an“; — auch ſeine Angehoͤrigen; — es iſt
nicht noͤthig dieß zu wiederholen: nur zu bald nahmen die Dinge
eine andere Entwickelung als man erwartet hatte.
„Troppo per tempo parmi“, ſagt gleich unſer Peſaro, „che
il mondo canonizzi questi sentimenti del papa, e che per farne
più accertato giudizio faccia di mestiere osservarsi quanto con
il tratto del tempo si sia per mostrarsi costante nel resistere
alle mantellate dell’ affetto.“ — Schon damals machte man dem
Papſte von allen Seiten ſo viel Vorſtellungen, daß ſeine Stand-
haftigkeit erſchuͤttert werden zu muͤſſen ſchien.
Der Zweck dieſer Geſandtſchaft war jedoch nicht allein Gluͤck
zu wuͤnſchen, ſondern noch viel mehr, den roͤmiſchen Hof um Unter-
ſtuͤtzung fuͤr den Krieg von Candia zu bitten.
Die Geſandten entwickeln, welche Anſtrengungen Venedig ge-
macht habe um dem Feinde widerſtehn, vor allem um nur zunaͤchſt
die Kriegskoſten beſtreiten zu koͤnnen: Anleihen mit ſtarken Zinſen,
lebenslaͤnglichen oder immerwaͤhrenden: — Verkauf allodialer und feu-
daler Guͤter: — Mittheilung der Wuͤrden des Staates, die bisher
in einem engen Kreiſe feſtgehalten worden, ja der venezianiſchen No-
bilitaͤt uͤberhaupt, die doch um ſo ſchaͤtzbarer ſey, je weniger ſie ge-
mein gemacht werde, an eine groͤßere Anzahl. Jetzt aber ſeyen ſie ganz
erſchoͤpft: von den uͤbrigen Potentaten der Chriſtenheit laſſe ſich
nichts hoffen, da es allzu viel innere Feindſeligkeiten zwiſchen den-
ſelben gebe: ihre einzige Zuflucht ſey der roͤmiſche Stuhl.
Der Papſt hoͤrte ſie nicht ohne Zeichen von Theilnahme an: er
antwortete ihnen mit einer glaͤnzenden Lobeserhebung der Republik,
die ſich nicht allein mit dem Eiſen, ſondern auch mit dem Golde der
Wildheit der Barbaren entgegenſetze: was aber die Hauptſache an-
belangt, ſo erklaͤrte er ihnen, daß er ſich außer Stande ſehe etwas
fuͤr ſie zu thun. Die paͤpſtliche Caſſe ſey ſo erſchoͤpft, daß er nicht
einmal wiſſe, wie er der Stadt zu Brot verhelfen ſolle.
Die Geſandten ergaben ſich nicht: ſie ſtellten vor, daß die Ge-
fahr es wohl rechtfertige, wenn man den alten Schatz Sixtus V.
dieß Mal angreife: — „prima che l’urgenza degli accidenti che
possono sopravenire, maggiormente stringa e per sostentamento
della religione e per sicurezza del proprio dominio ecclesiastico“;
beſonders machte die Betrachtung auf den Papſt Eindruck, daß es
die Kuͤhnheit des Feindes vermehren werde, wenn er ſehe, daß
auch ein neuer Papſt die Huͤlfe verſage, deren man ſo ſehr beduͤrfe.
Alexander ſah wohl ein, daß etwas geſchehen muͤſſe: er machte den
Vorſchlag einer Einziehung geiſtlicher Guͤter.
Wie merkwuͤrdig iſt es, daß der roͤmiſche Hof zuerſt mit Maaß-
regeln dieſer Art hervortrat. Schon Innocenz X. hatte den Vene-
zianern die Aufhebung zweier Orden, der Canonici di S. Spirito
und der Cruciferi angetragen: er hatte die Abſicht, aus ihren Guͤ-
tern weltliche Canonicate zu bilden. Aber einmal fuͤrchteten die
Venezianer, der roͤmiſche Hof werde ſich die Verleihung derſelben
anmaßen, und ſodann ſahen ſie dieſe Inſtitute als Verſorgungen fuͤr
arme Nobili an. Jetzt nun ſchlug ihnen dieß Alexander aufs neue vor.
[458]Pesaro Contarini Valiero Sagredo
Il papa postosi in atto di volerci rappresentare cosa di
nostro sollievo, prese a dire che, da qualche tempo in qua es-
sendosi dalla sede apostolica fatto riflesso non meno all’ abon-
danza che alla superfluità degl’ instituti religiosi, haveva tro-
vato che alcuni di essi degenerando dalla primiera intentione de’
loro fondatori erano trascorsi in una total rilassatione di co-
stumi; che compliva non meno al servitio della chiesa che de
medesimi secolari il pigliare quegli espedienti che sogliono usare
gli accorti agricoltori quando vedono in modo lussuriar la vite
che la copia de rampolli serve più tosto ad isterilirla che a ren-
derla più fruttifera: che a ciò s’era dato in qualche parte prin-
cipio con la soppressione di alcune religioni, ma che ciò non
bastava, conoscendosi in tutto necessario restringer questo gran
numero a quei solamente che ritengono o che meglio possono
ridursi a ritenere la prima forma della loro institutione; che per
farsi strada a ciò s’era soppresso un numero grande di conven-
tini piccioli ove con minor riguardo si rallentava il freno alla
ritiratezza regolare, e che si persisteva nel primo pensiero di
procedere alla finale abolitione d’alcuni altri ordini che con il loro
licentioso modo di vivere riempivano il mondo anzi di scandoli e
di mormorationi che di buon esempio e di edificatione, ma che si
camminava lentamente, perche in negotio di tal rilevanza s’ha-
verebbe voluto incontrare anche nella sodisfattione de principi,
i quali, non ben esaminati i veri motivi che inducevano la sede
apostolica in questa risolutione, havevano dato segno di qual-
che repugnanza all’ esecutione de brevi ponteficii: ma che spe-
randosi ad ogni modo che in fine havesse ogn’ uno a dar mano
al proseguimento di così ben ponderata risolutione, li metteva
intanto in consideratione alla Serenissima Republica che abon-
dando il dominio Veneto di questa qualità di religioni, s’apriva
un modo facile che venisse dato luogo alla retta intentione di
chi ha la suprema direttione degli affari ecclesiastici et insieme
a poter somministrare un considerabile ajuto in soccorso della
presente guerra contro gl’infideli: che nessuno meglio di noi po-
teva sapere a che estremità di dissolutezza e di scandoli siano
gionti li canonici di San Spirito di Venezia, essendosi la Sere-
nissima Republica veduta in necessità di metter freno alle scor-
retioni di quel convento, che non contento d’haver postergata
ogni osservanza regolare abusava anco sì sconciamente delle
ricchezze che haverebbono potuto servire a comodi alimenti di
un numero quintuplicatamente maggiore di religiosi, che sem-
pre grossamente si trovava indebitato: che il simile si poteva
dire de’ Cruciferi, ne’ quali apena si discerneva vestigio di vita
claustrale: che per tanto anteponeva che procedendosi alla soppres-
sione di queste due religioni, s’haverebbe potuto andar pensando
al modo di passare alla vendita de’ beni da esse possessi, et il
ritratto si convertisse in sostentamento di questa guerra, giac-
che era diretta contro il nemico fierissimo del nome christiano.
Dießmal ſchien es dieſen Geſandten doch als ſey ein ſolcher
Vorſchlag nicht zu verwerfen. Sie berechneten, welch ein großes
[459]Relatione di Roma 1656.
Capital der Verkauf gegen geringe und bald zu tilgende Zinſen ein-
tragen, welchen Vortheil die Seculariſation ſo bedeutender Guͤter
dem Flor des Landes bringen koͤnne. Auch ihre Betrachtungen ſind
bei einer Unternehmung, die damals ſo neu war, und ſpaͤter ſo all-
gemein wurde, der woͤrtlichen Bemerkung werth.
In realtà fatti anche congrui assegnamenti a’ frati esclusi
per il loro vivere, che non ascenderanno mai fra l’una e l’altra
religione 10 m. ducati all’ anno, se de’ loro beni ascendenti
alla summa di 26 m. ducati se ne ritrarranno 600 mila nella ven-
dita, come verisilmente si può credere, non sentirà il publico
maggiore interesse di due per cento vitalitii e qualche cosa meno:
et ogni altro motivo altre volte portato in dissuasione di nego-
tio simile va per bene, supposti gli alimenti che annualmente
si presteranno a superstiti: e così smembrandosi dall’ ordine
ecclesiastico questa grossa somma di portione di fondi collocati
ne’ migliori siti di questo dominio, vengono li laici a rimettere
in possesso, senza far torto alla pietà di quelle anime grandi
che hebbero cuore di spropriare le descendenze loro di così opu-
lenti patrimonii, per fondare e stabilire in questo stato la reli-
gione; che se hora veder potessero quanto ella sia ben radicata,
altra interpretatione non darebbono a’ loro sentimenti se non
che se gli fu grato di esser fondatori di tanti monasteri per ri-
covero di persone sacre, niente meno goderebbono che l’istesse
ricchezze, giache sovrabondano, si convertissero in propulsare
l’impietà minacciante la distruttione di quella pietà che con le
proprie sostanze cercarono di promovere.
Nach den venezianiſchen Angelegenheiten, die hier einmal wie-
der hoͤhere Geſichtspunkte darbieten, treten dann auch die allgemein
europaͤiſchen hervor.
Die Unternehmungen Carls X. Guſtav machten den groͤßten Ein-
druck in Rom, und man brachte Geld zuſammen um Koͤnig Caſi-
mir zu unterſtuͤtzen.
Noch viel empfindlicher aber fiel es dem roͤmiſchen Hofe, daß
die Franzoſen ſich nicht allein abgeneigt zeigten einen Frieden mit
Spanien einzugehn, ſondern daß ſich Mazarin ſogar mit England
verbuͤndete — ein Cardinal mit Proteſtanten, das allerchriſtlichſte Koͤ-
nigreich mit einem Uſurpator, der den legitimen Fuͤrſten verjagt
hatte, — und daß er dieß ohne alle Noth that, ohne durch irgend
eine große Gefahr dazu veranlaßt zu ſeyn.
Waͤren dieſe Unruhen nicht, ſo wuͤrde der Papſt ſein ganzes
Beſtreben darauf richten Deutſchland wieder katholiſch zu machen,
wo ſeine Perſoͤnlichkeit in ſo gutem Rufe ſtehe. Der Uebertritt der
Koͤnigin von Schweden mache hiezu alle Hoffnung rege.
Die Geſandten ſahen die praͤchtigen Anſtalten, welche man zum
Empfang dieſer Koͤnigin traf. Mit dem herumſchweifenden Leben
das ſie fuͤhrte (fuori forse della convenienza dell’ età e dello
stato virginale, druͤcken ſie ſich ſehr beſcheiden aus), koͤnnen ſie ſich
nicht verſtehn, doch laſſen ſie der Kraft und Kuͤhnheit ihres Entſchluſ-
ſes alle Gerechtigkeit widerfahren.
„Ecco in compendio ciò che ci è parso di poter riferire“,
ſagt Peſaro an dieſer Stelle.
[460]Pallavicini
Dieſer Schlußform fuͤgt er nur noch den guten Rath hinzu,
mit dem Papſt immer in moͤglichſt gutem Vernehmen zu ſtehn.
Der Papſt hatte ausfuͤhrlich uͤber die Genugthuung geſprochen,
die es ihm verſchaffen werde, wenn man auf ſeine Bitten die Je-
ſuiten in Venedig wieder aufnehme. Der Geſandte iſt doch dafuͤr,
daß man darauf eingehe. Parmi che sia gionto il tempo di de-
cidere se s’habbia a dar luogo a questo regresso, o pure, per
non haver di quando in quando ad urtare per questa causa in
male sodisfattioni con i pontefici, s’habbia da imporvi perpetuo
silentio. — — A sodisfare intorno a ciò al desiderio del papa
par che possa esser motivo il conoscersi che essendo questi
huomini grandi istromenti a sostenere le ragioni della chiesa, i
papi pro tempore rinnoveranno le medesime istanze, le quali re-
jette daranno ne’ principj de’ pontificati materia a male sodis-
fattioni.
130.
Vita, attioni et operationi di Alessandro VII, opera del cl Pal-
lavicini. 2 Foliobaͤnde. (Bibl. Cors.)
In der Bibliothek Barberini zu Rom gab man mir eines Ta-
ges ein MS in die Haͤnde, mit dem Titel: Alexandri VII de vita
propria liber primus et tertius cum fragmentis libri secundi;
einen Codex von ungefaͤhr 300 Blaͤttern, ſo voller Correcturen, wie
nur immer ein Autograph ſeyn kann, aber durch einen ungluͤcklichen
Zufall in große Unordnung gerathen. Der Buchbinder hatte die
einzeln zu leſenden Bogen in Quinternen zuſammen geheftet. Es
war kaum fortzukommen.
Der Anfang lautet: Res suo tempore gestas literis commen-
dare, quamvis et nunc et olim usitatum, plerisque tamen eo no-
mine minus probatur quod arduum scriptori sit procul habere
spem, metum, amorem, odium animi, nubes quae historiam, lu-
cem veritatis, infuscant. Allenthalben wo ich aufſchlug, zeigten ſich
intereſſante, aus guter Kenntniß ſtammende Nachrichten: uͤber die
Jugend Alexanders, die Berufung ſeiner Nepoten nach Rom, die An-
kunft Chriſtinas: — ſollte wirklich der Papſt, mitten in den Beſchaͤf-
tigungen der hoͤchſten geiſtlichen Gewalt, noch Zeit gefunden haben
ſein Leben zu ſchreiben und den Styl mit ſo großem Fleiße durch-
zucorrigiren?
Gar bald ergab ſich, dem Titel zum Trotz, daß dieß nicht der
Fall ſeyn konnte.
Der Autor erklaͤrt unter andern, daß er durch genaue Bekannt-
ſchaft mit dem Papſte zu dieſer Arbeit vermocht worden. Fortunae
obsecundantis beneficium fuit ut cum hoc principe inferiores gra-
dus obtinente singularis intercesserit mihi animorum consensio
et mutua tum ore tum literis consiliorum communicatio.
Die Frage entſtand, wer dieſer ſo genaue Bekannte, ja Ver-
traute Alexanders geweſen ſey.
Muratori erzaͤhlt beim Jahre 1656, der Jeſuit Pallavicini habe
im Anfang der Regierung Alexanders, der ſo glaͤnzende Hoffnungen
[461]Vita di Alessandro VII.
erweckte, ſich daran gemacht, das Leben dieſes Papſtes zu ſchreiben;
aber nach der Berufung der Nepoten und der damit zuſammenhan-
genden Veraͤnderungen ſey ihm die Feder aus der Hand gefallen.
Pollavicini war allerdings perſoͤnlich vertraut mit Alexander VII:
im Anfang ſeines Pontificates ſah er ihn alle Tage: es zeigte ſich
moͤglich, daß dieß jene fragmentariſche Arbeit von Pallavicini waͤre.
Nach einigen neuen Nachforſchungen fand ſich nun auch in der-
ſelben Bibliothek eine Lebensbeſchreibung Alexanders VII, welche dem
Cardinal Pallavicini zugeſchrieben wurde. Sie war zwar italie-
niſch, aber doch war die Sache einer Vergleichung werth.
Der erſte Blick lehrte, daß das italieniſche daſſelbe Werk war
wie das lateiniſche. Der erſte Satz lautet: E’ opinione di molti
che non si debba scrivere historie se non delle cose antiche, in-
torno alle quali la speranza e la paura, l’amore e l’odio verso
le persone commemorate non habbian luogo nè possono infoscare
la verità. Die andere Stelle die ich angefuͤhrt, lautet italieniſch:
Imperoche m’è toccato a sorte d’haber con questo principe nella
sua minor fortuna una singolare e corrispondenza d’affetto e con-
fidenza di communicationi hor con la lingua hor con la penna
per lo spatio già di 30 anni.
So geht das fort. Das lateiniſche Exemplar wies ſich offenbar
als eine Ueberſetzung des italieniſchen aus; nur etwas frei, mit dem
Zuſatz einer leichten Nuance des Gedankens.
Ungluͤcklicher Weiſe war aber die Aehnlichkeit groͤßer als ich ge-
wuͤnſcht haͤtte. Wie das lateiniſche Exemplar ſich ſchon in dem Ti-
tel als Fragment ankuͤndigt, ſo war auch das italieniſche durchaus
fragmentariſch. Nach einigen Erlaͤuterungen uͤber die fruͤhere Ju-
gend ſprang die Erzaͤhlung auf die Wahl und die erſten Handlun-
gen Alexanders im Pontificate uͤber.
Suchen und Beduͤrfen macht nur um ſo begieriger: ich fragte
allenthalben nach. Auf der Bibliothek Albani fand ſich ein anderes
Exemplar, aber ebenfalls fragmentariſch.
Und ſchon glaubte ich mich zufrieden geben zu muͤſſen, da ich
in einer anonymen Lebensbeſchreibung Pallavicinis nur ein Bruch-
ſtuͤck von dieſer Geſchichte citirt fand, eben die Buͤcher die ich ſchon
kannte. Endlich bei den Corſini hatte ich das Gluͤck auf ein voll-
ſtaͤndigeres zu ſtoßen. Es iſt eben dieß, deſſen Titel ich oben be-
zeichnet habe, in zwei ſtarken Foliobaͤnden.
Das Werk traͤgt hier den Namen Pallavicinis an der Stirn,
und geht bis auf das zweite Capitel des ſechsten Buches ununterbro-
chen fort. Erſt hier laͤßt ſich, wie ſich verſteht, der Werth dieſer
Arbeit fuͤr die Geſchichte jener Zeit uͤberſehen.
Das erſte Buch enthaͤlt die fruͤhere Geſchichte Alexanders VII.
Stirpe, parentelle, natali, fanciullezza di Fabio Chigi: — studj,
avvenimenti della pueritia: — studj filosofici e legali: — ami-
citie particolari: alles Capitel welche auch das erſte Exemplar ſo-
wohl im Latein als im Italieniſchen enthaͤlt, denen nun aber das
corſiniſche Exemplar weiter hinzufuͤgt: azioni et esercitii pii: — vi-
celegatione di Ferrara sotto Sacchetti: — nuntiatura di Colonia.
In dem zweiten Buche wird alsdann die Regierung Innocenz
[462]Pallavicini
X. und der Antheil welchen Chigi an derſelben nahm, in 14 Capi-
teln bis zum Conclave gefuͤhrt.
Im dritten der Anfang des Pontificates. Allgemeine Schilde-
rung der Lage von Europa, des Kirchenſtaates, der erſten oͤconomi-
ſchen Maaßregeln; auch in Hinſicht auf die Monti vacabili. — Be-
kehrung der Koͤnigin Chriſtine von Schweden, von welcher mit Aus-
fuͤhrlichkeit und Vorliebe gehandelt wird. Ich halte dafuͤr, daß wenn
man behauptet hat, wie Arckenholtz Mémoires de Christine IV, 39
angibt, Pallavicini habe eine Historia di Christina regina di Sue-
zia geſchrieben, dieſe Annahme auf einer dunkeln Kunde dieſer Frag-
mente beruhte. Die Bekehrung wird in dem lateiniſchen Exemplar
folgendergeſtalt motivirt. In libris Tullii de natura deorum anim-
advertens veram religionem nonnisi unam, omnes falsas esse
posse, super hac parte diu multumque cogitando laboravit. Sol-
licita quoque fuit dubitare de liberorum operum bonorum pravo-
rumque discrimine, nisi quantum alia salubria mundo sunt, alia
perniciosa, cujusmodi naturalia sunt, et de divinae providentiae
cura vel incuria circa humanas actiones, deque voluntate divina
num certum cultum et statutam fidem requirat. Nullus fuit no-
bilis autor qui ea de re scripsisset, quem illa non perlustraret;
non vir apprime doctus harum rerum in borealibus plagis cum
quo sermocinari non studeret. Et proclivis interdum fuit ad opi-
nandum, satis esse suae regionis palam colere religionem, cae-
terum vivere convenienter naturae. Ad extremum in hanc venit
sententiam, deum, hoc est optimum, tyranno quovis pejorem
fore si conscientiae morsibus acribus sed falsis humanum genus
universum cruciaret, si mortalibus ab eodem insita notione com-
muni grata sibi esse eorum sacrificia eorumque votis annuere
nihil ea cuncta curaret. — —
Im vierten Buche, welches nur zum Theil auch in dem lateiniſchen
und den aͤltern Exemplaren vorhanden iſt, beginnt der Autor mit der
Herbeirufung der Nepoten. Raggioni che persuasero al papa
di chiamare i nepoti. Discorsi di Roma. So wenig iſt es wahr
daß dem Pallavicini hieruͤber die Feder aus der Hand gefallen iſt,
daß er vielmehr das Ereigniß und die Meinung die man in Rom
daruͤber gehegt, ausfuͤhrlich eroͤrtert. — Die Verhaͤltniſſe der Koͤ-
nigin Chriſtine in Rom. Unterſtuͤtzung die ihr der Papſt gewaͤhrt.
La reina, ch’era vissuta con quella prodigalità la quale impove-
risce senza il piacere e l’honore di spendere e che si esercita
non in dare ma in lasciarsi rubare, nel tempo della sua dimora
haveva impegnato tutte le gioje con la speranza delle future ri-
messe, nè per cio li restava un scudo onde provedere al desti-
nato viaggio. Però, sicome la necessità vince la vergogna,
convenne che ella si facesse violenza in dimandar soccorso al
pontefice, ma nelle maniere più lontane che seppe dal limosi-
nare: e perche la lettera non arrossisce, il pregò per mezzo di
questa a fare che alcun mercante le prestasse danaro con pro-
messa d’intera restitutione. Dem Papſte ſchien es nicht ſehr eh-
renvoll als Buͤrge die ganze Laſt der Schuld ohne weitern Vortheil
auf ſich zu nehmen. Er ließ ihr lieber durch einen vertrauten Re-
[463]Vita di Alessandro VII.
ligioſen, wahrſcheinlich Pallavicini ſelbſt, zugleich mit einigen Gold-
und Silbermuͤnzen, die damals auf den Einzug der Koͤnigin geſchla-
gen worden, eine Boͤrſe mit 10000 Scudi als Geſchenk zuſtellen,
„con escusarne la pochezza per l’angustia dell’ erario.“ La
reina nel ringratiare pianse alle volte per quella mistura d’af-
fetti che sorgono in questi casi. — Auch der Wiederherſtellung
der Jeſuiten in Venedig widmet Pallavicini ausfuͤhrliche Erlaͤute-
rungen, ganz in dem Sinne den man in ſeiner Geſchichte des tri-
dentiniſchen Conciliums bei ihm wahrgenommen hat.
In dem fuͤnften Buche folgt dann die Geſchichte des Jahres
1657. Cardinalpromotionen. Bauten in S. Maria del Popolo,
della Pace, auf dem Petersplatz. — Die Koͤnigin Chriſtine in Frank-
reich. Monaldeschi, deſſen Kataſtrophe hier folgendergeſtalt erzaͤhlt
wird. Mentre la regina si tratteneva in Fontanablò, Ludovico,
il fratello di lui, emulo nella gratia della padrona di Gian Ri-
naldo Monaldeschi principal gentil’huomo di questi paesi per
notitie, come si disse, mandategli di Roma dal prenominato
fratello, scoperse a lei alcuni trattati del Monaldeschi per cui
le appariva poco fedele: onde ella dopo haverlo convinto e trat-
tane dalla sua bocca la confessione gli diede un’hora solamente
di spatio per provedere alla coscienza con l’opera d’un sacerdote, e
di poi, cio che appena le sarebbe stato permesso in Stocholm quan-
do vi dominava, il fè uccidere per mano dell’ istesso suo emulo.
Im ſechſten Buche kehrt der Autor zu den innern roͤmiſchen
Sachen zuruͤck. Mit den Einrichtungen in Hinſicht der Praͤlatur,
fuͤr welche Alexander eine beſtimmte Summe von Einkuͤnften for-
derte, bricht er ab.
Auch dieß vollſtaͤndigſte Exemplar dieſer Lebensbeſchreibung um-
faßt demnach bei weitem nicht das ganze Leben des Papſtes.
131.
Paolo Casati ad Alessandro VII sopra la regina di Suecia.
(Bibl. Alb.)
Malines und Caſati waren die beiden Jeſuiten welche von dem
General des Ordens nach Stockholm geſchickt wurden um die Koͤ-
nigin zu bekehren.
Von Malines findet ſich ein Privatſchreiben uͤber dieſe Unter-
nehmung in den Memoiren von Arckenholtz Tom. IV, App. n. 27.
Einen noch bei weitem ausfuͤhrlicheren und ſo zu ſagen offi-
ciellen Bericht erſtattete Caſati an Alexander VII; ein eigentliches
Schreiben „Alla Santità di Nro Signore Alessandro VII“, datirt
dal collegio Romano li 5 Dec. 1655, — und unterzeichnet Dalla
S. Vra umilissimo servitore ed obedientissimo figlio in Xto Paolo
Casati della Compagnia di Gesù, das nun die einzelnen Momente
viel eingehender und genuͤgender hervorhebt.
Per ubbidire, hebt er an, ai cenni di V. Stà, che ha desi-
derato una breve memoria di quello è passato nella risolutione
presa dalla regina Christina di Suecia di rinonciare il regno per
rendersi cattolica, sono necessitato farmi un passo a dietro per
[464]Paolo Casati a Alessandro VII
spiegarne l’occasione, conforme alle notitie havute dalle
bocca della stessa regina, alla quale mi assicuro non sia
per essere se non di gusto che la Stà Vostra sia del tutto sin-
ceramente informata.
Die erſten Notizen von der fruͤheren Zeit ſind jedoch nicht von
viel Bedeutung; von den ſchwediſchen Zuſtaͤnden hatte der Autor kei-
nen Begriff: er wird erſt merkwuͤrdig wo er auf die religioͤſen In-
tereſſen kommt.
Havendo acquistato tanto di cognitione, cominciò far rifles-
sione che molte delle cose della setta Luterana, in cui era stata
allevata, non potevano sussistere, e cominciando ad esaminarle,
più le teneva inconvenienti. Quindi cominciò con più diligenza
a studiare nelle cose della religione e delle controversie, e tro-
vando che quella in cui era nudrita non haveva apparenza di
vera, si diede con straordinaria curiosità ad informarsi di tutte
et a ponderare la difficoltà di ciascuna. Impiegò in questo lo
spatio di cinque anni incirca con grande perturbatione interna
d’animo, poiche non trovava dove fermarsi: e misurando ogni
cosa con discorso meramente humano, parevale che molte cose
potessero essere mere inventioni politiche per trattenere la gente
più semplice: e degl’ argomenti che quelli d’una setta si servono
contro d’un’altra, ella si serviva per ritorcerli contro quella
stessa: così paragonava le cose di Mosè nel popolo Ebreo a ciò
che fece Maometto negli Arabi. Dal che nasceva che non tro-
vava alcuna religione che vera le paresse. Et io l’ho molte
volte udita che s’accusava d’essere stata troppo profana in vo-
lere investigare i più alti misterj della divinità: poiche non ha
lasciato a dietro alcun mistero della nostra fede che non habbia
voluto esaminare, mentre cercava di quietare l’anima sua con
trovare finalmente una religione, essendo che ogni sorte di li-
bro che trattasse di cosa appartenente a cio, ella leggeva, le ca-
pitarono anche molte cose degli antichi e de’ gentili e d’athei.
E se bene ella non giunse mai a tal cecità che dubitasse dell’
esistenza di dio e sua unità con farne concetto come di cosa
maggiore di tutte le altre, pure si lasciò empire la mente di
molte difficoltà, delle quali poi varie volte discorresimo. E fi-
nalmente non trovava altra conchiusione se non che nell’ esterno
conveniva far cio che fanno gl’altri, stimando tutte le cose in-
differenti e non importar più seguir questa che quell’altra reli-
gione o setta, e bastar di non far cosa che fosse contro il det-
tame della ragione e di cui la persona potesse una volta arros-
sirsi d’haverla fatta. Con questo s’andò qualche tempo gover-
nando, e parevale d’haver trovato qualche riposo, massime che
haveva scoperte altre persone (anche chiamate di lontano) da
lei stimate per dotte e savie essere di poco differente parere,
giacche erano fuori della vera religione cattolica da loro ripro-
vata sin dalla fanciullezza. Ma il signore iddio, che voleva ha-
vere misericordia della regina nè lasciarla perire negl’errori dell’
intelletto, giacche per l’altra parte haveva ottima volontà e de-
siderio di conoscere il vero, e nell’ oprare talmente si lasciava
gui-
[465]sopra la regina di Suecia.
guidare dal lume della retta ragione, che più volte m’ha assi-
curato di non haver mai fatto cosa che giudicasse non doversi
fare nè di cui possa arrossirsene (che queste sono le sue for-
mole di parlare), cominciò a farle apprendere che dove si tratta
della salute eterna dell’ anima, ogn’ altro interesse deve cedere
e che l’errore in cosa tanto importante è d’eterno pregiuditio:
onde ripigliò di nuovo il pensiere che dovea esservi qualche re-
ligione, e posto che l’huomo doveva havere pure una religione,
tra tutte quelle che si sapeva fossero nel mondo, niuna le sem-
brava più ragionevole della cattolica: perciò facendosi più at-
tenta riflessione, trovò che li suoi dogmi e istituti non sono
così sciocchi come li ministri Luterani (li chiamano pastori) vor-
riano far credere.
Da wir nun einmal nicht das ganze Werk aufnehmen koͤnnen,
ſo mag noch folgende ausfuͤhrlichere Schilderung des erſten Zuſam-
mentreffens der Jeſuiten mit der Koͤnigin genuͤgen.
Partiti d’Hamburg doppo due giornate a Rendsburg ci
accompagnammo col signor senatore Rosenhan, che ritorna-
va in Suecia, e con lui andammo sino a Roschilt, dove so-
no sepolti li re di Danimarca, toltone S. Canuto, il cui capo
è a Ringstede. Egli tirò dritto a Elsenor per passare lo stretto,
e noi andammo a Coppenhagen. Questa cognitione fatta col
sigr Rosenhan ci giovò poi in Stockholm per esser meno so-
spetti: e la regina un giorno dicendogli che non sapeva che con-
cetto dovesse farsi di quei due Italiani, egli disse che non v’era
di che temere, che erano buona gente, e ci usò sempre gran cor-
tesia. Hebbimo pure fortuna nel viaggio d’unirci per alcune
giornate col generale Wachtmeister gran scudiere del regno,
il quale parimenti ci fu di non poca utilità: perche essendo noi
giunti in Stockholm alli 24 di Febbraro conforme lo stile antico,
et havendo io il giorno seguente cercato di parlare a Gio. Holm,
valletto di camera di Sua Maestà, per essere introdotto a pre-
sentare la lettera datami in Roma dal padre vicario gene-
rale, nè havendolo trovato, la sera detto generale fu occa-
sione che Sua Maestà sapesse il mio arrivo. Mentre stava la
regina cenando, due cavalieri si lamentavano che faceva freddo,
e il generale Wachtmeister gli sgridò, dicendo che non have-
vano tanta paura del freddo due Italiani venuti in sua compa-
gnia. Udì la regina questa contesa, e interrogatoli di che con-
tendessero, udito ch’ebbe essere venuti due Italiani, richiese s’e-
rano musici: ma rispondendo il generale che erano due galant’
huomini che andavano vedendo il paese, Sua Mtà disse che per
ogni modo li voleva vedere. Noi subito fummo avvisati di tutto
cio ed esortati ad andare il giorno seguente alla corte: anzi dal
sigr Zaccaria Grimani nobile Veneto vi fummo condotti la mat-
tina seguente e introdotti a salutare il conte Magnus de la Gardie
primo ministro di Sua Mtà per ottenere per mezzo suo l’honore
di baciar la mano di Sua Mtà: egli con somma cortesia ci ac-
colse e ci assicurò che Sua Mtà l’havria havuto molto a caro.
