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1838.  No. 6.

ANNALEN
DER PHYSIK UND CHEMIE.
BAND XXXXIV.

I. Geognostische und physikalische Beobachtun-
gen über die Vulkane des Hochlandes von
Quito; von Alexander von Humboldt
.
(Vorgelesen in der Sitzung der Akademie der Wissenschaften zu Berlin
am 10. Mai 1838.)



Zweite Abhandlung1)


In einer ersten Abhandlung habe ich den Zusammen-
hang geschildert, in dem die Gestaltung des vulkanischen
Hochlandes von Quito mit der, sich durch 60 Breiten-
grade gleichmäſsig wiederholenden Gliederung der Andes-
kette und ihrer Querjöcher oder Bergknoten steht. An
diese allgemeine geognostische Schilderung reihte sich die
Angabe der Mittel an, durch welche ich den Vulkan
Rucu-Pichincha trigonometrisch mit dem Kirchthurm de
la Merced (einem der wichtigsten Punkte der alten fran-
zösischen Gradmessung) verbunden habe, und die Er-
zählung vom ersten, aber vergeblichen Versuche, an den
Crater zu gelangen. Wie in der organischen Welt je-
des tiefere Eindringen in den Entwickelungsgang und den
Bau einzelner Organe neues Licht über das Ganze der
Lebenserscheinungen verbreitet, so spiegelt sich auch
gleichsam das gesammte vulkanische Erdenleben in dem
treuentworfenen Bilde einzelner Feuerschlünde. Aus
der Einsicht in das Besondere entspringt der Ueber-
blick des Ganzen, und je einfacher und unbefangener
man das Beobachtete wiedergiebt, desto stärker tritt,
durch die eigene, jeder Individualität inwohnende Kraft,
Poggendorff's Annal. Bd. XXXXIV. 13
[194] der Naturcharakter der Landschaft, das Bild der bald
schlummernden, bald wieder erweckten Thätigkeit der tief-
gespaltenen Erdrinde hervor. Diese Betrachtungen haben
mich in der späten Bearbeitung meiner noch ungedruckten
Tagebücher geleitet, und bei der groſsen Ausdehnung des
festen Landes, das ich unter den verschiedensten Klima-
ten seit nun fast einem halben Jahrhundert zu durch-
wandern das Glück gehabt habe, wird die Ueberzeu-
gung in mir um so lebendiger, daſs in der beweglichen
Ordnung der Natur das Gesetzliche sich um so lichtvol-
ler darstellt, als es an eine sorgfältige Schilderung der
einzelnen Erscheinungen geknüpft ist.


Wenn man die nördlichste Gruppe der Vulkane
von Süd-Amerika unter einem Blicke zusammenfaſst, so
gewinnt die in Quito oft ausgesprochene Meinung, daſs
die vulkanische Thätigkeit sich in neueren Zeiten inner-
halb jener Gruppen von Norden gegen Süden fortbe-
wegt hat, einen gewissen Grad von Wahrscheinlichkeit.
Doch nicht sowohl um diese Meinung fester zu begrün-
den, als vielmehr um die Lage der noch offenen Feuer-
schlünde genauer zu erörtern, mögen hier die übersicht-
lichen Betrachtungen folgen, welche eine, auf Messungen
und astronomische Beobachtungen gegründete Kenntnniſs
der Cordilleren und ihrer Verzweigungen darbieten. Die
äuſsersten Punkte der Gruppe, zu der das Hochland von
Quito gehört, sind der Vulkan Sangay und der Paramo
de Ruiz. Trachyt-, Melaphyr- und Andesit-Gestein ist
zwar auch auſserhalb dieser Gruppe hier und da spora-
disch ausgebrochen, aber Eruptionen glühender Schlak-
ken, Rauchsäulen und heiſse Dämpfe (Abstufungen des
noch thätigen inneren Wirkens der Erde) haben sich,
in neueren historischen Zeiten, nur zwischen 2° südli-
cher und 5° nördlicher Breite gezeigt. Diese berühmte
vulkanische Zone hat also nur die Länge von Messina
bis Venedig. Von ihrer nördlichen Grenze, das heiſst,
von dem rauchenden Paramo de Ruiz an, dessen neue
[195] Entzündung im Jahre 1829 von St. Ana und Marmato aus,
also östlich und westlich von der mittleren Cordillere,
gleichzeitig beobachtet wurde, bis (über den Isthmus von
Panama hinüber) zum Anfang der vulkanischen Gruppe
von Costa Rica 1) und Guatemala findet sich, auf einer
Ausdehnung von 4½ Breitengraden, ein zwar von Erdstö-
ſsen oft erschüttertes, aber von Ausbrüchen bisher freies
Land. Zu diesem gehören der nördliche Theil von Cun-
dinamarca, Darien, Panama und Veragua. Eine bogenför-
mige Krümmung des Continents giebt dieser Mittelzone
140 geographische Meilen Länge. Anders ist es gegen
Süden. Der vulkanfreie Zwischenraum, welcher die zwei
furchtbar-thätigen Gruppen von Quito und Bolivia oder
Alto-Peru von einander trennt, ist zwei Mal gröſser als
der vulkanfreie Zwischenraum im Norden, von Ruiz bis
Costa-Rica. Vom Tunguragua und Sangay (Br. 1° 59′
Süd) an bis zum Charcani (Br. 16° 4′ Süd) nordöstlich
von Arequipa 2) kennt man keinen brennenden Vulkan.
Dieser Abstand ist gröſser als der Abstand von Messina
bis Berlin. So complicirt und verschiedenartig muſs in ei-
ner und derselben Gebirgskette das Zusammentreffen von
Umständen gewesen seyn, von welchen die Bildung perma-
nent offener Spalten abhängt. Zwischen den Gruppen von
13*
[196] Trachyt-, Dolerit- und Andesit-Bergen, durch welche
die vulkanischen Kräfte thätig werden, liegen Strecken,
zwei Mal so lang als die Pyrenäen, in denen Granit,
Syenit, Glimmerschiefer, Thonschiefer, Conglomerate und
Kalkstein (nach Leopold von Buch's Untersuchungen
der von mir mitgebrachten Petrefacten, alte Kreide und
vielleicht Juraschichten) herrschen. Allmäliges Häufiger-
werden von Labrador —, Pyroxen — und albithaltigen
Formationen verkündigt in den Cordilleren dem aufmerk-
samen Reisenden jeglichen Uebergang der in sich abge-
schlossenen, friedlicheren, metallreicheren Zone, in die,
noch frei mit dem Innern des Erdkörpers communiciren-
den Regionen.


