Alle Rechte vorbehalten.
Druck von J. Schabelitz in Zürich.
Buch der Zeit.
(J. Schabelitz).
Vivos voco!
Johannes Scherr
der Verfaſſer.
Wiſſen Sie, gnädige Frau, was ſchrecklich iſt? Daß die Möpſe ausgeſtorben
ſind? Nein. Daß kein Menſch je wieder ein Buch wie Immermanns „Oberhof“
wird ſchreiben können? Nein. Daß es keine Originale mehr giebt, — daß man bei
Regenwetter naß werden kann? Nein. Das Alles iſt philoſophiſch zu ertragen und
viel tauſend Dutzend Dinge dazu, — nein, ſchrecklich iſt es, daß man eigentlich in
Deutſchland nur ein glücklicher Menſch ſein kann, wenn man ein Philiſter iſt.
Widmungs-Brief.
Berlin, Frühjahr 1885.
A. H.
Inhaltsverzeichniß.
[]Druckfehler.
- Lies
- S. 11, Z. 14: Und lenkt das Schickſal der Geſchlechter,
- 〃 29, 〃 14: Grün übers Dach ihr junges Laubpanier
- 〃 43, 〃 2: Und ſchritten flüſternd durch die Buchengänge!
- 〃 57, 〃 5: Kein Lied, das die rothe Rache preiſt,
- 〃 61, 〃 18: Ein farblos Nichts, das bunt lackirt,
- 〃 73, 〃 10 u. ſ. w.: Honnisoit, qui mal y pense!
- 〃 88, 〃 3: Ji hewt doch geſehn dem Klabautermann?
- 〃 104, 〃 5: Vom Thurm nur läuteten die Glocken
- 〃 111, 〃 10: Eine Handvoll Erde
- 〃 120, 〃 5: Die junge Sonne
- 〃 120, 〃 8: Dem wogenden Fluthmeer
- 〃 120, 〃 12: Flackernden Lichtern
- 〃 133, 〃 21: O ſtillverſchwiegne Kemenate,
- 〃 146, 〃 4: Heil dir und mir, Germania!
- 〃158, 〃 3: Ein Prachtjuwel blieb unſre Erde doch
- 〃 263, 〃 21: Die die kalte Berechnung
- 〃 335, 〃 4: Der ewig frißt und nie verdaut!
- 〃 412, 〃 13: Das iſt die Zuflucht der Verklärten,
Inhaltsverzeichniß.
- Seite
- Widmungsbrief VII
- Zum Eingang 5
- Ein Bild 19
- Ein Andres 23
- Frühling 1. 2. 27
- Samſtagsidyll 39
- Literariſche Liebenswürdigkeiten.
- 1. Ballade 49
- 2. Stoßſeufzer! 52
- 3. Anathema sit! 54
- 4. Einem Glaceedemokraten 56
- 5. Pro Domo 58
- 6. F. v. B 60
- 7. So iſt's! 63
- 8. Die deutſchen Denker an die deutſchen Dichter 66
- Den Franzoſenfreſſern 73
- Noch Eins! 79
- Seite
- Arme Lieder.
- 1. Meine Nachbarſchaft 85
- 2. „Een Boot is noch buten!“ 88
- 3. „So Einer war auch Er!“ 90
- 4. „Ein Herz, das zerſprungen!“ 92
- 5. Nachtſtück 94
- 6. „Weder Glück noch Stern!“ 96
- Emanuel Geibel 1. 2. 101
- Ein Heroldsruf! 123
- Weltgeſchichte 149
- Von Ewigkeit zu Ewigkeit 155
- Ecce homo! 163
- Tagebuchblätter 1–31 183
- ΓΝΩΘΙ ΣΑϒΤΟΝ! 261
- Berliner Schnitzel.