Era l’hora del pranso, quando la regina uscì nel Vierkant, e noi
Päpſte** 30
[466]Casati a Alessandro VII.
fummo avvisati d’accostarci a Sua Mtà, e baciatale la mano fe-
cimo un piccolo complimento in Italiano (che così ella haveva
comandato, se bene ci aveva fatto avvisare ch’averia risposto
in Francese, giacche noi l’intendevamo) proportionato all’ ap-
parenza del personaggio che rappresentavamo: et ella con gran-
dissima benignità rispose. Subito s’inviò il maresciallo della
corte e con lui tutti li cavalieri verso la sala dove stava pre-
parata la tavola, ed io mi trovai immediatamente d’avanti alla
regina. Ella, che la notte ripensando alli due Italiani e facendo
riflessione che appunto era il fine di Febbraro, circa il qual tempo
da Roma se l’era scritto che saressimo giunti, era venuta in so-
spetto che noi fossimo quelli che aspettava, quando fossimo poco
lontani dalla porta e che già tutti erano quasi usciti dal Vier-
kant, mi disse sottovoce: „forse voi havete qualche lettera per
me,“ ed io senza voltarmi che sì; soggiunse: „non ne parlate
con alcuno.“ Mentre noi il dopo pranso stavamo sopra cio che
era seguito discorrendo, ecco sopragiunge uno che in Francese
ci fa varii complimenti, poi s’avvanza a dimandarci se haveriamo
lettere per Sua Mtà. Io cominciai subito a dar risposte ambi-
gue, che non havevamo negotii, che non havevamo lettere di
raccomandatione etc., sin a tanto che egli alla fine disse per or-
dine tutto quello che nel breve e fortuito colloquio m’haveva
detto la regina. Allora m’accorsi che da lei sola poteva esser
mandato: pure per maggior sicurezza lo richiesi del suo nome,
ed udito che egli era Gio. Holm, gli consegnai la lettera. La
mattina seguente, quasi due hore prima del tempo solito d’an-
dar alla corte, ci avvisò Gio. Holm che Sua Mtà voleva parlarci.
Subito andammo: e appena erano entrati nel Vierkant, dove era
solo l’officiale di guardia, quando uscì la regina, e mostrò di
meravigliarsi, sì perche non fosse ivi ancora alcuno de’ cava-
glieri, sì perche noi fossimo stati i primi nell’ andare: e dopo
haverci interrogati d’alcune poche cose intorno al nostro viaggio,
udendo l’officiale, gli dimandò se fosse comparso alcuno de’ se-
gretarii, e rispondendo quegli che no, comandolli andasse a chia-
mare uno di loro, e non tornò che dopo un’hora. Partito che
ei fu, cominciò Sua Mtà con cortesissime parole a ringratiarci
della fatica presa da noi per sua cagione nel viaggio, ci assi-
curò che qualunque pericolo potesse occorrere d’essere scoperti,
non temessimo, perche non haveria permesso havessimo male
alcuno. C’incaricò il segreto nè ci fidassimo di persona, addi-
tandoci nominatamente alcuni de’ quali dubitava potessimo ha-
vere confidenza in progresso di tempo: ci diede speranza che ha-
vendo ella sodisfattione il nostro viaggio non saria stato indarno:
c’interrogò dell’ arrivo del padre Macedo e come noi fossimo
stati eletti per andare colà, ci raccontò come fosse succeduta
la partenza del padre Macedo. — —
132.
Relatione della corte Romana del Caval. Corraro 1660.
In der That hatte man ſich von Alexander VII. glaͤnzende Hoff-
[467]Corraro Relatione di Roma 1660.
nungen gemacht. Hof und Staat erwarteten ihre Reſtauration, die
Kirche die Herſtellung der alten Disciplin von ihm: auch unter den
Proteſtanten gab es Viele, die ſich ihm naͤherten: es erregte deshalb
ein allgemeines Aufſehen und Erſtaunen, als er ſo bald eben wie ſeine
letzten Vorfahren zu regieren anfing. Die gute Meinung ſchlug in
einen heftigen Widerwillen um.
Der erſte Botſchafter den die Venezianer nach jener gluͤckwuͤn-
ſchenden Geſandtſchaft in Rom hielten, war Hieronymo Giuſtiniano.
Seine Depeſchen fallen in das Jahr 1656. Er ſtarb an der Peſt.
An die Stelle deſſelben ward Anzolo Corraro, damals Podeſta
von Padua, ernannt. Er zoͤgerte ſo lange, daß man ſchon einen an-
dern fuͤr ihn waͤhlte: hierauf jedoch eilte er nach Rom, und reſidirte
daſelbſt 1657 bis 1659.
Die Relation die er bei ſeiner Ruͤckkehr von dem Hofe erſtat-
tete, fiel nun nicht ſehr guͤnſtig aus. Der Papſt und ſein Haus wer-
den mit Tadel uͤberhaͤuft.
Es iſt fuͤr uns indeß eines beſondern Umſtandes halber nicht
nothwendig, einen ausfuͤhrlicheren Auszug derſelben mitzutheilen.
Dieſe Relation brachte einen ſo lebhaften Eindruck hervor, daß
ſie ſich ſogleich den Weg in das Publicum bahnte.
Eine franzoͤſiſche Ueberſetzung derſelben erſchien zu Leiden: Re-
lation de la cour de Rome faite l’an 1661(0) au conseil de
Pregadi par l’excellme Seigneur Angelo Corraro: — chez Lo-
rens, 1663, die das italieniſche Original, wo ich ſie irgend ver-
glichen habe, vollſtaͤndig wiedergiebt, und noch heute nicht ſelten iſt.
Sie ward in dem Momente gedruckt, als die Entzweiung der
Chigi mit Crequy die allgemeine Aufmerkſamkeit auf Rom richtete;
die Publication ſollte mit dazu dienen, die oͤffentliche Meinung ge-
gen den Papſt zu entflammen. Sie iſt Beuningen dedicirt, der noch
nicht geſagt hatte: „Sta sol.“
133.
Relatione di Roma dell’ eccelentmo Sigr Niccolò Sagredo. 1661.
Eine Relation von der ich kein authentiſches Exemplar ſah, und
die ſich auch unter dem Namen Anzolo Corrers findet.
Da es aber kein Zweifel ſeyn kann, daß die vorige wirklich
von Correr ſtammt, deſſen Thaͤtigkeit im Kriege wider die Barbe-
rini ausdruͤcklich darin erwaͤhnt wird, und in der vorliegenden da-
gegen der Autor den Wunſch aͤußert, von 27 jaͤhrigen Wanderun-
gen entbunden ſich nun zu Hauſe der Erziehung ſeiner Kinder wid-
men zu duͤrfen, was wahrhaftig auf Correr nicht paßt, der zuletzt
Podeſta in Padua geweſen war, ſo trage ich kein Bedenken, den
Namen Sagredo fuͤr den richtigen zu halten. Sagredo war, wie
wir wiſſen, ſchon einmal nach Rom, dann nach Wien geſandt wor-
den: jetzt ging er zum zweiten Mal nach Rom. Er war uͤberhaupt
einer der am meiſten beſchaͤftigten venezianiſchen Staatsmaͤnner, und
wurde zuletzt Doge.
Die Relation iſt lange nicht ſo ſcharf wie die vorige: doch lobt ſie
darum nicht: ſie hat eher das Gepraͤge leidenſchaftloſer Beobachtung.
30*
[468]Niccolò Sagredo Relatione 1661.
Bei der Aufnahme der Nepoten bemerkt Sagredo, daß Papſt
Alexander ſonderbarer Weiſe auch dann noch immer auf die Reichthuͤ-
mer der Borgheſi, Barberini und Ludoviſi ſchalt, als er ſchon ſelbſt
keine Gelegenheit verſaͤumte ſeine eigenen Nepoten zu bereichern.
Schilderung dieſes Papſtes. „Placido e soave: nei negotii
nè facile nè molto disposto: per natura è dubbioso nelle riso-
lutioni grandi, osia per timore che non rieschino, o perche mal
volontieri s’affatichi nel procurarle, da ogni spina, benche lon-
tana, parendogli sentirsi pungere.“
Durch die Unterdruͤckung jener Orden glaubte er den Venezia-
nern genug gethan zu haben: auf die Laͤnge ſchien doch auch ihm
der candianiſche Krieg nicht gefaͤhrlich. Unmittelbarer beruͤhrte ihn,
daß Parma und Modena mit ihren Anſpruͤchen an den Kirchenſtaat
bei Frankreich Unterſtuͤtzung fanden. Auch die portugieſiſche Sache
ward nicht erledigt. Vedutosi quel regno in mancanza assoluta
di vescovi e dilapidate le rendite di tutte le chiese, si sono sen-
titi molti clamori non solo, ma vivissime l’instanze del cardl Or-
sino protettore, perche fossero provedute: ma non si è lasciato
condurre il papa mai a farlo.
Ueberhaupt finden wir das Papſtthum bereits mit den meiſten
katholiſchen Staaten in Differenzen. Es war keiner, der die juris-
dictionellen und pecuniaͤren Anſpruͤche der Curie nicht perhorreſcirt
haͤtte.
Von dem was in Rom geſchah, hebt der Autor zunaͤchſt die
Bauten Alexanders hervor. Wir ſehen, daß das allgemeine Urtheil
die Cattedra di S. Pietro in der Peterskirche den Colonnaten weit
vorzog. In der Stadt ſelbſt ging es bei den Verſchoͤnerungen oft
etwas gewaltſam her. Molte strade della città con getti di case
e di palazzi drizzati: levatesi le colonne et impedimenti che sta-
vano avanti le porte di particulari: allargatasi la piazza Colonna
del collegio Romano ad istanza de’ Gesuiti col abbattimento del
nobilissimo palazzo Salviati: ristrettisi tutti i tavolati delle bot-
teghe: opere tutte che come riescono in fine di grand’ orna-
mento della città, così il peso delle medesime su la borsa de’
privati cadendo, non puonno che delle mormorationi partorire;
il vedersi gittar a terra il proprio nido, il contribuirsi summe
rilevanti per l’aggiustamento di strade ch’ai medesimi particulari
nulla profittano, sotto colore che le loro habitationi habbiano
a godere della vista più bella, non equivalendo all’ aggravio che
ne risentono et alla forza con cui sono a consentirvi costretti.
134.
Relatione di Roma del Kr Pietro Basadona 1663.
In der Manier Corraros, die jedoch hier noch uͤberboten iſt.
Ich will einige Stellen anfuͤhren.
Zuerſt uͤber die Streitigkeit mit Frankreich, ohne Zweifel das wich-
tigſte Ereigniß, das waͤhrend dieſer Geſandtſchaft Statt hatte. Quanto
alle brighe correnti, so di havere nelle mie successive lettere
dispolpate le ossa di tal materia quanto conviene: però non devo
[469]P. Basadona Relatione 1663.
tacere che se l’imprudente superbia fece cadere i Chigi nella
fossa, l’ambitiosa mellonagine vi gli habbia miseramente invi-
luppati. Costoro si persuadevano che Roma fosse il mondo: ma
il re di Francia a spese loro gli ha dato a divedere che non
havevano bene studiata la geografia. Varie ciarle hanno divol-
gate le passioni degli huomini circa l’insolenza d’imperiali e di
Don Mario contra l’immunità dell’ ambasciatore Francese. Io
non dirò che fossero innocenti, ma effettivamente affermo che
congiunta alla loro mala volontà qualche colpa del caso, che ac-
cresce o sminuisce non di rado le humane operationi, li con-
stituisca per rei et obligati a rendere puntualmente soddisfatte
le pretensioni che il re di Francia può legitimamente fondare
sulle ingiurie pur troppo sostenute nella persona del suo mini-
stro: e sicome io conobbi questa verità, così contribuii inde-
fessa applicatione per intepidire le mosse di Crequi, e prima
che le cose corressero a manifesta rovina, saldare la scissura
col balsamo de’ negotiati. Ma erano troppi umori nelle teste
Chigiarde e troppa ostinatione per condescendere ad una con-
venevole humiliatione verso il re, di cui non si volevano temere
le bravate, quasiche fatte in credenza e non durabili più di una
effimera Francese. Insino mi hebbe a dire Sua Bne che i cuori
Romani non havevano paura delle smargiassate de giovinastri
Parigini. Al che risposi, complire tal volta più pigliarsela con
gli assennati vecchioni che con giovinastri cervelletti, i quali
sogliono per isfogare un favorito capriccio avventurarsi anche
sull’ orlo de precipitii, e che il trescare con chi ha de grilli in
capo, esserciti a fianchi e milioni sotto i piedi, non era buon
giuoco per li pontefici, che hanno solamente le due dita al-
zate. Rappresentai più volte, quando si vide che il re diceva da
senno, essersi pur troppo ruinato il dominio ecclesiastico dai
quattordeci milioni che spese nella guerra Barberina, che
i milioni di cui la camera è debitrice passano cinquanta,
e che in somma Sua Stà senza rovinarsi non poteva armarsi,
senza perdersi non poteva combattere, anzi che senza combat-
tere il nemico poteva rovinarlo. Ma vane furono queste e cento
altre più massiccie ragioni, havendo troppo amore per non alon-
tanarsi i parenti e troppo umore per il puntiglio di Castro. Ed
un giorno che lo trovai di vena, mi disse queste formali parole:
„Tutti esclamano che si scameri Castro, e nessuno dice che si
restituischi Avignone: tutti espongono che il re merita esser risar-
cito degli affronti presenti ricevuti, e nessuno parla che si rifac-
ciano gli strapazzi degli ecclesiastici, se fosse vero, come si sa
non essere, che imperiali e nostro fratello Mario habbiamo dati
gli ordini a corsi contro l’ambasciatore e potrebbe il re pretendere
soddisfattione contro questi due: ma come ci entra Castro? e
poi se Mario è innocente, come si ha d’allontanare da noi?“
So geht das nun fort: ſelbſtgefaͤllige Invectiven: eine tiefe Ver-
achtung dieſes ganzen geiſtlichen Weſens: eine ganz moderne Geſinnung.
Schon wird die Moͤglichkeit ins Auge gefaßt, daß die Franzoſen ſich
Roms bemaͤchtigen koͤnnten. Zuweilen ſollte man zweifeln, ob der-
[470]P. Basadona Relatione 1663.
gleichen Dinge wirklich in dem Senat vorgetragen werden durften.
Betrachtet man aber, daß eben damals auf allen Seiten heftige An-
griffe gegen den roͤmiſchen Stuhl erhoben wurden (es erſchienen die
wildeſten Satyren, z. B. le putanisme de Rome, worin geradezu
geſagt wird, man muͤſſe dem Papſt eine Frau geben, um andern
Uebeln vorzubeugen, und das Papſtthum erblich machen), daß dieß
die Epoche war, in der der Credit deſſelben allgemein abzunehmen
anfing, ſo findet man es doch ſo unwahrſcheinlich nicht. Uebrigens
kannte der Verfaſſer Hof und Staat ſehr gut. Er verdient es wohl,
daß wir ihn auch noch uͤber den Kirchenſtaat vernehmen.
Si palpa con mano, l’ecclesiastico dominio essere total-
mente aggravato, sì che molti possessori non potendo estrarre
da i loro terreni quanto basti a pagare le publiche impositioni
straordinariamente aggiunte, trovano di consiglio di necessità
l’abbandonare i loro fondi e cercare da paese men rapace la
fortuna di poter vivere. Taccio de datii e gabelle sopra tutte
le robe comestibili, niuna eccettuata: perche le taglie, i dona-
tivi, i sussidii e le altre straordinarie angherie che studiosamente
s’inventano, sono tali che eccitarebbono compassione e stupore
se i terribili commissarii che spedisce Roma nelle città suddite
con suprema autorità d’inquirere, vendere, asportare, condannare,
non eccedessero ogni credenza, non essendo mai mese che non
volino su le poste grifoni ed arpie col sopramantello di commis-
sarii o della fabrica di S. Pietro o de legati pii o de spogli o
degli archivii o di venticinque altri tribunali Romani: onde re-
stano martirizzate le borse, benche esauste, de’ sudditi impotenti
ad ultima prova. E però, se si pongono da parte Ferrara e
Bologna, con le quali si usa qualche riguardo e le quali sono
favorite dalla natura ed arte di ottimi terreni e di mercatura in-
dustriosa, tutte le altre città della Romagna, della Marca, Um-
bria, Patrimonio, Sabina e Territorio di Roma sono miserabili
per ogni rispetto: nè trovasi (oh vergogna de Romani coman-
danti) in alcuna città l’arte della lana o della seta, non che de
panni d’oro, se due o tre picciole bicocche di Fossombrone,
Pergola, Matelica, Camerino e Norcia n’eccettuo: e pure facil-
mente per l’abbondanza della lana e seta si potrebbe introdurre
ogni vantagievole mercatura. Ma essendo il dominio ecclesia-
stico un terreno che si ha ad affitto, coloro che lo noleggiano,
non pensano a bonificarlo, ma solamente a cavarne quella pin-
guedine che può spremersene maggiore che sia del povero campo:
che smunto et arido a nuovi affittuali non havrà agio di porgere
che sterilissimi suffragj. E pare arso l’erario pontificio da un
abisso di voragine: si hebbe per bene armare per due volte,
quasi che il primo errore, che costò due milioni, fosse stato
imitabile per qualche civanzo alla difesa dello stato, quando alle
prime rotture ogni prudenza insegnava a stringere l’accomoda-
mento per (non) dare pretesto a Francia di chieder peggio. Un
calcolo, che feci nella mozzatura di quattro e mezzo per cento
che rendevano i luoghi de monti, come fanno di sette per cento
nella nostra zecca, ridotti a quattro solamente, trovai che a un
mezzo scudo per cento in cinquanta milioni effettivi di debito,
[471]Vita di Alessandro VII.
la camera venne a guadagnare 250 m. scudi di entrata, che a
quattro per cento formarebbe un capitale di sei milioni e mezzo.
135.
Vita di Alessandro VII. Con la descrizione delle sue adhe-
renze e governo 1666.
Eine Lebensbeſchreibung nicht, am wenigſtens eine ſolche wie
ſie Pallavicini ſchrieb; aber eine allgemeine Schilderung der Hand-
lungen dieſes Papſtes, nach dem Eindruck den ſie in Rom hervor-
brachten, von einem unterrichteten und im Ganzen wohlgeſinnten
Zeitgenoſſen.
„Egli è,“ heißt es vom Papſt, „veramente d’animo pio, re-
ligioso, divoto, e vorrebbe operare miracoli per conservatione
del christianesimo: — — ma è pigro, timido, irresoluto, e
molte volte mal opera per non operare.“ Er ſchmaͤhte anfangs
den Nepotismus und trieb ihn nachher doch ſo hoch. Alle oͤconomi-
ſchen Verhaͤltniſſe lagen in den Haͤnden der Nepoten; — ſie berei-
cherten ſich ſehr; — die Zwiſtigkeiten mit Crequy waren ihnen un-
bedingt Schuld zu geben; — nur die auswaͤrtigen Verhaͤltniſſe be-
hielt ſich der Papſt ſelbſt vor. Aber er wandte zu wenig Aufmerk-
ſamkeit [darauf]. Er hatte literariſche Zuſammenkuͤnfte im Hauſe, die
ihm viel Zeit wegnahmen: Abends war Rospiglioſi ein Stuͤndchen
zur Unterhaltung bei ihm. In der That gingen die Sachen nur ſebr
mittelmaͤßig. Der Papſt antwortete in allgemeinen Ausdruͤcken,
ohne doch einen Miniſter zu haben, an den man ſich haͤtte wenden
koͤnnen.
Der Schluß faͤllt daher nicht ſehr troͤſtlich aus. Der Autor re-
ſumirt ſich in den Worten: L’ambitione, l’avaritia et il lusso do-
minano il palazzo; e pure la pietà, la bontà et il zelo dominano
Alessandro VII.
136.
Relatione di Roma di Giacomo Quirini Kr 1667 (8) 20 Febr.
Vierthalb Jahr war J. Quirini bei Alexander VII; hierauf
eine Zeit lang bei Clemens IX. beglaubigt: dieſe ganze Zeit umfaßt
ſeine Relation.
Er ſchildert zuerſt die letzten Jahre Alexanders VII, zwar nicht mit
der Animoſitaͤt wie ſeine Vorgaͤnger, aber weſentlich in demſelben Sinne.
In 42 mesi che servii Alessandro VII, conobbi esservi il
solo nome del pontefice, ma non l’uso del pontificato, datosi
quel capo alla quiete dell’ animo, al solo pensiere di vivere, e
con severo divieto ripudiato il negotio, scemate tutte quelle virtù
che da cardinale prestantemente teneva con vivacità di spirito,
ingegno nel distinguere, prontezza nei partiti, disinvoltura nel
risolvere e facilità supragrande dell’ esprimersi.“ Er ſchildert
die Mißbraͤuche des Nepotismus; von dem Bau der Hallen bei S.
Pietro, der dem Caval. Bernini zum Tadel gereicht, ſagt er ſogar
Ungluͤck vorher. — Renderà per sempre disabitata la città Leo-
nina, spianate le case, moltiplicate l’acque delle fontane, sce-
[472]Giac. Quirini Relatione 1667.
mati i fuochi: cagiona in conseguenza la mal’ aria. — die Miß-
braͤuche der Penſionen und der Stellenvergabung eroͤrtert er mit be-
ſonderer Ruͤckſicht auf Venedig, von wo jaͤhrlich die Summe von
100000 Duc. nach Rom gehe; merkwuͤrdig iſt es, daß Alexander VII.
auch ſeinerſeits, namentlich mit den Cardinaͤlen unzufrieden war; er
klagte, daß ſie ſich an die Fuͤrſten hielten, ſelbſt in der Sache von
Caſtro, daß ſie ihm nicht einmal einen guten Rath zu geben wuͤß-
ten: Si lagnava non esser dottrina e virtù sodisfacente in quei
porporati, non arricordando mai ripieghi o partiti che prima lui
non li sapesse. Es war ein allgemeiner Verfall.
Das Conclave ward durch die Nachgiebigkeit Chigis gegen den
Squadrone volante beherrſcht. Spaͤter zeigte ſich doch, daß Chigi
ſehr wohl daran gethan hatte. Eben dieſer Nachgiebigkeit hatte er
zu danken, daß Clemens IX. ihm einen Theil der Gewalt uͤberließ.
Quirini findet Clemens IX. ſchwaͤchlich, mit Krankheiten bela-
den, feſt, ja hartnaͤckig in ſeinen Meinungen; er verbot zuweilen ſei-
nen Miniſtern, auf einen Gegenſtand zuruͤckzukommen, uͤber den er
ſeinen Beſchluß gefaßt hatte. Ein Muſikus aus Piſtoja, des Na-
mens Atto, wohlbekannt in Venedig, hatte bei ihm vertraulichen Zu-
tritt. Seinen Entſchluß an den Auflagen etwas nachzulaſſen findet
Quirini heldenmuͤthig. Mostrò eroica pietà, levando due giulj di
gabella di macinato dei rubiatelli, privandosi di 2 milioni di
scudi.
Er kommt auf die Familie Clemens IX, beſonders Cardinal
Rospiglioſi, den er folgendergeſtalt ſchildert.
Tutto che il giorno innanzi della mia partenza seguisse la
promotione, restando al cardinalato promosso l’abate Rospigliosi
in età di 38 anni finiti, ciò non ostante, avendolo per due volte
conosciuto in Spagna e trattatolo in Roma con negotii diversi
come coppiere del cardinal Chigi, posso con distinta cognitione
riferire all’ EE VV che il papa parlando meco frequentemente
nelle audienze e lasciandosi con giustizia rapire lo considerava
per cauto ministro, e per consentimento comune gli attribuiva
merito e lode: et in questo credo che moralmente non si possa
ingannare, perche niun nipote di papa è comparso in teatro
più informato di lui, mentre in corte cattolica fu sempre a parte
della lunga nunciatura del zio. Nella secretaria di stato in Roma
era l’unico direttore, formando lettere e risposte negli affari de’
principi. Insorti poi li turbini per le pessime risolutioni con
l’ambasciatore Crechi fu prima espedito a S. Quirico e poi a
Livorno, con intentione più tosto di portar le lusinghe di pa-
lazzo che di soddisfare l’ambasciator duca: et aggiustato in fine
il negotio fu nella legatione di Chigi spedito in Francia a con-
sultare le formalità del trattamento: e ritornato in Roma col ti-
tolo d’internuncio passò in Fiandra: et assunto al pontificato
pap Clemente credè con la speranza e con l’opinione di poter
conciliare le differenze conservando nello stesso tempo gli orna-
menti della pace e rimuovere i pericoli della guerra, dove gli
espedì la plenipotenza per aggiustare i dispareri vertenti tra le
corone. Nelli di cui viaggi et impieghi siccome nei primi giorni
profuse con grande generosità molt’ oro: così, caduto mortal-
[473]Charme Rel. di Roma al re christmo 1669.
mente infermo in Susa, convenne con prodigalità dispensare in-
finito contante, a segno che 140 m. scudi ne risente d’aggravio
la camera apostolica. Nel resto il naturale suo è melanconico:
uomo di poche parole e ritirato in se stesso: et in tanti anni
di conversationi e d’anticamera si dimostrò con tutti indifferente,
non palesando sviscerata amicitia o confidenza con alcuno, es-
sendo più tosto misurato che sostenuto nei discorsi: et hora a
causa del patimento sofferto resta per qualche momento predo-
minato da certa fissatione de’ pensieri, e tende nel negotio, nelle
visite e nell’ agitation della corte s’applica e divertisca: con tutto
cio dirige la secretaria di stato il cardl Azzolini sottoscrivendo
lo stesso cardle gli ordini alle legationi non meno che alle nun-
ciature de’ principi. Sin qui resta poi dalla beneficenza del papa
proveduto di 3 m. scudi di pensioni e badie che teneva il pon-
tefice, di quattro mila scudi per la morte del cardle Palotta, e
di dodici m. scudi della legatione d’Avignone come cardinal pa-
drone.
137.
Relatione della corte di Roma al re christianissimo dal Sr di
Charme 1669.
Eine Relation, die franzoͤſiſch und italieniſch gedruckt iſt, die
aber, und vielleicht iſt ſie eben darum gedruckt worden, nur wenig
Bedeutendes enthaͤlt.
Die Unordnungen der apoſtoliſchen Kammer werden auch hier
eroͤrtert, — wie wenig ihnen damit abgeholfen werde, daß Clemens
IX. ſeine Nepoten eingeſchraͤnkt halte; wie auch keine Congregation
etwas ausrichte und ein allgemeiner Bankrutt zu fuͤrchten ſey.
Die Bemerkungen Grimanis uͤber den Mangel an tauglichen
Leuten, den guten Willen und die geringe Energie der Rospiglioſi,
den Zuſtand der Praͤlatur und des Landes werden hier beſtaͤtigt.
Es gibt Ueberarbeitungen, bei denen man Mehreres geradezu
aus Grimani heruͤbergenommen hat.
Ich moͤchte doch zweifeln, ob dieſe Arbeit von einem franzoͤſi-
ſchen Geſandten ſtammt: es muͤßte der Duc de [Chaulnes] ſein, den
wir in den Négotiations relatives à la succession d’Espagne II,
p. 579 als Ambaſſadeur in Rom finden: von einem nicht ununter-
richteten Zeitgenoſſen iſt ſie aber auf jeden Fall.
138.
Relatione della corte di Roma del sigr Antonio Grimani, am-
basciatore della republica di Venetia in Roma durante il
pontificato di Clemente IX. 1670.
Noch etwas zweifelhaft druͤckte ſich Quirini uͤber die Tugenden
Clemens IX. aus. Die Erfahrung die man an Alexander VII. ge-
macht, mochte ihm Bedenken erregen. In ein unbedingtes Lob da-
gegen bricht, wenigſtens in moraliſcher Hinſicht, Grimani aus. „Ve-
ramente la mansuetudine, la modestia, la piacevolezza, la mo-
deratione, la clemenza, la candidezza dell’ animo, la purità della
[474]Antonio Grimani
conscienza sono doti sue particolari.“ Er behauptet, nie einen
beſſeren Menſchen gekannt zu haben.
Zuerſt eroͤrtert er nun die Maͤßigung, mit der Clemens ſeine Ne-
poten ausſtattete. Es zeigt ſich doch, daß man in Rom vieles da-
gegen einzuwenden fand. Grimani meinte ſogar, die Piſtojeſen wuͤr-
den ſich fuͤr die unerwartete Zuruͤckſetzung, mit der man ſie behandle,
ſpaͤter einmal an den Nepoten raͤchen.
Dabei bleibt freilich auch gewiß, daß Clemens keine ernſtliche
Anſtalt machte die uͤbrigen Mißbraͤuche zu heben: ſchon rief man aus,
wenn nicht ein neuer Sixtus V. komme, ſo laufe das Pontificat
Gefahr voͤllig zu Grunde zu gehn.
Grimani zaͤhlt die vornehmſten Uebelſtaͤnde auf: Verkauf der
Stellen, daher entſpringe der Mangel an tauglichen Leuten; ſchlechte
Geldwirthſchaft; vorzuͤglich Vernachlaͤßigung der Moͤnche. Al pre-
sente i religiosi sono tenuti in un concetto sì vile che da per
loro si allontanano di comparir nella corte per non ricevere
affronti da’ cortigiani più infimi. Le porpore e vescovadi si ten-
gono vilipesi su le spalle de’ religiosi, e nelle concorrenze un
pretuccio ignorante e vitioso ottenerà il premio sopra il reli-
gioso dotto e da bene. I nipoti non curano de’ religiosi: per-
che non possono da questi esser corteggiati come da’ preti. Se
si parla di aggravj, i monasterj sono i primi; se di riforma,
non si parla di preti, ma di religiosi. In somma, si toglie af-
fatto ad ogni uno la volontà di studiare e la cura di difender
la chiesa dalle false opinioni che vanno seminando i nemici di
Roma: de’ quali moltiplicandosi giornalmente il numero, e de-
teriorandosi quello de’ religiosi dotti et esemplari, potrebbe in
breve soffrirne non poco detrimento la corte. Onde al mio cre-
dere farebbono bene i pontefici di procurar di rimettere i rego-
lari nel pristino posto di stima, partecipandoli di quando in
quando cariche e dignità, tanto più ch’essendo grande il numero
possono scegliere i soggetti a loro piacere; e così nelle reli-
gioni vi entrarebbono huomini eminenti, dove che tengono a vile
hoggidì di coprirsi le spalle d’un cappuccino i più falliti mer-
canti, nè si veggono entrar ne’ monasterj che gente mecanica.
Leider ſey aber von Clemens IX. keine Abhuͤlfe zu erwarten: er ſey
allzu lau, allzu gutmuͤthig.
Nach dieſer Schilderung des Papſtes geht der Botſchafter auf
deſſen naͤchſte Angehoͤrige uͤber. Zuerſt der Cardinal Roſpiglioſi, von
dem man hoffte, „quod esset redempturus Israel.“ Er zeigt an,
warum dieſe Hoffnung doch getaͤuſcht worden. Tre cose per mio
credere sono quelle che fanno camminar col piede di piombo
il cardinal predetto, accusato di lentezza di genio e di mancanza
d’applicatione. La prima è il gran desiderio di voler far bene
ogni cosa e di dar gusto a tutto il mondo, cosa che difficilmente
può riuscire ad un’ huomo che non è assoluto padrone. La se-
conda è che la sua volontà viene imbrigliata e trattenuta dal
papa, il quale, se bene ama e considera con amore estraordi-
nario questo nipote, gode però di fare il tutto a suo modo:
onde dubioso il Rospigliosi d’incontrar nelle sue risolutioni le
[475]Relatione di Roma 1670.
negative del papa e dall’ altra parte volendo sodisfare gl’inte-
ressati, fugge le occasioni di concludere cosa alcuna. E final-
mente gli noce ancora la capacità del proprio intendimento, par-
ticolarmente in quelle cose che dipendono da lui: poiche abbon-
dando, come si è detto, di ripieghi capaci da sostenere il posto
di nipote, da sì gran copia nasce la gran penuria nelle risolu-
tioni, perdendo la maggior parte dell’ hore più pretiose a medi-
tare e crivellare le materie, et intanto che si medita e crivella
il modo da eligere senza mancare le più adequate, il tempo
vola e le occasioni fuggono. — Die Gerechtigkeit indeß mußte man
ihm widerfahren laſſen, daß er ſich nicht bereichere: „havendo tras-
curato molte occasioni d’arricchirsi, e l’havrebbe possuto fare
senza scrupolo e con buona coscienza.“ Man meinte wohl, Ro-
ſpiglioſi beguͤnſtige Chigi beſonders zu dem Ende um durch ſeine
Huͤlfe ſelbſt einmal Papſt zu werden. Der Geſandte widerlegt dieſe
Meinung.
