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Handbuch
der
Mineralogie


Mit vielen Holzſchnitten.

Tübingen,: 1855.
Verlag der H. Laupp'ſchen Buchhandlung.
— Laupp \& Siebeck. —

[[IV]]

Druck von H. Lauppjr. in Tübingen.


[[V]]

Vorrede.


Nicht ohne Zögern habe ich mich an ein Werk gewagt, bei deſſen
Entwurf ich mir ſchon geſtehen mußte, daß über einen in ſo vielen Lehr-
und Handbüchern längſt durcharbeiteten Stoff ſonderlich Neues zu ſagen,
wenigſtens unſer in mineralogiſcher Hinſicht ſo karge Ausbeute lieferndes
Schwabenland nicht der Ort ſei. Dennoch bin ich als öffentlicher Lehrer
der Mineralogie alljährlich berufen, mit der Entwickelung der Wiſſenſchaft
Schritt zu halten, und einer Anzahl zum Theil eifriger Zuhörer den Weg
zur Sache zu zeigen, was bekanntlich gerade in der Geſteinskunde ſeine
eigenthümliche Schwierigkeit hat, wenn man nicht ganz auf der Oberfläche
bleiben will, wie leider heutiges Tages eine Reihe von Büchern es ſich
förmlich zur Aufgabe machen. Dazu kommt die übergroße Verſchiedenheit
der Methoden: ſo daß ich mich vergeblich nach einem Buche umſah, welches
ich meinen Vorleſungen hätte zu Grunde legen können.


Ich ſelbſt habe das Glück gehabt, den erſten mineralogiſchen Unter-
richt aus der lauterſten Quelle zu ſchöpfen. Allein dieſe Quelle war nur
den Zuhörern zugänglich, da es der Lehrer, wie einſt Werner, ſtets ab-
lehnte, etwas Zuſammenhängendes über das ganze Gebiet durch den Druck
zu veröffentlichen. Dieſer Umſtand hat weſentlich mit beigetragen, daß
die ſcheinbar leichtere Methode von Mohs ſo ſchnellen Eingang fand: aber
laſſe ich auch gern der Concinnität des Ausdrucks, der Schärfe der Be-
ſtimmung und der Eleganz der Figuren alles Lob widerfahren, naturgemäß
iſt die Darſtellung ſchon deshalb nicht, weil ſie auf Umwegen ſchwieriger
Symbole ohne alle Deduction an die Sache tritt, welche durch die Weiß-
ſche Methode ſo unmittelbar einleuchtet. Nun hat zwar Naumann gleich
nach Mohs vieles Kryſtallographiſche zu verbeſſern und zu erleichtern ge-
ſucht, es bleibt aber hier auch immer noch verſteckt, was unmittelbarer
heraus gekehrt ſein ſollte.


[VI]Vorrede.

Wir müſſen daher einfach zu den Axenausdrücken, zur Zonenlehre
und ihrer Deduction zurückkehren. Letztere zu überſehen, iſt eine Projection
nöthig, die öfter beigefügt wird, und woraus meiſt der Axenausdruck un-
mittelbar folgt. Dieſe Projectionslehre iſt pag. 33 vollſtändig dargeſtellt.
Wer mehr darüber will, muß meine „Methode der Kryſtallographie“ leſen,
welche 1840 bei Oſiander herausgekommen iſt. Auch die Art mit der
Projection zu rechnen wird pag. 50 auseinander geſetzt. Eine akademiſche
Broſchüre vom Jahr 1848 handelt darüber etwas weitläufiger, aber ſie iſt
nicht in den Buchhandel gekommen. Doch ſtehen Freunden des Faches bei
mir noch einige Exemplare zu Gebote. Neumann’s Projectionsmethode iſt
am Ende pag. 662 kurz auseinander geſetzt. Uebrigens halte ich es auch
für verfehlt, wenn Miller in England darauf abermals eine Bezeichnungs-
weiſe gründete. Das gibt immer nur wieder neue Schwierigkeiten.


In dieſem Kampfe der Anſichten iſt mir der Muth gewachſen, mit
Nachfolgendem hervorzutreten. Das Ziel, was ich mir in chemiſcher, phy-
ſikaliſcher und mathematiſcher Rückſicht ſtellte, war folgendes:


1) Jedes Mineral muß mit dem geringſten Aufwande
chemiſcher Verſuche und zwar ſchnell, erkannt werden
.


Wenn die Mineralogie überhaupt eine wiſſenſchaftliche Diſciplin ſein
ſoll, ſo darf ſie ſich nicht ganz in das Schlepptau der Chemie nehmen
laſſen. Sie muß möglichſt ſelbſtſtändig ihren Weg verfolgen. Auch darf
das nackte Wiſſen um den Stoff nicht ihr höchſtes Ziel ſein, wenn gleich-
wohl es bei allen irdiſchen Dingen das letzte iſt. Der Mineraloge hat
daher nicht nur den Reichthum der Stoffe in der Natur ſchlechthin auf-
zuweiſen, ſondern vor Allem die Art der Anhäufung ins Auge zu faſſen,
und durch kurze chemiſche Diagnoſen zu beſtimmen: welche letztern im
Verein mit den übrigen Kennzeichen meiſt ebenſo wenig irre leiten, als
die ſtrengſte chemiſche Analyſe. Die Ausführung der Analyſe ſelbſt gehört
nicht in das mineralogiſche Gebiet. Doch iſt es umgekehrt ungründlich,
wenn man zu ihr ſchreitet ohne die mineralogiſchen Hilfsmittel erſchöpft
zu haben. Das macht ſo viele Analyſen gänzlich unbrauchbar.


2) Die phyſikaliſchen Kennzeichen ſollen von geſchärften
Sinnen aufgenommen, höchſtens durch kleine Experimente
unterſtützt, ſogleich zur naturhiſtoriſchen Erkennung führen
.


Wir dürfen es zwar nicht verſchmähen, die genaueſten Beſtimmungen
über Härte, Gewicht, optiſche, magnetiſche, elektriſche ꝛc. Eigenſchaften, die
der Phyſiker vom Fach oft mit dem größten Aufwand von Apparaten
mühſam herausbrachte, aufzunehmen, aber immer doch nur zu dem Zweck,
[VII]Vorrede.
um die Sinne dadurch zu ſchärfen, ein möglichſt treues naturhiſtoriſches
Bild ſelbſtſtändig auffaſſen zu lernen. Erſt dadurch wird die Mineralogie
zur beſten Lehrmeiſterin für die Beobachtungskunſt überhaupt. Sie iſt
die nothwendige Schule, in welcher ſämmtliche anorganiſche Körper zum
weiteren Experiment geiſtig vorbereitet werden, ja man ſieht es ſelbſt
den tüchtigſten chemiſchen und phyſikaliſchen Verſuchen nicht ſelten zu ihrem
Nachtheil gar zu deutlich an, wenn dieſe Vorſchule nicht durchgemacht iſt.
Dabei kommt es nicht auf ein minutiöſes Mehr oder Weniger in dem
Abwägen der Eigenſchaften an, ſondern vielmehr auf die ganze Art des
Totaleindrucks. Die Eindrücke berühren uns aber nicht, wenn wir ihren
Werth nicht vorher tüchtig würdigen gelernt haben: ſo kann der Schimmer
an irgend einem Punkte des Kryſtalls, das Dunkel- oder Hellwerden bei
der Wendung einer Fläche ꝛc. augenblicklich auf die richtige Spur leiten,
während alle andern Hilfsmittel, wenn auch die Exactität ihrer Aus-
führung noch ſo glänzend erſcheint, höchſtens auf Umwegen dahin führen.
Es iſt wahrlich kein geringer Vortheil, ſogleich beim bloßen Anſchauen
eines Körpers, um die Möglichkeiten den engſten Kreis ziehen zu können.
Aber das iſt die Aufgabe der Mineralogie, die ſie bereits mit vielem
Glück gelöst hat.


3) Die kryſtallographiſchen Hilfsmittel dürfen gerade
keine tieferen mathematiſchen Kenntniſſe erfordern, die
Zonenlehre und ein ſchnelles Winkelmeſſen mit dem
Handgoniometer müſſen in den meiſten Fällen ausreichen
.


Die Kryſtallographie könnte man eine verkörperte Mathematik nennen.
Aber ſie iſt ohne Leben, wenn ſie nicht über die verknöcherten Symbole
hinausgeht, und zur Zonenlehre fortſchreitet. Die Zonenlehre an der
Hand der Projection gibt uns allein das tiefere Verſtändniß. Das iſt
eine ſo einfache Wahrheit, daß es verwundert, warum ſie ſo lange um
ihre allgemeine Anerkennung ringen muß. Es bedarf dabei nicht jener
übermäßigen Genauigkeit im Winkelmeſſen, die vielen Arbeiten den Schein
von Gründlichkeit gibt, ſondern Augenmaß und Anſchauung reichen hin,
aber nur dann, wenn der Beobachter die für Manchen allerdings harte
Uebungsſchule einer gründlichen Projektionslehre durchgemacht hat. Die
dadurch erworbene Fertigkeit im Erkennen der Kryſtalle iſt der Segen,
welcher die darauf verwendete Mühe reichlich lohnt. Und wenn überhaupt
das Bewußtſein, eine Wiſſenſchaft ergründet zu haben, den Geiſt erhebt
und veredelt, ſo läuft hier noch ein practiſches Intereſſe neben her. Denn
es wird mit jedem Jahre klarer, daß nicht blos der chemiſche Gehalt,
[VIII]Vorrede.
ſondern auch die kryſtallographiſche Form bei der Analyſe der Stoffe eine
weſentliche Rolle ſpielt.


Wie weit der Verfaſſer dieſem Ziele nahe gekommen iſt, hängt nicht
blos vom Urtheil der Sachkenner, ſondern auch der Anfänger ab, welche
dem Buche ſich zuwenden, um dadurch in das weitläufige mit vielen
Schwierigkeiten durchwobene Gebiet eingeführt zu werden. Gar Manches
wird als Ferment wirken, was endlich zu der Einſicht führen dürfte, wie
Noth es thue, daß wir uns über eine gemeinſame Sprache einigen, die
auch dem ferner ſtehenden Naturforſcher die Formenlehre genießbar mache.
An Figuren, die öfter Copien bekannter Werke ſind, iſt nicht geſpart.
Doch fehlt es auch nicht an neuen, wobei mir einer meiner jüngern Freunde,
Hr. Dr. Oppel, behilflich war, deſſen Talente im Wiedergeben von Formen
ich ſchätzen gelernt habe. Bei der Darſtellung wurde ſtets auf das Nütz-
liche hingewieſen, und eine Form gewählt, die es dem Leſer ermöglicht,
wenigſtens viele Capitel in laufender Rede zu genießen. Freilich kommen
auch Punkte vor, die nicht ohne tieferes und wiederholtes Nachdenken ſelbſt
Kopfbrechen überwunden werden dürften: der Geübte wird ſie hochſchätzen,
und dem Ungeübten bringen ſie wenigſtens keine Nachtheile, da zwiſchen-
hinein das Leichtere immer wieder ein Ganzes bildet.


Tübingen im November 1854.


Quenſtedt.

[[1]]

Die Minerale


haben ſich zwar dem Auge der Gelehrten des Alterthums nicht ganz ent-
zogen, allein ihr Verſtändniß iſt uns erſt in heutiger Zeit geworden.
Ariſtoteles (384—322 v. Chr.) wußte noch wenig davon. In ſeiner
Metereologica III. 7 theilt er ſie in „ὀρυκτά und μεταλλευτά (Steine und
Erze), jene durch Dunſt, dieſe durch Rauch entſtanden.“ Das Wort
ὀρυκτά gab ſeit Werner den geläufigen Ausdruck für die Wiſſenſchaft:
Oryctognoſie. Aber gleich nach Ariſtoteles ſchrieb ſein Schüler Theo-
phraſt
(310—225 v. Chr.) ein beſonderes kleines Buch περὶ τῶν λίϑων,
worin man viele Namen aus der Beſchreibung wieder erkennt, wie Gyps,
Obſidian, Sapphir (Laſurſtein) ꝛc. Von beſonderem Intereſſe iſt die
Frage, wann man zuerſt auf Kryſtalle merkte. Dr.Marx (Geſchichte
der Kryſtallkunde. Karlsruhe 1825) zeigt, daß das Wort κρυστάλλος,
bei Homer (Il. 22. 151, Od. 14. 477) Eis bedeutend, erſt im Zeitalter
des Plato auch für unſern Bergkryſtall gebraucht wurde. Ohne Zweifel
war die Waſſerklarheit dieſes Quarzes daran Schuld. Denn ſchon um
Chriſti Geburt behauptet Diodorus Siculus (II, 52. pag. 163. Weſſ.) von
den Kryſtallen Arabiens, ſie beſtänden aus reinem Waſſer, das nicht
durch Kälte, ſondern durch die Kraft eines göttlichen Feuers feſt geworden
ſei. Seneca (Quaest. nat. 3. 25) ſagt uns, daß der Kryſtall aus Eis
entſtehe. Wenn nämlich das himmliſche Waſſer, frei von allen erdigen
Theilen, erhärte, ſo werde es durch die Hartnäckigkeit längerer Kälte
immer dichter, bis es endlich nach Ausſchluß aller Luft gänzlich in ſich
zuſammengepreßt, und was vorher Feuchtigkeit war, in Stein verwandelt
ſei. Plinius der ältere († 79 n. Chr.) wiederholt dieß in ſeiner Historia
naturalis lib. 33—37,
hebt ſogar einzelne Kryſtallformen etwas ſchärfer
hervor. Doch ſind ſeine Mineralbeſchreibungen ſo unvollkommen, daß wir
nur wenige mit Sicherheit deuten können. Der Namen aber ſind uns
viele überliefert und in unſern Compendien aufs Neue verwendet.


Nun trat eine große Lücke ein; zwar theilte der Araber Avicenna
(980—1036 n. Chr.) die Minerale in 4 Klaſſen: Steine, brennliche
Foſſilien, Salze und Metalle. Allein er war Gelehrter und wurzelte
nicht im Boden der Erfahrung. Dieſe mußte auf mühſamere Weiſe ge-
wonnen werden. Der deutſche Bergbau brach dazu die Bahn.


Nach Keferſtein (Geſchichte und Litteratur der Geognoſie. Halle 1840)
beginnt ſchon im 6ten Jahrhundert ein reger Bergbau der Slaven und
Wenden in Böhmen und Mähren, 920 wurde bereits der Kupferſchiefer
bei Frankenberg in Heſſen, 935 der Erzſtock des Rammelsberges bei
Goslar entdeckt, im 12ten Jahrhundert das Erzgebirge von Sachſen in
Quenſtedt, Mineralogie. 1
[2]Geſchichte: Agricola, Bartholin, Steno.
Angriff genommen. Ohne mineralogiſche Kenntniß konnte ein ſolcher aus-
gedehnter Bergbau gar nicht ſtattfinden, allein die Bergleute ſchrieben
nichts nieder, ſie waren „Männer vom Leder, und nicht von der Feder“.
Wenn auch einiges den Gelehrten zu Ohren und Augen kam, wie dem
Schwaben Albertus Magnus (1193—1280), der 5 Bücher de mineralibus
et rebus metallicis
ſchrieb, ſo ſahen ſie es doch immer im Spiegel alter
Autoren.


Das Bergbüchlein, die erſte deutſch geſchriebene Mineralogie,
ſchöpfte zuerſt aus der reinen Quelle praktiſcher Erfahrung. Baſilius
Valentin, den man weiter nicht kennt, ſoll der Verfaſſer ſein, aber
wahrſcheinlich haben mehrere daran gearbeitet. Doch waren es jedenfalls
nicht claſſiſch gebildete Bergleute, die etwa um das Jahr 1500 nieder-
ſchrieben, was bis dahin die Erfahrung gelehrt hatte, denn ſonſt hätten
ſie nicht deutſch geſchrieben! Neue, dem Alterthum unbekannte Namen,
wie Quarz, Spath, Schiefer, Kies ꝛc. treten uns hier zum erſten Male
entgegen, die wir dann wieder bei Agricola (1494—1555) de natura
fossilium
1546 beſchrieben finden. Dieſer war Arzt zu Joachimsthal in
Böhmen, wo er von Bergwerken rings umgeben reiche Kenntniſſe ſammeln
konnte, die ihn beim Deuten alter Autoren leiteten. Werner nennt ihn
den „Vater aller metallurgiſchen Wiſſenſchaften“ und allerdings beſchäf-
tigten ihn ſchon die Geſtalt, Blättrigkeit, Härte, Schwere, Farbe, Glanz ꝛc.
der Minerale in einer Weiſe, wie vor ihm keinen. Johann Kenntmann
zu Torgau (1518—1568) heißt der erſte Sammler in Deutſchland, wozu
ihn wahrſcheinlich die Eislebiſchen Bergwerke veranlaßten und Conrad
Gesner de rerum fossilium figuris Zürich 1565 liefert uns die erſten
Abbildungen. Im 17ten Jahrhundert geſchah zwar nicht ſonderlich viel,
doch verlor ſich der erwachte Sinn für das Fach nicht wieder. Boetius
de Boot ſchreibt eine Gemmarum et Lapidum historia 1609, leitet die
Form der Kryſtalle von beigemiſchten Salzen ab, und ſucht ſchon auf
geometriſchem Wege die Sechseckigkeit des Quarzes zu erklären. Beſon-
deres Aufſehen erregte der Doppelſpath, welchen der Däne Erasmus
Bartholin (Experimenta Crystalli Islandici. 1669) auf Island entdeckte,
durch ſeine doppelten Bilder. Bartholin beſtimmte die ebenen Winkel der
Rhomboeder-Flächen durch Meſſung zu 101° und 79°, und fand die
Kante durch Rechnung 103° 40′. Schon früher hatte er eine Abhandlung
de figura nivis 1661 geſchrieben, worin er die Meinung des Carteſius
vertheidigt: die Schneeſterne entſtänden dadurch, daß ſechs Waſſerbläschen
genau ein ſiebentes central gelagertes umgäben. Die Formen wurden
von nun an Gegenſtand gründlichern Nachdenkens. Der berühmte Huygens
(† 1695) maß die Doppelſpathkante ſchon ſehr genau auf 105°, und ſuchte
den blättrigen Bruch zu erklären. Boyle († 1691) weist den blättrigen
Bruch noch bei vielen andern Kryſtallen nach. Der Däne Steno, welcher
in Italien lebte, hat durch ſein Werk de solido intra solidum naturaliter
contento
1669 Epoche gemacht. Er ſpricht beim Bergkryſtall nicht blos
von 6ſeitigen Säulen und 6ſeitigen Pyramiden an den Enden, ſondern
behauptet auch, daß trotz der Verziehung der einzelnen Theile eine Con-
ſtanz der Winkel ſtattfinde (non mutatis angulis). Er zeigt weiter, daß
man durch Abſtumpfen eines Würfels ſämmtliche Flächen des Eiſenglanzes
ableiten könnte, und weist die dreifache Streifung der Würfelflächen des
[3]Geſchichte: Henkel, Linné, Lisle, Hauy.
Schwefelkieſes nach. So eilen einzelne Männer ihrer Zeit voraus! In
der erſten Hälfte des 18ten Jahrhunderts machte beſonders Henkels Pyrito-
logia oder Kieß-Hiſtorie 1725 Aufſehen. Vielfache Erfahrungen hatten
den praktiſchen Bergmann gelehrt, daß die Steine aus Waſſer kryſtalli-
ſirten, die Metalle aber, und darunter beſonders der Kieß („Hans in
allen Gaſſen“ pag. 733), aus erzführenden Dünſten entſtünden. Allein
es fehlt dem Werke noch weſentlich an ſyſtematiſcher Ordnung, ein Mangel,
der auch bei Schröter (Vollſtändige Einleitung in die Kenntniß und Ge-
ſchichte der Steine und Verſteinerungen 1774) noch zu rügen iſt, obgleich
hierin vieles, was die Vorgänger über Steine wußten, in einer anziehen-
den Weiſe zuſammengeſtellt wurde.


In der Mitte des vorigen Jahrhunderts ſind bereits die Keime der-
jenigen drei Richtungen zu finden, die noch heute neben einander fortlaufen.
Die kryſtallographiſche iſt unter ihnen die älteſte und naturgemäßeſte.
Zwar muß man ihre Anfänge in das 17te Jahrhundert ſetzen, doch war
der berühmte Linné (1707—1778) der erſte, welcher die Kryſtalle zum
Eintheilungsgrunde nahm, das iſt für jene Zeit kein geringer Ruhm,
Systema naturae sive tria regna 1735. Imper. fol. Befangen in der
alten Vorſtellung, daß die Salze die Kryſtallbildner ſeien, nannte er ſie
geradezu die Väter, welche in den Gebirgsarten (Müttern) die Kryſtalle
erzeugten. Er wählte nun unter den künſtlichen Salzen einige Haupt-
formen heraus: Muria, das Kochſalz zeigte ihm den Würfel, deshalb
ſetzte er die Würfel des Flußſpathes dahin; Alumen, der Alaun das
Oktaeder, daher war der Diamant ein Alumen adamas, aber auch der
oktaedriſche Flußſpath war ihm ein Alumen! Nitrum, der Salpeter zeigte
eine ſechsſeitige Säule, und nun wurden die Säulen des Quarzes, Kalk-
ſpathes ꝛc. dazu geſellt. Uebrigens unterſcheidet er ſehr gut drei Klaſſen:
Petrae (Felſen), Minerae und Fossilia (Verſteinerungen). Jedenfalls
wurde Romé de Lisle (Essai de Cristallographie 1772, pag. XII) durch
dieſe originelle Betrachtungsweiſe auf die Wichtigkeit der Kryſtalle geleitet.
Dieſer anſpruchsloſe Mann brachte ſich bald in den Beſitz der reichſten
Kryſtallſammlung, welche damals exiſtirte. Er erkannte die Beſtändigkeit
der Winkel, unterſchied ſchon Grundformen von den abgeleiteten, und ließ
ſogar die Figuren in Thon und Holz modelliren, alſo Kryſtallmodelle
machen. Ein Künſtler Carangeot führte das aus, und kam dabei auf
die Idee des Anlegegoniometer, weil ohne Winkelmaß die Modelle nicht
richtig wurden. Die gewaltigen Fortſchritte, welche de Lisle machte, zeigt
ſeine Cristallographie ou déscription de formes propres à tous les corps
du règne minéral.
1783. Aber um dieſe Zeit kam


René Juſt Hauy, geb. 1743 zu St. Juſt in der Picardie, † 1. Juni
1822 zu Paris, einer der größten Naturforſcher ſeiner Zeit, der alle Minera-
logen neben ſich verdunkelte. Sein Essai d’une théorie sur la structure des
cristaux
erſchien 1784. Schon der ſchwediſche Chemiker Torbern Bergmann
(† 1784) hatte gefunden (Act. Upsal. 1773), daß man aus allen Kalkſpath-
kryſtallen eine Primitivform (forma primitiva) herausſchälen könne, und lei-
tete durch Aufſchichtung dann die andern Flächen ab. Ohne davon zu wiſſen,
kam Hauy auf die gleiche Idee: Théorie de la structure des cristaux 1784.
Als er eines Tages bei Defrance eine Kalkſpathdruſe beſichtigte, brach
eine reguläre ſechsſeitige Säule mit Gradendfläche ab. Dieſe zeigte in
1*
[4]Geſchichte: Cronſtedt, Werner.
einer Endkante einen Blätterbruch, und Hauy brachte durch Verſuche zu
Hauſe glücklich ein Rhomboeder heraus. Jetzt lag der Gedanke nahe, daß
durch Aufſchichtung kleiner Rhomboederchen auf die Flächen der Kerngeſtalt
andere Formen abgeleitet werden könnten. So verfiel er auf das Geſetz
der Decrescenzen und alle die glänzenden Entdeckungen, welche ſeinen
Namen verewigt haben. Nun konnten die Winkel nicht blos mit dem
Anlegegoniometer gemeſſen, ſondern auch berechnet werden, und dieſe
Rechnungen führte er ſo ſcharfſinnig durch, daß in ſeinem Traité de mi-
neralogie
1801 die Kryſtallographie ihrem Inhalte nach als eine feſt ab-
geſchloſſene Wiſſenſchaft daſteht, wenn auch ihre Form in Deutſchland
ſpäter ein ganz anderes Gewand bekam. Freilich waren nur talentvolle
mathematiſche Köpfe befähigt, ſie zu leſen, aber dieſe legen noch heute
das Buch nicht ohne Verwunderung aus den Händen. (Die 2te Auf-
lage 1822 blieb ſchon gegen ihre Zeit zurück.) Daraus läßt ſich allein
erklären, warum die Franzoſen bis heute die Methode nicht ganz ver-
laſſen haben.


Die chemiſche Richtung ging ebenfalls von Schweden aus.
Schon Wallerius (Mineral-Riket. 1747) ſtellt die Stoffe an die Spitze,
vor allem aber brach Axel von Cronſtedt (1722—1765) Berghauptmann
in Stockholm die Bahn. Sein „Försök till Mineralogie“ erſchien 1758.
Hier wurde das Löthrohr zuerſt angewendet, aber nicht genannt, doch
beſchreibt es Engſtröm 1765 in der engliſchen Ueberſetzung. Von da an
kam es dann durch Bergmann und Jahn in den weiteſten Gebrauch.
Cronſtedt ſtellt jeder Klaſſe und Ordnung die chemiſchen Kennzeichen voran,
überhaupt zeichnet ſich ſein Büchelchen ſo vortheilhaft durch Kürze und
Schärfe aus, daß er ſich „weit über ſein Zeitalter erhob.“ Nachdem nun
durch Vauquelin und Klaproth (Beiträge zur chemiſchen Kenntniß der
Mineralkörper. 6. Bd. 1795—1815) eine Menge trefflicher Analyſen ge-
wonnen waren, trat die Wichtigkeit der Chemie für Mineralogie immer
in ein helleres Licht.


Den naturhiſtoriſchen Weg, gegen deſſen Popularität die
beiden genannten weit zurückblieben, eröffnete Abraham Gottlob
Werner
, 25. September 1750 zu Wehrau in der Oberlauſitz geboren,
30. Juni 1817 zu Dresden geſtorben (Lebensbeſchreibung A. G. Werner’s
von Dr. Friſch 1825). Gleich ſeine erſte kleine Schrift „von den äußer-
lichen Kennzeichen der Foſſilien“ 1774 zeigt die Größe des aufgehenden
Sternes. Welche Klarheit und Beſtimmtheit im Ausdruck, und welch
feiner Sinn für Auffaſſung der Kennzeichen, verbunden mit logiſcher
Ordnung! Die Kennzeichen ſelbſt werden in vier Abtheilungen gebracht:
äußere, innere, phyſikaliſche und empiriſche, darunter ſpielen aber die
äußern, welche „zu ihrer Aufſuchung nur allein unſere Sinne nöthig
haben“, die Hauptrolle. Denn ein Meſſer, Feuerſtahl und Feile zur
Prüfung der Härte, ein Magnet, ein Vergrößerungsglas und ein Fläſch-
chen mit Scheidewaſſer bildeten ſein mineralogiſches Beſteck. „Will man
dazu noch ein Löthröhrgen thun, um damit in der Geſchwindigkeit
einige kleine Feuerverſuche mit Foſſilien anſtellen zu können, ſo iſt man
zum Ueberfluß verſehen.“ Die Farbe iſt das erſte, was in die Sinne
fällt. 2) Der Zuſammenhang (cohaesio): hier wird dann auch der
regelmäßigen Geſtalten oder Criſtalliſationen gedacht, ſie werden treulich
[5]Geſchichte: Weiß.
und oft ſehr naturgemäß beſchrieben, doch war Werner nicht Mathematiker
und konnte daher auch zur tiefern Kenntniß nichts beitragen, dagegen
wird der Glanz, Bruch, Strich, Härte, Klang ꝛc. in der beſten Weiſe
hervorgehoben. Auch das Anfühlen, die Kälte, die Schwere, ſelbſt der
Geruch und der Geſchmack müſſen zur Vervollſtändigung des Bildes bei-
tragen. Oſtern 1775 bekam er ſchon einen Ruf als Lehrer der Minera-
logie und Bergbaukunſt an die Bergakademie von Freiberg, wo er 42 Jahre
mit einem Erfolg wirkte, wie ſich nur Wenige rühmen können. Anfangs
wurden Mineralogie und Bergbaukunſt bei den Vorträgen vereinigt ge-
laſſen, doch ſchon im nächſten Jahre trat das Bedürfniß der Trennung
ein. Etwa um 1779 ſchied er auch die Gebirgslehre, welche er in einer
erweiterten Form zum erſten Male 1785 unter dem Namen Geognoſie
las, während ſchon 1780 die Mineralogie in ihrer Abgränzung gegen die
Gebirgslehre vorgetragen wurde. Leider hat Werner wenig geſchrieben,
bei ſeinen Vorleſungen legte er Cronſtedt’s Försök till Mineralogie zu
Grunde, von der er 1780 den erſten Theil überſetzt und vermehrt
herausgab. Sein vollſtändiges Syſtem ſchrieb zuerſt Emmerling (Lehrbuch
der Mineralogie 1793), aber gegen ſeinen Willen, ſpäter mit ſeinem
Willen Hoffmann (Handbuch der Mineralogie 1811—13), fortgeſetzt von
Breithaupt 1815—17). Am Ende des 4ten Bandes findet ſich „Werner’s
letztes Mineralſyſtem“ 1817, das ſich nach ſeinem Tode unter ſeinen
Schriften fand. Es enthält 317 meiſt wohl begründete Arten. Auf den
Schultern dieſes berühmten Lehrers erhoben ſich die Mineralogen unſeres
Jahrhunderts. Sein „vorzüglichſter Schüler“ war


Chriſtian Samuel Weiß, geboren 26. Febr. 1780 zu Leipzig,
alſo in demſelben Jahre, wo zum erſten Mal auf einem deutſchen Lehr-
ſtuhle die Mineralogie in ihrem ſelbſtändigen Inhalte vorgetragen wurde.
Er ging bald über Werner hinaus und Hauy zog ihn an, den er in
Paris aufſuchte, und deſſen Lehrbuch er überſetzte (1804—1810) und mit
einzelnen Anmerkungen verſah. Eine merkwürdige Abhandlung über die
„dynamiſche Anſicht der Kryſtalliſation“ finden wir I. pag. 365. Weiß
polemiſirt hier gegen die atomiſtiſche Lehre Hauy’s, und weist nach, daß
nicht blos den Flächen der Kerngeſtalt Blätterbrüche parallel gehen, ſondern
daß auch den ſekundären ein verſteckter Durchgang der Blätter entſpreche,
daß mit einem Worte die Blätterbrüche das ganze Innere des Kryſtalks
beherrſchen. Die Blätterbrüche ſelbſt hiengen von gewiſſen „Kryſtalliſa-
tionsrichtungen“ ab, welche im Innern des Kryſtalls wirken. Der Feld-
ſpath (Hauy Mineral. II, 711) wurde bereits 1804 in ſeiner richtigen
Stellung erkannt, und der Zuſammenhang ſeiner Flächen nach Zonen
gruppirt! Ja bei dem ſchon damals richtig gedeuteten Epidot (III, 141)
ſteht klar ausgeſprochen, daß durch das Fallen einer Fläche in zwei Zonen
ihre Lage geometriſch beſtimmt ſei (1806). Hierin liegen offenbar die
Keime für die ſpätere Deductionslehre. 1808 zum ordentlichen Profeſſor
der Phyſik nach Leipzig berufen, wird bereits in einer lateiniſchen Diſſer-
tation, de indagando formarum crystallinarum charactere geometrico
principali 1809,
die neue Anordnung der Kryſtalle auseinander geſetzt.
Wir finden nicht nur die Bedeutung der Axen hervorgehoben: axis vero
linea est omnis figurae dominatrix, circa quam omnia aequabiliter sunt
disposita. Eam omnia spectant, eaque quasi communi vinculo et com-

[6]Geſchichte: Neumann, Berzelius, Mitſcherlich.
muni inter se contactu tenentur, ſondern das ganze Syſtem in ſeinen
Grundzügen angedeutet; die Hauy’ſchen Primitivformen werden auf das
reguläre Oktaeder, Rhomboeder und Diheraeder, Quadrat- und Oblong-
oktaeder zurückgeführt, nur Feldſpath, Epidot, Gyps ꝛc. nicht untergebracht,
ſondern auf eine ſpätere Behandlung verwieſen, als zu den genannten
vier Syſtemen nicht gehörig. Endlich erſchien die „überſichtliche Darſtellung
der verſchiedenen natürlichen Abtheilungen der Kryſtallſyſteme“ in den Ab-
handlungen der Berliner Akademie der Wiſſenſchaften 1815: 1) reguläres,
2) viergliedriges, 3) zwei und zweigliedriges, 4) zwei und eingliedriges, 5) ein
und eingliedriges, 6) ſechsgliedriges nebſt drei und dreigliedrigem Syſtem
werden unterſchieden, und beim regulären das Tetraedriſche und Penta-
gondodekaedriſche hervorgehoben. Damit war der wundervolle Bau der
Kryſtalle in ſeinen Grundgeſetzen erkannt. Eine Reihe monographiſcher
Abhandlungen, welche nun alljährlich in jenen akad. Schriften folgten,
haben uns mit den tiefern Verhältniſſen bekannt gemacht. Prof. Neumann
in Königsberg (Beiträge zur Kryſtallonomie 1823) trat in die Fußtapfen
ſeines Lehrers, und zeigte, wie man die Zonen und Richtungen in einem
Bilde durch eine beſondere Art von Projektion deutlich machen könne.
Wie großen Werth der Lehrer ſelbſt auf ſolche Art der Darſtellung legte,
dieß zeigen ſeine Arbeiten ſeit dem Jahre 1834, wo durch eine Projektions-
figur der Darſtellung ſtets ihre letzte Vollendung gegeben wird. Es iſt
dieß der einzige wahre Weg zur Erkenntniß der Sache. Das wird man
um ſo mehr erkennen, je mehr wahre mineralogiſche Bildung überhaupt
Wurzel ſchlägt.


Während ſo die mathematiſche Richtung, ich möchte ſagen, zum Ab-
ſchluß kam, waren die Chemiker überaus thätig, auch ihrerſeits das
Nöthige beizutragen. Genaue Unterſuchungen lehrten, daß die Stoffe
nach beſtimmten Aequivalentzahlen ſich untereinander verbinden, Berzelius
führte daher geradezu für jedes Element ein Symbol ein. So konnte
dann die Zuſammenſetzung eines Minerals durch eine chemiſche Formel
ausgedrückt werden. Dieſe Formeln werden freilich vielfach mißbraucht,
daß aber im Ganzen die Sache dadurch gefördert wurde und wird, wer
wollte das läugnen. Berzelius (Journ. Chem. et Phys. Bd. XV) ſelbſt
ſtellte ſchon im Jahre 1815 ein vollſtändiges chemiſches Mineralſyſtem
nach ſeinem electro-chemiſchen Princip auf, freilich auf Koſten aller natur-
hiſtoriſchen Verwandtſchaften. Dem Chemiker, der die Minerale blos der
Kenntniß der Stoffe wegen ſtudirt, mag eine ſolche Zuſammenſtellung
willkommen ſein, der Mineralog ſehnt ſich aber immer wieder nach einem
naturhiſtoriſchen Bande. Auch ſind die Chemiker trotz ihres feſten Princips
unter ſich ebenſowenig einig geworden als die andern. Eines der letzten
ſtammt von Guſtav Roſe (das cryſtallo-chemiſche Mineralſyſtem 1852),
der ſich immer mit Vorliebe der chemiſchen Richtung zuwendet, worin er
ſo viel geleiſtet hat. Die chemiſchen Formeln gewannen ſehr an Einfach-
heit, ſeit Prof. Fuchs darauf aufmerkſam machte (Schweigger’s Journ.
für Chem. 1815. XV, 382), daß gewiſſe Stoffe andere vertreten könnten.
Daraus entſtand dann der Iſomorphismus von Prof. Mitſcherlich (Abh.
der Berliner Akad. 1818. 428). Nimmt man dazu noch die Fortſchritte,
welche „durch die Anwendung des Löthrohrs in der Chemie und Minera-
logie (1ſte Aufl. 1821, vierte 1844)“ von Berzelius gemacht ſind, ſo
[7]Geſchichte: Mohs, Haidinger, Hausmann.
kann man ſich nicht wundern, daß über die Mineralanalyſen allein umfang-
reiche Werke erſcheinen, wie das Handwörterbuch des chemiſchen Theils
der Mineralogie von Rammelsberg. 1841, mit 5 Nachträgen. Demunge-
achtet darf der Mineraloge vom Fach, wenn er ſeinen Blick nicht trüben
will, die Chemie nur als Helferin betrachten, die ihm beiſpringt, wenn
ſeine andern Mittel nicht mehr ausreichen. Endlich iſt auch


die naturhiſtoriſche Richtung ſchärfer ausgebildet, inſonders
von ſolchen, die weder mit chemiſchen noch mathematiſchen Kenntniſſen
ausgerüſtet den populärſten Mittelweg ſuchten. Vor allem war es Mohs,
deſſen Talent in dieſer Beziehung Bahn brach, der aber leider auch auf
Nebendinge ein ungebührliches Gewicht legte. Schüler und Nachfolger
Werner’s lieferte er ſchon 1804 „van der Null’s Mineralienkabinet, ge-
ordnet und beſchrieben“ in 3 Bänden, hält ſich darin aber durchaus auf
dem Werner’ſchen Standpunkte. Wichtiger „die Charakteriſtik des natur-
hiſtoriſchen Mineralſyſtems. Dresden 1820 (2te Aufl. 1821)“ und be-
ſonders der „Grundriß der Mineralogie. 2 Bde. 1822—24, ins Engliſche
überſetzt (Treatise on Mineralogie 1825) von Haidinger, woran die Kry-
ſtallzeichnungen auch namentliches Verdienſt haben. Mohs vernachläßigt
das Chemiſche und hält ſich mehr an äußere Kennzeichen, ſtellt unter
andern eine Härteſkala auf, und bei den Kryſtallen faßt er Grundformen
auf, legt ein Hauptgewicht auf die Reihen der ſtumpfern und ſchärfern
Körper, die in ſeiner Bezeichnung eine Hauptrolle ſpielen. Doch iſt ſein
Kryſtallſyſtem ganz dem von Weiß entnommen (Edinb. phil. Journ. 1823.
VIII, pag. 103 u. 275), nur ſchloß er ſich den ſchärfern Meſſungen an,
welche ſeit der Erfindung des Reflexionsgoniometer durch Malus 1809
möglich geworden waren. Bei den Meſſungen war ihm beſonders Hai-
dinger behülflich, und es ſtellte ſich heraus, daß die zwei und eingliedrigen
und ein und eingliedrigen Syſteme ſchiefwinklige Axen haben müßten, die
Mohs zuerſt in ſeinem Grundriß (2ter Band pag. VI) anführt. Allein
ſchon Kupfer (Pogg. Ann. 1826. Band 8. pag. 75) zeigte, daß man die
„Abweichung“ vom rechten Winkel öfter meiden könne, und jedenfalls
verdienen wenigſtens die Axen, welche ſich den rechten möglichſt nähern,
vor den willkührlich ſchief angenommenen den Vorzug. Denn die
Einfachheit der Axenausdrücke kann in ſolchen Fällen doch nicht allein
entſcheiden, ſonſt könnte man unter Umſtänden den allerſchiefſten Stel-
lungen den Vorzug geben wollen, wie die Zonenlehre beweist. Haidinger,
der berühmteſte Schüler von Mohs, wandte ſich mit Vorliebe und großem
Glück auch dem phyſikaliſchen Theile zu, wie ſeine vielfachen intereſſanten
Arbeiten über Dichroismus ꝛc. beweiſen (Poggendorf’s Annalen 65. 1;
68. 305; 71. 321). In ſeinem Handbuche der beſtimmenden Mineralogie,
Wien 1845, iſt der allgemeine Theil ausführlich behandelt, der ſpecielle
kommt aber zu mager weg, die übermäßige Concinnität führte Mohs
und ſeine Schüler zu ſolchen Unbequemlichkeiten. Der Veteran unter den
heutigen Mineralogen, Hausmann in Göttingen, hat den Reichthum
ſeiner vieljährigen Erfahrungen in ſeinem Handbuch der Mineralogie,
Göttingen 1828 u. 1847, auf eine intereſſante Weiſe niedergelegt, be-
ſonders belehrend ſind die litterariſchen Ausweiſe, leider führt er aber
auch wieder eine beſondere kryſtallographiſche Sprache. Reich an Litteratur
iſt auch Leonhardt’s Handbuch der Oryktognoſie. Heidelberg 1826.


[8]Geſchichte: Naumann.

C. F. Naumann in Leipzig erwarb ſich durch ſein gediegenes Lehr-
buch der Mineralogie, Berlin 1828, das freilich in Mohs eine weſent-
liche Stütze fand, und durch ſein Lehrbuch der reinen und angewandten
Kryſtallographie, Leipzig 1830, einen ſolchen mineralogiſchen Ruf, daß
nicht blos ſeine Elemente der Mineralogie, Leipzig 1846, jetzt ſchon die
dritte Auflage erlebten, ſondern auch die meiſten deutſchen Mineralogen
ſich ſeiner Methode zuwenden. Leider iſt ſie zu abſtrakt mathematiſch,
aber könnte man einiges unnöthige Beiwerk abſtreifen, ſo würde ſie der
Methode des Meiſters in der Kryſtallographie ziemlich nahe treten. Daß
dieſes baldigſt geſchehe, dazu möge Nachfolgendes mit beitragen helfen,
denn Eines thut vor allem Noth: eine gemeinſame kryſtallo-
graphiſche Sprache!
Um dieſen Preis würde ich mich auch zu ver-
beſſerten Symbolen verſtehen, aber nur zu ſolchen, die in den Axen
unmittelbar ihren Grund finden.


[[9]]

Structurlehre.


Das Mineralindividuum, wie es Pflanzen und Thieren gegenüber-
ſteht, iſt der Kryſtall. Derſelbe wird nicht blos von Ebenen begränzt,
ſondern den äußern Ebenen gehen immer mehr oder weniger deutliche
Blätterdurchgänge (Blätterbrüche 1) parallel, welche das ganze Individuum
beherrſchen. Die deutlichen Blätterbrüche geben ſich beim Schlage durch
einen ſpiegelglatten Sprung kund, der für die Beſtimmung der Subſtanz
von größter Wichtigkeit iſt, und zugleich das weſentlichſte Unterſcheidungs-
merkmal von der organiſchen Schöpfung liefert. Mit ihrer Betrachtung
muß umſomehr begonnen werden, als ſie uns in ein Gebiet führt, das
der Anſchauung den reichſten Stoff bietet und das vernachläßigt bei vielen
Zweigen der Naturwiſſenſchaften ſich bitter ſtraft.


Betrachtung eines Blätterbruchs.


Nimmt man ein Stück Glimmer oder Talk, ſo kann man durch
ſchnelles Zerbrechen davon ſo dünne Scheiben ablöſen, daß ſie im reflectirten
Lichte rothe, ſelbſt blaue Regenbogenfarben zurückwerfen, wie die feinſten
Glasblaſen. Schon Hauy berechnete die Dicke dieſer Blättchen auf we-
niger als \frac{1}{600000} Zoll. Trotz der Leichtigkeit, mit welcher man die Blätter
von einander trennt, bilden ſie doch zuſammen eine compakte ungeſonderte
Maſſe, die Sonderung tritt erſt mit dem Schlage oder Drucke ein. Der
Glimmer wird in dieſer Hinſicht von keinem andern Mineral an Deut-
lichkeit übertroffen; man kann etwa folgende Stufen unterſcheiden:


a) Glimmerbruch, Maximum von Perlmutterglanz. Blätter-
zeolith, Gyps nähern ſich ihm.


b) Topasbruch läßt ſich ſelbſt an dieſem harten Edelſtein noch
leicht darſtellen, ſteht aber dem Gyps ſchon entſchieden nach. Kalkſpath,
der erſte Feldſpathbruch zeigt gleiche Deutlichkeit.


c) Apatitbruch läßt ſich noch gut darſtellen und leicht durch
ſeinen Glanz erkennen. Der Flußſpath, der 2te Feldſpathbruch, der
Schwerſpath und andere ſind meiſt noch etwas deutlicher, ſtehen aber dem
Topasbruch entſchieden nach.


d) Beryllbruch liegt ſchon recht verſteckt, er kann daher nicht
mehr als wichtiges Merkmal genommen werden, obgleich man ihn zumal
beim Kerzenlicht nicht überſehen kann.


[10]Structurlehre: zwei Blätterbrüche.

e) Quarzbruch iſt noch verſteckter, und kaum wahrzunehmen,
durch Erhitzen und plötzliches Abkühlen läßt er ſich aber noch darſtellen.
Von praktiſchem Nutzen iſt dieſe Eigenſchaft jedoch nicht mehr. Und wie
wir ſchon angeführt haben, ſo geht wahrſcheinlich jeder Fläche eines
Kryſtalls irgend ein Grad von Blätterdurchgang parallel.


Mathematiſch haben wir an ſolchen blättrigen Platten, wie Glim-
mer, Gyps, Topas ꝛc. nichts feſtzuhalten, als daß rings um die Platte
der Raum noch nicht geſchloſſen und nur nach einer Richtung eine der
Dicke nach ſehr variable Gränze ſtattfindet. Ob dick oder dünn, der
Parallelraum (Kryſtallraum) zwiſchen den beiden Spiegeln iſt für uns
immer der gleiche. Dieſes veränderliche Element macht dem Anfänger
viel zu ſchaffen, es muß gleich von vorn herein durch die Art der Dar-
ſtellung beſiegt werden.


Betrachtung zweier Blätterbrüche.


Sie bilden ſtets eine vierſeitige Säule (Prisma) mit vier Flächen
und vier Kanten. Die Kanten ſind alle untereinander parallel (bilden
eine Zone), die Flächen zu je zwei liegen einander gegenüber. Auch von
den Kanten ſtehen die abwechſelnden gleichen ſich gegenüber. Durch Ver-
rücken der Blätterbrüche (wenn ſie dicker oder dünner werden) wird keine
der Parallelitäten geſtört, auch die Neigung der Flächen in den Kanten
(Kantenwinkel) nicht. Parallelität und Winkel bleiben alſo conſtant,
nur die Flächenbreite variirt. Flächen und Kanten nennt man die Glieder
der Säule. Die Säule iſt bereits nach zwei Dimenſionen geſchloſſen,
aber variabel dick, nur nach einer noch offen. Die gegenüber liegenden
Winkel (aa und bb) ſind einander gleich, und da a+b = 2R, ſo iſt die Säule
durch einen gemeſſenen Winkel beſtimmt, die Meſſung muß aber bekannt-
lich in einer Ebene ſtattfinden, die auf einer (und folglich auf allen vier)
Kanten ſenkrecht ſteht (Querſchnitt).


Die Eintheilung kann nur nach dem Princip der Gleichheit und Un-
gleichheit gemacht werden: Flächen ſind aber gleich, wenn ſie gleiche
phyſikaliſche Beſchaffenheit haben: Blätterdurchgang, Glanz, Streifung,
Härte, Elaſticität ꝛc. muß die gleiche ſein; Kanten ſind gleich, wenn
ſie bei gleicher Zahl von Graden durch gleiche Flächen (und zwar in der-
ſelben Ordnung) erzeugt werden. Nach dieſen Principen kann es nur
viererlei vierſeitige Säulen geben:


a) Flächen und Kanten gleich: Quadratiſche Säule.

[figure]

Wenn man ſie in Holz ſchneidet, ſo macht man die Seiten
congruent, dann iſt der Querſchnitt ein Quadrat, folg-
lich ſind die Kanten ſämmtlich rechte Winkel. Es gibt unter
den deutlich blättrigen Brüchen keine recht guten Beiſpiele:
Rutil, Zirkon, Skapolith ꝛc. In der Natur iſt freilich die
Säule auch meiſt verzogen.


b) Flächen gleich und Kanten ungleich: Rhombiſche

[figure]

Säule. Man ſchneidet die Flächen gewöhnlich con-
gruent, dann iſt der Querſchnitt ein Rhombus mit
zwei ſtumpfen und zwei ſcharfen Winkeln. Hornblende.
Schwerſpath.


[11]Handgoniometer.

c) Flächen ungleich und Kanten gleich.
Oblonge Säule
. Die eine Fläche dehnt ſich mehr
in die Breite als die andere, und da die Winkel rechte
ſein müſſen, ſo iſt der Querſchnitt ein Oblongum:
Feldſpath und Euklas liefern im 2+1gliedrigen, Strahl-
zeolith und Olivin im 2+2gliedrigen Syſteme gute
Beiſpiele.

[figure]

d) Flächen und Kanten ungleich: Rhom-
boidiſche Säule. Hier iſt alles ungleich, folglich der
Querſchnitt ein Rhomboid: Cyanit, Epidot, der mu-
ſchelige und faſerige Bruch des Gyps liefern gute Bei-
ſpiele. Uebrigens kommt dieſe Säule immer vor, wenn
ſich zwei ungleiche Flächen irgendwo ſchneiden.

[figure]

Man macht ſich die Sache leicht an den beiſtehenden Querſchnitten
klar: die quadratiſche Säule hat rechtwinklige und gleiche Axen (Dia-
gonalen), die rhombiſche rechtwinklige und ungleiche Axen; die oblonge
ſchiefwinklige und gleiche, doch kann man durch den Mittelpunkt auch
rechtwinklige ungleiche ziehen; die rhomboidiſche ſchiefwinklige und ungleiche,
auch ſind gar keine rechtwinkligen Axen möglich. In der Natur beobachtet
man meiſt nur eine Kante der Säule: ſind in dieſer Kante die Flächen
gleich und rechtwinklig, ſo iſt ſie quadratiſch; gleich und ſchiefwinklig,
rhombiſch; ungleich und rechtwinklig, oblong; ungleich und ſchiefwinklig,
rhomboidiſch.


Der Säulenwinkel kann auf zweierlei Weiſe gemeſſen werden: mit-
telſt des Anlegegoniometer, hierbei kann man jedoch um mehrere Grade
irren, dagegen nähert man ſich mittelſt des Reflexionsgoniometer
der Wahrheit bis auf wenige Minuten.


Das Anlegegoniometer (Handgoniometer) fand der Künſtler
Carangeot, welcher Modelle
machte. Hauy hat es dann
noch etwas verbeſſert. Das-
ſelbe beſteht aus einem gra-
dirten Halbkreiſe (Rapporteur),
in deſſen Centrum C ſich zwei
Alhidaden befinden. Die eine
df iſt um C beweglich, die an-
dere aF ſteht feſt. Will man
nun einen Kantenwinkel meſ-
ſen, ſo legt man die Kanten-
linie ſenkrecht gegen die Ebene
des gradirten Halbkreiſes, und

[figure]

liest nun den Winkel an der Linie fg der beweglichen Alhidade ab. Denn
da die Linie fg über g hinaus verlängert genau in das Centrum C trifft,
und da ao dem Durchmeſſer von Null nach 180° und do dem Radius
fg parallel gehen, ſo muß der Kantenwinkel aod in unſerm Falle 46°
haben, was die Alhidade zeigt. Der Nullpunkt liegt im Mittelpunkte
der Schraube F, er iſt nicht angezeigt, da wegen der Breite der Alhidaden-
arme überhaupt nur Winkel bis auf 15° Größe gemeſſen werden können.
[12]Reflexionsgoniometer.
Um kleinen Kryſtallen leichter beizukommen, ſind beide Alhidaden in den
Schrauben C und F verſchiebbar, auch hat der Halbkreis bei 90° ein
Charnier, mittelſt welchem man die linke Hälfte von 90°—180° zurück-
ſchlagen kann, um ſo in die Kryſtalldruſen hineinzulangen. Zur Be-
feſtigung dieſer beweglichen Hälfte dient daher noch ein Arm Cr. Wenn
es nöthig iſt, ſchnell an Kryſtallen ſich durch die Größe der Winkel zu
orientiren, ſo liefert das Carangeot’ſche Goniometer ein ſehr gutes Hilfs-
mittel, wofern die Winkel von einander wenigſtens einige Grade Unter-
ſchied haben. Jedenfalls iſt es zur Verfertigung der Holzmodelle ſehr
wichtig.


Das Reflexionsgoniometer erfand Wollaſton (Phil. Trans.

[figure]

1809. pag. 253). Es gehört
einige Uebung dazu, ſich ſeiner
zu bedienen, liefert dann aber
auch viel ſchärfere Reſultate.
Wir unterſcheiden viererlei:


1) Das Geſtellg iſt un-
beweglich, kann bei complicirten
auch wohl durch eine Schraube
nivellirt werden. Oben vorn
iſt daran ein Nonius n befeſtigt,
welcher mit ſeinem Nullpunkt die
Grade anzeigt.


2) Der getheilte Kreisc
iſt am Geſtell vertikal befeſtigt
und kann mittelſt der Scheibe d
um ſeine Axe mit allem was
daran hängt gedreht werden.
Aber nur nach einer Richtung
(nach vorn) hin, indem unten
bei x eine Feder einſchnappt,
den Kreis einſeitig arretirt und auf Null ſtellt.


3) Der Kryſtallträgerkrbamp durchbohrt mit ſeiner Axe kr
die Axe des Theilkreiſes c, und iſt in ihr mittelſt der Scheibe k ſo leicht
drehbar, daß dadurch die Ruhe des getheilten Kreiſes ſelbſt nicht geſtört
werden kann. Links iſt an der Axe der erſte Bogen rb feſt, der zweite
Bogen ab bewegt ſich dagegen bei b um eine Axe, die ſenkrecht auf Axe
kr ſteht. Mittelſt dieſer Drehung nach zwei Zonen kann ich zwar der
Kante eines Kryſtalls ſchon jede beliebige Richtung im Raume geben,
dennoch iſt nochmals der Stift bei a in einem kurzen Gelenk parallel dem
Charnier bei b, alſo auch ſenkrecht auf die Axe kr, beweglich. Senkrecht
auf der Drehungsaxe von a iſt eine Hülſe befeſtigt, worin ein Stift m
läuft, an deſſen Ende eine kleine Platte p haftet, die ſenkrecht gegen
die Axe des Stiftes m ſteht, und worauf der Kryſtall mit Wachs geklebt
wird. Daneben liegt ein kleiner Spiegel s, der Platte p parallel. Da
dieſer ganze Apparat krbamps eine ſelbſtändige Bewegung hat, ſo
kann ich den Kryſtall in jede Lage bringen.


4) Der Sextantenſpiegelqy (Degen, Pogg. Annal. 27. 687),
am Hinterfuße des Geſtells befeſtigt, läßt ſich um eine Axe A parallel
[13]Meſſen mit dem Reflexionsgoniometer.
der des Theilkreiſes drehen; q iſt der ſchwarze Spiegel, in welchem man
einen horizontalen Fenſterrahmen oder eine noch fernere Horizontallinie
mit dem Auge fixirt, y die ſenkrecht neben dem Spiegel ſich erhebende
Blendung, die das Auffinden der im Spiegel fixirten Linie auf der Fläche
des Kryſtalls erleichtert.


Wer einmal mit dieſem vortrefflichen Inſtrumente gemeſſen hat, wird alle
andern in den verſchiedenen Lehrbüchern beſchriebenen unpraktiſcher finden.


Das Meſſen. Die größte Schwierigkeit bildet das Einſtellen des
Kryſtalles. Gewöhnlich geſchieht das durch Hin- und Herprobiren. Allein
ſobald an unſerm Inſtrument der Spiegel s genau ſenkrecht gegen den
Stift m ſteht, ſo darf ich nur den Kryſtall mit einer ſeiner Flächen
parallel demſelben aufkleben, was bei herausgenommenem Stift durch
Einſpiegeln mit s ſehr leicht bewerkſtelligt werden kann. Fixire ich jetzt
den Fenſterrahmen auf der Kryſtallfläche, ſo wird er mit dem Bilde des
Spiegels q im Allgemeinen nicht parallel gehen, dieſe Parallelität iſt
aber ſogleich durch Bewegung des kurzen Charnieres a hergeſtellt, wovon
man ſich durch Drehung an der Scheibe k überzeugt, indem man die
Rahmen zum Decken bringt. Dieſes Einſpielen iſt der Beweis, daß
Spiegel und Kryſtallfläche der Drehungsaxe kr parallel gehen. Da nun
aber der Stift m bei dieſer Stellung ſenkrecht gegen die Kryſtallfläche
ſteht, ſo muß er auch ſenkrecht gegen kr ſtehen, und wenn man jetzt den
Kryſtall um die Axe des Stiftes m dreht, ſo wird die Parallelität der
Fenſterrahmen nicht geſtört, was zu gleicher Zeit wieder ein Beweis
iſt, daß der Spiegel s ſenkrecht gegen den Stift ſteht. Iſt dieß geſchehen,
ſo drehe ich mit der Drehſcheibe k die zweite Fläche dem Auge zu, ſie
wird das Bild des Rahmen nicht mit dem Spiegelbilde parallel ſtehen
laſſen, allein durch die Drehung des Stiftes m iſt die Parallelität ſo-
gleich hergeſtellt. Da nun durch dieſe Drehung die erſte Fläche nicht
aus ihrer Parallelität mit der Axe kr der Drehſcheibe herauskommen kann,
ſo iſt der Kryſtall mit mathematiſcher Sicherheit eingeſtellt. Ich darf jetzt
nur das Inſtrument auf Null einſtellen, das Rahmenbild des Sextanten-
ſpiegels mit dem einer Fläche des Kryſtalls zuſammenfallen laſſen, ſo-
dann bei d drehen und auf der zweiten Kryſtallfläche wieder zuſammen-
fallen laſſen, und auf dem Theilkreiſe die Grade ableſen.


Ueber verſchiedene Abänderungen von Mitſcherlich, Mohs, Babinet ꝛc.
ſiehe Dufrenoy (Traité Minér. I, 192).


Für feinere Unterſuchungen, beſonders auch um die Brechungs-
coefficienten der Lichtſtrahlen zu meſſen, bedient man ſich des Goniometer
von Charles (Ann. chim. phys. 1850. 3 Ser. XXVIII, 177), oder eines
Theodolithen mit excentriſchem Fernrohr, in deſſen Centrum das Prisma
oder der Kryſtall aufrecht geſtellt wird. Heuſſer (Pogg. Annal. 87. 455)
arbeitete mit einem ſolchen, deſſen horizontaler Kreis direkt bis 10 Minuten
getheilt war, durch Nonien konnten 10 Sekunden noch abgeleſen, 5 mit
ziemlicher Sicherheit geſchätzt werden. Da ferner mit dieſem Inſtrumente
der doppelte Winkel gemeſſen wird, ſo wird dadurch der etwa gemachte
Meſſungsfehler halbirt, und die Schärfe möglicher Weiſe auf \frac{5}{2}″ = 2\frac{1}{2} Sek.
geführt.


Hat man ſich nun durch Meſſung überzeugt, ob die Kante 90° oder
nicht habe, ſo weiß ich erſt, ob die Säule gleichwinklig (quadratiſch oder
[14]Symmetriegeſetze.
oblong) oder ungleichwinklig (rhombiſch oder rhomboidiſch) war. Die
weitere Beſtimmung folgt lediglich aus der phyſikaliſchen Beſchaffenheit
der Flächen, die man entweder mit bloßem Auge beurtheilt, oder wozu
man ſich folgender drei Sätze bedient:


Erſter Grundſatz. Tritt zu einer Säule eine dritte
Fläche, ſo muß dieſe die gleichen Glieder in gleicher, und
die ungleichen in ungleicher Weiſe treffen
. Man kann den
Satz auch umkehren, aber der rechte Winkel erleidet Ausnahmen. Habe

[figure]

ich z. B. eine quadratiſche Säule f/f, ſo muß die dritte hinzu-
kommende Fläche s jede der f unter gleichen Winkeln treffen.
Wäre die Säule eine oblonge f g, ſo muß nun die s die
Fläche g unter anderer Neigung ſchneiden als die f, eben weil
beide verſchieden ſind. Oft iſt der Unterſchied nur ſehr un-

[figure]

bedeutend, aber er ſcheint nach ſcharfen Meſſungen da zu
ſein. So ſtumpft beim Feldſpath n die rechtwinklige Kante
der Oblongſäule P/M zwar faſt unter gleichen Winkeln ab,
doch haben genaue Meſſungen einen kleinen Unterſchied er-
geben, beim glaſigen Feldſpath beträgt P/n 135° 16′ und
M/n 134° 44′. Hauy legte ein großes Gewicht darauf, daß
beim Kalkſpath der blättrige Bruch P die Endkante a1/e2 der
regulären ſechsſeitigen Säule unter gleichen Winkeln (gerade) abſtumpfe,
obgleich die Gradendfläche a1 ſich weſentlich von e2 unterſcheidet. Allein
er berechnete unter dieſer Annahme den Endkantenwinkel des Rhomboeders
zu 104° 28′, während ſpäter ſchärfere Meſſungen entſchieden 105° 5′,
alſo reichlich ½° mehr fanden, und auch Meſſungen den Winkel P/a1 135° 23′
und P/e2 134° 36′ ergaben. Der rechte Winkel macht eine Ausnahme.
Beim Gyps ſchneidet der erſte Blätterbruch die einander ungleichen
muſcheligen und faſerigen unter rechten Winkeln.


Zweiter Grundſatz. Wird ein Glied beſchnitten, ſo
muß jedes ihm gleiche Glied in gleicher Weiſe beſchnitten
werden
, wenn keine hemiedriſchen Verhältniſſe obwalten. Iſt alſo bei
der quadratiſchen und oblongen Säule ein k geſchnitten, ſo muß noth-
wendig auch das andere ebenſo geſchnitten ſein. Wird dagegen bei der
rhombiſchen und rhomboidiſchen die ſcharfe getroffen, ſo nicht nothwendig
auch die ſtumpfe.


Dritter Corollarſatz. Trifft daher eine Fläche gleiche
Glieder in verſchiedener Weiſe, ſo erfordert ſie noth-
wendig eine Gegenfläche, welche dieſe Ungleichheit wieder
hebt
(Symmetriegeſetz). Wäre z. B. f/f1 die ſcharfe Kante einer rhom-

[figure]

biſchen Säule, und würde dieſe von einer Fläche s unter
ungleichen Winkeln getroffen, ſo muß nothwendig eine
Gegenfläche s1 kommen, welche ſie unter entgegengeſetzter
Ungleichheit trifft, ſo daß s/f = s1/f1, und s1/f = s/f1 iſt.
Dadurch iſt die Symmetrie vollſtändig hergeſtellt. Man
ſagt, s und s1 ſchärfen die Kante k zu, obgleich die dadurch entſtandene
neue Kante s/s1 ſtumpfer iſt, als die alte weggenommene k. Man hätte
ebenſo gut zuſtumpfen ſagen können.


[15]Sechsſeitige Säulen, Parallelopipede.

Betrachtung dreier Blätterbrüche.


Hier gibt es nothwendig zwei Fälle:


a) Die drei Flächen ſchneiden ſich in einer Säule, die-
ſelbe iſt ſechsſeitig (ſechsſeitige Säule) und hat ſechs parallele
Kanten. Man kann ſie als eine vierſeitige Säule mit abgeſtumpfter
Kante betrachten. Abgeſtumpft heißt alſo eine Kante T/r, wenn die
dritte hinzutretende Fläche M dieſelbe ſo ſchneidet, daß die neu entſtehenden
Kanten M/r und M/T einander parallel gehen. Die Säule hat im all-
gemeinen dreierlei Winkel, ſind zwei davon gemeſſen, ſo läßt ſich der dritte
durch Rechnung finden. Denn die Winkel im Querſchnitt liegen in einem
Sechseck, deſſen Winkel (2 · 6 — 4)R = 8R betragen. Da nun Winkel
w = w1, k = k1 und g = g1 ſein muß, ſo iſt w+k+g = 4R. Die qua-
dratiſche und oblonge Säule ſind Einer Abſtumpfung nicht fähig (pag. 10),
folglich kann es nur dreierlei ſechsſeitige Säulen geben:


1) Die unſymmetriſche oder rhomboidiſche Säule
M/T mit ſchiefer Abſtumpfung, ſchief heißt ſie, weil Winkel
r/M von Winkel r/T verſchieden iſt und ſein muß, da
Flächen T und M ungleiche Glieder ſind. Der Epidot
liefert ein gutes Beiſpiel: M/T macht 115° 41′, r/T da-

[figure]

gegen 129° 39′, folglich M/r = 360° — 245° 20′ = 114° 40′


2) Die ſymmetriſche oder rhombiſche Säule M/M
mit gerader Abſtumpfung s der ſcharfen Kante, gerade, weil
die Winkel k und k gleich ſein müſſen. Ich brauche daher
nur einen Winkel zu meſſen. Der Schwerſpath liefert ein

[figure]

gutes Beiſpiel, M/M bilden einen Winkel von 101° 42′, folglich iſt
k+k = 360° — 101° 42′ = 258 · 18, alſo k = 129° 9′.


3) Die reguläre ſechsſeitige Säule. Dieß iſt
der intereſſante Fall, wo alle Flächen und folglich alle
Kanten einander gleich werden, alſo 3w = 360°, w = 120°.
Beim drei- und ſechsgliedrigen Syſteme ſehr häufig.

[figure]

Bei den vier- und ſechsſeitigen Säulen kommen wir
blos auf die Gliederzahlen 1, 2 und 3, ſie ſind daher zur Syſtematik
noch nicht geeignet. Das wird nun aber anders im Falle


b) Die drei Flächen ſchneiden ſich in drei Säulen, dann
bekommen wir ein Parallelopiped (Hexaid) mit dreierlei Flächen (Parallelo-
grammen), ſechserlei Kanten, und viererlei Ecken. Man verſchafft ſich
dieſen Körper leicht, wenn man an die vierſeitigen Säulen ſich Endflächen
ſchneidet.


Wir ſind hiermit bei den Hauy’ſchen Primitivformen angekommen,
und können nichts Beſſeres thun, als dem alten Meiſter folgen. Greifen
wir daher die ſechs folgenden heraus. Hauy bezeichnet die Flächen mit
P M T (PriMiTivform), der Reihe nach die Ecken mit den Vokalen, und
die Kanten mit den Konſonanten. Wie die Glieder nun einander gleich
werden, ſo bezeichnete er ſie mit gleichen Buchſtaben. Man kann die
Sache nicht klarer darſtellen.


[16]Mögliche Hexaide.

1) Würfel im Gleichgewicht hat drei congruente Flächen P (Qua-

[figure]

drate), ſechs rechtwinkliche Kanten B, und vier dreikantige
Ecken A, alſo bezeichnen die Grundzahlen 3, 4 und 6
gleiche Glieder, daher gleichgliedriges oder regu-
läres Syſtem
Weiss. Auch ſphäroedriſches, weil
man eine Kugel darum ſchreiben kann.


2) Quadratiſche SäuleM/M mit Gradendfläche P. Im Gleich-

[figure]

gewicht iſt P ein Quadrat, MM ſind Rechtecke, doch bleibt
die Länge GG unbeſtimmt. Die drei Flächen zerlegen ſich
alſo in 2+1 Flächen; die rechtwinkligen Kanten werden
4B+2G, und die Ecken bleiben 4A. Es herrſcht die 4
vor, daher viergliedriges SyſtemWeiss. Weil
man die Flächen MM ins Gleichgewicht bringen d. h. con-
gruent machen kann, ſo iſt der Name quadratiſches Syſtem
auch nicht unpaſſend.


3) Oblonge SäuleM/T mit Gradendfläche P. Alle drei ſind ver-

[figure]

ſchiedene Rechtecke, das Gleichgewicht bleibt unbeſtimmt;
die rechtwinkligen Kanten zerlegen ſich in 2B+2C+2G,
die Ecken bleiben noch 4A. Es herrſcht die 2 vor, daher
zwei und zweigliedriges SyſtemWeiss, oder
kurzweg zweigliedriges Syſtem. Gewöhnlich ſchiebt man
M und T ſo weit, daß ſie eine paſſende ungleiche Aus-
dehnung haben, daher iſt ihr Querſchnitt ein Oblongum
AAAA.


4) Rhomboeder im Gleichgewicht hat 3 congruente Flächen P

[figure]

(Rhomben), die ſchiefwinklichen Kanten zerlegen ſich in
3B+3D, und die Ecken in 3E+1A. In der Ecke A
(Endung) laufen drei gleiche Kanten (dreikantige Ecke),
und in den E (Seitenecken) 2D+B Kanten (2+1kantige
Ecken) zuſammen. Es herrſcht die 3 vor, daher drei-
gliedriges
Syſtem Weiss.


5) HendyoederWeiss, d. h. rhombiſche Säule M/M mit Schiefend-

[figure]

fläche P, welche gerade auf die Säulenkante H aufgeſetzt,
weil D = D, aber ſchief angeſetzt iſt, weil D keine rechten
Winkel ſind. Die Kanten zerlegen ſich in 2D+2B+H+G,
alſo in 2+2+1+1 Linien, und die Ecken in 2E+O+A,
der Kryſtall iſt daher links wie rechts, aber vorn anders
als hinten. Da weder 2 noch 1 herrſcht, heißt es zwei
und eingliedriges
Syſtem Weiss. Es iſt dieſes
eines der intereſſanteſten. Feldſpath.


6) Henhenoeder d. h. rhomboidiſche Säule M/T mit doppelt ſchiefer

[figure]

Endfläche P, da Kante D von F verſchieden iſt: P iſt
auf die Säulenkante H ſchief an- und aufgeſetzt. Kein
Glied dem andern mehr gleich, daher ein und ein-
gliedriges Syſtem
Weiss, oder kurzweg eingliedriges
Syſtem. Es kommt nicht häufig vor, und eine Gruppe
darunter, die des Albits, lehnt ſich durch ihre ſcheinbare
Symmetrie noch ganz an die des Feldſpaths an.


[17]Mögliche Hexaide.

Stellen wir in nachfolgender Rubrik die Zahlen überſichtlich zuſammen:


SyſtemFlächenKantenEcken
1) Gleichgliedriges364
2) Viergliedriges1+22+44
3) Zweigliedriges1+1+12+2+24
4) Dreigliedriges33+31+3
5) Zwei und eingliedriges2+12+2+1+12+1+1
6) Eingliedriges1+1+11+1+1+1+1+11+1+1+1

Außer 5 ſind alle Zahlen von 1 — 6 möglich. Es gibt jedoch noch
mehrere andere Hexaide, ich habe nur dieſe 6 gewählt, weil zwei und
drei mit dem Würfel in einem ähnlichen Zuſammenhange ſtehen, als 5
und 6 mit dem Rhomboeder, denn 2 iſt ein nach einer Richtung lang
gezogener Würfel, wie 5 ein ebenſo lang gezogenes Rhomboeder; 3 da-
gegen ein nach zwei Dimenſionen verzogener Würfel, wie 6 ein ebenſo
verzogenes Rhomboeder. Nur mit dem Unterſchiede, daß man bei 5 und
6 die Kantenwinkel nicht gleich denken darf.


Ueberſchauen wir jetzt einmal die Möglichkeiten der Hexaide. Zu
dem Ende müſſen wir auf die vier möglichen vierſeitigen Säulen zurück-
gehen, eine dritte Fläche daran legen, dürfen dabei aber unſere oben
aufgeſtellten drei Sätze pag. 14 nicht verletzen.


An die quadratiſche Säule kann man eine Gradendfläche legen,
denn ſie trifft alle Säulenflächen in gleicher Weiſe, und dies gibt uns das
gleich- und viergliedrige Syſtem (Nr. 1 und 2). Schief kann ich nicht
mit einer Fläche ſchneiden.


An die oblonge Säule dürfen wir eine Gradend-
fläche legen, weil der rechte Winkel eine Ausnahme macht,
das gibt das zweigliedrige Syſtem Nr. 3. Da M und T
verſchieden ſind, ſo kann ich ferner P gegen M rechtwinklig
laſſen, aber P gegen T ſchiefwinklig denken, das gibt uns
die Zahlen des 2+1gliedrigen Syſtemes Nr. 8, folglich
nichts Neues. Endlich kann ſogar P gegen M und T
verſchieden ſchief ſein. In dieſem Falle wird alles zu 1,

Figure 1. Nr. 8.


[figure]

alſo das Hexaid eingliedrig Nr. 6. Zwar kann es den Anſchein bekom-
men, als wären die rechten Winkel G und G noch kryſtallographiſch gleich.
Allein die Doppeltſchiefendfläche P iſt ein Rhomboid, welches in O einen
andern Winkel haben muß, als in E, deshalb können auch die Kanten
G und G unter den verſchiedenen Winkeln nicht mehr als gleichartig
betrachtet werden. Der rechte Winkel zeigt ſich auch hier wieder als
Ausnahme.


An die rhombiſche Säule kann ich eine Schiefendfläche
legen, aber dieſe muß immer gerade auf die Säulenkante
aufgeſetzt ſein, gleichviel ob auf die ſtumpfe oder ſcharfe,
dadurch entſteht Nr. 4 und 5. Man kann ſich aber auch
eine Gradendfläche denken, welche alle Säulenkanten und
Säulenflächen unter rechten Winkeln ſchneidet Nr. 7. Hier
haben wir dann 2+1 Fläche = 2M+P, ferner 4+1+1

Figure 2. Nr. 7.


[figure]

Kante, denn Kante P/M iſt viermal da, die Ecken werden 2+2. Aber
4+2+2+2+1+1+1 iſt zweigliedriges Syſtem.


Quenſtedt, Mineralogie. 2
[18]Stellung der Hexaide gegen einander.

An die rhomboidiſche Säule kann ich außer der doppeltſchiefen (Nr. 6)
auch noch eine Gradendfläche ſetzen, das gibt aber wieder Nr. 8.


Die neun möglichen Hexaide bezeichnen alſo nicht mehr als ſechs
Syſteme, und zwar gehört dem gleich-, vier- und dreigliedrigen je eins zu,
dem zwei-, zwei und ein- und eingliedrigen dagegen je zwei. Wir wollen
ſehen, wie dieſe je zwei zuſammenhängen.


Das zweigliedrige Syſtem hat das rechtwinklige Hexaid PMT
Nr. 3 und die rhombiſche Säule mit Gradendfläche (gerade rhombiſche
Säule) MMP Nr. 7 in ſich. Setzen wir ihre Zahlen hin:
PMT hat: Flächen 1+1+1; Kanten 2+2+2; Ecken 4
MMP hat: Flächen 2+1; Kanten 4+1+1; Ecken 2+2

Da nun beide Hexaide in dem gleichen Syſteme ſtecken, ſo muß dieſes ſeine
1, 2 und 4 eben dahin legen, wo jenes die ſeinen hat, denn ſonſt gäbe
es keine Symmetrie. Hüllen wir daher das eine in das andere, ſo mögen
ſie z. B. die Gradendfläche P gemein haben, dann müſſen ſich aber die
Säulen ſo gegen einander legen, daß die 1+1Kante der rhombiſchen
in die 1+1Fläche der oblongen, die 2+2Ecken und 2Flächen jenes wie
die 2+2+2Kanten von dieſem liegen, und die 4 Kanten ſich den 4 Ecken
gegenüberſtellen, kurz es müſſen die Flächen der oblongen
Säule die Kanten der rhombiſchen
abſtumpfen. Der Schwer-
ſpath liefert ein gutes Beiſpiel.


Das zwei und eingliedrige Syſtem hat die rhombiſche Säule
mit Schiefendfläche (ſchiefe rhombiſche Säule) Nr. 5, und die oblonge mit
Schiefendfläche Nr. 8 in ſich. Da wir hier nur 2+1 haben, ſo ſind
verſchiedene Einſchachtelungen denkbar. Einen Fall ſieht man leicht ein,
nämlich den: läßt man die Schiefendfläche P in beiden zuſammenfallen,
ſo müſſen die Flächen der oblongen wie die Kanten der rhombiſchen liegen.
So viel 1 wir aber auch haben, ſo liegt nur eine einzige links und rechts,
nämlich G in Nr. 5 und M in Nr. 8, alle andern liegen in der Vertikal-
zone von vorn nach hinten, alſo entweder vorn, oben oder hinten. Wenn
nun beide zuſammentreten ſollen, ſo muß die ſeitliche 1 in beiden unter
jeder Bedingung zuſammenfallen, die 1 in der Vertikalzone können ſich
aber mehrfach gruppiren.


Beiſpiel. Der Feldſpath hat ein Hendyoeder MM, nur wenig
blättrig, dagegen iſt die Schiefendfläche P außerordentlich blättrig. Die
Ecke o könnte das Auge leicht für einen Rhomboeder A nehmen, denn
D = 112° 16′ und H = 118° 48′, dieſen Unterſchied von reichlich 6° be-
merkt das Auge kaum, allein wegen des ausgezeichneten Blätterbruchs P
muß die Ecke O nicht blos 2+1flächig, ſondern auch 2+1kantig ſein,
alſo 2+1gliedrig. Wäre dieſe Strukturdifferenz nicht da, ſo könnte man
ſich leicht im Syſteme irren. Der Eiſenvitriol bildet eine rhombiſche
Säule H = 82° 21′, die Schiefendfläche P iſt auch blättrig, macht hinten
einen Winkel B = 80° 37′. Da die Differenz nur 1° 44′ beträgt, ſo
ſcheint die hintere Ecke A einem ſcharfen Rhomboeder anzugehören. Daher
beſchreiben Hauy und Mitſcherlich ihn rhomboedriſch, erſt ſcharfe Meſſungen
von Mohs zeigten die 2+1kantige Ecke und mithin das 2+1gliedrige
Syſtem.


Der Gyps bricht außerordentlich leicht in rhomboidiſchen Platten
[19]Berechnung der Hexaide.
(113° 46′) mit muſcheligem und faſerigem Bruch, gegen welche der Haupt-
blätterbruch ſenkrecht ſteht. Die Glieder treten nur zu 2+1 auf. Neh-
men wir in Nr. 8 M als den Hauptblätterbruch, T als den muſcheligen,
und P als den faſerigen, ſo liegen alle 1 in der Vertikalzone P/T, näm-
lich P, T, C, D, nur eine einzige M liegt links und rechts, wenn man
die T oder irgend eine andere 1 der Vertikalzone vor ſich nimmt. Unter
jeder Bedingung muß alſo der Hauptblätterbruch aufrecht links und rechts
ſich erheben, er ſtumpft die ſcharfe Säulenkante des Hendyoeder des Feld-
ſpaths ab, läßt man nun T die ſtumpfe wegnehmen, ſo kann die faſerige
P noch auf der hintern oder vordern Seite eine Schiefendfläche bilden.


Das eingliedrige Syſtem hat die rhomboidiſche Säule mit
doppeltſchiefer Endfläche Nr. 6, zuweilen ſogar eine oblonge mit doppelt
ſchiefer Endfläche. Axinit und Kupfervitriol liefern für das Henhenoeder
gute Beiſpiele. Profeſſor Mitſcherlich (Pogg. Annalen 8. 427) hat bei
der unterſchwefligſauren Kalkerde ĊaS̶̈+6Ḣ̶ eine oblonge Säule mit dop-
pelt-ſchiefer Endfläche nachgewieſen. Man hat daraus fälſchlich ein 7tes
Kryſtallſyſtem gemacht, das jedoch keine Exiſtenz hat, da auch nicht ein-
mal die rechtwinkligen Kanten der oblongen Säule wegen der doppelt-
ſchiefen Endfläche darauf gleich ſein können.


Für den würflichen Blätterbruch bieten Steinſalz und Bleiglanz aus-
gezeichnete Beiſpiele, für das Rhomboeder der Kalkſpath, man muß hier
die 3kantigen und 2+1kantigen Ecken wohl von einander unterſcheiden.
Die ſcheinbar würfligen Brüche des Anhydrits ſind alle drei phyſikaliſch
verſchieden, und daher zweigliedrig. Ueberhaupt laufen alle Unterſuchungen
der Hexaide auf die einer einzigen ihrer Ecken, eines körperlichen
Dreiecks, hinaus, da den drei Flächen PMT und den drei Kanten dieſer
Ecke alle andern Glieder parallel laufen.


Betrachtung des körperlichen Dreiecks.


Nennen wir in einem körperlichen Dreieck die Winkel
in den Kanten α β γ, und die Winkel in den Ebenen
(ſchlechthin Seiten) beziehungsweiſe a b c, ſo wird in der
ſphäriſchen Trigonometrie bewieſen, daß wenn von dieſen
6 Stücken α β γ a b c drei beliebige bekannt ſind, ſich die
übrigen drei durch Rechnung finden laſſen. Der Aſtronom
kann die ebenen Winkel (Seiten) genauer meſſen als die
in den Kanten, bei dem Kryſtallographen iſt es umgekehrt.

[figure]

Um die körperliche Ecke zu kennen, müſſen wir alſo drei Kanten-
winkel
α β γ gemeſſen haben, dann findet das Verhältniß ſtatt:
ferner iſt
2*
[20]Formeln für Hexaide.
oder beſſer für Logarithmen, wenn man ½ (α+β+γ) = S ſetzt:


1) , bekannt α β γ.


Die übrigen zur Auflöſung einer körperlichen Ecke (ſphäriſchen Drei-
ecks) nöthigen Formeln ſind:


2) , bekannt a b c


geſetzt.


3)
, bekannt a β γ.


4)
, bekannt α b c.


5) , bekannt α γ c.


6) , bekannt als a c γ.


Die Formeln ſind vollkommen ſymmetriſch, können daher leicht um-
geſtellt werden.


Iſt α = β = γ = R, ſo iſt cos a = cos b = cos c = 0, alſo a = b = c = 90°.
Iſt β=γ = R, ſo iſt cos b = cos c = 0, alſo b = c = 90°;
dagegen cos a = cos α.


Iſt γ = R, ſo iſt cos γ = 0, sin γ = 1, alſo


[figure]
  • 1) cos c = cot α cot β, nimm dazu
  • 2) cos c = cos a cos b
  • 3) tga = sin b tg α
  • 4) sin a = sin c sin α
  • 5) cos α = sin β cos a
  • 6) tg b = cos α tg c,

ſo iſt damit die Rechnung der bei γ rechtwinkligen körperlichen Ecke beendet.


Iſt α = β = γ, wie beim Rhomboeder, ſo iſt

[21]Vierzonenkörper. Oktaid. Tetraid.

Betrachtung von vier Blätterbrüchen.


Hier ſind drei Fälle möglich:


a)Die vier Ebenen liegen in einer Säule. Das gibt eine
achtſeitige Säule. ff1 pag. 14 iſt der Querſchnitt einer geſchobenen Säule,
ſtumpfen nun ſ und ſ1 die ſcharfe Kante k ab, ſo entſteht zwiſchen ſ/ſ1 eine
neue Kante. Man ſagt, die Kante k iſt durch ſſ1 zugeſchärft, und die
entſtandene Säule ff1 ſſ1 iſt 8ſeitig. So kann man 5, 6 … n Blätterbrüche
verbinden, das gibt dann 2nſeitige Säulen.


b)Die vier Ebenen ſchneiden ſich in vier
Zonen
, d. h. die vierte hinzukommende ſtumpft eine Kante
des Hexaides ab. Dadurch entſteht eine ſechsſeitige Säule
mit Endfläche, oder ein Vierzonenkörper. Eine Zone
abc iſt ſechsſeitig, und die drei Zonen ad, bd und cd ſind
vierſeitige. Da wir nun dreierlei ſechsſeitige Säulen haben
pag. 15, ſo richten ſich darnach auch die Vierzonenkörper:

[figure]

Die reguläre ſechsſeitige Säule kann nur mit Gradend-
fläche gedacht werden, da a = b = c ſein und d alle in gleicher Weiſe
ſchneiden muß; d iſt ins Gleichgewicht gebracht ein reguläres Sechseck.


Die rhombiſche Säule mit gerader Abſtumpfung kann
eine Grad- und eine Schiefendfläche haben, erſtere entſteht aus der geraden
rhombiſchen Säule Nr. 7 pag. 17, letztere aus dem Hendyoeder Nr. 5
pag. 16.


Endlich die rhomboidiſche Säule mit ſchiefer Abſtumpfung
kann auch eine gerade oder eine doppelt ſchiefe Endfläche haben. Erſtere
gehört dem 2+1gliedrigen Syſteme an, wie man leicht ſieht.


Die Vierzonenkörper kommen alſo im drei-, zwei-, zwei und ein- und
eingliedrigen Syſteme vor, und ergeben ſich aus den Hexaiden unmittelbar.


c) Die vier Ebenen ſchneiden ſich in 6 Zonen, und bilden
folglich


das Oktaid.


Nimmt man eine Rübe oder Kartoffel, und macht vier
beliebige Schnitte, von denen keiner dem andern parallel
geht, ſo bekommt man ein Tetraid, jenen merkwürdigen
Körper, der allein unter allen Kryſtallen ſich
immer im Gleichgewicht befindet
. Das Tetraid
wird von 4 Dreiecken begränzt, hat 6 Kanten, von denen

[figure]

keine der andern parallel geht. Durch die Halbirungspunkte der Kanten
laſſen ſich drei Linien ziehen, welche je zwei gegenüberliegende Kanten
verbindend ſich in der Mitte des Körpers in einem Punkte halbiren (den
Beweis unten). Wir haben alſo auch hier wieder die Grundzahlen 3,
6 und 4. Außerdem noch 4 Ecken, in welchen je drei Kanten und Flächen
zuſammenlaufen.


Man kann in jedes Hexaid ein Tetraid
einſchreiben
. Seine Kanten bilden die Hälften der
12 Flächendiagonalen, in jeder Hexaidfläche liegt eine
Tetraidkante; ſeine Flächen liegen wie die abwechſelnden
Ecken, ſtumpfen alſo, wenn ſie zuſammen auftreten,
dieſe ab. Da alles hälftig getheilt iſt, ſo folgt von

[figure]

[22]Oktaide.
ſelbſt, daß es ein Gegentetraid gibt, deſſen Kanten mit der übrigen
Hälfte der Diagonalen zuſammenfallen. Denkt man ſich jetzt das Hexaid
weg, ſo hat man zwei durchwachſene (einander umgekehrt gleiche) Tetraide,
deren Kanten ſich gerade ſo ſchneiden müſſen als die Hexaiddiagonalen.
Das beiden gemeinſchaftliche Stück liefert das geſuchte Oktaid. Hieraus
leuchtet unmittelbar der Zuſammenhang der Hexaide mit den Oktaiden
hervor.


Oder einfacher: Haben wir ein beliebiges Tetraid geſchnitten
und legen wir es auf eine ſeiner Flächen, ſo bildet es eine dreiſeitige
Pyramide mit dreieckiger Baſis. Halbiren wir die drei Endkanten der
Pyramide, legen durch die drei Halbirungspunkte eine Ebene, ſo geht
dieſe der Baſis parallel, bildet alſo mit ihr den einen Kryſtallraum.
Schneiden wir nun die Ecke über der Parallelfläche weg, und behandeln
alle vier Ecken in gleicher Weiſe, ſo haben wir das Tetraid in ſein zu-
gehöriges Oktaid verwandelt. Kurz wir halbiren ſämmtliche Kanten und
verbinden die Halbirungspunkte, nehmen die Ecken weg, ſo iſt das Oktaid
da, und immer im Gleichgewicht. Die Flächen des Oktaides und Tetraides
ſind einander der Reihe nach ähnlich, nur iſt die Oktaidfläche viermal
kleiner als die des Tetraides, weil ſie in dieſe eingeſchrieben iſt.


Das Oktaid hat 4 parallele Paare von Dreiecken abc, von denen

[figure]

je eines mit der Tetraidfläche zuſammenfällt;
6 (reſpective 3) vierkantige Ecken abc, die in
den Mittelpunkten der Tetraidkanten liegen;
und 6 parallele Paare Kanten ac, welche
die eingeſchriebenen Dreiecke der Tetraide
bilden, alſo vier, ſechs und drei Glieder. Die
12 Kanten gruppiren ſich zu drei Parallelo-
grammen (Baſalſchnitten), die Diagonalen
dieſer Parallelogramme müſſen ſich halbiren;
alſo im Baſalſchnitte aba1b1 halbiren ſich
aa1 und bb1, im Baſalſchnitte aca1c1, aa1 und
cc1, folglich müſſen die Axen aa1, bb1 und cc1
ſämmtlich ſich im Mittelpunkte halbiren. Da
die Punkte abc a1b1c1 in den Mittelpunkten
der Kanten des zugehörigen Tetraides liegen,
ſo müſſen auch für dieſes dieſelben Axen Statt haben, was oben nicht
bewieſen war.


Die Axen, auf welche Hr. Prof. Weiß ſchon im Jahre 1809 auf-
merkſam machte, liefern die naturgemäßſte Bezeichnungsweiſe. Wir rechnen
ihre Längen vom Mittelpunkte an, kennen wir dieſe, und wiſſen wir,
unter welchen Winkeln ſie ſich ſchneiden, ſo drückt das Zeichen einer Fläche
a : b : c das weſentliche Verhältniß aus, die Fläche läßt ſich ihrer Lage nach
im Raume beſtimmen.


Die Eintheilung der Oktaide hebt die Syſteme ſchärfer hervor, als
die der Hexaide. In der „Methode der Kryſtallographie“ habe ich ſie
nach mehreren abſtrakten Principien eingetheilt. Hier bleiben wir jedoch
nur bei den concreten Fällen ſtehen, welche uns der bisherige Gang der
Unterſuchung an die Hand gibt. Darnach haben wir neunerlei auszu-
zeichnen mit denſelben Zahlenverhältniſſen, als die 9 Hexaide.


[23]Oktaeder: regulär, viergliedrig, zweigliedrig.

1) Das reguläre Oktaeder hat drei gleiche
rechtwinklige Axen a : a : a, folglich Quadrate zu Ba-
ſalſchnitten; 4 gleichſeitige einander congruente Drei-
ecke; 6 gleiche Kanten 109° 28′ 16″, und 3 vierkantige
Ecken. Schreiben wir auf eine Fläche 0, und auf die
drei anliegenden 1 ꝛc., ſo fallen auf 4 Flächen 0, auf
die vier abwechſelnden 1. Läßt man z. B. die Eins
wachſen, ſo bekommt man ein Tetraeder, und läßt

[figure]

man die Nullen, ein Gegentetraeder. Beide ſind congruent und regulär, ſie
haben 4 gleichſeitige Dreiecke, 4 dreikantige Ecken, und 6 Kanten
70° 31′ 44″, das Supplement zum Oktaederwinkel. Schreiben
wir in den Würfel ſein Tetraeder ein, ſo entſteht ein reguläres,
weil alle Diagonalen der Würfelflächen einander gleich ſind,

[figure]

daraus folgt, daß das Oktaeder die Würfelecken ſo abſtumpfen
muß, daß die Oktaederfläche o ein gleichſeitiges Dreieck bildet, und
umgekehrt muß die Würfelfläche P die Oktaederecke ſo abſtumpfen,
daß beim Oktaeder im Gleichgewicht ein Quadrat P entſteht.

[figure]

2) Das viergliedrige Oktaeder hat 2+1
rechtwinklige Axen a : a : c, folglich zwei einander con-
gruente Rhomben acac, und ein Quadrat aaaa (daher
Quadratoktaeder) zum Baſalſchnitt, 4 gleichſchenk-
liche einander congruente Dreiecke, 4+2 Kanten, von
denen 4 den rhombiſchen Baſalſchnitten (Endkanten)
und 2 den quadratiſchen (Seitenkanten) angehören.
2+1 Ecke: die 1 iſt die aufrecht gedachte 4kantige
Ecke, durch welche die Hauptaxec geht; die 2 ſind
die 2+2kantigen Seitenecken.

[figure]

Das viergliedrige Tetraeder machen wir aus dem vierglie-
drigen Hexaide Nr. 2, pag. 16, indem wir das zugehörige Tetraid ein-
ſchreiben, es hat 4+2 Kanten, folglich 2+1 kantige Ecken. Die Mittel-
punkte der 2 Kanten werden durch die Axe c verbunden.
Daraus geht hervor, daß das zugehörige Oktaeder die Ecken
des viergliedrigen Hexaides ſo abſtumpft, daß ein gleichſeitiges
Dreieck o entſteht, welches den Flächen des Oktaeders ähnlich
iſt. Stumpft das Hexaid die Ecken des Oktaeders ab, ſo
entſtehen Schnitte, die den Baſalſchnitten ähnlich ſind, alſo

[figure]

an den Ecken ein Quadrat, an den Seitenecken zwei congruente Rhomben


3) Von den zweigliedrigen Oktaedern
hat das Rhombenoktaeder 1+1+1 rechtwinklige
Axen a : b : c, folglich drei einander nicht congruente
Rhomben abab, acac, bcbc zu Baſalſchnitten; 4 un-
gleichſeitige einander congruente Dreiecke abc; 2+2+2
Kanten, und 1+1+1 Ecken, in welchen 2+2 Kanten
zuſammenlaufen.

[figure]

Das zugehörige zweigliedrige Te-
traeder
machen wir aus dem 2gliedrigen
Hexaide Nr. 3, pag. 16. Es iſt 2+2+2-
kantig, mit ungleichkantigen Ecken und muß
die Hexaidecken ſo abſtumpfen, daß ein un-

[figure]

[24]Oblonges, dreigliedriges Oktaeder. Rhomboeder.
gleichſeitiges Dreieck o entſteht, während die Hexaidflächen PMT an den
Oktaederecken Rhomben bilden.


Vorſtehende drei Oktaeder und Tetraeder ſind die einzigen mit con-
gruenten Flächen und rechtwinkligen Axen. Das gleichaxige a : a : a hat
keine Hauptſtellung, man kann es nach jeder Axe a aufrecht ſtellen. Wird
nun aber eine Axe a länger oder kürzer zu c gemacht, ſo entſtehen vier-
gliedrige Oktaeder, mit einer Hauptſtellung, in dem c wegen der
Symmetrie immer aufrecht genommen werden muß. Iſt c länger als a,
ſo iſt der Seitenkantenwinkel größer als der Endkantenwinkel, und das
Oktaeder ſchärfer als das reguläre; iſt dagegen c kürzer als a, ſo iſt der
Seitenkantenwinkel kleiner als der Endkantenwinkel, und das Oktaeder
ſtumpfer als das reguläre. Stellte man das viergliedrige Oktaeder nach
einer Axe a aufrecht, ſo wären die Endkanten 2+2, und könnten dann
für zweigliedrig gehalten werden. Sind endlich alle drei Axen verſchieden
lang, ſo iſt die Stellung wieder dreideutig, weil ſich keine Axe vor der
andern auszeichnet.


Das Oblongoktaeder hat 2+2 gleichſchenklige Dreiecke, daher

[figure]

muß ein Baſalſchnitt, auf welchem ſich die Baſen der
Dreiecke erheben, ein Oblongum mit gleichen aber
ſchiefwinkligen Axen xx ſein, die beiden übrigen Baſal-
ſchnitte ſind congruente Rhomben, deren Diagonalen
ſich rechtwinklig ſchneiden, daher ſteht die dritte Axe b
auf den beiden ſchiefen ſenkrecht. Die Kanten ſind
4+1+1, und die Ecken 2+1, alſo zweigliedrig.
Das zugehörige Tetraeder entſteht aus der geraden
rhombiſchen Säule Nr. 7, pag. 17, es iſt gleichfalls
2+2flächig, 4+1+1 kantig, und 2+2eckig. Da
man die ſchiefen Axen gerne meidet, ſo darf man
im oblongen Baſalſchnitt nur die Seiten halbiren, und die Halbirungs-
punkte durch aa und cc verbinden, die auf einander ſenkrecht ſtehen, bb
nach den Spitzen der Dreiecke gezogen ſteht ohnehin ſenkrecht. Dadurch
bekommen die Flächen nicht mehr den Ausdruck x : x : b, ſondern die
zweierlei a : b : ∞c und b : c : ∞a, es ſind 2 rhombiſche Säulen, die man
auch aus dem Rhombenoktaeder (und umgekehrt) ableiten kann, wie wir
ſpäter ſehen werden.


4) Das dreigliedrige Oktaeder iſt 3+1flächig, die eine

[figure]

Fläche iſt gleichſeitig, und die drei Flächen ſind gleich-
ſchenklig. Man macht es ſich leicht, indem man an
irgend einem Rhomboeder im Gleichgewicht durch
je 3 Seitenecken Flächen legt, welche die Endecke
gerade abſtumpfen. Es muß dann dieſe neue Fläche
ein gleichſeitiges Dreieck bilden, während die Rhom-
boederflächen zu gleichſchenkligen werden. Die drei
Baſalſchnitte ſind drei congruente Oblongen, daher
haben wir 3+3 Kanten, und drei gleiche Axen
a : a : a, die ſich aber unter gleichen ſchiefen Winkeln ſchneiden. Die drei
gleichen Ecken ſind 2+2kantig und 2+1+1 flächig.


Wollen wir zu einem Rhomboeder das zugehörige Oktaeder ſuchen,
ſo ſchreiben wir das dreigliedrige Tetraeder ein, daſſelbe iſt 3+3kantig,
[25]Dihexaeder.
denn es hat ein gleichſeitiges Dreieck zur Baſis, auf welchem ſich drei
gleichſchenklige Dreiecke als Pyramide erheben, und aus dieſem ſchneidet
man dann das Oktaeder. Wir verfolgen die Sache nicht, weil ſie zur
Darſtellung des Syſtems nicht nothwendig iſt. Denn da das Rhom-
boeder
vermöge der Congruenz der Flächen ins Gleichgewicht gebracht
werden kann, ſo reicht es zur Beſtimmung der drei gleichen und ſchiefen
Axen a : a : a, welche von Mittelpunkt zu Mittelpunkt der Flächen gehen,
wie die Axen der Würfel. Da aber durch dieſe Stellung die Symmetrie
des Bildes geſtört wird, und da ferner im Rhomboeder eine einzige 1
ſteht, welche die Ecken A (Nr. 4, pag. 16) verbindet, ſo ſtellt man den
Kryſtall nach dieſer Linie AA aufrecht, und nimmt dieſelbe als Hauptaxe
cc, gegen welche die drei Flächen P und drei Endkanten B eine gleiche
Neigung haben, die Seitenkanten mit den Seitenecken liegen dann im
Zickzack. Durch die Mitte der Zickzackkanten kann man ein reguläres
Sechseck legen, denn jede Seite aa deſſelben geht der Diagonale EE parallel,
iſt alſo halb ſo groß, und da die drei hori-
zontalen Diagonalen EE ein gleichſeitiges Drei-
eck bilden, ſo muß das Sechseck regulär ſein.
Die Diagonalen dieſes regulären Sechseckes aa
ſind untereinander gleich, halbiren und ſchnei-
den ſich im Mittelpunkt unter 60°. Die Rhom-
boederfläche geht alſo von a : a : ∞a : c. Die
Axe c ſteht ſenkrecht gegen die Axenebene
der a. Die Hauptaxe c iſt von a verſchieden,
wenn jedoch das Rhomboeder einen Endkanten-
winkel von 98° 12′ 48″ hätte, ſo müßte
c = a ſein, ein nicht undenkbarer Fall.

[figure]

Macht man ſich ein Axengeſtell dieſes 3+1axigen Syſtems, ſo
treten die Rhomboederflächen nur in den abwechſelnden Sextanten auf,
die andere Hälfte bleibt leer, legt man darin ebenfalls noch Flächen, ſo
kommt das


Dihexaeder mit 6 parallelen Paaren gleich-
ſchenkliger Dreiecke, deren Baſen a : a in der Ebene
der Axe a liegen; 6 Endkanten gehen von a : c, ſo
daß die Hauptecke in der Axe c 6flächig und 6kantig
iſt, die 6 Seitenecken ſind 2+2kantig.


Man kann daher das Rhomboeder als den
Halbflächner des Dihexaeder anſehen, und deshalb
iſt das dihexaedriſche Syſtem auch wohl dirhom-
boedriſches
genannt, da Prof. Weiß auf dieſe
Eigenſchaft ſchon 1809 aufmerkſam machte. Schreibt
man demnach auf eine Fläche 0, auf die anliegenden
1 ꝛc., ſo geben die wachſenden Nullen und Eins je

[figure]

ein Rhomboeder, beide unterſcheidet man in den Zeichen a : a : ∞a : c und
a1 : a1 : ∞a : c. Da man den Würfel als ein Rhomboeder anſehen
kann, deſſen Endkanten den Seitenkanten gleich geworden ſind, ſo darf
man ihn nur nach einer Ecke cc aufrecht ſtellen, die Zickzackkanten in a
halbiren, ſo ſind ca die Endkanten und aa die Seitenkanten des ein-
geſchriebenen Dihexaeders. Dieſe gefällige Dihexaederform hat Endkante
[26]2+1gliedriges Oktaeder.
131° 48′ 37″ (Winkel der gebrochenen Oktaederkante des Leucitoeder

[figure]

a : a : ½a) Seitenkante 109° 28′ 16″ (Winkel des regu-
lären Oktaeder). Der Name Dihexaeder (Doppel-
würfel) kann daher auch auf dieſen Urſprung anſpie-
len, und jedenfalls iſt das die leichteſte Weiſe, ſich
den Körper zu ſchneiden. Nach unſerm Gange der
Entwicklung, den ich auch in der Methode der Kry-
ſtallographie eingeſchlagen habe, ſollte man das Di-
hexaeder als ein Dirhomboeder anſehen. Doch kom-
men andererſeits beim Pyramidenwürfel a : ½a : ∞a
und bei mehreren 48flächnern dihexaedriſche Ecken vor,
die ſelbſtſtändig auftreten. Auch ſind beim Quarz
und andern die Flächen ſo gleichartig, daß Weiß den Namen Quarzoeder
(Abh. Berl. Ak. 1814, pag. 324) für den Körper vorſchlug. Später iſt
jedoch durch die Haidinger’ſchen Quarzzwillinge die Anſicht wieder ſo er-
ſchüttert, daß G. Roſe (Abh. Berl. Ak. 1844) den Quarz entſchieden auf
ein Dirhomboeder zurückführen zu können meint. Auch miſcht ſich anderer-
ſeits das Rhomboeder ſo auffallend mit dem Dihexaeder (Eiſenglanz,
Korund), daß zwiſchen dreigliedrigem und ſechsgliedrigem Syſteme keine
ſcharfe Gränze gezogen werden kann.


5) Die zwei und eingliedrigen Oktaeder ſind auch wieder
zweierlei Art, 2+2flächig oder 2+1+1flächig. Das 2+1+1 flächige
(ſchiefes Oblongoktaeder) hat noch einen oblongen Baſalſchnitt, aber die
Dreiecke darüber ſind dreierlei, die 1+1 ſind gleichſchenklig, ſie haben
gleiche Baſen, aber die Schenkel des einen ſind länger als die des andern,
die zwei dagegen ſind ungleichſeitig und congruent. Stellt man das Ob-
longoktaeder nach ſeiner 4kantigen Ecke (a) aufrecht, und bewegt die Axe
a in der Axenebene ac aus ihrer ſenkrechten Stellung ein wenig heraus,
ſo kommt das verlangte Oktaeder. Wenn es ſich blos um die Exiſtenz
und nicht um die Entwickelung deſſelben handelt, ſo darf man nur an
der ſchiefen rhombiſchen Säule (Nr. 5) die hintere Ecke A durch x ſo ab-

[figure]

ſtumpfen, daß x/M = x/M, beide aber verſchieden von
P/M = D ſind. Wir haben dann einen oblongen Baſal-
ſchnitt EEee, in welchem ſich die Axen bb und cc recht-
winklig ſchneiden, dagegen bilden die beiden andern Baſal-
ſchnitte congruente Rhomboide. Daraus folgt die Sym-
metrie des Kryſtalles von links und rechts, und eine Ebene aca1c muß
ſenkrecht auf dem oblongen Baſalſchnitt ſtehen, folglich auch b auf die
Axen a und c. Dagegen zeigt die Rechnung, daß a und c ſich unter
ſchiefen Winkeln ſchneiden. Wir haben alſo drei verſchiedene Axen abc,
von denen je zwei ab und bc auf einander rechtwinklig, ac dagegen
ſchiefwinklig ſtehen. Den ſtumpfen Winkel kehrt man gewöhnlich auf die
Vorderſeite a, und den ſcharfen auf die hintere a1. (In der Figur iſt
Axe cc etwas aus der Lage gerückt, weil ſie ſonſt nicht ſichtbar würde,
wenn man ſie parallel Ee zeichnete, wie ſie in der Natur geht).


Das 2+2flächige Oktaederpag. 22 leitet man aus der recht-
winkligen Säule mit Schiefendfläche Nr. 8, pag. 17 ab: da die vordern
Ecken EE andere ſind als hintere AA, ſo können die vier Flächen nicht mehr
congruent ſein, wie man leicht aus dem zugehörigen Tetraide ſieht. Jedes
[27]1gliedriges Oktaeder, Tetraide. Axen.
Paar Ecken gibt ein Paar Flächen abc und a1bc (Augitartiges von Weiß,
Diëder der l’Isle), und ſämmtliche Dreiecke ſind ungleichſeitig, weil die
drei Kanten des Hexaides ungleich lang ſind. Die von Ecke zu Ecke
gehenden Oktaederaxen ſind den Kanten des zugehörigen Hexaides parallel,
ſchneiden ſich alſo wie dieſe unter zwei rechten und einem ſchiefen Winkel.
Die Baſalſchnitte ſelbſt ſind zwei verſchiedene Rhomben aba1b und bcbc1,
und ein Rhomboid aca1c1. Auch dieſes Oktaeder bleibt noch nach links
und rechts ſymmetriſch, wird nur vorn anders als hinten, und jede zwei
Augitpaare müſſen ein ſolches geben, wofern ſie nicht in einer Zone liegen.


6) Das eingliedrige Oktaeder hat weder zwei gleiche Flächen,
noch zwei gleiche Kanten, alles tritt nur einzig auf, verſteht ſich immer,
daß man das Parallele nicht mitzählt. Zwar läßt ſich aus der Oblong-
ſäule mit doppeltſchiefer Endfläche noch ein Oktaeder ableiten, an dem
die zwei der oblongen Säule entſprechenden Axenebenen ſenkrecht ſtehen,
allein einen Einfluß kann das auf die Zahl nicht üben.


Betrachten wir die Tetraide für ſich, ſo zerfallen ſie in zwei merk-
würdige Gruppen, in ſymmetriſche und unſymmetriſche. Zu den ſym-
metriſchen
gehören das reguläre, viergliedrige, dreigliedrige, und von
den zwei- und zwei und eingliedrigen die aus dem geraden und ſchiefen
Oblongoktaeder. Hier ſind beide das Tetraid und Gegentetraid einander
congruent. Anders iſt es dagegen bei den unſymmetriſchen. Schneidet
man ſich aus der Oblongſäule mit Gradendfläche (Nr. 3) beide Tetraide,
ſo ſind ſie zwar von gleichen Flächen und Kanten begränzt, man kann ſie
aber nicht parallel neben einander ſtellen, ſondern wenn man ſie auf eine
Fläche neben einander legt, ſo ſchaut das eine mit ſeiner Spitze nach
links, das andere nach rechts: das eine iſt alſo um-
gekehrt dem andern gleich und congruent. Aehnliche
Unſymmetrie findet ſich bei dem Tetraide der Oblong-
ſäule mit Schiefendfläche (Nr. 8), es iſt 2+2flächig.
Endlich auch bei den 1+1+1+1flächigen. Naumann

[figure]

nennt die nicht regulären Sphenoide, Haidinger das unſymmetriſch
zweigliedrige Tartaroid, weil es beim Weinſtein (Tartarus) ſelbſt-
ſtändig vorkommt.


Die Axen.


Nachdem wir uns überzeugt haben, daß aus je vier beliebigen
ſich in 6 Zonen ſchneidenden Flächen ein Oktaid entſteht
,
in welchem drei Linien (Axen) ſich im Mittelpunkte halbiren, ſo können
wir nun von dieſen Linien ſprechen. Die Axen gehen entweder alle drei
von Ecke zu Ecke, oder nur eine von Ecke zu Ecke, die andern beiden
den Seiten eines Baſalſchnittes parallel. Wie alles am Kryſtall beweg-
lich gedacht werden muß, ſo auch dieſe Linien: es ſind Richtungen, die
in jedem Punkte des Kryſtalls wirken. Von ihrer Kenntniß, die wir
lediglich dem Herrn Prof. Weiß verdanken, datirt eine ganz neue Epoche
der Kryſtallographie. Alles, was Spätere daran gemodelt haben, hat
den Kern der Sache nur wieder verhüllt. Die Axenrichtungen allein ſind
die wirkenden Kräfte, als deren Reſultanten die Flächen gedacht werden
müſſen, namentlich darf man auch nicht Axenebenen an ihre Stelle ſetzen.


[28]Axen: rechtwinklige, ſchiefwinklige.

I. Alle drei Axen wirken auf einander rechtwinklig
(orthometriſch):


1) Die gleichen Axena : a : a beſtimmen uns das reguläre

[figure]

Oktaeder: man darf ſich nur zwei gleiche Linien aa und
aa, die ſich in o halbiren, auf das Blatt zeichnen, und
dann eine dritte gleich lange Linie oa in o ſenkrecht gegen
das Blatt erheben, ſo hat man die einfachſte Anſchauung
vom regulären Oktaeder. Das Zeichen a : a : a iſt ſo ein-
fach, daß es weiter keiner Symbole bedarf, auch liegt
darin von ſelbſt, wegen der vier gleichen Quadranten,
die Vierdeutigkeit des Zeichens: Teſſulariſches S. Mohs, Iſometriſches S.
Hausmann, Teſſeral-S. Naumann.


2) 2 + 1 Axea : a : c beſtimmen uns das viergliedrige Oktae-
der
: man darf ſich nur die aufrechte Axe c (Hauptaxe) größer oder kleiner
als a denken, ſo haben wir die Anſchauung. Das Zeichen deutet gleich
an, daß die Seitenkanten a : a von den Endkanten a : c verſchieden ſeien,
und daß die Dreiecke congruent und gleichſchenklig ſein müſſen. Pyra-
midal-S. Mohs, monodimetriſches Hausmann, Tetragonal-S. Naumann.


3) 1 + 1 + 1 Axea : b : c beſtimmen uns das zweigliedrige

[figure]

Oktaeder: die aufrechte Hauptaxe nennt Weiß
immer c, die nach vorn gehende a und die ſeitliche b.
Wir erſehen daraus, daß die dreierlei Kanten a : b
(Seitenkante), a : c (vordere Endkante) und b : c
(ſeitliche Endkante) von einander verſchieden, und
folglich die vier Flächen ungleichſeitige congruente
Dreiecke ſein müſſen. Orthotypes S. Mohs, rhom-
biſches S. Naumann.


Anmerkung. Leider herrſcht in der Benennung der Axen bei den
Kryſtallographen keine Uebereinſtimmung. Mohs und Naumann nennen
die aufrechte Axe a (unſer c), dagegen ſtimmt b Naumann mit b Weiß,
aber mit c Mohs, und c Naumann mit a Weiß und b Mohs. Der
Mathematiker wird übrigens leichter die aufrechte Axe als c merken, weil
ſie in der Coordinaten-Theorie der Axe der Z entſpricht. Abgeſehen da-
von, daß beim viergliedrigen Syſtem die Symmetrie mit dem regulären
verlangt, die beiden gleichen Axen noch a : a zu nennen und die aufrechte c.
Und warum denn von der Bezeichnung des Begründers der Axen ab-
weichen?


II. Nicht alle drei Axen wirken auf einander rechtwink-
lig (klinometriſch)
. Die Frage, ob die unbedeutende Schiefe ein-
zelner Axen auf einander, welche nach ſcharfen Meſſungen anzunehmen
man öfter gezwungen iſt, nur von Störungen in der Ausbildung her-
rühren oder im tiefern Innern des Kryſtalls ihren Grund haben, iſt noch
nicht entſchieden. Jedenfalls erwächst mit ſchiefen Axen eine größere
Mühe des Rechnens, wo man daher rechtwinklige Axen nehmen kann,
verdienen ſie unbedingt den Vorzug. Wo man dagegen ſchiefe Winkel
nehmen muß, da wähle man die Axen wenigſtens ſo, daß ſie den recht-
winkligen möglichſt nahe kommen. So macht es Herr Prof. Weiß.
Mohs und Naumann dagegen ſagen, da nun einmal ſchiefwinklige Axen
[29]Axen: ſchiefwinklige. 3+1 Axe.
gefunden werden, ſo nehmen wir ſie auch recht ſchief. Dadurch erleiden
die Flächen eine ſehr verſchiedene Bezeichnung, was das Leſen verſchie-
dener Lehrbücher außerordentlich erſchwert.


Von den ungleichen Axen a : b : c weicht die c
in der Axenebene ac nur um Weniges vom rechten
Winkel ab, zwei und eingliedriges Oktaeder.
Man ſtellt das Oktaeder gern ſo, daß der ſtumpfe
Winkel coa nach vorn ſchaut, dann liegt der ſcharfe
coa1 hinten. Natürlich iſt nun Kante a : c vorn von
a1 : c hinten verſchieden, während die beiden ſeitlichen

[figure]

Endkanten b : c und die beiden Seitenkanten a : b links und rechts je
einander noch gleich bleiben. Die Oktaederflächen theilen ſich daher in
2+2 ungleichſeitige Dreiecke, das Syſtem kann es nicht mehr zu vier
gleichen Gliedern bringen. Da die Axe b ſenkrecht auf die Axenebene ac
bleibt, ſo müſſen boc und boa noch rechte Winkel ſein. Behufs der
Rechnung ziehe man eine Linie AA1 ſenkrecht gegen cc und Aa parallel cc,
ſo kann man mit der rechtwinkligen Axe oA rechnen, in dem man das kleine
Perpendikel aA = k als Correktion in die Formel einführt. Der Winkel
aoA zeigt die Abweichung vom rechten an. Mohs fällt dagegen ein Per-
pendikel cp auf aa1, und nennt den Winkel pco (= Aoa) die Abweichung.
Hemiorthotypes S. Mohs, monoklinometriſches Naumann.


Man könnte ſich bei dieſem monoklinometriſchen Syſtem zwei Axen,
ja ſelbſt alle drei einander gleich denken, und doch könnte es wegen der
ſchiefen Axen zu keiner größern Gleichheit der Glieder als 2 kommen.


5) Von den ungleichen Axen a : b : c können je zwei ac und bc oder
ſogar alle auf einander ſchief ſtehen, eingliedriges Oktaeder. Hier
können nicht zwei Glieder mehr gleich ſein. Zwar könnte man meinen,
wenn noch ein Axenpaar ab auf einander ſenkrecht ſtünde, müßten beide
Kanten ab links und rechts einander noch gleich bleiben. Allein man
ſieht ſogleich, daß ſie gegen die aufrechte c, welche auf Ebene a wind-
ſchief ſteht, nicht mehr ſymmetriſch liegen, folglich auch nicht mehr gleich
ſein können. Anorthotypes S. Mohs, triklinometriſches Naumann.


Naumann unterſcheidet noch ein diklinometriſches Syſtem, ſchiebt
ſtatt der linearen Dimenſionen die Axenebenen unter: es muß dabei noch
ein Paar Axenebenen z. B. Ebene ab auf bc ſenkrecht ſtehen. Auf die
Symmetrie des Kryſtalls hat das gar keinen Einfluß, und merkwürdiger
Weiſe kann bei dieſem Naumannſchen Syſtem von den drei Lineardimen-
ſionen a : b : c keine auf der andern ſenkrecht ſtehen. Man macht ſich dieſes
leicht an einer oblongen Säule mit doppelt ſchiefer Endfläche klar,
an welcher keine der Kanten auf einander ſenkrecht ſtehen kann. Und
umgekehrt, wenn ein Paar der Kanten auf einander rechtwinklig ſteht,
ſo kann kein Paar der Axenebenen einen rechten Winkel bilden. Das iſt
ein merkwürdiger Widerſpruch! Method. Kryſt. pag. 129.


III. Drei und einaxige Syſteme. Die eine Hauptaxe c ſteht
aufrecht und ſenkrecht gegen die drei gleichen Nebenaxen aaa, welche ſich
unter 60° ſchneiden.


6. a)Sechsgliedriges Syſtem. Denkt man ſich die [Axe]c auf-
recht, ſo kann man durch c : a : a : ∞a eine Fläche legen, die ſechsmal
[30]Verfertigung der Oktaide.
wiederkehrt, alſo ein Dihexaeder bilden muß. Die Seitenkanten a : a
ſind von den Endkanten a : c verſchieden.


6. b)Dreigliedriges Syſtem. Denkt man ſich dagegen nur die

[figure]

abwechſelnden Sextanten ausgefüllt, ſo entſteht
in c eine rhomboedriſche Ecke. Man ſieht leicht
ein, daß die Ausfüllung der andern Hälfte
ein Gegenrhomboeder rrr geben muß, das ſich
nur durch ſeine Stellung vom erſten unter-
ſcheidet. — Bezeichnet man das eine mit
½ (c : a : a : ∞a), ſo ſchreibt man das andere
½ (c : a1 : a1 : ∞a). Die Sache wird klar, wenn
man das vergleicht, was oben pag. 24 beim
Rhomboeder geſagt wurde.


Verfertigung der Oktaide.


Da ſich in jedes Hexaid ein Tetraid einſchreiben läßt, aus dieſem
aber das Oktaid folgt, ſo könnte man auf dieſe Weiſe ſich leicht alle
Oktaide verſchaffen, wenn man dazu nicht zu viel Holz brauchte, abgeſehen
davon, daß die Schnitte der Hexaide wieder alle genommen werden. Am
beſten iſt es daher, man verfertigt ſie alle aus der Säule.


Das reguläre Oktaeder entſteht aus der geraden rhombiſchen

[figure]

Säule von (1 : ), da dieß der Oktaederwinkel
iſt. Zu dem Ende trage man die kurze Diagonale AA
nach AH, mache EG = AH, halbire dieſe in C, ziehe
von C nach den vier Punkten AAHH, ſo entſteht das
Oktaeder CAAHHC. Der Beweis iſt leicht zu führen.


Die viergliedrigen Oktaeder entſtehen aus
geraden rhombiſchen Säulen von einem Winkel, der
den Seitenkanten des verlangten Oktaeders entſpricht.
Man verfährt bei der Bereitung ganz wie vorhin. Legt
man die kurze Diagonale AA nach AH, ſo entſteht ein
ſcharfes, legt man dagegen die lange Diagonale EE
nach EG, ſo entſteht ein ſtumpfes Oktaeder.


Würde man AH länger oder kürzer als AA machen, und EG = AH
in C halbiren, ſo entſtünde ein Oblongoktaeder.


Die dreigliedrigen Oktaeder macht man aus dem Rhom-

[figure]

boeder. Das Rhomboeder aber am beſten aus der
geraden rhombiſchen Säule: zu dem Ende trägt man
EE nach EH, errichtet im Halbirungspunkt p ein Per-
pendikel op, ſo iſt oEEH die Endecke eines Rhomboeders
von dem Endkantenwinkel der Kante H. Da die Rhom-
boederfläche oEE erſt durch den Mittelpunkt der Grad-
endfläche AEAE geht, ſo kann man ſie leicht durch das
hintere A legen, man macht nur vorn Ao = or = Eq,
ſo geht die Rhomboederfläche durch Aqrq. Mache ich
dann ferner Hs = Ao, und ziehe durch ſ Parallelen, ſo iſt stqrqtA
das verlangte Rhomboeder.


[31]Zeichnung der Oktaide.

Das zweigliedrige Oktaeder macht man aus rhombiſchen Säulen
mit Schiefendfläche. Wäre AEAE eine ſolche, ſo trüge man wieder AA
nach AH, machte EG = AH, halbirte in C, und zöge das Oktaeder CAAHHC.


Ein zwei und eingliedriges käme, ſobald man AH größer oder
kleiner als AA machte; das eingliedrige auf die gleiche Weiſe, nur
muß ſtatt der ſchiefen eine doppelt ſchiefe Endfläche genommen werden.


Die Zeichnung der Oktaide


iſt gewöhnlich eine geometriſche d. h. eine orthographiſche Projektion: man
fälle von den Ecken der Oktaide ſenkrechte auf die Zeichnungsebene, ver-
binde die Orte durch die erforderlichen 12 Kanten, ſo iſt das Bild fertig.
Denkt man das Auge im Unendlichen und ſo gegen Kryſtall- und Zeich-
nungsebene geſtellt, daß ein Geſichtsſtrahl durch den Mittelpunkt des
Kryſtalls ſenkrecht gegen die Zeichnungsebene ſteht, ſo ſieht man den
Kryſtall in unſerm geometriſchen Bilde. Daſſelbe erſcheint zwar etwas
verzogen, aber alle parallelen Kanten bleiben ſich parallel.
Da die Ecken der Oktaide den Endpunkten der drei Axen entſprechen,
ſo fällt die Aufgabe mit der Projektion der drei Axen abc zuſammen.
Wir wollen den einfachſten Fall annehmen, wo dieſelben auf einander
rechtwinklig ſtehen und gleich ſind. Die Zeichnungsebene denkt man ſich
gewöhnlich durch den Mittelpunkt gelegt, ſie muß dann den Kryſtall hal-
biren, die Kanten der vordern Hälfte zeichne man mit dickern, die der
hintern Hälfte mit dünnern Linien, wodurch das Bild durchſichtig wird.
Liegt die Zeichnungsebene in den Seitenaxen ab, ſo gibt das die Hori-
zontalprojektion
: in dieſem Falle erſcheint c als Mittelpunkt, weil
alle Geſichtsſtrahlen (Perpendikel) der Axe c parallel gehen, und a und b
erſcheinen in ihrer natürlichen Größe. Aehnlich die Bilder in den Axenebenen
ac und bc (Vertikalprojektionen). Nicht ſo leicht bekommt man


die ſchiefe Projektion.
Zu dem Ende lege Hauptaxe c
in die Zeichnungsebene ZE, die
in der Ebene des Papiers ge-
dacht iſt, und drehe die Seiten-
axen ab ſo lange um die Haupt-
axe c, bis die Projektion von b
um rmal länger iſt als die von a.
Nennen wir den Drehungswinkel,
welchen b dann mit der Zeich-
nungsebene ZE macht, δ, ſo iſt
die Projektion von a = oA = sin δ,
von b = oB = cos δ, folglich
r • sin δ = cos δ, r = cotg δ.
Jetzt drehen wir das ganze Axen-
ſyſtem um die Linie ZE ſo lange,

[figure]

bis der Projektionspunkt der Axe a (α) von ZE um \frac{1}{s} Länge der erſten
Projektion (alſo \frac{1}{s}OA = Aα) von ZE abſteht. Der Winkel, welchen die
Axenebene ab mit der Zeichnungsebene macht, heiße dann e. Nennen
[32]Zeichnung der Oktaide.

[figure]

wir den Ort von b mit β, ſo haben wir zwei ähnliche
Dreiecke aAα und bBβ mit dem Winkel e. Da weiter
die Axe c ſich um 90° — e aus der Zeichnungsebene
erhebt, ſo iſt ihre Projektion oγ = sin e, und das Dreieck
ocγ ebenfalls den erſten beiden ähnlich. Es iſt aber
aA = cos δ, bB = sin δ = , ferner wurde Aα =
angenommen, da nun Aa : Aα = Bb : Bβ, ſo iſt
cos δ : : Bβ, Bβ = . Ferner
co : cγ = Aa : Aα, oder
1 : cγ = cos δ : , cγ = , tg δ = , alſo
.


Conſtruction: ſetzen wir r = s = 3, dann iſt δ = 18° 26′,

[figure]

e = 83° 37′. Ziehe eine beliebige Linie
zB = 2 cos δ, theile ſie in 6 Theile, und
errichte das Perpendikel ZP = ⅙ ZB = sin δ,
ziehe von P nach dem Mittelpunkte o,
ſo iſt oα = ⅓ oP die Axe a, weil
αA = ⅓ sin δ. Mache ferner zβ = ⅓ Aα
= \frac{1}{9}sin δ 1), ſo iſt oβ die zweite Seiten-
axe. Da (oP)2 = (oz)2 + (zP)2 = cos2 δ
+ sin2 δ = 1, die dritte Axe c = oγ
= iſt, ſo darf ich über
oP nur einen Halbkreis beſchreiben, und
Px = zβ = \frac{1}{9}sin δ hineintragen, ſo iſt im
rechtwinklichen Dreiecke oPx,
(ox)2 = (oP)2 — (Px)2, ox = , mache ich dann ox = oγ
ſenkrecht auf zB, ſo ſind αβγ die verlangten Projektionslinien. Da ox
immer nur \frac{1}{81} von oP abweicht, ſo kann ich auch oP = oγ machen, ohne
einen weſentlichen Fehler zu begehen. Wenn r = s = 2 wäre, ſo wäre
ox = ſchon viel weſentlicher unterſchieden.


Wir haben a = b = c angenommen. Wenn die Axen nun aber
ungleich ſind, ſo ſetzen wir die Hauptaxe c = 1, und ſuchen für a und b
die Proportionalen. Beim Schwefel z. B. iſt a : b = 0,427 : 0,527, nehme
ich alſo etwa a = 0,4α und b = 0,5β, ſo kommen die Axen des ver-
langten Rhombenoktaeders.


[33]Projectionslehre.

Das Dihexaeder ſieht man als ein Rhom-
benoktaeder a : b : c nebſt einem Paar c : ½ b : ∞ a
an, b = a. Man konſtruire erſt das Rhomben-
oktaeder a : b : c, halbire dann die Kante ab in
a', ſo ſind die Verbindungslinien a'a' die geſuch-
ten beiden andern Nebenaxen. Es iſt für dieſe

[figure]

Stellung nicht unvortheilhaft, wenn man r = 3 und s = 2 nimmt, dann
iſt Winkel ε = 80° 25′.


Projektionslehre.


Wer von Kryſtallen ſchnell ein klares Bild bekommen will, muß
ſich vor allem mit der Projektion vertraut machen. Ich habe ſie in
meiner „Methode der Kryſtallographie 1840″ weitläufig auseinander geſetzt.
Sie beſteht darin, daß ich alle Flächen durch einen Punkt (Scheitel-
punkt) lege, und dieſelben dann eine beliebige Ebene (Projektionsebene)
ſchneiden laſſe. Wenn ich nun alle Flächen durch einen Punkt lege, ſo
müſſen nothwendig die Parallelen zuſammenfallen. Jeder zwiſchen zwei
Parallelebenen liegende Raum (Kryſtallraum, Parallelraum) wird alſo
durch eine Ebene (Reduktionsebene) vertreten. Jede Reduktionsebene
muß die Projektionsebene in einer geraden Linie (Sektionslinie) ſchneiden,
nur die eine nicht, welche der Projektionsebene parallel geht. Alle Flächen,
welche in einer Zone liegen, müſſen dann in einer gemeinſamen Linie
(Zonenaxe) ſich ſchneiden. Die Zonenaxen ſelbſt ſtrahlen alle vom Scheitel-
punkte aus, treffen die Projektionsebene unter Punkten (Zonenpunkten),
in welchen ſich ſämmtliche Sektionslinien der zugehörigen Zone ſchneiden.


Beiſpiel. Legen wir durch die Baſis des
Quadratoktaeders eine Ebene aaaa, und verlängern
dann die Seiten des Quadrats ins Beliebige, ſo
liefern die vier ſich kreuzenden Linien das Pro-
jektionsbild auf der zugehörigen Hexaidfläche. Der
Endpunkt c wird in der Mitte über der Projektions-
ebene gedacht, von hier ſtrahlen die vier Endkanten
ca aus, ſo daß aaaa ihre vier Zonenpunkte ſind.
Die Punkte a'a' liegen im Unendlichen, ihre Zonen-
axe ca' geht alſo der Projektionsebene parallel.

[figure]

Denken wir jetzt die vier Oktaederflächen über ſich hinaus verlängert,
aber feſt in ihrer Lage, und bewegen wir nun die Pro-
jektionsebene beliebig dagegen, ſo muß im Allgemeinen
das Projektionsbild aaaaa'a' entſtehen, worin aaaa noch
die Endkanten, und a'a' die Seitenkantenzonenpunkte
bezeichnen. Man macht ſich dieſes leicht klar, wenn man
vom Oktaeder die Endecke beliebig wegſchneidet, ohne daß

[figure]

eine Endkante der andern gleich getroffen wird. Dieſe Fläche wird dann
das Trapezoid aaaa ſein, deſſen Seiten über ſich hinaus verlängert zu
Quenſtedt, Mineralogie. 3
[34]Projektionslehre.
den Zonenpunkten der Seitenkanten (a'a') führen. Der Endpunkt c hat
immer außerhalb der Projektionsebene irgendwo in einem feſten Punkte
ſeine Lage, von dem dann alle Zonenaxen (in dieſem Falle Oktaeder-
kanten) nach den 6 Zonenpunkten hinſtrahlen. Dieß eingeſehen können
wir wieder einen ganz allgemeinen Gang einſchlagen.


Eine Fläche iſt durch eine Linie dargeſtellt, ſo lange ſie der Pro-
jektionsebene P nicht parallel geht.


Zwei Flächen erzeugen ein Kreuz, ſolange die Projektionsebene

[figure]

die Zonenaxe ſchneidet; läuft dagegen die P der Zonenaxe
parallel, ſo müſſen die Sektionslinien auch einander parallel
gehen, der Zonenpunkt a muß im Unendlichen liegen. Geht
endlich P einer der Flächen parallel, ſo bleibt nur noch eine
Sektionslinie.


Drei Flächen bilden entweder eine

[figure]

ſechsſeitige Säule, und zeichnen ſich dann durch ein
dreilinigtes Kreuz oder drei Parallelen aus, ſolange P eine
vierte hinzutretende Ebene iſt; oder ein


Hexaid, dieſes muß im Allgemeinen drei Zonenpunkte
haben, wovon einer im Unendlichen liegen kann, wenn die

[figure]

P einer Hexaidkante parallel läuft, wie das in der
zweiten Figur der Fall iſt, woran der Pfeil den im
Unendlichen liegenden dritten Punkt anzeigt. Wird
dagegen eine Hexaidfläche zur Projektionsebene, d. h.
geht P einer Hexaidfläche parallel, ſo bleibt für
das Projektionsbild nur ein einfaches Kreuz, weil
die dritte Ebene nicht zum Schnitt kommt.


Vier Flächen geben dreierlei:


a)eine 8ſeitige Säule, durch ein vierlinigtes Kreuz, oder auch
durch 4 Parallelen dargeſtellt;


b)einen Vierzonenkörperaaab, worin die 4te Ebene ab die

[figure]

Kante des Hexaides aab abſtumpft. Es bezeichnet das offenbar
nur eine ſechsſeitige Säule b mit Endfläche aaa. Endlich


c)ein Oktaid, den allgemeinſten Fall: die vier Linien
müſſen ſich in 1+2+3 = 6 Punkten ſchneiden, weil
nirgends drei in eine Zone fallen. Wir ſind damit bei
unſerm obigen Projektionsbilde wieder angelangt, wo das Oktaid
auf eine ganz beliebige Fläche projicirt wurde.


Fünf Flächen ſchneiden ſich im Allgemeinen in 1+2+3+4 = 10

[figure]

Punkten, wovon fünf aaaaa in einem Fünfeck, und
fünf a'a'a'a'a' außerhalb des Fünfecks liegen. Es
würde uns das zu jenem merkwürdigen Pentagonal-
ſyſteme
führen, was zwar in der Kryſtallographie
keine Exiſtenz hat, das aber bei der Gebirgslehre durch
C. de Beaumont mit ſo vielem Scharfſinne Anwendung
gefunden hat. Man kann dieſe Figur mit einem Feder-
zuge (Druidenfuß) darſtellen. Es entwickelt ſich hier
alles hauptſächlich nach der Zahl fünf.


[35]Projektionslehre. Deduktion.

Sechs Flächen ſchneiden ſich im Allgemeinen in
1 + 2 + 3 + 4 + 5 = 15 Punkten, wovon ſechs
in einem Sechseck, ſechs (aaaaaa) ſymmetriſch außerhalb
des Sechsecks liegen, und die übrigen drei a'a'a' ſich
ſymmetriſch auf dem andern Raume vertheilen. Hierin
entwickelt ſich alles nach der Zahl 6, und man könnte
es als den Ausgangspunkt des ſechsgliedrigen Syſtems
nehmen wollen, wenn dieß nicht zweckmäßiger aus dem
regulären Syſtem ſelbſt entwickelt würde. So ließe
ſich ins Unendliche fortfahren, für jede nte Linie würde
zugleich die Zahl n die Hauptrolle ſpielen. Doch ſind
das nur abſtrakte mathematiſche Sätze, die höchſtens

[figure]

Schlaglichter auf das Weſen der Zahl in den Kryſtallen werfen.


Deduktion.


Darunter verſteht Herr Prof. Weiß das Ableiten von Flächen aus
gegebenen Zonen. Ohne dieſe Entwickelung iſt gar kein tieferes Verſtänd-
niß der Sache möglich. Die Flächen zeigen ſich hierdurch als Reſultanten
von gegebenen Kräften. Die Säule, das Hexaid und der Vierzonen-
körper laſſen keine weitere Ableitung zu, weil die Zonenpunkte durch ihre
eigenen Flächen ſchon alle untereinander verbunden ſind. Erſt beim
Oktaide wird die Ableitung möglich, und deshalb iſt damit auch das ganze
kryſtallographiſche Syſtem gegeben, wir dürfen nicht zu fünf oder gar
mehr Flächen fortſchreiten.


Das zugehörige Hexaid entſteht durch
Verbindung der Oktaidkanten
. Es gibt das
die drei neuen punktirten Linien, welche ſich untereinander
wieder in drei neuen Punkten, den Kantenpunkten des
Hexaides, ſchneiden. Da wir oben geſehen haben, daß
das Hexaid durch drei Linien, die ſich in drei Punkten
ſchneiden, dargeſtellt iſt, ſo muß unſer neuer Körper ein
Hexaid ſein. Da zwei der Hexaidflächen die im Viereck
ſich gegenüber liegenden Kanten verbinden, ſo muß alſo
jede dieſer Hexaidflächen zwei ſich gegenüber liegenden
Endkanten parallel gehen, nur die dritte geht den Seiten-

[figure]

kanten parallel. Mit jedem beliebigen Oktaide iſt daher auch ein auf
dieſe Weiſe zugehöriges Hexaid gegeben. Jede Hexaidfläche muß am
Oktaide als ein Parallelogramm erſcheinen, weil es nur in zwei Oktaid-
kanten liegt.


Das zugehörige Dodekaid verbindet die Hexaid- mit den
Oktaidkanten, alſo die drei mit den ſechs. Es ſind nur ſechs ſolcher neuen
Linien möglich, daher hat der neue Körper auch nur ſechs Kryſtallräume.
Die ſechs Linien ſchneiden ſich in vier dreikantigen Zonenpunkten, daher
müſſen die den Linien zugehörigen Flächen hier ſechsſeitige Säulen bilden.
Außerdem ſchneidet jede Dodekaidlinie noch zwei Oktaidlinien in neuen
noch nicht vorhandenen Punkten. Die Sektionslinien der drei Körper
Hexaid, Oktaid und Dodekaid, zuſammen 3+4+6 = 13 Linien, ſchneiden
ſich daher unter 3+6+4+12 = 25 Zonenpunkten: die drei entſprechen
3*
[36]Deduktion: Dodekaid.
den Hexaidkanten, die ſechs den Oktaidkanten, die vier den Dodekaid-

[figure]

kanten, und die zwölf den Dia-
gonalzonen des Oktaides, welche
in jedem Oktaiddreiecke von der
Spitze nach dem Halbirungspunkt
der gegenüber liegenden Kante
gezogen werden, und da jedes
Dreieck drei ſolcher Diagonalen
hat, ſo müſſen 3 • 4 = 12 vorhan-
den ſein. Wir ſind damit bei den
ſchon oben pag. 17 erwähnten
Grundzahlen 3, 4, 6 der Kryſtall-
ſyſteme angelangt, und man ſieht
auf dieſe Weiſe zugleich ein, daß
die Sache nicht anders ſein kann.


Verzeichnen wir das Dodekaid beſonders, ſo beſteht es aus einem
Oktaid 4444 mit zwei zugehörigen Hexaidflächen, welche die Seitenecken

[figure]

abſtumpfen. Daraus folgen alle ſeine we-
ſentlichen Eigenſchaften. Das nebenſtehende
Dodekaid macht dieß deutlich. Will man
endlich die Axenausdrücke finden, ſo darf
man nur das ganze Dreikörperſyſtem auf
eine der Hexaidflächen projiciren. Man ſieht
dann ſogleich, daß die Sektionslinien der
beiden zugehörigen Hexaidflächen hh' zu Axen genommen das Oktaid o
den Ausdruck a : b : c, das Dodekaid d den Ausdruck a : c : ∞b, b : c : ∞a

[figure]

hat. Nur über die Ausdrücke der Flächen h und d des
Mittelpunktes könnte man im Zweifel ſein. Allein man
darf die Flächen d z. B. nur parallel mit ſich verrücken,
ſo muß ihre Sektionslinie, ſobald ſie durch a gelegt iſt,
auch durch b gehen, und da d in der Axe c liegt, ſo
muß ſie bei dieſer Verrückung der c parallel bleiben,
alſo a : b : ∞c ſein. h dagegen bekommt den Ausdruck
a : ∞b : ∞c, und h' = b : ∞a : ∞c, wenn man jede parallel mit ſich
verrückt und durch die Axeneinheiten a und b legt. Ehe wir weiter gehen,
wird es gut ſein, auch


die Dodekaide


einer kurzen Betrachtung zu unterwerfen. Zunächſt muß das Dodekaid
ins Gleichgewicht gebracht werden! Zu dem Ende dürfen wir nur das
Oktaid ins Gleichgewicht bringen, ſo daß ſämmtliche Flächen Dreiecke ſind.
Alsdann lege die beiden Hexaidflächen durch die Mitte der Seitenkanten
des Oktaides, und das Dodekaid im Gleichgewicht iſt fertig. Hierauf
beruht zu gleicher Zeit die Weiſe der Verfertigung. Beim Granatoeder
z. B. iſt das Oktaid viergliedrig mit rechtwinkligen Seitenkanten: ich darf
mir daher nach Anleitung von pag. 30 nur aus der quadratiſchen Säule
ein viergliedriges Oktaeder machen, die Seitenecken durch zugehörige Hexaid-
flächen abſtumpfen, und das Granatoeder im Gleichgewicht iſt gemacht.


[37]Deduktion: Granatoeder.

Das Dodekaid im Gleichgewicht wird von 6 Parallelogrammen be-
gränzt (die parallelen nicht gezählt), die ſich in 3 vierkantigen Ecken, den
Endpunkten der Axen entſprechend, und in 4 dreikantigen Ecken ſchneiden.
Da jede Fläche in der Hexaid- und Oktaidkante zugleich liegt, ſo ent-
ſpricht die Diagonale, welche die vierkantigen Ecken verbindet, den Oktaid-
kanten, und die, welche die dreikantigen verbindet, den Hexaidkanten.
Man kann alſo in jedes Dodekaid das zugehörige Hexaid und Oktaid
einſchreiben. Daraus geht von ſelbſt hervor, daß das Oktaid die drei-
kantigen und das Hexaid die vierkantigen Ecken abſtumpft. Und wieder
kann es nur ſo vielerlei Dodekaide geben, als entſprechende Hexaide oder
Oktaide möglich ſind.


Das reguläre Dodekaid oder Granatoeder iſt ein ſolches,
in welches man einen Würfel und ein reguläres Oktaeder einſchreiben
kann, die Diagonalen ſämmtlicher Flächen ſind daher einander gleich, und
folglich die Flächen congruent. Da die Kanten in vier ſechsſeitigen Säulen
liegen, ſo müſſen dieſe Säulen regulär ſein, und folglich Kanten von 120°.
Der ſtumpfe ebene Winkel der Rhomben beträgt 109° 28′ 16″, iſt alſo ſo
groß als die Kanten des Oktaeders. Die 4 Flächen, welche derſelben Axe
parallel gehen, ſchneiden ſich unter rechten Winkeln, daher hat das Oktaeder
des Granatoeder in den Seitenkanten rechte Winkel, worauf ſeine An-
fertigung beruhte.


Oktaeder, Würfel und Granatoeder treten öfter zuſammen auf (Blei-
glanz, Gold ꝛc.): man mache einen Würfel h, ſtumpfe die Ecken durch das
Oktaeder o ab, indem man gleiche Kantenlängen wegſchneidet, wodurch
gleichſeitige Dreiecke werden. Nimmt man dann mit dem Granatoeder d
die Würfelkanten ſo weg, daß in ihm Rechtecke entſtehen,
was beweist, daß d in der Zone o/o und h/h liegt, ſo
iſt der Körper gemacht. Es ſind in dieſem merkwürdigen
Körper alle möglichen Zahlenverhältniſſe des regulären
Syſtems gegeben. Die 3 bildet den Würfel h mit acht-
eckigen Flächen; die 4 das Oktaeder o mit ſechseckigen
Flächen; die 6 das Granatoeder d mit viereckigen Flächen.
Die Kante h/d iſt 12mal da (die diametral gegenüber

[figure]

liegenden nicht mitgezählt), in ihnen liegen alle möglichen Pyramiden-
würfel
, d. h. ſie werden durch die Pyramidenwürfel abgeſtumpft; die
Kante h/o nochmals 12mal, in ihnen liegen alle möglichen Leucitoide;
die Kante o/d abermals 12mal, in ihnen liegen alle möglichen Pyramiden-
oktaeder
; endlich bleiben noch die 24 Ecken, jede von den drei Flächen
hdo und von den dreimal 12 Kanten begränzt, auf ihrem Gipfel balanciren
alle möglichen 48-Flächner. Eine andere Zahl und ein anderer Körper iſt
nicht denkbar.


Das viergliedrige Dodekaid iſt ein ſolches, in welches man
ein viergliedriges Oktaeder einſchreiben kann. Daher müſſen ſich die Flächen
in 4+2 zerlegen: die 4 untereinander congruenten Rhomben bilden das
nächſte ſtumpfere Oktaeder, und die 2 eine quadratiſche Säule, welche die
Seitenecken des viergliedrigen Oktaeders abſtumpft. Weil die Flächen
zweierlei ſind, ſo pflegt man nicht von einem viergliedrigen Dodekaide zu
ſprechen, man denkt es immer in ſeine Theile zerlegt.


[38]Deduktion: Dodekaide.

Wir können nun ganz wie beim regulären Syſtem die drei Körper
miteinander verbinden. Zu dem Ende nehme man eine quadratiſche Säule
h mit Gradendfläche h', ſtumpfe die Ecken durch das Oktaid o ſo ab, daß

[figure]

die Flächen gleichſchenklige Dreiecke bilden pag. 23, und
laſſe dann die Dodekaidflächen d die Kanten des Oktaides
und Hexaides zugleich abſtumpfen. Dann haben wir das
viergliedrige Hauptoktaeder o = a : a : c, an welchem das
Oktaeder des Dodekaides die Endkanten abſtumpft, alſo
das 1ſte ſtumpfere Oktaeder d = a : c : ∞a bildet, wäh-
rend d' = a : a : ∞c die erſte quadratiſche Säule macht,
welche die Seitenkanten von o, und h = a : ∞a : ∞c
die zweite quadratiſche Säule, welche die Seitenecken von o abſtumpft,
während h' = c : ∞a : ∞a nur ein einziges Mal vorhanden als Grad-
endfläche auftritt.


Das zweigliedrige Dodekaid iſt ein ſolches, in welches man
ein zweigliedriges Oktaeder einſchreiben kann. Es müſſen daher die
Flächen ſich in drei Paare 2+2+2 zerlegen. Das vordere Paar d geht
von a : c : ∞b, das ſeitliche d' von b : c : ∞a, das dritte (die rhom-
biſche Säule) a : b : ∞c. Wir könnten hier nun wieder ganz in derſelben
Weiſe wie vorhin verfahren, und müßten dann von der Oblongſäule mit

[figure]

Gradenfläche ausgehen. Je zwei Paare zuſam-
mengenommen bilden ein Oblongoktaeder pag. 24,
an welchem das dritte zugehörige Paar die Seiten-
ecken ſo abſtumpfen muß, daß die Flächen Pa-
rallelogramme werden. Alles das leuchtet aus
einer kleinen Projektionsfigur auf die Hexaidfläche
ſogleich hervor, in welcher die Axe c aufrecht ge-
dacht wird. Das Bild ſtimmt vollkommen mit dem des regulären und
viergliedrigen Syſtems überein, nur daß die Axen ungleich geworden ſind.


Man kann übrigens zu einem zweigliedrigen Dodekaide noch in der
Weiſe gelangen, daß man zwei beliebige Ecken eines zweigliedrigen Oktaeders
durch eine Oblongſäule abſtumpft, weil in dieſelbe ſich ein Oblongoktaeder ein-
ſchreiben läßt. Der Strahlzeolith, Kreuzſtein ꝛc. liefern dazu gute Beiſpiele.


Das dreigliedrige Dodekaid iſt ein ſolches, in welches man
ein dreigliedriges Oktaeder einſchreiben kann. Es muß alſo eine der vier
ſechsſeitigen Säulen regulär bleiben, während die andern drei untereinander
gleiche rhombiſche Säulen mit gerader Abſtumpfung bilden. Denn da das
dreigliedrige Oktaeder 3+3kantig iſt, ſo muß das zugehörige Dodekaid
auch 3+3flächig ſein. Man macht ſich das leicht durch eine Projektion
der Körper auf eine Oktaidfläche klar. Wir wollen dabei vom regulären

[figure]

Syſtem ausgehen. Wählen wir irgend eine Fläche
des regulären Oktaeder als Projektionsebene, und
denken uns die drei an dieſe Flächen anliegenden
ausgedehnt, ſo müſſen ſich dieſelben in einem
Punkte ſchneiden, dieſen Punkt nehmen wir als
Scheitelpunkt der Projektion. Dann gibt das
gleichſeitige Dreieck ooo die Sektionslinie der
drei Oktaederflächen, während die vierte durch
den Scheitelpunkt der Projektionsebene parallel
[39]Deduktion: Dodekaide.
gehen muß, weil wir ſie als Projektionsebene gewählt haben. Die ſechs
Zonenaxen des Oktaeders ſtrahlen alſo zu drei vom Scheitelpunkte nach
den Ecken des Dreiecks ooo, aber die andern drei treffen die Zonenaxe
nicht, ſie liegen in der Richtung der Sektionslinien 666 im Unendlichen,
was der Pfeil bezeichnen ſoll. Das Oktaeder kann man daher als ein
Rhomboeder mit Gradendfläche betrachten. Das Hexaid hhh muß eine 6
des Dreiecks mit einer im Unendlichen liegenden 6 verbinden, alſo ein
umſchriebenes Dreieck geben, was ein nächſtes ſtumpferes Rhomboeder
bezeichnet. Endlich kommt das Granatoeder d, welches zunächſt durch ein
weiter umſchriebenes Dreieck die Hexaidkante 3 mit der im Unendlichen
liegenden 6 verbindet und ein zweites ſtumpferes Rhomboeder liefert: ſo-
dann kommt die Verbindung der 3 mit der 6 des Oktaederdreiecks, was
eine reguläre ſechsſeitige Säule gibt. Das ganze Syſtem zerlegt ſich alſo
in dieſer Stellung in 1+3+3+3+3 Flächen. Denkt man ſich nun
ſtatt des regulären Oktaeder ein dreigliedriges pag. 24, ſo werden drei
Flächen gleichſchenklig, die vierte bleibt gleichſeitig, und nehmen wir dieſe
als Projektionsebene, ſo bleibt das Projektionsbild ganz das Gleiche, und
die Flächen ſind dennoch in drei Rhomboeder, eine reguläre ſechsſeitige
Säule und eine Gradendfläche zerlegt. Das Ganze dieſer Behandlungs-
weiſe iſt ſo elementar, und führt zugleich ſo tief in das Weſen der Sache
ein, daß ein anderer leichterer Weg nicht wohl denkbar iſt.


Das zwei und eingliedrige Dodekaid iſt ein ſolches, in
welches man ein 2+1gliedriges Oktaeder einſchreiben kann. Man be-
kommt dieſes wieder auf zweierlei Weiſe: 1) Läßt man von den drei
Paaren eines zweigliedrigen Dodekaides eins different werden, ſo haben
wir noch eine geſchobene Säule mit einem ſeitlichen Augit-
artigen Paare, nur das andere Paar zerlegt ſich in eine
hintere Gegenfläche. Man kann darin ein 2+2flächiges
Oktaeder einſchreiben. Das zweite Dodekaid hat ein
ſchiefes Oblongoktaeder pag. 26 als eingeſchriebenen Körper.
Es kommt unter andern ſchön bei Hornblende vor: dieſelbe
bildet eine geſchobene Säule T/T, deren ſcharfe Kante durch
M gerade abgeſtumpft wird. Das Ende in der 2+1-
flächigen Säule bildet die Schiefendfläche P mit dem Augit-
artigen Paare o/o. Da P auf M ſenkrecht ſteht, ſo

[figure]

bilden ſie eine Oblongſäule, über welcher ein 2+2flächiges Oktaeder o/o
und T/T ſich erhebt, man kann alſo in dieſer Stellung ein 2+1+1-
flächiges Oktaeder einſchreiben.


Die eingliedrigen Dodekaide kann man entweder nach zwei
Paaren different denken, dann muß auch das dritte Paar different ſein; oder
wenn man beim Hornblende-Dodekaid o links von o rechts verſchieden
denkt, ſo kann auch T links nicht mehr T rechts gleich ſein.


Wenn die Dodekaide nach einer ihrer ſechsſeitigen Säulen ſich in die
Länge ziehen, ſo entſtehen keine verſteckten Kanten, und doch iſt der Körper
nicht im Gleichgewicht. Man ſieht das an je einem Oktaide des Dode-
kaids, das gehörig ausgedehnt gedacht immer verſteckte Kanten hat. Ver-
ſteckte Kanten ſind ſolche, die den drei Hauptaxen parallel gehen. Sorgt
man dafür, daß die Oktaide keine verſteckten Kanten haben, ſo iſt auch das
Gleichgewicht des Dodekaids vorhanden. An dieſen Fall habe ich „Methode
[40]Projektion auf die Dodekaidfläche.
der Kryſtallogr. pag. 47, §. 55“ nicht gedacht, denn man kann nicht ſagen,
das Dodekaid iſt im Gleichgewicht, ſobald nur die Kanten der 4 ſechs-
ſeitigen Säulen ſichtbar ſind.


Projektion der drei Körper auf die Dodekaidfläche.


Nehmen wir beiſpielsweiſe das Granatoeder, ſchreiben den Würfel

[figure]
[figure]
[figure]

und das Oktaeder ein, und legen es auf eine ſeiner Flächen
P, die zur Projektionsebene dienen ſoll. Verlängere die
vier anliegenden, ſo ſchneiden dieſelben ſich im Scheitel-
punkte, dddd ſind alſo ihre Sektionslinien, die ein Pa-
rallelogramm von 109° 28′ 16″ bilden. Die Axe a ent-
ſpricht der 5ten d', während die 6te d(P) das Papier iſt,
oder vielmehr dem Papiere parallel geht. Da die Hexaid-
flächen h die vierkantigen Ecken abſtumpfen, ſo liegt jede
in zwei vierſeitigen Säulen dd des Dodekaides. Von den
4 Oktaidflächen gehen zwei durch den Mittelpunkt und zwei
ſchließen das äußere Viereck. Letzteres iſt ein wenig ſchwer
einzuſehen, doch iſt dieſer Weg für die Projektion des
Granatoeders der einleuchtendſte. Man kann nun umge-
kehrt zuerſt das Oktaeder projiciren, wie in nebenſtehender
Figur geſchehen. Zu dem Ende bezeichne man die vier
Flächen mit abcd, ſtelle es nach der Säule bc aufrecht,
ſo daß die Kante ad der Projektionsebene parallel geht.
Wir haben dann eine geſchobene Säule bc, der ſcharfe
Winkel vorn, mit einer Schiefendfläche a, und einer hintern
Gegenfläche d, nur muß man dabei den gemeinſamen
Scheitelpunkt immer feſt im Auge haben. Dieß eingeſehen
folgt alles Andere von ſelbſt, denn die Hexaidflächen h müſſen nun
von 6 zu 6 gehen, und gerade die beiden in den endlichen 6 einander
parallel werden, weil die Projektionsebene der Granatoederfläche parallel
gehen muß. Das Granatoeder verbindet endlich die 3 mit den 6, ganz
wie in den frühern Figuren.


Nimmt man in der vorhergehenden Figur a und b als Axen, ſo
gehen zwei o von a : c : ∞b, und zwei im Mittelpunkt von a : b : ∞c, vier
Dodekaidflächen von ½ a : b : c, kurz man kann alles leicht ableſen.


Das Dodekaid kann in ſeiner Säulenſtellung auch auf drei Axen
bezogen werden, je nachdem man aber dieſe wählt, werden ſie nicht
immer auf einander rechtwinklig ſtehen. Würde ich z. B. das Rhom-
boeder des Granatoeder durch ein gleichſeitiges Dreieck projicirt denken,

[figure]

wie pag. 38, ſo kann ich die Projektionsebene ſo um
den Mittelpunkt o drehen, daß die neue Projektion ein
gleichſchenkliges Dreieck a'pp bildet, in welchem der
Mittelpunkt der Projektion die Linie aa' halbirt. Der
Zonenzuſammenhang bleibt dann immer der gleiche, wie
unſere Figur zeigt. Nehme ich nun Axe bb parallel pp, ſo
wird d = a : b : ∞c, d' = a : ∞b : c, d° = a' : ½ b : c,
und d'' = b : ∞a : ∞c. Nur ſtänden dann in dieſem
Falle die Axen ac auf einander ſchief, c/b und a/b wären aber noch
[41]Rechnung: Zonenpunktformel.
rechte Winkel. Beim Hornblende-Dodekaid findet das beſondere Verhältniß
Statt, daß die Dodekaidkante d°/d° ſich gegen die Axe c gerade ſo neigt,
als d' auf der Vorderſeite, die Axen ſtehen daher bei ihm ſämmtlich auf
einander rechtwinklig.


Durch die Projektion des Hexaides, Oktaides und Dodekaides ſind
uns ſo viel Punkte gegeben, daß wir daraus eine beliebige Menge von
neuen Flächen ableiten können. Bevor wir dazu ſchreiten, möge das
Wichtigſte geſagt werden über die


Berechnung.


Einiges habe ich darüber in Poggendorf’s Annal. 1835, XXXIV. 503,
XXXVI.
245 und in den „Beiträgen zur rechnenden Kryſtallographie, 1848″
im Programme der philoſ. Fakultät zu Tübingen, das nicht im Buchhandel
erſchienen iſt, geſagt.


I.Sind die Axenelemente ſammt den Flächenaus-
drücken eines Kryſtalls bekannt, ſo werden daraus die
Winkel auf folgende Weiſe berechnet
:


Zonenpunktformel.


Sind die Sektionslinien und gegeben, ſo iſt ihr Zonen-
punkt .


Der Punkt p iſt durch die Coordinaten gegeben, gleich-
gültig, ob die Axen rechtwinklig oder ſchiefwink-
lig ſind. Es verhält ſich aber
, folglich

[figure]

. Da nun nach oben ſich verhält
; ſo iſt
.


[42]Rechnung: Zonenpunktformel.

Weil μμ1νν1 rationale Größen, ſo müſſen auch die Coordinaten der
Zonenpunkte rationale Theile der Axen ſein.


[figure]

Beiſpiel. Suchen wir beim Feldſpath im hintern rechten Qua-
dranten den Zonenpunkt o/u = p, ſo iſt
und , alſo
μ = 1, ν = 2, μ1 = 3, ν1 = — 4, folglich

.


Beſonderer Fall. Gienge der Axe b parallel, ſo wäre
ν1 = 0, alſo .


[43]Rechnung: Kantenzonengeſetz.

Zwiſchen dem Zonenpunkte und der darin liegenden Sektions-
linie findet die Gleichung m · n = m · ν + nμ ſtatt, da ſich ver-
halten muß: .


Kantenzonengeſetz. Kantenzonenpunkte ſind die Punkte der
Sektionslinie der Säule a : b : ∞c, dieſe haben nämlich die Eigenſchaft,
daß m = n wird. Gegeben iſt wieder die allgemeine Linie , con-
ſtruiren wir nun aus den als bekannt angenommenen
Axeneinheiten a und b das Parallelogramm aobg,
ſo iſt og die Sektionslinie der Säule, in welcher die
Kantenzonen liegen, denn alle Punkte ſind hierin
um gleiche Vorzeichen von den Axen a und b ent-

[figure]

fernt. iſt jetzt oder — geworden,
wir müſſen daher μ1 = ± ∞ und ν1 = ∓ ∞ ſetzen, gibt
. Dieſes
überraſchend einfache Parallelogrammgeſetz macht man ſich leicht auch
durch einen geometriſchen Beweis klar.


Beiſpiel. In der erſten Kantenzone P/T = des Feldſpathes
pag. 42 iſt für P … 1 — 0 = 1, für m … 3 — 2 = 1, für u … 4 — 3 = 1,
für o … 2 — 1 = 1. Fläche n = ſchneidet die T zwiſchen den
Axen a und b in , weil 4 + 1 = 5, die zwiſchen b und a' in
, weil 4 — 1 = 3 ꝛc. Denn über die poſitiven und negativen
Vorzeichen glaube ich hier nicht ſprechen zu dürfen, da ſie zu den Ele-
menten der Mathematik gehören.


Für die Sektionslinien μa : νb und μ1a : ν1b wird
p = ma + nb = b
= b.


Sektionslinienformel.


Sind die Zonenpunkte und gegeben,
ſo wird der Ausdruck der darin liegenden Flächen:
[44]Rechnung: Sektionslinienformel.
. Denn es iſt
,
. Dieß ſubſtituirt in

[figure]

=


Beiſpiel. n Feldſpath liegt hinten rechts im Zonenpunkte
x/u = p = , und vorn rechts in m/z = p1 = . Nehmen
wir den hintern rechten Quadranten als den poſitiven, m = 1, n = 2,
ſo iſt m1 = — \frac{7}{3}, n1 = 7, denn , folglich
.


Beſondere Fälle. Läge p1 in der Kantenzone, ſo wäre m1 = n1,
folglich
.


Läge ferner p in einer anliegenden Kantenzone, ſo wäre ±m = ∓n,
.


Beiſpiel. m Feldſpath liegt links in der erſten Kantenzone ,
rechts in der dritten Kantenzone , folglich wird die zwiſchenliegende
Axe a in , und die außerhalb liegende b in
[45]Rechnung: Kantenzonengeſetz.
geſchnitten. Es iſt der umgekehrte Kantenzonenſatz, und nicht minder
wichtig.


Für die Zonenpunkte p = ma+nb und p1 = m1a+n1b, wird μa : νb
.


Anwendung des Kantenzonengeſetzes.


In den Abhandlungen der Berl. Akad. der Wiſſenſch. 1818, pag. 270
hat Herr Profeſſor Weiß nachſtehende ausführliche Bezeichnung der Kry-
ſtallflächen bewieſen:


Wenn eine Fläche das allgemeine Zeichen hat, bezogen auf
die drei Hauptaxen des Oktaides, welche
von Ecke zu Ecke gehen, ſo kann man ſich
zwiſchen dieſen tetragonalen Hauptaxen
6 digonale Zwiſchenaxen ziehen, die,
wenn ſie Kantenzonen ſind, in ,
,

[figure]

geſchnitten werden müſſen. Zieht man
nun zwiſchen den tetragonalen und digonalen Axen die 4 trigonalen
Zwiſchenaxen, ſo müſſen ſie als Kantenzonen in ,
geſchnitten werden. Wir haben alſo nur zu beweiſen,
daß die digonalen und trigonalen Axen Kantenzonen ſind, ſo iſt die
Richtigkeit des Satzes erſichtlich. Der Satz gilt ganz allgemein für recht-
winklige und ſchiefwinklige, gleiche und ungleiche Axen. Wir wollen
ihn aber hier nur für das reguläre Syſtem beweiſen, woraus dann die
Allgemeinheit von ſelbſt folgt.


Am Würfel im Gleichgewicht gehen die 3 Hauptaxen (tetragonale)
durch die Mittelpunkte der Flächen, die 6 digonalen durch die Mittelpunkte
der Kanten, die 4 trigonalen durch die Ecken, und alle halbiren ſich
im Mittelpunkte des Würfels. In jeder Ebene der Würfel-
fläche liegen 2 digonale Axen d und zwei tetragonale a.
Setzen wir oa = 1, ſo iſt od = . Aus der Pro-
jektion leuchtet unmittelbar ein, daß die Sektionslinien dd
die Kantenzonen für a ſind. Eine Linie muß alſo

[figure]

die zwiſchenliegende d in , und die außerhalb liegende in oder
ſchneiden, je nachdem ſie auf einer Seite liegt. Und dieß ſagt der
[46]Rechnung: Kantenzonengeſetz.

[figure]

Weißiſche Satz. Projiciren wir jetzt den gleichen Würfel
auf ſeine Dodekaidfläche, welche den Würfel halbirend
durch zwei gegenüberliegende Kanten und Diagonalen des
Würfels geht, ſo geht in dieſer Projektion dd der Dia-
gonale und aa der Kante parallel. Für oa = 1 war
od = , folglich ot = , tt die trigonalen Zwiſchen-
axen bilden dann aber offenbar die Kantenzonen für
die Axen aa und dd. Da nun jede allgemeine Fläche
die Kantenzone d mit der Summe oder Differenz
im Nenner ſchneiden muß, ſo muß alſo auch unſer d z. B. unter einem
Zeichen oder irgend einem andern von der allge-
meinen Fläche geſchnitten ſein, woraus die Addition der drei Zeichen folgt.
Die tetragonalen Axen ſchneiden ſich unter 90°, die digonalen unter 60°,
die trigonalen unter 109° 28′ 16″ (Oktaederwinkel). In der Würfelebene
ſchneiden ſich zwei digonale mit zwei tetragonalen unter 45°, in der
Oktaederfläche liegen blos drei digonale 60°, in der Granatoederfläche
liegen alle drei: eine tetragonale und digonale 90° und 2 trigonale,
die digonale unter 35° 15′ 52″ (¼ Oktaederwinkel) und die tetragonale
unter 70° 31′ 44″ ſchneidend. Die tetragonale entſpricht der Würfelkante,
die digonale der Oktaederkante, die trigonale der Granatoederkante.


Die drei Linien ſind inſofern auch gut für das allgemeine Zeichen
gewählt, als ſie uns gleich die Orte am Oktaeder andeuten, wo ſie zum
Schnitt kommen.


Beiſpiel. Das Oktaeder hat das Zeichen a : a : a, folglich iſt
μ = ν = 1, die der Oktaederfläche anliegenden digonalen Axen werden
daher in ½ geſchnitten, die drei übrigen aber in , ſie
gehen der Oktaederfläche daher parallel. Die zwiſchenliegende trigonale
Axe wird in geſchnitten, die drei außerhalb liegenden aber
in . Das Granatoedera : a : ∞a hat ν = 0, folglich
die zwiſchenliegende digonale Axe (das Perpendikel auf die Fläche) ½,
die der Fläche anliegenden trigonalen [Axen].
Setzen wir die Zeichen der drei Körper neben einander:


Würfel.


[figure]

Oktaeder.


[figure]

Granatoeder.


[figure]
[47]Anwendung der Zonenpunkt- und Sektionslinienformeln.

Wenn die drei Körper an einander treten, ſo fallen ihre Axenrich-
tungen zuſammen, wenn alſo beim Würfel die mittlere trigonale Axe in 1
geſchnitten wird, ſo beim Oktaeder in ⅓, d. h. das Perpendikel vom
Mittelpunkte auf die Fläche beträgt nur den dritten Theil von der Linie,
welche vom Mittelpunkte nach der Ecke des umſchriebenen Würfels gezogen
wird; beim Granatoeder die Hälfte, die trigonale Axe geht hier vom
Mittelpunkte nach den dreikantigen Ecken. Stellt man den Würfel nach
einer ſeiner 4 trigonalen Axen aufrecht, und legt durch je drei der Zickzack-
ecken eine Oktaederfläche, ſo müſſen dieſe die Axe in drei Theile theilen.
Da die Sätze allgemein ſind, ſo muß eine ſolche Dreitheilung der Axe
auch für das Rhomboeder gelten. Dieſer Satz iſt daher für Rechnung
und Zeichnung der Kryſtalle von größter Wichtigkeit und Einfachheit.
Denn hat der Anfänger die erſte Schwierigkeit überwunden, ſo iſt kein
elementarerer Satz in ſeiner Anwendung denkbar.


Rechnung mit dem Mittelpunkt.


Liegt einer der beiden Zonenpunkte, z. B. p1, im Mittelpunkte, ſo
iſt m1 = n1 = ∞, denn es muß — 0 werden, folglich
.


Beiſpiel. z Feldſpath pag. 42 geht durch den Mittelpunkt und
durch Punkt n · m = \frac{3}{7}a + \frac{1}{7}b, folglich m = \frac{7}{3}, n = 7, gibt =
— . Würde ich eine Fläche 2a : ⅔b
an das Axenkreuz und dieſer die Fläche z parallel durch den Mittelpunkt
legen, ſo wäre die Bedingung erfüllt. Statt 2a : ⅔b könnte ich aber
auch die Fläche a : ⅓b wählen, die Parallele würde zu der gleichen z
führen. Ich darf daher bei der Mittelpunktgleichung die 2 im Zähler,
oder allgemein
n — m durch Diviſion entfernen. Das Minus deutet
blos an, daß wenn beim Herausrücken von z die Axe b im poſitiven
Quadranten liegt, a nothwendig ein negatives Vorzeichen haben müſſe.


Allgemeine Anwendung der Zonenpunkt- und Sektionslinien-
formeln.


Haben wir die Flächen eines Syſtems auf eine beliebige Ebene pro-
jicirt, ſo kann man ſämmtliche Sektionslinien und Zonenpunkte auf die
Axen desjenigen Oktaides beziehen, aus welchem die Flächen deducirt ſind.
Gehen wir von dem Oktaide 1 bis 4 aus, und ſetzen ganz allgemein
.


Der Orientirung wegen haben wir die Axen mit aa1bb1 bezeichnet,
ſie ſind aber in der Rechnung durchaus nicht nothwendig und = 1 zu
[48]Anwendung der Zonenpunkt- und Sektionslinienformeln.
denken. Die Hexaidflächen 5 und 6 ſind die Axen, auf welchen
abgetragen ſind. Die dritte Hexaidfläche 7 fällt nun in die Zonenpunkte

[figure]

2 · 3 und 1 · 4. Für 2 · 3 iſt μ = μ, ν = — ν; μ1 = — μ1, ν1 = ν,
das gibt den Zonenpunkt 2 · 3 = b. Für 1 · 4
iſt μ = μ, ν = — ν; μ1 = — μ1, ν1 = ν1, das gibt den Zonenpunkt
1 · 4 = b. Für die Fläche 7 wird alſo
m = , n = ; m1 = , n1 = — , worin
N = μν — μ1ν1 und N1 = μν1 — μ1ν geſetzt iſt, das gibt
7 = .


Für die Dodekaidfläche 8 im Punkte 2 · 3 und dem Mittelpunkte 5 · 6
gelegen iſt m' = n' = ∞; m = , n = , gibt
8 = — b =
= — b,

denn man darf bei Mittelpunktsrechnungen den gleichen Zähler in beiden
Gliedern wegdividiren. Ebenſo findet man 9 = .
[49]Anwendung der Zonenpunkt- und Sektionslinienformeln.
Die übrigen Dodekaidflächen 10—13 kann man ableſen. In Punkt 1 · 6
und 8 · 12 liegt 14 = ; im Punkt 8 · 12 und 1 · 4 liegt
15 = ; im Punkt 1 · 4 und 2 · 11 liegt 16 =
; im Punkte 1 · 8 und 2 · 4 liegt 17 = ;
im Punkte 1 · 8 und 6 · 7 liegt 18 = ; im Punkte 2 · 3
und 9 · 12 liegt 19 = ; im Punkte 3 · 13 und 1 · 4
liegt 20 = ; im Punkte 3 · 9 und 2 · 10 liegt 21 =
; im Punkt 3 · 13 u. 2 · 18 liegt 22 = .


Faſſen wir alle dieſe Zeichen, welche verſchiedenen Körpern angehören,
etwas näher ins Auge, ſo findet man darin bald ein merkwürdiges Geſetz:
Fangen wir bei der Säule 8 = an, ſo folgt dann 17 = ,
18 = , 22 = , 21 = ...... 1 = =
bildet die Gränze. Darüber hinaus ſchlägt das Geſetz um,
und beginnt wieder mit .... 19 = ,
20 = , 18 = . Unter unſern Zahlen iſt keine einzige,
welche dieſem Geſetze erſter Ordnung nicht folgte, denn die Zeichen
21 = ꝛc. ſind = — , machen alſo keine Ausnahme.
Eine ſolche überraſchende Einfachheit hätte man bei der Complicität der
Rechnung nicht erwartet. Setzt man μ = μ1 = ν = ν1 = 1, ſo bekommt
man die gewöhnlichſten Zahlen, welche bei Axenſchnitten vorzukommen
pflegen, c dabei immer in der Einheit geſchnitten gedacht.


Suchen wir jetzt die Flächen im Punkt 3 · 13 und 1 · 12 gibt
22 = ; im Punkt 5 · 6 und 4 · 13 gibt 23 =
b; im Punkte 2 · 15 und
1 · 8 gibt 24 = ꝛc., ſo erkennen wir darin weitere Ord-
nungen, einzelne Glieder ſtimmen noch mit dem Geſetze erſter Ordnung.
Das Geſetz zweiter Ordnung beginnt aber mit ,
Quenſtedt, Mineralogie. 4
[50]Winkelberechnung.
....; … . Die dritte Ordnung
heißt ....; … ,
ꝛc.


Die Kantenwinkelformel


gilt bei ungleichen rechtwinkligen Axen ab für einen Zonenpunkt p =
und eine Sektionslinie , und zwar iſt immer der Winkel gemeint,

[figure]

welchen die Ebene c : mit der durch p ge-
zogenen Mittelpunktsebene macht, deren Sektions-
linie g iſt, c = 1 geſetzt. Offenbar iſt der Coſinus
dieſes Winkels das Perpendikel vom Axenmittel-
punkt o auf die Linie cp gefällt, folglich
cos : oc = g : pc, oder
cos : 1 = g : , cos = .


Der sin = oq muß dann ſenkrecht auf g ſtehen.
Zieht man die Hilfslinie y parallel ao, und verlängert oq um das Stück x
bis zum Schnitt mit y, ſo iſt sin : sin + x = : y, folglich sin = ,
worin y : , y = , und x : , x = ;
folglich
sin : cos = tg = = mnab : mμb2nνa2,
da nun g = , ſo iſt
.


Beiſpiel. Nehmen wir mit Weiß die Axen des Feldſpathes pag. 42
rechtwinklig und a : b = . Suchen wir jetzt den Winkel T/o in
der erſten Kantenzone, ſo iſt p = , folglich m = n = 1,
und o = , — 1 weil die Sektionslinie in einen andern
Quadranten greift als wo der Zonenpunkt liegt, folglich μ = — 1 und
ν = + 2, daher
= .


[51]Winkelberechnung des zweigliedrigen Syſtems.

Für den Winkel T/m bleibt m = n = 1, aber es wird μ = 3 und
ν = — 2, folglich tg = : 3 · 13 + 2 · . Das
+ und — iſt gar nicht weiter zu berückſichtigen, es zeigt blos an, daß
die Winkel auf verſchiedenen Seiten der Mittelpunktsebene T liegen.


Für einen Zonenpunkt p = ma + nb und eine Sektionslinie μa : νb,
wird tg = ab
= .


In manchen Fällen iſt es wünſchenswerth, den ganzen Winkel zu
rechnen. Da gibt es keinen nähern Weg, als mittelſt Coordinaten. Die
Ebene : c, durch den Mittelpunkt gelegt, hat die Coordinaten-
gleichung + z = o, ebenſo die zweite die Gleichung
+ y = o, daraus folgt nach der bekannten Coordinatenformel
für die Winkel zweier Ebenen:
cos = — (Coſinusformel)


Beiſpiel. Suche ich den Winkel P/g beim Feldſpath, ſo müßte ich,
da T ihn nicht halbirt, zwei Winkel P/T und T/g rechnen und addiren.
Der Umweg iſt zwar nicht groß, doch kann man für dieſes Oblong-
oktaeder die Coſinusformel benützen. Für P = und g =
iſt alſo μ = 1, ν = o und μ1 = o, ν1 = 1 zu ſetzen.


Folgt
cos = —
= — .


Zweigliedriges Syſtem.


.


Daraus laſſen ſich mit Leichtigkeit die beſondern Formeln ableiten.
Für die Kantenzone iſt n = m, folglich tg = ab : μb2 — νa2

Oktaeder
  • vordere Endkante tg = b : νa
  • ſeitliche Endkante tg1 = a : μb
  • Seitenkante tg0 = : ab


4*
[52]Winkelberechnung des zweigliedrigen Syſtems.
Denn iſt das Oktaeder gegeben, ſo iſt für den Zonenpunkt der
vordern Endkante : c, m = μ, = o oder n = ∞; für die ſeitliche
Endkante : c, = o oder m = ∞ und n = ν.


Für die Neigung der Fläche gegen die Axe c liegt der Zonenpunkt
im Unendlichen, wir haben alſo, wenn wir uns den Zonenpunkt in dem linken
vordern Quadranten denken m = m · o, und n = n · o. Suchen wir
den Zonenpunkt nach der Zonenpunktformel, ſo iſt darin μ = μ, ν = — ν,
μ1 = — μ, ν1 = ν zu ſetzen, gibt , welches mit Rückſicht
auf die Mittelpunktrechnung pag. 47 = , woraus m = μ
und n = ν folgt, dieß und μ = ± μ und ν = + ν in die Kantenwinkel-
formel geſetzt, gibt die Seitenkante. Da der halbe Seitenkantenwinkel +
der Neigung zur Axe c = 90° iſt, ſo iſt ctg = : ab oder
tg = ab : die Neigung der Oktaederflächen zur Hauptaxe.


Das Oktaeder a : b hat daher μ = ν = 1 geſetzt in der
vordern Endkante tg = ; ſeitlichen Endkante tg1 = ;
Seitenkante tg0 = . Aus je zweien können wir die
Axe a und b beſtimmen, wir bekommen dann:
a = ;
b = .


Beiſpiel. Schwefel. Nach Prof. Mitſcherlich (Abh. Berl. Akad.
1822, pag. 45) iſt am zweigliedrigen Schwefel die vordere Endkante
106 · 38 (tg = tg 53 · 19), die ſeitliche Endkante 84 · 58 (tg1 = tg 42 · 29),
die Seitenkante 143 · 16 (tg0 = tg 71 · 38).


  • ltg2 = 0,25577 .. num. 1,8021, ltg2 tg12 = 0,17937 .. num. 1,5114
  • ltg12 = 9,92360 .. — 0,8387, ltg2 tg02 = 1,21347 .. — 16,348
  • ltg02 = 0,95770 .. — 9,0719, ltg12 tg02 = 0,88130 .. — 7,6084.

Dieß in die Formeln geſetzt gibt la = 9,63064 und lb = 9,72213.
Mitſcherlich hat den dritten Winkel aus zweien berechnet, würde man
den dritten zur Kontrole meſſen und aus allen dreien das Mittel nehmen,
ſo würde man damit der Wahrheit näher treten.


Die Paare : ∞ b, : ∞ a, und : ∞ c laſſen ſich unmittel-
bar ableſen. Das Paar : ∞ b hat für die Neigung gegen die Axe c
[53]Berechnung der ebenen Winkel.
tg = , für μ = 1, iſt tg = a, tg1 = , für ν = 1, tg1 = b. Der
leichteſte Weg, die Axen zu berechnen.


Das Oblongoktaeder : ∞ b mit : ∞ a hat nach der Co-
ſinusformel in der Endkante cos = — , denn man darf
nur μ = μ, ν = o; μ1 = o, ν1 = ν ſetzen.


Die ebenen Winkel laſſen ſich von der Projektion unmittelbar
ableſen, denn ſie liegen alle im Scheitelpunkte. Hätte ich eine Fläche
, und ich ſuchte den Winkel der Ebene im Scheitelpunkte
c, ſo fälle man das Perpendikel op, welches den Winkel in
zwei Theile zerlegt, in den α und β correſpondirenden Theil.
y = . Setzen wir α + β = = l,

[figure]

es iſt die Länge der Sektionslinie zwiſchen den Axenebenen, ſo iſt
cp = cos = . Es verhält ſich aber α : β = , oder
,
α und β ſind aber die Sin. des getheilten ebenen Winkels. Der cos iſt
allen ebenen Winkeln auf der Sektionslinie gemein.


Alle Stücke zwiſchen zwei Zonenpunkten ſind ratio-
nale Multipla oder Submultipla von
l. Iſt wieder
gegeben, und wird dieſe von in p1 geſchnitten, ſo iſt nach der
Zonenpunktformel p1 = . Es iſt aber das Stück
p'
= .
Da der Faktor von l aus lauter rationalen Zahlen μμ1νν1
beſteht, ſo iſt der Satz bewieſen.


[figure]

Beiſpiel. Feldſpath. Wir ſuchen den ebenen Winkel der Rhomben-
fläche o, welcher zwiſchen x und P liegt. Die Baſis des Winkels geht alſo
von a' bis zum erſten Kantenzonenpunkte P/T. Da o = a' : ½ b, ſo iſt
[54]Winkelberechnung des viergliedrigen Syſtems.
, und cos =
= . Der sin neben a' = .
Da nun das Stück der Sektionslinie zwiſchen und PT = l iſt, ſo iſt
der zweite sin = , folgl. neben
u. neben .


Viergliedriges Syſtem.


,
denn wir dürfen in der zweigliedrigen Formel nur a = b ſetzen.
.


Kantenzone: tg = : μ — ν, denn darin wird n = m.


Oktaeder
  • Endkante tg =
  • Seitenkante tg0 =


denn ich darf nur für die Endkante μ = ν = m, und n = ∞ ſetzen, für
die Seitenkante dagegen μo = m = n, und μ = μ, ν = — μ. Im letztern
Falle kommt tg =
= als Neigung der Oktaederfläche
gegen die Axe. Da dieſe den halben Seitenkantenwinkel zu 90° ergänzt,
ſo muß ich den Bruch umkehren. Am unmittelbarſten folgt es aus der
Formel der Seitenkante im zweigliedrigen Syſtem pag. 51.


Oktaedera : a hat
.

Oktaeder
: ∞ a
  • Endkante tg = ; a2 = .
  • Seitenkante tg0 = ; a = .


denn ich darf für die Endkante nur m = n = μ und μ = μ, ν = o ſetzen.
Das erſte ſtumpfere Oktaedera : ∞ a hat tg = u. tg0 = .


Neigung der Fläche gegen die Axe c iſt tg = a : ,
denn ich darf nur m = μ · o und n = — ν · o ſetzen.


[55]Winkelberechnung des regulären und 3+1axigen Syſtems.

Beiſpiel. Zirkon nach Phillips 84° 20′ in den Seitenkanten des
Oktaeders, daher . Der
Endkantenwinkel wird 123° 15′ angegeben, darnach a =
= 1,588 = = l 0,19259. Nimmt man von beiden Axen das
Mittel, ſo iſt a = 1,559. Nach dem erſten a würde der Endkantenwinkel
123° 19′ betragen, alſo um 4′ größer ſein.


Reguläres Syſtem.


,
denn wir dürfen nur in der zweigliedrigen Formel a = b = 1 ſetzen.
Eine Axe iſt hier nicht mehr zu beſtimmen.


Kantenzone , denn m = n zu ſetzen.


Axenpunkte , denn m = μ und n = ∞ zu ſetzen.
Für die Granatoederkantenzone m = 1, folglich . Für
das Granatoeder ſelbſt μ = 1 und ν = o, folglich tg = = 60°.


Für die Neigung der Flächen gegen die Axenebene iſt ,
denn m = μ, und n = ∞. Für das Oktaeder darin μ = ν = 1,
gibt tg = = 54° 44′.


Drei- und einaxiges Syſtem.


.


Es ſei uns ein Axenkreuz aa gegeben, das ſich unter 60° ſchneidet,
konſtruire ich dazu durch Parallelogromme die Kanten-
zonen ob und oa, ſo wird die Kantenzonenlinie oa im
ſtumpfen Winkel gleich der Axe a ſein, im ſcharfen
Winkel dagegen iſt ob = a√3. Ziehe ich nun eine
beliebige , ſo muß dieſe nach dem Kantenzonen-
geſetz die dritte a des ſtumpfen Winkels in ſchnei-
den, die zwiſchenliegende b im ſcharfen Winkel in .

[figure]

Das Zeichen der Linie iſt alſo , und da ich nun zwiſchen
je zwei a eine Zwiſchenaxe b, alſo im Ganzen dreimal, legen kann,
ſo werde ich die Schnitte in b durch einfache Addition der Nenner von a
finden. Zwiſchen und liegt daher , und zwiſchen
und liegt , das vollſtändige Zeichen der Linie iſt alſo
. Bei der Rechnung haben wir nur
eines der b mit einem der a auszuzeichnen, die aber wie die punktirten
[56]Winkelberechnung der 3+1axigen Syſteme.
Linien unſerer Figur auf einander ſenkrecht ſtehen müſſen. Die allgemeine
Linie in unſerem Fall iſt alſo durch das Zeichen gegeben.
Wollen wir mit dieſem Zeichen rechnen, ſo iſt in der zweigliedrigen
Formel b = zu ſetzen, woraus obige allgemeine Formel hervorgeht.
Die Hauptſache bei allen dieſen Betrachtungen bleibt immer die, daß
man ſich eine gute Projektionsſigur macht. Für unſere gewählten recht-
winkligen Axen bilden alsdann die zwiſchenliegenden a die Kantenzonen,
will ich aber ihren Schnitt nach dem Kantenzonengeſetz finden, ſo muß
ich den gefundenen Ausdruck mit 2 multipliciren, um ihn auf die
Axe beziehen zu können: z. B. die Axe zwiſchen und hätte
nach dem Kantenzonengeſetz , auf die Axe a bezogen aber .

Rhomboeder
: ∞ a
  • Endkante tg =
  • Neigung gegen die Axe tg = .

Bei der Rechnung wählen wir am geſchickteſten immer diejenige

[figure]

Rhomboederkante, welche in der Axe b
liegt, für dieſe iſt aber m = ∞, n = μ.
Da nun ferner eine Rhomboederfläche
: ∞ a die Axe b ebenfalls in
ſchneiden muß, ihr Zeichen auf recht-
winklige Axen bezogen alſo ſein
muß, ſo iſt ν = μ zu ſetzen, woraus die
Endkantenformel folgt. Für die Neigung
gegen die Axe c, iſt der sin = und cos = 1.


Beiſpiel. Der Bitterſpath von Snarum (ṀgC̈) mißt 107° 28
in der Endkante, folglich (bei μ = 1)
1,235 = lg 0,09155. Für die Neigung gegen die Axe ,
lg 0,75 = 9,87506, tg = 46° 55′.

Dihexaeder
: ∞ a
  • Endkante .
  • Seitenkante .

Da eine Endkante in dem Axenpunkte liegen muß, ſo iſt für dieſe
m = μ, n = ∞ und μ = ν. Für die Seitenkante wird m = n = μo,
μ = μ, ν = — μ, woraus obige Formeln folgen.


Beiſpiel. Das Quarzdihexaeder hat nach Kupfer in der Seiten-
kante 103° 35′ in der Endkante 133° 44′, folglich (für μ = 1)
[57]Winkelberechnung des 2+1gliedrigen Syſtems.
a = , = 0,06247, a = 0,9089 = ,
lg = 9,95853. Gibt tg = = 66° 52′.


Dreikantner
  • ſtumpfe Endk. tg = .
  • ſcharfe Endk. tg1 = .
  • Seitenkante ctg0 = .

Zu dem Ende projiciren wir den Dreikantner, ſo liegen die dreierlei
Winkel in der Axe b. Die ſtumpfe Endkante tg dem Projektionsmittel-
punkte am nächſten liegend hat m = ∞, n = ν = 2ν — μ; die ſcharfe
Endkante tg1 vom Mittelpunkte etwas entfernter hat m = ∞, n = ν = μ + ν
und μ = ν — μ; endlich die entfernteſte ſcharfe tg0 hat m = ∞, n = ν
= ν — 2μ und μ = ν, doch finde ich durch dieſe Formel die Neigung
der Fläche zur Hauptaxe, welche das Complement zum halben Seiten-
kantenwinkel bildet, folglich die halbe Seitenkante ſelbſt
.


Beiſpiel. Kalkſpath a = . Suchen wir die Winkel
des gewöhnlichen Dreikantner c : a : ½ a : ½ a, ſo iſt μ = 1, ν = 3,
ν — μ = 2, μ + ν = 4, 2ν — μ = 5, ν — 2μ = 1, folglich


  • tg = , lg tg = 0,49346 .... 72° 12′.
  • tg1 = , lg tg1 = 0,11212 .... 52° 19′.
  • ctg0 = , lg ctg0 = 9,63857 .... 66° 30′.

Die ebenen Winkel findet man mittelſt der Projektion ohne Mühe.
Für die Rhomboeder : ∞ a beträgt der halbe Winkel an der
Endecke tg = 3a : .


Zwei- und eingliedriges Syſtem.


.


Da die Axe b auf c und A
ſenkrecht ſteht, und blos A gegen
c ſich ſchief neigt, ſo wollen wir
die Axenebene Ac zu Papier brin-
gen, worin oA und oA' die Ein-
heiten der ſchiefen Axen bezeichnen,
ſubſtituiren wir dafür eine andere
Axeneinheit oa und oa', welche

[figure]

rechtwinklig gegen c ſteht, ſo möge eine beliebige Zonenaxe die recht-
winklige a in ſchneiden. Setzen wir nun die Abweichung Aa = k, ſo
iſt k = A · sin α. Ferner verhält ſich
[58]Winkelberechnung des 2+1gliedrigen Syſtems.
oder
und hinten .


Eine beliebige Fläche hat alſo den neuen Ausdruck ,
und den Ausdruck . Wenn man aber das Zeichen für
rechtwinklige Axen hat, ſo könnte man mit der Winkelformel des zwei-
gliedrigen Syſtems rechnen.


Beiſpiel. Feldſpath pag. 42. Suchen wir den Winkel o/T, ſo
iſt o = , folglich die erſte Kantenzone o/T = ,
alſo m = n = 1 + k, μ = — (1—k) = k—1, ν = 2, dieß in die zwei-
gliedrige Kantenwinkelformel geſetzt, gibt
.


Suchten wir in der Diagonalzone von P den Winkel M/n, ſo wäre
n = , alſo m = 1 + k, n = ∞, μ = 1+k, ν = 4, folglich
tg = .


Für den Anfänger iſt dieß der unmittelbarſte Weg zum Ziele, ein-
facher wird es jedoch, wenn man ſich gleich die allgemeine Formel hinſtellt.


Ziehen wir nämlich vom Scheitelpunkte c eine Linie (Zonenaxe) nach
einem beliebigen Punkte in der ſchief gegen Axe c ſtehenden Pro-
jektionsebene, ſo möge durch dieſe Linie die rechtwinklig gegen c gedachte
Projektionsebene in einem Zonenpunkte geſchnitten werden. und
ſind die ſenkrechten Abſtände von b in den Axenebenen Ab und ab, daher muß,
weil zu in der rechtwinklig gegen c gelegenen Ebene wird,
, oder x = m+k ſein. Ebenſo ſind und die ſenkrechten
Abſtände von der Axenebene ac, weil beide der ebenfalls auf ac ſenk-
rechten Axe b parallel gehen. Legt man daher durch Zonenaxe und ſenk-
rechte Abſtände eine Ebene, ſo ſchneide dieſe die Axenebene ac in der
Linie c .... und aus der Proportion
folgt
vorn und hinten . Eine Fläche und
[59]Winkelberechnung des 2+1gliedrigen Syſtems.
ein Zonenpunkt bekommen daher in der neuen rechtwinkligen
Ebene den Ausdruck und ; ſubſtituiren wir
daher in der Kantenwinkelformel des zweigliedrigen Syſtems μ = μ ± k,
m = m ± k und , ſo kommt obige
tg = .
Suchen wir die Winkel der Kantenzonen, ſo iſt m = n,
folglich tg =
für m = 1 haben wir die erſte Kantenzone; für den Winkel o/T iſt dann
μ = — (1 — k) = k — 1 und ν = 2, folglich wie oben
tg = .
Wir müſſen von m ± k das Zeichen + wählen, weil der Zonenpunkt
vorn liegt. Für P/T wird μ = 1, ν = o, folglich
tg = .


Für die Diagonalzonen der Schiefendflächen iſt m = μ,
und n = ∞, folglich tg = .


Beiſpiel. Feldſpath hat:
a : b : k = 2,128 : 3,598 : 0,04334 =
lga = 0,32800, lgb = 0,55612, lgk = 8,63689.
Suchen wir den Winkel M/n, ſo iſt μ = 1, ν = 4, folglich
tg = gibt 45° 3', n ſtumpft alſo
die rechtwinklige Kante zwiſchen P/M faſt gerade ab, indem ſie mit P den
Winkel 180° — 45° 3' = 134° 57' macht.


Auf der Hinterſeite iſt für Winkel o/M μ = 1, ν = 2 zu ſetzen,
und da hinten das Zeichen — gilt, tg = .


Die Zonenpunkte geben die Neigung der Flächen gegen die
Axenebene bc, für ſie iſt m = ∞, n = n, alſo tg = .


Neigung gegen Axec hat tg = . Denn
habe ich eine allgemeine Sektionslinie , ſo iſt das Perpendikel
vom Mittelpunkt darauf gefällt sin = , und
cos = c = 1. Oder ich kann auch in der allgemeinen Formel des zwei-
gliedrigen Syſtems m = (μ ± k)o, n = ν • o, μ = μ±k, ν = —ν ſetzen.
Für die Neigung der Schiefendflächen gegen die Axe iſt ν = o, folglich
vorn tg = a : μ+k und hinten tg = a′ : μ — k.


[60]Berechnung der Axenelemente des 2+1gliedrigen Syſtems.

Neigung von g/M iſt tg = . Denn da g = b : ∞A
= , ſo wird dies in der rechtwinkligen Projektionsebene ,
und das Perpendikel vom Mittelpunkt auf dieſe Linie iſt der sin für
cos = c = 1. Oder allgemein für eine Linie iſt
tg = .


Die Rechnung der Axenelementea, b, k wird am einfachſten,
wenn man den Säulenwinkel und die Winkel zweier Augitartigen Paare
mißt. Hätten wir z. B. beim Feldſpath den Säulenwinkel T/T = 118° 48',
n/n = 90° 6' und o/o = 126° 14' gefunden, ſo heiße tg = tg 59° 24',
tg1 = tg 45° 3' und tg0 = tg 632 7'. Nun iſt aber
tg 59°24 = tg M/T = ;
tg1 45° 3' = tg1 M/n =
tg0 63° 7' = tg0 M/o = , folglich
,
,
,
, folglich
a2 bekannt, und b = atg. Der ſtumpfe Winkel der Axen liegt bei einem
+ k auf der Seite des erſten Gliedes, alſo hier auf der Seite von tg1.
ι4 = 0,60206
.


[61]Darſtellung des regulären Syſtems.

Hätte man in der Feldſpathprojektion
T/T = 59°24' = tg, P/T = 67° 44' = tg1 und x/T = 69° 20' = tg0
gegeben, ſo bedient man ſich am beſten der ſphäriſchen Trigonometrie.
Im rechtwinkligen ſphäriſchen Dreieck MPT findet man
die Seite M = 63 • 53, da cos M = , ebenſo
im ſphäriſchen Dreieck MTx Seite M' = 65 • 47. Jetzt
macht man von dem Satze
tgω = (Baſalformel)

[figure]

Gebrauch. Nach den eingeſchriebenen Buchſtaben iſt
nämlich

[figure]

oder
sinφ•sinω•cosφ1sinφ cosω•sinφ1 = sinφ1sinω•cosφ + sinφ1cosω•sinφ
sinφ•sinω•cosφ1sinφ1sinω•cosφ = 2sinφ• sinφ1cosω.


In unſerm Falle iſt φ = M = 63° 53' und φ1 = M' = 65° 47', folglich
tgω = 88° 50', und da φ1 größer als φ, ſo liegt der ſtumpfe Winkel
ω = 91° 10' auf der Vorderſeite. Die Abweichung vom rechten Winkel
beträgt alſo ω — 90° = α = 1° 10'. Jetzt verhält ſich A : sin 63 • 53
= c : sin
25 • 57, alſo ιA = 0,32809, a = A • cos 1 • 10 = 2,128,
k = A •sin • 1 • 10 = 0,0434; b = a • tg 59 • 24 = 3,598.


Die Baſalformel läßt ſich leicht verallgemeinern: hätte man vorn eine
Fläche c : a, hinten , ſo wäre tgω =


Das eingliedrige Syſtem kommt ſelten vor, auch ſcheint es
nicht ſonderlich praktiſch, hier anders als mit trigonometriſchen Formeln
zu rechnen. Will man jedoch, ſo rechnet man am beſten mit rechtwink-
ligen Axen, indem man die Axenzeichen irrational macht, wie ich das
in den Beiträgen zur rechnenden. Kryſtallographie pag. 20 auseinander-
geſetzt habe.


Kurze Darſtellung der Syſteme.


Das reguläre Syſtem.


1) Das Oktaeder mit 109° 28' 16'' in den Kanten und gleich-
ſeitigen Dreiecken;


2) den Würfel mit 90° in den Kanten und quadratiſchen Seiten;


3) das Granatoeder mit 120° in den Kanten und Rhomben von
109° 28' 16'' haben wir pag. 37 kennen gelernt. Setzen wir im Würfel
die Hauptaxe von Mittelpunkt zu Mittelpunkt der Flächen (= der Kante)
= 1, ſo ſind die ſechs digonalen Axen zwiſchen den Mittelpunkten der
Kanten = , und die vier trigonalen = . Im Oktaeder die
Hauptaxen = 1, die digonalen zwiſchen den Mittelpunkten der Kanten
= , die trigonalen zwiſchen den Mittelpunkten der Flächen .
Im Granatoeder die Hauptaxen = 1, die digonalen zwiſchen den Mittel-
[62]Darſtell. des regul. Syſt. : Leucitoeder, Pyramidenwürfel, Pyramidenoktaeder.
punkten der Flächen = , die trigonalen zwiſchen den dreikantigen
Ecken = .


4) Das Leucitoeder (Icoſitetraeder, Trapezoeder) a : a : ½ a mit

[figure]

12 Kryſtallräumen entſteht durch gerade Ab-
ſtumpfung der Granatoederkanten. Man kann
daher ein Granatoeder einſchreiben, deſſen Kanten
den Längsdiagonalen entſprechen. Auf der Pro-
jektion pag. 36 entſteht es durch Verbindung der
Granatoederkanten (4) mit den Oktaederkanten (6).
Die Flächen ſind ſymmetriſche Trapezoide (Del-
toide), welche durch die Granatoederkante halbirt
werden. Die Kanten zweierlei: gebrochene Oktae-
derkanten o, 131° 48' 37'', wie die Kanten des
eingeſchriebenen Oktaeders, und gebrochene Würfelkanten ω, 146° 26' 34'',
wie die Kanten des eingeſchriebenen Würfels liegend. Setzt man die
Hauptaxen = 1, welche die vierkantigen Ecken verbinden, ſo ſind die die
2+2kantigen Ecken verbindende digonalen = , und die die drei-
kantigen Ecken verbindenden trigonalen Axen = .


Es gibt, wiewohl ſeltener, auch Leucitoidea : a : ⅓ a, a : a : ¼ a ꝛc.,
ſie haben ganz die typiſche Form der Leucitoeder, aber andere Dimenſionen.
Das Leucitoid a : a : ⅓ a kommt ſehr ausgezeichnet beim Gold und Silber
vor, die gebrochenen Oktaederkanten o 148° 54', die gebrochenen Würfel-
kanten ω 129° 31', letztern Winkel machen auch die in einer Oktaederecke
ſich gegenüber liegenden Flächen.


5) Die Pyramidenwürfel (Tetrakisheraeder) mit 12 Kryſtall-

[figure]

räumen haben einen eingeſchriebenen Würfel tttt,
auf deſſen Flächen ſich je eine vierſeitige Pyra-
mide mit gleichſchenkligen Dreiecken erhebt: daher
acht Würfel- ω und 4 • 6 Pyramidenkanten p;
ferner acht Würfel- t und 6 vierkantige Pyra-
midenecken a. Der gewöhnlichſte Pyramiden-
würfel a : 2a : ∞a hat merkwürdiger Weiſe lauter
gleiche Kantenwinkel von 143° 7' 48'', die Würfel-
ecken t bilden alſo eine dihexaedriſche Ecke, und
man kann ihn als drei Dihexaeder anſehen, die
ſich durchwachſen haben. Setzen wir die die Pyramidenecken verbindende
Hauptaxe = 1, ſo iſt die die Mittelpunkte der Würfelkanten verbindende
digonale Axe = , die die Würfelecken verbindende trigonale Axe
= . Da die Hauptaxe die vierkantigen Endecken der Pyramiden
miteinander verbindet, ſo beträgt die Höhe einer jeden Pyramide ⅙. Der
Pyramidenwürfel entſteht durch Zuſchärfung der Würfelkanten. Der von
a : 2a : ∞a findet ſich ſelbſtſtändig beim Kupfer und Golde. Außerdem
kommen noch vor mit \frac{3}{2}a, \frac{5}{2}a, 3a, 5a.


6) Die Pyramidenoktaeder (Triakisoktaeder) mit 12 Kryſtall-
räumen haben ein eingeſchriebenes Oktaeder aaa, auf deſſen Flächen ſich
je eine dreiſeitige Pyramide mit gleichſchenkligen Dreiecken erhebt, daher
12 Oktaeder- o und 3 • 8 Pyramidenkanten p; ferner ſechs 4+4kantige
[63]Darſtellung des regulären Syſtems : 48-Flächner.
Oktaederecken a und acht dreikantige Pyramidenecken t. Man führt dreierlei
an: a : a : \frac{3}{2} a, zu 2a und zu 3a, ſie kommen
aber kaum anders als untergeordnet vor, indem
ſie die Oktaederkanten zuſchärfen. Nehmen wir
den mittlern a : a : 2a als Muſterform, ſo hat
die Oktaederkante 141° 3' und die Pyramiden-
kante 152° 44'. Setzen wir an ihr die die
4+4kantigen Oktaederecken verbindende Haupt-
axe a = 1, ſo iſt die die Mittelpunkte der
Oktaederkante o verbindende digonale Axe = ,
und die die Pyramidenecken t verbindende tri-
gonale Axe = . Da die trigonale Axe

[figure]

des Oktaeder = iſt, ſo beträgt die Höhe der Pyramiden .


7) Die Achtundvierzigflächner (Hexakisoktaeder) mit 24 Kryſtall-
räumen werden von 48 ungleichſeitigen Drei-
ecken begränzt. Der gewöhnliche darunter iſt
das Pyramidengranatoedera : ½a : ⅓a,
was durch Zuſchärfung der Granatoederkanten
entſteht, es erhebt ſich daher auf jeder Gra-
natoederfläche atat eine 2+2kantige Pyramide
von ungleichſeitigen Dreiecken. Sie haben
dreierlei Kanten: 24 Granatoederkanten g
158° 13', dem eingeſchriebenen Granatoeder an-
gehörig; 24 gebrochene Oktaederkanten o 149°,
und 24 gebrochene Würfelkanten ω 158° 13'.

[figure]

Die dreierlei Ecken ſind: 4+4kantige Oktaederecken a, durch welche die
Hauptaxen = 1 gehen; 2+2kantige Pyramidenecken d, in den digonalen
Axen = , und 3+3kantige Würfelecken t in den trigonalen Axen
= . Es kommt noch ein zweites Pyramidengranatoeder a : ⅓a : ¼ a
vor, die übrigen bilden keine Pyramidengranatoeder.


Die 48-Flächner mit dreierlei Ecken und dreierlei Kanten bilden die
größtmögliche Zahl von gleichen Flächen. Nennen wir die Hauptaxen a,
die digonalen d, und die trigonalen t, ſo liegen die 4+4kantigen Ecken
in den Endpunkten von a, die 2+2kantigen von d und die 3+3kantigen
von t. Die Granatoederkanten gehen von a nach t, die gebrochenen
Oktaederkanten von a nach d, und die gebrochenen Würfelkanten von d
nach t. Beim Pyramidenoktaeder fehlen die gebrochenen Würfelkanten dt
und folglich die Ecken in d; beim Pyramidenwürfel fehlen die gebrochenen
Oktaederkanten ad und folglich auch die Ecken in d; beim Leucitoeder fehlen
die Granatoederkanten at, aber alle drei Ecken bleiben. Beim Granatoeder
fehlen die gebrochenen Würfel- und Oktaederkanten ad und dt, folglich die
Ecken in d; beim Oktaeder fehlen die gebrochenen Würfelkanten und
Granatoederkanten, folglich die Ecken in d und t; beim Würfel endlich
fehlen die gebrochenen Oktaederkanten und Granatoederkanten, folglich die
Ecken in a und d. Ein anderer Fall iſt nicht möglich.


Die ſieben Körper treten nun öfter an einander untergeordnet auf.
Das läßt ſich am leichteſten in nachſtehendem Schema von 7 • 7 = 49
Figuren überſehen, worin die ſieben Körper die Diagonale bilden.


[64]Darſtell. des regul. Syſtems: Auftreten der Körper an einander.
[figure]

Gehen wir die untere Horizontalreihe I durch, ſo beginnt ſie mit
dem Würfel I • 1; dann kommt I • 2 Würfel mit Oktaeder, das die Ecken
wie 1 : 1 : 1 abſtumpft; dann I • 3 Würfel mit Granatoeder, was die
Kanten wie 1 : 1 gerade abſtumpft; dann I • 4 Würfel mit Leucitoeder,
welches die Ecken wie 2 : 2 : 1 dreiflächig zuſchärft, und zwar Fläche auf
Fläche aufgeſetzt; I • 5 Würfel mit Pyramidenwürfel, welcher die Kanten
im Verhältniß 1 : 2 zweiflächig zuſchärft; I • 6 Würfel mit Pyramiden-
oktaeder, welches die Ecken dreiflächig im Verhältniß 2 : 1 : 1 zuſchärft,
daher Fläche auf Kante aufgeſetzt; endlich I • 7 Würfel mit Pyramiden-
granatoeder, welches die Ecken im Verhältniß 1 : \frac{3}{2} : 3 ſechsflächig zuſchärft.


Nr. II • 1 iſt Oktaeder mit Würfel, welcher die Oktaederecken wie
1 : 1 : 1 gerade abſtumpft; II • 2 iſt das Oktaeder ſelbſt; II • 3 Oktaeder
mit Granatoeder, welches die Kanten wie 1 : 1 : ∞ gerade abſtumpft ꝛc.
In der Reihe III herrſcht das Granatoeder, in IV das Leucitoeder, in V
der Pyramidenwürfel, in VI das Pyramidenoktaeder, in VII das Pyra-
midengranatoeder. Außerdem kommt jeder Körper noch untergeordnet in
einer der Vertikalreihen vor, in der er ſelbſt liegt. Den Mittelpunkt
nimmt das Leucitoeder IV • 4 ein, einzig unter allen daſtehend.


[65]Theilung des Dreiecks.

Wenn zwei Körper ſich miteinander verbinden, ſo müſſen ihre dreierlei
Axen zuſammenfallen, weitere Einſicht zu bekommen, muß man projiciren.
Suchen wir VI • 4, wie das Leucitoeder a : a : ½ a am Pyramidenoktaeder
a : a : 2a auftritt. Wegen der Unterſcheidung haben wir die
drei gleichen Axen mit cba bezeichnet, c iſt die aufrechte Axe.
Wir brauchen nur einen Oktanten ins Auge zu faſſen: die
Fläche 1 = c : a : 2b und 2 = c : b : 2a, beide müſſen ſich
im Kantenzonenpunkte p = ⅔ ſchneiden, folglich würde eine
Fläche \frac{4}{3}a : \frac{4}{3} b : c die Kante p gerade abſtumpfen. Nun
geht aber die Leucitoederfläche von c : 2a : 2b = ⅔c : \frac{4}{3} a : \frac{4}{3}b,
folglich müſſen die Pyramidenkanten des Pyramidenoktaeders

[figure]
[figure]

vom Leucitoeder unter Kanten geſchnitten werden, welche von der Axe t
nach a divergiren. In IV • 6 ſtumpft ein Pyramidenoktaeder die gebrochene
Würfelkante des Leucitoeders a : a : ½a ab, die Kante geht von c nach
, folglich hat das Pyramidenoktaeder c : ⅔ a : ⅔ b = \frac{3}{2} a : a : a,
wie aus der Projektion ſogleich erſichtlich iſt.


Projiciren wir das Pyramidengranatoeder VII • 7 = a : ⅓ a : ½ a, und
unterſcheiden wieder die Axen in abc, ſo iſt
1 = c : \frac{3}{2} a : 3b = ⅓ c : ½ a : b;
2 = c : \frac{3}{2} b : 3a = ⅓ c : a : ½b;
3 = a : \frac{3}{2} c : 3b = ⅔ a : c : 2b;
4 = b : \frac{3}{2} c: 3a = ⅔ b : c : 2a;
5 = a : \frac{3}{2} b : 3c = ⅓ a : ½ b : c;
6 = b : \frac{3}{2} a : 3c = ⅓ b : ½a : c,

woraus ſich die darunter ſtehende Pro-
jektion des betreffenden Oktanten ſogleich
ergibt. Die Granatoederkante p liegt
in der Kantenzone 1+1, weil ⅔+⅓ = 1
iſt, folglich wird ſie durch das Leucitoeder

[figure]

a : a : ½ a abgeſtumpft. Die gebrochene Würfelkante 5/6 liegt in der Kanten-
zone ⅕, folglich wird ſie durch ein Pyramidenoktaeder ⅖ a : ⅖ b : c gerade
abgeſtumpft. Da der gewöhnliche aber von ½a : ½b : c = ⅖a : ⅖b : ⅘c geht,
ſo muß derſelbe die Kanten 5/6 unter Linien ſchneiden, die von d nach t
convergiren. VII • 6. Die gebrochene Oktaederkante, worin 1 liegt, geht
von c : \frac{3}{2}a, der Pyramidenwürfel aber von c : 2a, alſo müſſen die Kanten
auch von d nach a convergiren VII • 5.


Um dieſe Körper aus Holz modelliren zu können, müſſen wir einige
Sätze vorausſchicken. Einen höchſt eleganten verdanken wir Hrn. Prof.
Weiß über


die Theilung des Dreiecks. Haben wir ein
beliebiges Dreieck AoB, ziehen vom Anfangspunkte o nach
dem Halbirungspunkte der AB in eine Linie, und wird
dieſe von einer beliebigen A : geſchnitten, ſo iſt das Stück
. Denn die Linie o nach iſt die Kantenzone

[figure]

Quenſtedt, Mineralogie. 5
[66]Schneidung einer Zonenaxe.
der Axen OA und oB, folglich
, und . Nehmen
wir als Axeneinheit, ſo folgt und .


Anwendung. Wollen wir an das Oktaeder den Pyramidenwürfel

[figure]

a : ½a : ∞a ſchneiden, ſo machen wir uns den Baſalſchnitt
des Oktaeder aaa. Der Pyramidenwürfel geht von a : ,
folglich muß er die gegenüberliegende Kante in
ſchneiden, die vier Oktaederkanten werden alſo im Verhältniß 1 : ½ : ⅓ : ½
geſchnitten. Für den Pyramidenwürfel a : ⅓a : ∞a iſt , alſo
ſchneidet dieſer die Kanten im Verhältniß 1 : ⅓ : ½ : ⅓. Für das Leuci-
toeder machen wir uns den Aufriß in der Granatoederfläche (Median-
ebene des Oktaeder ſenkrecht auf die Kante), die Fläche a : a : ½a ſchneidet
daher die Oktaederkanten 1 : ⅓ : ⅓ : 1. Das Pyramidenoktaeder geht von
a : a : 2a, folglich muß es die Kante zuſchärfen: wir ſtellen im Aufriß

[figure]

der Granatoederfläche die digonale Axe d nach oben, ſo
wird die gegenüberliegende Kante wieder in ⅓, folglich
die Seitenkante wie 1 : ¼ : ⅓ : ∞ geſchnitten, denn bezeich-
net an der Kante ¼. Dieſe Sätze ſind ebenſo einfach wie elegant.


Allgemeine Löſung. Gegeben ſei eine Fläche c : : , und

[figure]
[figure]

eine Zonenaxe c : p. Legt man nun die
Fläche durch den Mittelpunkt, ſo iſt das abgeſchnittene
Stück der Zonenaxe ι = , worin k die
Länge der Zonenaxe von c bis p bezeichnet. Zum
Beweiſe


verbindet man p mit dem Mittelpunkte o, und
verlängert op bis p1, ſo iſt op = p = ,
und ſetzen wir in der Zonenpunktformel pag. 41 μ1 = ∞m, und ν1 = ‒ ∞n,
ſo iſt Zonenpunkt p1 = , folglich
p1 o = p1 = .


Machen wir jetzt einen Aufriß durch copp', legen die Fläche :
durch den Mittelpunkt, ſo muß ſie die verlängerte Zonenaxe cp in ι ſchnei-
den, ſobald die Zonenaxe innerhalb der Ebene liegt, welchen Fall wir nur
zu betrachten haben. Es verhält ſich
[67]Verfertigung der regulären Körper.
x : p = k : p1 — p, x = ; cι = ι = x + k =
= ;
k = .


Beiſpiele. Fragen wir, wie die Fläche a : ½a : ⅓a
die Oktaederkanten ſchneidet, ſo betrachten wir die 4 Kanten
als Zonenaxen k, die ſämmtlich untereinander gleich als
Einheit genommen werden, da wir ja nur das Verhältniß
des Schnittes finden wollen. Da die Fläche des 48-Flächner
im kleinſten a (⅓a) zum Schnitt in der Ecke kommt, ſo
müſſen wir das Zeichen in 3a : \frac{3}{2}a : a umwandeln, alſo μ = ⅓

[figure]

und ν = ⅔ ſetzen, gibt die Formel . Läge die Fläche im
vordern rechten Quadranten, ſo wäre für die erſte Kante m = 1, n = ∞,
gibt \frac{3}{2}k; für die 3te n = ∞, m = — 1 gibt ¾ k; für die 2te n = 1,
m = ∞ gibt 3 k ; n = — 1, m = ∞ gibt ⅗ k, alſo werden die Kanten
der Reihe nach geſchnitten \frac{3}{2} : 3 : ¾ : ⅗ = ½ : 1 : ¼ : ⅕.


Um die Lage des Schnittes zu ermitteln, können wir nach pag. 45
zuvor die Ausdrücke in den dreierlei Axen adt ſuchen. So hat z. B. das
Leucitoeder a : 2a : 2a in ſeinem Oktanten a : ⅔d : ½t, und der 48-Flächner
a : 3a : \frac{3}{2}a bekommt a : ⅗ d : ½ t, alſo haben beide die Granatoederkante
a : ½ t gemein, und da ⅗d kleiner iſt als ⅔d, ſo muß der 48-Flächner die
2+2kantige Ecke des Leucitoeders 4flächig zuſchärfen. Die Pyramide des
48-Flächner erhebt ſich auf der eingeſchriebenen Granatoederfläche ⅗ — ½ = \frac{1}{10},
das Leucitoeder ⅔ — ½ = ⅙. Nehmen wir die Pyramidenhöhe ⅙ als Ein-
heit, ſo hat der 48-Flächner ⅗, folglich nach dem Satze der Theilung des
Dreiecks = ¼, alſo werden die Kanten über dem eingeſchriebenen
Granatoeder im Leucitoeder wie 1 : 1 : ¼ : ¼ geſchnitten.


Nach dieſen Vorbereitungen wird es leicht, die Körper zu machen.
Der Pyramidenwürfel wird aus dem Würfel verfertigt, indem wir
die Kante im Verhältniß von 2 : 1 zuſchärfen, wir zeichnen die Linien
alle vor, und legen den Schnitt von 2 durch den Mittelpunkt der Würfel-
fläche, damit die Pyramidenecke dahin falle. Das Pyramidenoktaeder
erhalten wir durch Zuſchärfung der Oktaederkanten, indem wir die Kante
wie 1 : ¼ : ⅓ : ∞ zuſchärfen, den Schnitt von 1 legen wir durch den
Mittelpunkt der Oktaederfläche, damit die Pyramidenſpitze dort hinein falle.
Das Pyramidengranatoeder machen wir aus dem Granatoeder,
indem wir die Kanten des Granatoeders in dem Verhältniß von 1 : ½ : ∞
zuſchärfen, den Schnitt 1 legen wir durch den Mittelpunkt der Grana-
toederfläche, damit die Pyramidenſpitze dorthin falle. Das Leucitoeder
kann man durch gerade Abſtumpfung der Granatoederkanten erhalten, in-
dem man die Abſtumpfungsflächen durch den Mittelpunkt zweier anliegenden
Granatoederflächen legt. Am leichteſten und mit dem geringſten Holz-
aufwande macht man es aus der regulären ſechsſeitigen Säule. Man
5*
[68]Hemiedrie des regulären Syſtems. Tetraeder.
zeichnet darin die Deltoide nach ihrem diagonalen Verhältniß ein, dann
hat man zu beiden Seiten die nothwendigen Punkte für den 3+3-Kantner,
woran dann oben das Endrhomboeder abgemeſſen werden kann.


Hemiedrie.


Darunter verſteht man ein hälftiges Auftreten von Flächen, und
zwar nach folgendem einfachen Geſetz : ſchreibe auf eine Fläche 0 und auf
die anliegenden 1, auf die anliegenden von 1 wieder 0 ꝛc., ſo wird die
eine Hälfte der Flächen mit 0, die andere mit 1 beſchrieben ſein, läßt
man dann die 0 verſchwinden und die 1 wachſen, oder umgekehrt, ſo
kommt der hälftflächige Körper. Würfel und Granatoeder ſind keiner
Hemiedrie fähig, wie man aus dem Einſchreiben von 0 und 1 leicht er-
ſieht. Es gibt dreierlei Hemiedrieen:


tetraedriſche, pyritoedriſche, gyroedriſche.

1) Tetraedriſche. Die Flächen gehen einander nicht parallel
(geneigtflächige Hemiedrie). Das Tetraeder entſteht aus dem Oktaeder
pag. 21, und zwar aus jedem zwei: eines den 1111, das andere (Gegen-
tetraeder) den 0000 angehörig. Man kann es in den Würfel ſchreiben,
weil ſeine Kanten mit den Diagonalen der Würfelflächen zuſammenfallen.
Der Würfel ſtumpft daher die 6 Tetraederkanten ab, das Gegentetraeder
die 4 Ecken. Das Granatoeder ſchärft die Ecken dreiflächig zu, Fläche
auf Fläche aufgeſetzt, tritt daher wie der Würfel vollflächig auf. Der
Pyramidenwürfel ſchärft die Ecken ſechsflächig zu, erſcheint daher
auch vollflächig
.


Das Leucitoeder gibt ein Pyramidentetraeder. Zu dem

[figure]

Ende muß man die drei Flächen eines Oktaeder mit 0
beſchreiben, die der anliegenden mit 1, daher müſſen in
der Oktaederecke Tetraederkanten τ entſtehen, und über
den verſchwindenden Oktanten 3+3kantige Ecken. Die
Deltoide verwandeln ſich alſo in Dreiecke, deren End-
ecken t den trigonalen Axen entſprechen, die Würfel-
kanten ω bleiben. Man verfertigt ſich den Körper leicht durch Zu-
ſchärfung der Tetraederkanten.


Das Pyramidenoktaeder gibt ein Deltoiddodekaeder (Deltoeder).

[figure]

Läßt man hier die drei Flächen der abwechſelnden Oktanten
verſchwinden, ſo muß über jedem verſchwindenden eine
dreikantige Ecke entſtehen, in jeder Oktaederecke dagegen
entſteht eine gebrochene Tetraederkante τ. Die Flächen
müſſen alſo die Tetraederecken dreiflächig zuſchärfen, wie
das Granatoeder, nur in andern Winkeln. Die Pyra-
midenkanten p bleiben, die gebrochenen Tetraederkanten
τ entſtehen.


Der 48-Flächner gibt ein gebrochenes Pyramidentetraeder.

[figure]

Da wir die 48-Flächner als gebrochene Leucitoeder oder
gebrochene Pyramidenoktaeder anſehen können, ſo muß
bei gleicher Behandlung wie vorhin der allgemeinſte
Körper dieſer Hemiedrie entſtehen. Er muß die Te-
traederecken 6flächig zuſchärfen.


[69]Hemiedrie: pyritoedriſche, gyroedriſche.

Pyritoedriſche Hemiedrie. Die Flächen gehen einander parallel
(parallelflächige Hemiedrie). Nur der Pyramidenwürfel und 48-Flächner
iſt dieſer fähig, die 5 übrigen Körper treten daran vollflächig auf.


Das Pyritoeder (Pentagon-
dodekaeder) entſteht aus dem Pyra-
midenwürfel. Läßt man die 0 ver-
ſchwinden, ſo liegen jeder 1 fünf
andere 1 an, die Flächen müſſen
daher zu ſymmetriſchen Fünfecken
werden: ſymmetriſch, weil eine der
fünf ſich von den übrigen durch ihre

[figure]
[figure]

Lage unterſcheidet. Man ſieht es leicht ein, wenn man in das Pyritoeder
den zugehörigen Pyramidenwürfel einſchreibt. Man kann überdieß in
jedes Pyritoeder einen Würfel einſchreiben, was für die Orientirung ſehr
wichtig iſt. Wir ſehen daraus, daß der Körper 6 Würfelkanten ω hat,
die die Kanten des Daches, das ſich über jeder Würfelfläche erhebt, bilden;
außerdem zählen wir 3 • 8 Kanten p in den Ecken t des Würfels. Die
8 Würfelecken ſind 3kantig, und die 12 Ecken an beiden Enden der
Dachkanten 2+1kantig. Jedes Fünfeck iſt durch eine Diagonale halbirt,
die von der Mitte der Würfelkante (Dachkante) nach der gegenüberliegen-
den Ecke geht. Man macht es aus dem Würfel, wie beim Pyramiden-
würfel, nur muß die Hälfte der Flächen weggelaſſen werden. Der Würfel
ſtumpft die 6 Dachkanten ab, das Oktaeder die 8 dreikantigen Würfel-
ecken, ſie bilden deshalb gleichſeitige Dreiecke, und verwandeln durch ihren
Schnitt die Pyritoederflächen in gleichſchenklige Dreiecke. 12+8 Dreiecke
ſehen dem Icoſaeder der Geometrie ähnlich. Das Granatoeder ſtumpft
die zwölf 2+1kantigen Ecken ab. Leucitoeder und Pyramidenoktaeder
kommen ſelten und dann immer vollflächig vor, ſie müſſen in den drei-
kantigen Würfelecken auftreten.


Das gebrochene Pyritoeder entſteht aus dem
48-Flächner. Da man dieſen als einen gebrochenen
Pyramidenwürfel anſehen kann, ſo muß man auf je
zwei Flächen 0 und auf die drei anliegenden Paare
1 ꝛc. ſchreiben. Der Körper kommt ſehr ſchön ſelbſt-
ſtändig und untergeordnet beim Schwefelkies vor. Die
8 Würfelecken t bleiben 3kantig, und da dieſe oft durch

[figure]

das Oktaeder abgeſtumpft werden, ſo kann man ſich nach dem gleich-
ſeitigen Dreieck deſſelben leicht orientiren. Ueber der Mitte der Würfel-
flächen entſteht eine 2+2kantige Ecke a, und die übrigen 12 Ecken ſind
2+1+1kantig. Sämmtliche Flächen ſind 2+1+1kantige Trapezoide,
mit der gebrochenen Würfelkante ω, der Pyritoederkante p und der Median-
kante o. Das gewöhnliche a : ⅓a : ½a macht man aus dem Granatoeder,
indem man die gebrochene Pyramidenwürfelhälfte wegläßt.


3) Gedrehte Hemiedrie (gyroedriſche). Sie iſt noch nicht bekannt
in der Natur. Der 48-Flächner iſt nicht blos der beiden genannten Hemi-
edrieen fähig, ſondern auch (unter allen allein) noch dieſer: ſchreibt man
nämlich auf ein beliebiges Dreieck 0, und auf die drei anliegenden 1 ꝛc.,
ſo werden, wenn wir das gewöhnliche Pyramidengranatoeder nehmen,
[70]Zwillingsgeſetz.

[figure]

von den 4 Pyramidenflächen auf jeder Fläche
des eingeſchriebenen Granatoeders zwei in der
Ecke einander gegenüberliegende verſchwinden
und die andern beiden wachſen. Die Hemiedrie
iſt geneigtflächig. Wie in das Pyritoeder einen
Würfel, ſo kann man hier zur bequemen
Orientirung ein Granatoeder einſchreiben, wenn
der Körper aus dem Pyramidengranatoeder
entſtanden iſt. Die Flächen ſtehen gegen die
des eingeſchriebenen Körpers etwas gedreht,
und ſind unregelmäßige 2+2+1kantige Fünf-
ecke. Von den Ecken ſind die 6 Oktaederecken a 4kantig, die 8 Würfel-
ecken t 3kantig, die übrigen 24 e neben den Dachkanten 1+1+1kantig.
An dem Körper iſt die Drehung intereſſant, welche bei den vier- und
ſechsgliedrigen Syſtemen ſo ſchön beobachtet worden iſt.


Zwillingsgeſetz.


Es kann nur eins geben: zwei Oktaeder
haben eine Fläche gemein, und liegen umge-

[figure]

kehrt. Halbire ich das Ok-
taeder parallel einer Fläche,
ſo bildet die Halbirungsfläche
ein reguläres Sechseck, ver-
drehe ich nun die beiden
Hälften gegen einander um
60°, ſo entſteht der Zwilling. Es iſt das
Folge des Geſetzes. Nehme ich nämlich zwei
gleiche Oktaeder, und lege ſie mit zwei ihrer

[figure]

Flächen ſo gegen einander, daß ſich die Flächen decken, ſo finden ſich die
Individuen in Zwillingsſtellung. Drehe ich ſie dagegen ſo weit, daß ſich
die Dreiecke ſymmetriſch kreuzen, ſo liegen die Individuen einander parallel,
bilden daher nur ein Ganzes und keine Zwillinge. Da dieß die beiden
möglichen ſymmetriſchen Lagen ſind, ſo iſt das Wort umgekehrt unzwei-
deutig, und drückt das Weſen beſſer aus als die Drehung. Die Oktaeder
liegen meiſt aneinander, verkürzen ſich aber nach der ſogenannten Zwil-
lingsaxe, d. h. nach einer trigonalen Axe t, die ſenkrecht auf der gemein-
ſamen Ebene (Zwillingsebene) ſteht. Zuweilen kommen auch Durch-
wachſungen vor. Das Tetraeder hat ſcheinbar zweierlei Zwillingsgeſetze:

[figure]

nach dem einen kreuzen ſich die Kanten
rechtwinklig, und der gemeinſame
Kern iſt ein Oktaeder. Das iſt aber
nur die Wiederherſtellung des Gleich-
gewichts (Fig. rechts). Dagegen können
ſich zwei Tetraeder zu einem wirklichen
Zwilling verbinden (Fig. links), indem
ſie eine Fläche gemein haben, und die

[figure]

übrigen drei ſich kreuzen, dann iſt das eine um 60° gegen das andere verdreht.


Die Würfel durchwachſen ſich gewöhnlich, der gemeinſame Kern
iſt dann ein Dihexaeder, und die Flächen des einen Individuums ſchneiden
[71]Kryſtallnetze des regulären Syſtems.
die Ecken des andern im Kantenverhältniß
1 : 1 : 2. Flußſpath und Salmiak liefern
vorzügliche Beiſpiele. Man ſieht auch hier
leicht ein, daß die gemeinſame Fläche die
des Oktaeders iſt, in welcher ſich die Würfel
gegen einander um 60° verdreht haben.


Die Granatoeder durchwachſen ſich vor-
züglich bei der Blende. Beim Silber tritt
ein Leucitoid als Zwilling auf. Oft wieder-
holen ſich Individuen unzählige Mal, ſo daß
die ungeraden Stücke dem einen, und die

[figure]

geraden Stücke dem andern Individuum angehören. Es können ſich auch
Drillinge, Vierlinge und Fünflinge bilden, in letzterm Falle ſetzt ſich auf
jede der 4 Oktaederflächen ein Individuum in Zwillingsſtellung. Alles
dieß ſind aber nur Wiederholungen ein und deſſelben Geſetzes.


Netze.


Es iſt bequem, wenn auch nicht ſo lehrreich, ſich die regulären Körper
aus Pappe oder Kartenpapier zu machen. Zu dem Ende muß man ſich
die Flächen conſtruiren. Das Tetraeder aus 4 und das Oktaeder
aus 8 gleichſeitigen Dreiecken ergibt ſich leicht.


Gleichſchenklige Dreiecke hat: der Pyramidenwürfel, der
Endſpitzenwinkel ſeiner Flächen liegt zwiſchen 90° (Würfel-
fläche) und 70° 31\frac{1}{2}' (Granatoederfläche). Conſtruiren
wir uns alſo einen rechten Winkel sin : cos = 1 : 1 = oa : oa,
ſo iſt aa = , machen wir ob = aa = , ſo iſt

[figure]

Winkel b = 70° 31\frac{1}{2}' der Winkel der Granatoederfläche.
Alle Dreiecke zwiſchen dieſen beiden geben Pyramidenwürfel. Der ge-
wöhnliche a : 2a : ∞a hat Dreiecke, worin die halbe Baſis zur Höhe
= 2 : , wie aus der Projektion leicht folgt. Mache ich alſo ein recht-
winkliges Dreieck, worin die Katheten ſich wie 2 : 1 verhalten, ſo iſt die
Hypotenuſe . Die Endſpitzenwinkel der Pyramidenoktaeder
liegen zwiſchen 120° und 109° 28\frac{1}{2}'. Ziehe ich in einem
gleichſeitigen Dreieck nach dem Mittelpunkt a, ſo hat das
Dreieck cac 120, folglich sin : cos = co : ao = 1 : .
Die eine Gränze macht man jetzt od = oc, ſo iſt cd = ,
trägt man = nach ob, ſo iſt cbc die andere

[figure]

Gränze. Zwiſchen a und b liegen alſo die Spitzen ſämmtlicher möglichen
Dreiecke. Die Kanten der Pyramidenoktaeder a : a : 2a
haben das Verhältniß 5 : 3, wie man aus der Projektion
leicht abliest. Die Pyramidentetraeder liegen
zwiſchen 120° und 90°, der halbe Endkantenwinkel hat
sin : cos = , ein leicht zu findendes Verhältniß.


Der Rhombus des Granatoeders hat : 1. Die
Deltoide des Leucitoeders a : a : ½a haben im ſcharfen
Winkel der Oktaederecken , und im ſtumpfen
der Würfelecke , eine leicht zu conſtruirende
Größe. Die Flächen des Deltoidtetraedersa : a : 2a

[figure]
[figure]

[72]Netze.
haben einen ſtumpfen Winkel wie oben 5 : 3, im ſcharfen Winkel dagegen
5 : 5, folglich hat die 3kantige Tetraederecke rechte Winkel, wie die Rech-
nung des Winkels lehrt. Ein etwas unerwartetes Verhältniß.


Die ungleichſeitigen Dreiecke des Pyramidengranatoeders a : ⅓a : ½a
pag.
63 ſind durch drei Linien b : c : p = 1 : ½ : ⅕ gegeben, worin p das

[figure]
[figure]

Perpendikel von der 2+2kantigen Pyramidenecke d auf die
Baſis der Granatoederkante at iſt. Denn die Pyramide erhebt
ſich über der Granatoederflache,
die Kante des Granatoeders at = , die gebrochene
Oktaederkante ad = . Uebrigens liegen die Dreiecke
ſämmtlicher Pyramidengranatoeder zwiſchen den Dreiecken
der Granatoederfläche von der Höhe , und der Leuci-
toederfläche von der Höhe . Da nun beide bekannt ſind, ſo darf
man nur ein beliebiges Zwiſchenſtück wählen, um ein Pyramidengrana-
toeder zu bekommen, da ein jedes für die Anſchauung genügt. Wenn
die Zahlen für die Conſtruktion etwas unbequem werden, wie beim ge-
brochenen Pyramidentetraeder a : ⅓a : ½a, ſo darf ich in dieſem Falle nur
das Dreieck des zugehörigen 48-Flächners hinzeichnen, die gebrochene Würfel-
kante daran verlängern, und den Winkel an der gebrochenen Oktaeder-
kante ſuchen, er iſt tg = = 68° 50'. Trage ich dieſen mit dem
Transporteur an das andere Ende der Granatoederkante an, ſo iſt das
Dreieck gefunden.


Das gewöhnliche Pyritoeder a : ½a : ∞a hat beiſtehende Diagonalen.

[figure]

2 : ſind bereits durch den zugehörigen Pyramiden-
würfel beſtimmt, die übrigen Linien finde ich leicht, indem
ich nur einen Aufriß durch 4 Pyramidenecken lege.


Die Fläche des gebrochenen Pyritoederpag. 69 a : ⅓a : ½ ent-

[figure]
[figure]

wickeln wir aus dem Dreieck des gleichnamigen
48-Flächners, was wir kennen, wir brauchen dann
außer der gebrochenen Würfelkante ω nur die Me-
diankante o des gebrochenen Pentagons zu kennen,
welche durch Verlängerung der gebrochenen Oktae-
derkante der 48-Flächner = entſteht. Machen
wir uns den Aufriß in der Würfelfläche, ſo geht
die Mediankante o von a : \frac{3}{2}a, ihr kommt von unten
die Kante ω = a' : 3a' entgegen, daraus ergibt ſich
der Zonenpunkt p = \frac{3}{7}a + \frac{6}{7}a, da Kante a \frac{3}{2}a =
iſt, ſo muß ap : , ap = ſein.
Ebenſo leicht findet man die gebrochene Würfelkante
a' p = . Verzeichnen wir uns alſo das Drei-
eck adt des 48-Flächners, ſo iſt die Kante ad = ,
der Punkt t in der Würfelecke bleibt, folglich ver-
längern wir ad über d um das Stück hinaus,
beſchreiben wir nun mit ae = a' p um e und mit te um t Kreisbögen, ſo
wird der Punkt ε beſtimmt, und das 2+1+1kantige Trapezoid a e t ε,
worin te = tε = p iſt gefunden.


[73]Viergliedriges Syſtem.

Die 2+2+1 kantigen Fünfecke des Gyroedera : ⅓a : ½a
knüpfen wir ebenfalls an das Dreieck des zugehörigen
48-Flächner. Die Dachkante verhält ſich zur Granatoeder-
kante wie 2 : 5, denn die Flächen der Dachkante gehen
nach ⅗ d, und die quer gegen die Dachkante liegenden
nach ¾ d, woraus das Verhältniß folgt. Zeichne nun das
Dreieck adt, lege durch d die Dachkante eε = ⅖ at und

[figure]

zwar ſo, daß ſie in d halbirt wird. Beſchreibe dann mit ae um a und
tε um t Kreisbogen, ſo iſt ateεg das geſuchte Fünfeck.


Fortſchritt zu den folgenden Syſtemen. 1) Die Körper des
regulären Syſtems haben nach ihren Hauptaxen eine dreifache Stellung;
2) ſtellen wir jetzt das Oktaeder nach Einer Axe aufrecht, d. h. legen
wir es auf die Würfelfläche, ſo haben wir die 4gliedrige Ordnung;
auf die Oktaederfläche gelegt kommt die 3gliedrige Ordnung; 4) auf die
Granatoederfläche gelegt zeigt ſich zweigliedrige Ordnung; 5) auf Leucitoeder-,
Pyramidenoktaeder- oder Pyramidenwürfelfläche gelegt kommt 2+1gliedrige
Ordnung, endlich 6) auf eine Fläche der 48-Flächner gelegt iſt eingliedrige
Ordnung. So führt uns jedes folgende Syſtem zugleich zur tiefern Ein-
ſicht in das reguläre.


Viergliedriges Syſtem.


Pyramidales Syſtem Mohs, tetragonales Naumann, monodimetri-
ſches Hausmann.


Die Hauptaxe c wird länger oder kürzer als die Nebenaxen aa, wir
bekommen dann ſcharfe oder ſtumpfe Oktaeder pag 23. Das zugehörige
Hexaid (viergliedriger Würfel) zerfällt in eine quadratiſche Säule (zweite
Säule) a : ∞ a : ∞ c mit Gradendfläche c : ∞ a : ∞ a. Das zugehörige
Dodekaid pag. 37 gibt eine weitere quadratiſche Säule a : a : ∞c (erſte
Säule) mit dem nächſten ſtumpfern Oktaeder a : c : ∞a. Das Leuci-
toeder
gibt das zweite ſtumpfere Oktaeder c : 2a : 2a, darunter liegt ein
Vierundvierkantner (ſchlechthin Vierkantner)c : a : ½a, daran
gehen 4 Kanten von c : a und vier von c : ⅓ d, jene die ſcharfen, dieſe
die ſtumpfen Endkanten bildend. Acht ungleichſeitige
Dreiecke bilden das Maximum gleicher Flächen in dieſem
Syſtem. Selbſtſtändig kommt ein ſolcher Körper kaum
vor, man kann ihn als ein gebrochenes Oktaeder an-
ſehen. Das Pyramidenoktaeder zerfällt in einen obern
Vierkantner c : a : 2a, und in ein zweites ſchärferes Oktaeder
c : ½a : ½a. Der Pyramidenwürfel gibt ein drittes ſtumpferes
Oktaeder c : 2a : ∞a, ein nächſtes ſchärferes Oktaeder
c : ½a : ∞a, und eine vier und vierkantige Säule a : 2a : ∞a,
welche die quadratiſche Säule des Würfels zuſchärft. End-

[figure]

lich gibt der 48-Flächner dreierlei Vierkantner: zwei oberſte dem gebrochenen
Leucitoide, zwei unterſte dem gebrochenen Pyramidenoktaeder entſprechend,
und die zwiſchenliegenden beiden geben das dritte.


Häufig entwickeln ſich die Oktaeder in einer fortlaufenden Reihe von
ſtumpfern und ſchärfern, wie die nebenſtehende Projektion zeigt, Mohs
[74]Viergliedriges Syſtem: Bezeichnung.

[figure]

wählte daraus ein Grundoktaeder, und gründete
darauf eine nicht ſonderlich zweckmäßige Bezeich-
nung, indem er a : a : c = P ſetzt, mit + n das
nte ſchärfere und mit — n das nte ſtumpfere
Oktaeder bezeichnet. Sein Schüler Haidinger
gibt das unbequeme Zeichen wieder auf, und
nähert ſich dem Naumann’ſchen Symbol. Beide
legen die Oktaeder durch die Einheit a, und
ſetzen der P den Axenſchnitt von c vor. So
einfach die Sache auch ſein mag, ſo entſchwindet
ſie doch immer wieder dem Gedächtniß. Hätte
Naumann mit uns c = 1 geſetzt, da ſie die einzige Axe iſt, ſo wären
die Zeichen viel leichter zu behalten. Ohne Zweifel wird man bei weiterer
Entwickelung der Wiſſenſchaft dieſe Zeichen ganz der Vergeſſenheit über-
geben. Schreiben wir indeß die Zeichen obiger Figur hin:


Sobald bei Mohs die Oktaeder nicht in dieſe Reihe gehören, ſo
denkt er ebenfalls c verlängert und ſchreibt dann a : a : mc = Pm, ent-
wickelt aber wieder darnach Reihen, ſo daß z. B. Pm—1 = mc : a : ∞a,
d. h. das nächſte ſtumpfere von Pm iſt!


Vierkantner bilden alle Ausdrücke, welche die Axen a ungleich

[figure]

ſchneiden. Da das, was der einen 2 geſchieht, auch
der andern geſchehen muß, ſo gehören nothwendig
jedem Quadranten zwei Sektionslinien an. Jede der
vier gleichen Endkanten beſtimmen ein Oktaeder.
Hätten wir z. B. ν = a : ½a, ſo läge in den End-
kanten c : ½a das Oktaeder o = ½a : ½a, und in der
Endkante c : ⅓d das Oktaeder n = ⅓a : ∞a. Die
abwechſelnden Flächen des Vierkantners haben ein
Quadrat zur Baſis, ſchließen daher ein Oktaeder ein. Naumann nimmt

[figure]

½a : ½a = 2P als Grundoktaeder, und leitet daraus den
Vierkantner ab, indem er dahinter das Vorzeichen der
größern [Axe]a ſetzt, alſo c : a : ½a = 2c : 2a : a = 2P2.
Die vier und vierkantige Säule ∞ c : a : ½a = ∞ c : 2a : a
= ∞ P2.
Viel unnatürlicher iſt das Zeichen von Mohs.
Es beruht auf folgender Darſtellung: man habe ein be-
liebiges Grundoktaeder c : a : a, conſtruire aus dem Dreieck
der Oktaederfläche das Parallelogramm caad', indem man
ad' wechſelsweiſe der ac parallel zieht, dann iſt cd' die
[75]Viergliedriges Syſtem : Symbole, Hemiedrie.
digonale Zwiſchenaxe d. Verlängert man die Axe oc bis 2c, ſo beſtimmt
die Linie 2cd' in der Ebene oaa einen Punkt d, welcher dem geſuchten
Vierundvierkantner angehört. Es verhält ſich aber c'd' : od = 3c : 2c,
od = ⅔d, folglich muß nach dem Kantenzonengeſetz der Vierkantner a : 2a
gehen, da 1 + ½ = \frac{3}{2} iſt. Haidinger gibt dieſem Körper 2c : a : 2a das
Zeichen Z2 und Mohs das allgemeine (P+n)2, worin P+n allgemein das
Oktaeder bezeichnet, und 2 die Zahl, um welche ich die Axe c verlängert habe.


Allgemein (P ± n)m = a : ma : , qP ± n = a : a : ,
(qP ± n)m = a : ma : m • q • .


Beiſpiel. i Veſuvian = (P — 2)3, folglich nach erſter Formel
m = 3 u. n = — 2, oder i = a : 3a : 3 • = a : 3a : \frac{3}{2}c = ⅓a : a : ½c.
z
Veſuvian = (P—1)3, folglich m = 3, n — 1, oder z = a : 3a : 3 •
= . Es iſt aber die digonale Zwiſchenaxe d, daher
z = ⅓d : d : c, woraus ſich leicht mittelſt der Sektionslinienformel pag. 44
die Axenſchnitte a berechnen laſſen, näml. : c = ½a : a : c = z.
Beim Anatas iſt r = ⅘ P — 4, folglich in der 2ten allgemeinen Formel
q = ⅘, n — 4 zu ſetzen, gibt r = a : a : ⅘ • = a : a : ⅕c; für die
kleine Vierkantnerfläche an braſilianiſchen Kryſtallen ſ = (⅘ P — 7)4 iſt
nach der dritten Formel q = ⅘, n = — 7, m = 4, folglich
s = a : 4a : 4 • ⅘ • = a : 4a : 4 • ⅘ • • c =
= ½d : 2d : ⅕c = a : a : ⅕c = ⅘a : \frac{4}{3}a : ⅕c.


Wollte man ein kurzes und unzweideutiges Symbol für die Flächen,
ſo müßte c, da ſie einzig iſt, = 1 geſetzt werden, aber nicht eines der a.
Dann könnten geſchrieben werden:


  • 1) Die Oktaeder erſter Ordnung c : ma : ma = mam;
    zweiter Ordnung c : ma : ∞a = ma∞.
  • 2) Die Säulen: 1ſte Säule a : a : ∞ c = oa : oa : c = oao;
    2te Säule a : ∞ a : ∞ c = oa : a : c = oa1.
  • 3) Die Gradendfläche c : ∞ a : ∞ a = ∞ a ∞.
  • 4) Die vierundvierkantige Säule a : ma : ∞ c = oa : : c = oa.
  • 5) Die Vierundvierkantner c : ma : na = man.

Es iſt dabei ganz gleichgültig, welchen Buchſtaben man vor- oder
hinterſetze, denn man darf nur c = 1 und a hinten hinzudenken, ſo hat
man immer das volle Zeichen. Gerade ſo bezeichnet man die Flächen des
regulären Syſtems. Wir benützen dieſe Symbole nicht, weil wir ſie
überhaupt nicht für ſonderlich nothwendig halten. Wenn man aber ein-
mal Symbole macht, ſo kann nur auf dieſe Weiſe dem Irrthume des
Gedächtniſſes vorgebeugt werden.


Hemiedrie. Iſt zwar nicht mehr ſo wichtig, als im regulären
Syſtem, doch kommen einige intereſſante Fälle vor:


[76]Viergliedriges Syſtem: Hemiedrie, Zwillinge.

a) Tetraedriſche Hemiedrie. Das viergliedrige Tetraeder
(Sphenoid) haben wir ſchon oben pag. 23 kennen gelernt, es iſt 4+2kantig.

[figure]

Die Gradendfläche ſtumpft die 2 Kanten, und die 2te
quadratiſche Säule die 4 Kanten ab, die erſte qua-
dratiſche Säule ſtumpft die 4 Ecken ab. Der 4+4-
Kantner muß natürlich ein gebrochenes Tetraeder
(Disphen, tetragonales Scalenoeder) geben. Es wird
von 8 ungleichſeitigen Dreiecken eingeſchloſſen, hat
daher 4+4+4 Kanten, von denen keine der andern
parallel geht. Beim Kupferkies kommt dieſe Hemiedrie
ſchön vor.


b)Pyritoedriſche Hemiedrie würde aus dem Vierkantner ein
zweigliedriges Oktaeder machen, und aus den Oktaedern zweigliedrige
Paare. Zweigliedrige Oktaeder, worin b ein rationales Multiplum von
a iſt, könnten unter gewiſſen Umſtänden für hemiedriſch genommen werden.


c)Gyroedrie. Kommt ausgezeichnet bei Vierkantnern vor. Ich

[figure]

darf nur auf eine Fläche 0 ſchreiben, und auf die anliegende
1 ꝛc. Den Körper hat Naumann Trapezoeder genannt. Es
ſind zwei Oktaederhälften, die an beiden Enden um 45° gegen
einander verdreht ſind, ſo daß an den Seiten 8 Zickzackkanten
entſtehen. Man kann übrigens den Vierkantner auch in zwei
viergliedrige Oktaeder von Zwiſchenſtellung (die nicht zu den
beiden Ordnungen von Oktaedern gehören) zerlegen, dieſe er-
zeugen dann keine Drehung. Sowie auch die vierundvierkantige
Säule in zwei quadratiſche Säulen von Zwiſchenſtellung zerfällt.
Beiſpiele Tungſtein und Scheelbleierz.


Es kommen die Flächen nur ſelten untergeordnet vor. Man macht

[figure]
[figure]

ſich die Sache am beſten am viergliedrigen Dodekaeder
klar: ν zeigt die gedrehte Hemiedrie, und n die
nicht gedrehte, letztere gibt ein Oktaeder von Zwi-
ſchenſtellung.


Zwillinge. Nimmt man zwei gleiche Oktaeder und legt ſie mit

[figure]
[figure]

ihren Endkanten in ſymmetriſcher Lage
aneinander, ſo ſind zwei Stellungen
möglich: entweder liegen die Oktaeder
parallel (1), oder nicht parallel und
umgekehrt (2), letzteres iſt der Zwil-
ling. Man kann ſtatt der Endkante
auch die Fläche des nächſten ſtumpferen
Oktaeders denken. Mathematiſch aus-
gedrückt: beide Individuen haben die
Fläche des nächſten ſtumpferen Oktae-
ders gemein, und ſind um 180° um eine Linie (Zwillingsaxe) verdreht,
die ſenkrecht auf der gemeinſamen Fläche ſteht. Bei dieſen Zwillingen
[77]Sechsgliedriges Syſtem.
ſpiegeln zwei Flächen ein, welche eine geſchobene Säule bilden, die andern
beiden Flächen bilden einen einſpringenden Winkel, wie die augitartigen
Paare bei den Schwalbenſchwanzzwillingen des Gypſes. Beim Kupferkies,
Scharfmanganerz ꝛc. kommen als Maximum Fünflinge vor, indem an jede
der vier Endkanten des Hauptoktaeders ſich ein Individuum legt. Siehe
Zinnſtein, Rutil.


Drei- und einaxige Syſteme.


Es gibt deren zwei: dreigliedriges und ſechsgliedriges
Syſtem pag. 24. Beide gehen jedoch ineinander über, wie ihre Ent-
wickelung aus dem regulären Syſtem beweist.


a) Sechsgliedriges Syſtem.

Es geht aus dem Dihexaeder P = a : a : ∞ a : c pag. 25 hervor.
Die Endecke wird durch die Gradendfläche
c : ∞a : ∞a : ∞a gerade abgeſtumpft, welche
wir zur Projektionsebene wählen. Die erſte
ſechsſeitige Säule a : a : ∞a : ∞c ſtumpft die
Seitenkanten gerade ab, ihre Sektionslinien
fallen mit den Axen a zuſammen; die 2te
ſechsſeitige Säule b = a : ½a : a : ∞c ſtumpft
die Seitenecken ab, und ihre Sektionslinien
fallen mit den Zwiſchenaxen b zuſammen.
Alle Zwiſchenlinien von a und b im Mittel-
punkt gehören 6+6kantigen Säulen an,
ſie ſchneiden die ſämmtlichen a ungleich, und

[figure]

gehen der Axe c parallel. Stumpft man die Endkanten des Dihexaeders
durch das nächſte ſtumpfere Dihexaeder ab, ſo ergibt ſich der Flächenaus-
druck d = 2a : a : 2a : c. Häufiger kommt das nächſte ſchärfere s = a : ½a : a : c
vor, welches in drei abwechſelnde Endkanten des Dihexaeders fällt. Con-
ſtruiren wir uns aus Pa und s beiſtehenden Körper, ſo leuchtet
ein, daß die Kanten P/s und s/a an jedem Ende des Kryſtalls
12mal vorhanden ſind. Stumpfen wir die Kante s/a durch
x = a : ⅓a : ½a : c ab, ſo muß dieſe Fläche in jedem Sextanten
zweimal auftreten, alſo die größtmögliche Zahl von Flächen, einen

[figure]

6+6-Kantner, geben. Denſelben kann man als ein gebrochenes Dihexaeder
anſehen, woran 6 Endkanten den Flächen und 6 den End-
kanten des eingeſchriebenen Dihexaeders entſprechen. Beim
Beryll kommt eine ſolche Vollzähligkeit der Flächen aber nur
untergeordnet vor, man hat daher dieſe Körper mit 24 un-
gleichſeitigen Dreiecken auch Berylloide genannt. Gewöhn-
lich geht man von ihnen als dem allgemeinſten Flächenausdruck
c : aus, und gelangt durch Theilflächigkeit

[figure]

zu dem dreigliedrigen Syſtem. Zunächſt iſt wie bei dem 4+4Kantner
beiſtehende doppelte Hemiedrie möglich. Schreibt man nämlich auf eine
[78]Dreigliedriges Syſtem.
Fläche des Sechskantners 1 und auf die anliegende 0, ſo bilden die
wachſenden 1 eine Gyroedrie, wie beim Quarze, wo die Trapezflächen
x oben und unten an einer Säulenkante nicht mit einander correſpondiren:
die obere Dihexaederhälfte iſt gegen die untere um 60° verdreht. Oder

[figure]
[figure]

es correſpondiren, wie beim Apatit, die Hälftfläch-
ner u miteinander, dann iſt es ein einfaches Di-
hexaeder von Zwiſchenſtellung, d. h. welches ſämmt-
liche a ungleich ſchneidet. Denn aus der Pro-
jektion des Sechskantners geht hervor, daß er aus
zwei Dihexaedern von Zwiſchenſtellung beſteht, die
ſich ſymmetriſch kreuzen. Siehe Apatit vom St.
Gotthart.


[figure]
[figure]

Theilen wir uns den
Sechskantner nach dem
eingeſchriebenen Dihexae-
der, d. h. ſchreiben wir
auf eine Dihexaederfläche
0, auf die anliegenden
1 ꝛc., ſo geben die wach-
ſenden 1 einen Drei-
unddreikantner
oder
gebrochenes Rhomboeder,
und wie aus der Projektion
folgt, ſo kann man jeden Sechskantner aus zwei
durchwachſenen Dreikantnern 1 und 0 entſtanden
denken: Dreikantner und Gegendreikantner, dieſer
ergänzt jenen zu einem Sechsundſechskantner. Auf
dieſelbe Weiſe kann man endlich das Rhomboeder
als den Hälftflächner eines Dihexaeders anſehen
pag. 25.


b) Dreigliedriges Syſtem.

Daſſelbe hat zum allgemeinſten Körper den Dreiunddreikantner
(Scalenoeder) von 12 ungleichſeitigen Dreiecken begränzt, in der 3+3-
kantigen Endkante laufen die drei ſtumpfen und drei ſcharfen Endkanten

[figure]

zuſammen, während die ſechs 2+1+1-
kantigen Seitenecken im Zickzack durch
die Seitenkanten verbunden werden.
Projiciren wir uns z. B. den gewöhn-
lichen Dreikantner des Kalkſpathes
c : a : : b,
ſo geht die ſcharfe Endkante c : , die
ſtumpfe c : , die Seitenkante c : b.
Eine Fläche b : b durch die Seitenkanten
gelegt gibt das Hauptrhomboeder a:a:∞a;
[79]Dreigliedriges Syſtem: Dreikantner.
eine weitere durch die ſcharfen Endkanten \frac{b}{4} : \frac{b}{4} gibt \frac{a}{4} : \frac{a}{4} : ∞ a; end-
lich durch die ſtumpfen \frac{b}{5} : \frac{b}{5} gibt \frac{a}{5} : \frac{a}{5} : ∞ a. Würde man dieſe dreier-
lei Kanten gerade abſtumpfen, ſo gäbe die Abſtumpfung der Seitenkanten
die zweite ſechsſeitige Säule b = a : ½a : ac; die Abſtumpfung der ſcharfen
Endkante \frac{b}{4} gäbe \frac{a}{2} : \frac{a}{2} : ∞ a, und der ſtumpfen \frac{b}{5} gebe ⅖a : ⅖a : ∞ a, ſo
daß mit jedem Dreikantner außer der Säule und dem Hauptrhomboeder
noch vier weitere Rhomboeder gegeben ſind, die ſich leicht aus dem Zeichen
ableiten laſſen. Da nun aber die Axenausdrücke der Körper des drei-
gliedrigen Syſtem nur die Hälfte der Sextanten ausfüllen, ſo ſetzen viele
dem Ausdrucke ½ vor, ſo daß alſo der Dreikantner ½(c : a : ⅓a : ½a) und das
Rhomboeder ½ (c : a : a : ∞a) geſchrieben werden müßte. Wir laſſen die
Zahl ½, ſo oft keine Irrungen möglich ſind, weg, denn dieſe verſteht ſich
im Syſteme meiſt von ſelbſt, dagegen muß die Lage im Sextanten mit
Sorgfalt angedeutet werden. Zu dem Ende gibt man dem Rhomboeder
in den Seitenkanten des Dreikantners das Zeichen a : a : ∞ a, und alle
Rhomboeder, die ihre Fläche wie dieſes liegen haben, alſo ⅖a : ⅖a : ∞ a
und \frac{a}{4} : \frac{a}{4} : ∞ a läßt man ungeſtrichelt. Davon muß man nun aber noth-
wendig die zweite Ordnung der Rhomboeder unterſcheiden, welche ihre
Fläche wie die Kanten des Hauptrhomboeders legen, dieſe ſtrichelt man, alſo:
\frac{a'}{2} : \frac{a'}{2} : ∞ a und \frac{a'}{5} : \frac{a'}{5} : ∞ a.


Am ſchwierigſten iſt die Unterſcheidung der beiden Ordnungen von
Dreikantnern: alle erſter Ordnung, welche ihren ſtumpfen Endkanten-
winkel wie die Fläche des Hauptrhomboeders legen, werden nicht ge-
ſtrichelt; dagegen bekommen diejenigen 2ter Ordnung Striche, welche
ihren ſtumpfen Winkel, wie die Kanten des Hauptrhomboeders legen.
Herr Prof. Weiß (Abhandl. Berliner Akad. Wiſſenſch. 1823, pag. 217)
unterſcheidet außerdem an jedem Rhomboeder, alſo auch am Hauptrhom-
boeder, 3 Abtheilungen. Die erſte Abtheilung ſchärft die Seiten-
kanten des Rhomboeders zu, ſie müſſen alſo ihre Sektionslinien inner-
halb des Dreiecks ω/ω haben, und alle dieſe ſind ungeſtrichelt, denn ihr
ſtumpfer Endkantenwinkel liegt wie ω. Die beiden andern Abtheilungen
ſchärfen die Endkanten des Hauptrhomboeders zu, unter dieſen bildet
das Dihexaeder (mit gleichen Endkantenwinkeln), welches ebenfalls die
Endkante von ω zuſchärft, den Wendepunkt: alle Dreikantner, deren
Sektionslinien zwiſchen Rhomboeder ω und Dihexaeder p liegen, haben
ihren ſtumpfen Winkel noch wie ω, ſie gehören alſo der ungeſtrichelten
2ten Abtheilung an. Dagegen müſſen alle außerhalb des Dihexaeders
p gelegenen, welche alſo die in ω/ω liegenden drei Endkanten des Di-
hexaeders zuſchärfen, ihren ſtumpfen Winkel wie die Kanten von ω legen,
alſo der geſtrichelten 3ten Abtheilung angehören. Man ſagt alſo
kurz: die beiden erſten Abtheilungen zwiſchen 2ter Säule und Dihexaeder
ſind in Beziehung auf Rhomboeder ω erſter Ordnung, die zwiſchen Di-
hexaeder und nächſten ſtumpfen Rhomboeder aber 2ter Ordnung. Es
[80]Dreigliedrige Stellung des regulären Syſtems.
verſteht ſich daraus von ſelbſt, daß am geſtrichelten Rhomboeder die
Dreikantner der beiden erſten Abtheilungen ebenfalls geſtrichelt ſein müſſen,
nur die dritte Abtheilung nicht geſtrichelt wird.


Man kann ſich das Verhältniß am beſten klar machen, wenn man
wieder auf das reguläre Syſtem zurückgeht, und ſich die Hauptfläche in
dreigliedriger Stellung projicirt:


1) Der Würfel gibt uns das Hauptrhomboeder ω = a : a : ∞ a mit

[figure]

rechten Winkeln in den Endkanten.


2) Das Oktaeder zerfällt in
die Gradendfläche und das nächſte
ſchärfere o = ½a' : ½a' : ∞ a, denn
ſein Rhomboeder hat die Endkanten-
winkel des Tetraeders, muß alſo vom
Würfel abgeſtumpft werden. Die
Gradendfläche c : ∞ a : ∞ a : ∞ a
haben wir zur Projektionsebene ge-
wählt.


3) Das Granatoeder liefert
das erſte ſtumpfere Rhomboeder
d = 2a' : 2a' : ∞a, und die 2te ſechs-
ſeitige Säule b = a : ½a : a : ∞c, weil
es die Kante des Würfels abſtumpft.


4) Das Leucitoeder, die Kanten des Granatoeders abſtumpfend,
muß die erſte Säule a = a : a : ∞ a und das 2te ſtumpfere Rhomboeder
l' = 4a : 4a : ∞ a geben. Außer dieſen bleibt aber noch der Dreikantner
l = a' : ⅔a' : 2a', geſtrichelt, weil er in der erſten Abtheilung der Kanten-
zone des nächſten ſtumpferen Rhomboeders liegt.


5) Der Pyramidenwürfela : ½a : ∞ a bildet oben an ſeiner
Endecke ein Dihexaeder p = 3a : \frac{3}{2}a : 3a, und darunter liegt der beim
Kalkſpath ſo gewöhnliche Dreikantner p' = a : ⅓a : ½a, denn er ſchärft ja
die Zickzackkanten des Würfels zu.


6) Das Pyramidenoktaedera : a : ⅓a ſtumpft die gebrochenen
Würfelkanten des Leucitoeders ab, daher muß das obere Rhomboeder
t = 8a' : 8a' : ∞ a, das darunter liegende t' = ⅘a' : ⅘a' : ∞ a haben, denn
dieſes ſtumpft die ſtumpfe Endkante c : \frac{2b}{5} des Dreikantner 1 ab. Jetzt
bleibt nur noch der Dreikantner t° = 2a' : ⅓a' : ⅖a' über, der z. B. beim
Kalkſpath (Nro. 38) ſchon vorkommt.


7) Das Pyramidengranatoedera : ⅓a : ½a gibt uns oben ein
Dihexaeder g = 6a : 3a : 6a; darunter liegt der Dreikantner g' = 4a' : a' : \frac{4}{3}a';
dann folgt g'' = a' : ⅖a' : ⅔a'; endlich die 6+6kantige Säule
g° = a : ⅕a : ¼a : ∞ c.


Denkt man ſich alſo am regulären Syſtem irgend eine der trigonalen
Axen etwas länger oder kürzer als die übrigen drei, ſo muß ſogleich das
Syſtem dreigliedrig werden, obgleich der Zonenzuſammenhang der gleiche
bleibt. Jedenfalls gelangen wir auf dieſe Weiſe zu folgender Eintheilung:


1) Rhomboeder 1ſter Ordnung ma : ma : ∞a : c = mam; 2ter
Ordnung ma' : ma' : ∞ a' : c = ma'm.


[81]Dreigliedriges Syſtem: Mohs’ſches Zeichen.

2) Sechsſeitige Säulen: 1ſte Säule a : a : ∞a : ∞c = oao;
2te Säule: a : ½a : a : ∞ c = oa ½o.


3) Gradendflächec : ∞ a : ∞ a : ∞ a = ∞ a ∞.


4) Sechsundſechskantige Säulen.


5) Dreikantner: 1ſter Ordnung ;
2ter Ordnung .


6) Dihexaederma : ½ma : ma = ma ½m.


Blos der 6+6 Kantner kann aus dem regulären Syſtem nicht ab-
geleitet werden. Man gelangt zu ihm nur durch ein dirhomboedriſches
Syſtem. Die Behandlung dieſer Frage hat jedoch blos ein theoretiſches
Intereſſe.


Das Rhomboeder. Legt man eine Horizontalebene durch je drei
der Zickzackecken, ſo theilen dieſe die ganze Axe c in drei gleiche Theile
pag. 47. Es gilt dieſe Dreitheilung übrigens ganz allgemein für jedes
Parallelepiped. Häufig ſpricht man auch noch von ſeinen
Hauptſchnitten, d. h. drei Ebenen, welche reſpektive den
Flächen der zweiten ſechsſeitigen Säule parallel gehen,
alſo in der Axe c, der Endkante B und der ſchiefen Dia-
gonale d liegen. Die Linien dE und de bilden die Durch-
ſchnitte obiger Horizontalebenen mit den Hauptſchnitten,
theilen daher cc in drei gleiche Theile und werden ſelbſt
im Verhältniß 1 : 2 geſchnitten.


[figure]

Mohs und Naumann bezeichnen nun die Rhomboeder ſo, daß ſie
alle in unſerer Projektion durch die Einheiten a : a gelegt denken, und
dann das Verhältniß beiſchreiben, unter welchem Axe c geſchnitten wird.
R bedeutet das Grundrhomboeder. Alſo
mR = a : a : ∞a : mc = : ∞ a : c.
Dies Zeichen iſt wenigſtens nur inſofern zweideutig, als man immer
merken muß, daß die Axe c und nicht die a verlängert gedacht werde.
Darnach wäre ein Zeichen \frac{1}{m}a beſſer. Mohs hat nun aber unglücklicher-
weiſe noch die Reihen hineinverwoben. Ein Rhomboeder 3c : a : a : ∞a = 3R
ſchreibt er ¾R + 2, das ſoll heißen, das 2te ſchärfere von einem Rhom-
boeder ¾ R. R' = a' : a' : ∞ a : c bezeichnet er mit — R, ſo iſt alſo ein
Rhomboeder — R — 1 = ½ R = 2a : 2a : ∞ a : c, d. h. das nächſte
ſtumpfere vom Gegenrhomboeder.


Der Dreikantner (Scalenoeder). Hier wird das Mohs’ſche
Zeichen wahrhaft hieroglyphiſch, ſeine Schüler haben es daher verlaſſen,
und ſich dem Naumann’ſchen zugewendet. Dieſer geht vom eingeſchrie-
benen Rhomboeder der Seitenkanten des Dreikantners aus, er verlängert
die Hauptaxe c, und legt durch dieſen Punkt und die Zickzackkanten Flächen.
Das Symbol mRn bedeutet daher ein Rhomboeder mR = : ∞a : c,
Quenſtedt, Mineralogie. 6
[82]Dreigliedriges Syſtem: Allgemeines Zeichen.
deſſen Hauptaxe c bis nc verlängert iſt, und von dieſem Punkte nc wer-
den 6 Flächen nach den Zickzackkanten des Rhomboeders mR gelegt. Leider
ſind durch dieſes Zeichen für die Fläche nur zwei Axenpunkte nc : ma un-

[figure]

mittelbar feſtgeſtellt, wir müſſen alſo den dritten Ausdruck
für die ſtumpfe Endkante nc : yb des Dreikantners ſuchen.
Es verhält ſich x : \frac{b}{2m} = pc : oc = \frac{4}{3}c : c, x = \frac{2}{3m}b;
ferner \frac{2b}{3m} : yb = pnc : onc = (n + ⅓) c : nc,
. Wir haben alſo damit
die drei Punkte nc : \frac{a}{m} : . Projiciren wir dies,
ſo finden wir

[figure]

q = , und
p = , folglich
.


Beiſpiel. Für R3 iſt m = 1, n = 3, folglich \frac{6}{2}a : a : \frac{6}{4}a : 3c
= a
: ⅓a : ½a : c, der gewöhnliche Dreikantner. Allerdings gerade keine
einfache Anſchauungsweiſe! Da wäre ein Symbol 1a⅓ viel einfacher,
woraus ſogleich das dritte gefolgert werden könnte. Dabei hätte
man den Vortheil, daß auch Dihexaeder und Sechskantner das gleiche
Symbol hätten. Naumann bezeichnet ein Dihexaeder a : a : ∞a : c = P,
und : ∞a : c = mP. Den Sechskantner, welcher die Endkanten
von mP zuſchärft, ſchreibt er mPn = mc : a : na : . Dieſes Zeichen
läßt uns doch wenigſtens den Axenausdruck ableſen, indem m die Ver-
längerung von c, und n die Verlängerung des 2ten a bezeichnet. Der
Ausdruck mP2 = mc : a : 2a : — 2a = mc : 2a : a : 2a bezeichnet das nächſte
ſtumpfe Dihexaeder von mP. Haidinger ſetzt ſtatt P den Buchſtaben Q
(Quarzoid-Dihexaeder).


Der Zuſammenhang zwiſchen den allgemeinen Zeichen von Mohs
und Weiß iſt einfach folgender: Das allgemeine Zeichen von Weiß iſt
worin b die Zwiſchenaxen pag. 55 bezeichnet. Wenn von dieſen Zeichen
außer \frac{c}{λ} zwei beliebige gegeben ſind, ſo kann man die übrigen vier durch
einfache Addition oder Subtraktion der Nenner finden. Iſt z. B. \frac{a}{μ} und \frac{a}{ν}
gegeben, ſo findet ſich der Nenner des dritten a daraus durch Subtraktion ν — μ.
[83]Dreigliedriges Syſtem: Zwillinge.
Der Nenner von je zwei einem a anliegenden b iſt ſtets ⅓ der Summe,
alſo ν = ⅓ (μ + ν + 2ν — μ), ν — μ = ⅓ (2ν — μ + ν — 2μ),
μ = ⅓ (μ + ν — (ν — 2μ)). Die Nenner von b finden ſich durch Ad-
dition der Nenner von den anliegenden a. Es iſt die Folge des Kanten-
zonengeſetzes pag. 43.


Das allgemeine Mohs’ſche Zeichen iſt (P±n)m, und wenn man
dieſes auf unſer Zeichen zurückführen will, ſo findet der Zuſammenhang
Statt: . Aus dem gegebenen
c und beiden b kann man dann das volle Weiß’ſche Zeichen leicht ent-
wickeln.


Beiſpiel. Im Dreikantner des Kalkſpathes b3 = (P — 2)3 iſt
n = — 2 und m = 3, gibt
.
Zwiſchen den beiden b muß liegen, folglich muß vor ⅛b
ein ½ a ſtehen, weil 6 + 2 = 8 iſt, alſo folgt das Zeichen
.
Für e2 = (P—1)3 iſt n = — 1 und m = 3, alſo ½ (—2)—1c = — ¼c,
daher iſt der Dreikantner ¼c : ⅛b : \frac{1}{10}b zweiter Ordnung. Auf dieſes Vor-
zeichen muß man deßhalb ſehr achten. Wenn alſo n = o iſt, wie in den
Zeichen (P)3 = ½c : ⅛b : \frac{1}{10}b, ſo muß die Ordnung noch durch ein beſon-
deres Vorzeichen angedeutet werden, es iſt daher — (P)3 der Gegendrei-
kantner von denſelben Axenausdrücken.


Zwillinge.


Nimmt man zwei gleiche dreigliedrige Oktaeder pag. 24 und legt ſie
mit ihrem gleichſeitigen Dreieck auf einander, ſo gibt das das erſte
Hauptzwillingsgeſetz
. Die Rhomboeder haben in dieſer Weiſe die
Hauptaxe c gemein, und ſind gegen einander um 60° im Azimuth ver-
dreht. Beim Kalkſpath ſind die beiden Zwillingsindividuen über einander
gewachſen: es korreſpondiren dann beim Rhomboeder Flächen und Kanten
an beiden Enden mit einander; beim Dreikantner die ſtumpfen mit den
ſtumpfen, die ſcharfen mit den ſcharfen Endkanten. In den meiſten
Fällen verrathen auch einſpringende Winkel die
Zwillingsgränze. Durchwachſen ſich die Rhom-
boeder, ſo ſtehen die Zickzackkanten des einen
über die Flächen des andern hervor, die Kanten
werden im Verhältniß 1 : 1 : 2 geſchnitten, und
das gemeinſame Kernſtück iſt ein Dihexaeder.
Würden ſich zwei Dreikantner durchwachſen
(Dreikantner und Gegendreikantner), ſo entſtünde
ein 6+6 Kantner. Legen wir obige dreigliedri-
gen Oktaeder mit ihren gleichſchenkligen Dreiecken
an einander, ſo kommt das 2te Zwillings-

[figure]

6*
[84]Zweigliedriges Syſtem.
geſetz. Man kann auch zwei gleiche Rhomboeder nehmen. Legt man
dieſe mit ihren Endkanten in ſymmetriſcher Lage aneinander, ſo ſind

[figure]

nur zwei Stellungen möglich: entweder liegen ſie
einander parallel, oder um 180° gegen einander
verdreht (man ſagt umgekehrt). Letztere eindeutige
Stellung gibt den Zwilling. Gewöhnlich ſind
beide Rhomboeder verkürzt, man darf daher nur
ein Rhomboeder parallel der Fläche des nächſten
ſtumpfern Rhomboeders halbiren, und beide Stücke
auf der Halbirungsebene um 180° gegen einander
verdrehen, ſo iſt der Zwilling fertig. Es wird
dadurch im Kryſtall eine zweigliedrige Ordnung
hergeſtellt. Das ſteht in auffallender Analogie mit dem Zwilling des
viergliedrigen Syſtems, der auch eine zwei- und eingliedrige Ordnung
erzeugt, nur iſt ſtatt der Schiefendfläche ein Augitartiges Paar auf der
gemeinſamen Säule pag. 76. Oft wiederholen ſich zahlloſe Platten über
einander, die ungeraden gehören dem einen, die geraden dem andern In-
dividuum an. Kalkſpath liefert ein gutes Beiſpiel. Das dihexaedriſche
Syſtem iſt weniger zu Zwillingsbildungen geneigt. Das erſte Hauptgeſetz
kann hier gar keinen Zwilling geben, weil die Sextanten durch die Flächen
ſchon gleichmäßig ausgefüllt ſind. Nur wenn, wie bei manchen Quarzen,
die abwechſelnden Dihexaederflächen glänzend und matt ſind, entſtehen
jene höchſt eigenthümlichen Quarzzwillinge. Siehe Quarz.


Zweigliedriges Syſtem.


Prismatiſches oder orthotypes S. Mohs, rhombiſches S. Naumann.


Es hat drei ungleiche rechtwinklige Axen abc, daher auch einundeinaxiges
Syſtem genannt. c wird immer aufrecht gedacht und Hauptaxe genannt,
während von den Nebenaxen a uns zugekehrt von vorn nach hinten und
b von links nach rechts geht. Es iſt hier nur von geringem Nutzen,
aus dem regulären Syſtem die Körper abzuleiten, da wir es zu keiner
vielſeitigern Form, als zum Oktaeder a : b : c pag. 23 bringen. Mögen
wir die Axen auch ſchneiden, wie wir wollen, das allgemeinſte Zeichen
ma : nb : c kann nur mit vier Linien projicirt werden. Allen Oktaedern
iſt ein einziges rechtwinkliges Hexaid gemein: c : ∞ a : ∞ b, b : ∞a : ∞c
und a : ∞ b : ∞ c, es ſind die dreierlei Flächen, welche die 2+2kantigen
Ecken abſtumpfen. Nur dieſe drei Eins ſind im Syſteme möglich. Da-
gegen hat jedes Oktaeder drei ihm zugehörige Paare, von denen nur eins
verſchiedenen Oktaedern gemeinſam ſein kann. Jedes dieſer Paare bildet
eine rhombiſche Säule, deren Kante einer der drei Axen parallel geht, daher
muß es drei Syſteme von Paaren geben: 1ſtes Syſtem geht der Axe c
parallel, alſo a : nb : ∞ c, und darunter bildet a : b : ∞ c die Säule, von
der man ausgeht; das 2te Syſtem geht der b parallel, alſo c : ma : ∞ b,
und iſt auf die vordere (ſtumpfe) Säulenkante gerade aufgeſetzt. Haben
wir alſo ein Oktaeder a : b : c, ſo bilden a : b : ∞ c, a : c : ∞ b und b : c : ∞ a
die drei zugehörigen Paare, die für ſich ein zweigliedriges Dodekaid
pag. 38 mit dreierlei Parallelogrammen geben. Je zwei Paare davon
bilden ein Oblongoktaeder pag. 24. Wir bringen es alſo blos zu drei einzel-
nen Flächen, drei Syſtemen von Paaren (Säulen) und zahlreichen Oktaedern.


[85]Zweigliedriges Syſtem: Mohs’ſches Zeichen.

Das allgemeine Symbol einer Fläche könnte man man oder
nbm ſchreiben, wo dort am Ende b und hier a nachgelaſſen gedacht würde,
c ſtets = 1 geſetzt. Naumann und die Schüler von Mohs bezeichnen
das Hauptoktaeder mit einem Buchſtaben z. B. P (Pyramide), ein Zeichen
mP = mc : a : b, und ∞ P = ∞ c : a : b. Iſt nun eine ſolche mP feſt-
geſtellt, ſo verlängern ſie die b (Macrodiagonale) bis nb, und zeigen
dieß durch einen Querſtrich über P an, alſo mP̄n = mc : nb : a. Das
andere Mal denken ſie die a (Brachydiagonale) bis na verlängert, und
zeigen das durch ein Häckchen über P an, alſo mP̆n = mc : na : b. Freilich
vergißt man die Bedeutung des Häckchens und Striches immer wieder,
daher wäre es zu wünſchen, man verließe eine ſolche Bezeichnung ganz.
Noch ungleich geſuchter iſt die Mohs’ſche Weiſe: dieſer geht auch vom
Grundoktaeder P = a : b : c aus, denkt ſich dann als nächſtes ſtumpferes
das zugehörige Oblongoktaeder d und D, und ſchreibt um dieſes wieder
ein Oktaeder 2a : 2b : c, dem er das Symbol
P — 1 gibt, dann muß P — 2 = 4a : 4b : c
= a : b : 2—2 c
, und P±n = a : b : 2±n c ſein.
Die Paare bezeichnet er mit Pr = Prisma, ſo
daß P̄r ± n = a : ∞b : 2±n c und P̆r ± n
= b : ∞ a : 2±n c
die zwei zugehörigen Paare
zum Oktaeder P ± n bilden.


[figure]

Zur Ableitung weiterer Oktaeder verfährt nun Mohs ganz wie
beim viergliedrigen Syſtem pag. 75. Es ſei eine allgemeine Oktae-
derfläche abc gegeben, wir conſtruiren das Parallelogramm cadb, ſo
iſt c'd die digonale Zwiſchenaxe. Verlängert
man nun die Axe oc bis mc, und zieht von
dieſem Punkte aus nach d, ſo muß die Li-
nie mc : d die Axenebene aob in einem Punkt
y treffen, der durch die Proportion c'd : yo
= (m+1) c : mc
beſtimmt werden kann. Es
iſt aber c'd gleich der digonalen Zwiſchenaxe d,
folglich y iſt aber ein Kanten-
zonenpunkt, ziehen wir daher eine Linie von a
nach , ſo muß dieſe die Axe b in mb
ſchneiden. Denn ſetzen wir den geſuchten Schnitt
in , ſo muß , oder

[figure]

ſein. Das abgeleitete Oktaeder hat alſo den Ausdruck a : mb : mc = (P̄)m.
Ganz auf dieſelbe Weiſe finden wir das andere Oktaeder ma : b : mc = (P̆)m,
weil dort die lange und hier die kurze Nebenaxe verlängert iſt. Hätten
wir ſtatt des Oktaeders P ein Oktaeder P±n gewählt, ſo wäre (P̄±n)m
= a : mb : 2±n mc
und (P̆±n)m = ma : b : 2±n mc (Charakter. pag. 33).
Mohs geht aber noch weiter, er leitet auch aus den Kanten der Oblong-
oktaeder andere Oktaeder ab. Haben wir demnach zwei Paare
[86]Zweigliedriges Syſtem: Hemiedrie.
P̄r ± n = a : ∞b : 2±n c und P̆r ± n = b : ∞a : 2±n c,
und nehmen wir 2±nc als die Axeneinheit c, ſo werden die Endkanten
dieſes Oblongoktaeders in der Kantenzone a+b liegen. Jetzt verlängern
wir 2±nc um mmal, ſo müſſen die Projektionslinien dieſer Flächen durch
\frac{a}{m} und \frac{b}{m} gehen für die aufrechte Axe 2±nc. Ziehen wir die Oktaeder-
fläche \frac{2 a}{m}: \frac{2b}{m}, ſo muß die Linie zwiſchen und gelegen die
Axe b in ſchneiden, weil ſein muß, nach
dem bekannten Kantenzonengeſetz, ſo daß ein Zeichen
, und
ſein muß. (Charakteriſtik pag. 35.)


[figure]

Beiſpiele. Zur Uebertragung der Mohs’ſchen in die Weiß’ſchen
Formeln braucht man nur folgende 4 allgemeinſte Ausdrücke:
1) (qP̄ ± n)m = a : mb : mq2±n c.
2) (qP̆ ± n)m = ma : b : mq2±n c.
3) (qP̄r±n)m = : q2±n c.
4) (qP̆r±n)m = : q2±n c.


Am Braunmanganerz (Pogg. Ann. 7. 225) iſt
g = (\frac{4}{3}—2)3, folgl. q = \frac{4}{3}, n = — 2, m = 3,
gibt nach (1) g = a : 3b : 3 • \frac{4}{3} • 2—2 c = a : 3b : c.
m = P + 1, folglich q = m = m = 1, deshalb geben Formel (1 u. 2)
m = a : b : 2c.
h = (P̄r—1)3, folglich in Formel (3) q = 1, n = — 1, m = 3, gibt
h = : 2—1c = ½a : b : ½c.
c = (\frac{6}{5}P̆r—1)3, folglich in Formel (4) q = \frac{6}{5}, n = —1, m = 3, gibt
c = : \frac{6}{5} • 2—1c = a : ½b : ⅗ c.


Hemiedrie kommt zwar ſelten im zweigliedrigen Syſteme vor,
allein es gibt doch eine ausgezeichnete tetraedriſche beim weinſteinſauren
Kali (Weinſtein, Tartarus), Haidinger nennt die zweigliedrigen Tetraeder
pag. 23 daher Tartaroide, Naumann Rhombiſche Sphenoide. Vergleiche
auch Zinkvitriol, Bitterſalz, Braunmanganerz ꝛc. Pyritoedriſche kann nicht
vorkommen, weil überhaupt nur Paare parallel einer der Axen gehen.


Zwillinge ſpielen eine ſehr ausgezeichnete Rolle, ſie richten ſich
gewöhnlich nach den rhombiſchen Säulen: die Kryſtalle haben ir-
gend eine Säulenfläche
gemein, und liegen umgekehrt, ſie wachſen
in dieſer Stellung entweder aneinander, oder durcheinander. Man macht
[87]Zweigliedriges Syſtem: Zwillinge.
ſich am leichteſten die Sache mit zwei einfachen rhom-
biſchen Säulen klar: Im Falle 1 liegen beide parallel
nebeneinander, und das iſt kein Zwilling; im 2ten
Falle haben ſie B gemein, und A liegt umgekehrt,
oder man ſagt auch, das eine Individuum ſei um
das andere um 180° verdreht; im dritten Falle haben
ſie A gemein, d. h. dieſelben ſpiegeln, und die B liegen
umgekehrt. Da aber im zweigliedrigen Syſtem A = B
iſt, ſo ſind die Fälle 2 und 3 nicht von einander ver-
ſchieden. Weil außer der parallelen Lage für jedes
Individuum nur eine einzige ſymmetriſche möglich iſt,

[figure]

ſo liegt in der Ausdrucksweiſe „umgekehrt“ nichts Zweideutiges.


Wachſen die Individuen in ihrer Zwillingsſtellung durch
einander, ſo fallen die Unterſcheidungsmerkmale der beiden
Fälle ganz weg, es iſt ein und daſſelbe Zwillingsgeſetz.


Häufig reihen ſich die Individuen in großer Zahl an
einander, aber ſo daß die ungerader Zahl 1357 denen ge-

[figure]

rader Zahl 246 parallel gehen. Es ſind im Grunde
nur zwei Individuen, welche ſich in einander ſchränken.
Nicht ſelten verengen ſich die zwiſchenliegenden ſtark,
ſind oft ſo fein, daß ſie nur an Streifungen erkannt

[figure]

werden, und zu der Meinung verleiten, man habe nur ein Individuum
vor ſich. Der Arragonit liefert vortreffliche Beiſpiele.


Drillinge bilden nur eine einfache Fortſetzung des Hauptgeſetzes,
und es hängt lediglich von der Größe des Säulenwinkels ab, wie viele
ſich um einen Punkt ſchaaren können. Beim Arragonit beträgt z. B. der
Säulenwinkel 116° und 64°: ſchaaren
ſich alſo mit dem ſtumpfen Winkel drei
Individuen, ſo bleibt noch ein Raum von
360 — 3 • 116 = 12°, in welches kein
vollſtändiges viertes mehr geht; mit dem
ſcharfen Winkel können ſich dagegen 5
an einander legen, und es bleibt noch
ein Raum von 360 — 5 • 64 = 40°, in

[figure]

welchen kein vollſtändiges ſechstes hinein paßt. Siehe noch den Binarkies.
Uebrigens brauchen die Individuen ſich nicht blos um einen Punkt zu
legen, ſondern jedes kann wieder zu neuen Anlagerungen Anlaß geben,
ſie durchwachſen ſich, und legen uns ſo eine Menge Schwierigkeiten in
den Weg, die wir nicht immer zu durchſchauen im Stande ſind. Beträgt
der ſtumpfe Säulenwinkel 120°, oder kommt er dieſem nahe, ſo füllen
drei Individuen mit ihren ſtumpfen Winkeln den Raum vollkommen aus,
und verwiſchen ſich die Zwillingsgränzen, ſo entſteht dann eine reguläre
ſechsſeitige Säule, und eine vollſtändige ſechsgliedrige Entwickelung des
Syſtems. So iſt es z. B. beim Silberkupferglanz, Arſenikkies, Chryſo-
beryll. Es wird dann auch hier durch den Drilling eine höhere Sym-
metrie hingeſtellt. Selten kommt es bei einem Syſteme vor, daß ſich nach
verſchiedenen Säulen Zwillingsverwachſungen zeigen, wie z. B. beim
Arſenikkies und Binarkies.


[88]Zwei- und eingliedriges Syſtem.

Eine eigenthümliche Bewandtniß hat es mit dem Kreuzſtein und
Staurolith, die dort nachzuſehen ſind.


Zwei- und eingliedriges Syſtem.


Hemiorthotypes S. Mohs, Monoklinoedriſches S. Naumann.


Hier bleiben nur noch Paare und Einzelflächen, daher die paſſende
Benennung des Hrn. Prof. Weiß. Wie wir pag. 29 ſahen, ſteht die
Hauptaxe c häufig etwas ſchief gegen a, aber noch rechtwinklig auf b.
Dreht man daher die Kryſtalle um die Axe b, ſo bleiben ſie links wie
rechts, ſind aber vorn anders als hinten. Inſofern iſt die Richtung b
einzig, dagegen können die Axen a und c in der Axenebene ac, welche
den Kryſtall ſymmetriſch halbirt, verſchieden gewählt werden. Unter dieſen
verſchiedenen finden ſich aber gewöhnlich zwei, welche vom ſenkrechten nur
wenig abweichen, und dieſe wählte Hr. Prof. Weiß zuerſt als Axen, bis
dann Spätere davon abwichen, und ganz ſchiefe an ihre Stelle ſetzten.
Daher die Verſchiedenheit der Darſtellung, welche das Verſtändniß nicht
wenig hemmt. Die Medianebeneb : ∞ a : ∞ c (Längsfläche) ſteht
bei allen Schriftſtellern feſt, und ſämmtliche gegen ſie ſenkrechte Flächen
treten nur ein einziges Mal auf, ſie gehen der b parallel. Dazu gehören
a : ∞ b : ∞ c, c : ∞ a : ∞ b, die vordern Schiefendflächen c : ma : ∞ b
und die hintern Gegenflächen c : ma' : ∞ b. Alles was die Medianebene
unter ſchiefen Winkeln ſchneidet, alſo ſymmetriſch dagegen liegt, tritt
doppelt auf, bildet augitartige Paare (kurz Augitpaare). Nur eines
dieſer Paar-Syſteme geht der Hauptaxe parallel, daraus wird die Säule
a : b : ∞c genommen, von der man gewöhnlich ausgeht. Auch in der Wahl
der Säule weichen die Schriftſteller ſelten von einander ab, weil in der Regel
dieſelbe ſich vor allen andern Augitpaaren ausdehnt, doch liegt im All-
gemeinen kein genügender Grund vor, welches Paar man zur Säule
wählen ſoll. Steht alſo die Medianebene, welche den Kryſtall ſymmetriſch
theilt, und die Säule feſt, ſo iſt damit die Richtung der Axe b (ſenkrecht
auf die Medianebene) und der Axe c (der Säulenkante von a : b : ∞ c
entſprechend) gegeben, nur in der dritten a iſt noch verſchiedene Wahl
möglich. Dieſe a hängt lediglich von den Schnitten ab, in welchen die
Schiefendflächen und Augitpaare die Medianebene treffen. Wir dürfen
daher die Schnitte nur auf der Medianebene ziehen, um von der Sache
eine klare Vorſtellung zu gewinnen. Wählen wir als Beiſpiel den
Feldſpath. Derſelbe bildet eine geſchobene Säule T/T = a : b : ∞ c,
deren Kante der Richtung von cc' entſpricht; der zweite Blätterbruch
M = b : ∞ a : ∞ c ſtumpft die ſcharfe Säulenkante gerade ab, folglich
ſteht Axe b ſenkrecht auf M und Axe c. Die Schiefendfläche P = a : c : ∞ b
entſpricht dem erſten Blätterbruch und iſt vorn, die hintere Gegenfläche
x = a' : c : ∞ b iſt hinten auf die ſtumpfe Säulenkante gerade aufgeſetzt.
Macht man ſich nun den Aufriß in der Medianebene M, ſo muß die Axe

[figure]

cc' der Säulenkante T/T parallel gehen. Die
Linien P und x ſind die Schnitte der Endflächen
mit der Medianebene, durch Rechnung findet
man ihre Neigung gegen die Axe c pag. 61:
P
zu c macht 63° 53′ und x zu c 65° 47′.
[89]Zwei- und eingliedriges Syſtem: Zwillinge.
Wären beide Neigungen gegen Axe c gleich, ſo würde a a' gegen c c'
ſenkrecht gezogen im Punkte o halbirt werden. Jetzt aber muß der Winkel
a o c etwas größer ſein als c o a', ſonſt kann die Linie in o nicht halbirt
ſein. Das ganze Problem läuft alſo auf folgenden einfachen Satz hinaus:
ſind mir in der Medianebene zwei beliebige Linien a c und a'c gegeben,
und ziehe ich im Winkel a c a' eine beliebige Hauptaxe c c', ſo kann ich
durch einen beliebigen Punkt o eine Axe a a' d. h. eine Linie a a' legen,
die in o halbirt wird. Naumann wählt beim Feldſpath das vordere
Augitpaar m, und das hintere o, deren Mediankanten ſehr verſchieden
gegen die Hauptaxe geneigt ſind, weßhalb die Axe a hinten mit c einen
Winkel von 63° 53′ macht, alſo um 26° 7′ von einem rechten Winkel
abweicht, während unſere Axenwahl hinten mit einem Winkel von
88° 50′ nur um 1° 10′ vom rechten abweicht. Nun werden zwar bei der
Naumann’ſchen Axenwahl die Ausdrücke der Flächen etwas einfacher,
weil die Schiefendfläche P zur Baſis c : ∞ a : ∞ b wird, allein da das
Feldſpathſyſtem ganz die gleiche Entwickelung wie Hornblende, Augit,
Epidot zeigt, wo die Weiß’ſchen Axen, wenn etwa, ſo doch nur um ein
Minimum von der Rechtwinkligkeit abweichen, ſo wird man den großen
Vortheil, den rechte Winkel gewähren, nicht gegen die vagen ſchiefwink-
ligen aufgeben wollen. Denn vag ſind die ſchiefwinkligen, weil ich mit
demſelben Rechte und Vortheil auch ganz andere als Naumann genommen
haben könnte, während die Weiß’ſche Wahl nur ein einziges Mal getroffen
werden kann, und inſofern etwas Zwingendes hat. Von der Priorität
und den zahlloſen lehrreichen Beziehungen gar nicht zu reden, welche Hr.
Prof. Weiß gerade im Feldſpath mit ſo viel Genialität uns dargelegt hat.


Mohs nennt, wie wir pag. 29 ſahen, den Winkel, welchen das
Perpendikel von c auf a gefällt mit der Axe c macht, die Abweichung.
Das iſt nun zwar ganz gegen die gewöhnliche Vorſtellung, es iſt aber
glücklicher Weiſe die gleiche Winkelgröße, um welche der Axenwinkel a c
von einem rechten abweicht. Naumann nennt das 2+1gliedrige Oktaeder
mit 2 Augitpaaren, klinometriſche Pyramide ± P, — P bezeichnet das
vordere und + P das hintere Paar. Man ſollte hier auch wieder nach
Vorgängen von Hauy und Weiß die umgekehrte Bezeichnung erwarten.
+ mP = mc : a' : b, und — mP = mc : a : b; + mPn = mc : a' : nb,
mPn = mc : a : nb; + (mPn) = mc : na' : b und — (mPn) = mc : na : b.
Die Axen a b c ſind hier wie bei Weiß gedacht, nur mit dem Naumann’-
ſchen Axenwinkel a c. Wollen wir es daher auf die Weiß’ſchen Zeichen
zurückführen, ſo müſſen wir uns in den einzelnen Fällen eine Projektion
entwerfen, und darauf irgend einem Oktaeder, aus welchem man dedu-
ciren kann, die Weiß’ſchen Axen unterlegen, woraus dann die andern
Zeichen von ſelbſt folgen, und umgekehrt. Beiſpiele ſiehe beim Feldſpath,
Titanit.


Zwillinge. Das Hauptgeſetz beruht darauf, daß die Zwillinge
die zweigliedrige Symmetrie herſtellen: die Kryſtalle haben alſo die Säule
gemein und liegen mit ihren Enden umgekehrt. Es ſpiegelt dann Alles
ein, was in der Säulenzone liegt, namentlich auch die Medianebene beider
Individuen, und es iſt dabei gleichgültig, ob die Individuen durch einander
wachſen, oder ſich mit dieſer oder jener Fläche aus der Säulenzone an
[90]Eingliedriges Syſtem. Kantenſchnittformel.
einander legen. Feldſpath, Hornblende, Augit, Gyps. Beim Gyps ſpielt
auch öfter ein Augitpaar nebſt der Medianebene ein (linſenförmige Kry-
ſtalle von Mont Martre). Zuweilen haben die Individuen eine der
Schiefendflächen gemein (Epidot, Cyanit, Titanit), es ſpielt dann aber
immer noch die Medianebene ein. Blos bei dem Bavenoer Zwillings-
geſetz des Feldſpaths ſpielt die Medianebene nicht ein, dieſe Verwachſungen
haben aber immer eine Neigung zur Vierlingsbildung, wodurch ſogar eine
viergliedrige Ordnung erreicht wird. Siehe Feldſpath, Schwefel.


Eingliedriges Syſtem.


Anorthotypes S. Mohs, Diklino- und Triklinoedriſches Naumann.


Hier bleibt nun keine Fläche der andern mehr gleich, und wir müſſen
die Axen mit a a' b b' auszeichnen, um die Lage in den viererlei Oktanten
ausdrücken zu können. Mit dem Worte „Fläche“ iſt Alles bezeichnet,
und es bedarf nicht der überflüſſigen Worte Tetartopyramiden, Hemidomen
(Hemiprismen) ꝛc. Axinit und Kupfervitriol liefern die unſymmetriſchſten
Beiſpiele, wiewohl man erſtern, weil M/P 90° 5′ bildet, als diklinometriſch
nehmen könnte. Die eingliedrigen Feldſpäthe (Albit, Labrador ꝛc.) haben
durch ihre Analogie mit dem 2+1 gliedrigen Kalifeldſpath noch ein be-
ſonderes Intereſſe, da ſie häufig als Zwillinge mit Wiederholung der
Individuen vorkommen. Dieſelben ſtellen zunächſt eine 2+1 gliedrige
Ordnung her. Letztere Ordnung verwächst dann wieder nach den Zwil-
lingsgeſetzen des gewöhnlichen Feldſpaths, ſo gelangen wir zuletzt zur
zweigliedrigen, ja ſelbſt viergliedrigen Ordnung. Die Subſtitution recht-
winkliger Hilfsaxen iſt nicht mehr recht praktiſch, und es ſcheint am beſten,
die Winkel mittelſt Trigonometrie auszurechnen.


Hauy’s Bezeichnungsweiſe.

Sie iſt noch heute in Frankreich und England die gangbarſte, und
beruht auf der Eigenſchaft, daß ſämmtliche Kanten eines Kryſtalls von
einer beliebigen Kryſtallfläche unter rationalen Verhältniſſen geſchnitten
werden. Beweiſen wir dieſen Satz allgemein für rechtwinklige Axen.


Kantenſchnittformel. Gegeben ſei eine beliebige Linie μa : νb,
dieſe werden von μ0a : ν0b und μ1a : ν1b in p und p1 geſchnitten, ſo iſt
Denn es iſt nach der Zonenpunktformel pag. 43

[figure]

[91]Vertauſchung der Projektionsebene.
, woraus ſich
pp1 wie oben ergibt. Es iſt darin nur das Grundverhältniß μν irratio-
nal, das Vorzeichen derſelben rational.


Gewöhnlich braucht man die Formel in dieſer Allgemeinheit nicht,
ſondern man ſetzt ν0 = o, dann fällt p mit dem Punkte μ zuſammen,
und . Setzen wir darin μ = ν = 1,
ν1 = — 1, ſo iſt , der bekannte Satz über
die Theilung des Dreiecks pag. 65. Dieſe rationalen Schnitte ſind Folge
der Deduktion.


Nimmt man nun z. B. ein beliebiges Hexaid, ſo wird das Oktaid
die Kanten der Ecke unter irgend einem irrationalen Grundverhältniß
A : B : C abſtumpfen, jede andere deducirte Fläche muß dieſe irrationalen
unter rationalen Verhältniſſen ſchneiden. Die ganze Aufgabe läuft daher
darauf hinaus, zu beſtimmen, wie eine Fläche, die drei bekannte Kanten
unter bekannten Verhältniſſen ſchneidet, die den Kanten zugehörigen Axen
ſchneidet. Zur Löſung bedient man ſich mit Vortheil folgenden Satzes
über die Vertauſchung der Projektionsebene:


Wollen wir die Flächen eines Kryſtalls, die auf die
Gradendfläche projicirt ſind, auf eine beliebige andere
Fläche projiciren, ſo legen wir die neue Projektionsebene
durch den Mittelpunkt des Kryſtalls, und verfahren wie
beim 2 + 1gliedrigen Syſtem

pag. 57. Soll die Kante c : \frac{a}{μ} auf die
Fläche c : \frac{a}{μ₁} projicirt werden, ſo lege ſie
durch den Mittelpunkt o nach oA, ziehe
k der Axe c parallel, ſo iſt k = a sin α,
\frac{k}{x} : \frac{a}{x}\frac{a}{μ} = 1 : \frac{a}{μ}; x = μ — k, auf
der Hinterſeite y = μ + k. Ebenſo

[figure]

findet man in der Axe b die x = ν ∓ λ. Eine Fläche \frac{a}{μ} : \frac{b}{ν} hat alſo
in der neuen Projektionsebene , und umgekehrt eine Fläche
\frac{A}{μ} : \frac{B}{ν} wird .


Beiſpiel. Feldſpath. Naumann nimmt den Blätterbruch P als
Baſis, und ſetzt o = + P = A' : B : C,
folglich iſt k = ½ und o = : b : c =
2a' : b : c; m = — P = A : B : C
, folg-
lich m = : b : c = ⅔a : b : c;

[figure]

[92]Ueberſetzung des Hauy’ſchen Symbols.
n = (2P ∞) = C : ½B : ∞ A = : c : ½b = 2a : c : ½b;
x = P∞ = C : A' : ∞ B
, folglich x = : c : ∞ b = 2a' : c : ∞ b;
y = 2P∞ = 2C : A' : ∞B = C : ½A' : ∞B
, folglich y = : c : ∞b =
\frac{2a'}{3}
: c : ∞b; t = — 2P∞ = 2C : A : ∞B = C : ½A : ∞B, folglich
t = : c : ∞b = ⅖a : c : ∞b; P = oP = C : ∞A : ∞B, folg-
lich P = c : : ∞b = c : 2a : ∞b. Daraus iſt erſichtlich, daß
C Naumann = c Weiß, B N. = ½b W. und A N. = ½a W., wodurch
ſich die bekannten Weiß’ſchen Axenausdrücke leicht ergeben.


Die neuern Franzoſen und Engländer gehen beim Feldſpath
vom Hendyoeder MMP aus, und bezeichnen die Kanten und Ecken wie

[figure]

Hauy, aber mit kleinen Buchſtaben. Der Uebelſtand iſt
nur der, daß man leicht vergißt, auf welche Kanten-
ſchnitte ihr Symbol deute. Meiſt iſt die aufrechte Kante
G unſerer Axe c entſprechend in der Einheit gedacht.
Es bedeutet alſo a1 den Kantenſchnitt B : B : H in der
Ecke A; a½ = ½B : ½B : H, a\frac{3}{2} = \frac{3}{2}B : \frac{3}{2}B : H; g1 =
B : D : ∞G; g2 = D : ½B : ∞G
oder ½D : B : ∞G, denn
in dieſen Zeichen der Säule iſt keine Verwechſelung mög-
lich; b½ = H : ½B : ∞B, e½ = G : ½B : ½D ꝛc. Um nun dieſe Aus-
drücke auf Axen zu beziehen, dürfen wir nur das Hendyoeder auf P pro-
jiciren, wir bekommen dann ſofort die Naumann’ſchen Axenausdrücke.

[figure]

Denn in den Linien BD liegen jetzt die
Kanten B und D, und in der aufrechten
Axe c die G und H. Fläche x = a1
ſchneidet B : B; y = a½ ſchneidet ½B : ½B;
q = a\frac{3}{2} ſchneidet \frac{3}{2}B : \frac{3}{2}B; M = g1 hat
Axe aa' zur Sektionslinie; z = g2 ſchnei-
det ∞C : B : ½D; o = b½ ſchneidet ½B : ∞B; n = e½ ſchneidet ½B : ½D ꝛc.
Man ſieht leicht ein, es ſind ſtatt der Axen a und b die Linien BD,
in welchen die Säulenflächen T die P ſchneiden, genommen. Die Sym-
bole empfehlen ſich durch ihre Einfachheit, und ſind mindeſtens nicht ſchwie-
riger zu verſtehen, als die Symbole mehrerer deutſchen Mineralogen. Ja

[figure]

wenn Einfachheit der Axen allein entſcheiden würde, ſo
müßte man dieſe unbedingt den Naumann’ſchen vorziehen.


Hauy gieng übrigens nicht vom Hendyoeder,
ſondern von den drei Blätterbrüchen PMT aus, welche
ein Henhenoeder bilden, machte aber auf die Sym-
metrie der Kryſtalle wohl aufmerkſam. Fläche y =
= C : F : G, Axe c entſpricht alſo den Kanten GH,
Axe a fällt mit Kante PM zuſammen, und nur die
Kante PT, der Sektionslinie von T entſprechend, fällt
außerhalb der dritten Axe. Hauy nahm alſo c als
Einheit, ½a für die Kantenlängen MP, und ½B für
[93]Hauy’s Kryſtallographie.
die von PT. Daher muß x = = G : 2C : 2F durch Axe a' gehen;
q = = G : 3C : 3F durch \frac{3}{2}a' ; n = = G : F : ∞ C. Verſteht
man alſo das Zeichen, ſo iſt durch einen bloßen Linienzug auf der Pro-
jektion die Aufgabe gelöst, mehr kann man nicht wünſchen. Nur das
Zeichen macht einige Schwierigkeiten. Doch ſind wir es dem Gründer
der Kryſtallographie ſchuldig, der Auseinanderſetzung ein Wort zu widmen.


Hauy unterſcheidet zweierlei Formen. 1) Formes primitives
(Kernformen), es waren ſechs: Parallelepipedon pag. 16, Oktaeder,
Tetraeder, reguläre ſechsſeitige Säule, Granatoeder und Dihexaeder.
Beſonders ſpielten die erſten beiden mit ihren verſchiedenen Winkeln eine
Hauptrolle. Er wurde in der Wahl hauptſächlich durch den Blätterbruch
geleitet: ſo gieng er beim Flußſpath nicht vom Würfel, ſondern vom
Oktaeder, bei der Blende vom Granatoeder aus, blos wegen der Blätt-
rigkeit. 2) Integrirende Molecule (M. intégrantes) ſind dreierlei:
die 4flächigen Tetraeder; das 5flächig dreiſeitige Prisma mit Gradend-
fläche; die ſechsflächigen Parallelepipeda. Es ſind die einfachſten Raum
umſchließenden Körper, auf welche man durch weitere Theilung der Pri-
mitivformen kommt. So zerfällt z. B. das Rhomboeder durch die drei
Hauptſchnitte, welche der 2ten ſechsſeitigen Säule parallel gehen, in 6
Tetraeder. Das Granatoeder durch 6 von den vierkantigen Ecken aus
bis zum Mittelpunkt geführte Spalte in 4 congruente Rhomboeder. Die
Spalte müſſen den 6 Kryſtallräumen parallel geführt werden. Die Molé-
cules intégrantes
haben übrigens nur eine theoretiſche Bedeutung. Da-
gegen iſt noch eine weitere Benennung, die Molécules soustractives,
von praktiſcher Wichtigkeit, es ſind Parallelepipede meiſt der Primitivform
ähnlich, oder doch darin ſteckend, durch deren Aufthürmung auf die Flächen
der Primitivform die ſecundären Flächen entſtehen.


Hauy ſah nun den Kryſtall als einen Complex von lauter unter ſich
gleichen integrirenden Moleculen an, die ſich zu ſubtractiven gruppiren.
Letztere liegen alle unter einander parallel, und erzeugen ſo den Blätter-
bruch. Die integrirenden müſſen außerordentlich klein gedacht werden, in
ihnen haben nur noch die Molécules élémentaires Platz, aus welchen die
chemiſchen Stoffe beſtehen. Den Keim eines Kryſtalls bildet ein einziges
M. soustractive, ſein Fortwachſen iſt nur ein paralleles Anhäufen ſolcher
unter ſich gleichen Atome. Die Beſtimmung dieſes ſubtractiven Moleculs
und die Weiſe, wie ſie ſich an einander reihen, iſt Aufgabe der Kryſtallo-
graphie. Machen wir es an einigen Beiſpielen klar.


Der Bleiglanz, das Steinſalz ꝛc. haben einen dreifach blätt-
rigen Bruch von gleicher Beſchaffenheit, die ſich unter rechten Winkeln
ſchneiden, daher die Primitivform ein Würfel,
und die ſubtractiven Molecule Würfelchen. Durch
Decrescenzen (décroissemens) auf den Kan-
ten
entſtehen alle Körper der Kantenzonen (Gra-
natoeder und Pyramidenwürfel). Hauy dachte ſich
lauter kleine Würfelchen parallel der Kernform
aufgethürmt, wie man aus dem Aufriß beiſtehender
Würfelfläche leicht erſieht. Durch Decrescenzen
um eine Reihe in die Höhe und Breite entſteht

[figure]

[94]Hauy’s Kryſtallographie.
die Granatoederfläche BG. Er dachte ſich dabei in jeder höhern Schicht
eine Reihe weniger, der Effekt iſt offenbar derſelbe, als wenn ich die
Würfelkanten im Verhältniß B : B : ∞B ſchneide; durch Decrescenzen um
2 Reihen in die Breite und eine in der Höhe B2 entſtehen die Pyrami-
denwürfel Fläche BC = 2B : B : ∞B; durch Decrescenzen um 3 Reihen
in die Breite und 2 in der Höhe entſteht die Fläche 3B : 2B : ∞B ꝛc.
Die Decrescenzen auf den Ecken kann man doppelt nehmen:
ſymmetriſch oder unſymmetriſch gegen eine Kante. Hauy dachte ſich die
Sache auch durch Aufthürmen, doch macht man es ſich beſſer durch Weg-

[figure]

nahme der Würfelchen klar. Das Zeichen bedeutet,
daß man ein Würfelchen von der Ecke wegzunehmen habe,
der Effekt wird die Oktaederfläche B : B : B ſein, ſie be-
rührt die drei Ecken der folgenden Würfelſchicht, nehme
ich dieſe drei, ſo ruht die Fläche auf 6, dann auf 10,
15 ꝛc. auf, immer behält ſie aber die gleiche Lage. 2A
bedeutet eine Leucitoederfläche 2B : 2B : B, und zwar wer-
den die zwei Kanten links in 2 geſchnitten; A3 bedeutet B : 3B : 3B und
zwar 3B in den zwei Kanten rechts. Für die unſymmetriſchen Flächen
mußten drei Buchſtaben in der Klammer genommen werden (A2 1B B3),
bezeichnet 2B : B : 3B. Beim regulären Syſtem kann man nicht leicht
irren, bei den übrigen muß man ſich jedoch vorſichtig vor Kantenver-
wechſelungen hüten. Wiederholen wir daher am allgemeinen Hexaid
nochmals kurz die Zeichen:


[figure]

An den Kanten BCDF können die Decrescenzen dar-
über (auf P) oder darunter (auf M und T) ſtattfinden,
auf den Kanten G und H nur links oder rechts, daher
die vier Stellungen der Zahlen an den Conſonanten oben,
unten, links oder rechts: heißt eine Decrescenz um
m Reihen in die Breite auf P, alſo mF : H : ∞D. Bei
Brüchen bezieht ſich der Zähler auf die Reihen der Breite,
der Nenner auf die der Höhe, das liegt ſchon im allge-
meinen Zeichen, da m ganze Zahlen wie Brüche bedeutet; Hn = nF : D : ∞H.
An die Vokale der Ecken kann ich die Zahlen oben links und rechts ſetzen,
man denkt ſich dabei den Kryſtall ſo geſtellt, daß die in Rede ſtehende
Ecke unmittelbar vor mir ſteht: = mD : mF : H; Om = mF : mH : D;
mO = mD : mH : F
, die Decrescenz um m Reihen in der Breite findet
alſo auf derjenigen Fläche der Ecke ſtatt, wohin der Buchſtabe m an O
geſtellt iſt. Ein Symbol Am bedeutet mB : mH : C, denn man muß ſich
den Kryſtall ſo lange herumgedreht denken, bis A vor uns ſteht, deßhalb
iſt mE = mB : mG : D. Intermediäre Decrescenzen ſind ſolche, worin
alle drei Kanten der Ecke ungleich geſchnitten werden, oder wenn die
Decrescenz über die Kanten hinüber neigt, dazu wurden drei Buchſtaben
mit Klammer genommen: (D1 F2) = H : D : 2F; (D4 F1) = ⅓H : 4D : F
= H : ¾D : 3F.


Hauy legte auf die Entwickelung des rhomboedriſchen Syſtems ein
beſonderes Gewicht, wir wollen daher zum Schluß noch einige Erläute-
rungen darüber geben, namentlich erweist ſich darin auch die Wichtigkeit
[95]Hauy’s Kryſtallographie.
der Projektion in ihrer großartigen Einfachheit. Zu dem Ende projicire
ſämmtliche Flächen auf die Fläche P des blättrigen Bruchs, dann kann
man die Kanten des Rhomboeders als Axeneinheiten AAA nehmen,
welche ſich unter gleichen ſchiefen Winkeln von 101° 55′ und 78° 5′ ſchnei-
den. Denken wir uns die aufrechte dritte A nach vorn geneigt, ſo bildet
a1 = A' : A' die Gradendfläche und die drei e1 = A : A und A : A' bilden
das erſte ſchärfere Rhomboeder; b1 = A' : ∞A' und A' : A' : ∞A gehören
dem erſten ſtumpfern Rhomboeder, d1 = A : ∞A und A : A' : ∞A der zweiten
ſechsſeitigen Säule an. Die Flächen P bilden alſo das dreigliedrige Hexaid,
a1 und e1 das zugehörige Oktaid, und b1 mit d1 das zugehörige Dodekaid.


Das Leucitoeder e2 = A' : ½A und 2A : 2A führt uns zur erſten
ſechsſeitigen Säule, durch
welche auf der Gradend-
fläche a1 die dreigliedrigen
Axen beſtimmt werden, ich
habe ſie deßhalb punktirt;
a2 = 2A' : 2A' und A' : ½A'
liefert das zweite ſtumpfere
Rhomboeder. Der Drei-
kantner e2 = A : ½A, A : ½A'
und 2A : 2A' iſt zweiter
Ordnung ½c : a' : ⅓a' : ½a',
weil er ſeine ſtumpfen
Endkanten wie die Kanten
des Hauptrhomboeders legt.
Nehmen wir, um die Figur
nicht zu überladen, noch

[figure]

das Pyramidenrhomboeder, ſo liefert uns das den Dreikantner d2 = ½A : ∞A,
A' : ½A : ∞A und 2A : ∞A und das Dihexaeder b2 = ½A' : ∞A, A' : ½A' : ∞A
und 2A' : ∞A. So können wir mit Leichtigkeit alle Hauy’ſchen Zeichen
eintragen, ſie führen uns alle zu den Zeichen des regulären Syſtems,
und liefern den Beweis, daß der einfachſte Flächenausdruck nicht immer
der beſte ſei. Wir müſſen vielmehr die Zeichen auf 3 und 1 Axe zurück-
führen, auf aaac. Die punktirten Linien e2 geben in ihren Durchſchnitten
mit a' die drei neuen Axen a. Legen wir daher die a' durch den neuen
Axenmittelpunkt o, ſo fällt dieſelbe mit der Linie 3\frac{a}{2}, a, \frac{a}{2} zuſammen,
von ihr kann man alſo die neuen Axenausdrücke unmittelbar ableſen, ſie
braucht man nicht zu beſtimmen. Auch die Axe c, welche auf a1 ſenk-
recht ſteht, iſt allen gemein. Wir brauchen alſo nur noch eines der beiden
andern a zu finden, welche in der gegen Axe c ſenkrechten Ebene a1 den
gleichen Linien oA' und oA' correſpondiren. Nach unſerem obigen Satze
pag. 91 muß aber eine Zonenaxe c : \frac{a}{μ} die ſchiefe Axe oA' in
ſchneiden, das + gilt, wenn die ſchiefe Axe A unter der rechtwinkligen a
liegt. Aus der Betrachtung des Kalkſpathrhomboeders folgt, daß die
Kante des Rhomboeders mA = , die Querdiagonale AA = 2a,
die ſchiefe Diagonale om = , folglich oA' = .
[96]Levy’s Bezeichnung: reguläres Syſtem.
Wir müſſen uns nun erinnern, daß unſere neue Axe co = c die ganze
Hauptaxe von Ecke zu Ecke bezeichnet, folglich muß als a auch das dop-
pelte a genommen werden. Wählen wir nun die von c zur Hälfte der

[figure]

oA' gehende Linie als die, welche die Axe a zu beſtimmen
hat, ſo iſt k = 1, wie beiſtehender Aufriß durch coA' zeigt.


Nennen wir jetzt in unſerer Projektion oa = a, oA' = A',
und ſuchen aus ihren Ausdrücken die neuen für die Axen a,
ſo muß das Rhomboeder P = a : ½A' : A' = a :
= a : a : ∞a ſein. Die Gradendfläche a1 = A' : A' : ∞a = : ∞a
= ∞ a : ∞ a : ∞ a; b1 = 2a : A' : 2A' = 2a
: =
2a' : 2a' : ∞a; d2 = a : ½A : A = a : = a : ⅓a : ½a
der gewöhnliche Dreikantner. Alſo auch dieſe Uebertragung iſt nicht mehr
als ein Ableſen. Die Beſtimmung von k bedarf übrigens gar keiner
Rechnung. Denn wenn a1 zur Projektionsebene werden ſoll, ſo muß ihr
Ausdruck A' : A' : ∞ a zu ∞ a : ∞ a : ∞ a werden, dieß kann aber nur
ſein, wenn die Bedingungsgleichung 1 — k = o, d. h. k = 1 iſt. Eben
ſo einfach iſt der Satz umgedreht, aus dem drei- und einarigen Flächen-
ausdruck die Kantenſchnitte zu finden, was wir dem Leſer überlaſſen.


Levy’s Bezeichnung.

Die neuern Franzoſen und Engländer ſind im Ganzen zwar bei der
Bezeichnung Hauy’s ſtehen geblieben, doch bedient man ſich jetzt allgemein
der einfachern Symbole von Levy. Es wird das Leſen der Schriften er-
leichtern, wenn ich hier kurz die Zeichen zuſammenſtelle.


1) Reguläres Syſtem.

[figure]

Wenn daſſelbe auf die Kanten des Würfels BBB baſirt
iſt, ſo iſt mit dem Verſtändniß des Zeichens auch der
Weiß’ſche Axenausdruck gegeben. Die Würfelfläche ſelbſt
hat den Buchſtaben P als Zeichen.


Oktaeder a1 = B : B : B = a : a : a; Granatoeder b1 = B : B : ∞B = a : a : ∞a.
Leucitoeder a2 = B : 2B : 2B = a : 2a : 2a, Leucitoide an = B : nB : nB.
Pyramidenoktaeder a½ = B : ½B : ½B = a : ½a : ½a, a\frac{1}{n} = B :.
Pyramidenwürfel b2 = B : 2B : ∞B = a : 2a : ∞a, bn = B : nB : ∞B.
48flächner b1 b½ b = a : ½a : ⅓a, .


Wenn man vom Oktaeder (Flußſpath, Diamant) oder Granatoeder
(Blende) ausgeht, iſt die Sache gar nicht ſo einfach, jedoch reicht unſer
Kantenſchnittſatz pag. 90 dazu völlig aus. Ich gehe daher gleich zum
folgenden.


[97]Levy’s Bezeichnung: viergliedr., zweigliedr. S.
2) Viergliedriges Syſtem.

Wenn die Zeichen ſo gewählt ſind, daß die quadra-
tiſche Säule MM in der Primitivform unſerer zweiten
quadratiſchen Säule entſpricht, wie z. B. Dufrénoy beim
Veſuvian angenommen hat, ſo ſtimmt die Auslegung des
Zeichens mit den Axen. Correſpondirt dagegen M/M der
zweiten Säule, wie z. B. beim Zirkon, dann muß der
Kantenzonenſatz zu Hilfe genommen werden.


[figure]

g1 = B : B : ∞ G gibt a : a : ∞ c oder a : ∞ a : ∞ c.
g2 = 2B : B : ∞ G — 2a : a : ∞ c — ⅓a : a : ∞ c.
g3 = 3B : B : ∞ G — 3a : a : ∞ c — ½a : a : ∞ c.
gn = B : \frac{1}{n} B : ∞ G — a : \frac{1}{n} a : ∞ c — : ∞ c.


b1 = B : G : ∞ B — a : c : ∞ a — a : a : c.
b½ = ½B : G : ∞ B — ½a : c : ∞ a — ½a : ½a : c.
b2 = 2B : G : ∞ B — 2a : c : ∞ a — 2a : 2a : c.
bn = nB : G : ∞ B — na : c : ∞ a — na : na : c.


a1 = B : B : G — a : a : c — ½a : ∞ a : c.
a2 = 2B : 2B : G — 2a : 2a : c — a : ∞ a : c.
an = nB : nB : G — na : na : c — \frac{n}{2}a : ∞ a : c.


a2 = B : 2B : 2G — ½a : a : c — ⅓a : a : c.
a3 = B : 3B : 3G — ⅓a : a : c — ¼a : ½a : c.
an = B : nB : nG — \frac{1}{n}a : a : c — : c.


b½ b g1 = ½B : ⅓B : G — ½a : ⅓a : c — \frac{a}{5} : a : c.
b\frac{1}{m} b\frac{1}{n} gp = \frac{1}{m}B : \frac{1}{n}B : pG — \frac{1}{m}a : \frac{1}{n}a : pc — : pc.


3) Zweigliedriges Syſtem.

Wenn die Oblongſäule mit Gradendfläche PMT die
Primitivform iſt, ſo ſtimmen die Zeichen mit unſern Axen.
Wenn dagegen die beiſtehende gerade rhombiſche Säule
MMP den Ausgang bildet, ſo muß man, wie im zweiten
Fall des viergliedrigen Syſtems, das Kantenzonengeſetz
zur Beſtimmung der Axen zu Hilfe nehmen.


[figure]
  • g1 = B : B : ∞ G gibt b : ∞ a : ∞ c
  • g2 = B : ½B : ∞G — ⅓b : a : ∞ c
  • gn = B : \frac{1}{n}B : ∞ G — : ∞ c

Quenſtedt, Mineralogie. 7
[98]Levy’s Bezeichnung: zwei- und eingliedr. S.
  • h1 = B : B : ∞ H gibt a : ∞ b : ∞ c
  • h3 = B : ⅓B : ∞ H — ½a : b : ∞ c
  • hn = B : \frac{1}{n}B : ∞ H — : ∞ c

b1 = B : G : ∞ B — a : b : c
b2 = 2B : G : ∞ B — 2a : 2b : c
b3 = 3B : G : ∞ B — 3a : 3b : c
bn = nB : G : ∞ B — na : nb : c


Topas liefert ein gutes Bei-
ſpiel. Man muß ſtets vorſichtig
unterſuchen, was als Einheit
von c anzunehmen iſt.


a1 = B : B : H — ½a : ∞ b : c
a2 = 2B : 2B : H — a : ∞ b : c
an = nB : nB : H — \frac{n}{2}a : ∞ b : c


Bilden Paare auf die ſtumpfe
Säulenkante aufgeſetzt.


e1 = B : B : G — ½b : ∞ a : c
e2 = 2B : 2B : G — b : ∞ a : c
en = nB : nB : G — \frac{n}{2}b : ∞ a : c


Bilden Paare auf die ſcharfe
Säulenkante aufgeſetzt.


e2 = ½B : B : G — ⅓b : a : c
e3 = ⅓B : B : G — ¼b : ½a : c
en = \frac{1}{n}B : B : G
= : c


Es ſind Oktaeder, die in der
Diagonalzone des Hauptoktae-
ders liegen.


a2 = ½B : B : H = ⅓a : b : c
an = \frac{1}{n}B : B : H
= : c


x Topas = b1 b3 g½ = B : 3B : ½G = 3a : \frac{3}{2}b : c, allgemein
b\frac{1}{m} b\frac{1}{n} gp = \frac{1}{m}B : \frac{1}{n}B : pG = : pc,
b\frac{1}{m} b\frac{1}{n} hp = \frac{1}{m}B : \frac{1}{n}B : pH = : pc.


4) Zwei- und eingliedriges Syſtem.

[figure]

Iſt vollkommen analog, nur bekommt man auf dieſe
Weiſe die ſchiefen Mohs’ſchen und Naumann’ſchen Axen,
die man dann weiter auf die Weiß’ſchen nach pag. 91
zurückführt, wenn man es nicht vorzieht, ſie gleich nach
der Projektion zu deduciren.


Feldſpath: z = g2 = D : ½B : ∞ G = B : ½D : ∞ G = a : ⅓b : ∞ c;
x = a1 = B : B : H = a' : c : ∞b; y = a½ = ½B : ½B : H = ½a' : c : ∞b;
q = a\frac{3}{2} = \frac{3}{2}B : \frac{3}{2}B : H = \frac{3}{2}a' : c : ∞b; o = b½ = ½B : H : ∞B = a' : b : c;
n = e½ = ½B : ½D : G = ½b : c : ∞ a
ꝛc.


[99]Levy’s Bezeichnung: dreigliedriges S.
5) Dreigliedriges Syſtem.

Die Rhomboeder entſtehen durch Decrescenzen auf
den Ecken E und A, Gränzfälle bilden die Gradendfläche,
erſte ſechsſeitige Säule und das nächſte ſtumpfere Rhom-
boeder:

[figure]

e½ = ½D : ½D : B = a' : a'
e1 = D : D : B = ½a' : ½a'
e2 = 2D : 2D : B = oa : oa
e
3 = 3D : 3D : B = ¼a : ¼a
e
4 = 4D : 4D : B = ⅖a : ⅖a
en
= nD : nD : B =


So oft n \> 2, wird das allge-
meine Zeichen poſitiv, es ſind dann
Rhomboeder erſter Ordnung ohne
Strich; iſt dagegen n \< 2, ſo wird
es negativ, und die Rhomboeder
ſind zweiter Ordnung mit einem
Strich. e½ iſt das Gegen-Rhom-
boeder.


a½ = ½B : ½B : B = 5a' : 5a'
a1 = B : B : B = ∞a : ∞a
a
2 = 2B : 2B : B = 4a : 4a
an
= nB : nB : B =


Iſt n \> 1, ſo bedeutet das po-
ſitive Zeichen Rhomboeder 1ſter
Ordnung, im Gegentheil zweiter
Ordnung. a1 iſt die Gradendfläche,
und für n = o erhalten wir das
erſte ſtumpfere Rhomboeder.


b1 = B : B : ∞ B = 2a' : 2a'
b2 = 2B : B : ∞ B = 3a : \frac{3}{2}a
b
3 = 3B : B : ∞ B = 4a : ⅘a
b\frac{5}{3}
= \frac{5}{3}B : B : ∞ B = \frac{8}{3}a' : \frac{8}{5}a'
bn = (n + 1)


Die Dreikantner liegen in den End-
kanten des Rhomboeders und ſind
zweiter Ordnung, ſobald n \< 2 und
\> 1 iſt. b2 iſt Dihexaeder. Da ferner
2 B : ∞ B = B : ½B : ∞ B, ſo iſt b½ =
b2 oder allgemein b\frac{1}{n} = bn.


d1 = D : ∞ D : B = oa : oa
d
2 = 2D : ∞ D : B = a : ⅓a
d
3 = 3D : ∞ D : B = 2a : ⅔a
dn
= (n—1)


iſt die zweite Säule. Auch hier iſt Zeichen
d\frac{m}{n} = d\frac{m}{n}. Die Dreikantner ſind ſämmt-
lich 1ſter Ordnung und gehören der
Seitenkantenzone des Rhomboeders an.


e½ = B : D : 2D = ¼a' : ⅓a'
e2 = B : D : ½D = a' : ⅔a'
e3 = B : D : ⅓D = \frac{3}{2}a : ¾a
e
4 = B : D : ¼D = 2a : ⅘a
en
=


Dreikantner aus der Diagonalzone,
n \< 3 gibt geſtrichelte, n = 3 ein Dihe-
xaeder, folglich n \> 3 ungeſtrichelte. Das
volle Zeichen von e½ = ¼a' : ⅓a' : — a'
= a' : ¼a' : ⅓a'. Dieſe Umſetzung eines
Axenausdrucks mit — auf die andere Seite
mit + leuchtet aus pag. 82 ein. Man muß die Zeichen en oben wohl
von en unten unterſcheiden!


Siehe über dieſe allgemeinen Zeichen Weiß Abh. Berl. Akad. Wiſſenſch.
1840 pag. 32 und 1822 pag. 261.



[[100]]

Optiſche Eigenſchaften.


Da dieſelben ſich der Strukturlehre eng anknüpfen, ſo wollen wir
gleich hier das Wichtigſte darüber ſagen. Hauptquellen ſind: Herſchel,
Vom Licht. Aus dem Engliſchen überſetzt von Dr. Schmidt. 1831. Dr.
Beer, Einleitung in die höhere Optik. 1853. Beſonders klar Pouillet’s
Lehrbuch der Phyſik und Meteorologie, überarbeitet von Dr. Müller.
Braunſchweig 1843. 4te Aufl. 1853. Brewster, a Treatise on Optics.
London
1853.


Einfache Strahlenbrechung.


Tritt das Licht aus einem Medium in ein anderes, ſo wird es auf
der Gränze plötzlich von ſeinem Wege abgelenkt, gebrochen, im dichtern
Medium dem Perpendikel zu. Einfallswinkel heißt der, welchen der Strahl
r mit dem Perpendikel p macht. Einfallender, reflektirter und gebrochener

[figure]

Strahl liegen mit dem Perpendikel in einer Ebene.
Der Einfallswinkel iſt dem Reflexionswinkel gleich. Auf
dieſem Geſetz beruht das Reflexionsgoniometer pag. 12.
Macht man r des einfallenden Strahls = r1 am ge-
brochenen, und fällt von r und r1 die Sinus s und s1
auf as Perpendikel p, ſo iſt der Brechungsexponent
s : s1 = sin. Einfallswinkel: sin. Brechungswinkel eine
conſtante Größe (Brechungsexponent): beim Waſſer =
4 : 3 = 1,336; Crownglas = 1,533; Quarz = 1,548; Flintglas =
1,6; Sapphir = 1,768; Granat = 1,815; Diamant = 2,47; Roth-
bleierz = 2,926. Je größer der Brechungsexponent, deſto bedeutender
iſt auch die Vergrößerungskraft des Minerals, daher wurden von eng-
liſchen Optikern früher Granat- und Diamantlinſen ſehr empfohlen.
Letzterer zeigt auch eine viel geringere ſphäriſche und chromatiſche Aberra-
tion als ihm gleiche Linſen von Glas, was den Werth noch ſehr erhöhen
würde, wenn nur die Verfertigung nicht ſo außerordentlichen Schwierig-
keiten unterworfen wäre.


Wenn beim Waſſer der Einfallswinkel 90° beträgt, ſo iſt der Bre-
chungswinkel erſt 48\frac{1}{2}°, alles Licht, was unter einem größern Winkel
aus Waſſer in die Luft heraus will, wird im Waſſerſpiegel total reflectirt.
Daher nennt man 48\frac{1}{2}° den Gränzwinkel. Der Diamant hat ſogar
einen Gränzwinkel von 23° 53′, daher kann kaum mehr als der vierte
Theil des Lichtes direkt heraus, das übrige wird zuvor an der Oberfläche
zurück- und im Steine hin und hergeworfen, in Farben zerlegt, worauf
vorzugsweiſe die Pracht ſeines Anblicks beruht.


Wenn ſchon durch parallele Flächen geſehen der Gegenſtand etwas
von ſeinem Orte verrückt wird, ſo iſt das noch in höherm Grad durch
[101]Optik: Prisma, Lichtzerſtreuung.
geneigte Flächen (Prisma) der Fall. Die Kante k heißt die brechende
Kante, und ſie verſchiebt die Sachen um ſo mehr, je größer ihr Winkel
iſt, und zwar nach der Gegend hin, wo ſie liegt.
Fällt z. B. ein Lichtſtrahl O auf die Fläche des Pris-
ma’s, ſo muß er beim Eintritt dem Perpendikel p
zu, beim Austritt von p' ab gebrochen werden, alſo
eine doppelte Ablenkung erfahren, und das Auge O

[figure]

meint nun den Gegenſtand a in a' zu ſehen: bei horizontaler nach oben
gerichteter Kante k wird das a bedeutend gehoben, bei vertikaler bedeu-
tend zur Seite geſchoben.


Anwendung. Nimm einen Axinitkryſtall in die linke Hand und
lege eine ſeiner ſcharfen Kanten aufrecht gegen einen Finger der rechten
Hand: ſiehſt du nun direkt gegen das Fenſterlicht, ſo iſt das Prisma
dunkel, ſo wie du aber rechts um vom Fenſter weg ſiehſt, ſo wird es
plötzlich ganz durchleuchtet, weil erſt bei dieſer ſchiefen Stellung zum Fen-
ſter das Licht direkt ins Auge treten kann. Oder ſieh durch die End-
flächen eines brillantirten Quarzes ſenkrecht gegen ein Licht, ſo kannſt du
den Brillant leicht ſo ſtellen, daß in der Mitte nur ein einziges Licht
wahrgenommen wird, bei jeder Wendung des Kopfes treten dann erſt
Reihen von Lichtern ins Auge. Zwillingskanten ſind oft ſo ſtumpf ein-
ſpringend oder ausſpringend, daß man ſie ſehr vorſichtig im Lichtreflex
unterſuchen muß, man legt dann die brechende Kante horizontal, geht in
den Hintergrund des Zimmers, und ſieht nun gegen die Helle. Auch das
Kerzenlicht iſt dazu ſehr günſtig.


Zerſtreuung des Lichtes findet ſtets Statt, ſobald es durch
das Prisma gegangen iſt. Es entſteht ein Spectrum mit den bekannten
ſieben Farben, aus welchen das weiße Sonnenlicht beſteht. Man ſieht
dieſe Farben nicht blos durch das Prisma, ſondern man kann ſie auch
auf eine Wand fallen laſſen. Das Lichtbündel zeigt ſich dann in die Länge
gezogen. Das Spectrum wird um ſo länger, je größer der Einfalls-
und Brechungswinkel und je ferner die Wand vom Prisma iſt. Dann
iſt aber auch die Mineralſubſtanz noch von weſentlichem Einfluß.


Das Roth, unter allen die brennendſte Farbe, wird am wenigſten
gebrochen, muß alſo allemal der brechenden Kante zu
liegen. Die ſtärkſte Brechung widerfährt dem Violett
am entgegengeſetzten Ende, dazwiſchen liegen vom rothen
zum violetten Pole Orange, Gelb, Grün, Blau, In-
digo. Grün und Blau ſtechen darunter am ſtärkſten
hervor. Dieſe prismatiſchen Farben ſind einfache (homo-
gene) Farben, und werden durch ein zweites Prisma

[figure]

angeſehen nicht wieder zerlegt. Das Prisma iſt daher ein treffliches In-
ſtrument, um zu unterſuchen, welche Farben der Minerale homogene ſind
oder nicht. Auch die Wärmeſtrahlen ſind im Spectrum ſehr ungleich
vertheilt, die meiſte Wärme liegt noch über dem Rothen, wo das Auge
keine Farbe mehr ſieht. Die geringſte Wärme liegt dagegen unter dem
Violett, wo jedoch die unſichtbaren Strahlen noch chemiſch wirken (chemiſche
Strahlen). Aus der Länge des Spectrums geht hervor, daß die Farben
der Lichtſtrahlen verſchieden gebrochen werden. Da nun aber die verſchie-
[102]Optik: Doppelte Strahlenbrechung.
denen Subſtanzen in dieſer Beziehung ſehr verſchieden ſich verhalten, ſo
gibt man immer die Differenz der Brechungsexponenten für rothes und
violettes Licht an, und bekommt damit die totale Diſperſion, die
man wohl von der partiellen unterſcheiden muß, welche einzelne ſich näher
liegende Farben haben. So hat Waſſer für Violett 1,3309, für Roth
1,3441, alſo 0,0132 tot. Diſp., Flintglas 0,04, Diamant 0,056, Roth-
bleierz ſogar 0,388—0,57. Dieſe ſtarke Diſperſion erhöht daher noch
das ſchöne Farbenſpiel geſchliffener Gemmen. Die Verſchiedenheit der
totalen und partiellen Diſperſion in verſchiedenen Körpern hat den Achro-
matismus möglich gemacht: man kann zwei Prismen von Flint- und
Crownglas ſo conſtruiren, daß ſie den Lichtſtrahl blos ablenken und nicht
zerſtreuen.


Doppelte Strahlenbrechung.


Alle Minerale, welche nicht im regulären Syſtem kryſtalliſiren, zeigen
dieſelbe, d. h. man ſieht durch ſie ſtatt eines zwei Bilder. Dieſe Bilder
(Strahlen) ſind beim 1gl., 2+1gl. und 2gl. Syſteme beide außerordent-
lich (extraordinär), beim 4gl., 3gl. und 6gl. dagegen bleibt eines ordent-
lich (ordinär). Die merkwürdige Eigenſchaft der Doppeltbrechung entdeckte
Bartholinus 1669 am durchſichtigen Kalkſpath von Island, welcher dar-
nach Doppelſpath genannt wurde. Derſelbe bildet noch heute das wich-
tigſte Hilfsmittel zum Studium. Lege ein ſolches Rhomboeder mit ſeiner
Fläche c' ε e' ε auf einen mit einem Punkt verſehenen Strich ST, dann

[figure]

wirſt du im Allgemeinen 2 Bilder ſehen:
ein ordinäres o, was höher liegt, als
das extraordinäre e. Bringe ich das
Auge ſenkrecht über die Fläche, ſo fällt
das ordinäre Bild o genau in die Ver-
längerung der äußern unbedeckten Linie
ST. Halte das Auge in dieſer ſenk-
rechten
Lage und drehe das Mineral
im Azimuth, ſo bewegt ſich das tiefer
liegende extraordinäre Bild gegen das
feſtſtehende ordinäre. Geht Linie ST der langen Diagonale εε der Rhom-
boederfläche parallel, ſo iſt die Entfernung der beiden Linien ein Maximum,
bei der Drehung des Kryſtalls nähern ſie ſich und decken ſich in dem
Augenblicke, wo die ST der kurzen Diagonale c' e' parallel geht. In
dieſem ſogenannten Hauptſchnitte pag. 81 liegen alſo o und e in einer
und derſelben Ebene, eine vollkommene Deckung der Bilder findet aber
noch nicht Statt, weil die kleinen Querſtriche der Linien noch auseinander
fallen. Soll auch dieß geſchehen, ſo muß ich den Kryſtall heben und die
Ecke c ſo gegen das Auge herauf drehen, daß ich parallel der Hauptaxe
cc' durchſehe, dann fallen auch die Striche und folglich beide Bilder o und
e genau zuſammen. Dieſe Richtung cc', welche der Hauptaxe des Kry-
ſtalls entſpricht, iſt nur ein einziges Mal zu finden, es iſt die Richtung
der optiſchen Axe, welche alſo genau mit der kryſtallographiſchen zuſammen-
fällt. Senkrecht gegen dieſe Axe, alſo in der Ebene der kryſtallographi-
ſchen Axen a, geſehen treten die Bilder am weiteſten auseinander: hier
[103]Optiſche Axen.
wird der außerordentliche Strahl e = 1,483 und der ordentliche o =
1,654 (Differenz = 0,171) gebrochen. Je größer bei einem Mineral dieſe
Differenz, und je dicker der Kryſtall, deſto weiter treten die Bilder aus-
einander. Aus beiden Gründen iſt der Kalkſpath beſonders geſchickt. Beim
Bergkryſtall iſt o = 1,548, und e = 1,548 bis 1,558, alſo die Diffe-
renz = 0,01 nur 1/17 von der des Kalkſpathes. Die Stücke müſſen 17mal
dicker ſein, wenn ſie gleiche Wirkung wie beim Kalkſpath hervorbringen ſollen.


Das Prisma läßt die Bilder weiter auseinander treten, um ſo
mehr, je größer der brechende Winkel und je entfernter der zu betrachtende
Gegenſtand. Es beruht dieß auf denſelben Gründen, wie die Erzeugung
des Spectrums pag. 101 auf der verſchiedenen Brechbarkeit der ſieben
Farben. Das gewährt ein treffliches Mittel, Gläſer von Gemmen zu
unterſcheiden. Nimmt man z. B. einen geſchliffenen Bergkryſtall und ſieht
damit nach einem entfernten Lichte, ſo zeigt jede Facette eine doppelte
Flamme, das Glas aber nur eine einfache.


Optiſche Axen.


Darunter verſteht man diejenigen Richtungen im Kryſtall, nach welchen
geſehen die beiden Bilder ſich decken. Da nun im regulären Syſtem über-
haupt keine doppelte Brechung vorkommt, ſo kann man hier auch von
keiner optiſchen Axe reden. Brewſter (Gilberts Ann. 69. 1) hat zuerſt den
Zuſammenhang mit der Kryſtallform nachgewieſen:


Optiſch einaxige Kryſtalle


ſind alle im 4gl., 3- und 6gl. Syſteme. Die optiſche Axe fällt hier mit
der Hauptaxe c des Kryſtalls zuſammen. Man kann zweierlei Fälle
unterſcheiden:


1) Kalkſpathgeſetz (repulſiv oder negativ), der ordentliche Strahl
wird ſtärker gebrochen, als der außerordentliche. Be-
trachte ich einen Punkt P im Hauptſchnitte cEcE des
Kalkſpaths, ſo gehe der ordinäre Strahl Po ſenkrecht
hinauf ins Auge, dann macht der außerordentliche e den
Weg Pq, geht aber bei ſeinem Heraustreten mit o pa-
rallel, und das Auge meint ihn in p zu ſehen. Zieht
man nun durch P die Axe des Kryſtalls PQ parallel cc, ſo

[figure]

leuchtet ein, daß der ordentliche Strahl o ſtärker gebrochen wird, als der
außerordentliche e. Zu dieſer Gruppe gehört Turmalin, Corund, Apatit,
Veſuvian, Anatas, Honigſtein ꝛc.


2) Quarzgeſetz (attraktiv oder poſitiv), hier wird umgekehrt der
außerordentliche Strahl e ſtärker gebrochen, als der ordentliche o, er muß
alſo innerhalb des Winkels QPo fallen, wird daher von der Axe PQ ſtärker
angezogen, und nicht zurückgeſtoßen, wie vorhin. Zu dieſer Gruppe gehört
Rothgülden, Eiſenglanz, Zirkon, Ichthyophthalm, Zinnſtein, Rutil, Eis ꝛc.


[104]Optiſche Axen.

Optiſch zweiaxige Kryſtalle


ſind alle im 2gliedrigen, 2+1gliedrigen und 1gliedrigen Syſteme. Die
optiſchen Axen fallen mit den kryſtallographiſchen nicht zuſammen, ſtehen
aber zu zweien derſelben ſymmetriſch. Fresnel unterſcheidet die drei Elaſti-
citätsaxen mit folgenden Namen: 1) die optiſche Mittellinie hal-
birt den ſcharfen Winkel der optiſchen Axen; 2) die optiſche Senk-
rechte
halbirt den ſtumpfen und ſteht in der Ebene der optiſchen Axen
ſenkrecht auf der Mittellinie; 3) die optiſche Queraxe ſteht ſenk-
recht auf die Ebene der optiſchen Axen.


Beim 2gliedrigen Syſtem iſt die Erſcheinung am einfachſten.
Die Elaſticitätsaxen fallen mit den kryſtallographiſchen zuſammen, die
optiſchen Axen müſſen daher in einer der drei Axenebenen liegen, und
ſind unter einander phyſikaliſch gleich, das heißt, ſie zeigen gleiche Far-
benringe. Ich brauche alſo dieſe nebſt der optiſchen Mittellinie nur zu
nennen, um ſcharf orientirt zu ſein. Am Weißbleierz bilden die optiſchen
Axen 5° 15′, ſie liegen in der Axenebene a c, und c iſt die Mittellinie,
folglich b die Queraxe; bei dem damit iſomorphen Arragonit mit 20°
liegen ſie in der Axenebene b c, c bleibt zwar die Mittellinie, allein a
wird zur Queraxe; beim Schwerſpath mit 38° halbirt a den Winkel, iſt
daher Mittellinie und b Queraxe. Da die Farben verſchieden gebrochen
werden, ſo variirt der Winkel: bald iſt der Winkel der ſtärker brechbaren
(violetten) größer, als der der minder brechbaren (rothen), bald umgekehrt,
doch hat dieß auf die Lage der Mittellinie keinen Einfluß. Beim 2+1
gliedrigen Syſtem kommen zwei Hauptfälle vor (Pogg. Ann. 81. 151).


a) Die optiſchen Axen liegen in der Medianebene b : ∞a : ∞c, welche
den Kryſtall halbirt, daher muß die optiſche Queraxe mit b zuſammen
fallen. Die optiſchen Axen ſelbſt haben aber in der Axenebene a c zu
den kryſtallographiſchen eine unſymmetriſche Lage, ſind daher phyſikaliſch
von einander verſchieden, wie Nörrenberg am Gyps zuerſt zeigte (Pogg.
Ann. 35. 81), auch bleibt die optiſche Mittellinie für die verſchiedenen
Farben nicht mehr die gleiche. Augit, Gyps, Eiſenvitriol.


b) Die optiſchen Axen liegen in einer der Schiefendflächen, welche
der Axe b parallel gehen, alſo auf der Medianebene ſenkrecht ſtehen (Pogg.
Ann. 82. 46). Die Ebene der beiden optiſchen Axen hat hier für ver-
ſchiedene Farben eine verſchiedene Lage. Borax, Feldſpath.


Die Beziehung der Lage der optiſchen Axen zur Kryſtallform iſt alſo
unverkennbar, die Axen finden ſich nur in Ebenen, die ein einzig Mal
am Kryſtall auftreten. Damit würde denn auch ſtimmen, daß ſie beim
1gliedrigen Syſtem nach den verſchiedenſten Flächenrichtungen auftreten
können.


Merkwürdiger Weiſe fallen beim Erwärmen des Gypſes um 70° R.
beide optiſche Axen zuſammen, ſo daß der Kryſtall optiſch einaxig wird
Pogg. Ann. 8. 520). Aber die Geſchwindigkeit, mit welcher ſie ſich gegen
einander bewegen, iſt bei beiden ſehr verſchieden (Pogg. Ann. 35. 85).
Ueber 70° hinaus treten die Axen wieder auseinander aber in der Axen-
ebene b c, welche gegen die Medianebene ſenkrecht ſteht.


[105]Polariſirtes Licht.

Polariſirtes Licht.


Licht iſt hauptſächlich in 2 Fällen polariſirt:


1) Wenn ein Lichtſtrahl S ſo einfällt und von einem durchſichtigen
Mittel nach s0 ſo zurückgeworfen wird, daß der Strahl des
durchgehenden Lichts s1 auf den reflectirten s0 ſenkrecht ſteht.
Für Quarz beträgt der Einfallswinkel 33°, Glas 35° 25′,
Kalkſpath 31° 9′, Diamant 21° 59′. Der Lichtſtrahl s iſt
alſo dann in zwei polariſirte Strahlen s0 und s1 zerlegt.

[figure]

2) Wenn der Lichtſtrahl durch ein kryſtalliſirtes Mittel von doppelt-
brechender Kraft geht. Daher ſind die beiden Strahlen der optiſch ein-
axigen und zweiaxigen Kryſtalle polariſirt.


Mittel, das polariſirte Licht vom unpolariſirten zu unterſcheiden, gibt
es vorzüglich drei:


a) In gewiſſen Lagen der Einfallsebene wird bei einem beſtimmten
Einfallswinkel der Strahl von einem polirten Mittel
nicht reflectirt. Man macht ſich das am beſten durch
zwei Brettchen (Spiegel) b b klar, die mittelſt eines
Stabes a, welcher den Strahl vorſtellt, verbunden ſind.
Schneidet man den Stab ſenkrecht gegen ſeine Axe

[figure]

bei a durch, und hülſt das eine Stück in das andere ein, ſo gehen die
Bretter bei der Drehung der Hülſe a im Azimuth aus ihrer Parallelität.
Nur in zwei Fällen, bei der Parallelität und bei einer Drehung um 180°
wird das Licht s vollkommen auf beiden Spiegeln nach s' reflectirt; bei
einer Drehung um 90° und 270° dagegen auf dem einen Spiegel nicht,
und in allen Zwiſchenſtellungen unvollkommen.


Nörrenberg’ſcher Polariſationsapparat: auf dem Fuß-
geſtellt a a befindet ſich ein horizontaler Spiegel C,
darauf erheben ſich zwei ſenkrechte Stäbe, zwiſchen
welchen eine Glasplatte g (am beſten von geſchlif-
fenem Spiegelglaſe) um zwei horizontale Zapfen
b b beweglich iſt. Oben befindet ſich ein Ring c,
welcher mit einer Glasplatte bedeckt, den zu betrach-
tenden Mineralen als Unterlage dient. Drehe ich
nun das Glas g ſo, daß es verlängert den horizon-
talen Spiegel unter 54° 35′ (dem Complement des
Polariſationswinkels) ſchneiden würde, ſo wird ein
Lichtſtrahl s, der unter dem Polariſationswinkel von
35° 25′ auffällt, ſenkrecht gegen den Spiegel C re-
flectirt. Der Spiegel wird alſo von polariſirtem
Licht erleuchtet, und da nun die Gläſer g und c
durchlaſſen, ſo kann ein Mineral bei c im polari-
ſirten Lichte beſchaut werden. Das nähere Pouillet

[figure]

Müller Lehrb. Phys. II. 266. Die Buchſtaben a a, b b und c C ſind orien-
tirt, wie die gleichnamigen Axen eines Kryſtalls.


b) Der polariſirte Strahl wird in gewiſſen Lagen, wo der unpola-
riſirte zerlegt wird, nicht mehr durch doppelt brechende Minerale zerlegt.


[106]Polariſationsapparat.

Lege auf das Glas c des eingeſtellten Polariſationsapparates ein
durchſtochenes Kartenblatt, betrachte es durch die Fläche eines Kalkſpath-
rhomboeders, ſo wird im Allgemeinen der Punkt zwar doppelt erſcheinen,
allein in vier Lagen einfach, und zwar ſo oft die Ebene der langen und
kurzen Diagonalen des Kalkſpaths ſenkrecht gegen die Glasplatte g ſteht.


c) Der polariſirte Strahl iſt unfähig, in einer beſtimmten Lage durch
eine Turmalinplatte oder ein Nicol’ſches Prisma zu gehen.


Schleift man nämlich aus grünem oder braunem Turmalin eine Platte
längs der Säulenaxe c, und ſieht damit nach jenem Punkte polariſirten Lichtes
im Kartenblatt, ſo wird der Punkt dunkel, ſo bald die Axe der Turma-
linplatte in der Längsrichtung der Glasplatte g, d. h. in der Median-
ebene a a des Apparats, liegt, drehe ich dagegen Turmalinaxe c in die
Queraxe b b des Apparats, ſo iſt der Punkt am hellſten. Zwei ſolcher
gegen einander verdrehbarer Platten bilden die bekannte Turmalin-
zange
. Mit parallelen Axen c gegen einander gelegt ſind ſie durch-
ſichtig, mit ſenkrecht gekreuzten Axen dagegen undurchſichtig, vorausgeſetzt
daß die Platten die gehörige Dicke haben.


Nicol’ſches Prisma. Nimm einen länglichen Isländiſchen Dop-

[figure]

pelſpath, woran c die gleichkantige Endecke,
durch welche die Hauptaxe geht, bezeichnet, B
und b ſind die ſtumpfen Kanten von 105° 5′
der beiden ausgedehnten Blätterbrüche, bringt
man ſie durch Spaltung ins Gleichgewicht, ſo
bildet davon der dritte Bruch P eine auf die
ſtumpfe Kante B aufgeſetzte Schiefendfläche.
Dann iſt Fläche l c B E c b ein Hauptſchnitt
des Rhomboeders mit dem ſtumpfen Winkel
P/B = l c γ = 109° 4′ und dem ſcharfen P/b =
70° 56′. Statt P muß eine neue Schiefend-
fläche in der Richtung lγ und E g geſchliffen
werden, welche ſenkrecht gegen den Hauptſchnitt
gelegen mit b 68° folglich mit B 112° macht,
alſo von dem Blätterbruch P um nicht ganz 3° abweicht. Jetzt durchſäge
den Kryſtall ſo, daß die Schnittfläche ſenkrecht auf dem Hauptſchnitt und
zugleich ſenkrecht auf der Linie lγ ſteht, ſoll dieß mittelſt eines Schnittes
γg geſchehen, ſo muß der Kryſtall ſo weit geſpalten werden, daß lγ:
lg = 1 : 2,67. Man kittet beide Stücke wieder mit canadiſchem Balſam
zuſammen, wie nebenſtehender Hauptſchnitt zeigt. Kommt nun ein Strahl
s, ſo wird derſelbe in zwei Strahlen o und e zerlegt. So lange s die
ungefähre Richtung der Rhomboederkanten b und B hat iſt der Winkel
soγ kleiner als 22°, für die Parallelität beträgt er ſogar 14½°, und
in dieſem Falle wird der ordentliche Strahl mit 1,654 Brechungsquotient
von der Balſamſchicht mit 1,536 Brechungsquotient total nach s' reflectirt und
von der ſchwarzen Firnißdecke, womit man die Seitenflächen überzieht, ver-
ſchluckt. Der außerordentliche Strahl e dagegen, der 1,483 Brechungsquotient
haben kann, geht durch die Balſamſchicht durch, und mit dieſem beobachtet
man. Durch ſeine Farbloſigkeit hat das Prisma Vorzug vor den Tur-
malinplatten.


[107]Schwingung der Aethertheilchen.

Erklärung. Man denkt ſich, daß die Aethertheilchen eines unpo-
lariſirten Lichtſtrahles s ſenkrecht gegen den Strahl
nach allen Richtungen, bei den polariſirten s' und
s0 dagegen entweder nach der einen Richtung r0 r0
oder nach der andern r' r' zu ſchwingen gezwungen
ſeien. Beide Richtungen r0 und r' ſtehen auf ein-

[figure]

ander ſenkrecht, man ſagt, die Strahlen s0 und s' ſeien ſenkrecht zu ein-
ander polariſirt. Wenden wir dieß an:


Bei optiſch einaxigen Kryſtallen conſtruirte Fresnel um die
beiden Elaſticitätsaxen c a, die ihrer Richtung nach mit den gleichnamigen
kryſtallographiſchen zuſammenfallen, eine Ellipſe, und drehte dieſe
Ellipſe um die Axe c c. Sie gränzt ein Revolutionsellipſoid ab, deſſen
Querſchnitt a a a a ein Kreis iſt, parallel welchem die Elaſticität im Kry-
ſtall nach allen Richtungen die gleiche iſt. Da der ordinäre Strahl o
überall nach dem gleichen Geſetz gebrochen wird, ſo müſſen ſeine Aether-
theilchen parallel dem Querſchnitte des Revolutionsellipſoides ſchwingen,
denn nur ſo finden ſie gleichen Widerſtand, während die Ungleichartigkeit
des Widerſtandes nach den andern Richtungen das variable Geſetz des
außerordentlichen Strahles bedingt. Nur wenn das Licht parallel der
Axe c geht, liegen die Aetherſchwingungen beider Strahlen o und e der
Axenebene a a a a parallel, dieß gibt daher die Richtung der optiſchen Axen.


Bei optiſch zweiaxigen Kryſtallen ſind drei verſchiedene
Elaſticitätsaxen a b c vorhanden. Conſtruirt
man damit die drei auf einander ſenkrechten
elliptiſchen Ebenen a b, a c und b c, ſo kann
man in dieſem elliptiſchen Sphäroid mit der
mittlern Elaſticitätsaxe (d. h. der Axe von
mittlerer Länge, die a ſein mag) zwei Kreiſe
a A a conſtruiren. Nur zwei ſolcher Kreiſe
ſind möglich, welche durch die Axe a gehen und
ſymmetriſch gegen b und c liegen, ſenkrecht
auf dieſe Kreisebenen ſtehen die beiden opti-
ſchen Axen o o. Ihr ſcharfer Winkel wird
entweder durch die kürzeſte a (poſitiv) oder
die längſte Elaſticitätsaxe b (negativ) halbirt,
je nach der Beſchaffenheit der Ellipſen. Jeder
Kreis mit ſeiner ſenkrechten Axe o o bildet
das Analogon eines optiſch einaxigen Kry-

[figure]

ſtalls. Daher muß die optiſche Queraxe die Axe mittlerer Elaſticität
ſein, während die Mittellinie die kürzeſte oder längſte Elaſticitätsaxe ſein kann.


Sehe ich durch eine Turmalinplatte gegen das Doppelbild im Kalk-
ſpath, ſo ſchwindet bei aufrechter Turmalinaxe c das ordentliche Bild, und
nur das außerordentliche bleibt ſichtbar, folglich gehen in dieſer Stellung
die außerordentlichen Strahlen, welche im Sinne der Axe c ſchwingen,
durch. Lege ich dagegen c horizontal und die Axenebene a a aufrecht, ſo
ſchwindet das außerordentliche Bild, es können nur die Strahlen, welche
parallel a a ſchwingen, durch. Das iſt nun auch der Grund, warum in
der Turmalinzange mit gekreuzten Axen Dunkelheit entſteht: die eine
[108]Ringſyſteme in Kryſtallen.
Platte läßt nur die ordentlichen, die andere die außerordentlichen durch
folglich kann keines von beiden durch beide Platten zugleich gehen.


Ringſyſteme in geſchliffenen Kryſtallen.


Optiſch einaxige Kryſtalle. Schleift man einen Kalkſpath

[figure]

ſenkrecht gegen die Hauptaxe c, und nimmt das Stück
in eine Turmalinzange mit gekreuzten Axen, ſo er-
ſcheinen gegen das Tageslicht geſehen ſchönfarbige
Kreiſe mit einem dunkeln Kreuz. Das ſchwarze Kreuz
entſpricht den Schwingungsebenen der Aethertheilchen
im Turmalin. Bei parallelen Turmalinaxen iſt die Er-
ſcheinung nicht ſo ſchön, das Kreuz wird hell und die
Farben ſchlagen in Complementärfarben um. Je dicker
die Platte und je ſtärker die Differenz der Brechungsexponenten beider
Strahlen, deſto ſchmäler die Ringe. Daher ſieht man bei dünnen Plat-
ten, namentlich wenn die Maſſe nicht ſtark doppelt bricht, wie z. B. das
Eis, die Ringe nicht oder doch ſehr breit. Im homogenen Lichte (Wein-
geiſt mit Steinſalz auf den Docht geſtreut) ſchwinden die Farben, die
Ringe ſind blos dunkel und hell. Wenn die Minerale nach der Gradend-
fläche einen blättrigen Bruch zeigen, wie z. B. der prachtvoll bei einer
Temperatur von 15°—20° kryſtalliſirte viergliedrige Nickelvitriol (ṄiS⃛ + 7 Ḣ̶
Pogg. Ann. 12. 144), ſo darf man ſie nur ſpalten und zwiſchen die
Turmalinzange nehmen.