Indem ich die vulkanische Gruppe, zu der das Hoch-
land, das heiſst der groſse gemeinsame Heerd der Vulkane
von Quito gehört, als die nördlichsten des südamerikani-
schen Continents bezeichne, erinnere ich, so weit der jetzige
Zustand unserer topographischen Kenntnisse es erlaubt,
an die Reihefolge der Punkte, welche von Norden nach
Süden, zwischen den Bergknoten von Antioquia und As-
suay, zwischen den Parallelen von Honda und Guaya-
quil, die frischesten Spuren von Ausbruchsphänomenen
und allgemeiner vulkanischer Thätigkeit darbieten: Rücken
des Paramo de Ruiz (Br. ungefähr 4° 57′ N.); Kegel-
berg von Tolima nach trigonometrischer Messung 17190
Fuſs hoch, vielleicht der höchste Berg des Neuen Con-
tinents nördlich vom Aequator, dessen groſse Eruption
vom 12. März 1595 erst vor Kurzem, durch ein aufge-
fundenes Manuscript des Historikers von Neu-Granada,
Fray Pedro Simon, bekannt geworden ist (Br. 4° 46′
N.); Quebrada del Azufral im Andes-Paſs von Quindiu, ein
perpetuirlicher Ausbruch heiſser Schwefeldämpfe in Glim-
merschiefer, und deshalb um so merkwürdiger; Purace
bei Popayan (13650 Fuſs, Br. 2° 20′ N.); der Vulkan
von Pasto (12620 Fuſs, Br. 1° 11′ N.); El Azufarl, Cum-
1)
[197] bal (14717 Fuſs, Br. 0° 53′ N.) und Chiles in der Pro-
vinz de los Pastos; endlich in dem eigentlichen Hoch-
lande von Quito die nicht erloschenen Vulkane: Pichin-
cha, Cotopaxi, Tunguragua und Sangay. Die Verthei-
lung von dampf- und feuerausstoſsenden Spalten in der
Verzweigung der Andes ist aber dergestalt, daſs da, wo
nördlich vom Bergknoten von Popayan die Kette sich in
drei Zweige theilt, die Vulkane der mittleren Cordillere,
also nicht der, der Meeresküste näheren zugehören. Süd-
lich von jenem Bergknoten, der zugleich die nahen Quel-
len des Magdalenen- und Cauca-Stromes enthält, da wo
die Andeskette nur zwei parallele Ketten bildet, liegen
die drei Vulkane der Provinz de los Pastos, und Pichincha,
an dessen Fuſs Quito gebaut ist, auf dem westlicheren,
Cotopaxi, Tunguragua und Sangay auf dem östlicheren
Zweige oder demselben nahe. Gröſsere Meeresnähe be-
stimmt demnach hier nicht, wie in Bolivia und Chili, die Lo-
calität der Ausbruchsphänomene. In der Hochebene von
Quito sind seit den letzten hundert Jahren die thätigsten
und am meisten gefürchtetsten Vulkane, die gegen Osten
und Süden gelegenen. Cotopaxi, Turguragua und Sangay,
letzterer gewöhnlich der Vulkan von Macas genannt, und
zwischen 1739 und 1745 fast ununterbrochen speiend, wie
Stromboli und einst Massaya 1), gehören der meerferne-
ren Cordillere zu. Sangay, über 16000 Fuſs hoch, ist
sogar in der Ebene am östlichen Fuſs der östlichsten Cor-
dillere, 4 geogr. Meilen von derselben entfernt, ausgebro-
chen, zwischen der Quelle des Rio Morona und dem rech-
ten Ufer des Pastaza. Ja zwei vom Meere noch entfern-
tere und noch östlichere Beispiele vulkanischer Thätig-
keit habe ich in meiner General-Karte der Andeskette
angegeben, nämlich den Vulkan de la Fragua, bei Santa
Rosa (Br. 1° 47′ N.), welchen die Missionäre des Caqueta,
wenn sie von dem Franciscanerkloster la Ceja kommen,
[198] ununterbrochen 1) rauchen sehen, und den Guacamayo in
den Llanos (Ebenen) de San Xavier der Provinz Quixos 2).
Nach Itinerarien und Combinationen, welche sich auf
astronomische Beobachtungen gründen, finde ich den Ab-
stand des Guacamayo von Chillo, dem anmuthigen Land-
sitze des Marquès de Selvalegre, in gerader Richtung 18
Meilen, und doch habe ich einmal Wochen lang in Chillo,
fast zu jeder Stunde, den unterirdischen Donner, oder,
wie die Eingeborenen sagen, „das Brüllen“ (los brami-
dos
) des Guacamayo vernommen.


Die jetzige, schon oben erwähnte, wenigstens schein-
bare Concentration der vulkanischen Thätigkeit im Sü-
den der Hochebene von Quito, zwischen den Parallelen
des Cotopaxi und Sangay, verglichen mit der Häufigkeit
der Ausbrüche des Pichincha im 16ten Jahrhundert, hat die
Meinung von der progressiven Wanderung jener Thätig-
keit von Norden nach Süden erzeugt. Diese Meinung fand
ihre Bestätigung in dem furchtbaren Ereigniſs der Zerstö-
rung von Riobamba (der Catastrophe vom 4ten Februar
1797, welche in einem so sparsam bevölkerten Lande 30000
Menschen das Leben kostete). Ein Bergvolk, das zwischen
einer doppelten Reihe von Feuerschlünden lebt, hat sich
aus wahren und falschen Beobachtungen Theorien gebil-
det, denen es eben so hartnäckig anhängt, als den sei-
nen der wissenschaftliche Beobachter. Um die durch
Erdbeben zerstörten Städte nicht an denselben Punkten
wieder aufzubauen, sucht man nach trüglichen Kennzei-
chen eine Gegend, unter der das Gestein, wie man zu
sagen pflegt, »ausgebrannt, und das Brennmaterial, der
Schwefel (los solfos), verzehrt ist,« wo die Dämpfe
nicht mehr nach einem Ausgang streben. Die Schlünde
der Vulkane (las calderas) werden, nach diesem alten
Volksglauben, sehr richtig als Sicherheits-Ventile groſser
[199] unterirdischer Dampfbehälter betrachtet, ganz wie schon
Strabo thut, wenn er der in Sicilien seltener geworde-
nen Erdbeben erwähnt 1) »Das Unglück der furcht-
baren Erschütterung vom 4ten Februar 1797 würde nicht
erfolgt seyn, hörte ich oft wiederholen, wenn der Gipfel
des Chimborazo sich geöffnet, wenn Tunguragua oder
Cotopaxi gespien hätten, wenn die Erde sich der Dämpfe
hätte entledigen können« (desahogarse de los vapo-
res
) 2). Eben diese Einsicht in den Zusammenhang der
Erscheinungen sollte aber auch die Einwohner daran
erinnert haben, daſs Erdstöſse äuſserst selten auf einen
kleinen Erschütterungskreis beschränkt sind, daſs sie fast
immer als Wirkung sehr entfernter Ursachen auftreten.
Wenn in einem neuerwählten Wohnsitze (und zu sol-
chen Städtewanderungen ist das ganze Spanische Ame-
rika sonderbar geneigt) man sich eine Zeit lang völlig
[200] sicher geglaubt, und plötzlich wellenförmige Erschütterun-
gen gespürt werden, so schwindet alles Vertrauen zu [der]
gepriesenen Unbeweglichkeit eines Bodens, auf dem der
Neubau von Kirchen und Klöstern vielleicht noch nicht ein-
mal vollendet ist; man verwünscht dann die sogenannten
Erfahrenen, die Praktiker (Expertos), auf deren Rath
die Translation geschehen ist, und sehnt sich nach den
Trümmern der alten Heimath zurück, weil dort »durch
die letzte groſse Catastrophe alles ausgetobt habe, weil
alle brennbare und elastische Materie consumirt sey.«
Ein solches Schwanken der Volksmeinung, Folge geo-
gnostischer Phantasien, habe ich in der neuen Stadt Rio-
bamba erlebt, die in der ungeheuern Bimstein-Ebene von
Tapia, am Fuſs des ausgebrannten Colosses Capac Urcu 1)
verlegt war. Heftige Erdstöſse, begleitet von ungewöhn-
lich krachenden, intermittirenden, unterirdischen Donner-
schlägen weckten uns aus dem Schlafe. Es war die erste
Erschütterung, die man dort fühlte, und mit diesem Ge-
fühl verschwand der Glaube an die Nützlichkeit des neuen
Anbaues. Es ist eine seltsam-kühne Anforderung, sich
in einem vulkanischen Lande vor Erdstöſsen, wie vor
Lavaströmen sichern zu wollen. Die letzteren sind auf
dem Hochlande von Quito nicht zu fürchten, und vor
dem Erdbeben kann selbst vieljährige Erfahrung der Ruhe
keine absolute Sicherheit gewähren, da man, nach genauen
von mir gesammelten Beobachtungen, neue unterirdische
Communicationen sich eröffnen und das Erdbeben gleich-
sam fortschreiten sieht. Die Erschütterungskreise erwei-
tern sich bisweilen dergestalt nach einer Explosion von
auſserordentlicher Stärke, daſs in gewissen Richtungen,
von dieser Epoche an, entfernte Punkte, die vorher völ-
lig ruhig blieben, regelmäſsig mitschwingen.