Merkwuͤrdig iſt es, wie die Geſinnung welche wir in dem Papſt
und dem Cardinal Patron bemerken, auch in den untern Gliedern
dieſer Gewalt ſich wiederholt. Sie ſind nicht ohne guten Willen und
Faͤhigkeit, aber um einer oder der andern Urſache willen vermoͤgen
ſie doch nicht einzugreifen. Di due ministri si serve particolarmente
il cardinale nelle cose che corrono alla giornata. L’uno è mon-
signore Agustini, huomo prudente e di vita esemplare, che può
dirsi di lui come di Giobhe Vir simplex et timens deum, ma del
resto lento, lungo e irresoluto e tanto inclinato a voler far bene
che fa poco per lo dubbio di non far male: onde con questa
natura ha saputo dare così bene nell’ humore del padrone che
lo decanta per un’ oracolo e lo stima il principal ministro della
corte, benche quelli che continuamente lo sentono nelle congre-
gationi, ne fanno altro concetto, e lo confessano bene per un
soggetto mediocre, ma non più oltre, e della stessa opinione è
ancora il papa. L’altro è monsr Fiani, a cui fu dato il carico
di segretario della consulta, officio veramente che ricerca gran
confidenza col cardl padrone: onde con ragione Rospigliosi scelse
questo huomo che conosce il dovere dell’ amicitia e che in ef-
fetto non può desiderarsi maggior capacità nel governo, tutta-
via inhabile quasi di esercitare il suo officio per esser poda-
groso e infermo, prolongando per questo ogni cosa con gran
rammarico della corte, dalla quale vien poco accettato, tanto
più che si è vociferato haver le mani inclinate a ricever pre-
senti, ma per me credo che questa sia una vera malignità di
dettatori.
Es iſt nicht noͤthig die weitern Particularitaͤten uͤber die paͤpſt-
liche Familie, die doch zu keinem Einfluß gelangte, zu wiederholen.
Der Bruder der Papſtes, Don Camillo Roſpiglioſi, wuͤrde, wie un-
ſer Autor ſagt, wenn dieß Gebrauch waͤre, bei ſeinen Lebzeiten ca-
noniſirt zu werden verdienen. Er hatte fuͤnf Soͤhne, von denen je-
doch nur zwei genannt zu werden brauchen: der zweitgeborene, Don
Tommaſo, der bereits den Gedanken hatte die Induſtrie des Kirchen-
ſtaates zn heben, und der juͤngſte, Giambattiſta — giovine di bel-
[476]Relatione di Roma 1670.
lissimo aspetto e d’un cervello acuto e penetrante — der mit ei-
ner Pallavicini von Genua verheirathet wurde und das Haus Ros-
piglioſi gruͤndete. Es iſt genug nur noch die allgemeine Schilderung
des neuen Verhaͤltniſſes dieſer Nepoten aufzunehmen. Fra tutti li
pontefici che sono stati nel Vaticano, non se ne è forse veduto
mai alcuno più politico e più prudente nel mantenersi con i suoi
parenti come fece Clemente IX, il quale godeva di esser con
loro, ma non già di darsi in preda di loro: anzi quanto più li
mostrava segni di affetto e di ottima volontà, tanto maggiormente
li teneva indietro senza parteciparli in modo alcuno i segreti
de’ suoi pensieri. Alla buona intentione del papa di torre via
dalla chiesa lo scandolo introdotto da lungo tempo mediante
la comunicatione di quasi tutta l’autorità del Vaticano che i pon-
tefici hanno costumato di partecipare ai loro nipoti, è andata
congiunta la bontà del nipotismo: perche si può dire con buona
ragione che mai in Roma si sono veduti parenti di papa più mo-
desti, più humili, più caritativi e meno disinteressati de’ Ros-
pigliosi, e quel che più importa, tutti dotati d’una stessa bontà
e modestia, che però sarebbe stato un disumanarsi di lasciarli
d’amare; anzi si può dire giustamente che il papa non li amò
mai quanto sarebbe necessario al merito delle loro ottime qua-
lità, havendoli tenuti più tosto come stranieri che come parenti
per non comunicare con essi loro alcuna cosa di conseguenza:
con che si rendeva infelice, mentre dall’ una parte si privava
volontariamente della sodisfattione necessaria a’ principi di sfo-
garsi con i congiunti, e dall’ altra si vedeva privo di potersi
aprire con i domestici, che per lo più erano gente idiota e di
spirito ben mediocre. Si crede che il papa non confida le cose
più importanti della corte che colla persona del cardl Chigi, il
quale come astuto et accorto ha saputo benissimo guadagnarsi
il suo affetto.
Es folgt eine Schilderung der Cardinaͤle und der Geſandten die
an dem Hofe reſidirten. Doch ſind die Perſoͤnlichkeiten nicht bedeu-
tend genug, und die Intereſſen zu fluͤchtig, zu voruͤbergehend, als
daß wir bei ihnen verweilen ſollten.
139.
Relatione dello stato delle cose di Roma del mese di Sett. 1670.
(Alt. 9 Bl.)
Den venezianiſchen Relationen, der angeblich franzoͤſiſchen geſellen
ſich auch ſpaniſche hinzu. Denn ohne Zweifel iſt dieſe Relation fuͤr
Spanien verfaßt. Es wird darin einer andern gedacht, welche an den
ſpaniſchen Hof gegangen, weshalb man die in derſelben enthaltenen
Notizen hier weggelaſſen habe.
Clemens IX: la sua natura è placida: perche non viene al-
cuno a suoi piedi al quale egli non desideri di fare qualche gra-
tia. — — Va ristrettissimo nelle spese e parchissimo nel dare
a suoi. Cardinal Altieri: opera tutto da se, e poca influenza ri-
ceve da altri. Sono secoli che non si è veduto un nepote di
[477]C. Cartari Memorie della vita di Clemente X.
pontefice nè di maggior autorità nè d’abilità ed integrità. Wir
erſehen, daß man auch unter dieſer Regierung die meiſten Beamten
gelaſſen hatte wie man ſie fand.
Das Wichtigſte aber wovon unſer Autor Meldung thut, iſt die
Entzweiung des Hofes. Chigi, Barberini, Roſpiglioſi waren auf das
engſte mit den Altieri verbunden. Vor allem hatte hiezu der ſpani-
ſche Geſandte beigetragen. Dieſen gegenuͤber ſtand die Faction der
Squadroniſten, d. i. der innocenzianiſchen Cardinaͤle, die ſo vielen
Einfluß auf die letzten Papſtwahlen gehabt, und unter den beiden vo-
rigen Regierungen ihre Anhaͤnger in die oͤffentlichen Stellen gebracht
hatten. Zu denen gehoͤrten Omodei, Ottobono, Imperiali, Borromeo,
Azzolino. In die Streitigkeiten dieſer beiden Factionen miſchte ſich
die Koͤnigin von Schweden mit groͤßtem Eifer. Man weiß, wie hoch
ſie Azzolino hielt. Hier wird ſie deſſen getreue Dienerin genannt.
Tauſend Intriguen werden ihr Schuld gegeben um die Squadroni-
ſten zu befoͤrdern.
140.
Memorie per descrivere la vita di Clemente X Pontefice Mas-
simo, raccolte da Carlo Cartari Orvietano, decano degli
avvocati consistoriali e prefetto dell’ archivio apostolico
di castello S. Angelo di Roma. (Alt. 211 S.)
Unmittelbar nach dem Tode des Papſtes verfaßt, ſchon im Oc-
tober 1676 fertig; mit ausdruͤcklicher Selbſtverpflichtung alle Schmei-
chelei zu vermeiden und die reine Wahrheit zu ſagen (da questi
fogli sarà l’adulatione, mia nemica irreconciliabile, affatto sban-
dita, alla sola verità candida e pura attenendomi); jedoch nach
der Abſicht des Autors nur eine Sammlung, um kuͤnftig von einem
Andern benutzt zu werden.
Anfangs ſollte es nun ſcheinen, als ſey dieſe Erklaͤrung nur der
Ausdruck der Beſcheidenheit.
Recht artig iſt der Vater des Papſtes, der alte Lorenz Altieri
geſchildert: den Cartari noch gut gekannt hatte: als ein Mann von
kraͤftigem Geiſt, majeſtaͤtiſch in ſeiner Haltung, aber dabei doch ſehr
beſcheiden, wie ſchon ſein Blick das ausſprach. Obwohl nur Samm-
ler, enthaͤlt ſich der Autor doch nicht, ſogleich ein Concetto im Geiſte
ſeines Jahrhunderts hinzuzufuͤgen: „di altrettanto bella canitie
nell’ esterno ricoperto quanto di una candidezza di costumi, di
una rara pietà a meraviglia dotato.“
Emilio Altieri war geboren 1590: wurde 1611 Doctor: ſtand
eine Zeit lang in dem Studio Pamfilis, nachmaligen Papſtes, beglei-
tete 1624 jenen Biſchof von Nola, Lancellotti, deſſen Inſtruction wir
uͤbrig haben, nach Polen: bei ſeiner Ruͤckkunft ward er Biſchof von
Camerino an der Stelle ſeines Bruders Joh. Baptiſta, der in das
Cardinal-Collegium trat; man behauptet, obwohl dieß Cartari nicht
hat, ſchon damals ſey Emilio ſelbſt zum Cardinalat beſtimmt gewe-
ſen, man haͤtte ihn lieber genommen als ſeinen Bruder: er habe aber
die Selbſtuͤberwindung beſeſſen, in dieſem Augenblick von Rom wegzu-
reiſen um ſeinem aͤltern Bruder den Vorrang zu laſſen. Unſern Emi-
[478]Cartari Memorie della vita di Clemente X.
lio ſchickte Innocenz X. als Nuntius nach Neapel, und man behaup-
tet, er habe dort zur Beilegung der Unruhen des Maſaniello das
Seinige beigetragen: Alexander VII. machte ihn zum Secretaͤr der
Congregation de’ vescovi e regolari: eine Laufbahn die Jeder-
mann ſehr langſam fand. In ſeinem 79ſten Jahre erſt kam es an ihn,
weſentlich befoͤrdert zu werden. Am 29. Nov. 1669 ernannte ihn Cle-
mens zum Cardinal, doch hatte dieſer Papſt gar nicht einmal Zeit
ihm den Hut zu geben: ohne dieſen nur noch empfangen zu haben,
ging Altieri in das Conclave: 29. April 1670 endigte dieß damit,
daß er ſelbſt zum Papſt erwaͤhlt ward. Er weigerte ſich eine Zeit
lang: er erklaͤrte, es gebe andere verdientere Leute, er nannte ſogar
einen Cardinal Brancacci: jedoch nahm er die hoͤchſte Wuͤrde an.
Schon in ſo hohem Alter ſtand der neue Papſt: er hatte nicht
einmal einen leiblichen Nepoten: er mußte einen Nepoten waͤhlen,
um die Laſt der Geſchaͤfte mit ihm zu theilen.
Ritrovavasi S. Beatitudine nell’anno ottantesimo di sua età:
onde per questa cagione e per imitare i suoi antecessori, quali
ben conoscendo la pesante mole del pontificato stimarono ne-
cessario di deputare per proprio sollievo alcuno de’ cardinali col
titolo di sopraintendente generale dello stato ecclesiastico, si
compiacque a dichiarare l’istesso giorno a questa laboriosa ca-
rica il cardl Paluzzo Paluzzi degli Albertoni suo attinente, per-
mutandogli quel cognome coll’ altro d’Altieri.
Kommen wir nun auf die Handlungen des Pontificates, ſo
bleibt der Autor zunaͤchſt bei Rom ſtehn.
Die Ankunft der Geſandten von Ferrara und Bologna zur Obe-
dienzleiſtung: — Aufdeckung des Conſtantino M. am Fuß der Treppe
St. Peters: — Ausſchmuͤckung der Bruͤcke St. Angelo mit 10 En-
geln aus carrariſchem Marmor: — Bau des Pallaſtes Altieri, wozu
ungefaͤhr 300000 Sc. aufgewendet worden ſeyen, die ja doch nicht
verloren gegangen, da ſie den Armen zu Gute gekommen: — Ein-
richtung einer zweiten Fontaͤne auf dem Petersplatze, die jedoch der
Papſt nicht vollendet ſah: — dieß ſind die hauptſaͤchlichſten Gegen-
ſtaͤnde bei denen Cartari verweilt. Bei dem Pallaſt ſchildert er auch
die Bibliothek. Vedesi in sito quasi il più alto elevato del me-
desimo palazzo un vaso per libraria, altretanto capace quanto
vago per la veduta della città e della campagna, in maestose
scanzie riempite della generosità del cardl Altieri di pretiosi li-
bri d’ogni scienza, che giungono al numero di 12000. Ich kenne
ſie recht wohl: wie oft bin ich die Treppen hinaufgeſtiegen! Von
den Fontaͤnen: Trasportata la fontana di Paolo V con machine
meravigliose, quasi direi tutte d’un pezzo, dal sito vecchio dove
si ritrovava all’ altro dove hoggidì si vede stabilita in corrispon-
denza degl’ingressi laterali del teatro, per accompagnamento della
medesima ordinò se ne fabricasse un’ altra affatto simile verso
il giardino de Cesi, come fu eseguito. Das Merkwuͤrdigſte aber
iſt was er von jenem angeblichen Moſaik Giottos, der Navicella
di S. Pietro, erzaͤhlt. Nachdem es ſeit der Zerſtoͤrung des Porticus
der alten Baſilika, wo es urſpruͤnglich ſtand, oftmals ſeinen Platz
gewechſelt, von Paul V. in den Pallaſt, von Urban VIII. in die
[479]Clementis Decimi vita
Kirche, von Innocenz X. wieder in den Pallaſt gebracht, wo es Ale-
xander dem VII. aufs neue unbequem wurde, verzweifelte man es fort-
zubringen wie es war, und zog es vor, es in Stuͤcken abzunehmen,
indem man die Steinchen die zu jeder Figur gehoͤrten, immer in ei-
nen beſondern Beutel legte. Unter Clemens X. brachte der Cardi-
nal Barberini die Herſtellung deſſelben nach einer unter Urban VIII.
gemachten Copie in Antrag. Hierauf ward es aufs neue zuſammen-
geſetzt und in die Lunette uͤber dem mittlern Eingang der Vorhalle
gebracht. Wie es aber hiebei zuging, laſſen die Worte Cartaris ſchlie-
ßen. Perche il vano non era capace, fu detto che lasciandosi
le figure nel proprio essere, potevano restringersi i spatii: come
fu diligentemente esequito. Man ſieht wohl, daß der neue Mei-
ſter von Einigen nicht mit Unrecht als der Verfertiger betrachtet wird.
Endlich wendet ſich der Verfaſſer auch zu den Staatsſachen.
Allein hier iſt er ſehr mangelhaft. Er berichtet, Clemens X. habe
trotz aller finanziellen Noth zu keiner neuen Reduction der Monti
ſchreiten wollen, aus Ruͤckſicht auf die vielen Familien und beſonders
die frommen Stiftungen, die dadurch leiden wuͤrden: — ben consi-
derando il danno che a tante famiglie ed in particolare a luo-
ghi pii ne resultarebbe: er zog Erſparniſſe vor, und ſogar der Car-
dinalnepot erbot ſich auf ſeinen Gehalt als sopraintendente dello
stato Verzicht zu leiſten. — Dennoch ſchickte man einiges Geld nach
Polen, das von den Tuͤrken hart bedraͤngt ward: einmal 30000,
ein ander Mal 16000 und noch einmal 70000 Sc. Die Cardi-
naͤle hatten eine beſondere Sammlung veranſtaltet.
Das iſt das Einzige was ich von auswaͤrtigen Geſchaͤften
finde. Die Sachen des Kirchenſtaates werden daruͤber jedoch auch
nicht allzugruͤndlich vorgenommen. Si adoperò alla libera introdu-
zione delle merci forestiere, e furono rivocate tutte le esenzioni
delle gabelle: si diedero ordini circa gli officii vacabili della da-
taria e frutti di essi: — si estinse la gabella del quatrino degli
artisti: — si dichiarò che alli Romani et altri nobili dello stato
ecclesiastico sia lecito di esercitar commerci senza pregiudizj
della nobiltà. Das iſt eigentlich alles Weſentliche was er ſagt.
Handlungen des Papſtthums in Bezug auf das Innere der ka-
tholiſchen Kirche erwaͤhnt er kaum.
141.
Clementis Decimi Pontificis Maximi vita. (Alt. 288 S.)
Cartari hatte gemeint, es wuͤrden ſich Viele finden um das
Leben Clemens X. zu beſchreiben: eben Solchen widmete er ſeine Ma-
terialien. Bald fand ſich auch ein Autor der es unternahm: aber
freilich ein Jeſuit, auf Befehl ſeines Generals Oliva. Cardinal Pau-
luzzi Altieri gab ihm dazu die Materialien.
Obwohl dieſer Autor Cartari nicht nennt, ſo iſt doch offenbar,
daß er ihn vor ſich hatte. Er thut haͤufig nichts als daß er ihn
uͤberſetzt, erweitert.
Hatte Cartari die Schmeichelei abſichtlich vermieden, ſo fuͤgt der
Ueberarbeiter ſie hinzu. Er meint, im Jahre der Geburt Clemens X.
[480]Nuovo governo di Roma sotto Clemente X.
habe der Tiber gewaltige Ueberſchwemmungen angerichtet: „quasi
praesentiret imperantis urbis fluvius augendam ab exorto tum in-
fante Romanam gloriam.“
Doch hat er zuweilen auch nuͤtzlichere Zuſaͤtze. Er erzaͤhlt jenen
Charakterzug von dem freiwilligen Zuruͤcktreten Clemens X. vor ſei-
nem Bruder.
In den ſpaͤtern Capiteln geht er auch auf die kirchlichen Ereig-
niſſe ein. Innumeros in callem salutis reduces illo regnante vi-
dit Hungaria, quam catholicam, ut Francisci cardlis Nerlii verbis
utar, pene totam effecit: — wahrhaftig eine ſtarke Hyperbel, denn
nicht allein ward Ungarn damals keineswegs ſo weit katholiſch, noch
trug Clemens X. dazu viel bei: — ad veram religionem in Hiber-
nia conservandam ac propagandam solertem industriam contulit:
— — plurimos in Vaticanum regressos Boemia et caetera Boe-
miae regna atque inter hos magnos principes, plurimos Rhaeti
atque iis finitimae valles, magnam illorum vim Hollandia, majo-
rem vidit Gallia. Alles aber doch ſehr im Allgemeinen.
Indem er dann die Gerechtigkeit und die Liebe des Papſtes zu
ſeinen Unterthanen belobt, entſchuldigt er ihn, daß er jene Unter-
ſtuͤtzung der Polen wider die Tuͤrken durch Auflagen auf die Geiſt-
lichen zuſammengebracht: daß er neue Anleihen gemacht: — druͤckende
Auflagen habe er abgeſchafft und dafuͤr Luxusartikel, uͤberſeeiſche
Weine, den Tabak, belaſtet: — auch in Ruͤckſicht ſeiner Verwand-
ten habe er die groͤßte Maͤßigung bewieſen. Man muͤſſe nicht bei je-
nem Pallaſt ſtehn bleiben, ſondern erwaͤgen wie wenig Laͤndereien
die Altieri erworben — „quam minimum in spatium contrahantur
Alteriis principibus subjecta oppida et rura, cum latissime pa-
teat aliorum ditio.“
142.
Nuovo governo di Roma sotto il pontificato di papa Clemente X.
(Barb. 17 Bl.)
Eroͤrtert das Familienverhaͤltniß, die ſonderbare Erhebung Pau-
luzzis zum paͤpſtlichen Nepoten.
Der Bruder des Papſtes, Stammhalter des Hauſes Altieri, hatte
nur eine Tochter hinterlaſſen, und verordnet, daß der Gemahl der
ſich mit ihr vermaͤhle den Namen Altieri annehmen ſolle.
Ein Neffe des Cardinal Pauluzzi heirathete dieſe Erbin des Hau-
ſes Altieri. Dadurch wurden die beiden Familien vereinigt.
Alle andern Verwandten, z. B. die Gabrielli, die ſonſt die naͤch-
ſten geweſen waͤren, mußten zuruͤckſtehn.
Uebrigens ließ ſich dieſe Regierung gleich von Anfang weniger
mild an als die fruͤhere, was ſchon daher kam, daß Clemens IX.
auch diejenigen Einkuͤnfte, welche bisher immer reſervirt geweſen wa-
ren, mit Schulden belaſtet hatte. Schon fing man an, die kleine
Armee abzudanken. Der Verfaſſer meint, jener geringfuͤgige Nach-
laß, den Clemens IX. an der Steuer gewaͤhrt, werde machen, daß
man den ganzen Staat entwaffne.
Auch er klagt uͤber die Form des Regiments, die Ruͤckſichtslo-
ſig-
[481]Rozzoni Rel. di Roma sotto Clemente X.
ſigkeit welche den Regierenden im Kirchenſtaate nun ſchon gewoͤhnlich
war. Vedendosi odiati et abborriti tanto più s’infierano, e tira-
tosi il cappello sugli occhi non guardano in faccia a nessuno,
e facendo d’ogni erba fascio non pensano che al proprio inter-
esse senza minima apprensione del publico.
143.
Relatione dello stato presente della corte di Roma, fatta all’
eccmo principe di Ligni governatore di Milano dall’ Illmo
Sr Feder. Rozzoni inviato straordrio da S. E. alla corte
appresso Clemente X. (24 Bl.)
Etwas ſpaͤter geſchrieben als die vorige Relation.
Schon hatte ſich die Stellung der Parteien wieder veraͤndert.
Rospiglioſi und Chigi wurden von dem herrſchenden Hauſe vernach-
laͤßigt: dieſes ſuchte ſich den Squadroniſten zu naͤhern.
Das Verhaͤltniß des Papſtes und des Cardinal Altieri wird fol-
gendergeſtalt geſchildert.
Il papa non ha applicatione alcuna, sì per la cadente sua
età, come anche per esser suo connaturale attendere alla pro-
pria quiete e sottrarsi dalle cure gravi che potrebbero turbare
la serenità dell’ animo suo, solo inclinato a vivere tranquilla-
mente. Egli perciò non puole sapere le amministrationi della
giustitia nè altri negotii politici della corte e dello stato eccle-
siastico: onde il ricorrere a lui non giova punto a quelli che da
suoi ministri vengono oppressi: e per havere pretesto più colo-
rito di non ingerirsi in simili affari, più volte si fa stimare am-
malato, non tralasciando per questo le sue domestiche conver-
sationi, che dopo desinato giornalmente si prende con giuochi
di carte e godimento di suoni e canti.
Lascia il governo della chiesa totalmente al cardinale Al-
tieri, et in esso non si ingerisce se non quanto è necessario
per la sua approvatione in voce o scritto: nel resto ha rasse-
gnato in tal maniera che più volte l’ha temuto e nascostamente
ha fatto fare elemosine, regali e cose simili: ma la collatione
de’ beneficii, vescovati et elettione de’ soggetti alla porpora re-
sta al totale arbitrio di esso cardinale; il quale è uomo flemma-
tico, e difficilmente si sdegna esternamente, e quando ciò fa,
cessa di vendicarsi. Ha molt’ attitudine a sostenere la carica
che tiene, et in fatti vuol sapere et indrizzare tutti gli affari
grandi e piccoli non solo della corte ma ancora di tutto lo stato
ecclesiastico, il che da alcuni si attribuisce a grande avidità di
suoi interessi, nelli quali è vigilantissimo, non lasciando passare
occasione alcuna di non approfittarli: ogni giorno in tal’ hore
determinate da audienza a tutti i ministri della corte et alli loro
segretarj, et esso da le regole et istruttioni non solo generali
ma anche particolari, di modo che li giudici et il medesimo go-
vernatore non hanno nelle loro cariche arbitrio alcuno.
Il principale ministro del medesimo cardinale è stato et è
l’abbate Piccini, soggetto di deboli parti et inferiori natali, che
Päpſte** 31
[482]Piero Mocenigo
prima della promotione di Clemente Decimo era suo cameriere:
onde per introdutione, anzi per l’arbitrio, conforme la comune
stima, che haveva de’ voleri di esso cardinale, ha congregato un’
annua entrata di 12 m. scudi et un capitale di 200 m., havendo
altrettanto empito il capo di fumo quanto la borsa d’oro. Però
al presente è cessata tant’ aura sua, vogliono alcuni per punti
politici e non già perche si sia diminuita la sua gran fortuna
dall’ unione delli quattro regj ambasciatori: ancorche detto ab-
bate Piccini unitamente col commissario della camera chiamato
monsr Zaccaria siano li più intimi del cardinale: quanto a ciò,
spetta all’ interesse, mostrandosi esso cardinale da questo alieno,
volendo lasciar cadere sopra di questi due ministri o torcimani
l’opinione volgare di molto interessato.
144.
Relatione della corte di Roma del N. H. Piero Mocenigo, che
fu ambasciatore a papa Clemente X, fatta l’anno 1675.
(44 Bl.)
P. Mocenigo war fruͤher in England geweſen, jetzt kam er nach
Rom, das ihm nun beſonders in commercieller Hinſicht einen ſo ganz
andern Anblick darbot: hier ward er mit dem Hauſe Altieri in
ziemlich heftige Streitigkeiten verwickelt; er trat an die Spitze der
Geſandten, welche man einiger ihrer Freiheiten berauben wollte. Kein
Wunder, wenn er von dem was er ſieht und erlebt, ſich nicht ſehr
erbaut zeigt.
Er theilt ſeinen Bericht in drei Theile.
I. La qualità di quella corte, sua autorità così spirituale
come temporale, con aggiunta dell’ erario e delle forze. „Tutto
il riflesso“, beginnt er, „dei pensieri de’ regnanti è rivolto a
non lasciare la propria casa esposta alle persecutioni et al lu-
dibrio della povertà. Di ciò deriva che la tramontana di quella
corte è l’interesse privato, e colà non s’applica al publico bene
che colla speciosità delle apparenze.“ Die Beguͤnſtigung der vor-
nehmen Geſchlechter hatte jetzt den Erfolg, daß beſonders der Mit-
telſtand, auch der geringere Adel nicht mehr fortkam. Er beſaß nicht
Geld genug, um ſich durch eigne Kraft zu erheben, und war doch zu
ſelbſtaͤndig, um ſich zu der Unterwuͤrfigkeit der wirklich Armen zu er-
niedrigen.
„Die Schmeichelei,“ ſagt P. Mocenigo, „iſt hier zu Hauſe;
aber nicht minder gibt es auch viele Leute die ſich uͤber ihre fehlge-
ſchlagenen Hoffnungen durch Afterreden troͤſten, welche die Maxime
hegen: man irre nie, wenn man das Schlimmſte denke.“
Wichtige Congregationen: der Inquiſition, der kirchlichen Im-
munitaͤt, des Conciliums, der Propaganda, der Biſchoͤfe und Or-
densgeiſtlichen, des Index. Will der Hof etwas abſchlagen, ſo uͤber-
laͤßt er die Sache ihnen: ſie halten ſich an ihre Canones und den
Gebrauch der vergangenen Jahrhunderte: da bekommt das Gering-
fuͤgigſte Wichtigkeit. Iſt der Hof aber guͤnſtig geſtimmt, ſo nimmt
er ſelber die Sache an ſich.
Beſonders in den weltlichen Angelegenheiten zeigt ſich deſſen
[483]Relatione di Roma 1675.
durchfahrende Gewalt. Cardinaͤle wuͤrden nie gebilligt haben, daß
man Krieg fuͤhre. — (Seit geraumer Zeit, duͤrfen wir hinzuſetzen,
geſchah das auch nicht mehr.)
Der Zuſtand des Landes verſchlimmert ſich taͤglich. Seit 40
Jahren, ſagt man dem Autor, habe die Einwohnerzahl um ein Drittheil
abgenommen: wo man fruͤher 100 Feuerſtellen zaͤhlte, finde man nur
noch 60, viele Haͤuſer reiße man nieder, obwohl die Conſulta ver-
biete dieß zu thun: taͤglich werde weniger Land angebaut: die Hei-
rathen nehmen ab: fuͤr die Kinder ſuche man eine Zuflucht in den
Kloͤſtern.
Er berechnet die Zinſen der Staatsſchulden, d. i. der Monti und
officii vacabili, auf 2,400000 Sc., das Deficit auf mehrere Hundert-
tauſende.
II. Il presente governo di Clemente X, sua casa, sacro
collegio e corrispondenze con principi.
Clemens X. Er ſehe wohl Datar, Segretario de Brevi, Staats-
ſecretaͤr und den Cardinal Altieri zu den geſetzten Stunden, aber
er habe nur die Formalitaͤt des Unterſchreibens: unangenehme Dinge
verberge man ihm: dahin gehe das ganze Beſtreben Cl. Altieris. Der
Geſandte behauptet, der Papſt habe keine Kenntniß von den Geſchaͤf-
ten der Welt: er ſey niemals Nuntius geweſen. Wie wir wiſſen,
iſt dieß falſch. In Roma si dice che benedicere e sanctificare sia
del pontefice, reggere e gubernare sia dell’ Altieri.
Cardinal Altieri: di complessione delicata: — — la sua na-
tura è ardente, impetuosa e di prima impressione. — — Assue-
fatto alla cortesia Romanesca di non negare cosa alcuna, anzi
di concorrere con parole officiose ad esaudire le instanze fa-
cilmente: poi quando ha ponderato il negotio, dà indietro, anco
col negare l’impegno, e dà nelle scandescenze. — — Da poca
speranza vien sollevato, come per contrario da poco timore ab-
battuto. Wir ſehen in dieſen Aeußerungen wohl die Nachwirkung
perſoͤnlicher Mißverhaͤltniſſe.
In dem nemlichen Sinne aber werden auch die uͤbrigen Per-
ſoͤnlichkeiten geſchildert. Laura Altieri, von welcher doch das Gluͤck
dieſer Familie komme, befinde ſich in derſelben nicht wohl, deshalb
laſſe man ſie niemals zu den Fuͤßen des Papſtes kommen. Ich
glaube daran doch nicht recht.
Unbedenklicher iſt es, wenn der Verfaſſer die Vereinigung des
Hofes mit den Squadroniſten ſchildert: wir ſahen ſchon, wie ſie ſich
vorbereitete. Barberini, Rospiglioſi und Chigi waren jetzt in geringe-
rem Anſehen: die Squadroniſten drangen beſonders auf Unabhaͤngigkeit
der Curie von den fremden Hoͤfen: ſie hatten die Altieri ganz an
ſich gezogen. Der Verfaſſer behauptet, die Verwickelungen, in welche
der Hof ſich einlaſſe, ſeyen ihnen zuzuſchreiben.
Er geht naͤher auf dieſe ein; allein in ſeiner irritirten Weiſe.
Den Kaiſer muͤſſe der Hof zuweilen durch geiſtliche Geſchenke,
Agnus dei u. ſ. w. zu beguͤtigen ſuchen. Mit Frankreich habe man
ſo viel Irrungen, daß man ſich freue, wenn es in Krieg verwickelt
werde. Wie ſollte da der Papſt noch den Frieden vermitteln? —
Spanien beklage ſich unter andern, daß man im Kirchenſtaat die
31*
[484]Scrittura sopra il governo di Roma.