Circularpolariſation. Der Bergkryſtall zeigt zwar in
ganz dünnen Platten ein ſchwarzes Kreuz, allein bei dicken verſchwindet
das Kreuz gänzlich, wir ſehen in der Mitte einen gefärbten Kreis von

[figure]

den Ringen außen umgeben. Dreht man eine Turma-
linplatte in der Turmalinzange, ſo durchläuft bei gehö-
riger Dicke der innere Kreis alle prismatiſchen Farben.
Bringt man den Quarz auf den Polariſationsapparat,
wo ihn nur Strahlen, die parallel der optiſchen Axe
gehen, treffen, alſo keine Ringe erſcheinen, ſo zeigt er
durch ein Nicol’ſches Prisma angeſehen eine prachtvolle gleichartige Fär-
bung, doch müſſen die Flächen gut parallel geſchliffen ſein. Gehen dieſe
Farben bei einer rechten Drehung des Nicol’ſchen Prismas oder der Tur-
malinplatte von Roth durch Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett, ſo
heißen ſie rechts gedreht, und zeigen ſie dieſelbe Farbenfolge bei linker
Drehung, links gedreht. Auffallender Weiſe richtet ſich das nach den Tra-
pezflächen x, l iſt ein links und r ein rechts drehender Kryſtall. Solche
Circularpolariſation hat Paſteur (Pogg. Ann. 80. 127) auch bei Löſungen
von Kryſtallen nachgewieſen, wie z. B. der rechts- und links Traubenſäure,
deren Flächen man es ſchon anſieht, wohin ihre Flüſſigkeiten drehen werden!


Optiſch zweiaxige Kryſtalle zeigen ſenkrecht zu einer der opti-

[figure]

ſchen Axen geſchnitten etwas elliptiſche Farbenringe mit
einem ſchwarzen Strich, z. B. Arragonit. Bei der Dre-
hung der Kryſtallplatte dreht ſich auch der Strich, aber nach
der entgegengeſetzten Seite hin. Oft braucht man nicht ein
Mal zu ſchleifen, z. B. bei blättrigen Topasſtücken, man
darf dieſelben nur in der Richtung einer optiſchen Axe zwi-
[109]Ringe optiſch 2axiger Kryſtalle.
ſchen die Turmalinzange bringen, um die ſchöne Erſcheinung zu ſehen.
Wenn der Winkel der optiſchen Axen ſcharf iſt, wie beim Weißbleierz
5° 15′, Salpeter 5° 20′ ꝛc., ſo ſieht man ſenkrecht gegen die optiſche
Mittellinie geſchnitten, zwei Cur-
venſyſteme, welche die Eigenſchaf-
ten der Lemniscaten haben, und
deren Form ſich bei Drehung der
Kryſtallplatte nicht ändert, wohl
aber wird die Lage der beiden
ſchwarzen Curven gegen die Lem-
niscaten ſtets eine andere. Wenn
die Axenlinie a a der Salpeter-
platte in der Turmalinzange 45°

[figure]

ſchief nach links oder rechts liegt, ſo iſt die Mitte ſchön gefärbt, und die
ſchwarzen Striche bilden nach außen offene Hyperbeln, ſo wie dagegen
die Linie a a aufrecht ſteht, ſo erzeugt ſich ein ſchwarzes Kreuz, was die
Mitte gänzlich verdunkelt.


Hierin liegt ein praktiſches Mittel, optiſch einaxige Minerale von op-
tiſch zweiaxigen zu unterſcheiden. Denn einaxige bleiben zwiſchen gekreuzten
Turmalinplatten bei jeder Drehung dunkel, zweiaxige werden dagegen
bei einer Kreisdrehung zwei Mal dunkel und zwei Mal hell. Noch
bequemer hat man es auf dem Polariſationsapparate. Glimmer, To-
pas ꝛc. liefern gute Beiſpiele. Beſonders intereſſant iſt der Glimmer,
weil darunter ſich zuweilen auch optiſch einaxige Blätter finden.


„Den Charakter der optiſchen Axen, ob ſelbe poſitiv oder negativ
ſeien, findet man durch Kreuzung mit einer Platte von bekanntem Cha-
rakter. Werden die Ringe kleiner, ſo beſitzen beide Subſtanzen gleichen
Charakter, denn das Plattenpaar wirkt wie eine einzige dickere Platte.
Werden die Ringe größer, ſo beſitzen ſie verſchiedene Charaktere, denn das
Plattenpaar wirkt wie eine dünnere Platte.“


Die Betrachtung der Farben in den Ringen führt zu den feinern
optiſchen Unterſchieden, die wir nur kurz erwähnen können. Beim Sal-
peter iſt der Winkel der rothen Axen kleiner als der blauen, beim Weiß-
bleierz iſt es umgekehrt, aber da ſie dem 2gliedrigen Syſteme angehören,
ſo ſind die Farben rings gleich vertheilt, wofern der Schliff nur ſenk-
recht gegen die optiſche Axe geführt iſt. Bei den 2+1gliedrigen Syſte-
men, wie z. B. beim weinſteinſauren Kalinatron (Seignetteſalz), deſſen
optiſche Axen für die rothen Strahlen 76°, für die violetten 56° haben,
fällt der Mittelpunkt der verſchiedenfarbigen Ringe nicht mehr zuſammen,
dadurch entſteht dann eine Verſchiedenheit der Farben zwiſchen vorn und
hinten, die der Unregelmäßigkeit des Kryſtallſyſtemes entſpricht.


Farben dünner Kryſtallblätter. Schleift man optiſch ein-
axige
Kryſtalle parallel der optiſchen Axen, oder optiſch zweiaxige
parallel mit der Ebene der optiſchen Axen in dünne Blättchen, ſo zeigen
ſie im polariſirten Licht prachtvolle Farbenerſcheinungen. Am beſten eig-
net ſich in dieſer Beziehung Gyps, weil ſein ſehr deutlich blättriger Bruch
parallel der optiſchen Axenebene liegt. Gleich dicke Blättchen erſcheinen
einfarbig, ungleich dicke mehrfarbig, Beweis daß die Farbe von der Dicke
abhängt. Bei ſenkrecht gekreuzten Schwingungsebenen des Polariſations-
[110]Dichroismus.
apparates ſind die Blättchen farblos, ſobald die optiſche Mittellinie des
Blättchens mit einer der Schwingungsebenen zuſammenfällt. Dreht man
das Gypsblatt im Azimuth aus dieſer Stellung nach der einen oder an-
dern Seite hin, ſo werden die Farben immer lebhafter, am lebhafteſten
bei 45°. Iſt auf dieſe Weiſe die lebhafteſte Farbe eingeſtellt, ſo entſtehen
dann bei der Drehung des Nicol’ſchen Prismas um 45° die Complemen-
tärfarben. Kreuzt man zwei gleichfarbige Gypsblättchen ſo, daß die un-
gleichnamigen Axen zuſammenfallen, ſo wird die gedeckte Stelle entfärbt.
Dickere Gypsplatten werden beim Drehen nur hell und dunkel, zeigen aber
gegen homogenes Licht geſehen dunkele hyperboliſche Streifen, in der Lage,
wo dünne Blättchen die ſchönſten Farben ſehen laſſen.


Dichroismus.


Schon im bloßen Lichte zeigen manche Minerale Zweifarbigkeit, der

[figure]

Dichroit hat ſogar ſeinen Namen dar-
nach bekommen. Merkwürdiger jedoch
iſt die Verſchiedenheit der Farben beider
Bilder doppeltbrechender Mittel. Schon
Brewſter hat gezeigt, daß von den
beiden Kalkſpathbildern das außerordentliche eine tiefere weniger leuchtende
Farbe habe, als das ordentliche. Sieht man nun vollends durch Kalkſpath
einen Rubin an, ſo wird für gewiſſe Stellungen das eine Bild auf Koſten
des andern rother. Im Maximum findet der Unterſchied ſenkrecht gegen
die Axe geſehen Statt, wo bekanntlich die Bilder am weiteſten auseinan-
der treten. Haidinger über Pleochroismus (Pogg. Ann. 65. 1) hat zu
dieſem Zwecke ein kleines Inſtrument, Dichroſkop, conſtruirt. In
ſeiner einfachſten Geſtalt bedeckt man zwei Rhomboederflächen des Islän-
diſchen Doppelſpathes mit ſchwarzem Firniß, ſchleift vorn und hinten eine
Fläche H an, welche ſenkrecht gegen die Endkanten P/P des Rhomboeders
ſteht. Vorn klebt man mit Canadabalſam eine Vergrößerungslinſe L auf,
damit beide Bilder durch ſchwache Vergrößerung etwas deutlicher werden,
hinten ein Spiegelglas s. Außerdem verſieht man die Hinterſeite mit
einer Blendung, worin eine kleine oblonge Lichtöffnung geſchnitten wird,
damit bei Beſchauung größerer Kryſtalle zwei Farbenfelder ſcharf getrennt
ſind, und die Farben deutlicher hervortreten. Die lange Seite des Ob-
longums legt man der langen Diagonale der Schnittfläche H parallel, und
die kurze Seite macht man ſo lang, daß die beiden Bilder mit ihrer lan-

[figure]

gen Seite an einander ſtoßen. Durchſehend gewahren wir zwei
Bilder: ein ordinäres o nach der langen Seite, und ein extraordi-
näres nach der kurzen Seite ſchwingend. Um zu ſehen, welches
Bild e oder o ſei, dürfen wir nur einen ſchwarzen Fleck auf weißes Pa-
pier machen, o iſt dann glatt, ohne ſichtbare Papierfaſern, an e ſieht man
nicht blos die Papierfaſer, ſondern es hat auch einen ſehr deutlichen gelben
und blauen Saum, die beide einander gegenüber liegen.


Nehmen wir jetzt einen kleinen Rubin von Ceylon, der in regu-
lären ſechsſeitigen Säulen mit 3- und 6gliedrigen Endflächen kryſtalliſirt,

[figure]

und kleben ihn horizontal der Axe c mit Wachs auf einen Nadel-
knopf: parallel der Axe c durchgeſehen, alſo ſenkrecht gegen die
Gradendfläche (Farbe der Baſis), bleiben beide Bilder unverändert pur-
[111]Dichroſkop.
purroth, ihre Schwingungen gehen ſenkrecht gegen die Axe c, die Farben ſind
daher nicht verſchieden, von Kleinigkeiten abgeſehen. Legen wir jetzt die Rubin-
axe c der Schwingungsebene von o parallel, ſo wird o ganz bleich,
e bleibt aber intenſiv roth (Axenfarbe), wie vorher, die Schwingungen
parallel der Rubinaxenebene a a fallen hier mit denen von e zuſam-

[figure]

men. Stellen wir daher die Rubinaxe c aufrecht, ſo muß ſich umgekehrt
e entfärben, und o roth bleiben. Eine Folge davon iſt, daß bei
ſchiefer Stellung der Rubinaxe c gegen die lange Oblongſeite, wenn

[figure]

die Drehung 45° beträgt, beide Bilder gleich ausſehen, aber bleicher.
Es macht ſich bei dieſer Drehung aus der horizontalen oder ver-
ticalen Axenſtellung in die ſchiefe gerade ſo, als wenn das eine

[figure]

Bild ſich auf Koſten des andern färbte, daher erſcheinen im Gleichgewicht
vou 45° beide blaſſer. Die Farbe der Baſis und Axenfarbe ſind bei den
potiſch einaxigen Mineralen ſehr wenig von der Farbe im bloßen Licht
verſchieden. Das Intereſſe liegt mehr in der Differenz der Farben beider
Bilder, in welcher Beziehung ſich die einzelnen Minerale nicht gleich
verhalten. Man ſagt daher, ſie wirken mehr oder weniger auf das
Dichroſkop.


Nehmen wir jetzt einen braſilianiſchen Topas, wo möglich lilafar-
bigen, der 2gliedrig in geſchobenen Säulen von 124° mit ſehr blättriger
Gradendfläche kryſtalliſirt. Die Säulenkante geht der Axe c parallel,
die kurze Diagonale des Blätterbruchs entſpricht der Axe a, und
die lange der b. Sehen wir jetzt mit dem Dichroſkop parallel
der Axe c ſenkrecht gegen den blättrigen Bruch, ſo iſt o ſchön
lilafarbig, e lichtweingelb, vorausgeſetzt daß die Axe b der lan-
gen Oblongſeite parallel liegt; umgekehrt iſt aber e lila und o

[figure]

gelb, ſobald die kurze [Axe]a der langen Oblongſeite parallel geht. Gleich-
farbig werden dagegen beide Bilder für die Zwiſchenſtellung,
ſobald eine der Säulenflächen ungefähr der langen Oblong-
kante parallel geht, und in dieſem Falle ſchwächt ſich das Lila
ab, indem es ſich unter beide Bilder gleichmäßig vertheilt. Gegen
die ſcharfe Säulenkante geſehen iſt bei horizontaler Lage der

[figure]

langen Oblongkante o gelb und e roth, bei verticaler dagegen o roth und
e gelb. Gegen die ſtumpfe Säulenkante geſehen tritt zwar der Unter-
ſchied nicht ſo ſcharf hervor, allein im richtigen Lichte betrachtet iſt doch
das obere Bild entſchieden blaſſer, als das untere, und beim Anſchleifen
möchte vielleicht der Unterſchied noch ſtärker hervortreten. Zur Verſinnli-
chung dieſer 6 Fälle mache man ſich eine Oblongſäule mit Gradendfläche,
deren Kanten reſpective den drei Axen a b c entſprechen, trage die
Schwingungsrichtungen durch Striche ein. Dann ſieht
man, daß auf den Säulenflächen A B alle rothen Bil-
der r parallel der Axe c ſchwingen; auf B C alle
gelben g parallel der Axe a ꝛc. Will man jedoch kleine
Unterſchiede feſthalten, ſo ſind auf jeder Fläche für die
verticale und horizontale Stellung des dichroſkopiſchen
Sehlochs zwei Farben zu unterſcheiden auf A gelb
parallel b und roth parallel c ſchwingend; auf B gelb
parallel a und roth parallel c ſchwingend; auf C roth

[figure]

parallel b und gelb parallel a ſchwingend. Für die Zwiſchenſtellung des
[112]Iriſiren, Anlaufen.
Sehlochs ändern aber die Farben, jedoch gehört das Detail davon in die
feineren Unterſuchungen der Optik.


Iriſiren finden wir beſonders bei blättrigen Mineralien: auf Klüften
zeigen ſich ſehr ſchönfarbige Ringſyſteme (Neutonianiſche Farbenringe),
ihr Daſein blos einer dünnen Luftſchicht dankend, die Interferenzen der
Lichtwellen erzeugt. Am blättrigen Gyps zeigen ſie ſich häufig, bewegen
ſich ſogar beim Druck, ſind im reflectirten Lichte am ſichtbarſten, und
bleichen beim durchgehenden. Die brillanten Farben dünner Blättchen,
wie ſie ſich beſonders beim Zerreißen des Talkes zeigen, finden auch
durch Interferenz ihre Erklärung. Die Regenbogenachate von Oberſtein
iriſiren beim durchfallenden Lichte, da hängt es weſentlich mit der Ge-
ſteinſtruktur zuſammen. Granaten von Piemont zeigen nach der Entdeckung
von Sismonda auf ihren Flächen feine Streifen, welche Regenbogenfarben
erzeugen, taucht man ſie ins Waſſer, ſo ſchwindet die Farbe ſo lange,
bis ſie wieder trocken ſind.


Das Anlaufen erzeugt ebenfalls nicht ſelten Regenbogenfarben,
die in einem dünnen Niederſchlage oder einer dünnen Zerſetzungsſchicht ihre
Erklärung finden. Prachtvoll bunt angelaufen und zwar pfauen-
ſchweifig
findet ſich: Steinkohle, Eiſenglanz, Brauneiſenſtein, Kupfer-
kies ꝛc.; taubenhälſig gediegen Wismuth; regenbogenfarbig
Grauſpießglanz ꝛc. Man kann die Urſache oft leicht verfolgen. Wenn
man z. B. einen glänzenden Schwefelkies wiederholt befeuchtet und trocknen
läßt, ſo überzieht er ſich bald mit einer iriſirenden Schicht in Folge chemi-
ſcher Zerſetzung. Vergleiche hier die künſtlichen Nobili’ſchen und Böttcher-
ſchen Farben auf Metallplatten, die Färbung des Wismuths (Pogg. Ann.
74. 586), Kupferkies ꝛc. Die Schicht kann auch einfarbig ſein, ſo läuft
Silber gelb an ꝛc.


Ein einfaches Verſchießen der Oberflächenfarbe kommt beſonders bei
opaken Erzen vor, Magneteiſen hat auf alten Bruchflächen eine etwas
andere Farbe als innen, Buntkupfererz läuft an friſcher Bruchfläche ſchon
nach wenigen Tagen mehr roth an ꝛc.


Ein inneres eigenthümliches von der Struktur herrührendes Farben-
ſpiel kommt noch bei vielen Mineralen vor: das blaue Licht des Adular;
die Regenbogenfarben des Feldſpath und Labrador; die brennenden Far-
bentinten im Innern edler Opale; der Lichtſchein der Faſerſtruktur des
Gypſes und Katzenauges; das wogende Licht mehrerer Edelſteine des
Sternſapphirs und Chryſoberylls; die prangenden Farben foſſiler Perl-
mutter (Muſchelmarmor von Kärnthen). Man hat dieſe Erſcheinungen
noch nicht alle genügend erklären können, namentlich räthſelhaft iſt die
Pracht des Labradoriſirens: nach Brewſter gehen die Farbenreflexe unter
dem Mikroſkop von kleinen viereckigen Blättchen aus, die entweder leer
oder mit Materie geringerer Brechkraft erfüllt ſein müſſen. Fluoriren
nennt man die eigenthümliche blaue Färbung, die beſonders ſchön bei
Cumberländiſchen Flußſpathen beobachtet wird. Auch rohes Schieferöl,
ſchwefelſaures Chinin, Aufgüſſe von Kaſtanienrinde ꝛc. zeigen ſie. Stockes
(Philos. Transact. 1852) meint, daß die unſichtbaren Strahlen jen-
ſeits des äußerſten Violett, durch eine im Innern dieſer Körper vor ſich
gehende Zerſtreuung, in andere Strahlen verwandelt werden, welche in
die Gränze der Brechbarkeit fallen, für welche die Netzhaut empfindlich iſt.


[113]Glanz, Durchſichtigkeit.

Glanz


wird durch Reflexion der Lichtſtrahlen hervorgebracht. Bildet übrigens
eine complicirte optiſche Erſcheinung. Haidinger Sitzungsberichte der Kaiſ.
Akad. Wiſſenſch. 1849. Heft IV. pag. 137.


Der Grad des Glanzes: ob ſtark glänzend, glänzend, wenig
glänzend, ſchimmernd (Feuerſtein), oder matt (Kreide), hängt meiſt von
der Ebenheit der Oberfläche und bei Gemengen von der Größe des Korns
ab. Wichtiger iſt


die Art des Glanzes, welche von der Strahlenbrechung und Polariſation
abhängen ſoll: 1) Metallglanz iſt der intenſivſte und ſtets mit völliger
Undurchſichtigkeit des Körpers verbunden. Gold, Silber, Kupfer, Blei-
glanz ꝛc. 2) Diamantglanz tritt mit der Durchſcheinenheit ein. So-
wie Blende, Zinnſtein, Rothgülden ꝛc. durchſichtig werden, geht ihr
zweifelhafter Metallglanz in Diamantglanz über. Diamant und Weißblei-
erz die ſchönſten Beiſpiele. 3) Fettglanz gleicht Körpern mit fetten
Oelen beſtrichen. Eläolith und Pechſtein liefern Muſter. 4) Glas-
glanz
, der Glanz des Glaſes und Bergkryſtalls, findet ſich bei den bei weitem
meiſten Mineralen, die nicht metalliſch ſind. Perlmutterglanz, von
entfernter Aehnlichkeit mit Perlmutter, wird beim Blätterzeolith, Gyps,
Glimmer ꝛc. durch die Lagerung der Blätter, und Seidenglanz beim
Weißbleierz, Faſergyps, ſchillernden Asbeſt ꝛc. durch die Faſerſtruktur er-
zeugt. Subſtanzen mit geringer Strahlenbrechung zeigen Glasglanz, mit
ſtärkerer Diamantglanz, mit ſtärkſter Metallglanz! Vom Glanze der Flächen
hängt die Deutlichkeit der Bilder ab, welche man im reflectirten Lichte
darauf ſieht. Dieſe Bilder werden in eigenthümlicher Weiſe verändert,
ſobald man z. B. einen Alaunkryſtall ins Waſſer taucht, abtrocknet und
wieder darauf ſieht, oder wenn man Flußſpath mit Schwefelſäure, Kalk-
ſpath mit verdünnter Salpeterſäure behandelt, Brewſter in Fechners Cen-
tralblatt für Nat. und Anthropol. 1853. Nro. 42.


Durchſichtigkeit


hängt von der Menge durchgehender Lichtſtrahlen ab. Dabei muß die
Gleichartigkeit der Maſſe wohl berückſichtigt werden, denn durch Riſſe
und Sprünge können ſelbſt die klarſten Minerale ſich trüben. Wenn
der Körper Lichtſtrahlen zerſtreut und verſchluckt, ſo ſpielt natürlich auch
die Dicke ein weſentliches Moment. Durchſichtig heißen Minerale,
wenn man durch ſie ſcharfe Umriſſe erkennt, z. B. leſen kann: Edelſteine,
Bergkryſtall, Kalkſpath, Gyps. Eine rauhe Oberfläche hindert dieſe Durch-
ſichtigkeit zwar leicht, allein will man ſie nicht durch Schleifen und Poli-
ren entfernen, ſo darf man nur an gegenüberſtehenden Enden Glasplatten
mit kanadiſchem Balſam aufkleben. Für optiſche Verſuche ein wichtiges
Hilfsmittel. Halbdurchſichtige Minerale dürfen polirt nur verwa-
ſchene Umriſſe zeigen, Durchſcheinende laſſen nur noch in dünnern
Stücken einen Lichteindruck wahrnehmen, dieß endigt endlich mit der
Durchſcheinenheit an den Kanten, wie im Hornſtein, Kalkſtein.
Undurchſichtig heißen die Erze und Metalle, welche ſelbſt an den kan-
tigen Bruchſtücken keinen Lichtſchimmer mehr zeigen. Zwar weiß man,
Quenſtedt, Mineralogie. 8
[114]Optiſche Eigenſchaften: Farbe.
daß ſelbſt die opakſten Körper, wie z. B. Gold, als dünner Schaum
von wenigſtens \frac{1}{200,000} Zoll Dicke zwiſchen Glasplatten gelegt ein grün-
liches Licht durchfallen laſſen, feine Eiſenglanzblättchen ſcheinen blutroth
durch ꝛc., doch nennt der Mineralog das alles undurchſichtig.


Farbe


ſpricht das Auge am unmittelbarſten an, daher legte auch Werner ein
großes Gewicht darauf. Die Körper ſcheinen einen Theil der farbigen
Lichtſtrahlen zu verſchlucken, und die übrigen müſſen dann ebenfalls far-
big zurückgeworfen werden. Das Studium der feinern Farbenſchatti-
rungen macht zwar große Mühe, wer jedoch mit Farbenmiſchungen über-
haupt ſich abgegeben hat, findet ſich leicht durch. Bekanntlich nimmt der
Künſtler nur drei Grundfarben an: Roth, Gelb und Blau, weil er dar-
aus alle andern miſchen, und durch Zuſatz von Weiß und Schwarz auch
alle Töne hervorbringen kann. Braun iſt nur ein dunkler Ton von Gelb,
denn das ziemlich reine Gelb der Gummigutt ſieht auf trockner Oberfläche
braun aus. Stellt man die drei Hauptfarben in einen Kreis, ſo liegen
dazwiſchen die drei Hauptmiſchfarben Orange (gelbroth), Violet (blau-
roth), und Grün, ein ſo vollkommen Gemiſch von Blau und Gelb, daß
darin das Auge keine der Grundfarben wieder erkennt, alſo:


[figure]

Das ſind, wie ſchon Göthe bemerkt, im Grunde die Farben des
Spectrums, Newton nahm zwar ſieben an (Indigo), allein mehr aus
theoretiſchen Gründen, um in der Zahl Uebereinſtimmung mit den 7 Tönen
der Oktave zu bekommen. Da nun ferner zwiſchen Weiß und Schwarz
das Grau liegt, ſo ſollte man 9 Charakterfarben unterſcheiden, nämlich
5 Grundfarben (Weiß, Schwarz, Blau, Gelb, Roth) und 4 Hauptmiſch-
farben (Grau, Grün, Violet, Orange). Die Sprache hat aber auf Violet
und Orange kein Gewicht gelegt, ſtatt deſſen hebt ſie Braun hervor, und
ſo kam Werner zu folgenden 8 Charakterfarben:


  • 1) Schneeweiß, carrariſcher Marmor;
  • 2) Aſchgrau, Kalkepidot vom Fichtelgebirge;
  • 3) Sammtſchwarz, Obſidian;
  • 4) Berlinerblau, Sapphir, Cyanit;
  • 5) Smaragdgrün, Smaragd, Malachit;
  • 6) Zitronengelb, Rauſchgelb;
  • 7) Carminroth, Rubin;
  • 8) Kaſtanienbraun, Nilkieſel.

Jede Farbe hat nun ihre Schattirungen (Varietäten), dieſer wird
es natürlich ſo viele geben, als man überhaupt miſchen kann, und da
treten dann die Schwierigkeiten der ſichern Beſtimmung ein. Werner
unterſcheidet beim


1. Weiß: ſchnee-, röthlich-, gelblich-, grünlich-, blaulich- (milch-
weiß), graulich weiß. Aber eben ſo gut kann man von violettig-
[115]Optiſche Eigenſchaften: Farbe.
und orangeweiß ſprechen, die beim Quarz ſchön vorkommen. Das
Schneeweiß hängt weſentlich von der Struktur ab: farbloſe Kryſtalle
zu Pulver geſtoßen geben undurchſichtiges Weiß, wie ſich alſo Schnee zum
klaren Eiſe, ſo verhält ſich weißer Statuenmarmor zum waſſerhellen Dop-
pelſpath, Alabaſter zum Fraueneis. Auch durch Verwitterung entſtehen
bei dem waſſerhellen Zeolith Schneefarben, indem durch Waſſerver-
luſt ihre Atome gelockert werden. Am


2. Grau hebe ich nur das Perlgrau, ein violettiges Grau (Por-
zellanjaſpis) und Rauchgrau, ein bräunlich Grau (Feuerſtein) hervor.


3. Schwarz verdanken die Steine häufig kohligen und bituminöſen
Theilen oder Beimengungen von Magneteiſen. Rabenſchwarz hat
einen Stich ins Grün, Pechſchwarz einen Stich ins Gelb, was be-
ſonders am Pulver hervortritt.


4. Blau ſteht dem Schwarz am nächſten, beſonders durch Kobalt,
Eiſen ꝛc. erzeugt. Da es neben Roth und Grün ſteht, ſo bilden dieſe
hauptſächlich ſeine Nüancen. Das Laſurblau des Laſurſteins hat einen
Stich ins Roth, und beim Violblau des Amethyſtes und Flußſpathes
iſt Roth und Blau ins Gleichgewicht getreten. Im Lavendelblau des
Porzellanjaſpis erkennt man Violblau mit viel Aſchgrau. Pflau-
menblau
im Zirkon, Spinell ꝛc. iſt ein röthlich Violblau. Smalte-
blau
am Achydrit ein reines Blau mit Weiß. Indigblau ein
ſchwarzes Blau mit einem Stich ins Grün, Vivianit. Entenblau ein
ſchwarzes Blau mit viel Grün im dunkelfarbigen Talk. Himmelblau
ein weißes Blau mit Grün, Linſenerz, Türkis.


5. Grün hauptſächlich durch Chrom, Nickel, Kupfer, Eiſen erzeugt.
Aus Blau und Gelb beſtehend ſtreift es beſonders nach dieſen Seiten
hin. Spangrün hat viel Blau in der Kupferfärbung des Amazonen-
ſteins. Seladongrün iſt in der Grünerde von Monte Baldo ſpangrün
mit Grau. Berggrün ein blaſſes Spangrün mit viel Grau, Farbe
der grünen Keupermergel. Lauchgrün im Praſem von Breitenbrunn
hat viel Schwarz. Apfelgrün im nickelgefärbten Chryſopras von Ko-
ſemütz ein reines weißes Grün, kaum mit einem Stich ins Gelb. Gras-
grün
ein reines Grün mit wenig Gelb, Strahlſtein, Diopſid, Buntbleierz.
Geht leicht ins Spargelgrün, Blaßgrün mit viel Gelb, Apatit im
Talk von Tyrol. Piſtaziengrün, im Epidot von Arendal, das ächte
Sanftgrün der Maler, ein ſchwarzes Grün mit viel Gelb. Oliven-
grün
im Olivin iſt nicht ſo dicht, und hat auch Grau. Oelgrün
im Pechſtein hat auch viel Grau und Gelb. Zeiſiggrün ein reines
lichtes ſtark gelbliches Grün, Kalkuranglimmer.


6. Gelb beſonders durch Eiſenoxydhydrat erzeugt, Grün und Roth
als Nebenfarben. Schwefelgelb ein lichtes Gelb mit einem entſchie-
denen Stich ins Grün. Strohgelb blaſſes Gelb mit Grau, Karpholith.
Wachsgelb iſt graubraun, Gelbbleierz. Honiggelb iſt dunkel mit
einem Stich ins Roth, Honigſtein, Bernſtein, Flußſpath. Ochergelb
iſt röthlichbraun. Weingelb iſt blos mit einem Stich ins Roth, Topas
vom Schneckenſtein. Iſabellgelb hat viel Grau, Natrolith von Ho-
hentwiel. Oraniengelb die Farbe der reifen Pommeranzen, Strich
des Realgar.


8*
[116]Optiſche Eigenſchaften: Charakterfarbe.

7. Roth rührt häufig von Eiſenoxyd her. Gelb und Blau als Ne-
benfarben. Morgenroth ein hohes Feuerroth mit Gelb, Realgar,
Rothbleierz. Hyacinthroth iſt das reine Gemiſch von Gelb und Roth,
hat aber im Hyacinth ſchon etwas Schwarz. Ziegelroth hat viel
Schmutziggrau, Farbe des Eiſenoxyds in den gebrannten Ziegeln. Schar-
lachroth
iſt hochroth mit einem ſtarken Stich ins Gelb, Zinnober.
Fleiſchroth iſt blaß gelbroth am Feldſpath. Blutroth die Farbe
des Pyrop’s mit Gelb. Roſenroth ein blaſſes reines Roth, Roſen-
quarz. Pfirſichblüthroth im Lepidolith von Mähren hat viel Blau.
Kolombinroth im edlen Granat iſt dunkel mit deutlichem Blau.
Kirſchroth neigt ins Schwarze beim Rothſpießglanz.


8. Braun. Das Nelkenbraun im Rauchtopas und Axinit zieht
ſich ins Violblau, das Haarbraun im Holzzinn ins Gelblichgrau, das
Leberbraun im Granat von Orawitza ins Grün ꝛc.


Die Wichtigkeit der Farben iſt bei verſchiedenen Mineralen ſehr ver-
ſchieden, und namentlich muß man wohl unterſcheiden, ob die Maſſe als ſolche
farbig oder gefärbt
ſei. Die Maſſe der gefärbten (wie die meiſten Silicate und Saliniſchen
Steine) iſt an ſich farblos oder weiß, und bekommt erſt ihre Tinten durch
eine fremdartige (metalliſche) Beimiſchung, die mehr oder weniger zufällig
wegen ihrer Kleinheit noch nicht einmal überall beſtimmt ermittelt werden
konnte. Wegen des zufälligen Färbemittels pflegen dann auch die ver-
ſchiedenſten Farben vorzukommen: ſo möchte beim Quarz, Flußſpath, bei
den Edelſteinen ꝛc. keine Farbe fehlen, und wenn ſie noch nicht gefunden
iſt, ſo darf man ſie in Zukunft erwarten. Ganz anders verhalten ſich
die farbigen Maſſen mit ihrer


Charakterfarbe, die Farbe iſt da nicht blos in ihren Nüanci-
rungen enger begränzt, ſondern die Maſſe als ſolche kann gar nicht an-
ders, als beſtimmtfarbig erſcheinen: Kupferlaſur iſt immer blau, Malachit
grün, Bleiglanz grau ꝛc. Hier hat dann die Farbe eine ganz andere Bedeu-
tung, und ihr genaues Studium iſt für das Erkennen unerläßlich.


Die Qualität der Farbe muß noch ganz beſonders hervorgehoben wer-
den, denn ſie zeichnet ſich trotz aller Zufälligkeiten doch nicht ſelten in ſo ſpecifi-
ſchen Unterſchieden aus, daß der Scharfblick eines Kenners mit Takt zu
ſondern weiß, was der Ungeübte kaum für möglich halten würde. Vor
allem übt der Glanz einen Einfluß: ſo wird durch den feuchten Glasglanz
des Flußſpathes die bunte Farbe in einer Weiſe modificirt, daß man ſie
überall wieder herauserkennt; der halbmetalliſche Schimmer des Diallag’s
und ſeiner Verwandten läßt die Mannigfaltigkeit der Farben in einem
allen gemeinſamen Schiller leuchten, der freilich oft ſehr verſteckt liegt.
Beſonders aber verdienen vor den nicht- und halb-metalliſchen Farben


die Metallfarben Auszeichnung, deren eigenthümlicher Eindruck
offenbar durch den Glanz bedingt iſt. Es ſind alles Charakterfarben, und
wenn auch das Brennende und Extreme fehlt, ſo ſind ſelbſt die feinſten
Abſtufungen wichtig, da ſie in unabänderter Schärfe der Subſtanz in-
wohnen, vorausgeſetzt, daß ihr Gefüge keine Veränderung erleidet.


1. Roth. Kupferroth, die Farbe des Kupfers auf friſchem
Strich, enthält bedeutend Gelb, aber nur wenig Grau. Weniger Roth
[117]Optiſche Eigenſchaften: Metallfarben.
ſind die glimmerartigen Blätter des Antimonnickel von Andreasberg,
bleicher mit mehr Gelb und Grau der Kupfernickel. Das Roth im
Buntkupfererz iſt ſchon ſo gelbgrau, daß man es tombakbraun
nennen kann. Das ſchönſte


Tombakbraun kommt halbmetalliſch bei verwitterten Glimmern
(Katzengold) vor, es iſt die Farbe der Meſſinglegirung mit viel Kupfer und
wenig Zink, wobei alſo neben Graugelb immer noch ein Stich ins Roth
bleibt. Der Sternbergit ſoll nach Zippe ausgezeichnet tombakbraun
ſein. Der Magnetkies hat zwar ſchon viel Gelb, aber doch immer
noch einen ſolchen Stich ins Roth, daß man ihn noch zum Tombakbraun
ſtellen darf. Blende, Hauerit ꝛc. haben zwar auch viel Roth, ſind aber
kaum halbmetalliſch.


2. Gelb. Speisgelb, Gelb mit Grau, ausgezeichnet beim Schwe-
felkies; der Binarkies ſcheint ſchon etwas lichter. Meſſinggelb, die
ausgezeichnete Farbe des Kupferkieſes, hat gegen Schwefelkies gehalten einen
entſchiedenen Stich ins Grün. Goldgelb iſt das reinſte metalliſche
Gelb, in ſeiner intenſivſten Farbe erinnert es mehr an Ocher- als Zitro-
nengelb. Da dünne Goldblättchen grün durchſcheinen, ſo mag daraus
zum Theil die meſſinggelbe Farbe der Siebenbürgiſchen Goldblättchen ſich
erklären. Durch Legirung mit Silber folgen dann alle Stufen der Ver-
blaſſung.


3. Weiß. Silberweiß, die Farbe des Silbers auf friſchem
Strich, hat einen entſchiedenen Stich ins Gelb. Der Arſenikkies ſteht
ihm zwar nahe, hat aber mehr Grau ſtatt Gelb. Wismuth und Glanz-
kobald von Tunaberg ſind dagegen röthlichſilberweiß; Zinnweiß
hat einen Stich ins Blau, Queckſilber, Antimon, Speiskobalt.


4. Grau hält die Mitte zwiſchen Weiß und Schwarz, und die Grän-
zen ſind unſicher, ſo nennen Einige das Platin noch Weiß, Andere ſchon
Grau. Das normale Grau iſt


Bleigrau, die Farbe des friſchen Bleies, ſie iſt bei den Erzen ſo
verbreitet und ſelbſt in ihren feinern Abſtufungen ſo wichtig, daß man
es nicht unterlaſſen muß, die Hauptabänderung zur Vergleichung ſich zu-
ſammen zu ſtellen:


Weißlichbleigrau iſt das gediegene Arſenik auf friſcher Bruchfläche.


Gemeinbleigrau iſt das Grauſpießglanz, es hat einen Stich ins
Blau, und unterſcheidet ſich dadurch von Stahlgrau.


Friſchbleigrau, die brennende Farbe des Bleiglanzes, zeigt einen
entſchiedenen Stich ins Roth, noch rother iſt Molybdän.


Schwärzlichbleigrau iſt das gemeine Bleigrau mit viel Schwarz,
Glaserz, Kupferglas.


Stahlgrau ein fahles Grau ohne Blau: Zinckenit, Schrifterz,
Wismuthglanz, die lichten Fahlerze.


5. Schwarz. Eiſenſchwarz mit viel Grau, Magneteiſen, Ei-
ſenglanz.


Das entſchiedene Blau und Grün fehlt alſo, beide treten aber häufig
beim Anlaufen der Metallfarben auf.


Farbenzeichnung. Die Farben ſind nicht immer im Minerale
gleichmäßig vertheilt. Ausdrücke wie punktirt, gefleckt, gewolkt, geflammt,
[118]Specifiſches Gewicht.
geſtreift, marmorirt ſind von ſelbſt verſtändlich. Höchſt eigenthümlich ſind die
dendritiſchen Zeichnungen in Achaten und Kalkſteinen, deren ſchwarze
Manganſuperoxydfärbung ſich wie Bäumchen verzweigt, welche namentlich in
den Solnhofer Schiefern den alten Petrefactologen viel zu ſchaffen machten.
Die Färbung vertheilt ſich darin nach dem Geſetz der Haarröhrchen. Aber
auch in Kryſtallen ſind öfter ungleiche Färbungen am Diopſid, Turmalin
von Elba ꝛc. ſehr auffallend, ſie verſchwimmen gegenſeitig in unregel-
mäßigen Gränzen, beim Smaragd ſcheiden ſie ſich dagegen zuweilen genau
nach der Gradendfläche der ſechsſeitigen Säule.


Strich. Die Farbe des Pulvers iſt namentlich bei Erzen nicht
ſelten auffallend anders als die des unverletzten Minerals. Man nimmt das
ſchon wahr, wenn man das Mineral einfach mit dem Meſſer ritzt. Deut-
licher wird die Sache, ſobald man über die rauhe Fläche einer Porzellan-
Biscuit-Platte hinfährt, wozu man die Hinterſeite einer porzellanenen
Abdampfſchüſſel benützen kann.


Specifiſches Gewicht.


Darunter verſteht man das Verhältniß des Gewichts zum Volumen.
Als Einheit nimmt man das Waſſer an, dann iſt ein Cubikzoll Quarz
2,65mal ſchwerer als ein Cubikzoll Waſſer.


Das abſolute Gewicht g durch das Gewicht eines gleichen Volu-
mens Waſſers g— γ dividirt gibt das ſpecifiſche Gewicht. Man bedient
ſich dabei der gewöhnlichen Wage der Chemiker, die bei 100 Gramm
Belaſtung noch 0,5 Milligramm, alſo \frac{1}{200,000} Theil, angibt. Zu Löthrohr-
proben hat man feine Hebelwagen, die bei 2 Decigrammen Belaſtung
0,1 Milligramm noch deutlich anzeigen. 1 Quentchen = 3,6 Gramm.
Beiſpiel. Ein Topas wog in der Luft 8,75 Grm. = g; jetzt befeſtige
man ihn an einem Coconfaden oder einem andern feinen Haar und wiege ihn
unter Waſſer, er wird dann um ſo viel leichter ſein, als er Waſſer ver-
drängt, alſo 6,25 Grm. = γ wiegen. Das Gewicht des gleichen Volu-
men Waſſer muß daher g— γ = 2,5 Grm. betragen, folglich das ſpecifi-
ſche Gewicht = 3,5.


Klaproth wog auch in einem Fläſchchen mit eingeriebenem Stöpſel,
der oben ein Loch hat: zuerſt bringe das mit Waſſer gefüllte Fläſchchen
auf der Wage ins Gleichgewicht, wirf das Mineralſtück in die Flaſche,
ſo wird es gerade ſo viel Waſſer verdrängen als es groß iſt, alſo γ wie-
gen. In der Luft gewogen war es aber g, woraus das Reſultat erwächſt.


Iſt das Mineral im Waſſer löslich, ſo wiegt man z. B. Steinſalz in
Terpentinöl (0,872), Gyps in Alkohol. Man muß dann aber die gefundene
Zahl mit dem ſpecifiſchen Gewicht der Flüſſigkeit, in welcher man gewo-
gen hat, multipliciren.


So einfach das Verfahren auch ſein mag, ſo ſtellen ſich der genauen
Ausführung doch Hinderniſſe aller Art entgegen. Namentlich ſpielt die
Adhäſion des Waſſers eine Rolle, ſie macht fein vertheilte Niederſchläge
bald ſchwerer bald leichter als derbe Stücke (Oſann Pogg. Ann. 73. 605).
Wenn Minerale ein ſehr hohes ſpecifiſches Gewicht zeigen, ſo muß man
[119]Cohäſionsverhältniſſe.
möglichſt große Stücke wiegen, weil Fehler im Wiegen dann geringern
Einfluß haben.


Beim Merken des ſpecifiſchen Gewichtes iſt es gut, an das der
Erde zu denken. Laplace ſetzt die mittlere Dichtigkeit der Erde 4,76,
Reich 5,5. Nehmen wir im Mittel 5fach, ſo wäre es das der gewöhn-
lichſten Eiſenerze: Eiſenglanz, Magneteiſen, Schwefelkies ꝛc.


Am ſchwerſten ſind die gediegenen Metalle: Iridium 23,6, Osmiri-
dium 21,12, Platin gemünzt 22,1 und Gold 19,3, beide letztere in ihrem
natürlichen Vorkommen aber immer leichter.


Wolfram 17,6, Queckſilber 13,6, Blei 11,39, Silber kryſtalliſirt 10,8,
Kupfer 8,96, Meteoreiſen 7,79.


Hier ſchließen ſich ſchon Erze an: Zinnober 8, Bleiglanz 7,5, Glaserz 7,2,
Wolfram, Zinnſtein 7, Weißbleierz 6,5 ꝛc., die alſo alle über das Ge-
wicht der Erde hinausreichen.


Das hohe Steingewicht bleibt dagegen immer unter dem 5fachen:
Schwerſpath 4,5, Zirkon 4,4, Granat 4,3, Korund 4, Diamant 3,5.


Das gemeine Steingewicht ſinkt auf die Hälfte des Erdge-
wichtes herab: Kalkſpath 2,7, Quarz 2,7, Feldſpath 2,6. Was darunter
geht, ſind ſchon


leichte Steine, wie Gyps 2,3, Blätterzeolith 2,2, Schwefel 2, Stein-
kohle 1,7 und leichter, Bernſtein 1,1.


Eichenholz 0,93, Tannenholz 0,55, Kork 0,24.


Schwefelſäure 1,85, Steinöl 0,75.


Atmoſphäriſche Luft 0,001299, Waſſerſtoff 0,00008937. Folglich
Irid: Waſſerſtoff = 1 : 0,0000038. Gediegen Iridium wäre alſo faſt drei-
hunderttauſendmal ſchwerer als Waſſerſtoff.


Cohäſionsverhältniſſe.


Die Atome (Molecule) hängen unter einander auf verſchiedene Art
zuſammen, namentlich unterſcheidet der Phyſiker drei Aggregatszuſtände
a) Gasförmig oder elaſtiſchflüſſig. Atmoſphäriſche Luft dringt in
alle Räume der Erde. Kohlenſäure bricht beſonders mit Quellen und
Vulkanen hervor. Kohlenwaſſerſtoff, Schwefelwaſſerſtoff ꝛc.
fehlen der Erde zwar nicht, allein ſie fallen mehr dem Gebiete der Chemie
anheim.


b) tropfbarflüſſig. Meer, Seen und Flüſſe mit ihren Quellen,
die unter Umſtänden eine feſte Form annehmen, fallen ſchon mehr in unſer
Gebiet. Queckſilber und Steinöl, als von feſten Theilen der Erde ein-
geſchloſſen, ſind nie beſtritten worden.


c) feſt, die Theile fließen nicht von ſelbſt auseinander, ſondern
ihre Verſchiebung ſetzt einen Widerſtand entgegen, der bei verſchiedenen
Körpern ſehr verſchieden ausfällt, und ein weſentliches Kennzeichen ab-
gibt. Man nennt es Härtegrade, die mittelſt gegenſeitiger Ritzung
geprüft werden, das Härtere ritzt das Weichere. Gewöhnlich bedient man
ſich blos einfach des Federmeſſers. Mohs wendete auch eine Feile an,
andere haben den Druck gemeſſen, welchen man ausüben muß, um den
Körper zum Eindringen in das Mineral zu bringen (Franz Pogg. Ann.
80. 37). Für Ermittelung feiner phyſikaliſchen Eigenſchaften ſind ſolche
[120]Härte.
complicirten Inſtrumente allerdings wichtig, für den praktiſchen Minera-
logen haben ſie jedoch nicht die Bedeutung, die man ihnen wohl hin und
wieder beilegt. Für die Vergleichung der verſchiedenen Härtegrade iſt die
Mohs’ſche


Härteſcala allgemein eingeführt:


  • 1) Talk, der grünlich weiße aus den Alpen.
  • 2) Steinſalz, blättriges, hat genau die Härte des Fingernagels,
    während der blättrige Gyps noch deutlich mit dem Nagel geritzt werden kann.
  • 3) Kalkſpath, beſonders der blättrige von Erzgängen, läßt ſich ſehr
    leicht mit dem Meſſer ritzen.
  • 4) Flußſpath.
  • 5) Apatit hat ungefähr Glashärte, läßt ſich daher mit dem Meſſer
    nur noch ſchwer beſchädigen.
  • 6) Feldſpath, beſonders der klare aus den Alpen, gibt mit dem
    Stahle noch keine ſtark glühenden Funken.
  • 7) Quarz mit dem Stahle gute Funken gebend.
  • 8) Topas, mit ihm beginnt die Edelſteinhärte.
  • 9) Korund iſt der härteſte unter den Gemmen, nur weit davon
    folgt der
  • 10) Diamant, der daher blos in ſeinem eigenen Pulver geſchliffen
    werden kann.

Gewöhnlich ſetzt man bei der Härteangabe blos die Zahl hin, doch darf
man darin keine mathematiſchen Abſtufungen vermuthen, wozu die Deci-
malbrüche mancher Schriftſteller verleiten könnten. Zwiſchen Korund und
Diamant ſoll bei weitem der größte Abſtand ſein, was der Schleifer vor
allem aus der Art wie er beim Schleifen angegriffen wird wahrnimmt.
Der ächte Smirgel iſt Korund, und deshalb findet er beim Schleifen
harter Steine hauptſächlich Anwendung. Quarz iſt unter den gemeinen
Steinen der härteſte, was über ihn hinausgeht, zählt ſchon zur Edelſtein-
härte. Unter dem Quarze ſtellt ſich Zinnſtein 7—6, Eiſenglanz 6, Eiſen
6—5 ꝛc. ein. Die meiſten gediegenen Metalle ſind unter Kalkſpathhärte,
werden aber durch Legiren etwas härter.


Wenn man die Härte mit der Feile prüft, ſo wird vom Feldſpath = 6
die Feile zwar ſchon polirt, allein aus Ton, Pulvermenge und Politur
der Feile kann man dennoch auf die Härte zurückſchließen.


Härteverſchiedenheiten kommen öfter an ein und demſelben
Minerale vor, wie das in ſo auffallender Weiſe der Cyanit zeigt, der
auf dem Blätterbruch 5 und auf den Säulenkanten 7 hat. Auf dem blätt-
rigen Bruche des Gypſes kann man die Unterſchiede ſchon mit der Feder
wahrnehmen. Wenn man damit über die Spiegelfläche hinfährt, ſo dringt
ſie am leichteſten ſenkrecht gegen den Faſerbruch ein. Beim Kalkſpath
fällt es gar mit dem Federmeſſer auf, was bereits Huyghens wußte: ritzt
man nemlich den blättrigen Bruch längs der kurzen Diagonale von ſtum-
pfem Winkel zu ſtumpfem Winkel, ſo bekommt man kein rechtes Pulver,
wenn man an der Endecke c anſetzt, und hinabfährt, entgegengeſetzt von
der Seitenecke aus umgibt ſich der Strich dagegen ſogleich mit viel Pulver.
Beim Bleiglanz kann man die Sache mit bloßer Hand nicht mehr wahr-
nehmen, doch ſoll die Maſſe parallel den Würfelkanten etwas härter ſein,
als parallel den Diagonalen. Franz ſtellt als allgemeines Geſetz auf,
[121]Tenacität, Bruch.
daß die härteſte Richtung im Kryſtall den Blätterbrüchen parallel gehe,
die weichſte aber darauf ſenkrecht ſtehe. Frankenheim de crystallorum
cohaesione
1829 und Baumgärtners Zeitſchrift für Phyſik. 9. 94. See-
beck in Hartmann’s Jahrbüchern der Mineral. und Geol. 1. 123.


Qualitative Härte (Tenacität).


1) Spröde, laſſen ſich ſchwer beugen, aber leicht zerreißen. Will
man von dem Mineral mit dem Meſſer etwas trennen, ſo fliegen die
Theilchen mit Geräuſch fort. Edle und halbedle Steine, Kalkſpath ꝛc.


2) Biegſam, laſſen ſich leicht beugen, aber ſchwer zerreißen: ela-
ſtiſchbiegſam
der Glimmer, welcher in ſeine vorige Lage zurückſpringt,
gemeinbiegſam der Talk, welcher das nicht thut.


3) Milde, die Minerale laſſen ſich zu Staube oder Blättchen kratzen,
die Stückchen bleiben aber auf dem Meſſer liegen. Gyps, Talk, Grau-
ſpießglanz ꝛc.


4) Geſchmeidig, es laſſen ſich zerbrechliche Späne abſchneiden,
Wismuth, Glaserz, Hornſilber.


5) Dehnbar, die abgeſchnittenen Späne ſind ſtreckbar (laſſen ſich
zu Draht ziehen) und hämmerbar (laſſen ſich zu Blech ausplatten): Gold,
Silber, Platin, Eiſen, Kupfer (Zink, Zinn), Blei. Vergoldete Silber-
münzen ſcheinen auf friſcher Schnittfläche vergoldet zu ſein, weil ſich eine
Goldhaut über den Schnitt legt. Platindraht innerhalb eines Silber-
barren ausgedehnt, das Silber alsdann mit Salpeterſäure gelöſt, gibt
Platinfäden, die das bloße Auge nicht ſieht, und wovon 140 auf einen
Coconfaden gehen.


Zerſprengbarkeit iſt ſehr ſchwer, ſchwer, leicht oder ſehr leicht.
Dehnbare Metalle laſſen ſich gar nicht zerſchlagen, ſondern nur zerreißen.
Hornblendegeſteine, Gyps, Talk laſſen ſich ſchwer zerſchlagen, Obſidian
dagegen ſehr leicht. Die Trennungsfläche heißt Bruch. Vom blättri-
gen Bruch haben wir ſchon pag. 9 geredet. Ihm ſteht der dichte Bruch
gegenüber, welcher ſein kann


1) muſchelig, vom Schlagpunkte gehen regelmäßige concentriſche
Wellen aus, welche man nicht unpaſſend mit einer Muſchel verglichen
hat. Nach der Art des Glanzes kann er Glas-, Opal- oder Feuerſtein-
bruch ſein.


2) ſplittrig, auf der mehr oder weniger muſcheligen Schlagfläche
reißen ſich grobe oder feine Splitter los: Serpentin, Hornſtein, Chalcedon.
Meiſt nur bei unkryſtalliniſcher Maſſe.


3) Eben. Große Continuität, aber die Subſtanz ſchlammig, ge-
wiſſe Kalkſteine.


4) Uneben, bei erdigen Maſſen.


5) Hackig, kommt nur durch Zerreißen geſchmeidiger Metalle zum
Vorſchein, es ziehen ſich dabei Fäden, welche am gebrochenen Ende etwas
einbiegen.


Zerreißbarkeit wird mit Stangen oder Drähten mittelſt Ge-
wicht geprüft. Eiſen am haltbarſten.


Tragkraft beſonders für Bauſteine wichtig. Ein Porphyrcylinder
[122]Elaſticität, Magnetismus.
von einem Quadratfuß Fläche kann 5000 Ctr. tragen, Granit 1800,
Marmor 450, Bimſtein 71.


Poroſität. Die Subſtanz enthält Zwiſchenräume, ſogar Blaſen
mit Flüſſigkeiten und Gas gefüllt. Manche Minerale kleben an der
Zunge, entwickeln unter der Luftpumpe Gas, nehmen färbende Mittel auf
(Achat). Eine Goldkugel mit Waſſer angefüllt bekommt bei ſtarkem Druck
auf der Oberfläche thauähnliche Tropfen (Acad. zu Florenz 1661).


Zuſammendrückbarkeit. Fundamente großer Gebäude drücken
ſich zuſammen. Münzen erhalten durch den Stoß des Stempels ein Ge-
präge, wobei das Volumen kleiner, folglich das ſpecifiſche Gewicht größer wird.


Elaſticität, der zuſammengedrückte Körper nimmt ſein urſprüng-
liches Volumen wieder ein. Die Elaſticitätsaxen ergeben ſich beſonders
durch den Klang und die Klangfiguren. Höchſt intereſſant iſt in dieſer
Beziehung eine Abhandlung von Savart (Pogg. Ann. 16. 227) über den
Bergkryſtall mittelſt Schallſchwingungen. Er ſchnitt kreisförmige Platten
von einer Linie Dicke und 23 bis 27 Linien Durchmeſſer. Wären dieſe
homogen wie Glas, ſo müßten ſie alle unter gleichen Bedingungen gleiche
Knotenlinien und gleiche Töne geben. Das war aber nicht der Fall, ſon-
dern die Töne auf den verſchiedenen Flächen konnten um eine Quinte von
einander abweichen. Alle Flächen mit gleichem kryſtallographiſchen Ausdruck
verhalten ſich gleich, nur mit der Ausnahme, daß am Dihexaeder die drei
des einen Rhomboeder anders tönen, als die drei des andern, woraus
hervorgehen würde, daß der Bergkryſtall rhomboedriſch genommen werden
müßte. Auch Kalkſpath und Spatheiſenſtein wurden in die Unterſuchung
hineingezogen.


Magnetismus.


Die Hauptrolle ſpielt in der Natur das Magneteiſen, von den Alten
ausſchließlich Magnet genannt. Wenn derſelbe einige Zeit der Ver-
witterung ausgeſetzt war, ſo zieht er Eiſenfeilſpäne an, bekommt einen
Bart, wirkt alſo polariſch (attraktoriſch), aber immerhin nur ſchwach. Stark
wirkt er dagegen auf die Magnetnadel und andere künſtliche Magnete
(retraktoriſch), er kann damit z. B. aus dem Sande in großen Men-
gen herausgezogen werden. Schwächer iſt der Magnetkies, das ein-
fache Schwefeleiſen. Wenn man daher eiſenhaltige Minerale in der
Deſoxydationsflamme des Löthrohrs zu kleinen Kugeln ſchmilzt, ſo werden
dieſe magnetiſch, weil ſich Magneteiſen oder Magnetkies bildet. Unter
den künſtlich gewonnenen gediegenen Metallen zeichnen die Phyſiker außer
Eiſen noch Nickel, Mangan, Kobalt, Chrom aus.


Schwachen Magnetismus zeigen noch eine Menge von Mineralen.
Dieſe zu erkennen fand Hauy ein ingeniöſes Mittel in der Methode
des doppelten Magnetismus
. Nähert man nämlich im magneti-
ſchen Meridian einer Magnetnadelſpitze den gleichnamigen Pol eines Mag-
netſtabes ſehr vorſichtig, ſo ſtellt ſich die Nadel ſenkrecht gegen den mag-
netiſchen Meridian. In dieſer Nadelſtellung bewirkt die Nähe eines nur
wenig magnetiſchen Körpers am Pole ſogleich ein Umſchlagen der Nadel.
Fournet und Deleſſe (Ann. de Chimie et Phys. 1849. 3 sér. 25. 194)
haben ſehr genaue Unterſuchungen angeſtellt, und beſtätigt, daß auch
Eiſenglanz und rother Glaskopf polarmagnetiſch werden, wenn man ſie
[123]Diamagnetismus. Electricität.
mit ſtarken Magneten in Berührung bringt. Eiſenglanz von Elba fein
pulveriſirt kann man mit einem ſtarken Magnet bis auf das letzte Körnchen
wegnehmen, Beweis, daß das etwa beigemengte Magneteiſen nicht der
Grund ſein kann. Plücker (Pogg. Ann. 74. 343) hat ſogar die Inten-
ſität verſchiedener Eiſen-, Nickel- und Manganerze in Zahlen auszudrücken
geſucht. Wenn ſelbſt Felſen, wie Baſalt, Serpentin, Thoneiſenſtein von
Aalen ꝛc. ſich magnetiſch zeigen, ſo verdanken ſie dieß entweder dem bei-
gemiſchten Magneteiſen, oder der Einwirkung des Erdmagnetismus. De-
leſſe behauptet, daß dieſer polare Magnetismus von den Kryſtallaxen un-
abhängig ſei.


Diamagnetismus. Obgleich Brugmans ſchon 1778 erkannte,
daß eine Wismuthnadel zwiſchen die Pole eines Magnets gebracht ſo
abgeſtoßen wird, daß ſie ſenkrecht gegen die Verbindungslinie beider Pole
ſteht, ſo fand doch erſt Faraday (Pogg. Ann. 69. 289), daß alle Körper
an einem Coconfaden zwiſchen die kräftigen Pole eines Elektromagneten
gebracht entweder angezogen (axial) oder abgeſtoßen (aequatorial) werden.
Körper die ſich axial ſtellen, heißen Magnetiſch, und die ſich äquato-
rial diamagnetiſch. Für dieſe iſt Wismuth, was für jene Eiſen.
Plücker (Pogg. Ann. 81. 115) zeigte weiter, daß dieſe Einwirkung bei
Kryſtallen in eigenthümlicher Weiſe modificirt werde: es zeigen ſich mag-
netiſche Axen, die im Allgemeinen mit den optiſchen zuſammenfallen. Wis-
muth, Antimon, Arſenik ſtellen ſich mit ihrer rhomboedriſchen Hauptaxe
als diamagnetiſche Körper äquatorial, ebenſo isländiſcher Doppelſpath.
Andere Kalkſpathe verhielten ſich freilich entgegengeſetzt, Beweis genug
für die Schwierigkeit dieſer feinen Unterſuchungen, welche hier zu verfolgen
zu weit gehen würde. Schon der Erdmagnetismus kann beim Cyanit
öfter eine Axenſtellung der Säule nach Norden bewirken.


Electricität.


Hat ihren Namen vom Bernſtein (ἤλεκτϱον), der gerieben kleine
Körper anzieht und abſtoßt, was ſchon die ſyriſchen Frauen wußten,
aber erſt im 17ten Jahrhundert erfuhr man, daß auch andere Harze,
Schwefel, Glas ꝛc. dieſe Eigenſchaft haben.


Elektroſkope dienen zur Wahrnehmung der Elektricität. Das ein-
fachſte iſt das elektriſche Pendel, Hollundermark an einem Seiden-
faden aufgehängt. Empfindlicher iſt Hauy’s elektriſche Nadel, ein
Meſſingdrath an beiden Enden zu einer Kugel verdickt ſchwingt horizon-
tal in einem Glashütchen auf einer feinen Stahlſpitze nach Art der Mag-
netnadel. Behrens Goldblatt-Elektrometer (Gilbert’s Annal. 23.
24) verbeſſert von Bohnenberger (daſelbſt 51. 190) und Fechner (Pogg.
Ann. 41. 230) benutzte Rieß zu ſeinen Unterſuchungen, auch Coulombs
Drehwage kann zu einem ſehr empfindlichen Apparat gemacht werden.


Leiter und Nichtleiter. Metalle und geſchwefelte Erze ſind
gute Leiter, auch ſaliniſche Erze iſoliren nur unvollkommen. Saliniſche
Steine und Silikate iſoliren dagegen im Allgemeinen gut, wie auch Glas,
Schwefel und Harze. Seide und trockne Luft iſoliren, Waſſer und Waſſer-
dampf leiten. Daher ein feuchter Zuſtand der Luft dem Experiment hin-
derlich. Uebrigens weist Wiedemann (Pogg. Ann. 76. 404) auf ſinnreiche
[124]Elektricität.
Weiſe nach, daß die Kryſtalle die Electricität nach verſchiedenen Richtungen
verſchieden leiten: beſtreut man eine Glas- oder Harzfläche mit ſchlecht-
leitendem Pulver (Lycopodium), befeſtigt ſenkrecht darauf eine feine Nadel,
ſo wird bei Annäherung mit einer Leidener Flaſche das Pulver von der
elektriſirten Nadelſpitze aus nach allen Seiten hin gleichmäßig zerſtreut.
Wendet man ſtatt des Glaſes z. B. ein Gyps- oder andres Kryſtallblatt
an, ſo zerſtreut ſich das Pulver ungleich, am meiſten nach zwei diametral
einander entgegengeſetzten Richtungen, am wenigſten ſenkrecht darauf. Es
bildet ſich um die Nadelſpitze nicht ein Kreis, ſondern eine Ellipſe, deren
lange Axe ſenkrecht gegen den muſcheligen Bruch ſteht. Es ſoll die Elek-
tricität ſich nach der Richtung am ſchnellſten verbreiten, in welcher das
Licht ſich relativ am ſchnellſten fortpflanzt.


Reibungselektricität iſt poſitiv (Glaselektr.) oder negativ (Harz-
elektr.). Schwefel, Bernſtein, Honigſtein, Asphalt iſoliren, zeigen daher in
bloßer Hand gerieben Harzelektricität. Edelſteine nebſt Diamant, Quarz,
Glimmer, Feldſpath, Hornblende und Augit, Zeolithe, Granat, Kalkſpath,
Gyps, Flußſpath, Schwerſpath, Weißbleierz, Steinſalz ꝛc. iſoliren eben-
falls, zeigen aber Harzelektricität. Malachit, Kupferlaſur, Buntbleierz,
Eiſen- und Kupfervitriol, Rutil, Rothkupfererz ꝛc. iſoliren nur unvollkom-
men und zeigen gerieben Harzelektricität. Graphit, Steinkohle, Magnet-
eiſen, Wolfram, Schwefelkies, Kupferkies, Bleiglanz, Fahlerz müſſen iſo-
lirt gerieben werden, um Harzelektricität zu zeigen, weil die bloße Hand
leitet, und die erregte Elektricität ſogleich zur Erde fährt.


Da gleiche Elektricitäten ſich abſtoßen, ungleiche ſich anziehen, ſo
darf man die Elektroſkope nur mit bekannter Elektricität laden, um ſo-
gleich die Art der Elektricität zu erkennen. Beim Erfolge des Reibens
kommt es freilich auch weſentlich auf die Beſchaffenheit der geriebenen
Fläche an: an ein und demſelben Kryſtalle werden matte Flächen nega-
tiv, glatte poſitiv elektriſch. Beim Cyanit zeigen ſich ſogar einige Kryſtalle
poſitiv, andere negativ, ohne daß man einen äußern Grund in dem Aus-
ſehen der Flächen angeben könnte. Das führt dann zu feinen Diſtinctio-
nen. Der Kalkſpath wird ſogar ſchon durch Druck zwiſchen den Fin-
gern poſitiv elektriſch, und zeigt dieſe Electricität noch nach vielen (11)
Tagen, ebenſo Arragonit, Flußſpath, Topas. Am Glimmer zeigt bei der
Spaltung die eine Hälfte ſich poſitiv, die andere negativ elektriſch.


Thermoelektricität (Pyroelektricität). Wenn man edle Tur-
malinkryſtalle erhitzt, ſo bekommen ſie die merkwürdige Eigenſchaft, kleine
Körper anzuziehen und abzuſtoßen, was ſchon die Indier lange wiſſen
ſollen, von denen es die Holländer in Erfahrung brachten. Hauy hat
ſich beſonders Verdienſte darum erworben. Er führt Turmalin, Boracit,
Topas, Kieſelzinkerz, Faſerzeolith, Prehnit, Axinit, Sphen als thermoelek-
triſch auf. Brewſter (Pogg. Ann. 2. 297) fügte noch mehrere hinzu, wor-
unter beſonders Zucker und Weinſäure zu erwähnen iſt. Dieſer experimen-
tirte ſehr einfach, indem er blos kleine Stücke der innern Membran von
Arundo Phragmites die gewärmten Kryſtalle anziehen ließ. Später haben
Köhler (Pogg. Ann. 17. 1616), G. Roſe (Pogg. Ann. 39. 285 und 59.
353) und Hankel (Pogg. Ann. 49. 493; 50. 237 und 61. 281) die Sache
mit vollkommnern Inſtrumenten begründet.


Die Elektricität häuft ſich beſonders auf den Ecken und Kanten an,
[125]Phosphorescenz.
und bei Aenderung der Temperatur treten beide Elektricitäten am ent-
gegengeſetzten Ende auf. Die Linie, welche dieſe Pole verbindet, heißt
elektriſche Axe, ſie fällt mit einer kryſtallographiſchen meiſt zuſammen.
Aber nicht die Wärme als ſolche, ſondern die Veränderung der Wärme
erregt die Elektricität. Man kann daher einen ſolchen Kryſtall erwärmen,
hält man ihn aber immer auf gleicher Temperaturhöhe, ſo zeigt ſich nichts,
erſt bei zu- oder abnehmender Wärme tritt die Wirkung ein. Gewöhnlich
unterſucht man bei abnehmender Wärme, und nennt dann den Pol
mit Harzelektricität negativ (—), mit Glaselektricität poſitiv (+); bei
zunehmender ſchlagen dagegen beide um, der + wird — und der
— wird +. Roſe und Rieß haben daher den negativen Pol auch analog
genannt, weil bei abnehmender Temperatur Pol und Wärme das gleiche
Vorzeichen (—) bekommen, der poſitive heißt dann antilog, weil die
Elektricität ein anderes Zeichen (+) hat, als die abnehmende Wärme (—).
Gewöhnlich faßt man die Kryſtalle in einer iſolirenden Zange und erhitzt
ſie in der Weingeiſtlampe.


1) Terminalpolar mit 1 Axe, die Kryſtalle zeigen nur eine elek-
triſche Axe, welche mit der Kryſtallaxe c zuſammenfällt: Turmalin, Kieſel-
zinkerz, Faſerzeolith. Beide erſtere ſind zugleich hemiedriſch, und meiſt
kann man ſchon aus der Gruppirung der Flächen auf die Art des Poles
ſchließen. Kieſelzinkerz zeigt ſich ſogar ſchon bei gewöhnlicher Temperatur
elektriſch.


2) Terminalpolar mit 4 Axen: Boracit, die glänzenden Tetrae-
derflächen + (antilog). Vielleicht auch Helvin.


2) Terminalpolar mit 2 Linien, davon die eine an beiden Enden
analog, die andere antilog iſt: Axinit.


4) Centralpolar, die Enden der Axe a ſind beide + (antilog),
das Centrum aber — (analog); Topas und Prehnit.


Galvanismus heißt die Elektricität, welche bei der Berührung
verſchiedener Körper rege wird. Es zeigt ſich beſonders bei Metallen, und
im Gebirge mögen gar manche chemiſche Prozeſſe dadurch Erklärung finden.
Berzelius hat darauf ſeine berühmte elektromagnetiſche Theorie ge-
gründet, und die Stoffe nach dieſem Gegenſatze aneinander gereiht, wobei
Sauerſtoff den negativen und Kalium den poſitiven Pol bildet.


Phosphorescenz.


Hat ihren Namen von einem Leuchten, was an das des Phosphors
erinnert, aber auf keine bekannte Lichtquelle zurückgeführt werden kann.
Placidus Heinrich, die Phosphorescenz der Körper, Nürnberg 1811, hat
ſich um die Kenntniß verdient gemacht. Die Verſuche gehörig anſtellen
zu können, iſt ein finſteres Zimmer nothwendig, in welchem man ſich ½—1
Stunde und noch länger aufhalten muß, um die Netzhaut für ſolche Licht-
eindrücke empfänglich zu machen. Albertus Magnus wußte ſchon um das
Leuchten des Diamants, Aufſehen erregte jedoch erſt die Entdeckung eines
Schuſters von Bologna 1604, welcher die dortigen Schwerſpathknollen
(Bologneſer-Spath) durch Glühen mit Tragantſchleim leuchtend machte.


[126]Phosphorescenz. Wärme.

1) Durch mechaniſche Gewalt. Wenn man zwei Bergkryſtalle
an einander reibt, oder Glimmerblätter heftig zerreißt, ſo zeigen ſich Funken.
Zerklopft man Abends Zucker, ſo kann man die Erſcheinung kaum über-
ſehen, ebenſo beim Dolomit und Marmor. Die gelbe Blende von Kapnik
mit dem Meſſer geſchabt leuchtet außerordentlich ſchön, und die Sache iſt
um ſo merkwürdiger, als andere ganz ähnliche Blenden von Ungarn das
Phänomen nicht zeigen, es muß hier alſo ein ganz beſonderes Verhältniß
Statt finden.


2) Durch Inſolation. Man darf gewiſſe Diamanten nur kurz
dem Sonnenlicht ausſetzen, ſo leuchten ſie im Finſtern. Beſonders auch
der grüne Flußſpath, Kalkſpath, Arragonit, Schwerſpath. Silikate leuchten
dagegen nicht. Brennen erhöht die Eigenſchaft noch, wie namentlich die
Auſterſchalen beweiſen.


Auch durch ſtarke elektriſche Funken kann das Leuchten, an den Stellen,
wo der Funken durchging, erzeugt werden.


3) Durch Erwärmen. Flußſpath (grüner) und gewiſſe farbige
Apatite (Phosphorit von Spanien) ſind hier von hohem Intereſſe. Die
eiſenoxyd-rothen Apatittafeln von Schlackenwald entwickeln ſchon am Tage
vor dem Löthrohr eine prachtvolle grüne Farbe, die bei zu ſtarker Feuerung
über den Splitter hinzieht und verlöſcht. Die Erſcheinung hat mit dem
ſogenannten Aufglühen des Gadolinites große Aehnlichkeit. Am grünen
Flußſpath kann man eigenthümliches Leuchten in gleicher Weiſe wahr-
nehmen, auch er verliert mit der Farbe die phosphorescirende Eigenſchaft.
Auffallenderweiſe ſoll er aber durch elektriſche Schläge theilweis ſeine Farbe
und damit ſeine phosphorescirende Kraft wieder bekommen (Pogg. Ann.
22. 583). Wenn man übrigens nur ſchwach erhitzt, ſo geht die phosphoresci-
rende Eigenſchaft nicht verloren. Bei ſehr hoher Temperatur fangen Kalk-
ſpathe und andere Minerale ſtark zu leuchten an, doch dürfte das wieder
eine etwas andere Erſcheinung ſein.


So eigenthümlich und intereſſant auch dieſes Leuchten im Dunkeln ſein
mag, ſo gehört doch eine große Geduld und Aufmerkſamkeit dazu, nament-
lich wenn die Erſcheinung ſich nur ſchwach zeigt, auch mögen nicht alle
Augen dazu gleich organiſirt ſein.


Wärme.


1. Wärmeſtrahlung. Die Wärmeſtrahlen werden wie die Licht-
ſtrahlen von kryſtalliſirten Mitteln reflektirt, gebrochen und polariſirt. Beim
Brechen durch ein Prisma werden die Wärmeſtrahlen ebenfalls zerſtreut,
der Punkt größter Wärme liegt bei verſchiedenen Mitteln verſchieden, häufig
noch außerhalb des Spectrum jenſeits dem violetten Licht, ſo z. B. beim
Steinſalzprisma, ein Beweis, daß die Wärmeſtrahlen im Sonnenlicht ſtärker
gebrochen werden, als Farben. Die Polariſation hat Melloni mit 2
Glimmerblättchen nachgewieſen: er ließ mittelſt einer Steinſalzlinſe darauf
Wärmeſtrahlen fallen, es gingen dann immer bei gekreuzten Polariſations-
ebenen der Blättchen weniger Wärmeſtrahlen durch, als bei parallelen.
Höchſt eigenthümlich iſt die Verſchiedenheit in Rückſicht auf das Durch-
laſſen der Wärmeſtrahlen. Das Steinſalz läßt die Wärmeſtrahlen bei
[127]Wärme.
weitem beſſer durch, als der klarſte Bergkryſtall, es iſt für die Wärme-
ſtrahlen faſt vollkommen durchſichtig (diatherman), Alaun und Eis laſſen
dagegen nur äußerſt wenige durch, ſie ſind für Wärmeſtrahlen undurch-
ſichtig (atherman). Auch Analogie mit der Färbung, alſo Wärmefärbung
(Thermanismus), läßt ſich nicht verkennen. Das Steinſalz hat keine
Wärmefärbung, denn es läßt alle Strahlen mit gleicher Intenſität durch,
der Alaun dagegen läßt zwar die durch eine Glasplatte gegangenen Wärme-
ſtrahlen nicht durch, die durch eine Platte von Citronenſäure gefallenen
aber vollkommen. Wie alſo grüne Farben von grünen Gläſern durch-
gelaſſen, von rothen abſorbirt werden, ähnlich hier mit der Wärme.


2. Wärmeleitung. Die durch Berührung mitgetheilte Wärme
wird von verſchiedenen Körpern verſchieden geleitet. Metalle ſind gute
Wärmeleiter, ſie fühlen ſich daher auch kalt an: Gold kälter als Eiſen,
dieſes kälter als Blei. Noch ſchlechter leiten die Steine, aber unter dieſen
ſind die Edelſteine kälter als Quarz. Die Juweliere hauchen daher die
geſchliffenen Gemmen an, die edlern davon nehmen den Hauch (Waſſer-
niederſchlag) nicht nur ſchwerer an (weil ſie ſchneller warm werden), ſon-
dern verlieren ihn auch ſchneller. Gyps fühlt ſich entſchieden weniger kalt
an als Marmor, noch weniger kalt Harze und Kohle, was einen auf den
erſten Griff z. B. Bernſtein von ähnlich ausſehenden Chalcedonen unter-
ſcheiden läßt.


Die Wärmeleitungsfähigkeit iſt ſogar auch nach den ver-
ſchiedenen Kryſtallaxen verſchieden. Senarmont (Pogg. Ann. 73. 191; 74. 190
und 75. 50) überzog einfach eine homogene Glasplatte mit einer dünnen
Wachsſchicht, durchbohrte ſie mit einem Loch, in welches ein ſchwach koni-
ſches Silberrohr eingetrieben wurde. Wurde nun dieſes Silberrohr er-
wärmt, ſo gab das Schmelzen des Wachſes graphiſch den Gang der Wärme
an, beim Glaſe war es ein Kreis. Nimmt man eine Gypsplatte, welche
als ſchlechter Wärmeleiter beſonders ſcharfe Schmelzkurven gibt, ſo bekommt
man Ellipſen, deren längſte Axe etwa 50° mit dem faſrigen Bruch macht,
Große Axe: Kleinen Axe = 125 : 100. Der Verſuch gelingt ganz roh
angeſtellt: man mache einen dicken Eiſendraht glühend und drücke ihn
mit ſeinem gerade gefeilten Ende in Wachs, ſo bekommt man leicht Ellipſen
von 1 Decimeter Durchmeſſer. Senarmont behauptet, daß der Kalkſpath
auf der Gradendfläche c : ∞ a : ∞ a : ∞ a nur Wachskreiſe gebe, auf
dem Blätterbruch dagegen Ellipſen die lange Axe parallel der kurzen Dia-
gonale des Rhombus geſtellt. Der Quarz hat auf der Säulenfläche El-
lipſen von 10 : 13 in den Axen, die lange Ellipſenaxe ſteht parallel der
Hauptaxe des Quarzes. An regulären Kryſtallen, wie z. B. beim Fluß-
ſpath, konnten keine Unterſchiede in der Wachskurve bemerkt werden.


3. Wärmecapacität (ſpecifiſche Wärme). Um einen gewiſſen
Temperaturgrad zu erlangen, bedürfen die einen Körper weniger zuſtrö-
mende Wärme als die andern: 1 ℔ Waſſer von 36° gemiſcht mit 1 ℔
Waſſer von 0° geben 2 ℔ Waſſer von 18°; aber 1 ℔ Eiſen von 36°
mit 1 ℔ Waſſer von 0°, 2 ℔ von 4°, das Waſſer entzieht dem Eiſen
32°, um ſich auf 4° zu erhöhen, alſo 8mal mehr, daher Eiſen nur ⅛ der
ſpecifiſchen Wärme des Waſſers. Gyps 0,272, Topas 0,203, Feldſpath
0,191, Quarz 0,188, Eiſenglanz 0,169, Schwefelkies 0,128, Zinnſtein
[128]Schmelzbarkeit.
0,093, Grauſpießglanz 0,087. Neumann Pogg. Ann. 23. 1; Regnault
Pogg. Ann. 51. 44 u. 213; 53. 60 u. 243.


4. Latente Wärme. Wenn ein feſter Körper in einen andern
Aggregatszuſtand übergeht, ſo bindet er Wärme, welche für das Gefühl
förmlich verſchwindet; und umgekehrt wird Wärme frei. Wenn Eis thaut,
braucht es Wärme, wenn aber Waſſer friert, gibt es Wärme. Beim
Kryſtalliſiren der Körper wird daher immer Wärme frei, und wenn man
1 ℔ Schnee mit 1 ℔ Waſſer von 75°C. miſcht, ſo bekommt man 2 ℔
Waſſer von 0°, alle Wärme des heißen Waſſers iſt alſo für das Ther-
mometer ſpurlos verſchwunden.


5. Wärme dehnt die Körper aus und ſchmilzt ſie end-
lich
. Auf der gleichmäßigen Ausdehnung des Queckſilbers beruht bekannt-
lich das Thermometer, das von — 35° bis + 350° einen richtigen Gang
hat, weiter kann man nicht gehen, weil bei — 40° das Queckſilber er-
ſtarrt, und bei 400° ſiedet. Die Ausdehnung beträgt beim Queckſilber
zwiſchen 0° bis 100° \frac{1}{55}, Zink \frac{1}{340}, Blei \frac{1}{350}, Silber \frac{1}{524}, Kupfer \frac{1}{645}, Gold
\frac{1}{682}, Platin \frac{1}{1167}. Trotz dieſer geringen Dimenſionsveränderungen hat Mit-
ſcherlich dennoch mit Hilfe der Winkel an Kryſtallen nachgewieſen, daß
die Ausdehnung nach verſchiedenen Axen verſchieden iſt. Beim Kalkſpath
(Pogg. Ann. 10. 137) fand ſich bei 100°C. eine Volumensvergrößerung
von 0,00196. Ein Kryſtall wurde in einem Queckſilberbade mit einem
Reflexionsgoniometer in Verbindung gebracht, ſo daß er gemeſſen werden
konnte, und hier fand ſich bei 100° eine Verminderung des Endkanten-
winkels um 8\frac{1}{2} Minute, er mußte ſich alſo in Richtung der Hauptaxe c
ſchneller ausdehnen, als in den Nebenaxen a. Die Rechnung würde eine
Ausdehnung von 0,0034 nach der Hauptaxe geben. Da dieß mit der
Volumensvergrößerung nicht ſtimmt, ſo zeigten direkte Meſſungen, daß die
Kryſtalle, während ſie ſich nach c ausdehnen, nach a ſogar zuſammen-
ziehen. Beim Gyps wird der Winkel des Augitpaares 1/1 um 8\frac{1}{2}', und
die Säule f/f um 11 Minuten ſtumpfer. Am Schwalbenſchwanz-Zwilling
(Pogg. Ann. 41. 213) konnte Mitſcherlich ſenkrecht gegen die Axe ge-
ſchliffen die Veränderung ſogar von 10° zu 10° mit bloßem Auge ver-
folgen, indem die geſchliffenen Gradendflächen je 1\frac{1}{2} Minuten aus ihrem
horizontalen Niveau wichen, was nur Folge einer ungleichen Ausdeh-
nung ſein kann.


Schmelzbarkeit.


Durch die Wärme kann wahrſcheinlich jeder Körper aus dem feſten
in den flüſſigen Zuſtand überführt werden. Viele Subſtanzen bleiben bis
zu einem gewiſſen Temperaturgrade feſt, und gehen dann plötzlich in den
tropfbarflüſſigen Zuſtand über. Andere aber, wie Glas, Eiſen ꝛc., zeigen
noch einen Mittelzuſtand, in welchem ſie ſich knetbar wie Wachs zeigen,
alſo leicht gemiſcht (geſchweißt) werden können. Zerſetzen ſich die Körper
beim Schmelzen, wie der Kalkſpath, ſo kann auch hier die Schmelzung in
verſchloſſenem Gefäße bewerkſtelligt werden. In Beziehung auf die Höhe
der Temperatur findet jedoch eine große Verſchiedenheit Statt: um zu
[129]Schmelzbarkeit.
ſchmelzen braucht Kohlenſäure — 100°, Queckſilber — 39°, Eis 0°, Phos-
phor 43°, Schwefel 109°, Zinn 230°, Wismuth 256°, Blei, 334°, Zink
360°, Antimon 432°, Silber 1000°, graues Gußeiſen 1200°, Gold 1250°,
weiches Eiſen 1500°, gehämmertes Eiſen 1600°, Platin 2500° Cels. Ge-
diegen Eiſen und Platin nennt der Mineraloge ſchon unſchmelzbar, weil
er es in gewöhnlicher Luft kaum zum Schmelzen bringen kann, obgleich
im Knallgebläſe von Sauerſtoff und Waſſerſtoff Thonerde und Kieſelerde
noch ſchmilzt, Platin ſogar verdampft.


Zum Schmelzen der Minerale bedient man ſich des Löthrohrs, was
durch Berzelius, die Anwendung des Löthrohrs in der Chemie und
Mineralogie, 4te Aufl. 1844, und Plattner, die Probierkunſt mit dem
Löthrohre, 3te Aufl. 1853, ſo bekannt geworden iſt. Plattner bringt da-
mit eine Oxydationsflamme hervor, die ein Platindraht von 0,1 Milli-
meter Dicke am vordern Ende zum Kügelchen ſchmelzt. Zu kleinen Ver-
ſuchen, die auch Handlanger leicht anſtellen können, iſt es nicht unpraktiſch,
einen gewöhnlichen Glasblaſetiſch mittelſt Anſchrauben einer paſſenden
feinen Spitze zur Erzeugung der Flamme zu benützen. Die Flamme iſt
an der vordern Spitze, wo Reductions- und Oxydationsflamme ſich trennen,
am heißeſten. Man erkennt dieſen Punkt an dem ſtärkſten Erleuchten der
Löthrohrprobe. Wenn man z. B. ein feines Platindraht hinein hält, ſo
iſt nur eine kleine Stelle, wo es weiß glüht. Die Probe legt man auf
Fichtenkohle, oder faßt ſie mit der Platinpincette. Plattner unterſcheidet
dreierlei Schmelzbarkeiten:


  • 1) zu Kugeln ſchmelzbar, und zwar a) leicht, b) ſchwer;
  • 2) an den Kanten ſchmelzbar, und zwar a) leicht, b) ſchwer.
  • 3) unſchmelzbar.
  • Freilich kommt es bei dieſen Unterſcheidungen weſentlich auch auf die
    Größe der Probe an. Kobell (Grundzüge der Mineralogie pag. 104)
    nimmt 6 Grade an:
  • 1) Grauſpießglanz, ſchmilzt ſehr leicht in der bloßen Lichtflamme.
  • 2) Natrolith vom Hohentwiel ſchmilzt in feinen Nadeln noch an
    dem untern hellblauen Saume der Lichtflamme. Vor der Löthrohrflamme
    kann man ihn dagegen in großen ſtumpfen Stücken noch zu Kugeln ſchmelzen.
  • 3) Rother Granat aus dem Zillerthal ſchmilzt ſelbſt in feinen
    Stücken nicht mehr an der Lichtflamme, aber kugelt ſich noch vor dem
    Löthrohr.
  • 4) Strahlſtein vom Zillerthal iſt nicht mehr zur Kugelung zu
    bringen, doch ſchmilzt an dünne Splitter ein rundes Köpfchen.
  • 5) Feldſpath kann noch an den Kanten kleiner Stücke deutlich
    zur Schmelzung gebracht werden.
  • 6) Bronzit vom Kupferberg im Fichtelgebirge läßt ſich zu haar-
    feinen Splittern ſpalten, die noch eine Schmelzung zulaſſen. Wäre dieß
    nicht der Fall, ſo würde man ihn ſchon zu folgendem zählen.
  • 7) Quarz unſchmelzbar.

Quenſtedt
[130]

Chemiſche Kennzeichen.


Sie ſind für das Erkennen der Minerale am wichtigſten, ohne ſie
könnte vieles nicht getrennt werden, was getrennt worden iſt. Der Mi-
neraloge kann daher nicht umhin, ſich der chemiſchen Hilfsmittel zu be-
dienen, nur muß er dabei eingedenk ſein, daß das Erkennen der Stoffe
als ſolche ihm nicht Selbſtzweck, ſondern nur Beimittel zur Beſtimmung
ſein ſoll. Dann wird er von ſelbſt die gebührende Gränze ſich ſtecken.


Stöchiometrie (στοιχεῖον Element, μετρεῖν meſſen). Das wich-
tigſte chemiſche Geſetz iſt, daß die Stoffe ſich mit einander nach beſtimmten
Zahlenverhältniſſen, die man Atomgewicht (Miſchungsgewicht) nennt, ver-
binden. Dieſelben ſind durch Verſuche in folgender Weiſe ermittelt:


  • 1) O Sauerſtoff 100,0 8 negativer Pol.
  • 2) S Schwefel 200,7 16 S⃛ = 40
  • 3) Se Selen 494,6 39 S⃛e
  • 4) Stickſtoff 175,1 14 Nˈˈˈˈˈ̶ = 54
  • 5) F̶l Fluor 233,8 19
  • 6) C̶l Chlor 443,3 36
  • 7) B̶r Brom 999,6 80
  • 8) Jod 1586,0 127
  • 9) Phosphor 392,3 31 Pˈˈˈˈˈ̶
  • 10) A̶s Arſenik 940,1 75 Aˈˈˈˈˈ̶s, A̶⃛s, ˈˈˈs
  • 11) Cr Chrom 328,6 26 C̶⃛r, C⃛r
  • 12) V Vanadin 855,8 68 V⃛
  • 13) Mo Molybdaen 575,8 46 M⃛o, Mˈˈo
  • 14) W Wolfram 1150,8 92 W⃛
  • 15) B Bor 136,2 11 B⃛
  • 16) C Kohlenſtoff 75,4 6 , C̶⃛
  • 17) S̶b Antimon 1612,9 129 S̶⃛b, ˈˈˈb
  • 18) Te Tellur 802,1 64
  • 19) Ta Tantal 185 T⃛a
  • 20) Ti Titan 303,7 24 , T̶⃛i
  • 21) Si Kieſel 277,3 22 S⃛i = 46
  • 22) Waſſerſtoff 12,5 1 Ḣ̶ = 9
  • 23) A̶u Gold 2458,3 197 A̶⃛u
  • 24) Os Osmium 1244,2 99
  • 25) Jr Iridium 1233,3 99
  • 26) Pt Platin 1233,3 99
  • 27) R Rhodium 651,4 52
  • 28) Pd Palladium 665,8 53
  • 29) Hg Queckſilber 1250,0 100 H̍g
  • 30) Ag Silber 1349,7 108 Ȧg, A̍g
  • 31) Cu Kupfer 395,7 32 Ċu, Ċ̶u, C̶̍u, C̍u

[131]Stöchiometrie. Bildung chemiſcher Formeln.
  • 32) B̶i Wismuth 2600 206 ˈˈˈi, B̶⃛i
  • 33) Sn Zinn 735,3 59 S̈n, S̍n, Sˈˈn
  • 34) Pb Blei 1294,5 104 Ṗb, P̍b
  • 35) Cd Kadmium 696,7 56 Ċd, C̍d
  • 36) Co Kobalt 369,0 29 Ċo, C̶⃛o, C̍o C̶ˈˈˈo Cˈˈo.
  • 37) Ni Nickel 369,7 29 Ṅi, N̍i, ˈˈˈi, Nˈˈi
  • 38) Fe Eiſen 350,5 28 Ḟe, F̶⃛e, Fˈˈe, F̍e, ˈˈˈe
  • 39) Zn Zink 406,6 32 Żn
  • 40) Mn Mangan 345,9 28 Ṁn, M̶⃛n, M̈n, M̍n, Mˈˈn
  • 41) U Uran 746,4 60 , U⃛
  • 42) Ce Cerium 575,0 46 Ċe, C̶⃛e oxyd.
  • 43) Th Thorium 744,9 60 Ṫh
  • 44) Zr Zirkonium 840,4 67 Z̶⃛r
  • 45) A̶l Aluminium 342,3 27 A̶⃛l = 51
  • 46) Y Yttrium 402,5 32
  • 47) B̶e Beryllium 116,1 9 B̶⃛e = 33
  • 48) Mg Magneſium 150,0 12 Ṁg
  • 49) Ca Calcium 251,5 20 Ċa
  • 50) Sr Strontium 547,3 44 Ṡr
  • 51) Ba Baryum 856,9 68 Ḃa
  • 52) Li Lithium 82,0 6,5 L̇i
  • 53) Na Natrium 290,9 23 Ṅa
  • 54) K Kalium 488,8 39 poſitiver Pol.

Neuerlich ſind noch dazu gekommen: Lanthan und Didym; Niobium und
(Pelopium); Erbium und Therbium; Ruthenium nebſt einem Radical im
Eudyalit.


In der erſten Zahlenreihe iſt der Sauerſtoff = 100 geſetzt, in der
zweiten der Waſſerſtoff = 1. Hier habe ich nur die Näherungswerthe
hingeſetzt, welche für die Rechnung jedoch meiſt hinreichen, da von einem
genauen Stimmen der Analyſe mit der chemiſchen Formel in den meiſten
Fällen nicht die Rede iſt. Der Strich durch das Symbol bedeutet ein
Doppelatom. Manche haben ſich in neuern Zeiten daran gewöhnt, den-
ſelben wegzulaſſen, das kann aber leicht zu Verwechſelungen in der Atom-
zahl führen. Der Sauerſtoff wird durch Punkte, der Schwefel durch
Striche bezeichnet.


Chemiſche Formel.


Der Feldſpath enthält nach Berthier:
64,2 S⃛i, 18,4 A̶⃛l, 16,95 K̇.


Die Atomzahlen ſind von:
S⃛i = 22 + 3 · 8 = 46; A̶⃛l = 27 + 3 · 8 = 51; = 39 + 8 = 47.


Da ſich die Stoffe nur proportional ihrer Atomzahl verbinden können,
ſo muß der Feldſpath enthalten:
9*
[132]Bildung chemiſcher Formeln.
\frac{64,2}{46} = 1,4 S⃛i; \frac{18,4}{51} = 0,36 A̶⃛l; \frac{16,95}{47} = 0,36 K̇.
Oder 0,36 = 1 geſetzt, und da 4 · 0,36 = 1, 4:
1 K̇ + 1 A̶⃛l + 4 S⃛i = K̇ A̶⃛l S⃛i4 = K̇ S⃛i + A̶⃛l S⃛i3.
Man liebt es nämlich, nicht die Atome blos neben einander zu ſetzen,
ſondern ſie auch als muthmaßliche Salze zu gruppiren.


Der Kupferkies enthält nach H. Roſe:
35,87 S, 34,4 Cu, 30,47 Fe; folglich
\frac{35,87}{16} = 2,24 S + \frac{34,4}{32} = 1,07 Cu + \frac{30,47}{28} = 1,08 Fe,

oder 1 Fe + 1 Cu + 2 S = F̍e + C̍u = 2 Fe + 2 Cu + 4 S = C̶̍u F̶ˈˈˈe.


Da die Symbole bloße Zahlen bedeuten, ſo kann man aus ihnen
leicht auf die procentiſche Zuſammenſetzung zurück ſchließen. Denn der
Kupferkies = Fe Cu S2 = 28 + 32 + 32 = 92, alſo
92 Kupferkies enthalten 28 Fe, folgl. 100 Kupf. 30,4 Fe ꝛc.
Zu allen dieſen einfachen Rechnungen ſind die ganzen Zahlen = 1 ge-
ſetzt bequemer, als die Decimalbrüche O = 100, und dabei wenigſtens
zur ſchnellen Controle vollkommen ausreichend. Denn es liegt in der
Natur der Sache, daß ſelbſt die genaueſten Wägungen nur Näherungs-
werthe bieten.


Zur Ermittlung der Formel benützt man auch den Sauerſtoff, und
wenn man ſich ein für allemal die Sauerſtoffprocente der wichtigſten Baſen
und Säuren ausrechnet, ſo iſt die Ausführung nur wenig unbequemer.
Im obigen Feldſpath K̇a A̶⃛l S⃛i4 hat die S⃛i 51,96 p. C., die A̶⃛l 46,7 p. C.
und das 16,98 p. C. Sauerſtoff, das gibt die Proportionen:
100 : 51,96 = 64,2 : x, x = 33,35;
100 : 46,7 = 18,4 : y, y = 8,59;
100 : 16,9 = 16,9 : z, z = 2,85;


x : y : z = 11,7 : 3 : 1. Wenn alſo 1 Sauerſtoff hat, ſo kom-
men auf Thonerde 3, gibt 1 Atom A̶⃛l, und Kieſelerde 11,7 = 12 oder
4 Atome S⃛i.


Sind in dem Minerale vicarirende Beſtandtheile, ſo darf man die-
ſelben bei der Rechnung nur alle zuſammen addiren. Enthält z. B. ein
Bitterſpath
45,4 , 34,8 Ċa, 12,4 Ṁg, 7,4 Ḟe,
ſo beträgt ſeine atomiſtiſche Zuſammenſetzung:
\frac{45,4}{22} = 2,06 ; \frac{34,8}{28} = 1,24 Ċa; \frac{12,4}{20} = 0,62 Ṁg; \frac{7,4}{36} = 0,2 Ḟe.
Es kommen alſo auf 2,06 Säure 1,24 + 0,62 + 0,2 = 2,06 Baſis,
das Salz beſteht daher aus Ṙ C̈, worin bedeutet Ċa, Ṁg oder Ḟe. Wollte
ſtatt des Ḟe mehr Ṁg auftreten, ſo müßten es \frac{20}{36} · 7,4 = 4 p. C. Ṁg ſein,
weil \frac{4}{20} = 0,2 iſt, oder in Ċa 5,6 p. C. Je kleiner die Atomzahl,
deſto weniger vicarirender Maſſe bedarf es
. Es iſt leicht
einzuſehen, daß die Rechnung auch mit dem Sauerſtoff ausgeführt werden
kann, wir dürfen ihn blos von ſämmtlichen addiren.


Die Deutung der Symbole iſt einfach: 3 S⃛i2 = 3 K̇ + 2 S⃛i;
3 A̶⃛l S⃛i2 = 3 A̶⃛l + 3 S⃛i2
, der Leucit mit 3 A̶⃛l3 S⃛i8 iſt alſo = 3 S⃛i2
+ 3 A̶⃛l S⃛i2
, und enthält 3 + 9 + 24 = 36 Atome Sauerſtoff.


[133]Chemiſche Conſtitution.

Der Bournonit beſteht aus P̍b2 C̶̍u S̶ˈˈˈb, man conſtruirt daraus die
weitläufigere Salzformel P̍b4ˈˈˈb + C̶̍u2ˈˈˈb, indem man ſämmtliche Sym-
bole mit 2 multiplicirt, welche Pb4 Cu4 S̶b2 S12 enthalten.


Die vicarirenden Symbole ſtellt man wohl übereinander, das gibt
aber ein großes Geſperr, daher iſt es zweckmäßig, ſie durch ein Komma
getrennt neben einander zu ſetzen. Der Braunſpath z. B. hat neben der
Ċa C̈ einen weſentlichen Gehalt an Bittererde, Eiſen- und Manganoxydul,
die ſich in den mannigfaltigſten Verhältniſſen vertreten, man ſchreibt ihn
daher (Ċa, Ṁg, Ḟe, Ṁn) C̈. Oefter vertreten ſich die einzelnen Stoffe
unter beſtimmten Verhältniſſen, z. B. beim ächten Dolomit findet ſich
Ċa C̈ + Ṁg C̈, hier kann man die , wie in der Mathematik mittelſt
Klammer herausziehen, alſo (Ċa + Ṁg) C̈ ſchreiben. Die Klammern
behandelt man ganz wie mathematiſche Zeichen. So ſchreibt G. Roſe
den Bournonit (2 P̍b + C̍u)3ˈˈˈb. Löst man die Klammer, ſo kommt
2 P̍b3ˈˈˈb + C̶̍u3ˈˈˈb = P̍b6 C̶̍u3ˈˈˈb3 = P̍b2 C̶̍u S̶ˈˈˈb, wie oben. Wenn For-
meln einfache Verhältniſſe ſo verſtecken, ſo ſcheint es zweckmäßiger, die
bloßen Atomſymbole neben einander zu ſtellen.


Chemiſche Conſtitution.


Nur wenige Minerale ſind einfache Stoffe, wie die Klaſſe der
gediegenen Metalle, welche mit Gold, Silber, Platin ꝛc. beginnt, oder
ausnahmsweiſe der Diamant. Häufiger trifft man dagegen ſchon


Verbindungen erſter Ordnung (binäre), worin ſich zwei Stoffe,
ein elektropoſitiver und elektronegativer, chemiſch durchdrungen haben. Es
entſtehen dadurch Baſen und Säuren. Der elektronegative Beſtandtheil
iſt in den meiſten Fällen Sauerſtoff oder Schwefel, daher hat Berzelius
mit Recht für jenen Punkte (·), für dieſen Striche (,) als Zeichen einge-
führt, die man über die Symbole ſetzt. Unter den Sauerſtoffver-
bindungen
zeichnen ſich aus: A̶⃛l, F̶⃛e, M̶⃛n, S̶⃛b, A̶⃛s, S⃛i, S̈n, T̈i, M̈n,
ſeltener Ṗb, Ċu Żn, Ṁg, weil dieſe zu ſtarke Baſen ſind. Noch wichtiger
ſind die ſelbſtſtändigen Schwefelverbindungen P̍b, Z̍n, H̍g, A̍s, M̍n, C̍d,
N̍i, C̍u, C̶̍u, Fˈˈe, Mˈˈn, Mˈˈo, ˈˈˈb, ˈˈˈs, ˈˈˈi.


Wie Schwefel, ſo verhalten ſich merkwürdiger Weiſe auch Selen,
Tellur, Arſenik und Antimon, die vollkommen die Stelle des Schwefels
zu vertreten ſcheinen. Beiſpiele liefern: Pb Se, Ag Se, C̶u Se; Pb Te, Ag Te;
Fe As2
, Ni As, Ni As2, Co As2, Mn As; Ni Sb. Wenn ſich Metalle mit
Metallen verbinden, wie Au mit Ag, Pt mit Fe, Ag mit Hg ꝛc., ſo pflegt
dieß in den verſchiedenſten, nicht ſtöchiometriſchen Verhältniſſen zu geſchehen,
und man unterſcheidet das als Legirungen.


Endlich erzeugen die ſogenannten Salzbilder C̶l, F̶l, B̶r, binäre Ver-
bindungen, die in ihren Eigenſchaften bereits den Salzen gleichen: Na Ċ̶l,
Hg2 C̶l, Pb C̶l, Ag C̶l, Ca F̶l; Ag B̶r; Ag I̶.


Verbindungen zweiter Ordnung (doppeltbinäre, einfache
Salze). Zwei binäre Verbindungen, wovon die eine elektropoſitiv und die
[134]Iſomorphismus.
andere elektronegativ, vereinigen ſich zu einem Salze, z. B. Ċa C̈. Das-
ſelbe hat alſo immer dreierlei Stoffe: das baſiſche Radical Ca, das Säure-
Radical C und die beiden gemeinſame Subſtanz Sauerſtoff. Beiſpiele
ſind Ṁg A̶⃛l, Ḟe F̶⃛e, Ḣ̶ M̶⃛n ꝛc. Wegen der ſie verbindenden Subſtanz heißen
ſie Sauerſtoffſalze. Ganz ähnlich conſtituiren ſich die Schwefelſalze
Ȧg3ˈˈˈs, P̍b S̶ˈˈˈb, C̶̍u F̶ˈˈˈe mit einer Sulphobaſe und Sulphoſäure, worin der
Schwefel das verbindende Glied macht. Im Kryolith 3 Na F̶l + A̶l F̶l3
ſpielt ſogar das Fluor den Vermittler. Nur ausnahmsweiſe iſt das Ra-
dical gemeinſam, wie im Rothſpießglanz ˈˈˈb S̶⃛b, Matlockit Pb C̶l Ṗb.


Verbindungen dritter Ordnung (Doppelſalze). Ein normales
Doppelſalz iſt der Feldſpath K̇ S⃛i + A̶⃛l S⃛i3, worin das erſte Salz K̇ S⃛i
ohne Zweifel mehr baſiſch, das zweite A̶⃛l S⃛i3 mehr ſauer iſt. Zu einfachen
und Doppelſalzen geſellt ſich nicht ſelten noch Waſſer. Freilich kann es
dann der Iſomorphismus theilweis zweifelhaft machen, wie man die Sache
anſehen ſoll.


Iſomorphismus.


Ueber den Zuſammenhang von Form und Inhalt wiſſen wir zwar
wenig, doch ſcheint durch die Unterſuchungen von Mitſcherlich (Abhandl.
Berl. Akad. Wiſſenſch. 1819 pag. 427) wenigſtens ein Anfang gemacht
zu ſein. Hauy behauptet noch, daß Subſtanzen verſchiedener Natur nie
dieſelbe Form annehmen, das reguläre Syſtem ausgenommen. Später
hatte Bernhardi (Gehlen’s Journ. Chem. Phyſ. VIII. 2) gefunden, daß,
wenn nur wenig Eiſenvitriol zum Zinkvitriol gemiſcht werde, ein Salz
entſtehe von der Form des Eiſenvitriols, wenn Kupfervitriol ſo die Form
des Kupfervitriols. Man war daher der Meinung, daß eine Subſtanz
ſo bedeutende Kryſtalliſationskraft beſitzen könne, um ſelbſt bei geringer
Quantität dem Ganzen die Form vorzuſchreiben. Auf dieſe Weiſe ſuchte
man ſogar die rhomboedriſchen Formen des Spatheiſens, Galmei’s ꝛc. zu
erklären, weil ſie alle nicht ganz frei ſind von Ċa C̈. Mitſcherlich leitete
dagegen die Anſichten darüber auf ein ganz anderes Feld. Er zeigte, daß
bei den Vitriolen der Waſſergehalt der Grund ſei, und daß überhaupt
Verbindungen von gleicher chemiſcher Conſtitution geneigt
ſeien, in gleicher Form aufzutreten
. Ausgezeichnete Beiſpiele
ſind folgende:


Korund A̶⃛l, Eiſenglanz F̶⃛e, Chromoxyd C̶⃛r, Beryllerde B̶⃛e, ſämmt-
liche im rhomboedriſchen Syſtem von nahe gleichen Winkeln.


Antimon Sb, Arſenik As, Tellur Te, Wismuth Bi, zum Theil aus-
gezeichnet rhomboedriſch blättrig.


Kalkſpath Ċa C̈, Bitterſpath Ṁg C̈, Spatheiſen Ḟe ̈, Manganſpath
Ṁn C̈, Galmei Żn C̈ von der rhomboedriſchen Form des Kalkſpaths.


Arragonit Ċa C̈, Weißbleierz Ṗb C̈, Witherit Ḃa C̈, Strontianit Ṡr C̈
zweigliedrig mit häufiger Zwillingsbildung.


Schwerſpath Ḃa S⃛, Cöleſtin Ṡr S⃛, Bleivitriol Ṗb S⃛ zweigliedrig ohne
Zwillingsbildung.


[135]Vicarirende Beſtandtheile. Atomvolumen.

Magneteiſen Ḟe F̶⃛e, Chromeiſen Ḟe C̶⃛r, Spinell Ṁg A̶⃛l ꝛc. dem regu-
lären Syſtem angehörig.


Wenn auch die Uebereinſtimmung der Form keine abſolute ſein mag,
ſo liegen doch nicht blos die Winkel nahe, ſondern auch das ganze An-
ſehen iſt gewöhnlich ein ſo verwandtes, daß man über die Deutung nicht
zweifelhaft ſein kann.


Etwas weiter greift ſchon das Syſtem der vicarirenden Be-
ſtandtheile
, worauf bereits Fuchs (Schweigger’s Journ. Chem. Phyſ.
1815. XV.382) bei Gelegenheit des Gehlenits aufmerkſam macht. Bei
Salzen kommt nämlich häufig eine ganze Reihe von Stoffen vor, die ſich
gegenſeitig proportional ihrer Atomzahl erſetzen, ohne in der Form weſent-
liche Veränderung herbeizuführen. Vor allem paſſiv beweiſen ſich die
Baſen. Die Kalkerde Ċa kann nicht blos durch Ṁg, Ḟe, Ṁn, Żn Ṗb er-
ſetzt werden, ſondern man nimmt es auch nicht ſchwer, Ḃa, Ṡr, Ċu, Ċo,
Ċe, an ihre Stelle zu ſetzen, ſo daß unter Umſtänden ſämmtliche baſi-
ſche Radicale von der Form ſich vertreten könnten. In dieſer Allge-
meinheit verliert das Geſetz offenbar an Bedeutung, denn die Subſtanz
wird dadurch für die Form immer wirkungsloſer. Aktiver greifen dagegen
die Säuren ein: ˙˙˙˙˙ und ˈˈˈs liefern bei natürlichen und künſtlichen Salzen
viele Beiſpiele; für S⃛, S⃛e und C⃛r hat Mitſcherlich (Pogg. Ann. 12. 137
und 18. 168) ganze Reihen von Salzen nachgewieſen. Unter den Sulpho-
ſäuren zeichnen ſich ˈˈˈb, ˈˈˈs und ˈˈˈi vor allen aus, die nicht blos für ſich
iſomorph kryſtalliſiren, ſondern auch für einander häufig vicariren.


Moſander meinte ſchon im Jahr 1829 (Pogg. Ann. 19. 219) beim
Titaneiſen das F̶⃛e mit Ḟe T̈i iſomorph ſetzen zu dürfen, wo im Radical
ſtatt ein Atom Fe ſich ein Atom Ti abgelagert habe. Damit war die mit
ſo vieler Vorſicht begründete Mitſcherlich’ſche Hypotheſe auf ein viel un-
ſichereres Feld geſpielt, die dann conſequent zu Scheerer’s polymeren
Iſomorphismus
führte (Pogg. Ann. 68. 319), wornach 3 Ḣ̶ mit Ṁg
iſomorph ſein ſollen. Dieſe Vermuthung wird nun durch Beiſpiele aus
der Gruppe der Serpentine und verwitterten Dichroite belegt, die als
Afterkryſtalle gar nicht zu Beweiſen geeignet ſein dürften.


Unter Atomvolumen verſteht man das Atomgewicht dividirt durch
das ſpecifiſche Gewicht des Körpers. Fe = 350 Atomg., 7,8 ſpec. Gew.,
alſo \frac{350}{7,8} = 44 Atomvolumen. Kopp glaubte nun (Pogg. Ann. 52. 262)
zwiſchen Kryſtallformen und Atomvolumen bei iſomorphen Mineralen
einen entſchiedenen Zuſammenhang gefunden zu haben.


Mit der Größe der Hauptaxe c nimmt das Atomvolumen ziemlich
regelmäßig ab, ſo iſt es auch bei der iſomorphen Schwerſpathreihe.


[136]Atomvolumen.

Da es nun aber oft vorkommt, daß Minerale von ungleicher Zuſam-
menſetzung dennoch ähnliche Kryſtallformen zeigen, ſo ſind die Zahlen der
Atomvolumen zwar nicht gleich, aber doch ſtehen ſie öfter in einem ein-
fachen Zahlenverhältniß, und dieß ſind viele Chemiker geneigt, als Grund
der ähnlichen Formen zu nehmen. Dana (Silliman American Journal
2 ser. 1850. IX.
220. 407) dividirte ſogar in ſolchen Fällen die Atom-
volumenzahl entweder mit der Zahl der Säuren und Baſen, oder mit der
Anzahl der Elementaratome, und erhielt ſo allerdings öfter nahe liegende
Zahlen, z. B. der zweigliedrige


  • Olivin Ṁg3 S⃛i = 1327 Atg., 3,35 Spg., \frac{390}{10} = 39
  • Chryſoberyll B̶⃛e A̶⃛l3 = 2284 — 3,9 — \frac{617}{16} = 39.
  • Eine auffallende Formverwandtſchaft findet Statt zwiſchen
  • Arragonit Ċa C̈ 626 Atg., 2,93 Spg., \frac{214}{5} = 43
  • K Salpeter K̇ N̶˙˙˙˙˙ 1264 — 1,94 — \frac{651}{8} = 81
  • Bournonit P̍b2 C̶̍u S̶ˈˈˈb 5996 — 5,77 — \frac{1037}{11} = 94.
  • Es verhält ſich 43 : 81 : 94 = 1 : 2 : 2. Die rhomboedriſche Reihe
  • Kalkſpath Ċa C̈ 626 Atg., 2,72 Spg. \frac{230}{5} = 46
  • N Salpeter Ṅa N̶˙˙˙˙˙ 1066 — 2,2 — \frac{485}{8} = 61
  • Rothgülden A̍g3ˈˈˈb 6866 — 5,82 — \frac{1180}{10} = 118.

Die Zahlen verhalten ſich etwa wie 2 : 3 : 5.


Es haben ferner Schwefel 97, Skorodit 48; Cöleſtin 52, Binarkies
53; Zirkon 46, Rutil 39; Anatas 43, Veſuvian 47; Quarz 54, Beryll
52, Chabaſit 52, Feldſpath 63, Albit 58, Oligoklas 57, Labrador 57,
Anorthit 60.


Wenn nun ſchon bei dieſen einfachern Fällen die Thatſache nicht
ſchlagend iſt, ſo verliert ſie vollends an Bedeutung, ſobald man fremd-
artige Minerale mit einander vergleicht: ſo haben Quarz und Schwer-
ſpath genau die Zahl 54, Staurolith und Zinkvitriol 44, Turmalin und
Skorodit 48. Ueberhaupt liegen nach Dana’s Methode die gewonnenen
Zahlen unter einander ſo nahe, daß man ſie bei der Complication der
Rechnung eher als ein Spiel des Zufalls als für etwas anderes anſehen kann.
Dennoch wagt ſich Herrmann noch weiter (Erdmann’s Journal prakt.
Chem. 43. 35. 81): er meint, daß namentlich bei complicirten Silicaten,
wie Turmalin, Glimmer, Epidot ꝛc. eine Heteromerie Statt finde,
d. h. es ſeien darin Verbindungen von gleicher Form, aber verſchiedener
chemiſcher Conſtitution zuſammen kryſtalliſirt. Das wird ihm ſchwer wer-
den, nachzuweiſen!


Im Ganzen ſcheinen demnach über den Iſomorphismus noch keine
wichtigen Aufſchlüſſe gewonnen zu ſein, die uns erlaubten weiter fortzu-
ſchreiten. Daß dieſer Iſomorphismus keine vollkommene Uebereinſtimmung
in den Winkeln nach ſich zieht, liegt in der Natur der Sache. Hier bleibt
vielmehr für die einzelnen Subſtanzen ein Spielraum. Aber gerade dieſer
Spielraum erlaubt bei den Rhomboedern der Kalkſpathgruppe einen Rück-
[137]Dimorphismus.
ſchluß auf den Inhalt, wie das am Ende des Kalkſpaths auseinander
geſetzt iſt.


Dimorphismus


iſt die Eigenſchaft einer Mineralmaſſe in zweierlei Syſtemen zu kryſtalli-
ſiren. Lange wußte man, daß Kalkſpath und Arragonit aus der gleichen
Maſſe Ċa C̈ beſtehen, und doch waren ſie in Beziehung auf ihre minera-
logiſchen Eigenſchaften ſo verſchieden, daß Thenard (Gilbert’s Ann. 31.
297) den Arragonit als den einzigen Körper anſah, in welchem ein wirk-
licher Widerſpruch zwiſchen der chemiſchen Analyſe und der Kryſtallform
beſtehe. Der Triumph Stromeyers im Februar 1813 (Gilbert’s Ann.
43. 231) war daher kein geringer, als derſelbe in den Kryſtallen von Dax
und Molina 4 p. C. Ṡr C̈ nachwies, und dieſen nach damaliger Anſicht für
den Kryſtallbilder hielt, welcher die übrige Maſſe „gleichſam zwingen kann“,
die gleiche Kryſtallform anzunehmen. Erſt Mitſcherlich zeigte 1823 am
Schwefel beſſere Gründe (Ann. de Chim. XIV.264, Abh. Berl. Akad. Wiſſ.
1823. pag. 43). Der Schwefel nämlich kryſtalliſirt bei der Sublimation
2gliedrig, bei der Schmelzung 2 + 1gliedrig, iſt alſo ohne Widerrede
zweiförmig (dimorph). Nun war der Widerſpruch gelöst. G. Roſe
zeigte ſogar ſpäter, daß Arragonit ſich aus warmen, Kalkſpath aus
kalten Löſungen bilde, und man ſieht jetzt allgemein als Grund der
verſchiedenen Kryſtalliſation die verſchiedenen chemiſchen Umſtände an,
unter welchen ſie wachſen. Gute Beiſpiele für Dimorphismus ſind außer
Schwefel und Kalkſpath:


Kohlenſtoff (Diamant und Graphit), arſenige A̶⃛s und Antimonoxyd
S̶⃛b, beide iſomorph und dimorph regulär und zweigliedrig; Kupferglas
C̶̍u zweigliedrig und regulär; Schwefel- und Binarkies Fˈˈe; Salpeter K̇ N̶˙˙˙˙˙
zweigliedrig und rhomboedriſch. Vielleicht auch Kalkgranat und Veſu-
vian, aber auf ſo complicirte Silikate ausgedehnt muß die Sache mehr
als hypothetiſch bleiben. Sogar


Trimorphie ſcheint bei der Titanſäure T̈i vorzukommen, wo der
viergliedrige Rutil mit dem viergliedrigen Anatas nicht gut in Ueberein-
ſtimmung gebracht werden kann, und außer dem der Brookit ausgezeichnet
zweigliedrig iſt. Vergleiche auch Rauſchgelb ˈˈˈs.


Der NickelvitriolṄi S⃛ + 7 Ḣ̶ iſt viergliedrig und zweigliedrig,
mit Eiſenvitriol zuſammen fügt er ſich ſogar in die 2 + 1gliedrige Form.
Allein wenn man die vicarirenden Subſtanzen zu Hilfe nehmen will, dann
greift das Geſetz wieder weit über die Grenzen. Mit dem Dimorphismus
ſcheint


Das Umſtehen der Subſtanzen (Paramorphoſe) in engſter Ver-
bindung zu ſtehen. Bekannt iſt die Erſcheinung beim Zucker: die friſchen Bon-
bons ſind amorph, zeigen einen glasartigen Bruch, nach einigen Wochen
werden ſie kryſtalliniſch-faſrig, bröckeln und löſen ſich leichter. Aus denſelben
Gründen wird die glaſige arſenige Säure durch längeres Stehen porcellan-
artig trüb. Die durch Schmelzung erhaltenen 2 + 1gliedrigen Schwefel-
kryſtalle verlieren bald (nach wenigen Stunden) ihre Durchſichtigkeit, man
[138]Umſtehen. Chemiſche Analyſe.
meint, daß ſie zu einem Aggregat von 2gliedrigen Kryſtallen umſtehen. Der
zweigliedrige Nickelvitriol wird am Licht (beſonders an direktem Sonnenlicht)
trübe, verwandelt ſich in ein Aggregat von Quadratoktaedern. Beſonders
ſchön iſt die Erſcheinung beim Queckſilberjodid (Pogg. Ann. 28. 116), die gelben
zweigliedrigen durch Sublimation erhaltenen Kryſtalle werden vorſichtig be-
handelt beim Erwärmen, ja ſogar bei Berührung, ruckweis ſchön roth,
indem ſie zur viergliedrigen Form umſtehen. Der Arragonit zerfällt im
Glaskolben erhitzt zu Pulver, da das Pulver einen größern Raum ein-
nimmt, ſo ſcheint es aus kleinen Kalkſpathrhomboedern zu beſtehen.


Chemiſche Analyſe.


Der Mineraloge darf chemiſche Hilfsmittel allerdings erſt dann an-
wenden, wenn er mit den mineralogiſchen nicht zum Ziele kommt, und je
virtueller er in ſeinem Fache ſich ausbildet, deſto weniger wird er ihrer
bedürfen. Ja in vielen Fällen iſt es um das Wiſſen, ob dieſer oder jener
Stoff dem Minerale beigemiſcht ſei, eine faſt gleichgültige Sache. Jedenfalls
dürfen wir nie vergeſſen, daß in dem Augenblicke, wo wir das Feuer und
die Säure zur Hand nehmen, wir in ein fremdes Gebiet hinüberſtreichen,
und wenn dieſes voreilig geſchieht, ſo können wir leicht und nicht unge-
ſtraft in Wege gerathen, die der tüchtige Mann des Faches nicht gehen
ſollte.


Indeß iſt praktiſch genommen der Stoff wieder überaus wichtig und
inniger mit den Eigenſchaften der Minerale verwoben, als es bei Pflanzen
und Thieren zu ſein ſcheint. Man wird ſich daher um ſo lieber mit den
Mitteln vertraut machen, welche zu dieſer Kenntniß führen, als wir ge-
hörig mineralogiſch vorbereitet meiſt nur der kleinſten Apparate bedürfen.
Von dieſen kann daher auch nur hier die Rede ſein, das weitere muß
dem Chemiker von Fach überlaſſen bleiben. Denn wenn es ſich ein Mal
nicht mehr um die Kenntniſſe der Minerale, ſondern um ihre letzten Stoffe
handelt, ſo kann der Chemiker allein mit allen Mitteln ſeiner Wiſſen-
ſchaft uns Hilfe bringen, deren Reſultate wir hiſtoriſch aufzunehmen haben.


Beide, Mineralogen und Chemiker, werden um ſo mehr von einander
lernen, je beſſer ſie es verſtehen, ihre Gebiete zu ſondern.


Unterſuchung auf trockenem Wege.
Ohne Zuſchläge.


Dazu gebraucht man das allbekannte Löthrohr pag. 129 und die
Weingeiſtlampe. Als beſten Führer nehmen wir Plattner. Kleine Proben
erhitze über der Weingeiſtlampe, was man auch durch Blaſen mit dem
Löthrohr noch verſtärken kann:


1) In einerſeits verſchloſſener Glasröhre: das Waſſer
entweicht, und ſetzt ſich im Halſe wieder ab; flüchtige Säuren geben ſich
namentlich bei ſtärkerer Hitze durch Röthen des Lackmuspapieres zu er-
kennen; Schwefel- und Kupferkies geben Schwefel ab, heiß braun, kalt
gelb ausſehend; Arſenikkies, Speiskobalt ſublimiren Arſenik unter Knob-
lauchgeruch; viele Minerale decrepitiren ſehr ſtark, wie Spatheiſenſtein,
was ſich dabei in Magneteiſen verwandelt; Zinnober ſublimirt ꝛc.


[139]Chem. Analyſe auf trockenem Wege.

2) In beiderſeits offener Glasröhre. Lege die Probe hart
an den Feuerrand, und wenn ſie decrepitirt, pulveriſire. Durch Neigen
der Röhre hat man den Luftzug ganz in der Hand. Der Schwefel
in den Schwefelmetallen verflüchtigt ſich als ſchweflige Säure; Selen-
metalle riechen nach Rettig; Arſenmetalle geben meiſt ein Sublimat von
arſenichter Säure in kleinen Oktaedern; Antimonverbindungen geben ſich
durch einen weißen Rauch, Antimonoxyd, zu erkennen; ebenſo Tellur.
Queckſilber ſetzt ſich in Kügelchen an die Röhrenwand. Erhitzt man mit
der Löthrohrflamme


3) auf Kohle, ſo geben ſich Schwefel, Selen und Arſen meiſt
durch den Geruch zu erkennen. Achte beſonders auf die Beſchläge! An-
timon und Arſenik geben einen weißen Beſchlag von Antimonoxyd und ar-
ſeniger Säure; erſterer iſt weniger flüchtig als letzterer, legt ſich daher
näher bei der Probe nieder, der ähnliche Tallurbeſchlag färbt die Reduc-
tionsflamme grün; Wismuth beſchlägt mit Oxyd, heiß oraniengelb; der
Beſchlag des Bleies iſt ſchwefelgelb und verflüchtigt ſich in der Reduktions-
flamme mit blauem Schein; der Zinkbeſchlag iſt heiß gelb, wird beim Er-
kalten weiß und leuchtet beim Daraufblaſen; Cadmium iſt flüchtiger und
gibt weiter von Zinkoxyd weg einen gelben bis braunen Beſchlag; ja an
der äußerſten Gränze kann die Kohle davon bunt anlaufen.


4) In der Platinzange oder am Platindraht unterſucht man
kleine Splitter, die man ſich durch Zerſchlagen in Papier oder Erhitzen im
Kolben verſchafft. Decrepitiren ſie zu Pulver, ſo reibt Berzelius daſſelbe mit
Waſſer an, tröpfelt etwas auf die Kohle, woraus ſich beim Daraufblaſen
eine dünne Platte bildet, die man in die Pincette nehmen kann. Noch
einfacher bedeckt man die Probe blos mit dicker Gummilöſung. Dabei hat
man vor allem auf die


Färbung der Flamme zu ſehen. Natronſalze färben ſie gelb,
wenn man damit die Spitze der blauen Flamme berührt, Kaliſalze violett,
doch darf weder Natron noch Lithion zugegen ſein. Lithion, Strontian
und Kalk geben rothe Flammen. Das ſchöne Purpurroth der Lithion-
glimmer und Lithionfeldſpathe iſt eine ſehr ausgezeichnete Reaktion, aber
das Natron kann auch hier, wie beim Amblygonit, die Farbe decken.
Strontianit und Cöleſtin färben auch gut, zu viel Baryt hindert aber.
Die Farbe der Kalke iſt minder ſchön roth, kommt aber bei Kalkſpath,
Flußſpath, Gyps, Tafelſpath vor. Gelblichgrün färbt der Schwer-
ſpath und Witherit, ähnlich Molybdän M̎. Prachtvoll iſt die ſmaragdgrüne
Flamme von Kupferſalzen, Malachit, Dioptas, ſelbſt wenn Kupfer unwe-
ſentlich iſt, wie im Türkis. Phosphorſaure Salze erzeugen öfter ſchon
für ſich eine blaßblaugrüne Färbung, beſonders wenn man ſie in Schwefel-
ſäure taucht, oder gar gepulvert mit Schwefelſäure einen Taig anrührt
und in das Ohr eines Platindrahts ſtreicht. Den etwaigen Waſſergehalt
entfernt man vorher durch Röſten. Borſäure im Oehre eines Platin-
drahts gibt eine zeiſiggrüne Flamme, ſelbſt der natronhaltige Borax
gibt auf Kohle entwäſſert, dann fein gepulvert und ſtark mit Schwefel-
ſäure befeuchtet auf Platindraht noch intenſive grüne Färbung, ſo lange
freie Schwefelſäure vorhanden. Azurblau färbt Chlorkupfer in der
äußern Flamme, wird aber dann grün von gebildetem Kupferoxyd. Selen
[140]Löthrohrprüfung mit Zuſchlägen.
auf Kohle verflüchtigt ſich auch mit azurblauem Schein, Bleiſalze auf Platin-
draht oder in der Pincette geben ein ſchön blaues Licht, mit bläulichem Licht
entweichen die Beſchläge von Bleioxyd, Antimonoxyd und arſeniger Säure.


Die Veränderungen der Proben im Feuer ſind verſchie-
den: Granat ſchmilzt ruhig zu einer Kugel; Zeolithe ſchäumen und krüm-
men ſich. Borax bläht ſich Blumenkohlartig, eben ſo Epidot, es ſcheint
von der Entwickelung eines Gaſes zu kommen, was man jedoch nicht
kennt; Roheiſen und oxydiſche Eiſenerze ſprühen Funken, Salpeter auf
Kohle verpufft. Das Schmelzprodukt wird ein durchſichtiges Glas, ein
porcellanartiger Email oder eine Schlacke, ſo heißt der poröſe löcherige
Körper. Durch Reduction auf Kohle erzeugt ſich bei Blei, Zinn, Wis-
muth, Kupfer, Silber eine Metallkugel (Regulus). Am Phosphorſauren
Blei, Steinſalz ꝛc. bedecken ſich die Perlen mit Facetten (kryſtalliſiren).
Der Schmelzproceß hängt bei Eiſenerzen weſentlich mit der Oxydation zu-
ſammen. Bringt man z. B. eine feine Nadel von rothem Glaskopf (F̶⃛e)
in die äußere Flamme, ſo iſt ſie unſchmelzbar, in der innern dagegen
fängt ſie an zu ſchmelzen und Funken zu ſprühen, weil ſich das Eiſen in
der Reduktionsflamme in Magneteiſen F̶⃛e Ḟe verwandelt. Schwefel- und
Arſenmetalle in der äußern Flamme beſonders in Pulverform auf Kohle
behandelt röſten, d. h. ſie geben etwas Schwefel und Arſen ab und ver-
wandeln ſich in ſchwefelſaure und arſenikſaure Metalloxyde, die dann in
der innern Flamme öfter gänzlich von Schwefel- und Arſenikgehalt redu-
cirt werden können. Bei Gegenwart von Eiſen folgen die Kugeln dem
Magnet. Wenn ſo die Prüfung im bloßen Feuer beendigt iſt, ſo ſchreitet
man zur


Prüfung mit Zuſchlägen.
Borax, Phosphorſalz, Soda, Kobaltſolution


ſind die wichtigſten Löthröhrreagentien. Borax und Phosphorſalz
nimmt man gewöhnlich mit dem Hacken eines Platindrathes, ſeltener auf
Kohle. Man darf das Drath nur erhitzen und in die Salze tauchen, ſo
hängt ſich ſogleich die gehörige Menge an, die erhitzt zu einem farbloſen
Glaſe ſchmilzt, welches bei der Unterſuchung die Dienſte leiſtet. Hat
man zu viel färbendes Mittel hinzugethan, ſo ſtößt man den größten Theil
der Perle ab und taucht das Draht von Neuem ins Salz, wonach dann
lichtere Farbe kommt. Auch kann man die Perle leicht mit der Pincette
preſſen, um ſo die dünnere Maſſe durchſichtiger zu machen. Durch ſtoß-
weiſes Daraufblaſen (Flattern) werden die Perlen öfter unklar. Auch
muß man vorſichtig zwiſchen Reductions- und [Oxydationsflamme] unter-
ſcheiden.


BoraxṄa B⃛2 + 10 Ḣ̶ erhitzt bläht ſich wurmförmig, das Waſſer ent-
weicht und die überſchüſſige Borſäure wirkt löſend, indem ſie ſchwache
Säuren austreibt, ſich mit Oxyden verbindet und mit dem Ṅa B̈2 klare
Doppelſalze bildet. Wenn ſich leicht reducirbare Oxyde von Zink, Cad-
mium, Blei, Wismuth, Nickel, Kupfer, Silber ꝛc. darin befinden, deren
Metalle ſich mit Platin legiren könnten, ſo muß die Reduction auf Kohle
vorgenommen werden.


Phosphorſalz(Ḣ̶ Am Ṅa) P̶˙˙˙˙˙ + 8 Ḣ, bei der Hitze entweicht Waſſer
und Ammoniak, es bleibt metaphosphorſaures Natron ṄaP̶˙˙˙˙˙, die freie feuer-
[141]Löthrohrprüfung mit Zuſchlägen.
beſtändige ˙˙˙˙˙ hat eine ſtark löſende Kraft, nur die Kieſelerde bleibt als
ungelöſtes Skelett zurück, und die Farben ſind meiſt etwas anders als mit
Borax, öfter ſogar deutlicher.


SodaṄaC̈ ein weißes Pulver, das man mit Speichel anfeuchtet,
und im Ballen der Hand mit der Probe miſcht. Vorzüglich dient es auf
Kohle zur Reduction der Metalloxyde von Molybdän, Wolfram, Antimon,
Arſen, Tellur, Kupfer, Wismuth, Zinn, Blei, Zink, Kadmium, Nickel,
Kobald, Eiſen ſammt den edlen Metallen. Die Maſſe zieht ſich zwar in
die Kohle, allein man bricht das Stück aus, zerſtoßt und ſchlämmt es,
und ſucht dann die Metallblättchen mit der Lupe. Die Reduction ge-
ſchieht erſt in der Kohle, durch Kohlenoxydgas, was daſelbſt entwickelt
wird. Noch leichter reduciren neutrales Oxalſaures Kali und Cyankalium,
letzteres breitet ſich aber zu ſtark auf der Kohle aus, und zerſtreut daher
die Metallkörner zu ſehr. Ferner wichtig iſt Soda als Schmelzmittel:
die Kieſelerde ſchmilzt unter Brauſen damit zuſammen, und bildet über
der Kohle eine klare Perle, wenn nicht zu viel Soda zugeſetzt wird. Der
Rutil T̈i gibt zwar auch eine Perle, die aber undurchſichtig wird. Die
Verbindungen von Wolfram- und Molybdänſäure gehen in die Kohle.
Ebenſo die Salze von Baryt- und Strontianerde, welche auch mit Soda
zuſammen ſchmelzen. Die meiſten Kalkerdeſalze dagegen werden, ſo fern
ihre Säure ſtärker als Kohlenſäure iſt, zerſetzt, das gebildete Natronſalz
zieht ſich in die Kohle, und die Kalkerde bleibt auf der Kohle zurück. Als
Aufſchließungsmittel der Silicate gibt die Soda an die Kieſel-
ſäure Natron ab, es entſtehen klare Gläſer, ſo lange es einfache Sili-
kate ſind, aber bei größerm Zuſatz von Soda werden die ſchwächern Baſen
durch das Ṅa ausgeſchieden, die Maſſe wird unſchmelzbar und unklar.
Will man z. B. Feldſpath auf Kali unterſuchen, ſo miſcht man den ge-
pulverten Feldſpath mit 1 Theil Soda und 1 Theil Borax, ſchüttet ihn
in eine kleine Kapſel von Filtrirpapier, das man mit Soda getränkt hat,
und erhitzt das in einer Grube auf Kohle, bis es im Oxydationsfeuer zu
einer durchſichtigen blaſenfreien Kugel geſchmolzen iſt, dieſe gibt dann ge-
hörig behandelt auf naſſem Wege mit Platinchlorid die Reaktion auf Kali.


KobaltſolutionĊoN̶˙˙˙˙˙ eine nicht zu concentrirte Auflöſung von
Salpeterſaurem Kobaltoxydul in Waſſer. Befeuchtet man damit die er-
hitzte Probe, und bläst wieder darauf, ſo zeigt ſich Thonerde durch eine
ſchöne blaue, Talkerde durch roſenrothe Farbe an. Beryllerde wird
hellbläulichgrau, Zirkonerde ſchmutzig violett, das Zinkoxyd in den meiſten
ſeiner Salze nicht zu heftig geglüht und auch als Beſchlag auf Kohle
grün.


In einzelnen Fällen iſt es gut bei der Hand zu haben:


SalpeterK̇N̶˙˙˙˙˙ in dünnen Säulen um in Glasflüſſen Metalloxyde
auf höchſte Stufe der Oxydation zu bringen, man berührt die ſchmelzende
Perle mit einer Salpeternadel.


Doppeltſchwefelſaures Kali zur Entdeckung von Lithion und
Borſäure. Man pulvert das Mineral und mengt es mit 1 Theil Fluß-
ſpath und 1\frac{1}{2}K̇S⃛2 mit wenig Waſſer zum Teige und ſtreicht davon auf
das Oehr eines Platindrathes. Auch Brom, Jod, Fluor ꝛc. läßt ſich da-
mit erkennen.


[142]Chemiſche Analyſe auf naſſem Wege.

Verglaſte Borſäure zur Auffindung von Phosphorſäure. Man
löſt darin die Probe auf Kohle und ſchiebt ein feines Eiſendrath hinein.
Das Eiſen oxydirt ſich auf Koſten der Phosphorſäure, es entſteht phosphor-
ſaures Eiſenoxydul und Phosphoreiſen, welch letzteres zu einer brüchigen
Kugel ſchmilzt. Freilich dürfen in der Probe keine Beſtandtheile ſein,
die das Eiſen reduciren könnten.


Zinn in Form von Stanniolſtreifen, um das Reduciren von Me-
talloxyden zu erleichtern, man darf die glühende Perle nur damit berüh-
ren, aber dann nicht mehr zu lange darauf blaſen.


Zuletzt wachſen freilich die Hilfsmittel zu einem förmlichen Labora-
torium an, denn wer möchte die Gränzen ziehen, wenn man vollends
noch weiter ſchreitet, zur


Unterſuchung auf naſſem Wege.


In Beziehung auf Löslichkeit kann man dreierlei unterſcheiden:


1) In Waſſer lösliche Minerale, dahin gehören außer dem
Steinſalz eine Menge Salze, die gewöhnlich Kunſt beſſer darzuſtellen ver-
mag als Natur, wie z. B. die Vitriole. Ja wenn ſie ſich auch irgendwo
im Schoße der Erde einmal erzeugt haben ſollten, ſo waren ſie wegen
der Circulation des Waſſers überall den größten Gefahren ausgeſetzt.


Selbſt Maſſen, wie Steinſalz, konnten vor ſolcher Gefahr nicht immer
ſchützen. Auch Saſſolin und Arſenikblüthe ſind löslich.


2) In Säuren lösliche. Gewöhnlich verſucht man es mit Stücken,
bei ſchwer löslichen iſt aber Pulveriſiren und ſogar Schlämmen nothwen-
dig, damit das Löſungsmittel möglichſt viele Angriffspunkte bekomme,
auch muß mit Erwärmen nachgeholfen werden. Für Erden, Eiſen- und
Manganverbindungen nimmt man Salzſäure. Zuweilen darf die Säure
nicht concentrirt ſein, wie beim Witherit. Löſt ſich die Subſtanz mit
Brauſen und ohne Geruch, ſo iſt Kohlenſäure darin. Bei M̶⃛n oder M̈n
kann aber auch Chlor frei werden. Schwefelwaſſerſtoff gibt ſich durch
ſeinen Geruch kund, und ſchwärzt ein mit Bleizuckerauflöſung befeuch-
tetes Streifchen Papier. Metalliſche Verbindungen löſen ſich leichter in
Salpeterſäure. Bei manchen Silicaten findet ſich nur ein Theil löslich,
der Rückſtand muß dann behandelt werden wie


3) In Säuren unlösliche. Gewöhnlich Silicate. Dieſelben
müſſen auf Kohlen in Sodapapier pag. 141 oder beſſer in einem Platin-
tiegel mittelſt ſtarkem Feuer aufgeſchloſſen werden. Zu dem Ende
wird die Probe fein gerieben und mit dem 3—4fachen Gewicht von Koh-
lenſaurem Kali oder Natron oder 5—6fachen von Kohlenſaurem Baryt
gemiſcht. Das Kali tritt dann an die S⃛i, die entweicht unter Brauſen,
es entſteht ein baſenreicheres Salz, was ſich nur in Salzſäure aufſchließen
läßt. Die S⃛i läßt ſich an der Gallertbildung erkennen, welche bei lang-
ſamem Abdampfen der Flüſſigkeit entſteht. Bei Thonerdereichen Edelſteinen
wird ſaures ſchwefelſaures Kali zum Aufſchließen empfohlen.


Iſt das Mineral nun aufgeſchloſſen, ſo iſt der Gang der Unter-
ſuchung der gleiche, welchen H. Roſe (Ausführliches Handbuch der analy-
tiſchen Chemie 1851) zuerſt für die analytiſche Chemie überhaupt aufge-
[143]Wichtigſte Reaktionen.
ſtellt hat. Ein kleineres Werk ſchrieb Freſenius, Anleitung zur qualita-
tiven chemiſchen Analyſe. Braunſchweig 1853. 8te Auflage).


Wichtigſte Reaktionen.


Kali = K̇. Blaue Flamme auf Platindraht, aber Natron und Li-
thion verdecken die Farbe. Schmilzt man Borax mit etwas Borſäure
verſetzt am Draht und ſetzt ſo viel Nickeloxydul hinzu, daß das Glas
beim Erkalten bräunlich erſcheint, ſo bekommt es durch Kaliſalz einen
blauen Schein. Platinchlorid erzeugt in neutralen und ſauren Löſungen
einen gelben kryſtalliniſchen ſchweren Niederſchlag von Kaliumplatinchlorid.


Natron = Ṅa färbt die Löthrohrflamme gelb, ſelbſt bei Gegenwart
von Kali und Lithion, allein die Flamme iſt dem gewöhnlichen Lampen-
licht ſo ähnlich, daß man ſich vor Täuſchung hüten muß. Auf naſſem
Wege ſuche man ſich kleine Salzwürfel (NaC̶l) zu verſchaffen.


Lithion = Li färbt die Löthrohrflamme purpurroth, nur hindert
das Natron. Schwaches Feuer beſſer als ſtarkes. Das gepulverte Li-
thionſilicat mit 1 Theil Ca F̶l und 1\frac{1}{2} Theile K̇S⃛2 zu einem Teige angemacht
und auf das Platinohr geſtrichen zeigt bei Lithionturmalin und Skapo-
lith noch rothe Flamme.


Baryterde = Ḃa. Schwefelſäure und alle löslichen ſchwefelſauren
Salze (Gypsſolution) erzeugen in den verdünnteſten Barytlöſungen ſo-
gleich einen feinen weißen Niederſchlag von Schwerſpath, der in Säuren
und Alkalien unlöslich. Baryterde färbt die Löthrohrflamme gelblich grün.


Strontianerde = Ṡr. Gibt langſamer einen Niederſchlag von Cöle-
ſtin, aber färbt die Löthrohrflamme ſehr ſchön roth. Chlorſtrontium löſt
ſich in abſolutem Alkohol, Chlorbaryum nicht.


Kalkerde = Ċa. Oxalſäure bringt ſelbſt in verdünnten neutralen
Kalklöſungen einen weißen Niederſchlag von oxalſaurem Kalk hervor. Man
muß aber Ḃa und Ṡr zuvor durch ſchwefelſaures Kali getrennt haben. Viele
Kalkerdeſalze leuchten vor dem Löthrohr ſtark; zerſetzen die Soda und
Kalkerde bleibt auf der Kohle pag. 141.


Talkerde = Ṁg wird weder durch Schwefelſäure noch Oxalſäure ge-
fällt, wohl aber bei Gegenwart von Ammoniak durch Phosphorſaures Natron,
indem ſich baſiſch phosphorſaure Ammoniak-Talkerde (Struvit) als weißes
kryſtalliniſches Pulver ausſcheidet. Kobaltſolution erzeugt öfter rothe
Farbe
im Feuer pag. 141.


Thonerde = A̶⃛l läßt ſich in ihren Verbindungen häufig daran er-
kennen, daß ſie mit Kobaltſolution eine ſehr ſchöne Berlinerblaue Farbe
annimmt. Kali fällt aus Auflöſungen der Thonerde voluminöſes Thon-
erdehydrat, das im Ueberſchuß des Fällungsmittels leicht löslich. Ammo-
niak oder Salmiak fällen ſie wieder.


Beryllerde = B̶⃛e löſt ſich in großer Menge im Borax zu klarem
Glaſe, das bei völliger Sättigung durch Flattern milchweis wird. Koh-
lenſaures Ammoniak fällt die Beryllerde, löſt ſie aber wieder im Ueber-
ſchuß zugeſetzt, die Thonerde dagegen nicht. Aus der verdünnten Auflö-
ſung von Kali fällt ſie durchs Kochen, kann alſo ſo von der Thon-
erde getrennt werden.


[144]Wichtigſte Reaktionen.

Yttererde = , Erbiumoxyd = und Terbiumoxyd = Ṫr
verhalten ſich vor dem Löthrohr unter einander gleich und wie Beryllerde.
Kali fällt ſie, löſt ſie aber nicht wieder im Ueberſchuß.


Zirkonerde = Z̶⃛r auf Kohle leuchtet ſie ſtärker, als irgend ein
anderer Körper, mit Kobaldſulution wird ſie ſchmutzig violet.


Thorerde = Ṫh im Borax in geringer Menge zu klarem Glaſe lös-
lich, das unter der Abkühlung milchweiß wird.


Ceroxydul = Ċe, Lanthanoxyd = L̇a, Didymoxyd = kom-
men meiſt zuſammen vor, im Borax und Phosphorſalz außen rothe oder
dunkelgelbe Gläſer, je nach dem man mehr oder weniger zuſetzt; in der
innern Flamme wird die Phosphorſalzperle farblos, und die Boraxperle
kann emailweiß geflattert werden.


Mangan = M n färbt Boraxglas intenſiv violet, was ſich kalt mehr
röthet, in der Reduktionsflamme kann es auf Kohle (beſonders auf Zu-
ſatz von Zinn) farblos geblaſen werden (Ṁn). Phosphorſalz wird nicht
ſo ſtark gefärbt. Auf Platindrath oder Platinblech mit Soda zuſammen
ſchmelzbar, heiß grün und durchſichtig, kalt blangrün und undurchſichtig
Ṅa M⃛n). Die kleinſten Mengen werden ſo erkannt, beſonders auf Zuſatz
von Salpeter.


Eiſen = Fe gibt mit Borax in der äußeren Flamme dunkelrothe
Gläſer, die kalt gelb werden, in der innern grüne (Oxyd-Oxydul). Die
Oxyde reduciren ſich auf Kohle zu magnetiſchem Pulver. Schwefel- und
Arſeneiſen muß vorher geröſtet werden, ſie geben ebenfalls eine magneti-
ſche Schlacke. F̶⃛e wird von Kali gefällt und im Ueberſchuß nicht gelöſt
und dadurch leicht von A̶⃛l getrennt.


Kobalt = Co gibt in beiden Salzen ſmalteblaue Gläſer. Ge-
ringe Mengen ſchmelzen mit Soda zu ſchwach roſenrother Maſſe, die kalt
grau wird. Arſen- und ſchwefelhaltige Kobalterze muß man vorher röſten.


Nickel = Ni ſtark magnetiſch. Borax im Oxydationsfeuer erhält heiß
violette Farbe, die unter der Abkühlung rothbraun wird (Ṅi). Im
Reduktionsfeuer wird das Glas vom fein vertheilten Nickelmetall dunkel,
die Theilchen ballen ſich endlich, und das Glas wird klar.


Zink = Zn gibt auf Kohle einen Beſchlag von Zinkoxyd, heiß gelb
und kalt weiß ausſehend, derſelbe leuchtet ſtark beim Glühen. Kobalt-
ſolution färbt den Beſchlag grün. Mit Borax im Oxydationsfeuer heiß
eine gelbe Perle, die kalt farblos wird, aber emailartig geflattert wer-
den kann.


Kadmium = Cd iſt flüchtiger als Zink, beſchlägt die Kohle roth-
braun
in dünnen Lagen orangenfarbig, beſonders wenn man das Pulver
mit Soda mengt, und kurze Zeit reducirt.


Blei = Pb. Reducirt ſich aus ſeinen Verbindungen leicht unter
Brauſen auf Kohle, und bedeckt dieſelbe mit einem ſchwefelgelben Beſchlag
von Oxyd, der immer nahe der Probe liegt. Schwefelſäure gibt in den
Löſungen einen weißen Niederſchlag von Bleivitriol, Ammoniakſalze hin-
dern die Fällung.


Zinn = Zn auf Platindraht im Oxydationsfeuer mit Soda unter
Brauſen zu einer unſchmelzbaren Maſſe anſchwellend, auf Kohle reducir-
bar, gibt einen weißen Beſchlag, der ſich nicht vertreiben läßt.


[145]Wichtigſte Reaktionen.

Wismuth = Bi gibt auf Kohle einen Beſchlag von Oxyd, der heiß
oraniengelb, kalt citronengelb, ohne farbigen Schein kann man
ihn von einer Stelle zur andern treiben. Außerhalb des gelben befindet
ſich ein weißer Beſchlag von kohlenſaurem Wismuth. Mit Borax in der
Oxydationsflamme ein opalartiges Glas.


Uran = U gibt mit Phosphorſalz im Oxydationsfeuer ein gelb-
lichgrünes
Glas, im Reductionsfeuer ein rein grünes.


Kupfer = Cu im Oxydationsfeuer mit Borax grünes Glas, das
kalt ins blaue ſich zieht, im Reductionsfeuer (beſonders mit Zinn) wird
es farblos, nimmt aber unter der Abkühlung eine rothe Farbe an (Cu).
Auf Kohle kann das Kupfer metalliſch ausgefällt und das Glas farblos
werden. Die Verbindungen geben auf Kohle häufig ein Kupferkorn.


Queckſilber = Hg reducirt und verflüchtigt ſich leicht auf Kohle,
ſchon im Kolben ſublimiren die Erze mit Soda oder Zinn gemiſcht Metall.


Silber = Ag reducirt ſich aus vielen ſeiner Verbindungen leicht
auf Kohle. Mit Borax in der Oxydationsflamme zum Theil reducirt,
zum Theil macht es das Glas opalartig. Enthalten die Proben nur
wenig, ſo wird es mit Boraxglas und Blei aufgenommen und dann auf
Knochenaſche im Oxydationsfeuer abgetrieben.


Platin = Pt, Palladium = Pd.Rhodium = R, Iri-
dium
= Ir, Ruthenium = Ru, Osmium = Os kommen zuſammen
mit gediegenem Platin oder auf deſſen Lagerſtätten vor. Das Osmium
greift die Augen an, gibt ſich durch ſeinen Geruch zu erkennen, und
macht ſchon die Weingeiſtflamme leuchtend wie ölbildendes Gas.


Gold = Au reducirt ſich leicht, bildet aber mit Kupfer und Silber
oft Legirungen, die ſeine Farben etwas ändern.


Titan = Ti, das Oxyd T̈i mit Soda auf Kohle unter Brauſen zum
dunkelgelben Glaſe löslich, welches aufglüht und unter der Abkühlung
kryſtalliſirt. Mit Phosphorſalz im Reductionsfeuer gelbes Glas, das kalt
ſchön violett wird. Bei Gegenwart von Eiſen tritt das Violett erſt
mittelſt Zinn hervor.


Tantal = Ta, Niobium = Nb, (Pelopium = Pp.). Ihre Säu-
ren in Borax gelöſt geben ein Glas, das nach Behandlung im Reductions-
feuer unklar geflattert werden kann. Schmilzt man die fein gepulverte
Maſſe mit doppeltſchwefelſaurem Kali, ſo ſcheiden ſich bei der Behandlung
im Waſſer Tantal-, Niob- und Pelopſäure aus. Das Tantal-, Niob- und
Pelopſaure Kali in Waſſer gelöſt, mit Salzſäure angeſäuert und Gall-
äpfeltinktur verſetzt gibt für T̶⃛ahellgelben, P̶⃛porangengelben
und N̶⃛bdunkelorangenrothen Niederſchlag.


Antimon = Sb ſchmilzt und verdampft leicht auf Kohle und um-
gibt ſich dabei mit weißem kryſtalliniſchem Antimonoxyd S̶⃛b. In der Glas-
röhre bildet ſich Antimonrauch, der ſich an die Röhre anſetzt und durch
Anwärmen von einer Stelle zur andern getrieben werden kann.


Arſen = As verflüchtigt ſich auf Kohle mit Knoblauchgeruch, und
beſchlägt die Kohle mit arſeniger Säure. Der Beſchlag iſt weiß und
liegt ferner von der Probe als der Antimonbeſchlag.


Wolfram = W. Die Wolframſäure gibt mit Phosphorſalz im
Oxydationsfeuer ein gelblich Glas, im Reductionsfeuer wird es beim Ab-
kühlen ſchön blau, aber Gegenwart von Eiſen macht die Probe braunroth.


Quenſtedt, Mineralogie. 10
[146]Wichtigſte Reaktionen.

Molybdän = Mo mit Borax im Oxydationsfeuer ein braunes Glas,
mit Phosphorſalz ein grünes. Verpufft mit Salpeter auf Platinblech.


Vanadin = V mit Borax oder Phosphorſalz im Oxydationsfeuer
ein gelbes, im Reductionsfeuer ein grünes Glas.


Chrom = Cr gibt ein prachtvolles ſmaragdgrünes Glas. Mit
Salpeter zuſammengeſchmolzen bildet ſich Chromſaures Kali, was mit
eſſigſaurem Blei einen gelben Niederſchlag von chromſaurem Blei gibt.


Tellur = Te ſchmilzt und verflüchtigt ſich leicht, beſchlägt die Kohle
in weiter Entfernung mit telluriger Säure. Der Beſchlag iſt weiß, hat
aber einen rothen Saum, mit der Oxydationsflamme läßt er ſich von
einer Stelle zur andern blaſen, in der Reductionsflamme verſchwindet er
mit grünem Schein. Der Beſchlag in offener Glasröhre ändert ſich bei ſtarkem
Erhitzen zu telluriger Säure, die ſich zu durchſichtigen Tröpfchen ballt.


Sauerſtoff = O und Waſſerſtoff = H geben zuſammen Waſſer
Ḣ̶, was ſich beim Erhitzen im Glaskolben am obern Ende als Beſchlag
zu erkennen gibt.


Stickſtoff = N kommt beſonders in der Salpeterſäure und im Am-
moniak vor. Erſtere im Kolben erhitzt gibt ſalpetrige Säure, leicht am
Geruch erkennbar, oder verpufft in ſchmelzbaren Salzen auf Kohle; dieſes
verräth ſich beim Erhitzen durch ſeinen Geruch beſonders im Kolben mit
Soda behandelt, es ſublimirt ſich dann kohlenſaures Ammoniak, welches
geröthetes Lackmuspapier bläut.


Kohle = C gepulvert verpufft mit Salpeter gemiſcht im Feuer. Die
kohlenſauren Salze brauſen in Salz- oder Salpeterſäure. Die entwei-
chende Kohlenſäure trübt Kalkwaſſer.


Bor = B. Borſäure färbt die Löthrohrflamme grün, beſonders wenn
die Perle mit Schwefelſäure befeuchtet wird. Bei kleinen Mengen muß
man das Pulver mit Flußſpath und ſaurem ſchwefelſauren Kali zu einem
Teige gemiſcht aufs Ohr des Platindrahtes ſtreichen.


Silicium = Si. Die Kieſelſäure gibt auf Kohle mit Soda eine
klare Perle von Kieſelſaurem Natron. Phosphorſalz kann dagegen die
Kieſelerde nicht löſen, ſie zieht nur die Baſen aus, und die Kieſelerde
bleibt als ein Skelet zurück, was man heiß in der Perle ſchwimmen ſieht,
wobei man jedoch öfters die Loupe zur Hand nehmen muß.


Schwefel = S gibt ſich beim Erhitzen häufig durch ſeinen Geruch
nach ſchwefeliger Säure zu erkennen. Ein kleiner Schwefelgehalt kann
durch Zuſammenſchmelzen mit Soda und Kieſelerde erkannt werden, wobei
ſich die Perle gelb oder braun durch Schwefelnatrium färbt. Das
Pulver der Probe mit 2 Soda und 1 Borax auf Kohle im Reductionsfeuer
geſchmolzen und auf blankem Silber mit Waſſer befeuchtet, beſchlägt das
Silber gelb von Schwefelſilber.


Selen = Se. Selenverbindungen auf Kohle mit der Oxydations-
flamme zur Rothglühhitze gebracht und ſogleich unter die Naſe gehalten
riechen nach verfaultem Rettig. Auf Kohle ein ſtahlgrauer Beſchlag. In
offner Glasröhre geröſtet ſetzt ſich das Selen in rother Farbe ab.


Phosphor = P. Die Phosphorſäure färbt die Löthrohrflamme
grün, beſonders wenn das Salz in Schwefelſäure getaucht wird. Am
empfindlichſten iſt auf naſſem Wege die Reaktion mit molybdänſaurem
Ammoniak.


[147]Kryſtallbildung.

Chlor = Cl. Löſt man in Phosphorſalz Kupferoxyd und ſetzt die
Probe zu, ſo kommt eine Laſurblaue Flamme von Chlorkupfer. Brom
zeigt dieſelbe Reaktion. Chlorſalze in Salpeterſäure gelöſt geben mit
Salpeterſaurem Silber einen Niederſchlag von Chlorſilber.


Brom = Br unterſcheidet ſich vom Chlor, wenn man ſeine Salze
im Glaskolben mit doppelt ſchwefelſaurem Kali zuſammenſchmilzt, der
Kolben füllt ſich ſodann mit ſtinkenden rothgelben Dämpfen.


Jod = J mit Phosphorſalz und Kupferoxyd behandelt erzeugt eine
ſchön grüne Farbe, mit K̇S⃛2 im Glaskolben erhitzt violette Dämpfe. Die
blaue Farbe des Jod-Amylums iſt bekanntlich das empfindlichſte Mittel.


Fluor = Fl greift wegen ſeiner ſtarken Verwandtſchaft zur Kieſel-
erde das Glas an. Manche Glimmer und Hornblenden darf man nur
in Glaskolben erhitzen, ſo entweicht Fluorkieſel, der durch Waſſerdämpfe
zerſetzt einen Ring Kieſelerde ablagert und Fernambukpapier ſtrohgelb
färbt. Uebergießt man die pulveriſirte Probe im Platintiegel mit concen-
trirter Schwefelſäure, ſo wird beim Erwärmen Glas geätzt.


Kryſtallbildung.


Die Kryſtalle ſind chemiſche Produkte, welche ſich im Schoße der
Erde auf natürlichem Wege gebildet haben. Dabei nimmt es freilich
oft Wunder, wie in dem Complex ſo vieler Zufälligkeiten ſich dennoch
Formen bilden konnten, die keine chemiſche Kunſt bis jetzt auch nur an-
nähernd nachzubilden vermag. Wer ſtaunt nicht über die Pracht der
Bergkryſtalle und Feldſpäthe in den Klüften der Schneealpen, über die
Reinheit der Granaten, Staurolithe, Cyanite ꝛc. mitten im Schiefer,
über den Formenreichthum der Druſenräume auf Erzgängen, ja ſelbſt in
den Kalk- und Thonſchlamm der jüngſten Flözgebirge fanden die ſchönſten
Individuen von Schwefelkies, Kalkſpath, Schwerſpath, Cöleſtin ꝛc. ihre
Wege. Die Natur zeigt ſich auch hier als eine Lehrmeiſterin, welcher zu
folgen wir kaum die erſten Spuren gefunden haben. Daher der unauf-
hörliche Streit und die widerſprechendſten Theorien, zum Glück iſt aber
davon die Kenntniß der Sache bis auf einen gewiſſen Grad unabhängig.
Wir haben daher nur wenige Hauptpunkte zu berühren.


1) Bei der Bildung auf naſſem Wege darf nicht überſehen
werden, daß im Grunde kein Stoff als abſolut unlöslich im Waſſer an-
geſehen werden kann, und daß die Kryſtalliſation um ſo vollkommner vor
ſich geht, je langſamer der Ausſcheidungsproceß ſtattfindet. Maſſe und
Zeit konnten daher Produkte liefern, die unſern beſchränkten Mitteln beim
erſten Anblick unglaublich erſcheinen.


a) Durch Löſung und Verdunſten pflegen ſich die in Waſſer
löslichen Minerale gebildet zu haben, welche in der Erde keine ſonderliche
Rolle ſpielen, und die man künſtlich häufig viel ſchöner machen kann.
Löſt man z. B. Kupfervitriol, Eiſenvitriol, Alaun ꝛc. in reinem Waſſer,
und läßt es verdunſten, ſo bleibt ein kryſtalliſirter Rückſtand. Freilich
ſpielt dabei die Temperatur eine wichtige Rolle. Kryſtalle, die ſich in
einer Sommernacht vergrößert haben, werden am Tage zum Theil wieder
gelöſt, weil das wärmere Waſſer mehr löſt, als das kältere. Daher iſt vor
allem eine gleichmäßige Wärme nöthig, und ein Keller für kältere Prozeſſe
10*
[148]Kryſtallbildung.
ſehr geeignet. Zu dem Ende wähle man einzelne wohlgebildete Individuen
aus, und lege oder hänge ſie an einem Faden in die Löſung. Die lie-
genden muß man öfter umwenden, damit ſich die Flächen alle möglichſt
gleichmäßig ausdehnen. Je langſamer das Waſſer verdunſtet, deſto mehr
gelingt der Prozeß, daher ein Vortheil für chemiſche Fabriken, wo man
mit großen Maſſen arbeitet. Mulder empfiehlt ſehr hohe Gefäße, weil
das Wachſen auf einem herunterfallenden Strom beruhe, welcher ſeinen
Ueberſchuß auf die Kryſtalle abſetze, und dann wieder ſteige. Daher be-
komme man in flachen Gefäßen viele aber kleine Kryſtalle. Payen (Compt.
rend.
34. 518) einen Circulirapparat.


Nimmt man einen Tropfen ſolcher Löſung unter das Mikroſkop
(Pogg. Ann. 36. 238), ſo entſteht plötzlich ein feſter Punkt, welcher ſchnell
wächſt, ohne daß man in der Nähe des Kryſtalls eine Bewegung oder
Trübung erkennt, ſeine Umriſſe bleiben immer ſcharf, von etwaigen Ato-
men, die ſich hinzu bewegten, iſt nirgends etwas erkennbar. Doch hat
Knop (Erdmanns Journ. 1847. 41. 81) gezeigt, daß bei heiß geſättigten
Alaunlöſungen an den Gefäßrändern die größern Oktaeder kleine als
Stäubchen erſcheinende anziehen, die ſich aber alle parallel an einander
lagern. Es kann dieß wohl nur Folge der Anziehungskraft des Größern ſein.


Die Form hängt weſentlich von der Temperatur ab, aber wie es
ſcheint nur deshalb, weil der Kryſtall bei höherer Wärme genöthigt iſt,
weniger Kryſtalliſationswaſſer aufzunehmen als bei niederer, wie das
Haidinger zuerſt am ſchwefelſauren Natron nachgewieſen hat, der von
33°C an ohne Waſſer kryſtalliſirt. Mitſcherlich hat dieß dann (Pogg.
Ann. 11. 323) bei einer großen Menge namentlich von ſchwefel- und
ſelenſauren Salzen wieder erkannt. Die Kryſtalle ſetzen ſich auch lieber
an rauhen als glatten Flächen an, daher legt man unter Umſtänden
Fäden, Stäbe ꝛc. hinein.


b) Durch Löſung und Ausſcheidung mittelſt Wahlver-
wandtſchaft
ſind ohne Zweifel mehr Minerale entſtanden, als man
bislang gewöhnlich annahm. In der Erde circuliren Waſſer nach allen
Seiten, ſie führen hauptſächlich diejenigen Subſtanzen, welche ſie auf
ihrem Wege zur Löſung vorfinden. Wenn nun zwei oder mehrere
ſolcher Strömungen von verſchiedenen Seiten her mit verſchiedenem Ge-
halt in einem hohlen Raume zuſammen kommen, ſo müſſen dieſelben ihre
Stoffe gemäß der Verwandtſchaft gegenſeitig austauſchen. Es fällt z. B.
immer auf, daß der Gyps niemals auf Gängen oder Druſenräumen eine
Rolle ſpielt, oder wenn er vorkommt, ſo iſt er ein entſchieden ſecundäres
Produkt durch Zerſetzung von Schwefelmetallen entſtanden. Und doch iſt
keine Löſung in den Flötzformationen gewöhnlicher, als Gypswaſſer. Nun
kann man in manchen Schichten der Juraformation keinen Ammoniten durch-
ſchlagen, der nicht in ſeinen Kammern kryſtalliſirten Kalkſpath Ċa C̈ und
Schwerſpath Ḃa C̈ führte. Auf naſſem Wege müſſen die Sachen hinein-
geführt ſein, denn ſie liegen mitten im unveränderten Schlammgebirge,
aber der ſchwefelſaure Baryt iſt das unlöslichſte aller Salze. Nehmen wir
an, daß von einer Seite Gyps-, von anderer kohlenſaure Waſſer mit
Baryterde kamen, ſo mußten dieſe beim Zuſammenfluß Schwerſpath
fallen laſſen; wenn Gypswaſſer mit Löſungen von kohlenſauren Alkalien
ſich miſchen, entſteht Kalkſpath ꝛc. Biſchoff (Leonhardts Jahrb. 1844. 257)
[149]Kryſtallbildung.
hat auf ſolche Weiſe die Erfüllung der Erzgänge, jener Hauptfundgrube
von Kryſtallen, zu erklären geſucht. Fließen Bicarbonate von Eiſen,
Mangan, Talk und Kalk mit Kieſelſauren Alkalien zuſammen, ſo geht
kohlenſaures Alkali in Löſung fort, Quarz, Spatheiſen, Manganſpath,
Bitterſpath und Kalkſpath ſcheiden ſich aus. Da in allen Schwefelquellen
ſich Schwefelalkalien finden, und in dieſen ſich Schwefelantimon und
Schwefelarſenik ꝛc. löſen, ſo könnte das der Weg ſein, auf welchem dieſelben
ſo häufig in die Erzgänge geführt wurden.


Glücklicher Weiſe iſt es in neuerer Zeit auch gelungen, die Sache
zum Theil auf künſtlichem Wege nachzuweiſen: Maſé (Compt. rend. XXXVI.
825) machte Schwerſpath, Bleivitriol ꝛc. durch doppelte Zerſetzung, in-
dem er ſehr verdünnte Löſungen auf einander einwirken ließ, z. B. in
Salpeterſaures Blei ließ er an einem Faden langſam ſchwefelſaures Eiſen-
oxydul eindringen ꝛc. Noch einfacher gelangte Drevermann (Liebig, Ann.
Chem. Pharm. 1853. 87. 120) zu ſeinem Zweck: er brachte je ein pul-
verförmiges Salz (neutrales chromſaures Kali und ſalpeterſaures Bleioxyd)
auf den Boden zweier ziemlich langer Glascylinder, füllte ſie ſorgfältig
mit Waſſer, und ſtellte ſie neben einander in ein größeres Becherglas, in
welches ſoviel Waſſer geſchüttet wurde, daß dieſes über beide Cylinder
hinaus ſtand. Durch die nach oben ſtattfindende Diffuſion war nach
einigen Monaten das ſalpeterſaure Bleioxyd in das Becherglas gelangt,
und es bildeten ſich am Rande des mit chromſaurem Kali gefüllten Cylin-
ders ſchöne Kryſtalle von Rothbleierz, Melanochroit, Weißbleierz. Auf
ähnliche Weiſe wurde Kalkſpath gemacht. Ja er hofft ſogar durch Diffuſion
zweier Löſungen von Kieſel- und Thonerde in Kali zu einander Feldſpath
zu erhalten! Nicht ſo einfach iſt das Verfahren von Vohl (l. c. 88. 114).


c) Auch der Einfluß ſchwacher Galvaniſcher Ströme
ſcheint nach Becquerel’s vielfachen Verſuchen die Kryſtalliſationskraft
weſentlich zu unterſtützen (Compt. rend. 20. 1509; 34. 29 und 573). Aus
einer concentrirten Löſung von Kupfervitriol und Steinſalz, mit 3 Volu-
men Waſſer verdünnt, worin er ein mit Platindraht umwundenes Stück
Bleiglanz eintauchte, hatte ſich nach 7 Jahren Chlorblei in Würfeln ab-
geſchieden. Wenn Bleiglanz allein auf die Löſung einwirkte, ſo erzeugten
ſich große Steinſalzkryſtalle, Chlorblei in Würfeln, Bleivitriol ꝛc. In der
den Chemikern wohlbekannten Zerlegungszelle von Bird (Grahams Lehrb.
Chem. I.412) kann aus einer Auflöſung der Chloride von Eiſen, Kupfer,
Zinn, Zink, Wismuth, Antimon, Blei, Silber das Metall mit voll-
kommenem Metallglanze und meiſt ſchön kryſtalliſirt ausgeſchieden werden,
ſelbſt die Kieſelerde erſcheint aus den wäſſerigen Löſungen des Fluorkieſels
in kryſtalliniſchen Anfängen, ja Despretz glaubt mit einer ſchwachen gal-
vaniſchen Batterie von Platindraht kleine Diamantkryſtalle erzeugt zu haben.


Bei dieſen Bildungen auf naſſem Wege iſt nicht zu überſehen, daß
unter einem höhern Druck die chemiſchen Prozeſſe anders werden können,
wie das Morlot am Dolomit nachzuweiſen verſucht hat.


2) Durch Sublimation entſtehen in Vulkanen fortwährend noch
viele Kryſtalle. Nicht blos einfache Stoffe wie Schwefel, Arſenik, Queck-
ſilber, Jod ꝛc. können ſich verflüchtigen, und in den Höhlen der kalten
Geſteine wieder verdichten, ſondern vor allen ſind die ſo ſehr verbreiteten
Chlorverbindungen ins Auge zu faſſen. Chlornatrium, Chlorkalium und
[150]Kryſtallbildung.
Chlorammonium verflüchtigen ſich bekanntlich in allen Vulkanen, und
ſetzen ſich in den Kratern, nicht ſelten in großen Mengen, kryſtalliniſch
ab. Eiſenglanz und Magneteiſen erſcheinen nicht blos in Vulkanen, ſon-
dern in Töpferöfen und Salzſiedereien: ſie ſind als Chlorverbindungen
verflüchtigt und dann durch heiße Waſſerdämpfe zerſetzt. Aehnlich könnte
man aus Zinnchlorid und Titanchlorid den Zinnſtein und Rutil entſtan-
den denken. Selbſt die Kieſelerde wird von heißen Waſſerdämpfen fort-
geriſſen, wie der Verſuch von Jeffreys beweiſt: derſelbe ließ durch einen
Fayence-Ofen eine große Menge Waſſerdämpfe ſtreichen, die am Aus-
gangsloch mehrere Pfunde Kieſelerde in Geſtalt von Schnee abſetzten. Be-
weis dafür bildet auch die ſchneeweiße, ſeidenglänzende, mehlartige Kieſel-
erde (Eiſenamianth) der Hochöfen.


3) Durch Schmelzung laſſen ſich mit Leichtigkeit viele Stoffe
kryſtalliniſch darſtellen. Schon längſt bekannt iſt das Verfahren beim
gediegenen Schwefel und Wismuth: man ſchmilzt wo möglich größere
Mengen, und läßt ſie langſam erkalten, es ſetzt ſich ſofort die Maſſe
ringsum kryſtalliniſch ab. Man ſtößt alsdann in die Decke ein Loch,
gießt das noch Flüſſige ab, und bekommt ſo beim Wismuth eine pracht-
volle Druſe, beim Schwefel ein zelliges Gewebe.


Manroß (Liebigs Ann. Pharm. 82. 348) ſchmolz 12 Theile ſchwefel-
ſaures Kali mit 52 Chlorbaryum zuſammen, und bekam ſo Kryſtalle von
Schwerſpath, ebenſo konnte er Cöleſtin und dreifachblättrigen Anhydrit
erzeugen; Wolframſaures Natron mit Chlorcalcium oder Chlorblei geben
Kryſtalle von Tungſtein und Scheelbleierz; Molybdänſaures Natron mit
Chlorblei die ſchönſten durchſichtigen 2 Millimeter großen Tafeln von
Gelbbleierz ꝛc.


Ingenieus iſt das Verfahren von Ebelmen (Compt. rendus 1851.
XXXII.
330): derſelbe wählte Borax als Löſungsmittel, und ſetzte die
Maſſe wochen- ja monatelang dem Feuer des Porzellanofens aus, der
Borax verflüchtigt ſich dann zum großen Theil, und die unverflüchtbare
Maſſe bleibt kryſtalliſirt zurück. So konnte er die werthvollſten Edelſteine,
Korund und Sapphir, Spinell, Chryſoberyll ꝛc. in meßbaren Kryſtallen
darſtellen.


Durch dieſe und andere Mittel iſt der Chemiker im Stande, immer
mehr Licht über die Kryſtallbildung zu verbreiten, und kann er auch bis
jetzt nur geringe Nachahmungen zeigen, ſo könnte doch vielleicht dereinſt die
Zeit kommen, wo die Natur in den meiſten Formen von der Kunſt er-
reicht, ja übertroffen würde. Dann wird man zwiſchen Mineralien und
Chemikalien keine ſo bedeutende Scheidewand mehr ziehen wollen, als
Mancher bis jetzt noch zu meinen ſcheint.


Die Ausbildung der Kryſtalle


zeigt ſich im Gebirge und an Handſtücken ſehr verſchieden. Zu den voll-
kommenſten gehören die eingeſprengten Kryſtalle. Sie liegen in
einer nachgiebigen Grundmaſſe, in welcher ſie ſich ringsum ausbilden
konnten. Zerſchlägt man dieſe Grundmaſſe oder verwittert ſie, ſo fallen
die Individuen heraus. Die ſogenannten porphyriſchen Granite mit den
grauen Feldſpäthen, welche in allen Granitgebirgen eine ſo wichtige Rolle
[151]Ausbildung der Kryſtalle.
ſpielen; der Gyps mit den rothen Quarzen von Spanien oder mit den
Boraciten von Lüneburg; die alten Laven vom Veſuv mit den Leuciten
liefern unter den maſſigen Feuergeſteinen gute Beiſpiele. In den Alpen
zeichnen ſich beſonders die Talk- und Chloritſchiefer mit Granaten, Mag-
neteiſen, Staurolith, Turmalin ꝛc. aus. So oft ein Kryſtall ringsum
gebildet iſt und keine Anſatzſtelle zeigt, muß er in einem Muttergeſtein
ſeine Ausbildung erlangt haben. Die ältern Mineralogen, unter ihnen
Linné, legten auf dieſe Erſcheinung ein übergroßes Gewicht, ſie betrach-
teten die Gebirge geradezu als die Mütter (matres), welche von den
männlichen Salzen (patres) befruchtet wären. Man kann die Sache auch
künſtlich nachbilden: wenn man eine Alaunlöſung mit Thon miſcht, ſo
iſt derſelbe nachgiebig genug, um die Ausbildung der Oktaeder in ihrem
ganzen Umfange nicht zu ſtören.


Die Kryſtalldruſen ſetzen ſich dagegen in Höhlen und Spalten
des Muttergeſteins ab. Sie haben gewöhnlich eine Unterlage, die aus
gleicher Subſtanz wie der Kryſtall beſteht, gleichſam eine Wurzel, worauf
die Individuen frei auswuchſen. Das anſitzende Ende kann daher gar
nicht oder doch unvollkommener ausgebildet ſein, als die freie Spitze. Die
Bergkryſtalle in den Alpen und die vielen Kryſtalliſationen auf Erzgängen
ſind zu bekannt, als daß wir darüber viel ſagen dürften. Zuweilen
kann der Anſatzpunkt ſo unbedeutend ſein, daß man Mühe hat ihn zu
finden, wie einzelne Bleiglanz- und Bournonitkryſtalle von Neudorf auf
dem Unterharz, oder Adulare in dem Alpengebirge. Aber ſchon die Rein-
heit ihrer Oberfläche deutet die Bildung im freien Raume entſchieden an.
Es war das oft nicht ohne Einfluß auf die Form. So findet man z. B.
die Feldſpäthe des Bavenoer Geſetzes immer auf Druſen, die des Karls-
bader ſtets nur eingeſprengt; die Titanite in Druſen neigen zur Zwillings-
bildung, bei den eingeſprengten im Sienit findet ſich nie ein ſolcher
Zwilling.


Geſtörte Bildung findet Statt bei eingeſprengten, wenn die
Mutter nicht nachgiebig genug war, bei Druſen, wenn es an hohlem
Raum fehlte. Die Kryſtalle konnten dann zwar nicht zur gehörigen äußern
Ausbildung kommen, allein die innere Struktur hat darunter nicht ge-
litten, wie man das beſonders deutlich an ſpäthigen Mineralen erkennt,
man ſagt die Maſſe iſt kryſtalliniſch. Hauptſächlich gibt es zweier-
lei: das körnige und ſtrahlige. Für das körnige bietet der Cara-
riſche Marmor, der Dolomit, das Magneteiſengeſtein, der Granit ꝛc. die
ſchönſten Beiſpiele. Es haben ſich die zahlloſen Individuen ſo gedrängt,
daß jedes dem andern den Platz ſtreitig macht, und da es gänzlich am
Muttergeſtein fehlt, ſo konnte keines zur Form gelangen, obgleich alle
kryſtalliniſch wurden. Doch können die Körner ſo klein werden, daß die
Frage entſteht, ob man die Maſſe noch kryſtalliniſch anſehen ſolle oder
nicht. Wenn das Körnige dem Eingeſprengten entſpricht, ſo das Strah-
lige
der Druſenform. Die Kryſtalle drängten ſich in ihrem Streben nach
freier Ausbildung ſo, daß ſie ſich gegenſeitig der Länge nach drückten:
der ſtrahlige Kalkſpath in Spalten der Kalkgebirge, die ſtrahligen Quarze
und Gypſe in Gangtrümmern, viele Zeolithe ꝛc. erläutern das Geſagte.
Endlich werden die Strahlen zur feinſten Faſer. Mit dem Faſrigen
iſt gar häufig eine halbkugelförmig gekrümmte Oberfläche verbunden, gegen
[152]Afterkryſtalle.
welche die Faſern vom Centrum aus ſenkrecht ſtrahlen. Unter den Eiſen-
erzen zeigen der braune und rothe Glaskopf treffliche Beiſpiele. Kleinere
Rundflächen nannte Werner traubig, größere nierenförmig. Es
iſt in dieſer Glaskopfſtruktur, ſo wie in dem Faſrigen überhaupt ein letztes
Verkümmern der Kryſtallbildung gar nicht zu verkennen, die dann durch
zahlloſe Uebergänge von kugeligen, knolligen, garbenförmigen, roſetten-
förmigen und anders verkommenen Kryſtallhaufen ſich an das deutlich
Kryſtalliniſche anſchließen.


Bei Metallen und Erzen, welche in Dendriten, Blechen, zahn- und
drahtförmig, in Platten und Klumpen anſchießen, kann die Entſcheidung,
ob kryſtalliniſch oder unkryſtalliniſch, öfter unmöglich werden. Werner
war in Beſchreibung aller dieſer zufälligen äußern Geſtalten ſehr
genau, indeſſen ergeben ſie ſich bei Beſchreibung des Einzelnen ſo un-
mittelbar, daß wir darüber uns nicht weitläufig auszuſprechen haben.


Die Afterkryſtalle,


ſogenannte Pſeudomorphoſen, zerfallen hauptſächlich in zwei weſentlich ver-
ſchiedene Klaſſen: in chemiſch veränderte und mechaniſch erfüllte Formen.
Da nun aber der Erfüllung ſtets eine chemiſche Veränderung vorausgehen
muß, ſo ſind Mittelformen nothwendig.


Die chemiſche Veränderung kann bei dimorphen Körpern zu-
nächſt ein einfaches „Abſterben“ ſein, wobei weder Stoff zu noch hin-
wegkommt, die chemiſchen Atome gruppiren ſich blos anders. Leicht kann
man es bei amorphem Zucker (Bonbon) beobachten, derſelbe wird nach
wenigen Wochen ſtrahlig und bröcklig, die Strahlen gehen von außen
nach innen, werden alſo in der Mitte getrennt. Aehnlich die arſenichte
Säure. Die Kryſtalle des durch Schmelzen erhaltenen Schwefels werden
beim Stehen ſchnell trüb, weil ſie ſich bei gewöhnlicher Temperatur in die
Sublimationsform umſetzen. Ebenſo verändert ſich das 2gliedrige ſchwefel-
ſaure und ſelenſaure Nickeloxyd am Licht in lauter kleine Quadratoktaeder.
Das gelbe Queckſilberjodid wird durch Berührung roth. Im Baſalte von
Schlackenwerth in Böhmen kommen Arragonite vor, die den Blätterbruch
des Kalkſpaths zeigen.


Gewöhnlicher iſt ein Verluſt an Stoff: haben die Minerale
Waſſer, ſo geben ſie leicht einen Theil dieſes Waſſers ab, und trüben ſich.
So ſind z. B. die Zeolithe waſſerhell, allein ein geringer Waſſerverluſt
macht ſie ſchneeweiß. Laumonit zerfällt zu Mehl. Eine Menge künſt-
licher Kryſtalle werden durch Waſſerverluſt unbrauchbar. Die Tagewaſſer
laugen die Salze aus: ſo ſind wenige Feldſpäthe friſch und wohl erhalten,
ſie haben meiſt eine Trübung in Folge von Verluſt des am leichteſten
löslichen Kaliſalzes, endlich zerfallen ſie ganz zu Mehl (Porzellanerde).
Einer der extremſten Fälle iſt der, wo Rothgülden in Glaserz verwandelt
wird, wie Marx ein Beiſpiel von der Grube „Junger Lazarus“ bei
Marienberg, Blum von der Grube Churprinz bei Freiberg anführt, doch
ſcheint dieß ſchon kein reiner Fall mehr zu ſein.


Veränderung durch Aufnahme von Stoffen zeigt ſich vor-
trefflich beim Anhydrit, der durch Verbindung mit Waſſer zu Gyps wird.
[153]Afterkryſtalle.
Gediegene Metalle können ſich leicht oxydiren, wie Kupfer zu Kupferoxydul,
und dieß kann dann weiter zum Malachit fortſchreiten, wie ſo häufig bei
den Kupfermaſſen im Ural geſchieht. Der Martit von Braſilien ſcheint
nichts weiter als Magneteiſen zu ſein, das ſich vollkommen zu Eiſenoxyd
oxydirt hat. Eiſenglanz wird leicht zu Brauneiſenſtein, die Manganerze
haben meiſt eine Tendenz mehr Sauerſtoff aufzunehmen. Wenn Blei-
vitriol die Stelle von Bleiglanz einnimmt, ſo ſcheint dieß zunächſt nur
eine einfache Aufnahme von Sauerſtoff zu ſein, die freilich nicht unver-
mittelt vor ſich gehen konnte.


Ein Austauſch von Stoffen fand am häufigſten Statt. Kann
auch der Weg der Veränderung nicht immer ſicher angedeutet werden, ſo
kann man doch häufig eine Möglichkeit conſtruiren. Sind die Stoffe
gar zu heterogen, ſo iſt es immer gerathener, die Sache für mechaniſche
Erfüllung zu halten. Außerordentlich häufig findet man Schwefelkies-
kryſtalle in Brauneiſenſtein verwandelt. Das Doppeltſchwefeleiſen F̎e,
verwandelt ſich dabei immer erſt in Eiſenvitriol Ḟ S⃛ + 6 Ḣ; das Ḟe wird
dann zu F̶⃛e, wie das ſo häufig bei Vitriollöſungen geſchieht. Eiſenoxyd
iſt aber eine ſchwächere Baſis als Oxydul, kann daher durch Kalk leicht
ſeiner Schwefelſäure beraubt werden, wodurch dann F̶⃛e Ḣ̶ = Brauneiſen-
ſtein entſteht. Beſonders leicht verwandelt ſich auch der Spatheiſenſtein
Ḟe C̈ an der bloßen Atmoſphäre zu F̶⃛e Ḣ̶, die Löſungskraft des Waſſers
ſcheint hier allein das gelöste kohlenſaure Eiſen zur höhern Oxydation zu
diſponiren. Die verſchiedenen Manganerze, beſonders M̶⃛n Ḣ̶, ſind immer
zu höhern Oxydationen auf Koſten des Waſſers diſponirt. Complicirter
werden die Verhältniſſe ſchon bei Verwandlung des Olivins Ṁg3 S⃛i in
Serpentin Ṁg9 S⃛i4 Ḣ̶6, und doch kann dieſe Veränderung nicht mehr ge-
läugnet werden, denn wie ſollte ein ſo normal amorpher Körper, wie
Serpentin, die Fähigkeit zum Kryſtalliſiren erlangt haben. Bei Verglei-
chung der Formeln ſieht man leicht, daß 4 Atome Olivin = Ṁg12 S⃛4 zu
Serpentin werden können, wenn dazu 6 Ḣ̶ treten, und 3 Ṁg ausgeſchieden
werden, die als Ṁg C̈ ſich zwiſchen den Afterkryſtallen abgeſetzt haben. Waſſer-
dämpfe reichen alſo zur Verwandlung hin, aber trotz der Einfachheit iſt
dieſer Weg wohl nicht eher bewieſen, als bis Verſuche ihn nachgeahmt
haben werden. Die kieſelſaure Magneſia ſpielt überhaupt eine große
Rolle bei der Afterbildung. Da ſie unter den alkaliſchen Erden die am
ſchwerſten lösliche iſt, ſo wurde ſie überall fallen gelaſſen, wo die Waſſer
andere Stoffe aufzunehmen die Gelegenheit hatten. Bei Göpfersgrün iſt
ſelbſt der Quarz verſchwunden, und Speckſtein an die Stelle der deutlichen
Kryſtalle getreten. Noch auffälliger als alles dieſes iſt jedoch in vielen
Fällen


Die mechaniſche Ausfüllung. Der aus Hornſtein beſtehende
Haytorit kommt in einer Schönheit und Größe vor, die Verwunderung
erregt, ſeine Form iſt die des Datoliths, und da auf denſelben Gängen
zugleich Kalkſpath und andere Minerale in Hornſtein verändert ſind, ſo
kann man hier kaum an einen chemiſchen Proceß mehr denken. Auch auf
ſächſiſchen Gängen kommen zuweilen glattflächige Kalkſpathafterkryſtalle
unter einer rauhen Kruſte vor, unter der erſt der Glanz der Fläche ein-
tritt. Hier wurde offenbar durch Umhüllung des urſprünglichen Kry-
[154]Syſtematik.
ſtalles eine Form gebildet, welche die ſpäter folgende Kieſelſubſtanz me-
chaniſch ausfüllte. In ähnlicher Weiſe füllt bei Ilmenau das Grauman-
ganerz M̈n, oder im Uebergangskalk von Sundwig Quarz und Rotheiſen-
ſtein die Formen von Dreikantnern des Kalkſpaths. Am letztern Orte
kann man die Formen, welche ausgefüllt wurden, noch abheben. Fremd-
artige Ueberzüge auf Kryſtallen ſind auf Gängen eine ſo gewöhnliche Er-
ſcheinung, daß auf dieſe Weiſe Matrizen von den verſchiedenſten Kryſtall-
formen erzeugt werden konnten, man hat ſie ſogar Umhüllungs-
pſeudomorphoſen
genannt, was nicht paſſend iſt. Sind es dünne
Hüllen, ſo zeigen ſie freilich die Form des unterſtützenden Kryſtalls, wie
z. B. kleine Braunſpathrhomboeder häufig die Oberfläche großer Drei-
kantner von Kalkſpath decken. Mannigmal ſcheint die Hülle auch Folge
der Zerſetzung zu ſein, wie z. B. die Kupferkiesſchicht über dem Fahlerz
von Zellerfeld angeſehen werden könnte; das ſind aber Ausnahmen.
Uebrigens kann man häufig in Verlegenheit kommen, ob man eine Bil-
dung als mechaniſche oder chemiſche Ausfüllung anſehen ſoll. Könnte
man die Zinnſteinkörner in den Feldſpathen von Cornwall nicht gar zu
ſicher von dem beigemiſchten Quarz unterſcheiden, zwiſchen welchen das
Erz eindrang, ſo würde man hier eine Vermiſchung beider Geſetze ver-
muthen. Andererſeits muß man wieder die Sicherheit bewundern, mit
welcher Formen ſelbſt der löslichſten Subſtanzen ſich ausfüllten. Einzig
in dieſer Art iſt der ſogenannte kryſtalliſirte Sandſtein auf der Unterſeite
der Sandſteinplatten und Steinmergel des Keuper, jene bekannten Würfel
mit ihren eingedrückten Seiten ſind ohne Zweifel Steinſalz geweſen, aber
wie konnte in einem Schlamme die Ausfüllung mit ſolcher Beſtimmtheit
vollendet werden?


Eintheilung.


Leider hat man ſich über die Eintheilung der Minerale noch weniger
vereinigen können, als über die der Pflanzen und Thiere. Das Syſtem
hat hier aber auch geringere Bedeutung. Die ältern Mineralogen grup-
pirten mehr nach äußern Kennzeichen, und dieſes Princip werden wir
wohl nicht aufgeben können, wenn die Mineralogie mehr ſein ſoll, als
eine bloße Domaine der Chemie. Den Umſang betreffend, ſo rechnete
Mohs zum Mineralreich alles, was nicht Pflanzen und Thiere iſt, na-
mentlich alſo die Luft und Gaſe. Doch was kann der Mineraloge weiter
darüber ſagen, als was der Phyſiker und Chemiker lehrt, zumal da man
ſie nicht ſieht. Werner ſchloß ſogar auch das Waſſer aus. Dann bliebe
alſo weiter nichts als der feſte Theil der Erde über. Darin ſind vor
allen die eigentlichen Steine von den figurirten Steinen
(Petrefakten) zu trennen, welch letztere in der Petrefaktenkunde (ſiehe mein
Handbuch der Petrefaktenkunde. Tübingen 1852) abgehandelt werden.
Die alte Klaſſe der Inflammabilien (brennlichen Foſſilien), wenn man
davon den ächt mineraliſchen Schwefel abzieht, iſt eigentlich auch ein
Fremdling, denn Kohle, Harze, Oele ſind Produkte des Pflanzen- und
Thierreichs. Man kann ſie ſich höchſtens als unwichtigen Anhang gefallen
laſſen. Das Uebrige bilden dann die Gebirgsarten und Mineralſpecies:
erſtere handelt die Petrographie, letztere die Mineralogie ab. Freilich kommt
[155]Syſtematik.
man dabei oft in den Fall des Zweifels, was man Felſen, was Mineral
nennen ſoll, doch ſei dabei nicht ſo engherzig, was thut’s, wenn du etwas
beiläufig beſchreibſt, das ſtreng genommen nicht hingehört. Das ächte
Mineral ſoll eine chemiſche Verbindung ſein
, die in allen
ihren Punkten gleichartig iſt. Die Gleichartigkeit gibt ſich am ſicherſten
durch den Kryſtall kund, und daher bilden die Kryſtalle den hauptſäch-
lichen Gegenſtand. Freilich kommen neben den Kryſtallen auch faſrige
und dichte Maſſen von ſolcher Gleichartigkeit vor, daß man nicht umhin
kann, ſie als Species aufzuführen, doch leidet hier die Sicherheit der Be-
ſtimmung nicht ſelten, und ohne chemiſche Hilfe kommt man dann nicht
zum Ziele des unterſcheidenden Erkennens.


Bei der Eintheilung darf vor allem auch das Pädagogiſche nicht aus
den Augen gelaſſen werden, denn das Syſtem ſoll uns hauptſächlich in die
Sache auf dem beſten Wege einführen. Wenn man daher mit dem Un-
wichtigſten unter allen, mit den Gaſen oder mit dem Waſſer anfängt,
ſo ſcheint mir das ſehr unpädagogiſch. Da machte es Werner beſſer, er
ſtellte gleich den König der Edelſteine, den Diamant, an die Spitze.


Werner

ſchied überhaupt vier Klaſſen:


I.Erdige Foſſilien. 1) Demant. 2) Zirkon. 3) Kieſelgeſchlecht.
Hierunter handelt er die wichtigſten Silicate, wie Augit, Granat, Spinell,
Korund, Beril, Piſtazit, Quarz, Zeolith, Feldſpath ꝛc. ab. 4) Thon. 5) Talk.
6) Kalkgeſchlecht, worunter Kalkſpath, Apatit, Flus, Gips, Barazit ꝛc.
begriffen wird. 7) Barit. 8) Stronthian. 9) Kryolith.


II.Salzige Foſſilien, begreift nur Soda, Salpeter, Steinſalz,
Salmiak, Vitriol, Glauberſalz, Bitterſalz.


III.Brennliche Foſſilien. Schwefel, Erdöl, Kohlen, Graphit,
Bernſtein.


IV.Metalliſche Foſſilien, werden nach ihrem Metallgehalt
klaſſificirt. 1) Platin. 2) Gold. 3) Queckſilber. 4) Silber. 5) Kupfer.
6) Eiſen. 7) Blei. 8) Zinn. 9) Wismuth. 10) Zink. 11) Spiesglas.
12) Silvan. 13) Mangan. 14) Nickel. 15) Kobold. 16) Arſenik.
17) Molybdän. 18) Scheel. 19) Menak. 20) Uran. 21) Chrom.
22) Cerin. Auch


Hauy

hat in ſeinem Lehrbuche der Mineralogie, überſetzt von Karſten und Weiß
1804, im Weſentlichen daſſelbe Syſtem mit 4 Klaſſen.


I.Säurehaltige Körper. 1) Kalk, und zwar wird mit dem
Kalkſpath begonnen, welcher Hauy mitten in ſein Syſtem führt. 2) Baryt.
3) Strontianit ꝛc.


II.Erdartige Foſſilien: Quarz, Zirkon, Teleſin, Cymophan ꝛc.


III.Metalliſche brennbare Körper: Schwefel, Diamant,
Bitumen, Kohle, Bernſtein, Honigſtein.


IV.Metalliſche Subſtanzen, ähnlich wie bei Werner nach den
Metallen zuſammengeſtellt.


Den Syſtemen dieſer beiden Meiſter ſchließt ſich das von


[156]Syſtematik.
Weiß

am engſten an, Karſten’s Archiv für Min. Geogn. Bergb. u. Hüttenk. 1829,
Bd. I. pag. 5. Es werden 7 Ordnungen unterſchieden.


1) Oxydiſche Steine oder Silicate, denn hier ſpielt die Kieſel-
erde die Hauptrolle. Sie gehören unbedingt an die Spitze des Reiches,
nicht blos weil ſie auf der Erde die wichtigſte Rolle ſpielen, ſondern weil
ſie ſich auch am meiſten von den chemiſchen Kunſtprodukten entfernen, und
der Nachahmung die größte Schwierigkeit in den Weg legen. Obenan
der Quarz, die reine Kieſelerde, denn durch kein anderes kann uns der
Begriff eines Minerals deutlicher vorgeführt werden, als durch dieſen.
Feldſpath, Glimmer, Hornblende führen uns ſogleich zu den wichtigſten
Felsgeſteinen, während Granat den Uebergang zu den Edelſteinen ver-
mittelt.


2) Saliniſche Steine und


3) Saliniſche Erze umfaſſen beide ſämmtliche Baſen mit Säuren,
welche nicht Kieſelſäuren ſind. Erz (Metallbaſis) und Stein (Erdbaſis)
kann wegen des Iſomorphismus nicht gut auseinander gehalten werden,
daher muß man in vielen Fällen beide mit einander vermiſchen. Am
Ende finden das Waſſer und die künſtlichen Salze ihren beſten Platz.


4) Gediegene Metalle ſind die einzigen einfachen Stoffe, welche
in der Natur vorkommen.


5) Oxydiſche Erze begreifen Metalle mit Sauerſtoff und Waſſer,
ohne eine Säure.


6) Geſchwefelte Metalle haben ſtatt des Sauerſtoffs Schwefel,
es ſind alſo Verbindungen von Sulphoſäuren mit Sulphobaſen. Statt
des Schwefels kann aber auch Selen, Antimon, Tellur auftreten.


7) Inflammabilien. Es iſt gut, hierin nur das zuſammenzu-
ſtellen, was entſchieden organiſchen Urſprungs iſt. Namentlich ſcheide ich
den Schwefel und Diamant davon. In dieſer Weiſe bilden ſie eine ſehr
natürliche Ordnung, die aber mehr der Geognoſie als der Mineralogie
angehört.


Im Ganzen kommen alle naturhiſtoriſchen Syſteme wenigſtens in
vielen Gliedern immer wieder auf dieſe Eintheilung zurück. Denn Ein-
zelnes iſt darin zu natürlich, als daß davon abgewichen werden könnte.
Wo aber abgewichen wird, da trifft es meiſt gleichgültige Sachen. Am
wenigſten zu billigen ſind diejenigen Anordnungen, worin durch eine
Menge neugeſchaffener Worte das Gedächtniß beſchwert wird.


Von rein chemiſchen Syſtemen ſind die von Berzelius am be-
währteſten. Sein erſtes wurde 1816 durch Schweigger’s Journal XV.427
in Deutſchland bekannt. Es iſt nach dem elektropoſitiven Beſtandtheile
in zwei ſehr ungleiche Klaſſen geordnet. 1ſte Klaſſe enthält ſämmtliche
Mineralien, 2te Klaſſe die Inflammabilien nebſt den Ammoniakſalzen.
Das Syſtem beginnt:


A. Sauerſtoff.


B. Brennbare Körper.


  • 1ſte Ordnung. Metalloide: Schwefel und ſeine Verbindungen mit
    Sauerſtoff; .... Kohlenſtoff und Kohlenſäure ꝛc.

[157]Syſtematik.
  • 2te Ordnung. Elektronegative Metalle: Arſenik nebſt Oxyden und
    Sulphureten; .... Antimon, Rutil ....
  • 3te Ordnung. Elektropoſitive Metalle: Iridium, Platin, Gold nebſt
    ſeinen Tellureten … Silber nebſt Sulphureten, Antimonieten ꝛc.
    • Blei: Sulphurete, Tellurete, Oxyde ꝛc.
    • Alumium: Sulphate, Silicate, Hydrate. ....
    • Magneſium: Sulphate, Carbonate, Borate, Silicate…
    • Calcium: Sulphate, Phosphate, Fluate, Carbonate,… Silicate.
    • Zuletzt Kalium mit Sulphaten, Nitraten und Silicaten.

Berzelius fühlte bald, daß durch den Iſomorphismus der Baſen ſich
doch trotz der ſcheinbar großen Conſequenz ein ſehr unangenehmer Spiel-
raum der Stellung ergab. Er fügt daher gleich den Vorſchlag zu fol-
gendem andern bei, welches nach der elektronegativen Subſtanz eintheilt:


  • 1ſte Ordnung. Nichtoxydirte Körper:
    • 1) Gediegene; 2) Sulphureta; 3) Arſenieta; 4) Stibieta; 5) Tel-
      lureta; 6) Osmieta; 7) Aureta; 8) Hydrargyreta.
  • 2te Ordnung. Oxydirte Körper:
    • 1) Oxyde mit oder ohne Waſſer, a) Säuren, b) Baſen; 2) Sul-
      phate; 3) Nitrate; 4) Muriate und Muriocarbonate; 5) Phos-
      phate; 6) Fluate und Fluoſilicate; 7) Borate und Boroſilicate;
      8) Carbonate; 9) Arſeniate; 10) Molybdate; 11) Chromate;
      12) Wolframiate; 13) Tantalate; 14) Titanate; 15) Silicate;
      16) Aluminate.

Die Sache wurde ſpäter in Poggendorfs Annalen 1828. XII.1 weiter
ausgeführt, und neuerlich iſt Rammelsberg (Pogg. Ann. 1847. 71. 477)
wieder darauf zurückgekommen. Dennoch hat es bei den Mineralogen von
Fach keine Wurzel ſchlagen können, weil die äußern Aehnlichkeiten doch
zu wenig hervortreten.


Eben ſo wenig iſt eine Eintheilung nach der bloßen Form natur-
gemäß, ſo angenehm ſie für die Ueberſicht der Kryſtalle auch ſein mag.
G. Roſe, das kryſtallochemiſche Mineralſyſtem, Leipzig 1852, ſucht zwar
beides zu verbinden, aber doch nur ſo weit, als der Iſomorphismus zur
Zuſammenſtellung nöthigt. Im Ganzen ſtimmt deſſen Anlage mit dem
zweiten Syſtem von Berzelius überein:


  • I. Einfache Körper, 30 Nummern.
  • II. Schwefel-, Selen-, Tellur-, Arſenik-, Antimon-Verbindungen, die in
    51 Binäre und 36 Doppeltbinäre gruppirt werden.
  • III. Chlor-, Fluor-, Jod- und Brom-Verbindungen, 13 Nummern.
  • IV. Sauerſtoffverbindungen, dieſe zerfallen nun zwar in 26 Binäre und
    Doppeltbinäre, allein für letztere bleiben mehr als 400 Nummern,
    alſo mehr als 2\frac{1}{2}fach aller übrigen. Das iſt eine große Ungleich-
    heit. Aber noch ungleicher iſt die Eintheilung von

Mohs

  • I.Klaſſe: Gaſe, Waſſer, Säuren, Salze (Soda, Glauberſalz, Sal-
    peter, Steinſalz, Vitriol ꝛc.).
  • II.Klaſſe: Haloide (Gyps, Kryolith, Flußſpath, Kalkſpath); Ba-
    ryte
    (Spatheiſen, Schwerſpath, Weißbleierz ꝛc.); Kerate (Horn-
    [158]Syſtematik.
    erz); Malachite; Glimmer (Kupferglimmer, Vivianit, Graphit,
    Talk, Glimmer); Spathe (Schillerſpath, Cyanit, Spodumen, Zeo-
    lithe, Feldſpath, Augit, Laſurſtein); Gemmen (Andaluſit, Corund,
    Demant, Topas, Smaragd, Quarz, Borazit, Granat, Gadolinit);
    Erze (Titanit, Rothkupfererz, Zinnſtein, Magneteiſen, Brauneiſen-
    ſtein, Manganerze); Metalle; Kieſe; Glanze (Glaserz, Blei-
    glanz); Blenden (Blenden, Rothgülden); Schwefel.
  • III.Klaſſe: Harze, Kohlen.

Im Ganzen gehen die Syſteme nicht ſo weit auseinander, daß nicht
eine Vereinigung aller auf eines in endlicher Ausſicht ſtände. Das wird
aber nicht eher geſchehen, bis irgend eines bei weitem die größte Anhänger-
zahl gefunden haben wird. Freilich können dazu nur innere Gründe führen.
Allein wenn man einmal erkannt hat, daß in der Anordnung allein nicht
das Weſen beruht, ſo wird man gern dem Vortheil nicht entgegen ſein,
welchen es gewähren muß, wenn alle Lehrer und Lehrbücher den gleichen
Gang befolgen. Möge das bald kommen.


[[159]]

Erſte Klaſſe.
Silicate oder eigentliche Steine.


Die Verbindungen mit Kieſelerde ſpielen unbedingt auf der Erdober-
fläche die erſte Rolle, daher kann man mit keinem Minerale wohl paſſender
anfangen, als mit der Kieſelerde ſelbſt (Quarz). Auf zweiter Linie ſteht
die Thonerde A̶⃛l, iſomorph mit F̶⃛e, M̶⃛n, C̶⃛r. Im Feuer bildet dieſe gegen
S⃛i immer die Baſe, wenn es aber an Kieſelerde fehlt, ſo mag ſie auch
wohl die Rolle der Säure übernehmen. Auf dritter Linie folgen: K̇a,
Ṅa, L̇i, Ṁg, Ċa, Ḟe, Ṁn ꝛc., die nur als Baſen erſcheinen. Alle dieſe
Stoffe verbinden ſich mit der Kieſelerde in ſo mannigfaltigen Verhält-
niſſen, daß letztere darin alle anorganiſchen Säuren weit übertrifft (Ram-
melsberg Pogg. Ann. 72. 95), und da es bis jetzt von den wenigſten ge-
lungen iſt, die Bedingungen ihrer Erzeugung künſtlich herbeizuführen, ſo
entfernen ſie ſich von den gewöhnlichen Chemikalien am weiteſten, und
mahnen uns mehr an organiſche Produkte, welche gleichfalls chemiſche
Kunſt nicht wachſen laſſen kann. Auch das haben ſie mit dem organiſchen
Körper gemein, daß nur wenige Stoffe zur wunderbaren Mannigfaltigkeit
ihrer Kryſtalle beitrugen.


Die Kieſelerde kennt man in zwei Modificationen: die eine iſt im
Waſſer und in Säuren unlöslich, nur Flußſäure wirkt kräftig darauf
ein. Dieſe findet ſich in der Natur bei weitem am häufigſten; die
lösliche Modification läßt ſich in Quellen, Flüſſen und Meeren
nachweiſen: die Geyſerquelle auf Island hat \frac{1}{1850}, das Meer 3 Hundert-
tauſendtel, der Rhein ein 4 Hunderttauſendtel. Heißes Waſſer löst
mehr als kaltes, und die Gegenwart von Säuren und Alkalien be-
fördert ihre Löſung. Die Zeolithe enthalten ſie im feſten Zuſtande. Merk-
würdiger Weiſe kann ſie aber leicht durch Glühen in die unlösliche Modifi-
cation übergeführt werden. Da nun die S⃛i auf naſſem Wege nur die
Rolle einer ſchwachen Säure ſpielt, auf trockenem dagegen alle übrigen
Säuren austreibt, ſo hat man wohl Grund zu vermuthen, daß die Maſſe
der Silicate unſerer Erdrinde dem Feuer ihren Urſprung verdanken, alſo
primär ſeien, während die ſecundären Erzeugniſſe dagegen ſehr zu-
rücktreten. So feuerbeſtändig aber auch die Kieſelerde ſein mag, ſo ver-
flüchtigt ſie ſich doch, ähnlich der Borſäure, mit heißen Waſſerdämpfen,
das beweist der Verſuch von Jeffreys deutlich: Derſelbe ließ durch
einen Fayence-Ofen, deſſen Glut die des ſchmelzenden Gußeiſen über-
ſteigt, Waſſerdämpfe in größerer Menge ſtreichen, und wo dieſe
[160]I. Cl. 1ſte Fam.: Quarz, Kryſtalle.
aus dem Ofen heraustraten, ſetzten ſich mehrere Pfunde Kieſelerde in Ge-
ſtalt von Schnee ab. Bei Hüttenprozeſſen, z. B. wenn die Hochöfen
ausgeblaſen werden, kommt nicht ſelten ein ähnliches Kieſelmehl in größerer
Menge vor (Pogg. Ann. 85. 462), das auf dieſe Weiſe ſeine genügende
Erklärung findet. Kocht man die unlösliche Modification mit kohlenſauren
Alkalien, ſo geht ſie allmählig in die lösliche über, ohne daß ſie Kohlen-
ſäure austreibt. Daraus läßt ſich dann leicht einſehen, daß bei Verwit-
terungsprozeſſen die Tagewaſſer, wenn ſie in langer Berührung mit der
unlöslichen Modification ſind, dieſelbe in die lösliche umſetzen und auf-
nehmen können. Die Natur zeigt ſich hier nachgiebiger, als man nach
unſern künſtlichen Geſetzen erwarten ſollte.


Von den natürlichen Silicaten iſt keines in Waſſer löslich, nur künſt-
liche mit viel Alkali löſen ſich. Dagegen kann man mehrere in Salz-
ſäure
aufſchließen, das geht um ſo leichter, je feiner man ſie pulveriſirt.
Die Kieſelerde ſcheidet ſich dabei aus, oder iſt doch nur in ſehr vielem
Waſſer löslich, während die Baſen als Chlormetalle gelöst bleiben. Oft
kann man auch anderer Säuren mit Vortheil ſich bedienen. Läßt ſich auf
dieſe Weiſe nur ein Theil löſen, ſo muß man den Rückſtand wie die un-
löslichen
behandeln. Zu dem Ende ſchmilzt man das Pulver mit dem
3fachen K̇ C̈ (oder Ṅ C̈, Ḃa C̈ ꝛc.) zuſammen, es entweicht dann , das
zurückbleibende Glas läßt ſich wegen des ſtärkern baſiſchen Gehalts mit
Säure aufſchließen. Für Aluminate ohne Kieſelerde führt ein Zuſammen-
ſchmelzen mit K̇ S⃛2 zum Zweck; Zirkon und Cyanit können durch Kali-
hydrat im Silbertiegel aufgeſchloſſen werden. Um die Baſen zu beſtim-
men, bedient man ſich mit Vortheil der Flußſäure, aus Flußſpath darge-
ſtellt. Beim Zuſatz von Schwefelſäure verflüchtigt ſich dann der größte
Theil der Kieſelerde als Fluorkieſel Si F̶l3.


Mit Hr. Prof. Weiß unterſchieden wir folgende zehn zum Theil ſehr
natürliche Familien: 1) Quarz; 2) Feldſpath; 3) Glimmer; 4) Horn-
blende; 5) Granat; 6) Edelſteine; 7) Zeolith; 8) Skapolithe; 9) Ha-
loidſteine; 10) Metallſteine.


I.Quarze.


Das Wort Quarz (Querz, vielleicht aus Gewarz?) kommt bei Grie-
chen und Römern nicht vor, es iſt ein bergmänniſcher Ausdruck des Mittel-
alters (Agricola Bermannus pag. 695 u. 701), womit der gemeine Quarz
auf den Erzgängen bezeichnet wurde. Gegenwärtig nimmt man das Wort im
weitern Sinn, und begreift darunter Kryſtalle, Chalcedone und Opale.
Dann kann ihnen aber an Mannigfaltigkeit kein zweites zur Seite geſetzt
werden, welches ſo viel Licht über das Weſen eines Minerals verbreitete.
In ſofern wird man vergeblich nach einem beſſern Ausgangspunkte des
Syſtems ſuchen.


Kryſtallſyſtem 3 + 1axig mit entſchiedener Neigung zum di-
hexaedriſchen. Das Dihexaeder P = a : a : ∞a : c hat 133° 44′ Endk.
und 103° 34′ Seitenkanten, gibt
.
Der ebene Winkel an der Spitze der gleichſchenklichen Dreiecke 78°. Die
[161]I. Cl. 1ſte Fam.: Quarze, Kryſtalle.
Flächen meiſt ſehr verzogen und mit allerlei unregelmäßigen Zeichnungen
verſehen, ihr Blätterbruch ſehr verſteckt und kaum bemerkbar.
Dazu geſellt ſich beſtändig die erſte reguläre ſechsſeitige Säule
r = a : a : ∞a : ∞c, welche ſich an ihrer Querſtreifung pa-
rallel der Axe a ſtets leicht erkennen läßt. Dieſe Streifen ſtehen
immer ſenkrecht gegen r/r, der Richtung der Axe c. Auch
dieſen Säulenflächen entſpricht kein ſonderlich wahrnehmbarer

[figure]

Blätterbruch.


Hauy nahm das Dihexaeder als Dirhomboeder: einmal war es
ihm für ſeine Decrescenzen bequemer; dann findet man aber
auch z. B. bei den ſogenannten Scepterquarzen von Ungarn ein
Rhomboeder (mit 94° 15′ in den Endkanten) gegen das andere
vorherrſchend. Beiſtehende kleine gelbe Bergkryſtalle im Eiſen-
glanz von Elba zeigen auf der Säule nur rhomboedriſche En-
digung, ja in der Dauphiné kommen ſogar Dihexaeder vor, deren

[figure]

abwechſelnde Flächen mit einiger Beſtimmtheit matt und glänzend erſcheinen.
Da nun auch die Klangfiguren von Savart auf einen Unterſchied beider
Rhomboeder hinweiſen, ſo verdient die Sache nicht aus den Augen ge-
laſſen zu werden, wollte man auch auf Hauys Behauptung, daß das
Rhomboeder P blättriger ſei, als das Gegenrhomboeder z, bei der Undeut-
lichkeit ſeiner Blätterbrüche überhaupt kein ſonderliches Gewicht legen.
Aber auch die Zwillinge ſprechen für Rhomboeder. Schon Hr. Prof.
Weiß machte 1816 (Magazin Geſellſch. naturf. Freunde zu Berlin VII.164)
auf merkwürdige Durchkreuzungszwillinge aus den Mandelſteinen der Fa-
röerniſeln aufmerkſam, woran die Flächen des Hauptrhomboeders P von
den Ecken eines andern durchbrochen werden: es haben beide Kryſtalle
die Säulen gemein, und ihre Rhomboeder ſind um 60° gegen einander im
Azimuth verdreht. Dieſes Geſetz fand eine erfreuliche Beſtätigung durch
die Dauphinéer Zwillinge (Haidinger in Brewster’s Journal of
science 1824. Vol. I. pag.
322), welche in ihrer Art zu den merkwür-
digſten kryſtallographiſchen Erſcheinungen gehören, die wir kennen. Sie
finden ſich gern mit Epidot. Es ſind Dihexaeder mit Säulen, auf den
Dihexaederflächen findet man aber ſehr ausgezeichnete matte Platten, welche
mit glänzenden zwar ſehr unregelmäßig abwechſeln, allein in den Kanten
entſpricht ohne Ausnahme der matten Stelle einer-
eine glänzende andererſeits. Bei dieſer großen Ge-
ſetzmäßigkeit kann man die Sache kaum anders als
durch Zwilling erklären: denke man ſich ein Dihe-
xaeder mit drei glänzenden Flächen P und drei matten
z, aber beliebig durchlöchert; in die Löcher lege ſich
nun ein zweites Individuum P' und z' doch ſo hin-
ein, daß dieſes ſeine matte Fläche z' habe, wo jenes
ſeine glänzende P hatte, ſo iſt das das gewöhnliche
Weißiſche Zwillingsgeſetz. Einmal aufmerkſam ge-
macht fanden ſich die Zwillinge obgleich undeutlicher
auch andern Orts, namentlich zahlreich in einem
Quarzgange des Granits von Järiſchau bei Strie-

[figure]

gau im Rieſengebirge. Hierauf fußend glaubt nun G. Roſe (Kryſtall-
ſyſtem des Quarzes Abh. Berl. Akad. der Wiſſenſch. 1844) das unregel-
Quenſtedt, Mineralogie. 11
[162]I. Cl. 1ſte Fam.: Quarz, Kryſtalle.
mäßige Auftreten der Rhomben- und Trapezflächen durch allgemeine
Zwillingsbildung erklären zu können.


Die Rhombenflächens = a : ½a : a : c liegen in zwei abwech-

[figure]

ſelnden Endkantenzonen des Dihexaeders, ſtumpfen alſo
die Kanten zwiſchen der Säule und dem Dihexaeder ab.
Häufig zeigen dieſelben eine Streifung, und dieſe ſoll
nach G. Roſe nur der Kante P/r, und niemals der z/r
parallel gehen, was freilich ſicher zu beweiſen bis jetzt
nicht möglich iſt. In der Dauphiné finden ſich öfter
Exemplare, wovon die s abwechſelnde Ecken von rr Pz
abſtumpfen, alſo wirkliche Rhomboeder bilden, darnach
müßte man ſie für rhomboedriſche Ordnung halten.
Allein unter den klaren ringsum ausgebildeten aus dem
Marmaroſcher Komitat in Oberungarn, beſonders aber
unter den noch ſchönern aus dem Uebergangskalk von

[figure]

New-York trifft man einzelne Exemplare, wo die Rhom-
benfläche an den beiden Enden der abwechſelnden
Säulenkanten ſich wiederholt, wie in beiſtehenden Fi-
guren. Dieſes nimmt nun Roſe als Normalfall. Wenn
die Streifen der Rhombenflächen beobachtbar ſind, ſo
kann man ſogar rechte und linke unterſcheiden: die s
der rechten ſind von oben rechts nach links unten (wie
beiſtehende Figur) und die der linken von oben links
nach rechts unten geſtreift (wie die vorhergehende Fi-
gur). Alle Exemplare, wo die Rhombenflächen nicht
in dieſer Ordnung folgen, hält Roſe für Zwillinge,
worüber dann freilich in den meiſten Fällen der Be-
weis nicht geführt werden kann, und zwar verwachſen immer nur zwei
rechte, oder zwei linke mit einander, wie aus der Streifung der Rhomben-
fläche folgt. Denn wenn das eine Zwillingsindividuum ſeine abgeſtumpfte
Ecke hinlegt, wo das andere die nicht abgeſtumpfte hat, ſo können bei
Verſchiedenheit der Ausdehnung möglicher Weiſe alle Ecken, einige oder
auch keine abgeſtumpft erſcheinen. Auffallend iſt bei dieſer Annahme, daß
die Rhomboederhälften s oben und unten um 60° gegen einander verdreht
ſind (ein Trigonoeder bilden), und daß beim Zwilling zwei Indivi-
duen gleicher Drehung ſich durchdringen ſollen. Das hat von vornherein
wenig innere Wahrſcheinlichkeit. Uebrigens könnte man die s auch in
rhomboedriſcher Ordnung nehmen, da es gleichfalls hierfür nicht an Bei-
ſpielen fehlt, und der Zwilling die Erſcheinung eben ſo gut erklären würde.


Die Trapezflächenx = a : ⅙a : ⅕a : c neigen ſich ſtark zum
Matten und ſtumpfen eine der untern Kanten zwiſchen s/r ab, liegen alſo
nur in einer Kantenzone des Dihexaeder, in welcher ſie die Kante x/r =
168° machen. Mit wunderbarer Geſetzmäßigkeit ſtumpfen dieſe Flächen
entweder nur die linke oder die rechte Rhombenflächenkante ab, und dar-

[figure]

nach zerfallen die Kryſtalle in rechts- (r) und links-
gewundene
(l) (Weiß): rechtsgewundene, wenn
man von der Rhombenfläche oben rechts quer über die
Kantenzone der Trapezfläche zur Säule gelangt, oder
wenn der Beobachter ſich in den Mittelpunkt des Kryſtalls
[163]I. Cl. 1ſte Fam.: Quarz, Kryſtalle.
denkt und auf die Rhombenfläche ſieht, ſo wird die Kante der rechten
Seite abgeſtumpft. x kommt häufig ohne Rhombenfläche vor, und folgt
auffallender Weiſe nicht der Streifung der Rhombenfläche. Darüber findet
ſich öfter eine zweite u = a : ¼a : ⅓a : c rauh punktirt und matter als x,
die Säulenfläche r unten 161° 31′ ſchneidend, öfter auch ſelbſtſtändig.
Man hat ſogar zwiſchen u und x noch eine ſchmale Abſtumpfung y =
a : ⅕a : ¼a : c
, und zwiſchen x und der darunter folgenden Säulenfläche
eine v = a : ⅛ a : \frac{1}{7}a : c unterſchieden. Von ſcharfer Beſtimmung kann
aber bei ſolchen Flächen wohl kaum noch die Rede ſein. Zuweilen be-
merkt man auch eine obere Trapezfläche, eine der obern Rhomben-
flächenkanten s/P abſtumpfend, nämlich t = a : ⅗a : \frac{3}{2}a : c. Es fehlt nun
keineswegs an Kryſtallen, woran auch auf der andern Seite der Rhom-
benfläche (im Sinne der Streifung) Trapezflächen auftreten, allein dieſe
haben meiſt einen andern Ausdruck, und ſind gern parallel der Rhomben-
flächenkante geſtreift, ſo führt Haidinger eine o' = a : ⅓a : ½a : c an, es
kommt eine ω' = a : \frac{3}{10}a : \frac{3}{7}a : c, eine u' = a : ¼a : ⅓a : c vor, G.
Roſe beſtimmte ſogar n' = a : \frac{1}{13}a : \frac{1}{12}a : c ꝛc. Die geſtrichelten Buch-
ſtaben liegen auf den Säulenflächen unter z, allein wenn die Streifungen
der Rhombenflächen nicht deutlich ſind, ſo kann man in der Orientirung
ſich leicht irren.


Das Zahlengeſetz der Trapezflächen iſt eben ſo ſchwierig als das der
Rhombenflächen zu beſtimmen. G. Roſe glaubt auch hier wieder, wie
bei den Rhombenflächen, nur drei an jedem Ende des einfachen Kryſtalls
annehmen zu ſollen, die an den Enden der abwechſelnden Säulenkanten
auftreten, und allerdings findet man z. B. bei den
Rauchtopaſen der Grimſel und des Chamounithales
dieſe Anordnung in auffallender Weiſe beſtätigt. Frei-
lich kommen dann immer wieder Individuen vor, die
dem Geſetze ſich nicht fügen, die aber dann zur Er-
klärung doch wenigſtens zwillingsartige Gränzen zeigen.
Auch hier muß es auffallen, daß immer nur Individuen
der gleichen Drehung mit einander verwachſen, ſelten
kommen auch Kryſtalle mit linken und rechten Trapez-
flächen vor. Intereſſant iſt in dieſer Beziehung ein
braſilianiſcher Amethyſt, der unter den Flächen P einen
vollſtändigen Dreiunddreikantner x hat, nur konnte

[figure]

G. Roſe daran nicht die Spur einer Zwillingsgränze wahrnehmen, anderer
ſchwierigen Einwürfe nicht zu gedenken.


Schärfere Dihexaeder kommen eine ganze Reihe vor, und an
ihnen läßt ſich die rhomboedriſche Ordnung noch am erſten
nachweiſen, wiewohl auch hier wieder die geringe Deut-
lichkeit der Flächenausbildung ſich hinderlich in den Weg
ſtellt. Bei den Schweizern iſt die Fläche m = ⅓a : ⅓a : c : ∞a
unterhalb P ziemlich glänzend, ſie fällt mit der Trapez-
fläche y in eine Zone, unter z liegt dagegen eine m' mit
feinen aber markirten Horizontalſtreifen, ſie ſoll \frac{2}{7}a' : \frac{2}{7}a' : ∞a : c
ſein, mag daher, da ſie ſich wenig zu Meſſungen eignet,

[figure]

der m ſehr nahe ſtehen, iſt aber an ihrem phyſikaliſchen Ausſehen oft
ganz entſchieden erkennbar. Freilich kommen dann wieder andere vor, wo
11*
[164]I. Cl. 1ſte Fam.: Quarz, Kryſtalle.
der Unterſchied nicht in die Augen tritt, daher nahmen Hauy und
viele Spätere es geradezu für Dihexaeder. Manchmal gewinnen dieſe
ſchärfern Flächen bedeutende Ausdehnung, dann kann ein förmliches
Rhomboeder entſtehen: wie am St. Gotthardt mehrere quergeſtreifte, von
G. Roſe als \frac{1}{7}a' : \frac{1}{7}a' : ∞a : c und \frac{1}{11}a' : \frac{1}{11}a' : ∞a : c beſtimmte, ge-
ſtrichelt, da ſie immer unter z liegen. An den ſo komplicirten mit Sphen

[figure]

bei Diſſentis vorkommenden Kryſtallen hat ſchon Hai-
dinger a = ¼a : ¼a : ∞a : c beſtimmt, G. Roſe noch
b = \frac{2}{11}a : \frac{2}{11}a : ∞a : c. Es ſollen ferner unter P
½a : ½a : ∞a
, ⅙a : ⅙a : ∞a, unter z ½a' : ½a' : ∞a
an andern Orten vorkommen, ſo daß es an Menge
nicht fehlt, obgleich es an Zonenverhältniſſen man-
gelt. Daß dieſe Flächen alle rhomboedriſch auftreten,
geht zuweilen aus den Zwillingen hervor. Denn
man findet öfter die Rhomboederfläche plötzlich durch
eine Gränze unterbrochen, über welche hinaus ſie
nicht fortgeht, was ſich namentlich zwiſchen m und m'
öfter ziemlich ſicher entſcheiden läßt. G. Roſe geht

[figure]

aber noch weiter: bei Schweizerkryſtallen iſt oft die
dreifach ſchärfere m (oder wenigſtens in ihrer Region) mit
matten fein quergeſtreiften Flecken bedeckt, die durch ihr
Ausſehen an das von m' = \frac{2}{7}a' : \frac{2}{7}a' lebhaft erinnern.
Dies ſollen daher Zwillinge ſein, woran das eine Indi-
viduum ſeine m' in den Sextanten vom m des andern
legt. Nur ſpricht die zu große Verbreitung dieſer Streifen
m', welche ſich namentlich auch auf die Säule r erſtrecken,
der Sache nicht ſonderlich das Wort, und Meſſungen können nicht ent-
ſcheiden, da man wegen der vielen Streifen gar kein ſicheres Bild bekommt.


Uebergehen wir die ſeltenen Flächen, welche Wackernagel (Pogg. Ann.
29. 507) beſtimmt hat, ſo fällt es auf, daß alle Modificationen immer
nur zwiſchen Säule und Dihexaeder auftreten. Denn eine Gradendfläche
wird zwar bei Dauphinéern angegeben, iſt aber ſo matt, daß man daran
noch zweifeln kann. Ein nächſtes ſtumpferes Dihexaeder f = 2a : a : 2a : c
erwähnt ſchon Hauy an den Amethyſten der Achatkugeln von Oberſtein,
aber klein und als größte Seltenheit. So findet ſich zuweilen auch die
zweite ſechsſeitige Säule a : ½a : a : ∞a, merkwürdiger Weiſe hemiedriſch
im Marmor von Carrara. Ebenſo hemiedriſch zeichnet Haidinger die 6 +
6kantige Säule d = a : ⅓a : ½a : ∞a.


Zwillinge. Am häufigſten die ſchon genannten Dauphinéer, und
wenn das unvollzählige Auftreten der Rhomben- und Trapezflächen Folge
von Zwillingsbildung wäre, ſo würde nur der geringſte Theil der edlen
Quarze zu den einfachen Kryſtallen gehören. Als große Seltenheit hat
Hr. Prof. Weiß (Abh. Berl. Akad. 1829. 31) aus der Dauphiné einen
Zwilling beſchrieben, woran die Individuen das nächſte ſtumpfere Di-
hexaeder f = 2a : a : 2a : c gemein hatten und umgekehrt lagen, es ſpiegelt
alſo von den Säulenflächen r nur eine ein, und die Hauptaxen c mußten
ſich unter 84° 33′ ſchneiden. Neuerlich wurde G. Roſe (Pogg. Ann. 83.
461) durch eine unſcheinbare Quarzdruſe aus dem Serpentin von Reichen-
ſtein in Schleſien überraſcht, worauf ſich Vierlinge fanden, an welchen
[165]I. Cl. 1ſte Fam.: Quarz, Zwillinge, Bildung.
die Dihexaederflächen P P, P' P' und P'' P'' einſpiegel-
ten, und zwar hatten ſich in rhomboedriſcher Ordnung
drei Nebenindividuen an ein viertes Centralindividuum
P P' P'' gelegt, außer der Spiegelung einer P würde noch
eine Fläche der zweiten ſechsſeitigen Säule einſpiegeln,
wenn ſie vorhanden wäre. Die Axen c müſſen ſich
unter 103° 34′ ſchneiden.


[figure]

Optiſch einaxig, attraktiv + d. h. der ordentliche Strahl wird
ſchwächer gebrochen als der außerordentliche, o = 1,5484 und e = 1,5582.
Circularpolariſationpag. 108, nur ganz dünne Platten geben ein
Kreuz, dickere blos farbige Platten, die bei der Drehung die Farben des
Spectrums durchlaufen. Die Folge der Farbe bei einer Drehung der
Platten im Azimuth (ob von Roth nach Violett oder umgekehrt von Violett
nach Roth) hängt von der Lage der Trapezflächen ab, wie Herſchel zuerſt
bemerkte. Die höchſt ſeltenen Kryſtalle mit linken und rechten Trapez-
flächen derſelben Art zeigen an einzelnen Stellen die Airyſchen Spiralen
(Dove Pogg. Ann. 40. 614), was den Beweis liefert, daß ſie Zwillinge
von links und rechts gedrehten Individuen ſind. Die fortificationsartig
geſtreiften Quarze zeigen wie die Amethyſte unregelmäßig concentriſche
Platten, welche abwechſelnd zu den links und rechts drehenden gehören.
Brewster Treatise on Optik pag. 286. Klare Bergkryſtalle finden in der
Optik mehrfache Anwendung.


Härte 7, Gew. 2,65, aber bei fremdartiger Beimiſchung darüber oder
auch darunter gehend. Viele ſchöne Farben und beſondere Klarheit zeich-
nen ihn aus. Reibt man Bergkryſtalle leicht an einander, ſo geben ſie
in der Finſterniß leuchtende Funken. Gerieben zeigen ſie Glaselektricität.


Vor dem Löthrohr unſchmelzbar, allein im Knallgebläſe kann man
ihn leicht zu Tropfen ſchmelzen, die ins Waſſer fallend nicht zerſpringen,
durchſichtig bleiben, dem Hammer großen Widerſtand leiſten, und ihre op-
tiſchen Eigenſchaften verlieren. Man hat ſie zu mikroſkopiſchen Linſen
vorgeſchlagen (Gaudin Compt. rend. 1839. 711). Mit Soda (Ṅa C̈) auf
Kohle unter Brauſen eine klare Glasperle, wenn man genug Quarz hin-
zuſetzte (T̈i verhält ſich zwar ähnlich, gibt aber eine unklare Perle). Setzt
man nicht genug hinzu, ſo wird die Kohlenſäure nicht vollſtändig ausge-
trieben und die Perle deßhalb nicht klar. Kieſelerde im Ueberſchuß wird
dagegen gelöst, falls man die Maſſe nur noch ſchmelzen kann. Das
Glas iſt in Waſſer löslich, erſt wenn man noch eine andere Baſis Ċa,
Ṗb ꝛc. hinzuſetzt, wird es unlöslich. Von Phosphorſalz wird Kieſelerde
nicht angegriffen, dieſe ſchwimmt unverändert in der Phosphorſalzperle.


S⃛i = 277 Si + 300 O = 48 Si + 52 O.


Bildung findet auf dreierlei Weiſe Statt: 1) auf organiſchem
Wege
. Die Aſche von Fahnen der Vogelfedern beſteht mehr als ⅓ aus
Kieſelerde (Pogg. Ann. 70. 336), in den Seeſchwämmen findet man oft
große Mengen eigenthümlicher Kieſelnadeln, die ſich im Gebirge vortreff-
lich erhalten haben (Handbuch der Petrefaktenk. pag. 667). Unter den
Pflanzen erzeugen beſonders die Gräſer Mengen, die ſich in den Knoten
einiger Bambusrohre in poröſen kryſtalliniſchen Klumpen anſammeln (Ta-
baſheer Poggendorf Ann. 13. 522). Beſondere Bedeutung haben jedoch
die kleinen Kieſelpanzer, welche Ehrenberg zu den Thieren, Andere aber
[166]I. Cl. 1ſte Fam.: Bergkryſtall.
zu den Diatomeen unter den Pflanzen ſtellen. Wenn dieſe Maſſen coa-
guliren, ſo könnten ſie allerdings zu Kieſelknollen Veranlaſſung geben.
2) Auf naſſem Wege haben ſich nicht blos Kieſelmaſſen angehäuft,
ſondern auch die ſchönſten Kryſtalle gebildet: dafür liefern z. B. die Berg-
kryſtalle in den Kammern von Ammoniten des Lias den ſchönſten Beweis.
Man findet nicht ſelten Kryſtalle mitten im Knollen des Feuerſteins, der
in der weißen Kreide ſein Lager hat, wo von Feuereinwirkung gewiß nicht
die Rede ſein kann. Da aber künſtlich unſern Chemikern auf ſolche Art
noch nicht die Bildung des kleinſten Kryſtalls gelungen iſt, ſo zeigt ſich
auch hier die Natur wieder als Lehrmeiſterin. Denn es iſt mehr als
wahrſcheinlich, daß jene prachtvollen, zum Theil rieſenhaften Kryſtalle auf
den Spalten der Hochalpen ein Niederſchlag aus wäſſriger Löſung ſind. 3) Auf
heißem Wege kann man zwar kryſtalliniſche Bildung nicht ganz läug-
nen, wie unter andern die Quarzpartikeln in den Graniten und Porphyren,
wenn anders dieſelben heiße Laven bildeten, nur Feuerprodukte ſein können,
indeſſen die Maſſe der Kryſtalle verdankt dem Feuer keineswegs ihr Da-
ſein. Ohne Zweifel haben auch die Waſſerdämpfe beim Abſatz in Spalten
der Vulkane eine Rolle geſpielt, wie noch in unſern Hochöfen Kieſelerde
in mehlartigen Maſſen, oder in kleinen dendritiſchen Anflügen, aber nicht
in größern Kryſtallen vorkommt. Vergleiche den ſchneeweißen, ſeiden-
glänzenden Eiſenamianth (Pogg. Ann. 85. 462).


Die Verbreitung der Quarze von verſchiedenſtem Ausſehen iſt außer-
ordentlich, namentlich im Urgebirge und den nachbarlichen Flözgebirgen.
Da er unter den gewöhnlichen Geſteinen der härteſte iſt, und ſich allen
chemiſchen Zerſetzungen auf das hartnäckigſte widerſetzt, ſo tritt er als
Geſchiebe, Kies und Sand nicht ſelten maſſenhaft in dem jüngern Ge-
birge auf. Seiner großen Härte wegen wird er als Reib- und Glätt-
ſtein, Mühlſtein, Poliermittel ꝛc. geſucht. Bei Schmelzproceſſen bildet er
mit Ḟe und Ċa eine Schlacke, die leicht vom Metall abfließt. Porcellan
und Steingut, Glas und Smalte hängen in ihrem Werth von der Be-
ſchaffenheit des Quarzes weſentlich ab, der Anwendung als Halbedelſteine
nicht zu gedenken.


Fuchs (Pogg. Ann. 31. 577) theilt die Quarze chemiſch in drei Theile:
In Kalilauge unlösliche, dahin gehört der kryſtalliſirte, nebſtdem Horn-
ſtein und Kieſelſchiefer, man hat dieſe beiden auch wohl für verſteckt kry-
ſtalliniſch (kryptokryſtalliniſch) gehalten, was übrigens wenig Wahrſchein-
lichkeit hat; in Kalilauge lösliche, das iſt der Opal; endlich die Miſchung
aus löslicher und unlöslicher Kieſelerde, Chalcedon, Feuerſtein.


A. Kryſtalliſirte Quarze.


Sie haben innerlich Glasglanz und einen glasartigen (muſcheligen)
Bruch, woran man ſie auch verunreinigt leicht erkennt.


1. Bergkryſtall, κρύσταλλος, Eis, Plinius hist. nat. 37. 9 gelu
vehementiore concreto; non alibi certe reperitur quam ubi maxume hi-
bernae nives rigent: glaciemque esse certum est .... laudata in Europae
alpium jugis … E caelesti humore puraque nive id fieri necesse est;
ideo caloris inpatiens, nisi in frigido potu abdicatur. Quare sexangulis

[167]I. Cl. 1. Fam.: Bergkryſtall.
nascatur lateribus non facile ratio inveniri potest .... ita absolutus la-
terum laevor est ut nulla id arte possit aequari .... nos liquido adfirmare
possumus in cautibus Alpium nasci adeo inviis plerumque ut fune pen-
dentes eam extrahant ....
(Scheuchzer Naturg. Schweizerland. III.80. Sauſ-
ſure Alpenreiſe III.167). Dieſe und andere merkwürdige Worte des Pli-
nius beweiſen deutlich, daß die Römer mit dem Alpiniſchen Vorkommen
ſehr bekannt waren, und großen Luxus damit trieben. Als Nero vom
Verluſte ſeiner Herrſchaft hörte, zerbrach er im Zorn ſeine zwei Kryſtall-
becher, „um ſein Jahrhundert damit zu ſtrafen, daß nicht ein anderer
daraus trinken könnte.“ Die römiſchen Aerzte bedienten ſich der Kryſtall-
kugeln nach Art der Brenngläſer, um damit die Wunden auszubrennen.
In den Alpen ſind beſonders zweierlei auszuzeichnen: waſſerklare und
ſchwarzbraune (ſogenannter Rauchtopas, Morion Plin. 37. 63). Die
gelben heißen ſchon beim Agricola (704) Citrin, ſind aber nicht häufig
(Cairngorm auf Arran), im Handel kommen ſie zwar oft von ſchönſter
weingelber Farbe vor, doch mögen das meiſt gebrannte Amethyſte ſein.


Merkwürdig ſind die häufigen Einſchlüſſe von Chlorit, Asbeſt, Rutil,
Strahlſteine ꝛc. Die grüne Farbe des letztern gleicht oft einem ins Eis
eingeſchloſſenen Graſe (Scheuchzer Naturg. Schweizerlandes III.69), was
die Alten in ihrer Vorſtellung vom Eiſe ſehr beſtärken mußte; die von
New-York enthalten ſogar Stücke bituminöſer Kohle.


Noch merkwürdiger als die feſten ſind die flüſſigen und gasförmigen
Einſchlüſſe. Die Flüſſigkeit läßt ſich gewöhnlich an einer Luftblaſe er-
kennen, welche ſich beim Drehen des Kryſtalls hin und her bewegt, und
beſteht aus Waſſer oder aus einer ölartigen Subſtanz, 15—20mal expan-
ſibeler als Waſſer. Erwärmt man daher die Kryſtalle ein wenig, ſo
kann die Blaſe verſchwinden. Auf Madagaskar kommen Stücke vor, die
auf einem Quadratzoll Fläche wohl an Tauſend feiner Blaſen zeigen,
dieſelben könnten den empyreumatiſchen Geruch erklären, welchen man
beim Aneinanderreiben wahrnimmt (Dufrénoy Trait. Minér. II.98).


Die klaren werden zu Kronenleuchtern, Ringſteinen (Mayländer,
Böhmiſche Steine), Brillengläſern ꝛc. verſchliffen, unter letztern im Handel
vorkommenden ſollen immer viel mehr links-als rechtsdrehende ſein (Pogg.
Ann. 40. 619). Jene mit eingeſchloſſenen grauen faſrigen Kryſtallen (Haar-
ſteine) machen einen beſonders ſchönen Effekt, und wenn auf den Sprüngen
Regenbogenfarben vorkommen, ſo heißen ſie iriſirender Quarz, während
Plinius 37. 52 unter dem Namen Iris Bergkryſtallſäulen verſteht, durch
welche man wie durch ein Glasprisma ein Spectrum erzeugen könne. Früher
ſtand der Bergkryſtall in bedeutend höherem Werth als jetzt. Beſonders
ſollen die Bergkryſtalle von Madagaskar die Preiſe herabgedrückt haben,
wo man im Gebirge Béfoure waſſerhelle Blöcke von 20 Fuß im Um-
fange findet (Annales des voyages 1809. II. pag. 38)! Auch in Ober-
ſtein trifft man bei den Steinſchleifern Fäſſer voll der klarſten Geſchiebe
aus Braſilien. Da klingt es heute ganz fabelhaft, wenn im Jahre 1735
ein „Kryſtallkeller“ am Zinkenſtock im Berner Oberlande für 45,000 fl.
1000 Ctr. Kryſtalle lieferte. Bei Fiſchbach im Rieſengebirge fand ſich ein
Keller von 100′ Tiefe, darin ſaßen Kryſtalle von 3′ Länge und 7′ Umfang,
und noch heute ſtellen die zahlreichen Händler im Chamouni am Mont
Blanc die prachtvollſten Kryſtalle zum Verkauf aus, die aber immerhin
[168]I. Cl. 1ſte Fam.: Amethyſt.
zu hohen Preiſen weggehen. Denn ſie pflegen in den unwegſamſten Ge-
genden der Hochgebirge vorzukommen, wo ſie nur mit großer Mühe und
Lebensgefahr gewonnen werden können. Quarzgänge, wulſtförmige Her-
vorragungen und hohler Klang deuten die Keller im Innern an. Kleinere
Kryſtalle bringen die Gletſcher in großer Zahl mit herab. Erwähnung
verdienen die klaren Druſen im ſchneeweißen Marmor von Carrara. Außer
dem Rieſengebirge ſind unſere niedern deutſchen Urgebirge arm an ſolchen
Bildungen, nur daß man ſie hin und wieder ſelbſt von großer Klarheit
in den Kalkſteinen und Mergeln der Flözgebirge findet, und zwar meiſt
um und um kryſtalliſirt.


2. Amethyſt, Plinius 37. 40, ἀμέϑυστος nicht trunken, causam
nominis afferunt, quod usque ad vini colorem accedens priusquam eum
degustet in violam desinit fulgor
.... Man muß bei dieſer blauen
Färbung
aber an die rothen italieniſchen Weine denken. Es werden
dann fünferlei aufgezählt, quintum ad viciniam crystalli descendit.


Die ſchöne blaue Farbe des Amethyſtes muß man wohl als das
weſentlichſte Kennzeichen anſehen, man leitet ſie von ½M̶⃛n ab, was nebſt
etwas F̶⃛e, A̶⃛l ꝛc. ihn verunreinigt. Im Feuer verliert er ſeine ſchöne
Farbe, geht durchs Gelbe und Grüne ins Farbloſe. Von dieſer merk-
würdigen Eigenſchaft machen die Steinſchneider Gebrauch, ſo daß viele
der geſchliffenen „Aquamarine und Topaſe“ nichts weiter als entfärbte
Amethyſte ſind, denn in Oberſtein kann man große Fäſſer mit ſolchen
bunt durcheinander geworfenen Bruchſtücken gefüllt ſehen. Weil eiſen-
ſaures Kali K̇ F̶⃛e ſatt amethyſtblau gefärbt iſt und ſich der Amethyſt ſehr
leicht farblos brennt, ſo hat man auch wohl an Eiſenfärbung gedacht.
Indeß da Mangan nur in der äußern Flamme violblaue, in der innern
dagegen farbloſe Gläſer gibt, das Eiſen aber außen gelbe, innen grüne,
und da ferner die Farbe des Mangans ſchon verſchwunden iſt, wenn die
gelbe Eiſenfarbe ſich noch zeigt, ſo iſt obiger Farbenwechſel auch bei Mangan-
färbung chemiſch leicht erklärlich. Freilich behauptet Heintz (Pogg. Ann.
60. 525) in einem intenſiv gefärbten Braſilianiſchen nur \frac{1}{100}p. C. Mangan
gefunden zu haben, was zur Färbung nicht hinreichen könnte.


Der Amethyſt gehört ſeiner Klarheit nach noch zu den halbedeln
Gemmen, auch ſind die Säulen gewöhnlich kurz und ihr Ende einfache
Dihexaederſpitzen. Eigenthümlich ſind fortificationsartige Streifungen, die

[figure]

bei Braſilianiſchen beſonders deutlich hervortreten, und
welche nach Brewſter wechſelnde links und rechts drehende
Platten anzeigen ſollen (Schweigger-Seidel Journ. Chem.
1831. LXI.1), ſo daß derſelbe optiſch alle diejenigen
Quarze zu den Amethyſten ſtellen wollte, welche dieſe
Eigenſchaft haben, mögen ſie gefärbt oder nicht gefärbt
ſein, was mineralogiſch aber nicht angeht. Schon auf
den Kryſtallflächen werden die Kapſeln durch lichtere
und dunklere Streifen angedeutet, die auf den Rhom-
boederflächen P den Endkanten P/P parallel gehen. Außer
dieſer Oberflächenſtreifung ſieht man auch im Innern
noch dunklere und lichtere Streifen, welche alle dieſer
Richtung folgen. Das Dichroſkop zerlegt zwar die Farben
nach vielen Richtungen des Kryſtalls in Blau und Roth
[169]I. Cl. 1ſte Fam.: Gem. Quarz.
(Pogg. Ann. 70. 531), doch iſt die Erſcheinung nicht bei allen in gleicher
Weiſe auffallend. Bemerkenswerth ſind die linken und rechten Trapez-
flächen x, welche in Braſilien und auf den Faröer Inſeln ſehr regelmäßig
wie bei Dreikantnern auftreten.


Früher ſtanden Amethyſte in bedeutendem Anſehen, allein in unſerm
Jahrhundert hat ſie Braſilien in zu großer Menge geliefert, als daß ſich
die Preiſe hätten halten können, es mögen daher ihnen auch nur wenig
Glasflüſſe untergeſchoben werden. Hauptfundorte liefern in Achatkugeln:
Oberſtein, Theiß in Tyrol, im Schwarzwalde bei Baden, auch die Bra-
ſilianiſchen gehören großen Achatkugeln an, und die von Nertſchinsk finden
ſich wenigſtens mit Chalcedon. Sehr blaß ſind die von Murſinsk aus
Quarzgängen im Granit, bei Chemnitz in Ungarn kommen ſie häufig
auf Erzgängen vor. Am ſchönſten gefärbt ſind die Geſchiebe von Ceylon,
ſehr blaß dagegen die Haaramethyſte von Botanybay in Neuholland.
Ueberhaupt verbreitet ſich die Farbe meiſt unregelmäßig in der Maſſe,
ſo daß ganz dunkele Stellen an faſt farbloſen abſetzen.


3. Gemeiner Quarz. Halb durchſichtig, kurze Säulen, aber ſcharfe
dihexaedriſche Enden. Die ungefärbten ſchaaren ſich zu prächtigen Druſen,
welche auf Erzgängen ein gewöhnliches Gangmittel bilden. Bekannt ſind
die ſchönen Gersdorfer, welche die dortigen Flußſpäthe wie überzuckern,
ähnlich kommen ſie auf der Grube Clara bei Schappach auf Schwerſpath
vor, der Bunteſandſtein iſt in manchen Gegenden des Schwarzwaldes
(Bulach) von den Druſen ganz durchzogen, in der prachtvollſten Schnee-
weiße kommen ſie in Chalcedonhöhlen des Mühlſteins von Waldshut im
ſüdlichen Schwarzwalde vor. Wie coloſſal die Bildungen auch hier noch
werden, zeigen die Quarzgänge in der Grauwacke am Streitfelde bei
Eſchach ohnweit Uſingen in Naſſau, die Köpfe der einzelnen Dihexaeder
erreichen hier wohl einen Fuß Dicke, ſtatt der Säule ſind die Abſonde-
rungen mit fortificationsartigen Streifen da, einzelne ſehr unreine Lagen
zeigen das allmählige Wachſen deutlich an. Wenn der gemeine Quarz
ſich färbt, ſo hat er allerlei Namen bekommen, die wir hier kurz erwähnen:


Praſem (πράσιος lauchgrün) Plinius 37. 34 vilioris est turbae Pra-
sius.
Werner glaubte ihn in einem durch Strahlſtein gefärbten Quarz
mit Fettglanz von Breitenbrunn zwiſchen Schwarzenberg und Johann-
georgenſtadt wieder zu erkennen. Man findet ihn als Laubwerk am Moſaik.


Rother Eiſenkieſel, beſonders im Gyps von Südfrankreich und
Spanien eingeſprengt, daher um und um kryſtalliſirt, außer Säule und
Dihexaeder kommt gar keine Fläche vor, dieſe aber in außerordentlicher
Regelmäßigkeit. Wegen ihrer durch Eiſenoxyd ziegelrothen Farbe von den
ältern Mineralogen fälſchlich Hyacinthen von Compoſtella genannt, weil
ſie zu St. Jago de Compostella in beſonderer Schönheit vorkommen.


Gelber Eiſenkieſel, durch Eiſenoxydhydrat intenſiv ochergelb,
am ſchönſten in den Salbändern eines Kalkſpathganges im Uebergangs-
kalk von Iſerlohn, wo er dreifingerdicke Platten von beliebiger Größe
bildet. Die derben und unkryſtalliſirten können kaum noch wegen der
Zufälligkeit ihrer Miſchung Gegenſtand mineralogiſcher Unterſuchung ſein.


Rauchquarz hat man wohl die rauchgrauen Kryſtalle aus dem
mittlern Muſchelkalk des Schwarzwaldrandes genannt, wo ſie ringsum
[170]I. Cl. 1ſte Fam.: Katzenauge, Faſerquarz.
gebildet bei Oeſchelbronn ohnweit Pforzheim ſparſam auf den Aeckern
aufgeleſen werden. Derbe meiſt nicht auskryſtalliſirte aber doch noch
kryſtalliniſche Quarze finden ſich beſonders eingeſprengt im Granit. Dieſe
Körner können ſtellenweis ſehr groß werden, namentlich wenn der (Gang-)
Granit überhaupt ſehr grobkörnig wird, wie z. B. bei Zwieſel ohnweit
Bodenmais im Baierſchen Walde, wo ſich der bekannte Roſenquarz
von ſchönſter roſenrother Farbe ausſcheidet, die Farbe ſoll nach Berthier
vom Bitumen, nach Fuchs von einem Titangehalt 1—1,5 T̈i herrühren.
Katharinenburg. Der Milchquarz hat viel Trübes und einen ſtarken
Stich ins Blau. Der Sapphirquarz (Siderit) von Golling (Salzburg)
bildet indigblaue Adern in einem unreinen Kalkſtein, und iſt von einer
matten, graublauen erdigfaſrigen Subſtanz durchzogen. Der Avan-
turin
wird viel genannt, aber findet ſich höchſt ſelten ſchön: es iſt ein
durch Sprünge zum Körnigen ſich neigender Quarz, meiſt röthlich. Von
den Sprüngen her zeigen ſich leuchtende Punkte. Er kommt in Geſchie-
ben in Spanien vor, in Katharinenburg wird ein ſolcher Quarzfelſen von
Koliwansk im Altai zu großen Vaſen verſchliffen. Der Name kommt
aus dem Franzöſiſchen aventure, weil man durch Zufall ähnliche Glas-
flüſſe fand. Berühmt unter den künſtlichen iſt der röthliche von der Inſel
Murano bei Venedig, der neuerlich wieder viel in den Handel kam, deſſen
Darſtellungsweiſe man aber nicht mehr kennt (Wöhler in Pogg. Ann.
58. 286). Es flimmern daraus zahlreiche kleine Oktaeder von Kupfer
hervor, welche ſich im Glasfluſſe gebildet haben. Mit der Lupe erkennt
man ſehr deutlich gleichſeitige Dreiecke an den kleinen Kryſtällchen.


Katzenauge hat man einen kryſtalliniſchen Quarz inwendig mit
parallelen (Amianth-) Faſern durchzogen genannt. Dieſe Faſern zeigen
einen ſchönen Seidenglanz, der aus dem Innern der kryſtalliniſchen Maſſe
gut reflectirt. Am liebſten gibt man dem Steine einen muggelichen Schliff
von der Form einer Kaffeebohne. Bei der Bewegung ſpielt das Licht nach
Art des Lichts im Auge der Katzen. Beſonders geſchätzt ſind die gelben
Ceylaniſchen. Auch kommen allerlei trübe rothe, braune, grünliche Farben
vor. Es mag wohl ſein, daß ihn Plinius 37. 47 ſchon unter Asteria
(inclusam lucem pupilla quadam continet)
begreift. Dem Indiſchen ähn-
liche ſchillernde Quarze werden aus dem Serpentin von Treſeburg im
Bodethal und einem Hornblendegeſtein von Hof angeführt. Doch hat
hier der Charakter ſchon ſehr verloren, es ſind nur gemeine Quarze,
worin etwas Asbeſt ſteckt oder geradezu Asbeſt, den etwas Quarz durch-
zieht.


Faſerquarz. Zu ſtrahligen und faſrigen Bildungen zeigt zwar
der Quarz gar keine beſondere Neigung, doch kommen zu Iſſoir (Auvergne)
faſrige Amethyſte vor. Die Steinkohle von Lobejun bei Halle durch-
ziehen ſtellenweis weiße faſrige Schnüre, die wie Faſergyps ausſehen,
aber aus Kieſelerde beſtehen. Am ausgezeichnetſten ſind die lichtgelb-
lichen Quarzſchnüre im kieſeligen Brauneiſenſtein von Latakos am Oranje
River: fingerbreite Schnüre, die Faſer ſenkrecht gegen das Salband, wie
der ſchönſte Faſergyps. Werners Faſerkieſel (Fibrolith) gehört hier nicht
hin, denn er enthält weſentlich kieſelſaure Thonerde.


[171]I. Cl. 1ſte Fam.: Chalcedon.

B. Chalcedone (Glaskopfquarz).


Chalcedonier Luther Off. Joh. 21, 19. Der Name ſtammt im Mit-
telalter von Chalcedon in Kleinaſien (Byzanz gegenüber), von wo er in
den Handel kam, da er am Fuße des Olympus bei Bruſſa gefunden
wird. Der Stein ſelbſt war ſchon den älteſten Völkern unter verſchiede-
nen Namen bekannt.


Eine dichte trüb durchſcheinende Quarzmaſſe mit fein ſplittrigem Bruch
und ſchönen wenn auch getrübten Farben. Er verbindet die Hornſteine
mit den Opalen, und ſoll daher nach Fuchs ein Gemiſch aus beiden ſein,
indem ſich mit Kalilauge Opalmaſſe ausſcheiden laſſe. Dafür ſcheint auch
die Art ſeiner Verwitterung zu ſprechen, indem er Schichtenweis ganz
matt werden kann, ſogar an der Zunge klebt, das kann nur durch Ver-
luſt von Subſtanz geſchehen. Aber gerade dieſe Stücke ſind für die Stein-
ſchleifer am Wichtigſten, denn ſie können auf das ſchönſte mit färbenden
Mitteln getränkt werden, was ihren Werth erhöht, den Mineralogen aber
auch täuſcht. Die meiſten Chalcedone in Vulkanen und Mandelſteinen
mögen wohl nur ein Produkt des Waſſers ſein.


Ungeſtreifter Chalcedon bildet die ausgezeichnetſten nieren-
förmigen, traubigen und zapfenförmigen Geſtalten, eine Neigung zur un-
deutlichen Faſerſtruktur iſt oft zu erkennen, während die concentriſche
Schichtung ganz zurücktritt. Von beſonders zartem etwas graulichweißem
Anſehen finden ſie ſich in Druſenräumen der Vulkaniſchen Geſteine von
Island und den Faröer Inſeln, auf Ungariſchen Erzgängen überſintern
ſie die feinſten Nadeln von Grauſpießglanz, deſſen leichte Schmelzbarkeit
an eine Bildung auf heißem Wege gar nicht denken läßt. Ausgezeichnet
ſmalteblaue kennt man von Treſztyan in Siebenbürgen, dabei kommen
auch ſehr ſchöne ſcheinbar würfelförmige Kryſtalle vor, die man ziemlich
allgemein für Afterkryſtalle hält. Allein wenn man bedenkt, wie gern
gerade in Chalcedonkugeln der Amethyſt ſich rhomboedriſch ausbildet, wo
über die Deutung der würfelig ſcheinenden Kryſtalle gar kein Zweifel ſein
kann, ſo iſt es mehr als wahrſcheinlich, daß auch die blauen das Rhom-
boeder des Quarzes ſeien, um ſo mehr als ſchon der Bruch eher auf
kryſtalliniſchen Quarz als Chalcedon deutet.


Geſtreifter Chalcedon, der berühmte Achates, Plinius 37.
54, in magna fuit auctoritate nunc in nulla. Reperta primum in Sicilia
juxta flumen ejusdem nominis, postea plurumis in terris numerosa varie-
tatibus; vocatur enim jaspachates, cerachates, zmaragdachates, haema-
chates, leucachates, dendrachates.


Große öfter mehrere Centner ſchwere Kugeln beſtehen aus concen-
triſchen Schichten, die wie die Anwachsſtreifen von Holz mit bloßem Auge
leicht erkannt werden. Zwiſchen dieſen Schichten gewahrt man bei dünn-
geſchliffenen Platten ſchon mit bloßem Auge äußerſt gedrängte wellige
Linien, die offenbar nichts als Niederſchläge bedeuten. Daher verhält
ſich auch Achat nicht indifferent gegen das Licht, und Brewſter zählte
17,000 Schichten auf 1 Zoll Dicke (Pogg. Ann. 61. 136). Viele dieſer
Achatkugeln haben nach Innen eine große Anhäufung von Amethyſt, der
aber niemals in die Miſchung der Achatmaſſe als ſolche eingeht, und
[172]I. Cl. 1ſte Fam.: Achat, Onyx.
außerdem zeigen ſie noch hohle Räume. Die Kieſelerde muß ſich daher
im Innern der Kugel allmählig dergeſtalt niedergeſchlagen haben, daß der
Raum ſich von außen nach innen füllte, und die innern Schichten jünger
ſind als die äußern. So lange die Kugelwand dünn war, kann man ſich
das Eindringen von Quarzſubſtanz wohl erklären, allein je dicker die
Wände, deſto ſchwieriger die Sache, doch findet man häufig einen röhren-
förmigen Zugang, der gewöhnlich zuletzt durch Amethyſt verſtopft wird,
als dem letzten der Niederſchläge. Große Kugeln haben viele ſolcher Zu-
gänge (Einſprützlöcher). Die Kugeln waren urſprünglich (wahrſcheinlich
durch Gasblaſen gebildete) hohle Räume, gern an einer Seite ſchneidig,
oder zu zwei und mehreren zuſammengefloſſen. Solche hohlen Kugeln
mit einer papierdicken Achatwand und einer innern Amethyſtdruſe finden
ſich bei Oberſtein in ungeheurer Menge. Je nachdem die Ausfüllung
nun vor ſich ging, hat man den Abänderungen Namen gegeben, womit
ſeit alter Zeit viel Spielerei getrieben worden. Die Phantaſie erkannte
darin allerlei Figuren: ſo ſpricht ſchon Plinius 37. 3 von einem im
Alterthum hochberühmten Stein des Pyrrhus, in qua novem Musae et
Apollo citharam tenens spectarentur.
Im Mittelalter wurden es Hei-
ligenbilder (Athan. Kircher Mundus subterraneus II. pag.31) und heute
beſchäftigt uns wenigſtens noch ihr feiner wunderbarer Bau: die pracht-
vollen Regenbogenachate vom Weiſſelberge bei Oberkirchen ohnweit
St. Wendel zeigen in dünnen Platten gegen das Licht geſehen die ſchön-
ſten Regenbogenfarben, indem jeder Anwachsſtreifen beſondere Farben
durchläßt, darin ſchwimmen ſchichtenweis zahlloſe rothe Punkte von
Eiſenkieſel. Da eine durchgeſchnittene Kugel geſtreift erſcheint, wie das
Bild einer Baſtion, ſo nannte Werner dieſelben Fortificationsachat. Be-
ſonders grellfarbig mit Weiß und Roth ſetzen die Streifen auf jenem be-
rühmten ſächſiſchen Achatgange bei Kunnersdorf und Schlottwitz ohnweit
Glashütte ab, daher heißt derſelbe Bandachat, zumal da in kleinen
Stücken die Streifen wenig Krümmung zeigen. Wo dieſer Gang zer-
trümmert wird, haben ſich zahlloſe ſcharfeckige Bruchſtücke gebildet, die von
ſchönem blauem kryſtalliniſchen Amethyſt wieder zuſammengekittet ſind,
Trümmerachat. Die Muſcheln des Quaderſandſteins von Blackdown
(Devonſhire) ſind oft in den feinſten, ſelbſt geſtreiften, Chalcedon ver-
wandelt.


Onyx (ὄνυξ Nagel) heißt Plinius 37. 24 geſchnittene Steine, die
aus zwei bis drei Lagen beſtehen, was die Vergleichung mit dem Nagel
auf dem Fleiſche liegend veranlaßte. Die Schönheit ihrer Farbe iſt jedoch
lediglich Kunſtprodukt. Daher ſind gerade die matten und verwitterten
Kugeln für die Steinſchneider am werthvollſten. Arabiſcher Onyx
Plinius 37. 24. Eine kohlſchwarze Schicht wird von einer ſchneeweißen
gedeckt. Sie dienen hauptſächlich zu Cameen, d. h. aus der weißen Lage
wird eine erhabene Figur geſchnitten, die ſich prachtvoll auf der ſchwarzen
Unterlage ausnimmt. Es ſind uns viele davon aus dem Altherthume
überkommen. Braſilien führt ſie neuerlich in großer Menge aus, der
Centner Cameenſtein wird davon in Oberſtein roh ſchon mit 2500 fl. be-
zahlt. Zugeſchnittene Steine werden in mit Waſſer verdünnten Honig gelegt,
mehrere Wochen lang auf dem Ofen warm erhalten und dann in Schwefel-
ſäure auf glühende Kohlen geſtellt. Nach wenigen Stunden wird eine Lage
[173]I. Cl. 1ſte Fam.: Onyx, Carneol.
ſchwarz, ohne Zweifel in Folge von Ausſcheidung von Kohle des Honigs,
die andere ſchneeweiß: ein ſchlagender Beweis von der innern Verſchie-
denheit der Lagen. Freilich iſt in Beziehung auf Reinheit der Werth der
einzelnen außerordentlich verſchieden. Die ſchönſten macht man aus dem
Braſilianiſchen


Carneol (caro Fleiſch) nach ſeiner gelblichrothen Farbe genannt,
die durch Glühen bedeutend erhöht wird, wahrſcheinlich weil ſich das fär-
bende Eiſenoxydhydrat in Eiſenoxyd verwandelt. Uebrigens gehören nicht
alle Carneole zu den geſtreiften. Der Name entſtand im Mittelalter
(Agricola 624), die Alten nannten ihn Sarda Plinius 37. 31: primum
Sardibus reperta . . . . laudatissima circa Babyloniam, cum lapicidinae
quedam aperirentur, haerens in saxo cordis modo.
Das erinnert leb-
haft an die ſchneidige Form der Kugeln. Auch die Alten behandelten ihn
ſchon mit Oelen und Säuren. Sardonyx Plinius 37. 23 Romanis
hanc gemmam fuisse celeberrimam . . . . veluti carne ungui hominis
inposita,
er beſtand alſo aus einer rothen und weißen Lage. Der be-
rühmte Ring des Polycrates war ein ſolcher, Plinius 37. 2, Auguſtus
legte ihn in einem goldnen Horn auf dem Altar der Concordia nieder.
Beſonders ſchön ſind die vom Weiſſelberge, welche aus drei Lagen beſtehen:
oben ziegelroth, in der Mitte ſchneeweiß, unten milchweiß mit feinen
Punkten von Eiſenkieſel. Auch dieſe Färbung wird künſtlich erzeugt oder
doch verſchönert. Die dritte Lage wurde häufig zum Haare der Camee
verwendet. Gegenwärtig ſchleift man einfarbigen Carneol häufig zu
Petſchaften. Das Hebräiſche Odem roth 2 Moſ. 28, 17 überſetzt Luther
durch Sarder, ſo ausgezeichnet war der Stein im Alterthum!


Zwiſchen geſtreiften und ungeſtreiften Chalcedonen iſt zwar kein ſcharfer
Gegenſatz, doch nähern ſich letztere durch die Feuerſteine leichter dem Horn-
ſtein, und nehmen dabei allerlei bunte Farben an. Mochhaſteine
(nach dem Arabiſchen Hafen, von wo man ſie früher bezog) oder Moos-
chat nennt man die Stücke mit ſchwarzen Dendriten, von eingedrungenem
Manganoxyd herrührend, dieſe ſind aber Algen und Mooſen oft ſo täuſchend
ähnlich, daß die Frage noch gar nicht entſchieden iſt, ob nicht organiſche
Einſchlüſſe ſich darunter befinden. Im Carneol hielt man ſogar lange das
Färbende für organiſche Subſtanz (Pogg. Ann. 26. 562). Heintz wider-
legt das zwar, allein es finden ſich doch viele Achate unter Verhältniſſen
im Gebirge, wo organiſche Einſchlüſſe leicht denkbar wären.


Plasma nannte Werner nach Vorgang der Antiquare lauch- bis
berggrüne Gemmen aus den Ruinen Roms. Solche Maſſen kommen
heute noch aus Calcutta nach Oberſtein, auch hat man mehrere grüne
Chalcedone z. B. die bekannten vom Hauskopf bei Oppenau im nördlichen
Schwarzwalde ſo genannt. Heliotrop iſt ein Plasma mit rothen Chalce-
don-Punkten, die durchſichtiger ſind als die grüne Maſſe. Die orientali-
ſchen nehmen eine ſehr ſchöne Politur an. Die Schottiſchen haben ſchon
einen halbmatten Jaſpisbruch. Heliotropum Plinius 37. 60 porraceo
colore, sanguineis venis distincta
konnte freilich ein ganz anderer Stein
ſein. Achatjaſpis (oder ſchlechthin ſchon Jaſpis) nennen die Stein-
ſchneider die unreinern ſtark gefärbten Achatmaſſen. Solcher (rother)
Jaſpis kommt unter andern ausgezeichnet in den grauen Dolomiten unter
[174]I. Cl. 1ſte Fam.: Enhydros, Färbung der Chalcedone.
dem Buntenſandſtein des Schwarzwaldes vor (Schramberg, Alpirsbach).
Cacholong (der Name ſoll mongoliſcher Abſtammung ſein, Cacholonius
Wallerius Miner.
272) heißt der veränderte, welcher ſchichtenweis ganz
matt wie Steinmark wird. Es iſt Folge von Verwitterung, denn Fuchs
(Pogg. Ann. 31. 577) hat gezeigt, daß geſtreifter Chalcedon durch Kali-
lauge ähnliche matte Schichten bekomme. Faröer Inſeln, Hüttenberg auf
verwittertem Spatheiſenſtein. Sie kleben an der Zunge. Schröter Ein-
leitung Geſchichte der Steine I.304.


EnhydrosPlinius 37. 73 semper rotunditatis absolutae in can-
dore est laevis, sed ad motum fluctuat intus in ea veluti in ovis liquor.

Hier ſind ohne Zweifel die kleinen Nußgroßen grauweißen Chalcedon-
kugeln von Monte Berico im Vicentiniſchen verſtanden, deren innere Höhle
mit Flüſſigkeit erfüllt iſt, die durch die Wände durchſcheint. Solche Flüſ-
ſigkeit kommt zwar auch in den größern hohlen Achatkugeln vor, allein
ſie kann wegen der Undurchſichtigkeit der Wände darin äußerlich nicht ſicht-
bar gemacht werden.


Künſtliche Färbung der Chalcedone. Dieſe Kunſt ſcheint
uralt zu ſein (Nöggerath, Leonhardts Jahrb. 1847. 473). Plinius 37.
54 ſagt von einem Achat in ollam plenam olei conjectu cum pigmentis
intra duas horas subfervefacta unum colorem ex omnibus faciat mini.

Noch auffallender lib. 37. 74 Cochlides (ohne Zweifel Achatkugeln) . . . .
fiunt verius quam nascuntur, in Arabia repertis ingentibus glaebis, quas
melle excoqui tradunt septenis diebus noctibusque sine intermissione.

Dabei kämen dann ſo viel Zufälligkeiten zum Vorſchein, daß man ſie Na-
turſpiel (physes) hieße, weil man nicht allen Namen geben könne. In
Italien mag ſich dieſe Kunſt durch Tradition forterhalten haben, denn
früher kamen die ſogenannten „Romaner“ nach Oberſtein und kauften
die geſtreiften ungefärbten aber zugeſchnittenen Steine auf, um ihnen in
Rom erſt die gehörige Färbung zu geben, bis endlich vor etwa 25—30
Jahren ein Achathändler von Idar hinter das Geheimniß kam. Die
matten, welche zum Theil die Feuchtigkeit ſo ſtark aufſaugen, daß ſie
etwas an feuchter Lippe kleben, ſollen am geeignetſten ſein. Wie der
arabiſche Onyr durch Honig und Schwefelſäure ſchwarz und weiß wird, ſo
kann man den ungeſtreiften durch bloße Salzſäure ſchön Citronengelb
machen. Beſonders gelingt das Blaufärben vom reinſten Sapphirblau
bis zu allen Schattirungen des Türkis hinab. Dadurch haben die Schleife-
reien zu Oberſtein und Idar im Oldenburgiſchen Fürſtenthum Birkenfeld,
wo längs des Flüßchens Idar mehr als 100 Achatmühlen ſtehen, jede mit
4—5 Rädern, ein Rad ſchon eine Familie nährend, großen Aufſchwung
bekommen. Eine der merkwürdigſten Induſtrien Deutſchlands. Alles
was zur Familie des Quarzes gehört: Bergkryſtall, Amethyſt, Achat,
Jaſpis ꝛc., wird hier geſchliffen, polirt, gefärbt, und durch Handelsleute
über die ganze Erde verbreitet. Beſonders bildet die Schweiz einen wichti-
gen Markt: in den ärmlichſten Sennhütten (Col de Balm ꝛc.) findet
man davon reiche Niederlagen, die von unwiſſenden Luſtreiſenden als
Produkte des Chamounithales und Berner Oberlandes fleißig ausgekauft
werden. Die allein zu Cameen brauchbaren Onyxe, womit das Alter-
thum ſo ungeheuren Luxus trieb, und wovon uns ſo herrliche Ueberbleibſel
überliefert ſind, wurden früher blos in einem faſt pechſteinartigen Ge-
[175]I. Cl. 1ſte Fam.: Jaſpis.
birge des Weiſſelberges bei Oberkirchen gewonnen. Neuerlich kommen ſie
aber aus Braſilien (Monte Video) in ſolchen Mengen, daß 1846 allein
für 200,000 fl. rohe Steine in Oberſtein verſteigert ſind. Die Alten
machten auch Gefäße daraus, wie die berühmte Mantuaniſche Vaſe aus
Onyx beſteht, und mir ſcheint auch die ältere Meinung begründeter, daß
die Vasa murrhina des Plinius hist. nat. 37. 8 eher in dieſe Sippſchaft ge-
hörten, als wo anders hin, beſonders wenn man an die Regenbogen-
achate denkt, die in den ſchönſten Farben ſchillern.


Jaſpis ein uraltes Wort, denn 2 Moſ. 28, 20 heißt der 12te Stein
im Amtsſchildlein des Hohenprieſters Jaſchphe. Plinius hist. nat. 37.
37 zählt eine ganze Menge ſchönfarbiger auf, darunter den Türkis (aeri
similem
), aber ohne Zweifel auch Quarze. Auch Werners Jaſpis begriff
ſehr verſchiedene Dinge. Daher geht man am beſten vom


Kugeljaſpis Steffens aus. Dieß ſind offenbar feuerſteinartige
Kugelbildungen, aber durch Eiſenoxyd intenſiv ziegelroth, durch Eiſenoxyd-
hydrat ochergelb bis Kaſtanienbraun gefärbt. Die Farben bilden Streifen
und Flammen als Folge von Oberflächenzerſetzung. Der vollkommen
muſchelige Bruch hat einen eigenthümlichen matten Schimmer (der ächte
Jaſpisbruch), und die Analyſe gibt außer Eiſenoxyd und Thonerde im-
merhin reichlich 95 Proc. Kieſelerde an. Der braune Jaſpis mit
concentriſch lichtern und dunkeln Streifen, die ungefähr der Kugeloberfläche
parallel gehen, findet ſich in großer Menge als Kieſel im Nil und im
Sande der Wüſte. Bei Kairo bildet er ein Conglomerat, das wahr-
ſcheinlich der Kreideformation angehört. Seine große Politurfähigkeit und
Menge im Geburtslande des Moſes mußte früh die Aufmerkſamkeit
auf ſich ziehen, und daher könnten die Juden unter Jaſchphe wohl dieſen
Stein verſtanden haben, wenn es vielleicht nicht edler Opal war. Der
rothe Jaſpis kommt auf dem Aldinger Stollen zu Auggen bei Mühl-
heim im Breisgau in großer Menge vor, er liegt in den dortigen Bohnen-
erzen, und ſchon die Menge eingeſprengter Polythalamien deutet entſchie-
den auf einen Urſprung, wie der Feuerſtein hin.


Gemeiner Jaſpis meiſt roth und braun, findet ſich auf Erz-,
beſonders aber auf Eiſenſteingängen. Man findet darunter zwar noch
mit ächtem Jaſpisbruch, doch kann man häufig die Gränze einerſeits zu
dem Hornſtein andererſeits zum ungeſtreiften Chalcedon nicht ſicher ziehen.
Der Achatjaſpis pag. 173 und Opaljaſpis unterſcheiden ſich dagegen durch
ihr Vorkommen.


Bandjaſpis entbehrt gänzlich des Glanzes im Bruch. Wenn er
mit Porphyr vorkommt, wie bei Gnandſtein in Sachſen, ſo beſteht er aus
kieſelreichem Thonſtein, wenn er dagegen zur obern Thonſchiefer- und
Grauwackenformation gehört, wie am Ural und auf dem Oberharz, ſo
nähert er ſich den Kieſelſchiefern. Auf Schichtung deutet ſchon die Strei-
fung von Roth und Berggrün hin. Der Wernerſche Porzellanjaſpis
von lavendelblauer Farbe iſt ein gebrannter Schieferthon im Steinkohlen-
gebirge, oder ein gebrannter Thon in der Braunkohlenformation. Die
Maſſe iſt mehr gefrittet als geſchmolzen.


Feuerſtein (Flint) lagert in Knollen im Kalkgebirge. Sein ſehr
gleichartiger Bruch iſt wie Jaſpis, aber ſchimmert bei den guten etwas
[176]I. Cl. 1ſte Fam.: Feuerſtein, Chryſopras.
ſtärker. Die graue bis ſchwarze Farbe rührt in der Kreide blos von
organiſchen Stoffen her, denn ſie geben mit Kupferoxyd geglüht Kohlen-
ſäure und Waſſer, und ſind nach dem Brennen vollkommen weiß. Ehren-
berg will ſie ſogar für coagulirte Kieſelpanzer von Infuſionsthieren an-
ſehen, und hat ihre Spuren auch darin nachgewieſen. Doch muß man
dabei nicht vergeſſen, daß die Kieſelerde überhaupt ſich gern zu Kugeln
zuſammenzieht, und fremde Gegenſtände durchdringt. Daher wickelt auch
der Feuerſtein allerlei Petrefakten ein, und wenn man erwägt, wie mannig-
faltig die Abänderungen der Kieſelknollen in den verſchiedenen Formationen
ſich zeigen, ſo hat im Allgemeinen die Bildung auf chemiſchem Wege größere
Wahrſcheinlichkeit. Verwitterung erzeugt auf der Oberfläche ein Kieſel-
mehl. Die feinſten Feuerſteine liefert die weiße Kreide. So lange dieſe
ihre Bergfeuchtigkeit haben, kann man ſie durch geſchickte Hammerſchläge
in beliebige Formen bringen, eine Kunſt, die ſchon die alten Deutſchen
trefflich verſtanden, da ſie bei Unkenntniß paſſender Metalle ihre Pfeile
und andere Waffen blos aus Feuerſtein ſchlugen, die man in ihren Grä-
bern („Stein- und Beinformation“) findet. Daraus läßt ſich der niedrige
Preis erklären, denn ein geſchickter Arbeiter konnte in drei Tagen 1000
Flintenſteine ſchlagen. Da er 98 Proc. Kieſelerde enthält, ſo wird er
namentlich in England zu einem vortrefflichen Glaſe (Flintglas) und Stein-
gut (Flintware) verwendet. Der engliſche Pudding-Stone beſteht aus
ſchwarzen Feuerſteingeſchieben, die durch einen ſtark gefritteten Kieſelſand-
ſtein mit einander verbunden ſind. Das Geſtein nimmt eine ſchöne Poli-
tur an und wird daher häufig geſchliffen. Einzelne Geſchiebe darunter
gehen ſchon in den Kugeljaſpis über. Dies zeigt ſich noch mehr beim
Feuerſtein des obern weißen Jura. Bei Kehlheimwinzer unter-
halb der Einmündung der Altmühl in die Donau findet ſich derſelbe
in den ausgezeichnetſten Kugeln von der Größe und Rundung einer Ka-
nonenkugel, außen ſchneeweiß von Kieſelmehl. Dabei finden ſich Stücke
mit ſehr regelmäßig concentriſchen grauen und weißen Streifen, nament-
lich ſchön in der Fränkiſchen Schweiz bei Gailenreuth, die nur zu deut-
lich beweiſen, wie nahe der Kugeljaſpis mit Feuerſtein verwandt ſei.


Chryſopras aus dem Serpentin von Schleſien, wo er am ſchönſten
bei Gläſendorf ohnweit Frankenſtein vorkommt, von apfelgrüner durch
1 Proc. Nickeloxyd erzeugter Farbe, der ſplittrige Bruch namentlich der
weißen ungefärbten Maſſe hält die Mitte zwiſchen Chalcedon und Horn-
ſtein. Er nimmt eine ſchöne Politur an, doch leidet die Farbe wenn
man ihn nicht in feuchter Baumwolle aufbewahrt. Der Name kommt
Offenb. Joh. 21, 20, auch bei Plinius 37. 73 nach einer Lesart vor. Leh-
mann (Mémoires Acad. Berlin 1755. 202) hat den Namen auf den
Schleſiſchen übergetragen. In der St. Wenzelskapelle (14. Jahrh.) von
Prag findet man ſchon große geſchliffene Platten, 1740 wurde ein Preußi-
ſcher Officier bei der Windmühle von Koſemütz wieder auf ihn aufmerk-
ſam, ſeinen Ruf bekam er durch Friedrich den Großen, welcher Sanſouci
damit ſchmückte. Da im Frankenſteiner Serpentingebirge zugleich Chalcedon
und Opal vorkommt, ſo wird auch dieſer durch Nickel apfelgrün gefärbt.
Die Steine liegen ſehr oberflächlich, werden ſogar durch den Pflug zu
Tage gefördert, und verwittern hier zu einer ſteinmarkartigen Maſſe (Chryſo-
praserde, Pimelith), welche nach Klaproth 35 S⃛i, 38 Ḣ̶, 5 A̶⃛l, 15,6 Ṅi
[177]I. Cl. 1ſte Fam.: Hornſtein.
enthält. Fühlt ſich etwas fettig an, und kann faſt mit dem Nagel geritzt
werden. Die Zufälligkeit der Zerſetzung nimmt den Analyſen ihre Bedeutung.


Der Uebergang vom Chalcedon durch den Feuerſtein in den Horn-
ſtein läßt ſich in ausgezeichneter Weiſe unter andern im Muſchelkalk des
ſüdlichen Schwarzwaldes (Adelshofen) erkennen: es ſcheiden ſich dort im
Kalke mehr als Kopfdicke ſehr regelmäßige Feuerſtein-Knollen aus, dieſelben
gleichen ſtellenweis dem ſchönſten Chalcedon, innen aber einem muſterhaften
grauen


Hornſtein. Ein alter bergmänniſcher Name Agricola pag. 701:
longe durissimum est, quod ex cornu cujus colorem non raro referre
videtur nominatum, Latini silicem appellant.
Doch verſteht Plinius 36.
49 unter silex die verſchiedenſten Quarze. Werner unterſchied zweierlei:
einen ſplittrigen Hornſtein durch ſeine todte einfache Farbe, den ſplittrigen
Bruch und die Art der Durchſcheinenheit dem Horn gleichend. So findet
er ſich auch zuweilen auf Erzgängen, hauptſächlich bildet er die Grund-
maſſe gewiſſer Porphyre, Hornſteinporphyre, die freilich nicht immer frei
vom Feldſpath ſind. Endlich rechnete Werner noch ausdrücklich die Feuer-
ſteine des obern Jura dahin, die in Franken und Schwaben ſich in großer
Menge finden. Doch ſcheint es naturgemäßer, ſolche Kieſelconcretionen
beim Feuerſtein zu laſſen, die Gruppen werden dadurch natürlicher.
Der muſchelige Hornſtein führt zum Jaſpis, und läßt ſich kaum
feſtſtellen. Holzſtein hieß Werner die verkieſelten Hölzer, welche nicht
in Opal verwandelt ſind. Sie finden ſich in den Sandſteinen aller Flötz-
gebirge, auch hier iſt die Holzſtruktur wichtiger als die Quarzſubſtanz für
die Beſtimmung. Nach Fuchs enthält der Hornſtein keine lösliche Kieſel-
erde (Opal).


Afterkryſtalle. Wie die Kieſelerde Pflanzen und Thierreſte
durchdringt, ſo bildet ſie auch ausgezeichnete Afterkryſtalle, und darunter
ſpielt der Hornſtein eine Rolle. Der Haytorit von Devonſhire hat die
Form des Datoliths, mit ſo glänzenden Flächen, daß die Winkel meßbar
ſind. Die Gypslinſen aus den tertiären Süßwaſſermergeln von Paſſy
bei Paris haben ſich zu großen Haufen in Quarz verwandelt, bricht man
ſie von einander, ſo ſind ſie innen zwar häufig hohl, aber die äußere
Gränze hat ſich vollkommen erhalten. Im Rotheiſenſtein von Schwarzen-
berg in Sachſen ſind ausgezeichnete Würfel eingeſprengt, ſie beſtehen durch
und durch aus Quarz, der ſeine Form dem Flußſpath dankt. Beſonders
war früher das Schneeberger Revier durch ſeine Hornſteinafterkryſtalle
von Kalkſpath berühmt: manche darunter ſind nur roh überrindet, innen
hohl oder ſchlecht ausgebildet; bei andern aber ſteckt unter einer leicht weg-
nehmbaren Kruſte ein ſo wohlgebildeter Kryſtall mit glänzenden Flächen,
daß es uns recht klar wird, wie ſchwierig in einzelnen Fällen die Ent-
ſcheidung werden kann, ob Afterkryſtall oder nicht. Die Afterbildung be-
ginnt bei den Quarzen meiſt mit Ueberſinterung, welche der Verwitterung
ſtärker widerſteht, als der eingehüllte Kryſtall. Wird letzterer dann ganz
oder theilweis weggeführt, ſo entſtehen hohle Räume in der Quarzmutter,
und dieſe geben die ſcharfe Form des Kryſtalls, während die Ueberſinte-
rung nur rohe Umriſſe erzeugt, und eigentlich nicht als Afterkryſtall an-
geſehen werden ſollte, wie ſo häufig geſchieht. Freilich läßt ſich nicht im-
mer ſicher unterſcheiden, was der Ueberſinterung und was der Ausfüllung
Quenſtedt, Mineralogie. 12
[178]I. Cl. 1ſte Fam.: Kieſelſchiefer, Opale.
genau angehöre. Beſonders ſind die Erzgänge reich an Beiſpielen, doch
finden wir auch in den Kieſelconcretionen, ſie ſind hier noch am ſchwer-
ſten zu deuten: ſo findet man in dem rothen Kugeljaſpis von Auggen
ſehr deutliche hohle Würfel (Würfeleindrücke); im Feuerſtein des Mu-
ſchelkalkes auf dem Aiſchfelde zwiſchen Alpirsbach und Dornhan finden
ſich theils Eindrücke theils wirkliche Würfel von Feuerſtein im Feuerſtein,
was war das? ob Kalkſpath?


Kieſelſchiefer heißen die dichten gemeinen Quarze, welche ganze
Lager im obern Thonſchiefergebirge und untern Kohlenkalkſteine machen.
Der gemeine graue iſt ganz hornſteinartig, aber plattet ſich gut nach
der Schichtung. Der edlere durch Kohle ſchwarz gefärbte, gern mit weißen
Quarzadern durchzogene, ſoll der coticula (Probierſtein) oder Lapis
Lydius
ſein, weil er nach Theophraſt (Cap. 78—80) im Fluß Tmolus
in Lydien als Geſchiebe gefunden wurde, auch lapis Heraclius genannnt.
Plinius hist. nat. 33. 43. Die Probierſteine waren früher wichtiger als
heute, wo die chemiſche Kunſt ſie theilweis erſetzt: ſie müſſen hart und
dunkelfarbig ſein, durch den Schliff zubereitet ſich ſammtartig anfühlen, und
von Säuren nicht angegriffen werden: his coticulis periti, cum e vena
ut lima rapuerunt experimentum, protinus dicunt quantum auri sit in ea,
quantum argenti vel aeris, scripulari differentia mirabili ratione non fal-
lente.
Freilich liefen hier auch viele Verwechſelungen unter, namentlich
mit Basalt (βάσανος), den Agricola bei Stolpe in Sachſen wiederfand,
und den Kentmann duritie adamantina beſchreibt!


Mühlſtein (Meulière) hat man vorzugsweiſe in Frankreich die
unregelmäßigen Quarzlager im Süßwaſſerkalk des Tertiärgebirges bei
Ferté-sous-Jouarre und Montmirail genannt, ſie ſind porös, die Poren
öfter mit Quarz erfüllt, und es ſoll keinen beſſeren Mühlſtein als dieſen
geben.


C. Opale (von ὄψ Auge).


Ganz unkryſtalliniſch, der vollkommen muſchelige Bruch glänzt wie
Gallerte oder Harz, daher Quarz résinite von Hauy genannt. Spröde, trübe
Farben, und alle Grade der Durchſcheinenheit, mit einem zwiſchen 3—
12 Proc. ſchwankenden Waſſergehalt, daher ein wenig weicher (Feldſpath-
härte) und leichter (2,1 Gew.) als Quarz. In Kalilauge löslich. Sind
beſonders in Vulkaniſchen Geſteinen zu finden, man ſieht ſie als eine
erſtarrte Kieſelgallerte an, die zufällig mehr oder weniger Waſſer beibehielt.


1) Edler OpalPlinius 37. 21 India sola et horum mater …
est enim in his carbunculi tenuior ignis, est amethysti fulgens purpura,
est zmaragdi virens mare, cuncta pariter incredibili mixtura lucentia.

Möglich, daß auch der Name Jaſpis Off. Johann. 4, 3 auf dieſen man
möchte ſagen ſchönſten aller Steine zu deuten iſt.


Die Farbe iſt milchblau, aber aus der trüb durchſcheinenden Maſſe leuchten
ſpielend die brennendſten Regenbogenfarben, worunter ſich beſonders Grün,
Roth und Blau auszeichnen. Nach Klaproth 10 Proc. Ḣ̶. Die milchige Trübe
und das Farbenſpiel iſt offenbar erſt Folge von Veränderung, denn es gibt
Stücke von großer Klarheit, die ſich dann allmählig trüben und zuletzt undurch-
ſichtig (gemeiner Opal) werden. Hauy ſuchte den Farbenreflex durch kleine
Sprünge, Brewſter durch Zwiſchenräume von regelmäßigerer Geſtalt zu
[179]I. Cl. 1ſte Fam.: gemeiner Opal.
erklären. Der Werth hängt von der Reinheit der Maſſe und von der
Schönheit des Farbenſpieles ab. Plinius erzählt uns von dem im Alter-
thum ſo hochgeſchätzten Opal des Nonius, der zwar nur von der Größe
einer Haſelnuß dennoch nach einer Lesart auf 800,000 Rthlr. ge-
ſchätzt wurde. Im Kaiſerlichen Schatze zu Wien findet ſich ein ganz
reiner von der Größe einer Mannesfauſt (34 Loth). Man ſchleift ihn
mit gerundeter Oberfläche. Die berühmteſten Opalbrüche finden ſich beim
Dorfe Czerwenitza zwiſchen Kaſchau und Eperies, wo ſie in Schnüren
und Neſtern auf einem grauen ſehr unanſehnlichen Trachyt-Tuff (Opal-
mutter genannt) vorkommen. Sie werden dort bergmänniſch gewonnen,
in den Orient ausgeführt, von wo ſie unter dem Namen „Orientaliſcher
Opal“ wieder zu uns gelangen. Auch bei Hubertsburg in Sachſen findet
er ſich in einem ſchieferigen Thongeſtein, derſelbe iſt aber durch ſtarken
Waſſerverluſt ganz matt und undurchſichtig geworden, klebt an der Zunge
und zeigt nur geringes Farbenſpiel. Legt man ihn aber ins Waſſer, ſo
wird er nicht blos vollkommen durchſcheinend, ſondern gewinnt auch an
Farbenſpiel. Daher nannten ihn die ältern Mineralogen Lapis mutabilis
oder oculus mundi (Weltauge), während die ohne Farbenſpiel Hydro-
phan
heißen. Das eingeſogene Waſſer verdunſtet aber ſehr bald wieder,
und dann nehmen ſie ſofort ihre matte Undurchſichtigkeit an. In Oel
gekocht ſollen ſie jahrelang das Farbenſpiel zeigen, und mit Wachs oder
Wallrath getränkt werden ſie im Feuer durchſichtig (Pyrophan), weil dann
das Wachs ſchmilzt. Die Erſcheinung läßt ſich optiſch leicht erklären.


2) Gemeiner Opal iſt durch alle Uebergangsſtufen auf das
Engſte mit dem Edlen verbunden, aber er nimmt außer der Milchbläue
allerlei andere trübe Farben an, und beſitzt in vielen Abänderungen noch
bedeutende Durchſcheinenheit. Das Farbenſpiel verſchwindet gänzlich. Zu
den bekannteren Vorkommniſſen gehören der Feueropal von Zimapan
in Mexico von blaßtrüber hyacinthrother Farbe, die bei durchſcheinenden
Stücken ſtark in das Feuergelbe ſpielt, woher der Name. Der wachs-
gelbe Opal
von Telkebanya läßt in zolldicken Stücken noch viel Licht
durch, ein Muſter für Opal. Wie der Feuerſtein überzieht er ſich an der
Oberfläche in Folge von Verwitterung mit einer dicken weißen Rinde,
dieſelbe klebt ſtark an der Zunge und nimmt mit Ziſchen Waſſer auf,
wird aber nicht durchſichtig, verhält ſich alſo ganz anders als der Hydro-
phan. Solche matten Rinden finden ſich noch bei andern gemeinen und
Halb-Opalen, man nennt ſie auch wohl Cacholong pag. 174. Pracht-
voll iſt zuweilen die apfelgrüne Farbe des Prasopal von Koſemütz
und Pernſtein in Mähren, er verdankt ſeine Farbe wie der mitvorkom-
mende Chryſopras dem Nickel. Ueberhaupt iſt das Serpentingebirge von
Frankenſtein in Schleſien reich an ſchönen Opalen, worunter der bläulich
bis grünlich weiße Milchopal von Koſemütz hervorſticht. Schön roſen-
roth iſt der Opal von Mehun und Quincy, er liegt im dortigen Süß-
waſſerkalk, und ſoll ſeine Farbe organiſcher Subſtanz verdanken. Die
bittererdehaltigen hat man Quincyt genannt.


3) Halbopal nannte Werner die zwiſchen Kugeljaſpis und ge-
meinem Opal mitten inne ſtehenden Abänderungen, nur an den Kanten
durchſcheinend, wenig Glanz und trübe Farbe meiſt von weiß, grau und
braun. Schon 1803 wurde durch Jordan der weiß und braungeſtreifte
12*
[180]I. Cl. 1ſte Fam.: Halbopal.
Halbopal von Steinheim bei Hanau bekannt, der nach Leonhardt auf
Gängen im dichten Grünſtein (Anameſit) vorkommen ſoll. Er kann zwar
als Muſter dienen und doch geht er öfter in einem einzigen Handſtück in
Chalcedon und Hornſtein über, Beweis genug, wie unſicher die Unter-
ſcheidung werden muß. Im Klingſteintuff von Hohentwiel am Bodenſee
kommen Blöcke von leberbrauner Farbe vor, die an Holzſtruktur erinnern.
Vor allem reich ſind jedoch die Trachyt- und Porphyrtuffe von Ungarn,
namentlich in der Gegend von Tokay und Telkebanya. Sie kommen hier
von intenſivem Grün, Wachsgelb, Braun ꝛc. vor. Namentlich geben dieſe
Opale auch das Mittel zu den verſteinerten Hölzern, welche Werner daher


Holzopal nannte, in demſelben findet ſich meiſt ein Gemiſch von
gemeinem und Halb-Opal, und die Holzſtruktur hat nicht ſelten auf die
ungleiche Vertheilung der Maſſe weſentlich eingewirkt. Beſonders intereſ-
ſant durch das intenſive Braun ihrer Farbe ſind die Hölzer von Schaiba,
die gemeine Opalmaſſe gleicht hier im Ausſehen der erſtarrten Brühe von
ſtark gebratenem Kalbfleiſch.


Wenn Halbopale ſtark durch Eiſen gefärbt ſind und dabei zum Matten
neigen, ſo nannte ſie Werner Opaljaſpis. Wie die Opale nun auch wirk-
lich zum Feuerſtein überſpielen, zeigt der


4. Menilit Wr. vom Ménilmontant bei Paris, wo er Knollen
(Knollenſtein) im Klebſchiefer bildet. Es ſind offenbar allerlei unförmliche
Kieſelconcretionen, die ſich nach Art des Feuerſtein gebildet haben. Sie
neigen etwas zur Schieferung, haben aber im Querbruch ganz den Glanz
eines ausgezeichneten Halbopals, von welchen ſie ſich jedoch durch ihr geo-
gnoſtiſches Vorkommen leicht unterſcheiden. Am ſchönſten ſind die leber-
braunen der Pariſer Gegend, namentlich auch ausgezeichnet durch ihre
ſonderbar verworrene Knotung. Klaproth gibt darin 85,5 S⃛i, 11 Ḣ̶ ꝛc.
an. Zu Argenteuil ſind die Knollen grau, brauſen aber nicht mit Säure.
Bei St. Ouen liegen dagegen Süßwaſſer-Muſcheln darin, dieſe werden
dann nicht blos matt, ſondern brauſen auch, es ſind Kieſelmergel. Der
bekannte und früher ſo berühmte Schwimmſtein von St. Ouen iſt
nichts weiter als das Kieſelſkelet dieſer Muſchelmenilite, denn der Bu-
limus pusillus
ſitzt noch unverändert darin. Wirft man ihn auf das
Waſſer, ſo ziſcht er ſtark und ſinkt nach wenigen Minuten unter. Es
gibt zwar auch nicht ziſchende, die gar nicht unterſinken, dieſe ſcheinen
aber künſtlich mit einem fetten Thon überſchmiert zu ſein, der die Ober-
fläche der Poren verſtopft hat. Die Kieſelmergelknollen bilden die Ver-
mittelungsſtufe zwiſchen ächtem Feuerſtein und Menilit. Auch die Quarz-
concretionen im Süßwaſſerkalk zeigen eine entſchiedene Annäherung zum
opalartigen Glanz, und doch ſind ſie oft ganz von Planorbis- und Palu-
dinenſpecies durchwoben. Von höchſt regelmäßiger Runzelung und auf-
fallender Formenbildung ſind die Kieſelmergel aus dem Muſchelkalk von
Leufelfingen in der Schweiz, die dann weiter ſich an die Mergelknollen
anſchließen, worin die Kieſelſäure ſchon ſtärker zurücktritt. Wer hier blos
nach mineralogiſchen Kennzeichen ſcheidet, geht in der Irre.


Ehrenberg (Pogg. Ann. 38. 455) ſucht den Beweis zu führen, daß
alle dieſe Kieſel (er nennt ſie Halbopale) aus dem Polirſchiefer, nament-
lich die von Bilin und Luſchiz in Böhmen, „durch formloſe Kieſelmaſſe
[181]I. Cl. 1ſte Fam.: Tripel, Hyalith.
cämentirte Infuſorienſchalen“ ſeien. Kieſelpanzer von Gaillonella varians,
Navicula viridis etc.
kommen wenigſtens in großer Menge im Tripel, und
Polirſchiefer vor, ſo daß dieſe Kieſelerde förmliche Infuſorienlager (Hand-
buch der Petrefaktenk. pag. 691) bildet. Tripel (terra Tripolitana), eine
gelbe magere Erde mit 90 S⃛i, kommt über Tripoli aus Nordafrika in den
Handel.


Polirſchiefer kommen beſonders ausgezeichnet im Tertiärgebirge
bei Paris, in der Nachbarſchaft der Baſalte bei Bilin in Böhmen, am
Habichtswalde bei Caſſel ꝛc. vor. Sie haben einen thonigen Geruch, man
könnte ſie ihrem Ausſehen nach für graue Mergel halten, allein mit Säure
brauſen ſie durchaus nicht. Die compakten kleben ſo ſtark an der Zunge
(Klebſchiefer von Paris), daß ſie beim Wegreißen ſchmerzen. Die deut-
ſchen zerfallen leicht zu Mehl, nur kommen rauhe Platten darin vor
(Saugſchiefer), die zuletzt zu Menilitartigen Opalen werden. Der mehlige
Schiefer fühlt ſich ſehr ſanft an. Bei Randan am Puy de Dôme kommt
eine gelbliche Erde vor (Randanit), die ſich in Säuren löst (lösliche
Kieſelerde
), ſie hat ungefähr die Conſiſtenz der Kreide, läßt ſich aber
mit dem Finger zu einem unausſprechlich feinen Mehl zerdrücken, welches
bei der geringſten Bewegung die Luft mit feinen Staubwolken erfüllt:
das ſind Panzer von Infuſionsthieren, wie ſie ſich an vielen Hundert
Orten bis in die jüngſten Formationen herauf gefunden haben. Mit \frac{1}{20}
Thon gemiſcht und gebrannt geben ſie die bei den Alten ſo berühmten
ſchwimmenden Ziegeln, die 1791 Fabroni aus dem Bergmehl von Santa
Fiora in Toscana wieder herſtellte (Pogg. Ann. 26. 505). Sie ſchwimmen
wie Kork auf Waſſer!


5. Hyalith Wr. wurde von Dr. Müller in den Höhlen baſaltiſcher
Geſteine der Umgegend von Frankfurt a. M. gefunden (Erlenbach) und
daher lange Müller’ſches Glas genannt, wegen ſeines glasartigen Aus-
ſehens. Er bildet ſehr leicht erkennbare kleintraubige Ueberzüge, die man
wegen ihrer Klarheit nicht zum Opal ſtellen würde, wenn Buchholz nicht
6,3 Ḣ̶ darin gefunden hätte, Gew. 2,1. Im Baſalt von Walſch in Böhmen,
im Serpentin von Schleſien (Zobten, Jordansmühle), auch in den Laven von
Iſchia ꝛc. findet er ſich. Wahrſcheinlich hat er einen ähnlichen Urſprung,
wie der Kieſelſinter mit perlartiger Oberfläche, die aber ganz matt
weiß ausſieht. An den heißen Quellen Islands. Kieſelguhr nennt
man die weißen oder die Eiſenoxydrothgefärbten Maſſen von Reikianes
in Südisland, welche noch Wellenſchläge zeigen, wie der Karlsbader Sprudel-
ſtein. Kieſeltuff ſind dagegen die unregelmäßigen Kieſelmaſſen, welche
ſich um die Mündung des Geyſer, der ein 1850tel Kieſelerde gelöst ent-
hält, abgelagert haben, Moos, Blätter, Thierreſte ꝛc. einwickelnd.


Gefritteter und geſchmolzener Quarz kommt auf mannig-
fache Weiſe vor. Im Tertiärgebirge von Paris, im Braunkohlengebirge
Norddeutſchlands ꝛc. nehmen die Sandſteine oft ein Ausſehen an, als
wären die Quarzkörner zuſammengeſchmolzen. Wo der Baſalt glühend
heiß den Buntenſandſtein in Heſſen (Wildenſtein) durchbrach, hat er den-
ſelben nicht blos entfärbt und zu Säulen abgeſondert, ſondern förmlich
angeſchmolzen, wie die Geſtellſteine im Hochofen. Das merkwürdigſte jedoch
ſind die Blitzröhren, die ſich im Quaderſandſtein auf der Sennerhaide
[182]I. Cl. 2te Fam.: Feldſpäthe.
in Weſtphalen, bei Dresden, Blankenburg am Harz ꝛc. finden. Der einſchla-
gende Blitz hat lange verzweigte Röhren gebildet, die außen rauh von
anbackenden Sandkörnern, innen aber einen ſpiegelnden Glanz von einer
ausgezeichneten Quarzfritte haben. Man kennt ſie ſchon ſeit 1761 von
Maſſel bei Breslau, Dr. Fiedler hat ſie über 16 Fuß tief in die Erde
verfolgt, Gilbert’s Ann. 1822. Bd. 61. 301.


II.Feldſpäthe.


Der Feldſpath gehört zwar zu den verbreitetſten Mineralen im Urgebirge,
dennoch finden wir im Alterthum keinen Namen dafür. Agricola ſcheint
ihn auf der letzten Seite ſeiner Werke unter Spatum saxum zu begreifen.
Erſt ſeit Denſo 1750 in der Ueberſetzung von Wallerius Mineral. pag. 87
wird der Name Feldſpath gebräuchlich. Unter den Späthen der härteſte,
daher Spathum scintillans, die Härte leitete Linné von ein wenig Eiſen-
beimiſchung her. Während die andern Späthe auf Gängen im Gebirge
verſteckt liegen, findet ſich dieſer in allen Urgebirgsfelſen und auf deren
Feldern. Seine Kryſtalliſation hat zwar Hauy ſchon richtig erkannt, doch
verdanken wir Hrn. Prof. Weiß in den Abh. der Berl. Akad. 1816. 1820,
1835 und 1838 eine Reihe von Abhandlungen, die uns mit den Funda-
mentalverhältniſſen der Zonenlehre bekannt machen und die ganze Sache
in dieſer Beziehung zum Abſchluß bringen. Nur rúckſichtlich der Winkel
und Zuſammenſetzung fand G. Roſe 1823 (Gilb. Ann. 73. 173) Abwei-
chungen, und Kupfer bewies 1828, daß auch der Adular ſchiefe Axen
habe. (Pogg. Ann. 13. 209).


1. Feldſpath.


Darunter verſteht man vorzugsweiſe den Kalifeldſpath, ein ausge-
zeichnetes 2 + 1gliedriges Kryſtallſyſtem, aber mit manchen

[figure]

Eigenthümlichkeiten. Der erſte Blätterbruch P = a : c : ∞b
macht mit dem etwas weniger deutlichen 2ten M = b : ∞a : ∞c
90° (daher auch Orthoklas genannt), das iſt das weſentlichſte
Kennzeichen, P gibt ſich häufig durch Sprünge und Neuto-
nianiſche Farben zu erkennen. P gegen [Axe]c 63° 53′. Die
geſchobene Säule T = a : b : ∞c macht 118° 48′, M ſtumpft
nicht blos ihre ſcharfe Kante gerade ab, ſondern P iſt auch

[figure]

gerade auf die ſtumpfe Kante aufgeſetzt, denn P/T beträgt vorn
links und rechts 112° 16′. Und doch hatte der ſcharfſinnige
Hauy ſchon richtig erkannt, daß von den beiden Säulenflächen
T die eine blättriger ſei als die andere, man ſieht es bei dem
Amazonenſtein vom Ural ſehr deutlich, deßhalb nannte er die

[figure]

blättrigſte von beiden T, die andere weniger blättrige l,
wodurch jene einundeinkantige Primitivform P M T pag. 92
entſtand. Doch da man ſich nicht bei allen Feldſpäthen von
dieſem Unterſchiede überzeugen kann, ſo muß man wohl bei dem
Weißiſchen Symmetriebilde ſtehen bleiben, was auch die ſtreng-
ſten Meſſungen fordern. Die hintere Gegenfläche x = a' : c : ∞b
[183]I. Cl. 2te Fam.: Feldſpathkryſtalliſation.
dehnt ſich zwar gern aus, iſt aber gänzlich unblättrig, und macht die
Winkel x zur Axe c = 65° 47′, x/T = 110° 40′, woraus nach pag. 60 folgt:
a : b : k √4,529 : √12,949 : √0,001878,
der Axenwinkel A/c = 91° 10′. Weiß nimmt k = o (folglich fällt
A mit a zu rechtwinklichen Axen zuſammen), T/T = 120° und P/T = P/x
= 112°, woraus ſich das ſchöne Axenverhältniß
a : b : c = √13 : √3 • 13 : √3
fand, das zu ſo vielen intereſſanten Betrachtungen ihm Veranlaſſung gab.


Aus den 5 Flächen P M T T x (Projectionsfigur pag. 42) wurden
ſodann alle deducirt: das hintere Augitpaar o = a' : ½b : c fällt in die
Diagonalzone von x, d. h. in Kante M/x und in die erſte Kantenzone
P/T. Das vordere Augitpaar n = a : c : ¼b liegt in der Diagonalzone
von P und der Zone T/o. Dieſe für das Syſtem ſo wichtigen Flächen
ſtumpfen nach Weißiſcher Annahme die rechtwinkliche Kante P/M gerade
ab, machen alſo unter ſich eine wirkliche quadratiſche Säule n/n. Nach
den Kupfer’ſchen Meſſungen würde n/n über P 90° 6′ und P/n 135° 3′
betragen, eine höchſt unbedeutende Abweichung.
Die dreifach ſchärfere y = ⅓a' : c : ∞b fällt
kreuzweis in die Zone T/o und bildet gewöhnlich
ein faſt rechtwinkliches Dreieck (89° 18′). Sehr
häufig iſt die Säule zehnſeitig durch z = a : ⅓b : ∞c,
die Kante M/T und n/o abſtumpfend, und zwar
diejenigen n und o, welche der Kante M/T oben
und unten anliegen. Dieſe ſo häufig erſcheinende
z iſt immer matt und daran leicht zu erkennen.
Viel ſeltener findet ſich k = a : ∞b : ∞c, welche
die ſtumpfe Säulenkante gerade abſtumpft, und

[figure]

die zehnſeitige Säule zwölfſeitig macht. Beim Adular kommt ſie ſchön vor.
q = 3a' : c : ∞b findet man oft beim Adular, ſelten vorn t = ⅕a : c : ∞b,
hinten r = ⅗a' : c : ∞b. Ein zu Px TT zugehöriges Paar g = b : c : ∞a
kommt zuweilen beim Adular vor, u = ⅓a' : ¼b : c liegt in der Dia-
gonalzone von y, darunter v = ⅓a' : ⅛b : c, m = ⅓a : ½b : c ſtumpft
die vordere Kante P/T ab. Große Seltenheiten ſind s = a' : ⅙b : c
hinten, vorn i = a : \frac{1}{12}b : c, h = a : ¾b : c und d = ⅕a : ⅛b : c.
Beim Adular vom St. Gotthardt erwähnt ſogar v. d. Borne eines Flächen-
paares a : b : c, das wie das 2gliedrige Oktaeder auf die Säule T gerade auf-
geſetzt ſein würde. Tragen wir dieſe Flächen in ein Projektionsbild pag. 42
ein, ſo zeigt ſich die wunderbare Harmonie aller mit einem Blick.


Der Feldſpath kommt übrigens häufiger in Zwillingsform als einfach
vor, und zwar nach folgenden zwei Geſetzen.


1. Karlsbader Zwillinge: zwei Individuen haben die ſechs-
ſeitige Säule TTM gemein und liegen mit ihren Endflächen P und x (y)
umgekehrt, ſo daß das x des einen mit P im andern
Individuum faſt ſpiegelt. Es iſt dadurch eine völlige
zweigliedrige Ordnung in den Flächen eingetreten. Ge-
wöhnlich legen ſie ſich mit dem 2ten Blätterbruch M an
einander, und nach ihm werden auch die Säulen tafel-
artig zuſammengedrückt. Da am Ende P/y = 99° 38′

[figure]

[184]I. Cl. 2te Fam.: Feldſpathzwillinge.
zu herrſchen pflegt, ſo dringt dieſer Kopf des einen durch den Blätterbruch
des andern durch, doch ſo, daß entweder auf der linken (linke) oder auf
der rechten Seite (rechte Zwillinge) das P ſpiegelt. Die Sache wird be-
ſonders klar, wenn man die Zwillinge parallel von P quer durchſchlägt.
Dieſe Zwillinge ſind in den porphyriſchen Graniten aller Gegenden in
Menge eingeſprengt und kommen nie in Druſen vor. Wenn die Grund-
maſſe verwittert, ſo fallen die Kryſtalle heraus und man kann ſie in
großer Menge auf den Feldern (Karlsbad und Elnbogen) zuſammen-
leſen. Aehneln die Granite dem Porphyr, wie bei Neubau und Fichtel-
berg an der Südoſtſeite des Ochſenkopfes im Fichtelgebirge, oder am
Berge Four-Labroux in der Auvergne, ſo kann man ſie nicht blos
herausſchlagen, ſondern ſie ſind auch noch viel ſchärfer und ſchöner als
im Granit. Auch der Trachyt, beſonders vom Drachenfels am Rhein,
Bonn gegenüber, liefert treffliche von glaſigem Feldſpath. Afterkryſtalle
mit Glimmer, ſogar mit feinkörnigem Zinnſtein und Quarz erfüllt kommen
zu St. Agnes ꝛc. in Cornwall vor, die fahlfarbigen im verwitterten Por-
phyr von Ilmenau im Thüringer Wald haben faſt genau die Hälfte Ċa C̈,
ſo daß von Feldſpathmaſſe wenig zurückblieb. Wenn P gegen Axe c 63°
53′, und x gegen c 65° 47′ machen würde, ſo könnte x des einen mit

[figure]

P' im andern Individuum nicht einſpiegeln, ſondern beide
müßten ſich parallel der Axe b unter einem Winkel von
181° 54′ ſchneiden. Nun kommen aber bei St. Pietro
auf Elba ſehr glänzende ſchneeweiße Zwillinge mit T M P
x y
vor, an denen x mit P' einſpiegelt, jedenfalls eine
Differenz von 1° 54° anzunehmen nicht erlaubt. Das
ſind Einwürfe, die man bei ſcharfen Meſſungen immer
wieder beherzigen muß.


Wenn an den einfachen Kryſtallen P und M zu einer langen Oblong-
ſäule ſich ausdehnen, ſo pflegen ſie einfach zu ſein, obgleich ſie in den-
ſelben Felſen ſowohl im Porphyr als auch Granit und Trachyt neben
obigen Zwillingen ſich eingeſprengt findet. Das iſt eine ſehr auffallende
Thatſache. Wenn dagegen dieſe Oblongſäulen in Druſenräumen vorkom-
men, ſo bilden ſie


2. Bavenoer Zwillinge, nie eingeſprengt, ſondern ſtets in Druſen,
beſonders ſchön zu Baveno am Südende des Lago Maggiore und beim
Adular der Alpen. Dieſe Zwillinge haben n gemein und liegen umge-
kehrt, d. h. es ſpiegelt die faſt quadratiſche Säule n/n bei beiden ein,

[figure]

nur legt der eine ſein P hin, wo der andere ſein M
hat. Die Individuen 1 und 2 ſind dann im Azi-
muth der Gradendfläche von der quadratiſchen Säule
n/n um 90° gegen einander verdreht. Sie fordern
zu ihrer Vollſtändigkeit noch zwei andere 3 und 4,
welche den ganzen Kreis zu einer vollkommen vier-
gliedrigen Ordnung ſchließen (Weiß Abhandl. Berl.
Akad. 1835). Von dieſem Vierlinge ſtehen immer
je zwei anliegende in Zwillingsſtellung, Folge davon
iſt, daß je zwei gegenüberſtehende (1 und 3, 2 und 4) den erſten Blätter-
bruch P gemein haben und umgekehrt liegen. Einige nehmen dieß als ein
drittes Zwillingsgeſetz. Im Vierlinge legen daher immer je zwei In-
[185]I. Cl. 2te Fam.: Feldſpath.
dividuen ihr M wie die andern zwei ihr P haben, und wenn das erſte
ſeine Säulenkante T/T nach Nord richtet, ſo das
2te nach Weſt, das 3te nach Süd und das 4te
nach Oſt. Man kann dieſe Individuen nun durch-
einanderſchieben, wie man will, wenn ſie nur mit

[figure]

ſich parallel bewegt werden, ſo bleibt es der unverän-
derte Vierling. Ja unter den Adularvierlingen am St.
Gotthardt kommt nicht ſelten ein ganzes Gewirr von
Individuen vor, aber man darf nur eines davon nach
der Himmelsgegend orientiren, ſo ergeben ſich die an-
dern ſogleich von ſelbſt: mehr als ein Vierling kann
es unmöglich werden.


[figure]

Daß die Ordnung viergliedrig ſei, ſieht man leicht ein. Denn n/n
geben die erſte, und P mit M die 2te quadratiſche Säule, alle übrigen im
2 + 1 gliedrigen Syſtem ein Mal auftretenden Flächen (y, x, k ꝛc.)
bilden ein Quadratoktaeder, und alle Paare (T, o, n ꝛc.) Vierundvierkantner.


Die Ausdehnung der Flächen iſt freilich ſo verſchiedenartig, daß der
Feldſpath dadurch zu einem der lehrreichſten Syſteme wird.
So zeigt z. B. beiſtehender Adular in ſeinem Hauptumriß
das Individuum 3 mit P T M x z, allein an allen Seiten
und in unſerer Figur auch auf P brechen die grau geſtreiften
M des 2ten und 4ten Individuums heraus, die vollkommen
mit P einſpiegeln, und ſich untereinander mit ihrem P be-
gränzen, das ſenkrecht gegen P des Individuums 3 ſteht.
Das 1ſte Individuum pflegt man auf der Fläche der quadra-
tiſchen Säule nicht wahrzunehmen. Wenn blos zwei In-
dividuen zum Zwilling an einandertreten, wie das bei Baveno

[figure]

und in den Alpen ſo häufig der Fall iſt, ſo pflegt eine der n ſich ſtark
auszudehnen: man ſtellt die Sache ſo dar, als wenn ein Kryſtall diagonal
der Oblongſäule PM durchgeſchnitten und beide Hälften um 180° gegen
einander verdreht wären, obgleich auch hier die Natur
freier und erfinderiſcher in ihren Formen ſich zeigt als
die Kunſt. Bei Baveno erſcheint P wie gewaſchen, M
dagegen mit Chlorit beſchmutzt. Mit Chlorit bedeckt ſind
ferner T, z, o, die hintere Gegenfläche x erſcheint dagegen
auch ſchmuck. Häufig orientirt der Albit, der ſich nur
auf die Flächen z T M lagert, und zwar immer parallel
den Säulenkanten. Afterkryſtalle mit feinkörnigem
Glimmer erfüllt finden ſich im grünen Buſch im Hirſch-
berger Thal (Pogg. Ann. 80. 122), der Glimmer ſoll ſich
hier auf naſſem Wege gebildet haben.


[figure]

Optiſch ſpielt der Feldſpath keine Rolle: die optiſchen Axen liegen
nach Miller in der Ebene des erſten Blätterbruchs P, machen mit Axe b
einen Winkel von 57°, und da der Rhombus auf P zwiſchen den Kanten
P/T und P/T 113° 16′ macht, ſo würden die Perpendikel vom Mittelpunkt
auf die Kante P/T gefällt faſt genau den optiſchen Axen entſprechen. Sehr
bemerkenswerth iſt ein innerer


Lichtſchein von bläulicher Farbe. Derſelbe wird auf der Gradend-
fläche der Oblongſäule von P und M ſichtbar, wenn man ſich daher Würfel
[186]I. Cl. 2te Fam.: Feldſpath.
mit den Flächen P und M ſchleift, ſo iſt die dritte gegen jene beiden
Blätterbrüche ſenkrechte Würfelfläche für die Beobachtung der Farbe am
günſtigſten.


Härte 6, Gew. 2,58, aber durch Verwitterung leichter werdend, weil
ſie Stoffe verlieren und ſtatt deſſen Waſſer aufnehmen. Trübe Farbe
bis farblos. Glasglanz, auf dem erſten Blätterbruch aber Perlmutter-
glanz und viele Newtonianiſche Farben.
K̇ S⃛i + A̶⃛l S⃛i3 mit etwa 16,6 ; 18,1 A̶⃛l und 65,2 S⃛i,
doch iſt ein Theil des Kali durch Natron oder Kalkerde erſetzt. Vor dem
Löthrohr ſchmilzt er ſchwer zu einem blaſigen Glaſe, und gibt mit Kobald-
ſolution blaue Kanten an den Proben. In Soda löſen die gebildeten
Silicate den Ueberſchuß der Thonerde. Das Kali färbt (wenn kein Na-
tron zugegen iſt) die innere Löthrohrflamme violet, in Folge einer Re-
duction und Wiederoxydation des gebildeten Kaliums. Löst man im
Borarglaſe Nickeloxyd und ſetzt Kalifeldſpath zu, ſo wird die Perle blau-
lich, bei Natronfeldſpath behält ſie ihre braune Farbe. Man ſchließt ihn
mit K̇ C̈ oder Ḃa C̈ auf. Der Fluß löst ſich in Salzſäure, indem ſich die
Kieſelerde in Gallertform ausſcheidet. Aus der abfiltrirten Flüſſigkeit
fällt Ammoniak Thonerdehydrat, das bei Gegenwart von Kali- und Natron-
ſalzen im Fällungsmittel ganz unlöslich iſt. Etwas Kieſelerde fällt zu-
gleich mit der Thonerde. Die Flüſſigkeit mit oxalſaurem Ammoniak be-
handelt gibt häufig etwas Ċa C̶⃛. Das Uebrige iſt Kali- und Natronſalz.
Valentin Roſe wies zuerſt das Kali im Feldſpath nach.


Künſtlicher Feldſpath. Einfache Ċa S⃛i oder Ḟe S⃛i kryſtalliſiren
leicht, ſetzt man aber Kaliſilikat hinzu, ſo verlieren ſie die Eigenſchaft zu
kryſtalliſiren gänzlich, Thonerdeſilicat vermindert dieſe noch mehr, man be-
kommt nur ein Glas, das andere Silicate im Ueberſchuß löst. Ja Sili-
cate von Kali und Thonerde ſind ſo zähflüſſig, daß beim Erkalten weder
die Maſſe noch der darin gelöste Körper kryſtalliſirt. Daher glaubte auch
Werner, Feldſpath könne nur auf naſſem Wege entſtanden ſein. Doch
hatte ſchon Reaumur 1739 gefunden, daß Glas langſam erkaltet kryſtal-
liniſch werde (entglaſe) und ſteinartige Eigenſchaften bekomme: es
wird nämlich 1) ſchwerer ſchmelzbar; 2) härter; 3) ſchwerer; 4) Leiter der
Elektricität; 5) bildet es mit Säure eine Gallerte. Hall hat dargethan,
daß alle Silicate geſchmolzen Gläſer geben, langſam erkaltet aber wieder
Minerale. Die Verſchiedenheit des Gewichtes iſt ſo groß, daß ein Feld-
ſpathkryſtall von 2,55 Gew. als Glas nur 1,92, alſo 0,63 Differenz
gibt. Demungeachtet wollte es Mitſcherlich nach den umfaſſendſten Ver-
ſuchen (Pogg. Ann. 33. 340) nicht gelingen, Kryſtalle aus dem Feldſpath-
glaſe zu bekommen. Endlich fand Hr. Heine 1834 beim Ausblaſen eines
Kupferrohofens zu Sangerhauſen auf Ofenbruch von ſchwarzer Blende kleine
glaſige farbloſe bis amethyſtblaue Kryſtalle von mehreren Linien Größe.
Sie bilden ſehr deutliche ſechsſeitige Säulen TTM, an welchen der erſte
Blätterbruch P allein herrſcht. Beide Blätterbrüche P und M, auch Zwil-
linge, die P gemein haben, laſſen ſich erkennen. Die Analyſe wies Kieſel-
erde, Thonerde und Kali nach. Hausmann Hdb. Miner. 631 führt ein
zweites Vorkommen aus dem Eiſenhochofen zu Joſephshütte bei Stolberg
auf dem Unterharz an, ſo daß an einer Bildung auf heißem Wege kaum
gezweifelt werden kann.


[187]I. Cl. 2te Fam.: Feldſpathvarietäten.

Verwitterung findet beim Feldſpath leicht ſtatt, er entfärbt ſich,
wird matt, weich, leicht, und zerfällt endlich zu Porzellanerde, die in
ihrem reinſten Zuſtande ein ſchneeweißes mehlartiges Pulver bildet von
A̶⃛l3 S⃛i4 + 6 Ḣ̶. Würde man ſtatt des Waſſers 3 S⃛i8 ſetzen, ſo hätte
man wieder 3 K̇ + 3 A̶⃛l + 12 S⃛i = 3 Feldſpath, daher ſcheint das
Waſſer blos das lösliche Kaliſilicat auszulaugen: Seilitz bei Meiſſen,
Aue bei Schneeberg, Morl und Trotha bei Halle, St. Yrieux bei Limoges.


A.Friſcher Feldſpath, hat nicht das Rauhe des Glaſigen, trübe
Farben, ein friſchfeuchtes Ausſehen. Bildet im Urgebirge die Hauptmaſſe
der Granite, Gneuſe und rothen Porphyre. Auf Klüften ſchießt er nicht
ſelten zu rieſigen Kryſtallen an.


1. Adular. Pater Pini in Mailand entdeckte ihn auf der Stella
am St. Gotthardt (Bergm. Journal 1790. III. 1. pag. 269), den er fälſch-
lich für den Mons Adula gehalten haben ſoll. Es iſt der klarſte unter
allen, der in prachtvollen Zwillingen, Drillingen und Vierlingen in Be-
gleitung von Bergkryſtallen bricht. Oft ſind die Flächen z und M mit
Chlorit bedeckt, matt iſt namentlich z immer. Ganz klare und meßbare
Kryſtalle aber dennoch ſelten. Ein innerer bläulicher Lichtſchein öfter be-
merkbar, ſolche Stücke rundlich geſchliffen kommen im Handel als Mond-
ſtein
vor. Sie ſollen von Ceylon in Geſchieben ſchon den Alten bekannt
geweſen ſein, doch zeigt ſich bei dieſen nicht das innere bläuliche Licht,
ſondern überhaupt ein innerer Silberſchein, im Gegenſatz von dem Sonnen-
ſtein
, deſſen Farbenſpiel zwiſchen gelb und roth fällt. Letztern glaubt
Dr. Fiedler an der Selenga in Sibirien (Pogg. Ann. 46. 189) wieder
entdeckt zu haben, Scheerer (Pogg. Ann. 64. 153) beſchreibt darunter einen
Oligoklas von Tvedeſtrand. Jedenfalls iſt das blaue Licht bei den alpi-
niſchen Adularen ſenkrecht gegen die Quadratſäule n/n geſchliffen eine
prachtvolle Erſcheinung, die uns aber nur bei einer Richtung überraſcht,
ſonſt gar nicht bemerkt wird.


2. Labradoriſirender Feldſpath kommt in ausgezeichneter
Weiſe im Zirkonſienit von Friedrichswärn im ſüdlichen Norwegen vor.
Der Feldſpath iſt graulich, röthlich ꝛc., der innere Farbenſchein brennend
grün und blau, ähnlich dem Labrador. Da beide Blätterbrüche P und M
in hohem Grade ausgezeichnet ſind, ſo kann man ſich bei den kleinſten
Bruchſtücken leicht überzeugen, daß der Schein immer nur in einer unge-
fähr gegen die Blätterbrüche ſenkrechten Ebene liege. Es kann darnach
kein Zweifel ſein, daß er weſentlich durch die Kryſtallſtruktur bedingt ſei.


3. Amazonenſtein fand ſich zuerſt in Geſchieben vom Amazonen-
ſtrom in Braſilien, dann lernte man ihn an der Oſtſeite des Ilmenſees
bei Miask in ausgezeichneten Kryſtallen kennen. Er hat eine ſchöne ſpan-
grüne Farbe, die von einer zufälligen Spur von Kupferoxyd herrührt,
was ſich beim Schmelzen mit Soda auf Kohle reducirt. Pulveriſirt man
die Perle, ſo findet ſich im Pulver eine kleine Kupferplatte. Der ſchönen
Farbe wegen wird er in Katharinenburg vielfach verſchliffen. Auffallend
iſt an ihm, daß eines der T entſchieden blättriger iſt, als das andere,
trotzdem daß Dufrénoy fälſchlich verſichert (Traité Minér. III.337), es exi-
ſtire bei den Kalifeldſpathen ein ſolcher Unterſchied gar nicht. Freilich iſt
der Beweis des Gegentheils nicht ſo leicht, 2,8 p. C. Ṅa.


[188]I. Cl. 2te Fam.: Feldſpathvarietäten.

4. Gemeiner Feldſpath mit allerlei trüben Farben, worunter
hauptſächlich das Roth vorherrſcht. Aber ſelbſt bei dieſen fleiſchrothen
gewahrt man zuweilen einen Lichtſchein, ſofern ſie nur einigermaßen Durch-
ſcheinenheit beſitzen. Als ein Gemengtheil des Granites iſt er außer-
ordentlich verbreitet. Wird der Granit in Gängen oder andern Ausſchei-
dungen grobkörnig, ſo wachſen die Feldſpäthe nicht ſelten zu rieſiger Größe
an, ſo zu Rabenſtein bei Bodenmais; die wohlausgebildeten Kryſtalle von
Alabaſchka bei Murſinsk erreichen über 1 Fuß im Durchmeſſer; bei Miask
ſetzt die Flucht der Blätterbrüche P und M ſo regelmäßig und weit fort,
daß ein ganzer Steinbruch in einem einzigen Kryſtall ſtehen ſoll.
Zwillinge, welche die Säule MT gemein haben, finden ſich im Granit
vom mittlern Korn immer eingeſprengt, dagegen bilden ſich die mit ge-
meinſamer Säule n/n immer auf Druſenräumen aus. Baveno am Süd-
ende des Lago Maggiore, das Krötenloch bei Schwarzbach im Hirſchberger
Thal des Rieſengebirges ſind Hauptpunkte. Die Säulenflächen an beiden
Orten mit glasklaren Albitkryſtallen bedeckt, die wie aus der Feldſpath-
maſſe herausgeſchwitzt erſcheinen, und doch hatte der Hirſchberger noch 5
p. C. Natron, der Bavenoer 1,25 Ṅa (G. Roſe Pogg. Ann. 80. 124).
Letzterm ſieht man namentlich die Verwitterung an, er iſt matt und leichter
(Gew. 2,39) geworden. Der reine gemeine Feldſpath, wo er in größern
Mengen vorkommt, bildet einen Gegenſtand des Bergbaues, beſonders für
die Glaſur des Porzellans wichtig. Bei Siebenlehn in Sachſen ſehr ſchön
blumigblättrig.


B.Glaſiger Feldſpath (Sanidin) iſt ſpröder und meiſt ungefärbt, man
findet ihn nur in vulkaniſchen Geſteinen, und ſeine Uebereinſtimmung mit
dem künſtlichen in Hochöfen gebildeten fällt auf. Der reinſte iſt Werner’s
Eisſpath, der ſich beſonders ſchön mit kohlſchwarzen Hornblend-Nadeln
in körnigen Blöcken an der Somma des Veſuvs findet. Einzelne Kry-
ſtalle in kleinen Druſenräumen haben wahrhafte Edelſteinklarheit, daher
ſieht die Maſſe auch ſchneeweiß aus. Am Lacher See ſind die Auswürf-
linge zwar ſehr deutlich, aber nicht ſo klar. Ihre Zuſammenſetzung ſtimmt
mit den reinſten faſt gänzlich natronfreien Adularabänderungen (G. Roſe
Pogg. Ann. 28. 147). Dagegen enthalten die großen im Trachyt von
Drachenfels am Rhein eingeſprengten Kryſtalle 8 und 4 Ṅa, und trotz-
dem iſt der Winkel der beiden Blätterbrüche ein rechter. G. Roſe l. c.151
hat ſogar bei Eisſpathen vom Veſuv, die mit ſchwarzem Augit und Glim-
mer nebſt derben Nephelin brachen, 10,5 Ṅa auf 5,9 gefunden, und
ſchlug dafür den Namen Ryacolith (ῥύαξ Lavaſtrom) vor, weil der
Säulenwinkel T/T 119° 21′, alſo 32′ größer war als beim Adular, doch
ſtehen die Blätterbrüche P und M noch auf einander ſenkrecht, und das
ſcheint das entſcheidende Moment zu ſein. Zwar gaben die Analyſen
weniger Kieſelerde, doch zweifelt G. Roſe (Kryſtallochem. Mineralſ. pag. 88)
neuerlich ſelbſt an der Richtigkeit dieſer Angabe. Bei Duckweiler in der
Eifel kommen ſpäthige Stücke von vielen Pfund Schwere vor, ſolche
könnte man leicht mit Adular verwechſeln, doch zeigen ſie niemals chlori-
tiſchen Anflug.


Dichter Feldſpath (Feldſtein). Hat den ſplittrigen Bruch und das
Ausſehen eines ächten Hornſteins, pag. 177, allein er ſchmilzt an den
Kanten, was der reine Quarz nicht thut. Durch Verwitterung erzeugt
[189]I. Cl. 2te Fam.: Albit.
ſich matter Thonſtein. Die Analyſen geben 70—80 p. C. und noch mehr
Kieſelerde an. Daher hat man vielleicht mit Recht den Feldſtein nicht
ſowohl für einen dichten Feldſpath, als vielmehr für einen dichten
Granit
gehalten, worin die freie Kieſelerde den höhern Gehalt derſelben
erklären würde. Da nun Feldſtein häufig die Grundmaſſe der rothen
Porphyre bildet, ſo würden Feldſtein, rothe Porphyre und Granit aus
gleicher chemiſcher Subſtanz beſtehen und nur durch ihre Structur ſich von
einander unterſcheiden. In Schweden iſt er unter dem Namen Hälle-
flinta
bekannt, ſo kommt er ausgezeichnet neben den Magneteiſenſtein-
lagern von Damnemora ꝛc. vor.


Ebenſo gleicht Obſidian einem geſchmolzenen und ſchnell erkalteten
Trachyt, wie wir am Ende des Werkes bei den Gläſern ſehen werden.


2. Natronfeldſpath.


Lange war nur ein ſolcher bekannt, den G. Roſe nach der weißen
Farbe Albit (Cleavelandit Brooke) nannte (Gilbert’s Ann. 73. 186).
Er hat ganz die Feldſpathformel, nur Statt enthält er Ṅa. 1824
machte Breithaupt den Periklin von Zöblitz bekannt, in welchem Ch. Gmelin
10 Ṅa und 2,4 K̇a fand, und da er bald darauf auch ſo vortrefflich kry-
ſtalliſirt in den Alpen vorkam (Pogg. Ann. 8. 88), ſo war man über
dieſe Mittelſpecies zwiſchen Albit und Feldſpath ſehr erfreut. Mochten
auch ſpätere Analyſen das Kali für unweſentlich halten, ſo verdient er
doch wegen ſeines ſo verſchiedenen Ausſehens immerhin neben dem Albit
genannt zu werden. 1826 geſellte Breithaupt (Pogg. Ann. 8. 238) den
Oligoklas von Arendal hinzu, den Berzelius ſchon vorher aus dem
Granit von Stockholm als Natronſpodumen unterſucht hatte, und der
einige Procent Kieſelerde weniger gab als Albit. Uebergehen wir außer-
dem die vielen kleinlichen Unterſcheidungen, welche man verſucht hat, ſo
iſt vielleicht noch Abich’s Andeſin (Pogg. Ann. 51. 125) zu erwähnen,
in den Trachyten (Buch’s Andeſit) der Anden in Amerika die Hauptrolle
ſpielend, und zu der glaſigen Abänderung gehörend. Uebrigens iſt es
ſehr merkwürdig, daß alle dieſe theilweis ſchon von ältern Mineralogen
ausgezeichneten Minerale dem


1 + 1 gliedrigen Syſtem angehören, aber mit ihrer Form ent-
ſchieden dem Feldſpath analog bleiben. Der gut meßbare Albit hat eine
rhomboidiſche Säule T/l = 122° 15′, T = a : b : ∞c iſt beim trüben
Periklin nach ſeinem Perlmutterglanz zu ſchließen mindeſtens ſo blättrig als
M = b : ∞a : ∞c, während l = a : b' : ∞c blos Glasglanz hat. Beim Albit
hat zwar T nicht den Perlmutterglanz, aber einen Unterſchied von l kann man
auch nachweiſen. Dieſer Ungleichheit der Säulenflächen entſprechend ſtumpft
nun M die ſcharfe Säulenkante ungleich ab, indem M/T = 117° 53′,
und M/l = 119° 52′ beträgt. Der erſte Blätterbruch
P = a : c : ∞b iſt doppelt ſchief, P/T = 115° 5′ und
P/l = 110° 51′, folglich ſtehen auch die beiden Blätter-
brüche P/M = 93° 36′ nicht mehr auf einander ſenk-
recht, worin das weſentlichſte Kennzeichen beſteht. Will
man dieſe Winkel auf ein Modell eintragen, ſo muß
man ſie ſo ſchreiben, daß die ſtumpfere Endkante P/T

[figure]

[190]I. Cl. 2te Fam.: Albitkryſtalle, Albitzwillinge.
an die ſtumpfe Kante P/M ſtößt, wie in nebenſtehender Figur. Schon
Breithaupt weist einen 4ten Blätterbruch o' = a' : ½b' : c nach und
gründet darauf ſeinen Namen TetartinPMTo' (ſind blättrig), und
allerdings läßt ſich das bei etwas größern Kryſtallen, wie z. B. von
Schmirn im Zillerthal, wo o' mindeſtens ſo blättrig iſt als T, erkennen.
Es liegen PTo' in einer Zone, ſo daß T den ſcharfen Winkel von P/o'
= 57° 37′ abſtumpft. Hiermit iſt auch die Streifung auf P erklärt, die
ſchief darüber hingeht, ſtets der Kante P/T und nie der P/l parallel, da
in letztern keine blättrige o' liegt. Wohl kommen öfter P/l parallel ſehr
eigenthümlich feine ſchwarze Furchen vor, die man aber nicht mit der Strei-
fung verwechſeln darf. Häufig ſtumpft g' = b' : c : ∞a die Kante P/o'
ab; x = a' : c : ∞b, y = ⅓a' : c : ∞b, vorn n' = a : ¼b' : c, und
von der zehnſeitigen iſt ſowohl z = a : b : ∞c als z' = a : b' : ∞c
vorhanden. Kurz wenn man die Flächen des Feldſpaths kennt, ſo kann
man auch dieſe eingliedrigen Kryſtalle leicht entziffern. Was die Rech-
nung betrifft, ſo verfährt man am beſten nach der ſphäriſchen Trigono-
metrie, nur findet hier der Uebelſtand ſtatt, daß man ſchrittweis triangu-
liren muß, und nicht jeden beliebigen Winkel ſogleich finden kann. Wer
dieß will, muß den Weg einſchlagen, welchen ich (Beiträge zur rechnenden
Kryſtallogr, Tübingen 1848. Univerſitätsprogramm pag. 21) ausgeführt
habe. Man kann da ganz allgemein nach den Geſetzen der Zonenlehre
ſämmtliche Flächen auf rechtwinkliche Axen (A = B = C = 1), aber
mit irrationalen Ausdrücken beziehen. Stricheln wir wie oben die [Axe]A
hinten und die B links, ſo iſt ;
=
;
=
. Wir haben die Buchſtaben A B C blos geſetzt, um zu
orientiren. Das Rechnen geſchieht nun mit der Winkelformel des regu-
lären Syſtems pag. 55.


Zwillinge ſind faſt ſämmtliche Kryſtalle. Wir danken darüber
Hrn. Dr. Kayſer (Pogg. Ann. 34. 109) eine ſcharfſinnige Auseinander-
ſetzung. Man ſpricht dabei viel von den Diagonalen der Schiefendfläche
P im Henhenoeder PTl: die lange entſpricht der Axe b, die kurze dagegen
der Naumann’ſchen Axe a, die wir α oder kurzweg ſchiefe Diagonale
nennen wollen, ſie geht der Kante P/M parallel.


1. Albitzwilling. Zwei Individuen habenM (c und α)
gemein und liegen umgekehrt. Zu dem Ende mache man ſich zwei
gleiche Modelle PTlM aus Holz. Daran bildet M ein Parallelogramm.
Beider M decken ſich dann auf zweierlei Weiſe: ein Mal ſpiegeln alle
4 Kryſtallräume, die Individuen liegen alſo parallel; das andere Mal
ſpiegelt blos M ein und P/P' machen einen aus- oder einſpringenden
Winkel von 172° 48′ = 2 • 86° 24′. Eine Folge davon iſt, daß in den
[191]I. Cl. 2te Fam.: Albit-, Periklinzwilling.
Zwillingsindividuen die Axe c und ſchiefe Diagonale α ein-
ander parallel gehen. Derſelbe Zweck wird erreicht, wenn
man ein Individuum in der Mitte parallel M durchſägt,
und die Hälften um 180° gegen einander verdreht. Durch
den Zwilling iſt jetzt eine höhere 2 + 1gliedrige Ordnung
hingeſtellt. Beim Oligoklas ſetzen ſich ganze Reihen von In-
dividuen (8) aneinander, woran je die P aller geraden und

[figure]

und aller ungeraden mit einander einſpiegeln. Es
wird das durch Streifungen auf P angedeutet, die
der ſchiefen Diagonale α parallel gehen, aber oft
ſo fein ſind, daß ſie nur der höchſten Aufmerkſam-
keit nicht entgehen.


[figure]

2. Albit analog dem Karlsbader Zwillingsgeſetz: Die
Individuen haben die Säule MTl gemein, und liegen umgekehrt, d. h.
der eine hat ſeinen Blätterbruch P hinten, der andere vorn. Liegen die In-
dividuen wie gewöhnlich mit M aneinander, ſo kreuzen ſich entweder die
ſtumpfen Winkel P/M (rechte, weil der Blätterbruch P rechts liegt), oder die
ſcharfen, linke. Alſo ganz die Abtheilungen wie beim Feldſpath. Man kommt
zu der Stellung, wenn man den einen um die [Axe]c (Säulenkante) 180° dreht.


Kayſer macht noch auf einen zweiten Fall aufmerkſam: ſie drehen
ſich 180° um eine Linie, die im M ſenkrecht auf Axe c ſteht, dann hätten
die Individuen nur M aus der Säule gemein (c parallel und α gekreuzt),
die andern Säulenflächen T und l würden widerſinnig liegen und nicht
einſpiegeln, auch würden ſich die ungleichnamigen Kanten P/M in M kreuzen.
Die Streifung P/T ſcheint zu beweiſen, daß dieß beim einfachen Zwilling
nicht vorkommt.


Vierling. Oft ſind ſolche Zwillingsindividuen ſchon Zwillinge
nach dem erſten Geſetz. Man kann die Sache einfach ſo
anſehen, daß ſich an dem Karlsbader Albitzwilling (2 und 3)
jederſeits noch ein Individuum (1 und 4) nach dem gewöhn-
lichen Albitgeſetz angelagert habe. Statt P haben wir dann
an einem Ende einſpringende, am andern ausſpringende
Winkel. Wie die Individuen 2 und 3, ſo haben auch 1
und 4 die Säule MTl gemein, und nur die Enden liegen
umgekehrt. Folge davon iſt, daß Individuum 1 • 3 und

[figure]

2 • 4 ihre Säulen widerſinnig legen, wenn dann aber z. B. zwiſchen 1
und 3 das zwiſchenliegende 2 verſchwindend klein werden würde, welche
Art Drillinge allerdings vorkommen, ſo würde das obigen 2ten Fall
Kayſers vom Karlsbader Albit-Zwillingsgeſetz geben.


Es kommt z. B. bei Schmirner Vierlingen ſehr ſchön vor, daß die
Individuen 1 • 3 und 2 • 4 ihre Säulen gemein haben,
dann liegen in den Säulen vorn alle T und hinten alle l,
und die beiden Individuen 1 und 2 haben oben vorn ihren
ausſpringenden Winkel P/P, 3 und 4 aber hinten ihren
einſpringenden. Auf dieſe Weiſe iſt die zweigliedrige Ord-
nung am vollkommenſten erreicht, indem auch beide Enden
des Vierlings gleich ſind, und ſich nicht ein Mal durch Aus-
ſpringen und Einſpringen mehr unterſcheiden.


[figure]
[192]I. Cl. 2te Fam.; Periklinzwilling, Albit.

3. Periklinzwilling: die Individuen legen ſich mit P ſo anein-
ander, daß die ſchiefe Diagonale α beiden gemein iſt, und auf M aus-
und einſpringende Winkel entſtehen. Die Säulenflächen liegen dabei

[figure]

widerſinnig. Mathematiſch kommt man dazu,
wenn man ein Individuum 180° um eine
Linie dreht, die in P ſenkrecht auf α ſteht.
Der Periklin kommt dem Albit entgegen im-
mer in ſo kurzen Säulen vor, daß ſich ſtatt
der ſtumpfen Säulenkante T/l die Schiefend-
flächen P/x in einer ſcharfen horizontalen Kante ſchneiden. Es findet ſich
kaum ein einfacher Kryſtall, ſondern alle zeigen M aus- oder einſpringend
nach Querlinien geknickt, die ungefähr der Kante P/M = α parallel gehen.
Oft klemmen ſich blos Zwillingsſtücke ein, ſo daß auch hier wieder eine
Reihenentwicklung Statt findet, worin alle geraden und ungeraden Zahlen
einander parallel gehen. Daß bei ſo eingeklemmten Stücken die Säulen-
flächen widerſinnig liegen, kann man deutlich beobachten, da T ſehr
blättrig iſt.


4. Periklin analog dem Bavenoer Zwillingsgeſetze. Zu Pfunders

[figure]

in Tyrol kommen weiße Kryſtalle
von ½ Fuß Länge mit Chlorit
bedeckt vor, dieſelben zeigen viele
Knicke und Streifen, was ent-
ſchieden auf Zwillingsbildung
deutet. Solche Zwillinge legen
ſich nun zu zwei mit ihrem P
aneinander und ſo gegenüber, wie die Individuen 1 und 3 beim Bave-
noer Geſetz. Es ſcheint P beiden ſo gemein zu ſein, daß ſowohl b als α
aufeinander fallen, es müſſen daher in ihrer umgekehrten Lage T und l
beide mit einander correſpondiren. Dann entſteht auf M hüben ein aus-
ſpringender und drüben ein einſpringender Winkel. Man drehe alſo blos
ein Individuum auf P um 180°. Würden T und l nicht correſpondiren,
d. h. würde man ein Individuum 180° um α drehen, ſo gäbe es auf M weder
aus- noch einſpringende Winkel, was nicht der Fall. Nun legt ſich da-
gegen ein dritter Zwilling (2), welcher ſeinen erſten Blätterbruch unge-
fähr ſo legt, wie die beiden erſten (1 und 3) ihren 2ten hatten. Wenn
dazu nun ein 4tes käme, ſo wäre der Achtling geſchloſſen. Die Kryſtalle
ſind durch den Chlorit zu undeutlich, als daß man ihre Lage genau er-
mitteln könnte. Auch ſind im Ganzen derartige Unterſuchungen ſo mi-
nutiös, daß von einer mathematiſchen Sicherheit überhaupt nicht die Rede
ſein kann. Aber aus der ganzen Gruppirung geht hervor, daß hier durch
den Achtling eine vollkommene viergliedrige Ordnung hergeſtellt iſt.


Hauptvarietäten ſind etwa:


a) Albit mit obigen Winkeln, Härte 6, Gew. 2,63. Von großer
Klarheit mit Bergkryſtall am St. Gotthardt, in der Dauphinée, im Ziller-
thal ꝛc. Aus dem Feldſpath von Hirſchberg, Baveno, Mähren ꝛc. ſchwitzt
er kryſtalliniſch heraus. Eingeſprengt findet er ſich in den Graniten
mitten zwiſchen Kalifeldſpath, dieſer hat dann auch eine trübe Farbe, ſo
z. B. im Bavenoer Granit, nimmt auch fleiſchrothe Farbe an, wie in
[193]I. Cl. 2. Fam.: Periklin, Oligoklas, Andeſin, Labrador.
Sachſen. Es iſt in ſolchen Fällen aber um die mineralogiſche Unter-
ſcheidung eine mißliche Sache. Ṅa S⃛i + A̶⃛l S⃛i3, ſchwer ſchmelzbar wie
Feldſpath, färbt aber die Flamme gelb, das Gelb eines ruhig brennenden
Kerzenlichtes. 69,3 S⃛i, 19,1 A̶⃛l, 11,6 Ṅa.


b) Periklin in den Alpen leicht durch ſeine Farbe und ſeine conſtante
eigenthümliche Kryſtalliſation vom Albit zu unterſcheiden, wenn man auch
auf die kleinen Winkelunterſchiede (T/l = 120° 37′, P/M = 86° 41′)
gar kein Gewicht legen will. Der Kaligehalt von 2,5 p. C. kann freilich
nichts beweiſen, da man heute weiß, wie leicht ſich Natron und Kali aus-
tauſchen.


c) Oligoklas (ὀλίγος wenig), weil Breithaupt T und o weniger
blättrig als beim Albit fand. In Norwegen und Schweden kommt er in
weißen großblättrigen Parthien vor, welche auf P eine große Menge
Zwillingsſtreifen zeigen. Er ſteht übrigens dem Albit ſo nahe, daß man
ihn mineralogiſch kaum trennen kann, daher wurde er auch lange nach
Breithaupts Beſtimmung immer noch für Albit angeſprochen. Doch iſt
er etwas kieſelerdeärmer und kalkreicher als Albit, vielleicht auch etwas
ſchwerer 2,68 Gew., und jedenfalls etwas ſchmelzbarer. Scheerer fand
im Sonnenſtein von Tvedeſtrand 61,3 S⃛i, 23,8 A̶⃛l, 4,8 Ċa, 8,5 Ṅa,
1,3 K̇a, darnach (Ṅa, Ċa) S⃛i + A̶⃛l S⃛i2. So daß die Formel im 2ten
Gliede abweicht. Im Granite vom Rieſengebirge ſoll er ganz gewöhnlich
ſein (Pogg. Ann. 56. 617), beſonders auch in dem zum Bauen viel ver-
wendeten Granit von Finnland, Rapakivi genannt, der bekannte grüne
antike Porphyr (Lapis Lacedaemonius) enthält ihn. Jedenfalls begeht man
aber keinen bedeutenden Fehler, wenn man ſolche Minerale noch zum
Albit ſtellt.


d) Andeſin nannte Abich den glaſigen Albit aus den Trachyten der
Anden, die L. v. Buch mit ſo vielem Nachdruck als ein beſonderes Ge-
ſtein (Andeſit) von unſern europäiſchen Trachyten, die nur glaſigen Feld-
ſpath enthielten, geſchieden wiſſen wollte (Pogg. Ann. 37 189). Allein
auch dieſer Albit wurde heutiges Tages ein Pſeudo-Albit von der Formel
(Ṅa, Ċa)3S⃛i2 + 3 A̶⃛l S⃛i2 mit 59,6 S⃛i, 24,3 A̶⃛l, 1,6 F̶⃛e, 5,8 Ċa, 1,1 Ṁg,
1,1 , 6,5 Ṅa. Mineralogiſch hielt man ihn früher allgemein für ächten
Albit. Andere Chemiker haben darüber wieder anders geurtheilt, und aller-
dings kann bei ſo verwandten Dingen die Analyſe allein kaum entſcheiden.


3. Kalkfeldſpäthe.


Die Kieſelerdeärmſten kommen meiſt mit Augit zuſammen in glaſigen
wie friſchen Geſteinen vor. Zwar ſind ſie nicht ganz frei von Natron
und Kali, wie umgekehrt auch die Kali- und Natronfeldſpäthe nicht ganz
der Kalkerde entbehrten, allein die Kalkerde herrſcht entſchieden vor. Können
durch bloße Säuren aufgeſchloſſen werden. Denkt man ſie ſich mit Waſſer
verbunden, ſo entſtehen die Formeln einiger ausgezeichneten Zeolithe, was
zu manchen Wechſelwirkungen dieſer beiden Mineralabtheilungen führte.


Labrador. Wegen ſeines ſchönen Farbenſpiels wurden die Miſ-
ſionäre der deutſchen Brüdergemeinde auf der St. Paulsinſel an der La-
bradorküſte ſchon im vorigen Jahrhundert auf ihn aufmerkſam. Er findet
Quenſtedt, Mineralogie. 13
[194]I. Cl. 2te Fam.: Anorthit.
ſich daſelbſt in Geſchieben, auf ganz gleiche Weiſe fand man ihn dann
auch unter den nordiſchen Geſchieben der germaniſch-ſarmatiſchen Ebene.
Obgleich ſchon Klaproth darin 11 p. C. Kalkerde nachwies, ſo ver-
wechſelte ihn Werner doch noch mit dem labradoriſirenden Feldſpath
von Norwegen, erſt ſeit G. Roſe (Gilbert’s Ann. 73. 194) wird dieſe
Verwechſelung allgemein vermieden. Kryſtalliſirt wie Albit, auch der
Winkel P/M ſcheint der gleiche (ungefähr 86\frac{1}{2}°), aber der dritte Blätter-
bruch T liegt nicht wie beim Albit an der ſtumpfen, ſondern an der
ſcharfen Kante P/M, doch iſt er ſo undeutlich, daß ich ihn an gut geſchla-
genen Stücken nicht mit Sicherheit von l zu unterſcheiden wagen möchte.
Das ſchöne Farbenſpiel von Blau, Grün und Roth findet auf M Statt,
wodurch ſich die Stücke leicht vom labradoriſirenden Feldſpath pag. 187
unterſcheiden, auch iſt M viel undeutlicher blättrig. Auf P findet man
häufig zahlloſe Zwillingsſtreifen parallel der ſchiefen Diagonale a : c.
Dünne Blätter ſcheinen ſtark durch, Farbe gewöhnlich ſchwarzgrau. Gew.
2,7 und Feldſpathhärte. Er ſchmilzt etwas leichter als Feldſpath, und
beſteht aus (Ċa, Ṅa) S⃛i + A̶⃛l S⃛i, etwa 54,6 S⃛i, 27,9 A̶⃛l, 12 Ċa, 5,4 Ṅa.
Die ſchönſten ſtark farbeſpielenden kommen zum Theil in großen Blöcken von
der nordamerikaniſchen Küſte Labrador. Dann bildet er aber auch einen
weſentlichen Gemengtheil augitiſcher Gebirgsarten, friſch in der Gabbro
von Le Preſe im Veltlin mit vielen Streifen auf P und Zwillingen analog
dem Karlsbadergeſetz; glaſig in den Augitlaven, von beſonderer Schönheit
im Val del Bove am Aetna. Freilich kann man den glaſigen äußerlich
nicht unterſcheiden von


Anorthit (ἄνορϑος nicht rechtwinklig) G. Roſe Gilbert’s Ann.
73. 197, Christianite und Biotina Monticelli 1825 Mineralogia Vesuviana
438, aus den Kalkblöcken oder den ihnen anhängenden Glimmerfelſen mit
grünem Augit, welche zerſtreut an den Abhängen der Somma liegen.
Kleine aber wohl gebildete glaſige Kryſtalle mit großem Glanz und vielen
Flächen. P/M 85° 48′, T/l 120° 30′, M/T 117° 28′, M/T 110° 57,
P/l = 114° 22′. Die Flächen der P ſind blättrig, dagegen iſt T glän-
zender als l, obgleich über die Blättrigkeit derſelben nicht entſchieden
werden kann. Da der Winkel P/T kleiner iſt als P/l, ſo läge T, umge-
kehrt wie beim Albit, der ſcharfen Kante der Blätterbrüche P/M an. Das

[figure]

ſcheint unwahrſcheinlich, daher wäre es paſſender
geweſen, G. Roſe hätte die Buchſtaben T und l
vertauſcht, und nicht gegenſinnig mit den Albit-
winkeln genommen. Mit der Formkenntniß des
Feldſpaths ſind dieſe überaus zierlichen Kryſtalle oft
leichter als die Natronfeldſpäthe zu erkennen. Außer
P M T l kommen die Schiefendflächen x y q und vorn
die beim Feldſpath ſo ſeltene t = ⅕a : c : ∞b vor;
ferner die Augitpaare iſt oo', nn', u', vv' und die
Säule zz'. Vorn ſieht man auch öfter eine m = ⅓a : ½b : c, kurz alles
wie beim Feldſpath. Es fehlen auch die Zwillinge nicht, namentlich häufig
der Albitzwilling mit einſpringenden Winkeln von 171° 36′ auf P. Gew.
2′76. Die chemiſche Formel Ċa3 S⃛i + 3 A̶⃛l S⃛i weicht freilich von den
gewöhnlichen Feldſpathformeln weſentlich ab, was bei ſeiner Formenähn-
lichkeit unangenehm auffällt, doch fand Abich (Pogg. Ann. 51. 522) 44 S⃛i,
[195]I. Cl. 2te Fam.: Lithionminerale.
35 A̶⃛l, 19 Ċa, aber bemerkt auch ausdrücklich, wie ſchwer es halte, reine
Subſtanz zu bekommen. Shepard in Südcarolina (Silliman’s Amerc.
Journ. 2 ser. II.
381) beweist, daß das weiße Mineral mit Feldſpathform
und einſpringenden Winkeln auf P im Meteorſtein von Juvenas Anorthit
ſei. Bournon’s Indianit (Phil. Transact. 1802. 233) nach Brooke eine
blättrige Säule von 95° 15′, in Indien das Muttergeſtein des Korunds
bildend, ſcheint auch nach der Analyſe hierhin zu gehören.


Sauſſurit wurde von dem berühmten Alpenreiſenden in Geſchieben
am Genferſee, bei Turin ꝛc. gefunden. Er hieß es Jade, die ſich leicht
an dem grünen mitvorkommenden Diallag erkennen läßt. Eine graue,
ſehr zähe, hornſteinartige Subſtanz, 3,2 Gew. und Feldſpathhärte. Schmilzt
ſchwer an feinen Kanten. Klaproth gab darin 44 S⃛i, 30 A̶⃛l, 6 Ṅa, 4 Ċa
an. Gewöhnlich belegt man die dichte Feldſpathmaſſe in den Gabbro-
geſteinen mit dieſem Namen, vielleicht verhält ſie ſich zum Labrador, wie
der Feldſtein zum Feldſpath.


4. Lithionminerale.


Das Lithion findet ſich in nicht ſonderlicher Menge, und läßt ſich
häufig ſchon durch purpurrothe Färbung der Flamme erkennen, beſonders
„wenn man an glühende Splitter in der Pincette ſaures ſchwefelſaures
Kali anſchmilzt und weiter darauf bläst.“ Auch ſcheint es keine eigent-
lichen Lithionfeldſpäthe zu geben. Doch nennen wir hier vor allem den


Petalit (πέταλον Blatt). Andrada (Scherers Journ. Chem. IV.36)
beſchreibt ihn ſchon 1800 von der Inſel Utö ſüdlich Stockholm, aber man
blieb darüber lange ungewiß, bis endlich wieder gefunden Arfedſon darin
1818 das Lithium (λιϑείον ſteinern), ein dem Steinreich ausſchließlich
angehöriges Alkali, entdeckte.


Kryſtallſyſtem unbekannt: Zwei ungleiche Blätterbrüche bilden
ungefähr einen Winkel von 141°, der erſte davon iſt deutlich, der zweite
davon kann im dunkeln Zimmer noch zum ungefähren Meſſen benützt
werden. Ein dritter freilich oft kaum bemerkbarer ſtumpft die ſcharfe
Säulenkante der rhomboidiſchen Säule ſchief ab, und ſoll mit 1 etwa
170°, folglich mit 2 etwa 102° bilden. Der Querbruch eigenthümlich
matt erinnert an den Querbruch vom Diallag. Milchweiß, öfter ein Stich
ins röthliche durch Mangan, wie der mitvorkommende Lithionglimmer.
Feldſpathhärte. Gewicht aber nur 2,43.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er leichter als Feldſpath und färbt dabei
die innere Flamme ſehr ſchön purpurroth. Von Säuren wird er nicht
angegriffen. 3 (L̇i, Ṅa) S⃛i2 + 4 A̶⃛l S⃛i3, etwa 77 S⃛i, 18 A̶⃛l, ältere Ana-
lyſen gaben reichlich 5 L̇i an, allein Hagen (Pogg. Ann. 48. 361) hat
bewieſen, daß daſſelbe aus 2,7 L̇i und 2,3 Ṅa beſtehe. Das Mineral
kommt in großen körnigen Maſſen auf den Magneteiſen-Lagerſtätten von
Utö mit andern Lithionmineralen vor. Breithaupt’s Kaſtor aus Druſen-
räumen des Albits von Elba, von quarzartigem Ausſehen, ſcheint nach
G. Roſe (Pogg. Ann. 79. 162) Petalit zu ſein, aber ohne Natron, 2,7 L̇i.
Vergl. auch Zygadit (Pogg. Ann. 69. 441) von Katharina Neufang bei
Andreasberg mit albitartigen Zwillingen.


13*
[196]I. Cl. 3te Fam.: Glimmer.