Zahlreiche Beispiele bezeugen, daſs Vulkane, nach
[201] scheinbarem, mehr als hundertjährigem Frieden 1), selbst
wenn schon das Innere der Crater-Wände mit Vegeta-
tion bedeckt ist, urplötzlich wieder zu speien beginnen.
Speculationen über die Wanderung vulkanischer Thätig-
keit und die Richtung ihrer forschreitenden Kraft-Aeuſse-
rungen sind daher so ungewiſs, als für ächt vulkani-
sche Gruppen die Classification in thätige und erloschene
Feuerberge. Während daſs jetzt die südlichsten Kegel-
berge des Hochlandes von Quito, Tunguragua und Co-
topaxi, zu ruhen scheinen (von dem letzten erlebte ich
den donnernden, weit in der Südsee vernehmbaren Aus-
bruch im Februar 1803), hat sich, gerade an dem ent-
gegengesetzten nördlichen Ende derselben Gruppe, der
Paramo de Ruiz entzündet. Seine hohe Rauchsäule wird
nun schon 9 Jahre lang ununterbrochen in Entfernun-
gen von 15 bis 16 geogr. Meilen gesehen. Daſs aber
in solchen Gruppen von Reihen-Vulkanen, trotz ihrer
groſsen Ausdehnung, die äuſsersten Glieder durch unter-
irdische Communicationen mit einander verbunden sind,
daſs nach Seneca's 2) trefflichem alten Ausspruche: »der
Feuerberg nur der Weg der tiefer liegenden vulkani-
schen Kräfte ist,« hat sich, wie ich an einem anderen Orte
gezeigt 3), in einer denkwürdigen Erscheinung zu Anfang
dieses Jahrhunderts manifestirt. In der Stadt Pasto sah
man am 4ten Februar 1797 an dem Morgen, wo 50 Meilen
südlicher die Stadt Riobamba durch ein furchtbares Erdbe-
ben zerstört wurde, die Rauchsäule plötzlich verschwinden,
[202] welche schon einen Monat lang ununterbrochen aus dem
Crater des Vulkans von Pasto aufstieg. Auch Tungu-
ragua erlitt damals ungeheure Senkungen an seinem Ab-
hange, und wurde durch eine wundersame Verschiebbar-
keit des Bodens, eines Theils seiner herrlichen Wald-
bekränzung beraubt.


Die Darstellung des Zusammenhanges vulkanischer
Erscheinungen (ein Theil der groſsen noch ungeschrie-
benen Geschichte des Erdkörpers, der streng traditio-
nellen, nicht hypothetisch- mythischen) erheischt ein sehr
sorgfältiges Aufsuchen einzelner Thatsachen und Begeben-
heiten. In dem Neuen Continent ist es allerdings schwer
über den Zeitpunkt der Entdeckung und der spanischen
Conquista hinauszugehen: nur einzelne Begebenheiten
(schreckenerregende Naturereignisse) finden sich an die
bekannten Regierungsjahre der Herrscher aus der Dyna-
stie der Incas oder des aztekischen Königsgeschlechts ange-
reiht. Für den der Stadt Quito nächsten Vulkan, welcher
der besondere Gegenstand auch dieser zweiten Abhandlung
ist, kann ich sechs Ausbrüche nachweisen, deren 5 al-
lein in das 16te Jahrhundert fallen. Die Epochen sind:
1534; 1539; 17te October 1566; 1577; 1580, und 27ste
October 1660. Als der durch seine Kriegsthaten und
seinen Sprung1) berühmte mexicanische Conquistador,
Pedro de Alvarado, 1534 das groſse Wagstück
machte, mit seiner Reiterei durch dichte Wälder von dem
Südsee-Hafen Pueblo Viejo nach der Hochebene hinauf-
zusteigen, wurden die Spanier durch einen Aschenregen
erschreckt, den der der Stadt Quito nächste Vulkan (Pi-
[203] chincha) ausstieſs. Gomara (fol. LXIX, b) versichert:
»der Aschenregen habe sie schon in 80 Leguas Entfer-
nung erreicht, dabei seyen Flammen nebst vielem Don-
ner aus dem siedenden Berge (monte que hierve) aus-
gebrochen.« (Herrera, Dec. V lib. VI cap. 2.) Wie
viel älter mögen die Ausbrüche seyn, die eine Bimstein-
schicht hervorgebracht haben, welche man, unter dem
Straſsenpflaster von Quito, mit Lettenschichten von 15
Fuſs bedeckt findet. Die Eruption des Pichincha vom
17ten October 1566 gab wieder einen Aschenregen, der
20 Stunden dauerte, und alle Viehweiden in der Provinz
zerstörte. Einen Monat darauf, am 16. November, fiel noch
mehr Asche. Die Indianer flohen vor Schrecken auf die
Berge, und man muſste mit Karren die Straſsen von der
Asche reinigen. (Herera, Dec. V Lib. X cap. 10). Im
ganzen 16ten Jahrhunderte war die Andeskette von Chili,
Quito und Guatemale in furchtbarer vulkanischer Aufre-
gung. Zwei überaus seltene, von den Jesuiten Jacinto
Moran de Butron
und Thomas de Gijon 1721 und
1754 herausgegebenen Biographien1) der wunderthä-
tigen Nonne Beata Mariana de Jesus, unter dem
mystischen Namen la Azucena (Lilie) de Quito be-
kannt, beschäftigen sich im Allgemeinen viel mit dem Pi-
chincha, enthalten aber bloſs die besondere und sichere
Angabe 2) des Ausbruches von 1660. »Seit der Schrek-
[204] kensscene von 1580, sagt Butron, ruhte der Vulkan;
aber am 27sten October 1660, zwischen 7 und 8 Uhr Mor-
gens, war die Stadt Quito auf das Neue in gröſster Ge-
fahr. Unter vielem donnerähnlichen Krachen flossen am
Abhange des Rucu-Pichincha Felsstücke, Theer und
Schwefel (brea y solfos) in das Meer. Flammen stie-
gen hoch aus dem Krater auf, konnten aber wegen der
geographischen Lage der Stadt und wegen des Erdere-
gens
in Quito selbst nicht gesehen werden. Dahin näm-
lich wurden bloſs kleines Gestein (cascajo) und Asche
geschleudert. Das Straſsenpflaster bewegte sich auf und
nieder, wie die Wogen des Meeres. Menschen und
Thiere konnten sich mit Mühe auf den Füſsen erhalten.
Das gräſsliche Schwanken dauerte ununterbrochen 8 bis
9 Stunden. Dazu war die Stadt wegen der fallenden
Asche oder des Erderegens (lluvia de tierra) in dicke Fin-
sterniſs gehüllt. Man lief mit Laternen in den Gassen um-
her; aber die Lichter hatten Mühe zu brennen, und mach-
ten nur die nächsten Gegenstände erkennbar. Die Vögel
erstickten in der schwarz-verdickten Luft und fielen todt
zur Erde.« In diesem etwas lebhaft colorirten Gemälde
des Jesuiten darf man so wenig, als in La Condamine's
Beschreibung der Eruption des Cotopaxi von 1744, die
»Ströme von gebrannten Felsstücken, Theer und Schwe-
fel, die am Pichinchi sogar das ferne Meer sollten erreicht
haben,« für Lavaströme halten. Das bewegende Princip
in diesen Erscheinungen ist der geschmolzene Schnee,
welcher Schlacken, Rapilli und Asche breiartig gemengt,
in schmalen Bächen fortführt. Ein vortrefflicher Beob-
achter, der Oberst Hall, erwähnt einer ganz ähnlichen
Ergieſsung aus dem Rucu-Pichincha. »Der Gebirgsstock,
sagt er, wird oft von Erschütterungen heimgesucht und
neuerlichst (wahrscheinlich also zwischen 1828 und 1831)
2)
[205] ist ein Weg, der nach dem Dorfe Mindo (in die wald-
reichen Yumbos) führt, und sich längs dem Ufer eines
vom Pichincha herabkommenden, mit seiner Kraterkluft
in Verbindung stehenden Flusses 1) hinzieht, durch ei-
nen Schlammauswurf verwüstet worden.« Die wahre
Natur dieser sogenannten Schlammauswürfe (eruptions
boueuses
) bedürfte einer neueren oryktognostischen und
chemischen Untersuchung, besonders weil fest steht, daſs
die von Klaproth bearbeitete Moya von Pelileo brenn-
bar ist (ich sah die Indianer ihre Speisen bei der fri-
schen Moya kochen), und gleichzeitig Kohlenstoff und
Krystall-Bruchstücke von Feldspath enthält.