Banditen aus Neapel aufnehme, und zugebe, daß das geſtohlene Gut
daſelbſt verkauft werde. „Ma non segli danno orecchie: per-
che così comple alla quiete di quei confini, promessa e mantenu-
ta dai medesimi banditi.“ Man verſaͤume, Polen recht eifrig zum
Tuͤrkenkrieg anzutreiben, nur um dann nicht genoͤthigt zu ſeyn es
zu unterſtuͤtzen. Dem Czar wolle man dieſen Titel nicht gewaͤh-
ren, und deshalb trete man mit ihm nicht in Verbindung: wovon
ſich doch ſonſt ſo viel Beihuͤlfe gegen den Erbfeind erwarten ließe.
Per timor d’ingombrarsi in obligatione di rimettere e contribuire
soccorsi maggiori si sono lasciate cadere le propositioni fatte da
un’ inviato Polacco, che l’armi del re sarebbero passate il Da-
nubio, entrate nella Bulgaria, e promettevano di portar la guerra
nelle viscere dell’ imperio Ottomano. Ich bemerke das nur, weil
ſich daraus ergibt, daß man dieſe Hoffnungen ſchon damals hegte.
Denn was der roͤmiſche Hof viel dazu thun konnte, beſonders wenn
es ſich mit dem Zuſtand der paͤpſtlichen Caſſen und Laͤnder ſo ver-
hielt wie oben geſchildert worden, ſieht man doch auch nicht ein.
Dem Koͤnig von Portugal wollte man das Patronat uͤber ſeine trans-
marinen Kirchen, dem Herzog von Savoyen einen Indult zur Be-
ſetzung der Bisthuͤmer ſeines Landes nicht zugeſtehn. Auch in Tos-
cana, in den kleineren Fuͤrſtenthuͤmern regte ſich dieſer Anſpruch auf
kirchliche Selbſtaͤndigkeit.
Die Incameration von Caſtro erweiſt ſich ſogar ſchaͤdlich. Die
Schulden die man uͤbernommen, fordern 90000 Sc. Zinſen: der Paͤch-
ter der Einkuͤnfte zahlt nur 60000. In Rom antwortet man: ſo
rechne ein Fuͤrſt nicht.
III. Corrispondenze colla republica: nur ſehr kurz und
hauptſaͤchlich uͤber perſoͤnliche Streitigkeiten. „Impiego scabro-
sissimo.“ Alles in demſelben Geiſt.
In Venedig war man auf eine Relation in dieſem Sinne ſchon
vorbereitet worden. Noch ehe P. Mocenigo wiederkam, erſchien eine
Lettera scritta a Venetia da soggetto ben informato sopra l’am-
basceria (eine zweite Hand ſetzt hinzu: infame) del Sr Kavr Mo-
cenigo; wo der kleine Mann mit der großen Peruͤcke, der im-
mer von England ſprach, ſtark mitgenommen wird. Jetzt ſitze er
Tag und Nacht mit einem Literaten, um in ſeiner Relation den
roͤmiſchen Hof anzuſchwaͤrzen: „un governo, migliore del quale per
i principi secolari non è stato da S. Pietro in qua, piacevole,
moderato, senza puntiglio.“
Auch hat Mocenigo gewiß uͤbertrieben: deshalb iſt aber nicht al-
les zu verwerfen was er ſagt.
Jedermann traͤgt am Ende ſeine Meinung auf die Dinge uͤber,
von denen er Meldung thut. Wir andern haben uns nun da zwi-
ſchen Object und Subject zurecht zu finden.
145.
Scrittura sopra il governo di Roma. (MS Rom.)
Unter Schriften befindlich die ſich auf 1670—80 beziehen und
ungefaͤhr eben dahin gehoͤrig; ſo troſtlos wie die Klagen Sacchettis
[485]Vita ai Innocentio XI.
nur immer. I. Sopra il cattivo stato de’ popoli. Come mai in
ogni pontificato, s’ha da trovar modo di metter 100 et anco 150
m. scudi in una casa, e non è possibile di levarne 50 m. di peso
agli aggravati popoli. — — Il peggio è non voler permettere i
modi honesti di riempire le borse con procacciarsi per mezzo
di lecite mercantie quei guadagni ch’altri con l’autorità indebi-
tamente s’appropria. II. Sopra la gran povertà et il gran
lusso. Rhetoriſch ausgefuͤhrter Gegenſatz. III. Dell’ annona e
del vino. Vorzuͤglich uͤber die Mißbraͤuche der Annona. I mini-
stri del principe vogliono far da mercanti. Quindi tanti falli-
menti di mercanti e di fornari, tanti sconcerti nelle case e nelli
luoghi pii, il cui loro maggior avere consiste in terreni, e tanti
grani lasciati marcire ne’ granari a chi non ha voluto soccom-
bere all’ estorsione di sì detestabil trafico. IV. Del ritarda-
mento della giustitia e de’ frutti de’ luochi di monte. Auch die
Depoſitarii der Monti werden der Veruntreuung und Willkuͤrlich-
keit angeklagt. V. Sopra l’irreverenza nelle chiese: — wie im
Theater, meint er. VI. Sopra il fasto de’ banchetti palatini.
VII. Sopra l’abuso del cerimoniale. Der Autor mißbilligt das
haͤufige Sanctiſſimus: es empoͤrt ihn, daß man von der Frohnleich-
namsproceſſion zu ſagen wagte: „Sanctissimus Sanctissima portat.“
VIII. Sopra l’immunità ecclesiastica: — er beklagt daß die Ver-
brecher in den Kirchen Freiſtaͤtten finden. IX. Sopra le lordure
delle strade. — Wohlmeinend, im Ganzen bezeichnend, doch nicht
durchgreifend.
146.
Vita del servo di dio papa Innocentio XI raccolta in tre libri.
(MS. Rom.)
Ein ſehr ſchoͤnes Exemplar auf 144 Blaͤttern, wahrſcheinlich ei-
nem ſpaͤteren Papſt zu eigenen Haͤnden uͤbergeben.
Das erſte Buch umfaßt das fruͤhere Leben Innocenz des XI. Der
Autor hatte ſich Muͤhe gegeben, davon authentiſche Nachricht einzu-
ziehen. Er leugnet, daß der Papſt in ſeiner Jugend einen Feld-
zug mitgemacht: S. H. ſelbſt war daruͤber gefragt worden. Dage-
gen erzaͤhlt er, daß Cardinal Cueva es geweſen, der den jungen
Mann, welcher ihm vom Governator zu Mailand empfohlen war, auf
die Vortheile der Laufbahn an der Curie aufmerkſam gemacht habe.
Das zweite Buch umfaßt die fruͤheren Regierungshandlungen
dieſes Papſtes: Oeconomie, Einziehung unnuͤtzer Stellen, Herabſetzung
der Monti auch fuͤr die Communitaͤten, Beſchraͤnkung des Wuchers,
der beſonders im Ghetto getrieben wurde, neue Taxen fuͤr die geiſt-
lichen Sporteln. Sein Grundſatz: „essere egli non padrone, ma
amministratore delle cose alla santa sede spettanti con l’obbligo
rigoroso di distribuirle non secondo la gratia de’ parenti ma con-
forme la legge della giustitia.“ — — Egli medesimo disse che
da cardinale haveva cominciato ad esser povero e da papa era
divenuto mendico. Uebrigens gedenkt der Autor auch der engliſchen
Ereigniſſe, und traͤgt kein Bedenken zu erklaͤren, daß Koͤnig Jacob
[486]Memoriale del 1680. — Ode satirica.
England habe katholiſch machen wollen: Volendo ricondurre al
Romano cortile i suoi sudditi, cominciò a servirsi nel ministero
di cattolici.
In dem dritten Buche wird die Theilnahme Innocenz XI. an
dem Tuͤrkenkriege eroͤrtert; ſeine perſoͤnlichen Eigenſchaften werden auf-
gefuͤhrt. Er erſcheint, wie er war, kraͤftig, ruͤckſichtslos, ehrenwerth.
Mit vieler Einſicht wird ſein Thun und Laſſen geſchildert, bei wei-
tem beſſer als in dem Werkchen von Bonamicus, das wir bei Le-
bret finden: und das eigentlich nur eine ſeichte Lobſchrift iſt.
Merkwuͤrdig tritt auch hier der Widerſpruch hervor den die
Wirkſamkeit dieſes Papſtes erregte. Was erhob man Alles fuͤr Ein-
reden gegen den Entwurf einer Bulle zur Abſchaffung des Nepotis-
mus. Il volgo vedendo riformati molti ministri in palazzo et
unite le loro cariche ad altri ministerj, che il papa non incli-
nava a spendere nè a beneficare con gratie, senza pensare più
oltre biasimava ’l genio di Innocenzo come incapace della con-
ditione del principe. Bald auf die eine, bald auf die andere Weiſe
trat dieß Mißfallen hervor.
147.
Memoriale del 1680 al papa Innocenzo XI concernente il governo
e gli aggravj. (Bibl. Vallic.)
Man erkenne, heißt es in dieſer Schrift, den heiligen Eifer des
Papſtes an. Aber leider ſey der Erfolg ſeiner Handlungen eine all-
gemeine Unzufriedenheit. Durch die Reduction der Monti ſeyen
viele Familien zu Grunde gegangen, — die Cardinaͤle hoͤre man nicht;
den Fuͤrſten gewaͤhre man keine Gnade; die Praͤlaten ſeyen ihrer
Hoffnungen beraubt; die Armen ohne Almoſen: ganz Rom ein
Schauplatz des Elendes.
Wer ſollte es glauben? Kaum gibt ein Papſt den unaufhoͤr-
lichen Klagen uͤber den Nepotismus Gehoͤr und ſtellt ihn ab, ſo
fordert man ihn wieder zuruͤck. Ond’ è, ſagt unſer Memorial nach
Anfuͤhrung einiger Gruͤnde, che sia una gran fortuna per un prin-
cipe l’aver parenti buoni e capaci del governo: poiche avendo
questi più potenti motivi dei ministri d’interessarsi nella riputa-
tione e gloria di lui, possono anco con maggior sincerità e fran-
chezza dire i loro pareri.
148.
Ode satirica contra Innocenzo XI. (Bibl. zu Frankf. a. M.
MS Glauburg. n. 31.)
Noch gemaͤßigt iſt in Schriften wie die vorige der Ausdruck des
Unwillens: gab aber ſey es ein wirklich begangener Fehler oder auch
nur ein Geruͤcht Anlaß zum Tadel, ſo machte er ſich in den heftig-
ſten Ausbruͤchen Luft, wie das hier geſchieht.
[487]Sopra la soppressione del collegio de’ secretari apci.
149.
Discorso sopra la soppressione del collegio de’ secretari apo-
stolici fatta per la Stà di N. Sre Innocenzo XI.
Trotz ſo heftigen Widerſpruchs fuhr Innocenz in ſeinen Reformen
fort. Unſer Discorſo zeigt, wie man in einzelnen Faͤllen zu Werke
ging.
Es wird zuerſt der Urſprung dieſer Segretari, die man ſeit dem
Schisma finde, und der Uebelſtand geſchildert der mit ihrer Exi-
ſtenz verknuͤpft ſey. Hauptſaͤchlich komme derſelbe daher, weil gar
keine Verwaltung zu dem Amte gehoͤre. I possessori degli officii
di fatto non hanno amministratione o servitio alcuno nella spe-
ditione dei nogozj: mentre così il segretario di brevi come quello
delle lettere o brevi a principi, come versati nel mestieri, si so-
gliono deputare ad arbitrio del papa fuori del collegio, nè l’of-
ficio porta seco la prelatura conferendosi a persone seculari
per lo più inesperte et in età tenera, a guisa di quelli altri of-
ficii popolari i quali sono in commercio per il solo commodo
et interesse borsale.
Da die Intereſſen ungeheuer waren, die Kammer fuͤr 200000 Sc.
die ſie empfangen, 40000 Sc. jaͤhrlich Zinſen zahlen mußte, beſchloß
Innocenz das Collegium aufzuheben, und ſetzte eine Congregation
nieder um die Anſpruͤche der Theilnehmer zu erwaͤgen.
Der Papſt wollte nur das zuruͤckzahlen was die Kammer wirklich
empfangen: die Betheiligten forderten wenigſtens ſo viel, als der lau-
fende Preis der Aemter betrug. Die Congregation konnte zu keinem
Entſchluß kommen.
Unſer Autor iſt der Meinung, daß der Papſt nur zur Erſtattung
des nominellen Preiſes verpflichtet ſey; er findet dieß in der Praxis
des paͤpſtlichen Stuhles gegruͤndet.
Auch andere Schriften finden ſich die hieher gehoͤren, z. B.
Stato della camera nel presente pontificato d’Innocenzo XI; aber
ſie beſtehn aus Zahlen und ſind keines Auszuges faͤhig.
150.
Scritture politiche, morali e satiriche sopra le massime, istituto
e governo della campagnia di Gesù. (Bibl. Cors.)
Eine Sammlung von allerlei den Orden betreffenden Schriften,
von denen einige, z. B. eine Conſulta des Acquaviva, ſatiriſch und
erdichtet, andere aber ſehr ernſthaft gemeint und aus den beſten Quel-
len gezogen ſind.
Die wichtigſte iſt: In nomine Jesu. Discorso sopra la re-
ligione de’ padri Jesuiti e loro modo di governare: allein gegen
400 Blaͤtter ſtark; zur Zeit des Generals Noyelle, alſo zwiſchen 1681
und 1686 abgefaßt: dem Orden allerdings unguͤnſtig, jedoch ſo, daß
[488]Scritture sopra la compagnia di Gesù.
man aus jedem Worte ſieht, der Verfaſſer war mit dem Zuſtande
deſſelben ſeit der Mitte des Jahrhunderts auf das genaueſte bekannt.
Er nimmt folgenden Gang.
I. Zuerſt ſtellt er die Maͤngel die er wahrnimmt, unter einigen
Rubriken zuſammen. 1. Di alcune loro massime: z. B. von der
Meinung daß ihr Orden der vornehmſte ſey, daß alle ihre Gebete
erhoͤrt, daß alle die in der Compagnie ſterben ohne Frage ſelig
werden. 2. Della loro avidità et interesse. Von ihrer Erbſchlei-
cherei, — eine Menge Geſchichten, wie ſie Geſchenke herauszulocken
wiſſen, — von ihrer Handelſchaft und noch mancherlei ſchlimmern
Dingen. Das Wichtigſte waͤre der Handel. Der Geſichtskreis iſt
jedoch zu enge, hauptſaͤchlich nur Rom und der Kirchenſtaat. 3. Del
loro governo. Von dem Mißbrauche der monarchiſchen Gewalt.
Ueber die Abſetzung Nickels: ſ. S. 127. 4. Qualità proprie del go-
verno. Z. B. Flagello sordo, d. i. Denen die geſtraft werden,
macht man ihre Vergehen nicht eigentlich nahmhaft; Angebung ohne
vorhergegangene Erinnerung; der Obere bediene ſich oft eines Un-
teren zur Aufſicht, was alle Ordnung aufloͤſe. 5. Governo in ordine
ai loro convittori e scolari. Ihre ehrenruͤhrigen Zuͤchtigungen. 6. La
moltitudine delle regole. Sie laufen oft einander entgegen, es
gebe Niemand der ſie alle kenne.
II. Hierauf ſucht der Autor nach einigen Wiederholungen uͤber
Urſache und Wirkung dieſer Uebelſtaͤnde die Heilmittel dagegen zu be-
zeichnen. Es iſt merkwuͤrdig, daß ſchon er unter den letzten vor allem
die Einrichtung von Generalvicarien nennt, die man ſo oft gefor-
dert hat und der Orden ſich nie hat gefallen laſſen wollen. Er ſagt:
Constituire un vicario generale per le provincie delle Spagna,
Germania, Francia et Indie, — cacciar sangue ad un corpo
troppo pingue, — leggi certe a delitti certi.
III. Er kehrt dann wieder zu ſeiner alten Methode zuruͤck die
Maͤngel des Inſtitutes unter mancherlei Rubriken aufzuzaͤhlen. Es
kommen dabei eine Menge Einzelnheiten zur Sprache, die mit mehr
oder minder Authenticitaͤt vorgetragen werden. Vielleicht das Wich-
tigſte iſt der letzte Abſchnitt: Delle loro Indiche missioni, aus den
Briefſchaften gezogen, die ſich im paͤpſtlichen Archiv vorfanden, mit
großer Sorgfalt, ſo daß die Quellen einzeln angegeben ſind: hier
werden die Acte des Ungehorſams gegen den Papſt, deſſen ſich die
Jeſuiten in Indien ſchuldig gemacht, aufgefuͤhrt: ſchon ſo lange vor
Pere Norbert.
Allerdings iſt nun dieſe Schrift den Jeſuiten unguͤnſtig: aber
zugleich uͤberaus belehrend. Die Fehler des Inſtitutes enthuͤllt ſie mit
einer Schaͤrfe und Penetration, daß man viel deutlicher als es ſonſt
moͤglich waͤre, in das innere Getriebe deſſelben blickt. Man koͤnnte
nicht ſagen, daß ſie geradezu feindſelig waͤre: auch das Gute erkennt
ſie an. Schon nimmt man aber wahr, welche Stuͤrme ſich gegen
den Orden im Innern der Geiſter vorbereiteten.
[489]Gio. Lando Rel. di Roma 1691.
151.
Relatione di Roma di Gio. Lando Kr, inviato straordinario per
la serma repca di Venetia ad Innocentio XI et ambr stra-
ordrio ad Alessandro VIII in occasione della canonizazione
di S. Lorenzo Giustiniani. 1691. (17 Bl.)
Schade daß wir uͤber die wichtige Regierung Innocenz XI. keine
Relation beſitzen die dieſen Namen verdiente; durch die wir uͤber
die Erfolge der Thaͤtigkeit dieſes Papſtes unparteiiſch aufgeklaͤrt wuͤr-
den. Die Geſchaͤfte der Republik verſah in den erſten Jahren deſ-
ſelben 1678—1683 der Cardinal Ottobon ein Venezianer, nach-
mals Alexander VIII, der niemals zuruͤckging und daher nicht refe-
rirte; nach dieſem Johann Lando, aber ohne eigentlich officiellen Cha-
rakter. Wohl hat Lando nichts deſto minder einen Schlußbericht er-
ſtattet, aber erſt dann, als man ſchon wieder nach dem Tode Ale-
xanders VIII. in das Conclave gegangen war; ungluͤcklicher Weiſe
faͤllt er uͤberdieß aus dem Tone venezianiſcher Relationen heraus.
Er beginnt damit die goͤttliche Wuͤrde des Papſtthums zu eroͤr-
tern, und beklagt daß es nicht allenthalben herrſche. Ja die Zahl
der Ketzer ſei groͤßer als die der Katholiken. Haben nicht ſelbſt die
verruchten Quietiſten in Rom ihre Werkſtatt aufgeſchlagen! Am roͤ-
miſchen Hofe wolle man nicht glauben, daß man ſelbſt daran Schuld
ſey, und doch verhalte ſich das ſo. Auch jetzt noch achte man einen
Mann, der mit tiefer Gelehrſamkeit oder dem Beiſpiel der Heiligkeit
fuͤr die Kirche ſtreite, bei weitem geringer als die Canoniſten, welche
fuͤr das paͤpſtliche Anſehen ſchreiben. Ihre Uebertreibungen bewirken
aber gerade, daß die Fuͤrſten ſich doch dem Hofe entgegenſetzen.
Erſt nachdem er ſelbſt einen Verſuch gemacht die Grenzen der
geiſtlichen und der weltlichen Gewalt zu beſtimmen, naͤhert er ſich
langſam den weltlichen Geſchaͤften. Von dem Zuſtande des Kirchen-
ſtaates macht er eine traurige Beſchreibung: „desolato negli abitanti,
spiantato nella coltura, ruinato coll’ estorsioni, mancante d’indu-
stria.“ Er berechnet die Schulden auf 42 Millionen. Alexander
VIII. habe die Ausgaben um 200000 Sc. vermindert und dadurch
das Gleichgewicht zwiſchen Ausgabe und Einnahme wiederhergeſtellt.
In der Dataria habe der Papſt eine Ader von Gold. Jedoch mit
nichten bleibe nun dieß Geld auch in Rom: einzeln komme es, im
Ganzen gehe es fort: Innocenz XI. habe gewiß 2 Millionen Scudi
zum Tuͤrkenkrieg in Ungarn beigeſteuert. Von jenen 42 Millionen
ſeyen vielleicht 15 Millionen der Chriſtenheit zu Gute gekommen.
Noch immer findet er, daß Rom ein allgemeines Vaterland,
einen Sammelplatz fuͤr alle Nationen bilde. Jedoch komme Jeder
bloß ſeines Intereſſes halber. Deutſche und Franzoſen ſehe man we-
nig, weil ihre Befoͤrderung nicht vom roͤmiſchen Hofe abhange, Spa-
nier nur von der geringeren Claſſe; wuͤrde jeder Fuͤrſt auch in Ita-
lien ſeine geiſtlichen Stellen ſelber beſetzen, ſo wuͤrde der roͤmiſche
Hof zu Grunde gehn. Italien habe dafuͤr aber auch den Genuß
des Papſithums. Tutta la corte, tutte le dignità, tutte le cari-
che, tutto lo stato ecclesiastico resta tra gli Italiani. Und wie
viel trage dieß Verhaͤltniß aus. Bei der Unſicherheit der Succeſſion
[490]Gio. Lando Rel. di Roma 1691.
in allen italieniſchen Haͤuſern beruhe das Heil von Italien ganz al-
lein auf der Vereinigung zwiſchen Venedig und Rom. Er nimmt
Anlaß ſich uͤber die Nothwendigkeit des guten Vernehmens zwiſchen
beiden zu verbreiten. Er meint doch, man koͤnne in Venedig man-
ches nachgeben. Den Schutz, den man unruhigen Frati angedeihen
ließ, — gewiſſe Praͤtenſionen der Gerichtsbarkeit — nehme man in
Rom ſehr uͤbel.
Das ſind nun, wie wir ſehen, alles recht gute, brauchbare Be-
merkungen, die von redlicher Geſinnung zeugen, aber uns, die wir
poſitivere Nachrichten uͤber die Staatsverwaltung ſuchen, koͤnnen ſie
nicht genuͤgen. — — Ueber die beiden Paͤpſte bei denen er diente,
ſagt Lando — uͤbrigens ein ſonderbarer Autor, der unter den
Redeformen keine ſo ſehr liebt, wie das Anakoluth — nur Fol-
gendes: Quando io rifletto a quello che ho sentito a risuo-
nare senza ritegno contro Innocenzio XI, il quale veniva ac-
cusato di non dare audienza, d’asprezza, di crudeltà, d’inflessi-
bile nemico di principi, di studioso di controversie, d’irresoluto
e tenace, di distruttore delle diocesi e beni ecclesiastici: perche
stava molti anni senza provederli, perche aveva calati li monti
senza sollevare lo stato coll’ avvanzo risultatone, per avere te-
nuta ferma l’estorsione che chiamano dell’ annona, per essere
stato indulgente a’ quietisti, e tante altre cose con che non vi
era persona che non esclamasse contro di lui: e pareva all’ ora
al volgo indiscreto che non fossero virtù d’alcuna importanza al
pontificato, quale memorabilissimo d’una costante alienatione
del suo sangue ed un’ illibata disinteressatezza per lasciare in-
tatto tutto quello era della camera, fuorche impiegato nelle guerre
contro gl’infedeli; e s’auguravano all’ ora un pontefice che, se
bene un poco indulgente alli suoi, lo fosse anco per gl’altri, e
che fosse dotato di quelle virtù che all’ ora si giudicavano più
necessarie, perche pareva mancassero. Ma veduto poi che as-
sonto Alessandro VIII, benche tutto umanità, facile all’ au-
dienze, dolce, compassionevole, pieghevole, rispettoso a prin-
cipi, nemico d’impegni, sbrigativo, franco nei negotii ed in
tutte le sorti di speditioni, benefico allo stato sollevato di 200
mila scudi di gabella e dell’ angaria dell’ annona, che ha fulmi-
nato li quietisti, che ha finito quietamente il negotio molestis-
simo del quartiere, ha soccorso lui pure la guerra contro il
Turco, ed ha fatto ancora altre attioni importanti nella gran
brevità del suo pontificato ad ogni modo, perche all’ incontro
ha mostrato affetto alli suoi nipoti, perche ha voluto fidarsi di
loro più che degl’altri nelle cariche, perche ha voluto provederli
con qualche larghezza ma di molto inferiore a quello hanno
fatto tanti altri, e perche in questa parte ha mostrato un poco
d’umanità e la tolleranza del sangue, è stato anche egli bersa-
glio d’invettive maligne e continue fin alla morte, ma egualmente
ingiuste dell’ uno e dell’ altro.
Zuletzt bezieht er ſich noch auf ſeine uͤbrigen Dienſte, wie er
denn im Laufe ſeines Amtes mehr als 700 Depeſchen geſchrieben habe.
Dieſe moͤgen denn wohl deſto mehr Thatſachen enthalten. Zum
Theil befinden ſie ſich in Venedig, zum Theil in Wien.
[491]Confessione di Alessandro VIII.
152.
Confessione di papa Alessandro VIII fatta al suo confessore il
padre Giuseppe Gesuita negli ultimi estremi della sua
vita. (MS Rom. 21 Bl.)
Alles Ernſtes berichtet ein Scriptor des vaticaniſchen Archives,
G. B. Perini, unter andern Papieren der Zeit Alexanders VIII.
habe er auch dieſes Actenſtuͤck gefunden. Er ſchreibt dieß 9 April
1736, wo Niemand ein Intereſſe haben konnte einen Papſt zu ver-
unglimpfen der ſchon ſo viele Nachfolger gehabt hatte. Das Werk-
chen iſt daher trotz ſeines ominoͤſen Titels der Betrachtung werth.
Was iſt es, was der Papſt darin bekennt?
Er beginnt damit, ſeit 1669 habe er niemals ordentlich gebeich-
tet; — durch himmliſche Stimmen der Abſolution verſichert wolle er
es jetzo. Und hierauf bekennt er nun Handlungen wie folgt: — er
habe ſich der Erlaubniß, die ihm Papſt Clemens einſtmals ertheilt,
fuͤr ihn zu unterſchreiben, zu den unerlaubteſten Conceſſionen bedient;
Papſt Innocenz XI. zu ſeinen Schritten gegen Frankreich veranlaßt,
und doch mit den Franzoſen insgeheim gegen den Papſt conſpirirt;
ſelbſt zum Papſtthum erhoͤht, habe er dann mit Wiſſen und Wil-
len untaugliche, ja verruchte Leute befoͤrdert, nur auf die Bereiche-
rung ſeiner Angehoͤrigen gedacht, daruͤber hinweg geſehen, daß man
in dem Pallaſt Gerechtigkeit und Gnade verkaufte; und was dem
mehr iſt.
Man wird wohl inne, daß da keine Beichte des Papſtes zu fin-
den iſt: die wuͤrde ganz anders lauten, ganz andere Particularitaͤten
wuͤrde ſie enthuͤllen. Ich glaube, es iſt eine von jenen Schmaͤhſchrif-
ten, wie ſie damals ſo haͤufig erſchienen, die eine Meinung darſtellen
mag welche ſich uͤber Alexander gebildet hatte, aber keineswegs die
Wahrheit. Sie wird unter die Scripturen der Epoche gerathen ſeyn,
wo ſie dann ein dienſteifriger Archivbeamter fand und fuͤr echt
nahm. Auch in dem venezianiſchen Archiv ſtieß ich auf offenbar un-
echte Stuͤcke.
153.
Relatione di Domenico Contarini K. Roma 1696 5 Luglio.
(Arch. Ven. 18 Bl.)
Contarini hatte ſchon an dem franzoͤſiſchen und an dem kaiſer-
lichen Hofe geſtanden, als er an den paͤpſtlichen geſchickt wurde. Ur-
ſpruͤnglich zu Alexander dem VIII, den er jedoch ſchon ſo krank fand,
daß er ihm nicht vorgeſtellt werden konnte. Seine Relation iſt
Innocenz XII. gewidmet.
Antonio Pignatelli — geb. 1615 — ſtammte aus der Familie
der Herzoge von Montelione in Neapel, und trat fruͤh in die Praͤ-
latur ein. Er ward Vicelegat von Urbino, Inquiſitor von Malta,
Governator von Perugia; eine Carriere zwar an ſich nicht zu ver-
werfen, die aber dem Ehrgeiz nur wenig Befriedigung darbot. Zu-
weilen haͤtte Pignatelli Neigung gehabt die kirchliche Laufbahn voͤllig
[492]Domenico Contarini
zu verlaſſen. Doch gelang es ihm endlich, in eine Nuntiatur zu
kommen, was ihm der ſicherſte Weg der Befoͤrderung ſchien. Er
verwaltete die florentiniſche, acht Jahr die polniſche, die deutſche,
welche in der Regel den Cardinalshut verſchaffte; allein, war es nun,
ſagt Contarini, der Einfluß unguͤnſtiger Geſtirne, oder Abneigung
der damaligen Regierung Clemens IX, ſtatt belohnt zu werden, ward
er abberufen und als Biſchof nach Lezze an die aͤußerſten Grenzen von
Neapel geſchickt. Er mußte unter dieſen Umſtaͤnden die ganze Kraft
ſeines Geiſtes aufbieten, die maͤnnlichſte Standhaftigkeit, und in der
That ſetzte die Maͤßigung und Ergebung die er bewies, den geſamm-
ten Hof in Erſtaunen. Mit uͤbernatuͤrlicher Heiterkeit dankte er noch
fuͤr dieſe Beſtimmung, „weil er nun doch nicht mehr die ſchwere Laſt
jener Nuntiaturen zu tragen habe.“ Contarini nimmt an, Clemens
IX. habe Pignatelli nach jenem Bisthum verwieſen, und Clemens
X. ihn wieder nach Rom berufen: bei den roͤmiſchen Autoren findet
ſich jedoch, daß beides unter Clemens X. geſchehen. Wie dem nun
auch ſey, — mag Cl. Altieri ein eigenes oder ein [fremdes] Unrecht ha-
ben gut machen wollen, er ſtellte Pignatelli bei ſeinem Oheim als
Maſtro di Camera an: in dieſem Amte fand und beſtaͤtigte ihn In-
nocenz XI.
Nun aber nahm ſein Gluͤck einen ploͤtzlichen Aufſchwung. Er
ward im Jahre 1681 Cardinal, gleich darauf Biſchof von Faenza,
Legat von Bologna, Erzbiſchof von Neapel. Schon nach Innocenz
XI. Tode dachte man im Conclave an ihn: nach Alexanders VIII.
Abgang waren, was Niemand erwartet haͤtte, ſelbſt die Franzoſen fuͤr
ihn, einen Neapolitaner. Der Grund lag darin, daß ſie einen mil-
den und ruhigen Mann bedurften. So ward er gewaͤhlt, obwohl
erſt nach einem ſchwierigen Conclave von fuͤnf Monaten, das alle Car-
dinaͤle ermuͤdete.
Auch Innocenz XII. beſtaͤtigte den Secretar der Breven und den
Datar die er im Amte fand, obwohl ſie Creaturen ſeines Vorgaͤn-
gers waren, Panciatichi und Albano. Allgemeinen Beifall fand die
Ernennung Spadas zum Staatsſecretaͤr: ſie geſchah auf den Rath
Altieris. Nur die Nepoten Alexanders VIII. beſtaͤtigte er nicht in
ihren Aemtern: er hielt ſich ganz an das Beiſpiel Innocenz XI.
Andava procurando il papa d’imitare Innocentio XI, di cui è
creatura et aveva preso il nome forzandosi servisse al modello del
suo la forma di quel governo, levandoli però quella parte che
nell’ austerità e rigidezza non era stata laudata. Wie wir ſehen,
durch groͤßere Milde ſuchte er ſein Muſter noch zu uͤbertreffen. Leicht
gab er Audienz: vornehmlich machte ihm die oͤffentliche, fuͤr die Armen,
einen guten Namen: obwohl ſie nicht, wie dieſe hofften, zur raſchen
Entſcheidung ihrer Streithaͤndel fuͤhrte, ſo hielt ſie doch die Gewalt-
ſamkeit der Vornehmen im Zaum. Tutti confessavano che que-
sto publico ricorso portava un gran freno a tutti li ministri e
giudici: mentre era troppo facile la strada di avvicinarsi all’
orecchie del principe e di scoprirli quello che in altri tempi era im-
pedito o dalla autorità o dall’ astutia di chi s’appressava al papa.
