[][][][][][][][][[III]]
Unpolitiſche Lieder
Und ich ging hin zum Engel und ſprach zu ihm:
Gieb mir das Büchlein. Und er ſprach zu mir:
Nimm hin, und verſchlinge es; und es wird dich
im Bauch grimmen, aber in deinem Munde wird
es ſüß ſein wie Honig. Und ich nahm das
Büchlein von der Hand des Engels, und ver¬
ſchlang es; und es war ſüß in meinem Munde
wie Honig; und da ich's gegeſſen hatte, grimmete
mich's im Bauch.

(Offenbarung St. Johannis 10 9. 10.
)

Hamburg.:
BeiHoffmann und Campe.
1840.
[[IV]]

Gedruckt bei C. G. Pinckvoß.

[[V]]

Inhalt.



Erste Sitzung.

  • Seite
  • Knüppel aus dem Sack  1
  • Klagelied  3
  • Stimme aus der Wüſte  4
  • Im Jahr 1812  5
  • Jusqu'à la mer 6
  • Grün  8
  • Die Verbrüderung  9
  • Chatten  10
  • Stand und Stände  11
  • Stammbaum  12
  • Nie ohne dieſes!  14
  • Staatsinquiſition  15
  • Stöpſelzieher  16
  • Des Leibes und der Seele Krieg  18
  • Die deutſchgeſinnte Polizei  19
  • Die T-Deutſchen  20
  • Maîtres de danse 21
  • Das heil. römiſche Reich  22
  • Zarte Rückſichten  23
  • Schlafe! was willſt du mehr?  24

[VI]

Zweite Sitzung.


  • Seite
  • Trinklied  25
  • Die Denkmalwüthigen  27
  • Hunde und Katzen  28
  • Mauskätzchen  30
  • Heugabel und Beſenſtiel  32
  • Von  34
  • Von und aus  35
  • An das geliebte Fräulein Von  36
  • Der Corporalſtock  37
  • Die alte gute Zeit  40
  • Rechts und links  41
  • Altes und Neues  42
  • Weinlied  43
  • Vox Dei Vox Populi 44
  • Der dreizehnte Artikel  45
  • Der deutſche Zollverein  46
  • Walhalla  47
  • Heute  48
  • Hindurch!  49
  • Mützen  50
[VII]

Dritte Sitzung.


  • Seite
  • Trinklied  51
  • Salvator mundi 53
  • Angebinde  54
  • Statiſtiſche Glückſeligkeit  55
  • Eile mit Weile!  56
  • Lapidarſtil  57
  • Die orthodoxen Ropaliſten  58
  • Die unmündigen Aufgeklärten  59
  • Die modernen Heiden  60
  • Die monarchiſchen Frommen  62
  • Ein Weltgericht  63
  • Ein Staatsgericht  64
  • Herrnhuter in beiderlei Geſtalt  65
  • Die theologiſchen Daguerrotype  66
  • Die privilegirten Geheimen  67
  • Die Abtrünnigen  68
  • Niemandes Herr, Niemandes Knecht  70
  • Die beiden Strauße  71
  • Dunkelmannstracht  73
  • Vorwärts und Haltauf  74
[VIII]

Vierte Sitzung.


  • Seite
  • Trinklied  75
  • Blitzableiter  76
  • Gleichheit  77
  • Die Adelszeitung nach Chriſti Geburt 1840  78
  • Iſrael  80
  • Fromm  81
  • Die Patrioten  82
  • Champagnerlied  84
  • Der deutſche Kaiſer  86
  • Licht und Schatten  87
  • Höchſt und Allerhöchſt  89
  • Cenſorenmißverſtändniß  90
  • Die Genügſamen  91
  • Die wilden Gänſe  92
  • Freiheit  93
  • Haifiſch  94
  • Heute mir, morgen dir  95
  • Gott ſei der armen Seele gnädig!  96
  • Papier ohne Ende  98
  • Lumpe und Lumpen  99
[IX]

Fünfte Sitzung.


  • Seite
  • Trinklied  100
  • Landwirthſchaftliches  102
  • Schlagverſe  103
  • Die Europamüden  105
  • Veredelung  106
  • Ein ſchöner Zug  107
  • Kirchenhiſtoriſches  108
  • Die lateiniſchen Gläubigen  109
  • Die liberalen Modegecken  110
  • Humanitätsſtudien  111
  • Dummheit  113
  • Lauriger Horatius, quam dixisti verum 114
  • Die Streichinſtrumentiſten  115
  • Mein iſt das Recht  116
  • Die Sternträger  117
  • Die Fragenden  118
  • Diplomatiſche Klarheit und Kürze  119
  • Die jungen Litterarhiſtoriker  120
  • Die Ausgepreſſten  121
  • Recenſenten  122
[X]

Sechste Sitzung.


  • Seite
  • Trinklied  123
  • Schwabenkrieg  125
  • Der Wehrſtand  127
  • Der Spittelleute Klagelied  128
  • Aria eines ſehr gering beſoldeten Profeſſors  130
  • Virtus philologica 131
  • Licht- und Fenſterrecht  132
  • Claſſiſche Gelahrtheit  133
  • Der Kunſtzopf  134
  • Erläuterung zum 13. Artikel der Bundesacte  136
  • Bömiſche Dörfer  139
  • Der Litteratenorden  141
  • Sterne  143
  • Die Kameele  144
  • Herren und Knechte  145
  • Variatio delectat 146
  • Meuſels gelehrtes Deutſchland  147
  • Steuerverweigerungsverfaſſungsmäßigberechtigte  148
  • Die guten Geiſter  149
  • Die Eidgenoſſen  150
[XI]

Siebente Sitzung.


  • Seite
  • Trinklied  151
  • Deutſches Thule  152
  • Mißverſtändnis  153
  • Philiſter  154
  • Dichterklage  155
  • Dichtertroſt  156
  • Sie und ich  157
  • Heimweh in Frankreich  158
  • Heimkehr aus Frankreich  159
  • Auf deutſchem Grund und Boden  160
  • In Deutſchland  161
  • Nur in Deutſchland  163
  • Mein Vaterland  165
  • Engliſche Geduld in der engliſchen Krankheit  166
  • Frühlingswunſch  167
  • Hannoverſches Frühlingslied  168
  • Abendlied  169
  • In der Heimath  170
  • Letztes Lied  171
  • Neujahrslied  172
[XII]

Anhang
oder
Vertrauliche Sitzung.


  • Seite
  • Armin  175
  • Gedichte aus Gent  182
  • Schiller in Lauchſtädt186
  • Trinkſprüche  189

Wer Steine wegwälzt, der wird Mühe damit
haben, und wer Holz ſpaltet, der wird davon
verletzet werden.

Prediger Salom. 10, 9.
[[1]]

Erste Sitzung.

Knüppel aus dem Sack.

Von allen Wünſchen in der Welt

Nur Einer mir anjetzt gefällt,

Nur: Knüppel aus dem Sack!

Und gäbe Gott mir Wunſchesmacht,

Ich dächte nur bei Tag und Nacht,

Nur: Knüppel aus dem Sack!
Dann braucht' ich weder Gut noch Gold,

Ich machte mir die Welt ſchon hold

Mit: Knüppel aus dem Sack!

Ich wär' ein Sieger, wär' ein Held,

Der erſt' und beſte Mann der Welt

Mit: Knüppel aus dem Sack!
1[2]
Ich ſchaffte Freiheit, Recht und Ruh

Und frohes Leben noch dazu

Beim: Knüppel aus dem Sack!

Und wollt' ich ſelbſt recht luſtig ſein,

So ließ' ich tanzen Groß und Klein

Beim: Knüppel aus dem Sack!
O Märchen, würdeſt du doch wahr

Nur Einen einz'gen Tag im Jahr,

O Knüppel aus dem Sack!

Ich gäbe drum, ich weiß nicht was,

Und ſchlüge drein ohn' Unterlaſs:

Friſch! Knüppel aus dem Sack

Auf's Lumpenpack!

Auf's Hundepack!
[3]

Klagelied.

Wann einſt die Flaſchen größer werden,

Wann einſt wohlfeiler wird der Wein,

Dann findet ſich vielleicht auf Erden

Die goldne Zeit noch einmal ein.
Doch nicht für uns! uns iſt geboten

In allen Dingen Nüchternheit —

Die goldne Zeit gehört den Todten,

Und uns nur die papierne Zeit.
Ach! kleiner werden unſre Flaſchen,

Und täglich theurer wird der Wein,

Und leerer wird's in unſern Taſchen —

Gar keine Zeit wird bald mehr ſein.
1 *[4]

Stimme aus der Wüſte.

Stark ſei dein Muth und rein dein Herz!

Und tönt's auf allen Seiten:

Die ſchlimme Zeit! die böſe Welt!

Du wagſt dich friſch hinaus ins Feld,

Das Schlechte zu beſtreiten.
Rein ſei dein Herz und ſtark dein Muth!

Dann biſt du wohl gebettet.

Und ſetzte dich der Menſchen Neid

Hinaus in Wind- und Wellenſtreit —

Auch Moſes ward errettet!
Nicht unſre Zeit ſei deine Zeit!

Die deine ſtets die beſte!

Rein ſei dein Herz und ſtark dein Muth,

Daß Gottes Lieb' auch Wunder thut

An deinem Oſterfeſte!
[5]

Im Jahr 1812.

Wenn der Kaiſer doch erſtände!

Ach! er ſchläft zu lange Zeit:

Unſre Knechtſchaft hat kein Ende

Und kein End' hat unſer Leid.
Auf dem ſchönen deutſchen Lande

Ruht der Fluch der Sklaverei —

Mach uns von der eignen Schande,

Von dem böſen Fluche frei!
Kaiſer Friedrich, auf! erwache!

Mit dem heil'gen Reichspanier

Komm zu der gerechten Rache!

Gott der Herr er iſt mit dir. —
Ach, es krächzen noch die Raben

Um den Berg bei Tag und Nacht,

Und das Reich es bleibt begraben,

Weil der Kaiſer nicht erwacht.
[6]

Jusqu'à la mer.

Als die Diplomaten tranken:

„Blücher hoch! und hoch das Heer!

Dem wir Freiheit jetzt verdanken

Und des Friedens Wiederkehr!“
Nun, da ſprach der greiſe Krieger

Vor der Diplomatenſchaar,

Er, der mit der Zung' ein Sieger

Wie er's mit dem Schwerte war:
„Ernten mögen unſre Erben

Was wir ſäten in der Schlacht!

Mag die Feder nicht verderben

Was das Schwert jetzt gut gemacht!“
Dieſe Worte möcht' ich ſchreiben

Nicht auf Erz und nicht auf Stein,

Nicht an Wänd' und Fenſterſcheiben,

Nein, in jedes Herz hinein;
[7]
In das Herz der Diplomaten,

Die am langen grünen Tiſch

Deutſchlands Wohl und Weh berathen,

Und oft ſtumm ſind wie ein Fiſch;
Die in ihren eignen Sachen

Wollen ſchier Franzoſen ſein,

Lauter Böck' und Schnitzer machen

Wie ein Schüler im Latein.
Hättet ihr doch deutſch geſprochen!

Denn franzöſiſch fällt euch ſchwer:

Immer ſprecht ihr nur gebrochen

Von dem Rhein jusqu'à la mer.
[8]

Grün.

Deutſches Volk, wie gut berathen!

Hoffnung ſprieſſt in deinen Gau'n:

Grün ſind ſtets noch deine Saaten,

Deine Wälder, deine Au'n.
In der Hoffnung ruht dein Leben:

Bleibt auch manche Hoffnung aus —

Steuern nehmen, Steuern geben,

Dieſe Hoffnung ſtirbt nicht aus.
Hoffnung tilget deine Klagen,

Löſchet deines Zweifels Spur,

Denn mit grünem Tuch beſchlagen

Sind die Sitzungstiſche nur.
Darum geh in dieſen Tagen,

Deutſches Volk, in Hoffnungstracht;

Grüne Röcke muſſt du tragen,

Weil man dir nur Hoffnung macht.
[9]

Die Verbrüderung.

Mel. An dem reinſten Frühlingsmorgen
Ging die Schäferin und ſang.


Nur im Oſten kann es tagen,

Und es tagte wunderbar,

Und im Oſten ward geſchlagen

Frankreichs ſieggewohnte Schaar.
Und die Moscowiterhorden

Haben uns das Heil gebracht,

Sind mit uns verbrüdert worden

Durch die deutſche Freiheitsſchlacht.
Die Verbrüdrung kann nur fruchten,

Bringt uns Segen immerdar:

Dankbar gehn wir drum in Juchten,

Eſſen dankbar Kaviar.
[10]

Chatten.

Ut primum adoleverint, crinem barbamque
submittere, nec nisi hoste caeso exuere vo¬
tivum obligatumque virtuli oris habitum.
ignavis et imbellibus manet squator.

Tacitus de Germ. cap.31.
Sitte war's in alten Tagen

Bei der edlen Chattenſchaar:

Bis man einen Feind erſchlagen,

Ließ man wachſen Bart und Haar.
Auch noch heute giebt es Chatten,

Die mit langen Bärten gehn,

Weil ſie noch das Glück nicht hatten,

Irgend einen Feind zu ſehn. —
Wo die meiſten Feinde waren,

Drang der Chatte wild hinein,

Von des Leibes Feigheitshaaren

Wollt' er zeitig ſich befrein.
Wir auch haben heute Chatten,

Die mit langen Bärten gehn,

Doch ſie wollen auch den Schatten

Eines Feindes nicht mal ſehn.
[11]

Stand und Stände.

Ha! eure Mauern, eure Wände,

Hat ſie nicht längſt die Zeit zerſtört?

Wo blieb der Unterſchied der Stände?

Hat jeder Stand nicht aufgehört?
Wir haben keine Zeit zum Stehen,

Nichts hat noch ſeinen alten Stand;

Jetzt will die ganze Welt nur gehen,

Wie kann da ſtehen noch ein Land!
Was ſoll der Stand? was ſollen Stände?

Sie hemmen nicht der Zeiten Lauf.

O, reicht euch alle gern die Hände!

Euch alle nimmt Ein Haus nur auf.
[12]

Stammbaum.

Mel. Einſam bin ich nicht alleine.


O des Schickſals böſe Tücke,

O das böſe Spiel der Zeit!

Einſt wohl ſaßen wir im Glücke,

Jetzo ſitzen wir im Leid.
Nur der Anblick meiner Felder,

Meiner Wieſen iſt noch mein;

Längſt verkauft ſind meine Wälder,

Nur ein Baum blieb mir allein.
Wenn ich dieſen Baum umklammre,

Heg' ich Hoffnung, ſchöpf' ich Muth;

Wenn ich vor ihm wein' und jammre,

Fühl' ich neue Lebensglut.
Nein, ich habe nicht vergebens

Meine Tage hingebracht!

Seht, da ſteht der Baum des Lebens

Und in voller Blüthenpracht!
[13]
Und die Menſchheit wird beglücken

Das was ich hienieden that:

Denn mit dieſen Blüthen ſchmücken

Wird ſich mancher Hof und Staat.
O du Baum aus altem Samen,

Wie beruhigſt du mein Herz!

Schon vor deinem ſtolzen Namen

Schwindet aller Gram und Schmerz.
Grünt, ihr jungen Sommerlatten,

Wachſt in fröhlichem Gedeihn!

Und in meines Stammbaums Schatten

Schlaf' ich ſanft und ſelig ein.
[14]

Nie ohne dieſes!

O glücklich wer noch Vettern hat,

Dem glänzet noch ein Morgenroth:

Er wird, wenn nicht Geheimerath,

Doch Etwas noch vor ſeinem Tod.
Wohl that's dem armen Adam weh,

Daß Gott ihm nicht ſein Eden ließ;

Er hatte keine Vettern je,

Sonſt ſäß' er noch im Paradies.
[15]

Staatsinquiſition.

Mel. Wer wollte ſich mit Grillen plagen?


Wie heißt die ſchrecklichſte der Liſten,

Die ärger iſt als Feindesliſt,

Und auch ſogar den ſpan'ſchen Chriſten

Noch unbekannt geblieben iſt?
Ich will dir deine Neugier ſtillen:

Conduitenliſte heißt die Liſt,

Worin du durch Behördenbrillen

Schön abdaguerrotypet biſt. —
O wär' ich dann ein Troglodyte,

Der Berg' und Wälder wilder Sohn!

Doch leider bin ich von Conduite,

Ein einzig Wort verfehmt mich ſchon.
[16]

Stöpſelzieher.

Wenn es keine Flaſchen gäbe,

Würden keine Stöpſel ſein,

Und wie einſt dem Zeus die Hebe

So kredenzt' ich dir den Wein.
Aber leider wird gezogen

Jetzt auf Flaſchen nur der Wein

Und wie einen Demagogen

Sperret man den Edlen ein.
Und ein Stöpſel hält die Wache

Wie ein Scherge Tag und Nacht,

Und er ſitzt ihm auf dem Dache,

Daß er ſich nicht mauſig macht.
Doch dein Rächer iſt vorhanden,

Nur Geduld, du edler Wein!

Und er wird aus deinen Banden

Dich zu rechter Zeit befrein.
[17]
Und wie heißt der brave Rächer,

Der den Wein befreien kann?

O ihr wiſſt es, frohe Zecher,

Stöpſelzieher heißt der Mann.
Stöpſelzieher! hoch erheben

Laſſt uns ihn bei Sang und Wein:

Alle, alle ſollen leben,

Stöpſelzieher groß und klein!
Und ein jeder Hauswirth denke

Heuer und zu jeder Friſt,

Daß kein ordentlich Getränke

Ohne Stöpſelzieher iſt.
2[18]

Des Leibes und der Seele Krieg.

Das die Albernen gelüftet, tödtet ſie.

Sprüche Salomonis 1, 24.
Nach Seelen wird die Zählung nur gemacht,

Nach Köpfen wird die Steuer aufgebracht.

Da dachtet ihr, der Leib hat ſeine Rechte

Und wie man ihn in Reih' und Glied wohl brächte.
Da fing mit einem Mal das Turnen an,

Und wer nicht turnte, war kein biderb Mann;

Man ſang vom Barrn, Rung, Reck und Schwingel Lieder

Und Deutſchland hallte freudig alles wieder.
Da kam die Polizei euch auf den Leib:

Was ſoll der demagogiſche Zeitvertreib?

Der Staat will Köpf' und Seelen, doch mit Nichten

Turnleiber, ſo die Steuer nicht entrichten.
Der Staat beſchränkte drum das Turnen nur

Auf edle fromme geiſtige Dreſſur.

Was lerntet ihr doch auch vom Schwingen, Recken?

Ihr lerntet nur euch nach der Decke ſtrecken.
[19]

Die deutſchgeſinnte Polizei.

Mel. Süße, heilige Natur.


Weg mit wälſchem Ungeſchmack

Und dem ſchamlos offnen Frack!