Wenn man bedenkt, daſs die Stadt Quito in gera-
der Richtung nur 5500 Toisen von dem Crater des Rucu-
Pichincha entfernt liegt, daſs die Einwohner dort fast in
jedem Monate durch Erdstöſse oder, was auf mich im-
mer einen tieferen Eindruck machte, durch unterirdisches
Krachen oder kettenartiges Klirren, ohne Begleitung von
Erdstöſsen, an die Nähe des vulkanischen Heerdes 2) ge-
[206]
mahnt werden, so scheint es beinahe fabelhaft, daſs wäh-
rend meines Aufenthaltes in Quito kein weiſser oder ku-
pferfarbener Mensch existirte, der die Lage des Craters
aus eigener Anschauung kannte. Niemand hatte versucht
an den Rand des Feuerschlundes zu gelangen, seit Bou-
guer
und La Condamine, also seit 60 Jahren. In der-
selben Unkunde trafen die letztgenannten Reisenden die
Einwohner von Quito 1742, und doch waren bei ihrer An-
kunft nur 78 Jahre seit dem groſsen letzten Ausbruch des
Rucu-Pichincha verflossen. La Condamine1) erzählt
mit der anmuthigen Lebendigkeit, die ihm eigenthümlich
ist, wie sieben Jahre lang er nicht erfahren konnte, in
welcher Richtung der Crater-Rand zu erreichen sey, wie
lange umherirrend und durch sogenannte Führer getäuscht,
er endlich selbst die Aufgabe löste, aber durch die furcht-
same Bedenklichkeit von Bouguer an allen genaueren
Beobachtungen gehindert wurde.


Ich hatte seit meiner ersten Excursion nach dem Ge-
birgsstock Pichincha den Vulkan Cotopaxi bis zu einer
Höhe von 2263 T. über der Meeresfläche und den clas-
sischen Boden der Ebene von Yaruqui besucht, in der
die französischen Astronomen und Gradmesser die Unvor-
sicht begingen, durch ihren kleinen Pyramidenbau die über-
mäſsig reizbaren spanischen Nationalgefühle zu beleidigen,
und einen Proceſs zu veranlassen, der, weitschweifig be-
schrieben, dennoch, bei dem damaligen Mangel politischer
Begebenheiten, den französischen Hof und das Pariser Pu-
blicum lebhaft interessirte. Die Zeit meiner Abreise nach
Lima, wo ich den Durchgang des Mercurs beobachten sollte,
rückte heran; es schien mir schimpflich, die Hochebene
von Quito zu verlassen, ohne mit eigenen Augen den
Zustand des Craters von Pichincha erforscht zu haben.
Ich machte neue und glücklichere Versuche am Ende
[207] des Mai-Monats 1), während daſs mein Reisegefährte,
Hr. Bonpland, abwesend war, um in der Einsamkeit
von Chillo das Skelett eines Lamas zu bereiten. Herr
Xavier Ascasobi, der häufig an dem Abhange des Pi-
chincha (en les faldas) zu jagen pflegte, versprach mir,
mich an den Fuſs des kastellartigen Theiles des Berges
zu führen, der wahrscheinlich den Crater einschlieſse.
Dort angekommen, möchte ich dann allein mein Glück
versuchen, um nach der oberen Zinne zu gelangen.


Zweite Besteigung. — Wir traten unsere Reise, von
vielen Indianern, welche die Instrumente trugen, beglei-
tet 2), vor 6 Uhr Morgens an. Das Wetter schien sehr
günstig, kein Gewölk trübte die tiefe Bläue des Him-
mels, und die Temperatur war 12°,3 R. Die uralten
mächtigen Stämme von Cedrela, hier, wegen Aehnlich-
keit der schönen Holzfarbe, Cedern genannt, welche
am Ufer des Rio Machangara stehen, erinnerten an die
ehemalige stärkere Bewaldung dieser Gegend. Diese
Stämme mit bärtigen Tillandsien und blühenden Orchi-
deen moosartig bedeckt, sind, der Tradition nach, älter
als die spanische Eroberung: es sind Reste des Cedrelen-
Waldes, der niedergehauen wurde, als man das erste Klo-
ster des heiligen Franciscus erbaute. Viele Bäume dien-
ten damals zur Bedachung des Klosters, und auf die ge-
rodete Waldstelle säte der Pater Jodocus Rixi de
Gante
(aus Gent) den ersten Weizen. Ich habe den irde-
nen Topf in Händen gehabt, in welchem der Mönch die er-
sten Saamen der Cerealien brachte. Man bewahrt ihn als
eine ehrwürdige Reliquie. In den Ansichten der Natur ist
der deutschen Inschrift erwähnt, die auf dem Gefäſse steht,
[208] und die ein bloſser Trinkspruch ist. Gegenwärtig findet
man den Abhang des Pichincha meist nur mit kurzem
Grase bewachsen, in dem einzelne Sträucher von Barna-
desia und Duranta, gemengt mit dem schönen Aster ru-
pestris und mit Eupatorium pichinchense wuchern. Der
Weg, den man uns führte, war anfangs ganz derselbe, den
wir auf der ersten Excursion genommen hatten. Wir stie-
gen wieder von dem groſsen Wasserfall Cantuna nach
der 13680 Fuſs hohen Ebene von Palmascuchu auf, wo
unter der grotesken Bergkuppe, Fenster (Ventanillas)
des Guaguapichincha genannt, ich den mir sehr nothwen-
digen Winkel zwischen dem östlichsten Thurme des Cra-
ter-Randes von Rucu-Pichincha und der Kirche de la
Merced, dem ersten Meridian der französischen Acade-
miker, wiederholt messen konnte. Um den jähen Ab-
sturz der Loma gorda nach der Llanura de Verdecuchu
hin zu vermeiden, hielten wir uns nördlicher, und ge-
langten, durch den alten Seeboden von Altarcuchu (nach
vieler Anstrengung und lebhaftem Streite unter den Füh-
rern, die wieder alle der Gegend gleich unkundig wa-
ren), ein zweites Bergjoch südlich vom Tablauma über-
steigend, zuerst in das sich nach Quito hin ausmündende
Thal von Yuyucha, und dann, jenseits des Alto de Chu-
quira, in die langerwünschte Sienega del Volcan. Meine
Karte des Vulkans, eine bloſse geognostische Skizze, hat we-
nigstens das Verdienst, die jedesmal eingeschlagene Rich-
tung des Weges, in ewigem Auf- und Absteigen, graphisch
verfolgen zu können. Ueber der Hochebene von Ver-
decuchu bis fast 13500 Fuſs Höhe waren noch einzelne
Stämme einer baumartigen Verbesina gesehen worden.
Das ist die merkwürdige Baumgruppe 1), die ich in dem
Es-
[209]Essai sur la Geographie des Plantes (p. 69) beschrie-
ben. Das weite Becken der Sienega (es hat eine Länge
von wenigstens 1800 Toisen von NNO. gegen SSW.,
und mündet in das Thal von Lloa) ist ohne Spur von
Organismus. Sein Boden ist meist sölig und fast in glei-
cher Höhe mit dem Llanito de Altarcuchu. Es ist ganz
mit Bimsstein in dicken Schichten, von blendender Weiſse
oder etwas in's Gelbliche spielend, bedeckt. Der Bims-
stein ist theils in zollgroſse Fragmente, theils in wah-
ren Sand zerfallen, in den man bis an das Knie ein-
sinkt. Aus diesem Aschen- und Bimsstein-Meere erhebt
sich nun der Vater — oder Alte —, Rucu-Pichincha, gegen
eine Axe, die man durch die Bergzinnen von Ingapilca, das
Kind — oder Guagua-Pichincha und den Ziegelberg (Pi-
cacho de los Ladrillos) legt, westlich zurücktretend. Die
Construction dieses fast isolirten Gebirgsstockes erregt
Bewunderung, wenn man an seinem Fuſse steht. Ich er-
kannte drei schmale thurmähnliche, ganz schneelose Fel-
sen, von denen der mittlere mit den beiden anderen ei-
nen stumpfen Winkel von 130° bildet. Die schwarzen
Thürme sind durch etwas niedrigere Berggehänge, damals
gröſstentheils mit Schnee bedeckt, unter einander verbun-
den. Wir werden bald sehen, daſs hier der östliche Rand
des Craters ist, und daſs jene zwei Berggehänge zwei Seiten
eines Dreiecks sind. Der untere Theil des steilen Ge-
birgsstockes, zwischen den Felsthürmen, ist mit Bimsstein
bedeckt, und trägt ungeheure Blöcke von gebranntem Do-
lerit. Sie liegen vereinzelt. Einige dieser Blöcke sind 22
Fuſs lang, 18 breit und 12 Fuſs hoch. Ich fand sie halb
eingesunken in die vulkanische Asche auf Abhängen von
20° bis 30° Böschung. In diese Lage sind sie gewiſs nicht
durch den Stoſs geschmolzenen Schneewassers gekommen,
1)
Poggendorff's Annal. Bd. XXXXIV. 14
[210] wie viele gebrannte Blöcke um den Cotopaxi. Die des
Pichincha sind da liegen geblieben, wohin sie aus dem
Crater geschleudert wurden. Das Gewebe dieser py-
roxenhaltenden Massen ist an einzelnen Fragmenten pa-
rallel fasrig. Die lichteren aschgraueren Stücke sind so-
gar seidenartig glänzend. Von Obsidian konnte ich nichts
auffinden.


