Handels-Diener/
Was ein Handels-Diener ſey/
was derſelbe vor Qualitaͤten und
Wiſſenſchafften an ſich haben muͤſſe/ dann
auch von dem dergleichen Handels-Dienern im
Fall ihres Wohl- oder Ubel-Verhaltens zukommen-
den Recht/ gehandelt/ durchgehends aber ein reicher
Vorrath allerhand heilſamer Lehren und Unterrich-
tungen/ gegeben wird/ deren ſich Lehr-begierige
Handels-Diener ſowohl zu Haus/ als auf Rei-
ſen mit ſonderbahren Nutzen bedienen
koͤnnen.
zu finden beyPeter Conrad Monath.
An. 1715.
Denen
Durchganz Teutſchland
und auch andern Reich und Laͤn-
dern
- (1.) Angehenden
- (2.) Wuͤrcklich ſchon einige Jahr in
Dienſten geſtandenen - (3.) Auſſer Dienſt lebenden
und - (4.) Jhre eigne Handlung bald an-
zufangenden
Handels-Dienern
wuͤnſcht
Nebenſt Zueignung dieſes Buchs
Der Author deſſelben
Ertraͤgliche und annehmliche/
Lehrreiche und nuͤtzliche
Handels-Dienſte/
)( 2in
[]in welchen
Jhre Geſundheit conſerviret und geſtaͤr-
cket/
Jhr Verſtand geſchaͤrffet/
Jhre Handels-Wiſſenſchafften gemeh-
ret/
Jhre Perſonen bey Einer Loͤblichen Kauff-
mannſchafft in Anſehen und Credit
geſetzet/
Jhre eigne Mittel rechtmaͤſſiger
Weiſe vermehret/
Der Grund zu Jhrer kuͤnfftigen Propre-
Handlung dadurch geleget/
und endlich von Jhnen
Das Zeugnus eines guten Gewiſ-
ſens vor GOTT/
Und redlichen Verhaltens/ von Jh-
ren Handels-Patronis, und andern Ehr-
liebenden Kauff-Leuten moͤge da-
von gebracht/
Jn waͤhrenden ihren Dienſt-Jahren
aber
Jhnen auf Jhren Reiſen/ der Schutz
der Heiligen Engel/
Bey
[]Bey wunderlichen Patronen die be-
noͤthigte Gedult/
Jn Creutz und Truͤbſal die wieder
aufrichtende Huͤlffe GOttes/
Jn ſchweren Amts-Verrich-
tungen Vorſichtigkeit/
allenthalben aber eine ſolche
Conduite, Auffuͤhrung und Tugend-
Liebe
mitgetheilet werden/
Durch welche ſie ſich dasjenige zu erlangen
capables machen/
Was zu Jhrer zeitlichen und ewigen
Gluͤckſeeligkeit
gereichen kan.
Vor-
[]
Vorrede.
SO wenig als es der-
jenige (der mit groſſer
Muͤhe und Unkoſten/
ein zur Kaufffardey
deſtinirtes Schiff/
von dem Stapel
oder dem Strand/ an welchem es ge-
bauet worden/ auf das Waſſer ge-
bracht/) dabey bewenden laͤſt/ daß
es daſelbſt als ein kleines Waſſer-
Caſtel ſich zwar anſehen ließ/ in den
Augen der Vorbeygehenden præſen-
tire/ wann es nicht auch dabey die/
ſich von demſelben promittirte Dien-
ſte/ vermitelſt der Farth/ zur See thun
und dadurch nutzbare Frachten/ und
andere Kauffmaͤnniſche Profiten ein-
brin-
[]Vorrede.
bringen ſollte; Eben ſo wenig hat es
mir auch/ Geneigter Leſer/ genuͤget/
den wol unterwieſenen Kauffmanns-
Jungen ſo weit gebracht zu haben/
daß er nun als Diener auftretten/
und (da er ſozureden von dem Kern
an/ aufgezogen/ und biß an die Zeit
des Fruchtbringens gewartet wor-
den/) die Fruͤchte ſeiner erſtandenen
Lehr- und Dienſt-Jahre in ſeinem
Diener- oder Geſellen-Stand wiſ-
ſen koͤnnte/ wann ich nicht auch/ wie
und welcher Geſtalt/ auch quo ordine
und in was vor unterſchiedlichen
Gradibus ſolches geſchehen muͤſſe/ da-
bey in einem beſondern Tractat haͤtte
anweiſen/ und die Nothwendigkeit
davon demonſtriren ſollen. Welches
dann in dieſem gegenwaͤrtigen ge-
getreuen und geſchickten Handels-
Diener/ und zwar in gleicher Diſpoſi-
tion der Capitel/ die bey dem Kauff-
manns-Jungen obſerviret worden/
)( 2ge-
[]Vorrede.
geſchiehet/ auſſer daß in dem 15. ein
ſonderbarer gluͤcklicher Einfall/ mich
auf eine Materiam, (nehmlich wie ei-
ne loͤbliche Stifftung und freundliche
Bruͤderſchafft unter denen Handels-
Verwandten/ eines groſſen Han-
dels-Platzes aufzurichten waͤre)
gebracht/ durch deren deutliche Aus-
fuͤhrung/ ich keines wegs zweiffle/
denen Commercirenden und ihren
Bedienten/ allerſeits einen groſſen
Nutzen und ſtattlichen Vortheil an-
gewieſen zu haben/ anerwogen/ daß
beydes die Herren/ welche gute Die-
ner benoͤthiget/ als auch die Dienſt-
ſuchende/ durch ein ſolches Addreß-
Haus ſicherer und geſchwinder ein-
ander werden koͤnnen zugebracht/ die-
ſe aber (inſonderheit dadurch/ weil ſie
an gewiſſe Jnnung und Reguln ge-
bunden/) ſich in ihren Dienſt-Jah-
ren ſo viel tugendhaffter werden auf-
fuͤhren muͤſſen/ als ſie das Gegentheil
thuen-
[]Vorrede.
thuende/ eben wie die zuͤnfftige Hand-
wercker zu beſorgen haben moͤchten/
im Fall ihres Ubel-Verhaltens an-
derwaͤrts nicht wieder recipirt zu
werden.
Wir geben aber dieſem Buch den
Titul des getreuen und geſchickten
Handels-Dieners/ weil beydes Inſe-
parabilia oder unzertrennliche Dinge
ſeyn/ indem einem Handels-Mann
wenig mit einem getreuen Diener ge-
dienet iſt/ wann derſelbe auch nicht
dabey ein guter Verrichter/ oder
wann im Gegentheil dieſes letztere
gleich waͤre/ das erſte aber erman-
gelte/ daher wir ihn auch/ was bey-
de Requiſita anbelanget/ in dem an-
dern und dritten Capitel ziemliche
Lehren mittheilen/ und was des-
falls ſeine Pflicht ſey/ ihme ernſtlich
einſchaͤrffen. Hiernechſt wird in denen
folgenden Capiteln dasjenige be-
ſchrieben/ was zuvor gleichſam uͤber
)( 5den
[]Vorrede.
den Horizont eines Jungens gewe-
ſen/ einem Diener aber zu thun oder
zu verrichten/ obliegen will/ wobey
wir ihm auch/ um ſeine Lehr- und Tu-
gend-Begierde deſto mehr anzuſpor-
nen/ den Vorſchmack desjenigen
Standes geben/ in welchem er ſelber
dermaleins Herꝛ werden/ und was
er alsdann in Handlungen verrichtet/
ſich ſelbſt und nicht mehr andern zum
Profit thun kan.
Da auch hierauf das Capitei von
dem Recht der Kauffmanns-Diener
folget/ ſo hat ein jeder Ehr-liebender
unter denſelben um ſo viel ſorgfaͤlti-
ger zu erwegen/ wie die Verpflich-
tung/ die ihm in ſeinen Dienſt-Jah-
ren auf dem Hals lieget/ (nachdem
er derſelben ſich wohl oder uͤbel
acquittiret) Belohnung oder Straff
nach ſich ziehen/ damit aber nun dem
Erſten ſo viel mehr von ihme moͤge
nachgetrachtet/ und das Letzere hin-
gegen
[]Vorrede.
gegen vermieden werden/ als laſſen
wir es zum Beſchluß an heilſamen
und Chriſtlichen darzu dienenden Er-
mahnungen und Lehren (welche meh-
rentheils aus vornehmer Theolo-
gorum Schrifften genommen wor-
den/) nicht ermangeln/ damit verhof-
fentlich das gantze Werck alſo einge-
richtet werde/ daß auch derjenige der
ſich klug und vollkommen in der
Kauffmanns-Diener Profeſſion zu
ſeyn beduͤncket/ dannoch noch unter-
ſchiedliches daraus zu lernen finden
moͤge. Nunmehro erwarte der ge-
neigte Leſer den Gelehrten-Kauff-
mann ingleichen hundert auserleſene
Vorfaͤlle/ uͤber das Jtaliaͤniſche
Buchhalten/ welches letztere um ſo
viel nuͤtzlicher ſeyn wird/ wann (da
etwan hin- und wieder hohe Lands-
Obrigkeiten ordentliche Commer-
cien-Collegia étabiliren ſollten) die-
ſelbe wie in Franckreich/ vermoͤg der
Koͤ-
[]Vorrede.
Koͤniglichen Ordonnanz geſchiehet/
ihre Kauffleute ernſtlich dahin an-
hielten/ daß ſie gleichfalls gute Ord-
nung in ihren Buͤchern und Scriptu-
ren zu halten/ beſſer als bißher geſche-
hen/ ſich ſollten angelegen ſeyn laſſen/
dabey es dann ſonderlich auf man-
chen Kauffmanns-Dieneꝛ ankommen
wuͤrde/ ſich eyfriger der Kunſt des
Buchhaltens zu bemuͤhen/ weil nicht
allein ihre Profeſſion ſolches ohne dem
erfordert/ ſondern auch das Commer-
cien-Collegium kuͤnfftig/ wann ein
ſolcher Diener ſeinen eigenen Handel
anfangen wollte/ genau darauf ſe-
hen/ (und wo nicht aus obbemeld-
ten hundert Vorfaͤllen) ihme doch
einen andern intricaten Buchhalters
Caſum zu journaliſiren vorgeben
koͤnte.
Endlich erinnern wir auch noch
zum Beſchluß/ daß dieſes Buch eini-
ge Capitel und Sachen in ſich ſchlieſ-
ſe
[]Vorrede.
ſe/ welche von der Beſchaffenheit
ſeyn/ daß es wohl meritire von ei-
nigen auf ihren Reiſen/ als ein nutz-
bares Vade Mecum mitgefuͤh-
ret zu werden.
Ver-
[]
Verzeichnis der in dieſem Buch
enthaltenen Capitel.
- Caput I.
Was ein Kauffmanns-Diener ſey/
und wie vielerley derſelben gefunden wer-
den. 1 - Caput II.
Was ein Kauffmann oder Handels-
Patron in Annehmung eines Handels-Die-
ner/ und dieſer wieder in Anſehung der
Dienſt/ in welche er ſich zu begeben geden-
cket/ in Obacht zu nehmen habe/ auch wel-
cher Geſtalt ihre Contractus, die ſie deß-
falls miteinander machen/ einzurichten ſeyn.
11 - Caput III.
Was ein Kauffmanns-Diener nach Art
der
[] der Handlung/ bey welcher er dienet/ wiſ-
ſen/ und auch ſonſt vor Qualitaͤten an ſich
haben muͤſſe/ ingleichen was einigen unter
ihnen vor Laſter und Gebrechen anzuhaͤn-
gen pflegen. 122 - Caput IV.
Was ein Kauffmanns-Diener vom
Buchhalten/ Wechſeln und Briefſchreiben
wiſſen muͤſſe. 180 - Caput V.
Auf was vor andere Wiſſenſchafften
mehr/ welche ebenfalls zur Handlung die-
nen/ ein Kauffmanns-Diener bey muͤßigen
Neben-Stunden ſich appliciren koͤnne.
233 - Caput VI.
Wie ſich ein Kauffmanns-Diener in ſei-
nes Patrons Geſchaͤfften/ auf Reiſen zu ver-
halten/ und was er vor ſeine eigene Perſon
dabey zu profitiren und zu lernen habe. 243 - Caput VII.
Wie ein Kauffmanns-Diener zu Haus/
)( )(und
[] und vornemlich auf Reiſen ſeiner Geſund-
wahrnehmen/ und wann dieſelbige einigen
Anſtoß gelitten/ ſolche durch dienliche/ und
zum Theil auf Reiſen leichtlich zu bekom-
mende Haus-Mittel wieder herſtellen/ ſon-
derlich aber/ wann er an inficirten Orten
ſich aufhalten muͤſte/ ſich vor der Peſt præ-
ſerviren koͤnne. 283 - Caput VIII.
Welcher Geſtalt ein Kauffmanns Die-
ner auf Reiſen/ die er zu Pferd verrichtet/
vor daſſelbe Sorgtragen/ und im Fall dem-
ſelben einige Kranckheit oder Unfall zuge-
ſtoſſen/ ſolches wieder davon curiren laſſen
koͤnne. 320 - Caput IX.
Von unterſchiedlicher auslaͤndiſcher
Muͤntzen/ ihren Valor, Wechſel-Cours, und
Reduction, wie auch einigen ſonderbaren
curieuſen Berechnungen und Rechnungs-
Tabellen/ und was etwan ſonſten an andern
nutzlichen Dingen mehr/ einem Handels-
Diener auf Reiſen und zu Haus wohl zu ſtat-
ten kommen moͤchte. 342
Caput
[]
- Caput X.
Von denen ſchrifftlichen Abſchieden und
Teſtimoniis, welche Kauffmanns-Dienern
(die ihrer Patronen Handlungen und Dien-
ſte/ nunmehro mit deroſelben Erlanbniß
und guten Willen quittiren/ entweder weil
ihre veraccordirte Dienſt-Jahre zu Ende ge-
lauffen/ oder ſie ihre eigene Handlung anzu-
fangen/ oder anderwaͤrts ihr Gluͤck bey
Handlungen weiter zu ſuchen gedencken) von
ſolchen ihren Patronis zu gewarten haben.
380 - Caput XI.
Welcher Geſtalt ein Kauffmanns-Die-
ner/ der nunmehro ſeinen eigenen Handel
anzufangen gedencket/ von dem Commer-
cien-Collegio muͤſſe examiniret/ hierauf
freygeſprochen/ und der Zahl der Buͤrger
und Kauffleut einverleibet werden. 399 - Caput XII.
Was ein Kauffmanns-Diener/ der ſei-
nen eigenen Handel/ entweder vor ſich ſelbſt
)( )( 2allein/
[] allein/ oder in Compagnie mit einem andern
anzufangen gedencket/ dabey zu obſerviren
habe. 427 - Caput XIII.
Was in Specie ein geweſener Kauff-
manns-Diener/ der nunmehro ſelbſt Han-
dels-Patron zu werden gedencket/ bey dem
Groß- und Detail-Handlung (das iſt bey
dem Handel mit gantzen Stuͤcken/ und auch
im Ausſchnitt oder ins Kleine) vor ſon-
derlicher Remarques haben muͤſſe. 448 - Caput XIV.
Von denen Kauffmanns-Dienern/ die
ihren eigenen Handel/ mit geringem Capital
angefangen/ durch GOttes Seegen aber/
mit der Zeit ſo viel dabey profitiret/ daß ſie
reiche und vornehme Leut hernach geworden.
475 - Caput XV.
Von gewiſſen Stifftungen/ Bruͤder-
ſchafften und Montibus Pietatis, welche
Kauffmanns-Dieners/ und andere/ der
werthen Kauffmannſchafft-Verwandte/ un-
ter
[] ter ſich machen koͤnnten/ mit was vor Re-
geln und Statutis ſelbige verſehen ſeyn muͤ-
ſten/ und was vor Nutzen/ ſowohl ſie ſelbſt/
als auch das Publicum, ſonderlich aber die
Kauffmannſchafft/ eines Orts davon zu ge-
warten haͤtte. 489 - Caput XVI.
Von dem Recht der Kauffmanns-Die-
ner/ deſſen ſie ſich/ wann ſie treu und redlich
dienen/ ſo wohl ihrer Dienſte und Salarii,
als auch ihrer Function halber erfreuen/ und
was ſie hingegen/ auch im Fall ihres Ubel-
Verhaltens zu gewarten haben. 504 - Anhang.
Unterſchiedlicher heilſamer
Lehren/ deren ſich junge Leut/ und
(ſonderlich auch die Kauffmanns-Diener)
wann ſie vor GOtt und der Welt einen
Chriſtlichen unſtraͤfflichen und erbaren
Wandel fuͤhren wollen/ bedie-
nen ſollen.
Wobey zugleich auch aus Seel. Herꝛ
)( )( 3D. Pfeif-
[]D. Pfeiffers Anti-Melancholico eine ſchoͤne
Erinneruug/ beydes an Herꝛn als Diener/
wegen der ihnen reſpectivè obliegenden
Pflichten/ und wie ſie ſich beyderſeits in de-
nen ihnen dabey zuſtoſſenden Wider-
waͤrtigkeiten zu troͤſten haben/ mit
beygefuͤget wird.
[1]
Des
Getreuen und geſchickten
Handels-Dieners
Caput I.
Was ein Kauffmanns-Diener
ſey/ und wie vielerley Arten der-
ſelben gefunden werden?
EJn Kauffmanns-Diener wird
derjenige genannt/ welcher nicht
eben einem Kauffmann/ was deſ-
ſen Perſon betrifft/ an ſeinem Leib
zu dienen/ ſich wiedmet (ſintemal
es mehr denen Jungens und
die noch in ihren Dienſt- und
Lehr-Jahren begriffen/ oder auch
auſſer denen Handels-Geſchaͤfften/ beſonders zu
dergleichen perſoͤhnlichen Dienſten und Aufwartung
angenommenen Perſonen und Laqueyen zukommt)
wiewol ſich auch gewiſſe Zufaͤlle ereignen koͤnnen/
da des Wohlſtands und der Hoͤflichkeit halben/ ein
Handels-Diener ſeinem Herꝛn/ mit ſonderbarer
Dienſtfertigkeit/ und Erweiſung gefaͤlliger Bedie-
Anung
[2]Caput I.
nung und Gefliſſenheit an deſſen Perſon zu bege-
gnen ſchuldig iſt/ ſondern es erſtrecken ſich ſeine Dien-
ſte mehrentheils auf ſeines Principals Handels-Ge-
ſchaͤffte/ denenſelben entweder nach beſten Wiſſen
und Vermoͤgen/ vermoͤg aufgetragener Gewalt
wohl vorzuſtehen/ oder die dabey vorfallende Ver-
richtungen/ nach ſeines Herꝛn Ordre und Willen
auszufuͤhren/ und in Summa alles dasjenige da-
bey zu thun/ was ſeinem Herꝛn und Principal
zum Nutzen gereichen/ deſſen Schaden abwen-
den/ und ihm ſelbſt vor ſeine Perſon die Laſt der
Handlung erleichtern kan; ſintemal eben darzu Die-
ners angenommen werden/ damit ſie die taͤglich
anwachſende Handels-Geſchaͤffte ihren Herren ab-
nehmen/ dieſe hingegen nach und nach der Ruhe bey
ihren durch Handlung erworbenen Reichthum/ oder
doch zulaͤnglichen Guͤtern/ genieſſen moͤgen/ wiewohl
auch mancher noch nicht ſo weit gekommener Han-
dels-Mann darum eben keinen Diener annimmt/ ſon-
dern vielmehr/ damit er an ſolchen einen treuen Ge-
huͤlffen in ſeiner Handlung haben/ und ſolche deſto
ſtaͤrcker fortſetzen moͤge. Andere Beweg-Urſa-
chen zu geſchweigen/ die ſich ohne dem hin- und
wieder in dieſem Tractat zur Gnuͤge aͤuſſern wer-
den.
Nachdem wir nun ſolcher Geſtalt was ein
Kauffmanns-Diener ſey/ in genere beſchrieben/ ſo iſt
auch noͤthig/ ſpecialiter die vielerley Arten/ Claſ-
ſes und Gradus derſelben/ zu betrachten/ da ſich denn
gleich die Complimentarii, Factores, Buchhal-
ter/ Contoriſten/ Laden und Gewoͤlb/ Waare und
Reiſe/ (oder auch zu unterſchiedlicher dieſer Factio-
nen
[3]Was ein Kauffmanns-Diener ſey[:]
nen geſchickte) Handels-Diener præſentiren/ die
wir jetzt alle der Ordnung nach beſchreiben und an-
ſehen wollen.
Ein Complimentarius, (welcher nicht von
Complimenten/ das iſt/ von allerhand hoͤflich/ heu-
tiges Tags zierlichen/ politiſchen/ zuweilen Grund-
falſchen und erlogenen Reden/ Schmeicheleyen/
oder Liebkoſungs-Worten/ dahero auch die Fran-
tzoͤſiſche Derivation eines accomply Menteurs
oder vollkommenen Luͤgners herkommt/ den Na-
men fuͤhret/) wird mehrentheils in Jtalien/ als
woraus dieſes Benennungs-Wort entſproſſen/
und auch in einigen vornehmen (ſonderlich hoch-
teutſchen) Contoiren und Handlungen diejenige
genannt/ der von dem Wort accomplir, Com-
plere, erfuͤllen/ die Stelle eines Handels-Patrons/
(entweder weil kein ſolcher vorhanden/ ſondern nur
die Handlung in Wittib- und Erben-Namen/ oder
vor ihre Rechnung fortgefuͤhret wird/ oder weil
der Patron ſelber/ aus Urſach obliegender anderer
Geſchaͤffte/ oder wegen allbereit genugſam erworbe-
nen Reichthums/ eine ſolche Vollmacht/ auf einen
getreu- und geſchickt-erfundenen Menſchen trans-
portiret/ und ihme nach Gefallen freye Haͤnde zu
ſchalten und zu walten ertheilet) vertritt/ und alles
nach eigenem Gutduͤncken/ in der ihme untergebe-
nen Handlung veranſtaltet/ und dahero den Na-
men Complimentarius empfaͤngt/ wie alſo in groſ-
ſen Druckereyen/ denen ein Haupt fehlet/ derjenige/
deme unter deſſen die Direction aufgetragen wor-
den ein Factor; in denen Apotecken der Ober-
ſte/ und zuweilen nach Abſterben ſeines Herꝛn alles
A 2ver-
[4]Caput I.
verſehende und dirigirende Geſell ein Proviſor;
Der einer Schuſter-Wittib/ ihrer Werckſtatt vor-
ſtehende aͤlteſte oder verſtaͤndigſte Schuh-Knecht/
ein Brett-Meiſter/ und ein dergleichen Schneider-
Geſell/ der der verwittibten Meiſterin in Bedienung
ihrer Kundten/ getreue Huͤlffe leiſtet/ und ſeinen
uͤbrigen Mitgeſellen/ ihre zuverfertigende Arbeit zu-
ſchneidet und anweiſet/ ein Tafel-Schneider ge-
nennet wird. Nur wolte ich/ daß im Kauffmanns-
Stand/ das Wort Complimentarius, auch nicht
ſo/ wie das Wort Banquier, gemißbrauchet wuͤrde/
und daß derje-nige/ der nicht etwan in einem Welt-
beruͤhmten Contoir das Fac-Totum iſt/ mit dem
Prædicat eines getreuen Handels-Diener vorlieb
nehme/ welches ihme eine groͤſſere Ehre/ als das
hochpraleriſche Complimentariat/ (da weder an
ihm noch der Handlung/ der er vorſtehet/ nicht viel
beſonders iſt) ſeyn wuͤrde; wie ich denn in einer vor-
nehmen Reichs-Stadt einen ſolchen/ nicht den Na-
men/ ſondern der That nach warhafftigen Compli-
mentarium (welcher einer Welt-beruͤhmten
Handlung/ von welcher der Principal geſtorben/
lange Jahr in der Wittib Dienſten vorgeſtanden/ und
weil er dabey die Freyheit gehabt/ Nebenhand-
lungen vor ſich zu treiben/ durch Fleiß und Sorg-
falt/ zufoͤrderſt aber durch GOttes Seegen biß
14000. Reichsthl. erworben/ gekannt habe/ wel-
cher ſich Schertz halben offt ſelbſt einen armen Dienſt-
boten/ meiſtentheils aber gegen diejenige genannt/ die
etwan Geld von ihm entlehnen wollen/ welche er aber
gemeiniglich mit dieſen Worten abgefertiget/ daß
man ſolches bey ſeines gleichen Dienſtboten nicht ſu-
chen
[5]Was ein Kauffmanns-Diener ſey[:]
chen muͤſte/ da er in deſſen vor viel tauſend Cre-
dit an der Boͤrß und im Beutel gehabt.