Ein ungluͤcklicher Fall hinderte eine Zeit lang ſeine Thaͤtigkeit; bald
aber nahm er ſie wieder auf.
[493]Relatione di Roma 1696.
Die franzoͤſiſche Sache ward beigelegt; die wichtigſten Reformen
begannen. Es erſchien die Bulle uͤber den Nepotismus, in welcher
beſtimmt wurde, daß die Pfruͤnden und kirchlichen Einkuͤnfte, die in
Zukunft einem Nepoten uͤbertragen wuͤrden, die Summe von 12000
Sc. nicht uͤberſteigen duͤrften. Innocenz XII. hob die Kaͤuflichkeit
ſo wichtiger Stellen wie der Chierici di Camera auf, er zahlte den
Preis, 1,016070 Sc., zuruͤck: „er nahm damit dem Gelde ſeine Macht
und oͤffnete der Tugend wieder die Moͤglichkeit, zu den hohen Stel-
len zu ſteigen.“ Schon erwartete man viele andere Reformen. „Der
Papſt“, ſagt Contarini, „hat nichts vor Augen, als Gott, die Armen
und die Reform der Mißbraͤuche. Er lebt mit der groͤßten Enthalt-
ſamkeit: jede Stunde widmet er ohne Ruͤckſicht auf die Geſundheit
ſeinem Amte. Er iſt unbeſcholten in ſeinen Sitten, gewiſſenhaft,
ohne Intereſſe oder Ruͤckſicht auf Verwandte, voll Liebe zu den Ar-
men, mit allen Vorzuͤgen ausgeſtattet die man an einem Oberhaupte
der Kirche wuͤnſchen kann. Koͤnnte er uͤberall ſelbſt handeln, ſo wuͤrde
er einer der erſten Paͤpſte ſeyn.“
Jedoch nicht Jedermann war das lieb. Contarini bedauert, daß
Innocenz keine Nepoten habe, die ſich fuͤr den Ruhm ihres Oheims
perſoͤnlich intereſſiren koͤnnten — (vedendosi offuscate quelle grandi
e risplendenti virtù dalla solertia de’ ministri troppo pratici dell’
arte della corte). Um dem Eifer Innocenz XII. eine andere Rich-
tung zu geben, wandte man ſein Augenmerk ausſchließend auf die
Unterſtuͤtzung der Armen. Es ward das Hospital im Lateran vor-
geſchlagen. Bald feſſelte es alle Gedanken des Papſtes. „Questo
chiodo fermò l’ardente volontà del papa di riformare.“
Der Autor iſt uͤberzeugt, daß der Papſt bei 2 Millionen Scudi
erſpart und zuruͤckgelegt haben koͤnne. Von der Reinheit der Ge-
ſinnung deſſelben iſt er tief durchdrungen: er nennt ihn einen Mann
von Unbeſcholtenheit, ja Unſchuld der Sitten.
154.
Relazione di Roma di Nicolò Erizzo Kr 1702 29 Ottobre.
(40 Bl.)
N. Erizzo hatte ſchon P. Mocenigo auf ſeiner Geſandtſchaft
unter Clemens X. begleitet; er wurde nun ſelbſt Ambaſſadeur; noch
unter Innocenz XII. langte er an; und machte dann die erſten Jahre
Clemens XI. mit. Daß er ſchon laͤnger mit Rom bekannt war,
gibt ſeiner Relation doppelten Werth.
Er handelt zuerſt von den fruͤhern Paͤpſten. Nach einigen all-
gemeinen Bemerkungen kommt er auf Innocenz XI, „dieſen heili-
gen Mann, deſſen vornehmſtes Verdienſt allerdings nicht die Wiſſen-
ſchaften waren, der aber dafuͤr oͤconomiſche Kenntniſſe beſaß, und es nicht
allein dahin brachte, das Gleichgewicht zwiſchen Ausgabe und Ein-
nahme herzuſtellen, ſondern auch den Kaiſer und Polen in ihrem
Kampfe gegen die Osmanen reichlich unterſtuͤtzen zu koͤnnen.“ Ale-
xander VIII. gab ſeinem Nepoten wenigſtens nicht das Geld der
Kammer. Dagegen verlor er bei dem Falliſſement des Hauſes Nerli
ungeheuer, und Manche wollten ſeinen Tod dieſem Verluſte zuſchrei-
[494]Nicolò Erizzo
ben. Innocenz XII. ſchloß den Abgrund des Nepotismus: obgleich
er ſo viel fuͤr die Armen that, eine Gabelle erließ, Bauten fuͤr den
Hof, Hafenbauten ausfuͤhrte, ſo hinterließ er doch noch eine betraͤchtliche
Summe im Schatz. Aber dem Cardinalcollegium, das er auch ſei-
nerſeits nicht ſehr hoch ſchaͤtzte, lebte er zu lange. Er ſchien ihnen
das Intereſſe des heiligen Stuhles der Nachgiebigkeit gegen die fuͤrſt-
lichen Hoͤfe aufzuopfern.
Endlich ſtarb er 27. September 1700, und mit großem Eifer
warfen ſich die Cardinaͤle in die Haͤndel des Conclaves. Ihre Ab-
ſicht war, einen Papſt zu ernennen der den nach ihrer Meinung
erlittenen Schaden wieder gut machen ſollte. Sie erſahen dazu Car-
dinal Mareſcotti, einen Mann „von ſtarker Bruſt, der Regierung
wuͤrdig, hartnaͤckig in ſeinen Vorſaͤtzen und von unbeugſamer Mann-
haftigkeit“: Erizzo nennt ihn einen großen Mann. Der kaiſerliche
und der ſpaniſche Botſchafter unterſtuͤtzten ihn. Jedoch allzu großer
Eifer iſt fuͤr eine Papſtwahl oft gefaͤhrlich und war fuͤr Mareſcotti
toͤdtlich. Es gelang den Franzoſen, die von ihm offene Feindſchaft
befuͤrchteten, ihn auszuſchließen. Hierauf kam eine ganze Anzahl
Anderer in Vorſchlag; aber gegen Jeden gab es Einwendungen: der
eine war zu heftig, der andere zu mild, ein dritter hatte zu viele
Nepoten: dem Cardinal Noris wiederſetzten ſich die Freunde der Je-
ſuiten, weil er ihnen in ſeiner Geſchichte des Pelagianismus zu nahe
getreten war. Die Eifrigen, hier zum erſten Mal ſo unterſchieden,
Zelanti, haͤtten gern Colloredo erhoben, doch kam dieſer den Uebrigen
zu ſtrenge vor; — endlich als die Nachricht von dem Tode Carls II.
einlief, „wurden die Cardinaͤle,“ ſagt Erizzo, „ſichtbarlich von der
Hand Gottes beruͤhrt, ſo daß ſie in Einem Augenblick von ihren
Leidenſchaften und den Hoffnungen mit denen ein Jeder ſich ſelbſt
ſchmeichelte, abließen, und ihre Augen auf den Cardinal Albani war-
fen, mit der innern Bewegung, welche das groͤßte Zeichen des goͤtt-
lichen Antriebes iſt.“ Cardinal Albani widerſetzte ſich: Erizzo fin-
det, der Widerſtand den er geleiſtet, ſey wahrhaft und ernſt gemeint
geweſen. Er ſchien endlich nachzugeben, mehr aus Scrupel und
um nicht laͤnger gebeten zu werden, als aus freiem Willen.
Erizzo geht nun daran, das Herkommen und die Perſoͤnlichkeit
des Gewaͤhlten zu ſchildern.
Albani ſtammte aus Urbino. Als der alte Franz Maria von
Urbino ſich entſchloß ſein Herzogthum noch vor ſeinem Tode an Ur-
ban VIII. aufzugeben, ſchickte er einen Albani, der ihm ſelbſt dieſen
Rath ertheilt hatte, um es dem Papſt anzuzeigen. Zweimal ſchickte
er ihn. Das erſte Mal ward es ihm wieder leid, und er berief den
Botſchafter zuruͤck. Erizzo behauptet, auch das zweite Mal habe er
ſich anders beſonnen und Gegenbefehl erlaſſen, aber Albani habe ſich
dieß Mal nicht daran gekehrt, und die Acte der Verzichtleiſtung
ohne Weiteres Urban VIII. uͤberliefert. Dafuͤr ward er Senator von
Rom, ſein Sohn Maſtro di Camera bei dem Cardinal Barberini.
Deſſen Sohn war dann Johann Franz Albani, der neue Papſt.
Johann Franz Albani widmete ſich der Literatur und der geiſt-
lichen Laufbahn: das Gluͤck wollte ihm ſo wohl, daß er den dama-
ligen Paͤpſten bald perſoͤnlich naͤher trat. „Unter Innocenz XI“, ſagt
Erizzo, „lernte er ſeine Entſchluͤſſe bedachtſamer faſſen, als ihm von
[495]Relazione di Roma 1702.
Natur eigen war, und in dem Unternommenen ausharren; unter Ale-
xander nahm er freiere, keckere Formen der Unterhandlung an: man
fand ihn zugleich vorſichtig und entſchloſſen, raſch und bedaͤchtig, und
dem aͤußern Anſcheine nach Jedermann zugethan: dieſe Kuͤnſte uͤbte
er dann unter Innocenz XII. aus. Weder ſeinen Datar noch ſei-
nen Staatsſecretaͤr konnte dieſer argwoͤhniſche Alte leiden. Albani
allein hatte Zutritt und fand das Mittel um zugleich ihm und dem
Hofe unentbehrlich zu werden.“
Der erſte Schritt Clemens XI. nach ſeiner Erwaͤhlung war,
daß er den Geſandten andeutete, viele Neuerungen, die unter ſeinen
Vorfahren eingeriſſen, muͤſſe er abſtellen: — er berief den Governa-
tore zur Kroͤnung, was dieſe ihrer Rangſtreitigkeiten halber nicht
wuͤnſchten: — er kuͤndigte alle Freiſtaͤtten auf: — die Geſandten ſa-
hen, daß er es nur thue, um Eindruck auf den Hof hervorzubringen.
Die Ernennungen, die er hierauf vornahm, ſcheinen unſerm
Erizzo nicht ſehr gluͤcklich. Clemens umgab ſich mit lauter ſchwachen
Subjecten. Felicitato il coraggio di questi suoi ordini dal suc-
cesso e dal rispetto de’ regj rappresentanti, non credette Sua
Stà d’aver bisogno a palazzo de’ ministri di gran valore: onde
chiamovvi per segretario di stato il cardinale Paulucci di cor-
tissima esperienza, ed elesse per datario il cardinale Sacripante,
infaticabile e diligentissimo per quell’ impiego, ma non insignito
che della qualità di buon curiale. Indi diede a monsr Olivieri
suo parente la segretaria de’ brevi, che aveva digià egregiamente
esercitata sotto di lui stesso: e pose nelle cariche che più lo
avvicinavano, li antichi suoi amici e parenti, come monsr Pa-
racciani gran legista, monsr Origo per segretario delle lettere
latine e Maffei per coppiere confidente, tutta gente di pochissima
estrazione, urbinati o delli vicini municipj, che non avendo ve-
duto se non Roma hanno per conseguenza pochissima cogni-
zione delli principi e molto meno poi degli affari del mondo.
Non volle presso di se cardinali di grande testa nè ministri che
da essi dipendessero, preferendo la sua quiete e la sua autorità
a que’ consigli, che non gli potevano venire dalle suddette per-
sone domestiche non esercitate nelli maneggi e digià tra loro
gelose e discordi. Meno volle Don Orazio suo fratello, padre
di tre figlioli di grande aspettazione uomo d’una singolare mo-
destia ed integrità, lasciatolo alle sue angustie per pompa dell’
osservanza della bolla contro il nipotismo, che la Stà Sua giurò
nel giorno della sua esaltazione con aspetto d’evitarne intera-
mente lo scandolo, il quale però, per sentimento di molti, sem-
per vetabitur et retinebitur semper.
Jedoch ſogleich zeigten ſich die groͤßten Schwierigkeiten. Der
Streit uͤber die ſpaniſche Erbſchaft wurde dem roͤmiſchen Hofe hoͤchſt
gefaͤhrlich. Clemens XI. benahm ſich im Anfange außerordentlich
ſchwankend. Der Geſandte glaubt ſein ganzes Betragen aus einer
uͤbertriebenen Feinheit herleiten zu koͤnnen. Wenn er den Venezia-
nern einen italieniſchen Bund vorſchlug, ſo habe das hauptſaͤchlich
zum Zweck gehabt die Geſinnungen von Venedig auszuforſchen.
Von dieſen Bemerkungen politiſcher und allgemeiner Bedeutung
[496]Franc. Morosini
geht Erizzo auf die kirchlichen Verhaͤltniſſe, beſonders auf die Streit-
fragen uͤber, welche zwiſchen Venedig und Rom unaufhoͤrlich im
Gange waren. Rom, ſagt er, habe eine doppelte Geſtalt: die eine
heilig, in ſo fern der Papſt Waͤchter des Heiligthums und des goͤtt-
lichen Rechtes ſey; dieſe muͤſſe man verehren: die andere weltlich, in
ſo fern er ſeine Macht zu erweitern ſuche, was mit dem Gebrauch
der erſten Jahrhunderte nichts gemein habe; gegen dieſe muͤſſe man
auf der Hut ſeyn. Er kann es doch nicht verſchmerzen, daß Vene-
dig bei einer Cardinalpromotion unter der letzten Regierung uͤbergan-
gen worden: — er beklagt es, daß die Republik das Recht ihre Bis-
thuͤmer zu vergeben nicht mehr beſitze, wie ehedem: wie viel arme
Edelleute wuͤrde ſie dann unterſtuͤtzen koͤnnen: — jetzt ſuchen die ve-
nezianiſchen Unterthanen auf ungeradem Wege, auch durch Verwen-
dungen fremder Fuͤrſten, zu den Aemtern zu gelangen; — Cardinal
Panciatichi habe die Maxime in der Dataria aufgebracht, daß man
gerade Diejenigen beguͤnſtigen muͤſſe welche von den Fuͤrſten in de-
ren Gebiete die Pfruͤnde liege, am unabhaͤngigſten ſeyen; — er fin-
det es einen Mißbrauch, daß die Nepoten der Paͤpſte ſo vielen An-
theil an den geiſtlichen Guͤtern ſeines Vaterlandes beſitzen; warum
verleihe man ihnen auch ſo leicht den Rang venezianiſcher Nobili?
— Andern Staaten, ſelbſt dem Großherzog von Toscana, werde
eine Liſte der Nuntien mitgetheilt unter denen man ſich einen aus-
ſuchen koͤnne, der Republik widerfahre eine ſolche Ehre nicht; — auch
den Titel Carissimo verſage man zu Rom dem Dogen von Venedig.
— Wir ſehen, daß ſich zu den alten Streitigkeiten unaufhoͤrlich neue
anſammeln.
Der Geſandte empfiehlt deshalb ſeiner Republik ſich der roͤmi-
ſchen Angelegenheiten ernſtlicher anzunehmen. Koͤnne ein Papſt jetzt
auch nicht mehr ſo viel helfen wie ehedem, ſo vermoͤge er doch noch
ſehr zu ſchaden, beſonders wenn er jung, muthig und ſparſam ſey.
155.
Relatione del N. U. Gio. Franc. Morosini Kr fu ambasciatore
al sommo pontefice Clemente XI. 1707 17 Dec. (36 Bl.)
Moroſini, der Nachfolger Erizzos, ſtand vom Januar 1702 bis
zum Nov. 1706 bei Clemens XI, deſſen Verwaltung nun erſt ihre
volle Eigenthuͤmlichkeit entwickelte.
Moroſini ſchildert ausfuͤhrlich, wie ſo eifrig der Papſt das Bei-
ſpiel ſeiner beruͤhmteſten Vorfahre nachahme. Selbſt die Thraͤnen
mit denen er die Wuͤrde ausgeſchlagen, ſeyen nicht ohne ein Muſter.
Er erfuͤlle alle Aeußerlichkeiten mit denen man ein gutes Exempel
gebe. Vita sobria e regolata: frequenti pubbliche devotioni alla
scala santa, a visite di chiese, al servitio negli hospitali: somma
edificatione et accuratezza nei riti sacri e nelle più solenni ed
humili funtioni, ai quali vuol supplire anche con pregiuditio della
salute. Al paragone pure dell’ interesse comparisce egualmente
incolpabile: prima consultore, poi esecutore delle bolla del ni-
potismo. Con ogni facilità dona ai vescovi poveri le sue pro-
pine, e nudrisce del proprio molti operarj ed opere pie. Nella
scelta de’ vescovi, sopra tutto essentiale al servitio della chiesa,
con
[497]Relatione di Roma 1707.
con la debita pesatezza procede, cercando l’informationi dai fonti
più sinceri, senza dar luogo che molto parcamente al favore.
Ne esamina talvolta alcuno egli stesso ad usanza dei papi an-
tichi. Dell’ altre dignità parimenti e beneficj ecclesiastici va
così misurato ed attento nella distributione che anche sopra gli
stessi suoi congiunti vuol che si scorga giustificata la conve-
nienza d’accomodarli dal requisito di studj e costumi comen-
dabili.
In dieſem Sinne behandelte Clemens nun auch die jurisdictio-
nellen Sachen, d. h. mit allem Eifer den ſein Amt von ihm for-
derte. Hie und da gewann er ſogar Terrain. Der neue Koͤnig von
Spanien fand ſich bewogen, ihn um die Erlaubniß zu bitten Geiſt-
liche vor das weltliche Gericht zu ziehen und Zehnten einzufordern.
Der Koͤnig von Polen ſtellte einige Mitglieder der hohen Geiſtlichkeit
vor das Gericht des Papſtes. Der Vicekoͤnig von Neapel unterwarf ſich
nach langem Widerſtand in dem kritiſchen Augenblick als die Deut-
ſchen nach Unteritalien vorruͤckten, den paͤpſtlichen Befehlen — (un
trionfo che sarà registrato nelli annali della chiesa —); deſto
lebhafter wurden nun Savoyen und Lothringen angegriffen. Der
Papſt verſtand es, den guͤnſtigen Moment zu benutzen (studiosis-
simo d’ingrandire con i motivi di pietà la potenza). Von einem
aͤhnlichen Geiſte findet Moroſini den geſammten Hof durchdrungen.
Man wolle nichts wiſſen von dem Unterſchied zwiſchen Kirche und
Staat: Alles ſey Kirche: jede Congregation nenne ſich heilig, moͤge
der Gegenſtand ihrer Berathungen ſeyn welcher er wolle: man ma-
che keinen Unterſchied zwiſchen Hirten der Kirche und Praͤlaten des
Hofes; auch jene entbinde man von ihrem Amt und brauche ſie in
Staatsgeſchaͤften. Uebrigens bediene man ſich die Froͤmmigkeit
gleichſam wie einer Muͤnze, die zum Fortkommen unentbehrlich ge-
worden. Von den Congregationen werden vier als beſonders bemer-
kenswerth herausgehoben: — der Inquiſition, welche alle Unterſtuͤtzung
verdiene, da ſie die reine Lehre bewache, nur ſey es auffallend, daß
man die ſchlimmſten Ketzereien gerade in Rom antreffe (er meint
den Quietismus), — der Propaganda, leider finde man jetzt wenig
Leute die ſich mit voller Hingebung dem Geſchaͤfte der Miſſion wid-
men wollten, — der Biſchoͤfe und Kloſtergeiſtlichen, die beſonders
uͤber die letzten eine ſehr nothwendige Aufſicht fuͤhre, — und der Im-
munitaͤt: dieſe ſey wie eine Wache aufgeſtellt, um die Grenzen der
geiſtlichen und weltlichen Autoritaͤt zu beobachten: wuͤrde es nach ih-
rem Sinne gehn, ſo wuͤrde die fuͤrſtliche Macht ganz vernichtet
werden.
Moroſini geht nun auf den Staat uͤber. Er wiederholt die ſeit
einiger Zeit ſo haͤufigen Klagen uͤber den Mangel an Einwohnern und
Cultur; gern haͤtte der Papſt Verbeſſerungen eingefuͤhrt, z. B. des
Anbau’s der Campagna, aber es kam zu nichts, als zu glaͤnzenden
Projecten. Der Geſandte bemerkt, daß das geiſtliche Anſehen auch
die fuͤrſtliche Gewalt vermehre. Die Macht des Senates findet
er einen Spott fuͤr einen ſolchen Namen. Die Barone ſeyen in
Hinſicht der Beſtrafungen dem geringſten Poͤbel gleichgeſtellt, der
Papſt halte ſie unter ſtrenger Aufſicht, weil er ſehr gut wiſſe, daß
Päpſte** 32
[498]Franc. Morosini
in ihrem Zuſtand etwas Gewaltſames liege. — Zuletzt kommt er auf
die politiſchen Verhaͤltniſſe. Die wichtigſte Stelle uͤber das Verhaͤltniß
des Papſtes zu Frankreich und dem Kaiſer, auf welches damals wie-
der einmal alles ankam, muß ich woͤrtlich mittheilen. Se il papa
abbia avuta mano o partecipatione nel testamento di Carlo II,
io non ardirò d’asserirlo, nè è facile penetrare il vero con si-
curezza. Bensì adurrò solo due fatti. L’uno che questo arcano,
non si sa se con verità, fu esposto in un manifesto uscito alle
stampe in Roma ne’ primi mesi del mio ingresso all’ ambasciata,
all’ ora che dall’ uno e l’altro partito si trattava la guerra non
meno con l’armi che con le carte. L’altro che il papa non s’as-
tenne di far pubblici elogi al christianissimo d’essersi ritirato
dal partaggio, ricevendo la monarchia intiera per il nipote. Fatto
riflesso a tali premesse, non pare che rendano stupore le con-
seguenze vedutesi di direttione fluttuante e fra se stessa contra-
ria, non potendo mai riuscir uniformi attioni nate da diversi
principj: e tali erano l’obbligo da una parte d’ostentar indiffe-
renza propria di padre comune, e l’occulto affetto et impegno
preso dall’ altra nel giudicare senza maggior pesatezza li van-
taggi et il merito della causa. Considerò piamente la Stà Sua
il decoro e beneficio della religione nell’ escludere gli eretici
dall’ usurpato. Concepì speranza, facilitata dal genio a Fran-
cesi, che o non vi sarebbe guerra o si farebbe inutilmente con-
tro le forze di quell’ invitta natione: e dandosi a credere che
la monarchia si manterebbe unita, non stimò in un tal vaticinio
meritar disprezzo, errando con la finezza Spagnola, la quale
in tal caso ebbe ragioni di necessità più che di politica. L’esi-
to instruì dell’ altre ponderationi che dovevano avanzarsi. S’am-
massò, scoppiò e tuttavia infuria fatale agl’inimici et agli amici
quel fiero nembo che la gelosia, l’astio, l’interesse eccitarono
nelle potenze collegate ad abbattere la macchina sospettata nella
Francia di monarchia universale. — — Riuscì ad ogni modo per
molto tempo ai Francesi lo studio di mantenersi nel credito d’in-
vincibili appresso il papa, il quale pieno di confidenza seguendo
tacitamente i loro consigli veniva dagl’incauti lodato d’una con-
dotta che oscurasse quella d’ogni altro: perche dove la Serma
Republica in particolare osservando una sincera neutralità pa-
reva, patisce danni nelle sostanze de’ sudditi, aggravj al decoro
e lo sdegno d’ambi li partiti; egli all’ incontro col professare
neutralità e minacciare assieme di romperla immantinente contro
quel partito che l’offendesse, ma intendendosela occultamente
con Francesi, era da questi coltivato et occorrendo difeso senza
dispendio, da Cesarei trattato con riguardo per non fornirlo di
pretesti a deponer anche l’apparenza di neutrale: furon immuni
per un pezzo li suoi stati: vide rispettate le censure in mezzo
all’ armi, e comparse flotte di eretici ne’ suoi mari senza il mi-
nimo oltraggio. Ma il rovesciamento della fortuna Francese,
particolarmente in Italia, ha fatto scorgere se meritasse allora
encomii o la condotta o la sorte, e se le sane e sincere insi-
nuationi fatteli da VV EE replicar spesso col mezzo dei loro
[499]Relatione 1707.
ministri di soda indifferenza come padre comune per rendersi
arbitro e venerato a beneficio proprio e della cristianità e d’au-
mentare le sue truppe sotto buoni officiali per appoggiar meglio
il rispetto contro l’altrui intemperanza, dovessero sbracciarsi come
consigli infelici, anche nell’ esperienza di chi li porgeva. Il
frutto d’aver preferite arti più obblique e studj d’economia, la
peggior consigliera della politica, fu di soffrir dopo e tutt’ora
ciò ch’è noto, ma quel ch’è più, con apparenza di non soffrir
senza colpa nel tribunale della fama, ch’è sovrano anche ai prin-
cipi. Spedì, come adduce in sua difesa, nuncj estraordinarj
per la pace universale senza riguardo a spesa et all’ ingiuria
dell’ esclusione incontrata a Vienna: propose leghe, accordi, ar-
mistitij per la quiete particolare di questa provincia, ma fuor
di tempo e dopo che le dimostrationi di partialità del principio
e nel progresso notate introdussero il verme nei migliori semi:
onde l’essersi reso una volta sospetto fu un spogliar il zelo di
autorità e constituire per sempre impotente il principal instru-
mento della concordia. Difficile riuscirà in effetto alla Stà Sua
il purgar questa imputatione, anzi quella d’aver contribuito a
tirare nel suo senso tutti li principi d’ Italia appresso quali vo-
leva, notoria essendo la condotta non solo di quelli di Parma,
suo feudatario, ma della casa di Fiorenze: onde la sola cautela
costante della Serma Republica ha data soggetione al papa e
documento agli altri, mercandone però immeritata odiosità ap-
presso Francesi che sopra di lei fu da Sua Bne scaricata.
156.
Lorenzo Tiepolo Kr Procr Relatione di Roma 1712. (40 Bl.)
Die Competenzen zwiſchen geiſtlichem und weltlichem Forum neh-
men von Jahr zu Jahr die Aufmerkſamkeit mehr in Anſpruch. L.
Tiepolo beginnt gleich mit denſelben.
Er thut das aber mit einem ungewoͤhnlichen Ernſt. Die Ma-
terie, ſagt er, ſey abſichtlich verwirrt; um ſie zu ſcheiden, den Fuͤr-
ſten das Ihre zukommen zu laſſen, und doch auch die Verehrung
die dem paͤpſtlichen Stuhl gebuͤhre nicht zu verletzen, brauche man
doppelt die Gnade Gottes.
Zuerſt ſchildert er aufs neue die Perſoͤnlichkeit Clemens IX. Auch
er bewundert die Gelehrſamkeit, den Eifer, die Leutſeligkeit und Maͤ-
ßigung deſſelben; jedoch es koͤnnte ſeyn, ſagt er, daß ſie nicht den
einzig zulaͤſſigen Zweck haͤtten, die Tugend ſelbſt, ſondern menſch-
liche Nebenruͤckſichten, und daß ſie darum nicht von Gott geſegnet
wuͤrden: es koͤnnte ſein, daß der Eifer, mit welchem er ſich der Re-
gierung widmet, von einer zu großen Meinung von ſeinem perſoͤnli-
chen Verdienſt umgeben, und weniger auf die Sache ſelbſt, als auf
das Lob und das Anſehen das daher entſpringen kann, gerichtet waͤre;
— Lob vermoͤge alles uͤber ihn; ſein Arzt z. B., um ſeinen Einfluß
zu behaupten, pflege dieſe Neigung; die Schmeichelei feuere ihn an,
die Ehre des h. Stuhles aufrecht zu erhalten: — daher komme es,
daß er die Rechte der Fuͤrſten und Staaten ſo wenig beruͤckſichtige;
32*
[500]Lorenzo Tiepolo Relutione 1712.
ſeine Umgebung wage es ſogar, von dieſen auf eine ſo ſchmaͤhſuͤchtige
Weiſe zu reden, wie es ſich weder mit der hohen Stellung des Pap-
ſtes noch vielleicht auch mit der chriſtlichen Liebe vertrage.
Von dem Papſt geht er auf deſſen Miniſter uͤber, welche er ſo
wenig wie ſeine Vorfahren beſonders ausgezeichnet und nur zu Dienſt-
leiſtungen nicht zur Leitung der Angelegenheiten geeignet findet.
1. Cardinal Albani. Der Papſt hatte bis nach ſeiner Miſſion nach
Deutſchland gewartet, ehe er ihn zum Cardinal ernannte. Der Hof
billigte dieſe Ernennung, weil er damit einen Canal zu dem Papſt
finden zu koͤnnen glaubte, ein Intereſſe; jedoch Clemens XI. gewaͤhrte
ihm wenig oder gar keinen Einfluß — (è certo che l’autorità del
cardle nipote non apparisce a quel segno che per l’ordinario s’ha-
veva veduto in quella corte). 2. Der Staatsſecretaͤr Cardinal
Paulucci, herzensgut, aber nicht eben ſehr geſchickt, mit einer Art
von Furcht von dem Papſt abhaͤngig. 3. Corradini, Auditore di
Papa: „dotto nel dritto, ma di non uguale esperienza negli in-
teressi dei principi: — forte nell’ impegno, ma pieghevole alla
ragione“: der einzige, auf den man ſich durchaus verlaſſen durfte: es
war nuͤtzlich, Sachen an ihn zu bringen wo man entſchieden Recht hatte:
weniger bei den zweifelhaften: — mit dem Nepoten ſtand er nicht
gut, man glaubte ſogar, dieſer habe ihn zum Cardinalat befoͤrdert
um ihn aus der Naͤhe des Papſtes los zu werden. 4. Orighi, Se-
cretaͤr der Conſulta, Nebenbuhler Corradinis, der ſich eben deshalb
enge an den Nepoten anſchloß: „pare che più con l’accortezza et
adulatione che con la fermezza et ingenuità abbia avanzato la
sua fortuna.“ 5. Cardinal Sagripante, Datario: nur durch Spar-
ſamkeit reich geworden, ſtreng in ſeinen Geſchaͤften, von aller Poli-
tik entfernt. Die Dataria verliert taͤglich mehr: auch in Spanien
will man den Unterſchleif nicht mehr dulden; daher kommt es, daß
die Cardinaͤle, die nicht gelernt haben ihre Guͤter zu bewirthſchaften
— si può dire essere un vero distintivo dell’ abbadie de’ cardi-
nali il ritrovare le case in abandono e le chiese dirocate, — den
alten Glanz nicht mehr behaupten koͤnnen. — Kaͤme es zu einer
Papſtwahl, ſo wuͤrden doch die Creaturen Clemens XI. ſich ſchwer-
lich ſehr enge an den Cardinal Albani anſchließen, ſchon darum weil
er weniger Einfluß habe.
Und nun geht Tiepolo an eine Schilderung der politiſchen Ver-
haͤltniſſe. Wie geſagt, ſein Geſichtspunkt iſt politiſch-kirchlich; er
eroͤrtert die Streitigkeiten zwiſchen dem roͤmiſchen Hofe und den Fuͤr-
ſten; man ſage, der Papſt habe eine gleiche Liebe zu allen: man
koͤnne aber beſſer ſagen, er habe eine gleich ſchwache Liebe, eine gleich
geringe Achtung gegen alle.
E’ ben vero che se pochi pontefici si hanno preso a tal punto
quest’ assunto di far pompa di superiorità sopra i principi, è
forza di dire che anche pochi pontefici hanno havuto la sfortuna
uguale al presente di non poter uscire dagl’ impegni volontaria-
mente con gli stessi principi presi, se non con qualche diminu-
tione del suo honore. Pure se ha qualche interna inclinatione,
quest’ è riposta verso la Francia, benchè quella corte replicata-
mente si dolga delle sue partialità verso la casa d’Austria, e in
[501]Andrea Corner Relatione 1724.
fatti in più incontri l’evento ha comprovato i suoi lamenti, ma
perchè ha havuto tutta la parte il timore. In ciò la corte di
Vienna, o sia a caso o per la cognitione, rilevata del vero tem-
peramento del pontefice ha nel trattar seco fatta la profittevole
scielta delle minaccie e delle apprensioni.