Initiale 307- Programm 308
- Leider! 308
- Philologenpoeſie 309
- Stubenpoeſie 309
- Chorus der Lyriker 310
- Donner und Doria! 311
- An unſre Modedichter 312
- Traurig aber wahr 312
- Suum cuique! 313
- Recept 313
- Stoßgebet! 314
- Offener Brief 315
- An Neunundneunzig von Hundert! 316
- Als Wegzehrung 317
- Bibelbiereifrig! 318
- Seite
- An meine Freunde 319
- An die Conventionellen 320
- En passant 321
- An die Autoritätsklauber 322
- An gewiſſe Quidams 323
- Die achte Todſünde 324
- Pro Domo 325
- Dito 326
- Selbſtporträt 327
- Verſchiedenen Collegen 328
- Dreierlei! 329
- ! 330
- Einem Kritiker 331
- Collega Collegae 331
- Kritikſucht 332
- An meine Kritiker 332
- Einem „Freunde“ 333
- Einem Pſeudonym 333
- Unſer Wortſchatz 334
- Einem Fortſchrittsleugner 335
- Sanſara 336
- Abfertigung 336
- Trotzalledem! 337
- Stimmt! 337
- Einem „Tondichter“ 338
- Richard Wagner als „Dichter“ 339
- An Gottfried Keller 340
- An die Wölfflinge 341
- An Albert Träger 342
- An Max Kretzer 342
- An Joſeph Victor von Scheffel 343
- Felix Dahn 344
- Einem Gartenlaubendichter 345
- An Rudolf Baumbach 346
- An Adolf Friedrich Graf von Schack 347
- An Friedrich Rückert 348
- Unſere Zeit 349
- Ein „garſtig“ Lied! 350
- Einſtweilen! 351
- An den's gerichtet iſt! 352
- Amerika 353
- In memoriam! 354
- Lehrfreiheit! 355
- An gewiſſe „Naturforſcher“ 356
- Freilich! 356
- Schauderhaft! 357
- Einem Pietiſten 357
- Schließlich! 358
- Einem Orthodoxen 359
- Variatio delectat 359
- Schwarz in Schwarz 360
- Al Fresco 361
- „Καϑ’ ὅλην τὴν γὴν!“ 362
- W[ie's g]emacht wird! 363
- Hm[!] 364
- Geiſterduo 364
- Ruſſiſch 365
- Pfui Deibel! 365
- „Pyramidal!“ 366
- Für kleine Kinder 367
- Ein dunkles Blatt 368
- Frühlingszauber 369
- Lied 370
- Ausgepfiffen! 371
- Strophen 372
- Nicht wahr? 373
- Seite
- Kuſch dich! 373
- Weltzeitungs-Inſerat 374
- „Ἔσσεται ἧμαϱ!“ 374
- Reimſpiel 375
- An die Opportuniſten 375
- Der Dichter 376
- Videant consules ...! 377
- Das Volk an die Fürſten 378
- An die „Obern Zehntauſend“ 379
- Chanſon 380
- Noch ein Stoßſeufzer! 381
- „Sanft ruhe ſeine Aſche!“ 382
- Tres faciunt Collegium 383
- Fragezeichen 384
- Auf alle Fälle 385
- Frommer Wunſch 386
- Zum Deſſert 387
- Die Kritik als Epilog 387
- Phantaſus 1–13 391
- Zum Ausgang 423
Fürwahr, ſie irrten, die geſagt, die deutſche Poeſie ſei todt;
Nein, wenn ein Abend wirklich naht, ſo dämmert bald das Morgenroth.
Schon ſeh ich fern am Horizont des neuen Tages goldnen Schein,
O laßt in ſeiner Frühe mich der erſten Lerchen eine ſein!
Zum Eingang.
[]Die Zeit iſt die Madonna der Poeten,
Die Mater dolorosa, die gebären
Den Heiland ſoll; drum halt die Zeit in Ehren,
Du kannſt nichts Höheres denn ſie vertreten.
Ein Bild.
2[]Zwei Racen giebt's; die eine wird mit Sporen, ...
[19]Ein Andres.
[]... Mit Sätteln wird die andere geboren!(Karl Köſting.)[23]
Frühling.