Der andere Grad der Handels-Bedienten
ſeynd/ die ſogenannte Factores, à faciendo vom
Thun/ alſo genannt. Dieſes Wort Factor, ob es
wohl nicht ſo viel ſyllbig als Complimentarius her-
auskommt/ hat doch bey manchen mehr in Receſ-
ſu, als eines andern ſein Complimentariat, in
dem auf einen ſolchen das gantze Fac-Totum offt in
einer Handlung lieget/ wiewol ich auch den Na-
men/ oder vielmehr dieſes Prædicat, nicht wol ver-
tragen kan/ wann ich bedencke/ daß gleichwohl ein
Unterſchied zwiſchen denen auslaͤndiſchen Factori-
bus ſeyn muͤſſe/ die etwan Kauffleut in ihren Com-
miſſionibus bedienen/ und alſo nur in einem Theil
ihrer Handlung ihnen zu Dienſten ſtehen/ es waͤre
denn/ daß man jene/ Einlaͤndiſche und Domeſticos
Factores nennen wollte/ in welchem Fall/ ihnen ſol-
ches Prædicat noch wohl moͤchte koͤnnen beygeleget
werden.
Buchhalters heiſt man diejenige/ die der Kauff-
leut Buͤcher fuͤhren/ das iſt/ welche/ die das Mo-
nat uͤber gehandelte Poſten/ buchhalteriſchen Sty-
lo nach journaliſiren/ folglich in das Haupt-Buch
uͤbertragen/ monatliche und auch jaͤhrliche Schluß-
Bilantze daraus ziehen/ ſolche ihren Principalibus
præſentiren/ und daraus in richtiger Ordnung de-
nenſelbigen ihren Handels-Etat, auch was des
Jahrs uͤber in der Handlung gewonnen oder ver-
lohren worden/ vorſtellen. Solche Buchhalter ſeynd
nun wieder zweyerley/ nemlich entweder ſolche/ die
mehr als ein Contoir bedienen/ und auſſer den Buͤ-
A 3cher-
[6]Caput I.
cherfuͤhren/ und Rechnung ausſchreiben auch et-
wan der Relation, die ſie daraus dem Principali
von ſeines Handels-Zuſtand vorſtellen/ ſich ſonſt
mit keinen andern Handels-Geſchaͤfften vermengen/
ſondern/ wenn ſie ihre monathliche Verrichtung ein-
gezogen und billanzirt/ folglich ſich auf ein an-
der Contoir begeben/ und daſelbſt dergleichen
thun.
Oder es ſeynd alſo genannte/ und auch zu an-
dern Handels-Geſchaͤfften angenommene und beſol-
dete Handels-Diener/ welche einig und allein in
eines einzigen Patrons Dienſten ſtehen/ und weil
ſie vor andern mehr Capacitaͤt und Erfahrung/ auch
gruͤndlichere Wiſſenſchafft des Buchhaltens haben/
von ſolchen auch uͤber die Buͤcher geſetzet/ dadurch
vor andern Bedienten diſtinguiret/ hoͤher als an-
dere ſalariret/ und in die Authoritaͤt geſetzet wer-
den/ denen unter ihnen ſtehenden/ im Namen des
Patrons, und was zu deſſen Handlung Nutzen ge-
reichet/ befehlen zu koͤnnen. Dieſe/ wie ſie die Arca-
na Negocii unter Handen haben/ mit ihren Her-
ren zuweilen in Berathſchlagungen dieſer oder jener
Handels-Angelegenheit eingehen/ alſo ſeynd es auch
eigentlich die vornehmſte Handels-Diener/ welche
tacitè die Complimentariatſchafft und Factorey
verwalten/ und in ihrem Prædicat der Buchhalter
den rechten Characteur eines wohl meritirten und
conſiderirten oͤberſten Handels-Diener einſchlieſſen.
Jhnen folgen
Die Contoiriſten/ die in anſehnlichen und
vornehmen Handlungen auch ihre beſondere Conſi-
deration und Wuͤrde haben/ und ſeynd ſelbige ent-
weder
[7]Was ein Kauffmanns-Diener ſey[:]
weder Correſpondenten/ welche die Brieffe ſchrei-
ben/ dahero auch fremde Sprachen/ und eines
guten Styli, ſonderlich aber des Handels Zuſtands/
worauf ſolcher rouliret oder beſtehet/ kundig ſeyn
muͤſſen/ wobey ihnen auch die Geſchaͤffte an der
Boͤrß/ in Wechſel-Schluͤſſen/ Ein- und Verkauff
der Waaren/ und dergleichen/ vielmals mit anver-
trauet und aufgetragen werden.
Oder es ſeynd nur bloſſe Caſſirers, welche die
Geld-Caſſam fuͤhren/ und in Staͤdten/ da keine Ban-
quen aufgerichtet/ mit Geld-Einnahm und Aus-
gab zu thun haben/ uͤber ſolche monatlich dem Buch-
halter ihr wohlgeſchloſſenes Caſſa-Buch uͤberrei-
chen/ damit er aus ſolchen den Ubertrag in die
Handels-Buͤcher machen koͤnne.
Zu denen Contoiriſten moͤchte man auch rech-
nen/ die neu-angehende Handels-Diener/ welche
poſttaͤglich mit Briefſchreiben und copyren helffen/
und dabey ihnen zukommende und aufgetragene
Handels-Geſchaͤffte/ auch auſſerhalb Haus verrich-
ten muͤſſen.
Laden-Gewoͤlb- und Waaren-Die-
ner/ ſeynd diejenige/ welche bloß mit Waaren/
und was deren Ein- und Verkauff betrifft/ umge-
hen/ dieſelbe zu ſortiren zu pflegen/ und zu conſer-
viren wiſſen/ bey ſolchen auch taͤglich im Laden/
Kram oder Gewoͤlb aufwarten. Ob nun wohl eini-
ge unter ihnen auch zu denen Affairen auf den Con-
toir nicht untuͤchtig ſeyn/ und zuweilen bey ihren
Principalen nebenſt der Kraͤmerey/ (die als ein
Stuͤck ihrer Handlung tractiret wird/) auch ande-
re Real-Handlungen ſehen/ und unter Handen be-
A 4kom-
[8]Caput I.
kommen/ ſo wiſſen doch hingegen ihrer viele/ auſ-
ſer ihren Waaren/ und was im Kram vorgehet/
nicht viel von Real-Handlungen/ ſonderlich die-
jenige/ die in groſſen Manufacturen dienen/ und
welchen entweder die Abrechnung mit denen Hand-
wercksleuten/ was ſolche an Materialien bekom-
men/ und an gemachten Waaren dagegen wieder
einlieffern/ oder der Ein- und Verkauff/ item des
Empfangenen und Verſendenden ſolcher Waaren/
anbefohlen iſt.
Reiſe-Diener/ ſeynd zwar alle Handels-
Diener/ die in ihrer Herren Geſchaͤfften ausgeſandt
werden. Es giebt aber auch deren einige/ die conti-
nuirlich von ihren Herren zu ſolcher Function, ent-
weder ihrer ſtarcken Leibes-Complexion oder
Kaͤnntniß fremder Sprachen/ oder auch anderer Ur-
ſachen halber/ gebraucht werden/ und dahero offt in
Jahr und Tagen nicht zu Haus kommen. Diejenige/
welche nur bloß Schulden zu mahnen ausgeſandt
werden/ haben zuweilen dieſes Officium, weil
ſie zu hoͤhern Handels-Verrichtungen nicht allzu-
geſchickt ſeyn/ oder weil ihres Patrons Handlung
erfordert/ allezeit an dieſem oder jenem Orteinen ſtill-
liegenden Diener zu haben/ der nicht allein Schul-
den einmahne/ ſondern auch Waaren ein- und ver-
kauffe/ und was von Zeit zu Zeit in Handlungen
paſſirt/ obſervire und aviſire. Und dieſes waͤre
alſo kuͤrtzlich die Definition unterſchiedlicher Han-
dels-Diener/ ihren ſonderbaren Verrichtungen
nach; auſſer dieſen aber ſeynd ſie auch anzuſehen/ daß
etliche derſelben neu-angehende/ und erſt aus denen
Lehr-Jahren kommende/ andere alte geuͤbte Pra-
ctici,
[9]Was ein Kauffmanns-Diener ſey[:]
ctici, einige aus Begierde etwas mehrers zu ſehen/
und zu lernen/ andere bloß aus Intereſſe Dienen-
de/ etliche zeitige/ andere immerfort in Dienſten-
ſtehende ſeyn.
Die Neu-angehende/ haben zwar noch nicht
die Erfahrung der lang-geuͤbten/ wann aber nur eine
ruͤhmliche Begierde und Feuer in ihnen iſt/ ſich als
Handels-Diener ihrer Function wohl zu acquiri-
ren/ taͤglich mehrere Progreſſus in denen Handels-
Wiſſenſchafften zu machen/ ſo iſt ſolches ſchon loͤb-
lich/ und erſetzet etlicher maſſen/ was ihrer Capaci-
taͤt abgehen moͤchte.
AltePractici und lang bey der Handlung Ge-
uͤbte/ ſeynd einem Handels-Patron ſo viel nuͤtzlicher/
als ſie der Handlung Zuſtand ſchon wiſſen/ und von
ſelbſt ungeheiſſen thun koͤnnen/ was ihnen zu thun
oblieget.
Diejenige/ welche aus Begierde etwas meh-
rers in negotiis zu profitiren/ ſich in Dienſt bege-
ben/ ſeynd gemeiniglich ſolche/ die ſchon ihr kuͤnff-
tiges Etabliſſement wiſſen/ und nur darum die-
nen/ damit ſie ſich in dem/ was ihrer kuͤnfftigen Hand-
lung zutraͤglich ſeyn moͤchte/ ſo viel mehr perfectio-
niren koͤnnen.
Hingegen dienen andere aus Intereſſe und Ab-
ſichten/ wie dorten Jacob um ſeine Rahel, inglei-
chen/ damit ſie ſich etwas verdienen moͤgen/ davon
ſie kuͤnfftig ihren eigenen Handel anfangen/ oder auch
im Alter davon leben koͤnnen/ welches ihnen zumalen
wohlgelinget/ wann ihre Principales ihnen eine beſon-
dere kleine Neben-Handlung vor eigene Rechnung
zu thun vergoͤnnen/ wiewol ſolches cum grano ſalis,
A 5wie
[10]Cap. I. Was ein Kauffmanns-Diener ꝛc.
wie weit nemlich es einem Handels-Patron anſtaͤndig
ſey/ daß ſein Diener neben ihm Handlung treibe/
anzuſehen iſt/ wovon anderwerts mit mehrern ſoll
gehandelt werden.
Zeitige Dieners ſeynd diejenige/ die nur auf
gewiſſe Zeit von Jahren dienen/ hernach ihr Gluͤck
weiter ſuchen/ von einer Handlung zur andern ge-
hen/ oder endlich gar ihr eigenes anfangen.
Da hingegen andere (vornehmlich die keine groſ-
ſe Mittel haben/ oder von Jugend auf in einer vor-
nehmen Handlung gedienet/ die ein groß Capital
erfordert) ſich/ weil ſie entweder ihr Conto beſ-
ſer beym Dienen/ und die Fuͤſſe unter eines andern
Tiſch zu ſtecken/ als bey dieſen ſchwehren Zeiten ihr
eigenes anzufangen finden; oder weil ſie ihren Prin-
cipalen mit Lieb und Treu zugethan ſind/ und ſich
ſeinem Hauß verbunden halten/ ſeiner Handlung
beſtaͤndig/ und Zeit ſeines Lebens zugethan zu ſeyn/
widmen/ und dannenhero biß an das End ihres Le-
bens/ gegen Empfang eines jaͤhrlichen zulaͤnglichen
Salarii verbleiben/ dabey auch vielmahls ſich
ſamt den Jhrigen gar wohl be-
finden.
Caput
[11]
Caput II.
Was ein Kauffmann in An-
nehmung eines Handels-Dieners/
und dieſer wieder/ in Anſehung der Dienſt/
in welche er ſich zu begeben gedencket/ zu ob-
ſerviren habe/ auch welcher Geſtalt ihre Con-
tractus, die ſie deßfalls mit einander ma-
chen/ einzurichten ſeyn?
EJn Kauffmann/ der einen Diener anneh-
men will/ hat zuforderſt Acht zu geben (1.)
auf ſich/ ſeine Handlung/ und Hauß-
ſtand/ (2.) auf des Dieners/ den er
annehmen will/ ſeine Perſohn/ Qualitaͤten/ und
andere Umbſtaͤnde; und (3.) auf das Publicum
ſelbſt/ und etwann die Beſchaffenheit des Orts/
und der Zeiten/ in welchen er lebet/ und ſeine Hand-
lung établiret hat. Seine eigene Perſohn ſiehet
ein Kauffmann bey Annehmung eines Dieners an/
ob ſolche ſo unvermoͤgend/ alt/ ſchwach/ oder von
andern Geſchaͤfften dergeſtalt diſtrahirt ſey/ daß er
nicht laͤnger ſeine Handlung ohne Gehuͤlffen/ und
zwar auſſer den Jungen noch eines Dieners/ der
die wichtigſten Handels-Geſchaͤffte beſorge und ver-
richte/ fortzufuͤhren vermoͤge. Er betrachtet fer-
ner/ ob ſeine Handlung ſo viel eintrage/ daß funff-
tzig oder hundert/ auch wohl doppelt ſo viele Reichs-
thaler/ nebenſt der freyen Koſt/ Logiment und
Waͤſche/ dem Diener Jaͤhrlich koͤnnen pro Salario
und
[12]Caput II.
und Ergoͤtzlichkeit ſeiner Dienſte gegeben werden?
ob nicht ſein Handels-Jung/ der ſchon etliche Dienſt
und Lehr-Jahr bey ihm zuruck geleget/ oder auch
ſein/ des Kauffmanns/ eigene Kinder von der Faͤhig-
keit ſeyn/ ihme Handels-Dienſte zu thun/ ohne daß
hierzu ein ſonderbahrer beſoldeter Diener erfordert
werde.
Bey welcher Gelegenheit ich nicht umhin kan/
denen (auf gute Conditiones ſich allzu viel verlaſ-
ſenden) Handels-Dienern zur Nachricht und War-
nung zu ſagen/ daß es heutiges Tags mit ihren
Dienen eine gantz andere Bewandniß habe/ als es
vor 40. oder 50. Jahren gehabt/ da nicht ſo wohl
Kraͤmers-als andere Kauffleut ſehr viel Dieners/
und zwar offt Super-Numerarios, oder uͤber die
benoͤthigte Zahl gehalten. Einige auch noch biß
dato/ jedoch nur ſo viel/ als ſie unentbehrlich ha-
ben muͤſſen/ derſelben in Dienſte nehmen/ welches
wir ihnen auch nicht abſprechen wollen; allein ſei-
ter dem/ daß in denen See- und andern groſſen
Handels-Staͤdten die guten Schreib- und Rechen-
Schulen/ worzu ſonderlich Nuͤrnberg/ Hamburg/
Leiptzig/ Franckfurt/ Luͤbeck/ Amſterdam/ ſtattliche
Exempel der Nachahmung gegeben/ aufgekom-
men/ in welchen die zur Kauffmannſchafft gewid-
mete Jugend/ ſchon einen guten Vorſchmack zu al-
lerhand Handels-Wiſſenſchafften bekommt/ auch die
Handlung ſich dergeſtalt ausgebreitet/ daß ſelbige
ein mehr bekanntes Gewerb/ als vor dieſen gewor-
den/ die heutige Jugend auch durch Kunſt und Wiſ-
ſenſchafften mehr als vormahls an Verſtand ge-
ſchaͤrffet wird/ ſo daß viel zeitiger als vor dieſen ein
jun-
[13]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
junger Knab von ſeinen Eltern zu der Profeſſion,
zu welcher er gewidmet iſt/ und alſo auch zur Kauff-
mannſchafft angehalten werden kan; da faͤllt das
Dienen-Halten zimlich weg/ und behilfft ſich nicht
allein obbemeldter Urſachen halber/ ſonderlich bey
dieſen kuͤmmerlichen Zeiten/ ein Kauffmann ſo gut
er kan/ mit ſeinen Dienſt- und Lehr-Jungens/ und
eigenen Kindern; arbeitet auch wohl ſelbſt umb ſo
viel mehr/ damit er nur nicht viel Bediente zu hal-
ten/ noͤthig haben moͤchte; dahero es/ ſonderlich in
Holland/ nicht mehr um die Zeit iſt/ daß einer/ der
vor Diener daſelbſt dienen will/ ſich ein groſſes Sa-
larium verſprechen darff/ ſondern es werden ihme
noch wohl jaͤhrlich ein hundert oder mehr Gulden
Koſt-Geld darzu abgefordert. Seiter dem auch/
daß die Ab- und Zuſchreib-Banques aufgekom-
men/ erſpahren die Kauffleute an denen Orten (wo
faſt alle Zahlungen per Banco geſchehen) ſchon ei-
nes Dieners/ den ſie ſonſt auf ihre Caſſam haͤtten
halten muͤſſen/ man theilet auch nicht mehr die Han-
dels-Geſchaͤfften ſo genau ein/ da jeder Bedienter
eben ſeine gewiſſe Verrichtungen haben/ und auſ-
ſer derſelben an keine andere gebunden ſeyn ſolte/
ſondern wer des Tags uͤber in der Bude oder
Waaren-Gewoͤlb geſtanden/ muß deß Abends auf
das Contoir, und bey die Buͤcher/ auch wann es
den Patron beliebet/ ſich zu Pferd/ Wagen/ oder
Schiff ſetzen/ und da oder dorthin/ nahe oder ferne/
umb Schulden einzucaſſiren/ Waaren einzukauf-
fen/ oder wieder zu verkauffen/ oder auch nach des
Patrons Ordre andre Geſchaͤffte auszurichten/ fort-
reiſen/ welches eben das jenige iſt/ was ein Han-
dels-
[14]Caput II.
dels-Principal am beſten wiſſen muß/ worzu ihm/
einen Diener zu halten/ noͤthig ſey oder nicht. Wie
nun einige hierinnen in exceſſu fehlen/ das iſt/ daß
ſie mehr Diener annehmen/ als ſie deren noͤthig ha-
ben/ ſo pecciren andere hingegen wieder in defe-
ctu, welche entweder aus Kargheit/ oder aus all-
zu abſurder Vorſichtigkeit/ daß ihnen ihre Hand-
lung/ die doch eben kein Myſterium iſt/ nicht moͤge
abgeſehen werden/ keinen Diener halten wollen/
ſondern lieber ſelbſt arbeiten/ lauffen und rennen/ ehe
ſie einem ehrlichen Menſchen das Brod bey ſich goͤn-
neten/ oder ihm etwas bey ſich ſehen und lernen
lieſſen/ damit er kuͤnfftig auch zu einen Mann wer-
den koͤnte.
Bey etlichen kommt auch ihre Haußhaltung
in Conſideration, um nach gewiſſen Umſtaͤnden
derſelben entweder Dieners anzunehmen oder nicht;
dann da will entweder die karge Hauß-Mutter ih-
nen nicht ſatt zu eſſen geben/ oder es geben andere
Dinge in manches ehrlichen Manns ſeinem Hauß/
auch wider ſeinem Willen/ vor/ welche er nicht ger-
ne haben wolte/ daß ſie andern Leuten kund werden
ſolten. Zuweilen mangelt auch der benoͤthigte
Raum/ einen Handels-Bedienten wohl zu logiren/
und da ein Hauß-Vater offt ſamt den Seinigen
ſich mit wenigen behilfft/ will es doch propter De-
corum ſich/ wann man ordentlich Geſind hat/ nicht
ſo wohl thun laſſen/ ſondern der Auffgang/ oder die
Ausgab wird allezeit groͤſſer; Andere Betrachtungen
mehr zu geſchweigen/ welche etwann einem Kauff-
mann ſeiner Haußhaltung halber vorkommen moͤch-
ten/ eh er ſich einen Diener anzunehmen/ reſolvi-
ren koͤnte.