Deutſcher Rock und deutſch Baret,

Ei, wie ſteht's ſo fein und nett!
Alſo ſprach man Tag und Nacht

Nach der Leipziger Freiheitsſchlacht,

Doch behielt im ganzen Land

Stets der Frack die Oberhand.
Bald auch hing man an den Pflock

Hie und da den deutſchen Rock;

Nur der Bruder Studio

Machte noch damit Halloh.
Und nun kam die Polizei

Und ſie ſprach: es iſt vorbei!

Deutſche Tracht iſt Tand und Schein,

Deutſch von Herzen ſollt ihr ſein!
2 *[20]

Die T-Deutſchen.

Teutſch läuft eben ſo wider unſere Mundart, als wollten
wir ſchreiben
ter, tie, tas. Der gothiſchen und ſächſi¬
ſchen iſt thiutiſk, folglich der hochdeutſchen nur diutiſk
gemäß.

Jac. Grimm in den Gött. gel. Anzeigen 1826. Seite 1600.
Ihr könnt nicht unterſcheiden d und t,

Und wollt uns lehren wie man ſchreibt und ſpricht?

Ihr macht doch ſonſt ein b und ſprechet p,

Warum doch macht ihr's d in deutſch denn nicht?
Es nimmt's euch übel noch der deutſche Bund;

Ihr wiſſt, er will einmal kein teutſcher ſein.

Ihr proteſtiert ja doch nur ohne Grund,

So laſſt einmal das viele teutſche Schrei'n!
[21]

Maîtres de danse.

Le patriotisme des nations doit être égoiste.

Mme. de Staël.
Ja, es war ein tolles Tanzen,

Ohne Raſt und ohne Ruh;

Von den Wällen, aus den Schanzen

Tanzten ſie nach Frankreich zu.
Welche Schmach für eure Väter,

O wie dumm und wie verkehrt,

Daß ihr lernt von Frankreichs Maîtres

Was wir ſelber ſie gelehrt!
Pfui! welche Schmach und Schande,

O wie dumm und wie verkehrt,

Daß ihr lernt die Allemande,

Die wir ſelber ſie gelehrt!
Sparet euren Fleiß und Eifer,

Bis der Feind uns kommt ins Haus,

Tanzt mit ihm dann einen Schleifer

Hopſaſa! zum Land' hinaus!
[22]

Das heil. römiſche Reich.

Tamdiu Germania vincitur.

Tacitus de Germ. cap.37.
Ach! hätteſt du vom röm'ſchen Weſen

Und von der röm'ſchen Litteratur,

O Vaterland, doch nichts geleſen,

Nichts als die röm'ſchen Münzen nur!
Doch hat uns Rom mit ſeinen Waffen

Nimmer ein ſolches Leid erdacht,

Als mit Latein die Lai'n und Pfaffen

Ueber das deutſche Reich gebracht.
Deutſch wird der Papſt noch eher lernen,

Eher ein guter Deutſcher ſein,

Als man geneigt iſt zu entfernen

Endlich aus Deutſchland das Latein.
[23]

Zarte Rückſichten.

Wir waren es! o Heil, daß wir es waren,

Die einſt erfanden vor vierhundert Jahren

Dich, Pflegetochter hoher Gnad' und Gunſt,

Dich, weltberühmte edle Druckerkunſt!
Herbei aus allen deutſchen Gau'n in Schaaren!

Kommt, laſſt uns unſern Dank Ihm offenbaren,

Ihm, der das Wort gefreit aus ſeinem Bann,

Daß es die ganze Welt erfreuen kann.
Von allen Thürmen ſoll es hell erſchallen,

Aus allen Feuerſchlünden wiederhallen!

Dank, Guttenberg, du haſt das Wort gefreit,

Frei ſei's und bleib's bei uns auch allezeit!
Doch nein! es iſt manch allerhöchſter Wille,

Daß wir uns jetzt nur freu'n ganz ſtille, ſtille:

Ein Jubelfeſt von Deutſchland nur allein

Säh' aus, als ſollt' es Schadenfreude ſein.
Was würde Holland wohl, was China ſagen,

Wenn wir ſo jubelten in dieſen Tagen?

Es iſt kein ſchönes, iſt kein würdig Feſt,

Wozu ſich nicht der Nachbar laden läßt.
[24]

Schlafe! was willſt du mehr?

Mel. O gieb, vom weichen Pfühle.


Wo ſind noch Würm' und Drachen,

Rieſen mit Schwert und Speer?

Was kannſt du weiter machen?

Schlafe! was willſt du mehr?
Du haſt genug gelitten

Qualen in Kampf und Strauß;

Du haſt genug geſtritten —

Schlafe, mein Volk, ſchlaf' aus!
Wo ſind noch Würm' und Drachen,

Rieſen mit Schwert und Speer?

Die Volksvertreter wachen:

Schlafe! was willſt du mehr?
[25]

Zweite Sitzung.

Trinklied.

Dò huob er ûf unde tranc.

Weinschwelg.
Auf Geſundheit unſrer Feinde,

Stoßet an Mann für Mann!

Sie, die Gründer unſres Strebens,

Die Entwickler unſrer Kraft,

Unſres höhern geiſt'gen Lebens

In der Kunſt und Wiſſenſchaft —

Unſre Feinde dort und hier!

Ohne ſie was wären wir?

Hätten wir uns ſo gefunden,

So zu Freud' und Leid verbunden?

Stoßet an Mann für Mann,

Auf Geſundheit unſrer Feinde!
[26]
Auf Geſundheit unſrer Feinde!

Auf und dran! ſtoßet an!

Mögen ihre Ränke ranken,

Möge wuchern ihre Liſt!

Wir, wir wollen uns bedanken,

Weil's doch gut gemeinet iſt;

Denn ſie haben's gut gemeint,

Haben uns ſo feſt vereint,

Daß wir nur noch lächeln können

Ueber das was ſie uns gönnen.

Auf und dran! ſtoßet an!

Auf Geſundheit unſrer Feinde!
[27]

Die Denkmalwüthigen.

Monumentorum ardnum et operosum honorem,
ut gravem defunctis, aspernantur.

Tacitus de Germ. cap. 27.
Ihr denket jetzt: uns blieb nur das Gedächtniß

Der weiland großen Thaten zum Vermächtniß,

Und haben wir ein Denkmal nur geſetzt,

Iſt Großes auch von uns geſchehn zuletzt.
Begnügt euch nicht, daß uns die großen Ahnen

An unſers Volkes Größ' und Tugend mahnen!

Das Große laſſt uns ſelber ſtets erneu'n,

So kann uns nur das Große wahrhaft freu'n.
[28]

Hunde und Katzen.

Die Hund' und die Katzen die ſtritten ſich

Und zankten ſich um die Wette,

Wer unter ihnen urkundlich

Den älteſten Adel hätte.
„Wir haben ein ururaltes Diplom

Lang her von undenklichen Tagen,

Was Remus mit Romulus einſt zu Rom

Gab allen Iſegrims-Magen.“
„Zeigt uns, erwiedern die Katzen, wohlan!

Zeigt her die alten Briefe!

Was ſteht denn drin, was hangt denn dran?

Wo ſind ſie, in welchem Archive?“
Man ſchickte den Pudel eilig nach Rom

Zum Aerger der Katzen und Kater,

Der ſollte holen das alte Diplom

Herbei vom heiligen Vater.
[29]
Der Pudel kommt ganz ungenirt

Zum Papſt hereingetreten;

Er hat den Pantoffel ihm apportiert

Und dann ihn höflich gebeten.
Der Pudel empfing aus des Papſtes Hand

Was das Hundevolk begehrte;

Dann zog er wiederum in ſein Land

Auf ſeiner alten Fährte.
Und als er kam an den Po bei Rom,

Da ſchwamm vor ihm ein Braten,

Er ſchnappte darnach, und verlor ſein Diplom,

Und muſſt' es auf ewig entrathen.
So ſtand die Sache nun wie zuletzt,

Der Streit blieb unentſchieden,

Und Hund' und Katzen halten bis jetzt

Noch immer keinen Frieden.
Die Hunde die denken noch immer ſo:

Wir werden ſie ſchon überwinden!

Sie ſuchen und forſchen noch immer am Po —

Und können den Adel nicht finden.
[30]

Mauskätzchen.

Les talens sont distribués par la nature
sans égard aux généalogies.

Frédéric, Oeuvres posthumes 1, 65
Mauskätzchen gab ein großes Feſt

Und hatte dazu geladen

Bekannt' und Verwandte von Oſt und Weſt

Und lauter Ihro Gnaden.

Miau miau miau
Sie trieben vielerlei Poſſen und Scherz,

Und füllten ſich weidlich den Ranzen,

Und weil es nun eben war im März,

So wollten die Kätzerlein tanzen.

Miau miau miau
Doch alle die gnädigen Kätzerlein,

Die gnädigen Kater und Katzen,

Die konnten nichts als miauen und ſchrein

Und ſchluchzen und pfuchzen und pfnatzen.

Miau miau miau
[31]
Mauskätzchen ſchickt nach dem Pudel hin,

Der konnte das Hackebrett ſchlagen,

Der ſollte ſo was nach ihrem Sinn

Auf dem Hackebrett vortragen.

Miau miau miau
Der Pudel war ein geſcheiter Mann,

Eine bürgerliche Canaille:

„Was geht mich Dero Geſellſchaft an,

Ew. Gnaden Katzengebalge?“

Wau wau wau wau.
[32]

Heugabel und Beſenſtiel.

Heugabel und Beſenſtiel,

Die wollten ſich vermählen;

Da gab's im ganzen Land gar viel

Und mancherlei zu erzählen.
Was iſt das für ein Paar!

Wie die zuſammen paſſen!

Er iſt zu Haus das ganze Jahr,

Sie draußen auf Wegen und Gaſſen.
Er denkt an Stub' und Flur,

Und ſie an Ochſen und Pferde;

Sie ſtrebet nach dem Hohen nur,

Und er bleibt auf der Erde.
Bei Frühlingsſonnenſchein

Will ſie ihr Amt nur führen;

Er aber muß Jahr aus Jahr ein,

Er muſs ſich immer rühren.
[33]
Doch als die Trauung war,

Da wurden die Mäuler ſtille;

Heugabel und Beſenſtiel blieb ein Paar,

I nun, es war ihr Wille.
Heißa! das ganze Land

Zur Hochzeit war geladen,

Verwandt, bekannt und unbekannt,

Die Krummen, die Schiefen, die Graden.
Da tanzten munter und friſch

Die Schemel, die Hütſchen, die Bänke,

Die Kannen, die Mulden, die Stühl' und die Tiſch'

Und Kiſten und Kaſten und Schränke.
Heißa! nun wurden ſie

Poetiſch über die Maßen,

Daß ſie vor lauter Poeſie

Stand, Rang und Würde vergaßen:
Die Liebe macht uns gleich,

Frau Beſenſtiel, Herr Gabel!

Der Will' iſt unſer Himmelreich —

Und das iſt keine Fabel.
3[34]

Von.

Auf die Präpoſitiones In, Von, Zu nehmen ſie
groß Acht, als ob ihrer Ehren und Wohlfahrt
ein großes daran gelegen.

Matthias Quad von Kinkelbach, Teutſcher
Nation Herrlichkeit 1609. Seite 27.
An meine Heimath dacht' ich eben,

Da ſchrieb ich mich von Fallersleben.

Ich ſchrieb's und dachte nie dabei

An Staatscenſur und Polizei.
So ſchrieben ſich viel Biederleute

Nach ihrem Ort und thun's noch heute,

Und keiner dachte je daran,

Durch von würd' er ein Edelmann.
[35]

Von und aus.

Ich bin herunter gekommen
Und weiß doch ſelber nicht wie.

Schäfers Klagelied von v. Göthe.
Auf Burgen ſaßen Edelleute,

Wo aber ſind die Burgen heute?

Es wohnt oft ohne Hab' und Gut

Im Thale manches adlich Blut.
Und von den Gütern ihrer Lieben

Iſt ihnen nur ein von geblieben;

Des alten Namens Herrlichkeit

Blieb manchem nur in unſrer Zeit.
So bin auch ich von Fallersleben.

Wer wird ein aus mir wiedergeben?

Ich bin nur von, einſt war ich aus,

Jetzt hab' ich weder Hof noch Haus.
3[36]

An das geliebte Fräulein Von.

Nicht Berg' und Meere trennen mich,

Mich trennt ein Wort von dir:

Du biſt von Staub und Staub bin ich —

Das trennet dich von mir.
Und ſitzen magſt du neben mir,

Und nahe ſein um mich:

Ein Wort, es trennet mich von dir,

Und ewig fern bin ich.
Erliſch nun Sonn' und Sternenzelt

In Nacht und Nebelgraus!

Denn alle Liebe dieſer Welt,

Sie löſcht das Wort nicht aus.
[37]

Der Corporalſtock.

Frequens fustium usus.

Tacitus de Germ. cap. 45
Von einem Helden will ich ſingen

Der einſt die ganze Welt bezwang:

So konnt' es keinem noch gelingen,

So glorreich wie es ihm gelang.
Obſchon im Waldesgrün geboren

Bei Amſelſchlag und Frühlingswehn,

So war er doch dazu erkoren,

Mit Herren Hand in Hand zu gehn.
Er ward gewiegt von Fürſtenhänden,

Zopf und Kamaſche pflegten ſein;

Sie muſſten viele Zeit verwenden

Zu ſeinem Wachsthum und Gedeihn.
Dann gab man ihn noch in die Lehre

Zu einem braven Corporal,

Da ward er voller Zucht und Ehre,

Wie Leder zäh, und hart wie Stahl.
[38]
Er bracht' es nun in wenig Tagen

Zu ſolcher hohen Trefflichkeit,

Daß Staunen, Schrecken, Angſt und Zagen

Ergriff die ganze Chriſtenheit.
Er ward bekannt in allen Landen

Wo nur was Großes je geſchah,

Und ganze Regimenter ſtanden

Vor ihm wie Leichen lautlos da.
O weh, er iſt nun Staub und Aſche,

O weh, o weh, er iſt nicht mehr!

Dahin iſt Zopf, dahin Kamaſche!

Dahin ſein ganzes großes Heer!
Kein Denkmal iſt von ihm geblieben,

Doch war in jener guten Zeit

Auf jedem Rücken eingeſchrieben

Sein Ruhm und ſeine Tapferkeit.
Uns aber lieſs er zum Vermächtniß

Den alten Corporal zurück,

Der ruft uns allen ins Gedächtniß

Mitunter noch das alte Glück.
Wir aber ſind zu dumm geworden

Für jene alte gute Zeit;

Sie ſei im Süden, ſei im Norden,

Nur bleibe ſie von uns recht weit!
[39]
Auch Millionen werden flehen,

Wenn Gott der Herr ſitzt zu Gericht:

Laß alle Helden auferſtehen,

Nur dieſen, dieſen einen nicht —

Chor.


Den Corporalſtock nicht!


[40]

Die alte gute Zeit.

O lernet doch ihr armen Knecht' und Wichte,

O lernt doch unſers deutſchen Volks Geſchichte,

Und preiſt nicht groß und herrlich jene Zeit,

Die Zeit der niedrigſten Erbärmlichkeit!
Doch nein, ihr bleibt bei eurem dummen Schwätzen,

Ihr wollt der guten Zeit ein Denkmal ſetzen —

Wohlan, ſo gießt die Zopfzeit dann in Erz,

Und gießt hinein des deutſchen Volkes Schmerz!
[41]

Rechts und links.

Ich finde dieſe Rede voll Verſtand,
Wiewohl mich Griechenland nicht auferzogen.

Aus den Phönizierinnen des Euripides nach Schiller.
Norden, Süden, Wein und Bier,

Plattdeutſch dort und Hochdeutſch hier,

Katholik und Proteſtant,

Mancher Fürſt und manches Land
Wer das nicht vergeſſen kann,

Iſt fürwahr kein deutſcher Mann;

Wenn er's gut mit dir auch meint,

Vaterland, er iſt dein Feind!
Das bedenket jeder Zeit,

Wenn ihr ſtrebt nach Einigkeit,

Deutſche Fürſten, deutſcher Bund,

Deutſche Lai'n und Pfaffen, und —
[42]

Altes und Neues.

— die Deutſchen ſind entzweit;
Denn die Einen ſtreben zu erhalten,
Und die Andern ſchwören Tod dem Alten.

König Ludwig I. von Baiern, Ged. 3, 8.
Tod dem Alten, Tod dem Neuen,

Allem was uns trennen muß!

Sprecht nicht mehr von Luthers Siege,

Nicht vom dreißigjähr'gen Kriege

Und weſtphälſchen Friedensſchluß.
Tod dem Alten, Tod dem Neuen,

Drüber nur die Menſchheit weint!

Sprecht nicht mehr von Adelsrechten

Und wie Deutſche muſſten fechten

Wider Deutſche für den Feind.
Tod dem Alten, Tod dem Neuen,

Was uns trennt von Recht und Pflicht!

Deutſchlands Alter, Deutſchlands Jugend

Sei ein feſter Bund der Tugend,

Dran des Feindes Macht zerbricht!
Heil dem Alten, Heil dem Neuen,

Was uns führt zu Recht und Pflicht!

Laſſt die Jungen und die Alten

Frei auf dieſem Pfade walten —

Und ihr Fürſten, wehrt ſie nicht!
[43]

Weinlied.

Wer fragte je nach deinem Glauben,

Wenn er vor dir mit Andacht ſaß,

Bei dir, du edler Sohn der Trauben,

Die Zeit und alle Welt vergaß?
Willkommen, reiner Gottesſegen,

Sei uns willkommen tauſendmal!

Genährt vom Himmelsthau und Regen,

Getränkt vom Licht und Sonnenſtrahl!
Aus welcher Ehe du entſprungen —

Geſegnet ſei das Eheband!

Und ſprichſt du auch in fremden Zungen,

Geſegnet ſei dein Vaterland!
Und wärſt ein Ketzer du, ein Heide,

Wir Gläubigen verehren dich,

Wir fliehn zu dir in unſerm Leide,

Wir freun mit dir uns inniglich.
Dich hat der Herr der Welt begnadet,

Nur du darfſt ohne Glauben ſein;

Der große Wirth der Gläub'gen ladet

Uns alle, alle zu dir ein.
[44]

Vox Dei Vox Populi.

Mit euren ſiebzig Stimmen habet

Ihr uns gar manchen Sang gemacht,

Doch hat der Sang uns nie gelabet,

Nie gute Stimmung uns gebracht.
Und wenn ihr auch in allen Dingen

Die ſiebzig Stimmen richtig zählt,

Was kann dem Menſchen doch gelingen,

Wenn's ihm an Einer Stimme fehlt?
[45]

Der dreizehnte Artikel.

Und ſeid ihr auch in Jugendfriſche,

Noch ganz geſund, noch gar nicht alt —

Wo einmal dreizehn ſind bei Tiſche,

Stirbt einer von den dreizehn bald.
So ging es, als der Bundesacte

Dreizehnter mit bei Tiſche ſaß:

Daß da der Tod den Jüngſten packte!