[]Empfangt mich, heilige Schatten, ihr Wohnungen ſüßer Entzückung,
Ihr hohen Gewölbe voll Laub und Dunkel ſchlafender Lüſte,
Die ihr oft einſamen Dichtern der Zukunft Vorhang zerriſſen,
Oft ihnen des heitern Olymps azurne Thore geöffnet.
— — — — — — — — — — — — — — —
— — — — — — — — — — — — — — —
Geſtreckt im Schatten will ich in goldne Saiten die Freude,
Die in euch wohnet, beſingen! — Reizt und begeiſtert die Sinnen!
Daß meine Töne die Gegend wie Zephyrs Lispeln erfüllen,
Der jetzt durchs Veilchenthal fleucht, und wie die rieſelnden Bäche!
Frühling.
1.
2.
Samſtagsidyll.
[]„Laßt uns auch ſo ein Schauſpiel geben!
Greift nur hinein ins volle Menſchenleben!
Ein jeder lebt's, nicht vielen iſt's bekannt.“
Literariſche
Liebenswürdigkeiten.
[]Judenjungen, deren Bildung im Schweinefleiſcheſſen beſteht, ſpreitzen ſich auf den
kritiſchen Richterſtühlen, und erheben nicht nur Armſeeligkeitskrämer zu den Sternen,
ſondern injuriiren ſogar ehrenwerthe Männer mit ihren Lobſprüchen, — Reimſchmiede,
die ſo dumm ſind, daß jedesmal, wenn ein Blatt von ihnen ins Publikum kommt
die Eſel im Preiſe aufſchlagen, heißen ausgezeichnete Dichter, — Schauſpieler, die ſo
langweilig ſind, daß natürlich alles vor Freuden klatſcht, wenn ſie endlich einmal
abgehn, heißen denkende Künſtler, — Vetteln, deren Stimmen ſo ſcharf ſind, daß
man ein Stück Brod damit abſchneiden könnte, titulirt man ächt dramatiſche
Sängerinnen! — Die Muſe der Tragödie iſt zur Gaſſenhure geworden, denn jeder
deutſche Schlingel nothzüchtigt ſie und zeugt mit ihr fünfbeinige Mondkälber, welche
ſo abſcheulich ſind, daß ich den Hund bedaure, der ſie anpißt! Die Wörter: „genial,
ſinnig, gemüthlich, trefflich“ werden ſo ungeheuer gemißbraucht, daß ich ſchon die Zeit
ſehe, wo man, um einen entſprungenen, über jeden Begriff erbärmlichen Zuchthaus¬
kandidaten vor dem ganzen Lande auf das unauslöſchlichſte zu infamiren, an den
Galgen ſchlägt: N. N. iſt ſinnig, gemüthlich, trefflich und genial! — O ſtände doch
endlich ein gewaltiger Genius auf, der, mit göttlicher Stärke von Haupt zu Fuß ge¬
panzert, ſich des deutſchen Parnaſſes annähme und das Geſindel in die Sümpfe
zurücktriebe, aus welchen es hervorgekrochen iſt!
1.
Ballade.
2.
Stoßſeufzer!
3.
Anathema sit!
4.
Einem Glaceedemokraten.
5.
Pro Domo.
6.
F. v. B.
7.
So iſt's!
8.
Die deutſchen Denker
an
Die deutſchen Dichter.
Den Franzoſenfreſſern.
[]O Land der blauäugigen Menſchen,
. . . . . . . . . . . . .
Der Rhein bot dir Gold,
Bernſtein das baltiſche Meer!
Muſik iſt dein Odem,
Deine Seele
Harmonie und Weihrauch;
Sie läßt in mächtigen Hymnen
Den Schrei des Adlers
Mit dem Geſange
Der Lerche wechſeln!
. . . . . . . . . . . . .
Keine Nation iſt gerechter als du!
Zur Zeit, als die ganze Erde
Noch ein Ort des Schreckens war,
Warſt du unter den ſtarken Völkern
Das gerechte Volk!