Wegen
[15]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Wegen der Perſohn des Dieners hat er erſt-
lich phyſicè zu betrachten/ ob das ſich angegebene/
in Vorſchlag gebrachte/ oder ihme recommandir-
te Subjectum zu ſeinen Dienſten und Geſchaͤfften/
zu alt oder zu jung/ zu ſtarck oder zu ſchwach/ zu
feurig und munter/ oder zu melancholiſch und ſtumpf
ſey/ dann was ſoll ein verdroſſener/ ſchwerer/ fau-
ler/ alt und ſchwacher/ kraͤncklicher Kerl/ bey Hand-
lungen von groſſen Fatiquen oder Reiſen/ welche
einen aufgeweckten Geiſt/ beredten Mund/ hurtige
Haͤnde und Fuͤſſe/ und eine kurtze Reſolution er-
fordern/ und hingegen ein allzu blutreicher/ allzu
lebhafftiger/ prompter und luſtig-geſinnter/ bey
Handlungen/ die in vielen Sitzen/ Speculiren und
Nachſinnen beſtehet. Werden dieſe widrige Tem-
peramenta nicht auch einen widrigen Effect nach
ſich ziehen; wiewohl auch nicht zu laͤugnen/ daß ein
gutes Naturel, und die (bey vielen dergleichen Sub-
jectis) die Oberhand habende Vernunfft auch uͤber
ihre Affecten den Meiſter ſpielen/ und ſolche zu rech-
ter Zeit bezaͤhmen koͤnnen/ wiewohl auch dieſe Phy-
ſica liſche Reflexion nicht eben allein bey eines an-
zunehmenden Dieners Perſohn in Conſideration
kommen; ſondern es findet ſich auch vor das ande-
re eine Moroſiſche/ darinn beſtehende/ daß entwe-
der die Lebens-Art eines ſolchen Dieners nicht mit
dem Humeur des Handels-Patrons, oder der Con-
venientz ſeiner Handlung uͤberein komme/ am aller-
meinſten aber zeiget ſich darinnen nach einer Poli-
tiſchen Betrachtung/ ob es rathſam ſey/ zu der Wahl
des angegebenen Subjecti zu ſchreiten oder nicht;
wann nehmlich bevor ſtehet/ daß ein ſolcher Menſch
von
[16]Caput II.
von einer ſolchen Extraction und Condition ſey/
daß wenn er erſt die Handels-Arcana des Patrons
abgeſehen/ er ſich kuͤnfftig derſelben zu ſein/ des
Principals Schaden durch eigene Handlung/ oder
durch Divulgirung an andere Leute/ und ſonderlich
an ſeine Freunde zu Nutz machen koͤnte; oder es zei-
get ſich auch ein anderer Argwohn und Furcht/ wa-
rum man einen ſolchen nicht in die Zahl ſeiner Do-
meſtiquen auf- und ins Hauß und Handlung an-
nehmen koͤnne; wiewohl auch im Gegentheil aus
eben ſolchen Conſiderationibus von der Perſohn
eines Dienſt-ſuchenden Subjecti hergenommen die
Annehmung deſſelben facilitiret werden koͤnte/ als
wann er von ſolchem Hauß oder Familie entſproſſen
oder recommandiret waͤre/ welcher man Obliga-
tion haͤtte/ und nichts verſagen koͤnte; item/ wann
die Abſicht dabey vorkaͤme/ daß/ da ein ſolcher
Menſch zuvor anderwaͤrts gedienet/ und gruͤndli-
che Nachricht von frembder Handlung haͤtte/ man
durch ihm (jnſonderheit wann er mißvergnuͤget weg-
gekommen) hinter neue Kundſchafft und Arcana,
welches ſich dann gar offt zutraͤgt/ kommen koͤnte/
wiewohl dieſes kein zugelaſſener Modus, ſeine Hand-
lung zu vergroͤſſern/ mag genennet werden/ wie
dann auch ein ehrliebender Kauffmann von ſich ſelbſt
eines andern in Ungunſt/ und umb ſeines eigenen
Verſchuldens willen weggekommenen Diener ſo
leicht nicht in Dienſte nehmen wird/ in Anſehung/
daß es nicht wohl gethan/ und kein gut Gebluͤt bey
den vorigen gegen den neuen Herrn zu ſetzen pfle-
get/ ſolcher Geſtalt auch viel lieber ein ſolcher Menſch
(ſonderlich wann er ein muthwilliger Deſerteur iſt)
ſolte
[17]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
ſolte abgewieſen/ als unſers Mitbuͤrgers Freund-
ſchafft dadurch verlohren werden/ wie dann auch
viel loͤbliche Handwercks-Jnnungen in ihren Statu-
tis dieſes expreſſe, als einen legem haben/ daß
niemand des andern mit Unwillen dimittirtes oder
entlauffenes Geſind behauſen und beherbergen/ viel
weniger in Dienſt und Arbeit nehmen darff/ weil
durch ſolche ungeſtraffte Uberlauffung das Geſind
nur halßſtarriger gemacht/ und was dem einen ge-
ſchehen/ dem andern auch wiederfahren kan; zu wel-
chem Ende auch ſehr loͤbliche unterſchiedliche Obrig-
keitliche Verordnungen ergangen/ daß niemand ei-
nes andern Geſind anzunehmen befugt ſeyn ſolte/
es haͤtte dann ſelbiges ein beglaubtes Zeugniß ſei-
nes Wohlverhaltens und guͤltigen Abſchied/ daß es
mit gutem Willen ſeines vorigen Herrns aus Dien-
ſten gekommen/ aufzuweiſen.
Ein anderes waͤre es/ wann ein ſolcher Menſch
erhebliche und rechtmaͤßige Urſachen ſeiner Ver-
aͤnderung anzufuͤhren haͤtte/ und daß ſolche Beweg-
Gruͤnde vor ihm ſtritten/ auf welche ihme gar wohl/
und ohne weiteres Bedencken anderwaͤrts Dienſt
koͤnte gegeben werden/ oder daß auch ein Handels-
Patron beſondere zulaͤßige Abſichten und Motiven
haͤtte/ warum er einen ſolchen Menſchen gar fuͤg-
lich wieder in Dienſten zu nehmen kein Bedencken
tragen duͤrffte. Mehrmahls werden auch Handels-
Diener/ welche ihre Dienſte præſentiren/ ihrer Per-
ſon halber/ angenommen/ aus einer ſonderbahren
Zuneigung und untruͤglichen Perſuaſion, die ein
Handels Patron vor ihre Meriten hat/ welche ihm
wohl gar zu der heimlichen Reſolution bringen/
Bdie-
[18]Caput II.
dieſelbe entweder gar in ſeine Handlung zu neh-
men/ oder noch naͤhere Verbuͤndlichkeit durch
Verheyrathung einer ſeiner Toͤchter an denſelben
mit ihm zu ſchlieſſen.
Was die zu betrachtende Qualitaͤten des Ver-
ſtands betrifft/ iſt ein ſolcher ſeine Dienſt præſenti-
rende oder recommendirte Diener entweder ein
guter Verrichter/ von dem man verſichert iſt/ gute
und nuͤtzliche Dienſte zu ziehen/ oder es mangelt ihm
auch an der benoͤthigten Capacitaͤt/ in jenem Fall
wird der Contract bald geſchloſſen ſeyn/ wann ſon-
derlich andere erforderte Requiſita ſich mehr dabey
befinden; in dieſem aber haͤlt es ſchon etwas haͤrter/
obgleich das Subjectum ſonſt an ſich ſelbſt von
gutem Hauß/ Naturel und Recommendation,
auch auf ſeine Conduite nichts auszuſetzen ſeyn
moͤchte/ dahero es offtmahls kommt/ daß derglei-
chen Leut/ auf ein oder zwey Jahr noch ohne Sala-
rium, biß ſie ſich etwas feſter in denen Handels-
Wiſſenſchafften geſetzet/ engagiret werden/ oder
gar/ wie in Holland geſchiehet/ noch etwas Geld
zugeben muͤſſen/ wann auch ſelten ein ſo capables
Subjectum gefunden wird/ welches in alle Saͤttel
gerecht ſeyn ſolte/ nach dem bekannten Sprichwort:
Non omnia poſſumus omnes, man kan nicht von
einem alles fordern. Als ſeynd ſolchem nach etliche
gute Contoiriſten/ welche mehr bey der Feder/
Buchhalten und Correſpondenz, als zum Waa-
ren dienen; Andere hingegen verſtehen ſich gut auf
den Ein- und Verkauff/ und ſeynd vollkommene
Kraͤmer/ Rabuliſten/ das iſt ſolche/ welche auf der
Kraͤmerey ausgelernet/ und in ſolcher einem Pa-
trono
[19]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
trono nuͤtzliche Dienſte leiſten koͤnnen; andere hin-
gegen haben eine Freymuͤthigkeit in Schulden einzu-
fordern/ eine gute und geſunde Leibes-Conſtitu-
tion zum Reiſen/ verſtehen auch etwann des Lan-
des Sprach/ wohin ſie ihr Patron zu ſenden geden-
cket; noch andere ſeynd ſehr viel bey Manufacturen-
Handlungen umbgegangen/ koͤnnen auch wohl ſelb-
ſten in ein und andern Hand mit anlegen/ oder es
finden ſich auch dergleichen/ welche mit guten Atte-
ſtatis verſehen/ eine gute Mine und Anſehen/ ſon-
derlich aber das Donum inſinuandi haben/ dabey
hurtig/ aufgemuntert und unverdroſſen ſeyn/ und ei-
ne gute Hoffnung nuͤtzlicher Dienſte von ſich geben.
Solche Qualitaͤten alle kommen alsdann bey einem
Patrono in Conſideration, daß er ſo viel leichter
reſolviren kan/ und einen guten Menſchen/ was
ſolcher von ihnen zu hoffen habe/ nicht lange auf-
halten darff/ wie dann inſonderheit bey dieſen letz-
teren Punct die uͤbele Gewohnheit mancher Kauff-
leute nicht zu loben iſt/ daß ſie manchen jungen ehr-
lichen Menſchen/ der etwann Condition bey Jh-
nen ſucht/ das Maul aufſperren/ als wann ſie ihn
entweder ſelbſt accommodiren/ oder doch bey an-
deren recommandiren wolten/ da doch hernach
aus beyden nichts wird/ der Expectant aber in-
deſſen das Seinige verzehren/ und noch darzu biß-
weilen anderwerts ein gutes Gluͤck verſehen muß.
Was ein gewiſſenhaffter erbarer Kauffmann iſt/ der
wird allen ſolchen jungen Leuten gleich mit Penetra-
tion, und aus vielen Merckmahlen ins Hertz greiffen/
ihre Profectus erkundigen/ und ſo gleich aus einer
kurtzen Converſation und Betrachtung etlicher
B 2Neben-
[20]Caput II.
Neben-Umbſtaͤnde ur theilen koͤnnen/ was an ih-
nen zu thun ſey oder nicht. Hierauf auch zugleich
ihnen/ wann es ihm ſelber angehet/ Categori-
ſche Antwort von Ja oder Nein ertheilen/ oder ihnen
doch gute Nachweiſung und Unterricht geben/ wo
ſie ſich ferner addreſſiren ſolten/ und was zu ihren
Beſten in ihrer Profeſſion gereichen koͤnte/ wie
dann ein jeder Chriſtlicher Kauffmann in ſeinem Ge-
wiſſen verbunden iſt/ es ſey gleich ein junger Menſch
an Jhn recommandiret oder nicht/ wann er den-
ſelben Freundſchafft und einen Liebes-Dienſt erwei-
ſen kan/ ſolches nicht zu unterlaſſen/ weil niemand
jemahls zu viel/ aber wohl zu wenig wohl thun
kan/ offtmahls auch uͤber lang oder kurtz/ ein ſol-
ches bezeigtes Wohlwollen/ von dem/ der es ge-
noſſen/ wo nicht an ihm ſelbſt/ doch an ſeinen Kin-
dern vergolten wird. Weil aber dieſe Morale nicht
allen/ ſonderlich denen Auffgeblaſenen/ und die ſich
nicht viel umb ihres Naͤchſten Zuſtand (es ſey ſol-
cher gut oder boͤß) bekuͤmmern/ jn Kopf gehen
will/ als vermeine ich/ denen angehenden Hand-
ungs-Verwandten und Dienſt-ſuchenden Kauff-
manns-Dienern einen groſſen Dienſt erwieſen zu
haben/ wann ich hinten in einem beſondern/ und
zwar in dem 15. Capitel gar was Neues auf die
Bahn bringe/ nehmlich ein Project, wie in groſſen
Handels-Staͤdten die/ der loͤblichen Kauffmann-
ſchafft mit Bedienung Verwandte/ gewiſſe Stiff-
tungen/ und ein ordentliche Zunfft- oder Jnnungs-
Hauß unter ſich auffrichten ſollen/ in welchem ſich
unter andern auch einheimiſche und auslaͤndiſche
Condition-ſuchende Handels-Diener addreſſiren/
und
[21]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
und daſelbſt guter Nachweiſung/ Recommenda-
tion, Vorſprach und Vorſorge gewaͤrtig ſeyn
koͤnnen.
Belangend die uͤbrigen Umbſtaͤnde/ welche ein
Kauffmann in Annehmung eines Dieners ſeiner
Perſon halber zu beobachten haben moͤchte/ ſeynd
dieſelbige ſo mannigfaltig/ daß ſie wohl nicht alle
erzehlet werden koͤnnen; nur etlicher wenigen zu
gedencken/ ſo wird manchmal einem Menſchen in
Abſicht eines gewiſſen vornehmen Hauſes/ welches
man ſich dadurch obligiret/ Condition gegeben/
man erlanget auch wohl durch denſelben profita b-
le Commiſſiones, oder man findet ſich eben in
dem Stand/ daß man Diener nothwendig haben
muß/ ſolte es auch nur auff eine Zeitlang/ oder
bey haͤuffigen Meß-Verrichtungen zu dieſem oder
jenem Negotio ſeyn/ da dann hernach die Condi-
tiones auch darnach eingerichtet/ und wenn die
Urſach ihrer Annehmung aufhoͤret/ auch die Dien-
ſte wieder geendiget werden. Zuweilen accordirt
man auch auf eine gewiſſe Prob-Zeit/ nach deren
Verlauff ein weiterer Contract ſoll geſchloſſen
werden. Man hat auch Verwandte/ denen man
ihre Kinder in Dienſten zu employren nicht ab-
ſchlagen kan/ das Vertrauen zu dergleichen Leu-
ten/ daſſelbige/ ob ſie gleich nicht von allzu groſſer
Capacitaͤt/ doch getreuer als ein Fremb der dienen
werden/ thut auch ſchon etwas zur Sach/ und was
der Umbſtaͤnde noch mehr ſeyn moͤchten/ welche
bey Annehmung eines Dieners/ deſſen Perſon
halber/ in Betrachtung kommen koͤnten.
Jſt noch drittens uͤbrig/ was erſtlich wegen des
B 3Publi-
[22]Caput II.
Publici, dann auch des Orts/ der Zeiten und Hand-
lung halber/ ein Kauffmann bey Annehmung eines
Dieners zu bedencken habe; hier verſtehen wir nun
unter dem Publico, vornehmlich die Boͤrß/ oder
die gantze Kauffmannſchafft deſſelbigen Orts/ wie
nehmlich dieſelbe es in ihrer Bedienung zu halten
gewohnt ſey/ ob ſie (will nicht ſagen) mit uͤber-
fluͤßigen/ ſondern nur mit nothwendigen Dienern
verſehen ſey/ oder ob jeder ſeine Kraͤfften ſelbſt da-
ran ſtrecken/ und mit den Seinigen arbeite; Weil
aber dieſes letztere ſich nicht wohl bey groſſen Hand-
lungen allezeit will thun laſſen/ als muß ein jeder
von ſelbſt ſich hierinn pruͤfen/ und wiſſen/ was ihme
am zutraͤglichſten ſey oder nicht/ wann ihme dann
die Billigkeit und geſunde Vernunfft ſaget/ daß
er eines getreuen Handels-Gehuͤlffen in ſeiner
Handlung noͤthig habe/ und kein Ehrgeitz darun-
ter ſtecke/ daß er etwann dadurch vor andern wol-
le geſehen ſeyn/ ſo nehme er in GOttes Nahmen
einen an/ und kehre ſich nicht daran/ was mißguͤn-
ſtige oder ſpoͤttiſche Leute davon reden/ es iſt auch
dem Publico ſelbſt daran gelegen/ daß gute Leute
zu der Republic Dienſten (dergleichen ſonderlich
die Kauffleut ſeyn) erzogen werden.
Die Betrachtung (welche der Ort/ wo ein ſol-
cher Kauffmann wohnet/ geben moͤchte) beſtehet da-
rinnen/ daß er vornehmlich dahin ſehe/ ob ſolcher
weitlaͤufftig von groſſen Negotiis, vielen Kauff-
leuten bewohnet/ ob es ein See-Haven/ in welchem
viel Schiffe ab- und zufahren/ und alſo wegen Viel-
heit der Geſchaͤfften/ und Weitlaͤufftigkeit des Orts/
einen oder mehr Diener zu halten/ er ſonderlich noͤ-
thig
[23]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
thig habe/ wobey er zugleich auf die Theurung der
Lebens-Mittel/ und ob das Geſind viel zu unter-
halten koſtet/ Reflexion zu machen hat. Nicht
weniger ſeynd auch die Zeiten anzuſehen/ ob ſolche
dermahlen dem Commercio guͤnſtig ſeyn oder
nicht/ und ob folglich mehr oder weniger Bedien-
ten zu halten ſeyn/ welches ihm auch der Zuſtand
ſeiner Handlung ſelbſt am beſten an die Hand ge-
ben wird/ wie hiervon ſchon oben mit mehrern Mel-
dung geſchehen.
Folgen nun die Betrachtungen/ welche ein
Dienſt-ſuchender Kauffmanns-Diener/ eh er ſich
bey jemand engagiret/ vorhero haben muͤſſe; ſol-
che beſtehen nun vornehmlich darinnen/ daß er erſt-
lich ſich ſelbſt/ und dann den Patron, bey welchem
er ſich in Dienſt begeben will/ wohl kenne/ und
nebſt denen erforderten Umbſtaͤnden/ alles erſtlich
reifflich unterſuche und uͤberlege.
Was die Kaͤnntniß ſeiner eigenen Perſon an-
betriſſt/ muß er ſeine Leibs- und Verſtands-Kraͤff-
ten wohl pruͤfen und verſtehen/ ob ſie dem Nego-
tio, bey welchem er dienen will/ gewachſen ſeyn
oder nicht; ob auch die Requiſita des Alters/ der
Legalitaͤt und Habilitaͤt/ die bey mancher Condi-
tion erfordert wird/ wie auch genugſame Caution
(wann ſolche begehret werden ſolte) bey ihm zu
finden/ und von ihm præſtiret werden koͤnte.
Ferner/ ob der Patron, bey dem er dienen will/
und auch ſeine Handlung alſo beſchaffen/ daß man
kuͤnfftig ſeine Avantage davon zu hoffen haͤtte.
Dieſes alles etwas genauer zu beleuchten/ ſo
moͤchte ſich mancher Kauffmanns-Diener von die-
B 4ſer
[24]Caput II.
ſer oder jener Handlung leichtlich ein Concept ma-
chen/ daß ſeine Leibes- und Verſtands-Kraͤfften zu
derſelben zulaͤnglich waͤren/ da ſie es doch in der
That nicht ſeyn/ indem entweder viel ſitzen und ſpe-
culiren/ oder viel Fatiquen/ Reiſen/ und Hand-Ar-
beit dabey vorfallen/ zu deren einem oder den an-
dern bey ihme gerad das Gegentheil ſeiner Com-
plexion und Humeur nach ſich findet; ſo iſt auch
bey einer Handlung/ die man ex profeſſo nicht
gelernet/ ſo leicht nicht fort zu kommen/ daß man
nicht darinnen taͤglichen Unterricht noch beduͤrffe/
und dahero den Handels-Patron ſchlechter vergnuͤ-
gen ſolte/ als er/ oder der Dienende/ ſich vorher ein-
gebildet. Wegen des Alters eines Dienſt-ſuchendens
kommt zu betrachten vor/ daß ſolches ebenfalls der
Handlung/ bey welcher er dienet/ und der Arbeit/
zu welcher er ſich appliciren ſoll/ gemaͤß ſeyn muͤſ-
ſe/ etliche Handels-Verrichtungen/ ſonderlich die
an einen Diener allein aufgetragen/ und ſeiner Ha-
bilitaͤt uͤberlaſſen werden/ erfordern einen gantzen
und lang erfahrnen Menſchen/ der/ wie man im
Sprichwort ſagt/ Haar auf den Zaͤhnen hat/ und
allbereit lang die Jungen-Jahr zuruͤck geleget.
Seiner Legalitaͤt und Habilitaͤt halber/ kom-
met zu betrachten vor/ ob er auch der Orten vor
einen Diener koͤnne angenommen werden/ oder ob
ſeine Geburt/ Abkunfft und Vaterland ihm daran
verhindern/ und wann dieſes gleich nicht waͤre/ ob
er darum doch hernach zur Meiſterſchafft und Jn-
nungs Faͤhigkeit der Orten gelangen koͤnne/ oder
ob ihme auch in dieſem Paſſu ein Statutum im We-
ge ſtehe. Ferner/ wann auch dieſe Schwuͤrigkeit
geho-
[25]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
gehoben/ ob er ſeines Wohlverhaltens wegen tuͤch-
tige Abſchiede/ und wann es verlangt wuͤrde/ an-
nehmlich Caution præſentiren koͤnne. Dieſer
letztere Punct ſtehet heutiges Tags vielen umb ſo
vielen mehr im Weg/ als einige Kauffleute wegen
der Untreu ihrer Diener groſſe Urſach haben/ den-
ſelben ſtarck zu urgiren/ umb ſo viel mehr/ als auch
die beſten Gemuͤther/ zu denen man ſich alles gu-
tes verſehen/ und welche ſich etliche Jahr lang red-
lich und wohl verhalten/ durch boͤſe Geſellſchafft von
dem Tugend-Weg ab/ und auf die Laſter-Bahn
koͤnnen verfuͤhret werden.
Was wegen des Handels-Patrons und ſeiner
Handlung/ dem ſich in Dienſt-begebenden Han-
dels-Diener zu bedencken vorkommen moͤchte/ be-
ſtehet darinn/ daß er ſich erſtlich deſſen Humeurs,
wie ſolcher beſchaffen ſey/ erkundige/ in Anſehung/
daß mancher Patron nicht nur wunderlich/ ſondern
gar faſt unertraͤglich ſeinen ihme doch treu und
wohl-dienenden Leuten werden will/ ſo/ daß man
ihm nichts zu Danck oder recht machen kan/ die
Strapazen/ ſo man bey ihm auch offt aus unver-
nuͤnfftiger Ordre auszuſtehen hat/ ſeynd in die Laͤn-
ge nicht auszuhalten/ bey welchen allen (ob es gleich
ſonſt bey andern Conditionibus heiſſen moͤchte:
Perfer \& obdura, dolor hic tibi proderit olim,
Leide und ſchmiege dich eine Zeitlang/ dieſer Kum-
mer wird dir endlich zu deinem groſſen Gluͤck ge-
deyen/ es doch dieſes Orts nicht erſcheinen will/ daß
man kuͤnfftig von dem mißguͤnſtigen oder eigennuͤ-
tzigen Patrono, nach langen muͤhſeeligen Dienſt-
Jahren eines Avancements, Vorſchub oder Huͤlffe
B 5ſich
[26]Caput II.
ſich zu getroͤſten haben ſolte/ oder es iſt eine ſolche
Handlung/ bey welcher ſich ein junger Munſch/ als
Diener zu begeben/ gedencket/ ſo beſchaffen/ daß er
ſelbige kuͤnfftig vor eigene Rechnung aus Mangel
des Capitals nichts unternehmen kan; zuweilen wer-
den von denen Patronis, denen ſich zu ihren Dien-
ſten præſtirenden Dienern auch ſolche Conditio-
nes vorgeſchrieben/ welche ebenfalls vorher/ ehe
man ſolche eingehet/ genau uͤberleget ſeyn wollen/
als wann zum Exempel eine gewiſſe Zahl von Jah-
ren/ welche ſie ſich zu dienen verſchreiben ſollen/ ih-
nen abgefodert wird. Jtem/ wann man das Sa-
larium dergeſtalt einrichten will/ daß es entweder
nur von Jahren zu Jahren wachſen/ oder in den
erſten oder andern Jahr gar ausbleiben ſoll/ in-
gleichen wann man dem Contract (wovon wir
bald genugſame Formularia geben wollen) gewiſ-
ſe Clauſulas und Conditiones mit einrucket/ wel-
the allerdings eine reiffe Uberlegung (ehe man ſol-
che unterſchreibet) erfordern.
Viel Kauffleut-Dieners kommen bey Han-
dels-Patronis in Condition, entweder weil ſie ih-
re Jungen-Jahre bey demſelben ausgeſtanden/
und vermoͤg des Contracts ſchuldig ſeyn/ noch etli-
che Jahr als Diener gegen einer gewiſſen Beſol-
dung bey ihnen zu ſtehen/ oder ſie ſeynd von andern
Kauffleuten/ die ihres Herkommens/ Capacitaͤt und
Conduite halber/ gute Wiſſenſchafft haben/ nach-
druͤcklich recommandiret. Einige reiſen auch wohl
auf Hoffnung/ Condition zu erlangen/ an einen
groſſen Handels- oder Meß-Ort/ woſelbſt eine Zu-
ſammenkunfft vieler Kauffleute zu ſeyn pfleget/ wie
wir
[27]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
wir dann von dieſem letzteren Modo in unſerer Be-
ſchreibung von Meſſen und Jahr-Maͤrckten/ wie der-
gleichen ſich angebende Handels-Diener/ vor un-
ſern vorgeſchlagenen Adres-Contoir daſelbſt zu
examiniren/ und folglich an vornehme Kauffleute
zu recommandiren waͤren/ Meldung gethan.