Dieſe allgemeinen Bemerkungen fuͤhrt er dann nach den einzelnen
Staaten weiter durch, bis er auf Venedig kommt, bei deſſen nun
freilich nicht weltbedeutenden Verhaͤltniſſen er am laͤngſten verweilt.
157.
Relatione di Andrea Corner Kr ritornato dall ambria di Roma
1724 25 Luglio. (42 Bl.)
So lebhafte Antipathien erweckte Clemens XI. trotz des beſten
Willens und einer untadelhaften Auffuͤhrung. Hier, wo er noch ein-
mal auftritt, ſehen wir jedoch, daß ſich wenigſtens nach ſeinem Tode
die Stimmung gewaltig aͤnderte. Dann bewunderte ihn Jedermann:
ſelbſt diejenigen ſtimmten ein, die ihn kurz vorher getadelt. Man
fand, was man nie geglaubt, wenn er zuweilen mehr verſprochen als
er habe halten koͤnnen, ſo ſey das wirklich Gutmuͤthigkeit geweſen.
Es kam an Tag, daß er aus ſeinem Privatvermoͤgen die reichſten
Almoſen ausgetheilt hatte, deren Betrag in 20 Jahren ſeiner Herr-
ſchaft ſich bis auf 1 Million Sc. belief; eine Summe die er mit
gutem Gewiſſen ſeinem Hauſe haͤtte zuwenden koͤnnen. Corner er-
zaͤhlt, Clemens habe kurz vor ſeinem Tode Cardinal Hannibal, ſei-
nen Nepoten, um Verzeihung gebeten, daß er das Haus nicht beſſer
bedacht hinterlaſſe. (Parerà che il pontificato di Clemente sia
stato effimero, quando fu de’ più lunghi).
In dem Conclave trat die Veraͤnderung ein die man erwartete.
Mit wenigen Ausnahmen war das ganze Collegium unter Clemens XI
erneuert worden; aber da Cardinal Albani wie uͤberhaupt an der Regie-
rung ſo auch an dieſen Ernennungen nur wenig Antheil genommen, ſo
trennten ſich die Cardinaͤle nach ihren Nationen. Zuerſt ward Paulucci
vorgeſchlagen, wie wir wiſſen, Staatsſecretaͤr des vorigen Papſtes; allein
der kaiſerliche Geſandte Graf Althan erklaͤrte, ſein Herr werde Pau-
lucci niemals als Papſt anerkennen, er gebe dieß Ihren Eminenzen
zu bedenken. Nun hatten ſchon vorher einige Freunde des Hauſes
Albani ihr Auge auf Michel Angelo Conti geworfen: einer von ih-
nen, Monſignor Riviera, wurde Secretaͤr des Conclaves. Zuerſt ſprach
er daruͤber mit Cardinal Spinola, der nachdem er den Boden un-
terſucht und gefunden hatte, daß Conti nicht mißfalle, ſich mit Ver-
gnuͤgen an die Spitze der Partei ſtellte und ihn vorſchlug. Graf
Althan fragte unverzuͤglich bei ſeinem Hofe an. Da kam es
nun Conti zu Statten, daß er Nuntius in Portugal geweſen und
dort die Gunſt der Koͤnigin Maria Anna von Oeſtreich, Schweſter
Carls VI, erworben hatte. Der oͤſtreichiſche Hof war fuͤr Conti;
auf die ganze oͤſtreichiſche Verwandtſchaft, namentlich Portugal und
Polen, konnte man rechnen. Auch der ſpaniſche Geſandte befragte
ſeinen Hof; deſſen Antwort war nicht guͤnſtig, aber ſie kam zu ſpaͤt
an; indeß war Innocenz XIII. ſchon gewaͤhlt (8. Mai 1721).
[502]Pietro Capello
Innocenz beſaß treffliche Eigenſchaften fuͤr die geiſtliche ſowohl
wie fuͤr die weltliche Regierung. Nur war er von krankhafter Lei-
besbeſchaffenheit, und daher kam es, daß er mit ſeinen Audien-
zen ſehr ſparſam war. Dafuͤr hatte es aber auch Bedeutung, bei
ihm Audienz zu haben: Eine war ſtatt vieler. Er faßte ſehr gut,
und gab entſcheidende Antworten. Der Geſandte von Malta, ſagt
Corner, wird daran denken, wie ihm auf ein etwas ſtuͤrmiſches Ge-
ſuch um Unterſtuͤtzung der Papſt auf der Stelle ſeinen Segen gab,
und die Klingel zog, um ihn zu entlaſſen. Als der portugieſiſche
Geſandte die Erhebung jenes Bicchi zum Cardinal forderte, wollte
ihn Innocenz zuletzt gar nicht mehr anhoͤren (non ritrovando me-
rito nel prelato e passando sopra tutti li riguardi che potea
avere per una corona di cui era stato protettore).
Die mit Innocenz XIII. verwandten roͤmiſchen Familien, die von
ihm befoͤrdert zu werden gehofft hatten, fanden ſich ſehr betrogen: ſelbſt
ſeine Nepoten konnten nur mit Muͤhe zu dem Genuß der 12000 Du-
caten kommen, welche jetzt das gewoͤhnliche Einkommen eines Nepo-
ten geworden.
Das vornehmſte Bemuͤhen des Papſtes war, die Streitigkeiten
uͤber die kirchliche Jurisdiction beizulegen; doch gelang ihm das kei-
nesweges uͤberall. Nur mit dem kaiſerlichen Hofe bildete ſich ein
beſſeres Verhaͤltniß: wie das jener Wahl zufolge in der Natur der
Sache lag.
158.
Relatione del N. H. Pietro Capello Kr ritornato d’ambasciator
di Roma 1728 6 Marzo. (14 Bl.)
Schon am 7. Merz 1724, nach wenig mehr als 34 monatli-
cher Regierung, ſtarb Innocenz XIII.
Capello, der noch zu Innocenz geſchickt wurde, ſtimmt in der
Schilderung deſſelben mit ſeinem Vorgaͤnger uͤberein. Er findet ihn
friedfertig, von gutem Urtheil, wohlbedaͤchtig, feſt in ſeinem Vor-
nehmen. Er beſtaͤtigt das Geruͤcht, daß dieſem Papſt die Ernennung
des Dubois zum Cardinal, zu der er ſich aus Ruͤckſicht auf die Macht
und den Einfluß dieſes Menſchen hatte bewegen laſſen, in ſeinen letzten
Augenblicken ſchwere Scrupel gemacht habe. La di lui morte fu
ben un’argomento delle più morali riflessioni: mentre attaccato
da scrupoli di coscienza, tarlo che non lascia di rodere anco
la mente dei papi, non potè mai lasciarsi persuadere a compire
la nomina di quattro cardinali nella vacanza d’altrettanti cappelli:
e per quello si è potuto iscoprire fu giudicato che non sentisse
di consumare una tale elettione forse per pentimento d’averne
esegaita alcun’ altra con maniere atte a turbare la di lui deli-
cata coscienza. Tale non ordinario accidente partorì funeste
conseguenze alla di lui casa, a favor della quale non restò al-
cun partito da disponere dopo la di lui morte: ma con tutto ciò
vi fu universale argomento per giudicar molto bene di sua per-
sona, che dimostrò per tali suoi ottimi sentimenti un spirito e-
gualmente nobile che rassegnato.
Am 29. Mai 1724 folgte Benedict XIII. Capello findet ihn
[503]Relatione 1728.
von ſeinem Vorgaͤnger ſehr verſchieden: beſonders entſchloſſen und
feurig in allen geiſtlichen Angelegenheiten. In dem Cardinalcolle-
gium bemerkt er wenig ausgezeichnete Leute, keine ſtarke Faction,
auch keine Ausſicht, daß ſich unter Benedict eine ſolche bilde, da ſchon
die Eiferſucht zwiſchen Coscia und Fini es nicht dahin kommen laſſe.
Eine Faction der Kronen gibt es, aber ſie hat auch keine rechte Fe-
ſtigkeit. Einen großen Eindruck hatte es an dem Hofe gemacht, daß
der Herzog von Savoyen doch zuletzt ſeine Abſichten erreichte. Ca-
pello ſchließt daraus, daß man hier mit der Zeit alles erlangen koͤnne.
Er fordert nur Ruhe: der Eifer den man fuͤr ſeine Sache habe,
muͤſſe nie in Klagen ausbrechen.
Capello geht nun naͤher auf die eigentlich venezianiſchen Intereſ-
ſen ein. Zuerſt ſtellt er aufs neue vor, daß ſich Venedig eines fe-
ſtern Anſehens zu Rom bemaͤchtigen muͤſſe. Er gibt nochmals an,
wie man den Papſt zu behandeln habe. Man muͤſſe ihn immer mit
geiſtlichen Zuvorkommenheiten zu gewinnen und unvermerkt geneigt zu
machen ſuchen. Sodann tritt er auch den weltlichen Verhaͤltniſſen,
beſonders des Handels, naͤher. Es zeigt ſich, daß der roͤmiſche Staat
im Anfang des 18ten Jahrhunderts ſehr ernſtlich auf commercielle und
induſtrielle Verbeſſerungen gedacht hatte.
Die Dulcignoten und Raguſaner trieben einen Handel in An-
cona, der den Venezianern nicht ſehr willkommen war. Beſonders
fuͤhrten ſie viel Wachs ein, das man ſonſt von Venedig bezog, und
das man jetzt auch in dem Kirchenſtaate zu bearbeiten anfing.
Innocenz XII. hatte S. Michiel a Ripa zu bauen angefangen:
Clemens XI. hatte es erweitert; jetzt war es durch Woll- und Sei-
denarbeiten bedeutend: „dalla figura d’un’ ospitale, dove per ca-
rità alimentavano molti giovani, fu convertita con amplificatione
di sito e con grandissima giunta di fabriche in una casa di com-
mercio, nella quale a presente si travagliano le manifatture di
lana e di seta.“ Man wetteiferte bereits mit dem franzoͤſiſchen
Tuche, und fuͤhrte uͤber Ancona nach der Tuͤrkei und nach Spanien
aus. Ich will doch dieſe ganze Stelle woͤrtlich mittheilen. In que-
sto sontuoso edificio vi si è introdotto la fabrica degl’ arazzi
con egual perfettione di quelli che si travagliano in Fiandra et
in Francia: e vi è fondato un lanificio, nel quale vi entra la
lana et escono i panni perfetionati di tutto punto. La fabrica
di seta dipendente da questo luogo s’esercita in più contrade di
Roma, e quelle della lana sono in tanti generi divise, con idea
d’addattarle all’ uso del paese per haverne con un spaccio facile
il pronto ritratto. Si fabricano in S. Michele tutti li panni per
le militie, li scoti per servitio de’ monasterj, le tele di tutti i
generi per il vestiario delle ciurme, e li panni sono divisi in
varii generi che restano distribuiti per una data quantità, con
obligo alli mercanti di farne l’esito. Di recente si è dato anco
mano alla fabrica di panni colorati ad uso di Francia, che pas-
sano in Ancona e Sinigaglia per concambio alle mercantie che
vengono di Turchia. In somma, la casa di S. Michele è una
delle più vaste idee che possa esser compita da un principe
grande, e sarebbe sicuramente l’emporio di tutta l’Italia, se non
[504]Osservationi della presente situatione
fosse costituita in una città dove ad ogn’ altra cosa si pensa che
al commercio et alla mercatura, essendo diretti questi gran ca-
pitali da una congregatione di tre cardinali, tra quali vi è il se-
gretario di stato, sempre occupato e divertito ne’ più gravi affari
del governo. Con tutto ciò questa casa di commercio sussiste
con floridezza, e colli suoi travagli s’alimentano migliara di per-
sone ricavandosi dalle sue manifatture pronto il ritratto. La
fabrica degl’arazzi si mantiene da se stessa, perchè si lavora
ad uso de’ particolari, et il maggior effetto di questi lavori si
è quello desiderabile a tutti li stati, che il danaro non esca ad
impinguare l’estere nationi.
Wie ſonderbar, daß ein Venezianer ſeiner Vaterſtadt anraͤth,
ein induſtrielles Inſtitut der Paͤpſte zum Muſter zu nehmen. Schon
hatten ſie auch Einrichtungen fuͤr geiſtige Cultur getroffen, die er zur
Nachahmung empfiehlt. Oltre le arti mecaniche vi sono pure
le arti liberali, che servono ad ornamento ed utilità dello stato.
Il solo nome di Roma ed il credito degli antichi suoi monumenti
attrae a se stessa molte estere nationi et in particolare gl’oltra-
montani. Sono in quella città instituite molte accademie, dove
oltre lo studio delle belle lettere non meno fiorisce quello della
pittura e scoltura: oltre quella di Campidoglio, che sussiste sotto
la protettione di quel rettaglio d’autorità esercitata con tanto
credito ne’ secoli passati da quella insigne republica. Ve ne sono
pure anco dell’ altre instituite e governate dall’ estere nationi,
tra le quali si distingue quella che sussiste col nome della co-
rona di Francia.
Der Autor meint nun, man ſolle auch in Venedig eine aͤhnliche
Akademie errichten. Man beſitze auch in Venedig die ſchoͤnſten Denk-
male des Alterthums. Habe doch ſogar Bologna etwas aͤhnliches
mit großem Succeß unternehmen koͤnnen! —
Uebrigens waren mit den Tendenzen, welche Correr bezeichnet,
damals noch einige andere, gleichartige verknuͤpft, uͤber welche uns
andere Denkmale Auskunft geben.
159.
Osservationi della presente situatione dello stato ecclesiastico
con alcuni progetti utili al governo civile ed economico
per ristabilire l’erario della revda camera apostolica dalli
passati e correnti suoi discapiti. (MS Rom.)
Im Anfange des achtzehnten Jahrhunderts gelangte man uͤber
das ganze ſuͤdliche Europa hin zu der Ueberzeugung, daß man ſich
ſchlecht befinde, daß man ſich unverantwortlicher Weiſe vernachlaͤßigt
habe: es regte ſich Beduͤrfniß und Neigung einen beſſern Zuſtand
herbeizufuͤhren. Wie viel ward in Spanien geſchrieben und verſucht,
um die Finanzen, den Handel herzuſtellen! In dem Kirchenſtaate
iſt das Testamento politico d’un accademico Fiorentino, Colonia
1734 — welches die Mittel angibt, durch welche man Handel, Acker-
bau und die Einkuͤnfte der Kammer verbeſſern koͤnne — noch immer
in gutem Andenken. In der That eine wohlmeinende, geſchickte, ein-
dringende Schrift, voll von geſunden Bemerkungen. Jedoch blieb
es nicht bei den Bemuͤhungen bloßer Privatleute. In den Samm-
[505]dello stato ecclesiastico.
lungen jener Zeit finden ſich eine Menge Entwuͤrfe, Berechnungen,
Plaͤne zu demſelben Zwecke, mehr oder minder officiell. Eine Schrift
dieſer Art, fuͤr Clemens XII. ſelbſt beſtimmt, ſind unſere Oſſerva-
tioni, welche in die Zeit des politiſchen Teſtamentes fallen. Der
Verfaſſer ſucht beſonders die Unordnungen und Mißbraͤuche anzuge-
ben die man abzuſtellen habe.
Nachdem er einen Augenblick bei der traurigen Erſcheinung ver-
weilt hat, daß im Kirchenſtaate ſo viele Mordthaten erfolgen, ſelbſt
außerhalb Roms und der vier Legationen jaͤhrlich wohl noch tauſend,
— der Verf. meint, man muͤſſe doch ſehen, was andere Fuͤrſten da-
gegen thun, — kommt er auf die Finanzen. Das Deficit gibt er auf
120000 Sc. jaͤhrlich an. Er macht folgende Vorſchlaͤge. 1. Reform
der Offiziere, welche ſtarke Beſoldungen ziehen, ohne ſich auch nur
in ihren Garniſonen aufzuhalten. 2. Beſchraͤnkung der Ausgaben
des Pallaſtes. 3. Eigene Verwaltung der Dogana ſtatt der Ver-
pachtung, die er auch deshalb verdammt, weil ſich der Paͤchter dem
Verbot auslaͤndiſcher Manufacturen widerſetze. 4. Einſchraͤnkung
des Einfluſſes der Subalternbeamten, die ihren Vortheil bei der
Vermehrung der Auflagen ſehen. — Er bemerkt, daß die Annona
ſich auch darum nicht halten koͤnne, weil man jetzt von der Tuͤrkei,
ſo wie aus dem Norden ſo viel Zufuhr habe; der Kornhaͤndler koͤnne
die Concurrenz nicht aushalten. Vor allem entſetzt ihn, daß ſo viel
Geld aus dem Lande gehe fuͤr Vieh, Oel, Wein, was man alles
ſelbſt in Ueberfluß beſitze. Was komme darauf an, daß man dieſe
Artikel ein wenig theurer bezahlen muͤſſe, wenn nur dafuͤr das Geld,
„das Blut des Staates“, ſeinen gehoͤrigen Umlauf habe. Die In-
haber der Monti, welche die Zinſen ziehen ohne daß ſie ſich im Lande
aufhalten, ſollte man wenigſtens beſteuern, wie das ja auch mit ab-
weſenden Lehenbeſitzern im benachbarten Neapel geſchehe.
Namentlich den Zuſtand der Mark, die jaͤhrlich an Einwohner-
zahl verliere, findet er beklagenswerth. Er leitet ihn beſonders da-
her ab, weil man die Ausfuhr des Getreides ſo ſehr erſchwere. Zwi-
ſchen Juni und October ſey ſie geradezu verboten; dann werde ſie
nur gegen Abgaben erlaubt, deren Ertrag fuͤr die Kammer geringfuͤ-
gig, deren Wirkung aber doch die ſey, daß der Fremde ſich lieber wo
anders wohlfeileres Korn ſuche. Die Meſſe von Sinigaglia erweiſe
ſich verderblich. Sie mache die Umgegend von dem Auslande ab-
haͤngig: man brauche nur hinzugehn nach Urbino, der Mark und Um-
brien, wo man weder Kunſt noch Wohlſtand mehr finde, ſondern
alles in tiefem Verfall.
Der Autor beſchwoͤrt den Papſt, eine Congregation von weni-
gen aber erwaͤhlten Mitgliedern niederzuſetzen um Heilmittel fuͤr dieſe
Uebel aufzufinden, vor allem nur geſchickte und redliche Beamte an-
zuſtellen, die uͤbrigen aber zu zuͤchtigen. „Dieß hoffen,“ ſchließt
er, „die Unterthanen von E. Heiligkeit!“
160.
Provedimento per lo stato ecclesiastico. (MS Rom. Autograph
fuͤr Staatsbeamte.)
Man ſieht, es war auch hier auf Einfuͤhrung des Mercantil-
ſyſtems abgeſehen, welches damals in Europa ſo großen Beifall fand.
Päpſte** 33
[506]Provedimento per lo stato ecclco.
Und waͤre man nur muthig daran gegangen. Einen gewiſſen Auf-
ſchwung wuͤrde doch vielleicht die Induſtrie genommen haben. Aber
das Ungluͤck der roͤmiſchen Adminiſtration war, daß die nachfolgenden
Paͤpſte ſo gern das Gegentheil von dem thaten, was ihren Vorfah-
ren gut geſchienen. Ein Beiſpiel davon gibt uns vorliegende Schrift.
Im Jahre 1719 nahm die Einfuhr fremder Tuche aus Venedig
und Napoli hauptſaͤchlich auch aus Deutſchland dergeſtalt zu, daß
Clemens XI. ſich bewogen fuͤhlte ſie geradezu zu verbieten. Auch
bei Vergani (della importanza del nuovo sistema di finanza)
geſchieht der beiden Decrete Meldung, vom 7. Auguſt 1719 und
1. Aug. 1720, durch welche dieß geſchah. Wenn aber Vergani
leugnet, daß es etwas geholfen, ſo iſt er damit ohne Zweifel in Irr-
thum. Den Aufſchwung der roͤmiſchen Induſtrie bemerkte Pietro Ca-
pello ſchon 1728. In unſerm Provedimento, verfaßt unter Clemens
XII, wird ausdruͤcklich verſichert, daß ſich gerade in Folge jener Ver-
bote die Manufacturen bedeutend gehoben. Innocenz XIII, Benedict
XIII beſtaͤtigten dieß Verbot. „In pochi anni si eressero a pro-
prie spese de’ particolari in molte città e terre dello stato fa-
briche nuove di lanificii, di valche, di spurghi, di tintorie et al-
tre, in specie a Roma, Narni, Perugia, Rieti, Tivoli, Alatri, Ve-
roli, Segni, Subiaco, S. Severino, Giulianello.“
Allein eine Congregation, von Clemens XII. im Jahre 1735
eingeſetzt, fand ſich bewogen dieß Verbot aufzuheben und die Einfuhr
der Tuche gegen einen Zoll von 12 Proc. in den Provinzen und 20
Proc. in Rom wieder zu geſtatten. Die Folge war, wie wenigſtens
unſere Schrift verſichert, daß die eben gegruͤndeten Fabriken zu Grunde
gerichtet wurden. Sie berechnet, daß eine Summe von 100000 Sc.
fuͤr das Tuch aus dem Lande gehe. Sie wuͤnſcht eine Erneuerung
des Verbotes, eine Ausdehnung deſſelben auch auf die Seidenwaa-
ren; — doch finde ich nicht, daß ſie einen Erfolg gehabt haͤtte.
161.
Altri provedimenti di commercio. (MS Rom.)
Beſtaͤtigung der momentanen Erhebung der Manufacturen ſeit
jenem Verbote. Die alten Klagen uͤber das Verbot der Ausfuhr.
Es komme ſo vieles aus Toscana: wollte jemand aber auch nur einen
Scheffel Korn hinuͤberſchaffen, ſo wuͤrde er Confiscation der Guͤter,
Excommunication, ja ſelbſt das Leben verwirkt haben. Uebrigens
war auch hier wie in Deutſchland eine gewaltige Muͤnzverwirrung
eingeriſſen. Die paͤpſtliche Muͤnze war zu ſchwer, obwohl ſchon In-
nocenz XI. und Clemens XI. leichtere gepraͤgt hatten. Eine Menge
fremdes Geld, bei dem man viel verlor, drang ein. Man forderte
den Papſt auf, auch ſeinerſeits leichtere Sorten zu praͤgen, wie er
dieß ſchon mit den Zechinen zu thun anfing.
Noch mehrere andere Schriften aͤhnlichen Inhaltes liegen uns
vor: alle zu excerpiren, wuͤrde uns in allzuviel Detail ziehen. Ge-
nug wenn wir bemerken, daß auch der Kirchenſtaat die induſtriellen
und oͤconomiſchen Tendenzen theilte, die das uͤbrige Europa ergriffen
hatten, obwohl Zuſtand, Verfaſſung und unvertilgbare Mißbraͤuche
es zu keinem rechten Gedeihen kommen ließen. Die Ruhe der Ariſto-
[507]Altri provedimenti di commercio.
kratie: die Behaglichkeit eines genießenden Lebens, ohne anderes Ob-
ject: die Suͤßigkeit des Nichtsthuns. Unſer Winckelmann war ent-
zuͤckt als er bald nach dieſer Zeit nach Italien kam. Das dortige
Weſen daͤuchte ihn wie eine Erloͤſung aus der betriebſamen Thaͤtig-
keit und ſtrengen Unterordnung unſerer Gegenden. Der Gelehrte
hatte Recht fuͤr ſich, er bedurfte der Muße, der Anerkennung, er
mußte freier Athem ſchoͤpfen koͤnnen: auch moͤgen ſich dieſe Dinge
fuͤr den Augenblick, fuͤr das Privatleben ins Gleiche ſetzen. Eine
Nation aber wird doch nicht anders als durch allſeitige Anſtrengung
bluͤhend und maͤchtig zu werden vermoͤgen.
162.
Relazione 28 9bre 1737 del N. U. Aluise Mocenigo IV
Kr e Procr ritornato di Roma. (Arch. Ven.)
Wir ſehen hier, was dem Emporkommen von Seiten der Ver-
waltung entgegenſtand. Mocenigo iſt keineswegs ein Tadler: die
commercielle Aufnahme von Ancona erkennt er an, und ſie macht ihm
ſogar Gedanken: die Juſtiz findet er in gutem Zuſtand, namentlich
an der Rota: aber die Verwaltung erklaͤrt er fuͤr von Grund aus
verderbt; Veruntreuung ſey an der Tagesordnung; die Ausgabe groͤ-
ßer als die Einnahme; keine Huͤlfe abzuſehen. Papſt Clemens hatte
das Lotto ergriffen: aber der Geſandte bezeichnet es als hoͤchſt verderb-
lich (l’evidente esterminio e ruina de’ popoli).
Vom Papſt Clemens XII. iſt ſein Urtheil, er ſey mehr durch die
Gaben eines Cavaliers und eines praͤchtigen Praͤlaten ausgezeichnet
als durch das Talent oder die Kraft die ſchwere Laſt des Pontifica-
tes zu tragen. Er ſchildert ihn und ſeine Regierung nur mit folgen-
den wenigen Zuͤgen. Il pontificato presente influisce piuttosto le
nobili intraprese e la magnificenza, tale essendo stata sempre
l’inclinazione del papa sino dalla sua gioventù, e tuttavia nell’
età sua cadente e rovinosa sostenuta dal genio e dagli esempj
del cardle Corsini nipote, che più ancora si distingue nell’ in-
clinazione per le belle arti e per il modo affabile di trattare che
per un fondo di vera sufficienza negli affari del governo. La
serie dei successi nel cadente pontificato, in cui per lo più ha
governato l’Eminenza Sua, rende chiara testimonianza a questa
verità, e si può dire che i dissapori violenti occorsi quasi con
tutte le corti avrebbono dovuto opprimere il cardl nipote, se
egli non fosse stato sostenuto da un credito fondato in un cuore
disinteressato e mancante piuttosto per difetto di talento che di
cattiva volontà. Vero è che Roma non scusa in lui la premura
con cui vuole in ogni caso disporre di tutti gli affari politici,
geloso sino all’ eccesso della sua autorità, e quindi aver egli
allontanato dal ministero il cardle Riviera, il più capace di tutti
per gli affari di stato, ed aver ivi sostituito il cardl Firau per
disponerne a piacere e senza contrasto. Per altro, sia inclina-
zione, sia virtù, certa cosa è che durante tutto il pontificato di
Clemente XII nel corso di sette anni con la disposizione asso-
luta delli tesori pontificj la casa Corsini non ha aumentate le
rendite sue patrimoniali di 8 m. scudi annui, esempio ben raro.
33*
[508]Aluise Mocenigo IV
Der Nepot hatte wieder große Macht, obwohl er ſich nicht be-
reicherte. Der Staatsſecretaͤr hing ganz von ihm ab, und man mußte
ſich huͤten auf die Aeußerungen des letzten zu trauen, wenn man des
erſten nicht gewiß war.
Von den innern Geſchaͤften geht Mocenigo zu den Verhaͤltniſſen
mit den Hoͤfen uͤber, welche, wie ſchon beruͤhrt, von Tage zu Tage
ſchwieriger wurden. Ich will dieſe fuͤr die Geſchichte der kirchenrechtli-
chen Streitigkeiten bedeutende Stelle ganz aufnehmen.
La corte di Napoli anela continuamente all’ abolimento della
solita investitura con argomenti legali, istorici e naturali: nè sa-
rebbe difficile che vi riuscisse, quando il re Don Carlo accon-
sentisse ad una solenne rinunzia di ogni sua pretesa sopra Ca-
stro e Ronciglione. Ma questo non è il tutto: mentre i Napo-
litani condotti dalle scuole dei loro giurisconsulti sono talmente
avversi alla corte di Roma che ogni cosa studiano per sottrarsi
dalla dipendenza del papa nel temporale: e quindi ogni giorno
escono nuovi regolamenti e nuove pretese così ben sostenute
dai scrittori loro valenti che la corte Romana n’è più che mai
imbarazzata e già si vede nella necessità di rilasciarne una gran
parte per mettere in salvo il resto. Il punto si è che queste
riforme tendono principalmente ad impinguare l’erario regio e
quindi a scemare le rendite e l’autorità pontificia in quegli stati.
Il padre Galliani, uomo di profonda dottrina ed erudizione, è
in Roma il grande propugnatore per la corte di Napoli, tanto più
efficace quanto nelle sue lunghe consuetudini in quella metro-
poli ha penetrato nel più fondo dei misteri del papato, e pro-
veduto d’una memoria felicissima tutto ha presente per preva-
lersene nell’ opportunità.
Il grande appoggio della corte di Napoli è quella di Spagna,
dove l’irritamento parve tempo fa giunto all’ eccesso e dette oc-
casioni a quelle strepitose propositioni di riforma della dataria
e ristabilimento del juspatronato regio, delle quali ebbi più volte
l’onore di trattenere Vra Serenità nei riverenti miei dispacci, e
che ora si vedono già concluse con aggiustamento più utile per
la corte di Spagna che per quella di Roma.
La corte di Torino con costante direzione nel maneggio de-
gli affari politici, protetta dalle bolle e concessioni di Benedetto
XIII, non si è mai lasciata rilasciare un momento da quei fon-
damenti che per essa sono inconcussi e troppo facilmente attac-
cati dal presente pontificato. Il cardle Albani, uomo per saga-
cità e risoluzione senza pari, ha sin ora sostenuto con tutta
l’efficacia le ragioni di quella corte, a segno che non lasciò mai
giungere ad effettuazione le minaccie fatte dal pontefice presente,
e secondo tutte le apparenze ne deve sortire fastoso col successore.
Anco la corte di Francia patì alcuni motivi di querela per
le vicende della Polonia: ma furono cose di sì poco momento
che può ella sola contarsi affezionata e stabile al presente pon-
tificato, e ciò perchè negli affari ecclesiastici poco o nulla più
resta da discutere con Roma, osservandosi pontualmente dall’ una
e dall’ altra parte i concordati e la prammatica, ma principal-
[509]Relazione 1737.
mente perchè la corte di Roma va con essa più cauta che con
qualsivoglia altro nell’ introdurre, sostenere e resistere alle no-
vità che intervenir potessero. Il sempre mai lodevole cardle Fleuri,
grand’ esemplare nel ministero politico, ha saputo tener sempre
soggetta la politica alla religione senza mai confondere l’auto-
rità spirituale con la temporale: e questo fa che durante il suo
ministero la corte di Roma sia si trattenuta nei limiti dovuti e
quasi con una perpetua condescenza, a segno che l’avrebbe co-
stituito l’arbitro di tutte le sua differenze, se gli altri poten-
tati non avessero temuta la grande equità e l’imparzialità di quell’
eroe nel ministero politico.
Gravissimi furono i sconcerti, tuttavia non appianati ancora,
con la corte di Portogallo, dove il carattere di quel re fa che
acquistano giornalmente vigore ed insistenza le sue pretese quanto
più si contrastano: e per dirla con chiarezza, le differenze in-
sorte col Portogallo e con la Spagna avendo da qualche tempo
sospese le rendite opulentissime di que’ vasti regni, ha quasi
scompaginata la corte e la città di Roma, dove migliaja di fa-
miglie da qualche anno in quà sono ridotte dall’ opulenza alla
povertà e tante altre dalla sufficienza alla miseria. Questo fa
che la disposizione d’infiniti beneficj in Spagna, in Portogallo
e nel regno di Napoli rimanendo sospesa, anzi correndo appa-
renza che rimaner possa all’ autorità temporale di que’ regnanti,
gran numero dei loro sudditi secolari e regolari altre volte con-
sacrati a sostenere la corte di Roma presentemente l’abbando-
nano, e gran numero ancora dei Romani stessi vengono con-
dotti a coltivar le potenze straniere dall’ avidità e necessità loro.
Particolare e curiosa è stata la condotta della corte di Roma
verso le pretese di questo principe di aver il cardinale nato il
patriarca di Lisbona. Fu considerato da quel re come condi-
zione indispensabile dell’ accomodamento delle vertenze che cor-
rono tra le due corti, di godere una tal distinzione, ed il papa,
usando in ciò dell’antico costume Romano, si è dimostrato al-
cune volte del tutto alieno, altre quasi propenso di soddisfare
le premure del re. La cosa non è ancora decisa, ed in ogni
maniera che venghi consumata fornirà argomenti non indifferenti
di discorsi e forse di querele tra gli altri principi.