Spodumēn Andrada (von σποδύω?) Hauy’s Triphan nach ſeinem
3fachen Blätterbruch, zwei undeutliche Blätterbrüche ſchneiden ſich unter
87° und 93°, die ſcharfe Kante ſtumpft der erſte blättrige Bruch gerade
ab, nach welchem das Mineral gern ſtrahlig und ſchaalig wird. Dieſe
Winkel ſtimmen mit Augit, und neuerlich entdeckte Hartwall in den Quarz-
adern des Glimmerſchiefers von Norwich in Maſſachuſets fußlange Strahlen
und 1\frac{1}{2} Zoll dicke Kryſtalle, deren Bildung dem Augit vollkommen zu ent-
ſprechen ſcheint (Silliman Amer. Journ. 2 ser 10. 119 und 265). Berg-
grüne Farbe. Härte 6—7, Gew. 3,2. Man kann die Strahlen nament-
lich auch wegen ihrer ſchaaligen Abſonderung leicht mit gewiſſem Diopſid
und Epidot verwechſeln, aber vor dem Löthrohr färbt er die Flamme
purpurroth, da kleine Splitter ſehr leicht ſchmelzen.


(L̇i, Ṅa)3S⃛i2 + 4 A̶⃛l S⃛i2, 65 S⃛i, 29 A̶⃛l, 5,5 L̇i, 0,46 Ṅa.


Eine ſolche Zuſammenſetzung läßt ſich mit Augit ſchwer vereinigen,
und doch bringt Rammelsberg (Pogg. Ann. 85. 552) das Atomvolumen
44 heraus, was genau das doppelte von Augit ſei, wodurch man den
Iſomorphismus erklären will. Auf Utö kommt er in einem granitiſchen
Gemenge mit rothem Feldſpath vor, in Tyrol zu Valtigl bei Sterzing,
Liſens ꝛc.


Hauptmineral für Gewinnung des Lithion iſt der Lithionglimmer von
Rozena 3,6 L̇i. Es haben der ſeltene Amblygonit 6 L̇i, Triphylin 3,4 L̇i,
Lithionturmalin, Rhodizit.


III. Glimmer.


Glimmer, iſt ohne Zweifel von den Alten gekannt, aber man findet
den Namen nicht, Agricola 696 begreift ihn unter mica et felium argen-
tum,
Katzenſilber, weil ſeit alter Zeit in den glitzernden Blättchen
der gemeine Mann Silber vermuthete. Von dieſem Glänzen (Glimmern)
ſtammt auch der alte Bergmänniſche Name (mica Krume, micare Glitzen).
Mineralogiſch iſt man ſelten im Zweifel, was man zur Glimmergruppe
ſtellen ſoll, denn alle haben einen ſo ausgezeichneten Blätter-
bruch
mit Perlmutterglanz, daß ſie in dieſer Beziehung von keinem an-
dern Minerale erreicht geſchweige denn übertroffen werden. Ueber


das Kryſtallſyſtem herrſchen noch Zweifel. Hauy beſchreibt ſie
als rhombiſche Tafeln M = a : b : ∞ c von 120°, deren ſcharfe Kante

[figure]

durch r = b : ∞a : ∞c abgeſtumpft wird. Die Gradend-
fläche P = c : ∞a : ∞b bildet den Blätterbruch. Solche
ausgezeichneten rhombiſchen Tafeln finden ſich im Granit
von Zwieſel und Lam in Bayern, man kann hier an
der Rechtwinklichkeit der Säule zum Blätterbruch gar nicht zweifeln.
Dufrénoy erwähnt vom Baikalſee Rhombenoktaeder b' = a : b : c, welche
mit P ungefähr 95° machen, dazu kommt eine Zuſchärfung e' = ½b : c : ∞a,
die folglich auch gegen P 95° bilden muß, was zu einem dihexaedriſchen
Ausſehen verleitet. Dagegen hat G. Roſe (Pogg. Ann. 61. 383) ſchwärz-
lich grüne Glimmer aus den Somma-Auswürflingen gemeſſen, deren
Säule M/M 120° 46′ betrug, deren Blätterbruch P aber ſchief gegen die
Säulenflächen ſtand, und zwar P/M 98° 40′ und P/r 90°. Darnach müßte,
[197]I. Cl. 3te Fam.: Glimmer.
wenn die vermeintliche Säule M nicht Oktaeder e' iſt, der Glimmer
2+1gliedrig ſein. Dieſe Winkel ſtimmen mit den alten Meſſungen von
Phillips ganz genau, der außerdem noch angibt: vorn zwei Augitpaare
m und f mit den Winkeln P/f = 135° 16′ und P/m = 121° 45′, hinten
ebenfalls zwei g und h mit P/g = 107° 5′ und P/h = 83° 2′. Ferner
zwiſchen P und der Abſtumpfung der ſcharfen Säulenkante r, alſo aus
der Diagonalzone von P, drei Paare e n o, P/e = 114° 30′, P/n =
94° 30′, P/o = 92° 55′. Endlich noch ein eigenthümliches Paar l,
ſcheinbar zwiſchen h und o gelegen, doch ſoll P/l 100° 20′ ſein. Die Kryſtalle
ſtammten wahrſcheinlich auch vom Veſuv. Kenngott (Pogg. Ann. 73.
602) beſchreibt eine große Glimmerplatte von Monroe in New-York mit
rhombiſcher Säule von 68°, und auf dieſe ſcharfe Kante ſetzt ſich der blätt-
rige Bruch als Schiefendfläche mit P/M = 109° auf. Kobell beſchreibt
ſogar ähnliche Tafeln mit doppeltſchiefer Endfläche, ſo daß das Syſtem
eingliedrig wäre. Dazu kommt der ausgezeichnete


rhomboedriſche Glimmer von Monte Roſa mit einem Rhom-
boeder von 63° 15′ in den Endkanten, ſiehe unten.


Optiſch unterſcheidet man einaxigen Glimmer, dieſer müßte nach
den gewöhnlichen Regeln rhomboedriſch oder ſechsgliedrig ſein. Legt man
ein Blättchen zwiſchen gekreuzte Turmalinplatten, ſo bleibt es bei jeder
beliebigen Drehung des Blättchens dunkel. Das ſchwarze Kreuz nimmt
das Centrum ein. Häufiger findet ſich der zweiaxige, welcher bei
einer Kreisdrehung vier Mal dunkel und vier Mal hell wird: dunkel ſo
oft eine Polariſationsebene des Glimmerblättchens mit einer des Apparats
zuſammenfällt. Aber der Winkel der optiſchen Axen weicht bei den ein-
zelnen Varietäten ſo ab, daß hier noch weniger Sicherheit als bei der
Kryſtallform ſtattfindet, beſonders ſeitdem Senarmont (Ann. Chim. et
Phys. 3 ser. 1852. tom.
34.) gezeigt hat, daß ſich gar kein conſtantes
Winkelverhältniß vorfinde, ja ſogar zwiſchen zwei- und einaxigen ein
Uebergang daſei: Selbſt die Ebene der Optiſchen Axen falle bald mit
b c bald mit a c zuſammen! Letzteres könnte übrigens nur auf die Symme-
trie der Säule hindeuten, ob der Blätterbruch auf den ſtumpfen oder
ſcharfen Säulenwinkel aufgeſetzt iſt. Endlich hat Blacke (Silliman Amer.
Journ. 2 ser
12. 6) eine Vorrichtung gefunden, wodurch man erkennt, daß
die ſogenannten optiſch einaxigen in der That auch optiſch zweiaxig ſind,
nur iſt der Winkel der Axen ein ſehr kleiner. Dann könnte es keinen
rhomboedriſchen Glimmer geben. Es kommen ſogar Blätter vor, die an
einer Stelle 2axig, an der andern 1axig ſich verhalten! Vergleiche auch
Dove Pogg. Ann. 89. 322. H. = 1 — 3, Gew. 2,78—3. Starker Perl-
mutterglanz auf dem blättrigen Bruch, quer kann man ihn gar nicht brechen.
Trübe Farbe aber viel Durchſcheinenheit bis zur Farbloſigkeit. Durch-
ſichtige Blättchen zwiſchen den Fingern gerieben werden leicht elektriſch,
und behalten die Elektricität lange.


Vor dem Löthrohr leicht und ſchwer ſchmelzbar bis faſt zum un-
ſchmelzbaren. Von Säuren bald wenig, bald ſtark angegriffen. S⃛i, A̶⃛l,
K̇a, Ṁg, L̇i, Ḟe, Ḣ̶. Ein Fluorgehalt nimmt mit dem Eiſengehalt zu
und ab, und ſoll die Stelle des Sauerſtoffs vertreten.


Der Glimmer ſpielt eine wichtige Rolle ſeit den älteſten Urgebirgs-
[198]I. Cl. 3te Fam.: Kaliglimmer.
geſteinen bis in unſere brennenden Vulkane hinein. Die neuern ſind ein
wenig ſpröder und nicht ſo friſch als die ältern. Mitſcherlich (Abh. Berl.
Akad. Wiſſ. 1822) hat ſogar eine glimmerartige Subſtanz nachgewieſen,
die ſich früher in den Kupferſchlacken von Garpenberg in Schweden ge-
bildet hat. Deshalb müſſen wohl die meiſten Glimmerarten auf heißem
Wege entſtanden ſein, wenngleich Andeutungen für naſſe Bildung pag.
185 vorkommen, und namentlich die Talke auf eine großartige Metamor-
phoſe durch cirkulirende Gewäſſer hinzuweiſen ſcheinen.


Nur wenige Minerale bilden eine ſo natürliche Gruppe durch ihr
Ausſehen, als die Glimmer, woran beſonders der ausgezeichnete blättrige
Bruch die Schuld trägt. Man kann die Blättermaſſe ſchon mit dem
bloßen Finger und nicht ſelten in ſo feine Blättchen theilen, daß ſie wie
die Oberfläche der Seifenblaſen die brennendſten Regenbogenfarben reflek-
tiren. Und doch ſind dieſe Blättchen ihrem Inhalte nach ſo verſchieden, daß
man alle möglichen Hypotheſen verſucht hat, um ſie in ein Geſammtbild
zu bringen. Chemiker, denen dieß nicht gelang, haben die einzelnen
Arten, in ſehr unnatürlicher Weiſe, an verſchiedenen Stellen untergebracht.
Das heißt aber der Sache Gewalt anthun. Während andererſeits die
an dem Rande eines Abgrundes zu ſtehen ſcheinen, welche durch „hetero-
mere“ Formeln (Herrmann in Erdmanns Journ. prakt. Chem. 1851. Bd.
53 pag. 1) ein Licht aufzuſtecken meinen.


1. Kaliglimmer, optiſch 2axig, unter allen bei weitem der verbreitetſte,
daher Mica Agricola 608 in lapidibus, marmoribus, arenis lucet . . . .
metallici nostri nominant vocabulo ex fele et argento composito.
Unter
Marmor muß man hier den Granit verſtehen. Plinius 36. 46 ſagt:
in Arabia quoque esse lapidem vitri modo translucidum, quo utantur pro
specularibus,
das mag wohl der Glimmer ſein, obgleich man vor der
Verwechſelung mit Gyps nicht ſicher iſt, wie noch heute das Volk beide
unter dem Namen Marienglas begreift.


In hohem Grade elaſtiſch biegſam. Härte 2—3, Gew. 2,8—3.
Graue, gelbe, grüne, braune, röthliche ꝛc. Farben. Häufig ſcheinbar ganz
undurchſichtig, aber mache man die Blätter nur dünne genug, ſo laſſen
ſie Licht durch. Durch Verwitterung oder künſtliches Glühen nehmen die
ſchwarzen öfter ein tombackbraunes halbmetalliſches Anſehen an (Katzen-
gold).


Wird weder von Schwefel- noch Salzſäure angegriffen, ſchmilzt im
allgemeinen ſchwer, doch täuſcht die Dünne der Blättchen leicht. Als ein
weſentlicher Beſtandtheil der Granite und Gneuſe nähert er ſich unter
allen Glimmerarten am meiſten dem Feldſpath, daher hat H. Roſe ſchon
in Schweiggers Journ. 21. 282 die Formel K̇ S⃛i + 4 A̶⃛l S⃛i aufgeſtellt,
die Analyſe gab im Glimmer von Utö 47,5 S⃛i, 37,2 A̶⃛l, 3,2 F̶⃛e, 9,6 ,
0,56 Fl, 2,6 Ḣ̶. Ein brauner von Cornwall enthält ſogar nach Turner
2,7 Fl. Freilich kommen einzelne Analyſen vor, die einen viel geringern
Thonerdegehalt angeben.


In Sibirien kommen ſo große und klare Abänderungen vor, daß
man dieſelben in Rußland als Fenſterglas benutzt, daher Ruſſiſches Glas
genannt. Man kann ſie ſchneiden und nähen, ſie überfrieren im Winter
nicht, zerſpringen nicht bei ſtarken Lufterſchütterungen. Die grobkörnigen
[199]I. Cl. 3te Fam.: Lithion- Magneſiaglimmer.
Granite von Bodenmais, Aſchaffenburg, Schweden liefern auch große
Platten. Meiſtens ſind jedoch die Blätter klein, nehmen in derben Stücken
zuweilen ein blumig blättriges Gefüge an (Preßburg). Eigenthümlich
ſind die Glimmerkugeln von Hermanſchlag in Mähren, woran brauner
Glimmer mit faſrigem Strahlſtein concentriſch wechſellagert.


2) Lithionglimmer ſchmilzt mit Aufwallen und färbt dabei die
Flamme ſchön purpurroth. Die pfirſichblüthrothen optiſch 2axigen Blätter
aus dem Granit von Chursdorf ſchmelzen ſchon im bloßen Kerzenlicht.
Ch. Gmelin machte zuerſt auf das Lithion in dem Glimmer aufmerkſam
(Gilberts Ann. 64. 371), zugleich ſind es die Fluorreichſten, das bei denen
von Murſinsk auf 10,4 Proc. ſteigen ſoll. Ueber die Formel ſchwebt
man noch im Unſichern. Für die Fluorreichſten ſchlägt Rammelsberg vor,
(Li, Na, Ka) F̶l + (A̶⃛l, M̶⃛n) S⃛i2. Concentrirte Schwefelſäure greift ihn
ſchon an. Man kann hauptſächlich zweierlei Varietäten unterſcheiden


a) Lepidolith, pfirſichblüthroth durch etwas Manganoxyd, bildet
Lager oder eingeſprengte Maſſen von derbem körnigem Gefüge im Urge-
birge. Der erſte für die Darſtellung des Lithion ſo wichtige kam vom
Berge Hradisko bei Rozena (ſprich Roſchna) in Mähren (Bergmänn.
Journ. VI. 1. pag.285), und wurde nach ſeiner Farbe auch wohl Lilalith
genannt, ſehr ſchön großblättrig findet er ſich optiſch 2axig zu Chursdorf,
Scheitansk und Murſinsk am ſüdlichen Ural, Paris im Staate Maine
mit grünem Turmalin, Utö. Ueberall mit Lithionmineralen zuſammen.


b) Zinnwaldit nannte Haidinger die grauen auf den Zinnſtein-
gängen von Sachſen, ſie ſind optiſch 2axig, und kommen in ſechsſeitigen
Tafeln vor, welche mit den Kanten aufwachſen. Der blättrige Bruch zeigt
öfter eine federartige Streifung, was man mit Zwillings-
verhältniſſen in Verbindung zu bringen ſucht. Ob mit Recht?
Intereſſant ſind die grünſchuppigen Säulen zwiſchen weißen
Quarzkryſtallen von Rozena, dieſelben gleichen innen auf
dem Blätterbruch einem Perlglimmer mit ſcharfen Umriſſen
der ſechsſeitigen Säule, um welche ſich ein Kranz von ſchup-

[figure]

pigen Strahlen angeſetzt hat.


3) Magneſiaglimmer, meiſt optiſch einaxig (Biotit), derſelbe iſt zwar
viel ſeltener, doch iſt der lauchgrüne, im reflektirten Lichte ganz ſchwarze,
aus dem Granit (Miascit) des Ilmengebirges am Südural ſehr bekannt.
Roſe gibt davon Kryſtalle von 6″ Höhe und 9″ Breite an, es kommen
Platten von 3\frac{1}{2}′ Durchmeſſer vor, ja Hauy erwähnt ſchon ſolche von
25 Quadratfuß. Merkwürdiger Weiſe ſtimmen chemiſch die ſchwarz-
grünen Kryſtalle in den Auswürflingen der Somma mit dem beſten
Magneſiaglimmer (Chodnew Pogg. Ann. 61. 381), und doch ſind es mi-
neralogiſch die einzig meßbaren, welche entſchieden dem 2+1gliedrigen
Syſteme angehören, und darnach nicht optiſch 1axig ſein könnten. Dennoch
ſind die Veſuviſchen 1axig, ob auch die meßbaren? Einaxig ſind ferner die dun-
kelfarbigen Glimmer aus den Baſaltiſchen Tuffen von Bilin, vom Lacherſee,
der ſchwäbiſchen Alp ꝛc., denn die kleinſten durchſichtigen Splitter genügen
zur Unterſuchung im Nörrenbergiſchen Polariſationsapparat. Da ſie nun
auch im Kalkſtein von Pargas, bei Sala, Monroe, in Grönland vor-
[200]I. Cl. 3te Fam.: Chlorit.
kommen, ſo fehlt es grade nicht an ihrer Verbreitung. Aeußerlich kann
man ſie von den vorigen nicht unterſcheiden, allein von concentrirter
Schwefelſäure werden ſie zerſetzt, nur die Kieſelerde bleibt in dünnen Blätt-
chen zurück. (Ṁg, Ḟe, K̇a)3S⃛i + (A̶⃛l, F̶⃛e) S⃛i, etwa 40 S⃛i, 19 F̶⃛e,
12,6 A̶⃛l, 15,7 Ṁg, 5,6 , Flußſäure, die alpiniſchen häufig etwas
Titanhaltig. Die Veſuviſchen haben 24,5 Ṁg, von Baikalſee ſogar 26 Ṁg.
Der große Talkerdegehalt führt uns zum


4) Chlorit, χλωρός grün, nach ſeiner ſchwärzlich grünen (Berg-
grünen) Farbe paſſend genannt. Da er in den Alpengegenden ſo aus-
gezeichnet auftritt, ſo wurde hauptſächlich von Sauſſure auf ihn hinge-
wieſen. In Beziehung auf ſeine äußern Kennzeichen hält er durchaus
die Mitte zwiſchen dem eigentlichen Glimmer und Talk, daher iſt die

[figure]

Entſcheidung öfter nach einer der beiden Seiten hin nicht mög-
lich. Durch ſein Vorkommen neigt er ſich mehr zum Talk. Die
ſchönſten ſcheinbar rhomboedriſchen und daher optiſch einaxigen
Kryſtalle von entenblauer Farbe ſtammen aus den Penniniſchen
Alpen von Zermatt im Hintergrunde des Matterthales am Fuße
des Monte Roſa (Fröbel’s Pennin. Pogg. Ann. 50. 523). Ihre
ſcharfen Rhomboeder 63° 15′ in den Endkanten bilden öfter
Zwillinge, welche den blättrigen Bruch gemein haben. Die
dunkelgrünen garben- und fächerförmigen Säulen vom St. Gotthart krüm-
men ſich ſo in einander, daß man mit Mühe den Blätterbruch daran
freilegen kann. Deutliche Kryſtalle kommen am Schwarzenſtein im Ziller-
thal und zu Achmatowſk im Ural (G. Roſe Reiſe Ural II.125) vor, die

[figure]

Kobell als Ripidolith (ῥιπίς Fächer) ſchied. Ja die ſchönen
grünen Säulen mit Granat und Diopſid im Alathal zeigen
eine ausgezeichnet wurmförmige Krümmung, woran der
Blätterbruch immer ein ziemlich deutliches Sechseck bildet.
Die Kryſtalle, zumal die ruſſiſchen, zeigen einen ſchönen
Dichroismus, indem ſie längs der Axe lauchgrün, quer dagen hyazinthroth
durchſcheinen. Die Elaſticität der Blätter ſteht zwiſchen Talk und Glimmer
Kokſcharow (Pogg. Ann. 85. 519) ſucht darzuthun, daß kryſtallographiſch
Chlorit, Ripidolith, Pennin, Kämmererit ꝛc. nicht verſchieden ſeien, und
fand das Rhomboeder des Ripidoliths von Achmatowſk 75° 22′ in den
Endkanten, davon ausgehend hätte das Rhomboeder des Pennins den
Ausdruck c : \frac{5}{12}a : \frac{5}{12}a : ∞a. Derſelbe zeigt viele Flächen an den Ruſſi-
ſchen nach, die aber leider meiſt ſehr unwahrſcheinliche Ausdrücke haben.


Dieſelbe und vielleicht noch größere Schwierigkeit tritt chemiſch ein.
Vor dem Löthrohr brennen ſie ſich weiß oder doch lichter, ſchmelzen aber
ſehr ſchwer. Im weſentlichen ſind es waſſerhaltige Talkglimmer, die ihre
Färbung Eiſen verdanken. Die Oxydationsſtufe des Eiſens läßt ſich jedoch
nicht mit Sicherheit beſtimmen. Nach Rammelsberg (Pogg. Ann. 77. 426)
gehört zu den eiſenärmern daher lichtfarbigern Kobell’s Ripidolith (nicht
Roſes) 3 Ṁg3 S⃛i + A̶⃛l2 S⃛i + 9 Ḣ̶ mit 31,5 S⃛i, 16,7 A̶⃛l, 3,4 F̶⃛e, 3 Ḟe,
32,6 Ṁg, 12,4 Ḣ̶, wovon ſich der Pennin und Leuchtenbergit bei Slatouſt
im Ural nicht unterſcheidet. Der eiſenreichere und daher dunkelfarbigere
Chlorit, den G. Roſe umgekehrt Ripidolith zu nennen vorſchlug,
3 (Ṁg, Ḟe)3S⃛i + (A̶⃛l, F̶⃛e)3S⃛i + 9 , unterſcheidet ſich nur durch den größern
[201]I. Cl. 3te Fam.; Talk, Pyrophyllit.
Gehalt an R̶⃛: 25,4 S⃛i, 18,5 A̶⃛l, 13,2 F̶⃛e, 16,9 Ḟe, 17,1 Ṁg, 8,9 Ḣ̶.
Der Chlorit von Mauléon in den Pyrenäen iſt ganz eiſenfrei, daher ſehr
hellgrün, wie die wurmförmigen Säulen im Alathal, und enthält nach
Deleſſe 32,1 S⃛i, 18,5 A̶⃛l, 36,7 Ṁg, 12,1 Ḣ̶. Werner’s entenblauer Talk
von Taberg (Tabergit) iſt im weſentlichen 2 Ṁg3 S⃛i + A̶⃛l S⃛i + 5 Ḣ̶.
Auch der durch Chromoxyd ſmaragdgrün gefärbte Fuchſit, welcher am
Greiner im Zillerthal ganz feinkörnigen Schiefer bildet, muß hier ver-
glichen werden.


Der ſchuppigkörnige Chlorit mit Magneteiſen im Zillerthal und als
Chloritſchiefer an ſo vielen Orten der Hochalpen, wo ſie beſonders in
gewaltigen Blöcken durch die Gletſcher herabgeſchoben werden, iſt ſeinem
Ausſehen nach ein ausgezeichneter Chlorit, obgleich auch hier die Analyſen
abweichen. Ebenſo der erdige Chlorit, ſo häufig auf Bergkryſtallen und
Adularen einen ſtaubartigen Anflug bildend. Hier kann man auch der
Grünerde erwähnen, die in den Mandelſteinen des Monte Baldo bei
Verona als Handelsartikel (Veroneſiſche Erde), bereits den Römern be-
kannt, gewonnen wird. Schon Vauquelin erkannte ſehr richtig darin
52 S⃛i, 7 A̶⃛l, 23 F̶⃛e, 6 Ṁg, 7,5 K̇a, 4 Ḣ̶. Sie erſcheint häufig als ein
thoniges Verwitterungsprodukt, das dem kieſelſauren [Eiſenoxydul] ſeine
Farbe dankt. So muß man auch das färbende Princip der grünen
Keupermergel, beſonders aber der ſogenannten chloritiſchen Punkte im Qua-
derſandſtein (Grünſand) und Grobkalk anſehen. Berthier gibt in denen
des Grünſands von Havre 49,7 S⃛i, 6,9 A̶⃛l, 19,5 F̶⃛e, 10,6 , 12 Ḣ̶ an.


5. Talk. Das Wort ſoll aus dem Arabiſchen Tallz ſtammen, und
ſchon bei Avicenna vorkommen (Schröter Einleitung II.255). Jedenfalls
ſpielt das Mineral in der Medicin eine uralte Rolle. Agricola 705 ſchreibt
es Talk oder Magnetis 605: non lapis ille, qui ferrum ad se trahit,
sed similis argenti, etenim ex crustis, lapidum specularium
(Gyps) modo
constat, verum tenuissimis. Plinius hist. nat. 36. 25 : quintum in Magne-
sia Asiae .... deterrimus autem, candidus, neque attrahens ferrum.

In der That iſt der ſilberglänzende apfelgrüne bis entenblaue blättrige
Talk vom Greiner im Zillerthal, Briançon ꝛc. zwar krummblättrig und ge-
mein biegſam, allein wenn man ihn zwiſchen den Fingern zerknickt, ſo
trennen ſich die Flimmern ſo fein ab, daß ſie rothe und grüne Regenbogen-
farben reflektiren. Er iſt optiſch 2axig (Axenwinkel 7° 24′), fühlt ſich
mild und fettig an, läßt ſich mit dem Nagel ritzen, Gew. 2,74. Mit Siegel-
lack gerieben theilt er demſelben ſogar Glaselektricität (+) mit. Vor dem
Löthrohr bringt man zwar dünne Splitter leicht zum Schmelzen, aber etwas
dickere widerſtehen gleich, mit Kobaldſolution bei ſtarkem Feuer röthlich.
Merkwürdiger Weiſe iſt er frei von Thonerde, was ſchon Klaproth bewies.


Ṁg6 S⃛i5 + 2 Ḣ̶, mit 61,7 S⃛i, 31,7 Ṁg, 1,7 Ḟe, 4,8 Ḣ̶.


Pyrophyllit Hermann Pogg. Ann. 15. 592 in Quarzgängen des
Granits von Bereſowsk, Spaa, Weſtana Eiſengrube in Schonen. Gleicht
vollkommen einem apfelgrünen excentriſchſtrahligen ſehr blättrigen Talk,
blättert ſich aber vor dem Löthrohr außerordentlich auf und wird mit
Kobaldſolution blau.


Ṁg3 S⃛i2 + 9 A̶⃛l S⃛i2 + 9 Ḣ̶, 59,7 S⃛i, 29,5 A̶⃛l, 1,8 F̶⃛e, 4 Ṁg,
5,6 Ḣ̶.


[202]I. Cl. 3te Fam.: Topfſtein, Meerſchaum.

Eine auffallende Thatſache, daß zwei ſo gleichſehende Subſtanzen
doch chemiſch in dem Maaße bedeutend abweichen können!


Der Talk kommt in ſchiefrigen Geſteinen der Hochalpen vor, blättert
ſich krummflächig, oder geht ins Schuppigblättrige und Dichte über. Im-
mer fühlen ſich jedoch die Stücke außerordentlich fettig an, ſo daß man
das zu Mehl geriebene Material zum Schmieren von Holzmaſchinen,
Glätten des Leders ꝛc. anwenden kann. Beſonders wohlthuend wirkt dieſer
erdige Talk auf die Haut, er dient daher zur Schminke, früher als Nerven-
ſtärkungsmittel. Sobald jedoch die kieſelſaure Magneſia zu größern Ge-
birgsſtücken ſich anhäuft, nennt man ſie zwar auch noch Talkſchiefer, die
in den Alpen durch eingeſprengten Strahlſtein, Asbeſt, Cyanit, Stauro-
lith ꝛc. ſich ſo auszeichnen, allein dieſe ſind dann nicht mehr rein, und es
bleibt gewagt, wenn man ſolchen Sachen chemiſche Formeln gibt: wie
Damourit das Muttergeſtein des Cyanits zu Morbihan oder Paragonit
das des Cyanits vom St. Gotthardt. Oft kann man nicht entſcheiden,
ob man die Sache zum Chlorit oder Talk ſtellen ſoll, ein ſolches Geſtein
iſt der berühmte


Topfſtein, lapis Comensis Plinius 44 cavatur tornaturque in
vasa coquendis cibis utilia, quod et in Comensi Italiae lapide viridi acci-
dere scimus.
Plinius ſpielt hier vielleicht auf die Stadt Plurs nörd-
lich vom Comerſee an, die aus den Erträgen ihrer Topfſteinbrüche alljähr-
lich 60,000 Dukaten einnahm. 1618 ſtürzte der unterwühlte Berg ein
und begrub die Stadt mit Mann und Maus. Der feinkörnige Stein
iſt grünlich, mit grauem Strich, aber wegen ſeiner Milde nicht Politur-
fähig. Wird zu feuerfeſten Töpfen gedreht. Im Wallis heißt er Gilt-
ſtein, der ſich beſonders zu Platten eignet.


Agalmatolith (Bildſtein) Klaproth Beiträge II.184 wegen ſeines
fetten Anfühlens chineſiſcher Speckſtein genannt. Er hat einen feinſplitt-
rigen Bruch, und iſt härter als Talk. Klaproth unterſcheidet einen grün-
lichen an den Kanten ſtark durchſcheinenden mit 54,5 S⃛i, 34 A̶⃛l, 6,2 ,
4 Ḣ̶, das würde ihn alſo trotz ſeiner Serpentinartigen Beſchaffenheit ganz
vom Talkgeſchlecht entfernen. Der andere iſt röthlich, und ſo ſtark fettig,
daß der Mangel an Talkerde ſehr auffällt. Allein es ſind Gebirgsarten,
und ohnehin läuft in den Sammlungen vieles unter dem Namen Bild-
ſtein, was ächte Talke ſind. Die Chineſen verfertigen beſonders Götzen-
bilder daraus. Umgekehrt verhält es ſich mit dem


Meerſchaum (vielleicht aus dem Natoliſchen Wort Myrſen ent-
ſtanden), eine magere faſt erdige Ṁg S⃛i + Ḣ̶, die aber in engſter Be-
ziehung mit Magneſit ſteht: Verwitterungsprodukte, die Formeln wider-
ſtreiten. Er hängt an feuchter Lippe, iſt ſchwer zerſprengbar, aber nicht
hart und ſchwimmend leicht, ſo lange ſich die Poren nicht mit Waſſer ge-
füllt haben. Griechenland und Kleinaſien das Hauptvaterland. Die be-
rühmten Samiſchen Gefäße der Römer ſcheinen ſchon aus ihm gemacht
zu ſein. Dieſe Kunſt ſetzte ſich ſodann auf die Türken fort, beſonders
in Beziehung auf die Pfeifenköpfe. Zu dem Ende wird die Maſſe ge-
ſtoßen, und mit Waſſer digerirt läßt man ſie in Gruben gähren. Sie
kann dann geformt werden. Damit ſie aber beim Anrauchen Farbe be-
[203]I. Cl. 3te Fam.: Speckſtein, Serpentin.
komme, muß man die fertige Waare in Milch, Leinöl oder Wachs ſieden.
Vergleiche auch den Meerſchaumähnlichen Aphrodit von Längsbanshytta
4 Ṁg3 S⃛i2 + 9 Ḣ̶.


Speckſtein (Steatit). Der weiße welliggeſchichtete von Briançon
gleicht vollkommen einem dichten erdigen Talk. Davon verſchieden iſt der
Engliſche Seifenſtein, der auf Klüften des Serpentins von Cap Lizard
brechend zur Bereitung des Engliſchen Porzellans benutzt wird und nach
Klaproth neben 20,5 Ṁg auch 14 A̶⃛l enthält. Eine ſolche aber durch Nickel
gefärbte Maſſe iſt der ſchön apfelgrüne Pimelith von Koſemütz. Werner
rechnet auch zum Speckſtein die ſich fett anfühlenden ſteinmarkartigen
Maſſen aus den alten Zinnſteingängen. Bei Altenberg kommen dieſe
in Afterkryſtallen (Proſopit Pogg. Ann. 90. 315) vor, die nach Scheerer
die Zuſammenſetzung normaler Porzellanerde haben ſollen. Aeußerlich
hält es ſchwer zwiſchen ihnen und den Talkerdehaltigen eine ſcharfe Gränze
zu ziehen. In Deutſchland trifft man die merkwürdigſten Speckſteine in
einem Lager auf der Gränze zwiſchen Glimmerſchiefer und Granit bei
Göpfersgrün, öſtlich Wunſiedel im Fichtelgebirge (Nauck Pogg. Ann. 75.
129). Schon nach Klaproth enthält er etwa 59,5 S⃛i, 30,5 Ṁg, 5,5 Ḣ̶,
iſt daher im weſentlichen kieſelſaure Talkerde, obgleich manche Parthieen
ſchon thonigen Bruch und Geruch nebſt matter weißer Farbe zeigen. Auf
Klüften glänzt jedoch häufig der fette Glanz des Talkes hervor. Beſon-
ders interreſſant in dieſem Speckſteingebirge ſind die Afterkryſtalle von
Bergkryſtall: kleine federdicke quergeſtreifte Säulen oben mit dihexaederi-
ſcher Endung ſtecken mitten im Speckſtein, und ſpringen beim Zerſchlagen
heraus. Niemals beobachtet man ſie in Druſenräumen. Seltener und
nicht ſo auffallend finden ſich kleine ſattelförmige Rhomboeder vom Aus-
ſehen des Braunſpathes. Ja der grauliche von ſchwarzen Dendriten durch-
zogene Speckſtein liegt ſo mitten zwiſchen Glimmerſchiefer, Thonſchiefer,
Grünſtein und Dolomit und frißt denſelben ſo allſeitig an, daß das
Ganze dem Laien als ein großartiger Faulungsprozeß erſcheint, der das
Gebirge allmählig ergriffen hat. Der chemiſche Grund ſoll nach Biſchoff
darin liegen, daß das Magneſiaſilikat unter den alkaliſchen Erden die
ſchwerlöslichſte und ſchwerzerſetzbarſte ſei. Magneſiaſilikathaltige Waſſer
müſſen daher von den durch ſie durchdrungenen Geſteinen Subſtanz auf-
nehmen, und ſtatt deſſen Speckſteinmaſſe abſetzen. Dann wird auch das
häufige Vorkommen anderer Speckſteinafterkryſtalle: wie des Topaſes auf
Zinnſteingängen von Ehrenfriedersdorf, des Spinelles vom Faſſathale ꝛc.,
chemiſch erklärlich. Am großartigſten zeigen ſich jedoch dieſe Afterbil-
dungen im


Serpentin. Agricola 632 ſagt: in Misena non longe ab arce Lau-
tersteina juxta Zeblicium oppidulum effoditur marmor subcinereum, ....
hoc nostri appellant Serpentariam,
und hält ihn mit dem Griechiſchen
Ophites Plinius 36. 11 cum sit serpentium maculis simile identiſch. Fettigkeit
und Milde, ein durchaus unkryſtalliniſcher feinſplittriger Bruch, wie beim
Hornſtein, Durchſcheinenheit an den Kanten, allerlei trübe Farben von
Gelb, Roth, Grün, Weiß, aber ſelten einfarbig, ſondern geflammt und
geadert, daher der alte Vergleich mit einer Schlangenhaut. H = 3,
Gew. = 2,6. Werner unterſchied einen edlen, wozu der Pikrolith von
Zöblitz, und einen gemeinen Serpentin. Jener war ſeltner, mehr ein-
[204]I. Cl. 3te Fam.: Serpentin.
farbig und durchſcheinender und beſonders von zeiſiggrüner Farbe. Der
Williamſit von Penſylvanien iſt ſogar ein apfelgrüner edler Serpentin.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſehr ſchwer und brennt ſich weiß,
2 Ṁg3 S⃛i2 + 3 Ṁg Ḣ̶2, ein kleiner Chromgehalt pflegt ihn auszuzeichnen,
daher auch die gewöhnliche Lagerſtätte des Chromeiſenſteins.


Der Serpentin bildet ſehr eigenthümliche iſolirte Bergkuppen, die
auf der ganzen Erde im kryſtalliniſchen Gebirge zerſtreut liegen, in den
Alpen namentlich in Begleitung von Talk- und Chloritgeſteinen vorkom-
men. Im Serpentinfels von Erbendorf im Fichtelgebirge iſt ſo viel Mag-
neteiſen fein vertheilt, daß er wie die Baſalttuffe polariſchen Magnetis-
mus zeigt; zu Reichenſtein in Schleſien bildet Serpentin das Muttergeſtein
vom dortigen goldhaltigen Arſenikalkies, ja das Platin im Ural ſoll in
ihm eingeſprengt ſein. Der Pyrop in Böhmen hauptſächlich im Serpentin.
Zu Zöblitz im Erzgebirge wird er vielfach verarbeitet, früher beſonders zu
Reibſchalen für Apotheken, weil er gegen das Gift wirken ſollte, ja noch
Milius behauptet, in Serpentinbrüchen gäbe es nie eine Kröte oder ein
anderes giftiges Thier. Im beſondern Grade nehmen die Afterkryſtalle
des edlen Serpentins von Snarum bei Modum weſtlich Chriſtiania die
Aufmerkſamkeit in Anſpruch. Daß die Maſſe des Serpentins als ſolche
nicht zu kryſtalliſiren im Stande ſei, ſcheint ſo gewiß als beim Speck-
ſtein, und doch kommen daſelbſt unmittelbar unter der Dammerde After-
kryſtalle von Armdicke und 1\frac{1}{2}′ Länge (Tamnau Pogg. Ann. 42. 466)
vor, welche genau mit der des Olivins ſtimmen, ſogar innen noch unzer-
ſetzten Olivin
haben! (Pogg. Ann. 36. 370). So viel nun auch an
dieſer Thatſache gedeutelt ſein mag, auch die chemiſche Unterſuchung hat
es beſtätigt (G. Roſe Pogg. Ann. 82. 511). Am Monzoniberge im
Faſſathal kommen ſie gleichfalls recht deutlich zuweilen von faſt Zollgröße
vor, ebenſo könnte der ſerpentinartige Villarſit Dufrénoys aus den Mag-
neteiſengruben von Traverſella hier hingehören, wenn es nicht Dichroit
war, wie der Säulenwinkel von 120° anzudeuten ſcheint. Auch auf die
grünen milden Afterbildungen, welche ſich in Granit eingeſprengt finden,
muß das Augenmerk gelenkt werden. Aber da Olivin hier nicht zu Hauſe
iſt, ſo wird die Vorſtellung eher auf Dichroit geleitet. Uebrigens zeigt
G. Roſe, daß auch Augit, Hornblende, Pyrop, ꝛc. in Serpentin übergehen,
ſo daß der Serpentin, mag er auch in noch ſo großen Maſſen vorkommen,
gerade wie der Speckſtein keine urſprüngliche Bildung ſein dürfte. Wenn
nun aber die Gewäſſer mit ihrem Talkerdegehalt ſo ſtark auf die Ver-
änderung der Gebirge einwirken können, ſo verlieren dadurch die Analyſen
ſehr an Bedeutung, man darf wenigſtens nicht aus jeder Kleinigkeit ein
beſonderes Mineral machen. Scheerer (Pogg. Ann. 71. 285) hat gezeigt,
daß auf der Eiſengrube Aslak bei Arendal ſowohl talkartige ſchuppige
als dichte Subſtanzen, die er Neolith nennt, ſich noch aus den Gruben-
waſſern in Spalten des Gebirges bilden. Eine Analyſe gab 52,3 S⃛i,
31,2 Ṁg, 7,3 A̶⃛l, 4 Ḣ̶ ꝛc.


Schillernder Asbeſt (Chrysotil, τίλος Faſer) bildet Schnüre im
Serpentin, beſonders von Reichenſtein. Die ſehr feine Faſer ſteht ſenk-
recht gegen das Salband, die Maſſe iſt aber ſo compact, daß ſie einen
ſtarken Seidenglanz zeigt, und ſogar ſtellenweis bedeutende Durchſcheinen-
[205]I. Cl. 3te Fam.: Schillerſpath, Gymnit.
heit beſitzt. Bewährte Chemiker behaupten, er habe genau die Zuſammen-
ſetzung des Serpentins, und der ſtarke Glanz der Faſer ſcheint anzudeuten,
daß wir es hier mit wirklichen kryſtalliniſchen Anfängen zu thun haben,
daher fehlt dann aber auch der Maſſe das ſerpentinartige Anſehen durch-
aus. Nicht minder bemerkenswerth iſt der


Schillerſpath von der Baſte bei Harzburg, auf den ſchon Trebra
1783 die Aufmerkſamkeit lenkte, und den Apotheker Heyer in Braunſchweig
benannte (Köhler Pogg. Ann. 11. 192). Grüne glimmerartige Blätter
mit einem meſſingfarbigen Schiller liegen in einem dunkelgrünen ſerpentin-
artigen Geſtein (Schillerfels) eingeſprengt, ja die Blätter werden vielfach
vom Schillerfels durchdrungen, und ſind wie beim Diallag mit Augit regel-
mäßig verwachſen. Der Querbruch der Blättchen iſt durchaus ohne Glanz,
feinſplittrig, und gleicht daher vollkommen dem Muttergeſtein. Man
möchte daraus um ſo mehr mit Beſtimmtheit vermuthen, daß es kryſtalli-
ſirter Schillerfels ſei, als auch die Analyſe beider ſehr nahe die gleichen
Beſtandtheile gab. 3 (Ṁg, Ḟe) S⃛i + 2 (Ṁg, Ḟe) Ḣ̶2. Auch weicht die
Formel ſo wenig von der des Serpentins ab, daß man ſie ohne einen
weſentlichen Fehler zu begehen für gleich halten könnte. Wenn man aber
bedenkt, wie an der Baſte der Schillerfels mit den dortigen Gabbroge-
ſteinen in engſter Beziehung ſteht, ſo gewinnt es auch hier ſehr an
Wahrſcheinlichkeit, daß wir es blos mit einem veränderten Geſtein zu
thun haben. Andern Orts kehren ähnliche Erſcheinungen wieder. So
treten z. B. im Schwarzwalde ſüdlich vom Feldberge in den Umgebungen
von Todtmoos viele Schillerfelskuppen mit bronzefarbigem Diallag hervor,
manche erinnern durch ihre Härte und Schwärze an den Baſalt, auf den
Verwitterungsklüften werden ſie aber milder, ja bei Altenſtein kommt ein
kleiner Punkt vor, der wie der mildeſte Serpentin von Zöblitz zum Ver-
ſchleifen eine Zeit lang gewonnen wurde. Auch der Marmolith von Ho-
boken wird als ein blättriger Serpentin beſchrieben.


Es gibt übrigens noch ein ganzes Heer von Namen:


Kerolith 2 Ṁg3 S⃛i2 + 9 Ḣ̶ vom Gumberge bei Frankenſtein in
Schleſien gleicht einem verwitterten Opal, der daſelbſt vorkommt.


Pikrosmin Haidinger (πικρὸς bitter, ὀσμή Geruch) von der Eiſen-
grube Engelsburg bei Presniz in Böhmen gleicht dem dichten gemeinen
grünen Asbeſt. 2 Ṁg3 S⃛i2 + 3 Ḣ̶. Haidinger gibt eine blättrige Säule
von 126° 52′ und ein blättriges Paar auf die ſtumpfe Kante aufgeſetzt
von 117° 49′ an, doch ſticht die asbeſtartige Faſer ſtärker als der Blätter-
bruch hervor.


Der Pikrophyll von Sala Ṁg3 S⃛i2 + 2 Ḣ̶ gleicht im Ausſehen
dem Salit, aber weich und verändert.


Antigorit aus Piemont könnte auch an den dichten Asbeſt ſich
anſchließen. Pogg. Ann. 49. 595.


Hydrophit Pogg. Ann. 51. 537 eine ſerpentinartige Bergmaſſe
von Taberg in Smaland, hat einen kleinen Gehalt von Vanadium, und
ſoll etwas waſſerreicher als Serpentin ſein (daher Waſſer-Ophit).


Monradit 4 (Ṁg, Ḟe)3S⃛i2 + 3 Ḣ̶ von Bergensſtift, eine fein-
körnige Maſſe, aber H = 6, Gew. 3,27.


Gymnit von Baltimore Ṁg S⃛i + Ṁg Ḣ̶3 oraniengelb ſteht dem
[206]I. Cl. 3te Fam.: Brucit, Margarit.
Dermatin (Ṁg, Ḟe)3S⃛i2 + 6 Ḣ̶ aus dem Serpentin von Waldheim
in Sachſen nahe.


RetinalithṀg3 S⃛i + 2 Ṅa S⃛i + 7 Ḣ̶ von Granville in Unter-
canada.


Spadait 4 Ṁg S⃛i + Ṁg Ḣ̶4 ein mildes röthliches weiches Foiſil
mit Wollastonit von Capo di Bove bei Rom.


6. Brucit Beudant, Native Magnesia Bruce American mineralogical
Journ. I.
26. Einen ausgezeichneten blättrigen Bruch, ſchneeweiß bis
farblos, daher anfangs für Gyps gehalten. Optiſch einaxig, deshalb
wahrſcheinlich in regulären ſechsſeitigen Tafeln kryſtalliſirend. Härte = 2,
Gew. 2,4, fettig. Vor dem Löthrohr ſchmilzt es nicht, lößt ſich aber in
Säuren vollkommen, Ṁg Ḣ̶, 70 Ṁg, 30 Ḣ̶, zieht auch wohl etwas Kohlen-
ſäure an. Im Serpentin von Hoboken (New-Yerſey), zuweilen auch as-
beſtartig zartfaſrig (Nemalith), zu Swinaneß auf der Schottiſchen Inſel
Unſt, Piſchminsk bei Bereſowsk. Durch Aufnahme von Kohlenſäure
würde Magneſit entſtehen. Der


Hydrotalkit gelblichweiße krummblättrige ſich fettig anfühlende
Maſſe aus dem Serpentin von Snarum hat neben 34 Ḣ̶ und 39 Ṁg noch
16 A̶⃛l und 10 C̈. Vergleiche hier auch den Völknerit von Slatouſt.
Periklas von der Somma iſt reine Talkerde.


7. Margarit (Perlglimmer) Fuchs, bei Sterzing am Ausgang des
Pfitſchthals, ein faſt ſchneeweißer Glimmer vom ſtärkſten Perlmutterglanz
in Chlorit eingeſprengt. Optiſch 2axig mit ausgezeichneten Farben im
polariſirten Lichte, etwas härter und ſpröder als der gewöhnliche Glimmer.
Hermann fand 32,5 S⃛i, 49,2 A̶⃛l, 1,3 F⃛e, 7.4 Ċa, 3,2 Ṁg, 1,7 Ṅa, 4,9 Ḣ̶,
was etwa zur Formel (Ċa, Ṁg)2S⃛i + 2 A̶⃛l2 S⃛i + 2 Ḣ̶ paßt. Auch der


Diphanit aus den Smaragdgruben am Ural ſcheint das gleiche zu
ſein, ſowie der Emerylith mit Smirgel in Kleinaſien vorkommend, der
Corundellith mit Corund bei Unionville in Penſylvanien und der
Euphyllit von dort. Hermann nimmt dieſe als Typus ſeiner Margarite,
und ſtellt dazu den


Chloritoid von Koſoibrod im Ural, wo er mit Diaspor in groß-
blättrigen Maſſen vorkommt, die dem Chlorit durch ihre dunkelgrüne Farbe
zwar ſehr gleichen, aber faſt Feldſpathhärte und ein Gewicht 3,5 haben.
24,5 S⃛i, 30,7 A̶⃛l, 17,3 F⃛e, 3,7 Ṁg, 6,4 Ḣ̶. Im Anſehen und Härte
gleicht ihm der


Sismondin aus dem granathaltigen Chloritſchiefer von St. Marcel
in Piemont vollkommen, etwas weniger der dunkel grünlich graue Ma-
ſonit
aus dem Chloritſchiefer von Rhode-Island. Der


Ottrelit von Ottrez ſüdlich Stavelot (Lüttich) bildet dunkelgrüne
glänzende Blättchen von ½ bis 1 Linien Durchmeſſer, die in zahlloſer
Menge in einen fettigen aber ganz unkryſtalliniſchen grünlichgrauen Thon-
ſchiefer eingeſprengt ſind. Hat auch Feldſpathhärte. Der lichte lauchgrüne


Brandiſit vom Monzoniberge, wo er mit grünem Augit und
ſchwarzem Spinell bricht, bildet Druſen von glimmerartigen ſechsſeitigen
Tafeln, die nicht viel über Flußſpathhärte haben. Ṁg S⃛i + 2 Ṁg3 A̶⃛l2 + Ḣ̶.
Sein Ausſehen mahnt in jeder Weiſe an Glimmer. Der röthlichbraune


[207]I. Cl. 3te Fam.: Seybertit, Nephrit.

Seybertit aus dem Kalkſtein im Serpentin von Amity (New-
York) hat einen glimmerartigen Bruch Ṁg S⃛i + Ṁg3 A̶⃛l2 + Ḣ̶, die
Magneſia durch Ċa und Ḟe vertreten. G. Roſes wachsgelber


Xanthophyllit aus dem Talkſchiefer von Slatouſt mit Magnet-
eiſen, hat Glashärte und bei ſeinem glimmerartigen Ausſehen nur 16,3 S⃛i,
44 Ä̶l, 19,3 Ṁg, 13,3 Ċa, 4,3 Ḣ̶, was ſehr an den vorigen erinnert.


Melanglimmer nennt Haidinger paſſend folgende drei:


Cronſtedtit Steinmann, von dem Silbererzgange Adalbert zu
Przibram in Böhmen. Es ſind kleine rabenſchwarze Kryſtalle, die
zuweilen nach einem Ende ſich rhomboedriſch (P) endigen, wäh-
rend der deutlich blättrige Bruch o ⅔ von der ganzen Rhom-
boederlänge wegſchneidet. Gewöhnlich lagern ſie ſich excentriſch
ſtrahlig, Härte = 2—3, Gew. 3,3. Sehr eiſenreich. Kobell

[figure]

ſchlägt die Formel Ḟe3 S⃛i + F̶⃛e3 Ḣ̶ vor. Wernekinks


Sideroſchiſolith von Conghonas da Campo in Braſilien iſt
zwar Sammtſchwarz aber hat doch noch einen grünen Strich, und ſoll
nach Hausmann von Cronſtedtit kaum verſchieden ſein.


Stilpnomelan von Glocker wegen ſeines ſtarken ſchwarzen
Glanzes ſo genannt. Meiſt krummblättrig oder ſtrahlig, mit grünlichem
Strich. Härte = 3—4, Gew. 3,4. 2 Ḟe3 S⃛i2 + A̶⃛l S⃛i2 + 6 Ḣ̶. Von
Obergrund bei Zuckmantel in Oeſterreichiſch-Schleſien mit Kalkſpath in
einem Baſaltähnlichen Thonſchiefer. Auch der olivengrüne


Thuringit von Saalfeld könnte wegen ſeines deutlichen Blätter-
bruchs hierher geſtellt werden. Rammelsberg beſtimmte ihn chemiſch als
einen waſſerhaltigen Ilvait 3 Ḟe3 S⃛i + F̶⃛e2 S⃛i + 9 Ḣ̶.


Pyrosmalith Hausmann (ὀσμή Geruch, weil es auf Kohle
erhitzt einen ſauren Geruch verbreitet, obgleich nicht ſonderlich auffallend).
Längere reguläre ſechsſeitige Säulen, deren Gradendfläche faſt glimmer-
artigblättrig. Brooke gibt zwei Dihexaeder übereinander an (Pogg. Ann.
42. 583), Leberbraun. Härte 4, Gew. 3. Vor dem Löthrohr brennt er
ſich ſchwarz, ſchmilzt in kleinen Stücken ziemlich leicht zu einer magnetiſchen
Kugel. 35,4 S⃛i, 32,6 F̶⃛e, 23 M̶⃛n 6,5 Waſſer und Chlor. Mit Kalk-
ſpath und Hornblende im Magneteiſenlager auf Bjelkesgrube bei Philipſtad.


Nephrit (νεφρός Niere) oder beſſer vielleicht von einem Nerven-
ſtärkenden Stein νευρις, der bereits in den Lydicis des Orpheus vorkommt.
Schon 1627 ſchrieb ein H. Clutus in Roſtock eine Dissertatio lapidis
nephritici.
Man theilte ihm viele Heilkräfte zu, beſonders auch gegen
Hüftweh, daher lapis ischiaticus, pietra ischada, woraus das franzöſiſche
Wort Jade entſtand. Freilich vermiſchte man vieles damit, aber im All-
gemeinen verſtand man darunter einen grünlichen ſerpentinartigen Stein,
der durch ſein fettiges Anfühlen wohlthätig auf die Haut wirkt. Er
kommt als Gebirgsart vor, und ſchon deshalb dürfte eine feſte chemiſche
Formel nicht zu erwarten ſein. Sein Anſehen iſt zwar Serpentinartig,
aber er iſt zäher, härter (Feldſpath). Berühmt iſt der Türkiſche, zu Säbel-
griffen, Amuletten ꝛc. verſchliffen, Rammelsberg gibt darin 54,7 S⃛i, 26 Ṁg,
16 Ċa, 2,1 Ḟe, 1,4 Ṁn an, iſt alſo Waſſerfrei. Die Neuſeeländer ver-
fertigen ſich, wie das durch Forſters Reiſe um die Welt bekannt wurde,
aus einem ähnlichen grünen ſehr klangvollen Steine Waffen, wie unſere
Vorfahren aus dem Feuerſtein.


[208]I. Cl. 4te Fam.: Hornblendekryſtalle.

IV. Hornblenden.


Alkalien treten zurück, auch die Thonerde ſpielt nur eine Nebenrolle.
Dagegen haben wir gern beide Baſen Ṁg und Ċa nebeneinander. Horn-
blende fehlt zwar in den ältern kryſtalliniſchen Geſteinen nicht, ſpielt aber
erſt in den neuern (Plutoniſchen und Vulkaniſchen) ihre Hauptrolle.


1. Hornblende.


Der Name iſt nicht deutſch, ſondern Cronstedt (Miner. §. 88) nennt
ihn zuerſt. In Deutſchland gebrauchte man dafür Hornfels, Schörl, Ba-
ſalt ꝛc., Hauy’s Amphibol (ἀμφίβολος zweideutig) d. h. mit Turmalin
zu verwechſeln.


[figure]

2 + 1 gliedrig mit Feldſpathartiger Entwickelung : T =
a : b
: ∞c bildete eine ſehr deutlich blättrige geſchobene Säule
von 124° 30′. M = b : ∞a : ∞c ſtumpft ihren ſcharfen
Winkel gerade ab, hat aber nur undeutlichen Blätterbruch
und daher auch keinen innern Glanz, wie T. Die Schief-
endfläche P = a : c : ∞b iſt gerade auf die ſtumpfe Kante
aufgeſetzt, und da P/T = 103° 1′, ſo iſt ſie 75° 10′ gegen
die Axe c geneigt. Statt der hintern Gegenfläche findet
ſich immer das Augitpaar o = a' : ½b : c von 148° 30′
unter einander, folglich P/o = 145° 23′, und die Kante
o/o neigt ſich auf der Hinterſeite 73° 37′ gegen Axe c, hieraus findet ſich
a : b : k = 3,579 : 6,803 : 0,052
lga = 0,55378, lgb = 0,83269, lgk = 8,71641.


[figure]

Der Axenwinkel A/c beträgt vorn 89° 10′, alſo neigt
ſich A dem Feldſpath entgegen hinten etwas hinab.
Dieſe einfachen Dodekaide P M T o kommen ausge-
zeichnet ringsum ausgebildet in den Baſalttuffen
vor. Daran treten untergeordnet


  • n = a : c : ¼b in Zone P/M und o/T;
  • s = a' : ⅙b in Zone o/M und n/T;
  • m = ⅓a : ½b in Zone P/T und n/T;
  • d = ⅓a : ⅙b in Zone m/M und n/T liegend.

Zwillinge nach dem Feldſpathgeſetz der Karlsbader kommen aus-

[figure]

gezeichnet vor, die Kryſtalle haben die Fläche k = a : ∞b : ∞c
gemein und liegen umgekehrt. Häufig läßt ſich auch nicht
die Spur eines einſpringenden Winkels, nicht einmal der
Zwillingsgränze entdecken, allein an einem Ende findet
ſich ein Paar P und P', am andern aber ein Oktaeder
o o o' o'. Im letztern ſind merkwürdiger Weiſe alle vier
Winkel gleich, alſo o/o = o'/o = 148° 30′.


Da es an klaren Hornblenden fehlt, ſo ſind ſie optiſch noch nicht
unterſucht. Härte = 5—6, Gew. 2,8—3,2. Schwarze, grüne und weiße
Farbe. Vor dem Löthrohr ſchmelzen ſie nicht ſonderlich ſchwer, die eiſen-
[209]I. Cl. 4te Fam.: Hornblende.
haltigen jedoch leichter. Man nimmt ſie als ¾ Silicate 4 S⃛i3, worin
die Baſis hauptſächlich aus Ċa, Ṁg, Ḟe beſteht. Sehr ſchwierig läßt ſich
jedoch gerade bei den verbreitetſten ein bedeutender Gehalt von Thonerde
erklären, mit deren Zunahme die Kieſelerde abzunehmen pflegt. Daher
hat Bonsdorf die Vermuthung geäußert, A̶⃛l möchte in der Formel die S⃛i
iſomorph erſetzen. Ziemlich unerwartet kommt ein Gehalt an Flußſäure,
der beim Pargaſit auf 1,5 Proc. ſteigt.


Nach dem Vorkommen im Großen kann man vornehmlich dreierlei
unterſcheiden 1) im Vulkan- und Baſaltgeſtein; 2) im granitiſchen Urge-
birge; 3) im Alpiniſchen Serpentin und Talkſchiefer. Vorzügliche Ab-
änderungen ſind etwa folgende:


1) Baſaltiſche Hornblende, pechſchwarz, d. h. Lamellen zeigen
einen Stich ins Braun, häufig mit gerundeten Kanten. Umundum aus-
kryſtalliſirt bildet das 2 + 1gliedrige Dodekaid gewöhnlich die Haupt-
form (daher Amphibol dodécaèdre), und da hieran die drei Endkanten
von o o P nicht weſentlich von einander abweichen, ſo ſahe ſie Romé de
l’Isle noch für rhomboedriſchen Schörl an, indeß die beiden Blätter-
brüche in der ſechsſeitigen Säule orientiren leicht. Beim Anhauchen zeigen
ſie einen bittern Thongeruch. Gew. 3,27. Struve fand in denen aus
dem Baſalttuff von Bilin 40 S⃛i, 11 Ċa, 13,5 Ṁg, 13,7 F̶⃛e, (aber als
Oxydul darin enthalten), 17,6 A̶⃛l, 1,9 , 1 Ṅa, 1,1 Fl, Klaproth gibt
ſogar bei einer Fuldaiſchen 26 A̶⃛l an. Es will zu dieſen und andern
Analyſen keine Formel recht paſſen. Die Schwäbiſchen Baſalttuffe z. B.
bei Eningen, der Klingſtein im Höhgau, der Trachyt des Siebengebirges,
die vulkaniſchen Geſteine der Auvergne ſind bekannte Fundorte. In den
Auswürflingen des Veſuvs und Lacher Sees kommt ſie in feinen ſchwarzen
Nadeln vor.


2) Gemeine Hornblende, rabenſchwarz, d. h. mit einem Stich
ins Grün, die Farbe der Eiſenoxydulſalze. Die kry-
ſtalliniſche Maſſe zeigt Neigung zum Faſrigen. Den
Säulen fehlt häufig die Abſtumpfungsfläche der ſcharfen
Kante (M), ſtatt deſſen kommt die der ſtumpfen k =
a
: ∞b : ∞c vor, wodurch die Strahlen ein ſchilfar-
tiges ſtark längs geſtreiftes Anſehen gewinnen. Als
Endigung herrſcht ein Paar l = a : c : ½b aus der

[figure]

Diagonalzone von P, welche letztere auch wohl ihre Median-Kante von
148° 16′ abſtumpft. Kryſtalle beſonders ſchön bei Arendal. Die im Ur-
gebirge eingeſprengte Hornblende, welche zur Bildung von Sienit, Horn-
blendeſchiefer, Grünſtein, grünen Porphyren ꝛc. beiträgt, gehört alle dieſer
Abänderung an. Höchſt eigenthümlich ſind die gefloſſenen Kryſtalle im
Kalkſpath von Pargas in Finnland (Pargaſit) eingeſprengt, ihre Ober-
fläche erſcheint wie angeſchmolzen, und ihre Farbenänderungen gehen vom
hellſten bis ins ſchwarzeſte Grün. Auch in Amerika kommen ähnliche Körner
vor. Bonsdorf gibt darin 45,7 S⃛i, 13,8 Ċa, 18,8 Ṁg, 7,3 Ḟe, 12,2 A̶⃛l,
1,5 Fl an, ebenſo haben ſich auch die Vorkommen anderer [Gegenden]
Thonerdehaltig erwieſen, eine gute Formel hat man daher noch nicht auf-
ſtellen können.


Uralit nannte G. Roſe (Pogg. Ann. 22. 342) die grünlichen Augit-
kryſtalle aus den Augitporphyren (Grünſtein) vom Ural. Sie haben die
Quenſtedt, Mineralogie. 14
[210]I. Cl. 4te Fam.: Strahlſtein.
Form des Augits aber den blättrigen Bruch der Hornblende, ja bei dem
tartariſchen Dorfe Muldakajewsk ohnweit Miask führen die ringsumgebil-
deten Kryſtalle noch einen unveränderten Kern von Augit. Roſe nahm
es anfangs als Beweis, daß Hornblende und Augit identiſch ſeien. Sie

[figure]

fanden ſich darauf bald ſehr verbreitet, namentlich auch in großen
aufgewachſenen Kryſtallen von Arendal in Norwegen, die mit
Säure aus dem mitbrechenden Kalkſpath herausgeätzt zu werden
pflegen. Dieſelben haben die 8ſeitige Säule T T k M des Au-
gits, T/T = 87° 6′, endigen aber mit der Schiefendfläche P und
dem bei der gemeinen Hornblende ſo gewöhnlichen Paare l. Die
Flächen der Augitſäule ſpiegeln nicht, dreht man ſie aber ein wenig um
die Axe c, ſo tritt aus dem Innern ein lebhaftes Licht heraus, was
die Blätterbrüche der Hornblendeſäule zwiſchen k und T anzeigt. Die
Unterbrechung des Lichtes deutet vielleicht an, daß die Ausfüllung der
Augitform durch lauter kleine einander parallelliegende Hornblendekryſtalle
geſchah, beide Hornblende und Augitform haben ſich genau ſymmetriſch
in einander gefügt. Der Kryſtall müßte darnach zuerſt als Augit ge-
wachſen ſein, deſſen Atome ſich ſpäter in Hornblende umgelagert haben
(Paramorphoſe pag. 137). Dann wären es Afterkryſtalle der Hornblende
nach Augit. Am einfachſten könnte die Sache freilich ſcheinen, wenn man
ſie geradezu für Hornblendekryſtalle hielte, an welchen die Augitſäule T T
zur Ausbildung gekommen wäre. Aber es kommen daſelbſt zugleich Augite
von derſelben Farbe vor, welche den Hornblendebruch nicht zeigen. So
daß an Afterbildung wohl nicht gezweifelt werden kann.


3) Strahlſtein Wr., Actinote Hy. Langſtrahlige Säulen mit
T T M, welche meiſt ohne Ende im Alpiniſchen Talkſchiefer liegen, auf-
fallend ſpröden Querbruch zeigen, weshalb Werner die Alpiniſchen mit
ihrer lichtgrünen Farbe und 3fachen Gew. glaſigen Strahlſtein nannte,
im Gegenſatz von den gemeinen excentriſchſtrahligen auf den Sächſiſchen
Erzgängen (Breitenbrunn und Ehrenfriedersdorf). Werners körniger
Strahlſtein iſt meiſt augitiſch. Die ſchöngrüne Farbe rührt von etwas
Eiſenoxydulſalz her, doch fand Klaproth ſchon bei den faſt ſmaragdgrünen
von Teinach in Steyermark 1 Proc. Chromoxyd. Sie ſind entweder ganz
frei von Thonerde, oder haben doch nur unbedeutende Procente, daher
Ċa S⃛i + Ṁg3 S⃛i2. Nach Laugier enthält der Zillerthäler 50 S⃛i, 19 Ṁg,
9,7 Ċa, 11 Ḟe, 5 C̶⃛r (?) ꝛc. G. Roſe (Reiſe Ural II.363) ſchmolz ſolche,
ließ ſie langſam erkalten, und bekam dann ſtatt der Hornblende kleine
Augitnadeln! Zu ähnlichen Reſultaten war Mitſcherlich ſchon mit dem
Tremolith gekommen. Da auch dieſe Kryſtalle einen kleinen Gehalt an
Flußſäure haben, ſo ſind Verluſte beim Schmelzen nicht ganz zu vermei-
den, doch würde man ein ſolches Reſultat nicht erwarten.


Tremolith nannte Pater Pini die grauen bis ſchneeweißen, faſt
gänzlich eiſenfreien Strahlen im Dolomit von Campolongo am St.
Gotthardt. Pini wollte ſie im Tremolathale gefunden haben, was man nicht
direkt beſtreiten kann, wenn ſie auch ſpäter da nicht wieder gefunden
wurden. Die grauen bilden lange ſchilfartige Säulen, und wenn man
ſie quer durchbricht, ſo nimmt man nicht ſelten eine Zwillingsgränze wahr,
welche der Axe b entſpricht, daher nannte ſie Hauy Grammatit. Viele
[211]I. Cl. 4te Fam.: Augitkryſtalle.
derſelben ſind hohl und mit Dolomit erfüllt. Die ſchneeweißen excentriſch
ſtrahligen werden zuletzt ganz Asbeſtartig. Schon Sauſſure erwähnt ihre
Phosphorescenz beim Reiben mit einem Stahl ꝛc. Sie ſind übrigens
durch alle Grade mit dem grünfarbigen Strahlſtein verbunden.


Anthophyllit (Anthophyllum Gewürznelke) nach ihrer nelken-
braunen Farbe genannt, ſehr ſchön mit Kupferkies bei Snarum. Den
blättrigen Bruch von M = b : ∞a : ∞c kann man auch noch darſtellen.
Nicht zu verwechſeln mit Broncit. Keine Kalkerde, ein wenig ſchwerer
ſchmelzbar als Strahlſtein, Ḟe S⃛i + Ṁg3 S⃛i2, alſo eine ausgezeichnete
Hornblende.


Arfvedſonit Brooke kommt mit Eudyalit in Grönland vor. Trotz
ſeiner eigenthümlichen Zuſammenſetzung hat er den deutlichen Blätter-
bruch der Hornblende, aber die Säule T/T bildet nur 123° 55′, raben-
ſchwarz, H = 6, Gew. 3,44. Schmilzt ſchon im bloßen Kerzenlicht, ent-
hält Ṅa S⃛i + Ḟe3 S⃛i, 49,3 S⃛i, 36 Ḟe, 8 Ṅa ꝛc. Später wird er auch
im Zirkonſienit von Frederiksvärn und in dem Magneteiſenſteinlager von
Arendal angegeben. Auch der


Aegyrin (nach einem Meergott) aus dem Zirkonſienit der äußerſten
Klippen des Brevig-Fiords hat Natron, ſoll aber nach Breithaupt die
Augitſäule zeigen.


Babingtonit Levy (Pogg. Ann. 5. 159) von Arendal, gleicht einer
rabenſchwarzen Hornblende, an der Oberfläche aber glänzend wie ſchwarzer
Turmalin, H = 6, Gew. 3,4. Eingliedrig: eine Säule
M/T bildet 112° 30′, den Blätterbruch von T kann man in
Splittern darſtellen. Die ſcharfe Kante wird durch b ſehr
ungleich abgeſtumpft, ſo daß b mit dem Blätterbruch T etwa
160° bildet. Die ſtumpfe Kante nicht abgeſtumpft. Die

[figure]

Endfläche P ſehr deutlich blättrig, daher brechen die Kryſtalle leicht nach
ihr ab, P/M = 92° 34′, P/T = 92°. Niemals fehlt eine einſeitige End-
fläche d mit P 150\frac{1}{2}° bildend. (Ċa + Ḟe)6 S⃛i5.


2. Augit Wr.


Nach Augites des Plinius 37. 54 genannt, Hauys Pyroxen (dem
Feuer fremd), weil man ihn in jener Zeit auf naſſem Wege entſtanden
dachte. Schon Romé de l’Isle unterſchied ihn richtig als Schorl noire en
prisme octaèdre II.
398, was auf das Weſen ſeiner Form deutet.


2 + 1 gliedrig mit hornblendartiger Entwickelung. Eine geſchobene
Säule T = a : b : ∞c wendet ihren ſcharfen Winkel 87° 6′ nach
vorn, ſie iſt zwar blättrig, aber viel undeutlicher als bei der
Hornblende. Ihre ſcharfe vordere Kante pflegt immer durch
k = a : ∞b : ∞c und ihre ſtumpfe durch M = b : ∞a : ∞c
gerade abgeſtumpft zu ſein, wodurch eine ſehr charakteriſtiſche
achtſeitige Säule entſteht, an deren Ende auf der Hinterſeite

[figure]

ein Paar o = a' : c : ½b herrſcht, das ſich unter 120° 39′ ſchneidet, wor-
nach Hr. Prof. Weiß den ſchief gegen die Axe c geneigten Paaren
überhaupt (\frac{a}{m} : \frac{b}{n} : c) im allgemeinen den paſſenden Namen augitartige
14*
[212]I. Cl. 4. Fam.: Augit.
Paare (kurz Augitpaare) gab. Die Schiefendfläche P = a : c : ∞b macht
74° gegen die Axe c, die hintere Gegenfläche x = a' : c : ∞b dagegen
74° 37′ gegen c, es muß ſich daher die Axe A nicht wie bei der Horn-
blende hinten, ſondern wie beim Feldſpath vorn etwas hinab neigen,
und A/c vorn 90° 20′ machen. Daraus findet ſich
a : b : k = 3,559 : 3,384 : 0,0207
lga = 0,55137, lgb = 0,52938, lgk = 8,31613.


Der Augit iſt an Flächen viel reicher als die Hornblende, beſonders

[figure]

zeichnet ſich der lauchgrüne Faſſait aus dem Faſſa-
und Broſſothale und der Diopſid aus. Es herrſcht
darin die Fläche n = a : c : ¼b, 82° 43′ über
P bildend, in deren Diagonalzone ſie fällt. Vorn
ſtumpft m = ⅓a : ½b : c die Kante P/T ab, m/m
ſchneiden ſie unter 131½°. Hinten herrſcht da-
gegen außer o das untere Augitpaar u' = ⅓a' : ¼b : c
mit 96° 36′ in der Mediankante, der zuweilen
auch vorn ein Paar u = ⅓a : ¼b : c entſprechen
ſoll, welche die Kante zwiſchen m und e = ⅓a : ⅙b : c
abſtumpfen würde. Ein noch ſchärferes Paar auf

[figure]

der Hinterſeite bildet λ = ⅕a' : ⅙b : c 88° 34′.
Dieſe drei unter einander liegenden Flächenpaare
o u' λ ſind wichtig für die Orientirung in Hinten,
indem ihre Kante mit T die ſcharfe Säulenkante T/T
unter ſcharfem Winkel ſchneidet. Selten entſpricht
der n vorn hinten eine n' = a' : c : ¼b. Zuweilen
zeigen ſich auch undeutliche Anfänge von einer
Gradendfläche c : ∞a : ∞b. In der Säule ſtumpft
z = a : ⅓b : ∞c die Kante M/T und z' =
a : b : ∞c die Kante k/T ab. Auch die drei-
fach ſchärfere y = ⅓a' : c : ∞b findet ſich zu-
weilen.


Die Zwillinge verdienen beſondere Aufmerkſamkeit. Ihre In-

[figure]

dividuen ſetzen ſich mit k = a : ∞b : ∞c an einander und
liegen umgekehrt. Die baſaltiſchen ringsum ausgebildeten
zeigen dann an einem Ende einſpringende Winkel. Bei den
Alpiniſchen greift nicht ſelten dieſe Zwillingsbildung ſo durch,
daß man äußerſt vorſichtig in der Deutung der Kryſtalle des
Diopſides und Faſſaits ſein muß. Die Flächen m o u λ aus
der erſten Kantenzone leiſten hier durch ihre Winkel an der
medianen Säulenkante, der vorn ſtumpf, hinten ſcharf iſt, die
beſten Dienſte. Die Zwillingsgränze iſt nicht ſelten ſo verſteckt, daß die
Optiker lange dadurch irre geführt wurden. Uebrigens kommen bei Hoch-
öfen ſtrahlig kryſtalliſirte Schlacken vor, die ſehr an Strahlſtein erinnern
pag. 213.


Die optiſchen Axen α β liegen in der Axenebene a c parallel der Fläche

[figure]

M = b : ∞a : ∞c, machen unter ſich einen
Winkel von 58° 56′, der durch Axe c nicht
halbirt wird, ſondern die optiſche Axe α macht
mit c auf der Hinterſeite 9° 26′, β daſelbſt
[213]I. Cl. 4te Fam.: Augit.
68° 22′, und da die Diagonale von P = a : c mit Axe c 74° macht,
ſo fällt β faſt damit zuſammen, d. h. geht ihr faſt parallel. Da man
nun die Unterſuchung gewöhnlich an den Diopſidſäulen des Zillerthales
anſtellt, welche ſämmtlich Zwillinge ſind, ſo zeigt eine ſenkrecht gegen
Axe c geſchliffene Platte vorn dieſelben Farben als hinten, was ein 2-
gliedriges Kryſtallſyſtem bezeugen würde. Dr. Ewald hat nun aber ge-
zeigt (Pogg. Ann. 56 174), daß dieſe Ausnahme im Zwillinge ihren Grund
habe, denn trennt man eines der Individuen los, ſo verhalten ſich beide
Ringſyſteme in Beziehung auf ihre Farben unſymmetriſch, wie bei allen
2 + 1gliedrigen Syſtemen.


H = 4—6, Gew. 3,2—3,5. Wird durchſichtiger als Hornblende,
aber zeigt ſonſt die gleichen Varietäten. Mehr Neigung zu körnigen als
ſtrahligen Bildungen, wodurch ſie ſich äußerlich von der Hornblende öfter
leicht unterſcheiden laſſen.


Chemiſch läßt ſich ein ſicherer Unterſchied von Hornblende und Augit
kaum feſtſetzen, namentlich gibt es auch Thonerdefreie und Thonerdehaltige
Varietäten, Flußſäure konnte jedoch G. Roſe darin nicht nachweiſen. Da
ſie aber im Allgemeinen etwas weniger Kieſelerde als Hornblende ent-
halten, ſo gibt man ihnen wohl die Formel 3 S⃛i2, worin die Baſis vor-
züglich in Ċa, Ṁg und Ḟe beſteht. Nur darf man nicht vergeſſen, daß
dieſen hypothetiſchen Annahmen thatſächlich die Analyſen oft durchaus
nicht entſprechen (Rammelsberg Pogg. Ann. 83. 458).


Das Vorkommen iſt faſt nie in Gebirgsarten, die freien Quarz
oder mit Kieſelerde geſättigte Feldſpäthe enthalten, ſondern ſie bilden
vielmehr mit Labrador, Olivin, Leucit ꝛc. Augitporphyr, Gabbro,
Leucitophyre, Nephelingeſteine ꝛc. Noch beſonders bemerkenswerth iſt ihr
Vorkommen in den Hochofenſchlacken: die ſchönſten grauen Kryſtalle mit
Winkeln von ungefähr 87° hat ſchon Nöggerath von der Olsberger Eiſenhütte
bei Bigge in Weſtphalen beſchrieben und Rammelsberg analyſirt (Pogg.
Ann. 74. 108). Auch der ſchönen lavendelblauen Schlacken von Eiſen-
hütten, die mit Coaks heitzen (Neukirchen bei Saarbrücken), kann man
hier erwähnen: in ihren Druſenräumen finden ſich die ſchönſten acht-
ſeitigen Säulen mit Gradendfläche. Obgleich das Matte und Bau-
chige der Flächen keine genaue Meſſung zuläßt, ſo ſcheint doch
der Winkel der Hauptſäule nicht weſentlich vom rechten abzuweichen,
deren Kanten gerade abgeſtumpft werden. Man hat die Säule

[figure]

wohl für quadratiſch gehalten und zum Humboldtilit Covelli’s geſtellt.
Nach Biſchoff auf dem Mägdeſprung (Zeitſchrift deutſch. Geol. Geſellſch.
V.609) bilden ſich die Kryſtalle hauptſächlich bei hitzigem Ofengange.
Wenn man deſſen glühende Schlacke plötzlich durch kaltes Waſſer abkühlt,
ſo entſteht ein leichter zerreiblicher Bimmſtein; beim Abkühlen auf trockener
Unterlage ein durchſichtiges Glas; unter einer ſchützenden Decke von
trockenem Sande obige Kryſtalle; in einer Grube mit warmen Kohlen-
geſtübbe kommt ein feinſtrahliges Gefüge, woran Säulen von 87°, 124°
und andere Winkel erkennbar waren, was an Hornblende und Augit er-
innert pag. 212. Die Analyſe der 8ſeitigen Säulen gab 41,1 S⃛i, 10,9 A̶⃛l,
20,6 Ṁn, 1,7 Ḟe, 23,7 Ċa (Pogg. Ann. 74. 101).


1. Baſaltiſcher Augit (blättriger Augit Wr.) kommt mit der
baſaltiſchen Hornblende zuſammen in ringsum gebildeten ſchwarzen Kry-
[214]I. Cl. 4te Fam.: Diopſid.
ſtallen mit TMko in Baſalttuffen, Laven ꝛc. ſehr ausgezeichnet vor. Die
Bergmaſſe pflegt in der Regel leichter zu verwittern, als die Kryſtalle,
und dann kann man letztere in allen vulkaniſchen Gegenden leicht in
großer Menge ſammeln. Sie liefern zugleich einen weſentlichen Beſtand-
theil der Baſalte, Mandelſteine und baſaltiſchen Laven ſelbſt. Der Gehalt
an Thonerde ſteigt zwar nicht ſo hoch als bei der gleichnamigen Horn-
blende, doch ſteigt er immerhin auf 5—6,6 p. C. Sie bilden ſich noch
ausgezeichnet ſchön in den heutigen Laven, und haben daſelbſt meiſt eine
grünliche Farbe. Die aus dem Mandelſtein des Faſſathales zeigen eine
Gradendfläche, ſonſt findet ſich außer der 8ſeitigen Säule als Endigung
ſelten mehr als das Augitpaar o. Intereſſant die Kryſtalle im Meteor-
ſtein von Juvenas.


2. Gemeiner Augit mit dunkelgrüner bis rabenſchwarzer Farbe.
Die Zuſammenſetzung entſpricht häufig der Formel (Ċa, Ṁg, Ḟe)3S⃛i2,
dunkele enthalten nicht ſelten noch etwas Thonerde, wie die körnigen aus
den Eiſenſteingruben von Arendal. Dieſen ſehr verwandt iſt der raben-
ſchwarze Jefferſonit von Sparta in New-Jerſey, ein ausgezeichneter Augit,
aber mit 4 p. C. Zinkoxyd. Dem ſchwärzlichgrünen Hedenbergit von Tuna-
berg fehlt die Talkerde, er hat dagegen 28 Ḟe, daher auch das hohe Ge-
wicht von 3,5 erklärlich. Gruner hat ſogar einen asbeſtartigen Augit
mit 52,2 Ḟe analyſirt, was faſt genau einen Eiſen-AugitFe3 S⃛i2
von 3,7 Gew. geben würde. Mit dem Lichterwerden der Farbe nimmt
der Eiſengehalt ab. So enthält der lauchgrüne, körnig abgeſonderte


Kokkolith Andrada (κόκκος Kern) nach Vauquelin 7 F̶⃛e. Er
bildet in Südſchweden Lager mit Kalkſpath im Magneteiſen. Kudernatſch
gibt dagegen in dem dunkelgrünen


Faſſait neben 4,4 A̶⃛l 12 Ḟe an. Beſonders ſchön kryſtalliſirt
kommen ſie bei Traverſella in den Piemonteſiſchen Alpen vor, ſie gleichen hier
quadratiſchen Säulen mit ſcharfen Endigungen. Die lichtern vom Mon-
zoniberg im Kalkſpath mit ſchwarzem Spinell ſtreifen ſchon an den Diopſid,
ebenſo der Baikalit an den Quellen der Sljudenka am Baikalſee.


3. DiopſidĊa3 S⃛i2 + Ṁg3 S⃛i2, grün aber klar und durchſichtig,
obgleich Exemplare, zu optiſchen Verſuchen brauchbar, nicht zu den ge-
wöhnlichen gehören. Der Hauy’ſche Name ſoll nicht an die Durchſichtig-
keit erinnern, ſondern kommt von δίς doppelt und ὄψις Anſicht, weil man
über die Kernform doppelte Anſicht haben könne. Es pflegt die Oblong-
ſäule k M zu herrſchen, während die Säulenflächen T deren Kanten nur
ſchwach abſtumpfen, k iſt bauchig geſtreift. Die matten Schiefendflächen
P und x fehlen nie, ſind aber klein, die Paare m und u' dagegen ſtark
ausgedehnt. Mit einem Ende aufgewachſen, welches blaſſer gefärbt zu
ſein pflegt, als das freie. Schönſte Kryſtalle mit Granat in Spalten
des Serpentins der Alp de la Mussa in Piemont. Armlange und dicke
Säulen im Chlorit vom Schwarzenſtein im Zillerthal. Geht wie der
Strahlſtein in Asbeſt über. Auch als Hüttenprodukt aus dem Eiſen-
hochofen zu Gammelbo (Weſtmannland).


4. Sahlit d’Andrada Scheerer Journ. IV.31 von der Salaſilbergrube
in Weſtermannland, berggrüne trübe ſtrahlige Maſſen von der Zuſammen-
ſetzung des Diopſides, aber in der Oblongſäule iſt k = a : ∞b : ∞c
[215]I. Cl. 4te Fam.: Akmit, Diallag.
entſchieden blättrig, und dazu kommt eine noch deutlicher blättrige Schief-
endfläche P = a : c : ∞b, welche auf M ſenkrecht ſteht. Man
hatte daher das Mineral lange mit Feldſpath verwechſelt, allein
da es entſchieden weicher iſt, ſo nannte es Abilgaard


[figure]

Malacolith (μάλακος weich). Die blättrige k könnte man ſich
gefallen laſſen, ſie führt zum Diallag, aber die blättrige P überraſcht, und
doch darf man ſie wegen ihres Glanzes kaum für Abſonderungsfläche
halten. Nicht blos in Schweden, ſondern auch die berggrünen Strahlen
in der Muſſa-Alp (Muſſit) und von Gefrees im Fichtelgebirge zeigen dieſen
merkwürdigen Querbruch.


5. Akmit Berz. (nicht Achmit von ἀκμή Spitze) wurde von Ström
im Quarz bei Eger ohnweit Kongsberg in fußlangen Strahlen eingewachſen
gefunden (Pogg. Ann. V.158), die dort ſehr gemein ſind. Schon die
übermäßig geſtreckten 8ſeitigen Säulen mit ihren Winkeln ſtimmen voll-
kommen mit Augit, k breiter als M, am Ende herrſcht (außer o = a' : c : ½b)
ein ſehr ſcharfes Paar μ = \frac{1}{7}a' : ⅛b : c, und da die Kryſtalle vorn wie
hinten ſind, ſo müſſen es Zwillinge ſein, die Zwillingsgränze
in einer feinen Linie parallel der breiten k im Querbruch leicht
verfolgbar. Durch das Zerſchlagen des Quarzes bekommt man
leicht Endflächen. Die bräunlich ſchwarzen Kryſtalle haben
außen einen ſtarken Flächenglanz, innen ſind ſie dagegen
gänzlich matt, wie ſtark veränderte Afterkryſtalle. Daraus
mag ſich auch theilweis die von Augit abweichende Zuſammen-
ſetzung Ṅa S⃛i + F̶⃛e S⃛i2 erklären laſſen. Berzelius fand 55,2 S⃛i,
31,2 F̶⃛e, 10,4 Ṅa. Schmilzt leicht zu einer magnetiſchen
Perle. Vergleiche mit der Form auch den Spodumen pag. 196.


[figure]

6. Rother Mangankieſel (Rhodonit, ῥόδον Roſe) nach ſeiner
Roſenfarbe, übrigens nicht mit Ṁn C̈ zu verwechſeln. Man findet ihn meiſt
in derben feinkörnigen, hornſteinartigen Maſſen, doch kommt er zu Läng-
banshytta in Wermeland blättrig in dem dortigen körnigen Eiſenglanz
eingeſprengt vor mit dem Winkel der Augitſäule, auch gab die Analyſe
von Berzelius Ṁn3 S⃛i2. Der von Schabrowa bei Katharinenberg wird
verſchliffen, auch hier konnte G. Roſe den Säulenwinkel meſſen. Durch
Verwitterung verlieren ſie ihre Farbe, und bilden im Kieſelſchiefer am
Schebenholze bei Elbingerode ein ſchwarz, grün und roth gefärbtes Ge-
ſtein, faſt mit Jaſpisbruch, woraus man ſogar gewagt hat, verſchiedene
Mineralſpecies zu machen. Der


Buſtamit aus Mexiko 2 Ṁn3 S⃛i2 + Ċa3 S⃛i2 von ſtrahliger Struktur
und röthlicher Farbe könnte auch hierhin gehören. Auch Shepard’s röth-
lich brauner


Fowlerit von Stirling in New-Yerſey, 3,6 Gew. iſt ein Mangan-
augit (Ṁn, Ḟe, Żn, Ċa)3S⃛i2 mit 5,8 Żn, er kommt in großen Kryſtallen vor.


3. Diallag.


Augite, woran k = a : ∞b : ∞c blättriger iſt als die Säule
T = a : b : ∞c. Man hat mehrere Varietäten unterſchieden. Sie
[216]I. Cl. 4te Fam.: Diallag.
ſpielen in dem Gabbrogeſtein eine auffallende Rolle, ſtets in Verbindung
mit Labrador. Dahin gehören beſonders folgende drei:


Hyperſthen Hauy ὑπέρ über, σϑένος Kraft, weil er ſich durch
ſtärkern Glanz und ſtärkere Härte von Hornblende unterſcheiden ſollte,
wozu ihn Werner (labradoriſche Hornblende) ſtellte. Als Hauy den Un-
terſchied von Hornblende nachgewieſen hatte, nannte ihn Werner Paulit
von der St. Paulsinſel bei Labrador, von wo er damals einzig und allein
bekannt wurde und zwar in Begleitung des prachtvoll farbeſpielenden La-
brador’s, welches Geſtein den Namen Hyperſthenfels führt (Pogg. Ann.
34. 10). Der Blätterbruch k iſt ſehr deutlich mit einem halbmetalliſchen
ins Kupferroth ſich neigenden Glanz, ſenkrecht dagegen ſteht der faſrige
Bruch M = b : ∞a : ∞c. Verſteckt liegen die Brüche der Augitiſchen
Säule T. Braune Farbe gewöhnlich. Härte 6, Gew. 3,4. Vor dem
Löthrohr ſchmilzt er ſchwer, Ṁg3 S⃛i2 + Ḟe3 S⃛i2. Verwächſt gern mit
Hornblende und enthält meiſt Titaneiſen. Außer der St. Paulsinſel iſt
der Hyperſthenfels von Elfdalen berühmt, welcher verſchliffen wird, Nadeln
von Apatit und Olivin enthält. Prachtvoll ſind die großen Blätter von
Volpersdorf bei Neurode in Schleſien, der von Penig in Sachſen neigt
ſchon zum krummblättrigen, iſt aber noch Kupferroth, im Geſtein von La
Preſe (Veltlin) iſt er bereits ſo blättrig, daß dieſen G. Roſe ſchon zum
Diallag im engern Sinn ſtellt, obgleich die braune Farbe ſtark an Hy-
perſthen erinnert. Harz, Hebriden, Amerika. Doch muß man nicht meinen,
daß ſich jedes einzelne dieſer Geſteine feſt deuten ließe.


Bronzit Karſten Klaproths Beitr. V.32 aus dem Serpentin von
Kraubat in Steiermark, und ſpäter noch ausgezeichneter von Kupferberg
auf dem Fichtelgebirge, in den Olivinmaſſen am Stempel bei Marburg ꝛc.
Nach ſeiner lichten tombakbraunen Farbe genannt, da dieſe ins Nelken-
braune geht, ſo nannte ihn Werner blättrigen Anthophyllit. Die
Fläche k bildet zwar noch den deutlichſten unter den Blätterbrüchen, allein
ſie iſt eigenthümlich krummflächig und faſrig, daher zeigt ſich auch bei der
Bewegung ein innerer Lichtſchein, Gew. 3,27. Er ſteht an der Gränze
der Schmelzbarkeit, aber da man von ihm leicht die feinſten Faſern ſpalten
kann, ſo läßt ſich an dieſelben ein Köpfchen ſchmelzen. 3 Ṁg3 S⃛i2 +
Ḟe3 Si
2, doch wird der Eiſengehalt wechſelnd angegeben. Der aus dem
Serpentin von Kupferberg wird durch Verwitterung ſo weich wie Talk,
(Phäſtin), fühlt ſich auch fettig an, ohne Lichtſchein und Faſerſtruktur
aufzugeben. Eine höchſt eigenthümliche Veränderung!


Diallag Hauy (διαλλαγή Veränderung, eine ſehr geſuchte Benen-
nung, die auf die Ungleichheit der Blätterbrüche anſpielen ſoll). Haupt-
ſächlich mit Labrador in der Gabbro. Der blättrige Bruch k = a : ∞b : ∞c
wird ſo ausgezeichnet, daß er häufig an Glimmer erinnert, der Säulen-
bruch T nicht mehr erkennbar, aber nach M = b : ∞a : ∞, ſpringt er
faſrig weg. Gern grüne Farbe, H = 4—5, Gew. 3,2—3,4. Vor dem
Löthrohr ſchmilzt er leichter als Bronzit, aber ſchwerer als Augit. Man
gibt ihm die Formel des Augits (3 Ṁg + 2 Ċa + Ḟe)3S⃛i2, obgleich
der Winkel der Säule noch nicht nachgewieſen wurde. Es iſt hier auch
der Schillerſpathpag. 205 zu vergleichen. Als Normalſpecies ſieht
man den Bronzefarbigen von La Preſe im Veltlin an, kleinblättriger
[217]I. Cl. 4te Fam.: Wollastonit.
ſind die berggrünen von der Baſte im Harzeburger Forſt, am Rande mit
nelkenbrauner Hornblende verwachſen (Pogg. Ann. 13. 101). Die grünen
ſind meiſt verdächtig, denn gerade die ſchönſten faſt ſmaragdgrünen im
Sauſſurit von Turin und Corſika (Saussure’s Smaragdit) ſollen nach Hai-
dinger Gemiſche von Hornblende und Augit ſein (Gilbert’s Ann. 1823,
Band 75. 365). Beide nicht ſelten mit einander ſo verwachſen, daß ihre
Achſen a b c reſpective zuſammenfallen. Es erinnert an die Afterbildung
des Uralits pag. 209 und iſt um ſo merkwürdiger, da ſich ſolche Ver-
wachſungen bei der ganzen Diallaggruppe wiederholen. Gewöhnlich dringt
die Hornblende in etwas anderer Farbe vom Rande herein. Werner’s


Omphacit (ὀμφαξ unreife Traube) nach der grünen Farbe ge-
nannt, kommt körnig in Begleitung von rothem Granat und blauem
Cyanit beſonders ſchön bei Hof im Fichtelgebirge und am Bacher in Unter-
Steyermark vor. Auch hier iſt Hornblende mit Augit unregelmäßig durch-
einander gemiſcht. Am Bacher ſoll das zum Smaragdgrünen ſich neigende
Foſſil Augit und das braunere Hornblende ſein.


Wollastonit Hauy. Schon 1793 entdeckte ihn Stütz im Wiener
Muſeum in den blauen Kalken mit braunen Granaten und Buntkupfer-
erz von Cziklowa im Banat und nannte ihn Tafelſpath, Werner Schal-
ſtein
und Klaproth Beitr. III.289 lieferte die Analyſe, welche auf Ċa3 S⃛i2
alſo augitiſche Zuſammenſetzung führte, allein das Kryſtallſyſtem kann
damit nicht recht in Uebereinſtimmung gebracht werden. Es ſcheint wie
beim Epidot gewendet 2 + 1 gliedrig. Die ſchneeweißen Strahlen
von Finnland und dem Banat zeigen 4blättrige Brüche, denen auch nicht
ſelten ſehr deutliche Kryſtallflächen entſprechen. Die beiden deutlichſten
aber einander ungleichen Blätterbrüche M/T ſchneiden ſich
nach Phillips unter 95° 20′, nach der deutlicher blätt-
rigen T werden die Maſſen breitſtrahlig. Ein dritter
Blätterbruch i ſtumpft die ſtumpfe Säulenkante ungleich
ab, i/T = 135° 30′ und i/M = 139° 45′. Auch ein
4ter, welcher die ſcharfe Säulenkante von 84° 40′ ab-
ſtumpft, ſchimmert öfter deutlich. Phillips gibt auch die

[figure]

Enden unſymmetriſch an h/T = 126°, e/T = 139° 45′. Später hat
Brooke (Pogg. Ann. 23. 363) einen Kryſtall aus den Auswürflingen des
Veſuvs gemeſſen, der ebenfalls 4 Blätterbrüche in einer Zone hatte, die
Winkel ſind aber (theils aus unvollkommener Angabe) mit den Banater
nicht in Uebereinſtimmung zu bringen. Darnach ſcheint aber das Syſtem
2 + 1gliedrig. Eine Säule von 95° 38′ wird angegeben, deren vordere
ſtumpfe Kante der erſte Blätterbruch gerade abſtumpft. Eine blättrige
Schiefendfläche P macht mit den Säulenflächen 104° 48′ und mit der Axe c
69° 48′.


Kobell gibt (Münchener Gelehrte Anzeigen 1843. II.948) bei dem
mit röthlichen ſerpentinartigen Spadait am Capo di Bove vorkommenden
Kryſtallen eine Säule von 140° an, deren vordere ſtumpfe Kante der
blättrige Bruch T gerade abſtumpft, worauf M ſich unter 95½° gerade
aufſetzt, dieſe Winkel würden in Beziehung auf die Blätterbrüche mit
denen von Phillip’s ſtimmen.


Härte 4—5, Gew. 2,8. Weiße bis ſchneeweiße Farbe, durch Rei-
bung und Erwärmen phosphorescirend. Sehr brüchig.


[218]I. Cl. 4te Fam.: Olivin.

Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ziemlich ſchwer zu einer klaren Perle,
zeigt dabei eine von Kalk herrührende ſchwache rothe Färbung der Flamme.
Salzſäure zerlegt ihn und bildet eine Gallerte: 51,4 S⃛i, 47,4 Ċa ſtimmt
gut mit der Formel C̈a3 S⃛i2. Im körnigen Kalkſpath im Banat und Finn-
land (Perhenieni). Bei Auerbach an der Bergſtraße im ſpäthigen Kalke
mit Granat. Verſchieden davon iſt das Vorkommen im Mandelſtein von
Dumbarton, in der Lava von Capo di Bove, in den Auswürflingen des
Veſuvs von Granat und Leucit begleitet.


Dana’s Danburit (Silliman’s Amer. Journ. 1850. IX.286) von Dan-
bury in Conecticut im Feldſpath mit Dolomit. Gelbliche Chondrodit-
artige Kryſtalle mit 2 blättrigen Brüchen von 110°, ſcheinbar eingliedrig.
H = 7, Gew. 2,95. 9,2 Borſäure, 49,7 S⃛i, 22,8 Ċa, 9,8 Ṅa, 4,3 K̇a ꝛc.


4. Olivin.


Werner ſchrieb 1790 im Bergmänniſchen Journal III.2.pag. 54 eine
beſondere Abhandlung darüber, und hieß ihn nach ſeiner olivengrünen
Farbe, ſchied aber den edlen Olivin als Chryſolith ab, doch vereinigte
ſie Hauy wieder unter dem in Frankreich bei den Steinſchleifern gebräuch-
lichen Namen Peridot. Chrysolythus beſchreibt Plinius 37. 42 als
einen goldgelben Stein (aureo fulgore), daher nimmt es Wunder, daß
die Mineralogen vor Werner alle harten durchſichtigen gelblich grünen
Steine, wie Olivin, Turmalin, Chryſoberyll, Beryll, Prehnit, Apatit,
Zirkon, Flußſpath ꝛc. darunter begriffen, während derſelbe beſſer auf die
gelbe Farbe des Topaſes gepaßt hätte. Man ſcheint hauptſächlich durch
Wallerius Mineralogie in dieſen Fehler gefallen zu ſein.


Zweigliedriges Kryſtallſyſtem: eine geſchobene Säule n =

[figure]

a : b : ∞c bildet vorn den ſtumpfen Winkel von 130° 2′.
Dieſelbe wird aber meiſt tafelartig durch die längsgeſtreifte
Fläche M = a : ∞b : ∞c. Die matte T = b : ∞a : ∞c
iſt nur ſehr verſteckt blättrig. Die Gradendfläche P =
c
: ∞a : ∞b gewinnt ſelten an Ausdehnung. Ein auf die
ſtumpfe Säulenkante aufgeſetztes Paar d = a : c : ∞b 76°
54′ (in c) iſt wegen des ſtarken Glanzes leicht meßbar. Aus den Win-
keln von n/n und d/d ergibt ſich
a : b = 0,794 : 1,704 =
lga = 9,89983, lgb = 0,23148.

Die glänzenden Oktaederflächen e = a : b : c fehlen ſelten, ihre ſeitliche
Endkante wird durch die rauhe h = b : c : ∞a gerade abgeſtumpft, die ſich
unter 119° 12′ ſchneiden, rauh iſt ferner k = ½b : c : ∞a 80° 53, da
nun auch in derſelben Zone P und T matt war, ſo kann man ſich dar-

[figure]

nach leicht in die Stellung der Kryſtalle finden.
Schöne deutliche Formen gehören übrigens zu
den Seltenheiten, um ſo überraſchender war
es, als G. Roſe (Pogg. Ann. 4. 185) aus dem
Pallaſiſchen Meteoreiſen die flächenreichſten
Kryſtalle beſchrieb, welche außer n PT, d, e, k
noch i = ¼b : ∞a : c, f = a : c : ½b, l =
a : c
: ⅓b, s = a : ½b : ∞c und r =
a
: ⅓b : ∞c hatten. P war daran ſtärker
[219]I. Cl. 4te Fam.: Olivin.
als gewöhnlich ausgedehnt und parallel der Axe a geſtreift. Die Form
des Olivins hat große Aehnlichkeit mit der des Chryſoberylls, aber
Zwillinge kennt man kaum (am Veſuv), dieſe kommen jedoch bei den
Afterkryſtallen des Serpentins nach Olivin häufig vor pag. 204, ſie
haben h = b : c : ∞a gemein. Ja bei dieſen Afterkryſtallen finden ſich
noch die Flächen δ = ½a : c : ∞b, ε = ½a : b : c, φ = ½a : ½b : c und
λ = ½a : ⅓b : c, welcher Reichthum an Humit erinnert. Härte 7, Gew.
3,35, Glasglanz, große Durchſcheinenheit und gelblichgrüne Farbe.


Im Feuer bleibt er faſt unverändert und ſchmilzt namentlich nicht
vor dem Löthrohr, nur die mit ſtarkem Eiſengehalt werden angegriffen.
Die Kalkerde iſt ihm fremd, Ṁg3 S⃛i, dagegen enthalten alle einen bedeu-
tenden Gehalt an Ḟe3, auch etwas Nickeloxyd und Berzelius gibt bei den
Pallaſiſchen und Böhmiſchen bis 0,2 Kupfer- und Zinnoxyd an. „Salz-
ſäure greift ihn nicht merklich an, dagegen wird das Pulver von Schwefel-
ſäure vollkommen zur Gallerte zerſetzt.“ 41,2 S⃛i, 50,3 Ṁg, 8,5 Ḟe. Der
Baſalt nebſt Verwandten bildet faſt die einzige Fundſtätte, hier kommt
er nicht blos in einzelnen Körnern eingeſprengt vor, ſondern auch in
kugelförmigen Haufen von ½′ bis über 2′ Durchmeſſer, wie am Dreiſer
Weiher bei Dockweiler in der Eifel, zu Naurod bei Wiesbaden ꝛc. Solche
Haufwerke ſind ſchwer erklärlich, und erſcheinen zumal bei der Unſchmelz-
barkeit wie fremdartige Einſchlüſſe. Im Hyperſthenfels von Elfdalen er-
kannte G. Roſe zuerſt gelblichen Olivin, ſpäter fand er ſich im Talk-
ſchiefer am Berge Itkul ſüdlich Syßerck bei Katharinenburg in oliven-
grünen durchſichtigen Stücken, bis Fauſtgröße (Erdmann’s Journ. prakt.
Chem. 1849. Bd. 46. pag. 222). Auf die ſchönen Olivine in den Höh-
lungen des Pallaſiſchen Meteoreiſens wurde oben aufmerkſam gemacht,
ſchon Biot zeigte, daß es keine glaſige Maſſe, ſondern eine kryſtalliniſche
Subſtanz mit zwei optiſchen Axen ſei, und neuerlich beweist Ebelmen
(Erdmann’s J. p. C. 1851. Bd. 54. pag. 162), daß man leicht gelbe
durchſichtige Kryſtalle bekomme, wenn man in einem offenen Gefäß auf
Platindraht 4,5 S⃛i + 6,1 Ṁg + 6 B⃛ mit einander ſchmelze, woraus
die leichte Bildung in Baſalten erklärlich erſcheint.


Der Chrylolith (edle Olivin) wird vielfach verſchliffen, und ſoll
beſonders aus Egypten und Braſilien in rohen Körnern eingeführt werden.
Die geſchliffenen kann man leicht mit Veſuvian verwechſeln.


Hyaloſiderit Walchner (ὕαλος Glas) aus dem Mandelſtein der
Limburg bei Sasbach am Kaiſerſtuhl unmittelbar am Rhein. Ein Eiſen-
olivin mit 29,7 Ḟe. Freilich haben die meiſten ſtark durch Verwitterung
gelitten, ſie laufen dann ziegelroth an. Kleine Oktaeder mit den Flächen
k s T n. Schmilzt zu einer magnetiſchen Schlacke.


Monticellit Brooke aus den Sommaauswürflingen ſcheint ein
farbloſer Chryſolith zu ſein, und nach Scacchi aus Ṁg3 S⃛i + Ċa3 S⃛i zu
beſtehen. Der nach ſeiner Froſchlaichähnlichen Farbe genannte Batra-
chit
Breithaupts vom Rizoniberge in Südtirol ſoll die gleiche Zuſammen-
ſetzung haben, nur noch 3 p. C. Ḟe enthalten, obgleich er als rhombiſche
Säule von 115° mit ſchwachem Blätterbruch beſchrieben wird. Breit-
haupt’s Tephroit von Sparta in New-Yerſey mit Franklinit und Roth-
zinkerz könnte ein Manganchryſolith ſein, (Ṁn, Ḟe)3 S⃛i, allein die aſch-
[220]I. Cl. 4te Fam.: Eiſenfriſchſchlacke, Humit.
graue körnige Subſtanz kennt man nicht kryſtalliſirt. Vergleiche auch
Knebelit.


Eiſenfriſchſchlacke (Fayalit). Bei dem Friſchprozeſſe des Eiſens
bilden ſich ſehr blättrige kryſtalliniſche Schlacken von eiſenſchwarzer Farbe
mit einem Stich ins Gelbe. Mitſcherlich (Abh. Berl. Akad. 1822 pag. 29)
hat davon zuerſt nachgewieſen, daß ſie nicht blos die Formel eines aus-

[figure]

gezeichneten Eiſenolivins (Ḟe3 S⃛i), ſondern auch die
Form haben. Es ſind treppenförmige Oblongoktaeder
mit n = a : b : ∞c 130° 28′ und k = ½b : c : ∞a
81° 17′, deren eine Ecke durch T = b : ∞a : ∞c
nicht ſelten ſo ſtark abgeſtumpft wird, daß es papier-
dünne Tafeln gibt. Solche Tafeln haben aber immer
Neigung, ſich zu zelligen Oblongoktaedern zu grup-
piren, weßhalb ſie auch eine ausgezeichnete doppelte
Streifung parallel T/n und T/k zeigen. Ein deutlicher
Blätterbruch P = c : ∞a : ∞b ſtumpft die ſcharfe
Kante k/k gerade ab, auf demſelben erkennt man öfter
in ausgezeichneter Weiſe die Abſonderungsſtreifen der Tafeln, ſo daß
derbe körnige Stücke auf ihren Bruchflächen Figuren zeigen ähnlich den
Widmannſtätten’ſchen an geätzten Meteoreiſen. Da man dieſe Struktur
auch an Hochſtetter’s


Fayalit von der Azoriſchen Inſel Fayal findet, wo es an der
Küſte in Blöcken lag, die oberflächlich ganz wie Schlacken ausſehen, ſo
ſind auch dieſe ohne Zweifel Kunſtprodukte, wahrſcheinlich Ballaſt von
Schiffen. Die Farbe mancher ſolcher Schlacken gleicht dem Eiſenglanz,
ihre Kryſtalle haben auch wohl einen gelblichen Schmelzüberzug, was leb-
haft an den rothen Ueberzug des Hyaloſiderits erinnert.


Humit aus den Sommablöcken (1817 von Graf v. Bournon nach
dem damaligen Vicepräſidenten der Londoner geol. Geſellſch. genannt),
wo er in kleinen braungelben mit viel Flächen überladenen Kryſtallen
vorkommt, die man leicht mit Veſuvian verwechſelt, Härte 6—7, Gew. 3,2.
Die Formen laſſen ſich zwar nicht leicht mit Olivin in Uebereinſtimmung
bringen, allein einen Theil der Schuld ſcheint das außerordentlich flächen-
reiche Syſtem zu tragen. Wir verdanken dem Franzoſen Marignac, be-
ſonders aber dem Hrn. Scacchi in Neapel eine äußerſt mühſame und
gründliche Abhandlung (Pogg. Ann. Ergänzungsband III. 1853 pag. 161).
Darnach iſt das Syſtem wie beim Olivin 2 gliedrig, auch Phillips be-
ſchrieb es ſo: eine geſchobene Säule M = a : b : ∞c 120° (120° 20′ Sc.),
deren ſtumpfe Kante durch f = a : ∞b : ∞c, und deren ſcharfe durch

[figure]

h = b : ∞a : ∞c gerade abgeſtumpft
wird, außerdem kommt eine Gradend-
fläche P = c : ∞a : b ∞vor. Ein
vorderes Paar a = a : c : ∞b macht
in c 129° 40′ (130° 24′ Sc.). Dieſer
Winkel würde zwar gut mit der Säule
n des Olivins ſtimmen, allein man
kann M nicht für h des Olivins
nehmen, da M/M ihren ſtumpfen Winkel von 120° hinlegt, wo h/h ihren
[221]I. Cl. 4te Fam.: Humit.
ſcharfen hat. Iſt nun ſchon bei Phillips die Ueberladung der Flächen
außerordentlich, ſo geht Scacchi noch weiter: er unterſcheidet dreierlei Typen,
deren Winkel etwas von einander abweichen. Im erſten Typus geht der-
ſelbe von der Säule e5 = a : b : ∞c aus, die vorn 152° 26′ macht,
und von o2 = c : 2a : ∞b in c ſich unter 130° 24′ ſchneidend, daraus
folgt für
Typus I.
a : b : c = 0,2453 : 1 : 0,2271.
Unter dieſer Vorausſetzung iſt i3 =
b : c : ∞a
, i2 = b : 3c : ∞a,
i = b : 5c : ∞a, n2 = a : b : c,
n = a : c : ⅓b ꝛc.


[figure]

Im 2ten Typus geht Scacchi
von e2 = a : b : ∞c 142° 4′
und i = b : 2c : ∞a 115° 2′
aus, daraus folgt für
Typus II.
a : b : c = 0,3438 : 1 : 0,3184.
In dieſem Falle iſt n2 = a : b c,
n = a : c : ⅓b, r4 = a : b : ½c,
r3 = a : ⅓b : ½c, m = ⅓a : ⅕b : ½c,
m2 = b : ⅓a : ½c ꝛc.


[figure]

Im dritten Typus, der ſeines
Flächenreichthums wegen wahr-
ſcheinlich mit Phillips ſchöner Fi-
gur ſtimmt, geht man von e4 =
a : b : ∞c
158° 24′ und i3 =
b : 2c : ∞a
141° aus, dann folgt
für
Typus III.
a : b : c = 0,1907 : 1 : 0,1765.
Jetzt iſt nun n4 = a : b : c,
n3 = a : c : ⅓b, n2 = a : c : ⅕b,
n = a : c : \frac{1}{7}b; r8 = a : ½c : b,
r7 = a : ½c : ⅓b, r6 = a : ½c : ⅕b,
r5 = a : ½c : \frac{1}{7}b, r4 = a : ½c : \frac{1}{9}b,
r3 = a : ½c : \frac{1}{11}b, r2 = a : ½c : \frac{1}{13}b,
r = a : ½c : \frac{1}{15}b; i2 = b : 4c : ∞a,
i = b : 6c : ∞a; e3 = a : ⅓b : ∞c,

[figure]

e2 = a : ⅕b : ∞c, e = a : \frac{1}{7}b : ∞c; m = a : \frac{3}{2}c : ⅓b, m2 = a : \frac{3}{2}c : 3b.
Merkwürdig iſt an dieſen Axen, daß bei gleicher b = 1 die a und c ſich
der Reihe nach wie die Zahlen 7 : 5 : 9 verhalten. Denn
a = 0,245 · 7 = 0,343 · 5 = 0,19 · 9 = 1,717
c = 0,227 · 7 = 0,318 · 5 = 0,176 · 9 = 1,59.

Würde man daher von den Axen a : b : c = 1,717 : 1 : 1,59 ausgehen,
ſo blieben in allen Typen die Ausdrücke von b gleich, die a und c des
[222]I. Cl. 4te Fam.: Chondrodit, Dichroit.
erſten Typus müßte man aber mit 7, des zweiten mit 5 und des dritten
mit 9 dividiren. Da alle Ausdrücke rational bleiben, ſo ſollte man aller-
dings ſämmtliche, als einem Syſtem angehörig betrachten können. Dann
hätte der Humit 50 verſchiedene Flächenzeichen mit 3 Einzelflächen, 20
Paaren und 27 Oktaedern, Summa 151 Kryſtallräume.


Vergleichen wir nun dieſe Axen mit denen des Olivins, wo
a : b = 0,794 : 1,704 oder 2a : b = 1,59 : 1,704
war, ſo ſtimmen ſie vollkommen mit Humit, wenn man 2a (Ol.) = c (Hum.)
und b (Ol.) = a (Hum.) ſetzt.


Scacchi weist nun auch Zwillinge und Drillinge nach, die ſich ganz
wie beim Chryſoberyll mit den Axen b unter 60° (ungefähr) durchwachſen,
ein weiterer Beweis, daß b Humit = c Chryſoberyll ſei. Oefter zeigt
ſich auch eine Neigung zu Hemiedrie, indem von den Oktaederflächen ſich
2 zu einer rhombiſchen Säule ausdehnen, daher wurden ſie längere Zeit
als 2 + 1gliedrig angeſehen, wie ſie Miller Mineral. pag. 352 noch
beſchreibt.


Vor dem Löthrohr unſchmelzbar, im Weſentlichen Ṁg4 S⃛i aber mit
einem Gehalt an Fluor. Nach Rammelsberg


  • 1ſter Typus 27 Ṁg4 S⃛i + 4 Mg F̶l + Si F̶l3
  • 2ter Typus 18 Ṁg4 S⃛i + 4 Mg F̶l + Si F̶l3
  • 3ter Typus 36 Ṁg4 S⃛i + 4 Mg F̶l + Si F̶l3

Chondrodit 12 Ṁg4 S⃛i + 4 Mg F̶l + Si F̶l3 (χόνδρος Korn) Graf
d’Ohsson Kongl. Vet. Acad. Handl. 1817. pag. 206. — Wachsgelbe Körner
eingeſprengt in den körnigen Kalk mit Graphit von Sparta in New-
Yerſey, mit Pargaſit von Pargas in Finnland ꝛc. Gute Kryſtalle ſelten.
Nach Dana 2 + 1gliedrig. Eine geſchobene Säule von 68°, darauf ein
vorderes Augitpaar von 89° und ein hinteres von 80° (in der Median-
kante) aufgeſetzt. Wegen der Zuſammenſetzung dennoch wahrſcheinlich mit
Humit ſtimmend. Auch Maclureit und Brucit genannt.


5. Dichroit Cord.


Man fand ihn zuerſt am Cabo de Gata in Südſpanien in Fünd-
lingen mit rothen edlen Granaten, die von baſaltiſcher Lava eingeſchloſſen
werden, Werner nannte dieſe Jolith (ἴον Veilchen). Freilich kannten
ſchon längſt die Steinſchleifer den Saphir d’eau (Luchsſaphir) von Ceylon,
welchen Werner als Peliom (πελιωμα Farbe des unterlaufenen Bluts)
unterſchied. Cordier machte zuerſt auf Kryſtallform und Dichroismus auf-
merkſam, daher nannte ihn Hauy Cordierit. Tamnau Pogg. Ann. 12. 495
hat die Kryſtallform am beſten auseinander geſetzt. Sie ſind ohne Zweifel


Zweigliedrig, aber die Kryſtalle nicht mit dem Goniometer meß-
bar. Die rhombiſche Säule M = a : b : ∞c iſt ungefähr 120°, und
das Oktaeder d = a : b : c macht mit der Säule M etwa einen Winkel
M/d = 140°. Daraus ergibt ſich
a : b = = 0,969 : 1,678,
lga = 9,98628, lgb = 0,22484.


Die Gradendfläche P = c : ∞a : ∞b dehnt ſich immer ſtark aus; l =
b : ∞a : ∞c
fehlt ſelten und iſt etwas blättrig, ſie bildet mit M den
[223]I. Cl. 4te Fam.: Dichroit.
Winkeln nach eine reguläre ſechsſeitige Säule, da nun
auch ſämmtliche gerade Abſtumpfungen ihrer Kanten,
k = a : ∞b : ∞c und e = a : ⅓b : ∞c, nicht
fehlen, ſo nahm Hauy das Syſtem für 6gliedrig.
Dazu kam nun noch, daß öfter das Oktaeder s =
a : b : ½c
mit n = b : c : ∞a auftritt, welche auf
der ſechsſeitigen Säule eine förmliche dihexaedriſche

[figure]

Endigung bilden, s/M = 120° 48′. Die zweigliedrige
Entwickelung ſpricht ſich aber beſonders durch o =
a : c : ½b
, und durch den Mangel von Flächen über l aus,
ſo daß, wenn auch die optiſchen Kennzeichen uns nicht
zu Hilfe kämen, wir über das Syſtem heute nicht mehr

[figure]

in Zweifel ſein würden.


Durch ſeinen ſogenannten „Dichroismus“ iſt das Mineral ſeit Cordier
berühmt geworden. Beſonders geeignet ſind dazu jene
ſchön blauen Geſchiebe von Ceylon, die man unmittel-
bar unterſuchen kann. Will man jedoch die Sache
gründlich nehmen, ſo ſchleift man daraus einen nach den
Axen orientirten Würfel, deſſen Flächen den Pk und l
parallel gehen. Sieht man nun quer durch P, alſo pa-
ralell der Axe c, ſo haben wir das ſtärkſte Blau, dunkel

[figure]

Indigoblau; quer durch k, alſo parallel der Axe a, wird das Blau ent-
ſchieden blaſſer; endlich quer durch l, alſo parallel der Axe b, ſchwindet
das Blau oft gänzlich, der Kryſtall erſcheint ſchmutzig gelb oder farblos.
Das dunkelſte Blau tritt in der Richtung der optiſchen Mittellinie, welche
mit c zuſammenfällt, hervor, und der Mangel an Farbe in der Richtung
der mit c zuſammenfallenden optiſchen Senkrechte. Die optiſchen Axen
liegen nämlich nach Haidinger in der Axenebene b c und machen mit c
einen Winkel von 31° 25′, Beer vermuthet in a c (Pogg. Ann. 82. 432),
derſelbe gibt auch die Farbe anders an. Wie Turmalin abſorbirt Dichroit
polariſirtes Licht gänzlich, kann alſo ebenſo benützt werden, allein da letz-
terer optiſch 2axig iſt, ſo wirken die Platten ſowohl längs als quer der
Hauptaxe c geſchliffen (Pogg. Annal. 1820. V. 10).


Gewicht 2,56, Härte 7—8, Violblau, Grün, bis farblos, muſcheligen
Bruch, wie Quarz, aber zum Fettglanz geneigt.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſchwierig an den Kanten. Ṁg3 S⃛i2 +
3 A̶⃛l S⃛i
, aber meiſt ein bedeutender Gehalt an Ḟe vorhanden.


Die meiſten kommen uns von Bodenmais im baieriſchen Walde zu,
wo ſie mit Magnetkies in großen derben Maſſen im Granit brechen.
Hier auch die ſchönſten Kryſtalle von grüner und blauer Farbe, aber
außen ſchwärzlich. Beſonders ſchön blau iſt der von Orijärfvi bei Abo
in Finnland im Kupferkies, er ſoll 2,6 wiegen und iſt Steinheilit ge-
nannt, ähnlicher auch zu Tvedeſtrand bei Brevig. In den Kupferkies-
lagern von Fahlun, dem Magneteiſen von Arendal, im Granit von Grön-
land und Haddam. Aber nur die Ceyloniſchen Geſchiebe eignen ſich
vorzugsweiſe zum Schleifen.


Der Dichroit zog in neuern Zeiten noch in hohem Grade die Auf-
merkſamkeit auf ſich durch die Leichtigkeit, mit welcher er verwittert und
in Folge deſſen Waſſer aufnimmt. Da ſeine Zuſammenſetzung nichts
[224]I. Cl. 4te Fam.: Dichroit.
Ausgezeichnetes hat, und die Säulen mit Gradendfläche immer an 6glied-
rige Kryſtalle mahnen, ſo erklärt das die Schwierigkeit der richtigen Deu-
tung. Siehe Biſchof Lehrb. chem. phyſ. Geologie II. 369.


Fahlunit Hiſinger aus dem Talkſchiefer der Kupfergruben von
Fahlun. Eine Serpentinartige ölgrüne Maſſe mit ſplittrigem Bruch bis
auf Kalkſpathhärte hinabgehend. Nach Haidinger überzieht er öfter noch
unzerſetzten Dichroit, der in denſelben Gruben vorkommt. Einige davon
ſollen Blätterdurchgänge zeigen (Triclaſit Wallmann’s), aber ſchimmern
auch nur wachsglänzend, Hausmann beſchreibt auch dieſen zweigliedrig,
nennt einen Säulenwinkel von 120° 32′, ſo wenig auch Hauy’s Beſchrei-
bung zum Dichroit paſſen mag. So ſoll auch der Weiſſit von dort 2 +
1gliedrig ſein, ſich aber ſonſt nicht unterſcheiden laſſen. Dagegen ſteht
der harte Fahlunit dem unveränderten Dichroit ſchon näher, ſo daß
in jenen berühmten Kupfergruben durch Aufnahme von Waſſer (bis 14 Ḣ̶)
eine ganze Reihe von Afterkryſtallen ſich zu bilden ſcheint. Der


Pinit Werner’s fand ſich zuerſt im verwitterten Granit des Pini-
Stollens zu Schneeberg, der nach dem Pater Pini ſeinen Namen bekom-
men hatte, weil Bergmeiſter Bauer im Granit dieſelben Feldſpathe wie

[figure]

bei Baveno fand. Die ſchwärzlichgrüne durch Eiſenocker roth-
gefärbte Maſſe iſt um und um kryſtalliſirt, und bildet eine 12-
ſeitige Säule mit Gradendfläche. Die Winkel der Säule ſind
etwa 150°, daher nahm ſie Hauy für die beiden regulären ſechs-
ſeitigen Säulen. Dufrénoy will zwar die Sache anders beſtimmt
wiſſen, indeſſen ſcharfe Meſſungen ſind nicht möglich, denn der
Bruch und Glanz iſt durchaus nur Serpentinartig. Die Gradendfläche ſondert
ſich öfter ſchalig ab, und oft ſo deutlich, daß man es für Blätterbruch
halten könnte, daher wurden ſie auch lange zum Glimmer geſtellt. Die
Analyſen geben zwar S⃛i und A̶⃛l etwa wie beim Dichroit, aber ſtatt der
Kalkerde finden wir 6—12 Kali, welches in Verbindung mit 4—8 Ḣ̶ die
Veränderung bewirkt zu haben ſcheint. Analyſen haben bei ſolchen ver-
änderten Mineralen nur ein ſehr bedingtes Gewicht. Beſonders ausge-
zeichnet findet man die Kryſtalle zu Morat und andern Orten der Au-
vergne in feinkörnigem Granit eingeſprengt. Hier herrſcht öfter eine
oblonge Säule, und ihr ganzer Habitus erinnert in auffallendem Grade
an Dichroit, ja es kommen auch oktaedriſche Abſtumpfungen vor. Im
Granit von Haddam in Connecticut findet ſich Pinit mit Dichroit unter
Verhältniſſen zuſammen, daß nach Shepard der eine aus dem andern
entſtanden zu ſein ſcheint. Steht dieß einmal feſt, ſo ſind dann auch eine
Menge Serpentinartiger derber und kryſtalliſirter Stücke erklärlich, welche
ſich an ſo vielen Stellen des Urgebirges namentlich in verwitterten Gra-
niten finden, bei Forbach im Murgthal (grün), im Gneus am Schloß-
berge bei Freiburg, im Thonporphyr von Geroldsau ſüdlich Baden-
Baden an der Oos (Ooſit). Nordenſkiold’s Gigantolith aus dem
Granit von Tammella in Finnland, Pyrargillit von Helſingfors,
Thomſon’s Bonsdorffit von Abo, Erdmann’s Praſeolith im Gneus
von Brâkke bei Brevig, der Esmarckit ebendaher, Scheerer’s Aspa-
ſiolith
von Krageroe, noch einen Kern von Dichroit enthaltend, der
Chlorophyllit von Haddam in Connecticut, der Iberit von Mon-
toval bei Toledo ꝛc., alle ſind im allgemeinen 12ſeitig, grün und Ser-
[225]I. Cl. 4te Fam.: Asbeſt.
pentinartig, und kommen häufig noch in der Nähe vom Dichroit vor, um-
hüllen ihn ſogar. Biſchof findet den Grund dieſer merkwürdigen Zerſetzung
in der ſchaaligen Bildung der Kryſtalle, zwiſchen deren Fugen das Waſſer
leicht eindringe, Kieſelſäure und Magneſia entführe, und ſtatt deſſen
Waſſer, Kali, Kalk ꝛc. abſetze; nur A̶⃛l und F̶⃛e werden gewöhnlich nicht
alterirt. Von chemiſchen Formeln kann bei ſolchen Veränderungen wohl
kaum die Rede ſein.


Die gelblichgrünen Kryſtalle des Gieſekit’s von Grönland und des
Libenerit’s von Predrazzo, beide in einem rothen Feldſpathporphyr, bilden
reguläre ſechsſeitige Säulen mit Gradendfläche, das ſtimmt mit Nephelin
beſſer als mit Cordierit. Da jedoch jener mehr in vulkaniſchen Geſteinen
zu Hauſe iſt, ſo hat man auch an dieſen gedacht. Der Gehalt iſt etwa
50 S⃛i, 30 A̶⃛l, 9 K̇a, 5 Ḣ̶, Entſcheidung iſt hier nur durch Forſchungen
auf der Lagerſtätte möglich.


Nach dem Geſagten ſcheint der Dichroit für das Urgebirge das
zu ſein, was der Olivin für vulkaniſche Geſteine iſt, beide gehen durch
Verwitterung in eine Serpentinartige Maſſe über. Daher ſtellt man Di-
chroit auch beſſer hier hin, als an das Ende der Edelſteine.


Asbeſt.


Ἄσβεστος unzerſtörbar, der Name aus dem Alterthum überliefert, in
der goldenen Laterne der Minerva zu Athen war ein ſolcher Docht.
Plinius 19. 4 handelt ihn als Linum vivum bei den Pflanzen ab: nascitur
in desertis adustisque sole Indiae, ubi non cadunt imbres, inter diras
serpentes, assuecitque vivere ardendo. Agricola 703 Federwis, pliant,

ſalamanderhar.


Man begreift darunter verſchiedene faſrige Foſſile, die beſonders mit
Hornblende und Augit, aber auch mit Glimmern und andern in Beziehung
ſtehen. Die Faſer iſt bald ſpröde bald gemein biegſam, weiß mit einem
Stich ins Grün. Vor dem Löthrohr ſchmelzen einzelne Faſern nicht ſon-
derlich ſchwer, größere Mengen widerſtehen aber dem gewöhnlichen Feuer.


Amiant (ἀμίαντος unbefleckt, ſchon von Dioscorides gebraucht).
Plinius 36. 31 Amiantus alumini similis nihil igni deperdit. Agricola 609:
quod ignis adeo non inquinet ipsius splendorem, ut etiamsi in eum
conjicitur sordidus, nihil deperdens, nitidus et splendens extrahatur
.
Höchſt zartfaſrig häufig mit einem ſeidenartigen Schiller. Im Waſſer
gehen die Faſern ſo leicht auseinander und zeigen ſich ſo biegſam, daß
ſie „der ſchönſten weißen Seide“ gleichen. Ihr Hauptlager iſt wie beim
Strahlſtein und Diopſid im Talkſchiefer, von dem ſie auch die Milde an-
genommen haben mögen. Ein Asbeſt aus der Tarantaiſe hatte nach
Bonsdorf Strahlſteinbeſtandtheile 58,2 S⃛i, 22,1 Ṁg, 15,5 C̈a, 3,1 Ḟe;
ein anderer von Schwarzenſtein Diopſidmaſſe 55,9 S⃛i, 20,3 Ṁg, 17,8 Ċa,
4,3 Ḟe, freilich mit unweſentlichen Unterſchieden.


Der feine Asbeſt (Bergflachs) kann mit Flachs zuſammen geſponnen
und gewoben werden. Im Feuer brennt dann blos der Flachs heraus,
das Gewebe wird nicht zerſtört. Die Alten ſollen ſich daher nach Plinius
19. 4 deſſelben zu Leichengewändern bedient haben, um beim Verbrennen
die Aſche der Todten von der des Holzes zu ſondern. Die Gewänder
Quenſtedt, Mineralogie. 15
[226]I. Cl. 4te Fam.: Asbeſt.
waren aber ſo koſtbar als Perlen. Kaiſer Karl V. hatte davon ein Tiſchzeug,
das er zur Beluſtigung ſeiner Gäſte nach eingenommener Mahlzeit ins
Feuer werfen ließ. Heutiges Tages gehört Amiant in den Hochgebirgen
zu den gewöhnlichen Erfunden, ſchon Dolomieu ſammelte auf Corſika ſo
viel, daß er ſich deſſelben ſtatt Heu zum Verpacken der Minerale bedienen
konnte.


Bergkork entſteht, wenn die Faſer ſich verfilzt. Manche davon
fühlen ſich fett und kalt an, ſie miſchen ſich mit Talk (Bergfleiſch); andere
mager und warm, werden ſchwimmend leicht, und könnten mit Meerſchaum
verwechſelt werden. Auf Erzgängen und in den Hochalpen. Oft After-
bildungen.


Gemeiner Asbeſt, darunter verſteht man die Abänderungen mit
ſpröderer Faſer, die Farbe meiſt grün, weil ſie von Strahlſtein herkommt.
Einige dieſer Maſſen werden feſt und brechen zu langen geſtreiften,
krummſchaligen oder geraden Splittern, dieſelben gehen in Serpentinartige
Maſſen über. Am Schneeberge bei Stertzing ohnweit Clauſen in Tyrol
werden dieſelben in Folge von Verwitterung holzbraun, und da krumm-
blättrige Stellen wie Aeſte darin vorkommen, ſo nannte ſie Werner Berg-
holz
, aber trotz ihrer auffallenden Holzähnlichkeit beſteht die Faſer unter
dem Mikroſkop nur aus Kügelchen, die organiſche Zelle fehlt.


Es liegt in der Natur der Sache, daß der faſrige und asbeſtartige
Zuſtand einer Menge von Mineralien zukommen muß: denn die faſrige
Bildung beim Gyps, Arragonit, Weißbleierz ꝛc. hat offenbar dieſelbe Be-
deutung. Nur liefert bei Silicaten die Analyſe keinen ſo ſichern Anhalts-
punkt, daher die Zweifel in einzelnen Fällen. Oft aber können nachbar-
liche Minerale entſcheiden: ſo kommt in der Dauphiné Epidot asbeſtartig
vor. Der ſogenannte


Byſſolith gleicht grauen und blondfarbigen Menſchenhaaren, aber
trotz dieſer Feinheit bleibt er glaſig ſpröde, weil er auf Spalten der
Feldſpathgeſteine mit Adular und Bergkryſtall in den Hochalpen vorkommt.
Ein ähnliches aber noch viel feinhaarigeres Foſſil bildet der Breislakit,
röthliche verworrene Faſern liegen in Druſenlöchern der Lava von Capo
di Bove bei Rom und in der Lava della Scala am Veſuv. Nach Chap-
man’s Meſſungen hat er die Winkel des Augits.


Krokydolith Hausmann (κροκύς Flocke) durchzieht zu Latakoo am
Cap das Magnet- und Brauneiſen, wie der ſchillernde Asbeſt pag. 204
den Serpentin. Indigblau, wie Vivianit, und viel zäher als Amiant,
man kann ihn zu den feinſten Faſern zerſpalten, ſelbſt feine Fäden ver-
langen zum Zerreißen noch einer merklichen Kraft, und die Rißfläche
zaſert ſich gerade wie Pflanzenfaſer. Vor dem Löthrohr ſchmelzen die
Stücke zwar leicht, kommen aber nicht ſo ſtark zum Fluß, daß ſie ſich
kugeln. Wenn daher irgend ein Mineral auf die dem Alterthum ſo wich-
tige Eigenſchaft des Asbeſtes Anſpruch machen kann, ſo dieſes. 50,3 S⃛i,
35 Ḟe, 6,7 Ṅa, 2,2 Ṁg, 5,8 Ḣ̶, 3 Ḟe S⃛i + Ṙ S⃛i2 + 2 Ḣ̶. Eine erdige
Abänderung brachte Lichtenſtein von der roode gebroken Klip an den
Ufern des Oranje River mit. Auch blaue Beſchläge am Sapphirquarz
pag. 170 hat man dafür gehalten, daher nannte es Leonhardt faſrigen
Siderit
, Klaproth Blaueiſenſtein. Im Zirkonſinnit von Stavern
[227]I. Cl. 5te Fam.: Granat.
im ſüdlichen Norwegen verwachſen blaue Faſern innig mit Arfvedsonit
pag. 211, der ihm durch ſeine Zuſammenſetzung gleicht.


V. Granat.


Die Thonerde ſpielt in ihnen eine wichtige Rolle. Die Härte und
Schönheit ihrer Farben nähert ſie den Edelſteinen, als welche ſie auch
häufig verſchliffen werden. Sie ſind ſchon ſparſamer im Gebirge zu finden,
als die Hauptglieder der bisher abgehandelten 4 Familien.


1. Granat.


Die Alten kannten ihn unter dem Namen Ἄνϑραξ Theophrast 31,
Carbunculus Plinius
37. 25. Bei Albertus Magnus de mineral. II. 7 ſoll
das Wort Granatus zuerſt vorkommen, auch Agricola 625 erwähnt Car-
bunculi nigrioris aspectus, quos juniores vocarunt granatos, veteres
Carchedonios
. Durch Wallerius wird der Name geläufiger, man leitet
ihn von der Farbe der Blüthe und Körner der Granatäpfel ab. Grénat
Franz., Garnet Engl.


Reguläres Syſtem. Rhombendodekaeder vorherrſchend, daſſelbe
daher paſſend Granatoeder genannt. Um und um kryſtalliſirt, beſonders
ausgezeichnet eingeſprengt in die Chloritſchiefer am St. Gotthardt, Zillerthal,
Fahlun. Niemals eine Ecke abgeſtumpft, daher Würfel und Oktaeder
gänzlich unbekannt, was das Erkennen ſehr erleichtert. Deſto gewöhnlicher
werden die Kanten durch das Leucitoeder a : a : ½a gerade abgeſtumpft.
Sehr wohlgebildete Kryſtalle kommen im Glimmerſchiefer von Zimataſta
in Südtyrol, Acading in Connecticut, beim Groſſular vom Wilui ꝛc. vor.
Nach der langen Diagonale der Leucitoederfläche häufig geſtreift, wodurch
die Granatflächen eingeſetzt werden. Die Verbindung von beiden findet
ſich in ausgezeichneter Weiſe bei den prachtvollen Kryſtallen der Muſſa-
Alp in Piemont, am St. Gotthardt, beim Melanit von Frascati ꝛc. Dazu
geſellt ſich häufig das ſehr geſtreifte Pyramidengranatoeder a : ½a : ⅓a,
die Kante zwiſchen Leucitoeder und Granatoeder abſtumpfend. Bei den
braunen Kryſtallen von Orawicza im Banat ſoll es a : ⅓a : ¼a ſein,
welche ähnlich liegt. Hauy’s Aplom (ἁπλόος einfach) ſind Kalkgranaten
mit Streifung nach der kurzen Diagonale der Flächen, was auf Würfel
deuten würde (eine einfache Primitivform). An der Maſſa-Alp ſoll auch
zuweilen ein Leucitoid a : a : ⅓a in Verbindung mit dem Würfel brechen.
Daſelbſt fand Hr. Sismonda Kryſtalle, die auf ihren nach der Grana-
toederkante geſtreiften Leucitoederflächen ſtark iriſiren, die Farben verſchwin-
den beim Naßmachen, und kommen nach dem Trocknen ſogleich wieder
zum Vorſchein, Beweis, daß ſie von der Interferenz des Lichtes durch die
Streifung herrühren.


Härte 7—8, Gew. 3,1—4,3. Sehr ſchöne Farben, ſtarker Glanz,
aber meiſt geringe Durchſcheinenheit.


Vor dem Löthrohr ſchmelzen ſie im Durchſchnitt nicht ſonderlich
ſchwer, die große Mannigfaltigkeit ihrer Zuſammenſetzung faßt man unter
der Formel
15*
[228]I. Cl. 5te Fam.: Granat.
3 S⃛i + R̶⃛ S⃛i
zuſammen, worin Ṙa = Ċa, Ṁg, Ḟe, Ṁn und R̶⃛ = A̶⃛l, F̶⃛e, C̶⃛r bedeutet.
„Einige Arten werden bereits durch Kochen mit Salzſäure zerſetzt, wobei
ſich Kieſelerde pulverförmig abſcheidet. Die Kalkreichen müſſen jedoch
vorher einer ſtarken Rothglühhitze ausgeſetzt werden, dann aber bilden ſie
mit Säuren eine Gallerte; die übrigen müſſen zu dieſem Zwecke bis zum
anfangenden Schmelzen geglüht, oder ſelbſt geſchmolzen werden.“


Ihre Fundſtätte bildet hauptſächlich das kryſtalliniſche Urgebirge,
Urkalke, vulkaniſche Geſteine. Erzgänge lieben ſie nicht, wohl aber bilden
ſie Platten in Erzlagern und Erzſtöcken.


A. Edler Granat.

Almandin, Eiſenthongranat Ḟe3 S⃛i + A̶⃛l S⃛i, der von Fahlun
enthält 39,7 S⃛i, 19,7 A̶⃛l, 39,7 Ḟe, 1,8 Ṁn, Klaproth fand im orien-
taliſchen ſogar 27,2 A̶⃛l. Dunkelrothe Farbe häufig mit einem Stich ins
Blau (Kolombinroth), oder ins Gelb (Blutroth). Ueber Quarzhärte,
Gewicht der Zillerthaler 4,1, von Haddam 4,2. Vorzugsweiſe im Glim-
merſchiefer, bei Fahlun und im Zillerthal bis zu Kopfgröße und darüber;
klein im Gneuſe der Farbemühle bei Wittichen im Schwarzwalde. Be-
ſonders geſchätzt ſind die orientaliſchen oder ſiriſchen (nach einer
frühern Stadt Sirian in Pegu), der Carbunculus des Plinius 37. 25
„optumos vero amethystizontas hoc est quorum extremus igniculus in
amethysti violam exeat.“
Neuere heißen ſie Almandin (Agricola 625
corrupto vocabulo Almandini nominatur, quondam Alabandici, quod per-
ficerentur Alabandis)
. „In den Römiſchen Ruinen hat man viele antike
Granaten gefunden, theils rund, theils vertieft geſchnitten.“ Letzteres
ſind die ſogenannten Granatſchüſſeln, die man auf der Unterſeite rundlich
auszuſchleifen pflegt, damit ſie mehr Durchſcheinenheit bekommen.


Pyrop blutroth, bei der Granatenſchencke (Bergm. Journ. V. 1 pag.
252) und bei Meronitz in Böhmen bergmänniſch gewonnen, wo ſie wie
Erbſen im verwitterten Serpentin liegen, ebenſo bei Zöblitz. Agricola
625 (quos Graeci, ut etiam Ovidius, quia valde ardent, ab ignis aspectu
pyropos appellant
) kennt bereits dieſe Fundorte. Rundliche Körner,
ohne deutliche Kryſtallflächen, auffallender Weiſe ſollen zuweilen bauchige
Würfelflächen vorkommen. Gew. 3,7. Schmilzt entſchieden ſchwerer als
der Almandin, erhitzt wird er ſchwarz und undurchſichtig, nimmt aber
beim Erkalten ſeine Farbe und Durchſcheinenheit wieder an. Auffallend
iſt ein Talkerde- und Chromgehalt, welchen er ohne Zweifel von dem
Muttergeſtein aufnahm. Nach Moberg (Erdmanns Journ. 1848. 43.
122) 41,3 S⃛i, 22,3 A̶⃛l, 9,9 Ḟe, 15 Ṁg, 5,3 Ċa, 4,2 Ċr (Oxydul), 2,6 Ṁn,
alſo etwa die Formel (Ṁg, Ḟe, Ṁn, Ċr)3 S⃛i + A̶⃛l S⃛i. Die Pyrope bil-
den einen nicht unwichtigen Handelsartikel. Sie werden nach ihrer Größe
ſortirt, 32er, 40er, 70er, 100er, 165er und 400er, je nachdem ſo viel
auf ein Loth gehen. Nicht häufig findet man Stücke von 16—24 auf ein
Loth und Exemplare von ⅕ Loth gehören ſchon zu den großen Selten-
heiten.


Kaneelſtein, Kalkthongranat Ċa3 S⃛i + A̶⃛l S⃛i, 40 S⃛i, 23 A̶⃛l,
30,6 Ċa, 3,7 F̶⃛e. Hyacinthroth bis honiggelb, daher der Name (Kaneel
[229]I. Cl. 5te Fam.: Granat.
heißt Zimmt). Lange wurde er mit Zirkon (Hyacinth) verwechſelt, Hauy
nannte ihn daher Heſſonit (ἥσσων weniger, nämlich als Hyacinth). Er
wird in eckigen mit viel Riſſen durchzogenen Bruchſtücken von 3,6 Gew.,
Kandiszucker gleichend, aus Ceylon eingeführt. Sehr ſchön kommt die
gleiche Farbe bei Granaten der Auswürflinge des Veſuvs vor. Schon
Kobell bewies, daß die gelbrothen Kryſtalle mit Diopſid von Piemont
und vom St. Gotthardt auch Ċa als weſentlichen Gemengtheil enthalten,
ſie gehören in Beziehung auf Glanz und Durchſcheinenheit noch zu den
edlen Sorten. Im Dolomit von Mexico kommen ſie von ſchön roſenrother
Farbe vor faſt verwechſelbar mit Spinell. So gelangen wir allmählig
zum folgenden:


B. Gemeiner Granat.

Groſſular, nach ſeiner grünen Stachelbeerfarbe genannt Ċa3 S⃛i +
A̶⃛l S⃛i
, meiſt ein ausgezeichneter Kalkthongranat, und häufig in Geſell-
ſchaft von Veſuvian, mit dem er gleiche Zuſammenſetzung hat. Sehr
wohl gebildete Leucitoeder und Granatoeder fand Laxmann am Bach Ach-
taragda in den Wiluifluß bei Irkutsk, Klaproth Beitr. IV. 319 fand darin
44 S⃛i, 33,5 Ċa 8,5 A̶⃛l, 12 F̶⃛e. Häufig bildet der grüne Granat größere
Maſſen in Erzlagern, Serpentinen und andern Gebirgen. Im Serpentin
von Dobſchaw in Oberungarn findet man wohlgebildete piſtaciengrüne
Kryſtalle, bei Miask bildet er den Kern eines ganzen Serpentinhügels.
Die grüne Farbe geht zuletzt ganz ins Weiße, wie bei Slatouſt (G. Roſe
Reiſe Ural II. 132) oder am Monzoniberge. Die dichte Maſſe dieſer Lager
nannte d’Andrada (Scheerers Journ. IV. 34) Allochroit (ἄλλος und χρόα
Hautfarbe), weil mit Phosphorſalz geſchmolzen die Perle eine emailartige
Oberfläche bekomme, welche beim Erkalten röthlichgelb, ſpäter grün, zu-
letzt gelblichweiß würde. Das gelblichgraue Geſtein fand ſich in der Wi-
rumsgrube bei Drammen.


Kolophonit nannte man die gelblichbraunen körnigen Maſſen,
welche von Kalkſpath durchdrungen Neſter in den Magneteiſenlagern von
Arendal bilden. Farbe und firnißartiger Glanz erinnern allerdings auf-
fallend an Colophonium. Gew. 3,4. Sie enthalten bis 29 Ċa. Die
ſchönen leberbraunen Kryſtalle im blauen Kalkſpath im Banat und viele
andere ſchließen ſich hier unmittelbar an.


Melanit Karſten (μέλας ſchwarz) aus den vulkaniſchen Tuffen
von Frascati bei Rom, wo man die ſchönen Granatoeder mit abge-
ſtumpften Kanten auf den Feldern ſammelt, Ċa3 S⃛i + F̶⃛e S⃛i, alſo ein
Kalkeiſengranat. Ihre ſchwarze Farbe erinnert an Spinell und Magnet-
eiſen. Ausgezeichnet glänzend finden ſie ſich in Druſenräumen der Somma-
blöcke, in Tuffgeſteinen von Oberbergen am Kaiſerſtuhl: 34,6 S⃛i, 28,1 F⃛e,
31,8 Ċa ꝛc. Die ſchwarze Farbe rührt wahrſcheinlich von Ḟe F̶⃛e her,
denn es gibt auch braune und grüne Granaten mit einem gleichen Ge-
halt an Eiſenoxyd, wie es überhaupt nicht möglich iſt, aus der Farbe
allein ſicher auf die Zuſammenſetzung zu ſchließen. Auch haben Afterbil-
dungen nicht ſelten auf die glänzendſten Kryſtalle ihren Einfluß geübt.
So finden ſich bei Arendal prächtige rothbraune Leucitoeder mit Pyrami-
dengranatoeder, welche innen ganz hohl und mit den fremdartigſten Mine-
[230]I. Cl 5te Fam.: Veſuvian.
ralen locker erfüllt ſind, ohne daß man außen etwas merkt. Die Form
ſteht hier über dem Inhalt, welch letzterer bei der Mannigfaltigkeit iſo-
morpher Subſtanzen an Bedeutung durchaus einbüßt.


MangangranatṀn3 S⃛i + A̶⃛l S⃛i aus dem Granit des Speſſarts
bei Aſchaffenburg, den Klaproth Beitr. II. 239 unter dem Namen granat-
förmiges Braunſteinerz analyſirte, dunkel hyacinthroth, Gew. 3,6. Klap-
roth gibt 35 Manganoxyd an. Später fand er ſich auch im Granit von
Haddam und Broddbo.


Talkgranat vorwaltend Ṁg3 S⃛i + A̶⃛l S⃛i, 13,4 Ṁg, Gew. 3,16,
ſchwarz von Arendal.


Uwarowit Heß Pogg. Ann. 24. 388 auf Chromeiſenſtein von
Biſſersk, ein ausgezeichneter Chromgranat Ċa3 S⃛i + C̶⃛r S⃛i, Gew. 3,4.
Smaragdgrün, dem Dioptas gleichend. In wohlgebildeten kleinen Gra-
natoedern. Wegen des Chromoxyds unſchmelzbar, 22,5 C̶⃛r, 30,3 Ċa.


2. Veſuvian Wr.


Wurde längſt in Neapel als veſuviſcher Edelſtein verſchliffen, und
Romé de l’Isle Criſtall. II. 291 zählte ihn wegen ſeiner Form zum
Hyacinth, und da derſelbe auch mit Mejonit, Kreuzſtein ꝛc. Aehnlichkeit hat,
ſo nannte ihn Hauy Idokras (εἰδος Geſtalt, κρᾶσις Miſchung).


Viergliedrig, Oktaeder c = a : b : c 129° 31′ Endkanten und
74° 29′ Seitenkanten, gibt
a = 1,861 = , lga = 0,26987.
Die Gradendfläche P = c : ∞a : ∞b nebſt den beiden quadratiſchen Säulen

[figure]

d = a : a ∞c und M = a : ∞a : ∞c fehlen nie, und
wie die Hauy’ſchen Buchſtaben andeuten, iſt die 2te
Säule M zwar nicht deutlich blättrig, aber entſchieden
blättriger als die erſte d, die zwar vorzuherrſchen pflegt,
aber immer mit ſtarker Längsſtreifung bedeckt iſt. o =
a : c : ∞a
, h = a : ⅓a : ∞c und s = a : c ⅓a findet
man nicht ſelten untergeordnet. Beſonders reich mit Flä-
chen bedeckt ſind die Kryſtalle des Veſuvs. Schon Hauy
zeichnete von dort ein ennéacontaèdre (Neunzigflach)

[figure]

aus, woran außer den genannten noch die Vier-
kantner z = a : c : ½a und x = a : c : ¼a, und
das Oktaeder r = ¼a : ¼a : c vorkommen. Oftmals
findet man die Kante P/c durch n = 3a : 3a : c
abgeſtumpft, auch eine m = 2a : 2a : c kommt vor,
Phillips führt ſogar noch weitere unter c an und
namentlich p = c : ⅓a : ⅓a, nebſt einem Vierkantner
aus der Diagonalzone von o aber zwiſchen z und o

[figure]

gelegen. Levy maß an den Veſuvſchen noch h3 = a : ½a : ∞c,
i = b' b h½ = a : ⅓a : ½c und i' = b½ b h' =
c : ½a : ⅓a
, e = c : ¼a : ½a, ſo daß es an Flächenreich-
thum nicht fehlt. Zwillinge kennt man nicht. Die Säulen
ſind oft ganz cylindriſch durch eine Menge von Längs-
[231]I. Cl. 5te Fam.: Veſuvian.
ſtreifen, dann iſt eine Verwechslung mit Turmalin leicht möglich, auch
ſondern ſich ſolche Kryſtalle gern ſchalig ab.


Härte 6—7, Gew. 3,4. Grüne, gelbe, braune Farben herrſchen vor.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er leicht unter Blaſenwerfen und verhält
ſich wie ein gemeiner Kalkthongranat Ċa3 S⃛i + A̶⃛l S⃛i, worin ein Theil
der Thonerde durch F̶⃛e vertreten iſt. Man war früher der Granatgleichen
Zuſammenſetzung ſo gewiß, daß man den gemeinen Kalkgranat ſogar mit
Veſuvian für dimorph hielt. Sind ſolche Behauptungen bei complicirten
Silicaten immer nur mit größter Zweifelhaftigkeit auszuſprechen, ſo hat
Rammelsberg (Handwörterbuch IV. Supplem. 252) gezeigt, daß die Sache
nur dann gelte, wenn man alles Eiſen als [Oxyd] nehme, ſonſt würde
man beſſer 3 3 S⃛i + 2 R̶⃛ S⃛i ſetzen. Die große Verwandtſchaft der Mi-
ſchung wird namentlich auch durch das häufige Zuſammenvorkommen am
Veſuv, im Faſſathal, in Sibirien ꝛc. mit Kalkgranat wahrſcheinlich gemacht.
Bemerkenswerth iſt der Verſuch von Magnus (Pogg. Ann. 20. 477), daß
der kryſtalliſirte Veſuvian von 3,4 Gewicht zu Glas geſchmolzen nur 2,9
wiegt, Magnus hatte ſich ausdrücklich überzeugt, daß kein Verluſt dabei
Statt gefunden, auch etwaige gebildete Blaſen der Grund nicht ſein
konnten. Das Glas des Sibiriſchen vom Wilui war ſo ſchön gefloſſen,
daß es ſeine Farbe durchaus nicht verändert hatte und noch zu Ring-
ſteinen brauchbar blieb. Granat, Veſuvian und Epidot ſind zu dieſen
Verſuchen, wegen ihres Waſſermangels und leichter Schmelzbarkeit, be-
ſonders geeignet. Nach Fuchs wird das Glas von Salzſäure ſogleich an-
gegriffen und geſteht zu einer feſten Gallerte, während das Pulver des
ungeſchmolzenen der Säure vollkommen widerſteht.


Die Varietäten ſind zwar nicht ſo mannigfach als beim Granat,
doch gibt es allerlei Farben. Vom Schwarzbraun bis ins Honiggelbe
kommen ſie am Veſuv vor, braungrün ſind die prachtvollen ringsum aus-
gebildeten Kryſtalle vom Wiluifluß, wo ſie mit Groſſular entdeckt wurden,
durchſcheinender zu Eger bei Kongsberg zuweilen in vollſtändiger quadra-
tiſcher Säule mit Gradendfläche. Grasgrüne kommen häufig aus dem
Serpentin der Muſſa-Alp in Piemont, ſie werden in Turin verſchliffen,
und können dann leicht mit Diopſid, Olivin, Epidot verwechſelt werden.
Wachsgelbe mehr als zollgroße mit vorherrſchenden Oktaederflächen brechen
am Monzoniberge im Faſſathal. An andern Punkten des Faſſathals
finden ſich auch ringsum gebildete Kryſtalle von Zirkonartiger Farbe, die
wegen der Verziehung ihrer Flächen ſchwer zu ſtellen ſind. Egeran
nannte Werner die braunen ſtark geſtreiften Strahlen von Haßlau bei
Eger in Böhmen, ähnliche Strahlen, aber mehr in dicken rieſigen Kry-
ſtallen finden ſich zu Egg bei Chriſtianſand. Cyprin des Berzelius mit
rothen Thulit im Quarz von Souland bei Tellemarken hat durch Kupfer-
oxyd eine ſchöne himmelblaue Farbe bekommen. Zu St. Marcel kommt
ein ſchwefelgelber Manganepidot vor. Der Frugardit vom Frugård in
Finnland hat 10,6 Talkerde, iſt aber ſonſt wie der von Gökum in Ros-
lagen in Schweden Veſuvian. Thomſon’s graulichgelber Xanthit körnig
im Kalkſtein von Amity ſoll drei blättrige Brüche und die Formel 2 Ċa3 S⃛i
+ (A̶⃛l, F̶⃛e)2 S⃛i
haben, nach Dana ſtimmt dagegen die Form mit Ve-
ſuvian.


[232]I. Cl. 5te Fam.: Epidot.

3. Epidot Hy.


Von ἐπιδίδωμι zugeben, weil Hauy nicht die rhombiſche, ſondern
die rhomboidiſche Säule mit Gradendfläche als Primitivform fand, alſo
in der rhombiſchen Säule auf einer Seite zugeben mußte. De l’Isle
Crist. II
. 401 beſchreibt und bildet ihn ſehr deutlich ab als Schorl vert
du Dauphiné
, Sauſſure unterſchied ihn als Delphinite, Werner vermiſchte
ihn mit dem Strahlſtein, und Andrada (Scherer Journ. Chem. IV. 29)
beſchreibt ſchon 5 ℔ ſchwere Kryſtalle aus den Eiſenſteingruben von
Arendal unter dem Namen Akanthikone.


Die Kryſtallform gewendet 2 + 1gliedrig, Weiß hat ihn be-
reits 1806 (Hauy’s Lehrb. der Miner. III. 132) richtig erkannt, und in
den Abh. Berl. Akad. 1818 pag. 242 ausführlich beſchrieben. Aus dieſer
für alle Zeiten klaſſiſchen Darſtellung geht hervor, daß die Kryſtalle nach
ihren Schiefendflächen in die Länge gezogen ſind, und daß dieſe alſo quer
der Axe b parallel gelegt (gewendet) werden müſſen, um ſie mit dem
Feldſpath vergleichen zu können. Von dieſen Schiefendflächen iſt hinten
M = ⅓a' : ∞b oft ſehr deutlich blättrig und darſtellbar, während vorn
T = ⅕a : ∞b weniger deutlich bleibt, r = a : ∞b : ∞c iſt gegen M
ſchärfer geneigt als gegen T: wir haben alſo eine rhomboidiſche Säule
M/T von 114\frac{1}{2}0, deren ſcharfe Kante durch r ſchief abgeſtumpft wird.
Auf die Säule iſt meiſt ein vorherrſchendes Paar n = a : b : ∞c auf-
geſetzt, das ſich unter dem Oktaederwinkel 109\frac{1}{2}0 ſchneidet. Die Winkel-
angaben weichen etwas von einander ab, nach


  • Mohs M/T = 115 · 24, M/r = 116 · 17, T/r = 128 · 19, n/n = 109 · 27
  • Phillips .... 115 · 41, .... 114 · 40, .... 129 · 39, .... 109 · 10
  • Kupfer .... 114 · 26, .... 116 · 12, .... 129 · 22, .... 109 · 20

[figure]

Das Axenverhältniß nach Weiß
a : b : c = .
Legen wir der Rechnung die Kupferſchen Meſſungen zu
Grunde, ſo beträgt der Unterſchied von rechtwinkligen Axen
a/c nicht eine volle halbe Minute, die Axen kann man alſo im ſchärfſten
Sinne des Worts rechtwinklig nehmen, und
a : b = 6,097 : 4322 = ,
lga = 0,78510, lgb = 0,63569.

Die Flächen M T r n treten gern ſelbſtſtändig auf bei Kryſtallen von
Arendal, die ſcharfe Säulenkante von n/n = 70° 33′ liegt dann vorn,
und auf ſie ſind die Schiefendflächen gerade aufgeſetzt. In der Dauphiné
herrſcht am Ende der gewendeten Säule P = b : ∞a : ∞c vor, ſie ſtumpft
die ſtumpfe Säulenkante von n/n gerade ab, man kann daran die Strahlen
leicht von Hornblende unterſcheiden, muß ſich aber vor Verwechſelung mit
Veſuvian in Acht nehmen. In der „Methode der Kryſtallographie pag. 348.
Tab. VII. Fig. 26—28“ habe ich außer dieſen fünf noch folgende in das
Bild gebracht:


  • g = a : ∞b, d = a : ¼b, u = ⅕a : ¼b, z = ⅕a : ⅛b,
  • h = ⅓a' : ¼b, o = ⅓a' : ⅛b, x = \frac{1}{11}a' : ⅛b, y = \frac{1}{13}a : ⅛b,
  • q = \frac{1}{13}a : \frac{1}{16}b, l = \frac{1}{13}a : ∞b, s = \frac{1}{11}a' : ∞b, e = a : 2b, ∞c.

[233]I. Cl. 5te Fam.: Epidot.

Die Rechtwinkligkeit der Axen, und die Verwandtſchaft der Aus-
drücke mit denen des Feldſpaths ſpricht für eine ſolche Stellung. Da-
gegen gehen


[figure]

Mohs und Naumann davon aus, daß T/r eine rhomboidiſche
Säule bilden, deren Kante durch M faſt gerade abgeſtumpft wird. Setzt
man r = a : c : ∞b und T = a' : c : ∞b, wie die vorſtehende Pro-
jektion, ſo bilden die Axen c/a vorn einen Winkel von 91° 5′, und nimmt
man die Flächen n = a : b : c, ſo iſt
A : b = 2,1135 : 0,6362 =
a = 2,1138, lga = 0,32508, lgb = 9,80357, lgk = 8,60169.


Es bilden von obigen fünf Flächen T M n n ein Oktaid, und r in
den Zonen n/n und M/T nebſt dem Paare d = ⅓a' : b in T/y und M/n
die drei zugehörigen Hexaidflächen. P = b : ∞a : ∞c und g = ⅓a' : ∞b
ſind zugehörige Dodekaidflächen. o = a : 2b : ∞c geht durch den Mittel-
punkt P/M und durch die Oktaidkante T/n; y = 2b : ∞a liegt ebenfalls
in T/n und ferner in o/r; z = a' : b liegt in der Diagonalzone T/P
und in o/r; u = a' : 2b abermals in T/P und weiter in d/r; l =
c : ∞a : ∞b
iſt die Gradendfläche, auf welche alle projicirt ſind, denn
ſie liegt in den beiden Zonen u/o; q = b : ∞a liegt in P/y und M/n;
x = ⅓a : b
in M/n und o/r; h = a : 4b : ∞c geht vom Mittelpunkte
nach d/r; s = ⅓a : ∞b liegt in T/r und n/o; e = a : 2b in P/r und
s/z. Die Ausdrücke werden hier zwar viel einfacher, aber die Einfachheit
allein iſt keine Bürgſchaft für gute Axenwahl. Denn wollte man z. B.
von den Axen a : b : c des Oktaeders M T n n ausgehen, ſo würden die
Flächenausdrücke noch etwas einfacher werden, aber darum nicht natur-
gemäßer ſein.


Zwillinge haben den 2ten Blätterbruch T = ⅕a : c : ∞b gemein
und liegen umgekehrt, und da die Kante n/n = 109° 20′ gewöhnlich das
Dach bildet, ſo zeigt ſich dann ein einſpringender Winkel n/n = 131° 8′
und der aus- und einſpringende M/M' = 129° 12′, dem Zwillingsgeſetz
[234]I. Cl. 5te Fam.: Epidotvarietäten.
des Cyanits pag. 237 ſehr ähnlich, zumal wenn die Kryſtalle ſtrahlig-
blättrig werden.


Die Kryſtalle haben große Neigung zu ſchaaliger Abſonderung, ſo
daß man bei den Arendalern Kappe auf Kappe abnehmen kann, woran
jede Kappe die gleiche Kryſtallfläche hat. In den Alpen, dem Fichtel-
gebirge werden ſie gern ſchilfartig ſtrahlig.


Härte 6—7, Gewicht 3,2—3,5, die größere Schwere hängt vom
größern Eiſengehalt ab. Farbe meiſt trübe: piſtaciengrün, braun, aſch-
grau ꝛc.


Vor dem Löthrohr ſchmelzen ſie unter Brauſen und Krümmen, allein
die Schlacke erſtarrt gleich, daher nannte ſie Klaproth unſchmelzbar. Ihre
Formel 3 S⃛i + 2 R̶⃛ S⃛i ſoll mit Skapolith ſtimmen. Glühverluſt 2 p. C.,
kein Ḟe (Pogg. Ann. 76. 95).


Epidot gehört zu den ſehr verbreiteten Mineralen, beſonders in
ſchmalen Gängen des Hochgebirges der Alpen. Hin und wieder ſpielt
er auch in den Mandelſteinen eine Rolle.


a) Piſtazit Wr. nach der ſaftgrünen Farbe der Piſtaciennüſſe ge-
nannt. Kurſten’s Thallit. Dieſes dunkele Piſtaciengrün mit einem ſtarken
Stich ins Gelbe iſt in der That auch ſo charakteriſtiſch, daß man die
feinſten Nadeln in den Mandelgeſteinen an der Farbe wiedererkennt. Die
ſchönſten Kryſtalle finden ſich in den Magneteiſengruben von Arendal
(Akanthikone) und hier mit den meiſten Flächen begabt. Dann kommen
die feinſtrahligen von Bourg d’Oiſans mit Gradendfläche P an der ge-
wendeten Säule (Delphinit). Die Scorza der Wallachen in den Gold-
wäſchen von Muska in Siebenbürgen iſt ſandig. Dieſe grünen verdanken
ihre Farbe wohl dem Reichthum an Eiſenoxyd Ċa3 S⃛i + 2 (A̶⃛l, F̶⃛e) S⃛i.
Vauquelin fand 24 F̶⃛e. Er ſchmilzt leicht zu einer blaſigen Schlacke, die
ſchnell unſchmelzbar wird, und krümmt ſich dabei etwas. Merkwürdig
ein Gehalt an Zinnoxyd, bei Finnländiſchen nahe 1 pr. C. betragend.
Atomvolumen 1268.


b) KalkepidotĊa3 S⃛i + 2 A̶⃛l S⃛i. Zu ihm gehören unter den Kry-
ſtallen die braunen vom Montblancgebirge und die ſehr klaren und
durchſichtigen aus dem Zillerthal. Sie ſind im Hochgebirge vereinzelt gar
häufig zu finden. Aber noch verbreiteter iſt der aſchgraue ſtrahlige, der
in derben Stücken zu Weiſſenſtein im Fichtelgebirge im Granit lagert, in
den Alpen im Quarz ꝛc. Sein erſter Blätterbruch ſondert ſich ſchalig ab.
Vor dem Löthrohr ſchmilzt er in großen Blättern viel leichter als Piſtazit,
bläht ſich dabei blumenkohlartig auf, allein die poröſe Schlacke wird eben
ſo ſchnell unſchmelzbar. Werner nannte dieſe Zoiſit, da Baron v. Zois
ſie zuerſt auf der Saualpe in Kärnthen (daher Saualpit) entdeckte. Klap-
roth (Beitr. IV. 180) fand darin 21 Ċa neben 3 F̶⃛e.


c) Manganepidot, Werner’s piemonteſiſcher Braunſtein, von
kirſchrother Farbe. Cordier fand ihn bei St. Marcel im Aoſtathal. Seine
Struktur gleicht der vom Zoiſit, aber er ſchmilzt noch leichter, ſchwellt
nicht auf, und die Schlacke hält ſich lange im Fluß, doch erſtarrt ſie zu-
letzt auch. Cordier fand 12 M̶⃛n und 19,5 F̶⃛e, ſpätere Analyſen ſogar
19 M̶⃛n, daher geben ſie mit Borax, der ſie löst, in der äußern Flamme
[235]I. Cl. 5te Fam.: Staurolith.
ein amethyſtfarbiges Glas, das man in der innern leicht farblos bläst.
Ċa3 S⃛i + 2 (A̶⃛l, M̶⃛n, F̶⃛e) S⃛i, 0,4 kupferhaltiges Zinn.


Brooke’s roſenrother Thulit, im Quarz mit ſpangrünem Veſu-
vian zu Tellemarken (Norwegen), hat die Blätterbrüche und Zwillinge
des Epidot’s, ſeine Farbe verdankt er 1,6 M̶⃛n, ein derber roſenrother von
Arendal enthielt 0,22 Vanadinſäure. Brewſter’s Withamit in gelb-
rothen Kryſtallen aus den Mandelſteinen von Glencoe bildet unſymmetri-
ſche ſechsſeitige Säulen M/T = 116° 14′ und T/r = 128° 20′ mit dem
Säulenpaare n/n aufgeſetzt, entſpricht daher ganz der gewöhnlichen Form.


Nach neuern Unterſuchungen ſollen auch Bucklandit, Orthit (Allanit,
Cerin ꝛc.) die Kryſtallform des Epidots zeigen, und man hat ſich daher
bemüht, dieſen complicirten Miſchungen die einfache Formel des Epidots
zu geben. Ihrem Ausſehen nach gehören ſie aber zu den Metallſteinen.


4. Staurolith.


Σταυρός auf die kreuzförmigen Zwillinge anſpielend, Aldrovand und
ſpäter de la Methérie bedienen ſich bereits dieſes Namens, welchen Hauy
in Staurotide änderte. L’Isle Cristall. II. 434 heißt ihn Schorl cruci-
forme ou pierres de croix, Cronstedt Miner
. §. 75 Basler Taufſtein.
„Er gleichet einem Kreuze, und wird deßwegen von den Katholiken ge-
tragen, und lateiniſch lapis crucifer genennet.“ Wegen der rothen Granat-
farbe hat man die vom St. Gotthardt auch Granatoid genannt.


Zweigliedrig mit Winkeln, wie ſie bei regulären Kryſtallen vor-
kommen, woraus Hr. Prof. Weiß (Abh. Berl. Akadem. 1831 pag. 313)
die ungewöhnlichen Zwillingsbildungen begreifen gelehrt hat.
Einfache Kryſtalle machen eine geſchobene Säule M = a : b : ∞c
129° 20′, deren ſcharfe Kante durch den ziemlich deutlich blätt-
rigen Bruch o = b : ∞a : ∞c gerade abgeſtumpft wird. Eine
Gradendfläche P = c : ∞a : ∞b fehlt nie. Solche M P o kommen
in ungeheurer Zahl im glimmerigen Thonſchiefer von Quimper
in der Bretagne vor. Bei denen aus der Schweiz pflegt noch

[figure]

das Paar r = a : c : ∞b zu ſein, die ſich über P unter 70° 32′, dem
Winkel des regulären Tetraeder, ſchneiden. Daraus würden die Axen
a : b : c =
folgen. Nähme man o als Granatoederfläche, ſo würde P eine zweite,
aber von o differente ſein, ſtellt man dieſe o P einem rechtwinkligen Paare
am Granatoeder parallel, ſo kann man ſtatt den vordern Endkanten des
Oktaeders am Granatoeder die M als Leucitoidflächen a : a : ⅓a (129°
31′) und die r als Leucitoederflächen a : a : ½a (über P 70° 31′ 44″)
nehmen *), dann wären von den 12 Kryſtallräumen dieſer Körper je ⅙
vorhanden, alſo würde eine Hektoedrie entſtanden ſein. Halten wir alſo
den Staurolithſäulenwinkel als 129° 31′ 16″ und die Zuſchärfung als
70° 31′ 44″, feſt, ſo haben wir


1 ſten Zwilling: die Individuen kreuzen ſich rechtwinklig, die
ſtumpfen Säulenkanten liegen im obern Niveau und würden beide durch
[236]I. Cl. 5te Fam.: Staurolith.

[figure]

a : ∞b : ∞c abgeſtumpft. Es ſpiegelt alſo der Blätter-
bruch o' des einen mit der Gradendfläche des andern und
umgekehrt ein. Die Blätterbrüche o/o bilden jetzt eine
quadratiſche Säule, und ſtellt man dieſe einer der quadra-
tiſchen Säulen des Granatoeders parallel, ſo bilden M M
M' M
' das daraufſtehende Oktaeder der zugehörigen Leuci-
toidfläche a : a : ⅓a, daher muß der einſpringende Winkel M/M' = 144°
54′ 11″ der Winkel der Oktaederkanten dieſes Leucitoides ſein. Die
beiden Gränzebenen ſind Würfelflächen, welche ſich daher unter rechten
Winkeln ſchneiden: am Staurolith würden ſie den Ausdruck b : \frac{3}{2}c : ∞a
bekommen, darum ſagt man auch, die Zwillingsindividuen haben dieſe
Fläche gemein, und liegen umgekehrt. Da nun das Granatoeder drei
rechtwinklige Säulen hat, ſo kann ich in dreierlei Weiſe die quadratiſche
(o/o oder P/P) des Zwillings denſelben parallel ſtellen. Drei Zwillinge
in dieſer Stellung durchdrungen gedacht müßte daher ein vollſtändiges
Leucitoid mit Granatoederflächen bilden.


Dieſes klar einzuſehen lege man kleine Staurolithe mit ihrer Fläche

[figure]

o dergeſtalt auf die Granatoederflächen, daß noch
P auf 1 mit 3, auf 2 mit 5, auf 3 mit 1,
auf 4 mit 6, auf 5 mit 2 und auf 6 mit 4
ſpiegeln. Es haben dann die Staurolithindi-
viduen eine ſolche Lage, daß wenn man In-
dividuum auf 1 mit dem auf 3, auf 2 mit
5 und auf 4 mit 6 zuſammengewachſen denkt,
der erſte Zwilling mit rechtwinkligem Kreuz
entſteht; denkt man dagegen zwei in einer
Granatoederkante anliegende Kryſtalle, z. B.
1 und 2, 2 und 3, 3 und 5 ꝛc. mit einander verwachſen, ſo kommt der
2te Zwilling: die Individuen kreuzen ſich unter 60°, es liegen

[figure]

aber die Kanten M/o im obern Niveau. Aus der Stel-
lung am Granatoeder folgt, daß die Gränzebene G im
ſcharfen Winkel Granatoederfläche ſein muß, welche am
Staurolith den Ausdruck c : a : ⅔b hat, die Zwillings-
individuen haben alſo dieſe Fläche gemein und liegen um-
gekehrt. Die zweite Gränzebene G', von welcher ſchon
Hauy bewieſen hat, daß ſie ein reguläres Sechseck bildet,
gehört der Oktaederfläche an. Man überzeugt ſich davon

[figure]

am leichteſten, wenn man den Zwilling auf
die Würfelfläche projicirt, wie in neben-
ſtehender Figur. Auch überſieht man dann
alle dieſe verwickelten Verhältniſſe mit einem
Blicke. P/P' und o/o bilden den Granatoeder-
kantenwinkel von 120°, er wird durch G
halbirt; G halbirt ferner den einſpringenden
M/M' 129° 31′ 16″ (oben neben G), und
den darunter liegenden M/M' 62° 57′ 51′, das
Complement zum ſtumpfen ebenen Winkel des Leucitkörpers (117° 2′ 9″)
bildend. An der Gränzebene G' iſt M/o' = M'/o = 148° 31′ 4″ =
½ (117° 2′ 9″) + 90. Dieſe G' hat am Staurolith den Ausdruck
[237]I. Cl. 5te Fam.: Cyanit.
a : ½c : ∞b, iſt alſo gerade auf die ſtumpfe Säulenkante aufgeſetzt, und
da ſie ein reguläres Sechseck von 120° an der Staurolithſäule M M o
bildet, ſo darf man auf ihr die Stücke nur um 120° gegen einander ver-
drehen, um auch zur Zwillingsſtellung zu gelangen.


Die optiſchen Axen liegen in der Ebene a : ∞b : ∞c, ihre Ebene halbirt
alſo den ſcharfen Säulenwinkel, ſie bilden unter ſich einen Winkel von
85°, welchen die Mittellinie c halbirt.


Härte 7—8, Gew. 3,7, röthlich braun, die Farbe erinnert ſehr an
blutrothen Granat, nur iſt ſie etwas dunkeler.


Blos im feinen Pulver kann er an den Kanten zu einer Schlacke
geſchmolzen werden, mit Soda unter Brauſen eine gelbe Schlacke. Die
Analyſe führt zu verſchiedenen Reſultaten: vom St. Gotthardt 3,74 Gew.
R̶⃛2 S⃛i, 29 S⃛i, 52 A̶⃛l, 17,6 F̶⃛e; von Airolo 3,66 Gew. R̶⃛3 S⃛i, 33,4 Si,
47,2 A̶⃛l, 16,5 F̶⃛e; aus der Bretagne 3,53 Gew. R̶⃛5 S⃛i4, 39,2 S⃛i, 44,9 A̶⃛l,
15,1 F̶⃛e. Man hat dieſe Schwierigkeit unter anderm dadurch zu erklären
geſucht, daß S⃛i mit A̶⃛l iſomorph ſei. Ein kleiner Talkerdegehalt fehlt nie.


5. Cyanit Wr.


Κύανος blau. Sauſſure der jüngere beſchreibt ihn 1789 als Sap-
pare
, welcher Name ſchon unter Jacob VI. (1600) in Schottland für
ihn geläufig war. Vor Werner (Bergm. Journ. 1790. III. 1, pag. 149)
hieß er gewöhnlich blauer Schörl, Hauy nannte ihn Diſthen (σϑένος
Kraft), doppeltkräftig, weil manche Kryſtalle gerieben auf Flächen von
gleicher Glätte poſitiv, andere negativ elektriſch würden.


Die Kryſtalle bilden lange Strahlen, nach Phillips Meſſungen: in
der geſchobenen Säule T/M 106° 15′, die breitere M ſehr deutlich blättrig
und glänzend, T zwar auch blättrig aber matt. Die ſcharfe Kante wird
durch o ſchief abgeſtumpft, ſo daß M/o 131° 25′ und T/o 122° 20′ bildet.
Untergeordnet und unſicher durch ſtarke Längsſtreifung pflegen die Ab-
ſtumpfungen der ſtumpfen Säulenkante T/M zu ſein, deren Hauy zwei k
und I angibt. Das Syſtem muß alſo zum gewendet 2 + 1 glied-
rigen
oder ein- und eingliedrigen gehören. Eine blättrige Endfläche
kommt zwar vor, ſie ſoll in P/M 100° 50′ und in P/T 93° 15′ machen.
Leider ſpiegelt ſie aber ſelten gut, jedoch erzeugt ſie auf M eine ausge-
zeichnete Querſtreifung, welche die Kante M/o unter 90° 15′ ſchneiden
müßte, alſo faſt ſenkrecht gegen die Säulenaxe ſtünde. Darnach ſcheint
alſo das Syſtem ein- und eingliedrig und die von Hauy ange-
gebenen Abſtumpfungen von P/T zu beiden Seiten müßten dann ungleich-
werthig ſein.


Zwillinge kommen häufig vor, ſie haben den Blätterbruch M ge-
mein, und liegen umgekehrt. Nach Mohs gewöhnlich der,
woran ſowohl T/T' als P/P' einſpringende Winkel bilden.
In dieſem Falle müſſen die Flächen M und M' ſo anein-
ander liegen, daß die Kante T/M mit T'/M' und die Kante
P/M mit Kante P'/M' parallel geht, es iſt alſo ein Gemein-
haben von M im vollſten Sinne des Wortes: der Zwil-
ling entſteht, wenn man beide Individuen auf M um 180°

[figure]

[238]I. Cl. 5te Fam.: Cyanit.
gegen einander verdreht. Dagegen behauptet nun G. Rofe (Kryſt. chem.
Mineral. pag. 79), daß eine


zweite Art, wo zwar T und T' auch einſpringende Winkel bilden,
aber P und P' ſcheinbar mit einander einſpiegeln, gewöhnlicher ſei. In
dieſem Falle muß man das eine Zwillingsindividuum 180° um die Axe
P/M drehen. Da Kanten P/M und o/M auf M ein Parallelogramm von
90° 15′ bilden, ſo müſſen ſich, entweder wenn M/PM'/P' gedacht
würde, die Säulenkanten M/o mit M'/o' unter 30′ ſchneiden; oder wenn
M/oM'/o', die Kanten P/M und P'/M' unter 30′. Die Unterſchiede
beider möglichen Fälle ſind ſo gering, daß ſich nicht leicht die Wahrheit
wird ermitteln laſſen. Endlich iſt auch eine


dritte Art möglich: ein Individuum dreht ſich 180′ um die Säulen-
kante M/T, dann werden alle Säulenflächen einſpiegeln, nur die End-
flächen P unter 30′ Kreuzung der Kanten P/M mit P'/M' einen einſprin-
genden Winkel bilden. Da nun das Ende gewöhnlich fehlt, ſo erſcheinen
dem Auge ſolche Kryſtalle einfach, Plücker weist aber (Pogg. Ann. 82. 58)
ein optiſches Mittel nach, ſie zu erkennen: es zeigen ſich nämlich zwiſchen
gekreuzten Turmalinplatten eigenthümliche hyperboliſche Linien, welche ſich
bei einfachen Individuen niemals finden.


Die optiſche Mittellinie ſteht ſenkrecht gegen den Blätterbruch M, die
Ebene dex optiſchen Axe geht durch den ſtumpfen Winkel des Parallelo-
gramms von 90° 15′ und ſchneidet die Kante M/T unter 30°. Die Axen
ſelbſt ſchneiden ſich unter 81° 48′.


Auf das Dichroſkop wirken die Kryſtalle ſehr ſtark: ſenkrecht gegen
den Blätterbruch ſind die Bilder zwar kaum von einander verſchieden,
allein gegen T geſehen wird das eine Bild auf Koſten des andern pracht-
voll blau, und zwar bei aufrechter Säulenaxe das ordinäre, bei liegender
das extraordinäre.


Hängt man den Kryſtall an einem Coconfaden in einer Papier-
ſchleife auf, ſo ſtellt er ſich mit Declination und Inclination wie eine
Magnetnadel (Plücker Pogg. Ann. 77. 448), „er iſt eine wahre Compaß-
nadel“, und richtet dabei immer daſſelbe Ende nach Norden! Zu dieſem
intereſſanten Experiment gehört jedoch eine vorſichtige Wahl der Indivi-
duen, bei allen glückt es nicht.


Nicht minder auffallend ſind die großen Verſchiedenheiten der Härte:
auf dem Blätterbruch M läßt er ſich parallel der Säulenkante M/T, alſo
ſenkrecht gegen die Faſerſtreifung, mit einem gewöhnlichen Meſſer noch
gut ritzen (H = 4—5), parallel der Faſer, alſo ſenkrecht gegen die Kante,
kommt man dagegen beim ſtärkſten Druck nicht mehr hinein (H = 6),
auf den übrigen Säulenflächen erreicht er dagegen, beſonders gegen die
Säulenkante, die Härte des Quarzes = 7! Gew. 3,5—3,7. Blaue
Farbe, ins Weißliche bis Farbloſe, ſeltener graulich.


Vor dem Löthrohr unſchmelzbar, brennt ſich aber weiß, mit Kobald-
ſolution ſtark geglüht ſchön blau. Zum Aufſchließen eignet ſich Aetzkali-
hydrat am beſten.


A̶⃛l3 S⃛i2 mit etwa 62,6 A̶⃛l, 37 S⃛i, 1 F̶⃛e,
doch ſchwanken die Angaben etwas. Jedenfalls iſt die Zuſammenſetzung
Staurolithartig, daher verwachſen beide häufig der Länge nach mit ein-
[239]I. Cl. 5te Fam.: Andaluſit.
ander, und zwar ſpiegelt gewöhnlich der blättrige Bruch M mit der Ab-
ſtumpfungsfläche der ſcharfen Säulenkante o am Staurolith: ſo bei den
ſchönen Kryſtallen von Cheronico am St. Gotthardt, die im weißen
Glimmerſchiefer liegen. Im Pfitſcher Thal bei Sterzing in Tyrol kommen
breite blaue Strahlen im Quarz vor, die oft in auffallender Weiſe krumm-
ſchalig werden. Sie zerſplittern ſich zu ſchmalen Strahlen von weißer,
rother, grauer und ſchwarzer Farbe, was Werner Rhäticit nannte.


Sillimanit Boven A̶⃛l3 S⃛i2, von der Zuſammenſetzung des Cyanit’s,
wird von vielen dafür gehalten. Die langſtrahligen gelblichen Kryſtalle
bilden Säulen von 98°, die mit o/l = 97° 6′ beim Cyanit ſtimmen,
auch wird ihr ſtumpfer Winkel durch einen deutlichen Blätterbruch abge-
ſtumpft, aber die andern Blätterbrüche ſcheinen zu fehlen. Sonſt ſtimmt
alles gut, nur das Gewicht beträgt blos 3,24. Auf Gängen im Gneuſe
bei Saybrook (Connecticut). Auch der Wörthit Heß Pogg. Ann. 21. 73
aus Geſchieben bei Petersburg hat ein feinſtrahliges Cyanitartiges Aus-
ſehen, und ſcheint trotz ſeines geringen Waſſergehalts (4,8 p. C.) nicht
davon verſchieden.


6. Andaluſit.


Von Bournon 1789 Spath adamantin d’un rouge violet genannt, die
Stücke ſtammten vom Gebirge Forez, Lamétherie ſoll ihn von Andaluſien
in Spanien erhalten haben, woher der Name.


Zweigliedrige wenig blättrige Säulen M = a : b : ∞c von 90°
50′ nach Haidinger (Pogg. Ann. 61. 295) mit Gradendfläche P = c : ∞a : ∞b,
die ein quadratiſches Ausſehen haben, und von beſonderer Schönheit meh-
rere Zoll dick und mehrfach länger im Quarzgeſtein von Liſens ſüdweſtlich
Innspruck brechen. Hin und wieder findet ſich eine kleine Abſtumpfung
der Ecken über der ſtumpfen Säulenkante a : c : ∞b 109° 4′ wornach
a : b =
ſich verhalten würde. Auch Zuſchärfungen b : c : ∞a auf die ſcharfe
Säulenkante, ſo wie Abſtumpfungs- und Zuſchärfungsflächen der ſtumpfen
Säulenkante ꝛc. werden angegeben.


Gewöhnlich ſtark mit Glimmer bedeckt, welcher auch die Kryſtalle
durchdringt, ihnen talkartige Weichheit gibt ꝛc. Die friſchen gehen etwas
über Quarzhärte hinaus, 3,17 Gewicht. Meiſt trübe grüne, röthliche,
graue Farbe mit geringer Durchſcheinenheit. Trotzdem wirken namentlich
die rothen auf das Dichroſkop. Beſonders aber die grünen durchſichtigen
aus Braſilien, welche grüne und rothe Bilder geben.


Vor dem Löthrohr unſchmelzbar, wird mit Kobaltſolution ſchön blau,
A̶⃛l4 S⃛i3, Thonerde ſteigt bis auf 60 p. C., ältere Analyſen geben einen
bedeutenden Gehalt von Kali, nach Vauquelin bei den ſpaniſchen ſogar
8 p. C. Er kommt beſonders in Quarzgeſteinen vor, nicht blos in den
Alpen, ſondern von rother Farbe mit Fettglanz und großer Härte zu Gol-
denſtein in Mähren. Auffallend iſt es, daß die trüben ſo häufig ſtein-
markartig weich werden.


Wahrſcheinlich iſt der Buchholzit im Quarz von Liſens ein fein-
faſriger Andaluſit, der ſehr an Katzenauge erinnert. Auch Bournon’s
[240]I. Cl. 5te Fam.: Chiaſtolith.
Fibrolit mit Korund zu Carnatik in Oſtindien wird dahin gerechnet.
Im Quarz kommt ferner der XenolithA̶⃛l S⃛i von Peterhoff in Finnland
und der Bamlit A̶⃛l2 S⃛i3 von Bamle in Norwegen vor, beide ſcheinen
ohnedieß wegen ihrer faſrigen Bildung dem Buchholzit ſehr nahe ſtehend.
Ein viel höheres Intereſſe gewährt dagegen der


Chiaſtolith Karſten Mineral. Tabell. pag. 73, ſo genannt, weil im
Innern der Thonſchiefer den griechiſchen Buchſtaben X bildet, Macle R.
de l’Isle Crist. II.
440, Aldrovand im Museum metall. 1648 pag. 881
bildet bereits die Spaniſchen von Santiago di Compostella in Galizien
als Lapis crucifer ab, und Werner gab ihm den nicht unpaſſenden Namen
Hohlſpath.


Er findet ſich nur im Thonſchiefer in Andaluſitartigen Säulen von

[figure]

91° 50′, die beim Zerſchlagen einen ziemlich deutlichen
Blätterbruch wahrnehmen laſſen. Auf dem Querbruch
nimmt man in günſtigen Fällen ein Kreuz von Thon-
ſchiefer wahr (crucem Domini salutis humanae symbo-
lum, Mercati Metallotheca vaticana 1717 pag.
237),
das ſich in der Mitte und in den 4 Kanten verdickt.
Daher ſehen die Kanten außen gewöhnlich ſchwarz aus.
An ein und derſelben Säule vermehrt ſich dann nicht
ſelten die Thonſchiefermaſſe ſo, daß ſie das ganze In-
nere eckig ausfüllt. Die Oberfläche glänzt bei den
Franzöſiſchen mit einer dünnen Glimmerſchicht. Feld-
ſpathhärte, Gew. 3, halbdurchſichtig mit einem Stich ins Gelbe. Vor
dem Löthrohr ſchmilzt er nicht. Arfvedſon fand bei dem Bretagner ſogar
11,3 K̇a, deßhalb war man früher geneigt 3 S⃛i2 in die Formel aufzu-
nehmen, einen Theil der Schuld mag der niemals ganz Kalifreie Thon-
ſchiefer tragen, denn Bunſen (Pogg. Ann. 47. 188) fand A̶⃛l4 S⃛i3, 39,1 S⃛i,
58,7 A̶⃛l und keine Spur von Kali in der reinen Maſſe.


In den Thonſchiefern findet ſich das Mineral öfters: in Deutſchland
ſind beſonders die dünnen Säulen von Gefrees im Fichtelgebirge bekannt,
Leonhardt gibt ihn auch im Thonſchiefer bei Baden am Schwarzwalde
an, Germar am Unterharze bei Bräunrode und Greifenhagen ꝛc. Ebenſo
fein ſind ſie in einem röthlichen Thonſchiefer vom Cap der guten Hoff-
nung eingeſprengt. Viel dicker enthält ſie der Thonſchiefer der Bretagne
von Salles de Rohan bei St. Brieux. In den Pyrenäen erreichen ſie
ſogar faſt Fußlänge und 2 Zoll Dicke, ſie werden dort verſchliffen und
wegen ihrer Kreuzfigur ſeit langer Zeit als Amulette getragen.


Vergleiche wegen ſeines Ausſehens auch Charpentier’s Couzeranit
aus den grauen kryſtalliniſchen Kalken der Pyrenäen, deſſen lange vier-
ſeitige faſt quadratiſche Säulen innen öfter ebenfalls hohl und mit dem
Muttergeſtein ausgefüllt ſind. Freiesleben’s Talkſteinmark aus dem
Porphyr von Rochlitz in Sachſen hat zwar die Zuſammenſetzung des Cyanits
A̶⃛l3 S⃛i2, gehört aber ſeines Ausſehens nach zu den Thonen. G. Roſe
führt hier auch den Agalmatolith pag. 202 als A̶⃛l S⃛i3 auf.


[241]I. Cl. 6te Fam.: Diamant.

VI.Edelſteine.


Die Gemmen bilden eine gute Gruppe unter den Silicaten, welche
man nicht zerreißen ſollte, wenn auch ihre Gränzglieder nur ſchwach ver-
bunden ſein mögen. Große Härte (es ſind die härteſten irdiſchen Stoffe),
hohes Steingewicht, prächtige Farben und Klarheit, verbunden mit ſtarkem
Glanz, eine nicht gewöhnliche Zuſammenſetzung zeichnen ſie aus. Den
edlern unter ihnen fehlt die gemeinere Kieſelerde ganz, und die Thonerde
bekommt das Uebergewicht. Ja die Krone derſelben, der Diamant, beſteht
aus Kohlenſtoff, und dennoch iſt hier ſein natürlicher Platz. Trotz ihres
ſparſamen Vorkommens ſind die Edelſteine ſchon den älteſten Völkern be-
kannt, ihre Namen ſind uns überliefert, obgleich wir nicht immer wiſſen,
was darunter verſtanden wurde. Auch konnten die Alten bei dem mangel-
haften Stande der Wiſſenſchaft ſich ſelbſt über die Sachen nicht klar ſein.


1. Diamant.


Bei den Griechen ἀδάμας (unbezwingbar δαμάω), wie alles harte,
arabiſch mas, Jahalom Demant Luther 2 Moſ. 28, 18. Plinius hist.
nat.
37. 15 ſpricht über adamas ſehr ausführlich: „den größten Preis
unter den menſchlichen Dingen hat der Diamant, lange nur den Königen
und auch unter dieſen blos wenigen bekannt. … Nur im feinſten Golde
erzeugt er ſich … Sechs Arten ſind bekannt … Darunter die Indiſchen
und Arabiſchen, von unausſprechlicher Härte, auf den Ambos gelegt, ſtoßen
ſie den Schlag ſo zurück, daß Eiſen und Ambos in Stücke zerſpringt,
auch das Feuer beſiegen ſie, denn man hat ihn noch nicht verbrennen
können (numquam incalescens) ..... Dieſe Macht über Stahl und Feuer
wird durch Bocksblut gebrochen, aber nur wenn ſie durch friſches und
warmes gebeizt ſind, und auch ſo erſt nach vielen Schlägen, und immer
noch Amboſe und Hammer ſprengend ..... Nur ein Gott kann dieſes
unermeßliche Geheimniß dem Menſchen mitgetheilt haben ..... Und wenn
er nun glücklich zum Reißen gebracht wird, ſo zerſpringt er in ſo kleine
Stücke, daß man ſie kaum ſehen kann. Das war der Standpunkt des
Alterthums.


Reguläres Kryſtallſyſtem, deutlich oktaedriſch blättrig, wovon
die Steinſchneider profitiren, indem es dadurch allein möglich gemacht iſt,
rauhe Stellen ſchnell wegzuſpalten. Oktaeder a : a : a bei den Oſtindiſchen
oft, doch werden ſie in Paris ſehr ſchön nachgemacht. Granatoeder
a : a : ∞a bei den Braſilianiſchen gewöhnlich, aber ſtark ge-
rundet und kaum meßbar. Die meiſten nach der kurzen Dia-
gonale (Kante des eingeſchriebenen Würfels) der Rhomben
geknickt, wodurch ein ſehr verzogener Pyramidenwürfel ent-
ſteht. Seltener herrſcht die Knickung nach der Längsdiago-
nale, was ein bauchiges Pyramidenoktaeder gibt. Die Knickung

[figure]

nach beiden Diagonalen gibt ein Pyramidengranatoeder, das wegen der
Flächenrundung ſich der Kugel- und Eiform nähert. Eine gleiche Deut-
lichkeit beider der gebrochenen Würfel- und Oktaederkanten iſt aber durch-
aus nicht gewöhnlich, in der Kugel prägt ſich alſo das Oktaeder oder
Quenſtedt, Mineralogie. 16
[242]I. Cl. 6te Fam.: Diamant.
Granatoeder vorherrſchend aus, jenes der Oſtindiſche, dieſer der Braſi-
lianiſche Typus. Würfel kommt ſelten vor, und Leucitoeder wird gar

[figure]

nicht angeführt. Dagegen trifft man häufig Zwillinge,
ſtark nach der trigonalen Zwillingsaxe verkürzt. Kommt
daran der blättrige Bruch vor, ſo macht er einſpringende
Winkel auf den Seiten, während drei der Zwillingsaxe pa-
rallel gehende Granatoederflächen in beiden Individuen ein-
ſpiegeln, aber ſich doch durch die verſchiedene Streifung unterſcheiden laſſen.
Mag daher auch, wie häufig geſchieht, die Zwillingsgränze noch ſo ſtark
verwachſen, ſo wird man doch leicht auf die Spur geführt. Geſchliffene
Platten zeigen öfter zahlloſe Zwillingsſtreifen, wie der Labrador, es ſcheint
das von zahlloſen neben einander gelagerten Lamellen herzukommen. Denn
in gewiſſen Richtungen leuchten nach Brewſter die einen Lamellen, die
andern nicht; ohne Zweifel wird bei den leuchtenden der Blätterbruch
ſpiegeln. Unter den erſten Diamantlinſen gaben daher einige doppelte
und dreifache Bilder.


Härte 10, und zwar von allen Steinen bei weitem der härteſte.
Daher konnte man ihn früher nur etwas poliren (Spitzſteine), wobei man
von der natürlichen Kryſtallform Nutzen zog. Die Agraffe des kaiſerlichen
Mantels Karls des Großen iſt noch mit ſolchen ungeſchliffenen Steinen
beſetzt. Erſt Ludwig van Berquen aus Brügge in Flandern fand 1456,
daß man ihn in ſeinem eigenen Pulver (Demantbort) ſchleifen könne.
Anfangs machte man Dick- und Tafelſteine, d. h. man ſtumpfte die Oſt-
indiſchen Oktaeder an zwei entgegengeſetzten Ecken mehr oder weniger ab.
1520 kamen Roſetten (Rauthenſteine) auf: der Schnitt richtet ſich nach

[figure]

der rhomboedriſchen Stellung, die untere flache Baſis entſpricht
dem blättrigen Bruch, und die Spitze endigt mit 6 Sternfacetten,
außer dem ſind noch 18 Querfacetten da, die ſich zu 6 + 12
gruppiren. Liegen die 6 unter den Flächen der Sternfacetten, ſo folgen
im Rande 12, liegen aber die 6 unter den Kanten, ſo fallen die 12
zwiſchen die beiden 6. Beſonders ſind die Zwillinge zu ſolchen Roſetten
brauchbar, man ſpaltet ſie nur nach der Zwillingsebene durch, dann gibt
die nach der kurzen Diagonale gebrochene Granatoederfläche den Anhalts-
punkt für die 6 Sternfacetten. Cardinal Mazarin ließ zuerſt Brillanten

[figure]

ſchleifen. Ihr Schliff richtet ſich nach der oktaedriſchen
Stellung: der flachere Obertheil (Krone) endigt mit einer
Gradendfläche (Würfelfl.), darunter folgen 8 + 8 + 8,
oder 8 + 8 + 16 Facetten; der ſpitzere Untertheil iſt
dem obern ähnlich, aber am Unterende nur durch eine
ganz feine Endfläche (Kalette) abgeſtumpft; der Gürtel (Rand) trennt beide
Theile von einander. Ein guter Brillantenſchliff weicht nie vom Zahlen-
geſetz 8 ab. Die Brillanten faßt man meiſt à jour, d. h. man gibt ihnen
keine Unterlage, wie den Roſetten. Das Schleifen iſt ſehr zeitraubend,
und wenn man ſie nicht mit feinen Meißeln durch einen ſchnellen aber
ſtarken Schlag ſpalten kann, ſo muß man ſie mit einem feinen Stahl-
draht mittelſt Diamantpulver und Oel durchſchleifen. Der Regent in der
Krone Frankreichs wiegt 136 Karat, roh wog er 410 Karat, er hat alſo
durch den Schliff, der 2 Jahre gewährt haben ſoll, ⅔ an Größe verloren.
Daß Diamanten Glas ſchneiden, daran iſt die doppelte Krümmung der
[243]I. Cl. 6te Fam.: Diamant.
Kryſtallkanten ſchuld, die einen einzigen Punkt zum Schnitt kommen läßt
(Wollaſton in Gilbert’s Ann. 58. 92).


Gewicht 3,55, genau das des Topaſes, daher ſind auch Braſilianiſche
Topasgeſchiebe damit verwechſelt worden.


Farblos, doch nehmen ſie eine ſchwarze, nelkenbraune, graue, gelbliche,
grünliche ꝛc. Färbung an. Juweliere theilen ſie daher in Klaſſen von 1ſtem,
2tem und 3tem Waſſer. Selten kommen entſchiedene Färbungen vor, doch
werden gelbe, roſenrothe, grüne ꝛc. erwähnt, und dieſe dann ſehr theuer
gezahlt.


Diamantglanz und ſtarke Farbenzerſtreuung, deßhalb zeigen
die geſchliffenen Facetten das lebhafteſte Farbenſpiel. Starke Strahlen-
brechung
2,487, d. h. die vergrößernde Kraft der Diamant- zur Glas-
linſe wie 8 : 4, daher iſt er auch zu mikroſkopiſchen Linſen benützt worden,
die aber ſehr ſchwer vollkommen zu machen ſind, ſo daß nur wenige gute
exiſtiren. Newton ſchloß 1675 daraus, daß er eine brennbare Subſtanz
ſein müſſe. Er machte nämlich zwei Klaſſen von Körpern: feuerbeſtän-
dige und brennbare, bei beiden folgt die Brechungskraft einem eigenen
Geſetze, aber ſo ziemlich nach dem Verhältniß zur Dichtigkeit. Nun ver-
hält ſich die Dichtigkeit vom Quarz zum Diamant = 3 : 4, aber die
Brechungskraft = 3 : 8, daher konnte Diamant kein feuerbeſtändiger
Stein ſein.


Bricht das Licht zwar nicht doppelt, polariſirt es alſo auch nicht.
Allein nach Brewſter finden ſich im Innern Luftblaſen, um welche herum
wie im Bernſtein das Licht etwas verändert wird. Da nun außerhalb
dieſer Blaſenſphäre das Licht vollkommen unpolariſirt durchgeht, ſo ſcheint
die Maſſe urſprünglich weich geweſen zu ſein, ſo daß eingeſchloſſene Luft
durch Expanſion die ihr nächſtliegenden Theile verändern konnte, wie man
etwa durch Druck auf Glas und Harz ähnliche Erſcheinungen hervor-
bringt! Die Höhlen haben öfter ſehr bizarre Formen, ſie ſind ſogar, wie
ſchon Tavernier erzählt, mit einer ſchwarzen Materie (boue végétale) er-
füllt. Manche ſollen durch Inſolation (Pogg. Ann. 64 334) oder Bürſten
phosphoresciren. Durch Reiben ſtets + elektriſch.


Reiner KohlenſtoffC, ſeine Oberfläche wird in der Oxydations-
flamme matt, durch langes Glühen „ſchwarz und undurchſichtig, was nur
von einem Uebergange in den amorphen Zuſtand herrühren kann.“ Ob-
gleich das Pulver ſchon bei Anwendung einer Spirituslampe brennt, ſo
kann er doch in Kohlenpulver verpackt der größten Hitze ausgeſetzt werden,
wie das die Pariſer Steinſchleifer ſchon 1771 wußten. Sobald aber
Sauerſtoff hinzutritt, ſo ſtößt er Gas aus (Boyle), und 1694 wurden
auf Veranlaſſung Cosmus III von Florenzer Akademikern die erſten Dia-
manten in einem großen Tſchirnhauſiſchen Brennſpiegel verflüchtigt; ſie
behielten zwar ihre Form bei, wurden aber immer kleiner, und verſchwan-
den zuletzt ganz. Schon Lavoiſier fand, daß ſie dabei Kohlenſäure ent-
wickeln; Guyton, daß ſie mit Eiſen zuſammengeſchmolzen (cämentirt)
Stahl erzeugen. In Wien wollte Kaiſer Franz I 1750 im Ofenfeuer
kleine zu einem großen zuſammenſchmelzen, aber die Sache gelang nicht.
Petzhold glaubte in kleinen Rückſtänden Kieſelerde mit Pflanzenzellen ge-
funden zu haben, aber Wöhler konnte das nicht beſtätigen. Der Aſchen-
16*
[244]I. Cl. 6te Fam.: Diamantvorkommen.
gehalt beträgt zuweilen bis 2 p. C. Vergleiche auch den Graphit, welcher
es wahrſcheinlich macht, daß die Kohle dimorph ſei.


Bildung. Einige haben gemeint, er könne ſich auf organiſchem
Wege gebildet haben, wie etwa Tabaſher im Bambus, worauf auch die
Polariſationserſcheinungen hinweiſen könnten, ganz abgeſehen von den
Zellen Petzholdt’s. Andere ſuchten auf organiſchem Wege durch Schmelzen
von Kohle ihn darzuſtellen. Silliman und Cagniart de Latour bekamen
ſo auch wirklich farbloſe Kügelchen, welche Glas ritzten, es war aber
nach Thenard geſchmolzene Kieſelerde. Auch die Liebig’ſche Anſicht, ſie
als Verweſungsprodukt anzuſehen, ſoll nicht Stich halten. Dagegen ver-
flüchtigte Despretz (Compt. rend. Sept. 1853. pag. 369) Kohlen mittelſt
eines elektriſchen Stroms über einen Monat hindurch. Es ſetzten ſich
an den Platindrähten kleine ſchwarze mikroſkopiſche Oktaeder an, die Rubin
polirten, was bekanntlich nur mit Diamantpulver geſchieht pag. 149.


Vorkommen. Lange kannte man ihn nur auf ſekundären Lager-
ſtätten, in lockerm oder hartem Diluvialgebirge (ſogenannte Diamantſaifen).
Neuerlich hat man ihn jedoch nördlich Tejuco in Braſilien in einem glim-
merhaltigen Quarzgeſtein (Itacolumit) gefunden, und da das Geſtein dem
Glimmerſchiefer ſehr ähnlich ſehen ſoll, ſo ſcheint das Urgebirge die Bil-
dungsſtätte zu ſein (Girard Leonhardt’s Jahrb. 1843 pag. 308). Edle
Metalle, wie Gold ꝛc. ſind häufig Begleiter.


Vorderindien der älteſte und berühmteſte Fundort. Nach Ritter
(Aſien 6, pag. 343) gibt es daſelbſt fünf Hauptpunkte: 1) Cuddapah am
Pennar bis Gandicotta, die ſüdlichſte Gruppe; 2) die Nandial-
Gruppe auf der Weſtſeite der Nalla Malla-Berge, welche ſich von Cud-
dapah nördlich bis zur Kiſtna ziehen. Hier ſollen die größten Indiſchen
vorgekommen ſein; 3) die Golconda-Gruppe (eine Bergfeſte ¾ Stunde
WNW von Hyderabad), ſie hat keine Gruben, ſondern iſt nur der Markt,
welcher durch den Franzoſen Tavernier (Six voyages en Turquie 1669) ſo
berühmt geworden iſt. In der Gegend von Elore an der untern Kiſtna
waren allein 60,000 Menſchen mit Pochen und Waſchen eines harten
eiſenſchüſſigen Sandſteins beſchäftigt, der bis zu 14′ tief ausgebeutet
wurde. Zu Raolconda war es ein Sandſtein, wie bei Fontainebleau, in
deſſen kaum fingerbreiten Spalten ein feiner Sand ſich findet, worin die
Diamanten lagen. Da der Stein hart iſt, ſo mußte der Sand mittelſt
zugeſpitzter Eiſenſtangen mühſam herausgeholt werden. Voyages II.327.
4) Die Sumbhulpur-Gruppe am mittlern Mahanadi, wo man ſie
hauptſächlich im Schlammbette der Nebenflüſſe auf der nördlichen Seite
ſammelt; 5) die Panna-Gruppe in Bundelkhund zwiſchen Sonar und
Sone (25° N. Br.) in eiſenhaltigem Kieſe über Buntenſandſtein bildet
die nördlichſte Gruppe. Schon Ptolemäus erwähnt hier einen Adamas-
fluß. In heutiger Zeit hat das Suchen ſehr abgenommen. Ceylon liefert
trotz ſeines Edelſteinreichthums keine Diamanten, dagegen findet man ſie an
der Südoſtſpitze von Borneo, Tanah Laut (Seeland) genannt, in einem
rothen Thone von Gold und Platin begleitet. Der Thon ruht auf Ser-
pentin- und Hornblendegeſtein (Poggendorf’s Annal. 55. 526). Das Vor-
kommen in der alten Welt iſt durch


Braſilien überflügelt. In der Provinz Minas Geraes iſt beſon-
ders die unwirthliche Serro do Frio mit dem Hauptort Tejuco, von welcher
[245]I. Cl. 6te Fam.: Diamant.
Stadt ſüdöſtlich ſich der 5600′ hohe Itambé erhebt, woran der Fluß Jequetin-
honha in 2 Armen entſpringt. Hier liegt die Hauptgrube Mandanga,
in einem eiſenſchüſſigen Kies (Cascalho) mit großen Quarzgeſchieben und
Goldblättchen. Dieſes ſecundäre Geſtein ruht auf Itacolumit. 1727 er-
kannte ein Spanier die glänzenden Steine, während die Neger ſie ſchon
längſt als Spielmarken benützt hatten. Später fand man ſie tiefer im
Innern im Flußgebiete des Rio San Franzisco, aber erſt 1839 auf der
älteſten Lagerſtätte in einem „glimmerhaltigen Sandſteine“ am linken
Ufer der Corrego dos Rois in der Serra de Santo Antonio de Gram-
magoa, 36 Meilen nördlich Tejuco. Da dieſes Geſtein nach Clauſſen
über der dortigen Grauwacke liegen ſoll (Leonhardt’s Jahrb. 1842, pag.
459), ſo wäre auch hiermit das urſprüngliche Lager nicht gefunden, ſo ähnlich
nach Girard das Geſtein auch dem Glimmerſchiefer ſein mag. Martius
hat berechnet, daß in den 46 Jahren von 1772—1818 3 Millionen
Karat = 1300 ℔ im Werthe von 70 Millionen Gulden nach Europa
gekommen ſeien. Neuerlich werden auch die Sierra Madre ſüdweſtlich
Acapulco in Mexico, die Itacolumitregion der Goldwäſchen des Hrn.
Twitty in Nordcarolina als Fundgruben angegeben (Pogg. Ann. 70. 544).


Der Ural lieferte 1829 auf den Ländereien der Eiſenwerke von
Biſſersk in den Goldſaifen Kreſtowosdwiſchenskoi unter dem 59° N. Br.
auf der Europäiſchen Uralſeite die erſten Diamanten (G. Roſe, Reiſe
Ural. I.352). Roſe vermuthet, daß das Muttergeſtein Dolomit ſei. Der
Fund iſt aber nur von wiſſenſchaftlichem Intereſſe, da man bis 1848 blos
72 Stück von ⅛ bis 7\frac{7}{16} Karat gefunden hat (Dr. Zerenner Erdkunde
Gouv. Perm. 1852. pag. 220).


Preis. Größe, Reinheit, Farbe und Art des Schliffes beſtimmen
den Werth. Man rechnet nach Karat, deren 72 auf 1 Loth gehen. Roh
kauft man das Karat für 48 fl., über ein Karat ſteigt der Werth nach
der Quadratzahl. Brillanten koſten 1 Karat 216 bis 288 Franken, im
Mittel 192 · k2. Neuerlich hat der Vicekönig von Egypten einen von
49 Karat gekauft, derſelbe ſollte demnach 492 · 192 = 460,992 Fr.
koſten, er wurde aber mit 760,000 Fr. bezahlt.


Größe. Steine von 12—20 Karat gehören ſchon zu den ſchönen,
darüber bereits zu den Seltenheiten: ſo findet man im grünen Gewölbe
von Dresden Diamanten von 38, 40 und 48 Karat. Ueber 100 Karat
kennt man nur wenige. Der größte Braſilianiſche war lange einer von
120 Karat, es iſt ein rohes ungeſchliffenes Oktaeder, neuerlich wurde
jedoch zu Bagayern in Minas Geraes einer von 247\frac{1}{2}k gefunden (Leon-
hardt’s Jahrb. 1853. 697), er ſoll vom reinſten Waſſer ſein. Die Be-
rühmteſten ſtammen alle aus Oſtindien.


Die franzöſiſche Krone beſitzt den Regent von 136\frac{3}{4} Karat,
den ſchönſten unter allen großen, namentlich auch
wegen ſeines Brillantenſchliffs. Der unter dem
Namen Regent bekannte Herzog von Orleans
kaufte ihn von einem Engl. Gouverneur Pitt für
Ludwig XV um 2\frac{1}{2} Million Franken. Zur Re-
volutionszeit wurde er in Berlin beim Kaufmann
Treskow verſetzt, ſchmückte dann aber wieder den
Degenknopf des Kaiſers Napoleon I.


[figure]
[246]I. Cl. 6te Fam.: Diamanten.

Der Oeſtreichiſche Schatz enthält einen gut geformten von 139\frac{1}{2}
Karat, derſelbe fällt aber ſtark in das Zitronengelbe. Er ſoll von Karl
dem Kühnen ſtammen, der in der Schlacht bei Nancy 1477 blieb. Ein
Soldat fand ihn im Helme des Herzogs und ſoll ihn für 1 Kronenthaler
an einen Geiſtlichen verkauft haben, bis er endlich für 20,000 Dukaten
in die Hände Pabſt Julius II kam.


Ein beſonderes Intereſſe bietet der Sançy 53\frac{1}{2} Karat, in der Run-

[figure]

dung und Ausbildung einem Pyramidengranatoeder glei-
chend, vom reinſten Waſſer. Er ſoll wie der Oeſtreichi-
ſche ebenfalls Karl dem Kühnen gehört haben, kam aber
ſchon früh in die Hände eines franzöſiſchen Grafen Ni-
colaus de Sançy, der 1589 ſich in Werbungsangele-
genheiten in Solothurn befand, zu einer Zeit, wo König
Heinrich III von Frankreich Unterpfänder zu einer An-
leihe bedurfte. Sançy ſchickte einen Boten mit dem
Juwel nach Paris, derſelbe wurde aber von Räubern im Juragebirge
erſchlagen. Da nun Sançy keine Antwort bekam, und von einem Er-
mordeten gehört hatte, ſo ſchöpfte er Verdacht: der Erſchlagene war richtig
ſein treuer Diener, der aber zum Glück den Diamant verſchluckt hatte,
ſo daß er ſich im Magen noch vorfand (?). Später war er unter den
Edelſteinen Ludwigs XIV, verſchwand jedoch bei der Revolution 1789,
kam aber bei den Napoleoniden wieder zum Vorſchein, und wurde von
dieſen 1830 für 500,000 Franken an den Kaiſer von Rußland verkauft.
Schriften Kaiſ. Ruſſ. Geſellſch. für Mineral. I. pag. LXIII.


Der Rajah von Mattan auf Borneo ſoll den größten beſitzen,
er wurde auf dieſer Inſel gefunden, eiförmig, von erſtem Waſſer, über
2 Unzen ſchwer, Blum ſagt 363 Karat. Den größten Ruf genoß jedoch


der Diamant des Groß-Moguls in Delhi, der als Koh-i-noor
(Berg des Lichtes) auf der Londoner Induſtrieausſtellung eine Rolle ſpielte.
Nach dem Official Catalogue of the Great Exhibition III.685 geht bei den
Indern die Legende, daß ihn bereits vor 5000 Jahren der Held Karna
in dem großen Kriege trug, welchen das Epos Maha-Bharata beſingt.
Jedenfalls erbeutete ihn der kühne Abenteurer Alaeddin 1306 vom Rajah
von Malwa. Als 1665 Tavernier, Ecuyer Baron d’Aubonne (Six Vo-
yages en Turquie, en Perse et aux Indes, Paris 1679. II. pag.
278),
der 40 Jahre im Orient reiste, um Diamanten und Edelſteine zu kaufen,
die Schätze des Groß-Moguls beſichtigte, war das erſte, was ihm ſeine
goldflüſſige Majeſtät höchſteigenhändig überreichte, der große Diamant von

[figure]

280 Karat Gewicht, und von der Form
eines in der Mitte durchſchnittenen Eies.
Er ſoll aber früher 793\frac{5}{8} Karat gewogen
haben, ein ungeſchickter venetianiſcher
Steinſchleifer verſtümmelte und verklei-
nerte ihn. Zwar ſtimmt die Abbildung
von Tavernier l. c. II. 372. Nr. 1 nicht
ganz mit der unſrigen, wie er in London
ausgeſtellt war, doch ſeine Länge 1″ 6\frac{1}{2}‴
iſt die gleiche, die Höhe 7‴ geringer,
und 1″ 2\frac{1}{2}‴ die Breite. Nadir Schach,
[247]I. Cl. 6te Fam.: Korund.
der Eroberer von Delhi 1739, kam in ſeinen Beſitz und gab ihm den
heutigen Namen. Später gieng er wieder in Beſitz des Herrſchers von
Lahore, und als dieſer Staat der engliſchen Companie einverleibt wurde,
beſchloß dieſelbe, den Diamanten der Königin als Geſchenk zu über-
reichen, was am 3. Juni 1850 geſchah. Er wog damals noch 186
Karat. Nach der Ausſtellung iſt er abermals einem Schliff unter-
worfen. Seine Unterſeite iſt eben, und entſpricht ohne Zweifel einem
Blätterbruch, desgleichen die entſtellende Fläche o, obgleich der Winkel
beider untereinander am Modell etwas kleiner als 109\frac{1}{2}° iſt. Auffallender
Weiſe hat der große Ruſſiſche Diamant, welcher 194\frac{3}{4} Karat ſchwer
die Spitze des ruſſiſchen Scepters ſchmückt (G. Roſe Reiſe Ural I. pag. 50),
gleichfalls unten eine ebene Fläche. Dieſer ſoll nach der Sage das Auge
eines Indiſchen Götzen gebildet haben, iſt 10‴ hoch und 1″ 3\frac{1}{2}‴ lang,
und fand ſich mit einem andern großen im Thronſeſſel des Schach Nadir
von Perſien, fiel bei deſſen Ermordung in die Hände eines Armeniſchen
Kaufmanns, der ihn in Amſterdam feil bot, und 1772 an Kaiſerin Ka-
tharina für 450,000 Silberrubel, 4000 Rubel jährliche Leibrente und
einen Adelsbrief verkaufte! Dr. Beke (Athenaeum 1851. 718) erzählt uns,
daß 1832 bei der Eroberung von Coocha in Khoraſſan durch Abbas
Mirza ein Diamantſtück von 132 Karat erbeutet wurde, was früher ein
armer Bewohner in ſeiner Familie als Feuerſtein benützt hatte. Dabei
wird die Vermuthung geäußert, daß er vermöge ſeiner Form ein Stück
vom Koh-i-noor ſein könnte. Tennant (Athenaeum 1852. 1042) wurde
dadurch zu der Anſicht geleitet, daß nicht blos dieſer, ſondern auch der
Ruſſiſche ein Stück des vielgenannten Groß-Moguls ſein könnte, was er
durch eine ſorgfältige Nachahmung in Flußſpath, der die gleichen Blätter-
brüche als Diamant hat, zu beweiſen ſuchte. Dann hätte dieſer gewaltige
Diamant die Form eines eiförmigen Granatoeders gehabt, etwa von einer
Größe, wie ſie Tavernier angibt. Wäre er ſchon ſo viele Jahrtauſende
in den Händen der Menſchen geweſen, wie die Legende ſagt, ſo würde
das der beſte Beweis ſeiner Außerordentlichkeit ſein, da es bis jetzt, trotz
des vielen Suchens, nicht gelungen iſt, einen zweiten auch nur von an-
nähernder Größe zu finden.


Verworrene kryſtalliniſche Maſſen von dunkeler Farbe kommen von
La Chapada (Provinz Bahia) bis zu ½ Kilogramm im Handel mit Namen
Carbonate vor (Leonhardt’s Jahrb. 1853. 597).


In Paris macht man gegenwärtig aus Straß die Diamanten täu-
ſchend nach, namentlich auch geſchliffene Oktaeder, ſo daß man leicht irre
geleitet wird. Man kann ihnen aber blos den Glanz und das Gewicht
geben, die Härte nicht.


2. Korund.


Graf Bournon Philos. Transact. 1802 vereinigte unter dieſem Indi-
ſchen Worte alle Minerale, die unter dem Namen Sapphir, Rubin, De-
mantſpath, Smirgel ꝛc. zerſtreut waren. Es ſind darunter die werthvollſten
Edelſteine begriffen, welche die Juweliere mit dem Beinamen „Orientaliſche“
auszuzeichnen pflegen. Nach der Intenſität ihrer Farben theilt man ſie
ſeit älteſter Zeit in männliche und weibliche, jene dunkeler, dieſe lichter
[248]I. Cl. 6te Fam.: Korund.
gefärbt. Hauy verſuchte ſogar für die edlen einen neuen Namen Télésie
(vollkommener Körper) einzuführen.


Dreigliedriges Kryſtallſyſtem, mit ſtark diheraedriſcher
Ausbildung, ganz wie der mit ihm iſomorphe Eiſenglanz: deutlich blätt-
riges RhomboederP 86° 6′ in den Endkanten, daher
a = 0,7344 = , lga = 9,86591.
Auffallender Weiſe ſind von den drei Blätterbrüchen zwei meiſt deutlicher,
als der dritte, oft kann man den dritten kaum finden, was ſchon Hauy
wußte. Die Stücke ſehen dann Feldſpathartig aus, haben aber auf den
beiden deutlichern Brüchen eine Streifung, ſo daß ſie einem Complex von
kleinen rhombiſchen Säulen gleichen. Bei manchen kann man ſich ent-
ſchieden überzeugen, daß die Streifung mit Zwillingsbildung zuſammen-
hängt. Die edlen ſollen den Blätterbruch nicht haben. Dagegen zeigen
ſämmtliche nach der Gradendfläche c = c : ∞a : ∞a : ∞a gern eine

[figure]

blättrige Abſonderung ebenfalls mit Streifung, aber
auch hier ſucht man die dem dritten rhomboedriſchen
Blätterbruch entſprechende häufig vergebens. Sehr
ſchöne dreigliedrige Oktaeder kommen beim Rubin
vor, die man nicht mit Spinell verwechſeln darf. Immer
nur die 2te ſechsſeitige Säule s = a : ½a : a : ∞c,
ſie kommt ſehr ſchön mit Gradendfläche vor, woran
das Rhomboeder die abwechſelnden Ecken abſtumpft,
wird aber leicht ſtark bauchig. Sehr ſchön durch
Zonen beſtimmbar iſt das Dihexaeder r = c : \frac{3}{2}a : ¾a : \frac{3}{2}a
(128° 3′ in den Endkanten), welches in der Diagonal-
zone des Rhomboeders liegt und zugleich die End-
kante der 2ten Säule abſtumpft. Die Rubine von
Ceylon leicht daran zu erkennen. Wenn das Di-
hexaeder ſich ausdehnt, ſo ſtumpft daran das Rhom-
boeder die abwechſelnden Kanten ab. Auch Dihexaeder
c : ¾a : ⅜a : ¾a und c : ½a : ¼a : ½a kommen vor.


Zwillinge. Beim grünlichen Korund von China kommen Stücke
vor, die nach einer Flächenrichtung c deutliche Blättchen bilden, welche
quer dagegen geſpalten aus lauter lichten und dunkeln Streifen beſtehen.
Offenbar Zwillinge, doch kann ich die Stücke nicht ſo gegen das Licht
drehen, daß die dunkeln Streifen licht, und die lichten dunkel werden.


Härte 9, alſo nur vom Diamante übertroffen, und von keinem an-
dern erreicht. Darauf beruht die Anwendung der ſchlechtern Sorten als
Schleifmaterial. Gewicht 4 (blaue 3,98, rothe 3,91, weiße 3,98). Allerlei
Farben und allerlei Grade von Durchſcheinenheit, wovon ihr Werth ab-
hängt. Strahlenbrechung 1,77, alſo ſtärker als bei Glas, daher auch
wohl zu mikroſkopiſchen Linſen vorgeſchlagen, allein dann muß die Axe
der Linſe genau mit der optiſchen Axe zuſammenfallen, weil ſie nach
andern Richtungen doppeltbrechend wirken würde. Die Farbe hat etwas
Einfluß auf die Strahlenbrechung.


A̶⃛l = 53,3 Al und 46,7 Ox. Die ältern Analyſen gaben etwas
Kieſelerde an, allein H. Roſe hat gezeigt, daß er mit K̇ S⃛2 zu einer im
[249]I. Cl. 6te Fam.: Rubin, Sapphir.
Waſſer vollkommen löslichen Maſſe ſchmilzt, was bei Gegenwart von
Kieſelerde nicht der Fall ſein könnte. Man muß ihn aber zu dem Ende
in eiſernen Mörſern ſtoßen, denn in Achatſchalen reibt er Kieſelerde ab,
auch iſt das angewandte Kalihydrat leicht Kieſelerdehaltig. Das feine
Pulver wird mit Kobaldſolution blau. Da A̶⃛l in Kalilauge ſich löst,
und das mit ihr iſomorphe F̶⃛e nicht, ſo kann man beide dadurch leicht
trennen. Brewſter fand zuweilen Flüſſigkeiten darin.


Vorkommen. Die gemeinen findet man vorzugsweiſe in Talk-
und Hornblendgeſteinen, die edlen in Vulkangeſteinen, durch deren Ver-
witterung ſie erſt in das Schuttland kommen. So daß ſie wohl aus-
ſchließlich Feuerprodukte ſind. Dieſe Anſicht wird durch die Bereitung auf
künſtlichem Wege ſehr geſtützt. Gaudin (Compt. rend. 1837. 999)
bereitete ſich aus Ammoniakalaun zunächſt ein weißes Pulver von reiner
Thonerde, ſchmolz es in einem Kienrußtiegel im Knallgebläſe mit 2—3
p. C. ſaurem chromſaurem Kali: es floß anfangs zu grüner Maſſe, dann
zu rubinrothen Kügelchen, die blättrigen Bruch zeigten und Topas ritzten.
Wegen der Schnelligkeit der Kryſtalliſation verloren ſie aber alle Durch-
ſichtigkeit.


Glücklicher war daher das Verfahren von Ebelmen (Compt. rend. 1851.
XXXII.
330): derſelbe miſchte Thonerde mit Borax, und um der Maſſe mehr
Feſtigkeit zu geben, ſetzte er Kieſelerde oder Kohlenſauren Baryt zu. Das
Ganze wurde mehrere Monate lang der Hitze des Porcellan- oder Stein-
gutofens ausgeſetzt, und es erzeugten ſich nun meßbare Kryſtalle, von
großer Klarheit und ſchöner Edelſteinfarbe, roth, blau ꝛc.!


Rubin, karmeſinroth, aber gern mit weißen Flecken, die man jedoch
durch vorſichtiges Glühen nehmen kann. Wirkt ſtark auf das Dichroſkop
pag. 110. Vor dem Löthrohr zeigt er eine höchſt merkwürdige Farben-
wandlung, die beſonders bei klaren Stücken ſehr auffällt: macht man
nämlich kleine Kryſtalle glühend, was man dreiſt thun kann, da ſie nicht
zerſpringen, ſo werden beim Erkalten dieſelben farblos, dann grün, und
zuletzt wieder ſchön roth. Der Spinell zeigt die grüne Farbe nicht. Un-
ſtreitig der werthvollſte aller Edelſteine, und ohne Zweifel von Theophraſt
unter Anthrax inbegriffen, der vollkommen unverbrennbar gegen die
Sonne gehalten einer glühenden Kohle gleiche, bei Plinius Indiſcher Car-
bunculus.
Die dunkelfarbigen (männlichen) theurer als Diamanten, wenn
ſie vollkommen rein ſind. Auf der Auktion des Marquis de Drée in
Paris wurde einer von 2\frac{1}{2} Karat für 14,000 Franken verkauft! Pegu
in Hinterindien das Land der Rubine. Die Bewohner glauben, er reife
in der Erde: anfangs ſei er farblos und unreif, werde dann gelb, grün,
blau und zuletzt roth, als dem höchſten Punkt der Reife. Die kleinen
von Ceylon ſind blos roſenroth (weiblich), man bekommt dieſe leicht in
größern Mengen aus alten Sammlungen, weil ſie früher officinel waren.
Viele darunter ſind ſo deutlich kryſtalliſirt, daß man ſie leicht von den
mitvorkommenden Spinellen unterſcheiden kann. Alle liegen im Schutt-
lande. Rubinglas findet man ſchon in Celtengräbern, und Gläſer laſſen
ſich mit Goldpurpur ganz ſo färben.


Sapphir 2 B. Moſis 24, 10. Das Wort ohne Zweifel hebräi-
ſchen Urſprungs, doch wurde von Griechen und Römern darunter der
[250]I. Cl. 6te Fam.: Korund.
Laſurſtein begriffen. Unſern nennt Plinius 37. 38 wegen ſeiner Farbe
von Kornblumen Cyanos, und unterſcheidet ſchon mares und feminas.
Seine Farbe kann ihm leicht durch Feuer entzogen werden, und dann ſteht
er im Glanz den geſchliffenen Diamanten am nächſten. Die blaue Farbe
kommt wahrſcheinlich von einem kleinen Eiſengehalt, den ſchon Klaproth
auf 1 p. C. F̶⃛e angab. Wir machen gegenwärtig die Farbe mit Kobalt
täuſchend nach. Die Alten wußten das aber nicht, und doch iſt das
dunkelblaue Glas der antiken Vaſe im brittiſchen Muſeum mit ſeinen
blendendweißen Basreliefs von unübertrefflicher Schönheit weltbekannt,
auch ſagt Plinius ausdrücklich adulteratur maxime tinctura, und ſchreibt
dieſe Kunſt des Nachmachens einem Egyptiſchen König zu.


Sternſapphir (Katzenſapphir) zeigt ſymmetriſch über die Axe c
rundgeſchliffen einen ſechsſtrahligen Lichtſtern, der nach Verſuchen von
Babinet offenbar mit einer dreifachen Streifung der Gradendfläche im
Zuſammenhang ſtehen muß. Es kommen auch Rhomboeder vor, deren
Endkanten leuchten. Mit einfachem Lichtſchein auf der Gradendfläche ſind
häufig, deutliche Sterne aber ſehr ſelten. Doch ſcheint ſchon Plinius hist.
nat.
37. 48 ihn unter Astrios zu begreifen, denn die Worte in India nas-
cens intus a centro ceu stella lucet
paſſen vortrefflich auf ihn und Haus-
mann ſucht es wahrſcheinlich zu machen, daß der Meou-pho-lo-kiu-la-pho
der Buddiſten, welcher ſich in den Topen der Indo-Baktriſchen Königs-
ſtraße findet, nicht Katzenauge, ſondern Sternſapphir ſei.


Der Sapphir ſpielt leicht in andere Farben über. Zuweilen kommen
auch andere intenſive Farben vor: ſo unterſcheidet man orientaliſchen
Amethyſt, or. Topas, or. Hyacinth; der ſeltenſte aller Steine, beſonders
mit geſättigter Farbe, iſt der orientaliſche Smaragd 3,95 Gewicht.


Unter den trübfarbigen zeichnen ſich beſonders die rothen und
blauen aus dem Dolomit von Campo longo ſüdlich vom St. Gotthardt
aus, ſind gut kryſtalliſirt, und nicht ſelten findet man an einem Kryſtall
beide Farben. Eine Seltenheit iſt der blaue Sapphir aus der Mühl-
ſteinlava von Niedermendig, Glanz und Härte unterſcheidet ihn leicht
vom dortigen Hauyn. Bläuliche faſt zum Verſchleifen taugliche Säulen
von 2—3 Zoll Größe kommen im Ural an verſchiedenen Punkten beſon-
ders in den Umgebungen des Ilmenſees bei Miask vor. Blöcke von einem
dichten bis feinkörnigen Geſtein, das weiß und feldſpathartig ausſieht,
aber mit Säure gelatinirt und eine Scapolithartige Zuſammenſetzung hat,
liegen in den Goldſaifen von Barſowskoi bei Kyſchtimsk ſüdlich Katharinen-
burg. G. Roſe (Reiſe Ural II.150) nannte ſie Barſowit. Darin ſind
lange ſechsſeitige Säulen von Korund in großer Menge eingeſprengt.


[figure]

Beſonders berühmt ſeit Greville (Philos. Transact.
1798) ſind die ſchönen einfachen Kryſtalle aus Oſtindien
und China. Werner begriff dieſe vorzugsweiſe unter
dem einheimiſchen Namen


Korund. Es ſind ſehr ſcharf ausgebildete ſechs-
ſeitige Säulen mit Gradendfläche, woran der Blätter-
bruch die Ecken abſtumpft. Röthliche und blauliche
Farben bei den Oſtindiſchen von Carnatik und Myſore,
grünliche mit der bekannten Streifung von Kanton.
Letztere liegen in einem Syenit mit ſchwarzer Horn-
[251]I. Cl. 6te Fam.: Smirgel, Diaspor.
blende und ſind ſehr blättrig. Oft werden die Säulen auch bauchig, was
ſich theilweis durch über einander liegende Dihexaeder erklärt. Phillips
bildet nicht weniger als 8 ſolche an einem Kryſtalle ab. Die über ein-
ander gelagerten Blätter der Gradendflächen ſtehen nach Mohs öfter in
abwechſelnder Zwillingsſtellung.


Demantſpath hieß Werner die haarbraunen Varietäten von
China, die ſich beſonders auf der Gradendfläche durch Streifen nach 2
bis 3 Richtungen auszeichnen.


Smirgel (σμύρις) heißt das feinkörnige bis dichte Vorkommen,
was zu Pulver geſtoßen ſeit uralter Zeit als Schleifmittel dient. Das
hebräiſche Wort Schamir Jerem. 18, 1 (Judas Sünde ſei in ſeines Her-
zenstafeln mit einer Schamirſpitze eingegraben) ſcheint ſchon auf dieſen
Stein zu deuten. Gewöhnlich verunreinigt durch Magneteiſen ꝛc. Die
Inſel Naxos war beſonders berühmt, der Pflug fördert ihn dort zu Tage,
und noch heute führt man die Blöcke als Ballaſt ein (Geminis scalpendis
atque limandis Naxium diu placuit ante alia, Plinius hist. nat.
36. 10). Am
Ochſenkopf bei Schwarzenberg im Erzgebirge findet er ſich in einen harten
Talkſchiefer eingeſprengt; den ſehr durch Eiſenglanz verunreinigten von der
Inſel Guerneſey, in Paris zur Spiegelfabrikation benützt, kann man noch
kaum für Korund erkennen, wie es überhaupt mit vielen Smirgelſorten im
Handel der Fall iſt. Der beſte Smirgel wird aus dem Korund gemacht,
doch iſt auch dieſer durch Verwitterung öfter weicher geworden, wie die
ſchmutzig grünlich grauen oft fauſtgroßen Kryſtalle in einem verwitterten
Feldſpathgeſtein von Biella in Piemont. Dieſelben zeigen nicht die Spur
von Structur mehr, ſind alſo ganz im Afterbildungsprozeß begriffene
Korunde.


Anhangsweiſe erwähnen wir hier auch der Hydrate von Thonerde:


a) Diaspor Hauy, A̶⃛l Ḣ̶, iſomorph mit Brauneiſenſtein. Von
διασπείρω zerſtreuen, weil das Hauy’ſche grünlich graue Exemplar unbe-
kannten Fundortes vor dem Löthrohr in feine Stücke zerſprang, die flim-
mernd in der Luft herum flogen. Dieſes Stück des Pariſer Muſeums
war lange das einzige, bis ſich gelblich blättrige Maſſen 1830 bei Ka-
tharinenburg in kleinen Gängen eines ſmirgelhaltigen Chloritſchiefers fanden.
Davon ſehr verſchieden ſcheinen zwar die klaren grünlich weißen Kryſtalle
vom Kronprinz Ferdinand Erbſtollen bei Schemnitz zu ſein, die im polari-
ſirten Lichte Trichroismus zeigen (Pogg. Ann. 61, 311), allein auch hier
ſtimmt die Analyſe.


Hauy beſchreibt ſie als eine geſchobene Säule p/p von 130°, deren
ſcharfe Kante durch den deutlich blättrigen Bruch M gerade abgeſtumpft
wird. Letzterer iſt gern krummſchalig, und gibt der Maſſe große
Aehnlichkeit mit breitſchaligem Cyanit. Damit ſtimmt der
Schemnitzer Winkel 129° 54′ (Haidinger) ſehr gut, obgleich die
Kryſtalle auffallend ſphäriſch gekrümmt ſind. Ueber Säule p/p
liegt ein Oktaeder n = a : b : c, vorn in der Kante a : c 151°
54. Eine Zuſchärfung der ſcharfen Säulenkante s = a : ⅓b : ∞c
macht über dem Blätterbruch M 109° 6′, und darüber krümmt
ſich ein zweites Oktaeder o. Darnach würde das Syſtem 2-
gliedrig ſein.


[figure]
[252]I. Cl. 6te Fam.: Hydrargillit, Chryſoberyll.

Härte 5—6, Gew. 3,4. Die Ruſſiſchen durch Brauneiſenocker braun
gefärbt, derſelbe läßt ſich aber mit Säuren wegnehmen.


Vor dem Löthrohr anfangs zerſplitternd, dann aber widerſteht er,
und ſchmilzt kaum an den feinſten Spitzen, die ſich mit Kobaldſolution
blau färben. Im Mittel 86 A̶⃛l und 15 Ḣ̶. Die Schemnitzer theilweis
ganz klar liegen in einer weißen Steinmarkartigen Gebirgsart, die man
Dillnit nach dem Fundorte Dilln genannt hat (Pogg. Ann. 78. 577).


b) Hydrargillit G. Roſe Reiſe Ural II.122, im Talkſchiefer
mit Magneteiſen und Chloroſpinell bei Slatouſt am Ural. A̶⃛l Ḣ̶3, 65,5 A̶⃛l
und 34,5 Ḣ̶. Dihexaedriſche reguläre ſechsſeitige Säulen, mit blättriger
perlmutterglänzender Gradendfläche. Ein Dihexaeder ſtumpft die End-
kanten der Säule ab. Die Kryſtalle aber nur 1—2 Linien groß. Röth-
lich weiß, in dünnen Blättchen durchſichtig. Härte 2—3, Gew. 2,35. Der
Gibbſit Emmons aus einer verlaſſenen Brauneiſenſteingrube von Rich-
mond kommt in 3 Zoll langen Stalaktitiſchen Maſſen vor. Edinburgh
phil. Journ. 1822. VII,
388. Er enthält nach Torrey’s ausdrücklicher
Unterſuchung keine Phosphorſäure, ſondern 34,7 Ḣ̶. Der Name von
ὕδωρ Waſſer und ἄργιλλος Thon iſt indeſſen bezeichnender. Freilich wurde
er ſchon von Davy (Phil. Transact. 1805. 162) für Wavellit vorgeſchlagen.


3. Chryſoberyll Wr.


Der Name kommt zwar ſchon bei Plinius hist. nat. 37, 20 vor, allein
das war nicht der unſrige. Hauy nannte ihn nach ſeinem innern Licht-
ſchein Cymophane (κῦμα Welle). Die ältern hielten ihn für Chryſolith,
aber es iſt der dritthärteſte Stein.


2gliedriges Kryſtallſyſtem. Geſchobene Säule z = a : b : ∞c

[figure]

129° 38′, der ſcharfe und ſtumpfe Säulenwinkel ge-
rade abgeſtumpft, beſonders wird die Fläche der
ſtumpfen Säulenkante M = a : ∞b : ∞c ſtark längs-
geſtreift, weil eine ganze Reihe von Säulenflächen
auftreten, T = b : ∞a : ∞c nur ſehr wenig blättrig.
Sehr beſtimmt iſt das Paar i = b : c : ∞a 119°
46′ in der Axe c bildend. Legt man die Säulen-
winkel z und i zu Grunde, ſo iſt
a : b = ,
la = 9,90881, lb = 0,23652.

Zwei Oktaeder o = a : b : c und n = a : ½b : c kommen beſonders bei
den Sibiriſchen gewöhnlich vor, zu letzterm bildet s = a : ½b : ∞c die
zugehörige Säule. Schon Hauy erwähnt einer Fläche f = a : b : ½c,
auch kommt ein vorderes Paar a : c : ∞b vor, ſo daß zum Oktaeder alle
drei Paare vorhanden ſind.


Drillinge fanden ſich in den Smaragdgruben an der Takowaja
von ausgezeichneter Schönheit. Dieſelben haben i = b : c : ∞a gemein
und liegen umgekehrt. Wäre der Winkel i/i genau 120°, wie Hauy an-
nahm, ſo würde beim Durchwachſen durch die Oktaederflächen oo o ein
vollkommenes Dihexaeder von 86° 16′ in den Seiten- und 139° 53′ in
den Endkanten entſtehen. Die kleine Differenz von 22′ macht aber, daß
[253]I. Cl. 6te Fam.: Chryſoberyll.
zwei anſtoßende Flächen o/o' nicht genau ein-
ſpiegeln, ſondern einen Winkel 179° 31′ bilden,
ebenſo knickt ſich die Seitenkante des Dihexae-
ders um 179° 18′ heraus, was aber das
Auge bei der Rauhigkeit der Flächen nicht
wahrnehmen ſoll (G. Roſe Reiſe Ural II.379).
Die optiſchen Axen liegen in T = b : ∞a : ∞c,
und machen mit der Hauptaxe c einen Winkel
von 14°. Ueber den Trichroismus ſiehe Pogg.
Ann. 77. 228).


[figure]

Härte 8—9, folgt auf Korund, Gew. 3,7. Strahlenbrechung 1,76.


B̶⃛e A̶⃛l3 mit 78 A̶⃛l, 18 B̶⃛e, 4,5 F̶⃛e. Ebenfalls gänzliche Abweſenheit
von Kieſelerde. B̶⃛e ſcheint nach H. Roſe (Pogg. Ann. 1848. Bd. 74, 433)
mit A̶⃛l iſomorph zu ſein, denn ſetzt man Kohlenſaure Beryllerde dem
Feuer des Porzellanofens aus, ſo bildet ſich eine zerdrückbare Maſſe, die
unter dem Mikroſkop aus kleinen regulären ſechsſeitigen Säulen beſteht,
und Ebelmen (Compt. rend. 1851. XIX.712 und XX.526) hat ſie ſogar
in Dihexaedern mit Säule und Gradendfläche dargeſtellt, indem er Kieſel-
ſaure Beryllerde längere Zeit mit kohlenſaurem Kali ſchmolz. Die Seiten-
kanten der Dihexaeder maßen 122° 44′ (beim Korund 122° 22′). Schmilzt
man dagegen Thonerde und Beryllerde mit Borſäure, ſo kommt zwei-
gliedriger Chryſoberyll ſowohl einfach als in Zwillingen. Darnach wären
alſo die Erden iſomorph und dimorph. Da die Beryllerde mit Pulver
von Kohlenſaurem Baryt in der Kälte nicht gefällt wird, ſo wollte man
ſie eine Zeit lang für eine einatomige Baſis (Ḃe) anſehen. Sie löst
ſich in kalter concentrirter Kalilauge, wie die Thonerde, ſcheidet ſich aber
in verdünnter durch Kochen aus, wodurch man ſie von der A̶⃛l trennt.


a) Spargelgrüner (bis Olivengrüner) als Geſchiebe von Ceylon
und Braſilien längſt bekannt. Viele darunter zeigen ein bläuliches, wo-
gendes Licht, beſonders wenn man von der Axe b nach c hinauf ſieht.
Brewſter fand auf \frac{1}{7} Quadratzoll 30,000 feine Höhlungen, die wohl die
Urſache ſein könnten. Später fand er ſich zu Haddam in Connecticut
im Urgebirge eingeſprengt, und ſehr ſchön auch zu Marſchendorf in Mähren
mit Faſerkieſel und Granat in einem Gneusartigen Granit.


b) Grasgrüner (bis Smaragdgrüner), am Tage der Volljährigkeit
des ruſſiſchen Thronfolgers in den Smaragdgruben an der Takowaja 180
Werſte öſtlich Katharinenburg gefunden, und da er auch die beiden militäri-
ſchen Hauptfarben des ruſſiſchen Reichs roth und grün zeigt, Alexan-
drit
genannt. Stets in Drillingen bis zu 2\frac{1}{2} Zoll Durchmeſſer. Durch-
ſcheinend, aber wegen der vielen Sprünge nicht zum Schleifen geeignet.
Einem geringen Gehalt von 0,36 C̶⃛r verdankt er ſeine grüne am Tage
ſehr gefällige Farbe, beim Lichte Abends ſieht er dagegen dunkelroth wie
Pyrop aus, beſonders wenn man parallel der Axe a durchſieht. Das
Mineral läßt nämlich nur rothe und grüne Lichtſtrahlen durch, die ſenk-
recht auf einander polariſirt ſind. Im Tageslicht miſchen ſich die Farben,
und das Grün bleibt überwiegend. Gegen die Flamme oder die unter-
gehende Sonne gehalten, worin die rothen Strahlen vorherrſchen, über-
wiegt dagegen das Roth.


[254]I. Cl. 6te Fam.: Spinell.

4. Spinell.


Der Name dieſes geſchätzten Edelſteins ſtammt aus dem Mittelalter,
bei Agricola pag. 625 finden wir ihn bereits.


Reguläres Kryſtallſyſtem wie Magneteiſen. Kleine Oktaeder

[figure]

mit abgeſtumpften Kanten herrſchen bei den edlen, namentlich häufig
auch die Zwillinge, welche ſich nach einer trigonalen Axe oft auf-
fallend verkürzen. Beim ſchwarzen Ceylanit kommt das Leucitoid
a : a : ⅓a vor, welches die Oktaederecken vierflächig zuſchärft, Fläche
auf Fläche aufgeſetzt.


Härte 8, Gewicht 3,5, Strahlenbrechung 1,8. In der Farbe und
der Edelkeit findet eine ſolche Mannigfaltigkeit Statt, daß man die Sache
nur nach ihren Varietäten feſthalten kann.


Chemiſch ſteht auf einem Pol die edle Ṁg A̶⃛l, auf dem andern
das unedle Magneteiſen Ḟe F̶⃛e. Trotz dieſes namentlich auch durch die
Zwillinge begründeten Iſomorphismus müſſen wir letzteres doch bei den
oxydiſchen Eiſenerzen abhandeln. Die chemiſche Formel in ihrer ganzen
Allgemeinheit wäre
(Ṁg, Ḟe, Ṁn, Żn, Ċu) (A̶⃛l, F̶⃛e, M̶⃛n, C̶⃛r)


a) Edler Spinell, Ṁg A̶⃛l, Vauquelin gab 5,2 C⃛r an, und Abich
hat wenigſtens 1,1 C̶⃛r nachgewieſen, woraus die rothe Farbe erklärt werden
könnte. Die Kieſelerde ſoll auch hier nach H. Roſe durchaus fehlen.
Die ältern Analyſen ſind ſehr ungenau, weil das Mineral den Reagentien
ſtarken Widerſtand leiſtet. Klaproth mußte es durch zweimaliges Glühen
mit der 10fachen Menge von kauſtiſchem und kohlenſaurem Kali auf-
ſchließen, Profeſſor Abich wandte zuerſt kohlenſauren Baryt mit Glück
dazu an, und fand 69 A̶⃛l und 26 Ṁg. Die rothen Kryſtalle erhitzt
werden zwar farblos, aber nicht grün, wie der Rubin, erkaltet nehmen
ſie ihre Farbe wieder an, bekommen jedoch leicht Riſſe.


Farbloſe Oktaeder können leicht mit Diamanten verwechſelt
werden, haben aber nicht den ſtarken Glanz, wohl aber das Gewicht 3,52.


Rubin-Spinell ſteht in Farbe dem Rubin nahe, kann zwar ganz
dunkel werden, aber das Feuer erreicht er nicht, abgeſehen von der ge-
ringern Härte.


Balas-Rubin (rubis balais) iſt blaß roth, hat gern einen Stich
ins Blau, was namentlich an den Kanten der Oktaeder hervortritt. Schon
Marco Polo ſammelte auf ſeiner Reiſe zum Großchan am Ende des 13ten
Jahrhunderts in der Provinz Balascia am obern Oxus, wo ſie in der
Erde geſucht wurden. Freilich mögen dabei auch Rubine geweſen ſein.


Almandin-Spinell einen ſtarken Stich ins Violette, aber blaß.


Rubicell hyacinthroth, verläuft ſich nicht ſelten ganz ins Strohgelbe.


Man bekommt beſonders die rothen ſehr leicht, da ſie früher officinel
waren. Sie ſollen meiſt aus dem Sande von Ceylon ſtammen, der mit-
vorkommende Rubin kann oft kaum von ihnen unterſchieden werden. Die
Oktaeder von allen Graden der Durchſcheinenheit haben meiſt nur 1—3‴
Größe.


[255]I. Cl. 6te Fam.: Spinell.

b) Blauer Spinell, nur halbedel, man kann an ihm den blätt-
rigen Bruch des Oktaeders gut erkennen. Es iſt ein mattes Blau. Er
wurde zuerſt bei Åkers Eiſenwerk in Södermannland gefunden, wo er in
Kalkſpath eingeſprengt vorkommt. Berzelius gab darin 5,5 S⃛i an. Nicht
minder ſchön findet er ſich in Suſſex-Connty (New-York) ebenfalls in
Kalkſpath eingeſprengt. Seine oktaedriſche Form mit Zwillingen läßt
keinen Zweifel über. Dagegen iſt Gieſecke’s


Sapphirin aus dem Glimmerſchiefer von Fiskenaes in Grönland
unſicherer, denn er ſoll nach Stromeyer 14,5 S⃛i enthalten. Er iſt auch
mehr ſtrahlig, was nicht für reguläres Syſtem ſpricht. Hausmann ſtellt
ihn aber hier hin. 3 Ṁg A̶⃛l + A̶⃛l S⃛i.


c) Schwarzer Spinell (Ṁg, Ḟe) A̶⃛l (Ceylanit Wr., Pleonaſt Hy.).
Der Gehalt an Eiſenoxydul ſteigt zuweilen auf 20 p. C. Im reflektirten
Licht ſammtſchwarz, Splitter zeigen aber oft einen Stich ins Grün. Das
Gewicht ſteigt auf 3,8, und die Härte nimmt ein wenig ab. Zuerſt
lernte man mehr als Zollgroße Kryſtalle mit löcheriger Oberfläche aus
dem Sande von Candy auf Ceylon (daher Candit) kennen. Bei uns
ſind die Faſſathaler vom Monzoniberg am bekannteſten, wo ſie auf Druſen-
räumen und eingeſprengt in grünem Augit vorkommen. Die Oktaeder
haben meiſt die Flächen a : a : ⅓a. Es kommen hier Afterkryſtalle von
einer grauen Meerſchaumartigen Maſſe vor, die 2 Zoll, während die
friſchen meiſt nur wenige Linien Durchmeſſer erreichen.


Das Faſſageſtein hat außerordentliche Aehnlichkeit mit den mehr glaſigen
Augitblöcken von der Somma am Veſuv, worin die ganz gleichen ſchwarzen
Oktaeder ſitzen. Klein kommen ſie in den glaſigen Feldſpathblöcken am
Laacher See vor. Als Geſchiebe auf der Iſerwieſe im Rieſengebirge.
Ceylanitoktaeder von Amity in New-York erreichen 3\frac{1}{2} Zoll Durchmeſſer.


Chloroſpinell G. Roſe ſind grasgrüne an den Kanten durch-
ſcheinende Oktaeder aus dem Talkſchiefer mit Magneteiſen von Slatouſt
im Ural. Härte 8, Ṁg (A̶⃛l, F̶⃛e), kann bis 14,7 F̶⃛e enthalten, welches
die A̶⃛l vertritt, unweſentlich ein kleiner Gehalt an Kupferoxyd bis 0,62 Ċu.
Grüne Spinelle kommen in Mähren ꝛc. vor.


d) Zinkſpinell (Żn, Ḟe, Ṁg) A̶⃛l mit 30 Żn, 5,8 Ḟe, 3,8 Ṁg, 55 A̶⃛l.
Ekeberg entdeckte ihn auf der Eric Matts-Grube bei Fahlun, wo er in
grünen Talkſchiefer neben Blende und Bleiglanz eingeſprengt iſt, und
nannte ihn Automolit (αὐτόμολος Ueberläufer), weil er zu den oxydiſchen
Erzen führt, Gahnit Hausmann. Die grünlich ſchwarzen Oktaeder zeigen
einen gut erkennbaren Blätterbruch, ſind der Härte nach (7—8) noch
vollkommene Spinelle, das Gewicht geht bis auf 4,6. Sein Pulver mit
Soda auf Kohle behandelt gibt einen Zinkrauch.


In Nordamerika ſind zu Haddam, Franklin ꝛc. ähnliche gefunden.
Den grünlich ſchwarzen von Sterling (New-Yerſey) mit gelblich braunem
Granat und Hornblende im Kalkſpath hat Thomſon Dysluit (δυσλίω
ſchwerlöſen) genannt. Er enthält 16,8 Żn nebſt Mangan und Eiſen,
alſo (Żn, Ḟe, Ṁn) (A̶⃛l, F̶⃛e, M̶⃛n). Kobell’s grünlich ſchwarzer


Kreittonit von Bodenmais iſt (Żn, Ḟe, Ṁn, Ṁg) (A̶⃛l, F̶⃛e) mit
26,7 Żn. Da wird es wohl nicht möglich, eine feſte Gränze zu ziehen.
Man darf das nur als Lokalnamen betrachten.


[256]I. Cl. 6te Fam.: Zirkon.

Zippe’s grünlich ſchwarzer Hercinit von Hoslau ohnweit Rons-
berg im Böhmerwald ſoll Ḟe A̶⃛l ſein. Blöcke von Trapp in der Dammerde
enthalten ihn wie Smirgel eingeſprengt, als ſolcher wird er auch verkauft.
Alle dieſe Oktaedriſchen Minerale haben eine Edelſteinhärte, die über
Quarz liegt, während das Magneteiſen weit darunter bleibt.


In neuern Zeiten hat Ebelmen den Weg gezeigt, wie man dieſe
Varietäten künſtlich noch bis ins Endloſe vermehren könne (Compt. rend.
1851. XXXII.
330): derſelbe ſetzte A̶⃛l und Ṁg mit Borſäure mehrere Tage
in Platinkapſeln dem Porzellanfeuer aus, und erhielt deutliche Spinelle.
Den Zinkſpinell Żn A̶⃛l konnte er auf dieſe Weiſe ganz rein, farblos und
durchſcheinend darſtellen und durch etwas C̶⃛r ſchön rubinroth machen.
„Kein Zweifel über die Möglichkeit, den Rubinſpinell für den Handel zu
fabriciren.“


Die Leichtigkeit, mit welcher dieſer Edelſtein zu einer meerſchaum-
artigen Maſſe verwittert, fällt auf: Herrmann’s Völknerit von Slatouſt,
Shepard’s Houghite mit 24 A̶⃛l, 44 Ṁg, 26 ſollen ſolche After-
kryſtalle ſein, Silliman Amer. Journ. 12. 361.


5. Zirkon.


Verſtümmelt aus dem franzöſiſchen Jargon (ein falſcher Edelſtein),
weil ſie ſich leicht farblos brennen, und dann Diamanten fälſchlich unter-
geſchoben werden. Werner machte zwei Species Zirkon und Hyacinth
daraus. Hyacinthos Plinius hist. nat. 37. 41 war jedoch ein amethyſt-
farbiger Stein.


4gliedriges Kryſtallſyſtem. Das Quadratoktaeder P =
a : a : c
hat 123° 19′ Endkanten- und 84° 20′ Seitenkantenwinkel, gibt
a = 1,561 = , lg 0,19354.


[figure]

Die Zirkonſäule l = a : a : ∞c herrſcht beſon-
ders bei den gemeinen Varietäten, während
die Hyacinthſäule s = a : ∞a : ∞c die edlen
Oktaeder dem Granatoeder ähnlich macht.
Meiſt kommen beide Säulen an einem Ok-
taeder vor. Dazu tritt bei den gemeinen vom
Ilmengebirge, Friedrichwärn ꝛc. noch das dreifach

[figure]

ſchärfere Oktaeder u = c : ⅓a : ⅓a, P/u = 153°
15′. Hat man dieſe durch Meſſung beſtimmt, ſo
läßt ſich der Vierkantner x = c : a : ⅓a leicht de-
duciren, weil er die Endkante des Oktaeders u zu-
ſchärft und zugleich in der Endkante des Haupt-
oktaeders liegt. Seltener ſind die Vierkantner
a : ¼a und a : ⅕a, auch das nächſte ſtumpfere Ok-
taeder c : a : ∞a wird angegeben.


[figure]

Härte 7—8, Gewicht 4,68. Es kommen die
verſchiedenſten trüben Färbungen vor, am gewöhn-
lichſten aber braungelb und hyacinthroth.


Z̶⃛r S⃛i mit 66,4 Z̶⃛r und 33,6 S⃛i. Klaproth ent-
deckte darin 1789 die Zirkonerde, welche nach dem
[257]I. Cl. 6te Fam.: Zirkon, Hyacinth.
Mineral benannt wurde. Unſchmelzbar, und ſelbſt von wäſſriger Fluß-
ſäure nur wenig angegriffen. Auffallend iſt die Leichtigkeit, mit welcher
ſich manche edle und unedle weiß brennen. Ceyloniſche Hyacinthen darf
man nur aus der Ferne der Löthrohrflamme nahe bringen, ſo ſind ſie
mit einem Ruck weiß, es ſieht faſt aus wie ein leichtes Aufglühen, und
Henneberg behauptet, ihr Gewicht ſteige dann von 4,61 auf 4,71.


a) Hyacinth (wahrſcheinlich Lynkurion des Theophraſt). Der
orangenfarbige Edelſtein, vom Granat durch ſtärkern Glanz und höheres
Gewicht unterſcheidbar. Im Feuer wird er ſtärker glänzend, verliert aber
auch die Farbe, daher Jargon de Ceylon, weil ſolche gern Diamanten
untergeſchoben werden. Im Flußſande von Ceylon mit Spinell und
Rubin, und beſonders auch in einem Bache bei Expailly ohnweit Puy in
der Auvergne, wo ſie in einem vulkaniſchen Muttergeſtein liegen, doch
ſchließt das Geſtein auch Granitbrocken ein, worin Kryſtalle liegen. Gil-
bert’s Ann. 69. 33. Auch im Baſalt von Unkel und des Siebengebirges
ohnweit Bonn findet man Hyacinthkryſtalle eingeſprengt.


b) Trübfarbige Geſchiebe von Ceylon: gelblich, grünlich, bläu-
lich, röthlich bis ins ſchwärzliche. Die gerundeten ſind zwar ſchwer er-
kennbar, allein es finden ſich darunter immer noch deutliche 1ſte quadra-
tiſche Säulen, auch wohl mit oktaedriſcher Endigung, die uns in den
Stand ſetzen, auch das gänzlich Abgerollte glücklich zu ſondern. Beſonders
ſchön kommen ähnliche eingeſprengt im Kalkſpath des Granit- und Gneus-
gebirges von New-York vor.


c) Gemeiner Zirkon von gelblich brauner Farbe, die zweite Säule
von eigenthümlicher Rauhigkeit. Eingeſprengt in den Sienit von Fried-
richswärn, und im Eläolithgeſtein von Laurwig und des Ilmenſees bei
Miask, die um und um gebildeten Kryſtalle können über 1\frac{1}{2}″ groß werden.
Im Ural ſehr verbreitet, daher auch in vielen dortigen Goldſaifen, zwar
meiſt nur mikroſkopiſch, aber wegen ihres großen Glanzes doch leicht er-
kennbar. Ein höchſt bemerkenswerthes Vorkommen bilden die blaßbläu-
lichen Oktaeder im glaſigen Feldſpathgeſtein mit Nephelin von der Somma
am Veſuv, ähnlich auch am Lacherſee.


Oerſtedtit Forchhammer Pogg. Ann. 35, 630 auf Augit mit Ti-
tanit von Arendal ſcheint ein in der Zerſtörung begriffener gemeiner
Zirkon, da Form, Glanz und gelbbraune Farbe ganz mit Zirkon ſtimmt,
nur gibt er 5,5 Ḣ̶ und hält neben 2 Ṁg, 2,6 Ċa, 69 mit Titanſäure
gemiſchte Zirkonerde. Daher auch nur 3,6 Gewicht, und knapp Feldſpath-
härte. Scheerer’s


Malakon Pogg. Ann. 62, 436 aus Granitgängen von Hitteröen
mit Gadolinit hat nur 3 Ḣ̶, daher Gew. 3,9, Härte 6 (deshalb μαλακος
weich genannt). Nach dem Glühen ſteigt das Gewicht auf 4,2. Innen
die Farbe milchblau. Solche Thatſachen ſcheinen eben zu beweiſen, daß
auch der Zirkon nicht den äußern Einflüſſen überall gehörigen Widerſtand
leiſten konnte. Vergleiche auch den gelblichbraunen Katapleiit Pogg.
Ann. 79. 300 von Lamö mit 30 Z̶⃛r, 10,8 Ṅa ꝛc.; den Tachyaphaltit
Pogg. Ann. 88. 160 mit 39 Żr, 12,3 Thorerde?


Quenſtedt, Mineralogie. 17
[258]I. Cl. 6te Fam.: Topas.

Die Zirkonerde kommt außerdem gern in Begleitung von Titanſäure
vor. Die wichtigſten Minerale ſind etwa: Aeſchinit 17,5 Z̶⃛r, Wöhlerit
17,6 Z̶⃛r, Eudialyt 17 Z̶⃛r, Polymignit 14 Z̶⃛r, Polykras.


Svanberg Pogg. Ann. 65, 317 glaubt, daß Z̶⃛r aus mehreren Erden
beſtehe, eine davon nennt er Norerde (Nore der alte Name für Norwegen).


6. Topas.


Der Name ſtammt aus dem Alterthum, allein Plinius hist. nat. 37, 32
verſteht darunter einen grünen Stein, der auf einer von Nebel eingehüllten
Inſel Topazos im Rothen Meer gefunden werde, und davon ſeinen Namen
habe; Topazin heiße in der Sprache jener Inſulaner ſuchen. Man hat
nun gemeint, dieſe Edelſteine (suo virenti genere, cum reperta est, pra-
latae omnibus
) ſeien unſer Chryſolith geweſen, während der Chrysolithus
des Plinius (hist. nat. 37, 42 aureo fulgore translucentes .... in col-
latione aurum albicare quadam argenti facie cogunt
) unſer heutiger Topas
ſei. Indeß verſtand ſchon Dionyſus Periegetes unter Topas einen gold-
glänzenden Stein, und auch Agricola nat. foss. 623 ſagt auri autem fulgor
topazion a callaide pallidius virente separat.
„Die Hauptfarbe des To-
paſes iſt weingelb.“


Zweigliedriges Kryſtallſyſtem von ausgezeichneter Entwicke-
lung. Rhombiſche Säule M = a : b : ∞c 124° 20′ durch Längsſtreifung
oft ſehr entſtellt. Der Gradendfläche P = c : ∞a : ∞b entſpricht ein
Blätterbruch noch deutlicher als beim Kalkſpath, derſelbe verräth ſich ge-
wöhnlich durch Querſprünge in der Säule, und wenn er wie gewöhnlich
als Kryſtallfläche auftritt, ſo zeigt er eine auffallende Rauhigkeit. Noch
ausgedehnter als M/M iſt häufig die Zuſchärfungsfläche ihrer ſcharfen Kante
l = a : ½b : ∞c mit 86° 52′ vorn. Wegen dieſer Winkel nennt Hr.
Prof. Weiß paſſend jene M/M die Hornblendſäule, dieſe l/l die Augitſäule.
Da die Gipfel von den Kryſtallen wegen des Blätterbruchs gern weg-
ſpalten, ſo trifft man in Braſilien, Mukla in Kleinaſien ꝛc. gar gewöhn-
lich dieſe einfachen Formen. Bei den Schneckenſteinern und Murſinsk’ſchen
herrſcht am Ende ein Paar auf die ſcharfe Kante aufgeſetzt n = b : c : ∞a
92° 45′ in der Kante über c, das etwas blättrig iſt. Legt man das
Oblongoktaeder M n der Axenrechnung zu Grunde, ſo kommt
a : b = 0,5539 : 1,0492 = ,
lga = 9,74347, lgb = 0,02085.

[figure]

Unter n findet ſich meiſt noch das Paar
y = ½b : c : ∞a. Wenn man von dieſen
Achſen ausgeht, ſo bekommt freilich von den
zwei die Kante P/M abſtumpfenden Oktaedern
das untere gewöhnliche, bei den Säulen
von Braſilien, Mukla ꝛc. ſogar oft blos die
einzige Endigung bildend, den Ausdruck o = c : 2a : 2a, doch ſchließen
ſich daran das obere Oktaeder s = c : 3a : 3a, und das untere k =
c : a : a
gut an, obgleich letzteres Hauptoktaeder nur ſelten beobachtet
wird, ausgezeichnet am Ilmenſee. Jene Mohſiſche Grundform o hat in
der vordern Endkante 141° 7′, in der ſeitlichen Endkante 101° 52′, in
[259]I. Cl. 6te Fam.: Topasvarietäten.

[figure]

der Seitenkante 90° 55′. Bei den Säch-
ſiſchen iſt x = c : 3a : \frac{3}{2}b häufig, ſie
ſtumpft die Kanten zwiſchen P/l und n/o
ab. Außer dieſen M P n y o s k x ſind
etwa noch folgende zu erwähnen:


a : ⅔b : ∞c, a : ⅓b : ∞c, a : ¼b : ∞c;
c : \frac{3}{2}b : ∞a, g = c : ¼b : ∞a;
i = a : c : ∞b, p = c : 3a : ∞b;
b : ∞a : ∞c; r = a : ½b : c, t =
5a : \frac{5}{3}b : c.
Die Kryſtalle ſind gewöhn-
lich mit dem einen Ende aufgewachſen, daher gehören um und um
kryſtalliſirte zu den größten Seltenheiten. Zwillinge unbekannt.


Topashärte 8, Gewicht 3,5, man ſagt genau das des Diamantes,
deßhalb ſind auch die klaren damit verwechſelt worden, allein der Glanz
entſchieden geringer.


Die Reibungselektricität iſt „beſonders bei einigen ſächſiſchen
Topaſen ſo beträchtlich, daß die geringſte Reibung mit dem Finger ſchon
hinreicht, eine kleine kupferne Nadel merklich anzuziehen.“ Thermo-
electriſch
und terminalpolar nach c ſind die Ruſſiſchen (Hankel Pogg.
Ann. 61. 289), centralpolar nach a die Braſilianiſchen, und zwar liegen
die antilogen Pole am Ende von a in dem ſtumpfen Kantenwinkel der
Säule, die analogen in der Mitte des Blätterbruchs.


Doppelte Strahlenbrechung erkannte ſchon Hauy: er benutzte
die Fläche n = b : c : ∞a und ſchliff die gegenüberliegende ſcharfe Säulen-
kante durch b : ∞a : ∞c ab, dadurch bekam er ein Prisma mit dem un-
gefähren Brechungswinkel von 46°, das eine Nadel bei einigen Zoll Ent-
fernung verdoppelte. Die Ebene der optiſchen Axen liegt in a c, Axe c
würde die optiſche Mittellinie ſein: bei den Braſilianiſchen machen die
optiſchen Axen mit c etwa 28°, bei den Schottiſchen (Aberdeenſhire) 32°.
Elaſticitätsaxen a : b : c = 1,00922 : 1,01186 : 1. (Rudberg Pogg. Ann.
17. 1). An den blättrigen farbloſen von Braſilien kann man an geſpal-
tenen Stücken in der Turmalinzange die Farbenringe erkennen.


Vor dem Löthrohr unſchmelzbar, nur in ſtrengem Feuer ſich mit
kleinen Blaſen überziehend. Analyſen ſchwierig, weil man wegen eines
ſtarken Fluorgehaltes leicht Verluſte bekommt. Nach Forchhammer 5 A̶⃛l S⃛i
+ 2 A̶l F̶l3
gibt, wenn man das Aluminium als Thonerde in Rechnung
bringt, 55 A̶⃛l, 35,5 S⃛i, 17 Fl (Summa 107,5). Rammelsberg ſchreibt
die Formel 6 A̶⃛l3 S⃛i2 + (3 A̶l F̶l3 + 2 Si F̶l3), worin im 2ten Theile
der Formel der Sauerſtoff von Aluminium und Silicium blos durch Fluor
vertreten iſt.


Mit dem Topas beginnen wegen der Häufigkeit ſeines Vorkommens die
Edelſteine mittlerer Sorte. Man kennt klare Kryſtalle von vielen Pfund
ſchwer. Im kryſtalliniſchen Urgebirge, auf Erzgängen und in vulkaniſchen
Geſteinen wird er gefunden, und iſt von hier auch in das Schuttland
gerathen. Nach Farbe und Klarheit macht man etwa folgende Unter-
abtheilungen:


1) Farbloſe, Pingos d’agoa (Waſſertropfen), von einer Klarheit
und Politurfähigkeit, wie ſie der Bergkryſtall nicht erreicht, finden ſich als
17*
[260]I. Cl. 6te Fam.: Topasvarietäten.
Geſchiebe im mittlern Gebiet des Rio Belmonte (Minas novas), und man
weiß nicht wo ſie anſtehen. Sie haben häufig einen Stich ins Grün.
Uebrigens muß man ſie vorſichtig von ähnlichen Quarzgeſchieben unter-
ſcheiden, der Blätterbruch leitet dabei öfter unmittelbar. Es gibt nichts
Klareres als ſolche Waſſertropfen, man hat ſie daher auch zu Brillen-
gläſern zerſpalten und geſchliffen. Der öfter genannte Diamant im
Schatze des Königs von Portugal von Hühnereigröße (1680 Karat) und
auf 57 Mill. Pfund Sterling geſchätzt ſoll nichts weiter als ein ſolches
Topasgeſchiebe ſein. Auch in Neuholland kommen Geſchiebe von grün-
licher und gelblicher Farbe vor. Unterſucht man Splitter von letztern, ſo
zeigen ſie bei ſtarker Vergrößerung vielerlei Höhlen, aus welchen Flüſſig-
keiten über die Ebene der Bruchflächen fließen, Brewſter Pogg. Ann. 7. 493.
Die kleinen waſſerhellen Topaſe des Ilmengebirges „übertreffen durch ihren
Flächenreichthum alle andern bekannten.“


2. Sibiriſche Topaſe von grünlicher Farbe (Aquamarin) und
großer Klarheit. Je grüner, deſto deutlicher wirken ſie auf das Dichroſkop.
Sie werden in der Umgebung des Dorfes Murſinsk (13 Meil. nördlich
Katharinenburg) im Granit gebrochen und in Katharinenburg verſchliffen.
Die Pracht und Größe iſt unübertroffen. In der Sammlung des Berg-
korps von Petersburg findet ſich ein 31 ℔ ſchwerer Kryſtall von 4\frac{3}{4}″
Länge und 4\frac{1}{2}″ Breite.


3. Braſilianiſcher Topas, braungelbe Säule von verſchiedener
Klarheit, vorſichtig in Aſche geglüht werden ſie blaß lilafarbig und roth
(Braſilianiſche Rubine), das färbende Eiſenoxydhydrat könnte ſich dabei
in Eiſenoxyd färben, doch iſt Brewſter (Gilbert’s Ann. 65. 14) gegen
dieſe Erklärungsweiſe. Sie ſind wegen ihres angenehmen Lichtes ſehr
geſchätzt. Für das Dichroſkop von hohem Intereſſe, wie wir pag. 111
geſehen haben. Sie liegen in Steinmarkſchnüren der Meiereien von
Carâo do Lana und Boa Viſta bei Villa Ricca, wo jährlich an 18 Ctr.
bergmänniſch gewonnen und in Rio Janeiro und Bahia verſchliffen werden.


4. Sächſiſcher Topas, blaß weingelb, aber ſehr politurfähig.
In einem Walde auf dem Voigtlande bei Auerbach erhebt ſich eine 80′
hohe Gneusnadel, der Schneckenſtein, worin Henkel (Acta physico-medica
1737. IV. pag.
316) zuerſt den „Schneckentopas“ entdeckte. Das Geſtein
iſt ganz von Topasmaſſe durchdrungen, und Kryſtalle von wenigen Linien
Größe liegen in Menge herum. Doch haben ſich auch einzelne Individuen
von 4″ Länge und 2″ Breite darunter gefunden. Im grünen Gewölbe
von Dresden zeigt man davon die prachtvollſten Garnituren. Schon in
gelindem Feuer brennen ſie ſich weiß, in ſtarkem verlieren ſie Glanz und
Durchſichtigkeit, und mehrmals in kaltem Waſſer abgelöſcht werden ſie
ganz mürbe. Werner nannte die flaſrige Gebirgsart von körnigem Quarz
und wenig ſchwarzem Turmalin durchzogen Topasfelſen. Wie ſchon
Plinius von ſeinem Chryſolith ſagt: funda includuntur perspicuae (à
jour
gefaßt), ceteris subjicitur aurichalcum, ſo legt man noch heute ſäch-
ſiſchen Topaſen eine Goldfolie unter. In Indien kommen ſaffrangelbe
vor. Vergleiche auch die ſchönen Topaſe von Mukla in Kleinaſien.


5. Bemerkenswerthe Vorkommen, aber zum Schliff unbrauchbar, finden
ſich auf den Zinnſteinſtöcken des Erzgebirges und Cornwallis, im Lithion-
[261]I. Cl. 6te Fam.: Topas, Beryll.
glimmer von Roſchna in Mähren, und mit Zinnſtein ſogar in Auswürf-
lingen des Verſuvs. Sie haben meiſt ſchmutzigweiße Farbe. Nordamerika,
Schottland ꝛc.


6. Gemeiner Topas. Verliert Klarheit und Schönheit der Farbe,
aber der Blätterbruch bleibt immer noch deutlich, und derbe Maſſen ge-
winnen dann nicht ſelten ein Feldſpathartiges Anſehen. Am bekannteſten
ſind die graulich weißen derben Maſſen mit Andeutungen von rohen Kry-
ſtallflächen, welche Gahn im Ganggranit des Gneuſes von Finbo und
im großen Blocke Broddbo bei Fahlun entdeckte. Es ſind daſelbſt Stücke
27 ℔ ſchwer gefunden. Die feinſten Splitter bedecken ſich bei ſehr
ſtarkem Feuer mit feinen Blaſen, welche zerplatzen, daher auch Pyro-
phyſalith
genannt.


Daubrée (Compt. rend. 1851. XXXII,625) glückte es, künſtliche
Topaſe darzuſtellen.


Pyknit Hauy (πυκνός dicht) wurde lange mit Beryll verwechſelt
(daher ſchörlartiger Beryll Werner). Er kommt in derben ſtrahligen
Maſſen mit grauen Lithionglimmern gemengt auf Zinnſteinſtöcken beſonders
zu Altenberg auf dem Erzgebirge vor. Derſelbe iſt grünlich gelb und
ſtellenweis von Eiſenoxyd roth geflammt. Den Blätterbruch, ſenkrecht
gegen die ſtrahligen Säulen kann man zwar darſtellen, allein er iſt durch
ſchiefe Querſprünge ſehr unkenntlich gemacht, und die ſpröde Maſſe läßt
ſich auf Härte nicht ſicher prüfen. Er zeigt dabei faſt genau die Zuſam-
menſetzung des Topaſes, nur gibt er vor dem Löthrohr leichter Blaſen,
wahrſcheinlich wegen ſeines etwas größern Fluorgehaltes (18,5 Fl).


7. Beryll.


Beryllus Plinius hist. nat. 37. 20 poliuntur omnes sexangula figura
artificum ingenio .. probatissimi ex iis sunt qui viriditatem maris puri
imitantur.
Daher nennen ihn die Steinſchleifer noch heute vorzugsweiſe
Aquamarin.


Sechsgliedriges Kryſtallſyſtem mit vollkommener Vollzählig-
keit der Flächen, wie es ſelten vorkommt. Die erſte ſechsſeitige Säule
M = a : a : ∞a : ∞c herrſcht immer vor, mit ſtarken Längsſtreifen. Die
zweite Säule n = a : ½a : a : ∞c ſtumpft öfter die Kanten der erſten
bei den ſmaragdgrünen ab. Dagegen kommt eine 6 + 6kantige Säule
a : ⅓a : ½a : ∞a nur ſelten bei ſibiriſchen vor, doch gibt ſie Dufrenoy an.
Durch die Fülle dieſer Flächen werden die nicht ſelten armdicken Säulen
förmlich cylindriſch. Dagegen fehlt es meiſt an guten Endflächen. Der
Gradenfläche P = c : ∞a : ∞a : ∞a entſpricht ein ſchwacher, aber doch
gut erkennbarer Blätterbruch. Wenn außerdem Endflächen vorkommen,
ſo iſt es das Dihexaeder t = a : a : ∞a : c mit den Rhomben-
flächen s = a : ½a : a : c, die freilich auch nicht immer voll-
zählig auftreten. Da das Dihexaeder t 151° 5′ Endkanten
und 59° 53′ Seitenkanten hat, ſo iſt

[figure]

a = 2,0057 = , lga = 0,30205.
Ein zweites Dihexaeder u = ⅔a : ⅔a : ∞a : c liegt unter t
in der Diagonalzone von s. Selten aber vollſtändig kommt
der 6kantner a : ⅓a : ½a : c vor, welcher die Kanten M/s an
jedem Ende 12mal abſtumpft.


[figure]
[262]I. Cl. 6te Fam.: Smaragd.

Seine Härte ſtreift ſchon an die Quarzhärte 7—8, auch leichtes
Gewicht 2,7, und Glasglanz, und ob er gleich noch gemeiner als Topas
iſt, ſo nimmt er doch klare Färbungen an, die öfter auf das Dichroſkop
gut wirken.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſchon wenn auch ſchwierig zu trübem
Glaſe, Vauquelin entdeckte 1797 in ihm die Beryllerde. Nach vielem
Schwanken gibt man ihm jetzt die Formel
B̶⃛e S⃛i2 + A̶⃛l S⃛2 = (B̶⃛e, A̶⃛l) S⃛i2,
da beide Baſen mit einander iſomorph ſind. Etwa 13,4 B̶⃛e, 16,8 A̶⃛l,
69,7 S⃛i. Die Beryllerde trennt ſich nach der Entdeckung des Hrn. Prof.
Chr. Gmelin aus ihrer verdünnten Auflöſung in Kali durchs Kochen von
der Thonerde.


Häufiger Begleiter des Topaſes, aber auch ſonſt in großen Mengen
im kryſtalliniſchen Urgebirge.


1. Smaragd, σμάραγδος Herodot, Theophraſt, Plinius. Zamarrut
der Araber. Emeraude Franz., Emerald Engl. Verdankt ſeine ſmaragd-
grüne Farbe einem Chromgehalt, der bis auf 3,5 C̶⃛r ſteigen kann. Daß
die Alten den wirklichen Smaragd kannten, beweiſen die in den Ruinen
Roms gefundenen Zierrathen, auch kommen ſie als Schmuck Aegyptiſcher
Mumien vor, und Plinius ſagt eruuntur circa Copton oppidum The-
baidis collibus excavatis,
wo Caillaud im Gebirge Zabarab ſüdlich Coſ-
ſeir ſogar die alten Gruben wieder gefunden haben wollte. Doch ſcheint
ſich die Sache nicht ganz zu beſtätigen (Beilage Allg. Zeitung 1844,
Nro. 347). Im Alterthum ſtand er nach Plinius hist. nat. 37. 16 im
höchſten Anſehen: tertia auctoritas (1 Diamant, 2 Perlen) zmaragdis
perhibetur pluribus de causis, quippe nullius coloris adspectus jucundior
est … nihil omnino viridius comparatum illis viret. Praeterea soli gem-
marum contuitu implent oculos nec satiant … non sole mutati, non
umbra, non lucernis … Nero princeps gladiatorum pugnas spectabat in
zmaragdo.
Nun werden aber eine Reihe grüner Steine angeführt, die
offenbar nicht Smaragde waren, darunter auch die ſchon von Herodot
genannten Obelisken in einem Aegyptiſchen Tempel, welche aus 4 Sma-
ragden von 40 Ellen Länge und 2—4 Ellen Breite beſtanden!


Im Mittelalter findet man ihn ſchon in alten Kirchenſchätzen des
8ten Jahrhunderts, auch findet ſich in der Tiara des Pabſtes eine Sma-
ragdſäule von 1 Zoll Länge und \frac{5}{4} Zoll Dicke, die bereits zur Zeit Pabſt
Julius des zweiten ſich zu Rom befand. Erſt durch die Entdeckung von
Peru wurden ſie häufiger, daher gewöhnlich Peruaniſcher Smaragd
genannt. Die Incas verehrten einen in der Größe eines Straußeneis.
Die Hauptgruben finden ſich heutiges Tages im Tunka-Thal (Quindiu-
kette zwiſchen Cauca und Magdalena ohnweit Cartago), wo er im Kalk-
ſpath bricht, der Gänge im Thonſchiefer bildet. Eine Handgroße Druſe
mit noch nicht Fingerdicken Kryſtallen bedeckt wurde 1818 noch für 22,000
Rubel in Petersburg ausgeboten. Säulen von 22 Linien Länge und 20
Linien Dicke gehören ſchon zu den bedeutendſten. Daher war die Freude
groß, als die Bauern 1831 im Walddiſtrikt 12 Meilen nordöſtlich von
Katharinenburg beim Ausgraben von Baumwurzeln im Glimmerſchiefer
an der Takowaja Smaragde entdeckten, die bei tiefern Schürfen in dem
[263]I. Cl. 6te Fam.: Edler Beryll.
ſchönſten Grün zum Vorſchein kamen. Nun ſchienen die Worte des Pli-
nius hist. nat.
37, 17 wahr: nobilissimi Scythici … nullis major auste-
ritas, nec minus vitii. Quantum zmaragdi a gemmis distant, tantum
Scythicus a ceteris zmaragdis.
In der Sammlung des Kaiſerl. Bergkorps
findet ſich ein Kryſtall von 8 Zoll Länge und 5 Zoll Dicke! Schmilzt
man ihn mit Feldſpath zu einer Kugel, ſo wird dieſe beim Erkalten
ſchwach chromgrün, Beweis, daß ſie mit Peruaniſchen übereinſtimmen, die
wenigſtens auch eine deutliche chromgrüne Perle zeigen. Es ſtimmt das
Uraliſche Vorkommen vollkommen mit jenem im Heubachthale des obern
Pinzgau im Salzburgiſchen, doch ſind die Kryſtalle hier meiſt unrein
und klein.


Das Dichroſkop zerlegt die Farbe deutlich in Smaragdgrün und
Meergrün, wodurch man ſie leicht von gefärbten Gläſern unterſcheidet
Auch iſt die Farbe in den Säulen oftmals ſchichtenförmig parallel
der Gradendfläche ſo vertheilt, daß verſchiedene Schichten weit
ſchöner gefärbt ſind, als die übrigen Stücke, und die Farben gränzen
in ſcharfer Ebene ab. Der Werth hängt weſentlich mit von der

[figure]

Reinheit der Kryſtalle ab. Namentlich leiden ſie ſehr an Trübe und
Sprüngen.


2. Der edle Beryll, hauptſächlich von Meergrüner Farbe (daher
Aquamarin von den Steinſchleifern genannt) verläuft einerſeits ſtark ins
Blau, andererſeits ſtark ins Gelb. Pallas machte beſonders auf die
prachtvollen Kryſtallſäulen des Gebirges Adontſchelon bei Nertſchinsk an
der chineſiſch-ruſſiſchen Gränze aufmerkſam, von woher ihn vielleicht ſchon
die Alten über Bactrien bezogen. Außerdem kommen klare Kryſtalle noch
an mehreren andern Stellen des Urals, namentlich auch bei Murſinsk
mit Topas, vor. Sie ſitzen nicht ſelten mitten im ſchwarzen Bergkryſtall,
im Wolfram ꝛc., und werden in Katharinenburg vielfach verſchliffen.
Die Gemmen ſind gewöhnlich länglich, indem man von der größern Aus-
dehnung der Säule profitirt. Bereits viel gemeiner als Topas. In
Braſilien hat man eine durchſichtige Säule von 15 ℔ Schwere gefunden.
Dufrénoy rühmt beſonders die Grube Cangayum, im Diſtrikt Coimbatoor
von Oſtindien. Ein geſchliffener Stein von 184 Grammen habe 12,500
Franken gekoſtet, laſſe aber in Beziehung auf Klarheit nichts zu wünſchen
über. Allerdings muß man oft ihre große Politurfähigkeit bewundern.
Die ſtärker gefärbten wirken auch ſichtlich auf das Dichroſkop, und man
kann mittelſt deſſelben die Richtung der Hauptaxe ſelbſt an geſchliffenen
Steinen noch beſtimmen.


3. Gemeiner Beryll, zwar noch kryſtalliſirt in einfachen Säulen
mit Gradendfläche, aber vollkommen trüb, von ſchmutziger Farbe und
häufig ſehr ſpröde. In Deutſchland ſind beſonders die grauen und öl-
grünen Säulen im Quarz von Rabenſtein bei Bodenmais bekannt, die
ſchon Flurl beſchreibt. Aehnlich zu Langenbielau in Schleſien. Zu Limoges
in Centralfrankreich ſind armdicke Kryſtalle, man benutzt ſie vorzugsweiſe
zur Darſtellung der Beryllerde, ihre Streifung läßt ſie leicht mit Pyknit
verwechſeln. Zu Ponferada in Gallicien ſollen ſie ſo koloſſal ſein, daß man
die Kryſtalle wie Baſaltſäulen zu Thürpfoſten benutze, ja in den Granit-
adern von Grafton (N. Hampſhire) finden ſich Säulen mit Dihexaeder-
enden von 6′ Länge, reichlich 1′ Dicke und gegen 3000 ℔ Schwere!


[264]I. Cl. 6te Fam.: Euklas.

Euklas Hauy, εὐκλάω leichtbrechen, weil er wegen ſeines ausge-
zeichneten Blätterbruchs leicht zerſpringt. Wir verdanken Hrn. Prof.
Weiß eine ausführliche Darſtellung dieſes verwickelten 2 + 1 gliedrigen
Kryſtallſyſtem’s
(Abh. Berl. Akad. 1841. 249). Derſelbe entwirft un-
abhängig von allen Winkeln eine Projektionsfigur, entwickelt ganz allge-
mein die Ausdrücke der Flächen mit Buchſtaben blos aus den Zonenver-
hältniſſen, und zeigt dann, welchen Werth μ und ν haben müſſe, um zu
den einfachſten Axenausdrücken zu kommen. Damit iſt der Beweis geführt,
daß nicht Grundformen, ſondern der Zonenzuſammenhang der Flächen das
Weſen bilden. Schabus (Denkſchriften Wien. Akad. Wiſſ. 1852, Band
VI.57) liefert eine Monographie. Seine gefundenen Winkel weichen nur
wenig von den bekannten ab.


Eine Säule s = a : b : ∞c macht 114° 50′, ihr ſtumpfer Winkel
vorn iſt zwar durch viele Flächen abgeſtumpft, Phillips gibt allein 12 an,
aber keine ſchärft den ſcharfen zu, dieſer iſt ſelbſt mit dem Handgoniometer
gut meßbar. Nur ein Blätterbruch T = b : ∞a : ∞c, deutlicher als
beim Topas, ſtumpft die ſcharfe Säulenkante gerade ab. Hauy läßt ihn
in Hinſicht auf Deutlichkeit auf Gyps folgen. Derſelbe erzeugt einen

[figure]

[265]I. Cl. 6te Fam.: Phenakit.
ſtarken innern Lichtſchein. M = a : ∞b : ∞c ſtumpft die ſtumpfe Säulen-
kante ab, allein die Neigung von Flächenbildung zwiſchen s und M iſt ſo
groß, daß man öfter auf ihr auch noch eine Knickung längs der Axe c
findet. Von den 12 Flächen zwiſchen M und s zeichnet ſich h3 =
½a : b : ∞c
öfter durch Größe und etwas rauhe Längsſtreifung aus, ſie
macht vorn 144° 33′ in der Säule; h = ⅔a : b : ∞c 133° 50′ ꝛc.


Am Ende zeichnet ſich auf der Hinterſeite (nach Hauy die vordere)
ein meiſt ſehr ausgedehntes augitartiges Paar f = ⅕a : \frac{1}{9}b : c aus, ſeine
ſchiefe Kante c : ⅕a von 160° wird durch den nicht ſonderlich deutlichen
2ten Blätterbruch P = c : ⅕a : ∞b gerade abgeſtumpft. Meiſt kommt
auf dieſer Seite nichts weiter vor, nur ſelten findet ſich eine Zuſchärfung
der ſcharfen Kante d = c : ⅕a : ⅓b, oder wohl gar e = \frac{1}{11}a : \frac{1}{9}b : c
die Kante M/f abſtumpfend. Auf der Vorderſeite herrſchen dagegen zwei
Reihen Paare über einander, die untere Reihe: r = \frac{1}{7}a : ⅓b : c (156° 12′),
u = \frac{1}{7}a : ⅙b : c, i = \frac{1}{7}a : \frac{1}{12}b : c; die obere n = a : ⅓b : c (143° 50′),
o = a : ⅙b : c, q = a : \frac{1}{9}b : c.


Legen wir bei der Berechnung der Axenelemente den Säulenwinkel
s/s = 114° 50′, und die ſtumpfen Winkel der Augitpaare f/f = 106°
und n/n = 143° 50′ zu Grunde, ſo iſt tg 57° 25′ = \frac{b}{a}; tg0 53 =
; tg1 71° 55′ = . Hieraus
nach Anleitung von pag.,
, b = a tg. Folglich
a : b : k = 5,789 : 9,058 : 0,0178 = : :
lga = 0,76262, lgb = 0,95704, lgk = 8,25042.
Da k poſitiv iſt, ſo liegt der ſtumpfe Axenwinkel a'/c = 90° 10\frac{1}{2}′ auf der
Hinterſeite. Eine ſo unbedeutende Abweichung kann man auch ganz ver-
nachläſſigen.


Härte 7—8, Gew. 3, Strahlenbrechung: gewöhnl. Strahl 1,64,
ungewöhnl. 1,66. Farbe iſt Meergrün, Werner ſagt leicht Berggrün.
Wirkt ziemlich auf das Dichroſkop.


Die optiſchen Axen liegen nach Biot im 1ſten Blätterbruch, die Mittel-
linie geht der Kante P/T, alſo dem 2ten Blätterbruch P parallel. Da
Euklas nun faſt ſo leicht als Gyps ſpringt, ſo kann man ſich die dünn-
ſten Blätter verſchaffen, welche die Farbe dünner Gypsblätter zeigen.


Vor dem Löthrohr wird er in ſtarkem Feuer weiß, ſchwillt an dünnen
Kanten etwas blumenkohlartig an und ſchmilzt.
(B̶⃛e + A̶⃛l)4 S⃛i3, 24 B̶⃛e, 32,4 A̶⃛l, 43,7 S⃛i.
Merkwürdig 0,7 Zinnoxyd. Dombey brachte ihn aus Peru mit, wußte aber
über ſeinen Fundort ſich durchaus nicht mehr zu erinnern, daher meint
man, daß auch dieſer aus der Gegend von Villaricca in Braſilien ſtammte,
wo er in der Nachbarſchaft der Topaſe, aber auf beſondern Steinmark-
ſchnüren vorkommt. Trumbull in Connecticut.


Phenakit (φέναξ Lügner, weil man ihn anfangs für Quarz ge-
halten). Nordenſkjöld (Pogg. Ann. 31. 57) erkannte ihn in den Smaragd-
[266]I. Cl. 6te Fam.: Turmalin.
gruben an der Takowaja im Ural, und Prof. Beyrich (Pogg. Ann. 34. 519
und 41. 323) zu Framont im obern Breuſchthal im Brauneiſenſtein der
Grube Mine jaune.


3 und 6gliedriges Kryſtallſyſtem. Ein etwas blättriges
Rhomboeder s = a : a : ∞a von 116° 40′ in den Endkanten würde
a = = 1,515, lga = 0,18040
geben. Daran ſtumpft ſtets die 2te Säule r = a : ½a : a : ∞c die Zick-
zackkanten ab, während die erſte a : a : ∞a : ∞c nur ausnahmsweiſe

[figure]

und ſchwach auftritt. Solche einfachen Kryſtalle kommen
von mehr als Fauſtgröße und rings ausgebildet im Glim-
merſchiefer des Urals vor. Bei den viel kleinern Vogeſi-
ſchen herrſcht als Ende der Säulen ein mattes Diheraeder
P = 3a : \frac{3}{2}a : 3a : c mit 156° 46′ in den Endkanten,
welches die Endkanten des Rhomboeders zuſchärft. Nie-
mals eine Gradendfläche vorgekommen, und da ſich s zu
P wie die Rhombenfläche zum Diheraeder beim Quarz
verhält, ſo iſt eine auffallende Analogie zwiſchen beiden
nicht zu verkennen. Beyrich glaubt ſogar Trapezflächen
beobachtet zu haben, dann müßte er Circularpolariſation
zeigen. Weiter ſtimmen damit auch die


Zwillinge: zwei Individuen haben die Axe c gemein und durch-
wachſen ſich. Das Dihexaeder kann zwar in dieſem Falle keinen Zwilling
geben, aber die Rhomboeder zeigen einſpringende Winkel. Zwillinge bei
Framont häufig. Wollte man P = a : a : ∞a und s = a : ½a : a wie
beim Quarz ſchreiben, ſo müßte die Dihexaederaxe A = a =
ſein, wie man leicht aus einer Projektion ſieht.


Härte 8, Gewicht 3, gewöhnlich trübfarbig, und bei Framont mit
Brauneiſen oder gefärbt, die waſſerhellen haben jedoch einen ſtarken Glanz.


B̶⃛e S⃛i mit etwa 55 S⃛i und 45 B̶⃛e, daher das an Beryllerde reichſte
Mineral.


Beryllerde (Awdejew Pogg. Ann. 56. 101) ſpielt außer in vor-
ſtehenden 3 Edelſteinen und dem Chryſoberyll mit 18 B̶⃛e noch im Leu-
cophan 11,5 B̶⃛e, Helvin 10 B̶⃛e, Gadolinit 9,6 B̶⃛e eine Rolle.


8. Turmalin.


Sein Name ſoll Ceylaniſch ſein. In einem merkwürdigen Buche
(Curiöse Speculationes bey Schlafloſen Nächten — zu eigener nächtlicher
Zeit-verkürzung, aufgezeichnet von einem Liebhaber, der Immer Gern
Speculiret. Leipzig 1708) wird erzählt, daß Anno 1703 die Holländer
einen von Zeilan kommenden Edelſtein, Turmalin oder Turmale genannt,
nach Holland brachten, welcher die Eigenſchaft habe, daß er die Turffaſche
auf der heißen Turfkohle nicht allein, wie ein Magnet das Eiſen, an ſich
ziehe, ſondern auch ſolche Aſche zu gleicher Zeit wieder von ſich ſtoße —
er wurde deßwegen von den Holländern Aſchentrecker genannt. Schörl
iſt der alte bergmänniſche Name, doch verſtand man darunter auch Baſalt,
Hornblende ꝛc.


[267]I. Cl. 6te Fam.: Turmalin.

Rhomboedriſch. P = a : a : ∞a 133° 26′ in den Endkanten
nach Hauy gibt
a = .
Da aber die neuern Angaben zwiſchen 132° 50′ und 133° 50′ ſchwanken,
ſo könnte man a = ſetzen, was 133° 10′ geben würde. Blättriger
Bruch kaum wahrnehmbar. Das nächſte ſtumpfere und ſchärfere Rhom-
boeder n = 2a' : 2a' : ∞a und o = ½a' : ½a' : ∞a häufig. Seltener das
2te ſchärfere r = ¼a : ¼a : ∞a. Noch ſeltener kommen aber die Gegen-
rhomboeder z = a' : a' : ∞a, und deſſen ſtumpferes g = 2a : 2a : ∞a
vor, doch gibt ſie Hauy bei grünen Braſilianiſchen an. Bei einem Bra-
ſilianiſchen maß G. Roſe \frac{2}{7}a' : \frac{2}{7}a' : ∞a, und einem hyacinthrothen von
Gouverneur in New-York ⅕a' : ⅕a' : ∞a.


Die Gradendfläche k = c : ∞a : ∞a : ∞a findet ſich beſonders
ausgezeichnet bei den großen Kryſtallen von Zwieſel und Hörlberg im
Baieriſchen Walde. Die beiden Säulen l = a : a : ∞a : ∞c und s =
a : ½a : a : ∞c
fehlen nie, allein ſie werden häufig durch Streifung ent-
ſtellt und cylinderförmig. Selten iſt eine 6 + 6kantige Säule meßbar,
wie a : ⅕a : ¼a : ∞c an norwegiſchen Turmalinen (Aphrizit). Dagegen
kommen mehrere ausgezeichnete Dreikantner vor: t = a : ⅓a : ½a, u =
⅓a : ⅕a : ½a
, beide die Kante P/s abſtumpfend und erſter Abtheilung an-
gehörend: x = a' : ⅔a' : 2a', v = a' : ¼a' : ⅓a', beide aus der Diagonal-
zone des Hauptrhomboeders P und zweiter Abtheilung angehörend.


Die Hemiedrie, ſchon von Hauy erkannt, bildet eine der merk-
würdigſten Erſcheinungen am Turmalin, und ſteht ohne Zweifel mit der
Pyroelektricität in engſtem Zuſammenhange. Zunächſt wird die 1ſte ſechs-
ſeitige Säule l gern dreiſeitig, indem die parallelen fehlen und die
2te Säule nur untergeordnet auftritt. Kommt
dazu dann das Hauptrhomboeder, ſo bildet
daſſelbe am analogen (—) Ende gleichſchenk-
lige Dreiecke, am antilogen (+) ſymmetriſche
Trapeze. Einen ſolchen Kryſtall beſchreibt G.

[figure]

Roſe von Ceylon. Häufig kommen ſchwarze von der gleichen einfachen
Form zu Haddam in Connecticut und auf Rhode Island vor. Indeß
gilt das Geſetz nicht durchgreifend, wie die kleinen ringsum ausgebildeten
Kryſtalle im Granit am


Sonnenberge bei Andreasberg beweiſen. Man hat früher
Bergbau darauf getrieben, weil man ſie fälſch-
lich für Zinnſtein hielt. Hier herrſcht nun
zwax die 2te ſechsſeitige Säule s, allein bei
vielen ſind nur die abwechſelnden Kanten
durch l abgeſtumpft, welche in der Deutung

[figure]

der Pole leiten ſollten. Aber hier liegt umgekehrt der analoge Pol an
dem Ende des druſigen Hauptrhomboeders P, während der antiloge dem
flächenreichern Ende mit o und P, wozu öfter auch noch r kommt, ange-
hört. Sobald nun Kryſtalle dieſem ähnlich ſind, wie die von Haddam
in Connecticut, beſonders aber die prachtvollen über Zoll großen von
Bovey Tracy in Devonſhire, ſo findet man leicht, unbekümmert um die
dreiſeitige Säule, das druſige Ende mit P als dasjenige, welches dem
negativen Pole entſpricht.


[268]I. Cl. 6te Fam.: Turmalin.

Je complicirter die Kryſtalle, deſto auffallender werden häufig

[figure]

die Unterſchiede an beiden
Enden. Beiſtehende Horizon-
talprojektion gehört zu kleinen
grünen Kryſtallen von Churs-
dorf in Sachſen. Das ana-
loge (—) Ende zeigt vorherr-
ſchend die Gradendfläche,
welche ſogar ſchon ein anderes
Ausſehen hat, als die von
+ Pol a. Die ſcharfe Aus-
bildung der dreiſeitigen Säule l leitet uns auch hier zur richtigen Beur-
theilung der Enden. Hauy meint, daß das flächenreichere Ende ſtets +
ſei, und das trifft hier wie oben zu. Faſt nur kryſtalliniſch bekannt, aber
mit der größten Neigung zum Strahligen und Faſrigen. Härte 7—8,
Gewicht 3—3,3. Farblos bis Sammtſchwarz, dazwiſchen allerlei bunte
Farben, und ſelbſt an verſchiedenen Theilen eines und deſſelben Kryſtalls
verſchieden gefärbt.


Gewiſſe Turmaline polariſiren das Licht vollkommen,
daher die Turmalinzange pag. 106 ſo wichtig. Mit dem Dichroſcop kann
man die gut polariſirenden ſogleich erkennen, von den gelben und grünen
wird das eine Bild ganz dunkel und ſelbſt undurchſichtig, bei farbloſen
und lichtgefärbten tritt nur eine lichtere Trübung ein, dabei werden die
Bilder verſchieden farbig. Auffallend iſt auch der verſchiedene Grad der
Durchſichtigkeit ſchon mit bloßem Auge: quer gegen die Hauptaxe c ſind
die Kryſtalle am durchſichtigſten, ſchief oder parallel der Hauptaxe werden
ſie trüb. Nimmt man z. B. eine Platte aus der Turmalinzange, und
dreht ſie während des Durchſehens um die Axe c, ſo bleibt ſie immer
gleich durchſichtig, dreht man ſie aber um eine Linie ſenkrecht darauf, wo
man dann allmählig nach der Richtung c durchſieht, ſo wird ſie ſchnell
dunkel. Es iſt dieß das einfachſte Mittel, um ſogleich die ungefähre
Richtung der optiſchen Axe zu finden.


Pyroelectricitätpag. 124. Turmalin wird zwar auch durch
Reiben poſitiv elektriſch, allein wichtiger als dieß iſt die ſtarke polare
Electricität des edlen, die bereits viele Phyſiker beſchäftigt hat. Schon
Theophraſt 50 ſpricht von einem Lynx, der wie der Bernſtein Stroh
und kleine Spähne anziehen ſolle. Ob das Turmalin war? Wenigſtens
wird er auch feuerfarbig genannt, ganz wie die erſten Ceylaniſchen be-
ſchrieben wurden. Erſt die Holländer hießen ihn 1703 Aſchentrecker.
Lémery (Histoire Acad. roy. scienc. 1717. pag. 7) nennt ihn zwar Magnet,
hebt aber die Unterſchiede von gewöhnlichem Magnet ſchon richtig hervor,
Linné gab ihm 1747 zuerſt den Namen Lapis electricus, und Aepinus
(Brewſter Pogg. Ann. 2. pag. 297) wies 1756 die Richtigkeit der Linnéi-
ſchen Benennung durch genauere Verſuche nach. Hauy deutete bereits
auf den Zuſammenhang der Kryſtallform mit dieſer Eigenſchaft hin.
In neuern Zeiten haben ſich Köhler, Hankel und G. Roſe (Pogg. Ann.
39. 285, Abh. Berl. Akad. Wiſſ. 1843. 65) der Unterſuchung zugewendet,
und im allgemeinen beſtätigte ſich der Hauyſche Satz, daß am flächen-
reichern Ende ſich + Elektricität zeige, am flächenärmern

[269]I. Cl. 6te Fam.: Turmalin.
negative, woraus denn auch hervorgeht, daß die elektriſche Axe mit
der kryſtallographiſchen c zuſammenfällt. Uebrigens ſind die farbigen,
riſſefreien, beſonders die klaren (von Elba) viel ſtärker elektriſch, als die
ſchwarzen riſſigen. Werner unterſchied daher gemeinen und elektri-
ſchen
Schörl. Nach Hauy iſt zwiſchen 30°—80° R. die Elektricität
am ſtärkſten, weiter erhitzt hört alle Elektricität auf, was man leicht
wahrnimmt. Natürlich muß, wie ſchon Bergman und Becquerel gezeigt
haben, die Temperatur im Stein ſich verändern, alſo entweder abnehmen
oder zunehmen. Bricht man ihn während des Experiments entzwei, ſo
iſt jedes Stück gleich wieder polarelektriſch.


Vor dem Löthrohr verhalten ſich die Varietäten verſchieden: die
ſchwarzen ſchmelzen leicht an, blähen ſich aber zu einer unſchmelzbaren
Schlacke auf, die farbigen ſind ſtreng flüſſig und ſelbſt unſchmelzbar. Schmilzt
man Flußſpath mit K̇a S⃛2 zuſammen, und bedeckt die Oberfläche des Fluſſes
mit Turmalinpulver, ſo wird beim erſten Zuſammenſchmelzen die Flamme
grün, Reaktion von Borſäure, die in allen ſich findet und von 1—8,5 B⃛
ſteigt. Thonerde 31—44 A̶⃛l und Kieſelerde 33—42 S⃛i halten ſich meiſt
das Gleichgewicht. Dazu kommt aber ein Gehalt an Eiſenoxydoxydul, der
bis auf 23,5 Ḟe F̶⃛e ſteigend die Sammtſchwarze Farbe erklärt, die Talk-
erde kann auf 14,9 Ṁg ſteigen, außerdem , Ṅa, L̇i, ein Fluorgehalt bis
auf 2,5 Fl, der die Glühverluſte erklärt. Wägbare Spuren von Phos-
phorſäure, die mit der Thonerde fällt, und durch Molybdſaures Ammoniak
ſich leicht nachweiſen läßt. Es gibt Turmaline mit 14 verſchiedenen Be-
ſtandtheilen, daher iſt auch wie beim Glimmer eine chemiſche Deutung
lange nicht geglückt. Schon Bergman und Wiegleb haben ſich an ihm
verſucht, aber erſt 1818 fand Lampadius die B⃛ und 1820 Arfvedſon das
L̇i. Lange gelten die Unterſuchungen von Chr. Gmelin 1815—1827 als
Muſter, und Rammelsberg (Pogg. Ann. 80. 449 und 81. 1) glaubt jetzt,
geſtützt auf Hundert eigene Analyſen von 30 verſchiedenen Fundorten, zu
Formeln gelangt zu ſein. Er fand, daß nach ſtarkem Glühen das feine
Turmalinpulver durch Flußſäure vollkommen gelöst werde, was die Ana-
lyſe weſentlich erleichterte. Freilich konnten nicht alle unter eine Formel
gebracht werden, doch richtet ſich ihre Zuſammenſetzung im Ganzen nach
den Farben. Nur ein durchgreifendes Geſetz glaubt er zu finden: daß
ſich nämlich der Sauerſtoff der Baſen und Borſäure Ṙ + R̶⃛ + B⃛ zum
Sauerſtoff der S⃛i verhalte = 4 : 3. Doch läßt ſich nach den heutigen
Theorien der Chemie von dieſer Eigenſchaft kein Gebrauch bei den For-
meln machen. Dana zeigte (Erdmann Journ. prakt. Chem. 45. 290), daß
das Atomvolumen durch die Atomenanzahl dividirt bei allen Formeln
44,2 gibt. Anderer Anſicht iſt R. Herrmann Erdmann, Journ. prakt.
Chem. 55. 451.


Vorkommen. Der edle findet ſich im Flußſande der Tropen, ganz
nach Art anderer Edelſteine, daher können wir ihn auch von den Edel-
ſteinen nicht gut trennen. Der gemeine bildet oftmals einen untergeord-
neten Gemengtheil der Granite, Gneuſe, Glimmer-, Chlorit- und Talk-
ſchiefer, beſonders in den Alpen. Dagegen ſcheint er gänzlich in Augitiſchen
und Vulkangeſteinen überhaupt zu fehlen. Ein Verſuch ſie künſtlich dar-
zuſtellen, wie die andern Edelſteine, iſt daher auch noch nicht gelungen.


Nach ihren Farben und Werth zeichnen ſich etwa folgende aus:


[270]I. Cl. 6te Fam.: Turmalin.

1. Farbloſe von St. Pietro auf Elba, im jüngern Ganggranit
mit weißem Feldſpath, Lithionglimmer, Beryll ꝛc. Die Kryſtalle haben
außerordentlich mannigfaltige Farben, vom Schwarz, durchs Braun, Grün,
Blau, Violett ins Roth. Im reflektirten Licht nicht ſelten anders farbig
als im durchfallenden. Sehr auffallend iſt die Vertheilung der Farben
längs der Säule: man kann an einem Kryſtalle oft drei- bis viererlei
unterſcheiden, die entweder wolkig in einander verſchwimmen, oder ſcharf
parallel der Gradendfläche abſetzen, oft gehen die klarſten plötzlich faſt
ins Undurchſichtige über. Die klaren hat Herrmann Achroit nennen
wollen. Sie haben ein ſehr edles Ausſehen, doch wirken ſie trotz der
Klarheit immer deutlich auf das Dichroſkop, indem das eine Bild wenig-
ſtens dunkeler wird, auch treten dann die verſchiedenen Farbenſtreifungen
deutlicher hervor. Er iſt ſehr ſtark elektriſch, ſchmilzt vor dem Löthrohr
nicht, ſondern brennt ſich nur weiß.
(Ṅa, L̇i, ) S⃛i + 4 (A̶⃛l, M̶⃛n) (S⃛i, B⃛), 7,8 B⃛, 1,2 L̇i.
Sehr verwandt, aber nicht ſo edel iſt


2. der Rubellit, nach ſeiner rothen Farbe genannt, die er einem
Gehalte von Mangan verdankt. Am bekannteſten iſt der vom Berge
Hradisko bei Rozna, Herrſchaft Pernſtein in Mähren. Bildet Pyknit-
artige Strahlen im Fettquarz mit Lepidolith. Die Strahlen fangen
auch hier öfter unten blau an, werden in der Mitte roth, und am obern
Ende grün. Zuweilen findet ſich ein blauer Kern, der von einer rothen
Hülle umgeben wird. Aber die Maſſe iſt trüb mit vielen Querſprüngen,
Folge anfangender Verwitterung. Schaitansk im Ural, Paris im Maine ꝛc.
haben auch ſehr klare geliefert.


3. Der Grüne. Vor allem gehört hierhin der ſogenannte Braſilia-
niſche Smaragd, der beſonders aus der Gegend von Villaricca in großer
Menge eingeführt und verarbeitet wird, ſein dunkeles Grasgrün, gibt
im Dichroſkop bei aufrechter Axe ein ganz opakes ord. Bild. Hat neben
etwas Mangan ſchon einen Gehalt von 7 F̶⃛e, aber auch noch Lithion.
Trotzdem gibt ihm Rammelsberg die etwas andere Formel
(Ṅa, L̇i, ) S⃛i + 3 (A̶⃛l, F̶⃛e, M̶⃛n) (S⃛i, B⃛).
Sie ſchmelzen zwar ſchwer, blähen ſich aber ſchon ſtärker auf als die
vorigen. Der Lithiongehalt iſt auch hier aus dem Vorkommen erklärlich.
Bekannt ſind die ſchönen grünen Kryſtalle von Cheſterfield (Massachusets),
die einen rothen Kern haben, welchen man herausſchlagen kann, und
umgekehrt. Ein ſehr merkwürdiges Vorkommen bilden die grasgrünen
aus dem Dolomit von Campo longo ſüdlich vom St. Gotthardt. Die-
ſelben ſcheinen faſt gar nicht auf das Dichroſkop zu wirken.


In Braſilien gibt es auch blaue (Braſilianiſcher Sapphir). Manche
Kryſtalle ſollen ſogar längs der Axe geſehen ſchön purpurroth, und quer
ſapphirblau ausſehen. Am bekannteſten iſt der Indicolith, Indigo-
blau, mit Lithionmineralien auf der Schwediſchen Inſel Utön vorkommend,
daher fand Arfvedſon 4,3 Lithionhaltige Alkalien darin.


4. Die Braunen. Dazu ſcheinen die erſten Ceylaniſchen gehört
zu haben, denn die Curiöſe Speculationes ſagen, ihre Coleur ſei Pome-
ranzenroth, mit Feuerfarbe erhöht, und gerade ſo war der Lynx des Theo-
phraſt. Zu Turmalinzangen ſind es die beſten, denn ſelbſt ſehr klare
[271]I. Cl. 6te Fam.: Axinit.
geben im Dichroſkop ſchon ein opakes Bild. Sie finden ſich auch ſehr
ausgezeichnet in den Talk- und Chloritſchiefern der Alpen (Zillerthal),
worauf ſchon Müller 1779 aufmerkſam machte. Dieſelben ſehen öfter
im reflektirten Licht ganz ſchwarz und opak aus, indeß gegen das Sonnen-
licht gehalten, oder mit dem Dichroſkop unterſucht bekommt man ein durch-
ſichtiges braunes Bild. Splitter parallel der Axe ſehen ſchmutzig Bou-
teillengrün aus, ein auffallender Dichroismus, und da die Stücke ſehr
bröckeln, ſo kann man ſich davon leicht überzeugen. Rammelsberg fand in
dieſen 11 Ṁg, und nennt ſie daher
Magneſia-Turmalin = Ṁg3 S⃛i2 + 3 A̶⃛l (S⃛i, B⃛).
Der Talkgehalt ließe ſich leicht aus der umgebenden Gebirgsmaſſe erklären.
Auch die Nordamerikaniſchen braunen gehören hierhin, einer von Gouver-
neur (New-York) mit Strahlſtein vorkommend hatte ſogar gegen 15 Ṁg.


5. Der gemeine Schörl, Sammtſchwarz, nur in den dünnſten
Splittern noch an den Kanten durchſcheinend, leicht ſchmelzend und ſich
dabei wurmförmig krümmend, doch wird die Schlacke wie beim Epidot
ſchnell hart. Rammelsberg gibt ihm zweierlei Formeln: einen
Magneſia-Eiſen-Turmalin = Ṁg3 S⃛i2 + 4 (A̶⃛l, F̶⃛e) (S⃛i, B⃛),
zu ihm gehört beſonders der Grönländiſche im Glimmerſchiefer, von Ha-
vredal bei Krageroe, Haddam ꝛc.; einen
Eiſen-Turmalin = Ḟe3 S⃛i2 + 6 (A̶⃛l, F̶⃛e) (S⃛i, B⃛),
das Ḟe F̶⃛e ſteigt bei denen von Bovey Tracy und dem Sonnenberge bei
Andreasberg auf 19 p. C. Wahrſcheinlich gehören zu ihm die meiſten
ſchwarzen, namentlich auch die in den Granit eingeſprengten, deren Fund-
orte unzählbar ſind, unter andern kamen Kryſtalle von mehr als Fuß
Länge und drei Zoll Dicke im Quarz von Hörlberg im Baieriſchen Walde
vor. Auch im Granite des Schwarzwaldes bei Alpirsbach, des Oden-
waldes bei Heidelberg ꝛc. zu finden.


9. Axinit Hy.


Ἀξίνη Beil, wegen ſeiner ſchneidenden Kanten. Sauſſure entdeckte
ihn 1781 in Gängen der Hornblendeſchiefer an der Balme d’Auris bei
Bourg d’Oiſan ſüdöſtlich von Grenoble, und Romé de l’Isle nannte ihn
Schorl lenticulaire, weil er ſeine Kryſtalle fälſchlich für rhomboedriſch
hielt. Werner fand ihn bei Thum in Sachſen, und nannte ihn eine Zeit
lang Thumerſtein, Bergmänn. Journ. I. 1. 261.


Eingliedriges Kryſtallſyſtem, verwandt mit dem des Kupfer-
vitriols. Neumann (Poggend. Ann. IV.63) hat es zwar verſucht, das
verwickelte Syſtem auf rechtwinklige Axen zurückzuführen, allein für die
gemeine Vorſtellung ſcheint es bequemer, die Flächen blos nach ihrem
Zonenverhältniß aufzufaſſen. Darnach haben wir eine rhomboidiſche
Säule P/u von 135° 24′, beide Flächen ſind (ſtark) geſtreift parallel ihrer
Kante, was vortrefflich zur Orientirung dient. Auch iſt ihre ſcharfe Kante
durch einen blättrigen Bruch abgeſtumpft, mit P ungefähr 103° machend.
Derſelbe gibt durch einen innern Lichtſchein ſich deutlich zu erkennen. Die
Doppeltſchiefendfläche r iſt parallel der Kante P/r geſtreift, Winkel r/P =
134° 48′, und r/u = 115° 39′. Dieſes eingliedrige Hexaid Pur bildet
[272]I. Cl. 6te Fam.: Axinit.
die vorherrſchenden Flächen, und da die ſtumpfe Kante P/r niemals, die
u/r aber immer durch eine ſehr glänzende ungeſtreifte Fläche s abgeſtumpft
iſt, ſo erleichtert das die Erkennung der Kryſtalle außerordentlich. Häufig
findet ſich auch noch x, welche die ſcharfe Kante P/s ſehr ſchief abſtumpft.
Ueber die Stellung ſind die Schriftſteller nicht in Uebereinſtimmung.
Folgen wir Naumann, ſo bilden P/u die Säule, was deshalb praktiſch
iſt, weil beide die gleiche Streifung haben. Nehmen wir dazu die Einzel-
flächen r und x, ſo können wir von dem eingliedrigen Oktaid Purx
ausgehen. Zu dieſen ſind zwar die drei zugehörigen Heraidflächen Mvs
vorhanden, Naumann nimmt aber nur M und v als Axenebenen, zur
dritten wählt er die Dodekaidfläche l. Projiciren wir nun das Syſtem
auf M, ſo ſteht M auf P ſenkrecht, denn M/P = 90° 5′ und M/u =

[figure]

97° 46′. Zur Anlegung der Figur müſſen wir noch P/l = 151° und
v/u = 147° kennen, dann ziehen wir die Sektionslinien P/u 135° gegen
einander, machen P/l = 151° und u/v = 147°. Nehmen wir nun einen
beliebigen Axenpunkt b an, und ziehen dadurch r parallel P, ſo beſtimmt die
Linie die Länge von a. Wir haben dann die Sektionslinie v als Axe der a,
und l als Axe der b gewählt. Folglich P = a : b : ∞c; u = a : b' : ∞c;
r = a : b : c; x = a : b' : c; M = c : ∞a : ∞b
die Projektionsebene;
v = b : ∞a : ∞c ſtumpft die ſcharfe Kante deutlich ab, und fällt zugleich
in die Zone r/x. Die ausgezeichnet glänzende , denn ſie
liegt in r/u und P/x; l = a : ∞b : ∞c fällt in M/s und ſtumpft die ſtumpfe
[273]I. Cl. 6te Fam.: Axinit.
Säulenkante P/u ab, iſt aber gewöhnlich durch viele Längsſtreifen entſtellt,
Phillips gibt daher in ihrer Region allein fünf verſchiedene Abſtumpfungs-
flächen an:


  • y = ½b' : c : ∞a in Zone x/s und M/v;
  • w = a : ⅓b : ∞c in Zone P/u und y/r;
  • n = a : ⅓b : c in Zone M/w und v/r;
  • o = 2a' : ⅔b' : c in Zone M/w und u/y;
  • r' = a' : b' : c in Zone P/r und l/x;
  • : a' in Zone v/r' und P/s;
  • : c in Zone v/r' und y/r;
  • : c in Zone P/s und l/r;
  • z = 2a : 2b : c in Zone P/r und n/y.

Die Axen ſind ganz willkührlich gewählt, wie man ſogleich aus der Pro-
jektion ſieht, das Weſen iſt blos der Zonenzuſammenhang. Man würde
viel beſſer die w als die [Axen] der a nehmen.


Neumann hat ſogar vorgeſchlagen, dem Syſteme rechtwinklige Axen
unterzulegen. Denn da P/M nur 5′ vom rechten Winkel abweicht, ſo
nimmt er denſelben rechtwinklig. Wählt man nun die Säulenkante P/u
als Axe c; die Senkrechte auf P als Axe b : ſo wird, a ſenkrecht gegen
b und c gedacht,


P = b : ∞a : ∞c, u = a : b' : ∞c, M = a : c : ∞b und y =
⅛a' : ½b : c.
Aus P u y M kann ich aber leicht deduciren, denn v x r' ſind
die zugehörigen Dodekaidflächen ꝛc. . Die
Flächen werden dann v = \frac{1}{9}a : ½b' : ∞c; w = \frac{1}{9}a : ⅕b : ∞c; l =
\frac{1}{9}a : \frac{1}{16}b' : ∞c
, r = a : \frac{1}{7}b : c; r' = a : \frac{1}{7}b' : c, o = \frac{1}{7}a' : ⅕b' : ½c,
n' = ⅛a' : ⅕b' : c, x = ⅛a' : \frac{1}{9} b : c, s = ⅛a' : \frac{1}{16}b : c, σ =
⅛a' : \frac{1}{23}b : c, n = \frac{1}{10}a : ⅕b : c, m = \frac{1}{17}a' : ⅓b' : c.


Faſt Quarzhärte, Gew. 3,2. Rauchgrau bis Violblau, die Alpiniſchen
oft zufällig durch Chlorit gefärbt. Die Dauphinéer zeigen einen ziemlich
deutlichen Trichroismus: ſtellt man die ſcharfe Säulenkante P/u aufrecht,
und hält dieſes Prisma ſchief gegen das Licht, damit das abgelenkte Licht
gerade ins Auge falle, ſo iſt der Kryſtall bis zur Kante r/u hin ſchön
violblau; ſtellt man dagegen die ſcharfe Kante P/r aufrecht, ſo iſt bis zur
Kante r/u kein Violblau zu finden. Das Dichroſkop gibt ein prachtvolles
violettes Bild, parallel mit Kante P/r ſchwingend, beſonders ſenkrecht
gegen Fläche r gerichtet. Auch die optiſche Mittellinie ſoll ſenkrecht gegen
r ſtehen.


Pyroelektriſch, aber nicht ſonderlich ſtark, und merkwürdiger
Weiſe mit zweierlei Axen; die an beiden Enden antiloge Axe (+) geht
von n zu n (ſtumpfe Ecke), die analoge (—) trifft in die ſcharfe Ecke
des Kryſtalls, etwa wo u und x mit dem hintern P zuſammen ſtoßen.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er leicht unter Aufblähen zu einem dunkel-
grünen Glaſe, das in der äußern Flamme durch das M̈n ſchwarz wird.
Die geſchmolzene Maſſe wird durch Salzſäure zerſetzt, wobei ſich S⃛i gallert-
Quenſtedt, Mineralogie. 18
[274]I. Cl. 7te Fam.: Zeolithe.
artig ausſcheidet. Zeigt deutlich Reaktion auf Borſäure 5 B⃛. Rammels-
berg gibt ihm die zweifelhafte Formel
(Ċa, Ṁg)3 (S⃛i, B⃛)2 + 2 (A̶⃛l, F̶⃛e, M̶⃛n) (S⃛i, B⃛).


In den Alpen ſehr verbreitet beſonders mit Bergkryſtall, Adular ꝛc.
Die ſchönſten brechen zu Oiſans mit den Zwillingen von Bergkryſtall,
Epidot und Prehnit. In Sachſen und auf dem Harze finden wir ſie
auch in derben kryſtalliniſchen Maſſen, die mit Prehnit Gänge im Grün-
ſtein bilden.


VII.Zeolithe.


Cronſtedt erkannte ſie ſchon 1756 (Abh. Schwed. Akad. der Wiſſ.),
nannte ſie von ζέω ſieden, weil ſie für ſich leicht unter Aufſchäumen zu
einem Glaſe ſchmelzen, das aber wegen der Menge von Luftblaſen ſchwer
zur Klarheit zu bringen iſt. Sie zeigen dabei eine eigenthümliche Phos-
phorescenz. Eine Feldſpathartige Zuſammenſetzung aber mit Waſſer, deſſen
Entweichen jedoch nicht die Veranlaſſung zum Schäumen ſein ſoll (Ber-
zelius), wie die ältern Mineralogen annehmen (Hoffmann Miner. II.
a. pag.
245). Von Salzſäure werden ſie vollkommen zerſetzt, wobei ſich
die Kieſelerde als Gallerte oder ſchleimiges Pulver ausſcheidet, was ihre
Unterſuchung auf naſſem Wege ſehr erleichtert. Unverwitterte Kryſtalle
beſitzen Edelſteinartige Klarheit, allein es tritt leicht eine Trübung ein,
wahrſcheinlich in Folge eines kleinen Waſſerverluſtes, und dann werden
ſie ſchneeweiß. Ueberhaupt ſcheint ihre Maſſe zur Aufnahme von Farbe-
ſtoffen im höchſten Grade ungeeignet: denn wenn z. B. Eiſenfärbung
vorkommt, ſo ſieht man nicht ſelten, wie dieſe die Subſtanz nur ſtellen-
weis durchtünchen konnte, und wenn der Kryſtall ſich weiter von ſeiner
durch Farbe getrübten Baſis entfernt, ſo kann er an ſeinem Oberende
wieder ganz Waſſerklar werden. Leider ſind die Kryſtalle ſelten groß,
auch überſteigen ſie gewöhnlich nicht einmal die Glashärte, doch ſind ſie
entſchieden härter als Kalkſpath. Sie gehören zu den leichteſten Steinen,
denn ſie bleiben wegen ihres Waſſergehalts um das 2fache herum. Da-
her nannte ſie Mohs Kuphonſpathe (κοῦφος leicht). Die ältern Vulkan-
heerde, vor allem die Höhlen der Mandelſteine und Baſalte, bilden
ihre Hauptfundſtätte. Von Island erhielt ſie ſchon Cronſtedt, nicht
minder berühmt die Faröer Inſeln nördlich Schottland, in Deutſchland
Oberſtein an der Nahe und das Faſſathal in Südtyrol. Bemerkenswerth
das Vorkommen auf den Silbererzgängen von Andreasberg, wo ſie ſelbſt
bis auf die größten Teufen des Samſon hinabgehen. Wegen ihres Waſſer-
gehaltes wird man ſehr verſucht, ſie für ſecundäre Bildungen auf naſſem
Wege zu halten, zumal da ſie gern in verwittertem Gebirge liegen, dem
durch langjährige Auslaugung Stoffe mittelſt Waſſer entzogen ſind, wie
aus der Art des zerfallenden Tuff- und Wackengeſteins deutlich hervor-
leuchtet. Auch Biſchof hat dieß mehrfach zu begründen geſucht. Dagegen
behauptet Bunſen (Leonhard’s Jahrb. 1851. pag. 861), daß den Zeolith-
bildungen Islands weder rein neptuniſche, noch rein plutoniſche Vorgänge
zu Grunde liegen. Vielmehr erlitten rein plutoniſche Geſteine von über-
baſiſcher (augitiſcher) Zuſammenſetzung eine neptuniſche Metamorphoſe zu
[275]I. Cl. 7te Fam. Zeolithe: Faſerzeolith.
Palagonit*) und palagonitiſchen Tuffen. Dieſe wurden nun abermals
von Feuergeſteinen durchbrochen, und dadurch in zeolithiſche Mandelſteine
verändert. Räthſelhaft ſcheint es dabei, wie Hydrate ſich bei ſo hoher
Temperatur bilden konnten. Allein Bunſen glaubt auch das Räthſel löſen
zu können: Läßt man nämlich 0,2 Theile Ċa, 1 Theil S⃛i und 9 Aetzkali
in einer Silberſchale eine Zeit lang roth glühen und dann langſam er-
kalten, ſo findet ſich darin nach dem Auflöſen im Waſſer ein Netzwerk
von 4—5‴ langen Kryſtallnadeln eines waſſerhaltigen Silicats Ċa3 S⃛i2
+ Aq
, das in der Glühhitze entſtand und ſich erhielt, das aber nach dem
Abſcheiden aus ſeiner Umgebung ſchon bei 109° vier Fünftel ſeines Waſſers
abgibt, und noch unter der Glühhitze alles Waſſer wieder verliert.


1. Faſerzeolith Wr.


Weil die excentriſchen Strahlen ſich zu den feinſten Faſern zertheilen.
Auch ſchlechthin Zeolith genannt, weil er als der gewöhnlichſte zuerſt
die Aufmerkſamkeit Cronſtedt’s auf ſich zog. Er kommt meiſt in excentriſch
ſtrahligen Maſſen vor, die an ihrem ſchmalen Ende ganz dicht werden,
und bei Verwitterung zu Mehl zerfallen, daher Mehlzeolith Wr. Die
freien Kryſtallnadeln hieß Werner Nadelzeolith, Hauy Meſotyp (Mittel-
geſtalt), weil er in denſelben die quadratiſche Säule mit Gradendfläche
als Kernform nahm, die zwiſchen dem Würfel des Analcims und der
Oblongſäule des Strahlzeoliths gleichſam mitten inne ſteht. Nach ihm
wäre alſo das


Kryſtallſyſtem 4gliedrig, und zwar meiſt eine einfache quadra-
tiſche wenig blättrige Säule s mit oktaedriſcher Endigung o. Später fand

[figure]

Gehlen, daß die Säule nicht quadratiſch, ſondern
zweigliedrig und ein wenig geſchoben ſei 91°
(vorn), daraus folgen für das Oktaeder ebenfalls
2 + 2 Endkanten, die nach Haidingers Meſ-
ſungen über der ſtumpfen Säulenkante 143° 20′
und über der ſcharfen 142° 40′ betragen, gibt
die Axen
a : b = 2,79214 : 2,84108.
Zu dieſem Syſteme ſcheinen die Federkieldicken Kryſtalle aus der Auvergne,
von Auſſig und Hohentwiel ꝛc. zu gehören. Ihre ſcharfe Säulenkante iſt
gewöhnlich nicht abgeſtumpft, auch kennt man ſie nicht als Zwillinge.
Merkwürdiger Weiſe ſcheinen damit die klaren Nadeln von Berefiord auf
Island nicht zu ſtimmen, welche Fuchs als Scolezit und Meſolith
getrennt hat. G. Roſe zeigt (Pogg. Ann. 28. 424), daß hier die ſeit-
lichen Endkanten 143° 29′ nur noch einander gleich bleiben, die vordere
18*
[276]I. Cl. 7te Fam.: Faſerzeolith.
Endkante o/o 144° 40′ ſich dagegen von der hintern 144° 20′ um 20′
unterſcheidet. Der vordere Säulenwinkel 91° 35′. Wir hätten alſo ein
2 + 1gl. Syſtem vorn mit einem ſtumpfen Winkel 90° 54′ der Axe c
gegen a, und
a : b = 2,87 : 2,95.

[figure]

Die ſcharfe Säulenkante iſt gewöhnlich ſtark ab-
geſtumpft durch b : ∞a : ∞c, und auf dieſer Ab-
ſtumpfungsfläche gewahrt man öfter eine zarte
Längslinie in der Richtung von c, welche eine
Zwillingsgränze andeutet. Es iſt das Geſetz der
Karlsbader Feldſpathzwillinge pag. 183: die beiden
Individuen haben die Säule gemein und liegen umgekehrt. Geht die
Zwillingsgränze genau durch die ſeitlichen Endkanten des Oktaeders, dann
wird eine förmliche 2 + 2gliedrige Ordnung hergeſtellt, indem das eine
Individuum ſeine Vorderſeite hinlegt, wo das andere ſeine hintere hat.
Oefter geht aber die Zwillingsgränze über die Fläche weg, und dann ſieht
man in der Zone der ſeitlichen Endkanten auf dem hintern Paare einen
ausſpringenden Winkel von 178° 28′, am gegenüberliegenden Ende müßte
der gleiche Winkel einſpringen, allein dieß iſt immer angewachſen. Um-
gekehrt iſt die Sache am vordern Paare, hier wird oben der Winkel ein-
ſpringend. Die Abſtumpfungsfläche b zeigt häufig am abgebrochenen Ende
der Kryſtalle eine federartige Streifung, welche beiderſeits von der Zwil-
lingslinie ausgeht und ſich in ſcharfem Winkel nach oben kehrt. Davon
muß man ein zweites viel ſchwerer ſichtbares Syſtem von Federſtreifen
unterſcheiden, was oben am auskryſtalliſirten Ende beginnt und den vor-
dern Endkanten der Oktaeder parallel geht. Der blättrige Bruch der
Säule nicht ausgezeichnet. Spec. Gew. 2,2; Härte 5. Glasglanz auf
dem kleinmuſcheligen Bruch ſich etwas ins Fette neigend. In den Ba-
ſalten finden ſich die Kryſtalle bis zu den feinſten Nadeln, welche meiſtens
aus einer dichten Maſſe von Glaskopfſtruktur entſpringen.


Pyroelectriſch. Schon Hauy fand, daß das freie Kryſtallende
Glas- und das aufgewachſene Harzelektricität nach gelindem Erwärmen
zeige, aber nicht bei allen Kryſtallen. Rieß und Roſe (Abh. Berl. Ak.
Wiſſ. 1843. pag. 75) zeigen, daß nur die Zwillinge (Scolezit) elektriſch
werden, und zwar antilog am freien, analog am verwachſenen Ende.


Die chemiſche Zuſammenſetzung variirt zwar außerordentlich, doch
ſind ſie im Weſentlichen Labrador mit Waſſer. Kleine Abweichungen in
der Form und Analyſe haben zu vielen Zerſplitterungen und lokalen Be-
nennungen geführt.


a) Natrolith Klaproth Beitr. 5. 44 (vorzugsweiſe Meſotyp ge-
nannt) Ṅa S⃛i + A̶⃛l S⃛i + 2 Ḣ̶, 47,2 S⃛i, 25,6 A̶⃛l, 16,1 Ṅa, 8,9 Ḣ̶, 1,3 F̶⃛e,
zuweilen erſetzt ein wenig Ċa das Ṅa. Er ſchmilzt ruhig zu einem Glaſe,
ohne ſich dabei aufzublähen, und bildet mit Salzſäure nach etwa 24
Stunden eine ſteife Gallerte. Vor allem bekannt ſind die iſabell-gelben
daumendicken Platten, welche den unreinen Klingſtein des Hohentwiel am
Bodenſee vielfach durchſchwärmen. Die Platten zeigen ausgezeichnete
Glaskopfſtruktur mit fein concentriſcher Streifung und excentriſcher Faſe-
rung, zerſpringen daher zu keilförmigen Stücken. Da ſie eine gute Politur
[277]I. Cl. 7te Fam.: Faſerzeolith.
annehmen, ſo ſind ſie zur Täfelung von Zimmern im Königl. Schloß zu
Stuttgart benutzt. Die Anwendung iſt aber nur vereinzelt, wie einſt
Friedrich der Große ſeine beſondere Freude am Schleſiſchen Chryſopras
hatte, ſo der König Friedrich an dieſem württembergiſchen Produkte.
Schon im vorigen Jahrhundert erregten ſie die Aufmerkſamkeit (Bergm.
Journ. 1792. VI. 1. 189).


Der Brevicit von Brevig; der Bergmannit von Laurvig und
Fredrikswärn, der Spreuſtein und Radiolith, ſämmtlich in den dor-
tigen Zirkonſieniten von Südnorwegen ſtrahlige Maſſen bildend, ſcheinen
nach den neuern Analyſen vollkommen mit Natrolith zu ſtimmen. Von
Brevicit zeichnet G. Roſe Kryſtalle von 1\frac{1}{2}″ Länge und ½″ Dicke mit den
Oktaedern a : b : c und a : ⅓b : c, deren Winkel gut ſtimmen.


b) Scolezit Fuchs, σκωληκίτης wurmähnlich, weil er vor dem
Schmelzen ſich ziemlich bläht. Ein Kalkmeſotyp Ċa S⃛i + A̶⃛l S⃛i + 3 Ḣ̶,
was durch einen kleinen Verſuch mit Oxalſäure leicht nachzuweiſen iſt.
Ein kleiner Natrongehalt zeigt ſich durch kleine Würfel von N C̶l, welche
ſich nach einiger Zeit in der Gallerte der Löſung finden. Nur dieſer ſoll
pyroelektriſch und 2 + 1gliedrig ſein, was im höchſten Grade auffällt.
Schneeweiße excentriſch-ſtrahlige Maſſen füllen beſonders die Mandeln
der vulkaniſchen Geſteine von Island und der Faröer-Inſeln. Wo die
Strahlen fein ſchneeweiß beginnen, zeigt ſich die negative Elektricität, aber
erſt dann, wenn ſie etwas dicker und getrennter werden. Die dichte
Maſſe iſt vollkommen unelektriſch. Je weiter die Strahlen zum poſitiven
Ende fortlaufen, deſto dicker werden ſie, ſie verlieren an Schneefarbe, und
endigen nicht ſelten waſſerhell. Brooke’s Poonahlit von Poonah in
Oſtindien, Thomſon’s Antrimolith aus den Baſalten der Grafſchaft
Antrim haben wenigſtens ein ähnliches Ausſehen und ſind vorherrſchend
kalkig.


c) Meſolith Fuchs Schweigger’s Journ. Chem. XVIII. ſteht chemiſch
zwiſchen Natrolith und Scolezit mitten inne, denn der aus dem Baſalt
von Hauenſtein in Böhmen hat 7,1 Ċa und 7,7 Ṅa. Berzelius Meſole
von den Faröer-Inſeln und andere zeigen ebenfalls dieſe zwei Baſen,
welche ſich in den verſchiedenſten Verhältniſſen gegen einander vertreten.


d) Comptonit Brewſter Edinburg. phil. Journ. IV.131. Compton
brachte ihn 1817 nach England, er fand ſich in Höhlen Veſuviſcher
Mandelſteine und ſcheint dem von Seeberg bei Kaden in Böhmen ſehr
ähnlich. Letzterer, in deutſchen Sammlungen ſehr verbreitet, bildet 1—2‴
lange Oblongſäulen mit Gradendfläche, die häufig etwas bauchig wird.
Die ſchmale Fläche der Oblongſäule glatt und ſchön, die breite aber
garbenförmig aufgeblättert, ihr entſpricht ein nicht ſonderlich deutlicher
Blätterbruch. Die Kanten der Oblongſäule durch eine rhombiſche Säule
von 90° 40′ abgeſtumpft. Vor dem Löthrohr blättert er ſich ſtark auf,
und enthält 12 Ċa neben 6,5 Ṅa. Einſtimmig wird der Thomſonit,
welchen Brooke in den ſchönſten faſerzeolithiſchen Varietäten im Mandel-
ſtein der Kilpatrikhügel bei Dumbarton im ſüdweſtlichen Schottland fand,
für das gleiche Mineral gehalten.


[278]I. Cl. 7te Fam.: Strahlzeolith.

2. Strahlzeolith.


Die excentriſchen Strahlen haben einen ausgezeichneten Längsblätter-
bruch, bleiben breiter und werden daher nicht ſo faſrig, als der vorige.
2 + 2gliedrig, mit ausgezeichnetem Blätterbruch, der ſich in den
derben kryſtalliniſchen Varietäten zum ſtrahligen neigt, was der eigentliche
Blätterzeolith, mit dem er ſo oft verwechſelt wird, nicht thut. Hauy
nannte ihn dodekaedriſchen Stilbit (στίλβος glänzend), weil das 2glied-
rige Dodekaeder vorherrſcht: denkt man ſich nämlich das Granatoeder nach
einer ſeiner drei rechtwinkligen Säulen in die Länge gezogen und breit
tafelartig werdend, ſo hat man die richtige Vorſtellung der gewöhnlichſten
unter den Kryſtallen. Die Oblongſäule wird oft ganz dünnblättrig und
hat ſtets auf der breiten Fläche ihren deutlichen Blätterbruch M mit ſtar-
kem Perlmutterglanz, die ſchmale Fläche T mit Glasglanz blättert ſich
garbenförmig auf, einzelne Kryſtalle, namentlich auf den Erzgängen von
Andreasberg, in den Mandelſteinen von Island ꝛc., gleichen dann Bün-
deln, worauf der Breithaupt’ſche Name Desmin (δεσμίς Bündel) an-
ſpielt. Wenn die Kryſtalle (durch Waſſerverluſt?) matt werden, ſo beginnt
die Mattigkeit vom Blätterbruch aus, denn bei den Andreasbergern ſieht
man auf der Mitte der ſchmalen Oblongſäulenfläche T einen dunkeln
glaſigen Streifen, der ſeine Durchſichtigkeit noch bewahrt hat. Auch vor
dem Löthrohr geſchieht das Blättern immer garbenförmig, wobei der
Blätterbruch unverkennbar eine Rolle ſpielt. Trotz der dicken Köpfe kann
man am Oberende der Säule immer noch das Oktaederr erkennen,
die ſeitlichen Endkanten meſſen 114°, die andern über dem blättrigen
Bruche 119° 15′ (nicht weſentlich vom Granatoederwinkel verſchieden) nach
Brooke Edinb. Phil. Journ. VI.114. Das gäbe die Axen
a : b = 1,2285 : 1,3232*).
Oftmals findet ſich die Gradendfläche c : ∞a : ∞b, dagegen die Säulen-
flächen a : b : ∞c (94° 15′) äußerſt ſelten. Auffallender Weiſe beſchreibt

[figure]

ſie Dufrénoy (Traité Minéral. III. pag. 433) faſt beſtändig.
Flußſpathhärte 4, alſo entſchieden weicher als der Faſer-
zeolith, dagegen ebenfalls ſo ſchwer, Gew. 2,2. Vor dem
Löthrohr blättert er ſich ſtark auf, krümmt ſich wurmförmig
und viel ſtärker als Scolezit. Berzelius gibt ihm die
Formel
Ċa S⃛i + A̶⃛l S⃛i3 + 6 Ḣ̶,
was etwa 60 S⃛i, 17 A̶⃛l, 9 Ċa, 17 Ḣ̶ gäbe. In Salzſäure wird die S⃛i
als ſchleimiges Pulver ausgeſchieden. Mit Faſerzeolith zuſammen. Unge-
wöhnlich iſt ein Vorkommen auf Bergkryſtall mit Chlorit auf dem St.
Gotthardt.


[279]I. Cl. 7te Fam.: Blätterzeolith.

3. Blätterzeolith Wr.


Noch ſtärker blättrig als Strahlzeolith, gruppirt ſich aber nur körnig,
was ihn leicht unterſcheiden läßt. Man wird durch den ausgezeichneten
Perlmutterglanz an Glimmer erinnert, Werner konnte daher keinen beſſern
Namen wählen. Man hat ihn deshalb auch wohl Euzeolith, Eu-
ſtilbit
genannt, was wenigſtens mehr bezeichnet als der Engliſche Heu-
landit (Brooke Edinb. Phil. Journ. VI.113). Hauy nannte ihn Stilbite
anamorphique
ꝛc., und wegen des ſtärkſten Perlmutterglanzes, der über-
haupt bei Zeolithen vorkommt, hat man ſich in Deutſchland daran ge-
wöhnt, ihn vorzugsweiſe Stilbit (Glänzer) zu nennen (G. Roſe, Nau-
mann, Hausmann), während man in Frankreich und England umgekehrt
den Strahlzeolith ſo heißt (Dufrénoy, Phillips). Dieſe Namenverwirrung
iſt um ſo ſtörender, je näher ſich beide chemiſch und phyſikaliſch ſtehen.


Hauy beſchreibt ihn 2 + 2 gliedrig: Die geſchobene Säule s/s' mit
Glasglanz mißt 130° in der vordern ſtumpfen Kante; die Gradendfläche
M der Hauptblätterbruch; die vordere ſtumpfe Ecke durch ein Paar z ab-
geſtumpft, welche den blättrigen Bruch unter 112° 15′ ſchneiden; die
ſcharfe Säulenkante durch T abgeſtumpft. Dieſe einfachen Kryſtalle mit
s M T z kommen nach der Säule s langgezogen ausgezeichnet auf den An-
dreasberger Erzgänzen vor. Die bekannten ziegelrothen vom Faſſathal
ſind tafelartig, da ſich der blättrige Bruch ſehr ausdehnt, allein es geſellt
ſich noch ein drittes Paar p dazu, welches mit z und s
parallele Kanten bildet. Daher ſind s z p drei zuge-
hörige Paare s = a : b : ∞c, z = a : c : ∞b und
p = b : c : ∞a ein zweigliedriges Dodekaeder, an wel-
chem M und T je eine oktaedriſche Ecke in c und b ab-
ſtumpfen, nur die Ecke a zeigt ſich nie abgeſtumpft.

[figure]

So weit wäre die Ordnung der Flächen durchaus zweigliedrig. Nun
kommt aber bei Isländiſchen Exemplaren eine Fläche u = c : ½b : a vor,
ſie ſtumpft die Kante p/s ab, und läßt ſich zuweilen auch deutlich durch
die Zone T/z verfolgen. Dieſe Fläche kommt an vielen Tauſenden von
Exemplaren an einem Ende ſtets nur zwei ſtatt vier Mal vor, und zwar
wenn vorn links, ſo rechts hinten, das iſt entſchieden 2 + 1 gliedrige
Ordnung. Scharfe Meſſungen haben dieß nun auch beſtätigt: T ſtumpft
nicht die ſcharfe Kante s/s' gerade ab, ſondern ſchneidet s unter 119\frac{1}{2}°
und s' unter 109°. Eben ſo wenig bildet z ein
gleichſchenkliges auf die ſtumpfe Säulenkante ge-
rade aufgeſetztes Dreieck, ſondern die beiden
Schenkel ſind etwas verſchieden, weil der Kanten-
winkel mit s (148°) etwas anders iſt als mit s'
(146° 30′). Das Syſtem iſt daher, wie der Epidot,
gewendet 2 + 1gliedrig. Wir müſſen das Paar
z = a : b : ∞c zur Säule (135° 30′) nehmen, dann
ſtumpft der blättrige Bruch M = b : ∞a die
ſcharfe Säulenkante gerade ab; s = a : ∞b vorn
macht 23° 36′ 46″ und s' = a' : ∞b hinten 25°
43′ 10″ gegen die Axe c, ſofern man die drei

[figure]

[280]I. Cl. 7te Fam.: Epiſtilbit, Brewſterit.
Brooke’ſchen Winkel z/s = 148°, z/s' = 146° 30′ und z/M = 112° 15′
der Rechnung zu Grunde legt, welche
a : b : k = 0,45844 : 1,1206 : 0,0484
geben. Der ſtumpfe Winkel der Axen A/c beträgt vorn 96° 2′ 10″.
Dann ſchneidet aber Fläche T = c : ∞a : ∞b die s vorn unter 119°
38′ 56″ und die s hinten unter 109 · 41 *); p = b : ∞a und das
Augitartige Paar u = 2a' : 2b liegt auf der Hinterſeite des Kryſtalls.
Härte = 4 und Gew. 2,2 ſtimmen vollkommen mit Strahlzeolith. Auch
die chemiſche Zuſammenſetzung weicht unweſentlich ab : die Formel
Ċa S⃛i + A̶⃛l S⃛i3 + 5 Ḣ̶ hat nur ein Atom Ḣ̶ weniger.


Epiſtilbit G. Roſe Pogg. Ann. VI.183 aus den Mandelſteinen von
Island und den Faröer Inſeln mit Blätterzeolith in ein und demſelben
Blaſenraume. Es könnten dieß wohl Blätterzeolithkryſtalle ſein, welche
ſich nach der Säule z/z ausgedehnt haben. G. Roſe gibt z/z = 135°
10′, was von Brooke nur 20′ abweicht, der erſte Blätterbruch ſtumpft
auch hier die ſcharfe Kante ab. Allein das Ende der Säule wird be-
ſtimmt 2 + 2gliedrig beſchrieben: ein Paar t = a : ∞b auf die ſtumpfe
Kante, und ein anderes v = b : ∞a auf die ſcharfe Kante aufgeſetzt,
und dann noch ein Oktaeder n = a : ½b aus der Diagonalzone des vor-
dern Paares. Einfache Kryſtalle ſelten, gewöhnlich Zwillinge, welche wie
beim Weißbleierz die Fläche z gemein haben und umgekehrt liegen. Das
iſt zwar ſehr ungewöhnlich, allein die Winkel der Endflächen paſſen zu
gut, als daß man die Vereinigung läugnen möchte. Nimmt man nämlich
v = 3b : ∞a als die dreifach ſtumpfere von p am Blätterzeolith, ſo
gibt das einen Winkel v/o = 147° 2′, der von der Roſe’ſchen Meſſung
nur um 38′ abweicht. Ebenſo gibt t = 3a : ∞b mit t' = 3a' : ∞b
einen Winkel von 108 · 21, den Roſe 109° · 46 fand, n = 3a : \frac{3}{2}b.
Beiſtehende Projektion zeigt uns alle dieſe Flächen, die des Epiſtilbits
ſind punktirt. Die chemiſche Formel iſt (Ċa, Ṅa) S⃛i + A̶⃛l S⃛i3 + 5 Ḣ̶,
zeichnet ſich nur durch etwas Ṅa aus.


[figure]

BrewſteritBrooke Edinb. Phil. Journ. VI.112 vom Strontian im
weſtlichen Schottland. Hat ein Comptonit-artiges Anſehen, allein es iſt
ausgezeichneter Blätterbruch da, ſo deutlich als beim Strahlzeolith mit einem
bläulichen Lichtſchein. Brooke gibt viererlei Säulenflächen an, deren
ſcharfe Kanten ſämmtlich durch den Blätterbruch gerade abgeſtumpft werden,
[281]I. Cl. 7te Fam.: Brewſterit, Chabaſit.
darunter iſt eine von 136° in den ſtumpfen Kanten, ſie kann man als
z/z nehmen. Eine Endfläche, etwa ſo ſchief wie T, iſt nach ihrer Dia-
gonale unter einem Winkel von 172° geknickt, aber ſie neigt ſich oft zum
bauchigen Anſehen. Im Ganzen dürfte das Kryſtallſyſtem nicht weſent-
lich vom Blätterzeolith abweichen. Dafür ſcheint auch die chemiſche Formel
zu ſprechen (Ṡr, Ḃa) S⃛i + A̶⃛l S⃛i3 + 5 Ḣ G. Roſe Kryſt. Chem. Miner.
pag. 40, Thomſon gibt 9 Ṡr, 6 Ḃa an, und nur 0,8 Ċa. Er bläht ſich
vor dem Löthrohr ſtark auf, und blättert dabei nach der Richtung des
Hauptblätterbruchs.


Levy’s gelblicher Beaumontit (Inſt. 1839. 455) mit Haydenit zuſam-
men in Baltimore vorkommend, ſcheint ein Blätterzeolith. Zwar
wird er als ein ſtumpfes Quadratoktaeder von 147° 28′ in den
Endkanten beſchrieben, deſſen Seitenkanten durch die erſte
quadratiſche Säule a : a : ∞c abgeſtumpft würden, allein es

[figure]

wird auffallender Weiſe hinzugeſetzt, daß die eine Säulenfläche viel blätt-
riger ſei, als die andere. Wenn man nun bedenkt, wie nahe die Winkel
des Blätterzeolith’s z/s = 148° und z/s' = 146° · 30′ jenem Oktaeder-
winkel ſtehen, ſo ließe ſich der Irrthum leicht erklären. Die zierlich kleinen
Kryſtalle ſind um und um ausgebildet, was die Täuſchung noch vermehrt.
Hier ſteht auch Haidingers Edingtonit (Pogg. Ann. V.193) aus dem
Mandelſtein der Kilpatrikhügel bei Dumbarton in Schott-
land. Kaum 2‴ große Kryſtalle liegen auf Thomſonit
pag. 277. Auf einer blättrigen quadratiſchen Säule m =
a : a : ∞c
erheben ſich zweierlei Flächen: P = a : a : c

[figure]

und n = 2a : 2a : c. Man könnte dieſe als Oblongoktaeder nehmen,
und ſo beſchreibt ſie auch Decloizeaux. Allein die Meſſungen geben dann
m/P = 133° 34′ und m/n = 115° 26′, daraus folgt a : b = 1,05 : 2,1,
b iſt alſo genau 2a. Haidinger nahm daher P als ein viergliedriges
Tetraeder vom Oktaeder a : a : c, das wegen der Axe a = 1,05 in den
Endkanten 121° 40′ mißt, während dann n das Tetraeder vom zweiten
ſtumpferen Oktaeder 2a : 2a : c ſein muß. Die Sache würde ausgemacht
ſein, wenn das Unterende wirklich die andere Hälfte der Tetraeder zeigen
würde, wie das Haidinger beſchreibt. Hätte das Oktaeder 120° in den
Endkanten, ſo wäre es das Oktaeder des Granatoeder’s, und würde dann
mit dem regulären Syſtem in engſter Verbindung ſtehen.


4. Chabaſit.


Der Rhomboedriſche Zeolith wurde in den Mandelſteinen bei
Oberſtein von einem Franzoſen Bosc d’Antic gefunden und nach einem
Steinnamen des Orpheus (χαβασιον Lithica752) genannt. Dr. Tamnau
(Leonhard’s Jahrb. 1836. 635) hat eine Monographie davon geliefert,
die von ſeiner großen Verbreitung zeugt. Das wenig blättrige Rhom-
boeder
mit 94° 46′ (Phill.) in den Endkanten gibt a = 0,92083 =
, ſtimmt faſt mit Quarz pag. 161. Kleine waſſerklare Kry-
ſtalle kommen in poröſen Laven von Sicilien vor, man kann die einfachen
Rhomboeder leicht für Würfel halten, daher auch der Name Cuboicit.
Bei Oberſtein und beſonders zu Rübendörfel bei Auſſig in Böhmen, wo
[282]I. Cl. 7te Fam.: Phakolith, Gmelinit.
Kryſtalle von ½″ — 1″ Größe in Druſen eines Klingſteintuffs liegen,
kommt noch das nächſte ſtumpfere und nächſte ſchärfere Rhomboeder vor,
es iſt das die ſchöne Hauy’ſche Trirhomboidale Varietät mit P =
a : a : ∞a
, n = 2a' : 2a' : ∞a und r = ½a : ½a : ∞a. Höchſt ſelten
ſind die Seitenkanten des Rhomboeders durch die 2te Säule ∞c : 2a : a : 2a
abgeſtumpft. Auch Dreiunddreikantner erſcheinen ungewöhnlich, doch führt
ſchon Hauy einen an B4 = x = ¼c : a : ⅕a : ¼a; Tamnau Böhmiſche
mit o = ¼c : a ⅓a : ½a und vom Weſterwalde mit einem Dihexaeder t =
⅓c : a : ½a : a.
Alle liegen in der Endkantenzone des Rhomboeders. Bei
den Kryſtallen von Oberſtein zeigen die Rhomboederflächen eine ausge-
zeichnete Federſtreifung, die einen ſehr ſtumpfwinkligen Dreikantner an-
deutet. Phillips maß einen ſehr ſtumpfen Winkel von 173° 46′ an Kry-
ſtallen von Giants Cauſeway in Nordirland, das entſpräche ungefähr
einem Dreikantner B12 = \frac{1}{13}c : a : \frac{1}{12}a : \frac{1}{11}a (173° 14′).


Zwillinge die Axe c gemein und um 60° im Azimuth verdreht
kommen ganz gewöhnlich vor. Beide Individuen durchwachſen ſich in

[figure]

größter Unregelmäßigkeit. Gewöhnlich ſticht aus
der Fläche des einen Individuums die Seitenecke
des andern hervor, deſſen Kanten wie 2 : 1 ge-
ſchnitten werden, d. h. nennen wir die Stücke der
beiden ſcharfen Kanten 1, ſo iſt die Länge der
ſtumpfen doppelt ſo groß. Im Uebrigen ein aus-
gezeichneter Zeolith mit reichlich Flußſpathhärte
= 4 und Gew. 2,2.


Vor dem Löthrohr bläht er ſich äußerſt wenig,
weil es ihm an deutlichem Blätterbruch fehlt.
Ueber ſeine chemiſche Formel iſt man noch nicht ganz einig, ich wähle die
einfachere Ċa S⃛i + A̶⃛l S⃛i2 + 6 Ḣ̶, was etwa 50 S⃛i und 10 Ċa gibt,
gewöhnlich enthalten ſie auch etwas Ṅa und K̇a, was die Kalkerde in der
Formel erſetzt.


Phakolith Breith. (Linſenſtein, φακός), aus den Baſalten von
Leipa und Loboſiz in Böhmen, bildet kleine linſenförmige Zwillinge von
der Trirhomboidalen Varietät. Hat ſonſt auch ganz das Ausſehen nor-
malen Chabaſits. Doch gibt Rammelsberg’s Analyſe 2 Ṙ S⃛i + A̶⃛l2 S⃛i3
+ 10 Ḣ̶
, was ein wenig abweicht. Dieſe Zuſammenſetzung nähert ihn
dem Levyn von den Faröer Inſeln, die ebenfalls Zwillinge bilden, aber
eine ausgezeichnete Gradendfläche haben. Auch zeigt das Rhomboeder
einen Endkantenwinkel von 79\frac{1}{2}°, was ſich mit dem Chabaſit nicht gut
vereinigen ließe.


Gmelinit Brewſter (Leman’s Hydrolith, Thomſon’s Sarkolith)
aus dem Mandelſtein im Vicentiniſchen und von Glenarm in Nordirland,
von fleiſchrother Farbe, bildet reguläre ſechsſeitige Säulen mit Gradend-
fläche, deren Endkanten durch ein Dihexaeder von 80° 54′ in den Seiten-
kanten abgeſtumpft werden. Das gäbe a = 1,3543. Breithaupt fand
ſogar nur 79° 44′ alſo a = 1,3826 genau gleich ⅔a vom Chabaſit, ſo
daß alſo ⅔a : ⅔a : ∞a des Chabaſits genau dieſen Winkel geben würde.
Nach G. Roſe ſoll ein ſehr deutlicher Blätterbruch parallel der 6ſeitigen
Säule gehen, was beim Chabaſit nicht der Fall iſt. Dagegen ſtimmt
[283]I. Cl. 7te Fam.: Herſchelit, Analcim.
die Analyſe von Rammelsberg, nur daß er blos 3,9 Ċa, dagegen 7,1 Ṅa,
und 1,8 hat.