Die Führer mit den gröſseren Instrumenten waren,
wie gewöhnlich, zurück geblieben. Ich war allein mit
einem sehr gebildeten Creolen, Hrn. Urquinaona und
dem Indianer Felipe Aldas. Wir saſsen miſsmu-
thig am Fuſse des Bergschlosses. Der Crater, den wir
suchten, war gewiſs hinter der Felswand in Westen, aber
wie sollten wir dahin gelangen, und zu der Wand selbst
emporsteigen? Die thurmähnlichen Massen schienen zu
steil, ja theilweise senkrecht abgestürzt. Am Pic von
Teneriffa hatte ich mir das Erklimmen des Aschenkegels
(Pan de Azucar) dadurch erleichtert, daſs ich meinen
Weg längs dem Rande eines vorstehenden Felsgrathes 1),
an welchem ich mich mit den Händen (freilich nicht
ohne Verletzung) festhielt. So beschloſs ich auch hier
an dem Bimsstein-Abhange, dicht an dem Rande des mittle-
ren Felsenthurmes aufzusteigen. Wir machten zwei mühe-
volle Versuche, einmal etwa 300, ein anderes Mal über
700 Fuſs hoch. Die Schneedecke schien uns sicher zu
tragen, und wir glaubten um so mehr bis an den Rand
des Craters zu gelangen, als vor 60 Jahren Bouguer
und La Condamine denselben Weg über das Schnee-
feld des Aschenkegels eingeschlagen hatten. Die Beschrei-
bung 2) der französischen Reisenden paſste vortrefflich auf
[211] die Localverhältnisse, welche fast unverändert schienen.
Die Schneedecke war so fest, daſs wir eher fürchten
muſsten, bei einem Fall auf der schiefen Fläche, mit be-
schleunigter Geschwindigkeit, herabzurollen und gegen ei-
nen der scharfkantigen Blöcke zu stoſsen, die aus dem
Bimsstein emporragen. Plötzlich und mit groſsem Angst-
geschrei brach der Indianer Aldas, welcher dicht vor
mir ging, durch die gefrorene Schneerinde durch. Er
war bis an den Leib versunken, und da er versicherte,
daſs seine Füſse keinen Widerstand fänden, so fürchte-
ten wir, er hänge in einer offenen Spalte. Glücklicher-
weise war die Gefahr geringer. Weit ausschreitend,
hatte der Mann eine groſse Masse Schnee zwischen den
Schenkeln durch sein Gewicht sattelförmig zusammenge-
preſst. Er ritt gleichsam auf dieser Masse, und da wir
bemerkten, daſs er nicht tiefer sank, so konnten wir
desto besonnener daran arbeiten, ihn herauszuziehen. Es
gelang, indem wir ihn hinten über warfen und dann bei
den Schultern aufhoben. Der Vorfall hatte uns etwas ver-
stimmt. Der Indianer, bei seiner abergläubischen Furcht
vor der Nähe des Feuerschlundes, protestirte gegen alle
weiteren Versuche auf dem trügerischen Schnee. Wir
stiegen herab, um auf's Neue Rath zu pflegen. Der öst-
lichste Thurm am Umkreise des Craters schien, bei nähe-
rer Betrachtung, nur an dem unteren Theile sehr steil,
nach oben hin mehr verflächt und treppenförmig durch
Absätze unterbrochen. Ich bat Hrn. Urquinaona, auf
einem Felsblock unten in der Sienega ruhig sitzen zu
bleiben und abzuwarten, ob er mich, nach einiger Zeit,
hoch an der thurmförmigen, schneefreien Masse würde
erscheinen sehen; dann erst sollte er mir nachkommen.
Der gutmüthige Indianer lieſs sich bereden, mich noch-
2)
14 *
[212] mals zu begleiten. Die ganze Höhe des Felsens über
dem Boden der Sienega del Volcan beträgt, wie spätere
Messungen gaben, allerdings noch 1560 Fuſs, aber der aus
dem Bimsstein-Mantel frei hervorragende Theil des Thur-
mes erreicht kaum ¼ dieser Höhe. Als wir das nackte Ge-
stein erreicht hatten und mühevoll, des Weges unkundig,
auf schmalen Simsen und zapfenartigen Hervorragungen
emporstiegen, wurden wir in einen immer dichter werden-
den, aber noch geruchlosen Dampf gehüllt. Die Gestein-
platten gewannen an Breite, das Ansteigen wurde minder
steil. Wir trafen zu unserer groſsen Freude nur einzelne
Schneeflecke. Sie hatten 10 bis 12 Fuſs Länge und kaum
8 Zoll Dicke. Wir fürchteten, nachdem was wir erfahren,
nichts so sehr als den halbgefrorenen Schnee. Der Nebel
erlaubte uns nur den Felsboden zu sehen, den wir betra-
ten; kein ferner Gegenstand war sichtbar. Ein stechender
Geruch von schweflichter Säure verkündigte uns nun zwar
die Nähe des Craters, aber wir ahneten nicht, daſs wir ge-
wissermaſsen schon über demselben standen. Auf einem
kleinen Schneefelde schritten wir langsam in nordwestlicher
Richtung, der Indianer Aldas voran, ich hinter ihm, et-
was zur Linken. Wir sprachen keine Sylbe mit einander,
wie dieſs immer geschieht, wenn man, durch lange Erfah-
rung, des Bergsteigens auf schwierigen Pfaden kundig ist.
Groſs war meine Aufregung, als ich plötzlich dicht vor
uns auf einen Steinblock sah, der frei in einer Kluft hing,
und als zugleich zwischen dem Steine und dem äuſser-
sten Rande der Schneedecke, die uns trug, in groſser
Tiefe, ein Licht erschien, wie eine kleine sich fortbewe-
gende Flamme. Gewaltsam zog ich den Indianer bei sei-
nem Poncho (so heiſst ein Hemde aus Lamawolle) rück-
wärts, und zwang ihn, sich mit mir zur Linken platt auf den
Boden zu werfen. Es war ein schneefreies Felsenstück
mit horizontaler Oberfläche von kaum 12 Fuſs Länge und
7 bis 8 Fuſs Breite. Der Indianer schien schnell zu erra-
then, was die Vorsicht erheischt hatte. Wir lagen nun
beide auf einer Steinplatte, die altanartig über dem Crater
[213] gewölbt schien. Das ungeheure, tiefe, schwarze Becken
war wie ausgebreitet vor unseren Augen, in schaudervol-
ler Nähe. Ein Theil des hier senkrecht abgestürzten
Schlundes war mit wirbelnden Dampfsäulen erfüllt. Ge-
sichert über unsere Lage fingen wir bald an zu untersu-
chen, wo wir uns befanden. Wir erkannten, daſs die
schneefreie Steinplatte, auf die wir uns geworfen, von
der schneebedeckten Masse, über die wir gekommen wa-
ren, durch eine, kaum zwei Fuſs breite Spalte getrennt
wurde. Die Spalte war aber nicht ganz bis zu ihrem Ende
mit gefrorenem Schnee brückenartig überdeckt. Eine
Schneebrücke hatte uns, so lange wir in der Richtung der
Spalte gingen, mehrere Schritte weit getragen. Eine kleine
Zeichnung, die ich bei einer dritten Besteigung entwarf und
noch jetzt besitze, zeigt diesen sonderbaren Weg. Das
Licht, welches wir zuerst durch einen Theil der Kluft zwi-
schen der Schneedecke und dem eingeklemmten Steinblocke
gesehen, war nicht Täuschung. Wir sahen es wieder bei
der dritten Besteigung an demselben Punkte und durch
dieselbe Oeffnung. Es ist eine Region des Craters, in dem
damals in dem dunkeln Abgrund kleine Flammen, vielleicht
von brennendem Schwefelgas, am häufigsten aufloderten.
Sonnen-Reflexe auf der spiegelnden Oberfläche konnten an
diesen Lichterscheinungen keinen Theil haben; denn bei
der Beobachtung war die Sonne durch Gewölk verdeckt.
Es gelang uns, durch heftiges Klopfen mit einem Steine auf
die Schneebrücke, die kleine Oeffnung zu erweitern. Es
fiel eine beträchtliche Masse Eis und Schnee durch die Kluft
herab. Ihre Dicke schien an der Stelle wo wir klopften,
wieder nur acht Zoll. Wo die Eisbrücke uns getragen,
war sie gewiſs dicker gewesen. Ich würde bei der Er-
zählung dieses kleinen Ereignisses 1) nicht verweilt haben,
wenn nicht die sonderbare Gestaltung eines Theils des Cra-
ter-Randes dadurch gewissermaſsen verdeutlicht würde.


