[][][][][]
Die deutſche
Gelehrtenrepublik.

Jhre Einrichtung. Jhre Geſeze. Geſchich-
te des lezten Landtags. Auf Befehl der Al-
dermaͤnner durch Salogaſt und Wlemar./


Erſter Theil.


Hamburg:
gedrukt bey J. J. C. Bode.
1774.

[][1]

Nachricht von der Subſcription.


Dieſer erſte Verſuch nach dem von mir gemachten
Subſcriptionsplane iſt weit uͤber meine Er-
wartung gelungen. Viele wuͤrdige Gelehrte, und
auch andre ſchaͤzbare Maͤnner haben mit Eifern, und
durch die That gezeigt, daß ihnen dieſe gemeinſchaft-
liche Sache der Gelehrten nicht gleichguͤltig waͤre.
Sie iſt jezo voͤllig eingerichtet. Denn die Befoͤrde-
rer und Collecteur, oder kuͤrzer, meine Correſponden-
ten haben die von mir vorgeſchlagnen Bedingungen
angenommen. Ein Gelehrter, der kuͤnftig ein Buch
nach dieſem Plane herausgeben, das heiſt, der die
in demſelben feſtgeſezten Bedingungen erfuͤllen will,
hat nun weiter nichts zu thun, als daß er ſein
Buch oͤffentlich anzeige, dabey erklaͤre, daß er nach
meinem Plane ſubſcribiren laſſe, und dann erwarte,
was ihm die Correſpondenten zu der von ihm be-
ſtimten Zeit ſchreiben werden. (Jch erbiete mich
hierdurch allen denen, die auf die angefuͤhrte Art
wollen ſubſcribiren laſſen, zum Correſpondenten;
aber ich verbitte mir zugleich ein Correſpondent derer
zu ſeyn, die einen andern Plan haben, beſonders
wenn Praͤnumeration mit dazu gehoͤrt.) Jch habe
denen, die auf meine Art ſubſcribiren laſſen, nur
dieſes zu ſagen: Wenn ſie auch in dieſem oder jenem
Orte beſondre Freunde haben, von denen ſie glau-
ben, daß ſie die Sache mit vorzuͤglichem Eifer be-
treiben wuͤrden; ſo muͤſſen ſie ſie gleichwol dieſen
Freunden nicht auftragen. Denn die Subſcriptio-
nen muͤſſen mit der Zeit eine nicht ganz zu verach-
tende Nebeneinname fuͤr diejenigen werden, welche
die Collecturen uͤbernommen haben. Es iſt wol
keinem Zweifel unterworfen, daß derjenige, welcher
aſub-
[2] ſubſcribiren laͤſt, das Buch herausgeben muͤſſe, wenn
er auch nur eben ſo viel Subſcribenten hat, als zur
Beſtreitung der Unkoſten erfodert werden. Wenn
aber einer hierzu nicht Subſcribenten genung bekaͤ-
me, und alſo das Buch nicht heraus geben koͤnte;
ſo ſolte er gleichwol, wie mir es vorkomt, denen ſei-
ner Correſpondenten, welche Subſcribenten einge-
ſandt haben, die feſtgeſezten p. C. bezahlen. Denn
es iſt nicht ihre Schuld, daß das Buch nicht kann
heraus gegeben werden. Solte hier und da ein Cor-
reſpondent es nicht ferner ſeyn koͤnnen, oder wollen,
oder auch den Ort ſeines Aufenthalts veraͤndern; ſo
kann, mich deucht, der, welcher ſubſcribiren laͤſt,
erwarten, daß ihm Nachricht davon gegeben werde.
Jch uͤberlaſſe es denen Correſpondenten, die Herrn
Boie oder mir zulezt nicht mehr geſchrieben haben,
was ſie bey einer neuen Subſcription thun wollen.
Jch habe nach geſchlosner Subſcription noch folgende
Correſpondenten bekommen: Frankfurth an der
Oder Hr. Prof. Zobel. Helmſtaͤdt Hr. Prof.
Schirach. Hr. v. der Luͤhe. Jauer Hr. Prorector
Floͤgel. Regenspurg Hr. Legat. Secretaͤr Lodere
Saarbruͤk Hr. H. L. Wagner, Hofmeiſter. Soeſi
Hr. F. W. Balke, Buchhaͤndler. Hr. F. C. Muͤl-
ler, Cand. Stockholm Hr. Gjoͤrwell, Koͤnigl.
Bibliothekar. Stolzenau Hr. Amtsvogt Tappen.
Wuͤrzburg Hr. Doct. Schmidt. Zweybruͤcken
Hr. Prof. Piel. An verſchiednen Oertern (die klei-
neren werden nicht ausgenommen) fehlen noch Cor-
reſpondenten. So wie ich mehre bekomme, werd
ich ſie von Zeit zu Zeit in den Zeitungen, und zulezt
Alle in dem Anhange des zweyten Theils der G. N.
anzeigen.


Fol-
[3]

Folgendes enthaͤlt das Weſentlichſte aus dem Sub-
ſcriptionsplane (8ten Jun. 73) aus der Nachricht
(30ten Jul.) aus einem nur fuͤr die Correſpondenten
gedrukten Promemoria, (30ten Jul.) und auſſer
dem noch 2 jezt hinzukommende Zuſaͤze zum Vor-
theile der Correſpondenten.


I. 1 Die Buͤcher werden auf gut Papier(gut Papier), und
correct gedrukt, aber ohne vertheurende Kupfer oder
Vignetten. 2 Sie muͤſſen nicht nur keinen hohen
Preis haben, ſondern wohlfeil ſeyn. 3 Die Sub-
ſcribenten bezahlen erſt beym Empfange(beym Empfange) der Buͤcher.
4 Es wird ſo ſchnell, als es nur moͤglich iſt, verſen-
a 2det.
[4] det. II. 1 Befoͤrderer und Collecteur ſind dadurch
unterſchieden, daß dieſe p. C. und jene Erſezung ih-
rer Unkoſten bekommen. Den Collecteuren werden
keine Unkoſten erſezt. 2 Wenn ein Collecteur an
dem Orte lebt, wo die Buͤcher gedruckt werden, ſo
erhaͤlt er 15 p. C. 3 Die p. C. ſteigen (die p. C. steigen)(dieß gilt
nur von Deutſchland; mit auswaͤrtigen Collect.
hab ich andre Bedingungen gemacht) von 25 Mei-
len zu 25 Meilen immer mit 1 p. C. mehr. 4
Wenn ein Collecteur uͤber 50 Subſcribenten hat,
ſo bekomt er fuͤr diejenigen, die uͤber dieſe Zahl ſind,
2 p. C. mehr. 5 Wenn ein Collecteur ſo wenig
Subſcribenten hat, daß ſein Packet mit der Poſt
geſchikt werden, oder wenn dieß, wegen der Einrich-
tungen im Brandenburgtſchen, geſchehn muß; ſo
bekomt er 2 p. C. mehr. 6 Die Transportoͤrter (Transportoͤrter)
ſind: Aachen, Augsburg, Baſel, Bareuth, Bern,
Berlin, Braunſchweig, Bremen, Breslau, Caſſel,
Coburg, Colberg, Cotbus, Darmſtadt, Deſſau,
Dresden, Duͤſſeldorf, Embden, [Frankfurt] am Mayn,
Frankfurt an der Oder, Gera, Glogau, Goͤttingen,
Graͤtz, Greifswald, Halle, Hannover, Heidelberg,
Hirſchberg, Jnſpruck, Jtzehoe, Kiel, Langenſalze,
Leipzig,
[5] Leipzig, Lenzen, Luͤbeck, Luͤneburg, Magdeburg,
Marpurg, Muͤnchen, Meinungen, Muͤnſter, Neiſſe,
Nordhauſen, Noͤrdlingen, Nuͤrnberg, Olmuͤtz, Os-
nabruͤck, Paſſau, Prag, Quedlinburg, Regensburg,
Roſtock, Salzburg, Schafhauſen, Schleswig, Star-
gard, Stettin, Straßburg, Stutgard, Ulm, We-
ſel, Wetzlar, Wien, Wismar, Wuͤrzburg, Zelle,
Zittau, Zuͤrch. 7 Ein Collecteur, der nicht an ei-
nem dieſer Oerter lebt, waͤhlt ſich von demſelben,
welchen er will, um ſeine Buͤcher mit den andern
dorthin bringen zu laſſen. Er bezahlt ſeinen Antheil
fuͤr die Fracht bis dahin, beſorgt den ferneren Trans-
port bis nach dem Orte ſeines Aufenthalts, und be-
komt, nach der Weite des gewaͤhlten Transportortes
gerechnet, 1 p. C. mehr. 8 Der Herausgeber traͤgt
die Koſten der Emballirung und der Spedition.
9 Er frankirt ſeine Briefe. 10 Er verguͤtet den
Correſpondenten fuͤr jedes liegen bleibende Exem-
plar ⅓ des Subſcriptionspreiſes. 11 Er erſezt die
verloren gegangnen Packete. 12 Er erhaͤlt zu der
Zeit der Herausgabe (Zeit der Herausgabe) und der Empfangnehmung nur
⅔, wenn die Zahl der Subſcribenten uͤber 30 iſt; und
wenn uͤber 50, nur die Haͤlfte der Bezahlung, und
erſt in 2 Monathen nach Ankunft der Buͤcher
den Reſt.


III. 1 Befoͤrderer und Collecteur laſſen binnen
14 Tagen von der Zeit der Herausgabe an, in dem
a 3Orte,
[6] Orte, den der Herausgeber anzeigt, in Empfang
nehmen, und bezahlen. (in Empfang nehmen, und bezahlen) Die Collecteur laſſen die
p. C. bey der Bezahlung abziehn; und die Befoͤrde-
rer ihr Ausgelegtes nebſt dem, was der Transport
wahrſcheinlich koſten wird. (Muß an die lezten mit
der Poſt verſendet werden; ſo frankirt der Heraus-
geber.) 2 Die Collecteur frankiren ihre Briefe.
3 Befoͤrderer und Collecteur bezahlen den Transport.



Ver-

(Zeit der Herausgabe)


[7]

Verzeichnis der Subſcribenten, Befoͤr-
derer, und Collecteur.


Die Zahlen bey den Staͤdten (zu dieſen werden alle
umliegende Oerter gerechnet, die nicht Staͤdte
ſind) zeigen die Anzahl ihrer Subſcribenten an,
und die bey den Namen der Befoͤrderer und Col-
lecteur zeigen an, wie viel ſie Subſcribenten in
der Stadt, wobey ſie ſtehn, oder auch anders wo
gehabt haben. Jch habe bey die Namen der B.
und C. die Anzahl ihrer Subſcribenten nicht im-
mer ſezen koͤnnen. Bisweilen ſind ihrer mehre
an Einem Orte, und es wurde mir nicht immer
gemeldet, wie viel jeder haͤtte; und dann kont
ich auch die oft an verſchiednen Oertern zerſtreu-
ten Subſcribenten wegen Zeitmangels nicht alle
aufſuchen.


Altona 53.


Herr Profeſſor Ehlers C. 46. Die Herren
Conſiſtorialrath Ahlemann. Etatsrath v. Aſpern.
J. A. Beger. Borchert. Obergerichtsadvocat Bo-
the. Charton. Prof. Duſch. J. D. A. Ekhardt.
Obergerichtsadvocat Fedderſen. Secretaͤr Gaͤhler.
Paſt. Genſicke. Juſtizrath Gries. Hauptmann
v. Grube. v. Helbeling. Doctor und Phyſicus
Hensler. Hoppmann. Doct. Jacobſen. Subrector
Jehne. Prof. Lange. Lewon. Luͤders. Martens.
M. Martens. Juſtizrath Mathieſſen. Licentiat
Mathieſſen. Hofkammerrath Maurer 2 Exempl.
Neblung 5 Exempl. Fraͤulein A. M. v. Oberg
Stiftsdame zu Ueterſen. Die Herren Pors. Paſt.
Reichenbach. Richers jun. v. Scheel Stiftsamt-
mann und Landdroſt zu Pinneberg. F. v. Schilden.
Se. Excellenz der General Graf von Schmettau.
Sachwalter Schmidt. A. L. Graͤfin zu Stolberg
a 4Stifts-
[8] Stiftsdame zu Ueterſen. Die Herren J. Struve.
Thieſſen. Frau Doct. Unzerin. Die Herren Doct.
Unzer der juͤngere. C. J. Verver 2 Exempl. Licent.
Voͤgeler. C. Wienbarg. Zagel, Generalcaſſier beym
Lotto. Zwergius.


Altorf 6.


Herr G. A. Wills, C. P. C. und Prof. C. 4.
Die Herren Dr. Hoffer Jur. P. p. Nagel, Phi-
loſ. P. p. Dr. Sixt Theol. P. p. Dr. Spieß,
Jur. P. p. Stadtlieut. Wagner.


Alverdiſſen 2.


Die Herren Canzleyrath und Amtmann Funk.
Candidat Werthes.


Amersfoort 3.


Die Herren A. Cohen. E. Cohen. Corvale.


Amſterdam 37.


Herr J. F. Storch B. 27. Die Herren E. F.
Albert V. D. M. E. L. A. J. Adami. H. Bergh
E. A. L. C. A. W. Blankenhagen. A. Buunt.
B. Carull. J. Doll. A. Goͤbel. A. Hulshoff
A. L. M. Ph. Dr. Lehrer bey den Mennoniten.
B. H. Heymann. J. Klap V. D. M. E. L. A.
J. O. Linſen. J. Lipkens, Leeraar by de Doops-
gezinden. J. Lublink jun. J. Lutkemann. J.
Meyer V. D. M. E. L. P. Meyer. H. Nie-
mann. W. Noordenhout V. D. M. Eceles. Luth.
H. Ogelwight. N. v. Staphorſt. M. Ulmann 12
Exempl. J. D. U. Voigt. P. Weslingh V. D.
M. E. L. A. J. A. Z.


Anſpach 37.


Die Herren Arzberger Candid. Miniſt. Back-
haus des Kaiſ. Landgerichts Anleiter. Lottoſecretaͤr
Baum-
[9] Baumgaͤrtner. Hofraths Regiſtrator Bekh. Se.
Excellenz der geheime Miniſter u. Kammerpraͤſident
v. Benkendorf Vierenmann Lehrer am Gymn.
Hofmeiſter Burkhard. Se. Excellenz der geheime
Miniſter u. Regierungspraͤſident v. Gemmingen.
Conrector Geßner. Hofkammerrath Greiner. Kam-
merſecretaͤr Greiner. Hofregierungs u. Juſtizrath
Haͤnlein. Hofkammerrath Hirſch. Hirſch D. R. B.
Mittagsprediger Hohlbach. Kammerſecretaͤr Kern.
Geheimſecretaͤr Loͤſch. Lotzbeck Jnſp. des Gymnaſ.
Geheimer Hof u. Regierungsrath Freiherr v. Lynker.
Rentey. Oberſchreiber Mauritii. Archidiac. Rabe.
Secretaͤr Rahnenberger. Jagdſecretaͤr Roͤslein.
Hof u. Regierungsrath Roſe. Quartiermeiſter Roth-
mund. Schade d. R. Cand. M. Schumacher Ad-
junct. Miniſterii. Rector u. Prof. Schwebel. Expe-
ditionsrath Seefried. Geheimſecretaͤr Stadelmann.
Rath Stengel. Cand. Straus, Hof u. Regierungs-
rath Strebel. Kammerherr v. Tuͤrck. Uz Aſſ. des Kaiſ.
Landgerichts. Weiß d. R. B. Cand. Wolf.


Apenrade 5.


Die Herren Probſt L. C. Bargum. Stadtſe-
cretaͤr M. Ventzen. Advoc. Kanuͤtz. Canzleyrath
C. G. Koch. Dr. u. Phyſicus C. Schunk.


Archangel 1.


Madam Kirchpauer.


Arensburg auf Oeſel 20.


Herr Diaconus und Rector Dingelſtaͤdt V. (3
Exempl.) 20. Die Herren Landgerichtsſecretaͤr Bar-
tholomaͤi. Paſt. Haken. Fraͤulein von Harmens.
Fraͤulein v. Harmens. Die Herren Translateur
Harnack. Paſt. Hirſchhauſen. Conſiſt. Aſſ. u. Paſt.
a 5Kell-
[10] Kelimann. Probſt Lenz. Stadtſecretaͤr Lenz 4
Exempl. Syndicus v. Lingen. Canzleyſecretaͤr Suck-
ni. Faͤhnrich v. Vietinghoff. Paſt. Willmann.


Arnſtadt 1.


Herr Rector Lindner.


Aſchersleben 4.


Die Herren Oberprediger Beyer. Stadtrichter
Frauendienſt. Rector Sangerhauſen. Oberburge-
meiſter Wenzel.


Augsburg 4.


Fraͤulein v. Ammann. Die Herren G. v. Am-
mann. Mag. Arndt. v. Truchſes.


Auguſtenburg 1.


Herr Hofprediger Jeſſen C.


Baden 1.


Herr Amtmann Scherer.


Banz 1.


Die Bibliothek des Benedictiner Kloſters.


Bareuth 20.


Herr Lang Conſiſtorialrath Prof. u. Bibliothekar
B. 52. Die Herren Bereuter Apel. Kammer-
ſecretaͤr Eichel. Conſiſtorialrath u. Superint. Ellrod.
Rgrath Goͤkel. Juſtizrath u. Stadtvogt Goͤring.
J. C. Haas. Hofmeiſter Krauſeneck. Landſchafts-
ſecretaͤr Loͤw. Geheimer Rgrath u. Conſiſtorialpraͤ-
ſid. Mayer. Cand. M. Menthe. Landſchaftsrath
Miedel. Rgrath Petermann. Cand. Reuͤß. Hofge-
richtsprocurat. Schmidt. Se. Excellenz der dirigie-
rende Miniſt. v. Seckendorf. Rgſecretaͤr Wagner.
Rgad-
[11] Rgadvocat Wagner. M. Wanderer Hofprediger u.
d. Theol. Prof. am Gymnaſium.


Bauske 2.


Die Herren J. M. Jerzembski, Rect. d. Stadt-
ſchule. G. G. Mylich, Paſt, Prim. der deutſchen
Gemeine.


Bauzen 28.


Herr Doct. u. Stadtphyſicus Heſſe C. 32. Herr
Subrector Faber C. 8. Die Herren Commiſſions-
rath Breſcius. Kammerſecretaͤr Clauswitz. Major
v. Freywald. Landſecretaͤr Fiedler. Dr. Grohmann.
Dr. Großmann Probſt im Ciſterc. Jungfernkloſter.
Stadtrichter Henrici. Rathsherr Hering. Dr. Lan-
ge. Cloſterſyndicus u. Advoc. Lehmann. Secretaͤr
Lob. Advoc. Meißner. v. Metzrad. Reg. Chirurg.
Muͤller. Diaconus Neſtler. Dr. Probſt. Reg.
Quartiermeiſter Praͤtorius. Advoc. Prieler. Advoc.
Pannach. Oberamtsvicecanzler Petſchke. Catechet
Petri. Advoc. Petſchke. Advoc. Rietſchier. Advoc.
Schuͤmberg. Rathsherr Struve. Geheimer Kriegs-
rath und Kloſtervogt v. Zetſchwiz.


Bergedorff 6.


Herr Paſt. J. L. Schloſſer V. 9. Die Herren Lt.
P. H. Carſtens. Foͤrtſch. J. Graͤpel. B. Reimers.
F. Sohrbeck, Dr. und Phyſicus.


Berleburg 1.


Se. Excellenz der regierende Graf von Witgenſtein.


Berlin 90.


Herr Paſtor Luͤdke B. (nur fuͤr dieſe Schrift) 14.
Herr Cantor J. S. Pochhammer C. 21. Herr Mo-
fes Weſſely und Mad. Weſſely B. 148 Die Herren
After.
[12] After. Kirchenrath Bamberger. F. Kirchenraͤthin
Bamberger. Die Herren Hofmeiſter Baͤrbaum.
Baudeſſon, Kaufmann. N. Vernhard, Fabricant.
Bing, Negociant. Bornemann. H. Bortenſtein.
Poſtſecretaͤr Brandes. Hofrath Brendel. Jnſpect.
Brunn. Oberconſiſtorialrath Buͤſching. H. Caſpar.
L. Cerf. Paſt. Conrad. Paſt. Cremer. Cand. Cruͤger.
Pagenhofm. Dohm. Kriegsrath Dorguth. Ephraim,
Banquier. Mſlle G. F. Die Herren P. Feronce,
Banquier. J. Fliis. D. Friedlaͤnder Banquier. Hof-
maler Friſch. Gardemin. Gardemin jun. Paſt. Geb-
hard. Referendarius v. Gerlach. Paſt. Gillet. Re-
ferendarius Graun. J. Haltern. Hiller. Hirſch,
Fabricant. Se. Excellenz der Etatsminiſter v. der
Horſt 2 Exempl. Cammerherr v. Humboldt. Cand.
Jaͤhring. Generalpachter von Jnvalidenhauſe
Jouin. Jtzig, Banquier. Mſlle B. J. Mſlle. H.
J. Die Herren Geheimerath Kaps. Kirnberger,
Tonkuͤnſtler. Hofmeiſter Kohlblank. L. Kriglingen.
Dr. Kruͤger. Lemmel, d. R. B. Muͤnzaſſiſtent Leſ-
ſing. Levy, Entrepreneur der Koͤnigl. Tobacks-
ferme. Magnus, Negociant. A. J. Moſes.
Mſlle H. M. Die Herren S. Nathan. S. Na-
than jun. Banquier. Prof. Naude. Fraͤulein v. Oli-
vet. Die Herren Prof. Ramler. Kriegsrath Ran-
del. v. Reder. Richter, Raufmann. Geheimerath
Riediger. Ries. Concertmeiſter Salomon. Salz-
mann. Scheel, Banquier. Secretaͤr Schmidt.
Schulz, Tonkuͤnſtler. Prof. Schulze. Hofmeiſter
Seidel. Cand. Stoſch, ſen. Cand. Stoſch, jun.
Oberconſiſtorialrath Spalding. J. Suſa. Hofmei-
ſter Tappe. Prof. Traue. Treplin. Paſt. Troſchel.
Cand. Ulrich. Veit, Fabricant. Warburg, Ban-
quier. Kriegsrath Werkenthin. Weſſely. Wil-
link
[13] link der A. B. Zinak, Kaufmann. 2 Unge-
nante.


Boizenburg 13.


Die Herren Fiſcher, Cand. E. F. R. Haak.
Koch, Kirchenoͤconomierath u. Paſt. Koͤhler, Kauf-
mann. Poſtſecretaͤr Maneke. Amtsnotarius Meyer.
Paſt. Muſſehl. Zollcommiſſaͤr Pauli. Commercien-
rath Niemann. Amtmann Schrader. Amtsverwal-
ter Schroͤder. Schulze, Br. Luͤneb. Rath. Elbzoll-
verwalter Stelling.


Bonn 17.


Das Churfuͤrſtliche Jntelligenzcomtoir C. 17.
Se. Churfuͤrſtlichen Gnaden Maximilian Frie-
drich, Erzbiſchof und Churfuͤrſt zu Coͤln, Fuͤrſt
Biſchof zu Muͤnſter. Die Herren Se. Excell. der Frey-
herr v. Belderbuſch adelicher Geheimerath u. Vicehof-
rathspraͤſident. Canonicus Brand. Se. Excellenz
der Freyherr v. Forſtmeiſter zu Gellnhauſen adelicher
Geheimer u. Kriegsrath, Oberſtallmeiſter, u. Ge-
neralmajor. Hof u. Rgsſecretaͤr Guiſez. Se. Ex-
cellenz der Freyherr v. u. zu Gymnich Geheimer Con-
ferenzrath Hof u. Kriegsrathspraͤſident. Der Frey-
herr von Hamm, Kaͤmmerer und adlicher Hofrath.
F. d’ Hauterive. Freyherr v. Karg zu Bebenburg,
Kaͤmmerer u. adlicher Hofrath. Se. Excellenz der
Freyherr v. Kleiſt, adlicher Geheimer u. Kriegsrath,
Generalfeld wachtmeiſter u. Jnhaber eines Jnfante-
rieregiments. Lapoſtolle Practikant der Rechte. Se.
Excellenz der Freyherr v. Loͤmbeck Gudenau, adlicher
Geheimer u. Hofrath u. Oberſtſilberkaͤmmerer. Ad-
vocat Sander. Freyherr v. Shall, Kaͤmmerer und
Hauptmann. Canonicus Schmitz. Se. Excellenz der
Freyherr v. Vorſt Lombeck, adlicher Geheimer und
Hof-
[14] Hofrath u. Obriſtkaͤmmerer. Freyherr v. Weichs,
Probſt der Archidiaconalſtiftskirche.


Borgſteinfurth 3.


Die Herren Gempt, der R. Dr. Rector Huth.
Dr. und Profeſſor Huth.


Borken 2.


Die Herren Amtsactuar. Lotz. Licent. Stippius.


Bovenden. 1.


Herr Metropolitan Schulz.


Brackenheim 1.


Herr Canzleyadvocat Seybold.


Bramſche 8.


Herr Apotheker Schacht C. 8. Die Herren
Erblanddroſt Freyherr v. Baar. Rentmeiſter Beu-
ſel. Procurat. Beuſel. Paſt. Gildehauſen. Pro-
curat. Koch. R. B. Meyer. A. M. Wolff.


Bramſtede 1.


Herr Conferenzrath, u. Amtmann v. Schumacher.


Brandenburg 1.


Frau Directorin Breymann.


Braunſchweig 17.


Herr Prof. Ebert B. 9. Herr Rector Soͤrgel
C. 8. Die Herren Prof. Eſchenburg. Prof.
Gaͤrtner. J. S. Haußmann. Paſt. Kohl. Lega-
tionsrath Langer 2 Exempl. Paſt. Reiche. Prof.
Schmidt. Schulz, Prinzeninformator. 6 Ungenante.


Breda 10.


Herr Paſt. Ruͤtz B. 10. Frau Baroneſſe C. A.
de Borch. Advocat J. v. Goor. Capit. v. Hoͤfiſch.
Paſt.
[15] Paſt. Pfiſter. Rect. u. Prof. Schonk. Spengler,
Prediger beym Schweizerregiment. Paſt. Steuer-
wald. Capit. F. v. Wattewille.


Bremen 25.


Herr Subrector Nicolai C. 27. Die Herren
Caſtendick, Kaufmann. Denken, Kaufmann. Ecken-
berg, Kaufm. Conrect. Glaͤſener. Hagedorn, Kaufm.
Paſt. Heeren. Amtmann Hinze. Secretaͤr Jken
Paſt. Klee. Paſt. Mauch. Muͤhlhauſen, Kaufm.
Prof. Nonne. Paſt. Pfannkuchen. Stadtvogt Ren-
ner. Paſt. Riefenſtahl. Paſt. Schlichthorſt. J.
Schmoldt. Paſt. Schnering. Mſlle Schulenburg.
Die Herren Schulenburg, Kaufm. Schulze, Kauf-
mann. Tietjen, Kaufmann. Thorbeck, Kaufmann.
Warnecke, Kaufmann.


Breßlau 66.


Herr Jnſpector Biſchoff C. 24. Herr Hermes,
Eccleſiaſtes, Prof. und Jnſpector der Realſchule
C. 12. Herr Auditeur Streit C. 20. Die Herren
Andreaͤ. Paſt. Arndt. v. Baudiß. Lieut. v. Blan-
ckenburg. Billing. S. David, Banquier. Secret.
Deckart. Jnſpect. Dettmers. Gaͤrtner. v. Goͤrne,
Kammerherr, Domherr zu Magdeburg, u. des Joh.
Maltheſerordens Ritter. Cand. Guͤnther. C. Frey-
herr v. Haugwitz. Probſt u. Paſt. Hermes. Jag-
witz. Advoc. Klein. Landrath v. Korkwitz. Korn-
mann. Audit. Krabel. Audit. Landgraf. Jnſpector
Lettgau. Rgsadvoc. Lindner. Paſt. Meſcheder. Muͤl-
lendorf, Kaufmann. G. v. Pachaly. H. C. W.
v. Pachaly. v. Pehnen. Rintel, Banquier.
von Rothkirch. Actuar. Schaͤffer. Schall,
Kaufmann. Schindler. von Schlaberndorf.
Schmidt. Rathsſecretaͤr Schubert. Cand. Sey-
fert.
[16] fert. v. Teichmann. Treutler. Oberamtsreferen-
darius Uber. v. Walther. Doct. Warburg. Ober-
empfaͤnger Wieland. Wientzel. Jnſpect. Wunſter.
Zenker. 20 Ungenante.


Bruchſal 3.


Die Herren Brandmayer, Subregens Semi-
narii. Hofprediger Goͤtz. Simon Clericus Semin.


Brunsbuͤttel 17.


Herr Kirchſpielvogt Piehl B. 17. Die Herren
Kirchſpielvogt u. Landpfennigmeiſter Behrens. Ad-
vocat Knoͤlke. Paſt. Lindemann. Kirchenſpielvogt
Mesner. Peterſen. Pflueg. Kirchenſpielvogt Seri-
ver. Kirchſpielvogt Sprehn. Paſt. Zwerg.


Bunzlau 1.


Herr Maͤtzke, Lehrer der Schule.


Buxtehude 1.


Herr Camerarius Voigt.


Buͤckeburg 5.


Herr Capitain v. Zanthier B. 5. 4 Ungenante.


Buͤzow 16.


Herr Dr. Bieſter C. 35. Die Herren Conſiſto-
rialrath Fiedler. Holm d. R. B. Karſten, Lehrer
am Paͤdagogium. A. D. H. i. L. Lange, d. R. B.
Die Leſegeſellſchaft 2 Exempl. Die Herren Con-
ſiſtorialrath u. Prof. Mauritii. Kammerjunker Ba-
ron v. Meerheimb. Paſtor Moͤller, Director des
Paͤdagogiums. Paſtor Noodt. F. A. Rudlof.
Suhrland der R. B. Hofrath Totze. Poſtmei-
ſter Ziehl.


Cam-
[17]

Camburg 2.


Die Herren Amtsadjunctus Laurentii. Rath
Thomaͤ.


Camenz 5.


Herr Dr. u. Stadtphyſicus Tſchertner C. 5. Die
Herren Dr. u. Stadtrichter Compaß. Oecon. Jn-
ſpect. Ehrenhauß. Apotheker Fiedler. Kind, Kaufm.


Carlshaven 1.


Herr Paſtor Habicht.


Carlsruhe 50.


Herr Prof. und Kirchenrath Boͤckmann B. 38.
Herr Macklor, Hofbuchhaͤndler C. 12. Se. Hoch-
fuͤrſtl. Durchl. der regierende Markgraf von Ba-
den und Hochberg. Jhre Hochfuͤrſtl. Durchl.
die regierende Frau Markgraͤfin. Se. Hoch-
fuͤrſtl. Durchl. der Erbprinz von Baden. Se.
Hochfuͤrſtl. Durchl. der Prinz Friedrich von Ba-
den. Se. Hochfuͤrſtl. Durchl. der Prinz Lud-
wig von Baden. Die Hochfuͤrſtliche Bibliothek.
Frau Kirchenraͤthin Boͤckmann. Die Herren Hof-
rath Buch. Se. Excellenz der Geheimerath Baron
v. Edelsheim. Baron v. Gemmingen. Hofrath Gers-
lacher. Kammerherr v. Geuſau. Frau Kammer-
herrin v. Geuſau. Frau Generalin v. Geuſau. Fraͤu-
lein v. Geuſau. Die Herren Kammerherr Baron
v. Guͤldling. Se. Excellenz der Praͤſident Baron
v. Hahn. Baron v. Knieſtaͤdt. Kammerherr Baron
v. Muͤnzerheim. Baron v. Salm. Hofrath Schloſ-
ſer. Baron v. Schuͤtz. Kammerherr u. Hofrath
v. Wallbaum. Prof. Wucherer. 25 Ungenante.


Caſſel 32.


Herr Prof. Caſperſon B. 27. Die Herren Paſt.
Appelius. v. Canitz, Kammerjunker u. Rittmeiſter.
bPaſt.
[18] Paſt. Clauſenius. Dyck, Grenadier bey der Garde
zu Fuß. Amtmann Finke. Bergſecretaͤr Fulda.
Kriegsrath u. Obereinnehmer v. Gilſa. Paſt. Gun-
delach. Amtmann v. Hagen. Paſt. v. Hagen.
Advocat Heckmann. Amtmann Heinſius. Cand.
Heinze. Amtsſchreiber Here. Syndicus u. Regie-
rungsprocurator Kalckhof. Capit. v. Kruſe. Licent.
Lappe. Graf v. Lynar, Hofjunker u. Lieut. Ju-
ſtitzrath v. Malzburgk. Licent. Martini. Prof.
Mauvillon. Paſt. Pfeiffer. Rath, Bibliothekar,
u. Prof. Raſpe. Rentmeiſter Schaͤffer. Hauptmann
Schlemmer. Obriſt v. Stieglitz. Mſlle Stirn.
Die Herren Prof. Tiſchbein. Metropolitan Wille.
Paſt. Wimmelmann. Obriſtlieut. Wittenius.


[C]elle 9.


Herr Cantor Henne C. 7. Die Herren Oberap-
pellationsrath v. Arnswald. Oberappellationsſe-
cretaͤr Brandes. Oberappellationsrath v. Buͤlow.
Advocat Gſellius. Poſtmeiſter Hanſemann. Koͤnig,
Schulcollege. Oberappellationsrath v. Oſten. Li-
centcommiſſaͤr Saurmann.


Charlottenburg 1.


Herr Fintelmann.


Chemnitz 3.


Herr Rector Rothe C. 3. Die Herren Haupt-
mann Berger. Generalſuperint. Dr. Mehlig.


Coburg 8.


Herr Profeſſor Briegleb C. 8. Die Herren Prof.
Faber. Leibarzt Fiſcher. Secretaͤr Frank. Kammer-
rath Gruner. Geheimerath v. Thuͤmmel. v. Mar-
ſchall. 1 Ungenanter.


Col-
[19]

Colberg 7.


Herr Poſtdirector Madeweis B. 9. Herr Major
v. Aderkas. Frau Oberforſtmeiſterin v. Bornſtaͤdt.
Frau v. Braunſchweig. Frau Commercienraͤthin
Buchner. Die Herren Obergerichtsrath Meyer.
Juſtitzrath Wißmann.


Colmar 1.


Herr Pfeffel, Hofrath u. Director der Koͤnigl.
Proteſt. Militaͤrſchule.


Coͤlln 2.


Die Herren Rentmeiſter Plankenhewer. Vogt
Shall.


Coͤslin 1.


Herr Hofgerichtsrath Schlechtendal.


Crempe 2.


Herr Juſtitzrath Winkler B. 4. Paſt. Paulſen.


Dannenberg 3.


Die Herren Superint. Lueder. Amtmann Scharf.
Forſtſecretaͤr Schwarz.


Dantzig 1.


Herr Diaconus Stabenau.


Darmſtadt 77.


Se. Excellenz der Herr Geheimerath von Heſſe
B. 103. Jhre Hochfuͤrſtl. Durchl. die regierende
Frau Landgraͤfin von Heſſen Darmſtadt 4 Exem-
plare. Se. Hochfuͤrſtl. Durchl. der Prinz Georg
Carl zu Heſſen Darmſtadt. Die Herren J. F.
Baumann. Rgsadvocat Brade. Archivrath Buch-
ner. Cavalli, Handelsmann. Hofrath u. Hofmedi-
cus Diez. Paſt. Erdmann. Amtsrath Eymes.
b 2Steuer-
[20] Steuerſecretaͤr Flachsland. E. L. Frey. Kriegscaſſier
Froſch. Archivar. Gerau. J. P. Gerſten. Amts-
rath, Goͤtz. Rgsadvocat Hallwachs. Rasadvocat
Hanizſch. Rgsrath Hermanny. Amtsfiscal Hertell.
Geheimerath u. Leibmedicus Heſſe. L. C. Hoͤfer.
Oberappellationsrath Hoffmann. Rgsadvocat Hoff-
mann. Garniſonsprediger Hohenſchild. Rgsrath
Kays. Kammerrath Kleinſchmidt. Geheimerath
Klipſtein. Kammerrath Klipſtein. Forſtſecretaͤr
Knecht. Conrect. Kyritz. Rgsrath Lehmann. Ober-
appellationsrath Lichtenberg. Fraͤulein v. Loͤw. Die
Herren C. L. Martin. Secretaͤr Menzzer. J. P.
Meyer. Rgsrath v. Meyern. Se. Excellenz der Ge-
heimerath v. Miltenberg. Rgsrath Mollinger. Se.
Excellenz der Praͤſtdent u. Canzler Freyherr v. Mo-
ſer. Geheimerath u. Jaͤgermeiſter v. Moſer. Muͤl-
ler, Prinzeninformator. Hoſprediger Muhl Haupt-
mann de Neufville. Brigadier d’Oertz. Paſt. Olf.
Peterſen, Prinzeninformator. Obriſtleut. v. Po-
nickau. Cantor Portmann. Rgsadvocat Praun.
Frau Generalin v. Pretlack. Die Herren J. A. H.
Ruͤhfell. E. L. Sartorius. Kammerconſulent
Schenk. Rgsadvocat Schenk. Schleiermacher.
Schnitzſpahn. Oberappellationsrath Schoͤndorf.
Major v. Schrautenbach. Baron v. Schrautenbach.
Canzleyſecretaͤr Schueler. Rgsadvocat Schulz.
Rgsſecretaͤr Schulz. J. A. Schulz. Rgsadvocat
Scriba. Rgsrath Stockhauſen. Archivar. Strecker.
Geheimſecretaͤr Stumpf. Superint. Weitz. Vor-
mundsrath Weitzel. Prof. u. Rect. Wenck. Fraͤu-
lein v. Wieger. Herr Syndicus und Regierungs-
advocat Wilkens.


Delmenhorſt 2.


Die Herren Juſtitzrath u. Hausvogt Epping.
Burgermeiſter Oſterloh.


Deſſau
[21]

Deſſau 10.


Herr Profeſſor Baſedow B. Herr Wolke C.
Herr Superint. de Marees. 7 Ungenante.


Detmold 6.


Die Herren Rgsrath Hofmann. Amtsrath Hof-
mann. Cand. Kerſten. Aſſeſſor Koͤnig. Hofrath
Manger. Hofrath Schleicher.


Dialoszin 2.


Herr Promniz, Candidat der Theologie.


Dillenburg 1.


Herr geheimer Juſtizrath von Erath.


Dornburg 1.


Herr Amtmann Wetekind.


Dortmund 1.


Herr Baron von Berswordt.


Dresden 48.


Herr Canzleyſecretaͤr Dankwart C. 18. Herr
Kammerſecretaͤr Rothe B. 35. Die Herren gehei-
mer Kammerrath v. Berlepſch. Commiſſariatsſe-
cretaͤr Beyer. Rgsaſſeſſor Born. Kammerherr und
Hofrath v. Carlowitz. Geheimer Kriegsrath Clau-
der. Appellationsrath, Graf v. Dallwitz. Canzeliſt
Doͤpmann. Geheimer Kammerrath Ferber. Hofrath
Ferber. Franke, Haushofmeiſter der verwitw. Chur-
fuͤrſtin. Hofrath, u. Leibmedicus Geßner. Kam-
merſecretaͤr Grundig. Conferenzminiſter Freyherr
v. Gutſchmidt. v. Hagedorn, geh. Legationsrath,
u. Oberdirector der Kunſtgallerien. M. Haymann,
Rect. d. Schule zu St. Annen. Advocat Helbing.
Kammerherr v. Heynitz. Rgsregiſt. Hofmann. Hof-
b 3rath
[22] rath Freyherr v. Hohenthal. Appellationsrath von
Hopfgarten. Geh. Regiſt. Jacobi. Canzeliſt Kaͤſt-
ner. Accisinſpect. Knappe. Geh. Canzeliſt Kramer.
Hofrath Lindemann. Generalauditeur Muͤller.
Canzleyſecretaͤr Oſſenfelder. Dr. Orto, Secretaͤr
beym Sanitaͤtscolleg. Vicelandrentmeiſter Otto.
Pietſch, Militaͤroberbauamtsſecretaͤr. Geh. Can-
zeliſt Pietſchel. Geh. Kriegsrath v. Ponickau.
Reinhard. Hofrath u. Oberamtmann Dr. Rein-
hold. Canzeliſt Roͤsler. Canzleyſecretaͤr Ruger. Hof-
rath Schmidel. Canzeliſt Schmieder. v. Schoͤn-
berg. Generalaccisſecretaͤr Sternickel. Appellations-
rath v. Theler. v. Vieth, Vicegeneralaccisdirector.
Geh. Kammerrath Wagner. Dr. Weinlich. Canzley-
ſecretaͤr Weinlich. Vicelandrentmeiſter Weiſſe.


Durben 2.


Die Herren J. C. Baumbach, Praͤpoſ. u. Paſt.
der deutſchen Gemeine. J. B. Walter, Paſtor adj.
der lettiſchen Gemeine.


Duͤſſeldorf 6.


Herr Hofmann, Buchhaͤndler.


Eichſtaͤdt 1.


Herr J. J. H. de Battis, Doct. b. R. Licent.
d. Theol. Official, Kirchenrath, und Canonicus.


Eiſenach 7.


Herr v. Goͤchhauſen C. 12. Fraͤulein v. Goͤch-
hauſen C. 12. Hr. Prof. Schumacher. 4 Ungenante.


Ellrich 2.


Herr Canzleydirector Goͤckingk B. 12. Mſlle.
Schrader.


Emden
[23]

Emden 6.


Herr de Moll C. 6. Die Herren L. v. Buͤhren.
Amtmann v. Glan. Paſt. Kettwich. Paſt. Krull.
Amtmann de Pottere.


Emmendingen 1.


Herr Diaconus Mylius.


Erfurt 12.


Herr Hofrath u. Profeſſor Meuſel C. 13. Kam-
merjunker v. Bellmont. Baron v. Dalberg, Chur-
maynziſcher Stadthalter. Groͤninger Cand. Prof.
Herel. Hr. M. Frau Hofraͤthin Meuſel. Die
Herren Nagel. v. Piper, K. K. Rath u. Poſtdi-
rector. Generalmajor Freyherr v. Riedeſel. Re-
gierungsrath u. Prof. Springer. Voigt, d. R.
Dr. Frau M. B. v. Wachenheim.


Erlangen 21.


Herr Wels, Reichspoſtmeiſter B. 81. Die Her-
ren Prof. Breyer. Hofcommiſſaͤr Doppelmaier.
Eyſingk. Paſt. Frommuͤller. Prof. u. Hofrath
Gmelin. Groſſi. Hofrath Groß. Das Hochfuͤrſtl.
Jnſtitut der Moral und ſchoͤnen Wiſſenſchaften.
Lange. Luͤtgens. Ruͤſſau. Geh. Kirchenrath u.
Prof. Dr. Seiler. v. Stempel. Steyl. von
Stockar. v. Neuforn. Hofjunker Baron von Teufel.
Fraͤulein v. Vaugrieß. Die Herren Jngenieur u.
Kreisartillerieoberlieut. Vetter. Commercienrath
Wagner. Wels, Candidat.


Erpach 1.


Herr Paſtor Zahn.


b 4Feſten-
[24]

Feſtenberg 5.


Die Herren Paſt. Barthelemus. Paſt. u. Se-
nior Bockshammer. Baron v. Caliſch. Paſt. Lau-
terbach. Paſt. Weber.


Flensburg 6.


Die Herren Paſt. Boie. Prof. Fabricius. Frau
Prof. Fabricius. Die Herren P. W. Jeſſen, Buch-
haͤndler 2 Exemplare. Ober und L. G. Advocat
Thorſtraten.


Frankenhauſen 7.


Die Herren Hofrath Hankel 6 Exempl. Kammer-
junker und Rgsrath von Sommer.


Frankfurt am Mayn 22.


Herr Hofrath Deinet B. 28. Herr Dr. Schloſ-
ſer B. Die Herren J. M. Banz. J. M. Buſch.
Deinet. Deinet. Eichenberg. Hofrath Eyben.
Glatzeis. Dr. Goͤthe. Mſlle Goͤthe. Die Her-
ren Baron v. Hack. v. Herzogenſtein. Mſlle F.
Heß. Mſlle M. Heß. Die Herren Cand. Hilchen-
bach. Bibl. Liebhold. Meyer. Cand. Paſſavant.
Paſtor Souchay. Banquier Wegelin. Wanzel.
Der gelehrten Zeitung Comtoir.


Freudenſtadt 3.


Die Herren Oberamtmann Gentner. Subſtitut
Gentner. Stadt u. Amtsphyſicus Gmelin.


Freyberg 3.


Herr Limke, Kloſterverwalter und Acciseinnehmer
C. 3. 2 Ungenante.


Friedberg 2.


Die Herren Canzleyrath Schmidt. Geheime-
rath Tabor.


Fried-
[25]

Friedland 3.


Die Herren Paſt. Janſen. Conrector Koͤhler.
Paſtor Spiegelberg.


Friedrichſtadt 1.


Herr C. Hammer, Stadtſecretaͤr.


Gieſſen 20.


Die Herren Rgsaſſeſſor Adolphi. Dr. u. Prof.
Bahrdt. Prof. u. Superint. Bechthold. Rgsaſ-
ſeſſor v. Buri. Clemm. Prof. Gatzert. Groͤning.
Hofmeiſter Heberlen. Heſſe. Dr. u. Prof. Hoͤpfner.
Hofmann. Dr. Jauch. Kleveſahl, Lehrer d. Phi-
loſophie. Geheimerath u. Vicecanzler Koch. Dr.
Nebel, d. A. Lehrer. Superint. Ouvrier. Prof.
Schmid. v. Werner. Wolf. Rgsreferendarius
von Zanger.


Gluͤksburg 22.


Herr Hofrath Ambroſius B. 36. Jhre Durch-
lauchten die Prinzeſſinnen Julie und Sophie zu
Schleswig Holſtein Gluͤksburg. Die Herren
Kirchſpielvogt Behrens. Boie. Hofrath Clauſen.
Paſt. Dittmer. Kirchſpielvogt Johanfen. Advocat
Knoͤlk. Koͤnigsmann. Lempfert. Secretaͤr Mat-
thieſſen. Kirchſpielvogt Mesner. Cammerjunker
Baron v. Pechlin. Pflueg. Rambuſch. Kirch-
ſpielſchreiber Remmers. Hofprediger Richter. Scri-
ver. Hofmarſchall v. Seelhorſt. Juſtizrath von
Seelhorſt. Kirchſpielvogt Sprehn. Paſt. Zwerg.


Gluͤckſtadt 5.


Die Herren Juſtitz u. Rgsrath Eggers, Stadt-
praͤſident. Conſiſtorialrath Kirchhof. Rgscanzel-
liſt Lau. F. Graf v. Reventlov 2 Exemplare.


b 5Gold-
[26]

Goldberg 1.


Herr Diaconus Bormann.


Goldingen 3.


Die Herren J. C. Bernewitz, Paſt. der lettiſchen
Gemeine. W. L. Roſenberger, Rathsherr. C. H.
Roſenberger, Rector der Stadtſchule.


Gotha 14.


Frau Kammerherrin v. Beuſt. Die Herren Se.
Excellenz Geheimerath u. Conſiſtorialpraͤſident Goͤ-
ckel. Kammerpraͤſident v. Herda zu Brandenburg.
Kammerjunker u. Kammerrath v. Herda zu Bran-
denburg. Hofjunker v. Hendrich. Kammerjunker
u. Kammerrath v. Hesler. Geheimer Rgsrath v.
Kaufberg. Hofrath v. Koppenfels. Mſlle Roͤder.
Die Herren Schmidt, Cand. Seiler, Direct. der
Schauſpielergeſelſchaft. Madam Streiber. Die
Herren Geh. Legationsrath v. Wangenheim. Obriſt-
leutnant v. Wizleben.


Goͤttingen 342.


Herr Heinrich Chriſtian Boie, B. 414. Die
Herren Abich, vom Harze. C. W. v. Ahlefeldt,
Koͤnigl. Daͤn. Lieutenant. G. F. C. Ahlers, aus
Oldenburg. G. D. v. Altrock aus Mecklenburg.
E. H. Antonii aus Oldenburg. D. Apell, aus
Caſſel. G. H. Ayrer, Koͤnigl. Grosbrit. geheimer
Juſtizrath, und Ordinarius der Juriſtenfacultaͤt.
Bach, aus Witzenhauſen. A. Bachmann aus dem
Paderborniſchen. E. G. Baldinger, Prof. der Arz-
neygelahrheit. C. D. Ballauff, aus Muͤnden. B.
F. D. Ballhorn, Mitglied des Koͤnigl. Repetenten-
collegii. J. C. F. Bartels aus Hildesheim. Stephan
v. Baſiliewsky aus der Ukraine. J. H. Bauſſe,
aus
[27] aus Saarbruͤck. C. F. J. C. Becke, aus Goͤttingen.
G. P. Becker, aus Niederheſſen. C. F. v. Ber-
lepſch, aus dem Saͤchſiſchen. C. J. H. v. Bernſtorf
aus dem Hannoͤverſchen. E. A. Bertling, aus
Helmſtedt. F. L. A. Beſſell aus dem Hannoͤv. J.
J. v. Beſſerer aus Ulm. R. G. Bilgen, aus dem
Wittgenſteiniſchen. J. A. Bluhme, aus Holſtein.
F. C. Boͤcking, aus Zweybruͤcken. J. F. B. Bo-
decker, Amtmann zu Adelepſen. G. L. Boͤhmer,
Koͤnigl. Grosbr. geh. Juſtitzrath, u. Prof. d. Rechte.
J. F. E. Boͤhmer, aus Goͤttingen. B. Borne-
mann, Kaufmann. J. P. Boͤſe, Amtmann zu
Nordheim. M. F. Graf v. Brahe. C. F. Bran-
dis, aus Hildesheim. C. F. Brauns, aus dem Lande
Hadeln. P. H. Bruͤgmann, aus Luͤneburg. D.
A. Bruͤnings, aus Oldenburg. C. L. Buch, aus
Bentheim. H. C. Bunnemann, aus Oldenburg.
G. A. Buͤrger, Amtmann zum Gericht Altengleichen.
E. F. P. v. dem Buſche. J. C. Calliſen, aus Preetz.
C. E. Capelle, Advocat. J. G. Caſpari, aus Bin-
kenburg in Schwaben. A. Cetto, aus Zweybruͤcken.
C. H. Clauder. W. F. Clauder, aus Dresden.
C. W. v. Cloſen aus Eslingen. J. d. Colom du Clos,
Prof. C. M. Cludius, aus Hildesheim. C. F. A.
v. Coͤln, aus Detmold. C. F. Cramer. A. R.
Cruͤger, aus dem Bremiſchen. H. W. Daͤhne. C.
U. Dau, aus Gluͤckſtadt. P. C. Diele, aus Frank-
furt. G. W. Dieterichs, aus Clausthal. Die Diet-
richſche Buchhandlung, 25 Exempl. J. A. Dieze,
Prof. u. Bibliothecar. C. Dreſen, aus Hannover.
v. Dresky, aus Hamburg. A. G. Dugend, aus
Oldenburg. J. P. Duͤmont, Kaufmann. P. C.
Duͤrr, aus Ulm. J. C. R. Eckermann, aus Meck-
lenburg. J. H. Emmert, aus dem Canton Schoͤn-
Wer-
[28] Werra. H. A. C. Erdmann, aus Kniphauſen. J.
C. P. Erxleben, Prof. J. P. Eſchenbach, aus
Coburg. J. C. Eſcher, aus Zuͤrich. C. H. Es-
march, aus Angeln. T. Evers, aus Jtzehoe. J.
N. Eyring, Prof. J. G. H. Feder, Prof. C.
Fiſerius. L. Fiſerius, aus Zweybruͤcken. G. E.
v. Fock, aus Eſthland. Fontin, aus Riga. J.
N. Forkel. F. Friedrichs, aus Goͤtringen. F. Feckete
v. Frits, aus Siebenbuͤrgen. P. Freuchen, aus
dem Tunderſchen. A. F. Fuchs, aus Mecklenburg.
Furchau, aus Bremen. J. C. Gatterer, Koͤnigl.
Grosbrit. Hofrath u. Prof. der Geſchichte. J. A.
Gaſie, aus Hamburg. D. F. v. Gaudot, aus Neuf-
chatel. P. C. Gernhard, aus Riga. F. C. Ge-
ther, aus Dannemark. A. Graf v. Giech. F.
Graf v. Giech. P. F. Gildemeiſter, aus Bremen.
J. J. Glaß, aus Ulm. J. G. Greve, aus dem
Hannoͤverſchen. J. C. Greverus, aus Oldenburg.
F. M. v. Guͤnderode aus Frankfurt. H. W. v. Guͤn-
derode aus der Wetterau. J. J. H. Prof. H. W.
Hachenburg, aus Luͤbeck. M. D. Hackmann, aus
dem Lande Hadeln. C. G. Hahn, aus Hadersleben.
F. Hahn. O. C. Hahn, aus dem Hannoͤv. J. G.
Hanſing, aus Zelle. G. G. v. Hammerſtein, aus
dem Osnabruͤckiſchen. Frau Droſtin v. Hanſtein,
zu Oberſtein. Die Herren E. v. Hardenberg, aus
dem Hannoͤv. J. C. G. Hartung, vom Harze. J.
T. Harz, aus Holſtein. F. v. Hauch, Koͤn. daͤn.
Kammerjunker. J. C. v. Handring, aus Curland.
D. H. Hegewiſch. G. F. Heinſon, aus dem Bre-
miſchen. G. C. Helmerſen, aus Luͤneburg. G. C.
Hentzen, aus Gottingen. Hetzler, aus Frankfurt.
P. Hexemer, aus der Pfalz. C. G. Heyne, Koͤn.
grosbrit. Hofrath, Prof. und erſter Bibliothecar.
Hin-
[29] Hinrichs, aus Hamburg. G. S. Hoffmann, aus
St. Petersburg. J. J. Hoffmann, aus Frankfurt.
J. L. Hoffmann, aus St. Petersburg. J. C. C.
Hoffmann, aus Curland. J. F. L. Hoffmann, aus
der Pfalz. P. C. F. Holenſtein, aus dem Bremi-
ſchen. C. L. Hoͤpfner. L. H. Hoͤlty, aus dem Hannoͤv.
C. F. M. Huͤbner, aus dem Hildesheimiſchen. C.
A. v. Hugo, aus dem Hannoͤv. D. F. Hypperich,
aus Curland. J. J. Jacobi, aus der Pfalz. H.
C. Jaͤp, aus Goͤttingen. G. J. Jaͤniſch. R. Jaͤ-
niſch, aus Hamburg. v. Jasmund, aus Mecklenb.
J. F. Jck, aus Norderditmarſen. G. O. Jens,
aus dem Luͤneburg. J. F. T. Jungſchulz v. Roͤbern,
aus Danzig. L. J. C. Juſti, aus Marpurg. von
Kalm, aus Braunſchweig. A. G. Kaͤſtner, Koͤn.
grosbrit. Hofrath, und Prof. der Mathem. J. K.
Kaup, aus dem Hanauiſchen. D. L. C. v. Keller,
aus Gotha. J. F. Kleuker, aus Oſterode. J. C.
Klink, aus Schleswig. E. Klugkiſt, aus Bremen.
J. J. A. Koch, aus Goslar. J. Koch, aus Flens-
burg. B. L. Koͤnigsmann, aus Holſtein. J. C.
Kries, aus Preuſſen. J. A. Kritter, Stadtcaͤm-
merer. D. G. Kuhlmann, aus Oldenburg. F. C.
Kuhn, aus Zweybruͤcken. L. Kulenkamp, Prof.
und Prediger bey der reformirten Gemeinde. F.
A. W. v. Kuͤnßberg, aus Coburg. J. H. Kuͤſch,
aus Hamburg. P. A. Lampe, aus Danzig. J. C.
Landolt, aus Zurich. G. W. Langenbeck, aus dem
Lande Hadeln. G. P. Langner, aus Zelle. J. H.
Lappe, aus Heſſen. J. A. Lau, aus Oldenburg.
J. A. Leiſewitz, aus Hannover. Leonhart, Amt-
mann zur Nideck. G. Leß, Dr. u. Prof. der Theol,
F. A. Lichtenberg, aus Darmſtadt. G. C. Lichten-
berg, Prof. P. J. v. Lilienſtern, aus Frankfurt.
H. J.
[30] H. J. F. v. Lindau. G. C. D. Lindemann, aus dem
Hannoͤv. E. L. v. Linſing, aus dem Hannoͤv. Frau
Hofraͤthin Liſt, zu Gelihauſen. J. C. Loder,
aus Riga. J. F. Lohr, Med. Dr. G. Loͤning,
aus Bremen. C. O. v. Loͤwenſtern, aus Liefland.
P. L. J. v. Loͤwenſtern, aus Eſthland. J. F. Luͤ-
demann, aus Heiligenſtadt. J. M. Ludwig, aus
Ulm. W. Luͤnzel, aus Hildesheim. C. L. Luttmer,
aus Zelle. J. Mackeprang. H. A. v. Malzahn,
aus Mecklenburg. J. G. Martens, aus Danzig.
G. H. Matthaͤi, aus dem Hannoͤv. B. Matthieſen.
M. Matthieſen, von der Jnſel Sylt. G. L. May,
aus Darmſtadt. Magiſter J. T. Mayer, aus
Goͤttingen. O. C. Meier, aus dem Luͤneburgiſchen.
A. M. v. Meiners, aus Eſthland. Meiners, Prof.
v. Meyenberg, aus Schafhauſen. Faͤhnrich Meyer.
C. F. Michaelis, aus Goͤttingen. G. F. Michae-
lis, aus Clausthal. G. D. Miller, aus Ulm. J.
M. Miller, aus Ulm. J. P. Miller, Dr. u. Prof.
der Theol. J. M. Moller, aus Flensburg. C.
L. Muͤller, aus Mecklenb. J. A. Muͤller, aus Luͤ-
neburg. W. C. Muͤller, aus Meinungen. J. P.
Murray, Prof. J. D. H. Muſaͤus, Dr. Jur. E.
H. Mutzenbecher, Univerſitaͤtsprediger. J. W. Ne-
benius, aus dem Baadenſchen. C. G. F. Neumann,
aus Mecklenburg. C. Nielſen, aus Flensburg. J.
C. v. Nolde, aus Curland. P. W. v. Nummers,
aus Liefland. F. J. Graf O Donnell v. Tyrconell.
L. v. Oerzen, aus Mecklenburg. J. G. H. Oehl-
rich, aus Hannover. J. G. Olde, aus Hamburg.
C. A. Overbeck, aus Luͤbeck. P. J. v. Overncam[p],
aus Bamberg. F. H. L. Owen, aus Oſterode. C.
Pauli, Koͤn. Univ. Tanzmeiſter. G. G. v. Peetz,
aus Eſthland. C. G. Perſchke. B. Peters, aus
Ol-
[31] Oldenburg. H. L. Peterſen, aus Zweybruͤcken. R.
Peterſen, aus dem Gluͤcksburgiſchen. J. L. Pillich,
aus Raab in Niederungarn. N. F. Pflueg, aus
Jtzehoe. F. C. Polchow, aus dem Hildesheimiſchen.
J. C. Pottmeyer, aus Riga. C. F. Preiß, aus
Schoͤneck in Preuſſen. J. St. Puͤtter, Koͤn. gros-
brit. geh. Juſtitzrath und Prof. H. A. Q. D. H.
C. Rabe, aus Hannov. G. C. Raff, aus Ulm.
J. C. Raphel, aus Lauenburg. F. v. Reden, 3
Exempl. aus dem Hannoͤv. J. v. Reinhard, aus
Zuͤrich. J. M. A. Richelmann, aus Hildesheim.
J. Robinſon, Eſq. aus London. J. Roſendaal, aus
Amſterdam. G. v. Roſenthal, aus Eſthland. Frey-
herr v. Rottenhann, aus Bamberg. E. F. Ruͤhl,
aus Frankfurt. J. N. Ruhlender, Kaufm. J.
C. G. Ruhſtreth, aus Oldenburg. W. L. Rumann,
aus dem Hannoͤv. Salzmann, aus Strasburg. H.
Sander, aus dem Baadenſchen. E. L. Santfort,
aus Muͤnſter. G. A. F. Sattler, aus dem Hannoͤv.
M. Sazger, aus Kempten. A. B. v. Schad, aus
Ulm. J. v. Schaden, aus Wallenſtein. J. A.
Schaͤfer, aus dem Hannoͤv. J. W. Schaͤffer, aus
Luͤneb. J. E. F. Scheffer, aus Studtgard. Scheuff-
ler, Amtmann zu Wittmarshof. T. Freyherr von
Schimmelmann. O. L. C. v. Schleppegrell, aus
dem Hannoͤv. J. F. Schluͤter, aus Hamb. H.
W. Schmeelke, aus dem Lande Hadeln. J. C.
Schmidt, aus Zweybruͤcken. J. A. v. Schoͤnham-
mer, aus Biberach. C. B. Schuͤcking, ans dem
Muͤnſterſchen. A. C. W. Graf v. der Schulenburg.
A. F. Schulz, aus Mecklenb. Schulz, aus Bein-
burg. C. v. Schulzen, aus dem Hannoͤv. L. E. F.
Schulz, aus Mecklenb. J. E. Schumann, aus
Danzig. L. A. G. Schrader, aus Holſtein. Poſt-
mei-
[32] meiſter Schroͤder. J. C. Schwart aus Liefland. J.
F. Schweinitz, Muſikdirector. J. H C. v. Sel-
chow, Koͤn. grosbrit. Hofrath u. Prof. der Rechte.
A. L. Siemerling. C. F. Siemerling, aus Neu-
brandenb. Prof. Spangenberg. Freyherr v. Spie-
gel, zu Dieſenberg. C. F. Spieß, aus dem Schwarz-
burgiſchen. M. C. Sprengel. R. J. v. Stackel-
berg, aus Eſthland. H. F. C. Freyherr v. Stein.
E. G. Freyherr v. Steinberg, aus Hannov[.] D.
H. Stoltenberg, aus Luͤbeck. H. D. Strakerjan,
aus dem Verdiſchen. J. A. Stromeyer, Stadtſe-
cretaͤr und Manufacturrichter. A. H. Strodt-
mann, aus Schleswig. J. G. Struͤver, des Min.
Cand. aus dem Hannoͤv. C. D. Sturz aus Zwey-
bruͤcken. J. A. Suchfort, Subconrector. J. H.
Suermann, aus Danzig. A. Tamm, aus Hamb.
G. Tatter, aus dem Hannoͤv. J. G. P. Thiele,
aus Hamb. F. de la Tour, aus Hildesheim. P.
Trautmann, aus Zweybruͤcken. Die Univerſitaͤtsbi-
bliothek. H. v. Uslar, zu Sennickerode. J. H. von
Uslar, aus Clausthal. G. F. v. Varendorff, aus
Oldenburg. J. Vaughan, Eſq. v. Veltheim, von
Harpke. C. G. Vierhuff. F. W. Vierhuff. J.
L. Vierhuff, aus Curland. F. A. Voͤlger, aus
Nordheim. J. H. Voß, aus Mecklenburg. E. C.
H. Waagen, aus Goͤttingen. G. v. Waldhauſen,
Generalmajor. L. A. Warendorff, aus dem Luͤ-
neburgiſchen. G. J. K. Weckeneſel, aus Muͤnden.
J. L. C. Wedemeyer, aus dem Hannoͤv. G F.
Wehrs, aus Goͤttingen. J. T. L. Wehrs, aus
Goͤttingen. Weiß, Med. Dr. J. K. Wilkens,
aus Caſſel. G. Zoͤga, aus Juͤtland. J. H. Zum-
bergen, aus dem Hannoͤverſchen. P. M. Zurmuͤh-
len, aus Muͤnſter.


Greifs-
[33]

Greifswalde 3.


Herr Profeſſor Moͤller C. 5. Die Herren Prof.
Gadebuſch. Prof. Muhrbeck.


Greiz 1.


Herr Jaͤncke, Candidat.


Grobin 1.


Herr Paſt. J. M. Launitz.


Guͤſtrow 15.


Herr Magiſter Pries, Rector B. Die Herren
Advocat Barkey. Dr. Hanſen. Dr. Kaͤmmerer.
Kaͤmmerer, Kaufm. Kapobus, Cand. Conſiſto-
rialrath u. Superint. Kesler. Aſſeſſor v. Meſter.
Secretaͤr Neumann. Secretaͤr Oertling. Doctor
Roͤnnberg. Dr. Stedemund. Hofrath v. Storch.
Advocat Suel. Paſt. M. Zander.


Haarburg 1.


Herr C. W. Topp.


Hadersleben 48.


Herr Ahlmann, Koͤnigl. Daniſch. Regiments-
quartiermeiſter B. 50. Die Herren Amtsſecret. Am-
broſius. Paſt. Bertelſen. Paſt. Bioͤrenſen. Paſt.
Boͤhme. Paſt. Bondeſon. Oberlieut. v. Burgstorf.
Probſt Cretſchmer. Frau Majorin v. Deſtinon. Die
Herren Paſt. Fedderſen. Lieut. v. Fiedler. Reitvogt
Ganderup. Lieut. v. Gruttſchreiber. Paſt. Hanſen.
Paſt. Harboe. Dr. u. Ph. Hartmann. Paſt. Holm.
Conrect. Holm. Rittmeiſter v. Jrminger. Paſt.
Jngverſen. Frau Geheimeraͤthin v. Klingenberg.
Fraͤulein v. Klin[g]enberg, Stiftsdame. Die Herren
Paſt. Krahn. Paſt. Lange. Frau Juſtitzraͤthin
Laſſen. Die Herren Paſt. Laſſen. Paſt. Lauterup.
cStifts-
[34] Stiftsamtmann v. Levetzau. Paſt. Lorenzen. Ober u.
L. G. Advoc. Lorenzen. Paſt. Ludwigſen. Obriſtlieut.
v. Luͤtzov. Graf v. Lynar, Koͤn. Daͤn. Generaladjutant
u. Rittmeiſter. Mſlle Matthieſſen. Die Herren
Audit. Meier. Paſt. Meyland. Rittmeiſter v. Paul-
ſen. Amtsverwalter Peterſen. Paſt. Peterſen. Paſt.
Praͤtorius. Rittmeiſter v. Preuſer. Hardesvogt
Reimers. Hofjuncker u. Oberlieut. Schaffalizky de
Muckadell. Lieut. v. Schaumburg. Paſt. Selmer.
Paſt. Thomſen. Paſt. Wedel. Rect. Wichmann.


Halberſtadt 16.


Herr Domſecretaͤr u. Canonicus Gleim B. 7.
Herr Kriegsſecretaͤr Schmidt C. 13. Die Herren
Aſchoff. Commiſſionsrath Beyer. Kriegsſecret. Bar-
ries. Paſt. Caroli, zu Boͤrneke. Kriegsrath Eich-
holz. Dr. Fritze. Paſt. Haupt, zu Boͤrneke. Cam-
merfiscal Heyer. Radeke. Schlitte. Hofmeiſter
Spitzbarth. Graf C. F. zu Stolberg. Conſiſtorial-
rath Struenſee. Hofmeiſter Wilhelmi.


Hall in Schwaben 3.


Die Herren J. F. Benhoͤffer, Prediger u. Capi-
tuls Decanus. Archidiac. Schiller. Lct. Seiferheld,
Rathsadvocat.


Halle 59.


Herr Fiſcher, Lehrer am Paͤdag. C. 35. Herr Prof.
Schuͤtz C. 35. Herr v. Angelbeck. Die oratoriſche
Bibliothek 2 Exempl. Die Herren v. Boyneburgk.
Bruͤckner Sen. d. Koͤn. Seminariums. Campe. Hof-
rath Carpzov. Deter. Fiſcher. Fiſcher. Fritſche.
Gericke. Gerlach, Sen. des Koͤn. Paͤdag. Hofmann.
Jacobi. Jeſſe. Kappelier. Kopſtadt. Krey. Kru-
ſemann. Kunth. v. der Leithen. Lieberkuͤhn, Sen.
des Koͤn. Semin. Loͤfler, Sen. des Koͤn. Semin.
Luͤdecke.
[35] Luͤdecke. Cand. Marothy. Meſſerſchmidt. Muͤller.
Neuendorf, Lehrer des Koͤn. Paͤd. Niemeyer. Non-
nemann. Orlich. Otto. Ouvrier. Rathmann, Leh-
rer d. Koͤn. Paͤd. Ruhmbaum. Schelz. Schiller,
Lehrer d. K. Paͤd. Schink. v. Schuͤtz 2 Exempl. Paſt.
Schulz. Schulz. Seidell. Sell, Sen. des Koͤn. Paͤd.
Cand. Semian. Seyfert. Sonnemann, Lehrer des
Koͤn. Paͤd. Strack, Lehrer d. Koͤn. Paͤd. Stuved.
Thon. Windorf, Senior d. Koͤn. Paͤd. v. Witzleben
2 Exempl. Zander. Ziegner.


Hamburg 133.


Madame E. Schmidt, geb. Moller C. Herr
J. M. von Winthem C. Die Herren Legationsſecret.
v. Alopaͤus. Lic. Ankelmann. Mad. D. A. geb.
O. Die Herren C. F. d’ Arien. Capellm. Bach.
Lic. Bach. Dr. J. F. Beckman. J. P. Beckmann.
Die Frau Geheimeraͤthin Graͤfin v. Bernſtorff. Fraͤu-
lein v. Bernſtorff. Herr Cammerherr v. Bluͤcher. Die
Bohnſche Buchhandlung 12 Exempl. Die Herren
Poſtdirect. Boſtel. Lic. Boͤckelmann. J. Boͤtefeur.
Brockman, Schauſpieler. F. L. B. Bruel, Jur.
Pract. A. Bubbers. Buchenroͤder u. Ritter. Frau
Prof. Buͤſch. Die Herren P Carſtens. Lic. Coulon.
H. A. Dimpfel. O. v. Doͤhren, jun. M. v. Drateln.
J. P. Duwell. W. Eaton. C. D. Ebeling 2 Exempl.
Syndie. Faber. J. D. A. Fuͤhrſtak. Dr. J. G.
Graape. Lic. F. v Graffen. H. J. Greif. F. L.
Gries. A. M. Heckſcher. S. Heineke. Frau Juſtitz-
raͤthin v. Heinſon, geb. Anderſon. Mad. H. M. Hen-
ningk, geb. v. Axen. Herolds ſel. Witwe 12 Exempl.
Die Herren J. Heſſe. A. Heywood Esq. Dr. T. Hoff-
mann. J. M. Hudtwalcker. J. F. Huſſe. Hofrath
Huͤffel. Dr. Janſſen. S. Janſſen. Jargau, Gaſt-
wirth zum guͤldnen Ochſen. Dr. Joppert. J. D.
c 2Keetz.
[36] Keetz. J. P. Kretzmann. J. H. Kruſe. D. W.
Kummerfeld. Canzleyrath Kunad. Leiding. Legat.
Rath Leiſching. Leiſter. Loder. Dr. Matſen. Mei-
ners 2 Exempl. J. V. Meyer. Mſlle C. Mumſſen.
Die Herren Dr. D. Mumſſen. Dr. J. Mumſſen.
E. Niſſen. Prof. J. H. V. Noͤlting. H. C. Olde.
Papengut. Dr. Pauli. P. M. Perſent. J. Phi-
lippi. M. B. Printz. E. R. J. Reimers. J.
P. v. Roſenberg. v. Scheuffling. F. L. Schloͤmann.
Hofrath Schmidlin. Commiſſionsrath Schmidt.
J. J. S. Schneider. J. Schuback. N. Schuback.
J. H. Schulz. J M. Schulz. J. W. Schulz. Lic.
Schwarz. L. V. Seehuſen. G. J. Sieburg, in der
Handl. Acad. Synd. Sillem. Dr. Simon. Simo-
nis, M. C. Siqueira. G. H. Siveking. J. H.
Steetz. Etatsrath Stenglin. J. Strachan. Ritt-
meiſt. v. Sudhauſen. Adv. H. J. B. Suſe. A. G.
S. J. M. Tillemann. Valentin, Direct. des
Eut. Lotto. G. de Vlieger. C. Voght jun. Lic. D.
Wiederholt. J. H. Winter. J. C. Wolff. Baron
v. Zaſchnitz. J. G. Zimmermann. Frau Legations-
raͤthin Zink.


Hameln 12.


Herr Stadtrichter Avenarius C. 11 Ungenante.


Hamm 1.


Herr Amtmann Schrader.


Hanau 9.


Herr Conſiſtorialrath u. Superint. Stockhauſen
C. 9. Die Herren Conrect. Belzerius. Rect. Berg-
ſtraͤſſer. Kammerjunker v. Buttler. Conſiſtorialrath
Endemann. Paſt. Roques. Conſiſtorialaſſeſſor Uſe-
ner. Paſt. Vulpius. Secretaͤr Wachs.


Han-
[37]

Hannover 39.


Herr Canzleyauditor Ruͤling B. 32. Mad. Al-
berti, geb. Hoͤckel. Mad. Alberti, geb. Schleebuſch.
Die Herren Stallmeiſter v. dem Buſche. Hof u.
Canzleyrath v. Doͤring. Paſt. Droͤnewolf. Canzley-
audit. Ebel. Geheimer Canzleyſecretaͤr Fluͤgge. Kam-
merherr Freiherr v. Grote. Canzleyaudit. v. Hake.
Hof u. Canzleyrath Hartmann. Hofgerichtsaſſeſſor
v. Hattorf. Paſt. Hoͤlty. Hof u. Canzleyrath v.
Hugo. Canzleyaudit. Langwerth. Conſiſtorialrath
u. Hofpredig. Leſemann. Die deutſche Leſegeſelſchaft.
Die Herren Kammerſecret. Meier. Geh. Canzleyſe-
cret. Nieper. Amtsſchreib. Niemann. Oberpoſtcom-
miſſaͤr Pape. Kammerſecret. Patje. Fraͤulein H. v. Re-
den. Die Herren F. v. Reden. Commiſſar. Rehberg.
Hof u. Canzleyrath v. Reiche. Hof u. Canzleyrath
Rudloff. Hof u. Canzleyrath Rumann. Stabsſecret.
Schilling. Paſt. Schlegel. Kammerregiſtrat. Seip.
Hauptmann v. Spoͤrken. Geheimer Juſtitzrath
Strube. Kammerjunker v. Uttenrodt. Kammerſecret.
Voigt. Hofmeiſter Vollborth. Hof u. Canzleyrath
Werlhoff. Hofmedicus Wichmann. Leibarzt Zim-
mermann.


Harderwyck 1.


Herr Prof. Scheidius.


Haſenpoth 1.


Herr J. G. Gruͤner, Stadtſeeretaͤr.


Hedemuͤnden 1.


Herr Paſt. J. Schulteſius.


Heeringen 4.


Die Herren Burgemeiſter und Syndicus Ketten-
beil. Commißionsſecret. Maak. Rath u. Amtmann
Oberlaͤnder. Paſt. Taute.


c 3Hei-
[38]

Heidelberg 2.


Die Herren Adminiſtrationsrath Harſchen. Prof.
Nebel.


Heilbronn 24.


Herr Kirchen u. Conſiſtorialrath Hirſch B. 32.
Die Herren Rauch u. Becht C. 17. Die Herren
Conſulent Feyerabend. Actuar. Flaxland. Fuͤger.
Jhre Excellenz die Frau Graͤfin M. E. von Gem-
mingen, geb. Graͤfin v. Neſſelroden. Fraͤulein L. v.
Gemmingen. Die Herren Freyherr E. v. Gemmin-
gen. Freyherr H v. Gemmingen. Hauf. Conſulent
Lang. Loder. Regierungsrath u. Senat. Mayer. v.
Pancug. v. Rieger, Koͤn. daͤn. Oberſter. Rector
Schlegel. Conſulent Uhl. Sen. Miniſt. Ulsheimer.
Paſt. Varenbuͤler. Hofmeiſter Vigelius. Rgsrath
u. Burgemeiſter v. Wacks. Doctorand Weber.
Prorect. Weiſert. Freyherr E. S. v. Ziegeſar.


Helgoland 1.


Herr Paſt. Krohn.


Helmſtaͤdt 5.


Herr Prof. Kluͤgel C. 5. Die Herren D. u. Hof-
rath Kratzenſtein. Gerichtsamtmann Neubauer.
D. u. Generalſuperint. Rehkopf. Frau v. Veltheim.


Hermannſtadt 1.


Herr Haner, Superint. der evang. Kirchen.


Hildesheim 110.


Herr Aſſeſſor Albrecht B. Die Herren von Be-
roldingen B. Herr Cludius B. Herr geheimer
Secretaͤr v. Florencourt B. Herr Director Froͤmi-
chen B. Die Herren Albrecht. Senat. Ahrens. Se-
cret. Affeln. Advoc. Affeln. Paſt Bartels. Bau-
meiſter. Secret. Baumeiſter. Baurmeiſter Segger
im
[39] im Staͤndeſtul. Paſt. Baurmeiſter. D. Becker.
Die Bibliothek des Andreaniſchen Gymn. Die Her-
ren Syndic. Biſchof. Paſt. Blanke. Bleckmann.
Domherr v. Bochholz. J. Boͤhme. Burgemeiner
Brandis. Aſſeſſor Brandis. Brauns. Conrect.
Bruͤggemann. Chladen der juͤngere, Kaufm. v.
Dauber, Dec. St. Crucis. Denner. Die Dombi-
bliothek. Die Herren [F] [...]icke, Kaufm. D. Frobeſe.
Domdechant Freiherr v. Fuͤrſtenberg. Paſt. Fulda.
Kammerherr v. Gemmingen. Conſiſtorialrath Ge-
ricke. Hofchirurgus Gericke. F. Gericke. Secret.
Guizetti. Burgemeiſter Hanſen. Hausdoͤrfer, Kaufm.
Domherr v. Haxthauſen. Heiſſe. Kirchenprov. Hevd-
mann. v. Herrmanni, Canon. St. Crucis. Leibmedik.
Hofmeiſter. Kammerrath Hoͤfer. Baron v. Horu-
ſtein Hof u. Rgsrath auch Oberamtmann. Burge-
meiſter Hoſtmann. Apotheker Jlſemann. Hofrath
Kerſting. Killig. Kinderling. G. L. Koken. Kaufm.
E. A. Koken, Kaufm. D. J. Koken, Kaufm. Bur-
gemeiſter Kroͤſſe. Kruͤger, Aelteſter im Staͤndeſtuhl.
Freyherr v. Kurzrock, Probſt zu St. Crucis u.
Schatzrath des Hochſtifts. Senat. Lauenſtein. Ruͤ-
temeiſter Lepper. Procurat. Lilien. Paſt. Link.
Obriſtlieuten. v. Linſing. Major u. Stadtcommen-
dant v. Linſing. Senat. Luͤnzel. [Lohnſecret.] Mack.
Senat. Marheineke. Senat. May. Rect. Meier.
Meier, Kaufm. Gerichtshalter Meineke. Domherr
v. Merode. J. G. W. Niemand. Archiv. Noͤlken.
Hauptmann v. Plato. Mſlle St. Martin de la
Porte. Die Herren Rabe, Kaufm. Adv. Rahl.
Reichard, Kaufm. Paſt. Reichhelm. Oberſtlieut.
v. Reppert. Roͤbeling. F. E. v. Roͤſſing. Rathswein-
ſchenke Reuͤter. Paſt. Sander. Sandvoß. Hofchi-
rurgus Schloͤtke. Schneidler, Segger im Staͤnde-
ſtuhl. Adv. Schrader. Schrage, Lehrer am Andr.
c 4Gymn.
[40] Gymn. Schroͤder, Lieut. und Commandeur
eines Huſarencorps. Hofrath Schubart. Canonicus
Schulze. Schulze, Aelteſter im Staͤndeſtuhl. A.
Schulze. Stanzen. Hofrath Stechenteſch. Stein,
Segger im Staͤndeſtuhl. Secretaͤr Suͤſtermann.
Amtmann Tils. Muͤnzdirector v. Uslar. Paſt. Vort-
mann. Hofrath Voß. Walter jun. Kaufm. Kam-
merraͤth v. Weber. Wedekind, Lehrer am Andr.
Gymn. Domſcholaſter Freyherr v. Weix.


Hirſchberg 67.


Herr Friedrich Chriſtian Mattheſius C. 83. Die
Herren M. C. L. Bauer, Lyc. Rector. J. G. Baumgart,
Adv. F. S. Bion, Poſtmeiſter. J. A. Freyherr v.
Bothmer auf Cammerswaldau. J. S. Braun, Paſt.
C. G. Braun. C. G. Bredow. D. Brendel, Lycei Con-
rect. P. H. Burchardi, Diac. G. B. Cotta, Fisci Re-
gii Adj. et Juſtit. Secret. F. G. Doͤring. J. G.
Dreſcher. G. Emler, Kaufm. M. G. Fetter. J. C.
Frantz, Kaufm. B. G. Geier, Senat. C. G. Geier,
Kreißjuſtit. u. Advoc. J. F. Glaubitz, Cand. E. L.
Grimmer, Paſt. in Petersdorff. C. B. Haͤniſch, Kaufm.
C. G. Haͤniſch. S. F. Hausleutner, D. u. Stadtphyſ.
E. T. Heidrich. J. D. Henſel. M. G. Kahl, Jnſpect.
Reg. u. Paſt. Primar. J. G. Kamper, Weinhaͤndler.
B. G. Keil. C. G. Kießling, Kaufm. J. C. Kloſe,
Koͤnigl. Kreisſteuereinnehmer. F. W. Kolbenach,
Kaufm. E. G. Kuͤnzel. G. F. B. Kuͤnzel. G. Kuhn,
Organiſt. C. A. Lange, Adv. C. G. Langer, Cand.
C. W. Lichter, Kaufm. E. Liebich, Paſt. C. S. Liebich.
J. A. Lorenz. J. C. Ludewig, Doct. u. Kreißphyſ. J.
F. Lundberg. J. E. Marche, Miniſt. Cand. F. L.
Muͤhlichen. F. Muͤller, Kaufm. C. G. Neumann.
C. Opitz. C. F. Pezold, Cand. J. G. Schaul, Kaufm.
B. G. Schneider, Kaufm. J. C. Schoͤnau, Proconſul.
J. G. Schubart, Lycei Coll. 1. J. G. Schumann,
Lycei
[41] Lyeei Prorect. J. E. Schwarz. J. C. W. Stock, Cand.
J. C. Siegert. J. C. Teucher, Cantor. A. W. Tralles.
M. Walther, Waiſenlehrer. M. C. W. Weiſſig,
Diac. 6 Ungenante.


Huſum 7.


Die Herren Amtsſecret. M. v. Eſſen. Paſt. Jng-
werſen. Canzleyaſſeſſor Krafft. Paſt. Koch. Stadt-
ſecret. Krafft. Paſt. Mager. Paſt. Sternhagen.


Jauer 3.


Die Herren Archidiac. Heumann. Cand. Hoͤffer.
Diac. Teubner.


Jena 39.


Herr Profeſſor Seybold. C. 58. Die Herren v.
Bachof. Bergmann. Dankert. Prof. Danovius.
Freyherr v. Duͤrkheim. Dr. Eichmann. Eggers. Prof.
Faber. Fiſcher. Finmann. Graͤſer. Dr. Hamberger.
Haſentien. v. Heedrich. Dr. Hirt. Kroͤger. Freyherr
v. u. zu Mannsbach. Hofrath Nicolai. Prof. Oelze.
Conſiſtorialrath Oemler. Hofagent Paulſen. Dr.
Salzmann. Prof. Scheidemantel. Schloſſer. Geh.
Juſtitzrath Schmidt. Adjunct. Schmidt. Schuͤbler.
Kammerrath Succow. Suhl. v. Sulzer. Uechtritz.
Prof. Ulrich. Hofrath Walch. Kammerrath Wie-
deburg. v. Witzleben. Frau Prof. Zicklerin. Herr
Baron v. Zſchock.


Jlfeld 10.


Herr Subconrector Paͤz C. 13. Die Herren Col-
laborat. Leopold. Huͤttenſchreiber Limmer. Amt-
ſchreiber Luͤder. Rector M. Meisner. Gerichtshalter
Piepenbrink. Superint. Roitzſch. Conrect. M.
Schwabe. Hauptmann v. Stamford.


Jlmenau 7.


Die Herren Commiſſionsrath Hager. Commiſ-
ſionsſecretaͤr Hoffmann. Amtscommiſſarius Michae-
c 5lis.
[42] lis. Dr. Scherf. Cand. Schwabe. Prof. Wahl.
Cand. Wenzel.


Jngolſtadt 18.


Herr Leveling, der Anatomie Profeſſor B. 18.
Die Herren A. Baader. D. D. de Battis, d. R.
Dr. u. der Gottesgelahrtheit Licentiat. Joſ. Bayr.
Hertel, Benef. Monac. M. L. Freyherr v. Cronegg.
Geheimerath und Univerſitaͤtsdirector Freyherr v.
Jckſtadt. v. Leitner, Lehrer der h. Schrift. Baron
v. Lerchenfeld Amerland, Kaͤmmerer, Hofrath u.
Ritter des St. Georgen Ordens. Matthes, ord.
Ciſter. P. u. Bibliothekar. B. Mayr, ord. Bened.
P. Prof. Mederer. D. Muͤnch, Canonic. u. Biblio-
thekar. Prof. Rouſſeau. v. Speckner, Pfleger zu
Wabenhauſen. Prof. Weishaupt. v. Wolter, des
H. R. R. Ritter, erſter Leibmedicus u. Geheimerath.


Jnſpruk 20.


Herr Archivar Roſchmann C. 20. Herr Graf v.
Enzenberg, K. K. Caͤmmerer, Gubernialrath u. Po-
lizeyreferent. 18 Ungenante.


Joͤllenbeck 1.


Herr Paſt. Schwager.


Jzehoe 15.


Herr Advoc. Scheel jun. B. Herr Rector Tapp.
C. Die Herren C. Bendtzen. Paſt. Decker. Paſt.
Domeyer. Rathsherr Eitzen. Aſſeſſor Eizen. Evers.
Adv. Findeiſen. Paſt. Gerber. Paſt. Hoͤlk. Probſt
Kramer. Kloſterſchreiber Meſch. Canzleyrath Mi-
chelſen. Wilms.


Kiel. 8.


Herr Prof. Ljunberg C. 7. Die Herren Canzley-
rath Dreyer. Frau v. Hahn. Die Herren v. Hahn.
Kam-
[43] Kammerherr v. Linſtow. Paſt. Loppenau. Juſtitz-
rath Randahl. Etatsrath v. Saldern.


Kirchberg 1.


Se. Hochfuͤrſtliche Durchlaucht der regierende
Fuͤrſt zu Hohenlohe Kirchberg.


Koͤndringen 1.


Herr Kirchenrath und Superint. Sander.


Kopenhagen 37.


Frau Anderſen C. Herr Paſt. Reſewitz B. Die
Herren Etatsrath Auguſtin. Prof. Balle. Paſt.
Baſtholm. Canzleyrath Beck. Etatsrath u. Leibme-
dicus v. Berger. Se. Excellenz der Graf v. Bern-
ſtorff, Staatsminiſter u. Chef vom Departement der
auswaͤrtigen Affairen. Frau Geheimeraͤthin, Graͤfin
v. Bernſtorff geb. Graͤfin zu Stolberg. Die Herren
Conferenzrath Carſtens. Conferenzrath Carſtens.
C. C. Clauſewitz, Canzleyſecretaͤr. Doct. u. Paſt.
Colsmann. Eckhof. Agent Gondolatſch. Canzleyſe-
cretaͤr Guͤnther. Hofprediger Janſſen. Klog. Con-
ferenzrath Luͤxdorf, Ritter v. Dannebrog. Etatsrath
Moͤllmann. Juſtitzrath Muͤller. Doct. u. Paſt.
Muͤnter. Capt. Niebuhr. Lieut. Ruͤdinger. Etats-
rath Ryberg. Paſt. Schoͤnheyder. C. Graf zu Stol-
berg, Cammerherr. F. L. Graf zu Stolberg, Cam-
merjunker. M. C. Graf zu Stolberg. H. C. Graͤfin
zu Stolberg, Stiftsdame zu Walloe. Die Herren
Paſt. Stubenrauch. Kammerherr u. Conferenzrath
Suhm. Etatsrath Temler. Se. Excellenz der Staats-
miniſter Graf v. Thott. Hofmedicus Tode. Kam-
merrath Trant. Conferenzrath Waſſersleben.


Koͤnigsberg 70.


Herr Hofprediger und Prof. Lindner. C. 52. Die
Herren Referendar. Arnd. Baron v. B. v. Birckholz,
Praͤ-
[44] Praͤſident bey der Lotterie. Dr. Brodthag. Bruin-
viſch. Secret. Dorov. Muͤnzmeiſter Goͤſche. Prof.
Haman. Kriegsrath Hennings. Dr. Heymann. Cri-
minalrath Hippel. Licentrath Jacobi. Geh. Commer-
cienrath Jacobi. A. Joel. S. Joſeph. E. D. Jtzig.
Kade. Prof. Kant. Lotteriedirector u. Buchhaͤndler
Kanter. 30 Exempl. Koͤnig. Kriting, Kaufmann. La-
val. Loͤwen. Stadtrath Mohr. Rappolt. Referend.
Rechenberg. Richter. Richter. L. L. Roͤmpler. Ruff-
mann. A. Salo. Paſt. Schirnmacher. Kriegs u. Do-
mainenrath Schlemuͤller. J. J. Schleſinger. S. Se-
lig. v. Stegmansky. Vernezobre. Wannovius.
Prof. Werner. H. E. Weſtphal. C. G. Wolf.


Kreuznach 27.


Herr J. H. Schmerz, Handelsmann B. 32.
Mſlle J. S. Achenbach. Die Herren Paſt. Balbier.
Schaffner Beck. Boͤcking V. D. M. Cand. Boͤtti-
cher. Bergaſſeſſ. Emmermann. Conſiſtorialaſſ. Goͤtz.
J. G. Gundlach. Paſt. Guntersheimer. C. Henne-
mann. Oberamtsadvocat Herger. Hermani. Hertell,
M. Cand. Hilgard M. Cand. E. Knebel. Paſt. Mau-
rer. J. J. Maus. Cand. Paniel. J. P. Praͤtorius.
Cand. Rettig. C. L. Riſchmann. Dr. Steimmig.
Wehrſarg V. D. M. Wundt, Jnſpector der reform.
Claſſe. 2 Ungenante.


Landshut 5.


Die Herren Diac. John. Cand. Enckelmann.
Cand. Fiebig. Paſt. Hilger. Cand. Muͤller.


Langenſalz 8.


Herr P. G. Hagenbruch C. 10. Die Herren Advoc.
Guthbir. Burgemeiſter u. Syndic. Hagenbruch.
Kammercommiſſionsrath Laun. Superint. Leiſching.
Hauptmann v. Liebenroth. Burgemeiſter Pfaff.
Weiß, Kaufmann.


Lauf-
[45]

Lauffen am Neckar 1.


Herr Oberamtmann J. F. Seyffer.


Lautern 2.


Die Herren Jnſpectionsverweſer Herzogenrath.
Kraͤmer Jnſpect. u. Paſt. auch Secretaͤr der oͤcono-
miſchen Geſelſchaft.


Lehn 2.


Die Herren Paſt. Letſch. Proconſul Tcheutſcher.


Leipzig 25.


Herr Prof. Eck C. 24. Herr A. F. Boͤhme.
23 Ungenante.


Lemgo 12.


Die Herren Cand. Barkhauſen. Benzler. Die
Leſegeſelſchaft. Paſt. Saſſe. 8 Ungenante.


Liebau 4.


Die Herren J. Helbig, Rector der Stadtſchule.
J. Preis, Paſt. der deutſchen Gemeine. F. Steg-
mann, Hofgerichtsadvocat u. Stadtſecretaͤr. C. G.
Weygand, Stadtgerichtsadvocat.


Liegniz 1.


Herr Landſchaftsſyndicus Moͤge.


Linz 2.


Die Herren B. Auer, Petrinergeiſtlicher. Groß
v. Ehrenſtein, K. K. Rath u. Oberpoſtamtsverwalter.


Lippſtadt 1.


Herr Kleinſchmidt, Candidat.


Liſſabon 36.


Die Herren R. Brandenburg. J. W. Burmeſter.
L. H. Buſchmann. J. P. Dannecker. J. A. Depe-
naw. J. F. Depenaw. G. C. Dohrmann. A. H.
Dohrmann. F. Ficke. D. Gildemeeſter, Hollaͤnd.
Gene-
[46] Generalconſul in Portugal. B. C. Glezel. P. J.
Haſenclever. P. H. Hinrichſen. N. Horrn. J. F.
Jargau. J. Jllius. C. D. Klemeke. J. Kopp. C.
Krochmann. A. Meyer. J. W. C. Muͤller. H.
Nootnagel 2 Exempl. D. H. Overmann. C. D. Pe-
ters. A. Rodde. N. B. Schlick. H. Schumacher.
J. H. Schweckmann. J. T. Stadtmiller. M. Steen-
berg. F. Steets. D. Stuͤhr. F. B. Tesdorf. C. H.
Vermoͤhren. H. F. Wagner.


Loͤwenberg 3.


Die Herren Caͤmmerer Bernsdorf. Senator u.
Polizeyinſpect. Bredow. Paſt. Doͤring.


London 21.


Herr Simeon Pope C. 6. Die Herren J. Andre,
Esq. H. W. zum Broke. A. P. Chon. F. Clerke,
Baronet. D. Hailet, Esq. Geheimer Juſtitzrath u.
geheimer Secret. Hinuͤber. W. Jrby, Esq. A. N.
Kirchhof. J. Lemon, Esq. W. Maxwell, Esq. van
Santen. J. Schabracq. G. Rodney, Esq. W. D.
Poyntz, Esq. J. B. Schutz, Esq. E. Scheldon, Esq.
T. Swanton, Esq. Miß Whelly. Die Herren R.
Williams, Esq. N. P. Willmerodorf.


Ludwigsburg 1.


Herr Prof. u. Bibliothekar Fiſcher.


Luͤbbecke 1.


Herr Kammerfiscal Dieckmann.


Luͤbeck 31.


Herr Dr. u. Superint. Cramer B. Herr C. H. Sie-
denburg C. Die Herren Baron Albedyl. Bieſter. P.
C. Blohm 5. Exempl. Paſt. Bruns. Dr. Buchholz.
Dr. Curtius. Dircks. Dragun. Secret. Evers.
Burgemeiſter Haake. Senat. Krohn. Dr. Linden-
berg. Cand. v. Melle. Dr. Menſching. Muͤller.
Lic.
[47] Lic. Richerz. Lic. Siedenburg. Stadtſecret. Tesdorff.
Lieut. Vermehren. v. Wickede, Patric. 5 Ungenante.


Luͤneburg 16.


Herr Commiſſarius Wolprech C. 36. Die Her-
ren Landcommiſſar. v. Behr. Mag. Cramer. Su-
perint. Ebeling. Paſt. Hoͤne. Superint. Hornboſtel.
Conrect. Krako. Dr. Kraut. Secret. Kraut. Haupt-
paſt. Langhans. Cand. Michaelſen. Dr. u. Syndic.
Oldekop. Die Rathsbibliothek. Die Herren Audit.
u. Adv. Roſcher. Hofmed. Schaͤffer. Amtmann
Schlem.


Magdeburg 16.


Herr Rector Funk B. 17. Die Herren Paſt.
Calviſius. Rathmann Delprik. Federſen. Collaborat.
Fritze. Cand. Groſſe. Hofrath Koͤpke. Conſiſtorial-
rath Kuͤſter. Lohmann Paſt. Patzke. Rect. Reichard.
Land u. Domſyndic. Schmidt. Schmidt, Lehrer zu
Kl. Bergen. Conv. Schummel. Sturm. Criminal-
rath Wahlsdorf.


Manheim 81.


Herr Regierungs und Hofgerichtsadvocat Graf
C. 104. Die Herren Geh. Rath Graf d’Artz. Kam-
merherr Baron v. Bevern der Aeltere. v. Bodeck.
Rgs. u. Hofgerichtsadv. Boos. Concertm. Canna-
bich. Kammerherr Baron v. Dalberg. Hauptm. Do-
bel. J. W. M. de E. Kammervirtuos Frenzel.
Cand. Friſch. J. W. Gaddun, Kauſm. J. Gaddun,
Kaufm. Kammerherr u. Hauptm. v. Gaugreben.
Hofkammerrath Greyß. Hertel Can. zu St. Petri,
Hofcaplan u. geh. Secret. Capellm. Holzbauer.
Capt. v. Hueber. Hauptm. v. Kaldenthal. Hofrath
Katzner. Lieut. v. Kinkel. Baron v. Leyden, Churb.
Kaͤmmerer, Geheimerath u. Geſandter an den Rh.
dChur-
[48] Churhoͤfen, 6 Exempl. Kammerherr v. Luͤtzelrode.
Hofgerichtsrath Mayer. Hofrath Medicus. Kriegs-
rathsſecret. Midon. Kammerherr Graf v. Neſſel-
rode. Rect. Pfeiffer. Obriſter v. Pfiſtor. J. N. de
la Place. Kammerherr Graf v. Portia. Se. Excel-
lenz Graf v. Riaucourt Churſaͤchſ. Staatsminiſter
u. Geſandter am Churpf. Hofe. Hofkammerrath
Rigal. Hofkammerrath, Bergrath u. Churb. Agent
Roͤmer. de Roy. Lieut. Rungius. v. Saylern. Of-
ficier unter dem Churpfaͤlziſchen Leibreg. v. Sebach,
Officier unter dem Leibreg. Freyherr v. Servi, Kam-
merherr u. Captleut. Neub. Obriſtleut. u. Land-
obriſter. Hofgerichtsrath Siegel. Geh. Rath Graf
v. Schmettau. Kammerherr Baron v. Schwicheldt.
Geh. Secret. Stamm. Audit. Steimich. Kammer-
herr Baron v. Sturmfeder. Concertm. Toͤſchi. Kam-
mervirtuos Toͤſchi. Se. Excellenz der Rgspraͤſident
v. Vennigen. Kammerherr Baron v. Vieregg. Frau
v. Wachs. Die Herren Kirchenrath u. Paſt. Walz.
Kammerherr u. Obriſter v. Weichs. Hofgerichtsrath
v. Weiler. Kammervirtuos Wendling. v. Weveldt,
Offieier beym Leibreg. Leut. Womraht. Major
Graf v. Yſenburg. Hauptm. u. Reg. Quartierm.
Zeisler. 17 Ungenante.


Marienwerder 1.


Herr Kriegsrath Scheffner.


Markoldendorf 2.


Die Herren Paſt. Ernſt. Paſt. Kayſer.


Maynz 1.


Herr C. A. Graf v. Walderdorf.


Meiſſen 6.


Herr Kammeraſſiſtenzrath v. Erneſt C. 7. Die
Herren M. Gottleber Rect. bey d. Landſchule. Klim,
Colleg.
[49] Colleg. bey d. Landſch. M. Muͤller Colleg. bey der
Landſch. Amtsinſpect. Praſſer. M. Weiſſe Vicar.
u. Conrector.


Meldorf 14.


Herr Probſt Jochims C. 14. Die Herren Boie.
Kirchſpielvogt Buchfort. Paſt. Dreeſſen. Etatsrath
u. Landſchreiber v. Jeſſen. Johanſſen. Koͤnigsmann.
Paſt. Langemaak. Paſt. Lindemann. Matthieſſen.
Rambuſch. Kirchſpielſchreiber Remmers. Dr. u.
Phyſic. Salchow. Paſt. Voß.


Michelſtadt 1.


Herr Canzleydirector Graͤfe.


Mitau 140.


Herr J. F. C. Roſenberger, Paſt. Prim. zu St.
Annen B. 155. Die Herren C. G. Adolphi, Paſt.
J. F. Adolphi, Cand. Mag. J. C. Aller. J. J.
Andreaͤ, Hofgerichtsadvoc. A. Anſchuͤtz, Cand. J.
G. Avenarius jun. Hofgerichtsadvoc. F. W. Ave-
narius, Cand. U. G. Becker, Paſt. Frau Kammer-
herrin J. L. v. Behr, geb. Graͤfin v. Kayſerlingk.
Die Herren H. F. v. Behr, Landr. u. Erbh. der Schloß-
Edwahl u. Zierauſchen Guͤter. C. U. v. Behr, Ritt-
meiſter u. Erbh. der Wirginalſchen Guͤter. W. v.
Behr, Kammerjunker u. Erbh. auf Kapſeden. U. v.
Behr, Kammerjunker u. Erbh. der Pop-Anſen u.
Krohtenſchen Guͤter. F. Berntheuſel, M. D. Herzogl.
Leibarzt, Hofr. u. Landphyſ. C. J. F. Bitterling,
Paſt. Fr. Bl. H. Bl. J. H. Blumenthal,
M. D. C. J. Bolner, Hofgerichtsadv. C. H.
v. den Brinken, Landeshauptm. Erbh. der Guͤter
Ewaden u. Rockaiſchen. E. D. Burſy, Cand. J. G.
Buͤttner, Paſt. J. C. Cube, Cand. J. D. Diſton,
Cand. J. G. Doͤrner, Paſt. C. L. Doͤrper, Koͤnigl.
d 2Pol-
[50] Polniſ. Sekret. und Notar. M. M. Dr. H. F.
Dullo, Paſt. J. H. Eckhoff, M. D. J. C. Elver-
feld, Paſt. C. F. Faber, Paſt. F. E. v. Schmieden-
feld, gen. Fabricien, Ruſſiſch Kaiſerl. Obriſter, Rit-
ter des H. G. Ordens u. Staroſt, Erbh. auf Wick-
ſtraut. D. J. J. Falcke, Phyſicus des Pilt. Kreiſes.
F. E. v. Firks, Landrath, Erbh. der Schloß Haſen-
poth u. Aiſternſchen Guͤter. F. E. C. v. Firks. G.
P. G. U. Hartman, Archivſekr. C. J. Hart-
mann, Cand. C. F. Herold, Paſt. C. F. Heſſelberg,
Cand. W. C. Hollenhagen, Paſt. C. Huhn, Supe-
rint. der Herzogth. Kurl. u. Semg. u. Oberpaſt.
G. F. Huneke, Hochfuͤrſtl. Kammerverwandter. J.
Hypperich, Rathsh. u. Apotheker. E. W. Jeſchcke,
Paſt. C. E. M. Reichsgraͤfin v. Kettler, geb. v. Kleiſt.
Die Herren D. v. Keyſerlingk, Kanzler, Geh. Rath
u. Ritter, Erbh. auf Ligutten. C. F. v. Keyſerlingk,
Oberhauptmann, Erbh. auf Funkenhoff. J. H. v.
Keyſerlingk, Obriſtlieut. Erbh. der Sernachtenſchen
Guͤter. J. C. Kirchner, Cand. U. W. Klapmeyer,
Paſt. C. N. v. Korf, Kammerherr, Erbh. der Pree-
kuln- und Aſſitſchen Guͤter. J. E. Krottendorf, Cand.
F. Kupfer, Diac. der deutſchen Stadtgemeine. A.
M. Lahm, Cand. J. F. W. Lieb, M. D. Koͤn[.] Polniſ.
Hofr. Frau Obriſtlieutenantin M. E. v. Lieven,
geb. v. Lieven. Die Herren G. F. v. Lieven, Erbh.
auf Duͤnhoff. J. J. Lutz, Landgerichtsadv. des Pilt.
Kreiſes und Stadtgerichtsadv. M. J. J. Maczewski,
Praͤp. u. Paſt. L. M. J. S. Maletius, Kanzeley-
ſekretaͤr. C. E. v. Mannteufel, gen. Szoͤge, R. Kai-
ſerl. Lieutenant. C. D. G. v. Medem, Landmarſchall
u. Oberrath, auch Ritter, Erbh. der Wilzenſchen Guͤ-
ter. Fraͤul. C. v. Medem. Die Herren C. F. v. Me-
dem, Erbh. auf Tettelmuͤnde. C. G. v. Medem, Lieut.
der Leibgarde. E. J. v. Medem, Erbh. auf Rum-
ben-
[51] benhoff. A. G. Mittelpfort, Paſt. G. A. Muͤller,
Cand. A. O. N. C. F. Neander, Paſt. F. J. v.
Oelſen, Freyherr. E. F. Okel, Paſt. C. A. Ovander,
Cand. C. Panthaͤnius, Herzogl. Fiſcal. C. G. Patz,
Paſt. P. P. F. Perkuhn, Cand. J. D. Prahl,
aͤlteſter Burgem. A. L. P. J. S. Preiß, Paſt. F.
W. Raiſon, Kanzleyrath, Geh. Kabinetsſekret. u.
Rentm. Frau K. M. v. der Recke, geb. v. Funk,
Erbh. der Pinkelſchen Guͤter. Frau Kammerherrin
C. E. C. v. der Recke, geb. v. Medem. Die Herren
F. W. Reck, Paſt. A. W. Reimer, Commiſſionsſekr.
C. D. Reimer, Cand. J. F. Rhanaͤus, Praͤpoſ. u.
Paſt. Ehrenmitgl. d. d. Geſ. zu Koͤnigsb. W. H. Ro-
ſenberger, Paſt. O. L Roſenberger, Paſt. O. J.
Roſenberger. F. Roux, Landgerichtsadv. des Pilt.
Kreiſes. J. C. Ruprecht, Paſt. v. d. O. g. S. v. d.
O. g. S. M. C. v. Saß, geb. v. Stromberg, Erbh.
auf Ariſchoff. Die Herren G. v. Saß, Erbh. auf
Gros Jlmagen. F. v. Schaffer, Capt. der Leibgarde.
C. E. Schmidt, Hochfuͤrſtl. Kanzeleyſekret. u. Koͤn.
Poln. Notarius. H. F. Schroͤder, Hochf. Kammer-
verwandter. F. G. W. v. Schroͤderß, Freyherr.
C. Schultz, Paſt. E. Schultz, Cand. N. L. S.
S. G. Schwander, Koͤn. Poln. Hofr. Hofgerichts-
adv. J. G. Schwemſchuh, Diac. der Lettiſchen
Stadtgem. F. M. S. J. Svenſon, Paſt. C. L.
Tetſch, Hofgerichtsadv. D. W. H. Tieden, Stadt-
gerichtsadv. M. J. N. Tieling, Paſt. Frau Paſto-
rin M. Tiling, geb. Muriſon. Die Herren M. v.
Treyden, Erbh. auf Pelzen. Fraͤulein J. H. W. M.
Baroneſſe v. Unger, gen. v. Sternberg. Die Herren
D. V. A. V. Hofrath u. Fiſcal. J. L. Vierhuf,
Paſt. H. Voigt, Commiſſionsſecret. T. W. J. W.
Wagner, Cand. M. F. Watſon, Prof. u. Rector der
groſſen Stadtſch. C. D. Wehrdt, Paſt. J. D. Weis,
d 3Con-
[52] Conrect. der gr. Stadtſch. D. C. Weſſel, Kaufm.
Frau M. S. v. Wettberg, geb. v. Grothaus, Erb-
herrin auf Sturhoff. Die Herren O. C. v. Wettberg,
Kammerjunker. C. G. Wilpert, Paſt. G. F. Witt,
Gerichtsvoigt. J. F. Witt, Paſt. G. F. Witt, Secret.
C. H. Wittenburg, Hofapotheker. J. C. Wittenburg.
Cand. A. F. Wittenburg, Cand. A. Z. C. J. Zie-
genhorn, Stadtſecret. G. F. Zimmermann, M. D.
J. A. Zimmermann, Cand.


Monzingen 1.


Herr Paſt. G. D. Rettig.


Muͤhlhauſen 1.


Herr Conrector Stieler.


Muͤnchen 24.


Herr Hofkammer u. Commercienrath Kohlbren-
ner C. 11. Herr Reviſions u. Commercienrath Ed-
ler v. Lippert B. 13. Die Academie der Wiſſenſchaf-
ten. Die Hofbibliothek. Herr Braun, geiſtl. Rath
u. Canonic. bey U. L. F. Stift. Das loͤbl. Stift der
reg. Chorherren in Polling. Die Herren v. Dufrene,
Weltprieſter. Legat. Rath Hammerer. J. Menzin-
ger, Logicus. M. Graf v. Preyſing, Kaͤmmerer u.
Hofrath. Se. Excellenz Graf v. Rheinſtein u. Tat-
tenbach, Geh. Rath u. Oberhofmarſchall. Hofrath,
Freyherr v. Rumel. A. Graf v. Savioli Corbelli,
Kaͤmmerer. auch Hof u. Commerc. Rath. Landrich-
ter v. Speckner. Graf v. Spretti, Geh. Rath u.
geiſtl. Rathspraͤſident. Don F. Sterzinger, Thea-
tiner. Don J. de la Stockh, Theatiner. v. Wolter,
Geh. Rath u. erſter Leibarzt. 6 Ungenante.