Herſchelit Levy Ann. of phil. X.361 aus Laven von Aci-Reale
am Aetna ſoll dem Gmelinit ſehr gleichen, namentlich auch nach Damour’s
Analyſe Ann. Chim. et phys. 3 sér. XIV.97. Es ſind kleine Dihexaeder
mit bauchiger Gradendfläche. Die Dihexaederflächen ſollen ſtark glänzen,
und Levy fand ihre Endkante 124° 45′, das gäbe a = 0,465, alſo faſt
genau halb ſo groß als beim Chabaſit, folglich mögen die Flächen
½a : ½a : ∞a ſein. Freilich gibt Levy die Gradendfläche gegen die Di-
hexaederfläche 132° an, während ſie nach dieſer Rechnung nur 112° be-
tragen könnte.


Cleaveland’s Haydenit aus dem Gneus von Baltimore ſoll nach
Dana mit Chabaſit ſtimmen. Die ſpatheiſenfarbigen Rhomboeder ſollen
aber nach Levy einen Winkel von 98° 22′ und zwei von 95° 5′ haben,
alſo Hendyoeder ſein.


5. Analcim Hy.


Ἄναλκις kraftlos, weil er durch Reiben nur ſchwach elektriſch wird.
Kubizit Wr. Reguläres Kryſtallſyſtem vorherrſchend das Leucitoeder
a : a : ½a, beſonders ausgezeichnet in den augitiſchen Mandelſteinen des
Faſſathales (Seißer Alp), wo Kryſtalle von mehr als Fauſtgröße vor-
kommen. Wenn die Leucitoeder in vulkaniſchen Geſteinen eingeſprengt
ſind, muß man ſich vor Verwechſelung mit Leucit hüten. Gewöhnlich
kommt aber noch die Würfelfläche vor, welche die vierkantigen Ecken des
Leucitoeders abſtumpft und ſich leicht an ihren rechten Winkeln unter-
ſcheiden läßt. Emmerling nannte daher das Mineral Würfelzeolith.
Doch iſt der Würfel kaum ſelbſtſtändig zu finden, immer ſind ſeine Ecken
durch Dreiecke zugeſchärft. Beſonders ſchön in dieſer Beziehung die waſſer-
hellen Kryſtalle in alten Laven der Cyclopiſchen Inſeln bei Catania, wo
ſie ſchon Dolomien ſammelte, oder in den Mandelſteinen von Montecchio-
Maggiore bei Vicenza.


Die klaren haben die Aufmerkſamkeit der Optiker in hohem Grade
auf ſich gezogen. Legt man nämlich durch die Axe und durch 4 Längs-
diagonalen eine Fläche, ſo geht dieſe einem Parallel-
paare von Granatoederflächen parallel, und die Grana-
toederebene halbirt den Kryſtall. 6 ſolcher Ebenen ſind
bekanntlich möglich. Parallel dieſen Ebenen ſoll nach
Brewſter (Edinb. phil. Journ. 10. 255) die brechende und
polariſirende Kraft faſt Null ſein, die gebrochenen Würfel-
kanten und langen Diagonalen erſcheinen daher ganz

[figure]

ſchwarz. Allein je mehr ich das Auge von dieſen Ebenen im Winkel ent-
ferne, deſto ſtärker polariſiren und brechen ſie doppelt. In der Mitte der
gebrochenen Oktaederkanten erſcheinen die feinſten Farbentinten. Das
wäre eine merkwürdige Ausnahme, die Biot durch Lamellarpolariſation
zu erklären ſucht.


Härte 6, wird kaum noch mit dem Meſſer angegriffen, deshalb
nannte ihn ſchon Dolomieu Zéolithe dure; Gew. 2,2.


[284]I. Cl. 7te Fam.: Kreuzſtein.

Vor dem Löthrohr bläht er ſich nur wenig auf, wie gewöhnlich bei
Zeolithen mit undeutlich blättrigem Bruch. Die Formel Ṅa3 S⃛i2 +
3 A̶⃛l S⃛i2 + 6 Ḣ̶
ſtimmt vortrefflich mit H. Roſe’s Analyſe von Faſſa-
thälern: 55,1 S⃛i, 23 A̶⃛l, 13,5 Ṅa, 8,2 Ḣ̶. In der Gabbroroſſo von
Toscana kommt ein Magneſiaanalcim vor. Kryſtalle finden ſich auch auf
den Silbererzgängen von Andreasberg, in Druſen des Zirkonſienits, auf
Magneteiſenſteinlagern in Schweden. Die grünlichen Maſſen mit ziem-
lich deutlichem Würfelbruch im Magneteiſenerz vom Berge Blagodat im
Ural hat Breithaupt zwar Kuboit genannt, ſind aber nach G. Roſe (Reiſe
Ural I. pag. 347) ausgezeichnete Analcime. Weybie’s Eudnophit aus
dem Sienit von Lamö im ſüdlichen Norwegen (59 Breite-Grad) ſoll
ganz Analcimzuſammenſetzung haben, aber zweigliedrige Säulen mit blätt-
riger Gradendfläche bilden! Die Winkelangaben ſind fehlerhaft. Pogg.
Ann. 79. 303.


6. Kreuzſtein Wr.


Nach den ſich kreuzenden Kryſtallen genannt. Harmotom Hy.
(ἁρμός Fuge), was ſich parallel der Zwillingsfuge ſchneiden läßt. R. de

[figure]

l’Isle (Cristall. II. 299) nannte die Andreasberger Hya-
cinthe blanche cruciforme,
und Gillot (Journal de Phy-
sique,
Auguſt 1793) zeigte zuerſt den Unterſchied vom
Hyacinth. 1794 ſchrieb L. v. Buch Beobachtungen über
den Kreuzſtein und 1831 Köhler über die Naturgeſchichte
des Kreuzſteins. Born hielt ihn noch für Kalkſpath.


Die Kryſtallform ſcheint 2 + 2gliedrig mit man-
chen Merkwürdigkeiten. Die einfachen Kryſtalle, wie
ſie ſich auf Kalkſpath mit Brewſterit pag. 280 zu Stron-
tian finden (Morvenit Thompſon’s), bilden ein Grana-
toeder zu einer Oblongſäule mit aufgeſetztem Oktaeder
ausgedehnt, wie beim Strahlzeolith. Die Oblongſäule
o/q nur wenig blättrig, doch hat die breite q etwas ſtär-
kern Perlmutterglanz als die ſchmale Fläche o, obgleich dieſe etwas ſtärker
blättrig ſcheint, als jene. Die Endkantenwinkel des Oktaeders P fand
Köhler beim Barytkreuzſtein über der breiten Säulenfläche q 120° 1′,
über der ſchmalen o 121° 27′ (Poggend. Ann. 37. 561), das gäbe
a : b = 1,43 : 1,462; a2 = 2,045, b2 = 2,137;
lga = 10,1553389, lgb = 10,1648971.

Darnach würde b ſenkrecht gegen die breite Säulenfläche q ſtehen. Die
ſcharfe ſeitliche auf die breite Säulenfläche aufgeſetzte Endkante iſt ge-
wöhnlich durch s = b : ∞a gerade abgeſtumpft, die ſtumpfe vordere da-
gegen nie, das deutet entſchieden auf 2gliedrige Ordnung. Nach dieſem
Paare (s/s = 111° 15′) richtet ſich die Streifung ſämmtlicher Flächen:
die deutlichſte geht parallel der Kante P/s über die Oktaederflächen P und
die ſchmalen Oblongſäulenflächen weg, auf dieſer o entſteht daher eine
federartige Streifung mit einem Rhombus von 111° 15′ in der Mitte.
Wenn die breite Säulenfläche Streifung hat, ſo iſt ſie horizontal parallel
der Axe a. Die Flächen s ſind öfter nach einer deutlichen Linie gebrochen,
als wären es Zwillingsartige ſtumpfe Winkel. Die Schottiſchen Kryſtalle
ſind ſtark verzogen, doch findet man die Oblongſäule leicht, weil darauf
[285]I. Cl. 7te Fam.: Kreuzſtein.
Neutonianiſche Farben gut hervortreten, obgleich der blättrige Bruch nicht
ſtark iſt. Levy und Dufrénoy haben die Kryſtalle daher auch nach der
Säule s/s aufrecht geſtellt, doch iſt das gleichgültig, und ſpricht ganz gegen
die bisher übliche Anſchauung.


Zwillinge finden ſich beſonders auf den Erzgängen von Andreas-
berg, wo man ſie zuerſt kennen lernte: zwei Individuen kreuzen ſich ſo,
daß das eine ſeine ſchmale hinlegt, wo das andere ſeine breite Fläche
hat. Dadurch entſteht ein ausgezeichnetes Kreuz.
Spiegelt man die Oktaederflächen im Licht oder in
der Sonne, ſo kommt nie von zwei anliegenden
Zwillingsflächen zugleich ein Bild ins Auge, was
ſein müßte, wenn die Oktaeder viergliedrig wären,
wie ſie Hauy nahm. Es zeigt ſich vielmehr in der
Zwillingskante ein ein- oder ausſpringender Winkel
von 179° · 23′ (Phillips maß 178° 45′). Man ſieht
dieß leicht durch eine kleine Projektion ein, worin

[figure]

a : b das eine, und a' : b' das andere Oktaeder bezeichnet, beide ſchneiden
ſich in p. Der Zonenpunkt
dieß in die Winkelformel der Kantenzone des regulären Syſtems pag. 55 ge-
ſetzt, gibt
.
Der einſpringende Winkel häufig auf der angewachſenen
Seite. Füllen die Fugen der gekreuzten Säulen ſich
aus, ſo entſteht ein ſcheinbar einfacher Kryſtall mit
einer Federſtreifung auf den Oktaederflächen: wir haben
eine quadratiſche Säule mit einem ſehr ſtumpfwinkligen
4 + 4kantner, wenn die ausſpringenden Winkel zum
Vorſchein kommen. Uebrigens ſind dieſe kleinen Winkel-
unterſchiede durch Streifung ſo verſteckt, daß man noch
gegründete Zweifel haben kann, ob die Form des ein-

[figure]

fachen Kryſtalls nicht doch ein Granatoeder ſei, deſſen Flächen P o q nur
unbeſchadet der Winkel phyſikaliſch different geworden ſind, und die nun
ein Beſtreben zeigen, durch den Zwilling dieſe Differenz wieder auszu-
gleichen.


Vierlinge und Sechslinge entſtehen, wenn ſich Zwillinge zwei
oder dreifach rechtwinklig wie das Axen-
kreuz unter einander kreuzen, die P ſo ge-
ſtellt, daß je zwei möglichſt einſpiegeln.
Beim Sechsling ſind dann auf dieſe Weiſe
die Differenzen vollkommen wieder ausge-
glichen. Würden ſich die Fugen ausfüllen,
ſo entſtände ein vollkommenes Granatoeder,
woran jede Fläche blos einen ſtumpfen
Knick nach den beiden Diagonalen zeigte.
So ſehen wir, wie aus einer zweigliedrigen

[figure]

[286]I. Cl. 7te Fam.: Kreuzſtein, Ichthyophthalm.
Ordnung die reguläre durch Vermehrung der Zwillinge hergeſtellt werden
kann. Beiſtehenden ſchönen Sechsling bildet Köhler von Andreasberg ab.
Weiß. Abh. Berl. Akad. 1831. pag. 328.


Farblos oder ſchneeweiß, zuweilen auch blaß roſenroth, wie das
neuere Vorkommen zu Andreasberg, Härte zwiſchen Flußſpath und Apatit
(4,5). Gewicht 2,4 bei dem Barytkreuzſtein, die Kalkkreuzſteine leichter.


a) BarytkreuzſteinḂa S⃛i + A̶⃛l S⃛i2 + 5 Ḣ̶, nach Köhler etwa
46,1 S⃛i, 16,4 A̶⃛l, 20,8 Ḃa, 15,1 Ḣ̶, Spuren von Ċa fehlen nicht. Vor
dem Löthrohr fällt er mehlartig auseinander, und läßt ſich ſchwer ſchmelzen.
Die gewöhnlichſte und ſchönſte Abänderung. Vorzugsweiſe auf Erzgängen,
wahrſcheinlich weil hier die Schwererde eine Hauptrolle ſpielt, ſelten in
vulkaniſchen Geſteinen.


b) Kalkkreuzſtein (Phillipſit) (Ċa, K̇) S⃛i + A̶⃛l S⃛i2 + 5 Ḣ̶,
nach L. Gmelin vom Stempel bei Marburg 48 S⃛i, 22,6 A̶⃛l, 6,5 Ċa,
7,5 , 16,7 Ḣ̶. Findet ſich nicht auf Erzgängen, ſondern gewöhnlich
in Druſen vulkaniſcher Geſteine, zeigt große Neigung zu Sechslingskryſtallen,
die aber ſelten klar, ſondern meiſt ſchneeweiß ſind. Wegen des Mangels
an Baryterde haben ſie ein Gewicht von 2,2. Die Endkantenwinkel des
Oktaeders betragen nach Haidinger 123° 30′ und 117° 30′. In den
Baſaltiſchen Laven von Capo di Bove bei Rom kommen Zwillinge vor

[figure]

(Credner Leonh. Jahrb. 1847. 559), an denen ſich nur
die eine Hälfte der Oktaederflächen P und P' ausdehnt,
während die Säule o ſehr zurück bleibt. Es entſteht
dann das Oktaeder des Granatoeders mit faſt recht-
winkligen Seitenkanten, deſſen Ecken kaum abgeſtumpft
werden. In den Kanten ſieht man aber noch die
Zwillingsfugen. Zuletzt ſollen auch dieſe nebſt den Abſtumpfungsflächen
ganz verſchwinden und ein glänzendes Oktaeder überbleiben, an dem man
nicht mehr die Spur eines Zwillings wahrnehme.


G. Roſe (Kr. Ch. Minerſ. pag. 93) glaubt jedoch, daß dieſe Oktaeder
ein anderes Mineral, als der auf andern Druſen des Fundorts vorkom-
mende Kalkkreuzſtein ſei, und beſchränkt darauf den vielfach verwechſelten
Gismondin (Abrazit, Zeagonit), zumal da die Zuſammenſetzung
(Ċa, K̇a)2 S⃛i + 2 A̶⃛l S⃛i + 9 Ḣ̶ etwas abzuweichen ſcheint. Kengott
(Leonhard’s Jahrb. 1853. 183) glaubt ſogar, daß Zeagonit und Gismondin
von einander verſchieden ſeien. Der ähnliche Berzelin mit Hauyn am
Albaner-See kryſtalliſirt regulär mit Zwillingen wie Spinell. Dufrénoy
(Traité Min. III.478) hat dem König von Dänemark zu Ehren den Kalk-
kreuzſtein von Marburg und Island Chriſtianite genannt, und meint
ihn von dem Veſuv’ſchen Phillipſit unterſcheiden zu können. Das geht
wohl zu weit.


7. Ichthyophthalm.


Der Portugieſe d’Andrada gab ihm dieſen auffallenden Namen
(Scherer’s Journ. IV.32), weil der blättrige Bruch ſilberartig wie „Fiſch-
augen“ glänzt. Er fand ihn auf Utön. Doch iſt Rinman’s Zeolith von
Hälleſtad in Schweden ſchon das Gleiche. Hauy ſich an dem Namen
ſtoßend nannte ihn Apophyllit (ἀποφνλλίζειν abblättern).


[287]I. Cl. 7te Fam.: Ichthyophthalm.

Der 4gliedrige Zeolith findet ſich in ausgezeichneten farbloſen und
blaß roſenrothen Oktaedern auf den Erzgängen des Sam-
ſon von Andreasberg in größten Teufen. Die Oktaeder
s = a : a : c ſind ſehr ſcharf, und ſchon Hauy gab den
Seitenkantenwinkel 121°, folglich den Endkantenwinkel
140° 2′ an, gibt
a = 0,80012, a2 = 0,6402; lga = 9,9031570.
Sieht man ſchief gegen die Endſpitze dieſes Oktaeders, ſo
kommt ein Adularartiger Lichtſchein heraus, welcher mit der

[figure]

Stärke des Blätterbruchs der Gradendfläche P = c : ∞a : ∞a zuſammen-
hängt. Nie iſt die erſte quadratiſche Säule da, und nie fehlt die 2te
M = a : ∞a, welche die Seitenecken des Oktaeders abſtumpft. Eine
4 und 4kantige Säule l = a : ½a gern angedeutet. Dehnt ſich die quadra-
tiſche Säule M mit der Gradendfläche P aus, ſo entſteht häufig ein 2
+ 1 flächiger Würfel (Orawitza im Banat), deſſen Kanten den Axen
parallel gehen. Wenn nun das Oktaeder die Ecken abſtumpft,
ſo bilden die Abſtumpfungsflächen gleichſchenklige Dreiecke,
weil die Würfelkanten in dem Verhältniß 4 : 4 : 5 geſchnitten
werden, da ſich a : c = 0,8 : 1 = 4 : 5 verhält. Oft wer-
den die Kryſtalle durch Ausdehnung des Blätterbruchs tafel-
artig (Faſſathal mit Analcim), dann ſchärft das Oktaeder die

[figure]

Ecken der rechtwinkligen Tafeln zu. Seltenere Flächen finden ſich beſon-
ders an Kryſtallen von Utön. Es kommen dort neben den genannten
die Oktaeder 3a : 3a, 5a : 5a, 2a : ∞a, 5a : ∞a vor. Hauy gab noch
½a : ∞a, \frac{5}{4}a : ∞a an, auch eine vierundvierkantige Säule a : ¼a : ∞c,
und unter mehreren 4 + 4kantnern einen = a : 2a, der ein ſehr ein-
faches Zeichen hat.


Die derben Ichthyophthalme (Faſſathal) haben große Neigung zu
ſchaligen Abſonderungen, wenn ſie dann mit rothem Eiſenoxyd durchzogen
ſind, ſo kann man die trüben beim erſten Anblick für Schwerſpath halten,
allein es fehlt der blättrige Querbruch. Die klaren in Hornblendgeſtein
eingeſprengten Stücke von Utön haben viel Aehnlichkeit mit Adular. Allein
geringere Härte = 4—5 und geringeres Gewicht = 2,4 laſſen ſie kaum
verwechſeln.


Die optiſchen Eigenſchaften haben die Aufmerkſamkeit Brew-
ſters in hohem Grade auf ſich gezogen (Edinb. Transact. 1816 und 1821).
Seiner Form nach muß er optiſch einarig ſein, und ſolche kommen vor,
ſie ſind attraktiv (+). Die Durchmeſſer der Ringe ſind für alle Farben
faſt gleich, durch eine Turmalinſcheere geſehen zeigen ſie daher ſehr zahl-
reiche ſchwarze und weiße Ringe. Andere zeigen Erſcheinungen von optiſch
zweiaxigen Kryſtallen, Teſſelit Br. von Nalſöe unter den Faröer Inſeln:
es ſind dieß kleine quadratiſche Säulen mit Gradendfläche und kaum ab-
geſtumpften Ecken. Sie zeigen eine äußere klare Hülle, innen aber ſehr
complicirte Streifung und Flächenartige Durchgänge, die offenbar der
Grund für die Lichtveränderung ſind: einzelne Stellen ſcheinen einaxig,
andere zweiaxig. Sieht man im polariſirten Lichte ſenkrecht auf die quadra-
tiſche Säule, und dreht in dieſer Lage den Kryſtall ſo, daß die Axe c 45°
mit der Polariſationsebene macht, ſo ſieht man höchſt eigenthümlich ſym-
metriſch gruppirte Farbenerſcheinungen. Biot (Mémoir. de l’Institut. 1842.
[288]I. Cl. 7te Fam.: Faujaſit, Lomonit.
XVIII.673) erklärt die ſcheinbare Doppelaxigkeit aus der Lamellarpolari-
ſation. Er behauptet, daß die Oktaeder aus lauter feinen Schichten be-
ſtänden, welche ſich parallel den Oktaederflächen auflagerten. Und aller-
dings ſcheint die fortificationsartige Streifung abgebrochener Kryſtalle dafür
zu ſprechen. Da nun das Mineral ein ſehr ſchwach polariſirender Körper
iſt, ſo ließe ſich daraus die Erſcheinung erklären.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſehr leicht, noch etwas leichter als Na-
trolith, er blättert ſich dabei wenig auf, und färbt die Flamme etwas
violett, Reaktion des Kali. Im ſchwachen Feuer wird er trüb weiß, wie
Werner’s Albin von Mariaberg an der Elbe bei Auſſig, der alſo ohne
Zweifel hierhin gehört.
(Ċa6, K̇) S⃛i + 2 Ḣ̶,
von Utön gibt Berzelius 52,13 S⃛i, 24,71 Ċa, 5,27 , 16,2 Ḣ̶ und 0,82
Flußſäure, deren Reaktion ſich beim Blaſen in offener Glasröhre zeigt. Die
Blaſenräume der Mandelſteine, die Magneteiſenlager Schwedens und die
Erzgänge des Samſon ſind Hauptfundgruben.


FaujaſitDamour. Ann. des mines 1842. 4 ser. I.395 in Höhlen
der augitiſchen Mandelſteine von Sasbach am Rhein. 4gliedrige Oktaeder.
Endkanten 111° 30′, Seitenkanten 105° 30′. Zwillinge die Oktaeder-
fläche gemein und umgekehrt, alſo ganz wie beim regulären Oktaeder,
dem ſie ſehr ähnlich ſehen. H. = 5, G. = 1,92. Merkwürdiger Weiſe
kommen auf ein und demſelben Handſtück Kryſtalle von zweierlei Aus-
ſehen vor: die häufigern farblos und glasglänzend und die ſeltenern braun-
gelb mit Diamantglanz. Die Kryſtalle haben innen ähnliche Streifen-
bündel mit ſtarkem Lichtſchein, wie der Ichthyophthalm, an den ſie auch
ſonſt ſehr erinnern. Allein vor dem Löthrohr ſchmelzen ſie zwar, aber
viel ſchwerer als Ichthyophthalm,
(Ċa, Ṅa) S⃛i + A̶⃛l S⃛i2 + 9 Ḣ̶.
Die 16,7 A̶⃛l entfremdet das Mineral dem Ichthyophthalm.


Der Okenit Kobell Kaſtner’s Archiv XIV.333 aus dem Mandel-
ſtein von der Inſel Disko an der weſtgrönländiſchen Küſte bildet Faſer-
zeolithartige Maſſen. Breithaupt beſchreibt 2gliedrige Säulen von 122°
19′, auch ſeine übrigen Kennzeichen ſtimmen gut mit Faſerzeolith, allein
der Mangel an Thonerde fällt auf, und gibt ihm mit Ichthyophthalm
Verwandtſchaft, C̈a3 S⃛i4 + 6 Ḣ̶. Connel’s Disclaſit von den Faröer
Inſeln hat ganz die gleiche Formel. Der mattweiße Pektolith vom Mon-
zoniberge im Faſſathal mit Ṅa und Ċa möchte vielleicht das gleiche nur
mehr verwitterte Mineral ſein. Es bricht zwiſchen langſtrahligem Faſer-
zeolith. Anderſons Gyrolit (γυρός gerundet, Erdmann’s Journ. 52. 382)
bildet kleine Kugeln im Mandelſtein von Sky, nicht ſelten auf Ichthyoph-
thalm ſitzend 2 Ċa S⃛i3 + 3 Ḣ̶.


8. Lomonit Wr.


Eigentlich Laumontit, nach Gillet Laumont, der ihn 1785 in den
Bleierzgängen von Huelgoët in der Bretagne entdeckte. Wegen ſeiner
großen Verwitterbarkeit (man muß ihn ſchon in den Gruben mit Firniß
überziehen) nannte ihn Hauy anfangs Zéolithe efflorescente.


[289]I. Cl. 7te Fam.: Lomonit, Prehnit.

2 + 1gliedrige Säule M/M von 84° 30′ (Dufrénoy) mit einer
auf die ſcharfe Kante aufgeſetzten Schiefendfläche P, welche mit M 114°
54′ macht, eine hintere Gegenfläche x = a' : c : ∞b macht eine Kante
P/x = 88° 21′.


Die Säule deutlich blättrig mit einem eigenthümlichen Seidenglanz,
die Abſtumpfungsfläche der ſcharfen Säulenkante b : ∞a : ∞c
ſoll auch noch etwas blättrig ſein. Eine dreifach ſchärfere
y = ⅓a' : ∞b. Gewöhnlich finden ſich nur die einfachen
Hendyoeder, aber dieſe in großer Schönheit. Leonhardit
Blum Pogg. Ann. 59. 336 mit den Hendyoederwinkeln 96°
30 und 114° von Schemnitz iſt ohne Zweifel das Gleiche.
Kommt dort in ſchönen Zwillingen in Schwalbenſchwanzform

[figure]

vor. Verwittern leicht und werden brüchig, weich und mehlartig, friſch
mögen ſie wohl Flußſpathhärte und darüber erreichen, Gew. 2,34. Sie
haben einen eigenthümlichen Seidenglanz. Das leichte Zerfallen an der
Luft ſoll von hygroſcopiſchem Waſſer herrühren, was ſie in trockener Luft
abgeben. In feuchter Luft ſollen ſie nicht zerfallen, am ſchnellſten aber
im luftleeren Raum. Ann. des min. 4 ser. IX.325.


Vor dem Löthrohr blättern ſie ſich etwas nach der Säule auf, und
ſchmelzen ſchwerer als Faſerzeolith, mit dem ihre Zuſammenſetzung
Ċa3 S⃛i2 + 3 A̶⃛l S⃛i2 + 12 Ḣ̶
große Verwandtſchaft hat. Es kann daher in einzelnen Fällen ſchwer
werden, ſie richtig zu trennen! Wenn die Kryſtalle die ſcharfe Schiefend-
fläche P haben, dann iſt es leicht. Wenn ſie aber langſtrahlig werden,
wie gewiſſe Abänderungen aus dem Faſſathal, ſo kann man ſie leicht mit
den dortigen Faſerzeolithen verwechſeln, die namentlich wegen der Deut-
lichkeit ihres Blätterbruchs einen Seidenglanz annehmen. Bekannt ſind
die ſchneeweißen Nadeln zwiſchen den farbloſen Apatiten auf körnigem
Feldſpath vom St. Gotthardt, ihre Schiefendfläche läßt ſie mit Faſer-
zeolith nicht verwechſeln. Röthliche ſehr verwitterte Kryſtalle kommen in
großen Maſſen im Grünſteine von Dillenburg vor.


9. Prehnit Wr.


Werner (Bergm. Journ. 1790. III. 1. pag. 69) nannte ihn nach
dem Holländiſchen Gouverneur am Cap Obriſten v. Prehn, der ihn von
Südafrika mitbrachte. Er war den Franzoſen ſchon ſeit 1774 von dort
bekannt, nur wegen ſeiner grünen Farbe von Sage und Delisle Chry-
solithe du Cap
genannt. Hat nicht mehr das Ausſehen eines ächten
Zeolithes.


2 + 2gliedrige rhombiſche Tafeln M/M von 100°, die Gradendfläche
P recht blättrig, aber immer krummſchalig, unregelmäßig ge-
knickt und muldenförmig. Von M her geſehen haben ſie daher
ein garbenförmiges aufgeblättertes Ausſehen, wie der Strahl-
zeolith, und wenn die Säulen hoch ſind, ſo können ſie eine
vollkommene Linſenform (Hahnenkammform) annehmen, in

[figure]

welcher man ſich aber immer leicht mittelſt des blättrigen Bruchs orientirt.
Längs der ſtumpfen Säulenkante blättern ſie ſich leichter auf als längs
der ſcharfen. Die ſcharfe Säulenkante durch b : ∞a häufig abgeſtumpft,
Quenſtedt, Mineralogie. 19
[290]I. Cl. 7te Fam.: Prehnit.

[figure]

das gibt zu Barèges in den Pyrenäen öfter äußerſt
dünne Täfelchen (Koupholit). Zu Ratſchinges bei
Sterzing in Tyrol kommt auch ein Paar auf die
ſcharfe Kante e = ½b : c : ∞a, und n = a : ∞b
und ½a : ∞b auf die ſtumpfe Säulenkante aufge-
ſetzt vor. Selten ein Oktaeder o = a : b : c, was
die Kanten P/M abſtumpft.


Pyroelektriſch und zwar centralpolar (Abh. Berl. Akad. Wiſſ.
1843. 88). Erwärmt man ſie bis 130°—140° R., ſo ſind die ſtumpfen
Säulenkanten antilog, die Mitte der Tafel aber analog elektriſch, die
ſcharfen Seitenkanten ſind unelektriſch. Es gehen alſo gewiſſer Maſſen
längs a zwei Axen, deren analoge Pole ſich zu- und deren antiloge ſich
abkehren. Eine Fläche a : ∞b trifft den analogen Pol nur dann, wenn
ſie durch die Mitte geht, dagegen b : ∞a denſelben immer d. h. ſie iſt
bei abnehmender Temperatur immer in der Mitte — elektriſch.


Farbe gewöhnlich lichtgrün, wie bei Eiſenoxydulſalzen, Feldſpathhärte 6,
Gew. 2,9. Das ſtimmt wenig mit Zeolithen. Doch gibt ſeine


Chemiſche ZuſammenſetzungĊa2 S⃛i + A̶⃛l S⃛i + Ḣ̶, alſo etwa
4,2 Ḣ̶, 44 S⃛i, 24,2 A̶⃛l, 26,4 Ċa. Einem geringen Eiſengehalt verdankt
er wohl ſeine Farbe. Vor dem Löthrohr kann man ihn ſehr leicht von
andern Zeolithen unterſcheiden, er ſchmilzt nämlich noch leichter als Na-
trolith, bläht ſich dabei auf, und bildet eine Menge kleiner Blaſen gerade
wie ein Saifenſchaum. Das entweichende Waſſer muß daran ſchuld ſein,
wenn nicht noch irgend ein anderer flüchtiger Stoff darin ſtecken ſollte.


Faſriger Prehnit wie er z. B. ſo ausgezeichnet im Mandelſtein
von Reichenbach (ſüdlich Oberſtein an der Nahe) mit gediegenem Kupfer
vorkommt, wird dem Faſerzeolith ſo ähnlich im Ausſehen, daß außer der
grünlichen Farbe und der größern Härte das Löthrohrverhalten ein
willkommenes Unterſcheidungsmittel iſt. Häufig bildet er nierenförmige
Maſſen, auf deren Kugelrundung die Säulenflächen liegen, der blättrige
Bruch geht längs der Strahlen, es ſind daher nichts weiter als ſtark
ausgebildete Hahnenkämme. Schon bei den Kryſtallen ſieht man auf dem
Blätterbruch Streifen vom Centrum nach den Kanten P/M ſtrahlen, wenn
ſich die Kryſtalle nun an einander verſchränken und die Säulenflächen
krümmen, wie man das ſo ſchön bei den faſt ſmaragdgrünen Druſen vom
Cap findet, ſo entſteht nach und nach der nierenförmige Bau.


Kryſtalle wenn auch meiſt gekrümmt finden ſich beſonders ſchön zu
St. Chriſtoph und Armentières unfern Bourg d’Oiſans in der Dauphiné
mit Epidot und Axinit zuſammen. In Klüften des Hornblendegeſteines
von Ratſchinges bei Sterzing und in andern Gegenden der Alpen.


Afterkryſtalle nach Lomonit beſchreibt Blum (Pſeudom. pag. 104)
aus Spalten eines Diorits von Niederkirchen bei Wolfſtein in Rhein-
baiern. Die Kryſtalle ſind ſehr ſchöne Nadeln mit Schiefendfläche, und
zeigen das Schäumen gut. Eben daſelbſt kommen ſie nach Analcim vor,
wie im Trapp von Dumbarton (Pogg. Ann. 11. 380). Vielleicht ſteht
hier auch der


Karpholith Wr. (κἀρφος Stroh) nach ſeiner ſtrohgelben Farbe
genannt, im Greiſen von Schlackenwald in Böhmen mit amethyſtfarbigem
Flußſpath. Excentriſch ſtrahlig, H. = 5, Gew. = 2,9. Schäumt nur
[291]I. Cl. 7te Fam.: Datolith.
wenig vor dem Löthrohr, gibt mit Borax ein amethyſtfarbenes Glas, denn
Stromeyer fand 19,1 M̶⃛n neben 2,3 F̶⃛e, 10,7 Ḣ̶, 1,5 Flußſäure ꝛc.,
woraus Berzelius die zweifelhafte Formel (Ṁn, Ḟe)3 S⃛i + 3 Ä̶l S⃛i +
6 Ḣ̶
ableitet. Man muß ſich hüten, ihn nicht mit verwittertem Wavellit
zu verwechſeln.


Thomſon’s Glottalith von Glotta am Clyde ſoll kleine regu-
läre Oktaeder bilden.


10. Datolith.


Esmark fand matte grünliche Kryſtalle 1806 auf den Magneteiſen-
lagern bei Arendal, und nannte ſie nach ihrer körnigen Abſonderung
(δατέομαι abſondern), Werner ſchrieb Datholith. Man hat ihn daher
auch wohl als Esmarkit aufgeführt. Die klaren ſpäter bei Theiß gefun-
denen nannte Levy Humboldtit. Eine ausführliche Berechnung ſiehe in Pogg.
Ann. 36. 245.


2 + 1gliedriges Kryſtallſyſtem, aber mit beſondern Eigen-
thümlichkeiten. Gehen wir von der Säule M = a : b : ∞c, vorn 77°
30′, aus, ſo macht P = c : ∞a : ∞b mit M 91° 3′ woraus folgt, daß
P gegen Axe c vorn 88° 19′ bildet, folglich der Axenwinkel a/c vorn
91° 41′. Nimmt man dazu noch die Schiefendfläche x = a : c : ∞b,
welche x/P = 135° 37′ macht, ſo finden ſich daraus die Axen
a : b : k = 0,9916 : 0,7958 : 0,0291 = √ 0,9833 : √ 0,6333 : ;
lga = 9,99635, lgb = 9,90082, lgk = 8,46452.

Die ſchönen Formen aus dem Grünſtein des
Wäſchgrundes von Andreasberg zeigen außer
M P x noch die deducirbaren Flächen r = 2a : 2b : c,
die Kanten P/M abſtumpfend, die entſprechenden
Flächen hinten r' = 2a' : 2b : c kommen zwar
vor, aber nur ausnahmsweiſe. Dagegen findet
ſich immer das Augitpaar s = a' : 2b : c, das

[figure]

gibt ihnen den entſchiedenen 2 +
1gliedrigen Typus, obgleich dann
wieder ein Paar n = c : 2b : ∞a
in deren Diagonalzone r und s fallen,
an 2gliedriges Anſehen erinnert.
Projiciren wir die Flächen auf P,
indem wir die Figur mit der vor-
kommenden Medianebene a =
b : ∞a : ∞c
abſchneiden, ſo können
wir mit Leichtigkeit folgende Flächen
eintragen:
b = a : ∞b : ∞c; g = a : 2b :∞ c
fehlt faſt nie; v = b : c : ∞a;
y = c : ½a : ∞b; x' = a' : c : ∞b;
ρ = a : b : c; σ = ½a' : b : c;
π = 2a : b : c; p = 4a : 2b : c;
μ = ⅔a : b : c; μ' = ⅔a' : b : c;
m' = \frac{4}{3}a' : 2b : c; l = ⅔a' : 2b : c.


Die Kryſtalle von Andreasberg

[figure]

[292]I. Cl. 7te Fam.: Haytorit.
zeigen ſehr entwickelte Säulen und ſind darnach leicht zu erkennen. Die
in den Achatkugeln von Theiß bei Klauſen in Tyrol haben dagegen ſehr
kurze Säulen und eine druſige Schiefendfläche, am leichteſten orientirt
man ſich durch das Paar n. Mit dieſen haben die prachtvollen Quarz-
kryſtalle, die Tripe (Pogg. Ann. 10. 331)


Haytorit nannte, weil ſie ſich bis jetzt einzig in den Magneteiſen-
gruben in der Nähe der Hay-Tor-Granitbrüche in Devonſhire fanden,
die größte Aehnlichkeit. Es iſt ein Hornſteinartiger Quarz, durch Eiſen-
ocker braun gefärbt, mit einem Gehalt von 98,6 S⃛i. Die oft mehr als
Zollgroßen Kryſtalle ſind in mächtigen Druſen verſammelt, und zeigen
abgebrochene ſtarke Fortificationsartige Streifung. Hr. Prof. Weiß (Ab-

[figure]

handl. Berl. Akad. Wiſſ. 1829. pag. 63) hat die-
ſelben ausführlich beſchrieben, ihr Flächenreichthum
iſt wo möglich noch größer, als beim unveränderten
Datolith: die Fläche b = a : ∞b : ∞c bildet wegen
der Kürze der Säulen gewöhnlich nur ein gleich-
ſeitiges Dreieck; die ausgedehnte Schiefendfläche x
läßt ſich an der Rauhigkeit ihres Ausſehens leicht
erkennen; o = ⅔a : 2b : c ſtumpft die ſtumpfe Kante M/x ab, und iſt
beim Datolith nicht bekannt, die y unter der Schiefendfläche und über
dem kleinen Dreieck b iſt gewölbt, „gleichſam mit geringerem Erfolg den
allgemeinen Gravitationskräften abgewonnen.“ Hinten noch ein Paar
u = ½a' : 2b : c. Das Syſtem hat Aehnlichkeit mit dem des Wolframs,
da Axe a = 0,99, alſo faſt 1 = c iſt. Daher muß denn auch der
Winkel der Schiefendfläche a : c : ∞b gegen die Axe faſt genau 45° be-
tragen, und weiter hängt damit die Gleichheit der Winkel zwiſchen M/M
und v/v zuſammen. Würde man alſo dieſe vier Flächen M = a : b : ∞c
und v = b : c : ∞a verlängern, ſo ſchlößen ſie ein nahezu viergliedriges
Oktaeder ein, mit ſeiner Endecke in b und den Seitenkantenwinkeln von
77°. Der ſtumpfe Säulenwinkel M/M von 103° ſteht dem Seitenkanten-
winkel des Quarzdihexaeders (103° 35′) ſo nahe, daß Hr. Prof. Weiß
ſich des Gedankens nicht entſchlagen konnte, hier möchten irgend Bezie-
hungen mit dem Quarz vorhanden ſein. Jedenfalls ſeien es keine After-
kryſtalle. Auch iſt die Friſche des Ausſehens ſammt dem Glanz der Flä-
chen ſo groß, daß man ſich ſträubt, ſie für Afterbildungen zu halten, und
doch kommen auf den gleichen Gruben z. B. Kalkſpathkryſtalle vor, die
in nicht minder ſchönen Chalcedon ſich verwandelt haben. Daher iſt man
jetzt der Anſicht geworden, daß es trotz ihrer Schönheit dennoch nur After-
kryſtalle ſein dürften, die ihre Form dem Datolith verdanken.


Der Datolith hat nur ſehr verſteckte Blätterbrüche, ſeine Klarheit iſt
am Ende der Kryſtalle oft außerordentlich groß, nach unten und durch
Verwitterung wird er trüb. Glashärte 5, Gewicht 3.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſehr leicht unter geringem Schäumen
zu einer klaren Perle, und färbt dabei die Flamme etwas grün, ein Zei-
chen der Borſäure.
Ċa3 S⃛i4 + 3 Ċa B⃛ + 3 Ḣ̶ mit 21 B⃛, 38 S⃛i, 35 Ċa, 5,6 Ḣ.
Mit Salzſäure gelatinirt er, wie die übrigen Zeolithe, er zeigt mit Al-
kohol behandelt die bekannte grüne Flamme.


Wegen ſeines großen Borſäuregehaltes könnte man ihn auch zu den
[293]I. Cl. 8te Fam.: Skapolith.
Boraten ſtellen. Indeß ſein Kieſelerdegehalt, und auch die Art ſeines
Vorkommens in den Achatkugeln vom Faſſathal, im Grünſteine von An-
dreasberg ꝛc., ſo wie ſein ganzes chemiſches Verhalten erinnern an Zeolith.
Zu Toggiana im Modeneſiſchen (Pogg. Ann. 78. 75) kommt er im Ser-
pentin vor, in Nordamerika hat er ſich an mehreren Punkten um New-
York gefunden ꝛc.


Botryolith Hausmann (βότρυς Traube) bildet dünne kleintraubige
Ueberzüge auf Kalkſpath, Quarz ꝛc. in dem Magneteiſenlager der Grube
Oeſtre-Kjenlie bei Arendal. Dickere Lager ſind deutlich concentriſch ſchalig
und feinfaſrig. Fahle, perlgraue, gelbliche ꝛc. Farbe. Ein Datolith mit
Glaskopfſtruktur, aber nach Rammelsberg etwas waſſerreicher 6 Ḣ̶, was
vielleicht in einer Veränderung ſchon ſeinen Grund hat. Vor dem Löth-
rohr wirft er ſtarke Blaſen und gibt gelbliche Gläſer.


VIII. Skapolithe.


Sie haben häufig ein feldſpathartiges Ausſehen und ähnliche Zu-
ſammenſetzung, kommen glaſig und friſch vor, gehören aber immer zu den
ſeltneren Foſſilien. Es iſt nicht viel Gemeinſames darüber feſtzuſtellen,
doch lieben ſie Feuergeſteine. Scheerer (Pogg. Ann. 89. 15) ſucht ſogar
nachzuweiſen, daß Skapolith häufig in Feldſpath umgeſtanden ſei (Paramor-
phose
). Bei Krageröe finden ſich im Gneuſe Skapolithkryſtalle, die inner-
lich in körnigen Feldſpath umgewandelt ſind. Er wagt ſogar die Behauptung,
daß Feldſpathſubſtanz dimorph ſei.


1. Skapolith Andr.


Von σκᾶπος Stab, auf die ſäulenförmigen Kryſtalle anſpielend.
Die glaſigen kannte ſchon Delisle, die friſchen unterſchied zuerſt Andrada
(Scherer’s Journ. 1800. IV.35. 38) als Skapolith und Wernerit aus den
Arendaler Magneteiſengruben. Werner hat jedoch letztern immer abge-
lehnt, und da man gleich frühzeitig zu viel Species machte, Paranthin Hy.,
Rapidolith Abilgaard, Arktizit Wr., ſo hat der Name Wernerit in Deutſch-
land nicht durchgeſchlagen. Gerhard vom Rath (Pogg. Ann. 99. 288)
gibt eine umfaſſende Analyſe.


Viergliedriges Kryſtallſyſtem, ein ſtumpfes Oktaeder o =
a : a
von 136° 7′ in der Endkante (Mohs), andere geben bis 136° 38′
an, folglich Axe a = 2,273. Meiſtens kommt die 1ſte und 2te quadra-
tiſche Säule vor, beiden entſpricht ein blättriger Bruch, eine davon kann
man in großen Arendaler Stücken noch gut darſtellen. Zuweilen findet
ſich auch die 4 + 4kantige Säule f = a : ⅓a : ∞c,
und ein Vierkantner v = a : c : ⅓a. Am Flüßchen
Slüdjanka in Daurien kommen prachtvolle Kryſtalle
von Zolldicke vor mit allen genannten Flächen nebſt
d = a : c : ∞a und s = c : ⅓a : ⅓a. Die Kryſtalle
zeigen große Neigung zu langen Säulenbildungen, die
ſtrahlig durcheinander liegen, und denen meiſtens die
Endkryſtalliſation fehlt, oder wenn ſie da iſt, ſo zeigt

[figure]

[294]I. Cl. 8te Fam.: Skapolith.
ſie ſich nicht ſcharf ausgebildet. Man muß ſich übrigens durch die künſt-
lich angefreſſenen nicht täuſchen laſſen, denn da ſie im Norden häufig in
Kalkſpath liegen, ſo nimmt man den Kalkſpath mit Salzſäure weg, welche
auch die Silikate angreift. Die Oberfläche bekommt dadurch, wie auch
durch Verwitterung einen eigenthümlich ſeidenartigen Glanz, an was der
Hauy’ſche Name Paranthine (παρανϑέω verblühen) erinnern ſoll.


Gew. 2,6, Härte 5—6. Trübe Farben, Querbruch etwas Fettglanz.


Chemiſch macht der Skapolith viel zu ſchaffen, wegen der großen
Abweichungen der Analyſen von einander. Biſchoff (Chem. Phyſ. Geol.
II.403) ſucht den Grund in einer ſpätern Zerſetzung, in dem durch Kohlen-
ſäurehaltige Waſſer Kalkerde und Alkalien in Carbonate zerſetzt und fortgeführt
werden, ſo daß die Kieſelſäure auf 62 p. C. (Arendal), ja ſogar 93 p. C.
(Pargas) ſteigen könne. In New-Jerſey kommen daher auch Afterkryſtalle
nach Speckſtein und bei Arendal nach Epidot und Glimmer vor, der
Glimmer ſteckt körnig darin. G. Roſe bleibt bei der Formel 3 S⃛i +
2 R̶⃛ S⃛i
ſtehen, die zugleich die des Epidotes wäre. Gerhard vom Rath
nimmt drei verſchiedene chemiſche Species mit Entſchiedenheit an: 1) Me-
jonit Ċa3 A̶⃛l2 S⃛i3; 2) Skapolith 3 A̶⃛l2 S⃛i4; 3) Wernerit von Gouverneur
3 Ä̶l2 S⃛i5. Doch darf man ſolche künſtliche Deutungen nicht etwa
als Beweis für Dimorphismus nehmen. Das Pulver wird von Salz-
ſäure vollkommen zerſetzt, ohne zu gelatiniren, vor dem Löthrohr ſchmelzen
ſie leicht mit Schäumen.


1. Mejonit Hy. aus den Marmorblöcken der Somma, waſſerklar,
aber häufig mit einer oberflächlichen Trübung. R. de L’Isle nannte ihn
weißen Hyacinth, Hauy zeigt jedoch, daß die Hauptaxe viel kürzer ſei,
daher der Name (μεῖον kleiner). Er ſchäumt vor dem Löthrohr auffallend,
und iſt der reine Kalkſkapolith Ċa3 S⃛i + 2 A̶⃛l S⃛i. Die Art des Quer-
bruchs erinnert an Leucitbruch. Der Mizzonit kommt im Feldſpath-
geſtein vor.


In den Somma-Auswürflingen brechen noch eine ganze Reihe vier-
gliedriger Kryſtalle, die ihrer Zuſammenſetzung nach zwar etwas von
Mejonit abweichen, in ihren Winkeln aber auffallend ſtimmen, nur daß
eine Gradendfläche c : ∞a : ∞a herrſcht, die dem Mejonit fehlt, und an
Veſuvian erinnert:


Humboldtilit Covelli und Monticelli Miner. Veſuv. pag. 375.
2 Ċa3 S⃛i + A̶⃛l S⃛i, aber etwas Ṁg und Ṅa enthaltend. Die etwas blätt-
rige Gradendfläche herrſcht ſtark, Oktaeder a : a 135° in den Endkanten.
Gern gelbliche Farbe. Thomſon’s fleiſchrother Sarkolith von der Somma
ſoll nach Breithaupt ihm angehören, die Stoffe (Ċa, Ṅa)3 S⃛i + A̶⃛l S⃛i
ſtimmen jedoch nicht ganz. Die kleinen, ſchmutziggelben Melilithe aus
dem Nephelingeſtein vom Capo di Bove bei Rom, welchen ſchon Fleriau
de Bellevue (Journal de Physique II.459) entdeckte, mögen wohl damit
zu vereinigen ſein, ſie bilden einfache quadratiſche Säulen mit Gradend-
fläche.


2. Skapolith, darunter verſteht man mehr die trüben kaum an
den Kanten durchſcheinenden Vorkommniſſe, namentlich des nordiſchen Ur-
gebirges, neben Ċa iſt ihnen ein Gehalt an Ṅa weſentlich, alſo (Ċa, Ṅa)3 S⃛i
+ 2 A̶⃛l S⃛i
, in einer offenen Röhre reagirt er etwas auf Flußſäure.
[295]I. Cl. 8te Fam.: Skapolith, Gehlenit, Nephelin.
Doch ſtimmen die Analyſen ſehr wenig unter einander überein, man muß
ſich daher mehr auf die naturhiſtoriſchen Kennzeichen verlaſſen. Sein
Ausſehen iſt Feldſpathartig, aber er ſchmilzt leicht unter Schäumen zu
Glaſe. Hauy legt ein Gewicht darauf, daß ſein Pulver auf Kohlen ge-
worfen ein wenig leuchte. Dieß thut namentlich auch der


Dipyr Hy., welchen Gillet-Laumont bereits 1786 in einem fetten
Steinmark von Mauleon in den Pyrenäen entdeckte. Hauy zeigte, daß
er ganz die Struktur des Skapoliths habe, und konnte ſo wenig Ausge-
zeichnetes daran finden, daß er mit dem Namen nur auf die doppelte Wir-
kung des Feuers hinweiſen wollte, welches ihn ſchmilzt und phosphores-
cirend macht. Deleſſe gibt ihm nun zwar die Formel 4 (Ċa + Ṅa) S⃛i
+ 3 Ä̶l S⃛i
, allein bei ſo veränderbaren Mineralen gilt offenbar die
Struktur mehr als die Formel. Der Eckebergit von Pargas, der Nut-
talith
Ṙ S⃛i + A̶⃛l S⃛i aus Maſſachuſetts und andere gehören ihrer Struktur
nach hierhin. Die Eiſenſteinlager von Arendal im ſüdlichen Norwegen,
und von Pargas in Finnland ſind vorzügliche Fundorte. Er liegt gern
in Kalkſpath. Der ſpangrüne Atheriaſtit Weibye (Pogg. Ann. 1850.
303, ſollte heißen Atheriſtit) (ἀϑέριστος nicht beachtet) aus der aufläſ-
ſigen Näsgrube bei Arendal ſoll Hauy’s Wernerit ſein, er hat die Kry-
ſtallform des Skapoliths, aber 7 p. C. Ḣ̶ und daher ein etwas anderes
Löthrohrverhalten. Die gleiche Form iſt auch hier wieder die Hauptſache.


Gehlenit Fuchs Schweigger’s Journ. XV.377 bei Vigo am Mon-
zoniberg in Südtyrol. Kommt in derben Maſſen vor, die mit Kalkſpath
bedeckt ſind. Im Spathe ſtecken würfelige Kryſtalle von 3‴—6‴ Durch-
meſſer, da ſie aber weiter keine Fläche haben, auch die Blätterbrüche
außerordentlich verſteckt liegen, ſo läßt ſich über das Syſtem nicht beſtimmt
entſcheiden. Hauy nahm es als quadratiſche Säule mit Gradendfläche,
die man durch ihren etwas ſtärkern Blätterbruch von den beiden Säulen-
flächen unterſcheiden zu können meint. Schwacher Fettglanz, dunkel öl-
grün, H. = 6, Gew. 3. 3 (Ċa, Ṁg, Ḟe)3 S⃛i + A̶⃛l3 S⃛i, doch ſtimmen
die verſchiedenen Analyſen nicht ſonderlich. Salzſäure zerſetzt ihn ſelbſt
noch nach dem Glühen, und ſcheidet S⃛i gallertartig aus. Man muß ſehr
kleine Splitter wählen, wenn man ſie vor dem Löthrohr an den Kanten
zum Schmelzen bringen will. Man hat den Melilith wohl auch für
glaſigen Gehlenit gehalten.


Ueber Skapolithe lies Herrmann in Erdmann’s Journ. prakt. Chem.
1851. Bd. 54. 410.


2. Nephelin Hy.


Von νεφέλη Nebel, weil glaſige klare Stücke in Salpeterſäure im
innern trübe werden. Lametherie entdeckte ihn an der Somma, und nannte
ihn daher Sommit.


Kryſtallſyſtem 6gliedrig. Gewöhnlich eine reguläre ſechsſeitige
Säule mit Gradendfläche. Die zweite ſechsſeitige Säule macht ſie zwölf-
ſeitig. Das Diheraeder a : a : ∞a hat Seitenkanten 88° 40′ Phill.,
88° 20′ Dufrén., 88° 6′ Haid., gibt nach Phillips a = 1,182 =
. Es kommt nicht häufig vor, und ſtumpft die Endkante der
[296]I. Cl. 8te Fam.: Nephelin, Leucit.
Säule ab; noch ſeltener ein zweites ½a : ½a : ∞a (dieſe Kryſtalle Davyn
genannt).


Er kommt friſch (Elaeolith) und glaſig vor, Härte 5—6, Gew. 2,5—2,7.
Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſchwer aber ruhig zu einem Glaſe, gelatinirt
mit Salzſäure (Ṅa, K̇a)2 S⃛i + 2 A̶⃛l S⃛i.


1. Glaſiger Nephelin. Am ausgezeichnetſten in den Somma-
Auswürflingen (Sommit) mit ſchwarzer Hornblende, Granat und glaſigem
Feldſpath, dieſer gleicht ihm außerordentlich, doch iſt er blättrig und ſchmilzt
noch ſchwerer. In den Druſenräumen der Laven von Copo di Bove mit
Melilith läßt er ſich leichter erkennen, weil darin der glaſige Feldſpath
nicht herrſcht. Nach Scheerer 44 S⃛i, 33,3 A̶⃛l, 15,4 Ṅa, 4,9 K̇a. Man
hüte ſich vor Verwechſelung mit Apatit. Cavolinit und Beudantit die
gleichen.


Nephelingeſtein. Auf dem Gipfel des Odenwaldes (Katzen-
buckel) kommt ein baſaltiſches Geſtein vor, in welches röthliche und grün-
liche Kryſtalle von trüber Farbe und Fettglanz in größter Menge einge-
ſprengt ſind. Am Rande beginnt gewöhnlich Verwitterung, in der Mitte
haben ſie dagegen mehr friſches als glaſiges Ausſehen, nähern ſich daher
den friſcheſten Eläolithen. Die Kryſtalle wittern ſchwierig heraus, ihr
Durchſchnitt auf der Bruchfläche des Geſteins iſt ein Sechseck oder Viereck,
ſie müſſen alſo reguläre ſechsſeitige Säulen mit Gradendfläche ſein.
Später haben ſich verwandte Geſteine am Vogelsgebirge, im Böhmiſchen
Mittelgebirge, in Italien ꝛc. wieder gefunden.


2. Friſcher Nephelin, nach ſeinem ausgezeichneten Fettglanz
Eläolith (ἔλαιον Oel) genannt, von grün-blauer Farbe mit einem
eigenthümlichen Lichtſchein wurde er 1808 in einem ſehr grobkörnigen
Zirkonſienit von Laurvig in fauſtgroßen Klumpen eingeſprengt gefunden.
Der rothe von Friedrichsvärn iſt ſeltener. G. Roſe (Reiſe Ural II.47)
fand das Mineral in ähnlicher Schönheit im Miascit in den Um-
gebungen des Ilmenſees bei Miask, und zwar gab es dort Eläolith-
haltige und Eläolith-freie Miascite, die beide durch ihre eingeſprengten
Minerale ſo berühmt geworden ſind. Die Analyſe weicht nicht weſentlich
von den glaſigen ab. Siehe Stromeyer’s Gieſeckit pag. 225.


3. Leucit Wr.


Λευκός weiß, Ferber’s weißer Granat, denn man hielt ihn früher
allgemein für durch vulkaniſches Feuer gebleichten Granat, Romé de l’Isle
(Cristall. II.335) glaubte ſogar noch Exemplare mit rothen Flecken zu
beſitzen.


Er kryſtalliſirt nur im Leucitoedera : a ½a, das nach ihm den
Namen bekommen hat, ohne Spuren einer andern Fläche, wodurch er ſich
von Analcim unterſcheidet, der gewöhnlich Würfelflächen hat. Hauy
glaubte daran die Entdeckung zu machen, daß man dieſen Körper mit
ſeinen ſymmetriſchen Trapezen aus dem Würfel und aus dem Granatoeder
ableiten könne, und nannte das Mineral daher Amphigen (doppelten
Urſprungs). So wenig durchſchaute er damals noch den Zuſammenhang
der Körper!


[297]I. Cl. 9te Fam.: Laſurſtein.

Härte 6, Gew. 2,5. Der Bruch hat einen opalartigen Glanz, das
läßt ſelbſt Bruchſtücke leicht unterſcheiden. Weiße trübe Farbe.


Vor dem Löthrohr unſchmelzbar, das feine Pulver wird von
Salzſäure zerſetzt, wobei ſich S⃛i pulverig ausſcheidet. Mit Kobaldſolution
blau. 3 S⃛i2 + 3 A̶⃛l S⃛i2.
Klaproth (Beitr. II.39) entdeckte darin 21,3 Kali, das erſte was im
Steinreich aufgefunden wurde, da man es bis dahin blos für Pflanzen-
alkali gehalten hatte, das mußte natürlich ein ganz neues Licht verbreiten!


Die um und um kryſtalliſirten Kryſtalle ſpielen in ältern vulkaniſchen
Laven eine ſolche Rolle, daß man die Geſteine wohl Leucitophyre
genannt hat. Die alten ſchlackigen Laven am Veſuv, im Albanergebirge ꝛc.
enthalten ſie in zahlloſer Menge von der kleinſten Form bis zu Fauſt-
größe. Sie ſondern ſich ſcharf aus der Grundmaſſe ab, daher hielt man
ſie früher für fremde von der Lava nur eingewickelte Körper (Dolomieu).
Aber L. v. Buch zeigte, daß die Kryſtalle ſelbſt nicht ſelten Lavatheile
einſchlößen, weßhalb ſie in der Lava gebildet ſein müßten. Die Straßen
von Pompeji wurden mit Leucitlaven gepflaſtert, aber auch in den heu-
tigen Laven (1822, 1832) fehlen ſie nicht. In einem Tuffartigen Geſtein
vom Rietberg am Laacher See liegen erbſengroße und kleinere in Menge,
gelbliche von analcimartigem Ausſehen am Eichelberg bei Rothweil am
Kaiſerſtuhl.


IX. Haloidſteine.


Sie haben A̶⃛l und neben der S⃛i noch eine beſondere Säure, wie
Chlor, Schwefelſäure. Sie nähern ſich dadurch den Saliniſchen Steinen.


1. Laſurſtein.


Nach ſeiner Farbe genannt, ohne Zweifel der Σάπφειρος des Theo-
phraſt, Sapphirus des Plinius hist. nat. 37. 39: in sapphiris aurum punctis
collucet coeruleis … similis est coelo sereno, propter aurea puncta
stellis ornato,
d. h. in den blauen Saphiren leuchtet Gold in Punkten,
. . . . er gleicht dem heitern Himmel, aber wegen der Goldpunkte dem
mit Sternen geſchmückten. Die Araber nannten ihn Azul (blau), darnach
Lapis Lazuli, Lazulith Hauy, doch verſteht man in Deutſchland darunter
den Blauſpath. Wegen ſeines Verhaltens im Feuer ſtellt ihn Cronſtedt
zu den Zeolithen.


Er ſoll in Granatoedern kryſtalliſiren (Dufrénoy Tract. Min. III.675),
deren Flächen ein 6fach blättriger Bruch entſpricht (Hoffmann Miner.
II. a.276). Gewöhnlich findet man ihn nur in derben Stücken von fein-
körniger Struktur, prachtvoll laſurblau in allen Graden der Höhe.
Härte 5—6, Gewicht 2,96, das Pulver nur 2,76.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er nicht ſonderlich ſchwer zu einem Glas-
knöpfchen, und entfärbt ſich dabei. Cronſtedt ſtellte ihn deßhalb zu den
Zeolithen. In Salzſäure entwickelt ſich etwas Schwefelwaſſerſtoff, der
Schwefelgehalt gibt ſich auch durch eine Hepar mit Soda zu erkennen.
Die Analyſe nach Varrentrapp 45,5 S⃛i, 31,7 A̶⃛l, 9,1 Ṅa, 3,5 Ċa, 5,9
Schwefelſäure, 0,86 Eiſen und 0,95 Schwefel. Das Waſſer zieht Gyps aus.


[298]I. Cl. 9te Fam.: Hauyn, Ittnerit.

Marco Paolo auf ſeiner berühmten Reiſe zum großen Tartarenfürſten
(1271) fand am Weſtrande des Belur-Tag (Nebelgebirge) im obern Fluß-
gebiet des Oxus (Badakſchan) dieſen merkwürdigen Stein, welcher wie
das Eiſen in Bergwerken gewonnen wurde. Die Armeniſchen Kaufleute
bringen ihn von hier in den Handel (Orenburg). Er wird beſonders zu
Tafeln geſchnitten, in Italien zum Schmuck der Kirchen verwendet. Im
kaiſerlichen Schloß von Zarskojeſelo ſüdweſtlich Petersburg findet ſich ein
Zimmer mit Bernſtein und Laſurſtein getäfelt. Bei Moſaikarbeiten wird
die ſchöne Bläue zum Himmel verwendet. Unter den Alterthümern findet
man ſie mit vertieften Figuren. Neuerlich auch in den Cordilleren in
großer Menge gefunden. Beſonders wichtig war früher ihre Anwendung
als Ultramarin: ſo heißt das feingeſchlämmte Pulver deſſelben, wovon
das Loth des feinſten auf 12 Thaler kam. Durch Hrn. Chr. Gmelin
(Ueber die künſtliche Darſtellung einer dem Ultramarin ähnlichen Farbe,
ſiehe naturwiſſenſchaftliche Abhandlungen, herausgegeben von einer Geſell-
ſchaft in Württemberg 1828. II.191) ſcheint man auf die künſtliche Be-
reitung dieſer ſchönſten aller blauen Farben geführt zu ſein, die jetzt in
Paris, Meißen und Nürnberg außerordentlich billig dargeſtellt wird.
Nach Varentrapp (Pogg. Ann. 49. 521) ſcheint die blaue Farbe von
einer Schwefelverbindung, wahrſcheinlich des Eiſens, herzurühren, denn
je mehr Schwefeleiſen, deſto blauer.


Hauyn nannte Bruun Neergaard das lichtblaue 6fach blättrige Foſſil,
welches ſich in den Auswürflingen des Veſuvs und den vulkaniſchen Tuffen
des Albaner Gebirges findet. Gew. 2,8. In Salzſäure entwickelt es
ebenfalls Schwefelwaſſerſtoff, hat aber einen weſentlichen Gehalt von
15,4 Kali, Whitney gibt ihm die Formel
3 S⃛i + 3 A̶⃛l S⃛i + 2 Ċa S⃛,
denn L. Gmelin fand darin 12,4 Schwefelſäure und 12 Ċa. Die blauen
im glaſigen Feldſpathgeſtein mit gelben Titaniten vom Lacherſee und be-
ſonders aus den berühmten Mühlſteinlaven von Niedermendig ſind dagegen
Natronhaltig (9,1 Ṅa). An letztern kann man den 6fach blättrigen
Bruch faſt ſo leicht darſtellen als beim Flußſpath. Die Stücke ſehen
außen wie angeſchmolzen aus. Gew. 2,5. Whitney ſieht die aus den
Mühlſteinen für 1 Atom Noſean + 2 Atom Albaner Hauyn an, was
auch das ſpecifiſche Gewicht anzudeuten ſcheint.


Noſean Klaproth. Noſe, Nöggerath Mineral. Studien pag. 109 und
162, entdeckte ihn in den Fündlingen des glaſigen Feldſpathgeſteins am
Lacherſee. Die granatoedriſchen Kryſtalle haben eine graue Farbe, viel-
leicht weil ihnen das Schwefeleiſen fehlt. Weil am Granatoeder auch
Oktaeder und Würfel vorkommt, ſo nannte ſie Noſe Spinellan. Auf-
fallender Weiſe beträgt das ſpecifiſche Gewicht nur 2,26. Varrentrapp
gibt 17,8 Ṅa bei 1,1 Ċa an, darnach die zweifelhafte Formel
Ṅa3 S⃛i + 3 A̶⃛l S⃛i + Ṅa S⃛.
Auch ſie ſind außen wie angeſchmolzen.


Ittnerit Ch. Gmelin Schweigg. Journ. VI.74. Fand ſich derb neſter-
weis mit eingeſprengtem ſchlackigem Magneteiſen im Melaphyr bei Ober-
Bergen am Kaiſerſtuhl. Die fauſtgroßen Stücke zeigen eine körnige
Struktur mit einem vielfach (6fach) blättrigen Bruch, der die Körner ſehr
[299]I. Cl. 9te Fam.: Sodalith, Cancrinit.
hervorhebt. Gew. 2,37 und graue Farbe erinnern ſehr an Noſean, die
Analyſe gab 34 S⃛i, 28,4 A̶⃛l, 12,1 Ṅa, 1,6 K̇a, 7,3 Ċa, 2,9 S⃛, 10 Ḣ̶,
etwas Schwefel und Chlorwaſſerſtoff. Vor dem Löthrohr ſchmilzt er
nicht ſehr ſchwer zu einem Perlſteinartigen Glaſe. Er gab 1822 den
Anſtoß zu einer Entdeckung des künſtlichen Ultramarins. Chr. Gmelin
(Schweigg. Journ. 36. 74) bemerkte nämlich, daß das Mineral nach dem
Glühen an den meiſten Stellen eine ſchöne blaue Farbe angenommen
hatte, und da daſſelbe mit Säuren unter augenblicklichem Verluſt der
Farbe Schwefelwaſſerſtoff entwickelte, was auch beim Ultramarin Statt
findet, ſo wurde es ihm ſehr wahrſcheinlich, daß Schwefel das färbende
Princip des Ultramarins ſei.


2. Sodalith.


Gieſeke entdeckte das grüne etwas fettglänzende Mineral in einem
Feldſpathgeſtein mit Eudialyt und Arfvedſonit zu Kangerdluarſuk in Grön-
land. Die Chemiker hielten es anfangs für Natrolith pag. 276, ſpäter
fanden ſich aber farbloſe Granatoeder in den Somma-Auswürflingen,
nun gab ihnen Thomſon den Namen Sodalith, um dadurch an den Na-
trongehalt zu erinnern.


Regulär. Den Granatoederflächen entſpricht ein 6fach blättriger
Bruch, das hält ſie in großer Verwandtſchaft mit Laſurſtein. Härte 6,
Gew. 2,3.


Vor dem Löthrohr ſoll der Grönländiſche leichter ſchmelzen als der
Veſuv’ſche. Sie beſtehen aus Eläolithartiger Maſſe + Steinſalz
= Ṅa3 S⃛i + 3 A̶⃛l S⃛i + Na C̶l.
In Säure bilden ſie eine Gallerte.


Am Ilmengebirge bei Miask findet ſich in dem Eläolithhaltigen
Miascit ein laſurblaues ſechsfachblättriges Foſſil eingeſprengt, von 2,29
Gew., das man früher Cancrinit nannte, nach G. Roſe (Reiſe Ural.
II.52) aber ganz die Zuſammenſetzung des Sodaliths hat. Es entwickelt
in Salzſäure durchaus keinen Geruch nach Schwefelwaſſerſtoff, daher leitet
Roſe wie im blauen Steinſalz die Farbe von organiſcher Materie her.
In einem ähnlich blauen von Litchfield (Maine), in allen Säuren mit
größter Leichtigkeit löslich, vermuthet Whitney Eiſenſäure als Färbendes.
Pogg. Ann. 70. 436.


3. Cancrinit.


Zu Ehren des Ruſſiſchen Finanzminiſters Grafen von Cancrin. G.
Roſe (Reiſe Ural II.55) trägt den für den blauen uraliſchen Sodalith
gebrauchten Namen auf dieſes licht roſenrothe Mineral über, welches
ebenfalls im Eläolithhaltigen Miascit des Ilmengebirges ſich findet, und
aus Eläolith + Kalkſpath
= Ṅa2 S⃛i + A̶⃛l S⃛i + Ċa C̈
zu beſtehen ſcheint. Ein dreifach blättriger Bruch bildet eine reguläre
ſechsſeitige Säule, mit ſtarkem Perlmutterglanz, im Querbruch Fettglanz.


Härte 5—6, Gew. 2,45. Vor dem Löthrohr ſchmelzen ſie mit
Schäumen, und mit Salzſäure brauſen ſie. Der Gehalt an Ċa C̈ iſt um
[300]I. Cl. 10te Fam.: Titanit.
ſo merkwürdiger, als derſelbe frei im Miascit nicht vorkommt. Struve
(Pogg. Ann. 91. 613) gibt bei den gelben vom Tunkinskiſchen Gebirge
weſtlich Irkutsk noch ein Atom Waſſer an.


Hermann’s Stroganowit aus Geſchieben der Slüdänka in Dau-
rien, von lichtgrüner Farbe, H. = 5, Gew. 2,79, ſoll Ċa2 S⃛i + 2 A̶⃛l S⃛i
+ Ċa C̈
ſein, worin die 20,2 Ċa durch 3,5 Ṅa erſetzt werden. Trotz
der gleichen chemiſchen Formation ſoll er nur 2 Blätterbrüche haben, die
ſich faſt rechtwinklig ſchneiden.


X. Metallſteine.


Haben neben der Kieſelſäure einen metalliſchen Gehalt, folglich hö-
heres Gewicht, dunkele Farbe und ſind ihrem Anſehen nach mit mehreren
Oxydiſchen Erzen leicht verwechſelbar.


1. Titanit.


Klaproth Beitr. I.245 nannte ihn nach dem Titangehalt. Werner
ſchied ihn nach der Farbe in Braun- und Gelb-Menakerz. Hauy
nannte die gelbgrünen Alpiniſchen Sphen (σφήν Keil), ſpäter Titane
siliceo-calcaire.
Ihre Form hat G. Roſe 1820 in ſeiner Doktordiſſer-
tation (de Sphenis atque Titanitae systemate crystallino) feſtgeſtellt.


2 + 1 gliedriges Kryſtallſyſtem. Eine geſchobene ſchief-
geſtreifte Säule l = a : 3b : ∞c macht vorn einen Winkel von 133°
48′. Die Schiefendfläche P = a : c : ∞b ſcheint etwas, aber doch nicht
bedeutend blättrig; P/l = 94° 38′, daraus ergibt ſich die Neigung von
P gegen die Axe c 84° 58′*). Hinten liegt x = \frac{1}{9}a' : ∞b : c, ſie iſt
meiſt bauchig gekrümmt und läßt ſich daran ſehr leicht erkennen; x/l =
124° 12′. Legt man dieſe drei Winkel zu Grunde, ſo macht der Axen-
winkel a/c auf der Seite von P 89° 53′, weicht alſo nur um 7′ vom
rechten Winkel ab, was offenbar vernachläßigt werden kann. Wir haben
daher die rechtwinkligen Axen
a : b = 11,354 : 8,873 = = lg 1,05514 : lg 0,94807
y = \frac{1}{17}a' : ∞b : c ſehr glänzend, macht mit der darunter liegenden P
60° 27′. Ein augitartiges Paar n = ⅕a' : ¼b macht mit der anliegenden
l 79° 5′ (l/n) und der anliegenden P 144° 53′ (P/n).


Dieſe fünferlei Flächen l P x y n bilden in den Spalten des Schweizer
Urgebirges die gewöhnlichſten Zwillinge, ſtatt n tritt auch s = \frac{1}{17}a' : \frac{1}{24}b : c
auf, s/s = 112° 14′ in der Diagonalzone von y liegend. Dieſe Kryſtalle
ziehen ſich gern nach der Vertikalzone P x y in die Länge. Hat man dieſe
Flächen einmal erkannt, dann bleibt für die Beſtimmung der übrigen wenig
Schwierigkeit: q = b : ∞a = ∞c ſtumpft die ſcharfe Kante der Säule l
gerade ab, und in der Zone von q nach l ſieht man öfter eine kleine Abſtum-
pfungsfläche M = a : b : ∞c (von welcher G. Roſe als Säule ausgeht),
die vorn einen ſcharfen Winkel M/M = 76° 2′ machen. Die Flächen M
erſcheinen ſo untergeordnet, daß Andere l/l als Säule genommen haben,
[301]I. Cl. 10te Fam.: Titanit.
dann darf man die Roſe’ſchen Axenzeichen b nur mit ⅓ multipliciren.
Bei Tyroler Kryſtallen findet ſich oft in der Diagonalzone von P die
Fläche r = a : ⅙b : c, ſie ſtumpft außerdem die Kante l/n ab. Da ferner
vorn auch öfter die Kante l/r durch t = \frac{1}{19}a : \frac{1}{12}b : c abgeſtumpft iſt, ſo
bilden y l t r n eine der wichtigſten Zonen des Titanitſyſtems, welche ſich
namentlich auch durch die ihr folgenden Streifung auf l und r leicht ver-
räth. Auch unter P kommt vorn öfter eine ſehr deutliche Schiefendfläche
vor, welche meiſt v = \frac{1}{19}a : c : ∞b zu ſein ſcheint, ſie wird durch das
Augitpaar i = \frac{1}{10}a : ⅓b : c beſtimmt, welches die Kanten P/l abſtumpft.
Es liegen folglich l v i r in einer Zone.


Projicirt auf die Gradendflächec : ∞a : ∞b.


[figure]

Roſe zeichnet noch mehrere Flächen aus. Unter andern liegen: f =
a' : c : ∞b, g = \frac{1}{7}a : c : ∞b, z = \frac{1}{27}a' : c : ∞b, h = \frac{1}{55}a : c : ∞b
in der Verticalzone. Das Augitpaar o = a : ½b : c in der Diagonal-
zone von P; u = ⅕a' : ½b : c, d = ⅕a' : \frac{1}{12}b : c, w = \frac{1}{7}a : ⅛b : c,
k
= \frac{1}{11}a' : ½b : c.


Die Alpiniſchen Kryſtalle bilden immer Zwillinge: gekreuzte Blätter,
in denen P einſpiegelt. Sie haben alſo P gemein und liegen umgekehrt.
Dieſes Zwillingsgeſetz erleichtert das Erkennen außerordentlich. Wenn die
Kryſtalle ſich kreuzen, ſo entſtehen zweierlei Rinnen: die Rinne y/y' hat
einen einſpringenden Winkel 120° 54′, den man leicht mittelſt einer regu-
lären ſechsſeitigen Säule controlirt; die Rinne zwiſchen den einſpiegelnden
P und P' macht durch die bauchigen x/x' = 94° 36′, ſo daß langgezogene
Kryſtalle ſich faſt rechtwinklig zu kreuzen ſcheinen. Manchmal ſind es
nur die unſcheinbarſten tafelartigen Splitter, wie die von Diſſentis, und
doch kann man ſie an dem Spiegel von P und P' leicht erkennen. Wenn
die Kryſtalle tafelartig werden, ſo kreuzen ſie ſich nicht, und die Rinne
[302]I. Cl 10te Fam.: Titanit.
x/x' fällt weg, wohl aber bleibt der einſpringende Winkel zwiſchen y/y',
der dann orientirt. Die Fläche q ſpiegelt bei beiden ein, aber die ſchief-
geſtreiften l/l' machen einen ſtumpfen Winkel von 170° 12′. Sauſſure
hat zuerſt dieſe Rinnen beobachtet, und nannte die ſo leicht vereinzelt ge-
fundenen Rayonnante en gouttière. Dagegen bildet Werners


Braun-Menakerz, eingeſprengt in den Sienit von Sachſen,
Paſſau, Norwegen ꝛc. nie Zwillinge: es herrſcht n/n = 136° 6′ als Säule,
auf welcher P und y eine Zuſchärfung von 60° 27′ bilden, die Hauy für
zweigliedrig nahm, da P/n = 144° 53′ und y/n = 141° 35′ nur um
3° von einander abweichen. Es geſellt ſich dazu gern das kleine Dreieck
x, auch pflegen öfter die Flächen r aus der Diagonalzone von P ſammt
t und l nicht zu fehlen. Auch die in vulkaniſche Geſteine eingeſprengten,
wie die kleinen gelben vom Lacherſee, ſchließen ſich dieſem Geſetz an.


Welches Ende man für das vordere oder hintere anſehen wolle,
ſcheint ziemlich gleichgültig. Ich habe die Schiefendfläche P als vorn ge-
nommen, Roſe nimmt ſie als hinten. Letztere Anſicht hat Analogieen
beim Epidot und Feldſpath für ſich, wo auch ⅕ vorn und \frac{1}{7} hinten liegt,
doch ſcheint ſich die Sache nicht ganz durchführen zu laſſen. Bringt man
übrigens die Flächen zu Papier, wie in obiger Projektion geſchehen, ſo
tritt das Ganze in ſeiner wundervollen Harmonie klar zu Tage. Mit
Hilfe der Kantenzonen kann man die ſchwierigſten Ausdrücke durch bloße
Addition finden: die Fläche y geht z. B. durch \frac{1}{17}a', weil 12 + 5 = 17,
die Fläche s ſchneidet in \frac{1}{24}b, weil ſie durch \frac{1}{19}a' und durch die Kanten-
zone \frac{1}{7} geht, denn 7 + 19 = 24.


Nachdem dieß nun einmal geſchehen und alle Zonen controlirt und
richtig befunden ſind, kann man leicht jede beliebige andere Fläche zur
Projektionsebene wählen. Naumann nimmt P = c : ∞a : ∞b an, und
beſtimmt die Axen aus dem Oktaeder y v r r. Damit iſt dann aber der
Vortheil der rechtwinkligen Axen aufgegeben, denn jetzt ſchneiden ſich die
Axen a/c unter 95° 2′, und der Willkühr Thor und Thür geöffnet: ſo
viele Oktaide, ſo viele Ausgangspunkte ſind möglich, mit gleichem Rechte
könnte man y g r r und andere wählen. Naumann’s Zeichen ſind:

Projicirt auf die SchiefendflächeP.


[figure]

[303]I. Cl. 10te Fam.: Titanit.
P = oP = c : ∞a : ∞b; u = ⅓P = ⅕c : b : a; l = ∞P = ∞c : b : a;
x
= \frac{5}{9}P∞ = \frac{5}{9}c : a : ∞b; y = P∞ = c : a : ∞b; v = — P∞ = c : a' : ∞b;
z
= \frac{14}{9}P∞ = \frac{14}{9}c : a : ∞b; o = (⅓P) = ⅓c : b : ∞a; r = (P∞) =
c : b : ∞a; q = (∞P∞) = ∞c : b : ∞a; n = (⅔P2) = ⅔c : b : 2a;
t
= — (2P2) = 2c : b : 2a'; s = (4P4) = 4c : b : 4a; M = (∞P3) =
c : b : 3a.


Die Zeichen ſind allerdings einfacher, weil ſie ſich mehr dem allge-
meinen Deduktionsgange vom Oktaide y v r r, zum Hexaide P l l, und
Dodekaide q i i fügen; beſſer wäre noch das Oktaid y g r r geweſen, weil
ſeine Kantenzonen reicher entwickelt ſind: aber die Entwickelung iſt,
möchte ich ſagen, nicht ſo intereſſant, und der Vortheil der rechtwinkligen
Axen muß entſcheiden.


Härte 5—6, Gew. 3,4—3,6. Zuweilen ſtark glänzend, grüne Farben
bei den Alpiniſchen vorherrſchend, dunkelbraune bei den im Urgebirge ein-
geſprengten. Pyroelektricität.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſchwer, wallt und ſprüht dabei etwas
auf, mit Phosphorſalz kann man auf Kohle im guten Reduktionsfeuer
(beſonders auf Zuſatz von Zinn) Titanreaktion bekommen.


S⃛i2 Ċa3 T̈i3,
was Berzelius als
2 Ċa S⃛i + Ċa T̈i3,
H. Roſe als
Ċa3 S⃛i + T̈i3 S⃛i
deutet. Der Zillerthaler hat 32,3 S⃛i, 41,6 T̈i, 26,6 Ċa, 1 Ḟe.


Der Alpiniſche oder edle Titanit (Sphen) mit Chlorit in der
ganzen Alpenkette als Zwilling verbreitet, hat öfter Farbe und Klarheit des
Chryſoliths, und kann dann verſchliffen werden. Die Kryſtalle von den
verſchiedenſten Fundorten des St. Gotthardt ſind ringsum kryſtalliſirt,
weil ſie oft kaum auf dem Muttergeſtein haften, erreichen aber ſelten
Zolllänge.


Der Sienitiſche oder gemeine Titanit findet ſich in braunen
einfachen Kryſtallen im weißen Feldſpathgeſteine mit Hornblende bei Paſſau,
im Plauiſchen Grunde, bei Weinheim im Odenwalde ꝛc. Der Granit
der Normandie, welcher in Paris zum Straßenpflaſter dient, und der
Obeliſk von Luxor enthält ihn in zahlloſer Menge. Beſonders groß werden
die von Arendal, wo ſie mit Skapolith, Eläolith, Epidot ꝛc. oder auch
im dortigen Zirkonſienit brechen. Sie ſind aber dunkelfarbiger als
die Zirkone. Daran ſchließen ſich die Vorkommen in vulkaniſchen Ge-
ſteinen: wie die kleinen weingelben aus dem Feldſpathgeſtein vom Lacher
See (Noſe’s Spinellin, Fleuriau’s Sémeline) und aus dem Kling-
ſtein des Mariaberges bei Auſſig.


Gelbmenakerz nannte Werner die grüngelben ſpäthigen Maſſen
im Magneteiſenerz von Arendal, aus den Hornblendegeſchieben von Viller-
ſpitz im Stubaythal. Ihr Ausſehen erinnert an Spatheiſenſtein, allein
wir haben nur zwei blättrige Brüche, die ſich etwa unter 125° ſchneiden,
aber mehr ſchaligen Abſonderungen gleichen.


Greenovit Dufrén. roſenroth, von St. Marcel, iſt ein ausgezeich-
neter Titanit, der ſeine Farbe 0,76 M̶⃛n verdankt.


[304]I. Cl. 10te Fam.: Ilvait.

Als Silicate mit Titanoxyd
merke etwa folgende ſeltene Sachen:


a) Schorlamit Shephard von Magnet-Cove in Arkanſas, glänzend
ſchwarz, 6gliedrig, aber meiſt derb. Ċa3 S⃛i + Ċa T̈i + F̶⃛e S⃛i.


b) Moſandrit Erdmann im Sienit auf Lamansſkäret bei Brevig
eingeſprengt. Ein deutlich blättriger Bruch, Augitähnliche Form, dunkel-
roth braun, Gew. 2,9, H. = 4. S⃛i, T̈i, Ċa, L̇a, Ċe, Ṁn, K̇, Ḣ̶.


c) Tſchewkinit G. Roſe Pogg. Ann. 48. 551 im Miascit des Ilmen-
gebirges. Gadolinitartig ſchwarz. Gew. 4, 5. Härte = 5. Mit 21 S⃛i,
20,2 T̈i, 47,3 Ċe L̇a Ḋi, welche nicht von einander getrennt wurden,
11,2 Ḟe, 3,5 Ċa.


d) Yttrotitanit Scheerer Pogg. Ann. 63. 459 (Keilhauit) im
Gneuſe von Buön bei Arendal eingeſprengt. Ein blättriger Bruch, braun-
roth, G. = 3,7, H. = 6—7. 30 S⃛i, 29 T̈i, 18,9 Ċa, 9,6 , 6,3 F̶⃛e,
6,1 A̶⃛l.


2. Ilvait Steffens.


Lelievre unterſuchte es 1806 zuerſt, nannte es Yenit nach der Stadt
Jena, um dadurch auf jene unglückliche Schlacht anzuſpielen! Steffens
Oryctogn. I.356 ſchlug daher den paſſenderen Namen nach ſeinem Fund-
orte Elba vor, den Werner mit Liëvrit vertauſchte.


2gliedrige durch Längsſtreifen entſtellte Säulen, mit einem Paare

[figure]

P = a : c : ∞b auf die vordere Säulenkante aufgeſetzt
P/P = 112° 40′; von der Säule nimmt man M =
a : b
: ∞c 111° 12′ gewöhnlich als Ausgangspunkt,
obgleich dieſe meiſt durch s = a : ½b : ∞c verdrängt
iſt, welche vorn in a 72° 16′ macht. Hauy ging vom
Oblongoktaeder P P M M als Primitivform aus, das gibt
die Axen
a : b = 1,501 : 2,193 = = lg 0,17647 : lg 0,34097.
Das Oktaeder o = a : b : c hat 138° 26′ und 117° • 34′ in den End-
kanten; die drei zugehörigen Hexaidflächen p = a : ∞b : ∞c, q =
b
: ∞a : ∞c und r = c : ∞a : ∞b kommen vor. Außerdem noch
e = c : ½b : ∞a, h = ½a : b : ∞a. Die Säulen immer durch viele
Streifungen entſtellt, doch orientirt man ſich leicht entweder durch das
ausgedehnte Paar P, oder durch die nicht abgeſtumpfte ſeitliche Endkante
des Oktaeders, die ſich gut mit dem Handgoniometer auf 117° meſſen
läßt. Die Blätterbrüche nicht ſonderlich deutlich, aber die Kryſtalle zeigen
nach der Gradendfläche öfter einen eigenthümlichen gelblichen Schiller.


Schwarz, mit halbmetalliſchem Fettglanz im Querbruch. H. 5—6,
Gew. 4. Er gibt. ſich leicht durch einen Brauneiſenocker-Beſchlag zu
erkennen, wodurch er ſich ſchnell vom Turmalin unterſcheidet.


Ċa3 S⃛i + 4 Ḟe3 S⃛i (Fer calcaréo-siliceux)
war die älteſte Formel von Berzelius. Löst man indeſſen das Mineral
in Salzſäure, wobei die Kieſelerde ſich als Gallerte ausſcheidet, ſo wird
mit Kohlenſaurem Baryt nur ein Theil des Eiſens, das Ḟe gefällt,
[305]I. Cl. 10te Fam.: Gadolinit.
während noch viel F̶⃛e in der Löſung bleibt; auch gibt die Behandlung
mit Schwefelwaſſerſtoff einen weißen Niederſchlag von Schwefel, was auf
Eiſenoxyd deutet (F̶⃛e + H̶S = F̶̈ + Ḣ̶ + S). Daher änderte Berze-
lius ſpäter die Formel in
Ċa3 S⃛i + 3 F̶⃛e S⃛i,
wobei ein Theil der Ċa durch Ḟe vertreten wird. Aber auch dieſe Formel
iſt jetzt aufgegeben, denn Rammelsberg fand S⃛i4 = 29, F̶⃛e2 = 24,6,
Ḟe6 = 331, Ċa3 = 13,4, abgeſchen von dem geringen Gehalt an
Manganoxydul, das gäbe die Formel
3 (Ḟe2, Ċa)3 S⃛i + F̶⃛e2 S⃛i.
Wegen des bedeutenden Eiſengehaltes ſchmilzt er leicht zu einer magne-
tiſchen Kugel. Hauptfundort Elba, wo er ſüdlich von Rio im Strahl-
ſtein der dortigen auf Marmor ruhenden Glimmerſchiefer Druſenräume
füllt. Auch zu Kupferberg in Schleſien kam er vor. Schneeberg, Schwe-
den, Rhode-Island, Grönland.


Hiſingerit Berzelius von Riddarhyttan bildet derbe Ueberzüge
mit muſcheligem Bruch, H. = 3—4, Gew. 3. Fettglanz, pechſchwarz
mit grünlich braunem Strich. Nach Rammelsberg. Pogg. Ann. 75. 398
Ḟe3 S⃛i + 2 F̶⃛e S⃛i + 6 Ḣ̶. Der von der Gillinger Grube hat 9 Ḣ̶. Kobell’s


Thraulit von Bodenmais, wo er Ueberzüge auf Magnetkies mit
Dichroit und Vivianit bildet, iſt außerordentlich ſpröde, hat einen Opal-
bruch, pechſchwarz mit auffallend ochergelbem Strich. Breithaupt’s Thu-
ringit
ſoll ein waſſerhaltiger Ilvait 3 Ḟe3 S⃛i + F̶⃛e2 S⃛i + 9 Ḣ̶ ſein.
Der faſrige Anthoſiderit aus dem Magneteiſen von Braſilien ꝛc. hier
zu vergleichen.


Chlorophäit Macculloch (Ḟe, Ṁg) S⃛i3 + 6 Ḣ̶, derbe Punkte in
Mandelſteinen bildend auf den Faröer Inſeln, zu Gill in Maſſachuſetts,
ſchwarz, ſerpentinartig mild, Härte 3, Gew. 2. Soll friſch piſtaciengrün
ausſehen, aber ſchon nach wenigen Stunden ſchwarz werden. Manche
auch ſtrahlig blättrig. Wahrſcheinlich zu den Afterbildungen der Serpen-
tine gehörig. Den Krokydolith ſiehe beim Asbeſt pag. 226.


3. Gadolinit Eckeb.


Arrhenius entdeckte ihn im Granit von Ytterby bei Stockholm und
Geyer (Crells Annal. 1788) machte ihn zuerſt bekannt. Wegen ſeines
ſchwachen Anſchwellens vor dem Löthrohr hielt man ihn im Cronſtedt’ſchen
Sinne für ſchwarzen Zeolith. Gadolin fand (K. Vet. Acad. Handl. 1794)
aber eine neue Erde darin, welche Eckeberg nach dem Fundorte des Mi-
nerals Yttererde nannte. Die erſte jener merkwürdigen Erden der nor-
diſchen Minerale. Daher auch Ytterit, Ytterbyt genannt.


Kryſtalle zwar ſehr ſelten, doch gibt ſchon Hauy einen Oktaederwinkel
von 109° 28′, und Phillips einen Säulenwinkel von 115° an, beide
ſtimmen auffallender Weiſe mit Epidot, und haben auch die gleiche Lage
am Kryſtall.


Schwarz, Obſidianartiger Bruch, die Splitter grünlich, daher auch
mit grünlich grauem Strich. Härte 6—7, Gew. 4,35.


Vor dem Löthrohr nur in den feinſten Splittern ſchmelzbar. Nimmt
man etwas größere Stücke in die Platinzange, und nähert ſich aus
Quenſtedt, Mineralogie. 20
[306]I. Cl. 10te Fam.: Orthit.
größerer Ferne ganz allmählig der Flamme, ſo überziehen ſie ſich ſchnell
mit einem hellen Schein (Aufglühen). Der Lichtſchein geht aber ſchnell
vorüber, und dann zeigen es die Stücke nicht wieder. Man erklärt es
als ein Abgeben latenter Wärme. Es tritt kein Unterſchied im abſoluten,
wohl aber im ſpecifiſchen Gewicht ein, in dem ſich letzteres von 4,35 auf
4,63 erhöht (Pogg. Ann. 51. 493). Die Stücke brennen ſich gelblich.
Die mehr unreinen Varietäten mit ſplittrigem Bruch ſollen das Aufglühen
nicht zeigen, dafür aber blumenkohlartig anſchwellen. Man gibt ihm die
Formel
(Ẏ, Ċe, Ḟe)3 S⃛i2.
Berzelius fand in dem glaſigen von Finbo 25,8 S⃛i, 45 Yttererde, 16,7
Ceroxydul, 10,3 Ḟe, und 2,2 Verluſt; Scheerer im glaſigen von Hitteröe
9,6 Beryllerde, und nach Moſander Pogg. Ann. 60. 311 beſteht die
Yttererde aus dreierlei Baſen: Yttererde, Terbiumoxyd und Erbiumoxyd.
Das Ceroxydul enthält Lanthan und wahrſcheinlich auch Didym.


Vorkommen in grobkörnigen Graniten Schwedens, die unregelmäßige
Gänge im Gneuſe bilden: Ytterby, Finbo und Broddbo bei Fahlun, Inſel
Hitteröe an der Südküſte Norwegens. Letzterer wird durch das Aufglühen
ſchwerer 4,63, während er friſch 4,35 wiegt. Bei Fahlun erreichen die
Stücke Fauſtgröße, ſind gewöhnlich gerundet und von einer unreinern
Rinde umhüllt. Yttererdehaltig ſind außerdem: Phosphorſaure Yttererde
62 , Ferguſonit 42 , Yttrotantalit 30 , Yttrotitanit 9,6 , Yttro-
cerit 9 , Samarskit 11 .


4. Orthit Berz.


Berzelius analyſirte ihn 1815 von Finbo, wo er in denſelben Blöcken
als der Gadolinit vorkommt. Er bildet lange ſchmale plattige Strahlen,
wornach er den paſſenden Namen bekam (ὀρϑός grad).


Epidotkryſtalliſationpag. 235, was nicht blos der Winkel
M/T = 115° beweist, ſondern bei Helſingfors beſtehen auch die wahren
Epidote innen häufig noch aus Orthit. Daher ſetzt man ihn neuerlich
geradezu zum Epidot, was aber wohl etwas zu weit geht.


Sein Anſehen hat große Aehnlichkeit mit Gadolinit, aber leichter
3,6, doch hat er auch Feldſpathhärte.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er dagegen leicht und wirft dabei lange
Zeit hindurch Blaſen, ohne ſich wie der Epidot in eine unſchmelzbare
Schlacke zu verwandeln. Berzelius fand in denen von Finbo 36,2 S⃛i,
14 A̶⃛l, 17,4 Ċe, 3,8 , 11,4 Ḟe, 1,3 Ṁn, 4,8 Ċa, 8,7 Ḣ̶. Das Cer hat
ſich auch hier Lanthanhaltig gezeigt. Lange taſtete man nach paſſenden
Formeln, bis endlich die Verwandtſchaft der Form mit Epidot, wie es
ſcheint, auf den richtigen Weg geleiten möchte. Th. Scheerer (Dissertatio
de fossilium Allanit, Orthit, Cerit, Gadolinitque natura et indole.
Berlin
1840. pag. 27) nimmt zwar noch die Formel an:
2 (A̶⃛l, F̶⃛e) S⃛i + 3 (Ċe, Ḟe, Ċa, Ẏ, L̇a)3 S⃛i,
doch da man Lanthan und didym von Cer noch nicht quantitativ trennen
konnte, auch die beiden Oxydationsſtufen des Eiſens noch nicht genau
beſtimmt ſind, ſo könnte wohl die 3 vor dem zweiten Gliede wegfallen,
und wir hätten dann genau die Epidotformel pag. 234. Rammelsberg
[307]I. Cl. 10te Fam.: Allanit.
Pogg. Ann. 76. 98 nimmt dagegen die Granatformel 3 S⃛i + R̶⃛ S⃛i an,
außerdem ſcheint ihm ein Atom Ḣ̶ weſentlich, und im Orthit von Hitte-
röe mit 1017 Atomvolumen fand ſich 8 F̶⃛e und 8 Ḟe. Der Orthit vom
Ural (1921 Atomvolumen) mit dem Arendaler Epidot pag. 234 verglichen
haben wir folgende Atomvolumina:
1017 : 1268 : 1921 = 3 : 4 : 6,
woraus man den Iſomorphismus erklären will!


Die Verbreitung iſt viel größer, als die vom Gadolinit. In der
Skandinaviſchen Halbinſel gibt Scheerer allein 60 Stellen an, und dar-
unter die koloſſalen Exemplare von Hitteröe, die mehrere Fuß im Granit
fortſetzen. Die Strahlen gehen druſenartig von einem Punkte aus, und
ſie mögen eher erhärtet ſein, als der ſie umgebende Granit, da dieſer ſich
abermals in ſtrahliger Anordnung auf ſie als Unterlage anſetzt (Zſchau,
Leonhard’s Jahrb. 1852. pag. 656). Lange glaubte man, daß nur der
Norden (Nordamerika, Grönland, Finnland) jene merkwürdigen Cerhaltigen
Foſſile liefere. Dann fand aber Breithaupt im Oligoklas von Boden
bei Marienberg im Erzgebirge (Bodenit Leonhard’s Jahrb. 1849.
pag. 558) ein ſtrahliges dunkelfarbiges Foſſil mit 10,5 Ċe, 17,4 ,
10,3 A̶⃛l, 26 S⃛i, was alſo allem Anſchein nach mit dem nordiſchen Foſſile
übereinſtimmt. Credner (Leonh. Jahrb. 1848. pag. 199) glaubt ihn im
Thüringer Wald bei Brotterode und an andern Punkten im Granit ge-
funden zu haben und Zſchau (Leonh. Jahrb. 1852. pag. 652) beſchreibt
ihn ausführlich in zolllangen Strahlen aus den Titanit-Sieniten des Plaui-
ſchen Grundes bei Dresden. Sehr ähnlich in Granitgängen der Sienite
von Sulzbach bei Weinheim im Odenwald.


Allanit Thomſon. Allan fand ihn in einer Grönländiſchen Samm-
lung, die ohne Zweifel von Gieſecke ſtammt, der das Mineral im Grön-
ländiſchen Granit von Iglorſoit ꝛc. entdeckte. Die ſchwarzen dicken un-
reinen Säulen zeigen ziemlich genau einen Winkel von 115°, und da
ſchon Thomſon 31,5 Ċe und 4,1 A̶⃛l, Stromeyer dagegen 21,6 Ċe und
15,2 A̶⃛l darin fanden, ſo hält man ihn trotz ſeines verſchiedenen Aus-
ſehens für Orthit, und ſucht ſo gut es eben geht die Analyſen anzu-
paſſen. Der ſchwarze


Cerin Hiſingers mit Cerit zuſammen von Riddarhyttan hat 26,2
Lanthanhaltiges Ceroxydul, die Yttererde ſoll ihm fehlen, und die
6,5 Ä̶l werden durch 25 F̶⃛e Ḟe verſtärkt. So wenig die Analyſe ſtimmt,
ſo ſcheinen doch die kleinen tafelartigen Kryſtalle, die ſich beſonders
im Kupferkieſe finden, genau Epidot zu ſein, nur erſcheinen ſie ge-
wöhnlich als Zwillinge, die T gemein haben, und umgekehrt liegen, weß-
halb ſie anfangs zweigliedrig beſchrieben wurden, doch ſollen ſie nach G.
Roſe (Kryſt. Chem. Miner. pag. 85) vollkommen mit Epidot ſtim-
men
! Nach Kokſcharow (Verhandl. Ruſſiſch. Kaiſ. Mineral. Geſ. 1847
pag. 174) iſt Herrmann’s


Ural-Orthit vom Ilmengebirge bei Miask, der vor dem Löthrohr
blumenkohlartig aufſchwellt, namentlich aber der mit ſo vielen Flächen
verſehene und mit dem Reflexionsgoniometer meßbare


Bagrationit (Pogg. Ann. 73. pag. 182) von Achmatowsk im
Ural ein Cerhaltiger Epidot.


20*
[308]I. Cl. 10te Fam.: Cerit.

Ein Grund warum dieſe „Cerhaltigen Epidote“ ſich ſo hartnäckig
der wahren Deutung entzogen haben, liegt theilweis auch in ihrer leichten
Verwitterung: ſie nehmen Waſſer auf, ja Berzelius unterſuchte einen Pyr-
orthit
von Kärarfvet bei Fahlun, der obgleich ſehr dem Orthit jener
Gegend gleichend, weicher als Kalkſpath war, nicht blos 26,5 Ḣ̶, ſondern
ſogar 31,4 Kohle und Verluſt zeigte, daher auf Kohle förmlich Feuer
fing und fortglimmte.


5. Cerit Berz.


Schon von Cronſtedt als Baſtnäs-Tungſten gekannt. Hiſinger und
Berzelius entdeckten darin 1804 ein neues Metall, was ſie nach dem
Planeten Ceres Cerium nannten, und darnach das Mineral Cerit,
was Klaproth (Beitr. IV.140) in Cererit veränderte. Werner nannte
es Cerinſtein, was man mit Cerin nicht verwechſeln darf.


Die Kryſtalle ſollen zwar nach Haidinger niedrige reguläre ſechs-
ſeitige Säulen ſein, allein er findet ſich gewöhnlich nur in derben fein-
körnigen röthlichen Maſſen, die an dichten Granat erinnern. Obgleich
im Ganzen matt, ſo zeigen doch gute Stücke einen ſtarken innern Glanz.
Knapp Feldſpathhärte und Gew. 5.


Das Geſtein brach früher auf der neuen Baſtnäs-Grube bei der
Riddarhytta in Weſtmannland auf einem Kupferkieslager mit Strahlſtein
im Gneus. Feine Erzpunkte von Molybdän ſind vielfach eingeſprengt,
die man wegen ihrer Feinheit leicht mit Bleiglanz verwechſeln kann.
Außerdem ziehen ſich zwiſchen dem rothen Cerit ſchwarze Wolken durch,
die mehr Cerinhaltig ſcheinen, und ſtellenweis ganz zu ſchwarzem Cerin
werden. Gerade aus dieſen Maſſen, rothen wie ſchwarzen, kann der
Chemiker ſich Cerium am leichteſten in größern Portionen verſchaffen.
In ihnen wurde daher nicht blos das Cerium, deſſen rothbraunes Oxyd
Klaproth Ochroiterde nannte, entdeckt, ſondern 1839 fand Moſander,
daß ſich im Ceriumoxyd etwa ⅖ eines neuen Metalls verſtecke, welches
die Eigenſchaften des Ceriums nur wenig abänderte. Er nannte es
daher Lanthan (λανϑάνω verborgen ſein). 1842 entdeckte derſelbe ſogar,
daß das Ceroxyd und Lanthanoxyd ſtets noch ein anderes Oxyd enthalte,
für deſſen Metall er deshalb den Namen Didym (δίδυμοι Zwillinge)
wählte.


(Ċe, L̇a, Ḋi)3 S⃛i + 3 Ḣ̶,
ein Gehalt an Ḟe und Ċa unbedeutend. 18 S⃛i, 68,6 , 9,6 Ḣ̶ ꝛc. Un-
ſchmelzbar, brennt ſich aber gelb, löst ſich nicht ſonderlich ſchwer im Borax,
gibt dunkelgelbe Gläſer, die kalt lichter werden.


Durch Zerſetzung bildet ſich ein Cerhaltiges Mineral L̇a3 C̈ + 3 Ḣ̶
(Lanthanit Haid.), was Berzelius früher für Kohlenſaures Ceroxydul
hielt. Es ſoll ein gelblich weißes blättriges Foſſil ſein, unter Kalkſpathhärte.
Baſtnäs-Grube.


Tritomit Weibye (Pogg. Ann. 79. 299) aus dem Sienit von Lamö,
wahrſcheinlich tetraedriſch, weil es beim Zerſchlagen immer dreiſeitige
Durchſchnitte bildet. Dunkelbraun, Härte 6—7, Gew. 4—5. Enthält
20 S⃛i, 40,3 Ċe, 15 L̇a.


[309]I. Cl. 10te Fam.: Thorit, Kieſelzinkerz.

Der Pariſit, aus den Smaragdgruben des Hrn. Paris im Muſſo-
Thale von Neugranada, wird als ſcharfes Dihexaeder von 120° 34′ in
den Endkanten beſchrieben, die Gradendfläche ſehr blättrig. Bräunlich
gelb, Gew. 4,3, Flußſpathhärte. 8 Ṙ C̈ + Ṙ Ḣ̶2 + 2 Ca F̶l, worin
Ṙ = Ċe, L̇a, Ḋi. Nehmen wir dazu Fluorcerium 82 Ċe, Monazit
50 Ċe L̇a, Tſchewkinit 47 Ċe L̇a Ḋi, Yttrocerit 18 Ċe, Aeſchinit 11 Ċe L̇a,
ſo haben wir die wichtigſten Cerfoſſilien beiſammen.


6. Thorit Berz.


Wurde von Paſtor Esmark 1828 in einem bräunlichen Faſerzeolith
(Bergmannit), der im Zirkon-Sienit auf der Inſel Lövön bei Brevig im
ſüdlichen Norwegen bricht, entdeckt. Berzelius fand darin die ſeltene
Thorerde, welche er nach dem nordiſchen Gott Thor nannte (Pogg. Ann.
15. 633 und 16. 385). Wie der Gadolinit gleichen die kleinen derben
Stücke einem ſchwarzen Obſidian, mit roſtfarbenem Ueberzuge, graulich-
rothem Strich, Gew. 4,6, vom Meſſer leicht geritzt.


Vor dem Löthrohr unſchmelzbar, und ſich gelb brennend, Ṫh3 S⃛i +
3 Ḣ̶
mit 19 S⃛i, 58 Ṫh, 2,6 Ċa, 3,4 F̶⃛e, 2,4 M̶⃛n, 1,6 Uranoxyd, 9,5 Ḣ̶,
etwas Blei, Zinn, Kali, Natron ꝛc.


Orangit Krantz (Pogg. Ann. 82. 586), nach ſeiner Pommeranzen-
gelben Farbe genannt, in der gleichen Gegend des Langeſundfjord, öfter
ganz von Thorit umgeben, ſo daß er damit in engſter Beziehung zu ſtehen
ſcheint. Splittriger Bruch, Härte 4—5, Gew. 5,3. Bergemann wollte
darin ein neues Metall Donarium gefunden haben, es hat ſich aber bald
gezeigt, daß es nur durch Uran, Vanadin, Zinn ꝛc. vereinigte Thorerde
war (Pogg. Ann. 85. pag. 555) Ṫh3 S⃛i + 2 Ḣ̶.


Die der Yttererde ſo verwandte Thorerde iſt außerdem bekannt im
Pyrochlor 13 Ṫh Ċe, Monazit 18 Ṫh.


7. Kieſelzinkerz.


Werner hatte es vorzugsweiſe beim Galmei, wo man es auch ab-
handeln könnte, wegen der Zinkiſchen Baſis. Sein Ausſehen iſt ſchwer-
ſpathartig, daher Zinkbaryt Mohs, unpaſſender iſt Zinkglas Hausmann.


Ausgezeichnetes zweigliedriges Syſtem, aber meiſt nur in
wenige Linien großen Kryſtallen, nur bei Nertſchinsk erreichen ſie 1\frac{1}{2}″
Länge. Es ſind gewöhnlich oblonge Tafeln, woran die lange Seite eine
deutlich blättrige Säule M = a : b : ∞c von 103° 56′ bildet, die Zu-
ſchärfung auf die ſcharfe Kante f = b : c : ∞a hat 128 • 28 nach den
Meſſungen von Levy, das gibt
a : b = 1,62 : 2,072 = = lg 0,20965 : lg 0,31632.
Die Fläche b = b : ∞a : ∞c gewöhnlich übermäßig ausgedehnt, und
nach ihr breiten ſich die Kryſtallgruppen fächerförmig aus, ſo daß man
ſie leicht entziffern kann. Das dritte zugehörige Paar d = a : c : ∞b
mit der dreifach ſchärfern m = a : 3c : ∞b fehlen faſt nie, und auf die
ſtumpfe Kante findet ſich kein anderes Paar aufgeſetzt. Dagegen kommen
auf die ſcharfe eine ganze Reihe vor 2b : ∞a, ½b : ∞a, p = ⅓b : ∞a,
[310]I. Cl. 10te Fam.: Kieſelzinkerz.
b : ∞a, \frac{1}{7}b : ∞a, und da nun auch P = c : ∞a : ∞b nicht fehlt, ſo
ſcheint dieſe Zone nicht ſelten ganz gerundet. In der Säulenzone liegen

[figure]

a = a : ∞b : ∞c, a : ⅓b : ∞c und a : ⅕b : ∞c.
Oktaeder finden ſich ſelten, doch kommen am Alten-
berg bei Achen kleine ringsum ausgebildete Kry-
ſtalle vor, welche am untern ſonſt immer aufge-
wachſenen Ende das vollſtändige Oktaeder s =
a : ½b : c
zeigen ohne P und alle andern Neben-
flächen, während oben P oder die Paare herrſchen,
und die s entweder ganz fehlen, oder doch nur
untergeordnet auftreten. Das nicht ſelten ſehr
complicirte Oberende zeigt öfter noch z = ½a : b : c,
x = a : ¼b : c
und n = ¼a : ⅓b : c, ſo daß alſo
das Hauptoktaeder nicht vorkommen würde (G.
Roſe Abh. Berl. Akad. 1843. pag. 70). Mit dieſer merkwürdigen po-
laren Hemiedrie ſcheint auch die Pyroelektricität im Zuſammenhange zu
ſtehen, denn die (untere) Oktaederſpitze zeigt ſich immer antilog, und das
freie Oberende analog elektriſch. Es kommen auch Zwillinge vor, welche
die Gradendflächen P ihrer Oktaederſpitzen gegen einander kehren, ſonſt
aber ganz parallel ſtehen, wenn hier die einſpringenden Winkel von s/s'
ſich ausfüllen, ſo ſind es einfache an beiden Enden gleich ausgebildete
Kryſtalle, die an ihren Arenpolen c nur analoge Elektricität zeigen, wäh-
rend in der Mitte die antilogen Pole liegen.


Es wird ſehr leicht und ſtark durch Erwärmen elektriſch. Rieß er-
hitzte es bis auf 40°, nach Hauy zeigte es ſogar noch bei — 6° eine
bemerkbare Einwirkung auf die Magnetnadel von Coulombs Drehwage.
Farblos bis weiß, oder doch nur mit zufälligen Farben, etwas ſtark glän-
zend, H. = 5, Gew. 3,38. Durch Reibung phosphorescirend.


Vor dem Löthrohr zerſpringt es ſtark, beſonders nach der Gradend-
fläche, auch kann man es kaum zum Schmelzen bringen, doch leuchten die
Proben mit grünlichem Lichte, auf Kohle bekommt man einen ſchwachen
Zinkbeſchlag, beſonders mit Soda behandelt. Mit Säure gelatinirt es
ſtark. Daher wurde der lamellenförmige des Breisgau lange mit Faſer-
zeolith verwechſelt.


2 Żn3 S⃛i + 3 Ḣ̶ mit 67 Żn, 25,6 S⃛i, 7,5 Ḣ̶.


Das Kieſelzinkerz kommt mit Galmei zuſammen auf Spalten im
Kalkgebirge vor, der Uebergangskalk von Lüttich, Aachen, Iſerlohn ꝛc., der
Muſchelkalk von Tarnowitz in Schleſien und Wiesloch am Südabhange
des Odenwaldes, der Jurakalk von Bleiberg und Raibel ohnweit Villach
und Kärnthen ſind berühmte Punkte. Gewöhnlich von Bleiglanz begleitet.
Auch auf Bleiglanzgängen, wie z. B. zu Matlok in Derbyſhire oder
Hofsgrund auf dem Schwarzwalde zeigt es ſich. Es ſoll zuweilen auch
traubig ſein, doch die meiſten traubigen gehören zum Galmei. Uebrigens
muß man ſich bei der Säureprobe in Acht nehmen, denn das Kieſelzinkerz
löst ſich auch leicht und bildet dabei viel Bläschen, die man leicht als
Brauſen auslegen könnte, ſo wie man jedoch mit etwas größern Proben
Verſuche anſtellt, ſo bekommt man gleich eine ſteife Gallerte, die man
nicht aus dem Glaſe ſchütten kann. Derbe Maſſen pflegen viel mit Gal-
mei verunreinigt zu ſein.


[311]I. Cl. 10te Fam.: Dioptas.

Willemit Levy, fand ſich am Altenberg bei Aachen, wo er in
kleinen gelben regulären ſechsſeitigen Säulen mit einem ſtumpfen Rhom-
boeder von 128° 30′ in den Endkanten vorkommt. Ein deutlicher Blätter-
bruch nach der Gradendfläche. Die Kryſtalle ſind aber ſo klein, daß man
Mühe hat, ſie zu erkennen. Gew. 4,1, denn er iſt waſſerfrei und Żn3 S⃛i.
Shepard’s gelblicher


Trooſtit mit Franklinit zu Sterling vorkommend, ſoll ein Rhom-
boeder von 124° haben, und aus (Żn, Ṁn, Ṁg)3S⃛i beſtehen.


Hopeit Brewſter, ebenfalls vom Altenberge, aber noch ſeltener.
Er wird 2gliedrig beſchrieben. Nach Levy eine geſchobene Säule M =
a : b : ∞c
von 120° 26′; ein Paar auf die ſtumpfe
Säulenkante aufgeſetzt s = a : c : ∞b macht 101°
in c, dieſer Winkel ſteht dem Säulenwinkel M/M des
Kieſelzinkerzes nahe. Doch ſoll das zugehörige Ok-
taeder o = a : b : c eine vordere Endkante von 140°
und eine ſeitliche von 106° 22′ haben, was ſich mit

[figure]

Kieſelzinkerz nicht in Uebereinſtimmung bringen läßt. Von den drei He-
xaidflächen c : ∞a : ∞b, b = b : ∞a : ∞c und a = a : ∞b : ∞c iſt
letztere ſo blättrig, daß der Perlmutterglanz an Strahlzeolith erinnert.
Immer an beiden Enden gleich ausgebildet. Kalkſpathhärte, Gew. 2,7.
Żn, Ḣ̶ und eine unbekannte Mineralſäure. Jacquot’s Mancinit von Man-
cino bei Livorno ſoll zwei ungleiche Blätterbrüche von 92° haben, aber
chemiſch mit Willemit ſtimmen.


8. Dioptas Hauy.


Werner’s Kupfer-Smaragd, wegen ſeines prachtvollen dunkeln Sma-
ragdgrüns ſo genannt. Er kommt faſt nur in einem dreigliedrigen
Dodekaid
vor, mit 3 + 3 + 6 Kanten: die 3 Endkanten
des Rhomboeders r = a : a : ∞a meſſen 95° 33′, was einem
Würfel nahe kommt, daher die 6 Zickzackkanten, welche die 2te
Säule s = a : ½a : a : c mit dem Rhomboeder macht, 132° 14′.
Folglich

[figure]

a = 0,9385 = = lg 9,97243.
Wenn man gegen die Endkanten des Rhomboeders ſieht, ſo bemerkt
man in der Richtung des nächſten ſtumpfern Rhomboeders ein ſtarkes
Licht, was auf einen blättrigen Bruch hinweist, der ſich mit dem Feder-
meſſer darſtellen läßt, aber noch nicht ganz ſo deutlich als beim Flußſpath
iſt. Hauy gründete auf dieſes innere Licht den Namen Dioptas. Das
Rhomboeder des blättrigen Bruchs hat in den Endkanten 126° 1′. Berg-
meiſter Credner (Leonhard’s Jahrb. 1839. pag. 404) fand von den 6
Zickzackkanten r/s die eine abgeſtumpft, die andere nicht, was auf eine
merkwürdige Hemiedrie (Rhomboeder von Zwiſchenſtellung) hinweiſen
würde. Man findet dieß allerdings zuweilen, und die Sache ſcheint da-
durch noch ein Gewicht zu bekommen, daß ihr eine wenn auch undeutliche
Streifung auf der Rhomboederfläche parallel geht. Es fällt übrigens
auf, daß man ſo ſelten untergeordnete Flächen an dieſem merkwürdigen
Dodekaide zu Geſicht bekommt.


[312]I. Cl. 10te Fam.: Kupfergrün.

Dunkel ſmaragdgrün, mit geringer Durchſichtigkeit, Härte 5, Gew. 3,2.
Vor dem Löthrohr färben ſie die Flamme grün, beſonders wenn man ſie
in Borax löst, das deutet auf Kupfer- und nicht auf Chromfärbung.
Mit Soda auf Kohle kann man das Kupferkorn auch darſtellen. Sie
ſchmelzen nicht, färben ſich aber ſchnell ſchwarz. Säure läßt ein Kieſel-
ſkelett zurück.


Ċu3 S⃛i2 + 3 Ḣ̶ mit 38,7 S⃛i, 49,9 Ċu, 11,3 Ḣ̶.


Einziger Fundort das Land der mittleren Kirgiſenhorde zwiſchen Ural
und Altai, die Kirgiſen nennen die Hügel Altyn-Tubeh am Flüßchen
Altyn-Szu. Die fetten über ½'' großen Kryſtalle brechen in einem dichten
Kalkſtein mit Kalkſpath, und bröckeln gern von ihrer Unterlage ab. Herr-
mann erſtattete am 23. Januar 1800 der Petersburger Akademie den
erſten ausführlichen Bericht darüber und nannte ihn Achirit, nach einem
Buchariſchen Kaufmann Achir Mahméd, welcher 1785 einen ganzen Sack
voll aus der Steppe nach Semipalatinsk am Irtyſch brachte, und für
Eiſenvitriol hielt, während Ferber darin Smaragde erkennen wollte. Nova
Acta Acad. Petropolitanae XIII. pag.
339.


Das Kupfergrün Wr. Ċu3 S⃛i2 + 6 Ḣ̶ (Kieſelkupfer) bildet fein
traubige Maſſen, mit opalartigem Bruch und ſpangrüner Farbe. Härte
2—3, Gew. 2,2. Verhält ſich chemiſch wie Dioptas. Stücke in heiße
Salzſäure geworfen werden bald an den Kanten durchſcheinend, weil die
Kieſelerde zurückbleibt, die zwiſchen den Zähnen noch knirſcht. Ausge-
zeichnet kam das ſpangrüne auf dem Herrenſeegen im Schwarzwalde
mit Ziegelerz und Kupferkies vor, nicht minder ſchön das von Poloma in
Ungarn. Wenn ſie Eiſen aufnehmen, ſo werden ſie piſtacien- und dunkel
olivengrün (Werner’s Eiſenſchüſſiges Kupfergrün). Höchſt intereſſant in
dieſer Beziehung iſt das Kupfergrün und Kupferblau aus den Turjinſchen
Kupfergruben bei Bogoslowsk zwiſchen dem 59° und 60° Breitengrade im
Ural. Die laſurblaue dichte Subſtanz iſt matt, und erinnert nicht blos
durch ihre Farbe an erdige Kupferlaſur, ſondern ſie braust auch noch
ſtark in kalter Säure, läßt aber bereits ein Kieſelſkelett zurück. Dieſes
ſchöne Blau wird nun rings von lauchgrünem „eiſenſchüſſigem Kupfer-
grün“ umgeben, das Opalglanz hat, und mit Salzſäure durchaus nicht
mehr braust. Grün und Blau ſetzen ſcharf an einander ab, ſind nur
durch einen engen lichtern Streif von einander getrennt. Das ſo gebil-
dete Lauchgrün wird dann wieder zerſetzt, und nimmt ein erdiges
himmelblaues Ausſehen an. Man ſieht hier alſo ganz klar, wie die
grüne Maſſe durch Umwandlung aus der blauen entſteht. Das Kupfer-
grün kommt noch in, wie es ſcheint, 2gliedrigen Afterkryſtallen von 112°
vor, die Säulen ſind lang, aber durch die ſtark ausgedehnten Abſtumpfungs-
flächen der ſcharfen Kanten ſehr breit gedrückt (G. Roſe Reiſ. Ural. I.
pag.
412). Dieſelben kommen auch beim dortigen Malachit vor, und man
weiß nicht, welchem Mineral ſie angehören. Hauy ſcheint ſchon dieſelben
gekannt zu haben, hielt ſie aber fälſchlich für wirkliche Kryſtalle des Ku-
pfergrüns. Die Gränze nach den Saliniſchen Kupfererzen iſt nicht genau
feſt zu ſtellen.


[313]I. Cl. 10te Fam.: Helvin, Wismuthblende.

9. Helvin Wr.


Von Mohs in Null’s Mineralien-Kabinet I.92 als Anhang zum ge-
meinen Granat von Annaberg beſchrieben. Später gab ihm Werner den
Namen nach ſeiner gelben Farbe (ἥλιος Sonne). Hoffmann Mineral. VI. b.
pag.
112.


Tetraedriſch, die kleinen nur wenige Linien großen Kryſtalle
zeigen faſt immer das einfache reguläre Tetraeder. Spuren von Gegen-
tetraeder bringen das Oktaeder nie ins Gleichgewicht. Sie liefern daher
für die nicht gewöhnliche Tetraederform ein vortreffliches Beiſpiel. Nicht
ſonderlich blättrig. Wachsgelb. Härte 6, Gew. 3,2. Erinnert wohl
durch ſein Ausſehen an Granat, daher von Mohs tetraedriſcher Granat
genannt.


Höchſt merkwürdige chemiſche Zuſammenſetzung von Ch. Gmelin
(Chemiſche Unterſuchungen des Helvins. Tübingen 1825) nachgewieſen.
In Salzſäure erhitzt entwickelt er einen ſehr deutlichen Geruch nach
Schwefelwaſſerſtoff, was auf eine Schwefelverbindung hinweist, bildet
dabei aber auch eine Kieſelgallerte. Vor dem Löthrohr auf Kohle ſchmilzt
er in der innern Flamme zu einer gelben Perle. Mit Borax Mangan-
reaktion. Die zwei Analyſen ergaben: 33,2 und 35,3 S⃛i, 12 und 9,5
Thonerdehaltige Beryllerde, 31,8 und 29,3 Ṁn, 14 M̍n, 5,6 und 8 Ḟe.
G. Roſe conſtruirt daraus die Formel
(Ṁn, Ḟe)3 S⃛i2 + B̶⃛e S⃛i + M̍n Ṁn.


Kam früher auf einem Lager im Gneuſe von Schwarzenberg im
Sächſiſchen Erzgebirge vor: das Geſtein, worin er eingeſprengt iſt, ſieht
ſehr unrein und verwittert aus. Dieſe Gegend des durch ſeinen Smirgel
bekannten Ochſenkopfs ſcheint bis jetzt die Haupt-Fundſtätte zu ſein, wie
auch die Verbindung eines Schwefelmetalls mit Silicaten einzig iſt. Breit-
haupt vermuthet, daß der tetraedriſche


Achtarandit mit dem Wilui-Groſſular an der Achtaranda vor-
kommend Afterkryſtall vom Helvin ſei, weil er dem Helvin auf Unver-
hofft-Glück an der Achte bei Johann-Georgenſtadt gleiche (Leonhard’s
Jahrb. 1853. 569).


Anhang.


Zum Schluſſe gibt es noch eine ganze Reihe von Silicaten, gemiſcht
mit andern Salzen, die man nicht gut unterbringen kann.


Wismuthblende Breithaupt (Kieſelwismuth) könnte man bei der Blende
abhandeln. Denn die kleinen braungelben Kryſtalle haben ebenfalls einen
ſechsfachen Blätterbruch, und Breithaupt fand ein Pyramidentetraeder
a : a : ½a mit 146\frac{1}{2}° in den Pyramidenkanten. Die Tetraederkanten durch die
Würfelflächen gerade abgeſtumpft. Ausgezeichnete Zwillinge, worin die
Tetraederkanten ſich rechtwinklig kreuzen. Darunter ſonderbarer Weiſe
auch Drillinge, worin die Tetraederkanten ſich unter 60° ſchneiden, und
von der Würfelfläche her geſehen einen ſehr regelmäßigen ſechsſtrahligen
Stern bilden. Demantglanz. H. = 5, Gew. 6. Von Blende unter-
ſcheidet ſie ſich ſchnell durch ihre leichte Schmelzbarkeit (daher auch Eu-
[314]I. Cl. 10te Fam.: Eudialyt, Leukophan.
lytin genannt), wobei ſich auf Kohle der gelblichbraune Wismuthbeſchlag
um die Probe abſetzt. 22,2 S⃛i, 69,4 B̶⃛i, 3,3 ˙˙˙˙˙, etwas Flußſäure, F̶⃛e ꝛc.
Man gibt ihr daher die Formel
2 B̶⃛i2 S⃛i5 + B̶⃛i2˙˙˙˙˙.
Auf Kobaldgängen zu Schneeberg mit gediegenem Wismuth und Wis-
muthocker. Rein ſchwefelgelbe ſphenartige Kryſtalle dabei nannte Breit-
haupt Ateleſtit.


Eudialyt Weiß Verh. Berl. Geſ. Nat. Freunde I.197 (εὐδιάλυτος
wohllöslich, weil er in Salzſäure ſich aufſchließen läßt). Kryſtalle ſelten.
Nach Levy (Edinb. phil. Journ. 1825. XII.81) ein ſcharfes Rhomboeder
P mit 73° 40′ in den Endkanten gibt
a = 0,477 = = lg 9,67865.
Die Gradendfläche a' deutlich blättrig. Außerdem die

[figure]

beiden ſechsſeitigen Säulen, die 1ſte e2 = a : a : ∞a : ∞c,
und die zweite d' = a : ½a : a : ∞c, und noch drei
Rhomboeder : das nächſte ſchärfere e' = ½a' : ½a' : ∞a,
das nächſte ſtumpfere b' = 2a' : 2a' : ∞a und das
2te ſtumpfere a2 = 4a : 4a : ∞a.


Granatartige Farbe mit einem ſtärkern Stich ins
Blau als Colombinroth, daher von Mohs auch rhom-
boedriſcher Almandinſpath genannt. H. = 5, Gew. 2,9.


Schmilzt zu einem lichtgrünen Email. Wenn man
1,2 Cl vernachläſſigt, ſo kommt etwa die Formel
2 (Ċa, Ṅa, Ḟe)3 S⃛i2 + Z̶⃛r S⃛i2.
Die 16,9 Zirkonerde erklärte ſchon Hauy aus dem beibrechenden Zirkon,
und wegen des 13 Ṅa, das etwas Kalihaltig iſt, hielt er das Mineral
für Sodalit, mit welchem es zuſammen im Zirkonſienit von Kangerd-
luarſuk in Grönland bricht, wo es Gieſeke fand. Siehe auch L. Svan-
berg Pogg. Ann. 66. 309.


Leukophan Esmark aus dem Sienit von Lamö im Langeſundsfjord
ſoll nach Weybie (Leonh. Jahrb. 1849. pag. 773) eingliedrig ähnlich dem
Kupfervitriol kryſtalliſiren. Zwei ungleich blättrige Brüche M/T ſchneiden
ſich unter 115°, gegen dieſe neigt ſich unter verſchiedenen Winkeln eine
ſehr deutlich blättrige doppelt ſchiefe Endfläche. Grünlich gelbe Farbe, in
gewiſſen Richtungen mit einem weißen Lichtſchein, Härte 4, Gew. 3.
Schmilzt zu einer ſchwach violblauen Perle
Ċa3 S⃛i2 + B̶⃛e S⃛i + Na F̶l mit 11,5 B̶⃛e, 6,1 Fl.
Vergleiche auch Scheerer’s


Melinophan, gelb, im Zirkonſienit von Fredriksvärn, Erdmann
Journ. prakt. Chem. 55. 449.


[[315]]

Zweite Claſſe.
Saliniſche Steine und Erze.


Die Silikate ſind freilich auch Salze, und folglich ſaliniſch. Allein
da die Kieſelſäure jene auffallenden Unterſcheidungsmerkmale hat, ſo ſcheint
es nicht unpaſſend, unter dem Namen ſaliniſch vorzugsweis alle diejenigen
Verbindungen zuſammenzufaſſen, deren Sauerſtoffſäure nicht Kieſelerde iſt.
Zu weitern Unterabtheilungen bieten ſich dann die Säuren oder die Baſen
dar. Leider vertreten viele Baſen ſich ſo leicht unter einander, daß es
nicht möglich iſt, ihnen allſeitig ſichere Gränzen zu ziehen. So angenehm
es auf der andern Seite auch wieder ſein mag, beſonders bei den techniſch
wichtigen Subſtanzen, die Baſen nicht zu trennen: ſo würden die Kalke,
die Baryte, die Eiſen-, Kupfer- und Bleierze ꝛc. gute Gruppen bilden,
und Hr. Profeſſor Weiß hat in ſeinen Vorträgen die ſaliniſchen Steine
von den ſaliniſchen Erzen ſcharf getrennt gehalten. Andererſeits ſind die
Säuren, wenn gleich von geringem techniſchen Nutzen, für die Formbildung
der Kryſtalle von größter Bedeutung, oft ſcheint es, als wenn die Baſis
ſich blos paſſiv und nur die Säure aktiv verhalte. Dazu kommt, daß in
Beziehung auf Baſen ſich dieſe Klaſſe von der vorigen kaum unterſcheidet.
Zwar kommt die A̶⃛l und ihre Verwandten nicht häufig, Ċa, Ḃa, Ṡr herr-
ſchen mehr, allein das ſind Sachen von ſehr untergeordneter Bedeutung.
Dagegen treten die Säuren, kaum bei den Silikaten angedeutet, in ge-
ſchloſſenen Reihen hier und nicht wieder auf. Oben an


1. die KohlenſäureC̈. Sie dringt als ſchweres erſtickendes Gas aus
unzähligen Spalten der Erde hervor, ſpielt bei Vulkanen eine merkwürdige
Rolle, und war in den Säuerlingen ſchon lange Zeit als „Luftſäure“
den Mineralogen bekannt, ehe man ihre Eigenſchaften kannte. Durch die
Kalkgebirge wird ſie in ungeheuren Mengen gebunden, und gibt ſich hier
leicht mit Brauſen durch Säure zu erkennen, was ſchon Agricola als
Kennzeichen anführt. Trotz ihrer Gasform frißt ſie die verſchiedenſten
Steine und Erze an, und wirkt zerſetzend ein. In den obern Teufen der
Gänge ſpielen daher Carbonate der verſchiedenſten Art eine Hauptrolle.


2. Die SchwefelſäureS⃛ findet ſich in größerm Vorrath immer an
den Kalk gebunden und trägt ſo zur Bildung von Gyps- und Anhydrit-
gebirgen weſentlich bei. Dieſe ſcheint meiſt aus dem Urmeere zu ſtammen.
Vereinzelt aber ſehr verbreitet bindet ſie der Schwer- und Strontſpath.
Außerdem entſteht ſie durch Zerſetzung der Schwefelmetalle in Bergwerken,
als Sublimationsprodukt der Vulkane ꝛc.


[316]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.

3. Die Phosphorſäure˙˙˙˙˙, merkwürdig durch ihren Iſomorphismus
mit ˈˈˈs, die man daher auch neben einander aufführen muß, iſt in Hin-
ſicht auf Maſſe den beiden genannten weit untergeordnet. Sie nimmt
aber wegen ihrer Rolle, welche ſie im thieriſchen Organismus ſpielt, un-
ſere Aufmerkſamkeit in doppelten Anſpruch.


4. Die Salzbilder Fluor F̶l, Chlor C̶l, Jod und Brom B̶r ſpielen
eine ſehr ungleiche Rolle. Das Fluor ſchon bei vielen Silicaten wichtig,
lagert ſich im Flußſpath in größern Mengen ab, während das Chlor
hauptſächlich ſich an das Steinſalz bindet.


5. Die BorſäureB⃛ bildet zwar nur eine kleine, aber ganz intereſſante
Gruppe.


Von Metallſäuren ſind Chromſäure C⃛r, Wolframſäure W⃛, Molybdän-
ſäure M⃛o inſonders wegen der Bleiſalze hier aufzuführen, während ihre
Oxyde wohl bei den Oxydiſchen Erzen die beſſere Stelle finden, wenn
gleich über Oxyd oder Säure eine richtige chemiſche Deutung nicht immer
möglich iſt. Das ſind Schwierigkeiten, wovon keine Syſtematik ſich be-
freien kann.


Uebrigens darf man auch hier das Beſtreben nicht aufgeben, ſo viel
als möglich das Aehnliche zuſammen zu bringen. Dieß gelingt nament-
lich bei den künſtlichen Salzen am wenigſten, denen im Grunde genommen
unter den Mineralen ihr Platz nicht verſagt werden kann.


Weil es dieſer Klaſſe an Kieſelerde fehlt, ſo ſind die dahin gehö-
rigen Minerale im Allgemeinen leicht aufſchließbar, das erleichtert die
chemiſche Unterſuchung beſonders auf naſſem Wege außerordentlich.


Kohlenſaure ſaliniſche Steine.


1. Kalkſpath.


Calx (χάλιξ) hieß bei den Lateinern im Allgemeinen Stein, Plinius
hist. nat.
36. 53 braucht es dann ausdrücklich für unſern Kalkſtein: mirum,
aliquid poslquam arserit accendi aquis
(wunderbar, daß etwas, nachdem
es gebrannt, durch Waſſer angezündet werden kann). Die kryſtalliniſchen
hießen bei den Bergleuten ſchlechthin Spath, Spatum lapis Agricola
pag.
518, und es nimmt Wunder, daß wir dieſen bei den Alten nicht
ſicher wieder erkennen. Scheuchzer glaubt, es ſei Androdamas (quadrata
semperque tessulis similis Plinius hist. nat.
37. 54), Agricola nennt ihn
Rhombites, und ſeit Bartholin am Crystallus Islandicus 1669 die doppelte
Strahlenbrechung erkannte, beſchäftigten ſich die ausgezeichnetſten Phyſiker
mit der Beſtimmung ſeiner Winkel. Seine Figuren haben das Auge der
Bergverſtändigen auf ſich gezogen, und obgleich Cronſtedt noch 1758 „keine
große Hoffnung hegte, daß etwas Weſentliches daraus werde,“ ſo hatte
doch Bergmann 1773 ſchon den Schlüſſel gefunden, welcher Hauy zu
ſeinen bewunderungswürdigen Entdeckungen führte. Dieſer begann ſein
Mineralſyſtem nicht nur mit dem Chaux carbonatée, ſondern ſetzte daran
auch ſeine ganze Theorie auseinander: ohne Kalkſpath würde die Kryſtallo-
graphie vielleicht noch lange verborgen geblieben ſein.


[317]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.

Kryſtallſyſtem rhomboedriſch. Das RhomboederP =
a : a : ∞a : c
ſehr blättrig, und ſo leicht darſtellbar, daß der Spath nur
in Parallelepipede von 105° • 5′ in den Endkanten zerſpringt, daraus folgt
a = 1,1705 = = lg 0,06839.
Gibt Neigung P gegen die Axe c 45° 20′; der Endkante P/P gegen die
Axe c 63° 44′, alſo der ſtumpfe Winkel des Hauptſchnitts 109° 4′ (faſt
Oktaederwinkel), der ſtumpfe Flächenwinkel 101° • 55′. Schon Huygens
fand die Rhomboederkante zu 105°, Romé de l’Isle nahm den ebenen
Winkel zu 102° 30′, Hauy rechnete die Kante zu 104° 28′ 40″, und die
Ebene zu 101° 32′ 13″, von der Vorausſetzung ausgehend, daß P mit
der ſechsſeitigen Säule und Gradendfläche gleiche Winkel mache, ſich
alſo unter 45° zur Axe c neige, woraus c : s = 1 : 1 folgt, während
dieß Verhältniß 1 : 1,0137 iſt, wie Wollaſton 1809 bewies, indem er am
Ende der Description of a reflective Goniometer als einziges Beiſpiel
den Kalkſpath anführt, für welchen er 45° 20′ als Neigung der Fläche P
gegen Axe c feſtſetzte, was jetzt allgemein angenommen wird. Das Rhom-
boeder tritt ſelten ſelbſtändig auf, und wenn es vorkommt, ſind ſeine
Flächen matt. Man findet es am St. Gotthardt, bei Neudorf auf dem
Unterharz auf Bleiglanzgängen, in 3″ großen Kryſtallen im Siluriſchen
Kalk von Slichow bei Prag. Sehr merkwürdig iſt das Gegenrhomboeder
e½ = a' : a' : ∞a : c, das rauhflächig bei Andreasberg vorkommt. Der
blättrige Bruch durch c gelegt, halbirt die Zickzackkanten. Durch die Ver-
bindung des Haupt- und Gegenrhomboeders entſteht ein Dihexaeder von
138° 53′ in den Endkanten.


Die Gradendflächea' = c : ∞a : ∞a : ∞a ſtumpft die End-
ecke mit gleichſeitigem Dreieck ab, ſie hat gewöhnlich ein mattweißes ſchief-
riges Ausſehen, iſt ſogar nicht ſelten weicher als die übrigen Flächen.
Hauy nahm ſie für blättrig, und im Schieferſpath von Norwegen, ſchnee-
weiß und krummblättrig, meint man wirklich einen blättrigen Bruch an-
nehmen zu ſollen. Auch die Andreasberger Säulen werden recht ſchilferich.
Während der zerreibliche Schaumkalk (Karſten’s Aphrit) aus dem Zechſtein
von Gera und Eisleben nichts als in Ċa C̈ verwandelter Gyps iſt. Wenn
ſich die Gradendfläche mit dem Rhomboeder verbindet, wie am St. Gott-
hardt, ſo entſtehen ausgezeichnete dreigliedrige Oktaeder.


Die erſte ſechsſeitige Säulee2 = a : a : ∞a : ∞c ſtumpft
die Seitenecken des Rhomboeders ab, indem es die 2 Zickzackkanten in 1
und die Endkante in ½ ſchneidet. Mit Gradendfläche kommen ſie ausge-
zeichnet bei Andreasberg vor, dieſelben werden zuweilen papierdünn, und
haben in der Gradendfläche eine weiße wie durch Verwitterung erzeugte
Farbe, die nicht ganz zur Mitte der Säule vordringt. Der blättrige
Bruch ſtumpft daran die Endkanten abwechſelnd ab. Viel ſeltener findet
man die 2te ſechsſeitige Säule d1 = a : ½a : a : ∞c in Ausdehnung,
Dufrénoy bildet ſie von Cumberland mit dem Hauptrhomboeder ab, da
ſie die Zickzackkanten deſſelben gerade abſtumpft, ſo entſteht dadurch ein
ausgezeichnetes dreigliedriges Dodekaid. Der blättrige Bruch ſtumpft dann
die Endecken abwechſelnd ab. 6 + 6kantige Säulen ſind ſelten, doch
findet man an den Dreikantnern von Andreasberg und Cumberland hin
und wieder a : ⅓a : ½a : ∞c, ſelten die Hauy’ſche Fläche a : ¼a : ⅓a : ∞c.
[318]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
Sie runden die Seitenkanten der Rhomboeder und Dreikantner oft ganz
cylindriſch, und ſind daher gewöhnlich keiner ſcharfen Beſtimmung fähig.


Von den Rhomboedern zieht vor allem die ſogenannte Haupt-
reihe
das Augenmerk auf ſich. Dahin gehört
das erſte ſtumpfereb' = 2a' : 2a' : ∞a (134° 57′),
welches gewöhnlich in ſymmetriſchen Pentagonen die Enden der erſten
ſechsſeitigen Säule bildet. Man erkennt es ſehr leicht an der Lage des
Blätterbruchs, welcher in die Diagonalzonen fällt, denen gewöhnlich eine
auffallende Streifung entſpricht, wodurch die Pentagone bauchig werden.
Schon Linné war auf dieſe Pentagone aufmerkſam, denn ſie gehören mit
zu den verbreitetſten Vorkommniſſen auf Erzgängen, in Spalten des Kalk-
gebirges, in Achatdruſen von Oberſtein, Waldshut am ſüdlichen Schwarz-
walde ꝛc. Zu Druſen gruppirt kommen die Rhomboeder auch ſelbſtſtändig
vor, unter andern ſehr ſchön zu Neudorf auf dem Unterharz. Bei mitt-
lerer Ausdehnung bilden auch die Säulenflächen ſymmetriſche Pentagone,
wir haben dann ein 3 + 3flächiges Pentagondodekaeder.


Das 2te ſtumpfere Rhomboeder 4a : 4a : ∞a
wird zwar erwähnt, gehört aber zu den Seltenheiten.


Das erſte ſchärferee' = ½a' : ½a' : ∞a
fällt in die Diagonalzone des blättrigen Bruchs, derſelbe muß alſo ſeine
Endkanten gerade abſtumpfen, woran man es leicht erkennt. Man findet
es häufig aufgewachſen, beſonders in Kalkgebirgen der Jura- und Muſchel-
kalkformation. Am merkwürdigſten ſind aber die ſogenannten kryſtalli-
ſirten Sandſteine von Fontainebleau, worin der Kalkſpath nur ⅓, der
Quarzſand dagegen ⅔ beträgt, dennoch kommen die Rhomboeder in größter
Regelmäßigkeit vor, auch verräth der Spiegel in den Kanten das Weſen
der Form. Es ſind eigentlich Kalkconcretionen in einem Tertiärſande,
daher bilden ſie große Knollen aus verwachſenen Rhomboedern, worunter
ſich auch viele Einzelkryſtalle, regelmäßig wie Modelle, zeigen. Hauy
nannte es Rhomboèdre inverse (Invertirungsrhomboeder), weil es
nach ſeiner Rechnung den ſtumpfen Flächenwinkel von 104° 28′ 40″ und
den ſtumpfen Seitenkantenwinkel von 101° 32′ 13″ mit den Winkeln,
Kanten- und Flächenwinkeln, des Hauptrhomboeders vertauſche. Auch der
Hauptſchnitt hat die gleichen Winkel von 108° 26′ 6″, nur fällt jetzt
der ſtumpfe Winkel nicht in die End- ſondern in die Seitenecke. In
gleicher Verwandtſchaft ſteht das 1ſte ſtumpfere mit dem 2ten ſchärfern,
überhaupt das nte ſtumpfere mit dem n + 1ten ſchärfern. Dieſes ſchöne
Verhältniß fällt aber, ſobald P gegen c nicht mehr 45° geneigt iſt: denn
nach Wollaſton beträgt die Endkante des Rh. inverse 78° 51′, während
der ſcharfe Flächenwinkel des blättrigen Bruchs nur 78° 5′ macht, ſo daß
eine kleine Differenz bleibt.


Das 2te ſchärferee3 = ¼a : ¼a : ∞a (65° 50′)
bindet ſich hauptſächlich an den gewöhnlichen Dreikantner d2, in deſſen
ſcharfen Endkanten es liegt, der Dreikantner muß folglich die Endkanten
zuſchärfen. In unſern ſchwäbiſchen Muſchelkalken (beſonders an der Wutach)
findet man häufig dieſes Rhomboeder vorherrſchen. Da es mit dem erſten
ſtumpfen Rhomboeder die Winkel vertauſcht, ſo beträgt der ebene Winkel
in der Endecke ungefähr einen halben rechten, was das Auge leicht be-
urtheilt. Das
[319]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
3te ſchärferee\frac{5}{3} = ⅛a' : ⅛a' : ∞a (61° 33′)
findet ſich nur untergeordnet meiſt am erſten ſchärfern, woran es die
Seitenecken abſtumpft. Dagegen iſt das
4te ſchärferee\frac{11}{5} = \frac{1}{16}a : \frac{1}{16}a : ∞a (60° 20′)
in Verbindung mit dem erſten ſtumpfern 2a' : 2a'
gar nicht ungewöhnlich in Spalten des ſchwäbiſchen
Jurakalkes ꝛc. Beim erſten Anblick kann man es
für eine Säule halten, allein die Kanten convergi-
ren, obgleich ſie vom Winkel der regulären ſechs-
ſeitigen Säule nur ¼° abweichen (119° 40′). Hauy
unterſchied zwei Rhomboeder dieſer Art: ein

[figure]

dilaté
Blaubeuren.


[figure]

contracté
Waldshut.


contracté e\frac{9}{4} = \frac{1}{13}a : \frac{1}{13}a : ∞a (60° 36′), weil
die Flächen ſich unter der Baſis des Endpentagons
verengen, und ein
dilaté e\frac{9}{5} = \frac{1}{14}a' : \frac{1}{14}a' : ∞a (60° 31′),
weil die Flächen ſich unter der Baſis erweitern. Wenn dieſe Convergenz
oder Divergenz ſich immer ſo deutlich beobachten ließe, als ſie gezeichnet
wird, ſo folgte daraus, daß beide Rhomboeder verſchiedenen Ordnungen
angehören müßten. Hauy konnte die Sache nicht durch Meſſung beſtä-
tigen, ſondern er ſchloß es nur, weil hierauf die einfachſten Ausdrücke \frac{9}{4}
und \frac{9}{5} führten. Bei Seitenkantenwinkeln, die ſich ſo nahe liegen, wie
119° 24′, 119° 29′ und 119° 40, kann auch heute das Reflexionsgonio-
meter um ſo weniger entſcheiden, als der Glanz der Flächen ſich gewöhn-
lich nicht ſonderlich zum Meſſen eignet. Man könnte daher alle unter
dem 4ten ſchärfern vereinigen, das vermöge ſeiner Ableitung die Wahr-
ſcheinlichkeit für ſich hat. Das dilaté e\frac{9}{5} könnte dann das Gegenrhom-
boeder e\frac{17}{31} = \frac{1}{16}a' : \frac{1}{16}a' : ∞a ſein. Prof. Zippe geht ſogar noch weiter,
er unterſcheidet ein e\frac{19}{9} = \frac{1}{28}a : \frac{1}{28}a : ∞a mit 60° 9′ in den Endkanten,
und folglich 119° 51′ in den Seitenkanten.


Von Rhomboedern außer der Hauptreihe führe ich nur noch zwei als
wichtig an: Hauy’s
mixte e\frac{3}{2} = ⅕a' : ⅕a' : ∞a (63° 51′).
Da es die ſtumpfen Kanten des gewöhnlichen Dreikantner’s abſtumpft,
ſo findet es ſich öfter. Von dem 2ten ſchärfern ¼a unterſcheidet man es
leicht durch die Lage des blättrigen Bruchs, der wie die Kanten liegt. Das
cuboide e\frac{4}{5} = ⅔a' : ⅔a' : ∞a hat 88° 18′
in den Endkanten, unterſcheidet ſich daher nur um 1° 42′ vom Würfel.
Es kommt bei Andreasberg, mit Ichthyophthalm auf den Faröer Inſeln ꝛc.
vor. Letztere kann man wegen ihrer röthlichen Farbe leicht mit Flußſpath
verwechſeln. Von genauer Beſtimmung kann aber wegen der bauchigen
Flächen kaum die Rede ſein.


Die Dreikantner ſpielen ſelbſtſtändig und untergeordnet eine überaus
wichtige Rolle, vor allem Hauy’s
mélastatique b2 = a : ⅓a : ½a : c.
Er ſchärft die Zickzackkanten des Hauptrhomboeders im Verhältniß 2 : 1 zu.
[320]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
Daher fällt der blättrige Bruch in die Zickzackkanten von 132° 58′; die
ſtumpfen Endkanten 144° 24′, die ſcharfen 104° 38′. Nach Hauy’ſcher
Rechnung ſtimmte der Winkel der Zickzackkanten mit den Endkanten des
Hauptrhomboeders und der ſtumpfe ebene Winkel der Flächen mit dem
ſtumpfen des Hauptrhomboeders, dieſes ſchönen Verhältniſſes wegen
nannte er den Körper métastatique „winkelübertragen.“


Sehen wir auf die unterſte Projektionsfigur auf pag. 78, ſo tritt
das Verhältniß der Rhomboeder zum Dreikantner ſogleich in die Augen:
mit jedem ſind uns zugleich noch vier weitere Rhomboeder gegeben: zwei
davon ſtumpfen die abwechſelnden Endkanten gerade ab, und zwei gehen
den abwechſelnden Endkanten parallel (liegen auf der Projektion in den
abwechſelnden Endkanten). Nehmen wir den Hauptdreikantner
,
ſo wird die ſcharfe Endkante in durch das nächſte ſchärfere Rhomboeder
, und die ſtumpfe in durch ⅖a : ⅖a : ∞a gerade abgeſtumpft,
man darf alſo den Coefficienten von b nur mit 2 multipliciren. Dagegen
liegt in den abwechſelnden ſcharfen Endkanten das 2te ſchärfere
, und in den abwechſelnden ſtumpfen , beider Zei-
chen entſprechen daher den Coefficienten von b. Da nun ferner in den
Seitenkanten das Hauptrhomboeder liegt, von der 2ten ſechsſeitigen Säule
nicht zu ſprechen, ſo haben wir die Reihe
und außerdem mit dem zugehörigen ſtumpferen .
Hr. Profeſſor Zippe hat dieſe Rhomboeder nicht unpaſſend die verhüllten
genannt, und da er 85 verſchiedene Dreikantner zuſammenbringt, ſo kann
man daraus auf den Reichthum ſchließen, wenn auch darunter gar manche
unſicher ſein mögen. Uebrigens kommen die genannten des Hauptdrei-
kantners auch häufig (enthüllt) vor, und je häufiger ein Dreikantner,
deſto wahrſcheinlicher auch ſeine enthüllten Rhomboeder. Wir wollen nach
der Methode des Hrn. Prof. Weiß einmal die wichtigſten Dreikantner aus
der Kantenzone des Hauptrhomboeders zuſammenſtellen. Die
Sache iſt jetzt ſehr erleichtert durch die gelehrte Abhandlung des Hrn. Prof.
Zippe im III. Bande der Denkſchriften der Kaiſerl. Akad. der Wiſſen-
ſchaften: Ueberſicht der Kryſtallgeſtalten des rhomboedriſchen Kalk-Haloides,
worin 700 Varietäten dieſes Minerals mit 42 verſchiedenen Rhomboedern,
85 Dreikantnern, 7 Dihexaedern und mehreren Säulen mathematiſch be-
ſtimmt ſind. Dr. Ferd. Hochſtetter hat dann im VI. Bande derſelben
Denkſchriften den ganzen Reichthum von Flächen in einer großen Projek-
tionsfigur zuſammengefaßt, die dem Manne vom Fach um ſo willkommener
ſein muß, als derartige Arbeiten bei tiefer Sachkenntniß auch eine nicht
gewöhnliche techniſche Fertigkeit verlangen. Uebrigens genügt zum ſchnellen
[321]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
Verſtändniß auch eine kleine Figur, wie nachfolgendes Stück zeigt, worin
nur eine Kantenzone etwas vollſtändiger ausgeführt wurde.


[figure]
Quenſtedt, Mineralogie. 21
[322]II. Saliniſche Steine: Kalkſpath.

Die Zeichen haben folgende Bedeutung: Alles, was in der Projek-
tionsfigur zwiſchen die 2te Säulenfläche bb und das Hauptrhomboeder
baa fällt, ſchärft die Seitenkanten des Hauptrhomboeders zu. Nächſt der
Säule liegen die Linien \frac{1}{7} bis ¼ (Nro. 1—4) ſehr gedrängt, ihre zuge-
hörigen Flächen können daher leicht mit einander verwechſelt werden; von
⅓ bis 4 (Nro. 5—10) bleibt dagegen größerer Zwiſchenraum, die Kanten-
[323]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
winkel weichen folglich bedeutender von einander ab. Auf dieſen Flächen
ruht alſo das Hauptintereſſe für den Beobachter in der Natur. Weiter
hinaus drängen ſie ſich wieder mehr zuſammen, und werden folglich ver-
wechſelbarer. Die Projektion aller dieſer Flächen Nro. 1 bis Nro. 12
geht aber höchſt leicht von Statten, in dem man nur das vorderſte und
letzte Glied, welches in allen b iſt, ins Auge faßt, und dann auf der
von b entfernteſten Axe die a der Reihe nach aufträgt. Da durch zwei
Punkte der Ausdruck der ganzen Linie gegeben iſt, ſo müſſen die gewon-
nenen Sektionslinien die Axen gemäß der Formel ſchneiden. So entſtehen
nun in höchſt eleganter Weiſe die Brüche der Primzahlen. Der Drei-
kantner Nro. 7 hat 1, 2, 3 und 5, jede darüberſtehende Nummer gibt eine
Primzahl weiter, Nro. 6 gibt 7, Nro. 5 11, Nro. 4 13 ꝛc., ſo daß alſo
die Länge der Linien ſich von ſelbſt findet. Gehen wir über die Rhom-
boederflächen baa hinaus zur


zweiten Abtheilung, ſo liegen zwiſchen ihm und dem Dihexaeder
Nro. 19 die Flächen von Nro. 13 — Nro. 19 gleichfalls im ſchönſten
Geſetz: wir gehen jetzt wieder von b aus, müſſen nun aber entweder un-
mittelbar links neben b die vorderſten Glieder 10a—3a auf der über a'
hinaus verlängerten aa' abtragen, woraus ſich dann auf a rechts die
Stücke ergeben, oder da wir bereits alle Zahlen in der Figur haben, die
Stücke \frac{10}{9}a bis \frac{3}{2}a unmittelbar auftragen. Die


dritte Abtheilung zwiſchen Dihexaeder und nächſtem ſtumpferen
Rhomboeder Nro. 20 — Nro. 23 zählt nur wenige, und alle gehören der
2ten Ordnung an, denn ſie legen ihre ſtumpfen Endkanten wie die ſcharfen
der erſten Ordnung. Die Zahlenreihe ſchließt ſich unmittelbar an die des
Diheraeders an, denn ſetzt man \frac{3}{2}a = \frac{6}{4}a, ſo folgt Nro. 20 mit \frac{8}{5}a',
Nro. 21 mit \frac{10}{6}a', .... \frac{12}{7}, \frac{14}{8} .... Nro. 22 mit \frac{16}{9}a', Nro. 23 mit
\frac{18}{10}a', aber zuletzt drängen ſich die Glieder außerordentlich.


Während nun Nro. 1 — Nro. 23 offenbar der einfachſten Zahlen-
entwickelung angehören, bilden Nro. 24 — Nro. 34 noch mehrfache Zwi-
ſchenglieder. Ich habe einige davon links hingetragen: \frac{3}{2}a und \frac{5}{2}a bilden
mit ½, \frac{2}{2} und \frac{4}{2} eine Reihe, und ſie fallen gerade in größere Zwiſchen-
räume. Viel ſchlechter fügen ſich ſchon die Drittel, ſo liegt z. B. \frac{8}{3}a der
\frac{5}{2}a ſo nahe, daß man ſie kaum neben einander zeichnen kann: hier begeht
man keinen Fehler, wenn man das eine für das andere ſetzt. Auch laſſen
ſich dieſe Fälle nicht durch Beobachtung ſondern nur durch ſolche allge-
meine Erwägung zur wahrſcheinlichen Entſcheidung bringen.


Haben wir auf dieſe Weiſe die Dreikantner feſtgeſtellt, ſo wollen
wir zur tiefern Einſicht die zugehörigen Rhomboeder neben einander ſtellen,
der Kürze wegen aber nur eine Axe aufführen, welche zur Bezeichnung
vollkommen genügt:


21*
[324]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.

Stellen wir einige dieſer Rhomboeder zuſammen! So fällt gleich die
Hauptreihe, a, 2a', 4a, 8a', 16a in die Augen, a und
2a' ſind zwar nicht verzeichnet, allein es ſind dieſe das 5 und 6te allen gemein-
ſame Rhomboeder. Zu gleicher Zeit finden ſich auch die Gegenrhomboeder
[325]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
, a', 2a, 4a' vor. Eine zweite Reihe bilden ,
die ſchon beim Hauptdreikantner Nro. 7 durch eingeleitet
iſt. Dann folgt an Wichtigkeit die Reihe , durch
die Dreikantner Nro. 6 und Nro. 8 eingeſetzt. Die kleine Reihe
mit den Gegenrhomboedern und führt uns zu dem würfel-
artigen Rhomboeder. Anderer nicht zu gedenken.


Von nächſter Wichtigkeit zeigt ſich die Diagonalzone des Hauptrhom-
boeders, d. i. die Kantenzone des nächſten ſchärfern . Da das nächſte
ſchärfere Rhomboeder geſtrichelt iſt, ſo müſſen die Dreikantner
1ſter und 2ter Abtheilung auch geſtrichelt ſein. Es gehören dahin

Weitere Glieder der Reihe nicht bekannt. Mit Nro. 5 bis Nro. 7 ver-
glichen gibt die Reihe im mittlern a gerade diejenigen Coefficienten ⅛, ⅙,
¼, welche zwiſchen \frac{1}{9}, \frac{1}{7}, ⅕ liegen. Einige Zwiſchenglieder

fügen ſich gut.


Aus der Endkantenzone ſind etwa bekannt:

Projicirt man dieſe Körper wieder, ſo kann man leicht das Wahrſchein-
lichere vom Unwahrſcheinlichern unterſcheiden. Eine der ſchönſten Lagen
hat Nro. 45, ſie führt uns zum Wendepunkte, zum Dihexaeder
,
das Levy angibt. Zwiſchen Dihexaeder und Rhomboeder beginnt die 3te
[326]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
Abtheilung, wieder mit ungeſtrichelten a, weil ſie ihre ſcharfen Endkanten
wie die Endkanten des Hauptrhomboeders legen.

Man erkennt darin gleich wieder das Reihengeſetz ¾a, ⅘a, ⅚a ꝛc.


Die Kantenzone des nächſten ſtumpfern Rhomboeders 2b hat
ebenfalls eine Reihe aufzuweiſen:
49) .
50) .
51) .
45) .
52) .
Dabei ereignet es ſich zuweilen, daß Dreikantner der einen Reihe auch
zu denen einer andern Reihe gehören, ſo liegt Nro. 45 ſowohl in der
Kantenzone des ſtumpfern 2b, als in der Kantenzone des nächſten ſchärfern .


Auffallender Weiſe ſtellen ſich darunter auch Gegendreikantner ein,
ſo iſt Nro. 44 der Gegendreikantner von Nro. 9, denn beider gleiches
Zeichen unterſcheidet ſich nur durch die Striche. Unter andern merkwür-
digen Gegendreikantnern erwähne ich nur:
53) ,
dieſer entſpricht dem Hauptdreikantner Nro. 7, der Nro. 6 dagegen
54) Ebenſo haben Nro. 24, Nro. 29, Nro. 36 ꝛc.
ihren Gegendreikantner.


Hat man auf dieſe Weiſe eine Ueberſicht der Dreikantner gewonnen,
ſo iſt es nicht unintereſſant, ſich alle diejenigen herauszuſuchen, welche
parallele Sektionslinien auf der Projektionsfigur bekommen. Nehmen wir
die Sektionslinien des Dreikantners Nro. 7 = a : ⅓a : ½a des Gegen-
dreikantners Nro. 53 ‒ ‒ a' : ⅓a' : ½a', ſo gehen dieſen Sektionslinien die
von Nro. 45 = ½c : a' : ⅓a' : ½a', Nro. 18 = ¼c : a : ⅓a : ½a, Nro. 36 =
2c : a' : ⅓a' : ½a', 4c : a : ⅓a : ½a parallel, ſo daß bei gleicher Baſis die
Axe c in der Progreſſion ¼c, ½c, c, 2c 4c geſchnitten wird.


Was endlich das Vorkommen in der Natur betrifft, ſo iſt ein ſcharfes
Erkennen ohne Winkelmeſſung häufig nicht möglich, und gerade die com-
plicirteſten und lehrreichſten Kryſtalle entziehen ſich nicht ſelten auch den
ſcharfen Winkelmeſſungen, doch kann man mit einem Handgoniometer ſich
leicht im Großen orientiren. Das ſoll an einzelnen Beiſpielen klar ge-
macht werden.


1. Reguläre 1ſte ſechsſeitige Säulee2 von Andreasberg.

[figure]

Sie herrſcht durchaus vor, zeichnet ſich durch Glanz
und geringe Querſtreifung aus. Der blättrige
Bruch P ſtumpft die abwechſelnden Endkanten ab,
und erzeugt eine markirte Streifung auf dem
nächſten ſtumpfern Rhomboeder b', die ſenkrecht
[327]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
gegen die Endkante der Säule ſteht, und eine ſchiefe Streifung auf der
2ten Säule d', die dem Durchſchnitt der Säule mit dem Blätterbruch
entſpricht, folglich auf den abwechſelnden Flächen d' ſich abwechſelnd neigt.


2. Hauptrhomboeder vom St. Gotthardt. An einem Ende
(Unterende) herrſcht die Gradendfläche vor, und dieſe
hat an kleinen Kryſtallen eine Querſtreifung, was An-
deutung eines vierten Blätterbruchs zu ſein ſcheint, der die
Endecke gerade abſtumpft. Sonſt iſt die Oberfläche des

[figure]

Rhomboeders matt, und wegen der zarten Streifung mit dem Fingernagel
ritzbar. Bei größern Kryſtallen bemerkt man eine ſehr regelmäßige Bo-
genſtreifung, die Seitenarme der Bogen gehen der Rhomboederkante pa-
rallel, in der Mitte längs der ſchiefen Diagonale gewahrt man eine breite
Einknickung: der erſte Anfang einer Dreikantnerbildung, der aber der
Hauptrhomboderfläche möglichſt nahe liegt, alſo über unſeren ſtumpfſten
Nro. 13 = 10a : \frac{10}{9}a noch hinaus geht. Es kommen auch ſehr complicirte
Formen vor, woran aber meiſt die Gradendfläche einer Seite ſich auszeichnet.


3. Im Muſchelkalke findet man gar häufig das zweite
ſchärfere Rhomboeder , deſſen ſcharfe Endkanten der Haupt-
dreikantner a : ⅓a zuſchärft. An der Endſpitze fehlt gewöhnlich
das nächſte ſtumpfere Rhomboeder nicht. Dehnt ſich der

[figure]

Dreikantner aus, ſo wird er nicht ſelten bauchig, es treten zwar noch
allerlei Abſtumpfungen hinzu, im Ganzen bleibt ſich aber der Typus ſehr
gleich, und da er im Kalkgebirge der verſchiedenſten Formationen ſich
häufig findet, ſo verdient er hervorgehoben zu werden.


4. Kalkſpathe von Andreasberg gehören mit zu den lehrreichſten,
aber auch ſie bilden eine große Familie. Schon oben bei der ſechsſeitigen
Säule (1) iſt dieſe Familie angedeutet. Hier haben
wir auf der zum Theil langen 1ſten Säule das
würfelartige Rhomboeder vorherrſchend, aber mit
matter druſiger Fläche. Es kann daher kaum genau
gemeſſen werden. Die Endkante erſcheint gerade ab-
geſtumpft durch eine federartig geſtreifte Fläche, was
auf einen Dreikantner hinweist. Wenn die Fläche

[figure]

gerade abſtumpfte, ſo müßte ſie einem Rhomboeder \frac{4}{3}a : \frac{4}{3}a : ∞ a : c an-
gehören, doch iſt ſie ſo eng mit dem Blätterbruch ver-
bunden, daß man ſie häufig anzweifelt. Sie ſetzt
offenbar den Dreikantner ein, der bei jenen großen mit
Rauſchroth übertünchten Kryſtallen deutlich hervortritt.
Hier macht das matte Rhomboeder ⅔a' mit dem Blät-
terbruch 80°, das nächſte ſtumpfere läßt ſich darüber
leicht an der ſtarken diagonalen Streifung erkennen.
In der Diagonalzone des letzteren liegt ein Dreikantner,
der ſich aber im weitern Verlaufe ganz abrundet, ſo
daß man ihn nicht ſicher deuten kann. Zippe beſtimmt

[figure]

ihn \frac{10}{3}a : \frac{10}{7}a : \frac{5}{2}a (Nro. 34). Gerade die Menge ganz flacher Dreikantner
[328]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
aus der Endkantenzone des Hauptrhomboeders ſind für die Erzgänge von
Bedeutung. Wir wollen nur als ein Beiſpiel anführen:


5. Hauys Quintidodécaèdre von Andreasberg iſt zwar

[figure]

außerordentlich verzogen, allein man orientirt ſich
leicht an der Endecke, die dem Hauptrhomboeder
gleicht, nur daß ſich ein Dreikantner flach aus
der Ebene des Blätterbruchs erhebt. Derſelbe hat
in der ſcharfen Endkante ungefähr 116°, was etwa
auf ein Zeichen 10a : \frac{10}{9} : \frac{10}{8}a (Nro. 13) oder gar
11a : \frac{11}{10}a : \frac{11}{9} hindeuten würde. Das flache iſt
gewöhnlich, aber außerdem kommt in der ſcharfen
Endkante eine weitere Zuſchärfung vor, die Hauy
als b4 = 5a : \frac{5}{4}a (Nro. 17) beſtimmte. In der
Seitenkante erhebt ſich ein Dreikantner nur wenig
ſteiler, als der erſte, Hauy nannte ihn d5 = 4a : ⅔a (Nro. 10), allein
dem Augenmaß nach muß er der Rhomboederfläche viel näher liegen, er
muß zwiſchen Nro. 12 und das Rhomboeder P fallen, alſo etwa 8a : \frac{8}{7}a
haben. Beide, das erſte und dieſes, bilden öfter ein ganz flaches Pyra-
midenrhomboeder, die Pyramidenſpitze durch das Rhomboeder P abge-
ſtumpft, wodurch die Zonen ſcharf in die Augen treten. Darunter tritt
dann oft ſehr vorherrſchend ein Dreikantner, Hauy’s d\frac{5}{4} = ¼a : \frac{1}{9}a Nro. 4,
auf, der der Kante des blättrigen Bruches parallel geht. Der Winkel
der ſcharfen Endkante beträgt etwa 114°, daraus folgt, daß er innerhalb
des Dreikantners Nro. 7 liegt, deſſen ſcharfe Endkante reichlich 104°
macht. Dem Winkel zufolge könnte es auch Nro. 3 oder eine dem
Mittelpunkte noch näher ſtehende ſein. Die untergeordneten Abſtumpfun-
gen beider Säulen und des Rhomboeders, worunter auch das würfelartige
nicht fehlt, übergehen wir.


[figure]

6. Kalkſpath von Derbyſhire, bildet mehr als
Fußgroße Dreikantner Nro. 7 = a : ⅓a : ½a, die man ſcharf
meſſen kann. Uebergehen wir die kleinen Abſtumpfungen
der Seitenecken, und lenken die Aufmerkſamkeit auf die End-
ecken, ſo kann man durch Wegſprengen des Blätterbruchs
ſich bald überzeugen, daß der Dreikantner der Kantenzone
deſſelben angehört (Unterende), denn der Blätterbruch bildet
mit den Dreikantnerflächen Rhomben. Am Ende findet ſich
der matte Dreikantner b3 = 4a : \frac{4}{3}a (Nro. 18) mit etwa
138° in den ſcharfen Endkanten, vierfach-ſtumpfer (¼c : a :
a : ½a) als der Hauptdreikantner. Bei andern noch mattern
Flächen wird der ſcharfe Endkantenwinkel ſogar 145°, was etwa auf

[figure]

\frac{10}{3}a : \frac{10}{7}a : \frac{5}{2}a ſchließen ließe. Gewöhnlich Zwillinge.


[figure]

7. Kalkſpath aus dem Teufelsgrunde im Münſterthal
bei Staufen. Hier herrſcht das Hauptrhomboeder mit dem
nächſten ſtumpferen vor, allein die Kryſtalle ſind durch Drei-
kantner aus der Endkantenzone nicht ſelten ganz linſenförmig
zugerundet, was die Kryſtalle der Erzgänge ſo bezeichnet.
Auch der gewöhnliche Dreikantner mit dem Rhomboeder am
Ende kommt vor. Man findet auf letzterm aber immer An-
[329]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
deutungen von Dreikantnern, die ſich dem Blätterbruch möglichſt nahe an-
legen. Die Säulen machen die Ränder oft ganz cylindriſch, wie man es
ſo ſchön auch bei Neudorf auf dem Unterharze findet.


8. Das Hauptrhomboeder kommt zwar auch in Spalten
des Kalkgebirges vor, allein hier finde ich die Flächen ſehr
glänzend, ohne Spur eines Dreikantners. Ein ſchönes
Beiſpiel findet ſich auf der ſchwäbiſchen Alp in den Kalk-
höhlen. Das Hauptrhomboeder mit glänzenden Flächen,
das eine Ende eines ſcharfen Rhomboeder bildend, das an

[figure]

Hauy’s dilatée erinnert, aber nicht ſehr deutlich iſt. Die Kanten der
drei breiten Flächen convergiren deutlich nach unten, ſehen aber phyſika-
liſch anders aus als die drei ſchmalen, welche nicht ſo deutlich conver-
giren. Sämmtliche 6 Flächen ſcheinen aber auffallender Weiſe die Axe c
unten zu ſchneiden, allein daran iſt wohl nur Mißbildung Schuld.


9. Kalkſpath von Alſton in Cumberland zeigt uns an der
regulären ſechsſeitigen Säule einen Dreikantner aus der Diagonalzone
des Hauptrhomboeder. Derſelbe ſtumpft die Kante
zwiſchen Hauptrhomboeder und erſter ſechsſeitiger Säule
ab, muß alſo auf der Projection zwiſchen den Sek-
tionslinien dieſer beiden liegen d. i. Nro. 37. Sprengt
man nun von einem die Spitze ab, ſo ſtumpft der
blättrige Bruch die Kante zweier gegenüberliegender
Flächen ab, folglich muß der Körper in der Diago-
nalzone liegen, es iſt alſo der Dreikantner a : ¼a' : ⅓a'.
Oefter kommt daran auch der Dreikantner ½a' : ⅙a' : ¼a'
Nro.
36 vor.


[figure]

Zwillinge. Das gewöhnlichſte Geſetz: Die Rhomboeder haben die
Gradendfläche gemein und liegen umgekehrt. Sie ſind daher um 60°
gegeneinander verdreht. Beſonders findet man es bei Dreikantnern von
Derbyſhire, ſehr ſchön auch in einem Thonletten des Muſchelkalkes bei
Cannſtadt ohnweit der Ziegelhütte in den erſten Kalk-
wänden, welche der Fluß auf dem rechten Ufer trifft. Die
Kryſtalle ſind um und um ausgebildet, an den Seiten
kommen drei Mal einſpringende Winkel, und wenn dieſe
ſich auch ausfüllen, ſo paſſen ſcharfe Kanten unten und
oben aufeinander, welche bei einfachen Formen bekanntlich
abwechſeln. Bei Auerbach an der Bergſtraße in Heſſen-
darmſtadt kann man ſpäthige Stücke von Fuß Durchmeſſer
ſchlagen, die zwei dreiſeitigen Pyramiden mit einander zu-
gekehrten Baſen gleichen. Natürlich kann man auch hier an
die drei Seitenecken einſpringende Winkel ſchlagen.


[figure]

Das 2te Zwillingsgeſetz: die Kryſtalle haben die Fläche
des nächſten ſtumpfern Rhomboeder gemein und liegen um-
gekehrt, iſt ſeltener. Man darf nur das Rhomboeder parallel
der Fläche des nächſten ſtumpfern halbiren, und die Stücke
gegeneinander um 180° verdrehen. Zwei blättrige Brüche
machen dann eine rhombiſche Säule von 105° 5′, während
der dritte beider Individuen ein Paar einerſeits mit ausſprin-
gendem, andererſeits mit einſpringendem Winkel von 141° 52′

[figure]

[330]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
bildet. Die ſpäthigen Stücke finden ſich bei Auerbach ſehr ſchön, auch
verrathen oft Streifungen das Geſetz, wie unter andern die prachtvollen
Stücke vom Sigmundsſtollen im Rathhausberge bei Gaſtein: letztere

[figure]

erſcheinen in Rhombiſchen Säulen mit Schiefendfläche.
Die ſtumpfe Kante der Säule iſt durch eine matte
Fläche des Rhomboeder 2a' : 2a' : ∞a : c ſtark abge-
ſtumpft, und parallel ihnen ſondert ſich die ſpäthige
Maſſe in zahlreiche Blättchen von ⅓‴ — 1‴ Dicke.
Alle dieſe Blättchen 1 bis 13 gehören zwar ein und
demſelben Individuum, allein zwiſchen je zwei der-
ſelben ſchieben ſich papierdünne Blättchen des andern
Individuum’s ein, ſo daß in den der Querdiagonale
des Rhomboeders parallelgehenden Streifen auf der
Schiefendfläche ein- und ausſpringende Winkel erkenntlich ſind, und da
man die Streifen auch längs der Säule deutlich verfolgen kann, ſo ſieht
man, daß dem einſpringenden Winkel des einen Endes ein ausſpringender
des andern entſpricht. Stücke von 1 Zoll Dicke beſtehen etwa aus 20
und mehr Lamellen von dem einen und eben ſo viel von dem andern In-
dividuum. Die Anhäufung findet alſo in ähnlicher Menge Statt, wie
beim Labrador. Eine geringe Krümmung ſtört die Meßbarkeit der Winkel.
Zu Andreasberg und Derbyſhire kommen auch Zwillinge vor, welche den
blättrigen Bruch P gemein haben und umgekehrt liegen. Die Kryſtalle
durchkreuzen ſich oder lagern ſich knieförmig aneinander.


Das Fortwachſen der Kryſtalle dürfte ſich kaum irgendwo
ſchöner finden, als beim Kalkſpath: alle verwitterte rauhflächige Kryſtalle
haben zumal auf Erzgängen (Samſon) ſich mit einer klaren glänzenden
Hülle umgeben, woran nur ſtellenweis das alte Kleid noch frei liegt.
Häufig ſetzt das neue Kleid das alte nur fort, es können aber auch
neue Flächen eintreten und alte verſchwinden. Doch ordnet ſich alles ſo
ſicher, daß man deutlich ſieht, der alte Kryſtall hat ſeine vollkommene
Anziehungskraft auf die Subſtanz bewahrt. Gewiſſe Anziehungskraft
üben öfter auch andere Unterlagen, wie z. B. die Aſſeln der hohlen
Spatangen und Ananchiten der Kreideformation (Weiß Verh. Geſellſch.
nat. Freunde zu Berlin 1836 pag. 12), oder die Eichinoſphäriten des
Uebergangsgebirges ꝛc.: jede Aſſel hat auf der Innenſeite ihren Kryſtall,
deſſen Axe ſenkrecht gegen ſie ſteht und deſſen Größe genau mit ihr
ſtimmt. Da die Aſſel ſelbſt aus ſpäthigem Kalk beſteht, deſſen Axe mit
dem des Kryſtalls zuſammenfällt, ſo mag darin der theilweiſe Grund
zur Anziehung gelegen haben.


Zu ſpäthigem Kalk bilden ſich oftmals die foſſilen Muſchel-
ſchalen um, vor Allem aber die Echinodermen, und wenn dieſe Theile
in die Länge geſtreckt ſind, ſo fällt die Axe des Blätterbruchs mit der
Längslinie zuſammen. Sehr ſchön findet man das bei den Cidaritenſtacheln,
die innerlich den vollkommenſten Blätterbruch eines einzigen Kalkſpath-
rhomboeders haben. Bei den gegliederten Stengeln, wie z. B. den Stielen
der Krinoiden, ſcheint die Hauptaxe zwar der Richtung des Stieles zu
folgen, aber die Blätterbrüche der einzelnen Glieder ſind gegen einander
verdreht, doch kann die Drehung durch kein Geſetz feſtgeſtellt werden.
Ich habe z. B. ein 10gliedriges Stück von Pentacrinites basaltiformis
[331]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
aus dem mittleren Lias genau präparirt: laſſe ich das erſte Glied ſpie-
geln, ſo muß ich das zweite etwa um 20° im Horizontalkreiſe mir zudre-
hen, um den Spiegel zu haben; das dritte noch 2° mir zu; das 4te
25° ab; das 5te wieder mir zu; das 6te wieder ab; das 7te zu, 8 ſpie-
gelt damit faſt; 9 noch weiter mir zu. Nro. 1, 4, 7 und 8 weichen nur
wenig von einander ab; ebenſo Nro. 2, 3, 5 und 9. Beim Encrinites
liliiformis
des Muſchelkalkes ſpiegeln öfter drei folgende genau ein, aber
der Drehwinkel weicht ſehr bei den einzelnen ab.


Aeußere Kennzeichen. Härte 3, Normalhärte; Gew. 2,7.
Selten ſchön gefärbt, und dann meiſt gelbbraun von Eiſenoxydhydrat.
Seine ausgezeichnete doppelte Strahlenbrechung iſt bekannt pag. 102.
Dünne Scheiben ſollen ſchon durch den Fingerdruck elektriſch werden.
In der Temperatur des kochenden Waſſers wird nach Mitſcherlich der
Endkantenwinkel 8\frac{1}{2} Minute kleiner (von 105° 5′ geht er auf 104° 56\frac{1}{2}′),
er muß ſich alſo beim Erwärmen nach der Hauptaxe ſtärker ausdehnen,
als nach den Nebenaxen. Optiſche Wichtigkeit pag. 103.


Chemiſche Eigenſchaften. Ċa C̈, Stromeyer fand im islän-
diſchen Doppelſpath 43,7 , 56,15 Ċa, 0,15 M̶⃛n und F̶⃛e, was genau den
Atomzahlen 356 Ċa + 256 entſpricht. Große Stücke brauſen ſtark mit Salz-
ſäure, indem Kohlenſäure entweicht und Ca C̶l ſich löst. Vor dem Löth-
rohr brennt er ſich kauſtiſch, indem die entweicht und Aetzkalk Ċa zurück-
bleibt, der bei fortgeſetztem Glühen blendend leuchtet. In einer Atmoſphäre
von Kohlenſäure gibt er aber ſeine nicht ab, daher hört in geſchloſſenen
Gefäſſen die Zerſetzung gleich auf, ſobald ſich das Gefäß mit Kohlen-
ſäure gefüllt hat. Auf dieſe Weiſe iſt er ſchmelzbar und kryſtalliſir-
bar. Aetzkalk ſoll ſogar in der Weißglühhitze aus einem Strome von
ſo viel aufnehmen, daß er wieder mit Säuren braust. Daher muß beim
Brennen vorzüglich darauf geſehen werden, durch guten Zug die freie
möglichſt zu entfernen. Der gebrannte Kalk mit Waſſer übergoſſen er-
hitzt ſich, und wird zu Kalkhydrat Ċa Ḣ. Dieß iſt eine im Waſſer wenig
lösliche ſtark ätzende Baſis, daher für die Technik ſo wichtig, namentlich
in der Baukunſt. Der Luftmörtel findet ſich bei den älteſten Bau-
denkmalen (cyclopiſchen Mauern, Aegyptiſchen Tempeln, Cloaca maxima
in Rom) noch nicht, die Babylonier bedienten ſich des Erdpechs, ſpäter
hatten aber die Römer ſo vorzüglichen Mörtel, daß er den unſrigen zu
übertreffen ſcheint. Das Alter mag dazu viel beitragen. Das Ċa Ḣ
zieht nämlich aus der Luft an, und verwandelt ſich außen in Ċa C̈,
während das Innere bei dicken Wänden Jahrhunderte lang kauſtiſch
bleibt. Aber nur dünne Lagen haften, daher muß er mit fremdartigen
Maſſen ſtark gemiſcht werden. Schon Klaproth (Beiträge V.91) unter-
ſuchte einen blauen Kalk vom Veſuv, der 11 Ḣ̶ und nur 28,5 ent-
hielt, alſo etwa 2 Ċa C̈ + Ċa Ḣ̶2 war, es mögen gebrannte Kalkblöcke
des Vulkanes ſein, die an der Luft wieder anzogen. Nach Fuchs ſoll
auch der Mörtel an der Luft zu ſolcher Verbindung werden, cf. Dufrénoy
Trait. Min. II.
266. Pelouze’s künſtlich darſtellbarer rhomboedriſcher


Hydroconit (Ċa C̈ + 5 Ḣ̶) erzeugt ſich dagegen auf naſſem Wege,
und wurde in kupfernen Pumpen, auf dem Grunde von Norwegiſchen
Bächen (Pogg. Ann. 68. 381) gefunden. Der von Syenit durchbrochene
[332]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
Muſchelkalk von Predazzo (Predazzit) im Fleimſerthal enthält ſogar
½ bis 1 Atom Ṁg Ḣ̶ (Erdmann Journ. pr. Chem. 52. 346).


In den Mörteln ſpielt auch die Kieſelerde und Talkerde noch eine
bedeutende Rolle, vor Allem iſt hier der Waſſermörtel der Römer
zu erwähnen, von dem ſchon Plinius hist. nat. 35. 47 ſagt: Selbſt die
reine Erde hat bemerkenswerthe Eigenſchaften ...., quis enim satis
miretur pessimam ejus partem, ideoque pulverem appellatum in Puteolanis
collibus, opponi maris fluctibus: mersumque protinus fieri lapidem unum
inexpugnabilem undis, et fortiorem quotidie, utique si Cumano misceatur
caemento
? Das iſt die berühmte Puzzolanerde von Puzzuoli bei Neapel
und der Traß des Brohlthales an der Eifel (den ebenfalls die Römer
ſchon fanden), welcher dem gelöſchten Kalke hälftig beigemiſcht, eine Maſſe
erzeugt, die unter Waſſer getaucht ſogleich hart wird. Jetzt weiß man,
daß auch thonige und bittererdehaltige Kalkſteine, wie ſie im weißen Jura
der Alp, im untern Lias und Muſchelkalke vorkommen, für ſich gebrannt,
ſchon hydrauliſchen Kalk geben. Löst man die gebrannte Maſſe in Säure,
ſo ſcheidet ſich die Kieſelerde gallertartig aus, ſie findet ſich alſo wie bei
den Zeolithen in ihrer löslichen Modification darin, die S⃛i mag daher beim
Zutritt des Waſſers auf Ċa und Ṁg wie bei der Zeolithbildung wirken.


Vorkommen. Der kohlenſaure Kalk findet ſich auf der Erdober-
fläche in ungeheuren Maſſen verbreitet. Er fehlt dem Urgebirge zwar
nicht, doch iſt er hier nur ſparſam, und mag auch ein Theil auf trockenem
Wege gebildet ſein, was unter einem ſtarken Drucke möglich iſt, ſo ver-
dankt doch der Meiſte dem Waſſer ſeinen Urſprung. Das mit Kohlenſäure
geſchwängerte Waſſer löst das Kalkſalz, man ſagt gewöhnlich, es ſei als
doppelt kohlenſaurer Kalk (Ċa C̈2) im Waſſer löslich. Wenn nun die
Waſſer verdunſten oder unter geringerem Druck ihre abgeben müſſen,
ſo ſcheidet ſich der Ċa C̈ wieder aus. Auf dieſe Weiſe haben ſich Kry-
ſtalle in den verſchiedenſten Spalten und hohlen Räumen der Geſteine
erzeugt. Beſonders häufig aber in den Kalkgebirgen. Namentlich gern
kryſtalliſirt er, wenn die Waſſer durch fremde Gegenſtände, wie durch
ein Filtrum durch mußten: ſo findet man in gewiſſen Kalkſchlammen keine
unverletzte Ammonitenkammer, die nicht innen mit Kryſtallen tapezirt
wäre, aber nur ſo weit, als die unverletzte Kammer die hohlen Räume
von außen abſonderte, die Schale wirkte hier offenbar wie ein Filtrum.
Der Kalkſchlamm ſelbſt mag wegen ſeiner vielen Schalenreſte der Haupt-
ſache nach ein thieriſches Produkt ſein.


Erwähnen wir einige ſeiner Hauptvarietäten:


1. Kryſtalle. Die ſchönſten findet man auf Erzgängen: ſo wurde
unter andern 1785 auf der Grube „fünf Bücher Moſis“ bei Andreasberg
ein 5 Lachter großes Druſenloch mit den wichtigſten Kryſtallen eröffnet,
ſeit der Zeit wird dieſer Fundort immer erwähnt. Nicht minder ſchön
und mehr als Fuß groß kommen ſie in Derbyſhire vor. Die großen
ſpäthigen Stücke von mehr als Quadratfuß Oberfläche bei Auerbach ſind
nichts als innere Theile verdrückter Kryſtalle. Damit können ſich die
Kryſtalle in Spalten des Kalkgebirges ſelten meſſen.


2. Späthige Maſſen nennt man ſolche, an welchen man keine
äußere Flächenumriſſe mehr bemerkt, obgleich viele derſelben in Samm-
lungen nur von zerſchlagenen Kryſtallindividuen ſtammen. Am berühm-
[333]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
teſten iſt der Isländiſche Doppelſpath, weil man dadurch, nach Bar-
tholinus Entdeckung 1670, die Gegenſtände doppelt ſieht. Er kommt
in einer 3′ breiten und 25′ langen Spalte am nördlichen Ufer des Ro-
defiordes
auf der Oſtküſte von Island vor, die Spalte ſetzt im Dolerit
zu unbekannter Tiefe fort. Ein Bach fließt darüber hin, und verun-
reinigt die ſchöne Maſſe, welche ein grobkörniges compaktes Gemiſch bil-
det, worin für Kryſtalliſationen kein Raum blieb, und zierliche Kryſtalle
von Blätterzeolith ſind eingeſchloſſen. Halbklare Kryſtalle kommen zwar
auch in manchen andern Gegenden vor. Allein für Stücke von ſolcher
abſoluten Klarheit war Island bis jetzt der einzige Fundort.


Die ſpäthige Kalkmaſſe wird öfter ausgezeichnet krummſchalig, die
Kryſtalle bekommen dann eine glaskopfartige Oberfläche von höchſt eigen-
thümlichem Ausſehen. Vergleiche auch die ſogenannten Krähenaugen
von Andreasberg. Die ſchwarzen krummſchaligen nennt man Anthra-
conit
, beſonders ſchön in der Abtenau bei Salzburg.


3. Strahliger Kalkſpath kommt häufig im Kalkgebirge vor,
wie z. B. in den Bohnenerzſpalten der Alp. Das ſtrahlige Gefüge hängt
mit der Kryſtallbildung auf das Engſte zuſammen: es ſind nichts anders
als parallel gelagerte Säulen, die ſich in ihrer Ausbildung gegenſeitig
ſtörten. Die fortificationsartig geſtreiften Stücke fallen leicht auseinander,
und die Endecke des blättrigen Rhomboeders liegt nie anders, als am
Ende dieſer Strahlen. Werden die Strahlen zu feineren Faſern, ſo muß
man ſich vor Verwechslung mit Arragonit hüten. Man nennt das feinere
auch Faſerkalk. Beſonders intereſſant ſind in dieſer Beziehung die Be-
lemnitenſcheiden: die Strahlen entſpringen fein im Mittelpunkte, und
werden nach außen immer breiter. Auch hier fällt die Axe des blättrigen
Bruchs genau mit der Strahlenaxe zuſammen. Ebenſo werden die Mu-
ſchelſchalen, wie von Inoceramus, Pinna etc., oft faſrig, die Faſer ſteht
ſenkrecht gegen die Fläche, aber auch bei dieſen vermißt man trotz der
Feinheit das ſpäthige Gefüge niemals.


Die Dutenmergel (Nagelkalke) bilden Platten in dem Schiefer-
thone der verſchiedenſten Formationen, beſonders aber im Steinkohlenge-
birge und im Lias und braunen Jura. Der ſpäthige Bruch iſt bei ihnen
unverkennbar, allein es ſcheiden ſich zahlreiche kleine Kegel aus, die ihre
Baſis in der Plattenwand haben, und ihre Spitzen gegeneiander ver-
ſchränken. Längsſtreifen und wellige Querſtreifen gehen durch die ganze,
theilweis ſehr unregelmäßig abgeſonderte Maſſe: eine Bildung, die man
noch nicht hat erklären können. Concretionen waren es jedenfalls.


4. Körnigblättriger Kalkſtein, das kryſtalliniſche Gefüge
der einzelnen Körner ſehr deutlich, aber die Individuen verſchränken ſich
ſo ineinander, daß ſie compakte feſte Geſteine bilden. Es gehören dahin


die Stalaktiten und Kalkſinter, welche die Wände der Höh-
len und Spalten im Kalk- und Dolomitgebirge überziehen, und die in
frühern Zeiten in ſo hohem Grade die Aufmerkſamkeit auf ſich lenkten.
Sie hängen oft wie Eiszapfen von den Wänden herab, zeichnen ſich
durch concentriſche Schichtung aus, zeigen ſich aber beim Zerſchlagen
häufig ſehr deutlich körnig, während bei andern das Excentriſchſtrahlige
herrſcht. Wie ſchnell ſolche Zapfen gebildet werden können, ſieht man
[334]II. Cl. Saliniſche Steine: Marmor.
unter neuen Brückengewölben. Die dünnen ſind öfter röhrenförmig hohl,
haben aber eine ſehr ſpäthige Hülle. Durch die Höhle lief das Waſſer
herab. Auch bei compakten Stalaktiten findet man am Ende öfter eine
Grube, wo die Waſſertropfen hängen bleiben und wieder etwas von der
Maſſe auflöſen. Wells (Silliman Amer. Journ. 1852. XIII.11) hat im
Widerſpruch mit Liebig darin Quellſäure nachgewieſen, wovon er ſogar
die gelbe Farbe ableitet, da ſelbſt bei ganz dunkeln die Löſung kein Eiſen
zeigte!


Marmor.

Schon bei Homer heißt μάρμαρος jeder glitzende (beſonders bearbeitete)
Stein, daher begreifen ſpätere, wie Plinius und andere, unter marmor
die verſchiedenſten Felsarten, namentlich auch Granite. Gegenwärtig
jedoch hat man den Namen blos auf Kalkſteine beſchränkt. Obenan ſteht


der Statuen-Marmor. Der Saliniſche Marmor der älteren
Mineralogen. Wie der Schnee zum Eiſe, ſo verhält ſich dieſer Marmor
zum klaren Doppelſpath. Die reinſten ſind vollkommen ſchneeweiß, nur
in großen Stücken häufig durch Flecken und flammige Streifen verun-
reinigt. Der blättrige Bruch des feinen Korns glänzt aus dem Innern
heraus, die geſchliffene Oberfläche hat daher nicht das matte Ausſehen
des Alabaſters. Mit der Zeit vergilben ſie, wie das die antiken Statuen,
und die Marmorpalläſte von Venedig, Genua, Florenz und Rom zeigen.
Dieſes zuckerkörnige Geſtein ſpielt zwar in den kryſtalliniſchen Gebirgen
Nordeuropas, der Alpen und Pyrenäen eine bedeutende Rolle, allein un-
erreicht ſtehen noch heute Italien und Griechenland da. Seit der römi-
ſchen Kaiſerzeit übertrifft der Lunenſiſche (Carrariſche) Marmor an
blendender Weiße, Fleckenloſigkeit, Gleichheit und Härte des Korns alle
bekannten. Er bricht auf der Weſtſeite der Apuaniſchen Alpen (6300′), die
im Golf von Spezzia ſteil an das Meer treten. Viele Geologen halten
ihn für metamorphoſirten Kalkſtein der Kreideformation. Er enthält
0,4 Ṁg. Künſtler aller Nationen haben hier ihre Werkſtätte aufge-
ſchlagen, um gleich an Ort und Stelle durch Bearbeitung im Rohen ſich
von der Brauchbarkeit und Fehlerloſigkeit der Blöcke überzeugen zu können.
Große Magazine davon ſind in Florenz, und man wird keine ſelbſt der
kleinern Hauptſtädte Deutſchlands beſuchen, wo man nicht mehrere Denk-
male aus dieſem merkwürdigen Geſteine fände. Die Waterloo-Vaſe auf
dem Trafalgar Platze iſt 16′ hoch und 10′ breit, Napoleon ſahe die
rieſigen Blöcke vor dem Ruſſiſchen Feldzuge, und beſtimmte ſie zu einem
Siegesdenkmale! Der Pariſche Marmor, das Material der griechi-
ſchen Künſtler in ihrer höchſten Blüthe, iſt etwas grobkörniger, und
(wohl nur in Folge deſſen) nicht ſo blendend weiß. Er bricht auf der
Inſel Paros, die außer Gneus und Glimmerſchiefer wohl zu drei Vier-
theilen aus dieſem koſtbaren Material beſteht. Die Brüche waren meiſt
unterirdiſch, und ſind jetzt durch König Otto wieder eröffnet. Hohen
Ruf genoßen auch die Brüche von Pentelicon nördlich Athen, aber Adern
von grünem Talk durchziehen ihn. Solche Streifen von glimmerigem
Talk findet man häufig im Marmor der Hochgebirge, die Alten wählten
ihn gern zu Säulen, wie den Cipolino unſerer Künſtler, deſſen Streifen
[335]II. Cl. Saliniſche Steine: Marmor.
mit den Häuten einer Zwiebel verglichen werden. Noch viel größer iſt
die Mannigfaltigkeit der freilich weniger koſtbaren


5. bunten Marmore. Dieß ſind nichts weiter als dichte Kalk-
ſteine mit flachmuſcheligem ſplittrigem Bruch. Doch nennt man nicht
jeden Kalkſtein Marmor, er muß ſich entweder durch ſchöne Farben aus-
zeichnen, oder doch einen höheren Grad von Reinheit haben. Letzterer
bildet, wie die Dolomite, plumpe Felſen, und findet ſich beſonders im
Hochgebirge oder doch in den ältern Formationen. Die Künſtler bezeichnen
ihn gern nach der Farbe: Marmo bianco (weiß), nero (ſchwarz), rosso
(roth), verdello (grün), giallo (iſabellgelb); ſetzen auch wohl den Fundort
zu, giallo de Siena. Wenn dieſer aber nicht bekannt iſt, wie das bei den
Alterthümern Griechenlands und Italiens häufig vorkommt, ſo ſetzt man
noch antico hinzu, was in Italien freilich häufig, wie ſchon Ferber (Briefe
aus Welſchland) bemerkt, betrügeriſch geſchieht, um dadurch den Werth
der Sache zu erhöhen. Es gibt auch vielfarbige, bei denen die Farben
ſich meiſt flammig zertheilen, und wovon die Techniker das Wort „mar-
morirt“ entlehnt haben. In Deutſchland iſt der rothe Marmor von Rü-
beland bei Elbingerode auf dem Harz, und der von Bayreuth bekannt.
Sonderlich ſtark braun- und gelbgeflammte kommen an den Gränzen der
Bohnenerze auf der Alp vor, ſie werden zu Briefbeſchwerern, Pfeifen-
köpfen ꝛc. benützt (Mineralogiſche Beluſtigungen 1770. V. pag. 202).


Muſchelmarmor (Lumachelle) nennt man die Kalkſteine, worin
die organiſchen Einſchlüſſe, worunter hauptſächlich Muſcheln, ſcharf her-
vortreten. Einen der ſchönſten darunter bildet der Muſchelmarmor
von Bleiberg in Kärnthen. Zwiſchen zahlloſen Muſcheln des ſchwärzlichen
Geſteins liegen Schalentrümmer von Ammonites, die in den prachtvollſten
Regenbogenfarben ſtrahlen, beſonders nach gewiſſer Richtung, wie die
Perlmutterſchale. In der Gegend von Iſchl werden Ammoniten polirt,
woran die Loben auf das Zierlichſte hervortreten. Der Alttorfer Muſchel-
marmor iſt ein bituminöſer Liaskalk mit Ammonites communis, deſſen
Kammern ſich mit Kalkſpath erfüllt haben. Ueberhaupt wird der Effekt
dieſer Geſteine durch das ſpäthige Gefüge der darin eingeſprengten Mu-
ſcheln erzeugt. Die Alten kannten ſie von Megara.


6. Die dichten Kalkſteine nehmen Thon auf, verlieren dann zwar
an Schönheit, gewinnen aber gewöhnlich an Schichtung. Der berühm-
teſte aller geſchichteten Kalke heutiges Tages findet ſich zu Solnhofen an
der Altmühl in Baiern. Hier finden ſich in den plattigen Kalken des
obern Weißen Jura Bänke von einer bewundernswürdigen Gleichartigkeit:
es iſt ein homogener Kalkſchlamm mit ebenem Bruche, der auf Schuh-
weite dem Schlage folgt, man kann Platten von mehreren Quadratfuß
gewinnen, die nicht den geringſten Fehler haben, die Bruchfläche mit der
Hand überfahren erregt das ſanfteſte Gefühl. Am feinſten ſind die
blauen von Mörnsheim. Die feinen dienen zur Lithographie, kleine
Fehler ſchaden nicht; die gröbern zu Fußplatten, Dachziegeln ꝛc. Die
Ziegelplatten ſind oft durch ſchwarze Dendriten, welche von einer Spalte
aus ſich blumig ins Geſtein verbreiten, geſchmückt. Dieſe Manganfär-
bungen hielt man früher irrthümlich für Pflanzen, ſie zogen daher in
ungebührlichem Grade die Aufmerkſamkeit der Geologen auf ſich. Noch
heute betrachtet ſie der Laie mit beſonderm Wohlgefallen.


[336]II. Cl. Saliniſche Steine: Mergel.

7. Mergelkalk bis Mergel. Nimmt der Kalk immer mehr
Thon auf, ſo verwittert und verfriert er um ſo leichter, das Produkt iſt
eine Mergelerde. Wir kommen ſo durch alle möglichen Abſtufungen über
den Lehm hinweg zu den Thonen. Von einer mineralogiſchen Klaſſificirung
kann hier nicht mehr die Rede ſein, man kann ſie nur chemiſch feſthalten.
Viele derſelben ſind bituminös, namentlich wenn ſie Petrefakten zum
Bett dienten: ſo der berühmte Mannsfeldiſche „Bituminöſe Mergel-
ſchiefer
“ der Zechſteinformation, von ſchwarzer Farbe, die er im Feuer
verliert, und wegen ſeines Gehalts von Schwefelkupfer und Silber ein
wichtiger Gegenſtand des Bergbaues; der Poſidonienſchiefer des
Lias
mit ſeinen harten Stinkſteinplatten, der wegen ſeines Oeles mit
loher Flamme brennt, und in manchen Gegenden, wie zu Seefeld in
Tyrol techniſch gewonnen wird; die Süßwaſſerkalke der Tertiärfor-
mation (Bolca, Oeningen, Aix ꝛc.) geben gerieben oder geſchlagen we-
nigſtens noch einen ſtarken ammoniakaliſchen Geruch aber mit ſpecifiſcher
Eigenthümlichkeit von ſich.


Noch ein beſonderes Wort verdienen die Mergelknollen: rund-
liche Concretionen in allerlei beſonders mergeligen Gebirgsarten lie-
gend. Viele erinnern an Kieſelknollen, und bahnen den Weg zu den
eigentlichen Feuerſteinen. Andere ſind aber wahre Mergel, wie die
Imatraſteine, nach den Stromſchnellen des Wuoxen in Finnland benannt
(Parrot, Bulletin Acad. Petersb. 1839, VI.183), die in einem Lehm
liegen, und wegen der welligen Petrefakten nachahmenden Form fälſch-
lich für Petrefakten gehalten ſind. Ehrenberg beſchreibt ähnliche Dinge
aus den Mergeln von Dendera in Aegypten (Abhandl. Berlin. Akad.
1840) und nennt ſie Kryſtalloide, ſo wenig ſie auch mit Kryſtallen
gemein haben. Von beſonderer Regelmäßigkeit ſind noch die Schwe-
diſchen Marlekor (Leonhard’s Jahrb. 1850. pag. 34), die ſchon Linné
als Tophus Ludus kannte. In deutſchen Lehmbildungen fehlen ſie nicht,
z. B. bei Cannſtadt, ſind hier aber viel erdiger. Etwas eigenthüm-
licher Art iſt der bekannte Florentiner Ruinenmarmor, der
ebenfalls Nieren im tertiären Mergel des Arnothales bilden ſoll. Man
darf ſolchen Concretionen doch nicht zu große Wichtigkeit beilegen, und
ſie bis in alle Einzelnheiten verfolgen wollen. Auch der chemiſche Gehalt
hat nur ein untergeordnetes Intereſſe, denn im Grunde gehören auch die
Sandzapfen aus der Molaſſe Oberſchwabens und Oberbayerns hierhin,
die in den wunderbarſten zizenförmigen Auszackungen ſich im Sande ver-
breiten. Wie die Stalaktiten, die runzeligen Wülſte gefrorenen Waſſers
ſich bilden, ſo mögen auch dieſe Figuren im Erdinnern zuſammengefloſſen
ſein, ohne daß dabei beſondere Attraktionsgeſetze im Spiele waren.


8. Kreide, erdig und von ſchneeweißer Farbe, bildet im Norden
ganze Felſenmaſſen. Sie beſteht bei 300maliger Vergrößerung aus Kör-
nern von elyptiſchem Umriß, wozwiſchen mikroſkopiſche Schalen von
Foraminiferen liegen (Ehrenberg Abhandl. Berlin. Akad. 1838 und 1839).
Die Körner unorganiſchen Urſprungs ſind wohl nichts weiter als ein
feiner Kalkſchlik des Urmeers. Die Montmilch (Bergmilch) kommt
neſterförmig vor, ſie iſt kreideartig, aber weicher und zarter im Anfühlen.
Manchmal erſcheint ſie als ein beſonderer Niederſchlag, dann aber auch
[337]II. Cl. Saliniſche Steine: Kalktuff, Oolith.
wieder als ein Zerſetzungsprodukt. Man muß ſich hüten, ſie nicht mit
Infuſorienerde zu verwechſeln.


9. Kalktuff (Travertino, tofus Plin. hist. nat. 36. 48), ein grauer
poröſer erdiger Kalk, ſecundäres Produkt der Kalkgebirge, in deren Thal-
ſohlen und Quellenabhängen er ſich abſetzt. In der ſchwäbiſchen Alp iſt
er öfter nichts als lebendig begrabenes Moos, daher das Zackige und
unregelmäßig Löcherige. Feucht läßt er ſich ſägen (dentata serra secatur),
und liefert unter Dach (sub tecto dumtaxat) ein leichtes, feſtes und trockenes
Baumaterial. Auch die von den Alten ſo viel genannte Osteocolla
(Beinbruch), meiſt Pflanzenwurzeln, die im tiefen Mergel oder Sand-
grunde verfault und erdigen Kalk aufgeſogen haben, möge man hier ver-
gleichen. Dieſer tuff- und bergmilchartige Kalk ſpielte in den Officinen
früher eine wichtige Rolle.


10. Oolith (Rogenſtein), Hammitis ovis piscium similis Plin. hist.
nat.
37. 60, bildet kleine regelmäßige Kügelchen von Hirſekorn- bis Erbſen-
größe, ſieht daher verſteinerten Fiſchrogen ſehr ähnlich, wofür man ihn
früher ziemlich allgemein hielt. Allein die Körner ſind häufig concentriſch
ſchalig und excentriſch faſrig, und ihre Aehnlichkeit mit Erbſenſteinen iſt
zu groß, als daß man ſie nicht für unorganiſche Bildungen halten müßte.
Die mächtigſten Lager kommen im Braunen und Weißen Jura vor, oft
von außerordentlicher Regelmäßigkeit der Körner, wie z. B. am Warten-
berge ſüdöſtlich Baſel. Sie liefern gute Bauſteine. Ein anderes weniger
mächtiges aber meiſt von größerem Korn findet ſich im Bunten Sand-
ſteine am Fuße des Harzes, die größern löſen ſich bei der Verwitterung
in kleinere Körner, auch gehen die Bänke ſtellenweis geradezu in Faſer-
kalk über, ſo daß man ſie für ein Produkt heißer Quellen halten möchte.


Der Erbſenſtein, beſonders im Thale des Karlsbader Sprudels
mächtige Lager bildend, glänzt an der Oberfläche wie Erbſen, iſt ſehr
deutlich concentriſch ſchalig, und beim Zerſchlagen findet man innen ein
fremdartiges Korn, was ohne Zweifel zur Bildung die erſte Veran-
laſſung gab: der heftige Sprudel ſpielte mit dem Sande, um welchen
ſich der Kalk ſo lange concentriſch ablagerte, bis die Erbſe, zu ſchwer,
ſank und ſich zur Seite lagerte. Der Erbſenſtein iſt übrigens Arragonit.
Eigenthümlich ſind die Piselli de Vesuvio aus der Fossa Grande, anein-
der gebackene Kugeln von der Größe einer Erbſe. Eine der räthſelhafteſten
Bildungen kommt in unſern Kalkhöhlen vor: 1838 fand ich bei Nachgrabungen
von Bärenknochen in der Erpfinger Höhle (Oberamts Reutlingen) mitten
im Knochenhaltigen braunen Lehm mit Kalkſinter überzogene Druſenräume,
die ganz erfüllt ſind von 50—60 äußerſt glatten glänzenden Kalkſteinen,
von eckiger Form, ähnlich den Gallenſteinen. Die Steine liegen meiſt frei
darin, ſind verſchieden gefärbt, namentlich ziehen einige blaß pfirſichblüthrothe
das Auge beſonders auf ſich. Wie kann man ſolche Kalkbildungen in
einem rings geſchloſſenen Raume mitten im Lehm erklären. Die Contenta
eines Bärenmagens kann es doch wohl nicht ſein?


Der kryſtalliniſche und dichte Kalk hat in hohem Grade die Eigen-
ſchaft, ſich mit fremden Subſtanzen zu miſchen. Vor allem durchdringt
ihn die Kieſelerde, und die Kieſelerde ſcheidet ſich in Knollen oder in den
Schalen der Thierreſte aus, mit Säure behandelt gelatiniren ſolche Kalke.
Quenſtedt, Mineralogie. 22
[338]II. Cl. Saliniſche Steine: Rhomboederwinkel aus der Form erſchloſſen.
So führt Hausmann einen Braunſteinkalk von Ihlefeld an, krumm-
blättrig und kohlſchwarz von Braunſtein; einen Hämatokonit blutroth
von Eiſenoxyd, und körnig blättrig, wie der dichte Marmo rosso antico;
einen Siderokonit ochergelb von Eiſenoxydhydrat, wie der Numidiſche
Marmo giallo antico.


Verſchieden von ſolchen fremden Beimiſchungen ſind dann diejenigen,
welche als kohlenſaure Verbindungen hinzutreten, und verändernd auf die
Form einwirken. Dieſe haben noch darum ein wiſſenſchaftliches Intereſſe,
da es bei den rhomboedriſchen öfter den Anſchein gewinnt, als könnte
man aus der Form auf den Inhalt und umgekehrt ſchließen. Wir wollen
dieſen


Einfluß des Inhalts auf die Form

etwas näher auseinanderſetzen. Man weiß, daß die reine Ċa C̈ einen
Endkantenwinkel von 105° 5′, und die reine Ṁg C̈ von 107° 25′ hat.
Nun zeigt aber der Dolomitſpath = Ċa C̈ + Ṁg C̈ einen Endkantenwinkel
von 106° 15′ = ½ (105° 5′ + 107° 25′), der alſo genau in der Mitte
von beiden liegt. Darnach ſcheint es, daß beide gemäß ihrer Atomzahl
in der Mitte zuſammentreffen.


Sind mir daher die Winkel w und w' zweier Stoffe bekannt, und
weiß ich, welchen Winkel w'' das Doppelſalz macht, ſo kann ich daraus
den Atomiſchen Gehalt berechnen. Denn es iſt
x w + y w' = w''; x + y = 1 oder y = 1 — x, folglich
x w + (1 — x) w' = w'', .


Beiſpiel. Beim Dolomitſpath habe ich w'' = 106 · 5 gefunden, und
weiß aus qualitativer Analyſe, daß nur Ċa C̈ = w = 105 · 5 und
Ṁg C̈ = w' = 107 · 25 darin iſt, folglich iſt
,
folglich ½ Ċa C̈ + ½ Ṁg C̈ vorhanden.


Wäre w'' = 106 · 29 gefunden, ſo gäbe
,
folglich muß ⅖ Ṁg C̈ dabei ſein.


Der reine Spatheiſenſtein hat 107° 6 = w, der Manganſpath
106 · 51 = w'. Es zeigte aber der Spatheiſenſtein von Ehrenfriedersdorf
107° = w'', und hatte außer Ṁg C̈ keinen andern Beſtandtheil, folg-
lich iſt
,
und es bleibt ⅖ Ṁg C̈.


Man könnte hiernach ſogar vorausſagen, unter welchem Winkel eine
bis jetzt noch nicht ſelbſtſtändig kryſtalliſirte Geſtalt kryſtalliſiren müßte.
So ſoll Johnston’s Plumbocalcit aus den alten Grubenhalden von
[339]II. Cl. Saliniſche Steine: Bitterſpath.
Wanlockhead in Dumfriesſhire zwar einem blättrigen Kalkſpath durchaus
gleichen, aber neben 92,2 Ċa C̈ noch 7,8 Ṗb C̈ enthalten, von der Formel
31 Ċa C̈ + Ṗb C̈. Nun fand Brewſter, trotz des geringen Bleigehaltes,
einen Endkantenwinkel von 104° 53′ 30′, wäre dieß richtig, ſo müßte
\frac{31 · 105 · 5 + x}{32} = 104° 53\frac{1}{2}′, x = 98° 57′
ſein. Das Ṗb C̈, würde es dereinſt rhomboedriſch gefunden, müßte alſo
etwa 99° in den Endkanten haben.


Der kohlenſaure Kalk iſt dimorph: rhomboedriſch als Kalkſpath,
und zweigliedrig mit beſonderer Neigung zu Zwillingsbildungen als Arra-
gonit, und dieſen beiden Typen folgt eine ganze Reihe Salze, deren
Hauptglieder folgende ſind.


  • Rhomboedriſch.
  • 1. Ċa C̈ 105 · 5 Kalkſpath;
  • 2. Ṁg C̈ 107 · 25 Bitterſpath;
  • 3. Ċa C̈ + Ṁg C̈ Dolomitſpath;
  • 4. Ḟe C̈ 107° 6′ Spatheiſen;
  • 5. Ṁn C̈ 106° 51′ Manganſpath;
  • 6. Żn C̈ 107° 40′ Zinkſpath;

  • Zweigliedrig.
  • Ċa C̈ 116° 16′ Arragonit.
  • Ṗb C̈ 117° 14′ Weißbleierz.
  • Ḃa C̈ 118° 30′ Witherit.
  • Ṡr C̈ 117° 19′ Strontianit.

2. Bitterſpath Hausm.


Die reine Ṁg C̈ ohne Kalk, aber mit Ḟe C̈, von Werner unter dem
Rautenſpath mit inbegriffen; wegen des ſtumpfen Winkels nannte es
Mohs Brachytypes Kalkhaloid, Haidinger Breunnerit Pogg. Ann. 11. 167,
Stromeyer Magneſitſpath. Ohne chemiſche Analyſe und genaue Lokal-
kenntniß iſt ein ſicheres Erkennen nicht mehr möglich, und wir halten ſie
blos der Theorie wegen ſcharf auseinander.


Nimmt man den Endkantenwinkel zu 107° 25′, ſo iſt
a = 1,233 = , lga = 0,09107.
Er wächst nur in glatten Rhomboedern mit deutlich blättrigem
Bruch, zu Hall meiſt das 2te ſchärfere Rhomboeder \frac{a}{4} : \frac{a}{4} mit
Gradendfläche. Härte = 4, Gew. 2,9, Glanz ſtärker als bei
Kalkſpath, die aus dem Alpiniſchen Talkgebirge ſind ſtark gelb

[figure]

gefärbt durch Eiſenoxydhydrat.


Hauptſächlich zwei Vorkommen zu unterſcheiden: der am leichteſten
erkennbare findet ſich im Steinſalzgebirge von Hall in Tyrol in Anhydrit
eingeſprengt: kleine ſchwarze ſcharfe Rhomboeder mit Gradendfläche, aber
auch in großen ſpäthigen Maſſen, die durch ihre Schwärze dem Anthra-
konit gleichen, aber mit Säuren nicht brauſen, und durch ihre Gradend-
fläche ſich verrathen. Stromeyer fand darin 89,7 Ṁg C̈, 8 Ḟe C̈, 2,4 Ṁn C̈,
0,11 Kohle. Schwerer zu unterſcheiden ſind die aus dem Alpiniſchen
Hochgebirge, eingeſprengt in Talk- und Chloritſchiefer, es ſind die um
und um gebildeten einfachen Hauptrhomboeder, gewöhnlich von weingelber
22*
[340]II. Cl. Saliniſche Steine: Meſitinſpath, Magneſit.
Farbe, durch das oxydirte Eiſen, welches bei den Faſſathälern auf 17
Ḟe C̈ ſteigt. Die Ṁg C̈ fällt dann zwar auf 83 pC., allein der Kalk
ſoll gänzlich fehlen, während die ganz gleich vorkommenden Dolomitſpathe
wieder bedeutende Mengen davon haben. Breithaupt (Pogg. Ann. 80. 313)
beſtimmte einen aus dem Serpentin vom Hofe Lofthuus bei Snarum von
107° · 28′, der nur 0,78 Ḟe neben 47,3 Ṁg enthielt.


In kochender Salzſäure löſen ſie ſich leicht, und wenn man die Löſung
mit Ammoniak neutraliſirt, ſo gibt Oxalſäure keinen Niederſchlag, wegen
Mangel an Kalkerde. Das ſchwankende des Eiſengehaltes fällt ſehr auf
und führt uns unmittelbar zum


Meſitinſpath Breith., welcher in Druſenräumen mit Bergkryſtall
und weißem Dolomitſpath zu Traverſella in

[figure]

Piemont bricht. Es ſind linſenförmige Kryſtalle,
indem zum Blätterbruch P noch das nächſte
ſtumpfere Rhomboeder mit ſtarker Diagonal-
ſtreifung kommt. Die gelblich braune Farbe
nähert ihn ſchon dem Spatheiſenſtein. Das höhere Gewicht 3,4 rührt
von Eiſen. Stromeyer gab darin Ṁg C̈ + Ḟe C̈ an, was 56 Ḟe C̈ geben
würde, Fritzſche fand nur 48 Ḟe C̈, was die Formel 2 Ṁg C̈ + Ḟe C̈
gäbe, immer aber bleibt er der Vermittler zwiſchen Bitterſpath und Spath-
eiſenſtein (μεσίτης). Dagegen fand ſich zu Thunberg bei Flachau im
Salzburgiſchen ein ſtark gebräuntes Foſſil mit 107° 18′ in den Endkan-
ten, was nun Ṁg C̈ + Ḟe C̈ ſein ſoll, nnd daher von Breithaupt Car-
bonites Pistomesites
(Pogg. Ann. 70. 846) (πιστός gewiß) genannt
wird. Es ſind dieß alles Eiſenbitterſpäthe, die geglüht dem Magnete
folgſam werden, aber ſtark verkniſtern. Die Salpeterſäure-Löſung gibt
mit Ammoniak einen ſtarken Niederſchlag von F̶⃛e, Oxalſäure keinen wegen
des Mangels an Kalk, dagegen Phosphorſaures Natron beim Zuſatz
von Ammoniak einen weißen kryſtalliniſchen Niederſchlag von baſiſch-
phosphorſaurer Ammoniak-Talkerde
(Struvit).


Magneſit hat man die dichte Ṁg C̈ genannt, mager, nicht ſelten
von ſchneeweißer Farbe, erdig oder homogen wie Kalkſtein, Gew. 2,8—3,
Härte 0—5. Ohne Zweifel ſteht er mit Meerſchaum und Serpentin in
engſter Beziehung, wenigſtens ſcheint er durchgängig ein Verwitterungs-
produkt aus Silikaten zu ſein. Daher enthalten ſie meiſtens neben Koh-
lenſäure auch noch Kieſelerde: man darf die opaken Stücke nur in Säuren
werfen, ſo werden dieſelben unter Entwickelung von gallertartig durch-
ſichtig, indem die Kieſelerde (in Verbindung mit etwas Talkerde) zurück-
bleibt. Hier hat ſich die noch nicht der ganzen Baſe bemächtigt. Doch
findet man an demſelben Fundorte Stücke, die in heißer Säure plötzlich
auseinanderfahren und ſich endlich vollkommen löſen, in ſolchen von
Baumgarten in Schleſien fand Stromeyer 50,2 , 47,3 Ṁg, 1,4 Ḣ. Da
nun auch der Serpentin und Meerſchaum Kohlenſäure aufnimmt, ſo iſt
ein vollkommener Uebergang unläugbar, zumal da das Serpentingebirge
von Schleſien (Baumgarten), Mähren (Hrubſchitz), Steiermark (Krau-
bat) ꝛc. das Muttergeſtein bildet. Die Mähriſchen gleichen theils einem
dichten Kalkſtein von gelblicher Farbe, aber brauſen nicht in kalter Säure.
[341]II. Cl. Saliniſche Steine: Dolomit.
Der Kieſelmagneſit aus dem Serpentin von Baldiſſero und Caſtel-
lamento in Piemont ſoll 12 Ḣ̶, 14,2 S⃛i, 26,3 Ṁg und 46 haben. In
ſchneeweißen ausgezeichneten Knollen findet man ihn in den Spalten des
Baſaltes von Sasbach am Kaiſerſtuhl.


3. Dolomitſpath.


Ċa C̈ + Ṁg C̈ iſt ſeine ideale Formel, bildet alſo eine Mitte zwiſchen
Kalk- und Bitterſpath, Hausmann nennt ihn daher nicht unpaſſend
Bitterkalk. Urſprünglich wurde der Name zu Ehren Dolomieu’s in
Sauſſures Alpenreiſe für Geſteine gebraucht, allein da ſich in deren
Druſenhöhlen unſere Kryſtalle finden, ſo iſt eine Uebertragung des Na-
mens nothwendig geworden. Uebrigens miſcht ſich die Bittererde mit der
Kalkerde in ſo mannigfachen Graden, daß auch hier eine ſcharfe Trennung
unmöglich ſcheint.


Rhomboederwinkel 106° 15′, alſo genau die Mitte zwiſchen
Kalk- und Bitterſpath, daher
a = 1,2016 = , lga = 0,07975.
Die einfachen Rhomboeder kommen eingeſprengt im Chloritſchiefer der
Alpen vor, und ſind dann ſchwer von den gleich gelagerten Bitterſpathen
zu unterſcheiden, nur pflegen ſie wegen geringeren Eiſengehalts ungefärbter
zu ſein. Werner vermiſchte alle unter dem Namen Rautenſpath, auch
Bitterſpath wird für ſie gebraucht. Leichter zu unterſcheiden ſind dagegen
die Exemplare von Druſenräumen, wie die prachtvollen einfachen und
Zwillingskryſtalle von Traverſella in Piemont. Das Hauptrhomboeder
hat ſehr glänzende Flächen, was beim Kalkſpath nicht leicht vorkommt,
dazu geſellt ſich an den Kanten die 2te Säule und der gewöhnliche Drei-
kantner a : ⅓a : ½a. Dufrénoy will auch das nächſte ſtumpfere Rhom-
boeder 2a′ : 2 a′ : ∞a 135° 37′ und das nächſte ſchärfere ½a′ : ½a′ : ∞a
77° 22′ gemeſſen haben, was genau mit dem Hauptrhomboederwinkel
ſtimmen würde. Auch manche andere Fläche wird noch angegeben, ſo
daß der Dolomitſpath auch in dieſer Beziehung dem Kalkſpath näher
ſteht, als irgend ein anderes Foſſil. Doch iſt er etwas härter 3—4, und
wiegt etwas mehr, Gew. 2,85—2,9.


In kalter Salzſäure entwickeln größere Stücke nur wenige Blaſen,
das unterſcheidet ihn leicht vom Kalkſpath, während die ammoniakaliſch
gemachte Löſung ſowohl mit Oxalſäure (Kalk), als mit phosphorſaurem
Natron (Magneſia) einen Niederſchlag gibt. Auch fehlt es gewöhnlich
nicht an etwas Ḟe und Ṁn. Je nach dem Vorkommen hat man viele
Varietäten zu machen.


Die glattflächigen Rhomboeder kommen eingeſprengt in dem
Talk- und Chloritſchiefer des Alpiniſchen Hochgebirges, oder auf Gang-
klüften mit Bergkryſtall in Tyrol, der Schweiz, Piemont ꝛc. vor. Zu
Traverſella brechen ſie mit Meſitinſpath. Beſonders wichtig ſind die
kleinen Kryſtalle in Druſenräumen der Dolomitfelſen. Lokalnamen wie
Tharandit von Tharand in Sachſen, und der ältere Miemit von Miemo
in Toskana erregen kein Intereſſe.


[342]II. Cl. Saliniſche Steine: Dolomit.

Dolomitfelſen, zuerſt in der Schweiz von Dolomieu (Journ.
phys.
1791) ausgezeichnet. Er verſtand darunter jene weißen Gebirgs-
arten von feinem ſandartigem Korn, das gleich dem Cipollino pag. 334
von Streifen grünen Talkes durchzogen wird. Die Körner hängen nur
wenig zuſammen, und das Geſtein biegt ſich daher in dünnen Platten.
Vieler ſogenannter Urkalk iſt mehr oder weniger dolomitiſch. Beſonderes
Intereſſe bekam der Dolomit des Flözgebirges durch die klaſſiſche
Arbeit L. v. Buch’s (Abh. Berliner Akad. 1824), dieſe Felſen pflegen
mehr gelblich durch Eiſenocker (Faſſathal), oder grau und dunkelfarbig
durch Bitumen (Muggendorf) zu ſein. Sie haben ebenfalls ein feines
Zuckerkorn, und ſind von Druſenräumen durchzogen, in welchen kleine
aber ſehr deutliche Rhomboeder liegen. Wegen ihres magern Anfühlens
hat ſie der Bergmann Rauhkalk genannt, und in England heißen ſie
nach ihrem Gehalt Magnesia-Limestone. Sie ſind häufig von Höhlen
durchzogen, denn viele werden durch Verwitterung ſo mürde, daß man ſie
mit dem Finger zerdrücken kann. Dadurch entſteht dann Dolomitſand.
Kein Geſtein iſt zu kühnen Felſenbildungen geneigter, als dieſes: im
Faſſathal finden ſich 2000′ hohe Steinwände. Hiſtoriſch berühmt iſt der
Dolomitpaß von Pancorbo nordöſtlich Burgos, der aus dem Ebro- in das
Duerogebiet führt, und im kleinen aber kühnen Maßſtabe finden wir es
in der fränkiſchen Schweiz (Wieſenthal).


Dichter Dolomit vom Ausſehen des Kalkſteins theils mit ebenem,
theils mit ſplittrigem Bruch, aber braust nicht ſtark mit Säure und iſt
ſchwerer als Kalk. Zu Aggsbach ohnweit Gurhof (Land unter der Ems)
und Hrubſchiz kommt er im Serpentingebirge vor (Gurhofian 30 Ċa, 22 Ṁg,
16 ). Die dichten Steinmergel des Keuper mit fein ſplittrigem Bruch
enthalten 41 Ċa C̈, 25 Ṁg C̈ und Quarzſand, ja die Bittererde ſcheint ſo
verbreitet, daß man ähnliche Geſteinsreihen, wie beim Kalkſtein, aufſtellen
könnte. Noch in den jüngſten Kalkbildungen, den tertiären Süßwaſſerkalken,
fehlt die Bittererde nicht: bei Dächingen (Oberamt Ehingen) auf der Alp
findet ſich ein zerreibliches Geſtein, aus welchem eine ſchneeweiße Kreide
abgeſchlämmt wird, die nach Dr. Leube (Leonhard’s Jahrb. 1840. pag. 373)
45 Ṁg C̈ auf 54 Ċa C̈ enthält, alſo ein normaler Dolomit iſt. Man
merkt dieß auch ſchon mit Säure, da ſie nicht ſo ſtark als Kreide braust.
Es kommen in dem Zechſtein auch oolithiſche Bitterkalke vor und was
dergleichen mehr.


Der Bittererdegehalt der Kalkſteine wechſelt außerordentlich, und man
kann das durch chemiſche Formeln nicht feſthalten. Die meiſte dieſer
Bittererde hat das Gebirge wohl gleich aus dem Urmeer bekommen,
welche die Niederſchläge erzeugten. Andere Male gewinnt die Sache je-
doch den Anſchein, als wäre Bittererde dem Gebirge erſt durch irgend
eine Weiſe zugeführt: ältere Hypotheſen ſagten, aus dem Innern der
Erde, wo das Centralfeuer wahrſcheinlich ſo heiß ſei, daß mit Hilfe glü-
hender Waſſerdämpfe die Bittererde verflüchtigt werden könnte, was di-
rekten chemiſchen Verſuchen gerade nicht widerſpricht, denn Durocher
(Compt. rend. 33. 64) konnte Chlormagneſium in glühendem Flintenlauf
verflüchtigen und aus Kalkſtein eine Art Dolomit erzeugen. Dagegen
hat neuerlich Morlot (Haidinger, Naturwiſſ. Abhandl. Wien 1847) geltend
[343]II. Cl. Saliniſche Steine: Braunſpath.
gemacht, daß wenn man unter einem Druck von 15 Atmoſphären Bitter-
ſalzhaltiges Waſſer (Ṁg S⃛) über Kalkſpath gieße, ſo bilde ſich Gyps
(Ċa S⃛), alſo auch Ṁg C̈, die dann mit Ċa C̈ zuſammen kryſtalliſiren könnte.
Das Experiment iſt ſehr auffallend, da bei gewöhnlichem Luftdruck der
Prozeß bekanntlich umgekehrt iſt: der Dolomit wird durch Gypswaſſer
zerſetzt, es bildet ſich Ċa C̈ und Bitterwaſſer geht fort, weil Bitterſalz
löslicher als Gyps iſt.


Braunſpath Werner, eines der merkwürdigſten Minerale der Erzgänge,
ein Bitterkalk, der wegen eines bedeutenden Gehaltes an Eiſen und Man-
gan den Uebergang zum Spatheiſenſtein bildet, daher durch Verwittern
auch leicht braun und ſchwarz wird, was der Name andeutet.


Die Rhomboeder gewöhnlich ſattelförmig gekrümmt, weil ſie trotz

[figure]

ihrer geringen Größe aus lauter kleinen unge-
fähr parallel nebeneinander gelagerten Indivi-
duen beſtehen. Sie ſind daher ſelten meßbar.
Wenn andere Formen vorkommen, ſo krümmen
ſich auch dieſe zu Nieren- und Garbenförmigen
Geſtalten. Der Glanz iſt häufig ſtark perl-

[figure]

mutterartig (Perlſpath). Härte und Gewicht weicht nicht we-
ſentlich vom vorigen ab, nur was der größere Erzgehalt mit ſich bringt.


Auf Erzgängen überkruſten ſie alles, was ihnen im Wege liegt, be-
ſonders Kalkſpath, Quarz und Flußſpath, aber mit ſo dünner Rinde, daß
die Kryſtallform darunter noch kenntlich bleibt. Beſonders intereſſant ſind
in dieſer Beziehung die Kalkſpäthe: die kleinen Braunſpathrhomboeder
reihen ſich immer ſo, daß der Spiegel des blättrigen Bruchs mit denen
des Kalkſpathes faſt zuſammenfällt. So kamen ſie außerordentlich ſchön
auf der Silbergrube Wenzel im Schwarzwalde vor. Häufig widerſteht
nun der Braunſpath den Zerſetzungsprozeſſen mehr als die Unterlage, ſo
entſtehen dann Kryſtallhöhlen, die zu den ſogenannten „Verdrängungs-
Pſeudomorphoſen“ den Anlaß geben, aber kein ſonderliches Intereſſe weiter
bieten. Auffallend ſind außerdem die verſchiedenen Niederſchläge
auf einer Stufe
: man kann nicht ſelten dreierlei beſtimmt von ein-
ander geſonderte Varietäten erkennen, dazu nimmt denn wohl noch der
Kalkſpath etwas im Anſehen von ihnen an, ſo daß eine ganze Gang-
formation im Kleinen uns vor Augen gelegt iſt. Dieſe Bildung mit ſo
ſchlagenden Kennzeichen zeigt ſich auch in Druſenräumen des Flötzgebirges,
beſonders in Kammern von Ammoniten, die nur auf naſſem Wege erzeugt
ſein können, was ein bedeutendes Licht auf die Entſtehung der Erzgänge
wirft.


Vor dem Löthrohr brennen ſie ſich ſchwarz, auch die weißen thun
dieß, obgleich im mindern Grade. Es gehört aber ein nicht gewöhnlicher
Eiſengehalt dazu, wenn die gebrannten Stücke dem Magnete folgſam
werden ſollen. Man gibt ihm die Formel (Ċa, Ṁg, Ḟe, Ṁn) C̈. In
kalter Salzſäure braust er nicht, neutraliſirt man die Löſung mit Am-
moniak, ſo fällt Schwefelammonium das Eiſen und Mangan als F̍e und
M̍n. Der Eiſen- und Mangangehalt iſt ſehr verſchieden, denn manche
[344]II. Cl. Saliniſche Erze: Spatheiſenſtein.
werden durch Verwitterung ganz ſchwarz, wie Spatheiſenſtein. Von feſten
Gränzen kann hier nicht die Rede ſein. Einige Namen:


Sattelförmige Kryſtalle unter allen die verbreitetſten und
gewöhnlichſten.


Faſriger und ſtänglicher Braunſpath hat gern nieren- und trauben-
förmige Oberfläche. Zu Kapnik und Schemnitz kommen eigenthümliche
Faſerbildungen vor.


Blättriger Braunſpath, in derben blättrigen etwas krumm-
flächigen Stücken, die zwar Kalkſpath auffallend gleichen, aber viel ſchwä-
cher brauſen. Hier gehören beſonders die rothen von Freiberg hin. Hai-
dingers Ankerit, auf den Lagern des Spatheiſenſteins von Steiermark
(Eiſenerz) hat ſchon 35,3 Ḟe C̈, 3 Ṁn C̈, 11,8 Ṁg C̈, 50 Ċa C̈. Der dortige
Bergmann nennt den oft kaum gefärbten Spath Rohwand, Wand-
ſtein
. Hier kann nur von lokalen Unterſchieden die Rede ſein, Mineral-
ſpecies darf man aus dieſen Dingen wohl nicht machen.


4. Spatheiſenſtein Wr.


Eiſenſpath, Siderit (σίδηρος Eiſen), Sphäroſiderit.


Das Rhomboeder nach Wollaſton 107° 6′, alſo
a = 1,2246 = , lga = 0,08800.
Selten etwas anderes als das Hauptrhomboeder c : a : a : ∞a und das
nächſte ſtumpfere c : 2a′ : 2a′ : ∞a, und auch dieſe gern krummflächig.
Die reguläre ſechsſeitige Säule mit Gradendfläche, der Dreikantner
c : a : ⅓a : ½a ſind ſelten, Levy beſchreibt von Cornwallis ſogar ein
ſcharfes Rhomboeder e\frac{3}{2} = c : \frac{a′}{5} : \frac{a′}{5} : ∞a, Breithaupt an Lobenſteinern
ein Dihexaeder c : ¾a : ⅜a : ¾a. Das unveränderte Erz ſieht zwar ſehr
lichtfarbig aus, allein durch die leichteſte Verwitterung tritt gleich ein
opakes Gelb und Braun ein, das ſich bis ins Braunſchwarze ſteigert,
was in der Erkennung ſehr leitet. Der Glanz und Härte 4 nicht bedeu-
tender als bei den bittererdehaltigen Rhomboedern, dagegen deutet das
höhere Gewicht 3,8 auf eine ſchwerere Baſis.


Vor dem Löthrohr brennen ſie ſich daher nicht blos ſchwarz, ſondern
folgen auch bald dem Magnete, und faſt alle zeigen eine ſtarke Reaktion
auf Mangan, das ſich in den ſeltenen Vorkommen von den Zinnſtein-
gängen von Ehrenfriedersdorf im Erzgebirge auf 25,3 Ṁn ſteigert, was
etwa zur Formel 3 Ḟe C̈ + 2 Ṁn C̈ führt. Im Durchſchnitt haben ſie
aber viel weniger wie z. B. das berühmte Erz von Stahlberg bei Müſen
im Siegenſchen. Man gibt denen vom mittlern Gehalt die Formel 4 Ḟe C̈
+ Ṁn C̈
, während der Sphäroſiderit von Steinheim bei Hanau nur
1,9 Ṁn hat, alſo faſt reines Ḟe C̈ iſt. Außer Mangan kommt auch Ċa
und Ṁg vor. Die ſchönen Kryſtalle von Neudorf auf dem Unterharze
haben 7,6 Ṁg C̈ und 5,4 Ċa C̈. Rolle ſpielt die Talkerde in den
Spatheiſenſteinen des Hochgebirges, die von Allevard Dep. Iſère haben
15,4 Ṁg, dieſe führen dann zum Meſitinſpath pag. 340. Kalkerde wird
meiſt in geringern Portionen angegeben. Wenn man nun bedenkt, wie
[345]II. Cl. Saliniſche Erze: Spatheiſenſtein.
oft Analyſen, ſelbſt bewährter Chemiker, zu auffallend andern Reſultaten
führen, ſo kann von einer ſichern Feſtſtellung nicht die Rede ſein.


Das Hauptgewicht beruht auf dem Mangangehalt, und da ſich das
Mineral in kochender Salzſäure leicht löst, ſo darf man die Löſung nur
ſchwach ammoniakaliſch machen, ſo fällt Schwefelammonium, Schwefeleiſen
und Schwefelmangan. Das friſche Erz ſieht immer lichtfarbig aus, allein
durch Verwitterung und beſonders durch den Einfluß von Regen und
Sonnenſchein wird es bald braun, und zuletzt bei bedeutendem Mangan-
gehalt ganz ſchwarz: es werden Afterkryſtalle von Manganhaltigem Braun-
eiſenſtein. Die Arbeiter nennen es in dieſem Zuſtande reif, und die
mächtigſten Gänge ſind auf ſolche Weiſe zerſetzt worden. Bei Gängen,
wo die Erze noch nicht reif ſind, ſchüttet man dieſelben auf Haufen und
läßt ſie Jahrelang verwittern.


Die Späthige Abänderung kommt in ſparſamer Menge auf Erz-
gängen vor, wie die ſchönen Kryſtalle von Neudorf, Stolberg, Loben-
ſtein ꝛc. Dieſelben haben jedoch gewöhnlich eine ſpäthigkörnige Erzmutter,
die den Gang in größern Maſſen erfüllt, und die dann zu mächtigen
Bergſtöcken anſchwellen kann, wie das weiße unreife Erz vom Stahlberge
bei Müſen im Grauwackengebirge und das reife Erz vom Knappenberge
bei Hüttenberg in Kärnthen. Der Erzberg bei Eiſenerz in Steiermark,
2,600′ ſich über die Thalſohle erhebend, beſteht faſt ganz aus dieſem
wichtigen Erz, daher rühmt ſchon Plinius das Noriſche Eiſen, und noch heute
genießt Steiermark in der Eiſenhüttenkunde eines hohen Rufes. Da es
in Deutſchland kein beſſeres Eiſenerz gibt, ſo wird es allgemein als
Stahlerz ausgezeichnet. Bei mächtigen Stöcken wird das Korn oft
fein, wie Marmor.


Sphäroſiderit hat Hausmann die ſchwarzen feinkörnigen Maſſen
von Steinheim bei Hanau genannt, Blaſenräume im Baſalte erfüllend.
Darin bilden ſich ſtrahlig faſrige und krummblättrige Parthieen mit halb-
kugeliger Oberfläche aus, die zu dem Namen veranlaßten.


Thoneiſenſtein (thoniger Sphäroſiderit) heißt die dichte homogene
durch Thon verunreinigte Maſſe, welche plattig und in Geoden in die
Schieferthone der verſchiedenſten Formationen eingelagert iſt. Unverwit-
terte gleichen einem fahlgrauen Steinmergel, durch Verwitterung werden
ſie aber braun und roth.


Schon das höhere Gewicht, was meiſt über 3fach hinausgeht, läßt
ihren Werth vermuthen. Die Geoden pflegen reicher zu ſein, als die
zuſammenhängenden Platten. Im Durchſchnitt geben ſie 33 p. C. Eiſen,
das nur zur Stahlbereitung nicht brauchbar iſt. Dieſem unſcheinbaren
Stein verdankt England in Verbindung mit dem reichen Brennmaterial
einen weſentlichen Theil ſeines induſtriellen Uebergewichts. Der Thon-
eiſenſtein kommt in dem Kohlengebirge von Südwallis, Dudley und
Glasgow gerade nicht im Uebermaß, aber doch in genügender Menge
vor, ſo daß England mehr Eiſen erzeugen kann als die ganze übrige
Welt. 1853 gewann es in 400 Hochöfen 50 Millionen Centner Roheiſen
im Werth von 8 Millionen Pfund Sterling. In Schottland allein wurden
1852 in 143 Oefen über 15 Mill. Centner producirt, der Centner koſtete
1851 ungefähr ⅔ Thlr. oder 1 fl. 11 kr. In Deutſchland iſt beſonders
[346]II. Cl. Saliniſche Erze: Manganſpath, Galmei.
Lebach und Börſchweiler im Saarbrück’ſchen mit Thoneiſenſtein verſehen.
Auch die Thonſchichten der Jura- und Kreideformation enthalten manche
Lager und Geoden. Mit Säure brauſen die Geſteine noch, laſſen aber
einen bedeutenden Rückſtand an Thon, und da andere wieder mit Kalk
ſich in den verſchiedenſten Verhältniſſen miſchen, ſo iſt ein vielſeitiger
Anſchluß an andere Gebirgsarten gegeben.


5. Manganſpath.


Ṁ C̈, nicht zu verwechſeln mit Mangankieſel pag. 215, nach ſeiner
roſenrothen Farbe Rhodochroſit, Roſenſpath, Rother Braunſtein genannt.


Der Endkantenwinkel des Rhomboeder nach Phillips 106° 51′, nach
Levy 107° 20′. Nach erſterm
a = 1,204 = , lga = 0,08057.
Das nächſte ſtumpfere Rhomboeder c : 2a′ : 2a′ : ∞a nicht ſelten, auch
ein Dreikantner c : a : ⅓a : ½a wird angeführt.


Je roſenrother die Farbe, deſto reiner mögen ſie ſein, doch kommen
auch roſenrothe Kalkſpathe vor, die aber ſtark brauſen. Härte 4, Gew. 3,5.


Findet ſich nicht häufig, am ſchönſten auf den Goldgängen von Kapnik
und Nagyag in der nördlichen Gebirgsgränze von Siebenbürgen, ſie
können hier 90 Ṁn C̈ enthalten, die Freiberger erreichen nicht ſo viel.
Nicht blos die Farbe, ſondern auch die ſattelförmigen Kryſtalle ſpielen in
den Braunſpath über, wozu an letzterm Orte die Beimiſchungen an Ḟe, Ċa
und Ṁg beitragen. Auffallender Weiſe wird in den Ungariſchen gar kein
Ḟe angegeben, wohl aber an 10 Ċa C̈, daher pflegt man ſie auch (Ṁn, Ċa)
zu ſchreiben, während die Freiberger mehr ſtark Manganhaltige Braun-
ſpäthe ſein dürften. Wie dieſe zeigen ſie dann auch Neigung, nieren-
förmig ſich auszubilden. Solche Sachen ſondern ſich ſchalig ab, auch
miſchen ſie ſich, wie z. B. am Büchenberge bei Elbingerode, mit Kieſel-
ſaurem Manganoxydul, welchen Werner urſprünglich Manganſpath nannte.


6. Galmei.


Calamine, Gialla mina gelbes Erz. Zinkſpath, Żn C̈. Man darf ihn
nicht mit dem Kieſelzinkerz pag. 309 verwechſeln, das Werner auch zum
Galmei rechnete.


Das Rhomboeder nach Wollaſton 107° 40′ in den Endkanten, daher
a = 1,24 = , lga = 0,09348.


Schwer meßbar, weil der blättrige Bruch ſelten große Ausdehnung
hat, auch ſind die Kryſtalle gewöhnlich rauhflächig. Es kommen ſchärfere
und ſtumpfere Rhomboeder vor nebſt der 2ten Säule, welche die Seiten-
kanten des Rhomboeder abſtumpft. Dieſe Kryſtalle ſammeln ſich in kleinen
Druſenräumen der Zinkhaltigen Gebirgsmaſſe. Der Glanz iſt ſtark,
Härte 5 und Gewicht 4,45, ſo daß die Hauptkennzeichen das Maximum
der ganzen rhomboedriſchen Gruppe erreichen. Farbe nicht lebhaft.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es nicht, der Zinkgehalt läßt ſich aber
ſogleich an dem ſchönen grünlichen Lichte erkennen, und die Kohle zeigt
einen Zinkbeſchlag, der kalt wie weißgraue Aſche ausſieht, warm aber
[347]II. Cl. Saliniſche Erze: Galmei.
gelblich iſt, und beim Daraufblaſen leuchtet. Schon in kalter Salzſäure
werfen ſie viele Blaſen, wodurch ſie ſich von Kieſelzinkerz leicht unter-
ſcheiden. Die reinen Abänderungen haben 65 Żn und 35 C̈. Allein es
kommt öfter etwas Ḟe, Ṁn und Ṗb, da Bleiglanz die Erze gern begleitet.
Selten ein kleiner Gehalt an Cadmiumgehalt.


Die Kryſtalle bilden kleine glänzende Druſenräume im Galmei-
geſtein. Am charakteriſtiſchſten jedoch iſt die traubige
Varietät
von weißlicher und grünlicher Farbe, welche
das Geſtein zellig macht. Durch die traubige Ober-
fläche ſcheint der Blätterbruch durch und da der Quer-
bruch feine Faſern zeigt, ſo mag auch hier, wie beim
ſtrahligen Kalkſpath, die Faſer der Säulenrichtung ent-
ſprechen. Die edlen kryſtalliniſchen und traubigen Aus-

[figure]

ſcheidungen werden vom feinkörnigen und dichten Galmeigeſtein um-
hüllt. Daſſelbe hat häufig ein dolomitiſches, aber ſtärker glänzendes Aus-
ſehen, iſt nicht ſelten durch Eiſenocker braun und roth gefärbt, kann aber
ſtellenweis ſchneeweiß wie Magneſit werden (Kärnthen, Tyrol). Dieſes
dichte durch Beſchreibung wegen ſeiner vielen Modificationen kaum feſt-
zuſtellende Geſtein liefert in Verbindung mit Kieſelzink das wichtigſte
Zinkerz. Das berühmteſte bricht im Muſchelkalkgebirge von Tarnowitz in
Oberſchleſien, der daher das meiſte Zink in Europa liefert: der Galmei
bildet ein 40′ bis 55′ mächtiges Lager zwiſchen Sohlen- und Dachgeſtein,
letzteres iſt dolomitiſch. Preußen gewinnt hier allein gegen 3½ Millionen
Centner Schmelzerz, im Werthe von 8 Silbergroſchen den Centner, die
im Durchſchnitt 18—19 p. C. Rohzink geben. Bei guten Zinkpreiſen
(pro Centner 6 Thlr.) können noch Erze von 6 p. C. Gehalt mit Vor-
theil verſchmolzen werden, während der beſte Stückgalmei 40 p. C. gibt.
Im Uebergangsgebirge von Aachen (der Altenberg) bildet das Erz eine
große Linſe, vereinzelte Lager kommen noch längs der Maas tief nach
Belgien hinein vor. Zu Wiesloch in Baden erſcheint er als Umwand-
lungsprodukt des Muſchelkalkes, wie namentlich die in Galmei verwan-
delten Muſcheln beweiſen. In England ſind beſonders die Mendip-Hill’s
ſüdlich Briſtol berühmt, anderer Punkte wie Raibl und Bleiberg in Kärn-
then ꝛc. nicht zu erwähnen. Die Alten ſollen es unter cadmia (καδμία)
verſtanden haben. Früher benutzte man das eiſenfreie geröſtete Erz gleich
zur Meſſingfabrikation, gegenwärtig ſtellt man aus dem geröſteten Erz
erſt das reguliniſche Zink dar. Durch die Röſtung wird und Waſſer
ausgetrieben, das Geſtein mürbe gemacht, ſetzt man nun Kohle zu, ſo
reducirt dieſelbe das Żn. Da aber Zink in der Hitze flüchtig iſt, und
ſich leicht an der Luft wieder oxydirt (lana philosophica bildet), ſo muß
die Deſtillation in verſchloſſenen Gefäßen vor ſich gehen. Die erſten
Portionen ſetzen ein braunes Oxyd ab (braun durch den größern Cadmium-
gehalt), weil das Cadmium flüchtiger als Zink iſt. In Schleſien werden
dieſe beſonders auf Cadmium gewonnen.


ZinkblütheŻn3 C̈ + 3 Ḣ̶ mit 71 Żn, 13 , 16 Ḣ̶ ſcheint ein
Zerſetzungsprodukt, das ſchneeweiße Kügelchen auf dem Geſtein bildet.
Die von Orawitza im Banate haben einen ſeidenglänzenden Faſerbruch,
[348]II. Cl. Saliniſche Steine: Arragonit.
und bilden ſtellenweis kleine Strahlen und Faſern, welche an Pharma-
colith erinnern.


Kapnit nannte Breithaupt einen Eiſenzinkſpath (Żn, Ḟe) , der am
Altenberge bei Aachen vorkommt, oft mit Brauneiſen überzogen iſt, und
107° 7′ in den Endkanten haben ſoll.


Vergleiche hier am Ende auch Herrerit, Aurichalcit 35,8 Zn.


Merkwürdiger Weiſe enthalten auch mehrere Pflanzen der Galmei-
gebirge Zink (Pogg. Ann. 92. 175): das Galmeiveilchen (Viola calami-
naria
) bei Aachen iſt conſtant an den Galmeiboden geknüpft, „daß ſelbſt
bergmänniſche Verſuche auf die bloße Anzeige dieſes Veilchens mit Erfolg
unternommen worden ſind.“


7. Arragonit.


Werner nannte ihn Arragon, weil die erſten Kryſtalle aus dem
Gypſe und den rothen Mergeln von Arragonien am Südabhange der
Pyrenäen kamen, die bereits Romé de l’Isle 1772 unter dem Kalk-
ſpath aufführt. Klaproth wies darin 1788 den Ċa C̈ nach, zwar fand
Stromeyer 1813 noch einen kleinen Gehalt an Ṡr C̈, allein nicht in allen,
und das Mineral wurde daher bald ein Hauptbeweis für Dimorphismus.


Zweigliedriges Kryſtallſyſtem mit vorwiegender Zwillings-
bildung. Geſchobene Säule M = a : b : ∞c 116° 16′ herrſcht vor, daran
fehlt ſelten die Abſtumpfung der ſcharfen Kante h = b : ∞a : ∞c, an
ihren Querſtreifen erkennbar. Ein Paar auf die ſcharfe Säulenkante auf-
geſetzt P = b : c : ∞a 108° 28′ (Hauy nahm für dieſen genau den Winkel
des regulären Oktaeders 109° 28′), daraus findet man
a : b = 0,863 : 1,388 = : ;
lga = 9,93600, lgb = 0,14246.


[figure]

Dem Böhmiſchen fehlt das Oktaeder o = a : b : c ſelten,
iſt aber etwas rauh; s = a : c : ½b, n = b : c : 2a;
häufig x = c : 2b : ∞a. Bei den Spaniſchen gibt Hauy
ein Paar i = c : ½b : ∞a, welche mit M zuſammen ein
einfaches Oblongoktaeder machen. Gewöhnlich herrſcht
aber bei den ſpaniſchen Zwillingen die Gradendfläche r =
c
: ∞a : ∞b, welche alle andern Endflächen verdrängt. Sehr eigenthüm-

[figure]

lich ſind die ſpießigen Kryſtalle (Hauy’s Var. apotome),
beſonders ſchön auf dem Spatheiſenſteinlager des Iberges
bei Grund am Oberharz, in der Serpentinbreccie des
Aoſtathales. Hauy nahm ſie als ſcharfe Oktaeder
a : b : 6c, mit dem Paare c : \frac{1}{12}b : ∞a, allein von
ſcharfen Meſſungen wird kaum die Rede ſein können: es ſind vielleicht
nichts weiter als bauchige Säulen, daher ſieht man öfter auch Zwillinge
darunter.


Zwillinge haben die Säule gemein, und liegen umgekehrt. Am
leichteſten kann man ſie bei den blaß weingelben von Bilin ſtudiren, die
für den Optiker ſo wichtig geworden ſind. Wir nehmen dabei den Säulen-
[349]II. Cl. Saliniſche Steine: Arragonit.
winkel 116°. Durch das Hinzutreten von h auf der Oberſeite hat ſich
die Lücke zwiſchen den beiden Individuen ausgefüllt, und es iſt eine
Eigenſchaft der Paralleltrapezoide h M M h' M' M', daß
h h' wieder den Säulenwinkel einſchließen. In der
ſechsſeitigen Säule gehen nur die gemeinſamen M und
M' einander parallel, dagegen bilden h' M und h M'
ein Prisma von 6°, die Convergenz findet über dem
Säulenwinkel von 116° ſtatt, da 128° + 116° +
122° = 366° beträgt. Sehe ich daher durch zwei ſolche
nicht parallele Flächen gegen ein Licht, ſo treten die
beiden Bilder um ſo mehr auseinander, je weiter ich
mich davon entferne. Da die Zwillingsgränze nur
ſelten genau durch die Säulenkanten geht, ſo findet ſich

[figure]

auf einer der Säulenflächen öfter ein einſpringender Winkel von 180°—
6° = 174°.


Oefter legen ſich ganze Reihen von Individuen an einander, aber ſo,
daß die ungeraden und geraden Zahlen einander parallel
gehen, es iſt das einfache Folge des gleichen Geſetzes,
und man kann ſolche Reihen nur als Zwillinge betrachten.

[figure]

Die Zwillingsſtreifen werden nicht ſelten ſo fein, daß
man ſie kaum mit der Lupe zählen kann. Es kommen
gar häufig ſcheinbar ganz einfache Individuen vor, und
genau unterſucht findet man doch einen Strich 2 … 2
durchgehen, dem die beiden Enden 1 und 3 das Ein-
ſpiegeln ihrer gleichnamigen Flächen verdanken, da 2

[figure]

ſowohl gegen 1 als gegen 3 die Zwillingsſtellung
einnimmt. Selbſt die Drillinge von Bilin len-
ken meiſt gleich wieder zum Zwilling ein: denn in
nebenſtehender Figur bilden 122′ einen Drilling,
aber die ungeraden 3 und 3 ꝛc. ſtehen mit 1 pa-
rallel, es müſſen alſo alle übrigen Individuen links
und rechts dem Zwillingsgeſetz folgen. Die Flügel
ſind Zwillinge, der Kern Drilling.


[figure]

Vierlinge von Leogang und Herrengrund. Bei dieſen ſchneeweißen
bis waſſerhellen Kryſtallen herrſchen die Flächen Mhr, nebſt
den Zuſchärfungen o und i = c : ½b : ∞a, welche auf r
eine ausgezeichnete Streifung parallel der Axe a erzeugen,
nach der man ſich leicht in die Zwillingsverwachſungen orien-
tirt. Bei Leogang kommen treffliche Durchwachſungen vor,
darunter zeichnet ſich ein Individuum gern durch Größe
aus (2), 1 legt ſich daran als Zwilling. 3 und 4 ſind zu-

[figure]

weilen klein und haben dann auf den Säulenflächen
von 1 und 2 Platz, ihre Flächen h ſchneiden ſich unter
12°. Gewöhnlich füllen ſich jedoch die einſpringenden
Winkel aus, und man muß dann vorſichtig nach der
Streifung der Gradendfläche ſich orientiren, die ſo
vortrefflich bei den Kryſtallen von Herrengrund aus-

[figure]

[350]II. Cl. Saliniſche Steine: Arragonit.

[figure]

gedrückt iſt. Am klarſten wird die Sache, wenn wir in
den Zeichnungen auf der Gradendfläche die Zwillings-
gränze zweier anliegenden Individuen durch zwei Linien
angeben, um ſie von den Gränzen der Ausfüllungen zu
unterſcheiden. Nebenſtehende Figur (Hauy’s symétrique
basé
) wird ſogleich klar: die Hauptindividuen ſind 1 und
2, ſie ſetzen ſich unten in den parallelen Stücken gleicher
Zahl fort. Dazwiſchen haben ſich zwei Streifen 3 und

[figure]

4 eingeſchoben, die man ſich hüten muß für parallele In-
dividuen anzuſehen, da ihre Streifen ſich unter 12°
ſchneiden. Der nebenſtehende weitere Vierling weicht
zwar nur wenig ab, allein er iſt nicht mehr ſo ſymme-
triſch gebaut, indem drei Individuen (1, 2, 4) ſehr groß
werden. Die Säule ſchließt ſich nicht immer in allen
ihren Theilen gut, und man muß in Beurtheilung der

[figure]

Streifen äußerſt vorſichtig ſein. Zuweilen ſind
auch nur drei Individuen vorhanden, wie beiſte-
hende Figur (Hauy’s contourné basé) zu bewei-
ſen ſcheint. So viel verſchiedene Streifen ſich
darauf auch finden mögen, ſo bilden doch 1 mit
2 und 1 mit 3 blos Zwillingsſtellungen, alles
Uebrige iſt Fortſetzung. Man ſieht daraus deut-
lich, zu welcher Mannigfaltigkeit das einfache
Geſetz führen kann. Dieſe Mannigfaltigkeit iſt
bei den


Spaniſchen Zwillingen häufig gar nicht mit Gewißheit zu
ergründen, weil wir hier neben M und h nur noch eine matte unge-
ſtreifte Gradendfläche haben. Es bleiben zum Erkennen blos die Säulen-
winkel, aber dieſe zum Glück ſelbſt mit dem Reflexionsgoniometer gut
meßbar. Hauy maß dieſe Winkel und konſtruirte dann die Rhomben
hinein. Natürlich waren dabei Irrthümer unvermeid-

[figure]

lich. Neuerlich hat Senarmont (Ann. Chim. Phys.
3 sér.
41. 60) gezeigt, daß Querſchliffe im polariſirten
Licht die Gränzen gut erkennen laſſen. Eine der häu-
figen Formen (Hauy’s symétrique basé) bildet Säulen
von 128° mit abgeſtumpften ſcharfen Säulenkanten,
wodurch vier Mal 116° entſtehen müſſen. Hauy nahm
ſie als einfachen Zwilling von nebenſtehender Deutung,
wovon 1 ſich in 1 und 2 in 2 fortſetzt, die Zwiſchen-
maſſe z dachte er ſich dann beliebig ausgefüllt. Allein

[figure]

ſo einfach war die Sache gewiß nicht, wie uns ſchon
das erſte Herrengrunder Exemplar beweist, was bei
ganz gleichen Winkeln einen Vierling bildet. Wenden
wir uns jetzt zum contourné basé mit einem Winkel
von 128° und fünf von 116°. Da die Summe der
Winkel nur 708° ſtatt 720° beträgt, ſo muß eine
Seite nach innen um 12° geknickt ſein. Dieſe geknickte
liegt übrigens nicht immer auf der gleichen Fläche.
Hauy dachte ſich dieſen als Drilling, indem er an der
[351]II. Cl. Saliniſche Steine: Arragonit.
Stelle ſeines Winkels von 128° am symétrique basé ein drittes Indivi-
duum einflickte. Auch hier hat die Natur es freier und ſchöner zu Stande
gebracht, wie obiger Herrengrunder Drilling beweist. Endlich noch
die prachtvollen dicken mit 6 gleichen Winkeln von 116°,
die folglich 2 nach innen geknickte Flächen haben müſſen.
Es ſind dreierlei Fälle möglich, je nachdem die geknickten
Flächen einander an-, gegenüber oder zwiſchenliegend vor-
kommen. Im erſten Fall (émergent basé) flickte Hauy
im symmétrique basé ſtatt der 128° zwei Rhomben ein, er
bekam dann, da die geknickte Fläche von ihm ſtets durch
einen Drilling erklärt wird, ſcheinbar einen Achtling, der

[figure]

aber, wie die eingeſchriebenen Zahlen zeigen, ſich auf einen
Fünfling zurückführen läßt. Fünf iſt zugleich das Maximum von Säulen,
welche um einen Punkt möglich ſind, und es mag daher nicht zu-
fällig ſein, daß man gerade mit dieſer Zahl die ſchwierigſten Formen er-
klären kann. Nur zeigen die Kryſtalle ſelbſt, daß mehr eine ſtrahlige
Anordnung vom Mittelpunkt aus Statt findet: ſo iſt das


mésotome basé mit gegenüberliegenden geknick-
ten Seiten ein einfacher Drilling von Individuen, die
ſich durchwachſen haben. Daß die Flächen h eine Rolle
mitſpielen, ſieht man an den Streifungen auf der Grad-
endfläche. Das


[figure]

meïogene basé mit zwiſchenliegenden geknickten
Flächen können wir nur mit 4 Individuen hinſtellen.
So läßt ſich z. B. im Herrengrunder Drilling der Winkel
von 128° durch ein viertes Individuum wegſchaffen, und
dann liegen die geknickten Flächen meïogene. Aber
wir können auch die Sache ſo machen, daß wir noch
die Individuen 1 und 2 durchwachſen laſſen, dagegen
müſſen wir den drei gegenüber ein viertes einſchieben,
weil wir ſonſt den Winkel von 128° nicht wegbringen.
Endlich beim


[figure]

émergent basé bleibt nur noch ein Hauptindi-
viduum 1, während auch der 2 noch ein fünftes gegen-
übertritt. Dieſe Beiſpiele werden zur Genüge zeigen,
bis zu welchen Complicationen ein einfaches Geſetz führen
kann. Senarmont (Ann. Chim. Phys. 3 sér. 41. 62.
Tab. I. Fig. 2—13) führt nach optiſchen Unterſuchungen
ſämmtliche ſpaniſche Zwillinge (von Molina und Ba-
ſtennes) auf 6 Individuen zurück, wie im obenſtehenden

[figure]

Herrengrunder Drilling: 1 und 6 gehen parallel und liegen ſich gegen-
über wie 1 und 1; zwiſchen beide legen ſich dann 2 und 3 als Zwilling
an die Seiten von 1 und 4 und 5 an die Seiten von 6. Durch ver-
ſchiedene Ausdehnung von 2 3 4 5 oder durch Verſchwinden mehrerer der-
ſelben laſſen ſich dann alle ableiten. Und alles das bringt Senarmont
durch Beſtimmung von der Lage der Axe zu Stande. Die Kryſtalle von
Baſtennes zeigen eine innere faſrige Struktur, welche von dem Centrum
nach den Seiten ſtrahlt.


[352]II. Cl. Saliniſche Steine: Arragonit.

Afterkryſtalle des Arragonits nach Kalkſpath fand Mitſcherlich
in Veſuv’ſchen Laven, Haidinger im Baſalttuff von Schlackenwerth und
zu Herrengrund. Am merkwürdigſten ſcheinen die von der Emericus-
Grube von Offenbanya, wo die Zwillingsſäulen nach Fichtel 1 Fuß lang
und ½′ dick werden. Nach G. Roſe (Pogg. Ann. 91. 147) erkennt man
dann noch deutlich die Zwillingsgränzen, auch der Blätterbruch behält im
Ganzen eine beſtimmte Lage bei.


Härte 3, härter als Kalkſpath, Gewicht 2,9, alſo auch um 0,2 den
Kalkſpath übertreffend. Ein ſchwacher Blätterbruch wird zwar parallel
h = b : ∞a : ∞c angegeben, allein man hat große Mühe, ſich nur von
ſeinem Daſein zu überzeugen, geſchweige daß er ſich darſtellen ließe. Fett-
glanz, Farben zufällig wie beim Kalkſpath. Starke doppelte Strahlen-
brechung, ordentl. Strahl 1,69, außerordentl. St. 1,53, alſo dem Kalk-
ſpath in Stärke kaum nachſtehend. Die beiden optiſchen Axen machen
mit c 10° und mit b 80°, liegen alſo in den Arenebenen b c, und ihre
Ebene halbirt den ſcharfen Säulenwinkel. Ein Paar c : 4b : ∞a gegen
Axe c 79° 48′ geneigt, ſteht ſenkrecht gegen die optiſchen Axen. Um die
coniſche Refraktion zu zeigen, ſchleift man die Böhmiſchen Kryſtalle nach
dieſer Richtung an. Von Rudberg Pogg. Ann. 17. 1 genau unterſucht.


In einer Glasröhre über Weingeiſt lange erhitzt ſchwillt er etwas
an und fällt plötzlich zu einem weißen Pulver auseinander, ohne dabei
vorher Kohlenſäure abzugeben, denn ein daneben gelegtes Stück Kalkſpath
wird bei dieſer Temperatur noch gar nicht verändert: er ſoll zu Kalkſpath-
rhomboedern zerfallen (Haidinger Pogg. Annal. 11. 177). Ċa C̈ ganz
wie Kalkſpath, denn ein kleiner Gehalt an Strontianerde, die ſpaniſchen
haben nach Stromeyer 4 p. C. Ṡr C̈, welchen Hauy für weſentlich hielt,
muß unweſentlich ſein, da die böhmiſchen nur 1 p. C., die von Gex (Dep.
l’Ain) und Herrengrund keinen mehr zeigen. Obgleich der geſchmolzene
Ċa C̈ zu Kalkſpath geſteht, ſo ſoll doch aus heißen Löſungen im Waſſer
ſich nicht Kalkſpath, ſondern Arragonit niederſchlagen, G. Roſe Pogg.
Ann. 42. pag. 353, während es bekannt iſt, daß kalte Quellen nur Kalk-
ſpath erzeugen. Läßt man die heißen Niederſchläge jedoch im Waſſer kalt
werden, ſo ſteht die Maſſe wieder zu Kalkſpath um, man muß daher den
Niederſchlag gleich trocknen. Am beſten bildet ſich der künſtliche, wenn
man Chlorcalcium in kohlenſaures Ammoniak gießt. Daraus ſcheint nun
leicht erklärlich, daß die Kalkſteine heißer Sprudel Arragonit wurden, und
daß beſonders in vulkaniſchen Geſteinen ihre Kryſtalle zu finden ſind
(ſiehe dagegen Biſchof Lehrb. chem. phyſ. Geol. II.1039).


Kryſtalle beſonders ſchön in den Baſaltgebirgen des böhmiſchen
Mittelgebirges ſüdlich Bilin (Liebshauſen, Koſel, Luſchiz, Sedlitz, Seid-
ſchütz ꝛc.), für den Optiker die wichtigſten Fundorte, nicht ſelten in arm-
dicken Strahlen, aber dann unklar; auch die Auvergne bietet in ihren
vulkaniſchen Geſteinen viele ſchöne Fundorte. Beſonders bekannt ſind die
einfachen Zwillingsformen aus dem Gyps von Baſtennes ohnweit Dax
am nördlichen und aus Arragonien am ſüdlichen Abhange der Pyrenäen.
Hier könnten freilich auch heiße Quellen die Urſache geweſen ſein, wie
bei den Rogenſteinbildungen des Bunten Sandſteins am Harz. Doch be-
weist Becquerel (Compt. rend. XXXIV.574), daß Arragonit entſtehe, wenn
[353]II. Cl. Saliniſche Steine: Arragonit, Sprudelſtein.
eine 5 bis 6gradige Löſung von doppelt kohlenſaurem Natron auf Gyps
wirke, Kalkſpath dagegen, wenn die Löſung ſchwächer (zweigrädig) ſei.
Zu Leogang öſtlich Saalfelden im Salzburgiſchen finden ſich klare Zwil-
linge auf Erzgängen im Gneus, ebenſo und wegen der Deutlichkeit ihrer
Zwillingsformen beſonders wichtig iſt das Vorkommen zu Herrengrund
nördlich Neuſohl in Ungarn. Dieſe ſind von Kalkſpath überzogen, und
unten ſchwefelgelb gefärbt, was ihnen beim erſten Anblick Aehnlichkeit
mit den bekannten Cöleſtindruſen von Sicilien gewährt.


Nadelförmige Kryſtalle finden ſich in der Serpentinbreccie des Aoſta-
Thales, auf Erzgängen von Iglo in Ungarn (Igloit), beſonders aber in
verwitterten Spatheiſenſteinlagern des Harzes (Iberg) und Thüringens
(Saalfeld), als Seltenheit im Liaskalk (Neunheim bei Ellwangen). Be-
ſonders aber bilden die vulkaniſchen Geſteine am Hohenhöwen am Boden-
ſee, Sasbach am Kaiſerſtuhl, die alten Laven vom Veſuv, und viele
Baſalte das Muttergeſtein, und man muß ſich hüten, es hier nicht mit
Faſerzeolith zu verwechſeln.


Der ſtrahlige Arragonit iſt außerordentlich verbreitet, wird aber
häufig in Sammlungen mit Kalkſpath verwechſelt. Hauptunterſcheidungs-
merkmal bleibt der Mangel der Blätterbrüche am Ende der Strahlen,
denn erwärmt zerfallen ſie nicht mehr ſo auffallend zu Pulver als die
kryſtalliniſchen Maſſen. Zuletzt wird der Strahl zur feinſten Faſer.


Faſriger Arragonit. Dahin gehören beſonders die ſchneeweißen
Platten in den ſogenannten „Schatzkammern“ (Klüften) der zerſetzten
Spatheiſenſteine des Erzberges bei Eiſenerz in Steiermark. Buchholz gibt
darin 99 Ċa C̈ und 1 Ḣ̶ ohne Spur von Eiſenmiſchung an, ob ſie gleich ohne
Zweifel ein Produkt der in den Erzen cirkulirenden Waſſer ſind. Von den
Platten gehen dann zackige, korallen- und baumförmige Verzweigungen
aus (Eiſenblüthe, flos ferri), die zwar nach Art der Stalaktiten ſich ge-
bildet haben mögen, aber auffallender Weiſe wie bei Korallenſtöcken gegen
das Geſetz der Schwere verlaufen. Von der innern Axe zieht ſich die
zarte Faſer excentriſch ſchief nach oben. Auf andern Eiſenerzſpalten, wie
z. B. zu Waſſeralfingen, findet man oft den baumartig verzweigten Kalk-
ſpath von gleicher Schneeweiße. Auf den Malachitgängen von Ringen-
wechſel in Tyrol ſind ſie ſchön ſpangrün gefärbt. Der Satin-Spar
(Atlas-Spath) im Schieferthon von Alſton-Moor Schnüre bildend wurde
zu Seidenglänzenden Perlen verſchliffen, enthält 4 Ṁn C̈. Fein faſrige
Platten findet man öfter mitten im Kalkgebirge: im braunen Jura der
Porta Westphalica oberhalb preußiſch Minden, im Lias von Kemnath,
mit traubiger Oberfläche im Süßwaſſerkalk von Steinheim, Cannſtadt ꝛc.,
doch iſt der Beweis für Arragonit nicht immer zu führen. Dagegen
ſind die


Karlsbader Sprudelſteine, obgleich durch Eiſenocker roth,
braun bis ſchwärzlich gefärbt, entſchieden Arragonit. Sie beſtehen aus
concentriſchen Lagen häufig mit traubiger Oberfläche. Zwiſchen der fein-
ſten Faſer finden ſich zuweilen gröbere Strahlen, an denen man deutlich
den Mangel des Blätterbruchs nachweiſen kann. Der heiße Sprudel von
60°—74° R. ſcheint hier offenbar der Grund zu ſein. Daher wird auch
der dortige Erbſenſtein pag. 337 Arragonit ſein. Wo der Urſprung nicht
Quenſtedt, Mineralogie. 23
[354]II. Cl. Saliniſche Steine: Witherit.
ſo ſicher iſt, wie z. B. bei dem Rogenſteine aus dem Buntenſandſteine
von Thüringen, läßt ſich die Frage, ob Kalkſpath oder Arragonit, kaum
entſcheiden.


Bei Tarnowitz in Schleſien kommt mit Bleiglanz verwachſen ein
ſtrahliger grünlich grauer Arragonit vor (Tarnowitzit), der 2,98 wiegt,
und 2—3,8 Ṗb C̈ enthält (Böttger Pogg. Ann. 47. 497). Manga-
nocalcit
nannte Breithaupt (Pogg. Ann. 69. 429) den nierenförmigen
röthlich weißen Braunſpath von Schemnitz in Ungarn, 3,04 Gewicht, er
ſoll ſeinem Blätterbruch nach 2gliedrig ſein, und Werner zählte ihn zum
faſrigen Braunſpath, der freilich öfter ſich mehr zur Arragonit-, als zur
Kalkſpathgruppe zu neigen ſcheint.


Dufrénoy’s Junckerit von Poullaouen in der Bretagne wurde
länger für einen zweigliedrigen Spatheiſenſtein gehalten, bis Breithaupt
(Pogg. Annal. 58. 279) bewies, daß es rhomboedriſcher Spatheiſenſtein
ſei, doch hat Dufrénoy (Traité minér. II.507) davon keine Notiz genom-
men. G. Roſe glaubt, daß neutrale kohlenſaure Talkerde abgedampft auch
eine arragonitartige Struktur beſitze.


8. Witherit Wr.


In der Umgegend von Angleſark (Lancaſhire) benutzen die Bewohner
ſchon längſt einen gelblichen Stein als Rattengift, in welchem Dr. Wi-
thering (Phil. Transact. 1784. pag. 296) zuerſt luftſaure Baryterde nach-
wies, daher gab ihm Werner den Namen, Bergm. Journ. 1790. III. 2
pag.
216.


Zweigliedrig, aber von ſechsgliedrigem Ausſehen, wie es Hauy auch
wirklich nahm. Die rhombiſche Säule M = a : b : ∞c bildet 118° 30′,
durch die Abſtumpfungsfläche der ſcharfen Säulenkante h = b : ∞a : ∞c
entſteht daher eine faſt reguläre ſechsſeitige Säule mit Querſtreifen auf
allen Flächen, i = c : ½b : ∞a macht über c einen leicht meßbaren Winkel
von 69°, wornach
a : b = 0,818 : 1,375 = : ,
lga = 9,91263, lgb = 0,13816.

Tritt zu i das Rhombenoktaeder o = a : b : c mit 130½° in der vordern

[figure]

Endkante, ſo bekommen wir eine ſcheinbar dihexae-
driſche Endigung, die mit der des gemeinen Quarzes
große Aehnlichkeit hat. Doch findet man am Ende
gewöhnlich Spuren eines weitern Oktaeders. Vor-
züglich zu Alſton in Cumberland. Die Aehnlichkeit
mit dem ſechsgliedrigen Syſtem ſetzt ſich noch weiter

[figure]

in Hauy’s Triannulaire fort. Hier tritt zu M, h, o, i
noch f = 2a : 2b : c, d = 4a : 4b : c, P = b : c : ∞a,
x = c : 2b : ∞a und r = c : ∞a : ∞b. Bei Alſton
kommen ſechsſeitige Tafeln vor, über welchen ſich x und d
zu einer Halbkugel wölben. Da ſich nun auch Zwillinge
wie beim Arragonit finden, ſo iſt der Iſomorphismus voll-
kommen, obgleich Kryſtalle bei uns nicht häufig getroffen werden. Nach
Senarmont (Ann. Chim. Phys. 3 sér. 41. 64) ſind die ſcheinbar einfachen
[355]II. Cl. Saliniſche Steine: Barytocalcit.
Kryſtalle Sechslinge, welche ſich mit ihrem ſcharfen Säulenwinkel um
einen Mittelpunkt legen, wie man im polariſirten Lichte beobachten kann.
Blättriger Bruch wird parallel M ꝛc. angegeben, iſt aber kaum zu be-
merken. Die optiſchen Axen ſchneiden ſich unter 6°—8°, liegen aber
in der Axenebene a c, alſo nicht wie beim Arragonit.


Härte 3—4, Gewicht 4,3, etwas zum Fettglanz ſich neigend. Gelb-
lich grüne Flamme vor dem Löthrohr, ſchmilzt nicht ſchwer, auf Kohle zu
einer klaren Perle. Dieſe fängt plötzlich an ſtark zu brauſen, weil die
Kohlenſäure jetzt erſt entweicht, und die Maſſe ſich dann als kauſtiſche
Baryterde ausbreitet. Dieſes merkwürdige Verhalten brachte Black auf
die Vermuthung, daß beim Kalkſtein auch wohl etwas Aehnliches Statt
finden könnte.
Ḃa C̈ mit 77,6 Ḃa, 22,4 C̈.
Das Pulver fällt in der Kälte die dreiatomigen Baſen R̶⃛, dagegen die
einatomigen nicht. In kalter concentrirter Salzſäure braust er nicht,
ſobald man aber die Säure (ſogar ſehr ſtark) verdünnt, ſo fängt er
außerordentlich heftig an zu brauſen. Das ſich bildende Chlorbarium iſt
nämlich in Salzſäure unlöslich, im Waſſer dagegen löslich. Die Zer-
ſetzung beginnt daher erſt dann, wenn gehörige Waſſermenge zur Auf-
nahme des ſich bildenden Salzes vorhanden iſt.


Die Bleierzgänge des nördlichen England, welche im Bergkalk und
Steinkohlengebirge aufſetzen, ſind theilweis reich an dieſem bei uns ſeltenen
Mineral. Beſonders ſchön ſind die halbtrüben weißen Kryſtalle von
Alſton-Moor in Cumberland, dann die grünlich weißen derben Maſſen
mit feinſtrahligem Bruch, welche in großen Maſſen in Shropſhire ꝛc. vor-
kommen. Das excentriſch ſtrahlige des Längsbruchs erinnert in etwas
an den muſcheligen Bruch des Gypſes. Unbedeutend ſind die Fundorte
von Leogang, in den Schwefelgruben Siciliens, zu Schlangenberg am
Altai ꝛc.


Der reine kohlenſaure Baryt findet ſich in allen Stufen der Zer-
ſetzung durch Schwefelſäure bis zum völligen Uebergange in Schwerſpath.
Thomſon’s Sulphato-Carbonate of Barytes von Brownley-Hill in Cumber-
land gehört zu ſolchen Afterbildungen.


BarytocalcitḂa C̈ + Ċa C̈. Kommt zu Alſton-Moor mit Witherit
vor. In concentrirter Säure brauſen ſie anfangs, hören dann aber auf,
und wenn man darauf verdünnt, ſo fangen ſie nochmals ſtark an zu
brauſen. Die Subſtanz ſcheint dimorph:


1) zweigliedriger Barytocalcit (Alſtonit Breithaupt), ſieht
dem Witherit ſehr ähnlich, und zeigt namentlich keinen ausgezeichneten
Blätterbruch. Die Säule M = a : b : ∞c 118° 50′, würde alſo ganz
unweſentlich vom Witherit abweichen. Intereſſant ſind Dril-
linge, die zu Alſton mit den Witherittafeln vorkommen, ſchein-
bar ſcharfe Dihexaeder, deren Querſtreifen in der Mitte durch
eine Diagonale unterbrochen iſt. Nach den Meſſungen von
Descloizeaux ſind es drei Oblongoktaeder ½a : ½b : c, die ſich
parallel der Hauptaxe dem Zwillingsgeſetze gemäß durch-
drungen haben. Die optiſchen Axen liegen ſehr genähert und
wie beim Arragonit in der Axenebene b c. Flußſpathhärte,

[figure]

23*
[356]II. Cl. Saliniſche Steine: Strontianit.
Gew. 3,6. Bromley-Hill bei Alſton-Moor, daher Bromlite Dana. Thomſon
glaubte anfangs 2 Ċa C̈ + Ḃa C̈ gefunden zu haben, und nannte ihn
daher Bicalcareo-Carbonate of Barytes, Johnſton (Pogg. Ann. 34. 668)
weist dagegen vollkommene [Uebereinſtimmung] nach mit dem folgenden,
nämlich


2) zwei- und eingliedrigem Barytocalcit Brooke. Die
kleinen Kryſtalle zeigen beim erſten Anblick einen Gypsartigen Habitus.
Eine geſchobene Säule i = a : b : ∞c hat vorn ihren ſcharfen Winkel
von 84° 45′, die Säule iſt ſtark längsgeſtreift, und mit ihrem Unterende
aufgewachſen. Brooke (Pogg. Ann. 5. pag. 160) ſetzt den ſtumpfen
Säulenwinkel von 95° 15′ vorn hin. Es kommen noch Zuſchärfungen
der ſeitlichen Kante vor, die häufig herrſchend werden und die ſichere Be-
ſtimmung der Säule ſehr erſchweren. Eine matte Schiefendfläche h =

[figure]

a : c : ∞b gegen die Axe c 61°, in ihrer Diagonalzone
ein Augitpaar M/M 106° 54′ mit einem Blätterbruch ſo
deutlich als beim Kalkſpath. h und M nehmen gewöhnlich
das ganze Ende ein, und bilden hinten eine ſcharfe Ecke,
dieſe Ecke läßt ſich leicht wegſprengen, und dann glänzt
ein dritter ebenfalls deutlicher Blätterbruch P hervor, 45°
gegen Axe c geneigt. Da P/M 102° 54′ machen, ſo kann
man die drei Blätterbrüche ihrem Glanze und Winkeln
nach mit Kalkſpath verwechſeln. Härte 4, Gew. 3,7. Durchaus von
Kalkſpathartigem Ausſehen. Alſton-Moor, die Kryſtalle oft mit Kalkſpath
wie überzuckert, wodurch ihr Glanz nicht gelitten hat. Wenn aber Schwer-
ſpath darauf ſitzt, ſo ſollen ſie trübe ſein, weil derſelbe ſich auf Koſten
ihrer Subſtanz gebildet hat.


9. Strontianit Sulzer.


Hat ſeinen Namen von Strontian in Schottland (Argyleſhire),
wurde mit Witherit verwechſelt, doch vermuthete Crawford ſchon 1790
eine neue Erde darin, die ſich auch bald fand (Strontium). Bergmänn.
Journ. 1791. IV. 1. pag. 433. Durch Schmeißer Philos. Transact. 1794.
pag.
418 wurde das intereſſante Mineral zuerſt genauer beſtimmt.


Zweigliedrige Säule M = a : b : ∞c 117° 19′ und P = b : c : ∞a
108° 12′ daraus folgt
a : b = : .
Die Kryſtalle gewöhnlich unbeſtimmbar nadelförmig, doch führt ſchon Hauy
von Leogang die Flächen h = b : ∞a : ∞c, o = a : b : c und f =
2a : 2b : c
, alſo ganz wie beim Witherit an, und da nun auch die Zwil-
linge nicht fehlen, ſo iſt der Iſomorphismus mit Arragonit vollkommen.
Der blättrige Bruch der Säule M vielleicht etwas deutlicher als beim
Witherit, im übrigen ein ſehr ähnliches Ausſehen, Härte die gleiche 3—4,
aber etwas leichter Gew. 3,6. Die optiſchen Axen ſchneiden ſich unter
6° 56′.


Vor dem Löthrohr vortrefflich erkennbar: er ſchmilzt kaum, die Probe
verliert ihre Kohlenſäure, es ſchießen kurze blendend weiße Stäbe daraus
hervor, ſtärker leuchtend als Kalkſpath, und die Flamme purpurroth färbend.
[357]II. Cl. Saliniſche Erze: Weißbleierz.
Ṡr C̈ mit 70 Ṡr, 30 ,
gewöhnlich etwas Ċa C̈ dabei, bis 6,5 p. C. Er braust ſelbſt in concen-
trirter Säure ſehr ſtark. Zu Braünsdorf bei Freiberg mit Braunſpath
auf Quarz mit ſchönen Kryſtallnadeln, auf Bergwerkswohlfahrt zu Klaus-
thal in garbenförmigen Kryſtallen auf Schwerſpath angeflogen, die ſchön-
ſten Kryſtalle auf den Erzgängen von Leogang (Salzburg). Auf den
Erzgängen von Strontian kommen ſie in derben ſtrahligen Maſſen vor,
von grünlicher Farbe, andere ſind gelblich, aber nicht ſo faſrig als Wi-
therit. Sehr merkwürdig ſind die 1″ bis 2 Fuß mächtigen Gänge in der
Kreideformation von Hamm in Weſtphalen (Pogg. Ann. 50. 189), wohl
die größten bis jetzt bekannten Maſſen. Am Monte Paterno bei Bologna
finden ſich Mergelkugeln mit feinen Kryſtallnadeln im Innern. Auch in
den Kammern von Ammonites angulatus des Lias α kommen ſie in meh-
ligen Halbkugeln vor, doch hüte man ſich, ihn nicht mit faſrigem Cöleſtin
zu verwechſeln.


Stromnit Traill von der Inſel Stromneß in den Orkaden hat
68,6 Ṡr C̈ und 27,5 Ḃa C̈. Da Baryt- und Strontianerde gewöhnlich
zuſammen vorkommen, ſo ſind ſolche Gemiſche leicht erklärlich, nur die
Schwierigkeit bleibt die, wo die neue Species anfängt.


10. Weißbleierz.


Die Bergleute aus der erſten Hälfte des vorigen Jahrhunderts kennen
es bereits unter dem Namen Bleiſpath, obgleich nicht ſonderlich ſpäthig,
ſo „zerſpringet er doch im Feuer wie Spath.“ Wallerius 1747 hat beide
Namen, Cronſtedt heißt es Cerussa indurata (verhärteter Bleyocher), wo-
her der Name Ceruſſit. Romé de l’Isle kennt ſchon 1772 die Ueberein-
ſtimmung der Kryſtalliſation der la Mine de Plomb-blanche mit Salpeter.
Kirwan wies darin die Luftſäure nach.


Zweigliedrig mit arragonitartiger Zwillingsbildung. Geſchobene
etwas blättrige Säule M = a : b : ∞c 117° 14′, ein Paar auf die
ſcharfe Kante aufgeſetzt P = b : c : ∞a macht unter ſich 108° 14′ gibt
a : b = 0,8432 : 1,382 = : ,
lga = 9,92593, lgb = 0,14060.

Gewöhnlich herrſcht die längs- und quergeſtreifte Fläche h = b : ∞a : ∞c
und das Oktaeder o = a : b : c mit dem vordern Endkantenwinkel von
130°. Wenn zum Oktaeder die Zuſchärfung i = c : ½b : ∞a tritt, ſo
entſtehen dihexaederartige Endigungen. h wird durch Querſtreifen häufig
bauchig, weil außer P und i noch x = c : 2b : ∞a, y = c : ⅓b : ∞a
und z = c : ¼b : ∞a ſich einzuſetzen ſtreben. Wenn o zurücktritt, ſo
entſtehen vierſeitige Tafeln. Die Gradendfläche r = c : ∞a : ∞b und
die Abſtumpfungsfläche der ſtumpfen Säulenkante b = a : ∞b : ∞c
kommen auch häufig vor. b mit h bilden bei Badenweiler eine Oblong-
ſäule, die ſenkrecht gegen die Axe c geſehen einen auffallenden Seiden-
glanz zeigt. Ein vorderes Paar d = c : 2a : ∞b etwas druſig trifft
man oft bei Lacroix und Przibram. Beſonders flächenreich ſind die ſchönen
Kryſtalle von Leadhills und Nertſchinsk, woran nicht blos alle genannten,
ſondern auch noch die Flächen e = a : ⅓b : ∞c, f = c : 2a : 2b, q =
[358]II. Cl. Saliniſche Erze: Weißbleierz.
c : 3a : 3b, s = a : c : ½b. Faſſen wir alle auf nachſtehender Projektion
zuſammen, ſo kann ſie uns als ein Muſter dieſer merkwürdigen zwei-
gliedrigen Gruppe (Arragonit, Witherit, Strontianit) dienen:


Weißbleierz projicirt auf die Gradendflächer.


[figure]

Zwillinge ſo vorherrſchend, daß nur ſelten einfache Kryſtalle ge-
funden werden. Bei Lacroir in den Vogeſen fanden ſich früher einfache
Zwillinge in Säulen von 117° und 121\frac{1}{2}° mit den Endigungen d und x,
die Flächen x und x' unten zwiſchen den Rhombenflächen d bilden einen
einſpringenden Winkel. Scheinbar einfache Individuen haben öfter Zwil-
lingslinien. Die meiſten Zwillinge zeigen jedoch ſtark einſpringende Winkel
in der Säule, der häufig jede Ausfüllung fehlt. Gar gern bilden ſie
ſtumpfe Haken von 117°, an denen nichts einſpiegeln will, weil an der

[figure]

Zwillingsgränze ſich alles ausfüllt. Wenn jedoch dieſe Haken
ſich durchwachſen, ſo ſpiegeln im ſcharfen Zwillingswinkel
von 63° Säule (M mit M') und Oktaederflächen (o mit o')
ein, weil für dieſen die gemeinſame Zwillingsebene nicht
dazwiſchen, ſondern quer (M und M') liegt. Gewöhnlich iſt
ein Individuum kräftiger, und das dient den andern zur
Stütze. Kommt ein drittes hinzu, ſo ſetzt ſich das in den

[figure]

ſtumpfen Winkel dem einen oder dem andern als Zwil-
ling an, und nun entſteht wie beim Arragonit méso-
tome pag.
351 beim Durchwachſen im Querſchnitt
der Säule ein Sechseck mit 6 Winkeln von 117°,
deren eines Paar gegenüber liegender Flächen 171°
einſpringt. Wenn in den Drillingen die Oktaeder
herrſchen, wie bei mehreren Schwarzwäldern, ſo entſtehen
förmliche Dihexaeder, bei denen man nicht ſelten Mühe
hat, den einſpringenden Winkel zweier gegenüber liegender Dihexaeder-
[359]II. Cl. Saliniſche Erze: Weißbleierz.
flächen zu finden, weil der Einknick durch Verkümmern
einer Fläche genau in die Endkante des Diheraeder ge-
rückt ſein kann. Durchwachſen die Individuen ſich nicht,
ſo hat bei der Ausfüllung der Querſchnitt der Säule
4mal 1170 und 2mal 126 Grad. Die beiden Indivi-
duen 2 und 3 ſind in den Kryſtallen von Mies öfter
ſchwach gegen 1, da ſich nun der Winkel von 90 aus-

[figure]

füllt, ſo ſcheinen die quergeſtreiften Flächen h ſich unter 1260, ſtatt unter
1170 zu ſchneiden.


Kaum härter als Kalkſpath 3—4; Gew. 6,4—6,7. Farblos bis
weiß, nur zufällig ſchwarz oder laſurblau. Diamantglanz oft in
ausgezeichnetem Grade. Starke Strahlenbrechung 2. Optiſche Axen liegen
(dem Arragonit nicht entſprechend) in der Axenebene a c und machen mit
c einen Winkel von 20 37′, unter ſich alſo 5\frac{1}{4}0.


Vor dem Löthrohr decrepitirt es ſehr ſtark, wenn man ſich aber auf
Kohle aus großer Entfernung nähert, ſo wird es anfangs roth (Mennige),
etwas ſtärker erhitzt bleibt zwar die Maſſe auch roth, wird aber beim Er-
kalten gelb (Ṗb), erſt dann fängt es an zu ſchmelzen und reducirt ſich
gleich zu Blei, das verflüchtigt die Kohle mit gelber Bleiglätte beſchlägt.
Ṗb C̈ mit 83,5 Ṗb, 16,5 C̈.
Ein kleiner Gehalt an kohlenſaurem Silberoxyd bis 0,1 p. C. rührt ohne
Zweifel vom Bleiglanz. Intereſſant iſt ein Gehalt von 7 p. C. kohlen-
ſaurem Zinkoxyd (Zinkbleiſpath) (Ṗb, Żn) C̈ vom Berge Pori bei Igle-
ſias auf Sardinien. In kalter Salpeterſäure wirft es nur wenige Blaſen,
löst ſich aber vollkommen.


Weißbleierz iſt ohne Zweifel ein Zerſetzungsprodukt von Blei-
glanz. Die Kryſtalle ſitzen daher nicht blos auf angefreſſenem Bleiglanz
auf, ſind durch Bleimulm noch ſchwarz gefärbt (ſogenanntes Schwarz-
bleierz), ſondern die ganze Gangmaſſe zeigt ein zerfreſſenes Anſehen, iſt
durch Mangan- und Brauneiſenocker dunkel gefärbt, wo dieſe Färbung
fehlt, liegt häufig ein ſtrohgelber Ocker (zerreibliche Bleierde), es iſt Blei-
oxyd, das zur Salzbildung nicht Kohlenſäure genug fand. Nur der Quarz
leiſtete der Zerſetzung Widerſtand, ſo zerfreſſen er auch ausſehen mag.
Einige meinen, die rührte von zerſetztem Kalkſpath her, doch ſind gewiß
auch kohlenſäurehaltige Waſſer nicht ohne Einfluß geweſen.


Kryſtalle finden ſich beſonders ſchön auf ockerfarbigem Quarz bei
Freiberg (Iſaak, Komm Sieg mit Freuden), früher auf der Grube Haus-
baden bei Badenweiler, Friedrich Chriſtian in der Schappach, Mies und
Przibram in Böhmen auf Bleiglanz ſitzend.


Stangenförmiges Weißbleierz iſt beſonders auf dem Ober-
Harze bei Clausthal und Zellerfeld zu Hauſe: cylinderförmige Säulen
mit kleinmuſcheligem Querbruch und faſriger Längsſtruktur, die Faſer hat
oft Seidenglanz und entſpricht der Hauptaxe c der Kryſtalle. Auf der
Grube Glücksrad im Schulenburger Zug bei Zellerfeld kamen ſie vormals
mit Malachit überzogen vor, doch dringt die Smaragdgrüne Farbe nicht ein.


Bleierde iſt nichts weiter, als eine von Weißbleierz durchdrungene
Thon- oder andere Gebirgsart: ſolche wird im rothen Letten und Sand-
[360]II. Cl. Saliniſche Steine: Gyps.
ſtein von Kall an der Röhr in der Eifel gewonnen, auf dem Harze wird
die Grauwacke durchdrungen, auf der Grube Hausbaden kam das Erz
im rothen Thon vor, der förmlich glänzt. Davon iſt das ſchon oben ge-
nannte ſtrohgelbe Pulver zu unterſcheiden (zerreibliche Bleierde), welches
neben Kryſtallen auf dem zerfreſſenen Quarz liegt, und nichts als Blei-
oxyd zu ſein ſcheint, das etwas Kohlenſäure angezogen hat.


Sehr bemerkenswerth ſind die Doppelſalze mit und S⃛ von Lead-
hills, die wir unten nach dem Bleivitriol anführen werden.


Carbonate überhaupt finden wir mit Hydraten nochmals bei den ſa-
liniſchen Kupfererzen, dann beſonders bei den in Waſſer löslichen Salzen,
die alle zu dieſer Reihe nicht gehören.


Kryſtallographiſch erinnert an die Kalkſpathreihe noch der Natron-
ſalpeter Ṅa N̶˙˙˙˙˙ und das Rothgülden A̍g3ˈˈˈb; an die Arragonitreihe der
Kaliſalpeter K̇ N̶˙˙˙˙˙ und Bournonit (P̍b2 + C̶̍u) S̶ˈˈˈb.


Als ſeltene unwichtige Carbonate nenne ich hier kohlenſaures
Silber
Ȧg C̈? (Grauſilber) von der Grube Wenzel; kohlenſaures
Wismuth
(Bismutit) Breithaupt Pogg. Ann. 53. 628 von Ullersreuth
im Voigtlande, Afterkryſtalle von ſchmutzig zeiſiggrüner Farbe im ver-
witterten Spatheiſenſtein. Es ſcheint aus Wismuthglanz entſtanden zu ſein.


Schwefelſaure ſaliniſche Steine.


1. Gyps.


Γύψος Theophrast. περι λιϑ. 110, gypsum. Plin. hist. nat. 36. 59
„wird gebrannt und aus der Erde gegraben, angefeuchtet muß er ſogleich
benutzt werden, weil er ſchnell geſteht (coit).“ Ueber die Gleichheit des
Steines mit unſerm kann daher kein Zweifel ſein.


Zwei- und eingliedriges Kryſtallſyſtem. Die ſpäthigen
Stücke zeigen dreierlei blättrige Brüche: der erſte Blätterbruch


P = b : ∞a : ∞c mit Perlmutterglanz, gibt an Deutlichkeit nur
dem Glimmer nach und entſpricht der Medianebene des Syſtems, daher
ſtehen beide andere auf ihm ſenkrecht, nämlich 2) der muſchelige


M = a : ∞b : ∞c leicht erkennbar an dem Glasglanz, an der Sprö-
digkeit und den excentriſchen Strahlen, welche von unregelmäßig zerſtreuten
Punkten ausgehen; 3) der faſrige


T = ⅓a' : c : ∞b mit Seidenglanz und gemeiner Biegſamkeit, und
deßhalb unter allen dreien am ſchwerſten darzuſtellen. M und T ſchneiden
ſich nach Hauy unter 1130 8′, Neumann berechnet 1130 46′. Die fetten
Thonmergel der Juraformation (Oxford) ſchließen um und um gebildete
Kryſtalle, Hauy’s Trapézienne ein, von außerordentlicher Schönheit, P bildet
daran rhomboidiſche Tafeln von 1270 44′, deren ſcharfe Zuſchärfung f =
a : b : ∞c
den Säulenwinkel 1110 26′ macht, von dem man auszugehen
pflegt, und deren ſtumpfe l = c : ⅕a : ¼b ſich unter 1430 42′ ſchneiden
(Weiß Abh. Berl. Akad. Wiſſ. 1821. 195 und 1834). An dieſen Kry-
[361]II. Cl. Saliniſche Steine: Gyps.
ſtallen liegen die drei Blätterbrüche, wie beiſtehende Zeich-
nung und ihre Arenausdrücke ſagen: der muſchelige M
ſtumpft den vordern ſtumpfen Säulenkantenwinkel f/f ab,
und der faſrige T nimmt hinten die ſcharfe Ecke weg. Häufig
iſt außerdem ein hinteres Augitpaar n = ⅓a' : ¼b : c, deren
ſtumpfer Winkel von 1380 28′ durch den faſrigen Bruch T
abgeſtumpft wird. Gehen wir von den Winkeln

[figure]

f/M = 550 43′; \frac{a}{b} = tg 55 · 43;
l/M = 710 51′; \frac{b}{4a} = tg0 71 · 51;
n/M = 690 14′; \frac{b}{4a} = tg1
69 · 14 aus:

ſo findet ſich k = 1 + = — 0,092, der ſtumpfe Winkel
\frac{c}{a} = 900 48′ 20″ liegt daher auf der Vorderſeite, und weicht kaum vom
rechten ab.
a : b : k = 6,577 : 9,648 : 0,0925 = √43,26 : √93,09 : √0,0085.
lga = 0,81805, lgb = 0,9844, lgk = 8,96614.

Die Kryſtalle aus den Salzgebirgen von Ber im Untern Wallis zeichnen
ſich nicht blos durch beſondere Klarheit aus, ſondern zeigen auch in der
Säulenzone eine ganze Reihe meßbarer Flächen: o = a : ½b : ∞c, r =
a : ⅓b : ∞c, m = a : ¼b : ∞c, zwiſchen r/o noch i = a : ⅖b : ∞c ꝛc.
Bei verkürzten Säulen (Dürrenberg) entſteht eine förm-
liche geſtreifte Kreislinie in dieſer Zone. Dazu kommt
auf der Hinterſeite eine eigenthümlich gerundete Fläche
E = c : 3a' : ∞b, die ſich am Mont Martre, bei Berch-
tesgaden ꝛc. zeigt, und die erſte Veranlaſſung zur
Linſenbildung gibt
. In ihrer Diagonalzone liegen
ſelten u = 3a' : ¼b : c und ω = 3a' : ¾b : c. In der
Diagonalzone von T werden außer n noch x = ⅓a' : ⅛b : c

[figure]

und ſ = ⅓a' : \frac{1}{12}b : c angegeben. Nehmen wir dazu r = a : ¼b : c,
k = ⅕a : \frac{1}{12}b : c und die ſeltene Schiefendfläche q = a : c : ∞b, ſo
ſind das die wichtigſten bekannten Flächen. Die Bildung der


Linſenförmigen Kryſtalle läßt ſich häufig ſehr deutlich ver-
folgen. Zunächſt verkürzt ſich die Säule, man er-
kennt aber noch ſehr deutlich P f l n, wiewohl die
Augitpaare l und n ſchon eine ſtarke Rundung an-

[figure]
[figure]

genommen haben, ſo findet man
ſie am Mont Martre bei Paris.

[figure]

Dann aber verſchwindet jede Spur von Säulenfläche,
kaum bleibt in der Gegend von P bei unverletzten noch
ein Schiller, die Buckel von c zeichnen ſich aus, und
von hier fällt dann die Linſe nach allen Seiten hin
ſchön gerundet ab. Sie kommen beſonders inſtruktiv
in den Mergeln der Baculitenſchichten von Leneſchitz
an der Eger vor.


[362]II. Cl. Saliniſche Steine: Gyps.

Zwillinge gibt es zweierlei, bei beiden ſpielt aber der Perlmutter-
bruch P ein. Am verbreitetſten finden ſich


1. Die Zwillinge des Salzgebirges auf Druſenräumen: ſie
haben die Säule f f gemein und liegen umgekehrt. Gewöhnlich legen ſie

[figure]

ſich ſehr regelmäßig mit dem muſcheligen Bruch M an einander,
und da ſie nun mit einem Ende aufwachſen, ſo ragt bald ein
zweigliedriges Oktaeder, oder eine Gabel hinaus, die man
gern mit einem Schwalbenſchwanz vergleicht (Schwalben-
ſchwanzzwillinge
). Wenn man auch die feine Linie der
Zwillingsgränze auf P leicht überſehen könnte, ſo leitet uns
doch der faſrige Bruch T, welcher durch P durchſcheint, und in
beiden Individuen an der Zwillingsgränze plötzlich aufhört.
Man findet häufig handgroße Platten, worin die Faſerbrüche durch ihren
Schnitt unter 1320 28′ noch deutlich die Zwillingsverwachſung anzeigen.
Mitſcherlich bediente ſich dieſer Kryſtalle auf ingeniöſe Art (Pogg. Ann.
41. 213), um zu beweiſen, daß ſie durch die Wärme nach verſchiedenen

[figure]
[figure]

Richtungen ſich verſchieden ausdehnen: Er ſchliff eine Grad-
endfläche c daran, die ſenkrecht gegen P und f ſteht, erwärmt oder
erkältet man nun, ſo kommt einerſeits ein einſpringender und
andererſeits ein ausſpringender Winkel c c'. Wo? ſagt die
Abhandlung nicht. Bei 80 R. Temperaturdifferenz ändert ſich
der Winkel um 1\frac{1}{2}′. Dieß könnte nicht der Fall ſein, wenn
die Kryſtallſubſtanz ſich nach allen Richtungen gleich aus-
dehnte.


2. Pariſer Zwillinge eingewachſen und nicht in Druſenräumen:
es ſind jene großen dem Optiker ſowohl bekannten weingelben Linſen.

[figure]

Bei ihnen ſpiegelt auch P ein, allein im Uebrigen haben
ſie nicht f/f, ſondern das Augitpaar l/l gemein, die Ab-
ſtumpfungsfläche z der ſtumpfen Kante dieſes Paares bildet
immer die ſcharf erkennbare Zwillingsgränze. f iſt der zur
Schneide gewordene Säulenrand, l und n die Region der
Augitpaare. Das Hauptkriterium liefern jedoch die Lagen
des muſcheligen und faſrigen Bruchs, die man ſich leicht
an einem abgeſpaltenen Zwillingsblatt durch Querbruch
verſchaffen kann: der faſrige Bruch T ſchneidet die Zwil-
lingsebene z unter einem Winkel von 1180 29′ oder 610
31′, der muſchelige M' dagegen unter 1270 44′ oder 520
16′, und zwar ſo oft der eine ſtumpf muß der andere
ſcharf ſchneiden und umgekehrt, der Winkel zwiſchen M' und
T (oder M T') beträgt alſo 1890 15′ oder 1700 45′, daher liegen M und
T' oder M' und T in einer Flucht, die nur um 90 15′ auf der Zwillings-
gränze geknickt iſt. Es kommen nun freilich in Beziehung auf die Zwillings-
gränze und Größe der Individuen gar manche Modificationen vor, doch
kommt man ſelten in Schwierigkeiten. Lehrreich ſind in dieſer Beziehung
die Zwillinge von


Morl bei Halle an der Sale, wahrſcheinlich in die dortige Por-
zellanerde eingeſprengt, die um und um ausgebildeten Individuen durch-
wachſen ſich ſo, daß an beiden Enden ein ſchönes Oblongoktaeder f f f' f'
[363]II. Cl. Saliniſche Steine: Gyps.
entſteht. Nur mit Mühe finden ſich die vollſtändigen Zwillings-
gränzen. An der Stelle des Paares l lagert ſich eine druſige
Schiefendfläche z = ⅕ a : c : ∞b, die mit P eine Oblongſäule bildet.


Die optiſchen Axen liegen im Blätterbruch P. Neumann
(Pogg. Ann. 27. 240) ſuchte zu beweiſen, daß die thermiſchen, op-
tiſchen und kryſtallographiſchen Axen rechtwinklig ſeien und zuſam-

[figure]

menfallen; unter optiſchen die Fresnel’ſchen Elaſticitätsaxen verſtanden.
Aber dann muß man die drei neuen kryſtallographiſchen Axen A b C auf
folgende Weiſe wählen:


Die Axe b bleibt wie vorhin, und ſteht wie im-
mer ſenkrecht auf die Medianebene P, in welcher wie
vorhin auch A und C liegen. Verzeichnen wir uns
nun die Tafel der drei Brüche von 1130 46′, ſo macht
die Kante l/l = z = a : 5c mit M 1270 44′; die
Schiefendfläche q = a : c mit M 990 28′ und halbirt
man dieſen Winkel, ſo gibt das die optiſche Mittel-
linie C, welche Neumann als ſeine kryſtallographiſche
Hauptaxe nimmt. Sie liegt im ſcharfen Winkel des
Rhombus MT, und macht mit dem muſcheligen Bruche
M 490 44′ und mit dem faſrigen T 160 30′. Zieht
man nun A auf C ſenkrecht, ſo ſind für f = A : b : C
die neuen Axen
A : b : C = 1,18 : 1,12 : 1.
M = A : C : ∞b, T = ¼A' : C : ∞b ꝛc.


[figure]

Der Winkel der optiſchen Axen beträgt 600, ſie ſchneiden alſo C unter
300. Beim Erwärmen nähern ſich jedoch beide gegen einander in ungleichem
Schritt pag. 104. Mittelſt dieſes Schemas kann man leicht die optiſchen
Axen auf dem Blätterbruche P finden, man darf die Blätter nur auf
unſere Figur legen. Prachtvoll ſind die Farben dünner Blättchen im po-
lariſirten Licht pag. 109, einfarbig, wenn gleich dick, mehrfarbig bei un-
gleicher Dicke. Die Newtonianiſchen Farbenringe zwiſchen dem Blätter-
bruch P, nicht ſelten beweglich beim geringſten Druck, ſieht man oft.


Härte noch nicht 2. Nimmt man eine geſchnittene Schreibfeder leicht
in die Hand, ſo bemerkt man deutlich, daß auf P parallel dem Faſerbruch
T die Feder nicht ſo ſtark wirkt als ſenkrecht dagegen. Gemein biegſam
parallel dem faſrigen Bruch, und da er außerdem milde iſt, ſo ſind die
Kryſtalle nach dieſer Richtung oft auffallend gekrümmt. Parallel dem
muſcheligen Bruch iſt er ſpröder, was man beim Zerbrechen dünner Blätter
ſehr deutlich merkt. Fühlt ſich wenig kalt an. Gew. 2,3. Oft ganz
waſſerhell, Farben ſtets von ſehr zufälligen Beimiſchungen.


Ċa S⃛ + 2 Ḣ̶ mit 46,5 S⃛, 32,6 Ċa, 20,9 Ḣ̶.
Gibt 18,6 Schwefel, ſo daß die Natur im Gyps den meiſten Schwefel
niedergelegt haben dürfte. Auf Kohle in der innern Flamme reducirt er
ſich zu Schwefelcalcium. Schmilzt wegen der dünnen Blättchen nicht
ſonderlich ſchwer zu einem weißen Email. In 450 Theilen Waſſer
löslich, daher Quellen der Gypsformation ſtets gypshaltig. In Alkohol
unlöslich. Säuren, namentlich auch etwas Kochſalz, vermehren die Lös-
lichkeit, dagegen iſt Gyps in concentriter Sole nicht löslich, daraus werden
die prachtvollen Kryſtalle in Höhlen des Steinſalzgebirges erklärlich: gyps-
[364]II. Cl. Saliniſche Steine: Gyps.
haltige Waſſer lösten das Salz, und die dadurch entſtehende Sole konnte
den Gyps nicht halten. Schon bei 1090 R. gibt der Gyps alles Waſſer
ab, und erhitzt man ihn darüber, ſo brennt er ſich todt, d. h. er nimmt
kein Waſſer wieder auf. Erhitzt man ihn darunter, etwa bis 900, wo
er noch ½ Atom Waſſer hält, ſo nimmt er, mit Waſſer gemiſcht, ſchnell
das Waſſer wieder auf, erhärtet und erwärmt ſich dabei. Darauf be-
ruht ſeine vielfache techniſche Anwendung. Die feinſten beſonders zu
Statuen brauchbaren Sorten liefert der blättrige farbloſe Gyps (omnium
autem optimum fieri compertum est e lapide speculari Plin.
), dieſer kommt
daher auch ungebrannt in den Handel. Man brennt ihn ſo lange, als
das Aufwallen dauert. Neuerlich iſt Gyps auch in der Oekonomie wichtig
geworden: man ſtreut ihn gepulvert roh oder beſſer gebrannt ſparſam
auf Futterkräuter (Klee, Lucerne, Eſparſette), Lein und Hülſenfrüchte.
Hanf und ſumpfige Wieſen vertragen ihn nicht.


Seine Bildung findet ſowohl auf trockenem als naſſem Wege ſtatt,
Dr. Schacht fand ſogar, daß in den Zellen, welche die Baſtbündel un-
mittelbar umgeben, die häufigen Kryſtalle gewöhnlich Gyps ſeien. In
vulkaniſchen Gegenden, wo Schwefelwaſſerſtoff und ſchweflichte Säure
fortwährend entweichen, kann es an Zerſetzung der Kalkfelſen nicht fehlen,
und wo Schwefelmetalle auf Erzgängen, beſonders aber Schwefelkies in
den Thonmergeln verwittern, tritt gern Gyps als Nebenprodukt auf.
Doch ſpielt er auf Erzgängen als Ganggeſtein niemals eine Rolle, ſo
ſchön andererſeits die Kryſtalle in den Thonmergeln der Jura- und Kreide-
formation vorkommen, die lediglich dem dortigen Schwefelkies ihr Daſein
verdanken dürften. Aber alles dieſes ſind verſchwindende Mengen gegen
die Stöcke und Lager ſonderlich des Flözgebirges, könnten wir auch für
den Urgyps mit eingeſprengtem Glimmer im Glimmerſchiefer der Alpen
(Val Canaria) oder für die mit Serpentin vorkommenden Stöcke der Py-
renäen die Schwefelſäurequelle im Innern der Erde ſuchen, ſo muß doch
wohl die große Menge der folgenden Lager gleich aus dem Meerwaſſer,
woraus ſie ſich niederſchlugen, ihren Schwefelſäuregehalt bezogen haben.
In Amerika finden ſich Gypslager mit Salz ſchon unter der Steinkohlen-
formation, bei uns iſt der von großen „Schlotten“ durchzogene Zechſtein-
gyps am Rande des Harzes der älteſte, dann hat aber auch der Bunte-
ſandſtein, Muſchelkalk und Keuper bedeutende Lager. In den Alpen und
den Karpathen läßt ſich das Alter nicht immer mit Sicherheit nachweiſen,
dagegen ſtellt ſich im Tertiärgebirge nochmals eine ausgezeichnete, wenn
auch ſporadiſche Entwickelung ein.


Das Gypsgebirge iſt nicht blos durch den Einſchluß von Thierreſten,
beſonders der Wirbelthiere, merkwürdig: Säugethierknochen bei Paris,
Schildkröten am Hohenhöwen, Fiſchſchuppen im Keupergyps ꝛc., woher
auch der nicht ſeltene Gehalt an Bitumen erklärt werden könnte, ſondern
es bildet auch eine Fundgrube für ganz eigenthümliche Minerale: Boracit
von Lüneburg, Arragonit und rothe Quarzkryſtalle in Spanien und Süd-
frankreich, Bitterſpath bei Hall, Schwefel, Cöleſtin ꝛc., und noch unbe-
antwortet iſt die Frage, in welchem innern Zuſammenhang er mit An-
hydrit ſtehe.


Gypskryſtalle ſchließen öfter bewegliche Waſſertropfen ein. Sie
tapeziren vor allem die Wände größerer und kleinerer Höhlen im Gyps-
[365]II. Cl. Saliniſche Steine: Gyps.
gebirge aus, Wölbungen von mehreren Hundert Fußen Durchmeſſer findet
man in den Alpen überkleidet, der kleinſte Spalt reicht zu ihrer Bildung
hin. Viele dieſer Kryſtalle ſind offenbar ganz neuern Urſprungs, denn
in Bohrlöchern zu Wilhelmglück bei Hall am Kocher, die noch nicht über
30 Jahr alt ſind, finden ſich in den Räumen, wo die Sole im Gebirge
ſtand, die ſchönſten Kryſtalle unter Verhältniſſen, die es ganz außer
Zweifel ſetzen, daß die Salzſole ſelbſt erſt die Veranlaſſung zu dieſen
Kryſtallbildungen gegeben hat. In den Dornſteinen der Saline Rehme
oberhalb Preußiſch-Minden kann man die Gypskryſtalle von mehr als
½ Zoll Größe ſehr deutlich erkennen. Rieſige Kryſtalle füllen nicht ſelten
große Spalten aus, prachtvoll ſind in dieſer Beziehung die ſchenkeldicken
waſſerhellen Zwillinge von Friedrichroda im Zechſtein am Nordrande des
Thüringer Waldes, die Flächen ſind hier trotz der Größe ſcharf und meß-
bar, die Kryſtalle durch Druck oft auffallend gekrümmt. Dann nimmt
aber die Deutlichkeit der Kryſtallflächen ab, höchſtens zeigt die Oberfläche
linſenförmige Rundung, ſo findet man ſie in rieſenhafter Größe in einer
Muſchelkalkſpalte des Siweckenberges bei Quedlinburg, weingelb oder
waſſerhell erfüllen ſie in verworrener Maſſe Theile der Spalten, man
kann hier Blätter von mehr als Fuß Durchmeſſer bekommen, ſie ſind aber
nicht ganz ſo hart und glaſig, als die Pariſer Zwillingslinſen, welche im
Klebſchiefer oder dichten Gypsgebirge eingeſprengt vorkommen.


Fraueneis (Marienglas) heißen in der Volksſprache ſchon längſt
dieſe ſpäthigen Maſſen. Da das Klare derſelben ein Sinnbild der Keuſch-
heit bot, ſo liebt man es, die Marienbilder damit zu ſchmücken, wie ſchon
bei den Circenſiſchen Spielen der Boden damit beſtreut wurde „ut sit
in commendatione candor.“
Ohne Zweifel das Fenſterglas, lapis specu-
laris (faciliore multo natura finditur in quamlibet tenues crustas Plinius
hist. nat.
36. 45), das vorzugsweiſe aus Spanien kam, und 5′ Durchmeſſer
haben konnte. Auch von ihm glaubten die Alten, daß es wie der Berg-
kryſtall gefrorenes Waſſer ſein könnte, „denn wenn Thiere in ſolche
Quellen fielen, ſo ſei ſchon nach einem Jahre das Mark ihrer Knochen
in den gleichen Stein verwandelt (hier ſchwebten dem Schriftſteller viel-
leicht die Kalkſpäthe vor, welche man z. B. in den Markröhren bei Ma-
rathon findet) jetzt ertragen ſie die ſtärkſten Sonnenſtrahlen.“ Er diente
zu Bienenkörben, um die Bienen darin arbeiten zu ſehen, l. c. 21. 47.
Uebrigens verwechſelten die Alten nicht blos den Glimmer damit, ſondern
alles was klar und blättrig war, namentlich Kalkſpath und Schwerſpath.
So ſcheint Plinius l. c. 36. 45 ſchon den Schwerſpath von Bologna (in
Bononiensi Italiae etc.
) als Gyps gekannt zu haben. Agricola deutet das
griechiſche σεληνίτης (Mondſtein) auf Gyps, und Plinius hist. nat. 37. 67
ſagt: Selinitis ex candido tranlucet melleo fulgore, das könnte wohl auf
die beim Gyps ſo häufige weingelbe Eiſenfärbung anſpielen, aber von
einer Sicherheit kann bei ſolchen Deutungen entfernt nicht die Rede ſein.
Doch haben ſich Viele über die Deutung des Namens den Kopf zerbrochen.


Faſergyps kommt beſonders gern plattig vor, die Platten durch-
ſchwärmen das Geſtein auch wohl nach verſchiedenen Richtungen. Parallel
der Faſer ſieht man oft noch den erſten Blätterbruch P, ja in der Dau-
phiné finden ſich handhohe Platten, woran der muſchelige Bruch noch
[366]II. Cl. Saliniſche Steine: Anhydrit.
ſchief die Faſer ſchneidet, ſo daß die Faſer ohne Zweifel mit der Bildung
des faſrigen Bruchs T in engſter Beziehung ſteht. Wird die Faſer fein,
ſo nimmt ſie den ſchönſten Seidenglanz an (Nordhauſen, der Keuper der
Schweiz ꝛc.), zu Perlen geſchliffen zeigen dieſe wie das Katzenauge einen
innern beim Drehen beweglichen Lichtſchein. Der Querbruch ſenkrecht
gegen die Faſer iſt matt. Uebrigens findet man in denen von ſchnee-
weißem Schiller blättriges farbloſes Fraueneis, das ſeine Hauptaxe gern
der Faſer parallel ſtellt, und in dieſen Fällen werden auch die Kryſtalle
mit vom Schiller ergriffen. Als Federweiß im gemeinen Leben häufig
mit Asbeſt verwechſelt.


Alabaſter (ἀλαβαστρίτης Theophrast.). Darunter verſteht man
heutiges Tages hauptſächlich jene ſchneeweißen feinkörnigen bis dichten
Gypsmaſſen, die beſonders ſchön am Fuße der Schweizerberge vorkommen,
noch heute werden ſie in Italien vielfach verſchliffen, vorzüglich der Ge-
nueſiſche. Im Alterthum diente er vorzugsweiſe zu Salbenbüchſen. Be-
ſonders ſchön ſind die durch Eiſenoxyd blaßroth gefärbten. Viel weicher
als Marmor, aber auch zerbrechlicher. Hier ſchließen ſich dann die dichten
Gypsfelſen aller Art an, durch Thon und Bitumen (im Zechſtein) dunkel
gefärbt, auch wohl mit Säuren brauſend, wie der feinkörnige Pierre à
plâtre
von Paris mit 7,6 Ċa C̈, 3,2 Thon, der aber gerade wegen dieſes
Gehaltes ein ſo vortreffliches techniſches Material gibt. Uebrigens iſt mit
dieſen Gebirgsmaſſen der Anhydrit auf das Mannigfaltigſte verbunden.


Schaumkalkpag. 317 aus dem Zechſtein gleicht einem gebrannten
blättrigen Gypſe, beſteht aber aus reinem kohlenſaurem Kalk, und iſt wohl
ohne Zweifel eine Afterbildung.


In den Salzpfannen von Wilhelmsglück ſondert ſich der Gyps (und
Anhydrit) körnig ab. Auch kommt er erdig, gekrösförmig, in Kugeln ꝛc. vor.


2. Anhydrit.


Der Name „waſſerfrei“ iſt im Gegenſatz von Gyps ſehr bezeichnend.
Nach Fichtel (Mineral. Aufſätze. Wien 1794. pag. 228) kannte ſchon der
Abt Poda die ſpäthigen Sorten von Hall in Tyrol. Mit Salz zuſammen
dort vorkommend, hielt man ſie deshalb für ſalzſauren Kalk, daher Mu-
riacit
. Wegen des Würfelbruchs nannte ſie Werner anfangs Würfel-
ſpath, Hausmann Karſtenit.


Zweigliedriges Kryſtallſyſtem, denn die Stücke zeigen deut-
lich dreierlei blättrige Brüche, die ſich unter rechten Winkeln ſchneiden.
Bei aufmerkſamem Studium kann man dieſe ſelbſt von Bruchſtücken mit
Sicherheit unterſcheiden. Folgen wir Hauy (und nicht Miller Pogg. Ann.
55. 525), ſo iſt der


[figure]

1ſte BlätterbruchT = b : ∞a : ∞c durch ſeinen
ſchwachen Perlmutterglanz und die Menge Neuton’ſcher Far-
ben leicht zu erkennen, er iſt ſo deutlich als beim Cyanit
und hat auch ähnliche Querſtreifen parallel Axe a. Der


2te BlätterbruchP = c : ∞a : ∞b, die Gradend-
fläche, iſt ebenfalls parallel a geſtreift, hat aber nur Glas-
glanz. Man kann zwar bei kleinen Stücken in augenblicklichen Zweifel
[367]II. Cl. Saliniſche Steine: Anhydrit.
gerathen, allein im Ganzen gewinnt er beim Zerſchlagen nicht die Breite,
wie der erſte. Der


3te BlätterbruchM = a : ∞b : ∞c tritt in den Kryſtallen
immer als matte Fläche auf, was ihn ſehr auszeichnet, ſpringt auch
noch ſehr platt weg, zeigt aber keine Streifung. Schon der feine Beob-
achter Hauy bemerkt auf dem 2ten Blätterbruch P, wenn man
quer durchſieht, öfter ſehr deutliche Streifen, die ſich ungefähr
unter 1000 und 800 ſchneiden, ſie entſprechen ohne Zweifel ver-
ſteckten blättrigen Brüchen der rhombiſchen Säule r = a : b : ∞c,
deren vorderer ſtumpfer Winkel durch die matte M, und deren

[figure]

ſcharfer durch den 1ſten Blätterbruch T gerade abgeſtumpft wird. Man
findet dieſe Säule recht ausgezeichnet bei den oft mehr als Zollgroßen
blaurothen Kryſtallen von Hallein (?), dort geben ſie mit dem Handgonio-
meter den Winkel 1040, Hausmann Pogg. Ann. 83. 572 gibt ſogar bei
Andreasbergern 1500 an, und Miller will nur 960 36′ gemeſſen haben.
Doch dürften ohne Zweifel alle nur dieſe Haupt-
fläche bei ihren Meſſungen gemeint haben. Hauy
beſchreibt nun außerdem eine ſeltene Varietät
progressive mit P M T und 3 Oktaedern
o = a : b : c, n = b : c : ½a, f = b : c : ⅓a*)
Die Kryſtalle dehnen ſich häufig nach der Axe a
ſtrahlenförmig aus (Berchtesgaden), ſo daß die
matte M als Gradendfläche erſcheint.


[figure]

Die optiſchen Axen liegen nach Miller im erſten blättrigen Bruch
(T) und machen mit der Normale auf die matte M einen Winkel von
210 460, das würde mit der Lage beim Schwerſpath ſtimmen, wo auch
a c die Ebene der optiſchen Axe und a die Mittellinie bezeichnen. Nach
Soret ſoll P/M die Mittellinie und P die Ebene der optiſchen Axen ſein.
Stark diamagnetiſch.


Reichlich Kalkſpathhärte, Gew. 2,9. Etwas feuchten Glasglanz und
trübe zufällige Farben, worunter ſich beſonders die licht ſmalteblaue Farbe
auszeichnet, die von einem kleinen Bitumengehalt herzurühren ſcheint.


Vor dem Löthrohr wird er nicht ſchnell weiß wie Gyps, ſchmilzt
aber zuletzt ebenfalls zu Email, denn er beſteht aus Ċa S⃛ mit 58,5 S⃛,
worin 23,4 Schwefel enthalten. Anhydrit, beſonders pulveriſirt, hat Nei-
gung Waſſer aufzunehmen, ſich alſo in Gyps zu verwandeln. Man iſt
daher ziemlich allgemein der Anſicht, daß der meiſte Gyps im Gebirge
durch Aufnahme von Waſſer aus Anhydrit entſtanden ſei. Der Anhydrit
ſelbſt ſei gerade wegen ſeines Waſſermangels auf heißem Wege entſtanden.
Erweiſen läßt ſich das aber nicht, denn wenn im Innern des Salzge-
birges das Gypsgeſtein häufig in Anhydrit übergeht und ſich damit auf
das mannigfachſte miſcht, ſo könnte man eben ſo gut die Erklärungsweiſe
[368]II. Cl. Saliniſche Steine: Anhydrit.
umdrehen, und den Gyps als das urſprüngliche Waſſergebilde anſehen,
welcher durch das lange Lagern in der früher viel höhern Erdwärme lang-
ſam ſich gebrannt und Waſſer abgegeben hat. Uebrigens ſcheint es noch
gar nicht ſo ausgemacht, ob der ſchwefelſaure Kalk ſich aus dem Waſſer
unter allen Umſtänden waſſerhaltig niederſchlagen müſſe, denn Johnſton
fand, daß in einem Dampfkeſſel, der unter einem Druck von 2 Atmo-
ſphären arbeitete, ſich ſchon Kryſtalle von Ċa S⃛ + ½Ḣ̶ bildeten, und in
der Chemie gibt es gar manche Beiſpiele, wo Nebenumſtände auf den
Waſſergehalt eines Salzes den weſentlichſten Einfluß haben. Merkwür-
diger Weiſe ſcheint auch der Pfannenſtein, welcher ſich beim Salzſieden
niederſchlägt, Anhydrit zu ſein, denn Prof. Fehling (Württ. Jahresh.
1849. 37) fand in den Sudpfannen von Hall bei einem Gehalt von
63 Ċ S⃛ noch nicht 3 p. C. Ḣ̶, und da zugleich 14,3 Ṅa S⃛ darin vorkommt,
das zu ſeiner kryſtalliniſchen Conſtituirung auch des Waſſers bedarf, ſo
kann das kein Gyps ſein.


Zuweilen, wie am Harze, iſt der Gyps mit Anhydrit gemengt, wenn
jedoch die Beimengung gewiſſe Portionen nicht überſteigt, ſo kann er
ebenfalls gebrannt und ohne ſonderlichen Nachtheil benutzt werden. Der
reine Anhydrit iſt unbrauchbar.


Blättriger Anhydrit, grau, ſchneeweiß, röthlich, bläulich, aber
ſtets mattfarbig. So wie ſie jedoch nur einigermaßen ſtark gefärbt ſind,
ſo wirken ſie gleich auf das Dichroſkop. Beſonders reich ſind die Alpini-
ſchen Salzwerke: Ber, Berchtesgaden, Hallein ꝛc., wo ſie der Bergmann
lange vor den Gelehrten als ſchuppigen Gyps unterſchied. Auf Erzgängen
finden ſie ſich nur ſelten (Andreasberg, Kapnik), zuweilen ſogar in den
Somma-Auswürflingen.


Körniger Anhydrit zeigt einen eigenthümlichen feuchten Glas-
glanz, und ſelbſt in dicken Stücken noch Durchſcheinenheit, wie z. B. die
grauen von Tiede bei Braunſchweig, Bex, Vulpino öſtlich Bergamo (Vul-
pinit). Dieſelben haben ganz das Korn des Statuenmarmors, und werden
noch heute in Italien von Künſtlern als Marmo bardiglio di Bergamo
verbraucht. Plinius hist. natur. 37. 46 erwähnt eines Phengites (Leucht-
ſtein), von der Härte des Marmor, weiß und durchſcheinend, woraus
Nero der Fortuna einen Tempel bauen ließ, der bei verſchloſſenen Thüren
durch die Mauerſteine Licht fallen ließ. Schon Agricola nat. foss. VII.631
ſcheint dieſen für körnigen Anhydrit gehalten zu haben, und die Anſicht
hat allerdings große Wahrſcheinlichkeit. Werner nannte blos den ſmalte-
blauen
Anhydrit, und hier genoßen die aus den Salzbergwerken von
Sulz am obern Neckar, auf welche Rösler 1801 die Aufmerkſamkeit
lenkte, eines beſondern Rufes (Dr. Lebret, dissert. inaug. syst. examen
phys. chem. gypsi caerulei Sulzae ad Nicrum nuper detecti. Tubingae

1803). Sie kommen im dortigen Salzthon in Platten von mehreren Fuß
Durchmeſſer vor, aber nur neſterweis. Die ſchöne blaue Farbe ſchießt
leider leicht ab, kommt aber in vielen Gegenden neſterweis vor, und er-
innert ſehr an die gleiche Farbe des Cöleſtins.


Dichter Anhydrit, in derben Maſſen, matt mit feinſplittrigem
Bruch, meiſt grau und mit dichtem Fluß verwechſelbar. Sehr eigenthüm-
lich iſt der Gekrösſtein von Wieliçka und Bochnia, im reinen Steinſalze
[369]II. Cl. Saliniſche Steine: Schwerſpath.
oder Salzthone ſich ausſcheidend. Eine blaß-
blaue dichte Subſtanz, die ſich entweder kugelig
zuſammenzieht, oder faltige ſchnirkelförmig ge-
krümmte Platten bildet. Sie erinnern an den
ſogenannten Schlangenalabaſter im Zechſtein-
gyps des Harzes, der vielleicht urſprünglich
auch Anhydrit war. Eine Spur von Faſerung
iſt zwar da, aber dieſelbe ſpricht ſich doch nicht

[figure]

ſicher aus, wie überhaupt faſrige Anhydrite zu den größten Seltenheiten
gehören, denn die rothen von Berchtesgaden und Iſchl ſind mehr ſtrahlige
Kryſtalle, als eigentliche faſrige Bildungen.


3. Schwerſpath.


Iſt ein alter paſſender bergmänniſcher Name, denn das Mineral iſt
auf Erzgängen ſo häufig, daß es nicht überſehen werden konnte, daher
ſagt ſchon Henkel in ſeiner Pyritologia, es gebe ſo „ſchweren Spat,
daß man einen metalliſchen Cörper faſt gewiß darinnen vermuthen ſollte.“
Wie Plinius ſo ſtellte Wallerius ihn wegen ſeiner Blättrigkeit zum Gyps,
Cronſtedt um ſo mehr, weil er darin die Schwefelſäure bereits erkannte.
Als nun aber Bergmann 1781 die Baryterde darin entdeckte, ſo wurde
er von Romé de l’Isle als Spath pesant ou séléniteux ſchon gut beſchrieben.
Häufig heißt er kurz Baryt.


Zweigliedriges Kryſtallſyſtem mit großer Neigung zur Tafel-
bildung, immer leicht erkennbar an ſeinem dreifach blättrigen Bruch. Der
2te und 3te Blätterbruch M = a : b : ∞c bilden eine rhombiſche Säule
von 1010 42′, gegen welche der 1ſte Blätterbruch P = c : ∞a : ∞b
rechtwinklig ſteht. Dieſer ſondert ſich häufig ſchaalig ab, was ſeine Er-
kennung erſchwert, und dadurch entſtehen auf dem 2ten und 3ten Blätter-
bruch oft Sprünge, die nicht einander parallel gehen. Die einfachen Ta-
feln PM, Hauy’s Primitivform, finden ſich beſonders ausgezeichnet zu
Ungarn, Schemnitz, Felſöbanya, ohne Spur einer andern
Fläche. Durch gerade Abſtumpfung der ſcharfen Kante
k = b : ∞a : ∞c entſtehen auf dem Pacherſtollen bei
Schemnitz einfache ſechsſeitige Tafeln, ebenſo wird durch die
Abſtumpfung der ſtumpfen Kante ſ = a : ∞b : ∞c eine

[figure]

andere ſechsſeitige Tafel erzeugt. Aeußerſt ſelten herrſchen k und s mit
P allein, dann entſtänden Oblongtafeln. Fläche k findet ſich häufiger als
s, aber beide gewöhnlich untergeordnet. Dazu
treten dann Paare: auf die ſcharfe Säulenkante
aufgeſetzt o = b : c : ∞a bildet in b den ſtum-
pfen Winkel 1050 30′, auf die ſtumpfe d =
2a : c : ∞b
bildet in a 770 51′, auch ſtumpft das

[figure]

Oktaeder z = a : b : c nicht ſelten, wenn auch ganz fein, die Kanten
P/M ab. Aber trotz aller Abſtumpfungen bleiben die Tafeln M M P noch
ſo vorherrſchend, daß man ſich leicht zurecht findet. Legt man die Winkel
M/M = 1010 42′ und o/o = 740 30′ in c zu Grunde, ſo kommt
a : b = √0,3832 : √0,5782, la = 9,79174, lgb = 9,88105.
Quenſtedt, Mineralogie. 24
[370]II. Cl. Saliniſche Steine: Schwerſpath.
Die Flächen M bekommen nur ſelten eine etwas größere Ausdehnung,
doch findet man zuweilen ſolche im Jurakalke der ſchwäbiſchen Alp. Da-

[figure]

gegen dehnen ſich oftmals die Paare o und d zu Oblongoktae-
dern, wie z. B. die großen gelben Kryſtalle von Roure (Puy-
de-Dôme
), die Flächen P ſtumpfen daran die Endecken, und MM
die Seitenecken ab, und der ſtumpfe Säulenwinkel liegt wie die
ſcharfe Seitenkante d/d des Oblongoktaeders. Fläche o hat
meiſt das Uebergewicht über d, und daher entſteht eine geſcho-
bene Säule o/o von 740 30′, auf deren ſcharfe Kante das
Paar d aufgeſetzt iſt. Doch kann auch umgekehrt d ſich zu langer Säule
entwickeln. Wenn P herrſcht, wie auf der Grube Fabian bei Marienberg,
Schriesheim im Odenwald, oder wie in den prachtvollen fußlangen und
breiten Kryſtallen von Dufton ꝛc., ſo entſtehen Oblongtafeln, worin durch
Sprünge ſich die Blätterbrüche M verrathen, wornach man ſich orientirt.

[figure]

Eine andere ſeltenere Art Oblongoktaeder (Horzewitz in
Böhmen) entſteht durch Ausdehnung von d und M, es
macht ſich vorzugsweiſe d als Säule von 1020 9′ gel-
tend, auf deren ſcharfe Säulenkante der Blätterbruch M
aufgeſetzt iſt, die Sprünge verrathen M gleich, P ſtumpft
die ſtumpfe Säulenkante d/d ab. Dagegen herrſchen o
und M, wie beim Cöleſtin, ſelten beim Schwerſpath.


In der Zone der Axe b herrſchen häufig außer d noch mehrere Paare

[figure]

m = 4a : c : ∞b, r = 5a : c : ∞b, endlich auch das zugehörige
Paar u = a : c : ∞b 1160 28′, welches ſich bei den waſſer-
hellen Kryſtallen von Weſtphalen zu langen Arragonitartigen
Säulen entwickelt, deſſen ſcharfe Kanten P abſtumpfen würde,
woraus die Lage von M auf die ſtumpfe Säulenkante aufgeſetzt
folgt. Trotz der kleinen Oktaederflächen z bemerkt man doch ſehr
deutlich, daß u M o in eine Zone fallen, alſo ein zweigliedriges Dodekaid
bilden.


In der Zone der Axe a herrſcht meiſt blos das zugehörige Paar o,
ſelten ſind die Flächen ε = 2b : c : ∞a und p = ½b : c : ∞a.


In der Zone der Axe c kommen mehrere Säulen vor : t = a : ½b : ∞c,
l = a : ⅓b : ∞c, b : ⅓a : ∞c, 2a : 3b : ∞c.


Außer dem Hauptoktaeder z findet ſich häufig y = 2a : b : c, die

[figure]

Kante zwiſchen o und z abſtumpfend, wie
beiſtehender kleiner Kryſtall aus der Kam-
mer eines Ammonites amaltheus gigas des
mittlern Lias beweist. Ueber z gibt außer-
dem Hauy ϑ = a : b : ½c und f = a : b : ⅔c
an, anderer ſeltener nicht zu erwähnen.
Uebrigens iſt die Gruppirung der Flächen ganz wie bei Cöleſtin und Vi-
triolblei, die man zur gegenſeitigen Erläuterung benutzen kann.


Die optiſchen Axen (Pogg. Ann. 82. 435) liegen (ſchon nach Biot) in
der Ebene a c, doch iſt nicht Axe c, ſondern die kurze vordere Seitenaxe a
die optiſche Mittellinie, mit welcher ſie 190, alſo unter ſich 380 machen.
Genaueſte Unterſuchungen ſtellte Heuſſer an, Pogg. Ann. 87. 458. Po-
ſitive Doppelbrechung. Auf das Dichroſkop wirken namentlich die gelben
aus der Auvergne, das eine Bild wird auf Koſten des andern ganz
[371]II. Cl. Saliniſche Steine: Schwerſpath.
ſaffrangelb, die himmelblauen von Naurod bei Wiesbaden ſollen auch ſtark
wirken.


Gew. 4,48, Härte 3—4. Glasglanz und farblos, weiß, grau, gelb,
fleiſchroth, ſmalteblau, aber ſtets nur blaſſe Farben. Die Fleiſchrothen
kann man leicht mit Feldſpath verwechſeln.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſchwer, leuchtet ſtark, färbt die Flamme
gelblich grün, und reducirt ſich zu Schwefelbarium.


Ḃa S⃛ mit 65,6 Baryterde, 34,4 S⃛.
In Waſſer, Säuren und Alkalien gänzlich unlöslich, daher bildet Chlor-
baryum ein ſo empfindlich Reagenzmittel auf Schwefelſäure, und doch
haben wohl alle Schwerſpäthe ſich nur auf naſſem Wege gebildet. Man
findet ſie hauptſächlich als Gangmittel von großer Mächtigkeit. Die
Grube Clara im Rankachthal (Nebenbach der Kinzig) auf dem Schwarz-
walde baut auf einem Gange von 20′—24′ Mächtigkeit, der durch
Gneus in den Bunten Sandſtein aufſetzt. Das ſchneeweiße Mineral
wird zur Verſetzung des Bleiweiß benutzt. Beſonders lieben die Kobald-,
Manganerze, und das gediegene Silber dieſes Ganggeſtein. Zu Schemnitz
in Ungarn durchdringt das ſo leicht ſchmelzbare Grauſpießglanz und Rauſch-
roth die ſchönſten Schwerſpathafeln, ſo daß dort eine Bildung auf heißem
Wege zur Unmöglichkeit wird. Dazu kommt noch das häufige Auftreten
von kryſtalliniſchen Maſſen in Kammern von Ammoniten, man zerſchlägt
wenige Ammonites angulatus, arietis, amalthei etc. des Lias vergeblich
nach ihnen, ſelbſt in den Terebrateln des braunen Jura habe ich die
ſchönſten Kryſtalle gefunden. Baryterdehaltig ſind ferner ganze Schichten-
ſyſteme des Keuper und Buntenſandſtein, ſo daß wir nach der Quelle der
Schwererde nicht weit zu ſuchen haben. Eigentliches Verſteinerungsmittel
von Petrefakten iſt Schwerſpath ſelten, er tritt meiſt wohl nur in die
hohlen Räume, welche die Petrefakten früher einnahmen. Auch bei After-
kryſtallen ſpielt er keine ſonderliche Rolle, obgleich beſchrieben werden.
Wie man ſich den Abſatz chemiſch zu denken habe, iſt noch Problem,
vielleicht iſt er gleich als Schwefelſaures Salz hingeführt, denn abſolut
unlöslich iſt wohl keine Subſtanz.


Kryſtalle bildeten ſich überall, wo die Maſſe nur Platz hatte zum
freien Anſchuß, wenigſtens iſt die Maſſe ſpäthig, doch zeigt der erſte
Blätterbruch häufig Neigung zum Krummen, was vielleicht auch mit der
vorherrſchenden Tendenz, Tafeln zu bilden, in innerm Zuſammenhange
ſteht. Je dünner die Tafeln, deſto lieber ſtellen ſie ſich auf die Kante,
dieß hat auch wohl Naumann bewogen, von der Hauy’ſchen Stellung ab-
zuweichen, und u als die Säule, folglich b als die Hauptaxe zu wählen.
Allein wenn man einmal abweichen will, ſo ſcheint es beſſer a als Haupt-
axe zu wählen, damit die optiſche Mittellinie (wie gewöhnlich) damit zu-
ſammenfalle. Die Tafeln gruppiren ſich zu halbkugeligen Roſetten, die
ſich auf das Mannigfaltigſte in einander verſchränken, aber in dieſen Ver-
ſchränkungen immer Buckel erzeugen. Es war dieß Werner’s „krumm-
ſchaliger Schwerſpath
“, kammförmiger des l’Isle, linſenförmiger
des Linné. Oft nur von Papierdicke gruppiren ſie ſich wie Tropfen auf
Flußſpath, kommen auch leicht ziegelroth gefärbt in den dolomitiſchen
Steinmergeln des Keuper vor.


Der graue Bologneſer Spath aus dem Thone des Monte Pa-
24*
[372]II. Cl. Saliniſche Steine: Schwerſpath.
terno bei Bologna hatte bei den ältern Mineralogen einen gewiſſen Ruf
erhalten, ſeit ein Schuſter 1604 daſelbſt entdeckte, daß er mit brenzlichen
Subſtanzen geglüht in der Finſterniß leuchte, beſonders wenn er vorher
vom Sonnenlichte beſchienen iſt. Man ſetzt das Pulver mit Tragant-
ſchleim gemiſcht einer ſchwachen Rothglühhitze aus. Der berühmte Da-
guerre füllte geſtoßenen Schwerſpath in vorher entfettete Markröhren und
glühte ſie mehrmals in ſtarker anhaltender Hitze. Er bekam dann eine
ſchwefelfarbige Maſſe, die das ganze Zimmer erhellte, leider verminderte
ſich die Empfindlichkeit ſchon nach 48 Stunden ſehr bedeutend (Pogg.
Ann. 46. 612). Es ſind geodenförmige Ausſcheidungen, einige ſehr ſpäthig,
doch neigen ſie ſich meiſtens in auffallender Weiſe zum Faſrigen, die Faſer
ſtrahlt vom Innern der Kugel nach allen Seiten, ſenkrecht gegen die Faſer
ſcheint meiſtens der blättrige Bruch P zu liegen, gern krummſchalig wer-
dend, und die beiden blättrigen Brüche M gehen der Faſer parallel. Ein
kleiner Gehalt an ſchwefelſaurem Kalk (3—4 p. C.) iſt wohl unweſentlich.
Von dieſer Faſer verſchieden iſt


der Stangenſpath Werner’s von Lorenz Gegentrum an der Hals-
brücke bei Freiberg. Dieß ſind geſtreifte Säulen nach der Axe a ausge-
dehnt, den Streifen geht P parallel, und die Blätterbrüche M bilden am
Ende ihre ſtumpfe Kante. Sie haben manchmal ſtarken Seidenglanz, und
könnten dann leicht für ſtangenförmiges Weißbleierz pag. 359 gehalten
werden.


Wenn die Maſſe ganz feinfaſrig wird (faſriger Schwerſpath),
ſo nimmt ſie eine ausgezeichnete Glaskopfſtruktur an (Chaude-fontaine bei
Lüttich, Neu-Leiningen in der Rheinpfalz), aber ſelbſt in dieſen iſt der
Blätterbruch oft noch gut zu erkennen, er ſcheint die Lage wie beim Stangen-
ſpath zu haben. Die Farbe gewöhnlich nelkenbraun wird durch Verwit-
terung an der Oberfläche weiß, und zerfällt dann leicht zu


Schwerſpatherde, die wie Bergmilch ausſieht, aber durchaus
nicht braust. Sie kommt gern auf Erzgängen vor (Freiberg, Derbyſhire,
auf dem Silberekel bei Hohengeroldseck ꝛc.), und läßt trotz des Erdigen
ihre concentriſch ſchalige und fein faſrige Struktur oft noch deutlich er-
kennen. Andere Erde entſteht aus dem dichten Schwerſpath mit
ſplittrigem Bruch. Zuweilen kommt er auch in zuckerkörnigen Maſſen vor
(Aſchaffenburg) von feinem Korn wie carrariſcher Marmor, aber nicht
von der Weiße. Gewöhnlich zeigen ſich jedoch die derben Maſſen etwas
krummblättrig auf P und ſtrahlig nach M: ſo kommen ſie beſonders von
ſchöner fleiſchrother Farbe auf den Kobaltgängen des Schwarzwaldes vor,
ziehen ſich zuweilen auch ins blumig blättrige.


Hepatit hat man dunkelfarbige bituminöſe von den Kongsberger
Silbergängen und aus dem Alaunſchiefer von Andrarum in Schonen
genannt.


Dreelit Dufrénoy von der verlaſſenen Grube Nuſſière bei Beaujeu
Dep. Saône-et-Loire hat 9,7 S⃛i, 8 Ċa C̈, 14,3 Ċa S⃛, 61,7 Ḃa S⃛, hält man
die erſtern Subſtanzen für unweſentlich, ſo kann man ihn für 3 Ḃa S⃛ +
Ċa S⃛
anſehen. Er hat nach den Sprüngen zu urtheilen drei Blätterbrüche,
die ſich unter 930—940 ſchneiden ſollen, alſo auf ein Rhomboeder hin-
weiſen würden, was mindeſtens ſehr unwahrſcheinlich iſt. Wenn man be-
[373]II. Cl. Saliniſche Steine: Cöleſtin.
denkt, wie leicht man Schwerſpath im Anſehen mit Kalkſpath verwechſelt,
ſo warte man beſſere Stücke ab. Die Sache könnte auch hier wieder
wie beim Junckerit gehen, pag. 354.


4. Cöleſtin Wr.


wurde von Werner nach ſeiner himmelblauen Farbe benannt, welche die
erſten faſrigen Abänderungen aus dem Kalkſtein von Frankstown in Pen-
ſylvanien zeigten, auch Schützit nach dem Entdecker Schütz (Beſchreibung
einiger nordamerikaniſcher Foſſilien, Leipzig 1791. 85). Zwar kannte ſchon
Dolomien die ſchönen farbloſen aus dem Schwefelgebirge von Sicilien,
doch verwechſelte dieſe Romé de l’Isle noch mit Schwerſpath.


Zweigliedrig und ganz Schwerſpathartig. Der zweite und dritte
Blätterbruch M = a : b : ∞c machen 1040, gegen welche der erſte P =
c : ∞a : ∞b
ſenkrecht ſteht. Das auf die ſcharfe Säulenkante aufgeſetzte
Paar o = b : c : ∞a macht in Axe b 1030, daraus folgt:
a : b = √0,3862 : √0,6326, lga = 9,79341, lgb = 9,90060.


Die farbloſen Kryſtalle von Girgenti dehnen o zu einer
langen Säule aus, deren ſcharfe Kante von 770 der erſte
Blätterbruch P abſtumpft, die ſtumpfe Kante M/M ſchließt die
Säule, denn das nicht zugehörige Paar d = 2a : c : ∞b
tritt nur klein auf, macht aber die Fläche P zu einem Rechteck,
wornach man ſich leicht orientirt. Der erſte Blätterbruch P
iſt ausgezeichneter als beim Schwerſpath, während der 2te und
3te M ſich nicht ſo leicht darſtellen laſſen.


[figure]

Die blauen Kryſtalle von Leogang bilden Tafeln, deren
breite Tafelfläche nicht P, ſondern T = a : ∞b : ∞c (s),
ſie iſt bauchig matt und parallel der Axe c geſtreift. o =
b : c : ∞a
und das Oktaeder z = a : b : c nebſt P bilden
die Randflächen.


Die ſmalteblauen Kryſtalle aus den Kammern des Am-
monites Parkinsonii
und ſeiner Begleiter haben eine ſtark quer-

[figure]

geſtreifte Säule M/M, P und o herrſchen, letztere aber iſt matt. Ueber d
liegt noch l = 4a : c : ∞b, und wenn dieſe richtig iſt, ſo kommt außer
dem gewöhnlichen Oktaeder z noch ein Oktaeder v = 2b : \frac{4}{3}a : c vor, da
es in den Zonen z/d und M/l liegt. Im Uebrigen ſind die verſchiedenen
Kryſtalle dem Schwerſpath ſo ähnlich, daß man äußerſt vorſichtig in der
Unterſcheidung ſein muß. Wir erwähnen daher nur noch der Hauy’ſchen
Varietät Apotome: es iſt die Säule o = b : c : ∞a, auf welche ein
ſpitzes Oktaeder n = b : c : 3a gerade aufgeſetzt iſt. Kleine Kryſtalle
kommen in den Mergellagern des Tertiärgypſes von Paris vor, wo ſie
auf Sprüngen und Klüften der dortigen Cöleſtinkugeln ſitzen. Auch bei
Jena fand Suckow n öfter (Pogg. Ann. 29. 504). Descloizeaux hat da-
her gemeint, daß der Calcit von Sangerhauſen Afterkryſtalle von ihm ſeien.


Gew. 3,9, Härte 3—4. Die blaß ſmalteblaue Farbe verräth ihn
öfter, dieſelbe verſchießt am Lichte ſehr leicht, und iſt wohl bituminös.


Vor dem Löthrohr verkniſtert er ſtark, ſchmilzt leichter als Schwer-
ſpath, und färbt die Flamme purpurroth, wodurch man ihn leicht von
[374]II. Cl. Saliniſche Erze: Vitriolblei.
Schwerſpath unterſcheidet. Kalkſalze färben zwar ähnlich, aber nicht ſo
ſchön. Mit Lithion kommt man nicht ſo leicht in den Fall ſie zu ver-
wechſeln. Der Rückſtand auf Kohle iſt Schwefelſtrontium, welches in
Salzſäure gelöst, abgedampft und mit Alkohol übergoſſen eine ſchönrothe
Flamme gibt.


Ṡr S⃛ mit 56,5 Strontianerde und 43,5 Schwefelſäure.
Freilich oft verunreinigt. Dient in der Feuerwerkerei zu den bekannten
Strontianerdepräparaten.


Dem Vorkommen nach iſt er zwar bei weitem nicht in den Mengen
als Schwerſpath zu finden, namentlich ſelten auf Erzgängen, doch trifft
man ihn im Flötzgebirge an den verſchiedenſten Orten. Die blauen Kry-
ſtalle von Leogang und Herrengrund auf Erzgängen ſind ſehr bekannt,
dann die farbloſen mit Schwefel, Kalkſpath und Gyps im Tertiärgebirge
von Sicilien (Schwefelgruben von Girgenti, Cattolica ꝛc.). In Kammern
der Ammoniten des ſchwäbiſchen Jura ſehr ſchöne blaue Kryſtalle, ſtrahlig
blättrige Maſſen im Muſchelkalke und Jurakalke (Aarau), im Alpenkalke
des Faſſathales, ſelbſt in Höhlen der Mandelſteine von Montechio Mag-
giore bei Vicenza.


Der faſrige Cöleſtin findet ſich vorzüglich ſchön in den merge-
ligen Lagen des untern Muſchelkalkes von Dornburg bei Jena, wo er
Platten von blauer Farbe wie Faſergyps bildet, aber die Faſer iſt wellig
gekrümmt. Man findet Stücke, woran der erſte Blätterbruch ſenkrecht
gegen die Faſer in der Richtung der Platte ſteht, auch ſieht man auf der
Platte ſelbſt, daß ſie aus in einander verſchränkten Kryſtallen beſteht.
Aehnliche Platten zu Bouvron bei Toul, Frankstown in Penſylvanien im
Kalkſtein. Excentriſch faſrig findet man ihn zuweilen in den Ammoniten-
kammern des untern Lias. Bemerkenswerth iſt der friſche und verwitterte
von Nörten bei Hannover, welcher den dortigen Jurakalk in 3 Trummen
von 2 Zoll Mächtigkeit durchſetzt. Gruner (Gilbert’s Ann. 1819. Bd.
60. 72) hat gezeigt, daß dieſer neben 73 Ṡr S⃛ 26 Ḃa S⃛ enthalte. Die
meiſten werden durch Verwitterung ganz mehlig, dann ſteigt umgekehrt
die ſchwefelſaure Baryterde auf 75 p. C., wahrſcheinlich weil der etwas
löslichere Cöleſtin vorzugsweiſe von dem Tagewaſſer ausgelaugt wird.
Thomſon hat aus einem ſolchen von Kingstown in Ober-Canada eine be-
ſondere Species Barytocöleſtin machen wollen.


Die Cöleſtinknollen von Paris ſehen zuckerkörnig wie Dolomit
aus, und brauſen etwas mit Säuren, weil ſie bis 17 p. C. Ċa C̈ ent-
halten. Andere gehen ins Dichte über. Ihr ſtarkes Gewicht läßt ſie
ziemlich ſicher erkennen. Bei Briſtol kommt auch eine Abänderung mit
16,7 p. C. Ċa S̈ vor, und was dergleichen Verunreinigungen mehr ſind.


5. Vitriolblei Wr.


Andere drehten den Namen in Bleivitriol um, was nicht ſo paſſend
ſcheint, denn zu den wahren Vitriolen würde Waſſer gehören, Vitriol de
Plomb Proust Journ. phys. 1787. pag.
394. Man überſah ihn lange,
bis Withering ihn auf der Inſel Angleſea erkannte, daher von Beudant
auch Angleſite genannt.


[375]II. Cl. Saliniſche Erze: Vitriolblei.

Zweigliedriges Kryſtallſyſtem mit großem Flächenreichthum,
aber ganz nach Art der vorigen gebildet. P = c : ∞a : ∞b oft ſehr
deutlich blättrig, und die wenn gleich ſchwachen Blätterbrüche der Säulen
M = a : b : ∞c 1030 42′ verrathen ſich auch nicht ſelten durch Sprünge.
Das auf die ſcharfe Säulenkante aufgeſetzte Paar o = b : c : ∞a macht
in der Axe b 1040 30′, daraus ergibt ſich
a : b = 0,608 : 0,774 = √0,37 : √0,6, lga = 9,78405, lgb = 9,88890.


Kokſcharow (Pogg. Ann. 91. 156) fand M/M = 1030 43′ 30″, o/o =
1040 24′ 30″.


Vitriolblei zeigt unter den ſchwerſpathartigen Kryſtalliſationen den
größten Flächenreichthum. Die kleinen mit Flächen überladenen waſſer-
hellen Kryſtalle von Hausbaden und dem Herrenſeegen auf dem Schwarz-
walde gleichen brilliantirten Diamanten, wir machen daher die wichtigſten
Flächen in nachfolgender Projektion auf P überſichtlich, ſtets die Buch-
ſtaben wie beim Schwerſpath und Cöleſtin brauchend:


Vitriolblei aufP = c : ∞a : ∞bprojicirt.


[figure]

Bei Müſen findet ſich die Säule M mit Gradendfläche P, und in den
großen Stücken vom Herrenſeegen kann man namentlich den erſten blättrigen
Bruch ſo deutlich erkennen, daß man ſich nach ihm häufig leicht orientirt.
Das Paar d = 2a : c : ∞b auf die ſtumpfe Säulenkante aufgeſetzt,
macht in d/P 1400 34′. Daſſelbe dehnt ſich häufig zur Säule von 780
48′ aus, deren ſtumpfe Kante der Blätterbruch P gerade abſtumpft. Bei
complicirten Kryſtallen des Schwarzwaldes findet ſich die Säulenzone M/M
gewöhnlich ſtark ausgebildet, darunter erkennt man s = a : ∞b : ∞c
und k = b : ∞a : ∞c leicht. Die Säule M muß man ſich durch Meſ-
ſung beſtimmen, zwiſchen ihr und k liegen dann noch zwei gut ſpiegelnde
Flächen t = a : ½b : ∞c und q = a : ⅓b : ∞c. Das Oktaeder z =
[376]II. Cl. Saliniſche Erze: Bleilaſur.
a : b : c ſcheint bei Müſen ſelbſtſtändig mit der Säule M vorzukommen.
Dufrénoy gibt es ſelbſtſtändig von der Grube Hausbaden an, ich kenne
von dort nur das ſelbſtſtändige ϑ = c : 2a : 2b mit s = a : ∞b : ∞c,
was man freilich leicht damit verwechſeln kann, allein man kennt es an
den Streifen, die ſich auf den Kryſtallen jener eingegangenen Grube zwi-
ſchen M/s finden. Ueberhaupt herrſcht in den Schwarzwälder Kryſtallen
ſelten z, ſondern außer ϑ noch y = 2a : b : c, beide aus der Diagonal-
zone von d. Eine kleine Oktaederfläche, die Kante d/o abſtumpfend, wird
ohne Zweifel Naumann’s v = 2b : \frac{4}{3}a : c ſein. Unter z kommt noch
eine kleine Abſtumpfung vor, ſie muß a : b : x c gehen, während Naumann
darüber eine a : b : : ⅙c angibt. Nehmen wir dazu nun x = a : c : 2b,
die geſtreifte n = a : 2b : ∞c, m = 4a : c : ∞b, p = ½b : c : ∞a und
andere Paare, ſo übertrifft das Vitriolblei trotz der Kleinheit ſeiner Kry-
ſtalle die vorigen. Daher hält es auch ſchwer, ſich darein zu finden, und
man kommt gewöhnlich nicht ohne Meſſung mit dem Reflexionsgoniometer
zum Ziele, was aber durch den ausgezeichneten Flächenglanz erleichtert wird.


Diamantglanz, muſcheliger Bruch ohne Neigung zum Seidenglanz,
wodurch man es gewöhnlich vom Weißbleierz unterſcheiden kann. Härte 3,
Gew. 6,4.


Vor dem Löthrohr verkniſtert es bei weitem nicht ſo ſtark als Weiß-
bleierz, weil es ſchon in mehreren Zollen Entfernung von der Flamme
ſchmilzt und ſich reducirt.


Ṗb S⃛ mit 26,4 S⃛, 73,6 Ṗb.
In Salpeterſäure nur wenig löslich, und dadurch vom Weißbleierz unter-
ſcheidbar.


Kommt wie das Weißbleierz auf zerfreſſenen Bleiglanzgängen vor.
Auf den Schwarzwälder Gängen haben ſich die Kryſtalle nicht ſelten
Gruben in den friſchen Bleiglanz gefreſſen, man kann wohl gar das
Vitriolblei herausnehmen, es zeigt ſich dann ein mit Bleimulm austape-
zirtes unregelmäßiges Loch, wie wenn Säure lokal auf die Stücke gewirkt
hätte. Bei Müſen, Zellerfeld, in der Parys-Grube auf Angleſea iſt das
Gebirge ſo ſtark zerfreſſen, daß vom Kupferkies nur ockeriger Brauneiſen-
ſtein überblieb. Leadhills und Wanlockhead in Schottland. Fällt auch
als wohlfeiles Nebenprodukt bei Kattunfärbereien.