Bißher haben es mehrentheils in groſſen Handels-
Staͤdten/ die Maͤcklers auf ſich genommen/ derglei-
chen Dienſt-ſuchende Dieners zu recommandiren/
wie denn auch viel Kauffleut ſelbſt/ welche Dieners
benoͤthiget ſeyn/ ſich an dergleichen Maͤcklers zu
adreſſiren pflegen/ unſer vorgeſchlagenes Handels-
Bedienten Zunfft-Haus aber/ wird hinfuͤhro an
denen Orten/ wo ſelbiges étabiliret werden ſollte/
am allerbeſten ins Mittel tretten/ und die Kauffleute
mit tuͤchtigen Dienern/ dieſe aber mit rechtſchaffe-
nen Patronis zu verſehen ſuchen/ und hieruͤber laſſen
wir es/ was die Conſiderationes betrifft/ welche
ein Kauffmann in Annehmung eines Dieners/ und
dieſer wieder wegen der zuſuchenden und zunehmen-
den Condition haben muͤſſe/ beruhen/ und wenden
uns nunmehro zu denen Formularibus unterſchied-
licher Contracten/ welche zwiſchen Kauffleuten
und ihren anzunehmenden Dienern aufzurichten
ſeyn/ in welchen dann unterſchiedliche Clauſuln und
Cautelen/ die ſo wol der eine als der andere Theil
ſich zu Nutz zu machen hat/ vorkommen werden.
Was anfaͤnglich die Dieners betrifft/ welche
ihre Jungens-Jahre bey einem Kauffmann ausge-
ſtanden/ und hernach noch als Dieners einige Jah-
re bey ihm ſtehen muͤſſen/ braucht es dißfalls kei-
nes weitern Contracts, weil allbereit in ihrem
Dienſt-
[28]Caput II.
Dienſt- und Lehr-Contract, daß ſie nach voll-
brachten Jungens-Jahren noch ſo lange als Dieners
ſtehen ſollten/ verſchrieben iſt; dahero wir nunmeh-
ro nur mit denen Contractibus zu thun haben/ wel-
che zwiſchen neu-anzunehmenden Dienern und ih-
ren Herren aufgerichtet werden/ und zwar præ-
ſentiret ſich erſtlich ein
Contract zwiſchen einen Han-
dels-Patron und deſſen Diener auf
gewiſſe Handlung und Jahre auf-
gerichtet.
JM Namen GOttes kundt und zu wiſſen/
daß heute untengeſetzten Datum, zwiſchen
Herꝛn Titio Kauff- und Handels-
Mann allhier in Leiptig/ und Peter Mæ-
vium Handels-Diener von Erfurth gebuͤrtig/ fol-
gender Dienſt-Contract auf vier Jahr lang (anzu-
fangen/ dieſen bevorſtehenden Michaeli 1715. und
ſich endigende Michaeli An. 1719.) aufgerichtet/
und auf folgende Conditiones verabredet/ und ge-
ſchloſſen worden/ nemlich es verpflichtet ſich in dieſer
Zeit gedachter Mævius ihme dem Herꝛn Titio, ſol-
cher Geſtalt/ wie es einem rechtſchaffenen Handels-
Diener eignet und gebuͤhret/ mit allem Fleiß und
Sorgfalt in ſeiner gantzen Handlung/ ſo wohl zu
Haus als auf Reiſen/ auf der Schreib-Stuben/ und
bey den Waaren/ wie auch in ſeinem Kram-Gewoͤlb/
nach beſten Wiſſen und Vermoͤgen zu dienen/ ſeinen
Nutzen und Vortheil allenthalben zu ſuchen/ Scha-
den
[29]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
den und Nachtheil hingegen ſo viel an ihm ſeyn
wird/ abzuwenden und zu wehren/ und damit er
Herꝛ Titius ſolcher ſeiner Treue um ſo viel mehr ge-
ſichert ſeyn moͤge/ ſo ſetzet er Peter Mævius, als
ſchon Majorennis ſeyende/ ſeine ihm von ſeinem
Vater ſeeliger anererbte und in Erfurt habende/ be-
wegliche und unbewegliche Guͤter zu einen ſichern Un-
terpfand/ damit er Herꝛ Titius, aller ihme von dem
Conſtituenten beweißlich zugefuͤgter Untreu hal-
ber/ ſich daran erholen koͤnne.
Dahingegen gelobet er Herꝛ Titius dieſen ſeinen
Handels-Bedienten die vier Jahr uͤber/ welche der-
ſelbe in ſeinen Dienſten ſeyn wird/ ihn nicht allein mit
benoͤthigter Koſt an Speiß und Tranck/ freyer
Waͤſch und Lager-Stelle zu verſehen/ ſondern ihme
auch noch darzu jaͤhrlich 50. Reichsthl. pro Salario
zu reichen/ und ſo er nach dieſem ferner bey ihm zu ver-
bleiben Belieben tragen ſollte/ ihme ſolches von Jahr
zu Jahren zu verbeſſern. Urkundlich iſt dieſer Con-
tract in Duplo ausgefertiget/ und jedem Theil ein
Exemplar davon zugeſtellet worden/ ſo geſchehen
Leipzig den 6. Auguſti 1715.
Ein anders.
KUnd und zu wiſſen ſey hiermit jederman/ dem
daran gelegen/ daß heute dato zwiſchen mir
Cajo, Buͤrgern und Kraͤmern allhier in Coͤlln/
und mir Johann Martin folgender Dienſt-Con-
tract aufgerichtet und geſchloſſen worden/ nehmlich
ich Johann Martin verſpreche ihme Herꝛn Cajo in
ſei-
[30]Caput II.
ſeinem Kram-Laden 3. Jahr nacheinander treulich
und redlich/ wie es einem ehrlichen Handels-Die-
ner eignet und gebuͤhret zu dienen/ auch ſo in ſolcher
Zeit mich mein Herꝛ Patron auſſerhalb Landes/
auf Meſſen und Jahr-Maͤrckten um Waaren einzu-
kauffen oder zu verkauffen/ Schulden einzucaſſi-
ren/ oder anderer Urſachen wegen ſchicken wuͤrde/
mich darzu willig und hurtig finden zu laſſen/ welches
alles ſteiff und veſt zu halten/ und ſonderlich vor Un-
treu mich zu huͤten/ ich hiermit Loco Cautionis eyd-
lich angelobe.
Dahingegen verſpreche ich Cajus, ihme Mar-
tin jaͤhrlich 45. Reichsthl. ſchreibe fuͤnff und viertzig
Reichsthl. benebenſt freyer Koſt/ Bett-Waͤſch-
und Lager-Stelle zu geben/ auch nachdem ich die-
ſen meinen neuen Diener in ſeinen Verrichtungen
finden/ und daß er durch ſeinen Fleiß meiner Hand-
lung Vortheil ſchaffe/ verſpuͤren werde/ ſo verſpreche
ich ihnen ſolches Salarium von Jahren zu Jahren zu
verbeſſern.
Hieruͤber iſt auch beyderſeits von uns wohlbe-
daͤchtlich abgeredet worden/ daß innerhalb den er-
ſten drey Monaten biß zu End derſelben/ jedem Theil
noch frey ſtehen ſoll/ dieſen Contract wieder auſzu-
heben/ und nicht mehr dran gebunden zu ſeyn. Nach
der Zeit aber ſoll er ſteiff und unverbruͤchlich gehal-
ten werden/ zu mehrer Veſthaltung dieſes/ iſt dieſer
Contract in Duplo ausgefertiget/ und jedem Theil
ein Exemplar zugeſtellet worden/ ſo geſchehen Coͤlln
An. 1715. den 8. May.
Ein
[31]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Ein anders.
DEmnach in gegenwaͤrtiger Oſter-Meß bey
Herꝛn Titio, Materialiſten/ von Hamburg
gebuͤrtig/ ſich Cajus als ein Handels-Diener/ um
bey gemeldtem Herꝛn Titio in Dienſte zu tretten/ an-
gegeben/ auch hierauf nach Vorzeigung ſeines ehr-
lichen Abſchieds/ (oder Teſtimonii von ſeinem vo-
rigen Principal) beſagter Herꝛ Titius ſich reſolvi-
ret/ denſelben auf gewiſſe und hiernechſt beſchriebe-
ne Conditiones als ſeinen Handels-Diener auf- und
anzunehmen: als iſt dißfalls zwiſchen ihnen beyden
folgender Contract aufgerichtet und geſchloſſen wor-
den. Nehmlich es tritt gedachter Cajus Herꝛn Titii
Dienſte hiermit wuͤrcklich an/ und verbindet ſich in ſel-
bigen 3. Jahren nacheinander/ als von Oſtern 1711.
biß Oſtern 1714. darinn zu verbleiben. Dahingegen
verſpricht ihm Herꝛ Titius, bey geſunden und kran-
cken Tagen/ freyen Tiſch/ Kammer und Bette/ nebſt
50. Reichsthl. zu einem jaͤhrlichen Salario zu geben.
Gleichwie nun Cajus mit allem moͤglichſten Fleiß und
Treue/ ſo wohl im Gewoͤlb/ Schreib-Stuben/ als
auch da er in Handels-Geſchaͤfften verreiſen muͤſte/
Herꝛn Titii Beſtes jederzeit zu beobachten/ und
ſonderlich die Buͤcher und Rechnung richtig zu fuͤh-
ren und zu verwahren angelobet: alſo will er ſich
Krafft dieſes bey Verpfaͤndung ſeines Vermoͤgens
verpflichten/ daferne (auf dem unverhofften Fall)
Herꝛn Titio durch ſeine Nachlaͤſſigkeit oder Untreu
einiger Schaden entſtehen ſollte/ ſelbigen wie er von
Herꝛn Titio beſcheuniget werden wuͤrde/ foͤrderlichſt
wieder gut zu thun/ und ſoll Herꝛ Titius zugleich
Macht
[32]Caput II.
Macht haben/ ihn alſobald aus ſeinen Dienſten zu
laſſen/ er aber hingegen nicht befugt ſeyn/ das ruͤck-
ſtaͤndige Salarium, welches alle halbe Jahre/ ge-
faͤllig ſeyn ſoll/ zu fordern.
So auch ferner er Cajus, ehe die vorabgeredete
drey Jahre verfloſſen/ aus Herꝛn Titii Dienſten/
wider deſſen Wiſſen und Willen tretten wollte/ ſo
verobligiret er ſich ausdruͤcklich/ gleichfalls funffzig
Reichs-Thaler Straffe hieſigem Hoſpital zu erle-
gen/ zu deſſen Verſicherung renunciiret er allen
rechtlichen Wohlthaten und Exceptionibus, die
ihme dagegen zu ſtatten kommen koͤnten/ ſie moͤgen
Namen haben wie ſie wollten; wie auch allen Leute-
rungen und Appellationibus, und erbietet ſich
freywillig auf obengeſetzte Faͤlle und Herꝛn Titii
Anſuchen/ vor allen und jeden Gerichten/ auch vor
zwey oder mehr zugleich Recht zu leiden/ und wo er
nur anzutreffen/ ſo lange in Arreſt zu gehen/ biß er/
Herꝛ Titius, aller Anſpruͤche an ihm/ voͤllig wird
vergnuͤget worden ſeyn/ welches alles/ ſo wie es ab-
geredet/ doppelt zu Papyer gebracht/ auch von bey-
den Theilen eigenhaͤndig unterſchrieben und beſie-
gelt worden. Geſchehen ‒ ‒ ‒
Ein anders.
ZWiſchen Herꝛn N. vornehmen Handelsmann/
und N. iſt im Namen GOttes heut dato fol-
gendes geſchloſſen und abgeredet worden: Es ver-
ſpricht obermeldter N. bey N. 2. Jahr/ als vom
Oſter-Marckt 1711. biß wiederum die Oſter-
Meſſe
[33]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Meſſe 1713. incluſivè in ſeine Handlung einzu-
tretten/ und wie es von ihme verlanget wird/ ſeine
Correſpondentz/ Einkauff und Verkauff fleiſſig
abzuwarten/ auch jedesmal die Meſſen zu verſehen/
und davon richtige Rechnung nach der Wieder-
kunfft abzulegen/ und auch ſonſten alles in guter
Obacht und Adminiſtration zu halten/ gleich als ob
es ſein Eigenthum waͤre: Hingegen verſpricht ihm
Herꝛ N. dieſe beyde Jahre vor Leiſtung dieſer Dien-
ſte drey hundert Reichsthl. als jedes Jahr bey En-
digung deſſelben 150. Reichsthl. baar auszuzahlen/
ihn mit Tiſche/ ſo gut er ſolchen ſelbſt in ſeienm Hau-
ſe hat/ ingleichen mit Bett und Stube zu verſorgen/
und da er auch kranck und lagerhafft werden ſollte/
ihn gleichfalls nicht zu verſtoſſen/ vielmehr allen gu-
ten Willen zu erweiſen. Damit nun dieſem allen
nachgelebet werde/ ſind zwey gleichlautende Exem-
plaria aufgeſetzt/ und von beyden Theilen zu meh-
rer Veſthaltung beſiegelt und unterſchrieben wor-
den. So geſchehen ‒ ‒ ‒
Ein ander Formular, darinnen un-
terſchiedliche verbindliche Clauſulen an-
zutreffen.
ZU wiſſen ſey hiermit/ daß heute dato zwiſchen
mir Sempronio, Burger und Handelsmann all-
hier eines/ und mir Servio Tullio anders Theils
folgender Contract aufgerichtet und geſchloſſen wor-
den: Nehmlich ich Servius Tullius verſpreche mich
bey Herꝛn Sempronio als Handels-Diener auf
Cdie
[34]Caput II.
die ſechs folgende Jahr (anzufangen von Oſtern
1715. und ſich endigende Oſtern 1721.) der Ge-
ſtalt zu engagiren/ daß ich in ſolcher Zeit nach mei-
nem beſten Wiſſen und Willen/ Kraͤfften und Ver-
moͤgen/ dasjenige thun will/ was zu beſagten Herꝛn
Sempronii ſeines Handels Vortheil gereichen kan
und mag/ auch ſonſt einen ehrliebenden Kauffmanns-
Diener zuſtehet und gebuͤhret. Jnſonderheit aber
will ich die mir von ihme/ es ſey zu Hauſe oder auf
Reiſen anvertraute Gelder und Waaren/ welche
ich theils von ihm ſelbſt/ oder ſeinetwegen von an-
dern moͤchte empfangen haben/ allezeit richtig be-
rechnen/ nichts davon veruntreuen oder zugeben/
daß von andern etwas davon veruntreuet/ oder
verwahrloſet werde; ich will auch mit Fleiß dahin
bedacht ſeyn/ wie die mir anvertraute und unter mei-
ner Adminiſtration liegende Waaren moͤgen wohl
conſerviret/ gepfleget und aufgebutzet/ und auf
das vortheilhafftigſte verkaufft und an den Mann
gebracht werden.
Auſſer dieſem verſpreche ich auch noch/ wohlge-
dachtem meinem Hrn. Principali auf ſeiner Schreib-
Stuben/ und bey ſeinen Scripturen/ ſo offt die
Noth erfordern wird/ inſonderheit aber des Poſt-
Tages mit Fuͤhrung der Correſpondentz/ auch im
Fall Herꝛ Sempronius mir kuͤnfftig ſeine Haupt-
Handels-Buͤcher anvertrauen ſollte/ in Fuͤhrung
derſelben/ alle Exactitude, Sorgfalt/ Fleiß und
Dienſt-Gefliſſenheit zu bezeigen/ und was mir deß-
fals von ſeinen Handels-Arcanis wiſſend werden
moͤchte/ ſelbiges keinem Menſchen/ um waſſerley
Urſachen willen es auch waͤre/ zu offenbaren/ ſon-
dern
[35]Von allerhand Kauffmanns Contracten.
dern ob ich gleich vom Herꝛn Sempronio kuͤnfftig
weg und aus ſeinen Dienſten/ es ſey gleich in Guten
oder Boͤſen (welches letztere doch GOtt verhuͤten
wolle) kommen ſollte/ ſo verſpreche ich doch hiermit/
und gelobe an Eydesſtatt an/ alles bey mir ſtille
und verſchwiegen biß in mein Sterb-Grube zu be-
halten.
Nicht weniger verſpreche ich auch/ nach Ver-
lauff ſolcher ſechs Dienſt-Jahre/ im Fall ich nicht
laͤnger alsdann bey Herꝛn Sempronio bleiben ſoll-
te/ in keine andere Handlung/ welche des Herꝛn
Sempronii ſeiner gleich iſt/ mich zu begeben/ ſon-
dern wann ich ja meinen eigenen Handel nicht an-
fangen ſollte/ entweder auſſerhalb Lands oder auch
hier in Loco bey ſolchen Handlungen Dienſt zu ſu-
chen/ welche mit des Herꝛn Sempronii ſeine keine
Gemeinſchafft haben/ und ihme dannenhero nicht
præjudicirlich oder verdaͤchtig ſeyn koͤnnen.
Da ich auch etwan kuͤnfftig mit Goͤttlicher Huͤlf-
fe meinen eigenen Handel anzufangen/ im Stand
ſeyn wuͤrde/ und auch Herꝛ Sempronius mir nicht
mißgoͤnnete/ daß ich etlicher maſſen von dem/ was
ich in meinen Dienſt-Jahren bey ihm geſehen und
gelernet/ profitirte/ ſo iſt jedoch expreſſe ausbe-
dungen und verabredet worden/ daß ich mich des
Handels auf N. N. in die Meſſen und Jahr-Maͤrck-
ten daſelbſt/ item der Fabric der N. Waare gaͤntz-
lich enthalten/ ſondern ſelbige Herꝛn Sempronio
und ſeinen Erben (ohne den geringſten Eintrag von
mir deßfalls zu verſpuͤren) verbleiben ſoll.
Jn des Herꝛn Sempronii Haus ſelbſt/ will ich
mich als einen rechtſchaffenen Chriſten und Handels-
C 2Die-
[36]Caput II.
Diener geziemet/ erbar/ zuͤchtig/ modeſt und hoͤf-
lich auffuͤhren/ Herꝛn Sempronio und ſeiner Ehe-
Liebſten gebuͤhrenden Reſpect erweiſen/ denen un-
ter mir ſtehenden uͤbrigen Handels-Bedienten mit
guten Exempeln vorgehen/ ſo ich auch etwas dem
Herꝛn Sempronio ſeinem Haus/ Handlung und
Familie zuwider/ in- oder auſſerhalb Haus hoͤren/
oder erfahren ſollte/ will ich ſolches nicht allein bey
Zeiten anmelden/ ſondern auch ſo viel an mir ſeyn
wird/ abwenden und wehren/ deß Sonn- und Feſt-
Tags mich auch fleiſſig zu dem oͤffentlichen GOttes-
Dienſt halten/ und nach dieſem mich bey Zeiten wie-
der in meines Herrn Patrons Behauſung einfinden/
auch alle boͤſe Compagnien fliehen und meiden/ und
wann ich ja bey muͤſſigen Stunden eine vergoͤnnte
Ergoͤtzlichkeit mit Spatzirengehen/ oder einen guten
Freund zu beſuchen/ vornehmen ſollte/ will ich mich
doch zur rechter Zeit jedesmal zur Mahlzeit/ oder vor
dem gewoͤhnlichen Hauszuſchlieſſen wieder einfin-
den/ auch keine Nacht ohne meines Herrn Pa-
trons Wiſſen und Willen/ auſſer dem Haus oder
der Stadt bleiben/ ſondern wann ſolches ja Eh-
oder Ehren-hafften halber wuͤrde geſchehen muͤſ-
ſen/ will ich doch vorher ſolches im Haus an-
zuſagen/ und Permiſſion darzu zu erbitten nicht er-
mangeln.
Jm Fall auch/ welches GOtt verhuͤten wollte/
Herr Sempronius als mein geehrter Handels-Pa-
tron in waͤhrender meiner ſechs-jaͤhrigen Dienſt-Zeit/
mit Tod abgehen ſollte/ ſo verſpreche und gelobe ich
deſſen Erben und Erbnehmen/ meine noch hinter-
ſtellige Dienſt-Zeit eben ſo getreulich auszuhalten/ als
wann
[37]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
wann er noch wuͤrcklich im Leben und zugegen waͤre/
wie mich dann von meiner in dieſem Contract
wohl-bedaͤchtlich verſchriebenen Verbuͤndlichkeit/
nichts abwendig machen/ noch abſolviren ſoll/ al-
lermeiſt da dieſelbige in goͤttlichen und weltlichen Ge-
ſetzen wohl gegruͤndet/ auf gute Sitten und herge-
brachte Gewohnheiten der Kauffleute beruhet/ und
dannenhero billig veſt und unzerbruͤchlich gehalten
werden ſoll/ und ſo ja daruͤber einige Mißhelligkei-
ten ſich ereignen/ oder eine Erkaͤnntniß und Erlaͤuter-
ung in einigen (zwiſchen meinem Herrn Principali
vorfallenden/ wiewohl nicht zu hoffenden) Differen-
tien noͤthig ſeyn ſollte/ will ich mir/ was ein hochpreiß-
liches Commercien. Collegium, oder hieſige Her-
ren Kauffleute Aelteſte darinnen ausſprechen wer-
den/ gefallen laſſen/ und deren Ausſpruch mich un-
terwerffen/ eben als wann ſolcher vor hieſigen
Stadt- oder Appellations-Gerichte/ oder auch
vor dem hoͤchſten Reichs-Tribunal der Kayſerlichen
Cammer zu Wetzlar geſprochen oder geurtheilet
worden waͤre.
Damit aber wohlgedachter Herr Sempronius
deſſen allen um ſo viel mehr geſichert ſeyn moͤge/ ſo
ſetze und conſtituire ich ihm Loco Cautionis alle
meine in dieſer Stadt habende/ und noch kuͤnfftig-
kommende Haab und Guͤter/ alſo und dergeſtalt/
daß im Fall ich einer beweißlichen Untreu ſollte uͤber-
wieſen werden koͤnnen/ ſolche vor die Wiedererſtat-
tung derſelben hafften und gelten/ auch von einer ho-
hen Landes/ oder hochloͤblichen Stadt-Obrigkeit
ihme ſo gleich ohne fernere Form des Proceſſes exe-
cutivè darzu verholffen werden ſoll.
C 3Da-
[38]Caput II.