Muͤnden 18.


Herr Conrector von Einem B. Herr Superint.
Weckeneſel B. Die Herren Paſt. Albers. Paſt.
Ball-
[53] Ballauf. Amtsſchreiber Daniel. Burgemeiſter u.
Licentcommiſſar Eike. Paſt. Heſſe. Amtmann.
Hinuͤber. Oberpoſtm. Hugo. Cand. Koͤſter. Paſt.
Krohne. Die Leſegeſelſchaft. Die Herren Dr. Ro-
ſenbach. Se. Excellenz der Generalleut. Freyherr v.
Scheither. Paſt. Schulteſius. Paſt. Schumacher.
Paſt. Steding. Die erſte Klaſſe der gelehrten Schule.


Muͤnſter 56.


Herr Doctor U. Sprickmann B. 60. Die Her-
ren Hauptm. v. Ambotten. A. W. Aſchendorf, Buch-
haͤndl. Hofkammerrath Bark. v. der Beck genannt
Boichhorſt, Aſſeſſ. am weltl. Hofgericht. F. v. der
Beck von der Hochf. Leibgarde. Leut. Benning.
Hofrath Birnbaum. Kammerherr Baron v. Borne.
Rath Bruchhauſen. Hofrath Callenberg. Brigadier
Colſon. Cruſe d. G. Dr. u. Mitglied der arcadiſchen
Geſelſchaft zu Rom. Actuar. Dauphin. Hofkammer-
rath Detter. Kammerherr Baron v. Droſte. M.
Baron v. Droſte, Domherr. B. A. Duisberg. Amts-
rentm. Faber. Fliesberg von der Hochf. Leibgarde.
Se. Excellenz der geh. Staats u. Conferenzminiſter
Freyherr v. Fuͤrſtenberg. Erbkaͤmmerer Freyherr v.
Galen zu Dinklage. F. Freyherr v. Galen zu Dink-
lage, Domherr zu Muͤnſter, Osnabruͤck u. Pader-
born. Audit. Gieſe. H. de Gref von der Hochf. Leib-
garde. Dr. Grewe. Rath u. Referendar. Hoſius.
Canonic. Hoſius. Gograͤfe u. Domſecret. Kerkerick.
Cadet Kramer. Canonic. Kuhmann. Dr. Lenz-
Oberkriegscommiſſaͤr Lipper. v. Merode. Graf v.
Meerfeld, Domherr zu Muͤnſter u. Hildesheim. J.
Metz. Miquel von der Hochf. Leibgarde. Mulert,
Cand. Leut. v. Mumme. Conce[r][t]m. Nicolai. Ca-
nonic. Oiſthues. Die verwitwete Frau Reichsgraͤfin
M. A. v. Plettenberg u. Wittem. Die Herren Graf
d 4v. Plet-
[54] v. Plettenberg, Domherr. Rothmann von der Hochf.
Leibgarde. Secret. Sandfort. Kammervirtuoſe
Schlick. Canonic. Schluͤter. Brigadier Schroͤder.
Dr. Schuͤcking. Procurat. Signor. v. Tautphaͤus,
Geh. Rath, Official u. Commiſſar. d. Gen. Vica-
riats. Baron v. Twickel, Domherr zu Muͤnſter u.
Hildesheim. v. Wiedenbruͤck, Kammerpage. Zum-
kley, Lehrer der Mathemathik. Dr. Zurmuͤhlen.
1 Ungenanter.


Naumburg 2.


Die Herren Burgemeiſter Freytag. Dr. Weiz,
Landphyſicus.


Neubrandenburg 26.


Herr Bodinus zweyter Lehrer an der Schule C. 28.
Herr Bruͤkner, Paſt. zu groſſen Viehlen C. 28. Die
Herren Paſt. Jacobi. Junghenn. Adv. Koͤlling.
Cand. Korb. Landſyndic. Piſtorius. Cand. Saͤnger.
Rath u. Burgemeiſter Schroͤder. Sturm. Paſt.
Zander. 16 Ungenante.


Neuenſtein 2.


Die Herren Regierungsrath J. L. Dreß. Regie-
rungs u. Conſiſtorialrath J. G. Jan.


Neuſalze 1.


Herr Cand. Zachler.


Neuſtadt an der Aiſch 8.


Die Herren Kammerherr u. Oberforſtmeiſter Frey-
herr v. Beuſt. Dr. Doͤrfler. Fraͤulein v. Holleben.
Die Herren Hummel, Collab. Schol. Gerichtsactuar.
Marſtaller. Stadtſyndic. Walz. Juſtitzſecretaͤr u.
Stadtvogt Wei [...]. Commercienrath Weismann.


Nienburg 3.


Die Herren Dammers, Cand. Koͤppel, Cand.
Stroͤver, Cand.


Nord-
[55]

Nordhauſen 26.


Herr Senator Filter C. (2 Exempl.) 27. Die
Herren Rect. Albert. Baron v. Berg. Dr. Denker.
Cand. Ehrhardt. Adv. Filter. Adv. Filter. Paſt.
Goldhagen 3 Exempl. Diac. Hake. Hempel. Paſt.
Huͤpeden. Adv. Lerche. Paſt. Leſſer. Paſt. Ludwig.
Conrect. Poppe. Burgemeiſter Riemann. Adv. Ru-
dolf. Aedilis Schroͤter. Paſt. Schulze. Adv[.] Sie-
kel. Adv. Sunderhof. Varges, Gymn. Collega.
Herr Diac. Zober.


Nuͤrnberg 19.


Herr Rector Beck C. 30. Die Herren Braun,
Cand. Paſt. Burkardt. Hofrath Fiſcher. Paſt.
Hartlieb. Hofmann, Aſſeſſ. des Kaiſ. Landgerichts.
Holzſchuher v. u. zu Asbach, Pfleger des Stadtal-
moſenamts. Zoll u. Wagenamtmann Holzſchuher v.
u. zu Asbach. Conſulent Jan. Kramer, Aſſeſſ. des
Kaiſ. Landgerichts. Winkler v. Mohrenfels, Haupt-
pſieger des Landalmoſenamts. Lct. Negelein. Pan-
zer, Schaffer an der Hauptkirche. Hofmeiſter Sei-
del. Paſt. Seider. A. C. J. S. J. P. v. Vockel,
Hochfuͤrſtl. Onolzbachſcher Kammerjunker u. Aſſeſſ.
des Kaiſ. Landgerichts. Paſt. Waldau. Weierlein,
Geiſtlicher bey der Feldmilitz.


Nyborg 4.


Die Herren Major von Dorgelo. von Firks, Rit-
ter, Cammerherr, Generalmajor u. Commendant.
Wachtmeiſt. Lieut. u. Garniſonsaud. Knoblauch.
1 Ungenanter.


Offenbach 1.


Herr Andre, Fabricant.


Ohlau 1.


Herr Feldprediger Krieckende.


d 5Olden-
[56]

Oldenburg 4.


Herr Poſtſecretaͤr Schwarting C. 6. Die Buͤcher-
geſelſchaft. Die Herren Legationsrath Sturz.
Cand. Zwerg.


Oranienburg 3.


Die Herren Hagemann, Cammerrath u. Oberamt-
mann. Herms, Obermuͤhlen Jnſpector. v. Rapin,
Lieutenant und Poſtmeiſter.


Osnabruͤk 20.


Das Jntelligenzcomtoir C. Herr Moͤſer, Ju-
ſtitzrath u. Landſchaftsſyndicus B. 19 Ungenante.


Oſterholz im Bremiſchen 1.


Herr Amtſchreiber Fiſcher.


Ottersberg 2.


Die Herren Advocat Jauch. Paſt. Ruͤte.


Pappenheim 2.


Die Herren Donner, Canzleydirector, Lehnprobſt
u. Conſiſtorialpraͤſident. Freyer, Decanus, Kirchen-
u. Conſiſtorialrath.


Paſſau 5.


Die Herren Graf v. Auersberg, Domherr. Geiſt-
licher Rath Bellini. Graf v. Thun, Domherr.
Baron v. Waldmannsdorf. Graf v. Welsberg,
Domcapitular.


Penzlin 2.


Die Herren Praͤpoſit. Scheibel. Rect. Strucke.


St. Petersburg 19.


Herr Jnſpector Bacmeiſter C. 17. Die Herren
Oberfiſcal Bergmann. Bruhns, Kaufm. v. Con-
doidi. Eichfeldt. Generalmajor v. Engelhardt. Paſt.
Grot.
[57] Grot. J. N. Haͤſeler, Kaufm. Paſt. Herold. Jnſp.
Katenkamp. H. P. Knuſt, Kaufm. Mildahn,
Kaufm. v. Nilus, Collegienaſſeſſor. Pichler. Conr.
Stritter. Swatke. Kaufm. Trooſt, Kaufm. Cand.
Truͤmmer. Doct. Walther. Paſt. Wolf.


Petershagen 1.


Herr Juſtitiarius Dieterichs.


Potsdam 25.


Herr Feldprediger Campe C. 39. Die Herren
Capt. v. Aſchersleben. Capt. v. Boulet. Mag.
Buͤttner. Hofprediger Cochius. Dikow, Kaufm.
Capt. v. Doͤberitz. Hofmedicus Freſe. Pagenhofm.
Fuchs. Obriſtlieut. Graf v. Henkel Donnersmark.
Paſt. Hirte. Jnſpect. Junge. Regim. Feldſcher
Koͤhler. v. Lingensdorf, Obriſt a la Suite. Feld-
prediger Preuß. Hofmeiſter Reiſer. Capt. Graf
v. Schmettau. Direct. Schock. Hofm. Sprengel.
Obriſt v. Steinwehr. Jnſpect. Wenzelmann. Capt.
v. Winning. Regimentsquartiermeiſter Witte.
2 Ungenante.


Prag 13.


Herr Profeſſor Seibt C. 12. Herr v. Wagen-
burg, Ritter u. aller Siegelgefaͤlle Oberadminiſtra-
tor. 11 Ungenante.


Prenzlow 8.


Herr J. S. Sect C. 11. Die Herren C. N.
Ditmar, Obergerichtsadv. E. F. Fuhrmann, Adv.
u. Actuar. E. H. Hane, Wirthſchaftsinſpect. D.
Rehfeldt, Landphyſ. Major v. Siburg. S. H. S.
Stilke, Obergerichtsadv. V. W. Stiſſer, Oberbur-
gemeiſter u. Stadtrichter. A. C. F. Wilke, Oberge-
richtsrath und Protonot.


Pres-
[58]

Presburg 1.


Herr v. Heimbucher, Regiſtrant bey der Hofkam.


Prockau 1.


Herr Rath Truka.


Querfurth 1.


Herr D. und Burgemeiſter Kuͤhnert.


Ratenau 15.


Herr Blum C. 14 Ungenante.


Ratzeburg 4.


Herr Generalmajor u. Commendant v. Ahlefeldt.
Obriſtleut. v. Both. Rgsſecretaͤr Mejer. Amtscon-
ſulent Wagener.


Rawitſch 1.


Herr Cand. Hellwig.


Rebdorf 1.


Herr Muͤnch, Chorherr d. Coll. Kirche d. h.
Joh. u. Bibliothecar.


Rendsburg 12.


Die Herren Cammerherr v. Brockdorf. Adv.
Jacobſen. 10 Ungenante.


Reval 30.


Herr Carpov. Prof. der Mathemat. an der Rit-
teracademie (3 Exempl.) B. 30. Die Herren Prof.
Albaum. Paſt. Alſtadius. v. Baranoff. Landwai-
ſengerichtsſecretaͤr v. Brevern. Fraͤulein v. Biſtram.
Die Herren Adv. Daͤvel. Prof. Dreyer. Duͤcker.
Prof. Goͤbel. Cand. Gronau. Buchhalter Hahn.
Stadtwaiſengerichtsſecretaͤr Harpe. Hofrath v. Hel-
ler. Fraͤulein v. Hellwig. Die Herren Jenken,
Kaufm. Oeconomieſecretaͤr v. Kurſſell. Paſt. Moier.
Cand. Ruͤdinger. Ritterſchaftsſec. Bar. Stackelberg.
Kreisordnungsricht. Bar. v. Stackelberg. Baron v.
Stackelberg, zweyter ritterſchaftl. Secret. Baron v.
Sta-
[59] Stackeloͤerg. Stuͤckel. Taube, erſter Secret. der
Ritterſch. Prof. Tiedeboͤhl. Kreisordnungsrichter
v. Wartmann. Obriſter v. Zweiffel.


Riga 48.


Herr Mag. Schlegel, Rect. d. Domſchule C. 44.
Fraͤulein E. v. Anhorn. Die Herren Paſt. Baͤren-
hof jun. Rathsherr G. Behrens. Rathsherr J. C.
Behrens. L. Bergmann. Boͤtefeur. Rathsherr
Bulmerincq. Rathsherr Ebel. Conrect. Erdmann.
Notar. Everwahn. Cand. Glandorf. Paſt. Guleke.
Colleg. Secret. v. Guͤnſel. Haſt jun. Rathsherr
Hollander. J. S. Hollander. Secret Holſt. Notar.
N. Holſt. Cand. Holſt. Hupel, Paſt. Hofger. Adv.
Janckewitz. Obernot. T. N. Janckiewitz. Freyherr
v. Kleiſt. Knack, Paſt. Kirchennotar. Neſſler.
Pychlau. C. F. Reimann. v. Richter auf Siggund.
Paſt. Ruhendorf. Scheumann. Burgerm. Schick.
Schroͤder, Paſt. Chirurg. Schroͤder. Obervogt
Schwarz. Secretaͤr Schwarz. Dr. Staͤhelin. Se-
cret. Stoͤver. Hofrath Tilemann. Rathsherr v.
Ulrich. Rathsherr v. Vegeſack. Oberſecretaͤr v. Ve-
geſack. Vos. Burgem. v. Wiedau. Secret. v. Wie-
cken. Hofgerichtsſecr. Wildperg. Lieut. v. Wrisberg.
Zuckerbecker.


Riſſelsheim 1.


Hofcath u. Amtmann Strecker.


Roſtock 6.


Herr Fiſcalrath Weinland B. 6. Die Herren Mag.
Behrens. Rath Friedlieb. Kb. Paſt. Schramm.
Paſt. Wiggers.


Rotenburg an der Tauber 13.


Herr Doctor Geßner B. 13. Die Herren Land-
vogteyſecret. Albrecht. Bezold. Gesner. Lehmus.
Merz.
[60] Merz. Raab. Renger. Renger. Seyboth. v. Staudt.
Walther. v. Winterbach.


Rudolſtadt 7.


Se. Durchlaucht der regierende Fuͤrſt Ludwig
Guͤnther zu Schwarzburg Rudolſtadt. Se.
Durchlaucht der Erbprinz Friedrich Carl zu
Schwarzburg Rudolſtadt. Die Fuͤrſtliche Hofvi-
bliothek. Die Herren Se. Excellenz der Vicecanzler
u. Viceconſiſtorialpraͤſident v. Ketelhold. Rgsſe-
cretaͤr Meiſter. Paſt. Richter. Direct. Ullrich.


Saarbruͤck 1.


A. L. W.


Saltzburg 20.


Herr Conſiſtorialrath u. Geheimſecretaͤr Boͤnicke
B. 20. Se. Hochfuͤrſtl. Gnaden der Erzbiſchof,
6 Exempl. Die Herren Conſiſtorialrath v. Cluſulis.
Geheimerath v. Kleinmeiern. Hofrath v. Koflern.
Prof. Langhaiden. Hofcanzler v. Moͤlk, 2 Exempl.
Praͤlat v. St. Peter, 2 Exempl. Se. Excellenz Graf
v. Sauran, Domdechant u. Kaiſerl. Geheimerrath,
2 Exempl. Hofcammerrath v. Scheditzen. Hofrath
v. Steinhaͤuſer. 1 Ungenanter.


Salzwedel 16.


Herr Paſtor u. Jnſpector Stenegke, C. 21. Die
Herren Amtmann Alex. Subconrect. Danneil. Con-
rect. Dunker. Reg. Quarttermeiſter Freſe. Oberzins-
meiſter Hoppe. Direct. Kindervater. Cantor Leiß.
Burgemeiſter Pohlmann. Rect. Schaumann. Paſt.
Schneider. Kammerherr Graf v. der Schulenburg.
Conrect. Tetzner. Cantor Turſch. Advocat Vogel.
Paſt. Wagner.


Schleiz
[61]

Schleiz 3.


Die Herren Paſt. Frommhold. Paſt. Maul.
Amtscommiſſaͤr Geldern.


Schleswig 77.


Herr Rector Bendixen C. 88. Jhre Koͤnigl.
Hoheit die Prinzeſſin zu Heſſen. Se. Hochfuͤrſtl.
Durchlaucht Prinz Carl zu Heſſen. Jhre Hoch-
fuͤrſtliche Durchlaucht Chriſtina Sophia verwit-
wete Markgraͤfin zu Brandenburg Culmbach.
Die Herren v. Ahlefeld, Cammerherr, Landrath u.
Probſt des Joh. Stifts. O. u. Landgerichtsadv. Bay.
Capt. v. Berenſchiold. Canzley u. Obergerichtsrath
Benicken. Etatsrath v. Boye. Capt. v. Boͤhmer.
Boͤrm, Cand. Etatsrath Carſtens. Paſt. Claſſen.
Conferenzrath v. Cronſtern. v. Dewitz auf Loitmark.
Droͤhſe auf Brunsholm. Cammerjunker v. Duͤren-
berg. Juſtitzrath Ericius. E. M. v. Eyben, Stifts-
dame. Die Herren Canzleyrath Fitzmann. Juſtitz-
rath u. Amtsverwalter Flesburg. Foͤrſen, Leibarzt.
Franke, Dr. Se. Excellenz. v. Gruttſchreiber Geh.
Rath, Kammerherr, Jaͤgermeiſter, Landrath, u. Rit-
ter von Dannebrog. Paſt. Hanſen. Ober u. Land-
gerichtsadv. Harrſen. Landrath Hedemann. Se. Ex-
cellenz v. Heeſpen, Geh. Rath, Landrath u. Ritter
von Dannebrog. Paſt. Hensler. Compaſt. Hinrich-
ſen. Kammerherr v. Hoben. v. Holſtein, Kammer-
herr, Generalmajor u. Chef des Daͤn. Leibreg. zu
Pferde u. Ritter von Dannebrog. v. Juͤgert, Kam-
merherr, Landrath u. Vieecanzler. Obriſtleut. v.
Keith. Paſt. Kirchhof. Canzeliſt Kling. Obriſtleut.
v. Koͤppern. O. u. L. Gerichtsadv. Krebs. Land-
commiſſionsſecret. Kruͤck. Oberſachwalter Kuͤſter.
Canzleyrath Lobedanz. Lyhm. Michelſen. Major
v. Motz. Stiftsamtmann Oeder. Canzleyaſſeſſor
Otte.
[62] Otte. Burgemeiſter Peterſen. Adv. Peterſen. O.
u. L. Gerichtsadv. Petri. Major v. der Pforten.
Juſtitzrath Piper. Conferenzrath v. Preuſer. Zoll-
verwalter Rambuſch. Repſold. Kammerherr C. F.
Graf v. Reventlov. Baumeiſter Roſenberg. v. Ru-
mohr v. Rundtoft. Juſtitzrath Schildknecht. Juſtitz
u. Obergerichtsrath v. Schmieden. Die Graͤfin v.
Schmettau, Stiftsdame. Die Herren Kammerherr
Graf v. der Schulenburg. Schloßprediger Schwoll-
mann. Schwollmann, Cand. 2 Exempl. Unterleut.
v. Senior. Poſtmeiſter Seßler. Silenz, d. A. G.
Dr. Paſt. Silber. v. Sperling, Kammerherr,
Amtmann u. Ritter von Dannebrog. Obriſtleut.
Stange. Canzley u. Obergerichtsrath Steemann.
Kammerherr u. Oberpoſtinſpect. v. Warnſtedt. Ge-
neralmajor Wegener. Paſt. Witte. Generalkriegs-
commiſſaͤr Wodroff. Juſtitzrath Wohlert. J. Wuͤnne.


Schmalkalden 3.


Die Herren J. H. Held, Cand. Burgermeiſter
Lutz. Fraͤulein M. S. F. v. Thangel.


Schmiedeberg 7.


Die Herren Barchewitz, Kaufm. Syndicus
Brauns. Adv. Hennig. Paſt. Juſt. Proconſul Lu-
cius. Rathsdirector Schmidt. Diac. Schroͤer.


Schoͤnebek 2.


Die Herren Rect. Blum. Schwein, Cand.


Schwerin 31.


Herr Juſtitzrath Wachenhuſen B. Adv. Amſel.
Cand. Barkow. Paſt. Beckmann. Hofrath Berner.
Ho[f]rath Bouchholz. Hofrath F. A. Bouchholz. Cand.
Fa [...]icius. Canzleyrath Faull. Lieut. v. Gundlach.
Paſt. Hahn. Dr. Kuͤtemeyer. Juſtitiar. Maaſſen.
Kam-
[63] Kammerrath Manke. Kammerreviſor Matfeld. Dr.
Menge. Paſt. Muͤller. A. F. v. Oerzen. v. Oerzen.
Kaſſier Pault. Cand. Piſtorins. Hofrath Plate.
Hofrath Schildt. Hofrath Schnelle. Kammerrath
Schroͤder. Schroͤder. Kammerjunker v. Schuck-
mann. Paſt. Seger. Adv. Thieſſing. Hofrath
Wulſthof. 1 Ungenanter.


Soͤſt 3.


Die Herren Paſt. Heuſer. Paſt. Maͤhler. Mag.
Ritter.


Sonderburg 8.


Die Herren Lotterie Collect. B. Baxen. Adv.
C. Benning. Burgemeiſter Hanſen. Paſt. Krabbe.
Canzleyrath Paulſen. Amts u. Zollverwalter Prehn.
Adv. J. H. Prehn. Poſtm. Sutor.


Sondershauſen 10.


Die Herren Paſt. Blettermann. Conrect. Boͤtt-
ger. Archidiacon. Cannabich. Rgsrath Erneſti.
Hauptm. v. Hopfgarten. Secr. Huͤhne. Diac.
John. Rgsadv. Rothe. Hofamtsregiſt. Rothe.
Paſt. Streun.


Speyer 7.


Die Herren v. Geismar, Churf. Trierſcher Kaͤm-
merer u. Hochf. Speyerſcher Geh. Rath u. Hofmar-
ſchall. Baron v. Hacke, d. Hochſtifts Donucellar 4
Exempl. Geh. Seer. Hill. Hofr. Wolf.


Stade 26.


Herr Hensler, Ritterſchaftl. Synd. B. 27. Die
Herren Praͤtor Adler. Ahrens, Gymnaſ. Collega.
Obriſtleut. v. Bardenfleth. v. Bremen. Ritterſchaftl.
Secr. u. Canzley auch Hofgerichtsprocurat. Conrect.
Brincmann. Rgsrath Baron v. Buͤlow. Paſt.
Buͤttner. Droſt v. d. Decken. Rgsſecr. Ecko. Rgs-
ſecr. Haltermann. Adv. u. Procur. Haltermann.
eBoten-
[64] Botenmeiſter Hanneke. Regchirurgus Richter. Rect.
Rodde. Stadtſecr. Roſe. Canzleyaudit. v. Schluͤtter.
Canzleydir. v. Stade. Paſt. Steffens. Landrath u.
Burgem. Stuir. Subconr. Ummius. Procurat.
Wehner. Hofgerichtsaſſeſſ. u. Synd. Werner. Rath
Werner. Canzleyaudit. v. Werſebe. Canzleyaudit. v.
Zeſterfleth.


Stargard 4.


Herr Prof. Fromm C. 4. Herr Prof. Muͤchler.
2 Ungenante.


Stettin 4.


Herr Paſt. Herwig C. 4. 3 Ungenante.


Stolzenau 1.


Herr Superint. Blau.


Stralſund 26.


Herr Buſchmann, Secr. beym Niedergericht C. 7.
Herr Rgsſecr. Weſtphal C. 18. Die Herren v. Bagewitz.
Brandenburg. Dr. Chariſius, d. Coll. medici. Aſſeſſ.
Claſſen. Rathsverwandter Dinnies. von Eſſen, Buͤr-
gerworthalter. Synd. Fabricius. Dr. u. Superint.
Gebhardi. Rathsverwandter Hercules. Adv. Her-
cules. Cand. Hilmers. Synd. Kuͤhl. Rgsrath u.
Schloßhauptm. Graf v. Lahnke. Paſt. Langemak.
Adv. Pommerſche. Die Rathsbibliothek. Die Herren
Camerar. Schlichtkrull. Paſt. Schlomann. Paſt.
Schulz. Dr. u. Paſt. Stannike. Rgsſecr. Tetzloff.
Regsſecr. Thomas. O. H. v. Thun. Conr. Unger.


Strasburg 7.


Die Herren Frank Gebruͤder C. 5. Mſlle. F.
Heſſe. Mſlle Louiſa Koͤnig. 5 Ungenante.


Strelitz 4.


Die Herren Paſt. Bruͤckner. Cand. Denzin.
Paſt. Nahmmacher. Paſt. Senſe.


Stutt-
[65]

Stuttgard 17.


Die Herren Secretaͤr Bleſſing. Oberamtmann
Bloß. Die Buͤchergeſellſchaft. Die Herren Kam-
merſecr. Elſaſſer. Rentkammerexpeditionsrath Hart-
mann. Prof. Haug. Madam Kepplin. Die Herren
Prof. Kielmann. Superint. Lang. Paſt. Neuffer.
Rentkammerrath Nonnenmacher. Rentkammerrath
Reyher. Kammerherr u. Rgsrath v. Riedeſel. Rent-
kammerrath Spittler. Hof und Rentkammerexpe-
ditionsrath Stahl. Prof. Volz. Oberforſtamtsſecr.
Weiblen.


Tangermuͤnde 3.


Die Herren Hofrath Hern. Burgemeiſter Holzer-
land. Jnſpect. Schulze.


Thorn 1.


Herr Prof. Wetzker.


Torgau 3.


Herr Stadtſchreiber Standfuß. 2 Ungenante.


Traventhal 2.


Die Herren Se. Excellenz der Geheimerath Graf
v. Bothmer. Hofmeiſter Wiebeking.


Trepto an der Rega 1.


Herr Stadtſecretaͤr Woheke.


Tuͤbingen 81.


Herr Magiſter Hartmann C. 103. Die Herren
Abele. Baron v. St. Andraͤ. Prof. Bauer. Bauer.
Mag. Beurlen. Oberamtm. Beyer. Cand. Bilfinger.
Mag. Binder. Prof. Boͤkh. Brand. Auditeur Breu-
ning. Prof. Breyer. Buͤhrer. Prof. u. Rath Canz.
Mag. Chriſtmann. Obriſtleut. Dedell. Paſt. Denzel.
Drack. Leut. u. Audit. Fiſcher. Mag. Fiſcher. Leut.
Friſch. Paſt. Fulda. Leut. Baron v. Gaisberg.
Mag. Gaume. Baron v. Gemmingen. Mag. Geß.
Lic. Gmelin. Hans. Mag. Heinlin. Holdenwang.
e 2Rgs-
[66] Rgsrath u. Oberamtm. Harpprecht. Mag. Hauf.
Dr. u. Prof. Hofmann. Mag. Huͤbler. Huͤtten.
Hofgerichtsadv. Jaͤger. Mag. Jaͤger. Kern. Dr.
u. Prof. Kapf. Mag. Kieſer. Geh. Rath Baron v.
Knieſtaͤdt. Leut. v. Knieſtaͤdt. Leut. v. Kolb. Cand.
Kroͤber. Mag. Lang. Lutz, Cand. Cand. Lucaͤ. Mag.
Mittenmajer. Leut. v. Muͤller. Leut. v. Muͤller.
Oetinger. Mag. Paret. Mag. Plank. Amtsſubſtit.
Pfingslin. Pichler. Rittmeiſter Reimoͤhl. Mag.
Rumelin. Mag. Reuß. Schall. Mag. Schoder.
Rittm. Baron. v. Schoͤnfeld. Lic. Schott. Schmidt,
Cand. Prof. Schnurrer. Schuͤler. Lic. Schultheiß.
Schwarz. Mag. Serger. Oberamtm. Seyffarth.
Mag. Spittler. Hauptm. v. Stein. Mag. Thomas.
Cand. Titot. Wagenmann. Mag. Wagner. Mag.
Weiß. Mag. Weiſſenſtein. Paſt. Wirz. Leut. v.
Wocher. Ziegler, Cand.


Uelzen 3.


Die Herren Cammerarius Kern. Spindler.
Probſt Zimmermann.


Ulm 11.


Herr Haid, Lehrer am Gymnaſ. C. 10. J. M.
Afſprung. Riet, Prof. Soranus. J. M. Veiel.
Procurat. u. Canzleyadjunct. Wolbach. 6 Ungenante.


Wahren 2.


Die Herren Hofrath v. Altrock. Paſt. Schmidt.


Waldeck 5.


Se. Durchlaucht der regierende Fuͤrſt von
Waldeck. Jhre Durchlaucht die verwitwete Fuͤr-
ſtin von Waldeck. Se. Durchlaucht der Prinz
Ludwig von Waldeck. Die Herren Geh. Secret.
Frensdorf. Conſiſtortalrath u. Hofpred. Steinmetz.


Waldenburg 8.


Se. Durchlaucht der regierende Fuͤrſt zu Ho-
henlohe und Waldenburg Schillingsfuͤrſt. Die
Herren
[67] Herren Hofrath Brecht. Amtm. Eiſenmenger. Hof
Rgs. u. Lehnrath Hanſelmann. Rath u. Phyſ. Her-
wig. Kammerrath Knapp. Paſt. Meyer. Hof Rgs.
u. Conſiſtorialrath Roͤsle.


Waͤchtersbach 1.


Herr Hofapotheker Wagener.


Weilburg 3.


Die Herren Hofkammerregiſtr. Petſch. Rent-
meiſter Rhodius. Cabinetsſeer. Winder.


Weimar 8.


Die Herren Bertuch. Rgsrath v. Einſiedel. Graf
v. Goͤrz Canzleyrath Heyligenſtaͤdt. Freyherr v.
Linker u. Luzenwik. Frau Geheimeraͤthin v. Hagen.
Die Herren v. Wedel. Hofrath Wieland.


Weiſſenburg 1.


Herr Rathsherr Freyer.


Weiſſenſee 1.


Herr Superint. Faͤrber.


Wernigerode 2.


Die Herren Baron v. Braun. Rgsadv. Blum.


Weſtlingbuhren 1.


Herr Paſt. Wolf


Wezlar 1.


Herr Kerkeriek, Hochf. Muͤnſt. Rath u. Leg. Secret.


Wien 88.


Herr Denis, Prof. u. Bibliothecar B. Das Real-
zeitungscomtoir (25 Exempl.) C. Se. Durchlaucht
der Fuͤrſt Khevenhuͤller. Die Herren Graf L. Ba-
thyany. Z. Edler v. Berthold, N. O. Rgsrath.
Rgsrath Freyherr v. Boͤck. Rgsrath Freyherr v.
Brandau. Abt W. Brouſer. Burchardi, Daͤn. Ge-
ſandtſchaftspred. Burckard, Lehrer am Theres. Se.
Excellenz der Graf v. Calenberg, Obriſthofm. Sr.
e 3Koͤn.
[68] Koͤn. Hoheit d. Erzherzogs Maximilian. C. Edler
v. Catharin, N. O. Rgsſecret. Freyherr v. Dubeis-
ne. v. Erneſt, Koͤn. Grosbr. Leg. Secret. General
Faver. A. P. v. Freytag N. O. Rgsrath. Pater
N. Fuchsthaler, Lehrer a. d. K. K. Savoiſch. Ritt.
Acad. Die Garelliſche Bibliothek. Die Herren G.
Gottlieb, K. K. Kammerdiener. R. Graͤffer, Buch-
haͤndl. M. v. Haan, N. O. Rgsrath. Pater Prov.
Habel. L. v. Haska. Hofmeiſt. Hope. P. H. Hopf.
Pater E. Job, Lehrer a. d. K. K. Savoiſch. Ritt.
Acad. J. G. Edler v. Kaͤs, N. O. Rgsrath. Kalin-
ger. E. Freyherr v. Kollenbach, Hofſecret. bey der
Staatskanzley. P. Graf v. Kollowrat. P. Graf v.
Kollowrat. J. Graf v. Koteck, N. O. Rgsrath.
Freyherr v. Loͤhr. Prof. Maſtalier. J. Matt, N.
O. Rgsſecret. v. Moll, Herz. Braunſch. geh. Leg.
Rath u. Reſident. R. S. Pauer, d. K. K. Hof-
kriegsbuchhalterey Raitofficier. J. Freyherr v. Penck-
ler, N. O. Rgsrath. F. Freyherr v. Pichler. Prof.
J. Prehmleihner. J. Freyherr v. Retzer. v. Roſen-
thal. J. C. Rosteuſcher. F. Graf v. Salm. A. H.
v. Schroͤder, K. K. Generalfeldwachtmeiſter, u. des
Feld u. Garniſ. Artill. Hauptzeugamts Praͤſes. J. F.
Scheffler, Niederleger. M. Graf v. Sedlitzky, K.
K. Kammerherr u. N. O. Landrath. C. C. H. Frey-
herr v. Senkenberg. P. Graf v. Sinzendorf. F. P.
v. Stadler. A. Graf v. Stampfer. Stephanie der
aͤltere. Stephanie der juͤngere. Stillen, Abt u. Hof-
meiſter. F. Freyherr v. Stupan, N. O. Rgsrath.
J. F. Freyherr v. Stupan. Freyherr v. Taufferer,
Probſt zu Varrau. Graf Ugarti, N. O. Rgsrath.
F. Graf. v. Walſegg. F. Graf v. Walſegg. Pater
A. Waſſerthal, Lehrer a. d. K. K. Savoiſch. Ritt.
Acad. F. X. v. Waſſerberg, Secret. d. K. K. Real-
zeitungscomtoir. 2 Ungenante.


Wildes-
[69]

Wildeshauſen 3.


Die Herren Oberamtmann Hinuͤber. Amtmann
Hinuͤber. Amtſchreiber Voigt.


Wismar 12.


Herr Archidiaconus Kuͤhl B. 15. Die Herren
Stadtſecr. Dahlmann. Haſſe, Dr. u. Procurat.
beym Tribunal. Lembke, Dr. u. Procurat. beym
Tribunal. Paſt. Neumann. Nuͤrenberg, Secr. des
Conſiſtor. Juſtitzrath u. Fiſcal v. Palthen. Landrath
u. erſter Burgemeiſter v. Schlaff. Tribunalsaſſeſſ.
Stamwede. Tribunalsaſſeſſor Trendelenburg. C. W.
v. Zuͤlow. 1 Ungenanter.


Wittenberg 20.


Herr Prof. Ebert B. (2 Exempl.) 12. Herr Gen.
Acciscommiſſ. Markwordt B. 11. Die Herren Buch-
ted. G. B. Freyherr v. Ende. Appell. Rath u. Prof.
Fiſcher. Prof. Freyberg. Fraͤul. v. Frieſen. Die Her-
ren v. Frieſen. v. Haugwitz, Beyſitzer d. Hofgerichts.
Jegelau. Krautoff. Marckwordt, Amtsbeyſitzer u.
Gleitsinſp. Mag. Martini. Hofmeiſt. Mathei.
Schilling. Dr. Schlockverder, der jur. Fac. a. o.
Beyſitzer. v. Stutterheim. Se. Excell. der Koͤn Pr.
Cab. Miniſter Graf v. Werther. M. C. G. Will-
mersdorf.


Woldeck 1.


Herr Doct. Bruͤckner.


Wolfenbuͤttel 1.


Herr Leſſing, Bibliothekar.


Wolgaſt 2.


Herr Paſt. Bankamp. Frau Obr. Pſilanderhielm.


Worms 1.


Herr G. N. Wiener, Rector C.


Zerbſt 1.


Herr Hofrath Buͤlau.


Zit-
[70]

Zittau 12.


Die Herren Bergmann d. R. Dr. P. H. Graͤz.
Dr. u. Stadtphyſ. Hefter. Huͤbner, Gymn. Coll.
Cand. Jahry. Stadtſchreiber Juſt. Muͤller, Gymn.
Coll. Dr. u. Rathsherr Scholze. Burgem. Schroͤ-
ter. Cand. Senftleben. J. C. Tſchoppa. 1 Ungen.


Zuͤrich 7.


Die Herren Dr. J. Hoze. Lavater, Helfer am
Wayſenhauſe. Die Leſebibliothek. Die Herren Prof.
Nuͤſchler. Pſenninger, Mechanicus. H. C. Wirtz
u. Comp. Paſt. Schinz.


Zweybruͤcken 14.


Herr Prof. Crollius C. Mſlle Bachmann. Die
Herren Conr. Bergmann. Rgsrath Bircken. Land-
rentmeiſter. Ehrlenholz. Prof. u. Conr. Exter. Rgs-
u. Oberappellationsrath Hahn. Hoͤffel, Dr. u. Phyſ.
Rgsadv. Kaͤrner. Die Leſegeſellſchaft. Prof. Piel.
Mſlle M. Ravauel. Die Herren Oberconſiſtorialrath
Spangenberg. Conſiſtorialrath Tatſch.



„Die deutſche Gelehrtenrepublik.
„Zweyter und lezter Theil.

„Ein Alphabetſtark; auf Poſtpapier; mit neuen
„Lettern; (S. 5. erwaͤhnte Chicane hatte auch die
„Folge, daß keine Zeit mehr uͤbrig war, neue Let-
„tern zu dieſem 1ſten Theile gieſſen zu laſſen) Preis
„1 Rthlr Hamb. Cour. oder 1 Rthlr. 3 Gr. nach
„alten Louisd. Der Subſcriptionstermin geht mit
„dem 1ſten Oetob. dieſes Jahrs zu Ende. Das
„Buch wird den 1ſten Febr. 1775. herausgegeben,
„und binnen dem 1ſten und 15ten Febr. in Empfang
„genommen und bezahlt.‟


[[1]]

Einrichtung
der
Republik.


[[2]][[3]]

Die Republik beſteht aus Aldermaͤn-
nern, Zuͤnften, und Volke.


Wir muͤſſen auch, weil dieſes einmal nicht
zu aͤndern iſt, Poͤbel unter uns dulden.
Dieſer hat ſich faſt auf jedem Landtage uͤber
ſeine Benennung beſchwert. Man hat ihm
zu ſeiner Beruhigung verſchiedne andre Be-
nennungen angeboten als: Das geringe
Volk, der groſſe Haufen, der gemeine
Mann; aber er hat damit nie zufrieden ſeyn,
ſondern immer: Das groſſe Volk heiſſen
wollen. Die Jahrbuͤcher ſezen beſtaͤndig:
Poͤbel.


Es thut nicht Noth ihn zu befchreiben.
Er hat keine Stimme auf den Landtagen;
aber ihm wird ein Schreyer zugelaſſen, der
ſo oft man nach einer Stimmenſamlung
ausruht, ſeine Sache recht nach Herzens Luſt,
doch nur eine Viertelſtunde lang, vorbringen
darf. Er iſt gehalten einen Kranz von Schel-
len zu tragen. Nach geendetem Landtage
wird er allezeit Landes verwieſen.


A 2Von
[4]

Von dem Volke.


Zum Volke gehoͤrt, wer, ohne ſich uͤber
das Mittelmaͤſſige zu erheben, ſchreibt,
oder oͤffentlich lehrt, oder die Wiſſenſchaften
in gemeinem Leben anwendet; ferner gehoͤren
diejenigen dazu, welche ſo wenig von dem
wiſſen, was wuͤrdig iſt gewuſt zu werden,
(es komt hier auch mit in Betracht, wenn
ſie ſich auf zu viel Unwiſſenswuͤrdiges einge-
laſſen haben) daß ſie nicht zuͤnftig ſind. Auſ-
ſer dieſen wird die Zahl des Volkes auch noch
durch die ſchwankenden Kenner, und diejeni-
gen Juͤnglinge vermehrt, welche von ſich hof-
fen laſſen, daß man ſie bald in eine Zunft
werde aufnehmen koͤnnen. Dieſe Hofnung
ſchlaͤgt freylich nicht ſelten fehl, und manche
von dieſen Juͤnglingen bleiben zeitlebens un-
ter dem Volke. Jndeß iſt es doch gut, hier
bey der Unterſuchung nicht zu ſtreng zu verfah-
ren; denn ſonſt wuͤrde man wol gar einigen
Juͤnglingen anrathen muͤſſen, ſich fuͤr erſt
unter dem Poͤbel aufzuhalten, unter dem ſie
nur verwildern, und ganz wuͤrden verdorben
werden. Aber dieſe duͤrfen es dann auch
nicht lange anſtehn laſſen, ſich wuͤrdig zu
machen, dem Volke anzugehoͤren; denn ſonſt
muͤſſen
[5] muͤſſen ſie ſich, oft ſehr unvermuthet, unter den
Poͤbel begeben.


Das Volk hat einen Rathfrager. Die-
ſen laſſen die Aldermaͤnner oder auch die
Zuͤnfte ſo oft zu Anfragen vor, als er es ver-
langt. Er hat uͤber dieſes auch das Recht
etwas oͤffentlich vorzutragen, ſo wie es die
Anwalde der Zuͤnfte haben, aber doch mit
dem Unterſchiede, daß er nur den Aldermaͤn-
nern; die Anwalde hingegen, ob es gleich
gewoͤnlich durch die Aldermaͤnner geſchieht,
der Republik vortragen. Die Aldermaͤnner
koͤnnen daher den Vortrag des Rathfragers
abweiſen.


Dieß ſchraͤnkt zwar auf der einen Seite das
Volk ziemlich ein; auf der andern Seite aber
hat es, wie man gleich hoͤren wird, auch
Vorzuͤge, nicht nur vor jeder einzelnen Zunft,
ſondern ſogar vor den Aldermaͤnnern.


Es hat lange gewaͤhrt, eh die Einrichtung
der Republik in dieſes Gleis gekommen iſt.
Unſre jungen Politiker pflegen noch ſehr oft
daruͤber in Streit zu gerathen, ob es ſo auch
gut ſey.


Wenn unter dem Volke die Mehrheit uͤber
zwey Drittheil geht; ſo macht ſie bey der
Stimmenſamlung drey Stimmen aus: und
zwey, wenn ſie unter zwey Drittheilen
A 3iſt.
[6] iſt. Sind die einzelnen Stimmen getheilt;
ſo hat das Volk gar keine Stimme.


Jm vorigen Jahrhunderte, da dieſer Un-
terſchied noch nicht war, da das Volk noch
vier Stimmen hatte, und da uͤber das bald
dieſe bald jene Zunft auf einige Zeit einzugehn
pflegte, weil es an Wahlfaͤhigen fehlte, iſt
das Volk Urheber mancher Zerruͤttungen in
der Republik geweſen.


Doch eh wir fortfahren von ihrer Einrich-
tung Nachricht zu geben, muͤſſen wir ein Paar
Worte von den Altfranken ſagen.


Man nent diejenigen Deutſchen, die nicht
zu der Republik gehoͤren: Altfranken. Die
Mitbuͤrger anderer Gelehrtenrepubliken heiſ-
ſen bey uns: Auslaͤnder, und die uͤbrigen
Einwohner andrer Laͤnder: Fremde Leute.
Die Benennung: Altfranken, druͤkt auf
keine Weiſe Geringſchaͤzung aus; ſie iſt in
Gegentheile mit daher entſtanden, weil wir
nicht haben wolten, daß Deutſche ſolten
Auslaͤnder genent werden, obgleich diejeni-
gen Deutſchen, die keine Mitbuͤrger unſrer
Republik ſind, (es verſteht ſich von ſelbſt,
daß hier von denen die Rede gar nicht iſt, die
ihre Erziehung und Lebensart von allem Zu-
gange zu den Wiſſenſchaften voͤllig ausſchlieſ-
ſen,)
[7] ſen,) in Beziehung auf uns, wol ſo haͤtten
heiſſen koͤnnen.


Der Urſprung dieſer Benennung geht in
alte Zeiten zuruͤk. Es war damals, da
unſre Republik entſtand, nicht lange her,
daß ſich die Deutſchen noch Franken genant
hatten. Nun hatten die kuͤhnen edlen Fran-
ken zwar groſſe Thaten gethan, auch ſogar
einige gute Geſeze gegeben; aber die Wiſſen-
ſchaften hatten ſie nicht geliebt. Daher unſre
Benennung: Altfranken, um diejenigen zu
bezeichnen, die uns nur in Abſicht auf die
Wiſſenſchaften nicht angehoͤren. Wir ſchaͤzen
die Altfranken; denn man kann Verdienſte
haben, ohne mit den Wiſſenſchaften bekant
zu ſeyn: aber wir verachten ſie auch von gan-
zem Herzen, ſobald ſie ſich es herausnehmen
deswegen, weil ſie unwiſſend ſind, mit Stolz
auf uns herabſehn zu wollen. Und hier
ſchuͤzet ſie nichts gegen uns. Aus welchen
alten Haͤufern, wie maͤchtig, wie bebaͤndert
und betitelt, wie reich, wie erfindſam in
allen Arten des Wuchers, wie wohlgewach-
ſen, wie modiſch, wie fertig in Leibesuͤbun-
gen, fremden Sprachen, und Spielen, durch
welche genaue Bande mit der ſogenanten
groſſen oft ſehr kleinen Welt ſie verbunden
ſeyn, und wie laut ſie ſich auch fuͤr Kenner
A 4der
[8] der ſchoͤnen Kuͤnſte ausgeben moͤgen; ſie wer-
den verachtet.


Man muß uͤbrigens die Altfranken ja nicht
mit unſerm Poͤbel verwechſeln. Ein Mit-
glied des Poͤbels verdirbt die wenigen Natur-
gaben, die es etwa noch haben mag, durch
das Studieren; ein Altfranke laͤſt ſich gar
nicht darauf ein. Denn daß er etwa auch
einmal in einem Buche blaͤttert, oder einem
Gelehrten mit Gebehrdungen zuhoͤrt, als ob
er wirklich Ohren fuͤr ihn haͤtte, das veraͤn-
dert bey der Sache nichts.


Von den Zuͤnften.


Wir haben vier ruhende, und elf wirk-
ſame
Zuͤnfte. Dieſe werden gewoͤn-
licher: Oberzuͤnfte, und jene Unterzuͤnfte
genant.


Die Mitglieder der Unterzuͤnfte haben
manchmal Geſchaͤfte im gemeinen Leben, zu
deren Betreibung allerdinas dieß und das
Theilchen einer kleinen Kenntnis erfodert
wird; aber ſolche entfernte Beziehungen ent-
ſcheiden nichts, und die Unterzuͤnfte werden
ihrer ungeachtet in Abſicht auf die Republik
als ruhend angeſehn.


So-
[9]

Sobald ein Unterzuͤnfter ſchreibt, oder oͤf-
fentlich lehrt, oder ſeine Wiſſenſchaft im ge-
meinen Leben anwendet; das heiſt, ſobald
er aus dem Bezirke hervortrit, in welchem
alles, was er weiß, nur zur Nahrung oder
auch zum Schmauſe ſeines eignen Geiſtes da
iſt; ſo komt er dadurch, nach der Beſchaf-
fenheit der Schriften, des Vortrags, der
Anwendung, entweder unter das Volk, oder
in eine Oberzunft, doch in dem lezten Falle
ſo, daß er der Zunft, auf welcher er zuvor
war, auch noch angehoͤren kann. Ueber-
haupt kann man bey uns zwey ja bisweilen
drey Zuͤnften angehoͤren; man muß aber,
wenn Landtag iſt, die ganze Zeit uͤber, auf
der Zunft bleiben, die man fuͤr dasmal ge-
waͤhlt hat. Die Unterzuͤnfte ſind:


Die Zunft der Wiſſer, oder derer, wel-
chen beynah alles Wiſſenswuͤrdige bekant
iſt. Dieſe Zunft iſt ſeit je her ſehr klein ge-
weſen.


Die Zunft der Kundigen, derer, die
mehr als die Haͤlfte des Wiſſenswuͤrdigen
wiſſen.


Die Zunft der Drittler. Jhre Benen-
nung zeigt ihre Beſchaffenheit. Es iſt eine
uͤberaus groſſe Zunft.


A 5Die
[10]

Die Zunft der Kenner. Durch dieſe
Zunft wird zwar die Zahl unſrer Mitbuͤrger
nicht wenig vermehrt, wir haben ſie gern un-
ter uns, und ſie thut auch wol bisweilen
etwas fuͤr uns; allein die meiſten ihrer Mit-
glieder ſtehen gleichwol in zu vielen und zu
genauen Verhaͤltniſſen mit den Altfranken,
um patriotiſch genung gegen die Republik ge-
ſint zu ſeyn. Sie hat auch Zuͤnfterinnen;
aber dieſe haben bisher nur immer Abgeord-
nete auf die Landtage geſchikt. Vielleicht
wuͤrde, wenn ſie ſelber kaͤmen, die Zunft pa-
triotiſcher werden.


Bey Aufnamen in die Unterzuͤnfte haben
die Aldermaͤnner viel ſaure Arbeit. Denn
ohne ihre Genehmigung kann Niemand auf
eine Unterzunft kommen. Man vermuthet,
daß ſie den naͤchſten Landtag neues Maaß und
Gewicht des Wiſſenswuͤrdigen werden ein-
zufuͤhren ſuchen. Was ſie bisher davon ab-
gehalten hat, iſt die alsdann ſchwerere Be-
rechnung gegen auslaͤndiſches Maaß und Ge-
wicht geweſen. Auch wird, wie man ſagt,
auf dieſem Landtage der groſſe Unterſchied,
der zwiſchen Geſchmak und Kennerey iſt,
genauer feſtgeſezt werden.


Gewoͤnlich werden nur die in die Ober-
zuͤnfte aufgenommen, die ſelbſt denken, ſelten
nach-
[11] nachahmen, und als Entdecker oder Erfinder
wenigſtens zu einiger Hoͤhe gekommen ſind.
Die Oberzuͤnfte haben jezt Anwalde und Ael-
teſte, auf welche ſie ſtolz ſeyn duͤrfen. Bey
einem Aelteſten koͤmt es nicht auf ſeine Jah-
re, ſondern auf die Zeit an, die er Zuͤnfter
geweſen iſt.


Wir ſind verpflichtet bey der Nachricht
von den Oberzuͤnften allzeit zu erwaͤhnen,
daß dieſe oder jene derſelben entweder ent-
decke
oder erfinde, oder auch beydes vereine.
Damit wird nicht geſagt, daß es jeder Zuͤnf-
ter thue, auch nicht, daß es die meiſten zu
allen Zeiten gethan haͤtten; (denn man kon-
te ja wol bisweilen bey der Wahl eines Mit-
zuͤnfters Erwartungen von ihm haben, die
er nicht erfuͤlte,) aber die Zunft ſelbſt kann
ſich deswegen nichts vergeben, noch Vorzuͤge
verſchweigen laſſen, in deren Beſize ſie ſei[t]
vielen Jahren iſt.


Weil wir Deutſchen von uns ſelbſt ſo we-
nig wiſſen; ſo ſind uns auch groſſentheils
unſre eignen Reichthuͤmer, wenigſtens ihrem
ganzen Werthe nach, unbekant. Auch das
gehoͤrt zu dieſen Reichthuͤmern, was wir roh
hinwarfen, und was dann die Auslaͤnder
nahmen, ausbildeten, und ſich zueigneten.
Aber
[12] Aber die Geſchichte wird ſchon zu ihrer Zeit
aufſtehn, und reden.


Man lerne, was man Auslaͤndern, (ſagte
einmal ein Aldermann,) die etwa was gegen
uns vorbringen, zu antworten habe. Dieß
hat man ihnen zu antworten: Jn keiner Ge-
lehrtenrepublik iſt ſo viel entdekt und er-
funden worden, als in der deutſchen;
und
ſie werden ſtillſchweigen, wenn ſie nicht un-
wiſſend oder Thoren ſind, die in Ausfluͤchten
oder Hartnaͤckigkeit Ruhm ſuchen.


Einige der Oberzuͤnfte ſind darſtellende,
und andre abhandelnde.


Darſtellung und Abhandlung (dieß moͤch-
te einigen vielleicht noch nicht recht bekant
ſeyn,) ſind nicht wenig von einander unter-
ſchieden. Abhandlung iſt gewoͤnlich nur
Theorie, und wo ſie es nicht iſt, da iſt ſie
doch von der Darſtellung gleich weit entfernt.
Die Art des Vortrags, die zum Exempel ein
Naturforſcher zu der Beſchreibung einer ge-
habten Erfahrung waͤhlt, graͤnzt wenigſtens
ſehr nah an den Vortrag der Abhandlung;
Darſtellung hat Theorie. Sie beſchaͤftigt,
bey der Hervorbringung, die ganze Seele;
Abhandlung nur das Urtheil. Die Beſchaf-
fenheit deſſen, was auf beyden Seiten her-
vorgebracht wird, lernt man am beſten ken-
nen,
[13] nen, wenn man auf die Wirkung des einen
oder des andern Acht hat; und Wirkung zeigt
ſich vorzuͤglich durch ihre Dauer. Ein ab-
handelndes Werk geht unter, ſobald ein
beſſeres uͤber eben dieſen Jnhalt erſcheint.
Ein Werk der Darſtellung, (wenn es ſonſt
zu bleiben verdient,) bleibt auch nach Erſchei-
nung eines beſſern uͤber eben den Jnhalt.
Wir ſagen nur, daß es bleibe, und leugnen
damit nicht, daß es nicht etwas von ſeinem
Werthe verliere.


Die Abhandlung nimt bisweilen, weil
ſie ihre Beduͤrfniſſe kent, einige Toͤne von
der Darſtellung. Sobald ſie zu viel nimt,
wird ſie Zwitterwerk. Und Zwitterwerk
kann zu nichts weiterm gelangen, als etwa
dann und wann Mode zu ſeyn. Man hat
hierinn zu viele vergebliche Verſuche gemacht,
als daß die Sache nicht entſchieden ſeyn
ſolte.


Die darſtellenden Zuͤnfte ſind:


Die Zunft der Geſchichtſchreiber. Sie
erfinden, wenn ſie auf neue Art darſtellen,
und entdecken, wenn ſie das wirklich Ge-
ſchehne herausbringen. Wer den Namen ei-
nes Geſchichtſchreibers mit Recht fuͤhren will,
muß beydes vereinigen. Dieſe Zunft wuͤrde
die kleinſte unter allen ſeyn, wenn ſie nicht
auch
[14] auch die zu Mitgliedern aufnaͤhme, die ſich
bloß mit Unterſuchung des Geſchehenen be-
ſchaͤftigen.


Die Zunft der Redner. Viele, die dem
Namen nach auch Redner ſind, hat dieſe
Zunft nicht aufnehmen wollen. Sie haben
ſich unter das Volk begeben muͤſſen. Jn
den aͤlteſten Zeiten Deutſchlands waren vor-
naͤmlich die Oberrichter und die Feldherren
Redner. Sie ſind durch die verſchiednen Ar-
ten der Darſtellung Erfinder.


Die Zunft der Dichter. Sie ſind theils
durch die Erdichtung, und theils durch neue
Arten der Darſtellung Erfinder. Noch nie
iſt dieſe Zunft ſo groß als jezt geweſen; und
doch hat man die Mitzuͤnfter nicht ohne
Strenge gewaͤhlt.


Die abhandelnden Zuͤnfte ſind:


Die Zunft der Gottesgelehrten. Sie
ſind Entdecker, wenn ſie die Schrift von un-
richtigen Auslegungen reinigen, und neue
machen. Als Prediger koͤnnen ſie auch den
Rednern angehoͤren. Sobald ſie aber ſo
mittelmaͤſſige Redner ſind, daß ſie als ſolche
unter das Volk muͤſſen, ſo ſind ſie (man iſt
hierinn nach Beſchaffenheit der Zeiten mehr
oder weniger ſtreng geweſen) auch auf der
Zunft der Gottesgelehrten nicht zuͤnftig mehr.
Man
[15] Man vermuthet zwar, daß den bevorſtehen-
den Landtag viel Streitigkeiten hieruͤber vor-
fallen werden; aber gleichwol iſt es, wie
uns duͤnkt, nicht zu befuͤrchten, daß diejeni-
gen die Oberhand behalten werden, welche
auch die guten Redner aus den Kirchen ver-
bannen wollen. Solcherley ſo oft ſchon da
geweſene und bald wieder verſchwundne Vor-
urtheile pflegen eben kein Gluͤk zu machen,
wenn die Republik verſammelt iſt.


Die Zunft der Naturforſcher. Eine
groſſe verehrungswuͤrdige Zunft, zu der vor-
naͤmlich auch die Aerzte gehoͤren. Einige ge-
hen mit ihrem Urſprunge bis in die Zeiten der
Druiden zuruͤk. Dieſe lieſſen die Verſe, in
denen ihre Unterſuchungen enthalten waren,
nicht aufſchreiben, ſondern nur auswendig
lernen; und ſo muſten ſie deſto gewiſſer un-
tergehn. Von dem getiſchen Druiden Or-
pheus iſt etwas durch einen Griechen uͤbrig,
der davon gehoͤrt haben mochte. Welchem
Auslaͤnder ſind die Entdeckungen der deut-
ſchen Naturforſcher unbekant? Dieſe Un-
wiſſenheit behalten ſich nur Jnlaͤnder vor.
Auch die Chymiker gehoͤren dieſer Zunft an,
ſo wie die Mechaniker der Zunft der Mathe-
matiker auch angehoͤren, ob ſie gleich be-
ſondre Zuͤnfte ausmachen koͤnten. Denn
ſie
[16] ſie handeln nicht ab, beſchreiben auch nicht
nach Art der Abhandlung; ſondern ſie brin-
gen hervor
, oder ſtellen dar. (Man ſieht,
daß hier Darſtellung in einer andern Bedeu-
tung genommen wird) Aber bey Einrich-
tung eines Staats kann nicht alles ſo auf der
Goldwage gewogen werden. Man unter-
ſucht, man berathſchlagt ſich, man ſtreitet,
die Leidenſchaft miſcht ſich ins Spiel; die Ent-
ſchlieſſungen werden gefaſt, und ausgefuͤhrt.
Und wer kent die Rechte der Ausfuͤhrung
nicht. Man kann von ihr reden was man
will; aber drein reden, daß es Wirkung ha-
be, laͤſt ſie ſich nicht.


Die Zunft der Rechtsgelehrten. Als
Geſezerklaͤrer haben ſie noch groſſe Ernten
von Entdeckungen vor ſich. Zu dieſer Zunft
gehoͤren auch die Publiciſten und die Politiker.
Seit einiger Zeit macht ſie nicht wenig
Schwierigkeit, wenn ein Politiker will auf-
genommen werden, weil die gelehrten Poli-
tiker ſo oft und mit ſo vielem Rechte von den
regierenden ſind verlacht worden.


Die Zunft der Aſtronomen beſchaͤftigt ſich
mehr mit Entdeckungen, und


Die Zunft der Mathematiker mehr mit
Erfindungen.


Die
[17]

Die Zunft der Weltweiſen oder der Un-
terſucher der erſten Urſachen, und der Sitten-
lehre in ihrem ganzen Umfange. Sie ſind
Erfinder, wenn ſie neue oder vorher ſchon
wahrſcheinliche Saͤze erweiſen.


Die Zunft der Scholiaſten. Sie haben
in unſern Zeiten nicht mehr viel zu entdecken.


Die gemiſchte Zunft. Sie beſteht aus
deutſchen Sprachlehrern, aus Theoriſten der
ſchoͤnen Wiſſenſchaften, aus Geographen,
aus Heraldikern; aus ſolchen, die uͤber vie-
lerley Jnhalt kleine Schriften ſo ſchreiben,
daß ſie wegen Einer in keine andre Zunft,
aber doch wegen aller zuſammen in dieſe koͤn-
nen aufgenommen werden, und aus Ueber-
ſezern der Alten, und ſolcher Neuern, welche
die Vergleichung mit jenen aushalten. Die
Ueberſezer beſchaͤftigen ſich zwar eben ſowol
mit Werken der Darſtellung als mit abhan-
delnden; aber gleichwol ſind ſie nur hier zuͤnf-
tig. Die Sprachlehrer und Theoriſten ha-
ben, nach vorhergegangner groſſen Saͤube-
rung, noch vieles zu entdecken. Erfinder
koͤnten die lezten nur alsdann ſeyn, wenn es
anginge aus der Natur der Seele notwen-
dige
Regeln des Schoͤnen zu erweiſen. Sie
thun genung, wenn ſie durch eigne und durch
Andrer Erfahrung die Wirkungen bemerken,
Bwelche
[18] welche das Schoͤne hervor bringt, und ſo ge-
fuͤhrt die Beſchaffenheit deſſelben beſtimmen.


Die Oberzuͤnfte haben auf den Landtagen
jede Eine Stimme, auch wenn die Stim-
men der Zuͤnfter getheilt ſind. Jn dieſem
Falle giebt der Anwald den Ausſchlag.


Die Unterzuͤnfte haben nur mit der Bedin-
gung die Eine Stimme, daß die einzelnen
Stimmen uͤber zwey Drittheil gehn.


Die Zuͤnfte haben Anwalde. Ein An-
wald muß ſehr auf ſeiner Hut ſeyn, und ſich
ja nichts herausnehmen wollen. Denn die
Zunft duldet’s nicht. Man hat von mehr
als einem Anwalde Beyſpiele, daß er ſogar
von dem Vortrage, den er bey den Alder-
maͤnnern hatte, iſt abgerufen, und ein neuer
an ſeine Stelle geſchikt worden.


Von den Aldermaͤnnern.


Die Aldermaͤnner werden aus allen Zuͤnften
gewaͤhlt. Ob ſie gleich auch von einzel-
nen Zuͤnftern zur Wahl koͤnnen vorgeſchlagen
werden; ſo geſchieht’s doch gewoͤnlich von ei-
ner Zunft, ſelten von ihrer eigenen, weil ſie
in
Anmerk. Aldermann iſt ein altes deutſches
Wort.
[19] in dieſem Falle nicht leicht dazu kommen Al-
dermaͤnner zu werden. Wenn ſie nicht we-
nigſtens zwey Stimmen uͤber die Haͤlfte ha-
ben; ſo ſind ſie nicht gewaͤhlt. Wir haben
noch kein Beyſpiel, daß einer durch alle Stim-
men waͤre Aldermann geworden. Selbſt
Leibniz wurd es nicht. Dieß … doch den
Vorhang herunter.


Die Aldermaͤnner haben zwey Stimmen.
Sind die einzelnen Stimmen gleich; ſo wird
geloſt.


Sie koͤnnen Anklage und Vertheidigung,
wenn ſie nicht von einer Zunft gefuͤhrt wer-
den, ohne ſie auszuhoͤren, (nur den Rathfra-
ger muͤſſen ſie aushoͤren) abweiſen.


Sie koͤnnen vom Poͤbel ſo viele, als ſie
wollen, Landes verweiſen.


Sie haben keinen Anwald; unterdeß ſind
doch einige unter ihnen oͤfter Wortfuͤhrer,
als andre. Jeder Aldermann darf nicht nur
die Meinung der meiſten oder aller Aldermaͤn-
ner, ſondern auch einiger wenigen und ſogar
ſeine eigne allein den Zuͤnften und dem Volke
vortragen.


Ueber dieſes alles koͤnnen ſie auch Knechte
freylaſſen, und dem Herolde die Stimmen-
B 2ſam-
[20] ſamlung auf drey Tage verbieten. Sie thun
das lezte ſehr ſelten, weil es die Zuͤnfte nur
gegen ſie aufbringt.


Von den Knechten, Freyen,
und Edlen.


Wer nur Andrer Meinung oder Geſchmak
hat, oder wer nur nachahmt, iſt ein
Knecht.


Wer ſelbſt denkt, und ſelten nachahmt, iſt
ein Freyer.


Wer als Entdecker oder Erfinder eine ge-
wiſſe Hoͤhe erreicht hat, iſt ein Edler. Da-
mit man dieß Wort ja im rechten Verſtande
nehme, ſo muͤſſen wir anmerken, daß es gar
keine Beziehung auf diejenigen Edlen habe,
welche Verdienſte erben. Unſre Edlen haben
ſelbſt Verdienſte, und groͤſſere, als gewoͤnlich
ſelbſt die Erblaſſer hatten.


Dieſe Unterſchiede haben darauf, ob unſre
Mitbuͤrger dem Volke oder den Zuͤnften oder
auch den Aldermaͤnnern angehoͤren, folgende
Beziehung:


Die meiſten Knechte ſind unter dem Volke.
Kein Knecht kann Aldermann werden. Die
Zuͤnfte
[21] Zuͤnfte haben bisweilen einige wenige. Auf
dem Landtage 1733 entſtand ein groſſer Zwiſt
daruͤber: Ob man nicht wol thaͤte, wenn man
die Knechte (es waren ihrer damals noch viel
mehr als jezt) unzuͤnftig machte; aber es ging
nicht durch. Und welche Ungerechtigkeit
wuͤrd es auch nicht geweſen ſeyn, wenn man
die guten ehrlichen Knechte, die es kein hehl
hatten, wie in ihren Schriften und ſonſt of-
fenbar am Tage lag, ſo haͤtte verſtoſſen wol-
len; da man auf der andern Seite den vielen
heimlichen Knechten der Unterzuͤnfte doch nicht
haͤtte beykommen koͤnnen. Unter der Zunft
der Kenner ſoll es dazumal ſo viele dieſer lez-
ten Art gegeben haben, als es verhaͤltnismaͤſ-
ſig nur immer heimliche Juden in Portugall
geben mag.


Es ſind auch wol bisweilen etliche Freye
unter dem Volke; aber gewoͤnlich ſind die
Freyen Zuͤnfter.


Die Aldermaͤnner werden faſt immer nur
aus den Edlen gewaͤhlt.


Von den Belonungen.


Die Freylaſſung. Die Bedingungen,
unter welchen ein Knecht ein Freyer
wird, kommen in den Geſezen ſelbſt vor.


B 3Wird
[22]

Wird ein Knecht, der ein Scribent iſt,
frey gelaſſen; ſo geſchieht es (nun ſeit drey
Landtagen) mit dieſer Formel, welche der
wortfuͤhrende Aldermann ausſpricht:


Unſre Alten gaben dem Knechte, den ſie
los lieſſen, einen Pfeil.


Du haſt bisher die Feſſel der Nachah-
mung getragen. Das Vaterland legte ſie
dir nicht an, das thateſt du ſelbſt; aber es
loͤſet ſie. Da iſt dein Pfeil:


Leſer, wie gefall ich dir?


Leſer, wie gefaͤllſt du mir?


Die Schale. Einigen wird, wenn ſie in
die verſammelte Landgemeine kommen, aus
der Quelle des Hains geſchoͤpft.


Wir haben eine goldne neuere, und eine
Muſchelſchale, die noch aus den Zeiten der
Druiden ſeyn ſoll.


Das Eichenblatt. Es wird Etlichen bey
ihrer Ankunft gereicht.


Einigen wird ein Huͤgel angewieſen, von
dem nur ſie die Landgemeine anreden koͤnnen.


Blatt und Eichel empfangen Einige zu-
gleich, wenn ſie ankommen.


Die Unterherolde uͤberreichen die Schale,
die Blaͤtter, und die Eichel; ſie fuͤhren auch
auf den Huͤgel.


So
[23]

So gewiß es auch iſt, daß die Eiche den
deutſchen Charakter vorzuͤglich gut abbildet,
und daß ſich wol etwas Anmaaſſung unbeſes-
ner Verdienſte mit einmiſchte, wenn die Roͤ-
mer ihren Buͤrgerkranz aus Eichenlaube floch-
ten; ſo koͤnnen wir doch der Meinung derer
nicht beytreten, welche den Urſprung der eben
angefuͤhrten Belonungen in den aͤlteſten Zei-
ten unſrer Nation finden. Denn zu ge-
ſchweigen, daß dieſe Meinung bloß Vermu-
tung iſt, ſo war die Eiche bey unſern aͤlteſten
Vorfahren mehr, als etwas Symboliſches:
ſie war ein geheiligter Baum, unter deſſen
Schatten die Goͤtter am liebſten ausruhten.
Alles was man etwa zugeſtehn kann, iſt,
daß die geglaubte Heiligkeit der Eiche die
Wahl derſelben zu einer ſymboliſchen Verſtel-
lung vielleicht veranlaſt hat. Denn in den
erſten Zeiten der Republik war unter dem ge-
meinen Volke die Eiche noch eben ſo heilig,
als es die Looſe waren, welche damals nicht
etwa im Verborgnen, ſondern vor den Altaͤ-
ren geworfen wurden.


Zuruf an die Nachkommen. Wer einen
Huͤgel hat, und die Eichel mit dem Blatte zu
erhalten pflegt, iſt der groͤſten unſrer Belo-
nungen faͤhig, dieſer naͤmlich: Der Herold
B 4ruft
[24] ruft von ihm vor der verſammelten Landge-
meine aus:


Urenkel! ſchuͤze ſein Werk gegen die
Leerheit, die Fuͤhlloſigkeit, und die ſpiz-
findige Denkungsart deiner Bruͤder!


Daß dieſer Ausruf geſchehen ſey, wird
auf eine Pergamentrolle, wie die Geſeze, ge-
ſchrieben, und die Rolle wird in der groſſen
Halle aufbewahrt.


Von den Strafen.


Das Stirnrunzeln zeigt nicht Spott, ſon-
dern nur Verdruß an.


Das Laͤcheln iſt angehender Spott.


Die laute Lache iſt voller herzlicher Spott.


Das Naſeruͤmpfen iſt Spott und Verach-
tung zugleich.


Das Hohngelaͤchter iſt beydes im hoͤchſten
Grade.


Zwey einheimiſche Folianten tragen, nen-
nen wir: Den Hund tragen; vier auslaͤn-
diſche: Den Sattel tragen. Dieſe beyden
Strafen ſind durch ſehr alte, und lang abge-
komne deutſche Geſeze veranlaſt worden. Wer
den Hund traͤgt, geht hundert Schritte da-
mit, und wer den Sattel, tauſend.


Kein
[25]

Kein Freyer oder Edler kann den Sattel
tragen. Den tragen nur die Knechte. Un-
terdeß beehrt man, bey geringerer Straffaͤl-
ligkeit, auch wol Knechte mit dem Hunde.
Es iſt dieß eine gelinde Strafe. Sie wird
der Runzel gleich gehalten. Wir haben’s
dabey im Sinne unſrer Alten genommen.
Dieſe, die den wirklichen Hund tragen lieſſen,
meinten’s mit demjenigen nicht ſchlimm, wel-
cher dem einzigen Geſelſchafter des Menſchen
unter allen Thieren dieſe kleine Gegenfreund-
ſchaft erweiſen muſte. Mit dem Sattel iſt
es ganz was anders, nicht ſowol deswegen,
weil es vier Folianten, ſondern weil es aus-
laͤndiſche ſind.


Die Landesverweiſung geſchieht durch den
Herold mit dieſem Zurufe:


Geh, du trinkſt nicht mehr aus der
Quelle dieſes Hains! und waͤrmſt dich
nicht mehr an unſerm Feuer!


Einem die Todtenfackel anzuͤnden, heiſt:
Jhm durch den Herold zurufen laſſen, daß
ſeine Schrift todt ſey, ob er gleich ſelbſt
noch lebe.


Es iſt ſchon geſagt worden, was die He-
rolde bey den Belonungen, und auch bey
zwey Beſtrafungen zu thun haben.


B 5Wir
[26]

Wir haben aber auch ſonſt noch Beamte,
welche die andern Strafen an den Mann brin-
gen muͤſſen. Dieſer ſehr loͤbliche Aemter ſind
allerdings etwas laͤſtig. Die Laͤſtigkeit fin-
det beſonders alsdann ſtatt, wenn ſie ſo viele
Verrichtungen auf Einmal bekommen, daß
ſie dieſelben ſo zu ſagen, mit Einer Gebehrde,
und in Einem Athem, bewerkſtelligen muͤſſen.


Wer ihrer einer werden will, muß haupt-
faͤchlich zwey Eigenſchaften haben, naͤmlich
eine groſſe Geſchiklichkeit, ſich ſehr aus-
druͤckend zu gebehrden; und dann ein gar be-
ſondres Larvengeſicht, wobey vornaͤmlich die
Groͤſſe und Geſtalt der Naſe mit in Betrach-
tung kommen. Der Hohnlacher muß auſſer
dieſem (er kriegt aber auch mehr verewigte
Maculatur zur Beſoldung als die andern)
eine ſehr ſtarke, und zugleich rauhe Stimme
haben. Man pflegt wol den Schreyer von
der Landesverweiſung loszuſprechen, und ihn
zum Hohnlacher zu erheben, wenn ſeine Naſe
die erforderlichen Eigenſchaften zu dieſer Ver-
richtung hat. Es verlautet, daß es ver-
ſchiednen geweſenen Ausrufern, die jezt Auf-
waͤrter bey den Nachtwaͤchtern ſind, gegluͤkt
ſey, Anwartſchaft auf eine oder andre dieſer
Stellen zu bekommen. Sie ſollen beſonders
in der Gebehrdung gar ſtark ſeyn.


Dieſe
[27]

Dieſe ſind die gewoͤnlichſten Belonungen
und Beſtrafungen. Die uͤbrigen, die ſelt-
ner vorkommen, kann man aus den Geſezen
kennen lernen.


Von dem Polizeygerichte.


Bisweilen wird auf den Landtagen ein Po-
lizeygericht niedergeſezt. Dieſes ge-
ſchieht, wenn Faͤlle vorkommen, die zu ent-
ſcheiden unter der Wuͤrde der Republik waͤre.
Dieß Gericht beſteht aus Zwoͤlfen, die zum
Volke gehoͤren, und aus Einem Zuͤnfter.
Es iſt gehalten, nach einer Vorſchrift zu
verfahren, die, den Zeitumſtaͤnden gemaͤß,
gelinder oder ſtrenger eingerichtet wird. Zuͤnf-
te und Volk uͤberlaſſen’s gewoͤnlich den Alder-
maͤnnern die Vorſchrift zu geben.



Vielleicht komt dieſe Nachricht von der
Einrichtung der Republik einigen zu kurz vor.
Da ſie aber gleichwol vollſtaͤndig iſt; ſo kann
uns unſerm Beduͤnken nach der Vorwurf der
Kuͤrze nicht nachtheilig ſeyn. Den meiſten
Gelehrten iſt dieſe Einrichtung ohne das ſchon
be-
[28] bekant; und diejenigen, welche wegen ihrer
Jugend, oder aus andern Urſachen, noch
nicht auf unſern Landtagen geweſen ſind, moͤ-
gen aus dem Kerne, den wir geliefert haben,
ſich, wie es ihnen gefaͤlt, den Baum auf-
wachſen laſſen: und, kommen ſie hernach auf
einen Landtag, zuſehn, ob Bluͤthe und Frucht
ſo ſind, wie ſie es gemeint haben.


Wir wollen zu allem Ueberfluſſe nur noch
ein Paar Anmerkungen machen.


Die Einrichtung der Republik iſt ariſto-
kratiſch. Da die Geſeze auch die Groͤſten
unſrer Mitbuͤrger angehn; ſo kann es nicht
geſchehn, daß die Ariſtokratie in Oligarchie
ausarte. Jm vorigen Jahrhunderte fing die
Republik an ziemlich demokratiſch zu werden;
aber dieſem Uebel iſt im Anfange des jezigen
dadurch voͤllig geſteuert worden, daß das
Volk die vierte Stimme verloren hat, und
die Aldermaͤnner den Vortrag des Rathfra-
gers abweiſen koͤnnen.


Wir ſind auf Landtagen der engliſchen und
der franzoͤſiſchen Gelehrtenrepublik geweſen.
Die engliſche iſt beynah demokratiſch. Der
Poͤbel hat da viele Freyheiten, und mehr als
Einen Schreyer. Wenn ſich die Schreyer
uͤber eine Sache vereinigen (das beſte iſt noch,
daß dieß ſelten zu geſchehn pflegt) ſo kann der
Poͤbel
[29] Poͤbel ſogar der Republik vortragen. Knecht
kann man da nach Herzens Luſt ſeyn; und heiſt
doch ein Freyer. Denn dieſe Auslaͤnder be-
haupten, daß ſie keine Knechte unter ſich ha-
ben. Deutſchen, denen es zuwider iſt, daß
wir hiervon nicht geſchwiegen haben, muͤſſen
wir bezeugen, daß ſie uns gleichguͤltig, und
theils veraͤchtlich ſind.


Die franzoͤſiſche Gelehrtenrepublik iſt jezt
ſo oligarchiſch, daß ſie ſogar einen Hang hat,
die Dictatur einzufuͤhren. Auf dem Landta-
ge, auf welchem wir waren, fehlte nicht viel
daran, daß Voltaire waͤre zum Dictator ge-
macht worden. Gluͤklicher Weiſe gelang
noch einem kleinen Haͤuflein Patrioten ihre
Widerſezung. Wenn denn ja Dictatur ſeyn
ſolte, welch ein Dictator! Was wuͤrd er un-
ter uns ſeyn! Solte unſre Republik (welches
doch ganz und gar nicht zu befuͤrchten iſt) ſo
ungluͤklich ſeyn, auf die Dictatur zu verfal-
len; ſo wuͤrde die Sache doch gewaltig ins
Stecken gerathen, wenn es nun auf die Wahl
des Dictators ankaͤme. Leibnizen koͤnten wir
denn doch nicht wieder auferwecken. Aber
geſezt er lebte noch, wuͤrde dieſer ſo ſehr ver-
ehrungswuͤrdige Mann, deſſen Beſcheiden-
heit nur ſeiner Groͤſſe glich, die Dictatur an-
nehmen wollen?


Die
[30]

Die Freyheit unſrer Republik iſt in ihrer
Einrichtung, und in ihren Geſezen tief ge-
gruͤndet. Von innen haben wir alſo ihren Ver-
luſt nicht zu fuͤrchten; aber von auſſen auch
nicht. Denn waͤren auch Maͤcene in Deutſch-
land; ſo wuͤrden die ſich gewiß nichts gegen
die Republik anmaſſen, das ihrer Freyheit
nachtheilig ſeyn koͤnte: und dazu, daß uns
die Maͤcenate, die es etwa hier und da giebt,
auch nur den Schatten eines Jochs ſolten auf-
legen koͤnnen, wuͤrde ſehr viel gehoͤren, nichts
geringers, als die Abſchaffung derer Geſeze,
welche die Republik in Beziehung auf ſie ge-
geben hat.



Die
[[31]]

Die
Geſeze
.


[[32]][33]

Vorrede.


Die Geſeze unſrer Republik ſind bisher nur
durch die muͤndliche Ueberlieferung un-
ter uns bekant geweſen. Die Aldermaͤnner
pflegten ſie bey verſammelter Landgemeine bis-
weilen aus dem Gedaͤchtniſſe zu wiederholen.
Nur wenige unſrer Mitbuͤrger bekummerten
ſich genug darum, um in die Halle zu gehen,
und in den Rollen nachzuleſen. Oeftere Vor-
ſchuͤzung der Angeklagten, daß ſie die Geſeze
nicht recht wuͤſten, hat die Aldermaͤnner zu
dem Entſchluſſe gebracht, uns, Salogaſten
und Wlemarn, zu gebieten, daß wir den
Hauptinhalt der nothwendigſten Geſeze durch
den Druk bekant machen ſolten. Wir thun
dieſes hiermit, und fuͤhren dabey allzeit die
Geſeze ſelbſt, oder die Landgerichte, denn
ſo heiſſen ſie in unſern Jahrbuͤchern, dadurch
an, daß wir den Anfang derſelben hinſezen.
Es iſt nun auch folgendes von den Aldermaͤn-
nern genehmigt worden. Die Landgerichte
werden naͤmlich nicht mehr, wie vordem, und
nur bisweilen, geſchah, vor der Landgemeine
aus dem Gedaͤchtniſſe wiederholt, ſondern
verleſen. Und vielleicht wird bey der naͤch-
ſten Verſamlung der Landgemeine auf den
Druk derſelben angetragen. Jn dem Falle,
Cdaß
[34] daß dann die Mehrheit der Stimmen fuͤr dieſe
Bekantmachung iſt, ſo werden wir ſie, und
zwar in der ihnen eignen aͤltern Schreibart,
die aber auch in den ſpaͤtern Zeiten iſt beybe-
halten worden, herausgeben. Duͤrften wir
dieſe Schreibart auch veraͤndern; ſo wuͤrden
wir es doch nicht thun wollen. Denn ſie iſt
von einer Beſchaffenheit, daß durch ſie der
wahre Sinn der Geſeze vorzuͤglich gut her-
vorleuchtet.


Haͤtten wir, was unſre jezigen Anzeigen
des Hauptinhalts betrift, auch nur in gering-
ſtem dieſen wahren Sinn verfehlt; ſo wuͤrden
wir die erſten ſeyn, die ſich daruͤber die leb-
hafteſten Vorwuͤrfe machen wuͤrden. Denn
zu geſchweigen, daß dieß dem Beſten der Re-
publik zuwider waͤre, ſo muͤſten wir uns ja
alsdann fuͤr unwuͤrdige Abkoͤmlinge unſrer
groſſen Stamvaͤter Salogaſtens und Wle-
mars
halten, die nebſt andern Weiſen ihrer
Zeit die Geſeze der ſaliſchen Franken und der
Frieſen, mit der gewiſſenhafteſten Sorgfalt
geſammelt, und in Ordnung gebracht haben.
Geſchrieben in der groſſen Halle 1769.



Ein-
[35]

Einleitung.


1 Von den Grundſaͤzen der Re-
publik.


Deren haben wir nur drey. Der erſte iſt:
Durch Unterſuchung Beſtimmung,
Entdeckung, Erfindung, Bildung, und
Beſeelung ehmaliger, neuer, und wuͤrdi-
ger Gegenſtaͤnde des Denkens und der Em-
pfindung ſich recht viele und recht mannig-
faltige Beſchaͤftigungen und Vergnuͤgen
des Geiſtes zu machen.
Der zweyte: Das
nuͤzlichſte und ſchoͤnſte von dem, was jene
Beſchaͤftigungen und Vergnuͤgungen unter-
halten hat, durch Schriften; und das
nothwendigſte auf Lehrſtuͤlen Andern mit-
zutheilen.
Der dritte: Schriften, deren
Jnhalt einer gewiſſen Bildung nicht nur
faͤhig, ſondern auch wuͤrdig iſt, denen
vorzuziehen, die entweder ohne dieſen Jn-
halt, oder ohne dieſe Bildung ſind.


Dadurch wird nicht geſagt, daß dieſe Bil-
dung ſich immer bis zur Darſtellung, aber
geſagt wird, daß ſie ſich allzeit uͤber den trok-
nen Vortrag
erheben muͤſſe.


Die Erfahrung vieler Jahrhunderte hat
gezeigt, daß nur ſolche Schriften dauren:
C 2Und
[36] Und obgleich auch bisweilen diejenigen, denen
jene Wuͤrdigkeit des Jnhalts fehlt, auf die
Nachwelt gekommen ſind, ſo verdienen ſie
doch ihre Dauer nicht. Der Grund des Vor-
zuges, den wir geben, iſt zu erwartende und
verdiente Dauer.


Handeln und Schreiben iſt weniger unter-
ſchieden, als man gewoͤnlich glaubt. Wer
handelt und wer ſchreibt, bringt Wirkungen
hervor. Dieſe ſind auf beiden Seiten ſehr
mannigfaltig. Die das Herz angehn, ſind
die vorzuͤglichſten. Sie haben eine naͤhere
Beziehung auf die Gluͤkſeligkeit, als alle an-
dere. Ob der Schreiber oder der Handelnde
in groͤſſerm Umfange wirke? Der eine viel-
leicht bisweilen ſo lange er lebt, und dann
durch die Wirkungen der Wirkungen, ſo
lange ſie dauern koͤnnen. Der andre wirkt
auch nach ſeinem Tode, und immer von
neuem ganz.
Und wenn dieſes von neuem
ganz auch nur ein Jahrhundert fortwaͤhrt, ſo
waͤhrt es lange. Hierzu koͤmt noch die ge-
woͤnlich groͤſſere Zahl derer, auf welche die
Schrift Einfluß hat. Und dann die Einfluͤſſe
der Leſer auf die, welche ſie nicht kennen.
Dieß wiegt auch auf der Wagſchale. Die
Aldermaͤnner haben uns geboten, auch uͤber
dieſe Sachen kurz zu ſeyn, ob wir gleich, ohne
weit-
[37] weitlaͤuftig zu werden, viel mehr daruͤber haͤt-
ten ſagen koͤnnen.


2 Von unſerer Politik.


Wir haben gar keine. Dieß bringt uns
nicht wenig Nachtheil. Den Alder-
maͤnnern iſt nicht unbekant, daß ſie ſich bey
verſammelter Landgemeine vergebens bemuͤhen
wuͤrden, ſie von dieſem Nachtheile zu uͤber-
zeugen. Sie haben aber beſchloſſen, einige
wenige Grundſaͤze der Politik fuͤr ſich ſelbſt
feſtzuſezen. Hiervon komt in der Geſchichte
unſerer Republik, die nun bald vollendet iſt,
mehr vor. Wir wiſſen noch nicht, ob wir ſie
werden herausgeben duͤrfen; aber davon, daß
uns die Aldermaͤnner befehlen werden, die
Geſchichte des bevorſtehenden Landtages be-
kant zu machen, haben wir viel Hofnung.
Auf dieſen werden viel wichtige Dinge vorgehn,
und ausgemacht werden. Man wird auch,
wie die Rede geht, unter anderm einige Freye,
die es unrechtmaͤſſig ſind, zu Knechten ma-
chen; viele unſrer Mitbuͤrger, bis ſie ſich etwa
beſſern moͤchten, fuͤr ſtimmenlos, und nicht
wenige zu Nachtwaͤchtern erklaͤren, ſowol we-
gen ihrer Wahlfaͤhigkeit, als auch deswegen,
C 3weil
[38] weil die Vermehrung der Nachtwaͤchter jezt
Noth thut. Denn von den auslaͤndiſchen
Gelehrtenrepubliken kommen nachtnaͤchtlich
mehr verſtorbne Schriften an, die als Ge-
ſpenſter umgehen, und bey unſrer Jugend be-
ſonders dadurch viel Unheil ſtiften, daß ſie
vorgeben, als machten ſie daheim Epoke.
(Wir duͤrfen es uns verzeihn, dieſes fremde
Wort gebraucht zu haben, weil das ganze Ge-
ſchwaͤz von allerley Epoken, die keine Epoken
ſind, von den Auslaͤndern zu uns heruͤber ge-
kommen iſt.) Es zweifeln freylich etliche
unter uns an erwaͤhnten Geſpenſtergeſchich-
ten; ſie fuͤhren auch ziemlich ſcheinbare Urſa-
chen ihrer Zweifel an, indem ſie ſagen, daß
ſolche Schriften ohne Geiſt geweſen waͤren;
wenigſtens wuͤrde man das Gegentheil eben
ſo wenig erweiſen koͤnnen, als man erweiſen
koͤnte, daß die Thiere Seelen haͤtten: aber
was ſie auch vorbringen moͤgen; ſo ſind zu
Viele, die ſolche Geſpenſter geſehen haben.



Die
[39]

Die Geſeze.
Von unſrer Sprache.


1


Wer lateiniſch ſchreibt (die bekanten Noth-
durften ausgenommen) wird ſo lange
Landes verwieſen, bis er etwas in unſrer
Sprache geſchrieben hat.


Landgericht:
Die unvaterlaͤndiſchen Sclaven


L. G.
Den Nachleſern und Stoppelſam-
lern


Wir werden ſowol hier als in der Folge ei-
nige hiſtoriſche und auch andre Erlaͤuterungen
hinzuſezen. Nur denen, welchen unſre Ge-
ſeze gleichguͤltig ſind, kann es dieſe Sorgfalt
ihren Sinn zu zeigen ſeyn.


Das Geſez die Sclaven betreffend iſt aͤl-
ter, als wir wegen der lauen Beobachtung
deſſelben ſagen moͤgen. Die Stoppelſam-
ler
kamen auch ſchon auf einem Landtage des
vorigen Jahrhunderts vor. Die Scholiaſten
haben ſich auf beyden Landtagen nicht wenig
C 4un-
[40] unnuͤz gemacht; aber dafuͤr auch derbe Wider-
ſpruͤche hoͤren muͤſſen. Eine Stelle des erſten
Geſezes hat uns immer vorzuͤglich merkwuͤr-
dig geſchienen, dieſe naͤmlich: Denn was da
Buͤcher lieſet, wird nicht eher aus dem
Nebel der Redensarten heraus, und bis zu
dem Lichte wirklicher Gedanken kommen,
als bis die, welche die Buͤcher fertigen,
in der Sprache des Landes ſchreiben.
Der
Scholiaſt Petrus Schorfius Secundus ſoll
von dieſer Stelle das Zipperlein gekriegt ha-
ben.


2


Wer in einer neuen auslaͤndiſchen Sprache
ſchreibt, wird ſo lange Landes verwieſen, bis
er etwas in unſrer Sprache herausgiebt. Jſt
er ein Knecht, ſo wird er vorher durchs Nafe-
ruͤmpfen geſtraft.


L. G.
Die Geringſchaͤzung des Eignen, und
Bewundrung des Fremden


L. G.
Selbſt Leibniz, wenn er wieder kaͤ-
me


3 Wenn
[41]

3


Wenn ein Knecht uͤber drey neue Worte
wagt, ſo buͤßt ers durch das Naſeruͤmpfen.


L. G.
Einmiſchung in anderer Leute Sa-
chen


Dieß Geſez iſt auf dem erſten Landtage,
von dem wir Jahrbuͤcher haben, naͤmlich
1553 gegeben worden. Man weiß, daß
ſchon Luther, (gegruͤſſet ſey mit einem war-
men herzlichen Gruſſe die Aſche dieſes vortref-
lichen Mannes!) daß ſchon er einen ordentli-
cheren Landtag, auf dem unter andern alles
was vorginge, in Jahrbuͤcher aufgezeichnet
wuͤrde, hat zuſammen berufen wollen; aber
er iſt nicht damit zu Stande gekommen, und
daruͤber hingeſtorben. Wir finden in den
Jahrbuͤchern (Luthers Handſchrift iſt dabey
geklebt, und mit Seidenzeuge, wie die klei-
nen Malereyen uͤber den Liedern der Minne-
ſaͤnger, bedekt) folgendes mit groͤſſern Buch-
ſtaben eingetragen: Komts dazu, daß die
Landgemeine gelehrter Maͤnner zuſammen-
trit; ſo reg ich denn an, und bringe als
zur Richtſchnur in Vorſchlag: Beruͤmpft
ſoll und muß werden jeglicher Knecht, klei-

C 5nes
[42]nes oder groſſes Rufs und Namens, vom
Haubt bis zun Fuͤſſen, der’s waghalſet
auch nur zwey bis drey neue Wort in unſre
liebe edle deutſche Sprache einſchalten zu
wollen.


4


Wenn ein Freyer oder Edler auslaͤndiſche
Worte ohne Beduͤrfnis in die Sprache miſcht,
ſo entgilt er’s, ſinds nur wenige, durch die
Stirnrunzel, ſinds aber viele, ſo traͤgt er
den Hund. Miſcht ein Knecht ein, es
ſeyn dann viel oder wenig Worte; ſo buͤſſet
er’s durch das Hohngelaͤchter, und wird er
noch einmal betreten, durch den Sattel.


L. G.
Wider die Natur und alte gute Sitte
unſrer Sprache


5


Wer hundert Scherfe und zehn Goldſtuͤcke
in die Sprache gebracht hat, der erhaͤlt Schale
und Blatt; wer die doppelte Zahl der Scherfe
und der Goldſtuͤcke, Huͤgel und Eichel.


L. G.
[43]

L. G.
Weil von der Sprache groſſentheils die
Denkungsart eines Volks abhaͤngt


Sowol das von der alten guten Sitte,
als von der Sprache und Denkungsart,
ſind 1698 gegeben worden. Zu Karls des
Fuͤnften Zeiten miſchte man, wie Leibniz er-
zaͤhlt, ſpaniſche Worte ein, vermutlich aus
gutherziger Dankbarkeit fuͤr den ſchoͤnen kai-
ſerlichen Einfall, und damit ihm die Pferde-
ſprache etwas ſanfter wiehern moͤchte. Wie
es dieſen Worten ergangen iſt, wiſſen wir;
und ſehen zugleich daraus, wie es kuͤnftig al-
len heutigstaͤgigen Einmiſchungen ergehen
werde, ſo arg naͤmlich, daß dann einer kom-
men und erzaͤhlen muß, aus der oder der
Sprache waͤre damals, zu unſrer Zeit naͤm-
lich, auch wieder eingemiſcht worden; aber
die Sprache, die das nun einmal ſchlechter-
dings nicht vertragen koͤnte, haͤtte auch da-
mals wieder Uebelkeiten bekommen. Jn
dem zweyten dieſer Geſeze wird von den Gold-
ſtuͤcken geſagt, daß ſie wahre Heckethaler
waͤren.


Von
[44]

Von Streitſchriften.


1


Streitſchriften koͤnnen nur im Falle der
Nothwehr gewechſelt werden.


L. G.
Obwohl oft Wahrheit durch Streit und
Strauß


Dieſes wurde erſt auf dem Landtage 1733
gegeben. Eine fruͤhere Geſezgebung Streit
und Strauß betreffend haͤtte vielleicht manche
Laͤcherlichkeit von den Gelehrten abgewendet.


2


Wenn der Fall der Nothwehr, welcher
durch hundert gute Maͤnner und Einen beſtaͤ-
tigt werden muß, nicht vorhanden geweſen
iſt, ſo wirds an dem Angreifer und dem Ver-
theidiger durch dreymal wiederholtes Hohnge-
laͤchter geruͤgt, weil unter den Altfranken,
vornehmen und geringen, viel Lachens uͤber
den Streit geweſen iſt.


L. G.
Der hohe Ton etlicher Altfranken, die
doch ſelbſt, wenn ſie Kriege fuͤhren


3 Jſt
[45]

3


Jſt der eine von den Streitenden ein Edler
geweſen, ſo buͤſt ers nur durch die Stirnrun-
zel und das Laͤcheln.


L. G.
Mehr zur Warnung als zur Strafe


4


Wird ein Streitender ertapt, daß er un-
ter ſeinem Schreibzeuge Knuͤttel oder Keule
verſtekt liegen habe, ſo wird er auf ein Jahr
Landes verwieſen.


L. G.
Alle Wildemanns Arbeit


Dieſe drey Geſeze gehoͤren dem folgenden
Landtage zu. Die Angeklagten hatten ſich
hinter der Schwierigkeit, den Fall der Noth-
wehr zu beſtimmen, verſtecken wollen.


Das: Der hohe Ton etlicher Altfran-
ken
enthaͤlt beſonders eine nicht unmerkwuͤr-
dige Stelle, dieſe naͤmlich: Moͤgen ſich doch
Karl und Franciſcus noch ſo kraͤftige
Schimpfworte zugeſchrieben haben; mag
doch ſo mancher Fuͤrſtendiener, wenn er
,
zur
[46]zur Zeit des Schwertrechts, vom Ver-
nunftrechte, geplaudert hat, durch Huͤlfe
noch derberer Schimpfworte uͤber beyder-
ſeitige Majeſtaͤten noch ſo weit weggekom-
men ſeyn; ſo iſts und bleibts doch der Ge-
lehrten unwuͤrdig


Bey der gelinderen Beſtrafung des Edlen
wird vorausgeſezt, daß er mit mehr Maͤſſi-
gung, als der andre geſtritten habe. Denn
waͤre dieſes nicht; ſo muͤſte er es, weil er ein
Edler iſt, deſto mehr buͤſſen.


Es koͤnte ſcheinen, als wenn das lezte die-
ſer Geſeze in fruͤheren Zeiten, in denen, da
man noch gewafnete Vorreden ſchrieb, waͤre
gemacht worden. Gleichwol iſt es von 1733.
Man hat Unrecht, wenn man den Geſezge-
bern nicht zutraut, daß ſie ihre Zeiten kennen.
Vielleicht iſt dieß Geſez, ſelbſt in unſern Zei-
ten, nicht ganz uͤberflieſſig.


Kerngeſeze.


1


Wer, unter dem Vorwande der Vollſtaͤn-
digkeit, das Wiederholte wiederholt,
iſt auf Jahr und Tag zu Belonungen un-
faͤhig.


L. G.
[47]

L. G.
Anlangend die Abſchaffung der Pluder-
hoſen


Wir erwaͤhnen nur in Vorbeygehn, aber,
nach unſrer hiſtoriſchen Genauigkeit, koͤnnen
wir es doch auch nicht voͤllig weglaſſen, daß,
unter dem Volke und der Zunft der Scholia-
ſten, ein nicht kurzdaurender Zwiſt daruͤber
entſtand, ob man Pluderhoſen, oder Pump-
hoſen
ſezen ſolte. Dieſes ſehr reichhaltige
Geſez, das unſchuldiger Weiſe den laͤcher-
lichen Zwiſt veranlaſte, wurde auf dem Land-
tage 1723 von den Aldermaͤnnern in Vor-
ſchlag gebracht. Beynah waͤr es nicht durch-
gegangen. Nur Eine Zunft gab den Aus-
ſchlag. Die Scholiaſten regten ſich mit be-
ſondrer Heimtuͤcke dawider. Die Nachricht
von ihren damaligen Raͤnken fuͤlt viele Blaͤt-
ter der Jahrbuͤcher. Wir haben dieſe Abthei-
lung deswegen Kerngeſeze uͤberſchrieben, weil
wir ſie unter den Papieren eines Aldermanus
mit dieſer Aufſchrift gefunden haben.


2


Wenn ſich ein Scribent in ſeinen Werken
auf mehr als zwey Wiſſenſchaften und drey
Kentniſſe einlaͤſt, muß er entweder auf alles
Ge-
[48] Gefuͤhl von Vortreflichkeit Verzicht thun;
in dieſem Falle iſt er, ſo lange er bey dieſer
Verzicht beharret, aller Belonungen un-
faͤhig.


L. G.
Alle die ſich mit Wiſſen und Willen
beym Stule niederſezen


Oder er muß beweiſen, daß Leibnizens
Geiſt in ihn gefahren ſey. Jm Falle, daß
es mit dem Beweiſe nicht fort will, iſt er,
ſo lange er bey der Behauptung beharret,
eben ſowol aller Belonungen unfaͤhig.


L. G.
Da nichts mislicher iſt, als Berufung
auf groſſe Maͤnner


Wir haben die erſte von dieſen beyden Rol-
len nie geleſen ohne uns bey folgender Stelle
etwas laͤnger aufzuhalten: Denn Vortref-
lichkeit hat Falkenauge und Adlerflug; und
iſt mit nichten ein Schmetterling, der nur
ſo eben ein wenig uͤberm Geſchmeiß umher-
flattert.


3


Ein Knecht kann uͤber dieſe Sache gar nicht
vernommen werden.


L. G.
[49]

L. G.
Alles was auſſer der Sehe und Beaͤu-
gung


4


Jn dem hoffentlich ſeltnen Falle, daß ein
Freyer fortdauernde Unbaͤrtigkeit durch den
Augenſchein ſolte darthun koͤnnen, wird er
auch nicht vernommen.


L. G.
Da Unbaͤrtigkeit unter die unuͤberwindli-
chen Hinderniſſe


Die beyden Geſeze, die kurze Sehe und
die augenſcheinliche Unbaͤrtigkeit betreffend,
gehoͤren mit zu den gelindeſten, welche die
Republik hat. Bey den Altfranken ſind uns
indeß die Folgen dieſer Schonung etwas nach-
theilig. Denn dieſe haben kein arg aus dem
groſſen Unterſchiede, der zwiſchen Knechten,
ſolchen Freyen, und Maͤnnern iſt, wider
welche nach den drey erſten Kerngeſezen mit
Strenge
verfahren wird.


5


Wer uͤberwieſen werden kann, daß er die
Stunde des Genies ungebraucht habe vor-
Duͤber
[50] uͤber gehen laſſen, iſt auf Jahr und Tag kei-
ner Belonung faͤhig.


L. G.
Die Kuͤrze des Lebens, und die Selten-
heit der Stunden


6


Wer zu wenigem Jnhalte viel Geſchwaͤz
gemacht, und dieß hundert und Einen Tag
getrieben hat, entgilt es durch die laute Lache.


L. G.
Niemanden weniger als den Deutſchen
ziemet


L. G.
Die groſſe anſteckende und gar gefaͤhr-
liche Krankheit unſers erleuchteten achtzehn-
ten Jahrhunderts


Die Seuche, der das Geſez erwaͤhnt, iſt
erſt auf dem Landtage 1757 ſo recht bemerkt
worden; und doch hatte ſie beſonders auch in
vorigem Jahrhunderte ſchon ſehr gewuͤtet.
Wie ſchleichend iſt oft der Gang, den die
menſchliche Erkentnis geht.


Wir
[51]

Wir koͤnnen die etwanige Dunkelheit des
Ausdruks: Hundert und Einen Tag, am
beſten aus dem Geſeze ſelbſt erklaͤren. Jn
der Rolle lautets davon ſo: Wird’s hundert
und eintaͤgige Geſchwaͤz auf Lehrſtuͤlen ge-
trieben; ſo iſt die Rede von wirklichen Ta-
gen: faͤlt aber der Unfug in Buͤchern vor;
ſo wird die angezeigte Zahl Bogen verſtan-
den.


7


Will ſich einer, der vieles Geſchwaͤzes hal-
ben angeklagt iſt, durch Gewonheiten, Her-
kommen, Sitten und Gebraͤuche anderer Ge-
lehrtenrepubliken, unſrer Bundsgenoſſinnen,
entſchuldigen, ſo buͤſſet ers durchs Hohnge-
laͤchter.


L. G.
Nicht zur Beſchoͤnigung, ſondern daß
man ſich daran ſpiegle, dient


Mit den Einfluͤſſen dieſer Sitten und Ge-
braͤuche ging es vor der Gebung des Geſezes
(es iſt auch erſt von 1757) doch auch allzu-
weit. Wer Mut genung hat, ſich in groſſe
Buͤcherſaͤle zu begeben, muß beynah vor je-
D 2dem
[52] dem Schranke die Ohren zuhalten, wenn er
nicht voͤllig betaͤubt werden will.


Von den Lehrgebaͤuden.


1


Neue Lehrgebaͤude werden gleich, wenn ſie
fertig ſind, verbraut.


L. G.
Damit die Republik nicht durch groſſe
Wahrheitsverluſte in Gefahr komme


2


Wenn das Lehrgebaͤude brent, wird der
Erbauer an die Graͤnze gefuͤhrt. Laͤſt er
beym Umſehen nur eine Thraͤne fallen, ſo
wird er ſo lange verwieſen, bis der Wind die
Aſche ganz zerſtreuet hat.


L. G.
Hartnaͤckige oder welchliche Anhaͤnglich-
keit darf nie den Richter


3


Wer auch nur als Handlanger dabey gehol-
fen, vornaͤmlich aber wer den Kranz aufge-
ſezt
[53] ſezt und die Rede gehalten hat, wird mit der
lauten Lache beſtraft.


L. G.
Bey Dingeu, wodurch die Republik in
Gefahr kommen kann, wird bis auf den
Helfershelfer


Einige wolten, daß man die Einfuͤhrung
dieſer Geſeze, weil Wolf noch lebte, bis zum
kuͤnftigen Landtage auſſezen ſolte. Aber wie
konte die verſammelte Republik, Eines Man-
nes halben, unterlaſſen, was ſie zu thun vor-
hatte? Wird die Zeit jemals kommen, da
man genug richtige Erfahrungen wird geſam-
melt haben, und alſo die Geſeze von den Lehr-
gebaͤuden wird abſchaffen koͤnnen?


Von den Nachtwaͤchtern.


1


Wer fuͤnf Jahre und ſieben Tage nichts an-
ders gethan, als mittelmaͤſſige Buͤcher
uͤberſezt hat, wird Nachtwaͤchter.


L. G.
Die gute Vertheilung der verſchiednen
Geſchaͤfte


D 3Wurde
[54]

Wurde 1733 von der Zunft der Scholia-
ſten vorgeſchlagen. Sie fuͤrchteten wol, daß
naͤhere Bekantſchaft mit den Auslaͤndern ih-
ren Schriften nachtheilig ſeyn moͤchte. Die
einſtimmenden Zuͤnfte nahmen: mittelmaͤſ-
ſig
in ſeinem rechten Verſtande; und kehrten
ſich nicht daran, daß die Scholiaſten die
Schriften der Neueren uͤberhaupt damit ge-
meint hatten. Bald nach Einfuͤhrung des
Geſezes wurden drey Scholiaſten, weil ſie
aus andern Urſachen wahlfaͤhig waren, zu
Nachtwaͤchtern gemacht.


2


Ein Nachtwaͤchter hat unter andern dafuͤr
zu ſorgen, daß die, welche durch eine ſpize
oder ſcharfe Feder im Zweykampf erlegt ſind,
und nun als Geſpenſter umgehen, des Spu-
kes nicht zu viel machen.


L. G.
Das ewige Vorgeben derer, die im
Zweykampfe geblieben ſind, als waͤren ſie
nicht geblieben


Wer hat ſolche Beyſpiele von Zweykaͤm-
pfen nicht erlebt. Wir Gelehrten ſtreiten ſo
viel, daß ja zulezt auch wol mancher bleiben
muß.
[55] muß. Als vor kurzem der beruͤhmte Para-
celſus Gompel von ſeinem Gegner nicht ritter-
maͤſſig erlegt, ſondern auf gut irokeſiſch ſo
war zerſtuͤmmelt worden, daß er vor aller
Welt Augen, Glied bey Glied, dalag; kon-
ten ſeiner gleichwol drey Nachtwaͤchter nicht
Herr werden, ſo gewaltig ſpuͤkt er, und ſchrie
immer dabey: Jch bin aber doch nicht erlegt!
ich bin nicht erlegt, ſage ich! Endlich riefen
ſie einen ganz jungen Kritikbefliſſenen zu Huͤl-
fe, der eben erſt aus dem Neſte geflogen war.
Der verſtand’s anders, und ſchafte den ar-
men Gompel auf der Stelle fort. Wenn er
nun noch bisweilen wiederkomt, ſo trit er
ganz leiſe auf, und fragt, ſobald er die Hoͤr-
ner hoͤrt, immer erſt, eh er weiter ſchleicht:
Jſt der Befliſſene auch von der Geſelſchaft?


Von der Entdeckung und der
Erfindung.


1


Entdecker bekommen das Eichenblatt.


L. G.
Da beſonders auch dadurch das Beſte
der Republik gefoͤrdert wird, daß …


D 4Auch
[56]

Auch die gehoͤren zu den Entdeckern, wel-
che die wahr geglaubte Erfahrung als falſch
zeigen.


2


Erfindern wird der Huͤgel gegeben.


L. G.
Die Ehrerbietung, die man den Erfin-
dern ſchuldig iſt …


L. G.
Erfindung hat Augen, Fund ertappts …


Da beſonders auch dadurch und: Die
Ehrerbietung, die man ſind ſchon von
1645. So fruͤh ſind uns Entdecker und
Erfinder wichtig geweſen; und gleichwol
ſcheint noch jezt die Kenntnis deſſen, was ei-
ner Nation Ehre macht, bey unſern Groſſen
ſehr eingeſchraͤnkt zu ſeyn. Und wer kann
wiſſen, wie lange ihnen dieſe altfraͤnkiſche
Denkungsart noch ankleben wird.


3


Wenn die Entdeckung und die Erfindung
von Umfange der Schwierigkeit und des
Nuzens iſt, ſo wird dem Entdecker der Huͤ-
gel,
[57] gel, und dem Erfinder auſſer dem Huͤgel
Blatt und Eichel gegeben.


L. G.
Keiner hat gerechtere Anſpruͤche auf die
hoͤchſten Belonungen …


L. G.
Nicht die bloſſe Ausbildung, ſondern die
wirkliche Erweiterung der Wiſſenſchaf-
ten …


4


Wenn ein Knecht darthun kann, daß Ent-
deckung oder Erfindung einem andern zuge-
hoͤre, ſo wird er frey gelaſſen.


L. G.
Solte etwa ein Knecht wider alles Ver-
muthen …


Nichts iſt ungerechter, als eines Andern
Erfindung fuͤr ſeine eigne auszugeben. Des-
wegen ſind ſelbſt die Knechte gegen ſolche Raͤu-
ber aufgeboten worden.


D 5Von
[58]

Von den Maͤcenaten.


Vorbericht.