Den chaotischen Anblick, den der Feuerschlund von
[214] Rucu-Pichincha gewährt, kann man nicht unternehmen, mit
Worten zu beschreiben. Es ist ein ovales Becken, das
von Norden nach Süden an der groſsen Axe über achthun-
dert Toisen miſst. Diese Dimension allein konnte durch
die trigonometrische Operation von Poingasi genauer be-
stimmt werden, indem dort der Winkel zwischen den
zwei Felsenthürmen, die gegen Norden und Osten den
Feuerschlund begrenzen, gemessen wurden. Wenn, wie
ich bereits früher bemerkt, der östliche Crater-Rand
zwei Seiten eines stumpfen Dreiecks darbietet, so ist da-
gegen der gegenüberstehende Rand mehr gerundet, weit
niedriger und, in der Mitte, gegen die Südsee hin fast
thalförmig geöffnet. Die kleine Axe von Osten gegen We-
sten habe ich kein Mittel gehabt trigonometrisch zu be-
stimmen; — eben so wenig die Tiefe. Man blickt von der
hohen Zinne auf verglaste, zum Theil zackige Gipfel von
Hügeln, die sich gewiſs vom Boden selbst des Craters er-
heben. Zwei Drittel des Beckens waren völlig von dichten
Wasser- und Schwefel-Dämpfen umhüllt. Alle Schätzungen
sehr groſser Crater-Tiefen sind unsicher und gewagt; sie
sind es um so mehr, als unsere Urtheile unter dem Einfluſs
einer aufgeregten Einbildungskraft stehen. Es war mir da-
mals, als blickte ich von der Höhe des Kreuzes von Pichin-
cha auf die Häuser der Stadt Quito hinab. Dennoch ist der
sichtbare Theil des Craters vielleicht kaum 1200 oder 1500
Fuſs tief. La Condamine glaubte 1742, also 82 Jahre
nach dem letzten groſsen Ausbruche, den Crater ganz erlo-
schen zu sehen. Wir dagegen sahen 60 Jahre nach La
Condamine
's Besteigung, und 148 Jahre nach dem letz-
ten Ausbruche, die deutlichsten Spuren des Feuers. Bläu-
liche Lichter bewegten sich hin und her in der Tiefe, und
obgleich damals Ostwind herrschte (trotz der Höhe nicht der
Gegenstrom der Passate), so empfanden wir doch am östli-
chen Crater-Rande den Geruch der schweflichten Säure, der
abwechselnd stärker oder schwächer wurde. Der Punkt,
[215] auf dem ich mich befand, war nach einer später von
mir angestellten Barometer-Messung 14940 Fuſs über dem
Meere. Rucu-Pichincha reicht kaum 35 T. hoch über
die ewige Schneegrenze hinaus, und einige Male habe ich
ihn von Chillo aus völlig schneefrei gesehen.


Der Indianer stieg von dem Felsthurme in die Sie-
nega herab, um meinen Begleiter, Hrn. Urquinanoa,
zu holen. Es bedurfte keiner Empfehlung, daſs er die
Spalte überschreiten solle, ohne die schmale Schnee-
brücke zu betreten. Indem ich nun allein an dem Rande
des Craters saſs, bemerkte ich, daſs meine Fuſsbeklei-
dung, die wegen der früheren Ersteigungs-Versuche ganz
mit Schneewasser getränkt war, schnell durch den Zu-
drang warmer, aus dem Crater aufsteigender Luftströme
trocknete. Das Thermometer, welches in der Sienega
4° R. zeigte, stieg oben bisweilen auf 15° \tfrac{3}{10}, wenn ich
es liegend über den Abgrund hielt. Daſs an den Cra-
terrändern selbst, welche die drei Thürme verbinden,
der Schnee bis auf wenige Fuſse vordringt, ist wohl eine
Folge der Dicke der Schichten und der sehr unglei-
chen Luftströmung. La Condamine behauptet sogar,
auf dem Gipfel der im Becken stehenden Hügel Schnee-
flecke zwischen schwarzen Schlacken deutlich erkannt
zu haben. Ich bemerkte nirgends Schnee im Inneren,
aber die mannichfaltigsten Färbungen weiſser, gelber und
rother Massen, wie sie Metalloxyde in allen Cratern
darbieten. Als nach langem, einsamen Harren Hr. Ur-
quinaona
endlich erschien, wurden wir bald in den
dichtesten Nebel gehüllt, in einen Wasserdampf, den
wahrscheinlich die Mischung von Luftströmen sehr un-
gleicher Temperatur erzeugte. Es war nur noch eine
Stunde bis zum Untergang der Sonne. Wir eilten da-
her, zufrieden unseren Zweck erreicht zu haben, in das
mit Bimsstein gefüllte Thal der Sienega del Volcan zurück.
In diesem Bimsstein-Sande zeigte uns der Indianer Spu-
ren von der Tatze des kleinen ungemähnten Berglöwen
[216] (Leoncito de monte oder Puma chiquito nennen ihn die
Spanier), ein Thier das noch unbeschrieben 1), und von
dem groſsen amerikanischen Löwen Cuguar, Felis con-
color
, sehr verschieden ist. Nach Exemplaren, die ich
später sah, und die uns von Lloa, am Abhange des Pi-
chincha, gebracht wurden, ist der Berglöwe sehr niedrig,
kaum 1½ Fuſs hoch, aber sein Kopf ist dick und bei
den Augen 5¼ Zoll breit. Im starken Gebiſs haben die
Eckzähne dieser kleinen, ungefleckten, gelbrothen Felis-
Art eine Länge von 13 Linien. Das dem Menschen völlig
unschädliche Thier scheint die öde, obere Bergregion des
Vulkans zu lieben; denn auch La Condamine sah an
demselben Punkte die Spur seiner Tatzen. Wir überstie-
gen glücklicherweise vor Einbruch der Nacht das steile
Joch, welches die Sienega von dem Thal von Yuyucha
trennt. Aber durch dieses Thal gelangten wir in groſser
Finsterniſs (kein Stern lieſs sich blicken), nach zahllosem
Fallen auf dem rauhen Pfade, Nachts um halb zwölf Uhr
nach Quito. Wir waren auf der beschwerlichen Excur-
sion von 18 Stunden fast 14 zu Fuſs gegangen.