Dahingegen verſprech ich Sempronius ihme
Servio Tullio in waͤhrenden dieſen ſeinen obbemel-
den Dienſt-Jahren meiner Seits dergeſtalt zu be-
gegnen/ als es einem rechtſchaffenen Handels-Pa-
tron gebuͤhren und zukommen kan/ und ſoll er nicht
allein in meinem Haus und an meinem Tiſch mit gu-
ter und genugſamer Koſt/ ſaubern Cammer und
Bett/ freyen Holtz/ Licht und Waͤſch verſehen wer-
den/ ſondern ich verpflichte mich auch ihme die erſten
drey Jahre jaͤhrlich ein hundert und funffzig/ die
uͤbrige drey Jahr aber zwey hundert Reichs-Tha-
ler Salarium zu geben/ auch wann ſolche Jahre
vollbracht/ und er alsdenn noch laͤnger bey mir und
den Meinigen zu dienen Luſt haben ſollte/ ſo verſpre-
che ich ſolch ſein Salarium noch jaͤhrlich zu verbeſſern/
oder da er nach Ablauff ſolcher Jahre/ etwan ander-
waͤrts ſein Gluͤck ſuchen/ oder gar ſein eigen anzu-
fangen Belieben tragen ſollte/ ſo verſpreche ich ihm
darzu mit moͤglichſter Recommendation und Rea-
ler Huͤlffleiſtung an die Hand zu gehen/ in waͤhren-
den ſeinen Dienſt-Jahren/ auch mit aller Beſchei-
denheit und Sanfftmuth/ (wie es einem erbaren
Handels-Patron gegen getreue Diener zu thun ge-
geziemet) mich gegen ihm auffuͤhren/ auch ſo eini-
ge Differentien unverhofft unter uns entſtehen ſoll-
ten/ deren Entſcheidung dem Arbitrio zweyer
Bieder-Maͤnner und ehrlicher Kauffleute/ deren er
einen an ſeiner Seite/ ich aber an meiner Seite auch
zu erwaͤhlen Macht haben ſoll/ zu unterwerffen/
und wann uns dieſe/ es ſey in ſtrittigen Rechnungen/
oder andern Vorfaͤllen nicht ſollten entſcheiden koͤn-
nen/ will ich mir dasjenige gefallen laſſen/ was
als-
[39]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
alsdann ein loͤbliches Commercien-Collegium,
oder hieſige Kauffleut Aelteſten/ wann die Sach
dahin gedeyen ſollte/ darinnen ausſprechen wer-
den.
Jngleichen ſollen auch von dem Tag ſeines An-
tritts an/ die unter ihm ſtehende Handels-Bedien-
te/ ſammt meinem uͤbrigen Haus-Geſind dahin an-
gewieſen werden/ daß im Fall er ihnen von meinen
oder meiner Hundlungs wegen/ oder auch ſonſt
der ihme ſelbſt leiſtende gebuͤhrenden Bedienung hal-
ben etwas befehlenſollte/ daß ſie ihm darinnen/ wie
billich folgen/ und Reſpect erweiſen ſollen/ gleich
als wenn ich ſelbſt zugegen geweſen/ und es anbefoh-
len haͤtte/ zu welchem Ende ich auch keinen/ er ſey
in- oder ausheimiſch/ welcher etwas wider ihm oder
ſeine Conduite anzubringen haben moͤchte/ Gehoͤr
geben noch Glauben beymeſſen will/ es ſey dann
daß ich die Sach erſt ſelbſt gruͤndlich unterſuchet/
und ihn perſoͤhnlich daruͤber vernommen habe.
Da er auch in waͤhrenden ſeinen Dienſt-Jahren/
(welches doch GOtt verhuͤten wolle) kranck wer-
den/ oder in meinem Dienſt auf Reiſen oder zu
Haus Schaden an ſeinem Leib und Geſundheit neh-
men ſollte/ will ich ihm nicht allein in mein Haus
mit aller gutem Pflege/ Sorgfalt und Wartung be-
dienen laſſen/ ſondern auch meine Koſten die be-
noͤthigte Medicamenta, Doctores und Wund-
Aertzte biß zu ſeiner Wiedergeneſung darzu halten/
und ihm in allem/ als wann es mein eigen Kind/
oder eine mir nahangehende Perſon angienge/ re-
gardiren und mir anbefohlen ſeyn laſſen.
Auch verſpreche ich hiermit uͤber ſeine zu Haus/
C 4oder
[40]Caput II.
oder auf Reiſen gefuͤhrte Adminiſtration meiner
Gelder/ Guͤter und Effetten ihme jedesmals/ und
ſo offt er damit parat ſeyn wird/ die Rechnung ab-
zunehmen/ und ſelbigen nach Rechtbefinden daruͤ-
ber zu quitiren.
Urkundlich ſeynd zu mehrerer Veſthaltung die-
ſes/ zwiſchen uns beyderſeits verbindlich geſchehenen
Contractus die Herren N. N. als Gezeugen erbet-
ten/ hierauf der Contract auf zwey geſtaͤmpffte
Bogen Papyer in duplo rein abgeſchrieben/ von
uns beyden als Haupt-Intereſſenten erſtlich und
dann auch von denen hierzu erbettenen gemeldten
Herren Gezeugen (jedoch ihnen und den Jhrigen
ohne Schaden) mit unterſchrieben/ und mit unſern
Petſchafften bekraͤfftiget worden/ ſo geſchehen/
Hamburg den 4. Martii. An. 1715.
(L. S.) N. N.
(L. S.) N. N.
(L. S.) N. N.
(L. S.) N. N.
Ein anders kurtzes Formular, da der
Handels-Patron ſich erſt/ der Diener aber
hernach an einen beſondern Revers (welche ge-
gen einander ausgewechſelt werden)
verſchreiben.
JCh ends benannter Kauff- und Handel-Mann
allhier in Ancona urkundt/ und bekenne hier-
mit/ nach dem ich den erbaren und diſcreten N. N.
N. N. ſeiner mir bekandten Activitaͤt und Han-
dels-Erfahrenheit halber/ auch wegen der daruͤber
mir
[41]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
mir vorgezeigten glaubwuͤrdigen Atteſtaten und
ruͤhmlich-habenden Abſchieden zu einem Handels-
Diener in meine Handlung angenommen/ er auch
ſeines darinn zu præſtirenden/ Fleiſſes und Treu
halber/ ſich ſchrifftlich und eydlich gegen mir rever-
ſiret/ daß ich ihm nicht allein in waͤhrender ſeiner
Dienſt-Zeit/ welche vors erſte nur auf zwey Jahr
(anzufangen dieſen Michaeli An. 1715. und ſich
endigende Michaeli Anno 1717.) veſt geſetzet iſt/
mit noͤthiger Speiß- und Tranck/ Koſt/ Waͤſch/
und Lager-Stelle in meinem Hauſe verſorgen/ ſon-
dern ihme auch jaͤhrlich fuͤnff und ſiebenzig Reichs-
Thaler/ (ſchreibe fuͤnff und ſiebenzig Reichs-Tha-
ler) pro Salario, und nachdem ſeine Dienſte mir
und meiner Handlung erſprießlich fallen werden/
noch jaͤhrlich daruͤber eine gute Diſcretion zum
Neuen-Jahr geben will/ da auch nach Ablauff
der zwey Jahr mein oder ſeine Gelegenheit und
Belieben ſeyn wuͤrde/ dieſen Contract zu verneuern
und zu verlaͤngern/ ſo ſoll ihme alsdann ſein Sala-
rium biß auf hundert Reichs-Thaler erhoͤhet wer-
den. Urkundlich iſt dieſes eigenhaͤndig von mir
unterſchrieben/ und mit meinem Petſchafft bekraͤff-
tiget worden/ ſo geſchehen Ancona den 14. Auguſti
Anno 1715.
Revers des Dieners.
NAchdem Herr N. N. vornehmer Buͤrger und
Handelsmann in Ancona, mich Endes-be-
nannten zu ſeinen Handels-Diener angenommen/
C 5und
[42]Caput II.
und in ſolcher meiner Function mir ein ehrliches
Salarium, mit welchem ich allerdings zufrieden bin/
ausgeſetzet/ auch mit Beyfuͤgung andern favora-
beln Conditionen, mir ſein geneigtes Gemuͤth ge-
gen mich ſattſam zu verſtehen gegeben/ als erkenne
ich ſolches nicht allein mit gehorſamen Danck/ ſon-
dern verſpreche auch in ſolcher meiner Dienſt-Zeit
alles dasjenige treulich zu præſtiren/ was einem ehr-
lichen Handels-Diener zukommen kan/ und dieſes
So wahr mir GOtt helffen ſoll/ und ſein
heiliges Wort. Urkundlich iſt dieſes von mir ei-
genhaͤndig unterſchrieben/ und mit meinem Pet-
ſchafft bekraͤfftiget worden/ ſo geſchehen ꝛc.
Ein anderer Contract vor Notarien
und Zeugen aufgerichtet.
JM Nahmen GOttes Kund und zu wiſſen/ daß
im Jahr nach unſers HErrn und Heylan-
des JEſu Chriſti ſeeligmachenden Geburt/ ein tau-
ſend ſieben hundert und funffzehen/ Indictione
Octava, bey Regierung des Allerdurchlauchtigſten/
Großmaͤchtigſten/ und Unuͤberwindlichſten Kay-
ſers und Herrn/ Herrn Caroli, dieſes Nahmens
des VI. erwehlten Roͤmiſchen Kayſers/ zu allen Zei-
ten Mehrer deß Reichs/ ꝛc. Donnerſtags war
der ‒ ‒ May/ Morgens Fruͤh um 8. Uhr/ von Mir
Kayſerl. offenbarn Ends-benannten Notario in
meiner Behauſung erſchienen/ Herr Titius, vor-
nehmer Buͤrger und Seidenhaͤndler allhier in Ve-
rona/ und mir zu verſtehen gegeben/ wie daß er
den
[43]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
den gleichfalls gegenwaͤrtig mit erſchienenen erbarn
Johann Lucium/ (zwantzig Jahr alt/ Herrn Georg
Lucii/ Buͤrger und wohl-benahmten Senſalens all-
hier/ welcher auch gleichfalls mit gegenwaͤrtig war/
ſeinen eheleiblichen Sohn) zu einen Handels-Die-
ner in ſeine Handlung dergeſtalt auf- und angenom-
men/ daß er in ſolcher vier Jahr lang (anzufangen
von obbemeldtem Dato, und ſich endigende auf
eben denſelben/ Anno 1719.) ſo wie es einem ge-
treuen und redlichen Handels-Diener/ eignete und
gebuͤhrete/ ſich aller ſeiner ihme unter Handen
kommenden Handels-Geſchaͤffte treulich und red-
lich annehmen/ fruͤh und ſpat ſich bey denenſelben/
willig und unverdroſſen finden laſſen/ auch bey je-
der Gelegenheit deſſen/ als ſeines Handels-Patroni
Nutzen beſt-moͤglichſt befoͤrdern/ Schaden und Un-
heil aber/ ſo viel an ihm ſein wuͤrde/ abwenden
ſolte/ dafuͤr wolte er ihme/ nechſt freyer Koſt/ Logi-
ment, Bett und Waͤſch/ jaͤhrlich 60. Reichsthaler/
und nach Ablauff ſolcher vier Jahr/ noch uͤber das
eine gleiche Summam zur Recompens, nebſt ge-
buͤhrender Abſchied ertheilen.
Welches er Lucius/ nebenſt ſeinem Vater/ zu
Danck angenommen/ und ſich dabey in meiner Ge-
genwart mit einem Handſchlag/ wohl-beſagtem
Herrn Titio, als ſeinem nunmehrigen lieben und ge-
ehrten Handels-Patrono verpflichtet/ demjenigen/
was einen GOtt-fuͤrchtenden und redlichen Han-
dels-Diener gebuͤhren und obliegen wuͤrde/ in allen
getreulich nachzukommen.
Sein Herr Vater aber/ Georg Lucius/ hat ſich
dabey anheiſchig gemacht/ dem Herrn Titio vor
alle
[44]Caput II.
alle und jede Untreu/ deren ſein Sohn in waͤhren-
den ſeinen Dienſt-Jahren mit Grund der Wahrheit
uͤberfuͤhret werden wuͤrde/ mit allen ſeinen in hieſiger
Stadt habenden/ und noch kuͤnfftig zu bekommen-
den/ beweglichen und unbeweglichen Guͤtern/ kei-
nes ausgenommen/ gleich als wann jedes dafuͤr
ſpecialiter verſchrieben/ und hypotheſiret wor-
den waͤre/ zu hafften/ und Buͤrg zu ſeyn/ auch
wann ſein Sohn/ ohne erhebliche Urſachen/ vor Ab-
lauff dieſer vier verſchriebenen Dienſt-Jahr/ ſeines
Herrn Patrons Dienſte quitiren wuͤrde/ als eine
verwuͤrckte Straffe an hieſiges Waiſen-Hauß/ ein
hundert Reichsthaler/ ſchreibe ein hundert Reichs-
thaler/ unablaͤßig zu bezahlen.
Wann nun allerſeits Intereſſenten hierauf
mich inſtaͤndig und geziemend gebeten/ dieſe ihre
reſpectivè Erklaͤrungen/ und was ich in dieſem
Actu geſehen und gehoͤret/ fleißig ad Protocollum
zu nehmen/ und ihnen alsdann vor die Gebuͤhr
zwey gleich-lautende/ auch ſo es kuͤnfftig noͤthig ſeyn
ſolte/ noch mehr rein geſchriebene/ glaubwuͤrdige/
mit meinem Notariats-Sigil/ Petſchafft und Un-
terſchrifft bekraͤfftigte Inſtrumenta daruͤber auszu-
fertigen/ als habe ich mich deſſen tragenden Ampts
halber/ nicht entziehen koͤnnen/ ſo geſchehen Anno
Indictione Menſe \& die ut ſupra, in Gegenwart
Caji und Sempronii, als hier ſeßhaffter und hier-
zu erbettener Gezeugen.
(L. S.
Not.)
N. N.
Ein
[45]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Ein anderer Contract zwiſchen einem
Handels-Principali, und ſeinem anzunehmen-
den Diener vor einem hoch-loͤblichen Commer-
cien-Collegio aufgerichtet.
VOr Seiner Roͤniglichen Majeſtaͤt/ Chur-
Fuͤrſtl. oder Hoch-Fuͤrſtl. Durchlauch-
rigkeit/ oder vor eines Hoch-Edlen Magiſtrats hie-
ſiger Stadt/ Hoch- und Wohl-beſtellten Commer-
cien-Collegio, Uns Præſidi, Raͤthen und Beyſi-
tzern/ iſt heute erſchienen der Edle und Wohl-Vor-
nehme Herr Mævius, Buͤrger/ Banquier und
Kauffmann allhier/ benebenſt Cajo, ſeinem anzu-
nehmenden Diener/ und hat uns geziemend zu ver-
ſtehen gegeben/ welcher Geſtalt er dieſen Cajum
auf drey Jahr lang auf gewiſſe Conditiones zu
einen Handels-Diener angenommen/ und daß des-
falls folgender Contract wohl bedaͤchtlich mit bey-
derſeits Einwilligung waͤre zu Papier gebracht/ un-
terſchrieben und beſiegelt worden/ mit gehorſamſter
Bitte/ ſolchen zu confirmiren/ und in das Buch
der Dienſt-Contracten regiſtriren zu laſſen/ es
lautet aber derſelbe von Wort zu Wort/ als ſol-
get:
(Hier wird nun der gantzeContract von
Wort zu Wort eingeſchrieben/ und wann ſolches
geſchehen/ alsdann die Confirmation folgender
maſſen zu End mit beygefuͤget.)
Wann wir nun dieſem ſeinen geziemenden Su-
chen ſtatt gegeben/ als confirmiren/ ratificiren/
und bekraͤfftigen wir ihn hiemit/ aus uns gnaͤdigſt/
gnaͤ-
[46]Caput II.
gnaͤdig/ oder großguͤnſtig darzu ertheilter Voll-
macht/ haben auch denſelben hierauf in das Dienſt-
Contracten-Buch/ Folio 178. regiſtriren und ein-
ſchreiben/ auch unter dieſe Confirmation unſers
loͤblichen Collegii Siegel vordrucken laſſen/ ſo ge-
ſchehen im Jahr Chriſti 1715. den 8. Auguſti.
NAchdem es auch bey einem ſolchen Collegio
Herkommens waͤre/ ſo koͤnte der Præſes zu-
gleich ſolchen Contract mit unterſchreiben/ der Se-
cretarius Collegii aber ſelbigen Contre ſigniren/
welcher darauf ſeine Gebuͤhr aufs hoͤchſte ein Reichs-
thaler vor die gantze Ausfertigung (damit die Kauff-
manſchafft nicht noch mehr belaſtet werde) dafuͤr
zu empfangen haͤtte.
Solcher Geſtalt koͤnten es auch alle Zuͤnffte/
Kauffleut und Kraͤmer/ Aelteſten halten/ wann die
Dienſt-Contracten vor ihnen præſentiret/ und die
Confirmation und enregiſtriren/ bey ihnen geſu-
chet wuͤrde/ dieſes wuͤrde nicht allein zu einer ſchoͤ-
nen Ordnung dienen/ ſondern auch denen Princi-
palibus und Dienern eine Furcht einjagen/ daß ſie
ſich hernach Contracts-gemaͤß beyderſeits gegen
einander deſto beſſer verhalten muͤſten/ es wuͤrde
auch noch dieſen Nutzen nach ſich ziehen/ daß das
Publicum, und ſonderlich die Boͤrß/ dadurch von
der Legitimation, des in Dienſt getrettenen Die-
ners informiret waͤre/ und ſo viel ſicherer/ was er
etwann im Nahmen ſeines Herrn/ hernach in Han-
dels-Sachen thun/ anbringen und handeln moͤch-
te/ mit ihm ſchlieſſen koͤnte/ weil ſonſt ſolches manch-
mahl/
[47]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
mahl/ wie in dem 16. Capitel von dem Recht der
Kauffmanns-Diener ſoll gemeldet werden/ zu groſ-
ſen Diſputen Anlaß giebet/ wann der Principalis,
entweder was ſein Diener geſchloſſen/ desavouirt
und mißbilliget/ auch ihme keine Vollmacht darzu
gegeben zu haben/ behauptet/ oder gar ſolchen nicht
mehr in ſeinen Dienſten zu ſeyn/ vorgeben will. Es
iſt ja ſchon in groſſen Staͤdten die mit oͤffentlichen
Ab- und Zuſchreib-Banquen verſehen/ eingefuͤhret/
daß der Patron, welcher ſeinen Diener in der Ban-
co, vor ihm zu agiren/ authoriſiren will/ die ihm
ertheilte Procuration vor denen Herren und Buͤr-
gern der Banco perſoͤnlich verificiren muß; So wird
ja auch keiner bey denen Handwerckern als Geſell
recipiret/ wann es nicht vor offentlicher Lade/ oder
mit Vorbewuſt des Handwercks geſchiehet; Und in
Gerichten muß vor allen ein Procurator, Mandata-
rius, und Negociorum Geſtor, ſeine Vollmacht
aufzuweiſen haben; zugeſchweigen/ daß es an eini-
gen Orten denen Handels-Dienern/ wann ſie kuͤnff-
tig die Maitriſe verlangen/ oder in die Kauffmanns-
Zunfft wollen eingenommen werden/ zu ihrer Le-
gitimation dienet/ daß ſie gebuͤhrender Maſſen
der Orten inſcribiret worden/ und ſo viel Jahre
bey einem Buͤrger und Mitglied der Kauffmanns-
Jnnung in Dienſten geſtanden haben/ da auch nach
vollendenden Dienſt-Jahren/ auch wann ſie jetzt
ihr eigenes anfangen wolten/ die Notification,
wie hinden in dem 11. Capitel wird gewieſen wer-
den/ vor einem loͤblichen Commercien-Collegio
geſchehen muß/ ſo iſt ja billich und ſo viel ordentli-
cher
[48]Caput II.
cher/ daß auch ihre Dienſt-Contractus bey denſel-
ben regiſtriret/ und inſinuiret werden.
An denen Orten/ wo es nur vor dem Stadt-
Schreiber/ oder Notarien und Zeugen geſchiehet/
kan es auf eben ſolche Manſer/ wie obiges Formu-
lar verfaſſet iſt/ geſchehen/ daß nehmlich der gantze
Contract von denen Contrahenten dem Nota-
rio præſentiret/ und vorgeleget/ ſolcher von ihm
von Wort zu Wort abgeſchrieben/ und alsdann
kuͤrtzlich Inſtruments-weiß von ihme documenti-
ret und atteſtiret werde/ daß die Sache alſo von
ihm verhandelt worden.
Wolten einige Contrahentes vor dem Com-
mercien-Collegio, oder denen Kauffmanns-Aelte-
ſten nur die Articulos Conventionales, uͤber wel-
che ſie ſeynd einig worden/ muͤndlich herſagen/ oder
ſelbige auch ſchrifftlich uͤbergeben/ moͤchte der Se-
cretarius Collegii, wann ſolche zu Protocoll ge-
nommen/ alsdann ſelbige weiter foͤrmlich extendi-
ren/ und alsdann das Confirmations-Documen-
tum daruͤber ausfertigen.
Folgen noch mehrere Formularia, ſol-
cher zwiſchen Principalen und Handels-Die-
nern aufgerichteten Contractuum, und zwar erſt-
lich zwiſchen zweyen oder mehrern Handels-
Conſorten/ welche einen Diener an-
nehmen wollen.
ZU wiſſen/ daß heute den 12. Julii/ zwiſchen
Herꝛn Titio, Cajo und Sempronio, Handels-
Con-
[49]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Conſorten allhier in Neapolis eines und Mævio
Handeis-Bedienter/ anders Theils folgender Con-
tract aufgerichtet und geſchloſſen worden; Es be-
giebt ſich nehmich Mævius bey obgedachten dreyen
Herren Conſorten von dato an/ auf fuͤnff Jahr
lang/ vor einen Buchhalter und Handels-Diener
dergeſtalt in Condition, daß er in ſolcher Zeit ihre
Buͤcher und Scripturen treulich adminiſtriren/
und was auſſer dem in andern Handels-Geſchaͤff-
ten ihme von ihnen anbefohlen werden wird/ der-
geſtalt nechſt Goͤttlicher Huͤlffe verrichten will/ daß
verhoffentlich ſeine Herren Patroni ein ſattſames
Genuͤgen daruͤber haben ſollen; wie er dann ſon-
derlich auch verſpricht/ was ihme in waͤhrenden ſei-
nen Dienſt-Jahren von ihrer Handlung wiſſend
werden moͤchte/ weder jetzt noch kuͤnfftig/ keinen
Menſchen (um keinerley Urſachen willen) zu offen-
bahren/ ſondern ſolches alles hoͤchſt verſchwiegen/
biß in ſeine Sterb-Grube zu halten/ auch ſich in
ſeinem uͤbrigen Lebens-Wandel alſo aufzufuͤhren/
wie es einem ehrlichen Handels-Diener zukommen
und gebuͤhren kan/ und da in waͤhrender Zeit einer
oder mehr/ welches doch GOtt verhuͤten wolle/ von
ſeinen Herrn Patronis mit Todt abgehen ſolte/ ſo
will er doch bey den jenigen/ der alsdann die Hand-
lung continuiren wuͤrde/ biß zu End ſeiner ver-
ſprochenen Dienſt-Jahr beſtaͤndig verbleiben/ wo-
bey er ſich auch anheiſchig macht/ daß/ im Fall er
nach deren Verflieſſung nicht laͤnger bey ihnen blei-
ben/ ſondern ſich weiter bey Handlungen verſuchen
wolte/ daß es jedoch in dieſer Stadt bey einem ſol-
chen Patron, der eben dergleichen Handlung/ wie
Dſeine
[50]Caput II.
ſeine jetzige Herren Patroni, fuͤhret/ innerhalb drey
Jahren nicht geſchehen ſoll/ ſondern er will entwe-
der auſſerhalb/ oder ſo er in dieſer Stadt bliebe/
bey einem ſolchen Patron um Dienſte ſich bewer-
ben/ welcher gantz andere/ und zwar eine ſolche
Handlung hat/ die ſeinen jetzigen Herren Patronis
keinen Argwohn geben kan.