Selbſt ein Maͤcen, ein Unterſtuͤzer der
Wiſſenſchaften, welcher dem roͤmiſchen
gleicht, und nicht bloß ſein Nachaͤffer iſt,
kann das nicht thun, was Martial in jenen
kriechenden Verſen an Flaccus ſchrieb: Wenn
nur Maͤcene ſind, ſo wird’s an Maronen
nicht fehlen. Selbſt dein Dorf wird dir
einen Virgil geben.
Was koͤnnen nun vol-
lends Maͤcenate thun? und was haben ſie
gethan?
Doch ſie laſſen wir in Ruh und
Frieden der Ehre genieſſen, mit der ſie nun
ſo fuͤrlieb nehmen wollen; unſre Geſeze gehen
nur diejenigen unter uns an, die ſchwach-
koͤpfig oder niedrig genung ſind, Maͤcenate
als Maͤcene zu verehren.


1


Nimt ſich’s einer heraus, ohne Anfrage
bey Zunft oder Volke, irgend Jemanden ei-
nen Maͤcen zu nennen, der ein Band hat oder
keins, einen Kragen oder keinen, der ein
Altfranke iſt, oder einer unſrer lauen Mit-
buͤrger, aber der weder Macht noch Kopfs
genung
hat ein Maͤcen zu ſeyn; ſo komt er ſo
oft,
[59] oft, und jedesmal auf drey Tage, entweder
unter das Volk, oder unter den Poͤbel, als
ihm es ein andrer nachſpricht, und gegen den
Mann, der maͤcenirt iſt worden, den groſſen
Namen misbraucht. Wirds ihm zum zwan-
zigſtenmale nachgeſprochen, ſo muß er bleiben,
wo er dann eben hingekommen iſt.


L. G.
Moͤchte ſich doch die Aſche Maͤcens in
ihrer Urne bewegen
… Jn der Rolle
ſteht noch dieſes: Noth thuts, daß wir ſie
ſo gar verſchiedentlich benennen. Einer
von altem roͤmiſchen Gepraͤge heiſſe denn:
ein Maͤcen; und einer von neuerem Schla-
ge, ein Ehrenpfennig heiſſe: ein Maͤce-
nat.


2


Schmeichelt Jemand einem Maͤcenaten
dergeſtalt, daß dieſem ſogar davor ekelt; ſo
wird er auf drey Tage unter die Nachtwaͤch-
ter gebracht.


L. G.
Wo einer, es ſey ſchriftlich oder muͤnd-
lich, den Maͤcenaten ſo unmaͤſſiglich raͤu-
chert, daß dieſem ſchlimm darob wird,

und
[60] und er endlich die Naſe zuhalten muß;
ſo …


3


Fuͤhrt Jemand einen guten Juͤngling zu
einem Maͤcenaten, daß er demſelben Buͤk-
linge mache, und ſeine Worte noch fuͤr etwas
mehr als Worte nehme; ſo wird er auf ſo
viel Tage Landes verwieſen, als der arme
junge Menſch Buͤklinge gemacht hat. Da
es manchmal Schwierigkeiten haben koͤnte,
die Zahl der Buͤklinge genau anzugeben; ſo
werden, bey verſchiedner Auſſage des Fuͤh-
rers und des Gefuͤhrten, zwanzig in Rech-
nung gebracht.


L. G.
Oberſchranzen und Unterſchranzen, Jr-
wiſche und Sternſchnupfen, und derglei-
chen; Masken, und was ſie in die Hand
ſchreiben, Verſprechen und Halten, und
dergleichen


Einige wolten bey der erwaͤhnten Verſchie-
denheit der Auſſagen hundert Buͤklinge an-
nehmen; allein ſie lieſſen ſich doch von ihrer
Meinung abbringen, als man ihnen vorſtelte,
daß die kleinen halbvollendeten Buͤklinge,
deren
[61] deren doch bey ſolchen Anlaͤſſen nicht wenige
vorfielen, bloß als Zwiſchenſpiele anzuſehn,
und daher nicht mit zu zaͤhlen waͤren.


4


Wer Maͤcenaten edle Ehrbegierde Schuld
giebt wird als ein Verunglimpfer ihres gu-
ten Namens angeſehn, und gleich allen After-
rednern der Polizey uͤbergeben.


L. G.
Duͤrfte Schuz der Geſeze irgend Jeman-
den verweigert werden; ſo faͤnde ſolche
Verweigerung bey etwanigen Klagen der
Maͤcenatſchaften wol am erſten ſtatt


Wie oft urtheilt man nicht von Sachen,
von denen man doch nicht weiß, wie es damit
zuſammenhaͤngt. Wir befuͤrchten, daß die
angefuͤhrte Rolle ſolche Urtheilerey veranlaſ-
ſen werde. Wir muͤſſen alſo ſagen, wie ſie
entſtanden iſt. Ein Maͤcenat gab wider ei-
nen ſeiner Hofierer eine Klage ein, daß ihm
dieſer auf eine ehrenruͤhrige Weiſe Stolz bey-
gemeſſen habe; und der Hofierer hatte doch
weiter nichts gethan, als in einem langen Ab-
ſchnitte von der edlen Ehrbegierde eine nicht
viel kuͤrzere Anwendung auf den Maͤcenaten
ge-
[62] gemacht. Man that dem Maͤcenaten Vor-
ſtellung uͤber die eigentliche Beſchaffenheit der
Sache; da er aber gar nicht hoͤren wolte, und
uͤber verſagte Gerechtigkeit immer lauter
wurde: ſo konte man ihm zwar wol keine Ge-
nungthuung verſchaffen; denn nach welchen
Geſeze haͤtte man den Hofierer beſtrafen koͤn-
nen? aber man ſah ſich doch durch den Vor-
fall genoͤtigt, das Geſez, wovon wir reden,
zu geben. Der Maͤcenat aͤuſſerte viel Zufrie-
denheit daruͤber, und ſchien voͤllig beſaͤnftigt
zu ſeyn, als er den Landtag verließ. Komm
mir nun nur wieder! mochte er denken.


Nur denen, die noch nicht lange in der
Welt gelebt, oder auf nichts, was darinn
vorgeht, Achtung gegeben haben, iſt es un-
bekant, daß ſolche Begebenheiten ſich wirk-
lich zuzutragen pflegen.


5


Derjenige Maͤcenat, der den Unfug ein-
ſieht, welcher dadurch entſtanden iſt, daß er
ſich die bekanten Koͤrner hat ſtreuen laſſen,
und der dabey erklaͤrt, er ſey dergleichen ge-
lehrte Dienerſchaft nicht ferner zu dulden ge-
ſonnen, kann in die Republik, und alſo nach
vorgaͤngiger Unterſuchung der Aldermaͤnner
ent-
[63] entweder unter das Volk, oder in eine Zunft
aufgenommen werden. Wuͤrd er aber weder
hier noch dort der Aufname wuͤrdig befunden;
ſo wird ihm gleichwol nicht zugelaſſen ſich un-
ter den Poͤbel zu begeben. Denn wie wenig
Anſehn er unter wahren Kennern von Perſo-
nen und Sachen auch immer gehabt haben
mag; ſo geziemt es ſich doch nicht, daß ein
geweſener Maͤcenat unter dem Poͤbel herum-
wandre, und wenn er auf einem Landtage
etwas vorzubringen hat, ſich bey dem
Schreyer in Gunſt ſezen muͤſſe, daß der es
bekant mache.


L. G.
Unerachtet aller Heg- und Pflegung der
Zuſchriftsverbeugungen, Knechtlichkeiten,
und Kriechereyen, der ſich etwa ein wei-
land Maͤcenat moͤge ſchuldig gemacht ha-
ben


Von der Ehre, die keine Ehre iſt.


1


An denen die Verdienſte haben, |aber doch
ſchwach genung ſind, ſich aus dem Bey-
falle
[64] falle derer etwas zu machen, die keinen geben
koͤnnen, wird dieſe Schwachheit dadurch be-
ſtraft, daß es ihnen mit vorzuͤglicher Strenge,
und beynah mit Haͤrte erſchwert wird die Be-
lonungen der Republik zu erhalten.


L. G.
Weil mit nichten koͤnnen loben, und
auch nicht tadlen, die da ſind Nachſager,
Angaffer, Wizhaftige, Schwaͤzer in Zu-
ſammenkuͤnften und Buͤchern, Maͤcenate,
Schranzen, Ausſchreiber, Abconterfeyer,
Meiſterer, Pfuſcher, Theoreyklauber, Baͤn-
kelſaͤnger, Schemelrichter, und wer ſonſt
noch dieſes Gelichters, Geſchmeiſſes, und
Gezuͤchts ſeyn mag, kurz die Narren, Tho-
ren und Gaͤuche ſamt und ſonders, von
denen Luther ſagt: Biſt du der Haar, Lie-
ber, ſo greif dir an deine Ohren, und grei-
feſt du recht, ſo wirſt du finden ein ſchoͤn
Paar groſſer langer rauher Ohren; und
wage dann vollends die Koſt daran, und
ſchmuͤcke ſie mit guͤldnen Schellen, auf
daß, wo du geheſt, man dich hoͤren koͤnne,
mit Fingern auf dich weiſen, und ſagen:
Sehet, ſehet, da geht das feine Thier,
das ſo treflich kann Ehre geben, und Ehre
nehmen. Magſt dann mit den Schellen

laͤu-
[65]laͤuten, oder auch, behaget dir dieſes baß,
auf der Lauten ſchlagen allerley Sudeley
etlichen zum Lobe, und allerley Hudeley
etlichen zum Tadel .. ſo haben wir zu
Foͤrderung aͤchter Ehr, und damit dieſe
Kron, Juweel und Kleinod gelehrter Leute
nicht unter die Bank gerathe, dienſam zu
ſeyn erachtet, daß


Dieß Geſez iſt aus der Mitte des vorigen
Jahrhunderts, naͤmlich von dem Landtage
1652. Es iſt ſehr zu vermuten, daß es auf
dem naͤchſten Landtage werde abgeſchaft wer-
den, weil es auf unſre Zeiten nicht paſt,
und daher uͤberflieſſig iſt. Gleichwol haben
wir nicht unterlaſſen wollen es mit anzufuͤh-
ren, weil man denn doch allerhand gute Be-
trachtungen uͤber das anſtellen kann, was zu
den Zeiten unſrer Vorfahren etwa nuͤzlich,
oder wol gar notwendig geweſen iſt.


2


Wird Jemand ertappt, daß er einem Aus-
rufer Eigenlob mit noch etwas dabey in die
Hand gedruͤkt, und ſich alſo ſelbſt ausgerufen
habe; ſo wird er der Polizey uͤbergeben, die
ihn dann den Umſtaͤnden gemaͤß, nachdem
naͤmlich der Ausruf laut oder leiſe geweſen iſt,
Elange
[66] lange oder kurze Zeit gewaͤhrt hat, ſchon ab-
ſtrafen wird.


L. G.
Da ſolch Eigenlob, welches einer durch
eines Andern Schlund und Maul gehen
laͤſt, ſo unſaͤglich ſtinkt, daß


Wir ſind einige Zeit bey uns angeſtanden,
ob wir dieß Geſez mit anfuͤhren wolten. Wir
dachten naͤmlich, es koͤnte der Ehre der Re-
publik nachtheilig ſeyn, wenn wir einen ſo
ſchlimmen Schaden aufdekten, als der iſt,
zu deſſen Heilung ſich hier die Geſezgeber ha-
ben herunter laſſen muͤſſen; allein bey reiferer
Erwaͤgung der Sache fanden wir, daß es
denn doch billige Maͤnner, und ſolten ſie ſelbſt
Altfranken ſeyn, der Republik nicht wuͤrden
zu Schulden kommen laſſen, wenn ſie etwa
ein Paar ſolcher reudiger Mitbuͤrger haͤtte.
Jſt doch wol vielfachere und groͤſſere Reudig-
keit unter denen vorhanden, welche, mit ei-
nem der feinſten Toͤne der ſogenanten groſſen
Welt, das gleich von allen Gelehrten be-
haupten, weswegen doch nur einige wenige
unter ihnen Vorwuͤrfe verdienen.


3 Die-
[67]

3


Diejenigen die einander oͤffentlich, wieder-
holt, und ſo loben, daß man ſiehet, der eine
wolle immer wieder haben, und bekomme
auch wieder, was er gegeben hat, machen
ſich dadurch unwuͤrdig, daß ihnen Denkmale
geſezt werden.


L. G.
Wechſeln ihrer zwey mit ſolcher Hize
Lob gegen einander, daß immer Schuß
auf Schuß geſchieht, und es ſich alſo zulezt
fuͤgt, wie es ſich fuͤgen muſte, naͤmlich daß
ſie beyde auf dem Plaze bleiben; ſo kann
ſie zwar in der Stille beweinen wer da will:
aber Niemand darf ſolchen der wahren Eh-
re verluſtigen Leuten


4


Wer ſeinem Buche in der Vorrede liebko-
ſet, ſolt er auch dieſen Weg des Selbſtlobes
mit noch ſo leiſen Tritten gehn, kann in zwey
Jahren, wenn er unter dem Volke iſt, auf
keine Zunft kommen; und iſt er ein Zuͤnfter,
in eben ſo langer Zeit nicht Anwald werden.
Aldermann wird er niemals.


E 2L. G.
[68]

L. G.
Waͤr es, daß man die Vorreden ganz
und gar abſchaffen, und alſo das Uebel mit
Strumpf und Stiel ausrotten koͤnte;
ſo


Von den geadelten Gelehrten.


Die Annehmung eines Adelnamens macht,
wenn man ihn zwar nicht geſucht, aber
auch nicht abgelehnt hat, der Belonungen der
Republik verluſtig: hat man ihn aber geſucht,
ſo iſt und bleibt man uͤberdieſes auch zeitle-
bens unzuͤnftig.


L. G.
Wie auch der Federhut zu dem Degen,
und zu dem, was ſonſt noch dorthin gehoͤrt,
etwa paſſen moͤge; ſo ſchicken ſich doch die
Feder auf dem Hute wenitens die neuge-
rupfte und die in der Hand ſo wenig zuſam-
men, daß


Vom Landtage 1757. Bey dieſem Ge-
ſeze iſt, nach unſrer Meinung, zweyerley
merkwuͤrdig, erſt, daß es nicht ſchon vor lan-
ger Zeit iſt gegeben worden; und dann, daß
es,
[69] es, da es endlich gegeben wurde, ſo ſchwer
durchging. Nur Eine Stimme Mehrheit
gab den Ausſchlag.


Von den Literaturſchulen.


Glaubet ein Kunſtrichter, daß er eine Lite-
raturſchule ſtiften koͤnne, wenn er ein
Haͤufchen oder einen Haufen Kunſtrichter um
ſich verſamle, und zu ihnen ſage: Wir wol-
len eine Schule ſeyn
: ſo werden ſie, der
Stifter durch den Ruͤmpfer, und die Geſtif-
teten durch den Lautlacher beſtraft.


L. G.
Weil nach Einfuͤhrung mancher Mis-
braͤuche, und Beglaubigung vieler Jrſale,
oben ein auch noch Schulhalter und Schul-
knaben aufgekommen ſind; ſo


Die Veranlaſſung zu dieſem Geſeze war
folgende: Etliche Kritiker hatten davon ge-
hoͤrt, daß man die Maler in Schulen abſon-
derte, als: in die roͤmiſche, die venetiani-
ſche; da dachten ſie, ſie muͤſten auch aus ver-
ſchiednen Schulen beſtehn, und vergaſſen da-
E 3bey
[70] bey zu uͤberlegen, daß nicht die Beurtheiler
der Maler, ſondern die Maler ſelbſt die
Schule ausmachten.


Von der Freylaſſung.


1


Wenn ein Knecht ſein Geſchriebnes bis auf
ein Stuͤk oder zwey vor der Landge-
meine oͤffentlich verbrent, ſo wird er nach dem
uͤbriggelasnen beurtheilt, und kann den naͤch-
ſten Landtag frey werden.


L. G.
Obgleich lange Knechtſchaft


2


Wenn ein Knecht durch Nachahmung ei-
nes andern Knechts zwiefach ein Knecht wird;
ſo iſt er auf Jahr und Tag zur Freylaſſung
unfaͤhig.


L. G.
Allzugroſſem Verfalle vorzubeugen


Jſt
[71]

Jſt von 1652. Es ging zwar beynah mit
allen Stimmen durch; aber leider iſt auf den
folgenden Landtagen nicht ſonderlich daruͤber
gehalten worden.


Die Knechte von der Zwitterart, die naͤm-
lich, welche halb nachahmen, und halb aus-
ſchreiben, (das Voͤlkchen iſt jezt nicht klein!)
ſind noch unter den zwiefachen. Wir
haben des Geſezes oder vielmehr der Polizey-
verordnung die erſte Art betreffend nicht er-
waͤhnt, weil wir, nach dem Befehle der Al-
dermaͤnner, nur die nothwendigſten Geſeze
bekant machen ſolten. Es iſt hier uͤbrigens
noch nachzuholen, daß zwiefache Knechte,
und Knechte von der Zwitterart nicht zuͤnftig
ſind.


Auf dem Landtage 1757 wurde von eini-
gen nur erſt vor kurzem freygelasnen Knech-
ten in Vorſchlag gebracht: Den zwiefachen
Knecht zur Freylaſſung gaͤnzlich unfaͤhig zu
erklaͤren. Aber die Republik hat, nach ihrer
weiſen Gelindigkeit, das alte Geſez behalten,
und zugleich das neue gegeben, daß kein ge-
weſener Knecht vor Verlauf eines Jahres
etwas bey der Landgemeine in Vorſchlag
bringen koͤnne.


E 43 Wenn
[72]

3


Wenn ein Knecht einen ſtreitſuͤchtigen
Freyen im Zweykampf erlegt, ſo wird er
freygelaſſen.


L. G.
Den Knechten deſto mehr Thuͤren und
Thore zu oͤffnen


Auf dem Landtage 1698 traten die Knechte
zuſammen, und baten um Einfuͤhrung dieſes
Geſezes. Beym erſten Anblicke ſcheint es,
daß die Streitigkeiten dadurch gebilliget wer-
den; aber bey genauerer Unterſuchung findet
man, daß, da Streitigkeiten einmal ein
Uebel ſind, welches nicht voͤllig abgeſchaft
werden kann, es der Weisheit der Geſezgeber
gemaͤß war, ihnen dadurch von ihrem Reize
etwas zu benehmen, daß ſie oft durch Knechte
gefuͤhrt wuͤrden: und uͤberdieß war es auch
gut, daß ein Weg mehr da waͤre zur Frey-
laſſung zu gelangen.


Von den Ankuͤndigern und Aus-
rufern.


1


Die Ausrufer koͤnnen bey dem Anlaſſe, da
ſie neue Buͤcher anzeigen, ihre Stimme
als
[73] als Mitbuͤrger geben. Duͤnket ihnen aber,
daß ſie deswegen, weil ſie Ausrufer ſind,
mehr als Eine Stimme haben, ſo muͤſſen ſie
ſich entweder damit entſchuldigen, daß ſie zu
der Zeit, da ſie dieſe Meinung von mehr als
Einer Stimme hegten und aͤuſſerten, krank
geweſen ſeyn, oder ſie werden zum Hohnge-
laͤchter verurtheilt.


L. G.
Da allerley Wahn, Duͤnkel, und
Schwindel obwaltet, als wenn


2


Verharren die Ausrufer bey ihrer Meinung,
ſo fragt ſie der Aldermann: Wie viel Stim-
men denn mehr als Eine? und nachdem ſie
eine Zahl genant haben, ſo werden ſie eben
ſo viel Jahre Landes verwieſen.


L. G.
Da die Leute oft mehr als Einen Spar-
ren zu viel


3


Wenn ein ſolcher Ausrufer von der Landes-
verweiſung zuruͤk gekommen iſt, ſo wird er
E 5noch
[74] noch Jahr und Tag Aufwaͤrter bey den Nacht-
waͤchtern, und ihm liegt ob, den Nachtwaͤch-
tern das Horn rein zu halten, damit es gut
blaſe, und er in Zeiten damit umgehen lerne.
Denn kuͤnftig, wenn er wieder Ausrufer iſt,
muß er, wenn er ſein Ausrufungsgeſchaͤft
verrichtet, von Zeit zu Zeit dabey ins Horn
ſtoſſen.


L. G.
Es iſt nicht ohne, daß die Geſezgeber ge-
gen eingewurzelte und hartnaͤckige Schaͤ-
den


Zu dieſem Blaſen wird unter andern
erfordert, daß ſie nicht durchgehends: Jch,
oder Wir hoͤren laſſen, ſondern wenigſtens
Einmal die Kritik an ihre Stelle unter-
ſchieben. Dieſer Unterſchub der Kritik iſt
eine ausdruͤkliche Bedingung, die ſie noth-
wendig eingehn muͤſſen, eh ſie ins Land zuruͤk
kommen duͤrfen.


4


Solte ein Ausrufer des Umſtandes, daß
der Landtag noch entfernt iſt, zu ſehr misbrau-
chen, und mit den vielen Stimmen, die er
zu haben glaubt, zu laut ſchreyen, ſo warne
ihn
[75] ihn Jeder, der es gut mit den Unmuͤndigen
meint, die der Ausrufer etwa irre fuͤhren
koͤnte, und gebe ihm zu verſtehen, daß denn
doch endlich gewiß Landgemeine gehalten
werde. Wer dieß thut hat Belonung von
den Aldermaͤnnern zu erwarten.


L. G.
Auch gute Handlungen, die in den Ge-
ſezen nicht benant ſind


5


Thut ein Ausrufer Einen ſchiefen Ausruf,
und Einen ſpizfindigen, und Einen gar un-
wiſſenden, und Einen allzuplauderhaften,
und bricht er die Urſachen des Tadels oder des
Lobes, das er in dem Ausrufe vorbringt,
offenbar vom Zaune; und geſchieht dieſes ſo
ununterbrochen, daß er dazwiſchen nicht Ein-
mal gewiſſermaaſſen zur Vernunft komt; ſo
wird er auf fuͤnf Jahre ſtimmenlos.


L. G.
Wo ein ſolcher, der ſich vor aller Welt
Ohren ins Beurtheilen miſchet, bis dahin
geriethe, daß er die ganze Runde der Ab-
geſchmaktheit machte


Wir
[76]

Wir finden in den Jahrbuͤchern keine Spur,
wie es zugegangen iſt, daß die gemiſchte
Zunft
mit dieſem doch wirklich allzugelinden
Geſeze hat durchdringen koͤnnen. Man ſtelle
ſich vor, was alles bey einander ſeyn muͤſſe,
eh man ſtraffaͤllig wird; und man wird die
uͤbertriebne Gelindigkeit des Geſezes zu-
geſtehn.


Es iſt von dem Landtage 1745. Den fol-
genden Landtag ſuchte ſich ein Angeklagter in
voͤlligem Ernſte, und mit groſſer Hartnaͤckig-
keit auf dieſe Art zu retten: Nach dem Geſeze,
beſteht die bekante Runde, die in demſelben
mit einem ſo widrigen Ausdrucke beſchrieben
wird, darinn, daß erſt ein ſchiefer Ausruf
geſchehe, hernach ein ſpizfindiger, ferner ein
gar unwiſſender, dann ein allzuplauderhafter,
und hierauf endlich die Urſachen vom Zaune
gebrochen werden. Nun berufe ich mich auf
alle, die meine Blaͤtter geleſen haben, und
wer hat ſie nicht geleſen? ob ich nicht gerade
das Gegentheil von dem thue, was in dem
Geſeze ſteht. Fange ich etwa ſchief an?
Beym Zaune fang ich an! Dann ſchreite ich
(man erlaube mir die etwas haͤrtlichen Aus-
druͤcke des Geſezes ein wenig zu mildern;
dieß wird demſelben nicht zum Nachtheile ge-
ſagt;
[77] ſagt; denn wer hat wol mehr Ehrfurcht gegen
die Geſeze als ich habe?) ich ſchreite dann zu
einer gewiſſen angenehmen Redſeligkeit fort;
hierauf faͤlt denn wol ein Ausruf vor, in dem
etwa ein Wort der Unwiſſenheit ſtehn mag;
wer kann aber auch alles wiſſen, was andre
Leute wiſſen? Nach dieſem begebe ich mich
mitten in das Verfeinerte hinein. Denn
verfeinert, was ſoll’s zu vieler Beſcheiden-
heit? bin ich in hohem Grade! Und endlich
komt bey mir erſt das, was die Rolle ſchief,
ich aber kuͤhne Wendung des kritiſchen Ge-
nies nenne. Jſt das nun die Runde, von
der das Geſez redet? Mache ich nicht viel-
mehr die meinige in der entgegengeſetzten Ord-
nung? Zu geſchweigen, daß ich, auch in an-
drer Betrachtung, mehrbemeldete Runde
nicht mache. Jch habe es durch meine gemil-
derten Ausdruͤcke zur Gnuͤge dargethan, wie
unſchuldig ich, auch von dieſer Seite, bin!
Kurz, denn was braucht es bey einer ſo kla-
ren Sache viel Worte? ich wolte mir die
Stimmenloſigkeit, mit der man mir drohet,
gar ſehr verbeten haben!


Man ſiehet, dieſer Mann irte beſonders
auch darinn, daß er ſich vorſtelte, es muͤſte
in der Runde immer alles in einer gewiſſen
Ord-
[78] Ordnung auf einander folgen, und nicht in
Erwaͤgung zog, daß es dabey nur darauf an-
kaͤme, daß das, das zur Runde gehoͤrte,
durch nichts anders unterbrochen wuͤrde.


6


Es giebt einen Fall, in welchem den Aus-
rufern voͤllige Geſezloſigkeit (es iſt hier von
den ſie angehenden Geſezen die Rede) zuge-
ſtanden wird. Der Fall iſt, wenn ſich Je-
mand ſo ſehr erniedrigt, daß er einen Ausru-
fer in der Abſicht lobt, um, wo nicht Gegen-
lob, doch Maͤſſigung beym Tadeln von ihm
zu erbetteln. Dieſer wird dann allen Ausru-
fern, die um Geſezloſigkeit anſuchen, und ſie
erhalten (ſie erhalten ſie aber allzeit) Preis ge-
geben.


L. G.
Los und ledig von allem, was ihnen bey
ihren Verrichtungen obliegt, muͤſſen die
Ausrufer Nothdurft halben ſeyn, ſo bald
Jemand fuͤr achtfaͤllig und vogelfrey zu er-
klaͤren iſt. Denn ſo traurig es auch im-
mer ſeyn mag, Geſezloſigkeit geſtatten zu
muͤſſen; ſo wuͤrde doch auch auf der andern
Seite der Vogelfreye, ohne die maͤchtige

Bey-
[79]Beyhuͤlfe der Ausrufer, wie ungeſtraft her-
um wandern, und er wuͤrde alſo


Einige waren Anfangs dafuͤr, daß man
Vogelfreye dem Hohnlacher und ſeines glei-
chen, andre, daß man ſie dem Schreyer und
ſeines gleichen uͤberlaſſen ſolte; zulezt aber
wurde, aus vielen und gewiß ſehr guten Ur-
ſachen, beſchloſſen, daß man diejenigen Aus-
rufer, die um Geſezloſigkeit anſuchen wuͤrden,
auf die Vogelfreyen loslaſſen wolte.


Man ſieht von ſelbſt, daß hier von ehrba-
ren Ausrufern die Rede nicht iſt. Denn
dieſe werden ſich wol huͤten, um Geſezloſig-
keit anzuhalten. Aber die jungen Kritikbe-
fliſſenen,
die eben erſt Ausrufer geworden
ſind, ſezen ſich leicht uͤber ſolche Bedenklich-
keiten weg; und weil man ihnen dieß mit
Recht zutraute, ſo waͤhlte man den Hohnla-
cher und den Schreyer nicht.


7


Wenn ſich ein Freyer oder ein Edler gegen
einen Ausrufer oͤffentlich vertheidigt, ſo buͤſt
ers durch Runzel und Laͤcheln.


L. G.
[80]

L. G.
Da zur rechten Zaͤhlung, Meſſung, und
Waͤgung mehr als eine Zuſammenkunft der
Landgemeine


8


Vertheidigt ſich ein Knecht, ſo laͤſt mans
hingehen, und ahndet es nicht.


L. G.
Gemeines Handgemenge und Fauſt-
recht


Die Neuheit der Geſeze von den Ankuͤndi-
gern und Ausrufern erhelt aus ihrem Jnhalte.
Aldermann Ekhard (kuͤnftig mehr von ihm)
that ſich bey Gebung des erſten durch die be-
kante, aber oft ſehr falſch abgeſchriebne Rede
hervor, die anfaͤngt: Mir geht es nicht etwa
wie Burinams Thiere zwiſchen den beyden
Heuhaufen; mir geht es ſo gar wie einem
Ausrufer, wenn er geſtiefelt und geſpornt in
den groſſen Stall ſeiner ſaͤmtlichen Stecken-
pferde
trit, und ganz und gar nicht mit ſich
einig werden kann, welches er reiten will:
Ob es der Scheckichte ſeyn ſoll? ob der
Windgleiche? der Langgeſchweifte? ob der
Tap-
[81]Tappende? der Einaͤugige? oder wie ſie
ſonſt noch heiſſen moͤgen. Er pfeiſt, er tril-
lert, er klatſcht; und immer kann er noch
nicht zu Pferde kommen … Wir hoffen
dieſe Rede eheſtens nach einer richtigern
Handſchrift herausgeben zu koͤnnen.


Von Voͤllerey und Trunkenheit.


1


Wer ſich in einer auslaͤndiſchen Schrift be-
rauſcht hat, es ſey Wein oder Wein-
geiſt darinn geweſen, ſie ſey kuͤhl hinunterge-
gangen, oder ſie habe geraucht, und tau-
melnd von ihr auf der Gaſſe herumwankt,
und laut ſchreyt, (murmeln kann er wie er
will,) daß er dieſe Schrift allen deutſchen
Schriften vorziehe, uͤber dem rufe man gleich
auf der Stelle, und ohne alle Saͤumnis: Jo
Duthe! und ſtoſſe ihn, ohne Aldermaͤnner
und Herold abzuwarten, uͤber die Graͤnzen
hinaus.


L. G.
Der Trunkne muß wie der Nuͤchter-
ne
..


F1733
[82]

1733 vorgeſchlagen von der Zunft der
Wiſſer. Es war ihr damaliger Anwald,
der Urenkel des treu’n Ekhards, der die
Sache vornaͤmlich betrieb. Weil wir den zu
haltenden Landtag nun endlich ſehr nahe glau-
ben; ſo hoffen wir auch, daß dieſer gute
Greis noch darauf erſcheinen werde. Er
machte uns auf dem lezten Landtage ſehr an-
genehme Abende. Fuͤr die Kenner gewiſſer
Sachen ſagt er viel mehr, als er zu ſagen
ſcheint. Er trieft recht von deutſchen Sprich-
woͤrtern, beſonders, wenn er Ekharde er-
zaͤhlt. So nennt man diejenigen ſeiner Er-
zaͤhlungen, in welchen ſein Uraͤltervater der
treu’ Ekhard vorkomt.


2


Wer, ob er gleich zu Hauſe bleibt, und
nur murmelt, ſich taͤglich in den Schriften
der neuen Sophiſten, zum Exempel Voltai-
rens und ſeiner Saͤuglinge beſaͤuft, und zwar
dermaaſſen, daß er fuͤnf bis ſechsmal beym
Stule liegend und den Rauſch ausſchlafend ge-
funden worden iſt, der wird bey den Nacht-
waͤchtern auf Gnade und Ungnade eingeſperrt,
und ihm ſeines gewoͤnlichen Geſoͤfs, wie auch
Papiers zum Speyen, ſo viel er will, gelaſſen.


L. G.
[83]

L. G.
Zur Steurung allzugroſſer und anhal-
tender Voͤllerey, und damit nicht unter den
Altfranken durch die Unthaten Verſtandes
und Ehrvergesner Trunkenbolde


Auf dem Landtage 1745 von der Zunft der
Weltweiſen vorgeſchlagen. 1757 ließ die
Zunft das Geſez aufrollen, und: Voltai-
rens
und ſeiner Saͤuglinge, an den Rand
ſchreiben.


Von den jungen Gelehrten.


1


Jſt eines jungen Gelehrten erſter Auftritt
in den Geſchaͤften, oder auf dem Lehr-
ſtule mit Stolze begleitet; ſo darf er binnen
Jahres Friſt auf keine Belonungen der Re-
publik hoffen.


L. G.
Ziemte Beſcheidenheit minder Jung und
Alt, Jung inſonders, und waͤr ſie nicht
deutſcher Art und Eigenſchaft ſonderlich ge-
maͤß; ſo


F 2Die
[84]

Die Geſezgeber muͤſſen ſich bekantlich nach
dem Character der Nation richten, fuͤr welche
die Geſeze beſtimt ſind. Daß dieß, in Be-
tracht des eben angefuͤhrten Geſezes, gut
beobachtet ſey, werden wenigſtens die unver-
feinerten Deutſchen einſehn, die hier aus der
Erfahrung noch mitſprechen koͤnnen. Waͤr
es in der franzoͤſiſchen oder engliſchen Gelehr-
tenrepublik gegeben worden; ſo wuͤrd es von
der Weisheit der Geſezgeber gar nachtheilige
Begriffe erwecken. Denn dort (es verſteht
ſich, daß einige Ausnamen zugeſtanden wer-
den) wuͤrd es eine barbariſche Strenge haben,
und uͤbermenſchliche Dinge fodern.


Gluͤcklicher Staat, der ſolche Geſeze ha-
ben kann, hat, und daruͤber haͤlt. Hochver-
rath kann wider ihn begangen, ſeine Majeſtaͤt
kann beleidigt werden: aber ſeine Grundfe-
ſten bleiben unerſchuͤttert.


2


Steiget bey einem Juͤnglinge der Stolz ſo
hoch, oder iſt er (denn man kann nicht recht
wiſſen, wie es hier eigentlich mit ihm bewandt
iſt) ſo uͤbertrieben demuͤtig, daß er eine erſte
Schrift dennoch herausgiebt, ob ſie gleich
nichts, als geruchloſe Bluͤthe hat, und nir-
gends
[85] gends auch nur eine ſaure Frucht zeigt; ſo iſt
er desfalls auf Jahr und Tag unzuͤnftig.


L. G.
Wer’s in Meiſterwerken ſo wenig aus-
ſpaͤht, worauf es ankomt, und ſich mit
Geſellenarbeit (alle, auch die zierlichſten
Schwaͤzer ſind Geſellen) noch dergeſtalt
guͤtlich thut, daß er


3


Hat ein Juͤngling, den die Denkmale nicht
ſchlafen laſſen, welche laͤnger als Erz dauern,
ſeine erſte Schrift mit feuriger Unruh, und
lauten Herzſchlaͤgen gearbeitet, aber ſie gleich-
wol, ohne eine Thraͤne dabey zu vergieſſen,
ins Feuer geworfen; ſo bekomt er das Eichen-
blatt, wenn er auch noch kein Zuͤnfter iſt.


L. G.
Merkzeichen, welche den kuͤnftigen groſ-
ſen Schreiber wittern laſſen


4


Entdekt Jemand einen Juͤngling, der, un-
ter der Laſt der aͤuſſerlichen Umſtaͤnde, oder
der Beſcheidenheit erliegend, voͤllig unbekant
F 3iſt,
[86] iſt, aber Gaben hat; ſo erhaͤlt er das Eichen-
blatt, und dereinſt ein Denkmal bey dem
Denkmale des Entdekten, wenn dieſer bis
dahin gelangt.


L. G.
Patriotiſche Sinnesart, die mit Scharf-
ſicht vereinigt iſt


Von handwerksmaͤſſigen Geſin-
nungen.


1


Einem Gelehrten, der bloß das lernt, was
er zum Amte notwendig braucht, iſt es
nicht um die Wiſſenſchaften zu thun, und er
iſt daher unfaͤhig die Belonungen der Re-
publik zu erhalten.


L. G.
Kuͤmmerlicher Behelf mit nur eben ſo
vielem aus den Wiſſenſchaften, als zur
Verwaltung eines Amtes alsdann zureicht,
wann man allein Brodterwerbs halben ſein
wartet


2 Die
[87]

2


Die niedrige Denkungsart, nicht zulaſſen
zu wollen, daß einer in mehr als Einer Wiſ-
ſenſchaft vortreflich ſey, wird an dem, der
ſie in oͤffentlichen Urtheilen zu erkennen giebt,
dadurch geſtraft, daß er kein Zuͤnfter werden
kann, oder, iſt er einer, aus der Zunft ge-
ſtoſſen wird.


L. G.
Einer zeigt ſich etwa ſo in einer Wiſſen-
ſchaft, daß ſelbſt ſeine Neider muͤſſen ein-
geſtehn, er habe Haare auf den Zaͤhnen.
Darauf begiebt er ſich auch wol in eine
andre Wiſſenſchaft hinein, und arbeitet in
ſelbiger; da treten denn ſtraks Leute auf,
rufen, und ſchelten: Glattkinn! Glattkinn!
Und dieß Gerufe und Geſchelte treiben ſie
nicht deswegen, weil ſie’s aus der Beſchaf-
fenheit der neuen Arbeit darthun koͤnnen,
daß der es verdiene, der ſelbige unter-
nommen hat; ſondern weil ſie eine ver-
wachſene Seele haben, und daher auf kei-
ne Weiſe zulaſſen und dulden wollen, daß
einer in mehr als Einer Sache, (denn es
iſt ihnen ſchon gar widrig, daß es in Einer
geſchehn iſt) ſich hervorthue. Wie ſehr

F 4nun
[88]nun auch dieſe Niedertraͤchtigkeit nicht nur
in unſrer Heimath, ſondern auch unter den
Auslaͤndern moͤge eingeriſſen ſeyn; ſo laſſen
wir doch die Haͤnde nicht ſinken, ſondern,
damit ſie mindſtens nicht gar zu ſchamlos
ihr Haupt empor tragen koͤnne, und den-
jenigen vor andern geſteuert werde, die
keine Wiſſenſchaft eigentlich recht angeht,
und die doch bey ſolchen Anlaͤſſen am red-
ſeligſten ſind; ſo ſezen und ordnen wir,
daß


Wir ſind die Jahrbuͤcher von der Zeit an,
da dieß Geſez iſt gegeben worden, (es iſt vom
vorigen Jahrhunderte) genau durchgegangen,
und haben gefunden, daß man auf jedem
Landtage mit Strenge daruͤber gehalten hat;
und gleichwol .. doch in keinem Staate
koͤnnen es ja die Geſeze allein thun; die guten
Sitten
muͤſſen hinzukommen, und den Ge-
ſezen beyſtehen. Wir koͤnnen, ohne im ge-
ringſten zu vergroͤſſern, ſagen, daß die guten
Sitten in unſrer Republik viel Einfluß ha-
ben; aber was dieſe Scheelſucht anbetrift,
wider welche das angefuͤhrte Geſez gegeben
iſt; ſo kann nicht geleugnet werden, daß es
mit dem Einfluſſe nicht ſo recht fort wolle.


Die
[89]

Die Ueberlegenheit, welche die deutſchen
Gelehrten durch ihre Beſcheidenheit uͤber die
Gelehrten andrer Voͤlker lange gehabt haben,
und haben, wuͤrde um einen viel entſcheiden-
den Grad
ſteigen; wenn ſie aufhoͤren wol-
ten, ſich ihnen, in Betracht jener Scheelſucht,
gleich zu ſtellen.


Von den Ausſchreibern.


1


Wer Andre ausſchreibt, und ſie nent, muß
gleichwol Rechenſchaft geben, warum
er ausgeſchrieben habe. Sind die Urſachen,
die er anfuͤhrt, nicht gut; (und beynah nie-
mals koͤnnen ſie es ſeyn) ſo wird er auf ein
Jahr Nachtwaͤchter.


L. G.
Damit der Vervielfaͤltigung und ſelbſt
der Verdickung der Buͤcher, als woraus
ſeit langer Zeit ſo vieles der Ehre der Re-
publik nachtheiliges gekommen iſt, gleich-
wol in etwas gewehret werde; ſo


F 52 Wer
[90]

2


Wer Andre, ohne ſie zu nennen, aus-
ſchreibt, wird der nur nicht voͤllig willkuͤrli-
chen Verurtheilung des Fuͤnfergerichts uͤber-
laſſen.


L. G.
Tempelraub iſts zwar eben nicht, wenn
einer den andern ausſchreibt, weil ſo man-
che Buͤcher mit nichten Tempel ſind, wol
aber Strohhuͤtten und Marktſchreyerbu-
den


Das Fuͤnfergericht iſt eine Art Unterge-
richt, das gewoͤnlich nur aus fuͤnf Mitglie-
dern beſteht, und bey jedem Vorfalle, wo
man eins braucht, von neuem ernant wird.
Der Schreyer hat oft den Vorſiz darinn.
Denn noch allen Schreyern hat dieſe Ernen-
nung ſo wol gethan, daß ſie ein beynah un-
fehlbares Mittel geweſen iſt, ſie auf einige
Tage zu ſchwichtigen.


Von den Denkmalen.


1


Ein Freund kann einem Freunde wol ein
Denkmal in oder auſſer dem Haine ſezen,
wo
[91] wo wir die Landtage halten; er muß ſich’s
aber auch gefallen laſſen, daß bey vorhandnen
guten Urſachen das Denkmal wieder wegge-
nommen werde.


L. G.
Mag’s doch geſtattet werden, daß ein
tuͤchtiger Mann, wol verſtanden, er ſey
ein Zuͤnfter oder der Aldermaͤnner einer,
ſeze einem andern einen Denkſtein, der
Zier habe, oder einfaͤltiglich gehauen ſey.
Fuͤgt ſich’s aber hernachmals, wenn ein
Zehend Jahre dahin iſt, daß kein Menſch
deß mehr kenne, dem das Steinlein ward,
und die Zeit hab alſo einen Spruch geſpro-
chen wol ſo ſtreng, als die alten Aegypter
pflegten uͤber die Todten zu ſprechen: ſo laſ-
ſet ihr das Denkzeichen zuſchlagen, und
die Stuͤck aus ’n ander werfen. Denn ein
einzelner Mann mag wol dieß oder das,
kleines oder groſſes, tiefes oder hohes von
’nem andern einzelnen Manne meinen und
halten; aber die Zeit, das iſt ſo viel, als
’ne ganze Reih und Folge Maͤnner, die ſich
auch auf die Wagſchal verſtehn, und des
Zuͤngleins Bewegung genau beobachten,
ſaͤhrt doch beſſer durch, wenn’s Entſchei-
dung gilt, wuͤrde wol Sandkoͤrnlein waͤ-

gen,
[92]gen, geſchweige denn groͤblichen Fehl und
Misgeſtalt. Daher, ſolt auch derjenig,
ſo das Denkzeichen oder Maal hat aufge-
richtet, bitterlich drob weinen; ſo muß
doch mit deſſen Zertruͤmmerung und Zer-
ſtoͤrung


2


Ein Denkmal, das eine Zunft geſezt hat,
kann nicht weggenommen werden; aber keine
Zunft darf auch einem ihrer Mitglieder ein
Denkmal ſezen. Derjenige, dem dieſe Ehre
wiederfaͤhrt, muß auf einer andern Zunft,
oder ein Aldermann ſeyn. Solte eine Zunft
es wagen, ein ſolches Denkmal machen zu
laſſen; ſo darf es nicht errichtet werden, und
die Zunft wird auf fuͤnf Tage ſtimmenlos.


L. G.
Geahndet und geruͤgt muß werden alles,
was die Grundfeſte der wahren Ehre er-
ſchuͤttert. Wuͤrd alſo ein partheyiſcher
Freund durch Liſt und Raͤnke, Vorſpieg-
lung und Taͤuſchung, Lug und Trug,
Helfer und Helfershelfer, auf einer Zunft
ſo viel vermoͤgen, daß er


Von
[93]

Von dem Landtage 1652. Es herſchte
damals groſſe und unverholne Eiferſucht un-
ter den Zuͤnften. Jn den Jahrbuͤchern ſteht
viel Denkwuͤrdiges davon. Die Aldermaͤnner
haben auf keinem Landtage mit mehr Durch-
ſehung und Kraft von der wahren Ehre gere-
det, als auf dieſem. Man behauptet zwar,
daß zu unſern Zeiten nur edle Nacheiferung
ſtatt finde; unterdeß koͤnte doch wol auch
manch Fuͤnkchen von andrer Beſchaffenheit
hier und da unter der Aſche glimmen.


Von der Verehrung der Alten
und der Auslaͤnder.


1


Uebertriebne Verehrung gegen die Alten
bleibt nur dann ungeahndet, wenn, (wie
das gewoͤhnlich der Fall iſt) gefunden wird,
daß ſie der Angeklagte doch nicht kenne, wie
viel er auch von ihnen ſchwaze; kent er ſie
aber, ſo iſt er, haben ihn die Griechen zu
der Sclaverey gebracht, auf zwey Jahre un-
zuͤnftig; und haben es die Roͤmer, auf drey
Jahre.


L. G.
[94]

L. G.
Anſtaunung, Maulaufſperre, Froͤhnung,
und Raͤucherey, als welche den Geiſt nur
kleinlaut machen, und ihn dergeſtalt aus-
troknen und ausdoͤrren, daß er zulezt gaͤnz-
lich einſchrumpfet, dieſes alles, wie es
auch, in Betreff der Alten, moͤge beſchoͤ-
niget werden


L. G.
So gar das edle Selbſtgefuͤhl, welches
nicht durch Stolz, ſondern durch Kraft
entſteht, kann von der ſo weit eingerisnen
Abgoͤtterey, welche mit den Alten getrie-
ben wird


2


Wer die Verehrung gegen die Auslaͤnder
zu weit treibt, iſt auf fuͤnf Jahre unzuͤnftig.


L. G.
Recht und Gerechtigkeit wird der Deut-
ſche allzeit gegen die Auslaͤnder handhaben;
er iſt hiezu nur allzugeneigt: aber beſtaͤn-
dig zum Hofieren in Bereitſchaft ſtehn,
wenn ſie nur das Maul aufthun, und ihnen
da Geiſt Schuld geben, wo denn doch
kaum


Schon
[95]

Schon auf dem Landtage 1698 gegeben.
Es iſt dieß der wenigen Wirkung halben, die
das Geſez gehabt hat, zwar unglaublich, aber
gleichwol iſt’s wahr.


Von der Polytheorie.


Der Polytheoriſt, welcher durch die Wahl,
und den Beweis ſeiner Saͤze zeigt, daß
er ſich noch zu bemuͤhen habe, ein guter Lehr-
ling zu werden, muß dem Hohnlacher ſtehn.


L. G.
Nachdem die Polyhiſtorey voͤllig abge-
kommen iſt; hingegen an ihrer Statt die
Polytheorey immer mehr und mehr ein-
reiſſet: ſo ſollen, zur Hemmung des neuen
Uebels, diejenigen, welche Andre in einer
Wiſſenſchaft, in der ſie kaum buchſtabie-
ren koͤnnen, zur Redehaltung anleiten wol-
len, gehalten ſeyn, daß ſie zuvor


Vom Landtage 1757. Kaum konten die
Meiſter in den Wiſſenſchaften damit durch-
dringen. Denn das Volk hatte dießmal ei-
nige Zuͤnfte mit ſeinen Meinungen angeſtekt.


Von
[96]

Von der Todtenfackel.


1


Wenn ein Freyer, oder ein Edler, oder
gar ein Aldermann ſieht, daß ſeinem
Werke die Todtenfackel angezuͤndet werden
ſoll; ſo hat er die Befugnis, die Stimmen-
ſamlung zu hindern, und um Friſt bis zu dem
naͤchſten Landtage zu bitten. Jn dieſer iſt ihm
vergoͤnt, allerhand ihm vortheilhafte Nach-
richten von dem Geſchmacke einiger unſerer
Mitbuͤrger zu ſammeln, und ſie den naͤchſten
Landtag anzufuͤhren. Unterdeß kann ihm
dieß nicht viel helfen. Denn die gerechte Re-
publik, Aldermaͤnner, Zuͤnfte, und Volk,
hatte nicht ohne Urſache die Anklage wegen
der nun nothwendigen Anzuͤndung der Todten-
fackel ausgehoͤrt. Es koͤmt alſo diesmal zur
Stimmenſamlung, und der Herold ruft:
Du lebſt, aber dein Werk iſt todt!


L. G.
Da keinesweges geduldet werden kann,
daß uns die Altfranken oder gar unſer Poͤbel
in Ausſpruͤchen uͤber wichtige Sachen der
Republik vorgreifen; und ferner kurze Ver-
jaͤhrung doch nie rechtskraͤftig iſt


Von
[97]

Von 1698. So wenige auch auf dieſem Land-
tage waren, (es waren damals zwey Zuͤnfte ein-
gegangen) ſo war man doch auf demſelben ſehr
ernſthaft fuͤr das Wohl der Republik beſorgt.
Die Aldermaͤnner brachten dieß Geſez in Vor-
ſchlag. Es war die gemiſchte Zunft, welche die
Befugnis hinzuſezte. Die andern Zuͤnfte
verwarfen das zwar; aber die Aldermaͤnner
waren nachgebend genug, es gleichwol mit
auf die Rolle ſchreiben zu laſſen. Wir finden
nichts in den Jahrbuͤchern davon, wie die Al-
dermaͤnner, wider die Einrichtung der Re-
publik ſo etwas haben fuͤr ſich thun koͤnnen,
und warum es die Zuͤnfte zugelaſſen haben.


Auf dem Landtage 1723 wurden drey zu
dieſer Zeit gar beruͤhmte Gelehrte, naͤmlich
Sebaſtian Wiſch, Wilibald Knirps, und
Otto Hahnekamm auf die Todtenfackel ange-
klagt; ſie bedienten ſich aber der Befugnis,
und die Entſcheidung ihrer Sache muſte alſo
bis zu dem folgenden Landtage ausgeſezt wer-
den. Sie thaten, die Zwiſchenzeit uͤber, all ihr
moͤgliches um losgeſprochen zu werden. Sie
verlaͤngerten die Anmerkungen, und vermehr-
ten die Regiſter ihrer Buͤcher; ſie lieſſen ſie
praͤchtig drucken, und ſezten ihnen Zuſchriften
vor. Der Name: gewafnete Vorreden,
war zwar damals voͤllig abgekommen; aber,
Gder
[98] der Sache nach, lieſſen ſie in den ihrigen die
Waffen recht gut blinken. Gleichwol fuͤrch-
teten ſie aller dieſer Anſtalten ungeachtet doch
den Landtag ein wenig. Dieſer kam. Der
Herold war ſchon hervor getreten, als man
erfuhr, daß ein Jrthum vorgegangen waͤre,
und nicht Sebaſtian Wiſch, ſondern Cyriac
Wiſch den vorigen Landtag haͤtte ſollen ange-
klagt werden. Dieſen Umſtand wolte ſich
Sebaſtian ſogleich kluͤglich zu Nuze machen,
und die Stimmenſamlung zum zweytenmal
aufſchieben laſſen, im Falle daß man es etwa
bey dieſer Gelegenheit uͤbel mit ihm in Sinne
haben ſolte; allein man deutete ihm an, daß
er voͤllig ruhig ſeyn koͤnte, weil man an ihn
gar nicht einmal gedacht haͤtte, und auch jezt
nicht daͤchte. Cyriac behauptete, daß, ob
man es gleich nun anders vorgaͤbe, er doch
damals nicht waͤre angeklagt worden, ſondern
Sebaſtian waͤr’s; er muͤſte alſo, da er’s jezt
erſt wuͤrde, des Rechts, ſich auf den kuͤnfti-
gen Landtag zu berufen, gleich andern genieſ-
ſen. Weil er bey dieſem Geſuch oder viel-
mehr dieſer Foderung ſo viel Weſens machte,
ſo hub man die Anklage gegen ihn auf, ſo
daß alſo die beyden Wiſche gluͤklich durchka-
men, und ſich herzlich freuten, daß es nun
mit ihrem Ruhme bey der Nachwelt gewiß
gut
[99] gut gehn wuͤrde, weil das mit der widrigen
Todtenfackel ſo erwuͤnſcht abgelaufen waͤre.


Wenn wir die Geſchichte unſrer Republik
herausgeben, ſo wird man bisweilen darinn
finden, wie dieſe und jene Schrift, deren
Verfaſſer die Stimme des Herolds gehoͤrt hat-
ten, von allerley Leuten und Leutchen, als ob
ſie noch lebte, geliebkoſet worden ſey.


2


Ein Knecht kann wol noch zur Not auf
Geſchwaͤz anklagen, aber nicht auf die Todten-
fackel.


L. G.
Nach dem Maaſſe der Einſicht


3


Wenn ein Freyer oder Edler auf die Tod-
tenfackel anklagt, und das Urtheil der Land-
gemeine wider den Anklaͤger iſt, ſo buͤſſet es
dieſer durch das Hohngelaͤchter, und wird auf
fuͤnf Jahre Landes verwieſen.


L. G.
Die Kuͤhnheit der haͤmiſchen Scheelſich-
tigen


G 2Von
[100]

Von 1723. Die Edlen aller Zuͤnfte hat-
ten ſich vereinigt, dieſe beyden Geſeze vorzu-
ſchlagen.


4


Bey eines Knechtes Schrift wird die Tod-
tenfackel nicht angezuͤndet, weil ſie eigentlich
niemals recht gelebt hat.


L. G.
Alles uͤberflieſſige zu vermeiden


L. G.
Nachahmung wolt’s Affengeſicht zwar
gerne verlarven


Die Knechte machten wegen des Geſezes:
Alles Ueberflieſſige .. welches 1733 war
gegeben worden, 1757 eine Meuterey. Dieß
war der Anlaß zu dem Geſeze: Nachahmung
wolt’s Affengeſicht
..


Vom Neuen.


Kein Buch, deſſen Jnhalt oder Ausfuͤhrung
nicht wenigſtens in einigen Stuͤcken neu
iſt, wird hinter den goldnen Vorhang geſtelt.


L. G.
[101]

L. G.
Jn den Wiſſenſchaften nicht wuchern,
und den Nachkommen nur die Vermaͤcht-
niſſe der Vorfahren hinterlaſſen, iſt unter
allen traurigen Dingen, die ſich in der Re-
publik zutragen koͤnnen, bey weitem


Von dem Landtage 1745. Schon in der
Mitte des vorigen Jahrhunderts hatte man
in unſerm Buͤcherſaale ein abgeſondertes Be-
haͤltnis, uͤber welches geſchrieben war:


Unſterbliche Werke.


Aber man muſte von Zeit zu Zeit einige Buͤ-
cher wieder herausnehmen, weil es mit der
geglaubten Unſterblichkeit offenbar vorbey
war. Jn Anfange dieſes Jahrhunderts aͤn-
derte man die Ueberſchrift, und ſezte:


Vortrefliche Schriften.


Allein auch dieſe Ueberſchrift iſt bey Anlaſſe
des eben angefuͤhrten Geſezes abgenommen,
und folgendes uͤber den goldnen Vorhang ge-
ſchrieben worden:


Buͤcher, in denen auch Neues iſt.


Es waͤhrte lange, eh der Herold bey Ge-
bung dieſes Geſezes zur Stimmenſamlung
G 3ſchrei-
[102] ſchreiten konte. Denn es wurde nicht wenig
daruͤber geſtritten: Ob man nicht in einem
Zuſaze die Beſchaffenheit des Neuen beſtim-
men muͤſte. Endlich drang diejenige Par-
they durch, welche den Zuſaz fuͤr abſchreckend
erklaͤrte. Es waͤre ſo wichtig, behauptete ſie,
die faſt erloſchne Begierde neu zu ſeyn wieder
anzufachen, daß man ja alles vermeiden
muͤſte, was eine gegenſeitige Wirkung her-
vor bringen koͤnte. Unſre Nachkommen wuͤr-
den ſchon dafuͤr ſorgen, das Neue von Be-
deutung, und das unbedeutende von einander
zu ſondern; wir haͤtten nur dahin zu trachten
ihnen viel Neues zu hinterlaſſen. Alles,
was man wuͤnſchen koͤnte, waͤre, daß, wenn
etwa am Ende dieſes Jabrhunderts Landtag
gehalten wuͤrde, die Aufſeher des Buͤcher-
ſaals nicht wegen zu vieler leeren Stellen ver-
legen ſeyn duͤrften, wenn ſie, bey Herumfuͤh-
rung der Auslaͤnder, den Vorhang oͤfnen
ſolten.


Die Zuͤnfte haben es den Aldermaͤnnern
uͤberlaſſen, die Buͤcher fuͤr das abgeſonderte
Behaͤltnis zu waͤhlen; zwar nicht ohne den
Vorbehalt ihnen drein zu reden, wenn ſie es
fuͤr gut faͤnden: aber ſie haben bis jezo noch
keine Veranlaſſung dazu gehabt, weil die Al-
dermaͤnner mit einer Strenge gewaͤhlt haben,
die
[103] die nie der Partheylichkeit, oder einer andern
Verblendung gewichen iſt. Das Geſez iſt
gelinde, weil es nichts daruͤber entſcheidet,
wie das Neue beſchaffen ſeyn muͤſſe; gleich-
wol findet auch Strenge bey einem ſehr we-
ſentlichen Puncte ſtatt, bey der Unterſuchung
naͤmlich: Was wirklich neu ſey; und was
nur dafuͤr ausgegeben werde.


Von den Modewoͤrtern.


Derjenige erhaͤlt die Belonungen der Re-
publik ſchwerer als Andre, der ſolche
Modewoͤrter aufbringt, die, unter dem Schei-
ne etwas Neues zu ſagen, das Alte nur ver-
wirren, oder die wegen des Wenigen, das
hinter ihnen iſt, uͤberflieſſig ſind.


L. G.
Gehn von Zeit zu Zeit Woͤrtlein in
Schwange, die da gleiſſen, und doch
nichts, denn Schlacken bey ſich fuͤhren.
Gleichwol uͤben ſie ſolche Gewalt unter den
Leuten, als deuteten ſie viel und groß Ding
an. Da werden ſie dann in den Buͤchern
allerwaͤrts hingeſtelt des Endes, daß ſie
darthun ſollen allerhand Theoreyen, die,

G 4weil
[104]weil ſie Fanzen und Frazen ſind, nichts
kann darthun am mindeſten aber Woͤrtlein.
Daher denn mit Saͤuberung der Begriff
neuerdings Zeit voruͤber ſtreicht, und aͤchte
Wiſſenſchaft immer wieder muß Halte ma-
chen in ihrem Laufe. Wird deswegen


Wir haben oft Kluͤglinge uͤber dieſes alte
Geſez (es iſt von Landtage 1603) urtheilen
hoͤren. Sie haben’s entweder als zu ſtreng,
oder als unnoͤthig verworfen. Es iſt freylich
wahr, daß nur wenige recht einſehn, wie ſehr
Worte die Welt regieren; aber was veraͤn-
dert das bey der Sache? Gelehrte ſolten hier
am wenigſten unterwuͤrfig ſeyn; aber ſie ſind
es beynah eben ſo ſehr als Andre; und ſtrenge
Ausuͤbung dieſes Geſezes kann ihnen ſehr heil-
ſam ſeyn. Wir haben einen Aldermann ſa-
gen hoͤren: Auf immer ſolte derjenige die
Belonungen der Republik entbehren, der
ein Wort aufbringt, das nur Ein Jahr,
und nur in Einer Wiſſenſchaft Verwirrung
anrichtet.


Wenige Beyſpiele ſind zureichend um zu
zeigen, was Worte uͤberhaupt fuͤr Einfluͤſſe
haben. Was hat man durch die ſcholaſti-
ſchen Kunſtwoͤrter
in der Theologie fuͤr
Blendwerk gemacht. Und wie ſchaͤdlich iſt
dieß
[105] dieß durch die Wichtigkeit der Gegenſtaͤnde ge-
worden. Was wurde man nicht alles, wenn
man dieſe Woͤrter recht zu brauchen wuſte.
Wie manchen haben ſie zum Cardinale, zum
Biſchofe, zum Fuͤrſtendiener oder genauer zu
reden zum Fuͤrſtenherrn gemacht.


Welche Schwaͤchen haben wir Neuern oft
hinter dem Worte Geſchmak verſtekt. Ein
Jahrhundert koͤnte dieſes Verſtecken wol noch
fortdauren.


Rom war einſt die ewige Stadt. Seit-
dem Rom ein Wort geworden war, wie viel
hat nicht dieß Wort zu der groͤſſeren und wei-
ter ausgebreiteten Macht beygetragen.


Vom Neide.


Wenn Maͤnner von Verſtande wider die,
von welchen ſie uͤbertroffen werden, ge-
rades oder krummes Weges ſo angehn, daß
ſie die Gegenſtaͤnde ihres Tadels nach der un-
rechten Seite gewaltſam herumdrehn, und
ſie dann von dorther zeigen; ferner, daß ſie,
wenn ſie doch endlich einmal auch zu der rech-
ten Seite herum muͤſſen, dem Zuſchauer ſa-
gen, dort ſey eigentlich nichts rechts zu ſehen;
und, wird’s denn gleichwol daſelbſt gar zu
G 5hell,
[106] hell, einen Seiltaͤnzerſprung nach der vorigen
Seite hinthun, und ſich alſo offenbar als
Kinder am Verſtande betragen: ſo werden
ſie, als des Neides, dieſer jaͤmmerlichen Lei-
denſchaft, der nur der Geiz an Niedrigkeit
gleicht, ſchuldig angeſehn, und befehligt, ſich
entweder fuͤr erſtbenante Kinder zu erklaͤren,
oder zu geſtehn, daß ſie ſchlecht gehandelt ha-
ben. Beharren ſie bey hartnaͤckigem Stil-
ſchweigen; ſo wird’s eben dadurch vollends
entſchieden, was es iſt, und der Herold thut
ihr Geſtaͤndnis oͤffentlich kund.


L. G.
Duͤnket einem, der Geiſtesgaben hat,
die Vortreflichkeit eines Andern dergeſtalt
unverzeihlich, und blutet ihm das Auge ſo
heftig von dem Dorne, der ihm dort her-
waͤrts hineingekommen iſt, daß er ſo-
gar
… Jn der Rolle ſteht noch dieſes:
Es werden, ob’s wol aus dem Vorigen
ſchon zur Gnuͤge erhellet, dennoch hiemit
ausdruͤklich ausgenommen: Die kruͤppel-
haften Seelen, ferner: die gar zu eiteln,
ferner: die Zwergſeelen.


Daß die Geſezgeber die gar zu eiteln auch
ausnehmen, uͤberzeugt uns, daß ſie ihnen
die
[107] die Gaben des Geiſtes voͤllig abſprechen.
Waͤren ſie nicht ausgenommen worden, und
alſo faͤhig geweſen beſtraft zu werden; ſo haͤtte
man ſie bey erfolgter Anklage doch gleichwol
auch, etwa auf folgende Art, von der Strafe
befreyen koͤnnen: Sie muͤſſen, wuͤrde man
geſagt haben, als Betrunkne angeſehn wer-
den. Nun entſchuldigt zwar der Rauſch vor
dem Richter nicht; aber eine ſolche immer-
waͤhrende, von keiner Nuͤchternheit unter-
brochne Trunkenheit, wie die ihrige iſt, kann
nicht Rauſch genent werden; und dieſer ihr
ganz andrer, und ſehr betruͤbter Zuſtand muß
ihnen, wenn man der Billigkeit Gehoͤr geben
will, zur Entſchuldigung, und daher auch
zur Losſprechung dienen.


Vom Hochverrath.


Hochverrath wird durch ewige Landesverwei-
ſung beſtraft. Der Knecht wird in aller
Stille bey Nacht und Nebel uͤber die Graͤnze
gefuͤhrt, der Freye, Edle und Aldermann
aber bey verſammelter Landgemeine.


Hochverrath iſt es,


1


Wenn ſich einer zum Beherſcher aufwirft.


L. G.
[108]

L. G.
Der erſte Grundſtein unſrer Republik
iſt Freyheit


2


Wenn einer die auslaͤndiſchen Gelehrten-
republiken unſrer vorzieht.


L. G.
Alle Blinzer, Dreyſchrittſeher, und Be-
wunderungsſieche


Auf dem Landtage 1757 gegeben, wegen
einer recht ernſthaften Krankheit, die nicht
etwa nur vielen unſrer Mitbuͤrger, ſondern
beynah der ganzen Nation anklebt. Aber nun
ſcheint ſie ſich doch nach und nach in Kraͤnklich-
keit zu verwandeln. Kaͤme es doch bald zur
voͤlligen Geneſung.


3


Wenn ganze Geſelſchaften in einer fremden
Sprache ſchreiben.


L. G.
Jm Fall einer nothwendigen groſſen
Saͤuberung, wenn in hellen Haufen,
Schaaren, und Herren


Wurde
[109]

Wurde auf eben dem Landtage von den Al-
dermaͤnnern und der Zunft der Dichter, ohne
daß ſie ſich ihre Gedanken vorher mitgetheilt
hatten, beynah zu gleicher Zeit vorgeſchlagen.
Allerhand Ausſtreuungen erklaͤren dieß Geſez
fuͤr zu ſtreng; und ſie ſind vielleicht eine Haupt-
urſache, warum wir noch immer keinen Land-
tag haben.


4


Wenn einer einen deutſchen Fuͤrſten ver-
fuͤhrt, klein vom Genie und der Wiſſenſchaft
der Deutſchen zu denken.


L. G.
Dem Kleinmuͤthigen, Unedlen, Halb-
deutſchen


5


Wie viel Beyfall und Ehre auch die Mit-
glieder der Kuͤnſtlergeſelſchaften genieſſen, und
wie ſehr wir und unſre Bundsgenoſſinnen,
und mit welchem Vergnuͤgen wir ſie auch ha-
ben erweitern und erhoͤhen helfen; ſo iſts doch
Hochverrath, wenn einer die Kuͤnſte uͤber die
Wiſſenſchaften erhebt.


L. G.
[110]

L. G.
Wer die Dinge auf den Kopf ſtelt


Von der Zunft der Dichter auf dem Land-
tage 1745 in Vorſchlag gebracht. Die mei-
ſten Groſſen ſtellen noch jezt die Dinge auf
den Kopf.


6


Wenn einer diejenigen Altfranken nicht
ehrt, die groß vom Vaterlande denken.


L. G.
Sogar das Stilſchweigen von Maͤn-
nern, die


7


Wenn einer Fuͤrſten oder ihre Diener lobt,
die es nicht verdienen.


L. G.
Alle groſſe Erleichterung zu Erhaltung
des Beyfalls


Dieſe beyden Geſeze ſind von 1672 und
1723. Weder das eine noch das andre iſt
jemals in Ausuͤbung gebracht worden. Denn
es hat bisher noch immer an ſolchen Gegen-
ſtaͤnden
[111] ſtaͤnden der Verehrung gefehlt; und dann hat
ſich Niemand gefunden, der von einem Fuͤr-
ſten hat ſagen wollen, er verdiente das, und
das, und auch wol noch ein kleineres Lob
nicht. Das erſte duͤrfte wol auf dem bevor-
ſtehendem Landtage abgeſchaft werden, weil
es voͤllig uͤberflieſſig ſcheint.


8


Wenn einer nach dem Geſeze von Voͤlle-
rey und Trunkenheit nicht: Jo Duthe! mit-
ſchreyt.


L. G.
Die Schwanker und Zwitter


Von 1733. Es entſtand ſo: Als ein
Betrunkner verwieſen wurde, ließ in dem
Lerme ein Edler das Buch fallen, in dem ſich
jener betrunken hatte, und ſchrie aus Ver-
druß daruͤber nicht mit. Weil man ihn aber
in Verdacht hatte, daß wol noch etwas an-
ders Urſach geweſen waͤre; ſo wurde dieß
Geſez gemacht.


9


Wenn ein Ausrufer oder Ankuͤndiger auch
nur aͤuſſert, geſchweige denn, wenn er gar
frevent-
[112] freventlich behauptet, ſein Amt ſey ein Rich-
teramt.


L. G.
Nur die verſammelte Republik, Alder-
maͤnner, Zuͤnfte und Volk


Von 1733. Die Zunft der Weltweiſen
ſchlug es vor. Es war ſchwer durchzuſezen.
Vermutlich ging ſchon damals viel Unfug
in Schwange.


10


Wenn einer die Auslaͤnder uͤber Anmaſſun-
gen der Erfindungen ertapt, die wir erfun-
den haben, und es nicht oͤffentlich anzeigt,
oder anzeigen laͤſt.


L. G.
Schlaraffenlaͤndiſche Schlafſucht


11


Wenn einer zu Ruh und Frieden raͤth,
nachdem unſre Republik Wettſtreit um den
Vorzug mit den auslaͤndiſchen Republiken
beſchloſſen hat.


L. G.
[113]

L. G.
Den Kurzſichtigen, Kleindenkenden,
Mutloſen, den Knechten, und Knecht-
ſchaftswerthen, die des Vaterlandes nicht
wuͤrdig ſind


12


Wenn einer behauptet, daß die Griechen
nicht koͤnnen uͤbertroffen werden.


L. G.
Was auch ſcheinbare Vorurtheile fuͤr
Gewalt


Aus einer Geſezrolle der griechiſchen Ge-
lehrtenrepublik, die, man weiß nicht wo, iſt
gefunden worden. Jn dieſer Rolle ſteht:
Wenn einer behauptet, daß die Aegypter
nicht koͤnnen uͤbertroffen werden.
Einige
haben an der Richtigkeit der Leſart zweifeln
wollen; aber was thut ihm das; genung,
daß es ein ſehr heilſames Geſez iſt. Es ſoll
ein Scholiaſt vor Verdruß uͤber die Einfuͤh-
rung deſſelben Todes verfahren ſeyn.


13


Wenn bey einem die Abbildung der Bild-
ſaͤule gefunden wird, die in den neuern Zei-
Hten,
[114] ten, mit den falſchen Aufſchriften, hier: Der
Eleganz, dort: Dem Geſchmacke, anders-
wo: Der Grazie, aber im Grunde, und der
Wahrheit und Wirklichkeit gemaͤß, der Mit-
telmaͤſſigkeit
geſezt worden iſt.


L. G.
Da es in den Wiſſenſchaften keine gold-
ne Mittelmaͤſſigkeit giebt, wol aber, und
einig und allein, eine bleyerne; da ferner-
hin alles, was nicht eigne Kraft in der Ader
hat, doch nur, welche Beſchoͤnigungsna-
men dem Dinge auch gegeben werden, an
der Kuͤnſteley, feinerer und groͤberer, kraͤnk-
lich oder krank darnieder liegt: ſo


Auf dem Landtage 1745 von den Alder-
maͤnnern vorgeſchlagen. Dieſe Bilderchen
fingen damals an, wie Heuſchrecken im Lande
umher zu fliegen. Die mit der Aufſchrift:
Der Eleganz ſollen von unſern und von aus-
waͤrtigen Scholiaſten, die mit: Dem Ge-
ſchmacke
oft uͤber dem Rheine, und die mit:
Der Grazie ſeit kurzer Zeit vornaͤmlich von
einheimiſchen Ausrufern verfertigt werden.


14


Wenn einer die Abſchaffung eines unſerer
Geſeze vorſchlaͤgt, und ſein Vorſchlag verwor-
fen wird.


L. G.
[115]

L. G.
Aufwieglern und Empoͤrern zu ſteuren


L. G.
Da ſich bey allzugroſſer Gelindigkeit und
Nachſicht beſonders auch die Knechte in
ganzen Zuͤgen, Horden und Rotten zuſam-
menthun koͤnten


1698 wurden ſieben Knechte und ein Ed-
ler, weil ſie das Geſez die Voͤllerey betref-
fend gleich nach deſſen Gebung hatten ab-
ſchaffen wollen, auf ewig Landes verwieſen.
Bey dieſem Anlaſſe wurde das von den Zuͤ-
gen, Horden,
und Rotten gemacht.


Von verderblichen Jrſalen.


Folgendes iſt eins unſrer aͤlteſten Geſeze,
und zu der Zeit gegeben worden, da wir
nur Genoſſame, und noch keine Landtage
hielten. Wer die wolbedachte Miſchung deut-
ſcher Gutherzigkeit, und deutſches Ernſtes
darinn nicht ſieht, der verdient kaum, daß
er der Republik angehoͤre. Wir wollen das
Geſez ganz herſezen.


H 2Bringt
[116]

Bringt wer ein Jrſal in Schwang, und
ſelbiges iſt gering, ſo daß nur Gaͤuche wer-
den, nicht aber Boͤſewichter, denen das
Jrſal behagt; ſo mag es ihm hingehn, und
faͤlt er nicht in Ruͤge deshalben, daß er die
Menge der Gaͤuch hat gemehrt: iſt’s aber
mit nichten gemein, ſondern maͤchtig und
groß Jrſal, was der Mann hat aufbracht,
und kriegen die Leut dadurch boͤſartigen und
argen Sinn; ſo wird ihm die Kuͤhr vorge-
legt zweyer Ding, naͤmlich: Er muß vor
zehn Gelehrten, die da ehrſam und bider
ſind, frey oͤffentlich bekennen, und ſagen,
daß es ihm ſey gar kaͤrglich zu Theil worden
an Hirn und Geiſt, und hab er eben kein
ſonderlich Pfuͤndlein zu vergraben, muͤß
ihm daher nicht veruͤbeldeut werden ſein
groͤblich Jrſal, denn gewislich hab er kein
arg habt aus deſſen Anheb- und Stiftung,
und nicht gewuſt, was er thaͤt; das kann
er kieſen. Oder er darf, bis ſieben Jahr
dahin und verlaufen ſind, unter gelehrte Leut
nicht eintreten; und mag er dann ſein We-
ſen haben, wo da iſt Trinkgelag, und al-
lerley Geſpaſſes, und Narrentheidung; das
kann er auch kieſen.


Solche Acht uͤber ſolchen Mann haben
zu Schluß und Stande bracht zwoͤlf Alder-

maͤn-
[117]maͤnner, drey Zuͤnfte, und des Volks eine
gute Zahl, die einander durch den Herold
hatten laden und beſcheiden laſſen, Rath
zu pflegen uͤber das gemeinſame Wohl.


Jſt verhandelt, und in dieſe Rolle ſchrie-
ben worden im drey und vierzigſten Jahr
nach dem funfzehnten Hundert.


Wir muͤſſen etwas von den Genoſſamen
ſagen, die damals da noch keine Landtage wa-
ren, gehalten wurden. Jm Vorbeygehn
merken wir an, daß das Wort: Genoſſam
noch jezt in der Schweiz und zwar, ſo viel
wir uns erinnern, in Uri uͤblich iſt, und einen
Theil des Cantons anzeigt. Unſre Genoſ-
ſame beſtanden aus ſo wenigen Mitgliedern,
daß man, wenn einer gehalten wurde, nicht
ſagen konte, die Republik oder (nach dem ge-
woͤhnlicheren Ausdrucke der Jahrbuͤcher) die
Landgemeine waͤre verſammelt. Gleichwol
ſind verſchiedne Geſeze der Genoſſame auf den
erſten Landtagen, und auch wol ſpaͤter, von
der verſammelten Republik beſtaͤtigt worden.
Das macht, es waren oft kernhafte und va-
terlaͤndiſche Maͤnner, die in dieſen alten Zei-
ten zuſammen kamen. Unſer erſter Landtag
war Anfangs auch nur ein Genoſſam. Da
ſich aber nach und nach die Zahl der Ankom-
H 3men
[118] menden immer vermehrte, ſo wurde dieſer
gluͤkliche Zufall (wir koͤnnen es wol ſo nennen,
weil die Herolde, geſchrekt durch ehmalige
abſchlaͤgige Antworten, nur wenige eingela-
den hatten) dieſer Zufall wurde die Veranlaſ-
ſung die Landtage einzurichten. Nach dieſer
Einrichtung (die auch ſonſt noch vieles ent-
haͤlt) duͤrfen von den Aldermaͤnnern nur drey,
auf den Zuͤnften nur der Zehnte, und von
dem Volke nur der Sechſte fehlen. Eher
kann der Landtag ſeinen Anfang nicht nehmen.
Weil man vermutete, daß verſchiedne Mit-
glieder des Volkes etwa ſaumſelig ſeyn moͤch-
ten, ſich fruͤh genung einzufinden; ſo wurde
den Geſchichtſchreibern der Republik oͤffentlich
befohlen, ſie ſolten, in dem angefuͤhrten Falle,
ſobald ihnen die Aldermaͤnner den Wink dazu
geben wuͤrden, ſagen, nach den Eingeſchrieb-
nen
zu rechnen, waͤre das Volk vollzaͤhlig,
und zugleich bitten: Die verehrungswuͤrdigen
Aldermaͤnner und Zuͤnfter, wie auch das jezo
verſammelte gute Volk moͤchte es ihnen nicht
zu Schulden kommen laſſen, wenn ſie etwa,
aus menſchlicher Schwachheit des Gedaͤcht-
niſſes, oder wol gar des Urtheils, dieſen und
jenen des Volkes in die Jahrbuͤcher nicht ein-
geſchrieben haͤtten.


Es
[119]

Es wurde damals noch Eine recht gute
Veranſtaltung getroffen, uͤber die man aber
hernach nicht hat halten koͤnnen. Sie war:
Der Poͤbel ſolte an den Graͤnzen bleiben, und
nur alle drey Tage den Schreyer heruͤber
ſchicken. Aber ſie iſt, wie wir ſchon ange-
merkt haben, gleich vielen andern guten Ver-
anſtaltungen in der Welt, in der Folge zu
Waſſer geworden.


Fragment eines Geſezes,
oder
das Geſez von der Eule,
wie es gewoͤnlich genent wird.


Die Eule, Minervens Vogel, und die
Nachtigall, Apollo’s ...... Mag
ſie doch dazu ein Paar recht beſondrer Au-
gen im Kopfe haben, daß ſie, wenn’s Nacht
iſt .... die Dinge in ihrer wahren Ge-
ſtalt ....... ja ſelbſt das ſey After-
rede, daß ſie, was die liebe Sonne be-

H 4ſchei-
Anmerk. Wo etliche Puncte hinter einander
ſtehn, da ſind verſchiedne Zeilen manchmal
wol fuͤnf bis ſechs voͤllig unleſerlich.
[120]ſcheinet .... Sogar ihre Kehle, die
ſie nur nicht nach Art und Weiſe des Ge-
ſanges .. ihr bisweilen anwandelt …
… ſo daß auf der einen Seite gewiß
mehr Friedfertigkeit .... mit gutem Be-
dacht derer Dinge richtige Beſchauung,
die bey Tage .... und ihr’s etwa auch
nicht einmal danach luͤſtete ...... bey
ſolcher nicht zu aͤndernden Beſchaffenheit
der Menſchen kein Wunder waͤre …
Dieſes freylich nun einmal erhaltnen, und,
wo ſie drauf beſtuͤnde, denn unverdienten
Vorzugs halben .... wiewol in den ver-
gangnen Zeitaltern eben dieſe Meinung ob-
gewaltet ..... Wolte man die Graͤnz-
ſteine deß, was man fuͤr nuͤzlich hielte, ſo
nah zuſammenruͤcken; ſo koͤnte man ſogar
dieß wenige Uebrige mit gleichem Fug und
Recht auch als uͤberflieſſig verwerfen, und
dann nur das notwendige gelten laſſen ..
.. den Menſchen erniedrigte, und ihn ge-
rades Weges zur Wurzel, und zum Wild-
und Fiſchfange, zuruͤkbraͤchte .....
Wird alſo um dem alten Zwieſpalte,
der unterzeiten ſogar in Groll ausbricht,
Ziel und Maaß zu ſezen, und damit nicht
fernerhin vermeinte Ueberlegenheit und dar-
aus entſpringende Ueberſehung ..........


Wir
[121]

Wir haben dieß Fragment nicht weglaſſen
wollen, ob wir gleich gern geſtehen, daß wir
uns nicht getrauen es ſo zu erklaͤren, daß dem
Leſer kein Zweifel uͤbrig bleiben koͤnte. Wir
wiſſen nicht, wodurch die Rolle ſo iſt verdor-
ben worden, daß darinn oft viel Zeilen hinter
einander voͤllig unleſerlich ſind. Wir koͤnnen
eben ſo wenig errathen, warum die damali-
gen Geſchichtſchreiber der Republik das
Geſez, wie ſonſt allzeit zu geſchehen pflegt,
nicht in die Jahrbuͤcher eingetragen haben.
Nach der Schreibart zu urtheilen, kann es
ſowol vom vorigen als vom jezigen Jahrhun-
derte ſeyn. Denn man wird bemerkt haben,
daß die Geſezgeber auch in ſpaͤteren Zeiten
die Schreibart der fruͤheren, in einem gewiſ-
ſen Grade, beybehalten haben.


Wir wollen unſre Meinung uͤber den Jn-
halt dieſes Geſezes ſagen. Der Leſer unter-
ſuche ſelbſt, ob wir recht oder unrecht haben,
oder auch, ob es vielleicht gar nicht erklaͤrt
werden kann.


Jn allen Jahrhunderten, (vielleicht kann
man einige Zeitpunkte der Griechen ausneh-
men) und unter allen gebildeten Nationen,
haben gewiſſe Anſpruͤche auf den Vorzug
die Gelehrten, welche ſich den darſtellenden
Wiſſenſchaften, und die, welche ſich den ab-
H 5han-
[122] handelnden widmeten, mehr oder weniger,
heimlich oder oͤffentlich entzweyt. Dieſem
oft ungerechten Wettſtreite um groͤſſere Ehre
Einhalt zu thun, ſcheint die Abſicht dieſes
beynah halb verlornen Geſezes geweſen zu
ſeyn. Man ſieht leicht, welche von beyden
Partheyen es gegeben habe. Es iſt offenbar,
daß ſie damals ſehr friedfertig muͤſſe geweſen
ſeyn; denn ſonſt wuͤrde ſie das Geſez nicht
einzufuͤhren geſucht haben.


Wir wuͤnſchen beyden Partheyen fort-
daurende Neigung zu dieſer Friedfertigkeit.
Denn irren wir auch in unſrer Auslegung,
ſo ſcheint es uns doch ausgemacht zu ſeyn,
daß die deutſchen Gelehrten auch dadurch
vor den Gelehrten anderer gebildeten Natio-
nen einen Schritt weiter [auf] der groſſen ge-
meinſchaftlichen Laufbahn der Ehre
thun
wuͤrden, wenn ſie nicht, gleich ihnen, durch
ſtolzes Betragen gegen einander, die Bande
aufloͤſten, durch welche die Wiſſenſchaften
ſelbſt vereinigt ſind.


Der Zuruf.


Verſchiedne Zuͤnfter, und auch etliche vor-
trefliche Juͤnglinge aus dem Volke hiel-
ten
[123] ten 1769 eine beſondre Zuſammenkunft.
Jn dieſer wurde unter andern, weil das
Geſez die Auslaͤnder betreffend ſo lau be-
obachtet wuͤrde, beſchloſſen, auf dem bevor-
ſtehenden Landtage aus allen Kraͤften dahin
zu ſtreben, daß man die Mehrheit zu fol-
genden bekaͤme:


Zuͤnfte und Volk wenden ſich an die Alder-
maͤnner, und beſchwoͤren ſie beym Vater-
lande, daß ſie es ſich theure und liebe Pflicht
ſeyn laſſen, was ihnen der Herold auf dieſer
Rolle uͤberreicht, und es gleich darauf oͤffent-
lich bekant machen wird.


Sie nanten es den Zuruf; und dieſer
lautete ſo:


Die Aldermaͤnner ſollen Sorge tragen,
daß der Republik, durch Ueberſchaͤzung
der Auslaͤnder, und Geringſchaͤzung un-
ſer ſelbſt, kein Unheil widerfahre.



Gu-
[124]

Guter Rath
der
Aldermaͤnner.


Einleitung.


Schon auf dem Landtage 1603 hat man
angefangen unter dieſer Aufſchrift einige
Bemerkungen, Warnungen, kuͤrzere oder
laͤngere Spruͤche, bisweilen nur Winke der
Aldermaͤnner, Anwalde, und Zunftaͤlteſten
in die Jahrbuͤcher zu ſchreiben. Aus dieſen
haben wir diejenigen gewaͤhlt, die uns am
merkwuͤrdigſten vorgekommen ſind. Der
Zeitordnung ſind wir bey unſrer Samlung
nicht gefolgt. Man wird dem aͤlterem gu-
ten Rathe
ſeine Jahre ſchon von ſelber an-
ſehn. Freylich wird ihm von denen, die es
bis zur Ueberfeinerung gebracht haben, dieß
und jenes uͤbel gedeutet werden; aber was
kann ihm das ſchaden? Denn Maͤnner, die
Kern und Reife in der Seele haben, ſchaͤzen
ihn doch nach ſeinem Werthe.


Der Tiefſinn des Meiſterers.


Der Meiſter ſezt den zwanzigſten Gedan-
ken hin, und laͤſt die andern alle weg, durch
deren
[125] deren Huͤlfe er den hingeſezten zur vollendeten
Beſtimmung gebracht hatte. Sein Mei-
ſterer, der ſich denn doch auch gleichwol bis
zu dem dritten empor geſchwungen hatte,
trit darauf hin, beſchnizelt, verlaͤngt, oder
verkuͤrzt jenen zwanzigſten Gedanken.


Groſſer Unterſchied.


Kleider machen Leute. Kleider machen
keinen Mann.
Scribenten, die ihre Werke
ſo ſchoͤnfarbig, und nach ſo modiſchem
Schnitte kleiden, beſcheidet euch immer Leute
zu ſeyn; denn Maͤnner ſeyd ihr nun einmal
nicht. Zuruͤk, Juͤngling, ſagte Ekhard,
denn du haſt es nicht recht gefaſt. Nakt,
wie ein wilder Mann, darfſt du deswegen
nicht gehen.


Gemilderte Haͤrte.


Horaz nante die Nachahmer ſclaviſches
Vieh.
Urban war das eben nicht; und
auch ſonſt nicht ſo recht in der Ordnung.
Denn er ſelbſt .. (von zwanzig uͤbrigen Ver-
ſen des Alcaͤus zehn theils ſogar nur uͤberſezt)
Um mit der Sache recht ins Gleis zu kom-
men, ſo kann Vieh immer weg bleiben; denn
man behaͤlt ja an Sclaven genung uͤbrig.
Und
[126] Und auch dieß iſt noch rauh und barſch; aber
wahr iſt’s.


Gewoͤnliche Regelmaͤſſigkeit.


Unrichtig angewendet, iſt ein Sprichwort
kein wahres Wort. Eben ſo angewendet,
bringt die tiefſinnigſte Regel eine Misgeburt
hervor.


Notwendige Kentnis.


Da ſchwazen ſie: Der eine kent die Leiden-
ſchaft; der andre kent ihre Schattierung.
Wehe dem Dichter, der beydes nicht kent,
wie der Bauer ſein Feld, oder der Guͤnſtling
den Fuͤrſten, durch den er herſcht, oder, wel-
ches mit dem lezten voͤllig einerley iſt, der
Teufel die Seele, die er holt.


Vom guten Gebrauche der Sprache.


Wie dem Maͤdchen, das aus dem Bade
ſteigt, das Gewand anliegt, ſo ſolt es die
Sprache dem Gedanken; und gleichwol im-
mer noch zehn Roͤcke uͤber einander, und
ein Wulſt darunter.


Von
[127]

Von der Entdeckung und der Erfindung.


Habe du wol acht auf den Unterſchied, der
da iſt zwiſchen dem, der erfindet, und einem
andern, der entdekt. Hernach kanſt du folgende
Fragen an dich ergehn laſſen: Darf ich mich
des Erfindens unterfangen? Soll ich ſuchen
zu entdecken? oder muß ich beydes unterwe-
gens laſſen? Wer entdecken will, ſiehet ſich
gar genau um in dem Gewimmel der Dinge,
ſo um ihm her ſind; und ſiehet er darinn
etwas, das ſonſt noch Niemand hatte geſehn;
ſo hat er entdekt. Ein ſolcher muß vor an-
derm Augen haben, und auch Feuers, und
Ausdaurens genung, lang und oft hinzuſehn,
inſonders dahin, wo ihm nun, waͤr’s auch
nur noch in der Daͤmmerung, etwa ein Licht-
lein aufgeht. Solche Flaͤmlein pflegen im-
mer heller zu werden, je laͤnger man hin-
ſchaut. Meinſt du, daß ein guter Weid-
mann, der auch nur das Ohr eines Rehes in
einem Buſch iſt gewahr worden, raſte und
ruhe, er hab es denn? Wer erfindet, ſezt
Vorhandnes auf neue Art und Weiſe zuſam-
men. Wie du nun zuſammenſezeſt, und
was zulezt, haſt du’s bewerkſtelligt, vor ein
Zwek, Ziel, und Abſicht daraus hervor-
blicken, das iſt’s eben, worauf es dabey
gar
[128] gar ſonderlich ankomt. Das iſt nun eine
groſſe Schwierigkeit, und iſt ſelbige kein ſol-
cher Knoten, da du nur koͤnneſt drein haun,
und das Ding waͤre dann gethan; iſt ein Kno-
ten, den du loͤſen muſt, oder dich lieber gar
nicht mit ſelbigem befaſſen. Denn, wie ge-
ſagt iſt, das Dreinhaun frommet da nicht.
Sind manche Zuſammenſezungen, haben we-
nige und groſſe Stuͤk; muͤſſen ſolche haben,
weil’s Zwek und Abſicht alſo erheiſchen: ſind
wieder andre Zuſammenſezungen, haben viele
Stuͤk kleine und groſſe; muͤſſen ſie haben,
aus genanter Urſach. Sind aber auch ſolche,
die nichts nicht haben, denn lauter kleine
Stuͤk; gebe keinen Pfifferling drum, ange-
ſehn ſie untauglich Werk ſind.


Von der Nachahmung.


Das Urbild iſt der Baum, die Nachah-
mung ſein Schatten; und dieſer iſt immer
bald zu lang, und bald zu kurz, nie die
wahre Geſtalt des Baums. Der Juͤngling.
Schatten alſo erſtlich; und dann verfehlte
Geſtalt? Der Aldermann. Recht, Juͤng-
ling. Schatten ohne Saft und Kraft, Bil-
dung ohne Schoͤnheit. Sieh nur die heilige
Eiche, die edle Tanne an, und hierauf ihre
Schat-
[129] Schatten. Und wenn nun vollends (der
gewoͤnliche Fall) eine ganze Baumgruppe
in eine ungeſtalte Schattenmaſſe zuſammen
flieſt.


Drey Fragen.


Wol thaͤteſt du, wenn du unter Zeiten
herumwanderteſt in der gelehrten Geſchicht,
und kaͤmeſt du dann vorbey bey den groſſen
Lichtern, die weiland glaͤnzten und jezo ſind
erloſchen, dich zu fragen anhuͤbſt: Warum
ſind ausgangen, die doch hiebevor ſo viel
Scheines hatten? Ferner: Wie iſt ihm zu
thun, daß ich dereinſten nicht auch erloͤſche;
ſolt’s anders dahin kommen, daß der Funken,
ſo etwa in mir iſt, noch finge? Jſt mancher-
ley bey den Fragen zu bedenken, und ’s komt
allhie gar ſonderlich auf die rechte Erforſch-
und Beherzigung deſſen an, was da iſt wahr,
und gut, und neu; was Mark hat und Kraft,
was tief ergruͤndet iſt; was Geſtalt hat voll
Anmut, ſo daß Aug und Herz daran weiden
moͤge, wer bider iſt, und ſelbiger dadurch ge-
locket und entzuͤndet werde aͤhnlich Werk her-
vorzubringen. Koͤnteſt auch noch die dritte
Frag hinzufuͤgen: Wie iſt’s kommen, daß
ihrer etliche blieben ſind, die ſie vordem wa-
ren? Muͤſteſt alsdann gar tief in ihren Sinn
Jund
[130] und Geiſt eindringen, und nicht ablaſſen, du
habeſt denn ausforſcht, was da ſey ihr Leben
und Weben, Luſt und Liebe, Art und Eigen-
ſchaft, auch Eigenheit. Denn merke dir:
Art und Eigenſchaft iſt gar notwendig Ding,
fleugt Adlerflug; da hingegen alles, was nicht
Art und Eigenſchaft hat, umher flattert, und
nicht weiß, wo es hin will.


Ekhards Reue.


Wer ein Mann iſt, ſagt nicht, was er
thun will, ſondern thut’s .. Es verdreuſt
mich auf mich ſelbſt, daß ich vom Nichtreden
geredet habe!


Anlegung der lezten Hand.


Deine Schrift iſt vollendet. Auch mich
freut’s. Zu viel ausſtreichen, iſt Scylla;
zu wenig, Charybdis. Sieh mir ins Ge-
ſicht, Juͤngling! Kanſt du ſteuren? Haſt du
Mut?


Zum hoͤheren Comiſchen gehoͤrig.


Ein Schauſpiel, dem kein anderes gliche,
waͤre: Wenn ein Kurzſichtiger von Weitſe-
henden umgeben ſie alle uͤberſaͤhe; und dieſe
es
[131] es aushielten, jenem die Augen nicht zu
oͤfuen.


Die Vorleſung.


Wenn die Ausſprache, die Stimme, die
Kentnis, die Empfindung, und die Be-
geiſtrung
einem Gedichte, das ein Gedicht
iſt, Hand in Hand, einen Tanz halten: ſo
ſteheſt du in einem Zauberkreiſe, und kanſt da
nicht eher heraus, als bis die Taͤnzerinnen
ausruhn.


Die Stillſchweiger.


Man hat ſichre Nachrichten, daß noch hier
und da viel Wiſſenswuͤrdiges gleich verborg-
nen Schaͤzen vergraben liege. Wer den mei-
ſten neuern Unterſuchern ein wenig nachſpuͤrt,
der findet, daß ſie, ohne auch nur Einen
Schritt tief zu kommen, oben herum wuͤhlen,
viel bey ihrer Arbeit ſchwazen, und ſich Wun-
der was zu ſeyn duͤnken, weil ſie ſo beſtaͤubt
ſind. Wie laͤcherlich werden dieſe Leute vol-
lends alsdann ſeyn, wenn die rechten Schaz-
graͤber kommen, die kein Wort ſprechen, der
Raben nicht achten, aber graben.


J 2Rohr-
[132]

Rohrdommels Weiſſage.


Laurenz Rohrdommel, der auf allen Land-
tagen, die wir in dieſem Jahrhunderte gehal-
ten haben, gegenwaͤrtig geweſen iſt, brachte
auf dem Landtage 1733 von neuem vielerley
ſonderbare Dinge vor, unter andern ließ er
ſich ſo verlauten:


Jch bin kein Chiromant, oder Handgucker,
aber ich bin ein Proſopomant, oder Geſichts-
gucker, verſtehe mich auf allerhand Prophezey
aus Gebehrden und Gebehrdungen, und weiß
ſie dort gar genau heraus zu klauben. Wiſſet
alſo, daß ich vor zwey Jahren auf einem
Landtage der franzoͤſiſchen Gelehrtenrepublik
geweſen bin, und allda nach meinem Spaͤh-
und Prophezeygeiſte auf Vieler Geſichtern ge-
funden habe, wie folget:


Bald werden die Franzoſen die Wiſſen-
ſchaften nicht mehr verknuͤpfungs- und folge-
weiſe, da eines immer dem andern die Hand
beut, und es ſtets mehr ans Tageslicht
bringt, ſondern nach alphabetiſcher Methode
vortragen, ſo daß ſie, ſo lange dieſe Gewon-
heit dauert, nicht als ein wolgeſtalter Koͤrper
daſtehn werden; wol aber als ein zerhakter
und zerſtuͤkter vor den Augen der Leute herum
liegen.


Huͤ-
[133]

Huͤtet euch, liebe deutſche Landsleute, daß
ihr nicht auch hier in die Fußtapfen der Fran-
zoſen tretet, oder gar, welches ſich wol eher
mit euch zugetragen hat, hinein tappet.


Dieſe Weiſſage wurde von den Zuhoͤrern,
deren er keine geringe Anzahl um ſich verſam-
melt hatte, mit lautem Gelaͤchter empfangen;
zwar auch wol deswegen, weil er ſich unter-
ſtanden hatte, prophezeyen zu koͤnnen; aber
doch noch vielmehr aus der Urſache, weil es
Unmoͤglichkeiten waͤren, die er prophezeyt
haͤtte.


Je lauter das Gelaͤchter wurde, mit deſto
groͤſſerer Selbſtgenuͤgſamkeit ſtrich ſich Rohr-
dommel ſeinen weiſſen Bart, und ging nicht
eher weg, als bis ſeine Zuhoͤrer ſich recht muͤde
gelacht hatten.


Solte er auf unſern bevorſtehenden Land-
tag kommen (er muß ſchon gegen hundert
Jahre alt ſeyn) ſo wird man ihn gewiß nicht
wenig anliegen, nun auch von den kuͤnftigen,
hoffentlich nicht aͤhnlichen Vorfallenheiten
unſrer Republik zu prophezeyn.


Wir muͤſſen von Rohrdommeln noch an-
merken, daß ob er gleich ſeit ſo langer Zeit
auf unſern Landtagen geweſen iſt, er ſich doch
beſtaͤndig unter den dabey gegenwaͤrtigen Aus-
laͤndern aufgehalten hat, aber ohne jemals
J 3auch
[134] auch nur ein einziges Wort mit ihnen zu ſpre-
chen. Mit ſeinen Landsleuten ſpricht er noch
wol unterweilen etwas; allein am liebſten iſt
er doch fuͤr ſich, und hat er mit ſich ſelbſt zu
thun.


Fuͤr junge Dichter.


Dreyerley vor allen Dingen, ſagte ein
Zunftaͤlteſter zu einem Juͤnglinge, der ihm
ſeine Neigung zur Dichtkunſt geſtanden hat-
te: Unterſuchung des Menſchen, Vor-
uͤbungen, und Sprachkentnis.
Wenn du
den Menſchen nicht kenſt, wie er gewoͤnlich
iſt; und wie er ſeyn koͤnte, und ſelten iſt: ſo
weiſt du weder aus noch ein, wenn nun Noth
an den Mann geht, das heiſt, wenn du den
rechten, den vorzuͤglich, oder bisweilen allein
wirkenden Punkt bey einer Vorſtellung treffen
ſolſt. Doch dieſe Unterſuchung erfodert Jah-
re; und du kanſt, eh du ſie vollendet haſt,
Voruͤbungen machen. Von Voruͤbungen
hab ich noch nie etwas gehoͤrt.
Es aͤndert
bey der Sache nichts, daß du jezo das erſte-
mal davon hoͤrſt. Zeichnet der kuͤnftige Ma-
ler nicht die Glieder des menſchlichen Leibes
einzeln, und die, bey denen es ihm am we-
nigſten gelingt, wol hundertmal, eh er ſich
an die ganze edle Geſtalt wagt? Und hat er
etwa
[135] etwa Unrecht, daß er es thut? Und ſoll ſich
vielleicht der kuͤnftige Dichter deswegen nicht
voruͤben, weil ſeine Kunſt ſchwerer iſt? Die
grammatiſche Richtigkeit der Sprache inne
haben, macht den kleineren und leichteren
Theil der Sprachkentnis aus. Verſteh mich
ja recht. Jch ſage dieß nur in Vergleichung
mit dem groͤſſeren, und ſchwereren. Denn
an ſich ſelbſt iſt er weder klein noch leicht.
Bey der eigentlichen und vorzuͤglichſten
Sprachkentnis komt es darauf an, daß man
die Bedeutungen der Woͤrter in ihrem gan-
zen Umfange
wiſſe. Dieſer begreift unter
andern den Sinn in ſich, den ein Wort, in
der oder jener Verbindung der Gedanken,
auch haben kann. Umfang ſezt Graͤnzen.
Du muſt alſo auch wiſſen, was ein Wort
nicht bedeuten koͤnne. Manche Woͤrter wim-
meln, (ich rede beſonders von unſrer Spra-
che) von vielfachen Beſtimmungen der Haupt-
bedeutung oder Hauptbedeutungen; manche
haben uͤberdieß eine gewiſſe Biegſamkeit noch
neue Beſtimmungen anzunehmen, vorausge-
ſezt, daß die Stelle, wo ſie ſtehen, es erfo-
dre, oder wenigſtens zulaſſe. Dieſe neuen
Beſtimmungen ſind oft nur kleine, ſanfte
Schattierungen; aber ſo klein ſie ſind, ſo
gehoͤren ſie doch mit zur Darſtellung. Ohne
J 4ſie
[136] ſie mangelt ihr etwas; ſie iſt noch nicht ganz
vollendet. Wie wenig verſteht alſo der von
der Sprache, und was kann er darſtellen,
der nicht einmal die Hauptbedeutungen der
Woͤrter recht kent. Ein Maler, der blau
und roth nicht von einander unterſcheiden koͤn-
te, laͤſt ſich zwar nicht denken, und doch
gleicht ihm derjenige Dichter, dem es an jener
Kentnis fehlt. Zu den vielfachen Beſtim-
mungen der Hauptbedeutungen gehoͤrt auch
ſanfter und ſtarker Klang, langſame und
ſchnelle Bewegung der Woͤrter, ja ſogar die
verſchiedne Stellung dieſer Bewegungen.
Wie ſoll ihm aber, (mich deucht du fragſt
mich das) ein Mann thun, deſſen Sprache
ihm zu ſolchen Bemerkungen wenigen oder
keinen Anlaß giebt, und die nicht einmal Woͤr-
ter genung hat, geſchweige denn viele von
ſtarker, reicher, und vielſeitiger Bedeutung?
Allein was geht uns denn dieſer Mann an?
Meinent- und deinenthalben mag er ſo viel er
nur immer will und kann in Proſa ſchreiben;
und es ſo oft und lange, als es ihm gefaͤllig
iſt, Poeſie nennen. Doch wenn ſolcher
Mann nun endlich zu der Einſicht komt,
wie es, in Beziehung auf die Poeſie, mit
ſeiner Sprache eigentlich beſchaffen iſt,
was ſoll er dann anfangen?
Dafuͤr laß du
ihn
[137] ihn ſorgen. Freu du dich, daß du eine
Sprache haſt, die der griechiſchen nicht nur
frey unter die Augen treten, ſondern die ihr
auch wol dieſe und jene Frage thun darf.


Man macht ſich von dem, was die Spra-
che ausdruͤcken kann, keinen richtigen Be-
grif, wenn man ſie ſich, auf der einen Seite,
durch Buchſtaben bezeichnet; und auf der
andern, von der Action des Redenden be-
gleitet, vorſtelt. Der eigentliche Umfang
der Sprache iſt das, was man, ohne den
Redenden zu ſehn, hoͤret. Man hoͤrt aber
Toͤne, die Zeichen der Gedanken ſind, durch
die Stimme ſo gebildet, daß vieles von dieſer
Bildung nicht gelehrt werden kann, ſondern
vorgeſagt werden muß, um gelernt zu werden.
Die unlehrbare Bildung der Toͤne begreift
beſonders das in ſich, was das Sanfte oder
Starke, das Weiche oder Rauhe, das Lang-
ſame und Langſamere, oder das Schnelle und
Schnellere dazu beytragen, daß die Toͤne voͤl-
lig zu ſolchen Gedankenzeichen werden, als
ſie ſeyn ſollen. Man horet ferner mit dieſer
Tonbildung eine andre, die, in ſehr vielen
und ſehr fein verſchiednen Graden, Leiden-
ſchaft ausdruͤkt. Dieſe zweyte Tonbildung
iſt allen ein Geheimnis, denen ihr Gefuͤhl
nichts daruͤber ſagt. Sie hat ſogar mehr
J 5Schat-
[138]Schattierungen, als der Geſang. Nur
der declamirt gut, dem dieſe doppelte Tonbil-
dung gelingt. Wer Dichter werden will,
kann von dem guten Declamator mehr als
Eine Sache lernen. 1 Die Wirkungen
des Wolklangs.
Sogar rauhe Toͤne gehoͤ-
ren, wenn ſie der Jnhalt erfodert, mit zum
Wolklange. Cynthius zupfe dich beym
Ohre, wenn du einen Trieb bey dir fuͤhlſt,
dieſe Anmerkung zu misbrauchen. 2 Die
Wirkungen des Silbenmaaſſes.
Aber
hier hat mancher ſonſt vortrefliche Decla-
mator noch ſelbſt zu lernen. Da es ſo
wenig iſt, was er zu lernen hat, ſo iſt es
merkwuͤrdig, daß er es noch nicht weiß.
Wir muͤſſen bey ihm voraus ſezen, daß er
ſeine Sprache und alſo auch ihr Tonmaaß
kenne. Dieß alſo vorausgeſezt, ſo hat er
gar nichts weiter zu thun, als die Laͤngen
genung und recht hoͤren zu laſſen.
Recht
laͤſt er aber die Laͤngen nicht eher hoͤren, als
bis der Zuhoͤrer die Verſchiedenheiten der-
ſelben, die durch die Dehnung, und, im
abgebrochnen Tonhalte, durch die Zahl
und Beſchaffenheit der Mitlaute, entſtehn,
bemerken kann. Geſchieht dieſes, ſo erfolgt
alles uͤbrige von ſelbſt, und der Rhythmus
faͤngt auf einmal an zu tanzen. Mehr oder
we-
[139] weniger Schnelligkeit, oder auch mehr oder
weniger Langſamkeit entſtehn von ſelbſt aus
der rechten Tonbildung der Leidenſchaft.
3 Wie viel die Woͤrter ausdruͤcken koͤnnen.
Man hatte oft einem Worte ſo viel Aus-
druͤckendes
nicht zugetraut, als man durch
die volle gedoppelte Tonbildung der Decla-
mation hoͤrt. 4 Was die Woͤrter nicht
ausdruͤcken koͤnnen.
Der Declamator ſieht
wol, was der Dichter hat ſagen wollen, er
ſucht ihm auch, ob er es gleich nicht geſagt
hat,
fortzuhelfen. Da er aber nichts Ge-
zwungnes thun darf; und das vorkommende
Wort nun einmal nicht gut gewaͤhlt iſt; ſo
muß er es wenigſtens in einem gewiſſen Gra-
de fallen laſſen. Dieſes fallen laſſen des
Deklamators kann manches Licht in der Wort-
kentnis geben. Du haſt mich ein wenig
erſchrekt; aber ich will lernen; und ich
freue mich, daß ich eine ſolche Sprache
zu lernen habe.


Nicht gehaltnes Verſprechen.


Es macht Freude, Schadenfreude wol,
aber ſolche, wie du dir erlauben magſt, wenn
ein Maͤnnlein, das mit Duͤnkeln und Kluͤ-
geln uͤber allerley gelehrte Arbeit und Schrift,
auch
[140] auch wol Meiſterwerk ſeine Lebenstage hat
zubracht, geblinzt, und gethan, als ob’s
ſehen koͤnt, beekelt und gethan, als haͤtt’s
’ne Zunge, wenn ſolch Maͤnnlein nun ſelbſt
’ne Schrift fertigt, und mit ſelbiger vor aller
Welt Augen hervortrit. Darinn lebt und
webt denn nun nichts, iſt noch Kraft noch
Anmut; Anſtrengens wol, und vielerley
miswachsner Zier; und wird kein halb Wort
gehalten von alle dem, was da war durch
ſo viel vorgaͤngige Kluͤgeley verſprochen wor-
den, auf die Ereignis hin, daß der Kluͤgling
einſt ſelbſten auftraͤt, und redete. Laſſen’s
auch die Zuhoͤrer dafuͤr das eine Ohr hinein-
gehn, und das andre wieder hinaus, und
vergeſſen’s Uebermorgen.


Gutachten uͤber etliche Redensarten.


Sich mit auslaͤndiſchen Schellen behaͤn-
gen .. Dinge, die aufrecht ſtehen, um-
kehren, damit man ſie umgekehrt zeigen
koͤnne .. Den Muſen die Leyer ſtimmen ..
Nach der Pfeife des Tauben tanzen .. Den
Pfuſcher einſeifen, und ihn mit dem weiſſen
Barte ſizen laſſen .. Nicht einmal des Ero-
ſtratus Ruhm erlangen koͤnnen, weil’s nicht
brennen will .. Einen kleinen Zwek fuͤr
einen
[141] einen Zwek halten .. Sich’s hoch an-
rechnen, daß man, da man denn doch
nun einmal Marktſchreyer iſt, gleichwol bey
Leibe kein Seiltaͤnzer ſeyn moͤchte .. Zwi-
ſchen philoſophiſcher Kunſtwoͤrterey, und
wahren Gedanken, keinen Unterſchied fin-
den .. Zwiſchen einem guten Vortrage,
deſſen Gegenſtaͤnde ſich aber nur auf philoſo-
phiſche Kunſtwoͤrterey gruͤnden, und wahren
Gedanken, auch keinen Unterſchied finden ..
ſind Redensarten, die mehr in ſich halten,
als mancher der Sachen und der Zeiten un-
kundige etwa vermeinen moͤchte.


Woran die Schuld liege.