Bleilaſur Breith. von Leadhills und Linares in Spanien (Linarit),
auch im Kinzigthal von Herrenſeegen, zeichnet ſich durch ſeine prachtvolle
laſurblaue Farbe aus. Uebrigens im weſentlichen Ṗb S⃛ mit Ċu Ḣ̶, 20 Ċu,
4,5 Ḣ̶. Von Brooke 2 + 1gl. beſchrieben: eine geſchobene Säule M/M
macht vorn 610, die blättrige Schiefendfläche P macht mit M 960 25′. Den
deutlichſten Blätterbruch ſoll jedoch die Abſtumpfungsfläche der vordern
ſcharfen Kante a = a : ∞b : ∞c bilden, und die beiden Blätterbrüche
a/P ſchneiden ſich vorn unter 1020 45′. Auf der hintern Ecke mehrere
Abſtumpfungen. Mit Soda auf Kohle reducirt es ſich leicht, das Blei
verflüchtigt ſich, und eine kleine Kupferkugel bleibt zurück.


Zu Leadhills in Schottland kommen ausgezeichnete Verbindungen von
Ṗb C̈ und Ṗb S⃛ vor. Beſonders ſind es drei: Sulphato-carbonate of lead,
Sulphatotricarbonate of lead
und Cupreous sulphato-carbonate of lead.
Sie wurden lange mit Weißbleierz verwechſelt, bis Brooke (Edinburgh
[377]II. Cl. Salin. Erze: Bleiſulphocarbonat, Ternaerbleierz.
Phil. Journ. 1820. III.117) bei Behandlung mit Salpeterſäure auf den
weißen Rückſtand achtete, der das ſchwefelſaure Blei andeutet. Gehen wir
dieſe drei durch:


Bleiſulphocarbonat (Lanarkit) Ṗb S⃛ + Ṗb C̈, daher auch paſſend
Halbvitriolblei genannt. Es iſt ſo ſtark blättrig, daß man die klaren
derben Stücke, welche auf der Grube Herrenſeegen im Kinzigthal vorkamen,
für Gyps hält, auch iſt die Härte kaum etwas größer, aber der Diamant-
glanz im Querbruch, und das hohe Gewicht 6,5—7 unterſcheidet es.
Man kann auch mit dem Meſſer ſo dünne Blätter abſpalten, daß ſie im
polariſirten Lichte blaue und ſchmutzig gelbe Farben zeigen, daher müſſen
die optiſchen Axen im blättrigen Bruch liegen. Mir ſteht nur ein einziger
ſchlechter Kryſtall zur Verfügung, derſelbe könnte wohl 2gliedrig
ſein: eine geſchobene Säule M = a : b : ∞c macht vorn 1300,
der ausgezeichnete Blätterbruch P = b : ∞a : ∞c ſtumpft
die ſcharfe Kante ab. Eine Gradendfläche c = c : ∞a : ∞b
weicht höchſtens um wenige Minuten vom rechten Winkel
gegen Axe c ab. Ein Paar p = a : c : ∞b auf die ſtumpfe
Säulenkante aufgeſetzt ſchneidet ſich in c unter 1200 30′, ein
anderes Paar d = b : c : ∞a ſtumpft die Kante P/c ab,
daher die Gradendfläche c ein Rechteck. Anderer kleinerer Ab-

[figure]

ſtumpfungen nicht zu erwähnen, die allerdings eine 2 + 1 gliedrige Ord-
nung haben könnten. Er ſtammt von Leadhills, dieſe Schottiſchen ſind
häufig grünlich und zeigen ſich meiſt in dünnen perlmutterglänzenden Tafeln,
in Salpeterſäure entwickeln ſie Luftblaſen, zerfallen und hinterlaſſen einen
weißen Rückſtand.


Ternaerbleierz (Bleiſulphatotricarbonat, Leadhillit) Ṗb S⃛ + 3 Ṗb C̈.
Es iſt im äußern dem Halbvitriolblei ſehr ähnlich, erſcheint ebenfalls in
dünnen ſehr blättrigen Tafeln, die nach Brooke rhomboedriſch ſein ſollen.
Ein ſcharfes Rhomboeder P = a : a : ∞a : c mißt 720 30′ in den End-
kanten. Der ausgezeichnete Blätterbruch c = c : ∞a : ∞a : ∞c ſtumpft
die Endecke ab. Dazu kommt ein Gegenrhomboeder d = a' : a' : ∞a : c,
und da nun der blättrige Bruch c ſich gewöhnlich ſtark ausdehnt, ſo bilden
P und d an dieſen 6ſeitigen Tafeln Zuſchärfungen, auch die erſte ſechs-
ſeitige Säule e = a : a : ∞a : ∞c kommt vor, anderer Flächen nicht zu
gedenken.


Haidinger glaubt durch ſchärfere Meſſungen nachgewieſen zu haben, daß
das Brook’ſche Rhomboeder P nicht gleich- ſondern 2 +
1 flächig ſei, dann muß das Syſtem 2 + 1gliedrig ſein:
wir hätten eine rhomboidiſche Säule e = a : b : ∞c
von 590 40′, durch e' = a : ∞b : ∞c an ihrer ſcharfen
Kante gerade abgeſtumpft. Das Hauptrhomboeder zer-
fiele in P = ½a : ∞b : c, und P' = a' : b : c in der
hintern Kante 720 10′, der blättrige Bruch c macht
mit e' = vorn 900 29′, der Winkel, unter welchem
ſich die Axen a/c vorn ſchneiden würden. Das Gegen-
rhomboeder d = a : b : c macht daher vorn eine et-
was größere Kante 720 37′ als P'/P' hinten, d' =

[figure]
[figure]

½a' : ∞b : c. Sehr auffallend ſind die bei 2 + 1gliedrigen Syſtemen
ungewöhnlichen Drillinge: dieſelben haben die Säulenfläche z =
[378]II. Cl. Saliniſche Steine: Flußſpath.
b : ⅓a : ∞c gemein, welche 3gliedrig genommen der 2ten ſechsſeitigen
Säule entſpricht. Da dieſelbe in ihrem ſtumpfen Winkel 1190 40′ macht,
ſo füllen drei Individuen mit ihrem ſtumpfen Winkel einen Raum von
3590, und die ganze Anordnung ſieht auffallend dreigliedrig aus. Der
Blätterbruch ſoll aber in drei Felder getheilt ſein, die ſich unter 1790 10′
ſchneiden. Nach Brewſter wäre auch das Mineral optiſch zweiaxig. End-
lich das


Halblaſurblei (Caledonit Beudant’s), 3 Ṗb S⃛ + 2 Ṗb C̈ +
Ċu C̈
, wegen des Kupfers ſpangrün. Wird 2gliedrig beſchrieben: eine blätt-
rige rhombiſche Säule von 950 mit Gradendfläche und abgeſtumpfter ſcharfer
Säulenkante. Entwickelt ſich daher ſchwerſpathartig.


Selenichtſaures Bleioxyd (Ṗb S̈e?) führt C. Kerſten von Tannen-
glasbach bei Gabel ohnweit Hildburghauſen an (Pogg. Ann. 46. 265).
Es ſcheint durch Verwitterung des mitvorkommenden Selenkupferblei ent-
ſtanden zu ſein. Kleine ſchwefelgelbe faſrige Kugeln mit einem deutlich
blättrigen Bruch, Kalkſpathhärte. Schmilzt ſehr leicht unter ſtarkem Selen-
geruch.


Uebergehen wir vorerſt die löslichen ſchwefelſauren Salze, und wenden
uns zum Flußſpath, an der Spitze der


Fluoride.


Das Fluor iſt zwar hauptſächlich im Flußſpath niedergelegt, allein
es gibt namentlich unter den Silicaten mehrere mit einem nicht unwich-
tigen Flußſäuregehalt: die verſchiedenen Glimmerſorten pag. 198 0,1—
10,4 Fl, Hornblende pag. 209 1,5 Fl, Chondrodit pag. 222 7—10 Fl,
Topas pag. 259 14 Fl, Ichthyophthalm pag. 288 ¼—1,5 Fl, Karpholit
pag. 290 1,5 Fl, Pariſit pag. 309 2,5 Fl, Leucophan pag. 314 6,2 Fl.
Unter den ſaliniſchen Steinen hat Fluorapatit 1,25 Fl, Wagnerit 6,2 Fl,
Wavellit 3 Fl, Amblygonit 8,1 Fl, unter den oxydiſchen Erzen Pyrochlor
3,23 ꝛc. „Seine Gegenwart durch das Löthrohr zu erforſchen, iſt minder
„leicht bei ſolchen Verbindungen, wo es einen weſentlichen Beſtandtheil
„ausmacht, z. B. beim Flußſpath, Kryolith ꝛc., weil die Fluorwaſſerſtoff-
„ſäure hier von der Hitze nicht ſo ausgejagt wird, wie da, wo ſie blos
„ein zufälliger Beſtandtheil zu ſein ſcheint, wie z. B. im Glimmer, in der
„Hornblende ꝛc., bei welchen zufolge der veränderten relativen Lage der
„Beſtandtheile die Fluorwaſſerſtoffſäure gewöhnlich mit Kieſelerde entweicht.
„In dieſem Falle braucht man blos die Probe in einer zugeblaſenen
„Glasröhre zu erhitzen, in deren offenes Ende man ein befeuchtetes Fer-
„nambukpapier einſchiebt, das gelb wird. Im erſten Falle mengt man
„die Probe mit vorher geſchmolzenem Phosphorſalz, und erhitzt ſie am
„Ende einer offenen Glasröhre, ſo daß ein Theil von dem Luftſtrome der
„Flamme in die Röhre getrieben wird. Dadurch wird waſſerhaltige Fluor-
„waſſerſtoffſäure gebildet, die das Glas angreift.“


1. Flußſpath.


Gekannt, ſo alt der Bergbau iſt. Denn Agricola Bermannus pag.
701 heißt ihn Fluores Flüſſe (fluor das Fließen): lapides sunt gem-
[379]II. Cl. Saliniſche Steine: Flußſpath.
marum similes, sed minus duri fluores (ut nostri metallici appellant), varii
autem et jucundi colores eis insident.
Wegen ſeiner ſchönen Farben
nannten ihn die alten Bergleute Erzblume oder auch marmor metallicum,
Marmor der Erz bringt. Boetius de Boot 1647 kennt bereits ſeine
Phosphorescenz „igne admotu noctulucens,“ und ſchon Schwanhard in
Nürnberg benutzte ihn 1670 zum Glasätzen, aber erſt Scheele wies 1771
darin eine beſondere Säure, die Flußſpathſäure, nach. Werner nannte
die dichte Abänderung ſchlechthin Fluß, und nur die ſpäthigen Flußſpath.
Chaux fluatée.


Reguläres Kryſtallſyſtem mit vorherrſchenden Würfeln, aber
oktaedriſch blättrig ſo deutlich, daß man die Körper leicht herausſchlagen
kann. Am leichteſten bekommt man Tetraeder, in dem die parallelen
fehlen, und Rhomboeder mit den Winkeln des Tetraeder, worin ein blätt-
riger Bruch zurücktritt.


Würfel treten am häufigſten auf, im Teufelsgrunde des Münſter-
thales am Belchen erreichen ſie über 1 Fuß Durchmeſſer. Daran ſtumpft
der Blätterbruch die Ecken gerade ab, ſo daß gleichſeitige Dreiecke ent-
ſtehen.


Oktaeder kommen zwar ſehr ſchön ſelbſtſtändig vor (grün zu
Moldawa, Andreasberg; rothe Baveno, St. Gotthardt, Derbyſhire, Gua-
naxuato ꝛc.), ſind aber ſelten, und gewöhnlich mattflächig, mattflächig zeigen
ſie ſich auch, wenn ſie untergeordnet an den Würfelecken auftreten, Cu-
booktaeder von Derbyſhire, Hall, Zinnwalde. Zu Ehrenfriedersdorf findet
man auch kleine blaue treppenförmige Oktaeder, welche aus
lauter Würfelchen zuſammengeſetzt ſind, die ihre Ecken zur
Oktaederfläche kehren, namentlich endigen die Ecken mit einem
großen Würfel. Es iſt das Hauy’ſche Decrescenzgeſetz.


[figure]

Granatoeder ſtumpfen die Würfelkanten gerade ab,
kommen bei Engliſchen ſehr ſchön vor. Selbſtſtändig erwähnt
ſie Hauy von Chalucey (Dep. Saône et Loire), Werner von
Marienberg. Dieſe grünen ſächſiſchen haben öfter auf der Oktaederecke
einen kleinen blauen Würfel, was ein Fortwachſen bezeichnet. Zinnwalder,
Bavenoer ꝛc. zeigen alle drei Körper.


Pyramidenwürfel ſchärfen die Würfelkanten zu, ſie gehören ge-
rade nicht zu den gewöhnlichen Erſcheinungen, doch findet man ſie auf
den Zinnſteingruben von St. Agnes in Cornwall ganz ſelbſtſtändig, daher
hat auch Haidinger den Körper Fluorid genannt: gewöhnlich a : ⅓a : ∞a,
höchſt ſelten a : ½a : ∞a.


Leucitoedera : a : ½a ſelten, etwas häufiger noch das Leuci-
toid
a : a : ⅓a, ſie ſchärfen Würfelecken dreiflächig zu, Fläche auf Fläche
aufgeſetzt.


Pyramidenoktaedera : a : 2a kommt bei Kongsberg vor. Am
häufigſten unter allen Abſtumpfungen der Würfelecken finden ſich jedoch


Achtundvierzigflächner, welche die Würfelecken ſechsflächig zu-
ſchärfen. Auf der Grube Friedrich Chriſtian im Schappachthal brechen fauſt-
große Würfel mit ganz kleinen, aber ſehr glänzenden Eckenflächen. Die be-
kannten Kryſtalle aus dem Teufelsgrunde ſind dagegen ſehr druſig, zuweilen
[380]II. Cl. Saliniſche Steine: Flußſpath.
tritt der Würfel bedeutend zurück, wie bei den honiggelben von der Grube
Hausbaden: a : ½a : ¼a ſoll ihr Ausdruck ſein. G. Roſe (Pogg. Ann.

[figure]

12. 483) beſtimmt an den blauen Cumberländiſchen Wür-
feln a : ⅓a : \frac{1}{7}a, an einem weißen Würfel ⅓a : ⅕a : \frac{1}{11}a.
Wie complicirt die Abſtumpfungen der Ecken werden können,
zeigt die ſchöne Modification, die Levy von Kongsberg ab-
bildet: Würfel w, Granatoeder g, Leucitoid l = a : a : ⅓a,
Pyramidenoktaeder p = a : a : 2a und ein 48flächner mit
dem ſeltſamen Ausdruck a = ¼a : \frac{1}{7}a : \frac{1}{16}a wird angegeben. Noch viel
flächenreichere bildet Phillips von Devonſhire ab.


Zwillinge kommen beſonders ſchön unter den amethyſtblauen und

[figure]

grünblauen von Cumberland vor: zwei Würfel durch-
dringen ſich, und die Ecke des einen tritt aus der Fläche
des andern ſo heraus, daß ihre drei Kanten im Verhält-
niß 1 : 1 : 2 geſchnitten werden, was den Beweis für
den Zwilling liefert. Auch ſpiegelt ein blättriger Bruch
in beiden ein. Von einem Durchſtoßungspunkte der
Kante gehen vier ganz flache Kanten aus, die Andeutungen eines ſehr
flachen Pyramidenwürfels ſind, wie auch die Streifung parallel den Würfel-
kanten zeigt. Wo ſolche Ecken nicht durchſtoßen (wie Fläche w), ſind die
Flächen häufig außerordentlich ſpiegelflächig ohne Spur einer Streifung.
So daß man vermuthen muß, das Durchſtoßen der Ecken habe den Im-
puls zur Streifung gegeben.


Mißbildungen. Im Teufelsgrunde werden einzelne Würfelflächen
in auffallender Weiſe bauchig, was eine Verziehung der Würfelkanten

[figure]

zur Folge hat. Beſonders intereſſant ſind die grünen vom Drei-
faltigkeits-Erbſtollen bei Zſchopau in Sachſen: dieſelben verziehen
ſich zu ſcharfen Rhomboedern, auf deren Flächen ſich ein bauchiges
Paar erhebt, wodurch Dreiunddreikantner öfter in ſolcher Regel-
mäßigkeit entſtehen, daß man ſie für Hälftflächner eines Pyra-
midenwürfels um ſo mehr anſehen muß, als die Blätterbrüche
vortrefflich einſpiegeln. Stellt man ſich alſo den Pyramidenwürfel
nach einer tetragonalen Axe aufrecht, ſo wachſen nicht die ſechs um die
Arenecke, ſondern die darunter gelagerten. Die ſtumpfen Endkanten des
Dreikantners öfter etwas abgeſtumpft.


Afterkryſt alle nach Kalkſpath. Im Teufelsgrunde kommen

[figure]

Flußſpathhüllen des Kalkſpathdreikantners mit
dem Hauptrhomboeder vor. Dieſe Hüllen be-
ſtehen aus zwei Lagen kleiner Flußſpathwürfel-
chen, die innere hat ſich daher wahrſcheinlich erſt
gebildet, als der Kalkſpath ſchon weg war. In
die Hüllen drangen dann größere Würfel von
Flußſpath, die dem Raume ſich möglichſt accom-
modiren. Wir haben alſo 5 Formationen: 1) Bil-
dung von Kalkſpath; 2) Niederſchlag einer dün-
nen Haut auf den Kryſtallen; 3) Wegführung
des Kalkſpaths; 4) Bildung der kleinen Würfel auf beiden Seiten der
Haut Nro. 2; 5) Ausfüllung des hohlen Raumes durch große Flußſpath-
würfel.


[381]II. Cl. Saliniſche Steine: Flußſpath.

Flußſpathhärte = 4; Gew. 3,1—3,2, ein eigenthümlicher feuchter
Glasglanz, und die Schönheit der Farbenreihe ſo groß, daß er an Man-
nigfaltigkeit unter den ſaliniſchen Steinen obenan ſteht, ja vielleicht von
keinem Minerale übertroffen wird, daher auch der alte bergmänniſche
Name Erzblume ſo bezeichnend. Farbloſe von großer Klarheit finden
ſich in den Druſenräumen des Buntenſandſteins von Waldshut; roth
roſenfarbig und intenſiv beſonders in den Hochalpen am St. Gotthardt
bis zum Mt. Blanc; gelb in allen Tönen, beſonders wein- und honig-
gelb bis gelblichbraun von Gersdorf und Annaberg in Sachſen, Grube
Hausbaden bei Badenweiler; grün in allen Tönen, faſt in das Sma-
ragdgrün verlaufend, Derbyſhire, Herrenſeegen auf dem Schwarzwalde,
am Sentis im Canton Appenzell ꝛc.; blau vom Ton des Sapphir kom-
men ſie im Salzgebirge von Hall in Tyrol vor, auf Zinnſtein- und Kobald-
gängen nicht ſelten ganz in das ſchwarz übergehend; die amethyſt-
blauen
gleichen durch ihre Farbe den Quarzamethyſten in auffallender
Weiſe, und kommen beſonders klar aus Cumberland.


Gewiſſe Cumberländiſche zeigen eine eigenthümliche Art von Di-
chroismus: im reflektirten Lichte erſcheint die Oberfläche amethyſtblau, im
durchfallenden meergrün. Man hat daher dieſe Erſcheinung bei andern Körpern
nicht unpaſſend Fluoriren genannt, pag. 112. Zuweilen ſchließen ſie
Flüſſigkeiten ein.


Vor dem Löthrohr phosphoresciren anfangs beſonders die grünen
und rothen, mit einem ſchönen bläulichen Schein, und ſchmelzen dann
ſchwer. Legt man aber Gyps oder einen andern ſchwefelſauren Stein
daneben, ſo ſchmelzen ſie flugs damit zuſammen.


Ca F̶l enthält 52,3 Calcium und 47,7 Fluor,
meiſt nicht viel verunreinigt. In concentrirter erhitzter Schwefelſäure wird
er vollkommen zerſetzt, entwickelt Fluorwaſſerſtoff, was Glas ätzt. Da
Flußſäure die Kieſelerde leicht angreift und fortnimmt, ſo bildet er bei
Hüttenproceſſen ein wichtiges Flußmittel, das ſchon den älteſten Hütten-
leuten bekannt war.


Flußſpath kommt beſonders mit Schwerſpath auf Erzgängen vor, iſt
aber der Maſſe nach ſeltener als dieſer. Eine der mächtigſten Ablagerungen
bildet der grünlichweiße von Stollberg auf dem Unterharz, der eine ſtock-
artige Erweiterung von 14—16 Lachter erreicht und für den Zuſchlag
auf den Mannsfelder Kupferhütten von Wichtigkeit iſt. Die Gewerkſchaft
gewinnt dort jährlich 50,000 Ctr. à 3 Sgr. im Werth. Untergeordnet
finden wir ihn auf den verſchiedenſten Erzgängen Deutſchlands, Harz,
Thüringerwald, beſonders aber auf dem Erzgebirge und Schwarzwalde.
Die im Bergkalk aufſetzenden Bleierzgänge von Nordengland ſind aus-
nehmend reich. Aus Derbyſhire erwähnt ſchon Bournon eines Crinoideen-
ſtieles, der auf der einen Hälfte aus Kalkſpath, auf der andern aus
blauem Flußſpath beſtand, doch iſt es auch dort ungewöhnlich, ihn als
Verſteinerungsmaſſe von organiſchen Reſten zu finden, obwohl einzelne
Vorkommen bis in das Tertiärgebirge reichen, wie z. B. beim Jardin des
Plantes
zu Paris.


Kryſtalle herrſchen überall vor, oder wenigſtens die körnige kry-
ſtalliniſche Struktur. In Derbyſhire werden ſolche derbe Maſſen
ſtrahlig, die Strahlen gehen von einem Centrum aus und ſind concentriſch
[382]II. Cl. Salin. Steine: Yttrocerit, Kryolith.
violblau und weiß gezeichnet. Solche derbe Stücke werden in England
wegen ihrer ſchönen Farben verſchliffen. Dieß hat denn wohl zu der
Vermuthung verleitet, die im Alterthum ſo hoch geſchätzten vasa murrhina
hätten aus Flußſpath beſtanden, doch geben dafür die Worte des Plinius
hist. nat.
37. 8 keine Handhabe. Im Granit von Welſenberg bei
Schwarzenfeld in der Oberpfalz findet man ganz ähnliche ſtrahlige Maſſen, die
blauen werden ſtellenweis ganz ſchwarz, brennen ſich aber wie die Engliſchen
ſehr leicht farblos, ſind daher durch Bitumen gefärbt, welches Schafhäutl
auch chemiſch nachgewieſen hat (Stinkflußſpath). Zuweilen kommen Ku-
geln wie Erbſen auf Quarz aufgewachſen vor, und concentriſch ſchaalig,
dieſe gehen dann in den


dichten Fluß über. Derſelbe hat einen feinſplittrigen ſehr matten
Bruch, trübe Farben, aber wie der Phengit pag. 368 in großen Hand-
ſtücken oft noch Durchſcheinenheit. Derbe Handſtücke von Stolberg auf
dem Unterharz. Im verwitterten Gebirge wird er auch erdig. Bei
Buxton in Derbyſhire finden ſich Kryſtalle mit 40—50 p. C. Thon,
die aber ſeine Kryſtalliſationskraft nicht behindert haben. Manche ſind
auch durch Schwerſpath verunreinigt, der bis zur Hälfte ſteigen kann.
Zu ſolchen Gemengen gehört wahrſcheinlich der


Yttrocerit Berzelius (Ytterſpath) aus dem Granit von Finbo
und Broddbo bei Fahlun, eine violblaue ſich gewöhnlich ins Erdige nei-
gende Maſſe. Die derben Stücke ſcheinen den blättrigen Bruch des Fluß-
ſpathes beizubehalten. Berzelius hielt es für ein Gemiſch von Ca F̶l mit
Ce F̶l und Y F̶l. Es fanden ſich blaue Oktaeder im Goldſand von Geor-
gia und Nordcarolina.


Fluocerit Berz. von dem gleichen Fundort, ſoll reguläre ſechsſeitige
Tafeln mit Gradendfläche bilden. Blaß ziegelroth ins Gelbliche, Gew. 4,7.
Im weſentlichen Ce F̶l.


Fluocerin eben daher, iſt waſſerhaltig.


2. Kryolith.


Ein däniſcher Grönlandsfahrer brachte ein großes Stück nach Kopen-
hagen, wovon 1795 die erſte Kunde kam, da er vor dem Löthrohr wie
gefrorne Salzlauge ſchmilzt, ſo nannte ihn Abilgaard (Scheerer’s Journ.
Chem. 2. 502) nach dem griechiſchen Wort κρύος Eis.


Drei rechtwinklige Blätterbrüche erzeugen würfelige Stücke wie beim
Anhydrit, aber die Brüche ſind nicht ſo deutlich, einer zeichnet ſich etwas
vor den übrigen aus, die übrigen beiden ſcheinen faſt gleich. Daher mag
das Syſtem 2gliedrig ſein. Gew. 2,95, Härte 3, Schneeweiß, mit einem
feuchten Glasglanz, der an Eis erinnert.


Schmilzt leicht zu einer klaren Perle, die ſich aber bald auf der Kohle
zu einer ſchneeweißen unſchmelzbaren Schlacke ausbreitet:
3 Na F̶l + A̶l F̶l3 = 53,6 F̶l, 33,3 Na, 13,1 A̶l.
Gieſecke war ſo glücklich, 30 Meilen von Julianeshaab an der Südſeite
des Arkſud Fiord vom Meere beſpült das dünne Lager im Gneus mit
Schwefelmetallen aufzufinden.


[383]II. Cl. Saliniſche Steine: Phosphate.

Im Schriftgranit der Topasgruben von Miask mit Amazonenſtein
bemerkte Herrmann (Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 1846. 37. 188) einen
Gang eines weißen Minerals, worin ſich ſpäter dreierlei Fluoride aus-
zeichneten, Pogg. Ann. 83. 587, die äußerlich von einander kaum unter-
ſchieden werden können: eines iſt wahrhafter Kryolith, das andere aber


Chiolith Herrmann (χιών Schnee) 3 Na F̶l + 2 A̶l F̶l3, nach Kok-
ſcharow viergliedrige Oktaeder mit einem Endkantenwinkel von 107° 32′,
Flußſpathhärte, Gew. 2,7—2,9. Die „ganze Maſſe ſieht einem Schnee-
klumpen nicht unähnlich.“ Herrmann erwähnt zweier Blätterbrüche, die
ſich unter 114° ſchneiden, das erinnert an die Seitenkanten der Oktaeder
von 113° 25′.


Das dritte hat 3,07 Gew. und die Formel 2 Na F̶l + A̶l F̶l3.


Wollaſton’s Fluelit von Stenna-gwyn in Cornwallis, kleine glän-
zende Rhombenoktaeder auf Quarz mit Wavellit und Uranglimmer ſollen
im weſentlichen Fluoraluminium ſein. Sheppard’s Warwickit ſoll 27,3 F̶l
enthalten.


Phosphorſäure und Arſenikſäure.


Phosphorſäure˙˙˙˙˙ kommt auf primärer Lagerſtätte im Steinreiche
nur ſehr untergeordnet vor. Das iſt um ſo merkwürdiger, da ſie in der
Aſche der Pflanzen, und in den Knochen und Exkrementen der Thiere
eine ſo wichtige Rolle ſpielt. Deshalb als Düngungsmittel von großer
praktiſcher Bedeutung, haben die Chemiker ihr längſt die gebührende Auf-
merkſamkeit zugewendet. Schon ehe Svanberg und Struve (Erdmann’s
Journ. prakt. Chem. 44. 291) das empfindliche Reagens von Molybdänſaurem
Ammoniak kennen gelehrt, war ein geringer Gehalt von ˙˙˙˙˙ in den Gra-
niten, Gneiſen, Porphyren, Mandelſteinen, Baſalten, Laven ꝛc. nachge-
wieſen, ſpäter gaben ſelbſt die Meteorſteine von Juvenas (Rammelsberg)
0,28 ˙˙˙˙˙. Da die Phosphorſäure von den höchſten Wirbelthieren bis zu
den niedrigſten Korallenſtöcken (½—2 p. C.) nirgends fehlt, und die Aſche
der Fucusarten noch über 1 p. C. phosphorſaure Kalkerde enthält, ſo kann
uns ihr Vorkommen auf ſecundärer Lagerſtätte im Flözgebirge nicht ver-
wundern, wo beſonders Knochen und Koprolithen nicht ſelten noch 65—
85 p. C. phosphorſauren Kalk zeigen. Forchhammer hat Phosphorſäure
im Meerwaſſer nachgewieſen, das Selterswaſſer enthält ein Zehntauſendſtel
Ṅa2˙˙˙˙˙, die Pyrmonter Quelle 2 Millionentel phosphorſaure Thonerde,
und die Karlsbader könnte jährlich nach Berechnung von Biſchoff 55 ℔
Apatit erzeugen. Wenn man nun bedenkt, daß die Phosphate in den
Gängen vorzugsweiſe in den obern Teufen vorkommen oder daß ſie ſich
gern auf Spalten der ſecundären Gebirge ſammeln, ſo mögen die organi-
ſchen Weſen viel zu ihrer Anhäufung beigetragen haben. Zu einer der
merkwürdigſten Erſcheinungen gehören die drei iſomeren Modificationen
(Pogg. Ann. 76. 1): die gewöhnliche


cPhosphorſäure, in welche beide andere bei Behandlung mit
Säuren übergehen, iſt dreibaſiſch, und gibt mit ſalpeterſaurem Silberoxyd
einen gelben Niederſchlag von Ȧg3˙˙˙˙˙. Dahin gehört das vom Löthrohr
her bekannte Phosphorſalz (Ḣ̶ + Ȧm + Ṅa) P̶˙˙˙˙˙ + 8 Ḣ. Das c phos-
[384]II. Cl. Salin. Steine: Phosphate und Arſeniate.
phorſaure Natron (Ḣ̶ + 2 Ṅa) P̶˙˙˙˙˙ + 24 Ḣ̶ wird durch Glühen zwei-
baſiſch, es entſteht


bphosphorſaures NatronṄa2˙˙˙˙˙ (Pyrophosphorſäure). Löst
man das Salz in Waſſer, ſo kryſtalliſirt pyrophosphorſaures Na-
tron
heraus, Ṅa2˙˙˙˙˙ + 10 Ḣ̶, das mit ſalpeterſaurem Silberoxyd einen
weißen Niederſchlag von Ag2˙˙˙˙˙ gibt. Glüht man dagegen das Phos-
phorſalz, ſo entweicht Waſſer und Ammoniak und eine einbaſiſche Maſſe
Ṅa P̶˙˙˙˙˙ bleibt zurück, dieß iſt die


a P̶˙˙˙˙˙oder Metaphosphorſäure, ihre Auflöſung im Waſſer fällt
das Eiweiß, was die andern beiden nicht thun.


Phosphorſäure ſteht bei gewöhnlicher Temperatur der Schwefel-,
Salz- und Salpeterſäure zwar nach, allein wegen ihrer großen Feuer-
beſtändigkeit treibt ſie in der Hitze dieſelben aus. Darauf beruht ihre
Wichtigkeit als Löthrohrreagens. Phosphorſaure Verbindungen
mit Schwefelſäure befeuchtet färben die Löthrohrflamme blaßgrün. Eſſig-
ſaures Bleioxyd gibt einen Niederſchlag von Ṗb3˙˙˙˙˙, das vor dem Löthrohr
mit polyedriſchen Flächen erſtarrt.


Arſenikſäureˈˈˈs. Arſenik ſpielt beſonders bei den Schwefel-
metallen auf Erzgängen eine wichtige Rolle, wo Phosphor gar nicht vor-
kommt. Im oxydiſchen Zuſtande iſt dagegen das Arſenik weniger ver-
breitet als Phosphor. Doch machte Walchner im Ocker der Cannſtadter
Heilquelle 1844 einen merkwürdigen wenn auch geringen Fund von arſe-
niger Säure A̶⃛s (0,8 p. C. nach Fehling, was etwa auf 10 Millionen
Theile Waſſer 1\frac{1}{2}A̶⃛s betragen würde), ſeit der Zeit fand ſich dieſes
ſtarke Gift in den verſchiedenſten Quellenniederſchlägen, aber in ſo ge-
ringer Menge, daß der Genuß des Waſſers nicht nachtheilig wirken kann.
Daubrée will im Meerwaſſer Arſenik nachgewieſen haben, ſelbſt aus
Pflanzen und Thieren wird er angegeben. Jedenfalls liefert er aber ein
wichtiges Beiſpiel für die große Verbreitung der Stoffe überhaupt. Vor
dem Löthrohr iſt die Säure ſehr flüchtig, ſie entwickelt auf Kohle im Re-
ductionsfeuer einen graulich weißen Rauch, welcher knoblauchartig
riecht.


Der Iſomorphismus von ˙˙˙˙˙ und ˈˈˈs iſt außer den natürlichen Salzen
noch durch folgende künſtliche erwieſen:


1. Viergliedrig:
(2 Ḣ̶ + Ȧm) P̶˙˙˙˙˙ und (2 Ḣ̶ + Ȧm) A̶ˈˈˈs;
das phosphorſaure Ammoniak bildet quadratiſche Säulen a : a : ∞c mit
Oktaeder a : a : c, 90° 25′ in den Seitenkanten.
(2 Ḣ̶ + K̇) P̶˙˙˙˙˙ und (2 Ḣ̶ + K̇) A̶ˈˈˈs;
das phosphorſaure Kali hat 86° 24′ in den Seitenkanten des Oktaeders.


2. Zweigliedrig:
(2 Ḣ̶ + Ṅa) P̶˙˙˙˙˙ + 2 Ḣ̶ und (2 Ḣ̶ + Ṅa) A̶ˈˈˈs + 2 Ḣ̶,
Oblongoktaeder mit 106° 26′ in den Endkanten, und 101° 30′ in den
Seitenkanten; a : b : c, b : 2c : ∞a. Das phosphorſaure Natron iſt
jedoch dimorph, und kryſtalliſirt gewöhnlich in zweigliedrigen Säulen von
93° 54′, das zweigliedrige Oktaeder mit Seitenkante von 109° 10′ ſteht
dem regulären ausnehmend nahe.


[385]II. Cl. Saliniſche Steine: Apatit.

3 Zweiundeingliedrig: (Ḣ̶ + 2 Ȧm) P̶˙˙˙˙˙ und (Ḣ̶ + 2 Ȧm) A̶ˈˈˈs.
Säulen von 84° 30′ und 85° 54′; Schiefendfläche zur Säule 105° 22′
und 105° 46′.


4. Zweiundeingliedrig: (Ḣ̶ + 2 Ṅa) P̶˙˙˙˙˙ + 14 Ḣ̶ und
(Ḣ̶ + 2 Ṅa) A̶ˈˈˈs + 14 Ḣ̶.
Siehe Pogg. Ann. 16. 609.


5. Zweiundeingliedrig: (Ḣ̶ + 2 Ṅa) P̶˙˙˙˙˙ + 24 Ḣ̶ und
(H̶ + 2 Ṅa) A̶ˈˈˈs + 24 Ḣ̶.
Das gewöhnliche Phosphorſalz bildet Säulen von 67° 50′, Schiefendfläche
gegen Axe c 58° 30′ und mit der Säule 106° 57′. Hintere Gegenfläche,
vorderes Augitpaar aus der Diagonalzone ꝛc.


Anderer Salze nicht zu erwähnen.


1. Apatit Wr.


Ἀπατάω täuſchen, weil die Ehrenfriedersdorfer lange mit Schörl,
Beryll, Chryſolith ꝛc. verwechſelt wurden, bis Werner 1788 (Bergmän-
niſches Journal I.76) ſie feſtſtellte, und Phosphorſäure darin vermuthete,
die Klaproth auch ſofort fand, l. c. 294.


Sechsgliedrig: Vorherrſchend erſte ſechsſeitige Säule M =
a : a : ∞a : ∞c
mit einer ziemlich blättrigen Gradendfläche P =
c : ∞a : ∞a.
Die Endkanten P/M durch das Dihexaeder x = a : a : ∞a,
abgeſtumpft, mit 80° 25′ in den Seiten- und 142° 20′ in den Endkanten,
gibt a = 1,366 = , lga = 0,13545.


Die Spargelſteine von Jumilla und der Moroxit von
Arendal zeigen auf der Säule eine vollkommene dihexaedriſche
Endigung, dazu geſellt ſich häufig die Rhombenfläche s =
a : ½a : a : c
und die 2te ſechsſeitige Säule e = a : ½a : a : ∞c.


[figure]

Auf Zinnſteingängen herrſchen die beiden ſechsſeitigen
Säulen mit Gradendfläche gewöhnlich, die Kryſtalle werden
tafelartig, und wenn die Endkanten der Tafeln ab-
geſtumpft werden, ſo kommt zunächſt das Dihexae-
der r = 2a : 2a : ∞a : c vor, wie man am leich-
teſten aus der Rhombenfläche s ſieht. Oder es
findet ſich z = ½a : ½a : ∞a : c, zu welchem die
Rhombenfläche s das nächſte ſtumpfere Dihexaeder
bildet. Das Dihexaeder x iſt nicht gewöhnlich,
aber es kommt namentlich bei den grünen von Jo-
hann Georgenſtadt mit a = 2a : a : 2a : c vor,
eine obere Rhombenfläche, die ſeine End-
kanten abſtumpft, und ſich zu r verhält wie
s zur x. a gewöhnlich matt. Selten d =
½a : ¼a : ½a : c.


[figure]
[figure]
[figure]

Am St. Gotthardt zeichnen ſich die
farbloſen in Spalten des körnigen Feldſpaths
durch ihren übermäßigen Flächenreichthum
aus. Im Ganzen herrſcht die Säule (Hai-
dinger Edinburgh phil. Journ. 10. 140) M

öfter mit einem eigenthümlichen Seidenglanz,
Quenſtedt, Mineralogie. 25
[386]II. Cl. Saliniſche Steine: Apatit.
die Gradendfläche P verräth ſich wegen ihres ziemlich deutlichen Blätter-
bruchs durch Querſprünge. Häufig drei Dihexaeder z, x und r über ein-
ander, dazu die beiden Rhombenflächen a und s, aber ſelten vollzählig,
doch herrſcht darin kein Geſetz, dagegen treten die 6 + 6kantner u =
c : a : ⅓a : ½a
aus der Kantenzone M/s mit großer Geſetzlichkeit parallel-
flächig hemiedriſch
auf, wodurch Dihexaeder von Zwiſchenſtellung
entſtehen. Eine ganz kleine Abſtumpfungsfläche b = c : a : ¼a : ⅓a liegt
oft noch unter u. Die Hemiedrie ſetzt ſich auch auf die Säulen fort:
wir finden die Kanten zwiſchen den beiden ſechsſeitigen Säulen M und e
häufig fein abgeſtumpft, aber immer auf der Seite der Kante, wo die
hemiedriſchen Sechskantner nicht liegen: c = a : ⅓a : ½a : ∞c,
f = a : ⅕a : ¼a : ∞c.


Apatithärte = 5, Gew. = 3,2. Fett- bis Glasglanz, und ſchöne
zum Theil flußſpathartige Farben, wornach man den verſchiedenen Varie-
täten beſondere Namen gegeben hat. Farbloſe und trübweiße findet man
ſehr häufig in den Alpen; Spargelſtein hieß Werner den gelben
(ſpargelgrünen) aus dem Talkſchiefer des Zillerthales und dem Vulkan-
geſtein von Jumilla; Moroxit hieß man früher die entenblauen von
Arendal mit gerundeten Kanten; ausgezeichnet amethyſtblau kommen
ſie auf den Zinnſteingängen von Ehrenfriedersdorf in Sachſen vor, anderer
grüner, rother aber meiſt trüber Farben nicht zu erwähnen.


Nähert man ſich mit Splittern der Löthrohrflamme, ſo phosphores-
ciren mehrere mit einer prachtvollen grünen Farbe; in höchſtem Grade
zeigen dieß die durch Eiſenoxyd roth gefärbten ſechsſeitigen Tafeln aus
dem Granit von Schlackenwalde in Böhmen. Der Lichtſchein weicht über
die Probe hin, und ſchwindet nach ſtärkerem Erhitzen, ohne wiederzukehren.
Daraus iſt es vielleicht erklärlich, warum viele Varietäten ſchwächer, oder
gar nicht phosphoresciren. Man könnte nämlich meinen, ſie hätten durch
Hitze dieſe Eigenſchaft verloren. Schmilzt ziemlich ſchwer. In Salz- und
Salpeterſäure leicht auflöslich, nach Liebig löst er ſich ſogar im Waſſer
mit ſchwefelſaurem Ammoniak ſo leicht als Gyps. Schwefelſäure gibt
einen Niederſchlag von Ċa S⃛, beſonders bei Verdünnung mit Alkohol,
ſalpeterſaures Silber gibt Chlorſilber, und das Mineral mit Schwefelſäure
übergoſſen und erwärmt ätzt häufig Glas. Arſenikſäure fehlt. Klaproth
hielt ihn für bloßen phosphorſauren Kalk, bis G. Roſe (Pogg. Ann. 9. 185)
zeigte, daß analog dem Buntbleierz noch ein zweites Glied mit Cl und Fl
vorhanden ſei, daher
3 Ċa3˙˙˙˙˙ + Ca (F̶l, Ċ̶l),
etwa 45 ˙˙˙˙˙ und 55 Ċa. Roſe unterſcheidet nach dieſem 2ten Gliede zwei
Varietäten:


Fluorapatit enthält gegen 7,7 Ca F̶l mit 2,1 Fl, und nur unbe-
deutenden Chlorkalk, dahin gehört der von Werner zuerſt erkannte Apatit
von Ehrenfriedersdorf, wo er in Geſellſchaft von andern Fluoriden (Fluß-
ſpath, Topas, Glimmer) auf Zinnſteingängen vorkommt, und die farbloſen
vom St. Gotthardt. Beide zeichnen ſich durch großen Flächenreichthum
aus. Aber auch die einfachern zeigen gewöhnlich mehr Fluor als Chlor.
Als Muſter eines


Fluorchlorapatit gilt der grünlich gelbe derbe aus dem Glimmer-
ſchiefer von Snarum in Norwegen, welcher etwa 2,6 Cl und 1,2 Fl d. h.
[387]II. Cl. Salin. Steine: Phosphorit, Wirbelthierknochen.
40 Chlor- und 60 Fluorapatit enthält. Reine Chlorapatite ſind in der
Natur nicht bekannt, auch iſt die Maſſe, welche man beim Anrühren der
friſchgefällten phosphorſauren Kalkerde mit Chlorcalcium in der Glüh-
hitze bekommt Ċa3˙˙˙˙˙ + Ca C̶l, alſo für Apatit zu reich an Chlor. Da-
gegen will Daubrée (Compt. rend. 32. 625)


künſtlichen Apatit dargeſtellt haben: er leitete über dunkelroth
glühenden Aetzkalk Chlorphosphordämpfe, wodurch ein Theil zu kleinen
mikroſkopiſchen Apatitſäulen wurde, das müßten reine Chlorapatite
mit 10,6 Ca C̶l ſein. Verunreinigungen der Apatite ſind nicht bedeutend,
Biſchoff wies einen kleinen Magneſiagehalt nach, Weber etwas Cer und
Yttererde in denen von Snarum, das erinnert an Wöhlers Kryptolith in
den röthlich grünen Apatiten von Arendal.


Kryſtalliniſcher Apatit bricht hauptſächlich ſchön auf den Zinn-
ſteingängen des Erzgebirges und Cornwallis. Die einfachen Säulen von
Bovey Tracey mit Turmalin, Rozna, Marſchendorf ꝛc. könnte man leicht
mit Beryll verwechſeln. Die prachtvollen grünlichen Kryſtalle von Gou-
verneur in New-York liegen im Kalkſpath wie die von Arendal, Pargas ꝛc.,
zu Hammond ſollen ſogar fußgroße Kryſtalle vorkommen. Im Ural ſind
beſonders im Ilmengebirge bei Miask mehrere ausgezeichnete Fundorte
bekannt. In den Alpen ſind es die klaren von St. Gotthardt, der Spargel-
ſtein aus dem Talkſchiefer des Zillerthales, die grünlich weißen trüben
aus dem Glimmerſchiefer von Faltigl. Die Auswürflinge des Lacherſees
und der Somma zeigen ſtellenweis viele lange Säulen, ähnlich am Kaiſer-
ſtuhl, ſogar aus dem Meteorſtein von Richmond führt ſie Shepard (Sil-
liman Amer. Journ.
2. 379) wenn auch etwas zweifelhaft an.


Phosphorit nannte Werner den blumigſtrahligen, etwas ſchaligen,
erdig matten von Logroſan ſüdöſtlich Truxillo. Es herrſcht darin deutlich
ein blättriger Bruch, und auf der Oberfläche kryſtalliſiren (ſcheinbar)
ſechsſeitige Tafeln aus, welche wie beim ſchaligen Schwerſpath pag. 371
auf der ſchmalen Kante ſtehen. Vor dem Löthrohr kann man ſie leicht
erkennen, da die Splitter trotz ihrer Undurchſcheinenheit mit prachtvollem
grünem Lichte phosphoresciren. Die Maſſe hat offenbar ſchon durch Zer-
ſetzungsproceſſe gelitten, daher mag denn auch der größere Gehalt von
14 p. C. Ca F̶l rühren. Er bildet Lager von 7′ Mächtigkeit auf Granit
bedeckt von Thonſchiefer, aber nur die mittlern 3′ enthalten 81 p. C.
phosphorſaure Kalkerde, daher haben es engliſche Speculanten nicht der
Mühe werth gehalten, ihn für Landwirthſchaft zu benützen. Der traubige
von Amberg liegt in Knollen auf der Oberfläche der Eiſenerze des braunen
Jura von Amberg, aber phosphorescirt nicht, doch zeigen Proben in
Schwefelſäure getaucht die grüne Flamme. Einen erdigen Apatit
unterſuchte ſchon Klaproth von Szigeth in Ungarn.


Die Knochen der Wirbelthiere beſtehen zwar im Weſentlichen
aus phosphorſaurem Kalk, aber im Verhältniß Ċa8˙˙˙˙˙3, ſo daß ⅓ Atom
Kalkerde weniger vorhanden ſein würde (v. Bibra Chemiſche Unterſuchungen
über Knochen und Zähne. Schweinfurt 1844). Ein kleiner Gehalt an
phosphorſaurer Talkerde, bis 2,5 p. C. fehlt faſt nie, und dazu kommt
kohlenſaurer Kalk, der ſelbſt bei Säugethieren 10 p. C. überſteigen kann.
Dagegen findet ſich in den Knochen ſo wenig Fluor, daß ihn manche
25*
[388]II. Cl. Saliniſche Erze: Buntbleierz.
Chemiker geläugnet haben, und wenn Chlor vorkommt, ſo ſcheint es an
Natron gebunden. In den Zähnen iſt zwar die Fluorreaktion entſchie-
dener, aber zur Conſtitution eines Apatit ſcheint Fluor auch hier nicht
hinzureichen. Dagegen ſind die foſſilen Knochen oft übermäßig reich an Ca F̶l
(Erdmann Journ. prakt. Chem. 29. 314). Girardin und Preiſſer behaupten,
daß unter dem Einfluſſe der Fäulniß ſich Ċa8˙˙˙˙˙3 in Ca2˙˙˙˙˙ + 2 Ċa3˙˙˙˙˙
zerſetze, ohne eine Zu- oder Abnahme an Stoffen, und letzteres Salz bilde dann
mit Ca F̶l Apatit, der ſich an der Oberfläche ſolcher veränderten Knochen
ſogar in kleinen ſechsſeitigen Säulen noch erkennen laſſe. Laſſaigne fand
in den Zähnen von Anoplotherium 37 Ċa3˙˙˙˙˙ und 15 Ca F̶l, und man
hat wohl behauptet, je älter die Knochen, deſto fluorreicher. Dieſes Fluor
kann offenbar nur von außen her hinein gekommen ſein, und allerdings
hat ſich auch gezeigt, daß in dem Boden und in dem Tagewaſſer ein ge-
ringer Fluorgehalt nicht fehlt.


Talkapatit mit 7,7 Ṁg unterſuchte Herrmann (Erdmann Journ. prakt.
Chem. 31. 101) in kleinen matten erdartigen Kryſtallen aus Gängen im
Talkſchiefer von Slatouſt, wo er mit Chloroſpinell und Apatit zuſammen
vorkommt. Es möchte aber wohl nur Verwitterungsprodukt ſein. Denn
auch der


Wagnerit Fuchs Schweigger’s Journ. 33. 269Mg3˙˙˙˙˙ + Mg F̶l ent-
hält nach Rammelsberg Pogg. Ann. 64. 252 40,6 ˙˙˙˙˙, 46,3 Ṁg, 4,6 Ḟe,
2,4 Ċa, 9,4 Fl
, wozu freilich die Formel nicht recht ſtimmt. Es ſind
kleine weingelbe, dem Braſilianiſchen Topas gleichende Kryſtalle von 3
Gew. und Härte 5, welche zuſammen mit verwittertem Bitterſpath und
ſchön blauem Lazulith auf Klüften eines glimmerigen Thonſchiefers im
Rädelgraben bei Werfen (Salzburg) vorkommen. Levy (Pogg. Ann.
10. 326) hat die Kryſtalle 2 + 1gliedrig beſchrieben: die Säule M =
a : b : ∞c
bildet 95° 25′, eine Schiefendfläche P = a : c : ∞b macht
mit M 109° 20′. Die Fläche a : ∞b : ∞c etwas blättrig. Ein hinteres
Augitartiges Paar a' : c : ½b macht in der Mediankante 138° 53′, außer-
dem kommt aber noch ein großer Flächenreichthum vor.


Eiſenapatit 3 (Ḟe3, Ṁg3) P̶˙˙˙˙˙ + Fe F̶l nannte Fuchs (Journ. prakt.
Chem. 18. 499) eine derbe blättrige nelkenbraune fettglänzende Maſſe,
von 3,9 Gew. und Härte 5, welche zuweilen in 2gliedrigen Säulen von
129°, woran der blättrige Bruch die Gradendfläche bilden ſoll, gefunden
wird. Aeußerlich große Aehnlichkeit mit dem Triplit von Limoges. Fand
ſich im Granit von Zwieſel, hat im Uebrigen mit dem Apatit gar keine
Verwandtſchaft.


2. Buntbleierz Weiß.


Daß es unter den Bleiſpathen einen ſchön grünfarbigen gebe, weiß
ſchon Henkel in ſeiner Pyritologia, der Bergmann konnte es kaum über-
ſehen, daher nannte es Linné plumbum virens, woraus dann die Werner-
ſche Benennung Grünbleierz entſtand. Da ſich aber auch andere
Farben, gelb, braun ꝛc. finden, ſo iſt der Weißiſche Name paſſender. Als
Klaproth 1785 darin die Phosphorſäure nachgewieſen hatte, nannte es
Karſten Phosphorblei, aber erſt Wöhler (Pogg. Ann. 4. 161) zeigte
[389]II. Cl. Saliniſche Erze: Buntbleierz.
die Beſtändigkeit des Chlorgehalts, und Hausmann ſchlug darauf den
Namen Pyromorphit vor, der auf das Verhalten vor dem Löthrohr
anſpielen ſoll. Plomb phosphaté, Phosphate of Lead.


Sechsgliedrig und vollkommen iſomorph mit Apatit, in dieſer
Hinſicht ein höchſt merkwürdiges Beiſpiel. Gewöhnlich herrſchen die ein-
fachen ſechsſeitigen Säulen mit Gradendfläche, die Säulen werden durch
Querſtreifen gern bauchig, aber ein Blätterbruch nach der Gradendfläche
läßt ſich nicht wie beim Apatit wahrnehmen. Das Dihexaeder, die End-
kanten der Säule abſtumpfend, x = a : a : ∞a : c hat nach Haidinger
80° 44′ in den Seitenkanten, darnach a = 1,358. Bei den Arſenik-
ſäurehaltigen geht der Winkel bis auf 81° 47′ hinauf, alſo a = 1,333.
Auch die 2te ſechsſeitige Säule kommt zu Huelgoat und Johann Georgen-
ſtadt vor. Von letzterm Orte kommen die ſchönſten Kryſtalle, ſie zeigen
ſogar die drei Dihexaeder r x z des Apatits, allein von den hemiedriſchen
Flächen (u) wurde noch nichts beobachtet.


Härte 3—4, Gew. 7, Diamantglanz mit geringer Durchſcheinenheit,
doch wirken feine Kryſtalle ſichtlich auf das Dichroſkop. Unter den Farben
herrſchen vorzugsweiſe Grün und Gelb, ſeltener Braun, was zuletzt
ganz ins Weiße übergeht.


Vor dem Löthrohr ſchmelzen ſie ſehr leicht, geben in der innern
Flamme einen Bleirauch, und was an arſenikſaurem Bleioxyd vorhanden,
reducirt ſich, zuletzt bleibt eine Kugel von Ṗb3˙˙˙˙˙, die beim Erkalten poly-
edriſche, aber auf keine beſtimmte Kryſtallformen zurückführbare Facetten
bekommt. Wenn man in die ſchmelzende Perle Eiſendraht ſteckt, ſo bildet
ſich brüchiges Phosphoreiſen, und metalliſches Blei wird in Gruben des-
ſelben niedergeſchlagen. Schmelzt man eine Perle von Phosphorſalz, und
ſetzt eine kleine Probe zu, ſo entweicht die Salzſäure unter Brauſen und
Geruch. In Salpeterſäure und Kalilauge löslich. Das Chlor erkennt
man durch Ȧg N̶˙˙˙˙˙, und wenn blos Blei vorhanden, ſo fehlt Fluor, weil
dieſes ſich immer an Kalk bindet, und bei Gegenwart von Ca F̶l fehlt
gewöhnlich ˈˈˈs. Obgleich der Centner Grünbleierz oft nur ⅛ Lth. Silber
enthält, ſo kann man dieß doch durch Cupellation entdecken. Zu Bereſow,
wo es mit Rothbleierz vorkommt, hat es einen Chromgehalt, denn es gibt
mit Phosphorſalz außen eine ſmaragdgrüne Perle. Die allgemeinſte
Formel würde ſein:
3 (Ṗb, Ċa)3 (P̶˙˙˙˙˙, A̶ˈˈˈs) + (Pb, Ca) (C̶l, F̶l).
Buntbleierz hat ſich aus dem Bleiglanz in den obern Teufen der Gänge
gebildet, auf dem Herrenſeegen fraß es förmliche Löcher in den Bleiglanz,
zu Mies in Böhmen bildet es Afterkryſtalle nach Bleiglanz, bei Markirch
in den Vogeſen ſogar nach Weißbleierz, das ſelbſt erſt aus Bleiglanz
entſtanden ſein muß. Die Phosphorſäure muß daher wohl von außen in
den Gang gerathen ſein. Das Beſtreben dieſes Bleiſalzes, ſich zu conſti-
tuiren, iſt ſo groß, daß es Heintz (Pogg. Ann. 72. 113) einmal als
das beſte Mittel vorgeſchlagen hat, um Phosphorſäure aus ihren Ver-
bindungen von Alkalien und alkaliſchen Erden zu trennen. So mag es
auch in die Spalten des Buntenſandſteins am Commerſchen Bleiberge, zu
Jägerthal in den Vogeſen, Sulzbach bei Amberg ꝛc. gekommen ſein. Als
Hauptvarietäten ſind etwa folgende zu merken:


[390]II. Cl. Saliniſche Erze: Buntbleierz.

1. Grünbleierz von Zſchopau in Sachſen und Hofsgrund auf
dem ſüdlichen Schwarzwalde von Smaragd-, Gras- und Zeiſiggrüner
Farbe. An jenem Orte zuerſt gekannt, an dieſem ſo mächtig gefunden,
daß es längere Zeit verhüttet wurde.


3 Ṗb3˙˙˙˙˙ + Pb C̶l, etwa 87,7 Ṗb3˙˙˙˙˙ und 10,3 Pb C̶l.
Klaproth erkannte darin die Phosphorſäure zuerſt, hielt die Salzſäure
aber für unweſentlich. Ganz frei von Arſenikſäure. Von Kransberg bei
Uſingen in Naſſau kennt man es ebenfalls in derben ſchweren Stücken
mit bauchigen Säulen. Im Augenblicke des Kryſtalliſirens glüht die
Kugel ſehr deutlich auf. Auf dem Herrenſeegen kommt es trauben-
förmig
vor mit einem ſchimmernden Jaſpisbruch. Nach Nöggerath
(Leonhard’s Jahrb. 1847. 37) fanden ſich auf der Asbacher Eiſenhütte in
den Ofenbrüchen künſtliche Kryſtalle ſo ſchön als von Hofsgrund.


2. Braunbleierz Werner. Von nelkenbrauner bis weißer Farbe.
Ein Theil derſelben enthält keine Arſenikſäure, wie die bekannten von
Poullaouen und Huelgoët in der Bretagne, Ems, Rheinbreitenbach ꝛc.
Andere aber, darunter das weiße von Zſchopau, breiten ſich auf der Kohle
aus, riechen nach Arſenik, dabei zeigen ſich kleine Bleireguli, allein es
bleibt noch eine anſehnliche Perle zurück. Wöhler gibt beim Zſchopauer
2,3 ˈˈˈs auf 14,1 ˙˙˙˙˙ an, alſo 3 Ṗb3 (P̶˙˙˙˙˙, A̶ˈˈˈs) + Pb C̶l.


Blaubleierz Werner, brach ehemals auf der Dreifaltigkeit zu
Zſchopau, Farbe zwiſchen indigblau und bleigrau (Bergm. Journ. II. 1.
pag.
347). Nach Haidinger ſind die regulären ſechsſeitigen Säulen After-
kryſtalle der dortigen Grünbleierze nach Bleiglanz, die auch zu Huelgoët
vorkommen (Pogg. Ann. 11. 371).


3. Arſenikſaures Bleierz von Johann-Georgenſtadt (Mimeteſit Breit-
haupt’s), von wachsgelber Farbe in den ausgezeichnetſten Kryſtallen, worin
ſchon Valentin Roſe die ˈˈˈs erkannte, und Wöhler 21,2 ˈˈˈs neben nur
1,3 ˙˙˙˙˙ nachwies, daher 3 Ṗb3 (A̶ˈˈˈs, P̶˙˙˙˙˙) + Pb C̶l. Vor dem Löthrohr re-
ducirt es ſich ſchon in Entfernung von der Desoxydationsflamme zu kleinen
Bleireguli, und ſo wie man nur einigermaßen der innern Flamme ſich
nähert, zerſtäubt die Probe plötzlich zu kleinen Bleikügelchen. Bei ſorg-
fältiger Behandlung bemerkt man aber einen kleinen Rückſtand. Zu Kes-
wich in Cumberland krümmen ſich die wachsgelben Säulen wurmförmig,
und auf der Grube Hausbaden bei Badenweiler kommen garbenförmig
eingeſchnürte Säulen vor, welche ſich dann zu ſtrohgelben Trauben grup-
piren. Die Trauben ſind mit lauter kleinen Warzen bedeckt, und ſolche
Wärzchen überziehen auch die Quarze. Vor dem Löthrohr hinterlaſſen
ſie übrigens ſchon einen bedeutendern Rückſtand. In Cumberland kommen
auch oraniengelbe bauchige Säulen vor (Kampylit, καμπύλος gekrümmt),
ſie ſollen ihre Farbe einem kleinen Chromgehalt verdanken. Rammelsberg
(Pogg. Ann. 91. 316) fand darin 3,3 ˙˙˙˙˙, 18,5 A̶ˈˈˈs, 2,4 Cl, 76,5 Ṗb.
Traubige findet man auch bei Badenweiler, die ſich durch ihre oranien-
gelbe Farbe gut von den dortigen ſtrohgelben unterſcheiden, ſie laſſen vor
dem Löthrohr auch einen viel geringern Rückſtand. Ein kleiner Kalkgehalt
ſchließt ſie übrigens an


4. Polyſphärit Breithaupt (Pogg. Ann. 26. 489) von den Gruben
Sonnenwirbel und St. Niclas bei Freiberg. Kugeln und Tropfen von
[391]II. Cl. Saliniſche Erze: Buntbleierz, Amblygonit.
nelkenbrauner bis iſabellgelber Farbe gruppiren ſich traubig. Ihr ſpecifiſches
Gewicht nur 6,1, wegen einer Beimiſchung von 12 p. C. Fluorapatit,
folglich ohne Arſenikſäure:
3 (Ṗb, Ċa)3˙˙˙˙˙ + (Pb, Ca) (C̶l, F̶l).
Die Löthrohrperle kryſtalliſirt nicht. Die grauen Trauben von Mies in
Böhmen haben nach Kerſten nur 7,7 Apatit, daher heißt ſie Breithaupt
Mieſit.


Traubige Bleierze ſind überhaupt leicht verunreinigt. Schon Romé
de l’Isle erwähnt eines Plomb rouge en stalactites von Huelgoët, was
Gillet-Laumont Plomb gomme (Bleigummi) nennt, weil es das Anſehen
von Arabiſchem Gummi hat. Berzelius fand darin 37 A̶⃛l, darnach wäre
die Formel Ṗb A̶⃛l2 + 6 Ḣ̶. Andere fanden auch wahrhaft Buntbleierz
eingemengt 3 Ṗb3˙˙˙˙˙ + Pb C̶l + 18 Ḣ̶3 A̶⃛l. Kobaltſolution färbt die
Perle ſchön blau. Solche ſchöne blauen Perlen gibt auch der


Nuſſierit von den Halden der Grube Nuſſière bei Beaujeu im
Dep. Rhone, hier bekommt man ſelbſt von den kryſtalliſirten ſechsſeitigen
Säulen ſchöne blaue Farben, ein Beweis, daß die Thonerde nur Bei-
miſchung ſein dürfte. Breithaupt’s


Hedyphan (ἡδυφανής lieblich glänzend, da es Diamantglanz be-
ſitzt) von Långbanshytta in Wärmeland, eine derbe graulichweiße ſchwach
kryſtalliniſche Maſſe, von nur 5,5 Gew., bildet fingerbreite Trümmer
im braunen Granate und Mangankieſel aus den dortigen Eiſenerzgruben.
Nach Kerſten 3 (Ṗb, Ċa)3 (A̶ˈˈˈs, P̶˙˙˙˙˙) + Pb C̶l. An derſelben Stelle kommt
auch Kühn’s Berzeliit vor, eine derbe gelblichweiße durchſcheinende
fettglänzende Maſſe, Härte 5—6, Gew. 2,5. Ċa3ˈˈˈs + (Ṁg, Ṁn)3ˈˈˈs.


3. Amblygonit Breith.


Ἀμβλυγόνιος ſtumpfwinklig, weil man ihn anfangs für rechtwinklig
hielt und mit Skapolith verwechſelte, Hoffmann Handb. Mineral. IV. b.159.


Man kennt nur 2 gleiche Blätterbrüche, die ſich unter 106° 10′
ſchneiden, folglich 2gliedrig und 2 und 1gliedrig ſein können. Härte 6,
Gew. 3, trüb und Feldſpathartig ausſehend, auch ſind die Blätterbrüche
etwa ſo deutlich wie M Feldſpath. Allein vor dem Löthrohr ſchmilzt das
Mineral außerordentlich leicht, und in günſtigen Fällen nimmt man dabei
eine grünliche Phosphorescenz wahr. Berzelius wies darin ˙˙˙˙˙, A̶⃛l, L̇i und
Fl nach und gab ihm darnach die ungefähre Formel L̇i2˙˙˙˙˙ + A̶⃛l4˙˙˙˙˙3,
da es aber die Flamme nicht roth ſondern gelb färbt, ſo läßt das auch
auf einen Natrongehalt ſchließen. Rammelsberg Pogg. Ann. 64. 265
ſchreibt ihm 5˙˙˙˙˙3 + A̶⃛l5˙˙˙˙˙3 + R F̶l + A̶l F̶l3 mit 5,7 L̇i, 0,5 Li,
5 Ṅa, 0,7 Na 47,8 P̶˙˙˙˙˙
ꝛc. Das ſeltene Foſſil kommt zu Chursdorf und Arns-
dorf ohnweit Penig in Sachſen in Steinbrüchen des Granits mit Topas,
Turmalin, grünem Talkglimmer vor. Noch ſeltener iſt Haidinger’s


Herderit, welchen Breithaupt ſchon im Jahre 1813 im Flußſpath
der Zinnſteingruben von Ehrenfriedersdorf entdeckte, und an Werner ver-
ſchenkte. Lange war dieß das einzige Stück, welches Werner ſelbſt für
Apatit hielt, weil es namentlich dem Spargelſtein vom Zillerthal ſehr
[392]II. Cl. Saliniſche Steine: Amblygonit, Türkis.
gleichen ſoll. Allein Haidinger’s (Pogg. Ann. 13. 502) Meſſungen zeigten,
daß es 2gliedrig ſei. Eine rhombiſche Säule M = a : b : ∞c 115° 53′ iſt

[figure]

blättrig, darauf iſt ein Oktaeder p = a : b : c mit 141°
16′ und 77° 20′ in den Endkanten aufgeſetzt, eine
Fläche t = c : ⅔b : ∞a macht dieſe Endigung ſcheinbar
dihexaedriſch, und da nun auch die Gradendfläche
P = c : ∞a : ∞b nicht fehlt, ſo konnte man dabei
wohl an Apatit denken, Härte 5, Gew. 3. Mit
Kobaltſolution ſchön blau, und der weſentliche Gehalt iſt Ċa, A̶⃛l, P̶˙˙˙˙˙ und Fl.


4. Türkis.


Ein alter Edelſteinname, wahrſcheinlich weil er aus Perſien durch
die Türken zu uns kam. Agricola 626 ſagt von ihm: alii boream, juniores
Turcicam nominant.
Ohne Zweifel Jaspis Persae Perſiſcher Jaspis Plin.
hist. nat. 37. 37 aeri similem.
Dagegen hat Fiſcher in Moskau ihn auf
den Callais Plinius 37. 33 und 56 mit ſolcher Beſtimmtheit bezogen, daß
ihn viele Mineralogen ſeitdem Callais nennen.


Man kennt ihn nur derb und unkryſtalliniſch, höchſtens in traubigen
Ueberzügen. Wachsglanz. Himmelblau bis berggrün. Gew. 2,7—3,
Härte 6. Vor dem Löthrohr ſchwärzt er ſich und iſt unſchmelzbar, einem
Kupferoxydgehalt von 1,5—2 p. C. ſcheint er ſeine ſchöne Farbe zu
danken, färbt daher ſchon für ſich die Flamme grün. Herrmann in Erd-
mann’s Journ. prakt. Chem. 33 284 gibt dem orientaliſchen die Formel
A̶⃛l6˙˙˙˙˙3 + 15 Ḣ̶, er fand im ſchönſten blauen 47,4 A̶⃛l, 27,3 P̶˙˙˙˙˙, 18,2 Ḣ̶,
2 Ċu, 3,4 Ċa3˙˙˙˙˙.


Der ächte orientaliſche Türkis (de la vieille roche) kommt
als Geſchiebe und anſtehend zwiſchen Niſchabur und Meſchhed im nord-
öſtlichen Perſien vor. Die Bucharen bringen ihn aus dem Muttergeſtein
herausgeſchlagen nach Moskau in den Handel: er bildet dünne Adern
im Kieſelſchiefer, und wenn er in dickern Maſſen vorkommt, ſo iſt er
unrein. Major Macdonald hatte auf der Londoner Induſtrieausſtellung
1851 die feinſten Türkiſe aus den Wüſten Arabiens vorgelegt, wo ſie
in reinſter Maſſe bis zur Haſelnußgröße in einem weichen gelben Sandſtein
brechen. Die grüne Farbe herrſcht vor, aber nur die blauen werden
geſchätzt, unter Erbſengröße haben ſie geringen Werth, allein darüber
ſteigen ſie ſchnell im Preiſe, doch kommt es dabei wie beim edeln Opal
weſentlich auf die Schönheit der Farbe an. Muggelich geſchliffen, benützt
man ihn hauptſächlich zum Einfaſſen werthvoller Edelſteine. Auch in
Hochaſien ſoll er vorkommen. 1850 fand Glocker ſpangrüne traubige
dünne Ueberzüge auf Klüften des Thonſchiefers von Steine bei Jordans-
mühle (Pogg. Ann. 64. 633) und an andern Punkten Schleſiens. Breit-
haupt’s


Variscit (Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 10. 506) aus dem Kieſel-
ſchiefer von Meßbach bei Plauen im Voigtlande wird apfelgrün und
zuletzt ganz mattfarbig, ſoll aber nach Plattner im weſentlichen auch aus
Phosphorſaurer Thonerde beſtehen.


Zahntürkis, Turquoise de nouvelle roche. Darunter begreift
[393]II. Cl. Saliniſche Steine: Blauſpath, Wavellit.
man beſonders den Schmelz von Maſtodon- und Dinotheriumzähnen,
welche die Härte des edlen Türkiſes haben. Im ſüdlichen Frankreich
(Simorre) wurde früher ein förmlicher Bergbau darauf getrieben, der
Schmelz war zwar nur graublau, etwa wie man ihn hin und wieder in
den Bohnenerzen der Schwäbiſchen Alp findet, allein durch Erhitzen wurde
er ſchöner. In Sibirien werden auch Mammuthszähne, welche durch
Blaueiſenerde gefärbt ſein ſollen, verwendet.


Blauſpath Wern., Lazulith Karſten (nicht mit Laſurſtein pag. 297
zu verwechſeln, den die Franzoſen auch Lazulite nennen), Klaprothin
Beudant. Derſelbe wurde zuerſt von Widenmann (Bergmänn. Journ.
1791. Bd. 1. 345) im Freſchnitzgraben, welcher ſich in das Mürzthal ohnweit
Krieglach in Oberſteiermark öffnet, bemerkt, wo er derb in einem ſchnee-
weißen Quarz mit ſilberfarbigem Glimmer vorkommt, weshalb ihn Werner
anfangs für Feldſpath hielt; blaß ſmalteblau bis in’s Berggrün, mit
ſplitterigem Hornſteinartigem Bruch und wenig innerm Glanz, Härte 5—6,
Gew. 3. Klaproth überſah die Phosphorſäure, doch geben ſie mit Schwefel-
ſäure befeuchtet eine ſchwachgrüne Flamme, mit Kobaltſolution ein ſchönes
Blau, Brandes wies 43,3 ˙˙˙˙˙, 34,5 A̶⃛l, 13,5 Ṁg, 6,5 S⃛i und 0,5 Ḣ̶ nach.
Schon im Anfange des Jahrhunderts fand ſich die Laſurblaue Ab-
änderung
im glimmerhaltigen Thonſchiefer vom Rädelgraben bei Werfen
(Klaproth Beitr. IV. 288), ſie kommt dort zwar ſelten aber ſchön kry-
ſtalliſirt vor, und ſoll 2 + 1gliedrig ſein:


Eine geſchobene Säule M = a : b : ∞c 91°
30′; b = a : ∞b : ∞c
ſtumpft die vordere ſtumpfe
Säulenkante gerade ab; P = c : ∞a : ∞b macht
88° 2′ gegen die Axe c, daher können o = a : b : c
vorn in Kante a : c 100° 20′ und o' = a' : b : c
hinten in Kante a' : c 99° 40′ kein Rhombenoktaeder
bilden, wie man es früher anſah, obgleich der Typus
häufig ein zweigliedriges Anſehen hat. Dann kommen
auch d = a : c : ∞b, e = a' : c : ∞b, f = b : c :
∞a, g = a : b : ½c, g' = a' : b : ½c, h = b : ⅓c :

[figure]

∞a vor. Meiſt derb mit Glasglanz. Nach Fuchs find ſie
A̶⃛l4˙˙˙˙˙3 + 2 Ṁg3˙˙˙˙˙ + 6 Ḣ̶
mit 41,8 ˙˙˙˙˙, 35,7 A̶⃛l, 9,3 Ṁg, 6 Ḣ̶, 2,6 Ḟe, 2 S⃛i.


5. Wavellit


wurde von Dr. Wavel im Uebergangsgebirge von Barnſtaple in Devonſhire
entdeckt, und von Babington nach ihm benannt. Davy (Philosoph. Transact.
1805 pag.
155) ſammt ſeinen Nachfolgern überſah darin die Phosphor-
ſäure, und nannte es Hydrargillite. Erſt 1816 fand Fuchs im Laſionit
von Amberg ˙˙˙˙˙, und vermuthete, daß ſie auch im Wavellit ſein möchte,
was er 1818 beſtätigte, wodurch ſich beide als gleich erwieſen.


Zweigliedriges Syſtem. Kryſtalle bilden gewöhnlich nur ſehr
kleine Nadeln, nach Phillips und Dufrénoy ſollen die von Huelgayec in
Südamerika meßbar ſein: eine blättrige Säule M = a : b : ∞c macht
122° 15′, deren ſcharfe Kante durch l = b : ∞a : ∞c gerade abgeſtumpft
[394]II. Cl. Saliniſche Steine: Wavellit, Kakoxen.

[figure]

wird. Ein Paar P = a : c : ∞b ſoll nach Phil-
lips in der Axe c ſich unter 107° 26′, nach Du-
frénoy unter 94° 10′ ſchneiden. Mehrere Zu-
ſchärfungen der ſtumpfen Säulenkante. Senff (Pogg.
Ann. 18. 474) hat Nadeln von höchſtens ⅙ Linie
Dicke von Frankenberg in Sachſen unter dem Mi-
kroſcop gemeſſen, er fand M/M = 126° 25′,
P/P
= 106 · 46, und beſtimmte darnach a : b : c = 1 : 1,98 : 0,743;
s = a : b : c, o = a' : c : ½b.
Kommt meiſt nur excentriſch faſerig vor,
die Faſern begränzen ſich nicht ſelten unter markirten Linien, und werden
ſo den Zellen gewiſſer Sternkorallen nicht unähnlich. Wo die Maſſe

[figure]

Platz hatte zum Kryſtalliſiren, endigen die Faſern nach
außen immer breiter werdend auf der kugeligen Ober-
fläche gewöhnlich mit dem Paare P, das herausragt,
und dann an Schwerſpathtafeln erinnert, oder ſich kugel-
förmig rundet.


Härte 3—4, Gew. 2,3—2,5. Weiße Farbe herrſcht
vor, geht aber nicht ſelten auch in’s Grün und Blau.
Glasglanz.


Vor dem Löthrohr ſelbſt in feinen Splittern unſchmelzbar, färbt aber
für ſich ſchon die Flamme deutlich grün, daran mag ein kleiner Flußſäure-
gehalt Schuld ſein, der nach Berzelius 2 p. C. beträgt:
3 (A̶⃛l4˙˙˙˙˙3 + 18 Ḣ̶) + A̶l F̶l3.


Zu den ſchönſten Vorkommen gehören die zuerſt gekannten aus dem
Thonſchiefer von Barnſtaple, aus dem Kieſelſchiefer von Langenſtriegis
bei Freiberg, und aus einer ſehr ſandigen Grauwacke des ältern Ueber-
gangsgebirges von Zbirow bei Beraun. Auch zu Diensberg bei Gieſſen
kommt er auf Klüften des Thonſchiefers vor. Dieſes Auftreten im Thon-
ſchiefergebirge hat große Verwandtſchaft mit dem des Türkiſes. Zu Am-
berg findet er ſich in weißen Kugeln mitten im Eiſenerz des braunen
Jura (Laſionit). Am Veſuv kommt er ſogar auf ausgeworfenen Marmor-
blöcken vor, doch ſind die Anflüge hier ſehr zart. Breithaupt’s Strie-
giſan
, grünliche hellzerſetzte Kugeln in Klüften des Kieſelſchiefers von
Langenſtriegis, ſoll chemiſch nicht verſchieden ſein. Eine eigenthümliche
Abänderung bildet der


Kakoxen. Von Steinmann 1825 in den Brauneiſenerzen von
St. Benigna im Berauner Kreiſe gefunden, wo es wavellitartige Ueber-
züge von ockergelber Farbe bildet, und die Erze verſchlechtert (κακός ſchlecht
ξένος Gaſt). Die Ueberzüge oft ſo zart, daß ſie Seidenglanz zeigen.
Der größte Theil der Thonerde durch F̶⃛e vertreten, und da auch Fluor
angegeben wird, ſo möchte er wohl hier ſeinen beſten Platz haben. An
dem gleichen Fundorte kommt auch Breithaupt’s Beraunit vor, der
wohl nur das gleiche ſein dürfte.


Peganit Breithaupt (Schweigger Journ. 60. 308) mit Wavellit
auf der Höhe zwiſchen Langenſtriegis und Frankenberg bei Freiberg, geht
bis ins Smaragdgrüne. Soll nach Hermann (Erdmann Journ. prakt.
Chem. 33. 287) A̶⃛l6˙˙˙˙˙3 + 18 Ḣ̶ ſein, doch weicht die Kryſtalliſation
[395]II. Cl. Saliniſche Erze: Vivianit.
wohl nicht weſentlich ab, da M/M = 127° iſt. Dieſem ſehr verwandt
iſt der


Fiſcherit. Hermann l. c. 33. 285 von Grasgrüner Farbe, rinden-
artige Ueberzüge auf Klüften von Sand- und Thoneiſenſtein zu Niſchnei
Tagilsk bildend, zuweilen auch feine kryſtalliniſche Säulen. Apatithärte,
Gew. 2,46. A̶⃛l6˙˙˙˙˙3 + 24 Ḣ̶.


Childrenit Lévy Pogg. Ann. V.163 iſt auf einem Spatheiſen-
ſteingange zu Taviſtock in Devonshire vorgekommen, worauf die kleinen
Kryſtalle Druſen bilden. Zweigliedrige Oktaeder e = a : b : c, Kante
a : c 130° 20′, b : c 102° 30′ und a : b 97° 50′, daraus
folgt
a : b = : .
Ein ſtumpferes Oktaeder b = a : b : ⅘c ſchärft die Endecke
zu; P = b : ∞a : ∞c etwas blättrig, a = b : 3c : ∞a.

[figure]

H = 5, Gew. = 3,26. Durchſichtige glasglänzende gelblichbraune bis
ſchwarze Kryſtalle, die zuweilen nur kryſtalliniſche Häutchen auf Spath-
eiſenſtein bilden. Nach Rammelsberg Pogg. Ann. 85. 435:
2 (Ḟe, Ṁn)4˙˙˙˙˙ + A̶⃛l2˙˙˙˙˙ + 15 Ḣ mit 29 ˙˙˙˙˙, 14 A̶⃛l, 30 Ḟe, 9 Ṁn, 17 Ḣ̶.
Es werden in England noch mehrere Fundorte angegeben.


Amblygonit, Türkis und Wavellit bilden wegen ihres großen Thon-
erdegehaltes eine beſondere Gruppe, die H. Prof. Weiß deshalb auch
unter die Haloidſteine pag. 297 ſtellt, ob ſie gleich keine Kieſelerde enthalten.


6. Vivianit Wern.


Werner bekam die erſte kryſtalliſirte Blaueiſenerde durch Vivian aus
Cornwall, wo ſie auf der Grube Huelkind zu St. Agnes mit Magnetkies
vorkommt. Die Franzoſen (Laugier Ann. du Muséum 1804. III.405)
kannten das Phosphate de fer ſchon früher von Isle de France und
Braſilien. Uttinger erkannte bereits 1807, daß das von Bodenmais kein
Cyanit ſei (Denkſchrift. Münchner Akad. Wiſſenſch. 1817. 233). Das
erdige Eiſenblau kannte man längſt vorher, denn ſchon Wallerius nannte
es Coeruleum Berolinense nativum. Iſomorph mit Kobaltblüthe und
Pharmacolith.


2 + 1gliedrig, und ſo genau Gypsartig, daß Breithaupt ſchon
1818 den Namen Eiſengyps in Vorſchlag brachte. f = a : b : ∞c 111° 6′;
P = b : ∞a : ∞c
ſo deutlich blättrig als Gyps; M = a : ∞b : ∞c
ſtumpft die ſtumpfe Säulenkante f/f ab, und würde dem muſcheligen
Bruche des Gypſes entſprechen, der aber nicht vorhanden zu ſein ſcheint.
Die beim Gyps ſeltene z = ⅕a : c : ∞b iſt gewöhnlich und
z/M bilden eine rhomboidiſche Säule von 125° 18′, gegen welche
P rechtwinklig ſteht. Ein faſeriger Bruch auf der Hinterſeite
iſt vorhanden, er macht aber gegen Axe c einen Winkel, der
nur wenige Grade kleiner iſt als der rechte. Entſpräche er der
Fläche T = ⅓a' : c : ∞b, welche Dufrénoy 109° 5′ gegen M
angibt, ſo wäre das eine auffallende Analogie. Sein Vor-

[figure]

handenſein merkt man beſonders in der verſchiedenen Härte auf P, denn
mit einer feinen Nadel ſpürt man, daß das Mineral ſenkrecht gegen die
[396]II. Cl. Saliniſche Erze: Vivianit, Grüneiſenſtein.
Faſer entſchieden ritzbarer iſt, als parallel derſelben. Außerdem ein Paar

[figure]

aus der Diagonalzone von z, wahrſcheinlich i = c : ⅕a
: ⅛b
119° 4′ in der Mediankante, ein Paar b aus der
Diagonalzone von T gibt ſchon Phillips an. In der
Säulenzone zwiſchen f und M die r = a : ⅓b : ∞c, und
eine ſeltene Fläche a ſcheint nach Phillips die Kanten
i/M abzuſtumpfen. Dünne Blätter geben im polariſirten
Licht ſo ſchöne Farben, als der Gyps, daher müſſen die
optiſchen Axen im blättrigen Bruch P liegen.


H = 2, Gew. 2,6. An ſich farblos und ſehr durch-
ſichtig, durch Verwitterung wird er aber ſmalte- bis indig-
blau, und verliert dann ſehr an Durchſichtigkeit. Milde und etwas biegſam.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er leicht zu einer magnetiſchen Kugel, und
färbt mit Schwefelſäure befeuchtet die Flamme grün. Das urſprüngliche
farbloſe Salz ſoll Ḟe3˙˙˙˙˙ + 8 Ḣ̶ ſein, allein nach Rammelsberg tauſchen
von je 8 Atomen des Salzes 2 Atome die Hälfte ihres Waſſers gegen
3 Sauerſtoff aus, wodurch die blaue Farbe und die complicirtere Formel
6 (Ḟe3˙˙˙˙˙ + 8 Ḣ̶) + (F̶⃛e3˙˙˙˙˙2 + 8 Ḣ̶)
entſteht. Der Vivianit iſt im Waſſer unlöslicher, als der phosphorſaure
Kalk, wenn daher kohlenſaures Eiſenoxydul zu Löſungen des letztern kommt,
ſo bildet ſich Vivianit. Daher läßt ſich das Eiſenblau in Torfmooren,
in Markröhren lange gelegener Leichname ꝛc. leicht erklären.


Der kryſtalliſirte kommt auf Gängen des Thonſchiefers von
Cornwallis und des Granites von Bodenmais, an beiden Orten mit
Magnetkies, vor. Höchſt eigenthümlich iſt das prachtvolle Vorkommen in
Höhlen von Steinkohlenſchlacken eines unterirdiſchen Brandes von la Bouiche
(Allier.) Zu Schunguleck bei Kertſch in der Krimm kommen in einem
tertiären Thoneiſenſteinflötz weißſchalige Muſcheln von Mytilus Brardii vor,
die im Innern gänzlich mit Blaueiſenerde erfüllt ſind, in welcher kry-
ſtalliſirte Strahlen von Vivianit liegen. Aehnlich das Vorkommen des


Mullicit’s in den Mullica-Hills von New-Jerſey, wo die Blau-
eiſenerde in fingersgroßen Röhren ſich ablagert.


Auf der Lava von Isle de France kommt er faſrig wie der Faſergyps
vor, und der Faſer geht auch der blättrige Bruch P parallel (Dufrénoy
Trait. Minér. II.534.). Der Anglarit von Anglar Dep. Haut Vienne iſt
ſtrahlig.


Den erdigen findet man am häufigſten, beſonders in Torfmooren
und Tertiären Thonen. Friſch gegraben verräth er ſich gewöhnlich noch
nicht durch blaue Farbe, dieſe tritt erſt an der Luft ein. Neſterweis ein-
geſprengt, aber auf mannigfache Weiſe verunreinigt. Macht die Sumpf-
erze kaltbrüchig.


Es gibt noch eine ganze Reihe phosphorſaurer Eiſenerze theils waſſer-
haltig, theils waſſerfrei, ſind aber ſelten:


a) Grüneiſenſtein (Kraurit, Dufrenit), zuweilen in kleinen
Oblongoktaedern, gewöhnlich aber von ausgezeichneter Glaskopfſtruktur
(ein grüner Glaskopf), die Faſer ſcheint blättrig, dunkel lauchgrün, aber
mit zeiſiggrünem Strich, H = 3—4, Gew. 3,3. Schmilzt leicht
[397]II. Cl. Saliniſche Erze: Grüneiſenſtein, Hureaulit, Triphylin.
zu einer ſchwarzen Schlacke. Kerſten unterſuchte den vom Hollerter Zuge
im Siegenſchen, er fand
63,4 F̶⃛e, 27,7 P̶˙˙˙˙˙, 8,5 Ḣ̶, das gäbe 2 F̶⃛e2˙˙˙˙˙ + 5 Ḣ̶.
Andere fanden aber auch Ḟe, daher könnte er ſchon oxydirt ſein. Aus-
gezeichnet zu Göritz im Fürſtenthum Reuß. Werner’s


Grüneiſenerde (Hypochlorit Schüler) von zeiſiggrüner Farbe gleicht
in ihrem dichten Zuſtande edlem Serpentin, iſt aber viel härter H = 6,
Gew. 3. Verwittert zum Erdigen. Iſt ein Zerſetzungsprodukt mit 50
Kieſelerde, 14,6 A̶⃛l, 13 Wismuthoxyd und 10,5 Ḟe mit 9,6 ˙˙˙˙˙. Schmilzt
daher nicht. Schneeberg, Ullersreuth, Schindelloh in der Oberpfalz.
Durch Verwitterung wird ſie Serpentinartig und weich. Zu Bodin bei
Neuſohl ſcheint ſie durch Zerſetzung des Eiſenpecherzes zu entſtehen.


b) Hureaulit Alluaud, phosphorſaures Eiſenmangan, kleine
Gänge im Granit von Hureault bei Limoges in Centralfrankreich bildend.
Dufrénoy beſchreibt die Kryſtalle 2 + 1gliedrig, eine Säule
M/M macht vorn einen ſcharfen Winkel 62° 30′, die ſcharfe Kante
gerade abgeſtumpft durch h, ein Augitpaar e macht 88° unter-
einander, ihre Mediankante 68° gegen die Axe c geneigt. Glas-
artiger Bruch, hell hyacinthroth und ſehr durchſichtig, daher
Hyacinthen gleichend, aber nur Apatithärte und Gew. 2,3. Leicht

[figure]

zu einer ſchwarzen Kugel ſchmelzend. (Ṁn, Ḟe)5˙˙˙˙˙ + 8 Ḣ̶. Mit ihm
kommt der


Heteroſit vor, in derben blättrigen Maſſen, zwei Blätterbrüche
ſchneiden ſich unter 100°. Ihre bläulichgrüne Farbe erinnert ſehr an
Triphylin, allein dieſe verſchießt an der Luft ins Violett. Fuchs hält
ſie daher für ſeinen


c) Triphylin Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 1834. III.98, φυλή
Stamm, alſo dreiſtämmig, weil er aus drei Phosphaten beſteht. Am
Rabenſtein bei Zwieſel in Neſtern des Granits mit Albit und gemeinem
Beryll vorkommend. In großen derben Feldſpathartigen Stücken, die
man nicht für das halten ſollte, was ſie ſind. Zwar kommt mit ihnen
ſehr ähnlich ausſehender Albit vor, allein derſelbe hat Zwillingsſtreifen
auf P, und ſchmilzt ſehr ſchwer, während Triphylin außerordentlich
leicht
ſchmilzt.


Zwei ungleiche Blätterbrüche, wenn auch lange nicht ſo deutlich als
beim Feldſpath, laſſen ſich mit ziemlicher Sicherheit erkennen, ſie ſchneiden
ſich unter rechten Winkeln. Fuchs gibt ſogar noch zwei andere an, die
ſich ungefähr unter 132° in einer rhombiſchen Säule ſchneiden ſollen,
allein man kann ſich an derben Stücken kaum von ihrer Exiſtenz über-
zeugen, der 2te Blätterbruch wird dann die ſcharfe Säulenkante dieſer
Säule abſtumpfen, und der erſte ungefähr gegen ſämmtliche ſenkrecht
ſtehen. Grünlichgraue Farbe, aber vielfach von ganz ſchmalen dunkel-
blauen Trümmern durchzogen, die ihrer Farbe nach Vivianit ſein mögen,
und einzelnen Stellen auch ihre blaue Farbe mittheilen. Härte 4—5,
Gew. 3,6. Schwacher Fettglanz. Durch Verwitterung wird es eine
ſchwarze bröckliche Maſſe.
(Ḟe, Ṁn, L̇i)3˙˙˙˙˙ mit 41,5 ˙˙˙˙˙, 48,6 Ḟe, 4,7 Ṁn, 3,4 Lithion.
In Salzſäure leicht löslich, wird dieſe abgedampft und dann mit Wein-
[398]II. Cl. Saliniſche Steine: Monacit.
geiſt digerirt, ſo brennt der Weingeiſt mit purpurrother Flamme (Lithion-
reaction). Die Lithionflamme, mit dem Grün der Phosphorſäure gemiſcht,
zeigt ſich auch, wenn man eine kleine Menge Pulver im Oehre des
Platindrahts an der blauen Flamme ſchmilzt. Das Lithion geht durch
die Verwitterung leicht verloren, es oxydirt ſich Ḟe und Ṁn zu F̶⃛e und
M̶⃛n, die Maſſe nimmt dabei Waſſer auf, wird ſchwarz und es entſteht
(F̶⃛e, M̶⃛n)3˙˙˙˙˙2 + 3 Ḣ̶.


Berzelius (Pogg. Ann. 36. 474) erwähnt von Keiti bei Tammela
in Finnland eines gelben Tetraphylin, der auch leicht ſchwarz wird,
und vier Baſen Ḟe, Ṁn, Ṁg und L̇i hatte.


d) Triplit Hausmann mit gemeinem Beryll aus einem Quarz-
gange des Granites von Limoges. Bräunlich ſchwarze Maſſe mit Fett-
glanz, die Splitter ſcheinen lichtbraun durch. Es werden öfter auch dreierlei
auf einander rechtwinklige Blätterbrüche angegeben. Härte 5, Gew. 3,7.
Schmilzt leicht zu einer magnetiſchen Perle, und beſteht aus Ḟe4˙˙˙˙˙ +
Ṁn4˙˙˙˙˙.
Den


DelvauxitF̶⃛e P̶˙˙˙˙˙ + 24 Ḣ̶ fand Delvaux auf den Halden von
Berneau bei Viſé, eine bräunlich ſchwarze Maſſe von Wachsglanz, Gew.
1,8, Härte 2, zerſpringt wie Bol im Waſſer mit Geräuſch, daher wohl
nur Verwitterungsprodukt.


Als Mineralogiſche Seltenheiten verdient etwa noch genannt zu werden


Kryptolith (κρυπτός verborgen) Wöhler fand ihn 1846 in feinen
Nadeln im rothen Apatit der Magneteiſengruben von Arendal. Die
Nadeln traten erſt zum Vorſchein, wenn man Stücke von Apatit in ver-
dünnter Salpeterſäure löſte, 27,4 ˙˙˙˙˙ und 73,7 Ceroxydul.


Phosphorſaure Yttererde wurde 1824 von Berzelius unter-
ſucht (Pogg. Ann. 3. 203 und 60. 591) und findet ſich mit Orthit in
einem Gange von grobkörnigem Granit von Hitteröe. Man kennt nur
viergliedrige Oktaeder mit 82° in den Seitenkanten, etwa Linienlang.
Deutlich blättrig nach der erſten Quadratiſchen Säule a : a : ∞c. Choco-
ladenbraun, dünne Splitter bräunlichroth, durchſcheinend, Fettglanz, reichlich
Flußſpathhärte, Gew. 4,5. Unſchmelzbar. 62,6 Ẏ, 33,5 P̶˙˙˙˙˙ alſo 3˙˙˙˙˙.


Monacit (μονας Einzelweſen) Breithaupt Schweiggr’s Journ. 55.
301, Mengit Brooke Pogg. Ann. 23. 362. aus dem Granit des Ilmen-
gebirges. Die Flächen laſſen ſich wegen ihrer Mattigkeit nur annäherungs-

[figure]

weiſe meſſen, ſind aber 2 + 1gliedrig. M = a :
b : ∞c
95° 30′, die blättrige P = c : ∞a :
∞b
macht 100° mit M; k = b : ∞a : ∞c ſtumpft
die ſcharfe Kante gerade ab; die vordere Schief-
endfläche d = a : c : ∞b macht mit P 140° 30,
die hintere d' = a' : c : ∞b macht mit P 129°;
e = b : c : ∞a, o = a' : b : c
tritt nur hinten
auf, i = a : ½b : ∞c. Röthlichbraun, bis hyacinthroth, etwas Fettglanz,
H = 5, Gew. 5. Unſchmelzbar, nach Kerſten 3˙˙˙˙˙, 28,5 P̶˙˙˙˙˙, 26 Ceroxyd,
23,4 Lauthanoxyd, 17,9 Thorerde, 2,1 Zinnoxyd ꝛc. Den Gehalt von
Thorerde hat Wöhler beſtätigt, Hermann (Journ. prakt. Chem. 33. 90) nicht.
Nach G. Roſe (Pogg. 49. 223) iſt Shepard’s Edwardſit aus dem
Gneis von Norwich in Connecticut das Gleiche. Ebenſo der Eremit.


[399]II. Cl. Saliniſche Erze: Kobaltblüthe.

7. Kobaltblüthe.


Ein alter Bergmänniſcher Name. Unter Blüthe und Ausblühungen
verſteht der Bergmann gewöhnlich Minerale, die ſtrahlig und haarförmig
auf Gebirgen (nicht ſelten unter ſeinen Augen) entſtehen.


2 + 1gliedrig iſomorph mit Vivianit. Säule f = a : b : ∞c
111° 8′, P = b : ∞a : ∞c ſehr blättrig und der Länge nach weicher
als quer; M = a : ∞b : ∞c macht mit z = ⅕a : c : ∞b vorn 124°
51′, i = c : ⅕a : ⅛b macht in der Mediankante 118° 23′ und
ſtumpft die Kante P/z ab. Meiſt ſtarke Streifung parallel dem
blättrigen Bruch auf allen Flächen. Dünne Platten geben im
polariſirten Licht ſchöne Farben. Härte 2, Gew. 3, pfirſichblüth-
roth mit Durchſcheinenheit und Milde.


[figure]

Vor dem Löthrohr entfärben ſie ſich bei der geringſten An-
näherung augenblicklich, und ſchmelzen gerade nicht ſonderlich leicht.
Ċo3ˈˈˈs + 8 Ḣ̶,
auf Kohle daher einen deutlichen Arſenikgeruch, und die feinſten Splitter
geben ſchon ſehr deutlich blaue Gläſer. Erzeugt ſich hauptſächlich auf
Kobaltgängen durch Zerſetzung arſenikhaltiger Kobalterze, die durch ihren
rothen Beſchlag oft verrathen werden.


Kryſtalle nadelförmig und excentriſch ſtrahlig, beſonders ſchön zu
Schneeberg auf Quarz; zu Wittichen im Schwarzwalde auf Schwerſpath;
zu Riechelsdorf in Heſſen bildet er Schnüre im grauen Sandſtein des
Todtliegenden; zu Gaier in Tyrol auf Kalkſtein mit Kupferſchaum. Die
Faſern werden endlich ſo fein, daß ſie ein ſammtartiges Ausſehen er-
halten, wie zu Wittichen, doch pflegen dann Nadeln von Pharmakolith
ſich beizumiſchen, die man nicht leicht mineralogiſch trennen kann.


Kobaltbeſchlag nennen die Bergleute den rothen Erdkobalt,
welcher in ſtaubartigen Ueberzügen ſich meiſt da einfindet, wo ſchwarzer
Erdkobalt verwittert. In einzelnen Fällen, beſonders wenn Pharmakolith
zugegen iſt, bilden ſich auch feintraubige Ueberzüge mit einer brennenden
blaurothen Farbe, innen aber ſind die Kügelchen excentriſch ſtrahlig und
weißlich, auch wird der Strich, welchen man durch die ſchönrothe Farbe
der Oberfläche macht, auffallend weiß. Man möchte ſie demnach für
Pharmakolith halten, welche blos von einer dünnen Haut Kobaltbeſchlag
übertüncht wurde, allein mit Borax geben ſie ſehr intenſiv blaue Gläſer,
und erhitzt man ſie nur ſchwach, z. B. auf einem Blech, ſo nehmen ſie
eine prachtvoll blaue Farbe an. Kerſten (Pogg. Ann. 60. 258)
wies in den Schneebergern 29,2 Ċo, 8 Ċa nach, ſo daß ſie die Formel
(Ċo3, Ċa3) ˈˈˈs + 8 Ḣ̶ zu haben ſcheinen, und machte darauf aufmerkſam,
wie wenig conſtant die Miſchung ſei, glaubt auch Levy’s


Roſelit (Pogg. Ann. 5. 171) hier hinſtellen zu ſollen, der zu
Ehren von Guſtav Roſe benannt zu Schneeberg äußerſt ſelten kryſtalliſirt
vorkommt. Auf der Grube Sophie zu Wittichen im Schwarzwalde ſind
die traubigen in großer Schönheit vorgekommen, ſie ſitzen meiſt auf einer
braunen riſſigen Borke von braunem Erdkobalt, doch ſcheint bei vielen
die Borke auf den rothen Schwerſpath und verwitterten Granit künſtlich
[400]II. Cl. Saliniſche Steine: Pharmakolith.
bereitet und aufgeſchmiert. Denn noch jetzt läßt ein dortiger Bergmann
das Mineral in einem feuchten Keller wachſen. Der rothe erdige Beſchlag
iſt auf Kobaltgruben viel verbreiteter, aber nur Zerſetzungsprodukt des
Spieskobalts, wo nicht des Glanzkobalts. Sie beſtehen aber nach Kerſten
l. c. 264 oft aus mehr als der Hälfte arſeniger Säure, die man mit
Waſſer ausziehen kann.


Nickelocker Wr. Nach Kerſten l. c. 270 Ṅi3ˈˈˈs + 8 Ḣ̶, kommt
häufig als apfelgrüner Beſchlag auf Weißnickelerz und Kupfernickel vor,
namentlich wenn man ſie an feuchte Orte ſtellt. Beim Schmelzen des
Smalteglaſes erzeugen ſich ſogar kryſtalliniſche Nadeln von Nickelblüthe
(Hausmann Hdb. Mineral. II. 1013), die iſomorph mit Kobaltblüthe
ſein könnten. Der


Köttigit von der Grube Daniel bei Schneeberg iſt Żn3ˈˈˈs + 8 Ḣ̶,
weiße bis pfirſichblüthrothe Nadeln, letztere Farbe erſcheint, weil ein
kleiner Gehalt an Ċo das Żn erſetzt.


8. Pharmakolith Karſten.


Φάρμακον Gift, wegen ſeines Gehaltes an Arſenikſäure, Werner
nannte es ſehr paſſend Arſenikblüthe. Bergrath Selb erkannte ſie
zuerſt auf der Grube Sophie zu Wittichen (Scherer Journ. Chem. 1800,
IV. pag. 537). Es kommen daſelbſt auf ein und derſelben Stufe zweierlei
vor: das eine iſt ſchneeweiß, kugelig. Die kaum erbſengroßen Kugeln
ſind innen excentriſch faſerig, und blühen oft in mehreren Linien langen
höchſt zarten Faſern aus. Das iſt das bekannteſte Vorkommen, aber
ſecundären Urſprungs, da es ſich nach Selb meiſt erſt auf „dem alten
Manne“ in den Gruben erzeugt; das andere iſt das primäre aber leichter
überſehbare Erzeugniß, welches in kleinen Gypsartigen Strahlen zwiſchen
den Haaren zerſtreut liegt, und zu dieſen wahrſcheinlich erſt Veranlaſſung
gegeben hat. Dieſe Kryſtalle ſind halb durchſichtig, Gypshart und
milde, Gew. 2,7. Einen deutlich blättrigen Bruch nimmt man wohl
daran wahr. Haidinger hatte ſogar Gelegenheit, in der Sammlung des
H. Ferguſon zu Raith ½ Zoll lange und 1 Linie dicke Kryſtalle unbe-
kannten Fundortes (Joachimsthal?) zu meſſen und zu zeichnen (Hemi-
prismatiſches Gypshaloid Pogg. Ann. 5. 181). Darnach ſind es 2 +

[figure]

1gliedrige Kryſtalle, die Säule f = a : b :
c 117° 24′, die ſehr blättrige P = b : ∞a :
c ſtumpft ihre ſcharfe Kante ab; g = ⅓a :
b
: ∞c ſchärft die ſtumpfe Säulenkante zu, und
macht 157° 5′. Das vordere Augitpaar l = c :
a : ¼b macht in der Mediankante 139° 17′.
Die Schiefendfläche q = a : c : ∞b dehnt ſich
ſehr aus, und iſt gegen Axe c 65° 4′ geneigt, in ihrer Diagonalzone liegt
v = a : ¼b : c mit 141° 8′ in der Mediankante. Wenn auch die Winkel
etwas abweichen, ſo iſt doch eine Gypsartige Entwickelung unverkennbar.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er nicht ſonderlich ſchwer auf Kohle
unter Arſenikgeruch, die zurückbleibende Glasperle leuchtet ſtark. In Säure
leicht löslich. Nach Rammelsberg
[401]II. Cl. Saliniſche Erze: Skorodit.
Ċa3ˈˈˈs + 6 Ḣ̶,
doch könnte bei der Gypsähnlichkeit die Frage entſtehen, ob nicht 8 Ḣ̶
vorhanden ſeien. Denn die ſchneeweißen Nadeln, wovon die Analyſen
meiſt ausgehen, haben ganz den Anſchein, als hätten ſie durch Afterbildung
Waſſer verloren, oder ſtimmten ſie gar nicht im Waſſergehalt mit den
durchſcheinenden Kryſtallen. Kommt mit Kobaltbeſchlag beſonders auf
Kobaltgängen vor: Wittichen, Markirch, Riechelsdorf, Joachimsthal,
Andreasberg ꝛc.


Haidingerit Turner (Diatomes Gypshaloid Haidinger Pogg. Ann.
5. 182), ſcheint im Aeußern dem kryſtalliniſchen Pharmakolith ſehr zu
gleichen, ſoll aber weniger Waſſer enthalten Ċa3ˈˈˈs + 3 Ḣ̶ und zwei-
gliedrig
kryſtalliſiren: Säule e = a : b : ∞c bildet 100°, d = b :
a : ∞c ſtumpft ihre ſcharfe Kante ab und war ſehr blättrig, ein Paar
a = b : c : ∞a auf dieſe ſcharfe Säulenkante
aufgeſetzt macht in c den Winkel 126° 58′,
g = 2a : c : ∞b, h = a : 2c : ∞b, i = a :
4c
: ∞b, f = a : ∞b : ∞c, m = ¼a : ½b : c
und n = ⅖a : ½b : c. Das Mineral kam mit
vorſtehendem Hemiprismatiſchen auf der Fergu-
ſon’ſchen Stufe zuſammen vor. Daran würde
ſich dann der waſſerfreie Berzeliit (Ċa3, Ṁg3,
Ṁn3) ˈˈˈs pag. 391 anſchließen. Vergleiche auch
den Pikropharmakolith Stromeyers (Ċa, Ṁg)5
ˈˈˈs2 + 12 Ḣ̶.

[figure]

9. Skorodit.


σκορόδιον Knoblauch, auf den Arſenikgeruch vor dem Löthrohr an-
ſpielend. Breithaupt beſtimmte ihn (Hoffmann Handb. Miner. 1814.
Band IV. b. pag. 182) nach einem Vorkommen auf Stamm Aſſer am
Graul bei Schwarzenberg im Schneeberger Revier. Doch hat ihn Graf
Bournon ſchon viel früher als Cupreous Arseniate of Iron aus den Zinn-
ſteingängen von St. Auſtle beſchrieben (Philos. Transact. 1801. 192), wo
er mit Arſenikſaurem Kupfer vorkommt. Die ſchönen Kryſtalle von San-
Antonio-Pereira in Braſilien nannte Beudant Néoctèse.


2gliedrig, das Oktaeder P = a : b : c hat in Kante a : c 115°,
in Kante b : c 103°, die zugehörige Säule M = a : b : ∞c 99° 30′ kommt
nur untergeordnet vor, dagegen herrſcht bei Braſi-
lianiſchen die etwas blättrige d = a : ½b : ∞c, die
ihren ſcharfen Winkel von 59° 50′ vorn hat. Dieſe
ſcharfe Kante wird durch die ziemlich blättrige h = a
: ∞b : ∞c gerade abgeſtumpft; g = b : ∞a : ∞c,
ſelten o = c : 2a : 2b, und a = c : ½a : ∞b. Am
Graul kommen öfter einfache Dodekaide Phg vor.
Zuweilen geht die Maſſe ins faſerige und dichte,
wird dann aber unrein. Härte 3—4, Gew. 3,2,
Glasglanz mit der gras- bis lauchgrünen Farbe der

[figure]

Eiſenoxydulſalze, durch Verwitterung aber leicht ockerig werdend. Vor
Quenſtedt, Mineralogie. 26
[402]II. Cl. Saliniſche Erze: Würfelerz.
dem Löthrohr leicht ſchmelzbar, auf der Kohle nach Knoblauch riechend
und ſich zu einer magnetiſchen Kugel reducirend:
F̶⃛ A̶ˈˈˈs + 4 Ḣ̶,
ohne alles Eiſenoxydul, da die Löſung mit Kaliumgoldchlorid keinen Nieder-
ſchlag gibt. Scheint hauptſächlich durch Zerſetzung des Arſenikkieſes zu
entſtehen. Hermann’s


Arſenikſinter (Erdmann’s Journ. pr. Chem. 33. 95), der zu
Nertſchinsk Berylle, Topaſe und Bergkryſtalle überſintert, ſcheint nicht
weſentlich verſchieden zu ſein.


10. Würfelerz.


Wurde auf den Kupfererzgängen von Cornwallis entdeckt, von Graf
Bournon als Arseniate of Iron beſchrieben (Philos. Transact. 1801. 188),
und nach ſeinen ſchönen Würfeln von Werner benannt, Hausmann’s
Pharmakoſiderit.


[figure]

Regulär mit vorherrſchenden wenig blättrigen
Würfeln, das Granatoeder g ſtumpft die Kanten
ſchwach ab, die Oktaederflächen treten aber nur zur
Hälfte auf, wie beim Boracit die abwechſelnden
Ecken abſtumpfend, nach Levy ſoll es daher auch
Pyroelectriſch ſein. Das Gegentetraeder kommt auch
vor, aber phyſikaliſch verſchieden. Phillips zeichnet
ein Pyramidentetraeder b, welches in ſeinen Tetra-
ederkanten 176° 30′, in ſeinen Pyramidenkanten
93° 40′ hat, alſo ſich dem Würfel ſehr nähert: es
iſt ein Würfel mit hälftigen Diagonalen, der aber gerade für das Durch-
greifen der tetraedriſchen Hemiedrie ſpricht.


Härte 2—3, Gew. 3, lauchgrün, im Brauneiſenſtein von Göriz im
Reußiſchen ſogar honiggelb. Die kleinen Würfel haben ein Flußſpath-
artiges Anſehen. Schmilzt leichter als Skorodit und zu einer ſtärker
magnetiſchen Schlacke,
(Ḟe F̶⃛e) A̶ˈˈˈs + 6 Ḣ̶,
Kali zieht etwas Arſenikſäure heraus unter Ausſcheidung von ſchwarzem
Eiſenoxydoxydul. Sie entſtanden wohl auch durch Verwitterung des Ar-
ſenikkieſes, am ſchönſten und in Menge auf den Kupfergruben von Huel
Gorland und Huel Unity in Cornwall, auch am Graul mit Skorodit,
ſelten auf den Halden von Neu-Bulach und Freudenſtadt auf dem Schwarz-
walde, die aus dem Brauneiſenſtein von Horhauſen im Naſſauiſchen ſind
ſchwarz und krummflächig, Levy nannte ſie daher Beudantit. St.
Leonard Dep. Ht. Vienne, Nordamerika. Durch Verwitterung gehen ſie
leicht in braunen Eiſenocker über, wie ſchon Bournon beſchreibt.


Eiſenſinter Wr. (Pittizit Hausm., Eiſenpecherz Karſten. Schon
Freiesleben, Ferber und Andere beobachteten auf Grubenbauen eine braune
ſyrupartige Flüſſigkeit, die durch Zerſetzung von Eiſenerzen entſtand, und
allmählig zu einer braunen, halbdurchſichtigen Maſſe erſtarrte mit ſehr
vollkommen opalartigem Bruch. Von einer beſtimmten Zuſammenſetzung
kann man bei ſo zufällig zuſammenfließenden Sachen wohl kaum noch
[403]II. Cl. Saliniſche Steine: Struvit.
reden. In den Freiberger Gruben enthält er 26 ˈˈˈs, 10 S⃛, 33 F̶⃛e, 29 Ḣ̶.
Am Graul bei Schwarzenberg ſieht er ganz Kolophoniumartig aus. Er-
innert an Diadochit und Piſſophan der Braunkohlengebirge.


Arſenioſiderit Dufrénoy 2 Ċa3ˈˈˈs + 3 F̶⃛e2ˈˈˈs + 12 Ḣ̶ +
F̶⃛e Ḣ̶
auf Manganerzen von Romanêche bei Mâcon, ockerfarbig, wie
dichter Asbeſt ſich ſchuppig faſerig theilend, weich, Gew. 3,8.


Sympleſit mit Spatheiſen und Nickelglanz bei Klein-Frieſa bei
Lobenſtein im Voigtlande, ſoll 2 + 1gliedrig und Gypsähnlich blättrig
ſein, blaß indigoblau bis grün, Gew. 2,9, Härte 2—3. ˈˈˈs, Ḟe, F̶⃛e, Ḣ̶.


11. Struvit. Ulex.


Nach dem großen Brande in Hamburg fanden ſich 1845 beim Grund-
bau der dortigen Nicolaikirche in einer aus Viehmiſt gebildeten 10′—12′
mächtigen Moorerde, die bei 26′ Tiefe auf Sand ruht, ſchöne gelbe bis
farbloſe oft ſehr durchſichtige Kryſtalle, die bis 1 Zoll Größe erreichten.
Die Analyſe gab die bekannte Phosphorſaure Ammoniak-Talkerde
(N̶ Ḣ̶4 + Ṁg2) P̶˙˙˙˙˙ + 12 Ḣ̶, welche die Chemiker zwar als feines Pulver, das
nur in 1000 Theilen Waſſer löslich, ſchon längſt dargeſtellt hatten, man
kannte die Verbindung auch aus Kloaken ꝛc.: aber ſolche prachtvollen
Kryſtalle kamen unerwartet. Der Miſt konnte wohl höchſtens 1000 Jahr
alt ſein, in dieſer Zeit mußten ſie ſich gebildet haben. Es entſpann ſich
darüber ein Streit, ob es ein Mineral ſei (C. Marx, zur Charakteriſtik
des Struvits) oder nicht. Wir nehmen daſſelbe als eine Bereicherung der
Kryſtalle mit Freuden auf.


Zweigliedrig mit einer an die des Kieſel-
zinkerzes pag. 309 erinnernden Hemiedrie. Das
Oberende wird durch ein glattflächiges meßbares
Oblongoktaeder gebildet, worin s = a : c : ∞b
in Axe c 63° 30′ und m = b : c : ∞a daſelbſt
95° machen, daraus folgt
a : b = 0,6188 : 1,0913.

[figure]

Den Flächen s fehlen unten zwar die Parallelen s' nicht, allein ſie ſind
gewölbt und unmeßbar, oft meint man ſogar, daß ſie einem ſtumpfern
Paare a : ½c oder a : ⅓c angehören. Ihre Kante iſt immer ſtark durch
die ebenfalls unebene Fläche r = c' : ∞a : ∞b abgeſtumpft, die oben
gewöhnlich fehlt, und wenn ſie vorkommt, glatter iſt als unten. Endlich
noch eine bauchige Fläche o = b : ∞a : ∞c, die immer links und rechts
gleich auftritt, die einzige von allen, und ſenkrecht gegen ſie ſteht die
optiſche Mittellinie, daher hat Marx b als aufrechte Hauptaxe genommen,
allein beim ſtarken Erhitzen im Licht werden die Kryſtalle pyroelektriſch,
wobei die Elektriſche Axe mit Axe c zuſammenfällt und die druſige Fläche r
unten ſich analog zeigt. Die Kryſtalle ſind alſo oben anders als unten, dagegen
vorn wie hinten und links wie rechts ausgebildet. Auch Zwillinge werden
angeführt, ſie haben r = b : ∞a : ∞c gemein und liegen umgekehrt.


Leider verwittern dieſe ſchönen Kryſtalle, ſie überziehen ſich mit einer
weißen Hülle, die zuletzt die ganze Maſſe durchdringt. H. = 2, Gew. 1,7.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es unter ſtark ammoniakaliſchem Geruch.
26*
[404]II. Cl. Saliniſche Erze: Kupferlaſur.
Man hat auch Kryſtalle in den Kloaken von Dresden, Kopenhagen ꝛc.,
beſonders im Guano auf der Weſtafricaniſchen Küſte gefunden. Da
phosphorſaure Magneſia ſich im Samen der Getreidearten findet, ſo iſt
ihre Bildung um ſo leichter erklärt, als Ammoniak, Phosphorſäure und
Talkerde bekanntlich eine große chemiſche Verwandtſchaft zu einander haben.


Kupferſalze.


Das Kupfer läßt ſich meiſt leicht durch Behandlung auf Kohle re-
duciren, gewöhnlich leitet ſchon die Flamme und die grüne Farbe des
Minerals zum Erkennen , ˙˙˙˙˙ und ˈˈˈs ſind die wichtigſten Säuren, davon
gibt ſich die Kohlenſäure durch Brauſen zu erkennen.


1. Kupferlaſur.


Die ſchöne blaue Farbe konnte den Alten nicht entgehen, Theophraſt
§. 97 und Plinius 37. 38 begreifen ſie unter Cyanus. Wallerius nannte
es ſchon Lazur. Cuivre carbonaté bleu. Blue carbonate of Copper.


2 + 1gliedriges Kryſtallſyſtem. Am ſchönſten die Kryſtalle
von Cheſſy, welche Zippe (Pogg. Ann. 22. 393) unterſuchte: Eine ge-

[figure]

ſchobene Säule M = a : b : ∞c bildet in der vordern Kante
99° 32′; die Endfläche h = c : ∞a : ∞b neigt ſich 87°
39′ gegen die Axe c, alſo ſchließen die Axen ac vorn einen
Winkel von 92° 21′ = h/s ein. Da eine große Zahl von
Flächen in ihrer Diagonalzone a zu liegen pflegen, ſo iſt
ſie nach dieſer geſtreift, und gewöhnlich am ſtärkſten durch
Malachit grün gefärbt. Die vordere ſtumpfe Kante M/h dieſes Hendyo-
eders iſt häufig durch ein augitartiges Paar k = a : b : c abgeſtumpft,
106° 14′ in der Mediankante k/k bildend. Doch iſt es für die Rechnung
bequemer, von dem blättrigen BrucheP = b : c : ∞a mit 59° 14′
in der Mediankante auszugehen, denn wir haben dann
tg 49° 46′ = , tg 2° 21′ = und tg 29° 37′ = ,
woraus folgt, folglich
a : b : k
lga
= 9,68174, lgb = 9,75434, lgk = 8,29493.


Der einfache Körper Mhk kommt ausgezeichnet vor, man muß ſich aber
hüten, k nicht für die Säule zu nehmen. Aber in der Säule fehlt ſelten
s = a : ∞b : ∞c, während als Schiefendfläche die glänzende a = a :

[figure]

½c : ∞b in der Mediankante k/k nach oben diver-
girende Kanten macht. Auf der Hinterſeite iſt
a' = a' : ½c : ∞b trefflich erkennbar durch ihre
Mattigkeit, und auch x = a' : b : ½c aus ihrer
Diagonalzone iſt noch bauchig. Beſonders leitend
für das Erkennen ſind noch die Flächen aus der
Diagonalzone von h. Da die Abſtumpfung der ſcharfen Seitenkante
[405]II. Cl. Saliniſche Erze: Kupferlaſur.
o = b : ∞a : ∞c ſelten, ſo bildet die blättrigeP = b : c : ∞a ge-
wöhnlich ein kleines Dreieck zwiſchen M und k, darüber l = b : ⅓c : ∞a
119° 18′.


Zippe hat an beiſtehendem Kryſtall
ſämmtliche bekannte Flächen vereinigt, er iſt
von der Seite gezeichnet. In der Säulen-
zone M, s, o = b : ∞a : ∞c, p = 2a :
b
: ∞c, i = ⅔a : b : ∞c, g = ½a : b : ∞c.
In der Zone der Schiefendfläche sh liegen:
v = a : c : ∞b vorn und v' hinten; a =
a
: ½c : ∞b, und a' hinten; n = a : ¼c :
b vorn, und n' hinten; r = a' : \frac{1}{20}c :
b. G. Roſe (Reiſe Ural I.541) gibt in
der prachtvollen Kupferlaſur vom Altai noch
a' : \frac{1}{10}c : ∞b, a' : ¾c : ∞b und a' : \frac{3}{2}c :
b an. In der Diagonalzone oh liegen
außer dem Blätterbruch P noch f = b : ½c :
a, l = b : ⅓c : ∞a und q = b : ⅕c :
a. Augitpaare in der Kantenzone Mh

[figure]

ſind vorn k = a : b : c und x = a : b : ½c, hinten außer k' und x'
noch u = a' : b : ⅓c und t = a' : b : ⅕c. Zwiſchen ph vorn: c = 2a :
b : c
und d = 2a : b : ⅔c, hinten dagegen d' = 2a' : b : ⅔c, b = 2a' :
b : 2c
und e = 2a' : b : ⅖c. Endlich hinten noch die Paare y = a' :
c : 2b
und z = ¼a' : b : ½c, bei Schlangenberg fand Roſe λ = a' :
\frac{1}{9}b : ⅓c.


Laſurblaue Farbe (mit einem Stich ins Roth), Strich ſmalteblau,
H. = 4, Gew. 3,6. Undurchſichtig und dann zuweilen ins ſchwärzlich
blau gehend, manche werden an den Kanten durchſcheinend, und dann
wird Farbe und Glanz höher.


Vor dem Löthrohr reducirt ſie ſich leicht zu einem Kupferregulus, in
Salzſäure brauſt ſie, indem Kohlenſäure entweicht.


Ċu32 Ḣ̶ = 2 Ċu C̈ + Ċu Ḣ̶.
Klaproth Beiträge 4. 31 fand 56 Cu, 14 Sauerſtoff, 24 , 6 Ḣ̶.


Vorkommen iſt nicht ſonderlich häufig. Die ſchönſte wurde 1812 zu
Cheſſy bei Lyon im rothen Sandſteine bekannt, nur die vom Altai kann
mit ihr wetteifern, einzelne Kryſtalle erreichen 1 Zoll Größe. Dieſelben
ſind häufig in Malachit verwandelt. Am reinſten ſind daſelbſt die kuge-
ligen Congregationen von Wallnußgröße, aus einem Haufwerk von Kry-
ſtallen mit den vorherrſchenden Flächen Mh, an ihnen kann man den
Blätterbruch P durch Wegſprengen der ſcharfen Ecken leicht darſtellen.
Cornwall, Bannat, Tyrol, Zinnwald. Vordem war das Vorkommen
von Bulach auf dem Württembergiſchen Schwarzwalde berühmt, wo ſie
hauptſächlich auf den Schichtflächen des oberſten Buntenſandſtein in ſtrahlig
blättrigen Maſſen, zum kugeligen geneigt, ſich abgelagert hat. An den
ſeltenen Kryſtallen treten die Säulenflächen zurück, und durch Vorherrſchen
mehrerer Schiefendflächen (h, a) werden ſie länglich tafelartig. Feinfaſerige
von Orawitza mit Neigung zur Glaskopfſtruktur nannte Werner Kupfer-
[406]II. Cl. Saliniſche Erze: Malachit.
ſammterz. Es enthält aber keine Kohlenſäure, ſondern Schwefelſäure.
Endlich die


erdige Kupferlaſur (Bergblau) mit ihrer viel lichtern Farbe,
die man nicht mit dem erdigen Vivianit pag. 396 verwechſeln darf. Früher
war die Bereitung des Bergblau’s aus Kryſtallen wichtig, weil man keine
andere feine blaue Farbe hatte, Plinius 33. 57 nennt ſie ſchon Caeruleum.
Man war an das Vorkommen in der Natur gebunden, da man noch
heute es nicht künſtlich bereiten kann.


2. Malachit.


Molochites Plinius 37. 36. Χρυσοκόλλα Theophrast 70. Soll nach
ſeiner grünen Farbe (μαλαχη Malve) benannt ſein. Die alten Bergleute
hießen es Berggrün. Cuivre carbonaté vert.


Kryſtalle ſehr ſelten, doch ſoll man an den feinen Nadeln zuweilen

[figure]

Flächen beobachten. Phillips beſchreibt ſie zweigliedrig: eine
blättrige Säule M = a : b : ∞c bildet 123° 35′, dagegen
ſteht der deutliche Blätterbruch P = c : ∞a : ∞b rechtwink-
lig. Auch T = b : ∞a : ∞c ſoll etwas blättrig ſein, und
das auf die ſcharfe Kante aufgeſetzte Paar c = b : c : ∞a

[figure]

107° 16′ in der Axe b haben. Nun kommen aber bei
Terruel in Arragonien Zwillinge mit einſpringenden
Winkeln vor, die T gemein haben und umgekehrt liegen,
darnach würde das Syſtem 2 + 1gl. ſein, c c würde
die Säule von 107° bilden, M die Schiefendfläche ſein,
und die Gegenfläche M durch den Zwilling zu erklären
ſein. Gewöhnlich bekommt man im günſtigſten Falle nur
grobe excentriſche Strahlen zu Geſicht mit dem pracht-
vollſten Seidenglanz, wie z. B. auf den Kupferkiesgängen von Herren-
ſeegen in der wilden Schappach oder von Nanzenbach bei Dillenburg.
Hebt man ſolche ſmaragdgrünen Strahlenbüſchel ab, ſo zeigen ſie auf
dem Querbruch einen ſchwarzen Schimmer, in welchem das Grün faſt
ganz verſchwindet. Das iſt ein ſehr auffallender und unerwarteter Di-
chroismus! Der Querbruch iſt deutlich blättrig, aber concav nach der Seite
der convergirenden Strahlen, was auf Glaskopfſtruktur hinweist, welche
bei den derben Maſſen ſo gewöhnlich gefunden wird


Im Dichroſkop zeigen feine Strahlen im extraordinären Bilde einen
äußern gelben und innern blauen Rand, die grüne Farbe wird alſo in
ihre Elemente zerlegt, der blättrige Querbruch iſt dagegen im ordentlichen
Bilde ſchwarz, im außerordentlichen indigblau.


H. = 3—4, Gew. 4. Smaragd- bis Spangrün. Die Glasköpfe
concentriſch ſchaalig, fein faſrig und in den grünen Farben vom licht
Spangrün bis zum Lauchgrün wechſelnd.


Vor dem Löthrohr reduciren ſie ſich wie Kupferlaſur, in Säure brauſen
ſie ſtärker.


Ċu2 C̈ Ḣ̶ = Ċu C̈ + Ċu Ḣ̶.
Klaproth Beiträge II.287 fand im Sibiriſchen 58 Cu, 12,5 Sauerſtoff,
18 , 11,5 Ḣ̶.


[407]II. Cl. Saliniſche Erze: Malachit.

Der Malachit iſt bei weitem das gewöhnlichſte unter den ſaliniſchen
Kupfererzen. Als erdiger Beſchlag (Kupfergrün) kommt er gar häufig
im Flözgebirge vor: die Keupermergel, der Muſchelkalk, Bunteſandſtein,
zeigen ihn. Im Gouv. Perm iſt die Zechſteinformation ſtellenweis grün da-
von gefärbt. In Bergwerken, auf alten Waffen (aerugo nobilis) erzeugt
er ſich unter unſern Augen. Auf Erzgängen kommt er beſonders in den
obern Teufen vor, wo er durch Zerſetzung der geſchwefelten Kupfer-
erze (Kupferkies, Buntkupfer und Fahlerz) entſtanden iſt: an verwit-
terten Kupferkiesſtufen (Herrenſeegen, Nanzenbach) kann man den Zer-
ſetzungsprozeß mit großer Beſtimmtheit verfolgen, der Kupferkies wird zu
Ziegelerz, zwiſchen welchem die ſmaragdgrünen Büſchel liegen. Ein ſehr
ſchönes Vorkommen findet ſich im Kalkſtein von Ringenwechſel bei Schwaz
in Tyrol, daſſelbe zeigt keine Spur von Faſer und hat einen jaſpisartigen
Bruch wie Kieſelkupfer pag. 312, löst ſich aber in Säuren vollkommen.
Unübertroffen ſind dagegen die glaskopfartigen Malachitmaſſen vom Ural:
ſie kommen dort klumpenweis in Klüften des Kalkſteins vor, und ſind
aus gediegenem Kupfer, das ſich mit Rothkupfererz überzog, entſtanden.
Die Sammlung des Bergkorps in Petersburg bewahrt aus der Gume-
ſchewſkiſchen Grube ein Stück von 3\frac{1}{2}′ Länge und Breite vom ſchönſten
Smaragdgrün, deſſen Werth, 90 Pfund ſchwer, auf 525,000 Rubel ge-
ſchätzt wird. Auf den Demidow’ſchen Gruben von Niſchne-Tagilſk hat man
ſogar einen reinen Block von 16′ Länge, 7\frac{1}{2}′ Breite, 8\frac{1}{2}′ Höhe bloßgelegt.
Wegen der prachtvollen Farbe und Politurfähigkeit iſt das Mineral außer-
ordentlich geſchätzt zu Fournierarbeiten, indem man Vaſen, Toiletten,
Tiſchplatten, Zimmer ꝛc. damit täfelt. Geſtoßen dient es auch als grüne
Farbe (Berggrün), die haltbarer iſt als Bergblau, denn der blaue Him-
mel auf alten Gemälden ſoll grün werden, indem ſich die Kupferlaſur in
Malachit verwandelt. Darauf beruht auch die Bildung von


Afterkryſtallen. Die Kupferlaſurkryſtalle von Cheſſy beſtehen
häufig im Innern aus ſtrahligem Malachit, nicht ſelten hat der Angriff
ſtellenweis ſtattgefunden, als hätte ſich nicht alle Subſtanz zur Verände-
rung gleich geeignet. Es beſteht aber


  • Kupferlaſur aus Ċu32 Ḣ̶ = 6 Ċu + 4 C̈ + 2 Ḣ̶;
  • Malachit aus Ċu2 C̈ Ḣ̶ = 6 Ċu + 3 C̈ + 3 Ḣ̶ :

es darf daher die Kupferlaſur gegen ein Atom ein Atom Ḣ̶ austauſchen,
ſo muß ſie in Malachit übergehen. Vergleiche auch die Umwandlung des
Rothkupfererzes Ċ̶u in Malachit. Becquerel machte auch künſtlichen Ma-
lachit Pogg. Ann. 37. 239.


Malachit und Kupferlaſur gehören zu den geſchätzteſten Kupfererzen,
namentlich weil ſie von Schwefel und Eiſen frei ſind, welche den Schmelz-
und Reinigungsprozeß ſehr erſchweren. Zu Cheſſy wird die Kupferlaſur
zu gute gemacht.


Aurichalcit nannte Böttcher Pogg. Ann. 78. 495 die ſpangrünen
nadelförmigen Kryſtalle von Lotewsk am Altai, ſie geben auf Kohle einen
Zinkbeſchlag, 2 (Żn, Ċu) + 3 (Żn, Ċu) Ḣ̶ mit 45,6 Żn, 28,3 Ċu,
16 , 9,9 Ḣ̶.


MyſorinPhil. Trans. 1814. 45 von Myſore in Oſtindien ſoll
Ċu2 mit 60 Ċu, 19 Ḟe, 16,7 ſein.


[408]II. Cl. Salin. Erze: Phosphor-Kupfererz, Olivenerz.

Phosphor- und arſenikſaure Kupfererze


gibt es eine ganze Reihe, die man unter einander zuweilen ſchwer vom
Malachit, womit ſie wegen ihrer grünen Farbe allein verwechſelt werden
können, aber ſchon dadurch unterſcheiden kann, daß ſie ſich in Säuren
zwar löſen, aber nicht brauſen. Die Phosphorſäure lehrte Berzelius durch
Zuſammenſchmelzen mit Blei erkennen, es bildet ſich dann phosphorſaures
Blei, was den Kupferregulus einſchließt, und ſich an den Facetten beim
Erkalten erkennen läßt pag. 389.


3. Phosphorkupfererz Wr.


Von Virneberg. Wurde von Roſe für Malachit gehalten, daher
nennt es Hausmann Pſeudomalachit. Klaproth entdeckte darin die Phos-
phorſäure. Phosphorochalcit Kobell’s. Cuivre hydro-phosphaté, Hydrous
Phosphate of copper.


Die Kryſtalle von Virneberg bei Rheinbreitenbach ſollen 2 + 1gl.
ſein: eine geſchobene Säule M = a : b : ∞c bildet vorn den ſcharfen
Winkel von 39°, der durch a = a : ∞b : ∞c gerade abgeſtumpft wird.

[figure]

Die Gradendfläche c = c : ∞a : ∞b ſteht rechtwinklig gegen
M. Das Augitpaar P = a : 2b : c macht in der Median-
kante a : c 117° 49′, und die Schiefendfläche t = 2a : c : ∞b
liegt mit P M in einer Zone. Natürlich könnte bei der
Seltenheit guter Kryſtalle ein ſolches Syſtem auch 2gliedrig
ſein, wenn die hintere Gegenfläche ſich einmal zeigen ſollte.


In der Regel findet man nur malachitartige Ueberzüge, deren ſma-
ragdgrüne Farbe aber eigenthümlich ſchwarzgrün geſprenkelt iſt. H. = 4,
Gew. 4,2.


Vor dem Löthrohr kugelt es ſich leicht, darin ſchwimmt ein kleiner
Regulus von unreinem Kupfer. Die Kugel zeigt beim Erkalten eine
eigenthümliche Rinde, während die innere Maſſe noch längere Zeit flüſſig iſt.
Ċu6˙˙˙˙˙ + 3 Ḣ̶ mit 68,7 Ċu, 21,5 ˙˙˙˙˙, 8,6 Ḣ̶.


Die Kupfererzlagerſtätte des Virneberges bei Rheinbreitenbach, wo
es Roſe zuerſt fand, iſt noch heute der Hauptfundort. Niſchne-Tagilsk,
Libethen.


Breithaupt’s Ehlit von Ehl bei Linz am Rhein ſieht wegen eines
deutlichen Blätterbruchs dem Kupferſchaum ähnlich, hat ſonſt aber eine
höchſt nahe Zuſammenſetzung Ċu3˙˙˙˙˙ + 2 Ċu Ḣ̶.


Der Thrombolith auf Kalkſtein von Rezbanya, amorph, ſoll
Ċu3˙˙˙˙˙ + 6 Ḣ̶ ſein.


Herrmann’s Tagilit von Niſchne Tagil wird als Ċu4˙˙˙˙˙ + 3 Ḣ̶
gedeutet.


4. Olivenerz Wr.


Olivenit nach ſeiner Farbe. Werner begriff darunter zwar verſchie-
dene Dinge, hatte aber doch hauptſächlich dieſes im Auge, Hoffmann
Mineral. III. b.170.


[409]II. Cl. Saliniſche Erze: Kupferglimmer.

1. Phosphorſaures (Libethkupfer, blättriges Olivenerz)
Ċu3˙˙˙˙˙ + Ċu Ḣ̶ mit wenig ˈˈˈs.
Dunkel olivengrün bis ſchwärzlich grün von Libethen bei Neuſohl in Ober-
ungarn auf quarzigem Glimmerſchiefer.


2gliedrige Oblongoktaeder, die man beim erſten Anblick für regulär
hält. Eine geſchobene Säule M = a : b : ∞c macht vorn
109° 52′, ſie iſt häufig etwas gekrümmter als das auf die
ſcharfe Säulenkante aufgeſetzte Paar c = b : c : ∞a mit 92°
20′ in der Kante über Axe c, hin und wieder gewahrt man
in den 4 gleichen Ecken die ganz kleine Oktaederfläche o =
a : b : c.
Härte = 4, Gew. 3,7.


[figure]

Kühn’s Analyſe gibt 29,4 ˙˙˙˙˙, 66,9 Ċu, 4 Ḣ̶. Vor dem
Löthrohr kugeln ſie ſich, ſie ſollen in der Pincette geſchmolzen
Facetten bekommen, doch ſind die jedenfalls undeutlich.


Hauptfundort Libethen, meiſt kryſtalliſirt, doch kommen auch nieren-
förmige (Praſin Breith.) daſelbſt vor, die von dem dortigen dunkelgrünen
Malachit äußerlich nicht unterſchieden werden können.


2. Arſenikſaures (Olivenit, Pharmakochalcit, faſriges Olivenerz,
dritte Species des Arseniate of Copper bei Bournon Phil. Transact. 1801. 177)
Ċu3ˈˈˈs + Ċu Ḣ̶, aber nie ohne ˙˙˙˙˙,
welche die ˈˈˈs in allen Verhältniſſen vertritt. Piſtaziengrüne Nadeln von
Cornwallis. Phillips beſchreibt ſie als blättrige Säulen M =
a : b
: ∞c 110° 50′ mit dem Paare c = b : c : ∞a 92° 30′,
P = c : ∞a : ∞b, T = b : ∞a : ∞c. Sehr ſelten die
Fläche a = ½a : b : ∞c. M unter 132° 7′ ſchneidend.


[figure]

H. = 3. Gew. 4,4. Strich lichter, ſpröde.


Die Analyſe von Kobell (Pogg. Ann. 18. 249) gab 36,7 ˈˈˈs, 3,3 ˙˙˙˙˙,
564,4 Ċu, 3,5 Ḣ̶. In der Pincette ſchmilzt es leicht, und „kryſtalliſirt
beim Abkühlen eben ſo ſchön, wie das phosphorſaure Bleioxyd. Man
erhält aber keine Perle mit größern Facetten, ſondern eine ſtrahlige Maſſe,
deren Oberfläche mit prismatiſchen Kryſtallen netzförmig bedeckt iſt.“ Auf
Kohle reducirt er ſich mit Detonation zu einem unreinen Kupferkorn.


Er bildet meiſtens feine Nadeln, die man für Piſtazit halten könnte,
manche werden faſrig wie der feinſte Amianth mit nierenförmiger Ober-
fläche ꝛc., im Quarz der Gruben von Cornwall. Schwaz, Zinnwald,
Niſchne-Tagilsk.


5. Kupferglimmer Wr.


Chalcophyllit, Cuivre arseniaté lamellifaire, 2te Species von Bour-
non’s Arseniate of Copper Phil. Transact. 1801. 176, ausgezeichnet in
Cornwallis.


Rhomboeder P 69° 12′ im Endkantenwinkel, aber die Endkante iſt
durch einen deutlichen glimmerartigen Blätterbruch c =
c
: ∞a : ∞a : ∞a ſo ſtark abgeſtumpft, daß dünne ſechs-
ſeitige Tafeln entſtehen, woran die P abwechſelnd convergi-

[figure]

rende Kanten bilden. Auch ſtumpfere Rhomboeder kommen vor.


[410]II. Cl. Saliniſche Erze: Linſenerz, Strahlerz.

Bläulich ſmaragdgrün ins Spangrüne ſich neigend, und vorſichtig
vom Uranglimmer zu unterſcheiden, der aber nicht ſo viel Blau hat. Starker
Perlmutterglanz auf dem Blätterbruch, Härte = 2,3, Gew. 2,6.


Vor dem Löthrohr Arſenikgeruch, allein er verkniſtert ſtark zu kleinen
Flimmerchen, doch gelingt es durch langſames Erhitzen aus Stücken ein
Kupferkorn zu bekommen.


Ċu6ˈˈˈs + 12 Ḣ̶ mit 52,9 Ċu, 19,3 ˈˈˈs, 23,9 Ḣ̶,
nach Damour kommt zuweilen auch etwas ˙˙˙˙˙ vor.


Hauptfundort Cornwallis, Saida im Erzgebirge, bei Bulach mit
Kupferlaſur.


Kupferſchaum Wern. iſt durch ſeinen Blätterbruch dem Kupfer-
glimmer ſehr ähnlich, geht aber mehr ins Spangrün, und ſoll 2gliedrig
ſein. Die aus der Gegend von Schwaz in Tyrol (Tyrolit) bilden ſtrahlig-
blättrige Halbkugeln; in Ungarn, zu Bulach auf dem Schwarzwalde ꝛc.
einen blättrigen Anflug. Chemiſch ſind nach Kobell (Pogg. Ann. 18. 253)
die von Falkenſtein bei Schwaz durch 13,6 Ċa C̈ verunreinigt, auf Kohle
geben ſie daher eine ſtrengflüſſige Schlacke. Mit Aetzammoniak und kohlen-
ſaurem Ammoniak digerirt löst ſich das Kupferſalz, und der kohlenſaure
Kalk bleibt zurück. Sie ſcheinen darnach ein Gemeng zu ſein von
Ċu5ˈˈˈs + 10 Ḣ̶ + Ċa C̈ mit 43,9 Ċu, 25 ˈˈˈs, 17,5 Ḣ̶.


6. Linſenerz Wr.


Erſte Species von Graf Bournons Arseniate of Copper Phil. Transact.
1801. 174. in Begleitung des Kupferglimmer von Cornwallis.


Kleine himmelblaue niedrige Oblongoktaeder, s = a : b : ∞c

[figure]

119° 45′, mit einem auf die ſtumpfe Säulenkante aufgeſetzten
Paar o = a : c : ∞b 71° 50′.


H. = 2—3, Gew. 2,9. Herrmann fand 36,4 Ċu, 23 ˈˈˈs,
3,7 ˙˙˙˙˙, 10,8 A̶⃛l, 25 Ḣ̶, was keine ſchöne Formel gibt:
Ċu8ˈˈˈs + A̶⃛l A̶ˈˈˈs + 24 Ḣ̶.
Redruth, Herrengrund, Ullersreuth im Voigtlande mit andern verwandten
Kupferſalzen zuſammen. Haidinger’s (Pogg. Ann. 14. 228)


Erinit von Limerick in Irland (Erin), ſmaragdgrün, H. = 4—5,
Gew. 4, nicht kryſtalliſirt in Geſellſchaft von Linſenerz, Ċu5ˈˈˈs + 2 Ḣ̶.


7. Strahlerz Wr.


Vierte Species des Arseniate of Copper Bournon Phil. Trans. 1801.
181, Klinoklas, Abichit. Kleine ſchwärzliche Kryſtalle zuſammen mit Linſen-

[figure]

erz in Cornwallis vorkommend. Mit der Nadel geritzt, werden
ſie faſt ſo ſchön himmelblau, als das Linſenerz, woran man
ſie leicht erkennt. 2 + 1gliedrige Säule M = a : b : ∞c vorn
56°, die auf die ſcharfe Säulenkante aufgeſetzte Schiefendfläche
P = a : c : ∞b ſoll ſehr blättrig ſein, P/M 95°, eine hintere
Gegenfläche x ꝛc.


Härte = 3, Gew. 4,3, ſchwärzlich grün an der Oberfläche,
im durchſcheinenden Licht heller.


[411]II. Cl. Saliniſche Erze: Euchroit, Brochantit.

Ċu6ˈˈˈs + 3 Ḣ̶,
alſo von der Zuſammenſetzung des Phosphorkupfererzes, auffallender Weiſe
erinnert auch das 2 + 1gliedrige Syſtem mit dem ſcharfen Säulenwinkel
daran.


8. Euchroit Breith.


Paſſend nach ſeiner ſchönen dioptasartigen Farbe genannt. Gehört
zu den ausgezeichneten, ſchon wegen ſeiner mehrere Linien großen


2gliedrigen Kryſtalle. Eine Säule M = a : b : ∞c bildet
vorn 117° 20′, die Gradendfläche P = c : ∞a : ∞b, beide
nicht blättrig; dagegen ſchimmert n = b : c : ∞a 87° 52′
deutlich und noch deutlicher b = b : ∞a : ∞c vom inneren Lichte
des Blätterbruchs. In der Säule M/M kommen noch mehrere
Zuſchärfungen der ſcharfen Kante vor. Smaragdgrün, H. =
3—4, Gew. = 3,4. Vor dem Löthrohr reducirt er ſich mit

[figure]

Detonation zu röthlich weißem Arſenikkupfer, das bei längerm Behandeln
in der Oxydationsflamme ein Kupferkorn wird:
Ċu4ˈˈˈs + 7 Ḣ̶ mit 48 Ċu, 33 ˈˈˈs, 19 Ḣ̶.
Einzig zu Liebethen mit feintraubigem Erdkobalt auf Glimmerſchiefer.


9. Brochantit Heuland.


Von Levy Ann. of Phil. 1824. 241 aus dem Ural beſchrieben worden.
2gliedrig: g = a : b : ∞c 104° 10′ hat nur Spuren von Blättrigkeit,
dagegen iſt b = b : ∞a : ∞c die Abſtumpfungsfläche der ſcharfen Säulen-
kante deutlich blättrig und glänzend, f = b : c : ∞a macht die ſtumpfe
Kante von 151° 52′, h = a : ½b : ∞c.


Smaragdgrün, zuweilen ins Schwärzliche gehend, Gew.
3,9, H. = 3—4. Vor dem Löthrohr ſchmilzt er und gibt
ein Kupferkorn.


Ċu4 S⃛ Ḣ̶3 mit 70 Ċu, 18 S⃛, 12 Ḣ̶.
Er löst ſich in Säuren, aber nicht im Waſſer, wie der
Kupfervitriol.


[figure]

Ein ſeltenes Foſſil. Zu Rezbanya in Siebenbürgen bricht es mit
Kupferlaſur und Malachit (Pogg. Ann. 14. 141) und gleicht dem Mala-
chite nur etwas dunkeler und glänzender. G. Roſe (Reiſ. Ural I.267)
beſchreibt kleine Kryſtalle von den Gumeſchewskiſchen Kupfergruben, wo
ſie mit Malachit und Rothkupfererz brechen. Forchhammer’s Kriſuvigit
von Kriſuvig auf Island bildet daſelbſt ein kleines Lager.


Kupferſammterz (Lettſomit) nannte ſchon Werner die pracht-
vollen himmelblauen ſammtartigfaſrigen Halbkugeln, welche mit Malachit
in Druſen von Brauneiſenſtein zu Moldawa im Banat vorkommen. Percy
zeigte, daß ſo ſehr ihr Ausſehen auch an Kupferlaſur erinnert, ſie doch
nur Spuren von Kohlenſäure haben, ſondern vielmehr 15,4 Schwefelſäure,
48,2 Ċu, 11,7 Eiſenoxyd und Thonerde, 23 Ḣ̶, alſo etwa (Ċu6 S⃛ + 3 Ḣ̶)
+ (A̶⃛l S⃛ + 9 Ḣ̶).


[412]II. Cl. Saliniſche Erze: Uranglimmer, Rothbleierz.

10. Uranglimmer Wr.


Der ſogenannte Grünglimmer von Johann-Georgenſtadt Klaproth
Beitr. II.216, Uranit.


Kleine viergliedrige Tafeln, deren Gradendfläche P = c : ∞a : ∞a

[figure]

ſehr blättrig iſt, während das Oktaeder o = a : a : c
die Seiten der rechtwinkeligen Tafeln unter 143° zuſchärft.
Dieſe einfache Form Po iſt am häufigſten, es kommt aber
auch die erſte M = a : a : ∞a und 2te quadratiſche Säule
h = a : ∞a : ∞c, das nächſte ſtumpfe Oktaeder g =
a : c
: ∞a vor. Schon Phillips bildete noch viele andere Flächen ab.


Die prachtvoll ſmaragdgrünen bis ſchwefelgelben Kryſtalle ſind faſt
ſo deutlich blättrig als Glimmer, ſo daß ſie quer gar keinen muſcheligen
Bruch zeigen. H. = 2, Gew. 3,2—3,6. Nach der Zuſammenſetzung
unterſcheidet Berzelius (Pogg. Ann. 1. 374) zweierlei:


a)Kupferuranglimmer (Chalcolith)
Ċu3˙˙˙˙˙ + 2 U̶⃛3˙˙˙˙˙ + 24 Ḣ̶ mit 60 Uranoxyd, 9 Ċu, 16 ˙˙˙˙˙, 14,5 Ḣ̶,
mit Salzſäure befeuchtet färbt er die Flamme blau, und gibt mit Soda
auf Kohle ein Kupferkorn. Smaragdgrün. Das gewöhnliche von Jo-
hann-Georgenſtadt, Schneeberg, Joachimsthal, Grube St. Anton auf dem
Schwarzwalde, Redruth, Nordamerika, häufig in Geſellſchaft mit Uran-
pecherz.


b)Kalkuranglimmer (Uranit)
Ċa3˙˙˙˙˙ + 2 U̶⃛3˙˙˙˙˙ + 24 Ḣ̶, ſtatt Kupfer 6,2 Ċa,
zeiſiggrün bis citronengelb. Seltener. Beſonders bei Autun und St.
Yrieux ohnweit Limoges.


Bleiſalze.


Das Bleioxyd verbindet ſich außer mit ˙˙˙˙˙ und ˈˈˈs noch mit einer
Reihe anderer Säuren zu ſchönfarbigen Salzen, die wir hier folgen laſſen,
indem wir an jede Säure die wichtigſten iſomorphen Baſen anſchließen.


1. Rothbleierz Wr.


Chromſaures Blei, wegen ſeiner ſchönen Farbe von Hausmann
Kallochrom genannt. Aus den Goldgängen von Bereſow 1766 von Leh-
mann de nova minerae plumbi specie crystallina rubra erwähnt.


2 + 1gliedrig, Säule M = a : b : ∞c bildet vorn 93° 30′,

[figure]

iſt erkennbar blättrig und fein längsgeſtreift. Gewöhnlich
auf der Vorderſeite nur ein Augitpaar f = ⅓a : ½b : c in
der Mediankante 119°. Intereſſant iſt hinten eine matte
Schiefendfläche s = \frac{1}{7}a' : c : ∞b. Eine Zuſchärfung der
ſcharfen und ſtumpfen Säulenkante ſieht man öfter, auch wohl
eine Schiefendfläche P = a : b : ∞c in die erſte Kantenzone
f/M fallend. Die Hauptaxe c halbirt den Winkel der optiſchen
Axen (Pogg. Ann. 37. 374).


Wirkt ziemlich ſtark auf das Dichroſkop, das extraordinäre
Bild färbt ſich mit einem gelben und blauen Saume. De-
[413]II. Cl. Saliniſche Erze: Vanadinbleierz.
mantglanz inſonders auf dem Querbruch der Säule. Schöne morgenrothe
Farbe mit oraniengelbem Strich. Härte 2—3, Gew. 6.


Auf Kohle decrepitirt es zu ſtark, man muß es daher erſt im Kolben
erhitzen, das Pulver ſchmilzt dann leicht und reducirt ſich mit Detonation
zu einer Schlacke, unter welcher die Bleireguli verborgen liegen. Die
Schlacke gibt wie das Erz ſelbſt die prachtvollſten grünen Gläſer.


Ṗb C⃛r mit 31,7 Chromſäure und 68,3 Ṗb.
Es kann leicht künſtlich dargeſtellt werden, indem man ſchwefelſaures Blei
mit chromſaurem Kali übergießt. Es gibt das prachtvolle Chromgelb,
wozu man auch das natürliche im Ural benützt. Es kommt daſelbſt bei
Bereſow ohnweit Katharinenburg in den dortigen Goldgängen auf Quarz
im verwitterten Granit (Bereſit) vor, und iſt durch Verwitterung von
Bleiglanz entſtanden. Vauquelin entdeckte darin 1797 das Chrom. Ein
zweiter wichtiger Fundort iſt Minas Geraes in Braſilien auf Quarz im
Talkſchiefer. Rezbanya.


Melanochroit Herrmann Pogg. Ann. 28. 162 von Bereſow iſt baſiſcher:
Ṗb3 C⃛r2 mit 23,3 C⃛r und 76,7 Ṗb,
fächerförmig gruppirte faſt rechtwinklige Tafeln, metalliſcher Diamantglanz,
dunkelfarbig bis kirſchroth, und ziegelrother Strich, Gew. 5,75,
H. = 3—4. Er decrepitirt nicht ſo ſtark. Findet ſich mit dem vorigen
bei Bereſow in kleinen derben Parthieen ſonderlich auf Bleiglanz. Roth-
bleierz bedeckt oder umhüllt ihn gewöhnlich. Die derben Parthien ſind
nach einer Richtung ſpaltbar. Noch baſiſcher als dieſes iſt


das ChromrothṖb2 C⃛r, jene prachtvolle Zinnoberähnliche Farbe,
welche man durch Zuſammenſchmelzen des Chromgelbs mit Salpeter erhält
(Pogg. Ann. 21. 580).


Vauquelinit Berzelius Afhandl. i Fys. VI.253, der ſtetige Be-
gleiter des Rothbleierzes von Bereſow. (2 Ṗb + Ċu)3C⃛r2, alſo ein
durch 10,8 Ċu verunreinigter Melanochroit. Haidinger (Pogg. Ann. 5.
173) beſchreibt die kleinen Kryſtalle 2 + 1gliedrig: eine geſchobene Säule
f = a : b : ∞c, deren vordere Kante durch g = a : ∞b : ∞c gerade
abgeſtumpft wird. Die Schiefendfläche P = a : c : ∞b macht nach Levy
mit g einen Winkel von 120°. Gewöhn-
lich unregelmäßig durcheinander gewachſen
oder Zwillinge g gemein und umgekehrt
liegend. Schwarzgrün, aber zeiſig-
grüner Strich
, daran leicht erkennbar.

[figure]

H. = 2—3, Gew. 6. Dreierlei Vorkommen: a) kleine ſchwarzgrüne
Kryſtalle haufenweis durcheinander gewachſen; b) kleine Kugeln von
Hirſekorngröße aus Kryſtallnadeln beſtehend; c) dichte erdige zeiſiggrüne
Maſſen. Auch in Braſilien und andern Orten ſoll er mit Rothblei ein-
brechen.


2. Vanadinbleierz.


Vanadinit. 1801 von Del Rio zu Zimapan in Mexiko entdeckt,
ſchon er glaubte darin ein neues Metall, Erythronium zu erkennen, was
aber in Frankreich fälſchlich für Chrom ausgegeben wurde. Als nun
[414]II. Cl. Saliniſche Erze: Vanadinbleierz.
Sefſtröm 1830 im Stabeiſen von Taberg das Vanadin entdeckt hatte
(Pogg. Ann. 21. 43), zeigte Wöhler, daß es die Säure in unſerm Blei-
erze ſei.


Bildet wie Buntbleierz reguläre ſechsſeitige Säulen mit Gradendfläche.
Die Säule gern bauchig. Gelblich braune Kryſtalle mit Fettglanz, H. = 3,
Gew. 7. Berzelius fand in dem von Zimapan 10 Pb C̶l, 70 Ṗb, 22 V⃛,
was die Formel
Pb C̶l Ṗb2 + 3 Ṗb2 V⃛
gäbe, nähme man ein Atom Ṗb mehr, ſo käme 3 Ṗb3 V⃛ + Pb C̶l, die
Conſtitution des Buntbleierzes. Schmilzt leicht und reducirt ſich unter
einem Rückſtande zu Blei, der Rückſtand gibt ſmaragdgrüne Gläſer, kann
daher leicht mit Chrom verwechſelt werden, allein mit 3 bis 4 Theilen
doppelt ſchwefelſaurem Kali im Platinlöffel geſchmolzen, bekommt man
eine pommeranzengelbe Maſſe, während Buntbleierz weiß, Roth-
bleierz grünlich weiß wird. Außer Zimapan fand es G. Roſe bei
Bereſow (Pogg. Ann. 29. 455) mit Buntbleierz zuſammen in bräunlicher
Farbe, die größern Kryſtalle enthalten daſelbſt öfter einen Kern von
grünem Buntbleierz, was auf Iſomorphismus deuten könnte. Zu Wan-
lockhead in Dumfriesſhire bildet es kleintraubige Maſſen auf Galmei,
die man lange für arſenikſaures Blei gehalten hat, bis Thomſon darin
23,4 V⃛ nachwies.


Dechenit Bergmann Pogg. Ann. 80. 393 aus dem Buntenſandſtein
von Nieder-Schlettenbach bei Weißenburg (Pfalz) in Brauneiſenſteinlagern:
Ṗb V⃛ mit 52,9 Ṗb, 47 V⃛.
Die kryſtalliniſche Maſſe hat Aehnlichkeit mit dem Sibiriſchen Rothbleierz,
gelber Strich, Fettglanz, H. = 3, Gew. 5,8. Vergleiche auch Kobell’s
Aräoxen von Dahn in Rheinbaiern, ein Vanadinzinkblei. Ein Vanadin-
kupferblei erwähnt Domeyko von Chili.


DescloiziteDamour Ann. Chim. Phys. 3 sér. 41. 71 aus den
Gruben von La Plata, Ṗb2 V⃛, 2gliedrige Säulen von 116° 25′ mit einem
Paar auf die ſcharfen Kanten aufgeſetzt, und kleine Oktaederflächen. Kleine
glänzende ſchwarze Kryſtalle mit einem Stich ins olivengrün.


VolborthitBulletin Acad. Imp. St. Petersburg IV. 2 Ċu, V⃛ auf
den Kupfergruben am Ural, höchſt ſeltene olivengrüne ſechsſeitige Tafeln,
die ſich kugelig häufen, gelber Strich, H. = 3, Gew. 3,5. Zu Friedrich-
rode am Nordrande des Thüringer Waldes fand Credner im Manganerz
ein zeiſiggrünes Salz von
(Ċu, Ċa, Ṁg, Ṁn)4V⃛ + Ḣ̶ mit 39 V⃛,
wie es ſcheint einen Kalkvolborthit. In der Zechſteinformation von Perm
ſollen Sandſteine und Holzſtämme von Volborthit gelbgrün gefärbt ſein.
Der Malachitähnliche Konichalcit (Pogg. Ann. 77. 139) von Andalu-
ſien enthält 1,8 V⃛, die Bohnenerze Norddeutſchland’s und der Alp (Bronn’s
Jahrb. 1853. 64 und 463), die Hochofenſchlacken von Steiermark, der
Kupferſchiefer von Mannsfeld, das unreine Uranpecherz ꝛc. geben Reak-
tionen auf Vanadin.


[415]II. Cl. Saliniſche Erze: Gelbbleierz.

3. Gelbbleierz Wr.


Bleigelb, Wulfenit, nach Wulfen, der 1781 auf das Kärnthiſche
Vorkommen aufmerkſam machte, das man bis auf Klaproth (Beitr. II.265)
fälſchlich für Wolframkalk hielt. Molybdate of Lead, Plomb molybdaté.


4gliedrig. Ein etwas blättriges Oktaeder P = a : a : c 99° 40′
in den Endkanten, und 131° 55′ in den Seitenkanten, gibt für Hauptaxe
c = 1 die Seitenaxen a = 0,636. Gewöhnlich herrſcht die Gradend-
fläche c = c : ∞a : ∞b ſo vor, daß die Kryſtalle tafelartig erſcheinen,
ſelbſt zu den dünnſten Blättchen werden, auf welchen ſich auch wohl ein
ganz flaches Oktaeder mit unendlich kurzer Axe erhebt. Kommt zur Grad-
endfläche die 1ſte quadratiſche Säule m = a : a : ∞c, ſo entſtehen einfache

[figure]

quadratiſche Tafeln, wie man ſie bei den wachsgelben häufig findet. Doch
wird m gern bauchig, es geſellt ſich eine 8ſeitige Säule r = a : ½a : ∞c
dazu, und ſtatt P tritt gar häufig b = a : a : ⅓c, 73° 7′ in den Seiten-
kanten mit glänzenden Flächen auf. Die 2te quadratiſche Säule n =
a
: ∞a : ∞c iſt übermäßig rauh, aber inneres Licht deutet auf Blättrig-
keit. Matt iſt auch o = ½c : a : ∞a, welche oftmals mit b die Tafeln
zuſchärft. Oefter gewahrt man auf der Gradendfläche ein kleines glän-
zendes Viereck, es wird durch ein mattes ganz flaches Oktaeder a : ∞a : ⅓c
erzeugt. Am flächenreichſten ſind die kleinen citronengelben Kryſtalle,
welche ſcheinbar als eine jüngere Bildung zwiſchen den wachsgelben zer-
ſtreut liegen, daran kommt namentlich das nächſte ſtumpfere von P vor,
e = a : c : ∞a, und das nächſte ſchärfere von b, d = a : ∞a : \frac{3}{2}c. Die
wachsgelben Tafeln wachſen ſogar durch die neue Maſſe fort, indem ſich
lauter Spitze vom Oktaeder P regelrecht darauf ſetzen.


Wachs-, Honig- bis Citronengelb, bei Retzbanya und in der Kirgiſen-
ſteppe (Pogg. Ann. 46. 639) auch morgenroth von einem kleinen Chrom-
gehalt. Diamantglanz beſonders im Innern. H. = 3, Gew. 6,9.


Vor dem Löthrohr verkniſtert es außerordentlich ſtark, ſchmilzt aber
leicht, ein Theil zieht ſich ſchnell in die Kohle, und kleine Bleireguli bleiben
zurück. Die äußere Flamme mit Borax gibt gelbliche Gläſer, die aber
beim Erkalten ſchnell farblos werden, die Reduktionsflamme macht das
Glas ſogleich ſchwarz, hält man das einen Augenblick in die Oxydations-
flamme, ſo gewahrt man darin ſchwarze Flocken von Molybdänſäure,
die aber bei weiterem Blaſen ſchnell verſchwinden. Phosphorſalz gibt ein
grünes Glas, was kalt ſtark bleicht.


Ṗb M⃛o mit 60 Ṗb und 40 M⃛o.
Das Pulver in concentrirter Schwefelſäure gelöst und ein wenig Alkohol
hinzugeſetzt, gibt eine prachtvolle laſurblaue Farbe von M̈o M⃛o. Molybdän-
ſaures Ammoniak gibt bei Gegenwart von Phosphorſäure einen gelben
Niederſchlag. Man ſtellt es neuerlich aus dem Gelbbleierz von Garmiſch
[416]II. Cl. Saliniſche Erze: Scheelbleierz, Tungſtein.
in Baiern dar, wovon das Pfund 48 kr. koſtet, Pogg. Ann. 1852. 450.
Die ſchönſten Varietäten kommen im Kalkſtein von Bleiberg und Win-
diſchkappel in Kärnthen, Rezbanya, Mexiko, Maſſachuſets. Seltenheit bei
Badenweiler am ſüdlichen Schwarzwalde.


4. Scheelbleierz Breith.


Wolframbleierz, Bleiſcheelat, Tungstate of Lead, Stolzit, nach Dr.
Stolz, der zuerſt die Zuſammenſetzung erkannte. Iſomorph mit Gelbbleierz
(Pogg. Ann. 8. 513), aber mit einer eigenthümlichen Hemiedrie.


Die kleinen grauen Kryſtalle auf Quarz von Zinnwalde bilden langgezogene

[figure]

Oktaeder P = a : a : c mit 90°
43′ in den Endkanten, und 131°
30′ in den Seitenkanten. Säule
m = a : a : ∞c, Oktaeder e =
a : c
: ∞a und unter P a : a : 2c
kommen daran vor, auch eine He-
miedrie wie beim Tungſtein hat
Naumann (Pogg. Ann. 34. 373) beobachtet. Dieſe ſehr glänzenden Kry-
ſtalle kamen 1832 auf dem Zwieſeler Stollen bei Berggießhübel vor.
Schon die einfachen Oktaeder zeigten eine eigenthümliche feine einſeitige
Streifung parallel der Oktaederkante. Hauptſächlich aber iſt die 4 + 4-
kantige Säule r = a : ½a : ∞c nur hälftig da, das wäre alſo eine
quadratiſche Säule von Zwiſchenſtellung. Dem entſprechend ſtumpft dann
der Vierkantner v = c : ½a : ⅔a blos einſeitig die ſtumpfe Kante P/r ab,
bildet daher ein Quadratoktaeder von Zwiſchenſtellung. Die drei Flächen
r, P und v dehnen ſich öfter ſtark aus. Es kommen ſogar Kryſtalle vor
am einen Ende mit dem glänzenden Hauptoktaeder P, am andern mit dem
nächſten ſtumpfern matten e, dazwiſchen liegen dann r, v und s =
a : c
: ⅓a aus der Kantenzone P/r des Hauptoktaeder.


Gewöhnlich garbenförmig und kugelig. Etwas Fettglanz, und vor-
herrſchend grau oder bräunlich. H. = 3, Gew. 8,1.


Ṗb W⃛ mit 51,7 Wolframſäure, 48,3 Bleioxyd,
ſchmilzt leicht und erſtarrt bei der Abkühlung zu einem kryſtalliniſchen
Korn, dabei beſchlägt ſich die Kohle mit Bleioxyd; zeigt Reaktion der
Wolframſäure. Die Zinnſteingänge von Zinnwalde der Hauptfundort,
man darf ſie aber nicht verwechſeln mit dem dortigen


5. Tungſtein.


Im perlfarbigen Tungſteen (Schwerſtein) der ſchwediſchen Magnet-
eiſenlager von Riddarhytta und Biſperg entdeckte Scheele 1781 die Wol-
framſäure, daher heißt er auch Scheelit. Die Bergleute kannten ihn
ſchon längſt als „weiße Zinngraupen“, die Cronſtedt §. 208 noch zu dem
Eiſenkalk ſtellt. Chaux tungstatée.


4gliedrig und iſomorph mit Scheelbleierz. Das Oktaeder P = a : a : c
mit 100° 40′ in den Endkanten und 129° 2′ in den Seitenkanten iſt in
den großen Stücken von Schlackenwalde in Böhmen zwar gut erkennbar,
[417]II. Cl. Saliniſche Erze: Tungſtein.
aber nicht mehr recht darſtellbar. Das nächſte ſtumpfere ebenfalls
blättrige Oktaeder e = a : c : ∞a mit 108° 12′ in den End-
kanten und 112° 2′ in den Seitenkanten herrſcht gewöhnlich vor,
und ſieht bei den kleinen Kryſtallen von Zinnwalde dem regu-
lären Oktaeder ſehr ähnlich. Die Gradendfläche c = c : ∞a : ∞b

[figure]

ſcheint am blättrigſten zu ſein, ſie macht mit
P 115\frac{1}{2}°. Schon Levy (Pogg. Ann. 8. 516)
erwähnt der Flächen b = a : a : ⅓c, o =
a
: ∞a : ½c und des Vierkantners s = a : c : ⅓a,
welcher aber nur, gerade wie beim Scheelblei-
erz, auf der einen Seite des Quadranten
vorkommt, auf der andern nicht; ebenſo g =
a : c : 2a
, die Kante zwiſchen P/e abſtumpfend,
es ſind Quadratoktaeder von Zwiſchenſtellung,

[figure]

wie beiſtehende Projektion deut-
lich zeigt. Die andere Hälfte
des 4kantners g würde Kante
P/s abſtumpfen, die Hemiedrie
der beiden Vierkantner ſind
folglich entgegengeſetzter Ord-
nung. Die kryſtallographiſche
Uebereinſtimmung dieſer drei-
und viergliedrigen Minerale iſt
folglich unverkennbar. Auffal-
lender Weiſe wird beim Tung-
ſtein keine quadratiſche Säule
gefunden.


Höchſt eigenthümlich iſt
ferner die Art, wie ſich die He-
miedrie ausgleicht: zwei Indi-
viduen, ein linkes und ein
rechtes, durchdringen ſich pa-

[figure]

rallel der Axe c, ſo daß die Vierkantner s und g die
abwechſelnden Quadranten vollſtändig erfüllen, auch
die Streifung von e beſtättigt das Geſetz. Würden in
dieſer Stellung s und g ſich ausdehnen, ſo bildeten
ſie Rhombenoktaeder.


Fettglanz, meiſt weiß oder braun, durchſcheinend.
Härte 4—5, Gew. 6.


Ċa W⃛ nach Klaproth Beiträge III.47 enthält es
77,7 W⃛ und 17,6 Ċa. Die Formel verlangt 80,6 W⃛.
Vor dem Löthrohr ſchmilzt er nur an den Kanten, und
gibt keinen Bleibeſchlag, wodurch er ſich leicht vom
Scheelbleierz unterſcheidet. Die Wolframſäure er-

[figure]

kennt man leicht auf naſſem Wege: das Pulver mit Salzſäure behandelt
gibt einen citronengelben Niederſchlag von W⃛, die durch Lichteinwir-
kung grün wird. Wirft man einen Eiſendraht hinein, ſo erzeugt ſich
blaues Ẅ W⃛.


Quenſtedt, Mineralogie. 27
[418]II. Cl. Saliniſche Steine: Boracit.

Auf dem Quarz von Zinnwalde finden ſich mehrere Linien lange
diamantglänzende braune Kryſtalle. Schön weiß ſind die derben bis fauſt-
großen ſpäthigen und kryſtalliſirten Stücke von Schlackenwalde; bei Neu-
dorf auf dem Unterharz kommen kleine oraniengelbe Oktaeder e P mit
Wolfram in den Spatheiſenſtein eingeſprengt vor, auf den Zinngruben
von Cornwallis, Monroe-Grube in Nordamerika, hier in ſolcher Menge,
daß man die Wolframſäure als ſchöne gelbe Farbe in den Handel zu
bringen verſucht hat.


Romeït Pogg. Ann. 56. 124 von St. Marcel in Piemont in Ge-
ſellſchaft des Manganepidot iſt Ċa4 S̶⃛b3. Romé de l’Isle zu Ehren. Hya-
cinthrothe viergliedrige Oktaeder mit 110° 50′ in den Seitenkanten.


Borſaure Salze.


Die Borſäure B⃛ haben wir ſchon oben beim Datolith pag. 291,
Turmalin pag. 266 und Axinit pag. 271 kennen gelernt, wo ſie neben
Kieſelſäure auftrat, mit der ſie in merkwürdiger chemiſcher Verwandtſchaft
ſteht. Die grüne Farbe, welche ſie der Löthrohrflamme ertheilt, läßt ſie
im Allgemeinen leicht erkennen.


1. Boracit Wr.


Zu Lüneburg waren ſie längſt unter dem Namen Würfelſteine
bekannt, und Laſius beſchrieb ſie 1787 als cubiſchen Quarz, worauf dann
Weſtrumb die Borſäure darin nachwies. Magnésie boratée, Borate of
Magnesia.


Reguläres Kryſtallſyſtem mit tetraedriſcher Hemiedrie. Im
Allgemeinen herrſcht der Würfel vor, doch finden ſich auch vollſtändige
Granatoeder, ſo ſchön als irgend wo. Dagegen kommt das Oktaeder nur
untergeordnet und zwar hälftflächig (tetraedriſch) vor, die eine Hälfte der
Würfelecken abſtumpfend, die andere nicht, oder wenn die andere auch
abgeſtumpft, ſo ſind dieſelben phyſikaliſch verſchieden (matt) von den erſten.
Meiſt verbinden ſich alle drei Körper mit einander. Andere Flächen ſind
immerhin ſelten und klein. Doch findet man oftmals eine feine Abſtum-
pfung der abwechſelnden Granatoederkanten, welche dem hälftflächigen
Leucitoeder a : a : ½a angehört. Haidinger (Pogg. Ann. 8. 511) fand auch
die tetraedriſche Hälfte des 48flächner a : ⅓a : ⅕a.


Für den Phyſiker ſind die „Lüneburger Würfel“ ſeit Hauy beſonders
intereſſant, weil ſie vier thermoelektriſche Axen
haben, welche den 4 Dimenſionen von Würfel-
ecke zu Würfelecke entſprechen, und zwar ſind
die Ecken mit großen glänzenden Flächen an-
tilog (+), die ohne oder mit kleinen matten Flä-
chen analog (—). Beim Erwärmen werden alle
Ecken zugleich erregt. Nach Henkel ſollen wäh-
rend ununterbrochen ſteigender wie ſinkender Tem-
peratur die Pole wechſeln (Pogg. Ann. 74. 231).


[figure]

Farblos, graulich, grünlich ꝛc., aber nie in-
[419]II. Cl. Saliniſche Steine: Borax.
tenſiv gefärbt, Härte = 7, Gew. 3. Glasglanz. Die verwitterten werden
innen excentriſch ſtrahlig, beſonders bei matten Granatoedern. Dieſe
Strahlen ſollen waſſerhaltig ſein, und werden von Volger (Pogg. Ann.
92. 86) Paraſit genannt. Sie ſind zugleich der Grund, daß die Kry-
ſtalle das Licht polariſiren.


Ṁg3 B⃛4 mit 69,2 Borſäure, 30,7 Talkerde.
In der Pincette färbt er die Flamme deutlich grün. Auf Kohle kugelt
er ſich unter Schäumen zu einer kryſtalliniſch ſtrahligen Maſſe.


Um und um kryſtalliſirt im Gypſe von Lüneburg (am Kalkberge und
Schildſteine) und des Seegeberges in Holſtein, für Kryſtalle die einzigen
Fundorte. Strahlig faſrige Maſſen, ſeidenglänzend und rundlich gruppirt
im Keupergyps von Luneville. Bei Staßfurth (Provinz Sachſen) hat
ſich in einem Bohrloche des Salzgebirges ein faſt ſchneeweißes Lager von
derbem Borazit gefunden (Pogg. Ann. 70. 562).


Rhodizit G. Roſe (Pogg. Ann. 33. 253), kleine weiße Granatoeder
mit Tetraeder auf rothem Lithionturmalin von Schaitansk und Sara-
pulsk am Ural, färben die Löthrohrflamme grün (B⃛) und ſpäter roth (L̇i),
in Salzſäure gelöst und mit Ammoniak und Oralſäure verſetzt, erfolgt
ein Niederſchlag von Kalkerde. Härte 8, Gew. 3,4. (ῥοδίξειν rothfärben).
Sie ſind auch thermoelektriſch (Pogg. Ann. 59. 382), daher ein Kalkboracit.


2. Borax.


Agricola 587, ſoll aus dem arabiſchen Wort Baurach entſtanden
ſein. Die Inder nennen es Tincal (Tincar Agricola 587), unter welchem
Namen es Wallerius aufführt. Ein uralter Handelsartikel aus Hochaſien.
Soude boratée.


2 + 1gliedriges Kryſtallſyſtem von augitiſchem Habitus:
eine geſchobene Säule T = a : b : ∞c, die vorn einen ſcharfen Winkel
von 87° hat, ein geringer Perlmutterglanz deutet blätt-
rigen Bruch an. Durch die etwas blättrige Abſtum-
pfung der ſcharfen k = a : ∞b : ∞c und der ſtumpfen
Kante M = b : ∞a : ∞c, ebenfalls blättrig, wird die
Säule achtſeitig, k herrſcht in der achtſeitigen Säule
ſtets vor. Am Ende auf der Hinterſeite herrſcht das
Augitpaar o = a' : c : ½b mit 122° 34′ in der Me-

[figure]

diankante. Die vordere Schiefendfläche P = a : c : ∞b macht mit den
Säulenflächen T 101° 20′ = P/T, mit o 139° 30′ = P/o und iſt daher
73° 25′ gegen Hauptaxe c geneigt. Darnach finden ſich die Axen
a : b : k =
lga = 0,57328, lgb = 0,55053, lgk = 9,06009.

Wir ſetzen nämlich tg, tg1, tg0 61 • 17 =
. Daraus folgt, wenn wir a = tg1 (1 + k) ſetzen
.
27*
[420]II. Cl. Saliniſche Steine: Borax.
daß die Axe A ſich nach vorn neige, folgt aus der Vergleichung mit Augit
pag. 212 ſogleich, A/c macht 91° 45′. Oefter wird die Kante o/T durch
ein unteres Augitpaar u = ⅓a' : ¼b : c abgeſtumpft, und in der Diagonal-
zone von P liegt die ſteile Fläche r = a : c : ⅛b, die Kante u/T ab-
ſtumpfend.


Dieſe Flächen, welche man bei vieler tübetaniſcher Handelswaare

[figure]

findet, kommen ebenfalls bei den raffinirten in Apotheken käuf-
lichen vor, allein ihnen fehlt häufig die Säule T, ſtatt deſſen
dehnen ſich k und M zur Oblongſäule aus, worauf o/o und
P das Ende bilden. Da wird man dann leicht verſucht, o/o
als die Säule zu nehmen, gegen welche k eine vordere Schiefendfläche
und P eine hintere ſchärfer laufende Gegenfläche bilden, analog den Flä-
chen T P x beim Feldſpath, und das würde ganz wohl gehen, wenn die
Aehnlichkeit mit Augit nicht auch durch die


Zwillinge unterſtützt würde, welche die Säulenflächen k T M ge-

[figure]

mein haben und umgekehrt liegen. Sie kommen in
großer Schönheit vor.


Optiſch hat der raffinirte Borax ein hohes Inter-
eſſe: die Ebene der optiſchen Axen (Pogg. Ann. 82. 50)
entſpricht nicht der Medianebene M, ſondern einer vor-
dern unter P gelegenen Schiefendfläche, welche mit der
Hauptaxe c 55° macht, folglich wird Axe b, welche die
ſtumpfen Säulenkantenwinkel T/T verbindet, zur optiſchen
Mittellinie, die den Winkel der optiſchen Axen von 28° 42′ halbirt. Aber
merkwürdiger Weiſe haben die Axenebenen der verſchiedenen Farben eine
verſchiedene Neigung gegen c (Pogg. Ann. 26. 308).


Graulich weiß, oft etwas ins Grünliche, durchſcheinend. H. = 2—3,
Gew. 1,7. Ṅa B⃛2 + 10 Ḣ̶, Klaproth (Beiträge IV.350) fand 37 Bor-
ſäure, 14,5 Natron und 47 Waſſer.


Vor dem Löthrohr gibt er mit Schwefelſäure befeuchtet eine deutlich
grüne Flamme. Löst ſich in 10 Theilen kalten und 6 Theilen warmen
Waſſers.


Früher kam er in großen Mengen aus Centralaſien in den europäi-
ſchen Handel. Er ſetzt ſich daſelbſt beſonders am Rande tübetaniſcher
Seen (Teſchu Lumbu) mit Steinſalz ab. Die rohe Waare beſteht aus
Kryſtallen und Kryſtallgeſchieben, welche in einer mit Fett gemiſchten
Erde liegen, und in Venedig und Amſterdam raffinirt wurden. Seit je-
doch die Borſäure in den Lagunen von Toskana gewonnen wird, bezieht
man ſie von dort. Der geſchmolzene Borax löst viele Metalloxyde, dar-
auf beruht ſeine Anwendung beim Löthrohr und Löthen: zwei Metallſtücke
laſſen ſich nämlich durch Löthen nicht vereinigen, wenn die Löthflächen
mit Oxyd bedeckt ſind, Borax nimmt dieſes weg. Auch in der Arznei-
kunde, Färberei, in der Gegend von Potoſi ſogar als Flußmittel von
Kupfererzen angewendet. 1 Ctr. 60—65 Thlr.


Zwiſchen 79°—56° C erhält man oktaedriſchen BoraxṄa B⃛ +
5 Ḣ̶
(Pogg. Ann. 12. 462) in regulären Oktaedern.


BorocalcitĊa B⃛2 + 6 Ḣ̶ (Hydroborocalcit) mit Natronſalpeter
von Iquique, ſchneeweiße Kryſtallnadeln mit 46 Borſäure.


[421]II. Cl. Saliniſche Steine: Saſſolin.

BoronatrocalcitṄa B⃛2 + Ċa2 B⃛3 + 10 Ḣ̶ von Iquique, bildet
weiße knollige Maſſen (Tiza genannt), welche große Glauberitkryſtalle
einhüllen.


Hydroboracit Heß Pogg. Ann. 31. 49 vom Kaukaſus, ſtrahlig
blättrigem Gyps ähnlich und auch ſo hart, Gew. 1,9. (Ċa, Ṁg)3 B⃛4 + 9 Ḣ̶.


3. Saſſolin.


Ḣ̶3 B⃛. Höfer in Florenz gab 1778 ſchon Nachricht davon, da er ſich
an den Rändern der heißen Quellen von Saſſo bei Siena in Toscana
bildet. Karſten nannte ſie nach dem Fundorte.


Der vulkaniſche bildet kleine kryſtalliniſche Schüppchen von Perl-
mutterglanz, ſchneeweißer Farbe, Talkhärte, und Gew. 1,5. Fühlt ſich
fettig an. Hat einen deutlichen Blätterbruch, aber die Form iſt noch
nicht ſicher geſtellt. Die künſtlichen Kryſtalle von Saſſo, welche in den
Handel kommen, beſtehen aus kleinen körnigen Kryſtallen, die wegen ihres
deutlichen Blätterbruchs ein auffallend gypsartiges Anſehen haben. Es
ſchimmert noch ein zweiter Blätterbruch heraus, aber die Kryſtallflächen
ſind durchaus undeutlich. Vergleiche übrigens Miller (Pogg. Ann. 23. 557),
der künſtliche Kryſtalle in ſechsſeitigen Säulen mit Gradendfläche und
dihexaedriſchen Abſtumpfungen bekam, die aber eingliedrig ſein ſollen.


Klaproth (Beiträge III.95) wies darin 86 waſſerhaltige Borſäure
nach, welche ſich vor dem Löthrohr an der grünen Flamme leicht kenntlich
macht. Die Borſäure verflüchtigt ſich unter Mitwirkung der Waſſerdämpfe
ein wenig, daher bedecken im Krater von Vulcano „die ſeidenartig glän-
zenden Schüppchen wie friſchgefallener Schnee den rothgelben Selen-
Schwefel“ auf den dortigen Laven. Techniſch wichtig ſind die 100° C.
heißen Waſſerdämpfe und Gasſtröme von Saſſo (Suffioni), welche in
weißlichen Wirbeln ſich in die Luft erheben (Pogg. Ann. 57. 601). Man
errichtet darüber künſtliche Waſſerbecken (Lagoni), die durch die Dämpfe
mit Borſäure angeſchwängert werden. Die Waſſer dampft man dann
wieder mittelſt der heißen Gaſe ab, und erhält ſo jährlich 750,000 Kilo-
gramm kryſtalliſirter Säure, die der Hafen von Livorno ausführt. Das
wirft ein Licht auf die Bildung von Borax in den hochaſiatiſchen Seen.


Chloride.


Nebſt Bromiden und Jodiden. Das Hauptlager von Chlor bildet
das Steinſalz, auch ſpielt es in den Fumarolen der Vulkane eine Rolle.
Direkte Verſuche haben es zwar in Graniten und Laven nachgewieſen,
aber doch nur in geringen Portionen, obwohl das Salz mit dem Waſſer
alle Klüfte und Fugen des Erdkörpers durchdringt. Im Buntbleierz,
Apatit pag. 385 und Sodalith pag. 299 war es ein wichtiger Beigehalt,
der unwichtigen nicht zu gedenken. Auf trockenem Wege ſucht man es
durch die blaue Flamme des Kupfers kennbar zu machen pag. 147.


[422]II. Cl. Saliniſche Erze: Hornerz, Jodſilber.

1. Hornerz.


Ag C̶l. Ein reiches Silbererz, was ſchon Fabricius 1566 nur meinen
konnte, wenn er von einem leberfarbenen Silbererze ſpricht, „was
in Stücken gegen das Licht einen Schein als Horn hat.“ Mattheſius
1585 nennt es Glaserz, „es iſt durchſichtig wie ein Horn in einer Laterne
und ſchmilzt am Lichte. Pabſt von Ohain nannte es daher und wegen
der Aehnlichkeit mit dem künſtlichen Hornſilber Hornerz. Argent
muriaté.


Regulär in kleinen grauen Würfeln zu Johann-Georgenſtadt. Schöner
ſind die künſtlichen Oktaeder und Granatoeder aus einer Löſung von Am-
moniak. Geſchmeidig, durchſcheinend, friſch farblos, wird aber am Lichte
gelb, violett und zuletzt ſchwarz. Fettiger Diamantglanz. H. = 1, Gew. 5,5.


Klaproth (Beiträge IV.10) wies bei dem muſcheligen Hornerz von
Peru 76 Ag und 24 Cl nach, was mit dem künſtlichen vollkommen ſtimmt.
Verunreinigungen an Thon, Eiſenoxyd ꝛc. fehlen bei dem natürlichen
nicht. Schmilzt ſehr leicht, und reducirt (in der innern Flamme) ſich
leicht zu Silber.


Mit gediegenem Silber hauptſächlich in den obern Teufen der Gänge,
daher kam es dann auch im 16ten Jahrhundert auf dem Erzgebirge in
reichen Anbrüchen vor. Im Mineralienkabinet von Dresden bewahrt man
ein würflich geſchnittenes Stück von mehreren Pfunden auf, was aus
jener guten Zeit ſtammen mag. Ebenſo liefern Mexiko, Peru und Chili
Mengen zum Verhütten. Zu Schlangenberg im Altai bildet es blechartige
Anflüge auf Hornſtein. Die große Verwandtſchaft von Chlor zum Silber
iſt davon die Urſache. Silbermünzen im Erdboden, auf dem Meeres-
grunde ꝛc. ſollen häufig Chlor anziehen. Salpeterſaures Silber bildet
daher ein ſo wichtiges Reagenzmittel für Chlor, Ammoniak löst das Chlor-
ſilber. Es ſchmilzt bei 260° C., und liefert erkaltet eine ganz ähnliche
Maſſe, als das derbe natürliche Vorkommen.


Das Buttermilchſilber (Klaproth Beitr. I.128) iſt ein mit
Thon gemengtes Erz von 33 p. C. Hornerzgehalt, von bläulichgrauer
Farbe und glänzendem Strich. Es kam ſchon 1576 und 1617 auf der
Grube St. Georg zu Andreasberg mit Kalkſpath und Kreuzſtein vor.


2. Jodſilber.


Ag J̶. Vauquelin (Pogg. Ann. 4. 365) fand das Jod zuerſt im Silber-
erz der Provinz Zacatecas in Mexiko, nachdem es vorher ſchon Fuchs
(Schweigger’s Journal 37. 445) im Steinſalz von Hall in Tyrol und
Angelini in der Soole von Sales in Piemont nachgewieſen hatten. Denn
nach Stromeyer zeigt Stärkmehl noch einen Gehalt von \frac{1}{450000} Jod an, ja
nach Chatin läßt ſich ſelbſt ein Zehnmilliontel Jodkalium im Waſſer nach-
weiſen. Jod fand ſich ſeit der Zeit nicht nur in den verſchiedenſten Quellen,
in Gebirgsarten (Poſidonienſchiefer des Lias in Schwaben), ſondern ſelbſt
in der Luft. Auch das Silber iſt ein empfindliches Reagenz für den
merkwürdigen Stoff, der wegen ſeiner Veränderung gegen Licht in der
Daguerrotypie eine ſo wichtige Rolle ſpielt.


[423]II. Cl. Saliniſche Erze: Bromſilber.

Nach Descloizeaux (Ann. Chim. phys. 3 sér. 40. 85) dihexaedriſche
Tafeln, ſehr deutlich blättrig nach der Gradendfläche. Ein Dihexaeder
mit 118° in den Endkanten ſtumpft die Endkanten in der regulären ſechs-
ſeitigen Säule ab. Von der Form des Greenockit.


Die Farbe des Jodſilbers iſt gelblich, durchſcheinend, mit Geſchmeidigkeit
und glänzendem Strich, Härte = 1, Gew. 5,5. Ertheilt der Flamme
Purpurfarbe, und ſchmilzt ſehr leicht unter Entwickelung von Joddämpfen.
Vauquelin fand im Mexikaniſchen 18,5 Jod, es kommt daſelbſt im Ser-
pentin vor; Domeyko fand im Chileniſchen 46,9 Jod (Ann. des mines
4 sér. 1844 tom. VI.
160), daſſelbe verändert am Licht nicht ſeine Farbe,
wie das künſtliche, iſt nicht ſo geſchmeidig, und von blättriger Struktur.
Guadalaxara in Spanien.


Jodqueckſilber wurde von del Rio zu Caſas Viejas in Mexiko
gefunden, es ſoll daſelbſt als rothe Farbe benützt werden. Das künſt-
liche Queckſilberjodid Hg J̶ zeigt nach Mitſcherlich (Pogg. Ann. 28. 116)
einen intereſſanten Dimorphismus und Farbenwechſel: ſublimirt man
nämlich Queckſilberjodid, ſo bekommt man zweigliedrige rhombiſche Tafeln
von 114°, warm ſind ſie ſchön gelb, kalt werden ſie aber plötzlich und
ruckweiſe intenſiv roth. Einige Blätter, die gelb zurück bleiben, nehmen
auch bei geringer Erſchütterung die rothe Farbe an. Die rothen Kry-
ſtalle bekommt man, wenn man in einer nicht zu concentrirten Auflöſung
von Jodkalium Queckſilberjodid beim Kochpunkt deſſelben auflöst. Es
ſind viergliedrige Tafeln von 141° in den Seitenkanten.


3. Bromſilber


wird als Plata verde (grünes Silber) im Diſtrikt von Plateros bei Za-
catecas verhüttet (Pogg. Ann. 54. 585). Nach Berthier ſoll es reines
Ag B̶r mit 42,5 Brom ſein. Iſomorph mit Hornerz, und auch in kleinen
Würfeln und Oktaedern bekannt. Stark glänzend, olivengrün bis gelb,
H. = 1—2, Gew. 6,3. Auch im Hornerz von Huelgoeth in der Bre-
tagne verrathen kleine grünliche Körner den Bromgehalt. Nach Domeyko
kommt in den Pacos von Chanaveillo bei Coquimbo in Chili reines
Bromſilber vor, gewöhnlich ſind es aber Chlorobromure, und eines davon
nannte Breithaupt


Embolit (Ἐμβόλιον Einſchiebſel Pogg. Ann. 77. 134), das nach
Plattner aus 2 Ag B̶r + 3 Ag C̶l mit 20 Br und 13 Cl beſteht.


Die Verbreitung des Broms knüpft ſich eng an die des Jod’s und
Chlor’s, namentlich kommt es auch in dem Meere und Steinſalzbildungen
vor. Brüel fand in alten griechiſchen, römiſchen und ſächſiſchen Münzen
des 13ten Jahrhunderts neben Chlor auch einen Bromgehalt. Bekannt-
lich nennen die mexikaniſchen Bergleute die obern Teufen der Silbergänge
Colorados (Pacos der Peruaner), wo die Erze in Folge von Zerſetzung
gefärbt ſind, im Gegenſatz von den tiefern Negros, wo die geſchwefelten
Erze (Bleiglanz, Blende, Glaserz ꝛc.) noch unzerſetzt liegen. Aber gerade
in den veränderten Colorados ſpielen neben gediegenem Silber die Chlor-,
Brom- und Jodverbindungen ihre Rolle. Es iſt daher mehr als wahr-
ſcheinlich, daß dieſe im heutigen Meere noch ihre Hauptrolle ſpielenden
[424]II. Cl. Saliniſche Erze: Hornqueckſilber, Hornblei.
Subſtanzen auch den Gängen von außen zugeführt wurden. Hier kommt
auch das Grauſilber Ȧg C̈ pag. 360 vor.


4. Hornqueckſilber.


Queckſilber-Hornerz Werner’s, Mercure muriaté, Queckſilberchlorür
Hg2 C̶l von der Zuſammenſetzung des künſtlichen Kalomel.


4gliedrig. Die künſtlichen bilden lange quadratiſche Säulen mit
einem Oktaeder von 136° in den Seitenkanten. Die Kryſtalle haben
Aehnlichkeit mit dem Zirkon. Am Landsberge bei Moſchel (Heſſenberg Abh.
Senck. Nat. Geſ. 1854. I. pag. 24) in der Rheinpfalz kommen ſie mit ge-
diegenem Queckſilber in kleinen Druſenhöhlen von Brauneiſenſteinhaltigem
Kalkſtein vor, die kurzen kleinen perlgrauen Kryſtalle gleichen dem Hornerz,
laſſen ſich aber zu Pulver zerbrechen, obgleich ſie mild ſind. H. = 1—2,
Gew. 6,5.


85,1 Queckſilber, 14,9 Chlor. Vor dem Löthrohr ſchmelzen ſie leicht
und verflüchtigen ſich, indem ſie die Kohle mit Sublimat ſtark weiß be-
ſchlagen. Die complicirten Kryſtalle, welche Brooke maß, ſtammten von
Almaden. Ein wichtiges pharmaceutiſches Präparat.


Das giftige künſtliche QueckſilberchloridHg C̶l iſt dimorph (Pogg.
Ann. 28. 119): das aus einer Alkohollöſung kryſtalliſirte hat 2gliedrige
Tafeln M = a : b : ∞c 108° 5′, Oktaeder a : b : c, Zuſchärfung auf
die ſcharfe Säulenkante aufgeſetzt, A = b : c : ∞a mit 93° 48′ im Axen-
punkte c, Gradendfläche P = c : ∞a : ∞b. Das ſublimirte iſt zwar
auch zweigliedrig, aber in andern Winkeln.


5. Hornblei Karſt.


Bleihornerz. Es wurde zu Matlock in Derbyſhire gefunden, und
ſchon von Klaproth Beitr. III.141 analyſirt, Murio-carbonate of Lead.


Viergliedrig. Die quadratiſche Säule M = a : ∞a : ∞c iſt
blättrig, auch die Gradendfläche P = c : ∞a : ∞a, und dieſe beiden herr-
ſchen vor. Das Oktaeder a = a : a : c mit 113° 48′ in den Seiten-
kanten ſtumpft die Ecken ab; d = a : a : ∞c, e = a : ½a : ∞a, b =
a : c : ½a
, n = a : a : 8c, r = a : a : \frac{3}{2}c, a : a : \frac{5}{2}c. Selten.


Diamantglanz, grau, gelblich und grünlich, milde, H. = 2—3, G. 6,3.


Pb C̶l + Ṗb C̈ mit 51 Chlorblei und 49 kohlenſaurem Blei. Auf
der Galmeigrube Eliſabeth bei Tarnowitz kommen nach Krug v. Nidda
(Zeitſchr. deutſch. Geol. Geſ. II.126) bis 3 Zoll große Kryſtalle vor, die
ſich theilweis oder ganz in kohlenſaures Blei verwandelt haben. Dufrénoy
bildet ſie auch von der Grube Hausbaden am ſüdlichen Schwarzwalde ab.
In den Laven des Veſuvs.


Das reine ChlorbleiPb C̶l, künſtlich, iſt neuerlich von Schabus
(Sitzungsbericht Kaiſ. Akad. Wiſſ. Wien 1850, April pag. 456) 2gliedrig
beſchrieben worden. In den Laven des Veſuvs kommen kleine weiße
Kryſtalle vor (Cotunnia Monticelli Miner. Ves. 47, Cotunnit), die vor dem
Löthrohr leicht ſchmelzen, die Kohle weiß beſchlagen, aber zugleich einen
Bleirauch geben. Wahrſcheinlich Sublimation von Chlorblei, das ſich bei
dem großen Ausbruch 1822 am Veſuv erzeugt, aber mit dem dortigen
Hornblei nicht zu verwechſeln iſt.


[425]II. Cl. Saliniſche Erze: Salzkupfererz.

Mendipit aus den Mendip-Hügeln bei Churchile in Sommerſetſhire
iſt Pb C̶l + Ṗb2. Strohgelbe derbe Stücke mit zwei deutlich blättrigen
Brüchen, welche eine rhombiſche Säule von 102° 27′ bilden, Demant-
glanz, Gew. 7, H. = 2—3. Kommt auch neuerlich in weißen derben
blättrigen Stücken zu Brilon in Weſtphalen vor. Davon verſchieden iſt der


MatlockitPb C̶l + Ṗb (Rammelsberg Pogg. Ann. 85. 144) auf
alten Halden von Cromfort bei Matlock ſparſam gefunden. Er hat
nur einen deutlich blättrigen Bruch, und es könnten nach G. Roſe reguläre
ſechsſeitige Tafeln ſein.


Das Chlorblei ſchmilzt bekanntlich leicht mit Bleioxyd zuſammen, und
zwar in den verſchiedenſten Verhältniſſen, dahin gehört unter anderen das
Caſſeler GelbPb C̶l + Ṗb7, eine ſtrahlig blättrige gelbe Maſſe.


6. Salzkupfererz Wr.


Dombey brachte aus den Bergwerken von Copiapo einen grünen
Streuſand mit, welchen Blumenbach Atacamit nannte, weil ihn die
Indianer in der Wüſte Atacama gefunden haben wollten (Mémoir. de
l’Academ. des Sc. Par. 1786 pag.
153). Schon Vauquelin wieß darin
die Salzſäure nach, daher Cuivre muriaté. Smaragdochalcit Hausmann.
Beſonders ſchön und kryſtalliſirt ſind die mit Ziegelerz vorkommenden von
Los Remolinos, es ſind 2gliedrige Oblongoktaeder ooll mit 112° 20′ und
105° 40′ in der rhombiſchen Baſis, die Endecke durch einen etwas blätt-
rigen Bruch P abgeſtumpft.


Die Farbe der Kryſtalle öfter innen eigenthümlich
ſchwärzlich grün, während die Oberfläche eine Kruſte von
prachtvollſtem Smaragdgrün überzieht, das auch ſtellen-
weis durch das Schwärzliche in’s Innere zieht. H. = 3—4,
Gew. 4,4.


Vor dem Löthrohr färbt es die Flamme prachtvoll

[figure]

blau und grün, das Blaufärben iſt Folge von Chlorgehalt. 3 Ċu Ḣ̶ + Cu C̶l,
nach Klaproth Beitr. III. 196 73 Ċu, 17 Ḣ̶, 10 Salzſäure. In der
Algodon Bai (Bolivia) bricht es in ſolcher Menge, daß es von dort nach
England und Hamburg eingeführt und verhüttet wird. Denn an jener
Küſte, wo es nie regnet, fehlt es gänzlich an Holz. Die Grube Atakamia
ſteht 200′ tief faſt ganz in dieſem Erz. Das Meerwaſſer hat ohne Zweifel
zur Bildung beigetragen. Der aerugo nobilis auf Aegyptiſchen Antiken
ſoll öfter Chlorkupfer enthalten. In den Laven des Veſuv’s und Aetna
findet man öfter ſmaragdgrüne Nadeln und Anflüge.


Das künſtliche Kupferchlorür Cu2 C̶l iſt weiß, Mitſcherlich ſtellte es
in beſtimmbaren Tetraedern dar, die ſich im Sonnenlicht bläulich färben
(Pogg. Ann. 49. 401).


EiſenchloridFe2 C̶l3 kommt öfter in den Vulkanen vor, es hat
eine braunrothe Farbe. Gewöhnlich ſoll es mit Salmiak verbunden ſein,
die Farbe verläuft dann in’s Pommeranzen- bis Schwefelgelbe. Wo am
Veſuv und Aetna Fumarolen hervorbrechen, finden ſich dieſe Farben häufig,
welche man nicht mit Schwefel verwechſeln darf.


[426]II. Cl. Saliniſche Steine: Steinſalz.

7. Steinſalz.


Sal Plinius 31. 39, Strabo’s ἅλσ ὀρυκτός; Muria Plin. 31. 40, Na-
türliches Kochſalz Wr. Soude mouriateé, Sel gemme. Vorzugsweis Salz
genannt.


Reguläres Kryſtallſyſtem: der Würfel zeigt darin deutliche
und darſtellbare Blätterbrüche. Solche ſpäthige Salzblöcke kommen in
bedeutender Größe vor. Die Würfelform ſelbſt findet ſich ausgezeichnet
ſchön (Hallein) und groß (Wieliçka), allein andere Flächen ſind ſelten.
Schon Hauy erwähnt, daß wenn man es in friſchem Urin kryſtalliſiren
läßt, Oktaeder entſtänden, ich habe auf dieſe Weiſe ſchöne Granatoeder
bekommen, die aber verwittern. Eigenthümlich ſind die trichter- oder
treppenförmigen Kryſtalle, welche in den Salzpfannen bei ſtarkem
Exwärmen entſtehen: es ſind lauter kleine Würfel, die ſich parallel über
einander lagern. Die Trichter gleichen zwar einem halben Oktaeder, das
aber gegen die Würfelkanten die Lage der Granatoederflächen hat, daher
nicht mit dem regulären Oktaeder verglichen werden kann. Bei Berchtes-
gaden kommen in den rothen Thonmergeln des Salzgebirges ringsum ge-
bildete verſchobene Würfel mit eingedrückten Flächen vor, die in allen
ihren Einzelnheiten den Würfeln unſerer Keuperſandſteine (kryſtalliſirter
Sandſtein, Dr. Jäger Denkſchriften Aerzt. Naturf. Schwabens I.293)
und Keupermergel gleichen. Letztere mögen daher wohl Afterkryſtalle von
Steinſalz ſein (Haidinger Pogg. Ann. 71. 247).


Süß ſalziger Geſchmack, etwas ſpröde, Härte = 2, Gewicht 2,25.
An der Luft wird es leicht feucht, wegen eines Gehaltes an Chlor-
magneſium und Chlorcalcium, die aus der Luft Waſſer anziehen. Das
reine Salz iſt farblos, kommt aber häufig grau durch Thon, oder roth
durch Eiſenoxyd vor. Ja im Salze von Cordona ſoll die rothe Farbe
von Monaden und Bacillarien herrühren, die auch den unterliegenden
Thon erfüllen (Pogg. Ann. Ergänzungsb. 51. 525). Selbſt das faſrige
violette (Hallein) und das prachtvolle blaue, welches in ſchönen Wolken
das farbloſe und weiße Salz durchzieht (Hallſtadt, Hall in Tyrol), ſoll ſeine
Farbe dem Bitumen danken.


Diatherman pag. 127, von 100 Wärmeſtrahlen läßt es 92 durch,
und da man es wegen ſeines Blätterbruchs leicht in großen Platten ge-
winnen kann, ſo iſt es in dieſer Hinſicht von hohem Intereſſe, namentlich
auch wichtig für Linſen, um ſchwache Wärmeſtrahlen zu ſammeln.


Das kryſtalliniſch ziemlich grobkörnige Kniſterſalz von Wieliçka
enthält nach Dumas (Pogg. Ann. 18. 601) Waſſerſtoff eingepreßt, was
ſich in kleinen Höhlungen befindet. Wirft man nur ganz kleine Stücke
davon in eine große Schüſſel mit Waſſer, ſo entſteht von Zeit zu Zeit
ein ganz unerwartet ſtarkes Knacken: das gepreßte Gas entweicht, und
erzeugt zuweilen auch Bewegungen im Waſſer. Beim Zerſchlagen riecht
es ſtark bituminös, weil auch Kohlenwaſſerſtoff ſich dabei findet. Auch
bei Hallſtadt ſoll vorkommen.


Vor dem Löthrohr in der Pincette ſchmilzt es ſehr leicht und hängt
in großen Proben wie Waſſertropfen hinab, die beim Erkalten zu vielen
kleinen Würfeln kryſtalliſiren. Es decrepitirt nicht, während das treppen-
[427]II. Cl. Saliniſche Steine: Steinſalz.
förmig gebildete Kochſalz ſtark verkniſtert, weil daſſelbe viele Bläschen
von Mutterlange einſchließt. H. Roſe (Pogg. Ann. 48. 354) folgert
daraus, daß das Steinſalz nicht auf naſſem Wege ſich gebildet habe.
Kryſtalliniſches Salz zeigt Lamellarpolariſation. Da es im Waſſer leicht
löslich iſt, ſo kann es ſich in kleinen Mengen nur halten, wo Waſſer-
zutritt fehlt. An der Amerikaniſchen Weſtküſte z. B. in der Algodon-Bai,
wo es nie regnet, verkittet Salz die Dolomit und Porphyrbreccien. Es
ſcheint hier noch vom Meeresrückzuge ſich erhalten zu haben, v. Bibra,
Reiſe in Südamerika II.185.


Na C̶l mit 60,34 C̶l, 39,66 Natrium.
Das Salz verflüchtigt ſich bei der Rothglühhitze, doch nicht ſo leicht als
Chlorkalium. Daher pflegt das Vulkaniſche Salz Kaliumreicher zu ſein,
als Meer- und Steinſalz. Vogel fand zuerſt das Kalium im Steinſalz
von Berchtesgaden (Gilberts Ann. 64. 159). Chlormagneſium und Chlor-
calcium häuft ſich in unregelmäßigen Höhlungen im Salze von Cheshire
(Pogg. Ann. 18. 606) an. Das Jod hat Fuchs im Steinſalz von Hall
in Tyrol erkannt, außerdem ſind die Quellen von Sales, Halle, Rehme,
Kreuznach ꝛc. durch ihren Jodgehalt berühmt. Brom findet ſich noch
häufiger, namentlich auch in den Württembergiſchen Solen (Fehling,
Württ. Jahreshefte 1848. 18), im Engliſchen Steinſalz ꝛc. Des Salz-
thones, Gypſes und anderer ſchwefelſaurer Salze nicht zu gedenken. Alle
dieſe fremdartigen Beimiſchungen geben dem Steinſalz einen Nebenge-
ſchmack, beim Sieden bleiben ſie jedoch in der Mutterlauge zurück, da-
runter auch Brom und Jod.


Das Salz iſt in kaltem wie in warmem Waſſer gleich löslich,
bildet inſofern eine merkwürdige Ausnahme von der Regel. 3,7 Waſſer
nehmen 1 Theil Salz auf. 100 Theile Sole können daher 27 Theile
Salz enthalten. So reich ſind die Waſſer unſerer Bohrlöcher auf Salz,
die natürlichen Salzquellen pflegen ärmer zu ſein, ſie haben weniger Grade,
wie man zu ſagen pflegt: Halle in Sachſen 21 Grad, Schönebeck 11,5°,
Kreuznach an der Nahe 1,5°, was man kaum noch ſchmeckt. Die ſchwachen
Solen müſſen daher der Holzerſparniß wegen durch Luftverdunſtung gradirt
werden: die Schönnebecker Gradierwerke, aus Dornen aufgerichtet, waren
früher 6000′ lang, 50′ hoch und 8′ breit. Bei gewöhnlicher Temperatur
kryſtalliſirt das Chlornatrium ohne Waſſer, es unterſcheidet ſich dadurch
vom Na B̶r, welches bei + 30°, und vom Na J̶, das bei 40°—50° ſich ohne
Waſſer in regulären Würfeln ausbildet. Beide letztere Salze nehmen viel-
mehr bei gewöhnlicher Temperatur 4 Atom. Ḣ̶ auf, was das Chlornatrium erſt
unter —10° thut (Mitſcherlich Pogg. Ann. 17. 385), es bilden ſich dann
2 + 1gliedrige Kryſtalle von Na C̶l + 4 Ḣ̶ (Hy-
drohalit
) in Tafeln M = a : b : ∞c 118° 32′,
Schiefendfläche P = a : c : ∞b macht vorn in P/M
109° 48′, ein hinteres Augitpaar b = a' : c : ½b
in der Mediankante 123° 45′, g = b : ∞a : ∞c
ſtumpft die ſcharfe Säulenkante ab, ein vorderes
Augitpaar e = a : c : ½b in der Diagonalzone von

[figure]

P bildet in P/e 149° 47′. In ſtrengen Wintern bilden ſich ſolche Kry-
ſtalle in den großartigen Solenleitungen, welche im Salzburgiſchen über
Berg und Thal ſetzen, um die Sole in holzreichere Gegenden zu führen.
[428]II. Cl. Saliniſche Steine: Steinſalz.
Soll das Seewaſſer gefrieren, ſo muß ſich das Salz vorher ausſcheiden,
darauf beruht die Gewinnung des Seeſalzes in kalten Zonen (Bottniſchen
Meerbuſen), hier muß alſo das Salz unter Umſtänden auch 2 + 1gliedrig
werden. Wrangel fand Meerſalz (Raſſòl) auf dem Polareis in der Ge-
gend von Neu-Sibirien ausgeſchieden (Reiſe längs der Nordküſte von
Sibirien und auf dem Eismeer, herausgegeben von Engelhardt II.256),
das ſollte füglich dieſe Form haben.


Vorkommen. Das Salz findet ſich ſtets in Geſellſchaft von Salz-
thon und Gyps (Anhydrit) unter Verhältniſſen, die es faſt außer Zweifel
ſetzen, daß es Niederſchläge ausgetrockneter Meere waren. Denn be-
kanntlich verſalzen alle Meere und Seen ohne Abfluß. Ein Beiſpiel iſt
das Todte Meer, und der durch viele Reiſende bekannt geworden Elton-
ſee
(Altan Nor goldne See) auf der linken Seite der untern Wolga.
Dieſer obgleich nur 3 Meilen lang, 2\frac{1}{4} Meile breit, und ſo flach, daß
man überall durchwaten kann, liefert dennoch den Ruſſen alljährlich
4 Millionen Pud des beſten Salzes. Die Chariſacha Sommer’s mit
4 p. C. Na C̶l bildet den Hauptzufluß, und ſpeißt den See hauptſächlich
mit Salz: die oberſte 1—2 Zoll mächtige Schicht beſteht aus ſchneeweißen
Würfeln, im innern des Sees wird dieſe Schicht oft 5 Zoll dick, man
hebt ſie mit langen Stangen auf, wäſcht ſie ab und führt ſie auf Kanälen
an’s Ufer. Aber nur Sommer’s erzeugen ſich dieſe Niederſchläge, im Herbſt
und Winter tritt dagegen Chlormagneſium an die Stelle. Dieſes iſt
namentlich im warmen Waſſer viel löslicher als im kalten, während
Wärme auf die Kochſalzlöſung keinen Einfluß übt. Sommer’s wird alſo
alles Chlormagneſium gelöſt, nur Steinſalz ſchlägt ſich nieder, im Herbſt
und Winter dagegen ſchlagen ſich die Magneſiaſalze nieder, und es iſt
mehr Salz im Waſſer, das überhaupt einer förmlichen Salzlake mit 30 p. C.
feſten Theilen gleicht. So iſt es möglich, daß das gewonnene Salz 98,8 p. C.
reines Na C̶l und nur 0,13 p. C. Mg C̶l enthalten kann. Und wenn
man dann bedenkt, daß in dieſem kleinen See die über einander geſchich-
teten Salzlager, von einander durch dünne Schlammniederſchläge getrennt,
ſich 14 Fuß tief in den Boden verfolgen laſſen (G. Roſe Ural. Reiſ. II.
261), ſo ſind das ſchlagende Analogien für die Bildung unſerer Salz-
gebirge.


An die Tagesoberfläche tritt der Salzſtock nur ſelten. Der berühm-
teſte Punkt in Europa, welchen ſchon Plinius 31. 39 erwähnt, liegt bei
Cardona in Catalonien: jener Salzfelſen iſt 550′ hoch, hat eine Stunde
Umfang, und gleicht einem Gletſcher mit ſeinen Pyramiden und Hörnern
des reinſten Salzes. Obgleich vegetationsleer, ſo dürften dennoch nach
Cordier die Berge in 100 Jahren durch den Regen kaum 4⅔ Fuß er-
niedrigt werden (Leonhard Taſchenb. Min. 1821. 80). Die Salzbrüche
am Ilek bei Orenburg, welche den Ruſſen jährlich 700,000 Pud liefern,
liegen ſchon jenſeits des Uralfluſſes auf Aſiatiſcher Seite. Zu den groß-
artigſten unterirdiſchen Strecken gehören die von Wieliçka am Rande der
Karpathen ohnweit Krakau, eine wahrhaft unterirdiſche Stadt, zu welcher
eine breite Wendeltreppe führt. Wollte man die Baue alle durchſchreiten,
ſo müßte man 86 deutſche Meilen machen. Das Salz ſtellenweis 1200′
mächtig. Davon wird jährlich 1 Million Centner gewonnen, theils ſo
reines, daß es kaum Spuren von Chlormagneſium zeigt, und geſtoßen
[429]II. Cl. Saliniſche Steine: Steinſalz.
als beſtes Tafelſalz dient. Der Reichthum ſetzt nicht blos den Karpathen
entlang, nach Siebenbürgen bis nach Okna in der Wallachei fort, ſon-
dern wiederholt ſich auch in den öſtlichen Alpen, woher Salzburg ſeinen
Namen hat (Hallſtadt, Iſchl, Hallein), Hall in Tyrol, Berchtesgaden
in Oberbayern und endigt bei Bex im Canton Waadt. Ueberall wird
es zum Theil durch großartigen Bergbau gewonnen. Der vielen Salz-
quellen wie Reichenhall, wo die reichſte Sole in Strömen hervorfließt,
nicht zu gedenken. Die Formation dieſes Alpiniſchen Salzes läßt ſich
zwar nicht ſicher beſtimmen, allein ſie ſcheint doch wenigſtens unter dem
Lias zu liegen. In den nördlichen Vorlanden der Alpen gehört das Salz
mit Sicherheit der großen rothen Sandſteinformation zwiſchen Steinkohlen-
und Liasgebirgen an. Lange hat man zu Sulz am Neckar einen ärmlichen
Bergbau darauf getrieben, bis die reichen Lager im Frühjahr 1816 am
untern Neckar bei Friedrichshall in 475′ Tiefe mitten im Muſchelkalke
erbohrt und 1826 oberhalb Hall am Kocher (Wilhelmsglück) durch Berg-
bau aufgedeckt wurden, darunter ſehr ſchöne cubiſch blättrige Stücke, mit
noch nicht ½ p. C. fremdartiger Theile. An der Seille bei Vic in Lo-
thringen lagert das Salz in der Lettenkohlenformation. Reich und alt
ſind die Salzwerke von Halle an der Saale, die ganze Umgegend über
Muſchelkalk gelegen hat kaum einen Brunnen, der nicht ſalzig ſchmeckte,
ein einziger von Salza bei Schönebeck liefert ſoviel Sole, daß daraus
jährlich 600,000 Ctr. Salz gewonnen wurden, ja bei Frankenhauſen
dringen aus den Gypsbergen Thüringens „der Salzquellen ſo viele hervor,
daß man glaubt, ganz Deutſchland laſſe ſich aus ihnen mit Salz ver-
ſehen.“ Dennoch wurde erſt am 25ten November 1837 in 986′ Tiefe im
Zechſtein von Artern das erſte Stück Salz im Preußiſchen Staate erbohrt.
England hat ſeinen großen Salzſchatz zu Nortwich bei Liverpool ebenfalls
im Newredsandston über der Steinkohle, die zahlreichen Gruben ſtehen
über 60′ im reinen Salzfelſen, und das ſpäthige hält 98,3 Chlornatrium.
In Nordamerika haben die Salzquellen am Ohio, die Onondaga Salt
Group
zwiſchen Michigan- und Huron-See mit Gyps und Solquellen,
die ſalzführenden Schichten von New-York mit den hohlen vierſeitigen
Pyramiden (ſogenannte hoppers) ꝛc., merkwürdiger Weiſe ihren Sitz unter
der Steinkohlenformation im Uebergangsgebirge. Am Huallaga in Süd-
amerika hat Pöppig (Reiſe in Chili, Peru und auf dem Amazonenſtrom
II.311) die prachtvollen Salinas de Pilluana beſchrieben und abgebildet: in-
digoblaue, roſenrothe und weißliche wohlgeſchichtete Salzfelſen ſteigen in
Pyramiden und Kugeln unmittelbar neben dem Spiegel des gewaltigen
Stromes empor. In Aſien ſind die obern Gegenden des Indus (Plinius
31. 39) berühmt, wo bei Karabagh der ſüße Strom die „Salzkette“ durch-
bricht (Ritter Aſien 7. 95), große Steinbrüche im rothen Boden geben
hier gewaltige Blöcke von Steinſalz.


Varietäten, 1) Blättrig bricht es in großen Cubiſchen Stücken,
worin man öfters Blaſen ſieht; 2) körnig ſind bei weitem die meiſten
Maſſen, das Korn iſt häufig grob; 3) faſrig, erinnert an die Faſer
des Gypſes, und durchſchwärmt in ganz ähnlicher Weiſe den Salzthon.
Unkryſtalliniſch dicht und mehlig pflegt es nur in Folge ſecundärer Nieder-
ſchläge zu ſein.


Sylvin (Sal Sylvii) nannte Beudant das Salz, welches ſich in
[430]II. Cl. Saliniſche Steine: Salmiak.
Vulkanen ſublimirt, es ſoll am Veſuv öfter aus reinem K C̶l beſtehen,
was bekanntlich flüchtiger und iſomorph mit Steinſalz iſt. 1822 warf
der Veſuv eine ſolche Menge aus, daß die benachbarten Dörfer damit
ihren Hausbedarf befriedigten, bis die Zollbehörde es in Beſitz nahm.
Laugier fand darin 62,9 Na C̶l und 10,5 K C̶l, Biſchof in einem vom
5. Febr. 1850 53,8 K C̶l und 46,2 Na C̶l. Auch in Hochöfen ſoll es
ſich bilden. Woraus folgt, daß keine ſcharfe Trennung zwiſchen dem
Kalium- und Natriumſalze ſtattfindet, aber daß man auch das Steinſalz
wegen ſeines geringen Gehaltes an Kalium nicht als Feuerprodukt anſehen
darf.


ChlorcalciumCa C̶l bildet ſich nach Hausmann als mehliger
Beſchlag auf dem Gypſe von Lüneburg, dem Muttergeſteine der Boracite.


8. Salmiak.


Soll zuerſt durch Armeniſche Kaufleute aus der Hohen Bucharei in
den Handel gebracht ſein, daher Sal ammoniacum (verſtümmelt aus Sal
armeniacum
) genannt. Bei Agricola Salarmoniak. Indeß nennt Plinius
31. 39 ſchon ein Hammoniacum nach dem Tempel des Jupiter Ammon,
und da in Aegypten die Salmiakbereitung aus Kameelmiſt uralt iſt, ſo
könnte das den Namen erzeugt haben. Bergſalmiak Wallerius, Ammoniaque
muriatée.


Regulär und ſcheinbar iſomorph mit Steinſalz. Der rohe Salmiak,
welcher bei der Blutlaugenfabrication aus thieriſchen Subſtanzen gewonnen
wird, iſt ſtark braun durch Brenzöl gefärbt, kryſtalliſirt aber in den pracht-

[figure]

vollſten Würfelzwillingen, die man überhaupt kennt.
Ihre Subſtanz beſteht aus lauter Blättchen, die den
Würfelflächen parallel gehen, daraus entſteht ein Perl-
mutterglanz auf den Flächen, welchen man für den
Blätterbruch halten möchte. Schleift man ſie ſenkrecht
gegen die Zwillingsaxe, ſo zeigt ſich ein dunkeles Kreuz,
welches den drei Granatoederflächen entſpricht, die in
der Zone der Zwillingsaxe liegen. Oft wiederholen ſich 6—8 Zwillings-
individuen in einer Reihe übereinander, die aber alle parallel ſtehen.

[figure]

Bei der Sublimation der Steinkohlenbrände
zu St. Etienne, Duttweiler ꝛc. entſtehen
waſſerhelle Leucitoeder l = a : a : ½a, „die
man mit dem Amalcim der Cyclopiſchen
Inſeln pag. 283 verwechſeln könnte.“ Auf-
fallender Weiſe zeigen dieſelben Neigung zur
Hemiedrie, indem ſich von den Granatoeder-

[figure]
[figure]

flächen g nur Zwei mit einer Quadratiſchen Säule hinzu-
geſellen. Ja Nöllner in Hamburg (Erdmann’s Journ. prakt.
Chem. 50. 11) hat neben der Darſtellung des Leuchtgaſes
Salmiakkryſtalle erhalten, die eine höchſt merkwürdige hemie-
driſche Gyroedrie pag. 69 und 76 haben. Es ſind lange
Trapezoeder, in ihren Endkantenwinkeln von 35° 8′, da dieſe
das Supplement von 144° 52′ bilden, welcher Winkel dem
gebrochenen Oktaederwinkel des Leucitoeders a : a : ⅓a an-
[431]II. Cl. Saliniſche Steine: Salmiak.
gehört, ſo wird der Körper daraus entſtanden ſein. Stellen wir nämlich
ein Leucitoeder nach ſeiner 4gliedrigen Axe cc aufrecht, und denken das
obere Oktaeder o uns verſchwinden, ſo bilden die übrigen 8 einen 4kantner,
deſſen geſtrichelte Flächen einem Trapezoeder angehören. Neu-
mann hat die Sache genau unterſucht, auch noch ein Trape-
zoeder von a : a : ⅖a nachgewieſen, und zwar ſo, daß an einem
Ende das Trapezoeder a : a : ⅓a = t, am andern das a : a :
⅖a = q
herrſcht. Auch Abſtumpfungen der Endkanten des
Trapezoeders t/t kommen vor, welche einem Trapezoeder vom
Leucitoeder l = a : a : ½a entſprechen. Eine Oktaedriſche Zuſchär-

[figure]

fung des Endes gehört ebenfalls dem gewöhnlichen Leucitoeder o = a :
a : ½a
an, was weſentlich dafür zu ſprechen ſcheint, daß dieſe merk-
würdigen Körper nicht dem wirklich 4gliedrigen Syſteme, ſondern einer
Theilflächigkeit des regulären Syſtems angehören, welche ſich gyroedriſch
gruppirt. Ja Wöhler hat einmal (Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 50. 310)
ſcharfe meßbare Rhomboeder von 67° 7′ bekommen, die dem untern Rhom-
boeder des Leucitoeder a : a : ¼a in ſeiner 3gliedrigen Stellung angehören,
deren Endkanten durch einen Dreikantner zugeſchärft werden, welche vom
Pyramidenwürfel a : ⅓a : ∞a abzuleiten ſind. Eine kleine Projektion
macht die Sache ſogleich klar.


Für ein ſo klares Salz auffallend mild, ſtechend ſalziger Ge-
ſchmack, H. = 1—2, Gew. 1,6. N̶ H̶4 C̶l in Waſſer leicht löslich, und
verflüchtigt ſich vollſtändig im Kolben, ſetzt ſich aber unverändert wieder
ab. Mit Soda ſtarken Ammoniakgeruch. Concentrirte Löſungen von
Salmiak löſen heiß die Beryllerde, worauf das beſte Trennungsmittel
von der Thonerde beruhen ſoll (Dr. Weeren Pogg. Ann. 92. 101) pag. 262.


Wegen ſeiner Löslichkeit hält es ſich im Freien nicht, obgleich es ſich
bei Kohlen- und Erdbränden durch Sublimation leicht bildet, da Ammoniak
beſonders in den Steinen des Flözgebirges ſehr verbreitet iſt, wie der
Geruch der Stinkſteine, Belemniten, Solnhoferſchiefer ꝛc. deutlich genug
zeigt. Wahrſcheinlich haben die Sublimationen in Vulkanen auch nicht
einmal im Erdinnern ihre Ammoniakquelle, Bunſen meint ſogar (Erd-
mann’s Journ. prakt. Chem. 56. 55), daß der Salmiak erſt außerhalb der
Vulkane erzeugt werde, indem die Salzſäure auf die Vegetation einwirke.
Doch entſteht am Veſuv und Aetna öfter ſoviel, daß ein kleiner Handel
damit getrieben wird, und die Umwohner des Vulkans von Turfan (Hot-
ſcheou) und Kutſche (Pe-Schan) in Hochaſien müſſen ſogar dem Kaiſer
von China ihren Tribut damit zahlen. Es ſollen rauchende Solfataren
von mehreren Stunden Durchmeſſer ſein, welche das weiße Salz
fortwährend bilden. Mit Eiſenchlorid pag. 425 gefärbt färbt er die Laven
pommeranzengelb. Früher verſah Aegypten, wo er ſeit alter Zeit aus
Kameelmiſt bereitet wird, ganz Europa mit dieſem wichtigen Arzneimittel,
gegenwärtig hat man viel Mittel ihn darzuſtellen, doch da er auch in
der Färberei, beim Löthen und Verzinnen, beim Goldſchmelzen ꝛc. An-
wendung findet, ſo koſtet der Ctr. immerhin noch über 80 fl. Vergleiche
auch den Mascagnin.


Die Würfelform der Kryſtalle kommt bei einer Reihe von künſtlichen
Salzen vor, die in ihrer Conſtitution große Aehnlichkeit haben. Wie Salz,
Salmiak, Chlorkalium, hat auch Chlorlithium L C̶l Würfel vom Geſchmack
[432]II. Cl. Saliniſche Steine: Salpeter.
des Kochſalzes. Jodnatrium, Jodkalium, Bromnatrium, Bromkalium,
Fluornatrium, Fluorkalium, Cyankalium, Jodammonium ꝛc. treten alle
würfelig auf. Platinſalmiak und Iridſalmiak ſind wenigſtens regulär.
So ließe ſich die Sache noch weiter ausdehnen.


Nitrate.


Das Radical der Salpeterſäure (˙˙˙˙˙) iſt Stickſtoff. Wenn es ſchon
beim Salmiak unwahrſcheinlich war, daß der Stickſtoff aus dem Erdinnern
ſtamme, ſo iſt es bei der Salpeterſäure noch unwahrſcheinlicher, da ihre
Salze immer nur als Ausblühungen oder in oberflächlichen Erdſchichten
eine Rolle ſpielen. Nicht blos Pflanzen und Thiere erzeugen Stickſtoff-
verbindungen, ſondern auch der Blitz kann auf direktem Wege den Sauer-
ſtoff und Stickſtoff der Luft miteinander verbinden. Zwar fördern auch
die heißen Quellen (Aachen, Wildbad, Wisbaden ꝛc.) Stickſtoff als Gas,
oder gar in Verbindungen, die man nach einer Quelle bei Barège in den
Pyrenäen Barègine genannt hat, wodurch heiße Quellen überhaupt etwas
nach Fleiſchbrühe riechen und ſchmecken ſollen. Allein das ließe ſich leicht
durch Eindringen der Tagewaſſer erklären.


1. Salpeter.


Darunter verſteht man vorzugsweiſe den Kaliſalpeter K̇ N̶˙˙˙˙˙. Die
Alten und noch Agricola begreifen ihn unter Nitrum, Potasse nitratée.
Den künſtlichen bekommt man aus ſchönen Kryſtallen, daher legte ſchon
Linné ein beſonderes Gewicht auf ſeine Kryſtalliſationskraft, und nannte
den Quarz Nitrum quartzosum.


Zweigliedrig wie Arragonit pag. 348. Eine geſchobene Säule
M = a : b : ∞c macht 119°, deren ſcharfe Kante durch h = b : ∞a :
∞c
gerade abgeſtumpft wird. Beide ſind etwas blättrig, und gleichen
regulären ſechsſeitigen Säulen, wie ſie Hauy und ſeine Vorgänger nahmen.
Als Zuſchärfung herrſcht gewöhnlich i = c : ½b : ∞a 71° in der obern
Kante, kommt dazu noch das Oktaeder o = a : b : c, ſo hat die ſcheinbar
reguläre ſechsſeitige Säule auch noch ein ſcheinbares Dihexaeder io zur
Endigung aber mit 4 + 2 Endkanten : i/o = 132° 28′, und o/o = 131°
27′. Daraus folgen die Axen
,
lga = 9,92445, lgb = 0,15430.

P = b : c : ∞a 109° 56′ liegt gewöhnlich klein über i, x = b : ½c :
∞a
, z = b : 4c : ∞a, f = a : b : ½c. Auch die Zwillinge haben die
Säulenfläche M gemein und liegen umgekehrt.


Die optiſchen Axen (Pogg. Ann. 50. 376) liegen wie beim Arragonit
in der Axenebene b c, machen einen Winkel von 5° 20′, welchen die
Hauptaxe c halbirt. Schneidet man die Säulen ſenkrecht gegen die Axen,
ſo bekommt man in der Turmalinſcheere Lemniscaten zu Geſicht. Da
durchſichtige Stücke ſehr leicht zu erwerben und zu ſchleifen ſind, ſo iſt
Salpeter in dieſer Beziehung vortrefflich.


Der Querbruch der Säulen zeigt einen eigenthümlichen ſtarken Fett-
[433]II. Cl. Saliniſche Steine: Salpeter.
glanz, Härte = 2, Gew. 1,9. Geſchmack ſcharf bitterlich kühlend.
Kryſtalle in die Hand genommen zeigen am Ohr ein auffallendes Kniſtern.
Auf Kohle ſchmilzt er anfangs wie Eis, ſo bald aber die Kohle glühend
wird, verpufft er wie Pulver. In 2 Theilen heißen und 3 Theilen kalten
Waſſers löslich. Die Kryſtalle haben viele Höhlungen, welche Mutter-
lauge einſchließen. Durch Schmelzen nimmt die Maſſe daher auch ein
kleineres Volumen ein.


Der Salpeter erzeugt ſich blos auf der Erdoberfläche in flockigen oder
mehligen Anflügen, in warmen Gegenden mehr als in kalten, beſonders
wenn der Boden mit organiſchen Theilen angeſchwängert iſt (Kuh- und
Pferdeſtälle). Man legt daher auch künſtliche Salpeterplantagen an. In
den Gangesebenen kann der Boden ſtellenweis bis auf 150′ Tiefe aus-
gelangt werden, im Tirhut, am Norduferlande der Ganges-Mittelſtufe bis
zu der Vorkette des Himalajah zerfrißt der wollige Mauerſalpeter alle
Häuſer bis zum Dach hinauf, ſo daß die Ausfuhr von Indien jährlich
über 2 Mill. Centner betragen haben ſoll. Die Ebenen der untern Wolga,
von Ungarn, Arragonien ſind nicht ſo reich. Doch finden ſich namentlich
in Ungarn und Siebenbürgen Salpeterquellen, die bei ihrem Heraustreten
alle Vegetation vertilgen, und in Pfützen zur trocknen Jahreszeit Salpeter
auskryſtalliſiren. Der Salpeter frißt wie ein Schorf in die Wände der
Felſen und Mauern, anfangs zeigt ſich nur ein runder Fleck, der immer
weiter um ſich greift, die Maſſe lockert, und endlich zuſammengekehrt
werden kann (Kehrſalpeter). Ein zweites eigenthümliches Vorkommen
bilden die


Salpeterhöhlen, die faſt ausſchließlich dem Kalk- und Dolomit-
gebirge angehören. Das erſte Aufſehen unter den Gelehrten erregte der
Pulo bei Molfetta in Apulien, welchen Fortis 1783 entdeckte (Klaproth
Beitr. I.317). Dort bildet der Salpeter eine mehrere Linien dicke Kruſte
auf weißem Kalkſtein, die abgenommen nach einigen Monaten ſich wieder
erſetzt. Ceylon, Tejuco in Braſilien, und die Kalkſteine im Miſſuri und
Miſiſippi Gebiet haben ähnliche Vorräthe. Bernhardushöhle bei Homburg
in Franken.


Die Schwierigkeit der Frage dreht ſich allein darum, woher kommt
die Salpeterſäure, und man muß hier noch mit Humboldt (Gilbert’s
Ann. I.513) die Vermuthung hegen, daß die Hauptquelle in der atmos-
phäriſchen Luft liege. Daher iſt denn auch beſonders an Mauern und
in Aeckern der Kaliſalpeter gemiſcht mit


KalkſalpeterĊa N̶˙˙˙˙˙ + Ḣ̶ (Mauerſalpeter) beſonders an Mauern
von Viehſtällen, zuweilen in kleinen haarförmigen Kryſtallen — Shepard
fand in den Höhlen von Kentucky 10 p. C. Waſſer darin, und


MagneſiaſalpeterṀg N̶˙˙˙˙˙ + Ḣ̶, die aber dann beide zur Dar-
ſtellung des ächten Salpeter’s benützt werden können.


75 Theile Salpeter, 13 Kohle und 12 Schwefel geben das Schieß-
pulver, mittelſt der Deſtillation mit Schwefelſäure erhält man die Salpeter-
ſäure daraus. Gebrauch in der Arzneikunde, als Beizmittel von Schnupf-
tabak, in der Färberei. Der Ctr. gereinigten Salzes koſtet 16—20 fl.


Quenſtedt, Mineralogie. 28
[434]II. Cl. Saliniſche Steine: Natronſalpeter.

2. Natronſalpeter.


Im Handel nach ſeinem Fundort Chiliſalpeter genannt.


Rhomboedriſch wie Kalkſpath, die ſchönen künſtlichen Kryſtalle haben
einen Endkantenwinkel von 106° 33′, ſie ſind deutlich blättrig, und zeigen
ſtarke doppelte Strahlenbrechung, können alſo optiſch wie Kalkſpath an-
gewendet werden. Gew. 2,1, Härte = 2. Gewöhnlich farblos.


Auf glühender Kohle weniger lebhaft verpuffend als Kaliſalpeter,
wird von der Luft leicht feucht, iſt daher zur Pulverfabrikation nicht
brauchbar. Beſonders ſchön in Körnern mit Sand gemiſcht am Chileniſchen
Küſtenſtrich ſüdlich Tarapaca. In einer ganz oberflächlichen bis 8 Fuß
mächtigen Schicht zwiſchen Thon mit gefärbten Muſcheln erſtreckt er ſich
wohl 30 Meilen weit fort, und wird im Hafen von Iquique ausgeführt,
hauptſächlich nach England und Frankreich für mehr als 1 Mill. Gulden
jährlich. Da es an dieſer tropiſchen Küſte nie regnet, ſo iſt die Bildung
aus dem Meere erklärlich (Leonhard’s Jahrb. 1853. 835).


An den ſcheinbaren Iſomorphismus unter Dimorphismus verſteckt
zwiſchen ĊaC̈, ṄaN̶˙˙˙˙˙ und K̇ N̶˙˙˙˙˙, Bournonit und Rothgülden wurde oben
ſchon erinnert pag. 136. Nach Frankenheim (Pogg. Ann. 40. 447) ſoll
auch der Kaliſalpeter, beſonders aus der Weingeiſtlöſung in Rhomboedern
von 106 · 36′ ſich bilden, die Rhomboeder liegen zwiſchen den zweigliedrigen
Nadeln, und die Nadeln verzehren gewöhnlich die Rhomboeder.


Salpeterſaures BleiṖb N̶˙˙˙˙˙, Salpeterſaurer BarytḂaN̶˙˙˙˙˙,
Salpeterſaurer StrontianṠr N̶˙˙˙˙˙, bilden ſich in ſehr ſchönen regulären
Kryſtallen mit Oktaeder, Würfel und Pyritoeder. Das Pyritoeder tritt
ſehr beſtimmt untergeordnet am Oktaeder in gleichſchenkligen Dreiecken auf.


Unter den künſtlichen Stickſtoffverbindungen zeichne ich nur die zwei
ſo gewöhnlichen Blutlaugenſalze aus:


Das gelbe Blutlaugenſalz, Kalium Eiſencyanür 3 K Cy +
Fe Cy
, bildet ausgezeichnete 4gliedrige Tafeln, der blättrige Bruch der
Gradendfläche c : ∞a : ∞a iſt ſo deutlich als beim Uranglimmer, das
Oktaeder a : a : c hat nach Bunſen (Pogg. Ann. 36. 404) 97° 56′ in
den Endkanten, und 136° 24′ in den Seitenkanten. Das nächſte ſtumpfere
Oktaeder a : c : ∞a iſt ſeltener und nicht ganz ſicher, ebenſo die 2te Säule
a : ∞a : ∞c. Daher trifft man meiſt nur einfache Tafeln des Blätter-
bruchs, an welchen das Oktaeder die Seiten unter gleichen Winkeln zu-
ſchärft. Sehr leicht in den ſchönſten Kryſtallen aus Fabriken zu erlangen.
Statt Kalium Ammonium geſetzt gibt dieſelben Formen.


[figure]

Das rothe Blutlaugenſalz, Kaliumeiſencyanid 3 KCy
+ Fe2 Cy
3, kann man 2gliedrig ſtellen. Es bildet ganz
eigenthümlich bauchige Säulen M = a : b : ∞c von etwa 105°
in der vordern Kante, die man an allen Kryſtallen wegen ihres
eigenthümlich rundlichen Anſehens ſogleich wieder erkennt. Durch
die etwas blättrige Abſtumpfung der ſcharfen Säulenkante b = b :
∞a : ∞c
werden die Kryſtalle zuweilen tafelartig. Das Oktaeder o = a :
b : c
fehlt nie, auch iſt gern der Anfang eines Paares a : c : ∞b vor-
handen, ebenfalls mit ungefähr 105° in der Axe c. Kopp. (Einleit.
§. 357) nimmt das Oktaeder o als zwei augitartige Paare, von denen
[435]II. Cl. Saliniſche Steine: Blutlaugenſalz, Soda.
der Winkel in der Mediankante vorn bei o 119° 28′, hinten bei
o' 105° 4′ betragen ſoll. Das Anlegegoniometer zeigt keine
ſolche bedeutenden Differenzen. Für die Orientirung iſt dieſer
Unterſchied übrigens gleichgültig. Das Vorherrſchen der bauchigen
Säule M findet zuweilen ſo Statt, daß ſich die Säulenflächen
an beiden Enden allmählig zuſpitzen, und ſcheinbar ein bauchiges
zweigliedriges Oktaeder bilden, wie der Calcit von Sangerhauſen.
Wenn ſtatt Eiſen Mangan, Kobalt und Chrom kommt, ſo ändert
das die Form nicht.

[figure]

Carbonate.


Vergleiche oben pag. 316—360. Hier nur die im Waſſer löslichen,
welche künſtlich ſchöner gemacht werden können, als ſie in der Natur
vorkommen.


Soda.


Ṅa C̈ + 10 Ḣ̶. War das Nitron des Herodot, womit die Aegyptier
Monate lang ihre Leichen beizten, das Hebräiſche Neter, unſer Natron.
Plinius 31. 46 beſchreibt die Gewinnung aus den Aegyptiſchen Natronſeen.


Die großen künſtlichen Kryſtalle der Fabriken bilden
ſcheinbare Rhombenoktaeder PPMM, ähnlich dem Schwefel, mit
abgeſtumpfter ſtumpfer Ecke l, allein nur die Kante P/P
iſt durch die Schiefendfläche t abgeſtumpft, daher iſt es 2 +
1gliedrig (Pogg. Ann. 5. 369). Die Säule M/M = 79°
41′ hat vorn ihren ſcharfen Winkel, und der Medianwinkel
der Augitpaare P/P = 76° 28′ iſt durch die Schiefendfläche
t gerade abgeſtumpft, welche gegen Axe c ſich unter 57° 40′
neigt. Leider zerfallen die Kryſtalle ſehr leicht zu Mehl
in Folge von Waſſerverluſt. H. = 1—2, Gew. 1,4.


[figure]

Vor dem Löthrohr ſchmilzt es in ſchwachem Feuer in ſeinem Kryſtall-
waſſer, in dem zuletzt ein Sodamehl Ṅa C̈ + Ḣ̶, zurückbleibt. Die zu
Mehl verwitterten Kryſtalle liefern die bekannte Soda zu Löthrohrverſuchen.
Als waſſerfreie Efflorescenz wird ſie aus dem Thonſchiefer der Grube
Neue Margarethe bei Clausthal aufgeführt.


Daher kommt ſie auch in der Natur meiſt nur als mehliger Beſchlag
vor. Der altbekannte Fundort des Natrons ſind die Natronſeen in Unter-
ägypten (Ritter Erdkunde I.860) in einem ausgetrockneten Nilarm im
Weſten des Deltalandes (Thal der Natronſeen), ein etwa 4 Stunde
langer und ¼ Stunde breiter Winters 6′ tiefer Graben mit violettem
Waſſer (großer Natronſee), das Waſſer verdunſtet und läßt die Soda
in 4′—5′ mächtigen Schichten fallen, gemiſcht mit 36 Na C̶l und 16 Ṅa S⃛.
Der kleine Natronſee liegt eine Tagereiſe weſtlich Alexandrien. Aegypten
führte 1820 gegen 200,000 Ctr. Soda aus. In Ungarn bedeckt ſich
während der heißen Jahreszeit die Ebene von Debretzin mit blendend
weißen Kryſtallnadeln, man glaubt ein Schneefeld zu ſehen. Auch in
Vulkaniſchen Produkten finden ſich zuweilen. Wie die Aſche der Binnen-
28*
[436]II. Cl. Saliniſche Steine: Trona, Gayluſſit.
pflanzen Kali, ſo liefert die der Strand- und Seepflanzen Soda. Gegen-
wärtig wird viel aus Kochſalz und Glauberſalz dargeſtellt. In der Seifen-
ſiederei und Glasfabrikation wichtig, Plinius 36. 65 erzählt: appulsa nave
mercatorum nitri, cum sparsi per litus epulas pararent.... glebas nitri
e nave subdidisse. Quibus accensis permixta arena litoris, translucentes
novi liquoris fluxisse rivos, et hanc fuisse originem vitri.


2. Trona.


Ṅa23 + 4 Ḣ̶. Kommt unter dieſem arabiſchen Namen von Fezzan
in den Handel, in Columbien heißt es Uroa, Klaproth Beitr. III.83
nannte es ſtrahliges Natrum. Nach Haidinger (Pogg. Ann. 5. 367)


2 + 1gliedrig: eine geſchobene Säule n/n von 132° 30′, auf deren

[figure]

ſcharfe Kante der deutlich blättrige Bruch M gerade auf-
geſetzt iſt, gegen Axe c 49° 25′ geneigt, T/n = 103°
45′, die rhomboidiſche Säule M/T 103° 15′.


Härte = 2—3, Gew. 2,1. Weiß, der Blätterbruch
neigt zum Perlmutterglanz. Kommt in Platten vor, gegen welche die ex-
centriſch ſtrahligen Blättchen quer ſtehen. Braust ſtark mit Säure, hält
ſich aber an der Luft. In der Provinz Suckena zwei Tagereiſen von
Fezzan als jüngeres Gebilde, ebenſo zu Lagunilla bei Merida in Colum-
bien. Auch die Natronſeen in Aegypten erzeugen daſſelbe meiſt mit Zwi-
ſchenlagen von Steinſalz, aus welchen die Mauern eines alten Kaſtells
Quaſſer erbaut ſein ſollen, wozu ſich Soda unmöglich eignen würde.
Schon Plinius 31. 39 ſagt, Gerrhis Arabiae oppido muros domosque
massis salis faciunt, aqua ferruminantes.
Die Darſtellung der künſtlichen
Kryſtalle gelingt nicht immer, man bekommt ſie in Sodafabriken mehr
durch Zufall (Pogg. Ann. 34. 160), auch kann man die natürlichen nicht
umkryſtalliſiren laſſen.


Der Waſſergehalt der kohlenſauren Natronſalze iſt ſehr verſchieden,
je nach der Temperatur, unter welcher ſie kryſtalliſiren:


Thermonitrit, prismatiſches Natronſalz Haidinger (Pogg. Ann.
5. 369) Ṅa C̈ + Ḣ̶, bildet ſich beim Abdampfen der geſättigten Löſung
zwiſchen 25°—37° C (Pogg. Ann. 6. 87) in 2gliedrigen Tafeln M =
a : b : ∞c
96° 10′, die ſcharfe Kante durch b = b : ∞a : ∞c gerade
abgeſtumpft, d = c : ½b : ∞a 72° 10′ in Axe c, das Oktaeder o = a : b : c,
auf M gerade aufgeſetzt. Soll ſich auch in warmen Gegenden bilden.


Ṅa C̈ + 5 Ḣ̶ (Pogg. 32. 303) bildete ſich in der Alaunfabrik zu
Buxweiler im Elſaß zufällig, in „hemiprismatiſchen Oktaedern“.


Ṅa C̈ + 7 Ḣ̶ ſind luftbeſtändige 2gliedrige Oblongtafeln, kryſtalliſiren
aus einer Löſung, die Natronhydrat enthält. Sind luftbeſtändig.


3. Gayluſſit Bouſſingault.


Natrocalcit. Findet ſich in großer Menge zu Lagunilla ſüdöſtlich
Merida in Columbien über der Trona im Thon um und um kryſtalliſirt,
Pogg. Ann. 7. 97.


Nach Phillips (Pogg. Ann. 17. 556) 2 + 1gliedrig: eine geſchobene
[437]II. Cl. Saliniſche Steine: Schwefelſaures Kali.
Säule M = a : b ∞c bildet vorn 68° 50′, ſie ſoll etwas
blättrig ſein; die Schiefendfläche P = a : c : ∞b dehnt ſich
gewöhnlich lang aus, macht vorn in P/M 96° 30′ und iſt
78° 27′ gegen die Axe c geneigt. Ein Augitartiges Paar
o = a' : c : ½b 110° 30′ in der Mediankante auf der Hinter-
ſeite; ein Paar n = a : c : ¼b aus der Diagonalzone von
P bildet über P 70° 30′; eine dreifach ſchärfere y =
a' : 3c : ∞b.
Alle dieſe Flächen ſtehen in einem ſchönen
Deduktionsverhältniß, wie beim Feldſpath. H. = 2—3,

[figure]

Gew. 1,9. Friſch ſind ſie klar, nach ein Paar Monaten verlieren ſie
aber Kryſtallwaſſer und werden trüb.


Ṅa C̈ + Ċa C̈ + 5 Ḣ̶ mit 33,8 kohlenſaurem Kalk.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er leicht zu trüber Perle, im Waſſer löst
ſich das Natronſalz, und der Kalk bleibt zurück, daher iſt er zu After-
kryſtallen beſonders geeignet.


Calcit von Oberndorf bei Sangerhauſen in Thüringen beſteht aus
trüben weißen Kryſtallen, die man für blättrige Rhombenoktaeder
nehmen kann, ähnlich den Mißbildungen des rothen Blutlaugen-
ſalzes pag. 435. Sie ſind auch in Unaarn und Schleswig vor-
gekommen und enthalten nach Karſten 94,4 Ċa C̈. Man ſah ſie
als Gayluſſit an, der ſein kohlenſaures Natron und Kryſtallwaſſer
abgegeben hat.

[figure]

Sulphate.


Die waſſerbeſtändigen ſchwefelſauren Salze haben wir pag. 360—378
aufgeführt. Die ſchweflige Säure und Schwefelſäure ſpielt aber in
Vulkanen und bei Zerſetzungsprozeſſen der Schwefelmetalle noch eine be-
deutende Rolle, wodurch eine Reihe von Salzen erzeugt wird, die jedoch
meiſtens die Schönheit der künſtlichen nicht erreichen. Mitſcherlich (Pogg.
Ann. 18. 168) hat gezeigt, daß beſonders die Selenſäure S⃛e, Chromſäure C⃛r
und Manganſäure M⃛n iſomorph mit Schwefelſäure ſei.


1. Schwefelſaures Kali,K̇ S⃛.


Arcanit und Glaſerit, denn es iſt das Arcanum duplicatum oder das
Sal polychrestum Glaseri der alten Chemiker, was man in ſo ſchönen
künſtlichen luftbeſtändigen Kryſtallen bekommt, und das als große Selten-
heit in dünnen Kruſten die Laven des Veſuvs von Zeit zu Zeit überzieht,
Potassa Solfata Covelli Miner. Vesuv. 316. Bei der Bereitung der Sal-
peterſäure, Eſſigſäure und engliſchen Schwefelſäure wird es als Neben-
produkt bekommen.


2gliedrig mit auffallend diheraedriſchem Typus, wie der Witherit :
M = a : b : ∞c 120° 24′, h = b : ∞a : ∞c
ſtumpft die ſcharfe Säulenkante ab, und iſt blättrig,
was ſich beim Zerſprengen mit dem Meſſer erkennen
läßt. Das Oktaeder o = a : b : c nebſt dem Paare
i = c : ½b : ∞a, mit 67° 38′ in Axe c, bilden
eine ſcheinbar dihexaedriſche Endigung. Daraus

[figure]

[438]II. Cl. Salin. Steine: Schwefelſaures Natron.
folgt a : b = 0,7674 : 1,34. Verſchwinden die Säulen, ſo entſtehen
förmliche ringsum gebildete Dihexaeder. Ja die Täuſchung geht noch
weiter: es kommt noch ein oberes Oktaeder f = 2a : 2b : c mit der Zu-
ſchärfung P = b : c : ∞a, die unter ſich wieder ein ſcheinbares Dihexaeder
bilden, ganz wie beim Witherit pag. 354. Ebenſo eine ſcheinbar 2te
ſechsſeitige Säule e = a : ⅓b : ∞c und b = a : ∞b : ∞c. Dieß alles
kann zu Mißdeutungen verführen, aber ſchon die Zwillinge weiſen zur

[figure]

richtigen Erkenntniß, ſie haben die Säulenfläche M gemein
und liegen umgekehrt. Schließen ſich alſo auch in dieſer
Beziehung an die Arragonitgruppe an pag. 348. Es iſt
in ſolchen Fällen immer gut, genau die einmal gewählten Buchſtaben
für die Flächen beizubehalten! Vergleiche daher auch die Projection des
Weißbleierzes pag. 358.


Die Ebene der optiſchen Axen iſt b c, ſie machen 67\frac{1}{2}°, welcher Winkel
durch die Hauptaxe c halbirt wird.


H. = 2—3, Gew. 2,7. Es leuchtet, wenn es aus dem glasartigen
Zuſtand in den kryſtalliniſchen übergeht, Pogg. Ann. 52. 451. Enthält
54 K̇a, verkniſtert leicht, ſchmilzt, und zieht ſich in die Kohle, wo ſich
Schwefelkalium reducirt, wie man mit dem Pulver auf befeuchtetem Silber-
blech erkennt.


Selenſaures Kali hat eine Säule von 120° 25′, Chromſaures Kali
120° 41′, Manganſaures Kali 121° 10′.


Das ſchwefelſaure Kali kommt auch rhomboedriſch vor, Mit-

[figure]

ſcherlich Pogg. Ann. 58. 468: wie der Kupferglimmer und
Eiſenglanz bildet er Tafeln durch Ausdehnung der Gradend-
fläche c, gegen welche die Rhomboederflächen P einen Winkel
P/c = 124° machen. Sind optiſch einaxig, und bilden ſich in Seifen-
ſiederlauge.


Miſenit Scacchi Erdmann’s Journ. 55. 55. K̇ S⃛2 + Ḣ̶, bildet ſich
als ſeidenglänzende Faſern im vulkaniſchen Tuff der Grotte von Miſene.
Es iſt das bekannte ſaure ſchwefelſaure Kali, welches aus der wäſſrigen
Löſung 2gliedrig wie Schwefel, beim Erkalten nach dem Schmelzen 2 +
1gliedrig ähnlich dem Feldſpath kryſtalliſirt.


2. Schwefelſaures Natron.


Ṅa S⃛, Thenardit, Casaseca (Ann. chim. phys. XXXII. 308) fand es
in den Salinas d’Espartinas bei Aranjuez, wo es ſich Sommers in den
aus dem Boden quellenden Salzwaſſern bildet.


Die künſtlichen Kryſtalle ſind nach Mitſcherlich (Pogg. Ann. 12. 138)

[figure]

2gliedrig, vorherrſchend ein blättriges Rhombenoktaeder
P = a : b : c, in der vordern Endkante a : c = 135°
41′, ſeitlichen Endkante b : c = 104° 18′; die rhombi-
ſche Säule n = a : b : ∞c macht vorn 129° 21′; die
Abſtumpfung der ſcharfen Säulenkante b = b : ∞a : ∞c
ſehr deutlich blättrig; Oktaeder o = a : b : ⅓c ſchärft
die Endecke zu.


Härte 3, Gew. = 2,7. Zieht aus der Luft Waſſer an, und überdeckt
ſich mit einem mehligen Beſchlag, welcher die weitere Veränderung hindert.
[439]II. Cl. Saliniſche Steine: Glauberſalz, Bitterſalz.
Wenn man dann die Kryſtalle bürſtet, ſo werden ſie wieder für eine Zeit
lang glänzend. Waſſerfreies Ṅa S⃛.


Schwefelſaures Silberoxyd Ȧg S⃛, waſſerfreies ſelenſaures Natron
Ṅa S⃛e und ſelenſaures Silberoxyd Ȧg S⃛e ſind damit iſomorph. Auch der
übermanganſaure Baryt hat die gleiche Form.


Schwefel- und Selenſaures Natron haben die merkwürdige Eigen-
ſchaft, daß ſie bei 33° C. am löslichſten ſind, erhitzt man ſtärker, ſo kry-
ſtalliſiren ſie waſſerfrei heraus, daher muß in Spanien das Waſſer Som-
mers über 33° C. warm ſein, denn unter dieſer Temperatur erhält man
waſſerhaltiges


GlauberſalzṄa S⃛ + 10 Ḣ̶, Sal mirabile Glauberi, daher Mirabilit
Haidinger. Man bekommt ihn in ausgezeichneten künſtlichen Kryſtallen,
die aber durch 8 Atom Waſſerverluſt zu Mehl von Ṅa S⃛ + 2 Ḣ̶ zerfallen.
Wie das Chromſaure Natron Ṅa C⃛r + 10 Ḣ̶ kryſtalliſirt es


2 + 1gliedrig: Säule T = a : b : ∞c bildet vorn den ſcharfen

[figure]

Säulenwinkel von 86° 31′, der deutliche Blätter-
bruch M = b : ∞a : ∞c ſtumpft die ſtumpfe
ſeitliche Säulenkante gerade ab, am größten
pflegt k = a : ∞b : ∞c zu ſein, welche die
[ſcharfe] vordere Säulenkante gerade abſtumpft.
Die vordere Schiefendfläche P = a : c : ∞b
neigt 72° 15′, und die hintere Gegenfläche
x = a' : c : ∞b 75° 19′ gegen die Axe c;
das hintere Augitpaar o = a' : c : ½b fällt in die Diagonalzone von x
und die Kantenzone T,P, y = ⅓a' : c : ∞b, n = a : c : ¼b, u =
⅓a' : ¼b : c
, alles Ausdrücke wie die gleichnamigen Buchſtaben beim Feld-
ſpath; w = ⅓a : c : ∞b, p = ⅕a : ¼b : c, r = a : c : ⅛b.


Härte = 2, Gew. 1,5. Man muß es in feuchten Gläſern be-
wahren, wenn die Kryſtalle nicht zerfallen ſollen. Als mehliger Beſchlag
von bitter kühlem Geſchmack auf Gyps und Steinſalz häufig. Meer-
waſſer und Salzſolen enthalten es. Ṁg S⃛ und Na C̶l zerſetzen ſich bei — 3°
ſo, daß Glauberſalz entſteht, und Mg C̶l in der Flüſſigkeit bleibt (Elton-
See), daher läßt man es Winters aus der Mutterlauge auskryſtalliſiren.
In einer Höhle von New-Albany (Indiana) iſt es in großer Menge
gefunden. Als Arzneimittel und für Glasbereitung wichtig.


MascagninȦm S⃛ + Ḣ̶, Schwefelſaures Ammoniak mit einem
Atom Waſſer, kommt wie Salmiak als Sublimat bei Steinkohlenbränden
und in Vulkanen hin und wieder vor. Die künſtlichen Kryſtalle ſind
2gliedrig, rhombiſche Säule a : b : ∞c 107° 40′, b : ∞a : ∞c etwas
blättrig, Oktaeder a : b : c, und Abſtumpfung der vordern Endkante des
Oktaeders a : c : ∞b.


3. Bitterſalz.


Ṁg S⃛ + 7 Ḣ̶, Haarſalz, Epſomit. Es iſt ſchon lange gekannt, aber
ſchwer bei Schriftſtellern des Alterthums von andern Salzen zu ſcheiden.


2gliedrig mit ſcheinbar tetraedriſcher Hemiedrie. Säule M = a : b : ∞c
[440]II. Cl. Saliniſche Steine: Bitterſalz.

[figure]

macht vorn 90° 38′, die ſcharfe Kante durch B = b : ∞a : ∞c
abgeſtumpft, ſie iſt etwas blättrig, und da ſie geſetzmäßig er-
ſcheint, ſo geht ſchon daraus hervor, daß die Säule nicht
quadratiſch iſt, wie Hauy nahm. Das Oktaeder o = a : b : c
dehnt ſich gar gern tetraedriſch aus, wie aus der Dachkante
o/o an beiden Enden folgt, die kreuzweis einander gegenüber
ſtehen. Es ſind rechte und linke Kryſtalle möglich pag. 27.
Klein ſind übrigens auch die Flächen des Gegentetraeders vorhanden, und
da dieſelben das gleiche phyſikaliſche Ausſehen haben, ſo erſcheint die He-
miedrie nicht recht durchgreifend; a : c : ∞b und andere Flächen kommen vor.


Die optiſchen Axen liegen ungewöhnlicher Weiſe in der Gradend-
fläche c : ∞a : ∞b, die ſenkrecht auf den Blätterbruch B ſteht, Axe b fällt
mit der optiſchen Mittellinie zuſammen, welche den Winkel der Axen von
37° 24′ halbirt (Pogg. Ann. 82. 71).


Härte = 2—3, Gew. 1,8. Salzig bitter, von anhängendem Chlor-
magneſium feucht. Auf glühende Kohlen geworfen, ſchmilzt es zu einer
weißen ſchwammigen Maſſe, darauf geblaſen ſchmilzt der Schwamm zu
einer Kugel, die ſehr ſchön leuchtet. Künſtlich kann man ſehr große wohl-
gebildete Kryſtalle haben, in der Natur aber kommen ſie meiſt nur als
haarige Ausblühungen vor. Das Haarſalz aus dem Alaunſchiefer der
Queckſilbergruben von Idria (Klaproth Beiträge III.104), die ſchneeweißen
Nadeln aus den Gypsbrüchen von Calatayud in Arragonien, die fafrig
derben von Szamobar in Kroatien ꝛc. ſind bekannt. Stalaktitiſch zu
Herrengrund bei Neuſohl von ſchöner blaß roſenrother Farbe, die von
Kobaltvitriol herrührt. Beim Reiben wird es naß von eingeſchloſſener
Mutterlauge. Die Steppen von Sibirien decken ſich damit nach Regen
wie mit Schnee. In den Talkſchiefern von Oberitalien entſteht das Salz
durch Zerſetzung von Schwefelkies. Gypslöſungen im Dolomit erzeugen
Bitterſalz, ebenſo die Seen ohne Abfluß, beſonders bei Kälte, weil das
Salz dann viel unlöslicher im Waſſer iſt. Die Schweizer ſammeln es
daher auch an den Gletſchern (Gletſcherſalz). Beſondern Ruf haben die
Bitterſalzquellen von Epsham in England (daher Epſomſalz), Saidſchütz
und Seidlitz in Böhmen ꝛc. Als Arzneimittel wichtig.


Zinkvitriol (weißer Vitriol) Żn S⃛ + 7 Ḣ̶ kryſtalliſirt genau wie
Bitterſalz. Die Säule 90° 42′. Aeußerlich dem Bitterſalz vollkommen
gleichend, vor dem Löthrohr auf Kohle leuchtet die Probe grünlich. Miſcht
ſich leicht mit Bitterſalz. In der Natur entſteht er durch Verwitterung
der Blende, beſonders wo die Erze durch Feuerſetzen gewonnen werden,
wie zu Fahlun, Goslar, Schemnitz.


NickelvitriolṄ S⃛ + 7 Ḣ̶ nur künſtlich bekannt, 2gliedrig in ſchön
grünen Säulen von 91° 10′, wie die vorigen. Er bildet ſich bei 15° C. noch
2gliedrig, bei höherer Temperatur aber in ſcharfen viergliedrigen Oktaedern
mit einem Seitenkantenwinkel von 139° 18′. Setzt man daher 2gliedrige
Kryſtalle in verſchloſſenen Gefäßen der Sonnenwärme aus, ſo ſtehen ſie
um, indem ſich innen lauter kleine Quadratoktaeder bilden, und werden
dadurch matt und brüchig (Pogg. Ann. 12. 146).


Zweigliedrig und iſomorph mit Bitterſalz ſind Selenſaure Bittererde,
Chromſaure Bittererde, Selenſaures Zinkoxyd, Chromſaures Zinkoxyd ꝛc.
[441]II. Cl. Saliniſche Erze: Eiſenvitriol.
verſteht ſich alle mit 7 Atom Waſſer. Nach Haidinger (Pogg. Ann. 6.
191) bilden ſich Bitterſalz und Zinkvitriol aus concentrirten Löſungen bei
höherer Temperatur in 2 + 1gliedrigen boraxartigen Kryſtallen.


Es ſind hier neben Bitterſalz noch eine ganze Reihe zuſammengeſetzter
Salze zu nennen. Darunter zeichnen ſich folgende drei aus:


a) GlauberitBrongniart Journ. min. 1808. XXIII.5, Brongniartin
Leonhard. Ṅa S⃛ + Ċa S⃛. 2 + 1gliedrige ringsum gebildete Kryſtalle:

[figure]

M = a : b : ∞c bildet eine kurze Säule vorn mit 83°
20′. Die Schiefendfläche P = a : c : ∞b iſt blättrig
und 68° 16′ gegen die Axe c geneigt. Die Kante P/M
wird durch ein Augitpaar m abgeſtumpft, 116° 36′ in der
Mediankante machend, und ſtark geſtreift parallel der
Kante P,M. An der kurzen Säule liegt häufig k =
a : ∞b : ∞c.


Die Kryſtalle ſind klar und gelblich weiß, überziehen ſich aber an der
feuchten Luft mit einer mehligen Rinde von Glauberſalz. Härte = 2—3,
Gew. 2,8.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es leicht, im Waſſer verliert es ſeine
Durchſichtigkeit, weil die 51 p. C. Ṅa S⃛ ausgezogen werden und die 49
Ċa S⃛ ſich zum größten Theil ausſcheiden. Beſonders ſchöne Kryſtalle im
Steinſalz von Villarubia bei Ocaña, Provinz Toledo. Zu Vic bildet es
unreine knotige Concretionen im Salz, zu Auſſee fleiſchrothe blättrige Maſſen.


b) PolyhalitStromeyer Commentiones Sog. Reg. Götting. rec. 1820.
IV.
139, πολύ viel, ἅλς Salz, weil er aus drei Salzen K̇ S⃛ + Ṁg S⃛ +
2 Ċa S⃛ + 2 Ḣ̶
beſteht. Er bildet im rothen Steinſalz von Iſchl, Auſſee,
Berchtesgaden derbe rothe Maſſen von gelblich grauen Strahlen durch-
zogen, die äußerlich an undeutlichen Faſergyps erinnern. Allein vor dem
Löthrohr ſchmilzt die Maſſe leicht zu einer Perle, und nach längerm
Blaſen bleibt eine weiße Schlacke zurück. Haidinger (Pogg. Ann. 11. 466)
wies darin zwei gleiche Blätterbrüche nach, die ſich unter 115° ſchneiden,
und deren ſcharfe Kante durch eine dritte Fläche gerade abgeſtumpft wird.
Härte 3, Gew. 2,8. Vergleiche hier den Blödit von Iſchl.


c) Aſtrakanit G. Roſe Reiſe Ural II. 270, Ṅa S⃛ + Ṁg S⃛ + 4 Ḣ̶,
von unbekannter Kryſtallform, bildet ſich auf dem Boden der Karrduani-
ſchen Seen an der untern Wolga unter einer Kochſalzſchicht, und war
früher Handelsartikel. Aehnliche Bildungen ſcheinen zu Seidlitz und Said-
ſchütz (Reuſſin) vorzukommen.


4. Eiſenvitriol.


Ḟe S⃛ + 7 Ḣ̶, grüner Vitriol, in künſtlichen Kryſtallen vorzüglich zu
haben.


2 + 1gliedriges Kryſtallſyſtem, von rhomboedriſchem Ha-
bitus, Hauy und Mitſcherlich nahmen ihn daher noch rhomboedriſch, was
für die Orientirung oftmals auch gar nicht unzweckmäßig iſt. T =
a : b : ∞c
bildet vorn die ſcharfe Kante von 82° 21′, die Schiefendfläche
P = a : c : ∞b iſt 75° 40′ gegen [Axe]c geneigt, und bildet hinten mit
T die ſcharfen Kanten 80° 37′ = P/T, die nur 1° 44′ vom vordern
[442]II. Cl. Saliniſche Erze: Eiſenvitriol.
Säulenwinkel T/T abweichen. Nun iſt P zwar blättriger als TT, allein
bei künſtlichen Foſſilen iſt die ſcharfe Unterſcheidung der Blätterbrüche
immerhin eine mißliche Sache. Daher konnte T T P wohl für ein Rhom-

[figure]

boeder gehalten wexden. Die hintere Gegen-
fläche x = a : c : ∞b, 43° 32′ gegen Axe c,
bil et zum Rhomboeder die Gradendfläche. Eine
vordere Schiefendfläche w = ⅓a : c : ∞b, und
das Augitpaar p = a : c : ½b 69° 17′ in der
Mediankante, bilden das nächſte ſchärfere Rhom-
boeder. M = b : ∞a : ∞c ſtumpft die ſtumpfe
Säulenkante gerade ab, auch fehlt m = ⅓a : ½b : c
die ſtumpfe Kante P/T abſtumpfend gewöhnlich nicht, und eine kleine
Schiefendfläche g = ⅗a : c : ∞b Kante P/w vorn abſtumpfend, iſt höchſt
wichtig für die Orientirung. Oft iſt die hintere Kante T/p durch s =
a' : ¼b : c
abgeſtumpft. Selten ſtumpft n = a : c : ¼b die Kante M/p ab.


Wenn wir hinten x = a' : c : ∞b ſetzen, ſo ſchneiden ſich die Axen

[figure]

a c vorn unter dem ſehr ſchiefen Winkel
von 68° 25′. Setzten wir dagegen
die Fläche x = ⅓a' : c : ∞b, und
führten in dieſer Weiſe eine Projek-
tion aus, ſo bekämen die Vitriol-
flächen


P T M x p w s die Ausdrücke


P T M y n t v vom Feldſpath. Allein auch in dieſem Falle iſt
der Axenwinkel a/c vorn immer noch 85° 30′. Setzen wir dagegen x =
¼a' : c : ∞b
, ſo kommt nach der Baſalformel pag. 61 Axenwinkel a/c
vorn 89° 43′, der alſo kaum vom rechten abweicht. Darnach würde p =
a : c : ⅕b, m = ⅙a : ⅕b : c, s = ¼a' : \frac{1}{10}b : c, n = a : \frac{1}{10}b : c, w =
⅙ a : c :∞b
und g = ⅜a : c : ∞b.


Geht man dagegen mit Naumann von P = a : ∞b : ∞c als Grad-
endfläche aus, ſo iſt x = a' : c : ∞b, m = a : b : c, w = a : c : ∞b,
p = b : c : ∞a, s = a' : c : ½b, g = 3a : c : ∞b, n = c : ½b : ∞a
,
freilich einfachere Ausdrücke, die aber doch den Vortheil rechtwinkeliger
Axen nicht aufwiegen. So iſt es alſo immer nur der Zuſammenhang
der Zonen, wovon das Weſen des Verſtändniſſes abhängt. Denn dieſer
bleibt für jede Anſicht gleich.


Die optiſchen Axen liegen in der Symmetrieebene M = b : ∞a : ∞c
auf einander ſenkrecht, und zwar macht, durch den Mittelpunkt gelegt, die
vordere etwa 75° mit c, die hintere 15° mit c.


Grün die charakteriſtiſche Farbe der Eiſenoxydulſalze, Härte = 2,
Gew. 1,8. Ein zuſammenziehender Dintengeſchmack. Beſchlägt ſich an
der Luft mit einer Schicht von ſchwefelſaurem Eiſenoxyd, die ihn vor
weiterer Verwitterung ſchützt.


Vor dem Löthrohr gibt er ſchnell ſein Waſſer unter Kochen ab, und
reducirt ſich dann zu einer ſchwarzen magnetiſchen Schlacke. In Kolben
gibt er, ſo lange Eiſenoxydul vorhanden, ſchweflige Säure.


Auf Erzgruben ein häufiges Zerſetzungsprodukt, wo er ſich zu Goslar,
Fahlun ꝛc. nicht ſelten in großen Stalaktiten bildet. Berühmt wegen ihrer
mit dicker Kruſte überzogenen Kryſtalle iſt die Grube Gießhübel bei Bo-
[443]II. Cl. Salin. Erze: Botryogen, Coquimbit.
denmais, wo ſie ſich durch Zerſetzung des Magnetkieſes erzeugt haben.
Wo fein vertheiltes Schwefeleiſen den Boden durchzieht (Alaunſchiefer),
da erzeugen ſich immer weißgrün haarige Auswüchſe, die ſchon durch ihren
Dintengeſchmack ſich als Eiſenvitriol zu erkennen geben, namentlich er-
zeugen ſich ſolche unangenehme Kryſtalliſationen auch noch in unſern
Mineralienſammlungen, zerfreſſen die Schachteln, und diſponiren neben-
liegende Schwefelkieſe ebenfalls zur Zerſetzung. Wegen ſeiner Anwendung
in der Färberei wird er ſonderlich aus Schwefelkies im Großen dargeſtellt,
und hier kann man daher die vortrefflichſten Kryſtalle bekommen, die luft-
beſtändig ſich blos an der Oberfläche braun beſchlagen.


KobaltvitriolĊo S⃛ + 7 Ḣ̶ bildet ſich in roſenrothen traubigen Ueber-
zügen zu Biber in Heſſen, als Seltenheit auch zu Wittichen, ſelbſt in
alten Mineralienſammlungen auf Speiskobald (Pogg. Ann. 60. 265).
Die künſtlichen haben eine Säule von 82° 25′, ſind folglich iſomorph mit
Eiſenvitriol.


ManganvitriolṀn S⃛ + 7 Ḣ̶ kryſtalliſirt bei einer Temperatur
unter 5° in denſelben Kryſtallen, wie Eiſenvitriol, bei höherer jedoch
werden ſie eingliedrig, aber von anderer Form als Kupfervitriol, Mitſcher-
lich Pogg. Ann. 11. 330.


Beſonders leicht miſcht ſich der Eiſenvitriol mit Kupfervitriol, ohne
dabei ſeine Form einzubüßen. Es bilden ſich dann ſchöne große ſchein-
bare Rhomboeder P T T, die beſonders ſchön zu Buxweiler im Elſaß dar-
geſtellt werden. Mallet gibt bei Irländiſchen 65,7 Kupfervitriol an. Sie
haben eine blaue Färbung, und man darf ſie nur in Waſſer löſen, ſo
beſchlägt ſich Eiſen mit Kupfer.


Mitſcherlich Pogg. Ann. 11. 330 hat bei 80° zweigliedrige Kryſtalle
bekommen, die nur halb ſo viel Waſſer als der Eiſenvitriol hatten. Durch
Auflöſen von Eiſenvitriolkryſtallen in Schwefelſäure will er ſogar gyps-
artige Kryſtalle mit 2 Ḣ̶ dargeſtellt haben.


Botryogen Haidinger Pogg. Ann. 12. 491, in der großen Kupfer-
grube von Fahlun als rother Eiſenvitriol bekannt. Ḟe3 S⃛2 + 3 F̶⃛e2 S⃛2
+ 36 Ḣ̶
gemengt mit Ṁg S⃛. Hat große Neigung, kleine Kugeln zu bilden,
die ſich wie Traubenbeeren an einander häufen. Die kleinen 2 + 1glied-

[figure]

rigen Kryſtalle zeigen kurze Säulenflächen T = a : b : ∞c
119° 56′, die etwas blättrig ſein ſollen, die Schiefendfläche
P = a : c : ∞b macht mit T 113° 37′ = P,T, das
hintere Augitpaar o = a' : ½b : c in der Mediankante
125° 22′, alles Winkel, die dem Feldſpath nahe ſtehen:
aber es iſt q = a : b : c, f = a : ½b : ∞c und y =
a' : \frac{3}{2}c : ∞b.
Dunkel hyacinthroth ins Ochergelbe mit Durchſcheinenheit.
Härte = 2, Gew. = 2.


In der Provinz Coquimbo im Diſtrikt Copiapo, der nördlichſten der
Republik Chili, kommen in einer Gegend, wo es niemals regnet, dem
Granit nachbarlich Vitriolſalze vor, die H. Roſe analyſirt hat (Pogg.
Ann. 27. 309), am häufigſten darunter ein neutrales ſchwefelſaures Eiſenoxyd


CoquimbitF̶⃛e S⃛3 + 9 Ḣ̶, feinkörnige Maſſe von weißer Farbe
mit einem Stich ins Violett: reguläre ſechsſeitige Säulen mit einem Di-
hexaeder von 128° in den Endkanten und einer Gradendfläche, auch eine
Rhombenfläche kommt hin und wieder vor. Das Salz bedeckt ſich mit


[444]II. Cl. Salin. Erze: Kupfervitriol.

Baſiſchſchwefelſaurem EiſenoxydF̶⃛e2 S⃛5 + 18 Ḣ̶ (Copia-
pit), gelbe durchſcheinende Kryſtalle, von ſechsſeitigen Tafeln, die wahr-
ſcheinlich nicht regulär ſind, aber einen Blätterbruch mit Perlmutterglanz
wie Gyps haben. Dazwiſchen lagert der


Stypticit 2 F̶⃛e S⃛2 + 21 Ḣ̶, in gelblichgrünen ſeidenglänzenden
Faſern, die ſich zu Kugeln gruppiren. Vergleiche hier auch den Fibro-
ferrit von dort.


Wäſſrige Löſungen von Eiſenvitriol laſſen bekanntlich einen gelben
ockerigen Niederſchlag von baſiſchſchwefelſaurem Eiſenoxyd fallen. Aehn-
liche Vitriolocker bilden ſich in Gruben von Goslar und Fahlun.
Berzelius unterſuchte einen von F̶⃛e2 S⃛ + 6 Ḣ̶. Solche ockerartige Maſſen
kommen in der Natur unter den verſchiedenſten Verhältniſſen, namentlich
auch als Zerſetzungsprodukt von Schwefelkies vor, und wenn die Säure
durch Baſen genommen wird, ſo entſteht Brauneiſenſtein. Der ſogenannte


Miſy Plinius 34. 31, Agricola 589 (Gel Atrament), noch heute von
den Bergleuten ſo genannt, gelber Atramentſtein Wallerius Spec. 178,
bildet ein ſchwefelgelbes öfter kryſtalliniſches Mehl, das im Waſſer ſich
nicht löst. Nach Hausmann kommt es in kleinen vierſeitigen Tafeln im
Rammelsberge bei Goslar vor. Soll im Weſentlichen ſchwefelſaures Eiſen-
oxyd ſein (F̶⃛e2 S⃛5 + 6 H̶), mit etwas Zinkvitriol und Bitterſalz gemiſcht.
Auch bei der Verwitterung von Schwefelkies bildet ſich ein ähnliches
gelbes Mehl, das aber nicht kryſtalliniſch iſt.


Uranvitriol (Johannit) lebhaftes Grasgrün, Gew. 3,2, H. = 2,
2 + 1gliedrig, ähnlich der Trona pag. 436. Meiſt nierenförmig auf
Uranpecherz von Joachimsthal und Johann-Georgenſtadt.


5. Kupfervitriol.


Ċu S⃛ + 5 Ḣ̶, blauer Vitriol, Chalcanthum Plin. 34. 32.


Eingliedriges Kryſtallſyſtem, Kupfer Pogg. Ann. 8. 218,
vom Typus des Axinit pag. 271. Künſtlich kann man die ſchönſten Kryſtalle
leicht haben: T = a : b : ∞c bildet nahezu ein Rechteck, weßhalb man ſie

[figure]

leicht findet, ſie macht mit M = a : b' : ∞c
eine rhomboidiſche Säule von 123° 10′ =
M/T. Eine Doppeltſchiefendfläche P = a : c : ∞b
bildet in Kante P/T 127° 40′, in P/M 109°
15′; eine hintere Gegenfläche p = a' : c : ∞b
liegt mit P und n = a : ∞b : ∞c, welche
die ſtumpfe Säulenkante T/M abſtumpft, in
einer Zone. Die Abſtumpfungsfläche der ſcharfen
Säulenkante r = b : ∞a : ∞c beſtimmt in
P und p die Diagonalzone. Daraus ergibt
ſich in Zone p/r und P/T die o = a' : ½b' : c
und in Zone P/r und P/M die v = a' : ½b : c.
Vorn dagegen in P/r und v/n die s = a : ½b : c.
Die Säulenfläche l = a' : ½b' : ∞c ſtumpft
die Kante T/r ab und liegt zugleich in o/s.
Daraus ergibt ſich dann q = a' : c : ¼b' in
P/l und r/p gelegen. Fläche i = a : c : ⅙b'
ſtumpft P/r und q/M ab, endlich ſtumpft w =
[445]II. Cl. Saliniſche Steine: Alaun.
a' : ⅙b' : c die Kante q/r ab, und fällt dabei in Zone i/n. Stellen wir
alſo die Säule M/T aufrecht, P nach vorn, und s nach rechts, ſo iſt die
Diagonalzone von p hinten links am reichſten entwickelt, aber alle Flächen
laſſen ſich leicht aus den Zonen beſtimmen. Die Größe der Axen und
Axenwinkel haben kein Intereſſe, denn am leichteſten kommt man durch
Triangulation zur Kenntniß der Winkel, wobei einem die Projection faſt
unentbehrlich wird. Von den


Optiſchen Axen (Pogg. Ann. 82. 63) geht eine der Kante P/T
parallel, die andere liegt in n = a : ∞b : ∞c, und halbirt faſt genau
den ſtumpfen Winkel, welchen Kante P/n und n/T mit einander machen.
Die Axen ſchneiden ſich unter 45° und ihre Ebene ſteht ſenkrecht auf P.
Laſurblau bis Spangrün, Gew. = 2,25, Härte 3. Bildet ſich auf
Grubenbauen durch Zerſetzung des Kupferkieſes, doch bedarf man derſelben
wegen der Pracht der künſtlichen nicht. Da er ſich im Waſſer leicht löst,
und ſich auf hineingehaltenem Eiſen das Kupfer gediegen niederſchlägt,
ſo werden die Vitriolwaſſer auf den Gruben in Goslar, Fahlun ꝛc. auf
Cämentkupfer (Kupfer, was ſich auf Eiſen niederſchlägt) benutzt.
Findet beſonders in der Färberei Anwendung. Schon Plinius 34. 32 er-
zählt ſeine Bereitung in Spanien ausführlich, und ſagt, daß man die
Lauge in Bottige ſchütte und Stricke hineingehängt würden, quibus ad-
haerens limus, vitreis acinis imaginem quandam uvae reddit ...., color
est caeruleus, vitrumque esse creditus
, woher der Name vitriolum Agri-
cola
589 ſeinen Urſprung hat.


6. Alaun.


Alumen Plinius 35. 52, Alaun Agricola 703, engliſch Alum, franzö-
ſiſch Alun.


Reguläre Oktaeder mit abgeſtumpften Ecken und Kanten, Oktaeder
und Würfel kommen jedes für ſich ſelbſtſtändig vor, das Granatoktaeder
aber nicht. Schon Hauy kannte Zwillinge, ſie ſind aber nicht gewöhnlich.
Gew. 1,7—2, H. = 2—3, Geſchmack ſüßlich zuſammenziehend. Da
Kalialaun in heißem Waſſer 25mal löslicher als im kalten iſt, ſo eignet
er ſich ganz beſonders zur Bereitung künſtlicher Kryſtalle. Gewöhnlich
kryſtalliſiren Oktaeder, allein von Tolfa und Beglückte Hoffnung im Bay-
reutiſchen bekommt man vollſtändige Würfel. Gießt man nämlich zur
Löſung Soda, ſo bildet ſich ein Niederſchlag, der wieder gelöst wird, wenn
man nicht zu viel Soda hinzuſetzt, man nennt das neutralen Alaun,
der baſiſch ſchwefelſaure Thonerde enthält (A̶⃛l2 S⃛3), und läßt man dieſen
verdampfen, ſo kryſtalliſiren Würfel. Schon Dr. Leblanc beſchäftigte ſich
mit Verfertigung von Kryſtallen (Annales phys. 1788. XXIII.375): läßt
man ſie mehrmals umkryſtalliſiren, ſo kommen Oktaeder mit abgeſtumpften
Kanten; ſetzt man aber phosphorſaures oder ſalpeterſaures Natron zu, ſo
kommen vollkommene Oktaeder ohne abgeſtumpfte Kanten; auf Zuſatz von
ſalpeterſaurem Kupfer kommen Oktaeder mit Würfel. Macht man die
Löſung durch K̇ C̈ baſiſch, ſo kryſtalliſiren Würfel heraus. Und für Hauy
war es kein geringer Triumph, daß ein Alaunoktaeder in eine Flüſſigkeit
gelegt, welche Würfelflächen liefert, die Würfelflächen gemäß ſeiner De-
crescenzgeſetze bekam. Beudant (Annal. chim. phys. VIII.5) ſuchte zu
[446]II. Cl. Saliniſche Steine: Alaun.
zeigen, daß die Kryſtalle einfach würden, wenn in der Lauge feine fremd-
artige Theile ſuſpendirt ſind. In verſchloſſenen Gefäßen über 100° C.
erhitzt, bekam er einfache Granatoeder, ſelbſt Leucitoeder! Schon Leblanc
brachte es durch Umwenden der Kryſtalle dahin, ganz beliebige Ausdeh-
nungen einzelner Flächen zu erlangen. Lamellarpolariſation.


(K̇, Ṅa, Ȧm, Ṁg, Ḟe, Ṁn) S⃛ + A̶⃛l, F̶⃛e, M̶⃛n, C̶⃛r) S⃛3 + 24 Ḣ̶
Die Formel ohne Waſſer hat die Form des Feldſpaths, und liefert ein
wichtiges Beiſpiel für Iſomorphismus. Vor dem Löthrohr entweicht das
Waſſer, es bildet ſich gleich eine weiße aufgeblähte Schlacke, die mit blen-
dendem Lichte leuchtet, und mit Kobaltlöſung blau wird, was die Thon-
erde anzeigt.


Bildet ſich in der Natur in Schieferthonen und Kohlengebirgen, welche
von fein vertheiltem Schwefelkies durchdrungen ſind (Alaunſchiefer), bei
Andrarum in Norwegen iſt es Uebergangsgebirge, zu Oedendorf bei Hall
Lettenkohle, zu Whitby Lias, bei Freienwald und Buxweiler Braunkohlen-
gebirge ꝛc. Friſch gegraben zeigt der Schiefer oft nicht die Spnr von
Alaun, allein an der Luft, namentlich durch Feuer unterſtützt, erzeugt der
Schwefelkies Schwefelſäure, die an K̇, Ḟe und A̶⃛l tritt; das ſchwefelſaure
Eiſenoxydul wird leicht zu baſiſchem Oxydſalze, wodurch wieder verwend-
bare Schwefelſäure entſteht. Kalkreichthum wird nicht gern geſehen, weil
ſich daraus auf Koſten des Alauns Gyps bildet. Gewöhnlich iſt Mangel
an Alkali, was durch Zuſatz verbeſſert wird. Vergleiche auch den Alaunſtein.


Hauptanwendung in der Färberei als Beizmittel. Man macht dar-
aus einen neutralen Alaun, der beim Erhitzen ſeine Thonerde leicht an
vegetabiliſche Faſer oder thieriſche Kohle abgibt.


KalialaunK̇ S⃛ + A̶⃛l S⃛3 + 24 Ḣ̶. Weil Kali die ſtärkſte Baſis,
ſo iſt er auch in der Natur der gewöhnlichſte, im Flözgebirge und in
Vulkanen. In ¾ Theilen heißem Waſſer löslich. Berühmt der römiſche
Alaun von Tolfa, welcher zwar trüb und röthlich von Eiſenoxyd iſt, allein
die Unreinigkeit iſt nur mechaniſch darinnen enthalten, und ſchlägt ſich in
den Waſchgefäßen zu Boden. Der Kalialaun der Solfatara von Poz-
zuoli bei Neapel und in der Grotte Capo di Miſeno führte, ehe man
etwas von der Gegenwart des Kali im Steinreich wußte, zu der damals
ſchwierigen Frage, woher bekommen die Vulkane dieſes „Gewächsalkali“?
Klaproth Beitr. I.315.


NatronalaunṄa S⃛ + A̶⃛l S⃛3 + 24 Ḣ̶, iſt im Waſſer viel löslicher,
man kann ihn daher nur aus ſehr concentrirten Löſungen, am beſten unter
einer Weingeiſtſchicht, die der Löſung Waſſer entzieht, darſtellen. Deshalb
muß auch Kali- und Ammoniakalaun frei von Natron ſein. Obgleich
eben ſo brauchbar, ſo verwittern doch ſeine Kryſtalle. Weiße Seidenartige
Faſern kommen in der Solfatara auf Milo bei Mendoza 30° S. B. auf
der Oſtſeite der Anden vor.


AmmoniakalaunȦm S⃛ + A̶⃛l S⃛ + 24 Ḣ̶ im Braunkohlengebirge von
Tſchermig an der Eger bei Kaden in Böhmen bildet er fettglänzende quer-
ſtrahlige Platten, die das Braunkohlenlager nach Art des Faſergypſes
durchſchwärmen. Streut man das Pulver mit Soda gemiſcht auf glü-
hende Kohlen, ſo zeigt ſich ein ausgezeichneter Ammoniakgeruch. Künſtlich
bekommt man ihn durch Zuſatz von gefaultem Urin, wie er zu Buxweiler
[447]II. Cl. Saliniſche Steine: Aluminit.
gemacht wird. Der Ammoniakalaun, und nur dieſer, zeigt nach Biot
Lamellarpolariſation. Der Böhmiſche hat ſchon einen Talkerdegehalt,
welcher das Ammoniak erſetzt, die Analyſen geben bis 6,6 p. C. Ammoniak.


Unter den künſtlichen kann man etwa erwähnen:


LithionalaunL̇ S⃛ + A̶⃛l S⃛3 + 24 Ḣ̶;


ManganalaunK̇ S⃛ + M̶⃛n S⃛3 + 24 Ḣ̶;


ChromalaunK̇ S⃛ + C̶⃛r S⃛3 + 24 Ḣ̶ von tief purpurrother Farbe;


EiſenalaunK̇ S⃛ + F̶⃛e S⃛3 + 24 Ḣ̶, in farbloſen Oktaedern, noch
leichter kryſtalliſirt


EiſenammoniakalaunȦm S⃛ + F̶⃛e S⃛3 + 24 Ḣ̶, der im
Großen für Färbereien dargeſtellt wird, wo man ein vollkommen neutrales
Eiſenoxyd in Anwendung bringen muß. Der


Voltait bildet ſich in ſchwarzen Oktaedern mit grünlichem Strich
in der Solfatara und ſoll nach Scacchi Ḟe S⃛ + F̶⃛e S⃛3 + 24 Ḣ̶ ſein,
während Abich andere Verhältniſſe fand.


Unter den natürlichen zeichnen ſich beſonders noch einige faſrige Vor-
kommen zum Theil in auffallender Schönheit aus:


Federalaun findet ſich in ſehr feinen gelblich weißen ſeidenglänzenden
Faſern, welche ſehr an Asbeſt erinnern, aber auf der Zunge zergehen.
Beſonders ausgezeichnet auf den Queckſilbergruben von Mörsfeld bei
Zweibrücken, wo die Analyſe von Rammelsberg (Pogg. Ann. 43. 404)
Ḟe S⃛ + A̶⃛l S⃛3 + 24 Ḣ̶ gab. Noch ſchöner iſt die ſchneeweiße ½ Fuß
lange Faſer aus einer Höhle am Bosjesmans River, welche ein 1\frac{1}{2} Zoll
dickes Lager von Bitterſalz deckt, und die nach Stromeyers Analyſe (Pogg.
Ann. 31. 137) (Ṁg, Ṁn) S⃛ + A̶⃛l S⃛3 + 24 Ḣ̶ alſo ein Mangantalkalaun
iſt. Ein reiner Manganalaun ohne Magneſia kommt in der Algoa-Bay
vor. Traubig und nadelförmig iſt auch das


Hverſalz von Kriſuvig auf Island an der Oberfläche vulkaniſcher
Geſteine, nach Forchhammer’s Analyſe (Ḟe, Ṁg) S⃛ + (A̶⃛l, F̶⃛e) S⃛3 +
24 Ḣ̶.


Halolrichit (Thonerde-Sulphat) hat man die fafrigen Salze genannt,
welche ſich in den Braunkohlengebirgen und beſonders in den Fumarolen
bilden, wenn Schwefelſäure auf Thonerde wirkt. Sie gleichen dem Feder-
alaun vollkommen, namentlich auch in Beziehung auf die gelbliche Farbe,
allein ſie beſtehen nur aus ſchwefelſaurer Thonerde A̶⃛l S⃛3 + 18 Ḣ̶, die
man künſtlich durch Auflöſen von Thonerde in Schwefelſäure und Ab-
dampfen in dünnen biegſamen Blättchen mit Perlmutterglanz gewinnen
kann, wie ſie H. Roſe (Pogg. Ann. 27. 317) von Copiapo nachgewieſen
hat. Bei ihrer Aehnlichkeit mit Federalaun können ſie leicht damit ver-
wechſelt, auch verunreinigt ſein. Werner begriff ſie unter ſeinem Haar-
ſalz. Fällt man die künſtliche ſchwefelſaure Thonerde mit Ammoniak, ſo
erhält man


AluminitA̶⃛l S⃛ + 9 Ḣ̶, ſchneeweiße Knollen, mit unebener Ober-
fläche, die kreideartig abfärben. Sie fanden ſich zuerſt in großer Menge
im botaniſchen Garten von Halle, von wo ſie Lerche in der Oryctographia
Halensis
1730 bereits als Lac lunae erwähnt. Lange hielt man ſie für reine
Thonerde, ſelbſt Klaproth, bis Simon die Schwefelſäure darin fand, die
[448]II. Cl. Saliniſche Steine: Alaunſtein.
auf 23,6 p. C. geht. Werner ſprach ſogar die Vermuthung aus, daß es
ein Kunſtprodukt der dortigen Waiſenhausapotheke ſein könne. Doch fand
ſich das Mineral weiter zu Morl, 1\frac{1}{2} Stunde von Halle, zu Newhaven
in England (Webſterit), in der Lettenkohlenformation von Friedrichshall
am Neckar, im Tertiärkalke von Auteuil bei Paris ꝛc. Löst ſich in Waſſer
nicht, wohl aber in Salpeterſäure, und leuchtet vor dem Löthrohr faſt
ſo ſtark, als die Schlacke des Alauns. Freilich häufig verunreinigt durch Thon.


Im Alaunſchiefer kommen noch allerlei unwichtige Verbindungen vor,
die kaum ein chemiſches Intereſſe haben, wie die von Werner ſo genannte
Bergbutter, welche aus dem Alaunſchiefer in butterartiger Conſiſtenz
hervortritt, und erſt ſpäter rigid wird; der Piſſophan, Tecticit; der Dia-
dochit iſt ſogar phosphorſäurehaltig. Sie können alle zur Alaunbereitung
verwerthet werden. Den beſten Alaun liefert jedoch der


Alaunſtein.


Alunit. Darunter verſtand man ſeit langer Zeit grauliche poröſe
trachytiſche Geſteine, welche durch Schwefelſäure zerſetzt die Beſtandtheile
des Alauns erlangt haben. Die Felſenmaſſen enthalten daher immer
einen bedeutenden Gehalt an Kieſelerde, bis auf 50 p. C., neben den
Beſtandtheilen des Kalialauns. Aus dem derben Stein ſelbſt würde man
keine Mineralſpecies zu machen wagen, denn jedes Feldſpathgeſtein, mehr
oder weniger lang von Schwefelſäure angegriffen, kann Gelegenheit zu
Alaunbildung geben. Allein es finden ſich kleine Druſenräume darin,
deren Wände mit kleinen Rhomboedern von 92° 50′ in der Endkante aus-
gekleidet ſind, oft geſellt ſich die Gradendfläche hinzu, dann kann man ſie
leicht für Oktaeder halten. Nach Breithaupt (Leonhard’s Jahrb. 1853. 476)
haben die Ungariſchen Rhomboeder in der Endkante 89° 10′, würden alſo
dem Würfel ſehr nahe ſtehen. Er glaubt auch das ſechſte ſtumpfere
Rhomboeder \frac{1}{64}a : \frac{1}{64}a : ∞a : c mit 177° 46′ in den Endkanten noch be-
ſtimmen zu können! Von den Kryſtallen konnte man noch nicht genug zur
Analyſe bekommen, und das Geſtein ſelbſt aber, deſſen Gewicht etwa 2,7
und deſſen Härte von 3—6 wechſelt, iſt zu ſehr gemengt, als daß man
auf die Formel
K̇ S⃛ + 3 A̶⃛l S⃛ + 6 Ḣ̶,
welche man nach Abzug der Kieſelerde bekommt, einen ſonderlichen Werth
legen dürfte. Vor dem Löthrohr zerkniſtern die kleinen Kryſtalle ſehr ſtark,
der Stein jedoch nicht, beide ſchmelzen nicht, werden aber mit Kobalt-
ſolution blau. Erſt nach dem Brennen kann man Alaun ausziehen. Die
berühmteſten Gruben finden ſich zu Tolfa bei Civitavecchia im Kirchen-
ſtaate. Der Stein wird gebrannt und 40 Tage lang mit Waſſer über-
goſſen, wobei er zerfällt und dann erſt ausgeſiedet wird. In Oberungarn
bei Muſay und Beregszaz wurde er lange als Mühlſtein verwendet, bis
man 1795 den Alaungehalt erkannte, auch am Mont Dore (Gilbert’s
Ann. 68. 33) hat ſich gefunden.


Waſſer Ḣ̶.


Das tropfbare und feſte Waſſer wird zwar von vielen Mineralogen
nicht abgehandelt. Indeß wenn irgend eine chemiſche Verbindung die
[449]II. Cl. Saliniſche Steine: Eis.
Aufmerkſamkeit des Mineralogen in Anſpruch nehmen muß, ſo iſt es
dieſe.


Eis. Das homogenſte iſt dennoch kryſtalliniſch, denn man darf nur
eine Eisplatte von 3—4 Linien Dicke in die Turmalinzange bringen, ſo
erkennt man ein ſchwarzes Kreuz, und entfernt davon Ringe, je dicker die
Platten, deſto mehr Ringe treten ins Feld. Daher muß es optiſch ein-
axig ſein, und die Hauptaxe ſenkrecht gegen die Waſſerfläche ſtehen. An
flachen Waſſertümpeln, in Fahrwegen ꝛc., wo der Waſſervorrath bis auf
den Grund ausgefroren iſt, findet man häufig reguläre ſechsſeitige Säulen
mit Gradendflächen. Die Maſſe beſteht aus zarten Fäden, die ſich auf
dem regulären Sechseck der Gradendfläche unter 60°, auf dem Viereck der
Seiten unter 90° ſchneiden. Die Säulenflächen verjüngen ſich auch hin
und wieder treppenförmig zu einer Art von Dihexaeder, deſſen Winkel
verſchieden angegeben werden nach Smithſon 80°, nach Galle (Pogg. Ann.
49. 242) 59° 21′ in den Seitenkanten. Auch Leydolt (Sitzungsber. Kaiſ.

[figure]

Akad. Wiſſenſch. Wien VII.477) beobachtete im Eiſe Höh-
len, die einer regulären ſechsſeitigen Säule mit Gradend-
fläche entſprechen, und zuweilen an den Endkanten noch
dihexaedriſche Abſtumpfungen hatten. Auch beim Quarze
von Schemnitz und bei Topasgeſchieben von Braſilien kom-
men ſolche hohlen Räume vor, die genau der Form des Minerals ent-
ſprechen ſollen. Clarke will Rhomboeder mit 120° in den Endkanten
geſehen haben.


Jedenfalls gehört das Eis dem 3 + 1axigen Syſteme an, und in Eis-
platten ſtehen ſämmtliche Hauptaxen c einander parallel. Beim Schmelzen
zeigt ſich daher auch eine Neigung parallel dieſer Axe, in ſtängliche Stücke
zu zerfallen. Bei Eiszapfen ſtehen die Axen c ſenkrecht gegen die Längs-
richtung des Zapfens.


Farblos in kleinen Stücken, in großen grünlich blau, wie das
Gletſchereis zeigt. Gew. = 0,9268, es ſetzt ſich daher glücklicher Weiſe
meiſt an der Oberfläche ab, und ſchützt als ſchlechter Wärmer das dar-
unter fließende Waſſer vor dem Ausfrieren. Doch kommt auch


Grundeis vor, welches ſich beſonders an rauhen Gegenſtänden der
Tiefe abſetzt, und Steine, Anker, ſelbſt große Laſten vom Boden empor
hebt (Pogg. Ann. 28. 204).


Das Waſſer gefriert bei 0°, beſonders wenn eine kleine Erſchütterung
eintritt, ganz ruhiges Waſſer kann viel kälter werden. Es ſcheidet dabei
alle gelösten Salze aus, daher laſſen ſich Wein, Bier, Salzſolen durch
Froſt concentriren. Doch ſchließt das Eis immer kleine Blaſen unge-
frornen Waſſers ein, beſonders wenn es ſchnell gefriert, und nach Brew-
ſter ſoll dieſer Einſchluß ſelbſt bei der ſtärkſten Kälte flüſſig bleiben (Pogg.
Ann. 7. 509). Daraus läßt ſich ein kleiner Salzgehalt des Meereiſes
erklären.


Die hohe See gefriert ſelbſt in den kälteſten Gegenden nur an den
Küſten des Feſtlandes und der Inſeln. Tiefe Waſſer gebrauchen über-
haupt längere Zeit zum Gefrieren als flache, weil die ganze Maſſe erſt
auf einen niedern Temperaturgrad gebracht werden muß, ehe die Ober-
fläche ſich verdichten kann. Das Maximum der Dichtigkeit des Süßwaſſers
tritt bei + 4° C. ein, alle kältern Mengen ſchwimmen daher oben. Das
Quenſtedt, Mineralogie. 29
[450]II. Cl. Saliniſche Steine: Hagel, Schnee.
Meerwaſſer hat dagegen bis an das Eis hin (— 3,1 R.) kein Maximum,
Ermann Pogg. Ann. 12. 463. Die Mächtigkeit des Gletſchereiſes erreicht
in den Alpen bis 1000 Fuß.


Hagel. Bei ſtarkem Hagelwetter fällt er in regelmäßigen Kugeln,
die einen Durchmeſſer von ½″—1″ haben, und viel Durchſcheinenheit be-

[figure]

ſitzen. Schneeweiße Stellen geben ihm öfter ein wolkiges auch
concentriſchſchaaliges Ausſehen. Gewöhnlich fällt er jedoch in
pyramidenförmigen Stücken, deren Baſis ſich kugelförmig rundet,
deren Spitze wie es ſcheint von undeutlichen Flächen begränzt
wird. Ihre Zahl möchte man zwar gern auf ſechs beſtimmen, weil man
beim Eiſe überhaupt an dihexaedriſche Bildungen denkt, doch gelingt ein
ſcharfes Zählen nicht. Es mag dieſe Zuſpitzung zur falſchen Vorſtellung,
als ſeien ſie „birnförmig oder pilzartig“ (L. v. Buch Abh. Berl. Akad.
Wiſſ. 1814. 75) geführt haben. Cap. Delcroß (Gilbert’s Ann. 68. 323)
hat die vielleicht begründete Vermuthung ausgeſprochen, es ſeien dieſe
Pyramiden Theile geſprengter Kugeln. Jedenfalls ſchwebt über der Sache
noch ein Dunkel. Die Oberfläche iſt bei friſchfallendem auch wohl wie
bepudert, aber der Schneepuder ſchmilzt ſchnell ab. Hagelkörner von Fauſt-
größe und darüber mögen immer Conglomerate von mehreren an einander
gebackenen Kugeln und Pyramiden ſein, daher iſt auch ihre Oberfläche
nicht rund, ſondern unregelmäßig höckerig. Arrago (Pogg. Ann. 13. 347)
erwähnt Klumpen von 4″ Durchmeſſer und 14″ Umfang. Zu Tippoo
Saheb’s Zeit ſoll bei Seringopatam in Indien eine Maſſe von Elephanten-
größe herabgefallen ſein! Nach dem Berichte der Officiere wirkte ſie auf
die Haut wie Feuer! (Eis iſt nämlich in Indien ein ſehr unbekanntes
Ding.) Wenn aber Knollen zerſprengt würden und ſich ballen könnten,
ſo könnte das die Anſicht von Volta unterſtützen, welcher meinte, daß die
Hagelkörner zwiſchen zwei elektriſchen Wolken lange Zeit ſich ſchwebend zu
erhalten vermöchten. Große Hagelkörner fallen nur zur heißen Jahres-
zeit, und zwar geht ihre Bildung in den tiefſten Regionen der Atmoſphäre
vor ſich. Die Graupeln (franzöſiſch Gresil), kleinere Körner, aber häufig
auch noch von pyramidaler Form, fallen zur kältern Jahreszeit. Ver-
gleiche auch Nov. Act. Leop. 1823. XI.2. Bericht Leipz. Soc. 1853.
pag. 133.


Schnee iſt gefrorener Waſſerdunſt, der in feinen ſechsſeitigen Stern-

[figure]

chen aus der Luft zu Boden fällt. Je trockener die Luft,
deſto kleiner, aber auch deſto zierlicher ſind die Figuren. Der
Reif hat dieſelbe Form, und auch am blumigen Beſchlage ge-
frorner Fenſterſcheiben findet man nicht ſelten wenigſtens An-
fänge ſolcher Sterne. So habe ich im Winter 1853/54 meh-
rere Male mit großer Deutlichkeit beiſtehende Sterne an den Fenſter-
ſcheiben der hieſigen mineralogiſchen Sammlung beobachtet. Im Sterne
zeichnen ſich gewöhnlich die drei Hauptaxen durch Dicke aus. Davon
gehen dann feinere Nebenlinien in großer Zahl ab, aber alle ſchneiden
ſich in der Ebene der Axen unter 60° und 120°. Die Mannigfaltigkeit,
welche aus ſo einfacher Lineation entſtehen kann, hat ſeit Olaus Magnus,
Kepler (de nive sexangula), Cartesius, E. Bartholinus (de figura nivis
1661) etc.
die verſchiedenſten Köpfe angezogen. Kryſtallographiſch bieten
ſie wenig Schwierigkeit. Vielleicht kann man zweierlei etwas weſentlichere
[451]II. Cl. Saliniſche Steine: Schnee, Waſſer.
Unterſchiede feſthalten: gepuderte und eiſige. Die eiſigen bilden Eis-

[figure]

platten mit gezackten Rändern, die 6zahl iſt dann vorherrſchend,
doch kommen auch 12ſtrahlige, ganzrandige ꝛc. vor, aber keine
Linie iſt daran, die nicht einer der Hauptaxen parallel ginge. Sie
ſcheinen ſo homogen, daß man [ſie] wohl durch polariſirtes Licht dürfte
prüfen können, zumal da ſie glasartig durchſcheinend ſind. Die gepu-
derten
ſind durch die Menge der Linien und Schneeflocken, welche auf
ihnen haften, viel complicirter und häufig dadurch undeutlich. So lange

[figure]

man aber Lineationen deutlich verfolgen kann, gehen ſie im-
mer den Hauptaxen parallel. Alle dieſe Sterne ſind tafel-
artig und äußerſt ſelten anders. In Größe überſteigen ſie
wenige Linien nicht, und je kleiner, deſto beſtimmter und
zierlicher. Die großen Schneeflocken ſind immer Haufwerke
von kleinern, und zur Beobachtung der Formen gar nicht geeignet. Merk-
würdiger Weiſe finden ſich bei ein und demſelben Schneefall nicht blos
verſchiedene Formen, ſondern auch gepuderte und eiſige kommen durchein-
ander herab. Sie kommen offenbar aus verſchiedenen Regionen, die eiſigen
vielleicht aus den höhern Luftſchichten. Zeichnungen verdankt man dem
Prediger Scoresby, der als Capitain eines Walfiſchfänger in dem Polar-
meer zur Beobachtung vielfache Gelegenheit hatte. Neben vielerlei Sternen

[figure]

hat derſelbe auch einmal halbe Diheraeder, wie beim Hagel, ge-
ſehen (vielleicht waren es Graupeln), und einmal bedeckte ſich
das Schiff mit eigenthümlichen ſechsſeitigen Prismen, die ſich an
den Enden, und zuweilen auch in der Mitte zu ſechsſeitigen
Platten ausbreiteten, Kämtz, Vorleſungen über Mineralogie.
1840. pag. 154. Dr. Schuhmacher, die Kryſtalliſation des Eiſes
1844, hat den Gegenſtand monographiſch behandelt.


G. Roſe (Ural. Reiſe I.405) macht bei Beſchreibung der dendritiſchen
Zwillinge des Kupfers auf die Aehnlichkeit mit Schneekryſtallen aufmerkſam,
und hält es für ſehr wahrſcheinlich, daß auch ſie zum regulären Kryſtallſyſteme
gehören. Unmöglich iſt eine ſolche Anſicht der Sache nicht. Auch könnte man
von chemiſcher Seite geltend machen, daß ein Kryſtalliſiren durch Sublimation
gar wohl eine andere Form erzeugen dürfte, als das Kryſtalliſiren durch
Erkalten. Aber direkt beweiſen kann man es für den Schnee nicht.


Waſſer. Ob das reine Waſſer eine Farbe habe oder nicht, iſt nicht
ſo leicht ausgemacht. Das Caraibiſche Meer ſoll ſo klar ſein, daß das
Hinabſchauen Schwindel erregt. Sieht man durch eine enge Oeffnung
auf das tiefe klare Meer, ſo erſcheint es geſättigt Ultramarinblau, mit
der Taucherglocke kann man bemerken, daß es rothe Strahlen durchläßt,
und grüne zurückwirft. Die ſchöne blaugrüne Farbe der Rhone bei
Genf, des Rheins bei Schaffhauſen, des Doubs im Jura, des Blautopfs
bei Blaubeuren ꝛc. ſind bekannt. Flüſſe der Moorgegenden ſind braun:
die Schuſſen in Oberſchwaben. In den Urwäldern des Orinocco führen
die Waſſer ſo viel humusſaure Salze, daß ſie eine Kaffeebraune Farbe
annehmen, im Glaſe goldgelb, im Schatten tintenſchwarz ausſehen.


Das Waſſer abſorbirt Luftarten, und zwar um ſo mehr, je ſtärker
der Druck. Bei gewöhnlichem Druck nimmt 1 Volumen Waſſer 1,06
Volumen Kohlenſäure auf, bei 7 Atmoſphäre Druck (gleich einer Waſſer-
ſäule von 32′ · 7 = 224′) dagegen ſchon 5mal ſo viel, alſo 5,3 Vol. C̈.
29*
[452]II. Cl. Saliniſche Steine: Waſſer, Meerwaſſer.
Läßt dieſer Druck nach, tritt z. B. ſolches Waſſer aus dem Erdinnern an
die Oberfläche, ſo muß die Kohlenſäure entweichen, was meiſt mit ſtarkem
Brodeln geſchieht. Es enthalten die Quellen von Niedernau, Cannſtadt,
Selters 1 Vol. , Imnau 1\frac{1}{2} Vol., Gailnau 1,6 Vol., Burgbrohl in der
Eifel 5,3 Vol., ungefähr das bekannte Maximum.


Beſtandtheile: Natron (Ṅa C̈, Na C̶l, Ṅa S⃛) gehört bei weitem
zu den gewöhnlichſten, ſeltener ſchon Kali an Chlor gebunden z. B. in der
Soole von Berchtesgaden. Lithion im Karlsbader Sprudel, der Kreuz-
brunnen zu Marienbad enthält \frac{1}{70000}L̇i C̈.Kalkerde und Talkerde
ſehr verbreitet. Strontianerde iſt zwar ſelten, doch kommt ſie im
Karlsbader-, Pyrmonter-, Selters-Waſſer vor, noch ſeltener Baryterde,
wie zu Ems und Pyrmont. Thonerde an Alaun gebunden zu Bath
in England, Halle an der Saale. Unter den Metallen finden ſich nicht
blos die ganz gewöhnlichen Eiſenoxydul, Manganoxydul, Zink-
oxyd
ꝛc. häufig, ſondern auch ſeltenere ſind beſonders in den Quellen-
abſätzen gefunden worden: Arſenik und Kupfer in den Schwarzwald-
quellen, Antimon in den Thermen von Wiesbaden, Zinn in dem Said-
ſchützer Bitterwaſſer, ohne Zweifel aus dem dortigen Olivin pag. 219
ſtammend, Blei im Säuerlinge von Rippoldsau. Von den Säuren
ſpielen beſonders Kohlenſäure, Phosphorſäure, Kieſelſäure,
Borſäure, Chlor, Brom, Jod, Fluor
eine Rolle, Quellſäure,
Stickſtoffverbindungen (Barègine). Ja man wird bald ſagen können, es
kommen mit Wahrſcheinlichkeit alle Subſtanzen gelöst im Waſſer vor.


Meerwaſſer


nimmt an der Erdoberfläche den größten Antheil, denn es verhält ſich
Land : Meer = 10 : 27, und das Senkblei iſt im atlantiſchen Ocean
auf 43,000′ hinabgelaſſen, welche ungeheure Tiefe die Höhe der Berge
noch ein Bedeutendes übertrifft. Unter den Tropen beträgt in der Tiefe
die Temperatur nur 2° Reaum., während die Oberfläche 22° zeigt, der
kalte Polarſtrom iſt daran ſchuld. Wegen des Salzgehaltes iſt ſein Ge-
wicht 1,028. Mulder (Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 55. 499) fand in
5000 Theilen Flußwaſſer aus den Niederlanden 1 Theil Salze, während
in derſelben Menge Meerwaſſer 185 Theile vorkamen, und wo die Nordſee
3,187 feſte Theile hat, hat das Mittelmeer 4,1. Das Salz des atlantiſchen
Oceans beſteht in 100 Theilen aus 78,5 Chlornatrium, 9,4 Chlormagne-
ſium, 6,4 ſchwefelſaurer Magneſia, 4,4 ſchwefelſaurem Kalk, 1 Chlor-
kalium, 0,17 Brommagneſium, 0,04 kohlenſaurem Kalk, 0,009 Kieſelſäure,
0,13 Ammoniak. Das Meerwaſſer ſchmeckt daher bitter.


Meere und Seen ohne Abfluß zeigen gewöhnlich einen großen Ge-
halt an Chlormagneſium. Chr. Gmelin (Pogg. Ann. 9. 177) fand im
Waſſer des Todten Meeres von 1,21 ſpecifiſchem Gewicht 11,77 Mg C̶l,
7,07 Na C̶l, 3,21 Ca C̶l, 0,44 Mg B̶r
im Ganzen 24,54 Salz und 75,46
Waſſer. Es iſt alſo eine wahre Salzlake. Aebnlich der Eltonſee mit
19,7 Mg C̶l, 5,3 Ṁg S⃛, 3,8 Na C̶l, zuſammen 29,2 feſter Beſtandtheile!
Vergleiche pag. 428.


Die Soolquellen, meiſt im Steinſalzgebirge entſpringend, haben
mit dem Meerwaſſer Aehnlichkeit, nur herrſcht das Chlornatrium ſtärker
[453]II. Cl. Saliniſche Steine: Quellwaſſer.
vor, während Bitterſalz zurücktritt. Dagegen findet ſich gern ein größerer
Gypsgehalt.


Das Fundbohrloch zu Friedrichshall am untern Neckar, ſeit 1816
im Betrieb, hat eine 26gradige Soole mit 25,56 Na C̶l, 0,437 Ċa S⃛, 0,01
Ċa C̈, 0,006 Mg C̶l, 0,002 Ṁg S⃛.
Die beim Salzſieden gewonnene Mutter-
lauge enthält:


24,5 Na C̶l, 0,025 Na B̶r, 0,23 Ca C̶l, 0,52 Mg C̶l, 0.42 Ca S⃛.
Für mediciniſche Zwecke hat man ſie durch Eindampfen concentrirt, wobei
ſich vorzugsweiſe Na C̶l ausſcheidet, und eine Lauge mit 10 Na C̶l, 0,75
Na B̶r, 9,8 Mg C̶l, 4,9 Ca C̶l, 1,23 K C̶l
bleibt. Es entſteht auf dieſe
Weiſe wie in den Bitterſeen eine an Chlormagneſium reiche Miſchung.


Quellwaſſer


ſind alle hart, d. h. ſie zerſetzen die Seife, weil ſie nämlich Salze gelöst
halten. Die gewöhnlichſten Beſtandtheile ſind Kohlenſäure, entweder frei
oder an Kalkerde gebunden, als ſogenannte doppeltkohlenſaure Kalkerde.
Bei Verluſt der Kohlenſäure laſſen ſie den Kalk fallen (incruſtirende
Quellen). Kommen ſolche zufällig heiß aus der Erde, ſo geht die Ueber-
ſinterung fremder Gegenſtände mit Kalkſtein ſchnell von Statten. Das
Waſſer bekommt durch den kehlenſauren Kalk einen angenehmen Geſchmack,
wie an der ſchwäbiſchen Alp. Die reinſten Quellen findet man im Ur-
gebirge, Buntenſandſtein ꝛc., aber dieſe ſchmecken etwas fade, wie z. B.
auf dem Schwarzwalde. Herrſcht die Kohlenſäure ſo weit vor, daß ſie
beim Einſchenken ſtark perlen, ſo heißt man ſie


Säuerlinge (Sauerwaſſer). Es iſt dieß die größte Klaſſe der Heil-
quellen. Die einen ſchmecken äußerſt angenehm, und werden mit großer
Vorſicht gefüllt und verſendet. Das Selterswaſſer füllt man Nachts,
weil es dann die meiſte Kohlenſäure haben ſoll. Wenn ſie nur wenige
feſte Beſtandtheile haben, ſo heißen ſie ächte Säuerlinge, ſie trüben
Kalkwaſſer ſtark, löſen aber im Ueberſchuß den Niederſchlag wieder, in-
dem ſich ſaurer kohlenſaurer Kalk bildet. Nach ihren feſten Beſtandtheilen
hat man ſie in verſchiedene Unterabtheilungen gebracht, am erkennbarſten
darunter ſind die ſogenannten Stahlwaſſer oder Eiſenſäuerlinge,
weil ein unbedeutender Gehalt an Ḟe C̈ der Quelle einen Dintenaeſchmack
gibt: Struve fand in der Pyrmonter Trinkquelle in 1 ℔ = 7680 Gran
nur 0,49 Gr. Ḟe C̈, die Dintenquelle von Teinach im Schwarzwalde ent-
hält in der gleichen Menge ¾ Gran. Wie weſentlich der Gehalt der
Waſſer von dem Boden abhängt, aus welchem die Quelle hervorkommt,
das zeigen in auffallendem Grade die


Schwefelwaſſer (aquae hepaticae). Sie verbreiten einen Geruch
nach faulen Eiern, haben einen widrigen Geſchmack, hineingeworfene
Silbermünzen werden ſchwarz. Am ſtärkſten ſind die kalten, welche in
100 Maß Waſſer 4 Maß Schwefelwaſſerſtoff enthalten können. Am
Fuße der ſchwäbiſchen Alp treten aus dem obern Liasſchiefer eine ganze
Reihe ſolcher Quellen, worunter Boll die berühmteſte: zunächſt zerſetzt
ſich der fein vertheilte Schwefelkies des Gebirges zu ſchwefelſauren Salzen.
Da nun aber zugleich viel Bitumen vorkommt, ſo wirkt derſelbe desoxydi-
[454]II. Cl. Saliniſche Steine: Quellen.
rend, erzeugt Schwefellebern, durch deren Zuſatz Schwefelwaſſerſtoff ent-
ſteht, was die Quellen aufnehmen. Selbſt der Gyps kann ſolchen des-
oxydirenden Einwirkungen nicht widerſtehen. Die heißen Schwefelwaſſer
von Aachen und in den Pyrenäen ſind zwar nicht ſo ſtark als die kalten,
aber auch hier ſcheinen organiſche Stoffe auf ſchwefelſaure Salze einge-
wirkt zu haben, wie ſchon der Gehalt an Barègine in den Pyrenäen-
bädern beweist. Selbſt das H̶S in Vulkanen könnte in den mit organi-
ſchen Subſtanzen geſchwängerten Meerwaſſern ſeinen Grund haben. Auch die


Gypshaltigen Waſſer, welche ſich auf Zuſatz von Alkohol
trüben, haben ihren Sitz vor allen im Gypsgebirge, man findet ſie be-
ſonders in der Unterregion des Keupers von Schwaben, wo das anſte-
hende Gypsgebirge über den Urſprung gar keinen Zweifel läßt.


Es gibt noch eine Menge mineraliſcher Waſſer, welche in unmittel-
barem Zuſammenhange mit chemiſchen Proceſſen im Erdinnern ſtehen, ſo
die Eiſenvitriolwaſſer von [Alexisbad] am Unterharze, welche aus
einem alten verlaſſenen Stollen kommen; die Cementwaſſer in großen
Grubenbauen von Goslar, Fahlun, Neuſohl ꝛc., welche Kupfer- und Eiſen-
vitriol enthalten, daher auf Eiſen Kupfer abſetzen; Waſſer mit freier
Salzſäure (Rio Vinagre) kommt in einem gewaltigen Strome von der
Höhe des Vulkans von Purace bei Popayan herab: in ſeinen weit-
berühmten Waſſerfällen wird der Waſſerſtaub dem Auge beſchwerlich, und
beim Eintritt in den Rio Cauca vertreibt er auf 4 Meilen alle Fiſche,
obgleich 1000 Theile Waſſer nur 6,8 freie Salzſäure enthalten.


Das Waſſer enthält außer den Beſtandtheilen, welche ſich durch di-
rekte Analyſe nachweiſen laſſen, noch andere Beimiſchungen, aber in ſo
kleinen Mengen, daß man lange von ihrer Exiſtenz darin nichts wußte.
Prüft man dagegen die Quellenabſätze, ſo kommen ſie zum Vorſchein!
Walchner fand 1844, daß eine große Reihe von Mineralquellen Arſenik
und Kupfer in ihrem Quellenſchlamm bergen (Cannſtadt, Rippoldsau,
Ems, Wiesbaden, Pyrmont ꝛc.). Der Ocker von Cannſtadt (Jahreshefte
vaterl. Naturk. Württemb. III.257) enthält 60,9 Eiſenoxydhydrat, 9,4
kohlenſauren Kalk, 5,4 Kieſelſäure ꝛc. und 0,8 p. C. arſenige Säure.
Der Sprudelſtein von Karlsbad 0,27 Arſenik. Nähme man an, daß im
Waſſer Arſenik und Eiſen in demſelben Verhältniß enthalten ſeien, wie
im Abſatz, ſo kämen bei Cannſtadt auf 10 Millionen Theile Waſſer 1,5
Arſenik, oder auf 220 Maas 1 Gran. Will berechnete im Waſſer der
Joſephsquelle von Rippoldsau auf 1000 Millionen Theile Waſſer 600 A̶⃛s,
104 Ċu, 25 S̈n, 16 S̶⃛b;
der Ocker enthält 50,6 F̶⃛e und 1,13 p. C. Me-
talle, im metalliſchen Zuſtand berechnet.


Derartige Unterſuchungen zeigen zu deutlich, wie durch die Waſſer
ſeltene Stoffe nach den verſchiedenſten Gegenden hingeführt werden können.
Sie werfen in ſofern Licht auf die Möglichkeit der Bildung ſelbſt ſeltener
Mineralſtoffe im Schooße der Erde auf naſſem Wege pag. 147. Deshalb
durften wir auch das Waſſer überhaupt nicht unerwähnt laſſen.


[[455]]

Anhang.
Künſtliche Kryſtalle


(chemiſche Präparate) ſollten im Grunde genommen, wenigſtens was ihre
Form und äußere Beſchreibung betrifft, auch in der Mineralogie erwähnt
werden. Doch fehlt es dazu an ſyſtematiſchen Vorarbeiten, auch würde
man hier nicht gut anders als an der Hand eines ſtrengen chemiſchen
Syſtems gehen können. Ja, da die Chemikalien für die Kryſtallographie
theilweis ſo vortreffliche Beiſpiele liefern, ſo iſt es zu bedauern, daß man
die Scheidewand zwiſchen Kunſt und Natur hier ſo nachdrücklich feſt zu
halten ſtrebt, eine Scheidewand, die eigentlich gar nicht da iſt. Ich will
im Nachfolgenden nur beiſpielsweiſe Einiges hervorheben, da es mir im
Ganzen ſehr an Material dazu gebricht. Es bedarf zum Erkennen ſolcher
Sachen gerade nicht immer genauer mühſamer Meſſungen: denn was
thut es, ob ein Winkel ein Paar Grade größer oder kleiner iſt, das
Weſen bleibt immer das Erkennen des Syſtems. Ja ich kann mit einer
Kryſtallbildung vortrefflich vertraut ſein, ohne auch nur ein Mal an eine
Winkelgröße gedacht zu haben. Das iſt der Standpunkt der Weißiſchen
Zonenlehre. Vieles findet man in Dr. Herrmann Kopp’s Einleitung in
die Kryſtallographie. Braunſchweig 1849.


1. ZuckerC12 H11 O11.


Den bekannten Kandis-Zucker (Rohrzucker), welcher braun bis farblos
käuflich zu haben iſt, kann man ſich leicht in Kryſtallen verſchaffen. Schon

[figure]

Brewſter entdeckte daran die Thermoelektricität,
Prof. Hankel (Pogg. Ann. 49. 495) hat ſie be-
ſchrieben und Kopp (Kryſtallogr. §. 358) mit dem
Reflexionsgoniometer gemeſſen. Oberflächlich ange-
ſehen erſcheinen ſie als Oblongoktaeder T P x, mit
abgeſtumpfter Endecke k. Allein nimmt man freie
tafelförmige Kryſtalle, ſo ſind das faſt immer Zwil-
linge, welche die Säule T/T gemein haben, und
deren Endflächen (y mit x') nicht einſpiegeln. Damit iſt ſogleich ohne
irgend eine Meſſung das


2 + 1gliedrige Syſtem bewieſen (ſiehe Weinſäure): eine
geſchobene Säule T = a : b : ∞c macht vorn über k 78° 30′, ihr ſeit-
licher Winkel von 101° 30′ kann wegen ſeiner guten Ausbildung mit dem
[456]Anhang. Künſtliche Kryſtalle: Weinſäure.
Anlegegoniometer leicht controlirt werden. Die vordere Säulenkante k =
a : ∞b : ∞c
macht durch vorherrſchende Ausdehnung die Kryſtalle häufig
tafelartig. Dieſe k iſt ziemlich deutlich blättrig, und läßt ſich mit dem
Meſſer ſpalten. Von den Schiefendflächen iſt die etwas druſige P =
a : c : ∞b
, 76° 44′ gegen Axe c, häufig etwas ſtärker ausgedehnt, als
die glattere hintere Gegenfläche x = a' : c : ∞b, 64° 12 gegen Axe c.
Da alſo P/k = 103° 22′ und P/x = 115° 48′ iſt, ſo kann man beide
mit dem Anlegegoniometer nicht verwechſeln. Bei guten Kryſtallen findet
ſich unter P noch eine deutliche Abſtumpfung y = c : ⅓a : ∞b, welche
auf der Hinterſeite nicht iſt, und daher die Zwillinge ſo augenfällig
macht. Höchſt eigenthümlich iſt eine Fläche aus der Diagonalzone von
P die zugleich T/x abſtumpft, folglich o = a : c : ½b. Nach Hankel
kommt ſie nur einſeitig vor: und zwar liegt ſie nur rechts unten und
oben, weshalb die Parallelen fehlen, gerade wie bei der Weinſäure.
Nach dieſen Flächen richtet ſich nun auch die Thermoelektricität: Axe b
bildet die Thermoelektriſche Axe, und da nur an einem Ende von b die
Flächen o auftreten, ſo zeigt ſich dieſes bei abnehmender Wärme als das
antiloge (negative).


Die Zwillinge legen ſich gewöhnlich mit der ſtumpfen Säulen-
kante am Ende b aneinander, und zwar ſo, daß die beiden gleichnamigen
Pole ſich einander zu- und abwenden. Es legen ſich alſo die Zwillings-
individuen entweder mit ihren poſitiven oder negativen Polen aneinander.
Durchwachſen ſie ſich in dieſer Lage, ſo heben ſich die Elektricitäten auf.


Der kryſtalliſirte Zucker ſteht nicht um, wie die unkryſtalliniſchen
Bonbons pag. 152. Die optiſchen Axen orientirt man nach dem blättrigen
Bruch k: die Ebene der optiſchen Axen mit der Medianebene zuſammen-
fallend ſteht ſenkrecht auf k, und die eine optiſche Axe ſteht auch faſt
ſenkrecht auf dieſem Blätterbruch. Nach Miller (Pogg. Ann. 55. 630)
weicht ſie von der ſenkrechten auf k nur 1° 26′ nach unten ab, die andere
optiſche Axe liegt ungefähr 50° darüber.


Zuckerlöſungen haben rechts drehende Circularpolariſation (Pogg. Ann.
28. 165), was ſich ſogar ſchon beim friſchen Safte zuckerbildender Pflanzen
zeigt. Das geht ſelbſt ſoweit, daß man aus der Größe der Drehung
auf den procentiſchen Zuckergehalt ſchließen kann, was für die Runkel-
rübenzuckerfabrication von großer praktiſcher Wichtigkeit iſt. Der Trauben-
zucker dreht dagegen links.


2. WeinſäureC42 O5 + H̶O.


Rechtstraubenſäure, iſt durch die Unterſuchungen von Paſteur
(Pogg. Ann. 80. 127) höchſt intereſſant geworden. Ihre Form gleicht
auffallend dem Zucker, dabei iſt ſie beſſer ausgebildet. Hankel (Pogg.
Ann. 49. 500) beſchreibt ſie bereits richtig. Wir haben eine Säule T =
a : b : ∞c
ſeitlich in Axe b 102° 54′, alſo nur unweſentlich vom Zucker
abweichend; ihre vordere ſcharfe Kante von 77° 6′ wird durch die blättrige
k = a : ∞b : ∞c gerade abgeſtumpft. Die Schiefendfläche P = a : c :
∞b
iſt 79° 28′ gegen Axe c geneigt, und ſteht rechtwinklig gegen die
[457]Anhang. Künſtliche Kryſtalle: Weinſaure Salze.

[figure]

ſtumpfe Säulenkante T/T. Die hintere Ge-
genfläche x = a' : c : ∞b 57° 30′ gegen
Axe c, und vorn unter P noch eine Fläche
y = c : ⅓a : ∞b 45° gegen Axe c. Oefter
dehnen ſich x und y ſo ſtark aus, daß P
kaum ſichtbar wird. In ſolchen Fällen läßt
uns jedoch das Handgoniometer nicht irren,
da k/x = 122° 30′ und k/y = 135° be-
trägt. Das Augitpaar o = a : ½b : c tritt nur auf der rechten Seite
auf, es liegt außer der Diagonalzone von P in den Zonen T x und T y,
daher bilden x und y meiſt Rhombenflächen. Schwindet P, ſo bilden ko
eine wenig geſchobene Säule, worauf xy TT Rhomben bilden würden,
wenn die Parallele von o da wäre.


Zuweilen kommen die Flächen o auf der linken und rechten Seite
zugleich vor. Man ſieht dann gewöhnlich Grenzlinien durchgehen, die
auf die Vermuthung führen können, daß ſich ein linkes mit einem rechten
Individuum verbunden habe. Indeß iſt die rechte o ſtärker ausgedehnt,
daher mögen die beiden o wohl phyſikaliſch ungleich ſein.


Die Linkstraubenſäure iſt chemiſch mit der Rechtstraubenſäure
(Weinſäure) vollkommen gleich, nur daß die Kryſtalle ihre o auf der
linken Seite haben, alſo Spiegelbilder von denen der Rechtstraubenſäure ſind.


Zwillinge ſtimmen genau mit denen vom Zucker: zwei Individuen,
gewöhnlich ſehr regelmäßige an der Ecke durch k ſtark abgeſtumpfte Ob-
longoktaeder T T x y bildend, legen ſich mit dem ſtumpfen Säulenwinkel
von 120° 54′ neben einander und liegen umgekehrt. Da P fehlt, ſo
ſtumpfen die o als kleine Rhomben die äußern Seitenecken ab, was Folge
des Geſetzes iſt. Thermoelektriſch wie der Zucker.


Löſt man Weinſäure in Waſſer, ſo zeigt die Flüſſigkeit rechte Cir-
cularpolariſation, die linke Traubenſäure dagegen linke.


Die Traubenſäure wurde zuerſt zu Thann in den Vogeſen bei
der fabrikmäßigen Bereitung der Weinſäure bekannt (Pogg. Ann. 19. 319),
und man war bis in die neueſte Zeit nicht im Stande, ſie künſtlich dar-
zuſtellen. Sie ſoll 1 + 1gliedrig ſein. Die Säulenförmigen Kryſtalle

[figure]

in nebenſtehender Horizontalprojektion könnte man als eine ge-
ſchobene Säule d/e nehmen, deren ſcharfe Kante g abſtumpft.
Am Ende zeigt ſich ein Augitartiges Paar b/c, das mit g in
eine Zone fällt. Die Fläche a iſt blättrig und ſteht ſchief gegen
die Kante b/c. Man erkennt die Blättrigkeit leicht, ſobald man
die Säule von den Druſen herunterbricht. Da nun in der
Säule öfter noch f die Kante g/e abſtumpft und mit Kante a/c
in einer Zone liegt, und ferner b ſich verkleinert oder ganz fehlt,
ſo kann man die Kryſtalle beim erſten Anblick für eine achtſeitige Säule
d e f g mit einem aufgeſetzten Augitpaar c/a, ähnlich wie bei der Augit-
kryſtalliſation, nehmen.


Traubenſaures Natron-Ammoniak. Sättigt man gleiche Theile
Traubenſäure durch Natron und durch Ammoniak, und miſcht die beiden
[458]Anhang. Künſtliche Kryſtalle: Weinſaure Salze.

[figure]

Flüſſigkeiten mit einander, ſo ſetzen ſich beim Erkalten nach
mehreren Tagen große 2gliedrige Kryſtalle ab, theils mit
rechts-, theils mit links-hemiedriſchen Flächen: rechts- und
links-traubenſaures Natronammoniak. Es ſind oblonge
Säulen P/M mit Gradendfläche T. Die geſchobene Säule
ſ ſtumpft die Kanten P/M ab. Das Oktaeder o = a : b : c
am Ende iſt aber nur zur tetraedriſchen Hälfte da. Bei
unſerm rechten Kryſtalle iſt die Kante T/s rechts abge-
ſtumpft, bei den linken muß es die linke T/s ſein.


Behandelt man nun ſolches rechtstraubenſaure Natronammoniak mit
ſalpeterſaurem Bleioxyd, ſo ſchlägt ſich rechtstraubenſaures Bleioxyd nieder,
aus welchem man dann mit Schwefelſäure die Rechtstraubenſäure dar-
ſtellen kann. Ebenſo ſtellt man ſich die Linkstraubenſäure aus den linken
Kryſtallen dar. Die Traubenſäure iſt auf dieſe Weiſe in eine rechte und
linke zerlegt. Daß die Säure in den ſich wie Bild und Spiegelbild
gleichenden Kryſtallen verſchieden ſei von der Traubenſäure, davon kann
man ſich leicht durch chemiſche Reaktion überzeugen: man löſe einen linken
oder rechten Kryſtall und behandle ihn mit der Löſung eines Kalkſalzes,
ſo bekommt man nach einiger Zeit iſolirte glänzende Kryſtalle von links-
traubenſaurem oder rechtstraubenſaurem Kalke, je nachdem man Kryſtalle
wählt. Löſt man dagegen beide Kryſtallarten, die rechts- und die links-
hemiedriſchen, gemeinſchaftlich auf, ſo iſt der Niederſchlag verſchieden und
hat die Kennzeichen des traubenſauren Kalkes.


Neuerlich hat auch Paſteur (Pogg. Ann. 90. 504) den Weg gefunden,
Weinſäure in Traubenſäure umzuwandeln. Weinſaures Cinchonin wird
langſam einer Temperatur von 170° C ausgeſetzt, es bildet ſich theilweis
Traubenſäure, die durch Chlorcalcium fixirt werden kann.


Das Links und Rechts der Säuren trägt ſich auch auf die Kryſtalle
der Salze über, wie das linkstraubenſaure und weinſaure Ammoniak;
das links- und rechtstraubenſaure Antimonoxyd-Kali (Brechweinſtein);
der links- und rechtstraubenſaure Kalk ꝛc. beweiſen. Letztern den


Weinſauren Kalk bekommt man ſehr ſchön kryſtalliſirt aus alten
Weinfäſſern, wo glänzende Kryſtalle auf einer Kruſte von Weinſtein ſitzen.
Es ſind ausgezeichnete 2gliedrige Dodekaide pag. 38 aus drei zugehörigen
Paaren a : b : ∞c, b : c : ∞a und a : c : ∞b beſtehend. Die zwei
matten Paare ſchneiden ſich als Oblongoktaeder genommen in ihren Seiten-
kanten unter 77°—78°, man könnte ſie für ein viergliedriges Oktaeder
halten, woran das glänzende dritte Paar Rhomben bildet, und die Seiten-
ecken abſtumpft. Da dieſe ſich unter 91\frac{1}{2}° ſchneiden, ſo kann das Syſtem
nicht viergliedrig ſein. Nun ſind aber die Dodekaidflächen keiner Hemiedrie
fähig pag. 68, und da andere hemiedriſche Flächen nicht vorkommen, ſo
kann man den weinſauren Kalk (rechtstraubenſauren) vom linkstrauben-
ſauren an den Kryſtallen nicht unterſcheiden. „Dennoch iſt gewiß, daß
„der linkstraubenſaure Kalk vom rechtstraubenſauren verſchieden iſt, denn
„mit dieſem gemiſcht bildet ſich ſogleich traubenſaurer Kalk, der ſich von
„beiden leicht und wohl unterſcheiden läßt.“


Das Seignetteſalz, weinſteinſaures Kalinatron = K̇ T̄ + Ṅa T̄ +
8 Ḣ̶
, iſomorph mit dem traubenſauren und weinſteinſauren Natron-Am-
[459]Anhang. Künſtliche Kryſtalle: Weinſtein, Grünſpan.
moniak, zeichnet ſich durch die Größe und Klarheit ſeiner luftbeſtändigen
Kryſtalle aus, iſt daher von Optikern geſucht. Die Säule s/s mißt 100°
30′, ihre ſcharfe Kante wird durch P = b : ∞a : ∞c gerade abgeſtumpft,
dieſe Abſtumpfung herrſcht meiſt auf einer Seite ſo vor, daß der Kryſtall
dadurch wie halbirt erſcheint. Nicht weniger herrſcht die Gradendfläche
T = c : ∞a : ∞b; M = a : ∞b : ∞c klein, aber zwiſchen M und s
liegt noch eine zweite Säulenfläche a : 2b : ∞c. An den Enden ſind
zwiſchen P und T zwei Paare b : c : ∞a und b : 2c : ∞a, das Oktaeder
o = a : b : c iſt häufig hemiedriſch. Die optiſchen Axen liegen in der
Ebene P, welche die ſcharfe Säulenkante abſtumpft.


Der Weinſtein (Tartarus), zweifach weinſaures Kali K̇ T2 + Ḣ̶.
Hier iſt das 2gliedrige Tetraeder (Tetraid) öfter ganz vorherrſchend, daher
ſchlug Haidinger vor, es Tartaroid zu nennen. Wir haben pag. 27
geſehen, daß die zwei Tetraide einer und derſelben Oblongſäule mit Grad-
endfläche einander nicht congruent ſein können, ſondern ſich wie Bild und
Spiegelbild verhalten. Dr. Hankel Pogg. Ann. 53. 620 hat die Kryſtalle
beſchrieben. Man erhält bei der Verdunſtung einer nicht ſehr concentrirten
Löſung von käuflichem Weinſtein an der Luft „leicht Kryſtalle, die mehr
als einen Zoll in der Länge, und die Hälfte in der Breite“ betragen:
geſchobene Säule M = a : b : ∞c 106°, a = a : ∞b : ∞c, und b =
b : ∞a : c
, nebſt einem Tetraeder o = a : b : c mit 135° in der Endkante.


Zweifach weinſaures Ammoniak iſt damit iſomorph.


Der Brechweinſtein, weinſaures Antimonoxyd-Kali, kryſtalliſirt zwar
deutlich, allein die Kryſtalle ſind nicht luftbeſtändig. Scheinbar vier-
gliedrige Oktaeder, zwei Oktaeder a : b : c und a : b : 2c übereinander.
Die Gradendfläche c = c : ∞a : ∞b ſtark ausgedehnt, eine gewöhnlich
ſtärker als die andere, wodurch die Kryſtalle wie halbirt erſcheinen. Der
Baſalſchnitt der Oktaeder ein ſehr wenig verſchobener Rhombus, daher
können die Kryſtalle nicht 4gliedrig, ſondern nur 2gliedrig ſein.


3. Saures Aepfelſaures Ammoniumoxyd.


N̶ Ḣ̶4 + 2C4 H2 O4 + Ḣ̶. Die zweigliedrigen luftbeſtändigen
Kryſtalle ſind außerordentlich ſchöne Oblongoktaeder mit abgeſtumpfter
Endecke. Nimmt man die längere Seitenkante als Säule p = a : b : ∞c
108° 16″ ſo hat das Paar q = b : c : ∞a in Axe c 104° 20′, b = b :
∞a : ∞c
iſt etwas blättrig, die Gradendfläche c = c : ∞a : ∞b iſt an-
gedeutet, und zwiſchen b und c liegt c : 2b : ∞a. Pogg. Ann. 90. 38.


4. Grünſpan.


Eſſigſaures Kupferoxyd Ċu ̅ A + Ḣ̶. Span-
grün. 2 + 1gliedrige Kryſtalle: die Säule
T = a : b : ∞c bildet nach Kopp vorn 72°,
ſie iſt ziemlich deutlich blättrig. Die Schiefend-
fläche P = a : c : ∞b macht 63° gegen die Axe
c, hinten die dreifach ſchärfere y = 3a' : c : ∞b
56° gegen Axe c, endlich noch das Augitpaar
o = a' : c : ½b, die mit Ty und PT Zonen bildet.

[figure]

[460]Anhang. Künſtliche Kryſtalle: Schwefelſaures Nickelorydkali.
Intereſſant ſind die häufigen Zwillinge, welche die Schiefendfläche P gemein
haben, und umgekehrt liegen; ſie haben alſo die analoge Lage, wie die
Individuen 1 und 3 oder 2 und 4 beim Feldſpathvierling pag. 184.


Wöhler Pogg. Ann. 37. 166 lehrte auch einen zweigliedrigen Grünſpan
Ċu A̅ + 5 Ḣ̶ kennen, er bildet 2gliedrige Dodekaide, die durch Waſſer-
verluſt in den gewöhnlichen Grünſpan umſtehen.


Eſſigſaures NatronṄa A̅ + 6 Ḣ̶, was in den ſchönſten wein-
gelben 2 + 1gliedrigen Säulen kryſtalliſirt, die Säule T = a : b : ∞c
macht vorn 84° 30′, ihre ſtumpre Seitenkante wird durch M = b : ∞a :
∞c
gerade abgeſtumpft. Am Ende herrſcht die Schiefendfläche P = a :
c : ∞b
, 68° 16′ gegen Axe c; meiſt noch die vordere ſtumpfe Kante P/T
durch m = ⅓a : ½b : c abgeſtumpft.


Bleizucker, Eſſigſaures Bleioxyd = Ṗb A̅ + 3 Ḣ̶ iſomorph mit
Ḃa A̅ + 3 Ḣ̶. Ebenfalls 2 + 1gliedrig. Die Säule T = a : b : ∞c
macht vorn 52°. Ihre ſcharfe Kante iſt durch k = a : ∞b : ∞c gerade
abgeſtumpft. Dieſe nebſt der Schiefendfläche P = a : c : ∞b ſind blättrig
und ſtark ausgedehnt, wodurch die Kryſtalle ein gewendet 2 + 1gliedriges
Ausſehen haben. Die Blätterbrüche k/P ſchneiden ſich unter 109° 48′.
Ihre ſcharfe Kante ſtumpft die hintere Gegenfläche x = a' : c : ∞b ab.
Ueber eſſigſauren Baryt ſiehe Pogg. Ann. 90. 25.


5. DoppelſalzeṀe S⃛ + Ȧk S⃛ + 6 Ḣ̶.


Wo in Ṁe die Metalloxyde Eiſenoxydul, Manganoxydul, Zinkoxyd,
Cadmiumoxyd, Kobaltoxydul, Nickeloxydul, Kupferoxyd, Magneſia; und
Ȧk das Kali und Ammoniak bedeuten. Dieſe bilden unſtreitig eine der
merkwürdigſten Gruppen iſomorpher Kryſtalle, und da ſie ſo leicht kry-
ſtalliſirt zu bekommen ſind, ſo liefern ſie ein vortreffliches Uebungsbeiſpiel.


Nach Graham zerfallen die einbaſiſchen Salze in Beziehung auf Waſſer-
gehalt in zwei Gruppen. Unter den ſchwefelſauren Salzen ſind es die


1) Gypsgruppe mit graden Atomen Waſſers, im Waſſer wenig
löslich und nicht geneigt zur Bildung von Doppelſalzen: Ċa S⃛ + 2 Ḣ̶,
Ċu S⃛ + 4 Ḣ̶, Ṁg S⃛ + 6 Ḣ̶
gehören dazu;


2) die Eiſenvitriolgruppe mit ungraden Atomen Waſſers, wie
Eiſen- und Kupfervitriol pag. 444. Alle ſind im Waſſer ſehr löslich,
und bilden mit ſchwefelſaurem Kali oder ſchwefelſaurem Ammoniak leicht
Doppelſalze. Bei ſolchen Doppelſalzen vertritt das K̇ S⃛ ein Atom Waſſer,
ohne daß dadurch die Form weſentlich verändert würde. Daher haben ſie
die 2 + 1gliedrige Form des Eiſenvitriols mit 7 Atom Waſſer. Die
Winkel der verſchiedenen Salze weichen zwar untereinander ab, der Typus
iſt aber bei allen unverkennbar: z. B.


[figure]

Schwefelſaures Nickeloxyd-KaliK̇ S⃛ + Ṅi S⃛
+ 7 Ḣ̶
; ſchön grünfarbig. Eine etwas blättrige Säule
T = a : b : ∞c macht vorn etwa 109°. Die Schiefend-
fläche P = a : c : ∞b herrſcht daran, macht die Kryſtalle
nicht ſelten tafelartig, und dann pflegen ſie parallel der
Diagonale a : c geſtreift zu ſein. Ungefähr 73° gegen die Axe c geneigt.
Die hintere Ecke PTT iſt durch ein kleines glänzendes Dreieck y = a' :
[461]Anhang. Künſtliche Kryſtalle: Asparagin, Unterſchwefelſaures Natron.
3c : ∞b abgeſtumpft. Daraus deducirt ſich o = a' : ½b : c in der Zone
P/T und T/y liegend. Die Fläche r = a : ½b : c liegt in der Diagonal-
zone von P, und da die Kante o/r rechtwinklig gegen P/r ſteht, ſo folgt
aus dieſem rechten Winkel ihr Ausdruck. Die Fläche M = b : ∞a : ∞c
iſt immer nur klein vorhanden, und zwiſchen M/T eine Fläche b : 2a : ∞c.


Schwefelſaures Kobaltoxydul-Ammoniak. Ḣ̶4 N̶ S⃛ +
Ċo S⃛ + 6 Ḣ̶
gibt hochrothe Kryſtalle; ſchwefelſaures Kupferoxyd-Kali
blaue; beſonders groß und ſchön wird das blaß roſenrothe Salz von
Schwefelſaurem Manganoxyd-Ammoniak; das ſchwefelſaure Zinkoxydkali
iſt dagegen ganz farblos ꝛc. Alle dieſe Kryſtalle haben noch die vortreff-
liche Eigenſchaft, daß man ſie wie Minerale aufbewahren kann, ohne
daß ſie ſich veränderten. Ob Ammoniak oder Kali darin ſei, macht äußerlich
keinen weſentlichen Unterſchied, vor dem Löthrohr auf Kohle erhitzt er-
kennt man das Ammoniak leicht, wenn man die Probe ſchnell unter die
Naſe bringt.


6. Asparagin.


C82 Ḣ̶10 O8 wurde ſchon 1805 von Robiquet in jungen Spargel-
trieben entdeckt (Pogg. Ann. 28. 184), dann in allen Kartoffelarten ꝛc.
gefunden. Die Nettigkeit ſeiner klaren luftbeſtändigen Kryſtalle fällt in
hohem Grad auf. Miller (Pogg. Ann. 36. 477) hat ſie zweigliedrig,
Kopp (Einl. Kryſt. 312) 2 + 1gliedrig beſchrieben.
Und allerdings iſt auch ihr Habitus oft 2 + 1glie-
drig, erinnert ſogar auffallend an Feldſpath. Die
Säule T = a : b : ∞c macht vorn 116° 50′; die
Schiefendfläche P = a : c : ∞b 64° 29′ gegen Axe
c läßt ſich von der hintern Gegenfläche x = a' : c :

[figure]

b 64° 46′ gegen Axe c nicht unterſcheiden. T T P x bilden nicht ſelten
ausgezeichnete Oblongoktaeder. Dazu kommt noch, daß auch die Augit-
paare o = a' : c : ½b und r = a : c : ½b vorn wie hinten erſcheinen.
M = b : ∞a : ∞c gewöhnlich nur klein, auch b : 2a : ∞c iſt angedeutet.
Nun iſt zwar meiſt eine Schiefendfläche ausgedehnt, allein man weiß
nicht, ohne vorherige genaue Meſſung mit dem Reflexionsgoniometer, ob
die ausgedehnte P oder x ſei. Das Auftreten von r, die dem Feldſpath
ſo fremd iſt, erinnert an die vorige Gruppe, dagegen trifft man ſtatt y
dort hier ſtets x.


Für die äußerliche Orientirung in die Form iſt es unter ſolchen Um-
ſtänden ganz gleichgültig, ob man ſich die Kryſtalle 2gliedrig, oder 2 +
1gliedrig denken wolle. Selbſt die Arenzeichen bleiben die gleichen, es
fällt blos der Unterſchied zwiſchen vorn und hinten weg. Solche Bei-
ſpiele weiſen aber auch evident genug nach, wie unzweckmäßig die Moh-
ſiſche und Naumannſche Bezeichnung ſein muß, wenn es auf einmal beliebt,
von der Fläche P oder x eine zur Endfläche zu nehmen: ſo bequem es
auch vielen Kryſtallographen beim erſten Anblick ſcheinen mag.


7. Unterſchwefelſaures Natron.


Ṅa S̶ˈˈˈˈˈ + 2 Ḣ̶. Iſomorph mit unterſchwefelſaurem Silberoxyd. Schon
Dr.Heeren hat ſie unterſucht und beſchrieben (Pogg. Ann. 7. 76). Es
[462]Anhang. Künſtliche Kryſtalle: Oxalſaures Chromoxydkali.
ſind zweigliedrige waſſerhelle Kryſtalle, die den klarſten Bergkryſtallen
gleichkommen. Ihre Luftbeſtändigkeit iſt groß. Ich behandle ſchon ſeit
mehr als 10 Jahren ſolche ganz wie Minerale, demonſtrire daran in den
Vorleſungen, ſo daß derartige Sachen vollſtändigen Erſatz für natürliche
Kryſtalle bieten.


[figure]

Die geſchobene Säule s = a : b : ∞c macht 90°
38′, gleicht daher einer quadratiſchen, allein der vordere
ſtumpfe Winkel iſt ſtets durch b = a : ∞b : ∞c gerade
abgeſtumpft. Ein Paar d = a : c : ∞b auf die vordere
ſtumpfe Säulenkante aufgeſetzt macht 118° in Axe c.
In ihrer Diagonalzone liegen zwei Oktaeder : P = a :
c : b
und darunter o = a : c : ½b. Die Endflächen
ſind zwar etwas verzogen, aber ſo conſtant vorhanden,
daß über die Deutung des Syſtems, auch wenn man
die Winkel nicht kennt, kein Zweifel herrſchen kann.


Das Unterſchwefelſaure Silberoxyd hält ſich an der Luft ebenfalls
vollkommen, nur daß es am Lichte ein wenig grau anläuft. Es hat
eine Fläche a = b : ∞a : ∞c mehr. Das unterſchwefelſaure Strontian
Ṡr S̶ˈˈˈˈˈ + 4 Ḣ̶ iſt iſomorph mit unterſchwefelſaurem Kalk. Heeren bekam
es in 6gliedrigen Tafeln: ein Dihexaeder a : a : ∞a : c hatte in den
Seitenkanten etwa 120°, die Endecke durch c : ∞a : ∞a : ∞a ſtark ab-
geſtumpft. Es werden außerdem noch eine Reihe anderer unterſchwefel-
ſaurer Salze beſchrieben, die meiſt aus heißen Löſungen in einem Glas-
kolben dargeſtellt wurden, welcher leicht verkorkt in einem Kaſten mit
Baumwolle umhüllt ſchon nach 12 Stunden die ſchönſten Kryſtalle gab
(Pogg. Ann. 7. 71).


8. Salpeterſaures Uranoxyd


U̶⃛ N̶˙˙˙˙˙ + 6 Ḣ̶ gibt prachtvolle gelbe an den Kanten ins Grüne
ſchillernde Kryſtalle. An der Luft überziehen ſie ſich mit gelbem Ocker,
halten ſich aber dann. Es ſind ausgezeichnete 2gliedrige Dodekaide mit
einem Paar abgeſtumpfter Kanten, doch halbiren ſie ſich in der Regel
mittelſt der Anſatzfläche, welche dem blättrigen Bruche P = b : ∞a :

[figure]

∞c parallel geht. Senkrecht dagegen ſteht a = a :
∞b : ∞c.
Das Oktaeder o = a : b : c bildet Rhomben,
deren Kante b : c durch d = b : c : ∞a abgeſtumpft wird,
d/d macht über P in Axe b 62\frac{1}{2}°, welchen man leicht
mit dem Handgoniometer controliren kann. Es iſt na-
türlich in ſolchen Fällen meiſt gleichgültig, welche Axe
man als aufrechte c nehmen will. Ich bin Kopp in
voriger Bezeichnung gefolgt. Man könnte füglich auch in dieſem Falle
von der Säule d = a : b : ∞c ausgehen, dann wäre P = b : ∞a :
∞c
, da ſie die ſcharfe Säulenkante d/d abſtumpft. Fläche a = c : ∞a :
∞b
würde zur Gradendfläche, und o behielte ihren Ausdruck.


9. Oxalſaures Chromoxydkali.


C̶⃛ O̅3 + 3 K̇ Ö + 6 Ḣ̶. Dieſes Doppelſalz bildet den Ausgangs-
punkt einer ganzen Reihe, worin die Baſe Chromoxyd durch Eiſenoxyd
[463]Anhang. Künſtliche Kryſtalle: Chlorſaures Natron.
oder Thonerde, und das Kali durch Ammoniak vertreten werden kann.
Die nadelförmigen Kryſtalle ſind 2 + 1gliedrig. Eine geſchobene Säule
T = a : b : ∞c macht vorn 70°, ihre ſtumpfe Kante iſt durch M = b :
∞a : ∞c
gerade abgeſtumpft. Am vordern Ende herrſcht die Schiefend-
fläche P = a : c : ∞b 70° gegen Axe c geneigt. Die hintere Gegen-
fläche x = a' : c : ∞b macht einen kleinern Winkel. Augitpaare o = a' :
c : ½b
und r = a : c : ½b kommen zwar vorn und hinten vor, allein
meiſt nur einſeitig. Die allereigenthümlichſten Flächen bilden jedoch die
bauchigen Paare v = a : c : \frac{1}{x}b, wo x eine ſehr große
Zahl iſt. Dieſelbe verſchwimmt ſo gleichartig mit M,
daß man ihr kaum einen feſten Ausdruck wird geben
dürfen. Für die Orientirung iſt ſie außerordentlich
wichtig und macht, daß die Kryſtalle an ihrem Ober-
ende ſchneidig und dünn werden. Das liefert wieder
für ihr intereſſantes optiſches Verhalten eine will-
kommene Bequemlichkeit (Pogg. Ann. 76. 107).


Die Kryſtalle ſehen nämlich im reflektirten Lichte

[figure]

ganz dunkel ſchwarzgrün aus und haben wenig Durchſcheinenheit. Auch
das Pulver bleibt Berggrün. Im durchfallenden Licht nehmen ſie dagegen
ein brennendes Laſurblau an, wie die ſchönſte Kupferlaſur. Bei der
geringen Durchſcheinenheit ſieht man den Farbenwechſel jedoch nur an den
Kanten, und beſonders quer durch das Augitpaar v, weil an dieſer Stelle
die Kryſtalle am dünnſten ſind. Im Dichroſkop bekommt man ein blaues
und grünes Bild: rein blau iſt dasjenige, was parallel der Axe c
ſchwingt, alſo bei aufrechter Axe c das extraordinäre, bei horizontaler
das ordinäre; das grüne ſchwingt ſenkrecht gegen Axe c, es ſpielt ſtark
in das Smaragdgrün beſonders an der untern Kante, dazwiſchen liegen
rothe Streifen und Flecken, welche bei kleinen Drehungen lebhafter her-
vortreten. Und dieſer Gegenſatz der farbigen Bilder ſchwindet gänzlich in
der Zwiſchenſtellung, d. h. ſobald die Axe c 45° gegen die längere Linie
des Lichtoblongums macht pag. 110. Beide Bilder ſind dann rein blau
nur etwas blaſſer, als das Blau der differenten Bilder.


10. Chlorſaures Natron.


Ṅa C̶˙˙˙˙˙l iſomorph mit Ṅa B̶˙˙˙˙˙r. Mitſcherlich (Pogg. Ann. 17. 388) be-
kam ſie in Tetraedern, deren Kanten durch die Würfelflächen abgeſtumpft,
und deren Ecken durch die Granatoederflächen je dreiflächig zugeſchärft
waren. Würfel und Granatoeder müſſen ja bei allen hemiedriſchen Syſtemen
vollflächig auftreten. Rammelsberg (Pogg. Ann.
90. 15) beſchreibt einfache Würfel ohne weitere
Flächen. Dann aber fanden ſich auch Würfel w,
woran die abwechſelnden Ecken durch das Te-
traeder
o abgeſtumpft waren, und neben dieſem
Tetraeder zeigten ſich noch einſeitige Abſtumpfungs-
flächen der Würfelkanten durch eine Fläche, die
gegen die anliegenden Würfelflächen ſich unter
116° 20′ und 153° 20′ neigte. Da nun das

[figure]

[464]Anhang. Künſtliche Kryſtalle: Magneſium Platin Cyanür.
Pyritoeder p = 2a : a : ∞a mit den Würfelflächen 116° 34′ und 153°
26′ machen muß, ſo konnte das keine andere Fläche ſein. Zwar kam in
den ſchief abgeſtumpften Würfelkanten noch eine zweite Fläche zuweilen
vor, allein dieſe neigte ſich 135° gegen w, mußte alſo dem Granatoeder
angehören. Rammelsberg fährt nun fort:


„Die Beobachtung des Pentagondodecaëders an einer künſtlichen Ver-
„bindung iſt zwar an ſich nicht neu (pag. 434) aber deswegen beſonders in-
„tereſſant, weil dieſe Form hier in Combination mit dem Tetraeder vor-
„kommt, während man bisher niemals eine geneigtflächige (tetraedriſche)
„und eine parallelflächige (pyritoedriſche) Form zuſammengefunden hat.“


Man muß übrigens bei künſtlichen Salzen, wo die phyſikaliſchen
Unterſchiede und die gleichmäßige Ausbildung der Flächen nicht ſo regel-
recht als bei natürlichen aufzutreten pflegen, ſich vor ſchnellen Schlüſſen
hüten. Es könnte leicht ſein, daß die andere Pyritoedriſche Hälfte ſich
doch noch untergeordnet zeigte. Es kommt in ſolchen Fällen auch auf die
Ausdehnung der Flächen an: bei einem ächten Pyritoedriſchen Syſtem ſoll
auch das ſelbſtſtändige Pyritoeder nicht fehlen!