O weh! das war ein ſchlechter Spaß.
[46]

Der deutſche Zollverein.

τοῦ γὰϱ κϱάτος ὲστί μέγστον.

Homeri Ilias 2, 118.
Schwefelhölzer, Fenchel, Bricken,

Kühe, Käſe, Krapp, Papier,

Schinken, Scheeren, Stiefel, Wicken,

Wolle, Seife, Garn und Bier;

Pfefferkuchen, Lumpen, Trichter,

Nüſſe, Tabak, Gläſer, Flachs,

Leder, Salz, Schmalz, Puppen, Lichter,

Rettig, Rips, Raps, Schnaps, Lachs, Wachs!
Und ihr andern deutſchen Sachen,

Tauſend Dank ſei euch gebracht!

Was kein Geiſt je konnte machen,

Ei, das habet ihr gemacht:

Denn ihr habt ein Band gewunden

Um das deutſche Vaterland.

Und die Herzen hat verbunden

Mehr als unſer Bund dies Band.
[47]

Walhalla.

Sei gegrüßt, du hehre Halle

Deutſcher Größ' und Herrlichkeit!

Seid gegrüßt, ihr Helden alle

Aus der alt' und neuen Zeit!
O ihr Helden in der Halle,

Könntet ihr lebendig ſein!

Nein, ein König hat euch alle

Lieber doch in Erz und Stein.
[48]

Heute.

Nur nicht ängſtlich! nur nicht klagen!

Laß doch, was Dir nicht behagt!

Willſt du nach dem Schickſal fragen?

Hat es je nach Dir gefragt?
Willſt Du wie die Kinder ſcherzen?

Süß iſt wohl der Kindheit Luſt;

Wärſt Du Dir im Männerherzen

Jener Freuden auch bewuſſt?
In der Wiege des Bewuſſtſeins

Liegt der Säugling Deines Glücks;

Wirf den Gaukel alles Luſtſcheins

Der Erinnerung hinterrücks!
Was Du liebteſt, was Dich freute,

Gönn ihm ſeinen raſchen Flug!

Blieb Dir nicht ein frohes Heute?

Athme auf! Du haſt genug.
[49]

Hindurch!

Es iſt die Zeit ein großer Fluß,

Wir ſitzen an dem Strande;

Und was uns Freude bringen muß,

Liegt drüben auf dem Lande.
Hindurch! hindurch! was ſtehſt du ſtill?

Der Fluß wird nie verrinnen.

Wer durch die Fluth nicht ſchwimmen will,

Der wird kein Land gewinnen.
4[50]

Mützen.

Wunderthätig ward die Mütze,

Die dereinſt Francesco *)trug —

Das iſt Wunder doch genug!
Die franzöſiſche Freiheitsmütze

Ward zur Kaiſerkrone gar —

O wie groß, wie wunderbar!
Und des Preußen Landwehrmütze

Ward ein deutſcher Siegeshut —

Und dies Wunder that uns gut.
Doch bei unſern heut'gen Mützen

Iſt von Wunder keine Spur,

Denn es ſind — Schlafmützen nur.
[51]

Dritte Sitzung.

Trinklied.

Dô huob er ûf unde tranc.

Weinschwelg.
Das Glas in der Rechten,

Die Flaſch' in der Linken,

So wollen wir fechten,

Nicht wanken, nicht ſinken!

Krieg dem Durſt und Krieg dem Kummer!

Und ein Bündniß mit dem Wein!

Krieg der Nacht und Krieg dem Schlummer!

Schenkt mir Muth und Feuer ein!
Das Glas in der Rechten,

Die Flaſch' in der Linken,

So wollen wir fechten,

Nicht wanken, nicht ſinken!

Wohlig ſitzen wir im Weinhaus,

Unſer Krieg iſt wie ein Traum;

Selbſt die Welt, das alte Beinhaus,

Hat Reſpect und rührt ſich kaum.
4 *[52]
Das Glas in der Rechten,

Die Flaſch' in der Linken,

So wollen wir fechten,

Nicht wanken, nicht ſinken!

Eine Flaſche hat geſchlagen

Unſre Feinde kreuz und quer;

Und da ſtehen wir und fragen:

Giebt's denn keine Feinde mehr?
Das Glas in der Rechten,

Die Flaſch' in der Linken,

So wollen wir fechten,

Nicht wanken, nicht ſinken!

Und das Ende von dem Liede?

Ei, was machen wir uns draus!

Alles Strebens Frucht iſt Friede —

Wir, wir gehn im Sturm nach Haus.
[53]

Salvator mundi.

Des deutſchen Kaiſers Kammerknechte

Sind jetzt Europas Kammerherrn.

Am Himmel aller Erdenmächte,

O Iſrael, wie glänzt dein Stern!
Es ward die Zeit wohl immer böſer

Und immer höher ſtieg die Schuld,

Da ſproß aus dir uns der Erlöſer,

Und Rothſchild kam in Gnad' und Huld.
Ja, er iſt der Erlöſer worden

Für dieſe ſchuldenvolle Welt,

Geſchmückt mit dem Erlöſerorden

Hat er vergoſſen all ſein Blut.
[54]

Angebinde.

Wenn wir auch ohne Ahnen ſterben

Und ohne Adelsglück und Ruhm:

O glücklich, wenn wir dort ererben

Ein Gotteslehn zum Eigenthum!
Auch iſt's ein Troſt für unſer Leben,

Für unſre ſchwächliche Natur:

Erbſünde hat uns Gott gegeben,

Erbadel gaben wir uns nur.
[55]

Statiſtiſche Glückſeligkeit.

Unſers ganzen Wohlſtands Quellen

Siehſt du alle hell und klar

Ueberſichtlich in Tabellen

Jahr für Jahr und bis auf's Haar.
Hier zehn Schafe mehr geſchoren,

Dort ein neues Lagerbier,

Dort drei Ochſen mehr geboren,

Und ein Drittel Seele hier.
Welch ein Wachsthum zum Entzücken!

Lauter höhere Cultur,

Lauter Streben zum Beglücken!

Und wir ſind das Glückskind nur.
[56]

Eile mit Weile!

Ja, immer größer wird die Eile:

Man ſucht Gewinn, man will Genuß,

Doch bleibet uns an Langerweile

Noch immer großer Ueberfluß.
Und fliegſt du wie ein Vogel, fliege!

Die Langeweile läſſt nicht ab:

Sie lag mit dir ſchon in der Wiege,

Sie geht mit dir auch in das Grab.
[57]

Lapidarſtil.

Iſt das Deutſch ſchon ſo verdorben,

Daß man's kaum noch ſchreiben kann?

Oder iſt es ausgeſtorben,

Daß man's ſpricht nur dann und wann?
Oder habet ihr vernommen,

Daß es bald zu Ende geht?

Daß die Zeiten nächſtens kommen,

Wo kein Menſch mehr deutſch verſteht?
Jedes Denkmal wird friſieret

Von der Philologen Hand,

Und ſo haben ſie beſchmieret

Erz und Stein und Tiſch und Wand.
Wo man hinſchaut, ſtrotzt und glotzet

Eine Inſchrift in Latein,

Die ſich trotzig hat ſchmarotzet

In das Denkmal mit hinein.
Deutſches Volk, du muſſt ſtudieren

Und vor allem das Latein,

Niemals kannſt du ſonſt capieren

Was dein eigner Ruhm ſoll ſein!
[58]

Die orthodoxen Royaliſten.

Was, Erdenſöhne, wollt ihr doch von Gottesſohne?

Ihr ſetzt ihn auf und ſetzt ihn ab von ſeinem Throne.

Er läſſt euch ruhig ſchreiben, disputiern und ſchrei'n,

Ihr wiſſet wohl, Er führt euch nicht zur Frohnfeſt ein.
Und vor den Erdenherrſchern kriechet ihr im Staube!

Wie unerſchütterlich iſt da doch euer Glaube!

Ihr macht von jedem Zweifel eure Herzen frei,

Sobald ihr wittert nur Cenſur und Polizei.
[59]

Die unmündigen Aufgeklärten.

Dort Freie und Knechte, während wir unmündig
ſind, unter Vormundſchaft.

Stenzel, Fränk, Kaiſer 2, 559.

Aufklärung iſt der Ausgang des Menſchen aus
ſeiner ſelbſt verſchuldeten Unmündigkeit.

Kant.
„Unmündig ſeid ihr alleſamt,

Dazu hat euch der Staat verdammt,

Und wer einmal unmündig iſt,

Wird aufgeklärt zu keiner Friſt.“
Wahr mag nun wohl das eine ſein,

Das andre leuchtet uns nicht ein:

Sagt an, wo's uns an Licht gebricht?

Wir ſehn oft nicht vor lauter Licht.
[60]

Die modernen Heiden.

Wie ein Vogel des Stricks kommt ab,
Iſt unſer Seel entgangen:
Strick iſt entzwei, und wir ſind frei.

Dr. Martin Luther.
Was ſoll Pegaſus noch ſpringen

Oben auf dem Schauſpielhaus?

Was ſoll noch Apollo ſingen?

Ach! ſein Spiel iſt längſt ſchon aus.
Rom und Hellas ſind verſunken,

Und die Götter ſind verreiſt;

Nectar wird nicht mehr getrunken,

Und Ambroſia geſpeiſt.
Unſer Gott hat ſich erhoben

Ueber allen Raum und Zeit,

Er der große Geiſt wohnt droben,

Und der Himmel iſt ſein Kleid.
Und der Vater hat geſendet

Seinen Sohn vom Sternenzelt,

Und der Sohn hat ſich gewendet

Zu der ſündevollen Welt.
[61]
Und er hat das Kreuz getragen,

Hat geduldet Spott und Hohn,

Und es ließ ans Kreuz ſich ſchlagen

Gottes eingeborner Sohn.
Und zum Baum im Weltenraume

Wuchs das Kreuz in friſcher Kraft,

Und die Blüthen an dem Baume

Wurden Kunſt und Wiſſenſchaft.
Was ſoll Pegaſus noch ſpringen

Oben auf dem Schauſpielhaus?

Was ſoll noch Apollo ſingen?

Ach! ſein Spiel iſt längſt ſchon aus.
[62]

Die monarchiſchen Frommen.

Ihr wollt, es ſoll nur hier auf Erden

Ein Hirt und Eine Heerde ſein,

Die ganze Welt ſoll dienſtbar werden

Dem Wort des Herrn, nur Ihm allein.
Ihr habt die Bibel in den Händen,

Das Bajonett auf dem Gewehr —

Soll ſo ſich unſer Leiden enden?

Iſt das des Heiles Wiederkehr?
[63]

Ein Weltgericht.

Die Weltgeſchichte iſt das Weltgericht,

Doch kein Gericht für jeden Magen,

Denn ſolche derbe Speiſe würde nicht

Ein jeder Herr und Knecht vertragen.
Drum hat man viele Männer angeſtellt,

Die müſſen's klopfen, kochen, braten,

Daß dies Gericht der ganzen Welt gefällt,

Zumal den hohen Potentaten.
Zu haben iſt es dann an jedem Ort,

Für Geld bekommt es leicht ein Jeder;

Mit einer Brühe giebt man's gratis fort

Sogar auch wohl noch vom Katheder.
Es iſt bereitet dann ſo excellent,

Daß man die Finger danach lecket;

Geſättigt rufen wir: potz Element!

Wie gut doch die Geſchichte ſchmecket!
[64]

Ein Staatsgericht.

Wer ſich abſondert, der ſuchet was ihn gelüſtet,
und ſetzt ſich wider alles was gut iſt.

Sprüche Salomonis 18, 1.
Es hat die Welt wohl ihre Mucken,

Doch leider ihre Mucker auch;

Die Mucken könnteſt du verſchlucken,

Vom Mucker platzte dir der Bauch.
Doch wär' ein Staatsbauch mir beſchieden,

O weh der armen Muckerſchaar!

Kein einz'ger Mucker blieb' in Frieden,

Ich fräße ſie mit Haut und Haar.
[65]

Herrnhuter in beiderlei Geſtalt.

Mel. Nachtigall, ich hör dich ſingen.


Nie wollt ihr des Herrn vergeſſen,

Nicht beim Trinken noch beim Eſſen,

Und ihr tunkt in rothen Wein

Ein biscuiten Lämmlein ein.
So erfüllt ihr Gottes Willen

Im Geheimen und im Stillen,

Und es iſſt auf Chriſti Tod

Euer Nachbar trocken Brot.
5[66]

Die theologiſchen Daguerrotype.

Die Herrſchaft, oder beſſer, die Tyrannei
des Verſtandes, vielleicht die eiſernſte von
allen, ſteht der Welt noch bevor.


Ihr wollt im Licht und in der Wahrheit leben,

Auf Licht und Klarheit geht nur euer Streben;

Licht ſoll das Weſen aller Dinge ſein,

Und alles andre iſt euch Trug und Schein.
Ihr ſeid in eures Geiſtes voller Klarheit

Ein Lichtbild nur, ihr ſeid nur halbe Wahrheit:

Licht iſt Verſtand, und Farbe das Gemüth —

Euch fehlt worin das Leben erſt erblüht.
[67]

Die privilegirten Geheimen.

C'est un grand rien.
(Mündl. Ueberlief.
)
Sie mauern und ſie bauen

Am Tempel alles Lichts,

Doch iſt noch nichts zu ſchauen —

Sagt an, woran gebricht's?
Wird's klar an jenem Tage,

Am Tage des Gerichts,

Wann wägen wird die Wage

Das Etwas und das Nichts?
Ein König wollt' erfreuen

Sich einſt auch dieſes Lichts,

Er ſprach als thät's ihn reuen:

Es iſt ein großes Nichts!
Drum iſt es auch erklärlich:

Wär's etwas mehr als nichts,

Erlaubte man wohl ſchwerlich

Bei uns dies große Nichts.
5 *[68]

Die Abtrünnigen.

Mel. Ueb' immer Treu' und Redlichkeit.


Das Waſſer ſprach zum Eiſe: „Kind,

So bleib doch nicht ſo ſtehn!

Der Weg iſt weit, die Zeit verrinnt,

Wir müſſen weiter gehn.“
„„Leb wohl! ich kehre nicht zurück,

Leb wohl! ich bleibe hier:

Beſchert ward mir ein höhres Glück,

Jetzt bin ich mehr als ihr.““
„Komm aus dem Himmel doch geſchwind!“

Sprach's Waſſer zu dem Schnee,

„Der Weg iſt weit, die Zeit verrinnt,

Wir müſſen in die See.“
„„Leb wohl und grüß das Vaterland!

Ich gehe nicht mit dir:

Jetzt hab' ich einen höhern Stand,

Jetzt bin ich mehr als ihr.““ —
[69]
So bliebt ihr Freund' uns auch zurück,

Weil Stillſtand euch gefiel;

Ihr ſuchtet nur ein andres Glück,

Ein andres Lebensziel.
Einſt gingen wir wohl Hand in Hand,

Die Mutter rief ſo laut —

Die Mutter war das Vaterland,

Die Freiheit unſre Braut.
Ihr die ihr Eis und Schnee jetzt ſeid

Und dünkt euch mehr als wir,

O wartet nur, es kommt die Zeit

Und — Waſſer ſeid auch ihr.
[70]

Niemandes Herr, Niemandes Knecht.

Zum Amboß hielt ich mich zu ſchlecht,

Zum Hammer war ich euch nicht recht.

So bin ich Amboß nicht noch Hammer

Und rufe frei von Herzensjammer:

So iſt es gut, ſo iſt es recht,

Niemandes Herr, Niemandes Knecht!
Fliegt frei der Vogel durch das Feld,

So iſt noch ſein die ganze Welt.

Müſſt' er im goldnen Käficht hocken,

Er würde ſchwerlich dort frohlocken:

So iſt es gut, ſo iſt es recht,

Niemandes Herr, Niemandes Knecht!
[71]

Die beiden Strauße.

Zwei Strauße ſind anjetzt vorhanden,

Zwei Strauße von verſchiedner Art;

Ein Paar wie ſich's in allen Landen

Noch niemals hat geoffenbart.
Man muſs ſie hören, muſs ſie leſen,

Und mancher wird davon entzückt,

Und mancher kann nicht mehr geneſen,

Er wird halb närriſch und verrückt.
Und wenn der eine muſicieret,

Spatzieren wir ins Himmelshaus,

Und wenn der andre disputieret,

Jagt er Gott Vater ſelbſt hinaus.
Könnt' ich ein kleines Fürſtlein werden

Von Gottes Gnad' und Volkes Gold,

So nähm' ich für die Volksbeſchwerden

Die beiden Strauß' in meinen Sold.
[72]
Der eine wäre mein Miniſter

Für's Budjet und die Kabbala,

Er lehrte dann die Herrn Philiſter,

Wie ſie einſtimmig ſprächen: Ja.
Er ſollte darthun in Sermonen

Begreiflich für ein jedes Kind,

Daß Volk und Conſtitutionen

Nicht viel, gar nichts, nur Mythen ſind.
Den andern würd' ich nur verwenden,

Wenn's Aufruhr gäb' und Mord und Brand,

Er würde mit der Geig' in Händen

Gleich bändigen das ganze Land.
Trotzdem hab' ich in unſern Tagen

Vor keinem Strauße Furcht und Graun:

Die Zeit hat einen Straußenmagen,

Wird auch den Doctor Strauß verdaun.
[73]

Dunkelmannstracht.

Es iſt das Licht ſüße, und den Augen lieblich
die Sonne zu ſehen.

Prediger Salomonis II, 7.
Unſre Freuden, unſre Leiden

Wollen wir in Schwarz nur kleiden;

Schwarz iſt Anſtand überall

Bei dem Grab und auf dem Ball.
Tragt die Nacht nicht am Gewande,

Jagt ſie lieber aus dem Lande!

Finſterniß und Traurigkeit

Herrſcht genug in unſrer Zeit.
Nach dem Sprichwort unſrer Alten

Sollet ihr auf Farbe halten.

Kleidet euch in Sonnenſchein!

Nacht ſtellt ſich von ſelber ein.
[74]

Vorwärts und Haltauf.

Ein Vorwärts war ſein ganzes Streben,

Ein Vorwärts für ſein Vaterland,

Drum ward er auch bei ſeinem Leben

Der Marſchall Vorwärts nur genannt.
Er konnte nie ein Haltauf leiden

Und was ihn hemmt' in ſeinem Lauf;

Ein Vorwärts muß das Haltauf meiden,

Sonſt höret es von ſelber auf.
Und ſo auch dachten ſeine Erben,

Weil jeder gern den Ahnen gleicht;

Sie wollten ohne Haltauf ſterben,

Und haben auch ihr Ziel erreicht.
Ein Blücherſch Gut, bei Oels gelegen,

Haltauf genannt, iſt ſequeſtriert,

Und wird nun eben dieſerwegen

Im nächſten Juni *) ſubhaſtiert.
[75]

Vierte Sitzung.

Trinklied.

Dô huob er ûf unde tranc.

Weinschwelg.
Den Stöpſel weg! und ſchenket ein!