Die Deutlichkeit der Rede ſtehet nicht
allein mit dem Verſtande, den Kentniſſen,
und der Aufmerkſamkeit der Zuhoͤrer in Ver-
haͤltniſſen; ſondern auch mit den Gegenſtaͤn-
den, die vorgeſtelt werden. Dieſe beſtim-
men naͤmlich, durch ihre verſchiedene Be-
ſchaffenheit, die bey ihnen erreichbaren Gra-
de der Deutlichkeit. Erhabne Gegenſtaͤn-
de, wenn man ſie von der rechten Seite
angeſehn, und mit wahrem Gefuͤhl ganz
empfunden hat, koͤnnen vorzuͤglich deutlich
vorgeſtelt werden. Oft iſt es, um hier bis
zu
[142] zu dieſem Grade der Deutlichkeit zu kommen,
nicht etwa nur gut; es iſt notwendig kurz
zu ſeyn. Die Kuͤrze faſſet wenige Theile
durch Worte von ſtarker Bedeutung zuſam-
men, und leuchtet, gleich einer groſſen Licht-
maſſe auf einem Gemaͤlde. Gleichwol iſt
ſie es, die am gewoͤnlichſten der Dunkelheit
beſchuldigt wird. Aber von wem denn?
Von Leuten, denen es entweder an Verſtan-
de, oder an Kentniſſen, oder an Aufmerk-
ſamkeit, oder gar an allen dreyen fehlt.


Gegruͤndete Befuͤrchtung.


Wenn ich, ſagte ein Zunftaͤlteſter, etwas
ſchreiben moͤchte, das, ohne meine Abſicht,
wuͤrde zur Satyre werden; ſo wuͤrd ich eine
wahre Geſchichte der Philoſophie ſchreiben.
Fromm wie ein Lamm, aber mit voͤlliger
Beſtimmung wuͤrd ich es in ſeinem ganzen
Umfange auseinanderſezen, wie wenig die
allermeiſten Philoſophen zur Erleuchtung
des Verſtandes, und zur Lenkung des Her-
zens beygetragen haben. Meine Lammfroͤm-
migkeit wuͤrde beſonders daraus hervorblicken,
daß ich den Philoſophen nichts, gar nichts
andichtete; ſondern die Sachen voͤllig ſo naͤh-
me, wie ſie wirklich ſind; und doch wuͤrd
ich
[143] ich Unſchuldiger ein reiſſender Wolf zu ſeyn
ſcheinen, der ganze Heerden Schafe auf
Einmal auffraͤſſe.


Vom Geſchmacke.


Komt da ein Woͤrtlein immer mehr und
mehr auf, heiſſet: Geſchmak; kann an ſich
ſelbſten weder frommen noch ſchaden, ange-
ſehn auf ’ne Gleichnisrede mehr oder we-
niger
gar nichts ankomt; aber gleichwol ſte-
het zu fuͤrchten, daß dieſes Woͤrtlein aller-
hand, das nicht gut iſt, anrichten werde.
Denn ſolche Gleichnisreden werden gewoͤnlich
in einem Sinne gefaſt, der bald hierhin
ſchwankt, und bald dorthin, ſo daß zulezt
Theoreyn daraus kommen, welche die Leut
wie Jrwiſche herumnarren. Moͤcht man’s
doch brauchen, wie’s einem gut duͤnket’ und
luͤſtete, in gemeiner Rede; auch in allerley
Zetteln, die umherfliegen, und an welcher
Jnhalt wenig liegt: aber in Buͤchern, die
darthun ſollen, was da ſey die Urſach, die
Weiſe, Geſtalt, und Gebehrde deſſen, das
uns behaget, oder nicht behaget, moͤcht be-
nantes Woͤrtlein vielleicht zu allerley Regul-
maͤſſigkeiten verleiten, mit denen, und mit
derer Geburten einer’s in die Laͤng nicht aus-
halten koͤnte.


Die
[144]

Die Vergleichungsſucht.


Unterſucheſt du deinen Gegenſtand nur in
Vergleichung mit andern; ſo wird es bald
um dich von kleinen und groſſen Jrthuͤmern
wimmeln; unterſucheſt du ihn aber allein
und fuͤr ſich; ſo kauſt du bisweilen dahin
kommen, daß du ihn ganz ſieheſt, und du
ſteheſt dann, in Abſicht auf die Erkentnis,
eine Stufe hoͤher, als die Vergleicher.


Wer dieſes noch nicht weiß, der buchſta-
biert noch; und gleichwol iſt’s nicht uͤber-
flieſſig es zu ſagen. Jn unſerm erleuchteten
achtzehnten Jahrhunderte wird mehr vergli-
chen, als jemals iſt verglichen worden. Es
verſteht ſich von ſelbſt, daß dieſes diejenigen
am wenigſten glauben, die es am meiſten
angeht.


Wortklauberey.


Rohrdommel ſagte: Tyrn deutete bey uns
vor Alters eben das an, was heutiges Tages
Tyrann. Dieß Wort iſt aus dem griechi-
ſchen Tyrannos entſtanden. Tyrn und Ty-
rannos
ſind eben dieſelben Woͤrter; und bey-
de ſind aus einer und eben derſelben aͤlteren
Quelle geſchoͤpft. Wir haben aber Tyrn
ver-
[145] verloren, und au deſſen Statt Tyrann aus
dem Griechiſchen genommen. Gleichergeſtalt
haben wir auch kritiſch aus dem Griechiſchen
genommen; (aus dem Franzoͤſiſchen denn,
wenn ihr’s ſo haben wolt, und die Franzoſen
haben’s von den Roͤmern, und die Roͤmer von
den Griechen) aber das fruͤhere Wort kriddſk
haben wir nicht wie Tyrn gaͤnzlich verloren;
ſondern es iſt, nebſt etlichen Woͤrtern gleiches
Stammes, noch im Niederdeutſchen vorhan-
den. Nun komt zwar der Gloſſierer, und
ſagt: Kriddſk kann nicht mit kritiſch einerley
ſeyn, ſo wie’s Tyrn mit Tyrann iſt. Denn
kriddſk bedeutet zaͤnkiſch, auch haben die ver-
wandten Woͤrter gleiche Bedeutung, als:
Kriten (im Gothiſchen kritan) ein zanken-
des Geſchrey erheben, kreiſchen;
ferner:
Kriddelije Streit, heftiger Wortwechſel,
wie auch: Kriddeler ein Zaͤnker. Das ſagt
der Gloſſierer nun zwar; aber ich bin auch ei-
ner, und wol ein beſſerer denn er, und ſage:
Er haͤtte bey ſeinem Vorbringen in Erwaͤgung
ziehn ſollen, daß die angefuͤhrten Bedeutun-
gen nur Nebenbedeutungen ſind.


Denn Kritmann(Kritmann) heiſſet Richter.


KWor-
[146]

Woraus denn folget, daß Kriddeler auch
Richter, Kriddelije auch Gericht, und kriddſk
auch richterlich heiſſe. (Jch bemenge mich
hiebey gar nicht damit, zu eroͤrtern, wie Un-
recht die Kritiker darinn haben, daß ſie ſich
duͤnken laſſen, Richter zu ſeyn; es komt mir
einzig und allein auf die rechte Auslegung der
Woͤrter an, durch deren Huͤlfe und Beyſtand
ſie ſich, welcher Abkunft die Woͤrter auch ſeyn
moͤgen, griechiſcher oder deutſcher, das an-
maſſen, was ſie nicht haben.) Jch haͤtte
alſo in dieſer dunkeln Sache ein ſolches Licht
aufgeſtekt, daß die Hauptbedeutung des
Wortes kriddſk wieder hergeſtelt waͤre. Aber,
auf daß man mir nicht Unrecht thue, ſo muß
ich ſagen: Jch verlange der Wiederherſtellung
halben gleichwol nicht, daß man das griechi-
ſche Wort kritiſch verwerfe, und das alte,
nur noch im Niederdeutſchen uͤbliche auf-
nehme. Denn fuͤrs erſte muß man zu wich-
tigen Dingen nicht ohne die groͤſte Noth uͤbel-
klingende Woͤrter brauchen; und kriddſk
klingt denn doch gewiß uͤbel genung: fuͤrs
zweyte muß man ſich huͤten, Woͤrter aus den
gemeinen Landesſprachen ins Deutſche aufzu-
nehmen. Sonſt haͤtte freylich die Sache,
wenn man ſie nach der andern Seite herum-
dreht, auch ihre Vortheile. Kunſtrichterey,
wel-
[147] welches man anſtatt Kritik der Abwechslung
wegen zu gebrauchen pflegt, iſt zum Exempel
kein gutes Wort; wenn wir aber (laſſet uns
die niederdeutſchen Woͤrter, der moͤglichen
Aufname halben, gleich deutſch ausſprechen)
wenn wir Kriteley aufnaͤhmen; ſo haͤtten wir
fuͤr Kunſtrichterey ein gutes Wort. Keiner
hat jemals kritiſieren fuͤr ein gutes Wort ge-
halten. Es iſt von ungefaͤhr ſo eine Art
Wort, wie hanthieren, hauſieren; und nicht
einmal ſo gut; denn es ſolte nach dem Fran-
zoͤſiſchen, wo es hergenommen iſt, kritikieren
heiſſen; aber es mag wol Anfangs dem Poͤbel
ein wenig durchs Maul gangen ſeyn, und all-
da die Verwandlung in kritiſieren erlitten
haben. Wer weiß nicht, daß manchem an-
dern franzoͤſiſchen Worte gleiches Unheil wie-
derfahren iſt. Nehmen wir aber kriten auf;
ſo koͤnnen wir das verwahrloſte kritiſieren
voͤllig entbehren. Kunſtrichter will Man-
chen auch noch nicht ſo recht ein; Kritiker
eben ſo wenig. Dieſer Leute Bedenklichkeiten
fielen nicht allein ſo gleich weg; ſondern die
Sprache wuͤrde auch, und gewiß durch keinen
unnuͤzen Schaz, bereichert, wenn wir ihr
Kritler und Kritmann gaͤben. Denu das
lezte druͤkt mehr aus, als das erſte. Wenn
man ſchlechtweg Kritler ſagt; ſo hat die
K 2Sache
[148] Sache bey weitem den Nachdruk noch nicht,
den ſie durch Kritmann bekomt. Was end-
lich kritiſch anbelangt; ſo iſt das zwar ein
recht gutes Wort; aber warum ſolten wir
nicht auch kritſch (da kritiſch oft auch kritſch
ausgeſprochen wird; ſo faͤlt der Vorwurf ei-
ner etwanigen Haͤrtlichkeit, wo nicht weg,
doch zuruͤk) ich ſage, warum ſolten wir nicht
auch kritſch aufnehmen, wenn wir Kriteley,
kriten, Kritler
und Kritmann aufgenommen
haͤtten?


Wem das Licht, das ich in dieſer Sache
aufgeſtecket habe, noch nicht genung einleuch-
tet, dem halte ich’s hiemit ganz dicht vor die
Augen, wie folget: Jch habe um das Wort
Kritmann, das einen Richter anzeiget, und
die Nebenbedeutung der Geſchwiſterwoͤrter
nicht hat, wie um eine Achſe, mein Rad lau-
fen laſſen, ſo gut, daß ich, wo ich hinge-
dachte, angerolt kommen bin, da naͤmlich:
Die Hauptbedeutung des alten deutſchen
Wortes kritſch wieder herzuſtellen.


Der Scheideweg.


Der Tempel der Wahrheit liegt auf einem
hohen Felſen. Zwey Juͤnglinge gingen mit
einander auf der Heerſtraſſe. Jezt waren ſie
an
[149] an einem Fußſteige, der von der Heerſtraſſe
ab, und in Buͤſche hinein lief. Auf dieſem
kam ihnen die Kuͤhnheit, und auf jener die
Behutſamkeit entgegen. Folge mir! rief
die Eine, mir! die Andre, und beyde waren
beredt. Die Juͤnglinge nahmen von einan-
der Abſchied. Derjenige, welcher der Kuͤhn-
heit
gefolgt war, ſaß ſchon an der Schwelle
des Tempels, als der andre noch in einer zu-
ruͤkfuͤhrenden Kruͤmme war, und dort in
Sande watete.


Der verkante Unterſucher.


Zweyerley komt mir laͤcherlich vor, und
das dritte abgeſchmakt.


Wenn einer durch den Gebrauch der Kunſt-
woͤrter ein Philoſoph zu ſeyn glaubt.


Wenn einer nicht einmal weiß, was andre
Philoſophen vor ihm geſagt haben; und ſich
doch duͤnken laͤſt, es verlone ſich der Muͤhe
gehoͤrt zu werden, was er nun zum zwanzig-
ſtenmale ſagt.


Und wenn der, welcher dieſes und jenes
vereinigt,
den wirklichen philoſophiſchen Un-
terſucher uͤber die Achſeln anſieht, weil dieſer
ſeines gleichen nicht iſt.


K 3Die
[150]

Die Jronie.


Die rechte Jronie iſt eine gar keuſche Dirne,
enthaͤlt ſich mit groſſer Strenge des Mitla-
chens. Am beſten hat ſie’s troffen, wenn
nicht etwa nur, wer mit Haut und Haar
Gauch iſt, ſondern auch der Kluͤgling denkt,
ſie meine das in allem Ernſte, was ſie ſagt.


Beſſer iſt beſſer.


Jch bin ein guter Leſer, denn ich ſehe ein,
warum du das und das geſezt haſt. Jch
danke vielmals, und gewiß recht aufrich-
tig; aber ich kenne noch beſſere Leſer.
Und
wie ſind denn dieſe beſchaffen? Dieſe ſehen
auch ein, warum ich das, und das, und
wieder das, und noch mehr weggelaſſen
habe.


Die ekle Naſe.


Ein kalter einſylbiger Mann hatte ſeine
Buͤcher folgendermaaſſen geordnet:


Jn einem kleinen Cabinette hatte er die
Originalwerke; und in einem groſſen Saale
die unzaͤhligen Arbeiten der Nachahmer und
der Ausſchreiber. Jene nante er ſeine Blu-
men;
und dieſe, nach einer woͤrtlichen Dol-
met-
[151] metſchung des franzoͤſiſchen Ausdruks: ſeine
verfaulten Toͤpfe. Kam einer zu ihm, und
wolte ſeine Buͤcher ſehen; ſo hatte er’s bald
weg, wohin er ihn fuͤhren muͤſte. Es begab
ſich ſelten, daß er Jemanden ins Cabinet
fuͤhrte. Gewoͤnlich ging er mit den Leuten in
den Saal, machte links und rechts die Deckel
auf, und ließ hinein riechen.


An ihn.


Den beſcheidnen Tiedemann (er war vater-
laͤndiſch geſint, und das bin ich auch) erbat
ich endlich, daß er ſich vornahm, aber wie
man ſich Sachen vornimt, die man thun will,
die Geſchichte von den Entdeckungen und Er-
findungen
der Deutſchen zu ſchreiben. Tie-
demann iſt geſtorben.


Die beyden Zepter.


Die lange Laͤnge lang von drey Jahrhun-
derten beherſchte Ariſtoteles die Scholaſtiker
mit einem eiſernen Zepter; endlich war’s denn
doch damit vorbey: und gleichwol hoͤren die
Theoriſten der Dichtkunſt noch nicht auf ſein
andres Zepter zu kuͤſſen.


Ariſtoteles hatte in Vielem Recht. Er
war ein groſſer Mann.


K 4Wer
[152]

Wer leugnet denn das? Er hat hin-
kende Nachtreter, die ſich ein hoͤlzernes Zep-
ter ſchnizeln, und es mit Eiſenerde uͤbertuͤn-
chen. Dieſe haben faſt in allen Unrecht;
und ſind Leutlein.


Wer leugnet’s denn?


Jnhalt und Ausfuͤhrung.


Jſt Jemanden eine Schrift fertig worden,
und hat er einen Freund, der nicht leugt noch
treugt, und der ſcharfes Geiſtes iſt, aber bey
Leibe nicht ſpizfindiges; ſo geh er zu ſelbigem
Freunde, und zeig ihm die Schrift vor, und
thue ihm dabey folgende zwey bedenkliche
Fragen:


Hat’s auch Jnhalt, was du da lieſeſt?


Hat’s auch Geſtalt gewonnen? oder iſt’s
ſo unlieblich anzuſchaun, als ein Menſch, der
nur in Haut und Knochen haͤngt?


Hapert’s dem Freunde bey der Antwort auf
die erſte Frage; dann ohne Anſtand und
Saͤumnis mit dem Buche ins Feuer!


Gehn ihm aber nur bey der zweyten Frage
die Achſeln ein wenig in die Hoͤhe; nun ſo
magſt du dich wol noch Einmal an dein Werk
machen, nicht, daß du die Feile gebraucheſt;
denn du haſt ja nichts abzufeilen: ſondern,
daß du dem Jnhalte Geſtalt gebeſt.


Was
[153]

Was ſolchen Leuten nicht werden kann.


Wenn in gemeinem Leben einer dem an-
dern jezt eine freundliche, und gleich darauf
eine ſpoͤttiſche Mine machte;


einer den andern jezt mit einem Krazfuſſe
bewillkomte, und ihm gleich darauf einen Tritt
verſezte;


einer ſeinem Gaſte jezt gutes Raͤucherpul-
ver, und dann Geſtank aufſtreute:


ſo .. jeder weiß, wie ein ſolch Betragen
in gemeinem Leben wuͤrd angeſehn werden.


Unter dem Vorwande der Unpartheylich-
keit verfaͤhrt der groſſe Haufen der Kritiker
gegen die Scribenten eben ſo, auch gegen ſol-
che, denen an ihrer Freundlichkeit, ihren Kraz-
fuͤſſen, und ihrem Raͤuchern nichts gelegen iſt.


Der groſſe Haufen wird doch dieſem allen
ungeachtet nicht etwa gar verlangen, daß man
nach den Regeln des gemeinem Lebens von
ihm urtheile?


Alſo ſollen wir nur immer loben, und
niemals tadeln?


Elender Behelf! Als wenn der Tadel noth-
wendig Geſtank, und desgleichen ſeyn muͤſte;
und als wenn dem, der nicht ſo gerade zu fuͤr-
lieb nimt, euer nichts entſcheidendes Lob nicht
gleichguͤltig waͤre.


K 5Der
[154]

Der ehrerbietige Wegweiſer.


Wer erfindet, der ſint entweder die Urſa-
chen zu ſchon vorhandnen Wirkungen aus,
oder auch zu ſolchen Wirkungen, die erſt noch
entſtehn ſollen, und die er ſelbſt hervorbrin-
gen, oder durch andre will hervorbringen
laͤſſen.


Bey der erſten Art der Erfindungen kann
es ſelten mit Gewisheit ausgemacht werden,
ob man gut erfunden habe. So iſt es zum
Exempel noch nicht entſchieden, ob die Urſach
der Sternbewegung, die zuerſt Kepler, und,
nach ihm, Newron erfand, die wahre ſey.


Bey der zweyten Art der Erfindungen iſt
es offenbar, daß man nicht gut erfunden habe,
wenn die abgezwekte Wirkung nicht erfolgt;
und gut, wenn ſie erfolgt. Man nehme zum
Exempel an, daß der Arzt durch ſeine neue
Arzeney voͤllige Geneſung, der Dichter durch
ſein Gedicht ſtarke Ruͤhrung, der Mechani-
ker durch ſeine Machine Fortreibung einer ge-
wiſſen Laſt zu einer gewiſſen Weite haben her-
vorbringen wollen; ſo kann man von dem
Werthe ihrer Erfindungen nicht anders, als
nach dem Erfolge, urtheilen.


Die einfachſten Erfindungen koͤnnen nur
dann die ſchwerſten genant werden, wenn
durch Einfachheit die wenigſten Mittel zum
Zwe-
[155] Zwecke verſtanden worden. Jn einem andern
Verſtande (und in dieſem nimt man hier doch
gewoͤhnlich das Wort einfach) ſind die nicht
einfachen Erfindungen die ſchwereren. Die
Erfindung der Buchdruckerey war gewiß leich-
ter, als des Papiers oder des Glaſes.


Das Erfinden kann nicht gelehrt, aber wer
Faͤhigkeit dazu hat, kann auf den Weg, der
zum Erfinden fuͤhrt, gebracht werden. Viel-
leicht ſind folgende die rechten Wegweiſungen:


Man muß die ſchon vorhandnen Wirkun-
gen, oder diejenigen, die man hervorbringen
will, in allen ihren Theilen und Theilchen,
beſtimt denken.


Man muß auch hier ein Mann ſeyn, und
nicht erſchrecken, wenn man in Anfange nur
kleine Schritte thut.


Man kann ſich den Reiz der Schwierigkeit
ſo lebhaft vorſtellen, daß man gern zu ihr zu-
ruͤkkehrt.


Man muß den Zwek, den man hat, ſo lan-
ge, und von ſo vielen Seiten betrachten, bis
man ihn lieb gewint. Deſto beſſer, wenn
man ihn gleich Anfangs lieb gewonnen hat.


Man muß mit ſcharfer Wage waͤgen, was
eigentlich Verdienſt ſey. Denn alsdann wird
man ſich keine kleine Zwecke vorſezen, und alſo
nicht in die Gefahr gerathen mitten in der Un-
ter-
[156] ternehmung abzubrechen. Dieſes Abbrechen
erfolgt natuͤrlicher Weiſe, ſo bald man das
Unbedeutende des Zweckes gewahr wird.


Es iſt keine Kleinigkeit, daß es die Deut-
ſchen ſind, die, nach den Griechen, am meiſten
erfunden haben. Und iſt es etwa eine, dazu
beyzutragen, daß man einſt, daß man nun
bald ſagen koͤnne: Die Deutſchen haben mehr,
als die Griechen erfunden?


Der Deutſche, der hierbey nichts fuͤhlt,
mag meinenthalben gar ſo ſehr verfeinert ſeyn,
daß er uͤberhaupt klein von Vaterlande denkt.
Spott und Verachtung uͤber den Thoren!
Doch das nicht einmal. Er werde mit dem
Kaltſinne des Stillſchweigens uͤbergangen.


Der Fuchs, der Poetiker, und der Reimer.


War ein Fuchs, ſah Trauben haͤngen,
ſprang vergebens danach, lief fort, und ſagte:
Sind der ſauren! Jſt gefabelt. Denn der
Fuchs friſt keine Trauben.


War ein Poetiker, ſah die Muſe mit der
Nectarſchal in der Hand oben auf’m Huͤgel
ſtehen, wolt zu ihr hinauf, kont nicht, lief
fort, und ſagte: Schmekt bitter! Abermal
gefabelt. Denn der Poetiker haſſet alles
Solbſtarbeiten; es iſt ihm ein Greuel!


War
[157]

War ein Reimer, ſah die Nectarſchal, wolt
hinauf, kont nicht, lief fort, und ſagte: Schmekt
bitter! Jſt nicht gefabelt. Denn der Reimer
wolt gern was arbeiten; kann’s nur nicht.


Weniges von vielem.


Auch das gehoͤrt zu dem Vollendeten einer
Schrift, daß alles darinn Beziehungen und
Verhaͤltniſſe unter ſich habe, und daß ſich von
dieſen die ſeltneren Abſtaͤnde nicht zu weit ent-
fernen. Freylich ſind dieſe Zuͤge des Gemaͤl-
des manchem unſichtbar; aber ſind ſie deswe-
gen nicht da, weil’s Leute mit bloͤden Augen
giebt?


Die Wuͤnſchelruthe und der Stein des Weiſen.


Wo liegſt du? Sprich nicht, ſchlag. Jch
ſchlage.
Nach mir hin muſt du ſchlagen, und
nicht ſo in die Luft ſtreichen, wie du thuſt.
Aber wo liegſt du denn? Wo ich liege, das
iſt ja eben der Punkt, den du treffen muſt.
So bald du ihn getroffen haſt; ſo huͤpf ich zu
dir hinauf. Aber was biſt du denn eigent-
lich?
Du weiſt noch nicht einmal, was ich
bin; und ſuchſt mich doch. Du magſt mir
wol eine von den Wuͤnſchelruthen der Berg-
leute ſeyn; und mich gar fuͤr den beruͤchtigten
Stein der Goldmacher halten! Harter Stein!
das
[158]das denn doch nun eben nicht; aber wenn
ich dich ſchon genung kente; ſo braͤucht ich
dich ja nicht zu ſuchen.
Schlag! Wieder
vorbey geſchlagen. Wo biſt du gewachſen,
Wuͤnſchelruthe? Gewachſen bin ich .. Bey
Suͤmpfen? oder nah an den Wolken? unter
den Einfluͤſſen des Nebels? oder der Mor-
genroͤthe? Jch bin gewachſen .. ja ich bin
irgendwo gewachſen.
Jch verſteh alles.
Schlag nun meinenthalben noch ſo viel; ich
werde ruhig liegen bleiben.


Weitlaͤuftigkeit und Vollſtaͤndigkeit.


Wo dieſe noch mit einander verwechſelt
werden, da iſt man noch ein halbes Jahrhun-
dert von der Reife entfernt. Laſſet euch die
Weitlaͤuftigkeit nicht irre machen, die ſich mit
Blumen puzt. Sie iſt Weitlaͤuftigkeit.


Zwey Antworten.


Er hat gut geſchrieben fuͤr die Zeiten, in
denen er lebte.
Als wenn das Genie ein
Sclav ſeiner Zeiten ſeyn koͤnte; und dann,
wenn jenes gleichwol gelten ſoll, als wenn die
Griechen und Roͤmer zu denen Zeiten, die zum
Dekmantel dienen muͤſſen, nicht ſchon waͤren
da geweſen.


Aus
[159]

Aus dem goldnen Abece der Dichter.


Laß du dich kein Regulbuch irren, wie dik
es auch ſey, und was die Vorred auch davon
bemelde, daß ohne ſolchen Wegweiſer keiner,
der da dichtet, koͤnne auch nur Einen ſichern
Schritt thun. Frag du den Geiſt, der in
dir iſt, und die Dinge, die du um dich ſiehſt
und hoͤreſt, und die Beſchaffenheit deß, wo-
von du vorhaſt zu dichten; und was die dir
antworten, dem folge. Und wenn du’s nun
haſt zu Ende bracht, und kalt worden biſt von
dem gewaltigen Feuer, womit du dein Werk
haſt arbeitet; ſo unterſuch alle deine Tritt und
und Schritt noch Einmal; und wo ſie etwa
wankend geweſen ſind und gleithaft, da geh
du von neuem einher, und halt ſolchen Gang,
der ſtark und feſt ſey. Wilſt du dich nach ge-
thaner Arbeit erholen und erluſtigen; ſo
nimm der dicken Regulbuͤcher eines zur Hand,
und lauf hie und da die Narrentheidungen
durch, die du vor dir findeſt.


Anlaß zum Stillſchweigen.


Wer die Wolluſt noch nicht geſchmekt hat,
welche die zu uͤberwindende, und die uͤber-
wundne Schwierigkeit geben, der iſt noch ein
Neuling, und ſolte ſich des Mitſprechens ent-
halten.


Das
[160]

Das poetiſche Genie.


Jſt die Reizbarkeit der Empfindungskraft
etwas groͤſſer, als die Lebhaftigkeit der Einbil-
dungskraft; und iſt die Schaͤrfe des Urtheils,
in ungleichem Abſtande von beyden, groͤſſer
als ſie: ſo ſind dieß vielleicht die Verhaͤltniſſe,
durch welche das poetiſche Genie entſteht.


Nachſicht.


Magſt du doch die oder jene Thorheit be-
gehn; aber vor der Laͤcherlichkeit der Laͤcher-
lichkeiten ſey auf deiner Hut, naͤmlich: Dem
Meiſter Unterricht in ſeiner Kunſt zu geben.


Auslegung eines Sprichworts.


Wo der Adler niſtet, klekt’s die Schwal-
be nicht an.
Weit entfernt eine Erklaͤrung
uͤber dieß alte deutſche Sprichwort zu machen,
wie Erasmus uͤber die griechiſchen gemacht
hat, merkte Ekhard nur an, daß die Schwal-
benneſter unter andern auch vor den Steinen
der Knaben nicht ſicher waͤren.


Die Blinden.


Saſſen zwey Blinde bey einer Schilderey.
Der eine fuͤhlte auf der unrechten Seite her-
um,
[161] um, ſagte: Jſt niedrig Buſchwerk, wird
etwa fuͤr einen Weidmann geconterfeyt ſeyn.
Der andre fuͤhlte auf der rechten Seite her-
um, ſagte: Huͤgel ſind’s, etliche nur, all das
andre iſt Ebne. Trat noch ein Blinder, ihr
guter Geſell, herein, ließ ſich den Zwiſt er-
zaͤhlen, fuͤhlte auf dem glatten Ramen her-
um, ſagte: Was? Stilles ebnes Meer iſt’s,
worinn ſich die liebe Sonne ſpiegelt. Hatten
die Blinden einen andern guten Geſellen, der
kont ſehen. Da ſie ſelbigem nun den Zwiſt
der Laͤnge nach hatten erzaͤhlt, ſprach er: Bin
hergewandert, euch zur Muſika einzuladen,
weil mir ein treflicher Geiger ankommen iſt.
Habt wol eh davon ſagen hoͤren, daß unter
Zeiten der Himmel voller Geigen hinge. Da
hat er eine herabgenommen, ſo ſpielt er!
Aber die Streitigkeit? So komt doch. Jch
mag die Schilderey nicht auſehn; ſie betruͤbt
mich nur. ’s iſt Hermann, der von ſeinen
eignen Blutsfreunden ermordet wird! Aber
komt immer. Der Mann wartet in der Laub
auf uns, und ſtill iſt’s, und Mondſchein auch.


Doch ſie ſpotteten nur des Sehenden, foch-
ten das Ding fernerhin unter ſich aus, und
lieſſen ihn allein zum Geiger gehen.


Bring du dieſe Gleichnisrede, die dir etwa
allzu luͤgenhaftig vorkommen mag, bey der
LAn-
[162] Anwendung, nur an den rechten Mann;
(thuſt am beſten, wenn du dir einen Gelehrten
zu dieſem Manne kieſeſt) und ſie wird dir gar
glaubhaft vorkommen.


Ekhards Grille.


Aldermann Ekhard pflegt zu ſagen, daß er
viel lieber Einen troknen Ton, ja nur Laut
von ſich geben moͤge, als eine ganze lange
Redſeligkeit, wie ſie wol eher zu ſeiner Ju-
gendzeit waͤre gelobprieſen worden; und nun
beſonders in ſeinen alten Tagen gelobprieſen
wuͤrde.


Vielen unverſtaͤndlich.


Die Umkreiſe deſſen, was wir erforſchen
koͤnnen, und deſſen, was uns als Schoͤn
ganz gefaͤlt, ſind kleiner, als wir es uns, in
unſerm Durſte nach Erkentnis und nach Ver-
gnuͤgen, vorſtellen. Gleichwol ſind uns dieſe
kleineren Umkreiſe bey weitem noch nicht voͤl-
lig bekant, und das beſonders daher, weil
wir uns ſo viel uͤber den Graͤnzen zu ſchaffen
machen. Wohl dem, der innerhalb derſel-
ben bleibt, und hier noch unbekante Laͤnder
und Laͤndchen entdekt. Seze die Graͤnzſtei-
ne.
Wenn ichs auch koͤnte, ſo thaͤt ichs doch
nicht. Als wenn ihr nicht einer Spanne hal-
ben, die ich gefehlt haͤtte, und vielleicht auch
nicht
[163] nicht gefehlt, Streit anfangen wuͤrdet, indem
ihr eben hundert Schritte irre gegangen waͤrt.
Zudem ſo hab ich noch dieß und jenes inner-
halb
zu thun, und alſo keine Zeit uͤbrig, ſelbſt
mit beſſern Streitern, als ihr ſeyd, in die
Schranken zu gehn.


Am beſten an der Anwendung zu kennen.


Sind ihrer manche, die vielerley Reguln
und Richtſchnuren fertigen, wie der Dichter
es ſolle machen, wenn er dichtet. Sind
ihrer aber eben ſo wenige, die das Ding mit
den Richtſchnuren recht inne haben, als klein
guter Dichter Zahl iſt. Da ſezen ſich nun die
Regulgeber hin, und meinen’s auszugruͤbeln,
was da Natur ſey, und kennen doch keine Er-
fahrung;
und ertappen ſie ja ’mal was, das
nach Natur ausſieht, ſo koͤnnen ſie doch nicht
damit umgehn, ſtellen’s ſchief hin, werfen’s
durch ’nander; und wenn’s nun gar recht zu
dem geht, worauf’s allein ankomt, ſo wiſſen
ſie vollends weder aus noch ein. Da ſieht
man’s denn, wenn ſie ſich ſelbſt was unter-
fangen, und mit ihrem Schiflein auf’s weite
Meer hinausfahren, da bleiben ſie auf allen
Sandbaͤnken ſizen, und iſt kein Fels wo, auf
den ſie nicht ſtoſſen.


L 2Mit-
[164]

Mittel in ſich zu gehen.


Thuſt wol, wenn du zwiſchen viel Buͤcher-
ſchreine geraͤthſt, daß du gleich beym Ein-
tritt dich der Sterblichkeit erinnerſt deiner
eignen Schriften, und hernach beym Her-
umwandeln unter den vielen verblichnen Wer-
ken dich des Spoͤttelns uͤber ſelbige enthalteſt.
Zieh du vielmehr das Schikſal aller menſch-
lichen Ding in Betracht; und der Geiſt der
Spoͤtteley wird ſchon von ſelbſt die Fluͤgel
haͤngen laſſen.


Von der Kuͤrze.


Liebſt du runden gediegnen Sinn, ſo biſt
du karglaut, und ſezeſt da der Woͤrtlein nur
etliche, wo andre ganze lange Zeilen daher
laufen laſſen. Biſt dann freylich auch gar
uͤbel dran mit dem, welchem die Art des Ver-
ſtaͤndniſſes, ſo ihm etwa worden iſt, ſich nicht
anders oͤfnet, als durch ſchlackichte und viel-
eckichte Gedanken. Solcherley Gedanken
haben nun zwar, beſieht man’s beyn Lichten,
nichts in ſich, das nur etlichermaaſſen des
Merkens werth ſey; aber das verſchlaͤgt dem
Manne nichts, dem nur durch ſie das Ver-
ſtaͤndnis kann geoͤfnet werden. Er hegt und
pflegt ſich nun einmal mit ſelbigen. Mag er
doch. Aber was ſoll’s der Demut dich mit
ihm
[165] ihm zu ſchaffen machen? Sorge du fuͤr die,
denen du, bey aller deiner Karglautigkeit,
viel eher ein Woͤrtlein zu viel, denn eins zu
wenig ſezen koͤnteſt.


Ein alter Schaden.


Auſſer dem Vortreflichen und Guten noch
etwas Halbgutes oder gleichſam Gutes in
den Wiſſenſchaften anzunehmen, iſt mislich,
und hat mancherley uͤble Folgen, und das
aus der Urſach, weil das Halbgute und das
Mittelmaͤſſige nie beyzulegende Graͤnzſtreitig-
keiten mit einander haben.


Wundergeſchichte.


Es war einmal ein Mann, der viel aus-
laͤndiſche Schriften las, und ſelbſt Buͤcher
ſchrieb. Er ging auf den Kruͤcken der Aus-
laͤnder, ritt bald auf ihren Roſſen, bald auf
ihren Roſſinanten, pfluͤgte mit ihren Kaͤlbern,
tanzte ihren Seiltanz. Viele ſeiner gutherzi-
gen und unbeleſenen Landsleute hielten ihn fuͤr
einen rechten Wundermann. Doch etlichen
entging’s nicht, wie es mit des Mannes
Schriften eigentlich zuſammenhinge; aber
uͤberall kamen ſie ihm gleichwol nicht auf die
Spur. Und wie konten ſie auch? Es war
ja unmoͤglich in jeden Kaͤlberſtall der Auslaͤn-
der zu gehen.


L 3Die
[166]

Die Luftſchloͤſſer des Gelehrten.


Den Entwurf zu einem Buche machen,
das Neues enthaͤlt (mit Schnelligkeit, mit
Feuer, mit Ungeſtuͤm!) und zugleich glauben,
man werde den Entwurf ausfuͤhren, iſt innige
Herzensluſt, und vielmehr als Vergnuͤgen.
So hab ich ihrer nicht wenige heut entworfen,
und morgen die Hofnung aufgegeben ſie zu
ſchreiben. Vergeſſen ſind ſie! Doch bin ich
darum weniger gluͤklich bey den Entwuͤrfen
geweſen?


Zurechtweiſung.


Sind Viele, die allerhand Regelgeſchwaͤz
treiben uͤber das, was dem Dichter obliege;
frommet aber ſelbes nicht, ſondern richt viel-
mehr Schaden an bey kleinlauten Gemuͤthern.
Wahrer und aͤchter Regeln des Dichtens ſind
nur etliche wenige; und die haben denn ſichre
und gewiſſe Merkzeichen, an denen ſie gleich
erkennen mag, wer Augen im Kopfe hat.
Fuͤr erſt ſind ſolche Regeln gutes Urſprungs,
das heiſſet ſo viel: Sie ſind hergenommen
aus des menſchlichen Herzens Art und Eigen-
ſchaft, wie auch aus der Beſchaffenheit und
dem Zuſtande der Dinge, die um den Men-
ſchen her ſind. Zweytens ſind ſie fein leicht
anzuwenden, zeigen gerade, gebahnte Straſſe
dahin,
[167] dahin, wo der Dichter hin muß, wenn ihm
vor Meiſterſange ekelt. Sind drittens nicht
kleine Ziele, zu welchen er durch dieſe Regeln
bracht wird; ſondern wenn er dort ankommen
iſt, ſo faͤhrt er auf’s Herz zu, daß einem
ſchaudert, oder froh zu Mute wird, oder was
es ſonſt mehr vor gewaltige Beweg- und Er-
ſchuͤttrungen ſind, die einer gern haben mag.
Muſt aber ja nicht dabey zu erwaͤgen aus der
Acht laſſen, daß ſelbſten ſolche aͤchte und
wahre Regeln zu nichts nicht taugen dem, der
nicht Geiſteskraft und Gabe dazu hat, etwas
nach ſelbigen hervorzubringen.


Ungekante Gleichheit.


Jn einer gewiſſen verfeinerten Schreibart ei-
niger Neuern, welche falſchverſtandner Atticis-
mus iſt, groſſe Gedanken ſagen, oder die Sitt
und Weiſe der Scholaſtiker wieder aufwaͤrmen
wollen, iſt einerley. Die Scholaſtiker lieſſen
Engel auf Nadelſpizen tanzen.


Die Meiſterer betreffend.


Einem Meiſterer iſt ein zu ehrſamer Name
worden, angeſehn ſelbiger von Meiſter abge-
leitet wird; ſolt arger Geſell heiſſen. Faͤlt
wol Widerrede, und wird geſagt: Eben da-
durch, daß das Wort Meiſterer von Meiſter
komme, zeig es kraͤftiglich den an, der uͤberm
L 4Mei-
[168] Meiſter ſeyn wolle; aber Mann und Knabe
ſolten auch nicht ’mal etliche Laut und Buch-
ſiaben mit ’nander uͤberein haben; und Mei-
ſterer ſolte lieber: arger Geſell, oder wie man
ſonſt wolt, geheiſſen werden.


Die drey Wege.


Der Kritikbefliſſene ſchlaͤgt vornaͤmlich drey
Wege ein, auf welchen er den kurzſichtigen Le-
ſer irre fuͤhrt; und demjenigen, der ſich ſo
nicht fuͤhren laͤſt, und weiß, daß er auch eine
Stimme habe, laͤcherlich, und, nach Gele-
genheit, auch wol veraͤchtlich wird.


Er wendet wahre theoretiſche Saͤze unrich-
tig
an; dieß nur ſelten, denn die wahren ſind
ihm gar wenig bekant.


Manchmal verfaͤlt er auch auf eine richtige
Anwendung; aber gewoͤnlich ſind die ſo ange-
wandten Saͤze falſch. Von dieſen wimmelt
es zwar in den Lehrbuͤchern; aber keine geringe
Anzahl derſelben waͤchſt auch dem Kritikbefliſ-
ſenen, waͤhrend daß er ſeine Aufſaͤze verfaſſet,
unter der Hand wie Erdſchwaͤmme auf.


Was am meiſten beluſtigt iſt die unrichtige
Anwendung falſcher Saͤze. Erſt ſtelle man
ſich ſo manchen lieben Leſer vor, dem hier wahr
und richtig weder kalt noch warm geben; und
dann,
[169] dann, daß, ſtatt eines Pfeiles, ein Bolzen
bey dem Ziele vorbey fliegt.


An den, welcher die Geſchichte unſrer Sprache
ſchreiben wird.


Juͤngling, oder Mann, denn ich weiß nicht,
fagte Ekhard, wer es thun wird, merke dir
zuerſt, und vor allen Dingen, daß deine Spra-
che eine reichhaltige, vollbluͤhende, frucht-
ſchwere, toͤnende, gemeſne, freye, bildſame,
(doch wer kann von ihr alles ſagen, was ſie
iſt?) maͤnnliche, edle, und vortrefliche Sprache
iſt, der es kaum die griechiſche, und keine der
andern Europaͤerſprachen bieten darf.


Aus celtiſcher Wurzel wuchs ſie nicht auf.
Denn Caͤſar ruͤhmt’s an Arioviſten, daß er
gut galliſch ſpraͤche. Spaͤh du ihrer Wurzel
nicht nach. Denn wer wolte in ſolcherley
Staube umſonſt wuͤhlen.


Die Barden, die uͤber Caͤſars Rhein-
bruͤcken, gerechte Leute, ſpotteten; Herman-
nen bewunderten, weil er’s werth war; Bo-
jokalen beweinten; die kuͤhnen Franken vom
ſchwarzen Meer an bis zu der Rheinmuͤnde
geleiteten; die .. von dieſem allen ſey kurz,
denn du kanſt weiter nichts, als ich auch kann,
dieß naͤmlich: Jhrem Andenken eine heiſſe
deutſche Thraͤne hinſtuͤrzen laſſen.


L 5Jn
[170]

Jn Ulphila findeſt du den erſten Quell der
Sprache. Aber er flieſt nur kaͤrglich; denn
nur wenig Ueberbleibſel haben wir gerettet.


Der Angel und der Sachſe, die Britan-
nien eroberten, haben viel Schaͤze hinterlaſſen.
Ekler, aber auch dummer Kaltſinn hat ſie
vergraben. Scharre du ſie auf.


Maneſſe ſah beym Sammeln nicht ſonder-
lich ſcharf; doch etwas Goldes iſt gleichwol
drinn.


Von den Minneſaͤngern bis zu Luthern iſt
ein weiter Weg. Jch hatte nie der Muſſe
genung um zu ſehn, ob dort auch Roſen an
den Dornen waͤren. Du muſt ihn auf deiner
Wanderſchaft gehen.


Niemand, der weiß, was eine Sprache
iſt,
erſcheine ohne Ehrerbietung vor Luthern.
Unter keinem Volke hat Ein Mann ſo viel an
ſeiner Sprache gebildet. Dein Weg fuͤhrt
dich zu unſern Zeitgenoſſen. Unterſuche, und
vergleiche ſie unter einander. So nur kanſt
du’s treffen. Trifſt du’s, ſo wird dein Aus-
ſpruch auch der Ausſpruch der Enkel ſeyn.
Gehab dich wol, Juͤngling oder Mann, und
geh an dein Werk.



Ge-
[[171]]

Geſchichte
des
lezten Landtages.


[[172]][173]

Erſter Morgen.


Neuer Zuruf des Herolds. Streit mit den Alder-
maͤnnern. Dieſe ſchlagen den Zuͤnften Grundſaͤze
der Politik vor. Zwey Anklagen. Etwas die
Zuͤnfte der Drittler, und der Scholiaſten betref-
fend.


Jm achtzehnten Jahrhundert zwey und ſieb-
zig verſammelte ſich die Republick, der
Gewonheit gemaͤß, an dem alten Eichenhai-
ne. Die Aldermaͤnner ſaſſen, wie dieß gleich-
falls der Gebrauch war, bey dem Quell, zwi-
ſchen den Zuͤnften. Gegen ihnen und den Zuͤnf-
ten uͤber ſaß das Volk. Hinter dem Volke
ſtand der Poͤbel. Denkmale unſrer beruͤhm-
teſten Mitbuͤrger ſondern die Zuͤnfte von ein-
ander ab. Zu dieſen Denkmalen waren jezt
neue hinzugekommen; und auch der halbe
Kreis gleicher Denkmale, welcher die Alder-
maͤnner von der Seite des Haines her umgiebt,
beſtand, nach der Verabredung des vorigen
Landtages, aus einer groͤſſeren Anzahl Bild-
ſaͤulen.


Die Fremden (ihrer waren dießmal nicht
wenige: Altfranken, auslaͤndiſche Gelehrte,
und ſowol einheimiſche als auswaͤrtige Kuͤnſt-
ler auf den Landtag gekommen) hielten ſich auf
beyden Seiten der Zuͤnfte etwas vorwaͤrts in
Lauben
[174] Lauben auf, die man fuͤr ſie aus Ahornen zu
machen pflegt. Denn mit welcher Achtung wir
auch denen begegnen, die auf unſre Landtage
kommen, ſo kann ihnen doch ihre Stelle nicht
unter den Eichen angewieſen werden. Wie
ehrwuͤrdig auch den jezigen Fremden der An-
blik der Landgemeine war, ſo ſchienen doch ei-
nige uͤber die groſſe Zahl des Volkes verwun-
dert zu ſeyn. Sie wuſten vermutlich nicht,
oder bedachten nicht, daß unter uns Deutſchen
die Zahl ſolcher Maͤnner, die zu viel Unwiſ-
ſenswuͤrdiges mit wiſſen, niemals gering ge-
weſen iſt; und daß wir, in der neuern Zeit,
an unreifen Kennern nicht wenig zugenommen
haben.


Daß ſie die Erblickung des noch viel zahl-
reicheren Poͤbels in Erſtaunen ſezte, war ih-
nen vollends auf keine Weiſe zu veruͤbeln.
Denn wie konten ſie darauf verfallen, daß
die Gelindigkeit der Aldermaͤnner (mit der
Beſcheidenheit ſey es geſagt, die wir allzeit
gegen ſie gezeigt haben, und allzeit zeigen wer-
den!) der Aldermaͤnner, die ſo viel Poͤbels,
als ſie wollen, Landes verweiſen koͤnnen, allein
Schuld daran waͤre, daß die Republik von
ihm nicht mehr geſaͤubert wuͤrde. Muſten ſie
nicht denken (wir wiſſen, daß ſie es, eh ſie eines
beſſern belehrt worden ſind, gedacht haben)
daß
[175] daß die Republik, die ſie jezt mehr als vordem
kanten, und, welches einerley iſt, ſchaͤzten,
und zu deren Landtage ſie mit derjenigen Neu-
begierde, die ſchon beynah Genuß iſt, gekom-
men waren, Geſchmak daran faͤnde, durch die
Anzahl ihrer Mitbuͤrger, durch einen ſolchen
erſten Anblik, deſſen Taͤuſchung doch ſo bald
verſchwaͤnde, groß in die Augen zu fallen.


Der Herold eroͤfnete den Landtag mit die-
ſem neuen Zurufe:


Seyd gerecht, und ſteuert allem, was der
Ehre der Republik nachtheilig iſt, oder werden
kann! Foͤrdert, was der Nation wuͤrdig iſt,
und haltet derſelben nichts wuͤrdig, was nicht
gut, edel, und unſterblich iſt!


Als nach einigem Gemurmel, daß die Al-
dermaͤnner den uralten Zuruf abgeſchaft, und
dieſen neuen geboten haͤtten, ein Aldermann
zu reden aufſtand, hinderte dieß der Anwald
der Dichter durch ſeine ſchnelle Ankunft. Der
Hauptinhalt ſeiner Anrede an die Aldermaͤn-
ner war:


Sie haͤtten den Landtag veranlaſſen ſollen,
da die Zuͤnfte gezoͤgert haͤtten es zu thun. Sie
verdienten auch hierdurch den Vorwurf einer
zu groſſen Gelindigkeit. Denn waͤre die Land-
gemeine eher zuſammengekommen; ſo wuͤrde
auch Recht und Gerechtigkeit eher gehandhabt
wor-
[176] worden ſeyn. Oder fuͤrchtet ihr, brach er zu-
lezt aus, vielleicht etwas fuͤr euch ſelbſt?
Wenn es die Anzuͤndung der Todtenfackel fuͤr
eins oder zwey eurer Werke iſt, was ihr fuͤrch-
tet: ſo wiſſet, daß ſie durch nichts, auch nicht
durch Gelindigkeit, abgewendet werden kann.
Dieſer Landtag wird zeigen, ob unſre Vor-
wuͤrfe gerecht ſind, oder nicht. Jch will euch
ſagen, wo wir euch vornaͤmlich erwarten. Ge-
recht ſind unſre Vorwuͤrfe, wenn ihr entwe-
der gar nicht, oder auch nur nach langſaͤumen-
der Berathſchlagung, zur genauen Ausuͤbung
der Geſeze vom Hochverrathe, mit den Zuͤnften
einſtimt.


Der antwortende Aldermann ſprach zwar
mit vieler Maͤſſigung und Weisheit; auch
konte er den Vorwurf des ſpaͤtern Landtages
dadurch leicht ablehnen, daß es bisher immer
die Sache einer der Zuͤnfte geweſen waͤre, den
Landtag zu veranlaſſen: aber man ſah offen-
bar, daß er von den Zuͤnften nicht mit Bey-
falle gehoͤret wurde, als er die Gelindigkeit
der Aldermaͤnner damit entſchuldigen wolte,
daß ſie gewiſſermaaſſen geruht haͤtten, um die
groſſe Gaͤhrung nicht zu ſtoͤren, in welcher die
Republik bisher geweſen waͤre.


Jhr haͤttet den wildem Strom leiten ſollen!
rief der Anwald der Naturforſcher.


Der
[177]

Der Aldermann bemerkte den Beyfall, mit
dem der Anwald ſelbſt vom Volke gehoͤrt wur-
de. Jener fuhrt fort:


Jhr werft uns eine Gelindigkeit vor, auf
deren Seite uns gleichwol noch immer gute
Gruͤnde zu ſeyn ſcheinen; aber geſezt auch wir
irten, und nicht ihr: ſo iſt doch das ein Vor-
wurf von viel weiterem Umfange, daß ſich die
Zuͤnfte niemals haben einlaſſen wollen, Grund-
ſaͤze der Politik anzunehmen. Wir meinen
nicht jene liſtige, die bey Beherſchung der Voͤl-
ker und dem Betragen der Beherſcher gegen
einander, noch immer ſo viele Einfluͤſſe hat:
wir meinen eine freye, ofne, gerechte Politik,
die auch erkant, und an hellem Tage ausgeuͤbt,
ihre Zwecke nicht verfehlt. Wolt ihr nie auf-
hoͤren auch dieſe zu verachten? Die groſſe
Pflicht, die uns obliegt, bey keiner wichtigen
Sache zu ermuͤden, gebietet uns jezt, was
wir an ſich ſelbſt ſo ſehr haſſen, auch ohne Er-
wartung eines guten Erfolgs, uns von neuem
an euch zu wenden.


Er fuhr noch einige Zeit auf dieſe Art fort,
und ſagte zulezt, daß er den Zuͤnften vor-
naͤmlich drey Grundſaͤze der Politik vorlegen
wolte, welche den Aldermaͤnnern, der Anneh-
mung wuͤrdig geſchienen haͤtten.


MWir
[178]

Wir wiſſen ſo gut, begann er von neuem, als
es irgend jemand wiſſen kann, daß man dadurch,
was wir zu ſagen haben, nur kleine Schritte
thut. Aber der iſt ſehr von der Reife eines
weiſen Mannes entfernt, dem es noch unbe-
kant iſt, daß auch kleine Schritte von Bedeu-
tung ſind, wenn ſie zu groſſen Zielen fuͤhren.


Der erſte Grundſaz, den er anfuͤhrte,
war:


Sich der Gewalt der Groſſen, ſie moͤchten
Altfranken ſeyn, oder als herſchſuͤchtige Kenner
(denn dieß waͤren ſie gewoͤnlich) der Republik
angehoͤren, dadurch zu entziehen, daß man
theils durch ſie ſo ſelten Aemter ſuchte, als es
nur immer moͤglich waͤre; denn etliche derſel-
ben hingen ja nicht von den Groſſen ab, und
etliche waͤren von einer Beſchaffenheit, daß
ſie dem Verdienſte wohl werden muͤſten: und
daß man theils, wenn man ja anzuſuchen ge-
zwungen waͤre, zu ſtrenger Maͤſſigkeit ent-
ſchloſſen, es oft nur um ſolche Aemter thaͤte,
die gewoͤnlich Ungelehrte bekaͤmen, und deren
Erlangung alſo nicht hoch angerechnet werden
koͤnte. Auſſer der groͤſſern Unabhaͤngigkeit,
wuͤrde die Verwaltung ſolcher Aemter auch
den Nuzen haben, daß man dabey mehr Muſſe
zu gelehrten Unternehmungen uͤbrig behielte.


Der
[179]

Der zweite Grundſaz war:


Von der Art, wie die Laͤnder jezt beherſcht
wuͤrden, wahr und frey, aber zugleich mit ei-
ner ſolchen Maͤſſigung zu ſchreiben, daß dieſe
nicht nur etwa gegen Verfolgungen in Sicher-
heit ſtelte; ſondern auch die freye Wahrheit
deſto gewiſſer zu ihrem Zwecke fuͤhrte, je ge-
wiſſer zwar manchmal offenherzige, allein noch
oͤfter ausſchweifende und luͤgenhafte Kuͤhnheit,
wie ſie zum Exempel uͤber dem Meere ſo ſehr
gaͤnge und gebe waͤre, dieſen Zwek verfehlte.


Der dritte Grundſaz war:


Sich durch tiefe Unterſuchung der Geſchich-
te, und durch meiſterhafte Vorſtellung des ge-
fundnen Wahren, den Groſſen, welche die
Ehre liebten, furchtbar zu machen.


Wir Deutſchen, ſchloß er, haben hier noch
ein groſſes ungebautes Feld vor uns. Denn
ſeht nur hin, wie klein in der Zunft unſrer Ge-
ſchichtſchreiber die Anzahl derer iſt, welche den
groſſen Namen, Geſchichtſchreiber zu heiſſen,
voͤllig verdienen.


Diejenigen Grundſaͤze der Politik, die ſich
auf das Betragen unſrer Mitbuͤrger gegen die
uͤbrigen Altfranken, und die Auslaͤnder bezie-
hen, behalten wir uns vor, zu einer andern
Zeit vorzutragen; auch behalten wir es uns
fuͤr das Kuͤnftige vor, uns mit euch zu berath-
M 2ſchla-
[180] ſchlagen, ob, und wie weit ſich ein Gelehrter
auf die Handlung einlaſſen ſolle? Die Sache
iſt thunlicher als ihr etwa glaubt, und auch
beſſer, als ſie euch beym erſten Anblicke ſchei-
nen moͤchte. Sie iſt das lezte unter der Be-
dingung,
daß der Gelehrte, der ein Kaufmann
wird, ſich nicht Bereicherung, ſondern nur gu-
tes Auskommen zum Zwecke vorſeze.


Ob man gleich bald entdekte, daß es die
Zuͤnfte uͤber dieſe Sache nicht wuͤrden zur
Stimmenſamlung kommen laſſen; ſo ſah
man doch auch, daß der Vortrag des Alder-
manns nicht ohne Eindruk, und beſonders
nicht ohne den geweſen war, daß die Zuͤnfte
geneigt ſchienen, den Aldermaͤnnern ihre Ge-
lindigkeit zu verzeihn.


Dieſen Augenblik ergrif der Anwald der
Mathematiker.


Was hat denn, ſagte er, die Zunft der
Dichter vor allen andern Zuͤnften berechtigt,
den Aldermaͤnnern Vorwuͤrfe zu machen?


Jhr Anwald antwortete:


Erſt die Vaterlandsliebe, die unſre Zunft
ſeit jeher in hoͤherem Grade gehabt hat: und
dann, daß wir es ſind, die es in den lezten
Zeiten dahin gebracht haben, daß der Name
unſrer Republik unter den Altfranken, den
Aus-
[181] Auslaͤndern, und ſo gar unter fremden Leuten
jezo mehr gilt, als er ſonſt gegolten hat.


Der Mathematiker ſchien keine Antwort zu
haben. Unterdeß wurde ſein Stillſchweigen
weniger bemerkt, weil der Rathfrager zur rech-
ten Zeit fuͤr ihn gegangen kam, und ſich ſo
an die Aldermaͤnner wendete:


Wir ſehen nicht genung, wie wir es machen
ſollen, um eure vorgeſchlagne Grundſaͤze in
Ausuͤbung zu bringen; wir bitten euch daher,
euch naͤher daruͤber zu erklaͤren.


Die Antwort war:


Du wuͤrdeſt keine naͤhere Erklaͤrung von
uns verlangen, wenn, fuͤr die meiſten unter
euch, die Ausfuͤhrung nicht mit zu vielen
Schwierigkeiten verbunden waͤre. Und damit
uns kuͤnftig keine Gelindigkeit mehr vorge-
worfen werde, ſo ſezen wir hinzu: Jn Bezie-
hung auf eure groͤſſere Zahl, iſt der Republik
wenig daran gelegen, daß ihr euch der Gewalt
der Groſſen entzieht, und euch durch mehr
Muſſe geſchikter zu gelehrten Unternehmungen
macht. Wir haben die Grundſaͤze unſerer
Politik nur den Zuͤnften vorgeſchlagen. Wir
koͤnnen dem Volke zwar nicht wehren, ſie auch
anzunehmen; aber wir empfehlen ſie doch
gleichwol unter euch vorzuͤglich nur den Juͤng-
lingen. Sie ſollen ſie naͤmlich oft uͤberdenken,
M 3ſie
[182] ſie bey ſich reifen laſſen, und, wenn ſie nun
Maͤnner ſind, ausfuͤhren. Jhnen empſehlen
wir ſie recht ſehr, und bitten ſie zu erwaͤgen,
daß die Republik durch ihren Entſchluß gewiß
an Anſehn gewinnen werde, wenn die Zuͤnfte
auch fortfahren ſolten durch ihren verſagten
Beyfall zu machen, daß ſie die hoͤchſte Stufe
dieſes Anſehns nicht erreichen kann.


Der Rathfrager trat ab. Der Aldermann
wendete ſich wieder an die Zuͤnfte:


Wie es dem, was wir vorgetragen haben,
auch gluͤcken, oder nicht gluͤcken moͤge; ſo ſind
wir, dieſer Ungewisheit ungeachtet, entſchloſ-
ſen, den Zuͤnften und dem Volke vor-
zuſchlagen, daß ſie Alambert, ob er gleich ein
Auslaͤnder iſt, wegen ſeiner vortreflichen
Schrift „uͤber die Gelehrten und die Groſ-
ſen
“ mitten in dieſem heiligen Haine ein
Denkmal ſeze.


Die Zuͤnfte waren ſeit dem kleinen Streite,
welchen der Anwald der Mathematiker ange-
fangen hatte, in einige Bewegung wider ein-
ander gekommen. Durch die Antwort, welche
der Aldermann dem Rathfrager gegeben hatte,
war dieſe Bewegung noch vermehrt worden.


Der Aldermann ſtand wieder auf:


Die Gaͤhrung, ſagte er, in der bisher die
Republik geweſen iſt, mag immer in einige zu
warme
[183] warme Unterſuchungen ausarten; wenn die
Ausartung nur nicht lange fortdauert, und
jene Gaͤhrung ſo viel Reifes hervorbringt, daß
der Auswuchs unmerklich wird. Doch die
Zuͤnfte haben keine Warnung, ſondern viel-
leicht nur einige Aufmunterung noͤtig. Denn
ich ſeh euch, wie mir es vorkomt, alle ent-
ſchloſſen, und entſchlosner als jemals, dieſen
Landtag, zu deſſen Haltung wir endlich gekom-
men ſind, fuͤr die jezigen und die kuͤnftigen
Zeiten merkwuͤrdig zu machen. Dieſes zu
thun, kenne ich keinen andern Weg, als weiſe
Ausuͤbung unſerer Geſeze. Bey zu groſſer
Strenge, wuͤrde man euch ſatyriſche Geſin-
nungen Schuld geben koͤnnen; und dieſen pfle-
gen ſich nur einzelne Gelehrte bey ihren Strei-
tigkeiten zu uͤberlaſſen; aber die verſammelte
Republik, der es genung iſt gerecht zu ſeyn,
iſt allezeit ſelbſt uͤber einen ſolchen Schein erha-
ben geweſen: in Gegentheile wuͤrdet ihr, bey
zu groſſer Gelindigkeit, eine ſolche Kraftloſig-
keit im Handeln zeigen, daß es beſſer waͤre,
den Landtag gar nicht zu halten. Dieſer lezte
Vorwurf, was wir Aldermaͤnner auch haben
hoͤren muͤſſen, iſt es, von dem wir am meiſten
wuͤnſchen, daß er nicht gemacht werden koͤnne;
des erſten, weil er gewiß ungegruͤndet ſeyn
wird, achten wir wenig. Denn was etliche
M 4in
[184] in den jezigen Zeiten etwa als eine Folge ſaty-
riſcher Geſinnungen anſehn moͤchten, wird in
den kuͤnftigen (ein ſolches Verfahren trau ich
uns und euch zu!) ſo gar fuͤr ſchonende Ge-
rechtigkeit
erkant werden. Jch meine nicht
etwa die fernen kuͤnftigen; ich meine die na-
hen. Nur dieß und jenes, einige wenige Be-
griffe brauchen nur noch zu ihrer vollen Reife
gekommen zu ſeyn; ſo wird gemaͤſſigte Stren-
ge von keinem mehr verkant, und eingeſehen
werden, daß ſie es vornaͤmlich iſt, die das
Wohl der Republik befoͤrdert.


Jhr ſehet, was wir von euch erwarten;
aber auch dieß erwarten wir noch: Jhr wer-
det deutſche Einfalt, Kraft, Entſchloſſenheit
zeigen, und nach Zwecken ſtreben, die der Er-
reichung werth ſind, und die, als ſolche erkant
zu werden, der ſchoͤnen Schwazhaftigkeit, die-
ſes Tons der Mittelmaͤſſigkeit, der in unſern
Jahrhunderte der herſchende iſt, nicht beduͤr-
fen, einer Schwazhaftigkeit, die noch verziehn
werden koͤnte, wenn ſie je bedeutenden Jnhalt
haͤtte, die es aber nicht kann, weil ſie nie et-
was vom Kerne weis, und nur Schalen und
wieder Schalen dem Zuhoͤrer ins Geſicht wirft.
Daß ihr von uns patriotiſche Gefinnungen
ſowol gegen die Republik, als uͤberhaupt ge-
gen unſer Vaterland erwarten koͤnt, wiſt ihr:
und
[185] und wuͤſtet ihr es auch nicht; ſo wuͤrden wir
es doch lieber zeigen, als viel davon reden.


Da die Aldermaͤnner alles, was ſie etwa
noch zu ſagen haben, fuͤr die Zeiten ausſezen,
wenn ſie Vortrag halten werden; ſo gebieten
ſie, damit die zu entſcheidenden Sachen in der
gewoͤnlichen Ordnung auf einander folgen,
hierdurch dem Herolde:


Die einzelnen Anklaͤger aufzufodern.


Die Anwalde zum Vortrage einzuladen.


Und, nach jedem geendeten Vortrage einer
Zunft, und ſo bald die Stimmenſamlung dar-
uͤber geſchehen, und die Entſcheidung der
Mehrheit zur Ausfuͤhrung gebracht iſt, bey
uns, den Aldermaͤnnern, der Sitte gemaͤß, an-
zufragen: Ob wir jezt Vortrag halten wollen?


Die Zuͤnfte aͤuſſerten ſich hierauf, nachdem
ſie einige Zeit an einander geſchikt hatten,
durch den aͤlteſten Anwald auf folgende Art
gegen die Aldermaͤnner:


Wir muͤſſen es noch auſſezen uns umſtaͤnd-
lich uͤber eine anzunehmende Politik zu erklaͤ-
ren. Wir halten fuͤr beſſer, daß ſich die Re-
publik beſtrebe die Groſſen fuͤr ſich zu gewin-
nen, als daß ſie ſich ihrer Gewalt zu entziehn
ſuche. Wenn ihr uns ſagt, daß man ſie nie
gewinnen werde; ſo antworten wir fuͤrs erſte,
daß man ſich ihrer Gewalt auch nie ganz werde
M 5ent-
[186] entziehn koͤnnen: aber wir gehen weiter, und
behaupten, daß es denn doch am Ende nicht
voͤllig unmoͤglich ſey, ſie zu gewinnen, und
daß oft die geglaubte Unmoͤglichkeit mache,
daß etwas, das ſonſt noch wol auszufuͤhren,
waͤre, unausgefuͤhrt bleibe. Wir wollen euch
jezt kurz ſagen, wie wir es vorhaben, und das
naͤhere daruͤber den abendlichen Berathſchla-
gungen vorbehalten. Was ſollen wir es hehl
haben, daß die meiſten der Groſſen Altfranken
ſind; ſie haben es ja ſelbſt kein hehl. Zu die-
ſen Altfranken alſo ſchikt die Republik Ab-
geordnete, doch ohne daß dieſe es merken laſ-
ſen, wer ſie ſind, und warum ſie kommen.
Wir wollen mit Zuziehung des Volkes die Ab-
geordneten waͤhlen; ihr ſolt ihnen Verhal-
tungsbefehle geben. Und damit die Sache
deſto eher zu Stande komme; ſo ſolt ihr nichts
gegen unſre Wahl, und wir wollen nichts ge-
gen eure Befehle einwenden. Wir werden
Maͤnner zu Abgeordneten waͤhlen, die, nach
den Umſtaͤnden, ohne Verlezung des Gehor-
ſams, auch von Befehlen abzugehen wiſſen;
und ihr werdet ſo auf alles denken, ihnen ſol-
che Vorſchriften ertheilen, daß nicht leicht ein
Umſtand vorkomme, der die Abweichung noth-
wendig mache. Nur noch etwas weniges von
der Beſchaffenheit der Abgeordneten, und den
Ver-
[187] Verhaltungsbefehlen; und dann fuͤr dieſesmal
genung von der Sache.


Ein Abgeordneter muß ein Mann ſeyn, der
ſich fuͤr die Republik aufzuopfern ſo entſchloſ-
ſen iſt, daß er ſich, zur gehoͤrigen Zeit, und
am gehoͤrigen Orte, etwas tiefer buͤcke, nicht
tiefer, als es noͤthig iſt, denn ſonſt wuͤrd er
mehr ſchaden als unzen, ſondern tiefer, als er
Luſt hat.


Er muß die Geſchiklichkeit, und ſo zu ſagen
die Naſe haben, alle die Widerſpruͤche, die
ſich in eines Altfranken Seele unaufhoͤrlich
herumtummeln, zu entdecken, ſie, wo nicht
zum Frieden, (denn das moͤchte wol nie an-
gehn) aber doch zum Waffenſtillſtande zu brin-
gen, und waͤhrend dieſes Waffenſtillſtandes
die Hand ſchnell aus Werk zu legen, daß es
bis zur Faſſung eines Entſchluſſes komme.


Hat er jene Neigung und dieſe Geſchiklich-
keit, ſo wird es euch leicht ſeyn, ihn durch
Vorſchriften vollends zu dem zu machen, was
er ſeyn ſoll.


Vielleicht wuͤrden folgende zwey Vorſchrif-
ten (doch wir ſagen das nur ſo hin, ohne daß
es in geringſten Rathgebung ſeyn ſoll) nicht
undienlich ſeyn: Wenn auch ein ganzer Pfeil-
regen angenehmer nichts entſcheidender Worte
auf dich faͤlt; ſo muſt du dich das nicht irre
machen
[188] machen laſſen, ſondern, wie der groſſe Lecedaͤ-
monier, in Schatten fortfechten.


Weil du, ſo lange du Abgeordneter biſt,
wegen Uebertretung der Geſeze die Maͤcenaten
betreffend nicht kanſt angeklagt werden, ſo
kanſt du auch den Namen Maͤcen nur immer
friſch weg brauchen; aber doch ſo, daß er kein
Flikwort, wie er hier denn doch der Gegen-
ſtaͤnde wegen iſt, ſondern gleichſam die Seele
deſſen, was du eben ſageſt, zu ſeyn ſcheine.


Doch wir wollen euch nicht laͤnger an Sa-
chen erinnern, die ihr wiſſet, und auch den
Herold, den ihr ſchon Befehl gegeben habt,
nicht weiter aufhalten.


Als ſich hierauf die Anklaͤger nach der Auf-
foderung des Herolds auf dem beſtimten Plaze
verſammelt hatten, ſo lieſſen die Aldermaͤnner
(das war ſonſt nicht gewoͤnlich) noch dieſes
bekant machen:


Die Anklaͤger und die Angeklagten muͤſſen
kurz ſagen, was ſie zu ſagen haben. Weit-
laͤuftigkeit, wenn ſie auch ſogar beredt iſt,
wird zu nichts helfen.


Dieſes ſchrekte ein wenig, weil es den Ent-
ſchluß der Aldermaͤnner ſehr deutlich zu erken-
nen gab. Man ſah naͤmlich, daß ſie ihr
Recht brauchen, und, wenn ſie es fuͤr gut
faͤnden, Anklage oder Vertheidigung ohne
viel
[189] viel Umſtaͤnde abweiſen wuͤrden. Und dazu,
daß ſich die Zuͤnfte wider ſolche Abweiſungen
erklaͤren wuͤrden, konte man auch eben keine
ſonderliche Hofnung haben, weil ſie den Al-
dermaͤnnern zu groſſe Gelindigkeit vorgewor-
fen hatten. Anklaͤger und Angeklagte fanden
ſich daher in Umſtaͤnden, worinn ſie auf
nichts, als auf die Unterſtuͤzung der Geſeze
hoffen konten.


Der Anklaͤger den man anzufangen erlaubt
hatte, weil er zuerſt auf dem Plaze geweſen
war, ſagte: Er wolte nur daran erinnern,
weil es ſonſt vielleicht koͤnte vergeſſen werden,
daß von Bar in der franzoͤſiſchen Sprache ge-
ſchrieben haͤtte, und daher nach dem Geſeze:


Selbſt Leibniz, wenn er wieder kaͤme


muͤſte Landes verwieſen werden. Seine Ver-
weiſung wuͤrde freylich wohl ohne Wieder-
kunft ſeyn, weil er ſowohl zum Schreiben,
als auch zur Erlernung unſerer Sprache zu
alt waͤre.


Bey dieſer Anklage entſtand hier und da
ein kleines Gelaͤchter. Es wuͤrde allgemeiner
geworden ſeyn, wenn die meiſten nicht mit
dem Anklaͤger in gleicher Unwiſſenheit geweſen
waͤren. Man hatte ſich naͤmlich in den lezten
Zeiten ſo wenig um von Bar bekuͤmmert, daß
man
[190] man nicht wuſte, daß er ſchon todt waͤre, und
daher nicht mehr angeklagt werden koͤnte.
Der Anklaͤger trat laͤchelnd ab, weil er ſein
Verſehn, in ſo groſſer und guter Geſelſchaft,
begangen hatte.


Unterdeß da dieſes vorging, hatte ſich der
zweyte Anklaͤger gegen alles Vermuthen ent-
fernt. Er hatte vorgehabt, und ſich es ſogar
geruͤhmt, wider den Ungenanten, zur An-
klage zu erſcheinen. Aber in dem Augenblicke
der Ausfuͤhrung hatte ihn der Mut verlaſſen.
Die Aldermaͤnner konten ihre Freude uͤber die
Entfernung dieſes Anklaͤgers kaum verbergen.
Doch ſie dauerte nicht lange. Denn die
Weltweiſen ſchikten ihren Anwald auf den An-
klageplaz, und dieſer erklaͤrte ſogleich, was
ihm von ſeiner Zunft aufgetragen ſey. Er
wolte auch ſchon zu reden anfangen; aber die
Aldermaͤnner baten ihn, ihn nur auf kurze
Zeit von dem abhalten zu duͤrfen, was er vor-
zutragen haͤtte.


Es iſt ganz ungewoͤnlich, ſagten ſie, daß
uͤber Abweſende etwas entſchieden werde.
Denn fuͤr’s erſte koͤnnen ſie ſich nicht verthei-
digen; und dann ſo kann das Urtheil, das
uͤber ſie gefaͤlt wird, ja nicht vollzogen werden.
Und ſeit wenn hat die Republik gefaͤllte Ur-
theile nicht ſogleich vollzogen? Ueberdieß
ſcheint
[191] ſcheint es ja, daß der Ungenante nicht uns,
ſondern Auslaͤndern angehoͤren wolle. Wir
haben nie Jemanden gezwungen uns anzuge-
hoͤren; wollen wir bey ihm damit anfangen?


Der Anwald hatte den Aldermann zwar
ausreden laſſen; aber jezt ſagte er ihm nicht
ohne Hize:


Die Zuͤnfte haben euch zu groſſe Gelindig-
keit vorgeworfen; wie gerecht, oder wie un-
gerecht, unterſuche ich zwar jezt nicht, auch
mache ich euch dieſen Vorwurf bey dieſem An-
laſſe nicht: aber den Vorwurf der Mutloſig-
keit, den ihr jezo verdient, mache ich euch.
Meine Antwort kann, und ſoll kurz ſeyn.
Jſt der Anzuklagende ein Deutſcher? oder iſt
er es nicht? Jſt er es; ſo gehoͤrt er uns an.
Waͤr er auch zugegen, ſo wuͤrde er ſich nicht
vertheidigen wollen, weil er ſich nicht verthei-
digen kann! Freylich werden Urtheile an Ab-
weſenden nicht vollzogen. Das thut hier
nichts. Denn in Beziehung auf ihn iſt ein
gefaͤltes Urtheil ſchon genung.


Der Anwald wendete ſich jezt an die
Zuͤnfte.


Die Aldermaͤnner, ſagte er, wollen mich
von einer Anklage abhalten, uͤber welche zu
entſcheiden die Republik ſchon lange vor die-
ſem Landtage durch ſtillſchweigende Einſtim-
mung
[192] mung beſchloſſen hatte. Dieſes iſt den Al-
dermaͤnnern gar nicht unbekant geblieben;
und dennoch wollen ſie es jezo hindern. Was
ſie auch fuͤr Urſachen haben moͤgen, in gewiſ-
ſem Betracht, ſo widerſprechend zu handeln;
ſo bin ich doch weit davon entfernt mich da-
durch wankend machen zu laſſen, und etwa
bey meiner Zunft anzufragen, ob ſie mir jezo
andre Auftraͤge zu thun habe.


Es geſchieht alſo hiermit durch mich die An-
klage des Ungenanten.


Er hatte ſich das Geſez, auf welches er an-
klagte, bringen laſſen. Er las es ganz ab.
Er muſte, (man riefs ihm aus den Zuͤnften
zu,) einige Stellen ſeiner Rede wiederholen.
Da dieſe Rede ſo vielen auch deswegen bekant
iſt, weil ſie die Abſchrift derſelben, die in der
groſſen Halle beygelegt wurde, nachgeleſen ha-
ben; ſo iſt es genung den Anfang jeder von
dieſen Stellen anzufuͤhren.


Da der Angeklagte ſeinem groſſen Mu-
ſter nur in dem einzigen Fehltritte, den es
gethan hat, nachgefolgt iſt, und mich dieſe
Nachfolge eben zu ſeinem Anklaͤger macht
..


Nach unſrer Meinung darf der Geſchicht-
ſchreiber die Erzaͤhlung durch Anmerkungen,
wie tief ſie auch gedacht, und wie kurz ſie ge-
ſagt ſeyn moͤchten, niemals unterbrechen. Dieß
iſt
[193] iſt ſo wahr, daß die recht guten Leſer es kaum
dulden, wenn die Anmerkung auch nur durch
eine gewiſſe Vorſtellung der Sache in die Er-
zaͤhlung eingewebt wird. Daß man ein fuͤr
allemal nicht haben will, daß der Geſchicht-
ſchreiber Anmerkungen einmiſche, dieß komt
daher. Man will ſich in dem warmen Anthei-
le, den man an den Begebenheiten nimt,
durch nichts ſtoͤren laſſen, am wenigſten durch
etwas ſo kaltes, als Anmerkungen ſelbſt die
beſten zu ſeyn pflegen; aufs hoͤchſte will man
die Unterbrechung nur ſich ſelbſt erlauben. Da
alſo der Geſchichtſchreiber nun einmal ein
Freudenſtoͤrer geweſen war, und man daher
verdrieslich auf ihn iſt, ſo miſt man ihm nun
auch den Stolz bey, als ob er geglaubt haͤtte,
der Leſer wuͤrde die Anmerkung nicht ſelbſt ha-
ben machen koͤnnen. Kurz, es iſt ein misli-
ches Wagſtuͤk, wenn ein Geſchichtſchreiber
Anmerkungen einſtreut. Auch haben wir uns
bisher ſorgfaͤltig davor gehuͤtet, den angezeig-
ten Fehler zu begehen. Aber voͤllig unverzeih-
lich iſt er denn doch auch nicht. Es wird alſo
darauf ankommen, den Leſer bey jedesmaliger
Begehung zur Verzeihung geneigt zu machen.


Wir haben kein andres Mittel zu dieſem
Zwecke zu gelangen ausfinden koͤnnen, als der
Anmerkung allezeit eine gewiſſe Formel vorzu-
Nſezen,
[194] ſezen, die dem Leſer anzeige, wo er nun hinge-
rathen ſey, und daher nach ſeiner Wahl ent-
weder fortleſen, und waͤhrend dieſes Fortle-
ſens Verzeihung angedeihen laſſen, oder auch
uͤber die anſtoͤſſige Stelle wegſpringen koͤnne.
Ein gleiches zu thun, rathen wir auch den nicht
hiſtoriſchen Scribenten, deren Werke viel Aus-
wuchs Hoͤcker und Puckel, oder kuͤrzer, viel
Ueberflieſſiges haben, wohlmeinend an. Wir
haben: Vorgeſehn! zu unſrer Warnungs-
formel gewaͤhlt; und damit man gleichwol
nicht in Gefahr ſey irgendwo mitten in die An-
merkung hinein zu gerathen, ſo macht ſie bey
uns allezeit einen Abſaz aus. So bald man
alſo die Formel erblikt; ſo darf man nur das
Auge von dort an bis zum Ende des Abſatzes
fortlaufen laſſen; und man iſt gerettet! Wer
weiß es nicht aus trauriger Erfahrung, wie
er in manchem Buche, wo ſolche Tonnen nicht
lagen, hat rudern und ſtaken muͤſſen, eh er
von den Sandbaͤnken abgekommen iſt. Solte
Jemanden dieſes Warnen uͤberhaupt, oder
auch nur die von uns gewaͤhlte Formel dem
Ernſte nicht gemaͤß zu ſeyn ſcheinen, den wir
uͤberall, wie uns duͤnkt, mit recht gewiſſenhaf-
ter Sorgfalt beobachten, dem geben wir zu
bedenken, daß er ſich denn doch auch gleichwol
irren koͤnte; und will er dieſes nicht zugeſtehn,
daß
[195] daß es uns oblag fuͤr das wahre Wohl des
Leſers, ſelbſt mit der Gefahr ſolcher liebloſen
Verunglimpfungen, zu ſorgen.


Wir wuͤrden Unrecht haben, wenn wir uns
der bisher geſuchten, und hoffentlich erhaltnen
Erlaubnis nicht auf der Stelle bedienen wol-
ren. Alſo Vorgeſehn!


Was der Weg des Nachahmens uͤberhaupt
fuͤr ein Jrweg ſey, erhellet klaͤrlich auch dar-
aus, daß er fuͤr ſo Manchen nicht ein Weg
des Nachgehens, Wandelns, Tanzens, und
endlichen Erreichens, ſondern lediglich ein
Weg des Nachſtolperns iſt.


Dieſen Zeitpunkt zu verkennen, der Bluͤ-
the und Frucht zugleich, und nur wenig wil-
den Wuchs hat
..


Beynah nur mit dem Kennerange des von
ihm geprieſenen ſaͤchſiſchen Schwans
..


Da nun die Eichel wenigſtens hundert
Jahre braucht, eh ſie zur Eiche wird
..


Er endigte ſo: Meine Anklage geſchieht
vor den Zuͤnften und dem Volke. Denn die
Aldermaͤnner haben ſich ſelbſt von der Theil-
nehmung an dem Ausſpruche ausgeſchloſſen.
Sie moͤgen alſo nur immer ſtehn, wenn wir
ſizen, unſre Stimmen zu geben. Denn ich
frage Zuͤnfte und Volk, ob es ſich zieme, daß
die, welche ſich dem Richteramte zu einer Zeit
N 2ent-
[196] entziehn, da ſie es am wenigſten thun ſolten,
mit uns, indem wir dieß erhabne Amt eben
verwalten, zugleich ſizen?


Die Aldermaͤnner hatten noch nie ſo deut-
lich als jezo geſehn, wie aufgebracht die Zuͤnfte
gegen ſie waͤren. So ſehr ſie dieſes, weil ſie
es nicht zu verdienen glaubten, auch ſchmerzte;
ſo waren ſie doch grosmuͤtig genung, ſich lie-
ber neuen Vorwuͤrfen auszuſezen, als etwas
von dem unverſucht zu laſſen, was vielleicht
noch eine Sache hintertreiben koͤnte, die, aus-
gefuͤhrt, der Republik, wie ſie meinten, nach-
theilig ſeyn wuͤrde.


Wie empfindlich ihnen alſo die Frage des
Anwalds auch geweſen war, ſo entſchloſſen ſie
ſich doch, ſie mit ihm zu thun. Sie glaub-
ten, daß man ſich mit Unterſuchung derſelben,
wegen ihrer Neuheit, lange aufhalten wuͤrde;
und ſo koͤnten denn heute uͤber die Anklage die
Stimmen nicht geſammelt werden. Am
Abend wolten ſie ſich unter die Zuͤnfter mi-
ſchen, wenn dieſe am vergnuͤgteſten ſeyn wuͤr-
den, und alles anwenden, es dahin zu brin-
gen, daß den kuͤnftigen Morgen die Abwei-
ſung der Anklage durchginge.


Es trat daher einer von ihnen hervor, und
ſagte in ſeiner Anrede an die Zuͤnfte von un-
gefaͤhr eben das, wodurch ſie den Anwald von
ſeiner
[197] ſeiner Anklage hatten zuruͤkhalten wollen. Er
ſchloß damit, daß ſie, die Aldermaͤnner, die
Frage des Anwaldes an die Zuͤnfte und das
Volk hiermit auch thaͤten.


Dieſes lezte kam den Zuͤnften zwar ſehr un-
erwartet; dennoch wurden ſie in kurzer Zeit
einig: Die Frage, in ſo fern ſie auch von den
Aldermaͤnnern waͤre gethan worden, fuͤr un-
gethan zu erklaͤren; ſie dem Anwalde zu ver-
weiſen; aber noch heute uͤber ſeine Anklage die
Stimmen zu ſammeln.


Die Sache ſtand jezo auf der aͤuſſerſten
Spize. Der Herold hatte ſich ſogar ſchon ge-
naͤhert, von den Aldermaͤnnern den Befehl zu
der Stimmenſamlung zu empfangen. Aber
nie hatten dieſe mehr Standhaftigkeit und
Entſchlieſſung gezeigt, als ſie heute thaten.
Denn es waͤhrte gar nicht lange, daß ſie dem
Herolde geboten:


Den dreytaͤgigen Aufſchub der Stim-
menſamlung
oͤffentlich bekant zu machen.


Die Bewegung, welche daruͤber entſtand,
war ſehr heftig. Unterdeß legte ſie ſich doch
nach einiger Zeit wenigſtens ſo weit, daß man
anfing die Nachrichten, die man von den Zuͤnf-
ten der Scholiaſten und der Drittler erhielt,
anzuhoͤren. Man erfuhr naͤmlich, daß ſie,
und zwar, wie man gewiß glaubte, nur aus
N 3Groll
[198] Groll gegen die andern Zuͤnfte, fuͤr die Abwei-
ſung der Anklage wuͤrden geſtimt haben.


Man wurde auf den uͤbrigen Zuͤnften uͤber
dieſe beyden ſehr laut; und dasjenige, was
ihnen drohte, ſchien immer reifer zu werden.
Denn der alte Vorſchlag, welcher den vorigen
Landtag ſchon war auf die Bahn gebracht wor-
den, wurde jezo von neuem mit vieler Lebhaf-
tigkeit mehr angenommen, als unterſucht, der
naͤmlich, daß die beyden Zuͤnfte der Scholia-
ſten und der Drittler aufgehoben werden, und
kuͤnftig die Mitglieder der lezten zum Volke;
der erſten aber theils zum Volke, und theils
zum Poͤbel gehoͤren ſolten. Wuͤrden uͤbrigens
einige wenige Scholiaſten etwa anderwaͤrts
zuͤnftig ſeyn; ſo wolte man dieſen, auch ohne
ihr Anſuchen, Gerechtigkeit wiederfahren laſſen.


So endigte ſich der erſte Morgen. Die
Abende pflegen unter uns, wenn Landtag iſt,
ſo zugebracht zu werden.


Die, welche ſich von den Wiſſenſchaften un-
terhalten wollen, verſammeln ſich bey drey
ſehr ſchoͤnen Ulmen, die etwas von den ge-
woͤnlichen Spaziergaͤngen entfernt ſind.


Die Geſchichtſchreiber der Republik ſind
verbunden, das Neue, welches in dieſen Zu-
ſammenkuͤnften uͤber die Wiſſenſchaften, oder
auch uͤber die Kentniſſe geſagt oder vorgeleſen
wird,
[199] wird, in den Jahrbuͤchern aufzuzeichnen.
Unſre Geſchichte wird verſchiednes von dem
enthalten, was dieſen Landtag uͤber iſt aufge-
zeichnet worden.


Neues heiſſet uns nicht nur das, was es
von Grund aus und durchgehends, ſondern
auch, was es durch andre Beſtimmungen und
Gruͤnde iſt.


Man pflegt auch wol Stellen noch unge-
drukter Schriften, die von ihren Verfaſſern mit
nicht zu ſtrenger Forderung der Verſchwiegen-
heit der Ulmengeſelſchaft anvertraut werden,
in die Jahrbuͤcher zu ſchreiben. Auch von die-
ſen werden wir ſolche mittheilen, die uns
Neues von andrer Art (vorher war von theo-
retiſchem Neuen die Rede) zu enthalten ge-
ſchienen haben.


Andre kommen in einer groſſen Laube zu-
ſammen, in der Abſicht, wie es ſcheinen ſoll,
ſich bloß zu vergnuͤgen; aber es werden dort
nicht ſelten die geheimſten Berathſchlagungen
gehalten.


Wer ſich von den vorſeyenden Geſchaͤften
des Landtages, oder von der Republik uͤber-
haupt unterreden will, erſcheint anfangs in
dem Thale, welches zwiſchen den etwas erhoͤh-
ten Zunftplaͤzen, und den Huͤgeln iſt, bey
welchen ſich das Volk verſammelt; aber nach
N 4und
[200] und nach entfernen ſich ſolche Geſelſchaften in
den Wald. Denn es pflegen ſich ihnen zu
viele gaffende Horcher aus dem Poͤbel zu
naͤhern.


Auch ſind Austheilungen ungedrukter
Schriften auf unſern Landtagen nicht unge-
woͤnlich. Nur muß derjenige, der austhei-
len will, es thun, eh es voͤllig Abend iſt.
Denn um die Zeit wuͤrden ſie zwar wol ange-
nommen, aber nicht geleſen werden, weil man
alsdann bey den Ulmen, in der Laube, und
im Thale mit andern Gegenſtaͤnden beſchaͤf-
tigt iſt.


Ein Dichter hatte ſchon vor dem Landtage
bemerkt, daß einiger Zwiſt unter den Zuͤnften
waͤre. Der Streit der Zuͤnfte mit den Alder-
maͤnnern, ſo ſehr er dieſe auch verehrte, und
der Umſtand, daß das Volk, aus altem Grolle
gegen die ihm zu maͤchtigen Zuͤnfte, die Alder-
maͤnner oft unterſtuͤzen wuͤrde, dieſes kuͤm-
merte ihn weniger, als er wuͤnſchte, daß die wah-
re inre Kraft der Republik, die Uebereinſtim-
mung der Zuͤnfte, angewendet wuͤrde. Vor-
zuͤglich zu Befoͤrderung dieſer wichtigen Ab-
ſicht, hatte er einige Kleinigkeiten gemacht,
die er Verſe nante. Er ließ jezo (es war noch
nicht Abend) davon unter die Aldermaͤnner,
die Zuͤnfte, und das Volk austheilen. Es war
vor-
[201] vornaͤmlich die Art der Austheilung, was ſei-
nen Zwek befoͤrderte. Denn da die Aldermaͤn-
ner, jede Zunft, und das Volk nicht eben die-
ſelben, ſondern immer andre Verſe erhielten;
ſo kam es bald zu einer faſt allgemeinen Mit-
theilung. Alle Zuͤnfte waren unter einander
gemiſcht, und weder ſie entzogen ſich dem
Volke, noch ihnen die Aldermaͤnner. Da dieſe
Verſe (der Dichter hatte wol gewuſt, daß in
Erholungsſtunden auch kleine Anlaͤſſe zu
Zwecken fuͤhrten) die Urſach zu nicht wenigen
Berathſchlagungen und Vereinigungen gewe-
ſen ſind; ſo haben die Aldermaͤnner geboten
ſie in den Jahrbuͤchern aufzubehalten.


Ein Gelehrter, der nichts von ſeinen Ar-
beiten herausgeben wolte, und ſie, ſelbſt vor
ſeinen Freunden, in ſeinem tiefſten Pulte ver-
barg, wurde gleichwol durch die gluͤkliche Wir-
kung, welche die Verſe gehabt hatten, gereizt,
einige wenige Fragmente eines Werks, wel-
ches er Denkmale der Deutſchen nante, auf
gleiche Weiſe, und in gleicher Abſicht, aus-
theilen zu laſſen. Er fuͤhrte aber ſeinen Ent-
ſchluß nicht ohne Zoͤgerung aus. Erſt den
dritten Morgen konte derjenige, der aus-
theilen ſolte, einige Denkmale von ihm be-
kommen.


N 5Ver-
[202]

Verſe.


Vorrede.

Bald iſt das Epigramm ein Pfeil,

Trift mit der Spize;

Jſt bald ein Schwert,

Trift mit der Schaͤrfe;

Jſt manchmal auch, (die Griechen liebten’s ſo)

Ein klein Gemaͤld, ein Strahl, geſandt

Zum brennen nicht, nur zum erleuchten.

Vorſchlag zur Guͤte.

Nun endlich ſind wir doch dahin gekommen!

Erfahrung hat den Plaz, der ihr gebuͤhrt, genommen!

Sie iſt’s in der Philoſophie;

Sie iſt es in der Theorie

Des Dichters, und auch da nur ſie!

Erſt hatte ſie der Dichter, ſprach

Jhr Donnern und ihr Saͤuſeln nach.

Erfahr du ſie, wie er. Wenn dieſer Tag dir tagte;

Dann frag ihn erſt: Ob er ſie recht erfuhr? recht ſagte?

Denn was dein Saz auch immer ſeze,

Vom folgereichſten Allgemeinen

Bis zu dem Einzelſten des engbregraͤnzten Feinen,

Jſt alles, ohne ſie, Geſchwaͤze.

Die Chronologen.

Er lahmt am Griechenſtab’, und ſchleicht am Roͤ-
merſtocke;

Und dennoch ſchreyen ſie, er mach epoque!

An
[203]
An den, der’s verſteht.

Aus deutſcher herzensvoller Lache,

(Fern laß vollhalſiges Gelaͤchter ſeyn;

Und ſtreu des Laͤchelns Wuͤrze ſparſam ein.)

Beſonders aber auch

Aus Sitt und Brauch,

Aus eigner Laun’ und Geiſt, vereine du und mache

Ein neues ſchoͤnes Sonderding,

Das nicht von fremder Flitter gleiſſe,

Und das ſo Vornehm wie Gering

Deutſcheomiſch heiſſe.

Frage, die gleichſam zur Sache zu gehoͤ-
ren ſcheint.

Er, ſagt er,

Jſt Richter, und Verklagter,

Wer ſchreibt. O du vom Herrn Verleger

Gemietheter, wer iſt denn Klaͤger?

Ganz gute Bemerkung.

Die Dichter, die nur ſpielen,

Verſtehen nicht, was ſie, und was die Leſer ſind.

Der rechte Leſer iſt kein Kind;

Er mag ſein maͤnlich Herz viel lieber fuͤhlen,

Als ſpielen.

Sitt und Weiſe der Neuern.

Die Roͤmer ſind es euch, die Griechen laſt ihr liegen:

Jhr nehmt das Ey, und laſt die Henne fliegen.

Fort-
[204]
Fortgang in den Wiſſenſchaften.

Stets vor, und nicht langſaͤumend ſtille ſtehen,

Nicht hinter ſich mit Stolze ſehen,

Nicht auf dem Wege ſich im Kreiſe drehen,

Darauf komts an, ihr Soͤhne meines Vaterlands!

Steil iſt ſie hier und da die Bahn

Den Felſenberg hinan;

Allein wer ſteigen kont’, und ſtieg, der fands.

Der ſeltne Zuhoͤrer.

Taub bin ich, ſpricht man mir von Thaten, die
man thun will, vor;

Doch von geſchehnen: lauter Ohr.

Vom rechten Gebrauche der Feile.

Wilſt du dein Bild vom Untergange retten;

So muſt du es ſo ſehr nicht glaͤtten.

Der Arm, an dem ſo viel die Feile macht und ſchaft,

Die gar zu helle Stirn

Hat keine Kraft,

Und kein Gehirn.

Veit.

Da hat er’s nun! bekomt, wie Janus, zwey
Geſichter!

Doch warum ahmt er auch izt Frankreichs Dichter,

Jzt Engellands, ſo unablaͤſſig nach?

Scharfſinn ſprech’ izt ſeine Mine, Tiefſinn izt, wie’s
Urbild ſprach,

Meint ihr. Nachgebehrdung wuͤrde ja auch dieß
nur ſeyn,

Ange-
[205]
Angenomnes, fremdes Ding, nichts mehr; allein

Veit macht ja nur Geſichter.

Der ungluͤkliche Waghals.

Den Griechen ſeine Nation vergleichen ..

Es iſt ein kuͤhner Schritt;

Man thut ihn wol, doch thun ihn andre mit?

Der Griech’ erfand!

Welch iſt die Wahrheit, die ſein tieferer Verſtand

Nicht forſchte? Welcher Schoͤnheit Bild

Hat nicht ſein Genius enthuͤlt?

Und ihr, was habt ihr? Nachgeahmet!

Daß alſo hier, wie ſonſt, die Gleichheit lahmet.

Geh’s, wie es kann; allein wo iſt der neue Zug,

Der laͤcherlich genug

Den Thoren zeichnet, der in Wolken ſchift,

Und ſchwaͤzet, daß ſein Volk die Griechen uͤbertrift?

Der Unterſuchung wuͤrdig.

Du gingſt der Schoͤnheit Bahn,

Sohn Fingals, Oſſian!

Sie ging Maͤonides Homer!

Wer that der Schritte mehr?

Die Henriade.

Was iſt wol, daß bey Meiſter Arouet,

Jn ſeinem Heldenreim, nicht bey einander ſteht?

Erſt macht er dieß und jen’s (jen’s) von Menſchen kund,

Dann
[206]
Dann kommen Geiſter, und

Hernach, als handelnde Perſonen,

Abſtractionen:

Die Politique,

Mit mancher Nicke;

Auch die Discorde

Zu Blut und Morde;

Darauf,

Ein Goͤtterhauf’!

Jſt dieſer Miſch was anders, als

Horazens Maͤdchenkopf, Fiſchſchwanz, und Pferde-

hals?

Die Kritik.

Durch die Kritik, zu zeigen neue Wege,

Die ſich der Dichter waͤhlen wuͤrde,

Wenn er nicht lieber eigne ginge,

Das waͤre Meiſterwerk;

Die neuen Wege zu entdecken,

Die Dichter, welch’ Erfinder ſind, betraten,

Das
(jen’s)
[207]
Das waͤr nicht kleines Beyfalls werth;

Doch, Wege hundertmal gewieſen,

Zum hundert erſtenmal zu weiſen,

Und trift man auch dabey auf unbemerkte Stege,

Die ſeitwaͤrts laufen, wiederkehren,

Was iſt denn das?

Der Zufriedne.

So oft ich dieß, und das, und jenes noch bey

mir beſchoͤnige,

Bleib ich bey guter Laune,

So daß ich dann in meinem Sinn

Zufrieden bin

Mit jedem Koͤnige

Auf jedem Zaune.

Von wenigen bemerkter Unterſchied.

Jn zwanzig Verſen des Homer

Liegt wahrer tiefgedachter Regeln mehr,

Als in des Lehrbuchs ausgedehnten, bis zum Schlafen

Fortplaudernden zehn hundert Paragraphen.

Ver-

Fabian Wabbel.
Otto Bimm.
Theobald Schwopp
der Juͤngere.
Seiffart Kickel.


[208]
Verlorne Muͤhe.

Er ziſcht mich an, und wolte Krieg

Mit mir ſo gerne fuͤhren!

Antworten? mich hinab bis gar zu ihm verlieren?

Jch geh, und laß, auch dieſen Kriechenden, Muͤſik

Der Schlangen, wie’s ihm luͤſtet, muſicieren.

Das feine Ohr.

Gleich dem thatenloſen Schuͤler der Ethik,

Hoͤrſt du in der Poetik

Gras wachſen; aber hoͤreſt nie

Den Lorber rauſchen in dem Hain der Poeſie.

Die Jdealiſten.

Kernloſe Schale,

Wie’s auch mit tiefer Unterſuchung prale,

Jſt doch nur dieß Geſchwaͤz vom Jdeaͤle.

Der philophiſche Jdealiſt,

Hat, wie ihr wiſt,

So was von einem Narren;

Der kritiſche Jdealiſt

Hat, wie ihr noch vielleicht nicht wiſt,

Auch oft wol was von mehr als Einem Sparren.

Die veraltete Kritik.

Die Griechen hielten am Olympe Spiel,

Mit Lauf, und Roß, und Kampf, mit Floͤt’, und Liede.

Da ſchattete der Lorder nur am Ziel;

Da ſaſſen andre Richter,

Als die vom heutigen Gelichter;

Da ſcholl kein Lob,

Das euch erniedrigte, kein Tadel, der erhob.

Klage.
[209]
Klage.

Bardiete toͤnten auch im Eichenhain,

Poeme nicht allein

Jm Lorberhain.

Und, o ihr Jahre! doch

Jſt umgefallen

Der Baum, den ihr erkort vor allen;

Der Lorber ſchattet noch.

Dieſen Abend war weder bey den Ulmen
noch in der Laube Verſamlung; aber im Thale
war ſie deſto zahlreicher, und die Unterredung
von dem, was auf dieſem Landtage geſchehen
muͤſte und wuͤrde, deſto lebhafter und freyer.



Zweyter Morgen.


Die Aldermaͤnner weiſen einen Anklaͤger ab. Andre
Anklagen. Wie es der Zunft der Scholiaſten
ergeht.


Ein Anklaͤger erklaͤrte, er waͤre in Stande viele
der Ausrufer zu uͤberweiſen, daß ſie ſich
mehr als Eine Stimme angemaaſt haͤtten;
auch haͤtten etliche ihr Amt ein Richteramt ge-
nant, und waͤren daher des Hochverraths
ſchuldig. Was das Richteramt beſonders an-
Obe-
[210] betraͤfe; ſo haͤtte er nicht wenig Laͤcherlichkei-
ten in Bereitſchaft, die bis zum Abgeſchmak-
ten gingen, und die auf keine Weiſe durch
Ausbildungen bis dahin gekommen waͤren,
weil ſie aus den eignen Worten* dieſer Leute
beſtuͤnden. Ueber das alles waͤr er durch ſehr
glaubwuͤrdige Maͤnner dahinter gekommen,
daß etliche Ausrufer, die er kente, eine Ge-
ſelſchaft unter ſich errichtet haͤtten, und mit
kleinen leicht zu verbergenden Abbildungen der
Mittelmaͤſſigkeit Schleichhandel trieben. Sie
ſolten, ſagte man, Nachtwaͤchter zu Maklern
und Hoͤkern brauchen. Er wuͤſte von dieſem
allen wenigſtens ſo viel, daß eine weitere Un-
terſuchung angeſtelt werden koͤnte. Was die
beyden erſten Punkte naͤmlich die Vielheit der
Stimmen, und das Richteramt betraͤfe; ſo
muͤſte er die Aldermaͤnner bitten, nicht mit zu
groſſer Strenge die Kuͤrze von ihm zu fodern,
weil die Beweiſe, die er zu fuͤhren haͤtte, und
die er gern ſehr genau fuͤhren wolte, durch
viele Andeutungen, auch Beziehungen auf
das, was man anderswo gerade heraus ge-
ſagt haͤtte, unterſtuͤzt wuͤrden.


Wir verlangen da keine Kuͤrze, ſagte der
wortfuͤhrende Aldermann, wo ſie, wegen Be-
ſchaffenheit der Sache, nicht ſtatt findet; aber
wir halten dafuͤr, daß alles, was die Ausru-
fer
[211] fer angeht, und ſolten ſie auch ſelbſt des Hoch-
verraths ſchuldig ſeyn, in Vergleichung mit
denen vielen wichtigen Sachen, die wir auf
dieſem Landtage abzuthun haben, Kleinigkeit
ſey. Vielleicht iſt gegen das Ende des Land-
tages noch Zeit zu dieſen Nebendingen uͤbrig.
Fuͤr jezt weiſen wir deine Anklage ab. Von
dem Schleichhandel, der mit dem Bilderchen
getrieben wird, kanſt du uns dieſen Abend wei-
tere Nachricht geben.


Ein zweyter Anklaͤger naͤherte ſich. Ent-
ſcheidet, ſagte er, ob nicht ſogar … unter die
Nachahmer gehoͤre? Jſt meine Anklage ge-
recht; ſo — es wird mir ſchwer ein gewiſſes
Wort mit …s Namen auszuſprechen; aber ſein
Beyſpiel iſt zu verfuͤhrend, die Geſeze ſind ein-
mal die Geſeze, und die Republik iſt verſammelt,
ſo muß … zum Knecht erklaͤrt werden.


… bezog ſich in ſeiner Vertheidigung auf
das Urtheil der Republik, ob er nicht gut,
und ſo wie es ein Freyer thun duͤrfte, nach-
geahmt haͤtte? und ob er nicht fuͤr die groſſe
Anzahl derer, die ſein Urbild nicht kenten, auf-
hoͤrte ein Nachahmer zu ſeyn? Ueberdieſes
haͤtte er auch oft nicht nachgeahmt. Viele
lieſſen ſich auf die Vertheidigung ein. Es
wurde nicht wenig auf den Zuͤnften geſtritten.


O 2…
[212]

… ſoll alſo, ſagte man unter andern, nach dem
Geſeze: Obgleich lange Knechtſchaft ſeine Wer-
ke vor der Landgemeine oͤffentlich verbrennen, da-
mit er zur Freylaſſung faͤhig werde? Welche
Fordrung? Bleibt denn, wurde geantwortet,
nach dem angefuͤhrten Geſeze nicht auch man-
ches unverbrant? Und uͤberdieß hat er ja auch
andre Wege zur Freylaſſung zu gelangen.
Freylich wird er keinen ſtreitſuͤchtigen Freyen
in Zweykampf erlegen wollen, und die Leute
auf angemaaſten Erfindungen zu ertappen hat
man nicht immer Anlaß. Recht gut. Aber
kennen denn die Aldermaͤnner einen Mann
von … s Verdienſten nicht? und wird es
ihnen nicht eine Freude ſeyn ihr Recht frey zu
laſſen, wen ſie wollen, bey ihm zu brauchen?
Jſt er es denn allein, fuhr man fort ihn zu
vertheidigen, der nachgeahmt hat? Warum
werden die andern nicht auch angeklagt?


Daß er es allein iſt, der angeklagt wird,
macht ihm Ehre. Man wuͤrde, wenn man
mit Anklagen fortfuͤhre, Gefahr laufen auf
Nachahmer von der Zwitterart zu ſtoſſen.
Und wer moͤchte ſich vorwerfen laſſen, dieſe
angeklagt zu haben?


Der Herold unterbrach dieſe und aͤhnliche
Streitigkeiten. Er fing an die Stimmen zu
ſammeln.


Ohne
[213]

Ohne die Zunſt der Scholiaſten waͤre …
zum Knecht erklaͤrt worden. Denn ſie, die
den Herold abwies, da er zu ihr kam, und
ſich zulezt fragen ließ, gab, da die Stimmen
getheilt waren, durch die ihrige den Ausſchlag.


Es war ſchmeichelhaft fuͤr den Angeklagten,
daß ſich die Haͤlfte der Zuͤnfte fuͤr ihn erklaͤrte;
aber gleichwol hatte ihn mehr als die Haͤlfte
Aldermaͤnner (die andern hielten die wenigen
unnachgeahmten und zugleich ſchoͤneren Stuͤcke
ſeiner Werke davon ab) verurtheilt. Uebri-
gens war es zwar wol die Zunft der Scholia-
ſten geweſen, die ihn gerettet hatte; doch dieß
konte ihm auf keine Weiſe nachtheilig ſeyn.
Denn nicht ihr Beyfall war es, was ſie ihm
dadurch hatte bezeigen wollen, (die meiſten
dieſer Zunft kennen weder … noch ſein Ori-
ginal) ſondern ſie folgte nur ihrer Neigung, es
ihm, als einem Nachahmer der Alten, eher wie
andern zu verzeihn, daß er deutſch geſchrieben
haͤtte.


Ein neuer Anklaͤger erſchien. Er ſagte:
Wenn mir … zutraut, daß ich ihn, ohne
deswegen etwas wider ihn zu haben, anklage;
ſo hat er Recht: und traut er mir es nicht zu;
ſo hab ich gleichwol Recht, daß ich es thue,
Wer das Beſte der Republik mit meinem Ei-
fer wuͤnſcht, der denkt hierinn, wie ich; und
O 3wer
[214] wer dieſen Eifer nicht kent, der iſt mir gleich-
guͤltig.


… hat auch ohne Beduͤrfnis viel aus-
laͤndiſche Worte in die Sprache gemiſcht.
Es muß daher das Landgericht: Wider die
Natur und alte gute Sitte unſrer Sprache

auch gegen ihn, oder vielmehr vorzuͤglich gegen
ihn gelten, weil er ſchon viele zur Nachfolge
gebracht hat. Der Anklaͤger las hierauf aus
… s Schriften alle Stellen her, in welchen
er auslaͤndiſche Worte gebraucht hat. Das
Urtheil von Beduͤrfnis und Nichtbeduͤrfnis
uͤberließ er zwar, wie ſich das verſtand, der
Entſcheidung der Republik; er ſchloß aber
gleichwol mit dieſer Anmerkung: So wol die,
welche die Sprache nicht kennen, aus der das
auslaͤndiſche Wort genommen wird, als die,
welche ſie ein wenig verſtehn, und wie klein
iſt die Anzahl derer, die fremde Sprachen ge-
nung verſtehn, bekommen von dieſem Worte
ſo unbeſtimte Begriffe, daß der Abſicht des
Gebrauchs beynah ganz verfehlt wird. Dieß
iſt deſto wahrer, je bedeutender das auslaͤndi-
ſche Wort iſt; und bedeutende Worte ſoll man
denn doch vorzuͤglich waͤhlen, wenn man an-
ders verlangt, noch einigermaaſſen entſchuldigt
zu werden. Dieß ſchon iſt zureichend, ſolche
Worte
[215] Worte zu verwerfen; und wir |haben, es zu
thun, kaum noͤtig, uns des Widrigen der
Miſchung, und des Reichthums unſrer Spra-
che, den ſie ſchon hat, und nach ihrer vielſei-
tigen Anlage noch haben kann, zu erinnern.


Es wunderte einige, daß die Aldermaͤnner
den Anklaͤger, nach der Ableſung, noch dieſes
zu ſagen erlaubten. Denn was braucht er,
war ihre Anmerkung, Gruͤnde der Geſeze, die
uns allen bekant ſind, anzufuͤhren?