. . . . . . . . . . . . .
So lange, wie die Eiche
Dem Epheu ihre Arme bietet,
Warſt du die Kämpferin
Für das alte
Recht der Beſiegten!
Noch Eins!
[]Mit dem Volke ſoll der Dichter gehen,
Alſo leſ' ich meinen Schiller heut!
Noch Eins!
Arme Lieder.
[]Alfred Meißner.
[85]
1.
Meine Nachbarſchaft.
2.
„Een Boot is noch buten!“
3.
„So Einer war auch Er!“
4.
„Ein Herz, das zerſprungen!“
5.
Nachtſtück.
6.
„Weder Glück noch Stern!“
Emanuel Geibel.
[]Und eine Krone iſt gefallen von dem Haupte eines Königs!
Und ein Schwert iſt gebrochen in der Hand eines Feldherrn!
Und ein Hoherprieſter iſt geſtorben!
Emanuel Geibel.
1.
2.
Ein Heroldsruf!*)
[]Was Du ererbt von Deinen Vätern haſt,
Erwirb es, um es zu beſitzen!
Ein Heroldsruf!
Weltgeſchichte.
[]Sicherlich die bedeutſamſte Errungenſchaft jener neuen Anſchauung der Dinge,
die auch das Leben und ſeine Entwickelung unter der Herrſchaft der allgemeinen
Naturgeſetze betrachtet, bildet die Reklamation des Menſchen als unzertrennlichen
Beſtandtheil der Natur und als Gegenſtand der Forſchung in ſeinen Beziehungen
zu derſelben. Wie einſt die Erde durch Copernikus aus dem geträumten Mittel¬
punkte der Welt hinausgeſchleudert wurde, ſo fand ſich nunmehr der Menſch ſelbſt,
der bisher außerhalb und über der Natur zu ſtehen ſchien, mitten in
dieſelbe hineingezogen, als ein Glied der großen Kette der Weſen anerkannt, und da¬
mit ſeiner Ausnahmsſtellung mit einem Schlage enthoben. Aber wir dürfen behaup¬
ten, daß ihm mit dieſer endlichen Anerkennung ſeiner Erdenbürgerſchaft auch nicht
ein Titelchen ſeiner Würden, nicht der kleinſte Strahl ſeines Glorienſcheins geraubt
worden iſt. Im Gegentheil, erſt jetzt, nachdem er erkennen konnte, aus wie tiefen
Anfängen ſich ſein Geſchlecht emporringen mußte, wird er ſeine Würde mit dem
vollen Bewußtſein, wirklich das oberſte Glied und die Krone der Schöpfung
darzuſtellen, tragen.
Weltgeſchichte.
Von Ewigkeit zu Ewigkeit.
[]Nimm hin mich, Leben, ich bin dein! Wie hoch die Fluth auch gehe,
Ich zage nicht vor deinen Mühn und nicht vor deinem Wehe;
Du führſt die Menſchheit an ihr Ziel durch alle Wandelungen,
Und dem nur winkt der Siegespreis, der tapfer mitgerungen;
Doch eine Stunde jedes Tags dem drängenden Gewühle,
Das raſtlos um uns tobt und braust, wie eine Rieſenmühle,
Ja, eine will ich ihm entfliehn, daß ich in ſtiller Weihe
Der großen Hymne der Natur das Ohr voll Andacht leihe!
Von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Ecce homo!
11[]An das klopfende
Herz ihres Volkes
Legen die Dichter
Ihr lauſchendes Ohr
Und hören ſie rauſchen
Von Ferne
Die Taufbronnen des neuen Heils,
Die Jordansſtröme
Der neuen Zeit
Nicht an die Weiſen
Und Schriftgelehrten,
An die Männer
Von Weihwaſſer und Weihrauch,
Wendet um Rath ſich
Die neue Menſchheit;
Es lehrt als Prieſter
Der neuen Zeit
Der Sohn des Volkes
Im ſchlichten Gewande.
Ecce homo!