Chlorſaures KaliK̇a C̶˙˙˙˙˙l, welches fabrikmäßig dargeſtellt wird,
weil es zu den allbekannten Zündhölzern dient, ſollte iſomorph mit chlor-
ſaurem Natron ſein. Allein ſeine luftbeſtändigen Tafeln gehören dem
2 + 1gliedrigen Syſteme an, haben jedoch mit Rhomboedern ſo auf-
fallende Aehnlichkeit, daß ſie einen vortrefflichen Beweis liefern, wie
nahe überhaupt beide Syſteme einander werden können. Nach Miller
(Pogg. Ann. 55. 631) bilden die niedrigen Hendyoeder eine geſchobene
Säule T = a : b : ∞c von 104° in der vordern Säulenkante, und die
Schiefendfläche P = a : c : ∞b macht 105° 30′ in der vordern Kante
P/T, ſo daß ſie von der Säulenkante nur 1° 30′ abweichen, was das
bloße Auge nicht unterſcheidet. Dazu kommt noch, daß alle drei Flächen
blättrig ſind. Kopp erwähnt auch Zwillinge, welche P gemein haben und
umgekehrt liegen, auch dieſes iſt dem Rhomboedriſchen Zwillingsgeſetz
analog. Indeß bemerkt doch ſchon das bloße Auge Unterſchiede: nicht
blos ſind die Säulenflächen häufig klein und die P tafelartig ausgedehnt,
ſondern P hat auch häufig eine federartige Streifung parallel den Hendy-
oederkanten, welche man auf T vergeblich ſucht.


11. Magneſium Platin Cyanür.


Pt5 Mg6 C̶y11. Dies iſt das prachtvoll grünſchillernde rothe Salz,
was zu dichroscopiſchen Unterſuchungen ſich vor allem trefflich eignet,
Haidinger Pogg. Ann. 68. 302. Daſſelbe iſt luftbeſtändig, und verändert
ſich jahrelang in offenen Kapſeln aufbewahrt nicht. Die Kryſtalliſation
bildet quadratiſche Säulen mit Gradendfläche. Die Säulenflächen zeigen
im reflectirten Licht einen grünen metalliſchen Schimmer, die Gradenfläche
hat dagegen dieſen Schiller nicht, ſondern ihre rothe Farbe nimmt blos
im reflectirten Lichte einen ſtarken Stich in’s Blau an, im durchfallenden
verſchwindet der Schiller und das Blau gänzlich, die Farbe iſt hochroth.
Im Dichroscop bekommt man bei aufrechter oder horizontaler Axenſtellung
von c ſtets ein ſchillerndes Bild: das ſchillernde ſchwingt parallel der Axe
[465]Anhang. Künſtl. Kryſtalle: Doppeltchromſaures Kali.
c, das nicht ſchillernde ſenkrecht darauf. Schief gegen die Endfläche des
ſchillernden Bildes geſehen, nimmt dieſelbe eine prachtvolle Schattirung
von Blau an. Nur wenn ich ſenkrecht gegen die Gradendfläche ſehe, ſind
beide Bilder gleich. Es bilden dieſe Salze die ſchönſten Beiſpiele für
phyſikaliſche Flächendifferenz.


Sehr ähnlich iſt das einfachere Salz Pt C̶y + Mg C̶y von hochmorgen-
rother Farbe wie das bekannte doppeltchromſaure Blei. Es ſcheint zwei-
gliedrig: geſchobene Säulen von 127° 40′, deren ſcharfe Kanten gerade
abgeſtumpft werden. Die Seitenflächen ſehen im reflektirten Lichte laſur-
blau aus.


Kalium-Platin-CyanürK C̶y + Pt C̶y + 3 Ḣ̶ iſt gelb durch-
ſichtig, ſchillert aber im reflektirten Licht blau. Die Säulen mit Gradend-
fläche werden auch quadratiſch beſchrieben (Pogg. Ann. 71. 324).


Baryum-Platin-CyanürPt5 Ba6 C̶y11 mit Waſſer bildet pracht-
volle ſchwefelgelbe Kryſtalle mit einem bläulichen Schiller im reflektirten
Lichte. Scheint 2 + 1gliedrig zu ſein.


12. Doppeltchromſaures Kali.


K̇a C⃛r2. Jenes prachtvolle morgenrothe Salz, was fabrikmäßig aus
dem Chromeiſenſtein dargeſtellt wird, und die Quelle aller übrigen Chrom-
verbindungen abgibt. Das Syſtem iſt 1 + 1gliedrig, aber von ganz
beſonderm Intereſſe wegen ſeiner Verwandtſchaft mit Cyanitkryſtalliſation
pag. 237. Die meiſten Kryſtalle ſind Zwillinge, und zwar nach dem
dritten Cyanitzwillingsgeſetzpag. 238: ſie haben nämlich trotz
der Eingliedrigkeit alle Flächen der Säule M T o gemein, nur ihre Enden
liegen umgekehrt. Man kommt zu dieſer Stellung, wenn man das eine
Individuum 180° gegen das andere um die Kante M/T dreht. Der
1ſte BlätterbruchM läßt ſich leicht an ſeinem Perlmutterglanz er-
kennen, nach ihm werden die Kryſtalle meiſt tafelartig, und ſein ebener
Winkel iſt faſt ein Rechter. Der 2te BlätterbruchT ſchneidet ihn
unter 98° = M/T. Der 3te BlätterbruchP gibt ſich zwar nicht
immer durch eine Kryſtallfläche zu erkennen, allein man
kann auch nach ihm die Kryſtalle leicht zerbrechen, zumal
da er den kürzeſten Dimenſionen der Individuen zu folgen
pflegt: P/M = 84°, P/T = 91\frac{1}{2}. Der ſcharfe Säulen-
winkel M/T wird durch o abgeſtumpft, und zwar macht o/M
114\frac{1}{2}°, folglich o/T 149\frac{1}{2}°. Ausnahmsweiſe wird auch die
ſtumpfe Säulenkante M/T durch p abgeſtumpft. Am Ende
herrſcht meiſt die Fläche t mit 67° gegen den hintern
Blätterbruch M, ſie ſtumpft die ſcharfe Kante der Blätter-
brüche P/M ab, während die ſtumpfe hinten durch zweierlei
Fläche x und y abgeſtumpft wird, was die Zwillinge leicht

[figure]
[figure]

erkennen läßt. In der Diagonalzone von t findet ſich links und rechts r,
in der erſten Kantenzone hinten dagen s. Würde man o = a : b' : ∞c,
und p = a : b : ∞c, ferner t = a : c : ∞b, P = a' : c : ∞b ſetzen,
ſo iſt M = a : ∞b : ∞c, T = b : ∞a : ∞c, r = a : ½b : c, s =
a' : c : ½b.
Häufig findet man die Flächen r.


Quenſtedt, Mineralogie. 30
[466]Anhang. Künſtl. Kryſtalle: Oxalſäure.

Einfaches Chromſaures KaliK̇ C⃛r pag. 438 iſt das ſchöne
ſchwefelgelbe Salz, was nach Mitſcherlich mit K̇ S⃛, K̇ S⃛e und ſchwefel-
ſaurem Ammoniak iſomorph iſt (Pogg. Ann. 18. 168). Es bildet lange
rhombiſche Säulen a : b : ∞c von 120° 41′, worauf das 2gliedrige Ok-
taeder a : b : c aufgeſetzt iſt. Mit beſonderer Zierlichkeit zeigt ſich vorn
ein kleiner matter Rhombus, welcher wechſelsweiſe mit Säule und Oktaeder
in Zonen fällt, daher den Ausdruck ½a : c : ∞b hat.


13. Oxalſäure C̶⃛ Ḣ̶3.


Gewendet 2 + 1gliedrig, wie Epidot pag. 232. Die Kryſtalle ver-
wittern zwar an freier Luft etwas, zerfallen aber nicht, und da man ſie
leicht von außerordentlicher Schönheit bekommt, ſo ſind ſie ein willkom-
menes Beiſpiel für jenes von Hr. Prof. Weiß ſo glücklich gelöste ver-
wickelte Kryſtallſyſtem. Gewöhnlich bilden ſie lange rhomboidiſche Säulen
M/T von etwa 102°, deren ſcharfe Kante durch x ungefähr gerade ab-
geſtumpft wird. T iſt deutlich blättrig, und nach M werden die Kryſtalle
oft tafelartig, und dieſe iſt in vielen Fällen auch nicht rein ausgebildet.
Am Ende herrſcht ein Augitpaar n/n von 117° in der Kante, es iſt ziem-
lich blättrig, aber wird ſchief auf ſämmtliche Säulenflächen aufgeſetzt.
Weſentlich für die Orientirung iſt öfter noch ein kleines Flächenpaar r,
welches die n in Rhomben verwandelt, woraus folgt, daß n n r r T x ein
Dodekaid bilden. Nimmt man ſchiefe Axen, ſo kann man dann ſchreiben:
n = a : b : ∞c vorn eine ſcharfe Säule von 63° bildend. Dazu

[figure]

bildet die blättrige T = a : b : ∞c die Schief-
endfläche, die häufig verſchwindende x = a' : c : ∞b
die hintere Gegenfläche, r = b : c : ∞a ein Paar
auf die ſtumpfe Säulenkante aufgeſetzt. Da nun
ferner M in Zone T/x und r/r liegt, ſo muß M =
c : ∞a : ∞b
ſein, obwohl man die Zone r/r ſelten gut beobachten kann.


So genügt ein einziger Blick zur vollkommenen Orientirung. Ich
breche hier mit den Beiſpielen ab, da es nur mein Zweck war, die Art
zu zeigen, wie man ſolche ſcheinbar oft ſchwierige Sachen zu behandeln
habe. Die Kryſtalle können erkannt werden, oft ohne nur einen Winkel
zu meſſen, rein nach den Geſetzen der Zonenlehre an der Hand der Pro-
jektion.


[[467]]

Dritte Claſſe.
Gediegene Metalle.


Man ſtelle zu dieſer nicht eben umfangreichen Klaſſe alle Stoffe, die
ſich in der Natur frei, d. h. chemiſch unverbunden, vorfinden. Es hat
das immerhin ein beſoderes Intereſſe, wenn gleich eigentlich dahin nur
die Metalle gehören, die ſich durch ihr hohes Gewicht, ihre Metallfarbe
und ihren Metallglanz auszeichnen. Letztere zerfallen in
edle und unedle.


Die edlen Metalle Gold, Silber, Platin roſten nicht, weil ſie
nur ungern chemiſche Verbindungen eingehen, oder wenn ſie ſolche einge-
gangen ſind, ſich leicht wieder ſcheiden laſſen. Sie beſitzen dabei einen
hohen Grad von Dehnbarkeit.


Die unedlen Metalle gehen zwar leicht Verbindungen ein, ſind
ſie aber einmal iſolirt, ſo leiſten ſie den atmoſphäriſchen Einflüſſen Wider-
ſtand. Einige derſelben, wie Kupfer, Eiſen, Blei, Zinn (Cadmium, Nickel,
Kobalt, Zink), ſind noch geſchmeidig und dehnbar; andere, wie Antimon,
Arſenik, Tellur, Wismuth, ſpröde, aber leicht ſchmelz- und verdampfbar.


Viele Metalle haben die bemerkenswerthe Eigenſchaft, ſich in allen
Verhältniſſen mit einander miſchen (legiren) zu laſſen. Die Legirungen
nehmen auffallende Eigenſchaften an, die häufig ihren techniſchen Werth
erhöhen.


1. Gold.


Der König der Metalle, und den älteſten Völkern bekannt. Das
lateiniſche Aurum erinnert an das hebräiſche Wort Or Licht, weil ſeine
Farbe und Glanz mit der Sonne (☉) verglichen wird, dem alten alche-
miſtiſchen Zeichen. Nach der Edda ſind die Menſchen zuerſt in Hader
gerathen, als ſie Gullweig (Goldmaterie) gruben, und in der hohen Halle
brannten.


Reguläres Kryſtallſyſtem (G. Roſe Pogg. Ann. 23. 166),
wie Silber und Kupfer, aber die Formen meiſt nicht recht ſcharfkantig.
Oktaeder o, Würfel h und Granatoeder d kommen gut ausgebildet vor.
Californiſche Oktaeder erreichen 10 Linien Durchmeſſer, Silliman Amer.
Journ. 2 ser. X.
102! Hauy’s Cristaux triformes von Matto Groſſo zeigen
alle drei Körper im Gleichgewicht, ob ſie gleich auch nach einer Würfel-
30*
[468]III. Cl. Gediegene Metalle: Gold.
fläche tafelartig werden. G. Roſe führt aus dem Waſchgolde vom Ural
ſelbſtſtändige Pyramidenwürfel a : ½a : ∞a an, Dufrénoy von der Provinz
Goyaz in Braſilien, wo nach ihm auch das Leucitoeder a : a : ½a vorkom-
men ſoll, gewöhnlicher iſt aber das Leucitoid a : a : ⅓a. Ja an einem ura-
liſchen Kryſtalle finden ſich an einem Oktaeder neben untergeordneter
Granatoeder und Würfelfläche, das Leucitoid a : a : ⅓a, und zwei 48fläch-
ner, wovon einer a : ½a : ¼a gut meßbar war, der andere vielleicht
3a : ⅕a : ⅓a ſein könnte, deſſen eine Kante c : \frac{3}{2}d durch das Leucitoid
a : a : ⅓a gerade abgeſtumpft würde. Am bekannteſten in Deutſchland
ſind die kleinen blaßfarbigen rauhflächigen Kryſtalle von Vöröſpatak in
Siebenbürgen, meiſt Oktaeder mit Würfel, woran aber auch der Pyra-
midenwürfel und das Leucitoid nicht fehlt. Beſonders ſchön trifft man in
dieſer Gegend


Zwillinge, ſie haben wie immer die Oktaederfläche gemein, und

[figure]

liegen umgekehrt: ſchön am ſelbſtſtändigen Leu-
citoide l = a : a : ⅓a von Vöröſpalak, deren
Zwillingsgränze oft ſehr regelmäßig durch die
Mitte des Individuums geht. Beim Pyramiden-
würfel p = a : ½a : ∞a, deſſen ſämmtliche
Kanten 143° 8′ meſſen (pag. 62), kann ſich
die Zwillingsgruppe ſo verkürzen, daß ein förm-
liches Dihexaeder entſteht, und da die Zwil-
lingsgränze ſich bis zur Unkenntlichkeit verwiſcht,
entſteht leicht Täuſchung. Gewöhnlich tritt das
Oktaeder untergeordnet hinzu, und gibt man

[figure]

dem Pyramidenwürfel das Zeichen p = a : a : ∞a : c,
ſo bildet die Oktaederfläche der Zwillingsgränze die
Gradendfläche c = c : ∞a : ∞a : ∞a, während die
drei andern einem Rhomboederzwilling o = ½a : ¼a : ½a : c
angehören würden, wie die Projektion pag. 80 ſo-
gleich ergibt. Zu Britza iſt ſogar ein Fünfling vor-
gekommen, indem ſich 5 Oktaeder wie beim Binarkies mit ihrem ſcharfen
Säulenwinkel von 70° 32′ im Kreiſe an einander legten, ſämmtliche In-
dividuen hatten daher in der Gradendfläche eine Granatoederfläche gemein,
nur zwiſchen dem erſten und fünften Individuum mußte eine Lücke von
7° 20′ bleiben, die ſich ausfüllte.


Dieſe Herrlichkeiten findet man freilich nur in großen Sammlungen,
aber ſchon das Wiſſen um das Geſetz erfreut, und wir würden es viel-
leicht nicht kennen, wenn nicht der Werth des Goldes auch auf das Su-
chen ſolcher Dinge ſeine Macht ausgeübt hätte. Gewöhnlich kommt dieß
edle Metall in Blechen, in draht- und zahnförmigen, ſeltener in den-
dritiſchen Geſtalten vor. Ja im Sande wird es meiſt in Körnern und
Flittern gefunden.


Goldgelb, in dünnen Lamellen aber grün durchſcheinend (Newton),
wie das ächte Blattgold zeigt, auch geſchmolzen hat es einen grünlichen
Lichtſchein. Das Ungariſche Gold iſt meſſinggelb, und je mehr es in der
Natur Silber enthält, deſto bleicher wird ſeine Farbe.


Härte 2—3, geſchmeidig, mit glänzendem Strich und größter Dehn-
barkeit. Einen Dukaten kann man zu 20 Quadratfuß ausſchlagen, feines
[469]III. Cl. Gediegene Metalle: Gold, Electrum.
Blattgold iſt nur \frac{1}{200000} Zoll dick, auf vergoldetem Silberdraht kann
man es bis auf ein zwolfmilliontel Zoll bringen! Ja ſchneidet man eine
vergoldete Silbermünze durch, ſo ſcheint ſie auch auf der Schnittfläche
vergoldet, indem ſelbſt das ſchärfſte Meſſer eine Goldhaut darüber zieht.


Das Gewicht wechſelt in der Natur je nach dem Grade der Reinheit
zwiſchen 12—19. G. Roſe Pogg. Ann. 73. 6 fand das geſchmolzene Gold
19,28 und das geſtempelte 19,33.


Vor dem Löthrohr läßt ſich das natürliche Gold nicht ſonderlich ſchwer
zu einer Kugel ſchmelzen, obgleich das reine Gold erſt bei 1200° C. fließt.
Das reine Gold in Salpeterſalzſäure (Königswaſſer) löslich, indem ſich
Goldchlorid bildet, was Nägel und Haut purpurroth färbt, aber ſchon am
Lichte ſcheidet ſich wieder metalliſches Gold aus, namentlich entzieht ihm
auch Eiſenvitriol das Chlor, es werden 6 Ḟe S⃛ + A̶u C̶l3 + Ḣ̶3 zu
3 F̶⃛e S⃛ + 3 Ḣ̶ C̶l + 3 S⃛ + 2 Au, indem die 3 Orygen des Waſſers die
6 Ḟe zu 3 F̶⃛e machen. Gold färbt das Glas purpurroth.


Das natürliche Gold iſt durch Silber in allen Verhältniſſen verun-
reinigt, es wird dadurch lichter, leichter und härter (Pogg. Ann. 23. 161).
Unbedeutend iſt der Gehalt an Kupfer und Eiſen. Das Gold aus dem
Goldſande von Schabrowski bei Katharinenburg hielt 98,96 Au, 0,16 Ag,
0,35 Cu, 0,05 Fe. Gewöhnlich beträgt aber das Kupfer bei den Urali-
ſchen viel weniger bis 0,02 p. C. Bouſſingault fand 98 Au, 2 Ag von
Bucaramanga in Südamerika; Kerl 95,48 Au, 3,59 Ag im Auſtraliſchen;
Oswald 93 Au, 6,7 Ag im beſten Californiſchen Golde. Aber von dieſem
Maximum im Feingoldgehalt ſcheinen nun alle möglichen Abſtufungen
vorzukommen, ſchon Klaproth (Beiträge IV.1) nannte eine


Electrum mit 64 Au und 36 Ag, es kommt auf Silbergängen bei
Schlangenberg am Altai vor, und iſt viel blaſſer, als das goldreichere
Metall. Plinius 33. 23 ſagt ausdrücklich: omni auro inest argentum vario
pondere. Ubicunque quinta argenti portio est, electrum vocatur.
Hero-
dot I.50 heißt es λευκὸς χρυσὸς weißes Gold. Im Golde von Vörö-
ſpatak fand G. Roſe ſogar 38,74 Ag. Das ſchließt ſich dann an das
Güldiſche Silber von Kongsberg an. Schon mit 40 p. C. Silber legirt
ſieht die Miſchung weiß aus. Es fand ſich im Alterthum vorzüglich in
Gallicien.


Den Silbergehalt des Goldes kann man vor dem Löthrohr mittelſt
Phosphorſalz prüfen: die Glasperle opaliſirt unter der Abkühlung in Folge
von aufgenommenem Silberoxyd. Beträgt das Silber nicht über 15 p. C.,
ſo kann man aus Blechen mittelſt Salpeterſalzſäure das Gold löſen; iſt jedoch
mehr Silber, ſo umhüllt das entſtehende Chlorſilber die Goldtheile, und
bewahrt ſie vor Löſung. Steigt dagegen das Silber auf 80 p. C., ſo
zieht reine Salpeterſäure es vollkommen heraus, das Gold bleibt metalliſch
zurück. Legirungen von 15—80 p. C. Silber können mit 3 Theilen reinem
Blei (geglühtem eſſigſaurem Blei) zuſammengeſchmolzen, und dann mit
Salpeterſäure behandelt werden. Die Praktiker bedienen ſich des Probier-
ſteins pag. 178. Sie haben bekannte Legirungen von Silber und Gold
(goldene Probiernadeln), machen auf den Stein einen Strich, und können
ſchon aus der Färbung auf den Goldgehalt ſchließen. Tröpfelt man dann
Salpeterſäure darauf, ſo löst dieſe das Silber, und läßt das Gold zurück.


[470]III. Cl. Gediegene Metalle: Goldſeifen.

Das Gold hat ſo wenig Verwandtſchaft zum Sauerſtoff, daß man
es im Knallgebläſe, mit Brenngläſern ꝛc. verdampfen, und im Dampfe
Silber vergolden kann.


Die Goldmacherkunſt (Alchemie) wird ſeit alter Zeit vergeblich
getrieben. Im Mittelalter trachtete man hauptſächlich nach dem Stein
der Weiſen
, dem großen Elixir oder Magiſterium (Meiſterſtück),
der die Eigenſchaft hatte, ſchmelzendes Metall in Gold zu verwandeln
(Kopp, Geſchichte der Chemie). Vielleicht daß die große


Verbreitung des Golds zuerſt zu ſolchen Vermuthungen geführt
hat. So enthalten z. B. die Erze des Rammelsberges bei Goslar nach
Hausmann in 5,200,000 Theilen 1 Theil Gold, der gewonnen wird,
weil er mit dem Silber fällt. Alle alten Silbermünzen enthalten noch
Gold, aber ſeitdem man weiß, daß Silber in concentrirter Schwefelſäure
gelöst werden kann, lohnt es ſich ſelbſt noch \frac{1}{5000} Gold abzuſcheiden, ſo
viel ſollen die werthloſen Koburger Sechſer enthalten, die in München
geſchieden werden. Die Kronenthaler haben ſogar \frac{1}{1200} Gold enthalten,
d. h. 12,000 fl. in der Million fl. (Pogg. Ann. 74. 316). Das Silber
ſchlägt man aus der ſchwefelſauren Löſung durch Kupferplatten nieder.
Die Schwefelkieſe auf den Gängen und Lagern von Freiberg haben bis
ein 400 Milliontheil Gold; die von Marmato bei la Vega de Supia
(Provinz Popayan) nach Bouſſingault \frac{1}{5000}; auch der Arſenikalkies von
Reichenſtein in Schleſien wurde früher einmal auf Gold ausgebeutet (Abh.
Berl. Akad. 1814. 28). Auf der Südſeite der Karpathen ſind die Brec-
cien der Syenit-Porphyre ſo vom Golde durchdrungen, „daß jeder Stein
auf der Kapelle ein Goldkorn hinterläßt“. Zu Vöröſpatak liegt es in
dem Karpathenſandſteine zerſtreut. Hier in dem Ungariſch-Siebenbürgiſchen
Gränzgebirge ſetzen ſich die einzig bekannten Golderze mit Tellur verbunden
an: Schrifterz mit 30 Au und Blättererz mit 9 Au. Alles übrige Gold
kommt auf urſprünglicher Lagerſtätte hauptſächlich eingeſprengt, in kryſtal-
liniſchen Silikatgeſteinen vor, aber ſo fein vertheilt, daß die Arbeit darauf
nicht lohnt. In den Dauphinéer Alpen bei la Gardette hat man es bis
1835 zu wiederholten Malen vergeblich verſucht. Am Rathhausberg bei
Gaſtein, am Hainzenberge im Zillerthal ꝛc. iſt der Ertrag auch nur un-
bedeutend. Beſonders gern ſammelt ſich das Gold auf Quarzgängen:
ſo wird es zu Bereſow nördlich Katharinenburg, dem einzigen Goldbergbau
im Ural, in kleinen Mengen gewonnen. In Ungarn zu Nagyag, Offen-
banya, Kremnitz, iſt es mehr Erz, als gediegen Gold, was man aus-
beutet. Werden nun aber dieſe goldhaltigen Geſteine zertrümmert, wie
das zur Diluvialzeit vielfach der Fall geweſen ſein muß, und wie es
jetzt noch durch unſere Flüſſe in kleinem Maßſtabe geſchieht, ſo wird das
ſchwere Gold ausgewaſchen und zurück bleiben, es bilden ſich


Goldſeifen, lockere Gebirge, die mit Waſſer behandelt einen kleinen
Theil ihres Goldgehaltes fallen laſſen, was in Tüchern oder haarigen Fellen
(das goldene Fließ des Jaſon) aufgefangen wird. So unvollkommen dieſe
Methode auch ſein mag, denn im Ural kann man damit höchſtens \frac{1}{25} Theil,
gewöhnlich nur \frac{1}{80}—\frac{1}{100} des ganzen Gehaltes gewinnen, ſo weiß man
doch bis jetzt nichts beſſeres. Durch Schmelzen ließe ſich freilich viel mehr
heraus bringen, aber das lohnt die Koſten nicht, da im Durchſchnitt der
[471]III. Cl. Gediegene Metalle: Goldwerth.
Uraliſche Goldſand nur \frac{1}{400000} enthält. Und das iſt erſt noch viel.
Am Rhein, wo der Mann mit Waſchen einen kärglichen Tagelohn verdienen
kann, iſt er 7—8mal ſchlechter, es würde ſich hier gar nicht lohnen, wenn
nicht das Gold mehr in Blättchen, die ſich leichter anhängen, vorkäme,
als das im Ural der Fall iſt. Im Ural und in den meiſten goldreichen
Gegenden ſind es vielmehr Körner mit rundlichen Oberflächen und allerlei
Unebenheiten. Das ruſſiſche Rieſenſtück, welches 1842 in den Gold-
wäſchen bei Miask gefunden wurde, wiegt 88 ℔ ruſſiſch, iſt 15 Zoll
lang, und 10 Zoll hoch, gleicht dem geſchmolzenen ſchnell erkalteten Metall,
mit großen wulſtigen Unebenheiten, in deren Tiefen Spuren von Kryſtal-
liſation ſichtbar werden. Quarz und Titaneiſen ſitzt ſtellenweis daran
(Verhandl. Kaiſ. Ruſſ. Mineral. Geſellſchaft 1843 pag. 70). Das Mu-
ſeum des Berginſtituts bewahrte damals aus dem Ural 236 Goldklumpen
von 463 ℔ Schwere und 168000 Silberrubel Werth! Das größte Stück
in Deutſchland fand ſich im Mühlbach bei Enkirch an der Moſel ohnweit
Bernkaſtel 3\frac{7}{8} Loth, und wird im Berliner Muſeum aufbewahrt (Poggen-
dorf’s Ann. 10. 136).


Der Goldwerth iſt immer etwas ſchwankend, je nach dem Gewinn
und den politiſchen Zuſtänden. Feines Gold war ſchon zur Zeit des Meſes
in vielen Centnerſchweren Maſſen das Hauptſchmuckwerk beim jüdiſchen
Cultus (2 Moſes 38, 24), der Gnadenſtuhl und die Cherubim waren
aus maſſivem Gold. David vermachte dem Tempel 3000 Talent Goldes
(1 B. Chron. 30, 4), und Salomo holte auf eigenen Schiffen 420 Ta-
lente (nach Weſton’s Berechnung 3 Millionen Pfund Sterling) aus Ophir
1 Kön. 9, 28, und bekam überhaupt in einem Jahr 666 Talente Gold,
1 Kön. 10, 14. Schon zu Plato’s Zeit wurde der Werth auf das 12fache
des Silbers geſetzt, wie es etwa noch heute in der Türkei iſt. Die Römer
trieben einen ungeheuern Goldluxus beſonders mit Ringen, Plin. 33. 5.
Dennoch hatte Cäſar in Gallien ſo viel erbeutet, daß es plötzlich nur
7\frac{1}{2}mal theurer als Silber wurde, während es unter Juſtinian wieder auf
22 ſtieg. Zu unſern Zeiten ſchwankt die Goldwährung zwiſchen 14—15,
d. h. 14\frac{1}{2} ℔ Silber gelten ſo viel als 1 ℔ Gold, und da das Silber reichlich
ein Halbmal ſo ſchwer als Gold iſt, ſo haben Goldſtücke von gleicher Größe
mit Silberſtücken ungefähr einen 27fachen Werth. Die feine Mark 360 fl.


Aſien war nach alten Angaben das goldreichſte Land der Erde,
und ſchon Herodot ſagt, daß im Lande der Dardi (Kaſchmir) Ameiſen
größer als Füchſe goldhaltigen Sand aus der Erde werfen. Noch heute
ſind alle Zuflüſſe des obern Indus ſo goldhaltig, daß Ritter (Erdkunde
14. 410) dahin das Land Ophir verſetzt. Verſchiedene aſiatiſche Völker
bedienen ſich der rohen Goldkörner als Tauſchmittel. Beſonders viel Gold-
ſtaub liefern die großen Inſeln Celebes, Borneo, Sumatra ꝛc. Es ſcheint
bis jetzt noch wenig ausgebeutet, denn ein Fürſt von Celebes verſprach
einem amerikaniſchen Kaufmann, binnen Jahresfriſt eine beliebige Menge
in Stücken von 6—12 ℔ zu liefern. In Perſien ſollen nach den dortigen
Sagen die Gräſer der hohen Elwend die gemeinſten Metalle in Gold
verwandeln. Aehnlichen Reichthum birgt das noch unbekanntere


Afrika. Südlich den Katarakten des Nil, noch ſüdlich von dem
alten Meroe (Sennaar), wird das Gold im Strom gefunden, Fazoglo,
[472]III. Cl. Gediegene Metalle: Verbreitung des Goldes.
Scheibom und das Mondsgebirge iſt den Sagen nach ſo reich, daß Meh-
met Ali Expeditionen dorthin ausrüſtete. Weiter ſüdlich im Reich Batua
ſollen Madagaskar gegenüber in der goldreichen Ebene von Manica die
Goldkörner aus flacher Erde gegraben werden. Ja ein Theil der Weſt-
küſte hat von den Kaufleuten den Namen Goldküſte erhalten, weil die
Mandingo-Neger den Goldſtaub aus dem Quelllande des Senegal und
Gambia hier abſetzen. Man hat daher wohl gemeint, daß Ophir die
Küſtenländer von Afrika oder des glücklichen Arabien waren. Doch hat
die alte Welt in unſern Zeiten nie mehr die Schätze in dem Maße ge-
liefert, wie es im hohen Alterthum der Fall geweſen zu ſein ſcheint.
Zwar haben die


Ruſſiſchen Beſitzungen von Nordaſien am Ural und Altai in
unſerm Jahrhundert große Ausbeute geliefert, aber nicht ohne Anſtrengung.
Der Ural ſcheint darnach das Land der Scythen Herodots zu ſein, wo
die einäugigen Arimaſpen das Gold unter den Greifen hervorziehen.
Noch heute iſt es dort ein einträglich Geſchäft, den Goldſchmuck zu ſuchen,
welchen die alten Tſchuden ihren Todten mit ins Grab gaben. Dennoch
wurden erſt 1819 die Goldwäſchen im Ural wieder eröffnet. Die Gold-
ſeifen, unſern Lehmbildungen überaus ähnlich, ziehen ſich auf der Oſtſeite
des von Nord nach Süd ſtreichenden Gebirges wohl 150 Meilen weit in
gerader Linie fort, die größten Stücke kommen im Süden, in der Gegend
von Miask (Werchno-Uralsk das ſüdlichſte Werk) vor, je weiter nach
Nord, deſto feiner das Goldkorn. Die Koſten betragen ⅔ des Goldwerthes.
1843 gewannen Privaten und Krone 1342 Pud im Werth von 16 Mill.
Silberrubel (à 1 fl. 50 kr.). 1847 1722 Pud, und von 1819—1851
etwa 18,400 Pud oder 460 Mill. Gulden. Nördlich vom Altai, in den
mittlern Flußgebieten des Obi, Tom, Jeniſſei bis zur Lena, wird das
Gold durch Verbrecher gewonnen. 1841 und 42 zogen 350 Expeditionen
im Gouvernement Jeneſeisk in die Taigas (finſtere Wälder) und fanden
nichts, ſolche Mühe koſtet das Aufſuchen neuer reicher Lager! Dennoch
ſtieg dort der Goldertrag ſo ſchnell, daß er den am Ural bald zu über-
flügeln drohte, allein ſchon 1847 erreichte er ſeinen Höhenpunkt 1396 Pud,
1850 nur noch 1031, 1852 blos 818. 1844 ſollen im Gouvern. Jeneſeisk
150,000 Bouteillen Champagner getrunken ſein! Das gibt uns das beſte
Bild von den Goldſuchern.


In der Neuen Welt war es zuerſt Braſilien, was die Goldgier
in Aufregung brachte. 1590 ſah man beim Sklavenfang Indianiſche
Weiber und Kinder mit Goldblättchen geſchmückt und nun drangen ganze
Karawanen in die Urwälder, die in den Bächen von St. Paulo pfund-
ſchwere Stücke fanden. In Minas Geraes fiſchten 1680 die Indianer
mit goldnen Angelhaken, und noch heute iſt daſelbſt die Stadt Villaricca
der Hauptort. Ein ſchieferiger Quarzfelſen mit Eiſenglimmer (Icu-
tinga) enthält das Gold in Blättchen, die zuweilen ¾ Fuß lang werden,
aber immer ſehr dünn bleiben. Man treibt Verſuchsörter in das 60′
mächtige Lager, und leitet Waſſer hinein, welches das Gebirge zernagt
und Gold auswäſcht (Gilbert’s Ann. 59. 130). Eine einzige Mine (Gongo-
Socco) hat in 12 Jahren den Engländern 20 Millionen Gulden Goldes
geliefert. 1785 fand ſich bei Bahia ein Goldklumpen von 2560 Pfund
im Werth von 1\frac{1}{4} Mill. Gulden! Die ganze Cordillere von Chili bis zur
[473]III. Cl. Gediegene Metalle: Verbreitung des Goldes.
Landenge von Panama liefert theils in Quarzgängen auf Thonſchiefer
und Gneis, theils in Seifen und im Flußſande viel Gold. In La Paz
am Titicacaſee ſtürzte im vorigen Jahrhundert ein Thonſchieferfels herab,
worin Goldſtücke von 50 ℔ ſteckten, und der Felsſturz brachte in wenigen
Tagen 80,000 Piaſter ein. Erſt im Sommer 1852 kam die Bevölkerung
Perus in Aufregung, es hatte ſich nördlich Lima in der Cerro de Sanu
an der Küſte von Huacho in Quarzadern des Porphyr ein ungeheurer
Reichthum an feinſtem Gold gefunden, muß aber bergmänniſch gewonnen
werden. Wenn aber die Küſtenketten ſo viel Gold bergen, ſo läßt ſich
daraus auch der Reichthum weiter nördlich im Schuttlande von Choco
wohl erklären. Großes Aufſehen machte in unſern Tagen der Goldreich-
thum von


Californien. Schon lange war der Goldreichthum des nördlichen
Mexiko’s bekannt, denn in den Gruben von Villa pondo enthält nach
Humboldt der thonige Schlamm der Goldgänge eine ſolche Menge un-
ſichtbarer Goldtheilchen, daß die nackt arbeitenden Grubenleute nach ge-
thaner Arbeit gezwungen ſind, ſich in großen Gefäßen zu baden, damit
der koſtbare Staub ihres Leibes nicht verloren gehe. In der nördlichen
Provinz Sonora entdeckte man 1836 nördlich Ariſpe am Fluſſe Gil einen
Sand, der täglich 16 ℔ Gold lieferte. Die Arbeiter durchwühlten mit
einem Stock den Boden, um die ſichtbaren Körner aufzuſuchen. Aber
was war das gegen den Reichthum am Rio Sacramento in Obercalifor-
nien, wo man im Frühjahr 1848 beim Graben eines Mühlbachs das
erſte Goldkorn fand, Silliman American. Journ. 1849. 2 ser. VII.125.
Nach 3 Monaten ſammelten ſich ſchon 4000 Menſchen, von denen der
Mann täglich gegen 2000 fl. erbeuten konnte, obgleich nur Nägel, Taſchen-
meſſer ꝛc. die rohen Werkzeuge bildeten. Schon im Jahre 1848 ſollen 5
Mill. Dollar, 1849 aber 40 Mill., 1850 50 Mill. 1851 56 Mill. aus-
geführt ſein. Genaue Angaben ſind bei der Gewinnungsart nicht möglich.
Doch ſcheint die Furcht, als würde das Gold plötzlich entwerthet, auch
dießmal nicht begründet. Die Vereinigten Staaten haben außerdem im
Oſten längs des Alleghani-Gebirges in Virginien, Nordcarolina über die
Weſtecke von Südcarolina hinweg bis Georgien hinein, auf einer Längen-
erſtreckung von 100 Meilen Goldſeifen und Goldgänge auf Quarz im
Talkſchiefer. Beim Graben von Brunnen ſind in Nordcarolina Stücke bis
53 ℔ ſchwer gefunden worden. Endlich wurde auch in


Auſtralien (Athenaeum 1849. Nro. 1132) im Gebirge des Bat-
hurſt-Diſtriktes weſtlich von Sydnei das Gold von einem Schäfer in ſol-
cher Menge entdeckt, daß es noch Californien in Schatten zu ſtellen droht.
In der Victoria-Colonie fand ſich bereits ein Goldklumpen von 11″ Engl.
Länge und 5″ Breite im Werth von 5500 Dollar (Leonhard’s Jahrb.
1853. 72), bei Bathurſt von 106 ℔ und 48,000 fl. Werth! 1852 ſollen
in der Provinz Sidney und Victoria für 75 Mill. Gulden gewonnen ſein.
Clarke (Silliman’s Amer. Journ. XIII.118) macht darauf aufmerkſam, daß
das Auſtraliſche Gold genau im Meridian von 149° öſtlich Greenwich
liege, während 90° weſtlich davon das Uraliſche und 90° öſtlich das Cali-
forniſche ſich aufgehäuft habe. Auch Neu-Seeland und Van Dimensland
führen Goldſeifen. Arm ſind dagegen unſere


[474]III. Cl. Gediegene Metalle: Verbreitung des Goldes.

Europäiſchen Länder, aber vielleicht nur, weil die Ausbeute
ſchon längſt gemacht wurde. So ſpricht Plinius 33. 21 von einem Gold-
reichthum Spaniens, ganze Berge wurden in Gallicien, Luſitanien und
Aſturien mit Feuer und Waſſer zerſtört, heute iſt Gold dort unbekannt.
In Italien verbot ein Geſetz, daß nicht mehr als 5000 Arbeiter aufge-
ſtellt werden dürften. In Frankreich werden die Ariège in den öſtlichen
Pyrenäen, die obere Garonne bei St. Beat, der Gardon in den Sevennen,
die Rhone ꝛc. als goldführend zum Theil noch ausgebeutet. In Deutſch-
land gibt der Rhein allein noch eine kleine Ausbeute von Waſchgold, bei
Wittenweier und Philippsburg, woraus die badiſche Regierung alljährlich
etwa 4000 Ducaten ſchlägt, obgleich Daubrée ausgerechnet hat, daß zwi-
ſchen Baſel und Mannheim 80 Millionen Gulden im Rheinbett liegen
(Bullet. geol. Franc. 1846. 458). Das Gold ſcheint aus der Molaſſe zu
ſtammen. Zwar führt auch die Moſel in den Vogeſen Gold, aber ſo
wenig, daß ein Tagewerk nur 3 Centimen liefert. Auch in Württemberg
hat man es aus dem weißen Keuperſandſteine von Sternenfels (Ob.
Maulbronn) verſucht, Gold zu gewinnen, aber die Koſten konnten nicht
gedeckt werden. Iſar, Donau, der Diluvialboden bei Bodenmais, der
Schwarza-Grund am Thüringer Wald, die Edder im Waldeckiſchen, alles
liefert keine Ausbeute mehr. Vereinzelt ſteht auf dem Unterharze der Fund
von gediegen Gold bei Tilkerode in den Eiſenerzen auf der Gränze zwi-
ſchen Grünſtein und Thonſchiefer. Nur Oeſtreich gewinnt in Ungarn und
Siebenbürgen jährlich 6—7000 Mark, aber meiſt aus Erzen. Die Gold-
produktion während der 5 Jahre von 1848—53 ergibt einen Werth von
2 Milliarden Franken. Davon kamen im Jahre 1852 etwa 300 Mil-
lionen auf die Californiſchen Wäſchereien, 160 Mill. auf Auſtralien, 90
Mill. auf Ural und Altai, und die übrigen 50 Mill. auf ſämmtliche an-
dere Länder. Wenn ſich das ſo ſteigern würde, ſo müßte es den Gold-
werth allerdings herabdrücken. Indeß es iſt eine alte Erfahrung, daß die
erſten Bearbeitungen der Goldwäſchen ſtets große Ausbeute lieferten, der
Gewinn nimmt aber ſchnell ab, ſo bald der erſte Anlauf auf die reichen
Seifen gemacht iſt. Die Förderung durch Bergbau hat noch nie über-
mäßigen Ertrag gebracht.


Man darf aus dieſer großen Verbreitung nicht etwa voreilig ſchließen,
daß das Gold in dieſer Beziehung ſich vor andern Stoffen auszeichne. Nur
ſein Werth hat zu der Entdeckung geführt, und ſeine ungeheure Dehn-
barkeit in Verbindung mit ſeinem Glanz macht, daß es wie das Sonnen-
licht ſelbſt bis in die Hütte der Armuth dringt (v. Kobell, Skizzen aus
dem Steinreiche. 1850. pag. 138), und aller Augen auf ſich zieht. Ber-
thollet wies es ſogar in der Pflanzenaſche nach.


Anwendung. Feines (reines) Gold kann weder zu Münzen, noch
zu Geräthſchaften angewendet werden, weil es zu weich iſt, aber ſchon \frac{1}{12}
Blei macht es glasartig ſpröde, ſelbſt ſchon \frac{1}{2000} Wismuth wirkt deutlich
ein. Mit Silber und Kupfer bleibt es dagegen geſchmeidig. Zu dem
Ende theilt man die Mark = 16 Loth in 24 Karat, nimmt man nun
z. B. 22 Karat Feingold und miſcht dazu 2 Karat Silber, ſo nennt man
ſolche Legirung 22karätig. Die rothe Karatirung geſchieht mit Ku-
pfer, \frac{1}{7} Kupfer gibt die härteſte Maſſe, und die Farbe wird dabei röthlich
gelb, alſo höher, und die Dichtigkeit etwas größer. Die weiße Karati-
[475]III. Cl. Gediegene Metalle: Silber.
rung geſchieht mit Silber, aber die Farbe wird blaſſer, daher iſt das nicht
gewöhnlich. Am leichteſten ſchmilzt die gemiſchte Karatirung mit Kupfer
und Silber.


2. Silber.


Schon bei Ulfilas findet man Silubr, bei Ottfried Silabar, lateiniſch
Argentum, mit dem Zeichen des Mondes ☾, iſt aber ſo lange als Gold
gekannt. Native Silver, Argent natif.


Es hat die reguläre Kryſtallform des Goldes. Würfel, Oktaeder
und Granatoeder kommen in Sachſen bis zu ½ Zoll Durchmeſſer vor, na-
mentlich aber auch das Leucitoid a : a : ⅓a Pogg. Ann. 64. 533. Nau-
mann gibt noch Pyramidenwürfel a : ½a : ∞a und a : ¼a : ∞a bei ſäch-
ſiſchen Kryſtallen an, wo auch das Granatoeder keine ſeltene Erſcheinung
iſt. Beſonders ſchöne Kryſtalle ſind zu Kongsberg vorgekommen, nebſt
Zwillingen von einfachen Würfeln und Leucitoiden, wie beim Golde pag. 468.
Daſelbſt dehnen ſich zuweilen die Leucitoidzwillinge
l, parallel einer Oktaederſäule o/o in zweigliedriger
Stellung übermäßig aus. Die Zwillingsebene iſt
bei unſern Figuren die Ebene des Papiers, und
die unbezeichneten Flächen oben ſind weggefallen.
Von den zweigliedrigen Axen geht die Hauptaxe c
der Oktaederkante parallel, und die Nebenaxen liegen
in der Granatoederfläche, welche die Endecke gerade
abſtumpft. Sehen wir zunächſt von dem Zwillinge
ab, und gehen von dem 2gliedrigen Oktaeder l l'

[figure]

aus, ſo iſt


a : b : c = 1,
wie ſich nach pag. 45 leicht ergibt. Folglich iſt auf
dieſe Axen bezogen l' = a : b : c, in der vordern
Endkante 148° 54′; das Paar l'' = c : ⅓b : ∞a
ſchneidet l' unter 117° 2′. Die Oktaederflächen o/o
bilden die Säule o = 2a : b : ∞c vorn mit dem
Oktaederwinkel 109° 28′, deren ſcharfe Kante das
zweite Paar von Leucitoidflächen l = 6a : b : ∞c
zuſchärft, folglich iſt l/l = 129° 31′ und l/o =

[figure]

150° 20\frac{1}{2}′. Wenn nun dieſe 2gliedrigen Kryſtalle einen Zwilling bilden,
wie der Fall iſt, ſo haben ſie die Säule o gemein, und liegen umgekehrt.
Aber dieſer Zwilling der zweigliedrigen Stellung iſt zugleich auch der der
regulären. Beiſtehende Horinzontal-Projektion der
Säulen macht dieß ſogleich klar: wo ſich l und L
in der Zwillingsgränze begegnen, entſteht ein aus-
ſpringender Winkel 160° 18′; l/l = L/L ſind
129° 31′; o/o = O/O = 109° 28′; o/O =
141° 4′, doch kann an dieſer Stelle auch der ein-

[figure]

ſpringende L/l = 160° 18′ ſich einſtellen.


Keine Kryſtalle haben ſo entſchiedene Neigung, dendritiſche Formen
zu bilden, als das gediegene Silber, man hat daher den deutſchen Namen
ſogar von Silviger ableiten wollen. Dieſe Dendriten ſind z. B. im Schwer-
[476]III. Cl. Gediegene Metalle: Silber.

[figure]

ſpath der Grube Sophie zu Wittichen auf dem Schwarz-
walde nichts weiter als ein Proliferiren des Oktaeders
nach allen Seiten: es ſetzt ſich immer ein Oktaederchen
auf das andere, und jeder Nebenſtrahl kann wieder zu
einem Hauptſtrahl werden. Im Querſchnitt (untere Fi-
gur) haben daher die Aeſte 4 Arme. Aber denke man
ſich auch noch ſo viele Verzweigungen, alle ſchneiden ſich
in der Richtung der Oktaederaxen unter rechten Winkeln,

[figure]

und das Ganze bildet ein einziges Oktaeder. An-
ders iſt es, wenn die Strahlen ſich unter 60° ſchnei-
den (Farrenkrautartiges Silber), wie es auch auf
der Sophie vorkommt. Dann ſind es Zwillings-
verzweigungen, wie beim Kupfer, ſiehe unten.


Sehr ausgezeichnet ſind die Haar-, Draht-,
und Zahnförmigen Bildungen, beſonders ſchön bei
Schneeberg und Kongsberg vorkommend. Die Zahn-
förmigen ſind wegen ihrer Aehnlichkeit mit Stoß-
zähnen von Elephanten benannt. Zu Kongsberg brach 1834 ein ſolcher
Zahn von 7\frac{1}{4} Ctr. Gewicht! Dieſe äußern Geſtalten ſind auffallend gedreht
und gekrümmt, „und es iſt ſehr gemein, daß weiß Silber auss gediegen
Glassertz ſpreißet.“ So daß letzteres wahrſcheinlich aus erſterm entſtand.
Bleche und Platten, letztere mit unregelmäßigen Eindrücken und zackigen
Auswüchſen, kommen vor. Silberweiß, rein iſt es das weißeſte Metall,
hat aber doch einen Stich ins Gelb und läuft an der Oberfläche gelb,
roth, braun bis ſchwarz an, in Folge einer Aufnahme von Schwefel oder
Chlor. Härte 2—3, etwas härter als Gold, geſchmeidig mit ſehr glän-
zendem Strich und hakigem Bruch. Durch Hämmern wird es härter und
ſpröder, und läßt ſich zu Blattſilber von \frac{1}{100000} Zoll ausdehnen. Ge-
goſſenes wiegt 10,478, gehämmertes 10,6.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es leicht zu einer Kugel. Bei langſamem
Erkalten kryſtalliſirt es in Oktaedern. Das feine Silber nimmt beim
Schmelzen Sauerſtoff auf, und gibt dieſen beim Erkalten unter Spratzen
ab, treibt dabei mehrere Zoll lange Bäumchen, ſogar kryſtalliſirt, heraus.
In Salpeterſäure löst es ſich bei der Wärme zu ſalpeterſaurem Silber-
oxyd, was kalt in gläuzenden weißen 2gliedrigen Tafeln ſich ausſcheidet.
Auch in concentrirter Schwefelſäure löst es ſich unter Bildung von ſchwef-
lichter Säure. Salzſäure gibt einen käſigen Niederſchlag von Ag C̶l, der
am Lichte violet und ſchwarz wird. Ammoniak löst den Niederſchlag
leicht, indem ſich Chlorſilber-Ammoniak bildet.


Goldhaltig iſt das meiſte Silber, bei Kongsberg kommt eines mit
72 Ag und 28 Au vor, Fordyce Phil. Trans. 1776. 523, man hat es
wohl als güldiſch Silber unterſchieden. Gewöhnlich iſt aber der Gold-
gehalt viel geringer, pag. 469. Kupfer gibt Berthier 10 p. C. neben 90
Ag von Curcy Dep. Calvados an. Das Silber von Johann-Georgen-
ſtadt enthält 99 p. C. fein. Außerdem kommt es aber meiſt


vererzt vor. Dieſe Silbererze (Gültigerze) brechen auf ſchmalen
Gängen, wie ſchon Hiob 28, 1 weiß, die ſeit alter Zeit den Bergbau
angeregt haben: Glaserz enthält 87 Ag, Antimonſilber 84 Ag, Hornerz
75,2 Ag, Sprödglaserz 70,4, Polybaſit 72, Rothgülden 65, Silberkupfer-
[477]III. Cl. Gediegene Metalle: Silber.
glas 53, Amalgam, Wismuthſilber 60, Tellurſilber 61, Selenſilber 73,
Bromſilber 58, Jodſilber 46, Myargyrit 35,9, Sternbergit 33, Schilfglas-
erz 24, Silberfahlerz 31,8. Beſonders aber ſind es die in größern Mengen
brechenden Blei- und Kupfererze, welche durch einen kleinen Silbergehalt
angereichert werden. Der Hüttenmann hat ſich im Abſcheiden dieſes edlen
Metalls eine ſolche Fertigkeit erworben, daß er weniger als \frac{1}{10} Loth im
Centner, alſo \frac{1}{32000}tel, nachweiſen kann (Plattner’s Probierkunſt 37), und
zwar mit dem Löthrohr! Da man aber mit dem Löthrohr nicht leicht mehr
als 1 Decigramm (\frac{1}{36} Quentchen) bewältigt, ſo läßt ſich weniger als 1
Milliontel Quentchen Silbers nachweiſen. Eine Wage reicht da nicht
mehr hin, und Harkort kam auf den ingenieuſen Gedanken, die kleine ab-
getriebene Silberkugel zwiſchen zwei feinen convergenten Linien auf Elfen-
bein zu meſſen, was vollkommen gelang. Silber iſt ſogar in Meerwaſſer
neuerlich nachgewieſen, da Chlorſilber im Salzwaſſer löslich iſt (Pogg.
Ann. 79. 480).


Die Verbreitung des Silbers iſt in Beziehung auf Menge 24mal
ſtärker als die des Goldes. Das edle Metall würde aber in ſeinen
ſchmalen Gängen lange verborgen geblieben ſein, wenn nicht gerade die
oberſten Teufen, die bis über den Boden in früherer Zeit emporragten,
am reichſten wären. So fanden ſchon die Phönicier bei ihren erſten
Fahrten nach Spanien ſo viel Silber, daß nach der Sage ihre Schiffe es
nicht faſſen konnten, ſelbſt Anker machten ſie aus Silber. Auch Hannibal
hat mit ſpaniſchem Silber ſeinen zweiten Puniſchen Krieg geführt, die
Grube Bebulo in Aquitanien lieferte ihm täglich 300 ℔, Plinius hist.
nat.
33. 31. In Griechenland waren beſonders die Silberbergwerke von
Laurion bei Athen berühmt, welche durch Sklaven betrieben wurden. So
kam es, daß ſchon zu Plinius Zeit bei reichen Römern Bildſäulen, Wagen,
Bettſtellen, Kochgeſchirre ꝛc. von gediegenem Silber waren, ja in Rom
gab es 500 ſilberne Becken à 100 ℔, und Druſillanus hatte eines von
550 ℔.


Im Mittelalter ging der Silberbergbau in Deutſchland hauptſächlich
vom Rammelsberge bei Goslar 960 aus, die Silberausbeute erreichte aber
vor der Entdeckung von Amerika im ſächſiſchen Erzgebirge ihren Höhen-
punkt. Beſonders bei Schneeberg. Schon 1471 wurde hier ein „mächtig
Erz“ gefunden, 1477 auf der St. Georgenzeche ein Stück von 7 Ellen
hoch und 3\frac{1}{2} Ellen breit (es war Glaserz mit gediegenem Silber), woraus
400 Centner Silber geſchmolzen wurden. Herzog Albert ſtieg ſelbſt in
die Grube hinab, ſpeiste darauf mit ſeinen Begleitern, und ſoll nach
Agricola Bermannus pag. 693 ausgerufen haben: Fridericus imperator
potens et dives est, ejusmodi tamen mensam hodie non habet.
Albinus
(Meißniſche Bergchr. pag. 27) weiß nicht genug von dem Silberreichthum
des Schneebergs zu rühmen. Er rechnet uns vor, daß in den erſten 79
Jahren von 1471 bis 1550 über zehn Millionen Centner Silber gewonnen
ſeien. Das ſcheint nun zwar unmöglich (Bergmänniſches Journal 1794.
VI.1, pag. 151), doch entſtand in Schneeberg ein ſo unſinniger Luxus,
daß beſondere Geſetze dagegen gegeben werden mußten. „Zum anderm,
„iſt dieſes in gemeinen Geſchrey, und von vielen alten Gewercken und
„Bergleuten auffgeſchrieben, und bericht geſchehen, das man in der
„blüet des Schnebergiſchen Bergwercks nicht gnug müntzen können, und
[478]III. Cl. Gediegene Metalle: Silber.
„derhalben nicht allein müntze, Sondern auch Silberküchen ausgetheilet,
„wie denn auch Matheſius in ſeiner Sarepta ſchreibt, daß man auf S.
„Georgen auf einmal hundert marck Silbers, und 600 fl. auf einen Kucks
„ausgetheilet.“ Ja nicht blos ungemünztes Silber, ſondern ſelbſt rohes
ungeſchmolzenes Erz hat man anfänglich ausgetheilt! Und als Simon
Rößler die Werke von S. Marienberg, die 1540 um Trinitatis 113,000 fl.
Ausbeute geliefert hatten, vor allen ſächſiſchen Werken rühmt, ſetzt er hinzu:


Den Schneeberg laſſen wir bleiben,

Da brach’s gewaltiglich,

Gott thue ſein gnad verleihen,

Das es hie auch ſo bricht.

Auf Neu-Morgenſtern kamen Lachterlange Druſen vor, woraus Haar-
ſilber „kübelweis“ gewonnen wurde. Silber bleibt in Sachſen überall
die neueſte Bildung, es ſollen in mehreren Revieren Silberzähne ſogar
über dem Raſen abgehauen ſein. Heute iſt der Himmelsfürſt bei Frei-
berg die berühmteſte Grube.


Der Schwarzwald im Gebiete der Kinzig ſtand beſonders im vorigen
Jahrhundert in großem Ruf, Grube Sophia bei Wittichen lieferte dendri-
tiſches Silber im Schwerſpath, der im verwitterten Granit aufſetzt. Die
Grube Anton im Heubachthale hat noch vor wenigen Jahren auf einem
Schuß 50 ℔ gediegen Silber geliefert, und als ein Bauer 1845 die ver-
laſſene württembergiſche Grube Dreikönigsſtern wieder auszubeuten begann,
erſchürfte er unter dem Raſen 14 ℔ gediegen Silber. Aber alles bricht
nur ſporadiſch: ſo brachte auch die Grube Wenzel im Schappacher Thal
in ihrer beſten Zeit monatlich 24 Ctr. Silber, meiſt an Antimon und
Schwefel gebunden.


Die Ungariſchen Werke ſind nicht minder ſilberreich, man rechnet den
jährlichen Ertrag gegen 100,000 Mark, während der Harz jetzt nur noch
50,000, und eben ſo viel Sachſen liefert. In Preußen iſt es beſonders
der „Seegen des Mansfelder Bergbau’s“, wo bei Eisleben ſich gediegen
Silber ſogar auf den Schuppen der Zechſteinfiſche niedergeſchlagen hat.
In Norwegen blüht Kongsberg, was früher ſehr herunter gekommen war,
und jetzt zu den reichſten Fundorten gediegenen Silbers gehört. In Ruß-
land iſt es beſonders die Ausbeute bei Schlangenberg am Altai, auffal-
lend arm iſt Frankreich und England, ſo daß man die ganze europäiſche
Ausbeute nebſt Sibirien nicht über 300,000 Mark ſchätzen kann. Die
Neue Welt liefert dagegen davon mehr als den zehnfachen Betrag. Vor
allem


Mexiko, daſſelbe gewann 1803 allein 2,340,000 Mark. Denn
obgleich die Gruben ſeit 1584 Eigenthum des Entdeckers ſind, ſo iſt doch
die Ausbeute wegen der Abgaben genau controlirt. Ein einziger Gang,
die Veta grande bei Zacatecas, lieferte jährlich 172,000 Mark, und doch
ſind die meiſt in Quarz eingeſprengten Erze ſo fein vertheilt, daß der
Silbergehalt im Durchſchnitt nur \frac{1}{666} beträgt, ſelten enthalten ſie \frac{1}{333},
und bei \frac{1}{1111} decken ſie die Koſten nicht mehr. Aber die Gänge halten
gleichmäßig aus, was allein die große Ausbeute erklärlich macht. 1841
wurden 74 Mill. Franken gemünzt, die beſonders auf die Diſtrikte Zata-
tecas und Guanaxuato kommen. Peru liefert 600,000 Mark, die Gruben
von Huantayaya, Pasco ꝛc. liegen 12,000′ über dem Meer, wohin Holz
[479]III. Cl. Gediegene Metalle: Silber.
und alle Bedürfniſſe nur auf dem Rücken der Saumthiere hingeſchafft
werden können. Pöppig (Reiſe Chil. Peru Amazonenſt. II.91) gibt uns
ein vortreffliches Bild von der Unvollkommenheit dortiger Gewinnungsart:
wie Maulwürfe wühlen die ärmlichen Bewohner in der Oberfläche herum,
denn wenn man den kurzen Raſen wegnimmt, ſo hängen auf Flächen von
½ Quadratlinien überall Glaserz und Haarſilber an den Graswurzeln.
Der Reichthum von Potoſi iſt ſprüchwörtlich geworden, wo nach Acoſta’s
Bericht ein Hirt eine 9′ hohe, 13′ breite und 102′ lange Erzmauer ent-
deckte, die über das Gebirge hinausragte. Und Helm hat daher wohl
mit einiger Uebertreibung behauptet, daß wenn der Silberreichthum der
Cordillere gehörig ausgebeutet würde, das edle Metall ſo gemein als
Kupfer ſein würde. In Chili brechen in der Provinz Copiapo, welche
1850 gegen 335,000 Mark lieferte, die Silbergänge mit Hornerz hervor,
darunter folgt erſt das gediegene Silber, und tiefer die geſchwefelten Erze.
Humboldt hat ausgerechnet, daß das Silber der Neuen Welt in 300
Jahren eine Kugel von 63 Fuß Durchmeſſer gegeben hat. Wunderbar
ſchön ſind auch die Klumpen und Knollen gediegenen Silbers, welche mit
Kupfer auf der Grube Eagle River am Lake Superior vorkommen und
auffallender Weiſe ſich ganz rein vom Kupfer ausſcheiden.


Faucher nimmt den Geſammtwerth der Silberproduktion im Jahre
1851 auf 230 Mill. Franken an: Mexiko 133 Mill., Peru 25 Mill.,
Chile 22 Mill., Spanien 16 Mill., Neu-Granada 12 Mill., Ungarn 7
Mill., Böhmen und Sachſen 5 Mill., Rußland 5 Mill., und das übrige
Europa 5 Mill. 1852 ſoll ſich der Betrag auf 250 Mill. geſteigert haben.
So daß im Jahre 1852 der Gold- und Silberwerth 850 Mill. betrug.
Wenn man dagegen bedenkt, daß die 30 Milliarden, welche das ſpaniſche
Amerika bis zum Anfange des 19ten Jahrhunderts nach Europa lieferte,
ſchon heute faſt gänzlich aus dem Umlauf verſchwunden iſt, ſo erklärt
das das Stationäre des Werthes hinlänglich.


Der Werth des Silbers iſt 24—25 fl. die feine Mark = 16 Loth.
Wegen ſeiner Weiße und großen Politurfähigkeit eignet es ſich beſonders
zu Geräthſchaften. Zu dem Ende legirt man es mit Kupfer, wodurch es
härter und klingender wird. Es heißt das Löthigkeit. Iſt die rauhe Mark
14löthig, wie die Kronenthaler, ſo hat ſie 14 Loth Feinſilber und 2 Loth
Kupfer; das zwölflöthige der preußiſchen Thaler 12 Loth Silber und 4
Loth Kupfer, dieſe Miſchung wird hauptſächlich verarbeitet. Schon dem
Newton fiel es auf, daß das Silber dabei ſo wenig von ſeiner Farbe
verliere. Die öſtreichiſchen Zwanzigkreuzerſtücke ſollen nicht viel über 9-
löthig ſein, dieſe nehmen dann bedeutend Roth an, was aber durch Weiß-
ſieden im Waſſer mit Weinſtein und Kochſalz an neuen Münzen nicht
ſichtbar iſt. Das ſpecifiſche Gewicht fällt niedriger aus, als es nach der
Rechnung ſein ſollte. Zur Prüfung bedient man ſich der Probiernadeln:
man macht einen Strich auf den Probierſtein, und tröpfelt Salzſäure dar-
auf, welche das Kupfer und die unedlen Metalle nimmt, das Silber aber
nicht angreift. Merkwürdig iſt die Beobachtung, daß 0,0035 Eiſen,
0,002 Kobalt und 0,0005 Nickel das Silber ſo hart machen, daß man
es zu Meſſerklingen und Feilen benützen kann. Pogg. Ann. 88. 176.


[480]III. Cl. Gediegene Metalle: Queckſilber.

3. Queckſilber.


Quicken oder Verquicken heißt der Bergmann das Amalgamiren,
ὑδράργυρος, argentum vivum Plinius 33. 32, Mercure, Quiksilver.


Es haftet in kleinen zinnweißen Kugeln meiſt zwiſchen Zinnober auf
dem Geſtein. Dünne Schichten auf Waſſertropfen ſcheinen blau durch
mit einem Stich ins Violett. Gewicht 13,54. Bei — 32° R. erſtarrt
es zu einer wie Blei geſchmeidigen Maſſe, die auf der Haut Brandblaſen
erregt. Es zieht ſich dabei plötzlich zuſammen und wiegt 15,6. Die Pe-
tersburger Akademiker machten am 25. December 1759 dieſe merkwürdige
Entdeckung. Es ſoll dann in regulären Oktaedern kryſtalliſiren. Bei
288° R. ſiedet und verdampft es ſtark. Von — 32° bis + 80° dehnt
es ſich vollkommen gleichförmig aus, 1° = \frac{1}{4440}. Reines Queckſilber
oxydirt ſich nicht an der Luft, allein das verunreinigte bezieht ſich mit
einer grauen Haut. Von den mechaniſch beigemengten Theilen wird es
mittelſt Preſſen durch Leder gereinigt.


Amalgamation. Das Queckſilber löst gediegene Metalle, und
da es ſich beim Ausglühen verflüchtigt, ſo bleibt das Metall zurück. Da-
her iſt das Queckſilber für das Ausbringen von Gold und Silber von der
höchſten Wichtigkeit. Der gewaſchene Goldſand wird mit Queckſilber angequickt.
Da das Silber meiſt vererzt vorkommt, ſo müſſen die Erze mit Salz ge-
miſcht werden, damit ſich Chlorſilber bilde, dieß geſchieht in Amerika nach
2 Monaten an der Luft, in Europa durch Röſten in wenigen Stunden
am Feuer. Wird die ſo beſchickte Maſſe mit Eiſen und Waſſer behandelt,
ſo bildet ſich Chloreiſen, Silber wird gediegen ausgeſchieden, und kann
ſo vom Queckſilber aufgenommen werden. Zu Potoſi wurden von 1570
bis 1830 7000 Mill. Gulden vermünzt, dabei gingen 280 Mill. Pfund
Queckſilber im Werthe von 700 Mill. Gulden verloren, die im Schlamme
des Pilcomayor liegen. Der Queckſilberverluſt beträgt daſelbſt das andert-
halbfache Gewicht des Silbers, 11mal mehr als auf dem Halsbrückner
Werk bei Freiberg.


Zinnober mit 86,2 Hg iſt das einzig wichtige Queckſilbererz, denn
Horn-, Jod- und Selenqueckſilber ſind nur Seltenheiten. Queckſilberfahlerz
von Ungarn und Schwaz 15,6 Hg.


Almaden (22,000 Ctr. jährlich liefernd) in der Sierra Morena,
Provinz la Mancha, und Almadenejos (5000 Ctr.) ſind die unerſchöpf-
lichen Quellen, wo ſchon 700 Jahre v. Ch. die Griechen ihr Minium
(Plinius hist. nat. 33. 37) holten: es ſind ſenkrechte Gänge von Quarz,
die 24′—50′ mächtig mit Zinnober erfüllt im Thonſchiefergebirge aufſetzen.
Idria im Krainſchen Kalkgebirge, ein 2800′ langes und 280′ mächtiges
gehobenes Lager der Kohlenformation. Eine Quelle ſoll gediegenes Queck-
ſilber heraus gebracht haben, 1497 trieben ſchon die Venetianer dort
Raubbau. Zu Kaiſer Joſephs Zeit 1786 lieferten ſie an Spanien kon-
tractmäßig jährlich 9000 Ctr. à 98 fl., gegenwärtig ſoll der Ertrag auf
1500 Ctr. herabgeſunken ſein. In manchen Bauen kann gediegenes Me-
tall geſchöpft werden. Die Rheinpfalz (Stahlberg und Landsberg bei
Moſchel) liefert uns die beſten Queckſilberſtufen, der Bergbau ſchon ſeit
1410 im Betrieb, aber unzuverläßig. Die Gänge ſetzen im Kohlengebirge
auf, ſelbſt die Steinkohlen und die Fiſche im Schiefer ſind mit Zinnober
[481]III. Cl. Gediegene Metalle: Amalgam, Kupfer.
bedeckt. 1836 haben die Engländer die meiſten Gruben an ſich gebracht,
der Ertrag war aber auf 130 Ctr. geſunken. Gering der Ertrag von
Horzewitz in Böhmen. Huanca Velica in Peru lieferte 1802 an 3300
Ctr. Auch in Californien bei St. Joſe iſt ein New-Almaden etablirt,
Silliman’s Amer. Journ. VII.270, mit einem 42′ mächtigen Zinnoberlager.
Auffallend iſt das Vorkommen von gediegenem Queckſilber in der Dilu-
vialformation: am Tajo bei Liſſabon, und neuerlich im Lehm von Sülbeck
bei Lüneburg in bedeutenden Mengen, Hausmann Pogg. Ann. 92. 168.


Amalgam nennt man vorzugsweiſe die Verbindung mit Queckſilber.
Reguläre Kryſtalle finden ſich ausgezeichnet zu Moſchel-Landsberg. Es
herrſcht daran meiſt das Granatoeder, deſſen Kanten das Leucitoeder
a : a : ½a gerade abſtumpft. Oktaeder und Würfel untergeordnet. Gar
nicht ſelten iſt der Pyramidenwürfel a : ⅓a : ∞a, am ſeltenſten das Py-
ramidengranatoeder a : ½a : ⅓a, die Kanten zwiſchen Granatoeder und Leu-
citoeder abſtumpfend. Man findet oftmals alle dieſe 6 Körper an einem
Kryſtall, den ſchon Hauy deßwegen Sextiforme nannte. Es kommen
Granatoeder von faſt 1 Zoll Größe vor. Ausgezeichnet ſind auch die
Bleche, welche wie Platinblech ausſehen.


Silberweiß, Härte 4, auffallender Weiſe ſpröde, erregt auf der Haut
ein angenehm ſchlüpfriges Gefühl. Gewicht 14,1; die Maſſe muß ſich
daher ſtark verdichten, da das Silber nur 10,5, das Queckſilber 13,5 wiegt.


Vor dem Löthrohr entweicht das Queckſilber leicht, es bleibt ein
Silberſchwamm, der ſofort zur Kugel ſchmilzt. Klaproth Beitr. I.182
fand 64 Hg und 36 Ag ungefähr der Formel Ag Hg2 entſprechend. Mehr
Silber kann das Queckſilber nicht aufnehmen, und dieß ſcheint ein feſte
Verbindung zu ſein, die ſich auch bei überſchüſſigem Queckſilber zuweilen
erzeugen ſoll. Darunter nimmt das Queckſilber das Silber in allen Ver-
hältniſſen auf, es wird nur dickflüſſiger. Auf der Amalgamationshütte
zu Joachimsthal haben ſich auch künſtliche Kryſtalle ausgebildet (Leonhard’s
Jahrb. 1849. 317). Moſchellandsberg, Almaden, Szlana in Ungarn.


ArqueritCompt. rend. XIV.567, Haupterz der reichen Silbergrube
Arqueros in Coquimbo, gleicht ganz dem gediegenen Silber in Form,
Farbe und Geſchmeidigkeit, wurde deshalb lange dafür gehalten, bis Do-
meyko 13,5 Hg nachwies, was der Formel Ag6 Hg entſpricht.


Goldamalgam kommt in kleinen zerdrückbaren Kugeln mit Co-
lumbiſchem Platin vor, und enthält 57,4 Hg, 38,4 Au, 5 Ag.


4. Kupfer.


Aes cyprium, das Cypriſche Erz Plinius 34, nach der Inſel Cypern,
wo es ſchon die Phönicier herholten. Χαλκός, bei Agricola 643 ſchlecht-
hin aes genannt. Cuivre, Copper. Altdeutſch Kuphar.


Regulär wie Gold und Silber in Oktaedern, Würfeln und Gra-
natoedern. Am Lake Superior kommen die prachtvollſten Granatoeder
von mehr als Zoll Durchmeſſer vor, ſie übertreffen alles, was man bis-
her von Formen aus den reichen Kupfergruben von Cornwallis und am
Ural kannte. Beſonders groß iſt die Neigung zu Zwillingen. G. Roſe
beſchreibt von Niſchne-Tagilsk den einfachen Zwilling des Leucitoeders
a : a : ⅓a wie beim Silber von Kongsberg und Elektrum von Vöröſpatak.
Quenſtedt, Mineralogie. 31
[482]III. Cl. Gediegene Metalle: Kupfer.
Aber vor allen berühmt wurden durch Pallas (Reiſe 2. 144) die ſchönen
Kryſtalle der Turjinſchen Gruben bei Bogoslowsk am nördlichen Ural,
die G. Roſe ſo trefflich beſchrieben hat (Reiſ. Ural I.401). Sie liegen
im Kalkſpath, der durch reine Salzſäure aufgelöst werden kann. Ein
Würfel w pflegt daran wenigſtens auf einer Seite vorzuherrſchen, Ok-
taeder o und Granatoeder g ſtumpfen Ecken und Kanten ſehr ungleich
ab, und hin und wieder ſieht man zwiſchen Granatoeder und Würfel noch
eine Pyramidenwürfelfläche, die Roſe als a : ⅖a : ∞a beſtimmt, parallel

[figure]

der Würfelkante geſtreift ſpiegelt ſie nicht
ſcharf, und ſie könnte daher wohl mit den
gewöhnlichen beim Gold und Silber be-
kannten a : ½a : ∞a übereinſtimmen. Häu-
fig bilden ſie Zwillinge, und ſolche Zwil-
linge lagern ſich in den ſchönſten dendriti-
ſchen Formen an einander, ſie werden dabei
zwar ſehr verzogen, allein ſämmtliche
Arme ſchneiden ſich unter 60°, wie bei den
Schneeſternen. Sie müſſen daher drei Gra-
natoederflächen mit einander gemein haben,
denn Granatoeder kann man in ſechsſeiti-
gen Sternen an einander reihen, wie die
Bienenwaben zeigen. Der ganze Stern
bildet alſo im Grunde genommen
ein einziges Zwillingsindivi-
duum, die allen gemeinſame Ebene
iſt die Oktaederfläche
, zugleich die Fläche des Sterns, in welches
die Individuen ſich gegenſeitig um 60° verdrehen. Die Arme des Sternes
gehen daher den Oktaederkanten parallel, und in der Zone der Oktaeder-

[figure]

kante liegen wod (Würfel, Oktaeder, Granatoder), d läßt
ſich ſtets durch die rechten Winkel erkennen, unter welchen
ſich die Kanten d/o und d/w unter einander ſchneiden.
Schwieriger iſt der Beweis, daß es Zwillinge ſeien: allein
man ſieht es ſchon an den Hauptſtrahlen, die ſich gewöhn-
lich in ſchmalen Lamellen erheben. Wenn die Lamellenfläche
oberhalb der Sternfläche w iſt, ſo iſt ſie auch unterhalb w',
w/w' bilden aber keinen rechten Winkel, ſondern den Oktaederwinkel 109°
28′, das kann nur Zwilling ſein. Oder wenn man die äußern Endſpitzen
der Sternarme genau unterſucht, ſo findet man öfter einſpringende Winkel
von 109° 28′, unter welchen ſich die Würfelflächen w/w' des Zwillings
ſchneiden. Oft findet man aber auch ein ſcheinbar 2gliedriges Oktaeder
ww w'w' mit Endkantenwinkel w/w = 90° und w/w' = 109° 28′, was
man ſogar gut mit dem Anlegegoniometer meſſen kann. Das iſt der
Würfelzwilling in zweigliedriger Stellung, woran durch Vergrößerung der
Flächen die einſpringenden Winkel verſchwanden. Es kommen Stücke vor,
woran die Unterſeite des Sterns ein einfacher viel zerhackter Würfel iſt,
während die Oberſeite ſich ſternförmig gruppirt.


Zahn-, draht-, haarförmige Geſtalten, Bleche und Platten, ganz wie
beim Silber.


Kupferroth und Metallglanz, aber meiſt angelaufen durch Kupfer-
[483]III. Cl. Gediegene Metalle: Kupfer.
oxydul und Kupferoxyd. Härte 3, an Geſchmeidigkeit und Dehnbarkeit
das Eiſen übertreffend, daher mit hackigem Bruch. Gew. 8,58, bearbeitetes
Kupfer 8,89. Nach Berzelius gegoſſenes 8,83, gewalztes 8,95. Nach
Becquerel der beſte Leiter der Elektricität, daher Kupferdraht für Tele-
graphen ſo wichtig.


Schmelzbarkeit 3, es verflüchtigt ſich in gutem Löthrohrfeuer mit
grüner Flamme. Größere Kupfermaſſen ſpratzen vor dem Erſtarren:
es bildet ſich ein feiner Kupferregen, der kleine Körner mit großer Gewalt
umherſtreut (Spritzkupfer). Fremde Metalle und Kupferoxydul verhindern
das. Die geſchmolzene Kugel überzieht ſich beim Erkalten mit Kupfer-
oxyd, im ſchwächern Feuer mit Kupferoxydul. Salpeterſäure wirkt ſchon
kalt auf Kupfer, es bildet ſich eine himmelblaue Flüſſigkeit von Ċu N̶˙˙˙˙˙.
Auch ſchwächere organiſche Säuren z. B. Eſſigſäure wirken, wenn Luft
hinzukann, unter Bildung von Grünſpan. Man kann daher ſaure Speiſen
in blanken Kupfergefäßen kochen, weil der Dampf die Luft nicht zutreten
läßt, nur nicht kalt werden laſſen. Kupfer lange feuchter Luft ausgeſetzt,
oder in die Erde verſcharrt bedeckt ſich mit einem ſpangrünen Ueberzug
von Malachit (Ċu2 C̈ + Ḣ̶), der durch Alter gleichförmiger und dichter
wird. Es iſt der edle Roſt (aerugo nobilis), welcher die Aechtheit alter
eherner Waffen beweiſt.


Das in der Natur vorkommende gediegene Kupfer pflegt nur
wenig verunreinigt zu ſein. Nicht nur ſehr verbreitet in der Aſche der
Pflanzen und im Blute des Menſchen, ſondern man findet es auch in
viele Centner ſchweren Maſſen, und nimmt man dazu noch den Reichthum
an Kupfererzen, ſo wird es erklärlich, wie man in Europa (den Ural
miteingerechnet) allein jährlich gegen 500,000 Ctr. gewinnt. Dabei iſt
es nächſt Eiſen das paſſendſte Metall für ſchneidende Geräthſchaften: es
erſcheint in der Kulturgeſchichte als der Vorläufer des Eiſens. Die Bibel
erwähnt ſchon dritthalbtauſend Jahr vor Chriſti Geburt kupferner Gefäſſe.
Die Phönicier machten aus Legirungen mit Zinn Schneideinſtrumente,
die Trojaniſchen Helden kämpften mit ehernen Waffen, die Sabiner hatten
kupferne Meſſer, und auch in unſern Celtengräbern findet man allerlei
Kupfergeräthſchaften. Aber noch im 10ten Jahrhundert konnte man für
7 Kupferpfennige (reichlich 2 Kreuzer Werth) 60 ℔ Waizen kaufen, und
die Maurer am Straßburger Münſter begnügten ſich noch mit 1\frac{1}{2}—2
Pfennige Tagelohn.


England hat in Cornwallis einen ungeheuren Schatz an Kupfer-
erzen aller Art, wobei gewöhnlich auch das gediegene Kupfer nicht fehlt,
ſie liegen in Gängen der Granite und Thonſchiefer. Außerdem führt es
noch (wie auch Hamburg) Erze aus fremden Welttheilen ein (Chili), um
ſie mittelſt Steinkohlen zu verhütten: in Südwallis zwiſchen Swanſea
und Neath liegen über 20 Kupferhütten. Jährlicher Ertrag 300,000 Ctr.


Der Mansfeldiſche Kupferbergbau, ſeit Jahrhunderten blühend,
zieht ſeine Erze aus dem 8—16 Zoll mächtigen Flöze bituminöſen Mergel-
ſchiefers der Zechſteinformation. Das Kupfer iſt daſelbſt meiſt an Schwefel
gebunden, aber dabei Silberreich. H. v. Carnall (Zeitſchrift für das
Berg-, Hütten- und Salinenweſen in dem Preußiſchen Staate 1853. I.
pag.
106) berechnet die Kupferplatte in dem ganzen Lager auf 0,3‴ Dicke,
31*
[484]III. Cl. Gediegene Metalle: Kupfer.
und doch gewann man 1852 gegen 27,000 Ctr. Gaarkupfer und 31,800
Mark Silber, und könnte noch mehr gewinnen, wenn man geſchickte Leute
genug hätte, die in den niedrigen Bauen von 22″—28″ Strebhöhe im
Stande wären zu arbeiten.


In Deutſchland iſt ſonſt gediegen Kupfer nicht häufig, es kam
zu Virneberg bei Rheinbreitenbach auf Gängen in Grauwacke mit dem
bekannten haarförmigen Rothkupfererz vor, auch auf dem Schwarzwalde
bei Rippoldsau fand es ſich ein Mal. Die Kupferklippen ¼ Stunde
nördlich Helgoland (Gilberts Ann. 70. 435) liefern größere Geſchiebe freilich
durch Oxydul angefreſſen. Beſonders hervorzuheben iſt das Vorkommen
im Prehnit (pag. 290) des Mandelſteins von Reichenbach, ähnlich auf
den Faröer Inſeln mit Chabaſit.


Am Ural kommt das gediegene Kupfer mit Malachit pag. 407 in
großen Neſtern im Thon vor, ſchon Pallas erwähnt von der Turja Maſſen
von 4000 ℔ Schwere. Die Demidowſchen Gruben von Niſchne Tagilsk
lieferten 1849 allein 170,000 Pud. Nördlich von Bogoslowk kommt es
im Trapp vor, wie auf der Bären-Inſel und den Kuriliſchen Inſeln,
wo es als Geſchiebe am Strande aufgeleſen wird. Schon längſt haben
die Kupfer-Indianer am Kupferminenfluß in Nordamerika ihren Namen
von dem Metall erhalten, was ſie auf der Oberfläche auflaſen, und nach
Quebeck auf den Markt brachten, und lange konnte der berühmte Kupfer-
block (2200 ℔ ſchwer, Henry ſchätzt ihn ſogar auf 10,000 ℔) auf dem
weſtlichen Ufer des Ontonagon von 11 Cubikfuß Inhalt (Gilbert’s Ann.
70. 342) aus der Wildniß der Südufer des Lake Superior nicht heim-
geführt werden, bis endlich in unſern Zeiten am Vorgebirge Keweenaw
ein Bergbau auf gediegen Kupfer eröffnet iſt, der alles übertrifft, was
man bislang erfahren hat (Silliman Amer. Journ. X.65). Das reine
Kupfer, an welchem öfter Klumpen von gediegenem Silber hangen, kommt
wie auf Nova Scotia und bei Reichenbach, mit Prehnit im Mandelſtein-
gebirge vor, Platten bis 3′ dick ſetzen gediegen in die Tiefe. Die un-
bedeutendſten Anzeichen von Prehnit auf der Oberfläche führen innen zu
gewaltigen Ellipſoiden, die an einem Stück gediegene Maſſen von 80
Tonnen (160,000 ℔) des feinſten Metalles liefern! Die überſpannteſten
Erwartungen der Bergleute und Geologen wurden durch die Cliff Mine
in der Tiefe weit übertroffen. Und wie kam dieſer Reichthum in den
Mandelſtein? Man hat kaum eine andere Antwort, als durch Galvaniſche
Prozeſſe oder durch Desoxydation des Cu C̶l durch Waſſerſtoff. Da iſt der
Kupferblock von Cochoeira (Provinz Serro do Frio) 2616 ℔ ſchwer, in
der Sammlung zu Ajuda bei Liſſabon, nur noch ein kleines Stück.


Auch Neuholland droht uns mit ſeiner Ausbeute zu überſchütten,
1845 zog die Bergwerksgeſellſchaft Adelaide mit einem Kupferblock von
24 Ctr. ein, und ſchon wird die jährliche Maſſe auf 200,000 Ctr. taxirt.
Beſonders geſchätzt iſt das Japaniſche Kupfer, ſoll wegen eines kleinen
Goldgehalts ſtreckbarer ſein.


Cämentkupfer wird aus den Kupfervitriolhaltigen Grubenwaſſern
gewonnen, indem man alt Eiſen hineinwirft, wodurch ſich Kupfer ver-
möge der Wahlverwandtſchaft niederſchlägt. Dieſer Niederſchlag iſt öfter
kryſtalliniſch: Rammelsberg bei Goslar, Fahlun in Schweden, Neuſohl
[485]III. Cl. Gediegene Metalle: Platin.
in Ungarn ꝛc. Die Vitriole erzeugen ſich beſonders durch das Feuerſetzen
in den Gruben.


Der Werth von 1 Ctr. Kupfer wird etwa auf 2\frac{3}{4} Loth Gold oder
2\frac{1}{2} Mark (35 Rthlr.) Silber geſetzt. Doch hängt im Techniſchen viel von
der Beſchaffenheit ab. Im Großen dient es beſonders zum Beſchlagen
der hölzernen Schiffe, die ſonſt ſehr von Seethieren aller Art, beſonders
Teredo navalis, zerſtört würden. Da nun Seewaſſer Kupfer leicht an-
greift, ſo fand Davy das ſinnreiche Mittel, es durch eiſerne Nägel gal-
vaniſch zu ſchützen. Wenn man Silberdraht in Kupfervitriollöſung bringt,
ſo geſchieht nichts, verbindet man aber Zink damit, ſo überzieht ſich das
Silber mit Kupfer. Jakobi zeigte 1840, daß ein ſolcher Kupferniederſchlag
genau die Unterlage kopirt (Galvanoplaſtik).


Meſſing = 25 Cu + 75 Zink, meſſinggelb, zwar weniger
dehnbar, aber deſto leichter ſchmelzbar, läßt ſich alſo beſſer in Formen
gießen, nimmt ſtärkere Politur an, und roſtet weniger. Phyſikaliſche
und Aſtronomiſche Inſtrumente, Dampfmaſchinen ꝛc. Weniger Zink gibt
goldgelbe Leguren, z. B. das Mannheimer Gold iſt 4 Cu + 1 Zn.


Bronze iſt die ſeit alter Zeit berühmte Compoſition von Kupfer
und Zinn, die wegen ihrer bedeutenden Härte eine Zeit lang das Eiſen
erſetzte. Die Zähigkeit empfiehlt ſie zu Kanonen, und das Klangvolle zu
Glocken.


Kupfererze liefern bei Weitem das meiſte Metall. Vor allem die
Schwefelverbindungen des Kupferkieſes 34,4 Cu, Buntkupfererzes 55 Cu,
Kupferglaſes 80 Cu und was ſich daran anſchließt. Dann folgen die
verſchiedenen Fahlerze, die bis 40 p. C. Kupfer haben. Selen- und Ar-
ſenkupfer ſind nur Seltenheiten. Das oxydirte Kupfer beſonders Roth-
kupfererz 88,7 Cu und die Saliniſchen Kupfererze Malachit pag. 406, Kupfer-
laſur, ſtehen bergmänniſch auf zweiter Linie, obgleich die Erze beſſer ſind.
Phosphor- und Arſenikſaure Verbindungen pag. 408 erſcheinen ſelten in
Menge. Dioptas pag. 311, Kupfervitriol pag. 444. Nicht zu überſehen
iſt auch das Kupfer in Quellen, im Boden, im Meteoreiſen ꝛc. Pogg.
Ann. 69. 557.


5. Platin.


Hat von dem Spaniſchen Wort platinja (ſilberähnlich) ſeinen Namen
bekommen. Wegen ſeiner edlen Eigenſchaften nannten es die Chemiker
weißes Gold. Der Spanier Ulloa, Mitglied der berühmten Gradmeſſung
am Aequator 1735, brachte es vom Fluß Pinto in Choco bei Popayan
mit. Gleichzeitig bekam Wood 1741 etwas von Jamaica Philos. Transact.
1750. 584. Der Schwede Scheffer erkannte es 1752 als ein eigenes
Metall, während Buffon es als ein Gemiſch von Eiſen und Gold be-
trachtete. Da das natürliche Vorkommen namentlich durch Eiſen, Iridium
ꝛc. verunreinigt iſt, ſo wollte das Hausmann Polyxen nennen. Berzelius
Pogg. Ann. 13. 435 und 527.


Bei dem Uraliſchen kommen kleine Würfel vor (Pogg. Ann. 8. 502),
allein Kryſtalle ſind äußerſt ſelten. Die Farbe iſt mehr ſtahlgrau als
ſilberweiß, und daher unanſehnlich, namentlich fehlt auch der Glanz.
[486]III. Cl. Gediegene Metalle: Platin.
Härte 5—6, ſeine Dehnbarkeit gibt der des Goldes nur wenig nach.
Das Gewicht des rohen Platins bleibt gewöhnlich unter dem des Goldes
17,5—18, allein verarbeitet geht es darüber hinaus 21—21,7. Ein
kleiner Theil des Platins iſt magnetiſch, ſogar attraktoriſch, denn es
bleibt am unmagnetiſchen Federmeſſer hängen.


Vor dem Löthrohr unſchmelzbar, doch konnte es Plattner in feinſten
Drähten ſchmelzen pag. 129, dagegen ſchweißbar wie Eiſen, ſo daß es
in der Weißglühhitze ſich kneten läßt. Wie das Gold im Königswaſſer
löslich, doch bleibt ein Rückſtand vorzugsweis von Osmiridium. Die
gelbliche Löſung von Pt C̶l2 gibt mit K̇a C̈ einen gelben im Ueberſchuß
unlöslichen Niederſchlag von Kaliumplatinchlorid, Ka C̶l + Pt C̶l2. Ebenſo
Ammoniak das bekannte Ammoniumplatinchlorid, erhitzt man dieſes, ſo
erhält man fein vertheiltes Platin (Platinſchwamm), das in ſtarkem Feuer
gepreßt und geſchweißt werden kann (Wollaſton Pogg. Ann. 16. 158).
Früher ſchmolz man das Platin mit Arſenik zuſammen, was leicht ge-
ſchieht, und verſchaffte ſich dann durch Röſten den Platinſchwamm.


Verunreinigt iſt das rohe Platin meiſt durch Eiſen, nach Berzelins
bis 13 p. C. gehend. Man könnte davon den Magnetismus einiger
Stücke ableiten wollen, allein es finden ſich auch nicht magnetiſche mit
11,04 Fe. Die eiſenreichen ſind leichter, gehen bis 14,6 Gew. herab,
und Breithaupt nannte ſie Eiſenplatin. Oſann (Pogg. Ann. 11. 318)
fand ſogar magnetiſche Körner, die 86,3 Eiſen und 8,1 Platin hatten.
Der Iridiumgehalt geht bis 4,97 p. C., Rhodium bis 3,46, Palladium
bis 1,66, Osmium bis 1,03. Spuren von Kupfer fehlen nicht, die bei
dem Magnetiſchen ſogar auf 5,2 p. C. Cu ſteigen. Silber und Gold iſt
ihm mehr fremd, ob es gleich mit letzterem zuſammen vorkommt. Dagegen
hat Claus in den Rückſtänden ein neues Metall Ruthenium (Pogg.
Ann. 64. 192 und 65. 220) entdeckt.


Auch das Platin ſcheint verbreiteter, als man lange vermuthete, denn
Pettenkofer hat im Scheidegolde der Kronenthaler 0,2 p. C. nachgewieſen,
alſo etwa \frac{1}{100000} im Silber (Pogg. Ann. 74. 316). Vauquelin (Gilbert’s
Ann. 24. 406) fand es im Graugültigerz von Guadalcanal. Die Braun-
eiſenſteine im Dep. Charente enthalten \frac{1}{100000} (Pogg. Ann. 31. 590) im
Golde von Tilkerode auf dem Unterharz, in Erzen und Geſteinen der Alpen.
Roh kommt es in Geſchieben mit unregelmäßigen Eindrücken in den Platin-
ſeifen vor. Zuerſt wurden die Spanier in den Goldwäſchen von Choco
und Barbacoas an der Columbiſchen Weſtküſte bei Popayan damit bekannt,
allein es wurde öffentlich vernichtet, weil die Spaniſche Regierung eine
Entwerthung des Goldes dadurch befürchtete. Auf dem rechten Gehänge
des Rio Cauca ſcheint es ſogar auf Gängen im Grünſtein mit Gold zu
brechen (Pogg. Ann. 7. 523). Die Seifengebirge nehmen etwa eine Fläche
von 350 Quadcatmeilen ein, Gold, Magneteiſen und Zirkon die Begleiter.
1800 erhielt Humbold ein Zoll großes Geſchiebe, das damals größte Stück,
aus den Seifenwerken von Taddo 1088,8 Gran (gegen 4 Loth) ſchwer.
Von 18,94 ſpecifiſchem Gewicht, mit blank geſchliffener Oberfläche iſt es
noch heute eines der ſchönſten Stücke des Berliner Muſeums. 20 Jahre
ſpäter erhielten die Spanier ein Stück von 40 Loth. Es kam weiter im
Sande des Jakifluſſes auf der Oſtſeite von St. Domingo und in ſehr
[487]III. Cl. Gediegene Metalle: Palladium.
ſchwammigen Stücken in den Braſilianiſchen Goldgruben vor. 1808 fing
man in Paris an, Geräthſchaften daraus zu machen, doch betrug die
ganze Amerikaniſche Ausbeute nicht viel über 8 Ctr. jährlich. Platin im
Goldſande von Nordcarolina, Californien. 1822 fanden ſich Stücke in den
Goldwäſchen des Ural, und als man 1825 auf den Hütten von Niſchne-
Tagilsk (15 Meilen nördlich Katharinenburg) nach Goldſand ſuchte, fand
ſich ſtatt deſſen Platin auf Europäiſcher Uralſeite. Dieß iſt noch heute
die Hauptfundſtätte am Ural, obgleich es in allen Goldwäſchen in geringer
Menge vorkommt. Der geringe Goldgehalt der Platinwäſche fällt auf.
Man gewann früher jährlich 6—7000 Mark, und in den erſten 10 Jahren
von 1824—1834 etwa 230 Ctr., darunter waren Stücke von mehr als
20 ℔ Schwere (Pogg. Ann. 33. 101), die an ihrer Oberfläche ſchwarze
Eindrücke von Chromeiſenſtein, zuweilen ſogar Serpentin anhängen haben,
und da der reichſte Sand am Ausgange der Serpentinthäler mit Serpentin-
geſchieben ſich abgelagert hat, ſo iſt Serpentin wohl ohne Zweifel das
Muttergeſtein. Fein eingeſprengt kommt es auch im Dioritporphyr von
Laja vor (Pogg. Ann. 20. 532). Bis 1850 ſind 2050 Pud (683 Ctr.)
gewonnen, als aber 1845 die Ruſſiſche Krone die Annahme des rohen
Platins zur Vermünzung verweigerte, iſt der Waſchbetrieb faſt ganz ein-
geſtellt.


Im Goldſande von Ava (Pogg. Ann. 34. 381). In den durch Chi-
neſen bearbeiteten Diamant- und Goldwäſchen von Borneo (Pogg. Ann.
55. 526) ſollen jährlich 625 ℔ Platin weggeworfen werden.


Das rohe Platin iſt etwa dreimal theurer als Silber, das gereinigte
aber 8mal, ſo daß
Silber: Platin: Gold = 1 : 8 : 15
ſich im Werth verhält. Die Münzen und Schmuckſachen ſind wieder ab-
gekommen, aber zu chemiſchen Geräthſchaften iſt es unerſetzlich. Auch
Legirungen könnten von Wichtigkeit ſein, 1\frac{1}{2}p. C. Platin ſoll den Stahl
ſehr veredeln; 16 Kupfer mit 7 Platin und 1 Zink gleicht dem Golde ꝛc.


6. Palladium.


Nach dem kleinen Planeten Pallas benannt. Das Metall entdeckte
Wollaſton 1803 im rohen Platin von Choco, was 1,66 p. C. enthält. Dann
fand er es gediegen in excentriſch faſrigen Stückchen im Goldſande Bra-
ſiliens zu Cornego das Lagens (Philos. Transact. 1809. 192). Es ſoll
daſelbſt regulär kryſtalliſiren. Dagegen liegen auf den Goldblättchen
in Trümmern von Bitterſpath des Grünſteins von Tilkerode kleine mi-
kroſkopiſche Kryſtalle, die G. Roſe (Pogg. Ann. 55. 300) für 6gliedrig
hält, wie das Osmiridium. Darnach wäre Palladium dimorph. Das
Metall hat die Farbe des Platin, Härte = 5, aber nur 11,3 Gewicht,
geſchmiedet 11,8 Gewicht.


Faſt eben ſo ſtreng flüſſig als Platin, läßt ſich aber leichter ſchweißen.
Wird ſchon von Salpeterſäure zu einer braunrothen Flüſſigkeit, Salpeter-
ſaures Palladoxydul aufgelöſt. Im Icutinga-Geſtein von Gongo-Socco
in Minas Geraes wird ein blaſſes Pallad-Gold gewonnen, das 25 p. C.
Palladium enthält. Das Ouro poudre (faules Gold) von Porpez enthält
[488]III. Cl. Gediegene Metalle: Iridium.
9,85 Pd. In Paris wurde im Großen aus 1 Ctr. Platin wenig über
½ Loth Palladium geſchieden, es kam daher 6mal theurer als Gold. Die
Meßinſtrumente für den Seedienſt werden mit Palladblech verſehen; mit
Silber legirt ſoll es ein zum Einſetzen der Zähne vortreffliches Draht
geben.


7. Iridium.


Tennant entdeckte 1803 das Metall, und benannte es nach den
bunten Farben ſeiner Salze. Wenn man nämlich das rohe Platin mit
Königswaſſer digerirt, ſo bleibt ein unlösliches ſchwarzes Pulver, das
hauptſächlich aus Osmium und Iridium beſteht. Endlich fand Breithaupt
(Schweigger Jahrb. Chem. Phyſ. IX. pag. 1 und 90) gediegene Körner
im Platinſande des Urals.


Reguläre Oktaeder mit Würfelflächen, die Spuren von Blättrigkeit
zeigen. Silberweiß und faſt Quarzhärte, Gewicht 22,8 (G. Roſe), nach
Breithaupt ſogar 23,46. Alſo das härteſte Metall, und der ſchwerſte
aller bekannten Körper. Die Analyſe gab jedoch nur 76,85 Iridium mit
19,64 Pt, 0,89 Pd und 1,78 Kupfer, daher müßte ſich das Gewicht des
feinen Iridiums, wenn anders die Legirung ſich nicht verdichtet, dem
25fachen nähern.


Noch ſtrengflüſſiger als Platin, doch kann man durch Druck des
Iridiumſchwamms und ſtarke Weißglühhitze eine politurfähige Maſſe er-
langen. Selbſt in Königswaſſer nicht löslich, daher bleibt es bei den
Löſungen des Platins in ſchwarzen Schuppen zurück. Die Platinkörner
des Ural enthalten zum Theil 5 p. C. Es iſt unter allen Platinerzen
das ſeltenſte. Niſchne-Tagilsk, Newjansk.


Osmiridium. Osmium kommt nicht gediegen vor, deſto häufiger
findet es ſich aber an Iridium gebunden im Platinſande, in manchen
Seifengebirgen ſogar häufiger als das Platin ſelbſt. Daher war es auch
das erſte neue Metall, was dem franzöſiſchen Chemiker Descotils im
rohen Platin auffiel, und was Vauquelin Ptene nannte (Ann. du Mus.
III.
149), in welchem dann gleichzeitig Tennant die zwei nachwies. Auf
das Mineral war ſchon Wollaſton (Gilbert’s Ann. 24. 234) aufmerkſam.
„Beide Metalle halten mit einer Feſtigkeit zuſammen, über die man ſich
mit Recht verwundern muß“ (Pogg. Ann. 13. 464). Die kryſtallogra-
phiſche Kenntniß verdanken wir G. Roſe, Pogg. Ann. 29. 452.


a) Lichtes OsmiridiumJr Os 46,7 Jr, 49,3 Os, 3,1 Rhodium,
0,7 Fe, das gewöhnlichſte. Dihexaedriſche Tafeln: die reguläre ſechs-
ſeitige Säule g = a : a : ∞a : ∞c mit einer deutlich blättrigen Grad-
endfläche c = c : ∞a : ∞a : ∞a. Ihre Endkanten g/c werden durch
das Dihexaeder r = a : a : ∞a : c abgeſtumpft, mit 124° in den
Seiten- und 127° 36′ in den Endkanten. Ein Rhomboeder, was die
abwechſelnden Endkanten des Dihexaeders abſtumpfte, würde 84° 52′ in
den Endkanten haben.


Zinnweiß, etwas dunkeler als gediegen Antimon, Metallglanz,
ſpröde, ſo daß man es pulveriſiren kann. Quarzhärte, Gew. 19,47.
Vor dem Löthrohr auf Kohle unveränderlich und entwickelt keinen Osmium-
[489]III. Cl. Gediegene Metalle: Telluriſches Eiſen.
Geruch. Selbſt mit Salpeter im Glaskolben geſchmolzen entwickelt ſich
nur wenig Osmiumgeruch. Letzteres bildet nach dem Erkalten eine grüne
Maſſe. In Königswaſſer unlöslich. Das Uraliſche ſchön blättrig, die
Braſilianiſchen mehr körnig. Seltener iſt


2) dunkeles Osmiridium (Iridosmium), Osmiumreicher. Kommt
mit dem lichten zuſammen vor, hat dieſelbe Form, den gleichen Blätter-
bruch, aber bleigraue Farbe, und etwas höheres Gewicht 21,2. Vor
dem Löthrohr in der Platinzange erkennt man es gleich an den durch-
dringenden Osmiumdämpfen, die beſonders die Augen angreifen. Es
wird dabei etwas dunkeler. Die Weingeiſtflamme macht es leuchtend.
Berzelius (Pogg. Ann. 32. 236) fand zweierlei Jr Os3 mit 25 Jr, 75 Os
und Jr Os4 mit 20 Jr, 80 Os. Das Osmiumreichere zerlegt ſich leichter
und ſchneller.


Iridplatin in Körnern von Braſilien, ſilberweiß, enthält 55,4 Pt,
28,8 Jr, 6,8 Rhodium, 4,1 Fe, 3 Cu, 0,5 Pd.


Das Iridiumoxyd erzeugt auf Porzellan eine tiefe und reine ſchwarze
Farbe, wie Tuſch auf Papier (Pogg. Ann. 31. 17). 1843 wurden in
Petersburg zu dieſem Behuf aus alten Platinrückſtänden 122 ℔ Iridium-
oxyd gewonnen, die Drachme zu 80 Franken.


Rhodium hat ſeinen Namen nach den ſchönen rothen Salzen. Kommt
dem rohen Platin beigemengt vor, 3 p. C. in den von Barbacoas. Del
Rio erwähnt auch von Mexico ein Rhodiumgold mit 34—43 p. C.
Rhodium (Pogg. Ann. 10. 322). Da es ſich im Königswaſſer löſt, ſo
findet es ſich nicht in den Rückſtänden, ſondern in den Löſungen. Ru-
thenium iſt ihm ſehr verwandt, Pogg. Ann. 65. 220.


Daß Platin, Palladium, Iridium und Osmium iſomorph ſeien,
beweiſen die regulären Oktaeder von K C̶l + R C̶l2, worin R dieſe vier
Stoffe bedeutet. Iridium, Osmium und Palladium ſind außerdem auch
6gliedrig, alſo dimorph.


8. Eiſen.


Telluriſches und Sideriſches.


a) Telluriſches Eiſen. So wichtig es techniſch iſt, ſo ſelten findet
man es gediegen in der Erde. Das künſtliche Eiſen ſcheint nach Wöhler
(Pogg. Ann. 26. 182) regulär zu kryſtalliſiren: beim Gießen ſtarker
Walzen entſtehen innen Höhlen mit Skeletten von regulären Oktaedern.
Halbverbranntes Eiſen, was im Hochofen lange Zeit hindurch einer Weiß-
glühhitze ausgeſetzt war, bekommt einen würflig blättrigen Bruch ſo deutlich
wie Bleiglanz. Auch das Meteoreiſen von Seeläsgen und Braunau iſt
ausgezeichnet würfelig blättrig. Angaben von oktaedriſcher Blättrigkeit
finden meiſt ihren Grund in Abſonderungsverhältniſſen, wie das Haidinger
vom Meteoreiſen von Braunau ſo ſchön nachweiſt (Pogg. Ann. 72. 582).
Merkwürdiger Weiſe wird auch das beſte zähe faſrige Schmiedeeiſen durch
fortwährende Torſionen und Erſchütterungen körnig und blättrig, in Folge
deſſen es leicht bricht (Erdmann’s Journ. pr. Chem. 54. 25). Die Theile
ſtehen alſo kryſtalliniſch um, ohne daß man außen etwas merkt, was für
[490]III. Cl. Gediegene Metalle: Telluriſches Eiſen.
Eiſenbahnen von größter Gefahr iſt. Fuchs (Pogg. Ann. 86. 159) hält
das Eiſen für dimorph: das geſchmeidige Stabeiſen ſei wie die geſchmei-
digen Metalle regulär, das ſpröde Roheiſen dagegen 3 + 1axig, und
allerdings ſcheint das weiße Spiegeleiſen nur einen blättrigen Bruch
(Abſonderungsfläche?) zu haben. Iſt es aber nicht etwas gewagt, daraus
die Eigenſchaften des Stahles ꝛc. erklären zu wollen?


Härte 5—6, Gew. 7—8. Geſchmeidig, daher hackiger Bruch. Das
reine Eiſen iſt ſtahlgrau mit viel Weiß. Magnetiſch. Merkwürdig ſeine
Paſſivität (Pogg. Ann. 55. 437) d. h. es wird durch dunkele Roth-
glühhitze oder Eintauchen in ſehr concentrirte Salpeterſäure unangreifbar
durch gewöhnliche rauchende Salpeterſäure.


Sehr ſtreng flüſſig, läßt ſich aber ſchweißen wie Platin. Die Ory-
diſchen Eiſenerze werden nämlich bei hoher Temperatur durch brennende
Körper (Kohle) desoxydirt, die befreiten Eiſentheile bilden einen unſchmelz-
baren Eiſenſchwamm, der ſich aber durch Hämmern compact machen läßt.
Dieß iſt die älteſte Methode das Eiſen zu gewinnen, ſogenannte Renn-
arbeit
. Davon verſchieden iſt die Roheiſenproduction, wovon
die erſten Spuren erſt am Ende des 15ten Jahrhunderts im Elſaß ſich
finden. Das glühende Eiſen geht nämlich mit Kohle, Silicium ꝛc. ſchmelz-
bare Verbindungen ein. Man miſcht daher in Hochöfen Kohle, Kieſelerde,
Kalk und Eiſenerz in gehörigem Verhältniß. In der Hitze bemächtigt
ſich die S⃛i des Kalkes und anderer verunreinigenden Erden, bildet leicht-
fließbare Schlacke, und das reducirte kohlenſtoffreiche Roheiſen ſinkt zu
Boden. Man ſammelt es im unterſten Theile des Heerdes, und ſticht
es da von Zeit zu Zeit ab, während die leichtere Schlacke ſtetig darüber
herausfließt.


a) Roheiſen oder Gußeiſen kann 5 p. C. Kohle haben, iſt
körnig und ſpröde. Das weiße Roheiſen iſt ſilberweiß, bricht ſpiegel-
flächig (daher Spiegeleiſen), und gibt einen vorzüglichen Stahl, wozu
beſonders auch Manganreichthum beitragen ſoll. Das graue Roheiſen
iſt kohlenſtoffärmer, entſteht aus dem weißen, fließt aber leichter, und
eignet ſich daher am Beſten zu Gußwaaren.


b) Stabeiſen oder Schmiedeiſen hat am Wenigſten Kohlen-
ſtoff, das weiche nur 0,02 p. C., iſt ſehnig und zähe, läßt ſich zu Draht
ziehen, Blech walzen. Heiß abgelöſcht wird es nicht ſpröde. Läßt ſich
ſchmieden, wenn auch nicht ſchmelzen. 1 p. C. Phosphor macht es in
der Kälte brüchig (kaltbrüchig), 0,03 p. C. Schwefel in der Hitze (roth-
brüchig), ſo daß es ſich im letztern Falle nicht ſchweißen will. Ueberhaupt
machen es unedle Metalle ſchlechter, edle aber beſſer.


c) Stahl iſt Schmiedeeiſen mit 0,9—1,9 p. C. Kohle, wird durch
raſches Abkühlen hart und ſpröde, aber durch Erhitzen wieder weich. Da-
bei läuft es von einer dünnen Oxydſchicht anfangs blaßgelb, dann gold-
gelb, braun, purpurfarbig, hell- bis dunkelblau an. Je dunkeler deſto
mehr hat es die Sprödigkeit wieder verloren. Daher ſind die Uhrfedern
blau. Da nun Stahl in Beziehung auf Kohlengehalt in der Mitte ſteht,
ſo bekommt man durch entkohltes Gußeiſen ſogenannten Rohſtahl, und
durch längeres Glühen von Stabeiſen in kohligen Subſtanzen Cäment-
[491]III. Cl. Gediegene Metalle: Sideriſches Eiſen.
ſtahl. Die Ausbringung des Eiſens im Großen hängt hauptſächlich vom
Brennmaterial ab, daher kann England in’s Unendliche produciren.


Die wichtigſten Erze zur Gewinnung des Eiſens ſind die Oxydiſchen:
Magneteiſen, Eiſenglanz und Brauneiſenſtein; unter den Saliniſchen der
Spatheiſenſtein pag. 344. Die geſchwefelten wie Schwefelkies ꝛc. kann
man nicht brauchen. Vererzung des Eiſens findet ſich auf der Erdoberfläche
ſo gewöhnlich, daß Eiſen unter den Metallen einzig daſteht. Gerade in
dieſer Verwandtſchaft namentlich zum Sauerſtoff und Schwefel liegt auch
der Grund, warum es reguliniſch zur Seltenheit gehört.


Das gediegene Eiſen von Kamsdorf (Klaproth Beitr. IV.102) in
Sachſen mit [Eiſenoxyd] überzogen enthielt 92,5 Fe, 6 Blei und 1,5 Cu.
Breithaupt (Hoffmann’s Miner. III. b190) hält es für Kunſtprodukt.
Gegen dieſe Anſicht erklären ſich Hausmann (Handb. Miner. 39)
und Karſten (Eiſenhüttenkunde II.14) mit Entſchiedenheit. Schreiber
(Journal de physique 1792. XLI.3) führt es in ſtalaktitiſcher Form aus
dem Gebirge von Ouille bei Grenoble auf, wo es 12′ tief auf einem
Gange von oxydiſchen Eiſenerzen im Gneiſe brach, doch war dabei auch
fer hépatique d. h. zerſetzter Schwefelkies. Das gediegene Eiſen von
Labouiche (Allier) und la Salle (Aveyron) läßt ſich durch Steinkohlen-
brände erklären, da es im Steinkohlengebirge liegt. Die Eiſenſchüppchen
im Platinſande rühren von den gebrauchten Werkzeugen her, wenn ſie
nicht Eiſenplatin ſind pag. 486. In Nordamerika hat ſich im Canaan-
gebirge bei South-Meetinghouſe in Connecticut ein einzigmal ein Stück
gefunden (Silliman Amer. Journ. V.292), wie es ſcheint im Glimmer-
ſchiefer. Es wurde vom Finder für Graphit gehalten, allein die Analyſe
wies 91,8 Fe und 7 Kohle nach und da Quarz daran hängt, kann es
nicht meteoriſch oder künſtlich ſein. Minas Geraes im Eiſenglimmerſchiefer ꝛc.
In feinen Theilen findet es ſich im Baſalt (Pogg. Ann. 88. 321):
wenn man denſelben pulveriſirt und mit Kupfervitriollöſung übergießt, ſo
ſchlägt das Metalliſche Eiſen gediegen Kupfer in Blättchen nieder. Magnet-
eiſen kann auf die Weiſe nicht wirken. Jedenfalls geht daraus hervor,
daß telluriſches gediegenes Eiſen den Menſchen nicht auf ſeinen Werth
geführt hat, ſondern


b) Sideriſches Eiſen (Meteoreiſen), das Eiſen iſt alſo auch in
dieſem Sinne ein Geſchenk des Himmels. Hr. v. Hammer behauptet,
daß die erſten Damascenerklingen aus Meteoreiſen geſchmiedet ſeien:
Schwerter der Kaliphen werden als ſolche beſungen (Gilberts Ann. 50. 279).
Agricola 526 erzählt, zu Zeiten Avicenna’s ſei in Perſien eine Eiſenmaſſe
50 ℔ ſchwer niedergefallen, aus welcher der König ſich Schwerter machen
ließ, „Arabes autem dicunt, enses Alemannicos, qui optimi sunt, ex ejusmodi
ferro fieri.“
Agricola fügt nun zwar hinzu, die Araber würden in dieſem
Punkte von den Kaufleuten belogen, denn den Germanen fiel das Eiſen
nicht vom Himmel, aber immerhin iſt es auffallend, daß um das Jahr
1000 bei den Arabern noch ſolche Sagen giengen. Als Roß auf ſeiner
berühmten Polarreiſe 1818 mit den Eskimo’s in der Baffinsbay zu-
ſammenkam, hatten ſie Meſſer aus Meteoreiſen, wie der Nickelgehalt
bewies. Sie erzählten, daß auf der Weſtküſte von Grönland 76° N.Br.
Blöcke gediegenen Eiſens herumlägen, von welchen ſie es mit zähen Grün-
[492]III. Cl. Gediegene Metalle: Sideriſches Eiſen.
ſteinen losgeſchlagen und bearbeitet hatten! Aus dem Eiſen am Senegal,
was Adanſon mitbrachte, machten ſich die Mauren Gefäſſe, (R. de l’Isle
Criſtallographie III.165).


Daß eigenthümliche Geſteine aus der Luft (vom Himmel) fallen,
davon war man ſeit alter Zeit, mit Ausnahme des vorigen Jahrhunderts,
überzeugt. Die Namen Brontia, Ceraunia, Baetilia ꝛc. bezeichneten ſie,
nur wurde vieles falſche damit vermiſcht. Der Jakobsſtein im Krönungsſtuhle
der Könige von England ſoll ſchon dem Erzvater Jakob (1 Moſ. 28, 11)
als Ruhekiſſen bei ſeinem Traume gedient haben. In Thracien fiel am
Fluß Aegos 465 Jahr vor Chriſti Geburt ein Stein nieder, den Plutarch
im Leben des Lyſander und Plinius hist. nat. II.59 erwähnen, qui lapis
etiamnunc ostenditur magnitudine vehis, colore adusto, comete quoque
illis noctibus flagrante ..... Ego ipse vidi in Vocontiorum agro
(Vaiſon
im ſüdl. Gallien) paulo ante delatum. Daß ſolche Bätilien verehrt wurden,
hat Münter (Gilbert’s Ann. 21. 51) hinlänglich bewieſen, auch könnte
nach Seetzen der ſchwarze Stein im Thurme (Kaaba) des Tempels
von Mekka, welchen der Engel Gabriel hineingetragen haben ſoll, ein
ſolcher ſein (Gilbert’s Ann. 54. 332). Wenn man die ſchmuckloſe Er-
zählung über den Stein von Enſisheim lieſt (Gilbert’s Ann. 18. 280),
welcher 1492 am 7ten November mit großem „Donnerklapff“ von den
Lüften herabfiel, 260 ℔ wog, und in der Kirche aufbewahrt wurde, ſo
muß es verwundern, daß Naturforſcher nicht ſchon früher der Sache ernſt-
lich nachforſchten. Erſt die berühmte 40 Pud (1600 ℔) ſchwere Eiſen-
maſſe ſüdlich Krasnojarsk am Jeniſei, worauf Pallas (Reiſe durch ver-
ſchiedene Provinzen des Ruſſiſchen Reichs III.411) 1772 die Aufmerkſamkeit
lenkte, gab dazu den Impuls. Sie lag auf der Höhe eines Bergrückens
zwiſchen den Gebirgsflüſſen Ubei und Siſim wenige Meilen rechts vom
Strom. „Die ganze Wacke ſcheint eine rohe eiſenſteinartige Schwarte
„gehabt zu haben, das innere Weſen derſelben iſt ein geſchmeidiges, weiß-
„brüchiges, wie ein grober Seeſchwamm löchericht ausgewebtes Eiſen,
„deſſen Zwiſchenräume mit runden und länglichten Tropfen“ des ſchönſten,
flächenreichſten Olivins erfüllt ſind, welchen man kennt. Obgleich die
Tartaren es „als ein vom Himmel gefallenes Heiligthum betrachteten,“
ſo dachte doch Pallas nicht entfernt an meteoriſchen Urſprung, er hielt
es nur mit Entſchiedenheit für ein merkwürdiges Naturprodukt, und
ſchickte daher die ganze Maſſe der Petersburger Akademie. Chladni war
der erſte, welcher 1794 daſſelbe für meteoriſchen Urſprungs erklärte, und
obgleich Naturforſcher dennoch an Meteorſteine glaubte. Lichtenberg ſagte
darüber: es ſei ihm bei dem Leſen dieſer Schrift ſo zu Muthe geweſen,
als wenn ihn ſelbſt ein ſolcher Stein an Kopf getroffen hätte, und habe
gewünſcht, daß ſie nicht geſchrieben wäre. Beſonders eiferten die Ge-
brüder de Luc dagegen, und Franzoſen erklärten es für ein phénomène
physiquement impossible!
Nach Chladni’s Bericht ſollen die Gelehrten in
Dresden, Wien, Kopenhagen, Bern ꝛc., aus Beſchämung ſolche Steine in
aller Stille weggeworfen haben. Aber noch in demſelben Jahr 1794 am
16ten Juni Abends 7 Uhr ereignete ſich der merkwürdige Steinregen von
Siena in Toskana aus heiterem Himmel (Gilbert’s Ann. 6. 156), von
dem die ganze Provinz Zeuge war, denn die Steine fielen unter ſchreck-
barem Ziſchen zur Erde. Doch erklärte ſie Hamilton für Auswürflinge
[493]III. Cl. Gediegene Metalle: Sideriſches Eiſen.
des 50 Meilen entfernten Veſuv’s, der zufällig 18 Stunden vorher einen
fürchterlichen Ausbruch erlitten hatte. Als nun aber am 13. Dec. 1795 bei
Woldcottage in Yorkſhire ein 56 ℔ ſchwerer Block niederfiel, der von
dem 170 Meilen entfernten Hekla hätte kommen müſſen, ſo wurde glück-
licher Weiſe Howard zu einer genauen Prüfung veranlaßt (Phil. Transact.
1802). Er fand überall nickelhaltiges gediegen Eiſen darin. Jetzt wagte
auch Klaproth (Abh. Berl. Akad. Wiſſ. 3. Januar 1803) mit ſeinen Ana-
lyſen hervorzutreten: in der Eiſenmaſſe, welche 1751 am 26ten Mai
Abends 6 Uhr unter ſtarkem Krachen in einer feurigen Kugel bei Hra-
ſchina ohnweit Agram an der Sau in Croatien 71 ℔ ſchwer hernieder-
fuhr, war 96,5 Fe und 3,5 Ni enthalten. Sie findet ſich im Kaiſerl.
Mineral. Kabinet zu Wien. Auch La Place (Zach, Monatl. Correspond.
1802. 277) warf die Frage auf, ob es nicht vielleicht Producte von Monds-
vulkanen ſein könnten, die mit einer Geſchwindigkeit von 7800′ (5 mal
größer als ein 24 Pfünder) in die Höhe geworfen nicht wieder auf den
Mond zurückfallen könnten, eine Anſicht, die Olbers ſchon 1795 gelegentlich
ausſprach (Gilbert’s Ann. 14. 38). Endlich machte der große Steinfall
von L’Aigle in der Normandie 1803 den 26ten April Nachmittags gegen
1 Uhr allem Zweifel ein Ende: eine 30 Meilen weit ſichtbare Feuerkugel
erſchien aus heiterem Himmel, geſtaltete ſich zu einer kleinen Wolke, die
5—6 Minuten ein ſchreckliches Getöſe wie Kanonendonner und Gewehr-
feuer erzeugte, und 2000—3000 ziſchende Steine, der größte bekannt-
gewordene 17\frac{1}{2} ℔, fielen auf einer Ellipſe von 2\frac{1}{2} Lieu Länge und
1 Lieu Breite nieder (Memoires de l’Institut nat. scienc. math. et phys.
1806, VII.). Der Mineralienhändler Lambotin ließ ſogleich ſo viel als
möglich aufkaufen, und machte gute Geſchäfte, während die Zeitungen ſich
über den Maire des Ortes, der es officiell nach Paris meldete, beluſtigten,
und der Miniſter der Aufklärung erſt nach 2 Monaten am 26ten Juni
den Phyſiker Biot an Ort und Stelle ſandte. Die Sache war wahr.
Ein Verzeichniß ſiehe Pogg. Ann. 91. 384.


Vom gediegenen Eiſen war lange Zeit das von Klaproth ana-
lyſirte Agramer mit 3,5 Nickel das einzig conſtatirte. Alle andern wurden
wegen ihrer Aehnlichkeit mit dieſem für meteoriſch gehalten. Der ver-
wünſchte Burggraf
(Gilbert’s Ann. 42. 197) 191 ℔ ſchwer, ſcheint
am Ende des 14ten Jahrhunderts bei Ellbogen in Böhmen, wo er auf
dem Rathhauſe aufbewahrt wurde, gefallen zu ſein. Es herrſchten darüber
im Volke auffallende Sagen, 1811 wurde Prof. Neumann in Prag darauf
aufmerkſam, und jetzt liegt das größte Stück davon in Wien. 88,2 Fe,
8,5 Ni, 0,7 Co, 2,2 Phosphormetalle. 1814 fanden Ruſſniakiſche Bauern
auf einem granitiſchen Gipfel der Karpathen bei Lénarto (Saroſſer Co-
mitat) eine 194 ℔ ſchwere Maſſe, welche das Nationalmuſeum von Peſth
bewahrt, ſie zeigt außen tafelförmige Struktur, ähnlich der 103 ℔ ſchweren
Maſſe im Nationalmuſeum von Prag, welche 1829 beim Schloſſe Bo-
humilitz im Prachiner Kreiſe auf einem Acker gefunden wurde. Auch bei
Arva in Ungarn fand ſich. Im Dorfe La Caille bei Graſſe (Dep. Var)
lag am Eingange der Pfarrkirche eine gegen 12 Ctr. ſchwere Eiſenmaſſe,
die den Einwohnern als Sitz diente, und die nach einer Tradition des
Volks aus der Luft gefallen ſei, ſie findet ſich ſeit 1828 in der Pariſer
Sammlung und ſoll 17,3 Ni enthalten. 1805 fand ſich in der Eifel bei
[494]III. Cl. Gediegene Metalle: Sideriſches Eiſen.
Bittburg nördlich Trier eine 3400 ℔ ſchwere Maſſe, die ein nachbarlicher
Eiſenhüttenbeſitzer verfriſchen wollte, allein die Kuchen konnten nicht ge-
ſchweißt werden, und zur Verhinderung von Unterſchleif wurden ſie ver-
graben (Pogg. Ann. 2. 224), der Nickelgehalt ſtellt den meteoriſchen Ur-
ſprung außer Zweifel. Dagegen ſoll die 10,000 ℔ ſchwere Maſſe von
Aachen (Gilbert’s Ann. 48. 410) nicht meteoriſch ſein. Neuerlich hat ſich
bei Seeläsgen ohnweit Schwiebus (in Brandenburg) eine 218 ℔ ſchwere
Eiſenmaſſe auf einer feuchten Wieſe gefunden (Pogg. Ann. 73. 329) mit
5,3 Ṅi und 0,4 Co, liegt in Breslau. Eine andere beim Eiſenbahnbau
bei Schwetz an der Weichſel 43 ℔ ſchwer, liegt in Berlin (Pogg. Ann.
83. 594).


Großartiger ſind die Maſſen fremder Welttheile, namentlich in Ame-
rika, wo Sonnenſchmidt in der Straße von Zacatecas in Mexico Stücke
von 2000 ℔ fand, Humbold bei Durango von 40,000 ℔ (Klaproth
Beiträge IV.101). Bei St. Jago del Eſtero mitten in der großen Ebene
von Südamerika fand Don Rubin de Celis 1783 eine Maſſe von 30,000 ℔
(Phil. Transact. 1788), 1784 entdeckte man am Flüßchen Bendego 50
Meilen von Bahia in Braſilien ein 7′ langes Stück von etwa 14,000 ℔
(Gilbert’s Ann. 56. 355). Bouſſingault traf 1825 zu Santa Roſa nördlich
St. Fe de Bagota einen Grobſchmidt, der ſich eines Amboſes von 1500 ℔
aus Meteoreiſen bediente, es fanden ſich in der Gegend noch mehrere
Klumpen, ſogar 12 Meilen davon bei Rasgata ganz die gleichen Maſſen,
ſo daß man glauben muß, hier habe ein förmlicher Eiſenregen ſtattgefunden
(Sitzungsber. Wien. Akad. Math. Claſſ. 1852. VIII.496). Ein Stück
von 171 ℔ findet ſich im Muſeum von Harlem, das 1793 im öſtlichen
Theile der Cap-Colonie aufgehoben wurde, und urſprünglich 300 ℔ wog.


In Nordamerika werden allein von Shepard (Silliman Amer. Journ.
2 ser. II.
390) aus 22 verſchiedenen Fundorten angeführt, darunter findet
ſich ein 1700 ℔ ſchweres von den Indianern verehrtes Stück von Red
River in Texas, was man für Platin hielt. Daher wurden zwei koſt-
ſpielige Expeditionen in die von feindlichen Indianern bedrohte Wildniß
geſandt, die es endlich auf einem 400 deutſche Meilen langen Landweg
zum Miſſiſippi brachten. Jetzt wird es in New-York aufbewahrt, es iſt
ein förmlicher Magnet, deſſen größter Durchmeſſer in der Meridianlinie
liegt. Der blättrige Bruch ſoll oktaedriſch ſein (Sill. Amer. Journ. 2 ser.
II.
370). Das von Cocke in Tenneſſee wiegt 2000 ℔, und ein kleines
9 ℔ ſchweres fiel ſogar 1835 Ende Juli oder Anfangs Auguſt auf den
Feldern von Dickſon im Staate Tenneſſee (Silliman’s Amer. Journ. 1845
tom. 49 pag.
336) vor den Augen mehrerer Arbeiter aus einem explo-
direnden Meteor auf ein Baumwollenfeld nieder, wurde aber erſt ſpäter
durch den Pflug gefunden. Es wäre dies ſeit Agram das zweite Mal,
daß Zuſchauer dem Niederfall beigewohnt hätten. Der dritte und unter
allen der conſtatirteſte Eiſenfall ereignete ſich bei Hauptmannsdorf und
Braunau auf der Böhmiſch-Schleſiſchen Grenze 1847 den 14ten Juli
Morgens 3\frac{3}{4} Uhr (Pogg. Ann. 72. 170): es bildete ſich eine Wolke, die
mit einem Male erglühte, Blitze zuckten nach allen Richtungen, und zwei
Feuerſtreifen fielen von ihr zur Erde, unter zwei heftigen Kanonenſchüſſen,
die alle Bewohner weckten. In einem 3 Fuß tiefen Loch fand ſich das
eine 42 ℔ 6 Loth ſchwere Stück, das nach 6 Stunden noch ſo heiß war,
[495]III. Cl. Gediegene Metalle: Sideriſches Eiſen.
daß es Niemand anfaſſen konnte. Es iſt zerſchnitten. Das zweite 30 ℔
16 Loth ſchwere fiel dagegen durch das Schindeldach eines armen Mannes
und das Schlafzimmer ſeiner Kinder, ohne zu zünden. Der Mann meinte
der Blitz habe eingeſchlagen, und ahnete nichts von der Sache, erſt nach
fleißigem Suchen wurde das Stück den folgenden Tag am 15ten Juli
unter den Trümmern der Kammerwand gefunden! Es iſt von dem Prä-
laten für 6000 fl. zu einer frommen Stiftung verkauft. Die rundlichen
Stücke zeigen eine groblöcherige Oberfläche, und würfelig blättrigen Bruch,
ſo deutlich als beim Bleiglanz. Das Wiener Muſeum erhielt ein Stück
von 4 ℔, was faſt aus einem einzigen Würfel beſteht! Es kommen
daran auch Trennungsflächen nach dem Oktaeder vor, das ſind aber mehr
Abſonderungen. Es iſt härter als die beſten Stahlmeißel, und läßt ſich
leicht ſtrecken und ſchmieden. Gew. 7,7. Unter den


Eigenſchaften des Meteoreiſens ver-
dienen noch die Widmanſtätten’ſchen Figuren
beſonders erwähnt zu werden. Wenn man nämlich
Flächen polirt und mit Säure ätzt (Erdmann’s
Journ. pr. Ch. 12. 304), ſo entſteht eine eigen-
thümliche Damaſtbildung von Strahlen, die ſich
öfter ungefähr unter Winkeln von 60° aber auch
ſchärfer und ſtumpfer ſchneiden. Die dunkeln Stellen
wurden ſtärker von der Säure angegriffen, als die

[figure]

lichtern Streifen, und die Aetzung iſt ſo vollkommen, daß Sheppard,
Roſe ꝛc. die ſchönſten Bilder davon unmittelbar abklatſchten. Unſere neben-
ſtehende Figur iſt ein Stück eines ſolchen abgeklatſchten Bildes des Meteor-
eiſens von Texas, was Silliman (Amer. Journ. 2 ser. II. pag. 376)
abgebildet hat. Nach Partſch entſpricht die Lage der Strahlen den Flächen
von Oktaedern. Früher ſah man die Zeichnung als Folge des Nickeleiſens
an, zumal da ſich auch künſtliche Legirung von Nickel und Eiſen beſonders
zur Damascirung eignen ſoll. Allein Berzelius fand im Eiſen von Bohu-
miliz (Pogg. Ann. 27. 128) ſchwarze unlösliche Schüppchen von Phosphor-
Nickel-Eiſen (Dyslytit), welche ſich parallel an die Oktaederflächen an-
lagern, und zu den Streifen die Veranlaſſung geben ſollen. Vieles
Meteoreiſen (Braunau, Bohumiliz, Krasnojarsk, Red River) verhält ſich
gegen Kupfervitriollöſung paſſiv, das Kupfer ſchlägt ſich erſt darauf nieder,
wenn man etwas Säure zuſetzt, oder gewöhnliches Eiſen unter der
Flüſſigkeit damit in Berührung bringt. Durch ihre


Zuſammenſetzung ſchließen ſich die Meteoreiſen faſt in einer
zuſammenhängenden Reihe an die Meteorſteine an. Vor allem fällt ſelbſt
im reinſten Eiſen der große Nickelgehalt auf: Bohumiliz 5,6 Ni, Ellbogen
8,5 Ni, Krasnojarsk 10,7, ja Jackſon gibt in einem von Alabama
27,7 Ni an, Sill. Amer. Journ. 34. 334. Den Nickelgehalt erkennt man
ſchon durch bloßes Auflöſen in Salzſäure, indem ſich eine ſchöne gelblich
grüne Flüſſigkeit bildet, während bloßes Eiſen nur wenig färbt. Un-
wichtiger iſt Kobalt, doch fehlt es ſelten, 0,2 Co Bohumiliz, 0,76 Co
Ellbogen. Mangan nur wenig, noch weniger Kupfer und Zinn. Auf-
fallend iſt der Mangel an Kohle, doch gibt Berzelius von Krasnojarsk
0,04 C und Rammelsberg von Seeläsgen ſogar 0,5 C an. Ebenſo kommt
[496]Meteorſteine.
auch etwas Silicium vor. Daraus leuchtet allein ſchon ein, daß es kein
geſchmolzenes Kunſtprodukt ſein kann.


In allen Fällen bleibt ein Rückſtand, in welchem Phosphor-Nickel-
Eiſen vorwaltet, das metalliſch glänzende grauweiße magnetiſche Schuppen
bildet. Der Rückſtand betrug bei Braunau 1,3 p. C., worin 56,4 Fe,
25 Ni, 11,7 Phosphor, 1,1 Kohle, 1 S⃛i, 2,8 Chrom. Wöhler glaubte
im Rückſtande des Eiſens von Rasgatá kleine Kryſtalle von Olivin, ſelbſt
zweifelhaft Rubin und Saphir zu erkennen!


Das poröſe Eiſen ſchließt in ſeinen Zwiſchenräumen Minerale
ein. Obenan ſteht das Pallaſiſche von Krasnojarsk mit dem ſchön gelben
Olivin pag. 219. Die Kryſtalle haben ſich ganz in die rundlichen Räume
eingefügt, und ſehen daher auf der Oberfläche öfter wie angeſchmolzen
aus. Bei Brahin Gouv. Minsk (Pogg. Ann. II.161) und in der Wüſte
Atacama in Peru (Pogg. Ann. 14. 469) ſollen ganz ähnliche Maſſen
gefunden ſein.


Schwefeleiſen ſammelt ſich öfter in Höhlen und Klüften, bei
Bohumiliz bis zu Haſelnußgröße, ebenſo zu Lockport. Bei Seeläsgen
bildet es zum Theil cylindriſche Kerne, die in der Eiſenmaſſe ſtecken.
Hier iſt ihr Gewicht 4,78, und dem Gehalte nach ſoll es nach Rammels-
berg nicht Magnetkies, ſondern einfaches Schwefeleiſen F̍e ſein. Da die
Dinge zum Theil lange in der Erde gelegen haben, ſo muß man vor-
ſichtig das Urſprüngliche vom Veränderten unterſcheiden. Zum Schwefel-
eiſen geſellen ſich Graphitblättchen (Bohumiliz, Cocke in Tenneſſee) ꝛc.
So werden es dann unverſehens wahre


Meteorſteine.

Dieſe fallen ungleich häufiger, und ſo ähnlich ſie auch manchen vul-
kaniſchen Geſteinen ſehen mögen, ſo machte doch ſchon Werner gleich bei
ihrem erſten Anblick die Bemerkung, daß es auf Erden keine ſolche Steine
gebe. Vor allem fällt darin das gediegene Eiſen auf, was körnig ein-
geſprengt ſich leicht an Roſtflecken erkennen läßt. Daſſelbe iſt ebenfalls
nickelhaltig, und bildet inſofern das Vermittelungsglied des Meteoreiſens
mit den Meteorſteinen. Bei den eiſenreichen Steinen, wie z. B. von
Aigle, bildet das Eiſen ſogar ſtellenweis noch ein vollſtändiges Skelett,
zwiſchen welches die Steinmaſſe ſich eingelagert hat, zuletzt kann jedoch
auch das Eiſen ganz zurücktreten und ſogar gänzlich fehlen. Bei der
Analyſe pflegt man daher den Stein zu pulveriſiren, und mit dem Magnet
herauszuziehen, was ihm folgt, um beides Magnetiſches und Unmagne-
tiſches getrennt zu analyſiren.


Eine andere Eigenſchaft iſt die dunkle oft nur kaum papierdicke Rinde,
welche bei den Meteorſteinen von Stannern wie der ſchwärzeſte Firniß
glänzt. Durch bloße Schmelzung kann die Kruſte wohl nicht entſtanden
ſein, und da ſie bei friſchen ſogar noch ſchmierig gefunden worden iſt,
ſo erſcheint ſie öfter als ein fremdartiger Niederſchlag, deſſen eigenthüm-
liche feine Runzelung für die Beurtheilung der Aechtheit großen Werth hat.


Schon G. Roſe (Pogg. Ann. 4. 173) brachte die erdigen Meteor-
maſſen in 2 Abtheilungen:


[497]Meteorſteine.

1) die gewöhnlichen beſtehen aus einer grauen trachytiſchen Haupt-
maſſe, in welcher man außer dem gediegenen Eiſen mit bloßen Augen
keine weitern Gemengtheile erkennen kann. Hin und wieder ſind kleine
Kugeln eingeſprengt, die man mit dem Meſſer herausnehmen kann, die
aber im Ganzen aus der Grundmaſſe beſtehen, nur etwas härter ſind,
auch wohl einen etwas andern Farbenton haben: erbſengroße Kugeln,
wie ſie nur größer in Trachyttuffen, Grünſteinen ſich oftmals zeigen. Die
Steine von Aigle, Enſisheim, Maurkirchen, Blansko gehören dahin.
Letzterer fiel in Mähren 1833 den 25. November Abends 6\frac{1}{4} Uhr, und
iſt beſonders durch die Analyſe von Berzelius (Pogg. Ann. 33. 7) be-
rühmt geworden, ſpecif. Gew. 3,7. Mit dem Magnet konnten 17,1 p. C.
aus dem Pulver ausgezogen werden, dieſe beſtanden hauptſächlich aus
Nickeleiſen und magnetiſchem Schwefeleiſen, nämlich 93,8 Fe, 5 Ni, 0,3 Co,
0,3 S, 0,4 Zinn und Kupfer. Die 82,9 p. C. unmagnetiſche Grundmaſſe
gelatinirte theilweis mit Salzſäure, und zerfiel in 51,5 p. C. zerſetzbare
und in 48,5 p. C. unzerſetzbare Silikate. Der zerſetzbare nicht magnetiſche
Theil enthielt 33 S⃛i, 36,1 Ṁg, 26,9 Ḟe, 0,5 Ṁn, 0,5 Ṅi, 0,3 A̶⃛l, 0,8 Ṅa,
0,4 K̇. Verluſt 1,3 p. C. iſt hauptſächlich Schwefel. Der Sauerſtoff
der Baſen zur Kieſelerde = 20,5 : 17,2. Man nimmt das Silicat Ṙ S̈3
als Olivin und das Schwefeleiſen als Magnetkies. Der unzerſetzbare
Theil wurde mit Ḃa C̈ geglüht und lieferte dann 57,1 S⃛i, 21,8 Ṁg, 3,1 Ċa,
8,6 Ḟe, 0,7 Ṁn, 0,02 Ṅi, 5,6 A̶⃛l, 0,9 Ṅa, 1,5 zinnhaltiges Chrom-
eiſen, Ḟe C̶⃛r. Die Thonerde darin könnte verleiten, es zum Theil für eine
feldſpathartige Maſſe, vielleicht für Labrador mit Augit, zu nehmen. Im
ganzen Stein wäre alſo 17,1 Nickeleiſen mit Kobalt-, Zinn-, Kupfer-,
Schwefel- und Phosphorgehalt, 42,7 Olivinartige- 3 S⃛i, 39,4 augitartige
Subſtanz 3 S⃛i2 und 0,75 Chromeiſen mit Zinnſtein verunreinigt. Das
wird freilich immer Deutung bleiben. Jedenfalls machen Talkerdeſalze
einen weſentlichen Beſtandtheil in der ſteinigen Maſſe (29 p. C. Ṁg).


2) die ungewöhnlichen haben kein metalliſches Eiſen, Talkerde fehlt
zwar nicht, herrſcht aber nicht ſo vor, und in der wenn auch feinkörnigen
Maſſe laſſen ſich einzelne Mineralſpecies mit Beſtimmtheit erkennen. Hier
verdient vor allem der Meteorſtein von


Juvenas (Dep. Ardèche) genannt zu werden, welcher 1821 am
15. Juni Nachmittags 4 Uhr unter gewaltigem Donner vor den Augen
zweier Bauern in ein Kartoffelfeld fiel. Die Bauern hielten die Erſchei-
nung für eine Rotte von Teufeln, welche in die Erde gefahren, und
faßten erſt nach 8 Tagen den Entſchluß, das Wunderding auszugraben.
Es fand ſich nun 5\frac{1}{2′} tief unter lockerer Erde ein 220 ℔ ſchwerer runder
Stein, der zerſchlagen verkauft wurde (Gilbert’s Ann. 69. 414). Es iſt
ein körniges ziemlich bröckliges Gemenge, das Mohs mit dem Dolerit am
Meißner in Heſſen vergleicht, und das hauptſächlich aus brauner (Augit)
und weißer Subſtanz (Anorthit) beſteht. In kleinen Höhlungen iſt der
gründlich braune Augit in Kryſtallen ausgebildet, mit den meßbaren Flächen
T M k o u' pag. 194. Der weiße Gemengtheil, die größere Häfte ein-
nehmend, zeigt einen Blätterbruch deutlich, allein die Kryſtalle in den
Höhlen ſind zum Meſſen zu klein, doch ſah G. Roſe deutlich einſpringende
Winkel, daher kann es kein gewöhnlicher Feldſpath ſein, wie Hauy an-
Quenſtedt, Mineralogie. 32
[498]Meteorſteine.
nahm, dabei weiſt der große Kalkerdegehalt eher auf Anorthit oder La-
brador. Auch gibt Shepard den Winkel P/M 94° an. Kleine Körner
und Kryſtalle von ſtahlgrauer bis kupferrother Farbe, obgleich nicht mag-
netiſch, zeigen ſich doch nach ihrem chemiſchen Verhalten und ihrer Form
als Magnetkies, mit meßbaren dihexaedriſchen Endkanten von 126° 29′,
und einem Flächenreichthum, wie man ihn ſonſt nicht kennt. Shepard

[figure]

bildet ſie auch aus einem grobkörnigen Stein von Richmond
(Silliman Amer. Journ. 2 ser. II.383) ab, der 4 ℔ ſchwer
am 4. Juni 1828 fiel. Kleine ſtrohgelbe Blättchen (Sphe-
nomit Shepard’s), die an den Kanten zu einem magnetiſchen
ſchwarzen Glaſe ſchmelzen, konnten kryſtallographiſch nicht
beſtimmt werden, ob Titanit? Nach Rammelsberg (Pogg.
Ann. 73. 585) enthalten die Steine 36,8 p. C., durch Säuren
zerſetzbare und 63,2 unzerſetzbare Theile, zuſammen mit 49,2 S⃛i, 12,5 A̶⃛l,
1,2 F̶⃛e, 20,3 Ḟe, 0,16 Fe, 10,2 Ċa, 6,4 Ṁg, 0,6 Ṅa, 0,1 , 0,28 ˙˙˙˙˙,
0,1 Titanſäure, 0,24 Chromoxyd, 0,09 Schwefel. Daraus leitet der
Chemiker 36 Anorthit, 60 Augit, 1,5 Chromeiſen, ¼ Magnetkies und
vielleicht kleine Mengen von Apatit und Titanit ab. Der Steinfall bei


Stannern, 2 Meilen ſüdlich Iglau auf der Mähriſch-Böhmiſchen
Grenze. Eines Sonntagmorgens gegen 6 Uhr am 22. Mai 1808 hörten
die Leute, welche nach Stannern in die Kirche giengen, einen heftigen
Kanonenſchuß, und darauf ein Geraſſel wie von einem kleinen Gewehr-
feuer, das 8 Minuten anhielt. In einem Radius von 3 Stunden um
Stannern wurden mehr als 100 Steine aufgeleſen, im Mittel 1—3 ℔
ſchwer. Sie wurden zum Theil noch warm aufgenommen, und fielen mit
Ziſchen in’s Waſſer. Sehr auffallend an ihnen iſt die glänzend ſchwarze
Rinde, welche nach Ausſage eines Mannes heiß noch ſchmierig geweſen
ſein ſoll. Darunter findet ſich eine weißgraue feinkörnige Gebirgsmaſſe,
zwiſchen welcher ſtellenweis Magnetkies ſich durchzieht. Die weißen ſchmalen
Strahlen ſcheinen auch hier Anorthit, und die ſchwarzen Stellen dazwiſchen
Augit zu ſein. Merkwürdig großkörnig iſt der Stein von


Bishopville in Südcarolina, im März 1843 gefallen. Unvoll-
kommene ſchneeweiße Kryſtalle mit rhomboidiſcher Säule, die aber ſehr
rauh ſind. Die zuweilen Zollgroßen Kryſtalle werden von zwei deutlichen
Blätterbrüchen durchſchnitten, die ſich unter 120° ſchneiden, H. = 6,
Gew. 3,1. Schmilzt ſchwer zu einem weißen Email, und beſteht im we-
ſentlichen aus Ṁg S⃛i, 67,1 S⃛i und 27,1 Ṁg. Man wird dabei an Wol-
laſtonit erinnert, Shepard nennt das Mineral Chladnit. Der Stein
von Alais (Dep. Gard), 15. Mai 1806 gefallen, gleicht einem ſchwarzen
Thone mit glänzendem Strich, und zerfällt im Waſſer zu einem grau-
grünen Brei (Pogg. Ann. 33. 113). Einer ähnlichen ſchwarzen Bol-
artigen Maſſe gleicht der Aerolith vom kalten Bokkeveld bei Tulbagh am
Cap. Man würde ihn nicht für das halten, was er iſt, wenn er nicht
den 13. Oktober 1838 Morgens 9 Uhr mit furchtbarer Exploſion herab-
gefallen wäre, auch zeigen die Stücke die bekannte runzelige Kruſte. Ob-
gleich er beim Anhauchen den bittern Thongeruch zeigt, ſo hat er doch
nur 5,2 A̶⃛l, dagegen 33,2 Ḟe, 19,2 Ṁg, 28,9 S⃛i.


Die Menge der herabgefallenen Steine iſt gegen die des Eiſens
[499]Meteorſteine.
außerordentlich groß, auch nur die wichtigſten davon anzugeben, würde
zu weit führen. Für ältere Niederfälle iſt beſonders wichtig: Chladni
über Feuermeteore und über die mit denſelben herabgefallenen Maſſen.
Wien 1819; und von Schreiber, Beiträge zur Geſchichte und Kenntniß
meteor. Steine und Metallmaſſen. Wien 1820, worin auch mehrere gute
Abbildungen ſich finden. Nicht blos haben ſich, ſeitdem man daran glaubt,
faſt jährlich vor Augenzeugen ſolche Steinfälle ereignet, ſondern ſind auch
äußerſt ſorgfältig geſammelt. Nach Partſch (die Meteoriten oder vom
Himmel gefallene Steine und Eiſenmaſſen im k. k. Hof-Mineralien-
Kabinette in Wien. Wien 1843) bewahrt die Wiener Sammlung allein
aus 94 verſchiedenen Lokalitäten, die Berliner 1852 aus 97, es findet ſich
dabei die berühmte Chladni’ſche Sammlung. Nach Shepard und Ram-
melsberg ſind folgende Verbindungen aus den Meteoren bekannt:


1. Nickeleiſen etwa 9 Theile Eiſen mit 1 Theil Nickel, was frei-
lich dann bei verſchiedenen ſehr variirt. Shepard glaubt, daß eine 165 ℔
ſchwere Eiſenmaſſe von Walker ohne Zweifel meteoriſch ſei, obgleich das
Nickel gänzlich fehle.


2. Phosphornickeleiſen, zuweilen mit Magneſium. Die Ver-
bindung bleibt bei der Löſung des Eiſens als Rückſtand.


3. Schwefeleiſen, als Kryſtalle von Magnetkies bei Juvenas ꝛc.
Doch ſcheint das in andern Steinen nur einfaches Schwefeleiſen zu ſein
Ḟe, da ſich beim Löſen in Salzſäure kein Schwefel ausſcheidet.


4. MagneteiſenḞe F̶⃛e fand Berzelius in den Steinen von Alais
und Lontalax in Finnland. Das damit iſomorphe Chromeiſen Ḟe C̶⃛r iſt
ebenfalls ſehr im Meteoreiſen verbreitet, Shepard bildet ſogar kleine Kry-
ſtalle davon ab.


5. Olivin enthält gleich dem telluriſchen eine kleine Menge von
Nickel- und Zinnoxyd. Im Eiſen von Krasnojarsk und Olumba ſind 8 At.
Ṁg gegen 1 At. Ḟe, wie beim baſaltiſchen Olivin, im Stein von Lonta-
lax hat er die Zuſammenſetzung des Hyaloſiderits pag. 219 ꝛc. Theile
der Meteorſteine kann man mechaniſch öfter als Olivin deuten.


6. Feldſpäthe. Nur der Anorthit von Juvenas ſcheint außer
Zweifel. Bei andern iſt man noch nicht ſicher, doch da man es mit einem
durch Säuren ſchwer zerlegbaren Feldſpath zu thun hat, ſo ſcheint es nur
Labrador oder Oligoklas ſein zu können. Eben ſo zweifelhaft iſt


7. Augit oder Hornblende, nur bei Juvenas ſind Augitkryſtalle.
Sonſt bleibt es immer zweifelhaft, ob Augit oder Hornblende. Im Stein
von Kl. Wenden bei Nordhauſen, gefallen 16. September 1843, ſcheint
ſogar mit einiger Sicherheit die Analyſe auf Labrador und Augit zu
deuten, ſo meint wenigſtens Rammelsberg.


Shepard führt außerdem noch eine Menge Minerale in nordameri-
kaniſchen Aerolithen an, die man in der alten Welt nicht kennt. Apatit,
Glimmer, Granat, Schwefel, eine Reihe ſchwefelſaurer Salze, auch neue
Minerale Apatoid, Jodolith, Chantonnit, Schreiberſit ꝛc. werden gemacht.
Als unzweifelhaft kann man folgende 18 Elemente annehmen: Alumium,
Calcium, Chrom, Eiſen, Kalium, Kieſel, Kobalt, Kohlenſtoff, Kupfer,
32*
[500]III. Cl. Gediegene Metalle: Blei, Zinn.
Magneſium, Mangan, Natrium, Nickel, Phosphor, Sauerſtoff, Schwefel,
Titan, Zinn. Zweifelhafter ſind ſchon Antimon, Arſenik und Chlor.
Auffallend iſt der Mangel an Waſſerſtoff, denn das Waſſer im Steine
von Alais kann terreſtriſchen Urſprungs ſein. Man könnte daraus den
Schluß ziehen, daß ſie aus einem Geſtirn kommen, das kein Waſſer ent-
hält, wie man das vom Monde glaubt. Immerhin iſt es auffallend, daß
die Zeolithe in unſern vulkaniſchen Geſteinen eine ſo große Rolle ſpielen.
Konnten ſie ſich wegen des fehlenden Waſſers wirklich nicht bilden?


Blei und Zinn.

Gehören beide noch zu den geſchmeidigen Metallen, und ſcheinen da-
her auch regulär zu kryſtalliſiren, obgleich ihr Vorkommen als gediegen
in der Natur noch bezweifelt werden kann. Nach Hausmann ſoll das


Blei bei Hüttenprozeſſen zuweilen in regulären Oktaedern kryſtalli-
ſiren. Auch iſt der Bleibaum ſeit alter Zeit bekannt, welcher ſich aus
eſſigſaurem Blei auf Zinkſtäben niederſchlägt. Was Wallerius von Mas-
lau in Schleſien, Hauy aus den Vivarais anführen, ſcheinen Kunſtpro-
dukte. Dagegen erwähnt Rathke kleine krummſchalige Maſſen aus weichen
Laven von Madera, doch mögen auch dieſe nur durch das Feuer in irgend
einer Weiſe reducirt ſein. Zu Alſton Moor in Cumberland kam es ein-
geſprengt im Quarz mit Bleiglanz am Ausgehenden eines Ganges vor,
aber zugleich mit Schlacke und Bleiglätte, was die Sache auch wieder
verdächtigt.


Das Blei iſt rein bleigrau, mit ſtarkem Metallglanz, Härte kaum 2,
Gew. 11,4. Schmilzt bei 322° und verdampft, beim Erſtarren zieht es
ſich beträchtlich zuſammen, ſo daß gegoſſene Kugeln nicht vollkommen rund
bleiben. Es überzieht ſich leicht mit einer grauen Oxydationshaut, welche
es vor weiterm Angriff ſchützt.


Die Bleipreiſe haben ſich in neuerer Zeit wieder bedeutend gehoben,
der Centner koſtet etwa 12 fl.


Zinn ſoll geſchmolzen unter günſtigen Umſtänden auch in regulären

[figure]

Oktaedern (?) kryſtalliſiren. Dagegen ſind die Kryſtalle,
welche man auf galvaniſchem Wege aus Zinnchlorür dar-
ſtellt, viergliedrig (Pogg. Ann. 58. 660): das Oktaeder
o = a : a : c mit 57° 13′ in den Seiten- und 140° 25′
in den Endkanten herrſcht vor, daher a = √6,723. Die
erſte quadratiſche Säule q = a : a :c fehlt auch ſelten.
Miller gibt noch das nächſte ſtumpfere Oktaeder a : c : ∞a,
denn a : a : 3c, a : 3c : ∞a und a : ∞a : ∞c an. Auf-
fallender Weiſe bilden ſie lange Stäbe nach Art der dendri-
tiſchen Metallbäume, aber die Nebenſtrahlen fehlen, es ſind
nur einfache Strahlen, die aber aus aneinander gereihten
Zwillingen beſtehen. Die Reihen kleiner Oktaeder haben
o gemein und liegen umgekehrt, nicht ſelten geht wie beim
gediegenen Kupfer eine Hauptlamelle ganz durch.


Zinnweiß, die Farbe läuft nicht an. Beim Biegen zeigen Zinn-
ſtangen einen eigenthümlich knirſchenden Ton (Zinngeſchrei), H. = 2,
[501]III. Cl. Gediegene Metalle: Titan, Wismuth.
Gew. 7,29. Es wird einzig und allein aus Zinnſtein gewonnen, hier
wurde auch von den ältern Mineralogen gediegenes Vorkommen angegeben.


Titan. Dafür hat man lange die kleinen kupferrothen Würfel ge-
halten, welche ſich in der ſogenannten Sau der Hochöfen bilden, und welche
Wollaſton (Phil. Transact. 1823) zuerſt in den Schlacken von Merthyr-
Tydvil in Südwallis erkannte. Sie haben über Feldſpathhärte, Gew. 5,3.
Nach Wöhler (Pogg. Ann. 78. 401) enthalten ſie jedoch neben 78 Ti noch
18,1 Stickſtoff und 3,9 Kohle, beſtehen daher aus 16,2 Titancyanür und
83,8 Stickſtofftitan, Ti Cy + 3 Ti3 N̶.


Die ſpröden Metalle gehören nicht mehr dem regulären, ſondern dem
3 + 1axigen, rhomboedriſchen, Syſteme an. Schon oben haben wir dieß
beim ſpröden Osmiridium pag. 488 geſehen. Auffallender noch iſt es
beim gediegenen Wismuth, Antimon, Arſenik und Tellur, die rhomboedriſch
und zugleich iſomorph ſind, G. Roſe Pogg. Ann. 77. 143.


9. Wismuth.


Bisemutum Agricola Bermannus pag. 693; Plumbum cinereum vero
Snebergi effoditur e fodina, cui nomen inde Bisemutaria, de natura foss.
644. Bismuth natif.
Es wurde früher als regulär beſchrieben. Be-
ſonders ſchön bekommt man die künſtlichen Kryſtalle in zelligen ſcheinbaren
Würfeln, deren ſämmtliche Ecken durch vier ſehr deutlich blättrige Brüche
abgeſtumpft werden, die einem regulären Oktaeder von 109° 28′ entſprechen
würden, wenn die genannten Kryſtalle wirklich Würfel wären. Zu Schnee-
berg kommt auch das ſcheinbare Granatoeder vor. G. Roſe zeigt aber,
daß jener Würfel ein etwas ſcharfes Rhomboeder mit 87° 40′ in den
Endkanten ſei, alſo für c = 1 iſt die Nebenaxe
a = √0,588.
Dem zufolge ſoll der blätterige Bruch c = c : ∞a : ∞a : ∞a in der
Gradendfläche etwas deutlicher ſein, als die drei andern des nächſten
ſchärfern Rhomboeders o = ½a′ : ½a′ : ∞a : c, die Seitenkante o/o =
110° 33′ und die Kanten o/c = 108° 23′ liegen den Winkeln des re-
gulären Oktaeders ſo nahe, daß ſie leicht zu verwechſeln waren. Auch
das nächſte ſtumpfere Rhomboeder d = 2a′ : 2a′ : ∞a : c, was dem
Rhomboeder des Granatoeder nahe ſteht, iſt etwas blättrig, wie man bei
den ſächſiſchen Kryſtallen ſieht. Den wichtigſten Beweis für das rhom-
boedriſche Syſtem bilden jedoch die Zwillinge: zwei Hauptrhomboeder haben
die Fläche des nächſten ſtumpfen Rhomboeders d gemein, und liegen umge-
kehrt. Wir haben dann rhombiſche Säulen von 87° 40′ mit einem Paare
auf die ſcharfen Kanten aufgeſetzt, das ſich unter 173° 16′ ſchneidet.
Wären dieſe Hauptrhomboeder Würfel, ſo könnte dieſes Geſetz gar keinen
Zwilling geben, denn es würden alle Flächen einſpiegeln. Die kryſtalli-
niſche Maſſe findet ſich in der Natur häufig in geſtrickten, ſchmalſtrahligen
Maſſen im Geſtein eingeſprengt.


Röthlich ſilberweiß, aber gern grün, roth d. h. taubenhälſig
angelaufen, woher es ſogar ſeinen Namen haben ſoll, bunt wie eine
„Wieſenmatte“. Härte 2—3, milde wie Glaserz, aber nicht mehr dehn-
bar, Gew. 9,8. Es iſt am ſtärkſten diamagnetiſch pag. 123.


[502]III. Cl. Gediegene Metalle: Antimon.

Schmilzt ſehr leicht, ſchon auf einem ſtark geheizten Ofen, brennt
aber nicht fort, und beſchlägt die Kohle gelb, pag. 143. In Salpeter-
ſäure löslich, aber die Löſung gibt durch Zuſatz von viel Waſſer einen
weißen Niederſchlag, weil ſie ſich in ein baſiſches Salz zerlegt, das nieder-
fällt, und in freie Säure, welche einen Theil des Salzes in Löſung er-
hält. Man kann Rhomboeder von Zollgröße in den prachtvollſten ſtahl-
grauen, purpurrothen oder ſmaragdgrünen Farben kryſtalliſiren laſſen
(Pogg. Ann. 31, 432), wenn man das käufliche Metall mehrere Stunden
mit Salpeter ſchmilzt, bis die Probe nicht mehr roth oder blau, ſondern
grün oder gelb anläuft. Gießt man es dann in einen erwärmten Röſt-
ſcherben, läßt es langſam erkalten, ſtößt die obere erſtarrte Kruſte mit
einer glühenden Kohle durch, gießt das innere flüſſige Metall ab, und
zerbricht nach einer halben Stunde, ſo kommt die ſchönſte Kryſtalldruſe
zum Vorſchein. Newtons leichtflüſſiges Metall, bei 94½° C. ſchmelzbar,
beſteht aus 8 Theilen Wismuth mit 5 Theilen Blei und 3 Theilen Zinn.
Man kann ſolchen Legirungen verſchiedene Schmelzpunkte geben, und als
Sicherheitsventile bei Dampfkeſſeln benutzen, die ſchmelzen, ſo bald der
Dampf zu heiß wird. Statuenmetall beſteht aus Kupfer, Zinn und
Wismuth.


Im ſächſiſchen Erzgebirge werden 800 Ctr. durch Ausſaigern gewon-
nen, und zwar nur aus dem gediegenen Vorkommen. Es bricht zuſam-
men mit Speiskobalt und Kupfernickel auf den ſilberhaltigen Kobaltgängen,
und iſt daher der Aufmerkſamkeit der älteſten Bergleute nicht entgangen.
Beſonders reich iſt Sachſen: Schneeberg, Annaberg, Johann-Georgenſtadt,
ſehr ſchön blättrig auf den Zinnſtockwerken zu Altenberg. Die Fürſten-
bergiſchen Gruben auf dem Schwarzwalde, zu Bieber in Heſſen im Zech-
ſtein ꝛc.


Vererzt kommt es beſonders als Wismuthglanz B̶⃛i vor, im Tetra-
dymit mit Tellur, als Wismuthocker nimmt es auch wohl Kohlenſäure
auf. Bismutit pag. 360, Wismuthblende pag. 313.


10. Antimon.


Der Name Antimonium kommt ſchon um das Jahr 1100 bei den
Alchemiſten vor, nebenbei lief aber auch στίμμι, στίβι, Stibium, doch wurde
unter letztern mehr Grauſpießglanz verſtanden, woraus Basilius Valentinus
den regulus Antimonii (curriculus triumphalis antimonii, Amſterdam 1685)
darſtellte. Gediegen wird es zuerſt von Swab im Kalkſpath der Silber-
gruben von Sala in Schweden erwähnt (Abhandl. Schwed. Akad. 1748),
1780 kam es Arſenikhaltig zu Allemont in der Dauphiné vor (Mémoires
de l’Acad. Sc. Par.
1781), und Klaproth (Beitr. III.169) analyſirte es
von Catharine Neufang bei Andreasberg.


Rhomboeder 87° 36′ in den Endkanten, a = √0,586, künſtlich
kann dieſes dargeſtellt werden. Der deutlichſte Blätterbruch c =
c
: ∞a : ∞a : ∞a ſtumpft die Endecke ab, er herrſcht entſchieden vor,
wie man beim Zerſchlagen wahrnimmt. Etwas weniger blättrig ſind
ferner die Flächen des nächſten ſtumpfern Rhomboeder d = 2a′ : 2a′ : ∞a′ : c,
welche Streifen auf dem erſten Blätterbruch erzeugen. Mohs fand bei
[503]III. Cl. Gediegene Metalle: Antimonſilber.
den körnigen Stücken von Allemont den Endkantenwinkel 117° 15′. Das
nächſte ſchärfere Rhomboeder o = ½a′ : ½a′ : ∞a : c iſt dagegen nur
wenig blättrig, ebenſo die zweite ſechsſeitige Säule. Die Sache verhält
ſich daher anders als beim Wismuth, wo o am deutlichſten blättrig iſt.
Bei Andreasberg kommt auch das zweite ſtumpfere Rhomboeder 4a : 4a : ∞a : c
vor. Häufig Zwillinge: zwei Individuen haben die Fläche des nächſten
ſtumpferen Rhomboeder d gemein und liegen umgekehrt. G. Roſe (Pogg.
Ann. 77. 145) bildet nach dieſem Zwillingsgeſetz Sechslinge von Andreas-
berg ab, darin legen ſich je zwei Rhomboeder ſo an einander, daß ihre
gemeinſamen Endkanten (k k in 1 und 2) in eine Flucht fallen, ihre
Angränzungsfläche aber ſenkrecht gegen dieſe gemeinſame Kante ſteht.
Haben ſich nun ſo die Individuen 1
und 2 zu einander geſtellt, ſo bleiben
von jedem noch zwei freie Kanten für
die übrigen vier über: 3 liegt gegen 1,
wie 4 gegen 2. Da der ebene Winkel
der Rhomboederfläche 87° 28′ beträgt,
ſo bleibt in der Ebene der Flächen 1 2 3 4
rechts, wie in der 1 2 5 6 links zwi-
ſchen den Kanten angränzender Indivi-

[figure]

duen ein Winkelraum von 5° 4′, der ſich ausfüllt. Wenn links und
rechts vier Individuen 1 2 3 4 und 1 2 5 6 einſpiegeln, ſo ſpiegeln
vorn und hinten quer gegen die gemeinſame Kante k k nur drei: 1 3 5
und 2 4 6. Der Winkel zwiſchen 3/5 und 4/6 beträgt in letztern 87°
28′. Es iſt uns dadurch eine förmliche zweigliedrige Ordnung geworden.
Man kann dieſelbe aus zwei Vierlingen 1 2 3 5 und 2 1 4 6 entſtanden
denken, die ſich zwillingsartig an einander lagerten. Jeder Vierling bildet
eine dreigliedrige Ordnung, z. B. das Hauptindividuum 1 nimmt die
Mitte ein, in deſſen Endkanten-Verlängerung die Zwillingskanten von 2 3 5
liegen. Alles aber iſt nur Folge des einen einfachen gewöhnlichen Zwil-
lingsgeſetzes.


Zinnweiß, in derben körnigen Stücken. Härte 3—4, wenig
ſpröde, Gew. 6,6.


Vor dem Löthrohr geſchmolzen glüht es fort, raucht ſtark und bedeckt
ſich dabei mit weißen Kryſtallnadeln von Antimonoxyd. Arſenikgeruch
fehlt nicht. Ein kleiner Silbergehalt läßt ſich mit Blei abtreiben.


Arſenantimon von Allemont (Allemontit) iſt dunkelfarbiger als
das reine, ſoll nach Rammelsberg 37,8 Sb und 62,2 As haben, könnte
alſo Sb As3 ſein.


AntimonſilberAg2 Sb mit 77 Ag, 23 Sb.Zweigliedrig.
Die grobblättrigen bilden vielfach geſtreifte Säulen, deren Gradendfläche
B deutlich blättrig wegbricht. Es ſcheint dieß der am leichteſten darſtell-
bare Blätterbruch. Die geſtreiften Säulen ſchneiden ſich
öfter in Drillingen unter ungefähr 60°. Wenn man
daher die Stellung mit Mohs Arragonitartig pag. 348
nimmt, ſo würden die Individuen die Säulenfläche
M = a : b : ∞c gemein haben, und umgekehrt liegen.
Die Streifen der Säule würden der Axe a parallel
gehen, und es müßte der blättrige Bruch B =

[figure]

[504]III. Cl. Gediegene Metalle: Arſenik.
a : ∞b : ∞c die ſtumpfe Säulenkante von M/M gerade abſtumpfen. Die
Gradendfläche c : ∞a : ∞b von der Säule M/M iſt auch blättrig. Schon
Hauy glaubte am Ende der geſtreiften Säule den blättrigen Bruch eines
ſtumpfen Rhomboeders beobachtet zu haben, und allerdings kommen außer
der Säule M noch mehrere ſchiefe vor, doch hält es ſchwer, ſie darzuſtellen.
Nach Hausmann ſoll b : c : ∞a 112° 14′ deutlich blättrig ſein, derſelbe
gibt von Andreasberg noch mehrere andere Flächen an, Handb. Mineral. 58.


Die Farbe ſteht zwiſchen Zinnweiß und Bleigrau in der Mitte, auf
der Oberfläche laufen die Kryſtalle aber ſilberweiß an, ſo daß man ſie
mit Silber verwechſeln würde, allein beim Schlage zerſpringen ſie längs
der Blätterbrüche, obgleich der Strich milde iſt. Eigenthümlich iſt an
manchen Stellen, beſonders wenn ſich Bleiglanz daran legt, ein meſſing-
bis goldgelber Anflug, der nach Hausmann von Manganoxyd herrühren
ſoll. Härte 3—4, Gew. 9,8.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es leicht, und reducirt ſich nach einigem
Blaſen zu einem Silberkorn.


Im vorigen Jahrhundert kam es auf der Grube Wenzel bei Wolfach
im Schwarzwalde in centnerſchweren Blöcken vor, mit Bleiglanz, Fahlerz
und gediegenem Silber, die eine große Silberausbeute gaben. Schon
Klaproth (Beiträge II.298) unterſchied ein feinkörniges mit 84 Ag
und 16 Sb und ein grobkörniges mit 76 Ag und 24 Sb. Letzteres
iſt das kryſtalliſirte und daher wahrſcheinlich die beſtimmtere chemiſche Ver-
bindung, während erſteres ſich ſo eng an das mitvorkommende gediegene
Silber anſchließt, daß man öfter an ein und demſelben Stücke die Gränzen
nicht ziehen kann. Am ausgezeichnetſten kommen ſie aber auf Katharina
Neufang und Samſon bei Andreasberg vor. Manche ſind auch mit Arſenik
gemiſcht.


Das Antimon wird meiſt aus Grauſpießglanz dargeſtellt, und dient
in 4 Theilen Blei mit 1 Antimon zu Buchdruckerlettern. Wichtig in der
Arzneikunde ꝛc. Antimoniete werden wir bei den geſchwefelten Metallen
kennen lernen, wo nicht blos ˈˈˈb die Stelle der Säure vertritt, ſondern
auch im Nickelantimonglanz, Antimonnickel ꝛc. geradezu an die Stelle des
Schwefels das Antimonmetall kommt. Das oxydiſche Vorkommen (Weiß-
ſpießglanz) iſt unwichtig.


11. Arſenik.


Kurz Arſen. Stammt vom Griechiſchen ἀρσενικόν. In der Natur
findet man ſelten meßbare Kryſtalle, dagegen kann man ſie durch Subli-
mation erhalten, der Endkantenwinkel des Hauptrhomboeder beträgt 85°
4′, daher
a = √0,508,
doch iſt dieſes nicht blättrig, ſondern wie beim Antimon das nächſte ſtum-
pfere d = 2a′ : 2a′ : ∞a : c (113° 56′). Aber auch dieſe Winkel konnte
G. Roſe nicht meſſen. Dagegen ſind die Gradendflächen c = c : ∞a : ∞a : ∞a
noch blättriger und glänzender als beim Antimon, und da dieſe Blättchen
ſich immer zu Zwillingen, die d gemein haben und umgekehrt liegen, ver-
binden, ſo wurde aus dem leicht meßbaren Zwillingswinkel c/c = 77° 1′
[505]III. Cl. Gediegene Metalle: Tellur.
der Winkel des Hauptrhomboeders berechnet. Auch ein Rhomboeder
a′ : ⅔a′ : ∞a : c kommt bei künſtlichen Tafeln vor.


In der Natur findet gediegen Arſenik ſich gewöhnlich in feinkörnigen
Maſſen mit nierenförmiger Oberfläche und ſchaaliger Abſonderung, daher
von den Bergleuten Scherbenkobalt genannt. Die Oberfläche ſchwärzt ſich
ſchnell mit Suboxyd, ſchlägt man jedoch ein Stück ab, ſo tritt eine licht
bleigraue
Farbe vor, die ſich in trockener Luft hält, in feuchter aber
bald wieder anläuft. Härte 3—4, zwar ſpröde, aber doch noch mit glän-
zendem Strich. Gew. 5,8. Man hüte ſich, den eingeſprengten Bleiglanz
von Joachimsthal und Andreasberg nicht für blättrigen Arſenik zu nehmen.


Auf Kohle verflüchtigt es ſich, ohne vorher zu ſchmelzen unter einem
unangenehmen knoblauchartigen Geruch. Nur unter einem Luftdruck iſt
es ſchmelzbar. Da die arſenige Säure A̶⃛s geruchlos iſt, ſo kommt der
Geruch von flüchtigem gediegenem Arſenik, was durch Kohle und Metall
immer wieder aus A̶⃛s reducirt wird. Er findet ſich hauptſächlich auf Ko-
balt- und Silbergängen in Sachſen, auf dem Harz bei Andreasberg, auf
dem Schwarzwalde bei Wittichen ꝛc. Die derben Maſſen kommen auch
als „Fliegenſtein“ roh in den Handel. Antimon iſt ſein gewöhnlicher
Begleiter, der ſich daher auch mit ihm legirt. Breithaupt’s


Arſenikglanz von der Grube Palmbaum bei Marienberg im
Gneis hat 3 p. C. Wismuth, dunkelbleigrau, mit einem deutlichen Blätter-
bruch.


Die Verbreitung des Arſenik (und Antimons) iſt nicht blos von Walchner
(Pogg. Ann. 69. 557) in den Niederſchlägen der Quellen aller Orte nach-
gewieſen, ſondern Daubrée weist Arſenik mittelſt des Marſh’ſchen Appa-
rates im Baſalt, ſelbſt im Meerwaſſer nach. Unter den Erzen iſt be-
ſonders der Arſenikkies hervorzuheben, die Arſenikſäure haben wir ſchon
bei der Phosphorſäure pag. 384 kennen gelernt, unwichtiger iſt die arſenige
Säure A̶⃛s, dagegen ſpielt das Schwefelarſenik ˈˈˈs unter den Sulphoſäuren
neben Schwefelantimon (ˈˈˈb) eine wichtige Rolle.


12. Tellur.


Man kannte es ſchon längſt als Aurum paradoxum oder Metallum
problematicum
von der Grube Mariahilf zu Facebay bei Zalathna in
Siebenbürgen, aber erſt Klaproth (Beitr. III.1) entſchied im Jahre 1798
über ſeine chemiſchen Eigenſchaften. Phillips beſchrieb es als ein Di-
hexaeder von 130° 4′ in den End- und 115° 12′ in den Seitenkanten,
deſſen Seitenkanten durch die erſte ſechsſeitige Säule abgeſtumpft ſind :
kleine glänzende Kryſtalle, in Druſenräumen von Quarz, G. Roſe fand
den Seitenwinkel 113° 32′, und nimmt man das Dihexaeder als ein Di-
rhomboeder, ſo würde das Rhomboeder 86° 57′ in den Endkanten haben,
folglich a = √0,5656 ſein. Die Struktur kann wegen der Kleinheit
nicht beobachtet werden. Mohs gibt auch ein Rhomboeder von 71° 51′
in den Endkanten an, welches einer Rhombenfläche a : ½a : a : c entſpricht,
und mit ſeinen Flächen auf die Seitenkanten der ſechsſeitigen Säule auf-
geſetzt iſt. Auch das Tellur erhält man durch Schmelzen wie das Anti-
[506]III. Cl. Gediegene Metalle: Tellurwismuth.
mon in Rhomboedern von 85°—86°, allein der Blätterbruch entſpricht
daran der erſten ſechsſeitigen Säule a : a : ∞a : ∞c, auch die Gradend-
fläche c : ∞a : ∞a : ∞a iſt etwas blättrig. Das ſind bei Gleichheit der
Form immerhin merkwürdige Unterſchiede von Antimon und Arſen.


Zinnweiß bis Stahlgrau, Härte 2—3, milde, Gew. 6,3.


Auf Kohle ſchmilzt es ſo leicht als Antimon, brennt aber mit grün-
licher Flamme, pag. 146. Ein Rettiggeruch kommt vom beigemiſchten
Selen. Nach Petz 97,2 Te und 2,8 Gold. Auf Gängen im Grauwacken-
gebirge von Facebay.


Tellurwismuth (Pogg. Ann. 21. 595) aus einer Lettenkluft der Grün-
ſteinformation von Schoubkau bei Schemnitz in Ungarn, wird von G.
Roſe wegen ſeiner rhomboedriſchen Form hierhin geſetzt. Die Kry-
ſtalle ſind nur mit ihrem ausgezeichneten Blätterbruch o = c : ∞a : ∞a : ∞a
in Zwillingen meßbar. Darnach berechnet hat das gewöhnlich vorkom-

[figure]

mende Rhomboeder f = ½a′ : ½a′ : ∞a : c 66° 40′ in den
Endkanten, mit ihm verbindet ſich m = ¼a : ¼a : ∞a : c,
doch ſind m und f häufig ſo krumm, daß man ſie für Säulen-
flächen nehmen könnte. Das Hauptrhomboedera : a :
a : c 81° 2′ in den Endkanten kommt nicht vor, allein
es beſtimmt die Zwillinge: in denſelben legen ſich, wie beim

[figure]

Antimon pag. 503, die Endkanten der Hauptrhom-
boeder in eine Flucht, die Gränze der Zwillingsindi-
viduen ſtehen folglich ſenkrecht gegen die Endkante.
Zwei Rhomboederflächen f und f′ kehren ſich folglich
gegen einander, und die meßbaren Blätterbrüche
o/o′ ſchneiden ſich unter 95°. Häufig bilden ſich
Vierlinge, indem an ein Hauptindividuum f
ſich drei Individuen f1 f2 f3 anlegen. Man darf ſich
nur das Hauptrhomboeder, welches das nächſte
ſtumpfere je von f f′ f2 f3 bilden, hinzudenken, ſo
liegen mit den Endkanten des Hauptindividuums je eine Endkante der drei
Nebenindividuen in einer Flucht. Damit iſt eine dreigliedrige Ordnung
geſchloſſen. Haidinger, dem wir die Beſtimmung danken, hat wegen der
Häufigkeit von Vierlingen (τετράδυμος) das Mineral Tetrady mit
genannt.


Licht bleigraue Farbe mit ſtarkem Glanz auf dem friſchen Blätter-
bruch, die Oberfläche matt wie Blei. H. = 2 und milde, Gew. 7,5.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es leicht, verbreitet einen ſchwachen Selen-
geruch, und beſchlägt innen die Kohle gelb (Wismuth), außen weiß. Da-
bei glänzt ein Metallkorn, was immer kleiner wird. 58,3 Bi, 36 Te,
4,3 S, was vielleicht zu der Formel Bi2 Te2 S führt. Auf den Gold-
lagern von Virginien kommen Blätter im Glimmerſchiefer vor (Silliman
Amer. Journ. 2 ser.
10. 78). Dagegen weicht Werner’s


Molybdänſilber von alten Halden zu Deutſch-Pilſen ohnweit
Gran im Gehalte etwas ab: 61,1 Bi, 29,7 Te, 2 Ag, 2,3 S. Zu San
Jozé bei Villaricca in Braſilien kommt im Marmor der Goldlager etwas
ganz ähnliches vor, man könnte es mit glimmerigem Eiſenglanz verwech-
ſeln (Hausmann Leonhard’s Jahrbuch 1852. 698), es ſind blättrige ſechs-
[507]III. Cl. Gediegene Metalle: Tellurſilber, Zink, Schwefel.
ſeitige Tafeln. Die Analyſe von Damour gab aber 79,1 Bi, 15,9 Te,
3,1 S, 1,5 Se.


TellurſilberAg Te, G. Roſe Pogg. Ann. 18. 64, kommt neſter-
weis im Talkſchiefer auf der Grube Sawodinski bei Barnaul am Altai
in Centnerſchweren Blöcken vor, iſt körnig, Gew. 8,5, lichter und etwas
weniger geſchmeidig als Glaserz, 62,4 Ag, 36,9 Te. Petz (Pogg. Ann.
57. 471) führt es auch von den Goldgängen bei Nagyag in Siebenbürgen
auf, wo es in Begleitung von


Tellurſilbergold(Ag, Au) Te ſich fand, dieſes hat 46,7 Ag,
18,3 Au, 35 Te. Gew. 8,8, Farbe dunkeler, Geſchmeidigkeit noch geringer
als bei Ag Te. Wegen ihrer Aehnlichkeit mit Glaserz könnten ſie regu-
lär ſein.


Tellurblei, Pb Te, auf der Grube Sawodinski dem Tellurſilber
beigemiſcht, hat einen dreifachen Blätterbruch, wie Bleiglanz. Läßt ſich
zu Pulver reiben, gelblich zinnweiß, Härte 3.


Das Tellur ſteht zum Golde in einer merkwürdigen Beziehung, wie
Schrifterz und Blättererz beweiſen, worin neben Gold Tellur einen
weſentlichen Beſtandtheil bildet. Auch ſoll zuweilen Tellurige Säure (T̈e)
das gediegene Tellur begleiten. Zur Gewinnung des Tellur dient vor-
züglich das Tellurwismuth, welches in Beziehung auf Menge das wohl-
feilſte iſt.


Das Zink, bläulich weiß, ſteht zwar zwiſchen Spröde und Ge-
ſchmeidig in der Mitte. Allein ſein deutlich blättriger Bruch ſtellt es zu
den Rhomboedriſchen. Nach Nöggerath kommen auf der Zinkhütte bei
Aachen reguläre ſechsſeitige Säulen mit Gradendfläche vor. Auf den
Zinkhütten von Oberſchleſien erzeugen ſich dagegen durch Sublimation
Formen, die Niklès für pentagondodekaedriſch hielt. Nach G. Roſe ſollen
es jedoch Polyeder ſein, wie ſie beim Erkalten der Perle des phosphor-
ſauren Bleies pag. 389 ſich bilden. Auch Cadmium verhält ſich ſo (Erd-
mann’s Journ. prakt. Chem. 55. 292). Als
Anhang
erwähnen wir auch hier die gediegenen Metalloide, um alle einfachen
Körper zuſammengeſtellt zu haben. Doch ſind es nur zwei freilich ſehr
ungleiche, Schwefel und Graphit, welche außer dem Diamant pag. 241
mineralogiſche Bedeutung erlangen.


13. Schwefel.


Swibla Ulfilas, ϑεῖον göttliches Räucherwerk, weil man bei Opfern
dem angezündeten Schwefel reinigende Kraft zuſchrieb. Sulphur Plinius
35. 50.


Dimorph 2gliedrig und 2 + 1gliedrig. In der Natur findet ſich
nur der 2gliedrige, welcher durch Sublimation aus Schwefelgas in
Spalten der Vulkane, brennender Steinkohlen oder in den Röſthaufen der
Schwefelerze ſich bildet. Beſonders ſchön erhält man die künſtlichen aus
Auflöſungen im Schwefelkohlenſtoff (C S2). Dieſe farbloſe Flüſſigkeit löst
[508]2 + 1gliedriger Schwefel.
das Doppelte ihres Gewichts vom Schwefel auf, und läßt, da ſie ſchnell
verdampft, den gelösten Schwefel in ſchönen 2gliedrigen Kryſtallen fallen.
Es herrſcht das 2gliedrige Oktaeder P = a : b : c, vordere Endkante a : c
106° 38′, ſeitliche Endkante b : c 84° 58′, Seitenkante a : b 143° 16′, gibt
a : b = √0,1825 : √0,2781,
lga = 9,63065, lgb = 9,72213.


[figure]

Die Flächen P ſehr undeutlich blättrig. Die ge-
rade Abſtumpfung der ſeitlichen Endkante n =
b : c
: ∞a findet ſich faſt immer, viel ſeltener da-
gegen die Abſtumpfung der Seitenkante m =
a : b
: ∞c 101° 56′, welche auch etwas blättrig
ſein ſoll. Die Gradendfläche r = c : ∞a : ∞b
hat die Winkel der Säule, ſie dehnt ſich zuweilen
ſehr ſtark aus. Aber ſelten fehlt zwiſchen P und
r das ſtumpfere Oktaeder s = a : b : ⅓c mit 90°
15′ in den Seitenkanten. Durch ſeine Ausdeh-
nung werden die Kryſtalle ſehr verzogen; a =
b
: ∞a : ∞c findet ſich öfter. Selten v =
a : b
: ⅕c, o = a : b : ½c, x = b : ⅓c : ∞a,
w = b : c : 3a, b : c : ⅓a, i = a : c : ∞b. Auch Zwillinge, welche m
= a : b
: ∞c gemein haben und umgekehrt liegen, kommen in ſeltenen
Fällen vor (Solfatara), ſiehe Zeitſchrift deutſch. Geol. Geſellſch. IV.167.


2 + 1gliedriger Schwefel entſteht nach Mitſcherlich (Abh. Berl.
Akad. Wiſſ. 1822. pag. 45), wenn man größere Mengen ſchmilzt, lang-
ſam erkalten läßt, die Kruſte nach einiger Zeit durchſchlägt, und den flüſ-

[figure]

ſigen abgießt. Es zeigt ſich dann im Innern ein Gewirr von
Strahlen M, längs welchen ſich dünne Tafeln P ſägeförmig anlagern,
die mit den Strahlen ſich in Zwillingsſtellung befinden nach dem
Geſetz der Bavenoer Zwillinge des Feldſpaths. Eine geſchobene
Säule M = a : b : ∞c bildet vorn 90° 32′. Die Schiefendfläche
(bei den Tafeln die breite Fläche bildend) P = a : c : ∞b 84° 14′
gegen Axe c macht vorn die ſtumpfe Kante P/M = 94° 6′. Blätt-
rige Brüche ſollen vorhanden ſein, aber ſie ſind nicht deutlich.
Setzen wir aus der Diagonalzone von P die Fläche n = a : c : ½b,
90° 18′ über P bildend, ſo iſt die Abſtumpfungsfläche der vordern ſtum-
pfen Hendyoederkante t = c : ⅓a : ½b. Häufig iſt auch Fläche d =
a
: ∞b : ∞c, die vordere Säulenkante abſtumpfend. Flächen d t n liegen
in einer Zone.


Die Zwillinge haben n gemein und liegen umgekehrt (aber nicht wie

[figure]

bei Mitſcherlich l. c. Fig. 11), d. h. legt man zwei
Individuen mit n parallel, und verdreht ſenkrecht auf
n das eine um 90° gegen das andere, ſo kommt das
Bavenoer Zwillingsgeſetz des Feldſpaths pag. 184.
Die beiden nicht einſpringenden n müſſen ſich dann
unter 179° 24′ ſchneiden. Es fanden ſich bis jetzt
noch keine Vierlinge. Die Zwillinge dagegen bilden
nicht ſelten ein ganzes Getäfel, an dem die Strahlen
der einen Seite quer gegen die der andern ſtehen.
[509]2 + 1gliedriger Schwefel.
Aus den Strahlen erheben ſich dann Täfelchen, welche
ſenkrecht gegen die Strahlen ſtehen. An den Täfelchen,
die durch Ausdehnung von P geworden ſind, beob-
achtet man ſämmtliche Flächen leicht. Auch iſt die
Richtung der Tafeln auf beiden Seiten gegen einander
ſenkrecht, wenn man von wenigen Minuten abſieht.


Friſch ſind dieſe Kryſtalle klar, ſie werden aber

[figure]

ſchnell undurchſichtig, wie der geſchmolzene Schwefel, weil ſelbſt im feſten
Zuſtande die einzelnen Atome ſich noch zu der Form gruppiren, welche ihrem
Temperaturzuſtande entſpricht. Daher ſcheint auch der 2gliedrige Schwefel
undurchſichtig zu werden, wenn man ihn in einer Salzlauge (111°) kocht,
denn 111° iſt der Schmelzpunkt, worin die 2gliedrige Form zur 2 + 1-
gliedrigen wird. Indeß will Paſteur (Pogg. Ann. 74. 94) auch aus
Schwefelkohlenſtoff 2 + 1gliedrige Kryſtalle erhalten haben. Und Brame
(Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 55. 106) behauptet, daß auch der ge-
ſchmolzene Schwefel beſtändig 2gliedrig kryſtalliſire, und nur dann 2 + 1-
gliedrig, wenn flüſſiger im Ueberſchuß vorhanden ſei. Beim Uebergang
aus einer Form in die andere wird Wärme frei.


Härte 2, milde, Gew. 2. Vollkommen muſcheliger Bruch mit Fett-
glanz, und fettig, denn es haftet kein Waſſer darauf. Beim Reiben ent-
wickelt er einen eigenthümlichen Geruch, beſonders bei großen Vorräthen
merklich, und das Silber läuft von ihm an. In der warmen Hand an
das Ohr gehalten erregt er ein ſtarkes Kniſtern und Knacken. Gelbe
Farbe (Schwefelgelb) mit einem Stich ins Grün, der geſchmolzene wird
oraniengelb bis braun, und nach Schönbein erſcheint der kryſtalliſirte
gelbe Schwefel bei — 50° faſt farblos. Durchſcheinenheit iſt ſehr ver-
ſchieden, die klaren zeigen eine ſtarke Strahlenbrechung, Brechungsexponent
= 2.


Brennt mit blauer Flamme unter Geruch von ſchwefliger Säure SO2.
Bei 111° C. ſchmilzt er zu einer klaren bernſteingelben Flüſſigkeit; bei
160° C. fängt er an dickflüſſig und braun zu werden. Gießt man ſolchen
dickflüſſigen ins Waſſer, ſo bildet er einen elaſtiſchen Teig, der ſich nach
Art des Gutta Percha in Fäden ziehen läßt, nach einigen Tagen iſt er
aber wieder ſpröde, wie Stangenſchwefel. Bei 200° fließt er nicht mehr
aus dem Gefäß, bei 250° wird er wieder flüſſiger, bis er endlich bei
420° C. mit orangenfarbigem Dampf kocht, der in geſchloſſenen Gefäßen
unverändert überdeſtillirt. Es ſcheint, daß in den Vulkanen die Schwefel-
kryſtalle aus ſolchen Schwefeldämpfen entſtehen. Läßt man ihn von hier
ab erkalten, ſo geht er wieder die verſchiedenen Grade der Flüſſigkeit hin-
durch bis zum Schmelzpunkte. Bei der ganzen Operation dehnt er ſich
gleichmäßig aus.


Fundorte des gediegenen Schwefels ſind hauptſächlich zweierlei:


1) mit Gyps und Bitumen beſonders der tertiären Formation. Hier
durchdringt der Schwefel gewöhnlich in amorpher Geſtalt die Thonſchichten,
aus welchen er abgeſaigert wird. Sicilien, was allein jährlich 1\frac{1}{2} Mil-
lionen Centner liefert, iſt beſonders damit bedacht. Der alttertiäre Thon-
ſchlamm ruht auf Hippuritenkalk in Nachbarſchaft von Gypsgebirgen,
und wenn Klüfte darin entſtehen, ſo ſind ſie mit Kryſtallen von Cöleſtin
pag. 473, Gyps, Kalkſpath und Schwefel ausgekleidet, letztere können
[510]2gliedriger Schwefel.
eine Größe von 5 Zoll erreichen. In Spanien wiederholt ſich dieſe Lage-
rung in ähnlicher Weiſe: die Kryſtalle von Conil bei Cadix ſind berühmt,
und bei Teruel in Arragonien ſind Myriaden von Lymnäen, Paludinen
und Planorben mit Schwefel erfüllt, ohne daß man den Faden zur Tiefe
der Erde fände. Zu Radoboj in Croatien iſt der durch ſeine Pflanzen
und Inſekten ſo berühmte Tertiärſchlamm von braunem und graugelbem
Schwefel durchdrungen. Noch bekannter ſind die Schwefellager von Swos-
zowice bei Krakau über Jurakalk und Karpathenſandſtein zwiſchen Pflanzen-
und Thierreſten, Leonhard’s Jahrb. 1851. 732. Gemmellaro (Leonhard’s
Jahrb. 1835. 1) hat behauptet, daß dieſer Schwefel verfaulten Seethieren
ſeinen Urſprung verdanke. Theilweis mag das wahr ſein, vorzüglich ge-
ſchah es aber durch Vermittlung von Schwefelwaſſerſtoff der in ſo vielen
Quellen ſich findet, und bei Berührung mit dem Sauerſtoff der Luft
Schwefel ausſcheidet. Daher das Vorkommen von Schwefel in alten
Kloaken, an ſchlammigen Seeküſten. Da nun ferner das Bitumen auf
Gyps (ſo wie überhaupt auf ſchwefelſaure Salze) zerſetzend einwirkt,
es bilden ſich und Ca S, welche bei Gegenwart des Waſſers zu Ċa C̈
und H S werden, ſo mögen dem viele Vorkommen ihren Urſprung danken,
wie z. B. die derben kryſtalliniſchen Ueberzüge im Kalkſpath des Salz-
gebirges von Sublin bei Bex. Der gediegene Schwefel dringt auf dieſe
Weiſe in die verſteckteſten Fugen der Berge.


2) Vulkaniſcher Schwefel, der ſich in Vulkanen und bei Erd-
bränden aller Art erzeugt, kann zwar zum Theil im Schwefelwaſſerſtoff
und der ſchwefligen Säure ſeinen Grund haben, welche bekanntlich einen
Gehalt der Fumarolen bilden, allein einiger ſcheint ſich entſchieden durch
Sublimation des gediegenen Schwefels gebildet zu haben, doch folgt dar-
aus keineswegs ſein Sitz im Erdinnern, tief unter allem Flözgebirge.
Nach 25 bis 30 Jahren iſt der deſtillirte Sand der Solfatara bei Poz-
zuoli wieder voll und zu gebrauchen. Als Unterarten kann man etwa
auszeichnen:


a) Kryſtalliniſchen Schwefel. Der Glanz im Maximum, und
die ſchöne ſchwefelgelbe Farbe. Girgenti, Conil, Czarkow in Gallicien, Bex.


b) Muſcheliger Schwefel iſt amorph, von ſtrohgelber bis brauner
Farbe, die bei bituminöſen ſich ins Schwarze zieht (Radoboj). Der Glanz
hat ſehr abgenommen. Bildet auf Schwefellagern das weſentlichſte Ma-
terial. Er verbrennt nicht ohne Rückſtand.


c) Mehlſchwefel, eine zerreibliche Maſſe, die wie die Schwefel-
blumen aus lauter kleinen Kryſtallen beſteht. Der meiſte vulkaniſche
Schwefel, beſonders von Island, gehört dahin. Im Braunkohlengebirge von
Artern, ſogar in den Feuerſteinen von Poligny (Dep. Jura). Von ganz
beſonderer Schönheit mit einem ſtarken Stich ins Grün iſt der von Ignazi-
Stollen zu Chotta, Tunſtadter Herrſchaft in Mähren. Auf der Inſel
Vulcano ſchmilzt er wieder zu einer orangenfarbigen Maſſe (Stalaktitiſcher
Schwefel). In Schwefelquellen (Aachen, Bex) hängen ſolche Stalaktiten
von weißer Farbe in die Waſſerleitungen hinab. Und was dergleichen
Abänderungen mehr ſind.


Obgleich auf den Erzgängen die Metalle der Tiefe hauptſächlich an
Schwefel gebunden ſind, ſo findet er ſich daſelbſt doch nur äußerſt ſelten
[511]Graphit.
gediegen, und auch dieſer wohl nur in Folge ſpäterer Zerſetzung: mit
Kupferkies und Bleiglanz auf Gängen im Grauwackengebirge bei Siegen,
früher bei Rippoldsau mit Kupferkies im Granit. Die Schwefelmetalle
(Schwefelkies) werden auf den Hütten auch hin und wieder zur Gewin-
nung des Schwefels benutzt. Anwendung findet beſonders zur Berei-
tung der Schwefelſäure und des Schießpulvers ſtatt. Zündmaterial für
Schwefelhölzer.


Selenſchwefel Stromeyer Pogg. Ann. 2. 410 färbt den Salmiak
der Inſel Vulcano oraniengelb. Del Rio will ſogar gediegen Selen zu
Culebras in Mexiko gefunden haben. Nach Mitſcherlich ſollen die ſtark
glänzenden roth durchſcheinenden Kryſtalle 2 + 1gliedrig ſein.


14. Graphit.


Werner gab ihm den Namen. Früher wurde er mit Waſſerblei
(Molybdän) verwechſelt, bis Scheele 1779 zeigte, daß er ein brennbarer
Körper ſei. Die Engländer nennen ihn noch heute Plumbago (Blei-
ſchweif) und Hauy hielt ihn anfangs für fer carburé, Reißblei.


Reguläre ſechsſeitige Säulen, mit ſtark blättriger Endfläche, wornach
er ein glimmerartiges Ausſehen bekommt. Mohs gibt ein Dihexaeder an.
Kryſtalle ſehr ſelten: in Geſchieben von Grönland mit Granat, Quarz
und Adular; im labradoriſirenden Feldſpath von Friedrichswärn, auf dem
Magneteiſenlager des Gneiſes von Arendal. Eiſenſchwarz bis dunkel
ſtahlgrau, milde, fettig, abfärbend. Opak mit Metallglanz. Härte 2,
Gew. 2,4, aber meiſt leichter wegen innerer Luftblaſen. Leiter der Elec-
tricität.


Vor dem Löthrohr brennt er außerordentlich ſchwer, verpufft aber
mit Salpeter. Wird allgemein als reiner Kohlenſtoff angeſehen,
alſo dimorph mit Diamant pag. 241, auch hat der Barrowdaler in den
beſten Sorten 96 p. C. Kohle, der aus dem körnigen Marmor von Wun-
ſiedel gibt ſogar nur 0,33 p. C. Aſche, andere ſcheinbar ſehr reine haben
dagegen 20 und mehr p. C. Aſche. Sehr merkwürdig iſt die Leichtigkeit,
mit welcher die ſchwarzen Graphitblättchen bei Hochöfen aus der Schlacke
wie aus dem Roheiſen kryſtalliſiren. Aeltere Chemiker hielten dieſe für
Carburete des Eiſens, da ſie viele Eiſenſchüppchen enthalten. Allein
Karſten hat gezeigt, daß man ihnen mit Salzſäure das Eiſen entziehen
kann, ohne Gasblaſen zu entwickeln. Es iſt daher ohne Zweifel kryſtal-
liſirte Kohle, nur nicht ſo krummblättrig, als der natürliche Graphit.


Wir finden Graphitpartikel eingeſprengt in den Gneis von Paſſau,
in den Feldſpathporphyren von Elbingerode, in den Marmor von Unter-
ſteiermark ꝛc. Dagegen kommt Graphit in lagerartigen Maſſen vor, die
an Steinkohlenbildungen erinnern, ja am Col du Chardonnet bei Briançon iſt
das Lager ſogar von Pflanzenabdrücken begleitet, ſo daß Dufrénoy ſämmt-
lichen Graphit für durch Feuer veränderte Kohle anſieht. Die unreinen Lager
in dem verwitterten Granit von Pfaffenreuth nördlich Griesbach bei Paſſau
ſind in Deutſchland beſonders bekannt, ſie liefern das Material zu den Paſ-
ſauer Tiegeln. Hoch berühmt für die feinſten Bleiſtifte und ſeit 1667
im Gange waren die Gruben aus dem Thonſchiefergebirge von Barrow-
dale bei Keswick in Cumberland. Sie wurden nur einmal jährlich geöffnet,
[512]Graphit.
und für 3000 ℔ Sterling auf den Londoner Markt geworfen. Allein
der jetzige iſt ſchlecht (Pogg. Ann. 72. Ergänzungsband pag. 362). In
neuern Zeiten ſteht beſonders der Ceylaniſche im hohen Anſehen, derſelbe
iſt kryſtalliniſch blättrig, die Blätter gemein biegſam wie Talk.
Unſere deutſchen ſind in Lagern ſchuppig und feinkörnig, der gute
Engliſche iſt dagegen ganz dicht. Durch ſtarken Druck (von 20,000 Ctr.)
kann das Pulver in dichte ſägbare Maſſen verdichtet werden. Bleiſtifte,
Ofenanſtrich, Friktionsſchmiere, Schmelztiegel.


Den Phosphor erhielt Mitſcherlich aus einer Löſung in Phosphor-
ſchwefel in Granatoedern (Abh. Berl. Akad. 1822. 47).


Jod bildet 2gliedrige Dodekaide wie Strahlzeolith pag. 278, nach
Wollaſton a : b : c = 4 : 3 : 2. Marchand Pogg. Ann. 31. 540 gibt es
auch 2gliedrig an.


Kalium kryſtalliſirt bei der Sublimation in Würfeln, auch die
Schnittflächen zeigen Würfelzeichnungen.


[[513]]

Vierte Claſſe.
Oxydiſche Erze
.


Es zählen dahin die verſchiedenen Oxydationsſtufen der Metalle ent-
weder für ſich allein, oder mit Waſſer (Hydrate).


Die Alkalien (, Ṅa, L̇i) und alkaliſchen Erden (Ċa, Ṁg, Ḃa, Ṡr)
ſind zu ſtarke Baſen, als daß ſie ohne Säure in der Natur ſich halten
könnten. Nur als Seltenheit findet ſich Magneſia ohne und mit Waſſer
pag. 206. Selbſt die eigentlichen Erden (Z̶⃛r, B̶⃛e, Ṫh, ) ſind mit Aus-
nahme der A̶⃛l (Korund) nicht indifferent genug gegen Säuren und Baſen.
Alle dieſe Stoffe zeichnen ſich dadurch aus, daß ſie ſich in ſehr be-
ſchränkten Gränzen mit Sauerſtoff verbinden.


Anders verhalten ſich die Metalle. Zwar lieben die edlen (Au, Ag,
Hg, Pt, Pd, Jr, Os, R) auch die Verbindung mit Sauerſtoff nicht, ſchon
ſchwacher Temperaturwechſel desoxydirt ſie, oft unter ſtarker Detonation.
Deſto gewöhnlicher treffen wir gewiſſe Oxydationsſtufen der unedlen Me-
talle, namentlich wenn ſie ſchwache Baſen oder Säuren vertreten können,
oder wenn der Sauerſtoff ſich ſo vertheilen läßt, daß man einen Theil
als Säure, den andern als Baſe anſehen darf, z. B. Fe3 O4 = Ḟe F̶⃛e
Ṁn3 O4 = Ṁn M̶⃛n.


Die oxydiſchen Erze haben faſt alle Charakterfarben pag. 116, aber
dunkele und metalliſche, auch iſt die Farbe des Striches nicht zu überſehen.
Das Gewicht hoch. Die techniſche Wichtigkeit des Gehaltes macht ſie
zum Gegenſtand des Bergbaues. Nach ihrem Metall laſſen ſie ſich ſehr
bequem unterabtheilen.


a) Ciſenerze.


Mit und ohne Waſſer. Unter allen Erzen der Erde die verbreitet-
ſten, und für Eiſengewinnung die beſten. Im Feuer- und Waſſergebirge,
beim Zerſetzen und beim Entſtehen der Felſen ſpielen ſie eine Rolle, we-
nigſtens verdankt ihnen die größte Zahl der Minerale ihre Farbe. Denn
Eiſen färbt ſchwarz, braun, gelb, roth, ſelbſt blau: die antike Vaſe im
brittiſchen Muſeum, 36,000 ℔ Sterling geſchätzt, beſteht aus dunkelblauem
Glaſe, worauf ſich blendend weiße Reliefs erheben von unübertrefflicher
Schönheit. Kupferfärbung iſt es nicht, Kobalt kannten die Alten nicht,
folglich wird es Eiſen ſein, wie im Sapphir. Eiſen färbt auch das Blut
der Thiere.


Quenſtedt, Mineralogie. 33
[514]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Magneteiſen.

1. Magneteiſen.


Der berühmte Magnes oder Magnetis der Alten Plinius hist. nat. 36. 25,
nach einem Hirten genannt, der ihn auf dem Berge Ida entdeckte: clavis
crepidarum et baculi cuspide haerentibus, cum armenta pasceret
(weil die
Nägel ſeiner Schuhe und die Spitze ſeines Stabes hängen blieben). Nach
Ariſtoteles ſoll der Name von Magneſia am Berge Sipylus nordöſtlich
Smyrna ſtammen, allein hier kam Talk pag. 201 vor, daher die häufige
Verwechſelung beider. Die Griechen nannten ihn ἡράκλεια, was wieder
an den Probierſtein pag. 178 erinnert. Agricola 603 beginnt damit ſein
5tes Buch de natura fossilium. Fer oxydulé, oxydulated Iron.


Eiſenoxydoxydul Ḟe F̶⃛e, reguläres Syſtem, iſomorph mit Spi-
nell pag. 254. Einfaches Oktaeder nebſt Zwilling gewöhnlich im Chlorit-
ſchiefer der Alpen eingeſprengt. Das Granatoedera : a : ∞a ſtark

[figure]

nach der langen Diagonale geſtreift mit ſehr glänzenden
kleinen Oktaederflächen, welche die dreikantigen Ecken, auch
wohl rauhe Leucitoederflächen = a : a : ½a, welche
ſchwach die Kanten, abſtumpfen, kommen ausgezeichnet bei
Traverſella nordweſtlich Ivrea in Druſenräumen vor. Die
Streifen deuten zwar auf eine Blättrigkeit der Oktaeder-
flächen, doch iſt dieſelbe ſehr undeutlich. Zuweilen tritt daran auch der
Würfel auf, Graubath in Steiermark. Bei Schwediſchen ſchärft nach
Dufrénoy am Granatoeder auch das Leucitoid = a : a : ⅓a die vier-
kantigen Ecken zu, Flächen auf Granatoederkanten aufgeſetzt. Pyra-
midenoktaeder
= a : a : 2a und Pyramidenwürfel = a : ½a : ∞a
ſind ſelten. Breithaupt (Pogg. Ann. 54. 153) gibt bei Schwarzenberg
ſogar ein Leucitoid a : a : \frac{1}{10}a ꝛc. an, was faſt einem Würfel gleicht, auf
deſſen Flächen ſich die Diagonalen parallel den Würfelkanten etwas erheben.


Dimagnetit Shepard (Silliman Amer. Journ. 13. 392) von Monroe
in Orange Co. ſoll dieſelbe Zuſammenſetzung wie Magneteiſen haben,
aber zweigliedrig ſein, Säulen von 130° erreichen 1\frac{1}{2} Zoll Länge und
liegen auf Magneteiſen. Darnach wäre Eiſenoxydoxydul dimorph?


Eiſenſchwarz mit ſchwarzem Strich, die Oberfläche beſonders auf
friſchem Bruch gern etwas bräunlich anlaufend. Metallglanz unvollkom-
men, nur die Oktaederflächen der Granatoeder von Traverſella glänzen
ſehr ſtark. Härte 6, Gew. 5, die reinſten Zillerthaler ſogar 5,18, die
im Kalkſpath gehen auf 4,9 herab.


Stark magnetiſchpag. 122, die friſchen Kryſtalle ſind es aber
weniger, als die derben roſtigen Maſſen. Es iſt der natürliche Magnet,
aus welchem bereits die ägyptiſchen Prieſter ihren Götzenbildern myſtiſche
Augen machten, die ſo befeſtigt waren, daß ſie vermöge ihrer Polarität
nach Oſten, dem aſtrologiſchen Paradieſe, blickten (Pogg. Ann. 76. 302).
Im 12ten Jahrhundert wird in einem provençaliſchen Gedichte von Guyot
eine Nadel beſchrieben, die auf Stroh im Waſſer ſchwimmend ſich gegen
den Polarſtern wende, und Marco Polo ſah bei den Chineſen ſchon Mag-
netnadeln.


Vor dem Löthrohr ſehr ſchwer ſchmelzbar, mit Borax im Oxydations-
feuer wird das Glas gelblich oder farblos, im Reductionsfeuer bouteillen-
[515]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Magneteiſen.
grün. Eiſenoxydoxydul Ḟe F̶⃛e, die Analyſen der Magneteiſenſteine von
Norra durch Berzelius lieferten 71,86 Fe und 28,14 O oder 31 Ḟe und
69 F̶⃛e, was ſehr genau mit der Formel ſtimmt. Die ſchaligen von
Arendal hatten 2 p. C. Ṁn. Daß es keine feſte Verbindung von Fe3 O4
ſei, zeigt ſchon die Auflöſung des ſchwarzen Pulvers in wenig Salzſäure,
wodurch vorzugsweiſe Ḟe ausgezogen wird und F̶⃛e als bräunlicher Rück-
ſtand bleibt, der ſich erſt in mehr Säure löst. Es bildet ſich dann Fe C̶l
+ Fe2 C̶l3
, und erhitzt man mit ein wenig Salpeterſäure, ſo wird das
Ganze zu Eiſenchlorid, welches durch Ammoniak als F̶⃛e Ḣ̶ gefällt und
durch Waſchen und Glühen in F̶⃛e verwandelt wird. Aus der Zunahme
des Sauerſtoff’s kann man dann berechnen, wie viel Ḟe vorhanden war.
Löst man es unter einer Atmoſphäre von Kohlenſäure, damit ſich nichts
oxydire, und digerirt die Flüſſigkeit bei 100° C. mit Silberpulver, ſo gibt
das Eiſenchlorid an das Silber Chlor ab, es muß alſo [Eiſenoxyd] ent-
halten. Gießt man umgekehrt zur gleichen Löſung Kaliumgoldchlorid
K C̶l + A̶u C̶l3), ſo verwandelt ſich das Eiſenchlorür auf Koſten des
Goldchlorids in Eiſenchlorid, und metalliſches Gold wird ausgeſchieden.
Es muß alſo Oxydul enthalten. Auch kohlenſaurer Kalk fällt aus der
Löſung nur die dreiatomigen Baſen, alſo Eiſenoxyd, die einatomigen da-
gegen, alſo Ḟe, nicht, Pogg. Ann. 23. 348.


Beim Röſten ſchwediſcher Eiſenerze und beim Schmelzen franzöſiſcher,
überhaupt bei Hüttenproceſſen, erzeugen ſich öfter Oktaeder von Magnet-
eiſen. Die Backſteine im Feuergewölbe der Sudpfannen bei Salinen
(Friedrichshall) überkleiden ſich mit den ſchönſten Oktaedern. Dieſe Ver-
flüchtigung des Eiſens erinnert lebhaft an die Bildung in Laven des Veſuv
und Aetna. Das Eiſenchlorid verflüchtigt ſich nämlich, und wird beim
Zutritt von Waſſerdämpfen zerſetzt. Es bildet ſich Eiſenoxyd, was bei
ſtarker Hitze Sauerſtoff fahren läßt. Denn in der Weißglühhitze fallen
vom Eiſen Tropfen von Ḟe F̶⃛e herab, die man nicht für geſchmolzenes
Eiſen halten darf. Der Eiſenhammerſchlag enthält aber um ſo mehr F̶⃛e,
je weniger er erhitzt wird.


Darnach ſollte man das Magneteiſen weſentlich für ein Feuerprodukt
halten, auch danken die ſchwarzen Laven und Baſalte ihm die Farbe.


Kryſtalle findet man beſonders ſchön im Chloritſchiefer und in
andern talkigen Geſteinen der Alpen. Im Gneiſe und Glimmerſchiefer
bildet er nicht blos Lager, ſondern ganze Stückgebirge. Unſere deutſchen
Urgebirge ſind daran nicht reich, Hofgut des Küchlesbauer im Höllenthal
bei Freiburg, derbe Stücke im Gneis. Deſto reicher iſt Schweden.
Aus dem überall zu Tage tretenden Gneiſe der ſkandinaviſchen Halbinſel
beißen nicht blos Lager, ſondern ganze Magnetberge hervor, an ihren
Gränzen reich von Mineralien durchzogen, wie z. B. bei Arendal. Das
Erz iſt körnig bis dicht, zwiſchen die Körner liegen ſtellenweis blättrige
Oktaeder von dunkelerer Farbe eingeſprengt (Taberg), auch miſcht ſich die
Erzmaſſe mit faſrigem Strahlſtein, wie beim ſogenannten „faſrigen Mag-
neteiſen“ von Bitsberg und Taberg, doch gibt die Hornblende eine gute
Schlacke. Weite Löcher (Pingen) von ſchauerlicher Tiefe führen vom
Tage aus hinab, in deren Tiefe der Bergmann mit Gletſcherbildungen
zu kämpfen hat! So ſtehen die altberühmten Gruben (25) von Danne-
mora nördlich Upſala auf einem 180′ breiten Stock, den Chlorit und
33*
[516]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Magneteiſenſand.
Kalkſpath durchſchwärmen. Einzelne derſelben haben ¼ Stunde Umfang
bei 400′ Tiefe! Die Persberger Gruben ſind ſogar über 600′ tief, 500′
reicht das Tageslicht, auf dem Grunde häuft ſich das Eis zu 90′ Mäch-
tigkeit an, was herausgeſchafft werden muß! In Norbotten 67°—68°
N. Br. finden wir die Lager von Svappavara, von Kerunavara (800′
dick und 8000′ lang), am Berge Gellivara ſogar 10,000′ breit und
16,000′ lang mit Eiſenglanz. Dieſes ſchwediſche Erz liefert das beſte
Eiſen zur Stahlbereitung, daher wird es auch von den Engländern in
großer Menge ausgeführt. Schon Agricola 526 ſagt: ferrum Suedorum
praestans.


Auch im Ural finden wir Magnetberge: der Wiſſokaja Gora erhebt
ſich weſtlich Niſchne-Tagilsk aus der Ebene eines tauben Porphyrgeſteines,
ſein löcheriges Erz iſt über dem Hüttenteiche 1800′ lang, 1500′ breit und
250′ hoch. Mehrere Meilen nördlicher der Berg Blagodat (Seegen).
Der Ural liefert 2\frac{1}{2} Mill. Centner Eiſen. Kleine Mengen finden ſich
am Harze, im Naſſauiſchen ꝛc., der Vorkommen in Nord- und Südamerika
zu geſchweigen, wo ſich z. B. in der Kupferregion am Lake Superior
pag. 484 ebenfalls mehrere Tauſend Fuß mächtige Eiſenberge im Glim-
merſchiefer finden, welche aus Magneteiſen beſtehen, das in Rotheiſenſtein
verwandelt iſt.


Martit von Braſilien, Gew. 4,8, gleicht vollkommen den Magnet-
eiſenoktaedern vom Zillerthal, hat aber einen rothen Strich, iſt folglich F̶⃛e,
ohne Zweifel aber in Folge von Afterbildung durch Aufnahme von Sauer-
ſtoff. Auch bei Framont und am Puy-de-Dôme kommen ſolche After-
kryſtalle nach Dufrénoy vor. Daher mögen auch die von Monroe in
New-York dahin gehören.


Magneteiſenſand.

Magnetiſcher Eiſenſand, fer oxydulé titanifère, wohl zu unterſcheiden
vom ſchwach magnetiſchen rhomboedriſchen Titaneiſen.


Man findet es hauptſächlich im Sande der Flüſſe, aber hier auch
außerordentlich verbreitet. Das Muttergeſtein ſind Baſalte und Laven.
Die Körner haben einen ſtark glänzenden muſcheligen Bruch, an
Obſidianbruch erinnernd, daher auch ſchlackiges Magneteiſen
genannt. Zeigen ſelten Kryſtallflächen, doch gibt ſchon Cordier in den
Bächen von Expailly bei le Puy Oktaeder und Granatoeder an. Haupt-
unterſcheidungsmerkmal vom Titaneiſenſand bleibt der ſtarke Magne-
tismus
. Vor dem Löthrohr verhalten ſie ſich wie Magneteiſen, mit
Borax und Phosphorſalz bekommt man im Reduktionsfeuer beſonders auf
Zuſatz von Zinn ein unter dem Abkühlen rothes Glas. Cordier fand
12—16 p. C. Titanoxyd. Klaproth zog mit dem Magnet kleine Körner
aus dem Sande der Oſtſeeküſte und fand 14 T̈i. Rammelsberg wies im
ſchlackigen Magneteiſen aus dem Baſalte von Unkel bei Bonn 11,5 T̈i,
39 Ḟe, 48 F̶⃛e nach, es iſt ſtark magnetiſch. Ganz gleiches findet man im
Baſalttuff der Alp (Metzinger Weinberg), das bei der Verwitterung her-
ausfällt. Der Sand zahlloſer Flüſſe, darunter auch der Goldſand, gibt
beim Waſchen einen ſchwarzen Reſt ſolchen Eiſenerzes, beſonders wenn
die Flüſſe aus vulkaniſchen oder baſaltiſchen Gebirgen herkommen.


[517]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Franklinit, Chromeiſen.

Iſerin nannte Werner die Körner, welche im aufgeſchwemmten
Lande auf der Iſerwieſe bei Markliſſa und Flinsberg auf dem Böhmiſchen
Gehänge des Rieſengebirges mit Korund, Granat, Rutil ꝛc. zuſammen
gefunden werden. Schon Klaproth (Beiträge V.206) hat ihn analyſirt,
und 28 T̈i angegeben. Ein Theil davon iſt ſtark magnetiſch, und in
dieſem gibt H. Roſe (Pogg. Ann. 3. 168) ſogar 50 T̈i. Ein anderer
Theil iſt nur ſehr ſchwach magnetiſch, und doch gleichen beide einander
ſehr, und unterſcheiden ſich namentlich auch durch den innern Glanz nicht
vom ſchlackigen Magneteiſen. Auch werden Würfel und Granatoeder an-
gegeben. Den ſchwach magnetiſchen Menakanit rechnet man dagegen
beſſer zum Titaneiſen.


Franklinit.

Wurde von Berthier (Ann. des mines IV.489) in der Franklin-
Grube zu New-Yerſey mit Rothzinkerz gefunden. Kryſtalliſirt regulär,
Oktaeder, Granatoeder und Leucitoeder kommen vor. Fettglanz, Eiſen-
ſchwarz aber mit röthlich grauem Strich. Härte 6, Gew. 5,1. Faſt
gar nicht magnetiſch.


(Żn, Ḟe, Ṁn) (F̶⃛e, M̶⃛n) nach Abich (Pogg. Ann. 23. 342) etwa
10,8 Żn, 18,2 M̶⃛n. Salzſäure zerſetzt das Pulver zu einer grünlich gelben
Flüſſigkeit unter Entwickelung von etwas Chlor, Beweis, daß ein Theil
des Mangans höher oxydirt ſein muß als Oxydul. Kleine Splitter im
ſtarken Feuer leuchten ſtark und ſprühen kleine Funken, wie das Roheiſen.
Mit Soda im Reduktionsfeuer einen ſchwachen Zinkbeſchlag auf Kohle.
Hier würde ſich dann weiter der Zinkſpinell pag. 255 anſchließen. Ebel-
men ſtellte künſtlich kleine Oktaeder von ZinkferritŻn F̶⃛e dar, Erd-
mann’s Journ. prakt. Chem. 54. 155.


Chromeiſen.

Eiſenchrom, fer chromaté, Chromate of Iron. Nach Hauy kennt
man es ſchon ſeit 1710 von den Barehills bei Baltimore, wo es derb
und in regulären Oktaedern vorkommt. Später fand es ſich neſter-
weis im Serpentin von Frejus Dep. Var, und Vauquelin wies darin
das Chrom nach, Klaproth (Beiträge IV.132) analyſirte es von Krieglach
in Steiermark, was mit röthlichem Talk bricht. Dann hat es ſich in den
verſchiedenſten Serpentinen gefunden. Es iſt das wichtigſte Chromerz.


Blättriger Bruch unvollkommen, nach Mohs ſoll am Oktaeder einer
vorherrſchen, dann müßte es rhomboedriſch ſein, wozu die Zuſammenſetzung
nicht ſtimmt. Neigt ſich etwas ins Pechſchwarze, und hat einen gelblich
braunen Strich, aber mehr Fettglanz als Metallglanz. Härte 5, Gew.
4,5. Manche magnetiſch, andere faſt gar nicht, werden es aber nach dem
Glühen in der innern Flamme.


Von Borax und Phosphorſalz langſam aufgelöst, heiß hat die Glas-
perle die Farbe des Eiſens, kalt aber die ſmaragdgrüne des Chroms,
die auf Zuſatz von Zinn lebhafter wird. Säuren löſen das feinſte Pulver
nicht, ſondern ziehen nur etwas Eiſen aus.


[518]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Eiſenglanz.

Ḟe C̶⃛r, reine Abänderungen haben bis 60 Chromoxyd, faſt alle einen
Gehalt an A̶⃛l, auch Ṁg vom Muttergeſtein, alſo (Ḟe, Ṁg) (C̶⃛r, A̶⃛l).
Das Chromeiſenerz von Texas und Pennſylvanien iſt öfter mit einer ſta-
laktitiſchen Kruſte von Emerald-Nickel (Nickelſmaragd) Ṅi3 C̈ + 6 H⃛
(Silliman’s Americ. Journ. 2 ser. VI.
248) von ſmaragdgrüner Farbe be-
deckt, und enthält ſelbſt 2,3 Ṅi.


Auffallend bindet ſich das Chromeiſen ſtets an Serpentin und die
ihn begleitenden Gebirge, worin es eingeſprengt vorkommt. Auf dem
Schwarzwalde bei Todtmoos, im Serpentin des Fichtelgebirges (Kupfer-
berg), Schleſien, den Schottiſchen Inſeln, beſonders aber von Nordamerika
(Hoboken) ꝛc. Die ſchwarze Rinde am Platin des Urals enthält nach
Herrmann öfter 13,7 C̶⃛r, ſie ſondert ſich öfter in kleinen ſchwarzen graphit-
artigen Schuppen (Irit Journ. prakt. Chem. 23. 276) ab, welche vielleicht
eine Zuſammenſetzung von (J̇r, Ȯs, Ḟe) (J̶⃛r, O̶⃛s, C̶⃛r) haben könnten.
Dieſe Rinde iſt daher ein wichtiges Moment, daß Serpentin das Mutter-
geſtein des Platins ſein könnte. Ein Chromgehalt iſt überdieß nament-
lich in den Bohnenerzen von Hannover, der ſchwäbiſchen Alp ꝛc., ſelbſt
in den Meteorſteinen pag. 496 gefunden.


Obgleich Vauquelin das Chrom im Sibiriſchen Rothbleierz entdeckte
pag. 412, ſo wurde ſeine ſchöne Farbe doch erſt techniſch wichtig durch
das Chromeiſen. Man miſcht das feingeſchlämmte Pulver mit Pottaſche
(K̇a C̈) und Salpeter, und erhitzt ſtark. Es oxydiren ſich dann Ḟe und
C̶⃛r zu F̶⃛e und C⃛r, gebildet wird K̇ C⃛r, was durch Behandeln mit Eſſig-
ſäure die ſchönrothen Kryſtalle von K̇ C⃛r2 liefert, das zur Darſtellung
des Chromgelbs Ṗb C⃛r und Chromroths Ṗb2 C⃛r benutzt wird. Das Chrom-
grün
= C̶⃛r gibt mit Glasflüſſen die ſmaragdgrüne Farbe, die ſo feuer-
beſtändig iſt, daß ſie ſelbſt im Feuer des Porcellanofens nicht verſchießt.


Das Chromoxyd C̶⃛r hat Wöhler aus der Chlorchromſäure (Ċr Ċ̶l) in
kleinen harten Rhomboedern dargeſtellt, indem er dieſelbe langſam durch
eine ſchwachglühende Glasröhre ſtreichen ließ, wobei ſie ſich in O, Cl
und C̶⃛r zerſetzt. Svanberg (Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 54. 188)
ſetzte 18 Stunden lang ſaures chromſaures Kali der Hitze des Porcellan-
ofens aus, dabei verflüchtigte ſich Kalium, und C⃛r reducirte ſich zu kleinen
kryſtalliniſchen Flitterchen von C̶⃛r. Dadurch ſcheint es bewieſen, daß A̶⃛l,
F̶⃛e, C̶⃛r (auch B̶⃛e) iſomorph kryſtalliſiren.


2. Eiſenglanz.


Ein altdeutſcher Name. Minera ferri specularis Wallerius, mine
spéculaire de l’Isle, fer oligiste Hauy, Specular Iron.
Dem Plinius hist.
nat.
34. 41 iſt zwar der Eiſenglanz von Elba bekannt, allein er unter-
ſcheidet die ferri metalla nicht von einander.


F̶⃛erhomboedriſch und iſomorph mit Korund pag. 247.


Das HauptrhomboederP = a : a : ∞a : c 85° 58′ in den
Endkanten nach Mohs, gibt
a = 0,7316 = √0,5352, la = 9,86427.
[519]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Eiſenglanz.
Es kommt ſchön auf den Zinnſteinſtöcken zu Altenberg in Sachſen vor,
und iſt daſelbſt parallel der langen Diagonale geſtreift. Da es dem
Würfel außerordentlich nahe ſteht, und auch bei den prachtvollen Kry-
ſtallen von Elba herrſcht, ſo leitete ſchon Steno pag. 2 ſcharfſinnig die
Flächen durch Abſtumpfungen eines Würfels ab. Der blättrige Bruch
des Rhomboeders ſchwer wahrzunehmen, wodurch es ſich weſentlich vom
Korund unterſcheidet.


Die Gradeudflächec = c : ∞a : ∞a : ∞a ſondert ſich dagegen
ſo ſtark ab, daß man ſie für deutlich blättrig zu halten oft verſucht wird,
doch gelingt es nicht, den Blätterbruch darzuſtellen. Beſonders vorherr-
ſchend bei den Vulkaniſchen und mit Rutil bedeckten Alpiniſchen, ſie läßt ſich
an ihrer Streifung, welche ein gleichſeitiges Dreieck gibt, leicht erkennen.
Sehr ausgezeichnet iſt bei den Elbaern ein quergeſtreiftes Rhomboeder,
welches für das 2te ſtumpfere z = 4a : 4a : ∞a : gehalten wird, und
das am meiſten zur Orientirung in die verzogenen Kryſtalle beiträgt, denn
darunter liegt die glänzende P, in deren Diagonalzone


das Dihexaederr = ⅔c : a : ½a : a mit 128° in den Endkanten
fällt, welche das Hauptrhomboeder abwechſelnd abſtumpft. Daſſelbe dehnt
ſich öfter bedeutend aus, und kommt mit der Gradendfläche ſelbſtſtändig
vor (Framont). Auch bei den Elbaer Kryſtallen fehlt es
ſelten, aber meiſt in Verbindung mit P und z. Dieſe
rhomboedriſch dihexaedriſche Entwickelung hat daher der
Eiſenglanz mit dem Korund gemein, was die Gränzen
zwiſchen rhomboedriſch und dihexaedriſch bedeutend ver-
wiſcht. Selten iſt g = a : \frac{2}{7}a : ⅖a : c, die Kante zwi-
ſchen P/r abſtumpfend, wenn alſo P nicht da wäre, ſo

[figure]

würde der Dreikantner die abwechſelnden Dihexaederkanten zuſchärfen.
Nach Hauy kommt auch


das Gegenrhomboederl = a' : a' : ∞a : c bei den vulkaniſchen
Tafeln vom Mont-Dore vor, daſſelbe tritt mit P vollkommen ins Gleich-
gewicht, ſo daß ein Dihexaeder von 130° 2′ in den Endkanten entſteht,
welches ſelbſtſtändig von dem Dihexaeder r freilich wenig abweicht.


Die zweite ſechsſeitige Säule s = a : ½a : a : ∞c, die Seitenkante
des Dihexaeders r gerade abſtumpfend, iſt häufig; bei den vulkaniſchen
Dirhomboedern ſtumpft ſie die Seitenecken ab, auch die erſte ſechsſeitige
Säule n = a : a : ∞a : ∞c kommt bei Framont ꝛc. vor. Am compli-
cirteſten ſind


die Eiſenroſen der Alpen. Sie werden zwar durch die übermäßig
ausgedehnte Endfläche tafelartig, allein am Rande prägen ſich die Flächen-
zonen ſcharf aus. Auch hier orientirt die Streifung der Gradendfläche,
aber das Hauptrhomboeder P liegt nicht wie
bei den Elbaern unter den Seiten, ſondern
unter den Ecken des geſtreiften Dreiecks c,
unter den Seiten liegt das nächſte ſchärfere


Rhomboederu = ½a' : ½a' : ∞a : c
und das nächſte ſtumpfere v = 2a' : 2a' : ∞a : c,
letzteres zwar ſehr klein, aber gerade durch ihren
Conflict mit der Gradendfläche entſteht die
Streifung auf ihr wie auf der Gradendfläche.

[figure]

[520]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Eiſenglanz.
Das Dihexaeder r ſtumpft die Kante P/u ab, und ein Rhombus P/P und
und u/u gehört der 2ten Säule s, während die erſte Säule n zwiſchen
P/u meiſt kaum durch eine feine Linie angedeutet wird. Auch der beim
Kalkſpath gewöhnliche Dreikantner d2 = a : ⅓a : ½a : c ſtumpft die Kante
P/s ab. Selten iſt die Kante u/s durch den Dreikantner zweiter Ordnung
e = a' : ⅓a' : ½a' : 2c abgeſtumpft, und eben ſo ſelten kommt die ſechs-
undſechskantige Säule i vor.


Linſenförmige Kryſtalle brechen recht ausgezeichnet auf Elba:
das quergeſtreifte Rhomboeder z = 4a : 4a gibt dazu die erſte Veran-
laſſung, die Rundung entſteht jedoch hauptſächlich durch das dritte ſtum-
pfere Rhomboeder y = 8a' : 8a' : ∞a : c, welches oben ſehr deutlich die
Endkanten von z abſtumpft, nach unten jedoch in continuirlicher Convexität
in das Gegenrhomboeder 4a' : 4a' : ∞a : c übergeht.


Zwillinge haben die Axe c gemein und ſind gegen einander 60°

[figure]

verdreht, ſie durchwachſen ſich. Elba, Alten-
berg. Das eine Dihexaeder legt dann ſeine
abgeſtumpfte Kante hin, wo das andere die
nicht abgeſtumpfte hat.


Eiſenſchwarz und ſtahlgrau, häufig bunt
angelaufen (nur die Gradendfläche nicht).
Kirſchrother Strich. Starker Metallglanz,
nur ganz dünne Platten ſcheinen roth durch.
Härte reichlich 6, ſpröde, Gew. 5,23, alſo
trotz des geringern Eiſengehaltes doch ſchwerer
als Magneteiſen pag. 514. Aeußerſt ſchwach
magnetiſch.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es in der
innern Flamme öfter unter Funkenſprühen
und wird magnetiſch, von Salzſäure nur langſam gelöst. Reines Eiſen-
oxyd F̶⃛e mit 69,34 Fe und 30,64 O.


In Vulkanen, in deren Laven man es ſo häufig in blättrigen Kry-
ſtallen trifft, iſt es offenbar aus verflüchtigtem Eiſenchlorid entſtanden,
was durch Waſſerdämpfe in Regionen zerſetzt wurde, wo es für Magnet-
eiſen pag. 515 nicht mehr heiß genug war. Mitſcherlich wurde auf den
Gedanken durch Kryſtalle geführt, welche ſich in einem Töpferofen von

[figure]

Oranienburg gebildet hatten (Pogg. Ann. 15. 630). Das
Vorkommen in Maſſen, wie in Braſilien und auf Elba, kann
man aber wohl nicht in gleicher Weiſe erklären. Hier be-
gleitet der


Eiſenglanz häufig das Magneteiſen, wie z. B. am Eiſenſteinberge
von Gellivara in Luleå-Lappmark. Ein Gemiſch von Eiſenglanz, Magnet-
eiſen und eingeſprengtem Golde bildet der Eiſenglimmer von Braſilien
(Minas Geraes). In vielen Gneiſen vertritt glimmeriger Eiſenglanz die
Stelle des Glimmers. Der berühmteſte Fundort iſt jedoch ſeit Römerzeit
Elba:


Insula in exhaustis chalybum generosa metallis Virgil Aen. X.174.
Noch heute wird an der Oſtküſte bei Rio in einer großen Pinge auf der
Gränze zwiſchen Kalkſtein und Glimmerſchiefer das Erz gewonnen. Friſch
[521]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Eiſenglanzarten.
iſt es aber ſchwer zu beſchicken, und nicht in dem Maße geſucht, als das
zerſetzte. Allein ſtellenweis iſt das ganze Gebirge bis zur Tiefe in Braun-
eiſenſtein umgeſetzt, und gerade hier baut man. Die ſchönen Kryſtalle
finden ſich an der öſtlichen Wand jener Pinge, wo das Erz überdieß durch
Quarz noch verſchlechtert wird. Als Napoleon König von Elba war,
ließ er an dieſer Wand beſonders auf „Stufen“ brechen, und machte
damit bevorzugten Perſonen einen Geſchenk!


Als Varietäten kann man etwa auszeichnen:


1) kryſtalliſirten Eiſenglanz, wie er ſich findet auf Elba,
zu Altenberg in Sachſen, Framont im obern Breuſchthal der Vogeſen in
Druſenräumen des dortigen Rotheiſenſteins. Intereſſant ſind auch die
kleinen Kryſtalle in den Achatkugeln von Oppenau, die ohne Zweifel auf
naſſem Wege entſtanden. In den Alpen zeichnen ſich beſonders die


Eiſenroſen durch Glanz und Schönheit aus, ſie ſind gewöhnlich
leicht an dem fuchsrothen Rutil erkennbar, welcher auf der Gradendfläche aus-
ſchwitzte, Kobell hat ſogar darin 9,66 T̈i neben 5 Ḟe nachgewieſen, und
ſie deshalb als Baſanomelan unterſchieden. Allein ſie haben noch
einen rothen Strich. Sie gruppiren ſich öfter förmlich in Kreiſen wie
Blumen. Capao in Braſilien. Für


Vulkaniſchen Eiſenglanz iſt beſonders die Auvergne berühmt.
Es ſind häufig Tafeln, die an die Eiſenroſen erinnern. Am Veſuv ſind
die neueſten Bildungen von Rhomboeder mit Gradendfläche zellig, und die
Tafeln ſehen nicht ſelten wie gefloſſen aus. Schon Haidinger (Pogg.
Ann. 11. 188) beſchreibt reguläre Oktaeder mit rauhen Flächen, die aus
lauter kleinen Eiſenglanzkryſtallen beſtehen, und die Bildung des Martit
pag. 516 erklären ſollen. Scacchi hat die Sache weiter verfolgt (Dufré-
noy Traite Min. II.
478).


2) Eiſenglimmer nannte Werner die krummblättrigen ſtark glän-
zenden Maſſen, welche lagerartig beſonders im Urgebirge vorkommen.
Der blättrige Bruch kann nur von der Gradendfläche herrühren, da er
blos einzig iſt. Es muß das ſehr auffallen, da man von einer Blätt-
rigkeit der Gradendfläche an Kryſtallen nichts merkt. Man kann ſich leicht
die dünnſten ſchuppenförmigen Blätter verſchaffen, welche in einzelnen
Flittern von dem Magnet zwar angezogen werden, aber immer nur un-
deutlich. Nimmt man dagegen ſolche Blättchen vor das Löthrohr, ſo
ſprühen ſie in der innern Flamme Funken, und werden ſogleich ſtark
magnetiſch. Ungarn (Dopſchau und Poratſch) und Mähren liefern ſchöne
Vorkommen, vor allen aber Braſilien. Im Granit des Gleiſſinger Fels
im Fichtelgebirge. Werden die Blätter ganz fein, ſo ſcheinen ſie roth
durch, und beſchmutzen die Hand (ſchuppiger Eiſenglimmer, Rotheiſenrahm),
ohne ihr metalliſches Ausſehen aufzugeben, Suhl, Murgthal bei Schön-
münznach. Bei Altenberg in Sachſen, Bitsberg in Schweden ꝛc. wird
er ausgezeichnet ſtrahlig blättrig. Der Eiſenglimmerſchiefer (Itabirit)
vom Pic Itabira in Braſilien wird ganz derb; der von Kl. Mora in
Oeſtreichiſch Schleſien, Blansko ꝛc. verliert ſich ſogar ganz in einem ſchief-
rigen Ausſehen, und glänzt auf der Schieferfläche noch ſtark, nur ſein
Querbruch wird matt.


[522]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Rother Glaskopf.

3) Körniger Eiſenglanz, man ſieht ihn oft als Mutter der
Kryſtalldruſen. In Schweden (Wärmeland) kommen Lager vor, die fein-
körnig wie Magneteiſen ſind, aber einen rothen Strich zeigen, und nur
als Staub vom Magnet bewegt werden. Das ſcheint wie der Martit
oxydirtes Magneteiſen zu ſein. Schöne Afterkryſtalle bildet er auf Elba
vom Schwefelkies. Noch bekannter ſind die aus den Eiſenſteingruben des
Uebergangskalkes von Sundwig in Weſtphalen, rohe Dreikantner von
Kalkſpath am Ende mit dem Hauptrhomboeder. Die Kryſtalle ſind häufig
hohl, doch hat körniger Eiſenglanz (mit Quarz und Kalkſpath gemiſcht)
weſentlich zur Ausfüllung beigetragen. Die Thalaſſiten des Lias α von
Semur (Côte d’Or) ſind in körnigen Eiſenglanz verwandelt. Bei Alten-
berg gruppiren ſich kleine Eiſenglanzrhomboeder nach der Form des Kalk-
ſpathes (Pogg. Ann. 91. 152).


4) Rother Glaspkof.


Das Wort hängt entweder mit Glanzkopf oder Glatzkopf (Kahlkopf)
zuſammen, ein altes bergmänniſches Wort (Henkel Pyritologia pag. 169),
cerebri speciem prae se fert Agricola 606. Der berühmte Blutſtein,
αἱματίτης Theophrast 66, weil man ihn aus geronnenem Blut entſtanden
dachte, und ihm daher wieder blutſtillende Kraft zuſchrieb.


Ein excentriſch faſriges und concentriſch ſchaliges Erz, meiſt mit
halbkugeliger (traubiger und nierenförmiger) Oberfläche, nach Art des
Chalcedons pag. 171. Aber die Faſer iſt ſo ausgebildet, daß man die
feinſten Nadeln abſpalten kann, an welche man leicht eine ſtark magne-
tiſche Kugel ſchmilzt, und die Probe weiter in die Flamme gehalten ſprüht
Funken. Im compakten Zuſtande ſind ſie noch ſtahlgrau, und die Stücke
zeigen dann öfter an ihrem Unterende eigenthümliche Abſonderungsflächen,
welche man nicht mit Kryſtallflächen verwechſeln darf. So wie die Faſer
lockerer wird, tritt auch die kirſchrothe Farbe hervor, und gewöhnlich
haben ſie noch einen rothen ockerigen Ueberzug. Der Glanz geht dann
verloren, die Maſſe wird weicher (unter Feldſpathhärte) und leichter
(unter 5). Beim Schlagen brechen ſie meiſt ſo gegen Willen, daß man ſchwer
gute Handſtücke erhält. Er liefert ein gutes Eiſen, gehört aber ſchon zu
den ſeltnern Eiſenerzen. Bildet Gänge im rothen Porphyr und Lager
im Todtliegenden, welches überhaupt ſeine kirſchrothe Farbe dem beige-
miſchten Eiſenoxyd dankt. Ihlefeld am Harz, Framont in den Vogeſen,
„in Sachſen iſt er der gemeinſte Eiſenſtein“. Gibt deshalb zu After-
kryſtallen viel Veranlaſſung, wie z. B. die ausgezeichneten Würfel vom
Rothenberg bei Krahndorf, welche innen hohle Quarzdruſen bilden, die
der ſchönfaſrige Glaskopf überzieht. Gepulvert dient er zum Poliren und
Glätten von Metallarbeiten.


5) Dichter Rotheiſenſtein bildet gewöhnlich die Mutter des
edlern Glaskopfs. Es gibt ſehr compakte reine Abänderungen mit mattem
Bruch, der rothe Strich iſt ſehr lebhaft. Viele derſelben werden aber
durch Quarz und Thon verunreinigt; jene in Jaſpis, dieſe in Thon über-
gehend. Bildet gewöhnlich Flöze, die eine Anlage zum Schiefer haben.
Es kommen darin die prachtvollſten Spiegelflächen vor, wie zu Reichmanns-
dorf bei Saalfeld, zwei ſolcher Spiegel ſollen immer auf einander liegen.
[523]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Thoneiſenſtein, Titaneiſen.
Als die ausgezeichnetſte Varietät ſah Werner die von Schellerhau bei
Altenberg an.


6) Rother Thoneiſenſtein geht ins Erdige über, doch gibt es
noch ſehr eiſenreiche Abänderungen, ſo daß die Gränze zwiſchen Erz und
Thon nicht gezogen werden kann. Unter vielen Abänderungen nenne
ich den


Röthel, der durch Glühen ſchwarz und dem Magnete folgſam wird.
Er ſchreibt, nimmt mit dem Finger gerieben Glanz an, und der Strich
iſt viel lichter als ſein friſcher Bruch. Der vom Rothenberge bei Kauls-
dorf ohnweit Saalfeld kommt viel in Handel, er wiegt 3,1—3,8. Der


ſtängliche Thoneiſenſte in iſt ein Produkt von Braunkohlen-
bränden, beſonders im Leitmeritzer und Saatzer Kreiſe in Böhmen. Gleicht
Baſaltſäulen im Kleinen, welche von der Dicke eines Nadelknopfs und
darüber mit außerordentlicher Regelmäßigkeit ſich über einander lagern:
Folge von Abſonderung durch Feuer. Der


körnige Thoneiſenſtein zeigt ähnliche runde Abſonderungs-
körperchen, wie die Oolithe pag. 337. Im Uebergangsgebirge des Prager
Beckens haben die Körner eine ausgezeichnete Linſenform, und ſind viel
größer, als die im Brauen Jura Süddeutſchlands und Lothringens. Sie
gleichen hier feinen runden Pulverkörnern, die Gegenſtand eines wichtigen
Bergbaues ſind. Bei Waſſeralfingen in Württemberg werden alljährlich
240,000 Ctr. gewonnen, die ein Drittheil ſo viel Roheiſen liefern.


Die Farben in der großen Rothen Sandſteinformation vom Oldred
bis zu den oberſten Gliedern des Keupers kommt von Eiſenoxyd, das ſich
auch in Geoden und Lagern darin vielfach ausſcheidet. Obgleich dieſe
Geſteine ein entſchiedenes Waſſerprodukt ſind, ſo hat ſich doch auffallender
Weiſe das Eiſen nicht als Hydrat niedergeſchlagen, wie man billig er-
warten ſollte. Nun kann man freilich ſagen, der färbende Erzſchlamm
müſſe nur mechaniſch angeſchwemmt und nicht chemiſch gelöst geweſen
ſein, allein das Tiefe der kirſchrothen Farbe ſelbſt in dem alleroberſten
Gliede des Keupers, wo wenigſtens in Schwaben weit und breit keine
Gebirge zu finden ſind, welche das Material hergeben konnten, fällt doch
ſehr auf. Man kommt hier immer wieder auf die Meinung, das Roth
könne in der Erde durch Veränderung herbeigeführt ſein. Man weiß ja,
daß der gelbe Eiſenroſt mit dem Alter roth werde (Biſchof Geol. II.1348),
ja Volger behauptet, daß in der Kapelle von Kappel in der Schweiz ſelbſt
die gelbe Ocherfarbe in den alten Freskogemälden ſich geröthet habe!


Titaneiſen.

Die Kenntniß eiſenhaltiger Titanerze datirt von Klaproth
1797 Beiträge II.226, der im Menaccanit von Cornwallis 45,25 T̈i und
51 F⃛e nachwies. Es wurde dann weiter bei Aſchaffenburg, Ohlapian,
Oiſans, Gaſtein ꝛc. gefunden. Hauy (Traité Min. 2 ed. 4. 98) erkannte
zwar am Crichtonite von Oiſans die rhomboedriſche Form, indeſſen wies
erſt Mohs (Grundriß II.462) die Uebereinſtimmung der Form mit Eiſen-
glanz nach. Kibdelophan, Hyſtatit, Ilmenit.


Rhomboedriſch und ſchwach magnetiſch dadurch vom regulären
ſtark magnetiſchen pag. 516 wohl unterſchieden. P = a : a : ∞a : c 85° 58′
[524]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Titaneiſen.
wie beim Eiſenglanz pag. 518. Bei den Zollgroßen Kryſtallen aus
dem edlen Serpentin von Modum geht der P ein erkennbarer Blätterbruch
parallel. Daran iſt die Gradendfläche c = c : ∞a : ∞a : ∞a mit P
122° 22′ machend, nicht geſtreift, was das Erkennen ſehr erſchwert. Sie
iſt vielleicht noch etwas blättriger als P, daher Mohs Name Axotomes
Eiſenerz. Die 2te ſechsſeitige Säule s = a : ½a : a : ∞c iſt rauh, und
ſtumpft die Zickzackkanten von P ziemlich ſtark ab. Rauh iſt auch das
nächſte ſtumpfere Rhomboeder v = 2a' : 2a' : ∞a : c, leicht erkennbar

[figure]

an den rechten Winkeln, unter welchen die Kanten
c/v und P/v auf den Flächen ſich ſchneiden. Das
Dihexaeder r = ⅔c : a : ½a : a in der Diagonal-
zone von P kommt vollflächig vor, allein wegen
ihrer Kleinheit fehlt ſie öfter auf einer Seite. Bei
denen von Gaſtein iſt die ſcheinbare Hemiedrie ſo
gewöhnlich, daß ſie Mohs geradezu dafür nahm,
allein die Kryſtalle von Modum und Miask be-
weiſen, daß die Sache ſich ganz wie beim Eiſen-
glanz und Korund verhält. Bei Miask kommt auch das nächſte ſchärfere
Rhomboeder u = ½a' : ½a' : ∞a : c vor (Pogg. Ann. 9. 286). Mohs
gibt bei Gaſtein Zwillinge an, die parallel ihrer Axe c ſo durchwachſen,
daß das hemiedriſche Dihexaeder r wieder vollzählig wird.


Eiſenſchwarz, mit ſchwarzem Strich, wodurch es ſich ſo-
gleich vom Eiſenglanz unterſcheidet. Auch iſt der Glanz ſehr ſchwach,
ſchwacher als bei mattem Magneteiſen, deshalb kann es außerordentlich
leicht mit Magneteiſen verwechſelt werden. Allein es iſt nur ſchwach
magnetiſch
. Härte reichlich 5 und ſpröde, Gewicht 4,8.


Unſchmelzbar, wird aber unter Funkenſprühen magnetiſch. Mit
Phosphorſalz gibt es beim Abkühlen ein vorübergehend rothes Glas.
Von Salzſäure und Königswaſſer wird es unter Zurücklaſſung von T̈i
nur ſchwierig gelöſt.


Die Deutung des Titangehalts hat viel Schwierigkeit gemacht. Mo-
ſander (Pogg. Ann. 19. 219) meint, da ſich neben F̶⃛e und T̈i auch ſtets
Eiſenoxydul findet, daß Ḟe T̈i mit F̶⃛e iſomorph ſei, weil ſich darin auch
2 Atom Radical mit 3 Sauerſtoff wie im Eiſenoxyd fänden, allein ſolche
Erweiterungen des Iſomorphismus ſind eine gewagte Sache. Fuchs hat
dagegen wahrſcheinlich gemacht, daß es wie beim Zinn eine Verbindung
von T̶⃛i gäbe, die beim Löſen in Salzſäure ſich auf Koſten des Eiſen-
oxyds in T̈i verwandeln könnte, und dieſes nimmt man nach dem Vor-
gange von H. Roſe (Pogg. Ann. 62. 128) jetzt an.


Einige wichtige Vorkommen ſind folgende:


1) Menaccanit von Menaccan in Cornwallis, worin Gregor
1791 ein neues Metall entdeckte, welches ſich ſpäter als identiſch mit
Klaproth’s Titanium erwies. Es kommt im Sande der Bäche vor, ganz
nach Art des Magneteiſenſandes pag. 516 in gerundeten Stücken, deren
Form man daher auch nicht kennt, allein da ſie ſchwach magnetiſch ſind,
ſo könnten ſie möglicher Weiſe hierher gehören. Klaproth fand darin
51 F̶⃛e, 42,2 T̈i. Vergleiche hier auch den ſchwach magnetiſchen Iſerin
[525]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Brauneiſen.
von 4,68 Gew. = T̶⃛i + F̶⃛e und den ſtark magnetiſchen Iſerin von
4,76 Gew. = 3 T̶⃛i + 4 F̶⃛e.


2) Titaneiſen von Gaſtein (Kibdelophan) im Talkſchiefer,
4,66 Gew. = T̶⃛i + 4 F̶⃛e mit 53,7 Titanoxyd und 46,3 Eiſenoxyd nach
Kobell. Von Mohs kryſtallographiſch beſchrieben, zeigt das Dihexaeder
r hemiedriſch.


3) Titaneiſen vom Ilmenſee bei Miask, Kupfer beſchrieb ſie
als Ilmenit 2 + 1gliedrig, aber G. Roſe zeigte, daß ihre Winkel
vom Gaſteiner nicht abweichen. Gew. 4,8 = 4 T̶⃛i + 5 F̶⃛e mit 42,6 Titan-
oxyd und 57,4 Eiſenoxyd. Sie kommen im dortigen Miascit bis zu 3\frac{1}{2}
Zoll Größe vor, die Gradendfläche und der Querbruch glänzend.


4) Titaneiſen von Egerſund in Norwegen, in großen derben
bräunlich ſchwarzen Stücken, iſt von H. Roſe (Pogg. Ann. 3. 169) zuerſt
unterſucht. 4,7 Gew. = 2 T̶⃛i + 3 F̶⃛e 38,3 Titanoxyd und 61,7 Eiſen-
oxyd. Das von Krageröe kommt im röthlichen ſchön geſtreiften Albit vor.


5) Titaneiſen von Tvedeſtrand bei Arendal (Hyſtatit), im
rothen Granat eingeſprengt. Die kleinen Kryſtalle haben gerundete Kanten,
doch fand G. Roſe ſämmtliche Kanten des Rhomboeders P durch v und s
abgeſtumpft, und außer ihnen noch die Gradendfläche c. Einige wenige
Körner werden vom Magnet angezogen und haben 4,74 Gew., die un-
magnetiſchen 4,49 Gew. T̶⃛i + 3 F̶⃛e mit 23,6 Titanoxyd.


6) Titaneiſen von Aſchaffenburg im Quarz des dortigen
Granits eingeſprengt, ſchon von Klaproth (Beiträge II.232) unterſucht,
nach Kobell 4,78 Gew. = T̶⃛i + 6 F̶⃛e mit 13,4 Titanoxyd.


Klaproth unterſuchte auch die Körner aus den Goldwäſchen von Oh-
lapian in Siebenbürgen, wo ſie zwiſchen Quarzſand und Granat zu liegen
pflegen. Die meiſten Körner ſind darunter ſtark magnetiſch. Die älteſten
kryſtallographiſch bekannten ſtammen von Bourg d’Oiſans in der Dauphiné,
welche Graf Bournon nach einem Ruſſiſchen Arzte


Crichtonit (Craitonite) nannte. Sie kommen daſelbſt mit Anatas
und Bergkryſtallen in kleinen ſcharfen Rhomboedern vor, mit etwa 61\frac{1}{2}°
in den Endkanten, ſo daß es ein Rhomboeder a : a : ∞a : 5 c ſein könnte,
ihre Endecke iſt durch c = c : ∞a : ∞a : ∞a gerade abgeſtumpft. Andere
Kryſtalle bilden ganz dünne Blätter, und erinnern durch die Menge ihrer
Flächen an die Eiſenroſen pag. 519, aber der Winkel P/P ſoll nach Levy
73° 43′ betragen, er heißt daher Mohſit. Vor dem Löthrohr zeigen
ſie Reaktion von Titaneiſen.


3. Brauneiſen.


Ein wichtiges Eiſenerz beſonders in Glaskopfſtructur vorkommend,
daher möchte Xanthus (Theophraſt 66), was braungelb bedeutet, dieſen
Glaskopf bezeichnen, da er dem Blutſtein zur Seite geſtellt wird, während
Plinius 36. 37 ihn Schiſtos heißt, schistos et haematites cognationem
habent.


2gliedrig und iſomorph mit Diaspor pag. 251 und Braunmangan
[526]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Brauneiſen.
M̶⃛n Ḣ̶, aber gute Kryſtalle ſind ſelten und haben verſchiedene Namen be-
kommen. Die ſchönſten hat Phillips gemeſſen aus Druſenräumen des
quarzigen dichten Brauneiſenſteins von der Grube Botallack in Cornwallis.
Es ſind wenige Linien lange glänzende Individuen, welche ſtellenweis als
die Enden von Glasköpfen erſcheinen, und durch ihre Schwärze an Braun-

[figure]

mangan erinnern. Die Säule r = a : 2b : ∞c bildet
vorn 130° 40′, ihre ſcharfe Kante iſt durch den Blätter-
bruch b = b : ∞a : ∞c gerade abgeſtumpft, wodurch
bei allen eine ſechsſeitige Säule entſteht. Das auf-
geſetzte Oktaeder P = a : b : c bildet mit der Säulen-
kante in r keine rechten Winkel, weil r kein zugehö-
riges Paar iſt, das zugehörige Paar M = a : b :
c 94° 51′ ſtumpft gewöhnlich die Kante b/r nur ſehr undeutlich ab. Die
ſeitliche Endkante des Oktaeders P wird durch das zugehörige Paar e = b :
c
: ∞a mit 117° 30′ in der Axe c gerade abgeſtumpft, daraus folgt
a : b = 1,514 : 1,648, lga = 0,18015, lgb = 0,21702.
Außer dieſen kommen noch mehrere kleine Abſtumpfungen vor: a = a :
b : ∞c, d = a : c : ∞b und eine ganze Reihe von Flächen zwiſchen
P/d, worunter s = a : c : 2b. Unter P noch z = a : c : ⅖b. Zu
Clifton bei Briſtol liegen Oblongtafeln von r e b gebildet in Quarzgeoden.
G. Roſe (Kryſt. chem. Min. pag. 70) zeigt, daß auch die kleinen diamant-
glänzenden hyacinthroth durchſcheinenden Blättchen (Göthit), welche am
Brauneiſen vom Hollerterzug und von andern Orten im Siegenſchen haften,
den blättrigen Bruch b zur Tafel haben, ſtatt der Säule kommt nur a

[figure]

vor, dagegen ſchneidet e die b unter 121° 20′, was für e/e
in c 117° 20′ gibt, x gegen x etwa 42°—43°. Die meß-
baren äußerſt ſeltenen Kryſtalle ſtammen von der Eiſenzeche
bei Elberfeld ohnweit Siegen.


Nelkenbraun bis ſchwärzlich braun, ochergelben Strich.
Glanz unvollkommen metalliſch, weil dünne Stücke durch-
ſcheinen. Härte 5. Die reinſten Abänderungen ſollen bis
auf 4,4 Gew. hinaufgehen, gewöhnlich ſtehen ſie aber unter
dem 4fachen.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er an den Kanten mit Funkenſprühen in
der innern Flamme und wird magnetiſch. Im Kolben hinterläßt er rothes
Eiſenoxyd und gibt Waſſer. Schwer löslich in Salzſäure.


Chemiſch unterſcheidet v. Kobell (Journal prakt. Chem. 1. 181 und
319) zweierlei Varietäten:


F̶⃛e Ḣ̶ mit 89,7 F̶⃛e und 10,3 Ḣ̶. Dahin gehören alle kryſtalliſirten
Varietäten und die meiſten Afterkryſtalle; zum


F̶⃛e2 Ḣ̶3 mit 85,3 F̶⃛e und 14,7 gehört der braune Glaskopf. Wenn
man jedoch mit dieſen Normen den Waſſergehalt verſchiedener Analyſen
vergleicht, ſo will eine Beſtimmtheit der Verbindung nicht immer ein-
leuchten. Der Mangangehalt iſt in der Verbindung ſelbſt nicht groß, da
ſich daſſelbe gern ſelbſtſtändig auf dem Erzlager ausſcheidet. Brauneiſen
bildet ſich gar leicht an Quellen aus kohlenſaurem oder ſchwefelſaurem
Eiſenoxydul, da ſich dieſes durch Aufnahme von Sauerſtoff in Oxyd ver-
[527]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Brauneiſen.
wandelt. Daher iſt es in der Natur verbreiteter als irgend ein anderes
Erz. Ganze Maſſen von Spatheiſen und Schwefelkies ſind darin ver-
wandelt. Ehrenberg glaubt außerdem, daß häufig die Gallionella fer-
ruginea,
welche auf der Freiberger Grube Beſchert-Glück in 1106′ Tiefe
noch lebend vorkommt, zur Bildung beitrage, wenigſtens ſpielt ſie bei
Raſeneiſenſteinlagern eine nicht zu überſehende Rolle.


Brauneiſen von der Formel F̶⃛e Ḣ̶ (Pyrrhoſiderit).


1) Nadeleiſenerz findet ſich in kleinen ſchwarzbraunen Büſcheln
in den Kammern des Ammonites macrocephalus, triplicatus ꝛc. des braunen
Jura. Bei Oberſtein ſind die ſammtförmigen Büſcheln zum Theil mitten
in den Amethyſt eingewachſen, ebenſo auf der Wolfsinſel im Onega-See
(Onegit). Alle dieſe kryſtalliniſchen Vorkommen ſind jedoch nicht meßbar,
wie die von Botallack.


2) Göthit (Rubinglimmer), bildet durch Vorherrſchen des blättrigen
Bruchs Tafeln. Leider ſind die Kryſtalle vom Weſterwalde, Nadabula in
Ungarn und Raſchau in Sachſen nur klein, ſonſt würde die prachtvolle
hyacinthrothe Durchſcheinenheit ſie den ſchönſten Mineralen zur Seite ſtellen.


3) Lepidokrokit (λεπίς Schuppe, κροκίς flockig), bildet derbe
Maſſen von röthlich braunen Schuppen, welche im innern der braunen
Glasköpfe liegen, gewöhnlich mit Graumanganerz wechſelnd. Ausgezeichnet
bei Neuenbürg auf dem Württembergiſchen Schwarzwalde, Harz, Weſter-
wald, Bieber in Heſſen ꝛc. Kobell gibt bei dem vom Hollerter Zug auf dem
Weſterwalde 2,5 M̶⃛n an. Theilweis finden ſie ſich locker und ſchmutzend.


4) Sammtblende hat man die Kaſtanien- bis Nußbraunen Glas-
köpfe genannt. Nußbraun ſind z. B. die Anfänge der Strahlen, worauf
die Kryſtalle von Botallack ſitzen. Zu Kl. Schmalkalden bei Gotha kommt
dieſe Farbe an Erzen mit ausgezeichneter Glaskopfſtructur vor. Zart
faſerig, ſeidenglänzend und von einer Byſſusfarbe, wie gewiſſe fahlfarbige
Rutile, von Siebenbürgen mit Amethyſt. Przibram, Hüttenberg.


Der Xanthoſiderit Schmid Pogg. Ann. 84. 495 aus den Mangan-
erzen von Ilmenau am Thüringer Walde mit goldig-gelbbrauner Faſer
und Seidenglanz ſoll F̶⃛e Ḣ̶2 ſein.


5) Afterkryſtalle. Spatheiſenſtein und Schwefelkies verwittern
gar leicht zu Brauneiſenſtein, und dieſelben ſollen dann nach Kobell F̶⃛e Ḣ̶
ſein. Bekannt ſind die Schwefelkieſe im Quarz der Goldgänge von Be-
reſow, worin die Analyſe 86,9 F̶⃛e und 11,1 Ḣ̶ gab. Dagegen muß man
dann wieder die Afterkryſtalle des Schwefelkieſes aus dem Keupermergel
von Minden zum F̶⃛e2 Ḣ̶3 ſetzen, denn Kobell fand darin 82,2 F̶⃛e und
13,3 Ḣ̶. Und doch widerſtrebt es, dieſe gleichen Dinge an verſchiedenen
Punkten aufzuführen. So enthalten die durch Verwitterung ſchwarz ge-
wordenen Spatheiſenſteinrhomboeder von Hüttenberg in Kärnthen nach
Karſten 77,5 F̶⃛e, 2,7 M̶⃛n, 14,5 Ḣ̶. Es iſt eben alles Brauneiſenſtein,
der mehr nach dem äußern Anſehen, als nach ſeiner chemiſchen Con-
ſtitution feſtgehalten werden muß. Afterkryſtalle von Brauneiſen nach
Gyps ſiehe Pogg. Ann. 78. 82.


[528]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Brauneiſenſtein.

6) Brauner GlaskopfF̶⃛e2 Ḣ̶3.


Sollte 85,3 F̶⃛e und 14,7 Ḣ̶ haben, wovon aber auch die meiſten
Analyſen nicht unweſentlich abweichen. Unter den Glasköpfen der häu-
figſte und ausgezeichnetſte. Er hat eine zarte dunkel nelkenbraune Faſer,
deren traubige, nierenförmige, ſtalaktitiſche ꝛc. Oberfläche aber meiſt ſchwärzer
gefärbt iſt, als das Innere, was wahrſcheinlich von einem etwas reichern
Mangangehalt herrührt. Das Metalliſche verräth ſich auch durch ein
ſtarkes Buntanlaufen, obgleich das Innere nur von einem ſchwachen
Seidenglanz ſchimmert. Die feinen Splitter ſchmelzen unter Funkenſprühen
in der innern Flamme zu einem magnetiſchen Korn. Es gibt ein reiches
leichtflüſſiges Roheiſen, was namentlich zur Stabeiſenbereitung ſehr brauch-
bar iſt. In Württemberg wird es in Gängen des Buntenſandſteins bei
Neuenbürg auf dem nördlichen Schwarzwalde gewonnen, und als das
beſte Erz des Landes Stahlerz genannt. Der Gehalt von 1,3 M̶⃛n wird
gern darin geſehen. Ganze Stücke mehrere Tage in Salzſäure gelegt,
hinterlaſſen öfter ein Kieſelſkelett, die Kieſelerde geht über 4 p. C. hinauf.
Nicht gern geſehen iſt die Phosphorſäure. Der Glaskopf bildet ſtets den
letzten Ueberzug auf der matten, poröſen, unreinern Erzmutter, und ver-
hält ſich daher wie die Kryſtalle zu ihrer Unterlage auf Gängen. Reich
iſt das Uebergangsgebirge, wo er häufig in breiten Klüften lagert: bei
Grund und Elbingerode auf dem Harze, Schmalkalden und Camsdorf
am Thüringer Walde, im Rheiniſchen Uebergangsgebirge auf dem Weſter-
walde. Reich ſind die Pyrenäen und Baskiſchen Provinzen, ſchon Plinius
hist. nat. 34. 43 erwähnt das. Da durch Verwitterung alles was Eiſen
enthält, die Neigung zeigt, ſich mit Waſſer zu verbinden, ſo muß ſchon
deshalb Eiſenoxydhydrat zu den verbreitetſten Eiſenerzen gehören. Auf
Elba hat ſich der Eiſenglanz, in Steiermark der Spatheiſenſtein darin
umgeſetzt.


7) Dichter Brauneiſenſtein. Der gewöhnliche iſt matt, mit
unvollkommenem ſplittrigem und unebenem Bruch, und einer Farbe, die
ſtellenweis ins Ochergelbe übergeht. So bildet er in unzähligen Abände-
rungen die Wurzel der Glasköpfe. Zuweilen kommen auch Stücke vor,
die ohne Spur von Faſer im Innern, doch äußerlich die Glaskopfober-
fläche zeigen. Man könnte öfter verſucht ſein, ſie für Afterbildungen von
wirklichen Glasköpfen zu halten. Seltener hat die Maſſe einen opalartigen
Glanz und Bruch


Glanzeiſenſtein (Stilpnoſiderit), ſie iſt ſpröde, und zeichnet ſich
auffallend von ihrer Umgebung aus. Einen Theil davon (Amberg) hat man


dichten Göthit genannt, weil er 86,2 F̶⃛e und 10,7 Ḣ̶ zeigte, der
meiſte hat jedoch mehr Waſſer. Ein kleiner Phosphorſäuregehalt, bis
3 p. C., fällt darin auf, die Ungariſchen ſind auch von Grüneiſenerde
durchzogen. Man muß ſie daher vorſichtig vom Triplit pag. 398 und
andern ihnen ſehr ähnlichen phosphorſauren Eiſenerzen unterſcheiden.
Uebrigens wiederholt ſich die ganz ähnliche Bildung im Wernerſchen Wieſen-
erz, wo das ſogenannte „muſchelige Wieſenerz“ ganz dem Glanz-
eiſenſtein gleicht. Hausmann hat dieſe jüngſten Bildungen unter dem
Namen Limonit zuſammengefaßt, Werner nannte ſie


[529]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Thoneiſenſtein.

Raſeneiſenſteine (Sumpfeiſenſteine). Sie ſind entſchieden ockerig,
aber in aller Weiſe verunreinigt. Man ſchreibt ſie F̶⃛e Ḣ̶2, was einen
Waſſergehalt von 18,7 p. C. vorausſetzen würde. Werner unterſchied in
der Ueberſetzung von Cronſtedt’s Mineralogie Wieſenerz, Sumpferz
und Moraſterz, aber mehr nach ihrer Formation, als nach ihrer Be-
ſchaffenheit, die unter Umſtänden bei allen dreien die gleiche ſein kann.
„Das Bruchwaſſer enthält eine Pflanzenſäure, welche es aus den nieder-
gefallenen Holzblättern, Wurzeln ꝛc. in ſich aufnimmt. Dadurch wird
das Waſſer geſchickt, die zerſtreuten Eiſentheile aus den Steinen, über
welche es fließt, über denen es ſteht, auszulaugen. Es führt dieſelben
in die niedrigſten Gegenden, wo das Bruchwaſſer meiſt ſtille ſteht, das
Eiſenerz häuft ſich dort an, und fällt nach und nach nieder. Davon
entſteht auf dem Boden der Brüche eine Schicht gelblich braunen Eiſen-
ockers (Moraſterz), die anfangs ſehr ſchwach iſt, aber durch die Länge
der Zeit immer ſtärker, wie auch feſter und feſter wird, und das Sumpf-
erz
ausmacht. Trocknen endlich die Brüche zu Wieſen aus, ſo erhärtet
auch der Eiſenſtein noch mehr, und wird zu Wieſenerze.“ Daß
Verunreinigungen aller Art darin vorkommen, namentlich Sand, das kann
bei der Art der Ablagerung nicht anders ſein. Klaproth wies darin ſogar
8 p. C. Phosphorſäure nach, was das Stabeiſen kaltbrüchig macht, in-
deſſen gibt es ein ſehr leicht flüſſiges zur Gießerei beſonders geſchicktes
Eiſen. Linné glaubt daher, daß es wegen ſeiner leichten Gewinnungs-
weiſe das erſte Eiſenerz geweſen ſei, woraus der Menſch es verſucht
habe darzuſtellen, und nannte es Tophus Tubalcaini. Die große
Nordeuropäiſche Niederung: Holland, das Münſterland, Pommern, die
Niederlauſitz, Preuſſen, Polen, Rußland ꝛc. ſind reich an dieſem Er-
zeugniß. Man gewinnt es nicht blos trocken als Wieſenerz, für deſſen
ſchönſtes Vorkommen Werner’s Geburtsort Wehrau in der Niederlauſiz
angeführt zu werden pflegt, ſondern man ſchöpft es als flüſſigen Moraſt
aus dem Grunde der Brüche, wo es ſich dann immer wieder nach 8—10
Jahren in hinlänglicher Menge erzeugt. Nach Ehrenberg nimmt auch die
Gallionella ferruginea einen weſentlichen Antheil an der Bildung.


Es würde zu weit gehen, wollten wir ſorgfältig, etwa wie Hausmann
im Handbuche der Mineralogie pag. 354—387, alle die kleinen Abwei-
chungen aufzählen, welche das ockerige Eiſenerz eingeht. Nur folgende
wenige können wir nicht mit Stillſchweigen übergehen:


Der gelbe Thoneiſenſtein hat eine ockergelbe Farbe, und iſt in
den verſchiedenſten Verhältniſſen durch Thon und Sand verunreinigt. Man
findet ihn beſonders ſchön in verſchiedenen Lagern der Flözgebirge. Häufig
zeigt er rundlich ellipſoidiſche Abſonderungen von Nuß- bis Kopfgröße
(Eiſennieren), die gewöhnlich in großer Menge ſich finden, wo ſie vor-
handen ſind (Brauner Jura). Der innere Kern iſt ſtets etwas lockerer,
ſondert ſich auch wohl ganz ab, und dann klappern die Steine. Das ſind
die im Alterthum ſo berühmten


Adlerſteine, Aetites Plinius 36. 39, magnam famam habent, re-
periuntur in nidis aquilarum. Ajunt binos inveniri, marem et feminam.

„Im Bauche haben ſie einen harten Stein, oder einen zarten Thon, daß
es klappert, wenn man ſie ſchüttelt.“ Noch heute hat die Bildungsweiſe
Quenſtedt, Mineralogie. 34
[530]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Bohnenerz.
etwas Auffallendes. Die Dicke der Rinde beträgt nur wenige Linien,
und beſteht bei denen jüngerer Formationen häufig aus Quarzſand, der
durch eingeſickertes Brauneiſen cämentirt wurde. In den ſchaaligen Bohnen-
erzen der Alp findet man ſtellenweis ſehr ſchöne.


Bohnenerz gleicht in ſeiner vollkommenſten Bildung runden Erbſen,
die innen aus mehreren concentriſchen Lagen beſtehen, und zwar ſo regel-
mäßig, daß beim Daraufſchlagen ſich immer kleinere Erbſenformen mit
glänzender Oberfläche herausſchälen, nur der innerſte Kern iſt etwas ver-
worren, und auch dieſer nicht bei allen. Nur die ſchlechten ſind innen
hohl und locker, wie Adlerſteine, aber wahrſcheinlich auch nur in Folge
von Umbildung. Solche regelmäßige Körner wachſen und fließen zwar
zu compakten bis Centnerſchweren Erzklumpen mit unregelmäßiger Rundung
zuſammen, allein man erkennt darin häufig die einzelnen concentriſch ſcha-
ligen Körner wieder, woraus ſie entſtanden. Alles liegt in einem intenſiv-
gefärbten oder gelben thonigen Lehm, der vor der Benutzung abgeſchlemmt
werden muß. Das Ganze erinnert zu lebhaft an Erbſenſteinbildung pag. 337,
als daß man ihre Entſtehung anders erklären dürfte, wenn es auch heute
da, wo ſie lagern, an Quellen fehlt. Sie finden ſich beſonders aus-
gezeichnet auf dem Jurakalk in Deutſchland und Frankreich, erfüllen hier
entweder ſehr unregelmäßige Spalten, die erſt durch die Waſſer aus-
gefreſſen ſind, in welchen ſie lagern, oder bilden Lager, die ſich in flachen
Vertiefungen nach Art des Lehms ausbreiten. In den Spalten werden
ſie gern von ſtrahligem Kalkſpath begleitet. Stellenweis ſind die Erze
ſelbſt reiche Fundorte für foſſile Säugethiere. Schon länger iſt in Süd-
wie Norddeutſchland ein kleiner Chromgehalt nachgewieſen (Pogg. Ann.
55. 633), ſeltener ein kleiner Gehalt an Vanadium. Daß auch Zink und
Titan darin enthalten ſein muß, beweiſen die Hüttenprodukte. Schon
Klaproth (Beitr. IV.128) hat das „Eiſen-Bohnenerz“ aus dem Högau
analyſirt, was im obern weißen Jura lagert: 53 F̶⃛e, 14,5 Ḣ̶, 23 S⃛i,
6,5 A̶⃛l, 1 M̶⃛n. Meiſt bildet die Kieſelerde mit der vorhandenen Thonerde
Thon, welcher mechaniſch hineingeführt ſein dürfte. Walchner (Schweig-
ger’s Journ. 51. 209) hat gefunden, daß die Bohnenerze aus dem Al-
dinger Stollen, in welchem der rothe Kugeljaſpis pag. 175 lagert, mit
Säure gelatiniren, ein Theil der Kieſelerde müßte daher an Baſen ge-
bunden ſein. Es iſt das übrigens ein ganz beſonderes Vorkommen, welches
ſchon im Ausſehen der Bohnen von denen des Jurakalkes abweicht.


Sind die Bohnen innen hart und nicht ockerig, ſo liefern ſie 30—36
p. C. eines leicht flüſſigen Eiſens. In Württemberg gewinnt man allein
150,000 Ctr. alljährlich, beſonders in der Umgegend von Nattheim und
Tuttlingen. Auch der franzöſiſche Jura, Haute Saone, Berry ꝛc. iſt
reich daran.


Der gelbe Eiſenoolith im obern braunen Jura beſteht aus kleinen
runden concentriſch ſchaaligen Kugeln oder zuſammengedrückten Linſen,
welche in einen mergeligen Kalk eingeſprengt ſind. Manche Schichten ſind
ſo reich (Schicht des Ammonites macrocephalus bei Geiſingen an der
Donau), daß ſie verſchmolzen werden können. Es iſt das aber nicht ſo
gewöhnlich, als bei dem rothen oolithiſchen Thoneiſenſtein. Im Tertiär-
gebirge
(am Kreſſenberge bei Traunſtein in den Bayeriſchen Alpen)
ſind die Körner ſchwärzlichbraun, gehen ſogar in’s Grün, was von Ver-
[531]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Manganerze.
unreinigung herrührt. In der Kreideformation der Alpen kommen grünlich
ſchwarze bis grüne Oolithe vor, die mit Säure eine Kieſelgallerte geben.
Am Berge Chamoiſon bei St. Maurice im Wallis werden dieſe auch auf
Eiſen benutzt (Chamoiſit). Die Analyſe gab 60,5 Eiſenoxydul, 17,4 Waſſer,
14,6 S⃛i und 7,8 A̶⃛l. Es gibt noch andere ſolcher oolithiſchen Körner
verſchiedener Zuſammenſetzung, aus denen man Eiſen gewinnt, und die
wegen ihres Waſſergehaltes und ihrer Kornbildung hier ihre Stelle finden.


Brauneiſenocker iſt der erdige zerreibliche Zuſtand, von intenſiv
gelber Farbe, aber meiſt verunreinigt durch Thon. Schließt ſich an die
Gelberde an, dieſe brennt ſich aber roth, während der ächte Ocker ſich
noch ſchwarz brennt in Folge des Eiſenreichthums.


b) Manganerze.


Ihr Vorkommen iſt viel beſchränkter, als das der Eiſenerze. Doch
ſollen Geſchiebe Amerikaniſcher Flüſſe beſonders an Waſſerfällen ſich mit
einer glänzenden Schicht von Braunſtein bedecken. Die Quell- und Hu-
musſäure löſen das Ṁn, das ſich an der Luft dann oxydirt (Silliman’s
Amer. Journ. 1852. XIII.9). Der Hauptſache nach ſind ſie auf ſchmale
Gänge und Neſter beſchränkt, welche im rothen Porphyr und deſſen Sand-
ſteinen am liebſten mit Schwerſpath aufſetzen. Kleinere Mengen finden
ſich häufig in Begleitung von Brauneiſenſtein. Die Farben aller oxydiſchen
Manganerze ſind ſchwarz. Wenn die verſchiedenen Oxydationsſtufen lange
den Einflüſſen der Luft ausgeſetzt ſind, ſo gehen ſie in ſchmutzendes Man-
ganſuperoxyd (Ṁn) über, daher das Unbeſtimmte im Sauerſtoffgehalt.
Sie ſind unſchmelzbar, und die höhern Oxydationsſtufen löſen ſich unter
Entwickelung von Chlor in Salzſäure. Im Oxydationsfeuer bekommt
man ein ſchönes amethyſtblaues Glas, das in der Reduktionsflamme
farblos geblaſen werden kann, wenn man nur wenig Manganerz zugeſetzt
hatte. Spuren entdeckt man mit Soda in der äußern Flamme: es ent-
ſteht Manganſaures Natron, das grünlich ausſieht.


Der alte bergmänniſche Name für die Haupterze iſt Braunſtein,
wahrſcheinlich weil ſie in der Töpferei eine braune Glaſur geben. Mag-
nesia nigra
iſt der alte chemiſche Name, und ſchon Plinius hist. nat. 36. 66
ſcheint die Anwendung zum Entfärben des Glaſes zu kennen, wenn er
ſagt, daß der ſchlaue Scharfſinn bald nicht zufrieden war, nitrum zum
Glasſatz zu miſchen, ſondern coeptus addi et magnes lapis. Auch das
von manganizo (reinigen) abgeleitete Wort deutet darauf.


1. BraunmanganM̶⃛n Ḣ̶.


Nach ſeinem braunen Strich genannt. Dem Brauneiſen F̶⃛e Ḣ̶ genau
entſprechend, wornach der Name leicht behalten wird. Werner vermiſchte
die Sache noch, aber nannte dieſes vorzugsweis blättrigen grauen
Braunſtein
. Erſt Haidinger (Pogg. Ann. 7. 225 und 14. 199) unter-
ſchied es richtig unter dem neuen Namen Manganit. Es iſt nicht nur
das gewöhnlichſte, ſondern auch das ſchönſte unter den Manganerzen.
Nimmt aber leicht Sauerſtoff auf, und verliert dadurch an Glanz.


34*
[532]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Braunmangan.

2gliedrig und iſomorph mit Brauneiſen, aber Kryſtalle ſchöner
und immer vorhanden, wo es auftritt. Die geſchobene Säule M = a :
b
: ∞c 99° 40′ in der vordern Kante, gewöhnlich durch Längsſtreifen
ſtark entſtellt. Ihr blättriger Bruch tritt mehr oder weniger deutlich
hervor. Dagegen ſtumpft ein leicht darſtellbarer Blätterbruch b : ∞a : ∞c
die ſcharfe Säulenkante ab, alſo genau wie beim Brauneiſen. Am Ende

[figure]

herrſcht die Gradendfläche o = c : ∞a : ∞b
mit Streifungen parallel der Axe b vor, was
zu einem Paare d = a : c : ∞b mit 114°
10′ in c führt, woraus
a : b = 1,5489 : 1,8354 =
lga = 0,19011, lgb = 0,26373.
Auch ein drittes zugehöriges Paar e = b :
c
: ∞a mit 122° 50′ in c kommt ſehr be-
ſtimmt vor, nach ihm richten ſich die ſo häufigen Zwillinge, welche e
gemein haben und umgekehrt liegen, ſich daher unter 122° 50′ mit den
Säulenſtreifen ſchneiden. Oefter meint man zwar wegen der vielen un-
beſtimmten Säulenflächen, das Paar ſei nicht gerade auf die ſcharfe
Säulenkante aufgeſetzt, aber wenn man vorſichtig den Blätterbruch B dar-
ſtellt, ſo fällt er genau in die Kante e/e, alſo kann es nur ein Paar
aus der Zone der Axe a ſein.


In der Säulenzone findet ſich öfter s = a : ⅔b : ∞c mit 76° 37′
vorn, und ſo ſtark ausgedehnt, daß man leicht Axe a für b nehmen kann,
allein die Streifung auf der Gradendfläche parallel b und der blättrige
Bruch B leiten. Denn nach Haidinger ſoll zwar die Abſtumpfungsfläche
der ſtumpfen Säulenkante a : ∞b : ∞c auch etwas blättrig ſein, aber
jedenfalls undeutlich. r = a : 2b : ∞c die ſtumpfe Säulenkante und
l = a : ½b : ∞c die ſcharfe zuſchärfend machen die Erkennung der Säulen-
flächen unſicher. Als Endigung findet ſich in der Diagonalzone von

[figure]

d häufig ein ſehr ſtumpfkantiges Oktaeder g = a :
c : 3b
mit 162° 39′ in der vordern Endkante,
durch ſein oscillatoriſches Auftreten erzeugt es
ſtarke Streifen auf d. Daneben in der Ecke liegt
in der gleichen Diagonalzone n = a : c : ½b, wie
man leicht aus dem ſtumpfen Winkel ſieht, den
ſie auf M mit der ſcharfen Säulenkante macht.
Das ſogenannte Grundoktaeder P = a : b : c
kommt faſt nicht vor, in günſtigen Fällen als
eine feine Abſtumpfung der Kante g/n. Dagegen
tritt m = ½a : ½b : c mit der ſeitlichen Endkante von n/n und der Seiten-
kante von P/P in eine Zone fallend recht beſtimmt wenn auch klein auf.
Am intereſſanteſten jedoch iſt eine hemiedriſche Fläche c = \frac{5}{3}a : ⅚b : c,
die mit der horizontalen Kante l/n in eine Zone fällt. Ihre Lage in den
abwechſelnden Quadranten ergibt wie beim Bitterſalz pag. 440 ein zwei-
gliedriges Tetraeder. Haidinger bildet ſogar Zwillinge ab, worin beide
Individuen ſämmtliche Flächen gemein haben, nur in Beziehung auf die
Tetraidflächen c liegen ſie dergeſtalt umgekehrt, daß dieſe c Flächen ſich
zu einem vollſtändigen Oktaeder ergänzen. Alle dieſe ſchönen Kryſtalle
[533]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Graumangan.
finden ſich zu Ihlefeld am Harz, wo ſie mit Schwerſpath Gänge im
Porphyrgebirge bilden.


Eiſenſchwarz, je veränderter deſto ſtahlgrauer. Röthlich brauner
Strich. Stärkſter Metallglanz unter den Manganerzen. Härte 4, Ge-
wicht 4,3.
M̶⃛n Ḣ̶ mit 89,8 M̶⃛n und 10,2 Ḣ̶.
Unſchmelzbar, gibt aber 3 p. C. Sauerſtoff ab, indem es ſich in rothes
Oxyd (Ṁn M̶⃛n) verwandelt. Ihlefeld, Ilmenau, Neukirchen im Elſaß,
Neuenbürg auf dem Württembergiſchen Schwarzwalde, Graham bei Aber-
deen ꝛc. Verwandelt ſich aber leicht durch Aufnahme von Sauerſtoff in


2. GraumanganM̈n.


Nach ſeinem ſchwarzgrauen Strich genannt, vorzugsweis unter Wer-
ner’s ſtrahligem grauem Braunſtein begriffen, Hausmann’s Weich-
braunſtein, weil er abfärbt. Von den Franzoſen Savon de verriers (de
l’Isle Criſtall. III.89) genannt, weil er wegen ſeines Sauerſtoffreichthums
beſonders ſich eignet, das Glas von der durch kohlige Subſtanzen oder
Eiſenoxydul erzeugten braunen oder grünen Farbe zu befreien. Haidinger
(Pogg. Ann. 14. 204) nannte ihn deshalb Pyroluſit, von πῦρ Feuer,
λούω waſche.


Afterkryſtalle nach Braunmangan häufig, ächte Kryſtalle finden ſich
meiſt mit Brauneiſenſtein zuſammen in kurzen Säulen, deren Winkel ſich
aber nicht ſcharf beſtimmen laſſen. Die erſten maß Haidinger aus dem
Brauneiſen von Eiſerfeld bei Siegen, ſie finden ſich ferner ſchön bei
Hirſchberg in Weſtphalen und Platten in Böhmen, beſonders aber zu
Schimmel und Oſterfreude bei St. Georgenſtadt im Erzgebirge. Die an-
nähernden Winkel betragen in der Säule M = a : b : ∞c 93° 40′ (92° 52′
Breithaupt), deren ſtumpfe Kante durch a = a : ∞b : ∞c und deren ſcharfe
durch b = b : ∞a : ∞c gerade abgeſtumpft wird, alle vier etwas blättrig
aber ſtark faſerig. Außer der Gradendfläche P = c :
a : ∞b findet ſich auf die ſcharfe Kante aufgeſetzt
ein Paar d = b : c : ∞a 140° in c, was man
zwar durch eine Annahme von 2b : c : ∞a auch
dem Braunmangan annähern könnte, doch ſcheint es

[figure]

eine beſondere Kryſtalliſation zu ſein. Namentlich ſcheint es auch aus
der Eigenthümlichkeit der Blätterung und Verſchiedenheit der Farbe her-
vorzugehen, mit welcher ſie ſich z. B. bei Elgersburg an ein und dem-
ſelben Handſtücke von dem in Graumangan verwandelten Braunmangan
unterſcheiden.


Eiſenſchwarz, aber lichter grau als Braunmangan, und mit gerin-
gerem Glanz. Graulich ſchwarzer Strich. Härte 2, ſtark abfärbend,
Gew. 4,9.
M̈n, Manganſuperoxyd,
unſchmelzbar, verwandelt ſich in der Hitze in Ṁn M̶⃛n, und gibt dabei
12 p. C. Sauerſtoff ab. Ein geringer Waſſergehalt 1—2 p. C. rührt
wahrſcheinlich vom Braunmanganerz her.


Die langſtrahligen bis feinfaſrigen Abänderungen, wie man ſie z. B.
[534]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Harimangan.
zu Oehrenſtock und Elgersburg bei Ilmenau, Friedrichsrode, Reinwege ꝛc.
am Thüringer Wald findet, ſind ohne Zweifel verändertes Braunmangan,
nicht ſelten haben auch dicke Kryſtalle innen noch einen braunen, dagegen
außen ſchon einen grauen Strich. Solches ſtrahliges Erz ſcheidet ſich in
kleinen Mengen auch im Brauneiſenſtein (Neuenbürg, Siegen) oder ver-
witterten Spatheiſen (Hüttenberg) aus. Beſonders intereſſant iſt das
Vorkommen in Centralfrankreich (Dufrénoy Traité Miner. II.415), wo
Geſteine mit Pyroluſit und Pſilomelan einen Gürtel um das kryſtalliniſche
Urgebirge machen, die Juraformation lagert ſich an, und beide werden
durch einen Sandſtein (Arkoſe) getrennt. Die Manganerze ſchweifen nur
neſterweis begleitet von Schwerſpath auf der Gränze herum, bald aus
dem Urgebirge durch die Arkoſe ins Flözgebirge und umgekehrt tretend.
Wie der Schwerſpath, ſo kann auch das Manganerz erſt ſpäter einge-
drungen ſein. In den Eiſengruben von Beauregard (Dep. Yonne) ſind
die Liasmuſcheln, beſonders die dickſchaligen Thalaſſiten, in Eiſenglanz
verwandelt, der von Manganerz begleitet wird. Die Grube von Roma-
nèche bei Mâcon iſt ein Tagebau im Porphyr, der 60′ tief mitten im
Ort hinabgetrieben wird, und darauf lagert ſich dann der untere Lias.
Zu St. Chriſtoph (Cher Dep.) iſt die Arkoſe förmlich mit Manganerz
geſchwängert. Zu St. Martin de Freſſengas bei Thiviers kommt das
Erz in Knoten und kleinen Gängen im untern Oolith bis in den Gneis
hinab vor. Delanoue glaubt daher, daß das Mangan in der Oolithen-
formation abgelagert, und dann erſt durch Löſung und Schwemmung den
tiefern Schichten zugeführt wurde. Das Manganerz von Nontron (Dor-
dogne) auf Lias enthält etwas Kobalt, den man mit Nutzen herausziehen
kann.


Graumangan iſt das gewöhnlichſte und techniſch wichtigſte, gerade
weil es ſo leicht durch Oxydation entſteht. Phillips


Varvicit von Warwickſhire, ſpäter auch von Ihlefeld und Leyſa
in Heſſen erinnert durch ſeine kurzſtrahlige Blättrigkeit zwar an das kry-
ſtalliniſche Graumangan, allein nach der Analyſe will man M̈n + M̶⃛n H̶
annehmen, und nach Breithaupt (Pogg. Ann. 61. 187) ſoll es entſchieden
nur verändertes Braunmangan ſein. Die ſehr deutlichen Afterkryſtalle
von Oehrenſtock in Dreikantnern von Kalkſpath ſind durch mechaniſche Er-
füllung von ſtrahligem Braunmangan entſtanden, das ſich dann ſpäter
in Graumangan verwandelte. Um Verwechſelungen zu vermeiden, nannte
Breithaupt die Kryſtalle von Platten Polianit (πολιίς grau).


3. HartmanganM̶⃛n.


Brachytypes Manganerz Mohs Pogg. Ann. 7. 234, Braunit Hai-
dinger Pogg. Ann. 14. 203. In großer Menge zu Oehrenſtock bei Ihle-
feld im Porphyr brechend. Kleine viergliedrige Oktaeder, die man aber
von regulären im Anſehen nicht unterſcheiden kann, Endkanten 109° 53′
und Seitenkanten 108° 39′, alſo nur wenig ſtumpfer als das reguläre
Oktaeder. Die Flächen meiſt gekrümmt und etwas blättrig.


Schwarz und viel dunkeler als die genannten. Das Pulver ein
Stich ins Roth. Unvollkommener Metallglanz. Härte 6—7, daher unter
allen Manganerzen das härteſte, Gew. 4,8.


[535]IV. Cl. Oxyd. Erze: Scharfmangan.

Unſchmelzbar, beſteht aus Manganoxyd M̶⃛n, durch 2,6 Baryterde ver-
unreinigt. Es fällt bei dieſer Zuſammenſetzung allerdings auf, daß es
nicht mit Eiſenglanz iſomorph iſt, da Mangan das Eiſen doch ſo häufig
vertritt, Herrmann will es daher als Ṁn M̈n betrachtet wiſſen. Ihlefeld,
Leimbach, St. Marcel (Marcelline).


4. ScharfmanganṀn M̶⃛n.


Schwarzer Braunſtein Werner’s, die ſcharfe Form des Okta-
eders ſchon von Hauy (Traité IV.266) erkannt, daher von Mohs pyra-
midales Manganerz genannt, Haidinger ſchlug den Namen Hausmannit
vor, Hausmann ſelbſt nennt es aber Glanzbraunſtein.


Viergliedrige Oktaeder 105° 25′ in den Endkanten
und 117° 54′ in den Seitenkanten, gibt a = .
Quer gegen die Hauptaxe, alſo parallel einer Grad-
endfläche c : ∞a : ∞a iſt es deutlich blättrig. Auch
das nächſte ſtumpfere Oktaeder a : c : ∞a und ein drei-
fach ſtumpferes a : a : ⅓c kommt untergeordnet vor. Häufig
und höchſt auszeichnet ſind Zwillinge, welche die
Fläche des nächſten ſtumpferen Oktaeders gemein haben

[figure]

und umgekehrt liegen. Man darf das Oktaeder
nur in einer 2 + 1gliedrigen Säulenſtellung
nehmen und parallel dieſer ſtumpfen Säulen-
kante von 117° 54′ in der Mitte durchſägen,
und die beiden Hälften um 180° gegeneinander
verdrehen, ſo kommt ein Schwalbenſchwanz-
zwilling ähnlich dem Gyps, nur daß die ſcharfe
Säulenkante o1/o2 nicht abgeſtumpft iſt, wohl
aber ſind die ſämmtlichen Flächen dieſer Säule
in beiden gemein, während die Augitpaare 1/2
unter 165° 38′ und ihre Mediankante oben

[figure]

unter 161° 38′ einſpringen. Eine förmliche 2 + 1gliedrige Ordnung.
Gewöhnlich ſind es Fünflinge, indem an ein mittleres Hauptindividuum
(1) ſich 4 Nebenindividuen lagern (2—5). Sie erſcheinen wie ein Ok-
taeder mit eingeknickten Kanten von 161° 38′, und dreimal eingeknickten
Flächen, wovon zwei an der Zwillingsgränze (12, 13, 14, 15) 165° 32′
betragen, während die Nebenindividuen 2—5 untereinander ſich nicht be-
rühren, ſondern in der geknickten Oktaederfläche (23, 34, 45, 52) einen
Winkel von 22\frac{1}{2}° offen laſſen, der ſich aber mit Maſſe ausfüllt. Die
ganze nicht gezeichnete Unterſeite geht reſpektive den Flächen von 1 parallel,
da je zwei Flächen der Nebenindividuen mit zweien des Hauptindividuums
parallel gehen müſſen, vermöge des Zwillingsgeſetzes.


Pechſchwarz mit röthlich braunem Strich und unvollkommenem Metall-
glanz. Härte 5, Gew. 4,7, iſt alſo leichter als Hartmangan, obgleich
es weniger Sauerſtoff hält.


Ṁn M̶⃛n von der Zuſammenſetzung des Magneteiſens, aber doch da-
mit nicht iſomorph, deshalb wollte es Herrmann als 2 M̈n anſehen.
Ilmenau und Ihlefeld. Daubrée hat es künſtlich aus Manganchlorür mit
Waſſerdampf in der Rothglühhitze dargeſtellt.


[536]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Schwarzer Glaskopf, Braunſtein.

5. Schwarzer Glaskopf.


Schwarzeiſenſtein Werner, untheilbares Manganerz Mohs, Pſilo-
melan Haidinger, von ψιλός kahl, μελάς ſchwarz. Ein Manganglaskopf,
mit traubiger und nierenförmiger Oberfläche, aber innen nicht faſerig,
ſondern mit Jaſpisbruch. Der Strich hat etwas Glanz. Bläulichſchwarze
Farbe, Härte 5—6, Gew. 4.


Unſchmelzbar. Es ſcheint keine beſtimmte chemiſche Verbindung zu
ſein, was den dichten Zuſtand erklärlich macht. Nimmt man das Mangan
als rothes Oxyd (Ṁn M̶⃛n), ſo bleibt noch ein Ueberſchuß an Sauerſtoff.
Turner (Pogg. Ann. 14. 225) analyſirte den von Schneeberg und Roma-
nèche und fand 69,8 rothes Oxyd, 7,3 Sauerſtoff, 16,4 Baryterde, 6,2 Ḣ̶,
Rammelsberg (Pogg. Ann. 54. 556) möchte daraus die Formel
(Ṁn, Ḃa) M̈n2 + Ḣ̶
konſtruiren. Auffallender Weiſe fand Fuchs in einem vom Fichtelgebirge
keine Baryterde, ſondern 4,5 Kali, was nach dem Glühen mit Waſſer
herausgezogen werden kann. Der von Horhauſen im Siegenſchen hat 3 K̇a.


Er gehört zu den verbreitetſten Manganerzen, namentlich gern mit
Brauneiſenſtein (Neuenbürg), manche Abänderungen ſind vielfach von fa-
ſerigem Graumangan durchzogen. Die Schneeberger zeichnen ſich durch
beſondere Schönheit und Tiefe der Einſchnitte aus. Durch Verwitterung
überziehen ſie ſich mit einer nelkenbraunen Schicht, die man unter dem
Namen


Wad begreift. Die ganz verwitterten Stücke ſind färbend, aber
ſchwimmend leicht. Turner wies in mehreren etwas Baryterde nach, was
auf den Urſprung von ſchwarzem Glaskopf deutet, auch zeigen derbe
Stücke noch die Glaskopfſtruktur. Er beſteht im weſentlichen aus M̈n Ḣ̶,
wie Berthier’s Groroilit von Groroi (Dep. Mayenne). Der


Manganſchaum hat mehr Glanz und mehr Roth, er überzieht
den Brauneiſenſtein (daher auch Brauneiſenrahm genannt). Schwarzes
erdiges Manganerz findet man gar häufig in Eiſengruben, in den
Bohnenerzen, als Zerſetzungsprodukt ſaliniſcher Eiſenerze ꝛc. Naß ſind
ſie ſchmierig. Man vergleiche hier auch den ſchwarzen Erdkobalt
und das Kupfermanganerz von Kamsdorf (Pogg. Ann. 54. 547),
den Crednerit von Friedrichsrode Ċu3 M̶⃛n (Pogg. Ann. 74. 561).


Vorſtehende Manganerze kommen entweder als reine Erzſtufen oder
auf Mühlen zu Pulver geſtoßen, als Braunſtein in den Handel. Ihr
Werth hängt lediglich von dem Sauerſtoffgehalt ab. Doch ſollen die
beſten Braunſteinſorten nur 89—92 p. C. M̈n enthalten. Der Ctr. koſtet
etwa 1 Rthlr. Sie dienen zur


1) Darſtellung des unreinen Sauerſtoffs. Man glüht
ſie, das reine Superoxyd gibt dann ein Drittel ſeines Sauerſtoffs ab,
alſo Mn6 + O12 werden Mn6 + O8 = Mn3 + O4 = Ṁn M̶⃛n (rothes
Oxyd). Daraus folgt, daß Scharfmangan gar keinen Sauerſtoff, Hart-
und Braunmangan dagegen \frac{1}{9} abgeben.


2) Darſtellung des Chlors. Man miſcht in Fabriken 2 Na C̶l
+ 2 S⃛ Ḣ̶ + M̈n
, es bildet ſich dann 2 Ṅa S⃛ + 2 C̶l H̶, letztere Salz-
[537]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Zinnſtein.
ſäure zerſetzt das Manganſuperoxyd, es wird von 2 Ḣ̶ + Mn C̶l + C̶l
das eine Atom Chlor frei.


3) Entfärbung des Glaſes. Eiſenoxydul färbt ſtärker als
Eiſenoxyd, umgekehrt Manganoxyd ſtärker als Manganoxydul. Hat man
daher im Glaſe Ḟe2 + M̶⃛n, ſo ſetzt ſich das in F̶⃛e + M̶̈n um, welche
beide weniger färben. Ebenſo werden kohlige Theile, die braun färben,
zerſtört.


Als Manganhaltige Foſſile hatten wir oben Manganepidot pag. 234,
Mangangranat pag. 230, Mangankieſel pag. 215, Helvin pag. 313,
Manganſpath pag. 346, Braunſpath ꝛc., Franklinit pag. 517. Auch
Wolfram, Hauerit haben einen weſentlichen Mangangehalt.


c) Zinnerze.


Ihr Vorkommen iſt ſehr beſchränkt. Denn abgeſehen vom Zinnkies
F̍e2 S̎n + C̶̍u2 S̎n, gibt es kaum noch etwas Wichtiges außer dem Oxy-
diſchen Erz. Kleine Mengen im Olivin pag. 219, Euklas pag. 265,
Manganepidot pag. 235, in den Tantalerzen, im Saidſchützer Bitter-
waſſer und in Quellen-Niederſchlägen ſind zwar gefunden, doch beweist
das nur, daß auch die Verbreitung des Zinns eine große iſt.


Zinnſtein.


Schlechthin Zinnerz, weil es das einzige iſt, woraus das Zinn ge-
wonnen wird. Zinnzwitter, Zinngraupen der Bergleute. Schon von den
Phöniciern und Römern gekannt. Étain oxidé, Oxyde of Tin.


Viergliedrig und iſomorph mit Rutil. Das Oktaeder s = a :
a : c
hat 121° 35′ in den End- und 87° 17′ in den Seitenkanten, folglich
a = .
Das nächſte ſtumpfere Oktaeder P = a : c : ∞a iſt gewöhnlich durch
Streifung entſtellt, aber dennoch gieng Hauy von ihm aus, zumal da er
meinte, Spuren von Blätterbrüchen daran entdeckt zu haben. Die erſte
quadratiſche Säule g = a : a : ∞c iſt immer da, und ihr entſprechen
wenn auch undeutliche Blätterbrüche, ſchmaler pflegt die 2te Quadratiſche
Säule l = a : ∞a : ∞c zu ſein. Eine Abſtumpfung zwiſchen beiden
Säulen g/l iſt r = ½a : ⅓a : ∞c, und ein Vierkantner zwiſchen P/g z =
½a : ⅓a : c kommt häufig in Cornwallis vor. Das ſogenannte Needle Tin
von Polgooth im grünen Chlorit der dortigen Zinnſteingänge zeigt blos
die achtſeitige Säule r mit dem Vierkantner z in der Endigung (Dufrénoy).
Eine Fläche i = a : c : 3a ſtumpft die Kante P/s ab. Zu Monte del
Rey in Spanien [findet] ſich ſogar die Gradendfläche c = c : ∞a : ∞a.
Phillips gibt noch viele andere Flächen an. Namentlich iſt die Säulen-
zone oft ſtark entwickelt. In England finden ſich zwar
einfache Kryſtalle, aber vorherrſchend ſind, wie im Erz-
gebirge, die Zwillinge, dieſelben haben eine Fläche
des nächſten ſtumpfern Oktaeders gemein, und liegen
umgekehrt. Die Hauptaxen c beider Individuen (alſo
auch die Säulenkanten) ſchneiden ſich unter 112° 1′.

[figure]

[538]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Zinnſtein.
Eine Fläche l der 2ten Säule wird zur Medianebene, ſie ſpiegelt in beiden
ein. Die erſte Säule herrſcht gewöhnlich, doch ſo daß die Oktaeder s
und P noch einſpringende Winkel (Viſir) machen können, daher heißt ſie
der ſächſiſche Bergmann Viſirgraupen, die Viſirkante s/s′ ſpringt 136°
einwärts. Das Viſir kann jedoch auch ganz verſchwinden, namentlich
wenn ſich die zweite Säule ſtark ausdehnt, höchſtens daß eine kurze
Streifung die Stelle der einſpringenden Winkel noch andeutet. Es ent-
ſtehen dann wie beim Rutil knieförmige Kryſtalle, das Knie macht mit
ſeinen Kanten immer 112° 1′. Bei den Viſirgraupen wächſt gewöhnlich
ein Individuum durch, man kann das leicht für Drillinge halten, allein
das Einſpiegeln ſämmtlicher Flächen läßt das wahre Sachverhältniß bald
erkennen. Es kommen freilich auch Drillinge, Vierlinge ꝛc. vor, es iſt
aber in dieſer Mehrzahl nichts Geſetzliches.


Unvollkommener Metallglanz in den Fettglanz ſich neigend. Im
reflektirten Licht ſind die Sächſiſchen ſchwarz, auf Sprüngen ſcheinen ſie
aber gelblichroth, wie Colofonium, durch. Die Engliſchen zeigen häufig
ganz die Colofoniumfarbe, welche ſich ſogar bis zum faſt farbloſen ſteigern
kann. Daher geben ſelbſt die dunkelſten fein geſtoßen ein lichtaſchgraues
Pulver. Kleinmuſcheliger Bruch. Härte 6—7, noch etwas härter als
Hartmangan, daher unter den oxydiſchen Erzen das härteſte. Gew. 6,97,
aber gewöhnlich etwas leichter.
Zinnoxyd S̈n mit 78,6 Zinn und 21,4 Sauerſtoff,
ſchon Klaproth Beitr. II.245 kam zu dieſem Reſultate ſehr annähernd.
Eiſenoxyd, Manganoxyd und etwas Kieſelerde ſind die gewöhnlichen Ver-
unreinigungsmittel, zu Finbo auch Tantalſäure. Vor dem Löthrohr iſt
er für ſich unveränderlich, auf Kohle in gutem Reductionsfeuer gibt er
ein Zinnkorn, beſonders auf Zuſatz von Soda. Berzelius lehrte zwei
iſomere Zuſtände des Zinnoxydes kennen (Pogg. Ann. 75. 1): eines iſt
ſelbſt in kalter Salpeterſäure löslich, das andere aber unlöslich. Zur
unlöslichen gehört der Zinnſtein, der hartnäckig allen Säuren widerſteht,
Klaproth mußte ihn daher mit Aetzkali im Silbertiegel aufſchließen. Dau-
brée will durch Zerſetzung des Zinnchlorids mittelſt Waſſerdampf 2gliedrige
Kryſtalle erhalten haben. G. Roſe ſetzt dieſelben zur Form des Brookits.


Das Vorkommen des Zinnſteins gehört zu den älteſten, denn wenn
mit ihm andere Erzgänge, wie z. B. in Cornwallis die Kupfererzgänge,
zuſammen vorkommen, ſo durchſetzen und verwerfen ſie die Zinnſteingänge.
Der Zinnſtein ſelbſt bricht meiſt nur auf ſchmalen Gängen, die kein be-
ſtimmtes Streichen einhalten, ſondern das Gebirge in kleinen Trümmern
netzförmig durchſchwärmen. Man muß daher das ganze Geſtein abbauen,
was zuweilen nicht mehr als ⅓ p. C. Erz enthält. Solche Baue, etagen-
förmig übereinander geführt, heißen Stockwerke, daher Zinnſtockwerke. Da
man jedoch, um den Einſturz zu hindern, große Mittel ſtehen laſſen muß, ſo
gewinnt man z. B. auf der Carclaze-Grube bei St. Auſtle das Zinnerz gerade-
zu in großen offenen Tagebauen (Pingen). Dieſe Art der Vertheilung hat
der Zinnſtein mit dem Golde gemein, wo die Natur daher die Zertrüm-
merung und Auswaſchung übernommen hat, da erzeugten ſich die ſoge-
nannten Zinnſeifen, die ohne Zweifel zuerſt auf die Entdeckung des
Erzes geführt haben. Schon Plinius 34. 47 ſagt ausdrücklich gigni in
Gallaecia summa tellure arenosa, lavant eas arenas metallici, et quod

[539]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Zinnſtein.
subsidit, coquunt in fornacibus. Begleiter des Zinnſteins ſind Quarz,
Wolfram, Tungſtein, Topas, Apatit, Arſenikkies, Lithionglimmer, Turma-
lin, Flußſpath ꝛc.


1. Kryſtalliniſcher Zinnſtein. Das iſt bei weitem der häu-
figſte. Im Erzgebirge werden jährlich etwa 4000 Ctr. Zinn erzeugt. Die
Hauptpunkte ſind a) Böhmiſch und Sächſiſch Zinnwalde, wo das Erz
in ein körniges Quarzgeſtein (Greiſen) eingeſprengt iſt, nördlich dabei die
berühmten Altenberger Stöcke, im Feldſpathporphyr, aber die Gänge zer-
ſetzten das Geſtein zu einem harten Quarz. Am ſüdlichen Abhange des
Erzgebirges Graupen (Zinngraupen) nordöſtlich Teplitz. b) Ehrenfrieders-
dorf und Geyer zwiſchen Chemnitz und Annaberg liegen ſtark nördlich vom
Kamme des Erzgebirges, hier Gänge im Gneiſe. c) Eybenſtock und Jo-
hann-Georgenſtadt in Sachſen, Platten und Joachimsthal in Böhmen,
vier Städte, welche in einer Linie von Nordweſt nach Südoſt quer über
das Erzgebirge liegen. d) Die ſchönſten Kryſtalle brechen jedoch in gang-
förmigen Zügen ſüdlich Elbogen an der Eger bei Schlaggenwalde und
Schönfeld. Ungleich reicher als dieſes alles iſt die ſüdweſtliche Halbinſel
Englands Cornwallis, wo jährlich allein an 90,000 Ctr. Zinn ge-
wonnen werden. Es ſind hier wieder quarzige Zinnſteingänge, die Thon-
ſchiefer und Granit nach allen Richtungen durchſchwärmen. „Die äußere
Anſicht gleicht einer zuſammenhängenden Kette von Ruinen, auf den Spitzen
der Berge mit den ehrwürdigen Denkmälern alter Druiden. Eine einzige
Grube nimmt mit ihren überſtürzten Halden, Erzhaufen, Pochhütten ꝛc.
nicht ſelten eine halbe engliſche Quadratmeile ein“ (Bergmänniſches
Journ. 1790. III. 2. pag. 21). St. Auſtle, St. Agnes, St. Juſt, Redruth,
Polgooth und viele andere Gruben haben die ſchönſten Kryſtalle geliefert,
worunter namentlich auch häufig einfache, die durch ihre Form an die
Mannigfaltigkeit von Zirkon- und Hyacinthkryſtalliſation erinnern. In
Spanien gedenkt ſchon Plinius des Vorkommens in Lusitania (Portugal)
und Gallaecia (Gallicien, der nordweſtlichen Ecke der Halbinſel), auch fing
man 1787 im Granit von Monte-del-Ray dieſelben wieder abzubauen an,
und die Londoner Induſtrieausſtellung 1851 hatte Erzproben aus den
Provinzen Orenſe, Lugo und Zamora. Beweiſe genug für ihr Vorhanden-
ſein. Ebenſo kann man aus Frankreich, Schweden (Finbo mit Pyrophy-
ſalit und Tantalit), Mexiko ꝛc. Punkte nennen, ſelbſt in den vom Aetna
ausgeworfenen Granitbruchſtücken iſt zuweilen Zinnoxyd eingeſprengt.
Allein reich iſt nur noch ein bekannter Punkt in Hinteraſien, die Halb-
inſel Malacca, die mit Bangka und Junkceylon ſo viel Zinn liefert,
als England und Sachſen zuſammen, auf den Bangka-Inſeln von Chi-
neſen, auf Junkceylon von Siameſen betrieben. Der Reichthum iſt da-
ſelbſt ſo ungeheuer, daß bis jetzt blos die Zinnſeifen ausgebeutet wurden,
worin natürlich die Kryſtalle gelitten haben müſſen. Unter den Geſchieben
gehören viele zu dem edelſten Erz, wie z. B. die faſt farbloſen aus den
Seifenwerken von St. Agnes. Die Maſſe dagegen bildet dunkelfarbige
Geſchiebe, die aus körnig kryſtalliniſcher Subſtanz (Granular-Tin) beſteht,
welche auf reichen Gängen die Kryſtallmutter bildete.


2. Holzzinn (Wood-Tin), Korniſch-Zinnerz Werner. Nach ſeiner
holzbraunen Farbe und faſrigen Structur genannt. Die Oberfläche geht nicht
[540]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Titanerze.
ſelten ins ſchön Kaſtanienbraune, das Innere iſt jedoch matt. Das ex-
centriſch Faſrige und concentriſch Schalige in Verbindung mit Anfängen
von Glaskopfſtruktur erinnert an lichte Brauneiſenſteine. Das Gewicht
geht auf 6,4 hinab, Härte 5—6. Verunreinigung von Eiſenoxyd geht
bis auf 9 p. C. Es kommt in den Seifenwerken von St. Auſtle und
bei Xeres in Mexiko vor.


Die Afterkryſtalle nach Feldſpathpag. 184 ſind auf der
Grube Huel Coates bei St. Agnes Beacon auf einem Gange in verwit-
terten Granit eingeſprengt. Es iſt eine feinkörnige mit Quarzſand ge-
mengte Maſſe, welche die Räume vorher zerſetzter Carlsbader Zwillinge
erfüllt.


Die Kenntniß des Zinn’spag. 500 knüpft ſich durchaus an die
des Zinnſteins. Kein Erz iſt daher ſeit dem grauen Alterthum ſo berühmt,
als dieſes. Schon Homer (Ilias 18, 474, 612. 20, 271) nennt es κασσί-
τερος, und die Phönicier holten es von den Kaſſiteriten. Da es die
Eigenſchaft hat, Metalle (beſonders Kupfer) zu härten, ſo war es in
einer Zeit, wo Eiſen fehlte, von beſonderer Wichtigkeit, und daher iſt auch
Verwechſelung gar nicht möglich. Plinius nennt es Plumbum candidum
im Gegenſatz von nigrum dem Blei, und Ariſtoteles wußte ſchon, daß es
leichter als Blei ſchmilzt, pag. 129. Daher unterſcheidet Plinius weißes
Blei vom ſchwarzen daran, daß das weiße in geſchmolzenem Zuſtande das
Papier nicht durch ſeine Hitze, ſondern durch ſein Gewicht zerreiße. Zu-
gleich erzählt er die merkwürdige Geſchichte, daß das pretiosissimum can-
didum a Graecis appelatum cassiteron
aus Inſeln des atlantiſchen Oceans
geholt werde, und zwar auf geflochtenen mit Fellen umnähten Schiffen.
Gedenkt aber nicht, wie Caesar de bello gall. V.12, Englands, ſondern
meint, daß ſie das ſpaniſche Gallicien geweſen. Während Spätere ſogar
Malacca als das Land jenſeits der Säulen des Hercules angeſehen haben,
wo die Phönicier das hochgeſchätzte Metall holten.


Das Zinn aus ſeinem Erze zu gewinnen, macht einige Mühe. Es
muß geröſtet, gepocht und geſchlämmt werden. Beim Schlämmen fällt
auch der Tungſtein pag. 416 mit, welcher daher lange für weiße Zinn-
graupen gehalten wurde. Dann wird das reinere Erz in Hoch- oder
Flammenöfen mit Kohle reducirt.


Abgeſehen von Bronze pag. 485 wird es beſonders mit Blei legirt
(3—50 p. C.). Prouſt hat gezeigt, daß darin das Blei weniger ange-
griffen werde, als das Zinn. Da Zinn von Luft und Waſſer nicht an-
gegriffen wird, ſo dient es hauptſächlich zum Verzinnen von Eiſen- und
Kupfergefäßen. Chlorzinn dient in der Färberei, und Zinnamalgam zu
Spiegeln. Schon im Alterthum waren die Spiegel von Brunduſium ge-
ſchätzt, „bis ſilberne zu gebrauchen ſelbſt Mägde angefangen haben.“


d)Titanerze.


Sind gerade nicht ſelten, aber doch meiſt nur in kleinen Mengen
gefunden. Schon beim Titanit pag. 300 wurden eine ganze Reihe titan-
haltiger Foſſile mit Kieſelerde verbunden genannt. Den Titangehalt der
Eiſenerze beweist nicht blos das Titaneiſen pag. 523, worin der engliſche
Geiſtliche Gregor 1791 zuerſt das Titan erkannte, ſondern vor allem auch
[541]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Rutil.
das in der ſogenannten Eiſenſau der Hochöfen gefundene Stickſtofftitan
pag. 501. Da geſchwefelte Verbindungen gar nicht vorkommen, ſo haben
wir hier die letzten, aber auch wichtigſten. Das reine Titanoxyd T̈i iſt
nicht blos intereſſant durch ſeinen Iſomorphismus mit Zinnſtein, ſondern
es ſcheint ſogar als Rutil, Anatas und Brookit trimorph aufzutreten, das
einzige Beiſpiel in ſeiner Art.


1. Rutil,T̈i.


Der paſſende Wernerſche Name bezieht ſich auf die rothe Farbe,
rutilus. Da er ſo häufig und ausgezeichnet in den Alpen vorkommt, ſo
konnte er den ältern Mineralogen nicht entgehen, ſie nannten ihn aber
rothen Schörl oder ſchörlartigen Granat. Bis endlich Klaproth
Beiträge I.233 in den Ungariſchen von Poinik das Titanium entdeckte,
welches ſich ſpäter als identiſch mit dem Stoffe im Menaccanit pag. 524
erwies. Titane oxidé.


4gliedrig, iſomorph mit Zinnſtein. Nach Miller (Pogg. Ann.
57. 479) mißt das Oktaeder s = a : a : c 123° 8′ in den End- und 84°
40′ in den Seitenkanten, folglich
.
Kokſcharow Pogg. Ann. 91. 154 fand durch viele Meſſungen im Mittel
123° 7′ 30″. Das erſte ſtumpfere Oktaeder P = a : c : ∞a gewöhnlich
geſtreift. Die erſte quadratiſche Säule g = a : a : ∞c zeichnet ſich vor
allen durch ihren deutlich blättrigen Bruch aus, und liefert für die
Blättrigkeit der quadratiſchen Säule das ausgezeichnetſte Beiſpiel im vier-
gliedrigen Syſtem, die beiden gleichen blättrigen Brüche erreichen faſt die
Deutlichkeit der Hornblende. Auch die zweite quadratiſche Säule l =
a
: ∞a : ∞c läßt ihre Blättrigkeit nicht verkennen, wenn auch nicht ſo
deutlich als die erſte. Durch Einſtellung der 4 + 4kantigen Säule r =
½a : ⅓a : ∞a wird die Schärfe der quadratiſchen Säule häufig ganz ent-
ſtellt, und bildet ſich ein Syſtem von Streifen, welche die Säulenformen
cylindriſch machen. Die kleinen zierlichen Kryſtalle auf den Eiſenroſen
pag. 521 vom St. Gotthardt ſcheinen in ſehr unregelmäßiger Weiſe ein-
zelne Flächen dieſer r zu haben, woran dann das nächſte ſtumpfe Oktaeder
P die Endigung bildet, wie trotz des Glanzes eine
feine Streifung zeigt. Jedoch da als Säulenflächen
auch noch a : ½a : ∞c, a : ⅓a : ∞c, a : ¼a : ∞c, a : \frac{1}{7}a :
c angegeben werden, ſo kann in dieſen unwichtigen
Beſtimmungen meiſt nur Meſſung leiten. Dagegen
kommt wie beim Zinnſtein der 4kantner i = a : c : 3a,
die Kante P/s und z = ½a : ⅓a : c die Kante r/s

[figure]

abſtumpfend, ausgezeichnet vor. Da die Aus-
bildung der Ecken aber oft fehlt, ſo bilden die
Zwillinge, welche P gemein haben und um-
gekehrt liegen, ein einfaches Knie von 114° 26′,
oder bei Durchwachſung, wie es häufig ge-
ſchieht, das Supplement 65° 34′. Dieſes Knie
wiederholt ſich nicht ſelten mehrfach, indem ſich
die Individuen gegenſeitig zu verdrängen ſuchen,

[figure]

[542]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Rutil.
was durch Ein- und Ausbiegung angedeutet iſt, die Strahlen können
dann nur zwei Richtungen befolgen. Entſteht jedoch ein Drilling, ſo haben
wir zwei Kniee und dreierlei Strahlenrichtungen.


Im Quarz und Bergkryſtall vom St. Gotthardt findet man zarte
Fäden, die ſich nach drei Richtungen ſcheinbar unter 60° ſchneiden, allein
es möchte doch wohl nur der Zwillingswinkel von 65° 34′ ſein. Miller
nimmt zwar ein Geſetz an, nach welchem die Individuen ſich mit c : ⅓a :
a an einander legen ſollen, und ſie würden dann einen Winkel von
54° 43′ bilden, allein auch dieſer Winkel kommt dem 60° nicht näher.
Auch auf den Eiſenroſen kann man drei Richtungen in den Individuen
wahrnehmen, und dieſe ſcheinen ſenkrecht gegen die dreiſeitige Streifung
auf der Gradendfläche des Eiſenglanzes zu liegen, dann müßten ſich die
Individuen unter 60° ſchneiden. Vielleicht kommt dieſe Ungleichheit von
der Anziehung des Eiſenglanzes her.


Fuchsroth mit einem ſchönen innern Lichtſchein nach der Lage des
Blätterbruchs. Einerſeits gehen die Fäden ins Strohgelbe, andererſeits
ins Blutrothe, ſelbſt ins Schwärzliche, beſonders bei unreinen Varietäten.
Das Pulver gelblich grau. Die edlen ſtark durchſcheinend, daher metall-
ähnlicher Diamantglanz. Härte 6, Gew. 4,3.


Das Titanoxyd iſt vor dem Löthrohr unſchmelzbar, mit Soda ſchmilzt
es wie die Kieſelerde unter Brauſen zuſammen, ſammelt ſich über der
Kohle zu einer ſchmutzig braunen unklaren Perle, welche beim Abkühlen
etwas aufglüht. Mit Phosphorſalz in der äußern Flamme ein gelblich
grünes Glas, das kalt farblos wird, in der innern ändert ſich die Farbe
heiß nicht, wird aber kalt ſchön violett. In concentrirter Schwefelſäure
iſt das feinſte Pulver löslich, beſſer jedoch wird es mit zweifach ſchwefel-
ſaurem Kali aufgeſchloſſen. T̈i nach der chemiſchen Form des Zinnoxyds
S̈n, Heinrich Roſe fand in den großen äußerlich dunkelfarbigen Kryſtallen
im Quarz von St. Yrieux (Haute-Vienne) 1,5 F̶⃛e (Pogg. Ann. 3. 166).
Mit Soda auf Platinblech öfter eine Manganreaktion, der von Käring-
Bricka in Weſtmanland hat neben 97 T̈i ſogar 3 C̶⃛r.


In den Hochalpen mit Quarz, öfter ſogar nadelförmig in den Berg-
kryſtall eingewachſen, wobei man ſich dann vor Verwechſelung mit Tur-
malin hüten muß. Außerordentlich ſchön in dem Bergkryſtall von Ver-
mont in Nordamerika. Höchſt eigenthümlich iſt die ſo gewöhnliche Ablagerung
auf den Eiſenroſen. Loſe Kryſtalle und Geſchiebe, oft von mehr als
Zollgröße, finden ſich bei Roſenau in Ungarn, Villa Ricca in Braſilien,
Schinzthal in Tyrol ꝛc., Aſchaffenburg, Arendal, Buitrago in Spanien.
Im nordamerikaniſchen Urgebirge an zahlloſen Stellen. Immer wie der
Zinnſtein eng an das kryſtalliniſche Urgebirge geknüpft. In der Porzellan-
malerei dient es zur Bereitung einer gelben Farbe.


Nigrin nannte Werner eine Zeitlang die dunkelfarbigen Geſchiebe
aus den Goldſeifen von Ohlápián in Siebenbürgen, worin Klaproth (Bei-
träge II.235) 14 F̶⃛e gefunden haben wollte. Da aber daſelbſt verſchie-
dene Titaneiſen vorkommen, worunter auch ächter Rutil iſt, ſo muß man
ſich vor Verwechſelungen hüten.


[543]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Anatas, Brookit.

2. Anatas,T̈i.


R. de l’Isle Christ. II.406 kennt ihn ſchon unter dem Namen schorl
bleu
, Saussure Voyages dans les Alpes Nro.
1901 nannte ihn Octae-
drit
, was Werner beibehielt. Nach ſeinem erſten Fundort Oiſans hießen
ihn die Franzoſen auch Oiſanite, indeß iſt der Hauy’ſche Name von
der geſtreckten Form der Oktaeder entnommen (ἀνάτασις Ausſtreckung)
durchgeſchlagen. Hauy ſchloß ſchon aus der Leitungsfähigkeit der Elek-
tricität, daß er eine metalliſche Subſtanz enthalten müſſe, was Vauquelin
beſtätigte.


Viergliedrige OktaederP mit 97° 56′ in den End- und 136°
22′ in den Seitenkanten, daher a = , lag = 9,75291. Seine
Flächen zeigen ſich auf Bruchflächen deutlich blättrig, weniger deutlich
blättrig ſcheint die Gradendfläche o = c : ∞a : ∞a, ſie dehnt ſich
bei den braſilianiſchen ſtark aus, ſo daß viergliedrige Tafeln entſtehen.
Die Oktaederflächen ſind fein quer geſtreift parallel der Seitenkante.
Häufig kommt das nächſte ſchärfere Oktaeder q = ½a : c : ∞a in den
Diagonalzonen von P untergeordnet vor, viel ſeltener das nächſte ſtum-
pfere z = a : c : ∞a. Dagegen iſt bei den Braſilianiſchen die Kante
P/o gar oft durch r = a : a : ⅕c abgeſtumpft. Am
zierlichſten iſt aber ein faſt bei allen ſichtbarer niedriger
Vierkantner s, den ſchon. Hauy kannte, und der nach
Mohs das Zeichen s = ⅘a : \frac{4}{3}a : ⅕c pag. 75 haben
ſoll, wenigſtens wird ſeine Endkante (im Quadranten),
welche von ⅕c : ½d geht, durch das Oktaeder r =
a : a
: ⅕c gerade abgeſtumpft. Als Seltenheit die 2te
Säule a : ∞a : ∞c.


[figure]

Die Alpiniſchen haben im reflektirten Lichte zwar den Schein der
ſchwarzen Blende, ſcheinen aber ſehr ſchön indigblau durch, daher der
alte Name blauer Schörl. Sie wirken etwas auf das Dichroſcop.
Die Braſilianiſchen ſcheinen ſtellenweis Kolophoniumartig durch. Jeden-
falls haben alle nur ein halbmetalliſches Ausſehen, und neigen zum Dia-
mantglanz. Härte 5—6, Gew. 3,89.


Vor dem Löthrohr verhält er ſich wie Rutil, da er ebenfalls aus
reinem Titanoxyd beſteht.


Er iſt ſeltener als Rutil, und immer nur in kleinen Kryſtallen mit
Bergkryſtall in den Hochgebirgen der Alpen, Oiſans, Tavetſch- und Ga-
veradithal, hier öfter wie der Rutil in den Bergkryſtall eingeſprengt.
Aſchaffenburg, auf Grünſtein bei Hof im Fichtelgebirge in kleinen faſt
hyacinthrothen Kryſtallen. Die größten kommen in einem Bache von
Itabira zu Minas Geraes in Braſilien vor, Tafeln und Oktaeder können
gegen ½ Zoll im größten Durchmeſſer erreichen. In Nordamerika kennt
man ſie nicht, ſollen aber in den Eiſenſchlacken der Hochöfen von Orange
County (New-York) neben den Titanwürfeln pag. 501 ſich bilden.


3. Brookit,T̈i.


Iſt der ſeltenſte unter den dreien. Die Kryſtalle wurden von Soret
bei Bourg d’Oiſans in Begleitung von Anatas gefunden, als ſie aber
[544]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Brookit.
im Grünſtein des Snowdon von Nordwallis in Platten von mehr als ½
Zoll Durchmeſſer gefunden wurden, gab ihnen Levy (Pogg. Ann. 5. 162)
den Namen. 1848 wurden ſie im goldhaltigen Sandlager der Atlians-
kiſchen Grube bei Miask klein aber vortrefflich kryſtalliſirt gefunden. Hr.
v. Kokſcharow (Pogg. Ann. 79. 454) hat ſie genau beſtimmt.


Ausgezeichnet 2gliedrig. M = a : b : ∞c 99° 50′, parallel der

[figure]

Axe c ſtark geſtreift, die Abſtumpfungsfläche der
vordern ſtumpfen Säulenkante h = a : ∞b : ∞c
dehnt ſich bei den Engliſchen ſo übermäßig aus,
daß ſie dünne Tafeln bilden, die bei Zolllänge
gewöhnlich noch nicht die Dicke von ¾ Linien
erreichen. Ihre Längsſtreifung dient zur leichten
Orientirung. Am Ende dieſer Tafeln glitzen
viele kleine ſchmale Flächen, darunter herrſcht e
= 2a : b : c
, welche auf der Säule M einen ſcharfen ebenen Winkel neben
der Kante M/h macht, ihr vorderer Endkantenwinkel beträgt 101° 3′,
ihr ſeitlicher 135° 37′, daraus folgt
a : b = 0,891 : 1,059.
Das Hauptoktaeder o = a : b : c ſtumpft die Kante h/e ab, und wird
bei den Engliſchen gar nicht angegeben. Ueber e in der Zone M/e liegt
eine weitere Oktaederfläche k = c : \frac{3}{2}b : 6a, welche nach Dufrénoy mit der
unter ihr folgenden e den ſehr ſtumpfen Winkel k/e = 170° 45′ macht, ſie

[figure]

iſt parallel ihrer ſeitlichen Endkante geſtreift, und
tritt durch dieſen ſtumpfen Knick immer ſehr be-
ſtimmt hervor. Beſonders entwickelt iſt bei an-
dern Kryſtallen die Zone in der vordern ſtum-
pfen Endkante e/e, es kommt nicht nur das vordere Paar x = c : 2a :
b vor, ſondern zwiſchen x/e die z = a : b : ½c, welche alſo aus der
Zone M/o ſich leicht beſtimmen läßt. Levy gibt ſogar zwiſchen z/x eine
Abſtumpfung an. Auch das Paar t = c : ½b : ∞a auf die ſcharfe
Säulenkante aufgeſetzt, und y = a : ¼c : ∞b über x gelegen, finden ſich
bei Engliſchen und Ruſſiſchen. Kokſcharow führt außerdem noch die Ok-
taeder r = a : b : 2c, n = a : ½b : c, u = ⅔a : b : c, m = ⅔a : ⅕b : c,
u = \frac{4}{7}a : ½b : c an. Außer h kommen auch die andern beiden Einzel-
flächen P = c : ∞a : ∞b und c = b : ∞a : ∞c noch vor, ferner in der
Säulenzone l = a : 2b : ∞c, g = a : 8b : ∞c, und das Paar auf der
ſcharfen Säulenkante d = c : ¾b : ∞a. Die Uraliſchen ſind ſtets zu 2
parallel einer Fläche h verwachſen, dieß könnte eine verſteckte Hinneigung
zum 2 + 1gliedrigen Syſteme andeuten.


Fuchsrothe Farbe des Rutils, manche in dieſer Beziehung gar nicht
unterſchieden. Diamantglanz. Härte 5—6, Gew. 4,19.


Vor dem Löthrohr verhält er ſich wie die übrigen.


Shepard’s Arkanſit bei den Hot Springs in Arkanſas (Pogg.
Ann. 77. 302) hat zwar eine eiſenſchwarze Farbe, 3,9 Gew., und ein
dihexaedriſches Ausſehen, indem ſich das Oktaeder e = 2a : b : c, nebſt
einem ſonſt nicht bekannten Paare i = a : c : ∞b, vor allem ausdehnt.
Allein er beſteht nach Rammelsberg (Pogg. Ann. 78. 586) lediglich aus T̈i.


Nach H. Roſe (Pogg. Ann. 61. 507) gibt es chemiſch zweierlei Titan-
ſäuren (T̈i) : a) die mit Ammoniak gefällte und ſchwach getrocknete iſt im
[545]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Titanate.
Waſſer löslich, allein jede Temperaturerhöhung erzeugt b) die unlös-
liche
Modifikation, man bekommt dieſe auch, wenn man die wäſſrige Lö-
ſung ſtark kocht, das Waſſer treibt dann die T̈i aus. Titanſäure durch
Ammoniak gefällt und ſchwach geglüht bekommt Anatasgewicht 3,89, durch
ſtärkeres Glühen ſteigt ſie durch das Brookitgewicht 4,19 zum Rutilgewicht
4,24, ſo daß die verſchiedenen Wärmegrade den Trimorphismus erzeugen
könnten. Daubrée erhielt künſtlich Brookit, indem er Waſſerdampf über
Titanchlorid oder Titanchlorid über Kalk leitete, und Ebelmen Rutilnadeln
von 4—5 Linien Länge, indem er 5 Theile Phosphorſalz mit 1 Theil
Titanſäure der Hitze des Porzellanofens ausſetzte (Erdmann’s Journ.
prakt. Chem. 1851. 54. 173). Da das Anatasoktaeder ſich durchaus nicht
recht auf das Rutiloktaeder zurückführen läßt, auch Anatas in ſeinen üb-
rigen Kennzeichen von Rutil und Brookit ſich am meiſten entfernt, ſo mag
ein Trimorphismus der Titanſäure wohl begründet ſein.


Titanate


haben wir außer den Kieſelerdehaltigen pag. 300 noch eine ganze Reihe,
die wir hier kurz zuſammenſtellen:


1. PerowskitĊa T̈i 58,9 T̈i und 41,1 Ċa G. Roſe Pogg. Ann.
48. 558 im Chloritſchiefer von Achmatowsk bei Slatouſt am Ural. Blätt-
rige Würfel bis Fauſtgröße, an welchen untergeordnet zuweilen Oktaeder,
Granatoeder und Pyramidenwürfel vorkommen. Descloizeaux (Ann. Chim.
Phys. XII.
1845) beſchreibt Kryſtalle mit 7 Flächen in den Kanten, und
10 in den Ecken, zuſammen 164 Flächen. Dunkelröthlich braun bis
ſchwarz, Härte 5—6, Gew. 4. Vor dem Löthrohr unſchmelzbar. Kleine
Würfel, ähnlich verwittertem Schwefelkies, finden ſich im körnigen Kalk-
ſpath von der Vogtsburg bei Oberbergen am Kaiſerſtuhl.


2. Polymignyt (μίγνυμι miſchen). Berzelius (Pogg. Ann. 3. 205)
fand ihn im Zirkonſyenit von Frederiksvärn, bildet in dieſem ſchönen Ge-
ſtein lange kryſtalliniſche Strahlen, die nach G. Roſe (Pogg. Ann. 6. 506)
2gliedrig ſind: eine geſchobene Säule n = a : b : ∞c 109° 46′, deren
ſcharfe und ſtumpfe Kante abgeſtumpft wird, s = a : ½b : ∞c, t =
a
: ¼b : ∞c, das Ende bildet dagegen ein einfaches Oktaeder P = a : b : c
mit 136° 28′ in der vordern und 116° 22′ in der ſeitlichen Endkante,
a : b = : . Ein ſehr glänzender kleinmuſcheliger Bruch,
ſchwärzlich braune Farbe, halbmetalliſcher Glanz, Härte 6—7, Gew. 4,8.
Vor dem Löthrohr unveränderlich, concentrirte Schwefelſäure löst das
Pulver. 40,3 T̈i, 14,1 Z̶⃛r, 11,5 , 12,2 F̶⃛e, 5 Ċe, 4,2 Ċa, 2,7 M̶⃛n.
Vergleiche hier Scheerer’s Polykras und Euxenit (Pogg. Ann. 72. 566),
worin auch die Titanſäure aber neben N⃛b und P⃛e überwiegt. Da ſie eine
dem Columbit ähnliche Form haben ſollen, ſo ſtellt ſie G. Roſe dahin.


3. Aeſchynit Berz. (Pogg. Ann. 23. 361) von αἰσχύνη Schaam,
weil man es chemiſch nicht deuten konnte. Wurde in Menge im Eläo-
lithfreien Granit von Miask entdeckt, und für Gadolinit gehalten. 2gliedrig.
Die Säule g = a : b : ∞c 127° 19′ herrſcht, b = b : ∞a : ∞c ſtumpft
die ſcharfe Kante ab, und zwiſchen b/g liegt öfter eine ſchmale Fläche
a : ½b : ∞c, doch fehlen beide Flächen gewöhnlich. Das Ende der Säule
Quenſtedt, Mineralogie. 35
[546]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Wolfram.
g ſchließt f = c : ½b : ∞a 73° 44′ in Axe c. Zu dieſem Oblongoktaeder
fg kommt zuweilen noch das Oktaeder o = a : b : c mit 136° 36′ in der
vordern Endkante. a : b = 0,74 : 1,5. Bräunlich ſchwarz, mit gelblich
braunem Strich, ſchwach hyacinthroth an den äußerſten Kanten durch-
ſcheinend, Fettglanz. Härte 6—7, Gew. 5,1. Vor dem Löthrohr ſchwillt
er zwar auf und wird roſtbraun, ſchmilzt aber nicht. Hartwall gab 56 T̈i,
20 Z̶⃛r, 15 Ċe. Herrmann gibt dagegen nach mehreren ſchwankenden
Analyſen als Endreſultat 25,9 T̈i, 33,2 Niobſäure, 22,2 Ceroxyd, 5,1
Ceroxydul, 6,2 Lanthanerde ꝛc., woraus er die Formel
2 (Ċe, L̇n, Ḟe) (N̈b, T̈i) + C̶⃛e (N̈b3, T̈i3)
zu konſtruiren wagt. Er dürfte daher vielleicht beſſer bei den Tantalaten
ſtehen. G. Roſe’s Mengit (Reiſe Ural II.83) iſt Brooke’s Ilmenit
(Pogg. Ann. 23. 360) mit Aeſchynit zuſammen. 2gliedrig, die rhombiſchen
Säulen bilden 136° 20′. Eiſenſchwarz, kaſtanienbrauner Strich, Härte
5—6, Gew. 5,48. Im Weſentlichen T̈i, Z̶⃛r, F̶⃛e. G. Roſe (Kryſt. chem.
Mineralſ. 44) ſchreibt ihn F̶⃛e Z̶⃛r, und iſomorph mit Columbit. Brooke’s
Mengit iſt Breithaupt’s Monacit pag. 398.


Warwickit Shepard Pogg. Ann. 52. 242 in einem kryſtalliniſchen
Dolomit von Warwick in New-York. Rhombiſche Säulen von 93°—94°,
deren ſtumpfe Kante durch einen deutlich blättrigen Bruch abgeſtumpft
wird. Splitter ſcheinen röthlichbraun durch. Die Analyſe gab 64,7 Ti,
7,1 Fe, 27,3 Fl. Berzelius hält das jedoch für ein wenig wahrſchein-
liches Reſultat.


e)Wolframerze.


Für Gewinnung des Wolframmetalls bei weitem das wichtigſte Erz.
Denn der Tungſtein pag. 416, worin 1781 Scheele die Wolframſäure
entdeckte, iſt nicht nur auf Koſten des Wolframs entſtanden, ſondern
kommt auch in viel geringerer Menge vor.


1. Wolfram.


Ein altes bergmänniſches Wort, Henkel Pyritologie 199, von frühern
Mineralogen wörtlich Spuma lupi überſetzt. Agricola 260 gibt ihn zwar
für einen ſehr leichten Stein aus, allein vergleicht ihn doch mit dem Zinn-
ſtein, und Albinus nennt ihn Katzenzinn, was auf ſein ſtetiges Vorkom-
men mit Zinnſtein hindeutet. Eine treffliche Monographie danken wir
Dr. Schneider (Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 49. 321). Schéelin fer-
ruginé, Tungstate of Iron. Schörl Romé de l’Isle Crist. II.
311.


Hält eine merkwürdige Mitte zwiſchen dem 2 + 1gliedrigen und
2gliedrigen Syſtem (G. Roſe Pogg. Ann. 64. 171). Die gewöhnlichen

[figure]

Zinnwalder Kryſtalle zeigen ausgezeichnet 2 + 1gliedrige
Ordnung. Eine geſchobene Säule r = a : b : ∞c vorn
101° 5′ herrſcht, ihre ſcharfe Kante wird durch den aus-
gezeichneten Blätterbruch T = b : ∞a : ∞c gerade ab-
geſtumpft, tritt aber ſelten als Kryſtallfläche auf. Durch
M = a : ∞b : ∞c und b = a : 2b : ∞c wird die Säule
gewöhnlich ſehr entſtellt. Die auf die ſcharfe Säulen-
kante gerade aufgeſetzte Zuſchärfung u = b : c : ∞a
[547]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Wolfram.
macht in c 99° 12′. Hauy nahm beide Winkel r/r = u/u = 98° 12′
an, und da keine ganz ſcharfe Meſſungen wegen der Streifung und ſcha-
ligen Abſonderung möglich ſind, ſo würden r r u u ein viergliedriges Ok-
taeder bilden, deſſen ſcharfe Endecke der blättrige Bruch T gerade ab-
ſtumpft. Die meiſt krummſchalige Schiefendfläche P = 2a : c : ∞b bekommt
gegen die hintere Gegenfläche n = 2a′ : c : ∞b meiſt entſchieden das
Uebergewicht. Dem entſprechend treten die beiden augitartigen Paare o
= a : b : c
und s = a : c : ½b immer nur auf der Vorderſeite auf und
zwar bildet o am viergliedrigen Oktaeder r r u u das halbe nächſte ſchär-
fere und s das halbe nächſte ſtumpfere Oktaeder. Nimmt man dazu nun
den ſo häufigen Schwalbenſchwanzzwilling, worin die Individuen M (ſammt
den Säulenflächen) gemein haben und umgekehrt liegen, und zwar ſo, daß
dann o und s in vollzähliger 2gliedriger Ordnung auftreten, ſo ſollte
man an einem 2 + 1gliedrigen Syſteme mit rechtwinkeligen Axen
a : b = 0,9671 : 1,175
nicht zweifeln. Nun zeigt aber G. Roſe, daß bei Ehrenfriedersdorf nicht
blos die bei 2 + 1gliedrigen Syſtemen ungewöhnliche Gradendfläche c
= c
: ∞a : ∞b vorkomme, ſondern daß bei Schlaggenwalde in Böhmen
s und o als vollflächige Oktaeder auftreten. Eben-
ſo vollzählig ſind die Kryſtalle, welche bei Nert-
ſchinsk mit Beryll vorkommen. Damit würde
dann auch das von Naumann beobachtete Zwil-

[figure]

lingsgeſetz ſich beſſer vertragen, nach welchem die Individuen die auf die
ſcharfe Säulenkante aufgeſetzte Fläche \frac{3}{2}b : c : ∞a gemein haben, die Axen,
folglich auch die Streifen der einſpiegelnden M ſchneiden ſich unter 120°
52′, und die f bilden einerſeits einſpringende Winkel von 139° 56′. Ver-
gleiche auch Columbit. Die Kryſtalle haben große Neigung zu ſchaligen
Abſonderungen, was die Beobachtung der Flächen ſehr erſchwert.


Pechſchwarz mit röthlich braunem Strich, in dünnen Blättchen nicht
ganz undurchſichtig, daher nur halbmetalliſchen Glanz, Härte 5—6,
Gew. 7,3.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſchwer, bedeckt ſich undeutlich mit Kry-
ſtallen und wird magnetiſch. Mangan- und Eiſenreaktion. Salzſäure
zerſetzt ihn ſchwer, es ſcheidet ſich Wolframſäure als gelber Rückſtand aus.
1786 wurde von den Gebrüdern de Luyart bereits 65 p. C. gelber Stoff
(Wolframſäure) nachgewieſen, nach Berzelius gibt man ihm die allge-
meine Formel (Ḟe, Ṁn) W⃛, und zwar bewies Berzelius direkt, daß gelbe
Wolframſäure (W⃛), und nicht blaues Wolframoxyd () darin ſei. Dem-
ungeachtet kam Graf Schaffgotſch (Pogg. Ann 52. 475), geſtützt auf viele
Analyſen, auf die ältere Anſicht von wieder zurück. Indeß da nach
Ebelmen bei der Zerſetzung des Wolframs durch Salzſäure ſich kein Waſſer-
ſtoff entwickelt, was bei Vorhandenſein von Wolframoxyd der Fall ſein
müßte, da ſich Wolframſäure ausſcheidet, ſo bleibt man bei der Anſicht
von Berzelius ſtehen, wornach etwa 75 p. C. W⃛ vorhanden iſt. Auch
hat Dr. Lehmann direkt nachgewieſen, daß ein Gemiſch von Wolframſäure
und Eiſenvitriol in Schwefelſäure erwärmt augenblicklich in blaues Wol-
framoxyd umgewandelt werde, was ſich dann ſchnell wieder zu gelber
Wolframſäure oxydirt. Doch variirt der Gehalt an Eiſen- und Mangan-
oxydul, verbunden mit etwas Kalkerde, außerordentlich bei den verſchie-
35*
[548]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Tantalerze.
denen Fundorten. Die Kryſtalle von Ehrenfriedersdorf und Monte Video
haben das meiſte Ḟe, nämlich
4 Ḟe W⃛ + Ṁn W⃛ mit 19,2 Ḟe und 4,9 Ṁn.
Der in Sammlungen gewöhnliche von Zinnwalde hat dagegen mehr Man-
gan als Eiſen
2 Ḟe W⃛ + 3 Ṁn W⃛ mit 76 W⃛, 9,6 Ḟe, 13,9 Ṁn.
Der ſtrahlig blättrige Wolfram im Spatheiſenſtein von Neudorf ſcheint
dagegen
5 Ḟe W⃛ + Ṁn W⃛,
alſo noch mehr Ḟe als die Ehrenfriedersdorfer Kryſtalle zu haben, wäh-
rend die bräunlichrothen Nadeln aus dem Steinmark der Zinnſteingänge
von Schlaggenwalde nach Rammelsberg 23,1 Ṁn enthalten, alſo
Ḟe W⃛ + 4 Ṁn W⃛
die Manganreichſten ſein würden.


Wolfram iſt der ſtete und ausgezeichnete Begleiter des Zinnſteins in
Sachſen, Böhmen und Cornwallis. Ausnahmsweiſe findet er ſich in
ſtrahligen Kryſtallen auf dem Unterharz bei Neudorf in Anhalt Bernburg
auf den dortigen Bleiglanzgängen, zu Adontſchelon bei Nertſchinsk, Limoges
auf Quarzgängen im Granit. Auf Lane’s Mine bei Monroe in Connec-
ticut im Quarz mit gediegen Wismuth, auch häufig in Afterkryſtallen
nach Tungſtein.


WolframockerW⃛ kommt als grünlichgelbes Verwitterungsprodukt
in einem Quarzgange zu Huntington (Connecticut) vor.


f)Tantalerze.


Sind dem Wolframerze äußerlich ſehr ähnlich, nur fehlt der blättrige
Bruch. G. Roſe (Pogg. Ann. 64. 171) hat ſogar zu beweiſen geſucht,
daß der häufigſte unter allen, der Columbit, iſomorph mit Wolfram ſei,
trotz dem Mangel des Blätterbruchs. Sie finden ſich ſeltener, und jeder
Fundort zeigt einen etwas andern Gehalt. Hatchett 1801 im Amerikani-
ſchen und Eckeberg 1802 im Finnländiſchen entdeckten darin den neuen
Stoff Tantal, nach dem Phrygiſchen König Tantalus benannt, Vater
des Pelops und der Niobe, 1844 H. Roſe (Pogg. Ann. 63. 317) in den
Bayeriſchen nochmals ein zweites Niobium Nb, und bald darauf (Pogg.
Ann. 69. 115) ein drittes Pelopium Pe. Neuerlich (Pogg. Ann. 90. 471)
hat ſich nun zwar gezeigt, daß Niobium und Pelopium nur ein Metall
ſind, immerhin iſt aber Pelopſäure eine höhere Oxydationsſtufe des Ra-
dicals als Niobſäure. H. Roſe nennt jetzt die Pelopſäure Niobſäure,
während er die Oxydationsſtufe der frühern Niobſäure noch nicht ſicher
zu beſtimmen vermag. Pelopſäure iſt der Titanſäure außerordentlich ähn-
lich, etwas verſchiedener von beiden iſt die Niobſäure, ihr Pulver wird
durch Glühen ſtärker gelb, als das der Tantalſäure. Sämmtliche drei
ſtehen in ihren Eigenſchaften dem Titan- und Zinnoxyd ſehr nahe, welch
letzteres ſich gar häufig auch zugeſellt. Sie finden ſich im granitiſchen
Urgebirge, aber nicht häufig.


[549]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Columbit.

1. Columbit


nannte Hatchett das ſchwarze Mineral aus dem Granit von Connecticut
(Haddam), worin er ſein neues Metall Columbium entdeckte, von welchem
Wollaſton bewies, daß es mit Eckeberg’s Tantal identiſch ſei. Gehlen
wies ihn bald darauf (Schweigger’s Journal VI.256) im Ganggranit
von Bodenmais nach, wo er ſich ſo häufig findet, daß dieſen Dufrénoy
Baiérine nannte. Man pflegt ihn auch unter dem Eckeberg’ſchen Namen
Tantalit zu begreifen, und nennt ihn dann zum Unterſchiede Bodenmais-
Tantalit.


Ausgezeichnet 2gliedrig, von den Winkeln des Wolframs, aber
mit größerm Flächenreichthum, jedoch gute
Kryſtalle ſeltener. Vorherrſchend iſt die Fläche
M = a : ∞b : ∞c, ſich durch Längsſtreifen
auszeichnend, dazu kommt T = b : ∞a : ∞c.
Keine Fläche dieſer Oblongſäule M/T zeigt
ſich ſonderlich blättrig, daher hielt man auch
anfangs die Bodenmaiſer für Pechblende, ſo

[figure]

ſehr die Streifung von M auch an Wolfram erinnern mag. Am Ende
dehnt ſich die Gradendfläche c = c : ∞a : ∞b immer ſtark aus. Unter-
geordnet finden ſich in der Oblongſäule r = a : b : ∞c mit 100° 40′
im vordern Säulenwinkel, alſo vom Wolfram nur 25′ abweichend. b =
a : 2b
: ∞c (134° 58′) und g = 3a : b : ∞c. Am Ende findet ſich
bei allen ein Oktaeder a = 3a : b : c, Fläche g zu einem Rechteck ma-
chend, die von Haddam haben ſogar blos dieſes Oktaeder zur Endigung.
Bei den Bodenmaiſern mit ſehr vorherrſchender Gradendfläche c findet ſich
dagegen noch das Paar f = c : ½b : ∞a, 59° 20′ in c, und zuweilen
das Oktaeder m = 3a : ½b : c. Am ausgezeichnetſten ſind jedoch die
Kryſtalle von Middletown (Connecticut), die nicht blos ein Gewicht von
14 ℔ erreichen, ſondern auch außer allen genannten glänzenden Flächen
noch das Paar d = 3a : c : ∞b, und ſelbſt das Oktaeder o = a : b : c,
mit 117° 53′ in den vordern und 102° 58′ in den ſeitlichen Endkanten haben.
a : b = 0,9447 : 1,139 = :
lga = 9,97529, lgb = 0,05661.

Bei Bodenmais finden ſich auch Zwillinge, welche f = c : ½b gemein
haben, und umgekehrt liegen, die Axenrichtungen c ſchneiden ſich daher
unter 59° 20′, was man an den Streifungen der einſpiegelnden M an-
nähernd meſſen kann.


Farbe iſt pechſchwarz mit ſchwarzem bis rothbraunem Strich, Fett-
glanz auf dem kleinmuſcheligen Bruche. Härte 6, Gewicht variirt ſehr,
im Mittel kann man 6 annehmen. Zu ſchaliger Abſonderung geneigt.


Vor dem Löthrohr unveränderlich, auch von Säuren werden ſie wenig
angegriffen, man ſchließt ſie daher mit K̇ S⃛2 auf.


Columbit im Ganggranit von Bodenmais, Gew. 6,29, Strich ſchwarz,
hätte nach Herrmann 78,2 Metallſäure, 14 Ḟe, 5,6 Ṁn, 0,26 W⃛, 0,4 S̈n.
Nach H. Roſe enthalten ſie keine Tantalſäure, ſondern neben Niobſäure
viel Pelopſäure, vielleicht zu gleichen Gewichtstheilen. Die Amerikaniſchen
von Connecticut von 5,7 Gew., und dunkel rothbraunem Strich haben
dagegen viel weniger Pelopſäure als Niobſäure. Die Uraliſchen im Granit
[550]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Samarskit, Tantalit.
von Miask mit Samarskit vorkommenden haben dagegen reine Niobſäure,
nur mit Spuren von Pelopſäure (Pogg. Ann. 71. 169). Da Pelopſäure
ein höheres Gewicht als Niobſäure hat, ſo ſind die Bodenmaiſer ſchwerer,
als die Amerikaner. Haidinger hat daher die Niobſäurehaltigen Niobit
genannt. Wäre der Iſomorphismus mit Wolfram erwieſen, ſo müßte
man ſie (Ḟe, Ṁn) (N⃛b, P⃛e) ſchreiben. Vergleiche auch den Columbit im
Schriftgranit von Tirſchenreuth in der Oberpfalz, Leonhard’s Jahrb.
1853. 367.


Samarskit H. Roſe Pogg. Ann. 71. 157, Uranotantal H. Roſe
(Pogg. Ann. 48. 555), Yttroilmenit Herrmann, mit Aeſchynit im Granit
des Ilmengebirges bei Miask. Scheint die Kryſtallform des Columbit’s
zu haben. Sammtſchwarz, dunkelröthlich brauner Strich, unvollkommener
Metallglanz. Härte 5—6, Gew. 5,6. Schmilzt an den Kanten zu ſchwarzem
Glaſe, und glüht auf wie Gadolinit pag. 305, wird aber umgekehrt nach dem
Aufglühen ſpecifiſch leichter (Pogg. Ann. 72. 472). Die Analyſe gab
56 metalliſche Säure, die hauptſächlich aus Niobſäure mit einer ziemlich
bedeutenden Menge von Wolframſäure beſtand, 15,9 Ḟe, 16,7 Uranoxyd,
11 Yttererde. Herrmann glaubte darin einen neuen Stoff Ilmenium
entdeckt zu haben, was jedoch H. Roſe (Pogg. Ann. 73. 449) widerlegt.


2. Tantalit.


Der Eckeberg’ſche Name für den Finnländiſchen, wo er im Kirchſpiel
Kimito und Tammela ꝛc. im Gang-Albit (Oligoklas) der dortigen Granite
mit Turmalin und Smaragd vorkommt. Nordenſkiöld (Pogg. Ann. 50.
656) beſchreibt ihn zwar auch


2gliedrig, aber verſchieden von Columbit. Das Oktaeder P =

[figure]

a : b : c hat in der vordern 126° und in der ſeitlichen End-
kante 112° 30′. Daraus folgt a : b = 1,253 : 1,534.
Die ſeitliche Endkante iſt durch m = b : c : ∞a abgeſtumpft.
Unter P liegt o = b : c : ½a, ſeltener zwiſchen P/o noch
v = b : c : ⅔a. In der Säule herrſcht r = 9a : 4b : ∞c
mit 57° 6′ in der vordern Endkante, freilich ein nicht ſehr
wahrſcheinlicher Ausdruck. s = a : ∞b : ∞c ſtumpft die
vordere und t = b : ∞a : ∞c die ſeitliche Kante ab. Unter andern
kommt auch noch q = c : ⅓b : ∞a und darüber n = c : 6b : ∞a vor.
Die Kryſtalle ſind ſelten einfach, ſondern verwickelte Zwillinge. Beim
Kimito-Tantalit herrſcht die Oblongſäule s/t, alſo wie beim Columbit.


Die beſchriebenen Kryſtalle ſtammen von Härkäſaari bei Torro im
Kirchſpiel Tammela, wo ſie mit Roſenquarz und Gigantolith brechen.
Gew. 7,26. Die von Kimito, wo bei Skogsböhle die reichſte finnländiſche
Fundgrube iſt, wiegen 7,93. Eiſenſchwarz, brauner Strich, bei manchen
Abänderungen bis ins Zimmtbraun gehend.


Bei den finnländiſchen hat H. Roſe den Tantalſäuregehalt beſtätigt,
ſo daß ſie im Weſentlichen (Ḟe, Ṁn) T⃛a ſein könnten. Ein Tammela-
Tantalit enthielt 83,4 T⃛a, 13,7 Ḟe, 1,1 Ṁn, Spuren von Zinnoxyd.
Ein Kimito-Tantalit 83,2 T⃛a, 7,2 Ḟe, 7,4 Ṁn, 0,6 S̈n.


Der Finbo-Tantalit bei Finbo und in dem großen Granitblocke
[551]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Ferguſonit, Pyrochlor.
Broddbo ohnweit Fahlun vorkommende iſt unkryſtalliniſch, Gew. 6,2—6,5.
Der chemiſche Gehalt 67 T⃛a, 16,7 S̈n, 6,9 Ḟe, 7,1 Ṁn, 2,4 Ċa. Mit
ihnen kommt dann ein Tantalſäurehaltiger Zinnſtein mit 93,6 S̈n und
2,4 T⃛a vor, ſo daß zwiſchen Zinnſtein und Tantalit ein förmlicher Ueber-
gang Statt findet. Man hat daher auch die Vermuthung aufgeſtellt,
daß Zinnoxyd mit Tantaloxyd iſomorph ſein dürfte.


Yttro-Tantalit wurde ſchon 1802 von Eckeberg (Kongl. Vetensk.
Akad. Handl. 1802. XXIII.
80) aus dem rothen Granit von Ytterby un-
fern Waxholms-Feſtung bei Stockholm entdeckt. Derb eingeſprengte Maſſen
mit Fettglanz, Apatithärte. Schon Berzelius unterſchied Abänderungen
von dreierlei Farben: ſchwarze, braune, gelbe. Alle drei finden ſich auf
dem gleichen Stück. Der ſchwarze wiegt 5,39, der gelbe 5,88. Den
ſchwarzen kann man leicht mit Gadolinit verwechſeln, allein er hat keine
Kieſelſäure. Vor dem Löthrohr unſchmelzbar, gibt aber einen Glühverluſt,
und wird ſpecifiſch ſchwerer. H. Roſe (Pogg. Ann. 72. 155) weist darin
58,6 Tantalſäure, 21,2 Yttererde, 7,5 Ċa, 3,9 , 6,3 Ḟe, 0,6 W⃛, 0,4
Ċu nach.