Man klage ihn an, ſagte … und werde
ihn vielleicht gar verurtheilen; gleichwol fodre
er Belonung. Denn er habe, auſſer den aus-
laͤndiſchen Goldſtuͤcken, auch einheimiſche, der
Scherfe, nicht zu gedenken, in die Sprache ge-
bracht. Der Anklaͤger antwortete: Er wuͤrde
doch an der Gerechtigkeit der Republik nicht
zweifeln, und wiſſen, daß ſie ſich durch die
auswaͤrtige Muͤnze, denn nur das, und nichts
mehr waͤren auch die beſten ſolcher Worte,
nicht wuͤrde abhalten laſſen, fuͤr die Goldſtuͤcke
zu belonen, im Falle, daß dieſe die in den Ge-
ſezen beſtimte Zahl ausmachten. Die Stim-
men wurden hierauf geſammelt. Jn den Zuͤnf-
ten der Rechtsgelehrten, der Aſtronomen, der
Naturforſcher, der Mathematiker, und der
Weltweiſen waren zwar nicht wenig Stimmen
fuͤr den Angeklagten, weil verſchiedne Mit-
O 4glieder
[216] glieder dieſer Zuͤnfte, bey Bereicherung der
Sprache, eben nicht ekler Wahl ſeyn, und auch
wol die Beduͤrfnis nicht genau mochten unter-
ſucht haben; aber die Mehrheit war doch wi-
der ihn. Die Aldermaͤnner, und die uͤbrigen
Zuͤnfte waren’s beynah mit allen einzelnen
Stimmen. Fuͤr ihn waren nur die Zunft der
Scholiaſten, und das Volk; aber dieß, zu Vie-
ler Verwundrung, doch nur mit zwey
Stimmen.


Die Aldermaͤnner ſchikten zu den Dichtern,
und lieſſen ihnen, wegen ihrer Unpartheylich-
keit, in Abſicht auf … n, und auf ſich ſelbſt,
danken; auf jenen, weil ſie ihn uͤberhaupt und
als ihren Mitzuͤnfter hochachteten, und auf
ſich ſelbſt, weil ihnen die Sprachmiſchung ſo
vortheilhaft waͤre. Denn, gemiſcht, waͤre
die Proſa am meiſten von der Poeſie unter-
ſchieden; und bekantlich muͤſten die Dichter
nach nichts ſo ſehr trachten, als ſich von den
Proſaiſten zu unterſcheiden. Der wuͤrde ſehr
Unrecht haben, fuhr der Abgeordnete der Al-
dermaͤnner fort, welcher das Verdienſt der
Unpartheylichkeit, fuͤr die jezo den Dichtern ge-
dankt wuͤrde, durch die Vermutung ſchmaͤlern
wolte, daß ſie gefuͤrchtet haͤtten, das Gemiſch
koͤnte wol einmal bis zur poetiſchen Sprache
durchdringen. Denn es waͤre eine offenbare
Un-
[217] Ungerechtigkeit, von den Deutſchen zu glau-
ben, ſie wuͤrden jemals ſo ſehr, als es hierinn
die Englaͤnder waͤren, von allem Geſchmacke
verlaſſen ſeyn, daß ſie den Dichtern einen ſol-
chen Verderb ihres Ausdruckes geſtatten ſolten.
Um die Unpartheylichkeit der Dichter (der Ab-
geordnete wandte ſich an ſeine Begleiter, un-
ter denen Altfranken waren) richtig zu beur-
theilen, muß man ſich, (denn bis dahin wuͤrd
es zulezt kommen) auf der einen Seite, die
Sprache der Proſaiſten beynah auf engliſche
Art, und ſelbſt mit dem Engliſchen, denn
warum denn nicht auch dieß? vermiſcht, und
alſo als eine halbauslaͤndiſche, oder mit dem
nicht ſo gelinden Worte der Alten, als eine
halbbarbariſche vorſtellen; und auf der andern
Seite, daß die Dichter die deutſche Sprache
behalten haben: ein Unterſchied zwiſchen Proſa
und Poeſie, der ſelbſt bey den Griechen, bey
denen er doch am weiteſten geht, ſo weit nicht
gegangen iſt. Wer unter euch die Alten kent,
der vergleiche hier, nicht etwa Herodotus und
Sophokles, denn bey ihnen iſt die Verſchieden-
heit weniger merklich; ſondern Xenophon und
Homer: und thue dann den Ausſpruch.


Die Zuͤnfte wurden durch das jezige Ver-
fahren der Scholiaſten von neuem gegen ſie
aufgebracht. Denn ſie fanden in demſelben
O 5eine
[218] eine geheime Abſicht der Sprache zu ſchaden.
Da dieſe Meinung zu ſo vielem Alten, das ge-
gen die Scholiaſten zu erinnern war, hinzu-
kam, ſo blieb es ſelbſt ihnen nicht laͤnger zwei-
felhaft, daß die Aufhebung ihrer Zunft be-
ſchloſſen. Waͤre. Sie thaten in dieſer groſſen
Angſt einen Schritt, den ſie freylich, wie viel
anderes, nicht genung uͤberlegt hatten, und
der ſie hernach ſehr reute. Sie ſchikten ihren
Anwald ab, der ſich mit der Bitte an die Re-
publik wandte: Man moͤchte dem groſſen Volke
(ſo nanten ſie den Poͤbel, um ihn zu gewin-
nen, und vielleicht auch, das Sonderbare ih-
rer Entſchlieſſung ſich ſelbſt zu verbergen) dem
groſſen Volke geſtatten, morgen doch auch
Einmal eine Stimme zu haben. Die Alder-
maͤnner antworteten dem Anwalde auf der
Stelle: Das ſollen ſie ſchon heute; und aus
allen Zuͤnften und dem ganzen Volke rief man
dem Herolde, der die Stimmen ſammeln wol-
te: Schon heute! zu.


Kaum war dieß vorbey; ſo begaben ſich die
Anwalde der Redner, der Dichter, und der
Geſchichtſchreiber zu den Aldermaͤnnern. Die-
ſer ungewoͤnliche Hergang der Sache, denn
ſonſt hat immer nur Ein Anwald den Vortrag,
veranlaſte die uͤbrigen Zuͤnfte ihre Anwalde
ſchnell nachzuſchicken. Nur der Anwald der
Dritt-
[219] Drittler wurde ein paarmal zuruͤk gerufen,
neue Verhaltungsbefehle zu empfangen. Denn
dieſe Zunft ſchwankte ein wenig. Der An-
wald der Geſchichtſchreiber fuͤhrte das Wort.
Jhr ſehet, Aldermaͤnner, daß dießmal alle
Zuͤnfte vor euch verſammelt ſind. Der Herold
braucht die Stimmen nicht zu ſammeln. Wir
haben von unſern Zuͤnften Befehl ſie zu geben.
Es ſind drey Jahrhunderte, daß nicht etwa
nur die Scholiaſten unſrer Republik, ſondern
auch die Scholiaſten aller Gelehrtenrepubliken
des ganzen Europa die Alten erklaͤrt haben.
Alſo denken wir, daß ſie endlich einmal erklaͤrt
ſind. Zu der geringen Nachleſe, die etwa noch
zu halten ſeyn moͤchte, braucht es keine Zuͤnf-
ter. Denn die Stelle, welche ein Zuͤnfter in
der Republik einnimt, iſt fuͤr den zu erhaben,
der weiter keine Verdienſte hat, als ein ſolcher
Nachleſer zu ſeyn. Gleichwol wuͤrden wir
Deutſchen, nach der uns eignen unausſprech-
lich groſſen Geduld, noch immer Nachſicht mit
unſrer Scholiaſtenzunft gehabt haben, wenn
ſie nicht groͤſtentheils aus Leuten beſtuͤnde, die
vor Duͤnkel und Vorurtheil nicht wiſſen, wo
ſie hinwollen. Sprachen muß man lernen;
wer leugnet das? Aber wie man die engliſche,
franzoͤſiſche, oder italieniſche, entweder durch
ſich ſelbſt, oder von einem Sprachmeiſter lernt,
ſo,
[220] ſo, und nicht anders lerne man auch die latei-
niſche, und die griechiſche. Die erſten und
naͤchſtfolgenden Scholiaſten waren, und muſten
ganz andre Leute ſeyn, als die jezigen. Sie
begaben ſich auf ein neues groſſes Feld voller
Schwierigkeiten. Sie ſahen ſcharf, einige
naͤmlich, verglichen, entwickelten eben ſo, und
konten nur erſt ſpaͤt ein reifes Urtheil faͤllen.
Die jezigen Scholiaſten, die jenen nun das
hundertemal nachſprechen, ſind weiter nichts,
als lateiniſche oder griechiſche Sprachmeiſter.
Wer verachtet ſie deswegen, weil ſie nur das
ſind? Aber ſollen ſie denn deswegen, weil ſie
nur das ſind, auch fortfahren eine Zunft zu
ſeyn? Und dennoch wuͤrde die unuͤberwindliche
deutſche Geduld ſie noch beybehalten; wenn
ſie den Fortgang der Wiſſenſchaften, durch
Verwandlung der Nebendinge in Hauptſachen,
des Mittels in den Zwek, nicht hinderten;
nicht, weil man Anmerkungen uͤber die Alten
gar fuͤglich lateiniſch ſchreibt, noch immer bey
ihrem Wahne blieben, daß man uͤberhaupt
am beſten thaͤte in dieſer Sprache zu ſchreiben;
und, welches vollends alles uͤbertrift, was nur
ungedacht und laͤcherlich iſt, daß man in kei-
ner neuern, ſondern einzig und allein in der
roͤmiſchen Sprache, (thun ſie’s etwa? und
kann man’s jezo noch?) ſchoͤn ſchreiben koͤnte;
wenn
[221] wenn ſie uns endlich, vornaͤmlich durch dieſe
Behauptung, nicht gerade zu verfuͤhren wol-
ten, Hochverraͤther an unſerm Vaterlande,
an uns ſelbſt, und an unſern Nachkommen zu
werden, und zu glauben, die wahre, inre,
tiefeingepraͤgte Kraft und Schoͤnheit des deut-
ſchen Geiſtes koͤnne durch unſre Sprache nicht
ausgedruͤkt werden. Nichts geringers liegt
in ihrer Behauptung. Denn ſie wiſſen, oder
ſolten wiſſen, daß wir auf keine Weiſe ver-
langen was Fremdes, was Auslaͤndiſches,
altes oder neues auszudruͤcken. Jch rede gar
nicht mehr von dieſen Maͤnnern, gar nicht
mehr mit ihnen, wenn ich hinzuſeze, daß wir
noch ſehr vieles ungethan laſſen, wenn wir nur
dieſen Hochverrath nicht begehn. Wir muͤſſen
den Mut haben, den Entſchluß faſſen, ihn
mit deutſcher Standhaftigkeit ausfuͤhren, alle
Wiſſenſchaften, welche dieſen groſſen Namen
verdienen, und dieß ungeachtet der Mitanſpruͤ-
che der gebildeten Voͤlker Europa’s, in unſrer
Sprache zu erweitern, und zu erhoͤhn. Denn
der iſt nur ein Kleinmuͤtiger, ein Halbdeut-
ſcher, einer, der ſein Vaterland verkent, der
es noch erſt lernen muß, daß der aͤchte Deut-
ſche, der kernhafte Mann der Nation alsdann
gewiß ausfuͤhrt, wenn er auszufuͤhren be-
ſchloſſen hat.


Nach
[222]

Nach Endigung dieſer Anrede zeigte es ſich,
daß die Hofnung, welche die Scholiaſten auf
die Gelindigkeit der Aldermaͤnner geſezt hat-
ten, eitel geweſen war. Denn dieſe ſtimten
dem Ausſpruche der Zuͤnfte ſogleich bey. Es
waͤhrte auch gar nicht lange, daß der Rath-
frager zu den Aldermaͤnnern herauf kam, und
den Beytritt des Volks anzeigte. Der
Schreyer war mit ungebehrdiger Freude unter
dem Poͤbel herumgewandert, und hatte die
Stimmen geſammelt. Er kam ganz auſſer
Athem zu dem Herolde gelaufen (denn herauf
kommen darf er nicht) und ſagte ihm, daß
man ſich ihrer Seits hiermit gegen die ganze
Republik erklaͤre.


Den Aldermaͤnnern wurde von den Zuͤnften
und dem Volke aufgetragen, die Mitglieder der
aufgehobnen Zunft zu vertheilen. Dieß ge-
ſchah, und die meiſten kamen unter den Poͤ-
bel. Die Aldermaͤnner wurden zugleich einig,
daß den Plaz, welchen die Zunft der Scholia-
ſten einzunehmen pflegte, keine andre Zunft
betreten, und daß dort ein Stein mit einer
Aufſchrift errichtet werden ſolte.


… n gings bey dieſer Gelegenheit ein we-
nig wunderlich. Er gehoͤrte zwar der Zunft
der Gottesgelehrten auch an, aber er war die-
ſen Landtag auf der Zunft der Scholiaſten, die
er
[223] er ſehr liebte, erſchienen. Man hatte ihn ge-
warnt, und ihm gar nicht undeutlich zu ver-
ſtehn gegeben, daß er doch dießmal die Zunft
der Gottesgelehrten vorziehn moͤchte; allein
er hatte es ſchlechterdings fuͤr unmoͤglich ge-
halten, daß ſich ſo etwas, wie doch gleichwol
hernach erfolgte, mit der erſten der Zuͤnfte zu-
tragen koͤnte. Wie kann es Uns ſo ſchief gehn,
ſagte er, da Wir es eigentlich ſind, welche die
Republik aufrecht erhalten? Nein, nein ſolche
Einfluͤſſe koͤnnen die Liebhaber der Frau Mut-
terſprache
niemals haben! Frau Mutterſpra-
che war auch dießmal ſein Ausdruk geweſen.
Wir wiſſen durch ſehr glaubwuͤrdige Zeugen,
daß er dieſen Scherz, der uns nur gar winzige
Koͤrnchen des attiſchen Salzes zu haben ſcheint,
faſt taͤglich auf dem Lehrſtule vorbringe, ver-
mutlich, um die jungen Deutſchen, ſeine Zu-
hoͤrer, dadurch zu vaterlaͤndiſchen Geſinnun-
gen anzufeuren. Seiner Einſichten und
Schluͤſſe ungeachtet war er jezo unter dem
Volke. Nun erſt auf der Zunft der Gottes-
gelehrten zu erſcheinen? Dazu haͤtte er eine
Erlaubnis haben muͤſſen, welche Ausname ge-
weſen waͤre; und die konte vielleicht auch nicht
gegeben werden. Es war alſo mislich mit
der Anſuchung. Und uͤberhaupt jezo, bey ſo
ſehr einreiſſender Unwiſſenheit, jezo um ir-
gend etwas anzuhalten?


Die
[224]

Die Zunft der Gottesgelehrten kam ihm zu-
vor, und lud ihn ein den Landtag unter ihr zu-
zubringen. Das hat er zwar gethan; aber
er hat, den ganzen Landtag uͤber, zu nichts
ſeine Stimme gegeben, weil er an der Repu-
blik verzweifelte.



Der Abend.


Aus einer neuen deutſchen Grammatik.


Nachdem man ſich einige Zeit uͤber die Sprache
unterredet hatte, las einer von der Geſelſchaft
verſchiedenes aus einer neuen deutſchen Grammatik
vor, von der er ſagte, daß er ſie, wenn er auch Zeit
dazu haͤtte, doch wol nicht ganz ausarbeiten wuͤrde.
Weil er keine Neigung haͤtte, das ſchon geſagte zu
wiederholen; (wenige Wiederholungen ausgenom-
men, welche die Verbindung notwendig machte,)
ſo wolte er ſich nur auf das einlaſſen, was die Gram-
matiker bisher in der Sprache noch nicht bemerkt
haͤtten, und was doch unentbehrlich waͤre, wenn
man ſich einen vollſtaͤndigen Begrif von ihr machen
wolte. Da man ihn aber bald uͤberzeugte, daß von
dem ſchon geſagten vieles unrichtig waͤre, und auch
das richtige noch viel beſtimter, und theils auch kuͤr-
zer muͤſte vorgetragen werden; ſo ſchien es, daß er
ſeinen Entſchluß, nur grammatiſche Fragmente her-
aus zu geben, vielleicht aͤndern wuͤrde.


Wir
[225]

Wir liefern hier einige dieſer Fragmente in der
Ordnung, wie ſie uns, nach Veranlaſſung des fort-
waͤhrenden Geſpraͤchs, ſind vorgeleſen worden. Nur
die Einleitung ſezen wir zuerſt, obgleich die Vor-
leſung nicht damit angefangen wurde. Der Gram-
matiker lehrt die Regeln der Sprache, und bemerkt
die Bedeutungen der Woͤrter. Weil er die Sprache
nehmen muß, wie ſie iſt, und nicht, wie ſie, nach
ſeinem gegruͤndeten oder ungegruͤndeten Beduͤnken,
ſeyn ſolte; ſo iſt es der Sprachgebrauch allein, der,
ſo wol in Abſicht auf die Regeln, als auf die Be-
merkungen, ſein Fuͤhrer ſeyn muß. Er mag auf
ihn als einen Tyrannen ſo viel ſchelten, wie er will;
aber gehorchen muß er ihm. Thut er das nicht, ſo
iſt er ein grammatiſcher, bisweilen recht feiner
Schwaͤzer; aber kein Grammatiker. Er wolte frey-
lich gern die Sprachaͤhnlichkeit und die ſelbſtge-
machte Wortbeſtimmung
zu einer Art von Maͤch-
ten erheben, und ſie dem Tyrannen hier und da ent-
gegen ſtellen; aber ſein Beſtreben bleibt ohne Wir-
kung, und dieſe kleinen Maͤchte koͤnnen wider den
Tyrannen nichts ausrichten. Soll die Sprach-
aͤhnlichkeit gelten; ſo muß ſie’s in ihrem ganzen Um-
fange: und der waͤre kein geringerer, als daß wir
lauter Regeln ohne Ausname bekaͤmen. Die mei-
ſten von denen, die ſich unter uns an Unterſuchun-
gen der Sprache gewagt haben, lieben nichts ſo ſehr,
als ſelbſtgemachte Wortbeſtimmungen; aber ſind die
denn darum in der Sprache auch vorhanden, weil
man ſie ihr andichtet? Jede Sprache iſt gleichſam
ein Behaͤltnis der eigenſten Begriffe eines Volks.
Was wuͤrde in unſer Behaͤltnis nicht alles hinein
geworfen, und was nicht herausgenommen worden
ſeyn, wenn man da nur ſo nach Belieben ſchalten
Pund
[226] walten koͤnte? Aber es geht nun einmal damit nicht,
und die Nation denkt, wie ſie denkt, und nicht, wie
es die wol haben moͤchten, die vornaͤmlich deswe-
gen, weil ſie die Sprache nicht kennen, ſo viel Lan-
ges und Breites, uͤber Bedeutungen, welche die
Woͤrter nicht haben, hererzaͤhlen.


Ganz anders iſt es mit denjenigen, welche nicht
durch Regeln und Bemerkungen, ſondern durch Bey-
ſpiele, zu der Ausbildung der Sprache beytragen.
Dieſen muß die Sprachaͤhnlichkeit eine Geſezgeberin
ſeyn; ſie duͤrfen aber auch auf der andern Seite,
gewiß das Kleinere thun, naͤmlich den Bedeutungen
derer Woͤrter, die ſie lenkſam finden, hier und da
eine etwas veraͤnderte Bedeutung geben, da ihnen
das Groͤſſere, naͤmlich neue Woͤrter zu machen, er-
laubt iſt. Und auch hier muß die Sprachaͤhnlich-
keit wenigſtens ihre oft gefragte Rathgeberin ſeyn;
ich meine, daß man nur ſehr ſelten nach den Vor-
ſtellungen von der Schoͤnheit der Sprachen uͤber-
haupt verfahren duͤrfe. Wir muͤſſen den Begrif,
den wir uns von dem Sprachgebrauche zu machen
haben, auseinander ſezen. So bald das Volk, die
guten Geſelſchaften und Scribenten (ich ſchlieſſe
hierdurch die Redner nicht aus, welche ihre Reden
nur halten) ſo bald dieſe uͤbereinſtimmen; ſo gilt
gar keine Widerrede, und ſolt es ſelbſt gegen die Be-
griffe ſeyn, was durch dieſe Uebereinſtimmung ein-
gefuͤhrt wird. Wir ſagen zum Exempel Allerdings;
es iſt widerſinnig Mehrheit und Einheit zuſammen
zu ſezen; es ſolte Allerdinge oder Allesdings heiſ-
ſen; die Athenienſer ſagten zum Exempel die Thiere
laͤuft
(unter der Einſchrankung, daß das Hauptwort
geſchlechtlos war) dieß iſt eben ſo widerſinnig: aber
gleichwol iſt jenes deutſch, und dieſes attiſcharie-
chiſch.
[227] chiſch. Das Volk allein (der ganz geringe Mann
wird beynah niemals mit darunter begriffen) kann
nur in wenigen Faͤllen entſcheiden, z. E. wenn es
darauf ankomt die Beſchaͤftigungen, und die Werk-
zeuge des Handwerkers oder des Ackermanns zu be-
nennen. Damit wird gleichwol nicht gemeint, daß
man die Ausdruͤcke des Volkes in allen andern Punk-
ten der Aufmerkſamkeit voͤllig unwuͤrdig halten ſolle.
Jn einigen Gegenden ſagt es z. E. die Syndicuſſe.
Vielleicht endigen wir noch mit der Zeit kuͤrzere Na-
men, als die Brutuſſe, eben ſo; aber mit den laͤn-
gern, als die Pompiliuſſe wird es wol nicht ge-
ſchehn, weil ſie ſchleppend ſeyn wuͤrden. Die guten
Geſelſchaften
ſolten natuͤrlicher Weiſe viel mehr
entſcheiden koͤnnen. Weil ſich aber bey uns faſt Nie-
mand etwas daraus macht, ſeine Sprache auch nur
richtig zu ſprechen; und weil man ſo gar in denen
Geſelſchaften, welche den Namen der guten vorzuͤg-
lich verdienen, oft aus dem Franzoͤſiſchen uͤberſezt,
indem man deutſch ſpricht, und dieß wol ſo woͤrtlich
thut, daß man denen, die nur deutſch wiſſen, voͤllig
unverſtaͤndlich iſt; ſo wuͤrde es ſonderbar ſeyn, wenn
ſich die Geſelſchaften mehr als das Volk anmaaſſen
wolten. Sie, und das Volk ſagen z. E. lehre mir;
und gleichwol iſt lehre mich allein deutſch. Die
guten Scribenten ſind es alſo, auf deren Beyſpiel
es vornaͤmlich ankomt. Wie gern uͤberlieſſen ſie den
Geſelſchaften einen Theil ihrer Buͤrde. Aber dieſe
wollen ja nun einmal nicht; am wenigſten wollen
es die, welche man an Hoͤfen ſieht, und ſie manch-
mal ſo ziemlich blindlings fuͤr die beſten haͤlt. Man
kann ſich hier eine ſcheinbar ſchwere Frage einfallen
laſſen. Die ſuͤdlichen Deutſchen ſezen gewoͤnlich da
die langvergangne Zeit, wo die noͤrdlichen die juͤngſt-
P 2ver-
[228] vergangne ſezen; jene ſagen ich bin gegangen, wo
dieſe, und zwar Volk, Geſelſchaften, und Scri-
benten ich ging ſagen. Wer ſoll hier entſcheiden?
Weil auch die ſuͤdlichen Scribenten ſagen ich ging;
ſo wird die Sache durch ihren Beytritt entſchieden.
Wie gebildet eine Sprache auch ſeyn moͤge; ſo iſt
in ihr doch immer etwas vorhanden, das der Ge-
brauch noch nicht feſtgeſezt hat. Jndem hiervon
dieß oder das von Zeit zu Zeit feſtgeſezt wird, ſo iſt
indeß wieder etwas aufgekommen, wobey man von
neuem ſchwankt. Hierher gehoͤrt z. E. ob man
leiſen Tritts oder leiſes Tritts ſagen ſolle; ob-
gleich jeder ſtehendes Fuſſes ſagt. Bey rief oder
rufte ſchwankt man nicht; denn es iſt ausgemacht,
daß beydes angehe. Hingegen iſt bey pries und
preiſte die Feſtſezung des pries ganz nahe. Bey
den Huͤlfswoͤrtern ſeyn und haben werden wir wol
nie zur voͤlligen Feſtſezung gelangen. Verdient ha-
ben wir es wenigſtens, daß es nie geſchehe. Denn
warum fanden wir noͤtig, zu einerley Bedeutung
zwey Huͤlfswoͤrter anzunehmen. Der Grammati-
ker kann auſſerdem, daß er das Feſtgeſezte in ſo
wenige und ſo kurze Regeln faſt, als es der Voll-
ſtaͤndigkeit unbeſchadet nur immer angeht, auch uͤber
das Feſtzuſezende ſeine Meinung ſagen; aber wenn
er glaubt, daß er die Sache dadurch entſcheide, ſo
irt er ſich. Denn er hat nur Eine Stimme. Er
muß mit andern ehrlichen Leuten geduldig abwarten,
was der Tyrann fuͤr ein Endurtheil faͤllen werde.
Jch habe den Kanzleyſtyl mit Bedacht ausgelaſſen.
Er gehoͤrt eben ſo wenig zur Sprache, als die
Mundarten dazu gehoͤren. Ob ein oberſaͤchſiſcher
Dichter Truz anſtatt Troz ſeze; ein niederſaͤch-
ſiſcher Fach und Tag reime; ein ſchweizeriſcher in
Muſik
[229]Muſik die erſte Sylbe lang ausſpreche, oder ob ein
Canzelliſt zu Jemanden eine tragende Neigung
habe, das iſt alles einerley. So etwas wird nicht
mit auf die Wagſchale gelegt, wenn es auf Entſchei-
dung ankomt.


Da ich dieſe Grammatik vornaͤmlich fuͤr die ſchrei-
be, die nur unſere Sprache wiſſen, oder wenn ſie
auch auslaͤndiſche verſtehen, dieſe allein durch die
Uebung gelernt haben; ſo habe ich mich wenig dar-
um zu bekuͤmmern, was Andre dazu ſagen werden,
daß die Kunſtwoͤrter, welche ich brauche, deutſch
ſind. Jch wil alſo auch nur mit denen, fuͤr die ich
vornaͤmlich ſchreibe, ein Paar Worte uͤber dieſe Sa-
che reden. Wenn dieſe ein deutſches Kunſtwort leſen,
ſo verſtehen ſie es gleich beym erſten Anblicke, we-
nigſtens bis auf einen gewiſſen Grad, und verſtehen
es voͤllig, ſo bald ſie es noch ein paarmal angetroffen
haben. Man ſieht, daß ich gut gemachte Kunſtwoͤr-
ter vorausſeze. (Ob es die meinigen ſind, daruͤber
habe ich nicht zu entſcheiden.) Wem ſolte es un-
deutlich ſeyn, wenn ich zum Exempel ſagte: Aus
Strom wird Stroͤme, und ſang aus ſingen, durch
den Umlaut? Wenn aus a aͤ, aus o oͤ, und aus
u uͤ wird, als Kraft Kraͤfte, floß floͤſſe, Fluß
Fluͤſſe
; ſo iſt der Umlaut beſtimt: und wird aus
irgend einem Selbſtlaute irgend ein andrer, als kom-
men, kam; laufen, lief; fliehen, floh
; ſo iſt der
Umlaut unbeſtimt? wem undeutlich, wenn ich ſag-
te: Tag wird in Tages, Tage, Tagen, um-
geendet
? Jch koͤnte hierbey etwa fortfahren: Wir
haben ſo und ſo viel Umendungen der Hauptwoͤr-
ter
(uͤber Hauptwoͤrter haͤtte ich mich dann vorher
ſchon erklaͤrt) und es iſt ſonderbar, daß wir ſeit Boͤ-
dikern ſo viele Grammatiken geſchrieben, und gleich-
P 3wol
[230] wol in keiner die Zahl jener Umendungen feſtgeſezt
haben. Mich deucht, ich kann ſchon jezt fragen, ob
man dieſe und ahnliche Kunſtwoͤrter nur ſo eben in
Vorbeygehen bemerken, und ſie dadurch lernen, oder
ob man ſich darauf einlaſſen wolle, die lateiniſchen
Kunſtwoͤrter dem Gedaͤchtnis muͤhſam einzupraͤgen,
und die Erklaͤrungen derſelben, die nur ſelten kurz
ſeyn koͤnnen, auszuhoͤren? Denn man will denn
doch wol mit dem fremden und daher ſchwer zu be-
haltenden Schalle auch Begriffe verbinden. Jch
habe geſagt, daß die Erklaͤrungen der lateiniſchen
Kunſtwoͤrter nur ſelten kurz ſeyn koͤnnen. Die Ut-
ſache davon liegt in ihrer Beſchaffenheit. Sie ſind
naͤmlich oft weit hergeholt und haben zu allgemeine
Begriffe, als daß ſie das Ding, wovon die Rede
iſt, genau beſtimmen ſolten: bisweilen ſind ſie ſo
gar widerſinnig. Was mir, wenn z. E. die Um-
endung iſt des Stromes, wie mir es vorkoͤmt
der Sache gemaß Verkuͤrzung nennen koͤnten
(Es iſt offenbar Verkuͤrzung, wenn man z. E. der
Zweig des Baumes ſagt. Denn koͤnte man nicht
ſo umenden, ſo muͤſte man ſagen: Der Zweig, den
der Baum hat, der auf dem Baume wachſt, oder
welche verlaͤngernde Redensart man ſonſt waͤhlen
wolte) was wir Verkuͤrzung nennen koͤnten, das
nent man im Lateiniſchen Genitivus caſus, oder
Zeugeendung auf eine ſehr weit hergeholte Art. La-
teiniſche Kunſtwoͤrter ſind ferner: indicativus mo-
dus
oder anzeigungsweiſe: conjunctivus modus,
verbindungsweiſe; imperativus modus, befehls-
weiſe; und infinitivus modus, auf unbeſtimte
Weiſe. Das, wovon hier geredet wird, iſt, durch
dieſe Kunſtwoͤrter, befehlsweiſe ausgenommen, ſo
ziemlich ins Weite hin angedeutet worden. Wenn
ich
[231] ich es nicht fuͤr uͤberflieſſig hielte, bey dem Zeit-
worte
, auſſer dem Begriffe der Zeit, noch etwas
anders zu beſtimmen; ſo wuͤrde dieſes Andre dasje-
nige nicht ſeyn, was die lateiniſchen Grammatiker
und ihre Nachſprecher gewaͤhlt haben.


Ein lateiniſches Kunſtwort iſt auch genus neu-
trum
oder keines von beiden Geſchlechtern. Aber
das Wort Geſchlecht kann ja hier dem Begriffe nach
gar nicht mehr ſtatt finden. Jch habe daher die
Hauptwoͤrter in maͤnliche, weibliche, und geſchlecht-
loſe
abgetheilt.


Wer dieſe Kunſtwoͤrter den deutſchen vorzoͤge,
muͤſte, auſſer den angefuͤhrten, noch viele die ihnen
aͤhnlich ſind, lernen. Dazu komt nun noch, daß
eine deutſche Grammatik, in welcher die fremden
Kunſtwoͤrter gebraucht wuͤrden, dennoch nicht ganz
ohne deutſche ſeyn koͤnte. Denn fuͤrs erſte haben
dieſe alten Grammatiker verſchiednes nicht unter-
ſucht, was ſie hatten unterſuchen ſollen; man muͤſte
alſo noch einige Kunſtwoͤrter mehr haben, als man
bey ihnen antrift: fuͤrs zweyte erfodert das Eigen-
thuͤmliche unſrer Sprache einige, die in den latei-
niſchen Grammatiken nicht vorkommen konten. Alſo
lateiniſche und deutſche Kunſtwoͤrter durch einander,
ein Gemiſch, das mir wenigſtens ſehr widrig vor-
komt. Jch hoffe, daß ich die, fuͤr welche ich ſchrei-
be, auf meiner Seite habe. Diejenigen, denen die
fremden Kunſtwoͤrter durch lange Angewoͤnung ge-
laͤufig ſind, koͤnnen von dieſer Sache nicht unpar-
theyiſch urtheilen, wenn ſie ſich nicht an die Stelle
derer ſezen, welche dieſe Kunſtwoͤrter nun erſt in
ſpatern Jahren, und ohne die geringſte Kentnis des
Lateins, viel muͤhſamer lernen muͤſten, als ſie die-
ſelben in fruͤheren, mit dem Lateine zugleich, gelernt
P 4haben.
[232] haben. Jch habe fuͤr den Gebrauch deutſcher Kunſt-
woͤrter noch Einen Grund, der, wie ich hoffe, nicht
zu wenigen ſtark vorkommen wird, ob es gleich noch
jezo, gegen das Ende des achtzehnten Jahrhunderts,
ſo lange nach Luthern! Leute unter uns giebt, die
es noch nicht einmal wiſſen, daß wir eine Sprache
haben, und ſie daher die hochdeutſche Mundart
nennen; dieſer mein Grund iſt, daß es laͤcherlich
ſeyn wuͤrde, wenn wir von unſrer Sprache nicht in
unſrer Sprache ſchreiben wolten.


Von den einfachen und vereinten Toͤnen (Dieß
gehort in die Abtheilung Von der richtigen Aus-
ſprache
) Wir haben funfzehn einfache Toͤne, erſt
die Selbſtlaute, und dann die Mitlaute h, b, f,
d, k, l, m, n, r
, und ſ. Fuͤnfe davon werden
in der Ausſprache veraͤndert; aber ſie bleiben gleich-
wol einfach. E wird in aͤ, und veraͤndert, i in
und j; u in w; b in p; und d in t. Die ein-
fachen Toͤne unveraͤnderte und veraͤnderte ſind ent-
weder Selbſtlaute, oder Mitlaute, oder Zwiſchen-
laute
. Die Zwiſchenlaute ſind j und w. Die ver-
einten Toͤne
werden zugleich ausgeſprochen, und
bekommen dadurch eine andre Bildung, als wenn
man ſie hinter einander ausſpraͤche. Sie ſind jh wir
ſchreiben’s g, jhh oder gh, wir ſchreiben’s ch, ſjhh
oder ſgh, es wird ſch geſchrieben, und pf, welches
auf gleiche Art geſchrieben, und ausgeſprochen wird;
ferner ai wir ſchreiben’s faſt immer ei. Bey au,
eu
, und aͤu iſt Schreibung und Ausſprache gleich;
oͤi komt faſt gar nicht vor.


Aus

[233]

Aus der Abtheilung von der ſchoͤnen Ausſpra-
che
wurde noch viel weniger, nur der Hauptinhalt
derſelben, vorgeleſen. 1 Der Begriff vom Wohl-
klange muß nicht auf das Sanfte eingeſchraͤnkt
werden. 2 Von der verſchiednen Zuſammen-
ſezung wohlklingender Toͤne in Sylben und Woͤr-
tern. 3 Sie muͤſſen durch die Ausſprache ſo ge-
bildet werden, daß ſie ſich vor den andern aus-
nehmen. 4 Die Tonwandlung muß nicht ſprung-
weiſe geſchehn. 5 Man laͤſt die Dehnung un-
uͤbertrieben hoͤren. 6 Man ſpricht die verſchiedne
Laͤnge und die verſchiedne Kuͤrze noch der wah-
ren Zeit aus.


Abtheilung von der Tonwandlung und dem Ton-
halte
. Man kann einige Woͤrter hinter einander
nicht ohne Tonwandlung ausſprechen. Die Stim-
me ſteigt naͤmlich oder ſinkt in einem gewiſſen Um-
fange. Der Umfang der Tonwandlung iſt bey
P 5uns
2
3
[234] uns kleiner, als bey einigen andern Nationen.
Denn wir ſind zu maͤnlich, um beym Sprechen,
oder bey Haltung einer Rede, Geſchrey zu machen.


Der Tonhalt bildet die an ſich ſelbſt ſchon langen
Woͤrter oder Sylben auf zweyerley Weiſe. Er bricht
entweder die Zeit, in der ſie ausgeſprochen werden,
ſchnell ab, oder er dehnt ſie ein wenig aus, als
Waldſtrom, ſann, ſahn. Wald, ſann wird ab-
gebrochen, Strom, ſahn gedehnt.


Von der Rechtſchreibung. Wenn wir die unſri-
ge mit der engliſchen oder franzoͤſiſchen vergleichen;
ſo iſt ſie vortreflich, wir ſchreiben z. E. nicht o auch
durch au und aux, und ean, und eaux (wie barba-
riſch wuͤrde das den Franzoſen bey einer andern Na-
tion vorkommen?) aber, ohne dieſe Vergleichung,
iſt ſie nicht wenig fehlerhaft. Der Begrif einer
guten Rechtſchreibung kan kein andrer ſeyn, als
nur das, was man hoͤrt, aber auch alles, was
man hoͤrt, zu ſezen. Jn vollkommner hoͤrt man
Ein I und Ein m nicht; in nur und ſchon iſt die
Dehnung des u und des o unbezeichnet geblieben.
Wir
4
5
6
[235] Wir bezeichnen jezt die Dehnung bald durch ein h und
bald durch die Verdoplung der Selbſtlaute, i aus-
genommen, deſſen Dehnung wir durch ein dabey
geſeztes e ausdruͤcken. Aber oft laſſen wir dieſe Be-
zeichnungen, das e ausgenommen, weg. Sich dar-
uͤber zu vergleichen, in welchen Woͤrtern von denen,
wo das Zeichen fehlt, das h, und in welchen die
Verdoplung gebraucht werden ſolte, wuͤrde ſchwe-
rer ſeyn, als daruͤber uͤberein zu kommen, daß man
ein allgemeines Zeichen der Dehnung einfuͤhren wol-
te. Welches Zeichen? Nicht die Verdoplung; das
h auch nicht. Vielleicht einen Ovalzug unter den
Selbſtlauten. Es kaͤme hier darauf an, den Zug
ſo zu machen, und ſo anzubringen, daß das Auge
dabey nichts zu erinnern haͤtte. Doch eh wir zu
einem allgemeinen Zeichen der Dehnung, und zur
Weglaſſung ungehoͤrter Buchſtaben kommen, wird
wol noch viel Zeit hingehn. Das lezte haben ſchon
manche thun wollen; aber es iſt ihnen mislungen,
weil ſie es auf Einmal haben ganz thun wollen.
Vielleicht wuͤrd es eher gelingen, wenn man nach
und nach immer ein wenig in der Sache vornaͤme.
Jſt dieß zu hoffen; ſo iſt es auch gut anzufangen.
Womit? Das iſt faſt gleichguͤltig. Wenn es nun
einen gaͤbe, deſſen Auge z. E. durch kommt, nimmt
eben ſo ſehr beleidigt wuͤrde, als jezo eines jeden
Auge durch Freundſchafft, Krafft (welches vor kur-
zem noch da war) wuͤrde beleidigt werden; und die-
ſer alſo lieber komt nimt, als kommt nimmt
ſchriebe: ſo wuͤrde man es ihm wenigſtens denn
doch wol verzeihen, daß er ein ſo grillenhaftes Auge
haͤtte, und daher auf die angefuͤhrte Art ſchriebe.
Auch wuͤrde man wol nicht ſagen koͤnnen, daß er
mit zu Vielem auf Einmal anfinge, wenn er zu-
gleich
[236] gleich das tz, als etwas, das kein Deutſcher ausſpre-
chen koͤnte, wenigſtens in dieſem Jahrhunderte nicht
ausgeſprochen haͤtte, ganz verwuͤrfe. Wer kann
denn ſettſen oder gar ſettſt ausſprechen? Glaubt
es einer zu koͤnnen; ſo wird er gefragt: Ob er mag,
und wenn er moͤchte, darf? Der Einwurf, daß,
wenn man z. E. nicht ſetzen ſondern ſezen ſchriebe,
das e bey der Ausſprache gedehnt werden muͤſte,
wuͤrd ihm etwa deswegen kein Einwurf zu ſeyn
ſcheinen, weil Niemand darauf verfallen wird, das
e da zu dehnen, wo er es nie zu dehnen pflegt, und
weil er es vor der Schreibverkuͤrzung z in ſet-ſen
z. E. ſehr gut ungedehnt ausſprechen kann; hingegen
aber tſen in ſet-tſen nicht ausſprechen darf, wenn
er es auch koͤnte, oder gar moͤchte.


So weit ginge etwa einer im Anfange; und an-
dern, die wie er glaubten, daß die Rechtſchreibung
ein Ding fuͤrs Ohr, und nicht fuͤrs Auge waͤre, uͤber-
lieſſe er, nach und nach zu verſuchen. 1 Mehr
Verdoplungen wegzulaſſen. (Der verſteht nichts
von der Ableitung, welcher glaubt, daß ſie bey die-
ſer Weglaſſung leide) 2 F oder v zu waͤhlen, und
das ph nicht mehr zu brauchen. 3 Das q ohne u
zu ſchreiben, oder es wegzuwerfen, und, wo es dann
noͤtig waͤre, auf das k ein u folgen zu laſſen. 4 Das
th und dt wegzuwerfen. 5 Des c und y nicht fer-
ner zu ſchonen, und 6 ein allgemeines Zeichen der
Dehnung feſtzuſezen. Nachdem wir nun laͤngere
oder kuͤrzere Zeit mit dieſen Veraͤnderungen zuge-
bracht haͤtten, wuͤrden wir mit den Franzoſen und
Englaͤndern, die etwan auch alsdann noch ihre Aller-
leyzeichen
haben moͤchten, auch in dieſen Nebendin-
gen, die aber gleichwol mit zur Sache gehoͤren,
fruͤher oder ſpaͤter zur Richtigkeit kommen. Ent-
fernt
[237] fernt koͤnte dieſe zu machende Richtigkeit wol noch
ſo ziemlich ſeyn, weil wir jezo ſo gar noch nicht ein-
mal mit einander einig geworden ſind, ob wir uns
Teutſche oder Deutſche ſchreiben wollen.



Dritter Morgen.


Die Zunft der Dichter ſchlaͤgt ein neues Geſez
vor. Wlemars Nachforſchung, ob das Ge-
ſez werde angenommen werden. Seine Un-
terredung mit einigen Auslaͤndern.


Es ſolten zwar nach der Anordnung der Al-
dermaͤnner die einzelnen Anklaͤger erſt ge-
hoͤrt werden, eh man die wichtigern Sachen
vornaͤhme; aber die Bewegung der Republik
war zu groß dieſer Anordnung zu folgen. Mit
Anbruche des Tages waren Lehrgebaͤude ver-
brant worden; man hatte ſie, ohne viel hinzu-
ſehn, brennen laſſen, und die Zeit mit ſehr
warmen Berathſchlagungen zugebracht. Man
wuͤrde kaum gewuſt haben, was vorginge,
wenn der Schreyer nicht eine ſo jaͤmmerliche
Klage waͤhrend des Brandes erhoben haͤtte.


Der Anwald der Dichter kam herauf, ein
neues Geſez in Vorſchlag zu bringen. Er las
es von einer ehernen Tafel ab, und nicht, wie
bis-
[238] bisher gewoͤnlich geweſen war, von einer Per-
gamentrolle. Es iſt ſeitdem beſchloſſen wor-
den, daß es kuͤnftig allzeit ſo gehalten, und
kein Geſez mehr auf Rollen geſchrieben wer-
den ſoll; und nicht allein dieß, ſondern es wer-
den auch die aͤlteren Geſeze auf Tafeln geſchrie-
ben, und in der Halle aufgeſtelt werden. Hier-
durch faͤlt vollends alles Vorwenden weg, daß
man die Geſeze nicht genung kenne, weil man
ſie beſtaͤndig vor Augen hat. Der Anwald
las die Tafel ab.


„Den Ausrufern und Ankuͤndigern wird
„bey dreyjaͤhriger Landesverweiſung, und de-
„nen, die ſchreiben, bey der lauten Lache, oder
„noch ſchaͤrferer Ruͤge, verboten: Buͤcher,
„wie ſie die Auslaͤnder lange gehabt, und
„lange vergeſſen haben, ſo zu empfehlen, als
„ob die Nation ſtolz darauf ſey ſie zu beſizen.
„Jſt ein Ausrufer, oder Ankuͤndiger, oder
„gar ein Scribent wegen einer ſolchen An-
„preiſung eines ſolchen Buchs verdientermaaſ-
„ſen heimgeſucht worden, und trit dann ein
„gleicher Anpreiſer eben dieſes Buches auf;
„ſo wird er, des Verfahrens halben, ange-
„ſehn als einer, welcher der Nation mit Wiſ-
„ſen und Willen, freventlich und oͤffentlich
„Hohn geſprochen hat. Und ein ſolcher duͤn-
„kelhafter, und unvaterlaͤndiſcher Menſch hat
„Hochverrath begangen.


„Alſo
[239]

„Alſo urtheilte, nach reifer Erwaͤgung,
„und kalter Berathſchlagung, die Zunft der
„Dichter auf dem Landtage, zwey und ſiebzig,
„achtzehntes Jahrhundert.‟


Der Anwald ſtelte die Tafel hin, und ſie
wurde, wie vordem die Rollen, von Zunft zu
Zunft, und zulezt auch zu dem Volke gebracht.
Ein Geſez vorſchlagen, und die Stimmen uͤber
die Aufname oder Verwerfung deſſelben
ſammeln geſchieht bey uns ſelten an Einem
Tage. Auf andre Sachen wolte man ſich, nach
dieſem vorgeſchlagnen Geſeze, auch nicht ein-
laſſen. Die Landgemeine ging daher aus ein-
ander. Jch ſuchte den Ausgang des morgen-
den Tages (Wlemar ſchreibt dieſes) aus dem,
was den heutigen geſchaͤhe, zu errathen. Jch
hoͤrte hier und da einige, doch nur behutſame
Klagen uͤber die Strenge des neuen Geſezes;
aber ein hoͤhrer Ton, der Ton des jezigen Land-
tages waltete vor, und dieſe Klagenden konten
wenigſtens ſo gleich nicht aufkommen. Die
Ausrufer und Ankuͤndiger hoͤrten nur umher;
ihre gewoͤnliche Kuͤhnheit hatte ſie verlaſſen,
und ſie wuſten uͤberhaupt nicht ſo recht, woran
ſie waͤren. Denn es konte ja ihr Anklaͤger von
neuem vorgerufen, und ihrentwegen gar ein
Geſez gegeben werden, welches ihr Anſehn
und ihre Faͤhigkeiten in ein ſehr genaues Ver-
haͤlt-
[240] haͤltnis braͤchte. Ueberdieß war das eben vor-
geſchlagne Geſez ſchon ſchlimm genung fuͤr ſie;
und manchem unter ihnen ging auch der
Schleichhandel mit dem Bilderchen nicht we-
nig im Kopf herum. Denn es waren ſchon
einige derſelben bey den Nachtwaͤchtern gefun-
den worden; und dieſe hatten auch ſchon alles
geſtanden. Dieß zuſammen hatte den Erfolg,
daß ſich die Ausrufer auf keine Weiſe getrau-
ten, ſich wider das neue Geſez zu erklaͤren.
So bald ich ſah, daß es mit ihnen ſo ſtand,
gab ich mich nicht weiter mit ihnen ab. Jn
der gemiſchten Zunft wurden nicht wenig Wi-
derſpruͤche ſo laut, daß man haͤtte fuͤrchten koͤn-
nen, das Ding wuͤrde voͤllig um ſich greifen,
wenn ihr Anwald, ein heftiger vaterlaͤndiſcher
Mann, nicht ſehr Obſtand gehalten haͤtte.
Gleichwol konte man doch nicht ſo recht wiſ-
ſen, wie es Morgen bey der Stimmenſamlung
hergehn wuͤrde. Denn viele Scribenten die-
ſer Zunft hatten, bey allem, was ſie ſagten,
eine ſehr vaͤterliche Ruͤkſicht auf ihre Schrif-
ten. Ueberhaupt bekam auch auf andern Zuͤnf-
ten dieſe Ruͤkſicht nach und nach ſo viel Ein-
fluͤſſe, daß ich zulezt zu zweifeln anfing, ob
das neue Geſez durchgehn wuͤrde. Das Volk
hatte man auch, ich weis nicht durch welche
Abgeſchikte, groſſentheils gewonnen. So viel
iſt
[241] iſt gewiß, daß ſich einige Ausrufer wegſchli-
chen, als ich mich unter daſſelbe miſchte. Jch
muß es dem Rathfrager nachruͤhmen, daß er
ſehr gut geſint iſt. Er nahm meinen Vor-
ſchlag, die Aldermaͤnner zu fragen, gleich an;
und ſeine Zuruͤkkunft brachte eine ſo merkliche
Veraͤnderung hervor, daß ich beym Weggehn
faſt mit Gewisheit auf die drey Stimmen hof-
fen konte.


Jch kam hierauf mit einigen Auslaͤndern in
Geſelſchaft, deren Aufmerkſamkeit auf alles,
was vorging, ich ſchon mehr als einmal be-
merkt hatte. Jch freue mich, ſagte mir einer
von ihnen, auf den Landtag der deutſchen Ge-
lehrten gekommen zu ſeyn. Jhr habt einige
Geſeze, die wir nicht haben, und haben ſolten.
Und mit welcher Einſicht und Entſchloſſenheit
bringt ihr ſie zur Wirkſamkeit. Dieſe Auf-
hebung der Scholiaſtenzunft iſt ein kuͤhner
Schritt. Die Gelehrtenrepubliken Europa’s
machen, wie ihr wiſſet, Eine groſſe lateini-
ſche Republik
aus. Jhr ſondert euch, und
tretet aus dieſem vieljaͤhrigen Bunde, und
wagt es mit eurer Sprache, wie weit ſie ſich,
und mit ihr die darinn vorgetragnen Wiſſen-
ſchaften ausbreiten, oder nicht ausbreiten wer-
den. Wir wiſſen, antwortete ich, daß wir
uns ſondern, und was wir wagen. Unſre
QSprache
[242] Sprache hat Kraft und Schoͤnheit; und Jn-
halt, denk ich, geben wir ihr in unſern
Schriften doch auch bisweilen. Was ihre
Ausbreitung anbetrift, ſo ſagen unſre Alder-
maͤnner, daß wir keinen groͤſſern, und beynah
keinen andern Stolz haben muͤſſen, als den,
fuͤr unſre Nation zu arbeiten. Jhr ſehet,
daß uns dieſe ſtrengen Leute denjenigen Stolz,
der auch nach Beyfalle der Auslaͤnder ſtrebt,
faſt verbieten. Sind uͤbrigens unſre Schrif-
ten nur gut; ſo wird unſre Sprache, wir moͤ-
gen dieſen Stolz haben, oder nicht haben, ih-
ren Weg ſchon gehen. Wir redeten noch von
vielem, das zu dieſer Sache gehoͤrte; aber
nur dieß hab ich der Aufzeichnung einigermaaſ-
ſen wuͤrdig gehalten.



Denkmale der Deutſchen.


Unſre Stammart.


Einige Cohorten dekten die Flucht Catulus, und
ſeiner Legionen gegen uns, und unterlagen. Fuͤr
ihre Tapferkeit ſchwuren ihnen die Sieger beym
ehernen Stiere Freyheit, und Waffenſtillſtand.


Un-
[243]

Ungluͤckliche groſſe That.


Eine Cohorte Uſipier, gezwungen fuͤr die Roͤmer
zu ſtreiten, und wider die Kaledonier, ein freyes
Brudervolk, verachtete, um ſich ſo nicht zu enteh-
ren, Gefahren, wie ſie die Schlacht nicht hat. Sie
verließ die Legion, in welche ſie eingekerkert war,
toͤdtete ihre Waffenlehrer, ſtuͤrzte ſich in drey Na-
chen, warf die treuloſen Schiffer ins Meer; trieb
um Britannien, kriegte auf der Fahrt, nicht zu
verhungern, oft ſiegend, ſelten beſiegt, aß erſt Ster-
bende, dann Geloſte, ſtrandete am Ufer des Vater-
lands, und wurde von Deutſchen in die Feſſel ver-
kauft, und in der Gallier.


Der verdiente Triumph.


Domitius Aenobarbus, nur er unter allen Roͤ-
mern, kam bis uͤber die Elbe; ein Gang unmerk-
licher Spur, aber dennoch, wegen der kuͤhnen Neu-
heit, bis zum Triumphwagen.


Der uͤbrige Zweig.


Die Cimbrer und Teutonen hatten ihre Beute,
und ſechs tauſend, ſie zu ſchuͤzen, am Rheine gelaſ-
ſen. Als zu dieſen die Todesbotſchaft von ihren Vaͤ-
tern und Bruͤdern kam, erkampften ſie ſich von den
umliegenden Voͤlkern ein Land, und wurden, durch
Entſchluͤſſe, die nichts geſchrekt, und durch eine
Standhaftigkeit, die keine andre ausgedauert hatte,
ſelbſt ein Volk. O Untergang auch der groͤſten Tha-
ten! Denn ich muß den Namen des neuen Volkes
nennen. Sie heiſſen Atwaticher.


Q 2Die
[244]

Die Sikambrer.


Nach den Cheruskern, verdienen die Sikambrer
Nachkommendank. Sie nahmen Lollius einen Ad-
ler. Der Eine weiſſagte die drey. Aber auch das
ſelbſttoͤdtende Schwert wendete ſich fruͤher gegen die
Bruſt der gefeſſelten Fuͤrſten Melo’s und Baitorits,
als gegen des Varus.


Der gute Gabin.


Valentinian bedekte, nach ſeinem Lieblingsgedan-
ken, die Graͤnzen zu befeſtigen, auch die Donau
mit Schloͤſſern. Bald fing er auch an uͤber den
Graͤnzen zu bauen. Der Koͤnig der Quaden, Ga-
bin erklaͤrte ſich mit Maͤſſigung dawider, ward zum
Gaſtmahl eingeladen, und verraͤtheriſch getoͤdtet.
Sein Feldherr Percha, vergalt den Mord, und un-
terbrach den zu nahen Bau, indem er zwey Legionen
vertilgte.


Die Ungleichen.


Die Sueven und die Cherusker ſchlugen mit ein-
ander, Deutſche mit Deutſchen. Die Sueven fuͤhrte
Marbod, ihr Tyrann, er, der nie aus Hercyniens
Schatten gegen die Roͤmer zur Schlacht hervorbrach,
mit ihnen durch Geſchenke Buͤndnis ſchloß, ein
Waffentraͤger des Caͤſars, und ein Verraͤther des
Vaterlands war. Jngomar, Siegmars Bruder,
war mit ſeinen Kriegsgefaͤhrten zu ihm uͤbergegan-
gen. Die Cherusker fuͤhrte Hermann, der Befreyer
des Vaterlandes. Zwey ſueviſche Voͤlker, die Semno-
nen, und die Longobarden, hatten ſeinen Arm ge-
ſtaͤrkt. Lange ſchwebte die Schlacht in Gleichgewich-
te.
[245] te. Endlich entwich der Tyrann auf ſeine Huͤgel;
und, von noch mehr Voͤlkern verlaſſen, flehte er dem
Caͤſar vergebens um Beyſtand.


Der Entſchluß der Maͤnninnen.


Nach der Schlacht mit Marius ſendeten die Fuͤr-
ſtinnen, die Schweſtern, Muͤtter, und Weiber der
Todten zu dem Ueberwinder: Wir wollen frey,
und Veſtalinnen ſeyn, oder ſterben. Sie wurden
nicht frey, und toͤdteten ſich.


Weiſe Enthaltſamkeit.


Tiber ſtand mit den Legionen an der Elbe, und
ſeine Flotte fuͤhrte ihr neues, furchtbares Schau-
ſpiel auf. Ein Deutſcher kam in einem Nachen
heruͤber, und betete die goͤttlichen Roͤmer an. Den-
noch blieb ihnen die jenſeitige Anbetung zweifelhaft.


Varus Ruͤckehr.


Hermann wolte, mit den lebenden Boten, auch
todte nach Rom ſenden; und zugleich Marbods,
des Zuſchauers mit der Hand im Schooſſe, ſpotten.
Er ſchikte Varus Haupt an den Verraͤther, und
dieſer nach Rom.


Die Truͤmmer.


Die Mundarten der Oberdeutſchen ſind die Stein-
bruͤche, woraus unſre Vorfahren die Sprache gebaut
haben. Wir hinterlaſſen ſie dem Nachkommen in
einer Geſtalt, daß er die Umbildung ihrer Saͤulen
nicht wagen, und nur an den Zierathen der Knaͤufe
aͤndern wird. Aus den Mundarten Niederdeutſch-
Q 3lands
[246] lands iſt nur in fremden Laͤndern gebaut worden.
Gleichwol gehoͤrt ihm das aͤlteſte deutſche Buch an,
das gerettet iſt die Schriftdolmetſchung des Geſez-
gebers und Biſchofs Ulfila.


Die gluͤkliche Stunde.


Die Druidinnen verkuͤndeten: Jhr ſiegt nur,
wenn der Mond voll iſt. Waͤr er dieſes zur Zeit
der Schlacht geweſen; ſo haͤtt es etwa Arioviſtens
Schwert gethan, und weder Portia’s noch Brutus
Dolch geblutet.


Der gegebne Friede.


Valentinian hatte die Kuͤnſte des Ueberfalls und
des geheimen Mordes umſonſt gegen Macrianen, den
Koͤnig der Allemannen, verſucht. Er entſchloß ſich
ihm Frieden anzubieten. Der Deutſche ſich bewuſt,
daß er dem Roͤmer den Frieden bewilligen konte,
und auch abſchlagen, ſtand, mit dieſem Stolze, an
dem einen Ufer des Rheines. Seine Kriegsgefaͤhr-
ten kanten die Urſach des Stolzes, und ſchlugen mit
dem Ungeſtuͤme der Schlacht an ihre Schilde. Jn
dem Nachen des Roͤmers glaͤnzten die Feldzeichen
der Legionen. Aber er fuhr zu der Unterredung
heruͤber. Endlich hoͤrte der Klang der Schilde,
und das Kriegsgeſchrey der Deutſchen auf und ein
Friede ward geſchloſſen, den Macrian niemals brach.


Die heutigen Spuren.


Steh ſtill, Wanderer, oft, lange, und mit Dank-
barkeit.


Jn Varburg hielt Varus Gericht und Gaſtmale.


Jn
[247]

Jn Varlar machte er ſein erſtes Lager, groß und
feſt, weil Hermann dieſen Tag allein geſchlagen,
und die andern Fuͤrſten in der Ferne gezweifelt, und
gezoͤgert hatten.


Jn Varenholt barg ſich der Roͤmer, wie er konte,
in einem kleinen Lager, das niedrige Waͤlle und
untiefe Graben hatte.


Auf Winfeld ſahen die Uebrigen am dritten
Abend ihre lezte Sonne untergehn.


Jm rothen Bache floß das meiſte Roͤmerblut.


Jn den Knochenbach warfen wir die Gebeine,
die Germanicus geſammelt, und mit einem Grabhuͤ-
gel bedekt hatte, damit ſie der Roͤmer nicht noch ein-
mal ſammelte.


Geh nun weiter, Wanderer, oder wenn du noch
weilen magſt, ſo grab hier irgendwo; und du wirſt
Waffen oder Schaͤdel oder Muͤnzen ſinden, mit den
Bildniſſen Caͤſars und Auguſtens.


Der gegruͤndete Mut.


Gratian hoͤrte auf vor der Ankunft des feindlichen
Heeres zu zittern. Denn ſeine Legionen fuͤhrten
Baudo und Arbogaſt, Feldherren, die unbeſtechbar,
kriegsgelehrt, und kuͤhn waren.


Der Graͤnzfluß.


Die Roͤmer hatten Gallien, Jberien, und Bri-
tannion erobert, auch etwas von Oberdeutſchland.
Die Donau ſonderte das Wenige. Wenn ihr groß
von groſſen Thaten denkt, Nachkommen der Rhaͤ-
tier, Noriker, und Vindelicier, ſo betretet das jen-
ſeitige Ufer des Graͤnzfluſſes mit Ehrfurcht. Denn
druͤben eroberten die Roͤmer nicht.


Q 4Be-
[248]

Belonte Gutherzigkeit.


Dem Fuͤrſten der Anſibaren, Bojokalen, war Auf-
ruhr die Befreyung, welche die Jrmenſaͤule verdien-
te, und erhielt. Dafuͤr flehten er und ſein Volk
auch dem Feldherrn der Roͤmer vergebens um unbe-
wohnte Felder in ihrem Vaterlande. Sie muſten,
da ſie fortzogen, die Thraͤne hinſtuͤrzen: Fehlt uns
Erde zur Huͤtte; ſo fehlt ſie uns doch zum Grabe
nicht.


Dieß erreichten ſie bald; die Juͤnglinge, und die
Maͤnner durch ihr Schwert, die Greiſe in der Feſ-
ſel. Und nun waren keine Anſibaren mehr.


Die groſſe Entſcheidung.


Sechs deutſche Cohorten legten in Pharſaliens
Wagſchale das Uebergewicht fuͤr den, der in Scy-
thien die Eroberung Deutſchlands verſuchen wolte.
Allein Brutus zukte den Dolch gegen ihn, und nun
bedurft es unſers Schwertes nicht.


Wir gegen uns.


Die Brukterer waren, bis zum Uebermute, ſtolz,
und ihre Nachbarn, bis zur Grauſamkeit, Haſſer
dieſer Stolzen. Die Verbuͤndeten zogen das
Schwert, und hoͤrten erſt auf zu vertilgen, als die
Uebrigen mit den Schatten ſechzig tauſend Todter
flohn. Ein Schauſpiel fuͤr die Roͤmer, das ihr Herz
gewuͤnſcht hatte, und das ihr Auge ſah. Wir haben
andern Feinden gleiche Schauſpiele aufgefuͤhrt.


Spaͤte Wiederkunft.


Vierzig Winter waren vergangen, und die gefeſ-
ſelten Fabier in Huͤtt und Huͤrde grau geworden.
Da
[249] Da endlich nahmen die Roͤmer den dritten Adler
Varus wieder.


Die bekraͤnzten Loͤwen.


Jn Aurels Kriege mit den Markomannen und
den Quaden antwortete der Weiſſager: Sieg, wenn
ihr zween Loͤwen mit Opferkraͤnzen ſchmuͤkt, und
ſie uͤber die Donau vorausſchikt! Die deutſchen
Juͤnglinge am Ufer ſpielten gegen die Loͤwen hin,
und toͤdteten ſie mit Staͤben. Aus den nachkom-
menden Legionen fielen zwanzig tauſend. Nur
gegen dieſe bedurft es der Schwerter.


Uralte Verwandſchaft.


Der hereyniſche Wald ſandte Belgien, Britan-
niens Kuͤſten, und, aus andern Schatten, den Ge-
birgen Schottlands Bevoͤlkerung.


Die Cimbrer.


Die Deutſchen der Nordgraͤnze begannen den
furchtbaren Zug gegen die Roͤmer. Jhr Heer wuchs
in dem Herzen Deutſchlands. Die Namen ihrer
Feldherren und Helden ſind nicht mehr. Aber noch
nennen wir die Namen der uͤberwundnen Conſulen.
Jn fuͤnf groſſen Schlachten flohn, oder fielen, vor
den Unbekanten, Carbo, Caſſius, Scaurus, Caͤpio,
und Manlius. Endlich vereinten ſich Sonn, und
Sturm, und Marius, und gelernte Weichlichkeit, die
Sieger zu vertilgen.


Unſre verlorne Freyheit.


Eh ſinke dieſer Fels, als die Geſeze unſerer Freyheit
aufhoͤren.


Q 5Der
[250]

Der Koͤnig, die Oberrichter, und die Feldherren
ſollen die kleineren Dinge entſcheiden, die groͤſſeren
das Volk.


Ueber die, welche das Volk entſcheidet, ſollen die
Fuͤrſten, eh die Landesverſamlung anfaͤngt, ge-
rathſchlagt haben.


Das Volk ſezt ſich nicht eher, als es will, zur
Berathſchlagung nieder.


Hierauf gebietet ihr, Druiden, Stillſchweigen,
und wer nicht gehorcht, den beſtraft ihr.


Die Fuͤrſten ſollen gehoͤrt werden, nachdem ſie
aͤlter, beredter, von beſſerem Geſchlecht, und beruͤhm-
tere Krieger ſind.


Sie duͤrfen es unternehmen, zu uͤberreden, aber
nicht zu gebieten.


Das Volk verwirft entweder durch Murren, oder
es giebt durch die bewegte Lanze Beyfall.


Jn der Landesverſamlung werden neue Ober-
richter gewaͤhlt, die in Bezirken Recht ſprechen.


Jeder Oberrichter ſoll hundert aus dem Volke zu
Rathgebern und Ausfuͤhrern haben.


Jhr komt alle gewafnet zu der Landesverſam-
lung, damit ihr, wenn ihr uͤberfallen werdet, von
der Berathſchlagung zur Schlacht aufſtehn koͤnt.


Teutoburg.


Beſchattet, Eichen, die Felſenſchrift! Hermann,
Siegmars Sohn, vertilgte Varus mit drey Legio-
nen. Auguſt ließ Haar der Trauer wachſen, Tibers
illyriſchen Lorber verwelken, und unter denen, wel-
che ſich der Beſchuͤzung des Vaterlands weigerten,
das Todesloos werfen. Die Wunde blutete die zwey
Jahrhunderte fort, in denen die Roͤmer noch genung
ſie
[251] ſie ſelbſt waren, um, geheilt, Deutſchlands Erobe-
rung zu unternehmen.


Die wiedergeſehne Heimath.


Ueberwundne Franken waren von den Roͤmern
am ſchwarzen Meere zum Anbaue vertheilt worden.
Jhre Kuͤhnſten entſchloſſen ſich zur Wiederkehr ins
Vaterland. Sie ſtuͤrzten ſich in Schiffe der Ueber-
winder, lieſſen die Schwerter an Griechenlandes
und Aſiens Kuͤſten triefen; muſten von Africa’s
weichen; eroberten Syracus, und landeten endlich
im Schatten deutſcher Haine.


Doppelte Vergeltung.


Der Grauſamkeit und der Verachtung lohnten
wir es mit Unterjochung und mit Spott. Denn
ſo gar in den Geſezen, die wir den Roͤmern, und
uns gaben, nanten wir uns Barbaren.


Hermanns roͤmiſches Denkmal.


Hermann war der Befreyer Deutſchlands. Er
grif nicht, wie andre Koͤnige und Feldherren, die
beginnende Macht des roͤmiſchen Volkes an; ſon-
dern unſer Reich in ſeiner vollen Groͤſſe. Er war
gluͤklich, und ungluͤklich in Schlachten; unuͤberwun-
den im Kriege. Er hat ſieben und dreyſſig Jahre
gelebt, und zwoͤlfe das Heer gefuͤhrt. Er wird noch
jezt unter den deutſchen Voͤlkern beſungen.


Der Erfolg.


Auf der Ebne, und nur auf Einer Seite vom
Walde beſchattet, brach Hermann ſo hervor, hielt
ſo,
[252] ſo, machte mit ſeinen ungeſtelten zu mutigen Schaa-
ren ſolche Wendungen des Meiſters, daß Germani-
cus, mit acht Legionen, und mit unzaͤhlbaren Schwaͤr-
men Huͤlfsvoͤlker, erſt am Abend ſtehn konte. Der
Tag kam; und der Caſar ging nach dem Rheine zu-
ruͤk, den Feldzug zu endigen.


Liſſa.


Wir nennen zehnmal Hoͤchſted; und Einmal Liſſa.
Aber der Enkel vergiſt Hoͤchſted bey Liſſa. Denn,
gegen zwoͤlf, waren da vierzig tauſend in der Feſſel,
und deutſche.


Gehinderte groſſe That.


Bedek, Eſpe, des Grabhuͤgels Baum, die Felſen-
ſchrift. Hermann ſchlug zween Tage mit Caͤcina’n,
wie mit Varus. Am dritten hinderten der Neid,
und der Stolz der Fuͤrſten die voͤllige Gleichheit.


Munichis.


Die Sclavonier lagen auf einem Berge. Ein
heiſſer Zwiſt um Ehre unter dem Feldherrn Ferdulf,
und dem Schultheiß Argaͤd machte, daß der Angrif
auf der ſteilſten Seite geſchah. Ferdulf, Argaͤd, und
jeder, wer kuͤhn genung zur Nachfolge war, fielen.
Munichis war vom Pferde geworfen. Ein Scla-
vonier feſſelte ihn. Mit gebundenen Haͤnden faſt’
er die Feindeslanze, durchſtach ihn, waͤlzte ſich in
den Abgrund hinunter, und entkam.


Die beyden Niederlagen.


Jn der Schlacht auf der Maͤdchenwieſe brachen
die Cherusker zu fruͤh aus dem Hinterhalt hervor.
Die-
[253] Dieſer Schritt der zu kuͤhnen Eile fuͤhrte Herman-
nen beynah dem Tode, und das Heer der Deutſchen
zween groſſen Niederlagen zu. Der erſten entkam
Hermann kaum, indem er das Geſicht durch ſein
Blut verſtelte, durch Blut aus einer ſo gefahrvollen
Wunde, daß, bey der zweyten Niederlage, nicht er,
ſondern nur Jngomar Feldherr war. Nun haͤufte
Germanicus die Waffen der Beſiegten auf, und
ſchrieb ſtolz daran: Nach Unterjochung der Voͤlker
zwiſchen dem Rheine und der Elbe, weihet das Heer
Tibers dieſes Denkmal Jupitern und Mars und
Auguſten .. Noch Ein Feldzug haͤtte den Stolz des
Mals etwan entſchuldigt. Aber die Vorſehung lenkte
es anders. Der neidende Tiber zwang Germanicus
zum Triumphe.


Britanniens Eroberung.


Hengſt und Horſt ſprangen aus zween Kiulen
aus Ufer. Nach ſiebzig Jahren hieß Britannien
England.


Das zwiefache Gluͤk.


Valentinian ſagte zu Aurelianen: Geh, und ſiege!
Denn die gluͤkliche Legion, und Hartmund, Haldo-
gaſt, Karwisko, und Hildemund ſind mit dir.


Hermanns Tod.


Hermann ward von feindſeligen Verwandten uͤber-
fallen, und geroͤdtet. Hatte er nur buͤrgerliche Kriege
geſuͤhrt, wie das vor ihm, und nach ihm, unſer
boͤſer Brauch geweſen iſt; welch ein Mord! Wenn
er aber die Majeſtaͤt der heiligen Freyheit beleidiget
hatte;
[254] hatte; ſo verdiente er zwar vor dem Gerichte des
Volkes zu ſtehen, und verurtheilt zu werden, aber
nicht von ſolchen Haͤuden zu ſterben.


Der Fußfall des Stolzen.


Koͤnig Knodomar hub ſich auf einem ſchnaubenden
Roſſe, ſchwoll unter dem Schimmer eines hochge-
buſchten Helms, und wog in der Rechten eine unge-
heure Speerslaſt, vor der Schlacht; nach verlor-
ner, wie blutig ſie auch durch ihn geweſen war, fiel
er Julianen zu den Fuͤſſen, und dat ums Leben.


Caͤſars Ueberlegungen.


Jhm, dem der Senat Siegslieder bey den Altaͤ-
ren beſchloß, und Cato Auslieferung an die Belei-
digten, entboten wir nach Arioviſtens Schlacht:
Warum haͤltſt du fuͤr ungerecht, daß wir uͤber den
Rhein gehn, und willſt doch ſelbſt zu uns heruͤber
kommen? Aber er kam. Wir erwarteten ihn in un-
ſern Schatten. Er rathſchlagte achtzehn Tage mit
ſich uͤber die Waldſchlacht, und kehrte zuruͤk. Noch
einmal kam er ſo, ſahe nicht, und ging.


Otto’s Lorber.


Otto der erſte hieß die Dichter um den Vorzug
ſtreiten, und gab dem Vortreflicheren eine goldne
Krone. Die Namen der Sieger ſind nicht mehr.
Auch wenn ſie ihres Unterganges werth waren, ver-
dient doch der groſſe Kaiſer Nachkommendank.


Die erfahrne Urſach.


Wenn Siegmund, Herzog von Oeſtereich, mit
den Adlichen Berathſchlagung hielt, ſo ließ er oft die
Schrif-
[255] Schriften der Weiſen den Ausſpruch thun. Die
Adlichen zuͤrnten: Warum zieheſt du uns die Ba-
retsleute ſo vor? Gott allein kann euch Kunſt und
Weisheit geben, die Natur kanns, und nicht ich.
Jch kann euch nur groß machen, euch Silber und
Gold, Land und Leute geben.


Die zehn Feldzuͤge.


Von Arioviſten bis Hermannen thaten die Roͤmer
zehn Feldzuͤge nach Deutſchland: Einen gegen Huͤt-
ten, zween zur Schau, einen gefluͤchteten, fuͤnf ſie-
gende, keinen erobernden; den lezten ohne Wie-
derkehr.



Der Abend.


Aus einer neuen deutſchen Grammatik.


Von den einfachen und vermehrten Woͤrtern.
Alle einfache Woͤrter ſind einſylbig; aber
nicht alle einſylbige ſind einfach. Soll iſt einfach
und einſylbig; das davon abgeleitete Schuld iſt
einſylbig, aber nicht einfach. Die von der lezten
Art koͤnte man vermehrte Woͤrter nennen. Jn
der Wortbildung werden die Woͤrter am beſten in
einfache, vermehrte, und mehrſylbige abgetheilt.
Nach der Ausſprache und Rechtſchreibung iſt Liebe
zweyſylbig; nach der Wortbildung ein vermehrtes
Wort. Denn dieſe theilt Lieb-e. Daher hat z. E.
wie Kraft, ſo auch Liebe die Buchſtabenendung;
dahin-
[256] dahingegen Bildung Schoͤnheit und ſolche Woͤrter
die Sylbenendung haben. Dieſe Unterſcheidung
verkuͤrzt dasjenige, was von den Umendungen und
dem Geſchlechte der Woͤrter zu ſagen iſt. Die Ver-
mehrungen der einfachen Woͤrter ſind e, roth Roͤ-
the; g, behr Berg; k, ſoll Schalk; d, ſoll Schuld;
t, mag Macht
(moͤgen hieß ſonſt koͤnnen, dieſe Be-
deutung iſt noch in vermoͤgen). m, huͤll Helm;
n, vor vorn; s, krup Krebs;
(nicht wenig deut-
ſche Woͤrter ſtammen von niederdeutſchen ab) ſch,
Mann Menſch; ft, zahm Zunft; ſt, kann Kunſt;
ng, thu Ding;
und z her Herz. (Her iſt ſo viel
als, er ur. Der Begrif iſt: urſpruͤngliche Le-
benskraft)


Vordem brauchten wir alle Selbſtlaute zu Ver-
mehrungen; jezt brauchen wir nur das einzige e dazu.


Unſre aͤltern Vorfahren endeten die meiſten Woͤr-
ter mit Selbſtlauten. Die Jtaliener, und Spa-
nier ſcheinen dieß (denn ſie brauchen die von den
altdeutſchen unterſchiednen roͤmiſchen Endungen
nicht) von ihnen, die ihre Ueberwinder waren, ge-
nommen zu haben. Unſre ſpaͤtern Vorfahren haben
die Selbſtlaute bis auf das e (und auch dieß komt
eben nicht oft vor) weggeworfen. Der Verdruß
uͤber dieſen Verluſt hat mich manchmal darauf ge-
bracht, die Urſach der Wegwerfung zu finden. Jch
bin bey folgender ſtehn geblieben: So viel ich von
der Geſchichte unſrer Sprache weis, ſo war man die
ganze Zeit uͤber, da man die Selbſtlaute am Ende
der Woͤrter brauchte, nicht gewiß genung, welche
(es iſt da nur ſehr wenig Feſtgeſeztes) man brauchen
wolte. Hierdurch muſten notwendig Undeutlichkeit
und Doppelſinn entſtehn, und dieß um ſo viel mehr,
da auch die Umendungen der Woͤrter durch Selbſt-
laute
[257] laute gemacht wurden. Wie ſehr man uͤberhaupt
damals in der Sprache ſchwankte, erhelt daraus,
daß man wol drey Jahrhunderte lang das ſo oft
wiederkommende Wort ſeyn mit der groͤſten Ver-
ſchiedenheit bildete.


Da man nun mit dieſem Wichtigeren, und leich-
ter Feſtzuſezenden nicht konte zu Stande kommen;
ſo war es kein Wunder, daß man das weniger wich-
tige, und das doch zugleich (wegen ſeiner vielen klei-
nen Theile) ſchwerer zu beſtimmen war, und mehr
Doppelſinn verurſachte, ſo vernachlaͤſſigte, daß man
es zulezt ganz muſte fahren laſſen. Es iſt kein klei-
ner Verluſt, den die Sprache hierdurch gelitten hat.


Sunt lacrimae \& vocum, \& mentem mor-
talia tangunt.

Jet iſt unſre Sprache ein tiefgewurzelter, hoher,
vielaͤſtiger, fruchtvoller Baum, dem aber hier und
da etwas Laub fehlt. Und daß ſie das iſt, kann
jene vielleicht zu weichen Thraͤnen ſchon ſtillen.


Alle einfache und vermehrte Woͤrter ſind Stam-
woͤrter. Die lezten ſtammen von den erſten ab,
und von jenen wieder andre. Soll Schuld Schuld-
ner; kann Kunſt Kuͤnſtler
. Welche einfache Woͤr-
ter aber von einander abſtammen, kann man
nur ſelten ausmachen. Flieſſen (die Veraͤndrungs-
ſylbe en
komt hier nicht in Betrachtung) kann von
Fluß; aber Fluß kann auch von flieſſen abſtammen.
Hingegen iſt der beſtimte Umlaut (a in aͤ, o in oͤ,
u in uͤ) ein unfehlbares Kenzeichen der Abſtammung,
als ſtroͤmen von Strom.


Von den mehrſylbigen Woͤrtern. Sie beſtehen
entweder aus mehr als einer Stamſylbe, als Ehr-
geiz;
dieſe haben zwey Hauptbegriffe, ob gleich der
eine der vornehmſte iſt; oder ſie beſtehn aus Stam-
Rſylben
[258]ſylben und aus Ableitungsſylben als fruchtbar,
Verdacht.


Die einfachen, vermehrten, und diejenigen mehr-
ſylbigen Woͤrter, die mit einer Stamſylbe enden,
haben die Buchſtabenendung, als Flug, Art,
Schuzgeiſt,
die mit einer Ableitungsſylbe enden,
haben die Sylbenendung, als Mehrheit.


Die Stamſylben haben den Hauptbegrif, und
ſind, allein genommen, Woͤrter, als Furcht in
furchtbar; die Ableitungsſylben haben (Ableitungssylben haben.) den Neben-
begrif, und ſind, allein genommen, auſſer den Nich-
tungen keine Woͤrter, als bar in furchtbar.


Einige Stamſylben kommen zwar nicht mehr als
Woͤrter vor, ſind aber doch Woͤrter geweſen, und
werden auch manchmal noch als ſolche in den Mund-
arten gebraucht, als vergiß. Giß, vermute wird
noch im Niederdeutſchen gebraucht. Die Ablei-
tungsſylden ſind ehmals zwar auch Woͤrter geweſen;
ſie haben aber ihre erſte Bedeutung ſo ſehr veraͤn-
dert, daß ſie nicht mehr als Woͤrter koͤnnen ange-
ſehn werden. Heit hieß ſonſt Beſchaffenheit, auch
Perſon. Die Ableitungsſylben (es giebt auch Ab-
leitungswoͤrter: unter in untergehn; da ſie aber
keine andre Eigenſchaften als die Ableitungsſylben
haben, ſo koͤnnen ſie unter dieſer Benennung mit
begriffen werden) die Ableitungsſylben ſind, in Ab-
ſicht auf die Stamſylben, entweder voranſtehend,
und
[259] und dann bald trenbar und bald untrenbar, als
ausgehn vergehn; oder nachſtehend, wobey auch
zwey auf einander folgen koͤnnen, als Heiterkeit.
Hierher gehoͤren auch die Wohlklangsſylben er ig,
und das t, welches aus eben der Urſach geſezt wird,
als fuͤrchterlich Leichtigkeit weſentlich.


Ohne Ruͤkſicht auf Stelle und Trenbarkeit, ſind,
in Abſicht der Bedeutung, die Ableitungsylben er,
ver, be, ab, ent, aus, auf,
und an doppelſeitig.


Eh ich herausdrachte, daß dieſe Ableitungsſylben
ein zweyfaches Aeuſſerſtes entweder der Zeit, oder
des Orts, oder auch der Handlung ausdruͤkten, wa-
ren mir nicht wenig Woͤrter, ihrer urſpruͤnglichen
Bedeutung nach, unerklaͤrbar. Kuͤrzer kann keine
Sprache die Begriffe zuſammen faſſen, als es die
unſrige durch die Woͤrter thut, welche dieſe Ablei-
tungsſylben haben. Jch merke noch an, daß ſich
der Begrif des zweyfachen Aeuſſerſten auch in dem
Worte Ende findet. Jn einem unſrer Alten ſteht:
Fan theſaro Weroldes Endie. Von Anfange dieſer
Welt.


Von den doppelſeitigen Ableitungsſylben. Er
(ur,
und or, auch oͤhr in dem einzigen Worte Na-
deloͤhr
ſind eben daſſelbe) wurde ſonſt als eine Rich-
tung
gebraucht, als er Himile, vom Himmel.
Um der Kuͤrze willen druͤck ich die eine Seite durch
her, und die andre durch hin aus. Her: erhalten
von einem etwas, erwaͤhlen etwas aus vielem, er-
ſinnen. Hin: erleben, erreichen, ergruͤnden,
erſingen. Her: Uraͤltern, Urphede
Ablaſſung
vom Kriege, Urſprung eigentlich die erſte Quelle.
Hin: Urenkel. Her: Orlog das erſte Geſez, das
Schikſal, der Krieg. Hin: Orband am Degen.


Ver hieß ſonſt fra, far, for. Her: vernehmen
R 2von
[260] von einem etwas, verlernen, verweiſen aus dem
Lande, vervortheilen vom Vortheile bringen ver-
ſezen
Buchſtaben. Hin: verdenken einem etwas,
verſehn ſich gutes zu einem, vernichten, verſpot-
ten, verſezen
an einen etwas.


Be. (Be) Wie wir aus dem alten Odmont: Demut
gemacht haben (Erbarmung hieß ehmals auch Re-
barmnuſſi
) ſo verwandeln wir auich das ab biswei-
len in be. Her: benehmen einem ſeine Meinung,
bekommen von einem etwas Hin: beſichtigen, be-
kraͤnzen, beſcheiden
einen wohin, bekommen es be-
komt ihm.


Ab. Her: abſehn einem etwas, abmahlen, able-
gen. Hin: Abſicht, abtragen
einem ſeine Schuld,
abkuͤrzen.


Aus. Her: ausgehn, ausfinden. Hin: aus-
gehn
vom Lichte, ausdauren, ausmachen eine
Sache.


Ent. Es ſcheint von dem alten Hauptworte An
herzukommen. Auf gleiche Weiſe iſt Art von ur
oder or abzuleiten. Her: entſtehn, entkommen,
entfernen
ſich von einem. Hin: entbieten, ent-
flammen, entbloͤſſen, entſcheiden, entſchlafen

dahin ſchlafen, Entſchluß, Antwort.


Auf. Her: aufgehn von der Sonne, aufwerfen
Erde. Hin: aufhaͤufen, aufwerfen ſich zum
Herſcher.


An. Her: von der Zeit an, Anfang, anſtimmen.
Hin: bergan, Antrag.


Dieſe Beyſpiele moͤgen zureichen. Es giebt Woͤr-
ter, bey denen einige der doppelſeitigen Sylben ſo
wol
[261] wol auf der einen, als auf der andern Seite erklaͤrt
werden koͤnnen. Aber wenn man ein wenig ge-
nauer daruͤber nachdenkt, ſo iſt es immer Eine,
die dem Begriffe am gemaͤſſeſten iſt. Manchmal
wird hier die Wahl dadurch ſchwer, daß die mit
dieſen Ableitungsſylben verbundnen Stamſylben
vordem auch Bedeutungen muͤſſen gehabt haben,
die wir nicht mehr kennen. So wird man z. E.
wol ſo leicht nicht heraus brin-gen, warum ver mit
ſtehen in verſtehn
zuſammengeſezt iſt.



Vierter Morgen.


Die gemiſchte Zunft ſucht es dahin zu bringen, daß
das vorgeſchlagne neue Geſez nicht durchgehe;
es wird aber dieſer Bemuͤhungen ungeachtet
eingefuͤhrt.


Einige Sachen thaten die Aldermaͤnner nach
den Auftraͤgen, welche ſie von den Zuͤnf-
ten und dem Volke dazu hatten, kurz ab.
Heute ſolte wieder ein Lehrgebaͤude verbrant
werden; aber ſelbſt der Nachtwaͤchter, den die
Reihe des Anzuͤndens traf, war ſo aufmerk-
ſam auf das, was ſonſt vorging, daß er mit
ofnem Maule, und verloſchner Fackel, bey dem
Lehrgebaͤude ſtehn blieb. Der Anwald der ge-
miſchten Zunft war in den halben Kreis ge-
R 3kom-
[262] kommen. Er hatte folgendes vorzutragen:
Jch habe, ſagte er, von meiner Zunft Befehl,
auf naͤhere Beſtimmung der eigentlichen Be-
ſchaffenheit ſolcher Buͤcher zu dringen, die,
wie es meiner Zunft vorkomt, in den vorge-
ſchlagnen Geſeze nur ſo obenhin angedeutet
ſind. Denn ſehr ungerechter Weiſe wuͤrde
man bey dieſer Dunkelheit des neuen Geſezes
in die Strafe der Lache, oder wol gar der Lan-
desverweiſung verfallen. Die Zunft ſchlaͤgt
auch, obwol ohne Maasgebung, vor, daß die
Dichter angehalten werden, einige ſchon vor-
handne Buͤcher von der Art, wie ſie in Sinne
haben, anzuzeigen. Jſt es denn, ſagte der
wortfuͤhrende Aldermann, ſo ſchwer zu wiſſen,
mas mittelmaͤſſig ſey? Wenn ich ſchlimm ſeyn
wolte, koͤnte ich die Zunft in Verdacht haben,
daß es vielleicht Leute unter ihr gaͤbe, die den
Schleichhandel mit den Bilderchen auch trie-
ben. Solt es ſeyn, Anwald, ſo laß ſie in
Zeiten aus der Zunft ſtoſſen. Jn dieſem Falle
ſoll das Geſez, das wider ſie iſt, noch ſchweigen.
Du weiſt, daß wir einen gemesnen, und ge-
wiß nicht glimpflichen Auftrag die Bilder be-
treffend von den Zuͤnften haben. Und wenn
es auch einigen gelaͤnge (denn wir hoͤren, daß
ſo was vorſeyn ſoll) uns den Auftrag wieder
nehmen zu laſſen; ſo wuͤrd es ihnen, und ihres
gleichen
[263] gleichen doch zu nichts helfen. Denn es iſt,
denke ich, doch bekant genung, daß die Repu-
blik, wegen dieſer ſo hartnaͤckigen, und wie
es ſcheint, auch ſo ausgebreiteten Anhaͤng-
lichkeit an das Mittelmaͤſſige,
nicht wenig
aufgebracht ſey. Der Anwald kam zuruͤk,
und ſagte, daß ſeine Zunft ſchlechterdings dar-
auf beſtuͤnde, die verlangte naͤhere Erklaͤrung
zu haben. Erfolgte keine; ſo wuͤrde ſie den
Herold bey der Stimmenſamlung abweiſen.
Der Aldermann antwortete: Dank allen, die
auf dem vorigen Landtage das Geſez von der
bleyernen Mittelmaͤſſigkeit eingefuͤhrt haben!
Lies es deiner Zunft vor, und wenn ſie dann
noch nicht ergruͤnden koͤnnen, wovon die Rede
iſt; ſo haben wir ihnen weiter nichts zu ſagen.
Auch wehren wir es ihnen nicht, ihre Stim-
me fehlen zu laſſen. Bring mir Nachricht,
ob ſie dabey beharren ihre Stimme der Repu-
blik zu verſagen. Thun ſie’s; ſo verbiet ich
dem Herolde bey der Samlung zu ihnen zu
gehn.


Der Anwald der Dichter war vom Anfang
an gegenwaͤrtig geweſen. Jch will, ſagte er
zu dem andern Anwalde, deiner Zunft Genuͤge
thun. Wir meinen in dem vorgeſchlagnen
Geſeze fuͤrs erſte, und vor allen Dingen mit-
telmaͤſſige Gedichte; und dieſe kent ihr denn
R 4doch
[264] doch wol gewiß: aber ſie nicht allein, denn
wir meinen auch diejenigen proſaiſchen Schrif-
ten, welche nichts oder faſt nichts anders thun,
als bekanten Jnhalt wiederholen. Denn bey
den Unterſuchungen, womit man ſich in die-
ſen Schriften beſchaͤftigt, komt ja das wenige,
was etwa von neuer Darſtellung darinn ange-
troffen wird, nicht in Betracht, weil ihnen
uͤberhaupt die Darſtellung nur Nebenwerk
ſeyn darf. Und wenn man nun vollends dieß
Nebenwerk entweder nachlaͤſſig, oder auf eine
gezwungne Art, oder auf eine ſolche, die ganz
aus dem Tone des Jnhalts heraus komt, ge-
than hat; was hat man alsdann gethan?
Doch bleibt hierbey nicht ſtehen. Denn auch
auf Schriften, welche das Nebenwerk beſſer
thun; aber keinen neuen Jnhalt haben, und
immer nur altes bis zum eisgrauen hinauf wie-
derkaͤuen, auch auf ſolche Schriften, ſag ich,
kann und wird die Nation niemals ſtolz ſeyn.
Diejenigen, die wir von dieſer Art haben, zu
nennen, waͤre ſehr uͤberflieſſig. Denn den we-
nigen, die ſie etwa jezo noch nicht kennen, wer-
den ſie durch das ſieche Leben, das ſie in kur-
zem fuͤhren werden, ſchon genung in die Augen
fallen. Ueberhaupt waͤre zu wuͤnſchen, daß
Leute, die hier noch mehr Deutlichkeit brau-
chen, lieber unter den Altfranken leben, und
ſich
[265] ſich dort wol gehaben moͤchten. Wir ſind,
ſchloß er, viel zu nachſehend geweſen, daß wir
nur die des Hochverraths ſchuldig erklaͤrt ha-
ben, die, nach vorhergegangner Beſtrafung
andrer, eine ſolche Demut von der Nation
verlangen wuͤrden.


Der Anwald der gemiſchten Zunft war zu
beklagen. Denn er dachte voͤllig eben ſo;
und gleichwol muſte er die Sache ſeiner Zunft
fuͤhren. Dieſer war ihre Abſicht mislungen.
Denn ſie hatte durch die Abſchickung ihres An-
waldes nur Unterſuchungen veranlaſſen, und
auf dieſe Weiſe Zeit gewinnen wollen, etliche
der andern Zuͤnfte auf ihre Seite zu bringen.


Als jezo der Herold zu der Stimmenſam-
lung herauf gerufen wurde, zeigte ſich faſt
uͤberall eine ſolche Heiterkeit, daß es nicht mehr
zweifelhaft blieb, welchen Ausgang die Sache
haben wuͤrde. Nur einige Auslaͤnder ſahen
etwas ernſthaft aus. Sie ſchienen die immer
zunehmende Groͤſſe unſrer Republik zu fuͤrch-
ten. Wir wollen dieſesmal eine ſo genaue
Nachricht von der Stimmenſamlung geben,
als ſie in den Jahrbuͤchern aufgezeichnet wur-
de. Fuͤr das neue Geſez waren: Die Alder
maͤnner mit allen Stimmen; die Zunft der
Redner mit drey Stimmen Mehrheit; der
Geſchichtſchreiber auch mit dreyen; der Rechts-
R 5gelehr-
[266] gelehrten durch den Ausſchlag des Anwalds;
der Aſtronomen mit allen Stimmen; der Na-
turforſcher mit allen Stimmen; der Gottes-
gelehrten mit Einer Stimme Mehrheit; der
Mathematiker mit fuͤnfen; der Weltweiſen
mit zweyen; der Wiſſer mit allen Stimmen;
der Kundigen mit n[e]un Stimmen Mehrheit,
und die Zuͤnfte der Kenner, und der Drittler
jede mit Einer Stimme Mehrheit. Das Volk
gab weiter hatte es der Rathfrager nicht brin-
gen koͤnnen) nur ſeine zwey Stimmen. Die
gemiſchte Zunft war mit vierzehn Stimmen
Mehrheit wider das neue Geſez. Die Ueber-
ſtimten haben beſchloſſen, ſich, ſo bald ſie nur
dazu im Stande ſeyn wuͤrden, in andre Zuͤnfte
aufnehmen zu laſſen. Der Anwald hat ſein
Amt niedergelegt.


Am dritten Morgen nach der Anname wurde
das neue Geſez in die groſſe Halle gebracht.
Diejenigen, welche mit Schale und Blatt,
Huͤgel und Eichel belohnt werden, gingen vor-
an. Man bemerkte an den Juͤnglingen, die
aus dem Volke zum Nachfolgen waren geloſt
worden, daß ſie das Laub zu ihren Eichenkraͤn-
zen dießmal mit vorzuͤglicher Sorgfalt gewaͤhlt
hatten. Die Tafel wurde zwiſchen Leibnizen
und Keplern aufgeſtelt. Wir wiederholen das
Geſez. Der Schluß, den unſre Geſeze zu
haben
[267] haben pflegen, moͤchte einigen noch nicht be-
kant ſeyn.


„Den Ausrufern und Ankuͤndigern wird,
„bey dreyjaͤhriger Landesverweiſung, und de-
„nen, die ſelbſt ſchreiben, bey der lauten La-
„che, oder noch ſchaͤrferer Ruͤge, verboten:
„Buͤcher, wie ſie die Auslaͤnder lange gehabt,
„und lange vergeſſen haben, ſo zu empfehlen,
„als ob die Nation ſtolz darauf ſey ſie zu beſi-
„zen. Jſt ein Ausrufer oder Ankuͤndiger,
„oder gar ein Scribent, wegen einer ſolchen
„Anpreiſung eines ſolchen Buches, verdienter-
„maaſſen heimgeſucht worden; und trit dann
„ein gleicher Anpreiſer eben dieſes Buches
„auf: ſo wird er des Verfahrens halben ange-
„ſehn als einer, welcher der Nation mit Wiſ-
„ſen und Willen, freventlich und oͤffentlich
„Hohn geſprochen hat. Und ein ſolcher duͤn-
„kelhafter, und unvaterlaͤndiſcher Menſch hat
„Hochverrath begangen.
„Alſo urtheilte, nach reifer Erwaͤgung,
„und kalter Berathſchlagung, die Zunft der
„Dichter auf dem Landtage zwey und ſiebzig
„achtzehntes Jahrhundert.
„Auf dem Landtage angezeigtes Jahrs an-
„genommen, in der Halle aufgeſtelt, und mit
„vollgeltender Obergewalt verſehn von der ver-
„ſammelten Landgemeine; verworfen von der
„ge-
[268] „gemiſchten Zunft, und manchem andern Zuͤnf-
„ter, mit welchen ſamt und ſonders der Schuz-
„geiſt deutſcher Nation dergeſtalt ſchalten und
„walten wolle, daß es ihnen nimmer, wie
„nicht an Helle des Kopfs, alſo auch nicht an
„Waͤrme des Herzens, gebrechen moͤge.“



Der Abend.


Unterredung mit einigen Altfranken.


Die Aldermaͤnner wurden benachrichtigt, daß ei-
nige Juͤnglinge unter den Altfranken dieſen
Morgen waͤhrend der Stimmenſamlung ſehr hoch,
und mit allerhand Einfaͤllen, von den Vorzuͤgen ih-
rer Geſchaͤfte vor den Geſchaͤften der Republik, ge-
ſprochen haͤtten. Ueberdieß waͤr es ſchon das zwey-
temal, daß ſie haͤtten fuͤr gut gefunden, ſich ſo zu be-
tragen. Es waͤren ſo gar beydemal einige aͤltliche
Herren unter ihnen geweſen, die das Ding mitge-
macht, und die Juͤnglinge, anſtatt ſie zuruͤk zu hal-
ten, nur noch mehr angefeuert haͤtten. So wol die
Juͤnglinge, als die aͤltlichen Herren waͤren adlicher
Abkunſt. Nach einigen Fragen ſahen die Aldermaͤn-
ner, daß dieſe Altfranken Verſtand genung beſaͤſſen,
Unterricht anzunehmen, aber nicht genung, keines
Unterrichts zu beduͤrfen. Sie wurden daher zu einer
Unterredung mit einem Aldermanne in die groſſe
Halle eingeladen. Als ſie dort allein waren (die
aͤlt-
[269] aͤltlichen Herren waren nicht mit gekommen) ſagte
der Aldermann zu ihnen: Wir haben erfahren, was,
und wie Sie von uns geurtheilt haben. Erlauben
Sie mir etliche wenige Fragen an Sie? So viel
wiſſen Sie vermutlich von Caͤſarn, daß Sie einſehn,
keiner von ihnen werde (ich denke mir ihn jezt, wie
er auf dem Schauplaze, auf dem Sie ſind, handeln
wuͤrde) ihm jemals nur einigermaaſſen gleich kom-
men. Aber kennen Sie ihn? Wer bewundert ihn
nicht?
Und wem iſt dieſe Bewundrung unbekant,
zu der man nun ſo durchs Hoͤrenſagen komt? Jch
bin gewiß, daß Sie Caͤſarn nicht kennen. Jch will
Sie gleich uͤberzeugen. Dieſer bewunderte Caͤſar
hat auch von der Sprachaͤhnlichkeit geſchrieben, und
in dieſer Schrift ſehr genaue, und ſehr feine An-
merkungen gemacht, die zur Grammatik gehoͤren.
Sie ſcherzen. Ob ich ſcherze, ſogleich. Nur noch
Ein Wort vorher. Das, womit ſich die Republik
bisher beſchaͤftigt hat, ging, wie mich deucht, und
wie Sie, denk ich, auch deuchten wird, denn doch
uͤber die Grammatik hinaus. Was wollen ſie da-
mit ſagen?
Nur dieſes, daß, wenn bey uns gram-
matiſche Unterſuchungen vorgekommen waͤren, Sie
den Kopf noch hoͤher wuͤrden gehalten haben; und
daß Sie ihn alſo, in Abſicht auf Caͤſarn, ſo gehal-
ten haben. Aber gewiß, Sie ſcherzen, was Caͤ-
ſars grammatiſche Unterſuchungen anbetrift.

Sie wiſſen doch wol noch ein wenig Latein? Einige
von uns wiſſen ſo gar viel Latein. Denn damit
haben ſie ihre Kindheit, und ihre Tugend hin-
bringen muͤſſen
. Deſto beſſer. So kann ich mich
Jhnen ohne viel Umſchweiſe deutlich machen. Aber
reden Sie denn wirklich in Ernſte?
So in Ernſte,
daß ich Jhnen hiermit noch anvertraue: Karl der
Groſſe,
[270] Groſſe, und Alfred der Groſſe haben ſich, durch
aͤhnliche Unterſuchungen, beynah eben ſo laͤcherlich
gemacht, wie Caͤſar; ich ſage: beynah, weil er darinn
viel weiter gegangen iſt, als ſie. Jch ſehe wol, ich
komme Jhnen immer ſcherzhafter vor. Und das
iſt denn auch recht ſo, wie es ſeyn muß. Denn Sie
ſcheinen gar nichts davon zu wiſſen, daß einer Na-
tion viel mehr an ihrer Sprache gelegen ſeyn kann,
als an hundert Sachen, die Sie nicht wenig bewun-
dern. Doch nun zu dem, was ich Jhnen deutlich
zu machen verſprochen habe. Caͤſar halt ſich unter
andern bey folgenden Unterſuchungen auf: Man
duͤrfe von arena nicht arenaͤ in der Mehrheit ſa-
gen, ſo wie man im Gegentheile quadrigaͤ, und
nicht quadriga ſagen muͤſſe. Turbo muͤſſe, auch
wenn das Wort vom Ungewitter verſtanden wuͤrde,
turbonis, und nicht turbinis umgeendet werden.
Jdem heiſſe in der Mehrheit iidem. Man muͤſſe
partum nicht partium von pars ſagen. Wenn drey
i auf einander folgten, ſo wuͤrde das lezte zum Mit-
laute. Ens waͤre von eſſe abzuleiten. Man ſagte
beſſer maximus als maxumus. Einige von dieſen,
und aͤhnlichen grammatiſchen Anmerkungen wurden
zur Regel; einige nicht. Denn ſelbſt Caͤſar, der
groſſe Sieger, und der groſſe Sprachkenner zugleich
konte da, wo es uͤber die Graͤnzen des Zwanges
hinausgeht, nichts mehr, als ein anderer thun, der
gleiche Sprachkentnis gehabt haͤtte. Schon ein Alter
hat angemerkt, daß Caͤſars Schlachten, der Buͤcher
von der Sprachaͤhnlichkeit ungeachtet, Caͤſars
Schlachten geblieben waͤren. Allein ich ſehe, daß
Sie ſich entfernen wollen; und dieß iſt auch die beſte
Parthey, die Sie zu nehmen haben. Denn Sie
wuͤrden doch nichts, als Ausfluchte wider mich vor-
brin-
[271] bringen koͤnnen; und bloß das zu thun, dazu haben
Sie zu viel Verſtand. Nur noch ein einziges Wort
zum Abſchiede: Dieſer bewunderte Caͤſar, deſſen
Schlachten, und Unterjochung Roms, deſſen noch
auszufuͤhrende Entwuͤrfe Sie auch nicht kennen,
(Jhre nahe Entfernung verbietet mir, mich auch uͤber
dieſen Punkt gegen Sie deutlich zu machen) dieſer
groſſe Krieger, der groͤſte vielleicht, der jemals ge-
lebt hat, ſagt von Ciceronen, deſſen Freund er in
Grunde nicht war: Sein Lorber waͤre ſchoͤner, als
die Lorbern aller Triumphe. Denn es waͤre groͤſſer,
die Graͤnzen des roͤmiſchen Geiſtes eben ſo ſehr er-
weitert zu haben, als die Triumphirenden die Graͤn-
zen des Reichs erweitert haͤtten.


Die Unterredung endigte ſich hiermit. Denn die
Altfranken begaben ſich weg.



Fuͤnfter Morgen.


Die Zunft der Kundigen dringt auf die Anklage der
ſtraffaͤlligen Ankuͤndiger und Ausrufer. Dieſe
geht vor ſich. Die Zuͤnfte erklaͤren, daß die
Landgemeine die Urtheile nicht ſprechen muͤſſe.
Die Aldermaͤnner wollen ſich auch nicht darauf
einlaſſen. Es wird geloſt, welche Zunft es thun
ſolle. Nach geſprochnen und vollzognen Ur-
theilen, wird der Denkſtein auf dem Plaze der
eingegangnen Scholiaſtenzunft errichtet.


Die Zunft der Kundigen war heut fruͤher,
als die andern Zuͤnfte zuſammen gekom-
men, ſich zu berathſchlagen, ob ſie ihren An-
wald,
[272] wald, der Ausrufer und Ankuͤndiger wegen,
an die Aldermaͤnner ſchicken, und Ausuͤbung
der Geſeze wider jene fodern wolten. Einer
aus der Zunft erklaͤrte ſich ſo uͤber die Sache:
Was bisher iſt geſagt worden, thut mir kein
Genuͤge. Jch bleibe dabey, es wuͤrde, wie
das Sprichwort ſagt, nicht das halbe Korn
tragen, wenn man den Unfug, den die Aus-
rufer geſtiftet haben, durch die Geſeze ruͤgen
wolte. Jch habe dem Dinge, ſeitdem wir in
unſerm deutſchen Vaterlande auch deutſch
ſchreiben, zugeſehn, und immer gar genau be-
merken koͤnnen, daß gute Schriften, was fuͤr
Duͤnſte die Ausrufer auch um ſie zuſammen-
gezogen haben, immer ihren Weg fort, nach
dem Sprichworte: Wer gehn kann, komt an;
ſchlechte Buͤchlein hingegen, mit welchem Jr-
wiſchglanze ſie auch ſind von jenen Leuten um-
leuchtet worden, den Weg alles Papiers, deſ-
ſen Worte keine Lebenskraft in ſich haben, ge-
gangen ſind. Mir hat’s dabey allzeit im Her-
zen weh gethan, wenn rechtliche Schreiber die
Muͤhwaltung uͤber ſich genommen haben, ſich
gegen die Angriffe ſolcher Leute zu vertheidigen.
Jm Anfange, als Gellert und Gleim noch neu
waren, da fabelten, oder liedelten ſie; (die mei-
ſten von denen, die in ſpaͤtern Zeiten aufge-
kommen ſind, haͤtten’s in jenen fruͤheren eben
ſo
[273] ſo gemacht) und da es mit dem Geſinge nicht
fort wolte, da verlieſſen ſie die Bank, und ſezten
ſich auf den bekanten Schemel, den ſie ſo gern
fuͤr einen Richterſtul gehalten ſaͤhen. Ob ſie,
wie abermal das Sprichwort lautet, ſich von
dem Pferde auf den Eſel geſezt haben, laß ich
deswegen keinesweges an den Ort geſtelt ſeyn,
an den ſo manches geſtelt wird, weil es klar
am Tage liegt, daß ſie ſich von einem Eſel auf
einen andern geſezt haben. Daruͤber, daß ſie
die Leute angreifen, ohne ſich zu nennen, und
alſo ihr Werk fein hinter dem Ruͤcken treiben,
mach ich ihnen keine Vorwuͤrfe. Denn es
wuͤrde doch bey der Sache nichts aͤndern, wenn
ſie ſolche unbekante Namen, als die ihrigen
ſind, auch nenten. Jch habe nichts geſchrie-
ben, und werde nichts ſchreiben; aber auch
wenn ich ſchriebe, wuͤrd ich nicht anders urthei-
len, und vornaͤmlich mich nie wider einen Aus-
rufer zur Wehr ſtellen. Denn ich wuͤrde es
meiner Obliegenheit halten, durch die That
zu zeigen, auch das Sprichwort: Weiſe Leute
ſind ſtarke Leute, ſey ein wahres Wort.


Die Zunft beſchloß gleichwol die Abſendung
des Anwaldes. Sein Vortrag an die Alder-
maͤnner (er las ihn ab) war dieſer: Wir ken-
nen die Geſchichte der Gelehrten ſo gut, als Je-
mand, und wiſſen, daß gute Schriften durch
STadel
[274] Tadel der Kritiker nicht untergehn, und ſchlechte
durch ihren Beyfall nicht bleiben; aber gleich-
wol wird keiner von uns (ſo ungern wir auch
Mitzuͤnfter verlieren, ſo ſaͤhen wir doch gern,
daß einige Werke von Jnhalt und Ausbildung,
die wir auf unſrer Zunft haben, bekant wuͤr-
den) keiner von unswird jemals etwas heraus-
geben, wenn die Geſeze an den Ankuͤndigern
und Ausrufern nicht vollzogen, und ſie dadurch
nicht genoͤtigt werden, ihrem Stolze Schran-
ken zu ſezen. Auf der Zunft der Wiſſer, die
wir mit der ganzen Republik verehren, und
aus der nicht ſelten Aldermaͤnner gewaͤhlt wer-
den, denkt man nicht anders, als auf der
unſrigen. Jch habe Wiſſer ihre Handſchrif-
ten verbrennen ſehn, damit ſie der Gefahr, ſie
doch wol noch heraus zu geben, nicht ferner
ausgeſezt waͤren. So unertraͤglich war ihnen
der Gedanke, von den Ausrufern angegriffen
zu werden. Und wie natuͤrlich iſt es auch,
dieſen Gedanken nicht aushalten zu koͤnnen.
Wer das fuͤr Schwachheit erklaͤrt, wird die
Schwachheit wenigſtens ſehr entſchuldigen.
Ein Mann, der denkt, und ſehr wol weis,
was er thut, wenn er ſo, und nicht anders
ſchreibt, ſoll ſich, vor den Augen ſeiner Mit-
buͤrger, ſeiner Verwandten, ſeiner Untergeb-
nen, ſeiner Feinde, der Welt, auf die bekante
Art,
[275] Art, anfallen laſſen, und noch dazu durch ſein
Stillſchweigen den Schein haben, als waͤre
der Anfall gerecht? Die Verhaͤltniſſe zwiſchen
dieſen Kritikern, und den Scribenten ſind zu
ungleich
. Jene duͤrfen alles thun; und dieſe
nichts. Denn welcher Scribent, der auf eine
gewiſſe Art denkt, wird ſich jemals vertheidi-
gen? Darf er ſagen, daß ſeine Schrift gut,
oder ſchoͤn ſey? Denn darauf wuͤrde das, was
er zu ſagen haͤtte, doch hinaus laufen, welche
Wendung er der Sache auch zu geben wuͤſte.
Kein halbes Wort darf er davon ſagen. Und
entſchloͤß er ſich auch dazu; wuͤrde nicht die
Vertheidigung eben deswegen ein ſehr wehrlo-
ſes Anſehn haben, weil er nur ein ſchuͤchternes
halbes Wort geſagt haͤtte? Und ſelbſt bey
Anlaͤſſen ſolcher noch ſo beſcheidnen Vertheidi-
gungen, pflegen die Ausrufer, ſie, die zuerſt,
und ſo ſehr beleidigen,
zu ſagen, das ſey das
Geſchrey des beleidigten Scribenten! Aber
roth iſt auch dafuͤr vor allen Geſichtern, die
nicht mehr roth werden koͤnnen, keins wie das
ihrige, von den Brandmalen der Schamloſig-
keit. Dawider wird denn doch wol auch nicht
der ſchwaͤchſte Einwurf vorgebracht werden
koͤnnen, daß die, welche, bey ſolchen Ver-
haͤltniſſen,
angreifen, ſehr unedel handeln?
Doch nur unedel zu handeln, das iſt ihnen noch
S 2zu
[276] zu wenig. Sie verfahren auch auf eine Art,
welche die guten Sitten gerade zu beleidigt.
Wird der entſchloſſenſte, ja ſelbſt der hizigſte
Mann, wenn er nur noch einen Schatten deß,
was den Sitten gemaͤß iſt, uͤbrig hat, irgend
Jemanden, wer er auch ſey, ſelbſt in der klein-
ſten Geſelſchaft, jemals Dinge ſagen, wie
dieſe Kritiker, ſelbſt guten Scribenten, und
das in der groͤſten Geſelſchaft, in der man nur
reden kann, ſo oft ſagen? Und ſo gar dieſes
iſt ihnen noch zu wenig. Sie handeln auch
hinter dem Ruͤcken, indem ſie ihre Namen
verſchweigen. Nur die ſehr wenigen duͤrfen
ihre Namen verſchweigen, (eine ganz andre
Frage iſt es, ob ſie es thun ſolten, und ob ſie
nicht manchmal misvergnuͤgt mit ſich geweſen
ſind, es gethan zu haben) die ſehr wenigen,
ſag ich, welche den Verſtand, die Kentnis,
die Wiſſenſchaft, und den Willen haben, ge-
recht zu ſeyn. Dieſe werd ich auf Erfordern
anzeigen (*), damit ſich nicht Leute ausnehmen,
die der Ausname unwuͤrdig ſind. Denn wie
viele
[277] viele wuͤrden ſich, ohne meine Erklaͤrung, un-
ter jenem Schirme verkriechen wollen. Was
die Namloſigkeit der uͤbrigen, das heiſt bey
weitem des groͤſten Haufens, anbetrift; ſo iſt
es, die Sache von einer andern Seite betrach-
tet, denn doch noch gut, daß man mindſtens
einige Scham, die naͤmlich, ſeinen Namen
zu nennen, uͤbrig behalten hat.