Tagebuchblätter.
[]Urewig iſt des großen Welterhalters Güte,
Urewig wechſelt Herbſtblattfall und Frühlingsblüthe,
Urewig rollt der Klangſtrom lyriſcher Gedichte,
Denn jedes Herz hat ſeine eigne Weltgeſchichte.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
15.
16.
17.
18.
19.
20.
21.
22.
23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
30.
31.
[][]
ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ!
[]Da ſteh ich nun, ich armer Thor,
Und bin ſo klug, als wie zuvor!
ΓΝΩΘΙ ΣΑΥΤΟΝ!
Berliner Schnitzel.
20[]Ich bin ein wilder Reiter,
Auch beißt und ſchlägt mein Gaul,
Ich bin ein grober Streiter
Und führ ein grobes Maul.
Initiale.
Programm.
Leider!
Philologenpoeſie.
Stubenpoeſie.
Chorus der Lyriker.
Donner und Doria!
An unſre Modedichter.
Traurig aber wahr.
Suum cuique!
Recept.
Stoßgebet!
Offener Brief.
An Neunundneunzig von Hundert!
Als Wegzehrung.
Bibelbiereifrig!
An meine Freunde.
An die Conventionellen.
En passant.
An die Autoritätsklauber.
An gewiſſe Quidams.
Die achte Todſünde.
Pro Domo.
Dito.
Selbſtporträt.
Verſchiedenen Collegen.
Dreierlei!
!
Einem Kritiker.
Collega Collegæ.
Kritikſucht.
An meine Kritiker.
Einem „Freunde“.
Einem Pſeudonym.
Unſer Wortſchatz.
Einem Fortſchrittsleugner.
Sanſara.
Abfertigung.
Trotzalledem!
Stimmt!
Einem „Tondichter“.
Richard Wagner als „Dichter“.
An Gottfried Keller.
An die Wölfflinge.
An Albert Träger.
An Max Kretzer.
An Joſeph Victor von Scheffel.
Felix Dahn.
Einem Gartenlaubendichter.
An Rudolf Baumbach.
An Adolf Friedrich Graf von Schack.
Das kommende Geſchlecht.
An Friedrich Rückert.
Unſre Zeit.
Ein „garſtig“ Lied!
Einſtweilen!
An den's gerichtet iſt!
Amerika.
In memoriam!
Lehrfreiheit!
An gewiſſe „Naturforſcher“.
Freilich!
Schauderhaft!
Einem Pietiſten.
Schließlich!
Einem Orthodoxen.
Variatio delectat.
Schwarz in Schwarz.
Al Fresco.
„Καϑ' ὅλην τὴν γῆν!“
Wie's gemacht wird!
Hm!
Geiſterduo.
Ruſſiſch.
Pfui Deibel!
„Pyramidal!“
Für kleine Kinder.
Ein dunkles Blatt.
Frühlingszauber.
Lied.
Ausgepfiffen!
Strophen.
Nicht wahr?
Kuſch dich!
Weltzeitungs-Inſerat.
„Ἔσσεται ἣμαϱ!“
Reimſpiel.
An die Opportuniſten.
Der Dichter.
Videant consules...!
Das Volk an die Fürſten.
An die „Obern Zehntauſend“.
Chanſon.
Nochein Stoßſeufzer!
„Sanft ruhe ſeine Aſche!“
Tres faciunt Collegium.
Fragezeichen.
Auf alle Fälle.
Frommer Wunſch.
Zum Deſſert.
Die Kritik als Epilog.
Phantaſus!
[]Adolf Friedrich Graf von Schack.
[391]
Have anima candida!
Armer Freund!
Nicht hinter jedem Tempelvorhang verbirgt ſich eine
nackte Venus: dein Herz war mehr als groß, dein Herz war
rein!
O, daß jetzt der Todtenwurm um dein leuchtendes Locken¬
haupt ſein widriges Netz ſpinnt!
Du ſtarbſt!