Schenkt ein, daß unſer Herz erglühe,

Und wie die Blum' am Sonnenſchein,

So an der Glut des Weins erblühe!
Den Stöpſel weg! dann wird es klar:

Was ſich in einem Nu gefunden,

Das iſt ſogleich für jedes Jahr,

Ja für die Ewigkeit verbunden.
So recht! jetzt werft den Stöpſel fort!

Ei, der verfluchte Kerkermeiſter,

Der wollt' uns zwingherrn Wein und Wort,

Und trennen alle guten Geiſter!
Der Stöpſel war Philiſterei,

Die uns nichts Gutes wollte gönnen —

Die Flaſch' und unſer Herz iſt frei,

Und wir, wir zeigen was wir können.
[76]

Blitzableiter.

Wilder Geiſt, wie Wetterwolke

Ueber uns zuſammenzieht:

Ach, wie hilft man unſerm Volke,

Daß ihm nicht ein Leid geſchieht?
Wetterſchäden zu verhüten,

Giebt es ja ein Mittel jetzt;

Für des wilden Geiſtes Wüthen

Giebt's ein Mittel auch zuletzt.
Hänget an die Blitzableiter

Titel, Würden, Orden, Geld,

Und das Wetter wird gleich heiter,

Und beruhigt iſt die Welt.
[77]

Gleichheit.

Gott ſchuf die Thäler, ſchuf die Berge,

Gott ſchuf die Rieſen, ſchuf die Zwerge,

Er ſchuf die Menſchen groß und klein:

Gleich ſoll ſich nichts auf Erden ſein.
Wir wollen Gottes Ordnung halten,

Wir laſſen's alſo hübſch beim Alten;

Auch gleiches Maß und gleich Gewicht,

Ja, wär's nicht da, wir gäben's nicht.
[78]

Die Adelszeitung
nach Chriſti Geburt 1840.

Stemmata quid faciunt?

Juvenalis 8, 1.
Was bringt die Adelszeitung Neues?

Sie bringt die alte Herrlichkeit,

Das alte Glück der alten Zeit,

Der Deutſchen alten Preis und Ruhm:

Das heil'ge deutſche Adelsthum.
Was bringt die Adelszeitung Neues?

Sie bringt, was ihr von Alters wiſſt,

Daß uralt aller Adel iſt,

Denn eh die Welt den Heiland ſah,

War ſchon der deutſche Adel da.
Was bringt die Adelszeitung Neues?

Sie bringt und ſingt den alten Sang,

Daß aus der Götter Schoß entſprang

Des alten Adels echtes Reis,

Der armen Menſchheit Ehrenpreis.
[79]
Was bringt die Adelszeitung Neues?

Sie bringt und ſingt das alte Lied,

Das alte Lied vom Unterſchied,

Und daß ein göttergleich Geſchlecht

Verdient ein eignes Menſchenrecht.
Was bringt die Adelszeitung Neues?

Sie bringt den alten Satz zurück,

Daß Fürſtenheil und Völkerglück

Und alles Gut' in dieſer Welt

Nur mit dem Adel ſteht und fällt.
Was bringt die Adelszeitung Neues?

Sie bringet uns das Alte nur:

Daß jede Bürgercreatur

Nie ein Verdienſt hat um den Staat,

So lang ſie nicht den Adel hat.
Was bringt die Adelszeitung Neues?

Sie bringt das einz'ge Neue nur,

Daß auf des Vaterlandes Flur

Stammbäume wieder gut gedeihn —

Gott woll' uns allen gnädig ſein!
[80]

Iſrael.

Deine Sonne ging zu Rüſte,

Und dein Sabbathstag begann:

Ewig ſoll dein Beten dauern,

Und um Iſrael dein Trauern,

Denn es hebt nie wieder an.
Kein Meſſias kann dich retten,

Aber Gott erbarmet ſich,

Und erweckt durch deine Leiden

Lieb' in Chriſten und in Heiden,

Und die Liebe rettet dich.
[81]

Fromm.

Der Ritter hieß vrum, wenn er mit
dem Degen in der Fauſt das Recht ver¬
theidigte, ſelbſt aber niemand etwas zu
Leide that; die Zeiten änderten ſich; man
wollte keine frommen Ritter mehr haben;
was man dagegen recht vrum, brauch¬
bar, fand, waren fromme Schafe.

Hofrath Benecke zum Wigalois Seite 581.
Wer an das Vaterland nur dachte,

Dem Vaterland ſich dienſtbar machte

Mit Rath und That, mit Hab' und Gut

Und, wo es galt, mit Leib und Blut,

Wer ſo das Himmelreich gewann,

Hieß weiland nur ein frommer Mann.
Was aber ſind die frommen Leute

Für unſer Vaterland doch heute?

Sie haben ſich von uns gewandt,

Der Himmel iſt ihr Vaterland,

Das Leben ihnen eine Laſt,

Der Tod nur lieb, die Welt verhaſſt.
6[82]

Die Patrioten.

Nunc patimur longae pacis mala.

Juvenalis 6, 291.
Ich ſaß in einer alten Schenke,

Verräuchert waren Tiſch' und Bänke,

Kaum ſah man Ohren, Aug' und Naſe,

Ein jeder ſaß vor ſeinem Glaſe.
Und als ſie ſo im Zwielichtſcheine

Still ſaßen da bei ihrem Weine,

Da ward es Zwielicht auch in ihnen,

Daß ſie ſich ſelber hell erſchienen.
Die Augen funkelten wie Blitze,

Sie rückten ſchnell von ihrem Sitze,

Sie wurden laut und immer lauter,

Vertrauter dann und noch vertrauter.
Wie ſie aus voller Kehle ſangen!

Und wie die Gläſer hell erklangen!

„Geſegnet ſei die gute Stunde!“

So ſcholl es laut von jedem Munde.
[83]
„Dem König Heil! Heil ſeinen Fahnen!

Heil ſeinen guten Unterthanen!

Heil ſeinen treuen braven Knechten,

Die für ihn ſterben, für ihn fechten!“
Da gab es Witze, Scherz' und Schwänke,

Lebendig ward die ganze Schenke,

Sie wurden toll und immer toller,

Die Flaſchen leer, die Köpfe voller.
Der eine fiel, der andre ſchwankte,

Der eine ſank, der andre wankte,

Und hob ſich einer auch mal wieder,

So fiel er mit dem andern nieder.
Und Wirth und Gäſte, Tiſch' und Bänke,

Und Flaſchen, Gläſer, Scherz' und Schwänke,

Wie lags beiſammen da ſo traulich,

Und wie gemüthlich und erbaulich!
6 *[84]

Champagnerlied.

Ein ächter deutſcher Mann kann keinen Franzen leiden,
Doch ihre Weine trinkt er gern.

Brander im Göth. Fauſt.
Das iſt für mich die beſte Schlacht,

Wenn die Flaſchen knallen,

Wenn die Stöpſel fallen,

Wenn es ſchnell wie Blut ſich ergießet,

Wenn es hell wie Feuer fließet,

Wenn ſich alle Händ' erheben,

Jedem Herz und Hand zu geben —

Stoßet an! ſtoßet an!

Das iſt die ſchönſte Schlacht der Welt,

Die einzige die mir gefällt!

Unſre Feinde, ha, wir kennen ſie nicht;

Gott geb' ihnen hier mehr Wärm' und Licht,

Daß es ihnen dort nicht dran gebricht.

Stoßet an! ſtoßet an!

Und wird von uns ja einer erſchlagen,

Wir wollen ihn zu Grabe tragen

[85]
Mit einem Labetrank,

Mit einem Habedank:

Requiescat! requiescat!

Er hat es ſatt!

Und wünſchen, daß der müde Streiter

Erwache morgen friſch und heiter.

Wir aber kämpfen immer weiter,

Bis die letzten Flaſchen knallen,

Bis die letzten Stöpſel fallen. —
[86]

Der deutſche Kaiſer.

Hin iſt des deutſchen Reichs uralte Herrlichkeit,

Zu einer Sage ward's in dieſer jungen Zeit,

Doch hält das Volk noch feſt an ſeinem alten Herrn,

Zu ſeinem Banner eilt's noch hin von nah und fern.
Was lockt das Volk wohl hin? Nicht Kriegsluſt, Sold und Ruhm,

Nicht mehr Begeiſterung fürs alte Kaiſerthum.

Das Volk ſucht Obdach nur, es will nur Ruh' und Raſt,

Begehrt Erquickung nur für manche Müh' und Laſt.
Zum deutſchen Kaiſer bin auch ich wohl eingekehrt,

Auch ich hab' auf ſein Wohl gar manches Glas geleert:

Denn dieſer Kaiſer war ein deutſches Wirthshaus nur,

Vom heil'gen röm'ſchen Reich die allerletzte Spur.
[87]

Licht und Schatten.

— ſo wäre es vielleicht manchem Schrifſteller vom
Anfang des 19, Jahrhundert's in proteſtantiſchen
Ländern nicht zu verdenken, wenn er ſich einen ſchick¬
lichen und beſcheidenen Theil von derjenige Preßfreiheit
wünſchte, welche die Päpfſte zu Anfange des 16. ohne
Bedenken allgemein zugeſtanden haben.

Fichte, Reden an die deutſche Nation.
(Berlin 1808.) S. 12.
Freilich, Luthers Zeiten hatten

Schatten mehr, viel mehr als Licht,

Und man ließ der Welt den Schatten,

Doch das Licht verbot man nicht.
Zwar noch heut' iſt frei der Schatten,

Aber nicht des Lichtes Schein;

Licht will man uns wohl verſtatten,

Doch zum Schattenſpiel allein.
Jene finſtern Zeiten kannten

Keine — — ſche Cenſur:

Und ihr hellen Proteſtanten

Rühmt euch geiſtiger Cultur?!
[88]
Laſſt doch jedem ſeinen Schatten,

Und ſein Licht verwehrt ihm nicht;

Laſſt doch uns auch, was wir hatten,

Unſern Schatten, unſer Licht!
Laſſt doch uns in unſern Tagen

Ihn den Fürſten finſtrer Nacht

Mit dem Dintenfaß verjagen,

Wie es Luther hat gemacht!
[89]

Höchſt und Allerhöchſt.

Die allerhöchſten Herrſchaften beſtiegen den
höchſten Gipfel des Berges, knieten nieder
und flehten zum Höchſten.

Oeſtl. Zeitungen.
Gott iſt nur der Höchſt' auf Erden,

Doch der Allerhöchſte nicht.

Willſt du deſſen inne werden,

Nun, ſo haſt du hier Bericht:
Alles Allerhöchſt' auf Erden

Iſt von Königesgeſchlecht,

Und das kann doch Gott nicht werden,

Denn das iſt für ihn zu ſchlecht.
[90]

Cenſorenmiſſverſtändniſs.

Hierum wo etwas frei noch wär,
Bald bringen ſie ein Urſach her,
Zu faſſen das mit einem Strick.

Ulrich von Hutten.
„Die Kaiſerkronen ſind erfroren,

Und heuer ſieht das Volk ſie nicht.“

So faſſt den Nachtfroſt bei den Ohren,

Ihn ſtreichet, ihn, nicht mein Gedicht!
„Die Königskerzen ſind erfroren,

Und heuer glänzt nicht mehr ihr Licht.“

Der Herbſtwind that's, o ihr Cenſoren,

Ihn ſtreichet, ihn, nicht mein Gedicht!
Nicht ſtrafet mich, nicht ſtraft den Dichter!

Nur Wahrheit ſprach und ſpricht ſein Mund:

Der Dichter iſt nur ein Berichter,

Er thut nur das Erlebniß kund.
[91]

Die Genügſamen.

Du Ideenvolk, auf's Denken

Muſſt du dich allein beſchränken!

Möchte dir doch Gott auch ſchenken

Preßfreiheit zu deinem Denken!
„Gott hat uns genug gegeben.

Segnet Er nur unſre Reben,

Wird es ja in unſerm Leben

Preßfreiheit genug noch geben.“
[92]

Die wilden Gänſe.

der luft —
der muoz uns doch gemein sîn.

Vrîdanc.
Ihr wilden Gänſe habt es gut,

Ihr ziehet frei und wohlgemuth

Von einem Strand zum andern Strand

Durch's ganze liebe deutſche Land.
Uns zahmen Menſchen geht's nicht ſo,

Wir reiſten gern' auch frei und froh

Ununterſucht und unbekannt

Durch's ganze liebe deutſche Land.
Kaum ſind wir aber fort von Haus,

So muß auch ſchon der Paſs heraus.

Wir werden niemals ſorgenfrei

Vor lauter Mauth und Polizei.
O daß doch einer es erdenkt,

Wie man den Luftball ſicher lenkt!

Hier hört nicht auf die Hudelei —

Nur in den Lüften ſind wir frei.
[93]

Freiheit.

Wozu ſollen die Beſchwerden?

Freiheit iſt genug auf Erden,

Wenig, viel und nichts zu werden.
Freiheit ward uns in Gewerben,

Im Verthun und im Verderben,

Im Verhungern und im Sterben.
Weiter kannſt du's hier nicht bringen;

Andre Freiheit zu erringen,

Wird dir dort nur erſt gelingen.
[94]

Haifiſch.

O ſage mir,

Wie heißt das Thier,

Das Vieles kann vertragen,

Das wohl den größten Rachen hat

Und auch den größten Magen?
Es iſt bekannt

In Stadt und Land,

In jedem Ort und Flecken,

Und wer's einmal geſehen hat,

Denkt dran mit Angſt und Schrecken.
Schlag nach geſchwind,

Mein liebes Kind,

In Oken's erſtem Bande:

Es heißet Haifiſch in dem Meer

Und Fiscus auf dem Lande.
[95]

Heute mir, morgen dir.

Nichts will bei uns mehr gehen,

Weil wir auf's Stehn nur ſehen,

Drum laſſen wir auch unſre Heere ſtehen.
Nur ihnen iſt zu danken,

Daß wir in unſern Schranken

Nicht kommen in ein miſſlich Schwanken.
Doch ſteht vor dieſen Heeren,

Leibwachen mit Gewehren,

Ein groß Gedankenheer mit Schwert und Speeren.
Wenn beide ſich bekriegen,

Wer wird von beiden ſiegen?

Die Gedanken ſtehn, und unſre Heere fliegen.
[96]

Gott ſei der armen Seele gnädig!

Mel. Wer niemals einen Rauſch gehabt.


Der Herr von Leib regieret jetzt,

Ein ganz gewaltiger Mann,

Er iſt gar werth und hochgeſchätzt,

Und bleibt es auch fortan,

Denn viele Millionen ſind

Ihm unterthan mit Weib und Kind.
Frau Seele ſchaffet Tag und Nacht,

Das arme gute Weib,

Gräbt edles Erz aus manchem Schacht

Und nur für Herrn von Leib,

Denn Herr von Leib das iſt der Staat,

Ihr wiſſt ſchon, was der nöthig hat.
[97]
So wird in Kriegs- und Friedenszeit

Sein theures Haupt bewacht,

Und zwar in Glanz und Herrlichkeit,

Weil's ihm Vergnügen macht;

Und dies Vergnügen kennt kein Ziel

Und koſtet viel, ja viel viel viel.
Manch junger Held erhält viel Geld,

Bloß weil er Wache ſteht

Und ſorglos durch die Friedenswelt

In Uniformen geht.

Drum zieh den bunten Rock auch an,

Du Seel', und werd' ein Kriegesmann!
7[98]

Papier ohne Ende.

Durch Papier beſtehen wir:

Menſchenherrſchaft iſt Papier.

Ja, Papier ſind alle Pacte,

Auch ſogar die Bundesacte,

Alles, alles iſt Papier.
Durch Papier beſtehen wir:

Gottes Wort iſt auch Papier,

Denn Papier iſt Glaub' und Fibel,

Auch ſogar die ganze Bibel,

Alles, alles iſt Papier.
Durch Papier beſtehen wir:

Laſſt uns achten das Papier,

Seine Ahnen auch die Lumpen

Mehr als Gold und Silberklumpen,

Denn ohn' End' iſt das Papier.
Doch was ſind am Ende wir?

Wären wir doch nur Papier!

Wenn der jüngſte Tag ſich fände

Und wenn Alles nähm' ein Ende,

Blieben doch am Ende wir.
[99]

Lumpe und Lumpen.

O wie iſt es doch ſo ſelten,

Daß ein Ehrenmann was gilt!

Wollt ihr heute noch was gelten,

Leget ab der Ehren Schild!
Und zu Lumpen müſſt ihr werden,

Denn aus Lumpen macht man Geld,

Und das Geld es gilt auf Erden,

Bis vergeht die Lumpenwelt.
7 *[100]

Fünfte Sitzung.

Trinklied.

Dô huob er ûf unde tranc.

Weinschwelg.
Die Fröſch' und die Unken

Und andre Hallunken,

Die können nur zechen

Mit röchelnden Rachen,

Sie ſchlürfen aus Bächen,

Aus Pfützen und Lachen,

Aus Gruben und Klüften,

Aus Weihern und Teichen,

Aus Gräben und Grüften

Und manchem dergleichen,

Und plärren im Chor

Auf Modder und Moor

Nur Schnickſchnack, Schnackſchnack,

Und Unkunk, Quackquack.

[101]
Wir ſitzen ſo ſinnig,

Treuherzig und minnig,

Wir frohen Geſellen,

Wir machen es beſſer,

Denn unſere Quellen

Sind Flaſchen und Fäſſer;

Wir laſſen ſie fließen

Bei Lachen und Scherzen,

Bis ſie ſich ergießen

In unſere Herzen;

Draus tönt dann der Wein

Gar lieblich und fein

Nur Liedes-Singſang

Und Liebes-Klingklang.
[102]

Landwirthſchaftliches.

Mit Vortheil läſſt ſich bauen

Ein neues Futterkraut,

Das man in allen Gauen

Sonſt wenig hat gebaut.
Damit kann man beleben

Die Viehzucht überall,

Man kann es täglich geben

Dem Vieh in Hürd' und Stall.
Duck-dich ſo heißt der Samen

Und iſt gar wohl bekannt,

Die Frucht hat andern Namen,

Wird Knute nur genannt.
Wenn's Vieh daran nur lecket,

So wird es wohlgemuth,

Daß es, was man bezwecket,

Recht gern und willig thut.
[103]

Schlagverſe.

Nein, beſtehen ſoll das Schlagen!

Zwar nicht gut iſt Schlag und Hieb,

Werden wir nur nicht geſchlagen,

Iſt uns alles Schlagen lieb.
Denn wir ſind gut eingeſchlagen,

Nicht geſchlagen aus der Art.