Gelehrte (um nur Einen Blik in die vorigen
Zeiten zuruͤk zu thun) haben ſonſt freylich auch
andre Gelehrte, die ſie gereizt, oder auch nicht
gereizt hatten, angegriffen. Damals hatten
denn nun die periodiſchen Blaͤtter ihre Fluͤge
noch nicht begonnen, und die Angriffe geſcha-
hen in den Buͤchern ſelbſt; (die untergegangen
ſind, verſteht ſich, ſo wie die Blaͤtter unter-
gehn werden, wie ſich auch verſteht,) aber im-
mer mit Anzeige des Namens, den man, wie
klein etwan auch er ſeyn mochte, wenigſtens
denn doch, ohne eben bis dicht an die Ohren
roth zu werden, nennen durfte. Selbſt der
kaͤlteſte unter euch, Aldermaͤnner, wird mich
nicht beſchuldigen koͤnnen, daß ich durch meine
S 3Vor-
(*)
[278] Vorſtellung auch nur Einen Schritt uͤber die
wirkliche Beſchaffenheit der Sache hinaus
gethan haͤtte. Jch habe Worte, und Wahr-
heit mit einer Genauigkeit, die eben nicht ge-
woͤnlich iſt, gegen einander abgewogen. Daß
dem ſo ſey, ſollen auch die, welche nach uns
kommen, wiſſen; wenn ſie anders in dem Ge-
ſchriebenen dieſer Leute blaͤttern, und es mit
dem, was ich geſagt habe, vergleichen moͤgen.
Aber wie ſie es auch mit der Sache halten wol-
len; ſo nimm gleichwol meine Erklaͤrung, Her-
old, und laß ſie von den Aufſehern in der groſ-
ſen Halle beylegen. Du haſt ſo recht, ſagte
der wortfuͤhrende Aldermann, als man ſelten
hat; aber Brodt und Schauſpiele, Anwald,
das iſt der Punct, wo alles zuſammentrift,
die voͤllige Steurung des Unweſens zu hin-
dern; nicht fuͤr den Poͤbel, wie einſt in Rom,
nein, bey uns iſt es ganz anders: das Brodt
fuͤr die Ausrufer, und die Schauſpiele fuͤr das
Publicum, das altfraͤnkiſche, und unſers.
Dem Puncte, ſagte der Anwald, fehlt noch
ein Puͤnctchen: Nicht nur Leibes Nahrung fuͤr
die Ausrufer, ſondern auch Nahrung fuͤr ih-
ren Stolz! Elendes Brodt, genieß es, wer’s
genieſſen mag. Aber vollends dieſes unpatrio-
tiſche Verfahren, unter den Altfranken aller
Enden und Orten ſolche Schauſpiele von uns
ſelbſt
[279] ſelbſt zu geben! Nie wird die Republik zu dem
Anſehn kommen, das ſie haben koͤnte, und zu
haben verdient, wo dieſem Unfuge nicht Ziel
und Maaß geſezt wird. Wenn die Groſſen
ſich noch einigermaaſſen um uns bekuͤmmern;
ſo geſchieht es dadurch, daß ſie den Schauſpie-
len, die wir von uns ſelbſt geben, wol mit zu-
ſehn moͤgen. Jhr wolt zwar nicht, Aldermaͤn-
ner, daß wir uns viel um die Groſſen bekuͤm-
mern ſollen; aber ſo weit muͤſſen wir es we-
nigſtens denn doch wol, daß wir endlich auf-
hoͤren ihre Luſtigmacher zu ſeyn. Wir, ſagſt
du, Anwald? Die Ausrufer ſind ja nur die
Luſtigmacher. Aber ſind’s denn nicht, antwor-
tete der Anwald, oft ſehr wuͤrdige Gelehrte,
auf deren Unkoſten jene beluſtigen? Und deh-
nen es nicht die Zuſchauer auf die Gelehrten
uͤberhaupt aus, was die Luſtigmacher von ei-
nigen vorbringen? Und wird nicht, nach die-
ſem Vorbringen, von dem Zuſtande der Repu-
blik geurtheilt? Jch bin erſt viel zu gelinde
geweſen, daß ich es nur Unfug genent habe.
Doch wenn dieß Verfahren auch keinen aͤrgern
Namen verdient; ſo iſt es doch eure Pflicht,
Aldermaͤnner, ihm Einhalt zu thun.


Der Wortfuͤhrer der Aldermaͤnner wendete
ſich zu dem Herolde .. (Nur noch Ein Wort,
ſagte Ekhard zu dem Anwalde, eh fortgeſchikt
S 4wird.
[280] wird. Es waren einmal eine Nachtigall, ein
Juͤngling, und eine Jungfrau; und es war
auch eine Muͤcke. Die Nachtigall ſang’s Lied,
der Juͤngling, und die Jungfrau blieben ſtehn,
und hoͤrten dem Liede recht herzlich gerne zu.
Jndeß ſchwaͤrmte die Muͤcke um die Nachti-
gall, und trompetete Gloſſen das Lied betreffend.
Je herlicher das Lied klang, deſto lauter wurde
die Muͤcke auf dem Trompetlein. Aber Saͤn-
gerin, und Zuhoͤrer blieben ungeſtoͤrt.) Gleich-
wol beharte der Anwald ſo ſehr bey ſeiner For-
derung, daß der Aldermann dem Herolde be-
fahl, den Anklaͤger herauf zu rufen, den ſie
neulich abgewieſen haͤtten. So hald dieſer da
iſt, ſezte er hinzu, ſo geh wieder, und ſuche
die auf, welche die Bilderchen entdekt haben.
Es waͤhrte nicht lange, ſo erſchien der Anklaͤ-
ger. Aber eh er anfangen konte, war eine
Bekantmachung noͤtig.


Der Herold ſtieß, der Gewonheit nach,
dreymal in die Trompete, und machte hierauf
folgendes bekant:


Alle, die, ſeit den beyden vorigen Landta-
gen bis jezt, in Zeitungen, oder Monathſchrif-
ten, oder auch in ſonſtigen fliegenden Blaͤttern
und Zetteln, dieſe moͤgen nun laͤngere oder
kuͤrzere Zeit gedauert haben, zu Budenpapier
geworden, oder in Baͤnde gekommen ſeyn,
alle,
[281] alle, die ſich ſeit angezeigter Zeit damit behelli-
get haben, in ſolchen Schriften und Blaͤttern
aufzutreten, und alldort auszurufen, oder an-
zukuͤndigen, werden hiemit, durch mich, den
Herold, vorgefodert, und befehliget, alſofort
vor den Aldermaͤnnern zu erſcheinen, und da-
ſelbſt namentlich, vernehmlich, wie auch haar-
klein, ihre allerſeitigen Ausrufe oder Ankuͤn-
digungen anzuzeigen, und hierauf das Weitere
zu gewaͤrtigen. Solte einer derſelben, wider
alles Vermuten, ſo geſezlos ſeyn, und ſich zu
erſcheinen widerſtreblich weigern; ſo wird ſel-
biger, ſo bald man durch die dicke Nacht ſeiner
Namloſigkeit wird durchgedrungen ſeyn, von
den Nachtwaͤchtern herbeygeblaſen werden.
Wofern ſich aber vollends einer erkecket, die-
ſen, oder den, oder jenen ſeiner etwanigen
Ausrufe nicht anzuzeigen; ſo empfaͤnget er,
im Falle daß er der verholnen Ausrufe halben
ſtraffaͤllig iſt, gleich nach der Ertappung, die
Ruͤge dieſer Straffaͤlligkeit zwiefach: und iſt
er in dieſem Betreffe nicht ſtraffaͤllig; ſo wird
dennoch die Verheimlichung nicht unbeahndet
gelaſſen.


Die Ankunft ſo Vieler von ſo vielen Sei-
ten, (ſelbſt aus den Zuͤnften!) ihr Gang, ihre
Gebehrdung, das alles war wirklich recht ſe-
henswuͤrdig. Beſonders merkte man es den
S 5Aus-
[282] Auslaͤndern an, daß ſie bey ihrer Heimkunft
ihren Freunden vieles von dieſem Vorgange
wuͤrden zu erzaͤhlen haben. Die Anzeige (bey
welcher der Herold dem unordentlichen Rufen
nicht ſelten Einhalt thun muſte) wurde nieder-
geſchrieben. Nachdem die Blaͤtter dem An-
klaͤger waren uͤbergeben worden; ſo las er die
Geſeze ab, nach denen er anklagen wolte.
Hierauf kam er, mit einigen Heften von ziem-
licher Dicke, zum Vorſchein, welche ſolche
Stellen aus den Schriften der Angeklagten
enthielten, die dieſen dadurch ungemein laͤſtig
fielen, daß ſie den Geſezen immer ſchnurſtraks
entgegen waren. Da er alſo die Stellen ſo gut
gewaͤhlt hatte, daß nichts als Ausfluͤchte |da-
wider konte vorgebracht werden; ſo hatten die
Aldermaͤnner beynah nichts anders zu thun,
als die Vertheidigungen abzuweiſen. Denn
ſie pflegen die Plauderhaftigkeit nie lange zu
dulden, wodurch man, eben deswegen, weil
man nur Ausfluͤchte macht, bloß Mangel des
Verſtandes, und auſſer dem noch den Stolz
zeigt, zu glauben, ſolcherley groͤbliche Sophi-
ſterey werde nicht, da es doch ſelbſt feine ſo
leicht wird, gleich beym erſten Anblicke ent-
dekt. Sie thaten nur ſelten eine und die an-
dre unerwartete Frage an die Angeklagten,
wodurch ſie dieſe und jene nicht dunkle Stelle
zu
[283] zu den hoͤchſten Graden der Deutlichkeit zu
erheben wuſten. Diejenigen Hefte des Anklaͤ-
gers, durch welche viel Geſchwaͤz bey wenig
Jnhalte
erwieſen wurde, waͤhrte den Alder-
maͤnnern manchmal zu lange. Man hoͤrte nicht
ſelten von ihnen: Abgebrochen! Genung!
Voͤllig genung! Ein Ausrufer unterſchied ſich
ſo durch ſeine Vertheidigung, daß ſie aufbe-
halten zu werden verdient: Wir ſehen, ſagte
er, nur allzu klar, wo es zulezt mit uns hin-
auslaufen werde! Wenn ich uns ſage; ſo ver-
ſteh ich meine meiſten Mitbruͤder, und nehme
nur etliche wenige aus, die wol ſelbſt nicht
recht wiſſen moͤgen, wie ſie unter uns gekom-
men ſind; und an denen uns auch gar wenig
gelegen iſt. Denn ſchaͤmen muͤſſen wir uns
ihrer, wegen ihrer Unpartheylichkeit, und Be-
ſcheidenheit, worinn ſie bis zum Laͤcherlichen
weit gehn. Man mag mir, wenn ich werde
geredet haben, Schuld geben, was man will;
aber den Mangel der Aufrichtigkeit ſoll man
mir gewiß nicht Schuld geben. Nach den Ge-
ſezen, hat freylich jeder von uns nur Eine
Stimme. Nach den Geſezen, iſt unſer Amt
kein Richteramt. Recht gut das! Mag es
doch in den Rollen ſo ſtehen! Aber, der Wir-
kung nach, haben wir viele Stimmen; ſind
wir Richter! Kurz, wir herſchen innen und
auſſen,
[284] auſſen, in der Republik, und drauſſen unter
den Altfranken! Denn wenn dieſe einmal
worinn blaͤttern, ſo iſt es in unſern Schriften.
Freylich erſtrecken wir unſre Herſchaft nicht bis
auf die Nachwelt; allein recht gut auch das!
Denn was gehen wir, und die Nachwelt, ein-
ander an? Uns iſt’s voͤllig genung, wenn wir
nur zu unſrer Zeit herſchen. Und das thun
wir denn ja auch, beſonders jezt, recht nach
Herzens Luſt. Du fragſt nach den Unter-
jochten,
Aldermann, Zuͤnfter, oder wer du
ſonſt biſt. Gleich! vorher nur noch Ein Wort
von unſrer Herſchbegierde. Wenn man denn
nun einmal etwas von einer gewiſſen Art ſeyn
muß; ſo iſt’s doch immer beſſer der Wolf, als
das Schaf zu ſeyn. Wir ſind alſo die Woͤlfe;
treten wie Woͤlfe mit einander in Buͤndniſſe,
und wenn die Raͤnke, die ſich unſre verſchied-
nen Rotten zu ſpielen pflegen, in Kriege aus-
brechen; ſo beiſſen wir uns auch wie Woͤlfe.
Wer die Schafe, die Beherſchten, die Unter-
jochten, oder wie ihr es ſonſt am liebſten hoͤren
moͤgt, wer dieſe ſind? Fuͤrs erſte viele, viele
Altfranken; fuͤrs andre das groſſe Volk (er-
lanbt uns immer dieſe Benennung) das groſſe
Volk ſamt und ſonders; drittens die meiſten
des Volks; viertens keine geringe Anzahl
Kenner, von der Zunft naͤmlich: aber wir ge-
rathen
[285] rathen ja fuͤnftens auch wol manchmal unter
dieſe oder jene andre Zunft; und ſoltens Ober-
zuͤnfte ſeyn, ſo gerathen wir darunter! Jſt
dieß nicht eine Herſchaft von einem Umfange,
daß es ſich gar ſehr der Muͤhe verlohnt, ſie zu
haben? Wie wir ſie fuͤhren dieſe Herſchaft,
das heiſſet, wie wir denen, welche Neigung
bey ſich verſpuͤren, ſich ſelbſt zu Schafen zu
machen, die Huͤlfe geben? Unter andern durch
Gruͤnde unſrer Beurtheilungen, die entweder
an ſich ſelbſt, oder ſo angewendet, wie wir ſie
anwenden, keine Gruͤnde ſind. Aber wir wiſ-
ſen ſie ſchon in genugſamen ſophiſtiſchen Nebel
einzuhuͤllen, daß ſie wol, als Gruͤnde, durch-
ſchleichen muͤſſen. Es wuͤrde laͤcherlich ſeyn
vorzugeben, daß die Beſchaffenheit unſrer
Gruͤnde uns ſelbſt nicht gar gut bekant waͤre:
allein fuͤhren Mittel nur zu Zwecken; was iſt
Herſchern an der uͤbrigen Beſchaffenheit der-
ſelben gelegen? Wir ſolten ſelbſt etwas her-
vorbringen? Dazu gehoͤrte zweyerley: Erſt
muͤſten wir’s koͤnnen, und dann wollen. Be-
kantermaaſſen koͤnnen wir es nicht! Doch ge-
ſezt, nicht zugeſtanden, wir koͤnten’s; iſt dieß
denn ſo ſuͤß, ſo hinreiſſend, als herſchen?
Selbſt etwas hervorbringen? Nein, nein,
komt uns nur nicht mehr damit. Viel lieber
der erſte in Querlequitſch, als der zweyte, wo
denn
[286] denn nun gleich? in einer groſſen, groſſen
Stadt! Die Aldermaͤnner haͤtten ihn gewiß
nicht ausreden laſſen, wenn ſie der Ableſungen
des Anklaͤgers, ob dieſer es gleich, nach Be-
ſchaffenheit der Sache, ſehr kurz machte, nicht
waͤren muͤde geweſen. Haͤtten wir durch deine
Aufrichtigkeit, ſagte der Aldermann, auch nur
das geringſte uns unbekante von euren Eigen-
ſchaften, und eurer Denkungsart erfahren;
ſo wolten wir es ungeſtraft hingehn laſſen,
was du nun da ſo geſagt haſt. Weil das aber
nicht iſt; ſo muſt du denn doch etwas beſtraft
werden. Jch ernenne dich alſo hiermit auf
drey Tage zum Schreyer.


Aber das Urtheil konte nicht vollzogen wer-
den. Denn der Poͤbel wolt ihn ſchlechterdings
nicht fuͤr ſein Oberhaupt erkennen, weil er ſie
mit Schafen verglichen hatte. Daruͤber wiſchte
er hernach auch ſeiner Ausrufe halben ohne
Strafe durch. Denn der Hohnlacher duͤnkte
ſich zu vornehm dazu, ſich einen Mann vor-
fuͤhren zu laſſen, den der Poͤbel nicht haͤtte zum
Schreyer haben wollen. Von denen, die nicht
erſchienen waren, wurde beſonders einer auf-
geſucht. Selbſt die Nachtwaͤchter waren bey
der Aufſuchung beſchaͤftigt, und freuten ſich
nicht wenig darauf, bey dieſem Anlaſſe ihre
Hoͤrner hoͤren zu laſſen. Der Mann, den man
ſuchte,
[287] ſuchte, hatte vor kurzem behauptet, daß er
wenigſtens hundert tauſend Stimmen haͤt-
te
*. Es war Vielen lieb, daß er nicht gefun-
den wurde. Denn ſeine Vorfuͤhrung wuͤrde
zu viel Laͤcherlichkeit fuͤr den Ernſt der Ver-
ſamlung gehabt haben.


Wir enthalten uns, mit gleicher Geſinnung,
verſchiedne Vorfaͤlle, die ſich bey dem Verhoͤre
ereigneten, zu erzaͤhlen. Die Geſchichte geht
ſolche kleine Begebenheiten vorbey; allein
unſre Jahrbuͤcher zeichnen es mit groſſer Sorg-
falt auf, weil einmal feſtgeſezt iſt, daß man
in denſelben alles ſoll finden koͤnnen, was ſich
waͤhrend eines Landtages nur immer zugetra-
gen hat. Die Anklage, die nicht kurze Zeit
gedauert hatte, war nun zwar geſchehn; aber
die Aldermaͤnner wolten, eh die Urtheile ge-
ſprochen wuͤrden, noch alles anwenden, die
weggebliebnen dahin zu vermoͤgen, daß ſie vor
ihnen erſchienen. Sie lieſſen in dieſer Abſicht
den Herold zu einer zweyten Bekantmachung
hervortreten. Dieſer rief: Alle Ausrufer und
Ankuͤndiger, die ſich durch bisherigen Auf-
ſchub und Zoͤgerung widerſpenſtig bezeigt ha-
ben, und nicht vor den Aldermaͤnnern erſchie-
nen ſind, werden hiemit noch Einmal vorgefo-
dert. Kommen mehr benante Ausrufer und
Ankuͤndiger ſtraks; ſo darf s ohne Begleit der
Nacht-
[288] Nachtwaͤchter geſchehn: laſſen ſie aber ihrer
ſtrafbaren Widerſezlichkeit dergeſtalt den Zie-
gel ſchieſſen, daß man ſie auskundſchaften muß;
ſo werden ſie als Aufwiegler und Meutmacher
angeſehn, und dieſerwegen, den Geſezen ge-
maͤß, mit der funfzehnjaͤhrigen Landesverwei-
ſung heimgeſucht.


Der Erfolg der Bekantmachung war, daß
noch eine ziemliche Anzahl vor den Aldermaͤn-
nern erſchien. Nachdem auch dieſer Sache
vorgeweſen war; ſo lieſſen die Aldermaͤnner
bey den Zuͤnften und dem Volke anfragen:
Ob die Republik die Urtheile faͤllen ſolte? Die
Antwort war: Deß Belangs waͤre die Sache
nicht. Die Aldermaͤnner moͤchten es daher
thun. Dieſe lehnten es von ſich ab. Weil
ſie aber, einiger wenigen wuͤrdigen Maͤnner
halben, die ſich auch auf Ankuͤndigungen ein-
gelaſſen hatten, nicht wolten, daß die Sache
vor das Polizeygericht kaͤme; ſo ſuchten ſie ih-
ren Zwek dadurch zu erreichen, daß ſie den
Zuͤnften und dem Volke vorſchlugen, die zu
uͤbernehmende Entſcheidung durch das Loos
auszumachen. Dieß war bisher noch nie ge-
ſchehn; und es waͤre auch gewiß nicht ange-
nommen worden, wenn die Aldermaͤnner nicht
hinzugeſezt haͤtten, daß es auch geſtattet wuͤr-
de, nicht mit zu loſen. Einige Zuͤnfte zoͤgerten
ein
[289] ein wenig, da der Herold mit den Loſen zu ih-
nen kam; unterdeß lieſſen ſich denn doch die
Anwalde zulezt das Gefaͤß oͤfnen. Die ge-
miſchte Zunft aber ſchlug es rund ab. Und ſie
hatte gewiß auch ihre recht guten Urſachen da-
zu. Denn die Republik haͤtte ihre Entſchei-
dung, im Falle, daß dieſe partheyiſch geweſen waͤ-
re, gerade zu verworfen; und hier unpar-
theyiſch ſeyn zu muͤſſen, wuͤrde ein zu harter
Stand fuͤr die Zunft geweſen ſeyn.


Das Loos traf die Zunft der Wiſſer. Sie
lieſſen ſich, mit der ihnen gewoͤnlichen Kaͤlte,
dieß und jenes von der Anklage, die ſie gehoͤrt
hatten, wiederholen, und ſprachen hierauf die
Urtheile.


Drey und dreyſſig mehrentheils Ankuͤndiger
entgalten viel Geſchwaͤz zu wenigem Jnhalte
durch die laute Lache. Wir wollen nur einige
der beruͤhmteſten Maͤnner nennen, und die
Namen unbekanter Leute ganz auslaſſen. Das
viele Geſchwaͤz entgalten alſo unter andern:
Ehrhard Pfifferling, Peter Wabbel, Theo-
bald Schwopp, der Aeltere, Otto Schlauch,
Dietrich Volkmar Seifenblaſe, und Erdmann
Zernebock.


An ſieben und ſiebzig groͤſtentheils Ausru-
fern wurden die vielen Stimmen durch den
Hohnlacher geruͤgt. Unter dieſen waren:
TGorg
[290] Gorg Wiſch, Fabian Brauſeke, Lorenz
Knirps, Seifſart Bimm, Siegfried Hahne-
kamm, die beyden Kickel, Alexander und Frie-
delin, Sebaſtian Zwerchfell, Euſtachius Kicke-
rick, und Gebhard von und zum Sparren.
Die drey lezten hatten beylaͤufig auch die Run-
de gemacht.


Zwey Ausrufer dachten eine recht gute Liſt
ausgeſonnen zu haben, um ſich von der Strafe
des Hohngelaͤchters zu befreyn; aber ſie ver-
ungluͤkte ihnen. Sie ſagten zu dem Anwalde:
Sie wuͤrden als fuͤr eine Milderung ihrer
Strafe danken, wenn ihnen, anſtatt ſich dem
Hohnlacher hinzuſtellen, erlaubt wuͤrde, ſich
unter den Poͤbel zu begeben. Es ſolte ihnen
eben die gewuͤnſchte Milderung zugeſtanden
werden, als man erfuhr, daß die beyden Leute
dem Poͤbel ſchon augehoͤrten. Dafuͤr muſten
ſie nun aber auch noch Einmal ſo lange, als
es ſonſt zu geſchehn pflegt, dem Hohnlacher
ſtehen.


Neun und neunzig Ausrufer waren (nach
der von dem Geſeze erlaubten Entſchuldigung)
die Zeit uͤber, da ſie die vielen Stimmen gege-
ben hatten, krank geweſen. Etliche unter
ihnen mochten wol die ungegruͤndete Furcht
haben, daß man ihnen nicht glauben wuͤrde.
Denn ſie ſchrien: Sehr krank! bettlaͤgrig!
immer
[291] immer von einer Ohnmacht in die andre! Zu
den neun und neunzigen gehoͤrten: Peter Kau-
der, Wilibald Dickepote, Hans Quytſch,
Martin Cyriac Kaaf, ein Baccalaur, Gorg
Veit Franz Hans Claas, ein Cicerone, Con-
rad Wisperling, Andrees Wiedehopf, Ulrich
Sgrebbele, Tobias Anshelm Fauſtrechtius,
Otto Haberſtroh, genant Unke, Lampert Hin-
rich Mulmeke, und Ruprecht Potentian All-
ruun.


Dreyzehn, ein Ankuͤndiger, und zwoͤlf Aus-
rufer, wurden, weil ſie ihr Amt fuͤr ein Rich-
teramt ausgegeben hatten, als Hochverraͤther,
ewig Landes verwieſen.


Einer ganz kleinen Anzahl (dieſe waren zwar
zur Anzeige mit vorgerufen, aber nicht ange-
klagt worden) rieth der Anwald an, ihre
Stuͤcke beſonders, und zwar bald heraus zu
geben. Denn den Buͤchern, zu welchen ſie
gehoͤrten, drohte der Untergang; und nur ſel-
ten truͤg es ſich zu, daß die Alterthumskenner
bey ihren Nachſuchungen ſolcherley Schutt
nicht vorbey gingen.


Die Namen gemeiner Hochverraͤther wer-
den bey uns von dem Hohnlacher in Runſtaͤbe
gekerbt, und buͤndelweiſe in eine Seitenhalle
geworfen. Da dieſer zu abgemattet von ſei-
nen heutigen Amtsverrichtungen war, ſo wurde
T 2die
[292] die Einkerbung dießmal von dem Ruͤmpfer vor-
genommen.


Es war beynah Mittag geworden, und die
Sache die Bilder betreffend muſte daher noch
ausgeſezt werden. Das einzige, was noch
vorgenommen wurde, war, daß ein Alder-
mann auf dem Plaze der eingegangnen Scho-
liaſtenzunft den Denkſtein errichten ließ. Es
war kein kleiner Zulauf bey dieſer Errichtung.
Dieß iſt die Aufſchrift:


„Steh ſtill, Auslaͤnder, und lerne, wie die
„deutſchen Gelehrten es ruͤgen, wenn man
„ſich Verdienſt anmaaſt, weil man bekante
„Nebenkentniſſe wiederholt. Hier war vor-
„dem die Stelle der Scholiaſtenzunft. Jm
„zwey und ſiebzigſten Jahre des achtzehnten
„Jahrhunderts beſchloß die verſammelte Land-
„gemeine, lieber eine Zunft weniger zu haben,
„als die Barbarey laͤnger zu dulden, mit der
„ſich dieſe Nachſager dem allgemeinen Gebrau-
„che der Sprache, und der Erweiterung der
„Wiſſenſchaften widerſezten.‟



Denk-
[293]

Denkmale der Deutſchen.


Eine gute, und eine ſchlimme That.


Die kriegeriſchen Katten duldeten Graͤnzeu ihres
Aufenthalts von den Roͤmern, und entzogen ſich dem
Buͤndniſſe der Deutſchen gegen die Eroberer. Da-
fuͤr ſuchten ſie die Sikambrer, Tenchterer, Sueven,
Brukterer, und Cherusker mit dem Schwerte heim.
Waͤren dieſe nicht ſo ſtolz geweſen, als ſie gerecht
waren; ſo haͤtten ſie Druſus nacheilende Legionen
in dem engen Thale vertilgt, und ſchon damals
Schatten vorausgeſendet, die groſſen Nachfolger von
Teutoburg anzukuͤndigen.


Die zuruͤkgelasne Streitaxt.


Authari, der Koͤnig der Longobarden, hatte ſich
Theudelinden, die Tochter Garibaldes, des Koͤnigs
der Bayern, zur Braut gewaͤhlt. Er ging mit ſei-
nen Geſandten, als einer von ihnen, zu Garibalden.
Der Juͤngling Authari, ſchoͤner Bildung, und weiſ-
ſes Haars, ſahe die junge Fuͤrſtin. Er ſagte zu
ihrem Vater: Sie iſt wuͤrdig, die Koͤnigin der Lon-
gobarden zu ſeyn. Laß ſie uns Kriegern, wie ſie
kuͤnftig nach unſrer Sitte thun wird, die goldne
Schale reichen. Theudelinde bracht auch ihm die
Schale. Er beruͤhrte ihr, da er getrunken hatte,
leiſe die Hand, und ließ ſie uͤber ſein Geſicht gleiten.
Die Fuͤrſtin erzaͤhlt’ es, vor Scham gluͤhend, ihrer
Amme. Es iſt der Koͤnig, Theudelinde, ſonſt haͤtt
ers nicht gewagt, dich zu beruͤhren. Die Geſandten
kehrten begleitet zuruͤk. Da ſie an die Graͤnze ge-
kommen waren, erhub ſich Authari an einem nahen
T 3Bau-
[294] Baume, ſo hoch er konte, auf ſeinem Pferde, haute
die Streitaxt in den Baum, ließ ſie darinn, und
ſagte zu den begleiten den Bayern: So fuͤhrt Authari
ſeine Waffen.


Geſez der Bayern von der Unverlezlich-
keit der Todten.


Frevel, oder Leichtſinn buͤſſet durch zwoͤlf Guͤlden,
wer die Leiche eines Erſchlagnen verlezt, mit Vorſaz,
auch nur durch die leichteſte Wunde, aus welcher
bey einem Lebenden Blut floͤſſe; ohne Vorſaz, in-
dem er unter die Adler, oder die andern Raubvoͤgel
ſchieſt, und der Pfeil die Leiche trift.


Die Eroberung Galliens.


Sechs tauſend Franken hielten Kriegswandrung,
zukten ihr Schwert, und nanten Gallien, Frankreich.


Die gute Einſicht.


Wir wuſten wohl, wer wir waren, wenn wir uns,
mit den uͤberwundnen weichlichen Roͤmern, und lau-
ter als ſie, Barbaren ne[n]ten. Denn ſo ſagten die
Raͤthe zu der Koͤnigin Amalaſchwind von ihrem
Sohne Athalerich: Er muß keine Lehrer haben, vor
deren Peitſche er zittre, ſondern ſolche, durch die er
die Lanze, und eine Herſchaft kennen lerne, die edel,
und barbariſcher Sitte ſey.


Kaͤdmon.


Auch nach Britannien hatten wir Eroberer geſen-
det. Unter ihnen war Kaͤdmon der erſte chriſtliche
Dichter, der an die Stelle der Barden trat. Er ſang
in
[295] in einer der Mundarten Niederdeutſchlands. Da-
mals waren, uͤber unſer ganzes Vaterland, nur
Mundarten, wie Buͤſche, ausgebreitet. Verpflanzte
Sproͤslinge Niederdeutſchlands wurden weiter gen
Norden zu Waͤldern. Der groſſe Wald, unſre
Sprache, erhub ſich ſpaͤter, und langſam in Ober-
deutſchland. Luther, und wenige, die nach ihm,
wie er, aushauten, und pflanzten, haben den Wald
zum Haine gemacht.


Roßbach.


Sie kamen, ſahn, flohn.


Die erhaltnen Waffen.


Audoͤn, der Koͤnig der Longobarden, hatte Turi-
ſenden, den Koͤnig der Gepiden, uͤberwunden, und
ſein Sohn, Alboͤn, den Sohn des Ueberwundnen,
Turismoden, in der Schlacht getoͤdtet. Die Feld-
herrn der Longobarden ſagten zu ihrem Koͤnige:
Dein Sohn, der dir den Sieg erfochten hat, muß
nun auch mit dir von deinen Rehen eſſen, und aus
deiner Schale trinken.


Jch kann die deutſche Sitte nicht aͤndern. Jhr
wiſt, er muß mir, eh er mein Tiſchgenoß wird, erſt
die Waffen eines auslaͤndiſchen Fuͤrſten bringen.


Alboͤn eilte mit vierzig Juͤnglingen zu Turiſen-
den, und foderte die Waffen ſeines Sohns. Turi-
ſend gab ihm ein Gaſtmahl, und ſezte ihn an die
Stelle, wo ſonſt ſein Sohn zu ſizen pflegte. Aber
nun kont er die Erinnerung des Todten nicht mehr
aushalten.


Ach dieſe Stelle hier iſt mir ſo werth; aber der
jezt daran ſizet, iſt mir ein bitterer Anblik.


T 4Das
[296]

Das hoͤrte ſein zweyter Sohn, Kunimund, und fing
an die Longobarden beleidigend anzureden. Jhr
ſeyd (ſie hatten ihre Sohlen mit weiſſen Baͤndern
befeſtigt) ihr ſeyd den Stuten gleich, die auch weiſſe
Fuͤſſe haben.


Ein Longobarde rief: Komm hin auf das Schlacht-
feld, und ſieh da, wie die Stuten ausgeſchlagen ha-
ben, und wie die Gebeine deines Bruders, gleich
den Knochen eines ſchlechten Gauls, auf dem Anger
umher liegen.


Die Gepiden entbranten, und machten Bewe-
gungen, mit dem Schwerte zu antworten. Auch
die Longobarden hatten den Grif ihrer Schwerter
gefaſt. Turiſend ſprang auf, lief unter ſie hinein,
und rufte, daß Gott kein Sieg gefalle, durch den
man den Feind am eignen Heerde uͤberwinde. Sie
ſezten ſich wieder zum Mahle, und waren ſo froh,
als ſie ſeyn konten. Turiſend nahm die Waffen ſei-
nes Sohns, und gab ſie Alboͤnen. Dieſer kam zu
ſeinem Vater, trank aus ſeiner Schale, und erzaͤhlte
ihm von den mitgebrachten Waffen. Alle, die zu-
gegen waren, prieſen den kuͤhnen Alboͤn, und den
edelmuͤtigen Turiſend.


Der Rhein zur Graͤnze.


Hermann that, nach Teutoburgs Schlacht, den
Zug nicht, vor dem Auguſt, und die ewige Stadt
zitterten. Jhm, der auch hierinn ein Deutſcher
war, galt das Groſſe der gewiſſen Ausfuͤhrung, vor
dem Groͤſſeren der ungewiſſen. Er ließ, die Be-
freyung zu vollenden, hundert Roͤmerfeſten gen Him-
mel aufflammen, ſo viele Male fuͤr ihn, aber die,
gleich
[297] gleich nach ihrer Erhebung, in die fruͤhere Truͤmmer
ſanken. Jn der Geſchichte dauren ſie.


Die Herſchaft der Deutſchen.


Auf den groſſen Buͤhnen: Rußland, Pohlen,
Daͤnnemark, Schweden, Preuſſen, Holland, Eng-
land, Jtalien, Ungern, Spanien, Weſt indien ſpiel-
ten, oder ſpielen ihr erhabnes Schauſpiel Deutſche.
Was geht dieſe Theodor von Neuhof an, der auf
Corſica Poſſen riß?


Der zuverlaͤſſige Bote.


Erimoald eilte ſeinem belagerten Sohne zu Huͤlfe.
Er ſchikte ihm ſeinen Pflegevater Seswald, die na-
hende Huͤlfe anzukuͤndigen. Dieſer fiel den Belage-
rern in die Haͤnde, und nun ſolte er an die Mauer
gehn, und ſagen, daß keine Huͤlfe zu erwarten waͤre,
oder ſterben. Seswald verſprachs, und ward hin-
gefuhrt.


Dein Vater komt, Romoald! Er war die lezte
Nacht ſchon beym Fluſſe Sanger. Mitleid mit mei-
nem Weib und Soͤhnen! Denn ſie toͤdten mich!


Die Belagerer warfen Seswalds Kopf uͤber die
Mauer. Dieſen nahm Romoald, kuͤſt ihn weinend,
und begrub ihn, wie ſo viel Treue es verdiente.


Die drey Freunde.


Der Thronraͤuber Grimoald hatte Bertarithen,
den Koͤnig der Longobarden, aus ſeinem Reich, und
zulezt auch aus dem Orte ſeiner Zuflucht vertrieben.
Bertarith entſchloß ſich, ſich Grimoalden zu uͤber-
laſſen. Dieſer ſchwur ihm:


T 5Weil
[298]

Weil du auf Treu und Glauben gekommen biſt;
ſo ſolſt du leben, und ſo leben, wie es dir nach dei-
nem Stande ziemt.


Aber bald war Schein fuͤr Argwohn da; und
Grimoald argwoͤhnte. Schon den erſten Abend ka-
men reiche Trachten von dem, was der Bogen ge-
faͤlt, und die Kelter gepreſt hatte, aus dem Palaſte
des Koͤnigs bey Bertarithen an. Ein alter Getreuer
ſeines Vaters liſpelte ihm ins Geheim zu: Er will
dich toͤdten! Die andern Ueberbringer baten ihn im
Namen des Koͤnigs, aus voller Schale zu trinken.
Sein Mundſchenke verſtands von ihm, daß er nur
Waſſer eingieſſen ſolte. Er trank das Waſſer, aber
Grimoald ſagte, nach der Wiederkunft der Ueber-
bringer:


Der Trunkenbold! Morgen ſoll er Wein, und Blut
ſpeyen! Bertarith ließ ſeinen Freund Hunolf rufen.
Jezt war das Mahl vorbey, jeder Gaſt weg, und
nur Hunolf, und noch ein Freund bey Bertarithen.
Sie rathſchlagten kurz. Der Uubekante, der dieß
ſo wenig zu ſeyn verdient, blieb, daß die Wache ihn
inwendig hoͤren, und fuͤr den trunknen Bertarith
halten ſolte. Hunolfen gelang kuͤhne Liſt, und er
brachte ſeinen Freund unentdekt durch. Er ließ ihn
uͤber die Mauer hinunter, und gab ihm Gefaͤhrten
mit. Grimoald erfuhr alles. Der edle Unbekante
ward zuerſt vor ihn gebracht. Er ſagte zu ſeinen
Hauptleuten, und Schildtraͤgern: Er ſoll nicht ſter-
ben, wie ihr mir rathet. Er hat, der Treue wegen,
den Tod nicht gefuͤrchtet, und er iſt bey mir, was
er bey ſeinem Freunde war. Hunolf verließ ſeine
Zuflucht, den Altar, und wurde, von dem Koͤnige
eben ſo aufgenommen. Nach einiger Zeit ſagte die-
ſer zu beyden:


Jch
[299]

Jch ſehe es, ihr waͤret lieber bey eurem Freunde!


Ja, wir wollen lieber mit ihm ſterben, als an-
derswo in Freude leben!


Grimoald ließ ſie mit aller ihrer Habe, und von
einer Bedeckung geſchuͤzt, zu ihrem geliebten Berta-
rith ziehn.


Geſez der rheiniſchen Franken vom Todtſchlage.


Wenn ein Franke des Rheinufers toͤdtet, ſo buͤſ-
ſet ers, iſt der Erſchlagne ein Roͤmer, durch hundert
Guͤlden; iſt er ein Alemann, ein Bayer, ein Frieſe,
ein Burgunder, ein Sachſe, durch hundert und ſech-
zig; iſt er aber ein ſaliſcher Franke, durch zwey hun-
dert Guͤlden, oder auch durch fuͤnf Schwerter mit
den Guͤrteln, einen Schild, zwo Lanzen, zween
Helme, zween Panzer, vier abgerichtete Falken, und
dreyſſig Hengſte.


Verſpottete Warnung.


Die Wandalen in Deutſchland ſendeten zu den
Eroberern, den Wandalen in Africa: Gluͤk euch zu
euren Thaten! Aber ihr bauet unter uns keine Huͤt-
ten mehr; gebt uns eure Einoͤde, daß wir wiſſen,
fuͤr welches Vaterland wir ſterben muͤſſen! Der Koͤ-
nig Gizerich, und das Volk gaben die Einoͤde. Al-
lein ein weiſer Greis, und bald nach ihm Gizerich
ſprachen: Breitet euch nicht aus. Das Gegenwaͤr-
tige ſo gar iſt ungewiß; noch ungewiſſer das Zukuͤnf-
tige. Das Volk lachte, und wuſte nicht, wie ſein
lezter uͤberwundner Koͤnig vor Wut der Verzweif-
lung lachen wuͤrde.


Die
[300]

Die Umbildung.


Die Longobarden waren durch lange Ruhe weich
geworden, und hatten zwey Schlachten gegen die
Bulgaren verloren. Jhr Koͤnig, Lamiſſio, fuͤhrte
ſie zu der dritten heran.


Eure Schmach, den Tod eures Koͤnigs, die Feſ-
ſel ſeiner Tochter, die ihr euch zur Koͤnigin erkort,
muͤſt ihr raͤchen! und lieber ſterben, als Knechte
werden!


Wie er ſprach, ſo ſtritt er. Und ein Sieg ward
erfochten, daß die Longobarden von neuem kriegeriſch
wurden.


Dieſen Grundſtein legte Lamiſſio, zu dem groſſen
Gebaͤude, zu der Eroberung Jtaliens.


Denkungsart eines Gothen.


Wider den Zweykampf vor dem Richterſtule fuͤhrte
Theuderich den Pannoniern das Beyſpiel ſeiner Go-
then an: Unter uns die Zunge, nicht die gewafnete
Hand! Schlacht im Felde, zu Hauſe Gerechtigkeit!
Kein Arm gegen Bruͤder erhoben, fuͤr die zu ſter-
ben, edle That iſt. Blumen auf das Grab des
menſchlichen Barbaren!


Gelimer.


Die Wandalen beſaſſen die Kuͤſten Africa’s vom
atlantiſchen Meer an bis Cyrene. Aber Gelimer,
ihr Koͤnig, ſtritt nicht deutſch, als er dieß ſein Reich
behaupten ſolte. Fruͤh bar er aus ſeinem Bergſchloſſe
die Sieger um Brodt, den Hunger, und um eine
Harfe, die Schwermut zu ſtillen. Als er vor Be-
liſaren kam, erhub er in der Wut der Verzweiflung
ein
[301] ein Gelaͤchter uͤber die menſchlichen Schikſale! Ein
zweyter Triumph, Karthago’s wegen, fuͤhrte ihn
in Konſtantinopel auf. Ein Anblik furchtbarer War-
nung; allein das Auge des Tiefſinnigen wandte ſich
von einem, der das noch mehr war, gen Himmel.
Denn unter den Schaͤzen des Ueberwundenen waren
die Tempelgefaͤſſe Jeruſalems.


Die Sonderung.


Als die Sproͤslinge der teutoniſchen Franken, die
Geſez und Schwert von Salogaſten und von den
Sikambrern hatten, die Stammart wandelten, nan-
ten ſie ſich: Alte edle Franken; und die Eroberer
druͤben: Galliſche Fremdlinge.


Der beſſere Ueberreſt.


Gelimer kuͤſte niederknieend den Purpur Juſti-
nians, indem vier hundert kuͤhnere Wandalen ih-
ren Schiffern Flucht, und ſich neue Kaͤmpfe gegen
die Ueberwinder geboten.


Unſre Kriege mit Aurelen.


Aurel fuͤhrte zween groſſe Kriege gegen uns.
Den zweyten zu fuͤhren, verkaufte er goldne Gefaͤſſe,
Gemaͤlde, Bildſaͤulen, den Schmuk der Kaiſer und
Kaiſerinnen; warb auch Fechter, Sclaven, und
Raͤuber; zog mit der blutigen Lanze des Krieges-
gottes von ſeinem Tempel aus, und ſtarb Sieger,
und Beſiegter. Sein Nachfolger muſte die Feſten
in des Feindes Lande verlaſſen, und ihm Gold fuͤr
den Frieden zuwaͤgen.


Das
[302]

Das Schloß uͤber der Graͤnze.


Valentinian bedekte den Rhein von der Quelle
bis zum Ausfluſſe mit Schloͤſſern. Er baute ſo gar
jenſeits bis dicht an die Graͤnzen. Auch dieß dul-
deten wir. Aber er verſtand, in ſeiner Freude, die
Duldung falſch. Denn er meinte, er koͤnte auch
uͤber den Graͤnzen, auf Pirens Berge, unvermerkt
ein Schloß bauen. Schon gruben die Roͤmer, und
ſenkten die Grundſteine. Syagrius, ein Vertrau-
ter des Kaiſers, Arator, und Hermogenes, zween
Feldherren, waren die Anfuͤhrer. Nach unſrer Gut-
herzigkeit daucht es uns auch jezt noch zu fruͤh, das
Schwert zu zuͤcken. Die Vaͤter der Juͤnglinge, die
Geiſſeln waren, erſchienen, und flehten mit gebog-
nem Knie die Roͤmer an: Seyd nicht ſo ſorglos we-
gen eurer Sicherheit, und brecht die Buͤndniſſe nicht
ſo, ihr, die Treu und Glauben zu dieſer Groͤſſe er-
hoben hat. Sie wurden kaum angehoͤrt. Sie
gingen, und beweinten ins Geheim das Schikſal
ihrer Soͤhne. Unſre verſtekten Krieger ſprangen
hervor, umringten, befragten die Wiederkommen-
den, eilten weiter, und hinderten den Bau ſo blu-
tig, daß nur Syagrius entrann, die Botſchaft zu
bringen.


Das Gegentheil der Abſicht.


Germanicus ſammelte Teutoburgs Gebeine, und
bedekte ſie mit einem Grabhuͤgel. Wir ſtaͤubten
den Huͤgel weg. Der Roͤmer hatte zerſtreute Erin-
nerungen zu einem Denkmale gemacht.


Das
[303]

Das Recht des Vortreflichen.


Wir, die Carbo’s, Caſſius, Scaurus, Caͤpio’s,
und Manlius Legionen durch Trommel und Heer-
pauke, als Kenner der Kriegskunſt, ſchrekten, wir
liebten auch wol einmal die ſanfteren Kuͤnſte. Denn
ſo gebietet das Geſez der Warner: Wer dem Mei-
ſter auf der Harfe die Hand verlezt, deß Buſſe ſoll
viermal groͤſſer ſeyn, als die fuͤr die Hand des Lehr-
lings.


Die Sechstauſend.


Sachſen kamen von einem Zuge, den ſie mit Lon-
gobarden gethan hatten, in die Heimath zuruͤk. Sie,
ſechs und zwanzig tauſend, trafen ſechs tauſend
Schwaben an, keine Eroberer, ſondern von Sige-
berten, ihrem Koͤnige, dorthin zum Anbaue geſandt.
Der kleine Haufen erbot ſich: Zum dritten Theile
des Landes; zur Haͤlfte; zu mehr! Kein Gehoͤr.
Zum Abzuge, ſo gar ohne die Heerden! Noch kein
Gehoͤr. Die kuͤnftigen Sieger hatten die Weiber
der Beſiegten ſchon unter ſich geloſt. Zwanzig tau-
ſend Sachſen, und fuͤnf hundert Schwaben fielen.
Dennoch ließ der kleine Ueberreſt der Sachſen das
Kriegshaar wachſen, und verwuͤnſchte ſich, nur uͤber
den Leichen ſeiner Feinde die fuͤrchterliche Huͤlle ab-
zunehmen. Die edleren ſiegten noch Einmal, und
lieſſen die Ueberwundnen unter ſich wohnen.



Der Abend.


Von einem zu ſchreibenden deutſchen Woͤrterbuche.


Die Crusca, die franzoͤſiſche Academie, Johnſon
haben Woͤrterbuͤcher ihrer Sprachen geſchrie-
ben.
[304] ben. Der einzelne Mann hat’s beſſer, als die Ge-
ſelſchaften gemacht. Gleichwol wuͤrden es Mehre
doch noch beſſer, als ſelbſt ein ſolcher einzelner Mann
machen koͤnnen. Jn der Crusca, und unter den Acade-
miſten theilte man ſich oͤfter Vorurtheile, als richtige
Unterſuchungen mit; und ſo ging es denn, wie es ge-
gangen iſt. Johnſon hat mehr, und tiefer in ſeiner
Sprache unterſucht, als jemals ein andrer in der
ſeinigen. Allein unſrer Sprache wuͤrde ſelbſt ein
Johnſon zwar wol das Waſſer, aber keinen Wein
reichen. Sie hat dazu einen zu groſſen Umfang.
Alſo muß ein deutſches Woͤrterbuch wenigſtens von
einigen geſchrieben werden. Aber dieſe muͤſſen ja
in keine Geſelſchaft zuſammengekneter ſeyn. Krieg
muß ſeyn, Aller gegen Alle! Ueber ein einziges
Wort, beſonders wenn es viele, und bedeutende Ab-
koͤmlinge hat, muͤſſen ſich oft zehn, und mehr wi-
derſprechen. Aber da wird man ja nur immer
ungewiſſer. Diejenigen, die Woͤrterbuͤcher ſchrei-
ben, ſollen ja die Sprache feſtſezen.
Feſtſezen?
Als wenn die unſrige nicht ſchon beynah durchge-
hends
feſtgeſezt waͤre? und es eine lebende Sprache
jemals ganz wuͤrde? Und dann ſolten es vier, fuͤnf,
zehn, zwoͤlf Maͤnner thun koͤnnen? Seit wenn ha-
ben denn die Nationen aufgehoͤrt ihre Sprachen feſt-
zuſezen? Nach den Scribenten, kann das kleine
Haͤufchen Unterſucher zu Feſtſezungen veranlaſſen.
Das iſt es alles; aber auch das ſchon iſt Verdienſt
um die Nation. Welche ſollen denn die Unterſu-
cher ſeyn?
Wer will, und kann; denn das lezte ge-
hoͤrt doch gleichwol auch mit zur Sache. Und wer
hernach der Samler des Zerſtreuten?
Auch wer
will und kann. Wenn der’s aber nun ſchlecht
macht? wegwirft, was er behalten ſolte, und be-

haͤlt,
[305]haͤlt, was er wegwerfen ſolte? So komt ein andrer,
der Augen im Kopfe hat, und macht es beſſer. Nur
keine grauen Haare wegen der Samlung. Alles
komt darauf an, daß der Samler was vorfinde, wo-
bey ihm die Luſt zur Wahl ankommen kann. Jch
werde naͤchſtens einmal ein Paar Scherfe eines er-
ſten Beytrags mitbringen.



Sechſter Morgen.


Vorfall, der ſich mit einem gewiſſen de la Popepiere
zutraͤgt. Was in Abſicht auf die Polemik, und
die Heraldik feſtgeſezt wird. Der Ausrufer,
welcher die hundert tauſend Stimmen gehabt
hatte, wird noch gefunden. Trennung des
Buͤndniſſes, welches verſchiedne Ausrufer, und
einige Mitglieder der aufgehobnen Scholiaſten-
zunft unter einander gemacht hatten.


Da ſich die Zuͤnfte heut etwas langſam ver-
ſammelten, ſo lieſſen ſich die Aldermaͤn-
ner, waͤhrend daß die Zuͤnfte ankamen, die
Zwiſtigkeit vortragen, die ein Nachtwaͤchter
mit einem Sieur de la Popepiere genant Tau-
perau gehabt hatte. Weil die Auffuͤhrung
des Nachtwaͤchters bey der Sache wirklich
recht gut geweſen war, ſo machten ihn die Al-
Uder-
[306] dermaͤnner, ihn dafuͤr zu belonen, zum Unter-
herolde.


Mit dieſer Begebenheit hatte es folgende
Bewandnis. De la Popepiere war auf den
Landtag gekommen, um als Marktſchreyer
auszuſtehn. Er hatte gedacht, daß er dieß
den Deutſchen wol wuͤrde bieten koͤnnen, oder
vielmehr, daß er es ihnen bieten muͤſte, wenn
er anders zu ſeinen beyden Zwecken kommen
wolte, naͤmlich ſich rechtſchaffen bewundern,
und zugleich durch ein gut Stuͤk Geldes beza-
len zu laſſen. Aber bey ſeiner Ankunft bemerkte
er denn doch gleichwol, daß es mit der oͤffent-
lichen Marktſchreyerey, dem Ausſtande in ei-
ner Bude, und dem franzoͤſiſch-deutſchen Hans
Wurſt (denn fuͤgen wolt er ſich ſo gut er nur
immer koͤnte,) nicht gehen wuͤrde. Seiner
Bemerkung zu Folge kehrte er jezo die andere
Seite heraus, die, in Vergleiche mit der er-
ſten, zwar wol etwas feiner, aber an ſich ſelbſt
doch noch immer gar grob war, indem er, oh-
ne eine Bude zu haben, beynah im Tone der
Bude ſeinen Unterricht angedeihen ließ. Es
gelang ihm dieß auch ſo gut, daß er verſchiedne
unſrer Juͤnglinge voͤllig hinriß. Sie bewun-
derten, und bezahlten ihn recht nach ſeines Her-
zens Luſt.


Er
[307]

Er war gekommen, die deutſchen Scriben-
ten ſchreiben zu lehren. Dieſe ſeine Weisheit
machte er in zwey verſchiednen Vorleſungen
bekant, von denen die erſte gewiß nicht wohl-
feil, und die zweyte ausſchweifend theuer war.
Jn der erſten lehrte er, Aus wenigem viel,
und in der zweyten, Aus nichts etwas ma-
chen.
(Sein Hans Wurſt triebs noch aͤrger.
Er brachte ſeinen Lehrlingen ſo gar bey, wie
ſie Aus nichts viel machen koͤnten.)


De la Popepiere hatte ſeine Lehrſtunden von
ungefaͤhr auf folgende Art eroͤfnet: Geheim-
niſſe theil ich euch mit, und ganz und gar nicht
ſo etwas, als ſchon in Buͤchern ſteht, und als
es ſo gar ein Deutſcher lehren kann. Meine
Geheimniſſe ſind zwar einigen, beſonders fran-
zoͤſiſchen Scribenten zur Gnuͤge bekant; und
ſie zeigen es auch recht meiſterhaft in ih-
ren Schriften, daß ſie in dieſelben hineinge-
drungen ſind: aber die Theorie haben ſie im-
mer noch fuͤr ſich behalten. Jch bin es, der
dieſe nicht etwa nur ſo gut, als die Scriben-
ten einſieht, ſondern der ſie auch auf eine licht-
volle Art vortraͤgt. Was wuͤrde euch ein noch
ſo anhaltendes Studiren dieſer Muſter helfen,
wenn meine Theorie nicht ihre Fackel uͤber den-
ſelben ſchwaͤnge, und ſo ſchwaͤnge, daß die
Schoͤnheiten der Muſter den Weg in Kopf
U 2und
[308] und Herz finden koͤnten? So erleuchteten vor-
dem die Roͤmer uns, als wir noch Barbaren
waren, wie wir euch Deutſche ſchon ſeit langer
Zeit erleuchtet haben, und immer noch fort-
fahren zu erleuchten! Jch bin eigentlich in der
Abſicht auf dem Landtage angelangt, die Scri-
benten ſchreiben zu lehren; und ich weis nicht,
wie es zugeht, daß ſie ſich nicht als Zuhoͤrer
bey mir einfinden. Solte es wol gar Stolz,
zwar immer ſehr ungegruͤndeter, aber doch
Stolz ſeyn, daß ſie nicht kommen? Ja, es
iſt Stolz, der naͤmlich: Sie ſchmeicheln ſich
meine Geheimniſſe ſelbſt auszufinden. Denn
unmoͤglich koͤnnen ſie noch ſo weit zuruͤk ſeyn,
daß ſie die Geheimniſſe, die ich habe, verach-
ten ſolten. Was euch anbetrift, meine jezigen
Zuhoͤrer, ſo ſeyd ihr freylich noch keine Scri-
benten; (ich kann nicht wiſſen, was etwa einer
oder der andre ſchon im Winkel geweſen iſt)
allein ihr werdet es doch vermutlich ſeyn: und
ſo lernet ihr denn deſto fruͤher, was euch vor
allen Dingen zu wiſſen noͤtig iſt. Jhr werdet die
Fruͤchte der liebenswuͤrdigen Lehrbegierde, mit
welcher ihr da vor mir ſteht, ſchon einernten;
und mit Neide werden euch die, welche jezt nur
ſo eben dem Namen nach Scribenten ſind,
uͤber ſich wegfliegen ſehen.


Dieß
[309]

Dieß war der Ton, in welchem er, nicht
unſre deutſchdenkenden Juͤnglinge, denn die
lieſſen ſo etwas nicht an ſich kommen, ſondern
unſre junge Brut, nicht ohne mancherley Ge-
behrdung und Handgaukeley, unterrichtete.
Da er eben einmal eine ſolche Lehrſtunde hielt,
fuͤgte es ſich, daß ein Nachtwaͤchter, weil er
ein ſo gar groſſes Geſchrey hoͤrte, endlich ſtehn
blieb. Der Mann wuſte anfangs gar nicht,
woran er war. Denn ob er gleich das, was
geſagt wurde, recht gut verſtand, ſo glaubte
er doch lange Zeit, er irte ſich. Denn er konte
ſich nicht vorſtellen, daß das wirklich die Mei-
nung waͤre, was er nur aus Unerfahrenheit
und Gutherzigkeit nicht dafuͤr hielt. Er brachte
eine ziemliche Zeit mit Angaffung und Ver-
wundrung zu. Als er aber endlich einſah, daß
er von Anfang an alles recht verſtanden haͤtte;
ſo draͤngte er ſich auf Einmal, und mit Unge-
ſtuͤme durch die Zuhoͤrer, faſte den Redner bey
der Schulter, und ſagte: Hoͤr er einmal,
Freund! alles, was er da geſagt hat, iſt
ſchnurſtraks wider unſre Geſeze. Wir ver-
bieten Geſchwaͤz, wie er da, als eine ſo herliche
Sache, einſchaͤrft, bey harter Strafe. Und
wider dieſes Verbot will er ſelbſt zu der Zeit,
da die Landgemeine beyſammen iſt, unſre jun-
gen Leute aufwiegeln? Was regt er ſich noch
U 3viel?
[310] viel? Was gaukelt er von neuem? Meint er,
daß ich dieſe Hand vergebens beym Ueberſezen
zur Fauſt geſchrieben habe? Jndem hob, und
balte der Nachtwaͤchter dieſe Fauſt; und waͤ-
ren die Zuhoͤrer nicht dazwiſchen geſprungen;
ſo haͤtt er ſie vermutlich auch gebraucht. Laſt
mich nur, rief er, laſt mich, ich habe mich ei-
nes Beſſern beſonnen. Hoͤr er .. Freund,
wolt er vermutlich ſagen, weil aber de la Po-
pepiere, der ſich jezt ſicher glaubte, ihn etwas
hoͤniſch anſab, ſo fiel es anders aus: hoͤr er,
Auſſenmenſch! ſagte der ehrliche Nachtwaͤch-
ter, ich habe einmal wo geleſen, wie es ſeine
alten Vorfahren mit Leuten, wie er einer iſt,
gehalten haben. Wenn ſich dazumal ſo ein
Geſell vor dem Volke als einen Kuͤnſtler zeigen
wolte, und das Kunſtſtuͤk dem Volke nicht ge-
fiel; ſo warfen ſie ihn mit geſamter Hand ins
Waſſer, und das nicht etwa nur ihn abzukuͤh-
len, ſondern ihn zu erſaͤufen. Und das eben
hab ich mir vorgenommen mit ihm, und zwar
jezt gleich, zu bewerkſtelligen! Das ſchlimſte
war, daß er es wuͤrde gethan haben, wenn
die Anzahl derer, die ihn abhielten, nicht zu
groß geweſen waͤre. De la Popepiere bekam
voͤllig Zeit ſich zu entfernen; und ſein Gegner
willigte endlich ein, ihn wenigſtens heute nicht
zu erſaͤufen. Denn man konte ihn ſchlechter-
dings
[311] dings nicht dahin bringen, ſeinen Vorſaz voͤl-
lig fahren zu laſſen. Die Aldermaͤnner ſchik-
ten dem de la Popepiere einen Wegweiſer, mit
dem Bedeuten, daß er ſich dieſem zuverlaͤſſigen,
und mit den kuͤrzeſten Wegen wol bekanten
Manne ſogleich nach deſſen Ankunft anvertraun
moͤchte.


Endlich waren die Zuͤnfte, und das Volk
verſammelt. Die Zunft der Gottesgelehrten
kam zulezt an. Etliche unruhige und eitle Maͤn-
ner hatten ſie ſo lange in ihrer Halle aufgehal-
ten. Die Zunft ſchikte gleich nach ihrer An-
kunft den Anwald zu den Aldermaͤnnern. Es
iſt ſonderlich genung, ſagte er, daß wir es ge-
weſen ſind, welche die Polemik zu einer Wiſ-
ſenſchaft erhoben haben; da wir es allein nicht
haͤtten thun ſollen, wenn es auch alle uͤbrigen
Zuͤnfte gethan haͤtten. Jch will mich jezo da-
bey nicht aufhalten, daß es auſſer dem auch
laͤcherlich war, die Behauptung ſeiner Mei-
nung gegen Andre in eine Wiſſenſchaft zu ver-
wandeln. Die Sache ſelbſt haben zwar die
andern Zuͤnfte auch, nur daß ſie ihnen nicht
auch eine Wiſſenſchaft iſt; aber das rechtfer-
tigt uns nicht. Denn uns lag es vorzuͤglich
ob, keine Polemiker zu ſeyn. Jch wende mich
hierdurch auf Befehl meiner Zunft an die Re-
publik mit dem Anſuchen, die Polemik aus der
U 4Zahl
[312] Zahl der Wiſſenſchaften auszuſchlieſſen. Ueber-
zeugt, daß man uns leicht willfahren werde,
denn in ſo guten Zeiten leben wir! merke ich
nur noch an, daß mein Anſuchen vornaͤmlich
um der Altfranken, und der wenigen kurzſich-
tigen ſtoͤrriſchen Maͤnner willen geſchieht, die
wir noch immer unter uns haben, und die wir
nicht nur dulden, ſondern mit groſſer Scho-
nung* dulden muͤſſen, weil wir ihnen Beyſpiele
ſchuldig ſind. Waͤhrend der Anrede des An-
walds hatten ſich ein Paar der Stoͤrriſchen auf
die gemiſchte Zunft begeben, und dort durch
ihre Vorſtellungen nicht wenige Kritiker in
Bewegung gebracht. Man moͤchte, ſagten
ſie, doch die Ehre der Polemik retten! ſie doch
als Wiſſenſchaft beyzubehalten ſuchen! die
theologiſche Polemik vor allen Dingen! aber
freylich auch (in der Hize, in welcher ſie wa-
ren, wuſten ſie kaum recht, wie ſie ſich aus-
druͤcken ſolten) die literariſche Polemik mit!
die polemiſche Literatur mit! Nur mit? wurde
ihnen geantwortet, unſre Polemik, unſre Pal-
las Minerva mit der Lanze, und der undurch-
dringlichen Aegide nur mit? Jn der Angſt ga-
ben die Theologen dießmal nach, und riefen:
Nein nicht mit! beyde zugleich! die beyden
Schweſtern zugleich! So laſſet euch doch ver-
ſoͤnen, wir ſagen’s ja, wir wiederholen’s ja:
Die
[313] Die beyden Polemiken zugleich! Nun gut
das! aber welche iſt die aͤltere Schweſter?
Unſre denn doch wol! erwiederten die Theo-
logen. Eure Polemik? eure? Nein was zu
weit geht, das geht zu weit! Dieſer Zwieſpalt
wurde zulezt zu einem ſolchen Zerfalle, daß
man in vollem Zorne von einander ſchied. Mit
der Stimmenſamlung war es bald vorbey.
Die gemiſchte Zunft haͤtte beynah fuͤr die Bey-
behaltung der Polemik geſtimt. Waͤren die-
jenigen Zuͤnfter, welche den Zwiſt mit den
Theologen gehabt hatten, von ihrem Grolle
geblendet, und ohne zu wiſſen, was ſie thaͤten,
nicht zu der guten Parthey uͤbergetreten; ſo
haͤtte die Beybehaltung auf dieſer Zunft die
Oberhand bekommen. Nun war nur das Volk
dafuͤr. Einige hatten Neugier genung, unter
dem Volke nach der Urſach zu fragen. Was
man denn auch immer ſage, war die Antwort,
ſo koͤnnen und moͤgen wir nicht verbergen, daß
wir die Schauſpiele uͤber alles lieben!


Jezo trat ein Aldermann hervor. Man
kann ſich, ſagte er, daruͤber betruͤben, aber es
doch auch vergeſſen, daß einzelne Gelehrte den
Groſſen ſo oft geſchmeichelt haben; allein daß
die Republik die Heraldik, die kaum eine klei-
ne Kentnis iſt, zu einer Wiſſenſchaft gemacht,
und ſie, als Wiſſenſchaft, nun ſchon ſo lange
U 5hat
[314] hat gelten laſſen, uͤber dieſe groͤſte unter allen
Schmeicheleyen ſich nur zu betruͤben, das waͤ-
re wenig; daruͤber aufgebracht zu werden,
auch nicht viel: wenn es moͤglich ſeyn ſoll, das
Geſchehne zu vergeſſen; ſo muͤſſen wir dieſe
Wiſſenſchaft zu dem herunter ſezen, was ſie
iſt, zu einer geringen, und vor allen andern
eingeſchraͤnkten Kentnis, ſie die Wappen-
kunde, oder mit einem andern gleich angemes-
nen Namen nennen, und ſie dann, als eine
ſolche Kentnis, ſtudieren, oder auch, mit der
verzeihlichſten Unwiſſenheit, ganz unbekant
darinn bleiben. Wenn wir auch nur in ge-
ringſtem von dem, was die Gewonheiten der
Landtage erfodern, abweichen moͤchten; ſo
wuͤrden wir jezt die Stimmen gar nicht ſam-
meln laſſen. Denn es duͤnket uns, daß hier
die bloſſe Vorſtellung der Sache, und die Ein-
ſtimmung Aller einerley ſind.


Der Herold war noch nicht wieder zuruͤk-
gekommen; ſonſt wuͤrd er jezo gleich zur Stim-
menſamlung abgegangen ſeyn. Jndem er er-
wartet wurde, kamen etliche Altfranken zu den
Aldermaͤnnern herauf. (Andre waren unter-
deß auf die Zuͤnfte gegangen.) Die anfaͤngli-
che Verwundrung der Altfranken wurde von
den Aldermaͤnnern mit einer ſolchen Kaͤlte
beantwortet, daß jene bald zu Vorſtellungen
kamen.
[315] kamen. Aber auch die Vorſtellungen hatten
keinen andern Erfolg, als daß die Aldermaͤn-
ner mit eben der Kaͤlte, und aus Gruͤnden,
denen es weder an Kuͤrze, noch an Guͤte fehlte,
zulezt anriethen: So moͤchten ſie denn unter
ſich die Heraldik eine Wiſſenſchaft bleiben laſ-
ſen, und ſie mit allen dem Fleiſſe, deſſen ſie
nur immer faͤhig waͤren, und, wenn ſie auch
das fuͤr gut faͤnden, nur in den gluͤklichen
Stunden des Genies ſtudieren! Der Herold
war indeß zuruͤk gekommen. Die meiſten
Zuͤnfte winkten ihm ihre Stimmen zu; die
uͤbrigen lieſſen ſie, dem Gebrauche gemaͤß,
von den Anwalden ſammeln, und ſie dann dem
Herolde bekant machen. Daß dieſe Zuͤnfte
nicht ſo ſchonend, als die andern waren, kam
daher, weil die Altfranken dort ihre Meinun-
gen zu lebhaft vorgetragen hatten. Wenn der
Herold alle Stimmen anzukuͤndigen hat, ſo
ruft er die Namen der Zuͤnfte nicht aus, ſon-
dern er trit nur ein wenig auf ſeinem Plaze
vor, und giebt die Trompete weg. Und auf
dieſe Weiſe erfuhr man auch jezo, daß die
Sache durch alle Stimmen waͤre entſchieden
worden.


Wir haͤtten beynah aus der Acht gelaſſen zu
erwaͤhnen, daß dieſesmal die Stimmenſam-
lung durch einen ſchnellen Lerm, doch nur auf
kurze
[316] kurze Zeit, unterbrochen wurde. Wir wuͤr-
den dieſer Sache auch gar nicht gedenken, wenn
ſie nicht einen ſo beſondern Ausgang genom-
men haͤtte. Der Kritiker mit den hundert
tauſend Stimmen
war noch unvermutet auf-
gefunden worden. Da ihn nun die Nacht-
waͤchter, mit keiner geringen Freude an dem
Hergange, herbey blieſen; ſo kann man ſich
den Lerm, der dadurch entſtand, leicht vorſtel-
len. Die Aldermaͤnner konten jezt nicht um-
hin, den Kritiker vor ſich bringen zu laſſen.
Ekhard bekam den Auftrag, des Dinges hal-
ben Verfuͤgung zu treffen. Dieſe traf er da-
durch, daß er ein Fuͤnfergericht niederſezte.
Die Beſtaͤtigung, oder Aufhebung des Ur-
theils behielt er ſich dabey vor. Das Gericht
beſtand aus zwey Nachtwaͤchtern, einem ihrer
Aufwaͤrter, dem Ruͤmpfer, und dem Schreyer.
Nachdem dieſe Richter drey Tage allzeit bis
in die ſpaͤte Nacht in der Sache zu Werke ge-
gangen waren, ſo hatten ſie (die Nachtwaͤch-
ter waren zulezt auch mitleidig geworden) auf
den Vorſchlag des Schreyers, der auch allein
der Ausfuͤhrer deſſelben ſeyn konte, es ſo ein-
gefaͤdelt: Der ſaͤmtliche Poͤbel, der dabey be-
kantlich nichts wagte, ſolte die hundert tau-
ſend Stimmen auf ſich nehmen. An den Poͤ-
bel koͤnten ſich ja dann nur die Aldermaͤnner
des
[317] des vielſtimmigen Kritikers wegen halten.
Aber die Stimmen muͤſſen denn doch, ſagte
der Schreyer, unter die Mitglieder des groſſen
Volkes vertheilt, und es muß ausgemacht wer-
den, wie viele jeder auf ſich nehmen ſolle.
Dieß wurde von den Mitgliedern des Fuͤnfer-
gerichts ſo gleich genehmigt. Zum Ungluͤcke,
(wie es ſcheinen koͤnte,) verzaͤhlte man ſich bey
der Vertheilung etwa um hundert und funfzig
Stimmen, ſo daß der mehr erwaͤhnte Kritiker
wenigſtens auf ſo viele Jahre haͤtte muͤſſen ver-
wieſen werden. Kaum war das Gericht mit
der Vertheilung fertig, ſo lief es in aller Eile
zu Ekharden, und uͤberreichte das Urtheil.
Dieſer ſchien die Papiere genau anzuſehn, und
auch zuzuhoͤren, als ihm der ganze Verlauf
ſehr umſtaͤndlich vorgetragen wurde; aber
gleichwol hoͤrte und ſahe er nur ſehr wenig da-
von, und unter andern die Verzaͤhlung nicht,
die mit den hundert und funfzig Stimmen
vorgegangen war, ſo daß der Angeklagte ohne
alle Strafe los kam, und nun von neuem nach
Herzens Luſt ausrufen konte.


Die Landgemeine wolte eben aus einander
gehen, als von der Seite des Tannenwaͤld-
chens, wo der Poͤbel ſehr weit uͤber das Volk
hinaus ſtand, viele ganz auſſer Athem herzu-
gelaufen kamen, und ſchrien, daß ſich hinter
den
[318] den Tannen auf Einmal ein ſehr dicker Staub
erhoben haͤtte. Es kamen immer mehr, und
berichteten, daß der Staub zunaͤhme. Die
Aldermaͤnner ſchikten gleich zwey Anwalde ab.
Als dieſe zuruͤk kehrten, ſo winkten ſie dem
Herolde, ihnen entgegen zu kommen. Der
Herold machte, auf erhaltnen Befehl, folgen-
des bekant: Hoͤret, und beruhiget euch! Die
meiſten der eingegangnen Scholiaſtenzunft ei-
nerſeits, und gar viele derjenigen Ausrufer,
die neulich den Hohnlacher in der Naͤhe haben
beaͤugen muͤſſen, andrerſeits, ſind die lezt ver-
laufne Nacht in ein Buͤndnis, und in eine
Verbruͤderung mit einander getreten, und ha-
ben in angezeigter Nacht, als wahre Meut-
macher, unter ſich verabredet, zu einer aus-
laͤndiſchen Gelehrtenrepublik uͤberzugehn, und
allda, ſofort nach beyderſeitiger Ankunft, gar
manches einzufaͤdeln, und anzuzetteln, wie
denn auch hierauf, mit Huͤlf und Beytritt der
auslaͤndiſchen Republik, recht kekhafte und
groſſe Feindſeligkeiten wider uns deutſche Ge-
lehrte vorzunehmen, und zu veruͤben. Nun
haben ſie aber mit und unter einander ganz
nicht einig werden koͤnnen: Ob ſie nach Hol-
land, oder nach England ziehen ſolten? wobey
denn die Scholiaſten immer geſchrien haben:
Nach Holland! Denn dort darf Athen doch
noch
[319] noch bluͤhen! Dort zuͤnden keine neue Nerone
Rom zum zweytenmal an! Und die Ausrufer
haben geſchrien: Nach England! Denn dort
wird doch noch freyes Kunſtgericht gehegt!
Dort duͤrfen die Gelehrten doch noch mit ſo
vielen Stimmen Ausſpruͤche thun, als ihnen
zu haben beliebet! und das hat denn lange
Zeit ſo fortgewaͤhrt. Da ſind ſie zulezt ſo er-
bittert auf einander worden, daß ſie (Saure
Pflicht, die einem Herolde obliegt, ſo was an-
zeigen zu muͤſſen!) daß ſie ſich theils in die
Haare, und theils an die Ohren, oder auch
zugleich einerwaͤrts, und anderwaͤrts hingera-
then ſind. Die Nachricht wurde mit Lachen
angehoͤrt, und die wenigen, welche ernſthaft
werden, und die Meutmacher, des Einfaͤdelns
und Anzettelns wegen, auf der Stelle Landes
verweiſen wolten, konten damit nicht durch-
dringen. Gleichwol haben die Meutmacher
ihre Zeit bis zu ihrem Abzuge, wegen der ih-
nen bevorſtehenden Verweiſung, in groſſen
Schrecken zugebracht. Man kann dieſe ihre
unnoͤtige Furcht nicht wol anders als daraus
erklaͤren, daß Leute ſolcher Art die Sachen im-
mer nur halb zu hoͤren, und halb zu wiſſen
pflegen.



Der
[320]

Der Abend.


Zur Poetik.


Von der Handlung, der Leidenſchaft, und der
Darſtellung.
Je angenehmer Unterre ungen
von den Wiſſenſchaften durch Lebhaftigkeit und
Schnelligkeit, ja ſelbſt durch Unordnung werden,
deſto ſchwerer iſt es, wenn man ſie hernach wieder
uͤberdenkt, dasjenige genau zu ſagen, was darinn
als feſtgeſezt angenommen worden iſt. Gleichwol
getrauen wir uns das Hauptſaͤchlichſte von dem auf-
zuſchreiben, woruͤber man heute in der Ulmengeſel-
ſchaft uͤberein zu kommen ſchien.


Ein Gedicht ohne Handlung und Leidenſchaft iſt
ein Koͤrper ohne Seele. Handlung beſteht in der
Anwendung der Willenskraft zu Erreichung eines
Zweks. Es iſt ein falſcher Begrif, den man ſich
von ihr macht, wenn man ſie vornaͤmlich in der
aͤuſſerlichen That ſezt. Die Handlung faͤngt mit
dem gefaſten Entſchluſſe an, und geht (wenn ſie
nicht gehindert wird) in verſchiednen Graden und
Wendungen bis zu dem erreichten Zwecke fort. Mit
der Leidenſchaft iſt wenigſtens beginnende Handlung
verbunden. Einige Handlungen geſchehen ohne Lei-
denſchaft; aber die, welche der Wahl des Dichters
wuͤrdig ſeyn ſollen, muͤſſen mit Leidenſchaft geſche-
hen. Man ſieht, wie beyde Hand in Hand mit
einander fortgehn. Jn dieſem Gedicht iſt viel Hand-
lung! rufen die Theoriſten bisweilen aus; und doch
enthaͤlt es nur Begebenheiten.


Zwiſchen der epiſchen, und der dramatiſchen Hand-
lung iſt kein weſentlicher Unterſchied. Die lezte
wird
[321] wird nur dadurch eingeſchraͤnkt, daß ſie vorſtelbar
ſeyn muß.


Dem lyriſchen Gedichte, ob es gleich die Hand-
lung nicht ausſchlieſt, iſt Leidenſchaft zureichend.
Aber es iſt, in ſo fern es dieſe allein hat, dennoch
nicht ganz ohne Handlung. Denn mit der Leiden-
ſchaft iſt ja wenigſtens beginnende Handlung ver-
bunden.


Die Erdichtung iſt keine weſentliche Eigenſchaft
eines Gedichts. Denn der Dichter kann wirklich
geſchehene Handlung, und ſie unvermiſcht mit er-
dichteter, er kann ſeine eignen Empfindungen zu ſei-
nen Gegenſtaͤnden waͤhlen. Unterdeß, da unter je-
nen Handlungen ſo wenige fuͤr ihn brauchbar ſind,
ſo gehoͤrt die Erdichtung beynah zu den weſentlichen
Eigenſchaften eines Gedichts.


Wenn ein Gedicht Handlung und Leidenſchaft
nicht darſtelt, das heiſt, wenn es ihnen nicht alle
die Lebendigkeit giebt, deren ſie, nach ihrer verſchied-
nen Beſchaffenheit faͤhig ſind; ſo fehlt ihm eine Ei-
genſchaft, die zwar bisher von den Theoriſten nur
in Vorbeygehn iſt bemerkt worden, die aber etwas
ſo Weſentliches iſt, daß man ein Gedicht ohne Dar-
ſtellung, mit Recht, als etwas ſeiner Art nicht an-
gehoͤriges, anſehn kann. Es iſt ein Taͤnzer, der
geht. Vielleicht giebt es nur zwey Grade der Dar-
ſtellung; und der geglaubte dritte gehoͤrt ſchon nicht
mehr zur Darſtellung.


Lebloſe Dinge ſind nur dann der Darſtellung faͤ-
hig, wenn ſie in Bewegung, oder als in Bewegung
gezeigt werden. Doch kann die Darſtellung der
lebloſen Dinge nie den erſten Grad erreichen. Sie
bringt es nicht bis zur Taͤuſchung. Wenn die leb-
loſen Dinge nicht in Bewegung, oder als in Bewe-
Xgung,
[322] gung, gezeigt werden; ſo iſt das, was alsdann von
ihnen geſagt wird, bloß Beſchreibung. Und durch
dieſe darf der Dichter den Leſer nur ſelten ausruhen
laſſen.


Die Malerey zeigt ihre Gegenſtaͤnde auf Einmal;
die Dichtkunſt zeigt ſie in einer gewiſſen Zeit. Die
ſchnelle Vorſtellung giebt jener ſo wenig einen Vor-
zug, daß dieſe vielmehr eben dadurch einen bekomt,
daß man ihre Gegenſtaͤnde nur nach und nach ent-
dekt. Dort war der Eindruk zu ſchleunig entſtan-
den, um genung zu wirken. Man nehme ein Stuͤk
eines Dichters, ein kleines Ganzes, ſo viel als etwa
ein Gemaͤlde in ſich faſſet. Hier entſteht erſt die
Begierde zu entdecken eben dadurch, daß nicht Alles
gleich ganz da iſt. Mit dieſer Begierde, iſt die
Erwartung deß, was man entdecken werde (ich ſeze
voraus, daß man hoͤre, und nicht ſelbſt leſe, wenig-
ſtens nicht ſo, daß das Auge Spruͤnge voraus ma-
che) ſehr genau verbunden, ein doppelter Reiz, den
das Gemaͤlde nicht geben kann. Wenn nun, wie
bey dieſer Vergleichung angenommen werden muß,
die Arbeit des Dichters in ihrer Art ſo ſchoͤn iſt,
als die Arbeit des Malers in ihrer; ſo hat der Dich-
ter ſo zu ſagen zwey Kraͤfte mehr, es bey uns dahin
zu bringen, wohin er es bringen will, naͤmlich, die
Darſtellung bis zur Taͤuſchung lebhaft zu machen.
Wer hat jemals bey einem Gemaͤlde geweint?


Unſre Sprache iſt einer Wortfolge faͤhig, welche
die Erwartung ſehr reizen, und einer Kuͤrze,
durch die der Dichter machen kann, daß die genung
gereizte Erwartung nun auch fruͤh genung zu ihrem
Ziele komme. Durch Sprachkuͤrze werden die we-
nigſten Worte zu einem gewiſſen Jnhalte verſtan-
den, dieſer mag dann einfache, oder zuſammenge-
ſezte Gedanken in ſich begreifen.


Auch
[323]

Auch in der Muſik entdekt man nach und nach.
Wenn ſie ohne Worte reden will; ſo iſt ihr Ausdruk
ſehr unvollkommen, und das nicht allein deswegen,
weil er allgemein iſt, und keine einzelne Gegenſtaͤnde
bezeichnet, ſondern auch, weil er noch dazu nur we-
nig Allgemeinheiten
hat.


Die Muſik, welche Worte ausdruͤkt, oder die ei-
gentliche
Muſik iſt Declamation. Denn hoͤrt ſie
etwa dadurch auf dieſes zu ſeyn, weil ſie die ſchoͤnſte
Declamation iſt, die man ſich nur denken kann!
Sie hat eben ſo Unrecht, wenn ſie ſich uͤber das Ge-
dicht, das ſie declamirt, erhebt, als wenn ſie unter
demſelben iſt. Denn dieß Gedicht, und kein an-
deres, voͤllig angemeſſen auszudruͤcken, davon war
ja hier die Rede; und ganz und gar nicht davon,
uͤberhaupt zu zeigen, wie gut man declamiren koͤnne.


Aber ſo waͤre ja die Muſik unter der Dichtkunſt!
Haben ſich denn die Grazien jemals geſchaͤmt, der
Venus den Guͤrtel anzulegen?


Vorſchlag zu einer Poetik, deren Regeln ſich
auf die Erfahrung gruͤnden.
Wir werden die
Natur unſrer Seele nie ſo tief ergruͤnden, um mit
Gewisheit ſagen zu koͤnnen, dieſe oder jene poetiſch[e]
Schoͤnheit muß dieſe oder eine andre Wirkung (Wir-
kung wird hier in ihrem ganzen Umfange, und mit
allen ihren Beſtimmungen genommen) notwendig
hervorbringen. Gleichwol ſind die meiſten Regeln in
faſt allen Theorien der Dichtkunſt ſo beſchaffen, daß ſie,
ohne Vorausſezung jener notwendigen Wirkung,
unverweislich bleiben. Jch halte mich nicht dabey
auf, was dieſes Gemiſch unerwieſener, theils fal-
ſcher, und theils zufaͤllig, und wie im Blinden er-
tapter halbwahrer Regeln auf Dichter, und Leſer
fuͤr ſchlimme Einfluͤſſe gehabt habe. Meine Frage
X 2iſt
[324] iſt nur: Was muß der Theoriſt thun, der wahre
Regeln feſtſezen will?


Jch denke, er muß zwey Sachen beynah zu glei-
cher Zeit thun, die erſte: Er bemerkt die Eindruͤcke,
welche Gedichte von allen Arten auf ihn, und auf
andre machen, das heiſt: er erfaͤhrt, und ſammelt
die Erfahrung Andrer; die zweyte: Er ſondert die
Beſchaffenheiten der verſchiednen Gedichte mit ge-
nauen Beſtimmungen von einander ab, oder er zer-
gliedert das in Dichtarten, was Wirkung hervorge-
bracht hat. (Anzeige ſchwaͤcherer oder ſtaͤrkerer Wir-
kung wuͤrde dabey nicht uͤberflieſſig ſeyn.) Wie ſehr
man ſich hier irren koͤnne, beweiſt unter andern,
daß man die poetiſchen Briefe zu einer Dichtart hat
machen wollen. Wenn nun vollends das Lehrgedicht
kein eigentliches Gedicht waͤre, und alſo auch keine
Dichtart ausmachen koͤnte? (Hiermit wird nicht ge-
ſagt, daß ein Lehrdichter nicht viel poetiſchen Geiſt
haben, und theils zeigen koͤnne.) Bey der anzu-
ſtellenden Erfahrung moͤchten drey Claſſen Zuhoͤrer
wol genung ſeyn. Es giebt eine gewiſſe unterſte,
mit der keine Erfahrung zu machen iſt. Man iſt
nicht ſicher, voͤllig richtige Erfahrungen zu machen,
wenn man den Dichter nur zum Leſen hingiebt,
und ſich hierauf die Eindruͤcke ſagen laͤſt. Man
muß ihn vorleſen, und die Eindruͤcke ſehen. Man
wuͤrde dann auf ſeinem Wege unter andern auch da-
hin kommen, daß man ſagen muͤſte: Dieſe oder jene
poetiſche Schoͤnheit macht auf alle drey Claſſen ge-
wiſſe Wirkungen, eine andre nur auf zwey, wieder
eine andre nur auf Eine.


Die Werke der Alten haben die Erfahrungen von
Jahrhunderten fuͤr ſich; aber bey der Unterſuchung
muͤſte man doch das, was wirkliche Erfahrung des-
jenigen,
[325] jenigen, der von dieſen Werken ſpricht, und was
nur Nachgeſagtes iſt, genau von einander abſondern;
und dann auch hier alles weglaſſen, was, nur unter
der Vorausſezung einer notwendigen Wirkung, als
gegruͤndet, kann angenommen werden.


Da beſonders, wo es der Dichter ſo recht warm
aus der Natur ſchiene herausgenommen zu haben,
muͤſte man ihm in der Natur ſelbſt nacherfahren.
Traͤfe man hier die Eindruͤcke wieder an, die man
vorher durch ihn bekommen haͤtte; ſo koͤnte man ſich
von dieſen Puncten des Feſtzuſezenden deſto gewiſſer
uͤberzeugen.


Jch moͤchte wol eine Poetik leſen, welche dieſen
Plan, die Wagſchale beſtaͤndig in der Hand, aus-
gefuͤhrt haͤtte, nicht eben wenn ich Dichter waͤre;
denn alsdann hofte ich doch noch mehr zu wiſſen,
als ſelbſt der Theoriſt, der dieſe Poetik geſchrieben
haͤtte.



Siebender Morgen.


Die Zuͤnfte der Aſtronomen und der Dichter thun
den Aldermaͤnnern den Vorſchlag, ein Geſez
zur Steurung der Freygeiſterey zu geben. Der
Rathfrager widerſezt ſich dieſem Vorſchlage.
Die Aldermaͤnner verlangen Bedenkzeit. Sie
laſſen Leibnizens neues Denkmal errichten. Un-
vermuteter Vorzugsſtreit zwiſchen den ſuͤdlichen
und den noͤrdlichen Deutſchen.


Die Zuͤnfte der Dichter und der Aſtronomen
hatten ſich ſeit einiger Zeit oft mit einan-
der berathſchlagt. Heute wurde die Urſache
X 3ihrer
[326] ihrer Berathſchlagungen bekant. Die beyden
Anwalde kamen nebſt etlichen Aelteſten zu den
Aldermaͤnnern herauf. Jhr Vortrag war
dieſer:


Jhr wiſt es, wie ſehr ſich die Freygeiſterey
in England, und Frankreich, um nur dieſe
Laͤnder zu nennen, ausgebreitet, wie ſie dort
mit der ſchnellen Anſteckung, mit den andern
Eigenſchaften der Peſt, gewuͤtet habe, und
fortwuͤte; und ihr wiſt es gewiß auch, daß ſie
nun ſchon ſeit nicht kurzer Zeit, auch in unſer
Vaterland eindringe. Die Urſachen, warum
ſich der ernſthafte, tiefdenkende, und ſtandhafte
Deutſche auch mit fortreiſſen laſſe? Eine da-
von iſt gewiß die Nachahmungsſucht. Doch
die Urſachen, und die Beſchaffenheit des Uebels
bey Seite; duͤrfen wir Gelehrten es den Fuͤr-
ſten uͤberlaſſen ihm zu ſteuren? Sie ſcheinen
es nicht zu wollen; aber wolten ſie es auch:
koͤnnen ſie es denn? Etwa bisweilen einmal die
Schrift eines Freygeiſtes verbrennen laſſen?
Wozu hilft dieſes anders, als eine ſolche Schrift
bekanter zu machen? Wenn es alſo den Ge-
lehrten obliegt es zu thun; ſo iſt die groſſe Fra-
ge, wie ſie es thun ſollen? Daß wir uns mit
derſelben an euch wenden, Aldermaͤnner, kann
euch ein Beweis ſeyn, daß wir euch verehren,
ob wir gleich manchmal in dieſer oder jener
Sache
[327] Sache mit euch nicht uͤberein kommen. Habt
ihr ein Geſez daruͤber vorzuſchlagen; ſo den-
ken wir, daß es, und ſolt es auch die Grund-
ſaͤulen der Republik erſchuͤttern, durchgehn
werde. Jhr ſeht, daß wir es bey der Sache
wie Maͤnner meinen. Wenn man von der
Einrichtung, daß die unter uns, welche ſich
auf irgend eine Art hervorthun, Zuͤnfter ſind,
auch nur in Beziehung auf einige, abweichet;
ſo werden die Grundſaͤulen der Republik er-
ſchuͤttert: ſehet ihr aber dieſe Abweichung als
zum Zwecke fuͤhrend an; ſo willigen wir gleich-
wol gern ein, daß ihr die, welche die Freygei-
ſterey oͤffentlich, und nicht zweydeutig ausbrei-
ten, fuͤr unzuͤnftig erklaͤrt. Wir haben die
Unzweydeutigkeit, wiewol nicht ohne einige
Zweifel, zu einer der Bedingungen gemacht,
weil man auf der einen Seite Niemanden,
deſſen Worte auch noch einer beſſern Auslegung
faͤhig ſind, nach denſelben, in ſo fern ſie ihm
zum Nachtheile gereichen, verurtheilen darf:
auf der andern Seite aber dieſe beſſere Aus-
legung, was die Freygeiſter anlangt, gewoͤhn-
lich ſehr gezwungen iſt. Hierzu komt nun oft
noch, daß ihre nur nicht alles ſagenden Worte,
eben dadurch, daß ſie nicht alles ſagen, einen
Stachel des Reizes bey dem Leſer zuruͤk laſſen,
der noch ſchlimmere Wirkungen hervorbringt,
X 4als
[328] als eine voͤllig deutliche Erklaͤrung haben
wuͤrde.


Der Rathfrager war, ſo bald er von der
Unzuͤnftigkeit gehoͤrt hatte, heraufgekommen.
Vermutlich ſollen ſie alſo wohl, ſagte er, kuͤnf-
tig unter uns ſeyn? Als wenn wir nicht ohne
ſie ſchon Freygeiſter genung haͤtten! Verſtoſſet
ihr ſie nicht unter den Poͤbel; ſo verſprech ich
euch, daß das Volk mit allen Stimmen wider
euch ſeyn wird.


Unter den Poͤbel, antwortete der Anwald
der Aſtronomen, ſollen ſie nicht kommen. Und
auch die Freygeiſter, die ihr ſchon jezt habt,
ſollen das nicht. Denn ich vermute, daß ihr
dieſe Forderung thun werdet, weil ihr einmal
durch ſolche neue Ankoͤmlinge nicht zahlreicher
werden wolt. Eure jezigen Freygeiſter ſind
zu unſchaͤdlich, als daß es noͤtig waͤre, gegen
ſie irgend etwas zu thun. Was diejenigen,
die jezt noch Zuͤnfter ſind, anbetrift, ſo werd
ich meine Urſachen, warum ich ſie nicht unter
dem Poͤbel haben will, ſchon anzeigen, wenn
die Sache bey der Republik in Bewegung
ſeyn wird. Alſo ſollen wir es ſeyn, rief der
Rathfrager, unter denen es von Freygeiſtern
wimmelt? Die Zuͤnfte meinen es doch recht
gut mit dem Volke. Jch wiederhol euch mein
Verſprechen; und verſchiedne Zuͤnfte werden
uns,
[329] uns, aus gewiſſen recht guten Urſachen, ſchon
beytreten. Er ging weg. Nach einigem Still-
ſchweigen ſagte der wortfuͤhrende Aldermann:
Es iſt unſers ganzen Dankes werth, daß ihr
uns in dieſer ſehr ernſthaften, und ſehr wich-
tigen Sache zur Geſezgebung aufgeſodert habt;
allein wir brauchen es euch kaum zu ſagen,
daß wir, uns daruͤber zu berathſchlagen, und
zu entſchlieſſen, Zeit haben muͤſſen. Jch mei-
ne, daß verſchiedne Tage vergehn werden, eh
wir uns dieſer Sache halben an die Zuͤnfte
und an das Volk wenden. Jch ſehe einen
ſolchen beſondern Ernſt, der eines theils, mich
deucht, groͤſtentheils Traurigkeit iſt, uͤberall
ausgebreitet, daß ich fuͤr rathſam halte, heute
weiter keine Geſchaͤfte mehr vorzunehmen.
Wir wollen uns durch einen Gegenſtand zer-
ſtreuen, mit deſſen Wahl man, wie ich hoffe,
zufrieden ſeyn wird. Leibnizens neues Denk-
mal iſt fertig geworden, und auch ſchon nach
der Stelle gebracht, wo es ſtehn ſoll. Es
fehlt nichts, als daß wir es errichten laſſen. Jn-
dem ſtanden die Aldermaͤnner, und mit ihnen
beynah zugleich auch die Zuͤnfte auf. Der
Herold muſte ausrufen, daß ſich der Poͤbel bey
der Errichtung des Denkmals nicht zu ſehr zu-
draͤngen ſolte. Dieſes wurde nicht weit von
den Ulmen, unter mehr als Einem recht herz-
X 5lichen
[330] lichen Zurufe der Freude und des Stolzes, er-
richtet. Es waͤhrte lange, eh man durchkom-
men, und die Aufſchrift in Ruhe leſen konte.


„Steh ſtill, Unterſucher, Deutſcher, oder
„Britte. Leibniz hat die Furche gefuͤhrt, und
„die Saat geſtreut, wo es Newton, und wie
„er es gethan hat. Allein er hat, mit gleicher
„Furch und Saat, auch da angebaut, wo
„Newton nicht hinkommen iſt. Du weigerſt
„dich umſonſt, Britte, ihn den Vortrefliche-
„ren zu nennen. Denn Europa nent ihn ſo.‟


Es war noch nicht Mittag, als einige Ael-
teſte des Volkes daſſelbe auf ſeinem Plaze un-
vermerkt verſammelten, viel von dem ſprachen,
was die beyden Zuͤnfte vor kurzem vorgetragen
hatten, und dann den Ergieſſungen zuhoͤrten,
in welche Viele uͤber das Vorgetragne aus-
brachen. Die wahre Abſicht der Zuſammen-
berufung wurde unter der ſcheinbaren, etwas
uͤber die wichtige Sache zu beſchlieſſen, ver-
borgen. Die ungeſtuͤme Berathſchlagung
hatte nicht lange gewaͤhrt, als der Rathfrager
mit den uͤbrigen Aelteſten in die Verſamlung
kam. Bald darauf entſtand unter den Aelte-
ſten ein Streit, der ſich mit eben der Schnel-
ligkeit ausbreitete, als er entſtanden war.
Man wolte entſcheiden, entſchied es aber deſto
weniger, je laͤnger man fortfuhr: Ob die
noͤrd-
[331]noͤrdlichen Deutſchen, und zwar in wichtigen
Dingen, Vorzuͤge vor den ſuͤdlichen haͤtten?
Kaum hatten ſich nun auch Zuͤnfter genaͤhert,
und herausgebracht, wovon die Rede waͤre,
als man ſchon faſt uͤberall anfing ſich Norde
oder Suͤde zu nennen. Die meiſten, die ſich
ſo, oder ſo nanten, waren es wirklich; aber
verſchiedne nahmen nur durch die Benennung
Parthey. Niemanden fiel auch nur von fern
der Gedanke ein, daß die Entſtehung dieſes
Streites, und dasjenige, was bey den Alder-
maͤnnern vorgeweſen war, Beziehung auf ein-
ander haͤtte; und ſo war es doch, wie man in
der Folge ſehen wird. Die Verſamlung trente
ſich; und man traf keine Norden und Suͤden
bey einander an, ausgenommen da, wo ſie
von neuem, und immer heftiger ſtritten. Es
war noch nicht Abend, da auch ſchon hier und
da unter den Zuͤnftern die beyden Namen ge-
hoͤrt wurden. Den Abend uͤber nahm es ſelbſt
unter den Zuͤnftern merklich zu. Verſchiedne
Aldermaͤnner gingen nach den Ulmen, und
nach der Laube; fanden aber da Niemanden:
deſto zahlreicher waren die Zuſammenkuͤnfte
im Thale. Dort ſahen ſie den ganzen Umfang
des ſo ſchnell entſtandnen, und ſo ſchnell wach-
ſenden Zwieſpalts; und ſie, die nichts irre zu
machen, und zu erſchuͤttern pflegt, wurden es
doch
[332] doch jezt durch die Vorſtellungen: Ob ſich
Morgen die Republik auch verſammeln wuͤr-
de? und wenn ſie ſich verſammelte, was dann
vorgehn koͤnte? und ob es zulezt nicht mit der
Sache gar ſo weit kommen wuͤrde, daß ſich
der Landtag trente? Sie waren deſto unruhi-
ger, weil ſie noch keinen Entſchluß ihres Be-
tragens halben gefaſt hatten.



Achter Morgen.


Als man eben anfangen will den Streit uͤber die
Suͤden und die Norden vor der verſammelten
Landgemeine zu fuͤhren, wird er durch Ent-
deckung des Urhebers, und ſeiner Abſichten
beygelegt. Die Aldermaͤnner trauen gleichwol
der Beylegung noch nicht voͤllig, und laſſen
daher nur Nebendinge unterſuchen.


Die Aldermaͤnner kamen mit dem Entſchluſſe
in die Verſamlung, zu erwarten, ob
ſich eine der Zuͤnfte uͤber den Zwieſpalt aͤuſſern
wuͤrde, und ſich dann erſt, nach Maasgabe
der Aeuſſerung, darauf einzulaſſen; aber auch,
wenn ein ſolcher erſter Schritt nicht geſchaͤhe,
alles, was in ihrer Gewalt waͤre, anzuwen-
den, um die Einigkeit wieder herzuſtellen.
Die
[333] Die Sache hatte, wie man ſie auch anſah,
beſonders Eine groſſe Schwierigkeit fuͤr die
Aldermaͤnner. Sie muſten Parthey nehmen.
Nahmen ſie keine; ſo war ihre Verurtheilung,
als ſolcher, die ſich der Republik in Zeiten der
Unruh entzoͤgen, gewiß: und nahmen ſie
Parthey, ſo thaten ſie in Grunde nichts wei-
ter, als daß ſie das Feuer eines ſo ernſthaften
Zwiſtes nur noch mehr entflamten. Einige
von ihnen waren aus zwey Urſachen noch
nicht auf dem Verſamlungsplaze. Die
Zuͤnfte, meinten ſie, wuͤrden den Anfang
machen, wenn ſie ſaͤhen, daß die Aldermaͤn-
ner noch nicht alle bey einander waͤren; und
die Zuruͤkgebliebnen hatten auſſerdem die Ab-
ſicht, dem Rathfrager, mit dem ſie ſich unter-
redeten, in einer Sache naͤher auf die Spur
zu kommen, die, wenn ſie voͤllig entdekt wuͤr-
de, der Republik die vorige Ruhe auf Ein-
mal wiedergeben koͤnte. Nach einiger Stille,
waͤhrend welcher man die Aldermaͤnner keine
Kaͤlte, die ſie nicht hatten, annehmen, ſon-
dern ſie vielmehr voll lebhaften und beynah
unruhigen Nachdenkens ſahe, trat der An-
wald der Dichter auf dem Plaze der Zunft
hervor, und erklaͤrte mit wenigen Worten:
Daß die Zunft der Dichter keine Parthey in
dem Streite uͤber die Vorzuͤge der Suͤden
oder
[334] oder der Norden naͤhme. Erklaͤrungen, von
denen man nicht weichen will, werden auf
dieſe Art gegeben. Denn wenn die Anwalde
zu den Aldermaͤnnern hinaufgehn, ſo zeigen
ſie dadurch, daß ſie die Abrathung derſelben
wenigſtens nicht geradezu verwerfen wollen.
Der Anwald der Mathematiker trat gleich
hernach auf dem Zunftplaze hervor, und
beſchuldigte die Dichter ohne allen Umſchweif
des Stolzes. Die Norden auf dieſer Zunft,
ſagte er, glauben der hoͤheren Stufe ſo gewiß
zu ſeyn, daß ſie es wenig kuͤmmert, wie wir
andern den Streit entſcheiden werden. Ohne
dieſen erſten Stolz. wuͤrden ſie den zweyten
nicht haben, den naͤmlich, daß ſie ſich es her-
ausnehmen, ruhn zu wollen, wenn die ganze
Republik in Bewegung iſt, und das durch
eine Sache veranlaſſet, die nicht etwa nur
uns allein, ſondern die ganze Nation angeht.
Aber vergeltet’s den Dichtern, Aldermaͤnner,
Zuͤnfte, und Volk, weil ihr bey der ernſthaf-
ten Sache gewiß nicht zu ruhen gedenkt. Die
Dichter koͤnnen, ich weiß es, fuͤr ihr Betra-
gen anfuͤhren, daß in dieſer Sache die Mehr-
heit der Stimmen nichts entſcheide, und daß
es alſo beſſer ſey, ſie nicht zu ſammeln; denn,
geſammelt, wuͤrden ſie der entſtandnen Zwie-
tracht nur neue Nahrung geben. Aber ha-
ben
[335] ben ſie denn deswegen in Allem recht, weil ſie
in Einem Puncte recht haben? Nur darinn
haben ſie’s, daß die Mehrheit hier nichts ent-
ſcheide; allein folgt denn daraus, daß es
gleichguͤltig ſey, zu erfahren, wohin ſich dieſe
Mehrheit lenken werde? Jhr koͤnt euch alſo
ja nur von hier weg, in eure Halle, in die
Laube, oder wo ihr ſonſt hin wolt, begeben.
Denn weswegen woltet ihr hier ſeyn, und zu-
hoͤren, wenn nun die groſſen Namen der Ot-
tone, der Heinriche, der Hermanne, der Lu-
ther, und der Leibnize erſchallen, und auf der
andern Seite ..


Der Anwald wurde hier, durch ein Ge-
raͤuſch, das eben ſo ſchnell zunahm, als es
entſtanden war, gehindert fortzureden. Dieſe
Bewegung ward durch die zuruͤkgebliebnen
Aldermaͤnner veranlaſt. Sie redeten den
Rathfrager auf Einmal ſehr lebhaft, und
beynah mit Zorn an, und riefen, indem ſie
es thaten, zugleich einigen aus dem Volke.
Dieſe eilten herbey; und es ſchien, als wenn
ſie dasjenige bezeugten, was die Aldermaͤnner
dem Rathfrager vorwarfen. Dieſer hatte
wenig oder nichts zu antworten, und wurde,
ſo ungern er auch wolte, nebſt den Zeugen,
auf den Verſamlungsplaz der Aldermaͤnner
gefuͤhrt. Das Verhoͤr war bald zu Ende.
Denn
[336] Denn der Rathfrager hatte, vor groſſer Freu-
de, daß ihm ſein Anſchlag ſo gut gelungen
waͤre, zu viele zu Vertrauten gemacht. Der
Herold rief gleich nach geendigtem Verhoͤre
folgendes aus: Der Rathfrager haͤtte aus
Unmut daruͤber, daß die fuͤr unzuͤnftig zu er-
klaͤrenden Freygeiſter unter das Volk kommen
ſolten, den Anſchlag gefaſt, die Republik zu
verwirren, alles in der Abſicht, damit man
ſich mit Wiederherſtellung der Ruhe ſo ſehr
beſchaͤftigen muͤſte, daß man keine Zeit uͤbrig
behielte, der Freygeiſter halben etwas aus-
zumachen; und damit man, wenn es etwa
doch noch zu dieſer Unterſuchung kaͤme, ſo ent-
zweyt waͤre, daß die vorgeſchlagne Unzuͤnf-
tigkeit wenigſtens in groſſer Gefahr ſtuͤnde,
nicht durchzugehn. Aber weil er bey Sachen,
die er recht ernſthaft wolte, die Wuͤrfel nicht
gern auf dem Tiſche liegen ſaͤhe; ſo haͤtte er
fuͤr die Verwirrung der Republik ſo gut ge-
ſorgt, daß er nicht ohne Hofnung waͤre, der
Landtag koͤnte daruͤber wol gar aus einander
gehn. Denn der Rathfrager iſt es, endigte
der Herold, der dieß Feuer, das, der Suͤ-
den
und der Norden wegen, unter uns ſo
ſchnell, und ſo ſehr Ueberhand genommen,
angelegt hat.