Teſchemacher’s Azorit aus dem Trachyt von den Azoren, kleine
grünlichgelbe Quadratoktaeder ſollen im Weſentlichen Tantalſaurer Kalk ſein.


3. Ferguſonit.


Haidinger Pogg. Ann. 5. 166. Iſt zu Kikertaurſack am Cap Fare-
well in Grönland im Quarz gefunden. Er gleicht dem Yttro-Tantalit
im Ausſehen, daher beſchreibt ihn Mohs Grundriß II.688 unter dieſem
Namen.


4gliedrig, aber mit jener merkwürdigen Hemiedrie des Scheelblei-
erzes pag. 416. Geht man vom Oktaeder s = a : a : c aus
mit 100° 28′ in den Endkanten, wornach
a = ,
ſo haben dazu die quadratiſche Säule r und das Quadratoktae-
der z nicht die verlangte ſymmetriſche Lage. Man muß vielmehr
beide als die Hälfte von der vierundvierkantigen Säule r =
a
: ⅓a : ∞a und von dem Vierkantner z = c : a : ⅓a betrachten.
Gradendfläche i = c : ∞a : ∞a.


[figure]

Pechſchwarz, blaßbrauner Strich, Härte 5—6, Gewicht 5,84. Vor
dem Löthrohr unſchmelzbar. Nach Hartwall (Pogg. Ann. 16. 483) 47,7
Tantalſäure, 41,9 Yttererde, 4,7 Ceroxydul, 3 Zirkonerde, 1 Zinnoxyd.


4. Pyrochlor.


Im Zirkonſyenit von Fredriksvärn entdeckt, und da er im Feuer ſich
gelb brennt, von Wöhler (Pogg. Ann. 7. 417) ſo benannt.


Reguläre Oktaeder, zuweilen Granatoeder und Leucitoeder a : a : ½a
und a : a : ⅓a untergeordnet (Miask). Die Oktaeder ſehr ſcharf ausge-
bildet, und dadurch meiſt leicht vom begleitenden Polymignyt unterſcheid-
bar. Röthlichbraun durchſcheinend. Härte 5, Gew. 4,2.


Vor dem Löthrohr wird er gelb und ſchmilzt ſchwer zu einer ſchwarz-
braunen Schlacke. Die Uraliſchen zeigen ein Aufglühen, und Wöhler
[552]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Uranpecherz.
fand darin 13,1 cerhaltige Thorerde, 67,3 titanhaltige Tantalſäure, 11 Ċa,
3,9 Na, 3,2 Fluor, woraus er die Formel
(Ṫh2, Ċe2, Ċa2) T̶⃛a + Na F̶l
(Pogg. Ann. 48. 83) conſtruirte, die Kryſtalle erreichen im Ural bis ½
Zoll Größe. Die Säure ſoll nach H. Roſe (Pogg. Ann. 72. 475) haupt-
ſächlich aus Niobſäure gemiſcht mit etwas Wolfram- und Pelopſäure und
einer nicht unbeträchtlichen Menge Titanſäure beſtehen. Der Norwegiſche
ſoll dagegen nach Hayes Tantal- und Titanſäure, und keine Thorerde
enthalten. Der von Brevig hatte 5 Uranoxyd.


Shepard’s Microlith von Cheſterfield in Maſſachuſets ſoll Pyro-
chlor ſein. Vergleiche auch die gelben Oktaeder des Pyrrhit (Pogg.
Ann. 48. 562) auf Feldſpath von Alabaſchka. Auf den Azoren fanden
ſich ſolche Oktaeder, die aus Niobſaurer Zirkonerde beſtehen ſollen. Schee-
rer’s gelber


Wöhlerit (Pogg. Ann. 59. 327) aus dem Zirkonſyenit von Brevig
enthielt 30,6 S⃛i, 15 Z̶⃛r, 14,4 Pelopſäure, 26,2 Ċa, 7,8 Ṅa ꝛc. Seine
Form beſchreibt Descloizeaux (Ann. chim. phys. 3 sér. 40. 76) als zwei-
gliedrige Oblongtafeln. Der mitvorkommende braune Eukolit enthält die-
ſelben Beſtandtheile, aber 47,8 S⃛i, 3 Ċe.


g)Uranerze.


Sie ſind die einzigen, aus welchen das Uranmetall leicht in größerer
Menge zu gewinnen iſt. Klaproth (Beiträge II.197) entdeckte 1789 das
neue Metall in der von den Bergleuten längſt bekannten Pechblende,
die nun den neuen Namen


Uranpecherz


erhielt. Werner nannte ſie ſchlechthin Pecherz, Hausmann Pechuran.
Es findet ſich meiſt in derben, aber großen unkryſtalliniſchen Maſſen,
ohne Blätterbruch, daher nannte es Mohs untheilbares Uranerz.
In Deutſchland ſind keine Kryſtalle bekannt. Dagegen glaubt Scheerer
in Norwegen, wo er ſtets in Begleitung von Niob- und Pelopſaurem
Uran-Manganoxydul vorkommt, reguläre Oktaeder mit Würfel deut-
lich beobachtet zu haben (Pogg. Ann. 72. 571).


Ein halbopalartiger Bruch mit Fettglanz, zuweilen gerundete nieren-
förmige Oberfläche. Pechſchwarz mit bräunlich ſchwarzem Strich. Härte
5—6, Gew. 6,46.


Vor dem Löthrohr unſchmelzbar, in der Oxydationsflamme gelbe und
in der Reductionsflamme grüne Gläſer. In Salpeterſäure löst es ſich leicht
zu einer grünlich gelben Flüſſigkeit. Als weſentlichen Gehalt ſieht man
nach Rammelsberg das Uranoxydoxydul an U̇ U̶⃛, derſelbe fand davon in
der Pechblende von der Grube Tanne bei Joachimsthal 79,1 p. C. neben
6,2 Blei, 3 Eiſen, 1 Arſenik, 2,8 Kalkerde, 5,3 Kieſelſäure ꝛc. Darnach
könnte man wähnen, daß ſie iſomorph mit Magneteiſen pag. 514 ſei.
Karſten (Pogg. Ann. 26. 491) wies Spuren von Selen nach, das er bei
der von Schneeberg mit dem Löthrohre noch erkannte, Wöhler (Pogg.
[553]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Kupfererze.
Ann. 54. 600) einen Vanadiumgehalt. Ueber Spuren von Kupfer, Wis-
muth ꝛc. darf man ſich nicht verwundern, da ſie namentlich von kleinen
Kupferkiestrümmern häufig durchzogen wird. Noch weniger fällt ein Ge-
halt von Phosphorſäure auf, da ſich der Uranglimmer pag. 412 faſt aus-
ſchließlich auf Koſten dieſes unkryſtalliniſchen Erzes gebildet hat. Das
kryſtalliſirte Uranpecherz, was ſich bei Valle in Sätersdalen zuſammen
mit Niob-pelopſaurem Uran-Manganoxydul (Pogg. Ann. 72. 569) findet,
hatte ſogar einen bedeutenden Gehalt jener merkwürdigen Metallſäuren,
neben denen Uranoxyd auch im Samarskit eine Rolle ſpielt, wie es über-
haupt in der ganzen Gruppe der Tantalate vorkommt.


Breithaupt unterſcheidet Pechblende mit ſchwarzem, olivengrünem und
pommeranzengelbem Strich. Letzteres (Uraniſches Gummierz) gleicht der
Gummigutt, ſieht hyacinthroth aus, und hat nach Karſten die Formel
4 U̶⃛ Ḣ̶9 + Ċa3˙˙˙˙˙. Es kommt zu Johann-Georgenſtadt vor, und iſt wahr-
ſcheinlich ſchon Zerſetzungsprodukt.


Vergleiche auch Haidingers Eliaſit von Joachimsthal, amorph, dunkel
pechfarbig (Pogg. Ann. Ergänzb. IV.348).


Uranocker, ein waſſerhaltiges Uranoxyd, das in Schnüren die Pech-
blende durchzieht und in ſchmalen Bändern einhüllt, von gelber Farbe.
In den Stücken von Johann-Georgenſtadt kann man den Prozeß von
Pecherz, durch das Gummierz zum Ocker vollſtändig verfolgen. Der pracht-
voll citronengelbe von Joachimsthal entſteht durch Zerſetzung des dortigen
Uranvitriol, wie ſchon die mitvorkommenden kleinen Gypskryſtalle beweiſen.


Liebigit Smith (Liebig’s Ann. Chem. u. Pharm. 66. 254) mit
Uranpecherz von Adrianopel, eine grüne Zerſetzungsſubſtanz, die aus U̶⃛2
+ 2 Ċa C̈ + 36 Ḣ̶
beſtehen ſoll, mit 38 U̶⃛, 45,2 Ḣ̶, 8 Ċa, 10,2 C̈. Der


Coracit vom Lake Superior (Silliman Amer. Journ. 2 ser. 7. 434)
hat neben 59,3 U̶⃛, 14,4 Ċa, 7,4 und bricht auch mit Pechblende, iſt
aber trotz ſeines Namens pechſchwarz. Es ſind dieß ohne Zweifel keine
feſten chemiſchen Verbindungen, wie aus der ganzen Art ihres Vorkom-
mens hervorgeht.


Da endlich auch der Uranvitriol pag. 444 ſich an das Uranpecherz
anſchließt, ſo iſt in letzterm das ſämmtliche Uranvorkommen repräſentirt.


Das Uranpecherz bricht hauptſächlich im Erzgebirge: Johann-Georgen-
ſtadt, Schneeberg, Annaberg. In Böhmen zu Joachimsthal, Przibram,
bei Redruth in Cornwall. Es findet ſich in Sachſen in ſo großen derben
Stücken, daß man es nicht nur in allen Sammlungen findet, ſondern
auch in der Porzellanmalerei zum Schwarz und Gelb benutzt.


h)Kupfererze.


Sie gehören zwar zu den edelſten für die Gewinnung des Kupfers,
haben aber gegenüber den geſchwefelten Kupfererzen eine geringe Bedeu-
tung für den Bergbau. Mineralogiſch intereſſant iſt vor allem das


[454[554]]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Rothkupfererz.

Rothkupfererz.


Kupferroth nach ſeiner Farbe. Aes sui coloris Rotkupfer Agricola
702. Als ſtetiger Begleiter des gediegenen Kupfers konnte ſeine Be-
ſchaffenheit den ältern Mineralogen kaum entgehen. Ohne Zweifel iſt bei
Theophraſt 70, wo er von einem Steine redet, der dem Carbunculus ähn-
lich, aber ſchwerer ſei, unſer Rothkupfererz gemeint, da er zwiſchen andern
ſaliniſchen Kupfererzen eingeſprengt war. Vielleicht auch Caldarius Plinius
34. 20. Cronſtedt §. 193 nannte es rothes Kupferglas, daher bei R. de
l’Isle III. 331 Cuivre vitreuse rouge, Cuivre oxidulé, Red oxide of Copper.


Reguläres Syſtem in ausgezeichneten Formen. Das Oktaeder
herrſcht vor, und zwar deutlich blättrig, ſeltener das ſelbſtſtändige
Granatoeder, doch kommen beide von Zollgröße um und um gebildet bei
Cheſſy und auf den Gumeſchewskiſchen Kupfergruben am Ural vor.
Noch häufiger finden ſich beide Oktaeder und Granatoeder in Verbindung,
woran bald das eine, bald das andere ſich mehr ausdehnt. Der Würfel
iſt ſchon viel ungewöhnlicher, doch kommt am Ural der Würfel ſelbſt vor-
herrſchend vor, mit untergeordnetem Oktaeder und Granatoeder und dem
ſeltenen Pyramidenwürfel a : ⅕a : ∞a, eine Form, die auffallend an dor-
tige Kupferkryſtalle durch ihren ganzen Habitus erinnert. Kleine ſelbſt-
ſtändige Würfel finden ſich auf den Kupfergruben von Cornwallis, und
zu Moldawa im Banat. Das Leucitoeder a : a : ½a ſtumpft die Kanten
des Granatoeders ab. G. Roſe erwähnt von den Gumeſchewskiſchen
Gruben auch eine Abſtumpfung zwiſchen Granatoeder und Oktaeder, einem
Pyramidenoktaeder a : a : 3a angehörend. Der Pyramidenwürfel a : ½a : ∞a,
das Pyramidengranatoeder a : ½a : ⅓a, alſo ſämmtliche 7 reguläre Körper
ſind vertreten. Dagegen kommen Zwillinge nicht vor. Wohl aber ge-
ſtrickte Formen (G. Roſe Reiſe Ural I.264) von großer Schönheit und
zart wie das haarförmige Rothkupfererz von Rheinbreitenbach: es ſollen
aber blos dünne Würfel ſein, die ſich nach der oktaedriſchen Axe verlängert
haben.


Dunkel Cochenillroth mit blutrothem Strich. Viele Kryſtalle
ſcheinen ſtark durch, und zeigen dann Diamantglanz. Verräth ſich gewöhn-
lich durch Malachit. Härte 3—4, Gew. 6.


Kupferoxydul Ċ̶u mit 88,8 Cu und 11,2 Sauerſtoff. Kupferhammer-
ſchlag beſteht vorzugsweiſe daraus, man hat es auf naſſem und trockenem
Wege kryſtalliſirt bekommen (Pogg. Ann. 49. 402). Die Löthrohrflamme
färbt es deutlich grün, ſchmilzt und reducirt ſich zu Kupfer, was beim
Erkalten von Kupferoxyd ſchwarz anläuft. Kupferoxydul gibt in der in-
nern Flamme farbloſe Gläſer, die erſt beim Erkalten ſchmutzig ziegelroth
werden, in der äußern dagegen ſmaragdgrüne von Kupferoxyd.


Rothkupfererz zeigt ſich häufig als Zerſetzungsprodukt von gediegenem
Kupfer, das beim Zerſchlagen nicht ſelten noch unzerſetzt darin ſteckt.
Man ſieht dieß nicht blos auf den verſchiedenſten Gruben, wo gediegen
Kupfer vorkommt, ſondern auch an alten Geräthſchaften, die lange in der
Erde begraben waren, wie z. B. die Waffen und Schmuckſachen der Celten,
die entweder ganz aus Kupfer oder aus Bronze beſtehen. In beiden
Fällen durchzieht das entſtandene Rothkupfererz die Maſſe. Schon R. de
[555]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Kupferblüthe, Ziegelerz.
l’Isle (Crist. III.333) erkannte in dem Pferdefuße einer antiken Bronzen-
ſtatue, welche 1777 bei Lyon ausgegraben wurde, kleine Cubo-Oktaeder
von Ċ̶u. Erſt aus ihm entſteht der Aerugo nobilis, ganz in derſelben
Weiſe, wie am Ural die Malachite aus dem gediegenen Kupfer durch
Verwitterung des Kupferoxyduls entſtanden ſind (G. Roſe Reiſ. Ural. I.
272). Dadurch ſind dann auch die ſchönen


Afterkryſtalle nach Malachit erklärt, welche zu Cheſſy bei
Lyon und auf den Gumeſchewskiſchen Gruben am ſchönſten vorkommen.
Schlechter kennt man ſie von der Grube Käuſerſteimel bei Sayn-Alten-
kirch auf dem Weſterwalde, auch in den untern Keupermergeln bei Heil-
bronn findet man kleine Oktaeder. Die wohlgebildeten Kryſtalle liegen
im Letten oder anderm Muttergeſtein, ſind an der Oberfläche grün, auch
faſrig, bald ganz bis zum Mittelpunkte, bald aber bleibt auch noch ein
innerer unzerſetzter Kern.


Kryſtalliſirt oder doch blättrig kryſtalliniſch iſt das meiſte. So
gewinnt man es in vielen centnerſchweren Blöcken am Ural, in deren
innerſtem Kern die hohle Druſe ſich findet. Schon Pallas beſchreibt von
dort 30 ℔ ſchwere Kryſtallſtücke: Gumeſchewskoi, Niſchne-Tagilsk und
Bogoslowsk ſind die drei Hauptpunkte. Die Kupfergruben von Corn-
wallis ſind längſt berühmt, wo es ebenfalls gern mit gediegenem Kupfer
bricht. Erſt 1812 wurden die ſchönen Kryſtalle von Cheſſy bei Lyon ge-
funden. Auch das Banat iſt reich. Auf dem Schwarzwalde kamen früher
ſchöne Kryſtalle auf der Leopoldsgrube bei Rippoldsau mit gediegenem
Kupfer vor. Am Veſuv zuweilen als Ueberzug ſchlackiger Auswürfe.


Kupferblüthe als haarförmiges Rothkupfererz bildet prachtvoll karmin-
rothe Faſern, kurz und zart, von Haardicke, für reguläres Kryſtallſyſtem
allerdings etwas ſehr Ungewöhnliches. Auch glaubte Suckow (Pogg.
Ann. 34. 528) bei Rheinbreitenbach ein blättriges Rhomboeder von 99°
15′ in den Endkanten nachweiſen zu können. Gewöhnlich ſeien es aber
reguläre ſechsſeitige Säulen mit Gradendfläche, woran das Rhomboeder
die abwechſelnden Endecken abſtumpfen würde. Nun beſtehen aber die
geſtrickten Formen vom Ural aus Würfeln, die ſich nach den oktaedriſchen
Axen ausgedehnt haben. Um die Rheinbreitenbacher Nadeln zu erkennen,
darf man ſie nur auf Wachs ſtecken, und mit der Lupe im reflektirten
Lichte betrachten, ſie ſpiegeln dann im reflektirten Lichte nur vier und
nicht ſechs Mal. Da nun auch die ſchönen Haare im Brauneiſenerz von
Niſchne-Tagilsk (G. Roſe Kryſt. Chem. Miner. 63) deutlich verlängerte
Würfel mit Oktaeder und Granatoeder ſind, ſo hat man wenigſtens bis
auf weiteres keinen Grund, dieſes reine haarförmige Kupferoxydul für
anders als regulär kryſtalliſirt zu halten. Moldawa, die Gruben von
Cornwallis liefern Beiſpiele. Das Rheinbreitenbacher ſoll etwas Selen
halten.


Das dichte Rothkupfererz wird gern unrein und geht dann in das


Ziegelerz über. Daſſelbe hat ſeinen Namen von der dunkel ziegel-
rothen Farbe. Es kommt dicht und erdig vor, die Farbe des letztern
iſt höher. Chemiſch beſteht es aus einem Gemiſch von F̶⃛e Ḣ̶ mit Ċ̶u. Es
hat in ſofern einiges Intereſſe, als man häufig mit Entſchiedenheit nach-
weiſen kann, daß es lediglich ein Verwitterungsprodukt des Kupferkieſes
[556]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Zinkerze.
ſei, ſo zu Nanzenbach bei Dillenburg, auf der Grube Herrenſeegen im
Schwarzwalde ꝛc. Der Kupferkies = C̶̍u F̶ˈˈˈe durchzieht in unzerſetzten
Fäden noch die Maſſe, auch durfte ja nur der Schwefel durch Sauerſtoff
erſetzt werden um ſich in Ċ̶u F̶⃛e umzuwandeln. Ein Theil des Kupfer-
oxydul wurde zum Malachit verwendet, der ſich auf gleichen Erzſtufen
findet. Kommt das Ziegelerz in Geſellſchaft von Rothkupfererz vor, wie
auf den Turjinſchen Gruben, ſo ſcheint das Eiſenoxydhydrat zum Roth-
kupferocher hinzugetreten zu ſein. Das


Kupferpecherz oder Pechkupfer entſteht ebenfalls durch Zer-
ſetzung des Kupferkieſes, hat aber ein ganz Pechartiges Ausſehen, Pech-
glanz und Pechſchwarz mit braunem Strich. Härte 4—5. Im Sibiriſchen
von den Turjinſchen Kupfergruben iſt 12 Ċu, 20,6 Ḣ̶, 17,7 S⃛i, 49 F̶⃛e.
Das Kupfer iſt alſo ſtärker oxydirt. Auch der


Condurrit von der Condurra Grube in Cornwall iſt augenfällig
ein Zerſetzungsprodukt von Kaffeebrauner Farbe, was bei Verwitterung
ins Erdige übergeht. Nach Rammelsberg (Pogg. Ann. 71. 305) im We-
ſentlichen ein durch Arſenik, Schwefel ꝛc. verunreinigtes Kupferoxydul.


Kupferſchwärze nannte Werner den ſchwarzen erdigen Beſchlag
des Kupferkieſes. Man findet ſie häufig, zeigt aber neben Kupferoxyd
auch Manganoxyd und Waſſer. Die von Herrenſeegen auf dem Schwarz-
walde gibt die ausgezeichnetſte Reaktion von Kupferoxyd, ſie muß ſehr
rein ſein. Auch das künſtliche Ċu iſt ein ſchwarzes Pulver. Uebrigens
muß man es nicht mit dem blauen Kupferindig verwechſeln. Nach Ram-
melsberg (Pogg. Ann. 80. 286) kommen in den reichen Kupfergruben am
Lake Superior braunſchwarze, theils ſogar blättrige ſchwer zerſprengbare
Maſſen von 5,9 Gew. vor, die 99,4 p. C. Kupferoxyd enthalten. Inte-
reſſant iſt auch Semmola’s


Tenorit auf Lavenauswürflingen des Veſuvs. Es ſind ſtarkglän-
zende äußerſt dünne ſchwarze Blättchen, mit ſchwarzem Strich, die mit
Flüſſen ſmaragdgrüne Gläſer geben. Es ſoll kryſtalliſirtes reines Kupfer-
oxyd ſein. Bulletin géol. de Franc. 1842. tom. 13. 206.


i)Zinkerze.


Sie ſind äußerſt unbedeutend. Das einzige intereſſante Vorkommen
iſt das


Rothzinkerz oder beſſer Zinkoxyd.Red oxide of Zink Bruce Silliman
Amer. Journ.
1. 96. Die rothe Farbe dankt es blos einem zufälligen
Mangangehalt.


6gliedrig mit den Winkeln des Korundes pag. 247. Das natürliche
findet ſich zwar nur in ſpäthigen Stücken, allein ſo groß, daß man deutlich
eine reguläre ſechsſeitige Säule von 120° daraus ſpalten kann, ſo deutlich
ſind die 3 Blätterbrüche der Säule, und noch etwas deutlicher iſt die
Gradendfläche. Bei künſtlichen ſehr glänzenden Kryſtallen, welche ſich bei
verſchiedenen Hüttenprozeſſen bilden, kommt die Säule mit Endfläche ſehr
ſchön kryſtalliſirt vor, ihre Endkanten werden durch ein Dihexaeder a :
a
: ∞a : c abgeſtumpft, und zeigen 127° 40′ in den Endkanten (23′ vom
[557]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Weißſpießglanz.
Korund r abweichend), indeß ſtumpft das nächſte ſtumpfere Dihexaeder
2a : a : 2a : c ſämmtliche Endkanten ab, was beim Korund das blättrige
Rhomboeder bildet.


Das natürliche Vorkommen iſt hoch morgenroth mit oraniengelbem
Strich, ſtarker Glanz mit Durchſcheinenheit. Härte 4, Gew. 5,5.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es nicht, gibt aber einen deutlichen Zink-
beſchlag. Nach Whitney (Pogg. Ann. 71. 169) enthält es 96,2 Żn, und
3,7 Manganoxyd, welchem es ſeine Farbe danken ſoll. Mit Franklinit
pag. 517 bei Franklin und Sparta in New-Yerſey, zu Sterling in
blättrigen Maſſen mit Magneteiſen. Es kommt daſelbſt in ſolchen Mengen
vor, daß es zur Darſtellung des Zinkes benutzt wird. Der weiße Be-
ſchlag auf dem Franklinit ſoll kohlenſaures Zinkoxyd ſein. Das reine
Zinkoxyd iſt an ſich weiß, allein die künſtlichen Kryſtalle ſind auch ge-
wöhnlich durch etwas Eiſenoxydul gelb gefärbt, und erinnern durch ihren
Glanz an gelbes Buntbleierz. Am häufigſten ſieht man es in zolldicken
Kruſten als unkryſtalliniſche gelbgrüne Maſſe, welche ſich an den Wänden
des Hochofenſchachtes anſetzen (Gichtenſchwamm), z. B. zu Ludwigsthal,
zu Tuttlingen. Denn das Zink findet ſich in den verſchmolzenen Eiſen-
erzen ſehr verbreitet.


Kadmiumoxyd bildet ſich in Schleſien in Riſſen ſchadhafter De-
ſtillationsgefäße des Zinkes in glänzend ſchwarzbraunen Oktaedern des
regulären Syſtems, 8,1 Gew. Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 55. 118.


k)Antimonerze.


Sie finden ſich zwar auch nur ſparſam, ſind aber wegen ihres Iſo-
dimorphismus mit den entſprechenden Arſenerzen von Bedeutung.


WeißſpießglanzS̶⃛b.


Dieſer alte Werner’ſche Name iſt gegenüber dem Roth- und Grau-
ſpießglanz vortrefflich gewählt, daher ſollte man den umgekehrten Namen
Spießglanzweiß oder Antimonblüthe nicht annehmen. Es wurde ſchon
1787 auf den Bleierzgruben von Przibram von Rößler in Prag beſchrieben,
und Klaproth Beiträge III.183 erkannte das reine Spießglanzoxyd darin.
Antimonie oxidé.


2gliedrige Oblongtafeln, woran die
Endfläche h ſich durch ſtarken Perlmutterglanz aus-
zeichnet, man kann dieſe daher als den Haupt-
blätterbruch betrachten, obgleich ſie ſich in Blätter
abſondert. Die ſchmale Seite dieſer Tafeln ſchärft
die Säule M = b : ½a : ∞c mit Winkeln von 136°
58′ zu, dieſe Flächen werden gewöhnlich als die

[figure]

deutlichſten Blätterbrüche betrachtet, aber die Faſerung längs der Axe c
entſtellt ſie ſehr. Der Hauptblätterbruch h = b : ∞a : ∞c ſtumpft die
ſcharfe Säulenkante gerade ab. Am langen Ende der Tafel herrſcht ge-
wöhnlich eine Endfläche c = c : ∞a : ∞b, doch gibt Mohs auch ein
Paar p = c : 2b : ∞a 70° 32′ an. Selten die Oktaederflächen o = a :
[558]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Weißſpießglanz.
b : c, welche Rechtecke bilden, weil ſie in der Zone M/p liegen. Die Blätter
auf dem Bleiglanz von Przibram mit kleinen rothen Blendekryſtallen fächern
ſich häufig, indem die langen Axen a der Tafeln ſich unter verſchiedenen
Winkeln von einander entfernen. Man muß ſich hüten, ſie nicht mit dem
dortigen Weißbleierz pag. 357 zu verwechſeln, dem ſie im Demantglanz
und weißer Farbe ſehr gleichen. Allein ſie haben Gypshärte, und nur
5,5 Gew.


Schmilzt ſchon im bloßen Kerzenlicht unter Bildung von ſchweren
weißen Antimondämpfen, welche die Flamme grünlich färben. In Salz-
ſäure leicht löslich, doch wird die Auflöſung mit Waſſer verdünnt milchig,
weil das Waſſer S̶b C̶l3 theilweis wieder zu S̶⃛b zerſetzt, welches mit einem
Theil des unzerſetzten Antimonchlorids ein unlösliches Salz bildet. Reines
Antimonoxyd mit 84,3 Sb und 15,7 Sauerſtoff.


Das blättrige Weißſpießglanz findet ſich zu Przibram, Allemont ꝛc.,
das excentriſch ſtrahlige dagegen ausgezeichnet zu Malaczka in Ungarn
und auf der neuen Hoffnung Gottes zu Bräunsdorf bei Freiberg. Hier
liegt nicht ſelten auf einem einzigen Handſtück das graue (ˈˈˈb), weiße
und rothe Spießglanz (2 ˈˈˈb + S̶⃛b) nebeneinander.


Oktaedriſches Antimonoxyd in regulären Oktaedern von 4—5
Linien Durchmeſſer fand Senarmont (Ann. chim. phys. 3 ser. 31. 504)
bei Qued-Hamimim in der Provinz Conſtantine in einem mergeligen Ge-
ſtein, worin es wahrſcheinlich durch giftige Quellen, wie das 2gliedrige
bei Ain-el-Bebbuch abgeſetzt iſt. Die Oktaeder ſind etwas blättrig, ihre
ſtark lichtbrechende Kraft mit lebhaftem fettartigem Diamantglanz macht
ſie dem Weißbleierz ſehr ähnlich, aber ſie haben nur reichlich Gypshärte
und 5,3 Gew. Vor dem Löthrohr verhält es ſich vollkommen wie das
2gliedrige. Es kommt in ſolcher Menge vor, daß man es bergmänniſch
gewinnt und wie Bleiweiß zu Farbe benützt.


Schon lange wußte man, daß beim Saigern des Grauſpießglanzes
von Wolfsberg auf dem Unterharze ſich neben dem 2gliedrigen auch oktae-
driſche Kryſtalle von S̶⃛b bilden (Pogg. Ann. 26. 180). Mitſcherlich (Pogg.
Ann. 49. 409) ſtellte ſogar beide auf naſſem Wege dar: löſt man S̶⃛b in
wäſſrigem kochendem Natron, und läßt die Sache beim Ausſchluß der
Luft erkalten, ſo erhält man zuweilen meßbare reguläre Oktaeder. Setzt
man dagegen zur kochenden Auflöſung von Ṅa C̈ Antimonchlorid (S̶b C̶l3),
ſo ſcheidet ſich S̶⃛b in 2gliedrigen Säulen aus.


Spießglanzocher.


Eine Werner’ſche Species. Bildet ſtrohgelbe Ueberzüge auf Grau-
ſpießglanz, das ihn leicht verräth. Zuweilen füllt er, wie zu Kremnitz
und Felſöbanya, ſogar die Stelle der Kryſtalle vollkommen aus (Stib-
lith
), und dieſe unkryſtalliniſche Maſſe kann ſogar Apatithärte erreichen.
Das Gewicht variirt von 3,7—5,3. Dem ochrigen Vorkommen ſcheint
neben Antimoniger Säure ˈˈˈb ein Waſſergehalt weſentlich. Die dichten
haben zwar auch Waſſer, allein es ſcheint nicht immer nothwendig.


Bei Cervantes im Spaniſchen Galicien ſind durch Zerſetzung des
[559]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Arſenige Säure.
Grauſpießglanzes helliſabellgelbe blättrige Maſſen von 3—4 Härte und
4 Gew. entſtanden, die aus reiner waſſerfreier Antimonigerſäure ˈˈˈb =
S̶⃛b S̶ˈˈˈb
beſtehen. Zu Pereta in Toskana fand ſie ſich ſogar in dünnen
Kryſtallnadeln, die Dana Cervantit nennt (Silliman Amer. Journ.
2 ser.
14. 61).


In der Provinz Conſtantine ſollen ſogar Verbindungen wie S̶⃛b2ˈˈˈb3
+ 15 Ḣ̶
ꝛc. vorkommen. Sonſt ſpielt die Antimonige- und Antimonſäure
keine ſonderliche Rolle, ſie kommt in dem ſeltenen Romeit pag. 418 noch
vor, der aus Ċa4ˈˈˈb3 beſtehen ſoll. G. Roſe nimmt jedoch die Antimo-
nige Säure (ˈˈˈb) als Antimonſäure (ˈˈˈb).


l) Arſenikerze.


Sind in der Natur noch ſeltener als die Antimonerze, weil ſie ſich
ſchon im bloßen Waſſer wenn auch ſchwer löſen. Die künſtlichen nehmen
jedoch durch ihre Parallele mit den genannten die Aufmerkſamkeit in An-
ſpruch.


Arſenige SäureA̶⃛s.


Oder Weißarſenik, das unter dem Namen Rattengift wohlbekannte
Gift. Man hat es auch Arſenikblüthe genannt, doch verſtand Werner
darunter beſſer den Pharmakolith pag. 400, denn die Ausblühungen der
Arſenigen Säuren auf Erzgängen ſind eine ſeltene Erſcheinung, ſie kommt
höchſtens als mehliger Beſchlag oder in feinen Nadeln da vor, wo in
alten Grubengebäuden gediegen Arſenik, Arſenikkies oder Speiskobalt ver-
wittert. Doch kannte ſie ſchon Cronſtedt Mineral. §. 238 als Calx ar-
senici nativa pura,
Romé de l’Isle Criſt. III.40 erwähnt die octaèdres
aluminiformes,
die auf den Gifthütten zu Andreasberg und in Sachſen
zu bekannt ſind. Dieſe kleinen künſtlichen Oktaeder haben blättrige Brüche,
und gehören dem regulären Syſtem an. Weiß, durchſichtig, mit ſtarkem
Glanz, Härte 2—3, Gew. 3,6. Geſchmack herbe ſüßſalzig. In Kolben
ſublimirt ſie ſich ſtets in kleinen Oktaedern. Indeß erwähnt Wöhler (Pogg.
Ann. 26. 178) eines Sublimationsproduktes aus einem Kobalt-Röſtofen
von Schwarzenfels in Kur-Heſſen mit Linien großen Kryſtallen von aus-
gezeichnetem Perlmutterglanz wie beim Strahlzeolith. Das ſcheint mit
Weißſpießglanz zu ſtimmen.


Demnach dürften S̶⃛b und A̶⃛s iſodimorph ſein, mit dem Unterſchiede,
daß ſich beim Weißſpießglanz gewöhnlicher das 2gliedrige, bei der Arſe-
nigen Säure dagegen das reguläre Syſtem ausbildet.


Wenn künſtliche Arſenige Säure nicht Zeit zum Kryſtalliſiren hat,
ſo bildet ſie ein Opalartiges Glas (amorphe, glaſige), das nach einiger
Zeit porzellanartig undurchſichtig und matt wird, ſie ſteht um, d. h. ſie
geht aus dem unkryſtalliniſchen Zuſtande in den kryſtalliniſchen über. Löst
man ſolche unkryſtalliniſche in verdünnter ſiedender Salzſäure, ſo ſetzen
ſich beim langſamen Erkalten Kryſtalle unter Lichtſchein ab (H. Roſe
Pogg. Ann. 35. 481). Der Lichtſchein findet nicht ſtatt, wenn man zur
[560]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Periklas, Ocher.
Löſung kryſtalliniſche nimmt. Daher bleiben auch die Kryſtalle durchſichtig
und glänzend.


Anhangsweiſe erwähnen wir hier noch:


Periklas fand Scacchi im Dolomit an der Somma. Kleine grüne
reguläre Oktaeder, mit blättrigem Bruch der Würfelflächen, Härte 6,
Gew. 3,7. Nach Damour beſteht er aus 93,8 Talkerde und 5,9 Ḟe.
Ebelmen (Compt. rend. 33. 525) ſtellte künſtlich Ṁg in Kryſtallen dar, in-
dem er große Stücke Kalk auf Borſaure Magneſia in der Hitze wirken
ließ. Auf gleiche Weiſe kann man Ṅi, Ċo und Ṁn darſtellen. Noch
erfolgreicher iſt das Verfahren von Daubrée (Comptes rendus XXXIX.1),
wornach man blos Kalk auf Dämpfe von Chlormagneſium wirken laſſen
darf. Das Experiment, Chlorverbindungen auf Baſen wirken zu laſſen,
lieferte ein ſo glückliches Reſultat, daß Chlorſilicium im Zuſtande des
Dampfes oder bei Rothglühhitze auf Kalkerde, Bittererde, Thonerde, Be-
ryllerde wirkend Kieſelerde in dihexaedriſchen Kryſtallen gab!
Waren die Baſen Kali und Thonerde, ſo entſtanden ſogar Feldſpath-
kryſtalle. Cyanit, Granat, Beryll, Euklas, Korund ꝛc., ſelbſt Turmalin
entſtanden, wenn die Baſen gehörig gemiſcht wurden. Dieſe höchſt be-
merkenswerthe Entdeckung kann nicht ohne die größten Folgen für unſere
geologiſchen Theorien bleiben. Beſonders wirkſam zeigte ſich der Kalk:
Chlormagneſium wurde ſtets durch Kalkerde niedergeſchlagen, und wenn
dieſe beiden Baſen ſich in Gegenwart von Chloriden des Siliciums oder
Aluminiums fanden, ſo trat der Kalk ſeinen Sauerſtoff an die Magneſia
ab, und letztere mußte vorzugsweiſe in die Silicatverbindungen eingehen.


Ocher.


Unter Ochra verſtanden ſchon Griechen und Römer erdige Produkte,
beſonders den Brauneiſenocher pag. 531. Nach Henkel Pyritologia 712
bedeutet es „nach unſerer Materialiſten Verſtande niemals was anders,
als eine gegrabene gelbe Erde.“ Wallerius definirt Ocher allgemein als
terrae metallicae, in dieſem Sinne wird es heute genommen. Es ſind
erdige Beſchläge, Zerſetzungsprodukte oxydiſcher Erze, wovon wir die
meiſten an der betreffenden Stelle angeführt haben. Man ſchreibt auch Ocker.


Eiſenerze geben braune und rothe Ocher, jenes das Hydrat, dieſes
die reine Miſchung von Eiſenoxyd.


Manganerze geben vorzugsweis ſchwarze Ocher, weil der gewöhn-
liche höchſte Oxydationszuſtand, Manganſuperoxyd M̈n, ſchwarz iſt. Wenn
ſolche ſchwarze Ocher kobalthaltig werden, ſo heißen ſie


Schwarzer Erdkobalt. Als Muſter galt Werner’n der von
Saalfeld. Derſelbe kommt in derben Maſſen vor, hat die Conſiſtenz des
trocknen plaſtiſchen Thons, bläulich ſchwarz mit einem glänzenden Strich,
der an dichten Graphit erinnert. Rammelsberg wies darin 40 Ṁn nebſt
9,5 Sauerſtoff, 19,4 Ċo, 4,3 Ċu, 21 Ḣ̶ nach, und hält ihn deshalb
(Ċo, Ċu) M̈n2 + 4 Ḣ̶. Das Kupfermanganerz von Kamsdorf ſieht
auch bläulich ſchwarz aus, bildet öfter kleine traubige Ueberzüge, hält bis
14,6 Ċu, und ſoll Ṙ M̈n2 + 2 Ḣ̶ ſein. Der Schwarzwälder ſchwarze
Erdkobalt auf Silbergängen mit Schwerſpath iſt ein Verwitterungsprodukt
[561]IV. Cl. Oxydiſche Erze: Ocher.
des dortigen Speiskobaltes, und daher ſtark arſenikhaltig bei wenig Man-
gan. Folglich ein ganz anderes Produkt. Werner unterſchied auch einen
braunen und gelben Erdkobalt, was nur unreine Gemenge ſind, na-
mentlich mit waſſerhaltigem Arſenikſaurem Eiſenoxyd. Den rothen Erd-
kobalt
haben wir pag. 399 genannt.


Chromocher von Creuzot bei Autun iſt ein durch C̶⃛r blaß apfel-
grün gefärbtes Thongeſtein, was als Bindemittel von Quarz dient, es
werden an 13 p. C. Chromoxyd darin gefunden. Der Wolchonskoit
von Oſchansk Gouv. Perm iſt ein krautgrüner Thon, der an 34 p. C.
C̶⃛r
enthalten kann. Zwiſchen den Fingern gerieben wird er wie Bol
glänzend, und dient als Farbe. Werner verſtand unter Chromocker fälſchlich
das verwitterte Nadelerz.


Bleiocher, der Oxydationszuſtand des Bleis, findet ſich häufig auf
Gängen, wo Bleiglanz in ſaliniſche Erze verwandelt worden iſt. Am
häufigſten der gelbe BleiocherṖb, ein blaßgelbes Mehl, was die
Druſen von Weißbleierz zu Freiberg, Hausbaden ꝛc. bepudert. Wenn
man es mit Gummi in der Hand anmacht, damit es auf der Kohle feſt-
liege, ſo bekommt man ſogleich kleine Bleireguli und einen gelben Blei-
beſchlag. Die künſtliche Bleiglätte kryſtalliſirt in rhombiſchen Tafeln
des 2gliedrigen Syſtems (Pogg. Ann. 49. 403). Kryſtalle der Art ſollen
ſich auch in Mexicaniſchen Vulkanen erzeugen. Seltener iſt die Mennige
Ṗb2 P̈b von hoch morgenrother Farbe. Sie kommt auf alten Halden einer
verlaſſenen Bleigrube zu Bleialf bei Trier vor, kann hier aber Kunſt-
produkt ſein. Schlangenberg, Inſel Angleſea, Badenweiler in Baden ꝛc.
werden angegeben. Gewöhnlich als Ocher. BleiſuperoxydP̈b (Platt-
nerit) kommt in kleinen ſechsſeitigen Tafeln des ſechsgliedrigen Syſtems
von 9,4 Gew. und Diamantglanz zu Leadhills in Schottland vor.


WismuthocherB̶⃛i mit 89,8 Bi findet ſich als gelbgrüner Beſchlag
auf gediegenem Wismuth, beſonders ſchön zu Johann-Georgenſtadt. Manch-
mal wird die Maſſe kohlenſauer, wie die grüngelben Nadeln im Thon-
eiſenſtein von Ullersreuth (Fürſtenthum Reuß), die Afterkryſtalle von
Schwefelwismuth ſein ſollen pag. 360.


TellurocherT̈e ſoll in kleinen gelblichweißen Halbkugeln zu Facebay
mit Tellur vorkommen.


MolybdänocherM⃛o als ſchwefelgelbes Pulver mit Schwefel-Mo-
lybdän, Linnås in Småland ꝛc.


Wolframocher pag. 548, Uranocker pag. 553, Ziegelerz pag. 555 ꝛc.
haben wir ſchon oben erwähnt.


Quenſtedt
[[562]]

Fünfte Claſſe.
Geſchwefelte Metalle.


Dieſe letzte Claſſe iſt in Hinſicht auf Mannigfaltigkeit der Verbindungen
den Silikaten an die Seite zu ſtellen. Sauerſtoff fehlt ganz, an ſeine Stelle
tritt vorzugsweiſe Schwefel, welchen man durch einen über die Symbole
geſtellten Strich bezeichnet pag. 131. Statt des Schwefels können nun
zwar auch Selen, Arſenik, Antimon und Tellur auftreten, allein dieſe
Selenete, Arſeniete, Antimoniete und Tellurete ſind ungleich ſeltener als
die Sulphurete, daher darf man wohl nach dem Schwefel vorzugsweiſe
den Namen der Klaſſe bezeichnen.


Was die Sulphobaſen (F̍e, Z̍n, P̍b, C̶̍u, A̍g ꝛc.) und Sulpho-
ſäuren
(ˈˈˈb, A̶ˈˈˈs, B̶ˈˈˈi ꝛc.) betrifft, ſo richten ſie ſich genau nach den ent-
ſprechenden Sauerſtoffverbindungen, jedoch treten ſchon die einfachen (bi-
nären) viel leichter ſelbſtſtändig auf, als das bei den einfachen Sauerſtoff-
verbindungen der Fall iſt. Man könnte darnach verſucht ſein, ſie in zwei
Gruppen zu bringen.


1) Einfach binäre Verbindungen, wie P̍b, Z̍n, F̎e, Pb Se, Ni As,
Ni Sb
ꝛc.


2) Doppelt binäre Verbindungen: C̶̍u F̶ˈˈˈe, A̍g3ˈˈˈb.
Allein beide ſind einander ſo ähnlich, daß die Eintheilung naturhiſtoriſch
nicht gerechtfertigt ſcheint. Es dürfte daher auch hier, wie bei den oxydiſchen
Erzen angemeſſener ſein, ſie nach ihrem wichtigſten Metalle zu gruppiren.


Geſchwefelte Metalle ſpielen beſonders in den untern Teufen der
Erzgänge eine Rolle, wo ſie der wichtigſte Gegenſtand des Bergbaues
ſind. Die gewöhnlichen findet man auch eingeſprengt im Flözgebirge, wo
beſonders der Bitumengehalt nicht blos zur ihrer Bildung, ſondern auch
zu ihrer Erhaltung beigetragen hat.


Eiſenerze.


Das Eiſen vorzüglich mit Schwefel, ſeltener mit Arſenik verbunden.
Sie gehören zu den gemeinſten, aber auch zu den ſchönſten. Das Eiſen
darin kann kaum verwerthet werden, wohl aber der Schwefel und das
Arſenik.


[563]V. Cl. Geſchwefelte Metalle: Schwefelkies.

1. SchwefelkiesF̎e.


Weil man daraus mit Vortheil Schwefel darſtellen kann, daher iſt
der andere Name Eiſenkies nicht ſo gut. Wird mit unter Pyrites des
Plinius 36. 30 begriffen, und weil er ſtarke Funken mit dem Stahle gibt,
auch Feuerſtein genannt. Schlechthin Kies, weil er unter den Kieſen
der gemeinſte iſt. Das Wort Kisus gebraucht ſchon Agricola 689. Fer
sulfuré, Marcassites.


Pyritoedriſche Kryſtalliſationpag. 69. Wie Glanzkobalt
pag. 576. Das


Pyritoederp = a : ½a : ∞a mit 126° 52′ in den 6 Würfel-
kanten und 113° 34′ 41′ in den 24 Würfeleckenkanten am gewöhnlichſten.
Die Flächen parallel den Würfelkanten geſtreift. Der


Würfela : ∞a : ∞a ebenfalls parallel ſeinen Kanten geſtreift,
ſo daß auf je einen Kryſtallraum eine Streifenrichtung
fällt. Die Streifen correſpondiren mit denen am Pyri-
toeder. Beide Pyritoeder und Würfel treten nicht blos
aneinander auf, ſondern finden ſich auch ſelbſtſtändig
um und um kryſtalliſirt, eingeſprengt in Schieferthon
und Mergel. Auch das


Oktaedera : a : a fehlt nicht (Gr. Allmerode)
mit untergeordnetem Pyritoeder findet es ſich in den

[figure]

Alpen, gar häufig ſtumpft es die Ecken der Würfel ab (Cubooktaeder im
Lias gewöhnlich), und wenn es am Pyritoeder mit den Pyritoederflächen
ins Gleichgewicht tritt, ſo entſteht das ſogenannte


Icoſaeder mit 12 + 8 Flächen: die 8 dem Oktaeder angehörig
bilden leicht erkennbare gleichſeitige Dreiecke, die 12
Pyritoederflächen dagegen gleichſchenklige, die parallel
ihrer Baſis geſtreift zu ſein pflegen. Das Grana-
toeder
a : a : ∞a ſtumpft die 2 + 1kantigen Ecken
am Pyritoeder ab, und kommt im Banat, Piemont
ꝛc. auch wohl ſelbſtſtändig vor. Im Banate bilden
ſogar Würfel und Granatoeder 18 Rechtecke, woran

[figure]

auch das Leucitoeder a : a : ½a nicht fehlt. Letzteres gibt bereits Hauy
ſelbſtſtändig aus einem Talkſchiefer von Corſica an. In den Piemonte-
ſiſchen Alpen kommen Leucitoidflächen vor, die ſich kaum über den Oktaeder-
flächen erheben, aber durch eine ganz beſtimmte Streifung angedeutet
werden. Wenn das Oktaeder herrſcht, ſo findet man auch zuweilen An-
deutungen von Zuſchärfungen der Kanten, die
einem Pyramidenoktaedera : a : 2a an-
gehören.


Das gebrochene Pyritoederf = a : ½a : ⅓a
ſpielt beſonders an den ſchönen Kryſtallen von
Elba eine Hauptrolle, es ſtumpft die Kante zwiſchen
Pyritoeder und Oktaeder ab, und da letzteres ein
gleichſeitiges Dreieck bildet, ſo findet man ſich leicht
zurecht. Zuweilen iſt es ſogar ſelbſtſtändig (Tra-

[figure]

verſella). Die von Traverſella in Piemont zeigen ein gebrochenes Pyri-
36*
[564]V. Cl. Geſchwefelte Metalle: Schwefelkies.
toeder aus der Diagonalzone vom gewöhnlichen Pyritoeder p, und da es
zugleich die Kante zwiſchen Oktaeder und Würfel abſtumpft, ſo iſt ſein
Ausdruck s = a : ½a : ¼a. Unter p liegt noch ein Pyritoeder y = a :
\frac{3}{2}a : ∞a
die Mediankanten und ein gebrochenes Pyritoeder r = ⅓a : ¼a : ⅕a
die Würfeleckenkanten abſtumpfend. Letzteres fällt zugleich noch in die
Diagonalzone des Oktaeders. Sämmtliche Flächenausdrücke folgen aus
den Zonen.


[figure]
[figure]

Es werden unter den Pyritoedern noch andere
ſehr unwahrſcheinliche Ausdrücke aufgeführt ½a : \frac{1}{7}a :
∞a; \frac{1}{9}a : \frac{1}{11}a : ∞a
ꝛc. Der flächenreichſte Körper
iſt jedoch die Var. parallélique von Petorka in Peru
(Hauy Traité Minér IV.57). Es herrſcht daran der
Würfel w vor. Das kleine gleichſeitige Dreieck o
gehört dem Oktaeder, und die Kante zwiſchen Okta-
eder und Würfel ſtumpft das vollflächige Leucitoeder
l = 2a : 2a : a ab. Alle andern Flächen ſind he-
miedriſch: p = a : 2a : ∞a ſtumpft die gebrochene
Oktaederkante des Leucitoeders ab. In ſeiner Dia-
gonalzone liegt das gebrochene Pyritoeder s = a :
½a : ¼a = a : 2a : 4a.
Dann folgt l = a : 2a :
2a
, darunter f = a : 2a : ⅔a = ½a : a : ⅓a. Zwi-
ſchen f und w nochmals s = a : 2a : ½a = ½a :
a : ¼a.
Es liegen alſo p s l f s w der Reihe nach in
einer Zone. y = a : \frac{3}{2}a : ∞a ſtumpft die Median-
kante f/f ab. Endlich noch die kleine Fläche n = a : ⅓a : ⅕a, ſie liegt in
der Zone p/f aber nicht in der Zone s/y, ſonſt würde ſie \frac{1}{7}a : ¼a haben.
Es iſt dieſes der aus der Deduction ſo wohl bekannte Körper (Methode
der Kryſtallographie pag. 66).


Zwillinge des Eiſernen Kreuzes (Weiß, Magazin Berl.

[figure]

Geſellſch. Naturforſchender Freunde VIII.24) aus dem
Keupermergel von Vlotho bei Preußiſch Minden. Zwei
Pyritoeder p = a : ½a : ∞a durchwachſen einander voll-
ſtändig, ſo daß die Würfelkanten ſich rechtwinklig kreuzen,
welche Kreuzung mit dem Preußiſchen Orden des eiſernen
Kreuzes Aehnlichkeit hat. Der gemeinſame Kern beider
iſt dann ein vollſtändiger Pyramidenwürfel. Das ganze
kann man als einen Pyramidenwürfel betrachten, indem
bei der Vollkommenheit der Durchwachſung auf jeder Pycamidenwürfel-
fläche eine 2 + 1flächige Pyramide entſteht. Auch die Elbaer complicirtern
Kryſtalle durchkreuzen ſich auf gleiche Weiſe. Offenbar ein Beſtreben der
Formen, ihre Hemiedrie wieder auszugleichen. Dana (Mineralogie pag. 424)
bildet ſie auch von Scohary in New-York ab.


Der Blätterbruch nach Würfel und Oktaeder iſt ſehr verſteckt.


Farbe ſpeisgelb (zwiſchen metalliſchem Gelb und Grau), mit aus-
gezeichnetem Metallglanz, aber häufig durch eingetretene Zerſetzung an-
gelaufen. Opak. Bräunlichſchwarzer Strich. Nicht magnetiſch.


Härte 6, aber dennoch ſtarke Funken gebend, welche von dem ver-
[565]V. Cl. Geſchwefelte Metalle: Binarkies.
brennenden Schwefel herrühren. Daher bei Erfindung der Schießgewehre
als Büchſenſtein benutzt. Gewicht 5.


Auf Kohle im Oxydationsfeuer brennt er mit blauer Flamme, unter
Entwickelung und Geruch von ſchwefliger Säure (). Im Reductions-
feuer ſchmilzt er leicht zu einer magnetiſchen Kugel, es entweicht ſchweflige
Säure und Schwefeldampf, da er die Hälfte ſeines Schwefels abgibt
und zu Magnetkies wird, der bei fortgeſetztem Röſten endlich in Eiſen-
oxyd übergeht. Im Kolben gibt er Schwefel ab, und große Haufen ein-
mal angezündet brennen fort. Man kann ihn daher zur Gewinnung von
Schwefel benutzen. Salzſäure greift ihn nicht an, wohl aber Salpeter-
ſäure unter Ausſcheidung von Schwefel.


Doppelt Schwefeleiſen F̎e mit 45,7 Fe und 54,3 S.


Eine Analyſe von Berzelius gab 53,9 Schwefel. Spuren von Selen,
Arſenik, Kupfer. Auch Silber und Gold veredeln ihn. Schon Plinius
37. 54 ſpricht von einem Mineral Amphitane auro similis quadrata figura,
das in Indien mit Gold vorkomme, und wohl unſer Mineral ſein könnte.
Die Schwefelkieſe von Bereſow, Marmato pag. 470 enthalten gediegen
Gold eingeſprengt.


Zur Pyritoedriſchen Formation gehören in der Natur außer dem
Schwefelkies der Hauerit M̎n, Glanzkobalt Co S2 + Co As2, Nickelglanz
Ni S2 + Ni As2, Nickelantimonglanz Ni S2 + Ni Sb2. Auch beim künſt-
lichen Salpeterſauren Blei pag. 434 kann man das Pyritoeder ſchön beo-
bachten.


Das doppelte Schwefeleiſen F̎e iſt dimorph, denn es kommt noch
ausgezeichnet als


Binarkies

im 2gliedrigen Syſtem vor. Werner’s Spär- und Kammkies, Haus-
mann’s Waſſerkies. Lange mit Schwefelkies verwechſelt, bis Hauy die
Form Namens fer sulfuré blanc richtig erkannte. Haidinger will ihn
unter dem arabiſchen Worte Marcaſit (Henkel Pyritol. 87) begreifen, weil
er leichter verwittere als Schwefelkies.


M = a : b : ∞c 106° 2′ (Phillips). Auf die
ſcharfe Säulenkante das Paar r = b : ⅓c : ∞a
gerade aufgeſetzt, welches parallel der kurzen Säulen-
axe a ſo ſtark geſtreift iſt, daß ſie ſich gewölbt in
der Gradendfläche P = c : ∞a : ∞b allmählig ver-

[figure]

liert. Darunter liegt jedoch eine ſchärfer meßbare Fläche l = b : c : ∞a
in Axe b 100° bildend. Daraus folgt
a : b = 0,6323 : 0,839 = .
lga = 9,80093, lgb = 9,92381.

Undeutlicher und ſeltener iſt das auf die ſtumpfe Säulenkante aufgeſetzte
Paar g = a : c : ∞b 115° 30′ in Axe a bildend. Auch die kleine
Oktaederfläche o = a : b : c in der Diagonalzone von g und l ſieht man
öfter bei denen aus dem Böhmiſchen Braunkohlengebirge. Da ſich im
Oblongoktaeder g/l unter 110° 5′ ſchneiden (nach Hauy unter 110° 48′),
[566]V. Cl. Geſchwefelte Metalle: Binarkies.
ſo könnte dieſes mit dem regulären Oktaeder vermöge ſeiner Endkanten
verwechſelt werden, allein die Seitenkanten laſſen keinen Zweifel über.
Hauy ſah die regulären Oktaeder aus dem Braunkohlenthon von Groß
Allmerode in Heſſen, weil ſie ſo ſtark verwittern, fälſchlich für Binarkies
an. Da dieſe beſtimmt Schwefelkies ſind, ſo wird der Binarkies meiſt in


Zwillingen angetroffen: die Kryſtalle haben die Säule M gemein
und liegen umgekehrt. Nach der Art der Ausdehnung entſteht aber ein
verſchiedenes Ausſehen. An Werner’s


[figure]

Kammkies, der beſonders auf Bleierzgängen zu
Clausthal und Zellerfeld auf dem Oberharz, Przibram,
Freiberg, Derbyſhire ꝛc. bricht, herrſchen die verſchmälerten
Säulenflächen, und ſtehen eckig mit ihrem ſcharfen Winkel
hinaus. Da ſich nun häufig die Flächen runden und zackig
wiederholen, ſo entſtehen nicht ſelten auffallend Hahnenkammähnliche Ta-
feln, welche ſich in ſenkrechten Platten erheben. Die Zwillingsgränze der
parallel nebeneinander gelagerten Individuen wird beſonders durch die
Streifung auf P und r parallel der Axe a markirt, doch kann ſie auch
ganz verwiſcht werden. Der


Speerkies geht auf Erzgängen aus dem Kammkies hervor, indem

[figure]

die Säulenflächen durch Ausdehnung der Paare
l und r gänzlich verdrängt werden. Es entſteht
dann durch l'r'l2r2 die Speerſpitze, welche durch
das Auftreten von M zweiſpitzig wird. Am ſchönſten
kommen dieſelben im Böhmiſchen Braunkohlengebirge
(Liebnitz) vor. Hier legen ſich meiſt Vierlinge im
Kreiſe aneinander, ſo daß drei Speerſpitzen ent-
ſtehen. Solche Vierlinge wiederholen ſich in langen
Reihen parallel hintereinander. Da 4. 74°=296° machen, ſo blieben für
ein etwaiges 5tes Individuum nur noch 64° Platz, was ſich daher nicht
vollſtändig ausbilden kann. Sonderbarer Weiſe kreuzen ſich ſolche Böh-
miſche Vierlingstafeln abermals zu je zwei, und zwar ſollen ſie nach

[figure]

Mohs eine Fläche g = a : c : ∞b gemein haben und
umgekehrt liegen. Da ſämmtliche Gradendflächen der
Vierlinge einſpiegeln, ſo ſchneiden ſie ſich unter 115°
30′, dem Säulenwinkel des Paares g/g. Von den
Vierlingsindividuen kann natürlich nur jederſeits eines
ſich in dieſer Zwillingsſtellung befinden: und zwar die-
jenigen, deren Kanten l/l ſich ebenfalls unter 115° 30′
ſchneiden und folglich in eine Ebene fallen, die ſenkrecht
gegen die Zwillingsebene ſteht (in unſerer Figur die
obern P und P'). Gerade das Fallen der Kanten in
eine ſolche Ebene liefert den wichtigſten Beweis für die Richtigkeit des
Geſetzes.


Hahnenkämme entſtehen auch durch Mißbildung der Säulen M/M mit
der Gradendfläche P, indem ſämmtliche Flächen ſich krümmen, die Säulen
mit ihren ſtumpfen Kanten parallel an einander wachſen und die ſcharfen
Winkel zackig herausſtellen. Die Streifung auf P parallel der Axe a
bildet dann nicht ſelten bogenförmige Linien.


Farbe zwar auch ſpeisgelb, aber öfter etwas grauer, wie man
[567]V. Cl. Geſchwefelte Metalle: Schwefelkies.
an den Böhmiſchen leicht erkennt, wo der gelbere Schwefelkies unmittelbar
darauf liegt. Härte 7, Gew. 4,7—4,88. Folglich ein wenig leichter als
Schwefelkies.


Die Analyſe von Berzelius gab 53,3 Schwefel, 45 Eiſen, 0,7
Mangan, alſo F̎e, Biſulfuret wie beim Schwefelkies, nur meint er, daß
ihm etwas Eiſenſulfuret F̍e beigemiſcht ſein könnte, wodurch ſich die leichtere
Verwitterbarkeit erklären ließe.


Allein dieſe vermeintliche leichtere Verwitterbarkeit iſt noch gar nicht
ſicher erwieſen. Der Schwefelkies verwittert unter Umſtänden mindeſtens
eben ſo leicht. Die Verwitterung beider ohne Unterſchied ſcheint haupt-
ſächlich dann Statt zu haben, wenn dieſelben mit Bitumen gemengt ſind,
oder wenn ihr feinvertheilter Zuſtand im Gebirge der Verwitterung mehr
Angriffspunkte gibt. So z. B. verwittern die Oktaeder im tertiären Thon
von Groß Allmerode oder in der Lettenkohle des weißen Keuper meiſt an
ihrer ſtrahligen unreinen Anwachsſtelle, die compacten Oktaeder ſelbſt
liegen lange unangegriffen und auf das ſchönſte glänzend zwiſchen der
mit Eiſenvitriol überſchwängerten Maſſe. Ja wenn man die Oktaeder
ſorgfältig auslieſt und reinigt, ſo verwittern ſie nicht weiter, und laſſen
ſich wie andere Schwefelkieſe aufbewahren. Bei Pöllnitz kommt ein ſehr
reinausſehender Schwefelkies in Milchquarz eingeſprengt vor, welcher eine
ſolche auffallende Neigung zur Verwitterung zeigt, daß man faſt das Mit-
vorkommen des Quarzes als Grund nehmen möchte. Bei der Verwitterung
bildet ſich ſtets Eiſenvitriol, auf welchem ein gelbes Mehl von baſiſch
ſchwefelſaurem Eiſenoxyd liegt, das an erdigen Miſy pag. 444 erinnert.
Man darf daſſelbe ſeinem Ausſehen nach nicht mit Schwefel verwechſeln.
Aus dem Eiſenvitriol erzeugt ſich Brauneiſenſtein pag. 527, indem nämlich
das Eiſenoxydul durch Oxydation in die ſchwächere Baſis F̶⃛e übergeht,
wird die Schwefelſäure leicht von ſtärkern Baſen, namentlich Ċa angezogen,
und F̶⃛e Ḣ̶ muß zurückbleiben. Daher findet man den Verwitterungsprozeß
ſo gern von kleinen Gypskryſtallen begleitet. Die verkieſten Petrefakten im
Flözgebirge geben dafür den beſten Beweis: friſch gegraben ſind ſie gelb,
nach wenigen Tagen an der Luft fangen ſie ſchon an zu roſten. Nach
Berzelius ſoll ſich beim Verwittern auch Schwefel ausſcheiden können,
und G. Roſe (Reiſe Ural I.214) nimmt bei den bekannten Afterkryſtallen
im Quarz der Goldgruben von Bereſow an, daß 2 Atome Schwefelkies
durch 3 Atome Waſſer (Fe2 S4 + H̶3 O3) in 1 Atom Eiſenoxyd F̶⃛e, 3
Schwefelwaſſerſtoff 3 H̶ S und 1 Schwefel zerlegt wären. Der Schwefel
ſitze noch in dem zelligen Quarze, und das Eiſenoxyd habe ſich mit Waſſer
zu Hydrat verbunden. Wenn dieſer Prozeß überhaupt vorkommen ſollte,
ſo iſt er wenigſtens ſehr ungewöhnlich.


Die Benutzung des Schwefelkieſes beruht hauptſächlich auf ſeiner
leichten Verwitterbarkeit. Denn da er häufig in thonigen Geſteinen fein-
vertheilt liegt, ſo erzeugt er Vitriolſchiefer, aus welchem man Eiſenvitriol,
und Alaunſchiefer, aus welchem man Alaun gewinnen kann. Das Ueber-
gangsgebirge (Andraram in Norwegen), die Lettenkohle (Gaildorf in
Württemberg), der untere Jura (Whitby), beſonders aber das Braun-
kohlengebirge (Buxweiler, Freienwalde) liefern Beweiſe. Im Steinkohlen-
[568]V. Cl. Geſchwefelte Metalle: Schwefelkies.
gebirge wird bei dem Zerſetzungsproceß ſo viel Wärme erzeugt, daß das
Kohlenklein in Brand geräth und dem Bergbau Gefahr bringt. Zur Dar-
ſtellung des Schwefels und der Schwefelſäure wird bis jetzt nur wenig
Schwefelkies benutzt. Er gibt beim Deſtilliren die Hälfte ſeines Schwefels,
alſo gegen 27 p. C. ab. Der Rückſtand kann durch Liegenlaſſen an der
Luft zur Darſtellung von Eiſenvitriol oder rauchender Schwefelſäure be-
nutzt werden. Im letztern Falle bleibt ein rothes Eiſenoxyd, das als
Colcothar in den Handel kommt, und als Polirmittel für die Spiegel-
ſchleifereien geſucht iſt. Auf Elba finden ſich Afterkryſtalle in ſolches
Eiſenoxyd verwandelt.


Bildung und Verbreitung. Das Doppeltſchwefeleiſen gehört
zu den verbreitetſten Schwefelmetallen, denn es findet ſich nicht blos auf
Erzgängen im Hoch- und Niedergebirge, ſondern auch lagerartig und ein-
geſprengt in den verſchiedenen Ur- und Flözgebirgen, im letztern beſonders,
wenn ſie einen Bitumengehalt zeigen. Biſchoff (Lehrb. Geolog. I.917) hat
daher auseinandergeſetzt, daß bei Gegenwart von faulenden organiſchen
Subſtanzen dem Eiſenvitriol der Sauerſtoff entzogen und Schwefelkies
gebildet werden könne. Der Faulungs- und Verweſungsprozeß wirken ſo
desoxydirend, daß nach Bakewel die Reſte von einigen Mäuſen, die zu-
fällig in eine Löſung von Eiſenvitriol gefallen waren, zum Theil mit
kleinen Schwefelkieskryſtallen bedeckt wurden. Die blaue Farbe des Mer-
gels an Meeresküſten ſoll daher von Schwefelkies herrühren. In Sand-
alluvionen geht das nicht, da hier das Eiſen leicht oxydirt. Wo in
Schieferthonen und Mergeln hohle Räume beſonders gekammerte Cepha-
lopodenſchalen ſind, da hat ſich der Schwefelkies innerhalb der Schalen-
wände in dicken Kruſten abgeſetzt, die Schale ſelbſt wird dagegen nur in
Ausnahmsfällen angegriffen. Auch zieht ſich der kryſtalliniſche Kies in
mehr als fauſtdicke Knollen zuſammen, ſo daß der Einfluß des Bitumens
nicht in unmittelbarer Nähe des Kieſes ſtattgehabt haben kann. Ueberdies
geht Bonsdorf (Pogg. Ann. 40. 133) zuweit, wenn er an der Bildung
der bekannten Helgoländer Schwefelkiespetrefakten noch heute das Meer
theilnehmen laſſen will. Künſtlich hat Wöhler (Pogg. Ann. 37. 238) den
Schwefelkies in kleinen glänzenden Oktaedern und Würfeln dargeſtellt,
indem er Eiſenoxyd, Schwefel und Salmiak recht langſam miteinander
glühte. Hauptabänderungen ſind etwa


Kryſtalliſirter. Beſonders ſchön auf Elba mit verwittertem
Eiſenglanz, auf Gängen im Broſſothal in Piemont. Würfel ringsum
ausgebildet finden ſich beſonders in den ſchwarzen Alpiniſchen Thonſchiefern.
In der Letten- und Braunkohle bildet ſich häufig das einfache Oktaeder
in Druſen aus, im Lias namentlich in deſſen Amaltheenthonen herrſcht
das Cubooktaeder.


Strahlkies heißen vorzugsweiſe die ſtrahligen und faſerigen, die
nicht ſelten auf der Oberfläche ſich glaskopfartig runden, und einen förm-
lichen gelben Glaskopf bilden (Memmendorf bei Oederan). Ausgezeichnet
im untern Lias der Gegend von Aalen und Ellwangen, im Braunkohlen-
gebirge ꝛc. Solche ſtrahlige Maſſen verwittern leicht, und man ſah ſie
früher fälſchlich für Binarkies an. Ihre Farbe wird zwar grauer, aber
man findet nie eine zweigliedrige, wohl aber reguläre Formen häufig dabei.


[569]V. Cl. Geſchw. Metalle: Magnetkies.

Körnig bis dicht. Derſelbe geht ganz ins Weißgrau, und hat
beſonders Neigung zur Kugel- und Knollenbildung. Man findet unzählige
im ſchwarzen und braunen Jura. Im Braunkohlengebirge von Schraplau
am Salzſee zwiſchen Halle und Eisleben kommt man zuweilen auf ganze
Lager von der ſchönſten Citronen- und Pommeranzenform, ſo daß man
ſich in der That hüten muß, dieſelben für Früchte zu halten. Verkieste
Früchte von Sheppy im Londonthon, welche man vor Verwitterung zu
ſchützen unter Waſſer aufbewahrt.


Dendritiſch bildet er ſich zuweilen auf bituminöſen Schiefern aus.
Leberkies und Zellkies nannte Werner die unreinen Schwefelkieſe
von den Erzgängen, erſterer dicht, letzterer zellig und ſehr unrein, beſon-
ders in der Umgegend von Freiberg.


Da Schwefelkies auf Erzgängen ein häufiges Gangmittel iſt, ſo
miſcht er ſich in verſchiedenen Verhältniſſen mit andern geſchwefelten Me-
tallen, z. B. am Rammelsberge bei Goslar, zu Fahlun in Schweden.
Im Kupferkieſe findet man ſchwefelkiesreiche Stellen und Schwefelkies
auskryſtalliſirt auf dem Herrenſeegen im Schwarzwalde. Breithaupt’s


Kyroſit Pogg. Ann. 58. 281, derb von der Grube Briccius bei
Annaberg, hat neben 45,6 Fe, 53 S, noch 1,4 Cu und 0,9 As, und doch
iſt ſeine Farbe ſchon übermäßig grau geworden, trotz des ſtarken Glanzes.
Der 2gliedrige


Kauſimkies auf Kupferkies von Kurprinz bei Freiberg hat ſogar
ſchon 4 Arſenik, und iſt bereits zinnweiß.


Thomſon’s Crucit aus einem rothen Thonſchiefer von Clomnell in
Irland ſoll nach Dufrénoy (Traité Minéralog. II.457) zu Eiſenoxyd ver-
witterter Schwefelkies ſein: Zwillinge kreuzen ſich unter 60°, was der
Name andeutet. Es erinnert die Sache an die merkwürdigen Schwefel-
kieskryſtalle auf Spatheiſenſtein von Lobenſtein, die mir unter dem Breit-
haupt’ſchen Namen


Tombazit zugekommen ſind. Der Würfel a erſcheint daran in
langer quadratiſcher Säule, ſchwach an den vier Kanten
durch das Granatoeder abgeſtumpft, darauf iſt das Ok-
taeder o aufgeſetzt. Oefter kreuzen ſich zwei ſolcher Kry-
ſtalle rechtwinklig, da aber daran die quadratiſchen Säulen
einſpiegeln, ſo kann es nur ein Fortwachſen und kein
Zwilling ſein. Neben den rechtwinkligen kommen auch
Winkel von ungefähr 60° vor, und öfter hat es wirklich

[figure]

den Anſchein, als könnten es Zwillinge ſein, und dieſe würden dann dem
Crucit entſprechen. Verzerrungen anderer Art haben Köhler und G. Roſe
bekannt gemacht, Pogg. Ann. 14. 91.


2. Magnetkies.
Magnetiſcher Kies, fer sulfuré magnétique.


Sechsgliedrig, aber Kryſtalle ſelten. Es herrſcht meiſt blos die
blättrige Gradendfläche o = c : ∞a : ∞a ∞a, welche große Neigung
zur ſchaligen Abſonderung zeigt. Dünne ſechsſeitige Tafeln r = a : a :
[570]V. Cl. Geſchw. Metalle: Magnetkies.

[figure]

∞a : ∞c, woran das Dihexaeder P = a : a : ∞a : c die End-
kanten fein abſtumpft, kommen zu Andreasberg und Kongs-
berg vor. Die ſchönſten jedoch fand G. Roſe (Pogg. Ann.
4. 181) im Meteorſtein von Juvenas pag. 498 mit 126°
49′ in den Endkanten und 127° 6′ in den Seitenkanten P/P,
das gibt
a =
Würde a = ſein, ſo wären am Dihexaeder ſämmtliche Kanten,
alſo Seiten- und Endkanten, unter einander gleich und 126° 52′. v =
c : 2a : a : 2a, s = c : 2a : 2a : ∞a, t = 2a : a : 2a : ∞c.


Farbe zwiſchen Tombakbraun und Speisgelb, aber meiſt dunkel an-
gelaufen, wodurch der ſtarke Metallglanz getrübt wird. Härte 4, Gew. 4,6.


Magnetiſch, wenn auch nicht ſonderlich ſtark, manche gar nicht, wie
der meteoriſche. Auch das künſtliche einfache Schwefeleiſen, was man
durch Glühen des Eiſens mit Schwefel ſich ſo leicht verſchafft, iſt nicht
magnetiſch, ſofern kein freies Eiſen mehr darin iſt.


Vor dem Löthrohr kugelt er ſich nicht ſonderlich ſchwer, in Salzſäure
löst er ſich unter Entwickelung von Schwefelwaſſerſtoff und Ausſcheidung
von Schwefel. Da nun Cl H̶ + F S ſich in Fe C̶l + H̶ S zerſetzt, ſo
muß außer einfachem Schwefeleiſen noch ein kleiner Ueberſchuß von Schwefel
da ſein. G. Roſe (Pogg. Ann. 74. 291) will ſämmtlichen Vorkommen
die Formel F̍e5ˈˈˈe = F̍e6 F̎e zugetheilt wiſſen, was 59,6 Fe und 40,4 S
geben würde. Zwar weicht davon Stromeyer’s Analyſe von Barrèges
mit 43,6 Schwefel, was auf F̍e Fˈˈˈe führen würde, nicht unbedeutend ab,
allein da demſelben in Salzſäure unlöslicher Schwefelkies beigemiſcht iſt,
ſo mag allerdings der höhere Schwefelgehalt darin ſeinen Grund haben.
H. Roſe fand ſogar in denen von Bodenmais nur 39 Schwefel, woraus
Graf Schafgotſch (Pogg. Ann. 50. 533) die Formel F̍e9 Fˈˈˈe ableitete, aber
hier mag eine theilweiſe Zerſetzung zu Oxyd auf den ſchalig abgeſonderten
Blättern der Grund ſein.


Breithaupt ſucht aus kryſtallographiſchen Gründen zu beweiſen, daß
es einfaches Schwefeleiſen F̍e ſein könnte, weil folgende in ihrer dihexae-
driſchen Form dem Magnetkies-Dihexaeder mit 126° 49′ in den Endkanten
ſehr nahe ſtänden:
Osmiridium Jr Os 127° 36′; Kupfernickel Ni As 127° 32′;
Greenokit Cd S 127° 26′; Haarkies Ni S 127° 10′;
Antimonnickel Ni Sb 126° 56′.

Indeß die Sache beweist vielleicht zu viel, da auch Eiſenglanz mit 128°
nebſt Korund 128° 3′, und Antimon pag. 502 mit ſeinen Verwandten
genannt werden müßte.


Auch der Magnetkies zerſetzt ſich, wie die Eiſenvitriolkryſtalle von
der Grube Gieshübel pag. 442 beweiſen. Findet ſich viel ſparſamer als
der Schwefelkies. Er brach früher beſonders ſchön blättrig auf der Grube
Gieshübel am Silberberge bei Bodenmais. Der dichte, gemiſcht mit
Schwefelkies, wird noch heute dort auf Eiſenvitriol verwerthet (Wine-
berger Gegn. Beſch. Bay. Waldgb. pag. 98). Bildet Lager im Gneis-
[571]V. Cl. Geſchw. Metalle: Arſenikkies.
Granit. Fahlun, Barèges, Treſeburg, Breitenbrunn ꝛc. Nach Hausmann
kommt er im Andreasberger Erzgebirge ſo häufig eingeſprengt vor, daß
beim markſcheideriſchen Gebrauche des Compaſſes Vorſicht nöthig werde.
Der Magnetkies von Klefva in Småland wird auf Nickel verwerthet.
Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 53. 242. Zu Gap Mine in Pennſyl-
vanien enthält er 4,5 Ni. Scheerer (Pogg. Ann. 58. 315) erwähnt ſo-
gar einen


Eiſennickelkies 2 F̍e + N̍i von Lillehammer im ſüdlichen Nor-
wegen. Iſt bronzefarbig wie Magnetkies, hat aber einen 4fach blättrigen
Bruch nach dem regulären Oktaeder. Nicht magnetiſch. Gew. 4,6. Ent-
hält 22,3 Ni.


Am Veſuv ſoll auch ein ˈˈˈe kruſtenartige Uebergänge bilden.


3. Arſenikkies,F̎e + Faae.


Als Mispickel bei Freiberger Bergleuten bekannt, auch Giftkies, weil
er ſeit alter Zeit hauptſächlich zur Darſtellung des weißen Arſeniks dient.
Pyrite blanche arsenicale Romé de l’Isle Cristall. III.27.


2gliedrig, die Form dem Binarkies verwandt. Die Säule M =
a : b : ∞c
bildet 111° 53′, und iſt verſteckt blättrig, an ihrem Ende
herrſcht gewöhnlich r = c : 4b : ∞a 146° 52′, welche außerordentlich
ſtark parallel der Axe a geſtreift iſt, daraus folgt
a : b = 0,568 : 0,84 = ;
la = 9,76442, lb = 9,92448.

Solche zierlichen Oblongoktaeder M/r kommen gar häufig
um und um kryſtalliſirt im erdigen Talk bei Freiberg vor,
freilich mit großer Neigung zur Zwillingsbildung. Selten

[figure]

ſtumpft das Paar l = b : c : ∞a 99° 54′ in b bildend die ſcharfe Ecke
MrM ab. In den Oblongoktaedern vom Silberberg bei Fahlun, Tunaberg ꝛc.
pflegt ſich das Paar l ſtärker auszudehnen, als M, doch iſt ihre ſcharfe
Säulenkante häufig durch r zugeſchärft, wornach man ſich leicht orientirt.
Selten iſt das für ihre Zwillingsbildung ſo wichtige vordere Paar g =
a : c : ∞b
mit 120° 48′ in Axe a, und 59° 12′ in Axe c. Hauy gibt
auch das zugehörige Oktaeder o = a : b : c an.


Zwillinge, wie beim Binarkies, aber das dort ungewöhnlichere iſt
hier das gewöhnliche: die Zwillingsindividuen
haben g = a : c : ∞b gemein, und liegen um-
gekehrt. Meiſt durchwachſen ſich die Individuen
mehr oder weniger vollkommen. Die Axen b
fallen alſo zuſammen, die Axen a bilden dagegen
einſpringende Winkel von 120° 48′. Wenn wie

[figure]

bei ſchwediſchen blos das Oblongoktaeder Ml herrſcht,
und daſſelbe parallel der Fläche g halbirt wird, ſo
bilden beim Aneinanderwachſen die Zwillingshälften
mit den Flächen l den dritten Theil eines Diheraeder-
artigen Körpers, da ſich Kante l/l mit l'/l'
unter 120° 48′ ſchneidet. Da nun nicht ſelten ſich
auch noch ein drittes Individuum l'' anlagert, und

[figure]

[572]V. Cl. Geſchw. Metalle: Arſenikalkies.
die Drillinge durchwachſen, ſo können ſcheinbar förmliche Dihexaeder ent-
ſtehen.


Das 2te Zwillingsgeſetz, M = a : b : ∞c gemein und umgekehrt iſt
nicht ſehr häufig. Es entſtehen dadurch Binarkiesartige Formen.


Silberweiß, aber meiſt grau und gelb angelaufen. Metallglanz,
Härte 5—6, ſpröde, Gew. 6,1.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er unter Arſenikgeruch zu einer magneti-
ſchen Kugel. Im Glaskolben gibt das Pulver anfangs ein rothes Su-
blimat von Schwefelarſen, dem bald ein ſchwarzes kryſtalliniſches von
Arſenik folgt. Salpeterſäure greift ihn ſtark an, unter Ausſcheiden von
Schwefel und arſeniger Säure.
Fe S2 + Fe As2 mit 46,6 Ar, 19,9 S, 33,5 Fe,
alſo von der Formation des Schwefelkieſes. Da Arſenik gern auf Kobalt-
gängen vorkommt, ſo geben die geröſteten Proben häufig blaue Gläſer.
Am intereſſanteſten darunter iſt Scheerer’s


Kobaltarſenikkies (Pogg. Ann. 42. 546), der mit Glanzkobalt
auf den Gruben von Skutterud in Norwegen bricht. Die Farbe gleicht

[figure]

vollkommen dem Arſenikkieſe, das Gew. 6,2 kaum
bedeutender. An den Kryſtallen herrſcht die Säule
M/M 111° 40′ — 112° 2′, s/s iſt geſtreift, und g/g
58° 30′ ſcheint es etwas kleiner, als beim Kobalt-
freien zu ſein. Auch eine Fläche p = a : ∞b : ∞c
und x = b : ⅕a : ¼c kommt vor. Die Analyſe gab
9 p. C. Kobalt, welches das Eiſen erſetzt, alſo
(Fe, Co) S2 + (Fe, Co) As2. Breithaupt’s


Glaukodot im Chloritſchiefer mit Glanzkobalt von Huasko in
Chili hat eine blättrige Gradendfläche, dunkel zinnweiße Farbe, und nach
Plattner ſogar 24,8 p. C. Kobalt neben 11,9 Fe, alſo (Fe S2 + Fe As2)
+ 2 (Co S2 + Co As2)
= 1 Arſenikkies + 2 Glanzkobalt. Auch zu
Orawicza und im Siegenſchen haben ſich ſolche Mittelverbindungen zwi-
ſchen Arſenikkies und Glanzkobalt gefunden, wornach es den Anſchein
gewinnen könnte, als ſei die Maſſe des Glanzkobaltes dimorph.


ArſenikalkiesFaae (Arſenikeiſen). Mohs unterſchied ihn zuerſt als
oxotomen Arſenikkies vom gewöhnlichen Arſenikkies, mit dem er zuſammen
vorkommt im Serpentin von Reichenſtein in Schleſien, auf Lagern des
Spatheiſenſteins von Hüttenberg in Kärnthen, und Sladming in Steyer-

[figure]

mark. Seine Farbe iſt etwas lichter und glänzender als beim
ſchwefelhaltigen. Gewicht entſchieden ſchwerer 7,3. Im Serpentin
von Reichenſtein kommen kleine, ſehr glänzende ringsum ausgebildete
Nadeln vor, welche leicht quer brechen, ohne daß der Gradendfläche
ein ſonderlich deutlicher Blätterbruch entſpräche. Daran macht die
lange Säule M = a : b : ∞c einen Winkel von 122º 26′, und
das vordere Paar g = a : c : ∞b nur 51° 20′, woraus folgt
a : b = 0,4805 : 0,8747 =
lga = 9,68174, lgb = 9,94187

das Paar l = b : c : ∞a noch nicht beobachtet.


Nach der Analyſe von Hoffmann (Pogg. Ann. 25. 489) hat das
Reichenſteiner 66 Arſenik, 28 Eiſen, 2 Schwefel, was ungefähr zu der
[573]V. Cl. Geſchw. Metalle: Hauerit.
Formel von Fe As2 führt. Im ſenkrecht ſtehenden Gneiſe auf dem Sä-
tersberge beim Hofe Foſſum im Kirchſpiel Modum fand Scheerer (Pogg.
Ann. 49. 533) einen Arſenikalkies mit 70,1 As, 1,3 S, 27,4 Fe. Den
Schwefelgehalt leitet man von eingemengtem Arſenikkies ab. Die Formel
Fe As2 erfordert 73,5 As und 26,5 Fe. Dagegen gaben die Analyſen
vom Reichenſteiner ſtets weniger, was auf Fe2 As3 führen könnte. Wäh-
rend die von Schladming mit 8,7 Gew. wie die vom Sätersberge zur
Formel Fe As2 führen (G. Roſe Kryſt. chem. Miner. pag. 53).


Im Kolben gibt der Arſenikalkies kein rothes Sublimat. Die größte
Menge der im Handel vorkommenden arſenichten Säure wird aus dem
Reichenſteiner dargeſtellt. Derſelbe iſt auch noch durch ſeinen geringen
Goldgehalt berühmt geworden, welcher ſeit 1587 eine Zeitlang gewonnen
iſt (Klaproth Abh. Berl. Akad. Wiſſ. 1814. 28).


Auf Kobaltgängen ſcheinen Verbindungen von (Fe, Co, Ni) As2 vor-
zukommen, wie auch das von Schladming 13,4 Ni, 5,1 Co nach der Ana-
lyſe von Hoffmann (Pogg. Ann. 25. 491) enthält. Man muß dabei
immer nur ſorgfältig unterſuchen, ob man es nicht mit regulären, ſondern
mit wirklich 2gliedrigen zu thun habe. So ſoll auch ein Theil des


Weißnickelkieſes(Ni, Fe) As2 von Schneeberg mit 7,1 Gew.
zweigliedrig ſein, während der leichtere (Chloanthit) von 6,5 Gew. regulär
iſt. G. Roſe (Kryſt. Chem. Miner. 53) vermuthet ſogar, daß auch unter
den faſrigen Abänderungen des Speiskobaltes von Schneeberg ein 2glied-
riger (Co, Fe) As2 verborgen ſei. Dann wäre die Formation R As2
dimorph.


Abgeſehen von den feinern Unterſchieden iſt der Arſenikkies an ſeiner
weißen Farbe leicht erkennbar. Er bricht beſonders auf Zinnſteingängen,
auf Silbergängen der Umgegend von Freiberg, daſelbſt nannte Werner
die kleinen im Quarz eingeſprengten Kryſtalle von Bräunsdorf Weiß-
erz
, dieſes enthält auf 1 Ctr. 6 Loth — 1 Pfund Silber, und wird
daher von den Bergleuten mit Recht edler Arſenikkies genannt. Häufig
zeigen die größern Kryſtalle Neigung zum Krummen in der Gradendfläche,
dabei wird die Säule M langſtrahlig. Solche ſtrahligen ſind viel grauer
und leiden ſtark durch Verwitterung. Zuletzt erſcheinen förmliche Faſern
mit Glaskopfſtruktur (Andreasberg). Der verunreinigte derbe geht in den
Speiskobalt über.


Manganerze.


Das geſchwefelte Mangan ſpielt keine ſonderliche Rolle. Lange hat
man es ſogar nicht einmal gekannt. Bis endlich in neuern Zeiten die
Mineralogie eine höchſt intereſſante Bereicherung erhielt durch den


HaueritM̎n.


Haidinger Pogg. Ann. 70. 148. Iſomorph mit dem pyritoedriſchen
Schwefelkieſe pag. 563.


Meiſt Haufwerke von durcheinandergewachſenen regulären Oktaedern,
deren Ecken durch einen ſehr deutlichen blättrigen Bruch abgeſtumpft wer-
[574]V. Cl. Geſchw. Metalle: Manganblende.
den, welchen man mit dem Meſſer faſt ſo leicht als bei der Blende dar-
ſtellen kann. Außer dieſem dreifach blättrigen Bruch des Würfels kommt
zuweilen das Granatoeder, namentlich aber auch das Pyritoeder (a : ½a :
∞a
) und das gebrochene Pyritoeder a : ½a : ⅓a vor.


Die Farbe iſt ſchwärzlich braun, bräunlich rother Strich, Härte 4—5,
Gew. 3,46.


Vor dem Löthrohr brennt der Schwefel ſogleich ab, wie beim Schwefel-
kies, allein die Probe iſt unſchmelzbar, verhält ſich aber gut abge-
ſchwefelt mit Flüſſen wie Mangan. Im Glaskolben gibt die Probe
Schwefel ab, in einer Glasröhre geröſtet wird ſie außen braun, innen
aber grün. Das Grün verſchwindet jedoch mit dem ſtärkern Röſten.
Nach der Analyſe von Patera 63,6 Schwefel, 43 Mangan, 1,3 Eiſen,
1,2 Kieſelſäure, woraus ein Maganbiſulfuret M̎n, analog dem Schwefel-
kies, folgt.


Kommt mit gediegenem Schwefel auf dem Schwefelwerke zu Kalinka
bei Végles unweit Altſohl in Ungarn eingeſprengt in Gyps vor. Letz-
terer hat durch das darin vertheilte Schwefelmetall ein graues Ausſehen
wie Trachyte.


ManganblendeM̍n.


Von den Siebenbürgiſchen Bergleuten ſchon längſt unter dem Namen
Schwarzerz bekannt (Klaproth Beitr. III.35), aber erſt Gehlen (Schweig-
ger’s Journ. II.161) erkannte die richtige Zuſammenſetzung. Wegen ſeines
deutlich blättrigen Bruchs gab ihm Blumenbach den Namen, Leonhard’s
Manganglanz, Beudant’s Alabandine.


Regulär. Hat ebenfalls einen dreifach blättrigen Bruch, entſprechend
dem Würfel, wie beim Hauerit, da nun auch die Farbe ſchwärzlich braun
iſt, ſo findet allerdings eine große Aehnlichkeit zwiſchen beiden Statt, aber
der Strich iſt grün, und im Kolben gibt es keinen Schwefel ab. Härte 4
und Gew. 4 ſtehen auch nahe.


Derb kryſtalliniſch eingeſprengt mit Manganſpath zu Nagyak und
Kapnik, auch in Mexiko und Braſilien. Arfvedſon’s Analyſe gab 62,1
Mangan und 37,9 Schwefel bei dem mit Blättererz zu Nagyak brechenden.
Einfaches Schwefelmangan M̍n erfordert aber 63,23 Mn, 36,77 S.


ArſenikmanganMn As erwähnt Kane (Pogg. Ann. 19. 145)
aus Sachſen, es glich dem Manganſuperoxyd und ſaß auf Bleiglanz.


Kobalterze.


Der Name Kobalt (Cobaltum Agricola 701) oder Kobold ſoll ſchon
im 14ten Jahrhundert vorkommen, ein Schimpfname für den Berggeiſt
und derartige Erze, die zwar Arſenikrauch entwickeln, aber doch kein nütz-
liches Metall geben. Schon ſeit dem 16ten Jahrhundert bedient man ſich
der Kobalterze zur Bereitung der Smalte: obgleich Brandt erſt 1733 das
Kobaltmetall, wenn auch unrein, darſtellte. Wir haben zwar des Kobaltes
ſchon bei der Kobaltblüthe pag. 399, dem Kobaltvitriol pag. 443, Erd-
[575]V. Cl. Geſchw. Metalle: Speiskobalt.
kobalt pag. 560 Erwähnung gethan, allein hier finden ſich die Haupterze,
aus denen faſt alle durch Verwitterung erſt geworden zu ſein ſcheinen.
Da ſie ſchon in geringer Menge dem Boraxglaſe eine ſchön ſaphir-
blaue
Farbe mittheilen, ſo ſind ſie für die Blaufarbenwerke ſehr edle
Erze. Aber ſeit das künſtliche Ultramarin pag. 298 ſo billig dargeſtellt
wird, ſind die meiſten Blaufarbenwerke eingegangen, was namentlich den
Schwarzwälder Bergbau ſehr drückt.


SpeiskobaltCaao.


Speiſe iſt der hüttenmänniſche Ausdruck für jene grauweißen Ver-
bindungen von Arſenik mit Kobalt, Nickel und Eiſen, die bei verſchiedenen
Hüttenproceſſen fallen. Werner ſchrieb Speiskobold. Derſelbe iſt nicht
nur durch ſeine Farbe der Speiſe ähnlich, ſondern gibt auch wegen ſeines
Arſenikgehalts auf Blaufarbenwerken beſonders viele Speiſe.


Reguläres Syſtem. Bei Schneeberg in Sachſen, zu Wittichen
auf dem Schwarzwalde, Riechelsdorf in Heſſen ꝛc. kommen ausgezeichnete
Cubooktaeder vor, die Würfelflächen ſind aber gewöhnlich krumm. Oefter
geſellt ſich noch die Granatoederfläche hinzu, dann entſteht die Hauy’ſche
Varietät trimorphe. Bei Schneebergern iſt auch das Leucitoeder a : a : ½a
beobachtet.


Naumann (Pogg. Ann. 31. 537) beſchreibt merkwürdige Zwillinge im
ſtänglichen Kobaltkies von der Grube Daniel
bei Schneeberg. Die Kryſtalle mit Würfel,
Oktaeder und Leucitoeder haben ſich nach einer
trigonalen Axe ausgedehnt, längs dieſer Axe
herrſcht die reguläre ſechsſeitige Säule l. Die
Zwillinge haben nun die Axe dieſer Säule ge-
mein, durchwachſen ſich vollkommen, ſind aber
im Azimuth ſtatt 60° nur um 38° 11′ 48″
gegen einander verdreht, ſie haben nämlich eine
Fläche des Pyramidengranatoeders a : ½a : ⅓a,
die auch in der Säulenzone von l ſind, mit
einander gemein und liegen umgekehrt.


[figure]

Zinnweiß, aber meiſt angelaufen, je unreiner deſto grauer. Die
friſchen haben ſtarken Metallglanz, dieſe nannte man früher Glanz-
kobalt
. Härte 5—6, Gew. 6,5.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er unter Arſenikgeruch zu einer magneti-
ſchen Kugel, die blaue Gläſer gibt. In Salpeterſäure leicht zerſetzbar,
mit Ausſcheidung von arſeniger Säure. Da Schwefel mangelt, ſo be-
kommt man mit Chlorbaryum einen höchſt ſchwachen Niederſchlag. Die
Formel Co As2 würde 28,2 Co und 71,8 As fordern. Gewöhnlich ent-
hält er aber noch weniger Kobalt, bis 14 p. C., da Eiſen und Nickel
ſeine Stelle vertritt. Kobell analyſirte kleine kugelig gruppirte Kryſtalle
von Schneeberg, und fand darin 18,5 Fe mit 9,4 Co, alſo (Fe, Co) As2,
er nannte ſie Eiſenkobaltkies. G. Roſe fand ferner in allen kryſtalliſirten
Abänderungen von Schneeberg und Riechelsdorf Nickel, das im ſogenannten
Stängelkobalt von Schneeberg von 6,5 Gew. ſogar auf 12 Ni, 3,3 Co,
6,5 Fe, 0,9 Cu, 75,8 As
ſteigt. Wenn man nun erwägt, daß anderer-
[576]V. Cl. Geſchw. Metalle: Glanzkobalt.
ſeits Breithaupt’s Chloanthit von Schneeberg hauptſächlich Ni As2 ent-
hält, ſo ſcheint zwiſchen Nickel- und Kobalterzen die Gränze kaum gezogen
werden zu können.


Die Verbreitung iſt unter allen Kobalterzen bei weitem die
größte. Es findet ſich hauptſächlich auf Gängen im ältern Gebirge, und
iſt nicht blos wegen ſeines Kobalt-, ſondern auch wegen ſeines Nickel-
gehalts werthvoll. Ein Beſchlag von rothem Erdkobalt pag. 399 verräth
ihn häufig. Gediegen Arſenik, Wismuth und Silber nebſt Arſenikkies ſind
die gewöhnlichen Begleiter. Varietäten unterſcheidet man etwa folgende:


1. Weißer Speiskobalt, meiſt kryſtalliſirt von ſtärkſtem Glanz
und größter Reinheit. Er kommt ſo rein und derb vor, daß er auf den
Salbändern der Gänge öfter zinnweiß glänzende Spiegelflächen (Kobalt-
ſpiegel) zeigt. Schneeberg, Wittichen, Joachimsthal. Zu Riechelsdorf auf
Gängen im Zechſtein. Die ältern Mineralogen und ſelbſt Werner an-
fangs nannten ihn Glanzkobalt. Den ſtänglichen von der Grube Daniel
bei Schneeberg beſchrieb Werner als ſtrahligen weißen Speis-
kobold
.


2. Grauer Speiskobalt. Darunter verſtand Werner mehr die
unkryſtalliniſchen bis dichten Maſſen, deren Farbe ins Stahlgraue geht.
Ein Eiſengehalt ſcheint an dieſer Farbenänderung die Urſache zu bilden,
man pflegt ſie daher auch meiſt zum Eiſenkobaltkies zu ſtellen. Nach
einer Analyſe von Jäckel enthalten ſie gar kein Nickel, ſondern 21,2 Co,
11,6 Fe, 1,9 Cu, 66 As.
Der Kupfergehalt und die Nickelarmuth ſchließt
den grauen Speiskobalt unmittelbar an den ſchwarzen Erdkobalt pag. 560
an, der im Schwarzwalde nur ein Zerſetzungsprodukt deſſelben iſt, wie
man aus zahlloſen Uebergängen ſieht.


3. Geſtrickter Speiskobalt findet ſich dendritiſch unter recht-
winklig gegen einander gerichteten Strahlen, wie das gediegene Silber.
Die Dendriten ſind bald grau, bald glänzend. Oefter möchte man ver-
muthen, daß es Afterbildungen von gediegenem Silber ſeien. Schwarzen-
berg, Johann-Georgenſtadt. Der Schneeberger enthält nach Karſten 3,9
p. C. Wismuth (Wismuthkobaltkies), derſelbe iſt ſehr fein geſtrickt.


Arſenikkobaltkies Scheerer (Pogg. Ann. 42. 553), Breithaupt’s
Teſſeralkies, Co As3 mit 77,8 As, 20 Co, 0,7 S, 1,5 Fe von zinnweißer
Farbe, 6,78 Gew., findet ſich in regulären Kryſtallen mit Würfel, Ok-
taeder, Granatoeder und Leucitoeder eingeſprengt im Gneiſe von Skutterud
in Norwegen, zuſammen mit Glanzkobalt, ſogar damit verwachſen.


Glanzkobalt,C̎o + Caao.


Kommt ſchon bei Cronſtedt §. 249 unter dieſem Namen vor. Er
wurde lange mit dem weißen Speiskobalt verwechſelt, bis ſich endlich
Werner veranlaßt fand, den Namen ausſchließlich für dieſen umzutauſchen.
Mohs nannte ihn Kobaltglanz, Hauy Cobalt gris. Noch Klaproth Bei-
träge II.302 überſah den Schwefel, erſt Stromeyer erkannte 1817 die
richtige Zuſammenſetzung.


Pyritoedriſch wie Schwefelkies, und zwar das nächſt wichtige
Beiſpiel für dieſe intereſſante Hemiedrie. Der Würfel (bei Tunaberg
[577]V. Cl. Geſchw. Metalle: Kobaltkies.
zuweilen 1\frac{1}{2} Zoll groß) iſt ziemlich deutlich blättrig, und hat ebenfalls
die dreifache Streifung auf ſeinen Flächen. Dieſelbe deutet die Lage des
Pyritoeder p = a : ½a : ∞a an. Sehr ſchön glattflächig iſt das Oktaeder
o, es fehlt faſt niemals, und wenn es mit
dem Pyritoeder ins Gleichgewicht tritt, ſo
bilden ſich ſogenannte Icoſaeder. Gewöhn-
lich aber herrſcht das Oktaeder vor, deſſen
Ecken das Pyritoeder zweiflächig zuſchärft,
Zuſchärfungsfläche auf Oktaederkante auf-

[figure]

geſetzt. Nur ſelten kommt das gebrochene Pyritoeder a : ½a : ⅓a unter-
geordnet vor.


Röthlich ſilberweiß mit ſtarkem Metallglanz, graulich ſchwarzer
Strich. Härte 5—6, gibt mit dem Stahle Funken, Gew. 6,2.


Vor dem Löthrohr Arſenikgeruch, im Glaskolben erhitzt gibt er nur
wenig Arſenik ab und kein rothes Sublimat, wie der Arſenikkies, aber
die rothe Löſung in Salpeterſäure gibt mit Chlorbaryum einen ſtarken
Niederſchlag von Ḃa S⃛, denn er beſteht aus
Co S2 + Co As2 mit 33,1 Co, 43,5 As, 20 S, 3,2 Fe.


Am ſchönſten kommt er zu Tunaberg in Södermanland eingeſprengt
in ſchwefelkiesreichen Kupferkies vor, der Lager im Gneiſe bildet. Zu
Skutterud bei Modum in Norwegen ſtehen die quarzigen Gneisſchichten,
worin er eingeſprengt iſt, ſenkrecht. Zu Querbach in Schleſien auf Glim-
merſchiefer. Zu Orawicza mit gediegenem Gold und Wismuth. Im
Siegenſchen kommen ſie derb und ſehr unrein vor. Das wichtigſte Kobalt-
erz für Blaufarbenwerke. Wenn ſie durch Eiſen verunedelt werden, ſo
muß man ſie ſorgfältig von dem 2gliedrigen Arſenikkies pag. 571 unter-
ſcheiden. Der Danait von Franconia in Nordamerika von Form und
Farbe des Glanzkobaltes, 6,2 Gew. hat 32,9 Fe, 6,4 Co.


Kobaltkies,ˈˈo.


Svafvelbunden-Kobalt Hiſinger. Cronſtedt §. 248 beſchreibt ihn
bereits von der Baſtnäs-Grube bei der Ritterhütte, „es zeiget derſelbe
keine Spur von Arſenik.“


Kryſtalliſirt zwar ebenfalls in regulären Oktaedern, Würfeln und
Oktaederzwillingen, zeigt aber keine Spuren von Pyritoder. Ebenfalls
von röthlich ſilberweißer Farbe, Härte 5—6, Gew. 4,9.


Der Schwediſche iſt in Kupferkies eingeſprengt, der mit Strahlſtein
gemengt Lager im Gneiſe bildet. Hiſinger fand 38,5 S, 43,2 Co, 3,5 Fe,
14,4 Cu.
Der Kupferkies ſchien nur beigemengt. Berzelius leitete dar-
aus die Formel Co2 S3 ab. Da er wegen der Zwillinge Analogie mit
den Spinellen zeigt, ſo möchte ihm Frankenheim gern die Formel C̍o C̶ˈˈo
zutheilen. Das andere bekannte Vorkommen auf der Grube Jungfer (und
Schwabengrube) bei Müſen beſteht nach neuern Analyſen aus 42 S,
33,6 Ni, 22,1 Co, 2,3 Fe
, woraus Rammelsberg die Formel (N̍i, C̍o, F̍e)
(N̶˙˙˙˙˙i, C̶ˈˈo, F̶ˈˈˈe)
conſtruirt. Da es eher ein Nickelerz als Kobalterz iſt, ſo
heißt man ihn auch Kobaltnickelkies.


Quenſtedt, Mineralogie. 37
[578]V. Cl. Geſchw. Metalle: Kupfernickel.

Das einfache KobaltſulfuretC̍o von ſtahlgrauer Farbe ſoll bei
Rajpootanah in Hindoſtan vorkommen.


Alle dieſe Kobalterze dienen zur Darſtellung der ſchönen blauen Farbe,
die auf den ſogenannten Blaufarbenwerken dargeſtellt wird. Man ſchmilzt
die geröſteten Erze mit Quarz und Pottaſche, dann bildet Eiſenoxyd und
Kobaltoxydul mit Kieſelerde und Kali ein blaues Glas (Smalte), wäh-
rend Nickel an Arſen gebunden, nebſt Wismuth, Kupfer, Silber ꝛc. als
ſogenannte Kobaltſpeiſe, die nicht ſelten über 50 p. C. Nickel enthält,
zu Boden fällt. Auch die abgeröſteten Erze kommen unter dem Namen
Zaffer (verſtümmelt aus Sapphir) in den Handel, ſie geben für Por-
zellan-, Fayence- und Glasfabrikate die beſte feuerbeſtändige blaue Farbe.
Da Speis- und Glanzkobalt faſt ganz Manganfrei ſind, ſo ſind ſie dazu
beſonders brauchbar, der Erdkobalt aber nicht. Bis zum Jahr 1845 warfen
die Kobaltgruben einen hohen Gewinn ab, ſeitdem hat aber der künſtliche
Ultramarin die Preiſe ſehr herabgedrückt, ſo daß eine Menge Werke ein-
gehen müſſen.


Das Kobaltmetall wurde 1733 von Brandt dargeſtellt. Es hat
eine röthlich weiße Farbe, iſt hart und ſpröde, 8,5 Gew. Schmilzt nur
in hoher Temperatur.


Nickelerze.


Nickel iſt ebenfalls noch heute bei den Harzbewohnern ein Schimpf-
wort. Der Bergmann trug es auf den Kupfernickel über, der zwar
kupferroth iſt, aber durchaus kein Kupfer gibt. 1754 entdeckte Cronſtedt
das Nickelmetall darin. Kobalt und Nickel treten gewöhnlich zuſammen
auf, beide ſind dem Eiſen ſehr verwandt, und finden ſich zuſammen im
Meteoreiſen pag. 493. Das Nickel iſt von allen dreien das ſeltenere.
Da es mit Platin leicht zuſammen ſchmilzt, ſo muß man die Glasflüſſe
vorher auf Kohle behandeln, und dann erſt auf das Platindraht nehmen:
Nickeloxydul ertheilt dem Boraxglaſe eine violette Farbe, die kalt roth-
braun; dem Phosphorſalz eine rothe, die kalt gelb wird. Iſt Kobalt
zugegen, ſo bekommt man zuerſt blaue Gläſer, während das Metallkorn
im Fluſſe ſchwimmt. Trennt man daſſelbe und behandelt es weiter mit
Flußmittel, ſo erhält man dann die Farbe des Nickelglaſes. In concen-
trirter Salpeterſäure geben die Erze eine ſmaragdgrüne Löſung, und ge-
röſtet reduciren ſie ſich leicht zu magnetiſchem Nickelmetall. Der grüne
Nickelocker pag. 400, der Emerald-Nickel auf Chromeiſenſtein pag. 518,
die Färbung im Pimelit und Chryſopras pag. 176, die kleine Menge im
Olivin pag. 219, der weſentliche Gehalt im Meteoreiſen, Magnetkies
pag. 571 ſind bekannt.


KupfernickelNai.


Cuprum Nicolai vel Niccoli Cronstedt §. 254, Nickel arsenical Hauy,
Arſeniknickel, Rothnickelkies.


6gliedrig, aber Kryſtalle ſelten. Brooke wies darin eine reguläre
ſechsſeitige Säule nach, und Hausmann fand bei Eisleben Dihexaeder mit
[579]V. Cl. Geſchw. Metalle: Antimonnickel, Arſeniknickel.
abgeſtumpften Endecken von 139° 48′ in den Endkanten und 86° 50′ in
den Seitenkanten. Ohne blättrigen Bruch. Licht kupferroth, gern dunkel
anlaufend, klein muſcheliger Bruch. Verräth ſich häufig durch mitvorkom-
menden grünen Nickelocker. Härte 5, etwas milde, Gew. 7,6.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er unter Abgabe von Arſen zu einer
grauen metalliſchen Kugel. Die geröſtete Kugel mit Flüſſen behandelt
ſchwimmt im Glaſe herum, und gibt Reaktion auf Nickel. Mit dem
Platindraht legirt ſie ſich ſogleich. Im Kolben gibt das Mineral kein
Arſenik ab. Schon in kalter Salpeterſäure löst es ſich plötzlich zu einer
ſmaragdgrünen Flüſſigkeit unter Ausſcheidung von Arſenik.


Ni As mit 44 Ni und 56 As.


Häufig etwas Antimon, der im Kupfernickel von Allemont und Balen in
den Pyrenäen bis auf 28 Sb ſteigt (Allemontit).


Es iſt bei weitem das wichtigſte und verbreitetſte Nickelerz auf Arſenik-
und Kobaltgängen: Schneeberg, Annaberg, Freiberg, Joachimsthal, Rie-
chelsdorf, Saalfeld, Wittichen. Schladming, Cornwall ꝛc.


AntimonnickelNsi.


Wurde 1833 in kupferrothen Blättchen zu Andreasberg im Kalkſpath
mit Speiskobalt eingeſprengt gefunden (Pogg. Ann. 31. 134). Nach
Breithaupt Dihexaeder von 112° 10′ in den Seitenkanten, und folglich
130° 58′ in den Endkanten. Die Farbe iſt lichter und reiner als beim
Kupfernickel, aber Härte 5 und Gewicht 7,5 gleich. Der blättrige Bruch
entſpricht der Gradendfläche, wird aber nur als Abſonderung angeſehen.
Jedenfalls ſollten Ni As und Ni Sb iſomorph ſein, um ſo mehr, da der
Allemontit Ni (As, Sb) als Verbindungsglied beider angeſehen werden
kann. Vor dem Löthrohr verdampft das Antimon und das ſchwer ſchmelz-
bare Nickel bleibt zurück. Nach der Analyſe von Stromeyer 31,2 Ni,
68,8 Sb. Auch durch Zuſammenſchmelzen gleicher Aequivalente von Nickel
und Antimon erhält man eine dieſem Erze ſehr ähnliche rothe Legirung,
bei größerm Zuſatz von Antimon wird die Legirung aber weiß und
ſchmelzbarer.


ArſeniknickelNaai.


Wurde von Hoffmann (Pogg. Ann. 25. 491) benannt und analyſirt.
Da es zu Schneeberg der ſtetige Begleiter von Kupfernickel (Rothnickel-
kies) iſt, ſo nannte ihn Breithaupt nicht unpaſſend Weißnickelkies.
Nur dieſer verwittert leicht zu grünem Nickelocker, nicht der Kupfernickel.
Als nun ſpäter ſich zeigte, daß es auch einen zweigliedrigen, dem Arſenik-
kies verwandten Weißnickelkies pag. 573 gebe, ſo machte Breithaupt für
unſern den Namen Chloanthit (χλοανϑής aufgrünend), der an den
grünen Beſchlag erinnern ſoll.


Regulär wie Speiskobalt, aber Kryſtalle ſelten. Doch kommen
Würfel, Oktaeder und Granatoeder vor. Zinnweiß, läuft aber leicht grau
und ſchwärzlich an. Härte 5, Gew. 7,1. Der grüne Beſchlag läßt ihn
leicht von Speiskobalt unterſcheiden, dem er im Ausſehen ſehr gleicht.


37*
[580]V. Cl. Geſchw. Metalle: Haarkies, Nickelglanz.

Im Kolben gibt er Arſenik ab, und die Probe bedeckt ſich mit grünem
Ocker. Die Analyſe von 28,2 Ni und 71,8 As läßt auf die Formel
Ni As2 ſchließen. Wie beim Speiskobalt das Nickel durch etwas Eiſen,
auch Kobalt vertreten. Zu Schneeberg, Großkamsdorf, Sangerhauſen.


HaarkiesN̍i.


Kam früher auf der Grube Adolphus zu Johann-Georgenſtadt vor,
Werner hielt ihn anfangs für Schwefelkies, Klaproth Beitr. V.231 für
gediegen Nickel, aber Berzelius wies den Schwefel darin nach. Haus-
mann nannte ihn daher Nickelkies. Millerit.


Kleine Nadeln, die reguläre ſechsſeitige Säulen zu bilden ſcheinen,
alſo zur Formation des Kupfernickels gehören würden. Miller gibt ein
Rhomboeder an, deſſen Seitenkanten durch die 2te ſechsſeitige Säule ab-
geſtumpft werden (Pogg. Ann. 36. 476). Farbe zwiſchen Meſſing- und
Speisgelb, daher mit faſrigem Schwefelkies leicht verwechſelbar. Metall-
glanz, Gew. 5\frac{1}{2}, Härte 3—4.


Schmilzt unter Spritzen zu einer magnetiſchen Kugel. Enhält 64,8 Ni,
35,2 S, alſo N̍i. Joachimsthal, Przibram, Riechelsdorf, Kamsdorf, Corn-
wallis.


NickelglanzNˈˈi + Naai.


Schon Cronſtedt §. 254 erwähnt ihn als „ſchuppenartigen Kupfer-
nickel“ von Loos in Helſingeland. Pfaff (Schweigger’s Journ. 22. 260)
analyſirte ihn und gab den Namen. Nickelarſenikkies, Arſeniknickelglanz,
Nickelarſenikglanz.


Regulär von der Formation des Glanzkobaltes, aber das Pyritoeder
ſelten zu beobachten. Der Würfel ausgezeichnet blättrig, und
daran leicht kenntlich. In der Kryſtalliſation herrſcht das Oktaeder vor,
daran bildet das Pyritoeder a : ½a : ∞a eine untergeordnete Zuſchärfung
der Ecken. Pyritoederfläche auf Oktaederkante aufgeſetzt (Haueiſen).


Silberweiß ins Graue, durch Anlaufen dunkeler werdend. Schwacher
Metallglanz. Härte 5—6, Gew. 6,1.


Im Glaskolben verkniſtert er ſtark und gibt rothes Schwefelarſenik,
auf Kohle Schwefel und Arſen und ſchmilzt dann zu einer Kugel, welche
mit Flüſſen behandelt anfangs Kobalt-, dann Nickelreaktion zeigt. Ber-
zelius Analyſe des Schwediſchen von Loos gab 29,9 Ni, 0,9 Co, 4 Fe,
45,4 As, 19,3 S, woraus dieFormel
(Ni, Co, Fe) As2 + (Ni, Co, Fe) S2
folgt. Ausgezeichnete Fundorte der Antimonfreien ſind Loos, Grube Al-
bertine bei Harzgerode auf dem Unterharz, beſonders Haueiſen bei Loben-
ſtein im Spatheiſenſtein, Grube Jungfer bei Müſen, Schladming ꝛc.
Verräth ſich öfter durch Nickelocker.


Nickelantimonglanz (Antimon-Nickelglanz) Ni S2 + Ni Sb2 hat
anſtatt Arſenik Antimon, im Uebrigen dem Nickelglanz ganz gleich, nur
dunkelfarbiger (blei- und ſtahlgrau). Wurde zuerſt von der Grube Lands-
krone im Siegen’ſchen (Weſterwald) bekannt, wo er wie gewöhnlich mit
[581]V. Cl. Geſchw. Metalle: Nickelſpeiſe.
Spatheiſen und Bleiglanz bricht. H. Roſe fand darin 27,4 Ni, 55,8 Sb,
16 S. Die etwas größere Schwefelmenge rührt vom eingeſprengten Blei-
glanz her. Vor dem Löthrohr geben ſie blos Antimonrauch. Früher
hatte Klaproth einen Nickelglanz von Freusburg auf dem Weſterwalde
analyſirt, und 25,2 Ni, 47,7 Sb, 11,7 As, 15,2 S gefunden, was Ni S2
+ Ni (Sb, As)2 gibt. Wenn man nun bedenkt, daß auf gleichen Gruben
bei Harzgerode, Lobenſtein ꝛc. Arſenik- und Antimonnickelglanz neben ein-
ander vorkommen, ſo iſt bei der Gleichheit des Blätterbruchs kein Gewicht
auf die Unterſchiede zu legen. Kobell’s


Amoebit von Lichtenberg bei Steben im Fichtelgebirge ſoll (Ni, Fe)2
(As, S)3 ſein, hat aber den gleichen Würfelbruch.


Nickelwismuthglanz Kobell (Erdmann’s Journ. prakt. Chem.
VI.332) von Grünau, Grafſchaft Sayn-Altenkirchen in Weſtphalen. Kleine
reguläre Oktaeder mit blättrigem Bruch. Stahlgrau, Härte 4—5, Gew.
5,1. Enthält 40,6 Ni, 14,1 Bi, 38,5 S, 3,5 Fe, 1,7 Cu, 1,6 Pb, wor-
aus Kobell die Formel 10 ˙˙˙˙˙i + B̶ˈˈˈi konſtruirt.


NickelſpeiſeNi3As2.


Ein Kunſtprodukt (Pogg. Ann. 25. 302 und 28. 433), das bei Blau-
farbenwerken in ſehr glänzenden vierſeitigen Tafeln des viergliedrigen
Syſtems kryſtalliſirt, beſtehend im Oktaeder o = a : a : c, mit ſehr aus-
gedehnter Gradendfläche c = c : ∞a : ∞a. Der Seitenkantenwinkel be-
trägt 115° 39′. Zuweilen noch ein ſchärferes Oktaeder a : a : 2c. Die
Farbe licht tombakbraun, mit ſtarkem Glanz, im Ausſehen leicht mit einem
natürlichen Mineral verwechſelbar. Wöhler’s Analyſe gab 54,1 Ni, 45,9 As.
Nickelocker verräth den Nickelgehalt. Breithaupt’s Plakodin (Pogg. Ann.
53. 631) ſcheint das Gleiche. Vergleiche auch den licht kupferrothen An-
timonnickel Leonhard’s Jahrb. 1853. 179.


Der Hüttenmann unterſcheidet Kobaltſpeiſe (Ni, Co)3As, Nickelſpeiſe
(Ni, Co, Fe)4As, Bleiſpeiſe (Fe, Ni, Co)4As, Raffinatſpeiſe ((Ni, Co)4As
(Plattner Probierkunſt 314), die als Hauptmaterial zur Gewinnung des


Nickels dienen. Daſſelbe hat Silberfarbe, iſt vollkommen dehnbar
(zwiſchen Eiſen und Kupfer), roſtet viel ſchwerer als Eiſen, iſt aber eben
ſo ſtark magnetiſch, liefert daher vortreffliche Magnetnadeln. Obgleich
ſtreng flüſſig, ſo läßt es ſich doch in großen Parthien ſchmelzen. Gew.
9,2. Das Neuſilber von der Farbe des 12löthigen Silbers, aber weniger
anlaufend, beſteht aus 53,4 Cu, 29,1 Zn, 17,5 Ni. Auch der chineſiſche
Packfong enthält Nickel.


Die Nickelſpeiſe mit ungefähr 50 p. C. Nickel ſteht daher in hohem
Werth, der Centner koſtet über 200 fl.


Molybdänerze.


Μολυβδαινα heißt Graphit pag. 511, weil das Molybdän lange da-
mit verwechſelt wurde, bis endlich Scheele 1778 ein eigenthümliches Metall
darin entdeckte. Molybdän ſpielt keine bedeutende Rolle, doch haben wir
[582]V. Cl. Geſchw. Metalle: Molybdän.
die Molybdänſäure M⃛o bei den Bleiſalzen pag. 415 und als Molybdän-
ocker kennen gelernt. Das Hauptvorkommen bleibt immerhin das geſchwe-
felte Molybdän. Von ihm ſtammen die geringen Mengen in Kupfer-
und Zinnhüttenprodukten.


MolybdänM̎o.


Molybdänglanz, Waſſerblei.


6gliedrige Tafeln, zuweilen mit dihexaedriſchen Abſtumpfungen. Die
Gradendfläche iſt krummblättrig, wie Talk pag. 201, daher auch
von Romé de l’Isle damit zuſammengeſtellt.


Farbe friſch bleigrau, mit einem ſtarken Stich ins Roth, ſtärker als
beim Bleiglanz. Doch muß man ſich bei denen vom Altenberger Zinn-
ſtock durch das mitvorkommende erdige Eiſenoxyd nicht verführen laſſen,
die Farbe für rother zu halten als ſie iſt. Härte 1—2, abfärbend und
ſchreibend wie Graphit. Gew. 4,5. Auf der glatten Glaſur von weißem
Porzellan gibt es einen grünlich grauen Strich. Gemein biegſam und
etwas fettig ſich anfühlend. Iſolirt gerieben negativ elektriſch.


Vor dem Löthrohr in der Platinzange färbt es die Flamme deutlich
gelbgrün, auf Kohle ſchmilzt es nicht, gibt ſchweflige Säure ab, und er-
zeugt einen ſchwach kupferrothen Beſchlag von Molybdänoxyd, der ſich
innerhalb des weißen Beſchlages findet. Mit Salpeter im Platinlöffel
verpufft es zu Molybdänſaurem Kali. Schon Buchholz wies im Alten-
berger 60 Mo und 40 Schwefel nach, was gut mit der Formel Mo S2
ſtimmt.


Kommt eingeſprengt in verſchiedenen Urgebirgsgeſteinen, Gneis, Granit,
Porphyr, Syenit, Chloritſchiefer ꝛc. vor. Beſonders reich ſind die Zinn-
ſteinſtöcke von Altenberg in Sachſen, Schlackenwalde und Cornwallis be-
dacht, wo man es käuflich haben kann. Breithaupt’s


Silberphylinglanz, dem Molybdän ähnlich, aber etwas grauer
ſcheint im Weſentlichen Selenmolybdän zu ſein, mit einem kleinen
Gehalt an Silber und 4,9 Gold. Eingeſprengt im Gneis von Deutſch-
Pilſen (Honther Comitat). Auch das Molybdän von Schlackenwalde
ſoll etwas Selenhaltig ſein.


Bleierze


gehören zu den allergewöhnlichſten der Erzgänge, und ſind daher ein wich-
tiger Gegenſtand des Bergbaues, wichtig nicht blos wegen ihres Blei-
ſondern namentlich auch wegen ihres Silbergehaltes. Auch das Selen
ſcheint in der Natur an Blei mehr gebunden vorzukommen, als an irgend
ein anderes Metall. Wir haben zwar oben Weißbleierz pag. 357, Vitriol-
blei pag. 374, Buntbleierz pag. 388, Bleiſalze pag. 412, Bleiocher pag. 561,
gediegen Blei pag. 500, Tellurblei pag. 507 ſchon die Wichtigkeit und
Verbreitung geſehen, aber die meiſten von dieſen ſcheinen lediglich durch
Zerſetzungsproceſſe vom Bleiglanz erſt entſtanden zu ſein, von vielen läßt
es ſich ſogar mit Gewißheit behaupten.


[583]V. Cl. Geſchw. Metalle: Bleiglanz.

BleiglanzP̍h.


Bei Agricola 705 ſchlechthin Glantz lapis plumbarius genannt.
Galena Plinius 33. 31 iſt ſilberhaltiger Bleiglanz, unter demſelben Namen
führt ihn auch Agricola 705 „Galena Glantz vnd plei ertz“ auf. Plomb
sulfuré, Sulphuret of Lead.


Reguläres Kryſtallſyſtem. Der


Würfel hat einen ſo ausgezeichnet dreifach blättrigen Bruch, daß
es kein zweites Beiſpiel gibt, was ihm gleichkommt. Daher bei Walle-
rius auch Würfelerz genannt. Bei Freiberg die gewöhnlichſte Kryſtall-
fläche. Das


Oktaeder ſtumpft die Ecken ab, dann entſtehen ausgezeichnete Cu-
booktaeder, in Sachſen ſehr verbreitet. Auf der Albertine bei Harzgerode
geſellt ſich noch das


Granatoeder hinzu. Außerdem werden daran die Kanten zwiſchen
Granatoeder und Oktaeder durch das Pyrami-
denoktaeder
p = a : a : 2a abgeſtumpft, das-
ſelbe kommt nirgends ausgezeichneter als am Blei-
glanz vor, daher nennt Haidinger die Pyramiden-
oktaeder Galenoide. Zuweilen faſt ſelbſtſtändig,
Dufrénoy Tab. 97. Fig. 272. Viel ſeltener be-
obachtet man eine Abſtumpfung zwiſchen Oktaeder
und Würfel, meiſt dem Leucitoidea : a : ⅓a
angehörend. Naumann (Poggendorf’s Ann. 16.
487) führt aus der Werner’ſchen Sammlung einen

[figure]

Würfel von der alten Hoffnung Gottes mit Würfel, Oktaeder, Granatoeder,
Leucitoid und zwei Pyramidenoktaedern 7a : 4a : 4a und 5a : 4a : 4a auf.
In Cumberland kommen ſogar Würfelflächen vor, auf
welchen Leucitoidflächen a : 12a : 12a, ſelbſt a : 36a : 36a
ſich kaum erheben, ſie laſſen ſich nur noch durch Er-
höhungen längs der kurzen Diagonalen der Würfel-
flächen erkennen, und um das ſcharfe Beſtimmen ſol-
cher Flächen bleibt es immerhin eine mißliche Sache.
Gefloſſene Kryſtalle, d. h. an der Oberfläche unregel-

[figure]

mäßig gerundete, nicht ſelten.


Zwillinge kommen ſehr ſchön in Sachſen, Windeck im Bergiſchen ꝛc.
vor. Die Cubooktaeder haben eine Oktaederfläche gemein, und liegen um-
gekehrt. Parallel der gemeinſamen Oktaederfläche werden die Zwillinge
meiſt tafelartig, und beide Individuen greifen ſo weit in einander über,
daß bei der Verziehung der Flächen das Erkennen Schwierigkeit macht.
Indeß kann man nach der Lage des blättrigen Bruchs ſich leicht orientiren.


Friſchbleigrau mit einem Stich ins Roth. Stärkſter Me-
tallglanz
, der auf friſchem Bruch das Auge blendet, und in ſofern
unerreicht, es iſt der Diamant der Erze. Strich graulich ſchwarz.


Härte 2—3, etwas milde, Gew. 7,5.


Vor dem Löthrohr verkniſtert er zwar ſtark, doch zwingt man ihn
durch langſames Erwärmen bald zum Bleiben, er ſchmilzt dann leicht
[584]V. Cl. Geſchw. Metalle: Bleiglanz.
unter Ausſcheidung von Blei, während die Kohle einen weißen Beſchlag
von ſchwefelſaurem Bleioxyd mit einem innern gelben Kranz von Blei-
oxyd bekommt. Bei großen Proben ſchwimmt der Regulus bald in flüſ-
ſiger Bleiglätte von gelber Farbe. Iſt er Antimonhaltig, ſo ſetzt ſich das
Antimonoxyd mit dem weißen Kranze ab. Um geringere Mengen von
Antimon zu erkennen, muß man den gepulverten Bleiglanz mit Soda
miſchen und im Reductionsfeuer behandeln. Der Schwefel geht dann an
das Natrium und zieht ſich in die Kohle, und kommt jetzt noch ein weißer
Beſchlag, ſo rührt er vom Antimon her. Durch langes Blaſen auf die
Probe verflüchtigt ſich alles Blei, und zuletzt bleibt ein kleines Silberkorn,
was zum Wiegen zu klein, aber wohl zu meſſen iſt pag. 477. Nur zu-
letzt muß man etwas vorſichtig ſein, weil die kleine ſilberreiche Probe
leicht von der Kohle ſpringt. In concentrirter Salpeterſäure löslich, unter
Ausſcheidung von Schwefel, Zink fällt aus der Löſung Blei.


Pb S mit 86,5 Pb und 13,5 S, der Silbergehalt geht in ſeltenen
Fällen bis auf 1 p. C. Gewöhnlich ſchwankt er zwiſchen 0,01 und 0,1
p. C., d. h. ⅓—3\frac{1}{2} Lth. im Centner. 4—9löthige erklärt der Bergmann
für ſilberreich. Zuweilen Goldhaltig (Kremnitz), Platinhaltig in der Cha-
rente (Pogg. Ann. 31. 16). Antimon öfter in ſolcher Menge, daß eine
bleigraue Abänderung von Przibram Steinmannit genannt wurde.
Arſenik, Zink, Kupfer, Selen ꝛc.


Verbreitung. Hauptſächlich auf Gängen, die oft mit außer-
ordentlicher Regelmäßigkeit zur Tiefe ſetzen, wie zu Huelgoat in der Bre-
tagne. Im Gneiſe von Freiberg, auf dem Schwarzwalde in der wilden
Schappach ſilberarm, im Teufelsgrunde ſilberreich. Im Uebergangsgebirge
des Harzes Clausthal, Zellerfeld, Neudorf ꝛc. das wichtigſte Erz, im rheini-
ſchen Schiefergebirge (Müſen, Siegen, Weſtphalen, Naſſau). Beſondern
Ruf genießen die Bleierzgänge im Bergkalk des nördlichen England.
Schon Plinius 34. 49 ſagt davon, sed in Britannia summo terrae corrio
adeo large, ut lex ultro dicatur, ne plus certo modo fiat.
Noch heute
liefert England jährlich 900,000 Ctr. Blei, ſo viel als alle übrigen euro-
päiſchen Staaten zuſammen genommen: Derbyſhire (Caſtleton, Cromford),
Cumberland (Alſton-Moor) ꝛc. Das Ganggeſtein bilden die ſchönſten
Kalkſpäthe, Flußſpäthe und Schwerſpäthe.


Ganz verſchieden davon iſt das Vorkommen im Flözgebirge, wo er
ſich eingeſprengt findet. Knoten von kryſtalliniſchem Bleiglanz findet man
öfter mitten im weißen Keuperſandſtein, im Buntenſandſtein der Eiffel
(Bleiberg bei Commern, Bergamtbezirk Düren), wo die mächtigen „Kno-
tenerze“ theilweis im Tagebau gewonnen werden. Die Bleiglanzknoten
von Commern, zum Theil mit Weißbleierz gemiſcht, liegen in dem weißen
mürben Sandſtein in ſolcher unerſchöpflichen Maſſe, daß die einzige Grube
Meinertzhagen in einem Jahre 340,000 Ctr. Knotenerz lieferte. Der
Betrieb zum Theil über Tage nimmt ſo zu, daß er ſehr bald einer der
bedeutendſten des Continents ſein dürfte. Im Muſchelkalk von Tarnowitz
finden ſich Neſter von ſilberhaltigem Bleiglanz mit Galmei, ähnlich im
Dolomite des Kärnthiſchen Bleiberges (Villach). Aber alle dieſe halten
dennoch keinen Vergleich aus mit den Bleiglanzneſtern im Kalkgebirge
der Alpujarras der ſüdlichen Vorkette der Sierra Nevada in Spanien,
beſonders bei Berga und Gador. Es iſt ein alter Saifenbau, ein Erzfeld
[585]V. Cl. Geſchw. Metalle: Bleiglanz.
mißt ¼ Quadratſtunde, worin mehrere Ellen mächtige Erzwände in Lehm
gehüllt zu Tage treten. 1822 ſtanden die Gruben wieder in ſchwunghaftem
Betrieb, 1829 waren 80 Schachte und 1500 Schurfverſuche gemacht,
worin 10,000 Bergleute 1 Mill. Ctr. Erze gewannen, das auf den Rücken
von 2000 Maulthieren aus dem wilden Gebirge herabgeführt wurde, und
woraus man über eine halbe Million Ctr. Blei gewann. Das drückte
die deutſchen Werke gewaltig. Aber dennoch ſcheint der Reichthum in


Amerika noch bedeutender. Im Staat Miſſouri wurde er ſchon
1720 entdeckt, er erſtreckt ſich dann über einen Theil von Illenois, Jowa,
beſonders aber nach Wisconſin. Der Bleiglanz in Begleitung von Blende
und Galmei lagert in oberflächlichen Spalten des Bergkalkes (Cliff Lime-
ſtone) und iſt wie die Bohnenerze in eiſenſchüſſigen Lehm gehüllt. Auf
einer Strecke von 87 engl. Meilen von Oſt nach Weſt und 54 Meilen
von Süd nach Nord ſoll kaum eine engliſche Quadratmeile ſein, wo nicht
die Spuren von Bleiglanz ſich fänden. Die Werke gehen ſelten über 25
bis 30 Fuß Tiefe hinab. Es gibt Orte, wo der Mann täglich 8000 ℔
Erz gewinnen kann. Auf einem einzigen Flecke von 50 Quadrat-Yards
wurden 3 Millionen Pfund gefördert, und die Gruben am obern Miſſi-
ſippi liefern jährlich an 760,000 Pigs (Dana Miner. pag. 489).


Kryſtalliſirter Bleiglanz, nicht ſelten in mehreren Zoll großen
Würfeln, findet ſich gewöhnlich in den obern Teufen der Gänge, wo
Druſenräume Platz zum Kryſtalliſiren gaben.


Körniger Bleiglanz, füllt in derben Parthieen die Gänge.
Sehr grobkörnig kommt er bei Freiberg, in der Schappach ꝛc. vor. Von
mittlerm Korn auf dem Oberharze. Blumig blättrig zu Gersdorf. Bunt
angelaufen in Derbyſhire. Das Korn wird zuletzt ſo fein und gleichartig
wie beim ſchönſten Dolomit, ohne an friſcher Farbe einzubüßen. Endlich
aber beim


Bleiſchweif erkennt man das Korn nicht mehr deutlich, die Farbe
wird ſchwärzer, und mit dem dichten Bruch pflegt auch die Verunreini-
gung durch Antimon, Zink, Eiſen ꝛc. zuzunehmen. Die Maſſe wird
ſtriemig, ſchaalig, traubig, und geht gern in erdigen Bleimulm über.
Bleiſchweif zeigt oft Spiegelflächen. Wenn das Schwefelantimon zu-
nimmt, ſo läßt ſich die Gränze nach den Spießglanzbleierzen kaum ziehen.
Vergleiche auch Weißgiltigerz.


Der ſilberarme Bleiglanz kommt viel roh in den Handel unter dem
Namen Glaſurerz (Alquifoux), da ihn die Töpfer zur Glaſur ihrer Waare
benutzen können. In der wilden Schappach koſtet der Ctr. 8—10 fl.,
am Commerſchen Bleiberge nur 4 fl. Am ſilberhaltigſten ſind nicht ſelten
die feinkörnigſten, wie z. B. 12löthig auf dem Schindler Gang im Teu-
felsgrunde im ſüdlichen Schwarzwalde: dieſe pflegen dann auf beſondern
Poch- und Waſchwerken aufbereitet zu werden, das Erz ſcheidet ſich wegen
ſeiner bedeutenden Schwere als feinſter Bleiglanzſand (Schliche) und
man kann ſo die unbedeutendſten Mengen aus den Ganggeſteinen ge-
winnen. Das „Schmelzgut“ miſcht man nun entweder mit Eiſen und
ſchmilzt, es bildet ſich dann Schwefeleiſen, und Blei wird frei (Nieder-
ſchlagarbeit); oder man röſtet den Bleiglanz an der Luft, ein Theil bildet
dann Ṗb, Ṗb S⃛ und ſchweflichte Säure entweicht. Man ſetzt die Arbeit
[586]V. Cl. Geſchw. Metalle: Selenblei.
ſo lange fort, bis es zu Pb + Ṗb + S⃛ geworden iſt, dieſe geſchmolzen
wirken ſo auf einander ein, daß 2 Pb + 2 entſteht, welch letztere ent-
weicht. Das fallende Werkblei enthält neben allem Silber noch Antimon,
Arſenik, Kupfer, Zink ꝛc. Man bringt es nochmals in Fluß, und läßt
es unter fortwährendem Umrühren erkalten. Es ſetzt ſich dann eine ſtets
zunehmende Menge ſilberarmer Kryſtalle ab, die man abnimmt, ſo daß
man die übrige flüſſige Maſſe auf den 10fachen Silbergehalt bringen
kann. Dieſes ſilberreiche Blei bringt man auf einen Treibheerd, und
läßt einen Luftſtrom über die ſchmelzende Maſſe fahren, es bildet ſich
Bleiglätte, die abfließt, und zuletzt bleibt das Silber über. Anfangs hat
es noch eine Regenbogenhaut unedler Metalle, mit einem Male zerreißt
dieſe, und das „Silber blickt“ zum Zeichen der Reinheit. Parkes
ſcheidet das Silber durch Zink, Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 55. 506.


In den Ofenbrüchen erzeugen ſich die ſchönſten Bleiglanzwürfel, es
ſind dieſelben zellig, aber außerordentlich ſcharfkantig, ſo daß ſie zu den
ſchönſten kryſtalliniſchen Hüttenprodukten gehören.


Cuproplumbit 2 P̍b + C̶̍u Breithaupt (Pogg. Ann. 61. 672) von
Chile. Der würflige Blätterbruch etwas undeutlicher als beim Bleiglanz,
ſchwärzlich bleigrau, wie das ihn umhüllende Kupferglas, Gew. 6,4.


Johnſton führt von Dufton auch ein erdiges blaulich graues Super-
sulfured of Lead
(Ueberſchwefelblei) an, welches am bloßen Kerzenlichte ſich
entzündet und mit blauer Flamme fortbrennt. Die Analyſe gab 90,4 P̍b
und 8,7 Schwefel (Leonhard’s Jahrb. 1834. 55).


SelenbleiPb.


Berzelius entdeckte 1817 das Selen im Schwefel, der aus den Kieſen
von Fahlun gewonnen wird. Als er ſich mit deſſen Eigenſchaften be-
ſchäftigte, fand es ſich ſchon als Mineral im Selenkupfer und Eukairit
des Serpentins von Skrickerum. 1825 wurde auf dem Harze (Pogg.
Ann. 2. 403 und 5. 271) das Selenblei erkannt, ohne Zweifel das wich-
tigſte unter allen Selenerzen.


Regulär, würfelig blättrig, wie Bleiglanz und äußerlich davon
kaum zu unterſcheiden. Kommt meiſt nur in derben feinkörnigen Maſſen
vor. Die Farbe ein wenig lichter, Härte 2—3, Gew. 8,2—8,8, alſo
entſchieden ſchwerer.


Vor dem Löthrohr raucht es ſtark, verbreitet einen Rettiggeruch, die
Kohle zeigt kalt einen röthlichen Beſchlag, auch reducirt ſich kein Blei,
die Probe ſchmilzt daher nicht, ſondern wird nur allmählig kleiner. Sal-
peterſäure greift es an, und Selen ſcheidet ſich mit röthlicher Farbe aus.
Pb Se mit 72,4 Pb und 27,6 Se.
Auf dem Harze in Eiſenſteingruben, wo die Thonſchiefer an den Grün-
ſteinkuppen abſchneiden. Wurde zuerſt von der Grube Lorenz bei Claus-
thal analyſirt (Pogg. Ann. 2. 403), und zeigte neben Blei einen geringen
Kobaltgehalt. Auf der Grube Brummerjahn bei Zorge iſt es ſchon im
Anfang des Jahrhunderts gewonnen, aber verkannt. Grube Carolina
bei Lehrbach, Tilkerode auf dem Unterharze, obgleich nur neſterweiſe, ſo iſt
[587]V. Cl. Geſchw. Metalle: Blende.
doch durch die Bemühungen des Bergr. Zinken auf dem Mägdeſprunge
letzter Fundort zu den wichtigſten geworden (Pogg. Ann. 3. 271). Ema-
nuel Erbſtolln zu Reinsberg bei Freiberg (Pogg. Ann. 46. 279) ein 2—5“
mächtiger Gang im Braunſpath. Auffallender Weiſe kommt es nie mit
Bleiglanz vor. Bleiglanzartig ſind ferner noch folgende:


Selenqueckſilberblei (Hg, Pb) Se Pogg. Ann. 3. 297 von Til-
kerode. Bleigrau und dreifach blättrig.


Selenkobaltblei 6 Pb Se + Co Se von Tilkerode und Claus-
thal iſt nur durch 3 p. C. Kobalt verunreinigt, ſonſt hat es auch den
dreifach blättrigen Bruch.


Selenkupferblei iſt nur in dichten unblättrigen Maſſen von
Tilkerode und Tannenglasbach bekannt, letzteres ſcheint nach Naumann
einen dreifach blättrigen Bruch zu haben. Blei- und Kupfergehalt variiren
ſehr gegen einander. Man nimmt dreierlei an:
Pb Se + C̶u Se 47,4 Pb, 15,4 Cu, 1,3 Ag, 34,3 Se, Tilkerode.


2 Pb Se + C̶u Se 59,7 Pb, 7,9 Cu, 0,3 Fe, 30 Se, Tilkerode und
Tannenglasbach.


4 Pb Se + C̶u Se 63,8 Pb, 4 Cu, 2 Si, 29,3 Se, Tannenglasbach.
Vielleicht entſprechen ſie dem Cuproplumbit.


Nehmen wir dazu noch Selenſilber, Eukairit, Selenkupfer, Selen-
queckſilber, Selenſchwefel, ſo ſind damit die wichtigſten Selenfoſſilien zu-
ſammengeſtellt.


Zinkerze.


Das geſchwefelte Zinkerz iſt unter den Zinkerzen bei weitem das ver-
breitetſte, aber wegen ſeiner ſchweren Verhüttung wird es nur wenig auf
Zink benutzt. Oben wurde bereits Kieſelzinkerz pag. 309, Galmei pag. 346,
Zinkvitriol pag. 440, Franklinit pag. 517, Rothzinkerz pag. 556 kennen
gelernt, außerdem ſpielt es noch bei den Fahlerzen eine Rolle.


BlendeZ̍n.


Galena inanis Agricola 705. Wegen des Glanzes vermuthete der
alte Bergmann ein brauchbares Metall darin, aber der Hüttenproceß
ergab nichts, er nannte es eine „zum Schmelzen höchſt verderbliche mine-
raliſche Aftergeburt.“ Pseudogalena, Sterile nigrum. Erſt die neuern
Syſtematiker nannten es zum Ueberfluß Zinkblende. Zinc sulphuré.


Reguläres Kryſtallſyſtem mit entſchiedener Neigung zur tetrae-
driſchen Hemiedrie. 6fach blättriger Bruch des Granatoeders, faſt von
der Deutlichkeit des Bleiglanzbruches, den Laſurſtein pag. 297 weit über-
treffend, und daher einzig in ſeiner Art. Aus der ſchwarzen Blende von
Holzappel kann man mit dem Meſſer die ſchönſten Granatoeder ſpalten.
Dehnt man drei in einer Zone aus, ſo entſteht eine reguläre ſechsſeitige
Säule mit Rhomboeder; dehnt man zwei in einer quadratiſchen Säule
aus, ſo iſt wie bei der Hyacinthkryſtalliſation ein Oktaeder auf die Kanten
aufgeſetzt. Verkürzt man dieſe quadratiſche Säule bis zum Verſchwinden,
ſo dehnt ſich das Oktaeder des Granatoeder zu einem viergliedrigen Ok-
[588]V. Cl. Geſchw. Metalle: Blende.
taeder mit Endkanten von 120° und Seitenkanten von 90° aus. Läßt
man eine ſechsſeitige Säule weg, ſo bleibt ein Rhomboeder mit 120° in
End- und 60° in den Seitenkanten. Alles das ſind Uebungsaufgaben
für Anfänger.


Trotz des einfachen Syſtems iſt es häufig ganz beſonders ſchwer, die
Kryſtalle zu entziffern, wenn gleich die Zwillinge einen Theil der Schuld
tragen. Im Ganzen genommen herrſcht das Granatoeder auch unter

[figure]

den Kryſtallflächen vor, aber die abwechſelnden drei-
kantigen Ecken werden durch das geſtreifte Tetrae-
der
abgeſtumpft. Die Streifen gehen nicht wie beim
Fahlerz den Tetraederkanten, ſondern entgegengeſetzt den
Oktaederkanten parallel, das gleichſeitige Tetrae-
der-Dreieck
deutet alſo durch ſeine Streifung auf
die Blätterbrüche des Granatoeders hin. Wenn das
Granatoeder zurück tritt, ſo pflegt das glatte Gegen-
tetraeder die Ecken des geſtreiften Tetraeders abzuſtumpfen (Pacherſtollen).
Dieſer Gegenſatz von glatt und geſtreift an verſchiedenen Tetraedern iſt
ſo ſchlagend, daß z. B. bei den ſcheinbaren Oktaedern von Rodna in
Siebenbürgen man den Unterſchied leicht erkennt. Der Würfel tritt
ebenfalls häufig und ſehr glattflächig auf. Am eigenthümlichſten unter allen

[figure]

iſt jedoch die Leucitoidfläche l = a : a : ⅓a, welche hälftflächig
aber gewöhnlich bauchig oder parallel der Axe a geſtreift unter-
geordnet die vierkantigen Ecken des Granatoeders zuſchärft.
Man erkennt ſie ſehr leicht an den divergirenden Kanten,
welche ſie mit den Granatoederflächen g macht. Da ſie am
Tetraeder die Kanten zuſchärfen, ſo bilden ſie zuweilen auch
ein Pyramidentetraeder.


Wie durchgreifend das tetraedriſche Geſetz ſei, das zeigt z. B. die

[figure]

ſchöne gelbrothe phosphorescirende Blende von
Kapnik: bei derſelben herrſcht das Granatoeder
g, dem der Würfel w ſich unterordnet; zwei
Ecken gg w ſind durch l = a : a : ⅓a, die an-
dern beiden zwar auch, aber durch das Pyra-
midentetraeder x = a : a : ⅕a, wie die Zonen
g x l deutlich beweiſen. Untergeordnet findet ſich
zwiſchen w/g auch der Pyramidenwürfel
p = a : 2a : ∞a.


Zwillinge außerordentlich gewöhnlich, ſie haben wie immer die
Oktaederfläche gemein und liegen umgekehrt. Die ſchwarze Blende von
Rodna mit Schwefelkies und Kalkſpath iſt wegen der großen Menge von
Individuen, welche ſich wiederholen, beſonders intereſſant. Es ſind Cubo-

[figure]

oktaeder, hin und wieder mit ganz untergeordneten
Granatoederflächen. Nebenſtehende Zeichnung gibt einen
der einfachern: jedes der beiden Hauptindividuen links
und rechts beſteht aus verſchiedenen ungeraden Stücken,
das linke aus 5, das rechte aus 3. Von den 5 ſind
die graden 2 und 4 nur ſehr ſchmal, eben ſo rechts
das mittlere. Solche Zwiſchenſtücke ſind oft ſo ſchmal,
daß ſie zur feinſten Linie zuſammenſchrumpfen. Unter-
[589]V. Cl. Geſchw. Metalle: Blende.
ſuchen wir die Flächenſtreifung genauer, ſo ſind links die 3 Stücke der
ungeraden Zahlen geſtreift, rechts die 2 ungeraden nicht, und umgekehrt.
Betrachten wir das Ganze als einen einfachen Zwilling, ſo iſt die Lage
der glatten und geſtreiften Tetraederflächen gerade ſo, als wenn man ein
ſolches einfaches Ditetraeder halbirt und die Hälften um 60° gegen ein-
ander verdreht hätte. Es kommen ganze Haufwerke vor, worin aber oft
das Beſtreben erkenntlich, ein einziges Cubooktaeder zu bilden. Nicht
ſelten durchwachſen ſich auch die Granatoeder, wie bei der ſchönen braunen
Blende von der Albertine bei Neudorf auf dem Unterharze, die gemein-
ſame ſechsſeitige Säule iſt daran verkürzt. Lehrreich für ſolche Durch-
wachſung iſt auch die ſchwarze derbe Blende von Holzappel: die den
Zwillingsindividuen gemeinſame ſechsſeitige Säule ſpringt glatt weg, wenn
man jedoch das Rhomboeder daran ſchlagen will, ſo treten aus den Blätter-
brüchen deſſelben dunklere Streifen hervor, die ſich nicht in der Flucht
blättern, ſondern erſt bei einer Drehung um 60° einſpiegeln. Es ſind
das eingewachſene Zwillingsſtücke.


Der blättrige Bruch ſo durchgreifend, daß man gar keinen muſche-
ligen ſchlagen kann. Dunkele Farben, ſpielen ins Roth, Braun,
Gelb, Grün. Oft große Durchſcheinenheit, daher unvollkommener Dia-
mantglanz. Durch Reiben phosphorescirend, beſonders die von Kapnik
pag. 126. Härte 3—4, ſpröde, Gew. 4. Leitet die Elektricität unvoll-
kommen.


Vor dem Löthrohr verkniſtert ſie ſtark, doch bringt man ſie durch
langſames Erhitzen leicht zum Stillſtand, ſie gibt dann in der äußern
Flamme einen Zinkbeſchlag (Żn heiß gelb, kalt weiß), und ſchmilzt an
den Kanten. Große Proben bedecken ſich mit einer dicken Schicht von
Oxyd. Der Cadmiumgehalt iſt ſchwerer nachzuweiſen. Gut geröſtete
Proben geben mit Flüſſen Reaktion auf Eiſen. In Salzſäure löslich
unter Entwickelung von Schwefelwaſſerſtoff, in Salpeterſäure unter Aus-
ſcheidung von Schwefel.


Zn S mit 66,7 Zink und 33,3 Schwefel.


Eiſen häufig das Verunreinigungsmittel. Die grüne und rothe von
Ratieborzitz in Böhmen ſilberhaltig.


Blende iſt auf Erzgängen der alten und neuen Welt der ſtetige Be-
gleiter des Bleiglanzes, daher erklärt ſich der alte bergmänniſche Name
Galena inanis. Im Flözgebirge findet man ſie viel häufiger eingeſprengt
als den Bleiglanz: im Muſchelkalk (Poltringen bei Tübingen, Crailsheim),
in der Lettenkohle, in den Thoneiſenſteinen des Lias und braunen Jura,
beſonders aber in den Kammern des Ammonites amaltheus, worein ſie nur
auf naſſem Wege gekommen ſein kann. Alle dieſe Vorkommen ſind
meiſt ausgezeichnet.


Blättrig, in körnigen derben Maſſen. Werner brachte dieſe nach der
Farbe in Abtheilungen:


a) Gelbe Blende, reflectirt zwar in dicken Stücken dunkele Farbe,
in dünnen oder an geſprungenen Stellen zeigt ſich eine helle Kolofonium-
farbe, was ſich bis zum durchſichtigen Weißen (Cleiophan von Franklin
in New-Yerſey, Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 52. 297) ſteigern kann.
Einerſeits geht ſie bis ins Grasgrün (Gumerud in Norwegen, Böhmen),
[590]V. Cl. Geſchw. Metalle: Greenockit.
andererſeits ins Roth. Nicht ſelten umhüllt die grüne die rothe, und
geht darin über, woraus die Unwichtigkeit der Unterſcheidung einleuchtet.
Sie iſt die reinſte Abänderung. Die gelbe von Kapnik phosphorescirt
ſtark beim Reiben.


b) Braune Blende. Ihre Farbe beginnt mit dem Hyacinthroth
(Landskrone, Roſenkranz bei Freiberg), man kann ſie da faſt mit Granat
verwechſeln. Gewöhnlich nimmt ſie aber viel Schwarz auf und geht ins
tiefe Braun, wie die ſchön glänzenden Kryſtalle von Neudorf bei Harz-
gerode.


c) Schwarze Blende iſt die häufigſte, aber auch unreinſte. Nur
in dünnen Stücken gewahrt man noch etwas vom Braun, zuweilen aber
auch das nicht, und man muß ſich dann vor Verwechſelung mit verwit-
tertem Spatheiſenſtein hüten. Die ſchön kryſtalliſirte von Rodna in Sie-
benbürgen zeichnet ſich durch ihre Schwärze aus. Eine Abänderung von
Marmato bei Popayan (Marmatit) ſoll ſogar 23,2 F̍e enthalten, alſo
3 Z̍n + F̍e ſein.


Außer dieſen blättrigen Abänderungen ſind noch zwei andere Varie-
täten auszuzeichnen:


Strahlenblende von Przibram in Böhmen. Bildet zwar diamant-
glänzende blättrige Strahlen, doch kann man daran den 6fach blättrigen
Bruch nicht mehr nachweiſen, auch ſcheint ſie ſenkrecht gegen die Strahlen
noch einen undeutlichern Blätterbruch zu haben, dieſer krümmt ſich, und
führt zur ſchaaligen Abſonderung. Dünne Splitter ſcheinen braun durch.
Löwe wies darin neben Schwefelzink noch 1,5—1,8 Cadmium nach, was
ſich auch durch einen braunen Kranz auf der Kohle, wiewohl undeutlich,
zu erkennen gibt. Noch mehr von der Blendenatur entfernt ſich


Schaalenblende, kam früher ausgezeichnet auf der Grube Silbereckel
bei Hohengeroldseck auf dem badiſchen Schwarzwalde vor. Es iſt eine
dichte concentriſch ſchaalige Blende mit nirenförmiger Oberfläche, aber ob
ſie gleich äußerlich dem Brauneiſenſtein gleicht, ſo zeigt ſie doch innen
keine Faſer, ſondern einen matten Jaſpisbruch. Auch die körnigen derben
Blenden gehen, zumal wenn ſie unreiner werden, zuletzt ins Dichte über
(Holzappel).


Die Blende wird in neuern Zeiten auch auf Zink verhüttet. So
gewinnt Preußen im Bezirk Siegen allein über 100,000 Ctr. à 4\frac{1}{2} Silber-
groſchen im Werth. Um daraus das Zink zu gewinnen wird die gepochte
Maſſe in einem Flammenofen unter fortwährendem Umwenden geröſtet.
Das gebildete Zinkoxyd reducirt man durch Kohle (England, Davos in
Graubündten) in Retorten, wie beim Galmei pag. 347. Der Cadmium-
gehalt geht zuerſt über. Die Blende von Eaten (New-Hampſhire) ſoll
3,2 Cadmium halten, die braunen Varietäten vom Oberharz 0,3—0,6.


GreenockitC̍d, das reine Schwefelkadmium, kommt als Seltenheit
eingeſprengt im Prehnit des Mandelſteins von Bishopton in Renfrew-
ſhire (Pogg. Ann. 51. 274) vor: reguläre ſechsſeitige Säulen mit Grad-
endfläche ſind blättrig. Drei Dihexaeder über einander ſtumpfen die End-
kanten der ſechsſeitigen Säule ab, Pommeranzengelbe öfter ins Roth
[591]V. Cl. Geſchw. Metalle: Zinnober.
gehende Farbe mit ſtarkem Glanz und großer Durchſcheinenheit. Härte
3—4, Gew. 4,8. Im Glasrohre erhitzt nimmt er eine ſchöne karminrothe
Farbe an, aber nur ſo lange er heiß iſt. Schwefelcadmium mit 77,7 Cd
und 22,3 Schwefel.


Voltzit 4 Z̍n + Żn, Voltzine Fournet (Pogg. Ann. 31. 63), über-
zieht in halbkugeligen Wärzchen die andern Erze von Roziers bei Pont-
gibaud (Puy-de-Dôme). Schmutzig roſenroth, Härte 4—5, Gew. 3,6.
Es ſcheint neuerer Bildung und ſtimmt mit dem Ofenbruch überein, welcher
in den Freiberger Hütten beim Verſchmelzen zinkhaltiger Erze zuweilen in
hohlen ſechsſeitigen Säulen kryſtalliſirt.


Queckſilbererze.


Sie ſind bei weitem die wichtigſten, und alle andern hängen damit
auf das Engſte zuſammen. Aus ihnen entſtanden: Hornqueckſilber pag. 424,
gediegen Queckſilber pag. 480. Eigenthümlich iſt das Vorkommen in ge-
wiſſen Fahlerzen.


ZinnoberH̍g.


Schon den Alten wohl bekannt. Theophraſt 103 und Plinius 33. 38
beſchreiben ihn, unterſchieden ſchon zwiſchen Minium und Cinnabaris. Agri-
cola 706 überſetzt Minium nativum mit Bergzinnober, Cinnabaris dagegen
mit minium facticium. Mercurblende, Mercure sulfuré, Sulphuret of
Mercury.
J. Schabus hat in den Sitzungsberichten der Kaiſ. Akad. Wiſſ.
1851. Band VI. pag. 63 eine Monographie ſeiner Formen geliefert.


Rhomboedriſch, aber Kryſtalle meiſt klein und ſelten ſchön.
Ziemlich häufig kommt er jedoch in derben geſtreift blättrigen Stücken
vor, aus welchen man eine reguläre ſechsſeitige Säule l = a : a : ∞a : ∞c
ſpalten kann (Japan). Die Gradendfläche o = c : ∞a : ∞a : ∞a iſt
nicht blättrig. Hauy ging von dem Rhomboeder P =
a : a : ∞a : c
mit 71° 48′ in den Endkanten aus,
was er auch ein wenig blättrig fand. Schabus maß
denſelben Winkel zu 71° 47′ 10″, gibt für c = 1,
die Seitenaxe
.
Selten kommt daran auch das Gegenrhomboeder P' =
a' : a' : ∞a : c
vor, ziemlich ſelten das nächſte ſtum-
pfere Rhomboeder a = 2a' : 2a' : ∞a : c mit 92° 37′

[figure]

in den Endkanten, alſo dem Würfel nahe ſtehend, wie das Hauptrhom-
boeder dem Tetraederwinkel. Dazu kommt ebenfalls das Gegenrhomboeder
a' = 2a : 2a : ∞a : c. Die ganze Entwickelung des Syſtems beſteht in
Rhomboedern, welche beſonders die Kanten zwiſchen P/o, weniger die zwi-
ſchen a/o abſtumpfen, und die ſich nicht durch Zonen, ſondern durch Meſ-
ſungen beſtimmen laſſen. u = 4a : 4a : ∞a : c, k = \frac{5}{2}a : \frac{5}{2}a : ∞a : c
und z = 3a : 3a : ∞a : c beſtimmte ſchon Hauy. Schabus weist q =
½a' : ½a' : ∞a : c
, t = ¼a : ¼a : ∞a : c und viele andere nach. Nur als
[592]V. Cl. Geſchw. Metalle: Queckſilberlebererz.
große Seltenheit findet ſich ein Dreiunddreikantner. Zwillinge haben die
Gradendfläche gemein und ſind um 60° gegen einander verdreht.


Cochenillroth, aber leichter als Arſenikrothgülden, mit ſcharlach-
rothem Strich. Durchſcheinend, daher Diamantglanz. Härte 2—3, Gew. 8.


Vor dem Löthrohr auf Kohle verflüchtigt er ſich vollkommen. In der
offenen Glasröhre zerſetzt ſich der größere Theil zu gediegenem Queckſilber
und ſchwefliger Säure. Von Säuren wird er nicht merklich angegriffen,
in Königswaſſer löst er ſich dagegen ſchnell und vollkommen.


Hg S mit 86,3 Hg und 13,5 Schwefel.


Zinnober kommt auf Erzgängen nicht gewöhnlich oder doch nur in
kleinen unbauwürdigen Mengen vor: Müſen, Schemnitz, Neumärktel in
Krain ꝛc. Nur zuweilen werden dieſe Gänge mächtig, wie in den be-
rühmten Gruben von Almaden pag. 480, die trotz ihres langjährigen
Abbauens noch nicht 1000′ Tiefe erreichen. Die Erze ſollen im Mittel
10 p. C. Queckſilber geben. Verſchieden davon iſt das lagerartige Vor-
kommen von Idria und in der Rheinpfalz. Man unterſcheidet mehrere
Varietäten:


1. Blättriger und körniger Zinnober. Blättrige gerundete Stücke,
woraus man Säulen ſchlagen kann, kommen beſonders aus Japan, wie
ſchon Klaproth Beitr. IV.14 berichtet. Dann gehören dahin die Kryſtalle,
welche angeflogen auf den verſchiedenſten Erzgängen ſich finden. Beſon-
ders ſchön ſind die hochrothen derben körnigen Maſſen von Almaden,
St. Anna bei Klagenfurt, Schemnitz ꝛc. So bald das Korn undeutlich
wird, ſo pflegt auch die Farbe dunkeler zu werden, es geht dann in den


2. dichten Zinnober. Doch bleibt der Strich noch hoch ſcharlachroth.
Große Stücke davon brechen bei Almaden.


3. Erdiger Zinnober, Werner’s hochrother Zinnober, von bren-
nend ſcharlachrother Farbe. Iſt nichts weiter als der erdige ockerige Zu-
ſtand, der beſonders ſchön auf zerfreſſenen Geſteinen bei Wolfsſtein in
der Pfalz vorkommt.


Queckſilberlebererz nennt der Bergmann die durch Bitumen dunkel
gefärbten Erze beſonders in Idria. Die beſten ſind zwar noch ſehr ſchwer
7,1 Gew., allein ihre ſchwärzliche Farbe hat nur noch ein wenig Roth,
erſt im Strich tritt das Roth wieder ſehr ſtark hervor. Klaproth wies
darin noch 81,8 p. C. Queckſilber nach. Noch ſchwärzer iſt das ſchie-
ferige Queckſilberlebererz
, gewöhnlich mit ſchaaliger Abſonderung
und glänzenden ſpiegeligen Druckflächen, ähnlich den Druckflächen in den
Schieferthonen und Steinkohlen des Schwarzwaldes. Am aller eigen-
thümlichſten ſind jedoch kleine ſchwarze geodenartige Formen, die im Quer-
bruche wie Gagat ausſehen, und als fremdartige Maſſe ſich in Lebererz
eingeſprengt finden.


Die Bergleute von Idria nennen das Korallenerz. Manche
haben ſehr deutliche concentriſche Runzeln, wie die Anwachsſtreifen von
Muſcheln. Die „Korallen“ möchten daher wohl organiſchen Urſprungs
ſein. Darauf deutet auch das Bitumen hin, was Dumas Idrialin
genannt hat. Dieſe Kohlenwaſſerſtoffverbindung findet ſich beſonders im
ſogenannten Branderze, welches vor dem Löthrohr mit rußender Flamme
brennt, und auch mehr oder weniger mit Zinnober geſchwängert iſt.


[593]V. Cl. Geſchw. Metalle: Selenqueckſilber, Grauſpießglanz.

Schon die Alten wußten, daß durch Glühen des Zinnobers mit ge-
branntem Kalk Queckſilber frei werde: es bildet ſich in der Retorte Schwefel-
calcium und ſchwefelſaurer Kalk, und das Queckſilber deſtillirt über. Auch
Eiſenhammerſchlag kann man anwenden. Beim andern Verfahren erhitzt
man das Erz beim Zutritt der Luft, es bilden ſich ſchweflige Säure und
Queckſilberdämpfe, dieſe läßt man in Kammern oder Vorlagen gehen,
worin ſich das Queckſilber verdichtet.


Selenqueckſilber.


Wurde neuerlich von Hrn. Römer in Clausthal auf der dortigen
Grube Charlotte entdeckt (Pogg. Ann. 88. 319). Es iſt derb feinkörnig,
ſchwärzlich bleigrau mit Quarz und Rotheiſenſtein verwachſen. Gibt in
offener Röhre einen ſtarken Selengeruch, und enthält nach Rammelsberg
74,5 Hg und 25,5 Se, was zu der Formel Hg6Se5 führen würde, da
die wahrſcheinlichere Formel Hg Se 28,4 Selen erfordert. Schon längſt
bekannt iſt das


Selenqueckſilber von San Onofrio in Mexiko (H. Roſe Pogg.
Ann. 46. 315). Gleicht in Farbe und Glanz dem Fahlerz, milde, Härte
2—3. Es verbreitet auf Kohle einen ſtarken Selengeruch, obgleich es nur
6,5 Se neben 10,3 S und 81,3 Hg enthält, alſo
4 H̍g + Hg Se
iſt. Daſelbſt kommt auch der Onofrit ſelenigſaures Queckſilberoxydul
Ḣ̶g S̈e vor.


Ehe wir jetzt zu den complicirtern Verbindungen ſchreiten, ſtellen wir
die drei wichtigſten


Sulphoſäurenˈˈˈb, ˈˈˈi, ˈˈˈs


nebſt ihren einfachen Verbindungen voran. Sie ſind alle drei unter ein-
ander iſomorph, und ſpielen als Säuren bei den geſchwefelten Metallen
entſchieden die Hauptrolle, neben welchen etwa noch das Sesquiſulfid des
Eiſens ˈˈˈe genannt werden kann. Man analyſirt ihre Salze meiſt mittelſt
Chlorgas, wie z. B. die Fahlerze. Das wichtigſte unter den dreien iſt das


1. Grauſpießglanzˈˈˈb.


Die alten Mineralogen nannten es ſchlechthin Spießglas, an die
ſpießigen Kryſtalle erinnernd, Stibi Spiesglas Agricola 707. Wegen ſeiner
Heilkräfte war es ſchon im Alterthum berühmt, als Στίβι, Στίμμι, Sti-
bium Plinius
33. 33. Erſt ſpäter wurde der Name Spießglanz oder Sti-
bium
auf das Antimonmetall übergetragen pag. 502. Antimonglanz,
Antimoine sulfuré, Sulphuret of Antimony.


Zweigliedriges Kryſtallſyſtem, aber gute Kryſtalle ſelten.
Gewöhnlich in langſtrahligen Säulen s = a : b : ∞c von 90° 45′, die
aber durch Längsſtreifen entſtellt ſind. Das beſte Kennzeichen bildet der
ſehr deutlich blättrige Bruch b = b : ∞a : ∞c, welcher die ſcharfe Säulen-
Quenſtedt, Mineralogie. 38
[594]V. Cl. Geſchw. Metalle: Grauſpießglanz.
kante gerade abſtumpft, eine markirte Querſtreifung parallel der Axe a
(Wolfsberg) deutet auf eine Gradendfläche c = c : ∞a : ∞b hin. In
Ungarn kommen ausgezeichnete Flächen am Ende vor, darunter herrſcht
das Oktaeder P = a : b : c mit 109° 16′ in der vordern Endkante, 108°
10′ in den ſeitlichen, und 110° 59′ in den Seitenkanten, folglich

[figure]

Darüber liegt ein ſtumpferes Oktaeder m
= a : b : ⅓c
zwar mit glänzenden, aber
gekrümmten Flächen. Das auf die ſcharfe
Säulenkante aufgeſetzte Paar a = c : 2b :
∞a
iſt nur klein, und die Kante P/a durch
e = a : ½b : ⅓c abgeſtumpft, ſo daß maeP
in einer Zone liegen. Intereſſant iſt die
Fläche o = a : c : ½b, in o/o die Kante
119° bildend. Bei Wolfsberg dehnen dieſe
ſich allein zu einem ſpitzen Oktaeder aus, wodurch jene ausgezeichnet
ſpießigen Kryſtalle entſtehen.


Bleigrau mit ſehr ſtarkem Metallglanz, der an den des Bleiglanzes
heranſtreift. Milde und gemeinbiegſam, daher die Säulen häufig krumm
(Wolfsberg), wie beim Gyps. Härte 2, Gew. 4,6. Gleicht dem Braun-
mangan pag. 531 äußerlich, ſchon Agricola 657 (Stibi … in Herciniis
Ilfeldae
) verwechſelt es damit. Allein vor dem


Löthrohr ſchmilzt es außerordentlich leicht, färbt die Flamme deut-
lich grünlich, und beſchlägt die Kohle mit ſchwerem weißem Antimonoxyd.
In offener Glasröhre gibt es anfangs antimonigte Säure (S̈b), ſpäter
kommt dazu noch Antimonoxyd S̶⃛b, während der Schwefel als ſchweflichte
Säure entweicht. Da die S̈b nicht flüchtig iſt, ſo läßt ſich das Sublimat
nur theilweis verflüchtigen, was bemerkenswerth iſt, da gediegen Antimon
in gleicher Weiſe behandelt nur flüchtiges Antimonoxyd (S̶⃛b) gibt.


Grauſpießglanz gehört gerade nicht zu den gewöhnlichen Erzen auf
Gängen. Einige Hauptgruben ſind: Wolfsberg auf dem Unterharz bei
Stollberg, Neue Hoffnung Gottes zu Bräunsdorf und Mobendorf bei
Freiberg, Wintropp bei Arensberg in Weſtphalen in ſehr mächtigen reinen
ſtrahligen Maſſen. Kremnitz und Schemnitz in Ungarn, zu Felſöbanya
in; Siebenbürgen mit gediegenem Gold. Allemont in der Dauphiné,
Cornwall in Gängen, welche die von Kupfer und Zinnſtein durchſetzen.


Kryſtalle und blättrige Maſſen beſonders in Ungarn und auf dem
Unterharz. Die Kryſtalle gehen zuletzt in die feinſten Nadeln über, die
ſich wegen ihrer Milde ähnlich wie Asbeſtnadeln verfilzen (Federerz). Doch
ſind viele derſelben bleihaltig, und gehören zur Gruppe der Bleiſpieß-
glanze. Zuletzt geht die Maſſe ins Feinkörnige bis Dichte über, wie zu
Magurka im Liptauer Komitat und Goldkronach auf dem Fichtelgebirge.
Doch iſt das meiſt nicht mehr rein.


Das Erz wird vom Geſtein ausgeſaigert, d. h. beim Erhitzen tröpfelt
es von der Gebirgsart ab, und kommt als Antimonium crudum mit kry-
ſtalliniſchem Gefüge in den Handel. Der Centner 6—7 fl. werth. Ar-
ſenik, Kalium, Eiſen verunreinigen es. Die Römer färbten ſich mit
Stibium die Augenbraunen ſchwarz, jetzt dient es hauptſächlich zu pharma-
[595]V. Cl. Geſchw. Metalle: Rothſpießglanz, Federerz.
ceutiſchen Präparaten. Wenn man Schwefelantimon ſchmilzt und plötzlich
erkalten läßt (Pogg. Ann. 31. 579), ſo geht es in den amorphen Zuſtand
mit röthlich braunem Strich über, von 4,28 Gew. Daſſelbe wird aber bei
langſamem Erkalten kryſtalliniſch.


Das auf naſſem Wege erzeugte ˈˈˈb iſt rothbraun, man ſieht es daher
als den amorphen Zuſtand an. Schmilzt man daſſelbe aber in einer At-
moſphäre von Kohlenſäure, ſo wird es ſchwarz wie das wahre Grau-
ſpießglanz. Schwefel mit Antimon zuſammengeſchmolzen gibt wahres
Grauſpießglanz (Pogg. Ann. 89. 122).


Rothſpießglanzˈˈˈb2S̶⃛b.


Natürlicher Mineralkermes, Antimonblende. Den ſächſiſchen Berg-
leuten von Bräunsdorf längſt bekannt, wo es mit Grau- und Weißſpieß-
glanz pag. 558 zuſammen vorkommt. Es ſind diamantglänzende kirſch-
rothe Nadeln, die nach einer Längsrichtung blättrigen Bruch zeigen. Nach
Mohs ſollen die Kryſtalle 2 + 1gliedrig ſein. Gypshärte, milde, 4,5
Gew. Schon Klaproth Beitr. III.178 wies darin Schwefel und Sauer-
ſtoff nach, und H. Roſe (Pogg. Ann. 3. 454) fand die Formel
ˈˈˈb2 + S̶⃛b mit 69,86 ˈˈˈb und 30,14 S̶⃛b.


Das Spießglanzglas (Vitrum Antimonii), was durch Zuſammen-
ſchmelzen von Antimonoxyd und Antimonſulfid entſteht, hat wenigſtens
eine ähnliche rothe Farbe. Der künſtliche Mineralkermes ſoll jedoch nur
ein Gemiſch von beiden ſein, H. Roſe Pogg. Ann. 47. 323.


Das nadelförmige Rothſpießglanz findet ſich beſonders ſchön auf der
Neuen Hoffnung Gottes zu Bräunsdorf bei Freiberg, in Ungarn zu Ma-
laczka, und zu Allemont in der Dauphiné.


Zundererz nannte Werner die verfilzte Faſer, welche allerdings
lappig und leicht wie Zunder iſt. Die Farbe hat einen Stich ins Roth,
und das erinnert an Rothſpießglanz, aber vor dem Löthrohr bekommt man
neben Antimonrauch einen deutlichen Bleibeſchlag, ſo die von Neudorf.
Die Oberhärzer von Andreasberg und Clausthal werden nach Hausmann
ſogar zu den Silbererzen gezählt. Die von den Bleiglanzgängen von
Clausthal ſind ſehr licht roth.


Bleiſpießglanzerze


kommen eine ganze Reihe vor. Sie beſtehen im Weſentlichen aus P̍b und
ˈˈˈb, aber in dem mannigfachſten Verhältniſſe. Durch ihr Vorkommen
ſchließen ſie ſich eng an Grauſpießglanz an, andererſeits an Bournonit,
Fahlerz und Bleiglanz.


FedererzP̍b2ˈˈˈb mit 49,9 Pb, 30,9 Sb, 19,2 S. Meiſt in haar-
förmigen Kryſtallen von ſchwärzlich bleigrauer Farbe. Aeußerlich gleichen
ſie dem Grauſpießglanz, auch ſchmelzen ſie eben ſo leicht, aber geben einen
Bleibeſchlag. Felſöbanya in Siebenbürgen, Wolfsberg auf dem Unterharz,
von dieſem zeigte H. Roſe (Pogg. Ann. 15. 471) zuerſt, daß es weſentlich
38*
[596]V. Cl. Geſchw. Metalle: Querſpießglanz, Plagionit.
Schwefelblei enthalte, während man es bis dahin für Grauſpießglanz
gehalten hatte, mit dem es zuſammen bricht. Neuerlich hat Rammelsberg
zu Wolfsberg auch dichtes unkryſtalliniſches gefunden von Kalkſpathhärte
und 5,68 Gew. (Pogg. Ann. 77. 240). Im Selkethale unterhalb dem
Mägdeſprung kam es auch in größern Kryſtallen vor, die Strahlen zeigten
einen blättrigen Querbruch. Rammelsberg möchte es daher lieber He-
teromorphit
nennen. Von der gleichen Formation iſt Damour’s


DufrenoyſitP̍b2ˈˈˈs Ann. Chim. Phys. 3 ser. 379 im Dolomit des
Binnenthales im Oberwallis mit Schwefelkies und Rauſchroth vorkommend.
Wurde bisher für Fahlerz gehalten, dem es in Farbe und kleinmuſcheligem
Bruch gleicht, wiewohl es mehrere undeutliche Blätterbrüche hat. Grana-
toeder mit Leucitoeder 2a : 2a : a werden angegeben. Gypshärte, milde,
der Strich fällt deutlich ins Roth. Gew. 5,55. Vor dem Löthrohr ſchmilzt
es außerordentlich leicht unter Arſenikdämpfen, und zuletzt reducirt ſich ein
Bleikorn mit gelbem Bleibeſchlag. P̍b2ˈˈˈs mit 55,4 Blei, 20,7 As, 22,5
Schwefel, 0,2 Silber, 0,3 Kupfer. Ein intereſſantes und durch ſein Vor-
kommen leicht erkennbares Mineral. Oefter in ſtrahligen Kryſtallen.


QuerſpießglanzP̍b3ˈˈˈb2 (Jameſonit Haidinger), 2gliedrige Säulen
a : b : ∞c mit 101° 20′, die ſcharfe Kante durch b : ∞a : ∞c gerade ab-
geſtumpft. Die Gradendfläche c : ∞a : ∞b ſehr deutlich blättrig, daher
der paſſende Weiß’ſche Name. Stahlgrau bis Bleigrau. Härte 2, Gew.
5,6. Metallglanz. Nach H. Roſe Pogg. Ann .8. 99 enthält es 40,7 Pb
22,1 S, 34,4 Sb, 2,3 Fe. Die Eiſenreaktion erkennt man an der zurück-
bleibenden Schlacke, da alles Uebrige ſich verflüchtigt. In Cornwallis in
großen Mengen, öfter von Bournonit begleitet. Nertſchinsk, Eſtremadura ꝛc.


ZinckenitP̍b S̶ˈˈˈb G. Roſe (Pogg. Ann. 7. 91) mit Federerz zu

[figure]

Wolfsberg auf dem Unterharz. In ſtrahligen
kryſtalliſirten Bündeln. Scheinbar dihexae-
driſch
. Stark geſtreifte reguläre ſechsſeitige
Säulen M von ungefähr 120° endigen mit
einem ſehr ſtumpfen Dihexaeder zweiter Ord-
nung von 165° 26′ in den Endkanten. Die
Dihexaederflächen ſind aber unterbrochen geſtreift. G. Roſe ſieht ſie da-
her für Drillinge des 2gliedrigen Syſtems an, wofür das Aus- und Ein-
ſpringen der Säulenwinkel allerdings zu ſprechen ſcheint. Kengott hält
ſie für 2 + 1gliedrig. Farbe Stahlgrau, entſchieden lichter als das mit-
vorkommende Federerz und Grauſpießglanz. Reichlich Kalkſpathhärte,
Gew. 5,3. Vor dem Löthrohr verflüchtigt es ſich vollſtändig mit Antimon-
und Bleirauch. Nach H. Roſe
P̍b S̶ˈˈˈb mit 31,8 Pb, 44,4 Sb, 22,6 S, 0,4 Cu.
Die gleiche Formation haben der Myargyrit A̍g S̶ˈˈˈb, Kupferantimonglanz
C̶̍u S̶ˈˈˈb und Berthierit F̍e S̶ˈˈˈb.


PlagionitP̍b4ˈˈˈb3 G. Roſe Pogg. Ann. 28. 421, Zinken’s Roſenit,
ebenfalls von Wolfsberg. Von πλάγιος ſchief, weil es ſehr ſchiefflächige
[597]V. Cl. Geſchw. Metalle: Boulangerit, Berthierit.
2 + 1gliedrige Kryſtalle hat. Geht man
von den ſchiefen Axen der oo o'o' aus, ſo iſt
o = a : b : c vorn, und o' = a' : b : c
hinten, dann ſtumpft c = c : ∞a : ∞b
die Endecke, a = a : ∞a : ∞c die vordere
Seitenecke ab; r = a : b : 2c, die
Winkel r/r = 120° 49′, o/o = 142° 3′,
o'/o' = 134° 30′, c/a vorn = 107° 32′.

[figure]

a : b : c = 1 : 0,88 : 0,37.
Nur Fläche c iſt ſtark glänzend, und r/r etwas blättrig, aber wie die an-
dern Flächen rauh geſtreift. Stahlgrau, kaum lichter als Zinckenit, daher
in derben Stücken davon nicht zu unterſcheiden. Kalkſpathhärte, Gew. 5,4.
Vor dem Löthrohr verflüchtigt er ſich ebenfalls vollſtändig. Nach H. Roſe
40,5 Pb, 37,9 Sb, 21,5 S, was zur Formel P̍b4ˈˈˈb3 führt.


Grauſpießglanz, Federerz, Zinckenit und Plagionit kommen zu Wolfs-
berg zuſammen mit Bournonit vor. Letzterer verflüchtigt ſich nicht voll-
ſtändig, woran man ihn leicht unterſcheidet.


BoulangeritP̍b3ˈˈˈb von Molières Dep. Gard (Pogg. Ann. 36. 484).
Die derben Maſſen von ſchwärzlich bleigrauer Farbe neigen ſich zum ſei-
denartigen Metallglanz. Kalkſpathhärte, Gew. 6. Die reinen Maſſen
verflüchtigen ſich vollſtändig. Es kommt in bedeutenden Mengen vor
35 ˈˈˈb, 62,1 P̍b, 1,9 Schwefeleiſen, 1,1 Schwefelkupfer. Zincken fand
ihn auch bei Wolfsberg in ſchwarzgrauen faſrigen Maſſen, Thaulow zu
Naſafjeld in Lappland auch in bleigrauen faſerigen Maſſen, Pogg. Ann.
41. 216. Derſelbe ſchlug den Namen Boulangerit vor. Verworren faſerig
wie Graubraunſtein zu Nertſchinsk (Pogg. Ann. 46. 281). Die chemiſche
Formation ſtimmt mit Rothgülden A̍g3ˈˈˈb.


Geokronit (γη Erde, χρονος Saturn, Pogg. Ann. 51. 535) P̍b5 (ˈˈˈb, ˈˈˈs)
von Sala, auf den dortigen Silbergruben, wie Fahlerz ausſehend, Gew.
5,88. Kilbrickenit von Kilbricken in England P̍b6ˈˈˈb. Der


Steinmannitpag. 584 von Przibram in krummflächigen regulären
Oktaedern iſt dagegen nur ein von Antimonſulphür verunreinigter Blei-
glanz.


EiſenſpießglanzerzeF̍exˈˈˈby


kommen viel ſeltener vor. Man faßt ſie bis jetzt unter Haidinger’s Namen


Berthiexit (Pogg. Ann. 11. 478) zuſammen. Die erſten Anzeichen
fanden ſich auf einem Gange von Chazelles in der Auvergne, verworren
blättrig wurden ſie für Spießglanz gehalten, der in jenen Gegenden viel
gewonnen wird, allein der matte Regulus wollte keinen Abſatz finden,
woran das Schwefeleiſen die Schuld trug. Das Erz iſt dem Grauſpieß-
glanz ſehr ähnlich, hat aber nach Berthier die Formel F̍e3ˈˈˈb2. Später
wies Berthier auf der Grube Marturet bei Chazelle eine zweite Verbindung
[598]V. Cl. Geſchw. Metalle: Wismuthglanz.
F̍e3ˈˈˈb4 nach, dieſelbe war homogen und weniger lebhaft glänzend als
Grauſpießglanz. Die dritte ſtammt von Anglar (Dep. la Creuſe), kommt
auf einem Schwefelkiesgange vor, der nach innen reines Grauſpießglanz
hat, und zwiſchen dieſem und dem Schwefelkies lagert unſer Mineral
F̍e S̶ˈˈˈb von der Formation des Zinckenits (Pogg. Ann. 29. 458). Später
wieſen es Breithaupt und Rammelsberg (Pogg. Ann. 40. 153) auch auf der
Grube Neue Hoffnung Gottes zu Bräunsdorf bei Freiberg und Pettko
zu Arang-Idka in Oberungarn nach, ſo daß man ſich jetzt gewöhnt
hat, den


Berthierit von BräunsdorfF̍e S̶ˈˈˈb mit 58,5 Sb, 12,3 Fe,
29,2 S nebſt einem kleinen Mangan- und Zinkgehalt, die das Eiſen er-
ſetzen, als die normale Species anzuſehen. Es ſind ſchmalſtrahlige bis
faſerige Maſſen von dunkel ſtahlgrauer Farbe, wie beim Grauſpießglanz
ſcheint ein blättriger Längsbruch zu herrſchen. Läuft gern etwas gelblich
an. Härte 2—3, Gew. 4. Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſehr leicht
unter Antimonrauch und hinterläßt eine magnetiſche Schlacke.


Hier würden ſich dann weiter Kupferſpießglanzerze, Silberſpießglanz-
erze anſchließen laſſen.


2. Wismuthglanzˈˈˈi.


Zwar viel unwichtiger, als Grauſpießglanz, bildet aber dennoch eine
Reihe ähnlicher Verbindungen. Für Wismuthgewinnung ſpielt er keine
Rolle. Das Vismutum sulphure mineralisatum von Baſtnäs bei der Ritter-
hütte kennt ſchon Cronſtedt §. 222. Wallerius nannte es Galena Wis-
muthi,
aber erſt Werner gab ihm den paſſenden Namen, doch wurde an-
fangs viel darunter verwechſelt. Bismuth sulfuré, Sulphuret of Wismuth.


2gliedrig und iſomorph mit ˈˈˈb (Phillips Pogg. Ann. 11. 476). In
Cornwall kommen kleine meßbare Kryſtalle in ſtark geſtreiften geſchobenen
Säulen von 91° vor, deren ſcharfe Kante durch einen deutlichen blättrigen
Bruch gerade abgeſtumpft wird, alſo wie beim Grauſpießglanz pag. 594.
Durch Zuſammenſchmelzen von Schwefel und Wismuth kann es leicht
künſtlich erhalten werden, Phillips maß auch ſolche künſtliche Kryſtalle,
aber kaum von der Dicke eines Menſchenhaares, es waren 8ſeitige Säulen,
die mit den natürlichen in ihren Winkeln übereinſtimmten.


Sehr licht bleigrau, aber leicht etwas gelblich anlaufend. Metall-
glanz. Härte 2, milde, Gew. 6,5.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt er ſehr leicht, die Kugel kocht und ſpritzt
und gibt einen gelben Beſchlag von Wismuthoxyd. Die übrigbleibende
Schlacke reagirt gewöhnlich auf Eiſen und Kupfer. Das von der Baſtnäs-
grube mit Cerit vorkommende hat nach H. Roſe (Gilbert’s Ann. 72. 191)
81 Bi, 18,7 S, was ziemlich gut mit ˈˈˈi ſtimmt. In der Reinerzau (würt-
tembergiſcher Schwarzwald) kam er früher in groben kryſtalliniſchen Strahlen
eingeſprengt im grünen Flußſpath vor. Zu Biber in Heſſen finden ſich
glänzende Nadeln haufenweis in kleinen Druſenräumen des Zechſteins.
Uebrigens muß man ſehr vorſichtig ſein, das Mineral nicht mit Kupfer-
[599]V. Cl. Geſchw. Metalle: Rauſchgelb.
wismuth zu verwechſeln. So hielt man bisher die ſchmalen Strahlen im
Hornſtein des Erzgebirges für einfaches Schwefelwismuth, bis Schneider
(Pogg. Ann. 90. 171) bewieſen hat, daß es 18,7 Kupfer enthalte, alſo
C̶̍u S̶ˈˈˈb ſei. Als Schwefelwismuthhaltig erinnere ich an das Nadelerz
C̶̍u3ˈˈˈi + 2 P̍b3ˈˈˈi aus den Goldgängen von Bereſow. An das undeut-
liche Wismuthſilber und das ſeltene Kupferwismuth vom Schwarzwalde.
Nickelwismuthglanz pag. 581. Siehe gediegen Wismuth pag. 501.


3. Rauſchgelb.


„Von denen Krämern und Mahlern Rauſchgeel genennet.“ Risigal-
lum Wallerius
Mineralog. Species 222. Stammt aus der italieniſchen
Benennung rosso gelo (rothes Glas), weil man vorzugsweiſe das rothe
einfache Schwefelarſenik ArS darunter verſtand. Es iſt ſchon im hohen
Alterthum gekannt. Das mineralogiſch intereſſantere iſt das


Gelbe Rauſchgelbˈˈˈs, ſchlechthin Rauſchgelb, Auripigmentum Plin. 33.
22 quod in Syria foditur pictoribus in summa tellura, auri colore, sed
fragili, lapidum specularium
(Gyps) modo. Daraus verſtümmelt Oper-
ment. Arsenik sulfuré jaune.


Zweigliedrig, von Mohs zuerſt richtig erkannt. Kleine zum
Linſenförmigen ſich neigende Kryſtalle kommen in einem dunkeln Thon,
der Stücke von grauem Dolomitſande einwickelt, von Tajowa in Neuſohl
in Niederungarn häufig vor. Man darf den Thon nur in
das Waſſer legen, ſo fallen knollige Druſen heraus, die
Streifung und der geringe Glanz der Fläche laſſen jedoch
nur eine annähernde Beſtimmung zu. Gewöhnlich herrſcht
eine ſtark längsgeſtreifte Säule s = a : b : ∞c, die nach
dem Augenmaß von einem rechten Winkel nicht ſtark ab-

[figure]

weicht. Am freien Ende iſt das Oktaeder P = a : b : c gerade aufgeſetzt,
deſſen vordere Endkante durch o = a : c : ∞b (83° 37′) ſtark, häufig
bis zum Verſchwinden von P, abgeſtumpft wird. Dieſes zugehörige Paar
iſt ebenfalls parallel der Kante a : c ſtark geſtreift, und da ſich auch zwi-
ſchen P/o noch Abſtumpfungsflächen einſtellen, ſo erzeugt ſich ein Anfang
von linſenförmiger Krümmung. In der Säulenzone gibt Mohs noch die
Flächen u = a : 2b : ∞c an, mit 117° 49′ in der vordern Säulenkante,
daraus würde s/s 79° 20′ im vordern Säulenkantenwinkel folgen, was nicht
ſehr vom Grauſpießglanzwinkel abweicht. Aber Mohs geſteht ſelbſt zu,
daß es nur rohe Näherungswerthe ſeien. Am wichtigſten iſt der ausge-
zeichnete Blätterbruch b = b : ∞a : ∞c, ſo deutlich als beim Gyps, und
in den kleinen Kryſtallen einen ſtarken innern Lichtſchein erzeugend. Er
iſt quer geſtreift (parallel der Axe a) wie beim Grauſpießglanz. Beſon-
ders ſchön kann man dieſen Blätterbruch bei den derben Stücken, die aus
Perſien ſtammen ſollen (Kurdeſtan, Ritter Erdkunde XI.634), darſtellen.


Ausgezeichnet citronengelb, mit Perlmutterglanz, hochgelbem Strich,
daher zu Malerfarbe tauglich. Blättchen und ſelbſt dickere Platten ſcheinen
ſtark durch, aber wirken nicht ſonderlich auf das Dichroſkop. Härte 1—2,
milde und gemein biegſam, Gew. 3,5.


[600]V. Cl. Geſchw. Metalle: Rauſchroth.

Vor dem Löthrohr entzündet er ſich leicht, und brennt mit weißlicher
Flamme unter Entwickelung von ſchwefliger und arſeniger Säure fort.
Die ältern Chemiker hielten ihn für das ſchwefelärmere, bis Klaproth
(Beiträge V.234) das Gegentheil bewies. Derſelbe fand 62 As und 38 S,
was ungefähr der Formel ˈˈˈs entſpricht, welche 61 As und 39 S fordert.
Es iſt ſeltener als das


Rothe RauſchgelbA̍s, Rauſchroth, Realgar, σανδαρακη ſchon von
Ariſtoteles erwähnt, Plin. 35. 22, Rubinſchwefel, weil er faſt ſo leicht als
Schwefel brennt.


Zwei- und eingliedrig, Schöne Kryſtalle brechen auf den Erz-

[figure]

gängen von Nagyag, Kapnik und Felſöbanya. Sie
ſind öfter ſehr complicirt, aber ſchon von Hauy
richtig erkannt, obgleich gute Exemplare nicht zu den
gewöhnlichen Erfunden gehören. Die Säule M =
a : b : ∞c
macht vorn 74° 26′, ſie iſt nur verſteckt
blättrig. Die matte Schiefendfläche P = a : c : ∞b
vorn in P/M = 104° 12′, iſt folglich 66° 5′ gegen
Axe c geneigt. Die hintere Gegenfläche x = a' :
c : ∞b
, hinten in x/M = 99° 52′, iſt folglich
73° 33′ gegen c geneigt. Daraus folgt vorn der
Axenwinkel a/c = 94° 14′ und
a : b : k = 2,7066 : 2,0557 : 0,2003 =
lga = 0,4324246, lgb = 0,3129523, lgk = 9,3017757.

In der Säulenzone iſt die ſcharfe Säulenkante ſtets durch l = a : 2b : ∞c
zugeſchärft; o = a : ∞b : ∞c und r = b : ∞a : ∞c gewöhnlich nur
untergeordnet die Säulenkanten abſtumpfend. Bei complicirten Kryſtallen
entwickeln ſich vor allem die Diagonalzonen von P und x ſtark: vorn
n = a : b : c und hinten n' = a' : b : c : unter n folgt q = a : ½b : c
und q' = a' : ½b : c. Schon Phillips gibt noch ein drittes Paar p =
a : ⅓b : c
und p' = a' : ⅓b : c an. Vorn in Kante P/l und n/n' liegt
i = b : c : ⅓a, oft ſehr ausgedehnt. Hinten nicht ſelten eine dreifach
ſchärfere y = a' : 3c : ∞b, in deren Diagonalzone i' = b : c : ⅓a', das
Gegenſtück von i, fällt, ſo daß zwiſchen Hinten und Vorn eine auffallende
Symmetrie herrſchen würde, wenn alle Flächen da ſind.


Morgenrothe Farbe, ein wenig ins Gelbe gehend, pommeranzen-
gelber Strich. Diamantglanz mit großer Durchſcheinenheit. Ausgezeich-
neter kleinmuſcheliger Bruch, da die Blätterbrüche verſteckt liegen. Gyps-
härte, Gew. 3,5.


Vor dem Löthrohr entzündet er ſich noch leichter als das gelbe Rauſch-
gelb und brennt mit weißlicher Flamme fort. Einfaches Schwefelarſen
A̍s mit 70 As und 30 S.
Man ſchreibt es auch wohl A̶̎s. Die Kryſtalle zerfallen im Sonnenlicht
nach längerer Zeit zu Pulver, man muß ſie daher im Finſtern aufbe-
wahren.


Schmilzt man Arſenik mit Schwefel zuſammen, ſo bekommt man eine
[601]V. Cl. Geſchw. Metalle: Rauſchroth.
glaſige Maſſe, die dem derben Realgar zwar ähnlich ſiebt, aber ein ge-
ringeres Gewicht (3,3 bis 3,2) und reichlich Kalkſpathhärte hat. An der
Härte allein kann man das künſtliche ſchon leicht unterſcheiden (Haus-
mann Pogg. Ann. 79. 315). Da es zum Entfärben des Glaſes dient
und mit Salpeter und Schwefel gemiſcht zu dem blendenden indianiſchen
Weißfeuer benützt wird, ſo kommt es in Handel. Das natürliche unter-
ſcheidet ſich namentlich auch dadurch, daß es geſchmolzen ſehr leicht wieder
kryſtalliſirt. Das gelbe Rauſchgelb ˈˈˈs geht dagegen in einen völlig
amorphen Zuſtand über, und gleicht inſofern der arſenigen Säure A̶⃛s
pag.
559.


Beide, gelbes und rothes Rauſchgelb, kommen in der Natur wohl
zuſammen vor, wie z. B. im Thon von Tojawa in Ungarn. Das rothe
findet man jedoch gewöhnlicher auf Erzgängen vereinzelt in Geſellſchaft
von Grauſpießglanz: Nagyag, Kapnik, Felſöbanya, Joachimsthal ꝛc. Auch
zu Wittichen und Markirchen kam es früher vor, zu Wolfsberg auf dem
Unterharze in Grauſpießglanz eingeſprengt. Auffallend ſind die ſchön
rothen Körner im ſchneeweißen Dolomit im Binnenthal (Wallis), wo
auch das gelbe ſelten; im Gyps von Hall in Tyrol. Endlich iſt es
auch ein Produkt der Vulkane, z. B. des Veſuv und Aetna. Die feinen
Spalten der Fumarolen in der Solfatara der phlegräiſchen Felder ſind
mit Realgarkryſtallen ausgekleidet, darauf finden ſich kleine, durchſichtige,
gelbe, ſehr zerbrechliche Kryſtalle, die Scacchi


Dimorphin nennt (Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 55. 54), ihr
Strich iſt oraniengelb, aber es fehlt der blättrige Bruch des gelben Rauſch-
gelbs, Gew. 3,58. Es ſind zweigliedrige Formen: Oktaeder m = a : b : c
111° 10′ in den vordern und 119° 14′ in den
ſeitlichen Endkanten; o = a : b : ∞c hat 83°
40′ in der vordern Säulenkante; e = a : c : ∞b,
u = a : 2b : ∞c, c = c : ∞a : ∞b, a =
a : ∞b : ∞c, b = b : ∞a : ∞c.
Daraus folgt
das Axenverhältniß a : b = 1,287 : 1,153. Da-
mit kommt noch eine ganz ähnliche Form vor,
aber mit den Axen a : b = 1,658 : 1,508, die

[figure]

reſpektive \frac{9}{7}mal größer ſind bei gleicher Axe c. Das wäre ganz etwas
Aehnliches als beim Humit pag. 220, doch bedarf das Ganze wohl noch
ſehr der Beſtätigung. Jedenfalls iſt es eine ſehr ungewöhnliche Sache.
Es ſoll ˈˈˈs ſein, aber auch das iſt noch nicht ſicher, die zweigliedrige Form
würde eher für einfach Schwefelarſenik ſprechen.


Golderze.


Spielen nur eine ſehr untergeordnete Rolle pag. 470. Sie finden
ſich auf Gängen mit gediegenem Golde auf dem Ungariſch-Siebenbürgi-
ſchen Erzgebirge, wo ſie ſchon längſt auf Gold verwerthet, aber doch erſt
durch Klaproth Beitr. III.1 chemiſch näher bekannt geworden ſind. Petz
in Peſth (Pogg. Ann. 57. 467) hat die Analyſen wiederholt.


[602]V. Cl. Geſchw. Metalle: Blättererz. Schrifterz.

Blättererz.


Klaproth Beitr. III.26 von Nagyag in Siebenbürgen, daher auch
von Werner ſchlechthin Nagyager-Erz genannt. Die Bergleute nennen
es blättriges Graugolderz, Hausmann’s Blättertellur, Tellure natif auro-
plumbifère, Black Tellurium.


4gliedrig, aber meßbare Kryſtalle ſelten. Es herrſcht ſtets der

[figure]

ausgezeichnete Blätterbruch P = c : ∞a : ∞a. Phil-
lips bildet beiſtehenden Kryſtall ab, worin die Seiten-
kanten des Oktaeder o = a : a : c 140°, folglich die
Endkanten 96° 43′ machen. Dazu kommt noch das
nächſte ſtumpfere Oktaeder d = a : c : ∞a. Dieſelbe
Combination hat auch Haidinger (Handbuch beſt. Miner. pag. 566) und
Naumann aber mit Winkeln von 122° 44′ in den Seiten- und 103° 17′
in den Endkanten, was einem Oktaeder d : a : ⅔c entſprechen würde.
Es wäre aber auffallend, daß die beiden gleichen Combinationen mit den
Winkeln von Phillips und Haidinger neben einander ſtänden.


Farbe ſchwärzlich bleigrau, Metallglanz, aber nicht ſonderlich ſtark
glänzend. Gemein biegſam, milde und ſchreibend, daher an Molybdän
pag. 582 erinnernd, aber nicht ſo krummblättrig. Härte 1—2, Gew. 7,2.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es ſehr leicht, gibt einen ausgezeichneten
gelben Bleibeſchlag, und hinterläßt ſogleich ein kleines Goldkügelchen,
welches man mit dem Meſſer auf dem Ambos ausplatten und leicht er-
kennen kann. Klaproth fand 54 Pb, 32,3 Te, 9 Au, 0,5 Ag, 1,3 Cu,
3 S.
Berthier (Pogg. Ann. 28. 401) wies darin noch 4,5 Antimon nach.
Nach Petz variirt der Goldgehalt zwiſchen 6,5—8,5 p. C., was im beige-
miſchten Gelberz ſeinen Grund haben ſoll. Berzelius ſchlug die nicht
ſonderlich wahrſcheinliche Formel
P̍b9ˈˈˈb + P̍b9 A̶u Te6 vor.
Blätter, zuweilen von quadratiſchem oder 8ſeitigem Umriß, kommen zu
Nagyag in Manganſpath eingeſprengt oder in deſſen Druſenräumen in
freiſtehenden Blättchen vor. Seltener zu Offenbanya mit Grauſpießglanz.
Unter den Golderzen bei weitem das häufigſte.


Gelberz Klaproth Beitr. III.20, Weißſylvanerz oder Weißtellurerz,
begreift das mit Blättererz zu Nagyag vorkommende Golderz von ſilber-
weißer Farbe, aber gern gelb anlaufend. Es zeigt öfter einen deutlich
blättrigen Bruch, wiegt in den reinſten Stücken 8,33. Klaproth fand
44,75 Te, 26,75 Au, 19,5 Pb, 8,5 Ag. Petz (Pogg. Ann. 57. 475) be-
ſtätigt wenigſtens den größern Goldreichthum, macht aber auf die Schwie-
rigkeit des ſichern Erkennens aufmerkſam, und glaubt, daß die reinſten
Abänderungen geradezu Schrifterz ſeien. Cottonerz. Phillips beſchreibt
2gliedrige Kryſtalle von 105° 30′ in der Säule.


Schrifterz.


Das längſt bekannte aurum graphicum auf verwittertem Porphyr der
Franciscus-Grube zu Offenbanya. Schrifttellur, Sylvanit.


2gliedrig. Gute Kryſtalle ſind zwar ſehr ſelten, doch beſchreibt Brooke
[603]V. Cl. Geſchw. Metalle: Glaserz.
Mineral. 135 beiſtehendes ausgezeichnetes Individuum.
Eine geſchobene Säule M = a : b : ∞c 110° 48′,
ihre ſcharfe Kante wird durch den deutlichen Blätter-
bruch b = b : ∞a : ∞c gerade abgeſtumpft; c =
c : ∞a : ∞b, a = a : ∞b : ∞c
; zwei Oktaeder
über einander r = a : b : c und s = a : b : ½c;
drei Paare d = a : c : ∞b (mit 96° 56′ in c), e =

[figure]

b : c : ∞a, f = b : 2c : ∞a, i = a : ⅓b : ½c und n = 2a : b : ∞c.
Phillips gibt wieder andere Winkel an, weil die Kleinheit der Kryſtalle
keine ſcharfe Beſtimmung zuläßt. Gewöhnlich finden ſich ſtrahlige Kry-
ſtalle mit einem deutlichen Blätterbruch, welche ſich hin und wieder unge-
fähr unter 120° ſchneiden. Häufig ſpiegeln die blättrigen Brüche der
verſchiedenen Strahlen ein, man hat ſeine Ablagerung ſonderbarer Weiſe
mit Schriftzügen verglichen.


Silberweiß ins Stahlgraue, beſonders auf dem blättrigen Bruch.
Sonſt die Kryſtalle mit einem ſchwarzen Mulm bedeckt. Härte 2, etwas
milde, Gew. 8,3.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es ſo leicht als Blättererz, gibt aber keinen
gelben Bleibeſchlag, als Rückſtand bleibt ein bedeutendes Korn von Silber-
gold. Klaproth fand 60 Tellur, 30 Au, 10 Ag. Petz in den reinſten
59,97 Te, 26,97 Au, 11,47 Ag, 0,76 Cu, 0,25 Pb, 0,58 Sb. Petz ſtellt
die Formel Ag Te + 2 Au Te3 auf, welche ſich vielleicht in (Au, Ag) Te2
vereinfachen läßt, da Silber und Gold iſomorph zu ſein pflegen. Es
würde dann mit Tellurſilbergold (Au, Ag) Te pag. 507 von Nagyag in
einfachſter Beziehung ſtehen. Wie überhaupt die Tellurerze an die Gold-
erze ſich auf das engſte chemiſch anſchließen.


Silbererze.


Sie ſind für den Bergbau nebſt dem gediegenen Silber pag. 475
und Hornerz pag. 422 die wichtigſten, und daher ſeit langer Zeit wohl
gekannt. Der Bergmann gab ihnen längſt den Beinamen Gülden oder
Giltigerz, „rodt guldenertz“ bei Agricola 703, alſo Erze, die einen großen
Werth haben. Vor dem Löthrohr ſind ſie in der Regel durch ein Silber-
korn erkennbar, was man auf Kohle aus ihnen reducirt. Sie brechen
meiſt in Geſellſchaft gediegenen Silbers. Andreasberg auf dem Harz,
der Himmelsfürſt bei Freiberg, die alten Schwarzwälder Gruben im Kinzig-
thale ꝛc. ſind berühmte Fundorte.


1. GlaserzA̍g.


Argentum rude plumbei coloris Glas ertz Agricola 692 und 703:
cultro diffinditur perinde ac plumbum, atque dentibus compressum dila-
tatur.
Der Name läßt ſich nicht gut erklären, daher wollte ihn ſchon
Henkel in den noch unpaſſenderen Glanzerz umgeändert wiſſen, und
Klaproth Beitr. I.158 nannte es Silberglanzerz. Weichgewächs der
Ungariſchen Bergleute. Mine d’argent vitreuse R. de l’Isle Cristall. III.
440. Argent sulfuré, Sulphuret of Silver.


[604]V. Cl. Geſchw. Metalle: Glaserz.

Reguläres Kryſtallſyſtem, doch zeigt es wie das Silber keine
vorherrſchende Neigung zum Kryſtalliſiren, Würfel, Oktaeder und Grana-
toeder herrſchen vor, aber auch das Leucitoeder a : a : ½a trifft man an.
Die Kryſtalle gefloſſen und gebogen, auch hebt ſich der blättrige Bruch,
der nach Angaben dem Würfel und Granatoeder folgen ſoll, nicht hervor.
Es wächst wie das gediegene Silber in Drähten, Zähnen, Blechen,
Platten, ſeltener dendritiſch. Auch mögen dieſe nachahmenden Geſtalten
öfter Afterbildungen von gediegenem Silber ſein.


Farbe ſchwärzlich bleigrau, oft durch Silberſchwärze noch ſchwarz an-
laufend. Geſchmeidig wie Blei, hat daher einen glänzenden Strich, und
läßt ſich ſchneiden, hämmern und prägen. König Auguſt von Polen ließ
daher aus dem ſächſiſchen Glaserz Denkmünzen mit ſeinem Bildniſſe prägen.
Härte 2—3, ſchneidet ſich daher etwas ſchwerer als Blei, Gew. 7,2.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es leicht und reducirt ſich nach einiger
Zeit zu einem Silberkorn, namentlich auf Zuſatz von Soda. Schon
Klaproth gab darin 85 Silber und 15 Schwefel an, die Formel Ag S
würde 87 Silber und 13 Schwefel verlangen.


Der Schwefel hat zum Silber eine große Verwandtſchaft, einfach
durch Zuſammenſchmelzen des Schwefels mit Silber kann man ein Sul-
furet bereiten, was ganz die Beſchaffenheit des Glaserzes hat, auch aus
Silberoxydſalzen gibt Schwefelwaſſerſtoff einen ſchwarzen Niederſchlag von
Silberſulfuret. Daraus iſt dann auch leicht das Vorkommen des gedie-
genen Silbers mit Glaserz erklärlich pag. 476.


Auf Gängen und beſonders Gangkreuzen. Freiberg, Himmelsfürſt,
Alte Hoffnung Gottes, Neuer Morgenſtern. Auf letzterer Grube die
ſchönſten Kryſtalle und geſtrickten Formen. Schneeberg, Joachimsthal.
In Ungarn in ausgezeichneten derben Maſſen mit einer dünnen Kupfer-
kiesſchicht überzogen und Eindrücken von Bergkryſtall auf dem Stephans-
ſchacht bei Schemnitz, zu Kremnitz mit gediegenem Gold. Auf der Grube
Wenzel auf dem Schwarzwalde in Blechen und Platten zwiſchen Schwer-
ſpath. Mexiko und Peru ꝛc. ꝛc.


Silberſchwärze heißt die erdige, zerreibliche, häufig ſchon durch
Antimon und Arſenik (Sprödglaserz) verunreinigte Maſſe, ſie bepudert
die Druſenräume oder ſchwärzt auch lichte Geſteine. Im 2gliedrigen
Silberkupferglanz von Schlangenberg ſcheint Ag S das Cu2 S zu vertreten,
darnach würde das einfache Schwefelſilber dimorph ſein. Was aber bei
der Sache auffällt, iſt, daß 2 Atom Kupfer mit einem Atom Silber iſo-
morph und iſodimorph ſein ſollen. Nun könnte man zwar das Atom-
gewicht des Kupfers verdoppeln (alſo ſtatt 32 die Zahl 64 ſetzen pag. 130,
oder was auf daſſelbe hinauskommt, die Zahl des Silbers halbiren (54
ſtatt 108 ſchreiben): im erſten Falle erhielte man Cu S = Ag S, im zweiten
C̶u S = A̶g S. Allein das erlauben die Sauerſtoffverbindungen nicht:
denn Silberoxyd Ȧg iſt mit Natron Ṅa iſomorph, wie die ſchönen zwei-
gliedrigen luftbeſtändigen Kryſtalle von unterſchwefelſaurem Silberoxyd
und unterſchwefelſaurem Natron (Pogg. Ann. 7. 191) beweiſen pag. 461.
Ṅa iſt aber bei den Zeolithen mit Ċa und dieſe bei dem Uranglimmer
pag. 412 und andere mit Ċu iſomorph, ſo daß alſo nach den bis heute
angenommenen Atomzahlen Ċ̶u mit Ȧg iſomorph iſt.


[605]V. Cl. Geſchw. Metalle: Sprödglaserz, Polybaſit.

G. Roſe (Kryſt. chem. Mineral. pag. 21) ſetzt mit dem Glaserz noch
Bleiglanz pag. 583, Selenblei pag. 586, Manganblende pag. 574, Tellur-
ſilber und Tellurblei pag. 507 iſomorph, da ſie alle gleiche atomiſtiſche
Zuſammenſetzung bei regulärer Kryſtallform haben. Der Bleiglanz und
ſeine Verwandten entfernen ſich freilich durch ihren deutlich blättrigen
Bruch, auch das


SelenſilberAg Se (Pogg. Ann. 14. 471), welches bei Tilkerode
kleine ſchmale Gänge im Selenblei bildet, iſt nach drei auf einander fol-
genden rechtwinkligen Richtungen vollkommen ſpaltbar. Eiſenſchwarz,
Härte 2—3, Gew. 8. Weniger geſchmeidig als Glaserz. Die unvoll-
ſtändige Analyſe gab 65,5 Ag, 4,9 Pb, 24 Se.


2. SprödglaserzA̍g6ˈˈˈb.


Die Bezeichnung ſächſiſcher Bergleute (Röſchgewächs). Denn es iſt
zwar ſehr milde, aber viel weniger geſchmeidig als Glaserz, dem es äußer-
lich ſehr gleicht und womit es gewöhnlich zuſammen vorkommt. Argen-
tum rude nigrum
Gedigen ſchwarz ertz Agricola 703, daher Argent noire
Romé de l’Isle Crist. III.
467, Schwarzgülden (Melanglanz). Schon die
alten Mineralogen ſahen es richtig als ein Mittelding zwiſchen Glaserz
und Rothgülden an, was auch die Analyſe von Klaproth Beiträge I.162
beſtätigte, der es ſprödes Silberglanzerz nennt.


2gliedrige Kryſtalle. Säule M = a : b : ∞c 115° 39′, deren ſcharfe
Kante h = b : ∞a : ∞c gerade abſtumpft. Durch Vor-
herrſchen der Gradendfläche c = c : ∞a : ∞b werden
die Kryſtalle tafelartig, und dem Kupferglas ähnlich.
Das Oktaeder o = a : b : c in der vordern Endkante
130° 16′ mit dem Paare i = b : 2c : ∞a (72° 12′ in c)

[figure]

gleichen einem Dihexaeder; f = 2a : 2b : c. Zwillinge haben die Säule
M gemein und liegen umgekehrt. Kein deutlich blättriger Bruch.


Farbe und Strich eiſenſchwarz, opak, Metallglanz nicht ſonderlich
ſtark. Härte 2—3, milde und gibt noch kein rechtes Pulver, Gew. 6,27.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es leicht, gibt nur ſchwachen Antimon-
rauch, und bald ein weißes Silberkorn. H. Roſe (Pogg. Ann. 15. 474)
fand 68,5 Ag, 0,6 Cu, 14,7 Sb, 16,4 S, was der Formel
6 Ag S + Sb2 S3
entſpricht. Daſſelbe ſtammte von Schemnitz, wo es als Röſchgewächs nebſt
Glaserz (Weichgewächs) das hauptſächlichſte Silbererz bildet. Freiberg,
Joachimsthal, Przibram ꝛc. Wenn es nicht deutlich kryſtalliſirt iſt, ſo
kann es leicht verkannt werden, weil es ſich oft innig mit Glaserz und
Rothgülden verbindet.


Polybaſit Roſe Pogg. Ann. 15. 573 (Eugenglanz Brth.), wegen ſeiner
Aehnlichkeit mit Sprödglaserz von jeher damit verwechſelt. Allein G.
Roſe zeigte, daß die ſechsſeitigen Tafeln von Guanaxuato und Durango
in Mexiko dem 3 + 1axigen Syſteme angehören, denn die Seitenflächen
ſchneiden ſich unter 120°. Wie beim Eiſenglanz iſt die verſteckt blättrige
Gradendfläche ſtark geſtreift parallel der Kanten eines gleichſeitigen Drei-
ecks, was auf ein Rhomboeder deutet, das nach Breithaupt 84° 48′ in
[606]V. Cl. Geſchw. Metalle: Rothgiltigerz.
den Endkanten hat. Kommt das Gegenrhomboeder hinzu, ſo entſteht ein
Dihexaeder mit 129° 32′ in den Endkanten.


Farbe und Strich eiſenſchwarz, milde. Im reflektirten Sonnenlicht
ſcheinen die Blätter der Gradendfläche mit der Farbe des Rothgülden
durch. Milde. Härte 2—3, Gew. 6,2.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es außerordentlich leicht, leichter als
Sprödglaserz, und gibt zuletzt ein kupferhaltiges Silberkorn. Im Weſent-
lichen iſt es
9 Ag S + Sb2 S3,
allein ein Theil des Silbers wird durch Kupfer und ein Theil des Anti-
mons durch Arſenik erſetzt, ſo daß die allgemeine Formel lautet:
(A̍g, C̶̍u)9 (S̶ˈˈˈb, A̶ˈˈˈs)
Der Polybaſit von Schemnitz (Pogg. Ann. 28. 158) hatte 72,4 Ag, 3 Cu,
6,2 As, 0,25 Sb
; von Freiberg 70 Ag, 4,1 Cu, 8,4 Sb, 1,2 As; von
Mexiko 64,3 Ag, 9,9 Cu, 5,1 Sb, 3,7 As. Zink und Eiſen verunreinigen es.


3. RothgiltigerzA̍g3 (S̶ˈˈˈb, A̶ˈˈˈs).


Rothgülden. Argentum rude rubrum rodt gulden ertz Agricola 692
und 703. Rubinblende, Silberblende, Pyrargyrit ꝛc. Mine d’argent rouge
de l’Isle Cristall. III. 447. Argent antimonié sulfuré Hauy, Red Silver.

Das ſchönſte aller Silbererze.


Rhomboedriſch, allein die Kryſtalle durch Streifung und Krüm-
mung der Flächen häufig entſtellt, und die Winkel wegen des wechſelnden
Antimon- und Arſenikgehalts nicht ganz conſtant. Die Formen erinnern
ſehr an Kalkſpath. P = a : a : ∞a : c in der Endkante beim
dunkeln Rothgülden 180° 30′ gibt Seitenaxe a = ,
lichten Rothgülden 107° 36′ — — a = .

Dieſes Hauptrhomboeder kommt als alleinige Endfläche ſchön zu Joachims-
thal und auf dem Himmelsfürſt bei Freiberg vor. Es iſt zwar nur
ſchwach blättrig, doch folgt ihm meiſt die Flächenſtreifung, ſo daß man
ſich nach ihr am leichteſten orientirt, ſelbſt wo ſie fehlt, wie bei vielen
Andreasbergern. Dazu geſellt ſich ſtets die 2te ſechsſeitige Säule n =
a : ½a : a : ∞c
, die mit P ein dreigliedriges Dodekaid machen, wie es be-
reits Romé de l’Isle gut abbildet. Die Gradendfläche o = c : ∞a :
∞a : ∞a
iſt ſelten, doch kommt ſie zu Johann-Georgenſtadt als alleinige
Endigung der Säule n vor. Die ſeltenere erſte ſechsſeitige Säule k =
a : a : ∞a : ∞c
ſtellt ſich nach Mohs öfter, wie beim Turmalin, nur

[figure]

hälftflächig die abwechſelnden Kanten von n abſtum-
pfend ein. Das nächſte ſtumpfere Rhomboeder z =
2a' : 2a' : ∞a : c
iſt häufiger als P. Oftmals herrſcht
es allein am Ende der 2ten Säule. Am häufigſten
trifft man den Dreikantner l = a : ⅓a : ½a : ¼c
mit 160° 28′ und 140° 20′ in den Endkanten, die
Kante zwiſchen den beiden Rhomboedern P/z ab-
ſtumpfend. Seine ſcharfe Endkante ſtumpft das nächſte
ſtumpfere Rhomboeder z und ſeine ſtumpfe über P
[607]V. Cl. Geſchw. Metalle: Rothgiltigerz.
das Rhomboeder x = \frac{8}{5}a : \frac{8}{5}a : ∞a : c ab, welches aber durch Diagonal-
ſtreifung gewöhnlich entſtellt iſt. Hauy erwähnt noch eines ſehr ähnlichen
b4 = c = a : ¼a : ⅓a : ⅕c in der Endkantenzone des Rhomboeder. In
der Seitenkantenzone kommt der gewöhnliche Dreikantner h = a : ⅓a :
½a : c
vor, außerordentlich ſtark geſtreift parallel der Seitenkante. Häufig
auch f = ⅓a : \frac{1}{7}a : ¼a : c, ihm gehören meiſt die vorherrſchend auftreten-
den Dreikantner von Churprinz bei Freiberg und Andreasberg an, an den
Enden durch Dreikantner l abgeſtumpft. Auch ein Dreikantner d\frac{3}{2} =
½a : ⅕a : ⅓a : c
wird noch angegeben, und in der Endkantenzone das Di-
hexaeder b2 = 3a : \frac{3}{2}a : 3a : c, welches bei Johann-Georgenſtadt mit
beiden ſechsſeitigen Säulen und der Gradendfläche vorkommt, die End-
kante n/o abſtumpfend, ſo daß alſo in der Kantenzone das Rhomboeder
P die 8 Flächen n f d\frac{3}{2} h c l b2 z beobachtet ſind. Bei Andreasberg kommt
ſehr beſtimmt eine Abſtumpfungsfläche zwiſchen l und h vor, ſie gehört
dem Dreikantner b = a : ⅓a : ½a : ⅝c an. Mohs beſtimmte auch einen
Dreikantner 2ter Ordnung a = a' : ⅓a' : ½a' : c, er iſt durch die Zonen
z/n und b/b beſtimmt, da er die ſcharfen Endkanten des Dreikantners b zu-
ſchärft. Oefter ſtumpft das nächſte ſchärfere Rhomboeder i = ½a' : ½a' : ∞a : c
die ſcharfe Endkante des Dreikantner h ab. Bei Markirch in den Vo-
geſen iſt nach Dufrénoy früher auch das Gegenrhomboeder e' = a' : a' :
∞a : c
am Dreikantner d\frac{3}{2} vorgekommen.


Zwillingsgeſetze gibt es drei; vergleiche auch Kalkſpath pag. 329:


1. Die Individuen haben die Gradendfläche gemein, und liegen um-

[figure]

gekehrt. Gewöhnlich verwachſen die Zwillings-
individuen mit einer Fläche k der erſten Säule,
die ohnehin nur zur Hälfte auftritt, und das eine
Rhomboeder legt dann ſeine Kanten hin, wo das
andere ſeine Fläche hat. Sie erſcheinen öfter ſo,
als wenn man ein Individuum parallel k halbirt
und die Hälften auf
der Halbirungsfläche
um 180° gegen ein-
ander verdreht hätte, wie beiliegende Hori-
zontalprojektion zeigt, eine ungewöhnliche Art
von Zwillingsbildung.


2tes Geſetz. Die nächſten ſtumpfern
Rhomboeder z haben eine Fläche gemein
und liegen umgekehrt. Zuweilen ſoll es wie
beim Kalkſpath vorkommen, daß die Zwil-
lingsindividuen mit vielen Wiederholungen
mit der Fläche z an einander gränzen. Viel
gewöhnlicher als dieſe beiden iſt jedoch das
3te Geſetz. Die Individuen haben
eine Fläche des 2ten ſtumpfern Rhomboeders
4a : 4a : ∞a : c gemein und liegen umgekehrt.
Dabei legen ſie ſich ſo an einander, daß die
Zwillingsgränze ſenkrecht gegen die Kante
des nächſten ſtumpfern Rhomboeders z ſteht.

[figure]
[figure]

[608]V. Cl. Geſchw. Metalle: Rothgiltigerz.
Denn Folge des Geſetzes iſt, daß die Endkanten des Rhomboeders z/z
mit z'/z' in einer Flucht liegen, und z/z mit z'/z' ſpiegeln. Man darf
ja nur die gemeinſame Fläche hinzu denken, welche beide Kanten z/z und
z'/z' zugleich abſtumpfen muß, um die Sache einzuſehen. Gewöhnlich
wiederholt ſich der Zwilling dreimal, ſo daß ein Vierling entſteht mit
dreigliedriger Ordnung, weil je ein z mit z' z'', z' z''' und z'' z''' ein-
ſpiegelt. Die drei dick gezeichneten Kanten ſind die, welche von je zwei
Individuen in einer Flucht liegen. Vergleiche auch Antimon pag. 503
und Tetradymit pag. 506. Viele der büſchelförmigen Gruppirungen haben
in ſolchen Vierlingsbildungen ihren Grund.


Nach der Farbe unterſcheide man ein
dunkeles oder Antimon-Rothgülden und lichtes oder Arſenik-Rothgülden.


Dunkel cochenillroth bis bleigrau,
aber mit viel lichterm Strich. Halb
durchſcheinend. Diamantglanz. Härte
2—3, milde. Gew. 5,85.


A̍g3ˈˈˈb mit 59 Silber.
Andreasberg, Himmelsfürſt.


Licht cochenillroth, faſt Realgar
ähnlich, Strich lichtroth. Stark durch-
ſcheinend. Diamantglanz. Härte
2—3, milde. Gew. 5,55.


A̍g3ˈˈˈs mit 65 Silber.
Joachimsthal, Wittichen.


Vor dem Löthrohr decrepitiren ſie, geben beide ein Silberkorn, auch re-
ducirt ſich Antimonrothgülden leichter als Arſenikrothgülden. Beide kommen
zuſammen vor, das dunkele iſt aber viel häufiger, als das lichte. Doch
überziehen ſie ſich gegenſeitig, ſo daß nicht ſcharf geſchieden werden kann,
wie das auch in der Natur der Sache liegt. Für den Bergmann iſt es
ein wichtiges Silbererz, denn das lichte Rothgülden von Wolfach gab im
Centner 125 Mark, das dunkele 116 Mark fein Silber. Daher hat man
ſich auch über die Ermittelung der Zuſammenſetzung von jeher viel be-
müht. Die alten Hüttenleute ſahen das lichte für arſenikhaltig an.
„Das hochrothe Rothgülden beſteht, nebſt dem Silber, pur aus Arſenicum.“
Zu dieſer falſchen Anſicht verleitete die rothe Farbe des Realgar pag. 600,
was der Bergmann geradezu „unreifes Rothgülden“ nannte. So kam
man überhaupt zu der viel verbreiteten Anſicht, daß der Arſenik beſonders
die Metalle zur Reife bringe, namentlich das Silber. Man war daher nicht
wenig verwundert, als Klaproth (Beiträge I.141) geſtützt auf Analyſen
der Vorkommen von Katharina Neufang zu Andreasberg und vom Chur-
prinz Friedrich Auguſt bei Freiberg keine Spur Arſenik, ſondern blos An-
timon und Schwefel nebſt Schwefelſäure fand (ob er gleich hellfarbige
gewählt hatte), und folglich das Arſenik ganz darin läugnete. Hauy
nannte es daher Argent antimonié sulfuré. Doch zeigte Prouſt bald
darauf, daß es allerdings ein Antimon- und ein Arſenikhaltiges gäbe,
und letzteres nannte Beudant Prouſtit. Der Zufall hatte gewollt, daß
allerdings das lichte von Andreasberg kein Arſenik enthält. Dagegen
fand H. Roſe (Pogg. Ann. 15. 473) im lichten von Joachimsthal 15,1 As
und nur 0,7 Sb, Bonsdorff im Andreasberger 22,8 Sb, und kaum Spuren
von Arſenik. Nach den vorhandenen Analyſen halten ſich beide Arſenik-
und Antimonrothgülden ziemlich ſcharf getrennt. Himmelsfürſt und Chur-
prinz bei Freiberg, Andreasberg, Joachimsthal, Kongsberg, Schemnitz.
Früher Markirch im Elſaß, die Grube Wenzel und Sophie bei Wittichen
auf dem Schwarzwalde. Kongsberg, Mexiko, Gualdalcanal in Spanien.


[609]V. Cl. Geſchw. Metalle: Xanthokon, Miargyrit.

Xanthokon Breith. Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 20. 67 und
Pogg. Ann. 64. 272 (ξανϑός gelb), von der Grube Himmelsfürſt zu Er-
bisdorf bei Freiberg, dünne pommeranzengelbe Tafeln mit gelbem Strich
in Kalkſpath eingeſprengt, von der Farbe des Greenockit, und von der
Form des vulkaniſchen Eiſenglanzes: es herrſcht die Grad-
endfläche vor, an deren Rändern das Rhomboeder P = a :
a : ∞a : c
71° 32′ in den Endkanten hat, auch das nächſte

[figure]

ſtumpfere 2a' : 2a' : ∞a : c wird gefunden. Härte 2—3, Gew. 5,1. Im
Jahre 1797 iſt es von brauner Farbe in nierenförmigen Aggregaten vor-
gekommen, hatte aber auch einen gelben Strich. Plattner fand in dieſem
letztern 64,2 Ag, 21,3 S, 1 Fe, 13,5 As, und glaubt daraus die Formel
2 A̍g3ˈˈˈs + A̍g3ˈˈˈs
ableiten zu dürfen, worin neben dem erſten Gliede von licht Rothgülden
eine bis jetzt nicht gekannte Schwefelungsſtufe von As2 S5 vorkäme. Es
wird alſo Ag : As : S = 9 : 6 : 20 ſein, während beim Arſenik-Roth-
gülden das Verhältniß 9 : 6 : 18 iſt. Da nun von genauen Meſſungen
wohl kaum die Rede ſein kann bei der Unvollkommenheit der Kryſtalle, ſo
darf man dieſe Verwandtſchaft nicht aus den Augen laſſen.


Feuerblende vom Churprinz bei Freiberg und Andreasberg kommt
in hyacinthrothen Kryſtallen mit Perlmutterglanz auf dem deutlich blätt-
rigen Bruch vor. Die Tafeln ſollen ihrer Form nach mit dem Blätter-
zeolith pag. 279 Aehnlichkeit haben. 62,3 Ag nebſt Antimon und Schwefel.
Prof. Zippe beſchreibt vom Geiſtergang an der Eliaszeche zu Joachims-
thal kleine tafelförmige ſchwärzlichbraune Kryſtalle mit oraniengelbem
Strich, Rittingerit (Sitzungsber. Kaiſ. Akad. Wiſſ. IX.345), die zwar
keinen blättrigen Bruch haben, aber ſonſt ſehr nahe zu ſtehen ſcheinen.


Miargyrit H. Roſe Pogg. Ann. 15. 469 von der Grube Neue Hoff-
nung Gottes bei Bräunsdorf (μεῖων weniger, ἄργυρος Silber), von Mohs
(Grundriß Min. II.606) zuerſt als hemiprismatiſche Rubinblende erkannt.
Gleicht einem dunkeln Rothgiltigerz, iſt aber 2 + 1gliedrig, Naumann
Pogg. Ann. 17. 142. Die ſeltenen und complicirten Kryſtalle beſchreibt
Mohs als geſchobene Säulen 86° 4′ mit einer Schiefendfläche b 78° 54′
gegen Axe c geneigt, und einer hintern dreifach
ſchärfern t = a' : 3c : ∞b 47° 26′ gegen die
Axe. Aehnlich dem Eiſenvitriol. Naumann gibt
dagegen andere Winkel an, ausgehend von a =
c : ∞a : ∞b
mit b = a : ∞b : ∞c vorn 98°
24′ machend; d = a : b : c in der Mediankante
d/d = 96° 17′, welcher Winkel durch n = a :
c : ∞b
gerade abgeſtumpft wird; m = 3a : c :
∞b
findet hinten die Gegenfläche o = 3a' : c :
∞b
, in deren Diagonalzone p = 3a' : c : 6b
und g = 3a' : c : 3b fällt. Die Augitpaare f

[figure]

= ⅔a : b : c, s = \frac{3}{2}a : b : c und c = b : c ∞a fallen ſämmtlich in die
Zone b/d, und dieſer Zone folgt auf den Flächen b f d „eine ſehr ausge-
zeichnete und conſtante Streifung, während m, n und beſonders o eine
horizontale Streifung parallel der Axe b haben. Ungewiß iſt e = c :
Quenſtedt, Mineralogie. 39
[610]V. Cl. Geſchw. Metalle: Weißgiltigerz, Kupferkies.
4b : 5a' und r = c : \frac{1}{x}a : \frac{3}{2}b. Oft werden die Kryſtalle durch Ausdeh-
nung von a tafelartig, b und m ſind unvollkommen blättrig.


Eiſenſchwarz und halbmetalliſchen Glanz, aber dunkel kirſchrothen
Strich, wodurch es ſich eng an das Rothgiltigerz anſchließt. Härte 2—3,
milde, Gew. 5,3. A̍g S̶ˈˈˈb mit 36,4 Ag, 1 Cu, 0,6 Fe, 39,1 Sb, 21,9 S.
Sehr ſelten.


Weißgiltigerz iſt auf den Freiberger Gruben Himmelsfürſt und Hoff-
nung Gottes ꝛc. ein altberühmtes Silbererz, das nur mit Bleiglanz vor-
kommt, aber ſehr feinkörnig und dicht iſt, und mit Bleiſchweif pag. 585
große Aehnlichkeit hat. G. Roſe erwähnt unvollkommene Oblongoktaeder
von 100° und 130° in den Seitenwinkeln. Licht bleigrau, milde, glän-
zender Strich. Gew. 5,4. Man unterſcheidet ein lichtes oder ein dun-
keles, im erſtern fand Klaproth 20,4 Ag, im letztern 9,25 Ag. Ram-
melsberg hat im lichten von der Grube Hoffnung Gottes nur 5,8 Ag,
38,4 Pb, 6,8 Zn, 3,8 Fe, 22,4 Sb, 22,5 S
gefunden, was zur Formel
(P̍b, A̍g, Z̍n, F̍e)4ˈˈˈb
führen würde, die mit Fahlerz ſtimmt. Aber dem ächten Fahlerz iſt das
Blei fremd. Man hüte ſich, es mit dichtem Graugiltigerz zu verwechſeln,
was zu den ächten Fahlerzen gehört, die bis 31,9 Ag haben können.
Das ebenfalls bleihaltige Schilfglaserz mit 23 Ag hält G. Roſe für
einen ſilberhaltigen Bournonit. Der ſeltene


Sternbergit Haid. Pogg. Ann. 11. 483, A̍g F̶ˈˈˈe von Joachims-
thal bricht in dünnen gemein biegſamen tombakbraunen blättrigen Tafeln,
die dem 2gliedrigen Syſtem angehören. Der blättrige Bruch c = c :
∞a : ∞b
herrſcht, das Oktaeder f = a : b : c hat 118° in der vordern
Endkante. Die Säule a : b : ∞c kommt nicht vor, ſie würde 119° 30′
meſſen, aber die Zwillinge haben dieſe Säulen gemein und liegen umge-
kehrt. Gew. 4,2, Härte 1—2.


Auf Kohle ſchmilzt er zu einer mit Silber bedeckten magnetiſchen
Kugel, nach Zippe Pogg. Ann. 27. 690 enthält er 33,2 Silber, 36 Eiſen,
30 Schwefel.


Kupfererze.


Wir dürfen dahin nur diejenigen rechnen, worin Kupfer die Haupt-
rolle ſpielt. Denn dieſes wichtige Metall kommt außerdem noch unter-
geordnet in einer Menge geſchwefelter Erze vor, und iſt dabei ſo gern in
Geſellſchaft des Silbers und umgekehrt, daß es nicht möglich iſt, zwiſchen
beiden zu trennen, wie Silberkupferglanz und Eukairit ꝛc. beweiſen.


1. KupferkiesC̶̍u F̶ˈˈˈe.


Pyrites aureo colore Geelkis oder Kupferkis Agricola 706. Es iſt
eines der gemeinſten Erze, das daher auch den Alten nicht entgehen
konnte. Plinius 36. 30 begreift ihn mit unter Pyrites: sed est alius
etiamnum pyrites, similitudine aeris … colore … aureo.
Während die
[611]V. Cl. Geſchw. Metalle: Kupferkies.
Kupfererze überhaupt den griechiſchen Namen χαλκῖτις hatten, Plin. 34. 29 :
Chalcitin vocant lapidem, ex quo ipsum aes
(Kupfer) coquitur. Mine de
cuivre jaune de l’Isle III.
309, Hauy’s Cuivre pyriteux, Copper Pyrites
der Engländer.


4gliedrig mit einer Hinneigung zum Tetraedriſchen. Doch ſtehen
die Winkel dem regulären Syſtem ſo nahe, daß es Hauy und ſelbſt noch
Neuere für regulär nehmen. Erſt Haidinger fand den Endkantenwinkel
mit dem Reflexionsgoniometer 109° 53′, alſo 25′ größer als beim regu-
lären Oktaeder, woraus für c = 1 die Seitenaxe
a = = 1,015, lga = 0,00659,
und der Seitenkantenwinkel 108° 40′ folgt. Von den 8 Flächen dehnen
ſich vier gewöhnlich zu einem Tetraeder aus, ſie pflegen matt und
durch Streifung entſtellt zu ſein, während das die Ecken abſtumpfende
Gegentetraeder ſtark glänzt. Auch wenn die Flächen beider Tetraeder ins
Gleichgewicht treten, kann man die phyſikaliſchen Unterſchiede oft noch
gut erkennen. Daß ſie viergliedrig ſind, ſieht man häufig an der Abſtum-
pfung der horizontalen Endkanten des Tetraeders von 71° 20′, während
die Seitenkanten von 70° 7′ nicht abgeſtumpft erſcheinen, wie z. B. auf
Friedrich Chriſtian im Schappacher Thal auf dem Schwarzwalde. Ge-
wöhnlich erſcheinen dieſe differentflächigen Oktaeder als


Zwillinge (1): dieſelben haben eine matte Tetraederfläche ge-
mein und liegen umgekehrt, oft mit vielen Wiederholungen. Dieſe Zwil-
linge gleichen ganz denen des regulären Syſtems, wie bei der Blende
pag. 587, dem Spinell pag. 254. Die Täuſchung geht noch weiter: bei
Rodna kommen mit der dortigen ſchwarzen Blende pag. 588
die ausgezeichnetſten Deltoiddodekaeder pag. 68 vor, ſie
ſind parallel ihrer unſymmetriſchen Diagonale geſtreift,
und ein phyſikaliſcher Unterſchied iſt nicht wahrzunehmen.
Solche dreifache Streifung findet ſich häufig auf den
matten (nie auf den glänzenden) Tetraederflächen, wie
z. B. zu Nanzenbach im Dillenburgiſchen, wodurch die

[figure]

Kryſtalle ſehr entſtellt werden. Trotzdem können nur die t = a : a : 2c
ein viergliedriges Tetraeder, die p = a : c : 2a dagegen ein gebrochenes
Tetraeder pag. 76 bilden. Dafür ſpricht auch eine zweite ſehr gewöhn-
liche Art von


Zwillingen (2), die das nächſte ſtumpfere Oktaeder b = a : c :
∞a
gemein haben und umgekehrt liegen. Einmal ſind die Oktaederflächen
hier nur parallel den Seitenkanten geſtreift, was die Zwillingsgränzen
ſehr deutlich hervortreten macht, ſodann aber kommen zwiſchen den Zwil-
lingsindividuen 1 und 2 einſpringende Winkel von
178° 34′ vor. Wären die Kryſtalle regulär, ſo müß-
ten bei einer ſolchen Aneinanderlagerung die Flächen
1 und 2 in ein Niveau fallen, es könnte kein Zwil-
ling entſtehen. Gewöhnlich wiederholt ſich das Geſetz.
Analog dem Scharfmangan pag. 535 würden 5 In-
dividuen (nicht ſechs) den Kreis ſchließen: es könnten
dann nur auf der Oberhälfte die Oktaederflächen tra-
pezartig geknickt ſein, wie in beiſtehender Figur, wäh-

[figure]

39*
[612]V. Cl. Geſchw. Metalle: Kupferkies.
rend unten die Flächen o mit p und o mit q in Folge der Zwillingslage
in ein Niveau fallen müßten. So iſt es nun aber in der Regel nicht,
ſondern es zeigen ſich überall Knicke, wo ſich Flächen von Zwillingsindi-
viduen berühren, wie man das ſo ſchön bei den Kryſtallen von Neudorf
am Unterharze ſieht. Es läßt ſich die Sache durch unregelmäßige An-
häufung der Individuen meiſt erklären, indem nicht ein beſtimmtes, wie
beim Scharfmangan, als Träger dient. Dieſe Zwillingsbildung bekundet
das Beſtreben, die Ungleichheiten wieder auszugleichen. Auch kommen bei
Neudorf ſolche Fünflinge vor, die zu je zweien wieder nach dem gewöhn-
lichen Zwillingsgeſetz des regulären Oktaeders mit einander verwachſen.


Aus Cornwallis beſchreibt Phillips gar häufig das (ein wenig blätt-
rige) Oktaeder c = a : 2c : ∞a mit 101° 49′ in den Endkanten, von
welchem daher auch die Engländer als Grundform ausgehen, deren End-

[figure]

kanten dann das gewöhnliche Oktaeder o und o' = a :
a : c
gerade abſtumpft. Kommt dazu die quadratiſche
Säule m = a : a : ∞c und die Gradendfläche, ſo iſt der
Typus durchaus viergliedrig, wie ſo oft in England,
Mohs führt auch wohl ein drittes Zwillingsgeſetz auf,
wornach die Individuen die Endkante des Oktaeders c
gemein haben und umgekehrt liegen. Da jedoch die Fläche,
welche die Endkanten dieſes Oktaeders abſtumpft, dem Oktaeder o = a :
a : c
angehört, ſo fällt dieß vermeintliche Geſetz mit dem erſten zuſammen.
Dagegen ſoll nach Naumann eines vorkommen, wornach die Individuen
n = a : a : ½c gemein haben und umgekehrt liegen.


Complicirte oktaedriſche Kryſtalle bildet Haidinger Pogg. Ann. 5. 177
von oktaedriſchem aber viergliedrigem Typus, Phillips Miner. 3 edit. 1823
pag.
303 von tetraedriſchem Typus ab. Dieſe tetraedriſche Form greift
ſo durch, daß nach Naumann auf der Grube Kurprinz bei Freiberg zwei
Tetraeder o und o' ſich wie beim Fahlerz mit ihren Kanten rechtwinklig
kreuzen.


Bekanntlich beſchreibt Hr. Prof. Weiß den Kupferkies in ſeinen Vor-
leſungen als regulär, und nimmt mit als Beweis den merkwürdigen Ku-
pferkiesüberzug, der ſich auf dem tetraedriſchen Fahlerz des Roſenhöfer
Quarzzuges bei Clausthal findet, es erſcheint dort wie ein Fortwachſen.
Nun iſt freilich unter der Kupferkieskruſte das Fahlerz gewöhnlich zerſetzt,
ſo daß die Kieskruſte leicht abſpringt, und man verſucht wird, dieſelbe
als ein Verwitterungsprodukt des Fahlerzes anzuſehen. Doch zeigt Oſann
(Leonhard’s Jahrb. 1853. 180), daß ſich die Kruſte zuweilen auch auf
dortigem Bleiglanz und Blende finde, auf denen nie Fahlerz angetroffen
würde.


Meſſinggelb (hat einen Stich ins Grün, beſonders wenn man
es gegen Schwefelkies hält), ſtarker Metallglanz, grünlich ſchwarzer Strich.
Läuft häufig pfauenſchweifig, taubenhälſig bis blaulich ſchwarz an. Mangel
an blättrigem Bruch.


Härte 3—4, ein wenig milde, gibt daher mit dem Stahle keinen
Funken, was ihn leicht vom Schwefelkies unterſcheidet. Gew. 4,2.


Vor dem Löthrohr decrepitirt es, nimmt man große Stücke, ſo laufen
dieſelben ſchnell roth an (es bildet ſich Ziegelerz pag. 555). Dieſelben
zerſpringen nicht ſo ſtark, und brennen wie Schwefelkies fort. Kleine
[613]V. Cl. Geſchw. Metalle: Kupferkies.
Proben davon ſchmelzen leicht zu einer magnetiſchen dunkelfarbigen Kugel,
die Blaſen wirft und endlich zur rauhen Schlacke wird. Die Schlacke mit Soda
behandelt gibt Kupfer, da ſich Eiſen und Kupfer geſondert reduciren.
Soll der Prozeß vollſtändig gelingen, ſo muß man gut abſchwefeln. Zu
rohen Verſuchen iſt das aber nicht nothwendig, man nimmt da gleich die
magnetiſche Schlacke. Am leichteſten jedoch weist man das Kupfer nach,
wenn man die rohe Probe in Salzſäure taucht und in die Flamme bringt,
wodurch die Flamme vorübergehend ſchön blau wird.


C̍u F̍e = C̶̍u F̶ˈˈˈe mit 34,8 Cu, 35,4 S, 29,8 Fe.
Beim Glühen im Kohlentiegel gibt er den vierten Theil (9 p. C.) ſeines
Schwefels ab. Man zieht die zweite Formel der erſten vor, weil Cu S
eine ſchwache, Cu2 S dagegen eine ſtarke Baſis iſt. Karſten (Pogg. Ann.
46. 279) fand im Kupferkies, der in das Selenblei von der Grube Ema-
nuel pag. 587 eingeſprengt war, ebenfalls einen nicht unbeträchtlichen
Selengehalt. Beim Röſten der Kupfererze entſtehen zuweilen künſtliche
Kryſtalle, Leonhard’s Jahrb. 1853. 177.


Kupferkies iſt das gewöhnlichſte Erz auf Erzgängen und Erzlagern,
in Verbindung mit Schwefelkies, Bleiglanz, Blende, Fahlerz. Die ſalini-
ſchen Kupfererze ſind häufig erſt aus ihm entſtanden. Er bildet daher
einen wichtigen Gegenſtand des Bergbaues. Oft brechen große Maſſen,
wie im Uebergangsgebirge von Nanzenbach bei Dillenburg, im Gneiſe des
Schwarzwaldes (Grube Herrenſeegen), Fahlun, Schemnitz, Goslar. Manns-
felder Kupferſchiefer. Freilich gewöhnlich ſehr verunreinigt. Wenn die
Verunreinigung durch Schwefelkies kommt, ſo iſt ſie äußerlich wenig er-
kennbar, allein ſie verräth ſich nicht ſelten durch den auskryſtalliſirten
Schwefelkies und durch die grauere Farbe. Je grüner deſto kupferreicher.


Kryſtalle finden ſich zwar in Druſenräumen des derben (Nanzen-
bach), am ſchönſten aber angeflogen auf Quarz, Flußſpath, Braunſpath,
Schwerſpath ꝛc.


Derbe Maſſen aber von kryſtalliniſchem Gefüge kommen rein in
vielen centnerſchweren Stücken vor, der Glanz und kleinmuſchelige Bruch
deuten den Grad der Reinheit an.


Dichte Maſſen ſind matter und haben einen ebenen Bruch, wie
im Rammelsberge bei Goslar, zu Neuſohl in Ungarn ꝛc. Selten nieren-
förmig und kleintraubig, Breithaupt’s Nierenkies von Freiberg und Corn-
wallis, mit nur 3,9 Gew.


Der Kupferkies gehört zwar zu den ſchlechten Kupfererzen, doch hat
er wegen ſeiner Menge große Bedeutung. Zu Redruth enthält er oft
nur 3—4 p. C. Kupfer. Allein man gewinnt in den Corniſchen Gruben
an 160,000 Tonnen à 20 Ctr., die an 12,000 Tonnen Metall liefern.


Weißkupfererz nannte Werner ein derbes Vorkommen, was ehe-
mals auf Lorenz Gegentrum an der Halsbrücke bei Freiberg brach, blaß
meſſinggelb und wenig glänzend war. Plattner gibt neben Schwefeleiſen
bei einem Chileniſchen 12,9 Cu an. Vergleiche auch Kyroſit pag. 569.


Cuban Breithaupt Pogg. Ann. 59. 325 von Bacaranao auf Cuba.
Derb und ziemlich deutlich würfelig blättrig. Blaß meſſinggelb, wie Weiß-
kupfererz. Gew. 4. Die Analyſe von Scheidhauer gab 22,9 Cu, 42,5 Fe,
34,8 S
, alſo
[614]V. Cl. Geſchw. Metalle: Buntkupfer, Kupferglas.
C̍u F̍e2 = C̶̍u F̶ˈˈˈe + 2 F̍e = 1 Kupferkies + 2 Magnetkies.
Würde F̍e das C̶̍u vertreten, ſo könnte man die Formel auch als ein
eiſenreiches Buntkupfererz (C̶̍u, F̍e)3ˈˈˈe deuten, wofür der würfelig
blättrige Bruch des regulären Syſtems ſprechen würde.


2. BuntkupfererzC̶̍u3ˈˈˈe.


Buntkupferkies, Cuivre hépatique de l’Isle III. 339, Purple copper ore.


Regulär, aber gute Kryſtalle ſelten. Zu Redruth kommen bauchige
Würfel zuweilen mit abgeſtumpften Ecken und Kanten vor, auch Zwil-
linge werden angeführt.


Tombakbraun, aber nur auf ganz friſchem Bruch, ſchon nach
wenigen Tagen läuft es blauroth an, woran nach Hausmann die Feuch-
tigkeit der Luft ſchuld ſein ſoll. Ziehen ſich die Farben ins lebhafte Blau
und Grün, ſo werden ſie taubenhälſig, aber ſtets viel dunkeler als beim
Kupferkies. Schwarzer Strich und ſchwacher Metallglanz. Härte 3,
milde, Gew. 5.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es nicht ganz ſo leicht als Kupferkies,
enthält aber mehr Kupfer. Nach Berzelius iſt es C̶̍u2 F̍e. Allein da
es in einem Strome von Waſſerſtoffgas geglüht Schwefel abgibt, ſo muß
eine höhere Schwefelungsſtufe als C̶̍u oder F̍e darin ſein, deshalb ſchlug
Plattner (Pogg. Ann. 47. 360) die Formel C̶̍u3ˈˈˈe vor, ſeine Analyſe gab
56,7 Cu, 14,8 Fe, 28,2 S, es waren Kryſtalle von der Condorra Mine
bei Camborne in Cornwallis. Andere Analyſen weichen davon zwar ab,
allein da das derbe häufig gemiſcht mit Kupferglas vorkommt, ſo iſt die
Sache daraus wohl ſehr natürlich erklärt.


Es iſt ſeltener als Kupferkies: Freiberg, Donatska im Banat, Corn-
wallis. Beſonders ſchöne Schnüre im Zechſtein von Mannsfeld.


2. KupferglasC̶̍u.


Aes rude plumbei coloris Kupferglasertz Agricola 702, Kupferglanz-
erz Klaproth Beitr. II. 276, Cuivre sulfuré, Sulphuret of Copper.


Zweigliedrig mit dihexaedriſchem Typus, auf den Kupfergruben
in Cornwallis häufig kryſtalliſirt, in Deutſchland nicht. Die Säule M =
a : b : ∞c
119° 35′ nach Mohs iſt höchſt unvollkommen blättrig, tritt
dazu nun h = b : ∞a : ∞c und die Gradendfläche c = c : ∞a : ∞b,
ſo entſtehen ſcheinbar reguläre ſechsſeitige Säulen, die auch lange dafür
genommen wurden und noch werden. Die Säulen ſind gewöhnlich tafel-
artig, und an ihren ſämmtlichen Endkanten durch das Oktaeder a = a :
b : ⅓c
, und das Paar e = ⅔c : b : ∞a dihexaedriſch abgeſtumpft. Würde
man wie Phillips und Dufrénoy, M/M = 120° ſetzen, ſo gäben a und e
flache Dihexaeder von 148° 20′ in den Endkanten. Nach Phillips wieder-
holen ſich vier ſolcher dihexaedriſchen Endigungen über einander. Mohs
geht von dem untern o = a : b : c mit 126° 53′ in der vordern End-
[615]V. Cl. Geſchw. Metalle: Kupferglas.
kante, und i = 2c : b : ∞a mit 63° 48′ in c, die beide zuſammen ein
ſcheinbares Dihexaeder machen, aus, daraus folgen die Axen:
a : b = : , lga = 9,77647, lgb = 0,01139.
Zwiſchen a und o liegt noch f = a : b : ½c (91° 51′ Seitenkante) und
zwiſchen i und e das Paar P = b : c : ∞a (91° 30′ in c), die zuſam-
men wieder ein Dihexaeder machen. Da nun k =
a : ∞b : ∞c
mit der Säule s = a : ⅓b : ∞c
wieder eine zweite ſechsſeitige Säule zu bilden
ſcheinen, ſo wird man allerdings unwillkührlich an
6gliedrige Formen erinnert. Phillips gibt ſogar
noch ein Dihexaeder x = a : b : ¼c mit y = b :
½c : ∞a
, ferner ein Dihexaeder 2ter Ordnung m =
a : ½c : ∞b
die Kante f/f und n = a : ⅓b : ¼c die

[figure]

Kante P/f gerade abſtumpfend. Endlich ſogar eine 6 + 6kantige Säule
zwiſchen M/k, M/s und h/s, die aber nach den Winkelangaben keinen ganz
einfachen Ausdruck hat. Dennoch iſt das Mineral zweigliedrig, und das
beweiſen hauptſächlich die


Drillinge, dieſelben haben die Säulenfläche M gemein und liegen
umgekehrt. Da der Säulenwinkel faſt genau 120° beträgt, ſo füllen drei
gerade den Raum um einen Punkt aus, und da ferner die Zwillings-
gränzen ſich zu verwiſchen pflegen, ſo hält man
ſie beim erſten Anblick für einfache Kryſtalle. Zu
Redruth kommt häufig die Combination Mhae
vor: im Drilling ſpiegelt nun e des einen mit
einer a des andern und ſofort. Es iſt aber e
horizontal der Axe a etwas geſtreift, und dieſe

[figure]

Streifen kommen nur ſtückweiſe auf den Oktaederflächen vor, in neben
bezeichneter Weiſe. Noch auffallender iſt die


2te Art von Zwillingen, welche man
ebenfalls häufig in Cornwallis findet. Hier
kreuzen ſich die Zwillingstafeln ungefähr recht-
winklig, und da es gewöhnlich dihexaedriſche
Tafeln mit a e c ſind, in welchen die Zwillings-
kante deutlich einer Seitenkante des Dihexaeders
parallel geht, ſo haben ſie entweder die Fläche f
oder P gemein. Iſt das Mineral 2gliedrig, ſo
ſollten die Zwillingsindividuen allen Analogien
nach P = b : c : ∞a gemein haben und umge-
kehrt liegen, ſie müßten ſich dann unter 91° 30′

[figure]

und 88° 30′ kreuzen. Dagegen behauptet Mohs ausdrücklich, daß ſie eine
der f = a : b : ½c gemein haben, ſich folglich unter 91° 51′ und 88° 9′
ſchneiden, wie in beiſtehender Figur. Dieß ſcheint auch (z. B. bei den
Exemplaren von St. Juſt) die Streifung auf c parallel der Axe a zu
beweiſen. Da nun theoretiſch genommen zweigliedrige Oktaeder gar keine
ſymmetriſche Lage gegenſeitig einnehmen können, wenn ſie eine Fläche ge-
mein haben und ſich um 180° gegen einander verdrehen ſollten, wohl
aber bei Dihexaedern, ſo könnte dieſes Ungewöhnliche in dem Dihexaeder-
artigen möglicher Weiſe ſeinen Grund haben.


[616]V. Cl. Geſchw. Metalle: Kupferindig.

Das Kupferſulfür bildet ſich beim Erhitzen aus Kupfer und Schwefel
unter lebhaftem Erglühen, es wird im Großen zur Fabrikation des Ku-
pfervitriols dargeſtellt. Man erhält es dabei häufig in Kryſtallen (Ok-
taedern), die aber auffallender Weiſe dem regulären Syſteme angehören.
Selbſt das natürliche Kupferglas ſchießt geſchmolzen in regulären Oktae-
dern an! Dieſe Oktaeder des C̶̍u würden alſo iſomorph mit denen des
Glaserzes A̍g pag. 603 ſein. Während umgekehrt das Glaserz nicht
zweigliedrig gekannt iſt, und nur im 2gliedrigen Silberkupferglanz das
Kupferſulfür zu vertreten ſcheint.


Schwärzlich bleigrau, Fahlerzartig, aber milde, geringer Metallglanz,
ſchwarzer Strich. Härte 2—3, Gewicht geht in reinen Abänderungen
bis auf 5,8. Allein es verunreinigt ſich mit dem leichtern Kupferkies und
Buntkupfererz in den verſchiedenſten Mengen. So kommt auf den Gruben
von Cornwall ein „Variegated Vitreous Copper“ von der Farbe des an-
gelaufenen Stahles vor, was als ein inniges Gemiſch von Kupferkies
und Kupferglas angeſehen wird, deren Theile man dazwiſchen oft noch
gut erkennt.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es leicht ohne Rauch und Beſchlag unter
ſtarkem Kochen, und gibt nach längerem Blaſen auf Kohle für ſich ein
Kupferkorn. Das Fahlerz dagegen raucht, und gibt für ſich kein Kupfer-
korn, auch färbt es in Salzſäure getaucht die Flamme nicht ſo ſchön blau
als das Kupferglas.


C̶̍u mit 79,7 Cu, 20,3 S, etwas Silber, Eiſen ꝛc.
Kommt meiſt derb vor, mit andern Kupfererzen. Bekannt iſt das von
den Gumeſchewkiſchen Gruben an der Turga, auf den Ablöſungsflächen
mit Kupferlaſur und Malachit überzogen, worin Klaproth 78,5 Kupfer
nachwies. Es hat einen vollkommen muſcheligen Bruch, und glänzt ſtärker
als das gewöhnliche. Im Banat bei Moldawa und Donatska, zu Ku-
pferberg und Rudelſtadt in Schleſien. Beſonders ausgezeichnet in Corn-
wallis, wo hauptſächlich die Kryſtalle gefunden werden. Im Zechſtein
von Mansfeld in kleinen Partieen eingeſprengt. Einen gewiſſen Ruf
haben die ſogenannten „Frankenberger Kornähren“, welche früher im Zech-
ſtein von Frankenberg in Heſſen brachen: Kleine Zweige und Zapfen von
Coniferen (Cupressites Ullmanni), die zu Kupferglas vererzten. Zu Bri-
ſtol in Connecticut kommt es in großen glänzenden Kryſtallen vor, die
mit Vortheil bergmänniſch gewonnen werden.


KupferindigCu S beſchreibt Freiesleben (Geogn. Arbeiten. III.129)
aus einer rückenartigen Flözpartie im Kupferſchiefer von Sangerhauſen.
Es iſt eine indigblaue bis ſchwarze Maſſe, mit glänzendem blauem Strich,
ſehr weich, Gew. 3,8. Zu Leogang in Salzburg bricht er ſogar in bieg-
ſamen regulären ſechsſeitigen Tafeln (Breithaupt).


Auf Kohle brennt er wie Kupferkies. Der Kupferkies von den Gruben
Badenweiler und Herrenſeegen auf dem Schwarzwalde zeigt öfter einen
blauen Ueberzug, der bei ſeltenen Stücken tief hineinfrißt. Derſelbe ſoll
nach Walchner 32,6 Schwefel, 64,8 Cu, 1 Pb enthalten, das gäbe unge-
fähr 1 Atom Kupfer auf 1 Atom Schwefel. 1826 fand ihn Covelli auch
in den Schlacken des Veſuvs. Vergleiche auch die Kupferſchwärze.


[617]V. Cl. Geſchw. Metalle: Silberkupferglanz, Kupfergewinnung.

DigenitC̶̍u2 C̍u (Pogg. Ann. 61. 673) von Chile und Sanger-
hauſen ſoll nach Plattner eine Verbindung von Kupferglas und Kupfer-
indig ſein. Derbe ſchwärzlich bleigraue Maſſen von 4,6 Gew. und Härte
2—3.


SilberkupferglanzA̍g + C̶̍u wurde von Bournon zu Schlangenberg
am Altai erkannt. Stromeyer wies darin 52,3 Ag, 30,5 Cu und 15,8 S
nach. Gew. 6,2. Sonſt ſieht es dem Kupferglas ſehr ähnlich. G. Roſe
(Pogg. Ann. 28. 427) fand bei Rudelſtadt in Schleſien Kryſtalle, die voll-
kommen mit Kupferglas ſtimmen: ſcheinbar reguläre ſechsſeitige Säulen
mit einem Dihexaeder x = a : a : ∞a : ¼c. Dieß iſt der Beweis für
den Iſodimorphismus des Ag S mit C̶u S.


Schon vor dem Löthrohr ſchwitzen nach Hausmann bei gutem Blaſen
Silberkörner aus dem Kupfer. Löst man den Regulus in Salpeterſäure,
ſo gibt Salzſäure einen ſtarken weißen Niederſchlag. In Chili miſcht ſich
nach Domeyko Glaserz und Kupferglas in den verſchiedenſten Verhältniſſen.


Zwei ausgezeichnete wenn auch ſeltene Selenverbindungen, die erſt-
bekannten dieſer Art, fand Berzelius auf den Kupfergruben im Serpentin
zu Skrikerum in Småland, Berzelius Afhandl. i Fyſik VI.136:


SelenkupferCu2 Se mit 61,5 Se, 38,5 Cu von ſilberweißer Farbe,
weich und geſchmeidig, aber nicht kryſtalliſirt. Auch zu Lerbach und Tan-
nenglasbach.


Eukairit (εὔκαιρος zur rechten Zeit) Cu2 Se + Ag Se mit 26 Se,
38,9 Ag, 23 Cu.
Bleigrau, weich. Auch nicht kryſtalliſirt. Berzelius
bekam es gerade zu Handen, als er ſich mit den Selenverbindungen be-
ſchäftigte, woher der Name. Es ſind alſo genau die entſprechenden Selen-
verbindungen von Kupferglas und Silberkupferglanz.


Kupferkies, Buntkupfererz und Kupferglas
ſind die drei wichtigſten Erze für Kupfergewinnung, aber das Metall iſt
viel ſchwerer abzuſcheiden, als aus den oxydiſchen Erzen pag. 454. Zu-
erſt müſſen ſie gehörig gattirt und mit Quarz gemiſcht werden, ſo daß
ſie etwa 3 — 10 p. C. Kupfer enthalten. Durch Röſten entfernt man
dann einen Theil des Schwefels, und ſchmilzt in Schachtöfen. Es fließt
nun eine Schlacke Ḟe3 S⃛i2 ab, und C̶̍u F̍e (Rohſtein) ſchmelzen abgeſon-
dert zuſammen. So lange gehöriger Schwefel vorhanden, kann die Schlacke
kein Kupfer mitnehmen, weil das Schwefeleiſen ſeinen Schwefel an das
Kupferoxydul abgibt, wenn letzteres etwa beim Röſten ſich gebildet haben
ſollte. Der Rohſtein wird wiederholt geröſtet, bis zuletzt beim Schmelzen
ein Kupferſtein mit 96 p. C. Kupfer fällt (Schwarzkupfer). Die Bei-
mengungen von Eiſen, Zink, Blei ꝛc. werden beim Schmelzen an der Luft
oxydirt, die gereinigte Oberfläche begießt man mit Waſſer und hebt die
erkaltete Kupferſcheibe ab (Roſettenkupfer). Bei dem Proceß geht natür-
lich alles Silber in das Kupfer.


Hat das Schwarzkupfer ſo viel Silber, daß es die Scheidungskoſten
trägt, ſo bringt man es auf die Saigerhütte, wo man es mit Blei zu-
ſammen ſchmilzt, was das Silber aufnimmt, und durch Wärme vom
ſchwer ſchmelzbaren bleihaltigen Kupfer getrennt werden kann. Neuerlich
wendete man auch Steinſalzſole an: dieſelbe zieht aus dem gepochten
[618]V. Cl. Geſchw. Metalle: Fahlerz.
Kupferſtein das Silber, was durch Kupferplatten wieder der Lauge ent-
zogen werden kann. Die Gegenwart von Blei und Wismuth erſchweren
aber die Arbeit.


Fahlerze.


Fahl heißt ſo viel als Grau. Unter dieſem gemeinſamen Namen
kann man eine Menge complicirter Verbindungen begreifen, die man nicht
gut beſſer unterbringt. Bergmänniſch haben ſie ebenfalls wegen des Ku-
pfergehaltes Werth. Doch ſind einige darunter noch ſo durch Silber an-
gereichert, daß ſie bei den Bergleuten als Giltigerze curſiren. Es ſind
verwickelte Schwefelſalze. „Bei der Analyſe iſt eine der größten Schwie-
rigkeiten die Beſtimmung der Menge des Schwefels und des Antimons,
wenn in der Verbindung zugleich Silber oder auch Blei enthalten iſt.
Am vortheilhafteſten iſt es, den Schwefel und die Metalle durch Chlorgas
in Chlorverbindungen zu verwandeln, und die flüchtigen Chlorverbindungen
von den nicht flüchtigen durch Deſtillation zu trennen“ (Pogg. Ann. 15.
455). Die Zerlegung durch Chlorgas geſchieht bei keinem Schwefelmetalle
ſo leicht und in kürzerer Zeit, als bei denen, in welchen Schwefelantimon
und Schwefelarſenik mit baſiſchen Schwefelmetallen verbunden ſind.


1. Fahlerz.


Ein alter bergmänniſcher Name. Nach Henkel verſtand man dar-
unter hauptſächlich die ſilberreichen, Argentum nigrum cineraceum Ge-
diegen grawertz Agricola 703. Dient hauptſächlich zur Kupfergewinnung,
daher Cuivre gris von den Franzoſen, Grey Copper von den Engländern
genannt.


Das ausgezeichnetſte unter den tetraedriſchen Kryſtallſyſte-
men
, und da es häufig kryſtalliſirt, ſo iſt es leicht an der Form erkenn-
bar. Das Tetraeder o = a : a : a herrſcht bei weitem am meiſten vor,
eine Streifung parallel den Kanten führt auf das Pyramidentetraeder l
= a : a : ½a pag.
68. Es beſtimmt ſich daſſelbe durch das ſelten fehlende
Granatoeder g = a : a : ∞a, welches vollflächig die Tetraederecken zu-
ſchärft. Die Kante g/l bildet eine Linie, ſenkrecht gegen die Richtung der
Tetraederkante ſtehend. Außer dieſen dreierlei Flächen o g l ſtumpft öfter
der Würfel w die Kanten, und das Gegentetraeder o' die Ecken des
Tetraeders o ab. Letztere iſt zwar gar nicht gewöhnlich, und nur klein,
ſo daß das tetraidiſche Ausſehen dadurch nicht geſtört wird.


Eine wichtige Rolle ſpielt auch das Granatoeder, welches ſich im
Tennantit zur herrſchenden Form ausdehnt, daran ſtumpft dann das Te-
traeder o die Hälfte der dreikantigen Ecken gerade ab, und das Pyra-
midentetraeder l die Hälfte der Kanten. Letztere pflegen oft ſehr glänzend
und ſcharf ausgebildet zu ſein (Kapnik, Müſen), und bilden dann einen
Gegenſatz zum mattern Gegenpyramidentetraeder l', welches öfter (Kapnik)
untergeordnet die zweite Gegenhälfte der Granatoederkanten abſtumpft.
G. Roſe (Pogg. Ann. 12. 489) machte auf beiſtehende complicirte Kry-
ſtalle auf einer Quarzdruſe von Oberſachſen bei Ilanz am Vorder-Rhein
aufmerkſam. Daran herrſcht das Tetraeder o; Pyramidentetraeder l
[619]V. Cl. Geſchw. Metalle: Fahlerz.
ſchärft die Kanten o/o zu; Würfel-
fläche w ſtumpft die Tetraederkante
o/o (reſpective l/l) gerade ab; drei
Granatoederflächen g ſchärfen die Te-
traederecken zu, woran dann das Ge-
genpyramidentetraeder l' l' l' diejeni-
gen Granatoederkanten abſtumpft,
welche l noch nicht abgeſtumpft haben.
Zwiſchen g und l liegt das gebro-
chene Pyramidentetraeder p = a :
½a : ⅓a
, der Hälftflächner vom ge-
wöhnlichen Pyramidengranatoeder.
Kleine Abſtumpfungen in dieſer Art
findet man auch bei Kapnik. Endlich

[figure]

der vollflächige Pyramidenwürfel π = a : ⅓a : ∞a durch die Zonen g
und p/p beſtimmt. Derſelbe kommt zu Gersdorf, bei Dillenburg auf der
Grube Aurora, zu Müſen ꝛc. vor. Wenn das Pyramidengranatoeder
fehlt, ſo läßt ſich π dann aus der Zone g/l beſtimmen. Aeußerſt ſelten
kommt eine gerade Abſtumpfung der Pyramidenkanten von l vor, dieſelben
würden einem Deltoeder a : a : \frac{3}{2}a angehören (Naumann).


Zwillinge kommen unter andern ſehr ſchön auf der Grube Aurora
bei Dillenburg vor, es treten daſelbſt aus den
Tetraederflächen Ecken heraus, die ihre Te-
traederflächen lagern, wie das Hauptindivi-
duum ſeine Gegentetraederflächen hat. Wenn
die Zwillingsindividuen ins Gleichgewicht tre-
ten, ſo bilden ſie die bekannte Form pag. 70,
wo ſich die Tetraederkanten rechtwinklig kreu-
zen, und der gemeinſame Kern ein Oktaeder iſt.


Stahlgraue bis eiſenſchwarze Farbe, die
Kryſtallflächen außerordentlich ſtark glänzend,
kleinmuſcheliger Bruch. Strich ſchwarz, häufig
auch mit einem mehr oder weniger ſtarken

[figure]

Stich ins Roth. Härte 3—4, mäßig ſpröde, Gew. 4,5—5,2.


Vor dem Löthrohr raucht es ſtark und ſchmilzt leicht zu einer Kugel,
die bei Gegenwart von Eiſen etwas magnetiſch wird. Die Kohle be-
ſchlägt ſich dabei weiß von Antimonoxyd, nahe an der Probe häufig mit
einem gelblichen Zinkbeſchlag, der kalt wieder weiß wird. Das Blei iſt
ihm fremd, wenn es nicht zufällig durch den mitvorkommenden Bleiglanz
verunreinigt iſt. Den Arſenikgehalt erkennt man am Geruch, beſonders
wenn man das fein gepulverte Erz mit Soda auf Kohle in der Reduc-
tionsflamme ſchmilzt: der Schwefel wird dadurch zurückgehalten und das
Arſen allein verflüchtigt, der Geruch alſo nicht durch den Schwefelgehalt
verdeckt. Reaktionen mit Flüſſen werden nur rein, wenn man es vorher
gepulvert ſorgfältig röſtet.


Chemiſch bildet es ſo zahlreiche Varietäten, die ſo merklich von ein-
ander abweichen, „daß, wenn ſie nicht alle dieſelbe Kryſtallform hätten,
man ſie nicht für eine Species gehalten haben würde. Denn das Ver-
hältniß der Beſtandtheile in den Fahlerzen von verſchiedenen Fundorten
[620]V. Cl. Geſchw. Metalle: Kupferfahlerze.
wechſelt dergeſtalt, daß es nicht zwei Fahlerze von verſchiedenen Stellen
gibt, welche ganz dieſelbe Zuſammenſetzung haben.“ Klaproth Beiträge
IV.40 gab zuerſt eine gründlichere Analyſe, wies wenigſtens den Mangel
des Bleies nach, wodurch es ſo leicht von Spießglanz-Bleierz chemiſch
unterſchieden werden kann. Durch H. Roſe (Pogg. Ann. 15. 576) iſt
zuerſt die Formel feſtgeſtellt
(F̍e, Z̍n)4 (S̶ˈˈˈb, A̶ˈˈˈs) + 2 (C̶̍u, A̍g)4 (S̶ˈˈˈb, A̶ˈˈˈs).
Viel Eiſen (4 bis 27 Fe) ſetzt wenig Zink (0 bis 5 Zn), viel Silber
(31 bis 0,5 Ag), wenig Kupfer (25 bis 48 Cu) und viel Arſenik (24 As),
wenig Antimon voraus. Höchſt eigenthümlich iſt ein Queckſilbergehalt,
der nach Klaproth bei Poratſch in Oberungarn 6,25 p. C. beträgt, Hauer
fand ſogar bei dem von Guſtav-Friderici daſelbſt 16,7 Hg, Weidenbuſch
bei dem von Schwatz in Tyrol 15,6 Hg. Solches wird daher auf Queck-
ſilber verhüttet. Es gibt in offener Glasröhre einen Beſchlag kleiner
Queckſilbertropfen.


Seiner Häufigkeit nach gehört Fahlerz zu den gewöhnlichſten Erzen,
durch Zerſetzung ſind ebenfalls, wie aus den geſchwefelten Kupfererzen,
ſaliniſche Kupfererze entſtanden, wie z. B. bei Bulach auf dem Schwarz-
walde.


Nach ihren Sulphobaſen unterſcheidet man Kupfer- und Silberfahl-
erze; nach den Sulphoſäuren aber Antimon-, Arſen- und gemiſchtes Fahl-
erz. Indeß liegt es in der Natur der Sache, daß die Unterſchiede nicht
ſtreng feſtgehalten werden können. Da ferner ſämmtliche Baſen ſich unter
einander erſetzen können, und das Atomverhältniß von (Fe, Zn) S zum
(C̶u, Ag) S nicht immer in dem Verhältniß von 1 : 2 ſteht, ſo hat Fran-
kenheim die einfachere Formel
4ˈˈˈ = (C̶̍u, A̍g, F̍e, Z̍n, H̍g)4 (S̶ˈˈˈb, A̶ˈˈˈs)
in Vorſchlag gebracht.


Kupferfahlerze ſind bei weitem die gewöhnlichſten, ihr Silbergehalt
geht meiſt unter 1 p. C. hinab, und man kann ſie ziemlich gut in drei
Unterabtheilungen bringen:


a) Antimon-Fahlerz, Werner’s Schwarzerz, hauptſächlich ˈˈˈb
enthaltend.


(C̶̍u, F̍e, Z̍n, H̍g) S̶ˈˈˈb.
Eiſenſchwarze Farbe. Nach Kerl enthält die derbe Maſſe im Rammels-
berge bei Goslar gar kein Arſenik, ſondern 28,8 Sb, 37,9 Cu, und nur
0,67 Silber. Derbe Maſſe von Durango in Mexiko hatte ebenfalls
kein Arſenik, und 1,1 Ag. H. Roſe analyſirte die bekannten mit Kupfer-
kies überzogenen pag. 612 von Zilla bei Clausthal. Unter der Kupfer-
kiesdecke iſt die Kryſtalloberfläche rauh. Die unzerſetzte Maſſe hat einen
dunkelrothen Strich. Sie hatten kein Arſenik, 282, Sb, 34,5 Cu, aber
ſchon 5 Ag. Die zu Zwillingen ſo geneigten prachtvollen Kryſtalle von
der Grube Aurora bei Dillenburg haben bereits 2,3 As, 34,4 Cu und
nur 0,8 Ag. Die mit gelber Blende brechenden Siebenbürgiſchen (Kap-
nik) Kryſtalle 2,9 As, 38 Cu, 0,6 Ag. Die Queckſilber-Fahlerze von
Toscana (2,7 Hg), Poratſch und Schwaz enthalten ebenfalls kein Arſenik.


[621]V. Cl. Geſchw. Metalle: Silberfahlerz.

b) Gemiſchtes Fahlerz, worin das Arſenik einen weſentlichen
Antheil hat, ſind zwar nicht gewöhnlich, aber doch von mehreren Orten
bekannt. So enthalten die Kryſtalle von Gersdorf bei Freiberg mit Fluß-
ſpath brechend nach H. Roſe 7,2 As, 16,5 Sb, 38,6 Cu, 2,37 Ag. Ebel-
men analyſirte ein reines derbes Vorkommen von Mouzaïa in Algerien,
4,7 Gew. ohne Silber mit 9,1 As, 14,7 Sb. Auf den verlaſſenen Gruben
von Markirchen in den Vogeſen brachen früher Kryſtalle mit 10,2 As,
12,5 Sb, 0,6 Ag.
So daß dieſes als Muſter dienen kann.


c) Arſenikfahlerz (Tennantit Phillips) kommt zu Redruth und
St. Day in Cornwallis in kleinen Granatoedern vor, die blos Arſenik und
kein Antimon enthalten, mit ſchwarzem Strich. Tetraederflächen ſind oft
kaum daran merklich. Kudernatſch (Pogg. Ann. 38. 397) fand darin
19,1 As, 48,9 Cu, 3,6 Fe. Da die Formel F̍e4ˈˈˈs + 2 C̶̍u4ˈˈˈs nur
43 Cu erfordern würde, ſo glaubt er einen Theil des Kupfers als Cu S
annehmen zu ſollen, welches das Fe S erſetzen würde, alſo
(F̍e, C̍u)4ˈˈˈs + 2 C̶̍u4ˈˈˈs.
H. Roſe war auch bei den andern Fahlerzen ſchon zu einer ähnlichen An-
ſicht gekommen. Indeß da Cu S eine ungewöhnliche Baſis iſt, ſo bleibt man
gegenwärtig bei der einfachern (C̶̍u, F̍e)4ˈˈˈs ſtehen. Breithaupt’s


Kupferblende von der Grube Prophet Jonas bei Freiberg mit
rothem Strich, 4,2 Gew., enthält nach Plattner (Pogg. Ann. 67. 422)
8,9 Zink, 2,2 Fe, 41,1 Cu, 18,9 As, und nur Spuren von Antimon und
Silber, es iſt daher ein zinkiſcher Tennantit:
(C̶̍u, Z̍n, F̍e)4ˈˈˈs.


Silberfahlerz bildet ſeit alter Zeit den wichtigſten Gegenſtand des
Bergbaues, Werner begriff es hauptſächlich unter dem Namen Fahlerz,
Klaproth (Beiträge I.181 und IV.54) nannte es Graugiltigerz, von
Spätern wurde es dann auch Weiß- und Schwarzgiltigerz genannt. Klap-
roth rechnete dahin übrigens alle Fahlerze, wenn ſie auch nur wenig
Silber hatten, wie z. B. Kapnik, Poratſch, Annaberg, Zilla. Jetzt rechnet
man dahin nur die reichen. Uebrigens iſt es bemerkenswerth, daß bei
ſolchen der Arſenik faſt ganz fehlt. Auch variirt der Silbergehalt außeror-
dentlich. So unterſuchte Rammelsberg (Pogg. Ann. 77. 247) die ſchönen
Tetraeder vom Meiſeberge bei Harzgerode auf dem Unterharze, wo ſie öfter
mitten im Bleiglanz ſtecken, ſie enthielten 7,3 bis 10,5 p. C. Silber und kein
Arſenik. Berühmt waren im vorigen Jahrhundert die Kryſtalle und derben
Maſſen von der Grube St. Wenzel bei Wolfach auf dem Schwarzwalde,
„die etliche und 20 Mark Silber per Centner“ gaben. Sie brachen mit
Schwerſpath im kalkigen Gneis. Klaproth fand darin 13,25 Ag, 25,5 Cu,
H. Roſe ſogar 17,7 Ag und 25,2 Cu nebſt 26,6 Antimon, aber kein
Arſenik. Am ſilberreichſten ſind die Kryſtalle von der Habacht-Fundgrube
bei Freiberg, welche dort unter dem Namen „kryſtalliſirtes Weißgültigerz“
gewonnen werden, allein ſie enthalten kein Blei pag. 610, aber 31,3 Ag,
14,8 Cu, 24,6 Sb
ꝛc. und kein Arſenik.


[622]V. Cl. Geſchw. Metalle: Bournonit.

2. Bournonit.


Graf Bournon beſchreibt es in den Philos. Transact. 1804 pag. 30
als Sulphuret of Lead, Antimony and Copper aus der Grube Huel Boys
bei Endellion im nördlichen Cornwallis. Klaproth Beiträge IV.82 ana-
lyſirte es als Spießglanzbleierz, Werner nannte es in ſeinen letzten
Jahren nochmals Schwarzſpießglanz, zu Kapnik nannten es die Berg-
leute längſt Rädelerz. Antimoine sulfuré plumbo-cuprifère Hauy’s.


2gliedrig, aber die Kryſtalle oft ſchwierig zu entziffern. Schon

[figure]

Phillips gibt die Säule d = a : b : ∞c 930 40′ an,
ſie kommt häufig nur ſehr untergeordnet vor, was das
Erkennen erſchwert. Das auf die ſtumpfe Säulenkante
aufgeſetzte Paar n = b : 2c : ∞a mit 830 29′ über
T in b glänzt ſtark, und kann bei den großen Kryſtallen von Neudorf
leicht mit dem Anlegegoniometer controllirt werden. Das auf die ſtumpfe
Kante aufgeſetzte Paar p = a : 2c : ∞b mit 870 8′ über M in a iſt
meiſt matt und unförmlich, und daran öfter leicht zu erkennen. In den
vorſtehenden Kryſtallen von Bräunsdorf dehnen ſich dann P = c : ∞a :
∞b, M = a : ∞b : ∞c
, und die etwas blättrige T = b : ∞a : ∞c
zum Tafelartigen aus. Wenn ſich dagegen die beiden Paare n und p
vergrößern, wie bei Neudorf, ſo gleichen ſie einem viergliedrigen Oktaeder,
an welchem das Hauptoktaeder o = a : b : c die Endkanten abſtumpft.
Daſſelbe hat für c = 1 die Axen
a : b = ; lag = 0,32272, lgb = 0,35035.
Die vordere Endkante mißt 1360 7′, die ſeitliche 1330 3′, die Differenz beider be-

[figure]

trägt nur 30. Darunter kommen gewöhnlich kleine Ok-
taederflächen y = a : b : 2c vor. Faßt man dieſe Kry-
ſtalle übrigens näher ins Auge, ſo ſieht man beſonders
auf der matten p einſpringende Winkel und Ungleich-
heiten: es zeigt das Zwillingsverhältniſſe an, indem
zwei Individuen die Säulenfläche d = a : b : ∞c ge-
mein haben, und ſich durchkreuzen. Da die Säulenwinkel nur um 30 40′ vom
Rechten abweichen, ſo verwechſelt man ſie leicht mit einfachen Individuen. In
England dagegen durchkreuzen ſich die Individuen, wie das ſchon Bournon
beſchreibt, und erinnern dann durch ihr Bild an Staurolith pag. 236.


Es kommen daſelbſt ſehr complicirte Kryſtalle vor, meiſt mit Neigung

[figure]

zur Tafelform. Beiſtehender von Haidinger abgebil-
deter Kryſtall hat außer P M T n p o y, die Säule d
= a : b : ∞c
nur ſehr klein, daneben kommt noch
e = a : 2b : ∞c, und f = 2a : b : ∞c, q = a :
c : ∞b.
Zwiſchen q/o liegt öfter a : c : 2b. Phil-
lips gibt noch viele andere an, namentlich auch in
der Verticalzone M/P.


G. Roſe (Pogg. Ann. 76. 291) ſucht die Form
des Bournonit’s mit Arragonit in Beziehung zu
bringen, man muß dann aber die Kryſtalle nach der
Verticalzone p/p aufrecht ſtellen. Da nun eine beim
Bournonit vorkommende Fläche t = ¾a : c : ∞b in der Axe a den Winkel
1150 16′ macht, welcher vom Arragonit nur 10 abweicht, ſo müßte man
[623]V. Cl. Geſchw. Metalle: Schilfglaserz.
dieſer Säule die neuen Axen A : B : ∞c geben, dann würde p = A :
⅔B : ∞c.
Eine beim Arragonit nicht häufige l = c : ⅔b : ∞a macht in
c 850 33′, und da die ſcharfe Säulenkante des Bournonit’s d/d 860 20′
beträgt, ſo wäre d = C : ⅔B : ∞a zu ſetzen. Dann ließe ſich Ueberein-
ſtimmung annähernd in den Winkeln herausbringen. Allein die Zwillinge
paſſen nicht, das macht ſchon die ganze Sache unwahrſcheinlich, ſo inte-
reſſant der Vergleich mit Rothgülden iſt.


Dunkel bleigrau, kaum dunkeler als Antimonfahlerz, innerlich einen
ſtark glänzenden kleinmuſcheligen Bruch. Einzelne Kryſtallflächen haben
einen ſehr ſtarken Glanz, während andere wieder auffallend matt ſind.
Härte 2—3, ſpröde, namentlich Kryſtalle leicht zerſpringend, Gew. 5,8.


Vor dem Löthrohr ſtark verkniſternd, doch kann man ihn mit Gummi-
löſung leicht halten, er ſchmilzt dann außerordentlich ſchnell, gibt ſogleich
einen weißen Antimonbeſchlag, dem dann ſofort ein gelber von Bleioxyd
folgt. Das Korn nimmt daher ſchnell an Größe ab, wird zuletzt ge-
ſchmeidig, und gibt mit Soda ein kleines Kupferkorn.


C̶̍u P̍b2ˈˈˈb = C̶̍u3ˈˈˈb + 2 P̍b3ˈˈˈb = (C̶̍u + 2 P̍b)3ˈˈˈb,
mit 40,8 Blei, 12,6 Kupfer, 26,3 Antimon, 20,3 Schwefel von Neudorf,
H. Roſe Pogg. Ann. 15. 573. Wie die Antimonfahlerze, ſo enthält auch
er kein Silber, ſofern er frei vom beibrechenden Fahlerz iſt.


Da beim Cuproplumbit pag. 586 C̶̍u mit P̍b iſomorph zu ſein ſcheint,
ſo ſtimmt ſeine Formel mit der des Rothgülden pag. 608. G. Roſe macht
nun auf das intereſſante Verhältniß aufmerkſam, daß wie das Roth-
gülden dem Kalkſpath, ſo der Bournonit dem Arragonit ähnlich kryſtal-
liſiren.


Mit Fahlerz und Kupferkies zuſammen zu Neudorf auf dem Unter-
harz bis zu fauſtgroßen Kryſtallen, Wolfsberg bei Stollberg, Bräunsdorf
bei Freiberg, Andreasberg, Roſenhöferzug bei Clausthal. Das Rädelerz
von Schemnitz bildet einfache Primitivformen PMT mit der Säule dd.
Cornwall, Mexiko, Peru.


Der Prismatoidiſche Kupferglanz Mohs Grundr. Min. II.
559 auf Spatheiſenſtein von Wolfsberg in Kärnthen (Antimonkupferglanz)
ſieht dem Bournonit ſehr ähnlich, 2gliedrig, Härte 3, Gew. 5,7. Ent-
hält aber neben 17,6 Antimon, 10,3 Arſenik, 26,2 Schwefel, 28,4 Blei,
17,5 Kupfer.


Schilfglaserz Freiesleben’s vom Himmelsfürſt bei Freiberg, wird
ſchon von Romé de l’Isle Cristall. III.54 als mine d’argent grise anti-
moniale
deutlich beſchrieben. Ein ſeltenes Mineral. Phillips (Mineralogy
1823. pag.
290) hat die Kryſtalle zuerſt gemeſſen, darnach würden ſie
2gliedrig ſein: zwei meßbare blättrige Brüche M = a : b : ∞c
bilden eine geſchobene Säule von 1000. Ihre vordere ſtumpfe Kante wird
durch eine Reihe unbeſtimmter Flächen abgeſtumpft, die den Säulen ein
längsgeſtreiftes ſchilfartiges Ausſehen geben. Drei Paare ſind auf die
ſcharfe Säulenkante aufgeſetzt, wovon das obere Paar in c den Winkel
von 1300 8′ macht. Da dieſe Beſchreibung jedoch mit der von Haus-
mann (Pogg. Ann. 46. 146) gar nicht ſtimmt, ſo meint G. Roſe, Phil-
lips habe Kryſtalle von Weißgiltigerz pag. 610 vor ſich gehabt. Nach
[624]V. Cl. Geſchw. Metalle: Nadelerz.
Hausmann’s Angaben bilden die Kryſtalle Oblongoktaeder mit 910 und
680 in den Seitenkanten. Die Endecke gerade abgeſtumpft. Der Winkel
910 erinnert an d/d vom Bournonit. Wöhlers Analyſe gab
23,7 Ag, 30,1 Pb, 27 Sb, 18,7 S, alſo ungefähr 5 A̍g + 7 P̍b + S̶ˈˈˈb;
da eine andere Analyſe auch etwas Schwefelkupfer gab, ſo glaubt G.
Roſe ihn als Silberbournonit, worin das Schwefelkupfer durch
Schwefelſilber vertreten wäre, anſehen zu dürfen, alſo
(A̍g, P̍b)3ˈˈˈb


Schwärzlich bleigrau, Härte 2—3, Gew. 6,19. Vor dem Löthrohr
auf Kohle verhält es ſich wie Bournonit, hinterläßt aber ein Silberkorn.


Kupferantimonglanz Zincken von Wolfsberg auf dem Unter-
harz (Pogg. Ann. 35. 357), bildet breitſtrahlige blättrige Maſſe von
2gliedriger Kryſtallform. Eine Säule g = a : b : ∞c 1350 12′, b =
b : ∞a : ∞c
ſehr blättrig und längs geſtreift, die Gradendfläche c =
c : ∞a : ∞b
undeutlich blättrig, \frac{g}{2} = a : ½b : ∞c. Bleigrau, Härte
3—4, Gew. 4,7. Vor dem Löthrohr auf Kohle leicht ſchmelzbar, mit
ſtarkem Antimonrauch, ohne Bleibeſchlag, zuletzt mit Soda ein kleines
Kupferkorn:
C̶̍u S̶ˈˈˈb mit 24,5 Cu, 1,4 Fe, 46,4 Sb, 26,3 S,
Spuren von Blei. Bricht auf Spießglanzgruben.


Enargit (ἐναργης deutlich) Breith. Pogg. Ann. 80. 383 bricht in
großen derben Maſſen zu Morococha in Peru mit Tennantit und Kupfer-
kies, 14,000′ hoch auf der Cordillere. 2gliedrige deutlich blättrige Säulen
von 980 11′ mit Endfläche und beide Säulenkanten abgeſtumpft, die alle je-
doch nur undeutlich blättrig ſchimmern. Eiſenſchwarz, Härte 3, Gew. 4,4.
Die Blättrigkeit der Säulenflächen ſoll auffallend ſein, woher der Name.
Plattner fand 32,2 S, 17,6 As, 1,6 Sb, 47,2 Cu. Daraus macht Plattner
die Formel C̶̍u3ˈˈˈˈˈs, woran die ungewöhnliche Schweflungsſtufe von As
+ 5 S
wie beim Xanthokon pag. 609 auffällt. Lieferte in einem Jahre
für 90,000 Thaler Schwarzkupfer.


3. Nadelerz.


Auf Goldgängen im Quarz von Katharinenburg eingeſprengt. Soll
ſchon 1786 von Patrin für Wismuthglanz gehalten ſein, wurde aber dann
für gediegen Chrom angeſehen, und von Werner zu den Chromerzen
geſtellt, bis John (Gehlen Journ. Chem. V.227) den Irrthum aufdeckte.
Mohs (v. d. Null Mineral. Kab. III.726) beſchreibt es 1805 unter die-
ſem Namen ausführlich. Needle Ore, Bismuth sulfuré plumbo-cuprifère.


Scheinbar 2gliedrige längsgeſtreifte nadelförmige Kryſtalle ohne be-
kannte Endflächen. Selten einige Linien dick, meiſt feiner bis haarfein.
Schwärzlich bleigrau, aber faſt immer tombakbraun bis meſſing-
gelb angelaufen, woran man es leicht erkennt. Härte 2—3, Gew. 6,7.


Nach Berzelius ſchmilzt es auf Kohle leicht, raucht und ſetzt einen
weißen an den innern Kanten gelben Beſchlag ab, hinterläßt ein Wis-
[625]V. Cl. Geſchw. Metalle: Nadelerz.
muthähnliches Metallkorn. Mit Soda ein Kupferkorn. Frick (Pogg. Ann.
31. 529) fand 10,6 Cu, 36 Pb, 36,4 Bi, 16,6 S, was ungefähr zu der
Formel des Bournonits
C̶̍u P̍b2ˈˈˈi = C̶̍u3ˈˈˈi + 2 P̍b3ˈˈˈi = (C̶̍u + 2P̍b)3ˈˈˈi
führen würde, worin ſtatt Schwefelantimon Schwefelwismuth ſteht. Es
wäre intereſſant, wenn das Kryſtallſyſtem dereinſt dieſe Anſicht beſtätigte.
Der einzige ſichere Fundort iſt der Quarz auf den Goldgängen von Be-
reſow, das gediegene Gold kommt ſogar in den Kryſtallen vor. Durch Ver-
witterung entſteht Kupferlaſur und Malachit, welch letzterer fälſchlich für
Chromocker ausgegeben wurde. Bei fortſchreitender Zerſetzung bleibt zu-
letzt noch eine gelbe erdige Maſſe von unreinem Wismuthocker pag. 561 zurück.


Der Schwarzwald iſt am Ende des vorigen Jahrhunderts durch die
Bemühungen des Bergraths Selb in Wolfach wegen einiger ſeltenen
Wismutherze berühmt geworden.


Auf der verlaſſenen Grube Königswart unterhalb Schönmünznach
an der Murg auf der badiſch-württembergiſchen Gränze kamen feine Na-
deln in Quarz eingeſprengt vor, ihre Farbe iſt ſchwarz, doch laufen ſie
an der Oberfläche ſchwach meſſinggelb an. Das erinnert an Nadelerz,
als welches ſie auch Prof. Kurr (Grundzüge Mineral. 3te Aufl. pag. 310)
aufführt. Der Gang ſetzt in der Arkoſe des Steinkohlengebirges auf.
Chemiſch nahe ſteht ihm das


Wismuthiſche Silbererz Klaproth. Selb in Crell’s Chem. Ann. 1793.
1. B. pag. 10 (Wismuthſilber, Wismuthblei), was auf den nebenein-
ander liegenden Gruben Friedrich-Chriſtian und Herrenſeegen in der wil-
den Schappach ohnweit Wolfach auf dem Schwarzwalde noch bis in die
neuere Zeit gewonnen und verhüttet wird. Es iſt eine kleinkörnige, fein-
ſpeiſige, in Quarz eingeſprengte Maſſe, licht bleigrau, milde, Härte 2—3.
Man kann es durchaus nicht recht rein bekommen. Selb ſah es nur ein
einziges Mal fein nadelförmig kryſtalliſirt in einer Druſenhöhle von Quarz.


Vor dem Löthrohr ſchmilzt es leicht, wobei dann aber ſogleich die
ſchmelzende Probe von quarziger Bergmaſſe bedeckt wird. Nimmt man
letztere mit Soda weg, ſo bleibt nach längerm Blaſen ein Wismuthähn-
liches Metallkorn zurück, während die Kohle ſich mit Blei und Wismuth-
oxyd beſchlägt. Auch Antimonrauch fehlt nicht. Wie es überhaupt ſchwer
hält, auch nur kleine von Bleiglanz, Kupferkies oder Fahlerz freie Proben
zu erhalten. Klaproth (Beiträge II.291) fand darin 33 Blei, 27 Wis-
muth, 15 Silber, 0,9 Kupfer, 4,3 Eiſen, 16,3 Schwefel. Obgleich Selb
das beſte Material dazu geliefert hatte, ſo war die Probe doch noch bis
gegen den 4ten Theil mit quarziger Gangart verunreinigt, die in Abzug
gebracht werden mußte. Demnach ſcheinen A̍g, P̍b und ˈˈˈi die weſent-
lichen Beſtandtheile zu ſein. Vielleicht ein Silbernadelerz. Wird im
Schwarzwalde auf Silber verſchmolzen, ausgeſuchte Stücke halten wohl
20 Mark Silber per Centner. Der mitvorkommende Bleiglanz iſt auf-
fallend ſilberarm, und wird an die Töpfer verkauft.


Wismuthkupfer, Selb Denkſchriften Aerzte und Nat. Schwabens I.
311 und 419 (Kupferwismutherz). Iſt auf der Kobaltgrube Neuglück bei
Wittichen im Anfange dieſes Jahrhunderts vorgekommen. Bleigrau wie
Quenſtedt, Mineralogie. 40
[626]V. Cl. Geſchw. Metalle: Zinnkies.
Fahlerz, aber röthlich anlaufend. Wenig glänzend. 4,9 Gew., Härte 3—4.
Bildet Gänge von etwa 1 Zoll Dicke im verwitterten Granit. Selb legte
ſelbſt nur wenige Stufen zurück, und meint daß es 1715 auf der dortigen
Danielsgrube vorgekommen ſein möchte, wo aus mehreren Centnern
Kupfer- und Wismuthhaltiger Erze 133 ℔ Gaarkupfer und 36 ℔ Wis-
muth geſchmolzen ſein ſollen. Klaproth Beitr. IV.91 fand darin 47,3
Wismuth, 34,7 Kupfer, 12,6 Schwefel, was alſo auf C̶̍u und ˈˈˈi ſchließen
läßt.


Kobellit J. Setterberg Pogg. Ann. 55. 635 aus den Hvena-Kobalt-
gruben in Nerike mit Glanzkobalt, Kupferkies und Arſenikkies brechend.
Strahliger Bruch und von Grauſpießglanzartigem Anſehen, aber 6,3 Gew.
Die Formel
4 P̍b3ˈˈˈi + F̍e3ˈˈˈb2, vielleicht (P̍b, F̍e)3 (B̶ˈˈˈi, S̶ˈˈˈb)
gäbe ein Nadelerz, welches ſtatt Kupfer Eiſen hätte, und ſtatt des Wis-
muth etwas Antimon.


Chiviatit Pogg. Ann. 89. 320 von Chiviato in Peru, Gew. 6,9,
bleigrau, ſtark metallglänzend, dem Wismuthglanz ähnlich, drei blättrige
Brüche in einer Zone, wovon zwei mit 1530 und 1330 ſich gegen den dritten
Hauptblätterbruch neigen. 60,9 Wismuth, 18 Schwefel, 16,7 Blei, 2,4
Kupfer, etwaige Formel (P̍b, C̶̍u)2ˈˈˈi3.


4. Zinnkies Wr.


Das Bell-metal ore (Glockenmetall) der engliſchen Bergleute bricht
auf einem 9 Fuß mächtigen Gange zu Huel Rock im Kirchſpiel St. Agnes.
Etain sulfuré, Tin Pyrites.


Regulär, aber äußerſt ſelten in Würfeln kryſtalliſirt. Die Farbe
liegt zwiſchen licht ſtahlgrau und meſſinggelb. Schwarzer Strich. Nicht
ſtark glänzend. Härte 4, Gew. 4,35. Gewöhnlich ſtark durch Kupfer-
kies verunreinigt, deſſen Beimengung man zuweilen noch erkennt, das er-
ſchwert auch die genaue Kenntniß der Zuſammenſetzung. Klaproth hat
ihn zweimal analyſirt, Beiträge II.257 und V.228, und Kudernatſch (Pogg.
Ann. 39. 146) ſchlägt die Formel vor
(F̍e, Z̍n)2 S̎n + C̶̍u2 S̎n.
Letzterer fand 29,6 S, 25,5 Zinn, 39,4 Cu, 12,4 Fe, 1,8 Zn. Kenngott
meint, es ſei blos ein Schwefelzinnhaltiger Kupferkies C̶̍u R̶ˈˈˈ, worin das
Schwefeleiſen durch Schwefelzinn (ˈˈˈn) vertreten wäre. Vor dem Löthrohr
ſchmilzt es leicht, und gibt einen Zinnbeſchlag, der in der Hitze leuchtet.
Als das einzige Erz, worin das Zinn geſchwefelt vorkommt, hat es In-
tereſſe. Es ſoll ſpäter auch bei Zinnwalde vorgekommen ſein.


[[627]]

Sechſte Claſſe.
Inflammabilien.


Von inflammare verbrennen. Eine Klaſſe, die ſchon von den älteſten
Mineralogen (Avicenna) gemacht iſt, doch ſtellte man vieles dahin, was
nicht dahin gehört, wie Schwefel, Diamant. Laſſen wir dieß hier weg,
ſo bilden die Inflammabilien eine ſehr natürliche Gruppe, die aber keine
Mineralien im Sinne der erſten 5 Klaſſen enthält, nämlich keine unor-
ganiſche
Verbindungen, die ſich blos nach chemiſchen Geſetzen bildeten:
ſondern organiſche Produkte, die urſprünglich Pflanzen (ſeltener Thieren)
angehörten, und die ſich im Schoße der Erde in ſcheinbar mineraliſche
Subſtanz veränderten. Vor allem gehören dahin
Kohle, Bitumen und Bernſtein.
Auch Salze mit organiſchen Säuren kommen hin und wieder darin vor.
Sie brechen deshalb auch nicht mehr (oder doch nur ſehr vereinzelt) im
kryſtalliniſchen Urgebirge oder in vulkaniſchen Geſteinen, nicht auf Gängen,
ſondern auf Lagern und eingeſprengt in das Flözgebirge.


Ihr chemiſcher Hauptgehalt iſt Kohlenſtoff, weil die Kohle allein
unter den feſtern Theilen der Pflanze vorherrſcht. Ueberall wo Pflanzen
ſo begraben wurden, daß der Kohlenſtoff nicht verweſen konnte, iſt der
Reſt Kohle mit Sauerſtoff und Waſſerſtoff untergeordnet.


1. Kohlen.


Man verſteht darunter die ſchwarze und braune Kohle, die ſo viel
zum Brennmaterial dient. Sie iſt mehr oder weniger reiner Kohlenſtoff,
und knüpft nicht ſowohl an den Diamant pag. 241, als vielmehr
an den Graphit pag. 511 unmittelbar an, deſſen organiſchen Urſprung
man aber nicht mehr direkt nachweiſen kann, während er ſich auch auf
chemiſchem Wege bei Hüttenproceſſen leicht bildet.


a) Steinkohle.


Werner nannte ſie Schwarzkohle. Houille. Common Coal.


Unkryſtalliniſch und dadurch im Gegenſatz mit Graphit ſtehend. Mu-
ſcheliger Bruch. Vollkommen ſchwarz, ſammtſchwarz, mit ſchwarzem Strich.
Halbmetalliſcher ſtarker Glanz bis matt. Oft bunt angelaufen. Gyps-
bis Kalkſpathhärte, meiſt ſehr ſpröde. Gew. 1,3 bis 1,5. Durch Reiben
40*
[628]VI. Cl. Inflammabilien: Steinkohle.
negativ elektriſch. Fühlt ſich nicht kalt an. Das Pulver färbt Aetzkali
nicht, oder doch nur unbedeutend.


Chemiſche Beſtandtheile ſind Kohlenſtoff, Sauerſtoff und Waſſerſtoff;
Schwefelkies und Bergart unweſentlich. Allein das Verhältniß der drei
Beſtandtheile wechſelt außerordentlich. Es gibt (magere) Kohlen, die faſt
rein aus C beſtehen, andere (fette) haben außer C noch einen weſentlichen
Gehalt an O und H, welche ſich zu einem Bitumen verbunden haben,
das mit lichter Flamme brennt, und woher der beim Verbrennen ſo eigen-
thümliche gerade nicht unangenehme Geruch kommt. Die Elementarana-
lyſe geht aus Folgendem hervor:

Der Gehalt an Kohle nimmt von der Holzfaſer bis zur Steinkohle zu,
Sauerſtoff dagegen ab. Die Entſtehung beruht ohne Zweifel auf einem
einfachen Faulungsproceß, der unter dem Abſchluß der atmoſphäriſchen
Luft vorgieng. Die Kohle fand nicht Sauerſtoff genug, um gänzlich ver-
ſchwinden zu können. Ja Dr. Kremers (Pogg. Ann. 84. 74) weist den
Zuſammenhang nach, in welchem die Holzfaſer mit der Kohlenbildung zu
ſtehen ſcheint: die Holzfaſer veranlaßt nämlich bei der Deſtillation des
Holzes weſentlich die Bildung von Eſſigſäure. Nun zeigt ſich, daß unter
den Produkten der trockenen Deſtillation von Braunkohle, auch wenn ſie
noch ſo zerſetzt ſein mag, entſchieden Eſſigſäure vorkommt, es ſcheint alſo
noch unzerſetzte Holzfaſer darin zu ſein, während bei ächten Steinkohlen
ſolche Anzeichen gänzlich fehlen. In der Steinkohle ſind alſo alle Spuren
unverſehrter Holzfaſer geſchwunden, was direkte Unterſuchungen mit dem
Mikroſkop auch beſtätigt haben. Der Druck der Waſſerſäule und des
ſpäter darauf abgelagerten Gebirges trugen dann noch das ihrige bei,
daß das Ganze ſich zu einer ſo homogenen Maſſe vereinigte. In Be-
ziehung auf den Gehalt an Aſche muß man weſentlich zweierlei unter-
ſcheiden: der größte Theil ſtammt vom Gebirge, und beſteht dann aus
Thon und Schwefelkies; ein kleiner gehört dagegen ſchon der Pflanze als
ſolcher an. Dieſer beträgt aber in der Aſche lebender Pflanzen meiſt
unter ⅓ p. C., und beſteht hauptſächlich in Kali- und Natronſalzen, mit
etwas Phosphorſäure, Kieſelerde ꝛc., kann daher auch für die Steinkohlen
keine große Bedeutung haben. Die Kohlen kommen übrigens ſo rein
vor, daß die Aſche mancher Cannelkohle nur 0,5 p. C., von Commentry
ſogar nur 0,24 p. C. beträgt. Dr. Kremers glaubt den Beweis führen
zu können, daß die urſprünglichen Aſchenbeſtandtheile aus der Braun-
und Steinkohle gänzlich entfernt ſeien: dieß zeigen nicht blos die ſehr ge-
ringen Spuren von Phosphorſäure, ſondern die unlöslichen Silicate ſelbſt
in der compacteſten Kohle.


Der Bitumengehalt iſt bei der Anwendung als Brennmaterial
von dem größten Einfluß, denn derſelbe brennt mit rußiger Flamme, läßt
ſich daher vor dem Löthrohr leicht nachweiſen. Der Rückſtand, engliſch
Coaks genannt, verhält ſich verſchieden: bei den fetten glänzenden Kohlen
bläht und krümmt er ſich, und backt zuletzt zu einer glänzenden poröſen
Maſſe zuſammen; bei den fetten matten und bei den magern bleibt die
[629]VI. Cl. Inflammabilien: Steinkohle.
Probe unverändert. Zwiſchen beiden Extremen kommen aber alle Mittel-
ſtufen vor. In verſchloſſenen Gefäßen erhitzt geben beſonders dieſelben
mehrere ausgezeichnete Deſtillationsprodukte: brennbare Gaſe (worunter
auch Leuchtgas), bituminöſes Oel, ammoniakaliſche Waſſer, der Rückſtand
iſt Coaks.


In der Praxis werden außerordentlich viele Unterſchiede gemacht.
Bei der Eintheilung muß man beſonders auch die mineralogiſchen Kenn-
zeichen nicht mit denen von der Structur hergenommenen vermiſchen, wie
das ſeit Werner ſo viel geſchieht. Denn der Structur nach zählen ſie
zu den Gebirgsarten.


Mineralogiſch kann man etwa folgende 5 Varietäten unterſcheiden:


1. Anthracit Hauy, Kohlenblende Karſten. Werner begriff ihn unter
ſeiner Glanzkohle. Vollkommen muſcheliger Bruch.


Iſt am härteſten und ſchwerſten, Gew. 1,8. Die Farbe eigenthümlich
graulich ſchwarz (Eiſenſchwarz), beſonders wenn man die Stücke
neben Glanzkohle legt. Der Glanz neigt etwas zum Matten. Bitumen
fehlt ihm, daher brennt er vor dem Löthrohr nicht, bedeckt ſich aber mit
Aſche (S⃛i, A̶⃛l, F̶⃛e), die in Amerika als vorzügliches Dungmittel benutzt
wird. Bei dem erſten Anwärmen verkniſtert er ſtark, das wirkt
auf den Luftzug in Hochöfen ſehr nachtheilig. Der reine Kohlengehalt
geht bei einigen weſtphäliſchen Abänderungen auf 96 p. C. Er ſchließt
ſich durch dieſe Kennzeichen unmittelbar an den Graphit pag. 511 an.
Hauy glaubte ſogar, daß er kryſtalliniſch ſei und blättrigen Bruch habe.
Derſelbe beſchreibt reguläre ſechsſeitige Säulen und Oktaeder (Traité de
Minér. IV.
441). Doch mögen wohl Abſonderungsverhältniſſe den großen
Meiſter im Erkennen der Blätterbrüche getäuſcht haben. Die alpiniſche
Kohle von La Mure, Hering in Tyrol, der Thonſchiefer von Ebersdorf
im Voigtlande liefern gute Beiſpiele für die Charakterfarbe.


Gewöhnlich nimmt man jedoch den Begriff im weitern Sinne, und
nennt auch die ſammtſchwarze Kohle noch Anthracit, wenn ſie nur mager
genug iſt, und vor dem Löthrohr nicht brennt: ſo die 30′—50′ mächtigen
Schichten zwiſchen Susquehanna und Delaware mit Thonſchiefer und
Grauwacke wechſelnd; die mächtige Kohle in Südwallis, Schottland ꝛc.,
die Becken von Mons und Anzin. Das kleine Lager am Hackebach bei
Zunsweier an der untern Kinzig, was neuerlich wieder in Baden ſo
große Hoffnungen erregt. Die Franzoſen nennen dieſe jedoch paſſender
Houille sèche. In Südwallis iſt ſie ſo mager, daß ſie lange nicht ge-
braucht werden konnte, weil ſie ſchwer brennt. Allein mit warmem Ge-
bläſe gibt ſie ein vortreffliches Feuer, und kann direkt zur Hochofenfeue-
rung angewendet werden. Sie raucht beim Brennen nicht.


Wenn Gänge von Porphyr und Baſalten Kohlenlager durchſetzen,
ſo haben ſie öfter den nächſtgelegenen Kohlen das Bitumen entzogen.
Auf dieſe Weiſe können ſelbſt Braunkohlen (am Meißner in Heſſen) in
Anthracit verwandelt werden.


2. Glanzkohle. Zeigt ebenfalls vollkommen muſcheligen Bruch, iſt
aber ſammtſchwarz (kaum einen Stich ins Grau), und mit dem ſtärkſten
Glanz, der überhaupt bei Kohlen vorkommt. Sie iſt ſpröde und zerbrech-
lich. Es gibt eine magere und fette. Die magere flammt nicht, bildet
[630]VI. Cl. Inflammabilien: Steinkohle.
den Uebergang zum Anthracit, und wird, wie wir ſoeben ſahen, auch
häufig ſchon ſo genannt. Die fette dagegen brennt wegen ihres großen
Bitumengehaltes mit rußiger Flamme, dabei krümmt ſich die Probe nicht
ſelten ganz wurmförmig, und verwandelt ſich in Coaks, der um ſo poröſer
iſt, je mehr Bitumen entwich. Dieſe ſpielt im Kohlengebirge bei weitem
die wichtigſte Rolle, beſonders in den Lagern, die man Schiefer- und
Grobkohle nennt. Sie dient in Deutſchland vorzugsweiſe zur Gasberei-
tung. Bei der Heitzung von Hochöfen iſt das Bitumen hinderlich, und
wird vorher durch Brennen weggeſchafft, indem man aus ihr im Großen
Coaks bereitet.


Eine ausgezeichnete Glanzkohle kommt auch hin und wieder unter-
geordnet im Braunkohlengebirge vor, wie z. B. am Meißner in Heſſen.
Ihr Strich iſt zwar nicht vollkommen ſchwarz, doch kann man ſie im
Mörſer nicht braun reiben. Sie bildet Concretionen in der erdigen Braun-
kohle, und geht dann über in die


3. Pechkohle. Dieſelbe hat ein durchaus pechartiges Anſehen, ſehr
homogenen großmuſcheligen Bruch, die Farbe geht ins Braun, und der
Glanz ins matte Halbopalartige. Sie iſt nicht ſehr ſpröde, kann daher
verarbeitet werden. Wegen ihres großen Bitumengehaltes brennt ſie mit
ſtarker Flamme. In der Steinkohlenformation iſt ſie noch nicht gewöhn-
lich. Dagegen kommen ausgezeichnete Holzſtämme ſchon im weißen Keuper-
ſandſtein vor. Die beſten Kohlenparthieen der Braunkohlenformation
neigen ſich meiſt zur Pechkohle. Eine Pechkohle iſt ohne Zweifel auch der
im Alterthume ſo berühmte


GagatPlinius hist. nat. 36. 34: Gagates lapis nomen habet loci et
amnis Gagis Lyciae … niger est, planus, pumicosus, non multum a ligno
differens.
Zu Leucolla wurde er vom Meere ausgeworfen, wie der Bern-
ſtein, daher auch ſchwarzer Bernſtein genannt. Wahrſcheinlich war
es auch der ſchwarze Edelſtein bei Plin. hist. nat. 37. 67: Samothracia
insula ejusdem nominis gemmam dat nigram, ac sine pondere, ligno
similem.
Seit uralter Zeit knüpfte ſich beſonders in der Medicin viel
Aberglaube daran.


Es iſt in ſolchen Fällen immer ſchwer, das rechte Ding für den
Namen zu finden: Hausmann (Handb. Mineral. II.1539) nimmt die
Braunkohle dafür, allein dieſe hat gerade das am wenigſten edle Anſehen;
Emmerling (Lehrbuch Mineral. II.50) das Judenpech, doch das iſt zu
bröcklich. Agricola de natur. foss. IV. pag. 596 hält ihn für Bitumen,
was in der Erde hart und politurfähig geworden ſei. Seit Bauhin
(Hist. font. Boll. pag. 23 succinum nigrum seu gagates, deutſch ſchwarzer
Agſtein) begreift man in Schwaben ſehr paſſend unter Gagat die ſchwarzen
Platten aus dem Poſidonienſchiefer des Lias, welche in der That nichts
weiter zu ſein ſcheinen, als verhärtetes Bitumen. Auch das Jet der Eng-
länder ſtammt aus der gleichen Formation von Whitby. Sie haben Bruch
und matten Glanz der Pechkohle, und brennen faſt ſo lebhaft als As-
phalt, aber tröpfeln nicht von der Pincette ab, und hinterlaſſen ſehr
poröſe ſchaumige Coaks. Ein ſolcher Gagat iſt ſchon wegen der Selten-
heit ſeines Vorkommens etwas Geſuchtes, und die Mitte zwiſchen Bitumen
und Steinkohle haltend auch etwas Eigenthümliches. Nach Dufrénoy
[631]VI. Cl. Inflammabilien: Steinkohle.
(Trait. Minér. III.727) gewinnt man im Grünſand von St. Colombe
Aude Dep. einen „Jaïet“, der zu allerlei kleinen Schmuckſachen verarbeitet
wird: enthält 61,4 C, 38 Bitumen.


4. Cannelkohle hat einen matten Jaſpisbruch, matter als Pechkohle,
mit glänzendem Strich, daher politurfähig. Da ſie zugleich ſchwer zer-
ſprengbar iſt, ſo wird ſie verarbeitet. Im Großen ſchieferig, was man
in Handſtücken gewöhnlich nicht wahrnimmt. Unter den Kohlen des
Steinkohlengebirges die bituminöſeſte, daher ſehr leicht, Gew. 1,2, und
mit loher Flamme brennend, woher der Name ſtammen ſoll (Candle Licht).
Der Rückſtand bläht ſich vor dem Löthrohr nicht, oder doch nur wenig.
Die Analyſe gibt 74,5 C, 5,4 H, 19,6 O. Ihr großer Reichthum an
Waſſerſtoff deutet auf Reichthum an Bitumen, und beim Erhitzen geben
ſie 44 p. C. flüchtige Theile ab. Trotz ihres dichten Zuſtandes gehören
ſie doch zu den reinſten Abänderungen, denn der Aſchengehalt geht bis
auf 0,5 hinab. Das macht ſie beſonders beliebt zum häuslichen Gebrauch.
In England und Frankreich findet ſie ſich hauptſächlich in den obern
Schichten zu Wigan in Lancaſhire, Cleehill in Shropſhire, bei Newcaſtle
in Durham, Gilmeſton bei Edinburg, Nordamerika ꝛc. In Frankreich
heißt ſie Houille maigre und bricht zu Epinac, Blanzy ꝛc. Doſen, Tinte-
fäſſer, Leuchter, Knöpfe ꝛc. werden beſonders aus der Schottländiſchen ver-
fertigt. Zur Gasbeleuchtung die beſte, aber die Coaks ſind ſchlecht.


5. Faſerkohle, Werner’s mineralogiſche Holzkohle, bildet die erdigen
ſchmutzenden Schichten zwiſchen Glanzkohle, im Querbruch von grau-
ſchwarzer matter Farbe. Blättert man aber die Glanzkohle ab, ſo treten
faſrige, etwas ſeidenglänzende eckige Platten zum Vorſchein, die verdrückter
Holzkohle gleichen. Zerrieben gleichen ſie Ruß, daher die damit reich an-
geſchwängerten Kohlen auch wohl als Rußkohle angeführt werden.
Eine ganz magere Subſtanz, deßhalb auch faſriger Anthracit ge-
genannt, die Bergleute heißen ſie Rahm oder Giſch. Die Gluth des
Hochofens, welche das Roheiſen flüſſig macht, reicht nicht hin, ſie zu ver-
brennen, denn ſie kommt mit der Schlacke unverändert wieder heraus. In
größerer Menge verhindert ſie das Zuſammenbacken der Glanzkohle bei
der Verkohlung. Für das Erkennen der ächten Steinkohle iſt dieß die
wichtigſte Subſtanz, und Göppert hat dargethan, daß ſie unter dem Mi-
kroſkop die wohlerhaltene Structur von Araucarien zeige, die wegen ihres
häufigen Vorkommens in der Steinkohlenformation den Namen Arauca-
rites carbonarius
trägt.


Geognoſtiſch, d. h. nach ihrer Struktur im Lager, unterſcheidet
man folgende Abänderungen:


1. Schieferkohle, bei weitem die häufigſte Steinkohle. Sie bildet
geſchichtete Kohlenflötze, in denen ſtrichweis die Faſerkohle mit der Glanz-
kohle wechſelt, wie man beſonders auf dem Querbruche ſieht. Die Glanz-
kohle hat dabei bei weitem das Uebergewicht. Die Schichtung iſt nicht ſelten
ſo regelmäßig, daß man ſie mit Jahresringen der Bäume verglichen, auch
ſogar in allem Ernſte dafür gehalten hat. Von dem Irrthum überzeugt
man ſich jedoch leicht. Solche Anordnung kann nur Folge eines ſehr
regelmäßigen Niederſchlags ſein.


[632]VI. Cl. Inflammabilien: Steinkohle.

2. Grobkohle. Werner (Emmerling Mineral. II.63) hat ſchon
frühzeitig dieſen Unterſchied gemacht unter Widerſpruch von Voigt. Und
ein Fehler war es allerdings, wenn man die Verſchiedenheit in der mine-
ralogiſchen Beſchaffenheit ſuchte, da ſie doch einzig und allein in der
Struktur liegen kann. Die Faſerkohle trägt hier nicht mehr zur Schichtung
bei, die Stücke ſpringen vielmehr unbeſtimmt eckig und nach keiner geraden
Flucht weg. Häufig zeigen ſie Spiegelflächen, welche durch Druck des
Gebirges entſtanden ſind. Mit einem Worte: die ganze Kohlen-
maſſe iſt verworren gelagert
. Ein ganz vortreffliches Beiſpiel
liefert die kleine Ablagerung magerer Kohle bei Zunsweier an der untern
Kinzig im Schwarzwalde. Die 77 Meter mächtige Ablagerung von bald
fetter, bald magerer Kohle zu Creuzot liegt ebenfalls ungeſchichtet und
wirr durcheinander. Wenn man in dieſer Weiſe den Begriff der Grob-
kohle feſthält, ſo ſteht ſie allerdings mit der Schieferkohle im Gegenſatz.


Stangenkohle nannte Werner die ſtangenförmig abgeſonderte
Pechkohle aus dem Braunkohlengebirge vom Meißner. Der Baſalt, welcher
das dortige Braunkohlengebirge überlagert, ſcheint ſeinen Antheil daran
zu haben. Die Säulen, zuweilen von außerordentlicher Regelmäßigkeit,
ſondern ſich gerade wie die Baſaltſäulen ab, ſind aber meiſt nur daumen-
dick. Auch in dem Steinkohlengebirge kommen in der Nähe der durch-
brechenden Porphyre ähnliche Abſonderungen vor.


Blätterkohle gehört ebenfalls mehr dem Braunkohlen- als dem
Steinkohlengebirge an. Die Schichtung iſt hier ſo vollkommen und dünn-
flächig, daß namentlich bei der Verwitterung das Ganze ſich in papierartige
Blätter ſondert. Die Kohlen pflegen ſehr durch Thon und Schwefelkies
verunreinigt zu ſein. Ueber


die Bildung der Steinkohlen iſt man zwar noch nicht ganz im Klaren,
allein daß ſie lediglich Pflanzenprodukte ſeien, kann man kaum ſtreitig
machen. Denn abgeſehen von der Faſerkohle, welche offenbar aus Trüm-
mern untergegangener Coniferenwälder beſteht, die meiſt immer an der
Schieferkohle Theil haben, zeigt nach Hutton ſelbſt die compakteſte Kohle
Northumberlands ein Pflanzenartiges Zellgewebe, zwiſchen welchem eine
zweite Art von Zellen bituminöſer Natur ſitze, die ſich beim Verbrennen
ſchon verflüchtigen, noch ehe die übrige Kohle angegriffen wird. Ja ent-
fernt man nach Göppert’s Beobachtung mit Salpeterſäure das Kali und
ſeine Salze, damit ſie im Feuer behandelt mit der Kieſelerde nicht zuſam-
men ſchmelzen können, ſo findet man in der Aſche ſelbſt der dichteſten
Kohle Parenchym- und Proſenchymzellen. Es fällt freilich auf, daß in
den Kohlen ſelbſt ſich ſo wenig Pflanzenabdrücke zeigen, allein ſie fehlen
nicht ganz, auch mögen ſie durch den Verkohlungsprozeß verwiſcht ſein.
Daß der Verkohlungsprozeß Pflanzenſtructur mit Leichtigkeit dem Auge
entziehe, das zeigen die Pechkohlenſtämme des weißen Keuperſandſteins in
Schwaben auf die deutlichſte Weiſe: ihr äußerer Umriß und die lenticellen-
artigen Eindrücke ihrer Oberfläche deuten den Baumſtamm unwiderleglich
an, aber innerlich iſt die ganze Maſſe ſo homogen, daß man mit der
Loupe vergeblich nach den Spuren der Holzſtructur ſucht. Und doch iſt
dieß nur Pechkohle, die Glanzkohle ſcheint noch mehr Zerſtörungskraft be-
ſeſſen zu haben.


[633]VI. Cl. Inflammabilien: Steinkohle.

Ueber den Kohlenſchichten liegen dagegen die Pflanzen in großen
Maſſen angehäuft, unter ihnen herrſchen die Sigillarienſtämme, zu welchen
die Stigmarien die Wurzel gebildet haben ſollen. Araucariten und Ca-
lamiten ſtehen in Beziehung auf Menge in zweiter Linie. In dritter
Linie Farren und Lepidodendren. Der Schieferthon, in welchen die Flötze
eingebettet ſind, ſcheint häufig ſogar der Boden geweſen zu ſein, worauf
die Pflanzen wuchſen: denn wenn die Beobachtung der engliſchen Berg-
leute richtig iſt, daß die wurzelartig ausgebreitete Variolaria bei New-
caſtle wiederholt unter den Kohlenflötzen unverletzt ausgebreitet liegt, und
wenn ferner es keinem Zweifel unterliegt, daß ſie die Wurzeln von den Si-
gillarien waren, ſo bildete der Schieferthon den alten Humusboden, worin
die Pflanzen wuchſen. Die Stämme ſelbſt wurden zerſtört und gaben
das Material zur Kohle, während die ſchwimmenden Blätter und Hölzer
im Schieferthon über den Kohlen ihr Lager fanden, da es eine be-
kannte Thatſache iſt, daß gerade im Hangenden der Kohlen die meiſten
Pflanzenabdrücke gefunden werden. Jedenfalls weist die Schieferkohle auf
ruhigen Abſatz hin. Nun hat zwar Chevandier ausgerechnet, daß unſere
Wälder 9 Jahre an dem Kohlengehalt des Luftprismas der Atmoſphäre
zu zehren hätten, und daß 100 Jahre dazu gehören würden, um auf der
Waldfläche eine Steinkohlenſchicht von 7 Linien (16 Millimeter) zu er-
zeugen: eine einzige Kohlenſchicht von 1 Fuß Mächtigkeit hätte nach ſolchen
Daten ſchon 2000 Jahre Zeit verlangt. Allein mögen auch dieſe Vor-
ausſetzungen nicht ganz richtig ſein, ſo kommt man bei der Mächtigkeit
der Kohlen immerhin zu Zeitläufen von ſchwindelnder Größe. Um die
Zeiträume doch nicht gar zu groß zu erhalten, nahm ſchon A. Brong-
niart an, daß die Atmoſphäre der Steinkohlenzeit reicher mit Kohlenſäure
geſchwängert war, als die heutige: ein feuchtes tropiſches Inſelklima mochte
die Sache beſchleunigen. Auch iſt die Natur der Pflanzen ſehr in die
Wagſchale zu legen: es ſind vorherrſchend kryptogamiſche Gefäßpflanzen
mit Mangel an Holzgefäßen, die Hauptſache war ein ſchwammiges Zell-
gewebe, was der Are nicht genug Feſtigkeit gewährte, ſchwere Zweige zu
tragen. Solche Stangenwälder bedurften nicht wie unſere Hölzer Jahr-
hunderte, ſondern wenige Monate reichten hin, um die Sumpffläche mit
einem dichten Waldgrün zu decken. So ſchnell das empor ſchoß, eben ſo
ſchnell ſank es in ſich wieder zuſammen, in kürzerer Zeit als heute konnten
Pflanzenreſte ſich anhäufen, welche dann von Strömen tiefern Stellen zu-
geführt und ausgebreitet wurden. Auch konnten Torfbildungen die Sache
beſchleunigen.


Bei der Grobkohle, wie wir ſie oben feſtgeſtellt haben, wirkten
ohne Zweifel Anſchwemmungen großer Ströme mit, darauf ſcheint ſchon
das Durcheinander im Lager der Kohlenſubſtanz hinzuweiſen. Wie noch
heute in dem Deltaland großer Ströme ſich Maſſen von Vegetabilien in
den Grund verſenken, beſonders wenn ſie, wie der Miſſiſippi und die ſüd-
amerikaniſchen Ströme, aus Urwäldern herkommen, ſo wird es auch bei
jenen erſten Landbildungen nicht an fortführenden Kräften gefehlt haben.
Wenn noch zur Diluvialzeit die ſogenannten „Adamshölzer“ am Eismeer
ihren Weg bis zu Gegenden fanden, wo heutiges Tages die Vegetation
aufhört, ſo wäre es gegen alle Wahrſcheinlichkeit, wenn man nicht auch
[634]VI. Cl. Inflammabilien: Steinkohle.
ſchon früher ſolche Anhäufungen annehmen ſollte. Die Dicke der Kohlen-
ſchicht darf daher nur bedingt als Zeitmaß genommen werden.


Praktiſch unterſcheidet man die Kohlen blos nach ihrem Verhalten
im Feuer. In England hauptſächlich vier Sorten:


1. Caking-Coal (Backkohle, Houille grasse) ſchmelzen und backen
zu einem ſchwammigen Coak, welcher grauen metalliſchen Glanz hat. Das
entweichende Bitumen benutzt man zur Gasbereitung. Da ſie durch ihr
Schmelzen den Roſt verſtopfen, ſo wird der Coak gleich bei den Gruben
im Großen dargeſtellt. Die Kohle wird dadurch leichter und die Brenn-
kraft concentrirter. Meiſt von mittlerm Alter.


2. Splint-Coal (Houille sèche), ſie bläht ſich beim Erhitzen nicht,
ſintert höchſtens zuſammen (Sinterkohle), es iſt die Kohlenſtoffreichſte und
an Bitumen ärmſte, ſie wird daher nicht zur Gasbereitung benutzt, kann
aber gleich direkt zur Schmelzung des Eiſens und Heizung von Dampf-
maſchinen angewendet werden. Geognoſtiſch öfter die älteſte.


3. Cannel-Coal (Houille maigre), eine dichte Kohle mit mattem
Bruch, ſchmutzt aber nicht. Sie iſt ſehr reich an Bitumen, und brennt
mit der ſtärkſten Flamme. Dem Alter nach die jüngſte pag. 631.


4. Cherry-Coal iſt ſehr bröcklich, zerfällt beim Druck zu Sand,
welcher die Luftwege ſtopft. Muß daher beim Gebrauch mit Splintkohle
gemiſcht werden.


Techniſch und nationalökonomiſch iſt die Steinkohle nicht
blos wichtig, weil ſie ein Brennmaterial gibt, was nicht auf der Erdober-
fläche vorher zu wachſen brauchte: ſondern mit Steinkohlenfeuer kann auch
der größte Effect erreicht werden.


Die Brennkraft guter Kohle iſt dreimal ſtärker als die von Bu-
chenholz, und 1 Cubikfuß Kohle kommt 7 Cubikfuß Buchenholz gleich.
Der Effect der Hitze hängt lediglich von der Menge Kohlenſtoff ab, welcher
in einer gewiſſen Zeit verflüchtigt wird: nun brennen die Holzkohlen dem
Volumen nach zwar ſchneller als Coaks, der Maſſe nach aber langſamer.
Die vorherige Verkohlung hat den Zweck, ſchädliche Theile, z. B. Schwefel,
wegzuſchaffen, dann die Gaſe zu entfernen, die bei ihrer Expanſion nicht
blos Wärme binden, ſondern bei Hochöfen auch den Desoxydationsproceß
ſtören.


Bei der Gewinnung vermeidet man es ſo viel als möglich, daß die
Stücke zerbröckeln, denn im Handel unterſcheidet man zwiſchen Stückkohle
und Kohlenklein. Das Kohlenklein iſt nicht blos für den Zug bei der
Feuerung nachtheilig, ſondern bewirkt auch, daß die aufgehäuften Kohlen
ſich erhitzen und ſogar entzünden. Denn da den Kohlen meiſt etwas
Schwefelkies im fein vertheilten Zuſtande beigemiſcht iſt, ſo oxydirt ſich
derſelbe beim Zutritt der Luft. Dabei wird Wärme frei, und wird dieſe
nicht durch Luftwechſel entfernt, ſo ſteigert ſie ſich bis zum Anzünden.
Die Kohlenbrände bilden einen der größten Feinde beim Abbau. Bei der
Londoner Gewerbeausſtellung war ein Kohlenblock von 270 Ctr. aus
Staffordſhire, einer von 325 Ctr. aus Südwales, ſogar einer von 500 Ctr.
aus Derbyſhire ausgeſtellt.


Der Vorrath von Kohlen im Innern der Erde iſt unerſchöpflich.
England ſteht in dieſer Beziehung oben an, und verdankt ihnen einen
[635]VI. Cl. Inflammabilien: Steinkohle.
großen Theil ſeines induſtriellen Uebergewichts. Es gewann 1852 740
Millionen Ctr., am Ausgangsorte 10 Mill., am Conſumtionsorte 20
Mill. Pfund Sterling werth! Die Kohlenfelder nehmen über 500 Quadrat-
meilen, alſo faſt den 10ten Theil des Landes ein. Das berühmteſte Feld
von Northumberland und Durham, worauf Newcaſtle liegt, verſieht Lon-
don, was allein über 70 Millionen Centner bedarf. An der Meeresküſte
iſt es zur Ausfuhr beſonders günſtig gelegen, welche allein gegen 1400
Schiffe beſchäftigt. Ja in dieſen nördlichen Grafſchaften ſollen mehr Per-
ſonen unter als über der Erde leben. Man zählt 40 Flötze von einer
Geſammtmächtigkeit von 44′, worunter zwei Hauptflötze, das High Main-
(6′) und Law Mainflötz (6\frac{1}{2}′), am meiſten in Angriff genommen ſind.
In Centralengland verſammelt beſonders Dudley bei Birmingham die
großen Eiſenwerke um ſich. Von 11 bauwürdigen Flötzen iſt das mittlere
30′—40′ mächtig und erſtreckt ſich über einen Raum von 60 engl. Quadrat-
meilen. Das erſt neuerlich bekannt gewordene Südwalliſer Kohlenbecken
übertrifft an Reichthum noch alle, man rechnet auf 1 Morgen (Acre) 2
Millionen Ctr. Viele Schichten übereinander ſind 3′ bis 9′, das mäch-
tigſte ſogar 20′. Im Südſchottiſchen Kohlengebirge bei Paisley weſtlich
Glasgow haben 10 Lager übereinander eine Geſammtmächtigkeit von 100′.


Preußen hat in Deutſchland den wichtigſten Antheil an der Kohlen-
gewinnung: 1852 wurden über 103 Mill. Ctr. gefördert (26 Mill. Tonnen
à 4 Ctr. Preuß.), der Ctr. 9 kr. am Gewinnungsort. Sie haben eine
Brennkraft von 10 Mill. Klafter Kieferholz, deren nachhaltige Hervor-
bringung 1200 Quadratmeilen, alſo mindeſtens ⅕ der Monarchie, ver-
langen würde. Nach Göppert iſt Oberſchleſien das reichſte Kohlenrevier
in Europa, von Toſt bis Alvernia 14 Meilen lang, und von Hultſchin
bis Lierwirz 12 Meilen breit. Die Kohlen liegen in der Ebene und gehen
an vielen Stellen zu Tage aus. Das Xaveryflöz bei Bendzin in Polen
5—7 Lachter (ſogar bis 60′) mächtig, wird durch Tagebau getrieben.
Die Königsgrube in Preußen förderte 1842 aus 4 Flötzen von 4′—15′
Mächtigkeit 300,000 Tonnen Preuß. Das Niederſchleſiſche Kohlengebirge
liegt auf dem Gebirgsſattel von Waldenburg zwiſchen dem Rieſengebirge
und den Sudeten: die Fuchsgrube baut auf 19 Flötzen, hat einen ſchiff-
baren Stollen und lieferte 1844 355,000 Tonnen Kohlen. Porphyre
haben das Gebirge gehoben und zerriſſen.


Am Rhein liefert beſonders die Grafſchaft Mark (Dortmund) die
für Südweſtdeutſchland ſo wichtige Ruhrkohle. Sie bildet die Fortſetzung
der belgiſchen Kohlen auf der rechten Rheinſeite, nördlich des rheiniſchen
Schiefergebirges, und ſetzt auf der linken Rheinſeite über Aachen, Eſch-
weiler nach Belgien fort. Südlich vom Hundsrücken zeichnet ſich das
Kohlenbecken von Saarbrücken durch ſeinen ungeheuern Reichthum aus.
Unter mächtigen rothen Sandſteinen liegen zwiſchen Völklingen an der
Saar und Bexbach in Rheinbaiern 5 Meilen lang 167 verſchiedene Flötze,
darunter das Blücherflötz 14′ mächtig. 77 Flötze von 2′—14′, zuſammen
238′ mächtig, werden abgebaut. Und würde man auch die kleinern mit-
zählen, ſo käme eine Geſammtmächtigkeit von 375′ heraus. Der Preußi-
ſche Antheil zwiſchen Saar und Blies beträgt allein über 800,000 Mil-
lionen Ctr.! Davon werden jährlich 9 Millionen Ctr. gewonnen.


In Belgien, wo \frac{1}{22} der Grundfläche den Steinkohlenfeldern ange-
[636]VI. Cl. Inflammabilien: Steinkohlenverbreitung.
hört, woraus jährlich (1850) über 100 Mill. Centner gewonnen wurden,
ſind die Flötze durch die Hebung des rheiniſchen Schiefergebirges ſehr zer-
riſſen, ſelbſt zickzackförmig gebogen, was den Abbau ſehr erſchwert, und
die Werke reichen über 1000′ unter den Meeresſpiegel. Bei Lüttich zählt
man 61, bei Bergen ſogar 115 bauwürdiger Flötze von 1′—3′ Mächtigkeit.


In Frankreich verdeckt die Kreideformation dieſen Kohlenzug, allein
unter der Kreideformation wird das koſtbare Material noch gewonnen, in
der Umgegend von Valencienne werden allein 4000 Hüttenwerke mit
Kohlen betrieben. Das wichtigſte Kohlenbecken Frankreichs iſt jedoch das
Revier der Loire (Rive de Gier und St. Etienne) ſüdweſtlich von Lyon,
was allein ⅖ der franzöſiſchen Kohlenausbeute liefert. Die 6,2 Meilen
lange Mulde iſt zwiſchen kryſtalliniſches Urgebirge eingeklemmt. Auf der
Loireſeite kommen 12 Flötze von 150′ Mächtigkeit vor, drei meſſen 18′,
30′ und 50′, das mittlere allein ſoll ſogar ſtellenweis 100′ erreicht haben.
St. Etienne ſteht mitten auf dieſem Kohlenreichthum, aber unter der Stadt
darf nicht gebaut werden. Die aufrechten Sigillarienſtämme in den dor-
tigen Sandſteinbrüchen ſind längſt berühmt. Selbſtkoſten der Ctr. 7 kr.
Das Revier des Centrumkanals (Creuzot und Blancy) liegt weſtlich Chalons
sur Saone,
wo der Kanal beginnt und zur Loire geht. Die Waſſerſcheide
liegt im Kohlengebirge, wo in einem künſtlichen Baſſin ſich die Kohlen-
ſchiffe ſammeln. Das große Eiſenwerk Creuzot ſichert allein eine jährliche
Conſumtion von 1\frac{1}{2} Mill. Centner, und ob es gleich ſein Erz als Bohnen-
erz aus der Juraformation und aus dem Alluvialboden des Berry bezieht,
ſo liefert es doch die Anker und rieſigen Maſchinen für die Häfen von
Marſeille und Toulon. Es iſt aber auch eine der mächtigſten Kohlen auf
Erden. Das Flötz von Creuzot iſt in der Streichungslinie auf 1000—1700
Meter bekannt, und 20 bis 60 Meter mächtig. Bei Montchanin geht
ſogar ein Querſchlag 110 Meter lang ununterbrochen in der Kohle
fort, und da das Flötz ungefähr 450 einfällt, ſo iſt es 77 Met. = 237′
mächtig. Freilich verändert ſich das bald wieder, doch wird die durch-
ſchnittliche Mächtigkeit immerhin 25 Met. = 77′ angegeben! Man hat
dieſes Flötz über 1 Stunde weit (4000 Metr.) verfolgt. Nach der Breite
der Mulde und dem Einfallswinkel der Schichten wurde der tiefſte Punkt
auf 27,000′ berechnet, allein direkte Erfahrungen bei Saarbrück haben in
neuern Zeiten gezeigt, wie trügeriſch ſolche Berechnungen ſind. Frankreich
hat außerdem noch mehr als 40 kleinere Kohlenreviere, häufig zwiſchen
Urgebirge eingeklemmt, iſt aber dennoch im Ganzen arm zu nennen. Auch
das ſüdliche Deutſchland theilt dieſes Schickſal. Zwar tritt
wie an den Vogeſen, ſo auch am Schwarzwalde Kohlengebirge in aus-
gezeichneter Deutlichkeit zu Tage, wie an der untern Murg, im Gebiete
der Kinzig bei Zunsweier und Schramberg, aber unter der Laſt des Bunten-
ſandſtein können vielleicht die kohlenreichen Glieder nicht recht zu Tage treten.
Nur auf badiſchem Gebiet im Hakenbach findet ſich ein kleiner Kohlen-
bergbau. Das Kohlengebirge iſt etwa 480′ breit zwiſchen Gneus einge-
klemmt, man zählt 6 Flötze, darunter Neſter von 18′ Mächtigkeit. Auch
am Südrande des Frankenwaldes und längs des Böhmer- und Bayeriſchen
Waldes tritt das Kohlengebirge an verſchiedenen Stellen zu Tage. Bei
Stockheim im nördlichen Bayern und in dem anliegenden Meiningiſchen
Gebiet Neuhaus wird ſeit neuerer Zeit Bergbau darauf getrieben (Leon-
[637]VI. Cl. Inflammabilien: Steinkohlenverbreitung.
hard’s Jahrb. 1853. 1), die geringſte Mächtigkeit des Kohlenflötzes beträgt
6′, allein die Kohle hat ſo viel Schwefelkies, daß ſie erſt gewaſchen wer-
den muß, bevor man ſie zu metallurgiſchen Prozeſſen verkokſen kann.
Der kleinen Becken im Thüringer Wald (Manebach), am Harze (Wettin,
Löbejin, Opperode, Meisdorf, Ihlefeld) nicht zu gedenken. Solche ver-
einzelte Erſcheinungen des ächten Kohlengebirges führen zu der Vermu-
thung, daß im kohlenarmen ſüdweſtl. Deutſchland das reichere Becken unter
dem Buntenſandſteine verborgen liege.


Das Königreich Sachſen hat zwar nur drei kleine, aber ſehr
ausgezeichnete Ablagerungen am nördlichen Rande des Erzgebirges: 1) bei
Zwickau an der Mulde mit 8—9 Flötzen im Durchſchnitt je 6—8′ ſtark,
das ſogenannte tiefe Planitzer Flötz iſt 20—24′, das Rußkohlenflötz ſogar
30′ mächtig. Der Erdbrand auf dem linken Muldeufer ſüdlich von Planitz
bei Zwickau, „wo der Erdboden ſo warm iſt, daß ein Treibhaus für exo-
tiſche Pflanzen darauf angelegt werden konnte“, ſteht bereits ſeit Agricola
(de ortu et causis Sublerraneorum lib. II. pag. 505) in hohem Ruf:
mons carbonum, qui abest a Zuicca oppido ad duo millia passuum, ardet.
Cum enim suo tempore vireat, tamen semper continet in se ignem com-
burentem saepe numero substructiones eorum qui id genus bitumen ef-
fodiunt: interdum betullas, quibus mons est vestitus, me autem puero per
aliquot dies magno arsit incendio.
2) Im Chemnitzer Revier unter-
ſcheidet Naumann eine ältere Kohle bei Ebersdorf und Haynichen, und
eine jüngere bei Flöha, Niederwieſa, Gickelsberg. 3) Das Döhlener Baſſin
im Plauiſchen Grunde bei Dresden, zwar nur mit 4 Flötzen, das bedeu-
tendſte aber in einer Mächtigkeit von 12′—20′.


Oeſtreich gewann 1842 12 Mill. Centner Stein- und Braun-
kohlen, worüber eine höchſt lehrreiche Ueberſicht in den „Tafeln zur Sta-
tiſtik der öſtreichiſchen Monarchie für das Jahr 1842“ zuſammengeſtellt
iſt. Das Hauptſteinkohlenfeld, durch Graf Caſpar von Sternberg ſo be-
kannt geworden, liegt in Böhmen im Gebiet der Beraun zwiſchen Prag
und Mies. Ein anderes Feld bei Brünn in Mähren. Im Banat zu
Porkar ꝛc. kommt eine Kohle vor, welche man in Stücken von 3—4 Ctr.
gewinnen kann, ſie iſt nicht backend, und ſoll an Heizkraft ſelbſt die beſte
engliſche Steinkohle übertreffen, und ſich ganz beſonders zur Feuerung
von Dampfſchiffen eignen, was der Entwickelung der Dampfſchifffahrt
auf der Donau ſehr zu Statten kommt.


Rußland hat in ſeinem großen europäiſchen Centralbecken nicht
blos ausgezeichneten Bergkalk, ſondern darin auch die beſte Kohle: am
Donetz ſind ſchon 225 Flötze über einander nachgewieſen, die im Durch-
ſchnitt eine Mächtigkeit je von 2′ haben. Es erinnert dieſer Reichthum an
den Oberſchleſiſchen. Er ſetzt auch auf die Nordküſte von Kleinaſien über,
wo die Türken an den Küſten des ſchwarzen Meeres bei Tyrla-Aſy Kohlen-
flötze von 120 Zoll Mächtigkeit ausbeuten (Zeitſchrift deutſch. Geol. Ge-
ſellſch. IV.96).


In den Vereinigten Staaten von Nordamerika finden ſich
hauptſächlich 4 gewaltige Kohlenfelder, die auf Uebergangsgebirge und
Bergkalk lagern. Das größte unter allen, das


Appalachiſche Kohlenfeld in Penſylvanien, Ohio und Virginien
ſchließt ſich mit ſeinem ſüdöſtlichen Flügel unmittelbar an das Alleghany-
[638]VI. Cl. Inflammabilien: Steinkohlenverbreitung.
gebirge an, iſt hier gehoben, gefaltet und zerſchlagen, reicht dann aber
nach Weſten in einer Breite von 36 Meilen über den Ohiokanal hinaus,
ſeine Länge beträgt aus der Gegend von Bloßburg im nördlichen Penſyl-
vanien bis Huntsville in Alabama gegen 150 Meilen, und das Ober-
flächen-Areal über 2500 deutſche Quadratmeilen. In den Urwäldern der
drei großen ſchiffbaren Ströme Alleghany und Monongahela, die bei
Pittsburg den Ohio bilden, ſtreichen überall die horizontalen Kohlenflötze
an den Abhängen der Ufer nahe am Rande des Waſſers zu Tage. Das
berühmte Pittsburger Flötz am Ohio von 10′ Mächtigkeit mit den beſten
bituminöſen Kohlen kann man auf 10 deutſche Meilen weit den Monon-
gahela hinauf bis Brownsville verfolgen. Die Kohlenwagen können aus
ihren horizontalen Gängen heraus die Ladung unmittelbar in die Barken
liefern, welche am Flußufer vor Anker liegen. Bequemer konnte es die
Natur nicht bieten. Die amerikaniſchen Geologen machen die intereſſante
Bemerkung, daß die horizontal gelagerte Kohle im Weſten bituminös ſei,
je näher aber den Bergen, deſto mehr nimmt der Bitumengehalt ab, in
den Bergen ſelbſt kommt der ausgezeichnetſte Anthracit vor, wie z. B.
Pottsville am Shylkill weſtlich Philadelphia: 13 Flötze folgen nach ein-
ander in ſenkrechter Schichtenſtellung, worunter einige 8′—10′ mächtig,
die Kohle ſchmutzt nicht, und die Schornſteine der Fabriken rauchen nicht.
Auf der Lehigh-Summit-Grube haben ſich ſogar mehrere Flötze zu einer
50′ dicken Maſſe geſchaart. Nicht minder bedeutend iſt das


Illinois-Kohlenfeld, bei St. Louis das Miſſiſippithal errei-
chend, im Süden vom Ohio, im Norden vom Miſſiſippi durchſchnitten,
gleicht es einer Ellipſe von 65 Meilen Länge und 50 Meilen Breite, ſo
groß als die Inſel Brittannien. Owen zählt 7 gute und 10—12 ſchlechte
Schichten. In den obern Schichten kommen Kohlen vor, woran man die
Holzſtruktur noch ſo gut ſehen kann, als an Holzkohle. Mitten zwiſchen
beiden Feldern liegt die Siluriſche Kalkſtein-Inſel von Cincinnati, mit
ihren Gipfeln 1400′ über dem Meere, während genau nördlich von dieſer
Centralinſel ſich das dritte


Michigan-Kohlenfeld zwiſchen Michigan- und Huronen-See
gegenüberlegt. Alles iſt in dieſen großen Kohlenfeldern mit bewunderungs-
würdiger Regelmäßigkeit abgelagert, gewöhnlich über dem Kohlenflötz die
Blätter und Stämme, und unter ihm die Wurzeln (Variolarien).
In dieſer Beziehung iſt beſonders das vierte,
das Neuſchottiſche Kohlenfeld inſtruktiver, als irgend eines
auf dem Kontinent, da in der durch ſeine Hochfluthen ſo berühmten Fundy
Bay und nördlich von der Halbinſel Neuſchottland die Kohlenformation
an das Meer ſtößt. Sydney, die Haupthafenſtadt von Cape Breton,
liegt im Herzen der Steinkohlenflötze, die ſo gut ſind, als die beſten von
Newcaſtle, viere davon von 4′—7′ Mächtigkeit werden abgebaut. Lyell
beobachtete 1842 in der Fundy-Bay zehn über einander ſtehende
Wälder, Brown an der Küſte von Cap Breton ſogar 17 Stockwerke ſte-
hender Bäume über einander. Man kann bei dem zerſchnittenen Terrain
die Erſcheinung auf viele Stunden Entfernung verfolgen, ſo daß darüber
kein Zweifel ſein kann. Die amerikaniſchen Geologen haben nun ſogar
vermuthet, die drei Centralkohlenfelder hätten vielleicht einſt zuſammen-
[639]VI. Cl. Inflammabilien: Braunkohle.
gehangen, und wären erſt durch Fluthen von einander getrennt, dann
hätte der alte Kohlenwald eine Fläche von 150 Meilen Breite, und am
mindeſten 20,000 Quadratmeilen bedeckt. Immerhin beträgt in den 12
Staaten, welche hauptſächlich Kohlen produciren, das Kohlenareal 133,000
engliſche Quadratmeilen, oder ¼ der ganzen Fläche. Das können unmög-
lich Anſchwemmungen ſein.


Uebergehen wir die Kohlen in Spanien, der Türkei, in Oſtindien
bis nach Auſtralien, ſo drängt ſich am Schluß noch die Frage auf, was
wir Steinkohlen und was wir Braunkohlen nennen ſollen. Che-
miſch
in der Behandlung mit dem Löthrohr oder mit Kali kann man in
einzelnen Fällen zwar ſicher entſcheiden, aber im Ganzen nicht, ſo leicht
es auch der Technik wird, das Brauchbare herauszufinden. Auch das
Vorhandenſein von freier oder an Ammoniak gebundener Eſſigſäure pag. 628
in den Deſtillationsprodukten wird man nicht als abſolutes Merkmal
nehmen wollen. Mineralogiſch ſtellte man früher alles zur Stein-
kohle, was keine Holzſtruktur zeigte und ſchwarzen Strich hatte. Indeß
da es auch ausgezeichnete Braunkohlen der Art gibt, ſo wurde vielfach
confundirt. Daher hält man am beſten am geognoſtiſchen Unter-
ſchiede
feſt, und nennt alle Kohlen der ſecundären Formation bis zur
Kreide Steinkohle, und alle der tertiären Braunkohle. Dann ſind die
Steinkohlen zwar am ausgezeichnetſten in der Steinkohlenformation zu
finden, allein man findet auch mehrere Lagen im Keuper, beſonders be-
kannt die Lettenkohle zwiſchen Muſchelkalk und Keuper. Zwiſchen
Keuper und Lias lagert in Franken ein kleines Kohlengebirge, welches an
der Theta bei Bayreuth und bei Helmſtedt im Braunſchweigiſchen früher
abgebaut wurde. In dieſe Region gehören auch die Kohlen in Oeſtreich
unter der Enns, die ſich längs dem Nordſaume der Alpen bis nach Fünf-
kirchen in Ungarn fortziehen: Waidhofen a. d. Yps, Großau, Lilienfeld,
Grünbach. Die Kohle gleicht äußerlich der beſten Schieferkohle, iſt aber
außerordentlich bituminös, und gibt daher ganz poröſe Coaks. So
ſehr ſie daher in dieſer Beziehung von der Braunkohle abweicht, hat ſie
doch ſchon einen etwas braunen Strich, wie man ihn bei der wahren
Steinkohle nicht findet. In England bei Scarborough und Brora
kommt eine brauchbare Kohle im braunen Jura vor. Geognoſtiſch bekannt
ſind die Kohlen in der Wälderthonformation, welche zu Preußiſch-Minden,
am Deiſter im Bückeburgiſchen, zu Neuſtadt am Rübenberge in Hannover ꝛc.
abgebaut werden.


b) Braunkohle.


Der Name wurde von Werner paſſend nach der braunen Farbe ge-
geben. Die Franzoſen begreifen ſie neuerlich unter Lignites, weil
häufig die Holzſtruktur noch ſicher erkannt wird. Die engliſche Bovey
Coal von Bovey Tracey in Devonſhire gehört dahin.


Es iſt die Kohle der Tertiärformation, welche im Pariſer Becken
bereits im unterſten Tertiärgebirge unter dem Grobkalk beginnt, in Deutſch-
land aber meiſt der mittlern Tertiärformation beigezählt werden muß.
Die Pflanzenreſte ſind in ihr häufig in Menge angehäuft und erkennbar.
Die braune Farbe deutet entſchieden einen geringern Veränderungsgrad
[640]VI. Cl. Inflammabilien: Braunkohle.
als bei der Steinkohle an. Braunkohlen enthalten meiſt weniger Bitumen
als fette Steinkohlen, und geben keine guten Coaks. Uebrigens iſt wie
beim Holz je nach der Feuerung das Ausbringen von Kohle ſehr ver-
ſchieden: ſchnelles Feuern gibt weniger Kohlenrückſtand. Schon Klaproth
vermuthete unter den Deſtillationsprodukten branſtige Holzſäure, was ſich
ſpäter beſtätigt hat. Dr. Kremers glaubte in der Eſſigſäurebildung den
ſcharfen Unterſchied von der Steinkohle zu finden pag. 628. Man kann
ſie nur in ihren Varietäten einigermaßen feſthalten.


1. Muſchelige Braunkohle (Pechkohle, gemeine Braunkohle) hat noch
ganz das Ausſehen einer ächten Steinkohle, doch iſt ſie nicht ſo bituminös,
riecht beim Verbrennen unangenehmer, und hat einen braunen Strich,
oder theilt doch wenigſtens der Kalilauge eine dunkelbraune Farbe mit.
Gew. 1,2. Sie ſcheidet ſich in der gemeinen Braunkohle neſterweis
aus, bildet dünne Flötze in der Molaſſe (St. Gallen mit Planorbis, Kauf-
beuren), am Saume der Alpen (Heering in Tyrol). Ihr Glanz gleicht
meiſt dem der Pech- oder Cannelkohle. Doch liegen auch Partien der
deutlichſten Glanzkohle darin. Am Meißner, wo ſie mit Baſalt in Be-
rührung kommt, wird ſie ſogar faſt noch ſtärker glänzend, als der Glanz
der glänzendſten Steinkohle. Der Baſalt erzeugte dort auch die viel ge-
nannte Stangenkohlepag. 632. Jene geſchichteten in den Alpen
können beim erſten Anblick mit Schieferkohle des Steinkohlengebirgs ver-
wechſelt werden, aber es fehlt bei näherer Anſicht die zwiſchenliegende Faſer-
kohle. Auch haben ſie eine vorherrſchende Neigung, Blätterkohle zu
werden, in welcher die Schichtung viel dünner und beſtimmter iſt (Molaſſe
bei Ißny). Bemerkenswerth ſind die bituminöſen Hölzer (Rod im Sieben-
gebirge bei Bonn), welche im Längsbruch matt ſchimmern und die deut-
lichſte Holzſtruktur zeigen, im Querbruch dagegen einer Pech- bis Glanz-
kohle gleichen. Dieſe ſcheinbar homogene Struktur ſtellt ſich öfter auch
bei Früchten und andern Pflanzenreſten auf friſchen Bruchflächen ein.
Die Analyſen weichen ſehr ab: Gräger gibt in der Glanzkohle vom
Meißner 82 C, 4,2 H, 5,9 O an, in der Pechkohle dagegen über 62 C,
5,5 H, 18 O.


2. Moorkohle iſt die gemeinſte aller Braunkohlen. Derb mit ebenem
Bruch und glänzendem Strich, hat aber ſo viel Feuchtigkeit, daß ſie in
den Sammlungen aufberſtet. Die Farbe ſchwarz wie Moor (Buxweiler),
häufig aber auch ſtark ins Braune (Salzhauſen). In ihren reinſten Ab-
änderungen erſcheint ſie wie fein zermalmtes Holz, das ſchlammartig ver-
theilt wieder zuſammenbackte. Sie dient den Hölzern, Blättern, Früchten ꝛc.
als Lagerſtätte, und erinnert durch ihr Ausſehen lebhaft an Torfbildung.
In den tiefern Seegegenden zwiſchen Halberſtadt und Aſchersleben wird
ſie ſtellenweis als ſchwarzer fließender Schlamm aus dem Boden geſchla-
gen; am höhern Ort fällt ſie dagegen an der Luft zur Erde (Erdkohle,
erdige Braunkohle), wie z. B. zwiſchen Halle und Eisleben, ſie wird dann
mit Waſſer angemacht, geknetet, in Formen geſtrichen, an der Luft ge-
trocknet, und ſo zur Feuerung angewendet. Trotz dieſes erdigen Aus-
ſehens iſt der Aſchengehalt, ſo lange ſie keine Schichtung zeigt, nicht
übermäßig. Klaproth (Beiträge III.319) bekam bei der erdigen Braun-
kohle von Schraplau bei Eisleben 11,5 p. C. Aſche, gewöhnlich beträgt
ſie aber noch weniger. Mit mäßig ſtarker Aetzlauge digerirt „ſcheint ſich
[641]VI. Cl. Inflammabilien: Braunkohle.
faſt die ganze verbrennliche Subſtanz derſelben gleichſam zu einer flüſſigen
ſchwarzen Kohle aufzulöſen, mit 16 Theilen Waſſer verdünnt und filtrirt
erſcheint die Flüſſigkeit immer noch mit geſättigter dunkel ſchwarzbrauner
Farbe.“


3. Bituminöſes Holz kommt in ganzen Stämmen mit mehr oder
weniger erhaltenen Veräſtelungen beſonders in die Moorkohle eingebettet
vor. Stehen dieſe Stämme aufrecht, ſo ſind ſie weniger verdrückt, als
wenn ſie liegen. Die Struktur des Holzes iſt meiſt noch ſo deutlich, als
bei lebenden Hölzern, es läßt ſich ſägen und ſpalten, und wird in man-
chen Gegenden zerſtückelt wie Holz zu Markte geführt (Rieſtedt). Die
ſchwarzen Hölzer zeigen nicht ſelten auf dem Querbruch einen deutlichen
Anſatz von Verkohlung, bei den nußbraunen (Salzhauſen) iſt es jedoch
weniger der Fall. Letztere ſind ſchwimmend leicht, können wie Holz ge-
hobelt und geglättet werden. Trotz dieſer Wohlerhaltenheit konnte doch
ſchon Hattchet in den Hölzern von Bovey kein Kali mehr finden. Die
zerreiblichen geben eine ſchöne braune Farbe (Cölniſche Umbra), und be-
weiſen, daß der größte Theil der dichten Braunkohle nichts als ein ſolches
Reibungsprodukt ſei, wie es bereits die ältern und neuere Naturforſcher
(Hartig) anſehen. Es ſind darunter Laub- und beſonders Coniferenhölzer.
Letztere gehören aber nicht mehr bei uns lebenden an, ſondern meiſt Thuja-
und Cypreſſenarten von rieſenhafter Größe. Beſondern Ruf hat in dieſer
Beziehung die Grube Bleibtreu an der Hardt im Siebengebirge, die
Stämme liegen mitten in der dortigen Moorkohle. Hr. von Dechen er-
wähnt eines liegenden Stammes (Pinites ponderosus) von 39\frac{1}{2}′ Länge,
14—15 Fuß Breite und 17 Zoll Dicke, ſo ſtark war derſelbe gepreßt.
Seltener ſind aufrechte Stämme, wie ſie Nöggerath 1819 zuerſt vom
Pützberge bei Friesdorf auf der linken Rheinſeite beſchreibt, es war dar-
unter ein Stamm mit Wurzeln von 12 Fuß Durchmeſſer in der Bruſt-
höhe. In neuerer Zeit fanden ſich auf Bleibtreu in einem Raume von
22 Morgen 35 ſolcher Baumſtämme von 2\frac{1}{2} bis 9 Fuß Durchmeſſer, ſie
haben noch deutliche Wurzelausläufer, und ſind in einer Höhe von 12—16′
gewaltſam abgebrochen. Oefter findet man große Stämme daneben, „als
wenn dieß Stücke des abgebrochenen Baums wären.“ Dr. Hartig (Bo-
taniſche Zeitung 1853. pag. 604) hat die Jahresringe eines ſolchen auf-
recht ſtehenden Stammes (Campoxylon) genau gemeſſen, und da die durch-
ſchnittliche Jahrringbreite \frac{1}{47} Zoll betrug, das Alter auf mehr als 3000
Jahre geſchätzt. „Solcher Braunkohlenflötze, wenn auch minder mächtig,
finden ſich dort dreizehn über einander. Da nun ohne Zweifel die Bäume
an Ort und Stelle wuchſen, ſo gibt uns das einen Maßſtab des Alters.
Denn das einzige erdige Hauptflötz iſt ſchon 10′—14′ mächtig, und in
der Mitte findet ſich eine etwa 3′ dicke Lage, die faſt ganz aus bitumi-
nöſem Holze in großen Stücken und ganzen Stämmen beſteht. Ein Theil
deſſelben ſieht friſch hellbraun aus, trocken wird es aber öfter im Quer-
bruch ſchwarz wie Pechkohle. Die Analyſe gab nur 1,24 Aſche, 64,3 C,
5,5 Waſſerſtoff und 29 Sauerſtoff. In den Spalten des Jura, in der
Braunkohle von Uznach ꝛc. kommen äſtige Hölzer vor, die noch ganz zähe
Holzfaſer zeigen.