Wenn die Trommel wird geſchlagen,

Iſt ſchon unſer Volk geſchaart.
Gegen Feindes Anſchlag ſchlagen

Wir den Richtweg ein zur Schlacht,

Und es wird die Schlacht geſchlagen,

Eh's der Feind noch hat gedacht.
Wie ein Schiff im Meer verſchlagen,

Schlägt ſein böſer Anſchlag um,

Und die Trommel wird geſchlagen,

Siegreich kehrn wir wieder um.
[104]
Und ſo wagen und ſo ſchlagen

Wir uns muthig durch die Welt,

Bis das Herz hat ausgeſchlagen

Und des Lebens Schlagbaum fällt.
Und ſo lange Finken ſchlagen

Und die Eichen ſchlagen aus,

Werden deutſche Herzen ſchlagen,

Und das Schlagen ſtirbt nicht aus.
[105]

Die Europamüden.

Den Mädchen und den Flaſchen

Ward eure Jugendfriſche;

Ihr geht mit leeren Taſchen

Beim Alter jetzt zu Tiſche.
Sehnſüchtig nach dem Schlummer

Sitzt ihr in eurer Kammer,

Und euer letzter Kummer —

Es iſt ein Katzenjammer.
[106]

Veredelung.

Nur das Vollblut läſſt man gelten,

Drum erzielt man's hie und da,

Ja, man ſchicket auch nicht ſelten

Selber noch Arabia.
Wer kann das Beginnen ſchimpfen?

Iſt es auch nicht practiſch ſehr,

So den Adel einzuimpfen,

Giebt's doch etwas Adel mehr.
Was kann mit der Zeit noch werden,

Sind vereinte Kräft' im Bund!

Treibt man's ſo ſchon mit den Pferden,

Kommt man bald auch auf den Hund.
[107]

Ein ſchöner Zug.

Wenn ihr nicht frei euch fühlt zu Haus,

Wohlan, ſo ziehet gleich hinaus!

Frei könnt ihr ziehn aus allen deutſchen Landen,

Freizügigkeit iſt auch für euch vorhanden.
Ein ſchöner Zug von unſrer Zeit!

Ein ſchöner Zug: Freizügigkeit!

Dir fehlt ein n an deines Glückes Sterne:

Freizügig Volk, freizüngig wärſt du gerne!
[108]

Kirchenhiſtoriſches.

Dank, Luther, Dank! du lehrteſt jeden

Mit Gott in deutſcher Sprache reden,

Haſt uns zu Gottes Preis und Ruhm

Gebracht ein deutſches Chriſtenthum.
Doch hat uns unter deinem Schilde

Gebracht die Philologengilde

Zu ihrem eignen Preis und Ruhm

Ein proteſtantiſch Heidenthum.
[109]

Die lateiniſchen Gläubigen.

Denn es hörete ein jeglicher, daß ſie mit
ſeiner Sprache redeten.

Apoſtelgeſchichte 2, 6.
Ihr ſingt und betet in Latein!

Will Gott kein Gott der Deutſchen ſein?

In unſres Feindes Sprache ſollen

Wir Dank und Preis dem Höchſten zollen?
Iſt ihm nicht jedes Volk und Reich,

Iſt ihm nicht jede Sprache gleich?

Ihr wollt mit fremden, todten Tönen

Ihn den Lebendigen verſöhnen?
Zu Gott empor, du deutſches Herz,

Deutſch bet' und ſing' in Freud' und Schmerz!

Die Sprache, die mit dir erſchaffen,

Ziemt nur vor Gott den Lai'n und Pfaffen.
[110]

Die liberalen Modegecken.

Du ſchwöreſt Allem Untergang

Was je dich hemmt in deinem Frieden,

Verflucheſt den Gewiſſenszwang

Und Geiſtesdruck hienieden;
Du ſchreiſt nach Freiheit, ſchreiſt nach Recht

Im Anblick großer Kriegesheere,

O du großmäuliges Geſchlecht,

Und dich beherrſcht die Schneiderſcheere!
[111]

Humanitätsſtudien.

Idque apud imperitoshumanitas
vocabatur, cum pars servitutis esset.

Taciti Agricola cap. 21.
Dies Geſchlecht, das in Vokabeln

Wie der Ochs' im Joche zieht,

Das vor grauen Götterfabeln

Keine Gegenwart mehr ſieht —
Dies Geſchlecht, es ſchien geboren

Nur in Rom und in Athen,

Und wie Deutſchland ging verloren,

Ließen ſie es gern geſchehn.
Wenn nur Götterruh und Frieden

Ihre matte Seele fand,

Nun, das war für ſie hienieden

Mehr als je ein Vaterland.
[112]
Wirbſt auch du um Siegeskränze

In der todten Wiſſenſchaft?

Weihſt auch du dem fremden Lenze

Deines Lebens Füll' und Kraft?
Deutſche Jugend, du von heute,

Voll von Griechiſch und Latein,

Wirſt du auch der Vorwelt Beute,

Du auch uns verloren ſein?
Ein Geſchlecht, das in Vokabeln

Wie der Ochs' im Joche zieht,

Das vor grauen Götterfabeln

Keine Gegenwart mehr ſieht?
[113]

Dummheit.

Dummheit macht ſich ſtets am breitſten

Hier in dieſer engen Welt,

Sie erſcheint auch am geſcheitſten

Immer noch der dummen Welt.
Aber was mir thut am leidſten

Auf der ganzen lieben Welt:

Dummheit, Dummheit, kommt am weitſten

Endlich doch noch in der Welt.
8[114]

Lauriger Horatius, quam dixisti
verum:

Hoc fonte derivata clades

In patriam populumque fiuxit!
Ihr müſſt durch alle Schulen wandern

Und ſchon von Kindesbeinen an,

Von einem Lehrer zu dem andern,

Zu lernen was man lernen kann.
Ihr müſſet immerfort ſtudieren,

Das halbe liebe Leben lang,

Ihr müſſet zeitig euch dreſſieren

In einen ſchulgerechten Zwang.
Ihr müſſet Prüfungen beſtehen,

Die ſelbſt ein Hiob kaum beſtand,

Und dann noch bitten, betteln, flehen,

Als ſuchtet ihr's gelobte Land.
Was iſt denn euer Ziel auf Erden

Für ſoviel Kräfte, Geld und Zeit?

Ihr wollet nur Bedienten werden

Und bleiben bis in Ewigkeit.
[115]

Die Streichinſtrumentiſten.

Es giebt einen Freiſtaat, der in einer Bruſt
Raum hat — oder haſt du kein Herz?

Jean Paul, Dämmerungen für Deutſchland.
Ihr möchtet gerne ſtreichen

Des Geiſtes Freud' und Luſt,

Doch könnt ihr niemals reichen

In eine freie Bruſt;
Die wird euch nimmer fröhnen

Wie lumpiges Papier,

Die wird euch ſtets verhöhnen

In eurer Vampyrgier.
Wenn ihr den Wütherichen

An Glück und Ehren gleicht,

Ihr werdet einſt geſtrichen,

Wie ihr die andern ſtreicht.
Drum ſtreichet nur die Geigen,

Macht ehrlich eure Hand!

Spielt auf zum Geiſterreigen

Für's deutſche Vaterland!
8 *[116]

Mein iſt das Recht.

Ich bin ein Herr in meinem Rechte,

Und dieſes Recht, es iſt mein Haus:

Wer wagt es, welcher Knecht der Knechte,

Und will vertreiben mich daraus?
Ihr könnt's belagern, könnt's berennen —

Ich aber weiche nicht daraus;

Ihr könnt's zertrümmern, könnt's verbrennen —

Mein iſt das Recht, das Recht mein Haus!
[117]

Die Sternträger.

Wenn ihr den Stern am Rücken traget,

Wo auch ſein Kreuz der Eſel trägt,

Gewiß, nicht eine Seele fraget,

Ob drunter auch ein Herz wohl ſchlägt.
Doch ſo, ich könnt' es nicht verſchmerzen,

Erging' es mir wie dieſen Herrn,

Nichts auf dem Herzen, nichts im Herzen,

Und doch am Herzen einen Stern.
[118]

Die Fragenden.

O curas hominum, o quantum est in rebus inane!

PersiusI, I.
Warum ſo viel Staffetten jagen?

Was hat ſich denn wohl zugetragen?

Nicht viel — die Diplomaten fragen.
Sie fragen in die Kreuz und Quere,

Sie fragen über Kriegesheere,

Und über Flotten, Land' und Meere.
Sie fragen ſtets, bei Nacht, bei Tage,

An jedem Ort, in jeder Lage,

Sie fragen über jede Frage.
Ob wir wohl Antwort je erleben? —

Wenn lange noch die Fragen ſchweben,

Wird uns die Zeit ſchon Antwort geben.
Dann werden ſie und ihresgleichen,

Sie die lebendigen Fragezeichen,

Vor ſolcher Antwort ſchier erbleichen.
[119]

Diplomatiſche Klarheit und Kürze.

Hinz! ſagt Klaus,

Ich komm von Haus.

Es ſchickt mich her,

Ihr wiſſt ſchon wer?

Wie heißt denn das?

Ihr wiſſt ſchon was? —
Hinz ſagt: Klaus!

Geh nur nach Haus,

Und ſag du dem,

Du weiſſt ſchon wem,

Und ſag du das:

Ich will ihm was
[120]

Die jungen Litterarhiſtoriker.

Känntet ihr doch nur

Unſre Sprach' und Gedichte,

Unſerer Litteratur

Tauſendjähr'ge Geſchichte!
O ſo ſchwiegt ihr nur,

All ihr Pfuſcher und Hudler,

Unſerer Litteratur

Allzeitfertige Sudler!
Seidenſchwanznatur

Iſt euch aber gegeben,

Und von der Litteratur

Müſſet leider ihr leben.
Nun, ſo ſchmiert denn nur

Ohne Scham und Gewiſſen!

Unſere Litteratur

Ward ſchon öfter beſchmiſſen.
[121]

Die Ausgepreſſten.

Ach, aus dem Leben wird verſchwinden

Des Geiſtes und des Herzens Saat!

Wo iſt doch künftig noch zu finden

Lebend'ges Wort und friſche That?
Wie's Korn der Müller auf die Mühle,

So ſchicken wir zur Preſſe hin

Den Vorrath friſcheſter Gefühle

Und neueſten Ideengewinn.
Und wenn uns ſo das Tagsintereſſe

Tagtäglich an die Preſſe weiſt,

Sehn wir auf Leipzigs Büchermeſſe

Bald nur noch Deutſchlands Herz und Geiſt.
[122]

Recenſenten.

Vivant omnes hi et hae, qui et quae,
Horum harum, quorum quarum

Sanitatem bibimus etc.
Ihr alten Jungfern, Recenſenten,

Ihr könnt euch über nichts doch freu'n,

Ihr möchtet jeder Braut im Kranze

Auf ihrem Kirchgang Häckſel ſtreu'n.
Ihr alten Jungfern, Recenſenten,

Ihr ahndet Mutterfreuden nicht,

Ihr habt mit Puppen nie geſpielet

Und wiſſt nicht, was ein Kindlein ſpricht.
[123]

Sechste Sitzung.

Trinklied.

Dô huob er ûf unde tranc.

Weinschwelg
Unſre Väter ſind geſeſſen

Auch vor vollen Gläſern hier,

Unſre Väter ſind vergeſſen,

Und vergeſſen werden wir.
Wer kann alles auch behalten,

Was geſchieht und nicht geſchieht?

Ob ſich hier die Stirn' in Falten,

Dort der Mund zum Lächeln zieht?
Leer' und volle Köpf' und Taſchen

Werden nach uns auch noch ſein,

Nach uns giebt's noch Krüg' und Flaſchen,

Gläſer mit und ohne Wein.
[124]
Und wenn dieſe gehn zu Scherben,

Neue Gläſer werden draus;

Wenn die alten Gäſte ſterben,

Kommen neue Gäſt' ins Haus.
Könnten unſre Väter ſprechen,

Sprächen ſie: ſtoßt an und zecht!

Leben war noch nie Verbrechen,

Und der Lebende hat Recht!
[125]

Schwabenkrieg.

Cur mundus militat sub vana gloria.

Jacobus de Benedictis.
Die Trommel ſchlägt, zum Krieg hinaus

Mit Spießen, Degen, Flinten!

Fürwahr, es iſt ein harter Strauß!

Wir ziehn hinaus mit Mann und Maus,

Und keiner bleibt dahinten.
Und als die wilde Schlacht begann,

Da ſollten wir uns ſchlagen.

Da ſprach ich: gebt mir meinen Mann —

Was geht mich euer Krieg denn an? —

Will mich mit ihm vertragen.
Der Rath war überraſchend neu

Den Tapfern wie den Feigen.

Ein jeder ſprach: bei meiner Treu!

Ich bin kein Tieger, bin kein Leu,

Ich will mich menſchlich zeigen.
[126]
Und ſo auch dachte bald der Feind,

Er ließ die Fahnen ſenken:

Wir wollen brüderlich vereint,

So lang uns noch die Sonne ſcheint,

An etwas Beſſers denken. —
Da zechten wir auf den Vertrag,

Und ſangen Friedenslieder;

Und als vorbei war das Gelag,

Sprach Jeder: ach, wann kommt der Tag,

Wann ſchlagen wir uns wieder!
[127]

Der Wehrſtand.

Gott grüß euch, lieben Kriegesknechte!

Ihr ſeid die Friedensherren nun:

Wo ſind noch Schlachten, wo Gefechte,

Seit Völkerhaß und Zwietracht ruhn?
Was wart ihr einſt im deutſchen Reiche?

Ein Eichwald ſchier mit Schwert und Speer;

Jetzt ſeid ihr an der deutſchen Eiche

Die Miſtel nur und ſonſt nichts mehr.
[128]

Der Spittelleute Klagelied.

Wir armen Spittelleute,

Was haben wir zu thun!

Wir müſſen Morgens früh aufſtehn,

Und wenn wir das Gebet geſprochen,

Zwei Eimer Waſſer holen gehn

Und unſre Morgenſuppe kochen.
Wir armen Spittelleute,

Was haben wir zu thun!

Dann müſſen wir um halber zehn

An unſer Tagewerk gleich ſchreiten,

Und wiedrum an dem Heerde ſtehn

Und unſer Mittagsmahl bereiten.
Wir armen Spittelleute,

Was haben wir zu thun!

Kaum iſt das Mahl genommen ein,

Kaum kann man ſich des Schlafs erwehren,

Gleich muß man wieder munter ſein,

Das Vesperbrötchen zu verzehren.
[129]
Wir armen Spittelleute,

Was haben wir zu thun!

Iſt nun auch endlich das geſchehn,

So wird es Abend unterdeſſen,

Wir möchten gern zu Bette gehn,

Und müſſen noch zu Nacht erſt eſſen.
Wir armen Spittelleute,

Was haben wir zu thun!

Gottlob! bald endigt ſich die Noth!

So denkt man wohl, o ja — mit Nichten!

Wir müſſen nach dem Abendbrot

Erſt unſre Andacht noch verrichten.
Wir armen Spittelleute,

Was haben wir zu thun!

Nun iſt es doch zum Ausruhn Zeit!

O nein! wir dürfen noch nicht ſchlafen;

Der Spittelmeiſter lärmt und ſchreit:

Erſt reinigt Teller, Krug und Hafen!
9[130]

Aria
eines ſehr gering beſoldeten und doch königlichen
Profeſſors am Vorabend ſeines 25jährigen
Dienſtjubiläums.

Aus Dornen ſeh' ich Roſen blühen,

O blühte ſo mein Glück doch auch,

Denn meines Lebens Sorg' und Mühen

Sind mehr noch als ein Dornenſtrauch.

O Frühling, Frühling, denke mein,

Laß Glück und Roſen eins nur ſein!
Dann mag verwelken und verſchwinden

Auch mit den Roſen mir mein Glück,

Es wird ſich immer wiederfinden,

Denn mit den Roſen kehrt's zurück.

O Frühling, Frühling, denke mein,

Laß Glück und Roſen eins nur ſein!
[131]

Virtus philologica.

Quos ego!


Was rühmt ihr doch an Rom und Griechenland

Stets Freiheit, Tapferkeit und Vaterland?

O wäret ihr nur Sklaven dort geweſen,

Von eurem Rühmen wärt ihr längſt geneſen!
Zwar Sklaven ſeid ihr, eurer Wiſſenſchaft,

Die euch verzehret euer Mark und Kraft,

Daß ihr trotz allen alten Herrlichkeiten

Schulfüchſe ſeid und bleibt in unſern Zeiten.
9[132]

Licht- und Fenſterrecht.

Was ihr von Lichtrecht ſchreibt und ſprecht!

Uns ward ja nur ein Fenſterrecht:

Hinein wohl darf das Licht ins Haus,

Doch leider darf kein Licht heraus.
O gute gnädige Natur!

Sind unſre Augen Fenſter nur?

Und ſoll der Geiſt zufrieden ſein

Mit Allem was man bringt hinein?
[133]

Claſſiſche Gelahrtheit.

Mel. Guter Mond, du gehſt ſo ſtille.


Ja, es war in jenen Tagen

Liebe für das Vaterland:

Wie ſich Sparta hat geſchlagen,

Macht Thermopylä bekannt.
Lebt es doch in Aller Munde

Was dereinſt dies Sparta war,

Und es giebt uns ſichre Kunde

Ein Tertianer ja ſogar.
Was bei Pforzheim iſt geſchehen,

Frag die Philologen drum,

Gieb es ihnen ſelbſt zum Lehen,

Und — ſie bleiben dennoch ſtumm.
[134]

Kunſtzopf.

Mel. In einem Thal bei armen Hirten
Erſchien mit jedem jungen Jahr.


Aus deinem eignen Haar gewunden

Ward dir ein ungeheurer Zopf.

Schon hundert Jahre ſind verſchwunden,

Dir aber blieb der Zopf am Kopf.
Viel große Meiſter ſahn ihn hangen,

Und jeder nahm dir ab ein Stück,

Sie alle ſind dann heimgegangen,

Dir aber blieb der Zopf zurück.
Geheimnißvoll und zaubriſch ſchwebet

Der Zopf ob allen Staffelein,

Und keiner der da lebt und webet

Will dich, o freie Kunſt, befrei'n.
Was dir noch blieb, wird werthgehalten

In allen Kunſtakademien;

Die Alten bleiben gern beim Alten,

Und keiner darf ein Haar draus ziehn.
[135]
Drum mag's dich auch nicht weiter quälen,

Wir alle tragen unſer Leid;

An Zöpfen wird's der Welt nicht fehlen

Von nun an bis in Ewigkeit.
Und wird dein alter Kopfſchmuck ſchwinden,

Dann ſind die Meiſter gleich bereit,

Dir einen neuen Zopf zu winden,

Wie er ſich paſſt für unſre Zeit.
[136]

Erläuterung
zum 13. Artikel der Bundesacte.

Herr Wirth, Herr Wirth, ein Gläschen Wein! —

Für mich wird das genug nicht ſein:

Schenkt mir ein volles Viertel ein! —

Und mir bringt eine Flaſch' herein!

Der Wirth, er dreht ſich um und um,

Er läuft im ganzen Haus' herum,

Und rechtsum, linksum, ringsum, und — kurzum,

Er kann den Schlüſſel nicht finden.
Und ach! die Gäſte mehren ſich:

Was zögerſt du? ſo ſprich, ſo ſprich!