Der
[337]

Der Verdruß uͤber die Kuͤhnheit des Man:
nes, daß er ſich unterfangen hatte, einen ſol-
chen Anſchlag zu faſſen, und noch mehr dar-
uͤber, daß dieſer Anſchlag ihm ſo gut gelungen
war, wirkte ſo ſtark, daß man nicht einmal
bey dem Volke anfragte, ob es ſeinen ihm ſo
getreuen Rathfrager abſezen wolte, ſondern
ihn fuͤr abgeſezt erklaͤrte, und ihn gleich dar-
auf, nebſt etlichen ſeiner ſchlimſten Mithelfer,
Landes verwies. Die groſſe Einigkeit der
Zuͤnfte bey Abthuung dieſer Sache zeigte ge-
nung, daß ſie einen Zwiſt, der einen ſolchen
Urſprung gehabt hatte, nicht lange mehr fort-
ſezen wuͤrden. Da es aber indeß doch nicht
unmoͤglich war, daß etwa hier und da noch
ein Fuͤnkchen unter der Aſche verborgen laͤge;
ſo wolten die Aldermaͤnner heute kein Geſchaͤft
vornehmen, das zu ernſthafteren Unterſu-
chungen und dabey leicht entſtehendem Streite
veranlaſſen koͤnte. Gluͤklicherweiſe fuͤr ſie
war die lezte Nacht ein nicht kleiner Lerm ge-
weſen; und gleichwol hatten die Nachtwaͤch-
ter ihre Obliegenheit ſo ſchlecht beobachtet,
daß man auch nicht Ein Horn gehoͤrt hatte.
Die Aldermaͤnner trugen es daher dem An-
walde der Drittler, und zwey Aelteſten dieſer
Zunft auf, die Nachtwaͤchter zu vernehmen.
Wir koͤnnen nicht in Abrede ſeyn, daß es uns
Yſehr
[338] ſehr kraͤnken wuͤrde, wenn man deswegen
Mistrauen in unſre hiſtoriſche Wahrhaftig-
keit ſezen wolte, weil wir der allerdings etwas
wunderbaren Ereigniſſe, (welche wir gleich
erzaͤhlen wollen) die Geſpenſter und den Maͤu-
ſeberg
betreffend erwaͤhnen. Mit gleichem
Unrechte, wuͤrde man ſo gar gegen die Glaub-
wuͤrdigkeit der Xenophone, der Caͤſare, und der
Dione Zweifel vorbringen koͤnnen, weil (wir
fuͤhren nur ſie, und aus jedem nur Ein Bey-
ſpiel an) der erſte durch einen Traum zu der
Fuͤhrung der Zehntauſend ermuntert wurde;
der zweyte von Thieren des Harzes, die Beine
ohne Gelenke hatten, Nachricht gab, und der
dritte erzaͤhlte, eine Bildſaͤule der Sieges-
goͤttin haͤtte ihr Geſicht zu der Zeit von Rom
weggewendet, als Varus und die Legionen
in Teutoburgs Thaͤler gekoͤmmen waͤren. Wir
hoffen durch dieſe wenigen Beyſpiele (wie viele
koͤnten wir nicht noch anfuͤhren) allen Ver-
dacht des Fabelhaften, das wir ſo ſehr haſſen,
von uns abgelehnt zu haben. Sie, und an-
dre, lautete die Vertheidigung der Nacht-
waͤchter, haͤtten dieſe Nacht nicht wenig Ge-
ſpenſter verſtorbner Schriften geſehen, aber
ſie durchaus nicht zum Weichen bringen koͤn-
nen: Bergmaͤnchen mit langen weiſſen Baͤr-
ten, und die gleichwol doch ſehr poſſenhaft
her-
[339] herumgeſprungen waͤren; dieſe haͤtten Vol-
tairens fliegende Blaͤtter eben verlaſſen ge-
habt; Kobolde aus politiſchen Schreibereyen;
dieſe waͤren uͤber’s Meer gekommen; Jrwi-
ſche, theils kurze feiſte Dinger aus deutſchen
wolluͤſtigen Versbuͤchern, theils lange hagre
Geſtalten aus einheimiſchen Schoͤnwiſſen-
ſchaftstheorien, und ſonſt noch allerhand in-
laͤndiſchen und auslaͤndiſchen Spuk in Geſtalt
der kleinen chineſiſchen Wackelkoͤpfe. Bey
der Unterſuchung fand ſich’s, daß die Nacht-
waͤchter die Worte der Bannung vor Schre-
cken nicht herſagen koͤnnen, und daher nur
kurze Zeit Stand gehalten hatten. Ja ei-
nige wuſten ſie ſogar nicht einmal recht aus-
wendig. Die aͤlteren Nachtwaͤchter bekamen
einen Verweis wegen ihrer Furchtſamkeit,
und zugleich Befehl, den juͤngern die Ban-
nungsformel ſo lange vorzuſagen, bis ſie die-
ſelbe genau wuͤſten. Jene fingen, um ihren
Gehorſam zu zeigen, ſchon jezt vor den Rich-
tern ihren Unterricht an. Es murmelte auf
allen Seiten:


Weiche, Bergmaͤnchen, Kobold, Jrwiſch,
Wackelkopf, (hier muß ſtark ins Horn geſtoſ-
ſen werden) und du o Knochenrieſe, Foliant!
(abermal ſtark ins Horn) und du o breites
Geripp, Quartant! und alle ihr geſchwaͤzi-
Y 2gen
[340] gen weiſſen Frauen ſamt und ſonders, (ins
Horn, ins Horn!) weichet, weichet! Denn
die Wiſche, Blaͤtter, und Buͤcher, worinn ihr ge-
weſen ſeyd, verachten Leſer, die denken, und
uͤberlaſſen ſie in Krambuden der Hoͤkerin-
nen, oder in Goldſaͤlen der Groſſen, ihrem
Schikſale.


Aber die Nachtwaͤchter durften dieſes Mur-
meln nicht lange treiben, und muſten ſich
wegbegeben.


Die Aldermaͤnner wolten hierauf, um heu-
te nichts Ernſthaftes vorzunehmen, nun
gleichwol noch die ſchon vergesne Sache der
neulichen Meutmacher unterſuchen laſſen; al-
lein ſie erhielten, als ſie deswegen ausſchick-
ten, den Bericht, daß ſich die Meutmacher
die gute Gelegenheit der allgemeinen Furcht
zu Nuze gemacht, und in aller Geſchwindig-
keit abgezogen waͤren, und zwar viele unter
ihnen mit inniger Betruͤbnis, daß ſo manche
von ihnen geprieſene Schriften ſchon jezt un-
tergangen waͤren. Die Entwichnen hatten
ſich auf den beruͤchtigten Berg begeben, der
vor Alters nach langen Kindesnoͤthen und da-
zu gehoͤrigen Geſchrey die bekante Maus ge-
boren hatte. Dieſer Berg beſteht faſt aus
lauter Hoͤlen, welche bloß mit einer duͤnnen
Erdrinde bedekt ſind. Daher ihn nur ſolche,
die
[341] die leere Koͤpfe haben, (die Aufgeblaſenheit
des Herzens iſt ihnen dabey gar nicht nachthei-
lig) erſteigen koͤnnen. Betritt ihn einer, des
Kopf nur nicht voͤllig leer iſt (es kommen da
die geringſten Kleinigkeiten in Betracht) ſo
ſtuͤrzen die Hoͤlen augenbliklich unter ihm ein.
Dieſer Berg war alſo ein recht ſichrer Zu-
fluchtsort fuͤr die Meutmacher. Sie ſollen
nicht wenige Auslaͤnder auf demſelben ange-
troffen haben.


Vor einigen Jahren hatte ſich ein Geruͤcht
weit ausgebreitet, daß ſich in einem Erdbe-
ben ein groſſes Stuͤk von dem Maͤuſeberge
losgeriſſen, und uͤber den Verſamlungsplaz
einer gewiſſen Zunft der franzoͤſiſchen Gelehr-
tenrepublik hergeſtuͤrzt haͤtte. Der Landtag,
(erzaͤhlte man damals) den ſie eben halten
wolte, war zwar gluͤklicher Weiſe noch nicht
angegangen; aber er muſte doch gleich nach
dem ſonderbaren Vorfalle eroͤfnet werden, ſo
daß keine Zeit uͤbrig war, den Schut wegbrin-
gen zu laſſen, und die Zunft ſich alſo gezwun-
gen ſah, mit einem Plaͤzchen in der Naͤhe fuͤr-
lieb zu nehmen.


Da der Mittag noch ziemlich entfernt war,
und die Aldermaͤnner dabey blieben, nichts
vorzunehmen, das von Belange waͤre; ſo
lieſſen ſie die Glaubwuͤrdigkeit des angefuͤhr-
Y 3ten
[342] ten Geruͤchts unterſuchen. Aber die Sache
konte, wie eifrig man ſie auch unterſuchte,
doch in kein Licht geſezt werden, das hell ge-
nung geweſen waͤre, eine Meinung daruͤber
anzunehmen.


Etliche Altfranken, (auch dieſes kam der
Abſicht der Aldermaͤnner ſehr zu ſtatten) wa-
ren ziemlich verdrieslich daruͤber geworden,
daß es mit der Heraldik auf Einmal ſo zur
Endſchaft gekommen war. Ob es ihnen nun
gleich viele der ihrigen widerriethen, weil es
ja ohnedas ſchon mit dieſer Wiſſenſchaft uͤber-
lange Stich gehalten haͤtte, ſo entſchloſſen ſich
doch die wenigen, einen Verſuch zu thun, ob
ſie die ihnen ſo ſehr am Herzen liegende Heral-
dik nicht wieder zu ihrer vorigen Hoͤhe empor
bringen koͤnten. Um dieß auszufuͤhren, mu-
ſten ſie Mitglieder der Republik werden. Sie
erklaͤrten alſo, daß ſie, alles erwogen, der
Zunft der Kenner angehoͤrten, ob ſie gleich
bisher nicht auf derſelben erſchienen waͤren.
Wir ſind, ſagten ſie, mit den ſchoͤnen Wiſ-
ſenſchaften der Auslaͤnder, beſonders der
Franzoſen ſo gut bekant, als es nur ein ge-
borner Franzoſe oder ein andrer Auslaͤnder
ſeyn kann. Wahr iſt es freylich, daß wir
das Einheimiſche ſo etwas vernachlaͤſſiget ha-
ben: aber gleichwol ſehen wir nicht ein, war-
um
[343] um es der Zunft der Kenner nicht ein Ver-
gnuͤgen machen ſolte, uns unter ſich zu ha-
ben. Denn, wie geſagt, Kenner ſind wir
doch einmal.


Deunoch wolten die Zuͤnfte ſich nicht da-
mit abgeben die Sache zu entſcheiden; ſie tru-
gen es auch nicht einmal den Aldermaͤnnern
auf, es an ihrer ſtatt zu uͤbernehmen. Die
Aldermaͤnner geriethen daher in eine etwas
ſonderliche Stellung. Auf der einen Seite
konten ſie ſich, ohne den Auftrag der Zuͤnfte,
nicht allzuwol darauf einlaſſen, einen Aus-
ſpruch zu thun; auf der andern Seite waren
ſie daruͤber nicht ohne Verdruß, daß es ſchei-
nen koͤnte, ſie brauchten viel Zeit, einen ſo
leichten Ausſpruch zu thun. Der abgeord-
nete Altfranke ſchien ſich uͤber die Verlegenheit
zu freuen, in die er nicht etwa die Alder-
maͤnner allein, ſondern die ganze Republik ge-
ſezt haͤtte. Doch dieſe ſehr unveranlaſte Freu-
de dauerte nur kurze Zeit. Die Aldermaͤnner
lieſſen es darauf ankommen, was die Zuͤnfte
zu der ihnen jezt notwendig ſcheinenden Ab-
weichung von den Geſezen ſagen wuͤrden,
und erklaͤrten, daß der Abgeordnete und ſein
Anhang ihrenthalben zu franzoͤſiſchen, engli-
liſchen, auch chineſiſchen, oder auch tartari-
ſchen Kennern (ſie baͤten der lezten halben des-
Y 4we-
[344] wegen nicht um Verzeihung, weil die Erobrer
China’s wol hundert Jahre vor der franzoͤſi-
ſchen Academie eine Academie ihrer Sprache
gehabt haͤtten) zu tartariſchen Kennern gehoͤ-
ren moͤchten. Gleichwol wuͤrde ſie die Re-
publik nicht eher zu Mitgliedern aufnehmen,
als bis ſie wieder Deutſche geworden waͤren.
So bald es mit dieſem Punkte ſeine Richtig-
keit haͤtte, alsdann erſt, und nicht eher koͤn-
te es ausgemacht werden: Ob ſie, als Ken-
ner, in die Zunft, oder unter das Volk auf-
zunehmen waͤren?


Die Zuͤnfte ſchienen hiermit ſo ſehr zufrie-
den zu ſeyn, und der abgeordnete Altfranke
konte dawider ſo wenig erhebliches vorbrin-
gen, (dieß kam wol mit daher, weil er, in-
dem er redte, franzoͤſiſch dachte, und es im-
mer erſt, eh es herauskam, zwiſchen den
Zaͤhnen verdolmetſchte) daß alles auf Einmal
vorbey war, und es bey der Erklaͤrung der
Aldermaͤnner ſein Bewenden hatte.


Es war endlich Mittag geworden; und
die Landgemeine ging aus ein ander.



Der
[345]

Der Abend.


Aus einer neuen deutſchen Grammatik.


Vom Tonmaaſſe. 1 Von der Beſchaffenheit deſ-
ſelben uͤberhaupt. Unſer Tonmaaß verbindet
die Laͤnge (Laͤnge. Stamwort. Hauptbegrif.) mit den Stamwoͤrtern oder den Stam-
ſylben, und beyde mit den Hauptbegriffen; die Kuͤrze (Kuͤrze. Veraͤndrungsſylben. Nebenbegriffe.)
hingegen mit den Veraͤnderungsſylben, (diejenigen,
durch welche umgeendet, und umgebildet wird) und
beyde mit den Nebenbegriffen. Dieſes macht, daß
Y 5unſre
[346] unſre Sprache den Abſichten der Verskunſt ange-
mesner(angemesner)
iſt, als es ſelbſt die beyden alten Sprachen
ſind.


Zwey-

[347]

Zweyzeitigkeit (die vermutlich groͤſtentheils durch
die Ungewisheit (Ungewisheit) entſtanden iſt, in der man zwiſchen
Hauptbegriffe und Nebenbegriffe war) hat die deut-
ſche Sprache, in dem gewoͤnlichen Verſtande, nur
ſelten.
(angemesner)
[348] ſelten. (selten) Denn wir muͤſſen die Woͤrter und Sylben,
die man zweyzeitig zu nennen pflegt, die erſten,
wenn ſie mit Nachdruk (Nachdruk. Leidenschaft.) oder Leidenſchaft ausgeſpro-
chen werden immer lang; und beyde, wenn man
ſie mit andern, neben denen ſie ſtehen, vergleicht,
faſt immer entweder lang oder kurz brauchen, und
alle koͤnnen ſo zu ſtehen kommen, daß ſie durch dieſe
Vergleichung, beſtimt werden. Die Tonſtellung,(Tonstellung)
die etwas Mechaniſches iſt, und die Begriffe nichts
mehr
[349] mehr angeht, beſtimt ſie zwar am ofteſten; unter-
deß thun es doch Nachdruk und Leidenſchaft, bey
denen jenes Mechaniſche ſeine Wirkung verliert, auch
nicht ſelten. Und dieſe zweyte Beſtimmungsart
graͤnzt ſehr nah an die Hauptbegriffe, wenigſtens
an ſolche, wie derjenige hat, der in der Leidenſchaft iſt.


2 Wodurch wir unſer Tonmaaß kennen lernen.
Nicht durch unſre gewoͤnlichen Verſe. (gewoͤnlichen Verse) Denn in die-
ſen, weil ſie nur immer mit Einer Laͤnge, und mit
Einer Kuͤrze abwechſeln, muß das Tonmaaß, wenn
die Dichter anders in denſelben noch denken wollen,
oft unrichtig ſeyn. Wir lernen das Tonmaaß zwar
wol auch durch die Ausſprache des gemeinen Lebens; (gemeinen Lebens)
aber
(Tonstellung)
[350] aber gewiß nicht in zweifelhaften Faͤllen, weil ſie zu
fluͤchtig zu dieſer Entſcheidung iſt. Wir koͤnnen es
alſo nur durch die Declamation des Redners (Declamation des Redners) lernen.
Denn dieſer wird weder durch Versart, noch durch
zu groſſe Schnelligkeit gehindert, dem Tonmaaſſe
ſeinen voͤlligen Umfang, und dadurch ſeine richtige
Beſtimmung zu geben.


3 Von der Laͤnge, der Kuͤrze, und der Zweyzeitig-
keit.
Alle gebildete Sprachen haben kleinere und groͤſ-
ſere Laͤngen, oder Laͤngen und Ueberlaͤngen,(Ueberlaͤngen) mehr und
weni-
(gemeinen Lebens)
[351] weniger ſchnelle Kuͤrzen, oder Verkuͤrzungen, und
Kuͤrzen; aber uͤberdieſes auch Zweyzeitigkeit, oder
ein ſolches Tonmaaß einiger Woͤrter und Sylben,
daß man ſie lang, und auch kurz ausſprechen kann.
Einer Sprache, die lauter Kuͤrzen haͤtte, wuͤrde ein
wichtiger Theil der Articulation fehlen, ſie wuͤrde
der groſſen Schnelligkeit wegen beynah gar nicht
verſtanden werden; eine Sprache, die nichts als
Laͤngen haͤtte, wuͤrde eine ſonderbare Langſamkeit
der Begriffe, und Schlaͤfrichkeit der Empfindungen
beweiſen; und eine, die nur Laͤngen und nur Kuͤr-
zen haͤtte, wuͤrde durch dieſe zu genaue Abmeſſung
etwas ſehr Geſuchtes zeigen. Es war daher die
Ueberlaͤnge, und die Verkuͤrzung zu der Abwechs-
lung, die uns Vergnuͤgen macht, noͤtig. Aber die
Zweyzeitigkeit iſt ein Mangel. Unterdeß hat ihn
ſo gar die griechiſche Sprache nicht ſelten. Wir koͤn-
nen mit Recht von unſrer ſagen, daß ſie ihn bey
weitem ſo oft nicht habe. Unſre zweyzeitigen Woͤr-
ter und Sylben ſind theils faſtlange, theils mitlere,
theils faſtkurze.
Die faſtlangen koͤnnen, wenn ſie
durch die vorher angefuͤhrten Urſachen beſtimt wer-
den, weder die Ueberlaͤnge noch die Verkuͤrzung be-
kommen; die mitleren das erſte noch weniger, und
das lezte auch nicht; und die faſtkurzen nur eben die
Laͤnge, (nur eben die Laͤnge) und manchmal die Verkuͤrzung.


Lange

[352]

Lange Woͤrter. Reg. 1. Die Stamwoͤ[r]ter, wel-
che Hauptbegriffe ausdruͤcken, ſind lang. Macht
ſchnell gehn.


Nicht alle Stamwoͤrter haben Hauptbegriffe;
aber alle Hauptbegriffe werden durch Stamwoͤrter
(oder Stamſylben) ausgedruͤkt.


Lange Sylben. Reg. 2. Die Stamſylben ſind
lang. Voller ſtroͤmen.


Dieſe Regel iſt von ſehr weitem Umfange. Sie
hat nur ſehr wenig Ausnamen; und dieſe finden nur
ſtatt, wenn ein Wort aus zwey Stamſylben beſteht;
da denn die, welche vergleichungsweiſe einen Neben-
begrif ausdruͤkt, bisweilen kurz wird, als voll in Vol-
lendung,
aber in Vollmacht iſt voll lang. Woͤrter, die
aus zwey Hauptwoͤrtern zuſammengeſezt ſind, ge-
hoͤren gar nicht zu dieſen Ausnamen. Gleichwol
ſagt man, wenn zwey einſylbige Hauptwoͤrter zu-
ſammengeſezt wuͤrden; ſo waͤre das lezte kurz, und
das, ohne einen andern Grund, als die Bequem-
lichkeit der Dichter fuͤr ſich zu haben. Wenn alſo
Geiſt in Schuzgeiſt kurz ſeyn ſoll; ſo muß es
Strom in Waldſtrom auch ſeyn: und Strom iſt
gleichwol merklich langer, als Wald. Wir haben
uͤbrigens viererley Spondeen, als Schuzgeiſt Ur-
ſprung Waldſtrom Heerſchaar.
Dieſe machen das
Wort zugleich aus. Derer, die es nicht zugleich
ausmachen, haben wir nur dreyerley, als Wald-
ſtroͤme Heerſchaaren herfuͤhrte. (Jn Stroͤme

und Schaaren hat ſich der Tonhalt der Dehnung
verloren.) Die Griechen hatten auch verſchiedene
Spondeen, und ſie ſezten ſie auch verſchiedentlich.
So
(nur eben die Laͤnge)
[353] So ſehr liebten ſie den genauen Ausdruk des Syl-
benmaaſſes in der Muſik.


Vor in vorige wird deswegen lang, weil es nun
einen Hauptbegrif bekommen hat; aber aus in auſ-
ſer iſt nur lang, weil es die Stamſylbe iſt.


Unter neben u. ſ. w. haben unbekante Stam-
ſylben. Halt man unbekante, und keine fuͤr einer-
ley; ſo muß man noch Eine Regel annehmen, die
dadurch, daß ſie die Stelle der Laͤnge nicht anzeigt,
unbeſtimt iſt, dieſe naͤmlich: Jedes zweyſylbige Wort
hat wenigſtens Eine Laͤnge.


Reg. 3. Die voranſtehenden trenbaren Ablei-
tungsſylben ſind lang. Aufgehn ausſtroͤmen her-
kommen.


Um durch und zu ſind bisweilen kurz, aber nur,
wenn ſie ungetrent ſind, als: die Waͤlder umgehn
durchgehn zufrieden. Vielleicht iſt es nur Frey-
heit, vielleicht Spracheigenſinn, daß aus auf ab
zwiſchen dem zweyzeitigen un und der Stamſylbe
zweyzeitig ſind, als unausſprechlich unaufhaltſam
unabſehbar.


Dieſe Ableitungsſylben (es ſind meiſtens Rich-
tungen) die zweyzeitig ſind, wenn ſie allein ſtehn,
ſcheinen in der Zuſammenſezung deswegen lang zu
werden, weil ſie alsdann gewiſſermaaſſen Hauptbe-
griffe ausdruͤcken. Wenn man Vorzimmer ſagt;
ſo zeigt vor mehr an, als wenn man in vor dem
Zimmer nur einen gewiſſen Umſtand anmerkt.


Reg. 4. Die nachſtehenden Ableitungsſylben:
halb hand ey und ley ſind lang.


Sie kommen beynah nur in comiſchen Gedichten
vor. Sie waren ſonſt wie ung heit u. ſ. w. Haupt-
woͤrter; aber nur ſie haben ſich bey ihrem Rechte
erhalten. Selbſt thum hat das nicht, ob es gleich
Zin
[354] in thuͤmer umgeendet wird, und alſo durch den Um-
laut offenbar zeigt, daß es ein Hauptwort iſt.


Kurze Woͤrter. Reg. 5. Die beyden Beſtim-
mungswoͤrter ein der und das Fuͤrwort es ſind kurz.


Wegen es koͤnte man zwar wol etwas zweifelhaft
ſeyn, weil die Fuͤrwoͤrter ſonſt zweyzeitig ſind; aber
es iſt gleichwol der Laͤnge nicht faͤhig. Denn ſo bald
Nachdruk oder Leidenſchaft da iſt; ſo ſezt man das
fuͤr es. Auch die Tonſtellung kann ihm die Laͤnge
nicht geben.


Kurze Sylben. Reg. 6. Die voranſtehenden un-
trenbaren Ableitungsſylben ſind kurz.


Mis ur und un machen die Ausname. Die erſte
iſt lang, und die beyden lezten ſind zweyzeitig.


Reg. 7. Die nachſtehenden Ableitungsſylben ig
er el und end ſind kurz. Selig Richter Meiſſel
Jugend.


Reg. 8. Die Veraͤndrungsſylben ſind kurz.
Stromes liebten geliebt.


Die Wohlklangsſylben ig er gehoͤren zu den Ver-
aͤndrungsſylben, Jn treffend iſt end die Veraͤn-
drungsſylbe, daher treffendere Bilder, ob dieß
gleich mit friedſamere, welches friedſāmere aus-
geſprochen wird, Aehnlichkeit hat. Denn ſam,
das an ſich ſelbſt zum wenigſten die Kuͤrze von end
hat, iſt zweyzeitig, weil es eine Ableitungsſylbe iſt.
Es muß ſich daher nach den Regeln der Tonſtellung
richten; end hingegen richtet ſich nicht danach, weil
es eine Veraͤndrungsſylbe iſt. Die Ableitungsſylben
druͤcken Begriffe aus, die ſich gewiſſermaaſſen den
Hauptbegriffen naͤhern; aber die Veraͤndrungsſyl-
ben druͤcken voͤllige Nebenbegriffe aus. Wie ſehr
es uns uͤberhaupt auf die Begriffe, die ausgedruͤkt
wer-
[355] werden, und wie wenig auf die Beſtandtheile des
Ausdruͤckenden ankomme, zeigt unter andern gern
und Vertheidigern. Jch geſtehe zu, daß dieſe, und
noch ein Paar ahnliche Veraͤndrungsſylben (laͤcheln
eiligſt) keine leichte Kuͤrze haben; aber was gewint
das Tonmaaß unſrer Sprache nicht, durch ſeine
Verbindung mit den Begriffen, in Vergleichung mit
dem, was es durch eine notwendige Folge dieſer
Verbindung verliert.


Reg. 9. Die endenden Selbſtlaute ſind kurz.
Freude jezo Peru China u. ſ. w.


Dieſe neun Regeln ſezen unſer Tonmaaß feſt, in
ſo fern es die Beſtimmung der zweyzeitigen Woͤrter
und Sylben noch nicht in ſich begreift. Jch kenne
keine Sprache, die hier mit einer ſo geringen An-
zahl Regeln, welche uͤberdieß noch ſo wenige und ſo
eingeſchraͤnkte Ausnamen haben, zureiche. Man
weis, wie groß die Zahl der Regeln in den Proſo-
dieen der beyden alten Sprachen iſt, und wie dieſe
Regeln von Ausnamen wimmeln. Die Alten haben
keine andre Beſtimmung der Zweyzeitigkeit, als
den Vers. (Mit welcher Ungewisheit muſten daher
die Vorleſer Proſa und Dithytamben oft ausſpre-
chen.) Wenn wir uns, wie ſie, mit dieſer Beſtim-
mung allem begnuͤgen wolten; ſo waͤre unſre Pro-
ſodie vielleicht die kuͤrzeſte, deren eine Sprache faͤhig
iſt. Wir duͤrften alsdann nur die zehnte Regel hin-
zuſezen, und ſagen: Bey der Ausſprache der zwey-
zeitigen Woͤrter und Sylben richtet man ſich nach
der Versart, worinn ſie vorkommen. Aber wir un-
terſcheiden uns eben dadurch, zu unſerm Vortheile,
von den Alten, daß wir die Zweyzeitigkeit faſt durch-
gehends durch den Nachdruk, die Leidenſchaft, und
die Tonſtellung beſtimmen. Die Tonſtellung iſt ſehr
Z 2man-
[356] mannichfaltig. Wir brauchen daher zur Beſtimmung
der Zweyzeitigkeit eine groͤſſere Zahl Regeln, als zur
Beſtimmung der unveraͤnderlichen Laͤngen und Kuͤr-
zen noͤtig waren. Wer ſich auf die kleine leichte
Kentnis der beſtimten Zweyzeitigkeit nicht einlaſſen
will, der kann mit den angefuͤhrten neun Regeln
ſo ziemlich fortkommen. Freylich muͤſte er dann mit
den verſchiednen Versarten genau bekant ſeyn, um
immer gleich beym erſten Aublicke zu ſehen, welches
zweyzeitige Wort oder Sylbe hier lang, und dort
kurz muͤſſe ausgeſprochen werden. Will er mit noch
wenigerem fuͤr lieb nehmen; ſo kanns ihm z. E.
beym Hexameter zureichen, daß er wiſſe 1 Jm He-
xameter ſind die erſte und die vorlezte Sylbe allzeit
lang. 2 Niemals kommen darinn mehr, als zwey
kurze Sylben hinter einander vor.


Jn Abſicht auf die lyriſchen Sylbenmaaſſe geht
es nicht wol an, ſo genuͤgſam zu ſeyn.


Von der Beſtimmung der Zweyzeitigkeit uͤber-
haupt. Alle zweyzeitige Woͤrter und Sylben koͤn-
nen beſtimt werden, die Woͤrter durch den Nachdruk,
die Leidenſchaft, (Nachdruk. Leidenschaft.) und die Tonſtellung; die Sylben
durch
[357] durch dieſe allein: ſie werden aber nicht immer alle
beſtimt, weil die Tonſtellung manchmal ſo beſchaffen
iſt, daß ſie keine oder faſt keine Wirkung (keine oder fast keine Wirkung) hat.


Verſchiedne Wirkung der Tonſtellung in Ab-
ſicht auf die zweyzeitigen Woͤrter, und die zwey-
zeitigen Sylben. Vorhergehende, nachfolgende
und einſchlieſſende Woͤrter oder Sylben beſtimmen
das Tonmaaß zweyzeitiger Woͤrter. Die Beſtim-
mung iſt auſſer ihnen. Die Beſtimmung zweyzei-
tiger Sylben iſt in den Woͤrtern ſelbſt, zu denen ſie
gehoͤren. Die Woͤrter oder Sylben, welche auſſer den
Z 3mehr-
(Nachdruk. Leidenschaft.)
[358] mehrſylbigen Woͤrtern ſind, haben keine Wirkung (keine Wirkung)
auf ihre Zweyzeitigkeit. Dieß iſt der Eine Unter-
ſchied; der zweyte iſt der, daß nicht alle Tonſtellun-
gen die zweyzeitigen Woͤrter, und die zweyzeitigen
Sylben auf gleiche Art beſtimmen.



Neunter Morgen.


Die Aldermaͤnner unterſuchen, ob ein Geruͤcht ge-
gruͤndet ſey, daß es von Auslaͤndern darauf
angelegt wuͤrde eine Kirche fuͤr die Freygeiſter
in Deutſchland zu bauen.


Es hatte ſich ein Geruͤcht ausgebreitet, daß
abgeſchikte Auslaͤnder, die aber mit Deut-
ſchen in Verbindungen ſtuͤnden, auf dem Land-
tage waͤren, und ſich nicht wenig Muͤhe gaͤben,
es
[359] es dahin zu bringen, daß in Deutſchland eine
Kirche fuͤr die Freygeiſter erbaut wuͤrde. So
erzaͤhlten’s einige; andre hingegen hatten nur
von einer Capelle gehoͤrt. Was Capelle? ſag-
ten wieder andre, Gott wird nun bald nur
Capellen; aber der Teufel wird Kirchen ha-
ben! Verſchiedne gutdenkende und entſchlosne
Juͤnglinge hatten dem Rufe zwar ſehr lebhaft,
aber zugleich auch mit Behutſamkeit und An-
halten nachgeſpuͤrt, um bis an ſeine Quelle zu
kommen. Allein er ſchlaͤngelte ſo ſehr umher,
daß ſie oft wieder weiter von der Quelle weg-
kamen. Sie hatten es nicht von ſich erhalten
koͤnnen, ſich in Freygeiſter zu verſtellen; denn
ſie waren auch darinn Deutſche, daß ſie alle
Verſtellung, ſelbſt diejenige, welche die Klug-
heit notwendig zu machen ſcheint, von ganzer
Seele haſten. Haͤtten ſie anders gedacht; ſo
waͤren ſie vielleicht fruͤher, und naͤher zu ihrem
Zwecke gekommen. Unterdeß hatten ſie ſich
doch nicht ganz fruchtlos bemuͤht. Als heute
die Landgemeine kaum zuſammen gekommen,
und noch kein Anwald aufgeſtanden war, bra-
chen die Juͤnglinge unvermutet auf, und gin-
gen zu den Aldermaͤnnern. Der Ruf von der
Freygeiſterkirche, ſagten ſie, wuͤrde auch zu
den Aldermaͤnnern gekommen ſeyn. Jhnen
waͤren bey ihrer Nachforſchung, die ſie nicht
Z 4ohne
[360] ohne Eifer und Ueberlegung fortgeſezt haͤtten,
endlich Papiere in die Haͤnde gefallen, die,
wenn ſie zuverlaͤſſig waͤren, die Sache voͤllig
entwickelten. Sie erwaͤhnten der moͤglichen
Unzuverlaͤſſigkeit deswegen, damit die Alder-
maͤnner ſaͤhen, wie ſehr ſie gegen jugendliche
Uebereilung auf ihrer Hut waͤren. Sie koͤn-
ten aber mit Wahrheit ſagen, daß ſie nicht die
geringſte Urſache haͤtten, an der Zuverlaͤſſigkeit
der Papiere zu zweifeln. Sie haͤtten ſich ſelbſt
nicht wenig Zweifel gemacht; allein ſie waͤren
daher auch zur Beantwortung der Fragen, die
ihnen etwa gethan werden koͤnten, deſto berei-
ter. Sie erwarteten den Befehl der Alder-
maͤnner, den gefundnen Aufſaz ableſen zu duͤr-
fen. Dieſe wuͤrden beſſer, als ſie, beurthei-
len koͤnnen, ob, und wie viel Beweis der Zu-
verlaͤſſigkeit in der Beſchaffenheit des Aufſazes
ſelbſt laͤge. Die Aldermaͤnner bezeigten den
Juͤnglingen Hochachtung, und lieſſen ſie, nach-
dem die dazu eingeladnen Anwalde und der
Rathfrager angekommen waren, den Aufſaz
ableſen. Dieſer lautete ſo:


Wir zwar nicht Unterſchriebene, aber doch
von den liebſten und getreuſten der Unſern
Wohlgekante machen hierdurch allen, denen
man dieſe Blaͤtter anvertrauen wird, bekant,
daß wir auf den Landtag der deutſchen Gelehr-
ten
[361] ten Abgeordnete geſchikt haben, in der Abſicht,
daß dieſe ſich dort bemuͤhen| ſollen, daß dasje-
nige, was wir ſchon ſo lange auszufuͤhren vor-
gehabt haben, naͤmlich eine Kirche fuͤr uns
Freygeiſter zu bauen, in Deutſchland ausge-
fuͤhrt werde. Wir haben Deutſchland dazu
auserſehn, weil es leider! weder in Jtalien,
noch in Frankreich, ja ſo gar nicht einmal in
England angehn will. Die Hofnung, die wir
uns in dieſer Sache von Deutſchland machen,
gruͤndet ſich auf folgendes: Die Gelehrten die-
ſes Landes (wir wiſſen, daß nun endlich die
Zahl der Unſern unter ihnen nicht mehr klein
iſt) pflegen das mit vielem Eifer zu betreiben,
was ſie ſich durchzuſezen vorgenommen haben.


Die Juͤnglinge unterbrachen hier die Able-
ſung durch die Nachricht, daß diejenigen der
Abgeordneten, die am meiſten von der Sache
wuͤſten, es nicht ganz verſchwiegen haͤtten:
Die wahre Urſach, warum man ſich an die
deutſchen Gelehrten wendete, waͤre, weil dieſe
ſich, ſo wie uͤberhaupt die ganze Nation, von
Auslaͤndern leicht zu etwas beſchwazen lieſſen.


Nun iſts uns zwar (wurde weiter geleſen)
recht gut bekant, daß ſie mit ihren Fuͤrſten bey-
nah in gar keiner Verbindung ſtehen; aber die-
ſes iſt unſerm Vorhaben bey weitem nicht ſo
hinderlich, als es beym erſten Anblicke etwa
Z 5ſchei-
[362] ſcheinen moͤchte. Denn die meiſten deutſchen
Fuͤrſten, beſonders die kleineren ſinnen nacht-
naͤchtlich darauf (denn den Tag uͤber ſind ſie
auf der Jagd, oder laſſen ihre Heere Kriegs-
uͤbungen machen) ſie ſinnen, ſagen wir, nacht-
naͤchtlich, und ſo ſehr darauf, ihre Einkuͤnfte
zu vermehren, daß jeder Vorſchlag, der
hierzu Mittel an die Hand giebt, bey ihnen
leicht Gehoͤr findet. Wenn alſo ein deutſcher
Gelehrter, wir ſagen nicht das Ohr, ſondern
nur den Ohrzipfel eines ſolchen Fuͤrſten hat;
ſo kann er es bald dahin bringen, daß ſein Vor-
ſchlag ins Werk gerichtet werde. Und daran
wird doch wol Niemand zweifeln, daß dieje-
nige Stadt, wo man in eine Freygeiſterkirche
wird gehn koͤnnen, gar ſehr an neuen Bewo-
nern zunehmen, und ſo viele oft wiederkom-
mende Fremde, deutſche und auslaͤndiſche, be-
herbergen werde, daß der Beſizer dieſer Stadt
die Auflagen um ein Erklekliches wird ſteigern
koͤnnen. Die Sache kann alſo von Seiten
der Fuͤrſten keine Schwierigkeit haben. Es
wird daher nur darauf ankommen, daß ſich ein
gutgeſinter deutſcher Gelehrter finde, der fuͤr
das wahre Wohl ſeiner Mitbruͤder, der Frey-
geiſter, die kleine Sorge uͤbernehme, mit dem
Vorſchlage zu obenerwaͤhntem Kirchenbaue,
ſeine Aufwartung an einem Hofe zu machen.
Jezo
[363] Jezo muͤſſen wir euch, denen unſre Abgeord-
nete dieſes vorleſen, oder zu leſen geben wer-
den, naͤheren Beſcheid von der ganzen Sache
ertheilen. Hoffentlich wird der Fuͤrſt, an den
man ſich wenden wird, ſelbſt ein Freygeiſt
ſeyn. Solte man, wider alles Vermuten,
den laͤcherlichen Fehltrit begehn, und ſich an
einen, der ein Chriſt waͤre, wenden; ſo wird
man ſich doch rechts oder links bald wieder zu-
recht finden koͤnnen. Man braucht alſo dem
Fuͤrſten kein Geheimnis daraus zu machen,
daß wir deswegen eine Kirche bauen laſſen,
damit unſre Lehre oͤffentlich und oft durch Pre-
diger vorgetragen, und eingeſchaͤrft werden
koͤnne; und daß es nur des gemeinen Mannes
halben geſchehe, wenn wir derſelben, ſo viel
ſich dieſes nur immer thun laſſen will, das
aͤuſſerliche Anſehn einer Chriſtenkirche geben.
Sie ſoll von Marmor, eyfoͤrmig, und ſo groß
ſeyn, daß ſie, gleich einer Hochſtiftskirche, auf
die Stadt herunterſehen kann. Denn was
brauchen wir die Koſten zu ſparen; wir ha-
ben’s ja dazu. Jhr werdet wiſſen, daß viele
auch von den reichen Groſſen, und, unter den
Wucherern, die gierigſten Sauger der Unſern
ſind. Dieſe achten, wie bekant iſt, auf das
abgeſchmakte Geſchrey der Vervortheilten,
der Witwen, und der Waiſen nicht. Aber
bis-
[364] bisweilen (wer hat nicht Thorheiten und
Schwachheiten an ſich?) achten ſie denn doch
gleichwol ein wenig darauf. Deſſen bedienen
wir uns dann, und ſagen ihnen, daß ſie, durch
Beyſteuer zu unſerm Kirchenbaue, alles wie-
der gut machen koͤnnen. Beſinnen ſie ſich aber
eines beſſeren, und |enken wieder ins alte Gleis
ein; ſo machen wir ihnen, zwar nicht die Hoͤlle,
aber doch den Kopf dadurch heiß, daß wir ih-
nen vorſtellen, nichts wuͤrde ſie ſo gut aus der
uͤbeln Nachrede, in der ſie ſtuͤnden, bringen,
als die Beyſteuer; ja, ſie wuͤrden noch viel-
mehr, als da nur heraus gebracht, ſie wuͤrden
von dem groſſen Haufen ſo gar fuͤr recht heilige
fromme Chriſten ausgeſchrien werden, weil ſie
zum Baue einer ſo ſchoͤnen neuen Kirche ſo viel
von dem Jhrigen hergegeben haͤtten. Jhr ſe-
het, daß die Sache, auf Seiten der erforder-
lichen Koſten, ganz und gar keine Schwierig-
keit hat; und daß man alſo den Fuͤrſten, wenn
ihm Zweifel dieſer Art aufſteigen ſolten, ſehr
leicht wird beruhigen koͤnnen. Wir kommen
zu weſentlicheren Punkten der Sache, als die
Schoͤnheit und Groͤſſe der Kirche, und die
leicht zu beſtreitenden Baukoſten ſind.


Wir (denn ihr muͤſſet nun auch gelegent-
lich erfahren, wer diejenigen ſind, die mit euch,
theils durch dieſe Blaͤtter, und theils durch
den
[365] den Mund der Abgeordneten reden,) wir gehoͤ-
ren zu den ſo genanten Semideiſten. Wir
koͤnnen es nun einmal nicht aͤndern, daß wir
ſo heiſſen; aber wir ſolten es billig nicht, ſon-
dern vielmehr den Namen Freygeiſter vor-
zugsweiſe fuͤhren. Denn wir ſind es allein,
die die wahre reine Lehre der Freygeiſterey
haben; und es wird dadurch eine ſchreyende
Ungerechtigkeit an uns begangen, daß man uns
durch die Benennung: Semideiſten gleichſam
zu einer Secte machen will. Wir verwahren
uns aber auch hiermit vermittelſt eines feyer-
lichen Widerſpruchs gegen das Unrecht, wel-
ches uns durch dieſe verkleinerliche Beſchuldi-
gung der Sectirerey geſchieht. Wer ſeine
fuͤnf Sinne nur noch einigermaaſſen beyſam-
men hat, wird einſehen, daß wir die allein
Rechtlehrenden ſind. Denn was hoͤret man
bey uns wol anders, als die groſſen, tiefge-
dachten Saͤze: Die Unſterblichkeit der Seele
muß man bald annehmen, und bald nicht an-
nehmen, nach dem einem naͤmlich entweder
das Eine oder das Andre, um mit den Herrn-
hutern, die doch auch ihr Gutes haben, zu re-
den, gemuͤtlich, oder es etwas weltlicher, aber
nicht viel anders auszudruͤcken, empfindſam
iſt. Von der Sittenlehre muß man nur ſo
viel annehmen, als einem jezt eben thunlich
iſt.
[366] iſt. Morgen oder Uebermorgen macht man’s
beſſer, wenn man kann. Man muß alle Sec-
ten der Freygeiſter dulden, die Tuͤrken auch
(von den Heiden verſteht ſichs von ſelbſt) nur
die Chriſten nicht! Denn es iſt eine laͤcherliche
Schwachheit, wenn man es auch nur einiger-
maaſſen an ſich kommen laͤſt, die groſſe Lehre
von der Duldung bis auf die Chriſten zu er-
ſtrecken. Wir muͤſſen vor allen Dingen den
Lehrpunkt die Chriſten betreffend ein wenig er-
laͤutern. Ruͤhmen ſich nicht die inquiſitoriſch
geſinten Chriſten, und nur dieſe ſind die rech-
ten eigentlichen Chriſten, denn alles uͤbrige iſt
Secte; ruͤhmen ſie ſich nicht gegen uns, daß
ſie die Feder und den Degen zugleich fuͤhren;
da wir Freygeiſter hingegen nichts, als die
Feder allein fuͤhrten? Ja freylich ſeyd ihr
wahre Caͤſare, Borgia naͤmlich, ihr Hunde!
Denn auch dieſer Caͤſar fuͤhrte Feder und De-
gen zugleich, aber eine ſchlechte, elende, jaͤm-
merliche Feder, eine wie die eurige iſt! (Faſt
haͤtten wir uns ein wenig ereifert!) Und ſol-
chen Leuten, die uns mit dieſem Stolze begeg-
nen, die ſich des hinzukommenden Degens
gegen uns ruͤhmen, (Moͤgt ihr euch doch un-
ſernthalben auch des hinzukommenden Schei-
terhaufens ruͤhmen, und Geſinnungen bey
euch hegen und pflegen, naͤhren und fuͤttern,
ihr
[367] ihr Vieh! wie der Jnquiſitor, einer der zwoͤlf
Blutrichter hatte, der es dem Herzog Alba recht
einzubringen wuſte, daß er nur dreyſſig tau-
ſend hatte hinrichten laſſen, indem er zu dem
getuͤnchten Philipp ſagte: Jch weiß es, ich
weiß es, was Schuld iſt, daß die Empoͤrer
nicht ſind gedaͤmpft worden! Die groſſe Ge-
lindigkeit des Alba iſt Schuld!) ſolchen Leuten
ſolten wir unſre mit ſo vielem Rechte geprieſene
Duldung angedeihen laſſen? Aber uns denn
doch wenigſtens, ſagt vielleicht ein Chriſt, der
ein Sectierer iſt. Euch auch nicht! Denn
ob ihr euch gleich auf den Degen nichts zu gute
thun koͤnt, und auch wol eine beſſere Feder
fuͤhrt, als das Jnquiſitorgezuͤcht; ſo ſeyd ihr
denn doch einmal Chriſten; und ſo bald wir
dieſen Namen auch nur von ferne hoͤren, ſo
koͤnnen wir ſchlechterdings keine Duldung wi-
derfahren laſſen. Wir kommen auf die, bey
denen unſre Duldung ſtatt findet. Wir dul-
den alſo: Die Deiſten, plumpe Philoſophen,
die leicht etwas fuͤr einen Grundſaz halten,
was doch nur eine Folgerung iſt, und ſo bald
ſie eine Schlußkette gewahr werden, ſich gleich
zu Gefangnen ergeben. Sie glauben die Un-
ſterblichkeit der Seele erweiſen zu koͤnnen.
Ferner: Die Zweifelſuͤchtigen. Denn man
muß mit ſeinem kranken Nebenmenſchen Mit-
leiden
[368] leiden haben. Dieſe Secte wird immer kleiner,
weil ihre beyden Sproͤslinge die Oberhand taͤg-
lich mehr bekommen. Die wenigen uͤbrigen
Sectierer von der alten Art zweifeln bloß aus
Liebhaberey des Grillenfangs. Die beyden
ſehr zunehmenden Sproͤslinge ſind: Die
Schwarzſuͤchtigen, die aus Schwermut zwei-
feln; und die Gerntaͤuſcher, die ihren Zwei-
feln recht nach Herzens Luſt nachhaͤngen. Wir
dulden ferner: Die deiſtiſchen Herrnhuter.
Sie lehren, daß es ohne einen gewiſſen Sinn
ganz und gar keine Gluͤkſeligkeit gebe. Die
Wolgeſitteten. Weil es in einigen Geſelſchaf-
ten der groſſen Welt wider den Wolſtand iſt,
ein Chriſt zu ſeyn, und die Wolgeſitteten kein
hoͤheres Gluͤk kennen, als dort nur ſo eben an-
kriechen zu duͤrfen, ſo verleugnen ſie das Chri-
ſtenthum, von dem ſie ſo wenig, als von der
wahren Lehre der Freygeiſter oder von ihren
Jrlehren wiſſen. Die Spottglaͤubigen. Die-
ſe haben ein ſo ſchwaches Gehirn, daß die
Spoͤtterey bey ihnen einen eben ſo unwider-
ſtehlichen Eindruk macht, als die immer wie-
derkommenden Einbildungen der Schwermuͤ-
tigen bey dieſen zu machen pflegen. Bey ih-
nen haͤlt keine Unterſuchung gegen die Bilder
ſtand, die ihnen von Spoͤttereyen uͤber die
chriſtliche Religion, gluͤklichen, oder ungluͤk-
lichen,
[369] lichen, das iſt alles einerley, uͤbrig geblieben
ſind. Wir dulden ferner: Die Atheiſten,
weil man (uns deucht dieß ſteht gar in der Bi-
bel) ſich auch des Viehes erbarmen muß. Die
Geſpenſterglaͤubigen. Ahndungen, und wie
es ſonſt heiſt, gehoͤren mit dazu. Dieſe Secte
lehrt, man koͤnne von jeder andern Secte ſeyn,
ſelbſt ein Atheiſt; nur muͤſſe man, was den
Geſpenſterglauben anlange, keine Jrthuͤmer,
noch viel weniger Zweifel hegen. Schlieslich
dulden wir auch: Die Socinian-Deiſten*,
oder diejenigen, die den Socinianismus noch
mit zum Chriſtenthume rechnen, und dieſen
gern mit dem Deismus (man verſtehe uns ja
recht, wir reden nicht von der allein reinen
Lehre, naͤmlich dem Semideismus) vereinigen
wollen. Die Socinian-Deiſten haben einen
ziemlich harten Stand, indem ſie die Secte
der Socinianer noch unter den chriſtlichen an-
bringen wollen. Denn dieſe Secte muß ſich
voͤllig daruͤber wegſezen, daß ſie ihre Meinun-
gen auf keine andre Art erweiſen kann, als
wenn ſie die Bibel ganz anders erklaͤrt, wie
man ſonſt ein Buch zu erklaͤren pflegt, oder
auch ein Geſpraͤch, einen Brief, einen Con-
tract, ſelbſt ein Vermaͤchtnis, ja ſo gar ein
Buͤndnis, ſo lange naͤmlich das Schwert noch
nicht wieder gezogen iſt: denn iſt es gezogen;
A aſo
[370] ſo geht es bey den Auslegungen freylich ſo
ziemlich ſocinianiſch zu. Aber wie dem auch
ſeyn mag; ſo dulden wir gleichwol die Soci-
nian-Deiſten. Denn es iſt denn doch voͤllig
ausgemacht, daß ſie keine Chriſten ſind.


Unſre Abgeordneten werden euch einen Riß
zu der neuen Kirche zeigen. Er wird euch ge-
fallen. Es iſt Streit unter uns geweſen, wie
wir ſie nennen ſolten; und die Wahrheit zu
geſtehn, dieſer Streit iſt noch nicht voͤllig ge-
ſchlichtet. Einige verlangten, ſie ſolte die Kir-
che der heil. Petronia heiſſen, weil dieß die
aͤchten Kenner unſrer Saͤze und unſrer Anwen-
dungen auf den liebenswuͤrdigen Schlemmer,
Petronius Arbiter, der, wenn es Schuzhei-
lige gaͤbe, gewiß der unſrige ſeyn wuͤrde, ſehr
deutlich verwieſe. Andre wolten ſie nach der
heil. Stomachalis, und das wirklich auch aus
recht triftigen Urſachen, genent haben. Die
Urſachen hielten ſich auf beyden Seiten ziem-
lich lange das Gleichgewicht, bis endlich einer
von uns noch Eine anfuͤhrte, welche viele von
denen, die der heil. Petronia zugethan wa-
ren, auf ſeine Seite brachte, er ſagte naͤmlich:
Wenn wir den Namen der heil. Stomacha-
lis waͤhlen; ſo nent der gemeine Mann die
Kirche, und die Namen, die er bey ſolchen An-
laͤſſen giebt, bleiben, der gemeine Mann nent
ſie
[371] ſie die Stomachalkirche, und das klinget dann
den Leuten faſt wie Cathedralkirche; ein klei-
ner Umſtand, wie es denen, welche die Welt
nicht kennen, etwa vorkommen moͤchte, der
aber gewiß fuͤr uns und unſre Kirche ſehr er-
ſpriesliche Folgen haben wird.


Unſer groſſer und feſter Grundſaz iſt: Es
ſoll in unſrer Kirche, ſo weit dieß nur immer
thunlich iſt, von ungefaͤhr eben ſo hergehn,
wie in einer Chriſtenkirche. Aber Prediger
muͤſten wir, ſelbſt wenn auch unſer Grundſaz
nicht waͤre, notwendig haben. Denn darauf
komt es uns ja eben an, daß wir, unter dem
Vorwande, die Sittenlehre, im Nothfalle ſo
gar die chriſtliche, vorzutragen, unſre Lehre,
mit dem Scheine, als entfiele uns das nur ſo
von ungefaͤhr, rechtſchaffen einſchaͤrfen. Kurz,
die gute Verwaltung des Predigtamts iſt der
Mittelpunkt, um den ſich alle unſre Zirkel
drehn, die groſſen und die kleinen. Unſre
Prediger ſollen Biſchoͤfe heiſſen. Das klingt
viel beſſer, als Paſter, Magiſter, Probſt,
Jnſpecter, Supperndent. Denkt’s nur recht
nach, wie viele, und wie fleiſſige Kirchengaͤn-
ger unſre Cathedrale, beſonders wenn Bi-
ſchoͤfe darinn predigen, haben werde. Wir
koͤnnen hier nicht unberuͤhrt laſſen, daß uns
der Sinn auch ſchon nach einem Erzbiſchofe
A a 2ſteht.
[372] ſteht. Der wird vollends den Leuten Duͤnſte
von gehoͤriger Blaͤue vormachen. Wenn er
ſeine Hirtenbriefe ergehen laͤſt, ſo ſoll er ſie ſo
anfangen: Wir Erzbiſchof der deutſchen
Hauptkirche der heil. Stomachalis, wie auch
Biſchof in omnibus Partibus Jnfideli-
um .. Aber ſo wol er, als die andern Bi-
ſchoͤfe haben keine Einkuͤnfte. Sie muͤſſen
und werden ſich an der Ehre, durch die Beredt-
ſamkeit zu herſchen, genuͤgen laſſen. Haͤtten
wir dieſen vortreflichen Gedanken, den Bi-
ſchoͤfen keine Einkuͤnfte zu geben, nicht gehabt,
ſo wuͤrd es uns, wie ihr in der Folge hoͤren
werdet, gar ſchlimm mit Voltairen ergangen
ſeyn. Denn er beſtand ſchlechterdings darauf,
Biſchof zu werden; und das ging denn doch
nun einmal auf keine Weiſe an, weil er es be-
kantlich gar zu toll macht, und uns daher ſeine
Predigten, wie rein feine Lehre auch iſt, ſehr
nachtheilig ſeyn wuͤrden. Aber da er von den
Nicht-Einkuͤnften hoͤrte, ſo ſtand er auf Ein-
mal von ſeiner Foderung ab. Wir kenten den
Mann, und wuſten, daß er gleichwol unver-
ſehns wieder umkehren koͤnte; wir boten ihm
daher Sachen an, die ſich gewaſchen hatten,
wie ihr auch in der Folge hoͤren werdet. Wir
muͤſſen unſrer Kirche, wie ſchon geſagt iſt, das
aͤuſſerliche Anſehn einer Chriſtenkirche ſo ſehr
geben,
[373] geben, als wir nur immer koͤnnen. Wir ha-
ben daher Oberkuͤſter, Unterkuͤſter, Kloͤkner,
Thurmblaͤſer, Klockenſpieler, Organiſten.
Dieſe lezten wiſſen wir genung zu beſchaͤftigen;
aber die Cantoren, die wir auch haben, nicht.
Denn was ſolten wir wol ſingen laſſen? Wir
ſchraͤnken uns daher weislich auf die Jnſtru-
mentalmuſik ein. Unterdeß durften wir es
doch, des Aeuſſerlichen halben, an den Canto-
ren nicht fehlen laſſen. Dieſe Leute haben ins-
geſamt groſſe Einkuͤnfte. (Die Cantoren eſſen
ihr Brodt mit Suͤnden; moͤgen ſie doch!)
Aber diejenigen, die unſre Schazkammer am
meiſten leeren, ſind die Todtengraͤber. Gleich-
wol waͤr es auch grauſam, wenn wir Leute,
die ſich mit ſo ſehr widrigen Dingen beſchaͤfti-
gen muͤſſen, nicht gut bezahlen wolten. Auch
der Kirchenarzt kriegt ſein gutes Theil. Wen
es Wunder nimt, daß wir einen Kirchenarzt
haben, der iſt noch ein Neuling. Kann denn
einem ehrlichen Manne nicht mitten in der
Kirche unvermutet eine Todesfurcht dergeſtalt
anwandeln, daß er der ſchleunigen Huͤlfe ei-
nes zu rechter Zeit angebrachten Aderſchlages
bedarf? Der Kirchenarzt fuͤhret den Titel
Grosmaͤchtiger. Auch unſre andern Kirchen-
diener haben gehoͤrige Titel. Denn wir muͤſ-
ſen allen dieſen Sachen ein gewiſſes Anſehn
A a 3geben.
[374] geben. Um nur noch des Todtengraͤbers zu
erwaͤhnen, ſo heiſt der: Geſtrenger Herr.
Weil wir Voltairen ſchlechterdings auf unſrer
Seite behalten muſten; ſo ſuchten wir, und
fanden auch gluͤklich einen Ausweg, wodurch
wir uns aus den Schwierigkeiten, in die wir
mit ihm waren verwickelt worden, heraushal-
fen. Wir boten ihm naͤmlich alle Kirchenaͤm-
ter auſſer dem biſchoͤflichen an, mit den Ein-
namen
verſteht ſich, nur daß er etwas Weni-
ges an Gevollmaͤchtige, welche die Aemter an
ſeiner Statt verrichten ſolten, auszugeben haͤt-
te. Wir hatten dabey den Baͤlgentreter ver-
geſſen. Es kaͤme ihm, ſagte er nicht ohne
Hize, ſonderbar vor, daß wir ſo vergeslich
waͤren. Wir fuͤgten ihm natuͤrlicher Weiſe
ſo gleich auch hierinn, und die Sache wurde
daher auf das beſte, und zu beyderſeitigem
Vergnuͤgen feſtgeſezt, ſo daß alſo Voltaire
Oberbaͤlgentreter, Oberkloͤkner, Oberthurm-
blaͤſer, erſter Oberkuͤſter, (man erlaube uns
einige Auslaſſungen) Oberkirchenarzt, und
Obertodtengraͤber an der Stomachalkirche ſeyn,
und unter andern die Titel: Obergrosmaͤchti-
ger, und Obergeſtrenger Herr fuͤhren wird.
Die Namen der ernanten Biſchoͤfe zeigen wir
euch an, ſo bald wir Nachricht von dem ange-
fangnen Kirchenbaue erhalten.


Die
[375]

Die Aldermaͤnner ſchritten gleich nach der
Ableſung zur Unterſuchung. Dieſe fingen ſie
damit an, daß ſie denjenigen vor ſich fodern
lieſſen, aus deſſen Haͤnden die Juͤnglinge den
Aufſaz bekommen hatten. Nachdem man ei-
nige Zeit von Hand zu Hand zuruͤkgegangen
war, ſo kam man endlich an einen, der einge-
ſtand, daß er den Aufſaz mit auf den Landtag
gebracht haͤtte. Allein, fuhr er fort, ich be-
ſinne mich nicht, denn ich bin, wie meine Be-
kanten wiſſen, etwas zerſtreut, von wem ich
dieß Papier vor meiner Abreiſe erhalten, und
es iſt ein bloſſer Zufall, daß ich es mitgenom-
men habe. Jch hab es nicht geleſen. Die
Ueberſchrift: Finanzvorſchlag, die es hat,
wie ihr ſehet, hielt mich davon ab. Denn ich
haſſe Schriften, die in dieſe Materie einſchla-
gen, eben ſo ſehr, als ſie mein Freund hier
liebt, der ſich das Papier, ohne dieſe fuͤr ihn
ſo verfuͤhreriſche Ueberſchrift, gewiß nicht zum
Durchleſen wuͤrde ausgebeten haben. Man
muſte dieſes nun wol glauben, und das um ſo
mehr, weil man es auf keine Weiſe auf dieſen
erſten Ausleiher des Aufſazes bringen konte,
daß er ſich als Abgeordneter betragen haͤtte.
Wider zwey andre von denen, durch deren
Haͤnde der Finanzvorſchlag gegangen war, zo-
gen ſich zwar einige Woͤlkchen Verdachts zu-
A a 4ſam-
[376] ſammen, daß ſie hier und da Geſchaͤfte der
Abordnung haͤtten veruͤben wollen; aber ſie
wuſten ſich, ob ſie gleich hatten geſtehen muͤſſen,
ſie waͤren Freygeiſter, doch ſo gut heraus zu
helfen, daß man ihnen nichts entſcheidendes
zur Laſt legen konte.


Die Aldermaͤnner, welche die Hofnung,
durch weitere Unterſuchung mehr heraus zu
bringen, dem Scheine nach, aufgaben, bra-
chen jezo das Verhoͤr auf Einmal ab, und
dankten den Juͤnglingen, daß ſie ſo gedacht,
und ſo gehandelt haͤtten.


Beym Heruntergehn, machten ſie mir, (Sa-
logaſt ſchreibt dieſes) den Jnhalt einer neuen
Polizeyverordnung in der Abſicht bekant, daß
ich ſie aufſezen ſolte. Kuͤnftighin, war ihre
Vorſchrift, wuͤrd es gar nicht mehr als Un-
verſtand, oder als Mangel an Kentnis, ſondern
lediglich als ein grober Verſtoß gegen das,
was ſich ziemte, angeſehn werden, wenn einer
dieß, und das, und wieder das gleich fuͤr die
Denkungsart und den Geſchmak der Nation
ausgaͤbe, weil es in zwey drey Buͤchern ſtuͤn-
de, die heute Mode waͤren, und uͤbermorgen
altvaͤteriſch, und die man nur laͤſe, weil man
eben etwas zu zehren haben muͤſte, und gleich
nichts anders bey der Hand waͤre; ſo wie
volkreiche Staͤdte taͤglich, aus gleicher Noth-
durft,
[377] durft, irgend ein groſſes Thier von Neuigkeit,
einen Lindwurm, eine Seekuh, oder desglei-
chen verſchlingen muͤſten. Sie wolten mir,
wenn ich den Aufſaz braͤchte, ſchon ſagen, ob
dieſe beſondre Gattung von Schwaͤzern, die
ſich unterſtuͤnde der Nation ſo etwas aufzu-
buͤrden, dem Schreyer, oder wem ſie ſonſt zur
Zuͤchtigung heimfallen ſolte.



Der Abend.


Aus einer neuen deutſchen Grammatik.


Umendungen der Hauptwoͤrter. Einleitung.
Die Endungen werden ſo genant: Die Wir-
kung. Der Tag leuchtet; der Tag wird verfin-
ſtert. Die Verkuͤrzung. Die Schoͤnheit des Ta-
ges. Die Abzweckung. Dem Ohre angenehm. (Der
Begrif einer Abzweckung findet vielleicht in den mei-
ſten Faͤllen ſtatt) Die Behandlung. Den Stein fort-
tragen. (Auch dieſer Begrif findet in nicht wenigen
Faͤllen ſtatt) Bey den Richtungen, die entweder
mit der Abzweckung, oder Behandlung, oder mit bey-
den verbunden werden, hat man dieſe Begriffe nur
ſelten; und den Begrif der Verkuͤrzung gar nicht
mehr, wenn dieſe durch eine Richtung entſteht.


Die Umendungen. Kenzeichen, die alle Um-
endungen gemein haben. 1 Jn der Mehrheit
A a 5ſind
[378] ſind Wirkung, Verkuͤrzung, und Behandlung
einander gleich. 2 Die Abzweckung hat in
der Mehrheit durchgaͤngig n oder en. Ken-
zeichen, die einige Umendungen gemein haben.
1 Die zweyte, dritte, vierte und fuͤnfte Umendung
haben s oder es in der Verkuͤrzung. 2 Jn der
erſten, zweyten, und dritten Umendung ſind ſich
Wirkung und Behandlung in der Einheit gleich.
3 Abzweckung, und Behandlung ſind ſich gleich in
der erſten, zweyten, vierten, fuͤnften, und ſechſten
Umendung. 4 Die vierte, fuͤnfte und ſechſte Um-
endung haben niemals den Umlaut. 5 Die
vierte, und fuͤnfte Umendung haben: a) n
oder en in der Abzweckung, und Behandlung.
b) Dieſes n oder en wird weggelaſſen, wenn
ein Beywort voranſteht. c) Jhre Woͤrter ſind
maͤnliches und weibliches Geſchlechts. 6 Die
drit-
31
[379] dritte, und ſechſte Umendung haben die Buchſta-
benendung.


Umendung 1. Mit der gleichen Einheit. Ein-
heit. Wirkung: Die Zahl. Verkuͤrzung: der
Zahl. Abzweckung: der Zahl. Behandlung:
die Zahl. Mehrheit W. Die Zahlen. V. der
Zahlen. A. den Zahlen.


Kenzeichen. 1 Die Woͤrter haben die Buch-
ſtabenendung, und die Sylbenendung. (Sylbenendung) 2 Alle En-
dungen ſind ſich in der Einheit gleich. 3 Die Wir-
kung hat in der Mehrheit e und n oder en. N oder
en iſt am gewoͤnlichſten. E wird nie an die Syl-
benendung; beyde werden an die Buchſtabenendung
geſezt. 4 Alle Woͤrter weibliches Geſchlechts, nur
einige weibliche Namen und Vornamen ausgenom-
men, gehn nach dieſer Umendung.


Woͤrter. Buchſtabenendung: Jagd, That,
Wahl, Spur, Maus, Freude, Finſternis, Au.
Sylbenendung: Bildung, Leidenſchaft, Klarheit,
Heiterkeit, Einſiedeley, Jugend, Koͤnigin, Amſel,
Mauer. Die Namen einiger Laͤnder und Bezirke,
als: die Schweiz, die Wetterau, gehn auch nach
dieſer Umendung.


Ausnamen. (Kenzeichen 2) Zu unſrer lieben
Frauen, auf Erden. (Kenzeichen 3. E wird nie an die
Sylbenendung.) Die in nis Finſterniſſe. (Jch fuͤhre
dieſe Ausname an, ob ſie gleich nur ſcheinbar iſt.
Denn nis, das in der dritten Umendung als Stam-
ſylbe angeſehn wird, kann hier eben ſo wol dafuͤr
gelten) Muͤtter, Toͤchter bekommen keinen Zuſaz.


Umendung 2. Mit der Wiederholung. Ein-
heit. W. Der Himmel. V. des Himmels. A. dem
Him-
[380] Himmel. B. den Himmel. Mehrheit. W. Die
Himmel. V. der Himmel. A. den Himmeln.


Kenzeichen. 1 Die Woͤrter haben die Sylben-
endung. 2 Alle Endungen, auſſer der Verkuͤrzung,
ſind in der Einheit der Wirkung gleich. 3 Die
Wirkung der Mehrheit wiederholt die Wirkung
der Einheit. 4 Die Woͤrter ſind maͤnlich, und
geſchlechtlos. Die Zahl der lezten iſt die groͤſte.


Woͤrter. Raͤthſel, Richter, Namen, (Namen) Kindlein,
Athem, das Gehen, das Gerede, und die ſremden:
Puritaner, Tempo, Gummi, Phyſiker. Die Na-
men in n und m. Die Namen der Staͤdte, und
verſchiedner Laͤnder. Bey dieſen braucht nicht dar-
auf geſehn zu werden, ob ſie die Buchſtaben- oder
Sylbenendungen haben.


Ausnamen. Die fremden Woͤrter in: or und
um Doctoren, Privilegien. Die Namen der Staͤd-
te, die in e, s nach einem langen Selbſtlaute, x,
z, ſt, xt, zt, ſch, und ſk endigen. Dieſe ſezen,
ſo wie die Woͤrter der fuͤnften Umendung, ein n vor
das s der Verkuͤrzung.


Umendung 3. Mit dem E. Einheit. W. Der
Tag. V. des Tages. A. dem Tage. B. den
Tag. Mehrheit. W. Die Tage. V. der Tage.
A. den Tagen.


Ken-

[381]

Kenzeichen. 1 Die Abzweckung 7 hat ein hin-
zukommendes E. 2 Die Wirkung hat in der
Mehrheit e, er, und en. E iſt am gewoͤnlich-
ſten, er nur in dieſer Umendung, und n komt
ſehr ſelten vor. 3 Die Woͤrter haben den Umlaut
am ofteſten. 4 Die Woͤrter ſind maͤnliches Ge-
ſchlechts, und geſchlechtlos. Die Zahl der erſten
iſt die groͤſte.


Woͤrter. Stab, Geripp, Pfad, Spott, Rath,
Reif, Rock, Flug, Keil, Kern, Halm, Rohr,
Gleis, Bliz, May, Klee, Auge, Thau, Stroh;
auch die fremden Woͤrter: (es iſt dabey gleichguͤltig,
ob ſie wirklich, oder nur dem Scheine nach, eine
Stamſylbe ausmachen, oder mit einer endigen)
Original, Officier, Factor, Creditiv, Baron, Faun
Phantom, Theorem, Decret, Subject, Discant,
Centaur, Regiment, Chirurg u. ſ. w.


Aus-
[382]

Ausnamen. Wir ſagen nicht Gotte, wenn wir
das hoͤchſte Weſen nennen; aber wol dem Gotte,
wenn von einem Goͤzen die Rede iſt. Drey Fuß
lang, tauſend Mann iſt in ſeiner Art eben ſo feh-
lerhaft, als wenn commandirt wird: Herſtelt euch.
Unterdeß iſt es einmal in der Sprache.


Umendung 4. Mit zwey N. Einheit. W.
Hermann. V. Hermanns. A. Hermannen. B.
Hermannen. Mehrheit. W. Die Hermanne.
V. der Hermanne. A. den Hermannen.


Kenzeichen. 1 Die Wirkung der Mehrheit wie-
derholt die Wirkung der Einheit, oder bekomt ein
e. 2 Bey den alten Namen maͤnliches Geſchlechts,
die in o endigen, wird zwiſchen das o der Einheit,
und das hinzukommende e der Mehrheit ein n geſezt.35


Woͤrter. Namen der Maͤnner und Weiber, der
lezten nur wenige alte.


Aus-

36



[383]

Ausnamen. Dieſe Umendung hat keine Aus-
namen.


Umendung 5. Mit drey N. Einheit.
W. Leibniz. V. Leibnizens. A. Leibnizen. B.
Leibnizen. Mehrheit. W. Die Leibnize. V.
der Leibnize. A. den Leibnizen.


Kenzeichen. 1 Die Woͤrter endigen in e, s,
x, z, ſt, xt, zt, ſch, oder ſk. 2 Jn der Ein-
heit wird vor das s der Verkuͤrzung ein n ge-
ſezt.(Kenz. 2. ein n gesezt) 3 Die Wirkung hat in der Mehrheit e
und n oder en. E iſt am gewoͤhnlichſten.


Woͤrter. Namen der Maͤnner und Weiber.


Ausnamen. Das Herz in der Behandlung;
dieß Wort iſt auch geſchlechtlos.


Die Namen in s mit vorhergehendem kurzen
Selbſtlaute, werden gar nicht umgeendet. Unſre
Alten verſtanden das beſſer, als wir. Sie ſagten:
Johanneſes, Jonaſes.


Wer die vierte und fuͤnfte Umendung lieber in
Eine verwandeln wolte, haͤtte deswegen Unrecht,
weil beyde Kenzeichen haben, die ſie genung unter-
ſcheiden; und weil, wenn ſie Eine Umendung aus-
machten, mehr Ausnamen dabey ſeyn wuͤrden, als
ſonſt wo in dieſer Grammatik vorkommen werden. Ei-
ne Regel mehr mit wenigen oder faſt keinen Ausna-
men behaͤlt man viel leichter, als man es anrech-
net, daß eine Regel weniger da iſt, wenn dieſe Ver-
mindrung der Regeln viele Ausnamen veranlaſſet.


Um-
[384]

Umendung 6. Mit dem herſchenden N. Ein-
heit. W. Der Menſch. V. des Menſchen. A. dem
Menſchen. B. den Menſchen. Mehrheit. W. Die
Menſchen. V. der Menſchen. A. den Menſchen.


Kenzeichen. 1 Auſſer der Wirkung, ſind alle En-
dungen n oder en. 2 Das Geſchlecht iſt das maͤnliche.


Woͤrter. Bote, Pfau, Graf, Geſell, Thor,
Genoß, Gefaͤhrt, (der Geliebte, ein Geliebter,
die Schoͤne, das Vortrefliche gehoͤren zu den Um-
endungen der Beywoͤrter) ſonſt auch noch fremde
Woͤrter, als: Chineſe, Philoſoph, Theolog, Aſtro-
nom, Tartar, Supplicant, Diſſident, Eremit,
Patriot, Enthuſiaſt.


Ausname. Der Bauer.


Die kuͤrzeſten Benennungen der Umendungen
waͤren wol dieſe: Nach welcher Umendung geht
Zahl? Nach der gleichen. Nach welcher Himmel?
Nach der Wiederholung. Und Tag? Nach E.
Hermann? Nach zwey N. Leibniz? nach drey
N. Und Menſch? nach N.



Rohr-

[385]

Rohrdommels Verhoͤr.


Die Geſelſchaft in der Laube wurde ſo groß, daß
die, welche ſich dorthin beſtelt hatten, nach
und nach die Unterredung abbrachen. Ein Alder-
mann machte dem unangenehmen Stillſchweigen,
das zulezt entſtanden war, auf folgende Art ein
Ende. Jhr wiſt, ſagte er, was ſich die vorige Nacht
mit Rohrdommeln, und einigen Juͤnglingen zuge-
tragen hat. Jch fuͤrchte, daß die Sache morgen
bey verſammelter Landgemeine angeregt, und durch
ſie die Geſchaͤfte des Landtages koͤnten verzoͤgert wer-
den. Wenn ihr es genehmigt, ſo laß ich Rohrdom-
meln jezt kommen, verhoͤr ihn, und ſpreche das Ur-
theil. Es komt freylich darauf an, ob er ſich mei-
nem Urtheile unterwerfen wolle. Denn verlangt
er, daß die Sache vor der verſammelten Landge-
meine unterſucht werde; ſo muß ich’s mir gefallen
laſſen, und kann nichts gegen ihn machen. Doch
ſo ſonderbar er auch immer ſeyn mag; ſo iſt er doch
im Grunde ein geſcheiter Mann, und ich hoffe,
daß ihm an meiner Entſcheidung gnuͤgen werde.
Wir koͤnnen es wenigſtens verſuchen.


Rohrdommel, und die Juͤnglinge erſchienen, und
erklaͤrten, daß ſie ſich dem Urtheile des Aldermanns
unterwerfen wolten. Dieſer ſezte ſich herum, und
das Verhoͤr nahm ſeinen Anfang.


Der Aldermann. Dein Namen? Rohrdom-
mel. Laurenz Rohrdommel. A. Gebuͤrtig? R.
Aus dem Freyreichsdorfe Urlau belegen auf der leut-
kircher Heide in Schwaben. A. Dein Alter? R.
Hundert und drey Jahre. A. Deine Wiſſenſchaft?
R. Die Zauberey. A. So? Was machſt du hier?
R. Jch bin ſeit meinem achtzehnten Jahre auf
B ballen
[386] allen euren Landtagen geweſen; ich wolt auch auf
dieſem ſeyn. A. Warum haſt du dieſe Juͤnglinge
hier zu den Geiſterbannungen verfuͤhrt? R. Da’s
keiner von euch kann, ſoltet ihr’s dem, der’s allein
kann, danken, daß er’s thut. A. Kenſt du unſre
Verbote nicht? R. Was gehn mich eure Verbote
an? A. So? Was thuſt du eigentlich, wenn du
banſt? Worauf komt’s dabey an? R. So fragt
man die Leute auch aus, die Goldmacher zum Exem-
pel, oder mich! Die Schale davon ſteht dir zu
Dienſte; vom Kerne kriegſt du nichts. A. Wie
machſt du’s? Machſt du einen Kreis? R. Was
Kreis? Wer unter meiner Obhut und Einwirkung
ſteht, wenn ich die Geiſter untergegangner Buͤcher,
dieſe animulas vagulas, minime blandulas,
aus ihren locis ſqualidis, luridis, tetricis her-
aufbanne, naͤhert ſich einem Druidenſchuhe, den
ich .. A. Wo haſt du denn Druidenſchuh herge-
kriegt? R. Ey was? Jch zeichne den Schuh auf
den Boden, mit einer Farbe, die theils aus Miſteln
gekocht iſt. Du weiſt doch, daß ein Druidenſchuh
ein Fuͤnfek iſt? Jn ſo was alltaͤgliches, als ein Kreis
iſt, und das ſelbſt ein Pfuſcher in der Zauberey ma-
chen koͤnte, komt kein Buͤchergeiſt; es muͤſte denn
etwa der Geiſt einer politiſchen Deduction ſeyn, der
ſich dahinein locken lieſſe. A. Und wenn der Schuh
fertig iſt; dann vermutlich allerhand Worte herge-
murmelt? R. Unwiſſender! nie wird gemurmelt!
geſungen wird! A. Kanſt du denn ſingen? R.
Ob ich kann? Da frag die hier.


Die Juͤnglinge betheuerten insgeſamt, er haͤtte
eine trefliche Kehle.


A. Und was wird denn geſungen? R. Die
Titel der Buͤcher, denen die Geiſter ausgefahren
ſind,
[387] ſind, werden abgeſungen. A. Der Namen des
Verlegers auch mit? R. Allerdings. Manchmal
auch die Ueberſchrift der Dedication. Ja einmal
hab ich ſo gar die ganze Dedication durchwaten,
und bis auf den geliebten Leſer, und den Anfang der
Vorrede kommen muͤſſen. So hartnaͤckig und ſtarr-
koͤpfiſch war dießmal der Geiſt, eh er ſich wolte ſe-
hen laſſen. A. Niemals weiter? R. Ach! erinre
mich an den verdrieslichſten Vorfall meines Lebens
nicht! Noch moͤcht ich vor Zorne berſten, wenn ich
daran denke. Stelle dir’s nur einmal vor! Ein
dickes Buch mit Anmerkungen war’s! ein Quar-
tant war’s! Und nun hatt ich ſchon bis in die Mitte
hineingeſungen; aber noch immer der Geiſt nicht!
und nun bis zum Ende, und nun bis ins Regiſter
hinein; aber immer, immer noch kein Geiſt nicht!
und nun gar das lezte Wort des Regiſters; und der
widrigſte unter allen Geiſtern, die jemals in einem
Buche geweſen ſind, noch, noch, noch nicht! Aber
ich kriegt ihn auch dafuͤr! Jch entſchloß mich als
ein Mann, und ſang zuruͤk. Davor hatte er ſich
nicht gehuͤtet. Kurz, er kam, und ich ließ ihn aus
Rache wenigſtens ſo lange ſtehn, als ein Knecht,
(iſt aus’m Engliſchen) der was anhaͤngig machen
will, im Borzimmer ſtehen muß, wenn der Fuͤrſt ..
nichts zu thun hat. A. Wie geht dir’s, wenn
du ein Buch fuͤr Todes verfahren haͤltſt; und es
doch nicht Todes verfahren iſt? R. Fuͤr erſt weis
ich ſo ziemlich gut, welche es ſind, und welche nicht;
und dann, wenn ich mich hier auch einmal irre, ſo
geſchieht es doch eben nicht ſehr. Denn mit ſolchen
Buͤchern, bey denen ich etwan einmal in Jrthum ge-
rathe, pflegt es auf die Neige zu gehen. Dieß wit-
tre [ich] aus folgendem: Allerhand Geiſterchen aus
B b 2Zei-
[388] Zeitungen oder Monathſchriften, in welchen dieß
Buch ſehr iſt gelobprieſen worden, ſchleichen herbey,
ſo bald das Beſchwoͤren angeht, und laſſen ein gar
klaͤgliches Gewimmer von ſich hoͤren. Da hab ichs
dann gleich weg, und ſinge, wenigſtens dieſen Tag,
nicht weiter. A. Jezo, Juͤnglinge, mit denen wir
eben nicht zufrieden ſeyn koͤnnen, weil ihr unſre
Verbote ſo wenig geachtet habt, iſt die Reihe an
euch. Jhr ſolt mir vornaͤmlich auf zwey Dinge
antworten: Welche Geiſter ihr habt in das Fuͤnfek
rufen laſſen, und wie ſie ausgeſehen haben? Zwey-
tens: Woher es gekommen iſt, daß man euch
wie todt gefunden hat? Waͤr es zulezt nur nicht ſo
ſchlimm abgelaufen, Alter! ſo moͤcht es dir allenfalls
hingehn, daß du dich von der Neubegierde dieſer
jungen Leute zu deinen Bannungen haſt verfuͤhren
laſſen. Wem ich unter euch winke, den frag ich.
Der Anfang eurer Bekantſchaft mit Laurenz Rohr-
dommeln? J. Geſtern Abend beym Mondlichte.
Wir ſahen ihn gehn. Er ſtrich ſich den Bart, und
ſang dabey. Da gingen wir zu ihm hin. A. Was
ſagte er euch? J. Kein Aldermann koͤnte, was
er koͤnte. Wir fragten ihn ziemlich hoͤniſch: Was
er denn koͤnte? Nur nicht geſpottet, junge Herren,
ſagte er. Wenn ich bey der Laune bleibe, in der
ich jezo bin; ſo will ich euch noch dieſe Nacht zeigen,
was ich kann. Und was kanſt du denn? riefen
wir, was denn? was? Er antwortete: Die Gei-
ſter verblichner Buͤcher in ihrer voͤlligen langen ha-
gern Geſtalt vor eure ſichtlichen Augen hinbaunen,
daß ihr ſie, ſo lange ihr nur moͤget und wolt, da
vor euch betrachten koͤnt. Nun hatten wir ſchon
oft von dieſen Geiſterbannungen gehoͤrt; freylich
hatten wir’s nie ſo recht glauben koͤnnen: aber jezo
war
[389] war denn doch der Augenblik da, der’s entſcheiden
konte, was an der Sache waͤre. Auſſer dem war
unſre Neubegierde unausſprechlich groß. Weil einer
von uns Unteraufſeher des groſſen Buͤcherſaals iſt;
ſo konten wir mit Rohrdommeln, wie er verlangte,
dahinein gehn. Kaum war die Thuͤre hinter uns
verſchloſſen, ſo fing er an das Fuͤnfek auf den Bo-
den zu zeichnen. Als er fertig war, ſagte er: Wir
moͤchten uns uun auf die Buͤcher beſinnen, von de-
nen wir glaubten, daß es mit ihnen vorbey waͤre,
und deren Geſpenſter wir ſehen wolten. Waͤren ſie
aber, ſeiner Einſicht nach, noch am Leben; ſo be-
ſchwuͤr er nicht, und dann muͤſten wir andre nen-
nen. Uebrigens ſolten wir, wenn er ſaͤnge, ſo gut
wir koͤnten, aber nur leiſe, mitſingen. Uns war
noch immer ſehr lacherhaft zu Mute; aber wir
nahmen uns gleichwol vor, zu thun, was er ſagte.
Er ſtrich, ſo lange er redte, und eh wir uns beſon-
nen hatten, dieſen groſſen Bart, den ihr vor euch
ſehet, mit beſondrer Lebhaftigkeit, und gleichſam
nach dem Tacte, ja bisweilen kraͤuſelte er auch dar-
an. Wenn der erſte Schrecken vorbey iſt (wir moch-
ten wol angefangen haben ein wenig blaß auszuſehn)
ſo iſt aller Schrecken vorbey! rief er einmal uͤbers
andre; aber darinn hat er nicht wahr geredet. Denn
zulezt wurd es leider! uͤber die Maaſſen arg. R.
Was kann ich davor, daß ihr ſo tollkuͤhn wurdet,
und das, mit ſolchem Ungeſtuͤme, von mir verlang-
tet? Muſt ich denn etwa nicht endlich nachgeben?
J. Als wir Rohrdommeln jezo zu erkennen gegeben
hatten, daß wir uns auf Buͤcher beſonnen haͤtten,
ſo hieß er uns dem Fuͤnfecke etwas naͤher treten.
A. Nantet ihr dieß oder jenes Buch aus beſondern
Urſachen, oder nur, weil es euch zuerſt eingefallen
B b 3war?
[390] war? J. Wir hatten die Schraͤnke gegen uns uͤber
aufgemacht, und ſo wie unſre Augen auf ein Buch
fielen, und wir mutmaſten, es koͤnte wol dahin
ſeyn; ſo waͤhlten wir’s. Mich foderte er zuerſt auf.
Als ich ihm das Buch nennen wolte, ſagte er:
Bring mir’s her, und dann ſtell dich wieder hin,
wo du geſtanden haſt. Jch that’s. Er ſezte ſeinen
Brill auf hielt das Buch ganz dicht ans linke Auge,
und nachdem er zwey dreymal recht kraͤftig Tobak
genommen hatte, ſang er. Sonderbar war es, daß
er von unten zu ſingen anfing. Wir haͤrten faſt
gelacht; aber das Blatt wandte ſich gewaltig, als
nach Abſingung der wenigen Worte: Ches Haude
\& Spener à Berlin
der Geiſt auf Einmal vor
uns in dem Fuͤnfecke ſtand! Wir verlangen es gar
nicht zu leugnen, daß dieſer unſer erſter Schrecken
groß war. Aber wie kont’s auch anders ſeyn? Denn
hager, grau, wie ungebleichtes Leinen, breitkoͤpfig
war der Geiſt! Ein Spinnwebengeſicht hatt er!
Augen hatt er nicht; aber wol eine Naſe. Lang-
naſig, ſpiznaſig war er! Wir wuͤnſchten ihn weg;
aber das half nichts. Denn Rohrdommel wolt’s
noch nicht; und ſo blieb er denn. Wie geſagt, grau,
breitkoͤpfig war er, und ſpinnwebig im Geſicht, und
langnaſig, und ſpiznaſig! A. Wie machte es der
Mann, daß er den Spuk wieder wegbrachte? J.
Er pſif auf dem Finger, daß es ſchmetterte, da war
der Geiſt weg. Nur die Naſe tummelte ſich noch
ein wenig allein in der Luft herum. Wir nahmen
einen guten Schluk Waſſer, um uns zu erholen;
und keiner von uns hatte ſo recht Luſt einen zwey-
ten Gang zu wagen. Nun wie ſteht’s? fagte Rohr-
dommel, kann ich nun Sachen, welche die Alder-
maͤnner nicht koͤnnen? Friſch! denn es ſoll noch viel
aͤrger
[391] aͤrger kommen. Wir faſten uns endlich. A. Jch
ſeh es dir da an, daß du ihm das zweyte Buch ge-
bracht haſt. J. Das hab ich auch. Rohrdommel
ſang. Kaum war er auf dem Titel zu den Worten:
Zuſammengetragen, und nachgeahmet (mit deren
vier Aaen er ungemein melodiſche Dehnungen
verubte) gekommen; ſo war der Geiſt ploͤzlich da!
A. Vom Haupte bis zu den Fuͤſſen brauchſt du ihn
eben nicht zu beſchreiben. Was war dir an ihm
merkmuͤrdig? J. Jm Anfange faſt nichts, als
ſeine Gegenwart, auſſer daß ſeine Finger aus Fe-
dern beſtanden, deren Spizen beynah alle eben ein-
getunkt und gegen uns gerichtet waren. Aber zu-
lezt erſchrekte er uns doch ein wenig. Denn er nahm
die Hirnſchale ab, buͤkte ſich gegen uns, und zeigte
uns ſeinen leeren Kopf. Auch wanderte er, nach-
dem er uns nicht wenig ſolcher Buͤklinge gemacht
hatte, mit der Hirnſchale unter dem Arme, wieder
fort .. A. Das war ein offenherziger Geiſt. Jhr
haͤttet ihn wol ruhen laſſen koͤnnen. Die Buͤcher,
mit denen es aus iſt, ſind uns ſehr gut bekant; wir
verlangen daher keine weitere Bannungen zu hoͤren.
Alſo nur noch einige Fragen. Wie ſahen die Gei-
ſter der Lehrgebaͤude aus? J. Sie waren lang und
duͤrr wie Hopfenſtangen; hatten ſtroherne Geſichter,
gewoͤnlich bleyerne Fuͤſſe, und nicht ſelten ein hoͤlzer-
nes Bein. A. Und die Geſpenſter der kritiſchen
Ausarbeitungen? J. Sie hatten Koͤpfe, wie Kal-
kuten; der meiſten Haͤnde waren etwas krallenhaft.
Wenn ſie die Haͤnde auf den Ruͤcken hielten, ſo war
das ein Zeichen einer ſehr ſichtlichen Krallenhaftig-
keit. Pfif ihnen aber Rohrdommel, ſo muſten ſie
gleichwol mit den Haͤnden herum. Hierbey pflegten
ſie blauroth in den Geſichtern zu werdrn. Sehet
B b 4nur
[392] nur recht hin, ſagte Rohrdommel, und ſpiegelt euch
daran. Denn ihr koͤnt ja leider! nicht wiſ-
ſen, was einſt aus euch werden wird. Das iſt Roͤ-
the des Zorns, und nicht der Scham. Denn die
Roͤthe der Scham faͤlt nicht ins Blaͤuliche. A.
Was fuͤr eine Stimme hatten ſie? R. Kein Buͤ-
chergeſpenſt kann reden. Sie ſind ſtumm, weil ſie,
da ſie noch im Leben waren, ſo viel geſchwazt haben.
J. Gleichwol glaub ich doch gehoͤrt zu haben, daß
etliche wie Muͤcken trompeteten. Eins muß ich doch
noch erzaͤhlen. Als Rohrdommel, ich beſinne mich
nicht mehr, welchen Buͤchergeiſt (dieſer Art ſind ſo
viele, daß man bey ihnen wol ein wenig vergeslich
ſeyn darf) herbeybannen wolte, ſo kamen ſchon bey
dem erſten Triller, den er machte, ganze Schwaͤrme
Geiſterchen, und erhuben eine gar betruͤbte Weh-
klage. Da hoͤrte er gleich auf. A. Wie ſahn die
Geiſterchen aus? J. Wie allerley Geſchmeiß. A.
Und wie iſt’s gekommen, daß man euch des Mor-
gens in einem ſo ſchlimmen Zuſtande gefunden hat?
J. Damit iſt es ſo zugegangen. Wir hatten nun
ſchon ſo viele Geſpenſter geſehn, daß wir die neuge-
rufnen ohne alle Furcht in den Schuh treten ſahn.
Da ſtand es uns nicht mehr an, ſie nur einzeln zu
ſehen. Wir brachten Rohndommeln durch vieles
Bitten dahin, daß er einen ganzen Buͤcherſchrank
bante. Das that er auf folgende Art: Schrank!
Schrank! tiefer Schrank! breiter Schrank! hoher
Schrank! Schrank! Schrank! o du Schrank! Aber
kaum hatte er auch ausgeſungen, als das ganze wuͤ-
tende Heer Geſpenſter auf Einmal uͤber uns herfiel,
und uns ſo uͤbel zurichtete, wie wir hernach ſind ge-
funden worden. A. Nun ich hoffe denn doch, daß
ſich Andre an eurem Exempel ſpiegeln werden. Wa-
ren
[393] ren viel Streitſchriften in dem Schranke? J. Ver-
mutlich. Die Buͤcher ſtanden in drey Reihen hinter
einander. Jn der vorderſten ſah es, mich deucht,
hier und da etwas polemiſch aus. A. Kam Rohr-
dommel ganz unbeſchadet davon? J. Was wolt
er? Jhr ſehet ja, wie ihm auf der linken Seite der
Bart ausgerauft iſt. Als wir wieder zu uns ſelber
kamen, fanden wir um uns herum viel weiſſes Haar
liegen. Am dikſten lag’s im Schuhe. Der Spuk
mocht’s wol aus Rache dahin zuſammengeſchlept ha-
ben. A. Wirſt du fortfahren zu bannen, Rohr-
dommel? R. Warum nicht? A. So? Und ihr
wolt ihr wieder bannen laſſen? J. Ganze Schraͤnke
nun eben nicht; aber ſonſt .. wir glauben, daß es
uns denn doch ſonſt wol koͤnte verſtattet werden;
wiewol wenn in den Schraͤnken keine Streitſchrif-
ten waͤren .. A. Man kann es euch jungen Leuten
eben nicht ſo ſehr verargen, daß ihr gern wiſſen wolt,
wie es mit der Dauer dieſer und jener Schrift be-
ſchaffen ſey. Dieſe Kentnis kann euch auf den Fall
hin, daß ihr etwa ſelber was ſchreiben woltet, gar
heilſam ſeyn: aber unſre Verordnung, die Todten
in Ruhe zu laſſen, iſt gleichwol einmal da, und das
habt ihr gewuſt; uͤberdieß haͤttet ihr euch ja nur
bey Zuͤnftern, oder bey uns erkundigen koͤnnen, wie
es mit ſolchen Schriften ſtuͤnde, und eben eure Zu-
flucht nicht zu einem Zauberer nehmen duͤrfen.


Herold! ſo lange der Landtag dauert, fuͤhrſt du
Laurenz Rohrdommeln, und dieſe fuͤnf Juͤnglinge,
einen Abend um den andern, jedesmal auf eine
Stunde, in den groſſen Buͤcherſaal. Dort ſolt ihr
Rohrdommeln aus den Buͤchern, deren Geſpenſter
ihr durch ihn habt bannen laſſen, (ihr muͤſſet Sorge
tragen, daß er ja nicht daruͤber einſchlafe, denn ſonſt
B b 5wuͤr-
[394] wuͤrdet ihr ihm und euch nur neue Strafe zuziehn)
diejonigen Stellen, wo die Buͤcher am kraͤnkſten ge-
weſen ſind, und wo ſie die unheilbarſten Beulen
gehabt haben, ſolt ihr ihm dort ſo gut, als es die
ſorgfaͤltigſte Declamation nur immer vermag, vor-
leſen. Und trift’s Buͤcher, die bey ihren Lebzeiten
eine bluͤhende, hochrothe Farbe gehabt haben, und
hernach an der Schwindſucht geſtorben ſind, die ſolt
ihr nicht ſtellenweiſe, ſondern ganz vorleſen.


Rohrdommel hatte vom Anfange des Verhoͤrs an
die Hand von der linken Seite des Kinns nicht weg-
gebracht; und da behielt er ſie auch jezo, indem er
von dannen ſchied, und ſich dem Urtheile, uͤber deſ-
ſen Strenge er nur zweymal einen lauten Schrey
gethan hatte, unterwarf.



Zehnter Morgen.


Die Berliner und Manheimer Academien werden
angeklagt. Der Muͤncher Academie wird ge-
dankt. Franzoͤſiſche Botſchafter kommen an.
Die Zunft der Naturforſcher erhaͤlt einen Vor-
zug.


Schon ſeit dem Anfange des Landtages
hatte ein geheimes Feuer in der Aſche ge-
glommen, deſſen nahen Ausbruch man nun
beynah mit Gewisheit vorausſehen konte.
Wir
[395] Wir haben mit Vorſaz noch nichts davon er-
waͤhnt, weil wir die Geſchichtſchreiber eben
nicht ſehr bewundern, welche, nachdem die
Sachen nun geſchehen ſind, bis zu dem fruͤhe-
ſten Vorhergange zuruͤck ſpuͤren, und in dem-
ſelben das Geſchehne, als notwendig kuͤnftig,
bisweilen zwar wol recht gut, aber doch im-
mer zu ſpaͤt entdecken. Dieß verleitet oft
ſcharfſichtige, und ſogar tiefſinnige Maͤnner
zu Geſchwaͤz; und vornaͤmlich bringt es ſie
von ihrem Hauptzwecke ab, welcher kein andrer
ſenn kann, als die wirklichen Begebenheiten
nach ihrer wahren Beſchaffenheit zu erzaͤhlen.
Sobald aber der Vorhergang ſchon einen
Theil der Begebenheiten ſelbſt ausmacht, ob
er gleich, wegen noch fehlender Folge, nicht
mit voͤlliger Gewisheit dafuͤr gehalten werden
kann; ſo darf ihn der Geſchichtſchreiber, als
einen ſolchen, anfuͤhren. Die meiſten Mit-
glieder der Berliner und Manheimer Acade-
mien hatten ſich, ob wohl verſchiedne von ih-
nen auch auf andern Zuͤnften haͤtten ſeyn koͤn-
nen, auf die Zuͤnfte der Naturforſcher, der
Mathematiker, und der Weltweiſen begeben.
Die Abſicht, warum ſie vornaͤmlich auf dieſen
Zuͤnften Einfluͤſſe zu haben geſucht hatten,
war geſtern, durch gewiſſe Erklaͤrungen wider
einige Geſeze vom Hochverrathe, ſehr kenbar
ge-
[396] geworden. Die uͤbrigen Academiſten waren
ſo auf etlichen andern Zuͤnften vertheilt, daß
die Art der Vertheilung nur durch die Abſicht,
auch hier nicht ohne Einfluͤſſe zu ſeyn, gut er-
klaͤrt werden konte. Auch dieſe hatten ſich
ſeit einem Paar Tagen immer lebhafter bemuͤht,
ſich ihrem vorgeſezten Ziele zu naͤhern. Die
Zunft der Naturforſcher hatte ſich beſtrebt,
zwey Stimmen zu bekommen; und dieß wuͤrd
ihr auch, wegen ihrer Groͤſſe, und wegen ih-
rer Vortrflichkeit, gelungen ſeyn, wenn die
andern Zuͤnfte nicht entdekt haͤtten, daß die
Academiſten die Veranlaſſer dazu geweſen waͤ-
ren. Die Aldermaͤnner hatten mit ihrer ge-
woͤnlichen Feſtigkeit, aber lebhafter, als ſonſt
erklaͤrt, daß die Berathſchlagungen uͤber das
Anſuchen der Naturforſcher noch muͤſten aufge-
ſchoben werden. Dieß hatte die Zunft der
Dichter auf die Vermutung gebracht, daß es
die Aldermaͤnner wider die Academiſten aus-
zufuͤhren vorhaͤtten. So ſehr ſie dieſes auch
freute; ſo branten ſie gleichwol auch vor Be-
gierde, es ſelbſt auszufuͤhren. Aber ſie hiel-
ten dafuͤr, der wahre Zeitpunkt der Ausfuͤh-
rung waͤre noch nicht da; und dieß unter an-
derm auch deswegen, weil ſich die Academiſten
mit ſehr gutem Erfolge bemuͤht hatten, auch
das Volk fuͤr ſich einzunehmen. Dieß muͤſte,
mein-
[397] meinten ſie, auſſer dem, was ſonſt noch zu
thun waͤre, erſt wieder zuruͤkgebracht werden,
eh man es unternehmen koͤnte. So ſtanden
die Sachen dieſen Morgen, als es ſchien,
daß die Aldermaͤnner der Bilder wegen Ver-
hoͤr halten wuͤrden. Aber unvermutet ging
ein Aldermann auf ſeinen Huͤgel. Die Stille
war gleich allgemein, weil man deswegen,
daß er den halben Kreis verlaſſen hatte, et-
was ungewoͤnliches erwartete. Er redete die
Landgemeine ſo an: So oft bisher bey uns iſt
angefragt worden, ob wir Vortrag halten
wolten; ſo haben wir es allezeit ausgeſezt,
und den Zuͤnften die Verehrung, mit der wir
immer an ſie denken, zu zeigen, und dem,
was ſie etwa zum Beſten der Republik zu ſa-
gen haͤtten, auf keine Weiſe im Wege zu
ſtehn. Wir wuͤrden dieß unſer Betragen auch
jezo noch nicht aͤndern, wenn wir nicht wich-
tige Gruͤnde dazu haͤtten. Wir ſind geruͤhrt,
daß wir ſtreng ſeyn muͤſſen. Dieß ſey ge-
nung. Denn ihr verlangt gewiß nicht von
uns, daß wir heute das erſtemal weitlaͤuftig
ſagen, was wir zu ſagen haben. Jeder weiß,
daß die Academiſten zu Berlin, und zu Man-
heim nicht in unſrer Sprache ſchreiben. (Den
Muͤncher Academiſten werden wir hernach un-
ſern Dank oͤffentlich dafuͤr abſtatten, daß ſie
wiſſen,
[398] wiſſen, daß ſie Deutſche ſind!) Die Republik
hat den vorigen Landtag beſchloſſen, daß, wenn
ganze Geſelſchaften in einer fremden Sprache
ſchrieben, ihre Mitglieder als Hochverraͤther
ſolten angeſehen werden. Es iſt, wie ich
hoffe, uͤberflieſſig, daß ich die Rolle von der
notwendigen groſſen Saͤuberung, wenn in
hellen Haufen, Schaaren, und Heren
brngen laſſe. Diejenigen Academiſten, deren
meiſte Schriften nicht academiſch, und zu-
gleich deutſch ſind, entfernen ſich von den
uͤbrigen. Sie haben zwar in den Hochver-
rath gewilligt; aber wir muͤſſen ihrentwegen
gleichwol einen zweyten Vortrag halten. He-
rold, ſamle die Stimmen wegen der Ange-
klagten.


Die Academiſten hatten einen ſo ſchnellen
Ausbruch nicht gefuͤrchtet. Auf eine Verthei-
digung konten ſie ſich nicht einlaſſen. Das
Geſez wider ſie war zu klar. Es kam alſo jezt
allein darauf an, zu erwarten, ob ihre vielfa-
chen Bemuͤhungen bey ihren Mitzuͤnftern und
dem Volke die Wirkung haben wuͤrden, daß
das Geſez ſchweigen muͤſte. Haͤtten ſie die
Abſchaffung deſſelben in Vorſchlag bringen
wollen; ſo waͤren ſie deſto gewiſſer verloren
geweſen. Und gleichwol war ihnen, wenn ſie
ja was unternehmen wolten, nichts anders
als
[399] als dieſes uͤbrig. Einer von ihnen redete zwar
viel von ſeiner Verwunderung, daß die Goͤt-
tinger Academie nicht auch angeklagt wuͤrde;
aber er muſte bald davon abſtehn. Denn die
Aldermaͤnner erklaͤrten ihm, daß ſie keine Re-
chenſchaft daruͤber zu geben haͤtten, wen ſie
anklagten, und wen ſie nicht anklagten. Andre
machten ihm deutlich, daß man ſich heute ge-
wiß nicht in Schwierigkeiten verwickeln wuͤrde.
Und dazu wuͤrde man doch gezwungen ſeyn,
wenn man die Sache der Goͤttinger Academi-
ſten auch unterſuchen wolte. Denn ſie haͤtten
nicht nur in der lateiniſchen Sprache, ſondern
auch in unſrer geſchrieben. Uebrigens waͤre
der jezige Aufſchub dieſer Unterſuchung kein
Beweis, daß ſie dieſen Landtag nicht noch vor
ſich gehen koͤnte.


Die Angeklagten haͤtten nicht einmal ſo ru:
hig ſcheinen koͤnnen, als ſie noch ſchienen;
wenn ſie ihren Entſchluß auf den Fall, der ſich
jezt zutrug, nicht ſchon haͤtten gefaſt gehabt.
Aber ihre ſcheinbare Ruhe war nicht ohne Ver-
druß, und auch nicht ohne Kummer. Denn
einige liebten ihr Vaterland gleichwol doch ein
wenig. Die Stimmenſamlung ging deswegen
etwas langſam vor ſich, weil viele Zuͤnfte waͤh-
rend derſelben beſtaͤndig an einander ſchikten.
Dieß vermehrte die Unruh bey Erwartung
des
[400] des Ausgangs nicht wenig. Den alten Herold
hatte es ſo angegriffen, daß er nicht im Stande
war, den Ausruf zu thun. Ein Unterherold
muſte daher ſein Amt verrichten. Endlich
wurde der Ausgang, den die Sache genom-
men hatte, bekant. Die Zunft der Drittler
erklaͤrte beynah mit allen Stimmen; der
Rechtsgelehrten mit zwey Stimmen Mehrheit;
der Mathematiker durch den Ausſchlag des
Anwaldes; die gemiſchte Zunft durch ſieben
Stimmen Mehrheit, und das Volk mit drey
Stimmen, daß die Entſcheidung bis gegen
das Ende des Landtages ſolte ausgeſezt blei-
ben. Aber alle uͤbrigen Zuͤnfte, und unter
ihnen die Zuͤnfte der Naturforſcher, der Dich-
ter, der Redner, und der Geſchichtſchreiber
mit allen Stimmen, waren fuͤr Urtheil und
Recht nach den Geſezen.


Drey Aldermaͤnner verlieſſen den halben
Kreis, und gingen nach derjenigen Zunft zu,
auf welcher ſie die meiſten Mitglieder der
Muͤncher Academie ſahen. Einige Academi-
ſten kamen ihnen entgegen. Wir kommen,
euch unſern Dank abzuſtatten, ſagten die Al-
dermaͤnner.


Wir wuͤrden erroͤthen, deswegen Dank an-
zunehmen, weil wir thun, wir ſagen nicht,
was wir zu thun ſchuldig ſind, denn an die
Schul-
[401] Schuldigkeit hatten wir nicht noͤtig zu denken,
ſondern was wir gern thun.


Wohlan denn, ihr wehrt uns, euch zu dan-
ken; aber euch unſre Freude zu bezeugen, ſolt
ihr uns nicht wehren. Wir freuen uns, daß
ihr wiſt, wer ihr ſeyd! und daß ihr un-
ſern Dank ausſchlagt! Die Aldermaͤnner,
und die Academiſten gingen hierauf nach ihren
Plaͤzen zuruͤk.


Niemals iſt ſolche Freude, und ſolche Be-
truͤbnis an ſo Bielen zugleich geſehen worden,
als dieſen Tag. Ueberall wurde Abſchied ge-
nommen, und beklagt, daß die Republik ſo
viele verdienſtvolle Maͤnner auf Einmal ver-
loͤre; aber es wurden auch beynah von allen
Zuͤnften, ſelbſt von denen, welche den Auf-
ſchub der Entſcheidung verlangt hatten, die
Anwalde an die Aldermaͤnner geſchikt, ihnen
zu ihrer maͤnlichen und patriotiſchen That
Gluͤck zu wuͤnſchen. Der Anwald der Dichter
endigte ſeine Anrede ſo: Wir haben es auch
thun wollen; aber ihr ſeyd uns zuvor gekom-
men. Jhr habt den wahren Zeitpunkt beſſer,
als wir gekant. Keiner andern Zunft haͤtten
wir es verziehn; euch verzeihn wir’s, weil ihr
die Aldermaͤnner, und es heute mehr als je-
mals ſeyd: allein uns ſelbſt koͤnnen wir kaum
verzeihen, daß wir durch allerhand Vorſtellun-
C cgen
[402] gen von noch fortwaͤhrender Unreife der Sache
unſre Entſchloſſenheit unwirkſam gemacht ha-
ben. Damit wir aber heute doch auch etwas
Bidermaͤnniſches thun, ſo ſchlagen wir vor,
daß, ſo bald ſich die Verwieſenen werden entfer-
net haben, der Zunft der Naturforſcher die
zwey Stimmen gegeben werden, doch unter
der Einſchraͤnkung, daß ſie dieſelben nur dann
habe, wenn die Stimmen der Zuͤnfter uͤber
zwey Drittheil gehn. Denn wie ſehr wir die
Zunft der Naturforſcher auch verehren; ſo
duͤrfen wir ſie doch den Aldermaͤnnern nicht
voͤllig gleich machen.


Da den Academiſten die weiſſen Staͤbe ſchon
waren gereicht worden, und ſie wol ſahen, daß
man geneigt war, jezo gleich zu der Stimmen-
ſamlung, der Naturforſcher wegen, zu ſchrei-
ten; ſo brachen ſie auf. Die vorſeyende
Stimmenſamlung war die einzige Urſach, daß
ſie unbegleitet weggingen.


Der Herold war bey ſeinem heutigen Ge-
ſchaͤfte ſo hinfaͤllig geworden, daß er ſich noch
immer nicht erholen konte. Dieß verzoͤgerte
die Stimmenſamlung wegen der Naturfor-
ſcher. Endlich ging ſie vor ſich. Sie war
kaum halb vollendet, als Nachricht bey den
Aldermaͤnnern ankam, daß Botſchafter der
franzoͤſiſchen Gelehrtenrepublik, die ſich auch
ver-
[403] verſammelt haͤtte, in der Naͤhe waͤren. Die
Aldermaͤnner hieſſen den Herold inne halten.
Dieß geſchah deswegen, weil die Botſchafter
gleich bey ihrer Ankunft eine wichtige Entſchei-
dung der Republik mit anſehn ſolten. Bald
darauf ſchikten die Franzoſen ihren Dolmet-
ſcher, lieſſen von ihrer Ankunft Nachricht ge-
ben, und zugleich anfragen: Ob, eh ſie erſchie-
nen, ein Ceremoniel ſolte feſtgeſezt werden?
Die Aldermaͤnner (die Zuͤnfte erlaubten ihnen
zu verfahren, wie es ihnen gefiele) ſchikten ei-
nen Dolmetſcher zuruͤck, und lieſſen den Bot-
ſchaftern ſagen; Die deutſchen Gelehrten ha-
ſten alles Ceremoniel, ſo ſehr es auch viele
Altfranken noch liebten. Sie wuͤrden aus
freyer Neigung ſo gleich drey Anwalde loſen,
und ſie ihnen, ſo weit ſie nur kommen koͤnten,
entgegen gehn laſſen. Ein Aldermann ſolte
ſie bey Leibnizens Eiche empfangen, und das
nicht deswegen, weil ſie nahe, ſondern weil
es Leibnizens Eiche waͤre. Das einzige, was
etwa vorher feſtzuſezen waͤre, beſtuͤnde darinn,
daß bey den Unterredungen Dolmetſcher ge-
braucht wuͤrden. Das Loos traf die Anwalde
der Kundigen, der Mathematiker, und der
Drittler. Der Anwald der Geſchichtſchreiber
erhielt es von dieſem, ſeine Stelle zu vertreten.
Unſer Dolmetſcher kam zuruk, und berichtete,
C c 2wo
[404] wo die Anwalde, und die Botſchafter ſich an-
getroffen haͤtten, und daß dieſen zuvor etliche
unſrer Verwieſenen begegnet waͤren. Die
Botſchafter haͤtten’s ihnen abtgeſchlagen, ſich
bey ihrer Republik dortiger Aufname halben
zu bemuͤhen, weil ſie ſich jezo, da ſie an die
Deutſchen geſandt wuͤrden, ganz und gar nicht
auf ſolche Empfehle einlaſſen koͤnten. Und
uͤberdieß muͤſten ſie geſtehn, die Urſach der ge-
wuͤnſchten Verpflanzung waͤre von einer Art,
daß ſie nirgends ſo wenig, als in Frankreich,
wuͤrde bewundert werden. Die Botſchafter
kamen an. Der Aldermann, die Anwalde,
und einige Franzoſen, die vor ihnen auf den
Landtag gekommen waren, begleiteten ſie.
Sie gingen, weil ſie den Weg von
den Ahornwaͤldchen her genommen hatten,
zwiſchen dem Volke, und den Zuͤnften der
Kenner, der Wiſſer, dem Zunftplaze mit dem
Denkſteine, den Zuͤnften der Geſchichtſchrei-
ber, der Weltweiſen, der Mathematiker, und
der Aſtronomen nach dem halben Kreiſe hin-
auf. Die Aldermaͤnner empfingen ſie mit
Hochachtung, und deutſcher Offenherzigkeit;
und weil die Franzoſen das Ceremoniel auch
verachteten; ſo verſchonte man ſich ſo gar mit
feyerlichen Anreden, und Antworten. Die
Botſchafter entdekten die Urſach ihrer Abſen-
dung
[405] dung ohne alle Umſchweife. Sie waͤren, ſag-
ten ſie, gekommen, unſre Geſeze, von denen
man bey ihnen gehoͤrt haͤtte, genauer kennen
zu lernen, und einige davon ihrer Republik zu
uͤberbringen. Sie baͤten alſo um die Mitthei-
lung derſelben. Sie haͤtten, der Wahl hal-
ben, keine gemesnere Befehle, als bey Din-
gen, von denen man nicht genung unterrichtet
waͤre, koͤnten gegeben werden. Wolte ihnen
die Republik vergoͤnnen, ihre Jahrbuͤcher zu
ſehn; ſo wuͤrden ſie dadurch deſto mehr in den
Stand geſezt werden, von dem Sinne der Ge-
ſeze ein richtiges Urtheil zu faͤllen. Auſſer dem
wuͤrde dieſes auch ihr Vergnuͤgen einige Zeit
auf dem Landtage zuzubringen vermehren.
Die Aldermaͤnner bezeigten den Botſchaftern
ihre Freude uͤber die Abſicht ihrer Ankunft,
und erboten ſich, ihnen die Kentnis der Geſeze
auf alle Weiſe zu erleichtern. Was die Jahr-
buͤcher betraͤfe, ſo koͤnten ſie daruͤber nichts
entſcheiden; ſondern ſie muͤſten deswegen bey
den Zuͤnften und dem Volke anfragen. Dieſes
wuͤrden ſie ſo bald thun, als es ihnen die Ge-
ſchaͤfte des Landtages zulieſſen, deren einige ſo
beſchaffen waͤren, daß ihre rechte Zeit nicht
duͤrfte verabſaͤumt werden. Nachdem ſie mir
hierauf (Wlemar ſchreibt dieſes) noch den Be-
fehl gegeben hatten, die Botſchafter ſo bald
C c 3ſie
[406] ſie es verlangten, in die groſſe Halle zu fuͤhren.
und ihnen aus den Rollen zu uͤberſezen; ſo
hieſſen ſie den Herold mit der Stimmenſam-
lung fortfahren. Die Naturforſcher erhielten
ihren Zwek, den ſie durch alle Stimmen zu er-
halten, ſo ſehr verdienten, doch nur durch Eine
Stimme Mehrheit. Aber von den Zuͤnften,
die einwilligten. war auch beynah keine, die
es nicht mit allen einzelnen Stimmen gethan
haͤtte.