Dritte Besteigung. — Den 27sten Mai, also den
Tag nach unserer zweiten Expedition, spürte man Abends
in Quito einige sehr heftige Erdstöſse. Die Nachricht
von der Wiederentzündung des nahen Craters hatte bei
den Einwohnern viel Interesse, aber zugleich auch Miſs-
vergnügen erregt. Man verbreitete, »die fremden Ketzer
(los hereges) hätten gewiſs Pulver in den Crater gewor-
fen.« Die letzten Erdstöſse wären der Wirkung die-
ser Pulver zuzuschreiben. Meine Reisebegleiter waren
seitdem von dem Landsitze Chillo zurückgekommen, und
am 28sten Morgens um halb fünf Uhr waren wir schon
wieder auf dem Wege nach Rucu-Pichincha, Bonpland,
[217]Carlos Montufar und der gelehrte Jose Caldas,
Schüler des groſsen Botanikers Mutis, der wenige Jahre
nachher, wie unser Freund Montufar, als Gefangener des
Generals Morillo, erschossen wurde. Der Weg, den
wir verfolgten, war derselbe wie bei unserer ersten Bestei-
gung. Von dem Damme, der den Ziegelberg von der
Bergkuppe Tablauma scheidet, und auf dem ich den Sied-
punkt des Wassers zu 68°,97 R. gefunden, stiegen wir in
die Bimsstein-Ebene der Sienega del Volcan hinab. Bon-
pland
, der unsere schöne Sida pichinchensis in 2356
Toisen Höhe sammelte, und um die Wurzeln der wolli-
gen Culcitium rufescens zu untersuchen, bis zum unteren
Rande des ewigen Schnees aufklimmen muſste, wurde
zwei Mal ohnmächtig — gewiſs nur als Folge der An-
strengung, nicht wegen Mangel an Luftdruck. Auch blu-
teten weder das Zahnfleisch, noch die Augen.


In der Mittagsstunde hatten wir die bereits so oft
besprochene Steinplatte neben oder vielmehr über dem
Crater erreicht. Das Ersteigen an dem Felsthurme schien
uns nun ganz leicht, wie immer, wenn, der Oertlichkeit
genau kundig, man sicher auftritt. Die bei der ersten
Besteigung beschriebene Spalte war nun ganz offen,
frei von Schnee. Wegen ihrer Schmalheit (nicht viel
über zwei Fuſs) wurde sie leicht überschritten. Wie
übrigens die Steinplatte selbst, auf der wir ein Gra-
phometer neben dem Barometer bequem aufstellen konn-
ten, mit dem Crater - Rande nach unten zusammen-
hängt, wurde uns auch dieses Mal nicht ganz deutlich.
Ist die Warte ein vorspringender Altan oder der fla-
che Gipfel eines Felsens, der aus dem Boden des Ab-
grundes selbst aufsteigt? Ich wage es nicht zu entschei-
den, weiſs aber durch Briefe aus Quito, das noch in
den nächsten Jahren nach meiner Abreise die Einwoh-
ner jene Steinplatte als einen Mirador (Belvedere des
Craters) mehrmals besucht haben. Die bläulichen be-
weglichen Lichter wurden wieder von allen Anwesen-
den im finsteren Theile des Craters deutlich erkannt. —
[218] Was aber diese dritte Besteigung am interessantesten
machte und die fortdauernde oder erneuerte Thätigkeit
des Vulkans am meisten charakterisirt, war der Umstand,
daſs seit 1\frac{2}{2} Uhr nach Mittag der Fels, auf dem wir
standen, heftig durch Erdstöſse erschüttert wurde. Von
donnerartigem Geräusche war dabei nichts zu vernehmen.
Ich zählte 18 Stöſse in 36 Minuten. Dieses Erdbeben
wurde, wir wir an demselben Abend erfuhren, in der
Stadt Quito nicht gefühlt; es war bloſs dem Rande des
Craters eigen. Diese Erfahrung ist ganz dem analog, was
man sehr gewöhnlich am Vesuv erfährt, wenn derselbe
Schlacken auswirft. Sitzt man im Innern des Craters,
am Fuſse eines der kleinen Eruptions-Kegel, so fühlt
man Erdstöſse einige Secunden vor jeglichem Schlacken-
Auswurfe. Diese localen Erschütterungen werden dann
beim Eremiten oder in Portici nicht gespürt. Es sind
Phänomene, deren Ursache der Erdoberfläche im Crater
ganz nahe ist: sie sind von den Stöſsen, die aus groſsen
Tiefen wirken und einen Erschütterungskreis von 50, 60, ja
100 Meilen haben, ganz verschieden. Am Crater-Rande
des Pichincha spürten wir, nach jeder sehr heftigen Schwan-
kung, einen stärkeren, stechenderen Schwefelgeruch. Die
Temperatur der hohen Bergluft war gewöhnlich 4°,2 bis
5°,8 R.; sobald aber die mit schweflichter Säure gemisch-
ten warmen Dämpfe uns umhüllten, sahen wir auf kurze
Zeit das Thermometer, über den Crater gehalten, zu 10°
bis 12°,3 steigen. Während der Erdstöſse hatte ich die
Luftelektricität mehrmals untersucht. Die Ableiterstange
war, nach Volta's Methode, mit brennendem Schwamm
bewaffnet. Die Korkkügelchen divergirten 4 Linien. Die
+Electricität ging plötzlich in Null über, wurde aber, was
mich bei dem oftmaligen Wechsel wunderte, nie — Elektri-
cität. Die Aussicht über den niedrigeren westlichen Cra-
ter-Rand nach der Waldgegend 1) und dem Stillen Ocean
[219] hin ward durch die schönste Heiterkeit und Trockenheit
der Luft verherrlicht. Das Fischbein-Hygrometer zeigte
30°,8 = 66° des Haarhygrometers bei 5°,3 R. auf einer
Höhe von 2490 Toisen, und doch fand ich, 27 Jahre später,
im nördlichen Asien, in einer Steppe, die wenig über dem
Meere erhaben ist, durch das Psychrometer von August
eine Trockenheit, in der das Saussur'sche Haarhygrometer
bei einer Temperatur von 19° R., zwischen 28° und 30°
gezeigt haben würde 1). Der eben genannte, dem Meere
zugewandte Crater-Rand erschien uns dieses Mal mehr ge-
öffnet, mehr mit den Thälern und Schluchten am nord-
westlichen Abhange des Pichincha verschmolzen. Um
6½ Uhr Abends waren wir schon über Lloa nach Quito
herabgestiegen. Ein flüchtiger Blick auf die geognosti-
sche Skizze des ganzen Gebirgsstockes geworfen, lehrt,
daſs der Vulcan hauptsächlich nach der, Quito entge-
gengesetzten Seite wirkt, ja daſs die Schlammfluthen (ave-
nidas
), die er bei groſsen Ausbrüchen veranlaſst, durch
das Thal von Lloa Chiquito nach der Grasebene von
Turubamba, im Südwesten der Hauptstadt, gefahrlos ab-
geleitet werden. Neuere Besteigungen von Boussin-
gault
und Hall in den Jahren 1831 und 1832 haben
die Entzündung und fortdauernde innere Thätigkeit des
Craters von Rucu-PIchincha bestätigt.