O Wirth, o Wirth, erbarme dich!

Denn unſer Durſt iſt fürchterlich.

Der Wirth, er aber bleibet ſtumm,

Und dreht ſich wieder um und um,

Und läuft im ganzen Haus' herum,

Und rechtsum, linksum, ringsum, und — kurzum,

Er kann den Schlüſſel nicht finden.
[137]
Und größer wird die Cumpanei,

Und größer nur die Zögerei,

Und immer lauter das Geſchrei:

He holla! Wirthſchaft! Wein herbei!

Der Wirth, der Wirth, er ſtellt ſich dumm,

Er hört, er ſieht, er bleibet ſtumm,

Und dreht ſich wieder um und um,

Und läuft im ganzen Haus' herum,

Und rechtsum, linksum, ringsum, und — kurzum,

Er kann den Schlüſſel nicht finden.
O Wirth, was iſt das für Manier?

O Wirth, o Wirth, wie zaudert Ihr!

Bringt Wein! denn Wein begehren wir.

Zum Teufel denn, was iſt das hier!

Der Wirth, verneigt ſich, ſteht ganz krumm,

Er lächelt, ſchmunzelt, ſtellt ſich dumm,

Er hört, er ſieht, er bleibet ſtumm,

Und dreht ſich wieder um und um,

Und läuft im ganzen Haus' herum,

Und rechtsum, linksum, ringsum, und — kurzum,

Er kann den Schlüſſel nicht finden.
Das iſt doch ſonderbar, hum! hum!

Schon eine Viertelſtund' iſt um,

Du drehſt dich, rennſt wie toll und dumm,

So ſag doch wie? ſag, ſag warum?

[138]
Der Wirth weiß ſchon das Wie? Warum?

Er neigt ſich, beugt ſich, ſteht ganz krumm,

Er lächelt, ſchmunzelt, ſtellt ſich dumm,

Er hört, er ſieht, er bleibet ſtumm,

Und dreht ſich wieder um und um,

Und läuft im ganzen Haus' herum,

Und rechtsum, linksum, ringsum, und — kurzum,

Er.


Ich kann den Schlüſſel nicht finden!


Alle (in höchſter Verwunderung).


Er kann den Schlüſſel nicht finden!


[139]

Bömiſche Dörfer.

Pegaſus der alte Schimmel

Und Apollo fehlet nie,

Ja der ganze Götterhimmel

Prunkt in eurer Poeſie.
Mit dem Wörterbuche leſen

Muß man jedes Maigedicht;

Wer die Cypris iſt geweſen

Weiß ich armer Deutſcher nicht.
Auch Pandora, Flora, Iris,

Zeus, Aurora, Rhadamanth,

Midas, Iſis und Oſiris

Sind mir gänzlich unbekannt.
Sagt, für wen doch wollt ihr dichten?

Für's gelehrte Häufelein?

Nun, ſo müſſt ihr drauf verzichten,

Deutſchlands Dichter je zu ſein.
[140]
Zwar das deutſche Volk hat immer

Seinen hochgelehrten Stand;

Dieſer aber hatte nimmer

In der Welt ein Vaterland.
Beſſer drum, ihr ſingt und pfeifet

Wie's gemäß dem deutſchen Mund:

Caſtor! Pollux! das begreifet

Auch ſogar ein dummer Hund.
[141]

Der Litteratenorden.

Es hangen Orden aller Sorten

In jedem Goldſchmidsladen aus,

Doch finden wir an allen Orten

Nichts was da paſſt für uns heraus.
Noch nie zu viel belohnet worden

Iſt unſer geiſtig Eigenthum:

So laſſt uns ſtiften einen Orden

Zu unſrer Freud' und unſerm Ruhm.
Ein rother Krebs am ſchwarzen Bande

Mit goldenen Vergißnichtmein,

Das ſoll im ganzen deutſchen Lande

Der Litteratenorden ſein.
Die erſte Klaſſe wird beſcheret,

Wenn einer weit auf Reiſen war

Und über Leipzig wiederkehret

Geſund und friſch das nächſte Jahr.
[142]
So oft er fort war und vollendet

Den Heimweg unverſehrt zurück,

So oft wird ihm dafür geſpendet

Ein neues höhres Ordensglück.
Und wer zuletzt nach öfterm Wandern

Nie mehr verfehlt den Weg nach Haus,

Den ehren wir vor allen andern

Und zeichnen ihn als Hummer aus.
[143]

Sterne.

Warum hat Gott der Herr geſchmücket

Mit Sternen ohne Maß und Zahl

Den ſchönen weiten Himmelsſaal?

Das wiſſen wir, wir Menſchen nicht.
Warum hat Gott der Herr geſchmücket

Mit Blumenſternen Wieſ' und Feld,

Die ganze liebe weite Welt?

Das wiſſen wir, wir Menſchen nicht.
Warum hat mancher Fürſt geſchmücket

Seit Jahr und Tag mit Stern und Band

So manche Bruſt in Stadt und Land?

Das weiß ſelbſt Gott im Himmel nicht.
[144]

Die Kameele.

Ihr Schüler von den hohen Schulen,

Wie habt ihr euch ſo tief geſtellt!

Ihr ſolltet in den Lüften ſchweben

Hoch über der Philiſterwelt!
Doch ſeid ihr ſelbſt Philiſter worden

Und haſcht wie ſie nach Brot und Geld.

Ihr Schüler von den hohen Schulen,

Wie habt ihr euch ſo tief geſtellt!
[145]

Herren und Knechte.

Ihr wolltet euch zu Göttern machen,

Und ſiehe, das gelang euch ſchlecht;

Da machtet ihr das Volk der Schwachen

Zu einem dienenden Geſchlecht.
Und dies Geſchlecht muß immer büßen,

Zu groß iſt ſeine eigne Schuld,

Und wollt ihr's Leben ihm verſüßen,

So iſt es eure Gnad' und Huld.
Da iſt die Rede nicht vom Rechte,

Das wär' auch nur ein toller Wahn:

Ihr ſeid die Herrn, ſie ſind die Knechte,

Und was ihr thut iſt wohlgethan.
10[146]

Variatio delectat,
nach einer Volksmelodie.


Wenn heut' ein Geiſt herniederſtiege!

Uhland.
Heute roth, heute roth,

Heute roth und morgen todt.

Daß ein Wort dich könnte fällen,

Schien ſich niemand vorzuſtellen,

Aber, aber es geſchah.
Nur ein Wort, nur ein Wort,

Die Verfaſſung war gleich fort;

Eid und Treue und Gewiſſen

Wurden wie Papier zerriſſen,

Und was war's denn weiter auch!
Denn die Welt, denn die Welt

Auf Verändrung noch was hält:

Alles Alte wird alltäglich

Und zuletzt ganz unerträglich,

Darum friſch damit ins Grab!
[147]

Meuſels gelehrtes Deutſchland.

Mihi quidem nulli satis cruditi videntur,
quibus nostra ignota sunt.

M. T. Cicero.
Die ihr ſo vielerlei doch wiſſt

Was in der Welt geſchrieben iſt!

In jedem Land' in jeder Zeit

Recht gut und gern zu Hauſe ſeid!
Wenn ihr auch Erd' und Himmel kennt

Und jedes Buch und Pergament,

Ihr wiſſt nicht viel, weil ihr nicht wiſſt

Und wiſſen wollt, was Deutſchland iſt.
10 *[148]

Steuerverweigerungsverfaſſungsmäßig¬
berechtigte.

Sprecht von Volks- und Menſchenrechten,

's iſt doch eitel was ihr ſprecht!

Ihr erlangt mit allem Fechten

Weder Schreib- noch Rederecht.
Sprecht zu hunderttauſend Malen

Immer nein, und nein, ja nein:

Eure Steuern müſſt ihr zahlen!

Das iſt euer Recht allein.
[149]

Die guten Geiſter.

Mel. Warum ſind der Thränen
Unterm Mond ſo viel?


Biſt du auch hienieden

Gar gering und arm,

Herz, gieb dich zufrieden,

Laſs den Gram und Harm!
Denn die höchſten Gaben

Sind auch dir nicht fern,

Weil wir alle haben

Einen Gott und Herrn;
Einen Herrn und Meiſter,

Und ein Himmelreich —

Alle guten Geiſter

Sind auf Erden gleich.
[150]

Die Eidgenoſſen.

Es war einmal ein arm Schulmeiſterlein,

Der wollt' in ſeinem Lohn verbeſſert ſein.

Doch war ſein Dorf nur klein und, Gott erbarm!

Die Bauern waren alle gar zu arm.

Drum ging zum reichen Dorf der arme Mann!

Trug dort den Bauern ſeine Dienſte an.
Er pries den Leuten ſeine Tüchtigkeit,

Auch könn' er Wetter machen jederzeit.

Da ſprachen ſie: das iſt für uns der Mann!

Und nahmen ihn ſogleich zum Meßner an.

Doch blieb das Wetter immer wie es war,

Heut neblicht, regnicht, morgen hell und klar.
Da ſagten ſie: iſt das nun unſer Lohn?

Solch Wetter hatten wir ja immer ſchon.

Ja, ſprach er, ja, ſobald ihr einig ſeid,

Bin ich zum Wettermachen gleich bereit.

Doch war von Einigkeit nicht eine Spur,

Denn jeder wollte ſtets ſein Wetter nur.
[151]

Siebente Sitzung.

Trinklied.

Dô huob er ûf unde tranc.

Weinschwelg.
Ja, luſtig bin ich, das iſt wahr!

Wie's Lämmlein auf der Au.

Die ganze Welt iſt Sonnenſchein,

Ich fange hier den Regen ein

Und trinke Himmelthau.
Den Stein der Weiſen find' ich noch;

Margret, ein Schöpplein Wein!

Ich mach' aus Wein noch Gold und Geld,

Potz Velten! noch die ganze Welt,

's Darf nur kein Krätzer ſein!
He! reiß den Zeiger von der Uhr!

Was kümmert uns die Zeit?

Laſs laufen was nicht bleiben kann!

Was geht denn mich ein andrer an?

Trink, Bruder, gieb Beſcheid!
Ihr Bänk' und Tiſche nehmt's nicht krumm!

Ein Lied gar bald entflieht.

Als ihr noch grünbelaubet wart,

Da ſangen Vöglein mancher Art

Euch auch gar manches Lied.
[152]

Deutſches Thule.

Es ruht des Landes Ruhm und Kraft

In goldnen Vließen und Aehren,

Und unſre Kunſt und Wiſſenſchaft

Gilt nur den Huben und Stähren.
Was Opitz ſang, war Phantaſie,

Jetzt geht in unſere Gauen,

Die wahre Schäferpoeſie

Iſt da lebendig zu ſchauen.
O komm zu uns, du deutſcher Chriſt,

Und geh bei uns in die Schule,

Und lern', ob es ſo übel iſt

Hier in der ultima Thule*).
[153]

Mißverſtändniſs.

Mel. Herz, mys Herz, warum ſo trurig?


„Singe wem Geſang gegeben,“

Sprach zur Vogelſchaar der Aar,

„Das iſt Freude das iſt Leben!“ —

Und es ſang die Vogelſchaar.
Und es wurde bunt die Heide,

Grün der Wald und grün das Feld,

Und aus ihrem Winterleide

Trat verjüngt hervor die Welt.
Das war Freude, das war Leben

In dem Wald und auf der Flur,

Denn die Sänger waren eben

Lauter gute Sänger nur.
Doch es kamen ſtolze Namen,

Wiedehopf und Königlein,

Pfau, Faſan und Truthahn kamen,

Miſchten ihren Jubel ein.
Und es wurde bleich die Heide,

Falbe wurde Wald und Feld,

Und in ihrem Winterleide

Lag nun wiederum die Welt.
[154]

Philiſter.

Philiſtervolk auf allen Wegen,

Philiſter vor und hinter mir,

Im Sonnenſchein, im Schnee und Regen,

Philiſter dort, Philiſter hier!
Haſt du noch Beine, ſo enteile!

Zwar iſt gewiß du ſtirbſt einmal —

Doch iſt ein Tod vor Langerweile

Schon hier auf Erden Höllenqual.
So dacht' ich, und es klopft ſo eben,

Und ein Philiſter ſtellt ſich ein,

Umarmt mich, küſſt mich, — gottergeben

Geh' ich in meinen Tod hinein.
[155]

Dichterklage.

Wol im der ie nâch steten vröuden ranc.

Walther von der Vogelweide.
Was ſoll Dichten, was ſoll Singen,

Seit es niemand hören mag?

Niemand will nach Freuden ringen,

Niemand will uns Freude bringen,

Wie der Maienblüthen-Tag.
Wehe, wehe jedem Herzen,

Weil's den Frühling ſo vergiſſt!

Wo iſt heitre Luſt und Scherzen,

Seit die Jugend wie vor Schmerzen

Stumm und eingewintert iſt?
Junge Welt, nun tauch dich unter

In den Frühlingsſonnenſchein!

Sieh' die Vögel werden munter,

Und die Au wird bunt und bunter —

Soll's für dich nicht Frühling ſein?
[156]

Dichtertroſt.

Wo iſt die Zeit als Namen galten

Und Dichter war ein Zauberwort?

Noch leben Dichter wie die alten,

Doch Ruhm und Minneſold iſt fort.
Einſt war ſie hoch und ſchön geprieſen,

Der Dichtung laute ſel'ge Luſt —

Sie iſt verbannt und heimgewieſen

In jedes edlen Dichters Bruſt.
In dieſem ſtillen Heiligthume

Träumt ſie in Selbſtgenügſamkeit

Von Minneglück, von Ehr' und Ruhme,

Von einer ſchönren künft'gen Zeit.
[157]

Sie und ich.

Ihr ſeid die Herrn der Schlöſſer und Palläſte,

Zu Haus bei Gold und Edelſtein:

Ich bin ein Fremdling bin ein Gaſt der Gäſte,

Nicht einen Grashalm nenn' ich mein.
Doch mir gehört die hohe Himmelsveſte,

Der Frühling und der Sonnenſchein:

Behaltet eure Schlöſſer und Palläſte!

Ich ſinge — und die Welt iſt mein.
[158]

Heimweh in Frankreich.

Zwiſchen Sâone und Rhône.


Wie ſehn' ich mich nach deinen Bergen wieder,

Nach deinem Schatten, deinem Sonnenſchein!

Nach deutſchen Herzen voller Sang und Lieder,

Nach deutſcher Freud' und Luſt, nach deutſchem Wein!
Könnt' ich den Wolken meine Hände reichen,

Ich flöge windesſchnell zu dir hinein;

Könnt' ich dem Adler und dem Lichtſtrahl gleichen,

Wie ein Gedanke wollt' ich bei dir ſein!
Die Fremde macht mich ſtill und ernſt und traurig;

Verkümmern muß mein friſches junges Herz.

Das Leben hier, wie iſt es bang' und ſchaurig,

Und was es beut, iſt nur der Sehnſucht Schmerz.
O Vaterland, und wenn ich nichts mehr habe,

Begleitet treu noch dieſe Sehnſucht mich;

Und würde ſelbſt die Fremde mir zum Grabe,

Gern ſterb' ich, denn ich lebte nur für dich.
[159]

Heimkehr aus Frankreich.

Deutſche Worte hör' ich wieder —

Sei gegrüßt mit Herz und Hand!

Land der Freude, Land der Lieder,

Schönes heitres Vaterland!

Fröhlich kehr' ich nun zurück,

Deutſchland du mein Troſt, mein Glück!
O wie ſehnt' ich mich ſo lange

Doch nach dir, du meine Braut,

Und wie ward mir freudebange,

Als ich wieder dich erſchaut!

Weg mit wälſchem Lug und Tand —

Deutſchland iſt mein Vaterland!
Alles Guten, alles Schönen

Reich ſel'ge Heimath du!

Fluch den Fremden die dich höhnen,

Fluch den Feinden deiner Ruh!

Sei gegrüßt mit Herz und Hand

Deutſchland, du mein Vaterland!
[160]

Auf deutſchem Grund und Boden.

O daß ich Hoffnung wieder habe,

Dies lang' entbehrte ſüße Glück!

Ich kehre neu wie aus dem Grabe

Zur ſchönen Erde jetzt zurück.
Gelöſt iſt meines Herzens Blindheit,

Ich ſehe wieder Tagesſchein,

Ich lebe wie in früher Kindheit,

Die ganze Welt iſt wieder mein.
Und allem was da lebt und webet

Muß ich mich froh und liebend nahn,

Und wie der Lenz die Erd' umſchwebet,

Will auch mein Herz die Welt umfahn.
[161]

In Deutſchland.

Noch kompt vrönde und sauges tac,
wol im ders erbeiten mac.

Walther von der Vogelweide.
Noch iſt Freude, noch iſt Leben

Ueberall im deutſchen Land.

Deutſche Fraun und Männer geben

Sich einander noch die Hand.
Und der ſchöne Glaube lebt noch

An die deutſche Ehrlichkeit.

Und der Geiſt der Treue ſchwebt noch

Ueber uns und unſrer Zeit.
Und es wird noch Frühling wieder

Auch für uns in Wald und Feld,

Und es ſingt noch frohe Lieder

Ueberall die deutſche Welt.
Wahrheit findet noch und Dichtung

Ihre Herzen, ihren Mund,

Und es thut nach mancher Richtung

Sich das Schön' und Beſſre kund.
11[162]
Tadelt nicht die Zeit die neue

Wünſchet nicht das Heute fern!

Zeit iſt daß ſich jeder freue,

Jeder lobe Gott den Herrn.
Sprecht ihr Weiſen, ſprecht ihr Thoren!

Und wer wäre nicht ein Kind? —

Ach! ich bin zu früh geboren!

Eine neue Welt beginnt.
[163]

Nur in Deutſchland.

φίλη ένί πατϱ [...]δι γα [...]η.

Homer Il. 3, 244.
Zwiſchen Frankreich und dem Böhmerwald,

Da wachſen unſre Reben.

Grüß mein Lieb am grünen Rhein,

Grüß mir meinen kühlen Wein!

Nur in Deutſchland :,:

Da will ich ewig leben.
Fern in fremden Landen war ich auch,

Bald bin ich heimgegangen.

Heiße Luft und Durſt dabei,

Qual und Sorgen mancherlei —

Nur nach Deutſchland :,:

Thät mein Herz verlangen.
Iſt ein Land, es heißt Italia,

Blühn Orangen und Citronen.

Singe! ſprach die Römerin,

Und ich ſang zum Norden hin:

Nur in Deutſchland :,:

Da muß mein Schätzlein wohnen.
11 *[164]
Als ich ſah die Alpen wieder glühn

Hell in der Morgenſonne:

Grüß mein Liebchen, goldner Schein,

Grüß mir meinen grünen Rhein!

Nur in Deutſchland :,:

Da wohnet Freud' und Wonne.
[165]

Mein Vaterland.