Doch du ſtarbſt im Frühling und über dein friſch¬
geſchaufeltes Grab hin klagte die Nachtigall der Roſe ihre
ewige Sehnſucht .....
Nein, der Frühling iſt kein Kind!
Die frommen Maler, die ihm zärtliche Schmetterlings¬
flügel an die Schultern logen, haben ihn nie auf ſeinem feuer¬
ſchnaubenden Sturmroß nachts durch die Lüfte taumeln geſehn!
Hat er nicht oft ſchon droben im Bergwald trotzige Wetter¬
tannen entwurzelt? Und ſchleudert der Thau, der vom Mantel
ihm tropft, nicht Felsblöcke zu Thal? Felsblöcke, ſo groß wie
Kirchthürme?
Nein, der Frühling iſt kein Kind!
Ein Gigant iſt der Frühling und ſeine Thaten ſind
Legion!
[392]
Aber ſeine größte war's doch, daß er dir das Herz brach!
Denn ich weiß, du biſt ſein Liebling geweſen; ſein Liebling,
wie Siegfried, den Hagen erſchlug!
Doch ich klage nicht!
Was ſollteſt du auch hier auf dieſer närriſchen Kugel?
Das goldne Elend deiner Mitwürmer machte dich me¬
lancholiſch und wenn ein Hammer auf ſeinen Ambos ſauſte,
fuhr's dir durchs Herz wie ein Stich, denn die Zeit des
dritten Teſtaments iſt noch fern.
Armer Freund!
Wäre deine Seele, deine unſterbliche Seele, nicht von
Kryſtall geweſen, ſie wäre nicht zerſprungen. Sie wäre nicht
zerſprungen und du ſelbſt wärſt jetzt glücklich. Glücklich, wie
wir brutalen Kieſelſteinſeelen es eben ſein können.
Doch ich will nicht glücklich ſein! Ich will nicht wie
ein Thier ſein und das Schwein zum Schwager haben! Ich
pfeife auf ihre ſpießbürgerliche Verdauungsmoral!
Mein ſtilles Leben wird fortab ein Kampf ſein. Und
mein Lied ein Racheſchrei. Ein wilder, blutrünſtiger Aufſchrei
um dich und deine todten Hoffnungen, die hingemordeten
Kinder deines Herzens!
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
O, wie dunkel es iſt!
Lang, lang iſt dem Schlafloſen die Nacht und Träume
umgaukeln nur Kinder und Thoren!
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Wann, o ihr Brüder, wird uns das Frühroth, das
ewige Frühroth, Erlöſung ins Herz blitzen? Liegen wir
[393] knirſchend und ſtaubbeſät nicht ſchmählich am Boden? Knir¬
ſchend und ſtaubbeſät, wie gefeſſelte Titanen?
Doch verzagen laßt uns nicht inmitten dieſer blöden
Beſtien und falſchen Schlangen! Wenn der Gebetriemen reißt,
thut der Fluch ſeine Pflicht. Löwen weinen nicht, Löwen
brüllen! Und der Weg zur Wahrheit führt durch den Kerker!
Drum ſchaart euch zuſammen, ihr Söhne des Ormuzd,
laßt eure Banner ſich mit Herzblut beſpritzen und taucht ſie
golden ins Licht der Zukunft!
Tod der Lüge!
Mich aber laßt euer Winkelried ſein, denn der Tod iſt
mein Freund und ich habe mehr zu rechten und zu richten,
als ihr!
Seht ihr ſie dort heranſchleichen, die Enkel des Ahri¬
man, die Prieſter des Moloch — vipernzüngig und katzen¬
äugig? Wacht auf, ihr Götter in goldener Hochburg, denn
euer Mord iſt ihre Parole und ihr Feldgeſchrei der Verrath!
Ihre Waffen ſind nicht aſſyriſche Sichelwagen und indiſche
Elephanten. Ihre Waffen ſind vergiftete Pfeile und nur
Wenige beſeelt der Muth des Nahkampfs.