So er auch von ſich ſelbſt eine eigene Hand-
lung zu établiren gedaͤchte/ ſoll er doch nicht inner-
halb den erſten zwey Jahren/ noch Endigung ſeiner
Dienſt-Jahr/ auch nicht mit deren Waaren/ mit
welchen ſeine Patroni zu handeln gewohnt ſeyn/
wie auch nicht in der Straſſen/ in welcher ſie jetzt
ihren Laden und Gewoͤlb haben/ ſondern in einem
andern von ihnen entfernten Quartier der Stadt
geſchehen/ und er/ ſonderlich was die ‒ ‒ ‒ betrifft/
ſelbige nicht aus dem Land ſelbſt zu verſchreiben/ ſon-
dern von ihnen/ in den Preiß wie ſie ſolche andern
Kraͤmern hieſiges Orts/ welche ſelbige wieder ins
Kleine verkauffen/ zu geben/ zu nehmen ſchuldig ſeyn.
Ferner verpflichtet er ſich auch/ da er ohne er-
hebliche Urſachen/ (es ſey dann/ daß er ſich verhey-
rathen/ oder ein groſſes augenſcheinliches Gluͤck/
welches aber/ ſo klar muß bewieſen werden/
anderwerts machen koͤnte) aus ihren Dienſten ge-
hen wuͤrde/ daß er alsdann ein Jahr Salarium zu-
ruͤck laſſen wolle/ welches halb ſeinen Herrn/ halb
hieſigen Monti Pietatis verfaͤllig ſeyn ſoll; auch
will er daruͤber keinen andern Ausſpruch oder
Richter/ als den Buchſtaͤblichen Jnhalt dieſes
Contracts ſelbſt erkennen/ und daß von hieſigen
Commercien-Collegio, oder Stadt-Gerichten/
die
[51]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
die Execution darnach geſchehen moͤge/ ſich gefal-
len laſſen.
Da hingegen verſprechen ſeine Herren Patro-
ni, ihme die erſten 2. Jahr ein hundert und funfftzig
Reichsthaler/ die uͤbrigen 3. Jahr aber 200.
Reichsthaler pro Salario, auch nach Verflieſſung
derſelben noch ein hundert Reichsthaler pro Diſcre-
tione zu geben/ auch ſo er alsdann noch ferner bey
ihnen zu bleiben/ und ſie ihn in Dienſten zu behal-
ten/ Belieben tragen ſolten/ ihme das Salarium
noch um ein merckliches zu verbeſſern.
Ferner ſoll er in Herrn Titii Hauß ſeinen Tiſch/
Cammer/ Bett/ und freye Waͤſche haben/ auch die
letzten drey Jahr jedesmahl zum Heiligen Chriſt/
ſich zu einen neuen Kleid/ biß auf die Werth von
30. Reichsthaler aus ihren Laden frey ausnehmen
moͤgen.
Damit aber wohlgedachte/ Herr Titius, Cajus,
und Sempronius ſeiner Treue in Adminiſtration
der ihne anvertrauenden Gelder und Waaren/ ſo
vielmehr verſichert ſeyn moͤgen/ ſo habe ich Marcus
Livius vor Mævii, als meines Schwagers Wohl-
verhalten mich biß auf drey tauſend Reichsthaler/
(mit meinen geraͤtheſten Haab und Guͤtern zu haff-
ten) buͤrglich eingelaſſen/ und dannenhero zugleich/
nebenſt denen reſpectivè Contrahentibus dieſen
in Triplo abgefaßten Contract, und zwar das
Exemplar, welches obgedachte Herren Con[ſo]rten
in Haͤnden behalten/ mit unterſchrieben/ ſo geſche-
hen/ Genua/ den 12. Julii/ Anno 1715.
D 2Aus
[52]Caput II.
AUs dieſemFormularſiehet man/ wie gar
vielfaͤltig und mancherley dieConditio-
nesſeyn/ welche ſolchen Dienſt-Contracten pfle-
gen einverleibet zu werden/ wir wollen deren die
vornehmſten hier kuͤrtzlich wiederhohlen.
- 1.) Werden die beyde Contrahentes, als (1)
Principales, (2) die Dieners genennet/ zu welchen
hernach die Intervenientes, oder zwiſchen Perſo-
nen kommen/ welche (1) ſeynd die Buͤrgen/ (2) das
Commercien-Collegien/ oder Kauffmanns-Jn-
nungen/ Stadt-Gerichten/ Notarii, (3) Gezeu-
gen/ und die/ an welche etwann im Fall der Con-
travention eine verſchriebene Geld-Straffe ſoll be-
zahlet werden. - 2.) Datum des Tages und Jahrs/ wann der
Contract gemacht worden. - 3.) Wo er iſt gemacht worden.
- 4.) Auf wie viel Jahr ſolcher beſtehen ſoll.
- 5.) Was nach ſolchen der Handels-Diener
thun/ und was er hingegen wieder laſſen ſoll/ wel-
ches beydes dann nach den General Geboten und
Verboten/ auch in beſondern Specialioribus be-
ſtehet; als/ daß er in ſpecie uͤber das/ was ſonſt
generaliter denen Kauffmanns-Dienern zu thun
oder zu laſſen eingebunden wird/ auch noch dieſes
oder jenes ins beſonders thun oder laſſen ſoll/ wel-
ches dann ein jeder Hauß-Vater und Handels-
mann am beſten wiſſen wird/ wie er es ſeiner Hauß-
haltung und Handlung am convenableſten/ und
mit des Dieners ſeinem Humeur. Condition, Con-
duite und Perſon am uͤbereinkommlichſten zu ſeyn/
erachtet.
6.) Wird
[53]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
- 6.) Wird des Salarii, oder desjenigen Emo-
lumenti, welches der Diener ſo wohl an Geld/ als
andern Douçeurs vor ſeine Dienſte zu genieſſen
hat/ gedacht. - 7.) Werden offtmahls Conditiones angehan-
gen/ was gegen oder nach Endigung der Dienſt-
Jahr der Handels-Patron gethan zu haben ver-
langet; jenes beſtehet/ daß der Diener/ wann er
nicht laͤnger dienen will/ oder auch der Herr den-
ſelben nach Endigung der Dienſt-Jahre nicht laͤn-
ger behalten wolte/ einer dem andern ein halb oder
Viertel Jahr zuvor gebuͤhrend aufſagen und loß-
kuͤndigen ſoll; was dieſes/ nehmlich die Facienda,
nach vollbrachten Dienſt-Jahren betrifft/ werden
ſolche/ in ſo weit ſie den Diener angehen/ zimlich
aus obigen Formular, des Handels-Patroni ſeine
aber aus andern zu erſehen ſeyn/ als daß er nehm-
lich demſelben ſeinen ehrlichen Abſchied/ item eine
Recompens an Geld/ oder Ehren-Kleid/ Recom-
mendation, fernere Huͤlff und Befoͤrderung ver-
ſpricht.
Was ſo wohl an Eſſentialibus als Formali-
bus noch hinterſtellig ſeyn moͤchte/ ſolches wird aus
vorgeſetzten und noch nachfolgenden For-
mularien zur Genuͤge zu erſe-
hen ſeyn.
D 3Con-
[54]Caput II.
Contract, welchen die Vormuͤnder
vor ihre Pupillen/ die etwann eine anſehnli-
che Handlung ererbet/ mit einem verſtaͤndigen Han-
dels-Diener/ um ſolche als Complimentarius
oder Gevollmaͤchtiger zu dirigiren/
aufrichten.
WJr Endsbenannte urkunden und bekennen hier-
mit/ nachdem des ſeeligen Herrn Titii an-
ſehnliche Handlung ſeinen gleichfalls ſeeligen Bru-
der Soͤhnen/ Johann Michael, und Caſpar
Friedrich Titiis, als unſern Pupillen angeerbet/
und per Beati Defuncti Teſtamentum vermachet
worden; Dannenhero uns/ als dieſer beyden minder-
jaͤhrigen Knaben conſtituirten Vormuͤndern al-
lerdings gebuͤhren will/ dahin zu ſehen/ damit dieſe
wohl établirte und bluͤhende Handlung in ihrem
Flohr ferner hin erhalten/ und deroſelben eine ſol-
che Perſon vorgeſetzet werden moͤge/ welche nicht
allein von guter Handels-Experienz, ſondern auch
von einer ſolchen tugendhafften und loͤblichen Con-
duite ſey/ daß man ſich nichts anders/ als alles Gu-
tes zu deroſelben zu verſehen habe.
Daß wir hierzu als ein capables Subjectum
den Herrn Prudentium vor andern auserſehen/
und desfalls mit ihm uͤber folgende Conditiones
einig worden/ nehmlich:
Es nimmt gedachter Herr Prudentius die gan-
tze Direction des ſeeligen Titii verlaſſenen anſehn-
lichen Handlung/ alſo und dergeſtalt uͤber ſich/ daß
er dieſelbe in Nahmen unſere reſpectivè Pupillen/
als Titiiſchen Erben/ fortſuͤhret/ und moͤglichſtem
Fleiß
[55]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Fleiß dahin trachtet/ damit ſolcher Handlung ihre
gute Renommée und Kundſchafft moͤge beybehal-
ten/ auch von Tag zu Tag vermehret/ die benoͤthig-
te Correſpondenz ordentlich und accurat conti-
nuiret/ die darinn Bediente zur Leiſtung ihrer
Pflicht und Schuldigkeit fleißig angehalten/ der
Einkauff benoͤthigter Waaren an rechter Ort und
Stelle/ wie auch zu rechter Zeit/ und von den be-
ſten Leuten beſorget/ und ſolcher Geſtalt auch die
Speditiones und Commiſſiones wohl in acht ge-
nommen werden.
Nicht weniger verpflichtet er ſich auch/ die
Handels-Scripturen/ und ſonderlich die Haupt-
Handels-Buͤcher dergeſtalt eigenhaͤndig zu fuͤhren/
damit unſern Pupillen/ als Handels-Principalen/
oder vielmehr Uns/ als ihren reſpectivè Vormuͤn-
dern/ monatlich ein richtiger Special-Bilanz, jaͤhr-
lich aber bey Schluß des Jahrs/ eine General-
Schluß-Bilantz/ (aus welchem das gantze Handels-
Directorium) und was des Jahrs uͤber gewon-
nen worden/ zu erſehen ſey/ koͤnne geliefert wer-
den.
Wobey er ferner auch auf die ihme uͤberliefer-
te baare Gelder und Waaren/ die ſo wohl hier ge-
genwaͤrtig/ als unter auslaͤndiſchen Factoren lie-
gen/ dergeſtalt acht zu geben hat/ daß alles wohl
adminiſtriret/ aller Schaden und Unheil verhuͤtet/
keine boͤſe Schulden gemachet/ noch etwann Wech-
ſel-Gelder oder Waaren an ſolche Perſonen ver-
trauet werden/ welche nicht ſolvendo ſeyn/ oder
doch dem Nahmen haben daß ſie vor boͤſe Bezah-
lers paſſiren/ und nicht ſicher mit ihnen zu handlen
ſey.
D 4Jn
[56]Caput II.
Jm unverhofften Fall aber/ daß der Handlung
einiger Schaden durch Verderb der Waaren/
Waſſer- oder Feuers-Noth/ oder auch durch boͤſe
Leute zuſtieſſe/ ſoll er doch vor allen jedesmahl dar-
uͤber ſeyn/ daß dergleichen von ſeinem Verſehen
oder Schuld nicht herruͤhre/ ſondern wann er da-
bey gethan/ was ein ehrlicher Hauß-Vater und
Handels-Patron, deſſen die Handlung eigen iſt/
in dergleichen Fall haͤtte thun koͤnnen/ ſo ſoll er zwar
von fernerer Verantwortung frey und entſchlagen
ſeyn/ jedoch aber hierauf/ was zu Erſetzung des ge-
littenen Schadens dienen kan/ an ſeinem Fleiß nicht
ermangeln laſſen/ wie er ſich dann auch die ausſte-
hende Schulden/ entweder guͤtlich oder gerichtlich
einzutreiben/ aͤuſſerſt bemuͤhen ſoll/ damit ſelbige
durch die Laͤnge der Zeit nicht verſchlimmert/ oder
endlich gar unzahlbar/ und boͤſe werden moͤgen.
Da auch die uͤbrige Handels-Bediente ihme in
Handels-Sachen zu Gebot ſtehen/ und was er
darinn befehlen wird/ gebuͤhrenden Gehorſam lei-
ſten muͤſſen/ als wird er von ſelbſten dahin ſehen/
daß ſolche Bediente nicht allein eines Chriſtlichen
Lebens und Wandels ſich befleißigen/ denen Han-
dels-Verrichtungen fleißig obliegen/ ſondern auch
unter ſeiner Direction, die in der Handlung die-
nende Jungens in denen Wiſſenſchafften/ welche
zur Handlung gehoͤren/ dergeſtalt profitiren moͤ-
gen/ daß heut oder morgen ſolches ihme ſelbſt/ wie
auch der Handlung zum Ruhm gedeyen moͤge/
daß junge Leute was rechtſchaffenes unter ſeiner
Anfuͤhrung darinn gelernet haben.
Was gar wichtige Partheyen von Contracten
und
[57]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
und Wechſeln/ oder andern zu Kauffmannſchafft
gehoͤrigen Actionibus betrifft/ welche ſich uͤber ein
tauſend oder mehr Reichs-Thaler betragen/ ſolche
ſoll er anders nicht (wie er dann auch ſelber vorge-
ſchlagen und verlanget) als mit unſern Vorwiſſen/
und unſere Genehmhaltung erſtlich daruͤber einzuho-
len/ ſchlieſſen/ anderer Geſtalt aber dieſelbe keines-
wegs guͤltig/ ſondern vor ſeine Rechnung ſeyn/ im
Fall ſelbige etwan ungluͤcklich ausſchlagen ſollten.
Wie er nun dieſes alls ſteiff und veſt zu halten/ ver-
moͤg ſeines eydlichen Reverſes ſich anheiſchig ge-
macht/ und zugleich in dieſer ſeiner Function des
Complimentariats, von dato an zu verbleiben/ ſich
verſchrieben.
Als haben wir conſtituirte Vormuͤnder/ ihme
wohlbedaͤchtlich/ und in Anſehung dieſer ſeiner
wichtigen Function, und der darinnen ihme obliegen-
de importanten Verrichtungen zu einem jaͤhrlichen
Gehalt oder Salario, und zwar die erſten drey Jahr/
jedes Jahr drey hundert Reichs-Thaler/ die letzte-
ren drey Jahr aber/ jedes Jahr vier hundert Reichs-
Thaler Quartaliter pro rata aus der Caſſa zu
nehmen/ und vor ſich abzuſchreiben/ ihme hiermit
accordiret/ und zugeſtanden/ auch noch ferner
promittiret/ und Krafft dieſes uns dahin verpflich-
tet/ daß im Fall in waͤhrenden ſechs Jahren die
Handlung durch goͤttlichen Seegen/ und unter ſeiner
Direction Fleiß und Sorgfalt/ mercklich zuneh-
men/ er auch unſere beyde Pupillen/ als ob beſag-
te Johann Michaël, und Caſpar Friedrich Titius
dergeſtalt in Handels-Wiſſenſchafften unterrichten
wuͤrde/ daß ſie hernach ihre eigene Handlung ſelbſt
D 5zu
[58]Caput II.
zu unternehmen capables waͤren/ daß wir ihm als-
dann vor ſolche getreue Information noch zwey hun-
dert Reichs-Thaler pro Diſcretione zugeben wol-
len/ zugeſaget und eingewilliget haben/ urkundlich
iſt dieſer Contract in Duplo ausgefertiget/ und
von beyderſeits Contrahenten unterſchrieben/ auch
mit unſern Petſchafften bekraͤfftiget worden/ ſo ge-
ſchehen im Jahr Chriſti 1715. den 1. May in Ve-
nedig.
(L. S.) N. N. des Vormunds.
(L. S.) N. N. des andern Vormunds.
Der neu-ankommende Complimenta-
rius aber reverſirt ſich hierauf folgender
Geſtalt.
DAß ich obenſtehenden Contracts, (welcher mir
in allen Puncten/ (nachdem er mit meinem
Gewiſſen und wohlbedachten Willen aufgeſetzet/)
deutlich und vernehmlich vorgeleſen/ und nochmal
von mir acceptiret und genehm gehalten worden)
ſeinem Jnhalt/ getreulich nachkommen/ und ſo viel
mir GOtt Kraͤffte und Verſtand verleyhen wird/
denſelben treulich halten/ auch bey der mir anvertrau-
ten Titiiſchen Handlung/ als einem redlichen Com-
plimentario und Gevollmaͤchtigten gebuͤhret/
handlen wolle/ ſolches reverſire ich mich bey dem
Wort der ewigen Warheit/ und Verpfaͤn-
dung meiner Haab und Guͤter/ beweglichen und
unbeweglichen/ jetzt habenden und kuͤnfftig kommen-
den/
[59]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
den/ keine ausgenommen/ wie ſie Namen haben
moͤgen/ urkundlich meiner eigenhaͤndigen Unter-
ſchrifft/ welche ich in Gegenwarꝛ hier unten benahm-
ter Zeugen/ als Hrn. N. N. und Hrn. N. N.
als beyder hier geſeſſener vornehmer Kauffleute/
præſtiret. Venedig den 1. May. 1715.
(L. S.) N. N. des Complimentarii.
(L. S.) N. N. der Zeugen.
N. N.
Ein anders Kauffmanns-Compli-
plimentariat, welches nicht allein einem/ ei-
ner Handlung Vorgeſetzten/ oder in derſelben ſte-
henden Handels-Diener/ ſondern auch einem Advo-
cato, die Ptoceſſe der Handlung zu reſpiciren/ zur
Vollmacht dienen kan/ und woraus erſt recht/ was
ein Complimentarius bedeutet/ zu erſehen
ſeyn wird/ iſt folgendes.
KUnd und zu wiſſen ſey hiemit maͤnniglichen/ dem-
nach wir N. N. und N. N. Handels-Con-
ſorten/ an unterſchiedlichen Orten/ inſonderheit in
Leipzig/ Naumburg/ Augſpurg/ Luͤbeck/ Ham-
burg/ Amſterdam/ Nuͤrnberg/ Dantzig/ Lyon,
Franckfurt/ Coͤlln/ Paris/ St. Gallen/ Braun-
ſchweig/ Breßlau/ Botzen/ Genua/ Bologne und
dergleichen Handels-Plaͤtzen/ wie auch zu Dreßden/
Prag/ Wien/ und ſonſten hin- und wieder in Kay-
ſerlichen/ Polniſchen/ Frantzoͤſiſchen/ Engliſchen/
Daͤniſchen und andern Koͤnigreichen/ Chur- und
Fuͤrſten/ Biſchoffs- und Hertzogthuͤmern/ Graf-
und
[60]Caput II.
und Herꝛſchafften/ Republiquen, Reichs-Staͤd-
ten und ſonſten geiſtlichen und weltlichen Orten und
Gerichten/ Mercantil-Magiſtrat oder Kauff-
manns-Judicatur, mit Wechſeln Ausleyhen/ Ein-
und Verkauffen derer Waaren/ Eintreibung derer
Schulden und andern Dingen mehr/ unterſchied-
liche Proceſſus zu fuͤhren/ allerhand Negotia acti-
vè und paſſivè, in- und auſſerhalb denen Jahr-
Meſſen zu tractiren/ Rechnung und Gegen-Rech-
nung zu halten/ Contractus zu celebriren/ ſel-
bige zu caſſiren/ und andere Dinge vor uns/ und
wegen unſerer geſammten Handlung zu adminiſtri-
ren und zu verrichten/ uͤber diß unterſchiedene
Actiones Handlungs wegen/ wie auch in puncto
injuriarum Rei Vindicationis, depoſiti, und
dergleichen andere benannte und unbenannte/ anzu-
ſtellen und zu gewarten haben: Als wollen wir ſamt
und ſonders/ auch jeder fuͤr alle/ und alle fuͤr einen/
in ſolidum, \& in totum, vor uns/ unſere Erben/
Erbnehmen und Nachkommen/ und zwar mit Be-
gebung der Excuſſion, Diviſion, (daß nicht jeder
unter uns beſonders ausgeklaget/ oder einige Thei-
lung angeſtellet werden muͤſſe) auch andern bemeld-
ten und unbemeldten Rechts-Befugniſſen/ vor allen
und jeden obbemeldten und andern Paͤbſtlichen/
Kayſerlichen/ Koͤniglichen/ Chur- und Fuͤrſtlichen/
Marg- und Graͤflichen/ Herꝛlichen/ Adelichen/
Ober- und Hof-Gerichten/ Haupt- und Amptleuten/
Commiſſionen, Academien, Amt-Schoͤſſern/
Gerichts-Verwaltern/ Buͤrgermeiſtern/ Land-
Stadt- und andern Geiſt- und Weltlichen-Ober-
und Unter-Gerichten/ Jnnungs- und Handwercks-
Zu-
[61]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Zuſammenkuͤnfften/ deroſelben Deputatis, wie die
Namen haben moͤgen/ und wo ſolche ſeyn/ unſern
Complimentarium und Handels-Bedienten/
den Erbarn N. N. oder den Wohlgelahrten Herꝛn
N. N. Advocaten/ wenn er aber nicht zugegen/
oder dieſe Verrichtung weigert/ oder auch nicht
widerſpreche/ zugleich N. N. und N. N. zu unſern
unzweifflichen gewiſſen Anwaltern/ Sach-Verwal-
tern/ Verſorgern/ Gewalt- und Befehlhabern/
Worthaltern/ Namen-Traͤgern/ Abgeſchickten
Agenten/ Inſtitoribus Negociorum, Geſtori-
bus, Gubernatoribus, Commiſſariis, Procu-
ratoribus, Factoribus und Complimentariis,
Generalibus \& Specialibus, zugegen und abwe-
ſend/ zugleich und jeden inſonderheit/ alſo in ſoli-
dum zu allen und jeden/ in- und auſſerhalb Gerichts-
vorfallenden Handlungs-Rechts und andern Sa-
chen (wir vertretten gleich Klaͤgers oder Beklagtens
Stelle) zu gut und recht/ activè und paſſivè, und
zwar mit ausdruͤcklichem Vorbehalt/ dieſe ertheilte
Vollmacht nach eigenem Gefallen jederzeit zu wider-
ruffen und zu aͤndern/ cum Clauſula, rati, grati,
hæredum ſivè pro hæredibus, \& ſucceſſoribus
unum pluresque toties ſubſtituendi, revocan-
di \& hos iterum caſſandi alios de novo ſubſti-
tuendi, poteſtatemque recipiendi, nec non cum
libera ac aliis neceſſariis, ſalutaribus \& apponi
conſuetis, ut \& ſub hypotheca bonorum, jetzo
alsdann/ und dann als jetzo benennet/ geordnet und
ausdruͤcklich conſtituiret/ ihnen ſamt und ſonders/
auch generalem, \& ſpecialem, plenam, liberam
\& abſolutam poteſtatem gegeben und zugeeignet
ha-
[62]Caput II.
haben/ daß ſie die principaliter Conſtituti oder
Subſtituti, Neben- und Affter-Anwaͤlde (in maſſen
denen Subſtitutis noch andere ferner zu ſubſtitui-
ren/ ebenfalls hiemit Macht gegeben wird/) in al-
len unſern Affairen/ jederzeit an unſerer Stelle/ auch
nach unſern Abſterben/ in unſerer Erben/ Erbneh-
men und Nachkommen Namen/ aller Orten der
Welt/ ohne Reaſſumtion des Proceſſus in Per-
ſon erſcheinen/ mit hohen und niedrigen Perſonen/
Collegiis, Capitulis, Communen Univerſi-
taͤten/ Jnnungen und dergleichen/ als wann wir
ſelbſt zugegen waͤren/ unſere Nothdurfft zu gute
und Recht beobachten/ Abends/ Morgens und je-
derzeit muͤndlich oder ſchrifftlich vorbringen/ litigiren/
placidiren/ Tractaten und Handlungen pflegen
ſchlieſſen/ tranſigiren/ accordiren/ Acta durchle-
ſen/ extrahiren/ actiones ad intrandum in ſe-
mitam, ad petendum in ſolidum, ad faciendum
capi, ad exigendum, ad faciendum ſumi ratio-
nes, ad ex \& accuſandum, petendam aboli-
tionem, locandum, conducendum, vendendum,
emendum, donandum, nominandum in judi-
cio, acceptandum jura, cedendum, petendum
compromiſſum, tranſigendum recipiendum mu-
tuo, revidendum, recalculandum rationes, cam-
biandum, petendum beneficium reſtitutionis in
integrum, recognoſcendum ſcripta, petendum
inſtrumenta, fide jubendum, reſignandum bene-
ficiis, impetrandum licentiam, repræſentan-
dum \& petendum tutores, recipiendum depo-
ſitum, conſentiendum cuique negotio, finien-
dum \& ad alia quæcunpue facienda \& omitten-
da,
[63]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
da, auch auf die Ehehaffts-Klagen/ und ex l. Dif-
famari ſivè ex lege contendat, provocationem
ſive interpellationem anſtellen/ daß in Sum-
mariis ſummariter, \& in ordinariis ordinarie
nach Gelegenheit der Sachen procedirt werde/
beobachten/ auf alle Art agiren/ excipiren/ re, du,
tri, quadrupliciren/ was durch einen der Gewalt-
haber angefangen/ vor und nach der Litis conteſta-
tion fortſetzen/ mitteln und zu Ende bringen/ was
allbereit paſſirt ratihabiren und vortragen/ gutli-
che Handlungen pflegen/ Rechnung und Gegen-
Rechnung halten; Belege examiniren/ defecti-
ren/ annehmen/ calculum ziehen/ Saldo oder Li-
quidum conſtituiren/ remittiren/ paciſciren/
ſtipuliren/ compromittiren/ unſern Namen oder
auch in unſern Namen ſubſcribiren/ Geld auf oder
in Empfang auf Wechſel oder gegen Hand-Schrifft/
Waaren um baar Geld/ oder auf Zeit oder Con-
dition einkauffen/ wieder verkauffen/ wieder zu-
ruͤck nehmen/ aſſecuriren/ Zahlung leiſten/ Billet,
Obligationes, Pfand/ Verſchreibung/ Auszuge/
Wechſel oder Umſchlags-Briefe zum Obſtagio und
andere Schrifften/ in und mit unſern Namen un-
terſchreiben/ ſchlieſſen/ zeichnen/ acceptiren/ aus-
ſtellen/ auf andere indoſſiren/ cediren/ ſcontriren/
Journal-Correſpondentz/ die Copier, Memorial,
Giro-Haupt- und andere Handels-Buͤcher/ un-
ſertwegen machen und halten/ Einnahm und Aus-
gab verrichten/ richtig ab- und zuſchreiben/ Inſti [...]o-
res ordnen/ Proxenetas, Maͤckler oder Unterhaͤnd-
ler gebrauchen/ Schulden und Gegen-Schulden
notiren/ Delegationes machen/ Handels-Zeichen
ſtechen
[64]Caput II.