Treue Liebe bis zum Grabe

Schwör' ich dir mit Herz und Hand:

Was ich bin und was ich habe,

Dank' ich dir, mein Vaterland.
Nicht in Worten nur und Liedern

Iſt mein Herz zum Dank bereit;

Mit der That will ich's erwiedern.

Dir in Noth, in Kampf und Streit.
In der Freude wie im Leide

Ruf ich's Freund und Feinden zu:

Ewig ſind vereint wir beide,

Und mein Troſt, mein Glück biſt du.
Treue Liebe bis zum Grabe

Schwör' ich dir mit Herz und Hand:

Was ich bin und was ich habe,

Dank' ich dir, mein Vaterland.
[166]

Engliſche Geduld in der engliſchen Krankheit.

Dedimus profecto grande patientiae documentum.

Taciti Agricola cap. 2.
Sehnſucht hatte mich getrieben

Nach dem Lande meiner Lieben.

Aber, armes Heimathland,

Habe dich faſt nicht wiedererkannt.
Lange ſchon liegſt du danieder,

Und wie zuckt's dir durch die Glieder!

Groß iſt Gottes Gnad' und Huld,

Aber noch größer deine Geduld.
Nie wirſt du den Schmerz verwinden

Und auch nie den Arzt wohl finden:

Deine Qual, wer heilt ſie, wer?

Engliſche Krankheit — heilet man ſchwer.
[167]

Frühlingswunſch.

Wenn jetzt in dieſen langen Tagen

Die Blumen wieder blühn,

Wenn jetzt die Nachtigallen ſchlagen

Im friſchen Waldesgrün;
Wenn bei dem Klange der Schallmeien

Die Kinder groß und klein

Hier in den Dörfern, dort im Freien

Sich froh zum Tanze reihn —
Dann mahnen Tänze, Kläng' und Lieder

An dich, o Heimath, mich:

Wann preiſ' ich dich doch glücklich wieder,

Wann biſt du frei wie ich?
[168]

Hannoverſches Frühlingslied.

Sehet die Vögel unter dem Himmel an: ſie
ſäen nicht, ſie erndten nicht, ſie ſammeln
nicht in die Scheunen, und euer himmliſcher
Vater nähret ſie doch. Seid ihr denn nicht
viel mehr denn ſie?

Matthäus 6, 26.

Mel. Das Grab iſt tief und ſtille.


Ihr lieben guten Herzen,

Ihr ſcherztet allergernſt;

Trotz allem Leid und Schmerzen

Iſt euch verhaſſt der Ernſt.
Die Nachtigallen jagen

Den Ernſt jetzt über's Meer —

Was ſolche Vögel wagen!

Das wundert mich doch ſehr.
[169]

Abendlied.

Abend wird es wieder:

Ueber Wald und Feld

Säuſelt Frieden nieder,

Und es ruht die Welt.
Nur der Bach ergießet

Sich am Felſen dort,

Und er brauſt und fließet

Immer, immer fort.
Und kein Abend bringet

Frieden ihm und Ruh,

Keine Glocke klinget

Ihm ein Raſtlied zu.
So, in deinem Streben

Biſt, mein Herz, auch du:

Gott nur kann dir geben

Wahre Abendruh.
[170]

In der Heimath.

Owé war sint verswunden alliu miniu jâr!

Walther von der Vogelweide.
Gelichtet iſt der Wald und kahl das Feld,

Wie alt geworden iſt die junge Welt!

Geebnet ſind der Gräber lange Reihn,

Neu ſind die Häuſer, neu von Holz und Stein,

Sogar der Bach verließ den alten Zug —

Die Glocke nur, ſie ſchlägt noch wie ſie ſchlug.
Von allem was du hatteſt — keine Spur,

Du findeſt es im Menſchenherzen nur,

Und jedes hegt für dich Erinnerung,

Und jedes macht dich wieder froh und jung;

Das Herz bleibt ohne Wandel, ohne Trug,

Es ſchlägt noch immer wie es weiland ſchlug.
[171]

Letztes Lied.

Nackt ein, nackt aus,

Zur Welt hinaus:

Mein Bündel Sorgen mit hinab

Ins dunkle Grab!

Nun ſchaufelt zu und immerzu!

Ich ſchlafe feſt und habe Ruh.
In Liebesmuth

Voll Jugendglut

Ein halbes Leben mir verſchwand;

Das andre fand

In dieſer Welt nicht Raſt noch Ruh —

Drum, Brüder, ſcharret zu, nur zu!
[172]

Neujahrslied.

So ſingen wir, ſo trinken wir

Uns froh hinein ins neue Jahr.

Wir laſſen drüben Gram und Leid,

Und nehmen mit die Fröhlichkeit

Ins neue Jahr.
So ſingen wir, ſo trinken wir

Uns froh hinein ins neue Jahr.

Die Freundſchaft geht von ſelber mit,

Begleitet treu uns Schritt vor Schritt

Ins neue Jahr.
So ſingen wir, ſo trinken wir

Uns froh hinein ins neue Jahr.

Die Hoffnung wartet unſrer dort,

Sie ſprach: „Komm mit! ich ziehe fort

Ins neue Jahr.“
So ſingen wir, ſo trinken wir

Uns froh hinein ins neue Jahr.

Drum, wer's nicht froh beginnen kann,

Der fang es lieber gar nicht an,

Das neue Jahr!
[[173]]

Anhang
oder
Vertrauliche Sitzung.

[[174]][175]

Armin.

Uns iſt in alten Sagen gar wunderviel geſagt,

Wonach in unſern Tagen das Publicum nicht fragt.

Ich aber will berichten was heute nur geſchieht,

Nur ſchöne neue Geſchichten. Und alſo hebt ſich an das Lied.
Es kam vom Himmel nieder der deutſche Held Armin,

Seit grauen Zeiten wieder, er kam, wir ſahen ihn;

Er war noch ſtets derſelbe, er ging ganz frank und frei,

Er wollte Deutſchland ſehen, ob's noch daſſelbe Deutſchland ſei.
Im Teutoburger Walde da ließ er ſich herab,

Er dacht' an Alles wieder was einſt ſich dort begab.

Da fragt ihn ein Gensd'arme: „wo haben Sie Ihren Paß?“

Es erwiedert ihm der Recke: „was kümmert dich denn wunder das?“
„Ich bin ein Officiante, ich thue nur meine Pflicht,

Und thue gar nichts weiter als was die Vorſchrift ſpricht:

Wer ohne Paß hier kommet, wer ſich nicht legitimirt,

Der wird von Polizeiwegen ſofort hier arretiert.“
Zum Glücke kam gegangen ein alter Edelmann,

Der hatte ſich von ferne ſchon gehört die Sachen an;

Es war ihm aus der Kindheit Armins Porträt bekannt:

„Für dieſen Fremden bürg' ich.“ Er nahm ihn gleich auch bei

der Hand.
[176]
Und führt' ihn durch den Schloßhof in den alten Ritterſaal;

Das Geſinde hieß er kommen, es bracht' ihm einen Pokal,

Das war ein echter Römer, den ſchenkt er ganz voll Wein,

Und bot ihn auf Deutſchlands Freiheit dem viellieben Gaſte ſein.
„Ja, ſprach Armin, ich trinke auf Deutſchlands Freiheit jetzt,

Ich bin des Fechtens müde, was hat man auch zuletzt?

Doch ewig haſſ' ich die Römer und ewig bei Tag und Nacht,

Sie haben uns ſtets das Schlechte, und gewiß auch die Päſſe

hergebracht.“
Der Edelmann verſetzte: „Beſänftige dich nur!

Es iſt in der Welt von Römern jetzt kaum noch eine Spur;

Du haſt ſie ja vertilget, kein Menſch ſpricht mehr Latein,

Du haſt ihn ausgelöſchet des Römerreiches Glanz und Schein.“
„Es beten zwar die Chriſten in Latein noch hie und da,

Auch lernen die Juriſten draus ihre Principia;

Auch treiben es die Gelehrten und halten noch viel darauf,

Doch, glaub' ich, endlich höret der Bettel mal von ſelber auf.“
„So etwas darf nicht kümmern, das iſt bei uns der Brauch:

Ein Deutſcher iſt ein Gelehrter, drum lernt er Alles auch.

Du haſt in deiner Jugend ja auch gelernt Latein,

Und biſt kein Römer geweſen — Trink aus! ich ſchenke wieder ein.“
[177]
„Doch ſei mir gottwillkommen, du hoher Held Armin!

O laß mich dich umfangen, o laß mich vor dir knien!

Du biſt doch ſtets derſelbe, mit deinem blonden Haar,

Mit deinem liebevollen, deinem ſchönen blauen Augenpaar!“
„Vergönne daß ich leſe, wie lieb und werth du biſt,

Wie jede deiner Thaten uns hoch und heilig iſt — “

Es las darauf der Edelmann ihm aus dem Lohenſtein;

Bald kam ein ſüßer Schlummer, Nacht war's, der Held Armin

ſchlief ein.
Und als am hellen Tage Armin erwachet war,

Da kamen alle und brachten ihm ihren Glückwunſch dar;

Es kam die Frau mit den Fräuleins, es kam der Edelmann,

Und alle ſahen den Helden mit Blicken minniglichen an.
Und unterdeſſen eilte die Mähr' von Mund zu Mund,

Und durch die Eiſenbahnen ward's allen Deutſchen kund:

Er iſt da, iſt wiedergekommen Deutſchlands Befreier Armin!

Im Teutoburger Walde, kommt her, kommt her und ſehet ſelber ihn!
Da ſchickten die Weſtphalen als Feſtcomité im Nu

Grobkörnigen und feiſten Pumpernickel ihm zu,

Es ſchickten die alten Saſſen ihm echte Cheruskerwurſt,

Und andre deutſchen Stämme dachten an des Helden guten Durſt.
12[178]
Es ſandten ihm die Baiern mit Bock ein Fuderfaß,

Weil das in ihrem Lande noch immer das beſte was;

Es ſandten darauf die Franken Bocksbeutel wohl verpicht

Und die freien Städte Cigarren aus Havanna, ſie hatten

Deutſcheres nicht.
Und wie ein Schwarm Heuſchrecken kamen von Pyrmont herbei

Die Naturforſcher und Aerzte fünfhundert und fünfzigerlei;

Sie hielten die zehnte Spazierfahrt in ſolcher Geſchäftigkeit,

Daß ſie des Eſſens vergaßen und zum Trinken ſich nahmen keine Zeit.
Sie wollten die deutſche Trinkſucht erforſchen am Helden Armin,

Ob Gott in ſo frühen Zeiten ſchon uns dieſelbe verliehn,

Sie wollten nach Pariſer Zoller ihm meſſen ſeinen Schlund

Und dann in Oken's Iſis promulgieren den Sachbefund.
Es befand ſich einer drunter, der ſchien ein Agent zu ſein

Von dem Jenaer beliebten Mineralogen-Verein;

Der zog ein Diplom aus der Taſche: „dem deutſchen Freiheitsſtein!“

Da ſprach von Lemgo ein Steinmetz: „mit Nichten, das iſt doch

zu gemein!“
Auch kamen in ſelber Stunde von München und von Berlin

Zwei berühmte Mitglieder der berühmten Akademien:

Herr Zeüne war der eine, (der fehlt bei keinem Feſt!)

Der andere war Herr Maßmann, die ſollten forſchen aufs Allerbeſt.
[179]
Der eine nur erdkundlich, wie Germania damals war,

Ob blaue Augen hatten die Teutonen und blondes Haar?

Der andere philologiſch wie ſich ſelber ſchrieb' Armin,

Ob deutſch, ob teutſch, was richtig und welches vorzuziehn?
Auch ſtellte ſich Herr Albrich, ein kleines Männlein ein, —

Er war faſt außer Athem vom Philologenverein,

Der ſollt' Arminium fragen, wie man ſpreche das Latein,

Und ob damals die Schulmeiſter in Rom nur Sklaven geweſen ſei'n?
Es kamen auf Flügeln des Sanges die Sänger aus Schwabenland,

Weil ſonſt kein anderer Sänger in Zunft und Anſehn ſtand;

Sie brachten von der Freiheit gar manchen ſüßen Bar,

Da von dieſer Freiheit zu ſingen noch keinem bisher verboten war.
Sie brachten auch große Liſten zu einem Denkmal herbei,

Genehmigt von allen Fürſten und auch von der Polizei;

Sie luden mit Subſcriptionen jeden biderben Deutſchen ein,

Es ſollte das Armins-Denkmal ein Denkmal aller Deutſchen ſein.
Es waren von Köln am Rheine elftauſend Jungfraun geſchickt,

Die brachten ein ſeidenes Fähnlein, drin mit Gold und Perlen geſtickt,

Gar lieblich anzuſchauen, ein heiliger Hermann ſtand,

Weil mit der Heiligen Hülfe Armin befreit das deutſche Land.
Von Düſſeldorf und München kam ein Wagen mit Künſtlern an,

Ihre Aufwartung zu machen dem größten deutſchen Mann;

Sie wollten ihn zeichnen und malen, radieren und modelliern,

In Stein und Marmor hauen, in Erz gießen und lithographiern.
12 *[180]
Es ſaß Armin im Seſſel, wuſſte nicht wohin? woher?

Von allem Sehen und Hören war ihm das Herz ſo ſchwer.

Was andre gerne möchten, das fühlte recht der Held;

Den Drang nach Ruhme fühlet nur wer berühmt iſt in der Welt.
Armin in heiterem Ernſte nahm den Römer in die Hand:

„Hoch lebe die deutſche Freiheit! hoch lebe das Vaterland!“

Und alle, alle riefen: „ſie lebe früh und ſpat!“

Zwar war im Saale zugegen gar mancher geheime Rath.
Armin in heiterem Ernſte nahm den Becher wieder jetzund:

„Hoch alle Majeſtäten und hoch der deutſche Bund!“

Und alle, alle riefen: „recht lang' in Einigkeit!“

Zwar waren im Saale zugegen Cherusker genug zur Zeit.
Kaum war es ausgeſprochen, da kam vom Leineſtrom

Ein Zug von Profeſſoren mit einem ſchönen Diplom.

Georgia Auguſta hatte einſtimmig ſich reſolviert

Und Armin den hehren Helden zum Doctor juris utriusque creiert.
Armin in heiterem Ernſte nahm in die Hand das Diplom:

„Gut daß ich es noch erfahre — was ich gethan an Rom

Iſt alſo Recht geweſen iſt Recht bis auf dieſen Tag!

Gott gebe, daß es den Sieben, wie's mir jetzt geht, ergehen mag!“
Schon war es Nacht geworden, der Wächter blies ins Horn,

Da kam ein Bote geritten mit einem goldenen Sporn

Und einem Pergamentbriefe, — er kam noch zu rechter Zeit, —

Es war darin eine Bulla von Seiner Heiligkeit.
[181]
Armin begann zu leſen, er ſchüttelte das Haupt;

Daß er ſein Latein verlernet, das hätt' er nicht geglaubt.

Er ließ von einem Profeſſor ſich die Bulla klaſſiſch vertiern

Und dann zu beſſerm Verſtändniß im Tacitusſtile expliciern.
Seine Heiligkeit begehret, daß ſich der Held Armin

Bei ſeinem großen Einfluß jetzt wolle gern unterziehn,

Ein Friedenswerk zu ſtiften von wegen gemiſchter Eh'n,

In Germania könn' und dürf' es ſo uncanoniſch nicht mehr gehn.
Um dazu anzuſpornen, erfolg' hier ein Symbol;

Wer's Wohl der Kirche wolle, erlang' auch ſo ſein Wohl,

Und wen die Kirche begnade, ſei begnadet für alle Zeit:

So, meinte der Philologe, ſo ſchriebe Seine Heiligkeit.
Ihm war ſo angſt geworden, dem edlen Helden Armin,

Trotz aller Freud' und Wonne wollt' er nach Walhalla ziehn.

Da hielt den großen Deutſchen zu unſerm hohen Glück

Auf einige Minuten ein frohes Ereigniß noch zurück.
Es kam ein Fürſt geritten, der erhob mit eigener Hand

Und ſportelfrei den Helden in den deutſchen Adelſtand.

Das war zu viel — da ſtarb er. Nun heißt es doch fortan:

Das Vaterland hat gerettet ein alter deutſcher Edelmann.
[182]

Gedichte aus Gent.

1. An Vlaemſch– Belgien.

Suche nicht das Heil im Weſten!

In der Fremde wohnt kein Glück —

Suchſt du deines Gückes Beſten,

Kehre in dich ſelbſt zurück!
Aus der Tugend deiner Ahnen

Muſſt du deine Burgen baun,

Und der Löw' auf deinen Fahnen

Lehre dich dir ſelbſt vertraun.
Treu bewahr in deiner Mitte

Vor dem wälſchen Uebermuth

Deine Sprach' und deine Sitte,

Deiner Väter Gut und Blut.
Dann erſt kannſt du rühmend ſagen,

Daß du lebſt in unſrer Zeit,

Daß erblüht in unſern Tagen

Deine alte Herrlichkeit.
[183]

2. Tricolor.

Schöne Blume, wie umſtricket?

Dich die wälſche Spinne doch!

Und du biſt noch nicht zerknicket?

Und du grünſt und blüheſt noch?
„Ja, ich blühe, roth und golden,

Etwas ſchwarz nur miſcht ſich drein,

Etwas ſchwarz — doch meine Dolden

Werden bald nur ſchwarz noch ſein.“
[184]

3. Gegen die Fransquillons.

Einſt wird auch eure Stunde ſchlagen

Und rufen wird euch Mann und Kind

Den Ruf aus jenen ſchönen Tagen:

Schild en Vrind!*)
Und alle Herzen werden ſagen:

Wohl uns, daß wir es wieder ſind,

Das Volk aus jenen ſchönen Tagen!

Schild en Vrind!
Doch heute können wir nur klagen:

Kaum hören wir vor wälſchem Wind

Den Ruf aus jenen ſchönen Tagen:

Schild en Vrind!
[185]

4. Vlaemſch-Belgien 1839.

Nein, du biſt noch nicht verloren,

Schönes gottgeſegnet Land!

Ueber dir und deinen Thoren

Ruht noch ſchirmend Gottes Hand.
Deine Sprach' und Sitte lebt noch

Ueberall in Stadt und Land,

Und der Vorzeit Ruhm erhebt noch

Jedes Herz und jede Hand.
Freiheit hat dir Gott gegeben:

Sei dann frei, du freies Land!

Frei zu edlem Thun und Streben!

Frei von wälſchem Lug und Tand!
[186]

Schiller in Lauchstädt 1804.

Vorgetragen am Breslauer Schillerfeſte 1837.


Daß man zu Lauchſtädt ſonſt zur Sommerzeit

Komödie ſpielte, weiß man weit und breit;

Auch daß zuweilen dann zugegen war

Von Weimar aus das große Dichterpaar,

Und wie der Muſenſohn vom Saalathen

Nach Lauchſtädt pflegte grade dann zu gehn.

Doch weiß man nicht, was eines Tags geſchah.

Man ſpielt die Räuber; Schiller ſelbſt iſt da.