Altre volte il pretendente faceva un’ oggetto massimo della
corte di Roma, la quale si lusingava molto sopra l’appoggio delle
corti di Francia e Spagna, dacchè si riunirono ambedue nella
casa di Borbon: ma in oggi scopertasi la gelosia tra la linea
primogenita e la cadetta e conosciutosi che la regina di Spagna
non ha veramente altre mire che l’ingrandimento dei proprj figli,
l’esule pretendente e la degna sua famiglia divengono presto a
molti oggetto più grave ancora che di conforto.
L’imperatore ha fatto e fa tuttavia tremare il presente mi-
nistero di Roma, vedendosi egli stesso dar mano ad introdurre
nei suoi stati d’Italia quelle riforme d’abusi che devono col tempo
servire di esempio sommamente pregiudiciale ai Romani: e ciò
ch’è peggio per loro, appena ha introdotto le sue truppe nella
[510]Franc. Venier Rel. 1744.
Toscana, che ivi pure si veggono incamminate le medesime di-
rezioni, a segno che di tutti gli stati esteri al dominio Romano
non se ne vede pur uno continuar ciecamente sul piede dei se-
coli passati. La corte di Vienna professando tempo fa acri mo-
tivi di querela per le distinzioni usate a Spagnoli, poco amati
dal popolo Romano, si è totalmente attratto il favor d’esso po-
polo in Roma e nello stato sotto il pontificato presente col ma-
neggio accortissimo de’ suoi ministri ed emissarj, ch’è cosa ma-
ravigliosa l’udire in universale il popolo Romano dichiarato in
favore dell’ imperatore. Tuttavia in oggi tanta è la forza dell’
interesse della famiglia Corsini che non vi è sagrificio che non
si faccia affine di guadagnarsi l’amicizia di Cesare: di che l’Eccmo
Senato ne ha abbondanti prove nelle direzioni de’ negozj ver-
tenti.
163.
Relazione del N. H. Franc. Venier Kr ritornato ambasciat. da
Roma 1744 24 Apr.
Leider nur zwei fluͤchtige Blaͤtter, Benedict XIV. gewidmet.
Venier verſichert, daß die Cardinaͤle eigentlich dieſen Papſt nie
gewollt haben: inalzato anzi dalle sue rare virtù, dalle vicende
di quel conclave, dalle sue note lunghezze, che da un’ efficace
favore de’ Cardinali che lo esaltarono. Fu opera sola del di-
vino spirito.
„Il papa,“ faͤhrt er fort, „dotato di cuore aperto e sincero
trascurò sempre ogn’una di quelle arti che si chiamano roma-
nesche, e lo stesso carattere che fece conoscere senza riserva
allora che era prelato, fu quello del cardl Lambertini e si può
dire quello del papa.“
164.
Relazione di Aluise Mocenigo IV Kavr ritornato ambasciat. di
Roma 1750 14 Apr.
Nicht etwa neuerdings der Geſandte von 1737. Der erſte war
ein Sohn Aluiſe Mocenigo des Dritten: dieſer zweite iſt ein Sohn
Aluiſe Mocenigo des Erſten.
Leider hat er ſich auch mit 3 Blaͤttern begnuͤgt; ich will bei der
Spaͤrlichkeit authentiſcher Notizen uͤber den roͤmiſchen Hof in dieſer
Zeit die wichtigſte Stelle woͤrtlich mittheilen.
Il regnante Benedetto XIV non solo non è mai stato nell’
impiego di nunziature presso alcuna corte, ma nè pur ha sos-
tenuto alcuna legazione: egli essendo vescovo d’Ancona è stato
fatto cardinale, et essendo arcivescovo di Bologna fu assonto
al supremo grado in cui regna. Possede per pratica fatta sin
dagli anni suoi più freschi l’ordine della curia, e non se ne
scorda certamente, oltre di che si picca d’esser perfetto cano-
nista et ottimo legale, non ammettendo egli in ciò differenza
dall’ esser suo di decretalista, studio che non lascia al dì d’oggi
ancora. Perciò egli è parzialissimo del suo uditore monsre Ar-
givilliers, perchè si dirige colle stesse dottrine. Conformandosi
[511]Al. Mocenigo IV Rel. 1750.
dunque le massime del papa con quelle del suo uditore, si rende
questi nel pontificato presente uomo d’importanza, quando par-
ticolarmente per l’esercizio suo, ch’è ristretto alle sole civili
ispezioni, non avrebbe altro che il vantaggio di vedere in ogni
giorno il monarca ed ora entra a dir parere negli affari di stato.
Per dir vero, egli è uomo di probità, ma di nessuna esperienza
negl’ interessi dei principi, austero ed inaccessibile, scarso di
corrispondenza forastiere non solo ma ancora tra li stessi pala-
tini. Per l’aura di favore ch’ei gode sembra che contrasti al
cardl Valenti segretario di stato l’accesso vantaggioso presso del
papa, che la gran mente di quel porporato, quando voglia gli
prema et a lui convenga, in mezzo alle più difficili determina-
zioni e massime sempre possiede ed ottiene. Ed eccomi al caso
di superfluità e repetizione. Di questo soggetto, perspicace nella
coltura degli affari politici e di stato, ministro d’esperienza ac-
corto e manieroso, avran detto quello conviene li miei eccmi pre-
decessori, e circa questo non altro posso aggiungere se non ch’e-
gli col nuovo posto di camerlengo di S. Chiesa, conferitogli da
S. Stà in tempo della mia ambasciata, ha fermato anche dopo
la vita del pontefice quel ben onorifico e lucroso posto, che
lo renderà ancora necessario e ricercato quando forse dopo di
aver dimessa la secretaria di stato l’emulazione, l’invidia e li
mal contenti avrebbero potuto spiegar la loro forza ed il loro
sdegno. Va ora esente da questi sfoghi, non perchè sia da ogni
parte circondato: ma sa egli far fronte e scansar ogni assalto:
se a lui giova, cimenta; in caso diverso non cura. Oltre al no-
minato uditor del papa, poco o niente amico suo vi è ancora
monsr Millo datario, con il quale benchè a mio tempo apparis-
sero riconciliati in amicizia, in sostanza non lo erano, ed il
detto datario è piuttosto del partito dell’ uditore. Questi tre
soggetti si possono dir quelli che nel presente pontificato abbino
ingerenza ed intelligenza negli affari dello stato. Ma se li due
prelati sono accetti per l’esposto di sopra ed il cardl sa rendersi
necessario per le tante ragioni ben note, però arrivano dei mo-
menti che il papa ascolta gli uni e l’altro e poscia tutto a sua
volontà e talento differentemente risolve. Per questo ancora,
se vi sono degli altri ben distinti soggetti tra li palatini, non
contano gran cosa nel presente pontificato o almeno in rapporto
ai gravi affari dello stato. Uno è il cardle Passionei, studiosis-
simo ed amante delle scienze, pratico ministro per le nunziature
sostenute, e non ha altra ingerenza che nella secretaria dei brevi.
Del giovane prelato monsr Marcantonio Colonna maggiorduomo
il zio cardl Girolamo promaggiorduomo è uno tra li prediletti
del papa: ma egli non si da pena d’altro che di quelle cose che
interessino le particolari sue brame. Il segretario alle zifre
monsre Antonio Rota, conosciuto dal papa e dall’ universale di
tutto il sagro collegio ed a parte dalle congregazioni coram
sanctissimo per un’ uomo della più scelta politica ed un pen-
samento il più fino, che per l’aggiustatezza dell’ estero, dove
abbia ad esservi un tratto d’accortezza, altro non ha migliore,
[512]Gir. Zulian Relazione 1783.
talmente conosciuto necessario che con distinto modo si ammette
anche podagroso nelle occorrenti congregazioni, non ha però
maggiori ispezioni che quelle del suo carico o le avventizie.
165.
Girolamo Zulian Relazione di Roma 15 Decembre 1783.
Gegen das Ende der Republik nahm auch der Sinn fuͤr dieſe
Art politiſcher Thaͤtigkeit ab.
Die Relationen werden kuͤrzer: die Beobachtungen die ſie mit-
theilen ſind an Penetration und Umfaſſung mit den alten nicht zu
vergleichen.
Zulian, deſſen Relation die letzte iſt die mir vorgekommen, han-
delt gleich gar nicht mehr von der Politik, den auswaͤrtigen Geſchaͤf-
ten, oder der Perſoͤnlichkeit Pius des VI; er bleibt bloß bei einigen
Momenten der innern Staatsverwaltung ſtehn.
Die paͤpſtliche Kammer, meldet er, habe ein ſtarkes Deficit, das
durch die außerordentlichen Ausgaben, den Bau der Sacriſtei in S.
Pietro und die Arbeiten in den pontiniſchen Suͤmpfen — beide moch-
ten ſchon damals 2 Mill. gekoſtet haben — noch vermehrt worden:
das man mit Anticipationen und Creation von Papiergeld zu decken
ſuche. Auch gehe ſonſt viel Geld aus dem Lande. Le canapi, le
sete, le lane che si estraggono dallo stato, non compensano li
pesci salati, li piombi, le droghe e la immensa serie delle ma-
nifatture che si importano in esso da Genova specialmente e dalla
Francia. Il gran mezzo di bilanciar la nazione dovrebbe essere
il commercio de’ grani: ma la necessità di regolarlo per mezzo
di tratte affine di proveder sempre l’annona di Roma a prezzi
bassi lo rende misero e spesso dannoso. Quindi resta oppressa
l’agricoltura e spesso succedono le scarsezze del genere che obli-
gano a comprare il formento fuori dello stato a prezzi gravis-
simi. E’ comune opinione pertanto che questo commercio cu-
mulativamente preso pochissimo profitto dia alla nazione. Re-
sta essa debitrice con tutte quasi le piazze colle quali è in re-
lazione, e da ciò deriva in gran parte quella rapida estrazion
di monete che mette in discredito le cedole e forma la povertà
estrema della nazione. Si considera che il maggior vantaggio
di Roma sta colla piazza di Venezia per li varj generi che lo
stato pontificio tramanda a quelle di Vostra Serenità.
Man weiß, welche Mittel Pius VI. ergriff um dem Lande auf-
zuhelfen. Sie werden hier eroͤrtert, jedoch ohne beſondere Tiefe.
Zulian bemerkt, Pius VI. habe die Cardinaͤle noch unbedeuten-
der gemacht, als ſie ſchon waren. Bei ſeiner Ruͤckkunft von Wien
habe er ſie mit dunkeln und kurzen Notizen abgefunden. Da laͤßt
ſich freilich entgegnen: er hatte ihnen wenig mitzutheilen. Die
Sache aber iſt wahr. Der Staatsſecretaͤr Pallavicini, uͤbrigens ein
trefflicher Mann, konnte doch um ſo weniger ausrichten, da er haͤu-
fig erkrankte. Rezzonico, meint der Verfaſſer, habe noch den mei-
ſten Einfluß bei dieſem Papſte gehabt.
Appendix A
Gedruckt bei A. W. Schade in Berlin.
[][][]
einen praͤchtigen Lobſpruch gewidmet:
Vedete i quattro a cui il vecchio Apennino
ornerà il petto suo di fiori e d’erba — —
duca d’Urbino 1570. Vuole alloggiar tutti li personaggi che
passano per il suo stato, il numero de’ quali alla fine dell’ anno
si trova esser grandissimo.
S. Urbano VIII sopra lo stato d’Urbino von S. Marino. Bei
dem Uebergang an den Kirchenſtaat erweiterte es noch ſeine Privi-
legien.
portraitirt:
Quel piccolo fanciul, che gli occhi alzando
par che si specchi nell’ avo e nel padre
e l’alta gloria lor quasi pensando.
Mocenigo ſchildert ihn zur Zeit ſeiner Vermaͤhlung. Giostra leg-
giadramente, studia et è intelligente delle matematiche e delle
fortificationi: tanto gagliardi sono i suoi esercitii — come
giuocare alla balla, andare alla caccia a piedi per habituarsi
all’ incomodo della gnerra — e così continui che molti dubi-
tano che gli abbino col tempo a nuocere.
Lucrezia bereits eine Signora di bellezza manco che mediocre, ma
si tien ben acconcia, — — si dispera quasi di poter veder da
questo matrimonio figliuoli.
ria II della Rovere, ultimo duca d’Urbino, descritta dall’ illmo
Sr Antonio Donati nobile Venetiano. (Inff. Politt., auch bereits
gedruckt.)
l’indispositione già cadente prosternato et avvilito d’animo.
den: quei sudditi s’aggravano molto della mutatione, chiamando
tirannico il governo de’ preti, i quali altro interesse che d’arri-
chirsi e d’avanzarsi non vi tengono.
ſten Jahre Clemens VIII, ohne beſondere Ueberſchrift. Bibliot
Barb. no 1699, auf 80 Blaͤttern.
vasia 1606. Gli interessi che hoggi paga la sede apostolica as-
sorbono quasi tutte l’entrate di maniera che si vive in continua
angustia e difficoltà di provedere alle spese ordinarie e neces-
sarie, e venendo occasione di qualche spesa straordinaria non ci
è dove voltarsi.
della felice memoria di Paolo V 1606—1618.
bano VIII.
der Kaiſer auf jene Erwerbung Anſpruͤche gruͤndete.
conferir li beneficii ecclesiastici alli nepoti non hebbe alcun ter-
mine, et andò etiandio di gran lunga superiore a Sisto V suo
precessore, che spalancò questa porta.
da nepoti da far così contro la propria conscienza, non poteva
tanto nasconder nel cupo del cuore che non dirompesse la so-
prabondanza dell’ allegrezza.
a suoi parenti e concessioni fattegli. MS.
siede la casa Peretta, Aldobrandina, Borghese e Ludovisia, li
loro principati, le grossissime rendite, tante eminentissime fa-
briche, superbissime supellettili con estraordinarii ornamenti
e delizie non solo superano le conditioni di signori e prin
cipi privati, ma s’uguagliano e s’avanzano a quelle dei mede-
simi re.
è buon economo et ha mira di far danari, assai sapendo egli
molto bene che l’oro accresce la riputatione agli uomini, anzi
l’oro gli inalza e gli distingne vantaggiosamente nel cospetto
del mondo.
costumi, di soave natura, e con esempio unico non vuole rice-
ver donativi o presente alcuno. Sarà nondimeno vivendo il pon-
tefice al pari d’ogni altro cardinale grande e ricco. Hor deve
aver intorno 80000 sc. d’entrata di beneficii ecclci, e con li go-
verni e legationi che tiene deve avvicinarsi a 100m sc.
berina, come risulta da sincera notitia di partite distinte, 105
milioni di contanti. Dieſe Summe iſt ſo unglaublich, daß ſie wohl
fuͤr einen Schreibfehler gehalten werden koͤnnte. Doch findet ſie ſich
in mehreren Manuſcripten gleichfoͤrmig, unter andern in dem fosca-
riniſchen zu Wien, und in meinem eigenen.
Schriftchen: Motivi a far decidere quid possit papa donare, al 7
di Luglio 1640, von einem Mitgliede dieſer Commiſſion.
Monterotondo e Valmontone, fatto vendere a forza dai Colon-
nesi e Sforzeschi per pagare i debiti loro — — das Amt eines
Generals der Kirche trug 20000 Scudi ein.
duca di Parma fu da loro alloggiato, accarezzato, servito di gen-
til’huomini e carrozze, beneficato con la reduttione del monte
Farnese con utile di grossa somma del duca e danno grandis-
simo di molti poveri particulari, corteggiato e pasteggiato da
ambi li fratelli cardli per spatio di più settimane, e regalato di
cavalli, quadri et altre galanterie, e si partì da Roma senza pur
salutarli.
handſchriftlich uͤbrig ſind, finde ich beſonders folgende ruhig und
glaubwuͤrdig: Risposta in forma di lettera al libro di duca di
Parma, in dem 45ſten Bande der Informationi: Il duca Odoardo
fu dal papa e ringraziollo, soggiunse di non si poter lodare del
Sr Cle Barberino. Dal papa gli fu brevemente risposto che co-
nosceva l’affetto di S. Emza verso di lui. Licentiatosi da S.
Beatne senza far motto al Sr cardinale se n’andò al suo pa-
lazzo, dovendo se voleva esser accompagnato da S. Emza rima-
nere nelle stanze del Vaticano e licentiarsi parimente da S.
Emza, come è usanza de’ principi. La mattina finalmente parti
senza far altro.
Castro e Ronciglione, affittato per 94m scudi l’anno a gli Siri.
Sopra questa entrata è fondata la dote dell’ uno e dell’ altro
monte Farnese, vecchio cioè e nuovo. Il vecchio fu fatto dal
duca Alessandro di 54m scudi l’anno, denari tutti spesi in Fian-
dra: al quale il presente duca Odoardo aggiunse somma per
300m scudi in sorte principale a ragione di 4½ per cento: e di
più impose alcuni censi: di modo che poco o nulla rimane per
lui, sì che se li leva la tratta del grano, non ci sarà il pago
per li creditori del monte, non che de’ censuarii.
in der ihnen nur die „facultas frumenta ad quaecunque etiam
praefatae Romanae ecclesiae e nobis immediate vel mediate sub-
jecta conducendi“ gegeben war; — jedoch hatte ſich indeß die freie
Ausfuhr uͤberhaupt gebildet.
quo milites numero 40 circiter, qui in eisdem ponte et vallo ad
pugnandum appositi fuerunt, amicabiliter ex eis recedere recusa-
bant, immo hostiliter pontificio exercitui se opponebant, fuit coa-
ctus pro illorum expugnatione quatuor magnorum tormentorum
ictus explodere, quorum formidine hostes perterriti fugam tan-
dem arripuerunt, in qua unus ipsorum interfectus remansit.“
curio tom. II, p. 1289.
ma del rimanente delle mura di Roma, alle quali sono deputati
tre cardinali, Pallotta, Gabrieli et Orsino, che giornalmente ca-
valcano da una porta all’ altra: e si tagliano tutte le vigne che
sono appresso le mura per la parte di dentro di Roma, cioè
fanno strada tra le mura e le vigne e giardini con danno gran-
dissimo de’ padroni di esse: e così verrà anche tocco il bellis-
simo giardino de’ Medici, e perderà la particella che haveva
nelle mura di Roma.
legisti e theologi di potere conforme la bolla di Sisto V ces-
sare denari dal tesoro dal castel Sant’ Angelo, il lunedì 22 del
mese il papa tenne consistoro per il medesimo affare. — — Fu
risoluto di cessare 500m scudi d’oro, a 100m per volte, e non
prima che sia spesi quelli che al presente sono ancora in es-
sere della camera.
una sopra il sale oltre l’altre, la 2a sopra le legna, la 3a so-
pra la dogana, la quale in tutte le mercantie che vengono per
primo impetu validum, mox senescens, postremo neutrius partis
fructu, imo militum rapinis indigenis exitiale, irritis conatibus
prorsus inane in mutua studia officiaque abiit.
bilmente esausto essendoci stato affermato da più Cli, aver
spesi i Barberini nella guerra passata sopra 12 milioni d’oro.
sciuto uno per cento d’avvantaggio, e si aspettano altre 3 ga-
belle per le necessità correnti, una sopra le case, l’altra sopra
li censi, la terza sopra li casali, cioè poderi nella campagna.
J. Nicii Erythraei Epist. LXVIII ad Tyrrhenum 3 non. Aug.
1644. Civitas sine jure est, sine dignitate respublica. Tantus
in urbe armatorum numerus cernitur quantum me alias vidisse
non memini. Nulla domus est paulo locupletior quae non mi-
litum multorum praesidio muniatur: ac si in unum omnes coge-
rentur, magnus ex eis exercitus confici posset. Summa in urbe
armorum impunitas, summa licentia: passim caedes hominum
fiunt: nil ita frequenter auditur quam: hic vel ille notus homo
est interfectus.
tefice nel bel principio del suo governo a con publiche dimo-
strationi registrate in marmi detestato le opinioni del precessore,
rendendo il lustro alle glorie degli antenati di VV. EE. Man
ſieht wie hoch ſie das aufnahmen.
I Barberini, come affatto esclusi dal matrimonio del novello
pontefice, cominciorono a machinar vastità di pensieri stimati
da loro nobili. Il papa continuò ad invigilare con ogni accu-
ratezza, che la discamerata camera fusse da loro sodisfatta.
mo, ſagt unſer Deone, 19 Nov. 1644, che sia opera della Sra
donna Olimpia che ha voluto vedere il figlio cardinale e de-
sidera più tosto genero che nora.
è dama di gran prudenza e valore, conosce il posto in cui si trova
di cognata del pontefice, gode la stima e l’affettione della Stà S.,
ha seco molta autorità.
cordì la tarda (Ag. 1648) la Sra Olimpia con ambedue le figliuole
con molta comitiva passò per longo il corso: ogn’ uno credeva
che ella andasse a visitare la nuora, ma passò avanti la casa
senza guardarla.
plicatione alla quiete dello stato ecclesiastico e particolarmente
di Roma, acciò goda ciascheduno delle proprie facoltà e della
libertà del praticare la notte e non rimanga l’inferiore tiran-
neggiato dal superiore.
gotio sta posto totalmente, e mi disse: „non possiamo andare
per le strade di Roma, che non si venga gridato dietro che
facciamo pagare il duca di Parma. Sono sette anni che non
paga, e di questa entrata devon viver molti luoghi pii e vedove
e pupilli“ Man ſieht, daß ſeine Motive nicht verwerflich ſind.
contro monsr Mascambruno, con laquale s’intende che s’instruisca
il processo che contro il medesimo si va fabricando; und die
noch ausfuͤhrlichere Schrift Pro R. P. D. Mascambruno. MS.
papa ha perduto il beneficio conferito a tutte le sue creature,
che si tengono offese che papa habbia preferito un giovane senza
esperienza a tutti loro, tra quali sono huomini di molto valore,
segno che tutti l’ha per diffidenti overo inetti alla carica. In
einer Schrift Osservationi sopra la futura elettione 1652 wird
auch viel daruͤber discurirt. „Io credo che sia solamente un ca-
priccio che all’ improviso gli venne — — conoscendo appena
monsr Camillo Astalli.“
vecchia passò con breve mezzo dall’ estremo della disgratia
all’ estremo della gratia.
chevole — — proruppe a varie dimostrationi quasi di smanie.
— — Assai temuto, niente amato, non senza qualche gloria e
felicità ne’ successi esterni, ma inglorioso e miserabile per le
continue o tragedie o comedie domestiche.
Omodei, Borromei, Odeſcalco, Pio, Aquaviva, Ottobuono, Albizi,
Gualtieri, Azzolini. Den Namen Squadrone brachte der ſpaniſche
Geſandte auf.
ditò Cl Chigi, che era indi lontano alquanto nella medesima
camera (Pallavicini).
Alexanders VII, qui prae multis vectigalibus humeris sibi ferre
videbatur recentiores pontificias domos tot opibus onustas, huic
Alexandri Smi magnanimitati mirifice plaudebat; — — inexpli-
cabili detrimento erat et sacro imperio distributione minus aequa
beneficiorum et perpetuis populi oneribus. Relatione de’ IV
ambasciatori 1655. E continenza sin ora eroica quella di che
S. Stà si mostra armata, escludendo dall’ adito di Roma il fra-
tello, i nepoti e qualunque si pregia di congiontione di sangue
seco: et è tanto più da ammirarsi questa parsimonia d’affetti
verso i suoi congiunti quanto che non è distillata nella mente
dalle persuasioni, ma è volontaria e natavi per propria elet-
tione.
sione di dire al padre Luti“ — P. Luti war mit dem Papſt auf-
gewachſen, beſuchte ihn haͤufig, und wuͤnſchte die Berufung der Ne-
poten — „che il papa era in obligo sotto peccato mortale di
chiamare a Roma i suoi nepoti.“ Dann fuͤhrte er jene Gruͤnde an.
non potean comparir in publico senza soggiacere a mordaci
scherni.
che vale 100m scudi, la Riccia, che costa altrettanto, il palazzo
in piazza Colonna, che finito arriverà ad altri 100m sc., for-
mano bellissimi stabili per Don Augustino, et aggiuntovi i luo-
ghi di monte et altri officii comprati faranno gli stabili di una
sola testa più di mezzo milione, senza le annue rendite di 25m
sc. che gode il commendator Bichi, e senza ben 100m e più sc.
d’entrata che ogni anno entrano nella borsa del Cl Chigi. Das
ſind natuͤrlich Berechnungen wie man ſie damals im Geſpraͤch des Ta-
ges anſtellen mochte und denen kein hoͤherer Werth zuzuſchreiben iſt.
pretendevano che il papa potesse disporre d’indulgenze, — —
ma per pace e guerra, alienatione di stati, impositione di ga-
belle dovrebbe ricorrere ai cardinali.
siere di vivere, e con severo divieto ripudiato il negotio.
merito della presente elettione, successe che Chigi con mal re-
golato consiglio e fuori di tempo et ordine si dichiarò in sala
regia nell’ entrare in capella allo scrutinio, che acconsentiva
alla nomina di Rospigliosi. — — Ottoboni inanzi dell’ adora-
tione fu dichiarato prodatario, Azzolini segretario di stato.
disfatti, per non haver volsuto rimuovere alcuno de’ ministri et
officiali di quelli dell’ antecedente pontefice, come sempre costu-
marono di far gli altri pontefici. Schon tadelt man das, weil er
ſeine Nepoten ohne die gehoͤrige Stuͤtze laſſen werde. Quelli che ha-
vevano ricevute le cariche di Alessandro VII, benchè non ri-
mossi da Clemente, conserveranno l’obligatione agli eredi di
Alessandro.
gento una lunga catena per la povertà della loro casa lavora-
vano (Quirini).
pontefice 1664.
Marcusbibliothek VI, 237 und 234.
Federico principe di Botero: il secondo Don Girolamo cardi-
nale, cuore del padre e meritamente per esser signore di tutta
bontà: il terzo Don Carlo, il quale dopo diversi soldi di Fian-
dra e di Germania si fece monaco ed abate Casinense: il quarto
Don Marc Antonio, accasato in Sicilia: il quinto Don Prospero
colare Stroppio della persona, ma altrettanto fatica d’ingegno.
franzoͤſiſche Geſandte Bethune bei Siri Memorie rec. VI, p. 262.
Circa il fermar le carrozze per complimento e come s’introdusse
in uso.
a Roma nobili vengono da basso principio, come da notaro,
speziale che sarebbe da sopportare, ma dell’ arte puzzolente
della concia di corame. Io benchè sappia particolarmente l’o-
rigine, non però lo scrivo per non offendere alcuno.
di cittadinanza Romana, — — son venute da Fiorenza e Genova
coll’ occasione del danaro — — molte volte mojono nelle fascie.
bis 1816, hat Cancellieri del tarantismo di Roma p. 73.
ris opera a Paulo vel in urbe vel alibi instituta. MS. Unius
Pauli jussu impensisque instructa ejus templi pars cum reliquis
ab omnibus retro pontificibus exstructis partibus merito conferri
potest.
Weiſe noch in Rom veruntreut worden — der vornehmſte Verluſt
den meine Sammlung erlitten hat — hat Cancellieri del taran-
tismo di Roma p. 55 die hieher gehoͤrigen Stellen abdrucken laſſen.
la quale (la fontana di papa Paolo — es war damals nur eine)
difficilmente potrà superare nè in bellezza nè in quantità d’acque.
erigendo, di quatro ordini di questi restar cinta dovendo tutti
che doch eigentlich nicht viel mehr zu Stande gebracht als die ita-
lieniſche Bearbeitung der Naturgeſchichte Mexicos von Hernandez.
Tiraboschi: Storia della letteratura Italiana VIII, p. 195.
Nachrichten des Erythraͤus zu Folge, die bei Fiſcher Vita Erythraei
p. L. LI recht gut zuſammengeſtellt ſind.
magnifici ingressi, e sopra da un corridore che sarà d’altro or-
dine di picciole colonne e di statue adornato, il papa pretende
che servir debbano per ricevere della pioggia e del sole alle
carrozze. Damals beliefen ſich die Koſten bereits auf 900000 Sc.,
die aus der Caſſe della fabrica di S. Pietro genommen wurden.
holtz Mémoires pour servir à l’histoire de Christine Tom. III,
p. 41: On m’a voulu persuader qu’on mit en déliberation en
certaines assemblées particulières s’il falloit se mettre en li-
berté, n’ayant qu’un enfant en tête, dont il étoit aisé de se
défaire, et de s’ériger en république. Vergl. die Note von
Arckenholtz.
Suecia. MS. Ella m’ha più d’una volta assicurato di non aver
mai portato avanti alcun negotio grave a cui non avesse quasi
due anni prima pensato, e che molte hore della mattina, dopo
che s’era svegliata da quel poco sonno che era solita di pren-
dere, impiegava nel considerare i negotii e conseguenze loro
benchè lontane.
sches de Mr Chanut I, p. 245 (1648 Févr.). Il est incroyable
comment elle est puissante dans son conseil, car elle ajoute à
la qualité de reine la grace, le credit, les bienfaits et la force
de persuader.
III, 162 Noten.
l’âge de quatorze ans toutes les langues, toutes les sciences et
tous les exercices dont ont vouloit m’instruire. Mais depuis
j’en ai appris bien d’autres sans le secours d’aucun maître: et
il est certain que je n’en eus jamais ni pour apprendre la lan-
gue Allemande, la Françoise, l’Italienne, ni l’Espagnole.“
bei Arckenholtz II, zweiter Anhang, p. 104.
je puis dire sans flatterie qu’elle tient mieux sa partie ès con-
férences qu’elle tient assez souvent avec messieurs Bochart,
Bourdelot, du Fresne et moi, qu’aucun de la compagnie, et si je
vous dis que son esprit est tout à fait extraordinaire, je ne
mentirai point, car elle a tout vu, elle a tout lu, elle sait tout.
bung p. 57, „sans doute mariée si je n’eusse reconnue en moi
la force de me passer des plaisirs de l’amour“; und man darf
von Beichte iſt.
365, Mai 1654, laͤßt ſich nicht anders urtheilen.
bien instruire un enfant tel que j’étois, ayant une honnêteté,
une discrétion et une douceur qui le faisoient aimer et estimer.
holtz IV, App. n. 21, und beſonders von Graf Brahe, Arckenh.
IV, p. 229. — Das Werk Matthiaͤs iſt Idea boni ordinis in
ecclesia Christi.
ten Note, „que les hommes vous faisoient parler à leur mode
et qu’ils me vouloient tromper et me faire peur pour me gou-
verner à la leur“: bei Arckenholtz tom. III, p. 209.
Urheber ihrer Bekehrung erklaͤrt. Nach der Relation hieruͤber bei
Arckenholtz I, 465 wuͤrde der erſte Gedanke Franken nach Stockholm
zu ſchicken bei der Ruͤckkehr des Salmaſius von da, welche 1651
erfolgte, entſtanden ſeyn. Macedo war jedoch ſchon 1650 daſelbſt;
ſein Anſpruch iſt unlaͤugbar.
scuit, non tunc solum quum ad eam Macedus ab legato mitte-
batur, sed etiam ipso praesente, qui nihil intelligens animadver-
tebat tamen longiores inter eos esse sermones quam res ferrent
ab se interpreti propositae et sibi ab interprete relatae.
Auszug im Anhang.
Hesse, bei Arckenholtz I, p. 218. „Pouvez-vous ignorer combien
ceux qui changent sont haïs de ceux des sentimens desquels
ils s’éloignent, et ne saurez-vous pas par tant d’illustres exem-
ples qu’ils sont méprisés de ceux auprès desquels ils se
rangent?“
risolutione di rinonciare la corona, bei Arckenholtz II, App. no
47, wahrſcheinlich von Raym. Montecuculi.