Wie das Holz, ſo haben ſich nun auch die verſchiedenſten Pflanzen-
theile erhalten: Baſt, Tannenzapfen, Früchte aller Art. Die ſogenannten
Quenſtedt, Mineralogie. 41
[642]VI. Cl. Inflammabilien: Braunkohle.
„Kiefernadeln“ beſtehen in Thüringen aus ſehr deutlichen Gefäßbündeln
von Palmenhölzern, die im Querbruch wie Pechkohle glänzen, und bei
ihrer großen Verbreitung den beſten Beweis für ein wärmeres Klima in
jenen Zeiten liefern. Beſonders reich an ſolchen Pflanzenreſten iſt die
ſogenannte


4. Blätterkohle, eine dünngeſchichtete, biegſame, lederartige Sub-
ſtanz, die ihre zähe Conſiſtenz hauptſächlich dem ſtarken Bitumengehalte
verdankt. Die Schieferung ſelbſt rührt von der großen Beimiſchung von
Thon her, ſo daß der Aſchenrückſtand oft mehr als die Hälfte beträgt.
Zwar kommen in der obern Steinkohlenformation, im Poſidonienſchiefer
des Lias ꝛc. Schiefer vor, die bei der Verwitterung ein höchſt verwandtes
Anſehen annehmen, allein bis zu dem Grade der Feinheit, als die Braun-
kohlenſchiefer, zertheilen ſie ſich nicht. Ueberdieß ſcheinen auch mehrere
dieſer Blätterkohlen mit dem zarten Polir- und Klebſchiefer in Verwandt-
ſchaft zu ſtehen, denn Ehrenberg wies in der Blätterkohle von Rott im
Siebengebirge ebenfalls Kieſelinfuſorien nach. Wenn die Blätter ganz
zart werden, heißt man ſie wohl Papierkohle (Pappendeckel), und da
ſolche in die bloße Flamme gehalten ſchon mit Geſtank brennt, ſo belegte
ſie Cordier mit dem Namen Dyſodil, der ſich in ganz dünnen grünlich
grauen Blättchen im Kalkſtein von Melili bei Syracus auf Sicilien fand,
wo ihn die Einwohner Merda di Diavolo nannten. Werner verſtand
unter ſeiner Blätterkohle auch Steinkohlen. Jetzt verſtehen wir vorzugs-
weiſe darunter dieſes allerdings ſehr merkwürdige Glied der Braunkohlen-
formation, welches unter oder über der Moorkohle Platz greift. Es ent-
hält nicht blos Inſekten, Fiſche, Fröſche, ſondern auch Krokodilreſte, Vogel-
federn und Knochen von einem Moſchusthier ꝛc. Beſonders aber bilden
ſie das ſanfte Bett für die Dicotyledonenblätter aller Art, Kätzchen mit
Blüthenſtaub, in der Wetterau hat man ſogar Weintrauben von ſchönſter
Form darin gefunden. Das Siebengebirge bei Bonn, die Wetterau bei
Salzhauſen, der Weſterwald, Ménat in der Auvergne liefern ausgezeich-
nete Beiſpiele dieſer merkwürdigen Kohle, welche bei Bonn auf Oel be-
nutzt wird.


5. Alaunerde. Obgleich der Alaun auch aus den härtern Alaun-
Schiefern dargeſtellt wird pag. 446, ſo iſt doch die weichere Alaunerde
des Braunkohlengebirges auch ganz gut dazu geeignet. Buxweiler im
Elſaß, Freienwalde an der Oder, Altſattel in Böhmen und viele andere
deutſche Alaunwerke beziehen ihr Material aus der Braunkohlenformation.
Es iſt eine grauſchwarze zum Schieferigen geneigte Erde, welche leicht an
der Luft zerfällt und gewöhnlich die Braunkohlenflötze begleitet. Der fein
vertheilte, dem bloßen Auge nicht ſichtbare Schwefelkies und auch der
Mangel an kohlenſaurem Kalk, welcher die Schwefelſäure binden würde,
machen ſie brauchbar. Durch jahrelange Verwitterung bildet ſich ſchwefel-
ſaure Thonerde, Alkali iſt gewöhnlich nicht hinlänglich vorhanden, und
muß daher zugeſetzt werden. Man braucht die ſo lockere Erde nicht wie
den Alaunſchiefer vorher zu röſten. Es fehlt ihr an Bitumengehalt.
Bei Freienwalde werden jährlich über 32,000 Tonnen à 2 Sgr. gefördert.
4 Tonnen geben 1 Ctr. Alaun. Klaproth (Beitr. IV.286) fand darin
40 Kieſelerde, 16 Thonerde, 19,6 Kohle, 10,7 Waſſer, 1,5 ſchwefelſaures
Kali, 2,8 Schwefel, 6,4 Eiſenoxyd ꝛc.


[643]VI. Cl. Inflammabilien: Bitumen.

Die Braunkohle iſt beſonders in dem norddeutſchen Schuttlande zu
Hauſe, wo ſie an zahlloſen Punkten oft unmittelbar an der Oberfläche
liegt, ſo daß ſie durch Tagebau gewonnen werden kann. Der preußiſche
Staat allein gewinnt jährlich gegen 50 Mill. Ctr., der Centner 1 Sgr.
Den vierten Theil davon liefert die Gegend von Halberſtadt, ⅖ Theile
die Gegend von Halle. In der Mark zwiſchen Elbe und Oder iſt ſie
wohl an 20 Punkten durch Tiefbau aufgeſchloſſen. Ihre Schichten fallen
ſteil ein, und ſie wird nicht blos vom Diluvium, ſondern auch vom Sep-
tarienthon bedeckt, der der jüngern Aeocenformation angehören ſoll (Plettner,
Zeitſchrift deutſch. Geol. Geſellſch. IV.249). Von Bonn und Cöln, wo
die berühmte Cölniſche Umbra 6—10′ mächtig durch Tagebau gewonnen
wird, zieht ſich die Ablagerung über den Weſterwald bis in die Frank-
furter Gegend. Beſonders reich und unerſchöpflich iſt auch das nördliche
Böhmen, namentlich zwiſchen Eger und Teplitz, doch wird hier die Aus-
beutung noch nicht ſo ſchwunghaft betrieben, als in Preußen. Reich ſind
ferner die öſterreichiſchen Alpen, während das ſüdweſtliche Deutſchland
auch in dieſer Beziehung keine Bedeutung hat. Es kommen in den Spalten
der Juraformation, in der Molaſſe ꝛc. wohl Neſter und Flötze vor, aber
nur ſehr untergeordnet. In Frankreich iſt Braunkohle öfter in den Süß-
waſſerkalk eingelagert, wie bei Marſeille, wo ſie daher den Namen Houille
des calcaire
erhalten hat.


Die Nachbarſchaft der Baſalte zu den Braunkohlen fällt in den
deutſchen Hügelländern, Böhmen, Heſſen und in Centralfrankreich oft ſehr
auf. So kommen auch auf dem weſtlichen und nördlichen Island mächtige
Lager — dort unter dem Namen Surturbrand bekannt — vor, worin
nach Olavſen ganz gewaltige Baumſtämme liegen (Steffens vollſt. Handb.
der Oryktognoſie II.371), ſo wohl erhalten, daß in Kopenhagen daraus
allerlei kleine Geräthſchaften gemacht werden.


Die Bildung der Braunkohle erinnert in auffallender Weiſe
ſchon an unſern heutigen Torf, der dem Alluvium angehört, und ſich un-
mittelbar an die jüngſten Braunkohlen anſchließen wird. Wenn man
dabei an die Mächtigkeit der Torflager in Irland erinnert, die zuweilen
aufbrechen und in Schlammfluthen die Gegend verwüſten und bedecken;
an den Baggertorf niedriger Seeküſten in Holland; an die untermeeriſchen
Wälder von Nordfrankreich und Großbrittannien (Handbuch der Geognoſie
von de la Beche, überſetzt von Dechen pag. 158): ſo wird uns manches
klar, was beim erſten Anblick zum Staunen erregt. Zeigte doch Hr. v.
Carnall bei der Verſamml. der deutſchen Naturforſcher in Tübingen 1853
eine feinerdige kaffeebraune Maſſe vor, die ſich in einem Dampfkeſſel,
der mit bituminöſen Waſſern geſpeist war, gebildet hatte, und in auffal-
lender Weiſe einer feinen Cölniſchen Umbra glich.


2. Bitumen.


Das Bitumen, welches in ſeinem flüſſigen Zuſtande unter dem Na-
men Steinöl bekannt iſt, kommt nicht blos untergeordnet in Kohlen und
Schiefern der verſchiedenſten Art vor, ſondern hat ſich auch an vielen
Punkten zum Theil in großer Menge ſelbſtſtändig ausgeſchieden. Da es
ſehr kohlenſtoffreich iſt, ſo brennt es mit rußiger Flamme, und bei gutem
41*
[644]VI. Cl. Inflammabilien: Bitumen.
Luftzuge leuchtet es ſehr ſtark. Man begreift oft nicht, wie das Oel in
viele dieſer Schiefer kam. Nicht blos die ſogenannten Brandſchiefer in
der Oberregion der Steinkohlenformation (Autun, England) enthalten es,
ſondern auch einzelne Lager in den Blätterkohlen der Braunkohlenforma-
tion, und zwar in ſolcher Menge, daß Selligue aus erſtern mit Vortheil
Leuchtgas dargeſtellt hat (Dumas, Comptes rendus 1840. X.861 und Traité
de Chimie 1844. tom. VII. pag.
390). Das Oel der Blätterkohle des
kleinen Braunkohlenbaſſins von Ménat in der Auvergne gab dazu den
erſten Impuls. Dumas fand in den Schieferthonen der Steinkohlen-
formation von Vouvant in der Vendée 14,5 p. C. Oel, 3,2 Waſſer, 7,7
Kohle, 17,5 flüchtige Materie und 61,6 Aſche. In Deutſchland benutzt
man bei Bonn die Blätterkohle von Rott im Siebengebirge (Zeitſchrift
deutſch. Geol. Geſellſch. II.239). Dieſelbe liefert ein paraffinhaltiges
Schieferöl, das Pflanzen und Thieren zugleich ſeinen Urſprung zu danken
ſcheint. Wenn ſolche ölreichen Schichten in der Nachbarſchaft der Kohlen-
lager vorkommen, ſo ließe ſich das noch erklären. Aber auffallend genug
ſtellen ſich auch ähnliche Schiefer mitten zwiſchen Meeresformationen ein,
wie der ſüddeutſche Lias mehrere Beiſpiele liefert. Hier kann von Pflanzenöl
kaum die Rede ſein, da es rings an Pflanzenlagern fehlt, ausgenommen
Fucoideen. Und doch hat Hr. Prof. Chr. Gmelin in den mergeligen Po-
ſidonienſchiefern Württemberg’s 7\frac{1}{4}p. C. theeriges Schieferöl nachgewieſen.
Daſſelbe konnte wenigſtens zum Theil mit Aether ausgezogen werden,
muß ſich alſo im Schiefer ſchon fertig vorfinden. Es bleibt daher kaum
eine andere Erklärungsweiſe über, als daß die Geſteine ſich mit dem Oel
der geſtorbenen und dort verfaulten Thiere getränkt haben. Was die
Kohle für die Heitzung iſt, das dürfte dieſes Oel einſt für die Beleuchtung
werden, wenn man der Sache die gehörige Aufmerkſamkeit zuwendet, da
es an Leuchtkraft das beſte Oel- und Wachslicht übertrifft. Blos der
ſtark bituminöſe Geruch erregt noch einigen Anſtoß, doch auch dieß wird
mit Hilfe der Chemie überwunden werden. Es iſt wirklich erſtaunlich,
wie die Natur durch ſcheinbar Kleines ſo Großes zu Stande gebracht
hat: in den Poſidonienſchiefern des Lias in Schwaben liegen auf einer
Quadratmeile (zum großen Theil ganz oberflächlich), gering berechnet,
über 200 Millionen Centner des feinſten Oeles, ja man übertreibt nicht,
wenn man die Mächtigkeit der zu gewinnenden Oelſchicht auf ein Pariſer
Fuß ſchätzt.


Man muß beim Bitumen überhaupt wohl unterſcheiden zwiſchen
freiem und gebundenem. Das freie kann man durch einfaches Kochen im
Waſſer, wie zu Lobſann im Elſaß, herausziehen, das gebundene dagegen
nur zum Theil durch Aether. Erſt durch Erhitzen der Schiefer in Retorten
deſtillirt Oel mit Waſſer, Ammoniak, Leuchtgas ꝛc. über, gerade wie bei
den Kohlen. Das Oel ſelbſt ſcheint alſo vorzugsweiſe erſt ein Deſtilla-
tionsprodukt zu ſein.


Dieſes Schieferöl hat einen ſtarken empirevmatiſchen Geruch, ſieht
im reflectirten Licht mehr oder weniger dunkelfarbig vom beigemiſchten
Theer aus, und zeigt das Fluoriren pag. 112 in ausgezeichneter Deut-
lichkeit. Chemiſch beſteht es aus einer ganzen Menge leichterer und
ſchwererer Oele, die man durch unterbrochene Deſtillation von einander
trennen kann. Schon bei 60° Wärme gehen Oeldämpfe über, andere
[645]VI. Cl. Inflammabilien: Idrialin, Naphtha.
widerſtehen noch einer Temperatur von 400°, und dieſe erkalten zu einem
ſchwarzen feinen Theer. Ueberhaupt ſind die flüchtigern Oele farblos,
je weniger flüchtig, deſto gelber werden ſie, bis ſie ſich zuletzt im Braunen
und Schwarzen verlieren.


Idrialin nannte Dumas (Pogg. Ann. 26. 526) ein Bitumen aus
den Queckſilberbranderzen von Idria. Dieſe Branderze bilden in den
dortigen Bergwerken dünne Handhohe Lager, von röthlich ſchwarzer Farbe und
glänzendem Strich. In der Weingeiſtlampe fangen ſie ſchnell Feuer, und
tröpfeln wie brennender Theer ab. Die Tropfen bedecken ſich ſogleich mit
weißen Wallrathähnlichen Kryſtallflittern. Noch deutlicher bekommt man
ſolche, wenn man kleine Proben in einer offenen Glasröhre ſo erhitzt, daß
ſie nicht Feuer fangen. Probe und Röhre bedeckt ſich dann mit Flittern,
welche das Idrialin H̶ C3 ſind. Bei größern Stücken wird die ganze Luft
ſtetig mit den zierlichen Flimmern erfüllt. Kochende concentrirte Schwefel-
ſäure färben ſie blau. Da ſiedendes Terpentinöl aus dem Branderze
etwas herauszieht, ſo ſcheint es ſchon darin zu präexiſtiren.


Wie das Feuer ſchnell ſolche Produkte erzeugt, ſo mögen in der Erde
ähnliche langſam entſtanden ſein. Obenan unter allen ſteht das


Steinöl.


Petroleum, Erdöl, Naphtha. Iſt eines der merkwürdigſten Produkte
des Erdbodens, das zugleich in der Kulturgeſchichte des Menſchen eine
nicht unwichtige Rolle ſpielt. Schon die Babylonier bedienten ſich des-
ſelben als Mörtel zu Mauerwerk, und die alten Aegyptier balſamirten
ihre Todten damit ein. Plinius erwähnt die Abänderungen an verſchie-
denen Orten: bei den Quellen lib. II. cap. 109 ſpricht er vom Naphtha,
ita appellatur circa Babyloniam; lib. 35. cap. 51 werden dagegen alle
drei Varietäten vortrefflich beſchrieben: et bituminis vicina est natura,
alibi limus, alibi terra: limus e Judaea lacu emergens
(Asphalt) ....
Est vero liquidum bitumen, sicut Zacynthium (Zante), et quod a Baby-
lone invehitur. Ibi quidem et candidum gignitur (Naphtha). Liquidum
est et Apolloniaticum: quae omnia Graeci pissaphalton appellant, ex ar-
gumento picis et bituminis
(Bergtheer).


Dieſe bituminöſen Oele ſind im Allgemeinen leichter als Waſſer,
Gew. 0,7—1,2, beſtehen aus Kohlenſtoff, Waſſerſtoff und Sauerſtoff.
Sie brennen ſehr leicht mit einem nicht gerade unangenehmen Geruch,
zumal beim erſten Anzünden. Mit Waſſer miſchen ſie ſich nicht. In
Alkohol löſen ſie ſich nur wenig, dagegen in Aether, in flüchtigen und
feſten Oelen. Eigentlich haben wir nur zwei feſte extreme Punkte: Naphtha
und Asphalt, jenes das reinſte flüchtige und farbloſe Oel, dieſes das mög-
lichſt entölte ſchwarze verhärtete Theer. Da nun das Theer vom Oele in
allen Verhältniſſen gelöst wird, ſo entſtehen durch ſolche Miſchungen
Zwiſchenſtufen. Auch verwandelt ſich das Oel durch Aufnahme von Sauer-
ſtoff theilweis ſelbſt in Theer.


Naphtha (Bergbalſam) iſt das dünnflüſſige, im reinſten Zuſtande
ganz farbloſe Oel, was man aus dem gefärbten Steinöl durch Deſtilla-
tion darſtellen kann. Sie kocht ſchon bei 85°,5 C, und beſteht nach Sauſ-
ſure (Pogg. Ann. 36. 417) aus C H̶ mit 85,9 C und 14,1 , was gegen-
[646]VI. Cl. Inflammabilien: Steinöl, Asphalt.
wärtig allgemein angenommen wird. Dagegen gibt Dumas (Pogg. Ann.
26. 541) 87,3 C, 12,3 H an, was etwa der Formel 3 C + 5 H ent-
ſpräche. So rein kommt es aber in der Natur kaum vor, da es an der
Luft ſich leicht (in Folge von Oxydation?) gelb, braun bis ſchwarz färbt.
Je länger es ſteht, deſto dickflüſſiger wird es, ſo kommt man durch viele
Modificationen hindurch zum


Steinöl. Bei gewöhnlicher Temperatur noch leicht flüſſig, aber gelb
und braun gefärbt in Folge von Vertheerung. Gerade wie auch das
Schieferöl an der Luft ſich bräunt. Das Gewicht 0,8—0,9, ſchwimmt
daher noch leicht auf Waſſer, mit welchem es gewöhnlich aus der Erde
hervorquillt. Bergtheer hat man das ganz dickflüſſige genannt, welches
durch alle Stufen der Verhärtung mit dem Asphalt in Zuſammenhang ſteht.


Steinöl (und Naphtha) hat wie das Schieferöl keinen feſten Siede-
punkt. Das gewöhnliche im Handel vorkommende Petroleum von Amiano
im Herzogthum Parma und von Baku iſt bereits mit Waſſer überdeſtillirt,
wodurch eine etwaige Zerſetzung in erhöhter Temperatur vermieden wird.
Je reiner dieſes Oel iſt, deſto weniger rußt es beim Brennen. Ja Dr.
Reichenbach (Pogg. Ann. 24. 173) hat ſogar nachgewieſen, daß ſich unter
den verſchiedenen Deſtillationsprodukten auch Paraffin und Eupion
befänden, die rußlos brennen. Erſteres zeichnet ſich durch eine merk-
würdige Indifferenz gegen Säuren und Baſen aus (parum affinis). Aus
dem Schieferöl zu Bonn gewinnt man es in großer Menge, macht Kerzen
daraus, die Wachskerzen ähneln. Eupion (πιὸν Fett) iſt noch bei
—20° C flüſſig, farblos, waſſerklar, geruch- und geſchmacklos. Wenn man
das Paraffin mehr aus Pflanzentheer gewinnt, ſo das Eupion mehr aus
thieriſchen Stoffen. Beide beſtehen merkwürdiger Weiſe wie das Steinöl
aus C H̶. Steinöl dient zur Aufbewahrung von Kalium und Natrium.
Da es Harze löst, ſo dient es zur Bereitung von Firniſſen. Auch iſt es
ſeit uralter Zeit officinel.


Asphalt (Erdpech, Judenpech) heißt der feſte Zuſtand, mit einem
obſidianartigen Bruch, pechſchwarz, Gypshärte und ſchwerer als Waſſer
bis 1,2 Gew. Durch Reiben ſtark negativ elektriſch. Iſt mit dem Berg-
theer durch alle Uebergänge verbunden: es gibt Bergtheer, was Winters
in der Kälte ganz ſtarr iſt, Sommers dagegen, wenn auch äußerſt lang-
ſam, fließt. Andererſeits iſt er wieder mit Gagat verſchwiſtert pag. 630.
Im Feuer ſchmilzt er nicht blos, ſondern tröpfelt auch von der Zange
herab, und verbreitet dabei einen ziemlich angenehmen bituminöſen Geruch.
Die Flamme rußt ſtark, und es bleibt nur wenig Aſche und Kohle als
Rückſtand. In Steinöl löst er ſich leicht. Die Deſtillationsprodukte ent-
halten bedeutende Portionen bituminöſen Oeles. Die Elementaranalyſe
eines Asphaltes von Cuba gab 75,8 C, 7,2 , 13 ſtickſtoffhaltigen Sauer-
ſtoff und 3,9 Aſche. Der Asphalt bildet förmliche Lager, wie die Stein-
kohlen. Am berühmteſten iſt ſeit alter Zeit das Vorkommen im todten
Meer, woher es bereits die Egyptier holten, und noch heute ſchwimmt es
beſonders nach Erdbeben in großer Menge auf dem See, ſo daß es nach
Trieſt auf den Markt kommt. Zu Strabo’s Zeiten ſahe man den See
zuweilen ganz mit Erdpech erfüllt, nach Diodor ſchwammen Maſſen, kleinen
Inſeln vergleichbar, auf dem Waſſer. Es iſt nämlich eine Salzlake pag. 452,
nihil in Asphaltite Judaeae lacu, qui bitumen gignit, mergi potest Plinius
[647]VI. Cl. Inflammabilien: Ozokerit.
hist. nat. II.106. Auf der Inſel Trinidad vor den Mündungen des Ori-
noco in Südamerika kommt ein ganzer Pechſee von 1000 Schritt Länge
und 120 Schritt Breite vor, an der Küſte erheben ſich Pechriffe, und auf
Pech kaum von Erde bedeckt ſchreitet man zum See, der drei Viertelſtunden
von der Weſtküſte, 7 Meilen ſüdlich vom ſpaniſchen Hafen, entfernt iſt.
Am Rande des Sees iſt das Pech hart und kalt, nach und nach wird es
warm und nimmt Fußeindrücke an, in der Mitte fließt und kocht es noch,
doch zeigen ſich keine vulkaniſchen Ausbrüche mehr. Zur Regenzeit kann
man den ganzen See überſchreiten. Admiral Cochrane ſandte 2 Schiffs-
ladungen voll dieſes Pechs nach England, allein um es brauchbar zu
machen, erfordert es einen Zuſatz von zu viel Oel (Leonhard’s Jahrb.
1833. 629). Asphalt dient vorzüglich zum Theeren der Schiffe, zu waſſer-
feſten Bauten, Dächern, Trottoiren, ſchwarzem Siegellack ꝛc.


Dieſe drei Abänderungen bilden zwar die Hauptmaſſe, doch kommen
außerdem noch eine Menge Abänderungen vor, ſo daß faſt jede Lokalität
auch kleine Unterſchiede zeigt, wie das eine genauere chemiſche Analyſe,
beſonders das Verhalten bei der Deſtillation, zeigt. Während z. B. beim
gewöhnlichen Steinöl, mit Waſſer deſtillirt, der größte Theil ſich über-
führen läßt, geht bei dem Bitumen visqueux (klebriges Bitumen)
von Bechelbronn im Elſaß nördlich Straßburg nach Bouſſingault keine
Spur von Naphtha über, erſt bei 230° C. bekommt man in der Vorlage
etwas flüſſiges Oel von blaßgelber Farbe, was Bouſſingault Petrolen
nennt, 250° längere Zeit erwärmt bleibt endlich ein feſter, ſchwarzer, ſehr
glänzender Rückſtand, Asphalten = C4016 O3 genannt. Bouſſingault
glaubt, daß auch bei dem andern Steinöl Petrolen und Asphalten die
Hauptmaſſe bilden (Dumas Traité de Chimie VII.385). Hauy unter-
ſchied ein Malthe ou Poix minérale, auch Bitumen glutineux ge-
nannt, Traité minér. IV.454. Von einem Maltha ſpricht ſchon Plinius
hist. nat. II. 108: in Commagene urbe Samosata stagnum est, emittens
limum (maltham vocant) flagrantem.
Die Franzoſen verſtehen darunter
eine zähe, klebrige Maſſe, deren feines Oel nie ganz trocknet. Das Bi-
tumen von Puy-de-la-Poix im Baſalttuff macht den Boden ſo klebrig,
daß er feſt an den Sohlen der Fußgänger ſitzen bleibt. Das klebrige
Weſen zeigt auch der ſandige Bergtheer von Neufchatel in auffallender
Weiſe, wenn man darin mit einem Stabe rührt, ſo bewegt ſich die ganze
Maſſe eine Zeitlang fort, als wäre ſie durch Würmer belebt: und ſelbſt
kleine Proben muß man ſehr genau anſehen, um ſich zu überzeugen, daß
die Bewegung nicht von lebenden Geſchöpfen ausgehe.


Elaſtiſches Erdpech (Elaterit) wird ſchon von Born beſchrieben,
war lange nur von der Odingrube bei Caſtleton in Derbyſhire bekannt,
wo es im Bergkalk mit Bleiglanz, Blende, Kalkſpath und Flußſpath bricht.
Neuerlich fand es ſich ausgezeichnet zu Newhaven in Connecticut. Hier
in großen Stücken. Dieſelben ſind ſtark elaſtiſch biegſam nach Art des
Kautſchuk, zerreißen aber ungleich leichter. Bei friſchem iſt die Farbe
röthlich braun, durch Verwitterung wird ſie aber ſchwarz. Sie riechen
ſehr ſtark bituminös, und ſind von einem ſchwarzen ſchmierigen Oele
durchzogen. Zuſammenſetzung C H̶ mit nur wenig Sauerſtoff.


Ozokerit Glocker Schweigger-Seidel Journ. Phyſ. u. Chem. 9. 215,
[648]VI. Cl. Inflammabilien: Steinölverbreitung.
von ὄζω riechen und κηρός Wachs, findet ſich bei Slanik in der Moldau
im Sandſtein in der Nähe von Kohlen- und Salzlagern.


Offenbar nichts anders als eine Asphaltartige Maſſe. Die friſchen
Stücke haben einen Serpentinartigen Bruch, ſind bräunlich, gelblich, grün-
lich, und ſcheinen an den Kanten ſtark durch. Ziemlich ſpröde, doch kneten
ſie ſich zwiſchen den Zähnen etwas, nach Art ſehr ſpröden Wachſes, daher
auch wohl Bergwachs genannt. Durch Verwitterung werden ſie ſchwarz,
und dann auffallend wachsartig, man kann von ſolchen Stücken mit dem
Nagel, wie vom Wachs, Späne mit glänzenden Schnittflächen abnehmen.
H. = 1, Gew. 0,94—0,97. Durch Reiben ſtark negativ elektriſch. Im
Feuer verhält er ſich wie Wachs, in der Pincette fließt er ab, ehe er zum
Brennen kommt, und brennt dann mit nicht ſtark rußender Flamme. Wie
überhaupt die ganze Maſſe etwas Edles hat, edler als beim Asphalt.
Die Analyſe gibt ebenfalls C H̶ mit 85,7 C, 15,1 H. Er ſcheint alſo
wie verhärtetes Naphtha. In Steinöl leicht löslich. Die Deſtillations-
produkte ſind hauptſächlich Paraffin und ein Oel ähnlich dem Schieferöl.
Wird in der Moldau zu Lichtern benutzt. Er kommt an mehreren Punkten
im Wiener Sandſtein, und ſtets in der Nähe von Kohlen- und Stein-
ſalzlagern vor. Das Nephatil oder Naphthachil (Steintalg) aus dem
Sande der Naphthainſel Tſchileken im Caſpiſee ſoll nach Völkner eine
ähnliche Subſtanz ſein. Es liegt ſtets nachbarlich den Naphthaquellen,
und ſoll unmerkliche Uebergänge in den weißen Naphtha bilden (Leon-
hard’s Jahrb. 1839. 459). Das


Hatchettin wurde von Conybeare in Spalten des Thoneiſenſteins
von Merthyr Tydwil im Steinkohlengebirge von Südwallis entdeckt.
Flockig wie Wallrath, oder feinkörnig derb wie Wachs, das flockige ſtark
durchſcheinend, grünlich gelb, Gew. 0,6. Schmilzt unter der Siedhitze des
Waſſers zu einem farbloſen Oel, das beim Erſtarren trübe wird. Aehn-
liche Maſſen kommen auch im Steinkohlengebirge von Glammorganſhire
vor, worin Johnſton 85,9 C und 14,6 nachwies, das würde alſo eben-
falls C H ſein.


Bildung und Verbreitung des Steinöls.

Die Oelablagerungen ſtehen einerſeits ſo innig mit den Stein- und
Braunkohlen des Flözgebirges in Beziehung, daß an einem Zuſammenhang
mit demſelben gar nicht gezweifelt werden kann: ſie ſind ein Oel und
Harz der Pflanzen, an welchen feuerige Prozeſſe nicht den geringſten An-
theil haben. Entſchieden thieriſchen Urſprungs iſt es viel ſeltener. Doch
findet man z. B. mitten in den bituminöſen Kalken des mittlern Lias,
Muſchelkalkes ꝛc. in rings abgeſchloſſenen Druſen homogener Bänke beim
Zerſchlagen ſchwarze theerige Ueberzüge, die, wenn nicht durch bituminöſe
Tagewaſſer hingeführt, wohl thieriſchen Urſprungs ſein könnten. Anderer-
ſeits hat ſich das Oel, Theer und Pech in manchen Gegenden (Trinidad,
Cuba, Baku) in ſolchen Maſſen angehäuft, daß man die Sache nicht
recht begreiflich finden könnte, wenn nicht Deſtillationsprozeſſe im Innern der
Erde dazu mitgewirkt haben ſollten. Wegen der Wichtigkeit in der Anwen-
dung wird Steinöl überall geſucht, wo es vorkommt. In Europa iſt es meiſt
nur als Theer und Asphalt bekannt. In Frankreich hat das Bitumen
[649]VI. Cl. Inflammabilien: Steinölverbreitung.
von Seyſſel (an der Rhone unterhalb Genf) größten Ruf. Es erfüllt
einen Molaſſeſand und Nagelflue, man kocht das Geſtein, und das Bi-
tumen löst ſich davon und ſchwimmt auf dem Waſſer. Auch iſt daſelbſt
der Jurakalk wie im Val de Travers (bei Neufchatel) ſo durchdrungen,
daß er eine kaffeebraune Farbe bekommt. Man kann ihn zwar pulvern
und ſieben, aber das Pulver ballt ſich wieder von ſelbſt. Das Bitumen
von Bechelbronn und Lobſann im Elſaß nördlich Straßburg bildet im
Braunkohlengebirge man kann ſagen einen ſandigen Theer, der ſich in
ſeinen fetteſten Schichten wie Wachs ſchneiden läßt, und ebenfalls abge-
kocht und dann weiter behandelt wird. Bei Darfeld weſtlich Münſter
(Pogg. Ann. 47. 397) findet man im mergeligen Kalkſtein der Kreide-
formation ein zähes honigſteifes Harz, was Spalten erfüllt. Man kann
dort reine Stücke von 13 ℔ Schwere zu Tage fördern, die ganz dem
ächten Asphalt gleichen, nur werden ſie bei warmer Witterung gleich
pechartig weich, was der ächte Asphalt niemals zeigt. Zu Limme ohn-
weit Hannover, Wietze, Häningſen, Oedeſſe, Verden, Braunſchweig kennt
man ähnliche Vorkommen. Bei Seefeld ohnweit Innsbruck wird aus
Alpenkalkſtein ein ſolcher Asphalt abdeſtillirt. Den dortigen Bitumenreichthum
erwähnt ſchon Agricola de nat. foss. IV. pag. 595. Häufig fällt die Nach-
barſchaft der Salzgebirge in hohem Grade auf, ja wir finden mitten im
Steinſalz Neſter von dem deutlichſten Asphalt (Wilhelmsglück am Kocher).
Der ſalzreiche Karpathenzug iſt beſonders in Siebenbürgen reich an Erd-
ölquellen. Schon im Alterthume ſind auf der griechiſchen Halbinſel be-
ſonders zwei Punkte durch Oel berühmt: Kudeſſi bei Avlona am Nord-
fuße der Acrocerauniſchen Berge, Nachts tanzen bläuliche Flammen über
dem Boden, wo das heilige Nymphäum von Apollonia lag. Klaproth
Beiträge III.315 analyſirte Asphalt von hier, der dem Kalkgebirge an-
gehört, und in ſolcher Menge vorkommt, daß man ganz Europa mit dieſer
zum Kalfatern ſo vortrefflichen Subſtanz verſehen könnte (Virlet Leon-
hard’s Jahrb. 1837. 627). Auf Zanthe, dem alten Zakynthos, der ſüdlichſten
unter den Joniſchen Inſeln, hatte ſchon Herodot 400 Jahr vor Chriſti
Geburt die berühmten Quellen beſucht, die noch heute jährlich 100 Ctr.
Oel liefern. Eines der Oelbecken hat 50′ Umfang, der Boden tönt hohl
und wankt unter den Füßen.


Die Halbinſel Abſcheron am ſüdöſtlichen Ende des Kaukaſus iſt
wegen ihres Oelquellenreichthums der bedeutendſte Punkt in der Alten Welt,
zumal in der Umgebung von Baku. Der ſchwarze Boden liegt auf einer
Erdpechſchicht, bis zu welcher man Brunnen hinabführt, worin ſich dann
meiſtens ein dunkeles Oel anſammelt, das Sommers am dünnflüſſigſten
iſt. Das Dorf Balaghan hat 25 Brunnen, wovon die beſten bis 1500 ℔
in einem Tage geben ſollen, die meiſten ſind aber viel ärmer, auch läßt
man die Brunnen häufig verfallen, und macht an andern Stellen neue.
Farbloſes Naphtha findet ſich jedoch nur an einer einzigen Stelle, wo es
wahrſcheinlich durch eine unterirdiſche Deſtillation ſchon gereinigt wird.
Man rechnet jährlich auf 100,000 Ctr. Steinöl in der Umgegend von
Baku. Einige der Quellen dünſten zugleich viel Kohlenwaſſerſtoff aus,
und bei warmem Herbſtregen ſoll das ganze Feld um Baku in weißblauen
Flammen ſtehen, die aber nicht zünden. Das ewige Feuer der Parſen,
welches ſchon ſeit dem Jahre 900 brennt, iſt ein ſolcher angezündeter
[650]VI. Cl. Inflammabilien: Scheererit.
Kohlenwaſſerſtoff, der wie das Oel mit dunkelrother Flamme brennt. Auf
der Naphtha- oder Tſchileken-Inſel im Caſpiſee gewinnen die Turkomannen
jährlich 60,000 Ctr., außerdem reichlichen Bergtheer, welcher zum Kal-
fatern der Schiffe und zur Bereitung von Fackeln dient. Ueberall kommt
hier Steinſalz, Gyps, Schwefel ꝛc. in der Nachbarſchaft vor. In Perſien
iſt beſonders Schiras ohnweit der Ruinen des alten Perſepolis reich an
Theer. In Hinterindien Pegu, auch China hat viel. Daß vulkaniſche
Dämpfe oft nach Bitumen riechen, iſt eine allgemeine Erfahrung, auch
ſind vulkaniſche Geſteine häufig mit Erdpech überfirnißt, wie der Baſalt-
tuff von Pont du Chateau bei Clermont mit milchblauem Chalcedon.


Scheererit


nannte Stromeyer (Pogg. Ann. 12. 336) die weißen fettigen, wie Wall-
rath krummblättrigen Kryſtallſchuppen, welche Könlein, Direktor der Braun-
kohlenwerke von Utznach am Zürcher See, ſchon 1822 in jenen bekannten
grauweißen Kieferſtämmen gefunden hatte (Pogg. Ann. 43. 141). Es
erſcheint daſelbſt in Sprüngen der maſrigen Wurzeltheile öfter ganz wie
aufgetrocknetes Terpentinöl. „Bleibt das Holz, an dem Scheererit ſitzt,
längere Zeit an der Luft liegen, ſo verſchwindet das Foſſil faſt gänzlich.“
Die Schüppchen ſind oft ſehr blättrig, haben einen Perlmutterglanz, und
ſollen dem 2 + 1gliedrigen Kryſtallſyſtem angehören. Gewicht etwas
größer als das des Waſſers. Auf Papier macht es Fettflecke. Schrötter
(Pogg. Ann. 59. 60) will nach dem chemiſchen Verhalten zweierlei unter-
ſchieden wiſſen:


Scheererit nach Macaire Prinſep C H̶2 mit 76 C und 24 H, alſo
von der Zuſammenſetzung des Grubengaſes. Bei 40° C. wird er flüſſig
und bei 92° deſtillirt er unverändert über, wobei ſich der weiße Rauch
zu durchſichtigen Tröpfchen condenſirt, welche bei der Berührung mit einem
kalten Körper augenblicklich zu einer feinſtrahligen Maſſe erſtarren. Ge-
ſchmolzen bleibt er noch lange flüſſig, ſelbſt nachdem er vollkommen er-
kaltet iſt. Nur bei Utznach bekannt.


Könlit nach Kraus C H mit 7,4 H, 92,5 C, von der Zuſammen-
ſetzung des Benzin. Schmilzt bei 114°. Läßt ſich nicht unverändert über-
deſtilliren. Trommsdorf fand eine ähnliche Subſtanz auf Fichtenſtämmen
in einem Torflager von Redwitz am Fichtelgebirge. Daſelbſt unterſchied
Bromeis noch einen


FichtelitC43 mit 88,9 C, 11,1 H, bei 46° ſchmelzend. Der
mineralogiſch freilich ſehr ähnlich ſieht, und noch wie wenig verändertes
Fichtenholz mit Harz riecht.


Hartit Haidinger Pogg. Ann. 54. 261 kommt in den Braunkohlen-
hölzern von Oberhart bei Gloggnitz in Niederöſterreich unter ähnlichen
Umſtänden wie der Scheererit vor. Die weißen Kryſtallſchuppen werden
bis ½ Zoll groß, und ſind 2 + 1gl. rhomboidiſche Tafeln von 100° mit
einer blättrigen Gradendfläche. Gew. 1,04. Nach Schrötter C65 mit
87,8 C und 12,2 H. Schmilzt bei 74°. Das Tekoretin aus Intercel-
lulargängen von Fichtenſtämmen in däniſchen Sümpfen bei Holtegaard
hat faſt die gleiche Zuſammenſetzung. Vergleiche auch Phylloretin C85
von dort. Schrötter (Pogg. Ann. 59. 45) beſchreibt einen


[651]VI. Cl. Inflammabilien: Bernſtein.

Hartin mit obigem Hartit in der öſterreichiſchen Braunkohle. Iſt
zwar ebenfalls weiß, und dem Hartit ſehr ähnlich, ſchmilzt erſt bei 210°,
und enthält 10,8 Sauerſtoff, 10,9 H, 78,3 C, alſo ein oxydirter Hartit,
etwa C2017 O2. Außerdem enthält die öſterreichiſche Braunkohle noch
mehrere harzähnliche Subſtanzen, z. B. den hyacinthrothen Irolyt, Piauzit ꝛc.


In den Kohlengebirgen kommen noch mehrere bituminöſe Subſtanzen
vor, die man äußerlich nicht ſcheiden kann, und die daher auch nur ein
rein chemiſches Intereſſe bieten. Namentlich läßt ſich die Frage nicht ent-
ſcheiden, ob man ſie zu den Harzen ſtellen ſolle, oder nicht. So unter-
ſchied Johnſton in den Steinkohlenlagern von Middleton bei Leeds einen


Middletonit von Harzglanz. Durchſichtig, röthlich braun, aber
tief roth durchſcheinend. An der Luft ſich ſchwärzend. Gew. 1,6. Dünne
Lagen oder gerundete Maſſen zwiſchen Kohlen bildend. Die Analyſe gab
86,4 C, 8 H, 5,6 Sauerſtoff.


3. Harze


ſind nicht ſowohl oxydirte Bitumina, ſondern der Sauerſtoff iſt ihnen ſchon
bei der urſprünglichen Bildung in der Pflanze weſentlich geworden, in
der Erde ſind ſie nur bituminiſirt. Sie ſind ſpröde, haben einen ſehr
vollkommen muſcheligen Bruch, und hellere Farbe. Da die Harze aber
meiſt iſolirt von ihrer Mutterpflanze getrennt vorkommen, ſo liefert die
für Chemiker und Naturhiſtoriker ſo wichtige botaniſche Beſtimmung gar
keinen Anhaltspunkt. Das macht dann auch die äußere Beſtimmung ſehr
unſicher. Bei weitem die meiſten gefundenen foſſilen Harze rechnet man zum


Bernſtein.


Vom altdeutſchen Wort börnen brennen, auf ſeine Entzündlichkeit
hindeutend. Succinum Plinius hist. nat. 37. 11: nascitur autem defluente
medulla pinei generis arboribus, ut gummi in cerasis, resina pinis.

Ηλεκτρον Theophrast de lap. §. 53, ſchon Herodot 3, 115 ſagt, daß Zinn
und Elektron aus dem äußerſten Weſten von Europa kämen. Nach Pli-
nius ſtammt der griechiſche Name von der Farbe, die mit der der ſtrah-
lenden Sonne (ἠλέκτωρ) verglichen wurde. Franzöſiſch und engliſch Amber,
Schwediſch Raf (die Wurzel von Raffen), Perſiſch Karuba Strohräuber
(ruba Räuber).


Nur wenige Minerale erfreuen ſich eines ſolchen Rufes, und mit
wenigen wurde ein ſolcher Luxus getrieben. Plinius führt ihn neben
Murrhiniſchen Gefäßen und Bergkryſtall auf. Lib. 37. cap. 11 beginnt
mit den Worten: proximum locum in deliciis, feminarum adhuc tantum,
succina obtinent.


Ein Harz, wie Gummi, Maſtix, Kirſchharz, Copal ꝛc., aber von
einem vorweltlichen ausgeſtorbenen Baum der Diluvialzeit. Göppert’s
Pinites succinifer und 8 andere Coniferen der Abietineen und Cupreſſi-
neen ſollen das Produkt geliefert haben. So lange es weich war, ſchloß
es Mücken, Ameiſen, Käfer, Spinngewebe mit Thautropfen ꝛc. ein, im
Augenblicke des Todes der Inſekten erfolgte zuweilen der Abgang von
Excrementen, und aus der Begattung kann man ſchließen, daß im Früh-
[652]VI. Cl. Inflammabilien: Bernſtein.
jahr zur Zeit der Blüthe das meiſte Harz floß. Plinius 37. 11: liquidum
primo destillare, argumento sunt quaedam intus translucentia, ut formicae
et culices, lacertaeque, quas adhaesisse musteo
(friſch wie Moſt) non
est dubium, et inclusas indurescenti.
Uebrigens beruhen die Einſchlüſſe
von Eidechſen, wie die von Fröſchen und Fiſchen, auf Betrug. Selten
hängt noch Holz daran, es faulte ab, doch ſind deutliche Belegſtücke für
die Bäume da. Berendt, die im Bernſtein befindlichen Reſte der Vorwelt.
Berlin 1845.


Gelb bildet die Grundfarbe, feuerähnlich, wie gekochter Honig.
In Rom waren die „Falerner“ von der Farbe des Falerner Weins die
geſchätzteſten. Alle Töne von Gelb, einerſeits ins Weiße, andererſeits
ins Braune und Schwärzliche ſich ziehend. Grüne und Blaue ſind nie-
mals rein. Uebrigens färbten ihn ſchon die Alten mit Bockstalg, Anchuſen-
wurzel, Purpur.


Alle Grade der Durchſichtigkeit, wodurch namentlich auch geflammte
Zeichnungen erzeugt werden. Der Weiße iſt gewöhnlich trüb wie Elfen-
bein. Vollkommen muſcheliger Bruch, wenig ſpröde. Fettglanz, und in
der Hand gerieben ſtark politurfähig. Zuweilen auch in zapfen-, tropfen-
und birnförmigen Geſtalten.


Härte 2—3, Gew. 1,08, alſo gerade ſo ſchwer als Meerwaſſer, ita
volubile, ut pendere videatur, atque considere in vado.
Daher kann er
in der Oſtſee ſo leicht mit Bernſteinkraut (Fucus vesiculosus und fasti-
giatus
) ans Land getrieben werden.


Harzelektricität durch Reiben in der Hand wie Asphalt: cete-
rum attritu digitorum accepta caloris anima trahunt in se paleas ac folia
arida, quae laevia sunt.
Thales (640 a. Ch.) glaubte ſchon, daß er eine
Seele habe, und Buttmann (Abh. Berl. Akad. 1818) leitet davon den
griechiſchen Namen ab (ἕλκειν), ἕλκτρον, ἥλεκτρον der Zieher. In Syria
quoque feminas verticillos inde facere, et vocare Harpaga, quia folia
et paleas vestiumque fimbrias rapiat.


Die Lichtpolariſation iſt wie bei Harzen, Brewſter Gilbert’s Annalen
1820 tom. 65 pag. 20. „In Stücken, welche voll Luftblaſen waren,
„wurde durch den Druck der in ihnen eingeſchloſſenen Luft eine polari-
„ſirende Struktur rund um die Blaſen hervorgebracht, welche ſich durch
„vier kleine Sectoren polariſirenden Lichtes zu erkennen gab.“


Im Feuer brennt er mit heller weißer Flamme, man kann ihn in
großen Stücken anzünden, ſetzt nur wenig Ruß an, und verbreitet dabei
einen angenehmen Geruch: candidi odoris praestantissimi. Daher ein be-
rühmtes Rauchwerk, Schechelet 2 Moſis 30, 34. Die Elementar-
analyſe gibt
C108 O mit etwa 79 C, 10,5 H, 10,5 Sauerſtoff.
Auch 0,2 Stickſtoff und etwa eben ſo viel Aſche wird angegeben. Im
Kolben ſchmilzt er bei 287°, zerſetzt ſich zu Waſſer, brenzlichem, widerlich
ſtinkendem Oel und Bernſteinſäure, die ſich in weißen Kryſtallen am Rande
der Retorte abſetzt. Die Bernſteinſäure beſteht aus C43 O4, gehört zu
den ſtarken Säuren, und iſt auch im Terpentin enthalten, abgeſehen da-
von, daß man ſie durch Oxydation von Wachs und Fetten ꝛc. erzeugen
kann. Der Rückſtand iſt das Colophonium succini, was zur Bereitung
des Bernſteinfirniſſes benutzt wird, da daſſelbe ſich in fetten Oelen und
[653]VI. Cl. Inflammabilien: Bernſtein.
Terpentinöl löst, was der ungeſchmolzene Bernſtein nicht thut. Aether
zieht aus dem gepulverten Bernſtein einen hellgelben, ſtark riechenden,
klebrigen Balſam, den Berzelius (Pogg. Ann. 12. 429) für das hält, was
der Bernſtein urſprünglich war, aber vielleicht jetzt ärmer an flüchtigem
Oel wie ehemals. Die unlöslichen Beſtandtheile des Bernſteins mögen
ſich durch die Länge der Zeit aus dieſem Balſam gebildet, aber allmählig
einen Theil deſſelben ſo umſchloſſen haben, daß deſſen weitere Verände-
rung dadurch gehindert worden iſt.


Vorkommen. Bisher ſah man den Bernſtein als ein Produkt
der tertiären Braunkohle, ſogar der älteſten Braunkohlenformation an.
So werden Italien, Spanien, Frankreich, England ꝛc. als Fundorte an-
gegeben. Man darf bei dieſen Angaben dann aber nicht vergeſſen, daß
unter dem Namen alle bernſteinartigen Harze verſtanden werden, welche
ſcharf von einander zu ſcheiden bis jetzt noch nicht gelungen iſt. So
kommt bei Lemberg in der obern Kreideformation mit der rieſigen Gry-
phaea vesicularis
ein ausgezeichneter Bernſtein in fauſtgroßen Stücken
vor: er iſt noch edler und glänzender als der Preußiſche, und duftet beim
Anzünden auf das feinſte. In der Pechkohle des Plänerkalkes von Skutſch
bei Riechenburg im Chrudimer Kreiſe von Böhmen führt Reuß einen
ſchwefelhaltigen an. Derſelbe fand im Galliciſchen die Foraminiferen
des Wiener Tertiärgebirges. Daubrée führt Bernſtein aus dem Braun-
kohlengebirge von Lobſann im Elſaß auf (Retinit?). Dieß iſt nun jeden-
falls nicht Produkt des Bernſteinbaums der Oſtſeeländer. Wenn es ſich
daher um die Erklärung des Bernſteins handelt, ſo nennt man dabei
immer das Hauptvaterland: die große norddeutſche Ebene, die Marken,
beſonders die Oſtſeeländer von Danzig bis Memel. Auch der 2\frac{1}{2} Meilen
lange Angernſee bei Riga lieferte beim Abgraben zum Austrocknen viel
Bernſtein. Zu Gr. Schönebeck bei Zehdenick und bei Brandenburg fand
man 1833 ein großes Lager, und grub Stücke bis 4 ℔ ſchwer aus.
Von dieſem Bernſtein glaubt nun Göppert, daß er der Diluvialzeit, der
Zeit der Mammuthe in der Alten und der Zeit der Maſtodonten in der
Neuen Welt angehöre: von Holland über die germaniſch-ſarmatiſche Ebene
hin durch Sibiren, Kamtſchatka bis nach Nordamerika erſtreckte ſich der
Coniferenwald. Ihr Harzreichtum konnte ſich jedenfalls mit der Neuſee-
ländiſchen Dammara australis meſſen, obgleich deren Zweige und Aeſte
von weißen Harztropfen ſo ſtarren, daß ſie wie mit Eiszapfen bedeckt
erſcheinen (Göppert Berl. Akad. 28. Juli 1853). Man hat im Magen
des nordamerikaniſchen Maſtodon Reſte von Thuja occidentalis gefunden,
die der im Bernſtein vollkommen gleichen ſoll. Dann wäre die Bildungs-
zeit des Bernſteins ganz an die äußerſte Gränze der Schöpfungsgeſchichte
heraufgerückt. Den berühmteſten Punkt bildet die Samländiſche Küſte
von Pillau nördlich bis zum Dorfe Groß-Hubnicken, eine Länge von
3 Meilen. Die Küſte weſtlich Königsberg und zwiſchen dem Kuriſchen
und Friſchen Haff geht von Nord nach Süd. In der rauhen Jahreszeit,
beſonders gegen den Winter, peitſchen und unterwühlen die Winde die
Küſte: die Bernſteinfiſcher waten hinein, und fangen mit Netzen das
Bernſteinkraut, mit welchem eine Welle öfter mehrere Pfund Bernſtein
auf einmal ins Netz wirft. Die Küſte iſt jährlich für 10,000 Rthlr. von
der Regierung verpachtet, und von Strandreitern bewacht. Was an
[654]VI. Cl. Inflammabilien: Bernſtein.
Bernſtein in jener Gegend, ſelbſt von Bauern beim Pflügen, gefunden
wird, muß bei Strafe abgeliefert werden, doch erhält der Finder \frac{1}{10} des
Werthes. Die ſandigen Ufer ſind ſtellenweis 100—150′ hoch, und an
ihrem Fuße liegt ein ſchwarzer mit Stücken von Braunkohlen gemengter
ſehr vitrioliſcher thonigter Sand, der den Bernſtein enthält. Landein-
wärts bei Groß-Hubnicken und Kraxtepellen ſucht man die Schicht durch
Grabarbeit zu erreichen: der Landbernſtein iſt größer als der Seebern-
ſtein, an der Oberfläche rauher, und hat die meiſten organiſchen Einſchlüſſe.
Als G. Roſe (Reiſe Ural pag. 4) 1829 durch Königsberg kam, ſah er
bei dem Pächter Hr. Douglas einen Vorrath von 150,000 ℔ in einem
maſſiven durch eiſerne Thüren verſchloſſenen Gewölbe aufgeſpeichert, und
in Kiſten und Körbe nach der Größe der Stücke geordnet. Man hat
Tabellen, die bis in das Jahr 1535 hinaufreichen, und nach dieſen iſt
die alljährliche Ausbeute von 150 Tonnen à 80 Berliner Quart ſich gleich
geblieben.


Die Größe und der Werth der Stücke iſt ſehr verſchieden: das
größte befindet ſich im Berliner Muſeum von 13\frac{3}{4} Zoll Länge, 8\frac{1}{2}″ Breite
und 3—6″ Dicke, es wiegt 13 ℔ 15 ¾ Lth. und 8 Lth. wurden von dem
Finder abgeſchlagen, derſelbe bekam 1000 Rthlr. Belohnung, ſo daß es
auf 10,000 Rthlr. geſchätzt iſt. Es fand ſich 1803 in einem Waſſergraben
auf dem Gute Schlappachen zwiſchen Gumbinnen und Inſterburg. Auch
Plinius erwähnt eines Stückes von 13 ℔ (à 24 Lth.): maximum pon-
dus is glebae attulit XIII librarum.
Das Muſeum von Madrid ſoll eines
von 8 ℔ beſitzen. Für den Handel werden ſie in 5 Klaſſen gebracht:


  • 1) Sortiment 0,8 p. C., Stücke von 5 Lth. und darüber;
  • 2) Tonnenſtein 9,6 p. C., 30—40 Stücke auf 1 ℔ gehend;
  • 3) Fernitz 6 p. C., kleine reine Stücke von 1—2 Cubikzoll;
  • 4) Sandſtein 64,7 p. C. bildet noch kleinere Stücke;
  • 5) Schluck 18,9 p. C. heißt der unreine Sandſtein.

Sandſtein und Schluck, ſo wie der Abgang beim Dreher dient größten-
theils zur Deſtillation der Bernſteinſäure, welche officinell iſt, und der
Rückſtand gibt das Colophonium succini zur Bereitung des Bernſtein-
firniſſes. Aus dem Tonnenſtein und Fernitz werden hauptſächlich Perlen
gemacht. Das Sortiment geht meiſt roh nach Conſtantinopel, wo es zu
Pfeifenſpitzen verarbeitet wird, weil die Türken glauben, dieſelben nähmen
keine anſteckenden Stoffe auf: eine große Spitze von milchweißem Bern-
ſtein ohne Flecken und Adern ſoll daſelbſt mit 40—100 Rthlr. bezahlt
werden.


Dieſer Handel mit Bernſtein iſt uralt, und geht noch heute nach
Jahrtauſenden ſeinen Landweg über Breslau, Odeſſa nach Conſtan-
tinopel. Jene kalten Gegenden Germaniens würden für die ſüdlichen
Völker wenig Reiz gehabt haben, wenn ſie nicht mit dieſem koſtbaren
Produkt bevorzugt wären. Und gerade der Bernſtein gibt uns einen der
ſchönſten Beweiſe, wie weit ſchon alte Völker herum kamen. Bei den
Griechen wird er bereits mit den Dichtungen und Mythen über die älte-
ſten Nationalgötter in Verbindung gebracht. Die Mythe bezeichnet ihn
als Thränen der Schweſtern des Phaeton, Sohn des Sonnengottes, der
mit dem Wagen ſeines Vaters faſt die Erde verbrannt hätte. Im Weſten
heruntergeſchleudert beweinten ihn ſeine Schweſtern, die Heliaden, und
[655]VI. Cl. Inflammabilien: Retinit.
von den mitleidigen Göttern endlich in Bäume verwandelt, hörte der Strom
ihrer Thränen noch nicht auf, er wurde zu Bernſtein. Bei Homer Il.
15, 460 bietet ein Phöniziſcher Schiffer „eine Goldkette, durchreiht mit
ἠλέκτροις“, zum Verkauf. Schon Pytheas von Maſſilia 340 a. Ch., der
nach Brittannien und Thule kam, ſcheint auch dieſe Gegenden beſucht zu haben.
Bei Plinius 37. 11 heißt es nach ihm, der Bernſtein werde gefunden bei
den Guttonibus (Gothen) Germaniae genti accoli aestuarium Oceani, Men-
tonomen nomine, spatio stadiorum sex millium: ab hoc diei navigatione
insulam abesse Abalum
(das Preußiſche Paradies, Fiſchhauſen, ein Ver-
ſammlungsort ſeit Urzeit, weil es fruchtbar iſt gegen die öde Küſte): illuc
vere fluctibus advehi, et esse concreti maris purgamentum: incolas pro
ligno ad ignem uti eo, proximisque Teutonis vendere.
Die Teutonen
werden hier zum erſten Male erwähnt. Zu Plinius Zeit wußte man
ganz gewiß, wo der Bernſtein herkam: certum est gigni in insulis sep-
tentrionalis Oceani, et a Germanis appelari glessum
(Glys ſchwediſch).
Die Stelle lag 600,000 Schritte à 5′, alſo über 100 Meilen, nördlich
von Carnutum in Pannonien (Gegend von Preßburg), was vortrefflich
auf Königsberg ſtimmt. Julianus, der dem Nero ein Gladiatorenſpiel be-
ſorgen ſollte, ſchickte einen römiſchen Ritter expreß hin, und dieſer brachte
ſo ungeheuer viel mit: ut retia arcendis feris, podium protegentia suc-
cino nodarentur: arma vero, et libitina
(Todtenbahren), totusque unius
diei apparatus esset e succino.


Die klaren ſind von der ſogenannten Kunſtfarbe und am geſchätzteſten:
man ſchleift ſie mit Trippel auf Bleiſcheiben, und gibt ihnen durch Reiben
in der Hand Glanz. Durch vorſichtiges Glühen und Kochen in Leinöl
wird er beſſer gemacht. Das Pfund Sortiment koſtet 70—80 fl. In
waſſerfreiem Alkohol löst er ſich, und das läßt ſich in Formen gießen.
Der nachgemachte aus Terpentin, Gummi, Gummilak löst ſich ſchon in
bloßem Waſſer.


Retinit.


Als eine gelbliche Erde häufig in der norddeutſchen Braunkohle, und
wegen ihrer Aehnlichkeit mit Bernſtein Bernerde von Werner genannt.
Hatchett (Philosophical Transact. 1804. 402) fand ihn in der Braunkohle
(Boveykohle) von Bovey in Devonſhire und glaubte ihn aus Harz und
Asphalt zuſammengeſetzt, nannte ihn daher Retinasphalt (ϱͨητίνη Harz),
welchen Namen dann Breithaupt in Retinit verkürzte, Hauy’s Réſinit.


Sehr ſpröde Körner meiſt in Braunkohle eingeſprengt, außen gewöhn-
lich erdig, innen aber noch ſehr glänzende Maſſe, muſchelig und glänzender
als Bernſtein. Lichte gelblichweiße Farbe und auch das Gewicht 1,08
des Bernſteins, wenn er nicht verunreinigt iſt. Verbrennt mit aromati-
ſchem Geruche, und wird vor dem Schmelzen erſt elaſtiſch wie Cautſchuk.
Daß wir es hier mit bernſteinartigen Produkten zu thun haben, lehrt
gleich der erſte Anblick. Aber Retinit iſt im Alkohol löslicher als Bern-
ſtein. Hatchet gibt bei den Engliſchen 55 p. C. lösliches Harz, 41 un-
lösliches und 3 erdige Theile. In der Braunkohle von Cap Sable an
der weſtlichen Küſte von Maryland kommen Stücke bis zu 5 Zoll Durch-
meſſer vor (Dr. Trooſt Gilbert’s Ann. 1822, Band 70. 297), undurchſichtig
[656]VI. Cl. Inflammabilien: Retinit.
gelb, graubraun, 1,07 Gew., wenn kein Schwefelkies darin iſt, der ihn
ſchwerer macht. Mit 55,5 in Alkohol löslichen und 42,5 unlöslichen
Theilen. Sehr häufig findet man in den Braunkohlenbrüchen im Stadt-
graben von Halle an der Saale, bei Langenbogen, bei Altenburg ꝛc. klare
braungelbe Harzſtücke eingeſprengt, wovon ſich nach Buchholz 91 p. C. in
Alkohol löſen. Sie gleichen auffallend den Harzen in der Braunkohle
von Meyersdorf in Niederöſtreich. Dagegen kommen in der Moorkohle
des Grünſandes von Walchow und Obora bei Boskowitz nördlich Brünn
in Mähren ſehr reine runde Klumpen von Fauſt- bis Kopfgröße vor, ſtellen-
weis gelb, meiſt aber graulich gelb und geflammt wie Kugeljaſpis pag. 175,
ſtärker glänzend als Bernſtein. Haidinger nennt ſie daher


Walchowit und Schrötter (Pogg. Ann. 59. 61) hat ſie genauer
chemiſch unterſucht. Letzterer bekam unter den Deſtillationsprodukten Ameiſen-
ſäure, welche Weppen auch beim Terpentinöl bekommen hat. Alkohol
zieht nur 1,5 p. C. wohlriechendes Harz aus, Naphtha löst ſelbſt bei
der Südhitze nur wenig, concentrirte Schwefelſäure löst ihn dagegen ſchon
in der Kälte:
C12 = 80,4, 9 = 10,7, O = 8,9 oder 3 C43 + O.
In der Braunkohle kommt außerdem noch ſehr häufig eine gelberdige Sub-
ſtanz vor, die in der Moorkohle Flecke bildet, und vorzugsweiſe unter dem
Namen


Bernerde begriffen werden könnte, da ſie im Allgemeinen nichts
anders zu ſein ſcheint, als ein verwitterter Retinit. Uebrigens muß man
nicht vergeſſen, daß auch der Bernſtein durch Verwitterung an der Ober-
fläche eine ſehr ſpröde Kruſte bekommen kann. Es kommen ſolche Stücke
im Lehm der Mark (am Kreuzberge bei Berlin) vor: die Arbeiter kennen
es gut, denn ſie lieben es auf ihrer Pfeife zu rauchen.


The Highgate Resin oder Foſſil-Copal (Copalin) findet ſich
in bedeutenden Maſſen in den alttertiären Thonen der Highgate Hill bei
London. In der berühmten Woodwardiſchen Sammlung, die mit großer
Sorgfalt zu Cambridge aufbewahrt wird, findet ſich ſchon ein Stück aus
den Thongruben bei Islington. Die amorphe, hellgelbe bis dunkelbraune
Maſſe erinnert ſehr an Walchowit. Gew. 1,04. Erhitzt verbreitet es
einen aromatiſchen Geruch, ſchmilzt ohne ſich zu zerſetzen. Alkohol löst
wenig. Enthält nur 2,7 Sauerſtoff, dagegen 11,7 H und 85,4 C. Ein
anderes aus einer alten Bleigrube von Settling-Stones in Northumber-
land hatte nach Johnſton (London and Edinb. philos. Magaz. XIV.87)
eine ähnliche Zuſammenſetzung. Derſelbe analyſirte l. c. XIII.329 einen


Guyaquillit aus Guayaquil in Columbien, wo er „ein mächtiges
Lager“ bilden ſoll. Von hellgelber Farbe, Gew. 1,09, in Alkohol mit
gelber Farbe leicht löslich 15 Sauerſtoff, 8 Waſſerſtoff, 76,7 Kohlenſtoff.
Vielleicht halbfoſſiler Copal?


Berengelit aus der Provinz St. Juan de Berengela, wo er in
ſo großen Mengen vorkommt, daß er in dem Guano-Hafen von Arica
in Süd-Peru zum Kalfatern der Schiffe gebraucht wird, da er die merk-
würdige Eigenſchaft hat, daß er geſchmolzen ſchmierig bleibt. Dunkelbraun
mit einem Stich ins Grün, gelber Strich. Im kalten Alkohol löslich
C40 = 72, 31 = 9,1, O8 = 18,8. Scheint mehr zu den Weichharzen
zu gehören.


[657]VI. Cl. Inflammabilien: Nichtfoſſile Harze.

Nichtfoſſile Harze


unterſcheidet der Botaniker dreierlei: Hart-, Weich- und Federharze. Die
Federharze (Kautſchuck und Guttapercha) werden im Milchſafte ver-
ſchiedener Pflanzen angetroffen, Kautſchuk in der Siphonia elastica, Gutta-
percha ſtammt von Isonandra Gutta, und wird erſt durch Erwärmen ſtark
elaſtiſch. Der foſſile Elaterit pag. 647 darf damit wohl nicht verglichen
werden. Kautſchuk enthält keinen Sauerſtoff. Weichharze ſind ſchmierig,
wie z. B. der Vogelleim. Zu den Hartharzen gehört vor allen das
Fichtenharz, aus welchem durch Entfernung des flüchtigen Oels das Co-
lofonium (Geigenharz) dargeſtellt wird. Der Maſtix von Pistacia lentis-
cus
ſoll die Zuſammenſetzung des Bernſteins haben. Beſonders aber ver-
dient der Copal, hauptſächlich von Hymanäenarten in Guinea ſtammend,
der in großen Mengen im Handel vorkommt, ins Auge gefaßt zu werden.
Derſelbe hat ein auffallend bernſteinartiges Ausſehen, nur iſt er klarer
und durchſichtiger. Er findet ſich oft in Flußanſchwemmungen, wie Bern-
ſtein, und hat da ſchon Veränderungen erlitten. Nach Martius kommen
an der Wurzel der Hymanaea curbaril einer braſilianiſchen Leguminoſe
Klumpen von 6—8 ℔ Schwere vor, ſie ſollen aber nie Inſekten ent-
halten. Dagegen trifft man an der ſüdafrikaniſchen Küſte Copale, die
von Inſekten wimmeln. Manche davon ſehen ſogar nach der mitvorkom-
menden rothen Erde halbfoſſil aus. Ich habe z. B. ein Stück von 1
Cubikzoll vor mir, worin wenigſtens 200 kleine Ameiſen ſitzen, ganz wie
im Bernſtein. Wenn die Fundorte richtig ſind, ſo würde nicht blos der
oſtindiſche Copal, der aus der Vateria indica fließt, Inſekten einſchließen.
Jedenfalls zeigen dieſe Harze, die ebenfalls in Weingeiſt nicht oder doch
nur ſchwer löslich ſind, wie leicht man durch das äußere Anſehen irre
geführt werden kann. Schrötter (Pogg. Ann. 59. 73) hat die Analyſe
mehrerer zuſammen geſtellt, um chemiſch darzulegen, daß Bernſtein und
Retinit ebenfalls Harze ſeien, und daß die Veränderungen, welche ſie er-
litten haben, ſich weit mehr auf ihre nähern Beſtandtheile, das iſt auf
die Art und Weiſe, wie die Atome ihrer Elemente ſich unter einander
verbunden haben, als auf die quantitativen Verhältniſſe derſelben erſtrecken:


Der Copalfirniß iſt ſehr wichtig, aber viele Copale muß man, ehe
ſie in Alkohol und Terpentinöl gelöst werden können, vorher wie den
Bernſtein ſchmelzen. Die Handelswaare zeigt gewöhnlich auf der Ober-
fläche kleine ſechsſeitige Warzen, die nach dem Geſetz der Bienenwaben
neben einander ſtehen, und deren Entſtehung ich mir nicht erklären kann.


Quenſtedt, Mineralogie. 42
[658]VI. Cl. Inflammabilien: Honigſtein.

4. Organiſche Salze.


Außer den Kohlen, Bitumen und Harzen kommen endlich noch Salze
mit organiſchen Säuren vor, die ebenfalls nicht dem Steinreiche als ſol-
chem angehören, obgleich ſie im Schooße der Erde ſich theilweis erzeugt und
erhalten haben. Wie leicht das möglich war, erklären nicht blos die An-
häufung von Pflanzenſtoffen, ſondern auch die thieriſchen Reſte, wie ſie
noch bis in die hiſtoriſche Zeit herauf beſonders an Meeresküſten ſich ab-
lagern. Man darf nur das Guano anführen, worin Vauquelin und
Klaproth (Beiträge IV.299) nicht blos oxalſauren Kalk, ſondern auch
concrete Harnſäure als weſentlichen Beſtandtheil angeben. Nach Alex.
v. Humboldt bedeutet Huanu (die Europäer verwechſeln immer Hua mit
Gua und u mit o), in der Sprache der Inca Miſt. Die Guanoinſeln
und Klippen befinden ſich alle zwiſchen dem 13ten und 21ſten Grade ſüd-
licher Breite, wo es nicht regnet, und wo ſich der Miſt der Pelicane,
Flamingos ꝛc. bis zu 180′ Mächtigkeit anhäufen konnte. Bei Arica ver-
breitet die kleine Isla di Guano einen ſolchen fürchterlichen Geſtank, daß
die Schiffe deshalb ſich der Stadt nicht ganz zu nähern wagen, ja ſelbſt
auf dem Meere muß man nieſen, wenn man einem Guanero (Guano-
Fahrzeuge) begegnet. Seit der Regierung der Incas iſt Guano ein wich-
tiges Objekt der Staatswirthſchaft, die Küſte von Peru wäre ohne dieſen
Miſt unbewohnbar. Ja jetzt iſt ſogar die Bodenkultur Europa’s davon
abhängig geworden. Welche Maſſen organiſcher Salze müſſen alſo da
nicht aufgehäuft liegen. Solche Beiſpiele lehren zugleich, wie ſchwer es
Mineralogen werden muß, zwiſchen Kunſt und Natur die Gränze zu ziehen.


Aber hiervon abgeſehen, kommen auch mitten in den Kohlenflötzen
der Vorzeit Salze vor, die Säuren enthalten, welche auf unorganiſchem
Wege nicht erzeugt werden konnten. Das merkwürdigſte Beiſpiel bietet der


Honigſtein.


Schon lange bekannt, Born hielt ihn für kryſtalliſirten Bernſtein,
andere für Gyps mit Bergöl angeſchwängert. Werner gab ihm den paſ-
ſenden Namen nach ſeiner honiggelben Farbe, Hoffmann Bergm. Journ.
1789. II.1, pag. 395, den Hauy in Mellite überſetzt. Die Braunkohle
von Artern in Thüringen iſt noch heute der einzige wichtige Fundort.
So bernſteinartig ſie auch ausſehen mögen, ſo ſind ſie doch alle kryſtal-
liſirt, und zwar im


4gliedrigen Kryſtallſyſtem. Die ſehr glänzenden um und
um gebildeten Oktaeder haben nach Kupfer 93° 6′ in den Seiten- und
118° 14′ in den Endkanten, folglich
.
Da die Flächen etwas gebogen ſind, ſo eignen ſie ſich nicht zu ſcharfen
Meſſungen. Das Oktaeder hat einen verſteckten, jedoch gut erkennbaren
Blätterbruch, iſt aber meiſt verletzt, zellig und mit fortificationsartigen
Abſonderungsflächen bedeckt. Doch ſelbſt die zerfreſſenſten und mit Kohlen-
mulm durchzogenen zeigen Spuren glänzender Kryſtallflächen. Auch kleine
Abſtumpfungen der Ecken kommen hin und wieder vor: die zweite quadra-
tiſche Säule a : ∞a : ∞c jedoch häufiger als die Gradendfläche c : ∞a : ∞a.


[659]VI. Cl. Inflammabilien: Honigſtein, Oxalit.

Honig- bis wachsgelb, halbdurchſichtig, Härte 2, Gew. 1,59. Harz-
glanz. Wenig ſpröde, ſtarke doppelte Strahlenbrechung.


Vor dem Löthrohr brennt er nicht, ſondern wird ſchnell ſchneeweiß,
darauf ſchwarz und brennt ſich zuletzt abermals weiß. Dieſer weiße Rück-
ſtand wird mit Kobaltſolution ſchön blau, verhält ſich alſo wie reine
Thonerde. Wegen dieſes Weißbrennens hielt man ihn anfangs für Gyps,
bis Klaproth 1799 (Beiträge III.114) die Pflanzenſäure darin nachwies,
welcher er den Namen Honigſteinſäure (Acidum melilithicum) = C4 O3
gab, kurz Mellithſäure, die mit Oxalſäure in nächſter Verwandtſchaft ſteht.
Nach Wöhler (Pogg. Ann. 7. 330) enthält ſie
41,4 , 14,5 A̶⃛l, 44,1 Ḣ̶, etwa A̶⃛l M̅3 + 18 Ḣ̶.
Liebig nimmt die Honigſteinſäure als eine Waſſerſtoffſäure C4 O4 H̶ =
C4 O3 + H̶ O
, dann wird die Formel
A̶⃛l M̅3 + 15 Ḣ̶.


Honigſtein löst ſich in kalter Salpeterſäure in großen Stücken, bleibt
dabei durchſichtig, nur bleiben Flocken zurück, die ſich aber ſpäter vollkom-
men löſen. Die Verbindung iſt ſo ſchwach, daß kochendes Waſſer nach
mehreren Stunden aus dem Pulver einen bedeutenden Theil der Honig-
ſteinſäure auszieht, ſo wurde Klaproth auf die Entdeckung der Säure ge-
führt, die bis jetzt noch nie künſtlich erzeugt worden iſt. Gegen-
wärtig behandelt man den Honigſtein mit Ammoniak, zerſetzt das gebildete
honigſteinſaure Ammoniak durch ſalpeterſaures Silberoxyd, und das honig-
ſteinſaure Silberoxyd durch Salzſäure. Die Honigſteinſäure kryſtalliſirt
dann in farbloſen, luftbeſtändigen, ſcharfſauren Nadeln.


Hauptfundort iſt die Braunkohle von Artern am Kiffhäuſer, wo er
gerade nicht ſelten und zwar bis zu zollgroßen Kryſtallen vorkommt.
Volger gibt ihn auch als zarten honigfarbigen Anflug in der Braunkohle
von Dransfeld an. Reuß (Leonhard’s Jahrb. 1841. 249) erwähnt ihn
in rinden- und plattenförmigen Ueberzügen, ſelten in höchſt verzogenen
Oktaedern aus der Braunkohle von Luſchitz ſüdlich Bilin in Böhmen.
Derſelbe beſchlägt ſich an der Luft mit blaßgelbem Mehle, was man auch
bei dem von Artern findet. Glocker (Erdmann’s Journ. prakt. Chem.
36. 52) hat Haufwerke kleiner Oktaeder in der Moorkohle von Walchow,
wo der Retinit pag. 656 ſo ausgezeichnet vorkommt, gefunden.


Carolathin, Sonnenſchein Zeitſchrift Deut. Geol. Geſellſch. V.223,
aus den Steinkohlen zu Zabrze bei Gleiwitz in Oberſchleſien, honigſtein-
ähnliche Trümmer in den Kohlen bildend, Härte 2—3, Gew. 1,5. Ver-
glimmt vor dem Löthrohr ohne Flamme und läßt 47,25 A̶⃛l und 29,6 S⃛i
zurück. Das Uebrige iſt eine Huminartige Subſtanz von 19,4 C, 2,4 H
und 1,3 Sauerſtoff.


Oxalit


wurde von Hr. Sack in der Braunkohle von Gr. Almerode in Heſſen
entdeckt, bald darauf aber deutlicher in der Moorkohle von Koloſeruk bei
Bilin, und von Breithaupt (Gilbert’s Ann. 1822, Band 70, pag. 426)
Eiſenreſin genannt, weil man ihn für honigſteinſaures Eiſen hielt. Doch
zeigte Rivero (Ann. Chim. Phys. 1821 tom. 18. pag. 207), daß es oxal-
42*
[660]VI. Cl. Inflammabilien: Oxalſaurer Kalk.
ſaures Eiſen ſei und nannte es Humboldtin, Leonhard Humboldtit, Hauy
Fer oxalaté, Phillips Oxalate of Iron.


Es iſt das 2te Mineral, worin eine organiſche Säure nachgewieſen
iſt, und nimmt deshalb unſere Aufmerkſamkeit in beſondern Anſpruch,
obgleich das Mineral an ſich nicht blos zu den Seltenheiten gehört, ſon-
dern auch wenig hervorſtechende Kennzeichen hat.


Es kommt in Böhmen höchſtens in nadelförmigen Kryſtallen vor,
die Hauy für 4gliedrig hielt. Meiſtens bildet es nur traubige, plattige
Ueberzüge, die ins Erdige übergehen, und dann wegen ihrer ockergelben
Farbe leicht mit Brauneiſenocker verwechſelt werden können, aber das Ge-
wicht beträgt nur 2,2.


In der Flamme ſchwärzt er ſich ſogleich und wird dann roth und
magnetiſch. In Säuren iſt er leicht löslich, von Alkalien wird er zerlegt,
indem ſich Eiſenoxydul mit grüner Farbe abſcheidet, welche bald ins Roth-
braune übergeht. Nach der ſorgfältigen Analyſe von Rammelsberg (Pogg.
Ann. 46. 283) beſteht er aus
2 Ḟe C̶⃛ + 3 Ḣ̶ mit 41,1 Ḟe, 42,4 C̶⃛ und 16,5 Ḣ̶.
Dagegen hat Berzelius geltend zu machen geſucht (Pogg. Ann. 53. 633),
daß der Oxalit kein bloßes Eiſenoxydulſalz ſein könne, ſondern wenigſtens
einen Theil Eiſenoxyd enthalten müſſe, da Eiſenoxydulſalze, Jahrtauſende
hindurch mit der Erdfeuchtigkeit in Berührung, nothwendig in Oxydſalze
übergehen müßten. Indeß zeigte Rammelsberg, daß nicht blos das Ver-
halten zu Alkalien auf Eiſenoxydul hinweiſe, ſondern er miſchte auch
Pulver mit klarem friſchbereitetem Schwefelwaſſerſtoff, es entſtand durch-
aus keine Trübung, was geſchehen müßte bei Gegenwart von Eiſenoxyd
in Folge von ausgeſchiedenem Schwefel. „Außerdem iſt der Oxalit ohne
„Zweifel
eine ſehr neue Bildung in den Braunkohlen der Tertiärforma-
„tion des nördlichen Böhmens.“


Die Oxalſäure pag. 466, durch ihre Zuſammenſetzung der Honig-
ſteinſäure ſo nahe ſtehend, ſtammt jedenfalls hier aus dem Pflanzenreiche,
ob ſie gleich auch bei der Kaliumbereitung als Nebenprodukt aus rein
unorganiſchen Subſtanzen
gewonnen wird, und ſie in ſofern zwi-
ſchen organiſchen und unorganiſchen Säuren mitten inne ſteht. Sie iſt
nicht blos die allgemeinſte Pflanzenſäure, die übrigens auch im Thierreiche
vorkommt, ſondern auch wohl die ſtärkſte organiſche Säure überhaupt.
Daher darf es uns nicht verwundern, ſie hier im Braunkohlengebirge noch
anzutreffen.


Oxalſaurer Kalk (Whewellit) wird von Brooke (Phil. Mag. Juni-

[figure]

heft 1840) in kleinen meiſt Zwillingskryſtallen auf Cal-
cit pag. 437 ſitzend, der wahrſcheinlich von Ungarn
ſtammt, beſchrieben. Nach beiſtehender von Miller
(Elem. introd. to Mineralogy pag. 626) entlehnten Ho-
rizontalprojektion gehört er dem 2 + 1 gliedrigen
Syſteme an: eine geſchobene Säule *)m = 110
[661]VI. Cl. Inflammabilien: Oxalſaurer Kalk.
= a : b : ∞c macht vorn 100° 36′, ihre ſcharfe Kante wird durch b =
010 = ∞a : b : ∞c
gerade abgeſtumpft; die vordere Schiefendfläche e
= 101 = a : ∞b : c
, welche die Zwillinge gemein haben, macht vorn
in Kante e/m = 128° 2′; die hintere Gegenfläche c = 001 = ∞a :
∞b : c
macht in c/e = 109° 28′; s = 132 = a : ⅓b : ½c, x = 011
= ∞a : b : c
, f = 1̅12 = a' : b : ½c, u = 120 = a : ½b : ∞c. Flächen
c m b ſind blättrig, m parallel der Axe c und f parallel der Mediankante
geſtreift. Die Zwillinge haben e gemein und liegen umgekehrt, c/c' =
141° 4′. Kleine farbloſe ſtark glänzende Kryſtalle von 2—3 Härte und
1,8 Gew. Sie beſtehen aus
Ċa C̶⃛ + Ḣ̶ mit 49,3 C̶⃛, 38,4 Ċa, 12,3 Ḣ̶.


Der kleeſaure Kalk fehlt vielleicht in keiner Pflanze, er iſt in Waſſer,
ſelbſt in Eſſigſäure nicht löslich, durch Glühen verwandelt er ſich in
kohlenſauren Kalk. Daher würde es nicht überraſchen, wenn er ſich der-
einſt in größern Mengen wenigſtens im Braunkohlengebirge vorfinden ſollte.


*)


[[662]]

Neumann’s graphiſche Methode.


Sie iſt in deſſen „Beiträge zur Kryſtallonomie“, Berlin und Poſen
1823, auseinander geſetzt. Leider erſchien davon nur das erſte Heft, ſo
gering iſt die Theilnahme des größern Publikums an ſchwierigern kryſtallo-
graphiſchen Unterſuchungen. Neumann hat uns zuerſt hier mit der Idee
von Projektionen vertraut gemacht, die aber ſeit mehr als 30 Jahren in
Deutſchland faſt ignorirt worden iſt. Dagegen hat der Engländer Miller
die Sache nicht blos in ſeinem „Treatise on Crystallography, Cambridge
1839“
aufgenommen, ſondern auch in der neuen Ausgabe von der „Ele-
mentary introduction to Mineralogy by the late William Phillips. London
1852“
die Symbole und Rechnung darauf gegründet.


Die Neumann’ſche Projektion beruht auf folgender Anſchauungsweiſe:
Denken wir uns ein Syſtem von Flächen in ihrer Projektionslage, wie
es pag. 33 auseinander geſetzt iſt, legen eine Fläche π durch den Scheitel-
punkt c parallel unſerer Projektionsebene P, und fällen nun vom Mittel-
punkt m des Syſtems je ein Perpendikel p auf die Flächen, ſo wird dieſes
Perpendikel über die Fläche hinaus verlängert die Projektionsebene π in
einem Punkte ſchneiden, dieſer Punkt iſt der Ort der Fläche (Flächenort),
aus welchem die Zonenverhältniſſe hervorgehen. Was bei unſerer Pro-
jektion durch eine Linie dargeſtellt iſt, wird hier einfacher durch einen Punkt
gegeben. Alle Flächen, die in einer Zone liegen, haben dann auf der
Projektionsebene π ihre Flächenorte ebenfalls in einer Linie. Habe ich

[figure]

alſo eine Kante auf die Projektionsebene
π nach der Neumann’ſchen Methode zu proji-
ciren, ſo iſt ihr Ort von c entfernt. Denn
nennen wir den Ort x, ſo iſt nach der Aehn-
lichkeit der Dreiecke , alſo x =
. Setzen wir c = 1, ſo iſt der Ort des Ausdruckes einfach zu
geworden. Haben wir alſo eine Fläche , ſo iſt ihr Ort
. Daraus gibt ſich von ſelbſt, daß wenn ich die Projektionsebene π
nicht durch die Einheit von c, ſondern durch lege, eine Fläche
[663]Neumann’s graphiſche Methode.
= den Ort haben muß. Miller ſetzt
nun ſtatt des wirklichen Axenausdrucks einfach die Symbole μνλ,
und zwar immer in der gleichen Reihenfolge, ſo daß aus ihnen ſich die
Axenausdrücke ſogleich ableſen laſſen, zumal da er glücklicher Weiſe in den
Buchſtaben für die Axenrichtungen von Weiß nicht abweicht. Die Sache
wird noch klarer, wenn wir auf die Entwickelung einer Projektion ſelbſt
eingehen, wir wählen dazu das reguläre Syſtem, unterſcheiden aber
des Verſtändniſſes wegen die Axen αβc, worin die griechiſchen αβ den a
und b correſpondiren.


[figure]

Sämmtliche Flächen ſind auf die Würfelfläche w projicirt. Von den drei


Würfelflächen hat die horizontale ihren Ort im Mittelpunke c
der Projektion, die beiden Vertikalen haben ihre Orte dagegen im Unend-
lichen ww. Die Orte der


Granatoederflächeng = a : c : ∞b ꝛc. ergeben ſich ebenfalls
[664]Neumann’s graphiſche Methode.
einfach, denn es ſind die Orte Perpendikel vom Mittelpunkt m auf die
Kante c : a ꝛc. gefällt. Zwei g davon haben ihre Orte im Unendlichen,
allein die Ermittlung ihrer Lage macht keine Schwierigkeit, da ſie in der
Mitte zwiſchen den Unendlichen ww liegen müſſen. Die Orte der


Oktaederflächeo finde ich, indem ich die Punkte von g mit w
verbinde, deren Durchſchnitt dann oooo gibt. Denn ziehe ich von dieſem
o noch den Mittelpunkt m, der unter der Projektionsebene gedacht wird,
ſo muß dieſe ſenkrecht auf a : b : c ſtehen, da ocgg die Ecken eines Würfels
ſind, der ſeine o gegenüber liegende Ecke im Mittelpunkte m hat. Das
Symbol der Fläche o = 111 bedeutet weiter nichts, als die Entfernung
des Ortes o von den drei Axenebenen ab, ac, bc: ſo beſtimmt man die
Wirkung dreier Kräfte im Raum. Um alſo ganz allgemein den Ort einer
Fläche zu beſtimmen, ſuche ich die Flächenorte von und
errichte aus beiden Punkten Perpendikel gegen die reſpectiven
Axen, ſo iſt der Durchſchnittspunkt der verlangte Flächenort. Das


Leucitoederl = a : a : ½a liegt mit gg und oc in einer Zone, daher
geben die Durchſchnitte dieſer Linien den Ort l, die übrigen acht Flächen
liegen ebenfalls im Durchſchnitt der Linien gg und ow. Den


Pyramidenwürfelh = a : ½a : ∞a kann man zwar unmittel-
bar durch Rechnung beſtimmen, allein er liegt auch in Zone ll und gc
achtmal, und viermal in ll und der unendlichen gw. Das


Pyramidenoktaedert = a : a : 2a liegt in hl und go und der


Achtundvierzigflächnerx = a : ½a : ⅓a in gg und ll. Ver-
möge ſeines Axenausdrucks muß das Symbol 1 2 3 ſein, und die 8 äußer-
ſten x links und rechts ſind auch 1 von der Axenebene ab, 2 von der
Axenebene bc, und 3 von der ac entfernt. Daſſelbe gilt für die übrigen
x, wenn man je die kleinſte Diſtanz 1 nennt: denn z. B. das mittlere
x unten rechts hat ½β \frac{3}{2}α c = ½ \frac{3}{2} 1 = 132.


Dieſe Neumann’ſche Punktmethode iſt zwar compendiöſer, als die
Linearmethode, allein ſie liegt nicht ſo unmittelbar in der Anſchauung.
Da die Flächen, deren Orte in eine Linie fallen, in einer Zone liegen, ſo
gewährt ſie den Vortheil, daß man mit dem Lineal in der Hand die
Zonen herausſuchen kann, ohne ſie vorher durch Linien verſinnlichen zu
müſſen, aber man kann deshalb auch leicht etwas überſehen.


Um die Figuren weniger auszudehnen, hat Neumann auch die Punkte
auf einer Kugeloberfläche gezeichnet, wo alle Flächenorte einer Zone in
ein und denſelben größten Kreis fallen. Indeſſen entfernt man ſich da-
mit immer von dem Zwecke, den die Projektionen eigentlich haben ſollen:
nämlich die Anſchauung unmittelbar zu unterſtützen. Doch hat gerade
Miller dieſer den Vorzug gegeben. Wenn ſolche Kreisfiguren etwas nützen
ſollen, ſo müſſen möglichſt viel Zonen durch größte Kreiſe angedeutet ſein,
denn hier kann man mit dem Lineal in der Hand nicht mehr forſchen.


Auch für die Rechnung bietet dieſe Projektion manche Bequemlichkeit:
ſo ſieht man leicht ein, daß der Winkel zwiſchen den Perpendikeln den
Kantenwinkel der beiden zugehörigen Flächen zu 180° ergänzt, Miller gibt
daher auch immer dieſe Supplementwinkel an, was gerade nicht [anſchau-
lich]
iſt, doch kommt bei derartigen Betrachtungen viel auf Gewohnheit an.


[[665]]

Anhang
über
Gebirgsarten, Gläſer und Thone.


Unter Gebirgsarten verſteht man entweder Gemiſche einzelner
Mineralſpecies oder Anhäufung eines Minerals in ſolcher Maſſe, daß
dadurch förmliche Gebirge gebildet werden. Die Sache bringt es mit ſich,
daß zwiſchen Gebirgsarten und Mineralen keine feſte Gränze gezogen
werden kann. Ideal kann man freilich ſagen: Minerale ſind einfache
chemiſche Verbindungen, Gebirgsarten dagegen Gemiſche ſolcher chemi-
ſcher Verbindungen. In der Praxis ſtellen ſich dabei aber allerlei
Schwierigkeiten ein, die man nicht immer gehörig überwinden kann.
Man hilft ſich da, ſo gut es eben geht. Jedenfalls muß ein gebildeter
Mineraloge auch mit dieſen Gebirgsarten vertraut ſein, zumal da ſie für
die empyriſchen Kennzeichen der Minerale die größte Bedeutung haben.
Da jedoch die Gebirgsartenlehre (Petrographie) heutiges Tages einen we-
ſentlichen Theil der Geognoſie ausmacht, ſo will ich hier nur das Wich-
tigſte andeuten, um dann von da aus die Gläſer und Thone kurz ab-
handeln zu können.


Die Gebirgsarten


laſſen ſich nur ganz äußerlich gruppiren, und ſo vortreffliche Gruppen es
auch geben mag, ſo verwiſchen ſich doch alle an ihren Gränzen. Eine
ſehr fleißige und auf Sachkenntniß beruhende Zuſammenſtellung gibt Nau-
mann Lehrbuch der Geognoſie I. pag. 537. Es dreht ſich dabei vorzüglich
um folgende drei Hauptmerkmale:


1) Ob chemiſches Product oder mechaniſcher Niederſchlag.


Die chemiſchen Produkte ſind natürlich feſter beſtimmbar als das zu-
fällig mechaniſch zuſammengeflözte oder durch Zertrümmerung und Ver-
änderung entſtellte Schlamm-, Sand- und Schuttgebirge. Und von den
chemiſchen Produkten ſind die auf heißem Wege gebildeten wieder viel
wichtiger, als die auf naſſem Wege ausgeſchiedenen. Man hält in dieſer
Hinſicht hauptſächlich dreierlei auseinander:


[666]Gebirgsarten: Granit.

Feuer-, Waſſer- und Metamorphiſche-Geſteine.


Die Luft hat nur wenig zur Felſenbildung beigetragen. Sie dient
hauptſächlich zur Erzeugung der Gebirgskrume, die den Felſen vor weiterer
Zerſtörung ſchützt. Kann man auch die dreierlei noch nicht ſcharf lociren,
ſo iſt doch an den drei Arten der Bildungsweiſe nicht zu zweifeln. Die
eigenthümlichſte Mittelſtellung nimmt das metamorphiſche Geſtein ein. Die
Metamorphoſe iſt eine doppelte: Feuergeſteine wie der Granit zerfallen
durch Einwirkung von Waſſer und Luft zu Grus, der durch Infiltrationen
wieder feſt zuſammenbäckt; die Waſſerniederſchläge wurden durch Feuer
erhitzt und nahmen ſo ein kryſtalliniſches Gefüge an, wie viele Schiefer
der Alpen angeſehen werden.


2) Structurverhältniſſe. Die Structur iſt eine doppelte:
Mineral- und Felsſtructur.


Mineralſtructur iſt körnig (Granitiſch), dicht, oder die Vermiſchung
von beiden porphyriſch. Auch kommt es weſentlich darauf an, ob
die Minerale ſich im glaſigen (vulkaniſchen) oder friſchen (urgebirgiſchen)
Zuſtande befinden. Die Felsſtructur iſt maſſig oder geſchichtet; compact
oder porös. Die poröſen haben eckige (Schlacken) oder runde hohle Räume
(Mandelſteine). Dieſe Höhlungen ſind frei oder mit fremdartigen Sub-
ſtanzen ausgefüllt. Alles das beſtimmt den Namen einer Felsart.


3) Mineralſpecies-Combination. In dieſer Hinſicht unter-
ſcheidet man einfache und gemengte Geſteine. Die Mengung iſt will-
kührlich und hat keine Gränze, doch pflegt man auch hier gern auf ein
Mineral das Hauptgewicht zu legen.


Da man bei der Aufzählung kein rechtes Princip feſthalten kann, ſo
iſt es gut, auf das Alter und die Bedeutung der Geſteine in Beziehung
auf Häufigkeit Gewicht zu legen.


Im Urgebirge zeigt ſich hauptſächlich der Gegenſatz von Körnigen
und Porphyrſchen Geſteinen. Unter Porphyren verſteht man eine dichte
Grundmaſſe, worin ſich Kryſtalle ausgeſchieden haben.


A.Friſche körnige Geſteine.


Man kann darunter alle Silikate begreifen, geſchichtete und unge-
ſchichtete, in denen ſich die einzelnen Mineraltheile ſicher von einander
ſondern laſſen. Sie gehören hauptſächlich dem älteſten Gebirge an.


a) Feldſpath herrſcht vor.


1. Granit.


Enthält vorherrſchend Feldſpath, Glimmer iſt wenig aber ſichtbarer
als der Quarz. Alle drei Minerale liegen körnig nebeneinander und
können ſcharf von einander geſchieden werden. Es iſt das häufigſte, älteſte
und kryſtalliniſchſte aller Gebirgsarten. Obgleich der Name von Granum
[667]Gebirgsarten: Weißſtein.
das Korn entlehnt iſt, ſo kommt er doch nicht bei den Alten, noch nicht ein-
mal bei Agricola vor, der ihn vielleicht unter Grindſtein (saxum quod
ex scabie nomen invenit Agric. Rerum metallicarum interpretatio pag.
707)
begriffen hat. Nach Emmerling (Lehrb. Mineral. III.24) erwähnt den
Namen zuerſt Tournefort Voyage du Levante Paris 1698, indem Ita-
lieniſche Künſtler ſich ſchon längſt der paſſenden Bezeichnung bedienten.


Der Feldſpath herrſcht bei weitem darin vor. Nach G. Roſe (Zeit-
ſchrift der deutſchen Geol. Geſellſch. I.352) kommt außer Kalifeldſpath
noch Oligoklas pag. 193 von röthlicher, grünlicher, gelblichgrauer bis
ſchneeweißer Farbe vor. Neben weißem Kaliglimmer ſtellt ſich auch
ſchwarzer Magneſiaglimmer ein. Hornblende fehlt nicht ganz, doch ſo-
bald ſie in größerer Menge eintritt, nennt man das Geſtein Syenit.
Turmalin, Granat, Zirkon, Dichroit, Gadolinit, Orthit ꝛc. und viele
andere Minerale bilden darin hin und wieder ſehr untergeordnete Gemeng-
theile.


Man kann hauptſächlich zweierlei Granite unterſcheiden: porphy-
riſchen Granit
, worin ſich eine körnige Grundmaſſe zeigt, in welcher
die großen weißen Karlsbader Zwillinge in Menge zerſtreut liegen. Man
ſieht dieſen für den älteſten an. Seine kühnen plumpen Felſenmaſſen
ſieht man beſonders ſchön auf der Badiſchen Seite des Schwarzwaldes.
Die Sudeten, das Erz- und Fichtelgebirge, die Roßtrappe auf dem Harze ꝛc.
zeigen ihn in beſonderer Schönheit. Schon Laſius vergleicht ſie mit großen
Wollſäcken.


Noch verbreiteter iſt der gleichkörnige Granit (Granitit),
das Korn iſt bald gröber, bald feiner. Es gehört mit zu den ſchönſten
Geſteinen, welche wir kennen. Auf Gängen und in kleinen Stückgebirgen
bilden ſich öfter ſehr grobkörnige feldſpathreiche Partieen aus (Ganggranit).
Da zeigen ſich auch kryſtalliniſche Maſſen, wo die Blätterbrüche in großer
Flucht aushalten, nehmen dieſelben hohle Quarzkryſtalle in paralleler
Stellung auf (Murſinsk), ſo hat man das Schriftgranit (Pegmatit)
genannt, weil ſenkrecht oder ſchief gegen die Quarzſäulen geſchnitten die
hohlen Kryſtalle ſchriftartige Züge bilden.


Protogyne nannte Hauy (Traité Minér. IV.538) den Granit
der Alpen, beſonders des Mont-Blanc, worin der Glimmer durch chlori-
tiſchen Talk vertreten iſt, der ſich krummſchichtig durch das Geſtein hin-
durchzieht. Saussure’s Granite veiné. Am Monte Roſa bildet der Chlorit
oft ſo regelmäßige Schichten, daß man das Geſtein mit gleichem Rechte
Gneis nennen könnte.


Weißſtein Wr. (Granulit Weiß), ein feinkörniger Feldſpath mit Quarz,
worin ganz kleine Granaten, öfter von Cyanit begleitet, eingeſprengt
ſind. Streifungen erinnern an Schichtung, auch ſondert er ſich gern in
Platten, die nach Dr. Hochſtetter der Schichtung nicht conform ſind. So
kommt er am Nordrande des Sächſiſchen Erzgebirges und im Böhmerwalde
zwiſchen Prachatitz, Krumau und Budweis in den Gneis eingelagert vor,
mächtige elliptiſche Stückgebirge bildend. Davon verſchieden ſind die klein-
körnigen Ganggranite in den Vogeſen und dem Schwarzwalde, die man
fälſchlich auch ſo genannt hat, obgleich ihnen Quarz und Granaten fehlen.


[668]Gebirgsarten: Gneis, Glimmerſchiefer.

2. Gneis


nennt der ſächſiſche Bergmann ſeit alter Zeit ſein Erzführendes Geſtein.
Es iſt ein geſchichteter Granit, in dem der dunkelfarbige Glimmer zunimmt
und ſich ſchichtenweis lagert. Doch kann man den Feldſpath zwiſchen den
Glimmerſchichten noch deutlich erkennen, auch der Quarz fehlt nicht. Alle
ſind noch kryſtalliniſch, wenn gleich ſie an Schönheit gegen den Granit
verloren haben. Einerſeits geht er in den Granit, andererſeits in den
Glimmerſchiefer über. Bildet die Hauptmaſſe des geſchichteten Urgebirges
von unergründeter Mächtigkeit, und da er vom Granit durchbrochen wird,
ſo iſt er ſelbſt älter als viele Granite. Im Allgemeinen möchte er aber,
ſchon wegen ſeines mehr unkryſtalliniſchen Weſens, jünger ſein.


Es iſt nicht unintereſſant, die Entſtehung des Gneiſes aus dem
Granite zu verfolgen. Anfangs werden die Glimmerblättchen groß, und
lagern ſich krummflächig zwiſchen Feldſpath und Quarz, ſind jedoch noch
iſolirt. Die Blätter ziehen ſich in die Länge, reichen ſich nach dieſer
Längsdimenſion einander die Hand, und umhüllen ſchönblättrige elliptiſche
Feldſpathklumpen (Flaſiger Gneis). In den Alpen iſt es oft gar nicht
möglich, ſolche flaſrigen Gneiſe vom Granite veiné zu trennen. Endlich wird
der Feldſpath ſo feinkörnig, und die Glimmermaſſe nimmt ſo zu, daß im
Querbruch ſehr regelmäßige Streifen entſtehen. Dieß iſt der normale
Gneis, der über die weiteſten Strecken herrſcht. Er hat an der Zuſammen-
ſetzung der Erde den weſentlichſten Antheil, und iſt von Erzen vielfach
angereichert. In den Alpen wird der Glimmer häufig Chlorit und Talk,
und dann entſtehen eine Reihe von Geſteinen, über deren Namen man
in Verlegenheit kommt. Der Feldſpath wird endlich immer kleinkörniger,
verliert an ſeinen markirten Kennzeichen, und ſo gelangen wir zu Ge-
ſteinen, welche dem Glimmerſchiefer zum Verwechſeln ähnlich werden.


b) Glimmer herrſcht vor.


3. Glimmerſchiefer.


Folgt ſeinem Lager nach gewöhnlich über dem Gneiſe, und iſt daher
jünger.


Nach Werner’s Definition ſoll ihm der Feldſpath fehlen und zwiſchen
der herrſchenden Glimmermaſſe nur Quarz ſich lagern, der zuweilen ſehr
ſichtbar körnig eingeſprengt oder in großen Ellipſoiden hervortritt. Ge-
wöhnlich hat jedoch der Glimmer ſeine Form eingebüßt, er iſt noch mehr
als bei den Zwiſchenlagern des Gneiſes zu dünnen continuirlichen Blättern
gepreßt, und da dieſen alle Glimmerblättchen ihren Blätterbruch parallel
legen, ſo iſt ein Geſtein entſtanden, deſſen regelmäßige Schichtung zu
den ausgezeichnetſten gehört, welche wir überhaupt kennen. Bei den ächten
Glimmerſchiefern glänzt der Blätterbruch noch ſo ſtark, daß über das
kryſtalliniſche Gefüge kein Zweifel walten kann. Trotzdem ſcheint die
ganze Maſſe wie der feinſte Schlamm nachgiebig, ſie biegt ſich nicht blos
krummflächig, ſondern zeigt auch die zarteſte Fältelung: die kleinen Falten
gehen gewöhnlich einander parallel.


In den niedern deutſchen Urgebirgen findet man ächte Glimmerſchiefer
nicht häufig, ob ſie gleich nicht fehlen (Böhmen, Fichtelgebirge). Deſto
[669]Gebirgsarten: Chloritſchiefer.
größere Rollen ſpielen ſie in den Alpen, doch machen ſie hier die bunteſten
Gemiſche und Uebergänge in


Chloritſchieferpag. 201 mit dunkelgrüner und Talkſchiefer
pag. 202 mit lichtgrüner bis weißer Farbe. Das fettige Anfühlen läßt
die letztern oft ſicher erkennen. Am allerſchwierigſten iſt jedoch die Gränze
zum Thonſchiefer hin (Urthonſchiefer, über dem Glimmerſchiefer Platz
greifend) feſtzuſtellen, doch hat letzterer ein mehr erdiges als kryſtalliniſches
Gefüge. Auch hat der Thonſchiefer, mit Ausnahme des Chiaſtolith’s
pag. 240, keine kryſtalliniſchen Silicate zu Einſchlüſſen, oder wo dieſe
vorkommen, rechnet man die Geſteine beſſer zu der Glimmerſchiefergruppe,
die in dieſer Beziehung am reichſten iſt: Granat, Staurolith, Cyanit,
Turmalin, Smaragd, Rutil, Magneteiſen, Stahlſtein und viele andere
Minerale werden darin gefunden.


c) Quarz herrſcht vor.


Da der Quarz nach pag. 166 ſich auch auf naſſem Wege kryſtalliniſch
bilden kann, ſo führt er uns theilweis aus dem Urgebirge in das Flöz-
gebirge hinaus. Indeſſen genügt bei dieſen ſogenannten „einfachen Ge-
birgsarten“ die Citirung des mineralogiſchen Namens. Auch iſt es geradezu
falſch, wenn man Feuerſtein pag. 175, Opal pag. 178 ꝛc. bei den
Gebirgsarten aufführt, da dieſe nie Gebirge bilden, ſelbſt Kieſelſchiefer
pag. 178, Hornſtein pag. 177 ſind ein für allemal bei den Mineralien
abgemacht, und wenn der reine Quarz, der in Gängen und Lagern das
Ur- und Uebergangsgebirge, inſonders der Alpen, ſo häufig durchſchwärmt,
und gern das Muttergeſtein des Goldes bildet, einmal als „Gebirgs-
quarz
“ vorkommt, ſo hat man ihm den paſſenden Namen Quarzfels
(Quarzit iſt ſchlechter) gegeben. Solche Quarzfelſen von mannigfachſtem
Wechſel in der Maſſe trifft man beſonders ſchön im Granit des Bayer’-
ſchen- und Böhmer-Waldes, wo er ein vortreffliches Material zur Glas-
bereitung bietet. Der ſogenannte Pfahl (Vallum) ſetzt 28 Stunden weit
als „zackiger oft abentheuerlich geformter Felſenkamm“ fort. Von Thierl-
ſtein ſüdweſtlich Cham bis Bruck ſüdöſtlich Zwiſel beträgt der Weg im
porphyriſchen Granit 18 Stunden *). Der Ganggranit der Umgegend
von Zwiſel verwandelt ſich ganz in kryſtalliniſchen Quarz, worunter der
ſchöne Roſenquarz pag. 170 beſonders vom Hünerkobel bei Zwiſel. Beryll,
Turmalin, Triphylin, Columbit kommen in den Quarzfels eingeſprengt
vor, Wineberger Verſuch geogn. Beſch. Bayeriſchen Waldgebirges pag. 50.
Bei Böhmiſch Neuſtadt und am Jeſchkengebirge im Bunzlauer Kreiſe
nimmt er Blättchen von verhärtetem Talk auf, und zeigt große Neigung
zum Schieferigen. Im


Greiſen der Zinnſteingänge von Altenberg und Zinnwald in Sachſen,
Schlackenwalde in Böhmen und in Cornwallis herrſcht körniger hellgrauer
Quarz, dem Blättchen von talkigem Glimmer beigemiſcht ſind. Der Feld-
ſpath tritt zurück, doch läßt die Art des Auftretens noch erkennen, daß
das Geſtein vom Granite herkommt. Wenn ſich dazu Turmalin geſellt,
ſo hat man das Geſtein Schörlfels, und wenn es ſich ſchichtet, Schörl-
[670]Gebirgsarten: Itacolumit, Syenit.
ſchiefer genannt. Topasfelspag. 260 nannte Werner die zerſtörte
Gneisnadel am Schneckenſtein bei Gottesberg auf dem ſächſiſchen Voigt-
lande. Quarz herrſcht darin, Turmalin und Topas iſt eingeſprengt. Der
Feldſpath verräth ſich durch Steinmark. Das Geſtein ſieht ſehr zer-
trümmert aus. Wichtiger als verbreitete Gebirgsart, wenn auch nicht in
Deutſchland, iſt Eſchwege’s


Itacolumit in Braſilien, der ſeinen Namen vom Berge Ita-
columi bei Villa ricca bekommen hat. Es iſt ein feinkörniger weißer
Quarz, zwiſchen welchem äußerſt ſparſam dünne Chloritblättchen liegen.
Man würde ihn geradezu für einen Sandſtein halten können, wenn nicht
die Körner eine eigenthümliche Rauhigkeit und Eckigkeit zeigten, wodurch
ſie ſich wie die Kryſtalle des Statuenmarmors in einander fügen. Nach
Eſchwege (Gilbert’s Ann. 1820. Band 65. 411) geht er einerſeits in
Chloritſchiefer über, iſt aber in Thonſchiefer eingelagert. 1780 kam er
zuerſt nach Portugal, und ſpäter in 4‴—6‴ dicke Tafeln geſchnitten,
die aus dem Innern heraus wie Statuenmarmor pag. 334 ſchimmern,
und eine auffallende Biegſamkeit haben, in den Handel. Dieſe Bieg-
ſamkeit machte ihn ſehr berühmt, man nannte ihn „Gelenkquarz“, weil
Klaproth (Beiträge II.115) unter dem Mikroſkop die Körner gelenkartig
ausgeſchweift gefunden hatte. Die Biegſamkeit iſt wirklich ſo bedeutend,
daß man ſie ſelbſt an kleinen Stücken beim Druck zwiſchen den Händen
noch wahrnimmt, große Platten ſchwanken bei aufrechter Stellung mit
Geräuſch wie dickes Sohlleder hin und her. Uebrigens iſt dieſe Bieg-
ſamkeit gerade nicht ſtaunenerregend, man findet ſie bei Platten von unſern
glimmerigen Sandſteinen, bei Statuenmarmor ꝛc. auch, wenn gleich nicht
in ſo bedeutendem Grade. Als Muttergeſtein der Diamanten pag. 244
hat es in neuern Zeiten die Aufmerkſamkeit auf ſich gezogen. In Bra-
ſilien herrſcht das Geſtein über große Strecken, mit blättrigem Eiſenglanz
pag. 521 gemiſcht hat man es Eiſenglimmerſchiefer genannt.
Auch in Nordamerika, am Ural, und ſogar im Rheiniſchen Schiefer-
gebirge wird neuerlich Itacolumit erwähnt. Man muß übrigens in Ueber-
tragung ſolcher Namen ſehr vorſichtig ſein.


d) Hornblende ſtellt ſich ein und herrſcht zuletzt.


Sobald die Hornblende in den körnigen Feldſpathgeſteinen nur einiger-
maßen ſichtbar wird, ſo hat man den Sachen beſondere Namen gegeben.
Auffallender Weiſe tritt Hornblendereichthum mehr in den Umgebungen
des Uebergangsthonſchiefer auf, ſo daß Hornblendegeſteine eine
Stufe jünger, als der ächte hornblendefreie Granit zu ſein ſcheinen. Die
Farbe dieſer Hornblende iſt faſt immer rabenſchwarz, Gemeine Hornblende
pag. 209.


4. Syenit.


Werner begriff ihn anfangs mit unter Grünſtein, dann nannte er
ihn in ſeinen Vorleſungen nach der Gränzſtadt Syene in Oberägypten,
wo ſchon die alten Aegyptier ihre Obelisken und andere rieſigen Mono-
lithe herholten, worunter freilich auch hornblendefreie Granite vorkommen,
[671]Gebirgsarten: Diorit.
die Plinius 36. 13 ohne Zweifel unter ſeinem Syenites mitinbegriffen
hat. Da nun der Aegyptiſche mit rothem Feldſpath und ſchwarzem Glimmer
nur ſehr wenig Hornblende hat, ſo daß ihn G. Roſe (Zeitſchrift deutſch.
Geol. Geſ. I.368) wieder zum Granitit ſtellt, ſo iſt der Name allerdings
nicht gut gewählt. Rozière wollte ihn daher in Sinait verändern, weil
der Berg Sinai aus ausgezeichneteren beſtehe, doch iſt die Sache mit
Recht nicht angenommen.


Der Syenit gleicht einem Granit vollkommen, denn er enthält Feld-
ſpath (nebſt Oligoklas), Quarz und gewöhnlich ſchwarzen Magneſiaglimmer.
Dazwiſchen liegt aber immer etwas rabenſchwarze Hornblende, die ſich an
ihrer faſrigen Säule leicht unterſcheiden läßt. Da das Geſtein vollkommen
körnig iſt, und ſich die Hornblende nicht fein vertheilt, ſo bemerkt man
von dem Grün letzterer wenig, allein man darf ſie nur zwiſchen Papier
zu Pulver zerklopfen, um das auffallende Berggrün ſogleich zu gewahren.
Die Geſteine gehören mit zu den ſchönſten, bei Todtmoos im ſüdlichen
Schwarzwalde, zu St. Maurice an den Quellen der Moſel in den Vo-
geſen ſind ſie porphyriſch. Am letztern Orte unterſcheiden ſich die großen
rothen Feldſpathe auffallend von dem grünlich weißen geſtreiften Oligoklas.
Beſonders reich iſt der Odenwald nördlich Weinheim: das Felſenmeer bei
Auerbach an der Bergſtraße beſteht aus Syenitblöcken, und die vielbeſuchte
Rieſenſäule und der Rieſenaltar ſind zugerichtete Steine, welche noch aus
der Römerzeit herſtammen ſollen. Der Syenit wird zu ſolchen Arbeiten
vorgezogen, weil er etwas zäher und unzerklüfteter zu ſein pflegt, als
der eigentliche Granit. Das prachtvollſte Geſtein bildet der Zirkonſyenit
von Laurvig und Friedrichswärn mit ſeinem Labradoriſirenden Feldſpathe
pag. 187, worin Ch. Gmelin (Pogg. Ann. 81. 314) neben 7 p. C. Kali
noch 7 Natron nachwies. Dafür enthalten ſie auch weder Oligoklas noch
Quarz. Quarzfrei oder wenigſtens ſehr Quarzarm ſind auch die meiſten
übrigen. G. Roſe’s


Miascit (Pogg. Ann. 47. 376) aus dem Ilmengebirge bei dem
Hüttenwerke Miask mit weißem Feldſpath, dünnen Blättchen von lauch-
grünem einaxigem Glimmer und Eläolith iſt ein quarzfreies ganz ähnliches
Geſtein, dem wie dem eläolithhaltigen Syenit von Laurvig auch die
Hornblende nicht ganz fehlt. Fußgroße Glimmerſäulen in den Druſen-
räumen, Zirkon in großen gelben durchſcheinenden Kryſtallen, Titaneiſen
(Ilmenit) von 3\frac{1}{2} Zoll Breite, Apatit, Flußſpath, Sodalith, Cancrinit
ſind in den Eläolithhaltigen eingeſprengt; in den Eläolithfreien braune Zir-
kone, Pyrochlor, Aeſchynit, Monazit, Titanit, Hornblende, Epidot, Graphit.


Kleine Titanitkryſtalle pag. 303 bezeichnen den Syenit ganz beſonders.


5. Diorit.


Die Hornblende wird hier herrſchender, und gibt dem Geſteine einen
entſchiedenen Stich in’s Grün. Der Kalifeldſpath fehlt, ſtatt deſſen findet
ſich Albit (Oligoklas?). Freier Quarz iſt jedenfalls unweſentlich. G.
Roſe (Pogg. Ann. 34. 1) hat über die Grünſteine eine beſondere Ab-
handlung geſchrieben. Grünſtein von Werner, nach dem ſeit alter Zeit in
Schweden gebräuchlichen Namen Grönſteen (Cronſtedt, Mineral. §. 88
und §. 267) genannt, und in der That konnte auch keine beſſere Bezeich-
[672]Gebirgsarten: Hornblendeſchiefer.
nung gefunden werden. Werner ſchied dann den Syenit davon, und Hauy
den Diorit, von διορίξειν unterſcheiden, weil man darin noch Feldſpath
und Hornblende kryſtalliniſch unterſcheiden könne, obgleich die Theile ſich
oft ſchon ſehr verwirren. Etwas Schwefelkies iſt außerdem ſehr bezeichnend.
Derſelbe geht dann in den Aphanit, ἀφανίξειν verſchwinden, worin
man die Theile nicht mehr unterſcheiden könne, wie in den grünen Por-
phyren, Mandelſteinen ꝛc. Es iſt nicht möglich, die Gränzen nach allen
Seiten hin auch nur einigermaßen ſicher zu ziehen. Man muß ſich mit
idealen Bildern begnügen. Die ſüdlichen Vogeſen bei Giromagny ſind
beſonders reich an hierher gehörigen Geſteinen, die Granitränder des
Harzes, die Hodritſch bei Schemnitz und vor allem der Ural. Berühmt
iſt der Kugeldiorit von Corſica, Hornblende und grünlich weißer Feld-
ſpath treten faſt in’s Gleichgewicht, ein wahres Muſter für Diorit. Doch
enthält der Feldſpath nach Deleſſe nur 48,6 Kieſelerde und 12 Kalkerde,
ſcheint alſo Anorthit zu ſein. An einzelnen Stellen ſcheiden ſich darin
kugelförmige Abſonderungen aus, die außen eine ſehr regelmäßige Hülle
von concentriſch gelagerten Schichten von Hornblende und Feldſpath haben.


6. Hornblendeſchiefer.


Manche derſelben beſtehen blos aus rabenſchwarzer Hornblende, die
man immer an ihrer Feinſtrahligkeit erkennt, auch wenn ſie noch ſo com-
pact beim erſten Anblick erſcheint: ſolche Geſteine ſind jedoch nur ſehr
untergeordnet. Dagegen kommen in den Alpen, und folglich auch unter
den Oberſchwäbiſchen Geſchieben, ſehr häufig Geſteine vor, die ſich zum
Diorit und Syenit gerade ſo verhalten, wie der Gneis zum Granit.
Hier bedingt nicht der Glimmer, ſondern die rabenſchwarze Hornblende
die Schichtung. Der Feldſpath dazwiſchen ſieht weiß aus, und ſcheint
meiſt Natronfeldſpath. Das Gewicht ruht bei den Hornblende-Geſteinen
überhaupt nicht mehr auf den Feldſpäthen, denn wenn ſie Orthoklas,
Albit, Oligoklas und Anorthit ſein können, ja wenn in ein und dem-
ſelben Stein verſchiedene vorkommen, dann dürfte man bald einſehen lernen,
daß mit ſolchen minutiöſen chemiſchen Differenzen die Sache nicht getroffen
iſt. Schon Werner unterſchied bei Gersdorf ohnweit Freiberg einen
Syenitſchiefer. Auch die Strahlſteinſchiefer der Alpen kann
man hier vergleichen, die jedoch meiſt nur als Beimengungen der Glimmer-
und Talkſchiefer erſcheinen. Eines der ſchönſten aber ſehr untergeordneten
Geſteine bildet Hauy’s


Eklogit, ἐκλογή Auswahl, rother Granat und ſmaragdgrüne Horn-
blende, die ſich mit Augit (Omphacit pag. 217) miſchen. Cyanit, Glimmer,
Quarz und andere Minerale fehlen nicht. So könnte man jedoch in den
Alpen noch eine Menge Geſteine unterſcheiden.


e) Blättriger Augit ſtellt ſich ein.


Es iſt eine ſehr auffallende Erſcheinung, daß der ächte Augit pag. 213
bei Geſteinen, die nur einigermaßen eine Rolle ſpielen, ſich nie mit
friſchem Feldſpath zuſammen findet, ſondern ſtets nur mit glaſigem.
Auch die Diopſide in den Alpen ſind wie der Strahlſtein untergeordnet
[673]Gebirgsarten: Gabbro, Porphyre.
an Talk, Dolomit ꝛc. gebunden. Dagegen bilden die blättrigen Augite
(Diallag pag. 215) mit friſchem Kalkfeldſpath die vortrefflichſten körnigen
Geſteine. G. Roſe (Pogg. Ann. 34. 1) ſuchte zu beweiſen, daß der
Augit nur mit Kieſelerdearmem Feldſpath (Labrador) vorkomme, die Horn-
blende dagegen nur mit Kieſelerdereichem (Orthoklas und Albit). Später
hat ſich dann gezeigt, daß beide Hornblende und Augit auch mit Oligoklas
auftreten, und daß der vermeintliche Albit und Labrador gar nicht ſelten
Oligoklas ſei. So iſt auch dieſe längere Zeit für ſo trefflich gehaltene
Regel wieder gefallen.


7. Gabbro.


Leopold v. Buch hat im Magazin der Geſellſchaft der naturforſchenden
Freunde zu Berlin 1810. IV.128 und VII.234 darüber zwei Abhandlungen
geſchrieben, und ihren nahen Anſchluß an das Serpentingebirge bewieſen.
Es iſt ein körniges Gemenge von Labrador und Diallag, der Diallag
iſt häufig prachtvoll grün, darnach nannte Hauy das Geſtein Euphotid
(ἐυ und φῶς Licht). Der Feldſpath iſt dagegen grau, nicht ſelten von
zähem ſplittrigem Bruch (Sauſſurit). Seit lange berühmt iſt die Verde
di Corsica,
welche ſchon 1604 in Florenz zu prachtvollen Tiſchplatten ver-
ſchliffen wurde: die breiten ſmaragdgrünen Blätter des Diallag ſtechen
gegen das ſchäckige Grau des Sauſſurit vortheilhaft ab. Bei La Preſe
im Veltlin iſt der Diallag tombakbraun mit metalliſchem Schimmer, ebenſo
bei Volpersdorf in Schleſien, an der Baſte am Harz. Eine Unter-
abtheilung bietet der Hyperſthenfels, worin ſtatt Diallag Hyperſthen
liegt. Das grobkörnige Geſtein von der Pauls-Inſel bei Labrador, das
feinkörnigere von Penig in Sachſen, vom Monzoniberge in Tyrol bilden
Muſter. In Beziehung auf Lagerung ſchließt ſich Gabbro eng an Ser-
pentin, und dieſer wieder an Hornblendegeſteine.


B.Porphyre.


Plinius hist. nat. 36. 11 ſagt: rubet porphyrites in Aegypto: ex eo
candidis intervenientibus punctis Leptosephos vocatur,
und Agricola
(natura fossil. 631) weiß ſchon, daß in der berühmten Sophienkirche zu
Conſtantinopel nicht wenige Säulen aus Porphyr beſtehen. Man ver-
ſtand darunter nur den rothen Porphyr, während man die grünen und
ſchwarzen Marmor nannte. Das Weſen eines ächten Porphyr macht die
Grundmaſſe aus, welche durchaus homogen und unkryſtalliniſch ſein muß.
Sie kann glaſig oder ſteinig ſein, doch ſtellt man die glaſigen beſſer zu
den Gläſern. In der Grundmaſſe liegen alsdann Kryſtalle zerſtreut,
welche das Ganze buntmachen, worauf der Name deutet. Die Porphyre
als halbkryſtalliniſche Geſteine ſcheinen entſchieden jünger zu ſein, als die
kryſtalliniſch körnigen Granite und Syenite, welche ſie in kegelförmigen
Bergen durchbrechen. Werner unterſchied die Namen nach der Grundmaſſe:
Hornſteinporphyr, Thonporphyr, Obſidianporphyr und Pechſteinporphyr.


Quenſtedt, Mineralogie. 43
[674]Gebirgsarten: Rother Porphyr, Grüner Porphyr.

8. Rother Porphyr.


Hat meiſt eine durch Eiſenoxyd röthliche Grundmaſſe, die den ſplitt-
rigen Bruch rauher Hornſteine zeigt. Da dieſe Maſſe feldſpathartig iſt,
ſo ſchmilzt ſie vor dem Löthrohr und entfärbt ſich, daher auch Eurit-
Porphyr genannt. Mehr oder weniger Feldſpath ſcheidet ſich in allen
kryſtalliniſch aus, allein in Beziehung auf Kieſelerde gibt es einen Quarz-
haltigen und Quarzfreien.


Der Quarzhaltige Porphyr, ſo ſchön im Thüringer Wald die
höchſten Kuppen den Schneekopf und Inſelsberg bildend, der Auersberg
auf dem Unterharze, der Petersberg bei Halle, viele Kuppen im Schwarz-
walde namentlich bei Baden-Baden bilden Muſter. Der Quarz tritt
außerordentlich hervor, iſt ſogar um und um kryſtalliſirt, ſo daß man
Dihexaeder aus der Grundmaſſe herausſchlagen kann. Nach G. Roſe
kommt neben dem Kalifeldſpath auch Oligoklas vor, und wenn Glimmer,
ſo Magneſiaglimmer. So daß es alſo nichts weiter als ein unvollkommen
kryſtalliſirter Granit ſein würde. Werner unterſchied noch einen Feld-
ſpathporphyr
(Emmerling Mineral. III.68), der eine kleine und fein-
körnige (theilweis ſchon dichte) Grundmaſſe von gemeinem Feldſpath hat,
worin ſich dann größere gelblichweiße bis fleiſchrothe Feldſpathkryſtalle
ausgeſchieden haben. Sie ſind ganz anders beſchaffen als der Porphyriſche
Granit, und bilden in der That den vollkommenſten Uebergang zum ächt
körnigen Geſtein. Sie treten daher z. B. im Schwarzwalde auf das
Engſte mit Gneis und Granit in Beziehung, und gar oft kommt man
in Verlegenheit, ob man die Geſteine Granit oder Porphyr nennen ſoll.
Und ſobald in einem Granit auch nur Spuren dichter Grundmaſſe vor-
kommen, ſo zeigt der Quarz gleich Dihexaederflächen, was bei ächtem
Granite nie der Fall iſt.


Der Quarzfreie Porphyr ſcheint häufig jünger zu ſein, als
der Quarzführende. Seine Grundmaſſe iſt zuweilen viel rother, als bei
vorigem, ſelbſt mit einem Stich ins Schwarz, wie die geſchliffenen Stücke
von Elfdalen und der Porfido rosso antico zeigen. G. Roſe nennt ihn
neuerlich Syenitporphyr. Cotta’s Glimmerporphyr, Buch’s Rhomben-
porphyr und viele anders benannten gehören in ſeine Nähe.


Wenn man nun aber auch alles dieſes glücklich beſtimmen könnte,
ſo kommt dann die Verwitterung dazu, zu welcher der Porphyr ganz be-
ſondere Neigung hat. Es bildet ſich dann ein grauer, rauher, unanſehn-
licher Thonſtein aus der Grundmaſſe, und die Kryſtalle darin zerfallen
zu mehlartiger Porzellanerde: das iſt Werner’s Thonporphyr, welchen
andere Mineralogen vielleicht noch bezeichnender Porphyrartiges Ge-
ſtein
genannt haben. Denn in der That weiß man häufig nicht, ob
man es für einen Porphyr halten ſolle, der von ſeiner Urſprünglichkeit
an Ort und Stelle nur durch Verwitterung gelitten habe: oder ob es
ſchon ein regenerirtes Gebilde ſei.


9. Grüner Porphyr.


Der grüne Porphyr ſchließt ſich zunächſt eng an den Diorit an
(Dioritporphyr G. Roſe). Die Grundmaſſe iſt meiſt ſchwärzlichgrün, und
[675]Gebirgsarten: Diabas, Gabbroporphyr.
darin ſcheiden ſich dann die grünlichweißen Oligoklaskryſtalle aus. Die
Menge der Hornblende iſt ſehr verſchieden, Quarz, Glimmer, Schwefel-
kies und Magneteiſen gehören zu den mehr zufälligen Beſtandtheilen. Wo
Syenite und Diorite ſich einſtellen, da pflegen auch dieſe ſchönen Porphyre
nicht zu fehlen. Beſonders reich iſt die Gegend der ſüdlichen Vogeſen
(Giromagny). Im Ural bildet der Dioritporphyr im Verein mit Diorit
das hauptſächlichſte Plutoniſche Geſtein. Der Diorit iſt weniger im Süden
entwickelt, nimmt aber im mittleren Ural an Menge zu, und bildet im
Norden die höchſten Erhebungen. Der Dioritporphyr kommt meiſt in ſeiner
Nähe vor, „ſcheint aber noch verbreiteter am ſüdlichen als am nördlichen
Ural zu ſein, wo er ſich auch nicht zu ſo großen Höhen als der Diorit
erhebt.“ Auch die Amerikaniſchen Gebirge liefern die vortrefflichſten Ab-
änderungen. Im Alterthum war beſonders der Lacedämoniſche berühmt,
Plinius hist. nat. 36. 11: pretiosissimi quaedam generis, sicuti Lacedae-
monium viride, cunctisque hilarius.
Das heitere Grün tritt beſonders
lebhaft bei Benetzung hervor, daher fand er auch bei Brunnen- und
Waſſerbecken vorzugsweiſe Anwendung.


Diabas nannte Brongniart eine andere Gruppe grüner Porphyre,
worin die grüne Farbe von Chlorit herkommen ſoll, und außerdem finden
ſich Augitkryſtalle eingeſprengt, die zu den merkwürdigen Uralitkryſtallen
pag. 209 gehören. G. Roſe nennt ſie Augitporphyr (Uralitporphyr), ſie
ſollen unter allen ſogenannten Grünſteinen die häufigſten ſein. Beſonders
häufig am Ural in Begleitung der dortigen Magneteiſenſteine. Die Uralit-
porphyre charakteriſiren den Ural ganz beſonders, doch kommen ſie auch
zu Travignolo bei Predazzo in Südtyrol, zu Myſore in Oſtindien ꝛc. vor.
Am Harze findet ſich der Diabas vorzüglich an der Gränze, wo die Gra-
nite vom Thonſchiefer abſetzen, an der Roßtrappe, im Mühlthal bei
Elbingerode ꝛc. Ueberhaupt bildet der Thonſchiefer des Uebergangsgebirges
die Mutter dieſer merkwürdigen Grünſteine, ſo namentlich auch im Dillen-
burgiſchen. Einerſeits gehen dieſe Geſteine zu den ſchwarzen Porphyren
und wahren Mandelſteinen, was namentlich auch das hohe Gewicht be-
weiſt, was bei dem Uralitporphyr von Miask 3,1 Gew. erreicht; anderer-
ſeits ſchiefern ſie ſich, und lagern ſich zwiſchen den Thonſchiefern ein, ſo
daß man nicht weiß, ob man ſie für Waſſer- oder Feuerproduct halten ſoll.


10. Gabbroporphyr.


Schließt ſich eng an die Gabbro an, denn wo dieſe ausgezeichnet
vorkommt, wie z. B. an der Baſte im Harzburger Forſt am nordweſtlichen
Fuße des Brockengebirgs oder zu Todtmoos ſüdlich vom Feldberge im
Schwarzwalde, da fehlen auch dieſe ſchönen Porphyre nicht. Die Grund-
maſſe iſt außerordentlich homogen, hat einen feinſplittrigen Bruch wie
Serpentin, iſt aber härter, bei dunkelfarbigem wird man auch wohl an
Baſalt erinnert. Darin ſcheiden ſich dann die halbmetalliſch ſchillernden
Flächen des Diallag aus, deren Blättrigkeit an Glimmer erinnert. Viele
Serpentine ſind durch Verwitterung ſeiner Grundmaſſe entſtanden.


43*
[676]Gebirgsarten: Serpentin, Melaphyr.

C.Dichte Maſſe.


Dichte unkryſtalliniſche Gebirge, die nicht das deutliche Gepräge eines
Waſſer- oder Trümmergebirges an ſich tragen, kommen gerade nicht viel
vor. Oder wenn ſie auch vorkämen, ſo ſteht bei dem Mangel an kryſtalli-
niſcher Bildung immer für Zweifel ein großer Raum offen. Auch pflegt
man die Sachen, wo es nur irgend angeht, immer zu den Porphyren
mit überwiegender Grundmaſſe zu ſtellen. So hat z. B. Werner’s


Thonporphyr häufig das Anſehen eines Porphyrtuffes, der auf
ſecundärem Wege ſich gebildet hat. Während andere wie der Hälleflinta
pag. 189 von Dannemora ſo friſch ausſehen, daß ſie mit den friſcheſten
kryſtalliniſchen Graniten wetteifern.


Der dichte Grünſtein, die Grundmaſſe von den grünen Porphyren
bildend, nähert ſich in allen möglichen Uebergängen den ächten Porphyren,
entfernt ſich dann aber durch Schichtung, Aufnahme von Kalkſpath (Schaal-
ſtein) und kugelförmige bis erdige Abſonderung ſo weit von aller ächten
chemiſchen Bildung, daß wir es hier offenbar oft mit Trümmergeſteinen
zu thun haben. Nur der


Serpentinpag. 203 hat eine Gleichartigkeit des Bruchs und eine
Friſche des Ausſehens, daß es freilich befremdet, wenn man ihn nicht
zu den unmittelbaren chemiſchen Niederſchlägen zählen ſoll. Durch die
Ausdehnung und Verbreitung ſeiner Bergkuppen, die übrigens zu den
unfruchtbarſten gehören, welche wir kennen, ſpielt er eine nicht unwichtige
Rolle auf der Erdoberfläche. Schließt in Schleſien und Böhmen Opale
und Kieſelmaſſen verſchiedener Art ein.


D.Melaphyre und Mandelſteine.


Sie treten hauptſächlich in der Steinkohlenformation auf. Durch ihre
ſchwarze Farbe erinnern ſie an den Baſalt, allein der Olivin iſt ihnen
noch nicht weſentlich. Wenn Augit ſich ausſcheidet, ſo iſt es gemeiniglich
der ſchwarze baſaltiſche Augit pag. 213. Daher ſchielen die Geſteine
ſtets zu den Baſalten hinüber, und man hat ſeine Noth, ſie davon ge-
hörig zu trennen. Die Schweden nennen ſie auch Trapp. Trappa heißt
nämlich Treppe, der Name ſoll auf die kuppenförmigen Gebirge anſpielen,
welche von den Schichten des Uebergangsgebirges treppenartig umgeben
ſind, wie z. B. die Kinnekulle am Wenernſee. Werner machte eine be-
ſondere Trappformation, die er paſſend dem Steinkohlengebirge unter-
ordnete, und rechnete dahin den Grünſtein, Mandelſtein, Klingſtein und
Baſalt. Der Name Melaphyr ſtammt von Alexander Brongniart (μέλας
ſchwarz, und phyr die 2te Sylbe von Porphyr), daher überſetzte ihn
L. v. Buch in ſchwarzen Porphyr, welcher nach ſeinen theoretiſchen
Anſichten den Jura gehoben haben ſollte. Nicht ſelten bilden ſich in den
Melaphyren runde Blaſenräume aus (ſogenannte Mandeln), die mit Chal-
cedon und Amethyſt austapezirt zu ſein pflegen, worin ſich dann Kalk-
ſpath und Zeolithe verſchiedener Art angehäuft haben. Verwittert das
Geſtein, wozu es große Neigung zeigt, ſo fallen die kieſeligen Mandeln
heraus. Dieſe ſind vortrefflich gerundet, höchſtens an einer Kante ſchneidig,
[677]Gebirgsarten: Klingſtein.
und ſcheinen Gasentwickelungen ihren Urſprung zu danken. Das Kohlen-
gebirge von Oberſtein iſt beſonders reich. Mandeln können zwar auch
in andern dichten und glaſigen Geſteinen ſich zeigen, beſonders zahlreich
treten ſie jedoch nur in dieſen Augitiſchen Bildungen auf. Eine grüne
Farbe der Grundmaſſe iſt nicht ſelten, ſie rührt aber von beigemengtem
Chlorit, und weniger von Hornblende her. Ja kleinere Mandeln ſind zu-
weilen ganz mit Chlorit erfüllt, ſo ſtammt z. B. die Veroneſiſche Erde
aus den Mandelſteinen bei Verona. Auch beſtehen nicht ſelten After-
kryſtalle von Augit aus ſolcher Grünerde. Alles das erſchwert die ſcharfe
Beſtimmung außerordentlich. Auch hat es dann gar oft den Anſchein,
als wenn die Natur ſich nicht ſo feſt an Regeln gebunden hätte, wie
wir ſie gern in [unſerem] Kopfe wünſchten. Der Geognoſt darf hier nur
wie Werner im Großen ſondern, und muß das Einzelne der Mineralo-
giſchen Analyſe überlaſſen, die dann aber nicht aus jeder Kleinigkeit be-
ſondere Felsnamen ſchaffen darf. Der Anſchluß an den quarzfreien Porphyr
pag. 674 oft ſehr innig.


E.Baſaltiſche Gruppe.


Die Baſaltiſche Gruppe gehört vorzüglich dem Gebirge nach der
Steinkohlenzeit an. Wie bei den heutigen Vulkaniſchen Geſteinen Trachyt-
und Baſaltlaven, ſo gehen hier immer Baſalt und Klingſtein parallel.
Der Feldſpath iſt ſchon glaſig, wo er vorkommt. Die chemiſche Analyſe
unterſcheidet immer zwiſchen einem in Säure löslichen und einem in Säure
unlöslichen Antheil. Letzterer iſt der Kieſelerdereichere.


Klingſtein,


Phonolith, bildet ein ausgezeichnet porphyriſches Geſtein mit einer
hellfarbigen Grundmaſſe, worin ſich weiße glaſige Feldſpathkryſtalle aus-
geſchieden haben. Und da er nicht ſelten eine Neigung zum Plattigen
zeigt, ſo nannte ihn Werner Porphyrſchiefer. Die große Homogenität
dieſer Platten beweiſt ihr Klang, worauf der Name des gemeinen Mannes
hindeutet. Quarz findet ſich nicht mehr frei darin, auch ſoll er niemals
Augit, wohl aber Hornblende beigemiſcht enthalten. Neuerlich hat ſich
auch kleiner gelber Titanit darin gefunden. Gew. 2,57. Schon Klaproth
(Beiträge III.229) lieferte im Anfang dieſes Jahrhunderts eine Analyſe
des Klingſtein’s vom Donnersberge bei Milleſchau, dem höchſten Berge
im Böhmiſchen Mittelgebirge. Er wies 8,1 p. C. Natron darin nach,
was Aufſehen erregte, da man bis dahin dieſes Alkali nur im Steinſalz
gekannt hatte. Aber erſt Ch. Gmelin (Pogg. Ann. 14. 357) zeigte, daß
die Grundmaſſe einen mit Säure gelatinirenden Beſtandtheil enthalte,
denn das Pulver 24 Stunden mit Salzſäure übergoſſen, erzeugt bei
manchen eine ſteife Gallerte, wie der Faſerzeolith pag. 275. Daraus
läßt ſich nun leicht die große Menge von Natrolith erklären, wie er z. B.
in den Felſen von Hohentwil vorkommt. Der unlösliche Rückſtand iſt
Kalifeldſpath. Durch Verwitterung ſoll vorzugsweiſe die Zeolithmaſſe aus-
gelaugt werden. Das quantitative Verhältniß zwiſchen Zeolith- und Feld-
ſpathſubſtanz wechſelt aber außerordentlich. Der Klingſtein vom Hohen-
[678]Gebirgsarten: Baſalt.
Krähen am Bodenſee hatte 55 lösliche und 45 p. C. unlösliche Subſtanz; der
von der Pferdekuppe in der Rhön dagegen nur 16 lösliche und 84 un-
lösliche Theile. Klingſtein bildet häufig auffallend kühne Felſen, ſo im
Höhgau der Hohentwil und Hohen-Krähen, welche neben dem Baſaltiſchen
Hohen-Höwen und Hohenſtoffeln jäh aufſteigen. Der Biliner Stein in
Böhmen, die Klingſteine im Velay ſind ausgezeichnet.


Das Nephelingeſteinpag. 296 wurde zuerſt von Leonhard auf
dem Katzenbuckel, dem höchſten Gipfel des Odenwaldes, erkannt. Seiner
Farbe nach ſteht die Grundmaſſe zwiſchen Baſalt und Klingſtein, es
ſcheiden ſich darin aber viele Nephelinkryſtalle neben etwas Magneteiſen
und Augit aus.


Baſalt.


Dieſes berühmte Geſtein war ſchon dem Agricola de natura fossilium
631 vortrefflich bekannt: quoddam marmor est ferrei coloris, qualis est
basaltes ab Aegyptiis in Aethiopia repertus, cui non cedit Misenus,
neque colore, quem eximie ferreum habet: neque duricia, quae tanta
est, ut eo fabri ferrarii pro incude utantur .... super hunc basalten
Stolpa arx episcopi Miseni est extructa.
Plinius hist. nat. 36. 11 er-
wähnt den Namen nur einmal, ſonſt heißt er Basanites Plinius 36. 38
(König Og von Baſan, Joſua 12, 4). Zu Werner’s Zeit war es der
wichtigſte Streitpunkt, ob Baſalt auf heißem oder naſſem Wege entſtanden
ſei. Seine außerordentliche Häufigkeit, wenn auch nur in iſolirten Berg-
kegeln, macht ihn zumal bei ſeiner Lavenähnlichkeit zu einem der wichtigſten
Geſteine.


Er bildet eine ſchwarze harte ſchwere Grundmaſſe, in welcher ſich
klarer gelber Olivin pag. 218 kryſtalliniſch ausgeſchieden hat. Das Ge-
wicht erreicht 3,1. Wenn Feldſpath vorkommt, ſo iſt es glaſiger Kalk-
feldſpath. Gar häufig findet man auch Körner von ſchlackigem Magnet-
eiſen darin, dem er theilweis auch ſeine Farbe dankt. Baſaltiſcher Augit
iſt viel häufiger als Baſaltiſche Hornblende. Die Analyſe unterſcheidet
ebenfalls einen in Säure löslichen und einen unlöslichen Theil, jener iſt
zeolitiſch, dieſer augitiſch, ſo daß man wohl Augit, Faſerzeolith mit
Magneteiſen als die weſentlichen Beſtandtheile der Grundmaſſe anſehen
darf. Zum Verglaſen zeigt er keine ſonderliche Neigung, wohl aber zum
Verſchlacken: d. h. es erzeugen ſich auf der Oberfläche allerlei gedrängte
eckige Poren in ihm. Schneeweißer Faſerzeolith, kryſtalliſirt bis dicht,
bricht öfter auf ſchmalen Gängen und Druſenräumen. Das merkwürdigſte
Phänomen iſt jedoch die regelmäßige Zerklüftung zu Säulen, die alle
parallel neben einander liegen, und die in früherer Zeit wegen ihrer vor-
trefflichen Ausbildung allgemein für Kryſtalle gehalten wurden. Die
Säulen ſelbſt ſteigen aus der Tiefe unter den verſchiedenſten Richtungen
heraus, doch behalten ſie auf kleine Entfernung und bei kleinen Bergen
gern die gleiche Lage bei. Bei dieſem Berge nur wenige Zoll dick, bei
jenem mehrere Fuß, 1′—2′ iſt mittlere Dicke. Durch Querſprünge ſind
ſie gegliedert, ſo daß man leicht Stücke abheben kann. Schreitet die Ver-
witterung weiter vor, ſo runden ſich die Kluftflächen, und wir bekommen
dann Kugelformen. Mancher plattet ſich auch, wie der im Reiche des
[679]Gebirgsarten: Trachyt und Lava.
Königs Og. Werner unterſchied daher einen Säulen-, Kugel- und Tafel-
baſalt. Bei vielen findet ſich jedoch nichts von ſolcher Zerklüftung.


Am vorherrſchendſten iſt der homogene Baſalt, er findet ſich an
zahlloſen Punkten: in Deutſchland ſind das Böhmiſche Mittelgebirge, die
Rhön, der Meißner, das Vogelsgebirge, der Weſterwald, das Sieben-
gebirge, die Eifel, das Höhgau bekannt. An der Schwäbiſchen Alp zwiſchen
Reutlingen und Boll verſteckt er ſich an zahlloſen Punkten unter den
Baſalttuffen. Die regelmäßigen Baſaltſäulen der Burg bei Stolpen in
Sachſen, mit 6—20 Zoll dicken und 30—40 Fuß langen Säulen, woraus
man Werner’n zwiſchen Dresden und Keſſelsdorf ein Denkmal er-
richtete, erwähnt ſchon Agricola, nicht minder ausgezeichnet finden ſie ſich
bei Wittgendorf ohnweit Zittau, wovon Reichel (die Baſalte und Säulen-
förmigen Sandſteine der Zittauer Gegend) ſo ſchöne Abbildungen gegeben
hat. Am großartigſten trifft man ſie am Rieſendamm (Giants Causeway)
an der nördlichen Küſte der Grafſchaft Antrien in Irland. Die Säulen
der Fingalsgrotte auf Staffa ſollen mehr Grünſteinartig ſein.


Wenn die Baſalte an der Oberfläche verſchlacken, dann kann man
ſie nicht von Augitiſchen Laven unterſcheiden. Oft werden ſie auch aus-
gezeichnet porphyriſch, indem ſich die Augitkryſtalle in großer Regelmäßig-
keit ausſcheiden, wie z. B. bei Sasbach am Kaiſerſtuhl im Breisgau,
neben welchen kryſtalliniſch ausgebildeter Eiſenolivin pag. 219 liegt. Freilich
kann man dieſen auch wegen der Mandeln zu den Mandelſteinen rechnen.


Dolerit (δολερός trügeriſch) nannte Hauy die kryſtalliniſch körnigen
Geſteine, die untergeordnet im Baſalte des Meißner in Heſſen einbrechen,
ſie beſtehen aus Augit und glaſigem Labrador mit ſchlackigem Magnet-
eiſen, und können leicht in Handſtücken mit Diorit verwechſelt werden,
worauf der Name deuten ſoll. Leonhard’s


Anameſit (ἀνάμεσος in der Mitte) ſoll die feinkörnigen Abände-
rungen bezeichnen, die mitten zwiſchen dem Dolorit und dichten Baſalt
inne ſtehen: dahin gehört z. B. der durch ſeinen Sphäroſiderit pag. 345
berühmte Baſaltſtrom auf der linken Seite des Mains unterhalb Hanau,
das Straßenpflaſter von Frankfurt und das Straßenmaterial für die ganze
Umgegend liefernd. Die ſchwärzliche Maſſe, in deren Druſen der braune
Sphäroſiderit liegt, hat ein gleichmäßiges Korn wie Dolomit.


F.Trachyt und Lava.


Unter Lava verſteht man urſprünglich Geſteine, die in glühendem
Strome aus der Mündung eines Kraters hervorgefloſſen ſind. Da aus
dem Strome Gaſe entweichen, ſo pflegt nicht blos die Oberfläche, ſondern
auch die Tiefe des Geſteins von unregelmäßigen Poren durchdrungen zu
ſein. Daſſelbe iſt aber nicht nothwendig. Da nun an einem Vulkan-
berge alles geſchmolzene Feuergeſtein hervorgefloſſen ſein muß, ſo nennt man
dann auch alles Lava. So lange die Berge brennen, liefert der Brand ein
vortreffliches Beſtimmungsmittel. Allein es kommen neben brennenden auch
viele ausgebrannte Vulkane vor: Auvergne, Eifel, Kammerbühl bei Eger,
in Italien die Rocca monfina, das Albanergebirge ꝛc. Da iſt dann eine
[680]Gebirgsarten: Trachyt, Lava.
Vermiſchung und Verwechſelung mit der Baſaltgruppe unvermeidlich. Wie
umgekehrt die Baſaltgruppe auch viele ausgezeichnete Ströme zeigt.


Trachyt


(τραχύς rauh) nannte Hauy jene lichtfarbigen mit feinporöſer Grundmaſſe
verſehenen Geſteine, worin ſich nicht ſelten glaſige Feldſpathkryſtalle in
großer Schönheit ausſcheiden, neben Glimmer, Hornblende und andern
Kryſtallen, nur Augit iſt fremd. Das Geſtein ſteht dem Klingſtein in
der Baſaltgruppe parallel, und der Feldſpath gehört nach Abich (Geol.
Beobacht. über die Vulkaniſchen Erſcheinungen und Bildungen in Unter-
und Mittel-Italien) der kieſelreichen Abänderung Ṙ S⃛i + R̶⃛ S⃛i3 an. Nach
ihm kann ſogar zwiſchen Klingſtein und Trachyt keine Gränze geſteckt
werden. Bimſtein, Obſidian und Perlſtein ſind weſentliche Begleiter
ächter Trachyte. Der Trachyt vom Drachenfels im Siebengebirge
am rechten Rheinufer „kann in jeder Beziehung als eine wahre Normal-
Felsart für den Begriff betrachtet werden.“ Es kommt darin großer
Kali- und kleiner Natronfeldſpath wie im porphyriſchen Granit vor, dem
er auch durch ſeine großen glaſigen Feldſpathzwillinge ſo auffallend gleicht.
Freier Quarz iſt nicht vorhanden. Trachyt-Porphyr hat ſchon
Beudant Ungariſche Geſteine mit freiem Quarz genannt, welche ältern
Porphyren überaus gleichen, aber durch ihr Vorkommen mit Perlſtein ſich
als vulkaniſch zu erkennen geben.


Domit hat man die erdigen zerreiblichen Trachyte genannt, in
welchen aber kleine glänzende Feldſpathkryſtalle inne liegen. Das Geſtein
findet ſich beſonders ausgezeichnet am Puy-de-Dôme. Nur untergeordnet findet
ſich der Trachyt granitoide, der wie der Dolerit aus lauter Kryſtallen beſteht,
hauptſächlich glaſigem Feldſpath und Nadeln ſchwarzer Hornblende: die
Findlinge am Lacherſee mit Noſean, oder vom Veſuv ꝛc. ſind ſehr bekannt.


Andeſit nannte L. v. Buch (Pogg. Ann. 37. 189) die Trachytiſchen
Geſteine, welche die gewaltigſten Vulkangipfel der Erde in der Cordilleren-
kette bilden. „Es ſind bald mehr bald weniger dichte, bisweilen beinahe
„zerreibliche Geſteine von grobkörnigem Bruch, welche in einer kryſtalli-
„niſchen Grundmaſſe von dunkelgrauer Färbung eine große Menge von
„kleinen, ſelten die Größe einer halben Linie erreichenden Kryſtallen, von
„Albit“ enthalten, wie ſie auch im Trachyt des Drachenfels vorkommen.
Die Albite erkennt man an dem einſpringenden Winkel auf dem Blätter-
bruch P. Hin und wieder kommen zwar kleine Feldſpäthe vor, aber dem
Albit nur untergeordnet. Das Geſtein bildet den Dom des Chimboraſſo,
die zerriſſenen Gipfel und zackigen Ränder eingeſtürzter ſo wie die Kegel-
berge der noch thätigen Vulkane.


Trachy-Dolerit nennt Abich den Kranz von Felſen, der mit
einer Höhe von 1000′ — 1800′ den Pic von Teneriffa umgibt. Es iſt
ein Gemiſch von Trachyt- und Augitlaven.


Lava.


Darunter verſteht man hauptſächlich Augitlaven, deren graulich
ſchwarze Maſſe auffallend an Baſalt erinnert. Eine ſolche ausgezeichnete
[681]Gebirgsarten: Lava.
Lava bildet der Mühlſtein von Niedermending bei Meyen in Rheinpreußen,
durch den Hauyn pag. 298 den Mineralogen ſo bekannt. Schon Theo-
phraſt §. 40 nennt ſolche „ſchwarzen Bimſteine“ von Sicilien lapis molaris,
und Agricola 614 unterſcheidet ſie ſehr wohl von den quarzigen Mühl-
ſteinen. Denn Laven mit ſolchen eckigen Poren eignen ſich beſonders zu
Mühlſteinen. Wenn Feldſpath vorkommt, ſo iſt es Kieſelerdearmer
Labrador oder Anorthit. An der Somma und im Albanergebirge ſpielen
die Leucitlaven (Leucitophyre) eine bedeutende Rolle, ſehr rauhe poröſe
Geſteine, in welchen die Leucitoeder ringsum gebildet in großer Menge
zerſtreut liegen. Unendlich groß iſt die Zahl der Analyſen, und mannig-
fach ihre Deutung, im Allgemeinen ſind die Augitlaven aber Kieſelerde-
ärmer als die Trachytlaven.


Der Gegenſatz von Feldſpath- und Augitgeſteinen, welcher in der
Baſalt- und Lavengruppe ſo deutlich hervortritt, hat in neueren Zeiten
Bunſen (Pogg. Ann. 83. 197) zu einer Hypotheſe verleitet, die viel
Lockendes hat, ſo ſchwer auch die Durchführung des Beweiſes werden mag.
Der geiſtreiche Chemiker, geſtützt auf zahlreiche Analyſen Isländiſcher
Geſteine behauptet, daß es auf jener großen Vulkaninſel troz der Mannig-
faltigkeit der Laven nur zwei Hauptgruppen gebe, deren extreme Glieder
ſeien

Die trachytiſchen entſprechen faſt genau einem zweifach ſauren Ge-
menge von Thonerde- und Alkali-Silikaten, in denen Kalk, Magneſia
und Eiſenoxydul bis zum Verſchwinden zurücktritt. Der Sauerſtoff der
Säure verhält ſich zu dem der Baſen wie 3 : 0,596, in den augitiſchen
wie 3 : 1,998, letztere ſind alſo entſchieden baſiſch. Durch Vermiſchung
dieſer beiden Extreme ſollen nun ſämmtliche Laven Islands entſtanden
ſein, was auf einen doppelten Heerd in der Tiefe hinweiſen würde, deren
Spiel ſeit dem Hervortauchen der Inſel fortgedauert haben müßte. Ja
die Gänge ſcheinen dieß ſogar handgreiflich zu machen: ſo ſetzt in einem
der ſüdöſtlichen Thaleinſchnitte des Esjagebirges, Mosfell gegenüber, ein
Trachytgang durch das dortige conglomeratiſche Augitgeſtein. Der Trachyt
in der Mitte des Ganges gehört zum normal trachytiſchen Geſteine von
weißer Farbe, nach der umſchließenden Gebirgsart hin wird er allmählig
dunkeler und eiſenhaltig, und am Salbande beſteht er deutlich aus einem
Gemiſch von trachytiſcher und pyroxeniſcher Maſſe, wie chemiſche Analyſe
und Augenſchein bewies.


Würde dieſe Anſicht durchſchlagen, die Bunſen noch mit mehreren
Beiſpielen anderer Orte (Ararat) beweiſt, ſo hätte in Zukunft die Ge-
ſteinsbeſtimmung ganz andere Wege einzuſchlagen: es käme dann nicht
mehr auf dieſe oder jene unbedeutende Verſchiedenheit in der Mengung
an, die zu ſo vielen Namen die Veranlaſſung gegeben hat, ſondern man
[682]Gebirgsarten: Obſidian.
müßte nach möglichſt reinen Geſteinen ſuchen, die durch die Art ihres
Auftretens z. B. im Centrum eines großen Gebirgsſtockes zugleich einige
Bürgſchaft gäben, daß ſie den urſprünglichen Bildungen möglichſt nahe
kämen, und von ihnen ausgehend müßte dann die Erklärung erſt die
minder wichtigen Gebirgsmaſſen treffen. Indeß liegt hierin, wie in allen
Hypotheſen, die ſich auf ſo ſchlüpfrigem Boden bewegen, auch wieder
eine große Gefahr.


G.Gläſer.


Die Gläſer bilden eine amorphe ſpröde Maſſe mit vollkommen mu-
ſcheligem Bruch. Beſonders homogen erſcheinen die künſtlichen Gläſer,
und doch ſollen ſie nach Leydolt (Pogg. Ann. 86. 494) aus durchſichtigen
Kryſtallen beſtehen, die wie beim Porphyr in eine amorphe Grundmaſſe
eingeknetet ſind. Bei der Behandlung mit Flußſäure kommen die Kryſtalle
zum Vorſchein. Glas entſteht durch Schmelzen und ſchnelles Erkalten der
verſchiedenſten Minerale und Gebirgsarten. Schon Klaproth (Beiträge I.5)
hat darüber umfaſſende Verſuche angeſtellt. In der Natur im Großen
ſind ganz beſonders die Trachyte und Feldſpathgeſteine zur Glasbildung
geeignet. Das Glas hat die merkwürdige Eigenſchaft, daß es, ehe es in
Fluß kommt, in der Rothglühhitze ſich formen, ſchweißen und kneten läßt
wie Wachs. Das iſt für die Technik von ungemeiner Wichtigkeit. Der
Glasfluß löft übrigens Baſen und Kieſelſäure im Ueberſchuß, ſo daß er
keine beſtimmte chemiſche Verbindung zu ſein braucht.


Obſidian.


Lapis obsidianus Plinius 36. 67, quem in Aethiopia invenit Obsi-
dius, nigerrimi coloris.
Auguſt ſtellte 4 Elephanten von Obſidian im
Tempel der Concordia auf. In Rom wurde überhaupt ein großer Luxus
damit getrieben, man machte Trinkſchalen daraus, die ganz die Stelle
unſeres Glaſes vertraten, Kugeln mit Waſſer gefüllt gebrauchte man als
Brenngläſer und dergleichen mehr. Theophraſt §. 25 nennt ihn λιπαραῖος,
weil er von den Lipariſchen Inſeln kam, und beſchreibt ſeinen Zuſammen-
hang mit dem Bimſtein vortrefflich.


Obſidian bildet das vollkommenſte unter den natürlichen Gläſern,
er zeigt den vollkommenſten muſcheligen Bruch, und iſt ſo ſpröde, daß
man mit dem kleinſten Hammer die größten Blöcke zerſchlagen kann.
Dieſe auffallende Sprödigkeit rührt vom ſchnellen Erkalten her: die Theilchen
ſind gezwungen, an der Oberfläche ſchnell eine Lage einzunehmen, welche
ſie vermöge ihrer Kryſtalliſation nicht nehmen würden, den inneren Schichten
bleibt dagegen mehr Zeit zur Kryſtalliſation. Das erzeugt eine Spannung
der äußern gegen die innern Theile, die man beim künſtlichen Glaſe durch
möglichſt langſame Abkühlung ſorgfältig zu vermeiden ſucht. Glastropfen
in kalt Waſſer getröpfelt (Glasthränen) bilden daher das allerſprödeſte
Glas. Sammtſchwarze Farbe herrſcht vor, doch geht dieſelbe in’s
Grüne und Farbloſe. Auch die Durchſcheinenheit iſt ſehr verſchieden, und
hängt namentlich auch von der mehr oder weniger vollkommenen Glas-
bildung ab. Manche Mexicaniſche haben einen eigenthümlichen gelb-
[683]Gebirgsarten: Obſidian.
lichen Schiller, der von innern Blaſen herzurühren ſcheint. Härte 6,
Gew. 2,4.


Vor dem Löthrohr entfärbt er ſich und ſchmilzt zu einem ſchwammigen
Glaſe, was bei größern Stücken an Bimſteinbildung erinnert. Da Knox
(Philos. Transact. 1823 pag. 520) im Obſidian von der Inſel Ascenſion
0,2 p. C. bituminöſes Waſſer und im Feuer 1,75 p. C. Verluſt bekam,
ſo hat man die ſchwarze Färbung und das Aufſchäumen wohl davon her-
leiten wollen, Abich dagegen, der die vortrefflichſte Arbeit darüber geliefert
hat (Geol. Beob. pag. 62), leitet das Aufblähen von einem Kaliverluſt
her. Die Analyſe fällt natürlich ſehr verſchieden aus, je nachdem man
Sorten vor ſich hat. Der Obſidian von


Lipari hat 74 Kieſelerde, 13 Thonerde, 2,7 Eiſenoxyd, 5,1 Kali,
4,1 Natron, 0,3 Chlor, 0,2 Waſſer, ſo daß man ihm die Formel
Ṙ S⃛i + R̶⃛ S⃛i3 + 5 S⃛i geben könnte. Der Ueberſchuß von 5 S⃛i über
glaſigen Feldſpath deutet auf einen Kieſelerdereichen Trachyt (Trachyt-
Porphyr) hin. Der Obſidian von Island, Ponza, Cerro del Quinche
nördlich Quito gehören zu den gleichen, ſowie überhaupt diejenigen,
welche das Phänomen der Entglaſung oder ſogenannte Kryſtalliten zeigen:
das heißt graue umgeſchmolzene Flecken, welche in der glaſigen Grundmaſſe
porphyrartig eingeſprengt ſind. Auf der nordöſtlichen Spitze von Lipari
im Gebiete der kieſelreichen Trachytporphyre erheben ſich weiße Bimſtein-
trümmer im Monte Campobianco zu einem der „prachtvollſten Kratere,
die es geben mag.“ Auf ſeinem Boden bricht 500′ über dem Meere in
furchtbar ſchöner Rauheit ein Glaslavenſtrom hervor, der in 100′ betra-
gender Mächtigkeit und ⅛ Meile Breite dem Meere zuſtürzt. Ueber dieſen
Strom, ſowie über einen kleinen zweiten ſchweigt die Geſchichte, obgleich
die Glasnatur des Geſteins jedem atmosphäriſchen Angriff trotzgeboten
hat, die Ströme überzogen ſich nur mit einer eigenthümlichen emailartigen
Kruſte, „welche ihre perenne Dauer noch mehr ſichern zu wollen ſcheint.“
Zur zweiten Sorte gehören die blaßgrünen von


Teneriffa und die dunkelbraunen von Procida und Iſchia. Erſterer
hat 61,2 Kieſelerde mit etwas Titanſäure, 19 Thonerde, 4,2 Eiſenoxyd,
0,2 Talkerde, 10,6 Natron, 3,5 Kali, etwa mit der Formel Ṙ S⃛i + R̶⃛ S⃛i2.
Der Krater von Cahorra bildet einen Damm von Trachyten, der aus
einem wahren Meere von Bimſtein emporſteigt. Ungeheure Ströme ver-
glaſter Laven von Pechſtein- und Obſidiangrundlage umgeben den Pic.


Der Bouteillenſtein (Pſeudochryſolith) findet ſich zu Thein an
der Moldau und Budweis in Böhmen auf den Feldern in einer Art von
Geſchieben im Sande und in der Dammerde (Zippe, Leonhard’s Jahrb.
1841. pag. 115). Er ſcheint wie Bouteillengrünes Glas durch, iſt aber
an der Oberfläche eigenthümlich rauh und zerhackt. Man hat ihn wohl
für Kunſtprodukt gehalten. Die Analyſe gab 82,7 Kieſelerde, 9,4 Thon-
erde, 2,6 Eiſenoxyd, 1,2 Kalkerde, 1,2 Talkerde, 2,4 Natron ꝛc.


Marekanit vom Berge Marekan bei Ochotſk in Oſtſibiren bildet
dunkelfarbige Kugeln, von allen Graden der Durchſichtigkeit. Die un-
durchſichtigen erinnern auffallend an Perlſtein, welcher zugleich ihr Lager
bildet. Klaproth fand in den durchſichtigen 81 p. C. Kieſelerde. Aus
Indien kommen Bouteillengrüne Kugeln, von 2—2\frac{1}{2} Zoll Durchmeſſer, die
[684]Gebirgsarten: Bimſtein.
ſo hart als Quarz ſind. Als ein Pariſer Steinſchleifer eine ſolche Kugel
in Platten zerſchneiden wollte, zerſprang die eine unbefeſtigte Hälfte mit
Ziſchen und Detonation. Das erinnert an das Zerſpringen der Glas-
thränen. In der Mitte finden ſich Höhlungen von Erbſengröße. Stumpf-
eckige Einſchlüſſe finden ſich in großer Menge im Ungariſchen Perlſtein
(Telköbanya, Hlinicker Thal). In Nordisland kommen Obſidiane vor,
welche den Ungariſchen in Beziehung auf Glanz und blauſchwarze Farbe
gleichen: ſie halten offenbar die Mitte zwiſchen Pechſtein und ächtem Ob-
ſidian, und ſchließen eigenthümlich excentriſch faſrige Kugeln ein (Aequi-
nolith), die an Sphärulith erinnern.


Auch in den Baſalten lagern zuweilen Glasflüſſe: ſo erwähnt Haus-
mann einen Tachylyt aus den Abſonderungsflächen des Baſaltes von
Dransfeld bei Göttingen. Ein augitiſches Biſilicat mit 55,7 S⃛i, daher
leichter ſchmelzbar als die Kieſelerdereichen, worauf der Name anſpielt.
Zu Babenhauſen im Vogelsgebirge finden ſich bläulich ſchwarze Stücke,
worin Ch. Gmelin (Pogg. Ann. 49. 235) nur 50,2 S⃛i, 17,8 A̶⃛l, 10,3 Ḟe,
8,2 Ċa, 5,2 Ṅa, 3,8 , 1,4 T̈i fand, was alſo noch nicht einmal Bi-
ſilicat iſt 3 S⃛i2 + A̶⃛l S⃛i. So ſpricht Silliman von einem Obſidian von
den Sandwichsinſeln, der 51,2 Kieſelerde, 30,3 Eiſenoxydul, 18,2 Mag-
neſia hatte, alſo ganz die Zuſammenſetzung des Augites zeigt. Beſonders
benennen ſollte man ſolche zufälligen Schmelzprodukte nicht. Denn ſonſt
müßte man auch die überglaſten Bomben, welche z. B. ſo ausgezeichnet
zu Bos in der Eifel vorkommen, müßte die ſchönen grünen Gläſer, welche
aus Gneis, Granit, weißem Keuperſandſtein ꝛc. in unſern Hochöfen ſich
bilden, beſonders benamen.


Den ächten glasartigen Obſidian, der nur mit Bimſtein zuſammen
vorkommt, benützten ſchon die Griechen zu Pfeilſpitzen (Marathonſteine),
die Römer zu Spiegeln und Gemmen, denn man trifft ihn nicht blos auf
Lipari, ſondern auch auf den Griechiſchen Inſeln Milo und Santorin an,
dagegen haben die berühmten Feuerberge Veſuv und Aetna keinen. Nach
Humboldt verfertigten ſich die alten Mexicaner ſelbſt Raſiermeſſer daraus,
was durch geſchickten Schlag geſchah. Blöcke von reinſter Beſchaffenheit
ſind übrigens ſelbſt bei Strömen nicht gewöhnlich, und müſſen ſorgfältig
ausgewählt werden.


Bimſtein.


Pumex Plinius hist. nat. 36. 42 probatio in candore minimoque pon-
dere, et ut quam maxime spongiosi aridique sint, ac teri faciles, nec
arenosi in fricando.
Κὶσσηρις, Theophraſt §. 33—40 läßt ſich darüber
weitläufiger als gewöhnlich aus, begreift aber alle poröſen Laven darunter
und ſagt ausdrücklich, daß ſie nur um die Mündung brennender Berge
vorkämen. Agricola natur. foss. pag. 614 kennt ſie bereits vom Rhein,
und ſchließt daraus, daß es dort gebrannt haben müſſe. Erdbeben, Vul-
kane, Bitumen und vor allem der Bimſtein waren auch für Leibnitz
(Protogaea §. 19) der ſicherſte Beweis, daß im Erdinnern Feuer ſei.
Ponce, Pumice Phillips.


Der Bimſtein iſt nichts weiter, als ein ſchaumig aufgeblähter Ob-
[685]Künſtliches Glas.
ſidian: es gibt einen glaſigen (ſchaumigen) mit mehr runden Poren,
an deren Seitenwänden man auch die Glasnatur noch erkennt. Er iſt
wie der Obſidian blaßgrün auf Teneriffa, und dunkelbraun auf Procida
und Iſchia, und entſpricht der kieſelärmern Obſidianabänderung mit
61—62 p. C. Kieſelerde; der faſrige (gemeine Bimſtein) hat etwas
Seidenglänzendes, beſonders wenn die Faſern parallel gehen, und hat
am meiſten von ſeiner Glasnatur eingebüßt. Muſter iſt beſonders der
von den Lipariſchen Inſeln, worin Klaproth (Beitr. II.65) ſchon 77,5
Kieſelerde, Abich 73,7 S⃛i nachwieſen, neben 4,5 Natron und 4,7 Kali.
Gehört alſo zur kieſelreichen Abänderung des Obſidians. Das Fadige
iſt der Bildung der Fäden des ſogenannten geſponnenen Glaſes analog,
und darf nicht mit faſriger Structur verwechſelt werden. Viele poröſe
ſind ſchwimmend leicht, aber nur in Folge der Poren, denn das Pulver
hat faſt das Gewicht des entſprechenden Obſidians.


Ein Licht auf die Bildung werfen manche Hochofenſchlacken, dieſelben
nehmen mit Waſſer ſchnell abgekühlt ein poröſes Gefüge an, ganz dem
des ſchaumigen Bimſteins ähnlich. Namen wie Bimſteinporphyr, Obſidian-
porphyr ꝛc. erklären ſich von ſelbſt.


Es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß die natürlichen Glasflüſſe auf
das künſtliche Glas geführt haben. Plinius 36. 65 erzählt uns
zwar die berühmte Geſchichte Phöniciſcher Kaufleute, die an den Ufern
des Belus auf den Glasfluß kamen pag. 436, allein man weiß, daß
offenes Feuer zur Erzeugung von Glasflüſſen nicht wirkſam genug iſt.
Der Satz eines guten Glaſes iſt ſehr verſchieden. Gewöhnlich wendet
man Sand an, weil damit das Pulvern des harten Quarzes erſpart iſt.
Die Engländer führen ſogar einen ſolchen als Ballaſt und Rückfracht von
Sidney in Neuholland ein. Das feinſte Glas gibt freilich der Feuerſtein
und Bergkryſtall, die man glüht, ablöſcht und dann pulvert. Aber auch
Feldſpath, Klingſtein, Trachyt, Bimſtein, Baſalt, Lava, Lehm, Mergel ꝛc.
können gebraucht werden. Kali und Natron befördern die Flüſſigkeit;
Kalkerde vermehrt die Härte; Thonerde erhöht die Strengflüſſigkeit; Blei-
oxyd macht es weich (ſchleifbar), glänzend und ſtark lichtbrechend; Eiſen
gibt ihm grüne nicht gern geſehene Färbung; daher ſind Thonerde und
Eiſen die hauptſächlichſten Feinde eines guten Satzes. Zu dem gemeinſten
Glaſe (Hohlglas) der Champagner-Flaſchen nimmt man 200 Feldſpath,
125 Hochofenſchlacken, 20 Kalkerde, 15 Kochſalz. Daſſelbe iſt zwar grün,
kann aber durch Braunſtein pag. 537 entfärbt werden. Zum Fenſter-
glaſe
braucht man ſchon einen feinern Satz von der Formel 3 Ṅa +
5 Ċa + 12 S⃛i
, mit etwa 69,6 Kieſelerde, 15,2 Natron, 13,3 Kalk,
1,8 Thonerde. Ohne Kalk würde es der Verwitterung nicht widerſtehen,
und ohne Natron würde es zu leicht kryſtalliniſch und trüb. Das Doppel-
ſalz iſt viel weniger zum Kryſtalliſiren alſo zum Entglaſen geneigt. Das
iſt ſehr wichtig, da es wegen der Schwierigkeit der Bereitung öfter an-
gewärmt werden muß. Spiegelglas beſteht aus der Formel 2 Ṅa +
Ċa + 6 S⃛i
, etwa mit 72 Kieſelerde, 17 Natron, 6,4 Kalk, 2,6 Thon-
erde, iſt alſo ein Biſilikat. Das zu Luxuswaaren verſchliffene Kryſtall-
glas
enthält 3 K̇a S⃛3 + 4 Ṗb S̈i3 mit 59,2 Kieſelerde, 9 Kali, 28,2
Bleioxyd, 1 Manganoxydul, wegen des Bleies iſt es außerordentlich ſchwer.
[686]Künſtliches Glas.
Als Entfärbungsmittel nimmt man nicht mehr Braunſtein, ſondern Sal-
peter oder Arſenik. Das koſtbare Flintglas (ſo genannt, weil man
früher dazu den Flint pag. 175 benützte), enthält 6 K̇ + 9 Ṗb + 20 S⃛i,
der Bleigehalt erzeugt die ſtarke Strahlenbrechung, leider aber auch eine
ſtarke Farbenzerſtreuung. Die reine Darſtellung hat große Schwierigkeit,
es bilden ſich leicht Blaſen und Streifen, die Salze miſchen ſich auch un-
gleich, müſſen daher vorſichtig gerührt werden, was mit der Zunahme
der Größe des Schmelzgefäſſes immer ſchwieriger wird, da nicht in allen Theilen
die Hitze gleich gemacht werden kann. Das CrownglasK̇ + Ċa + 3 S⃛i
zerſtrent die Farben nicht ſo ſtark.


Straß heißt man das Material für künſtliche Edelſteine, 3 K̇ +
9 Ṗb + 16 S⃛i.
Hier kommt es hauptſächlich noch darauf an, die Farbe
der Edelſteine nachzuahmen, außerdem ſpielt die Färbung der Gläſer in
der Glasmalerei eine wichtige Rolle:


Gelb erzeugt man unter anderem mit Silber: man miſcht Chlor-
ſilber mit gepulvertem Thon, beſtreicht damit die Oberfläche der Waare,
und wärmt wieder auf ohne zu ſchmelzen. Dann zieht ſich das Silber
in das Glas, und ſchabt man den Thon ab, ſo kommt die ſchöne Farbe
zum Vorſchein. Die gelbe Farbe der gemeinen Flaſchen rührt von Zuſatz
von Birkenrinde, Ruß, Kohle ꝛc. her: die Maſſe kann in den bedeckten
Glasgefäſſen nicht verbrennen und vertheilt ſich daher darin. So können
Bitumina in Obſidianſtröme kommen, die über Pflanzen hinſtrömen.


Roth durch Kupferoxydul (Ċ̶u), iſt das ſeit älteſter Zeit bekannte
prachtvolle Roth der Glasfenſter. Da Kupferoxyd (Ċu) grün färbt, ſo
ſetzt man Desoxydationsmittel, wie Kohle, Zinn, Eiſenhammerſchlag zu.
Nach der Schmelzung iſt das Oxydulglas farblos, wird aber beim Wieder-
anwärmen tief roth, indem ſich das Kupferoxydul ausſcheidet. Die fär-
bende Kraft iſt ſo ſtark, daß es ſelbſt in geringen Mengen bis zur Un-
durchſichtigkeit röthet. Um daher die Töne in der Hand zu haben,
überzieht (überfängt) man weiße Gläſer mit einer dünnen Schicht, und
erzeugt dann durch Abſchleifen die gewünſchte Intenſität der Farbe. Gold-
oxydul Ȧ̶u gibt rubinrothe Gläſer. Früher wendete man den ſchon von Caſſius
entdeckten Goldpurpur an. Nach Fuß braucht man jedoch das Gold nur
in Königswaſſer zu löſen, und zum Glasſatze zu gießen. Auch dieſes iſt
nach dem erſten Schmelzen farblos, und wird erſt beim Wiedererhitzen
das beliebte Rubinglas, indem ſich Goldoxydul ausſcheidet. Man darf
es aber nicht zu ſchnell erkalten, ſonſt geht es durch, d. h. es bleibt
ungefärbt.


Blau iſt die Farbe des Kobaltoxydul (Ċo) pag. 578, \frac{1}{1000} Kobalt
färbt ſchon ſehr merklich. Die Kobaltgläſer ſollen ſchon 1540 in Sachſen
bekannt geweſen ſein. Der Smalteſatz darf weder Erden noch Natron
haben, daher wendet man gereinigte Pottaſche mit gereinigtem Quarz
an. Da das Kobalterz ſtets eiſenhaltig iſt, ſo muß Giftmehl (Arſenige
Säure) hinzu, damit das Eiſenoxydul unſchädlich gemacht werde.


Amethyſtfarbe kann, da ſie rothblau iſt, durch Kobalt und Gold
erzeugt werden. Doch nimmt man gewöhnlich Manganoxyd, man muß
ſich aber vorſehen, daß durch einen Kohlengehalt des Satzes kein Mangan-
oxydulſalz ſich bilde.


[687]Gebirgsarten: Perlſtein.

Grün iſt die Farbe des Kupferoxyds Ċu, doch darf kein Eiſenoxydul
zugegen ſein, was ſich ſonſt auf Koſten des Kupferoxyds oxydirt. Die
Bleigläſer werden am ſchönſten grün, weil ſie einen Stich in’s Gelb,
und das Kupfer einen Stich in’s Blau hat. Eiſenxoydul liefert nur eine
geringe Bouteillengrüne Farbe. Das ſchönſte aber theuerſte liefert Chrom-
oxyd (C̶⃛r).


Braunſtein mit Zaffer gibt Granatfarbe; Eiſenoxyd mit Thonerde,
beide durch Glühen eines Gemenges von Eiſenvitriol und Alaun erzeugt,
geben fleiſchroth, ebenſo Gold mit Silber; Eiſenoxyd mit Silber gibt
orange; ſchwarz erzeugt man aus je zwei ſehr färbenden Stoffen. In
Böhmen ſchmilzt man aus Hochofenſchlacken und Baſalt ſchwarze Gläſer.


Schmelzglas (Email) entſteht, wenn ein Beſtandtheil des Glas-
ſatzes unfähig iſt in den Fluß einzugehen, oder wenn er ſich im Verlaufe
der Schmelzung ausſcheidet. Es wirkt ein in der Glasmaſſe ſchwebender
Niederſchlag ſo eigenthümlich auf das Licht, daß das Glas milchig er-
ſcheint, ſobald der Niederſchlag weiß iſt. Beinglas bildet man mit
Knochenaſche: geſchmolzen iſt der Satz vollkommen klar, die Milchfarbe
tritt erſt beim Anwärmen hervor. Mit Kupferoxyd nimmt das Beinglas
merkwürdiger Weiſe keine grüne, ſondern eine türkisblaue Farbe an.


Email bildet alſo eine Zwiſchenſtufe zwiſchen Glas und Stein. In
der Natur haben wir hauptſächlich zwei ſolche unvollkommene Gläſer, den
Perlſtein und Pechſtein, die mehr den ältern vulkaniſchen Gebirgen an-
gehören. Vergleiche Knapp, Chem. Technol. I. pag. 380.


Perlſtein.


Wurde ſchon 1791 von Fichtel als Vulkaniſcher Zeolith aus dem
Telkebanyer Gebirge in Oberungarn beſchrieben, und richtig für ein Feuer-
produkt gehalten. „Nachdem aber erfahrnere Mineralogen jenes Gebirge
„unterſucht, und dieſe Behauptung als grundlos anerkannt haben,“ nannte
es Werner Perlſtein.


Hält die Mitte zwiſchen Pechſtein und Obſidian, wie ein ausge-
zeichnetes Emailglas meiſt von perlgrauer Farbe. Er ſondert ſich zu lauter
rundeckigen Stücken ab, und fällt auch in ſolche auseinander. An dem
ächten kann man gar keine ordentliche Bruchfläche darſtellen, es zeigt alles
perlartige Abſonderung. Klaproth fand 75,2 S⃛i, 12 A̶⃛l, 4,5 , 4,5 Ḣ̶,
1,6 F̶⃛e. Auch nach neuern Analyſen zeigen ſie ſich kieſelreicher als Ob-
ſidiane. Sie ſcheinen auch mehr Kali- als Natronhaltig. Auffallend ſind
nicht blos dieſe gewöhnlichen rundeckigen bis runden Obſidiankugeln, die
zu Ochotſk, von Cabo de Gala in Spanien ꝛc. ganz durchſichtig werden,
ſondern in den Ungariſchen Perlſteinen kommen ſehr zierliche Kugeln vor,
die Werner


Sphärulit nannte (Hoffmann Mineral IV. b. 151). Die Kugeln
ſind innen dicht, zeigen kaum einen Anfang von excentriſcher Faſerung,
auf der Oberfläche gewahrt man viele kleine blaſenförmige Erhöhungen,
nach der Art der Glasköpfe. Im Mittelpunkt findet ſich zuweilen ein
kleines Korn von blättrigem glaſigem Feldſpath. Ihre gelbe Farbe unter-
ſcheidet ſie zwar ſehr von der Perlgrauen des Muttergeſteins, auch ſind
[688]Gebirgsarten: Pechſtein.
ſie härter, faſt Quarzhart, aber in der Zuſammenſetzung ſcheinen ſie nur
unweſentlich abzuweichen. Erdmann fand 77,2 S⃛i, 12,5 Ä̶l, 4,3 ,
3,3 Ċa, 0,7 Ṁg, 3,3 F̶⃛e. Beſonders ausgezeichnet in den Perlſteinen
des Hlinicker Thales, worin Schmölniz nordweſtlich Kaſchau liegt. Tokay,
Telkebanya.


Pechſtein.


Bekam von Werner wegen des ausgezeichneten Pechglanzes ſeinen
Namen. Die grünliche Farbe herrſcht vor, dann gehen ſie ins Gelbe,
Rothe. Die ſchwarzen treten dem Obſidian, die grauen dem Perlſtein
nahe. Auch von Halbopalen ſind ſie äußerlich oft kaum zu unterſcheiden.
Hauy nannte ſie Feldspath résinite, allein zur Feldſpathigen Zuſammen-
ſetzung fehlt es bedeutend an Alkalien. Klaproth fand in dem von Gar-
ſebach im Triebiſch-Thale bei Meiſſen (Beiträge III. 257) 73 Kieſelerde,
14,5 Thonerde, 1 Kalkerde, 1 Eiſenoxyd, 1,7 Natron und 8,5 Waſſer.
Knox gibt zwar 2,8 Natron an, aber immer bleibt die Kieſelerde außer-
ordentlich überwiegend. Hauptfundort iſt das Triebiſchthal, wo ſie in
Geſellſchaft von Pechthonſtein den Porphyr durchbrechen, ſie kommen außer-
dem noch an einigen andern Orten vor, ſind hier aber zuerſt 1759 durch einen
Dresdener Mineralogen Schulze beſchrieben, und anfangs für Opale ge-
halten, bis man die Schmelzbarkeit erkannte. Nach Naumann (Geogn.
Beſchr. Königr. Sachſen V. 187) ſollen ſie ſchon in der mittlern Periode
des Rothliegenden hervorgebrochen ſein. Die ächten ſcheinen daher dem
jüngern Perlſtein- und Obſidiangebiet fremd zu ſein. Pechſtein ſteht ganz
an der Gränze der Gläſer. Werner’s


Porzellanjaſpis, beſonders von Lavendelblauer Farbe, entſteht durch
Brände im Braunkohlengebirge aus dem Plaſtiſchen Thone. Heſſen und
Böhmen.


Die Entglaſung (Devitrification) kann man beſonders bei Hoch-
ofenſchlacken ſtudiren, ſie findet bei langſamem Erkalten ſtatt pag. 213,
weil Kalk- und Eiſenoxydulſalze leichter kryſtalliſiren, als wenn Kali oder
Natron zugegen iſt, wie im künſtlichen und natürlichen Glaſe. Namentlich
wirkt auch die Thonerde hindernd auf die Kryſtalliſation ein. Daher
glaubten auch die alten Mineralogen, daß alles was aus einem Vulkan
als Lava hervorfließe zu Glas erſtarren müſſe, ſelbſt Werner ließ ſich
hier durch ſeine Sinne täuſchen. Indeß hatte ſchon Reaumur 1739 be-
merkt, daß es Fälle gäbe, wo das gewöhnliche Glas einen ſteinartigen
Charakter annehme: man erhielte es, wenn man Glasmaſſe in pulverigen
Sand und Gyps hülle, erhitze und dann darin erkalten laſſe, man nannte
das Reaumürſches Porcellan. Beim Ausblaſen der Glasöfen fand ſich,
daß dieſe Erſcheinung lediglich von der langſamen Erkaltung herrühre,
und nannte es Devitrification. Fleuriau de Bellevue ſchickte ſolche Stücke
1802 ohne Angabe des Fundortes nach Paris, und ſie wurden allgemein
für Minerale gehalten, ſo ganz anders wird der Charakter des devitri-
ficirten Glaſes, wie pag. 186 auseinandergeſetzt iſt. Man glaubte daher
anfangs, es ſeien bei dem langſamen Erkalten Verluſte entſtanden, allein
wenn man die Maſſe wieder einſchmilzt, ſo bekommt man bei ſchnellem
[689]Gebirgsarten: Tuffe.
Erkalten abermals das ſchönſte Glas, wie vorher. Daraus läßt ſich dann
leicht erklären, warum manche natürlichen Gläſer trübe, porphyrartig ꝛc.
werden. Das Porphyrartige ſcheint jedoch bei manchen Obſidianen auch
ſeinen Grund darin zu haben, daß die eingeſprengten rundlichen Flecke
wegen Mangel an Hitze nicht zum Schmelzen kamen.


H.Tuffe.


Das Wort Tuff wird doppeltſinnig gebraucht: einmal verſteht man
Niederſchläge des Waſſers darunter, wie Kieſeltuff pag. 181, Kalktuff
pag. 337; dann aber auch die ſogenannten Vulkaniſchen Tuffe,
welche in ſo großer Menge und Mannigfaltigkeit auftreten. Die ſpeienden
Vulkane ergießen nicht blos glühende Lavenſtröme, welche zu Stein oder
Glas erhärten, ſondern ſie werfen auch Schlackenſtücke als Bomben, La-
pilli, Aſche in ungeheuren Maſſen aus, die ſich um den Berg herum ab-
lagern, und jene ganz eigenthümliche Art unkryſtalliniſcher Trümmergeſteine
bilden, woran das Waſſer keinen unmittelbaren Antheil hat. Bunſen
(Pogg. Ann. 83. 219) glaubt ſogar nachweiſen zu können, daß die Pala-
gonittuffe pag. 275 metamorphiſche Bildungen ſeien, welche durch Ein-
wirkung der glühenden Augitlaven auf Kalk- oder Alkalienreiche Geſteine
gebildet würden. Denn man bekomme Palagonit, wenn man feingeriebenen
Baſalt in einen großen Ueberſchuß von geſchmolzenem Kalihydrat einträgt,
und das gebildete überſchüſſige Kaliſilikat mit Waſſer übergießt. Die
ausgelaugte und durch Abſchlämmen erhaltene hydratiſche, nach dem Trocknen
pulverförmige, ſchon mit der ſchwächſten Säure gelatinirende, durch Kohlen-
ſäure und Schwefelwaſſerſtoff leicht zerſetzbare Subſtanz ſtimmt mit dem
reinſten Isländiſchen
Palagonit = 3 S⃛i2 + 2 (F̶⃛e, A̶⃛l) S⃛i + 9 Ḣ̶.


Dabei entwickelt ſich eine namhafte Menge reinen Waſſerſtoffs, deſſen
Ausſcheidung auf der Oxydation der Eiſenoxydulſilikate zu Eiſenoxyd-
ſilikaten beruht und die auf Koſten des im Kalihydrate enthaltenen Waſſer-
atomes vor ſich geht. Folge davon iſt, daß in den Palagoniten jede
Spur von Eiſenoxydul fehlt. Daraus ließe ſich das Vorkommen von
gediegenem Kupfer pag. 484 in den Mandelſteinen erklären, was aus
flüchtigem Chlorkupfer reducirt ſein würde. Wenn alſo blos durch Be-
rührung der Augitlaven mit Kalkgebirgen ſich Tuffe erzeugen, ſo würde
die Erklärung der mächtigen Baſalttuffe unſerer ſchwäbiſchen Alp nicht
mehr ſo unüberſteigliche Schwierigkeiten darbieten.


Bunſen zeigt nun weiter, daß das Palagonitiſche Tuffgebirge we-
ſentlich ein Gemenge von zweierlei Sachen ſei: das eine ſeien waſſerfreie
Gebirgsbrocken, deren Zuſammenſetzung genau mit den normal pyroxe-
niſchen Geſteinen pag. 681 übereinſtimmen, dieſelben wurden von der
andern Subſtanz eingehüllt, die von amorpher Beſchaffenheit weſentlich
aus zweierlei waſſerhaltigen Silikaten von der Form
3 S⃛i2 + aq und R̶⃛3 S⃛i + aq
beſtünden. Beide Glieder ſcheinen ſich in verſchiedenen Verhältniſſen mit
einander zu miſchen: der Palagonit beſteht aus 3 S⃛i2 + 2 R̶⃛3 S⃛i + aq
und ein Tuff der Chatham-Inſeln aus 3 S⃛i2 + A̶⃛ S⃛i + aq. Sie ſind
Quenſtedt, Mineralogie. 44
[690]Gebirgsarten: Tuffe.
aber alle zwei ohne Waſſer genommen nichts anderes als verändertes
Pyroxengeſtein.


Wie die Baſalte und Baſaltiſchen Laven, ſo umgeben ſich auch die
Melaphyre mit Tuffen, was namentlich die zeolithiſchen Mandelſtein-
bildungen beweiſen. Dieſelben ſind auf Island lediglich durch glühende
Laven erhitzte Tuffe, wobei ſich dieſelben in ein eiſenreiches Silikat-
geſtein verwandelten, welches die Grundmaſſe der Mandelſteine bildet,
und in ein eiſenfreies: nämlich die ſchönen farbloſen bis ſchneeweißen
Zeolithe pag. 274. Die Spaltung in eiſenfreie und eiſenhaltige Silikate
hat zwar etwas Auffallendes, läßt ſich aber auch künſtlich hervorbringen
und verfolgen, wenn man Erbſen- bis Haſelnußgroße Stücke erhitzt bis
ſie äußerlich glühen, und dann im Mikroſcop bei 40facher Vergrößerung
unterſucht. Nimmt man dazu nun noch die zerſetzende Wirkung der Gaſe,
ſo ſieht man wohl ein, wie Geſteine gänzlich ihren urſprünglichen Charakter
aufgeben können, ohne daß Waſſer einen weſentlichen Einfluß darauf
geübt hätte.


Was den augitiſchen Geſteinen, Aehnliches widerfährt nun auch den
feldſpäthigen. Die Trachyte, die Klingſteine (Oberſchwaben) umgeben
ſich ebenfalls mit ganzen Bergen von Trachyt- und Klingſteintuffen, ſelbſt
bei den Gläſern ſpricht man von einem Pechthonſtein, Bimſteintuff ꝛc.
Je älter jedoch das Gebirge wird, deſto mehr wachſen die Schwierigkeiten
in der Erklärung, zumal da hier Anzeichen vulkaniſcher Thätigkeit nicht
ausgeprägt ſind. Jedenfalls umgeben ſich die rothen und grünen Por-
phyre mit einem ganz tuffartigen Geſtein. Die graulich weißen, graulich
rothen ꝛc. Thonſteine und Thonporphyre ſind ſolche Dinge, über deren
genaue Beſtimmung man ſo häufig in Verlegenheit iſt. Nicht minder
lebhaft wird man bei den Grünſteinen pag. 676, welche ſich zu unförm-
lichen Kugeln abſondern, erdig zerfallen, oder wohl gar geſchichtet mit
Thonſchiefer wechſeln (Dillenburg), an ſolche metamorphiſchen Geſteine
erinnert. Dieſelben werden ſogar auch porös, nehmen in ihre Poren
Kalkſpath auf (Blatterſtein), und was dergleichen Modificationen mehr ſind.


In den Alpen, wo Glimmer und Talkſchiefer eine ſo große Rolle
ſpielen, findet man eine Reihe ſogar Petrefakten führender Bildungen,
welche einige für durch Feuer verändertes Sedimentgeſtein halten, andere
aber für Gebirgstrümmergeſteine, die unter Einfluß von Waſſer ſich er-
zeugt haben. Endlich erleidet auch der


Granit nicht ſelten ſehr großartige Zerſetzung: das ganze Gebirge
löſt ſich zu Grus und Sand, der wie Schutt übereinanderfällt, ohne daß
die einzelnen Mineraltheile weſentlich gelitten hätten, obgleich ſie dadurch
ſich etwas aufſchließen, denn ein Theil wird bereits in Säure löslich,
und kann zur Waſſermörtelbereitung benützt werden (Explic. Cart. géol.
France I.
121). Wenn ſolche Trümmer vom Waſſer ergriffen aber ganz
in der Nähe abgelagert werden, ſo bilden ſich Geſteine, die dem urſprüng-
lichen Granit außerordentlich naheſtehen (Arcoſe), wie z. B. in Central-
frankreich oder in der Steinkohlenformation des Schwarzwaldes. Das
Auffallende bei ſolchen Verwitterungen iſt das, daß nicht ſelten einzelne
Partieen der Zerſtörung widerſtehen, andere nicht, und in Folge deſſen
die Granitberge ſich mit mächtigen Blöcken überdecken (Steinmeere), die
[691]Gebirgsarten: Thone.
man auch wohl als Trümmer des bei der Erhebung zerſplitterten Gebirges
genommen hat.


Sobald die Feldſpaththeile des Granites ihren Kaligehalt verlieren,
zerfallen ſie zu Porzellanerde, und ſind ſo die Urſache jener weit ver-
breiteten Thonformation, die im Sedimentärgebirge eine der Hauptrollen
ſpielt.


I.Sedimentärgebirge.


Daſſelbe iſt im weſentlichen ein Waſſerabſatz aus zertrümmerten und
abgerollten Gebirgsſtücken, die oft weite Wege gemacht haben, ehe ſie
zur Ruhe kamen, zumal wenn ſie als feiner Sand und Schlamm im
Waſſer ſich ſuspendirt erhalten konnten. Sehen wir von den Blöcken,
Geſchieben und Geröllen ab, die nur in einigen wenigen Formationen
(Diluvium, Nagelfluhe, Todtliegendes) Bedeutung erlangen, ſo ſind es
hauptſächlich dreierlei
Sand, Kalk und Thon,
welche herrſchen. Der Sand beſteht vorzugsweiſe aus kleinen abgerollten
Quarzſtücken, und hin und wieder finden ſich Feldſpath, Glimmer, Magnet-
eiſen und andere Mineralreſte darin zerſtreut. Da der Quarz das härteſte
und unzerſetzbarſte unter den gewöhnlichen Geſteinen iſt, ſo war auch er
am geeignetſten, ſich durch alle Revolutionen hindurch zu erhalten, und
wenn er auch als der feinſte Staub in der Braunkohlenformation und als
Flugſand an den Meeresküſten angekommen iſt, ſo bleibt er doch immer
Quarz, der vielleicht zum größten Theil ſchon zur Urgebirgszeit kryſtalliſirte.
Wenn bei den


Sandſteinen, die beſonders rein in der Quaderſandſteinformation
und im Braunkohlengebirge auftreten, nicht Kieſelerde ſelbſt das Binde-
mittel oder die Fritte bildet, ſo ſind die Körner durch Kalk oder Thon
aneinander geheftet. Der Sandſtein wird dadurch kalkig, thonig, mer-
gelig. Die


Kalkſteine haben wir ſchon oben pag. 334 weitläufiger erwähnt,
ſie nehmen an der Bildung des Sedimentärgebirges einen weſentlichen An-
theil, ſind dann aber mit den Thonen und Sandſteinen auf das mannig-
fachſte gemengt. Es bleiben ſomit für unſere flüchtige Betrachtung als
letztes übrig


die Thone.


Ein Verwitterungsprodukt der Silikatgeſteine: Granit, Gneis, Glimmer-
ſchiefer, Hornblendegeſteine, Klingſtein, Baſalt, Trachyt, Laven ꝛc. haben
das Material dazu hergegeben. Im Weſentlichen beſtehen ſie aus kieſel-
ſaurer Thonerde mit Waſſer, ſind aber durch Eiſenoxyd, Kalk (Ċa C̈) ꝛc.
nicht ſelten und ſtark verunreinigt. Auch kommen allerlei in Waſſer lös-
liche Salze darin vor, das Kali (0,5—1 p. C.) fehlt niemals ganz. Sie
kleben etwas an der Zunge, und zeigen beim Anhauchen einen eigen-
thümlichen bitteren Thongeruch. Mit Waſſer geben ſie bald leicht bald
44*
[692]Gebirgsarten: Porzellanerde.
ſchwer einen Teig, der geformt werden kann (plaſtiſch), und der im
Feuer erhärtet, daher für die Töpferei ſeit uralter Zeit ein ſo wichtiges
Material. Vieler Thon nimmt bis 75 p. C. Waſſer auf, und was da-
rüber geht läßt er nicht durch, was techniſch und für den Lauf der Quellen
von großer Wichtigkeit iſt. Ein kleiner Theil des Waſſers iſt nicht hy-
groſcopiſch, ſondern geht erſt bei der Glühhitze fort, wobei der Thon ſich
brennt, d. h. ſeine Plaſticität verliert. Die Thonerde wird dann leichter
von Säure aufgenommen, als aus friſchem ungebranntem Thon, beſonders
von Schwefelſäure, welche eine große Verwandtſchaft zu derſelben hat.
Sind organiſche Subſtanzen färbend, ſo brennt er ſich nicht ſelten ganz
weiß, ſobald aber Eiſen zugegen ziegelroth.


Nach ihrem Vorkommen kann man zweierlei unterſcheiden: ſolche, die
noch auf urſprünglicher Lagerſtätte ſich finden, wie Kaolin, Steinmark,
Grünerde; und ſolche, die angeſchwemmt wurden, und die dann nach dem
Grade ihrer Erhärtung wieder viele Unterabtheilungen bilden. Die an-
geſchwemmten Thone können auch durch Sickerwaſſer in die Poren der
Geſteine geführt werden. So findet man z. B. auf naſſen Wieſen die
eichenen Särge altdeutſcher Gräber ganz mit dem feinſten Thonſchlamm
erfüllt, wie bei Oberflacht ſüdlich Spaichingen. Andere Thone ſind erſt
in der Erde fett geworden, indem die circulirenden Waſſer die löslichen
Salze wegnahmen und die unlösliche kieſelſaure Thonerde zurückließen.


Porzellanerde.


Die Chineſen nennen ſie Kaolin, und den Feldſpath, durch deſſen
Verwitterung ſie entſteht, Pe-tun-ſe. Nach Ebelmen und Salvétat
(Schnedermann, Polyt. Centralb. 1852. VI.44) ſoll dieß ein dichter Feld-
ſpath pag. 188 ſein, der fein gerieben und in Backſteinform gebracht iſt.
In der Sprache der Chineſen gibt dieſer wegen ſeiner Schmelzbarkeit dem
Porzellan das „Fleiſch,“ das unſchmelzbare Kaolin dagegen das „Gebein.“
Die reinſte Porzellanerde bildet ein ſchneeweißes Mehl, das man nicht
ſelten erſt aus dem Felſen herausſchlemmen muß. Gew. 2,2.


Nach Forchhammer’s Unterſuchung (Pogg. Ann. 35. 331) beſteht die
von Gebirgsart gereinigte aus
A̶⃛l3 S⃛i4 + 6 Ḣ̶ mit 47 S⃛i, 39,2 A̶⃛l, 13,7 H̶⃛.
In kochender Schwefelſäure löſt ſich die Thonerde, die Kieſelerde dagegen
nicht. Daß Kaolin ein Produkt der Feldſpathzerſetzung ſei, das zeigt die von
Aue bei Schneeberg in Sachſen, welche in Meißen verarbeitet wird, ganz
entſchieden (Naumann, Geognoſt. Beſchr. Königr. Sachſen II.163). „Das
„dortige Kaolinlager iſt nichts anderes als eine den kleinkörnigen Granit
„umhüllende Schale ſehr großkörnigen Granits, deſſen Feldſpath ſich in
„einem mehr oder weniger aufgelöſten Zuſtande befindet.“ Die Schale
iſt nur 1′ bis 2 Lachter mächtig. Es liegen noch Feldſpathkryſtalle darin,
die alle Stadien der Zerſetzung von blättrigem Spath bis zur zähen
Kaolinmaſſe durchgemacht haben. Forchhammer zeigte, daß wenn man von
3 Atomen Feldſpath = 3 + A̶⃛l3 + S⃛i12
\frac{K̇³ + S⃛i⁸}{A̶⃛l³ S⃛i⁴} abziehe, ſo bleibe
= Porzellanerde zurück. Nun

[693]Porzellanſpath, Porzellan.
hat aber bekanntlich das Fuchſiſche Kaliwaſſerglas, das ſich im Waſſer
löſt, die Zuſammenſetzung 3 S⃛i8, ſo daß die Zerſetzung nichts Auffallendes
haben würde. Auch manche Thone, wie z. B. der Thon von Groß-All-
merode, woraus die bekannten Heſſiſchen Tiegel bereitet werden, der ſo-
genannte Lenzin von Kall in der Eifel ꝛc. weichen in der Zuſammenſetzung
von der Porzellanerde nicht ab. Zu St. Yrieux ſüdlich Limoges in Central-
frankreich iſt der Gneis in Kaolin verwandelt, welcher die Porzellanfabrik
von Sèvres bei Paris verſieht. Die Lager erreichen bis 20 Meter Mäch-
tigkeit und liefern ſo viel Vorrath, daß er bis nach Amerika ausgeführt
werden kann. Nach Alexander Brongniart (Archives du Museum 1839.
I.243 und 1841. II.217) findet die Ablagerung ſtets ſehr unordentlich
ſtatt, eine Menge Gebirgsarten: Schriftgranit, Diorit, rothe Porphyre
mit Quarz und Eiſenerzgängen pflegen ſich zu durchdringen, wozwiſchen
dann ſehr unregelmäßig die thonige Subſtanz ihre Stelle einnimmt, ſo
daß die elektro-chemiſche Wirkung der ungleichen Felsarten auf einander
nicht ohne Einfluß ſein dürfte. Die Umgegend von Paſſau (Unter-Gries-
bach ꝛc.) dankt ihre Porzellanerde nicht blos den verwitterten Granuliten,
ſondern es kommt bei Obernzell ſogar ein beſonderes Mineral vor, durch
deſſen Verwitterung das Material entſteht, woraus in München Porzellan
bereitet wird. Fuchs, Denkſchriften der Akad. Wiſſenſchaft, München
1818—20, Band VII. pag. 65 hat daſſelbe


Porzellanſpath genannt. Er bricht in ſtets verwitterten ge-
ſchobenen Säulen von ungefähr 92°, deren ſcharfe Kante durch einen
ziemlich deutlich blättrigen Bruch abgeſtumpft wird, der in der ſtumpfen
Kante iſt undeutlich. Von Skapolithartigem Ausſehen, Härte 5—6,
Gew. 2,6. In der Wärme phosphorescirend. Schmilzt vor dem Löthrohr.
Starke Säuren zerſetzen ihn, aber ohne Gallertbildung. Fuchs fand
49,3 Kieſelerde, 27,9 Thonerde, 14,4 Kalk, 5,5 Natron, 0,9 Waſſer.
Schafhäutl gibt auch 0,9 Chlor an. Die daraus entſtandene Porzellan-
erde hat nach Forchhammer
A̶⃛l2 S⃛i3 + Ḣ̶6 mit 46,9 S⃛i, 34,8 A̶⃛l, 18,3 Ḣ̶.


Die Paſſauer Porzellanerde wurde ſchon um das Jahr 1735 bei
Lemmersdorf gegraben, und gieng in bedeutenden Quantitäten nach Nord-
Deutſchland. Der Hauptabſatz geht jetzt nach Nymphenburg und Regens-
burg, die geſchlemmte auch nach Wien. Die Truhe von etwa 12 Ctr.
koſtet 8—14 fl. In kleinen Mengen als erdiges Mehl iſt die aus Feld-
ſpath entſtandene Porzellanerde außerordentlich verbreitet, nicht blos im
Urgebirge, ſondern auch in den daraus entſtandenen Sandſteinen, z. B.
im Kohlenſandſtein, im weißen Keuperſandſtein ꝛc. Allein ihre Maſſe
iſt zu zerſtreut, um durch Schlemmen gewonnen werden zu können, oder
auch häufig zu eiſenſchüſſig, ſo daß das Material zu feinem Porzellan
immerhin ein koſtbares bleibt. Das


Porzellan iſt das feinſte unter den Thonwaaren, von den Chineſen
erfunden, woher es die Portugieſen zuerſt in Europa einführten. Es
wurde aber von einem Apotheker Böttcher 1706 beim Goldmachen, das
ihn in Schulden und Gefängniß gebracht hatte, auf der Feſtung Königſtein
nachentdeckt. Anfangs braun und roth. 1709 wurde das erſte weiße
gemacht, und 1710 die Fabrik in Meißen angelegt. Das Porzellan bildet
[694]Steinmark.
keine geſchmolzene, ſondern nur eine gefrittete, hin und wieder mit kleinen
Poren verſehene Maſſe mit ſchimmerndem Bruch. Seine Härte iſt ſo
groß, daß es mit dem Stahl Funken gibt. Halbdurchſichtig, weiß und
wenig ſpröde. Beim letzten Brennen ſchwindet das Porzellan, dem un-
geachtet vermindert ſich ſein Gewicht (Erdmann’s Journ. prakt. Chem.
36. 168), ſtatt daß es höher werden ſollte. Nach dem Brennen ſollte es
die Summe der Dichtigkeiten des Feldſpathglaſes und der Porzellanerde
beſitzen, in der Berliner Fabrik alſo = 2,518 ſein, während ſie in Wirk-
lichkeit = 2,452 iſt, eine Erſcheinung, die man noch nicht erklären kann
(Pogg. Ann. 93. 74). Da nämlich die Porzellanerde weder ſchmilzt noch
frittet, ſo muß ſie noch mit einer ſchmelzbaren Subſtanz verſetzt werden,
dieß iſt entweder reiner farblofer Feldſpath oder Gyps, wozu man noch
etwas Quarz thut. Dieſer Fluß durchdringt nun das unſchmelzbare Kaolin,
wie Oel das Papier, und macht die Maſſe haltbar und durchſcheinend.
Beide geſchmolzene und ungeſchmolzene Maſſe, von den Chineſen ſchon
ſo ſchön als „Fleiſch und Gebein“ bezeichnet, laſſen ſich unter dem Mi-
kroſkop unterſcheiden. Außerdem verſieht man es noch mit einer Glaſur,
die aus denſelben Subſtanzen wie der Fluß beſteht, nur mit mehr Gyps,
weil die Glaſur in völligen Fluß kommen muß. Nur der Glaſur ver-
dankt das Porzellan ſeinen Glanz, das unglaſirte (Biscuit) iſt matt.
Wegen der geringen Bildſamkeit der Maſſe muß das Material auf das
ſorgfältigſte geſchlemmt und Monate lang in feuchten Gruben abgelagert
(gebeizt) werden. Dieß und die ſtarke Feuerung nebſt der ſorgfältigen und
wiederholten Behandlung darin machen das Porzellan ſo theuer. Es kann
zugleich mit den ſchönſten Farben verſehen werden, beſonders wichtig ſind
die Scharffeuerfarben, welche die größte Hitze ertragen: dahin gehört
das Blau des Kobalt, das Grün des Chroms, das Gelb des Titanoxyd,
das Schwarz des Iridiumoxyds pag. 489. Die Muffelfarben ertragen
das ſtarke Feuer nicht, ſie ſind viel mannigfaltiger und werden durch be-
ſondere Flüſſe aufgetragen.


In England macht man nur Frittporzellan, dazu kommt Kaolin
von Cornwallis, Plaſtiſcher Thon, ein halb verwitterter, glimmerfreier
Granit (Corniſch Stone), Feuerſtein und gebrannte Knochen. Die Maſſe
iſt viel plaſtiſcher, leicht flüſſig durch die Knochenaſche, aber weiß, klin-
gend und gleichartig wie wirkliches Porzellan. Die Glaſur iſt Blei- und
Boraxhaltig. Das Frittporzellan, was man in Frankreich vor dem Meißner
Porzellan machte, enthielt gar keine Thonerde, und war ein vollkommenes
Glas.


Steinmark,


Marga in saxis inclusa Agricola pag. 705, nennt der deutſche Berg-
mann eine ganze Gruppe von Thonen, die nicht Schichtweis vorkommen,
ſondern iſolirt im Felſen wie das Mark in den Knochen ſtecken. Sie
laſſen nicht mehr ſo unmittelbar wie die Porzellanerde ihren Urſprung
erkennen, ſind theils zerreiblich, theils feſt und homogen. Da auch einzelne
Sorten von Speckſtein pag. 203 neſterartige Ablagerungen lieben, ſo iſt
ein Verwechſeln damit gar nicht zu umgehen. Nur die chemiſche Analyſe
kann dann unterſcheiden, die wenigſtens die Stoffe angibt, wenn auch
[695]Bol.
nicht die Art, wie die Stoffe ſich in dieſen durchaus unkryſtalliniſchen
Maſſen vertheilen. Wir wollen einige Lokalitäten auszeichnen:


Das gelblich weiße Steinmark aus den Zinnſteingängen (am
Sauberge bei Ehrenfriedersdorf), vom Schneckenſtein mit Topas ꝛc.
fühlt ſich fettig an, läßt ſich mit dem Nagel zerdrücken, und erſcheint
unter der Lupe feinſchuppig, wie dichter Talkſchiefer. Die Analyſe von
Clark gab 47,3 Kieſelerde, 39 Thonerde, 13,5 Waſſer und nur 0,9 Talk-
erde, was der Formel des Kaolins ſehr nahe kommt.


Fleiſchrothes Steinmark aus dem verwitterten Porphyr von
Rochlitz an der Mulde, Breithaupt’s Carnat, läßt ſich mit dem Nagel
nicht zerdrücken, Härte 2—3, Gew. 2,6. Fühlt ſich ſehr fein und zart
an. Der Bruch erinnert an Kugeljaſpis, hat aber mehr Glanz. Es iſt
wohl ohne Zweifel aus Quarz entſtanden. Klaproth’s Analyſe gab 45,2
Kieſelerde, 36,5 Thonerde, 14 Waſſer, 2,7 Eiſenoxyd. In demſelben
Porphyr kommt auch Freiesleben’s


Talkſteinmark vor, es iſt mehr weißlich, und hat nach Karſtens
Unterſuchung die Formel des Cyanit pag. 238, A̶⃛l3 S⃛2 mit 60,5 Thonerde,
37,6 Kieſelerde. Nach Breithaupt gibt es auch Waſſerhaltiges.


Collyrit Karſten Tabell. pag. 73, Collyrium nannte Plinius 35. 51
eine der beiden Samiſchen Erden: prioris laus, ut recens sit et levis,
linguaeque glutinosa.
Klebt alſo an der Zunge, wie vieles Steinmark.
Auf dem Stephaniſchacht zu Schemnitz in Ungarn bildet der Schneeweiße
mit Druckflächen verſehene Thon Trümmer und Neſter im Diorit-Porphyr.
Klaproth Beitr. I.258 fand darin 45 A̶⃛l, 14 S⃛i, 42 Ḣ̶. Was etwa die
Formel A̶⃛l3 S⃛i + 15 Ḣ̶ gibt. Im weißen bunten Sandſteine von Weißen-
fels an der Saale kommt auf einem Gange ein Thon vor, den Karſten
dazuſtellte. Die Neſter und Gänge im Flözgebirge pflegen übrigens immer
ſehr feingeſchlemmte Thone zu führen, und von ſolcher Mannigfaltigkeit,
daß es gewagt erſcheint, denſelben beſondere Namen geben zu wollen.


Das Lavendelblaue Steinmark von Planiz bei Zwickau bildet
Lager im Steinkohlengebirge. Härte 2. Es gleicht einem Thonſtein,
fühlt ſich mager an, und enthält nach Schüler 41,7 S⃛i, 22,8 A̶⃛l, 13 F̶⃛e,
2,5 Ṁg, 3 Ċa, 1,7 M̶⃛n, 14,2 Ḣ̶. Wegen des Eiſenreichthums hat es
Breithaupt Eiſenſteinmark genannt. Es iſt die berühmte ſächſiſche
Wundererde, ſiehe Ch. Richter, Saxoniae electoralis miraculosa terra.
Schneeberg 1732. Die Drechsler von Zöblitz poliren damit den Serpentin.


Bol.


Von βῶλος Scholle. Der Name kommt aber noch nicht einmal bei
Agricola vor, dagegen ſpricht Wallerius von ſiebenerlei Bolus in Apotheken,
„die im Munde wie Butter ſchmelzen.“ Werner beſchränkte dagegen die
Benennung auf die ſteinmarkartig vorkommenden Thone im Baſalt und
Mandelſtein. Dieſelben haben einen vollkommen muſcheligen Bruch,
ſchimmern ſtark auf der Bruchfläche, ſpringen ſehr ſcharfkantig, fühlen
ſich fettig an, und hängen ſtark an der Zunge. Im Waſſer zerſpringen
ſie mit Geräuſch zu eckigen Stücken. Gewöhnlich eine von Eiſenoxyd-
hydrat herrührende braune Farbe. Bekannt ſind die iſabellgelben bis
[696]Bol, Terra sigillata.
ſchwarzbraunen, ſie ſcheinen verwitterter Opal zu ſein. Die von Säſebühl
bei Dransfeld haben 41,9 S̈i, 20,9 A̶⃛l, 12,2 F̶⃛e, 24,9 Ḣ̶; die blaß roſen-
rothen aus den Klüften zwiſchen den Baſaltſäulen von Stolpe mit 45,9
S⃛i, 22,1 A̶⃛l, 3,9 Ċa, 25,9 Ḣ̶, ſchmelzen unter Blaſenwerfen zu Email.
Der kaſtanienbraune Bol von Siena in Toscana (terra de Siena) wird
zu Frescomalereien benützt. Sehr berühmt iſt der Bol von Striegau
weſtlich Breslau von lichtbrauner Farbe in der Baſaltwacke brechend.
1508 entdeckte ihn der Kaiſerl. Leibarzt Scultetus Montanus, und wurde
zubereitet als terra sigillata Strigonensis von lehmgelber Farbe in den
Handel gebracht: J. Montanus, breve, sed exquisitum, vereque philos.
judicium de vera nativa sigillata Strigonii a se inventa. Norimb.
1585.


Terra sigillata Agricola Bermannus 699 nannten die alten Mediciner
einen feinen Thon, der als Univerſalheilmittel ſeit Homer’s Zeiten in
Brauch und Anſehen ſtand. Plinius 35. 14 führt ſie unter den rothen
Erden an: palmam enim Lemniae dabant. Minio proxima haec est,
multum antiquis celebrata, cum insula, in qua nascitur. Nec nisi signata,
venundabantur: unde et sphragidem appellavere
(σφραγίς Siegel).
Nach Galen ſcheint es aber nicht die rothe, ſondern eine andere weißlich
graue geweſen zu ſein, welche noch heute am Tage von Mariä Himmel-
fahrt mit großer Feierlichkeit geſammelt wird und mit einem türkiſchen
Siegel verſehen in den Handel kommt. Klaproth (Beiträge IV.327) gab
davon eine Analyſe, der Thon war mager, und zerfiel im Waſſer wie
Walkererde: 66 S⃛i, 14,5 A̶⃛l, 6 F̶⃛e, 3,5 Ṅa, 8,5 Ḣ̶, war daher kein
Bol im Werner’ſchen Sinne. Wie urſprünglich nur der „Lemniſchen Erde“
ſo wurde ſpäter vielen andern Thonen eine Heilkraft beigeſchrieben, man
ſchnitt ſie zu cylindriſchen Platten, und verſah ſie als Zeichen ihrer
Aechtheit mit einem Siegel. Wallerius und Cronſtedt rechnen alle dieſe
Siegelerden zum Bolus, klagen aber ſchon, daß ſie ſoviel verfälſcht würden.
Die gelbe Siegelerde von Striegau hat drei Berge als Siegel, auf den
Namen des Entdeckers Montanus anſpielend. Nach der Farbe hatte ſie
den bedeutungsvollen Namen axungia solis (Sonnenſchmalz), die ſächſiſche
Wundererde von bläulich grauer Farbe hieß dem entgegen axungia lunae.
Die Weiße von Malta wurde in Form von Kugelkalotten mit dem
Bildniß des Apoſtel Paulus verſendet. Beſonders häufig findet man auch
die rothen, weil Plinius die ächte Lemniſche Erde als Rubrica beſchreibt.
Von dieſen war die Württembergiſche in Apotheken beliebt, ſie findet ſich
nicht blos in den rothgefärbten Keuperletten, ſondern kommt auch Neſter-
weis von ausgezeichneter Feinheit und intenſiver Farbe auf den Braun-
eiſenſteingängen von Neuenbürg vor. Cronſtedt §. 86 überſetzt daher
Bolus geradezu in Eiſenthon, „ein ſolcher ſcheint mir auch in der Medicin
dienlicher zu ſein, als andere Thonarten.“ Im Alterthum genoß be-
ſonders die


Sinopiſche Erde als rothe Malerfarbe großen Ruf. Theophraſt
§. 94 unterſcheidet dreierlei, die beſten Sorten kamen von der Stadt
Sinope mitten am ſüdlichen Ufer des Schwarzen Meeres. Plinius 35. 13
ſagt ausdrücklich Sinopis ..... in Cappadocia effossa e speluncis. Quae
saxis adhaesit, excellit.
Es war alſo ein neſterartiges Vorkommen.
Klaproth (Beitr. IV.345) fand darin 32 Kieſelerde, 26,5 Thonerde, 21
[697]Bol.
Eiſenoxyd, 17 Waſſer, 1,5 Kochſalz. Die prächtigen rothen Wände von
Pompeji ſind damit gemalt. Hier würde ſich dann der Röthel pag. 523
anſchließen, wie andererſeits an den Brauneiſenocker pag. 531 die Gelb-
erde
. Ein Theil der letztern kommt neſterförmig vor, wie z. B. in den
Bohnenerzen, andere iſt Zerſetzungsprodukt von Eiſenſäuerlingen, wie
z. B. bei Cannſtadt. Die Sachen kommen geſchlemmt in den Handel.
Die Wernerſche war ein Töpferthonflöz aus den jüngſten Formationen
von Wehrau. Bei Amberg kommt im untern braunen Jura eine Erde
vor, die nach Kuhn 33,2 S⃛i, 37,1 F̶⃛e, 14,2 A̶⃛l, 13,2 Ḣ̶, 1,4 Ṁg ent-
hält. Von Formeln kann da nicht die Rede ſein. Durch Brennen wird
ſie roth, durch Mangangehalt braun, wie die ſogenannte Cypriſche
(türkiſche) Umbra von der Inſel Cypern, nach Klaproth (Beitr. III.140)
48 F̶⃛e, 20 M̶⃛n, 13 S⃛i, 5 A̶⃛l, 14 Ḣ̶. Kaffeebraune Manganhaltige Thone
kommen auch im Keuperlehm vom Vogelſang bei Stuttgart vor. Der
Nontronit aus den Braunſteinlagerſtätten über Lias von St. Pardour
bei Nontron (Dordogne) hat öfter eine gelbbraune Farbe (Andreasberg),
und beſteht im weſentlichen aus (F̶⃛e, A̶⃛l) S⃛i2 + 3 Ḣ̶.


Intenſiv gefärbte Thone gibt es noch eine ganze Reihe, beſonders
ſchön ſind darunter die grünen. Die Grünerdepag. 201 von Monte
Baldo ohnweit Brentonico im Veroneſiſchen findet ſich im Mandelſtein.
Sie hat ſeladongrüne Farbe, und ſchließt ſich an Chlorit an. Vauquelin
und Klaproth (Beiträge IV.239) haben ſie analyſirt. Letzterer gibt
53 S⃛i, 28 F̶⃛e, 2 Ṁg, 10 , 6 Ḣ̶ an. Aehnliche grüne Erden trifft
man auch in Mandelſteinen anderer Gegenden. Durch Brocchi wurde 1811
die ſogenannte kryſtalliſirte Grünerde im Melaphyr des Gebirges
Pozza im Faſſathal bekannt, aus den ſchönſten und ſchärfſten ringsum
gebildeten Afterkryſtallen von Augit beſtehend. Rammelsberg (Pogg. Ann.
49. 391) fand darin 39,5 Kieſelerde, 10,3 Thonerde, 8,9 [Eiſenoxyd],
15,7 Eiſenoxydul, 1,7 Magneſia, 8,7 Alkali nebſt Waſſer und Verluſt.
Mehrere hatten ſogar bis 15,2 p. C. Ċa C̈. Letzter Gehalt erinnert an die Feld-
ſpathafterkryſtalle aus dem rothen Porphyr von Ilmenau pag. 184, in
welchem Craſſo (Pogg. Ann. 49. 386) ſogar 49,5 Ċa C̈ neben 23,2 S⃛i,
12,5 F̶⃛e, 7,3 A̶⃛l, 2,1 , 0,2 Ṅa ꝛc. fand. Das Eiſenoxydul ſcheint in
Faſſathalern die grüne Farbe zu erzeugen. Im Handel kommt auch eine
Berggrüne Thonſteinartige Maſſe unter dem Namen Grünerde vor von
Monte Paterno bei Bologna; oder aus den Alpen, woran der eingeſprengte
Bergkryſtall öfter noch den chloritiſchen Urſprung verräth. Kämmerer’s


Wolchonskoitpag. 561 (Pogg. Ann. 29. 460) in Neſtern und
ſchmalen Gängen des Kreiſes Ochanſk Gouv. Perm ſcheint ein krautgrüner
Thon zu ſein, worin die Thonerde hauptſächlich durch 34 Chromoxyd und
7,2 [Eiſenoxyd] vertreten iſt, neben 27,2 S⃛i und 23,2 Ḣ̶. Wird ebenfalls
als Farbematerial von den Ruſſen benützt. Auch der Pimelithpag. 176
iſt hier wegen ſeiner ſchön grünen Farbe zu vergleichen, allem Anſchein
nach verwitterter Chryſopras. Auffallender Weiſe gibt Schmidt (Pogg.
Ann. 61. 388) in den Steinmarkartigen ſich fettig anfühlenden 32,7 p. C.
Ṅi
nebſt 54,6 S⃛i, 5,9 Ṁg, 5,2 Ḣ̶, ſo daß er im Weſentlichen 2 Ṅi S⃛i + Ḣ̶
[698]Plaſtiſche Thone.
ſein würde. Die Talkerde läßt ſich leicht aus dem Muttergeſtein, dem
Serpentin, erklären. So hat auch der dortige


Kerolith (Wachsſtein, κηρος) von weißem wachsartigem Ausſehen,
Härte 2, aus dem Serpentin von Baumgarten in Schleſien 36,8 S⃛i,
12,2 A̶⃛l, 19 Ṁg, 32 Ḣ̶. Er bildet ſchmale Gänge wie der dortige Opal,
und iſt daher offenbar nur ein in Afterbildung begriffener Opal oder
anderes Quarzgeſtein. Karſtens


Alumocalcit aus dem quarzigen Rotheiſenſteine von Eibenſtock in
Sachſen, weiß, weich, ſpröde, iſt nicht ſowohl ein unreifer, als ein
überreifer Opal mit 86,6 S⃛i, 2,2 A̶⃛l, 6,2 Ċa, 4 Ḣ̶. Hier hatte das
Gebirge nur Kalkerde abzugeben. Stromeyer’s


Allophan (ἀλλοφανής andersſcheinend) von Gebersdorf bei Gräfen-
thal im Salfeldiſchen bildet traubige himmelblaue Ueberzüge und Schnüre
in einem eiſenſchüſſigen Thon. Die derbern Partieen zeigen einen aus-
gezeichneten Glasglanz und Muſcheligen Bruch, Gew. 1,9, Härte 3.
Seinem Ausſehen nach ſollte man es für lichten Kupfervitriol halten,
dennoch fand Stromeyer 41,3 Ḣ̶, 21,9 S⃛i, 32,2 A̶⃛l, 0,7 Ċa und nur
3 p. C. kohlenſaures Kupfer darin. Auf alten verlaſſenen Kupfergruben,
wie Herrenſegen, ſcheint er ſecundäres Gebilde.


Halloyſit nannte Berthier die wachsartigen aus den Galmeilagern
von Angleure bei Lüttich mit 45 S⃛i, 39 A̶⃛l, 16 Ḣ̶. Dufrénoy vereinigt
unter dieſen Namen eine ganze Reihe Steinmarkartiger Thone, die be-
ſonders in der Arkoſe von Centralfrankreich, welche zwiſchen dem Granit
und Secundärgebirge (Lias) ihr Lager hat, ſich eingeſprengt finden.


Plaſtiſche Thone.


Kommen in größerer Menge ſchichtenweis eingelagert vor. So lange
ſie ihre Bergfeuchtigkeit enthalten, geben ſie einen mehr oder weniger
knetbaren Thon, das macht ſie für die Töpferei wichtig (Töpferthon).
Trocken haben ſie einen glänzenden Strich, ins Waſſer gelegt zerfallen
ſie und werden wieder plaſtiſch. Zeigen eine große Neigung beſonders
beim Trocknen Fett aufzunehmen. Die meiſten ſind zuſammengeflötzt, und
finden ſich namentlich in jüngerer Zeit, im Braunkohlengebirge. Im Pariſer
Becken hat A. Brongniart ſogar die ältere Tertiärformation unter dem
Grobkalke, Formation des plaſtiſchen Thones genannt. Chemiſch weichen
ſie kaum weſentlich von dem Kaolin ab, wenn man ihre mechaniſche Ver-
unreinigung gehörig berückſichtigt, wie das z. B. Freſenius (Erdmann’s
Journ. prakt. Chem. 57. 65) bei den Naſſauiſchen Thonen nachweiſt.
100 Theile lufttrockenen Thones von Hillſcheid enthielten 24,7 Streuſand,
11,3 Staubſand, 57,3 Thon und 6,2 Waſſer, und das ganze analyſirt
gab 77 Kieſelerde, während der Thon nach Abzug des Sandes nur
45,3 Kieſelſäure, 34,1 Thonerde, 3,3 Eiſenoxyd, 3 Kali, 12,3 Waſſer ꝛc.
enthielt, was der Zuſammenſetzung von Kaolin ſchon nahetritt. Auch
ſieht man bei dem Verfahren ſogleich ein, welches bedingte Gewicht auf
Analyſen ſolcher Sache zu legen iſt, wenn von der mechaniſchen Scheidung
ſo viel abhängt, die bei vielen Analyſen früher faſt ganz vernachläſſigt
[699]Töpferthon.
wurde. Der ſtets vorhandene kleine Kaligehalt deutet den Urſprung aus
Feldſpath an.


Töpferthon Wr., Argile glaise Hauy Traité IV. 557, Potter’s Clay.
Eine ſehr plaſtiſche Maſſe, die vorzüglich zur Töpferei dient, und da faſt
keine Stadt ohne Töpfer iſt, ſo muß natürlich das verſchiedenſte Material
dazu angewendet werden. Die meiſten plaſtiſchen Töpferthone werden von
der Oberfläche der mannigfachſten Formationen genommen, es ſcheint die
Circulation des atmoſphäriſchen Waſſers zu ihrer Präparation weſentlich
beigetragen zu haben. Die feinſte Abänderung nannte Werner erdigen
Töpferthon
meiſt von graulicher und weißlicher Farbe. Zwiſchen den
Zähnen knirſcht er meiſt etwas von beigemengtem Sande. Gew. 2. Der
Töpferthon von Bunzlau in Schleſien hatte nach Klaproth 61 S⃛i, 27 A̶⃛l,
1 F̶⃛e, 11 Ḣ̶. Der Thon von Gr. Allmerode, woraus die berühmten
Heſſiſchen Tiegel gemacht werden, ein ausgezeichneter graulichweißer Braun-
kohlenthon, hat nach Salvetat 47,5 S⃛i, 34,4 Ȧ̶l, 1,2 F̶⃛e, 0,5 Kalk,
1 Magneſia, 14,5 Ḣ̶. Die Analyſen verſchiedener Töpferthone ſchwanken
zwiſchen 46—66 p. C. Kieſelerde und 18—38 Thonerde. Durch Salze
verunreinigte Thone fangen im Feuer an zu ſchmelzen, aber auch die
unſchmelzbaren verlieren ihre Plaſticität. Sie liefern das Material zur
gröbern und feinern Töpferwaare. Oben an ſteht das


Steingut, deſſen harte Maſſe porzellanartig zuſammenbäckt, daher
klingt. Vor der Erfindung des Porzellans diente es zu Luxusgegenſtänden,
und der Stil iſt ein intereſſanter Beweis deutſchen Kunſtſinnes. Feines
Steingut wird in unzähligen Varietäten hauptſächlich noch in England
gemacht. Die Potteries in Staffordſhire und Newcaſtle an der Tyne be-
ziehen einen Theil ihres Thones dazu von Teingnmouth in Devonſhire.
Gewöhnlich färbt man die ganze Maſſe: grün mit Chrom, blau mit
Kobalt ꝛc. Die Franzöſiſchen Fabricate von Saargmünd werden geſchliffen
und polirt, ahmen Jaſpis und Porphyr nach ꝛc. Gemeines Steingut
dient zu Töpfen, Sauerwaſſerkrügen und andern waſſerdichten Gefäſſen.
Es beſteht aus verſchiedenen plaſtiſchen Thonen, die mit einem Cäment
(geſtoßenen Steinſcherben, Sand) gemiſcht werden. Nächſt dem Porzellan
bedürfen die Steingutöfen des ſtärkſten Feuers, zur Glaſur braucht man
blos Salz in den Ofen zu werfen, das Natron bildet dann mit Kieſel-
ſäure ein Glas. Das Steingut von Bunzlau in Schleſien, Vallendar ꝛc.
(Coblenz gegenüber) iſt berühmt. In England benutzt man Steingut wie
Glas, und verfertigt Gefäße bis zu 6 Ohm Größe. Die Scherben von
Steingut und Porzellan kleben nicht an der Zunge, die nachfolgenden
kleben: Kleben und nicht Kleben iſt das hauptſächlichſte Unterſcheidungs-
merkmal der Praktiker.


Fayence (Majolica) ſchmilzt und ſintert nicht mehr zuſammen, ſon-
dern iſt blos ſtark gedörrt, und wird dann mit einer bleihaltigen Glaſur
überzogen, die von ganz anderer Beſchaffenheit als die Maſſe iſt. Was
das Porzellan für die Malerei, das iſt heute die Fayence für den Farben-
druck. Früher wurde ſie auch bemalt, die Malereien von Raphael, Titian,
Michel Angelo verſchafften ihr großen Ruf. Die feine Fayence hat
eine durchſichtige Glaſur, die gemeine dagegen eine undurchſichtige und
gefärbte. In Württemberg wird zu Schramberg im Schwarzwalde der
[700]Walkererde.
ſchwarze Schieferthon der Steinkohlenformation dazu benützt, der ſich aber
ganz weiß brennt. Zu Schrezheim bei Ellwangen gibt man ihm eine
ſmalte-blaue Glaſur, ſo kommen wir durch zahlloſe Abſtufungen zur


Gemeinen Töpferwaare. Sie iſt uns aus dem Alterthume
überliefert, ihre Form kam bei Griechen und Römern zwar zur größten
Vollendung, allein die Scherben kleben an der Zunge. Die Alten führten
die größten Werke aus, wie die ſogenannten Terracotten beweiſen: auf
dem Capitol ſtand ein Jupiter ſammt Viergeſpann in Thon ausgeführt
und mit Zinnober angeſtrichen. Kaiſer Vitellius ließ eine Schüſſel machen,
welche 1 Million Seſterzien (über 33,000 fl.) koſtete. Die Hetruriſchen
Vaſen mit ihren eigenthümlichen Malereien waren ſo geſchmackvoll und
beliebt, daß ſie zur Zeit Auguſt’s den ſilbernen und goldenen Gefäſſen
den Rang ſtreitig machten. Dieſe feine Töpferwaare des Alterthums,
wovon wir ſo häufig Scherben auf unſern Feldern finden (Rottweil,
Rottenburg), wurde von den Römern gern aus rothem Thon gemacht,
man ſagt aus Terra sigillata. Der Thon iſt gut geſchlemmt, doch mag
das Roth wohl durch Zuſatz von Eiſen erzielt worden ſein. Grobe
ſchwarze Töpferwaare (Thränen- und Aſchenkrüge) wurde auch im Großen
ausgeführt, wie das noch heute in warmen Ländern der Fall iſt. So war
das bekannte Faß des Diogenes ein ſolcher Topf.


Unſere gemeine Töpferwaare verträgt den Temperaturwechſel, wie
das Porzellan, um aber Flüſſigkeiten halten zu können, muß ſie mit einer
Bleiglaſur, die gleich auf die lufttrockenen Gefäſſe aufgetragen wird, über-
zogen werden. In warmen Gegenden macht man auch eigene Kühlkrüge
ohne Glaſur, wo der Thon ſogar, um recht porös zu werden, noch mit
einer verbrennbaren Subſtanz gemiſcht wird.


Pfeifenthon nennt man die weißen Thonabänderungen, welche
dabei ſo rein ſind, daß ſie zwiſchen den Zähnen gar nicht knirſchen. Sie
liefern das Material zu den bekannten Cöllniſchen Pfeifen.


Walkererde, Fouller’s earth, Argile smectique. Die ächte engliſche
Walkererde von Nutfield bei Riegate in Surry iſt ein muſchelnführender
blaßgrünlich bis gelblich grauer ſchiefriger Thon des mittlern braunen Jura.
Sie war früher ſo berühmt, daß man die Güte engliſcher Tücher ihr
zuſchrieb, und ſie durfte daher nicht ausgeführt werden. Nach Klaproth
(Beitr. IV.334) zerfällt ſie im Waſſer geräuſchlos und ſchnell „wie Uhr-
ſand auseinander.“ Sie fühlt ſich nur mäßig fett an: 53 S⃛i, 10 A̶⃛l,
9,7 F̶⃛e, 1,2 Ṁg, 24 Ḣ̶, Spuren von Kali. Sie iſt alſo weſentlich Thon-
erdearm. Solche zuſammengeſchwemmte Gebirge unter allgemeine Begriffe
bringen zu wollen, möchte vergebliche Mühe ſein, zumal da die verſchie-
denſten Thone zum Entfetten benützt werden können. Die Alten bedienten
ſich zum Entfetten der Kleider beſonders der γῆ κιμωλία Theophr. §. 110,
Plinius 35. 57 nennt ſie Creta Cimolia, nach der Cycladiſchen Inſel
Cimolus (Argentiera), benützten dazu aber auch viele andere Thone.
Klaproth (Beiträge I.291) beſchreibt den Cimolit perlgrau, er nimmt
aber an der Luft eine röthliche Schattirung an (Cimolia ad purpurissum
inclinans Plin.
), gibt Späne wie Speckſtein, im Waſſer blättert er ſich
krummſchiefrig, die Maſſe wird im Waſſer nicht recht ſchlüpfrig, gerade
wie die Walkererde, was das Abwaſchen der damit befleckten Tücher
[701]Gebirgsarten: Lehm, Schieferletten.
offenbar ſehr erleichtert: die erſte Analyſe gab 63 S⃛i, 23 A̶⃛l, 1,2 F̶⃛e,
12 Ḣ̶. Eine zweite ſpätere (Beitr. VI.284) dagegen 54 S⃛i, 26,5 A̶⃛l,
5,5 , 12 Ḣ̶. Zwiſchen den Schieferletten der braunen Juraformation
kommen wiederholt ſolche zähen Thonſchichten vor, die im Waſſer nicht ſo
ſchmierig ſich anfühlen, als feiner Töpferthon, und die wohl alle ſich zum
Walken vorzüglich eignen werden.


Bergſeife nannte Werner den fetteſten aller Thone. Sie kam
von Olkucz in Polen, und Werner hielt ſie für eine große Seltenheit.
Sie iſt lichte pechſchwarz, ſehr glänzend im Strich, färbt nicht ab, aber
ſchreibt wie ſchwarze Kreide. Später hat man dann Thone anderer Fund-
orte dazu gezählt, ſonderlich den ſchwarzen von Waltershauſen bei Gotha,
der ebenfalls ſchreibt und auf der ſchreibenden Spitze großen Glanz an-
nimmt.


Bunte Thone hieß Werner die durch Eiſen intenſiv gefärbten,
ſie verlieren dadurch an Plaſticität. Bei Wehrau kommt mit der dortigen
Gelberde ein ſehr ausgezeichneter rother vor. Durch allerlei Verunreini-
gungen kommt man endlich zum


Lehm. So heißt jener gelbe Thon, der beſonders ſtark durch Sand,
Kalk und im Waſſer lösliche Salze verunreinigt iſt. Derſelbe enthält
häufig Mammuthsknochen, und findet ſich wo nicht Flugſand vorhanden
iſt, unmittelbar unter der Ackerkrume. Seine Zuſammenſetzung und Färbung
hängt auch wohl in Gebirgsländern mit von dem Gebirge ab, auf welchem
er liegt. Er hat eine außerordentliche Verbreitung. Da die gelbe Farbe
von Eiſenoxydhydrat herrührt, ſo brennt er ſich im Feuer roth. Backſteine
und Ziegeln werden aus Lehm gemacht. In ſüdlichen Ländern, oder da
wo es keine Steine hat, trocknet man die geformten Stücke blos (Ninive,
Babylon), ſie werden dann aber nicht ſo hart, wie die gebrannten.


Der Lehm iſt ein ſehr wichtiges Baumaterial. Der magere Lehm
im Rheinthal heißt Löß. Derſelbe fällt leicht zu feinem Staub aus-
einander, geht zuletzt vollkommen in den Tripel pag. 181 über. Der
Lehm hat in vielen Gegenden auch den Namen


Letten, doch hat man ſich in der Wiſſenſchaft gewöhnt, darunter
jene mächtigen Ablagerungen zu begreifen, welche im Flözgebirge mit
Kalk und Sandſtein häufig abwechſeln. Da dieſelben ausgezeichnet ſchiefrig
brechen, ſo heißt man ſie paſſend


Schieferletten.


Sie werden ins Waſſer geworfen nicht plaſtiſch, ſind im Gebirge
ſteinhart, durch Verwitterung zerfallen ſie aber zu lauter kurzen Plättchen,
welche ſchüttig an ſteilen Gehängen herunterrutſchen. Die meiſten brauſen
mit Säuren ſtark, ſchmelzen vor dem Löthrohr, gehen alſo in den Mergel
pag. 336 über. Indeß da ſie nach langer Verwitterung einen zähen
plaſtiſchen Dreck geben, ſo pflegt man ſie nicht den Mergeln ſondern den
Thonen zuzuſchreiben. Hausmann nennt ſie Mergelthon. Bei der Zu-
fälligkeit der Bildung iſt es freilich nicht möglich, hier überall die richtige
Gränze zu ſtecken. Werner ſcheint ſie hauptſächlich unter ſeinen verhärteten
Mergeln begriffen zu haben. Während der eigentliche


[702]Gebirgsarten: Schieferthon, Thonſchiefer.

Schieferthon


faſt ausſchließlich dem Steinkohlengebirge angehört. Er iſt von kohligen
Theilen ſchwarz gefärbt, ſeltener grau, hat aber einen grauen Strich.
Vor dem Löthrohr ſchmilzt er nicht, brennt ſich aber weiß, und wenn Eiſen
da iſt, roth. Denn die ſchwarze Farbe rührt lediglich von Kohle her.
Er iſt auch ſteinhart und gibt mit Waſſer angemacht keinen plaſtiſchen
Thon, er müßte dann vorher fein geſtoßen, geſchlemmt und gebeizt ſein.
An der Luft der Verwitterung von Regen und Sonnenſchein ausgeſetzt,
zerfällt er bald zu eckigen Stücken. Die Analyſe einer Abänderung aus
der Grafſchaft Mark von Brandes gab 67,5 S⃛i, 11,3 A̶⃛l, 4,2 F̶⃛e, 4,9 Ḣ̶,
Schwefelkies, Kohle, Alaun, Ammoniak ꝛc. Wegen ſeiner häufigen
Pflanzenabdrücke heißt er auch Kräuterſchiefer, welcher beſonders das Dach-
geſtein der Steinkohlen bildet. Wie der Plaſtiſche Thon die Braunkohle,
ſo begleitet der Schieferthon die Steinkohle. Wenn Schieferthon viel
Bitumen enthält, ſo brennt er, dieſer heißt dann auch wohl Brand-
ſchiefer
Wr. Klaproth Beitr. V.182 hat einen ſolchen von Wologda
unterſucht. Mineralogiſch kann man die Sache kaum feſthalten. Zeichen-
ſchiefer
(ſchwarze Kreide) heißen die im Handel vorkommenden milden
Schieferthone, welche ſo viel Kohle haben, daß ſie einen ſchwarzen Strich
machen, und wegen der Milde des Schiefers auf Papier ſchreiben. Die
beſte ſoll aus Spanien von Marvilla in Andaluſien und aus Italien
ſtammen, daher auch pierre d’Italie genannt. In Deutſchland iſt beſonders
Oberhüttendorf und Dünahof bei Ludwigſtadt im Bayreutiſchen als Fund-
ort bekannt. Man präparirt auch künſtlich Schreibſtifte daraus.


Thonſchiefer


gehört vorzugsweiſe der Uebergangsformation an. Seine Farbe iſt ſchwarz,
grau, röthlich ꝛc., er iſt hart und ſteinartig, und ſondert ſich in den aus-
gezeichnetſten Platten ab. Die Platten ſind aber nicht Folge der Schichtung,
da ſie nicht der Schichtung parallel gehen, ſondern Folge einer merkwürdigen
Abſonderung. Eine andere Abänderung iſt der Griffelſchiefer von
Sonneberg ſüdweſtlich Saalfeld, der ſich in ſtängliche Stücke ſpalten läßt,
woraus die Griffel zu den Schiefertafeln geſchliffen werden. Er iſt etwas
weicher als der Tafelſchiefer, und an der Luft ſondert er ſich von ſelbſt
ſtänglich ab, wird aber dadurch auch brüchig. Daher muß er friſch ge-
brochen gleich ſorgfältig in feuchten Kellern zur weitern Bearbeitung auf-
bewahrt werden. Die Anwendung zu Schiefertafeln und zum Dachdecken
kennt ſchon Agricola, er nennt ihn Saxum fissile Schiefer pag. 707, aber
verſteht darunter die verſchiedenſten plattigen Steine, doch hebt er pag. 651
beſonders zwei hervor: sed pulcherrimae atri coloris tabulae aureis venis
distinctae ex Norimberga Lipsiam apportantur. ex atro etiam, cum oleo
fuerit imbutum et paginarum modo compactum, fiunt palimpsesti.
Der
alte Vater der Mineralogie erwähnt hier alſo der Schiefertafeln, und
ſpielt ohne Zweifel auf die ſchön verkieſten Petrefakten an, welche zumal
bei Wiſſenbach im Dillenburgiſchen darin vorkommen. Dann fährt er
fort: at candidum ad Sallam (Kehlheimwinzer?) pagum in montibus,
quorum radices Danubius alluit, effossum, quo Boji tegunt domos, in-

[703]Gebirgsarten, Thonſchiefer.
terdum exprimit ex utraque parte modo manum hominis à brachio avulsam,
modo ranam, nunc vero piscem. pagus ille distat ab oppido Chelheimo

(Kehlheim), prope quod Almo (Altmühl) in Danubium influit, ad duo
millia passuum et quingentos, item in Danubii ripa Augustam Tyberii
versus
(Regensburg zu) situs. Das ſind alſo die berühmten Kehlheimer
Platten mit ihren wundervollen Verſteinerungen.


Die Mannigfaltigkeit der Thonſchiefer iſt außerordentlich, und Staunen
erregt ihre Mächtigkeit. Nach der Ablagerung des Urgebirges ſcheint alles
in den feinſten Schlamm zerfahren zu ſein, um das Material zu dieſen
feinen Schiefern zu bilden. Denn der ächte Thonſchiefer iſt ein Schlamm,
mit Schimmer im Bruch. Obgleich die Gränze zum Glimmerſchiefer
pag. 668 ſich nicht ſcharf ziehen läßt. Die Analyſe von Frick (Pogg. Ann.
35. 188) fand im Dachſchiefer von Goslar 60 S⃛i, 14,9 A̶⃛l, 8,9 F̶⃛e,
4,2 Ṁg, 2,1 Ċa, 0,3 Ċu, 5,7 Waſſer und Kohlenſäure, 3,9 Kali nebſt
Verluſt.

[[704]]

Appendix A Kryſtallographiſche Ueberſicht.


Da die Form für den Mineralogen das weſentlichſte Kennzeichen bildet,
ſo iſt es nicht unpraktiſch, die Minerale auch nach ihrem Kryſtallſyſtem zu
klaſſificiren.


Appendix A.1 I. Reguläres Syſtem.


  • 1) Granatpg. 227. Das Granatoeder herrſcht vor. Uwarowit pg. 230.
  • 2) Diamantpg. 241, oktaedriſcher Blätterbruch, aber gerundete 48flächner
    herrſchen.
  • 3) Spinellpg. 254, Oktaeder mit häufiger Zwillingsbildung, ſchließt ſich
    daher eng an Magneteiſen pg. 514 an.
  • 4) Analcimpg. 283, das Leucitoeder herrſcht, aber Würfel fehlt nicht.
  • 5) Leucitpg. 296, wenn kryſtalliſirt nur im Leucitoeder bekannt.
  • 6) Laſurſteinpg. 297 nebſt Sodalithpg. 299 mit ſechsfach blättrigem
    Bruch im Granatoeder. Lehnt ſich dadurch an Blende pg. 587.
  • 7) Helvinpg. 313, ausgezeichnet tetraedriſch.
  • 8) Wismuthblendepg. 313, Pyramidentetraeder mit Zwillingen.
  • 9) Flußſpathpg. 378, der Würfel herrſcht zwar, aber es zeigt ſich daran
    das ausgezeichnetſte blättrige Oktaeder, was wir kennen. Yttrocerit pg. 382
    ſchließt ſich an.
  • 10) Würfelerzpg. 402, der blättrige Würfel herrſcht.
  • 11) Boracitpg. 418, Würfel und Granatoeder, mit Anfängen tetraedriſcher
    Hemiedrie. Rhodizit pg. 419.
  • 12) Steinſalzpg. 426, Würfel mit deutlich blättrigem Bruch herrſcht.
    Daran lehnt ſich Salmiak pg. 430; Hornerz, Jod- und Bromſilber
    pg. 422; Embolit pg. 423.
  • 13) Alaunpg. 445, unter den künſtlichen Salzen wohl die wichtigſten Okta-
    eder. Oktaedriſcher Boraxpg. 420.
  • 14) Goldpg. 467 (Electrum) nebſt Silber und Kupfer, ſich durch dendri-
    tiſche Zwillinge pg. 482 auszeichnend. Platina, Iridium und Palladium
    ſollen ebenfalls regulär ſein. Eiſen pg. 489.
  • 15) Amalgampg. 481, ausgezeichnete Granatoeder mit vielen Flächen, daher
    auch ohne Zweifel das Queckſilber regulär. Arquerit pg. 481. Zweifel-
    hafter iſt Blei und Zinn pg. 500.
  • 16) Magneteiſenpg. 514 und deſſen Verwandte Franklinit, Chromeiſen ꝛc.
    kryſtalliſiren ſpinellartig.
  • 17) Pyrochlorpg. 551, ausgezeichnete Oktaeder. Pyrrhit pg. 552. Zweifel-
    haft iſt Uranpecherz pg. 552.

[705]Kryſtallograph. Ueberſicht: I. regulär, II. viergliedrig.
  • 18) Rothkupfererzpg. 554 mit blättrigen Oktaedern. Granatoederflächen
    auch häufig. Vergleiche damit den Periklas pg. 560.
  • 19) Arſenige Säure und Antimonoxydpg. 558 geben ausgezeichnete
    Oktaeder.
  • 20) Schwefelkiespg. 563 bildet den ausgezeichneten Typus der Pyrito-
    eder
    , woran ſich
  • Glanzkobaltpg. 576, Hauerit pg. 573 (Manganglanz), Nickelglanz
    pg. 580 und Nickelantimonglanz pg. 580 anſchließen.
  • Vergleiche auch Salpeterſaures Blei pg. 434 und Chlorſaures Natron
    pg. 463.
  • 21) Speiskobaltpg. 575 nebſt Teſſeralkies pg. 576 vorherrſchend würflig.
  • Kobaltkiespg. 577 oktaedriſch. Arſeniknickel pg. 574 ſelten kryſtal-
    liſirt.
  • 22) Bleiglanzpg. 583, würfelig blättrig am ausgezeichnetſten unter allen
    Mineralen. Oktaeder und Würfel herrſchen. Cuproplumbit pg. 586.
  • Selenbleipg. 586, Selenqueckſilberblei pg. 587 ꝛc. ebenfalls würfelig
    blättrig.
  • Tellurblei pg. 507.
  • 23) Blendepg. 587. Sechsfach blättriger Bruch im Granatoeder, die große
    Deutlichkeit einzig in ihrer Art. Granatoeder, Oktaeder mit Neigung
    zum Tetraedriſchen herrſchen. Meiſt Zwillinge.
  • 24) Glaserzpg. 603, Oktaeder und Granatoeder rauhflächig. Selenſilber
    pg. 605 dreifach blättrig. Tellurſilber? pg. 507.
  • Kupferglas pg. 614, Selenkupfer? pg. 617, Eukairit? pg. 617.
  • 25) Buntkupfererzpg. 614, bauchige Würfel. Cubanpg. 613.
  • 26) Fahlerzpg. 618, das ausgezeichnetſte Tetraedriſche Beiſpiel. Häufig
    kryſtalliſirt.
  • Dufrénoyſit pg. 596, Zinnkies pg. 626.
  • Berzelin pg. 286, Glottalith pg. 291, Tritomit pg. 308, Voltait pg. 447,
    Perowskit pg. 545, Eiſennickelkies pg. 571, Nickelwismuthglanz pg. 581.

Appendix A.2 II. Viergliedriges Syſtem.


Findet ſich nicht beſonders häufig. Gewöhnlich gibt man den Endkanten-
winkel eines Hauptoktaeders an.


  • 1) Veſuvianpg. 230, 129° 31′. Zweite quadratiſche Säule etwas blättrig.
    Niemals Zwillinge. Gehört zu den ausgezeichnetſten.
  • 2) Zirkonpg. 256, 123° 19′, der viergliedrige Edelſtein bildet das zweite
    wichtigſte Beiſpiel des Syſtems. Oerſtedtit pg. 257.
  • 3) Ichthyophthalmpg. 286, 121°, ſehr blättrige Gradendfläche, der
    viergliedrige Zeolith. Faujaſit pg. 288, 111° 30′ bildet blos Oktaeder,
    und Edingtonit pg. 281 ſoll tetraedriſch ſein.
  • 4) Skapolithpg. 293, 136° 7′, man ſieht ihn meiſt nur in etwas blätt-
    rigen Säulen ohne Ende. Humboldtilith, Sarkolith, Nuttalith, Mizzo-
    nit, Dipyr ſind ſelten ausgezeichnet, und Gehlenit pg. 295 bildet blos
    würfelartige Formen.
  • 5) Chiolithpg. 383, 107° 32′, darnach könnte auch Kryolith 4gliedrig ſein.

Quenſtedt, Mineralogie. 45
[706]Kryſtallograph. Ueberſicht: II. viergliedrig, III. dreigliedrig.
  • 6) Uranglimmerpg. 412, 95° 46′, ausgezeichnet blättrige Tafeln.
  • 7) Gelbbleierzpg. 415, 99° 40′, meiſt Tafeln. Iſomorph mit Scheel-
    bleierz
    99° 43′ und Tungſtein 100° 40′, welche ſich durch eine
    Hemiedrie ihrer Vierkantner auszeichnen.
  • 8) Hornqueckſilberpg. 424, 98° 8′, künſtliche Kryſtalle in deutlichen
    Säulen.
  • 9) Hornbleipg. 424, 67° 21′.
  • 10) Zinnpg. 500, 140° 25′, künſtliche Kryſtalle, deutliche Oktaeder. Einzig
    unter den gediegenen Metallen.
  • 11) Hartmanganpg. 534, 109° 53′, die kleinen Oktaeder den regulären
    ſehr ähnlich.
  • 12) Scharfmanganpg. 535, 105° 25′, blättriger Querbruch, ausgezeich-
    nete Fünflinge, einzig in ihrer Art.
  • 13) Zinnſteinpg. 537, 121° 35′, faſt ſtets Zwilling. Iſomorph mit Rutil
    pg. 541, 123° 8′, deſſen erſte quadratiſche Säule die am deutlichſten
    blättrige des ganzen Syſtems bildet. Titanoxyd trimorph.
  • 14) Anataspg. 543, 97° 56′, Oktaeder herrſcht vor.
  • 15) Ferguſonitpg. 551, hemiedriſch, wie Scheelbleierz und Tungſtein, höchſt
    ſelten.
  • 16) Nickelſpeiſepg. 581, viergliedrige Tafeln, Kunſtproduct.
  • 17) Blättererzpg. 602, ausgezeichnet blättrige Tafeln.
  • Die geſchwefelten Metalle haben kein ſonderlich deutliches viergliedriges
    Syſtem aufzuweiſen.
  • 18) Kupferkiespg. 610, 109° 53′, tetraedriſch, ſtreift aber an das regu-
    läre Syſtem übermäßig nahe heran.
  • 19) Honigſteinpg. 658, 118° 14′, ausgezeichnete Oktaeder; Oxalit? pg. 660.
  • Stroganowit pg. 300, Phosphorſaure Yttererde pg. 398, Romeit pg. 418,
    Azorit pg. 551 ſind unwichtig.

Appendix A.3 III. Drei- und einaxiges Syſtem.


Zerfällt in eine dreigliedrige (rhomboedriſche) und ſechsgliedrige (dihexae-
driſche) Abtheilung, die freilich ſich beide nicht immer ſcharf von einander ſchei-
den laſſen.


Appendix A.3.1 a)rhomboedriſch in ausgezeichnetem Grade ſind:


  • 1) Turmalinpg. 266, 133° 26′, mit einer merkwürdigen Hemiedrie. Es
    iſt der rhomboedriſche Edelſtein.
  • 2) Chabaſitpg. 281, 94° 46′, große Neigung zu Zwillingen, der rhom-
    boedriſche Zeolith. Vergleiche auch Levyn, Gmelinit, Herrſchelit.
  • 3) Dioptaspg. 311, 95° 33′, einfache dreigliedrige Dodekaide.
  • 4) Kalkſpathpg. 316, 105° 5′, das ausgezeichnetſte aller rhomboedriſchen
    Syſteme, mit ſicherer dreigliedriger Entwickelung. Iſomorph mit Bitter-
    ſpath, Spatheiſen, Zinkſpath ꝛc.
  • 5) Kupferglimmerpg. 409, 69° 12′, ſehr blättrige Gradendfläche (Kupfer-
    ſchaum).
  • 6) Natronſalpeterpg. 434, 106° 33′, ausgezeichnete künſtliche Rhomboeder.

[707]Kryſtallograph. Ueberſ. III.: drei- und ſechsgliedrig.
  • 7) Rhomboedriſche Metallepg. 501: Wismuth, Antimon, Arſenik und
    Tellur. Vergleiche dabei auch Tellurwismuth pg. 506, Palladium pg. 487
    und Osmiridium pg. 488.
  • 8) Zinnoberpg. 591, 71° 47′, blättrige Säule, Rhomboeder herrſchen.
  • 9) Rothgiltigerzpg. 606, 107° 36′ — 108° 30′, die Enden der Säulen
    häufig rundkantig. Xanthokon pg. 609.

Appendix A.3.2 b)Diheraedriſch in ausgezeichnetem Grade ſind:


  • 1) Quarzpg. 160, 133° 44′, neuerlich von Daubrée künſtlich in kleinen
    aber netten Kryſtallen dargeſtellt pg. 560. Die eigenthümliche Hemiedrie
    iſt ſtets durch das vollflächige Dihexaeder geſtützt, mag daſſelbe auch
    ſelbſt wieder ein Dirhomboeder ſein.
  • 2) Beryllpg. 261, 151° 5′, Säulen herrſchen, doch zeigen die Ecken öfter
    ausgezeichnete Vollflächigkeit.
  • 3) Nephelinpg. 295, 139° 19′, meiſt nur in Säulen bekannt.
  • 4) Apatitpg. 385, 142° 20′, bildet das entwickeltſte und unzweideutigſte
    ſechsgliedrige Syſtem, trotz der Anfänge von Hemiedrie. Daran ſchließt
    ſich das iſomorphe
  • Buntbleierzpg. 388, vielleicht auch Vanadinbleierz pg. 413.
  • 5) Magnetkiespg. 569, Kryſtalle höchſt ſelten pg. 498. Gradendfläche
    blättrig.

Appendix A.3.3 c) Eine Mitte zwiſchen Rhomboeder und Dihexaeder bilden:


  • 1) Korundpg. 247 mit blättrigem Rhomboeder, aber ſehr ausgebildetem
    Dihexaeder. Damit iſomorph
  • 2) Eiſenglanzpg. 518, woran das Rhomboeder zwar herrſcht, aber das
    Dihexaeder gewöhnlich nicht fehlt, ſo auch Titaneiſenpg. 523.
    Vergleiche auch das künſtliche Chromoxydpg. 518.
  • 3) Phenakitpg. 266. Rhomboeder und Dihexaeder miſchen ſich in aus-
    gezeichneter Weiſe.

Appendix A.3.4 d)Zweifelhaft oder unwichtig ſind:


  • 1) einaxiger Glimmerpg. 196: Chloritpg. 200 (Ripidolith, Kämmererit),
    Talkpg. 201 ſcheinen entſchieden rhomboedriſch. Margaritpg. 206,
    und was daran hängt: Diphanit, Cronſtedtit, Sideroſchiſolith, Pyros-
    malith ꝛc. Brucitpg. 206, Hydrargillitpg. 252.
  • 2) Cancrinitpg. 299, blättrige ſechsſeitige Säule.
  • 3) Willemitpg. 311 und Trooſtit ſind rhomboedriſch.
  • 4) Eudialytpg. 314 rhomboedriſch.
  • 5) Fluoceritpg. 382 ſechsſeitige Tafeln.
  • 6) Coquimbitpg. 443, Säule mit Dihexaeder.
  • 7) Alaunſteinpg. 448, kleine Rhomboeder.
  • 8) Eispg. 449 nebſt Hagel und Schnee.
  • 9) Graphitpg. 511 in talkartigen Blättern.
  • 10) Rothzinkerzpg. 556 blättrige Säule mit korundartigem Dihexaeder.
  • 11) Plattneritpg. 561, ſechsſeitige Tafeln.
  • 12) Kupfernickelpg. 578, ſelten kryſtalliſirt, Antimonnickel pg. 579,
    Haarkies pg. 580.

45*
[708]Kryſtallograph. Ueberſ.: IV. zweigliedrig.
  • 13) Molybdänpg. 582 krummblättrige Tafeln.
  • 14) Greenockitpg. 590, blättrige Säulen.
  • 15) Polybaſitpg. 605, dreigliedrige Tafeln, wie Eiſenglanz.
  • 16) Kupferindigpg. 616, ſechsſeitige Tafeln.
  • Schwefelſaures Kali pg. 438.

Appendix A.4 IV. Zweigliedriges Syſtem.


Zur ſchnellen wenn auch unvollkommenen Einſicht genügt es, blos den
Säulenwinkel anzugeben. Ein weſentliches Beimerkmal liefern die Zwillinge.
Das Syſtem, welches am häufigſten vorkommt.


  • 1) Olivinpg. 218, 130° 2′, meiſt geſtreifte Oblongtafeln. Hyaloſiderit,
    Monticellit, Eiſenfriſchſchlacke, Humit pg. 220. Afterkryſtalle von
    Serpentinpg. 204.
  • 2) Dichroitpg. 222, 120°, daher von dihexaedriſchem Ausſehen. Pinit
    pg. 224, Libenerit ꝛc.
  • 3) Staurolithpg. 235, 129° 20′, merkwürdige Durchkreuzungszwillinge
    herrſchen, daher vielleicht hektoedriſch.
  • 4) Andaluſitpg. 239, 90° 50′, die einfachen Säulen erinnern an das
    viergliedrige Syſtem. Chiaſtolithpg. 240.
  • 5) Chryſoberyllpg. 252, 129° 38′, auffallend Olivin ähnlich, Drillinge.
  • 6) Topaspg. 258, 124° 20′, der zweigliedrige Edelſtein, blättriger Quer-
    bruch, großer Flächenreichthum. Gehört daher zu den ausgezeichnetſten
    Beiſpielen. Nie Zwillinge.
  • 7) Faſerzeolithpg. 275, 91° (Natrolith, Meſolith, Comptonit), wohl
    von 2 + 1gliedrigem Scolezit pg. 277 zu unterſcheiden. Vergleiche
    auch Okenitpg. 288.
  • 8) Strahlzeolithpg. 278, 94° 15′, zweigliedrige Dodecaide, mit einem
    ausgezeichneten Blätterbruch, vorzugsweis der zweigliedrige Zeolith.
  • 9) Kreuzſteinpg. 284, Zwillinge bis Sechslinge und durch letztere mit
    dem regulären Syſtem in Verwandtſchaft tretend.
  • 10) Prehnitpg. 289, 100°, meiſt tafelförmig mit Hahnenkammbildung.
  • 11) Ilvaitpg. 304, 111° 12′, langgeſtreifte Säulen mit oktaedriſchen Enden.
  • 12) Kieſelzinkerzpg. 309, 103° 56′, kleine hemiedriſche Kryſtalle. Siehe
    auch Hopeitpg. 311.
  • 13) Arragonitpg. 348, 116° 6′, Zwillinge bis Vierlinge herrſchen, ein
    ausgezeichnet typiſches Syſtem, woran ſich ſchließen: Tarnowitzit pg. 354,
    Manganocalcit pg. 354, Witherit pg. 354, Alſtonitpg. 355, Stron-
    tianit pg. 356, Weißbleierz pg. 357, Zinkbleiſpath pg. 359.
  • 14) Anhydritpg. 366, würfelige Stücke mit dreierlei Blätterbrüchen. Ihm
    verwandt der
  • 15) Schwerſpathpg. 369, 101° 42′, tafelförmige Kryſtalle mit 2 + 1-
    blättrigem Bruch, niemals Zwillinge. Ausgezeichneter Typus, woran
    ſich anſchließen: Cöleſtinpg. 373 und Vitriolbleipg. 374.
    Vergleiche auch Breithaupt’s zweigliedrigen ZinkoſitŻn S⃛?
  • 16) Amblygonitpg. 391, 106° 10′, blättrige Säule; Herderitpg. 392.
  • 17) Wavellitpg. 393, 122° 15′, nur excentriſch faſrig, Childrenitpg. 395.

[709]Kryſtallogr. Ueberſ.: IV. zweigliedrig.
  • 18) Skoroditpg. 401, 99° 30′, meiſt ſehr verzogen. Haidingerit
    pg. 401.
  • 19) Struvitpg. 403, mit auffallender Hemiedrie.
  • 20) Olivenerzpg. 408, Oblongoktaeder. Linſenerzpg. 410, Euchroit
    pg. 411, Brochantitpg. 411, Salzkupfererz pg. 425, Halblaſurblei
    pg. 378, Mendipit pg. 425.
  • 21) Salpeterpg. 432, 119°, Aragonitartige Zwillinge. Thermonitrit pg. 436.
  • 22) Schwefelſaures Kalipg. 437, 120° 24′, mit dihexaedriſchem Typus.
    Schwef. Natron pg. 438, chromſaures Kali pg. 466 ꝛc.
  • 23) Bitterſalzpg. 439, 90° 38′, tetraedriſche Hemiedrie, wie Zinkvitriol
    pg. 440. Nickelvitriol pg. 440, nach Mitſcherlich trimorph: 4gl., 2gl.
    und 2 + 1gliedrig! Polyhalit pg. 441, Aſtrakanit? pg. 441.
  • 24) Unterſchwefelſaures Natronpg. 461, 90° 38′. Salpeterſaures
    Uranoxyd pg. 462.
  • 25) Antimonſilberpg. 503, geſtreifte Säulen, öfter Drillinge.
  • 26) Schwefelpg. 507, 101° 56′, liefert die ausgezeichnetſten Rhomben-
    oktaeder; Jod pg. 512.
  • 27) Braunmanganpg. 531, 99° 40′, geſtreifte Säulen, iſomorph mit
    Brauneiſenpg. 525 und Diaſporpg. 251. Vergleiche auch
    Graumangan pg. 533.
  • 28) Brookitpg. 543, 99° 50′, geſtreifte Tafeln. Arkanſit pg. 544. Zwei-
    gliedriger Zinnſtein pg. 538.
  • 29) Columbitpg. 549, 100° 40′, meiſt geſtreifte Oblongſäulen. Vielleicht
    iſomorph mit Wolframpg. 546. Von gleicher Form ſcheint auch
    Samarskit pg. 550. Vergleiche Polykras pg. 545, Euxenit pg. 545,
    Mengit 546, Tantalit pg. 550, Aeſchynit pg. 545, Polymignyt pg. 545.
  • 30) Weißſpießglanzpg. 557, blättrige Tafeln, iſomorph mit 2gliedriger
    arſeniger Säure pg. 559.
  • 31) Binarkiespg. 565, 106° 2′, Zwillinge herrſchen. Iſomorph mit
    Arſenikkiespg. 511 (Kobaltarſenikkies, Glaukodot).
  • Arſenikalkiespg. 572, 122° 26′, Weißnickelkies pg. 573.
  • 32) Grauſpießglanzpg. 593, 90° 45, mit einem Hauptblätterbruch, und
    iſomorph mit
  • Wismuthglanzpg. 598 und Rauſchgelbpg. 599.
  • Dimorphin pg. 601, Zinckenit pg. 596, Querſpießglanz pg. 596, Geo-
    kronit pg. 597.
  • 33) Schrifterzpg. 602, 110° 48′, meiſt fehlen die Enden.
  • 34) Sprödglaserzpg. 605, 115° 39′, häufig Zwillinge.
  • 35) Weißgiltigerzpg. 610, Sternbergit pg. 610.
  • 36) Kupferglaspg. 614, 119° 15′, Zwillinge, iſomorph mit Silber-
    kupferglanz
    pg. 617. Scheerer vermuthet einen Trimorphismus,
    da das Kupferglas von Bygland in Tellemarken einen deutlichen Blätter-
    bruch hat.
  • 37) Bournonitpg. 622, 93° 40′, Zwillinge machen die Kryſtalle ſchwierig;
    Schilfglaserzpg. 623. Kupferantimonglanz pag. 624, Enargit
    pg. 624.
  • Fluellit pg. 383, Cotunnit pg. 424, Dimagnetit pg. 514 ſoll nach Blake
    Ilvait ſein, Bleiglätte pg. 561.

[710]Kryſtallogr. Ueberſ.: V. zwei und eingliedrig.

Appendix A.5 V. Zwei und eingliedriges Syſtem.


Iſt reich an ausgezeichneten Beiſpielen, und beſonders wichtig für das
Verſtändniß der Zonenlehre.


  • 1) Feldſpathpg. 182. Die blättrigen Brüche der Säule ungleich, was
    dem 2+1gliedrigen Syſteme widerſpricht. Zwillinge und Vierlinge.
  • 2) Glimmerpg. 198, wahrſcheinlich beim Kali-, Lithion- und Magneſia-
    glimmer.
  • 3) Hornblendepg. 208, 124° 30′, ſehr blättrige Säule; Tremolith,
    Anthophyllit, Arfvedſonit.
  • 4) Augitpg. 211, 87° 6′. Akmit, Rhodonit, Buſtamit, Fowlerit ſchließen
    ſich vollkommen an. Weiter entfernt ſich Spodumenpg. 196, und
    noch weiter Diallag pg. 215.
  • Wollaſtonitpg. 217, Chondrodit pg. 222.
  • 5) Epidotpg. 232, gewendet 2+1gliedrig. Auch Gadolinit pg. 305,
    Orthit pg. 306 (Allanit, Cerin) ſollen ſich anſchließen.
  • 6) Euklaspg. 264, der 2+1gliedrige Edelſtein, mit einem ausgezeichneten
    Blätterbruch.
  • 7) Blätterzeolithpg. 279, der 2+1gliedrige Zeolith. Auch Epiſtilbit
    pg. 280 und Beaumontit pg. 281 zu vergleichen. Unter den Faſer-
    zeolithen iſt Scolezitpg. 277 wohl entſchieden 2+1gliedrig.
  • Brewſteritpg. 280, Haydenit pg. 283, Lomonit pg. 288, Katapleiit
    pg. 257.
  • 8) Datolithpg. 291, ein ausgezeichneter Typus, Haytorit pg. 292.
  • 9) Titanitpg. 300, der Alpiniſche ſtets in Zwillingen.
  • 10) Gypspg. 360, 111° 26′, drei ausgezeichnete Blätterbrüche. Schwalben-
    ſchwanzzwillinge. Barytocalcit pg. 356, Monazit pg. 398.
  • Ternärbleierzpg. 377 von rhomboedriſchem Typus.
  • 11) Vivianitpg. 395, 111° 6′, iſomorph mit Kobaltblüthepg. 399
    und Nickelblüthepg. 400. Alle drei Gypsartig. Aehnlich der
    Pharmakolithpg. 400. Triphylinpg. 397.
  • Wagneritpg. 388, Hureaulit pg. 397, Blauſpath pg. 393.
  • 12) Kupferlaſurpg. 404, 99° 32′, kurzſäulige verwickelte Kryſtalle.
  • Malachitpg. 406. Phosphorkupfer pg. 408, Strahlerz pg. 410.
  • 13) Rothbleierzpg. 412, 93° 30′, leicht erkennbare Kryſtalle.
  • Vauquelinit pg. 413.
  • 14) Boraxpg. 419, 87°, auffallend augitartig.
  • 15) Sodapg. 435, Tronapg. 436, Gayluſſitpg. 436, rothes Blut-
    laugenſalz pg. 434, Glauberit pg. 441.
  • 16) Eiſenvitriolpg. 441, 82° 21′, von rhomboedriſchem Typus. Bo-
    tryogen
    pg. 443, Uranvitriolpg. 444.
  • 17) Zuckerpg. 455 und Weinſäurepg. 456 mit ihrer eigenthümlichen
    Hemiedrie; Grünſpan pg. 459, Schwefelſaures Nickeloxydkali pg. 460,
    Asparagin pg. 461, Oxalſaures Chromoxydkali pg. 462, Oxalſäure
    pg. 466.
  • 18) Schwefelpg. 508 aus dem Fluß erſtarrt, Feldſpathartige Zwillinge.
    Selen pg. 511.
  • 19) Wolfram von Zinnwalde pg. 546, mit Verwandtſchaft zum Vier-
    gliedrigen.

[711]Kryſtallogr. Ueberſ.: VI. eingliedrig.
  • Crednerit pg. 536.
  • 20) Rothſpießglanzpg. 595, Plagionitpg. 596.
  • 21) Rauſchrothpg. 600, 74° 26′, Kryſtalle zerfallen am Licht.
  • 22) Miargyritpg. 609, Feuerblende? pg. 609.
  • 23) Oxalſaurer Kalkpg. 660, 100° 36′, Seltenheit. Zwillinge.

Appendix A.6 VI. Eingliedriges Syſtem.


Es iſt bei weitem das ärmſte, vielleicht in Folge ſeiner großen Unſymmetrie.


  • 1) Natronfeldſpathpg. 189 und Kalkfeldſpath pg. 193 ſchließen ſich
    durch ihren Typus noch an Kalifeldſpath an.
  • Petalit und Kaſtorpg. 195 ſollen nach G. Roſe eingliedrig ſein,
    vielleicht auch Zygadit pg. 195.
  • 2) Axinitpg. 271 und Kupfervitriolpg. 444 bilden einen 2ten Typus.
    Babingtonit pg. 211, Pyrallolith?
  • 3) Cyanitpg. 237 und doppelt chromſaures Kali pg. 465 ſind durch einen
    ihrer Zwillinge eng verwandt. Sillimanitpg. 239.
  • 4) Saſſolinpg. 421. Auch der Borſäurehaltige Danburit (Dana Miner.
    281) hat ein dreifach blättriges ungleichwinkliges Hexaid.

[[712]]

Appendix B Litteratur.


  • Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wiſſenſchaften zu Berlin-
    Phyſikaliſche Abhandlungen. 1700 Leibnitz erſter Präſident der Akademie.
    Anfangs erſchienen die Abhandlungen als Miscellanea Berolinensia. Seit
    1745 franzöſiſch: Histoire de l’Académie royale des Sciences et belles
    lettres de Berlin.
    Seit 1814 unentbehrlich durch die klaſſiſchen Abhand-
    lungen von Prof. Weiß. Davon die wichtigſten:
  • Jahrg. 1814 pg. 289. Ueberſichtliche Darſtellung der verſchiedenen natürlichen
    Abtheilungen der Kryſtallſyſteme.
  • Jahrg. 1816 pg. 231. Kryſtallographiſche Fundamentalbeſtimmung des Feld-
    ſpathes; pg. 286 Bezeichnung der verſchiedenen Flächen eines Kryſtallſyſtems.
  • Jahrg. 1818 pg. 242. Theorie des Epidotſyſtemes; pg. 270 über eine aus-
    führliche Bezeichnung der Kryſtallflächen.
  • Jahrg. 1821 pg. 145. Feldſpath; pg. 195 Kryſtallſyſtem des Gypſes.
  • Jahrg. 1823 pg. 261. Theorie der 6+6 und 3+3 Kantner. Fortſetzung
    im Jahrg. 1840 pg. 137.
  • Jahrg. 1826 pg. 93. Lehrſatz über die Theilung des Dreiecks.
  • Jahrg. 1829 pg. 63. Haytorit.
  • Jahrg. 1831 pg. 313. Staurolithſyſtem.
  • Jahrg. 1834 pg. 623. Projektion des Gypſes.
  • Jahrg. 1835 u. 1838 pg. 253. Feldſpath in verſchiedenen Stellungen projicirt.
  • Jahrg. 1837 pg. 139. Theorie des Hexakis-Oktaeders.
  • Jahrg. 1841 pg. 249. Kryſtallſyſtem des Euklaſes.
  • Agricola, de natura fossilium. Ich habe die Baſeler Ausgabe von 1657
    citirt, worin ſämmtliche Werke des berühmten Verfaſſers, der 1494—1555
    lebte, abgedruckt ſind, nämlich:
  • 1) de re metallica libri XII.
  • 2) de animantibus subterraneis liber I.
  • 3) de ortu et causis subterraneorum libri V.
  • 4) de natura eorum quae effluunt ex terra libri IV.
  • 5) de natura fossilium libri X.
  • 7) de veteribus et novis metallis libri II.
  • 8) Bermannus sive de re metallica dialogus liber I.
  • 6) Rerum metallicarum interpretatio. Dieſe iſt wegen der deutſchen Namen
    höchſt intereſſant.
  • Georg Agricola’s mineralogiſche Schriften, überſetzt und mit Anmerkungen be-
    gleitet von E. Lehmann. Freiberg 1806 — 12. 4 Theile.

[713]Litteratur.
  • Albinus, Meißniſche Bergkchronica: darinnen fürnämlich von den Bergwerken
    des Landes zu Meißen gehandelt wird. Dresden 1590.
  • Annalen der Chemie und Pharmacie von Wöhler und Liebig. Seit 1832.
    Jährlich 4 Bände in monatlichen Heften.
  • Annales de Chimie. Paris 1789. Sous le privilège de l’Académie. Bis
    1815 erſchienen 96 Bände. Seit 1816 nehmen ſie den Titel an:
  • Annales de Chimie et de Physik von Gay-Luſſac und Arrago. Bis 1840
    erſchienen 75 Bände. Seit 1841 folgt die Troisième Série. Jährlich
    3 Bände in monatlichen Heften.
  • Annales des Mines. Paris 1816. 1827 erſchien die 2te sér.; 1832 die
    3te sér.; 1842 die 4te sér.
  • Bauhinus, Historiae fontis Bollensis. Montisbeligardi 1598. Deutſche Aus-
    gabe 1602. Eine dritte lateiniſche 1612.
  • Berzelius, Jahresbericht über die Fortſchritte der Chemie und Mineralogie.
    1844 erſchien der 23ſte Jahrgang. Fortſetzung ſiehe bei Liebig.
  • Blum, Lehrbuch der Oryktognoſie. Mit Holzſchnitten. 3te Auflage. Stutt-
    gart 1854.
  • Derſelbe, Taſchenbuch der Edelſteinkunde. Stuttgart 1832.
  • Derſelbe, die Pſeudomorphoſen des Mineralreichs. Stuttgart 1843. Zweiter
    Nachtrag 1852.
  • Derſelbe, Lithurgik oder Mineralien und Felsarten nach ihrer Anwendung in
    ökonomiſcher, artiſtiſcher und techniſcher Hinſicht. Stuttgart 1840.
  • Blumenbach, Handbuch der Naturgeſchichte. 12te Aufl. Göttingen 1830.
  • Breithaupt, Vollſtändige Charakteriſtik des Mineralſyſtem’s. 3te Auflage.
    Leipzig 1832.
  • Deſſen vollſtändiges Handbuch der Mineralogie. 1. Band. Allgemeiner Theil
    1836. 3ter Band 1847. Siehe Hoffmann.
  • Brewster and Jameson, The Edinburgh Philosophical Journal ſeit 1819.
    Beim 11ten Bande 1824 trennten ſich die Schriftſteller: Brewſter ſchreibt
    The Edinburgh Journal of Science und Jameſon ſetzt die Schrift anfangs
    unter gleichem Titel, ſeit 1826 aber als Edinburgh new Philosophical
    Journal
    fort.
  • Comptes rendus hebdomaires des séances de l’Académie des Sciences.
    Jährlich 2 Bände. Größere Abhandlungen werden in den Mémoires de
    l’Académie royale des sciences de l’Institut de France
    bekannt gemacht.
    Sie ſind die Fortſetzung der Histoire de l’Académie royale des sciences 1666.
    Anfangs erſchienen ſie unregelmäßig, ſeit 1699 aber alljährlich 1 Band.
  • Crell, Chemiſches Journal 1778. Chemiſche Annalen. Helmſtädt 1784.
    Schließt 1804.
  • Dana, a System of Mineralogy, 3. edit. New-York 1850. Macht uns
    beſonders mit den Amerikaniſchen Vorkommen vertraut.
  • Denkſchriften der Kaiſerlichen Akademie der Wiſſenſchaften. Wien 1850.
    Nebſt Sitzungsberichten der Kaiſ. Akad. der Wiſſenſchaften. Wien 1848.
  • Dufrénoy, Traité de Minéralogie. 3 Bände nebſt einem Bande Kupfertafeln.
    Paris 1844—47.
  • Emmerling, Lehrbuch der Mineralogie. Gießen 1793—97. Ein Schüler
    Werner’s, und Lehrer der Bergwerkswiſſenſchaften auf der Univerſität
    Gießen. Für ſeine Zeit ſehr vollſtändig. Der 3te Theil handelt von den
    Gebirgsarten.

[714]Litteratur.
  • Erdmann, Journal für Techniſche und Oekonomiſche Chemie. Leipzig 1823.
    Jährlich 3 Bände. Seit 1834 mit Schweigger’s Journal für Chemie
    und Phyſik. Nürnberg 1811—1833 verbunden unter dem Titel:
  • Journal für praktiſche Chemie.
  • Gilbert, Annalen der Phyſik. Halle 1799—1824. Band 1—76, worüber
    ein vollſtändiges Sach- und Namenregiſter von Heinrich Müller exiſtirt.
    Sie bilden die Fortſetzung von Gren’s Annalen und ſind ſelbſt wieder
    von Poggendorf fortgeſetzt.
  • Glocker, Handbuch der Mineralogie. Nürnberg 1831.
  • Derſelbe, Grundriß der Mineralogie mit Einſchluß der Geognoſie und Petre-
    faktenkunde. Nürnberg 1839.
  • Haidinger, Anfangsgründe der Mineralogie. Leipzig 1829.
  • Derſelbe, Handbuch der beſtimmenden Mineralogie. Wien 1845.
  • Hartmann, Handbuch der Mineralogie zum Gebrauche für Jedermann. 2 Bde.
    Weimar 1843. 1850 erſchien ein Nachtrag. Nach den Vorleſungen
    von Prof. Weiß geordnet.
  • Hausmann, Entwurf eines Syſtems der unorganiſirten Naturkörper. Caſſel 1809.
  • Derſelbe, Handbuch der Mineralogie. Göttingen 1813. Von der 2ten gänzlich
    umgearbeiteten Auflage erſchien der 2te Theil mit 1660 Seiten 1847,
    und iſt wegen der vollſtändigen Litteratur geſchrieben mit der ausgezeich-
    netſten Sachkenntniß für den Mineralogen von Fach eine unentbehrliche
    Hilfsquelle.
  • Hill, Traité des pierres de Théophrast, traduit du Grec. Paris 1754.
  • Hoffmann, Handbuch der Mineralogie, 4 Bände 1811—1817. Doch
    ſtarb der Verfaſſer während der Herausgabe des 2ten Bandes den 15ten
    März 1813, und es wurde dann von Breithaupt fortgeſetzt. Am Ende
    iſt Werner’s letztes Mineral-Syſtem angefügt, was aus deſſen Nachlaſſe
    auf Ober-Bergamtliche Anordnung herausgegeben wurde. Werner’s Art
    der Darſtellung kann man daraus am vollſtändigſten erſehen.
  • Karſten, Mineralogiſche Tabellen mit Rückſicht auf die neueſten Entdeckungen.
    Berlin 1800. 2te Aufl. 1808.
  • Kayſer, Beſchreibung der Mineralien-Sammlung des H. Medicinalrath Berge-
    mann in Berlin. Berlin 1834.
  • Kengott, Ueberſicht der Reſultate mineralogiſcher Forſchungen in den Jahren
    1844—49. Wien 1852; in den Jahren 1850 u. 51. Wien 1853;
    im Jahre 1852. Wien 1854. Bildet die Beilage zu dem Jahrbuch
    der K. K. geologiſchen Reichsanſtalt.
  • Klaproth, Beiträge zur chemiſchen Kenntniß der Mineralkörper. 6 Bändchen.
    Berlin 1795—1815. Nicht blos klaſſiſch wegen der erſten gründlichen
    Analyſen, ſondern auch für die Geſchichte der Mineralogie großes Intereſſe
    darbietend.
  • Kobell, Grundzüge der Mineralogie zum Gebrauche für Vorleſungen. Nürn-
    berg 1838.
  • Derſelbe, Skizzen aus dem Steinreich. Geſchrieben für die gebildete Geſellſchaft.
    München 1850.
  • Köhler, Bergmänniſches Journal 1788—1815. Werner nahm daran thätigen
    Antheil. Jährlich 2 Bände.
  • Kurr, Grundzüge der ökonomiſch-techniſchen Mineralogie. 3te Aufl. Leipz. 1851.

[715]Litteratur.
  • Leonhard, Taſchenbuch für die geſammte Mineralogie mit Hinſicht auf die
    neueſten Entdeckungen. Frankfurt a. M. 1807. Jährlich erſchien 1 Band.
    Die erſten 10 Jahrgänge wurden 1817 in einer 2ten Auflage nochmals
    unverändert abgedruckt. Nach Vollendung des 18ten Bandes nahmen
    5 Bände von 1825—29 den neuen Titel „Zeitſchrift für Mineralogie“
    an. Seit 1830 hat ſich Bronn dabei betheiligt, und es hieß jetzt Jahr-
    buch für Mineralogie. Aber erſt ſeit 1833 nahm es ſeine heutige voll-
    endete Geſtalt an, und erſcheint jährlich in 6—7 zweimonatlichen Heften
    unter dem Titel: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geognoſie, Geologie
    und Petrefaktenkunde. Stuttgardt 1833—1854. Zwei Repertorien von
    Lommel und Giebel reſpective über die Jahrgänge 1830—39 u. 1840—49
    erleichtern den Gebrauch.
  • Leonhard, Handbuch der Oryctognoſie. Heidelberg 1826.
  • Derſelbe, Populäre Vorleſungen über Geologie. Stuttgart 1836—44.
  • G. Leonhard, Handwörterbuch der Topographiſchen Mineralogie. Heidel-
    berg 1843.
  • Lévy, Description d’une Collection des Minéraux, formée par M. Henri Heuland.
    Londres 1837. 3 Vol.
  • Liebig u. Kopp, Jahresbericht über die Fortſchritte der Chemie, Phyſik,
    Mineralogie und Geologie. Gießen 1848—53. Erſetzt die von Berzelius.
  • Mohs, Leichtfaßliche Anfangsgründe der Naturgeſchichte des Mineralreichs.
    2te Aufl. Wien 1836. Der 2te Theil die Phyſiographie erſchien nach
    Mohs Tode 1839, bearbeitet von Zippe.
  • Monticelli e Covelli, Prodromo della Mineralogia Vesuviana. Napoli 1825.
  • Naumann u. Cotta, Geognoſtiſche Beſchreibung des Königreichs Sachſen
    und der angränzenden Länderabtheilungen. Zweite unveränderte Ausgabe.
    5 Hefte. 1845.
  • Phillips, an elementary introduction to the knowledge of Mineralogy. Wegen
    den mit dem Reflexionsgoniometer ausgeführten Meſſungen wichtig. Ich
    habe die 3te Auflage von 1823 benützt. Die neueſte von Brooke und
    Miller. London 1852 hat eine ganz andere Geſtalt angenommen, als
    die frühere. Miller hat darin ſeine Bezeichnungsweiſe eingeführt.
  • Philosophical Transactions of the Royal Society of London. Der erſte
    Band erſchien 1665 u. 1666. Jährlich ein Band.
  • Poggendorff, Annalen der Phyſik und Chemie ſchließen ſich an Gilbert an.
    Seit 1824 erſchienen 93 Bände. Ueber die erſten 60 Bände von 1824—
    1843 exiſtirt ein vollſtändiges Namen- und Sachregiſter, über die andern
    im 75ten und 84ten wenigſtens Namenregiſter. Außerdem ſind noch 4
    Ergänzungsbände vorhanden. In monatlichen Heften. Dieſes ſo vortrefflich
    redigirte Journal bildet für den Mineralogen eine wahre Fundgrube.
  • G. Roſe, Mineralogiſch-geognoſtiſche Reiſe nach dem Ural, dem Altai und
    dem Kaspiſchen Meere. 2 Bände. 1837 u. 42.
  • Schröder, Elemente der rechnenden Kryſtallographie. Klausthal 1851. Wendet
    die Projektionsmethode an.
  • Scheerer, Allgem. Journal der Chemie. Leipzig 1798. Von Gehlen, Berlin
    1803 unter dem Titel: Neues allgemeines Journal der Chemie bis 1810
    fortgeſetzt.
  • Silliman, The American Journal of Science and Arts. New-York 1818.
    Der 49ſte Band erſchien 1845. Der 50ſte bildet den General-Index.
    [716]Litteratur.
    Mit 1846 erſchien die 2 series, wovon gegenwärtig der 17te Band
    vorliegt.
  • Schubert, Abriß der Mineralogie. Erlangen 1853. Populär. Für bib-
    liſche Steinnamen ausführlich.
  • Steffens, vollſtändiges Handbuch der Oryctognoſie. Halle 1811—24.
    4 Bändchen. Für ſeine Zeit ſehr vollſtändig, und hebt manche intereſſante
    Seite der Wiſſenſchaft hervor.
  • Das Uebrige ſiehe in der Geſchichte der Mineralogie pg. 1—8.
[[717]]

Appendix C Regiſter.


A


  • Abichit 410.
  • Abrazit 286.
  • Achat 171.
  • Achatjaſpis 173.
  • Achirit 312.
  • Achroit 270.
  • Achtarandit 313.
  • Actinot 210.
  • Adlerſteine 529.
  • Adular 187.
  • Aegyrin 211.
  • Aequinolith 684.
  • Aes 481.
  • Aeſchynit 545.
  • Aetites 529.
  • Afterkryſtalle 152.
  • Agalmatolith 202.
  • Agricola 2.
  • Akanthikone 234.
  • Akmit 215.
  • Alabandine 574.
  • Alabaſter 366.
  • Alaun 445.
  • Alaunerde 642.
  • Alaunſchiefer 446.
  • Alaunſtein 448.
  • Albin 288.
  • Albit 189. 192.
  • Alexandrit 253.
  • Allanit 307.
  • Allemontit 579. 503.
  • Allochroit 229.
  • Allophan 698.
  • Almandin 228.
  • Alquifoux 585.
  • Alſtonit 355.
  • Alumen 445.
  • Aluminit 447.
  • Alumocalcit 698.
  • Alunit 448.
  • Amalgam 481.
  • Amalgamation 480.
  • Amazonenſtein 187.

  • Amber 651.
  • Amblygonit 391.
  • Amethyſt 168.
  • Amiant 225.
  • Ammoniakalaun 446.
  • Amöbit 581.
  • Amphibol 208.
  • Amphigen 296.
  • Amphitane 565.
  • Analcim 283.
  • Anameſit 679.
  • Anatas 543.
  • Andaluſit 239.
  • Andeſin 193.
  • Andeſit 680.
  • Androdamas 316.
  • Anglarit 396.
  • Angleſit 374.
  • Anhydrit 366.
  • Ankerit 344.
  • Anlaufen 112.
  • Anorthit 194.
  • Anthophyllit 211.
  • — blättriger 216.
  • Anthoſiderit 305.
  • Anthracit 629.
  • Anthraconit 333.
  • Anthrax 227.
  • Antigorit 205.
  • Antimoine 502.
  • oxidé 567.
  • sulfuré 593.
  • Antimon 502.
  • Antimonblende 595.
  • Antimonblüthe 557.
  • Antimonfahlerz 620.
  • Antimonglanz 593.
  • Antimonkupferglanz 623.
  • Antimonnickel 579.
  • Antimonnickelglanz 580.
  • Antimonoxyd
  • — oktaedriſches 558.
  • Antimonſilber 503.
  • Antrimolith 277.
  • Apatit 385.

  • Apatoid 499.
  • Aphanit 672.
  • Aphrit 317.
  • Aphrodit 203.
  • Aplom 227.
  • Apophyllit 286.
  • Aquamarin 261.
  • Aräoxen 414.
  • Arcanit 437.
  • Arcoſe 690.
  • Arfvedſonit 211.
  • Argent
  • antimoiné sulfuré 606.
  • muriaté 422.
  • sulfuré 603.
  • Argile
  • glaise 699.
  • smectique 700.
  • Arkanſit 544.
  • Arktizit 293.
  • Arquerit 481.
  • Arragon 348.
  • Arragonit 348.
  • Arſen 504.
  • Arſenantimon 503.
  • Arſenige Säure 559.
  • Arſenik 504.
  • Arſenikalkies 572.
  • Arſenikblüthe 400.
  • Arſenikeiſen 572.
  • Arſenikfahlerz 621.
  • Arſenikglanz 505.
  • Arſenikkies 571.
  • Arſenikkobaltkies 576.
  • Arſenikmangan 574.
  • Arſeniknickel 579.
  • Arſeniknickelglanz 580.
  • Arſenikſäure 384.
  • Arſenikſinter 402.
  • Arsenik sulfuré jaune 599.
  • Arſenioſiderit 403.
  • Asbeſt 225.
  • — gemeiner 226.
  • — ſchillernder 204.
  • Aſchentrecker 266.

[718]Aſp — Bre.
  • Aſparagin 461.
  • Aſpaſiolith 224.
  • Asphalt 646.
  • Asphalten 647.
  • Aſteria 170.
  • Aſtrakanit 441.
  • Aſtrios 250.
  • Atacamit 425.
  • Ateleſtit 314.
  • Atheriaſtit 295.
  • Atlasſpath 353.
  • Atomgewicht 130.
  • Atomvolumen 135.
  • Atramentſtein 444.
  • Augit 211.
  • Augitlaven 680.
  • Augitporphyr 675.
  • Aurichalcit 407.
  • Auripigment 599.
  • Aurum graphicum 602.
  • Automolit 255.
  • Avanturin 170.
  • Axen 27.
  • — optiſche 103.
  • Axinit 271.
  • Azorit 551.

B


  • Babingtonit 211.
  • Backkohle 634.
  • Bagrationit 307.
  • Baierine 549.
  • Baikalit 214.
  • Bamlit 240.
  • Bandjaſpis 175.
  • Barſowit 250.
  • Baryt 369.
  • Barytkreuzſtein 286.
  • Barytocalcit 355.
  • Barytocöleſtin 374.
  • Baryum-Platin-Cyanür 465.
  • Baſalt 678.
  • Baſanites 678.
  • Baſanomelan 521.
  • Basler Taufſtein 235.
  • Batrachit 219.
  • Beaumontit 281.
  • Beinbruch 337.
  • Beinglas 687.
  • Bell-metal-ore 626.
  • Beraunit 394.
  • Berechnung 41.
  • Berengelit 656.
  • Bereſit 413.
  • Bergbalſam 645.
  • Bergblau 406.
  • Bergbutter 448.
  • Bergflachs 225.
  • Bergfleiſch 226.
  • Berggrün 406.
  • Bergholz 226.

  • Bergkork 226.
  • Bergkryſtall 166.
  • Bergmannit 277.
  • Bergmilch 336.
  • Vergſalmiak 430.
  • Bergſeife 701.
  • Bergwachs 648.
  • Bernerde 655.
  • Bernſtein 651.
  • — ſchwarzer 630.
  • Berthierit 597.
  • Beudantit 402. 296.
  • Beryll 261.
  • Berylloid 77.
  • Berzeliit 391. 401.
  • Berzelin 286.
  • Berzelius 6.
  • Bildſtein 202.
  • Bimſtein 684.
  • — faſriger 685.
  • — gemeiner 685.
  • — glaſiger 685.
  • — ſchwarzer 681.
  • Binarkies 565.
  • Biotina 194.
  • Biotit 199.
  • Biscuit 684.
  • Bisemutum 501.
  • Bismuth sulfuré 598.
  • plumbo-cuprifère 624.
  • Bismutit 360.
  • Bitterkalk 341.
  • Bitterſalz 439.
  • Bitterſpath 339.
  • Bitumen 643.
  • visqueux 647.
  • Bituminöſes Holz 641.
  • Black Tellurium 602.
  • Blätterbruch 9.
  • Blättererz 602.
  • Blätterkohle 632. 642.
  • Blättertellur 602.
  • Blätterzeolith 279.
  • Blaubleierz 390.
  • Blaueiſenſtein 226.
  • Blauſpath 393.
  • Blei 500.
  • — arſenikſaures 390.
  • — chromſaures 412.
  • — kohlenſaures 359.
  • — molybdänſaures 415.
  • — ſchwefelſaures 376.
  • — vanadinſaures 413.
  • — wolframſaures 416.
  • Bleierde 359.
  • Bleierze 582.
  • Bleigelb 415.
  • Bleiglätte 561.
  • Bleiglanz 583.
  • Bleigummi 391.
  • Bleihornerz 424.

  • Bleilaſur 376.
  • Bleimulm 585.
  • Bleiocher 561.
  • Bleioxyd
  • — ſelenichtſaures 378.
  • Bleiſcheelat 416.
  • Bleiſchweif 585.
  • Bleiſpath 357.
  • Bleiſpeiſe 581.
  • Bleiſpießglanzerze 595.
  • Bleisulphocarbonat 377.
  • Bleisulphotricarbonat 377.
  • Bleiſuperoxyd 561.
  • Bleivitriol 374.
  • Bleizucker 460.
  • Blende 587.
  • Blitzröhren 181.
  • Blödit 441.
  • Blutlaugenſalz
  • — gelbes 434.
  • — rothes 434.
  • Blutſtein 522.
  • Bodenit 307.
  • Bohnenerz 530.
  • Bol 695.
  • Bologneſer Spath 371.
  • Bonsdorffit 224.
  • Boracit 418.
  • Borax 419.
  • — oktaedriſcher 420.
  • Borocalcit 420.
  • Boronatrocalcit 421.
  • Borſäure 418.
  • Botryogen 443.
  • Botryolith 293.
  • Boulangerit 597.
  • Bournonit 622.
  • Bouteillenſtein 683.
  • Bovey Coal 639.
  • Brandiſit 206.
  • Branderz 592.
  • Brandſchiefer 702.
  • Braunbleierz 390.
  • Brauneiſen 525.
  • Brauneiſenocker 531.
  • Brauneiſenrahm 536.
  • Braunkohle 639.
  • — erdige 640.
  • — gemeine 640.
  • — muſchelige 640.
  • Braunit 534.
  • Braunmangan 531.
  • Braunſpath 343.
  • Braunſtein 531.
  • — rother 346.
  • — ſchwarzer 535.
  • Braunſteinkalk 338.
  • Brechweinſtein 459.
  • Breislakit 226.
  • Breunerit 339.
  • Brevicit 277.

[719]Bre — Dil.
  • Brewſterit 280.
  • Brillant 242.
  • Brochantit 411.
  • Bromlit 356.
  • Bromſilber 423.
  • Brongniartin 441.
  • Bronze 485.
  • Bronzit 216.
  • Brookit 543.
  • Brucit 206. 222.
  • Buchholzit 239.
  • Bucklandit 235.
  • Bunſen 681. 689.
  • Buntbleierz 388.
  • Bunte Thone 707.
  • Buntkupfererz 614.
  • Buntkupferkies 614.
  • Buſtamit 215.
  • Buttermilchſilber 422.
  • Byſſolith 226.

C


  • Cacholong 174.
  • Cadmia 374.
  • Cämentkupfer 484.
  • Caeruleum 406.
  • Caking Coal 634.
  • Calait 392.
  • Calcit 437.
  • Caledonit 378.
  • Callais 392.
  • Cancrinit 299.
  • Candit 255.
  • Cannelkohle 631.
  • Carbunculus 227.
  • Carnat 695.
  • Carneol 173.
  • Carolathin 659.
  • Cavolinit 296.
  • Cererit 308.
  • Cerin 307.
  • Cerinſtein 308.
  • Cerit 308.
  • Cerium 309.
  • Ceruſſa 357.
  • Ceruſſit 357.
  • Cervantit 559.
  • Ceylanit 255.
  • Chabaſit 281.
  • Chalcanthum 444.
  • Chalcedon 171.
  • Chalcolith 412.
  • Chalcophyllit 409.
  • Chamoiſit 531.
  • Chantonnit 499.
  • Chaux
  • carbonatée 316.
  • tungstatée 416.
  • Chemiſche
  • — Analyſe 138.
  • — Conſtitution 133.

  • Chemiſche
  • — Formeln 130.
  • — Kennzeichen 130.
  • — Reactionen 143.
  • Cherry Coal 634.
  • Chiastolith 240.
  • Childrenit 395.
  • Chiliſalpeter 434.
  • Chiolith 383.
  • Chiviatit 626.
  • Chladnit 498.
  • Chloanthit 579.
  • Chlor 421.
  • Chlorblei 424.
  • Chlorcalcium 430.
  • Chloride 421.
  • Chlorit 200.
  • Chloritoid 206.
  • Chloritſchiefer 201.
  • Chlorophäit 305.
  • Chlorophyllit 224.
  • Chloroſpinell 255.
  • Chlorſaures
  • — Kali 464.
  • — Natron 463.
  • Chondrodit 222.
  • Chriſtianit 286.
  • Chriſtianite 194.
  • Chromalaun 447.
  • Chromate of Iron 517.
  • Chromeiſen 517.
  • Chromgelb 413.
  • Chromgrün 518.
  • Chromroth 413.
  • Chryſoberyll 252.
  • Chromocker 561.
  • Chryſolith 218.
  • Chryſopras 176.
  • Chryſotil 204.
  • Cimolit 700.
  • Cinnabaris 591.
  • Cipolino 334.
  • Circularpolariſation 108.
  • Citrin 167.
  • Cleavelandit 189.
  • Cleiophan 589.
  • Coaks 634.
  • Cobald gris 576.
  • Cöleſtin 373.
  • Cohäſion 119.
  • Collyrit 695.
  • Colofonium 657.
  • succini 652.
  • Colorados 423.
  • Columbit 549.
  • Common Coal 627.
  • Comptonit 277.
  • Condurrit 556.
  • Copal 657.
  • Copalin 656.
  • Copiapit 444.

  • Copper Pyrites 611.
  • Coquimbit 443.
  • Coracit 553.
  • Cordierit 222.
  • Corundellith 206.
  • Cottonerz 602.
  • Cotunnit 424.
  • Couzeranit 240.
  • Crednerit 536.
  • Crichtonit 525.
  • Cronſtedt 4.
  • Cronſtedtit 207.
  • Crucit 559.
  • Cuban 613.
  • Cuboicit 281.
  • Cuivre
  • arseniaté lamellifère 409.
  • gris 618.
  • hépatique 614.
  • hydro-phosphaté 408.
  • muriaté 425.
  • oxydulé 554.
  • pyriteux 611.
  • sulfuré 613.
  • Cuproplumbit 586.
  • Cyanit 237.
  • Cyanus 250. 404.
  • Cymophan 252.
  • Cyprin 231.
  • Cypriſche Umbra 697.

D


  • Damourit 202.
  • Danait 577.
  • Danburit 218.
  • Datolith 291.
  • Davyn 296.
  • Dechenit 414.
  • Deduction 35.
  • Deltoeder 68.
  • Delphinit 232.
  • Deltoiddodekaeder 68.
  • Delvauxit 398.
  • Demantſpath 251.
  • Dermatin 206.
  • Descloizite 414.
  • Desmin 278.
  • Devitrification 688.
  • Diabas 675.
  • Diadochit 403. 448.
  • Diallag 215. 216.
  • Diamagnetismus 123.
  • Diamant 241.
  • Diaspor 251.
  • Dichroismus 110.
  • Dichroit 222.
  • Dichroſcop 110.
  • Didym 308.
  • Digenit 617.
  • Dihexaeder 25.
  • Dillnit 252.

[720]Dim — Gee.
  • Dimagnetit 514. 709.
  • Dimorphin 601.
  • Dimorphismus 137.
  • Diopſid 214.
  • Dioptas 311.
  • Diorit 671.
  • Dioritporphyr 674.
  • Diphanit 206.
  • Dipyr 295.
  • Diſthen 237.
  • Dodekaide 36.
  • Dolerit 679.
  • Dolomitfelſen 342.
  • Dolomitſpath 341.
  • Domit 680.
  • Donarium 309.
  • Doppelſpath 333.
  • Dornſtein 365.
  • Dreelit 372.
  • Dreikantner 78.
  • Dufrenit 396.
  • Dufrenoyſit 596.
  • Durchſichtigkeit 113.
  • Dutenmergel 333.
  • Dysclaſit 288.
  • Dysluit 255.
  • Dyſodil 642.
  • Dyslytit 495.

E


  • Eckebergit 295.
  • Eclogit 672.
  • Edingtonit 281.
  • Edwardſit 398.
  • Egeran 231.
  • Ehlit 408.
  • Eis 449.
  • Eiſen 489.
  • — oxalſaures 660.
  • — ſideriſches 491.
  • — telluriſches 489.
  • Eiſenalaun 447.
  • Eiſenamianth 166.
  • Eiſenapatit 388.
  • Eiſenbitterſpath 340.
  • Eiſenblüthe 353.
  • Eiſenchlorid 425.
  • Eiſenchrom 517.
  • Eiſenfriſchſchlacke 220.
  • Eiſenglanz 518.
  • Eiſenglimmer 521.
  • Eiſenglimmerſchiefer 670.
  • Eiſenkies 563.
  • Eiſenkieſel 169.
  • Eiſenickelkies 571.
  • Eiſenoolith
  • — gelber 530.
  • Eiſenpecherz 402.
  • Eiſenplatin 486.
  • Eiſenroſen 519.
  • Eiſenſinter 402.

  • Eiſenſpath 344.
  • Eiſenſpießglanzerze 597.
  • Eiſenſteinmark 695.
  • Eiſenvitriol 441.
  • Eisſpath 188.
  • Eläolith 296.
  • Elaterit 647.
  • Electricität 123.
  • Electron 651.
  • Electrum 469.
  • Eliaſit 553.
  • Email 687.
  • Embolit 423.
  • Emerald 262.
  • Emerald-Nickel 518.
  • Emeraude 262.
  • Emerylith 206.
  • Enargit 624.
  • Encrinites
  • liliiformis 331.
  • Enhydros 174.
  • Entglaſung 688.
  • Epidot 232.
  • Epiſtilbit 280.
  • Epſomit 439.
  • Erbſenſtein 337.
  • Erdkobalt 560.
  • — brauner 561.
  • — gelber 561.
  • — rother 561.
  • — ſchwarzer 560.
  • Erdkohle 640.
  • Erdöl 645.
  • Erdpech 646.
  • — elaſtiſches 647.
  • Eremit 398.
  • Erinit 410.
  • Erythronium 413.
  • Erzblume 379.
  • Esmarckit 224. 291.
  • Etain
  • oxidé 537.
  • sulfuré 626.
  • Euchroit 411.
  • Eudialyt 314.
  • Eudnophit 284.
  • Eugenglanz 605.
  • Eukairit 617.
  • Euklas 264.
  • Eukolit 552.
  • Eulytin 313.
  • Euphyllit 206.
  • Eupion 646.
  • Euſtilbit 279.
  • Euxenit 545.
  • Euzeolith 279.

F


  • Fahlerz 618.
  • Fahlunit 224.
  • Farbe 114.

  • Faſergyps 365.
  • Faſerkalk 333.
  • Faſerkieſel 170.
  • Faſerkohle 631.
  • Faſerquarz 170.
  • Faſerzeolith 275.
  • Faſſait 214.
  • Faujaſit 288.
  • Fayalit 220.
  • Fayence 699.
  • Federalaun 447.
  • Federerz 595.
  • Federharze 657.
  • Federweiß 366.
  • Feldſpath 182.
  • résinite 688.
  • Feldſpathporphyr 674.
  • Feldſtein 188.
  • Fer
  • chromaté 517.
  • oligiste 518.
  • oxalaté 660.
  • oxydulé 514.
  • sulfuré 563.
  • Ferguſonit 551.
  • Feuerblende 609.
  • Feueropal 179.
  • Feuerſtein 175.
  • Fibrolith 170. 240.
  • Fichtelit 650.
  • Fiſcherit 395.
  • Flint 175.
  • Fluellit 383.
  • Fluocerin 382.
  • Fluocerit 382.
  • Fluor 378.
  • Fluoride 378.
  • Fluoriren 112.
  • Fluß 379.
  • Flußſpath 378.
  • Fossil-Copal 656.
  • Fouller’s earth 700.
  • Fawlerit 215.
  • Franklinit 517.
  • Fraueneis 365.
  • Frittporzellan 694.
  • Frugardit 231.
  • Fuchsit 201.

G


  • Gabbro 673.
  • Gabbroporphyr 675.
  • Gadolinit 305.
  • Gagat 630.
  • Gahnit 255.
  • Galena 583.
  • inanis 587.
  • Galmei 346.
  • Gayluſſit 436.
  • Gebirgsarten 665.
  • Geelkies 610.

[721]Geh — Ilm.
  • Gehlenit 295.
  • Gelbbleierz 415.
  • Gelberde 697.
  • Gelberz 602.
  • Gelbmenakerz 303.
  • Gekrösſtein 368.
  • Geokronit 597.
  • Gibbſit 252.
  • Giftkies 571.
  • Gigantolith 224.
  • Giſekit 225.
  • Gismondin 286.
  • Glantz 583.
  • Glanz 113.
  • Glanzbraunſtein 535.
  • Glanzeiſenſtein 528.
  • Glanzerz 603.
  • Glanzkobalt 576.
  • Glanzkohle 629.
  • Glas 682.
  • — künſtliches 685.
  • Glaſerit 437.
  • Glaserz 603.
  • Glaskopf
  • — brauner 528.
  • — rother 522.
  • — ſchwarzer 536.
  • Glaſurerz 585.
  • Glauberit 441.
  • Glauberſalz 439.
  • Glaukodot 572.
  • Glessum 655.
  • Gletſcherſalz 440.
  • Glimmer 196.
  • Glimmerporphyr 674.
  • Glimmerſchiefer 668.
  • Glottalith 291.
  • Gmelinit 282.
  • Gneis 668.
  • Göthit 526.
  • — dichter 528.
  • Gold 467.
  • Goldamalgam 481.
  • Golderze 601.
  • Goniometer 11.
  • Granat 227.
  • Granatoeder 37.
  • Granit 666.
  • vainé 667.
  • Granitit 667.
  • Granulit 667.
  • Graphit 511.
  • Graugiltigerz 621.
  • Graumangan 533.
  • Grauſilber 360. 424.
  • Grauſpießglanz 593.
  • Grawertz 618.
  • Greenockit 590.
  • Greenovit 303.
  • Greiſen 669.
  • Grey Copper 618.

  • Griffelſchiefer 702.
  • Grindſtein 667.
  • Grobkohle 632.
  • Groroilit 536.
  • Groſſular 229.
  • Grünbleierz 388.
  • Grüneiſenſtein 396.
  • Grünerde 201. 697.
  • Grünglimmer 412.
  • Grünſpan 459.
  • Grünſteine 671.
  • — dichte 676.
  • Guano 658.
  • Gummierz
  • — uraniſches 553.
  • Guyaquillit 656.
  • Gymnit 205.
  • Gyps 360.
  • Gypshaloid
  • — diatomes 401.
  • — hemiprismatiſches 400.
  • Gyrolit 288.

H


  • Haarkies 580.
  • Haarſalz 439.
  • Hälleflinta 189.
  • Hämatokonit 338.
  • Härte 120.
  • Hagel 450.
  • Haidingerit 401.
  • Halblaſurblei 378.
  • Halbopal 179.
  • Halbvitriolblei 377.
  • Halloyſit 698.
  • Haloidſteine 297.
  • Halotrichit 447.
  • Harmotom 284.
  • Hartharze 657.
  • Hartmangan 534.
  • Hartin 651.
  • Hartit 650.
  • Harze 651.
  • — nichtfoſſile 657.
  • Hatchettin 648.
  • Hauerit 573.
  • Hausmannit 535.
  • Hauy 3.
  • — Kryſtallſyſtem 93.
  • Hauyn 298.
  • Haydenit 283.
  • Haytorit 292.
  • Hedyphan 391.
  • Heliotrop 173.
  • Helvin 313.
  • Hemiedrie 68.
  • Hepatit 372.
  • Hercinit 256.
  • Herderit 391.
  • Herrerit 348.
  • Herrſchelit 283.

  • Heſſonit 229.
  • Heteromorphit 596.
  • Heteroſit 397.
  • Heulandit 277.
  • Heraide 15.
  • Highgate-Resin 656.
  • Hiſingerit 305.
  • Hochofenſchlacken 213.
  • Hohlſpath 240.
  • Holzopal 180.
  • Holzzinn 539.
  • Honigſtein 658.
  • Hopeit 311.
  • Hornblei 424.
  • Hornblende 208.
  • Hornblendegeſteine 670.
  • Hornblendeſchiefer 672.
  • Hornerz 422.
  • Hornfels 208.
  • Hornqueckſilber 424.
  • Hornſilber 422.
  • Hornſtein 177.
  • Houghite 256.
  • Houille 627.
  • des calcaire 643.
  • grasse 634.
  • maigre 634.
  • sèche 634.
  • Humboldtilith 294.
  • Humboldtin 660.
  • Humboldtit 291. 660.
  • Humit 220.
  • Hureaulit 397.
  • Hverſalz 447.
  • Hyacinth 257.
  • Hyalith 181.
  • Hyaloſiderit 219.
  • Hydrargillit 252. 393.
  • Hydroboracit 421.
  • Hydroconit 331.
  • Hydrohalit 427.
  • Hydrolith 282.
  • Hydrophit 205.
  • Hydrotalkit 206.
  • Hyperſthen 216.
  • Hyperſthenfels 673.
  • Hypochlorit 397.
  • Hyſtatit 525.

J


  • Jade 207.
  • Jameſonit 596.
  • Jaſpis 173. 175.
  • Iberit 224.
  • Ichthyophthalm 286.
  • Idokras 230.
  • Idrialin 645.
  • Jeffreys 160.
  • Jet 630.
  • Igloit 353.
  • Ilmenit 525. 546.

Quenſtedt, Mineralogie. 46
[722]Ilm — Laz.
  • Ilmenium 550.
  • Ilvait 304.
  • Indianit 195.
  • Inflammabilien 627.
  • Jod 512.
  • Jodolith 499.
  • Jodqueckſilber 423.
  • Jodſilber 422.
  • Johannit 444.
  • Jolith 222.
  • Iridium 488.
  • Iridplatin 489.
  • Iris 167.
  • Iriſiren 112.
  • Iſerin 517.
  • Iſomorphismus 134.
  • Itabirit 521.
  • Itacolumit 670.
  • Ittnerit 298.
  • Judenpech 646.
  • Junckerit 354.
  • Ixolyt 651.

K


  • Kadmiumoxyd 557.
  • Kakoxen 394.
  • Kali
    • — chromſaures 438. 466.
    • — doppeltchromſaures 465.
    • — manganſaures 438.
    • — ſchwefelſaures 437.
    • — ſelenſaures 438.
  • Kalialaun 446.
  • Kaliglimmer 198.
  • Kalium 512.
  • — Platin-Cyanür 465.
  • Kaliſalpeter 432.
  • Kalkepidot 234.
  • Kalkhaloid
  • — brachytypes 339.
  • Kalkkreuzſtein 286.
  • Kalkſalpeter 433.
  • Kalkſinter 333.
  • Kalkſkapolith 294.
  • Kalkſpath 316.
  • Kalkſtein 335.
  • Kalktuff 337.
  • Kallochrom 412.
  • Kalomel 424.
  • Kämmererit 200.
  • Kammkies 566.
  • Kampylit 390.
  • Kaneelſtein 228.
  • Kaolin 692.
  • Kantenſchnittformel 90.
  • Kantenwinkelformel 50.
  • Kantenzonengeſetz 43.
  • Kapnit 348.
  • Karpholit 290.
  • Karſtenit 366.
  • Karuba 651.

  • Kaſtor 195.
  • Katapleiit 257.
  • Katzenauge 170.
  • Katzenſapphir 250.
  • Katzenzinn 546.
  • Kauſimkies 569.
  • Kehrſalpeter 433.
  • Keilhauit 304.
  • Kerolith 698. 205.
  • Kibdelophan 525.
  • Kies 563.
  • Kieſelguhr 181.
  • Kieſelkupfer 312.
  • Kieſelmagneſit 341.
  • Kieſelſchiefer 178.
  • Kieſelſinter 181.
  • Kieſeltuff 181.
  • Kieſelwismuth 313.
  • Kieſelzinkerz 309.
  • Kilbrickenit 597.
  • Kiſſäris 684.
  • Klaprothin 393.
  • Klebſchiefer 181.
  • Klingſtein 677.
  • Klinoklas 410.
  • Knebelit 220.
  • Kniſterſalz 426.
  • Knochen 387.
  • — foſſile 388.
  • Kobaltarſenikkies 572.
  • Kobaltbeſchlag 399.
  • Kobaltblüthe 399.
  • Kobaltglanz 576.
  • Kobaltkies 577.
  • Kobaltmetall 578.
  • Kobaltnickelkies 577.
  • Kobaltſolution 141.
  • Kobaltſpeiſe 578. 581.
  • Kobaltſulfuret 578.
  • Kobaltvitriol 443.
  • Kobellit 626.
  • Kochſalz 426.
  • Könlit 650.
  • Köttigit 400.
  • Kohlen 627.
  • Kohlenblende 629.
  • Kokkolith 214.
  • Kolophonit 229.
  • Konichalcit 414.
  • Korallenerz 592.
  • Korund 247. 250.
  • Koupholit 290.
  • Kouphonſpath 274.
  • Krähenauge 333.
  • Kraurit 396.
  • Kreide 336.
  • — ſchwarze 702.
  • Kreittonit 255.
  • Kreuzſtein 284.
  • Krokydolith 226.
  • Kryolith 382.

  • Kryptolith 398.
  • Kryſtallbildung 147.
  • Kryſtalloide 336.
  • Kryſtallſyſteme 61.
  • — dreigliedriges 78.
  • — eingliedriges 90.
  • — monodimetriſches 73.
  • — pyramidales 73.
  • — reguläres 61.
  • — ſechsgliedriges 77.
  • — tetragonales 73.
  • — viergliedriges 73.
  • — zweigliedriges 84.
  • — zwei- u. eingliedriges 88.
  • Kubizit 283.
  • Kuboit 284.
  • Kugeldiorit 672.
  • Kugeljaſpis 175.
  • Kupfer 481.
  • Kupferantimonglanz 624.
  • Kupferblende 621.
  • Kupferblüthe 555.
  • Kupferchlorür 425.
  • Kupfererze 485.
  • Kupferfahlerze 620.
  • Kupferglanz 614.
  • — prismatoidiſcher 623.
  • Kupferglanzerz 614.
  • Kupferglas 614.
  • — rothes 554.
  • Kupferglimmer 409.
  • Kupfergrün 312.
  • Kupferindig 616.
  • Kupferkies 610.
  • Kupferlaſur 404.
  • Kupfermanganerz 536. 560.
  • Kupfernickel 578.
  • Kupferpecherz 556.
  • Kupferroth 554.
  • Kupferſalze 404.
  • Kupferſammterz 406. 411.
  • Kupferſchaum 410.
  • Kupferſchwärze 556.
  • Kupferſmaragd 311.
  • Kupfervitriol 444.
  • Kupferwismutherz 625.
  • Kyroſit 569.

L


  • Labrador 193.
  • Lanarkit 377.
  • Lanthan 308.
  • Lanthanit 308.
  • Lapis crucifer 240.
  • Lapis lazuli 297.
  • Lapis molaris 681.
  • Laſionit 393.
  • Laſurſtein 297.
  • Laumontit 288.
  • Lava 680.
  • Lazulith 393.

[723]Laz — Nat.
  • Lazur 404.
  • Leadhillit 377.
  • Leberkies 569.
  • Lehm 701.
  • Lemniſche Erde 696.
  • Leonhardit 289.
  • Lepidokrokit 527.
  • Lepidolith 199.
  • Letten 701.
  • Lettenkohle 639.
  • Lettſomit 411.
  • Leuchtenbergit 200.
  • Leucit 296.
  • Leucitlaven 681.
  • Leucitoeder 62.
  • Leucitophyre 681.
  • Leukophan 314.
  • Levy’s Zeichen 96.
  • Libethkupfer 409.
  • Liebenerit 225.
  • Liebigit 553.
  • Liëvrit 304.
  • Lignites 639.
  • Limonit 528.
  • Linarit 376.
  • Linné 3.
  • Linſenerz 410.
  • Liparaios 682.
  • Lithionalaun 447.
  • Lithionglimmer 199.
  • Lithionminerale 195.
  • Lithographiſcher Schiefer 702.
  • Löß 701.
  • Lomonit 288.
  • Luchsſapphir 222.
  • Luftmörtel 331.
  • Lumachelle 335.
  • Lynkurion 257.
  • Lynx 268.

M


  • Macle 240.
  • Maclureit 222.
  • Magneſiaglimmer 199.
  • Magnesia-Limestone 342.
  • Magneſiaſalpeter 433.
  • Magnésie boratée 418.
  • Magneſit 340.
  • Magneſitſpath 339.
  • Magneſium-Platin-Cyanür
    464.
  • Magneteiſen 514.
  • Magneteiſenſand 516.
  • Magnetismus 122.
  • Malachit 406.
  • Malacolith 215.
  • Malakon 257.
  • Malthe 647.
  • Mancinit 311.
  • Mandelſteine 676.
  • Manganalaun 447.

  • Manganblende 574.
  • Manganchryſolith 219.
  • Manganepidot 234.
  • Manganerz 531.
    • — brachytypes 534.
    • — erdiges 536.
    • — pyramidales 535.
    • — untheilbares 536.
  • Manganglanz 574.
  • Manganglaskopf 536.
  • Mangangranat 230.
  • Manganit 531.
  • Mangankieſel
    • — rother 215.
  • Manganocalcit 354.
  • Manganſchaum 536.
  • Manganſpath 346.
  • Manganvitriol 443.
  • Marathonſteine 684.
  • Marcaſſites 563.
  • Marcelline 535.
  • Marekanit 683.
  • Margarit 206.
  • Marienglas 198. 365.
  • Marlekor 336.
  • Marmatit 590.
  • Marmor 334.
  • Martit 516.
  • Mascagnin 439.
  • Maſonit 206.
  • Matlockit 425.
  • Mauerſalpeter 433.
  • Mayolica 699.
  • Meerſchaum 202.
  • Meerwaſſer 452.
  • Mehlzeolith 275.
  • Mejonit 294.
  • Melanglanz 605.
  • Melanglimmer 207.
  • Melanit 229.
  • Melanochroit 413.
  • Melaphyre 676.
  • Melilith 294.
  • Melinophan 314.
  • Mellite 658.
  • Menaccanit 524.
  • Menakerz 300.
  • Mendipit 425.
  • Mengit 398. 546.
  • Menilit 180.
  • Mennige 561.
  • Mercurblende 591.
  • Mercure 480.
  • muriaté 424.
  • sulfuré 591.
  • Mergel 336.
  • Meſitinſpath 340.
  • Meſole 277.
  • Meſolith 277.
  • Meſotyp 275.
  • Meſſing 485.

  • Metalle
  • — gediegene 467.
  • Metallfarben 116.
  • Metallſteine 300.
  • Meteoreiſen 491.
  • Meteorſteine 496.
  • Miargyrit 609.
  • Miascit 671.
  • Microlith 552.
  • Middletonit 651.
  • Miemit 341.
  • Mieſit 391.
  • Milchopal 179.
  • Milchquarz 170.
  • Millerit 580.
  • Mimeteſit 390.
  • Mineralkermes 595.
  • Minium 591.
  • Mirabilit 439.
  • Miſenit 438.
  • Miſpickel 571.
  • Miſy 444.
  • Mizzonit 294.
  • Mochhaſteine 173.
  • Mohs 7.
  • Mohſit 525.
  • Molybdän 582.
  • Molybdänocher 561.
  • Molybdänſilber 506.
  • Monacit 398.
  • Mondſtein 187.
  • Monradit 205.
  • Monticellit 219.
  • Montmilch 336.
  • Moorkohle 640.
  • Moraſterz 529.
  • Morion 167.
  • Moroxit 386.
  • Morvenit 284.
  • Moſandrit 304.
  • Mühlſtein 178.
  • Mullicit 396.
  • Muriacit 366.
  • Muſchelmarmor 335.
  • Muſſit 215.
  • Myſorin 407.

N


  • Nadeleiſenerz 527.
  • Nadelerz 624.
  • Nadelzeolith 275.
  • Nagelkalk 333.
  • Nagyager Erz 602.
  • Naphtha 645.
  • Naphthachil 648.
  • Natrocalcit 436.
  • Natrolith 276.
  • Natron 435.
  • — eſſigſaures 460.
  • Natronalaun 446.
  • Natronfeldſpath 189.

46*
[724]Nat — Pol.
  • Natronſalpeter 434.
  • Natronſpodumen 189.
  • Needle ore 624.
  • Negros 423.
  • Nemalith 206.
  • Néoctèse 401.
  • Neolith 204.
  • Nephatil 648.
  • Nephelin 295.
  • Nephelingeſtein 678.
  • Nephrit 207.
  • Netze 71.
  • Neumann’s graphiſche Me-
    thode 662.
  • Nickel 581.
  • arsenical 578.
  • Nickelantimonglanz 580.
  • Nickelarſenikglanz 580.
  • Nickelarſenikkies 580.
  • Nickeleiſen 499.
  • Nickelerze 578.
  • Nickelglanz 580.
  • Nickelkies 580.
  • Nickelocker 400.
  • Nickelſmaragd 518.
  • Nickelſpeiſe 581.
  • Nickelwismuthglanz 581.
  • Nicol’ſches Prisma 106.
  • Nierenkies 613.
  • Nigrin 542.
  • Niobit 550.
  • Nitrate 432.
  • Nitron 435.
  • Nontronit 697.
  • Norerde 258.
  • Noſean 298.
  • Nuſſierit 391.
  • Nuttalith 295.

O


  • Obſidian 682.
  • Ochra 560.
  • Ochroiterde 308.
  • Octaeder 23.
  • Octaedrit 543.
  • Octaide 21.
  • Oerſtedtit 257.
  • Oiſanite 543.
  • Okenit 288.
  • Oligoklas 189. 193.
  • Olivenerz 408.
  • Olivenit 408.
  • Olivin 218.
  • Omphacit 217.
  • Onegit 527.
  • Onofrit 593.
  • Onyx 172.
  • Oolith 337.
  • Ooſit 224.
  • Opal 178.
  • Operment 599.

  • Ophites 203.
  • Optik 100.
  • Orangit 309.
  • Organiſche Salze 658.
  • Orthit 306.
  • Orthoklas 182.
  • Oryctognoſie 1.
  • Osmiridium 488.
  • — dunkeles 489.
  • — lichtes 488.
  • Oſteocolla 337.
  • Ottrelit 206.
  • Oxalate of Iron 660.
  • Oxalit 659.
  • Oxalſäure 466.
  • Oxalſaurer Kalk 660.
  • Oxalſaures Chromoxyd-Kali
    462.
  • Oxalſaures Eiſen 660.
  • Oxyde of Tin 537.
  • Oxydulated Iron 514.
  • Ozokerit 647.

P


  • Pacos 423.
  • Palagonit 275.
  • Palagonittuff 689.
  • Pallad-Gold 487.
  • Palladium 487.
  • Papierkohle 642.
  • Pappendeckel 642.
  • Paraffin 646.
  • Paragonit 202.
  • Paramorphoſe 137.
  • Paranthin 293.
  • Paraſit 419.
  • Pargaſit 209.
  • Pariſit 309.
  • Paulit 216.
  • Pechblende 552.
  • Pecherz 552.
  • Pechkohle 630. 640.
  • Pechkupfer 556.
  • Pechſtein 688.
  • Pechuran 552.
  • Peganit 394.
  • Pegmatit 667.
  • Pektolith 288.
  • Peliom 222.
  • Pennin 200.
  • Pentacrinites
  • basaltiformis 330.
  • Pentagonaldodekaeder 69.
  • Peridot 218.
  • Periklas 206.
  • Periklin 189. 192.
  • Perlglimmer 206.
  • Perlſpath 343.
  • Perlſtein 687.
  • Perowskit 545.
  • Petalit 195.

  • Petrolen 647.
  • Petroleum 645.
  • Pe-tun-se 692.
  • Pfeifenthon 700.
  • Phäſtin 216.
  • Phakolith 282.
  • Pharmakochalcit 409.
  • Pharmakolith 400.
  • Pharmakoſiderit 402.
  • Phenakit 265.
  • Phengites 368.
  • Phillipſit 286.
  • Phonolith 677.
  • Phosphate
  • de fer 395.
  • of Lead 389.
  • Phosphor 512.
  • Phosphorblei 388.
  • Phosphorescenz 125.
  • Phosphorit 387.
  • Phosphorkupfererz 408.
  • Phosphornickeleiſen 499.
  • Phosphorocalcit 408.
  • Phosphorſalz 140.
  • Phosphorſäure 383.
  • Phosphorſaure
  • — Ammoniak-Talkerde 403.
  • — Magneſia 404.
  • — Yttererde 398.
  • Piauzit 651.
  • Pikropharmakolith 401.
  • Pikrophyll 205.
  • Pikrosmin 205.
  • Pimelith 176. 203. 697.
  • Pingos d’agoa 259.
  • Pinit 224.
  • Piſſophan 403. 448.
  • Piſtazit 234.
  • Piſtomeſit 340.
  • Pittizit 402.
  • Plagionit 596.
  • Plakodin 581.
  • Plasma 173.
  • Plaſtiſcher Thon 698.
  • Platin 485.
  • Plattner 129.
  • Pleochroismus 110.
  • Pleonaſt 255.
  • Plinius 1.
  • Plomb
  • gomme 391.
  • phosphaté 389.
  • sulfuré 583.
  • Plumbago 511.
  • Plumbocalcit 338.
  • Poix minérale 647.
  • Polariſation 105.
  • Polianit 534.
  • Polirſchiefer 181.
  • Polybaſit 605.
  • Polyhalit 441.

[725]Pol — Sche.
  • Polykras 545.
  • Polymignyt 545.
  • Polyſphärit 390.
  • Ponce 684.
  • Poonahlit 277.
  • Porphyrartiges Geſtein 674.
  • Porphyre 673.
  • Porphyr
  • — grüner 674.
  • — quarzfreier 674.
  • — quarzhaltiger 674.
  • — rother 674.
  • — ſchwarzer 676.
  • Porzellan 693.
  • Porzellanerde 187. 692.
  • Porzellanjaſpis 688.
  • Porzellanſpath 693.
  • Potasse nitratée 432.
  • Potter’s clay 699.
  • Praſem 169.
  • Praſeolith 224.
  • Praſin 409.
  • Predazzit 332.
  • Prehnit 289.
  • Probierſtein 178.
  • Projectionslehre 32.
  • Proſopit 203.
  • Protogyne 667.
  • Pſeudochryſolith 683.
  • Pſeudogalena 587.
  • Pſeudomalachit 408.
  • Pſilomelan 536.
  • Pumex 684.
  • Pumice 684.
  • Purple copper ore 614.
  • Puzzolanerde 332.
  • Pyknit 261.
  • Pyramidengranatoeder 63.
  • Pyramidenoctaeder 62.
  • Pyramidentetraeder 68.
  • Pyramidenwürfel 62.
  • Pyrargillit 224.
  • Pyrargyrit 606.
  • Pyrites 563.
  • Pyritoeder 69.
  • Pyrochlor 551.
  • Pyroelectricität 124.
  • Pyroluſit 533.
  • Pyromorphit 389.
  • Pyrop 228.
  • Pyrophyllit 201.
  • Pyrophyſalith 261.
  • Pyrorthit 308.
  • Pyrosmalith 207.
  • Pyroxen 211.
  • Pyrrhit 552.

Q


  • Quarz 160.
  • — gemeiner 169.
  • Quarzfels 669.

  • Quarzit 669.
  • Queckſilber 480.
  • Queckſilberchlorid 424.
  • Queckſilberchlorür 424.
  • Queckſilbererze 591.
  • Queckſilberhornerz 424.
  • Queckſilberjodid 423.
  • Queckſilberlebererz 592.
  • Quellwaſſer 453.
  • Querſpießglanz 596.
  • Quincyt 179.

R


  • Radiolith 277.
  • Rädelerz 622.
  • Raf 651.
  • Raffinatſpeiſe 581.
  • Randanit 181.
  • Rapakivi 193.
  • Rapidolith 293.
  • Raſſol 428.
  • Rauchquarz 169.
  • Rauchtopas 167.
  • Rauſchgelb 599.
  • — gelbes 599.
  • — rothes 600.
  • Rauſchroth 600.
  • Rautenſpath 339.
  • Realgar 600.
  • Red oxide of Copper 554.
  • Red oxide of Zink 556.
  • Red Silver 606.
  • Reſinit 655.
  • Retinalith 206.
  • Retinasphalt 655.
  • Retinit 655.
  • Reuſſin 441.
  • Rhodium 489.
  • Rhodiumgold 489.
  • Rhodizit 419.
  • Rhodochroiſit 346.
  • Rhodonit 215.
  • Rhombenporphyr 674.
  • Rhombites 316.
  • Rhomboeder 24.
  • — Hauptſchnitt 81.
  • Ringſyſteme 108.
  • Ripidolith 200.
  • Röſchgewächs 605.
  • Röthel 523.
  • Rogenſtein 337.
  • Roheiſen 490.
  • Rohwand 344.
  • Romé de l’Isle 3.
  • Romeit 418.
  • Roſelit 399.
  • Roſenit 596.
  • Roſenquarz 170.
  • Roſenſpath 346.
  • Roſette 242.
  • Roſettenkupfer 617.

  • Rothbleierz 412.
  • Rotheiſenrahm 521.
  • Rotheiſenſtein 522.
  • Rothgiltigerz 606.
  • Rothkupfererz 554.
  • Rothnickelkies 578.
  • Rothſpießglanz 595.
  • Rothzinkerz 556.
  • Rubellit 270.
  • Rubicell 254.
  • Rubin 249.
  • — Braſilianiſcher 260.
  • Rubinblende 606.
  • Rubinſchwefel 600.
  • Ruinenmarmor 336.
  • Rußkohle 631.
  • Ruthenium 486.
  • Rutil 541.
  • Ryacolith 188.

S


  • Säuerlinge 453.
  • Säulen
  • — ſechsſeitige 15.
  • — vierſeitige 10.
  • Sahlit 214.
  • Salarmoniak 430.
  • Saliniſche Steine 315.
  • Salmiak 430.
  • Salpeter 432.
  • Salpeterſaures
  • — Baryt 434.
  • — Blei 434.
  • — Strontian 434.
  • — Uranoxyd 462.
  • Salz 426.
  • Salzkupfererz 425.
  • Samarskit 550.
  • Samiſche Erde 695.
  • Sammtblende 527.
  • Sandſtein 691.
  • Sanidin 188.
  • Sappare 237.
  • Sapphir 249.
  • — Braſilianiſcher 270.
  • Sapphirin 255.
  • Sapphirquarz 170.
  • Sapphirus 297.
  • Sardonyx 173.
  • Sarkolith 294.
  • Saſſolin 421.
  • Satin-Spar 353.
  • Saualpit 234.
  • Sauſſurit 195.
  • Savart 122.
  • Scalenoeder 78.
  • Schaalenblende 590.
  • Schaalſtein 217. 676.
  • Scharfmangan 535.
  • Schaumkalk 366.
  • Scheelbleierz 416.

[726]Sche — Suc.
  • Schéelin ferruginé 546.
  • Scheelit 416.
  • Scheererit 650.
  • Schieferkohle 631.
  • Schieferletten 701.
  • Schieferöl 644.
  • Schieferthon 702.
  • Schilfglaserz 623. 610.
  • Schillerfels 205.
  • Schillerſpath 205.
  • Schlangenalabaſter 368.
  • Schmelzbarkeit 128.
  • Schmelzglas 687.
  • Schneckentopas 260.
  • Schnee 450.
  • Schörl 266.
  • — blauer 237.
  • Schörlfels 669.
  • Schörlſchiefer 670.
  • Schorlamit 304.
  • Schreiberſit 499.
  • Schrifterz 602.
  • Schriftgranit 667.
  • Schrifttellur 602.
  • Schützit 373.
  • Schwalbenſchwanz-Zwillinge
    362.
  • Schwarzbleierz 359.
  • Schwarzeiſenſtein 536.
  • Schwarze Kreide 702.
  • Schwarzerz 574. 620.
  • Schwarzgülden 605.
  • Schwarzkohle 627.
  • Schwarzkupfer 617.
  • Schwarzſpießglanz 622.
  • Schwefel 507.
  • Schwefelkies 563.
  • Schwefelſaures
  • — Eiſenoxydul 441.
  • — Kali 437.
  • — Kobaltoxydul 443.
  • — Kobaltoxydul-Ammoniak
    461.
  • — Manganoxydul 443.
  • — Natron 438.
  • — Nickeloxyd 440.
  • — Nickeloxyd-Kali 460.
  • — Silberoxyd 439.
  • — Zinkoxyd 440.
  • Schwefelwaſſer 453.
  • Schwerſpath 369.
  • Schwerſtein 416.
  • Schwimmſtein 180.
  • Scolezit 277.
  • Scorza 234.
  • Sechskantner 77.
  • Sectionslinienformel 43.
  • Sedimentärgebirge 691.
  • Seifenſtein 203.
  • Seignetteſalz 458.
  • Selenblei 586.

  • Selenites 365.
  • Selenkobaltblei 587.
  • Selenkupfer 617.
  • Selenkupferblei 587.
  • Selenmolybdän 582.
  • Selenqueckſilber 593.
  • Selenqueckſilberblei 587.
  • Selenſchwefel 511.
  • Selenſilber 605.
  • Sémeline 303.
  • Serpentin 203.
  • Seybertit 207.
  • Siderit 170. 344.
  • — faſriger 226.
  • Siderokonit 338.
  • Sideroſchiſolith 207.
  • Siegelerde 696.
  • Silber 475.
  • — kohlenſaures 360.
  • Silberblende 606.
  • Silberbournonit 624.
  • Silbererze 603.
  • Silberfahlerz 621.
  • Silberglanzerz 603.
  • Silberkupferglanz 617.
  • Silbernadelerz 625.
  • Silberphyllinglanz 582.
  • Silberſchwärze 604.
  • Silicate 159.
  • Sillimanit 239.
  • Sinait 671.
  • Sinopiſche Erde 696.
  • Sismondin 206.
  • Skapolith 293.
  • Skorodit 401.
  • Smalte 578.
  • Smaragd 262.
  • Smaragdochalcit 425.
  • Smirgel 251.
  • Soda 141. 435.
  • Sodalith 299.
  • Sommit 295.
  • Sonnenſtein 187. 193.
  • Soolquellen 452.
  • Soude boratée 419.
  • Spadait 206. 217.
  • Spargelſtein 386.
  • Spath 316.
  • Spatheiſenſtein 344.
  • Specifiſches Gewicht 118.
  • Speckſtein 203.
  • Spectrum 101.
  • Specular iron 518.
  • Speerkies 566.
  • Speißkobalt 575.
  • — geſtrickter 576.
  • — grauer 576.
  • — weißer 576.
  • Sphäroſiderit 345.
  • Sphärulit 687.
  • Sphen 300.

  • Spießglanzbleierz 622.
  • Spießglanzglas 595.
  • Spießglanzocher 558.
  • Spießglanzweiß 557.
  • Spießglas 593.
  • Spinell 254.
  • Spinellan 298.
  • Spinellin 303.
  • Splint Coal 634.
  • Spodumen 196.
  • Spreuſtein 277.
  • Sprödglaserz 605.
  • Sprudelſtein 353.
  • Spuma lupi 546.
  • Stängelkobalt 575.
  • Stahl 490.
  • Stahlerz 345.
  • Stalactiten 333.
  • Stangenkohle 632.
  • Stangenſpath 372.
  • Statuenmarmor 334.
  • Staurolith 235.
  • Staurotide 235.
  • Steatit 203.
  • Steingut 699.
  • Steinheilit 223.
  • Steinkohle 627.
  • Steinmannit 584.
  • Steinmark 694.
  • Steinöl 645.
  • Steinſalz 426.
  • Steintalg 648.
  • Steno 2.
  • Sternbergit 610.
  • Sternſapphir 250.
  • Stibium 502. 593.
  • Stiblith 558.
  • Stilbit 278.
  • Stilpnomelan 207.
  • Stilpnoſiderit 528.
  • Stinkflußſpath 382.
  • Stöchiometrie 130.
  • Stolzit 416.
  • Strahlenblende 590.
  • Strahlenbrechung
  • — einfache 100.
  • — doppelte 102.
  • Strahlerz 410.
  • Strahlkies 568.
  • Strahlſtein 210.
  • Strahlſteinſchiefer 672.
  • Strahlzeolith 278.
  • Straß 686.
  • Striegiſan 394.
  • Stroganowit 300.
  • Stromnit 357.
  • Strontianit 356.
  • Structurlehre 9.
  • Struvit 403.
  • Stypticit 444.
  • Succinum 651.

[727]Sul — Web.
  • Sulphoſäuren 593.
  • Sulphur 507.
  • Suphuret of
  • Antimony 593.
  • Copper 614.
  • Lead 583.
  • Mercury 591.
  • Silver 603.
  • Wismuth 598.
  • Sumpferz 529.
  • Supersulfured of Lead 586.
  • Syenit 670.
  • Syenitporphyr 674.
  • Syenitſchiefer 672.
  • Sylvanit 602.
  • Sylvin 429.
  • Sympleſit 403.
  • Syſtematik 154.
  • — Berzelius 154.
  • — Hauy 155.
  • — Mohs 157.
  • — Roſe 157.
  • — Weiß 156.
  • — Werner 155.

T


  • Tabergit 201.
  • Tachyaphaltit 257.
  • Tafelſpath 217.
  • Tagilit 408.
  • Talk 201.
  • Talkapatit 388.
  • Talkgranat 230.
  • Talkſchiefer 202. 669.
  • Talkſteinmark 240. 695.
  • Tantalerze 548.
  • Tantalit 550.
  • Tarnowitzit 354.
  • Tecticit 448.
  • Télésie 248.
  • Tellur 505.
  • Tellurblei 507.
  • Tellur natif auroplumbifère
    602.
  • Tellurocher 561.
  • Tellurſilber 507.
  • Tellurſilbergold 507.
  • Tellurwismuth 506.
  • Tenacität 121.
  • Tennantit 621.
  • Tenorit 556.
  • Tephroit 219.
  • Ternärbleierz 377.
  • Terra sigillata 696.
  • Tetartin 190.
  • Tetradymit 506.
  • Tetraide 21.
  • Tetraphylin 398.
  • Thallit 234.
  • Tharandit 341.
  • Theilung des Dreiecks 65.

  • Thenardit 438.
  • Theophraſt 1.
  • Thermoelectricität 124.
  • Thermonitrit 436.
  • Thomſonit 277.
  • Thon 691.
  • — plaſtiſcher 698.
  • Thoneiſenſtein 345. 523.
  • — gelber 529.
  • Thonporphyr 674. 676.
  • Thonſchiefer 702.
  • Thorerde 309.
  • Thorit 309.
  • Thraulit 305.
  • Thrombolith 408.
  • Thulit 235.
  • Thumerſtein 271.
  • Thuringit 207. 305.
  • Tincal 419.
  • Tin Pyrites 626.
  • Titan 501.
  • Titanate 545.
  • Titaneiſen 523.
  • Titane oxidé 541.
  • Titanerze 540.
  • Titanit 300.
  • Tiza 421.
  • Töpferthon 699.
  • Töpferwaare 700.
  • Tofus 337.
  • Tombazit 569.
  • Topas 258.
  • Topasfelſen 260. 670.
  • Topfſtein 202.
  • Tophus Tubalcaini 529.
  • Trachy-Dolerit 680.
  • Trachyt 680.
  • graintoide 680.
  • Trachytlaven 681.
  • Trachitporphyr 680.
  • Traubenſäure 457.
  • Travertino 337.
  • Tremolith 210.
  • Triclaſit 224.
  • Trimorphie 137. 709.
  • Tripel 181.
  • Triphylin 397.
  • Triplit 398.
  • Tritomit 308.
  • Trona 436.
  • Trooſtit 311.
  • Tſchewkinit 304.
  • Türkis 392.
  • Tuff
  • — palagonitiſcher 689.
  • — vulkaniſcher 689.
  • Tungstate of Iron 546.
  • Tungſtein 416.
  • Turmalin 266.
  • Turmalinzange 106.
  • Tyrolit 410.

U


  • Ueberſchwefelblei 586.
  • Ultramarin 298.
  • Umbra
  • — Cölniſche 641.
  • — Cypriſche 697.
  • Unterſchwefelſaures
  • — Natron 461.
  • — Silberoxyd 462.
  • Uralit 209.
  • Uralitporphyr 675.
  • Ural-Orthit 307.
  • Uranerz 552.
  • — untheilbares 552.
  • Uranglimmer 412.
  • Uranit 412.
  • Uranocker 553.
  • Uranotantal 550.
  • Uranpecherz 552.
  • Uranvitriol 444.
  • Uroa 436.
  • Uwarowit 230.

V


  • Vanadinbleierz 413.
  • Vanadinit 413.
  • Vanadinkupferblei 414.
  • Vanadinzinkblei 414.
  • Variscit 392.
  • Varvicit 524.
  • Vauquelinit 413.
  • Verde di Corsica 673.
  • Veſuvian 230.
  • Vierkantner 74.
  • Vierzonenkörper 21.
  • Villarſit 204.
  • Viſirgraupen 538.
  • Vitriolblei 374.
  • Vitriolocker 444.
  • Vivianit 395.
  • Völknerit 256.
  • Volborthit 414.
  • Voltait 447.
  • Voltzit 591.
  • Vulpinit 368.

W


  • Wad 536.
  • Wärme 126.
  • Wagnerit 388.
  • Walchowit 656.
  • Walkererde 700.
  • Wandſtein 344.
  • Warwickit 383. 546.
  • Waſſer 451.
  • Waſſerblei 511. 582.
  • Waſſerkies 565.
  • Waſſermörtel 332.
  • Wavellit 393.
  • Webſterit 448.

[728]Wei — Zyg.
  • Weichbraunſtein 533.
  • Weichgewächs 603.
  • Weichharze 657.
  • Weinſäure 456.
  • Weinſtein 459.
  • Weiß 5.
  • Weißarſenik 559.
  • Weißbleierz 357.
  • Weißgiltigerz 610.
  • — kryſtalliſirtes 621.
  • Weißit 224.
  • Weißkupfererz 613.
  • Weißnickelkies 579. 573.
  • Weißſpießglanz 557.
  • Weißſtein 667.
  • Weißſylvanerz 602.
  • Weltauge 179.
  • Werner 4.
  • Wernerit 293.
  • Whewellit 660.
  • Wieſenerz 529.
  • Willemit 311.
  • Williamſit 204.
  • Winkelberechnung 50.
  • Wismuth 501.
  • — kohlenſaures 360.
  • Wismuthblei 625.
  • Wismuthblende 313.
  • Wismuthglanz 598.
  • Wismuthiſches Silbererz 625.
  • Wismuthkupfer 625.
  • Wismuthocher 561.
  • Wismuthſilber 625.
  • Withamit 235.
  • Witherit 354.
  • Wöhlerit 552.
  • Wörthit 239.
  • Wolchonskoit 561. 697.
  • Wolfram 546.
  • Wolframbleierz 416.

  • Wolframocker 548.
  • Wollaſtonit 217.
  • Wood-Tin 539.
  • Würfelerz 402. 583.
  • Würfelſpath 366.
  • Würfelſteine 418.
  • Würfelzeolith 283.
  • Wulfenit 415.

X


  • Xanthit 231.
  • Xanthokon 609.
  • Xanthophyllit 207.
  • Xanthoſiderit 527.
  • Xanthus 525.
  • Xenolith 240.

Y


  • Yenit 304.
  • Ytterbit 305.
  • Yttererde 305.
  • — phosphorſaure 398.
  • Ytterit 305. 306.
  • Ytterſpath 382.
  • Yttrocerit 382.
  • Yttroilmenit 550.
  • Yttrotantalit 551.
  • Yttrotitanit 304.

Z


  • Zähne 388.
  • Zaffer 578.
  • Zahntürkis 392.
  • Zamarrut 262.
  • Zeagonit 286.
  • Zeichenſchiefer 702.
  • Zellkies 569.
  • Zeolithe 274.
  • Ziegelerz 555.
  • Zinckenit 596.

  • Zink 507.
  • Zinkbaryt 309.
  • Zinkbleiſpath 359.
  • Zinkblende 587.
  • Zinkblüthe 347.
  • Zinkerze 587.
  • Zinkferrit 517.
  • Zinkglas 309.
  • Zinkoſit 708.
  • Zinkoxyd 556.
  • — chromſaures 440.
  • — kohlenſaures 557.
  • — ſchwefelſaures 440.
  • — ſelenſaures 440.
  • Zinkſpath 346.
  • Zinkſpinell 255.
  • Zinkvitriol 440.
  • Zinn 500.
  • Zinnerze 537.
  • Zinngraupen 537.
  • — weiße 416.
  • Zinnkies 626.
  • Zinnober 591.
  • Zinnſeifen 538.
  • Zinnſtein 537.
  • Zinnwaldit 199.
  • Zinnzwitter 537.
  • Zirkon 256.
  • Zirkonſyenit 671.
  • Zoiſit 234.
  • Zonenpunktformel 41.
  • Zucker 455.
  • Zundererz 595.
  • Zwillinge
  • — dreigliedrige 83.
  • — viergliedrige 76.
  • — reguläre 70.
  • — zweigliedrige 86.
  • — zwei- und eingliedrige 89.
  • Zygadit 195.

[][][]
Notes
1.
Später hat man dieſe Eigenſchaft auch Theilbarkeit genannt, allein theil-
bar iſt alle Materie und nicht blos der Stein; ebenſowenig paßt Spaltbarkeit,
denn ſpalten kann man auch Holz. Wozu dieſe Verſchlechterung des Ausdrucks, wenn
ſeit Jahrhunderten der beſſere ſchon gäng und gebe war.
1).
Wir dürfen nur Aα auf zP von z oder P aus auftragen, und von dem neuen
Punkte zum Mittelpunkte o ziehen, ſo ſchneidet dieſe von Aα ein Drittheil ab.
*)
Bekanntlich ſchneiden ſich zwei in einer Axenecke gegenüberliegende Leucitoeder-
flächen unter 70° 31′ 44″, deren Complement der Oktaederwinkel 109° 28′ 16″ iſt.
*)
So nannte Sartorius von Waltershauſen eine amorphe braune Subſtanz von
Palagonia im Val di Noto am Aetna, die Bunſen auch auf Island wieder fand (Ann.
Chem. und Pharm. 61 265). Die leicht zerſprengbare Maſſe hat faſt Glashärte, 2,43
Gew., und beſteht aus 3 Ṙ + 2 R̶⃛ + 4 S⃛i + 9 Ḣ̶ = 37,42 S⃛i, 14,16 F̶⃛e, 11,17 A̶⃛l,
8,76 Ċa, 6,04 Ṁg, 17,15 Ḣ̶, 4,12 unlöslicher Rückſtand, woraus man die Formel des
Scapolith’s mit Waſſer, nämlich Ċa3 S⃛i2 + 2 A̶⃛l S⃛i + 9 Ḣ̶ konſtruiren kann. Die
vulkaniſchen (augitiſchen) Tuffe ſollen oft von dieſer Subſtanz durchdrungen ſein.
*)
Es gelten dieſe Axen nur annäherungsweiſe, denn Brooke maß T/r = 120° 30′,
den die Rechnung 120° 22′ gibt. Ja Köhler (Pogg. Ann. 37. 572) gibt umgekehrt die
Endkante über dem Blätterbruch M 116° und über der ſchmalen T 119° 15′ an Kry-
ſtallen von den Faröer Inſeln. Dieſer Irrthum iſt um ſo auffallender, als Köhler
darauf Analogien mit dem Kreuzſtein ſtützt. Schon Hauy gab den Winkel über M
(123° 32′) größer als über T (112° 14′), und allerdings kann man den Unterſchied
durch einen aus Papier geſchnittenen Winkel auf den Flächen M und T nachweiſen.
Man findet den ebenen Winkel oben unter der Endkante auf der breiten M etwas größer
als auf der ſchmalen.
*)
Brooke Edinb. Phil. Journ. VI.115 fand durch Meſſung den Winkel T/s =
116° und T/s' = 114°. Das weicht freilich bedeutend ab. Allein das Bauchige von
T mag an dieſem Fehler Schuld ſein. Jedenfalls ſind z s s' M die glänzendſten und
zum Meſſen geeignetſten Flächen.
*)
G. Roſe gibt fälſchlich 85° 6′ an.
*)
Es kommt bei der Darſtellung nicht auf die Winkel, ſondern auf die richtige
Orientirung der Flächen an. Miller orientirt die Flächen anders als Hauy, denn es
ſcheinen (Pogg. Ann. 55. Tab. 2. Fig. 33) ſeine Buchſtaben o n f die gleichen Oktaeder
wie bei Hauy bedeuten zu ſollen, ebenſo auch p m und f, dann aber hält er m für den
1ſten und p für den dritten, das widerſpricht dem Hauy. Entweder hat alſo Hauy
oder Miller in der Orientirung geirrt. Mir ſcheint der Irrthum auf Millers Seite zu
liegen.
*)
Da Millers Bezeichnungen in Poggendorfs Annalen
55. 624, in Beer’s höhere Optik ꝛc. vielfach vorkommen, ſo
benütze ich hier zum Schluß die Gelegenheit, ſie zu erklären:
Dieſelben ſchließen ſich glücklicher Weiſe eng an die Weißiſchen
*)
Axen an, indem ein Symbol von Weiß iſt, wie wir ſogleich pag.
662 beweiſen werden. Wegen dieſer Einfachheit verdienen ſie freilich vor vielen andern
Symbolen den Vorzug, doch könnten die Axenausdrücke eben ſo kurz neben einander
geſetzt werden.
*)
Einen ähnlichen Zug hat Dr. Hochſtetter im Böhmer Walde nachgewieſen, der
faſt in die nördliche Fortſetzung des Bayeriſchen fällt.

Dieses Werk ist gemeinfrei.


Rechtsinhaber*in
Kolimo+

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2025). Collection 1. Handbuch der Mineralogie. Handbuch der Mineralogie. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bk35.0