ſtechen laſſen/ auf unſere Waaren druͤcken und ge-
brauchen/ Geld in Banco geben oder nehmen/ à
Conto ab- und zuſchreiben laſſen/ Schulden ver-
kuͤmmern/ beſprechen und einheben/ guͤtlich und ge-
richtlich Geld exigiren/ in Empfang nehmen/ qui-
tiren/ Verzicht leiſten/ Debita, Bona Im-\& Mobi-
lia an Zahlungs-Statt cediren und aſſigniren laſ-
ſen/ oder andern uͤbergeben/ Confirmationes ſu-
chen/ und hierunter allenthalben cautè und behut-
ſam handeln und negotiiren/ auch wo moͤglich/
absque apicibus juris die Sachen abthun/ die
Poſſeß nehmen und erhalten/ Klage ſelbſt/ oder von
den ordinariis \& extraneis Advocatis unterſchrei-
ben laſſen/ die Articulos Proceſſus gebuͤhrend
beobachten/ in erſter/ anderer und dritter Inſtantz/
auf alle und jede Gerichts-Tage oder Diæten er-
ſcheinen/ allerhand Anordnungen/ Inhibitiones,
Monitoria, Præcepta und Citationes auswuͤr-
cken/ dieſelbe inſinuiren laſſen/ wiederum caſſiren/
aufheben und annehmen/ einen gewiſſen/ ſelbigen
Orts (an dem vor uns und an ſtatt uns ſelbſten die
Jurisdiction geſchehen moͤge) verordnen/ in Cau-
tiones odeꝛ Vorſtand wegen der Wieder-Klage und
Reconvention ſich einlaſſen/ Proceß auswuͤrcken/
reaſſumiren/ ſie pro reaſſumto halten/ Ungehorſa-
mes beſchuldigen/ ſolche ablehnen/ Exceptiones, Præ-
ſcriptiones Fori, Libelli non ritè formati,
doli mali, primæ inſtantiæ, litis pendentiæ \&
præventiones Competentiæ, reſtitutionis in
integrum, Legitimationes in habilitatis, Cita-
tionis, Compoſitionis amicabilis, \& obreptio-
nis, remediorum ſuſpenſivorum, nimis anguſti
Ter-
[65]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Termini, Feriarum, Loci non tuti, Delibera-
tionis, Satisdationis, \& Guarandæ, Tracta-
tus ad tranſigendum, Libelli alternative for-
mati, plus petitionis, Spolii, Erroris, calculi,
nunciationis, ſolutionis, in validi inſtrumenti,
non redditarum Rationum, cedendarum actio-
num, Excuſſionis, Ceſſionis bonorum, Mora-
torii, Tu venis contra factum tuum, uſurariæ
pravitatis non numeratæ pecuniæ, dationis in
ſolutum, Executionis impediendæ, nullitatis,
litis conteſtationis articulorum novorum, \&
alias quaslibet tam dilatorias quam perempto-
rias ac litis ingreſſum impedientes, vorſchuͤtzen/
darthun und ausfuͤhren/ die ihnen entgegen geſetzte
ablehnen/ deutliche und klare Antwort geben/ Li-
tem denunciiren/ auf Litis conteſtationes ſich
einlaſſen/ Litem affirmativè vel negativè conte-
ſtiren oder foͤrder reſpondiren/ Articulos und In-
terrogatoria generalia \& ſpecialia, auch additio-
nalia fetꝛigen/ wider die Unzulaͤſſig-Schlieſſende/ und
Unfoͤrmliche excipiren/ juramenta quælibet pro
qualitate cauſæ, wie nachgehends ſpecificiret/ und
ſich ſonſt ereugnet/ Generalia \& Specialia deferi-
ren/ referiren/ remittiren/ relaxiren/ retrahi-
ren/ ad jurandum offeriren/ zu dero Leiſtung Tag-
fahrt auswuͤrcken/ Gegentheil ad videndum \&
audiendum jurari vorladen laſſen/ die Terminen
fleiſſig beobachten/ Prolongationes ſuchen/ inglei-
chen juramenta credulitatis, diffeſſionis, fideli-
tatis, minorennitionis, ſivè diminutionis, pau-
pertatis, veritatis, calumniæ, malitiæ, dando-
rum reſpondendorum, in Litem affectionis,
Eæſti-
[66]Caput II.
æſtimationis, purgationis, perhorreſcentiæ,
probationis in ſupplementum, manifeſtationis
quoad expenſas, damnum, Intereſſe, proro-
gationes, litis decidendæ, cautionis cujuslibet
deciſorum, und alle andere ziemliche in Rechten
nach gelaſſenen Eyde/ benannte und unbenannte/
in unſern und unſerer Erben und Nachkommen Na-
men und Seelen ablegen/ erſtatten/ ſchwoͤhren/
daß/ wie ſie ſchwoͤhren moͤgen/ verordnen/ vom Ge-
gentheil abfordern/ wie ſolche geleiſtet werden/ anhoͤ-
ren/ das Gewiſſen mit Beweiß/ durch Urkunden/
Zeugen oder anderer Art vertretten/ Documen-
ta ediren/ oder ediren laſſen/ ſelbige diffitiren/
ad diffitendum aut recognoſcendum produci-
ren/ quoad manum, Sigillum \& contenta re-
cognoſciren/ oder auch per teſtes recognoſciren
laſſen/ abſchwoͤhren/ mit andern Urkunden con-
feriren/ allerhand Demonſtrationes und Proba-
tiones, Reprobationes, auch ad perpetuam rei
memoriam fuͤhren/ zeugen/ ſo offt es noͤthig ange-
ben/ gegenwaͤrtig und abweſend produciren/ ver-
meiden/ abhoͤren oder fallen laſſen/ die erſte/ andere/
dritte/ vierdte und mehr Verlaͤngerungs-Friſten
und Prolongationes, zum Beweiß und Gegen-
Beweiß Gewiſſens-Vertrettung/ mit und auf/ oder
auch ohne cauſæ cognitione ſuchen/ und auswuͤr-
cken/ wider Zeugen/ Perſon und Ausſage/ auch
Documenta probatoria \& quælibet alia judicia-
lia \& extrajudicialia excipiren/ allen Privile-
giis \& Beneficiis, Leuterationi, Appellationi,
cautioni præſtitæ, foro, proceſſui, probationi
und andern/ wozu eine Caution oder Special-
Man-
[67]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Mandat erſordert wird/ renunciiren/ und ſich be-
geben/ biß zum Abſchied oder Urtheil/ oder ander
Deciſum verfahren/ mit und ohne Reſervation
beſchlieſſen/ compromittiren/ die Haupt Sum-
ma/ Zins-Intreſſe, Schaden-Unkoſten/ liquidi-
ren/ mit denen uͤbrigen Creditoren und Intreſſen-
ten ſuper prioritate \& debitis verfahren/ Ar-
reſta, Re \& perſonalia anlegen/ ſelbige renoviren/
proſequiren/ caſſiren/ Kummer-Klage uͤberrei-
chen/ auf die Ubergebene ſich einlaſſen/ antworten/
dargegen in Materialibus \& Formalibus excipi-
ren/ die Debitores und andere Intereſſentes in
Gefaͤngniß bringen/ ſelbige und ihr Vermoͤgen Rich-
terlich anhalten/ verpflegen/ Salvum Conductum
und Anſtands-Briefe austheilen und auswuͤrcken/
jus talionis \& Repreſſalia gebrauchen/ und bey
der Obrigkeit ſuchen/ uͤber obige noch andere Cau-
tiones rati, grati, indemnitatis, de lite proſe-
quenda, de judicio ſiſti, judicatum ſolvi, de
non amplius turbando, de non offendendo
etiam propter quemlibet legitimationis defe-
ctum, uſufructuarium, fideicommiſſarium \&
alias quaslibet, mit Einſetzung/ und bey Ver-
pfaͤndung unſers geſamten und beſondern Vermoͤ-
gen/ gerichtlich beſtellen/ præſtiren laſſen/ wieder
aufheben/ contumaciren oder in contumaciam
procediren/ dieſelbige purgiren/ zu Belernungs-
Bey- und Haupt-Urtheil beſchlieſſen/ deren Acten
Inrotulation und Eroͤffnung beywohnen/ Abſchied
und Urtheil reſcripta \& deciſa anhoͤren/ pro ju-
dicato ante decendium erkennen/ und als Rechts-
kraͤfftig annehmen/ proteſtationes, reviſiones,
E 2appel-
[68]Caput II.
Appellationes, Leuterationes, Supplicationes,
provocationes \& quælibet remedia ſuſpenſiva
\& devolutiva, ſo wohl vom Abſchied als Urtheil/
Citationen, Auflagen/ Reſcripten und andern
Anordnungen/ auch von der angeſetzten Execution
und andern Huͤlffs-Actibus an einem und mehr
Richtern/ Oberſt- und Unterſt/ in- und auſſerhalb
Gerichts/ auch coram Notario \& teſtibus und
ſonſt einwenden/ proſequiren/ juſtificiren/ revi-
ſiones ſuchen/ wie auch dem gantzen Proceſſui, oder
einem Theil deſſelben im Anfang/ Mittel und Ende
renunciiren/ caſſiren/ apoſtolos reverentiales \&
refutatorios auswuͤrcken/ abloͤſen/ introduciren/
Acta abfordern/ einlieffern/ expenſas, damna,
uſuras, \& aliud intereſſe deſigniren/ taxiren laſſen/
executiones, immiſſiones, ſequeſtrationes,
taxationes, licitationes, \& poſſeſſiones, adju-
dicationes, reſtitutiones in integrum, recon-
ventiones, und dergleichen ſuchen/ annehmen/
verrichten/ Tagdingen/ und alle Huͤlffs-Actus voll-
ſtrecken laſſen/ uns alle Wege und in allen Sachen
defendiren/ um Execution der Urtheile anhalten/
oder da dergleichen angeordnet wuͤrden/ rechtliche
Exceptiones dawider gebrauchen/ ſelbige proſe-
quiren/ darinnen ebenwohl zum Beſchluß verfah-
ren/ und ſonſt alles/ was vermoͤge der Rechte pro
Stylo \& obſervantia cujusque judicii, nec non
pro qualitate cauſæ \& negotii mehrere Vollmacht
beduͤrfftig waͤre und erfordert wird/ Krafft diß/ als
waͤre es deutlich hierinnen benennet/ oder als wann
wir ſelbſten zugegen waͤren/ geſtalten Sachen nach/
und wie das gebuͤhret/ thun und laſſen moͤgen/ wie
wir
[69]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
wir dann alle und jede/ unſere Con ‒ \& Subſtitutos,
Haupt-Neben- und Affter-Anwaͤlde/ allenthalben
Noth- und Schad-loß halten und was ſie gethan/ als
wenn wir ſelbſt zugegen es verrichtet haͤtten/ anneh-
men/ keines weges de jure, noch de facto darwi-
der handeln/ ſollen/ und wollen/ auch dafuͤr/ und
vor auflauffende Damna, ingleichen Urtheils-Ge-
richts-Advocaten/ Anwaldsſchaffts-Reiſe-Zeh-
rungs-Copial- und andere Gebuͤhren/ ſo ſich bey
dem Proceß auch Caſu fortuito ac improviſo
ereignen/ unſer jetziges und kuͤnfftiges Vermoͤgen
cum pacto executivo, nec non cum clauſula
conſtituti poſſeſſorii \& cum renunciatione Ex-
cuſſionis \& Diviſionis eingeſetzet und ſolche zu ent-
richten/ Krafft dieſes unſers Wechſel-Briefs uns
verpflichtet haben wollen/ \& ſic omnibus meliori-
bus modo, via, jure, cauſa, forma, quibus melius
\& efficacius fieri potuit ac debuit guͤltig ſeyn.
Urkundlich haben wir Handels-Litis-Conſorten
ſolche Gewalt/ Vollmacht und Complimentariat,
nachdem ſie uns von Wort zu Wort vor/ auch von
uns ſelbſt geleſen worden/ aus guten und gerechten
Wiſſen/ mit Dinten und Federn cum clauſula
\& reſervata poteſtate revocandi \& caſſandi
durch unſern gewoͤhnlichen Petſchafften und eigen-
nen Haͤnden freywillig/ wiſſentlich und ungezwun-
gen bekraͤfftiget/ auch um mehrer Nachricht und
Sicherheit willen/ die zugleich hierzu erbettene Zeu-
gen mit unterſchreiben laſſen/ worbey uns nachdruͤck-
lich vorbehalten/ daß wir zu Zeiten in ein und andern
Sachen/ nebſt unſern Gevollmaͤchtigten und
Complimentario, oder auch ohne dieſelbigen erſchei-
E 3nen/
[70]Caput II.
nen/ und unſere Nothdurfft vor uns allein/ oder
durch andere zugleich beobachten wollen/ jedoch da-
durch unſern Gevollmaͤchtigten ertheilte Gewalt
kraͤfftig bleiben/ und unſer Mandat weder tacite,
noch expreſſe aufgehoben ſeyn ſoll. Alles getreu-
lich/ ſonder Gefaͤhrde und arge Liſt/ auch allen Aus-
zug. Geben zu Leipzig den 30. Sept. An. 1715.
(L.S.) N. N.
(L.S.) N.N. als erbette-
ner Zeuge.
(L.S.) N. N. teſtis ro-
gatus.
(L.S.) N. N.
(L.S.) ut teſtis requiſi-
tus.
(L.S.) N.N. als erſuchter
Zeuge.
Contract mit einem Handels-Diener/
deme zugleich nebſt dem Salario in gewiſſen
Waaren freye Handlung zugelaſſen
wird.
KUnd und zu wiſſen ſey hiemit/ daß heute zwiſchen
mir Aurelia Kauff-Frau allhier in Luͤbeck/ und
dem Erbaren und diſcreten/ Johann Titio, folgen-
der Contract aufgerichtet und geſchloſſen worden:
nehmlich es verſpricht ſich gedachter Titius auf ſechs
Jahr lang (von dato anzuſangen) meiner Hand-
lung als Buchhalter dergeſtalt vorzuſtehen/ daß er
nebenſt der Richtigkeit/ der benoͤthigten/ und taͤg-
lich vorfallenden Handels-Scripturen und Corre-
ſpondentz/ auch dirigendo alle meine uͤbrige Han-
dels-Geſchaͤfften und Angelegenheiten/ in- und auſ-
ſerhalb Hauſes/ in Ein und Verkauff der Waa-
ren
[71]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
ren contrahiren/ Wechſel-ſchlieſſen/ Bedienung/
einlauffender Commiſſionen/ und was etwan ſon-
ſten bey Handlungen und auf Schreib-Stuben
mehr vorfallen moͤchte/ ſo getreulich wahrnehmen
will/ als wann es ihm ſelbſt oder ſein eigen Handels-
Intereſſe betraͤffe/ oder auch ein Principal der ſol-
ches dirigirte zugegen waͤre; zu welchem Ende/ er
ſich auch ſonderlich anheiſchig gemacht/ auf meine
andere Handels-Bediente/ und deroſelben Thun und
Laſſen ein wachendes Aug zu haben/ ſie zu allem Gu-
ten anzufuͤhren/ und nichts geſchehen zu laſſen/ was zu
meiner Handlung Schaden directè oder indirectè
gereichen koͤnte; ſonderlich verſpricht er auch dahin
bemuͤhet zu ſeyn/ daß die von meinem ſeeligen Mann
durch lang-jaͤhrige Praxin und Bemuͤhung wohl
étabilirte Kundſchafft moͤge beybehalten/ und auch
durch fleiſſige Correſpondentz und reale Bedie-
nung/ je laͤnger je mehr vermehret werden.
Nicht weniger will er auch meine Meſſings-
Fabric in gutem Stand zu erhalten/ mit denen Ar-
beitern woͤchentlich richtige Abrechnung zu halten/
und auf all ihr Thun und Laſſen ein wachendes Aug
zu haben/ ſich angelegen ſeyn laſſen/ und im uͤbrigen
alles dasjenige thun/ was von einem getreuen und
bevollmaͤchtigten Handels-Diener kan erfordert
werden.
Dahingegen verſpreche ich ihm jaͤhrlich pro Sa-
lario zwey hundert und funffzig Reichsthaler/
nebſt freyen Tiſch/ Cammer/ Holtz/ Licht und
Waͤſche zu geben/ auch uͤber das/ ihme noch zu zu-
ſtehen/ daß er ſeinen bißhero auf Franckreich getrie-
benen Wein-Handel/ (weil ſolches meiner Hand-
E 4lung
[72]Caput II.
lung nicht præjudicirlich ſeyn kan/) ferner hin/
jedoch daß in meinen Handels-Geſchaͤfften daruͤber
nichts verabſaͤumet werde/ fortſetzen moͤge.
Gegen Ablauff obbemeldter ſechs veraccordir-
ten Jahre/ ſoll auch denjenigen von uns beyden/
welcher alsdann/ obigen Contract nicht zu ver-
neuern Belieben tragen wuͤrde/ obliegen/ ſolches
ein Viertel Jahr vorher dem andern aufzukuͤndigen/
damit ein jeder beyzeiten/ was alsdann ferner ſeine
Convenientz ſeyn moͤchte/ beſorgen koͤnne; Urkund-
lich iſt dieſes wohlbedaͤchtlich unter uns beyden alſo
abgehandelt/ und von jedem Theil unterſchrieben/ auch
durch Aufdruckung unſerer Petſchafften bekraͤfftiget
worden/ ſo geſchehen Luͤbeck den 6. Martii Anno
1715.
Anmerckung uͤber obigen
Contract.
DAß offtmals einigen Handels-Dienern vor ihre
eigene Rechnung eine kleine Neben-Handlung
zu treiben verſtattet/ ihnen auch von ihren Handels-
Patronis aller Vorſchub/ an Geld/ Schiffs- und
Pack-Raum/ darzu gethan werde/ ſolches ſehen
wir aus der taͤglichen Praxi, bemercken aber da-
bey/ daß/ wann ſolches geſchiehet/ es entweder als
ein Pars Salarii anzuſehen iſt/ da der Handels-
Patron ſolche Neben-Handlung (damit ſein Die-
ner deſto beſſer auskommen koͤnne) ihme verſtattet/
oder es bedinget ſolches der Diener/ welcher allbe-
reit von langer Zeit her in dergleichen Handlung ge-
ſeſſen/
[73]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
ſeſſen/ ſich ſolches zum Voraus/ und wird es alſo
Conditio ſine quâ non oder eine ſolche Condi-
tion, ohne deren Einraͤumung er ſich nicht in ande-
re Dienſte begeben wuͤrde; Ob aber dergleichen Ne-
ben-Handlungen der Diener einem Patrono alle-
zeit profitables ſeyn/ ſolches iſt wieder eine andere
Frage/ und wird mit Unterſchied dergeſtalt beant-
wortet/ daß/ wann dem Principali, der vor ſich
handlende Diener an ſeinen/ des Principalis Ge-
ſchaͤfften/ nichts verabſaͤumet/ auch die Handlung/
die er treibt/ der Handlung des Patroni nicht ent-
gegen iſt/ ſolche gar wohl koͤnte zugelaſſen werden.
Solte aber ein Diener mehr Zeit auf ſeine eigene/
als auf des Patrons Handlung wenden/ ſelbige
auch dieſer/ wo nicht directè, doch indirectè zuge-
gen ſeyn/ ſo iſt es beſſer/ man unterlaſſe und ver-
meide eine ſolche Confuſion und Vermengung/ bey
welcher es ſo genau nicht abzugehen pfleget/ daß
nicht des Patroni ſeine Brief-Port/ Unkoſten/ oder
gar Handels-Caſſa darunter leiden/ manches
Brief-Port dem Patrono angeſchrieben werden
ſolte welches der Diener vor ſeine eigene Handels-
Briefe ausgegeben/ ſo koͤnte ihme auch/ wann er
die Handels-Caſſam unter Handen hat/ dieſelbe
in Verſchuß ſeiner eigenen Handlung wohl zu ſtat-
ten kommen/ zugeſchweigen/ wie die wohl-ſchme-
ckenden Profiten einer proper Handlung je laͤnger
je mehr anreitzen/ weiter um ſich zu greiffen/ und
nach und nach von des Patrons ſeiner Kundſchafft
etwas an ſich zu ziehen/ welches dann ſo leer nicht
abgehet/ zumahl wann dergleichen Bediente/ ſie
ſeyn gleich Buchhalters/ Complimentarii, oder
E 5Han-
[74]Caput II.