Eid, mit dem ſie dem Reiche Schweden und ihren Unterthanen ver-
bunden waͤre, — es ſey kein ehrlicher Mann, der Ihrer Maj. einen
ſolchen Rath gebe.“ Leben des Grafen Peter Brahe in Schloͤzers
Schwediſcher Biographie II, p. 409.
wurde) omnino voluissent ab regina regnum retineri, ob emolu-
menta quae tum in religionem tum in regem catholicum redun-
dassent, sed cognito id fieri non posse nisi laesa religione, pla-
cuit regi patronum esse facti tam generosi.
papa Innocentio che il ricevimento dovesse costarli caro ritardò
il suo arrivo in Roma: e contento quel buon pontefice del ri-
sparmio del danaro lasciò la gloria intiera al suo successore
d’accomplire a questa memoranda funtione. Intorno a ciò ri-
trovammo al nostro giongere in Roma occupate le maggiori
applicationi della corte, et al ritorno ci si fece vedere tutto lo
stato della chiesa involto in facende et a gara l’una città dell’ al-
tra chi sapeva fare maggiore ostentatione di pomposi accogli-
menti.
28, § 28. In quest’ accademia si studj la purità, la gravità e
la maestà della lingua Toscana: s’imitino per quanto si può i
maestri della vera eloquenza de’ secoli d’Augusto e di Leone X,
— — e però si dia bando allo stile moderno turgido ed am-
pollosa, ai traslati, metafore, figure etc. Ein anderer Paragraph
(11) verbietet alle Lobeserhebungen der Koͤnigin, was denn auch
ſehr nothwendig war. In dem vierten Bande von Nicoletti’s Le-
ben Urbans VIII. findet ſich eine Schilderung dieſer Akademie, in
der hauptſaͤchlich dargethan wird, daß die vornehmſten Mitglieder,
Angelo della Noce, Giuſeppe Suarez, Joh. Franz Albani (ſpaͤterhin
Papſt), Stephan Gradi, Ottavio Falconieri, Stephan Pignatelli,
Hausgenoſſen des Card. Franz Barberino geweſen ſeyen.
Redactionen: Ouvrage de loisir de Christine reine de Suede im
Anhange des zweiten und Sentimens et dits mémorables de Chri-
stine im Anhange des vierten Bandes von Arckenholtz.
tefice Romano 1664. MS.
sun altro paese d’Italia la rendita del danaro aveasi tanto pin-
gue e tanto sicura, pian piano era succeduto che quei luoghi
del primitivo lor prezzo di 100 fussero cresciuti nella piazza al
valor di 116. Hor la camera valendosi del suo diritto, come
avrebbe potuto qualsivoglia privato, rendeva il prezzo origina-
rio di 100, non permettendo la vastità della somma — er rech-
net 26 Mill. — nè persuadendo la qualità de’ padroni, in gran
parte ricchi e forastieri, che ad aggravio de’ poveri, alle cui
spalle stanno tutti i publici pesi, il pontefice usasse più la libe-
ralità usata da lui nell’ estintione de’ monti vacabili.
degli officii più considerabili si viene a riempire la corte d’uomini
tio dalli deputati della città di Fermo per il tumulto ivi seguito
alli 6 di luglio 1648. MS. S. Bisaccioni Historia delle guerre
civili p. 271, wo neben England, Frankreich, Polen, Neapel auch
Fermo auftritt.
seder tali officii per merito e per virtù, male veramente notabile
che smacca il credito concepito della grandezza della corte Ro-
mana, non avendo detti mercenarj d’officii involto l’animo che
in cose mecaniche e basse e più tosto mercantili che politiche.
osservationi sulle campagne e sull’ annone di Roma 1803 findet
ſich B. II. die lange Reihe paͤpſtlicher Verordnungen uͤber dieſe Ge-
genſtaͤnde.
S. den Anhang.
rir la chiesa: però veggiamo che tutto quello che passa a lei, è
in pregiudicio del publico, come che le terre sue subito sono
dishabitate e le possessioni mal coltivate, si vede in Ferrara,
in Urbino, in Nepe, in Nettuno et in tutte le piazze che sono
passate nel dominio della chiesa.
dole ne cava bona somma di danaro: non vole i prezzi troppo
vili nè grano forestiero: l’arte del campo viene ad abbandonarsi
per il poco o niun guadagno che ne traggono.
ridotto dalle gabelle Barberine lo stato ecclesiastico e smunta
la corte dall’ ingordigia di Olimpia confidavano generoso ristoro
della bontà d’Alessandro.
gungen der Dataria geſchrieben worden „di carattere francese,
come è restato in uso della dataria dapoi che la sedia fu in
Avignone“, was denn der Papſt nicht gern las.
nella corte Romana e gli ordini con i quali si potrebbe rifor-
mare, scrittura fatta da un avvocato da presentarsi alla Stà di
N. Sre Alessandro VII. MS. Rang. zu Wien no 23.
supremo (della rota) si corrompe la giustitia a tutti gli altri mi-
nori, almeno dello stato ecclesiastico, vedendosi da giudici dare
sentenze con decisioni sì fatte.
au pape Alexandre VII en 1663, copie tirée des Manuscritti
della regina di Suezia, bei Arckenholtz Mémoires tom. IV, App.
no XXXII: eine ſehr unterrichtende Schrift, die durch gar viele an-
dere beſtaͤtigt wird, z. B. eine Scrittura sopra il governo di Roma,
aus derſelben Zeit (Bibl. Alt.). I popoli, non avendo più ar-
gento nè rame nè biancherie nè matarazze per sodisfare alla
indiscretione de’ commissarj, converrà che si venderanno schiavi
per pagare i pesi camerali.
ogni beneficio capace di pensione rimanga caricato come l’asino
di Apulejo, che non potendo più sostenere il peso meditava di
gettarsi in terra, quando il veder caduto il compagno e tosto de’
vetturini scorticato hebbe per bene di sopportare l’insopporta-
bil soma. In der Schilderung des Uebels ſelbſt ſtimmen alle Zeit-
genoſſen uͤberein. Es fuͤhrte ſich auch wieder ein, daß man die Kir-
chen mit Vorbehalt eines Theiles der Einkuͤnfte Andern abtrat.
Deone, Diario 7 Genn. 1645, nachdem er uͤber das bologneſiſche
Erzbisthum, das der Cardinal Colonna an Albregati uͤberließ, be-
richtet hat, faͤhrt fort: con questo esempio si è aperta la porta
d’ammettere le risegne: e così stamane si è publicata la risegna
della chiesa di Ravenna fatta dal cardl Capponi nella persona
di monsr Tungianni suo nipote con riserva di pensione a suo
favore e dopo la morte sua d’una buona parte al cardl Pamfilio.
di studiare e la cura di difendere la religione. Deteriorandosi
il numero de’religiosi dotti et esemplari, potrebbe in breve sof-
frirne non poco detrimento la corte: onde al mio credere fareb-
bono bene i pontefici di procurar di rimettere i regolari nel
primo posto di stima, partecipandoli di quando in quando ca-
riche, — — e così nelle religioni vi entrerebbero huomini
eminenti.
druck den die Conſtitution machte. Non entrando quella ragione
ne’ cappuccini et altri riformati che non possedono entrata, te-
mono che la prohibitione sia perpetua, e così cred’ io, fin a
tanto che il numero de’ regolari hoggi eccessivo sia ridotto a nu-
mero competente e la republica da loro non venga oppressa.
conventuum, eorumque reductione ad statum secularem, et bono-
rum applicatione, et prohibitione erigendi nova loca regularia in
Italia et insulis adjacentibus. Idibus Oct. 1652.
deteriora; — — d’huomini di valore effettivamente scarseggia
al presente la corte al maggior segno.
stile che le cariche si trasferiscono solamente a prelati e che la
prelatura si concede solo a quelli che hanno entrata sufficiente
per mantenere il decoro, ne siegue però che la maggior parte
di soggetti capaci ne resta esclusa.
che sopra le massime, istituti e governo della compagnia di Gesu
(MS Rom.) findet ſich ein ausfuͤhrlicher Aufſatz von beinahe 400
Blatt: Discorso sopra la religione de’ padri Gesuiti e loro modo
di governare, — geſchrieben zwiſchen 1681 und 1686 von einem
augenſcheinlich tief eingeweihten Manne, — aus dem die folgenden
Notizen groͤßtentheils genommen ſind.
veri non si visitano, i terreni non si coltivano. — — Esclu-
dendo quei pochi, d’ordinario giovani, che attendono ad inse-
gnare nelle scuole, tutti gli altri, o che sono confessori o procu-
ratori o rettori o ministri, appena hanno occupatione di rilievo.
il generale de’ Gesuiti: fu di poche lettere, ma di santità di
vita non ordinaria: quanto alla sua persona, egli non ha mai
voluto carrozza al suo servigio, nè esser differentiato da qual-
sivoglia minimo tra di loro nel trattar del vitto o vestito: quanto
agli altri, voleva che i padri Gesuiti fossero e vivessero da re-
ligiosi lasciando i trattati politici e’l frequentare le corti, nel che
havendo trovato difficoltà impossibile gli hanno cagionato il se-
dio della morte.
nendo noi, ſchließt der Autor, in tal tempo a Roma ed andando
a fargli riverenza (a Nickel) — — conchiuse con dire queste
parole: „io mi trovo qui abandonato e non posso più niente.“
Mtà del re Xmo 1639—1641. I Gesuiti, che dovrebbero essere
come altre volte defensori della santa sede, più degli altri la
pongono in compromesso. — Professano totale ritiratezza (dalla
nuntiatura) dubbiosi sempre nell’ accostarsi al nuntio di non per-
dere appresso ministri regj.
maevum spiritum societatis: Definitis pro arbitrio dantis domi-
bus sive collegiis in quibus aut sedem sibi fixurus est aut jam
animo fixerit, — — anxie agunt ut quae societati reliquerunt,
ipsimet per se administrent.
paupertatis. Illud intolerabile, si et lites inferant et ad tribuna-
e nel giorno della propria festa si fanno le loro offerte ovvero
mancie, le quali ascendono a somma considerabile. — Il danaro
poi di queste offerte o che venga impiegato in argenti, quadri
palam negotiantur ad quaestum, — — specie quidem primo
aspectu etiam honesta, caritate in consanguineos, decepti.
in utilità de’ collegi medesimi. Avegna che i rettori locali se
ne servono indifferentemente, dal che ne derivano infinite offen-
sioni, poco o nulla stimano i lamenti de’ proprj scolari.
divina.“
dub. III druͤckt ſich ſo aus: Tria requiruntur ad peccatum mor-
tale (quod gratiam et amicitiam cum deo solvit), quorum si unum
desit, fit veniale (quod ob suam levitatem gratiam et amicitiam
non tollit): 1. ex parte intellectus, plena advertentia et delibe-
ratio, 2. ex parte voluntatis, perfectus consensus, 3. gravitas
materiae.
ficio vel favore principis. Busembaum lib. III, tract. IV, cap.
I, dub. V, art. I, n. 6.
obligatur, nisi forte ratione scandali, cum non juraverit sed lu-
serit. (lib. III, tract. II, c. II, dub. IV, n. 8.)
test quis facere quod probabili ratione vel auctoritate putat li-
cere, etiamsi oppositum tutius sit: sufficit autem opinio ali-
cujus gravis autoris.
losae sunt 1. scrupulos contemnere, 4. assuefacere se ad sequen-
das sententias mitiores et minus etiam certas.
briam deinde migravit, ubi eruditissimorum virorum consuetu-
dine et familiari studiorum communione in SS. Patrum et prae-
sertim Augustini intelligentia magnos progressus fecisse, saepe
testatus est.
beratio voluntatis non est peccati remissio, sed relaxatio quae-
dam delectabilis vinculi concupiscentialis, cui innexus servit
animus quoad per gratiam infusa coelesti dulcedine ad suprema
diligenda transferatur. So verſteht auch Pascal dieſe Lehre. Dieu
change le coeur de l’homme par une douceur céleste qu’il y
répand. Les Provinciales 1. XVIII, tom. III, p. 413.
mina virtutum immutabilia et sempiterna non sunt aliud quam
lex aeterna quae in ipsa dei aeterni veritate splendet, quam pro-
inde diligendo non aliud diligit nisi ipsum deum seu veritatem
et justitiam ejus incommutabilem, a qua promanat et ex cujus
refulgentia lucis fulget quidquid velut justum et rectum ap-
probamus.
necessaria non peccandi recteque vivendi.
Chrétienne.
Fontaine I, p. 225. Racine: Hist. de Portroyal p. 134.
giens de Paris s’appliquerent tellement à l’étude de l’Augustin
d’Ipres, où ils reconnoissoient celui d’Hippone, — — qu’on
commençoit à n’entendre plus parmi ces theologiens que les
noms de Jansenius et de S. Augustin.
gens eine zur Verwunderung parteiiſche Arbeit.
Honorato Herzan (Hersent), dottor della Sorbona di Pariggi, per
la predica che fece in San Luigi nel giorno della festa, nella
quale sostenne e difese l’opinione di Jansenio con esaltarlo per
unico interprete di S. Agostino non specificandolo ma però de-
lineandolo che da ciascheduno era inteso. Egli si ritirò in casa
dell’ ambasciator di Francia e di là a Pariggi. Il suo libro è
prohibito, et il maestro del sacro palazzo ne ha havuto qualche
travaglio per haverne permessa la stampa: egli si scusa con
dire che veniva dedicato al papa et era in lingua francese, la
quale egli non intende, però contenendo il libro l’opinione fa-
vorevole all’ opinione loro contro l’opinione de’ Gesuiti.
fuͤgt er hinzu, vel tunc ostendi potuisset hanc aliasque nonnul-
las propositiones ab Augustino doctorum omnium coryphaeo
traditas, nunquam, arbitror, hujusmodi decretum ab apostolica
sede permanasset.
formato dichiarasse ciò che dovea permettersi o proibirsi intorno
cinque principali propositioni di quell’ autore.“
p. 15.
dieſe Details mit. Von dem Papſt ſagt er: Il suo intelletto alie-
nissimo delle sottigliezze scolastiche.
daß ſie von Chigi und hauptſaͤchlich von Albizi, Beiſitzer der Inqui-
ſition, verfaßt iſt.
ex libro praememorati Cornelii Jansenii episcopi Iprensis cui
titulus Augustinus excerptas ac in sensu ab eodem Jansenio in-
tento damnatas fuisse declaramus et definimus.
Novum et inauditum apud nos nonnulli dogma procuderunt, ec-
clesiae nempe decretis quibus quotidiana nec revelata divinitus
facta deciduntur, certam et infallibilem constare veritatem. Dieß iſt
doch eigentlich die anerkannte Auslegung der Frage von droit und fait.
extraites du livre de Cornelius Jansenius intitulé Augustinus, et
dans le sens du même auteur, comme le saint siege apostolique
les a condamnées par les susdites constitutions.“ Dagegen die
ausfuͤhrlichere Friedenserklaͤrung: „Vous devez vous obliger à
condamner sincèrement, pleinement, sans aucune réserve ni ex-
ception tous les sens que l’église et le pape ont condamnés et
condamnent dans les cinq propositions.“ Es folgt ein zweiter
Artikel: déclarons que ce seroit faire injure à l’église de com-
prendre entre les sens condamnés dans ces propositions la doc-
trine de St. Augustin et de St. Thomas touchant la grace effi-
cace par elle-même nécessaire à toutes les actions de la piété
chrétienne et la prédestination gratuite des élus.
tutte le cose haver l’animo inflessibile e che la sua indepen-
denza non ammetta alcuna ragione degl’ interessi de’ principi.
Ma quello in che preme con insistenza et a che tende l’im-
piego di tutto il suo spirito è di conservare e di accrescer la
giurisdittione ecclesiastica. Questo medesimo concetto fu sem-
pre sostenuto dal pontefice nella sua minor fortuna, e ciò è
stato anche grandissima causa della sua esaltatione.
manae 1683. Disc. XVII, p. 109. Etiam apud bonos et zelan-
tes ecclesiasticos remanet quaestio, an hujus congregationis
erectio ecclesiasticae immunitati et jurisdictioni proficua vel prae-
judicialis fuerit, potissime quia bonus quidem sed forte indiscre-
tus vel asper zelus aliquorum, qui circa initia eam regebant, ali-
qua produxit inconvenientia praejudicialia, atque asperitatis vel
nimium exactae et exorbitantis defensionis opinionem impressit
apud seculares. Ein doch ſehr bedeutendes Geſtaͤndniß von einem
Cardinal.
1641 5 Aprile. Er hat einen beſondern Abſchnitt dell’ impedi-
menti della nuntiatura ordinaria: Li giudici regj si può dire che
levino tutta la giurisdittione ecclca in Francia alli prelati.
sione di Panfilio fatta da cardinali Francesi nel conclave non
era volontà regia nè instanza del cl Antonio, ma opera del
cl Mazzarini, emulo e poco ben affetto al cl Panziroli, il quale
prevedea che doveva aver gran parte in questo ponteficato. —
Wie das auch wirklich der Fall war.
corone 1664 hat p. 120 Osservationi sopra le cause per le quali
si conclude la pace senza intervento del papa. Wir ſehen, daß
das ſchlechte Verhaͤltniß zwiſchen dem Papſt und Mazarin in jenen
Zeiten eine bekannte Sache war.
rale partialità del cardl Altieri per la corona cattolica rende alla
xma sospetta ogni sua attione. Il pontefice presente è consi-
derato come un imagine del dominio che risiede veramente
nell’ arbitrio del nipote.
Questo fatto arrivato alla corte sicome eccitò lo stupore e lo
scandolo universale così pervenuto alla notitia di N. Sre mosse
un estremo cordoglio nell’ animo di S. Beatne.
XI. MS (Bibl. Alb.)
Erettione et aggionte de’ monti camerali, finden ſich die hieher
gehoͤrigen Decrete und Breven. In einem Breve an den Teſoriere
Negroni von 1684 erklaͤrt Innocenz zuerſt ſeine Abſicht d’andar li-
berando la camera del frutto di 4 p. c. — che in questi tempi
è troppo rigoroso.
main en Laye en l’année 1680) faite au roi le 10 juillet par
l’illme et révme J. Bapt. Adheimar de Monteil de Grignan. Mém.
du clergé tom. XIV, p. 787.
mile dipendenza segue l’ordine ecclco le massime e l’interesse
della corte, come l’ha fatto conoscere l’assemblea sopra le ver-
tenze della regalia, unita, diretta e disciolta secondo le conve-
nienze ed ispirationi del ministero politico. Provenendo della
pongono, dominati sempre da nuove pretensioni e speranze si
scorgono più attaccati alle compiacenze del monarca che gli
stessi secolari.
98, und die Note Lebrets: „Alſo iſt es nicht zu widerſprechen“ ꝛc.
nella conversion degli Ugonotti dispiacque al re, non riportar
dal pontefice lode che sperava, e riceve il papa in mala parte
che fosse intrapresa senza sua participatione et eseguita con i
noti rigori, — — publicando che non fosse proprio fare mis-
sioni d’apostoli armati, e che questo metodo nuovo non fosse il
migliore giachè Christo non se n’era servito per convertire il
mondo: in oltre parve importuno il tempo di guadagnar gli ere-
tici all’ ora che erano più bollenti le controversie col papa.
mano pontifice dissidium 1697. Eine Widerlegung von Lavardin,
welche dieſe Ereigniſſe mit vieler Ruhe und Einſicht eroͤrtert; ſie ge-
hoͤrt mit zu der Reihe trefflicher publiciſtiſcher Schriften die durch
die Anmaßungen Ludwigs XIV. in Deutſchland, den Niederlanden,
Spanien und Italien hervorgerufen wurden.
dien werden hier auf 2 Millionen Sc. angeſchlagen.
de Prusse, par le comte de Dohna p. 78 findet ſich dieſe Be-
hauptung. Durch Koͤnigin Chriſtine ſeyen die Briefe an ſeinen Vater
gekommen, „qui les fesoit passer par le comté de Lippe, d’où
un certain Paget les portoit à la Haye.“ Trotz des Details dieſer
Angabe muß man ſie bezweifeln, wenn man bemerkt, daß die Koͤni-
gin Chriſtine in dieſer ganzen Zeit mit dem Papſt geſpannt war.
Bei dem Verhaͤltniß, das ſich aus ihrer Correſpondenz ergibt, halte
ich es fuͤr unmoͤglich, daß ihr der Papſt, der einſt die Achſel zuckend
geſagt hatte „è una donna“, ihr ein ſolches Geheimniß anvertraut
haben ſollte.
in Mackintosh: History of the revolution in 1688. II. Append.
regaliae quam circa declarationem de potestate ecclesiastica acto-
rum ac etiam omnium et singulorum mandatorum, arrestorum,
confirmationum, declarationum, epistolarum, edictorum, decreto-
rum quavis auctoritate sive ecclesiastica sive etiam laicali edi-
torum, nec non aliorum quomodolibet praejudicialium praefato-
rum in regno supradicto quandocunque et a quibusvis et ex
quacunque causa et quovis modo factorum et gestorum ac inde
secutorum quorumcunque tenores. 4 Aug. 1690 Cocquel. IX, p. 38.
nendosi questa volta da Francesi bisogno d’un papa facile e
d’animo assai rimesso e che potesse facilmente esser indotto a
modificare la bolla fatta nell’ agonia di Alessandro VIII sopra
le propositioni dell’ assemblea del clero dell’anno 1682, diedero
mano alla elettione di esso.
tice sur Portroyal p. 240) iſt der Meinung, daß dieſes Schreiben
von den Janſeniſten erfunden ſey, pour répandre du ridicule
et de l’odieux sur les nouveaux évêques; — aber einmal hat
gebracht; ſodann iſt die obige von den roͤmiſchen Schriftſtellern
wenigſtens indirect immer anerkannt worden, z. B. bei Novaes: Storia
de’ pontefici tom. XI, p. 117; endlich ward ſie gleich damals allge-
mein fuͤr echt gehalten, auch an dem Hofe, ohne Widerſpruch. Dome-
nico Contarini ſagt: poco dopo fu preso per mano da Francesi
il negotio delle chiese di Francia proponendo diverse formule
di dichiarazione, — — materia ventilata per il corso di due
anni e conclusa ed aggiustata con quella lettera scritta da ves-
covi al papa che si è difusa in ogni parte. Es iſt das aber eben
jene Formel. Eine andere iſt nicht bekannt geworden. — Auch Dau-
nou: Essai historique sur la puissance temporelle des papes II,
p. 196 theilt das Schreiben als authentiſch mit.
avuto mano o partecipatione nel testamento di Carlo II, io non
ardirò d’asserirlo, nè è facile di penetrare il vero con sicurezza.
Bensì addurrò solo due fatti. L’uno che questo arcano non si
sa, se con verità fu esposto in un manifesto uscito alle stampe
in Roma ne’ primi mesi del mio ingresso all’ ambasciata all’ora
che dall’ uno e l’altro partito si trattava la guerra non meno
delizia di Roma, e non eravi ministro regio nè natione che non
credesse tutto suo il cardinale Albani. Tanto bene, fuͤgt er
hinzu, sapeva fingere affetti e variare linguaggio con tutti.
di far publici elogj al christmo d’essersi ritirato dal partaggio
ricevendo la monarchia intiera per il nepote.
wo auch die Geiſtlichen zu den Kriegscontributionen herbeigezogen
worden. Accord avec les députés du duc et de la ville de Plai-
sance 14 déc. 1706 art. IX, que pour soulager l’état tous
les particuliers quoique très privilégiés contribueroient à la sus-
ditte somme. Eben dieß wollte der Papſt nicht leiden. Die kai-
ſerlichen Anſpruͤche wurden hierauf mit doppelter Lebhaftigkeit er-
neuert. Contredéclaration de l’empereur bei Lamberty V, 85.
wo auch die Geiſtlichen zu den Kriegscontributionen herbeigezogen
worden. Accord avec les députés du duc et de la ville de Plai-
sance 14 déc. 1706 art. IX, que pour soulager l’état tous
les particuliers quoique très privilégiés contribueroient à la sus-
ditte somme. Eben dieß wollte der Papſt nicht leiden. Die kai-
ſerlichen Anſpruͤche wurden hierauf mit doppelter Lebhaftigkeit er-
neuert. Contredéclaration de l’empereur bei Lamberty V, 85.
Schreiben des oͤſtreichiſchen Geſandten an den Herzog von Marlbo-
rough bekannt, bei Lamberty V, 242.
Vie de Clément XI tom. II, p. 78.
Cameracensi bei Rouſſet supplément au corps diplomat. de Du-
mont III, II. p. 173.
daß die Kaiſerlichen in Neapel wie in Mailand ſchon damals die
Abſicht hatten, che li beneficii ecclesiastici siano solamente dati a
nationali, colpo di non picciolo danno alla corte di Roma se si
effettuasse.
S. d. Anhang.
al trono di S. Pietro, non seppe cambiare l’indole sua. Egli
era di temperamento affabile insieme e vivace, e vi restò, spar-
geva fin da prelato li suoi discorsi con giocosi sali, ed ancor
li conserva, — — dotato di cuore aperto e sincero trascurò
sempre ogn’ una di quelle arti che si chiamano romanesche.
modo di provedere e premiare quegli ecclesiastici che per probità
tione ecclesiastica nello stato di S. Mtà Turino 5 Marzo 1816.
ibid. p. 250.
vizi prestati alla s. sede se ne renderanno meritevoli (Worte
des Concordats, unter andern in dem engliſchen Committeereport 1816
p. 317).
ſchildern den erſten Eindruck den ſie hervorbrachte. Les uns pu-
blioient qu’on y attaquoit de front les premiers principes de la
foi et de la morale; les autres qu’on y condamnoit les senti-
ments et les expressions des saints pères; d’autres qu’on y en-
levoit à la charité sa prééminence et sa force; d’autres qu’on
leur arrachoit des mains le pain céleste des écritures; — les
nouveaux réunis à l’église se disoient trompés etc. etc.
bis 97, wie viel die Inquiſition unter Carl III. und Carl IV. mit
wahren oder angeblichen Janſeniſten zu ſchaffen hatte.
pel ſey die Haͤlfte von den einigermaßen nachdenkenden Leuten Jan-
ſeniſten. Keyßler Reiſen p. 780.
ſich ein Aufſatz: de la destruction des Jésuites en France, worin
der Widerwille Choiſeuls gegen die Jeſuiten daher geleitet wird,
daß der General ihm einſt in Rom zu erkennen gegeben, daß er
wiſſe was in Paris bei einem Souper geſprochen worden war. Das
iſt aber eine Geſchichte, die ſich auf mancherlei Art wiederholt, und
ſchwerlich viel auf ſich hat. Die Sachen liegen etwas tiefer.
bert II, 20.
der von Murr aus einer italieniſchen Handſchrift uͤberſetzten Geſchichte
der Jeſuiten in Portugal doch recht anſchaulich geſchildert.
der Jeſuiten betreffend 1773 I, p. 211. Wie ſehr die allgemeine
Meinung dawider war, ſieht man unter andern aus Winkelmanns
Briefen.
stoire de la diplomatie française VI, 498. Die ganze Darſtellung
iſt ſehr lehrreich.
365. Dieſes Buch iſt nur uͤber die Aufhebung des Ordens brauchbar.
tributam sibi temere arrogantes totius societatis compagem in
Gallico regno dissolvunt etc. etc. Daunou hat dieß Actenſtuͤck:
Essai II, 207.
niſchen Werke: Delle cagioni dell’ espulsione de’ Gesuiti, in Le-
bret’s Geſchichte der Bulle in coena domini IV, 205 uͤbergegan-
gen iſt. Eine Relatione al conte di Firmian 1767 7 Apr. (MS der
Brera) verſichert, die Jeſuiten haͤtten doch eine Ahndung gehabt.
Non fu senza forte motivo che poco prima di detta espulsione
dimandarono al re la confirma de’ loro privilegi e del loro in-
stituto, il che solamente in oggi si è saputo. Sie hatten ihr
Geld und ihre Papiere bei Seite gebracht. Aber der Vortheil der
Krone ſchien Carl III. ſo groß, daß er ausrief, er habe eine neue
Welt erobert.
p. 197.
XIV, bei den Lettere ed altre opere di Ganganelli, Firenze
1829. Was dieſe Werkchen und Briefe ſelbſt anbetrifft, ſo moͤgen
ſie wohl interpolirt ſeyn, aber der Hauptſache nach halte ich ſie doch
fuͤr echt: 1) weil die Vertheidigung derſelben in dem Ringratia-
mento dell’ editore all’ autor dell’ anno literario im Ganzen
natuͤrlich und befriedigend iſt: obwohl vor der Herausgabe ein un-
verantwortlicher Gebrauch davon gemacht war; 2) weil glaubwuͤr-
dige Maͤnner, z. B. Cardinal Bernis, die Originale geſehen zu ha-
ben verſicherten: der eigentliche Sammler war der florentiniſche Li-
terator Lami: nach einem Briefe des Abbé Bellegarde bei Potter
Vie de Ricci I, p. 328 beſtaͤtigten diejenigen, welche die Originale
beſaßen und die Copien geliefert hatten, ihre Echtheit; 3) weil ſie
das Gepraͤge einer Originalitaͤt, einer eigenthuͤmlichen und in allen
Lagen des Lebens ſich gleichbleibenden Geſinnung tragen, die kein
Erfinder erdichtet haben kann. Es iſt ein lebendiger Menſch darin.
Am wenigſten koͤnnen dieſe Briefe von Caracciolo ſtammen. Man
zeugen, wie tief alle ſeine Bemerkungen unter dem ſtehn, was von
Clemens XIV. herruͤhrt. Das Gute welches dieſe Schrift hat, iſt
auch nur eine Ruͤckwirkung des ganganelliſchen Geiſtes.
Daß es aber auch eine ſehr ausgebildete janſeniſtiſche Richtung in
Wien gab, zeigt unter andern das Leben von Feßler. Feßlers Ruͤck-
blicke auf ſeine ſiebzigjaͤhrige Pilgerſchaft p. 74, 78 und an andern
Stellen. Vgl. Schloͤzers Staatsanzeigen IX, 33. p. 113.
giorno in Germania p. 33.
geiſtlichen Staaten in Deutſchland 1787. Sein Hauptvorſchlag iſt
p. 161, daß „Fuͤrſt und Biſchof wieder von einander getrennt
werden.“
Tota ecclesiarum distributio ad formam imperii facta est.
Camus: Opinion sur le projet de constitution du clergé, 31
mai 1790.
Vie de Ricci II, p. 315. Wolf: Geſchichte der katholiſchen Kirche
der Janſeniſten an der neuen Verfaſſung, das aber ſehr ſchwach aus-
gefallen iſt.
in Italien 1797. Der Papſt hatte erklaͤrt, die Religion verbiete ei-
nen Widerſtand, der Blutvergießen veranlaſſen koͤnnte.
VI et son pontificat tome II wird der Verluſt des roͤmiſchen Staa-
tes auf 220 Mill. Livres berechnet.
sti di Pio VI, tom. III, p. 335. S. Santità rimase stordita,
un colpo il più funesto alla religione.
di Pio VII, tom. I, p. 143, mit einer durchgaͤngigen Verglei-
chung der Abweichungen der Publication, wie ſie in Frankreich ge-
ſchah.
tum, wahrſcheinlich von 1803 — bei Daunou: Essai II, p. 318.
Italieniſch bei Piſtoleſi: Vita di Pio VII, tom I, p. 193.
halten die ganze Correſpondenz der paͤpſtlichen und kaiſerlichen Regie-
rung in dieſer Epoche.
pire tom. V, p. 221.
viaggi in Francia etc. p. 323. Hiſtoriſch politiſche Zeitſchrift
I, IV, 642.
ben an Georg III. — 31. Jan. 1801 — that the grounds on
which the laws on exclusion now remaining were founded, have
long been narrowed, — that those principles, formerly held by
the catholics which made them be considered as politically dan-
gerous, habe been for a course of time gradually declining, —
that the political circumstances under which the exclusive laws
originated, arising from the conflicting power of hostile and
nearly balanced sects — — and a division in Europe be-
tween catholic and protestant powers are no longer applicable
to the present state of things.
gewaͤhlt worden, „per mancamento di Gesualdo decano e Madrucci.“
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CC-BY-4.0
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- TextGrid Repository (2025). Ranke, Leopold von. Die römischen Päpste, ihre Kirche und ihr Staat im sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bnx5.0