Vom Dichter iſt das ganze Haus beglückt,

Der Dichter ſelber iſt vom Spiel entzückt.

Doch ach! der Vorhang fällt, das Stück iſt aus;

Zufrieden geht das Publicum nach Haus.

Nur Bruder Studio iſt ſo erfreut,

Daß er gar manche Räuberſeen' erneut.

Friſch! in die böhmſchen Wälder! ſchreit man hier,

Und dort: der Wald iſt unſer Nachtquartier.

Man lärmet, jubelt, ſchwärmet, trinkt und ſingt,

Der Dichter ſitzt von froher Schaar umringt,

Er ſitzt ſo heiter und ſo wohlgemuth.

Er trinkt als tränk' er neue Jugendglut.

Doch als es endlich nun am Wein gebricht,

Da ruft er: „Nein! wir trennen uns noch nicht,

[187]
Noch nicht! dem Glücklichen ſchlägt keine Uhr.

Hinaus mit mir, hinaus in die Natur!“

Schön war die Nacht, kein Lüftchen regte ſich,

Hell ſchien der Mond, das letzte Wölkchen wich.

Da rief der Dichter zu den Seinen: „Traun!

Hier iſt gut ſein, hier laſſt uns Hütten baun!“

Und unter Bäumen in der Mondſcheinnacht

Wird ſchnell ein Lauberhüttenfeſt gemacht.

Und wie man hat gebracht die Bänk' herbei,

Und ſitzt und ſingt, da kommt die Polizei.

„Was will der Sklav bei freien Männern hier?“

„Ich will, ſpricht der Soldat, ich will daß ihr

Nicht weiter ſingt und in ſo ſpäter Zeit

Die Badegäſt' aus ihrem Schlafe ſchreit“

Da wird nur heftiger die Sangesluſt

Und alles ſchreit vereint aus voller Bruſt:

„Was will der Sklav bei freien Männern hier?“

Und ſingt: ein freies Leben führen wir!

Doch jener rief: „heraus! Soldaten, raus!“

Und ſo gab's einen tücht'gen Kampf und Strauß.

Der Sangesfürſt mit ſeinem Hof entwich,

Er ließ ſein großes ſchönes Reich im Stich,

Den heitern Himmel mit der Sternenpracht,

Die wonnigmilde lichte Mondſcheinnacht:

„In des Herzens heilig ſtille Räume

Muſſt du fliehen aus des Lebens Drang!

Freiheit iſt nur in dem Reich der Träume,

Und das Schöne blüht nur im Geſang.“

[188]
Trug nun auch damals mancher Muſenſohn

Gar manchen Schlag und Puff und Knuff davon,

So denkt doch freudig unter uns daran

Noch Einer, der es nie vergeſſen kann,

Wie er mit Schiller trank und ſang und ſtritt,

Wie er mit Schiller fliehen muſſt' und litt.
Das hat mir ſelber erzählt Einer,

Damit Schillers werde gedacht;

Wir gedenken Schillers und ſeiner

Als hätten wir es mitgemacht.
[189]

Trinksprüche.

Breslauer Schillerfeſt 10. Nov. 1835.

Es leben die Poeten!

Die erhabenen begrabenen

Und die ſtrebenden lebenden,

ſinnig waltenden,

innig entfaltenden,

minnig geſtaltenden,

klangentzückten entzündenden,

ſangbeglückten beglückenden,

bei Erlebniſſen,

bei Begebniſſen,

bei Begräbniſſen,

bei Hoch-

und bei noch

anderen Zeiten

und Gelegenheiten —

Es leben alle Poeten auf Erden,

Die's heute ſchon ſind oder morgen noch werden!
[190]

Breslauer Dürerfeſt 20. Mai 1836.

1.
Es leben die Gönner und Könner!

Denn ein Künſtler, was gewönn' er,

Hätt' er nicht auch ſeine Gönner?

Der Künſtler muß auf der Erde leben,

Doch iſt ſein ganzes Ringen und Streben

Euch auf der Erde den Himmel zu geben.

Er möchte lieber im Himmel ſchweben,

Als unten an der Erde kleben —

Doch muß er nun mal auf der Erde leben.
Wenn's euch nun freut, wie der Künſtler waltet und ſchaltet,

Wenn euch freut was er in Worten und Tönen entfaltet,

Und zu ſeelenvollen Bildern geſtaltet,

So mögt ihr eure Freude zur Erſcheinung bringen,

Und laſſt anmuthiglich eure Meinung klingen,

Und vergleicht nicht erſt mit der Bilderei des Thalers

die Schilderei des Malers

Und mit der Moneten Singſang

der Poeten Klingklang!

Denn das iſt mir nun einmal klar

Seit manchem Jahr und bleibt auch wahr

Heut' und immerdar:

[191]
Alle wahre Kunſt

Ohne wahre Gunſt

Müht ſich fürwahr umſunſt.

Drum laſſt uns alle das Glas erheben:

Die Kunſt und die Gunſt,

ſie ſollen leben!
2.
Es leben die Componiſten!

Die aus dem gewaltigen Meer von Tönen

Fiſchen die Perle des Edelen, Schönen,

Die uns des Lebens Mißklang entwöhnen,

Allem Jammern, Klagen und Stöhnen,

Uns mit dem Weltgewühle verſöhnen,

Uns das Leben erheitern, verſchönen —

Die, was ein Dichter irgend geſagt hat,

Was er gelacht und was er geklagt hat,

Was er zu ahnen kaum gewagt hat,

Raſtlos ſtreben und ringen

Schöner in Tönen darzubringen.

In allen Herzen muß das Schön' erſprießen,

Wenn ſie das Schön' in Tön' ergießen;

Und wir wollen den Dank im Becherklang bringen,

Wenn ſie uns ihren Zecherſang ſingen.
[192]
3.
Es leben die Dichter, die fröhlich ſtrebenden,

herzenerhebenden,

Düſtres und Klares, Schönes und Wahres

ſinnig verwebenden,

Erd' und Himmel minnig umſchwebenden,

die da trachten und dichten,

das Dunkle zu lichten,

das Gebeugte zu richten,

das Verworrne zu ſchlichten;

Die aus der Erde Banden und Schlingen

Sich frei mit der Lerche gen Himmel ſchwingen,

Und unbekümmert um dieſen und jenen

Fröhlich ſingen ihr Lieben und Sehnen,

Und nicht aus Pfützen und Lachen ſchlürfen,

Und keiner undeutſchen Quelle bedürfen,

Und nach keinen fremden Gängen ſchlürfen —

Sondern am heimiſchen Born ſich laben

Und in ihrem eigenen Herzen graben,

Weil ſie ſelbſt den Schacht im Herzen haben;

Die wie der Frühling Blüthen entfalten

Und wie der Frühling niemals alten,

Und auf die ganze Welt verzichten,

Weil ſie nicht um Ruhm und Geld dichten.
[193]

Breslauer Schillerfeſt 10.Nov.1836.

Es lebe die Zeit die neue!

Und keiner bereue

Die Zeit die neue,

Doch jeden erfreue

Die Zeit die neue!

Ich beſchwör' euch bei den Perrücken und Zöpfen,

Bei den Atlasröcken mit großen Knöpfen,

Bei den runden bepuderten ernſten Köpfen,

Bei dem Reifrockknix und dem Fiſchbeinmieder,

Bei dem verſchämten Aufſchlag der Augenlieder,

Bei der Feiertagsruhe aller Glieder,

Bei den Treſſen und Litzen,

Manſchetten und Spitzen,

Bei den ſeidenen Strümpfen mit falſchen Waden,

Bei den Schönheitspflaſtern, Schminken, Pomaden,

Bei der Weitſchnurigkeit

Und Breitſpurigkeit

Aller alten und jungen

Herzen und Zungen —

Wer könnt' es wagen,

Das Verlorene zu beklagen,

Und wünſchen, unſerem Leben und Treiben

Das Langweilige wieder einzuverleiben?

13[194]
Wie der Staub verweht durch das Feld,

Iſt der Puder hinweg aus der Welt,

Und was er verhüllt und unkenntlich gemacht,

Iſt rein und lauter ans Licht gebracht.

Die alte Zeit muſſte verloren gehn,

Schon weil ſie Schillern muſſte geboren ſehn.

Die alte Zeit iſt die gerichtete,

die vernichtete,

Weil Schiller dichtete.

Doch wir wollen vom Alten

Alles Gute behalten.

Wir behalten heute zu unſerem Feſte

das Beſte —

All' ihr Verſammelten wiſſt es:

Schiller bleib' es, denn Schiller iſt es.
[195]

Breslauer Künſtlerfaſching 1837.

Hoch lebe die Faſtnacht!

Wo wir faſten und raſten

Um des Lebens Laſten,

Und uns gewöhnen zu fröhnen

Allem Schönen,

Wo wir anſtecken

Die Kerzen unſrer Herzen,

Und wie Gecken

Uns ſelbſt zum Beſten haben

Und mit heitern Gäſten laben,

Nach Fröhlichkeit trachten und dichten

Und unſre Gedanken richten

Eher auf den beſten Keller

Als auf den letzten Heller —

Es lebe die Faſtnacht,

Die keinem Laſt macht,

Wo Wirth und Gaſt lacht

Und ohne Raſt wacht

Bis an den Morgen

Abzuwerfen der Sorgen

Ballaſt-Fracht

Und was das Leben verhaſſt macht —

Hoch lebe die Faſtnacht!
18 *[196]

Breslauer Schillerfeſt 10. Nov. 1838.

1.
Laſſt die Philiſter immer ſchrei'n:

Gar keine Zeit wird bald mehr ſein!

Wenn wir nur ſoviel Zeit noch haben

In Jugendluſt voll Fröhlichkeit

Uns zu erfreun an Gottes Gaben,

Was kümmert uns dann noch die Zeit!

Ob leer iſt oder voll die Taſche,

Iſt nur immer voll die Flaſche,

Und Herz, Geiſt und —

Der Magen geſund,

Dann kann man ſich in unſern Tagen

Auch mit der papiernen Zeit vertragen;

Und wir laſſen ein

Jeden Caſſenſchein,

Und mit Geduld ein

Jeden Staatsſchuldſchein,

Und ohne weitere Deliberation

Jede heitere Obligation,

Und wir halten nicht die Hand ſchief,

Wenn uns kommet ein Pfandbrief,

[197]
Und wünſchen, daß immer heckten

In unſeren Kiſten und Kaſten die Staatseffecten,

Und freuen uns über jedes Lumpenpapier,

Wovon man leben kann bei dem Humpen dahier.
2.
Und wär' er auch für euch nichts weiter als ein Ketzer,

So war er doch ein biedrer edler deutſcher Mann,

Den man im beſten Weine wie im ſchlechtſten Krätzer

Genug nie loben noch auch je beſchimpfen kann.

Und hätt' er nur geſprochen das Eine Wort,

So müſſt' er leben unter uns hinfort:

„Wer nicht liebt Wein, Weib und Geſang,

Der bleibt ein Narr ſein Lebelang!“

Hoch lebe du ehrlicher Dr. Martine

sine fine!
3.
Hoch lebe Scharnhorſt! Preußens Schutzpanier,

Und Ehr' und Ruhm für Preußens Schaaren!

Was er uns iſt, das wiſſen wir,

Wenn wir bedenken was wir waren.
[198]
4.

(Der damalige Präſident des Feſtes, Prof. Schön, hatte kurz vorher einen
Trinkſpruch auf die Frauen ausgebracht.)


Schön hört ſich's an, wenn Schön beim Schillerfeſt

Die ſchönen Frauen leben läſſt.

Schön ging mit ſchönen Frauen ſchon voran,

Schön folgt auf ſchöne Fraun der Mann,

Nicht weil er war der erſt' im Paradies,

Sondern weil er iſt der erſte ohnedies.

Ich meine unter Mann nicht allerlei Leute,

Die jeder Tag uns bringt, das Morgen und Heute.

Wer männlich ſtrebt und wagt, ſteht und nicht fällt,

Und männlich lebt, unverzagt geht durch die Welt,

Und männlich ſich müht für's Gut' und Rechte,

Und männlich erglüht mit Muth wider das Schlechte,

Und männlich auf eigenen Beinen ſteht,

Und ſich nicht nach jedem Wetter, Glauben und Meinen dreht,

Und männlich, mit Geduld, bieder erträgt,

Und männlich ohne Schuld nieder ſich legt,

Und frei noch iſt in Gefängniß,

Und froh noch iſt in Bedrängniß,

Der weiß was er will, und will was er kann,

Ihr Männer, ſtoßet an!

Hoch lebe — mit und ohne Frau — der Mann!
[199]

Bei einem Faſchingsball 1839.

Es leben die Frauen und Fräulein!


Die uns wie ein Kranz im Frühling gewunden

umgeben,

Und wie ein Tanz von fröhlichen Stunden

umſchweben,

Und Freude in unſer Leben weben,

Und Leben unſerm Streben geben,

Und unſer Leben zum Leben erheben,

Die unſer Herzweh

Und unſere Plagen,

Wie die Sonne den Märzſchnee,

Wiſſen zu verjagen;

Die den Becher

der ſchlimmen Laune für ſich behalten,

Und uns nur den Fächer

der Fröhlichkeit entfalten;

Die beſſer Kartoffeln als Pantoffeln kennen

Und mehr für den Herrſcher als die Herrſchaft entbrennen;

Die nicht grollen und ſchmollen,

Wenn wir trinken ſollen und wollen,

Die unſern heißen Durſt zu würdigen

immer bereit ſind,

Und denen unſere leeren Flaſchen und Taſchen

nimmer leid ſind:
[200]
Es leben die Frauen und Fräulein jetzt eben,

Die uns wie ein Kranz im Frühling gewunden

umgeben,

Und wie ein Tanz von fröhlichen Stunden

umſchweben,

Und Freuden in unſer Leben weben,

Und Leben unſerm Streben geben,

Und unſer Leben zum Leben erheben,

die Frauen und Fräulein eben

ſie ſollen leben

hoch!
[201]

Breslauer Schillerfeſt 10. Nov. 1839.

Ich habe einſt die Philiſter leben laſſen,

Aber ich müſſte jetzt das Leben haſſen

Und die Sonn und den Regen, die die Reben nähren

Und uns das Schönre zum Leben gewähren —

Sollt' ich mich zu ſolchen Dingen zwingen

Und ein Lob den Philiſterlingen bringen.

Ich will nicht beehren mit einem Tropfen die Tröpfe

Und werf' ihnen lieber den Pfropfen an die Köpfe.

Doch will ich heute herauf beſchwören

Was unter Schillers Denkmal liegt wie im Grabe,

Ich will es zu meiner eigenen Schande hören,

Wie ich damals die Philiſter bedichtet habe:

„Es leben die Philiſter,

Ihre Gevattern und ihre Geſchwiſter!

Die Poetenverachter,

Monetenbetrachter,

Die Luchſer, die Muckſer,

Die Pfennigfuchſer,

Die Mucker und Achſelzucker,

Die Agio- und Taxenkucker,

Die Linſenleſer

Und Zinſenzähler,

[202]
Die Couponsſchneider

Und Hungerleider,

Die, wo andre vor Freude weinen,

Gleich mit dem Regenſchirm erſcheinen;

Und wo die Freude droht einzuſchlagen,

Den Blitzableiter in der Taſche tragen;

Die den Teufel ſcheuen

Und ſich wie Teufel freuen;

Die nicht mehr mit dem Zopfe prangen

Und doch an dem Zopfe hangen;

Die Pantoffelgedrückten,

Kartoffelentzückten,

Waſſer-Verpraſſer,

Die ſich mit der Schlinge der Mäßigkeit ſchnüren,

Und doch die Klinge der Gefräßigkeit führen;

Die in lauter Formen und Normen ſich bewegen,

In lauter Schmiegen und Biegen ſich regen;

Die auf dem Stuhle des Schlendrians ſitzen,

Und in der Schule des Bocksbeutels ſchwitzen.
Es leben die Philiſter,

Ihre Gevattern und ihre Geſchwiſter!

Denn —

Wenn

Die Philiſter nicht mehr leben,

So wird es auch keine Poeten mehr geben!“

Nun aber ſeh' ich, wie die Philiſter hecken,

Wie ſie die Lande mit Schauder und Schrecken bedecken.

[203]
Geld und Brot, und Brot und Geld!

So ſchreit die Welt;

Das iſt die einzige Mannigfaltigkeit

In dem langweiligen Liede unſrer Zeit.

Brot iſt das einzige Univerſelle

Unſerer Univerſitäten —

Das reimt ſich nicht iſt aber doch wahr,

Und wer's nicht glaubt, dem wird's mit der Zeit noch klar.

Auf Brot gerichtet iſt der Knabe

Und verfolgt das Brot wie ein Rabe,

Brot iſt des Jünglings Preisaufgabe,

Und der Mann ſtudirt es bis zum Grabe;

Und alle jagen, haſchen, ſtreben, ringen,

Wollen es zum Brote, zum Leben bringen.

Und was iſt Geld?

Ach, leider, ach es gilt —

Das iſt ein treues Bild

Von der Philiſterwelt.

Wir wollen unſre Schwerter und Schilde rühren

Und ein anderes Bild im Schilde führen.

Wir wollen Schiller als Reichspanier tragen

Und mit Schillern die Philiſter ſchlagen.

Man ſollte eigentlich mit dem Eſels-Kinnbacken

Wie Simſon weiland auf ſie hinhacken

Immer tapfer, luſtig und munter.

Aber es ſind vornehme Leute drunter,

Und die würden es gar übel nehmen,

Wenn wir mit ſo grobem Knübel kämen.

[204]
Drum wollen wir es ſtiller treiben

Und wollen lieber bei Schiller bleiben.

Wir, die wir die Poeſie ins Leben trugen,

Und uns für Ideen zankten und ſchlugen,

Mit unſrer Begeiſterung ausgepfiffen,

Wir, von des Lebens Ernſt ergriffen,

Von ſeinem Leid und ſeiner Kläglichkeit,

Von Haſs und Neid und mancher Unerträglichkeit,

Wir wünſchen, daß Schiller auf Oberons Hifthorn blaſe,

Daß das Philiſtervolk wider Willen tobe und raſe,

Und mit uns ſinge im luſtigſten Triller:

Hoch lebe! hoch, hoch Schiller!
[][][][][]
Notes
*)

Siehe Ristretto storico della vita e prodigiose gesta del Beato Fran¬
cesco di Girolamo della Comp. di Gesu. Roma
1816. 12°.
*)
Und zwar nach dem Proclama 22. Juni 1840.
*)

Wirklich ein ſchleſiſches Dorf im Roſenberger Kreiſe Opelner
Regierungsbezirks, nach Knie, Geogr. Beſchreib. von Schleſien.
3. Abth. S. 781.
*)

Siehe Leo's 12. Bücher niederl. Geſchichten I, 179.

Dieses Werk ist gemeinfrei.


Rechtsinhaber*in
Kolimo+

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2025). Collection 2. Unpolitische Lieder. Unpolitische Lieder. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bnfx.0