Der Abend.


Von einer alten Felſenſchrift.


Man unterhielt ſich von nichts anderm, als von
einer alten deutſchen Aufſchrift, die an einem
Felſen war gefunden worden. Hiermit war es ſo
zugegangen.


Am Ausgange des kuͤhlen Thals liegt ein abge-
ſonderter Fels. Seine Lage, und die von vielen
geglaubte Erzaͤhlung, daß in den aͤlteſten Zeiten bey
ihm der Genoſſam zuſammengekommen ware, ma-
chen ihn merkwuͤrdig. Dieſen Nachmittag hielten
ſich einige bey dem Felſen auf, weil ein verdorter
Baum, der aus einer Spalte deſſelben hervorge-
wachſen war, weggenommen wurdꝛ. Sie wolten
den lieben Baum noch einmal ſehen, der ihnen durch
ſeine
[407] ſeine Schoͤnheit, und durch ſeinen Schatten ſo oft
Vergnuͤgen gemacht, und der nun dieſen Fruͤhling
nicht wieder gebluͤhet hatte. Jndem bey dem Weg-
nehmen des Baumes unter ſeinen Zweigen das Moos
hier und da von dem Felſen losging, ſo wurden ſie
in dieſem alte Schrift gewahr, die ſie deſto auf-
merkſamer machte, je mehr ſie davon entdekten. Sie
ſahen bald etliche Worte, die ſie fuͤr deutſche hielten.
Einer unter ihnen behauptete dieß mit noch mehr
Zuverſicht, als die uͤbrigen, weil er mit dem alten
Deutſchen, wofuͤr er die Schrift erklaͤrte, nicht un-
bekant war. Ein andrer rief Freunde herzu, von
denen er glaubte, daß ſie uͤber die Sache noch ent-
ſcheidender urtheilen koͤnten. Es waͤhrte gar nicht
lange, ſo war eine nicht kleine Anzahl bey einander,
die belehrten, lernten, und widerſprachen. Jezo
kam auch derjenige, der unſre alte Sprache genau
wuſte, und der zulezt die andern Ausleger uͤberzeugt
hat, daß ſie ſeiner Beyhuͤlfe beduͤrften, um zur voͤl-
ligen Gewisheit zu kommen. Damals war das Moos
hier und da noch nicht genung weg; aber man be-
merkte dieß nicht, und glaubte ſchon alles zu leſen;
und es fehlte nicht viel, daß man nicht auch alles
zu verſtehn glaubte. Hier folgt das, was man da-
mals las, und beynah ohne uͤberbleibende Zweifel
erklaͤrte. Denn der erwaͤhnte Sprachkenner konte
bey der Hize, in der man war, mit ſeiner Bemer-
kung, daß hier und da noch ein wenig Moos vor-
handen waͤre, kein Gehoͤr finden. Man las:


Ena furi alliu di alliu furi end. So wher s birit
fra themo farborgenode endi is libbia ſagit efto ſin-
git then aldon frankonon heſare iſt elline endi ſkal
obarreckeanne helithos litheodono imo burit blado
fram them he [...]ag Ek joh thaz her ſittea in ſamninge
C c 4undar
[408] undar louthi endi bi idiſeo thero ſkoniſta. Si is
theſan anblekit thie gramo her inſengit tweena blado
fram them lag Eek. Hail waͤs joh ſkimo in hageno
themo biderbe ther tha horit ſang in wordo wittena.
Ena furi alliu endi alliu furi eno.


Dieß uͤberſezte man woͤrtlich ſo, und verſtand es
auch, wie man meinte. Das Moos hatte dabey
nicht alle Schuld.


Einer fuͤr alle, die alle fuͤr Einen. So ſey es!
Wer es nimt von dem Verborgnen, und ſeine Lippe
es ſagt oder ſingt den alten Franken, ſehr iſt er es
allen. Er wird es (nur dieſe Stelle hielt man fuͤr
etwas ſchwer) den Helden des kleinen Eigenthums
uͤberreichen. Jhm gebuͤhrt das Blatt von der hei-
ligen Ecke, (von dem Druiden naͤmlich. Denn die
Druiden trugen fuͤnfeckichte Schuhe) ja, daß er ſize
in der Verſamlung unter den Maͤnnern, und bey
dieſer Schoͤnſten. Sie iſt es! Dieſen blekt der Hoͤl-
lenhund an. (Gramo, durch die Verſezung, fuͤr:
garmo. Hela’s Hund hieß Garm) Er empfaͤngt
zwey Blaͤtter von der Eiche des Geſezes. Heil ſey,
ja Schatten im Haine dem Bidermanne, der Geſang
hoͤrt in den Worten der Richter.


Jndem man ſchon alles zu leſen glaubte, und auf
die angefuͤhrte Weiſe getroſt uͤberſezte, ließ der
Sprachkenner das uͤbrige duͤnne Moos mit Sorgfalt
abnehmen, damit die vermutlich noch fehlenden Buch-
ſtaben nicht beſchaͤdigt wuͤrden. Unterdeß hatte ſich
die Nachricht von der entdekten Feiſenſchrift auch
auſſer dem kuͤhlen Thale ausgebreitet. Man koͤnte
ſie, wurde geſagt, ſchon ganz leſen, ſchon erklaͤren.
Sie waͤre von eisgrauen Zeiten her, und enthielte
viel Merkwuͤrdiges. Die Druiden kaͤmen darinn
vor; auch eine unbekante Heldin. Man haͤtte da-
mals
[409] mals eine Eiche gehabt, die haͤtte die Eiche der Ge-
ſeze geheiſſen. Der Schreyer lief unter ſeinen aus-
geſuchteſten Buſenfreunden ganz athemlos umher,
und machte bekant: Ja an dem Felſen des kuͤhlen
Thales iſt ſie gefunden worden. Dort ſind ſonſt
die Genoſſame zuſammen geweſen; und dort ſoll
kuͤnftig das groſſe Volk auch zuſammen kommen,
und nirgends anders! Wiſt ihrs ſchon? Jn dieſer
Schrift ſteht ein langes und breites von verborgnen
Schaͤzen! Sie haben auch einen Druidenſchuh in
der Kluft wo gefunden. Es faͤlt auch eine Liebes-
geſchichte von einer Prinzeſſin in dieſer alten Nach-
richt vor. Garm (das iſt der Hoͤllenhund!) reiſt
ſich los, und verfolgt die Prinzeſſin; ſie kann aber
ein Paar Aeſte einer bezauberten Eiche erwiſchen,
und damit ſchlaͤfert ſie den Hoͤllenhund ein. Jndem
er nun liegt, und ſchnarcht; ſo entkoͤmt die Prin-
zeſſin gluͤklich!


Einige Aldermaͤnner, die eben bey einander wa-
ren, ſchikten, ob ſie gleich von der ganzen Sache
beynah noch gar nichts glaubten, Jemanden ins kuͤhle
Thal, der ſelber ſehen, und Nachricht bringen ſolte.
Der Abgeſchikte kam mit dem Sprachkenner, deſſen
wir erwaͤhnt haben, zuruͤk. Dieſer uͤberbrachte den
Aldermaͤnnern ſeine Abſchrift, von der er, nach Er-
zaͤhlung des ganzen Hergangs, ſagte, daß ſie genau,
und daß nun kein Buchſtaben mehr unter Mooſe
verborgen waͤre. Weil die Aldermaͤnner ihren Mann
kanten, ſo erhielt die Sache auf Einmal ihre Auf-
merkſamkeit. Sie lieſſen noch drey andre kommen,
denen ſie gleiche Kentnis der alten Sprache zutrau-
ten. Dieſen ſolte die Abſchrift, und die Ueberſezung
nebſt den Gruͤnden derſelben vorgelegt werden.
Dieß geſchah. Man glaubte zu bemerken, daß die
C c 5Alder-
[410] Aldermaͤnner waͤhrend der Unterſuchung ſehr ver-
gnuͤgt uͤber die Entdeckung wuͤrden. Dieß breitete
unter denen, welche ſich um ſie verſammelt hatten,
gleiches Vergnuͤgen aus, nur daß es durch die Un-
geduld, die Sache auch zu wiſſen, ein wenig unter-
brochen wurde. Nachdem der Abſchreiber die ihm
gemachten Einwuͤrfe ſo beantwortet hatte, daß kein
Zweifel mehr uͤbrig zu ſeyn ſchien; ſo waren die Al-
dermaͤnner gleichwol noch nicht zufrieden. Sie
ſchikten die Drey nach dem kuͤhlen Thale, daß ſie
die Abſchrift mit dem, was ſie an dem Felſen leſen
wuͤrden, vergleichen ſolten. Dieſe kamen endlich
zuruͤk, und nun wurde die allgemeine Neubegierde
durch die Ableſung der Ueberſezung befriedigt. Dieſe
war mit Fleiß woͤrtlicher gemacht, als man ſonſt
bey Ueberſezungen ſeyn darf. Um der wenigen Leſer
willen, die etwa von der Urſchrift miturtheilen koͤn-
nen, laſſen wir dieſelbe vorangehn. Sie werden
dann am beſten ſehen, ob dem Sprachkenner, und
ſeinen Gehuͤlfen ihre Arbeit ſchwer, oder leicht ge-
weſen ſey, wenn ſie mit Leſung der Ueberſezung war-
ten, bis ſie die Urſchrift ſelbſt heraus gebracht haben.


Ena furi alliu endi alliu furi eno. So wher s
birit fra themo farborgenode endi is libbiand ſagit
efto ſingit then aldon frankonon theſare iſt elline
endi ſkal obarreckeanne helithos elitheodono imo
burit blado fram them helag Ek joh thaz her ſittea
in ſamninge undar blouthi endi bi idiſeo thero ſko-
niſta. Si is theſan anblekit thie gramo her infen-
git tweena blado fram them helag Eek. Hail waͤs
joh ſkimo in hageno themo biderbe ther tha horit
ſang in wordo Wittena. Ena furi alliu endi alliu
furt eno.


Einer
[411]

Einer fuͤr Alle, und Alle fuͤr Einen. Wer es
aus der Verborgenheit hervorbringt, und es den
alten Franken lebendig ſagt, oder ſingt, der iſt vor-
treflich, und er wird uͤber verehrte Auslaͤnder her-
vorragen. Jhm gebuͤhrt das Blatt von der heili-
gen Eiche, und daß er in der Zuſammenkunft un-
ter Bluͤthe, und bey dem ſchoͤnſten Maͤdchen ſize.
Geſchieht es, daß ihn der Neidiſche anblekt; ſo
empfaͤngt er zwey Blaͤtter von der heiligen Eiche.
Heil ſey, und Schatten im Haine dem Guten, der
Geſang hoͤrt in dem Worte der Weiſen: Einer fuͤr
Alle, und Alle fuͤr Einen.


Diejenigen, welche uͤber das eigentliche Alter der
Felſenſchrift, und daruͤber, ob man damals unter
alten Franken eben das verſtanden haͤtte, was
wir jezt unter Altfranken verſtuͤnden, viel vorzu-
bringen anfingen, wurden bald unterbrochen. Man
ließ ſich allein auf die Unterſuchung der Fragen ein:
Ob die entdekte Schrift nicht ein Geſez waͤre?
und ob die Republik dieſes Geſez nicht von neuem
annehmen ſolte? Alles war in Bewegung. Man
ging, den ganzen Abend uͤber, zwiſchen den Ul-
men, der Laube, und dem Thale hin und wieder,
und theilte ſich ſeine Gedanken und Entſchlieſſungen
mit.



Elf-
[412]

Elfter Morgen.


Die alte Aufſchrift wird fuͤr ein Geſez gehalten,
und als ein ſolches von neuem eingefuͤhrt.
Wozu das Ekharden veranlaſt. Zwey Zuͤnf-
te, und das Volk drohn ihn zu verklagen.


Die Aldermaͤnner erklaͤrten die Felſenſchrift
fuͤr unſer aͤlteſtes Geſez, und indem ſie
dem Herolde winkten, die Stimmen zu ſam-
meln: ob daſſelbe erneuert werden ſolte? riefen
wir uns aus allen Zuͤnften mit Einem lauten
Gluͤkauf! zu, daß wir das alte Geſez wieder
annaͤhmen.


Ekhard ſtieg auf ſeinen Huͤgel. Der eis-
graue Mann hatte Blatt und Eichel in der
Hand, indem er die Landgemeine auf folgende
Art anredete: Daß ich ein aͤchter wahrer Ab-
koͤmling des treu’n Ekhards bin, das fuͤhl ich
heute ſo ſehr, als ich es kaum noch gefuͤhlt ha-
be. Daß ich’s Vaterland liebe, wiſt ihr ſchon;
aber, wie ſehr ich es liebe, wiſt ihr wol noch
nicht ſo recht. Jch kann mich noch immer der
Thraͤnen nicht enthalten, und will mich ihrer
auch nicht enthalten! daß wir das alte liebe
Geſez von der bruͤderlichen Eintracht der Ge-
lehrten unter einander wiedergefunden haben.
Der gute Genius Deutſchlands wache uͤber
euch, liebe rechtſchafne Biderleute, und erhalte
dieſe
[413] dieſe bruͤderliche Eintracht unter euch! Wiſſet
ihr denn auch, was in einer deutſchen Seele
vorgeht? Ueberm Rheine flamt’s auf, und
dampft’s; uͤberm Meere brent’s, und ſpruͤht’s
Funken: aber dieſſeits gluͤht’s! Bey meinem
grauen Haare, eurer etliche wuſten das noch
nicht; ich muſt es ihnen alſo ſagen. Wenn
wir die liebe, deutſchartige, alte Felſenſchriſt
uns recht durch Mark und Bein gehn laſſen;
wenn wir ſie mit dem Anhalten, mit der Aus-
dauer, die wir haben, und die kein anderes
Volkhat, in Ausuͤbung bringen: ſo ſind wir’s,
denen es kein anderes Volk rings um uns her
kuͤnftig mehr bieten wird. Wozu wir uns,
laut des alten wiedergefundnen, und wieder
aufgenomnen Geſezes, (es iſt dieß zwar nicht
den Worten nach drinn enthalten; aber es
liegt doch drinn) wozu wir uns auf recht gut
deutſch vereinigen ſollen? Etwa zu Erhaltung
kleiner Zwecke? Auf den blicke der Genius des
Vaterlands, nicht mit Zorne, denn wie waͤr
er Zornes werth? aber mit Verachtung her-
unter, deſſen kleine Seele an der Sucht der
Kleinigkeiten ſiechet, an dieſer Luſt und Liebe
zur Nachahmerey, zur Nachpinſeley, zur
Nachſchwaͤzerey, zur Nachſophiſterey, zur ..
doch wer mag ſolchen Alfanz und Firlfanz wei-
ter fortnennen? Dazu ſollen wir uns, laut
der
[414] der alten Felſenſchrift, vereinigen, daß wir
die andern Nationen uͤbertreffen. Damit
ich von dem Feuer, in dem ich jezo bin, in dem
ihr auch ſeyd! zum kalten Blute wiederkehre;
ſo muß ich euch ſchon jezo ſagen, ob ich es
gleich erſt hernach ſagen wolte, daß, wenn wir
uns auf recht gut deutſch vereinigen, die an-
dern Nationen zu uͤbertreffen, wir ſie auch
uͤbertreffen werden. Das thun wir zwar ſchon
jezo in Vielem; aber wir muͤſſen es in noch
Mehrem thun, damit es unſre Beſcheidenheit,
und ihr Stolz ſo ganz durchaus fuͤhlen, daß
wir es thun! Dieſes euch einmal recht heraus
ſagen zu koͤnnen, hat mir ſchon lange, wie
eine Laſt, auf der Seele gelegen; und nun iſt
endlich die Zeit gekommen, daß ich ſie vor euch
ſo gerade zu habe hinwerfen koͤnnen die ſchwere
liebe Buͤrde. Es wuͤrde mir duͤnken, als waͤre
die Landgemeine nicht bey einander geweſen,
wenn wir nicht von dieſem Augenblik an, da
ich rede, darauf ſaͤnnen, recht tief darauf ſaͤn-
nen, Weg und Steg zu finden, auf dem wir
bey unſerm groſſen Ziele ankommen koͤnnen.
Alſo dahin gilt’s! Geſeze muͤſſen ſeyn; gute
Sitte muß auch ſeyn. Gute Sitte iſt mehr,
denn Geſeze; aber Geſeze muͤſſen ſeyn! Weil
denn auch dieſe ſeyn muͤſſen; ſo bitt ich die
ehrenvollen Zuͤnfte, und das gute Volk, daß
ſie
[415] ſie ſich beſonders auch darinn recht bruͤderlich
feſt vereinigen, noch auf dieſem Landtage ein
Geſez zu geben, das mit der guten Sitte in
einen feſten ewigen Bund trete, und uns mit
ihr zugleich zu dem groſſen Ziele hinfuͤhre. Viel
iſt’s, zu ſagen, daß man uͤbertreffen wolle; und
thoͤricht waͤr’s, wenn man nicht ſchon oſt uͤber-
troffen haͤtte: aber hat man’s geſagt; ſo muß
man auch Grundfeſten zum Worthalten legen,
die nichts erſchuͤttern kann. Jch fuͤrchte nicht,
daß es Noth thue, euch die Art und Beſchaf-
fenheit der guten Sitte bekant zu machen. Sie
arbeitet, wie eine Feuerflamme, die volle Nah-
rung hat, immer vor ſich hin, wenn auch kein
Wind nicht wehet. Das iſt die gute Sitte;
und ihr wiſſet es ſo gut als ich, daß ſie das
ſey: aber kont ich gaͤnzlich von ihr ſchweigen,
da ich an ſie dachte? Etliche der Unſern haben
nicht erſt auf Geſeze geharret, um zu lernen,
was ſie thun, und was ſie laſſen ſolten; ſie
ſind ohne weiteres der guten Sitte gefolgt.
Aber Geſeze gehoͤren doch auch zur Sache, wie
wir mit einander ausgemacht haben. Am be-
ſten ſegelt ſich’s mit Strom und Winde zu-
gleich. Die Aldermaͤnner ſollen, bey der Ge-
bung des Geſezes vom Uebertreffen, eine Schaͤ-
zung von den Verdienſten der Auslaͤnder ma-
chen, nach ihrem Werthe naͤmlich, nicht dem
ſchein-
[416] ſcheinbaren, ſondern dem wirklichen, und das
mit deutſcher Gerechtigkeit. Verſteht mich
nur recht, das heiſſet fuͤr dieſesmal nicht, mit
deutſcher Ungerechtigkeit gegen uns ſelbſt.
Sie ſollen dieſe Schaͤzung auf eine groſſe Tafel
eingraben laſſen, und ſie dort an eine der vor-
derſten Bildſaͤulen des halben Kreiſes hinſtel-
len. Sie ſoll mit groſſen Buchſtaben geſchrie-
ben werden, damit ſie jeder, wer da will, auch
von weitem leſen koͤnne. Mag die Tafel doch
die Bildſaͤule ganz bedecken, auch die Sym-
metrie verderben, das thut ihm alles nichts.
Jhr habt, wie ich, von dem Zurufe gehoͤrt,
den im Jahre 1769 Alt und Jung bey einer
bruͤderlichen Zuſammenkunft beſchloſſen haben.
Dieſen Zuruf hab ich mir geſagt ſeyn laſſen.
Gute Juͤnglinge, und Maͤnner, da hoͤrt ihr’s,
daß es der alte, auch treu’ Ekhard nicht ver-
hehlen will, daß ihr ihm den erſten Stoß gege-
ben habt, eine Schaͤzung der Auslaͤnder in
Vorſchlag zu bringen. Die Schaͤzung wer-
den die Aldermaͤnner machen; das Geſez hab
ich gemacht. Jhr koͤnt es nun verwerfen, oder
geben. Jch hab es, unſrer ehmaligen Gewon-
heit nach, nur auf eine Rolle geſchrieben. Jch
wolte lieber dieſen Fehltrit thun, als auf die
Langſamkeit des Griffels warten. Der kann
ſchon noch gebraucht werden.


Jn-
[417]

Jndem winkte er einem der Juͤnglinge, die
ihn auf den Huͤgel begleitet hatten; und dieſer
brachte ihm die Rolle. Jch habe, ſagte er
noch, indem er die Rolle aufmachte, dieſes-
mal mehr gethan, als mein Stamvater. Jhr
wiſſet durch das Sprichwort: Der treu’ Ek-
hard warnt, was dieſer that. Jch habe in
dem Geſeze zwar auch vor einem gewiſſen Wege
gewarnt; ich habe aber darinn auch einen an-
dern gewieſen. Hoͤrt jezo die Rolle:


„Will einer irgend einen Weg auf dem wei-
„ten Felde der Wiſſenſchaften gehn, ſo zieh er
„zuvor genaue Erkundigung ein von dieſes
„Weges Beſchaffenheit. Sind ihn andre
„ſchon gegangen, und ſind dieſe auf ſelbigem
„beruͤhmt worden; ſo frag er ſich dreymal,
„und das ja nicht mit Liebkoſung ſeiner ſelbſt:
„Ob er auch, ohne Nachahmung der Vorgaͤn-
„ger, ja ſelbſt ohne den Schein derſelben, auf
„dieſem Wege gehen, und gut gehen koͤnne?
„Kann er nicht; ſo kehr er ſtraks um, und
„meide, ſo lieb ihm ſeine und ſeiner Mitbuͤrger
„Ehre iſt, ſolchen Weg, als waͤr er unten
„hohl, und als kroͤchen oben darauf Schlan-
„gen herum. Findet er danneinen andern
„Weg, der des Betretens werth iſt, und Vor-
„gaͤnger darauf des Uebertreffens werth; und
„kann er ihn gehen, nicht nur ohne hin und
D d„her
[418] „her zu wanken, ſondern mit feſtem Schritt:
„ſo kies er ihn ſich aus, und walle auf ſelbigem
„friſch und froͤhlich einher. Juͤnglingskuͤhn-
„heit, und Mut und Kaͤlte der Maͤnner gelei-
„ten ihn, wenn nun bey Anbruche der Nacht
„ſein Weg ſchmaͤler wird, und die Waſſer un-
„ten am Felſen brauſen. Wer das erſte laͤſt,
„und das andre rechtſchaffen thut, der hat der
„Anſpruͤche auf die Belonungen der Republik
„nicht wenige. Denn er weis, was Ver-
„dienſt iſt.


„Alſo urtheilte, nach reifer und kalter Er-
„waͤgung, Aldermann Ekhard auf dem Land-
„tage zwey und ſiebzig, achtzehntes Jahr-
„hundert.


„Auf dem Landtage angezeigtes Jahrs an-
„genommen, in der Halle aufgeſtelt, und mit
„vollgeltender Obergewalt verſehn von der ver-
„ſammelten Landgemeine; verworfen von dem
„Volke, von den Gemiſchten, und den Dritt-
„lern, mit welchen ſamt und ſonders der
„Schuzgeiſt deutſcher Nation dergeſtalt ſchal-
„ten und walten wolle, daß es ihnen nimmer,
„wie nicht an Helle des Kopfes, alſo auch
„nicht an Waͤrme des Herzens, gebrechen
„moͤge.“


Ekhard war der Liebling von Vielen; aber
das neue Geſez wuͤrd auch ohne dieſe Neigung
gegen
[419] gegen ihn durchgegangen ſeyn. Selbſt das
Volk, und dieß zwar mit den drey Stimmen,
die gemiſchte Zunft, und die Zunft der Dritt-
ler nahmen es an; aber die beyden Anwalde,
und der Rathfrager drohten Ekharden auch,
ihn morgen, der zugefuͤgten Beleidigung hal-
ben, oͤffentlich anzuklagen.



Der Abend.


Unterſtuͤzung der Wiſſenſchaften, die wir zu er-
warten haben.


Die Verſamlung im Thale war heute ſehr zahl-
reich. Es wurde viel, und lebhaft von der
Republik geſprochen. Unter anderm wurde Klopſtock
auf eine Weiſe veranlaſt, daß er es nicht von ſich
ablehnen konte, ſich uͤber den Jnhalt der Zuſchrift,
die vor Hermans Schlacht ſteht, naͤher zu erklaͤren.
Er wolt es, ſagte er, der Geſelſchaft uͤberlaſſen, nach
einigen Stellen aus einem Plane zur Unterſtuͤzung
der Wiſſenſchaften in Deutſchland, und aus daruͤber
gewechſelten Briefen, von dem Jnhalte dieſer Zu-
ſchrift, zu urtheilen.


Der Plan hatte die Ueberſchrift: Fragment aus
einem Geſchichtſchreiber des neunzehnten Jahrhun-
derts. Wir muͤſſen erſt uͤberſehn, (ſtand darinn)
in welchem Zuſtande der Kaiſer die Wiſſenſchaften
fand, eh wir von dem, in welchen er ſie geſezt hat,
D d 2ur-
[420] urtheilen. Dieſer Zuſtand war, daß die Gelehrten
Deutſchlands von keinem ihrer Fuͤrſten unterſtuͤzt
wurden; und daß, indem ſie das Verdienſt hatten,
alles, was ſie thaten, allein zu thun, die Unterſtuͤ-
zung, auf die man ſich hier und da ein wenig, und
nur auf kurze Zeit einließ, viel zu unbedeutend war,
als daß ſie auf die Gegenwagſchale jenes Verdienſtes
gelegt werden konte. Stolz konte freylich ein ſolches
Verdienſt diejenigen machen, die es hatten; aber
zu einer Zeit, da eine Nation in Abſicht auf die
Wiſſenſchaften in einer gewiſſen Bewegung iſt, iſt
dem Fortgange derſelben, und der Erreichung eines
hohen Zieles nichts hinderlicher, als es haben zu
muͤſſen. Der Kaiſer ſah die Bewegung, in der die
Nation war, und daß er in einem Perioden lebte,
den ſeine Vorfahren vergebens wuͤrden haben her-
vorbringen wollen; er ergrif den Augenblik des An-
laſſes, und entſchloß ſich zu ſeyn, was er, weil er
vaterlaͤndiſch dachte, zu ſeyn verdiente … (…) Unter-
deß fuhr die Nation fort ihre Sprache zu lieben,
die Werke ihrer guten Scribenten mit Beyfalle auf-
zunehmen, und uͤberhaupt Talenten mit viel mehr
Antheile, als ſonſt gewoͤnlich geweſen war, Gerech-
tigkeit wiederfahren zu laſſen. Und dieß war der
Zeitpunkt, in welchem ein junger Kaiſer, der ben
Geiſt Karls des Fuͤnften in ſich fuͤhlte, Deutſchlands
Oberhaupt wurde. Die Nation war ungeachtet der
Bewegung, in welcher er ſie fand, gleichwol noch
nicht patriotiſch genung; einige der beſten Werke
der ſchoͤnen Wiſſenſchaften waren noch ungeſchrieben,
und viele Erfindungen der philoſophiſchen waren
noch nicht da. Ein Volk, das in viele Fuͤrſtenthuͤ-
mer abgeſondert iſt, konte auch nicht eher mit einem
ge-
[421] gewiſſen Feuer, und mit Feſtigkeit vaterlaͤndiſch
ſeyn, als bis man es veranlaſte, Geſinnungen der
Verehrung und der Dankbarkeit in ſeinem Ober-
haupte zu vereinigen. Dieſes, auch durch Unter-
ſtuͤzung der Wiſſenſchaften, zu thun, und ihm durch
die Kuͤrze der Zeit, in der es ausgefuͤhrt wurde,
eine noch ſtaͤrkere Wirkung zu geben, war, und ver-
diente das Werk eines Kaiſers zu ſeyn, deſſen Na-
men unſre beſten Dichter, und unſre ſtrengſten Ge-
ſchichtſchreiber ſo oft ausgeſprochen haben. Da die,
welche in den philoſophiſchen, und in den ſchoͤnen
Wiſſenſchaften gut ſchriebenj, als ſolche von Maͤn-
nern erkant wurden, denen man Entſcheidung auf-
tragen konte; ſo wurde hierdurch ein Grund gelegt,
ohne den die Belonungen wuͤrden Verſchwendungen
geweſen ſeyn. Die Zahl derer, die zu entſcheiden
hatten, war klein. Sie hatten, und durften nichts
Geringers, als die Ehre des Vaterlandes, des Kai-
ſers, und der Beſchuͤzer der Wiſſenſchafren, die der
Kaiſer durch dieſe Befehle unterſcheiden wolte, zum
Zwecke haben. Auch ihre eigne Ehre konte ihnen
nicht gleichguͤltig ſeyn. Sie hatten andern Gelehr-
ten, oder wer ſich ſonſt ins Urtheilen miſchen wolte,
gar keine Rechenſchaft, aber dem Kaiſer und den
Beſchuͤzern der Wiſſenſchaften alle moͤgliche von ih-
ren Urtheilen zu geben: und da dieſe oft gegeben
wurde; ſo ſahe man in das Jnnerſte der Sache,
und war nicht in Gefahr, Unwuͤrdige zu belonen.


Der Gedanke, eine kaiſerliche Druckerey zu errich-
ten, und darinn die beſten Werke zum Vortheile ih-
rer Verfaſſer zu drucken, fand deswegen nicht ſtatt,
weil es zu ſchwer war auszumachen: Welchen Grund-
ſaͤzen die Cenſoren dennoch folgen muͤſten, wenn es
auch bey den Buͤchern nicht in Betrachtung kommen
D d 3ſolte,
[422] ſolte, ob die Verfaſſer Katholiken, oder Proteſtan-
ten waͤren. Wenigſtens haͤtte die Feſtſezung dieſer
Grundſaͤze zu viel Zeit erfodert; und man haͤtte ſich
gleich Anfangs in Schwierigkeiten verwickelt, ſtatr
mit ſchnellen Schritten zur Erreichung des vorge-
ſezten Zweckes fortzueilen.


Die Belonungen fuͤr die guten, und fuͤr die vor-
treflichen Scribenten, und fuͤr die nicht ſchreibenden
Erfinder von gleichem Unterſchiede, beſtanden in
Geſchenken von zweyerley Art. Die erſten erhielten
Geld und Ehre dadurch, daß ihnen jenes gegeben
wurde; die zweyten Geſchenke zwar auch nicht von
geringem Werthe der erſten Art, aber zugleich von
ſolcher Beſchaffenheit, daß der Empfang nicht allein
die Ehre derſelben ausmachte. Man kante alle, die
Verdienſte um die Wiſſenſchaften hatten, ſo unbe-
kant ſie auch auſſer ihrem Kreiſe zu ſeyn glaubten;
und man ließ es ihnen dadurch merken, daß man
ſie zu Schriften oder zu Erfindungen auffoderte.
Dieſe Ausſpaͤhung des beſcheidnen Verdienſtes er-
hielt den Beyfall der Welt ſo ſehr, daß ihr Deutſch-
lands Kaiſer alle Fuͤrſten zu uͤbertreffen ſchien, die
jemals durch die Unterſtuͤzung der Wiſſenſchaften
waren beruͤhmt geworden. Man war ſo gar auf
junge Genies aufmerkſam, und ſie bekamen Bey-
huͤlfe, ſich weiter zu bilden. Wenn fuͤr angezeigte
Erfindungen, oder fuͤr Schriften von beſtimtem Jn-
halte Preiſe ausgeſezt wurden; ſo erfuhren die, wel-
che ſie erhielten, oder ſich umſonſt darum bemuͤht
hatten, die Namen derjenigen, die ihre Beurtheiler
geweſen waren … Ueberhaupt wurde auf eine Art
verfahren, die den Werth deſſen, was geſchah, noch
erhoͤhte. Mannigfaltigkeit in dem Betragen, und
Neigung, das Verdienſt liebenswuͤrdig zu machen,
gab
[423] gab Allem eine Wendung der Anmut, mit der nichts,
als die gutwaͤhlende Beurtheilung konte verglichen
werden … Durch dieſes alles ſtieg der Ruhm des
Kaiſers ſo ſchnell, daß es bald laͤcherlich wurde, ihm
publiciſtiſch zu raͤuchern. Denn er ward wirklich
verehrt, und geliebt … Leſſing und Gerſtenberg,
die Unterauſſeher der Schaubuͤhne, waͤhlten ſo wol
die deutſchen Stuͤcke, die geſpielt, als die auslaͤndi-
ſchen, die fuͤr die Vorſtellung uͤberſezt werden ſol-
ten. Sie hatten die Gewalt, ohne Jemanden von
dem Gebrauche derſelben Rechenſchaft zu geben,
Schauſpieler anzunehmen, und fortzuſchicken. Sie
gaben ihnen zugleich Unterricht in der Kunſt der
Vorſtellung, und bereiteten ſie zu jedem neuen Stuͤ-
cke. Bey der Wahl der Stuͤcke wurde nicht allein
auf ihre poetiſche, ſondern auch auf ihre moraliſche
Schoͤnheit geſehn. Jn Abſicht auf dieſe hatte der
Oberaufſeher den ſtreitigen Fall zu entſcheiden.
Denn dieſer hoͤchſtwichtige Punkt iſt nicht die Sache
der Kunſt, ſondern des Staats. Weil die Schau-
buͤhne nicht allein von ihren Einkuͤnſten, ſondern
im Falle des Mangels auch vom Hofe unterhalten
wurde; ſo kam der Gedanke, daß man weniger Zu-
ſchauer haben wuͤrde, wenn man auf dieſe oder jene
Art verfuͤhre, nicht in Betrachtung, und man konte
kuͤhn mit dem griechiſchen Dichter ſagen: Jch bin
nicht da, ihr Athemenſer, von euch, ſondern ihr
ſeyd da, von mir zu lernen … Endlich eine Geſchichte
unſers Vaterlandes ſchreiben zu laſſen, dazu gehoͤrte
mehr Zeit, als die Schaubuͤhne zu heben, oder ein
Singhaus (es iſt hier nicht von der Oper die Rede)
einzurichten. Einige Gelehrte, die bloß Samler
waren, erhielten von zwey Geſchichtſchreibern, ei-
nem Katholiken, und einem Proteſtanten eine ge-
D d 4naue
[424] naue Anweiſung zu dem, was ſie ſammeln ſolten.
Sie konten nicht eher, als nach einigen Jahren von
ihrer Reiſe zuruͤkkommen. Nun waren zwar die
Geſchichtſchreiber von einer groſſen Menge Stof,
Ruinen, aus denen ſie bauen ſolten, umgeben; aber
gleichwol muſten ſie erſt lange und ſorgfaͤltig waͤh-
len, eh ſie ſchrieben. Wir duͤrfen ſie keiner Zoͤge-
rung beſchuldigen. Was hatten ſie nicht zu thun.
Sie muſten feſtſezen, was wirklich geſchehn ſey, und
ſie durften aus dem Wahren nur dasjenige heraus-
nehmen, was wiſſenswuͤrdig war. Sie konten alſo
nicht anders, als mit langſamen Schritten fortgehn.
Dafuͤr haben ſie uns aber auch ein Werk geliefert,
das uns auf unſre Nation, und auf ſie ſtolz machen
kann.


Kopenhagen den 28 Apr. 68. Ew. [Durchlaucht]
ſehen, daß der Zwek dieſes Entwurfs iſt, den Ge-
lehrten, welche man der Belonung wuͤrdig haͤlt,
auſſer den Ermunterungen der Ehre, auch Muſſe
zu geben, und zwar eine ſolche, die ihrer Arbeitſam-
keit angemeſſen iſt. Nur neue Arbeiten koͤnnen nach
demſelben neue Geſchenke veranlaſſen … Die Aus-
gaben koͤnnen von keiner Erheblichkeit ſeyn. Nur
im Anfange koͤnten ſie es einigermaaſſen ſeyn, weil
ſchon vieles da iſt, das Belonung verdient. Aber
auch den Anfang mit gerechnet, hat doch dem vori-
gen Koͤnige von Pohlen ſeine Oper, in wenigen
Jahren, mehr gekoſtet, als dieſe Unterſtuͤzung der
Wiſſenſchaften, in vielen, koſten wuͤrde. Und wel-
cher Unterſchted der Folgen. Auf der einen Seite
dieſe nun vergesne Oper, die einigen Vergnuͤgen
gemacht hat; und auf der andern Seite: Die Wiſ-
ſenſchaften in Deutſchland zu einer Hoͤhe gebracht,
welche von der Geſchichte als Epoke wird bemerkt
wer-
[425] werden … weil ich fuͤr mich ſelbſt nichts ſuche, und
mich fuͤr gluͤklich halte, wenn ich erwas fuͤr die thun
kann, denen es in den Wiſſenſchaften gelungen iſt …
Die Unterſtuͤzung der Wiſſenſchaften ſolte eben ſo
wenig den Geiſt der Nachahmung haben, als ihre
Werke. Auch aus dieſem Grunde brauchen wir keine
Academie.


K. den 12 Jul. 68. Es hat mir nicht wenig
Ueberwindung gekoſtet bis jezo ſtill zu ſchweigen.
Denn mit eben der Unruh und Ungeduld liebt man,
(ich bin einſt gluͤklich in der Liebe geweſen) mit der
ich oft mitten in andern Beſchaͤftigungen zu dieſer
unſrer Sache, und gewiß des Vaterlandes, wenn
ſie gelingt, zuruͤk gekommen bin … Jch glaube jezo
Ew. Excellenz einen noch kuͤrzeren Weg, als in dem
Plane von der Geſchichte unſers Vaterlandes ſteht,
anzeigen zu koͤnnen. Die Hauptidee davon iſt:
Unſre Geſchichte in Perioden abzuſondern, und fuͤr
die Ausarbeitung eines jeden einen Preis zu beſtim-
men. Die Preiſe fuͤr die gute, und fuͤr die vor-
trefliche Ausarbeitung ſind nicht allein verſchieden;
ſondern wenn fuͤr Einen Perioden eine gute, und
eine vortrefliche Ausarbeitung erſcheint, ſo bekomt
dieſe den groͤſſeren Preis, und jene keinen. Solche
Erklaͤrungen in einer Ankuͤndigung ſind Stacheln,
die in dem olympiſchen Wettlaufe das Pferd, das
leicht genung zum Siege iſt, zwar nur von ferne
blinken zu ſehn braucht; aber ſehn muß es ſie gleich-
wol … Der lezte Periode dieſer Geſchichte …
wenn der Kaiſer uͤberhaupt fortfaͤhrt zu handeln,
wie Er thut; und wenn Er ins beſondre die Ehre
der vaterlaͤndiſchen Wiſſenſchaften an Sein Zeitalter
mit Blumenketten feſſelt.


D d 5Con-
[426]

Conſtanz den 24 Aug. 68. Der Graf hat bey
der erſten Gelegenheit dem Fuͤrſten Kauniz alles
vorgetragen, und Jhm ſodann die Schriften uͤber-
geben. Er hat auch noch anderwaͤrts die Sache an-
gebracht, um ſie zu befoͤrdern, und, ich muß Jhm
die Gerechtigkeit wiederfahren laſſen, ſich ihrer ſo
ernſtlich, als es ſich nur thun laͤſt, angenommen.
Er hat aber doch bis jezt noch keine poſitive Ant-
wort bekommen … Der Kaiſer iſt, wie Sie wiſ-
ſen, ſpaͤt zuruͤk gekommen, und bald wieder verreiſt.


Langenſtein den 16 Sept. 68. Jch habe nun
erfahren, daß der Kaiſer die Dedication angenom-
men habe. Jch ſage Jhnen dieß nur ſub roſa. Das
weitere werden Sie alles von dem Grafen ſchon
hoͤren.


K. den 20 Sept. 68. Jch kann mir vorſtellen,
daß viele und groſſe Geſchaͤfte die Unterſuchung ſol-
cher Sachen hindern, die noch ausgeſezt werden koͤn-
nen. Jene unterdruͤcken ſelbſt den Entſchluß, dieſe
zu unterſuchen. Denn ſonſt wuͤrden leicht zu ent-
ſcheidende Dinge oft nicht ſo langſam entſchieden
werden. Wenn ich mir eine andre Urſach der auf-
geſchobnen Entſcheidung denke; ſo fuͤrcht ich alles.
Aber ich habe gute Gruͤnde dieſe Furcht zu entfer-
nen, erſt Jhren Charakter, nach welchem Sie bey
mir unter die Wenigen gehoͤren, die mehr halten,
als ſie verſprechen; und dann alles das, was ich
durch Sie von dem Fuͤrſten Kauniz weis. Aber
laſſen Sie uns einmal das Schlimſte ſezen, ich
meine, daß der Fuͤrſt Kauniz keinen Geſchmak an
der Sache faͤnde. Dieß alſo geſezt, frag ich Sie:
Wollen Sie dann nichr mein Fuͤhrer werden, wie
ich es machen muß, die Sache unmittelbar an den
Kaiſer ſelbſt gelangen zu laſſen? .. Jch habe Ew.
Ex-
[427] Excellenz in meinem lezten Briefe geſtanden, (ich
that es, weil ich nichts Geheimes in der Sache vor
Jhnen haben mochte) daß ich mit einigen meiner
Freunde von unſrer Sache geredet habe. Jch habe
ſie durch meine Hofnung des guten Erfolgs zum
Hoffen gebracht. Sie waren deſto eher dazu zu
bringen, je bekanter es ihnen iſt, daß ich ſonſt eben
kein groſſer Hoffer bin. So oft ich mir die Sache
als mislungen denke; ſo iſt mir die Vorſtellung von
dieſer Mittheilung derſelben unangenehm. Unter-
deß kann ich es nun nicht mehr aͤndern … Jch
fuͤrchte nicht, daß, wenn irgend ein Theil meines
Plans keinen Beyfall erhalten ſolte, dieſer Umſtand
Einfluß auf das Ganze haben werde. Es giebt
viele Arten der Ausfuͤhrung einer ſo vielſeitigen
Sache. Jch haͤtte noch mehre anfuͤhren koͤnnen,
als ich angefuͤhrt habe, wenn ich mir haͤtte erlau-
ben duͤrfen auch nur weitlaͤuftig zu ſcheinen. Es
iſt nur Ein Punkt, von deſſen Gegentheile ich ſchwer
zu uͤberzeugen ſeyn werde. Dieſer iſt: Der Kaiſer
muß entweder gar nichts fuͤr die Wiſſenſchaften thun,
oder Er muß etwas dafuͤr thun, das Seiner wuͤrdig
iſt. Es wuͤrde voͤllig uͤberflieſſig ſeyn dieſes Grund-
ſazes erwaͤhnt zu haben, wenn ich nicht in der Ge-
ſchichte die Meinung ſo oft an den Hoͤfen faͤnde,
daß es genung ſey, dieſe und jene Kleinigkeit fuͤr
die Wiſſenſchaften zu thun. Aber die Beſchaffen-
heit des Verfahrens an ſich ſelbſt, und die Geſchichte
haben mich gelehrt, daß der Erfolg des Nuzens und
der Ehre auch nur von geringer Bedeutung ſeyn
koͤnne; und geweſen ſey. Vielleicht ſind Sie auf
dieſe Meinung, in Betrachtung deß, was ſie in
der Geſchichte, die ſie in ihren Wirkungen zeigt,
fuͤr Eindruͤcke macht, nicht ſo aufmerkſam geweſen,
als
[428] als ich. Dieſes iſt die Urſach, warum ich ſie beruͤhrt
habe. Wenn Sie in den Fall kommen ſolten. ſie
beſtreiten zu muͤſſen; ſo kenne ich keine beſſeren Waf-
fen, als ſich auf ihre Folgen zu beziehn … Jch
wuͤnſchte ſehr, daß Sie in Jhren Bemuͤhungen fuͤr
unſre Sache bald einmal zu der Frage kaͤmen: Wie
viel man jedes Jahr, und zwar fuͤrs erſte nur auf
einige Jahre, fuͤr die Wiſſenſchaften beſtimme? ..
Jch bin nicht gern Vorausverſprecher; aber ich bin
uͤberzeugt, daß der Erfolg weniger Jahre ſo ſeyn
wuͤrde, daß man ſie, ohne meine Bitte, wuͤrde ver-
mehren wollen.


Wien, den 19 Oct. 68. Da wir wieder auf dem
Plaze ſind, wo der Graf handeln kann; ſo ſind wir
doch ſchon wieder ſo viel naͤher … Es wird doch,
wenn nicht im Ganzen, doch gewiß zum Theile gut
gehen; und was Sie immer freuen ſolte, und was
mich auch fuͤr Sie, und fuͤr Wien unendlich freut,
iſt, daß man Sie hier kent, und daß Sie durch die
jezige Negociation noch mehr und genauer bekant
werden … Der Ausdruk, deſſen ich mich bedient,
und der Sie nicht vollkommen befriedigte, will ſa-
gen, daß der Graf die Sache auch bey Verſchiednen,
die man, ich meine der Fuͤrſt, wenn von den Wiſ-
ſenſchaften die Rede iſt, anhoͤrt, angebracht, und
Sie auch empfolen habe.


W. den 10 Dec. 68. Jch wiederhol es Jhnen:
Mit der edelſten, mit einer Seiner wuͤrdigen Art,
hat unſer angebeteter, hofnungsvoller Kaiſer Jhre
Dedication angenommen … Der Graf hoft |alles
wieder gut zu machen, wenn Er Jhnen ſelbſt ſchrei-
ben werde. Sie ſollen alsdann auch die Zueignungs-
ſchrift mit den wenigen Veraͤnderungen, die mir
wirk-
[429] wirklich, die Wahrheit zu geſtehn, nicht bekant
ſind, die aber, wie ich hoͤre, nicht groß ſeyn werden,
ſo wie ſie gedrukt werden darf, von Jhm erhalten.


W. den 24 Apr. 69. Wegen des Plans koͤnne
Er nichts weiter ſagen. Freylich haͤtt es der Fuͤrſt
Kauniz gut aufgenommen, aber noch keine weitere
Erklaͤrung oder Entſchlieſſung gemacht. Vielleicht
wuͤrde die Sache fruͤher, als wir daͤchten, genuzt,
und in Ausfuͤhrung, wo nicht im Ganzen, doch in
etwas gebracht werden.


K. den 9 May 69. Jch habe bey Ueberſendung
des Plans an den Fuͤrſten Kauniz geſchrieben, daß
ich nichts fuͤr mich ſuchte. Bey dieſer Geſinnung
freute mich das Geſchenk des Kaiſers vornaͤmlich
deswegen, weil es demjenigen gegeben wurde, deſ-
ſen Plan fuͤr Andre der Kaiſer mit dieſer Gnade
angenommen hatte. Wenn aber (nach der oben an-
gefuͤhrten Nachricht) der Plan nun nicht angenom-
men ſeyn ſoll, oder die Annehmung doch wenigſtens
ſo ungewiß iſt, und alſo auch die Zuſchrift aufhoͤrt
ein Theil des Plans zu ſeyn; (ſie iſt dieß dadurch,
daß ſie eine jezige Ankuͤndigung der Sache enthaͤlt)
ſo bin ich wirklich in einer Stellung, die nicht ohne
Schwierigkeit iſt ſie zu aͤndern. Jch habe gleichwol
auf den Fall hin, daß jene Nachricht voͤllig gegruͤn-
det iſt, meinen Entſchluß gefaſt. Jch werde naͤm-
lich, ohne Tadel von denen zu fuͤrchten, deren Bey-
fall ich am meiſten wuͤnſche, die Erlaubnis zu er-
halten ſuchen, das Gedicht lieber ohne Zuſchrift her-
auszugeben. (Dieſer Brief wurde, weil der gleich-
ſolgende daruͤber ankam, nicht weggeſchikt.)


W. den 4 May 69. Von dieſem werden Sie
die Dedication, ſo wie ſie darf gedrukt werden, naͤm-
lich
[430] lich mit Auslaſſung der Stelle: aber nicht Friede-
rich; und Deutſchland war doch auch ſein Vaterland.
erhalten … Es ſteht Jhnen voͤllig frey, die De-
dication ſo drucken zu laſſen, wie Sie dieſelbe em-
pfangen werden. Denn ſo iſt ſie von der Hofcanz-
ley durch einen Vortrag an den Kaiſer gegangen;
und auch ſo von Jhm gut geheiſſen worden.


K. den 16 Sept. 69. Die Anmerkungen zu dem
Plane ſind erſt jezt hinzugekommen. Jn der Vor-
ausſezung, daß Sie die Beylagen durchgeſehn ha-
ben, hab ich jezo nur noch dieſes zu ſagen. Jch bin
darauf, daß ich das edle Vorhaben des Kaiſers in
der Dedication vor Hermanns Schlacht zuerſt habe
bekant machen duͤrfen, ſo ſtolz, als wenn ich die
Erlaubnis erhalten haͤtte, eine Aufſchrift unter eine
Bildſaͤule des Kaiſers zu ſezen, und meinen Namen
dabey zu nennen. Jch leſe bisweilen in Gedanken
jene Worte der Bekantmachung, als eine Umſchrift
des von mir oft wiederangeſehnen Bruſtbildes der
Medaille, die Seine Majeſtaͤt mir zu geben die
Gnade gehabt haben … (guten und vortreflichen)
Man war mit den Urtheilen, die eine Schrift oder
Erfindung fuͤr gut erklaͤrten, ſparſam; und mit de-
nen, die ihre Vortreflichkeit entſchieden, geizig.
Nicht wenige derer franzoͤſiſchen Werke, welche dem
Jahrhunderte Ludewigs des Vierzehnten angehoͤren,
wuͤrden die deutſche Unterſuchung nicht ausgehalten
haben. (Ausſpaͤhung des beſcheidnen Verdienſtes)
Dieſe Art zu verfahren war allein ſchon zureichend,
die Unterſtuͤzung der Wiſſenſchaften durch Joſeph
den Zweyten von denen zu unterſcheiden, die in an-
dern Laͤndern und Zeiten, groͤſtentheils bloß zur
Schau, ſind unternommen worden. Denn es iſt
hier der ſo weſentliche Unterſchied des Scheinens
und
[431] und des Seyns … (der Geiſt der Nachahmung)
Er haͤlt die Erreichung eines hohen Zieles in den
Wiſſenſchaften eben ſo ſehr zuruͤk, als er der Ehre
der Nation nachtheilig iſt; und es iſt unter dem
Kaiſer, ihm auch nur mit Einem leiſen Tritte zu
folgen.


K. den 16 Sept. 69. Nur Einen ununterbrochnen
Abend bitte ich mir von Jhnen Beyden aus, und
daß Sie Jhren Freund uͤberzeugen, Er thue etwas
recht nuͤzliches, und ruhmvolles, oder mit Einem
Worte, etwas, das recht deutſch iſt, wenn Er dieſe
vaterlaͤndiſche Sache dem Kaiſer mit Waͤrme vor-
traͤgt. Jn dieſer Stunde Jhrer Zuſammenkunft,
und zugleich der Grundlegung zu daurenden Denk-
malen wird Deutſchlands Genius mit hoher Fackel
vorleuchten. (Der Erfolg wird zeigen, daß mein
poetiſch ſcheinender Ausdruk Proſa war) Es giebt
auch fuͤrs Vaterland Thraͤnen der Ehrbegierde, und
Seufzer einer edlen Rache, wenn es verkant worden
iſt. Jn der auf jene folgenden Stunde des Aus-
ſpruchs:


Has inter lacrimas ſedet et ſuſpiria Cæſar.


W. den 24 Sept. 69. Weil ich Verſchiedner,
deren Stimmen gezaͤhlt werden, Geſinnungen gegen
Sie erfahren habe, ſo getraue ich mir, Jhnen eine
Reiſe zu uns zu proponiren … Jch habe mit van
Switen beynah eine Stunde von Jhnen geſprochen,
und gefunden, daß er Sie ungemein liebt. Er ſagte
unter anderm, daß Sie hierher kommen, und unſre
Maria Thereſia, und unſern Joſeph kennen lernen
muͤſten. Nun denken Sie, wie er mein Project, daß
Sie hierher kommen moͤchten, aufgenommen habe.


W. den 23 Apr. 70. Wir muͤſſen die Hofnung
und die Geduld nicht verlieren. Man kann bey
der
[432] der jezigen Lage der Sachen nichts anders thun, als
nur immer die guten, und nicht einmal geſucht zu
ſeyn ſcheinenden Gelegenheiten abpaſſen, wo man
noͤtige Erinnerungen machen kann, die dann, wenn
es einmal recht Ernſt wird, gewiß nicht ohne Wir-
kung ſeyn werden.


K. den 9 Jun. 70. Graf Dietrichſtein ſchrieb mir
im Dec. des vorigen Jahrs, daß zur aͤchten Ausfuͤh-
rung ich, und vielleicht ich allein der Mann waͤre;
ſchrieb aber auch, daß, was die Zeit derſelben anbetraͤ-
fe, wir noch andre Umſtaͤnde abwarten muͤſten. Jch
habe bisher noch nicht geantwortet, weil ich nicht
dringend ſcheinen wolte. Aber wenn ich nicht un-
gewiß waͤre, ob Er ſchon von Berlin zuruͤkgekommen
ſey; ſo wuͤrd ich nun antworten. Jch mache mir
jezo Vorwuͤrfe wegen des Aufſchubs. Denn nur
immer nicht dringend zu ſcheinen, damit kann das
Leben hingehn, ohne daß man etwas gethan hat …
Die Meinung war, daß die Reiſe ſchon im damals
bevorſtehenden Fruͤhjahre geſchehn ſolte. Mehr
Einladung, und alſo auch mehr Hofnung, etwas
auszurichten, wuͤrde gemacht haben, daß ich ſo gar
das Unangenehme einer Winterreiſe nicht wuͤrde
geachtet haben.


W. den 19 Jul. 70. Es war mein und Jhrer
andern hieſigen Freunde Gedanken, die Sache wah-
rend Jhrer Anweſenheit ganz anders anzugreifen,
und ſie hoffentlich zu Jhrem voͤlligen Vergnuͤgen zu
endigen. Freylich koͤnnen Sie mehr Einladung ver-
langen … Der Kaiſer ſelbſt iſt Jhnen geneigt. Was
begehren Sie denn mehr? Laſſen Sie ſich das fuͤr
dießmal genung Einladung ſeyn.



Zwoͤlf-
[433]

Zwoͤlfter Morgen.


Die Aldermaͤnner halten Vortrag. Die Zunft
der Drittler widerſezt ſich denſelben. Was
darauf erfolgt. Bitte einiger Juͤnglinge.
Die Anwalde der Weltweiſen, der Natur-
forſcher, und der Dichter erklaͤren ſich uͤber
den Vortrag der Aldermaͤnner.


Die Aldermaͤnner waren heute beym Herauf-
gehn auf die Fragen, welche ihre Beglei-
ter an ſie richteten, ſehr kurz in ihren Antwor-
ten. Sie ſchienen mit tiefen Entwuͤrfen be-
ſchaͤftigt zu ſeyn. Dieß waͤhrte fort, und wur-
de, als man nun ganz verſammelt war, uͤberall
bemerkt; und vielleicht war es die Urſach, daß
kein Anwald vor den Aldermaͤnnern erſchien,
Vortrag zu halten. Als dieſe ſahen, daß ihnen
kein anderes Geſchaͤft im Wege ſtuͤnde; ſo
trat ihr heutiger Wortfuͤhrer aus dem halben
Kreiſe hervor, ſahe kurze Zeit mit kaltem
Nachdenken umher, und ſagte:


Es ſind wenig Zeitpunkte, in denen man
durch zuſammentreffende Umſtaͤnde unterſtuͤzt,
groſſe Entſchlieſſungen faſſen kann; und noch
ſeltner iſt es, daß die gefaſten Entſchlieſſungen
ausgefuͤhrt werden. Wie oft bleibt man ſo gar
auf der Schwelle der Ausfuͤhrung ſtehen.
Kaum daß ſich Schwierigkeiten zeigen, und
E ees
[434] es nun auf ausdaurendes Fortfahren, auf den
unermuͤdeten Schritt ankomt, den nur Maͤn-
ner haben; ſo iſt es mit der Sache vorbey,
und das groſſe Gebaͤude, welches ſich nur eben
uͤber ſeine Grundlegung erhoben hatte, ſinkt
in Truͤmmern. Lieber die Haͤnde voͤllig in den
Schooß, unbemerkt gelebt, und unbemerkt
geſtorben, lieber nicht den erſten Gedanken zu
irgend einem Entſchluſſe, als den uͤberdachte-
ſten, den maͤnlichſten, den kuͤhnſten ſo ausge-
fuͤhrt! Doch von euch fuͤrchten wir eine ſolche
Ausfuͤhrung nicht. Denn ihr ſeyd Deutſche!
Aber euch zu uͤberzeugen, daß der Entſchluß,
den ich bald bekant machen werde, zu faſſen
ſey! darauf komt es an. Das alte wiederge-
fundne Geſez hat Ekharden, und er die Re-
publik nicht wenig Schritte vorwaͤrts auf der
groſſen Laufbahn gebracht. Wo das gegebne
neue Geſez mit ſeiner Wirkung ſtehn bleibt,
da faͤngt unſer Entwurf an. Und wohin dieſer
von dort an fuͤhre? Bis zu einem Ziele, den-
ken wir, das ihr euer, und unſer wuͤrdig fin-
den werdet. Was wir Deutſchen, weil wir
unſre erſten oft tiefen und weitſehenden Ge-
danken entweder nakthinwerfen, oder ſie durch
weitlaͤuftigen Vortrag, wie in einer Vermum-
mung, beynah erſticken; (wenigſtens haben
wir erſt ſeit kurzem aufgehoͤrt dieß zu thun)
weil
[435] weil wir zu beſcheiden von uns ſelbſt urtheilen,
und die Auslaͤnder eben dieß Verdienſt mehr
nicht nur verkennen, ſondern ſo gar zu unſerm
Nachtheile anwenden; was wir aus dieſen
Urſachen zu ſeyn ſcheinen, daran liegt wenig:
aber alles daran, was wir ſind! Wenn wir,
in den meiſten abhandelnden Wiſſenſchaften,
den rechten Weg zuerſt geſehen, in vielen ihn
zuruͤkgelegt, in keiner unbetreten gelaſſen ha-
ben; wenn wir, in den darſtellenden, neue
Bahnen gebrochen haben, und auf einigen
derſelben weiter vorwaͤrts gegangen ſind, als
manche Auslaͤnder, auf alten lange bereiſten
Wegen und Stegen; wenn wir uͤberhaupt
mehr Altes verkuͤrzt, umgebildet, verworfen,
mehr Neues gefunden, entdekt, erfunden, es
tiefſinniger beſtimt, lebendiger gefaſt, gerader
und ſtaͤrker zum Gebrauche angewendet haben:
wenn das unſre von vielen ungekante, aber
wirkliche Vorzuͤge ſind, warum ſollen wir laͤn-
ger anſtehn einen Entſchluß zu faſſen, zu dem
ſolche Vorzuͤge nicht nur auffodern, ſondern
dem ſie auch das, was zulezt, die Zuſchauer
moͤgen viel oder wenig gezweifelt haben, alles
entſcheidet, naͤmlich die gluͤkliche Ausfuͤhrung,
in voraus verſichern. Es gelte alſo das neue
Geſez vom Uebertreffen; mit gleichem Ver-
fahren werd es aufrecht erhalten, und ſein Er-
E e 2folg
[436] folg breite ſich in dem ganzen Umfange aus,
den er haben kann. Aber laſſet uns auf dieſem
Pfade fort, und weit fortgehn.


Jn dem groſſen beynah graͤnzloſen Bezirke
der Wiſſenſchaften, oder deſſen, was von dem
Denkenden und Tiefſinnigen gekant, und von
dem Guten und Edlen empfunden zu werden
verdient, liegen Gegenden, Landſchaften, auch
wol Reiche, die von uns und den Auslaͤndern
gemeinſchaftlich oder allein, halb oder ganz be-
ſeſſen werden, ſchlechter oder beſſer ſind ange-
baut worden; liegen andre unentdekte Laͤnder,
die man theils glaubt von fern geſehn zu haben,
und theils nicht einmal mutmaſſet. Wenn die
Republik auf dem jezigen Landtage den groſſen
Entſchluß faſſet, den wir euch gleich anzeigen
wollen, wenn er mit deutſcher Beſtaͤndigkeit,
mit dieſem unuͤberwindlichen Ausdauren, ins
Werk gerichtet wird; ſo werden die, welche ein
Jahrhundert nach uns Landtag halten, unſre
Male mit Blumen beſtreun, daß wir ihn gefaſt,
daß wir es zum bleibenden unveraͤnderlichen
Grundſaze der Republik gemacht haben, von
dem nur der Feige, und der Geiſtloſe abweichen
duͤrfen, den der Greis dem Juͤnglinge, der
Freund dem Freunde, aber auch der Juͤngling
dem Greiſe, und der Feind dem Feinde zurufen
ſoll:


„Hin-
[437]

„Hinzugehn, und in jenem groſſen Umkreiſe
„der Wiſſenſchaften, die Laͤnder, welche nur
„halb beſeſſen werden, ganz einzunehmen; die
„Miebeſizer der andern Haͤlften nicht nur da-
„durch zu ſchwaͤchen, daß wir in dieſen Haͤlften
„beſſer als ſie anbaun, ſondern auch dadurch,
„daß wir es da thun, wo wir uns allein nieder-
„gelaſſen haben; nirgends der falſchen Cultur
„zu ſchonen, uͤber alle Gaͤrten, wo nur Blumen
„wachſen, den Pflug gehn zu laſſen, jedes Ge-
„baͤude, das in den Sand gebaut iſt, niederzu-
„reiſſen, und ſolten ganze Staͤdte auf ſolchem
„Grund und Boden liegen, und waͤr es dann
„auch mitten in den beſten gemeinſchaftlichen
„Beſizen, oder auf Landwinkeln der franzoͤſi-
„ſchen Gelehrtenrepublik, der engliſchen, wo
„wir ſie antraͤfen, und wuͤrden ſie auch von
„Chimaͤren bewacht, die Feuer und Flammen
„ſpien, dieſe Staͤdte an allen Ecken anzuzuͤnden,
„und nicht eher von dannen zu ziehn, als bis der
„Dampf uͤberall aufſtiege: uns aufzumachen,
„und neue Laͤnder zu ſuchen, auf der kuͤhnen
„Fahrt ſelbſt nicht die kleinſte Jnſel, kein
„Puͤnktchen in dem Oceane liegen zu laſſen, ſon-
„dern uͤberall zu landen, alles zu umgehen, aus-
„zuſpaͤhn, zu unterſuchen; in den anbaulichen
„Entdeckungen gleich die Erde aufzureiſſen, und
„Saat zu ſtreun; und treibt die unuͤberwindli-
E e 3„che
[438] „che Unruh des Aufſuchens ſo gewaltig fort, daß
„nur in dem naͤchſten dem beſten Felſen gegraben
„wird: Hier ſind Deutſche geweſen! da-
„mit wenn Sturm oder Nadel Auslaͤnder auch
„dahin bringen, ſie unſer fruͤheres Recht ſehn;
„dennoch gleich einen der edlen Abentheurer
„nach der Heimath zu ſchicken, damit er deutſche
„Anbauer heruͤber fuͤhre, und dieſen ſolche Eile
„und Aemſigkeit gebieten zu laſſen, daß die
„Auslaͤnder (denn verwerflich iſt unſre alte
„Sitte, daß wir nur immer entdekt, und dann
„Andre haben anbaun laſſen!) von der Ent-
„deckung, und von der bluͤhenden Einrichtung
„zugleich Nachricht bekommen.‟


Wenn wir auf dieſe Weiſe ein halbes Jahr-
hundert das werden vereinigt gethan haben,
was vor uns nur einzelne kuͤhne Maͤnner tha-
ten, und eben dadurch den Grund legten, daß
wir uns ihre Unternehmungen fortzuſezen, ver-
einigen konten; dann werden wir rings um uns
vernehmen, daß man uns fuͤr Eroberer haͤlt,
deren weitauſſehenden Abſichten man ſich wi-
derſezen muͤſſe. Gluͤklicher Zeitpunkt! Jhr
koͤnt ihn erleben, Juͤnglinge, deren Herz jezo
laut vor Unruh ſchlaͤgt, ob die Republik den
groſſen Entſchluß, ſich zu dieſem Zwecke zu
vereinigen, faſſen werde. Jſt er gefaſt; ſo
macht euch nichts mehr Unruh. Denn ihr
wiſſet,
[439] wiſſet, daß der Deutſche gewiß ausfuͤhrt, wenn
er einmal beſchloſſen hat auszufuͤhren! Die
Zeit, in welcher die Eroberer am mutigſten und
kraͤftigſten handeln, iſt die, wenn ſie ſchon vieles
gethan haben, Schrecken und Buͤndniſſe verur-
ſachen, und in ihrem Laufe noch koͤnnen auf-
gehalten werden. Nie ſind ſie furchtbarer und
unwiderſtehlicher, und nie geſchehn groͤſſere
einzelne Thaten. Das alles koͤnt ihr erleben,
Juͤnglinge, und daran koͤnt ihr Theil haben!
Jch will euch ſagen, wie es zu dieſer Zeit ſeyn
wird. Der Anblik unſrer neuen, von uns
ſelbſt angebauten, und fruchtreichen Beſize
wird uns alsdann beynah eben ſo ſehr zur Fort-
ſezung der Entdeckungen reizen, als es die
Schwierigkeit ſie zu machen nur immer thun
kann; und dieſer doppelte Reiz wird uns,
gleich einem unaufhaltbaren Strome, mit ſich
fortreiſſen. Wer dieſe Zeit erlebt, eine Seele
hat, und gleichwol ſtillſizt, und zuſieht, den
wird man, auch bey der groͤſten Neigung zur
Nachſicht, aus der Republik verbannen. Hat
dieſe dann, nach dem Verfluſſe nur noch einiger
Jahre, ihre Beſize nun ſo ſehr erweitert, daß
faſt keine Wiſſenſchaft iſt, in welcher die aus-
laͤndiſchen Republiken nicht von ihr, mehr oder
weniger, aber lernen muͤſſen; ſo iſt ſie bis
dahin gekommen, wo die Eroberer anfangen
E e 4mit
[440] mit Gelindigkeit zu herſchen. Die Herſchaft
einer Gelehrtenrepublik uͤber eine andre iſt an
ſich ſelbſt ſchon gelinderer Art, als die Herſchaft
derer iſt, die durch Blutvergieſſen erobern: wie
ſehr muß ſie es alſo vollends alsdann ſeyn, wenn
es nicht mehr noͤtig iſt, jedes Recht der Vorzuͤge,
die man erlangt hat, gelten zu machen. Wenn
ich gelten machen ſage; ſo nehme ich es ſo,
wie es von Deutſchen genommen werden darf,
naͤmlich, ohne Herablaſſung bis zur Eitelkeit,
und durch Darzeigung ſolcher Dinge, deren
Werth von ſelber redet. Der Charakter der blu-
tigen roͤmiſchen Eroberung war: Derer, welche
ſich unterworfen hatten, zu ſchonen; und die
Stolzen bis zur Vertilgung zu bekriegen. Der
Charakter unſrer Eroberung muß, und wird
ſeyn: Die, welche ſich unterwerfen, zu Bun-
desgenoſſen aufzunehmen; und die Stolzen,
welche unſre Unterſtuͤzung von ſich ſtoſſen, ihrem
Mangel, und dem Bewuſtſeyn zu uͤberlaſſen,
daß wir uͤber ſie erhaben ſind. Bleiben wir
uns alsdann gleich; ſo werden ſie ſich nicht
gleich bleiben. Der Mangel wird ſie druͤcken,
ihr Bewuſtſeyn wird zu ſehr bemerkt werden,
als daß ſie es laͤnger verbergen koͤnten. Sie
werden ſich unterwerfen, und wir werden ſie
in unſern Bund aufnehmen. Denn wir hatten
edler gedacht; wir hatten erobert, gluͤklich zu
machen.


Jch
[441]

Jch fodre Niemanden auf, ſich auf dieſem
groſſen Schauplaze der Eroberung fuͤr die Re-
publik aufzuopfern. Wer zur Aufopferung
Kraft in der Seele hat, der thut’s ohne Auf-
foderung zu erwarten, ohne ſie nur einmal zu
dulden! Wie Maͤnner ſich betragen, die ſolche
Auffoderungen ſo gar beleidigen wuͤrden?
Meint ihr, daß ſie ihre Geſundheit, ihre Ruhe,
ihr Leben nicht wie andre lieben? So gar mehr;
denn ſie ſind lebhafter, als andre. Aber komt
die Zeit, daß die Gegner keine Siege mehr er-
dulden wollen, daß ſie auch fechten, daß der
Kampf um groſſe Beſize hart und heiß wird,
ſo heiß, daß der Sieg ſchwankt: dann ſind es
jene Maͤnner, die nicht hinter ſich ſehen, wer
flieht, oder wer ſteht, ſich nicht etwa nur die
Vergnuͤgungen, ſich ſo gar die Erholungen des
Lebens verſagen, mit Kaͤlte, und mit Feuer wi-
der die, welche ſich geluͤſten laſſen, uͤberwinden
zu wollen, heranſtreben; mit Kaͤlte, die die
Wendungen, die Staͤrke, die Schwaͤche der
Gegner ſcharfes Bliks entdekt, mit Feuer,
das die ganze Kraft da ſchnell anwendet, wo
die Kaͤlte hingefuͤhrt hatte, ſo lange, und ſo
unuͤberwindlich heranſtreben, bis, wer ſich
wandte, umkehren, und ſiegen helfen kann.


Der Aldermann trat nicht, wie das ſonſt
nach gehaltnen Anreden zu geſchehen pflegt,
E e 5auf
[442] auf dem Plaze zuruͤk; ſondern blieb ſtehen, und
ſahe, mit dem heitern Ernſte der Entſchloſſen-
heit, rings umher. Er war bald mit unge-
woͤnlich tiefem Stillſchweigen, und bald mit
lauten Ausbruͤchen der Freude gehoͤrt worden.
Unſre aͤlteſten Mitbuͤrger haben bezeugt, daß
ſie noch niemals eine ſolche Bewegung auf ei-
nem Landtage geſehn haͤtten. Nachdem die
erſten und waͤrmſten Berathſchlagungen vor-
uͤber waren, breitete ſich die Erwartung, welche
Zunft ſich zuerſt erklaͤren wuͤrde, faſt uͤberall
aus. Wider alles Vermuten that es die Zunft
der Drittler. Jhr Anwald ſahe die Sache, in
einer langen Eroͤrterung, von vielen falſchen
Seiten an, und ſchloß endlich, daß ſich alſo
hiermit die Zunft wider die Aldermaͤnner er-
klaͤre! Dieſe antworteten dem Anwalde nicht,
ſondern lieſſen durch den Herold ausrufen:
Daß es jezo zu ſeiner vollſten Reife gekommen
waͤre, was die Republik ſchon lange wider die
Drittler beſchloſſen haͤtte; und daß alſo die
Zunft, und zwar nun gleich, muͤſte aufgehoben
werden. Dieſem zufolge baͤten ſie die Zuͤnfte,
den Herold nicht abzuwarten, ſondern dadurch,
daß ſie die Anwalde auf den Plaͤzen vortreten,
und die Stimmen geben lieſſen, die Sache kurz
abzuthun. Dieß geſchah; und die Zunft der
Drittler ſahe ſich, mit einer Verwunderung,
welche
[443] welche die andern Zuͤnfte nicht recht begriffen,
auf Einmal unter dem Volke. Man hat nach-
her erzaͤhlt, daß die gemiſchte Zunft die Drittler
haͤtte in Schuz nehmen wollen, aber durch die
Befuͤrchtung eines gleichen Schikſals davon
waͤre abgehalten worden; allein wir muͤſſen
zur Steuer der Wahrheit, die uns uͤber alles
geht, ſagen, daß wir, nach langer und ſorg-
faͤltiger Nachforſchung, das Geruͤcht falſch be-
funden haben. Die eingegangne Zunft breitete
ſich ſchnell unter dem Volke aus, und bekam,
ob man gleich ſehr wol haͤtte einſehn koͤnnen,
aus welchen Urſachen dieſe neuen Mitglieder
handelten, eben ſo ſchnell Einfluͤſſe unter dem-
ſelben. Geſchrekt durch die vielleicht ganz
nahe Gefahr, daß das Volk nun gar die drey
Stimmen wider die Aldermaͤnner geben koͤnte,
ſprangen zwoͤlf edle und vaterlaͤndiſche Juͤng-
linge, die einander zugewinkt hatten, auf Ein-
mal auf, ſonderten ſich von dem Volke, zwan-
gen ihrer einen zum Anfuͤhrer, und gingen bleich
und zitternd, aber dennoch ſehr mutig, nach
dem halben Kreiſe zu. Die Aldermaͤnner wink-
ten, und riefen ihnen Ruͤkkehr entgegen; al-
lein die Juͤnglinge ſahen und hoͤrten nichts
mehr, gingen hinauf, ſagten: Es waͤre jezt
eben eine weitanſteckende Seuche unter das
Volk gekommen! baten, beſchworen die Alder-
maͤnner
[444] maͤnner (ſie haͤtten ſich beynah vor ihnen nie-
dergeworfen; der Anfuͤhrer konte nicht reden,
alſo redeten alle) beſchworen ſie bey der Ehre
der Nation, beym Vaterlande, nicht hart zu
ſeyn, ihnen es nicht zu verſagen, nicht abzu-
ſchlagen, heute, an dieſem feſtlichſten ihrer
Tage, eine Stimme haben zu duͤrfen! Ekhar-
den ſtuͤrzten dabey die Thraͤnen der Freude ſo
heiß herunter, daß er ſich wegwenden muſte.
Auch den uͤbrigen Aldermaͤnnern wurd es
ſchwer zur Rede zu kommen; und nicht wenig
nahm ihre Freude zu, da ſie beynah aus allen
Zuͤnften die Anwalde laut rufen hoͤrten, daß
den Juͤnglingen ihre Bitte nicht verweigert
werden muͤſte! Die Aldermaͤnner geſtanden
ſie zu. Die Juͤnglinge gingen nicht wieder
zum Volke hinunter. Sie traten ſeitwaͤrts
neben die Bildſaͤulen, blieben dort ſtehen, und
ſchlugen, mit jeder Anmut der Beſcheidenheit,
und mit der ſchoͤnen Roͤthe des zuruͤkgehaltnen
Feuers, die Augen nieder.


Der Anwald der Weltweiſen kam langſam
auf dem Zunftplaze vorwaͤrts gegangen, und
ſagte, indem er ſich gegen den halben Kreis
wandte: Die Aldermaͤnner, und wer ſonſt
wie ſie daͤchte, wuͤrden ſeine Kaͤlte nicht in ei-
nem falſchen Geſichtspunkte anſehn. Sie haͤt-
te keine andre Urſache, als die Neigung, vor
dem
[445] dem Entſchluſſe, zu unterſuchen. Die Alder-
maͤnner haͤtten dieſe allerdings wichtige Sache
nicht der ganzen Republik vortragen ſollen,
ſondern einige wuͤrdige, und zur Ausfuͤhrung
vorzuͤglich faͤhige Maͤnner waͤhlen, dieſen ihre
Abſicht anvertraun, und durch ſie den Ver-
ſuch ſollen machen laſſen, ob die Unternehmung
nicht zu kuͤhn ſey. Denn groß in den Wiſſen-
ſchaften waͤren die andern Gelehrtenrepubliken,
und gefahrvoll das Beſtreben, uͤber ſie hinaus
zu ſteigen. Wenn wenige Ausgewaͤhlte, ohne
zu erklaͤren, was ſie vorhaͤtten, es verſuchten,
und alſo nicht die ganze Republik auf die ſchluͤ-
pfrige Laufbahn gewagt wuͤrde; ſo koͤnte das un-
ter andern auch den Vortheil haben, daß die,
wider welche es die Wenigen verſuchten, gleich-
ſam unvermutet uͤberfallen wuͤrden, und noch
auf ihren Lorbern ſchliefen, wenn die Sache
vielleicht ſchon geſchehen waͤre. Verſuche,
ſagte der Anwald der Naturforſcher, ſollen wir
machen? und noch dazu ins geheim? Eine
Verſchwoͤrung ſoll’s? Du meinſt wol gar,
weil du ſo klug, und ſo furchtſam biſt, tiefer
zu ſehen, als die Aldermaͤnner, welche die Re-
publik, und ſie ſo zu den groſſen Thaten auf-
gefodert haben, daß ſie nun, was ſie beſchlieſt,
nicht im Winkel beſchlieſſen kann. Denn du
koͤmſt unter anderm auch viel zu ſpaͤt mit deinen
Be-
[446] Behutſamkeiten! Du haͤtteſt es den Aldermaͤn-
nern anmerken ſollen, was ihnen im Sinne
laͤge, und ihnen dann deinen Rath von den
Verſuchen, und der Verſchwoͤrung, ertheilen
ſollen. Auch haſt du von der Groͤſſe der andern
Republiken geredet. Kleinmuͤtiger Mann!
ſollen wir denn etwa den edlen, den ehrenvol-
len, den vaterlaͤndiſchen Wettſtreit mit ſolchen
halten, die nicht werth ſind uͤberwunden zu
werden? Da ſieh dort die Juͤnglinge bey den
Denkmalen an, und lerne von ihnen, Anwald!
Euch, Aldermaͤnner, hab ich nur zwey Worte
zu ſagen, das erſte iſt mein Dank, und das
zweyte eine Bitte. Laſſet heute die Stimmen
nicht ſammeln. Jch habe weit umhergeſehen,
als euer Wortfuͤhrer redete. Doch ich haͤtte
das nicht einmal gebraucht. Denn ich kant
uns ohne dieß ſchon. Wir muͤſſen Zeit zu un-
ſern Entſchluͤſſen haben. Es iſt kein Vorwurf.
Deſto beſſer die Frucht, je laͤnger es keimt!


Der Anwald der Dichter trat ſchnell hervor,
und rief dem Anwalde der Naturforſcher zu:
Edler, rechtſchafner Mann, du haſt die Re-
publik geirrt! „Sage, was du meinſt“ Du
haſt die Republik geirrt! „Wenn du dich nicht
„erklaͤrſt; ſo hab ich dir weiter nichts zu ſagen.‟
Jch aber habe dir noch etwas zu ſagen. Die
Ver-
[447] Verbuͤndung der Ausgewaͤhlten, von welcher
der Anwald der Weltweiſen ſprach, hat von
einer andern Seite betrachtet, denn ſie braucht
ja nicht geheim zu ſeyn, und dadurch einer
Verſchwoͤrung zu gleichen, ſie hat, ſag ich,
etwas, das mit lauten Toͤnen zu meinem Her-
zen ſtimt. Du weiſt, was die Aldermaͤn-
ner von dem groſſen bleibenden Grundſaze,
was ſie von der Eroberung geſagt haben. Die
Republik, ſie das Heer. (Faͤhnchen moͤ-
gen nebenher wehn, und dieß und das Klei-
nere thun) das Heer ruͤkt heran, und mit ihm
eine heilige Cohorte. Was dieſe alsdann
thut, wenn die Schalen ſchweben, wenn gar
die gegen uns zu ſinken anfaͤngt? Jn das lezte
Faͤhnchen mit dem, der dieß noch zu fragen
hat! „Jch verſoͤne mich mit dir! Aber wo-
„durch hab ich die Republik geirrt?‟ Dadurch
haſt du ſie geirrt, daß du Aufſchub der Ent-
ſchlieſſung vorgeſchlagen, und ſie alſo veran-
laſt haſt, an ſich ſelbſt zu zweifeln. Hier
Aufſchub, Anwald, hier? Welche Wolke um-
gab dich, als du das ausſprachſt? „Meine
„Verſoͤnung iſt aus, Anwald! Aldermaͤnner,
„Zuͤnfte, und Volk, ich betheure euch bey
„meiner Wahrheitsliebe: Jch hab euch nicht
„irren wollen, am wenigſten ſo! und hab euch,
„wie
[448] „wie ich gewiß bin, auch nicht geirrt. Jch
„kenn euch; und mein Kennen iſt mit Vereh-
„rung verbunden. Jch bleibe feſt dabey:
„Deſto reifer, je laͤnger’s keimt!“


Die Aldermaͤnner ſtanden auf, und die Land-
gemeine ging aus einander.

Ende des erſten Theils.

[[449]][[450]][[451]][[452]]
Notes
(gut Papier)
zum wenigſten auf das beſte Druk-
papier, das zu haben iſt. (correct) Es muß
alſo auf die Koſten nicht geſehn werden, die der
Umdruk einiger Blaͤtter macht. (Kupfer Vig-
netten)
Wenn die Subſcriptionsſache Dauer
haben ſoll; ſo muß dieſe bey den meiſten Buͤchern
uͤberflieſſige Vertheurung vermieden werden.
(wohlfeil) Ohne dieſe Ruͤkſicht auf den Vor-
theil des Publicums, kann es mit den Subſcrip-
tionen keinen Beſtand haben.
(beym Empfange)
Geld vor der Waare kann
in keiner Art Handlung Beſtand haben. Wollen
indeß einige Subſcribenten zur Erleichterung die-
ſer guten Sache fruͤher bezahlen; ſo iſt das zwar
recht gut: aber in dem Plane konte nicht darauf
gerechnet werden. (ſchnell verſendet)
Hieraus folgt, daß, wer an einem Orte lebt, von
dem wenig oder keine Frachten ausgehn, an einem
andern drucken laſſen muͤſſe. Verſendung mit der
Poſt wuͤrd auch deswegen zu hoch zu ſtehen kom-
men, weil nunmehr fuͤr noch beſſere Emballirung,
und die ſehr ſchlechtes Wetter doch wol nicht aus-
hielte, geſorgt werden muͤſte.
(die p. C. steigen)
Wer alſo auch nur Eine
Meile von dem Drukorte entfernt iſt, bekomt
16 p. C. und wer nur 26 Meilen 17 p. C. u. ſ. w.
(Transportoͤrter)
So bald mit der Poſt ver-
ſendet werden muß; ſo faͤlt die Unterſcheidung
der Transportoͤrter und der Nebenoͤrter, und
was daraus folget, weg. Falls ein Packet nach einem
T. O. ſo klein iſt, daß es in ein anderes gelegt wer-
den muß, ſo wird dieſer T. O. als ein N. O. an-
geſehn.
(Zeit der Herausgabe)
Jch bin es meinen
Subſcribenten ſchuldig, wegen ſpaͤterer Herausgabe
(mein Termin war der 1 Febr.) Rechenſchaft zu
geben. Es wurden mir bey Anſchaffung des Pa-
piers nicht vorauszuſehende Chicanen gemacht.
Das
(in Empfang nehmen, und bezahlen)

Dieſe fruͤhere Bezahlung, durch welche die
Correſpondenten auf kurze Zeit in Vorſchuſſe
ſind, (ſie iſt keine Praͤnumeration, weil ſie erſt
beym Empfange geleiſtet wird) kann, wie mir es
vorkomt, wol erwartet werden. Denn auch die
Puncte: II. 10. 11. 12. ſind ſehr billig; und der
Herausgeber muß das Papier fuͤr baares Geld an-
ſchaffen, und den Druk, ſo bald er fertig iſt, be-
zahlen.
(Zeit der Herausgabe)
Das nun aus Holland verſchriebne Papier kam
langſam an. Die Druckerey hatte von Zeit zu
Zeit Arbeiten, die nicht konten abgewieſen wer-
den, 8 Blaͤtter muſten umgedrukt werden; und
ich liefere 5 Bogen mehr, als ich verſprochen habe.
(Kritmann)
Das brem. Woͤrterb. giebt dem Krit-
manne S. 868. eben dieſe Bedeutung.
(jen’s)
Wir Endesunterſchriebenen erklaͤren hier-
durch, daß wir die Verſe mit Anmerkungen
heraus zu geben gedenken. Eine vorlaͤufige, zur
Prode
(jen’s)
Probe dienende Anmerkung ſey folgende: Die
Haͤrte, welche in verſchiednen dieſer Verſe das
Ohr ſo ſehr beleidigt, bringt auf die ſichre Ver-
mutung, daß wenigſtens die ſo beſchafnen im vo-
rigen Jahrhundert gemacht ſind. Es iſt dieß unſre
ſteife und feſte Meinung. Nur muͤſſen wir von
den Verſen dieſer Art diejenigen ausnehmen, die
ihrem Jnhalte nach offenbar in das gegenwaͤrtige
Jahrhundert gehoͤren. Komm uns keiner (es ſoll
Leute geben, die dieſe Haͤrte ſo verkleiſtern wol-
len komm uns keiner, ſagen wir, und behaupte,
daß dieſe abſcheulichen Verſtoͤſſe wider die Regeln
des Wohlklangs mit allem Fleiß, und in der Ab-
ſicht
(jen’s)
ſicht waͤren begangen worden, um auch auf dieſe
Weiſe auf die Geringfuͤgigkeit der vorkommenden
Gegenſtaͤnde gleichſam mit Fingern zu zeigen.
Worauf zeigt denn das und am Ende des Ver-
ſes? Kurzum, es iſt dieſe Behauptung eine wun-
derliche Behauptung; und wir erklaͤren uns hier-
mit zwar nur vorlaͤufig, aber dennoch auf das
nachdruͤklichſte dawider.
(Ableitungssylben haben.)
Man kann Ab-
leitung in engerm und in weiterm Verſtande neh-
men; in engerm komt nur z. E. ſtroͤmen von
Strom, geiſtig von Geiſt her; in weiterm
z. E. entfliehn von fliehn. Jch nehme
Ableitung, um manches zu verkuͤrzen, in wei-
terem Verſtande.
(Be)
bey iſt eben das Wort, hat aber keine dop-
pelte Bedeutung.
(*)
Salogaſt und Wlemar hatten mir ihr Manuſcript,
mit der Erlaubnis, daran zu aͤndern, anvertraut.
Jch habe mich dieſer Erlaubnis nur in dem Einen
Puncte bedient, daß ich die Beylagen wegge-
laſſen habe, und dieß aus keiner andern Urſach,
als aus Neigung zum Schonen. Solten aber die
Ver-
(*)
Verfaſſer mit der Weglaſſung nicht zufrieden ſeyn;
ſo werd ich die Beylagen, als einen Anhang des
zweyten Theils, noch bekant machen. Jch habe
die Stellen, wo ſie hingehoͤren, durch ein Stern-
chen bezeichnet.
Der Herausgeber.
(Laͤnge. Stamwort. Hauptbegrif.)
Hier
ſind zwar einige, aber in Beziehung auf den wei-
ten Umfang der Bemerkung ſehr wenige Abwei-
chungen. Dieſe kommen hernach vor. (Laͤnge.
Stamſylbe. Hauptbegrif
.) Be und
ert haben in begeiſtert Nebenbegriffe. Der
Hauptbegrif liegt in der Stamſylbe Geiſt. Wenn
man ſagt, daß die Stamſylbe den Hauptbegrif
habe; ſo verſteht ſich’s von ſelbſt, daß, da das
Wort ein Ganzes ausmacht, die Stamſylbe mit
den andern zugleich, und nicht ſo gedacht werde,
als wenn ſie abgeſondert waͤre. Die Stamſylbe
behaͤlt. die Laͤnge, auch wenn ſie Nebenbegriffe
ausdruͤkt, als aus in auſſer. Aus und
auſſer haben Nebenbegriffe.
(Kuͤrze. Veraͤndrungsſylben. Nebenbegriffe.)
Dieß gehet, die Huͤlfswoͤrter (ſie ge-
hoͤren zu den Veraͤndrungsſylben) ſo lange ſie
einſylbig bleiben, allein ausgenommen, gehet
durch die ganze Sprache; und waͤre allein zurei-
chend, zu beweiſen, daß wir bey dem Tonmaaſſe
vornaͤmlich auf die Begriffe ſehen. Die Bemer-
kung, daß Kuͤrze, Veraͤndrungsſylbe, und Ne-
ben-
(angemesner)

Wenn man irgend ein Sylben-
maaß annimt, das der Wahl eines Dichters wuͤr-
dig iſt; ſo hat der Erfinder deſſelben Abſichten
bey der Zahl und Vertheilung der Laͤngen und
Kuͤrzen gehabt. Unter andern wolte er den be-
deutendſten Zeitausdruk da haben, wo die Laͤn-
gen ſind. Wenn man nun, nach der Beſchaffen-
heit ſeiner Sprache, gezwungen iſt, (dieß iſt ge-
woͤnlich der Fall der griechiſchen und roͤmiſchen)
die Laͤngen da zu ſezen, wo die Nebenbegriffe,
und die Kuͤrzen, wo die Hauptbegriffe ſind: ſo
erfolgt noch mehr, als Vernichtung jener Abſich-
ten. Denn es gehet nicht etwa nur, (wie ich
ſonſt dachte) das Sylbenmaaß ſeinen Weg, und
die Sprache den ihrigen; ſondern ſie ſind mit ein-
ander in Widerſpruche, ſo daß der Wortſinn
durch den ihm entgegengeſezten Zeitausdruk ge-
ſchwaͤcht wird. Die Leſer der Alten ſind freylich
hieran ſo ſehr verwoͤhnt, daß ſie es nicht mehr
merken; aber die Sache bleibt doch gleichwol, was
ſie iſt. Niemals, ſagt man mir, hat ein Alter
dieſe Anmerkung gemacht; und bedenkt nicht, daß
die Alten noch mehr daran verwoͤhnt ſeyn muſten.
Jch will mich nicht mit Beyſpielen aufhalten.
Wenn ich das wolte, ſo koͤnt ich, beſonders aus
Pindarn, und den dithyramhiſchen Fragmenten,
weil dieſe in ihren Sylbenmaaſſen oft viele Kuͤr-
zen hinter einander haben, ſehr merkwuͤrdige an-
fuͤhren. Es iſt genung, wenn ich die Kenner der


Alten
(Kuͤrze. Veraͤndrungsſylben. Nebenbegriffe.)
benbegrif zuſammen gehoͤren, ſchlieſſet uͤbrigens
die andre Bemerkung nicht aus, daß die Ablei-
tungsſylben, welche auch nur Nebenbegriffe ha-
ben, oft auch kurz ſind.
(Ungewisheit)
Wenigſtens konten die Begriffe,
die uͤberhaupt in Fuͤrwoͤrtern, und die, welche
oft, bey gewiſſen Verbindungen der Gedanken,
in Verhaͤltniswoͤrtern liegen, dieſe Ungewisheit
veranlaſſen. Selbſt Philoſophen, die eine Sprache
erfaͤnden, wuͤrden hier nicht immer mit einander
einig ſeyn. Die Vorwoͤrter laſſen weniger zwei-
felhaft; und die Huͤlfswoͤrter gar nicht. Die
lezten haben keinen andern Begrif, als den die
Veraͤndrungsſylben haben. Vielleicht hat man
ſich von dem Begriffe, den die Huͤlfswoͤrter, als
Zeitwoͤrter gebraucht, auch haben, nicht ſogleich
losmachen koͤnnen; und ſo iſt denn ihre Zweyzei-
tigkeit entſtanden, und hernach geblieben.
(angemesner)

Alten daran erinre, daß in der griechiſchen und
lateiniſchen Sprache ſehr viele Hauptwoͤrter,
Beywoͤrter, und Zeitwoͤrter vorkommen, welche
kurze Stamſylben, und lange Veraͤndrungsſylben
haben. Jndeß will ich doch Ein Beyſpiel an-
fuͤhren.


Regum timendor’ in proprios greges
Reges in ipſos imperi’ eſt Joŏvĭs.

Die furchtbaren Koͤnige herſchen uͤber ihre Voͤl-
ker; aber uͤber die Koͤnige ſelbſt, Jupiter. Ju-
piter hat in Jovis den Zeitausdruk zweyer kurzen
Sylben. Eiliger konte man uͤber Jupitern, be-
ſonders uͤber den hier ſo groß vorgeſtelten Jupi-
ter, nicht wol wegwiſchen.

(selten)
Naͤmlich in dem Verſtande, da zwey-
zeitige Woͤrter und Sylben ſolche heiſſen, die
durch nichts anders, als durch die Versart, worinn
ſie vorkommen, beſtimt werden.
(Nachdruk. Leidenschaft.)
Der Nachdruk
iſt zwar von der Leidenſchaft unterſchieden, aber
bisweilen beruͤhren ſie einander doch ſo nah, daß
man den Unterſchied kaum bemerkt. Beyde geben
nur die Laͤnge, und gehen nur die Woͤrter, aber
nicht die Sylben an. Die zweyzeitigen Sylben
koͤnnen dadurch deswegen nicht lang werden, weil
ein mehrſylbiges Wort allzeit wenigſtens Eine
Stamſylbe hat. Und nur auf dieſe faͤlt alsdann
der ſtaͤrkere, und zugleich verlaͤngernde Ton des
Nachdruks oder der Leidenſchaft.
(Tonstellung)
Nach der Tonſtellung, werden
die zweyzeitigen Woͤrter und Sylben mit den da-
bey ſtehenden, langen, kurzen, zweyzeitigen,
oder auch aus dieſen gemiſchten, verglichen, wo-
durch ſie entweder lang, oder kurz werden, oder
auch (dieß, wenigſtens fuͤr feine Ohren, nur ſehr
ſelten) zweyzeitig bleiben. Sie neigen ſich bald
mehr zur Laͤnge, bald mehr zur Kuͤrze, oder blei-
ben auch dazwiſchen von ungefaͤhr in der Mitte.
Dieſe ihre Beſchaffenheit macht, daß die Verglei-
chung
(gewoͤnlichen Verse)
Jhr unrichtiges Ton-
maaß koͤnte ich aus Dichtern, die ich ſehr hoch
ſchaͤze, und ſehr gern leſe, durch nicht wenig Bey-
ſpiele zeigen. (Es waͤre, mich deucht, gut, wenn
der Vorleſer, anſtatt ſich nach dem Verſe zu zwin-
gen, auch hier das wahre Tonmaaß ausſpraͤche.
Die Eintoͤnigkeit wuͤrde dadurch wenigſtens etwas
aufhoͤren; und der Zuhoͤrer wuͤrde finden, daß
der Zufall manchmal recht gute Verſe gemacht haͤt-
te.) Unſer wahres Tonmaaß muß wohl ſehr tief
in der Sprache liegen; denn wie haͤtte es ſich
ſonſt, ſeit Opizen, gegen die Dichter wehren, und
ſeinen feſten und ſichern Tritt behalten koͤnnen?
(gemeinen Lebens)
Die gute Geſelſchaft, und
das comiſche Schauſpiel gehoͤren vornaͤmlich hier-
her. Wenn dieſe das Tonmaaß auch richtiger hoͤ-
ren
(Tonstellung)
chung auf ſie wirkt. Man kann an dieſer Wir-
kung beſonders alsdann nicht zweifeln, wenn
man ſich erinnert, daß die Tonſtellung bisweilen
ſogar lange Woͤrter in kurze verwandle.
(Declamation des Redners)
und nicht et-
wa nur des guten, ſondern auch des mittelmaͤſſi-
gen. Denn es iſt ihm, wenn er auch nur will
verſtanden werden, und daher wenigſtens mit ei-
niger Langſamkeit ſprechen muß, beynah unmoͤg-
lich, ſich derjenigen Ausbildung und Fuͤlle der
Toͤne ganz zu enthalten, welche die Declamation
erfodert. Und bey dieſer Ausbildung iſt die rich-
tige Ausſprache des Tonmaaſſes unvermeidlich-
wenn der Redner auch noch ſo wenig an daſſelbe
denkt.
(Ueberlaͤngen)
Die Volltoͤnigkeit, die in mehr,
oder ſtarken Mitlauten, und in vereinten oder
gedehnten Selbſtlauten beſteht, giebt den langen
Woͤrtern und Sylben die Ueberlaͤnge, als Kunſt
Sturm Laut Bahn
. Jn ſo fern ſie aus mehr
Mitlauten beſteht, hat ſie einige Aehnlichkeit mit
der Poſition der Alten. Dieſe machte bey den
Roͤmern alle Selbſtlaute, und bey den Griechen
(welche
(gemeinen Lebens)
ren lieſſen, als ſie thun; ſo koͤnten ſie in zweifel-
haften Faͤllen doch nicht Schiedsrichter ſeyn.
Denn ſie duͤrften auch alsdann dem Tonmaaſſe
denienigen Umfang nicht geben, der dazu erfodert
wird, um ſolche Faͤlle auszumachen.
(nur eben die Laͤnge)
Dieß wird, bloß in Be-
ziehung auf den feſten und maͤnlichen Tritt unſrer
uͤbri-
25
#(welche ſchon an ſich ſelbſt lange hatten) die zwey-
zeitigen, und kurzen Selbſtlaute lang. Bey uns
hingegen verlaͤngert die Volltoͤnigkeit nur ein we-
nig. Denn nicht das Mechaniſche der Sprache,
ſondern das, was durch ſie bezeichnet wird, iſt bey
uns der Beſtimmungsgrund des Tonmaaſſes.
(nur eben die Laͤnge)
uͤbrigen Laͤngen, geſagt; und gar nicht damit ge-
meint, daß die langgewordnen faſtkurzen keine
wirkliche Laͤnge bekommen haͤtten.
(Nachdruk. Leidenschaft.)
Leidenſchaft kent
man leicht. Nachdruk iſt z. E. in folgendem: Muß
ich denn immer wiederholen, daß er damals nicht
in, ſondern vor dem Hauſe war? Leidenſchaft
komt uͤbrigens viel oͤfter in Gedichten vor, als
Nachdruk. Sonſt iſt von beyden noch anzumerken,
daß die unveraͤnderlichen Kuͤrzen ihrer gar nicht
faͤhig ſind, und daß ſie den unveraͤnderlichen Laͤn-
gen die Ueberlaͤnge geben. (Tonſtellung) Auſ-
ſer denen mit unſrer verwandten Sprachen komt
ſie, ſo viel ich weis, in keiner andern Sprache in
Betrachtung. Mir iſt nicht bekant, welchen Um-
fang
(keine oder fast keine Wirkung)
Die-
ſes findet beſonders alsdann ſtatt, wenn nur
Eine kurze Sylbe neben der zweyzeitigen ſteht.
Es iſt die Sache des guten Dichters, dieſe Ton-
ſtellung zu vermeiden.
(Nachdruk. Leidenschaft.)
fang ſie in den verwandten hat. Da ihre Wirkung
bey uns Beſtimmung der Zweyzeitigkeit iſt; ſo
muß man ſie mit dem Accente der Griechen (Leute,
die viel Kentniſſe, und nicht weniger Urtheil zu
haben glauben, haben es ſo gar mit unſerm
Tonmaaſſe uͤberhaupt
ſo gemacht) nicht
vergleichen. Denn ob ich ánthroopos oder an-
thróopu
bezeichne, ſo behalten an und throo
eben dieſelbe Quantitaͤt. Jch fuͤhre dieß nur an,
um der ſo oft von Deutſchen, und mich deucht al-
lein von Deutſchen, gemachten Beſchuldigung zu
begegnen, daß unſer Tonmaaß Accentquantitaͤt
waͤre. Jch gebe gern zu, daß mancher Deutſche
mehr Griechiſch, als Deutſch wiſſe; aber ich kann
nicht zugeben, daß man viel Griechiſch wiſſe, wenn
man |ſich nicht erinnert, daß bey den Griechen der
Accent die Quantitaͤt nicht allein nicht beſtimte,
ſondern daß jener ſo gar nach dieſer veraͤndert
wurde.
(keine Wirkung)
Wenn man z. E. vor
unſterblich noch ſo viele Kuͤrzen fezt, ſo
behaͤlt un doch ſein Tonmaaß: und wenn
nach Schoͤnheit, ſo behaͤlts heit auch.
Es iſt hier nur Eine Ausname, und die fin-
det nur unter der Einſchraͤnkung ſtatt, daß ein
mehrſylbiges Wort mit einer zweyzeitig ge-
bliebnen,
und alſo durch die andern Sylben
des Worts nicht beſtimbaren Sylbe ende. Denn
dieſe wird durch die folgende Laͤnge kurz, als
Herlichkeit ſtrahlt; durch eine ſolgende Kuͤr-
ze wird nichts veraͤndert. Die zweyzeitige Endſylbe
bleiht unbeſtimt. (nicht alle auf gleiche
Art
Sobleibt z. E. mein in haͤtte mein Ge-
ſang
zweyzeitig; aber heit wird in Selten-
heiten
lang.
31
(Kenz. 1. einander gleich) Die Zahlen,
der Zahlen, die Zahlen. Die Himmel, der Him-
mel, die Himmel. Die Tage, der Tage, die
Tage. Die Hermanne, der Hermanne, die Her-
manne. Die Leibnize, der Leibnize, die Leibnize.
Die Menſchen, der Menſchen, die Menſchen.
(Kenz. 2. durchgaͤngia n oder en.) Den
Zahlen. Den Himmeln. Den Tagen. Den Her-
mannen. Den Leibnizen. Den Menſchen. (Kenz. 1.
s oder es
) Des Himmels. Des Tages. Her-
manns. Leibnizens. (Kenz. 2. in der Ein-
heit gleich
) Die Zahl, die Zahl. Der Him-
mel, den Himmel. Der Tag, den Tag. (Kenz. 3.
ſind ſich gleich
) Der Zahl, die Zahl. Dem
Himmel, den Himmel. Hermannen, Herman-
nen. Leibnizen, Leibnizen. Dem Menſchen,
ben Menſchen. (Kenz. 5. b) Dem groſſen
Hermann, den groſſen Hermann. Dem tiefſin-
nigen Leibniz, den tiefſinnigen Leibniz.
(Sylbenendung)
An den Sylbenendungen feh-
len nur: en, em, und ein.
(Namen)
Die Dichter duͤrfen auch Name,
Friede
u. ſ. w. ſagen.
34
(Die Zahl der geſchlechtloſen die aroͤſte) Wir ha-
ben viel ſolche Woͤrter als Maͤdchen, das
Sizen, Geliſpel, Gewimmer, Geſin-
ge
. Geſinge, und ſolche haben zwar die Buch-
ſtabenendung; aber der andern ſind ſo viel, daß
jene nicht in Betracht kommen.
35
(Kenz. 2. ein n geſezt) Die Cicerone,
aber nicht: die Sapphone, auch nicht: die
Sucrone.
36
Obgleich der Umlaut kein Kenzeichen werden
kann, weil er bald hier, und bald da iſt; ſo kann
es doch der Umſtand, daß ihn Eine Umendung
am ofteſten hat. (die groͤſte) Jn Umend. 2 war ſie
die kleinſte. Daher ſtehn dieſe Kenz. nicht S. 378.
37
Anmerk. Bey dieſer vierten, und bey der fuͤnften
Umendung kommen Buchſtaben- oder Sylbenen-
dung nicht in Betracht. Denn man ſieht die
Woͤrter derſelben, wenn ſie auch eine Bedeutung
haben, nicht mehr von dieſer Seite an. Es iſt
alſo nicht noͤtig, ſich dabey auf die Regeln der
Ableitung zu beziehen. Man bezieht ſich aber
auf dieſe Regeln, wenn man Buchſtaben- und
Sylbenendung unterſcheidet.
(Kenz. 2. ein n gesezt).
Giſekens, Thoma-
ſens, Rexens, Opizens, Kleiſtens, Calixtens,
Duſchens. (Kenz. 3. am gewoͤnlichſten)
Jn Umend. 1 war’s n oder en. Daher ſtehn
dieſe Kenz. nicht S. 378.
39
Anmerkung. Einige fremde Woͤrter der
dritten Umendung haben die Buchſtaben-
endung auch. Diejenigen, welche davon ge-
ſchlechtlos ſind, kommen hier nicht in Betrach-
tung, weil dieſe Umendung keine geſchlechtloſe
Woͤrter hat. Die wenigen andern gleichenden-
den Woͤrter kann man leicht behalten, als: des
Flors, des Thoren, des Diſcants, des Suppli-
canten, des Reſpects, des Patrioten.
(…)
Wo drey Puncte ſtehn, fehlt etwas.
Notes
1
Anmerkung 1. Z und x ſind Schreibverkuͤrzungen,
und werden nicht als vereint, ſondern als ſich fol-
gend
2
gend ausgeſprochen. Tz kann nur mit der aͤuſſer-
ſten Anſtrengung, und das nicht einmal in allen
Stellungen ausgeſprochen werden; es wird aber
von Niemanden ausgeſprochen. Wer ſpricht ſitts
aus, und vollends ſittſt? Dieſer Schreibverkuͤr-
zung koͤnten wir alſo entbehren. Man ſagt zwar
wenn wir: ſchuͤzen ſchrieben; ſo muͤſten wir ſchuͤ-
tsen
ausſprechen. Aber warum muͤſten wir denn?
Was geht’s denn Zunge und Ohr an, daß der
Schreiber ts durch z verkuͤrzt hat? und was hin-
dert uns denn das durch z ausgedruͤkte ts hoͤren
zu laſſen, und ſchuͤt-ſen auszuſprechen?
3
Anmerkung. 2. V, th, dt, v, ph, und g ſind nur
fuͤrs Auge. Q
wuͤrde Schreibverkuͤrzung ſeyn,
wenn man das u nach demſelben weglieſſe. V
klingt voͤllig wie i, th, und dt wie t, v und
ph wie f, und q wie k.
4
Anmerkung 1. Geſchrey entſteht nicht allein durch
die Anſtrengung, ſondern auch durch die Hoͤhe
der Stimme.
5
Anmerkung 2. Diejenigen Sylben, mit denen die
Stimme ſinkt, ſind bey uns gewoͤnlich kurz; aber
nicht deswegen, weil die Stimme mit ihnen ſinkt,
ſondern weil es da zu geſchehn pflegt, wo die aus
andern Urſachen kurzen Sylben ſind.
6
Anmerkung [3.] Etliche wenige Woͤrter oder Sylben,
die nach den Regeln des Tonmaaſſes zweyzeitig
ſind, haben gleichwol die Dehnung; aber ſie giebt
ihnen die Laͤnge nicht. So iſt ihm, zweyzeitig,
und wird, wenn es lang wird, aus andern Urſa-
chen lang, als des Tonhalts wegen.
7
Anmerkung. Daß wir Koͤnig, Fittig, Zei-
ſig, Wuͤtrich, und aͤhnliche; Zierath, Klei-
nod, Heiland, Elend, Abend, Reichthum,
Leichnam, Labſal, Fruͤhling, Geſtaͤndnis nach
dieſer Umendung veraͤndern, auch dieß be-
weiſt, daß ſie aus zwey Stamſylben be-
ſtehn. Von einigen derſelben kann man es auch
auſſerdem beweiſen. Nur and und end ſind in:
Heiland und Abend keine Stamſylben. Denn
Heiland iſt ſo viel, als: der Heilende, und
Abend, als: der abende (weggehende) Tag.
(Kenz. 2. r nur in dieſer Umendung)
Sie druͤkt bisweilen etwas Unedles aus, als:
Er macht Geſichter. Man ſagt: Er ſah
Geſichte. (n ſehr ſelten) Mich deucht
nur in: Ohren, Augen, Schmerzen, Strah-
len. (Kenz. 3. Umlaut am ofteſten)
Ob-

Dieses Werk ist gemeinfrei.


Rechtsinhaber*in
Kolimo+

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2025). Collection 2. Deutsche Gelehrtenrepublik. Deutsche Gelehrtenrepublik. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bnmx.0