Notes
1).
Die erste Abhandlung ist abgedruckt Bd. XXXX St. 2 S. 161 bis
193
1).
Die Vulkane von Costa Rica hat uns erst ganz neuerlichst der Oberst
Don Juan Galindo in seiner Skizze von Central-Amerika kennen
gelehrt. Oestlich von den hohen Gebirgsrücken von Costa Rica lie-
gen die Vulkane: Irasu oder Cartbago, Turrialva und Chirripo; west-
lich die Vulkane: Barba, Votos, Erradura und Miravalles. Irasu hat
einen furchtbaren Ausbruch 1723 gehabt; man glaubt, daſs es der
erstere war. Der südlichste Vulkan der sieben, welche Galindo
nennt, ist Barba, nach seiner Karte, Br. 9°30′ (Journal of the
Geogr. Soc. Vol. V
I P. II p. 128). Giebt es nordöstlich vom Golfo
Dulce einen Vulkan de Barua, den Brué aufführt? Galindo
kennt dort bloſs einen Rio Varu zwischen Terrava und Balsar, kei-
nen Vulkan Barua.
2).
Leopold de Buch, Description physique des Iles Canaries,
p.
482.
1).
Roulin in meinen Fragmens asiatiques, p. 154 und 600.
1).
Gomara, ed. de Saragosa 1553, fol. CX, b.
1).
Relat. hist. T. II n. 452.
2).
Mein Atlas, n. X.
1).
Der geistreiche Geograph von Amasea, nachdem er von der Tren-
nung von Sicilien und Unteritalien durch Erdbeben gesprochen hat,
fügt folgende Betrachtung (lib. VI p. 258 Cas.) hinzu: „jetzt zwar,
sagt man, seitdem die Mündungen (des Aetna) geöffnet sind, durch
welche das Feuer emporbläst und seitdem Glühmassen und Wasser
hervorstürzen können, wird das Land am Meeresstrande nur selten
erschüttert. Damals hingegen, als noch alle Ausgänge auf der Ober-
fläche verstopft waren, bewirkten Feuer und Luft, unter der Erde
eingeschlossen, heftige Erschütterungen, die Erddecken aber wichen
endlich der Gewalt der (unterirdischen) Winde. Zerrissen nahmen
sie von beiden Seiten das Meer auf. Einige Inseln sind Bruch-
stücke des festen Landes, andere sind aus dem Meere, wie noch jetzt
sich zuträgt, hervorgegangen. Denn die Hochseeinseln (die weit hin-
aus im Meere liegenden) wurden wahrscheinlich aus der Tiefe empor-
gehoben; hingegen die an Vorgebirgen liegenden und durch eine Meer-
enge getrennten scheinen (vernunftgemäſs) dem Festlande abgerissen.“
(Groskurd.)
2).
Dieselben Ansichten hatte das römische Alterthum. Neque aliud est
in terra tremor quam in nube tonitruum. Nec hiatus aliud, quam
cum fulmen erumpit, incluso spiritu luctante et ad libertatem exire
nitente.
Plin. II, 79. Der Keim zu allem, was in neueren Zei-
ten über die Ursachen der Erdbeben gesagt worden ist, findet sich
bei Seneca (Nat. Quaest. VI, 4—31).
1).
Nach der Tradition und einigen Anzeigen der Gestaltung im zer-
trümmerten Gipfel einst weit höher als der Chimborazo.
1).
Unter Nero (Seneca, Epist. 79) war man in Rom schon ge-
neigt, den Aetna in die Klasse allmälig verlöschender Vulkane zu setzen,
und später behauptete Aelian (hist. VIII, 11) sogar, die Seefah-
rer fingen an, den einsinkenden Gipfel weniger weit vom hohen
Meere aus zu sehen. Dennoch hat sich, seit jenen Zeiten, der Aetna
eben nicht mit abnehmender Kraft in seiner vulkanischen Thätigkeit
gezeigt.
2).
Epist. l. c.
3).
Rel. hist. Vol. II p. 16 und 19 (ed. in 4to).
1).
S. mein Essai politique, T. II p. 73 (2te ed. in 8vo), und Denk-
würdigkeiten des Bernal
Diaz de Castillo, 1838, T. II S. 67.
Noch jetzt heiſst eine Gegend in der Stadt Mexico: Salto de Al-
varado
. Ein merkwürdiges Wort des tapfern und an alle mensch-
lichen Leiden gewöhnten Kriegsmannes hat uns Gomara (fol. CXII,
b
) aufbewahrt. Man fragte ihn im Sterben, „was ihn schmerze,“
er antwortete: (nicht der Leib), sondern die Seele (das Gemüth),
la alma.
1).
Die Titel sind: La Azucena de Quito que broto el florido campo
de la Iglesia en las Indias occidentales, por
Jacinto Moran de
Butron
, Soc. Jesu (Madrid 1721); und Compendio historico
de la prodigiosa vida, virtudes y milagros de
Mariana Jesus
Flores y Paredes
, escrito porThomas de Gijon 1754. Die
Beata ward 1618 geboren, und da sie nur 26 Jahr alt wurde, er-
lebte sie nicht den groſsen Ausbruch von 1660, ja nicht einmal die
erste Zerstörung von Riobamba (1654), während welcher auch die Stadt
Quito viel durch Erdbeben litt. Gijon behauptet fälschlich (p. 38),
daſs Pichincha zum ersten Male 1580 Feuer gespien habe.
2).
Butron, p. 67. An dem Fronton des Klosters des heiligen Au-
gustinus las ich folgende Inschrift: „Año de 1660 a 27 de Octubre
2).
rebento el Volcan de Pichincha a las 9 del dia.“ Auch eines
furchtbaren Erdbebens von 1662 erwähnt diese Inschrift. Der Da-
tum des Monats ist verwischt und unleserlich geworden.
1).
Vielleicht Nina-yacu (Feuer-Fluſs) einer der oberen Zuflüsse des
Rio de Esmeraldas? Auch ein Strom von trockner vulkanischer Asche,
den man von weitem für eine Masse heiſsen Wassers hielt, ergoſs
sich am 26sten October 1822 aus dem Crater des Vesuvs. Ich habe
dieses seltene, von Monticelli genau beobachtete Phänomen in mei-
ner Abhandlung über den Bau der Vulkane beschrieben.
2).
Der Heerd selbst ist das ganze Hochland von Quito. Die einzelnen
Verbindungs-Oeffnungen mit der Atmosphäre sind die Berge, die
wir Pichincha, Cotopaxi oder Tunguragua nennen. Sehr treffend sagt
Seneca im 79sten Briefe, in dem er ebenfalls von der oben be-
rührten problematischen Erniedrigung des Aetna-Gipfels handelt: po-
test hoe accidere, non quia montis altitudo desedit, sed quia
ignis evanuit, et minus vehemens ac largus effertur: ob ean-
dem causam fumo quoque per diem segnior. Neutrum autem
incredibile est, nec montem qui devoretur quotidie minui, nec
ignem non manere eundem: qui non ipse ex se est, sed in ali-
qua inferna valle conceptus exaestuat et aliis pascitur: in ipso
monte non alimentum habet, sed viam.
(Ed. Ruhkopfiana,
T. III p. 32.)
1).
Voyage à l'Equateur, p. 147—156.
1).
Den 26. Mai 1802.
2).
Von meinen weiſsen Begleitern, Don Pedro Urquinaona, Don
Vicente Aguirre und dem damals sehr jungen Marquès de Maenza,
lebt der letztere allein noch in Europa, als Zeuge des Unternehmens.
Er führt jetzt, als Grande erster Classe, den ererbten Titel eines Gra-
fen von Puñonrostro.
1).
Poeppig (Reise, T. II S. 80) erwähnt, nach Benjamin Scott,
kleiner Holzungen, wirklicher, aber niedriger Bäume bei Huaylillas
de Potosi und Uchusuma auf dem Peruanischen Gebirge, von 14800
bis 14930 Fuſs Höhe. Wenn bei Bolivia hin gegen 18° südl.
1).
Breite, als Folge eigener meteorologischer Processe (Fragmens asia-
tiques, p
. 540—549), die untere Gränze des ewigen Schnees steigt,
so scheint auch die untere Gränze der Baum-Vegetation sich zu er-
heben.
1).
Auch Leopold von Buch erwähnt dieses Felsgrathes, der aber
nicht Obsidian ist. Phys. Beschr. der Canarischen Inseln, S. 231.
2).
„Je proposai à Mr.Bouguer, sagt La Condamine (Voyage,
p
. 154), un chemin tres court: c'étoit de monter tout droit
par dessus la neige à l'enceinte de la bouche du Volcan. Je
sondois le profondeur de la niege avec un bâton, elle étoit très
2).
profonde, mais elle pouvoit nous porter: j'enfoncai tantot plus
tantot moins, mais jamais beaucoup au dessus du genou. Je
m'approchai du rocher nud qui dominoit l'enceinte et je par-
vins à en atteindre la cime.“
1).
S. mein Recueil d'Observations astronomiques, T. I, p. 309
n. 184.
1).
Wohl sehr von Felis unicolor, Lesson verschieden, da dieser dem
heiſsen Guyana, der kleine Berglöwe aber Höhen, die 8000 Fuſs über-
steigen, angehört. Aus dem Neuen Continent sind nun schon an zwan-
zig ihm eigenthümliche Felis-Arten bekannt.
1).
In dieser Waldgegend der Yumbos finden sich auch Stämme des
merkwürdigen Kuhbaumes (Palo de Vaea), unseres Galactoden-
1).
S. meine Fragmens asiatiques, p. 378.
1).
dron, dessen nahrhafte, Wachs oder Galactine enthaltende Milch
von Boussingault und Solly chemisch analysirt worden ist, wäh-
rend daſs eine vollständige botanische Beschreibung der Pflanze, trotz
so vieler naturhistorischen Reisen, nun schon volle 35 Jahre verge-
bens erwartet wird.

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CC-BY-4.0
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2025). Humboldt, Alexander von. Geognostische und physikalische Beobachtungen über die Vulkane des Hochlandes von Quito. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bn36.0