Erſt, wenn ihr Speerwald die Bruſt mir durchbohrt, wird
mir wohl ſein!
Und ſo brech ich denn los: Tod der Lüge!
Den Stahl in der Fauſt und im Herzen — eine Thräne!
Armer Freund!
[394]
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
Zum Ausgang.
[]Alfred Meißner.
[423]Zum Ausgang.
Georg Herwegh.
Appendix A
Von demſelben Verfaſſer werden erſcheinen:
Die Nacht von Golgatha.
Eine Viſion.
Anno Domini!
Ein Zukunftslied in 12 Capiteln.
Von demſelben Verfaſſer ſind erſchienen:
Im Verlage von Hermann Arendt in Berlin O:
Klinginsherz!
Ein Liederbuch.
Elegant broſchirt 1 Mk.
Dieſes Erſtlingswerkchen des Dichters wurde im November 1883 von der
Augsburger Schillerſtiftung preisgekrönt.
[]
Im Verlage von Oscar Pariſtus in BerlinSW.:
Deutſche Weiſen
von
Arno Holz und Oscar Jerſchke.
In elegantem feſten Deckel gebd. (Volksausgabe) 3 Mk.
In Golddruck und Goldſchn. gebd. 4 Mk.
Dieſer neuen Gedichtſammlung, die allſeitig ungetheiltes Lob gefunden, hat
namentlich Otto v. Leixner in ſeinen „Keimen der Zukunftsdichtung“ ein ſchönes,
ehrendes Zeugniß ausgeſtellt.
Emanuel Geibel.
Ein Gedenkbuch
unter Mitwirkung von
Victor Blüthgen — Fr. Bodenſtedt — Felix Dahn — J. G.
Fiſcher — Claus Groth — Paul Henſe — Wilhelm Jenſen
Oscar Jerſchke — Max Ralbeck — Hermann Lingg — Emil
Rittershaus — Max Schneider — Fr. Xaver Seidl — Max
Trippenbach — Hauptpaſtor Trummer — Fr. Viſcher — Robert
Waldmüller — Ernſt Wichert — Karl Zettel u. v. m.
herausgegeben von
Arno Holz.
In elegantem Originalband mit Goldſchnitt 4 Mk.
Dieſes Buch, deſſen Reinertrag dem Fonds eines Geibel-Denkmals überwieſen
werden ſoll, enthält Alles, was dem Verehrer des verewigten Dichters über dieſen
wiſſenswerth ſein kann. „Es iſt,“ ſchreibt die „Staatsbürger-Zeitung“ am 4. Sep¬
tember 1884, „ein echtes, rechtes Gedenkbuch, was hier geſchaffen; eine
weihevolle Gabe, würdig des unſterblichen Dichters, deſſen Andenken es gewidmet
iſt.“ — „Jeder,“ ſchreibt die „National-Zeitung“ vom 13. September 1884, „der
den Dichter verehrt und dem Emanuel Geibel's Dichtungen nur einmal das Herz
gerührt haben, wird dieſes Buch als eine Ergänzung den Werken des Verſtor¬
benen beigeſellen und aus ihm erſehen, wie ſich die Geſtalt unſeres großen
Dichters in dem Geiſte ſeiner Zeitgenoſſen wiedergeſpiegelt hat.“ — Die „Lübecker
Eiſenb.-Zeitung“ ſchreibt: „Das Buch iſt prachtvoll ausgeſtattet und eignet
ſich vorzüglich für den Büchertiſch im Salon.“
ein Durchgangsſtadium auf dem Wege ſeiner Entwickelung war, braucht der Verfaſſer
nach dem Vorhergegangenen wohl nicht erſt zu betonen? Im Uebrigen muß er den¬
jenigen Kritikern, die Anmerkungen zu Gedichten nicht leiden mögen, beiſtimmen.
- Rechtsinhaber*in
- Kolimo+
- Zitationsvorschlag für dieses Objekt
- TextGrid Repository (2025). Collection 2. Das Buch der Zeit. Das Buch der Zeit. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bnth.0