Handels-Diener verheyrathet ſeyn/ und zu Hauß
ihren kleinen Handel und Ausſchnitt haben/ zu wel-
chen die groſſe Handlung/ in welcher ſie als Be-
diente ſtehen/ oͤfftermahls nicht ein geringes beytra-
gen muß/ daß alſo die Perſonen/ welchen ſolcher
Geſtalt eigene Handlungen bey ihrem dienen zu
geſtatten ſey/ wohl in acht genommen werden muͤſ-
ſen/ ehe man auf ſolche Conditiones mit ihnen
ſchluͤßig wird.
Contract, mit einem Buchhalter auf-
gerichtet.
DEmnach ich Endsbenannter heute den Herrn
Antonium N. N. zum Buchhalter in meiner
Handlung angenommen/ als iſt auch vorhero vor
uns beyderſeits wohlbedaͤchtlich folgendes verabre-
det und geſchloſſen worden. Nehmlich es ſoll ge-
dachter Herr Antonius von dato an ſich der Fuͤh-
rung meiner Haupt-Handels-Buͤcher dergeſtalt
unterziehen/ daß er/ nachdem ſie biß hieher nicht in
doppelten Poſten/ oder auf ſogenannte Jtaliaͤniſche
Manier/ ſondern nur in einfachen Poſten gefuͤhret
worden/ er in denen bißher gefuͤhrten Buͤchern al-
le Rechnungen von Anfang der Buͤcher her/ biß
zum End derſelben/ fleißig nachſehen/ ſolche accurat
aufſummiren/ das wenigſte von dem meiſten/ es
ſey gleich in Debet oder Credit abziehe/ und die
uͤberbleibende Summam eines jeden Conti, unter
die Debitores oder Creditores der neu-anzufan-
genden Handels-Buͤcher vortrage/ damit alsdann
ein
[75]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
ein ſo viel richtiger Bilanz und Inventarium zum
Fundament der neuen Buͤcher koͤnne geleget wer-
den/ wie dann auch forderſambſt das Inventa-
rium meiner Waaren/ und deren Belauff ihren
Einkauffs-Koſten nach/ wie auch die in Banco und
Caſſa verhandene Summen/ ingleichen die Speci-
fication, der in auslaͤndiſchen Lagern noch unver-
kaufft liegenden Waaren/ ferner der Werth einiger
meiner Mobiliorum und Immobiliorum (welche
ich gleichfalls dem Haupt-Handels-Buͤchern unter
gewiſſen Rubriquen inſeriret wiſſen will) ihme
ſoll gegeben werden/ damit er daraus ein vollſtaͤn-
diges Syſtema oder Aufſatz (der zu Anfang des
Jtaliaͤniſchen Buchhaltens gebuͤhrenden Formi-
rung des Capitals) moͤge machen koͤnnen.
Er ſoll aber bey ſothaner Schlieſſung aller
Handels-Rechnungen/ in meinen vorigen Buͤchern
vornehmlich dahin ſehen/ und ſich erkundigen/ wie
ſolche von Zeiten zu Zeiten/ ſonderlich mit meinen
Correſpondenten geſchloſſen/ und ob jedes mahl
bey einem jeden der Saldo recht vorgetragen wor-
den/ zu welchem Ende er nicht allein ſo viel als Zeit
und Gelegenheit leiden will/ alle ſolche Rechnun-
gen/ ſonderlich die jenigen/ bey welchen ſich Dubia
ereigenen moͤchten/ von einigen Jahren her noch
durchgehen/ auch ob aus dem Journal etwas auf
ſolche uͤber zu tragen vergeſſen/ oder auch in ein
und andern falſch aufſummiret worden/ nachſehen
ſoll/ ſondern er ſoll auch aus denen vorhandenen
Briefſchafften und Corrent-Rechnungen ſich erſe-
hen/ und alsdann mit jeden meiner noch offen ſie-
henden Correſpondenten daruͤber correſpondi-
ren/
[76]Caput II.
ren/ denen jenigen bey deren Rechnungen kein Du-
bium vorfaͤllt/ ſolche ſenden/ und daß ſie Conform
mit mir den Saldo unſeren zuſammen habenden
Rechnungen vortragen moͤgen/ ſie erſuchen; Von
denen aber an deren Rechnung gezweiffelt/ und
nicht unbillig gemuthmaſſet wird/ daß meiner Seits
etwas zu notiren/ oder auch in calculiren moͤchte
ſeyn verſehen worden/ ſoll er ſich lieber Corrent-
Rechnungen ſchicken laſſen/ und daß ſolches bald
geſchehen moͤge/ antreiben/ als daß er ſolche aus
meinen Buͤchern ausziehe/ und ihnen zuſchicke/ und
ſie folglich dasjenige/ was ich mir zum Schaden et-
wann ausgelaſſen/ oder falſch calculirt/ vor ſich
utiliter annehmen und appliciren moͤchten.
Wann nun dieſes alles geſchehen/ ſo ſoll er den
formirten Capital- und Vortrags-Bilantz der per-
ſoͤnlichen und auch dinglichen oder realen Debito-
rum oder Creditorum, in meine hierzu neu-ange-
ſchaffte Handels-Buͤcher ſauber und zierlich ein-
ſchreiben/ das Eingeſchriebene folglich in das
Haupt-Buch uͤbertragen/ und hierauf alſo monat-
lich fortfahren/ daß/ was gehandelt/ contrahirt/
eingekaufft/ und verkaufft/ baar eingenommen und
ausgezahlt/ in Banco ab- oder zugeſchrieben/ an und
von andern aſſigniret/ mit ihnen rescontrirt/ an
Wechſeln acceptiret/ traſſ- und remittirt/ an
Waaren vor eigene oder Commiſſions-Rechnung
ſpedirt/ a Depoſito genommen/ oder gegeben/ aſ-
ſecurirt/ ſaldirt/ ordonnirt/ oder committiret
worden/ und was etwann ſonſt bey Handlungen
der vorfallenden Affairen mehr ſeyn moͤchten/ ſol-
ches alles insgeſamt/ aus denen Strazzen oder
Clad-
[77]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Cladden/ Manualibus, Tag-Kram-Gewoͤlb-
Ein- und Verkauff-Caſſa-Banco-Unkoſten-Spe-
ditions- und Copir-Buͤchern/ Briefen/ Rechnun-
gen und Facturen/ fleißig und mit Sorgfalt aus-
gezogen werde. Hierauf ſoll er ſolchen Auszug/
Buchhalteriſch- und Jtaliaͤniſchem Stylo nach/ erſt-
lich auf einige Bogen/ oder ſogenanntes Poſten-
Formier-Buch entwerffen/ und wann ſolches ge-
ſchehen/ und er alles noch einmahl fleißig nachge-
ſehen und unterſuchet/ ob nicht in ein und anderer
Poſt wider die Reguln des Buchhaltens pecciret
worden/ ſoll er alsdann ſolches zierlich ins Journal
ins reine ſchreiben/ aus ſolchen hernach ins Haupt-
Buch uͤbertragen/ und endlich den Monat-Bilantz/
um mir ſolchen zu meiner Nachricht uͤberreichen zu
koͤnnen/ ziehen; ingleichen ſoll er auch jaͤhrlich den
Haupt- und Jahr-Schluß-Bilantz exactè nach ge-
machten Waaren Inventario machen/ damit ich
aus ſolchen/ was das Jahres uͤber in der Hand-
lung gewonnen oder verlohren worden/ eigentlich
moͤge zu erſehen haben.
Ferner ſoll er auch monatlich einen Extract
von denen vorfallenden Activ- und Paſſiv-Schul-
den und Wechſel-Briefen/ item von denen einzu-
caſſirenden oder zu bezahlenden Intereſſen/ Wech-
ſeln und Aſſignationibus, von/ auf Condition ge-
holten Waaren/ item auf der Conto pro Diver-
ſis, in Debet und Credit noch offen ſtehenden Po-
ſten/ von Waaren/ welche abgegangen und wieder
verſchrieben werden muͤſſen/ von Sachen/ uͤber
welche nothwendig zu correſpondiren/ Nach-
richt zu geben/ oder einzuholen iſt/ von denen aus-
laͤndi-
[78]Caput II.
laͤndiſchen Lagern/ unter denen Factoribus noch un-
verkaufft liegenden Waaren/ in Banco annoch vor-
handenen Geldern/ und dergleichen Notandis mehr
machen.
Er ſoll auch bey Schluß jeden Monats/ die vo-
rige Monats-Verrichtung in der Cladde oder
Strazze, Manuali oder Hand-Buch/ vor ſich neh-
men/ um was daſelbſt als uneroͤrtert noch offen ge-
blieben/ in dieſem Monat zu Buch/ unter ſeiner be-
hoͤrigen Rubric, oder/ ſo es keine eigene meritirte/
auf Coto pro Diverſis zu ſtellen/ dabey ſoll er auch
allerhand benoͤthigte/ ſonderlich aber auslaͤndiſcher
Correſpondenten ihre Corrent und Zeit/ wie auch
Verkauff-Rechnungen/ welche ihnen geſandt wer-
den muͤſſen/ fleißig ausſchreiben/ und ſelbige unver-
zoͤgerlich fortſenden/ die eingelauffene Corrent,
Zeit/ Ein- und Verkauff-Rechnungen aber/ ſoll er
fleißig nach calculiren/ die darinn vermerckte De-
fecta, ſo gleich ad Notam nehmen/ mir/ nebſt ſei-
nem Gutduͤncken geziemend eroͤffnen/ und folglich
meiner Ordre nach/ das nothwendige daruͤber
correſpondiren.
Uber die andere Bedienten meines Contoirs
wird ihm die Aufſicht dergeſtalt aufgetragen/ daß
er ſie zu allen Guten anhalten/ ihnen mit loͤblichen
Exemplis der Gottesfurcht/ Treu/ Fleiß/ und Ar-
beitſamkeit/ auch eines Chriſtlichen Lebens und
Wandels vorgehe/ und ſo viel an ihme iſt/ jeden
dahin anhalte/ daß er ſeiner obliegenden Pflicht
rechtſchaffen nachkomme/ nichts auf den morgenden
Tag verſpahret/ die einzumahnenden Schulden zu
rechter Zeit gemahnet/ und eingetrieben/ in denen
Brief-
[79]Von allerhand Kauffmanns Contracten.
Briefſchafften und Documentis eine ordentliche
Regiſtratur gehalten/ die abgehende Briefe und
Wechſel-Briefe ordentlich und deutlich copirt/
die zu Spedirende-Waaren zu rechter Zeit ſpedi-
ret/ an die Schiff/ nach der Waag/ den Kran/ oder
Fuhrleuten gebracht/ richtige Certificationes,
Paͤſſe/ Facturen/ Aviſo, Fracht-Briefe/ und Con-
noiſſementen daruͤber verfertiget werden/ welches
alles/ wie auch die Unter- und Aufſchrifften/ und das
Verſiegeln der Briefe er wohl in acht zu nehmen/
alles was auf dem Contoir auszurechnen/ oder zu
calculiren vorkommen moͤchte/ ſelbander/ und nie-
mahls allein verrichten ſoll/ damit auch in ſolchen
kein Jrrthum vorgehen moͤge.
Aus denen ankommenden Briefen hat er ſich
auch zu befleiſſen/ Poſt-taͤglich das nothwendigſte
auszuziehen und zu notiren/ um mich deſſen zu
rechter Zeit zu erinnern/ und was darauf geant-
wortet/ gethan oder gelaſſen werden ſolte/ meine
Ordre anzuhoͤren.
Da ich ihm auch meine Verrichtungen an der
Boͤrſe mit aufzutragen reſolviret/ als hat er ſolche
dergeſtalt zu reſpiciren/ daß er ſich taͤglich zur rech-
ter Boͤrſen-Zeit/ und die Meß-Zeiten auf dem
Scontro einfinde/ ſein Porto feuille Scartafaccia,
Meß- und Rescontro-Buͤchlein/ oder aufgezeichne-
tes Memorial mit ſich bringe/ und nach denſelben/
was zu verrichten ſeyn moͤchte/ fleißig in Obacht
nehmen/ dabey er ſich dann aller ſelbſt eigenen
Handlung/ unter was Prætext oder Vorwandt es
auch geſchehen moͤchte/ gaͤntzlich zu enthalten/ alles
aber alſo einzurichten hat/ wie es einer Handlung
Nutzen
[80]Caput II.
Nutzen und Vortheil bringen kan/ Schaden und
Nachtheil aber abgewendet werden moͤge.
Wie er ſich nun dieſes alles ſorgfaͤltig zu præ-
ſtiren eydlich/ und unter Verpfaͤndung ſeiner Haab
und Guͤter anheiſchig gemachet/ als habe ich hinge-
gen auch ihme bey freyer Koſt/ Waͤſche und Logi-
ment, jaͤhrlich dreyhundert Reichsthaler/ Quarta-
liter mit 75. Reichsthaler zu bezahlen verſprochen/
deſſen zu mehrer Veſthaltung iſt dieſer Contract
in Duplo verfertiget/ von beyden Theilen unter-
ſchrieben/ mit unſern Petſchafften verſiegelt/ und ei-
nem Preiß-wuͤrdigen Collegio, oder denen Herren
Kauffleut Alteſten/ zur Confirmation præſentiret
worden/ ſo geſchehen/ Antwerpen den 1. May/
An. Chriſti/ Siebenzehen hundert und Funffzehen.
Confirmation des Commercien-
Collegii.
DAß oben-ſtehender Contract heut dato einem
Hochpreißlichen Commercien-Collegio von
beyderſeits Contrahenten gebuͤhrend præſentiret/
und von ihnen demſelben in allen ſeinen Clauſulis
und Conditionibus nachzuleben feyrlichſt angelo-
bet/ auch hierauf die Verzeichniß und Confirma-
tion deſſelben in pleno Conſeſſu Collegii, decre-
tiret worden/ ſolches atteſtire hiermit/ Antwerpen
den 1. May 1715.
(L. S.) N. N. Supradicti Coll. Comm.
Secretarius.
Aus
[81]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
AUs dieſem vollſtaͤndigen Formular, eines mit ei-
nem anzunehmenden Buchhalter zu ſchlieſſenden
Contracts wird man/ was deſſen Verrichtungen
auf einem wohlbeſtellten Contoir ſeyn/ zu erſehen
haben/ wiewohl ſich die wenigſten auf ſo verbuͤnd-
liche Conditiones einzulaſſen Belieben tragen wer-
den; Jndeſſen kan doch demjenigen/ der ehrlich zu
dienen Willens und Vermoͤgens iſt/ und welcher
auch nicht Urſach zu fuͤrchten hat/ daß er mit einem
Chicaneuſen oder zanckſuͤchtigen Patrono zu thun
bekomme/ nichts zu genau vorgeſchrieben werden/
welches er zu unterſchreiben Bedencken tragen ſol-
te/ zumahl wann die Clauſula Salutaris ſolte bey-
gefuͤget werden/ daß/ im Fall einiger Zwieſpalt/
oder Mißverſtaͤndniß zwiſchen ihm und ſeinen Prin-
cipalen ſich ereignen ſolte/ ſie beyderſeits den Aus-
ſpruch des Commercien-Collegii, oder unpar-
theyiſcher Maͤnner ſich zu unterwerffen/ compro-
mittiren wolten/ in welchem Fall ein Commercien-
Collegium, Handels-Gericht/ oder unpartheyiſche
Maͤnner/ dahin zu ſehen haͤtten/ daß weder dem
einen/ noch dem andern Theil zu nah geſchehe/ und
in Sachen/ bey welchen eines Kauffmanns ſeine
Handlung nicht ſonderlich periclitiret/ oder ſeine
Intereſſe zu ſehr verletzet wird/ nicht ſo ſtrictè,
oder zu genau nach denen Apicibus des Contracts,
ſondern vielmehr pro Reo, oder den beklagten
Diener/ (als deſſen Partes hierinnen allezeit favo-
rabiliores, als des Klaͤgers ſeine ſeyn
muͤſſen) geſprochen werde.
FCon-
[82]Caput II.
Contract mit einem Caſſirer auf-
gerichtet.
JM Nahmen GOttes kund und zu wiſſen/ daß
heute unten geſetzten dato zwiſchen Herrn N. N.
Buͤrger und Banquier, auch Koͤnigl. ‒ ‒ Agenten
und Ober-Kriegs-Commiſſario allhier/ eines und
N. N. Handels-Bedienten und Caſſirer folgender
Contract aufgerichtet/ und auf vier Jahr lang (an-
zufangen/ dieſen erſten May 1715. und ſich endi-
gende den 1. May 1719.) wohlbedaͤchtlich geſchloſſen
worden. Es nimmt nehmlich gedachter Herr
Agent ihn N. N. vor ſeinen Diener und Caſſirer
dergeſtalt an/ daß er ihme ſeine Caſſam anver-
trauet/ und mit dieſen Conditionibus uͤbergiebet/
daß er getreulich dieſelbe verwalten/ alle Einnahmen
und Ausgaben fleißig von/ und an wem ſie geſche-
hen/ notiren/ jeden mit richtigem Beweiß/ Ordre,
und Quittungen beſcheinigen/ und belegen/ ein rich-
tiges Caſſa-Buch daruͤber halten/ und allezeit/
wann es gefordert wird/ ſonderlich aber bey
Schluß jeden Monats parat ſeyn ſoll/ richtige
Rechnung und Reliqua desfalls abzuſtatten/ auch
keinen einigen Vortheil vor ſich/ mit denen unter
Handen habenden Geldern zu machen/ ſich unter-
ſtehen ſoll/ ſondern was in Umſetzung oder Ver-
kehr derſelben an Agio oder Intereſſe gemachet
oder profitiret werden koͤnte/ ſolches ſoll alles an-
ders nicht/ als auf ſeine des Herrn Agentens Or-
dre, und Vorwiſſen/ wie auch zu deſſen Nutzen ge-
ſchehen.
Zu welchem Ende er N. N. Caſſirer ſich des
Mor-
[83]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Morgens rechter Tages-Zeit/ biß in den ſpaͤten
Abend/ ſonderlich in denen Poſt-Taͤgen/ in dem
Contoir, und bey ſeiner Caſſa finden laſſen/ den
Schluͤſſel allezeit von ſolcher ſorgfaͤltig bey ſich tra-
gen/ und jeden Geld-Sack mit ſeinen richtigen
Poſt-Zetteln/ wie viel/ und was vor Species da-
rinn enthalten/ auch wie viel davon ausgezahlet
worden ſeyn/ verzeichnen ſoll.
Da aber wieder Verhoffen er N. N. Caſſirer
hierunter untreu/ nachlaͤßig/ eigennuͤtzig und Sorg-
los ſich bezeigen/ deſſen auch uͤberfuͤhret/ und dar-
uͤber bey der Caſſa einiger Schaden und Abgang/
oder auch falſche und untuͤchtige Muͤntz-Sorten
ſich befinden ſolten/ ſoll er ſolche aus ſeinen Mittein
wieder zu erſetzen ſchuldig und gehalten ſeyn/ zu
welchem Ende er nicht allein ſeine jetzt-habende
und noch kuͤnfftig bekommende Haab und Guͤter/
bewegliche und unbewegliche/ unterpfaͤndlich dafuͤr
verpflichtet/ ſondern auch zu wahren und weſentli-
chen Buͤrgen/ Herrn N. N. und Herrn N. N. ein-
ſetzet und conſtituiret/ welche ſich gleichfalls bey-
derſeits anheiſchig machen/ als Selbſt-Schuldner
vor alles dasjenige mit mit ihren geraͤtheſten Haab
und Guͤtern zu hafften/ und ohne einige weitlaͤuff-
tige Proces-Form zu bezahlen/ was ihme N. N.
bey dieſer ſeiner Caſſirer Function an Untreu/
oder daß durch ſein Verſehen der Caſſa Schaden
zugewachſen/ wuͤrde koͤnnen bewieſen werden/ wie
ſie ſich dann auch zu dieſen Ende aller ihnen dar-
gegen zu ſtatten kommender Exceptionen und
Rechts-Wohlthaten/ ſonderlich der Exception
fraudulentæ Perſuaſionis, Simulationis, ini-
F 2quæ
[84]Caput II.
quæ æſtimationis, ingleichen der Rechts-Wohl-
thaten/ welche vermoͤgen/ daß ein jeder Buͤrg nur
ſeinen Theil zu zahlen verbunden/ ſie die Buͤrgen
auch nicht eher koͤnten belanget werden/ ehe und be-
vor der Principal-Schuldner ausgeklaget/ und
executiret worden/ und was dergleichen Ausfluͤch-
te mehr ſeyn moͤchten/ aller und jeder kraͤfftiglich
hiemit wollen verziehen/ und denenſelben/ daß ſol-
che bey ihnen wider den Herrn Agenten nicht guͤl-
tig ſeyn ſollen/ renunciiret haben.
Da hingegen verſpricht er der Herr Agent
N. N. ihme N. N. als ſeinem Caſſirer/ jaͤhrlich zwey-
hundert Reichsthaler an Salario, nebenſt freyer
Koſt/ Waͤſch/ Liecht/ Holtz und Logement zu ge-
ben/ auch wegen des boͤſen und untuͤchtigen Gelds/
welches ihme beym Einnehmen mit einlauffen
moͤchte/ ein halb pro mille, oder von tauſend
Reichsthaler Einnahme paſſiren zu laſſen; Urkund-
lich ſeynd dieſer Contract vier gleich-lautende/ ver-
fertiget/ und von allerſeits Contrahentibus un-
terſchrieben/ mit ihren Petſchafften bekraͤfftiget/ und
jedem Theil ein Exemplar davon zugeſtellet worden/
ſo geſchehen/ Dantzig/ den 20. Junii/ 1715.
(L.S.) N.N. als Principalis. (L.S.) N.N. des
Caſſirers.
(L.S.) N.N. des Gezeugen. (L.S.) des Gezeu-
gen.
Contract
[85]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Contract mit einem Factor, ſo genann-
tem Lieger oder Commiß; das iſt: einem
ſolchen/ den man anderwerts um ſeines Principa-
lis mercantiliſche Angelegenheiten zu reſpi-
ciren/ beſtaͤndig liegend hat/
aufgerichtet.
KUnd und zu wiſſen ſey hiemit/ daß unter uns
Endsbenannten heute dato folgender Contract
aufgerichtet und geſchloſſen worden: Nachdem
nehmlich mir Titio, Buͤrgern und Handelsmann
allhier in Bremen/ Herrn Sempronii, ſeine Han-
dels-Capacitaͤt und Erfahrenheit/ ſonderlich in der
Moſcowitiſchen Sprach/ und deſſelbigen Landes
Handlung wohl bekannt/ daß ich ſelbigen derge-
ſtalt zu meinen Dienſten engagiret/ daß er meine
in Moſcau habende Geſchaͤffte/ in Ein- und Ver-
kauff meiner daſelbſt habenden Waaren/ Eincaſſi-
rung ausſtehender Schulden/ und was mir etwann
ſonſt in meinen Handels-Angelegenheiten mehr vor-
fallen moͤchte/ reſpiciren und wahrnehmen/ dabey
meinen Vortheil allezeit in Abſicht haben/ meinen
Schaden und Nachtheil hingegen/ ſo viel als ihme
moͤglich ſeyn wird/ præcaviren und vermeiden ſoll.
Zu welchem Ende ich ihme jaͤhrlich pro Salario
zweyhundert und funfftzig Reichsthaler zugeſagt/
damit er auch zufrieden ſeyn/ ſich ſelbſt ſpeiſen und
logiren muß jedoch bezahl ich was er an Packraum/
Haur- oder Gewoͤlb-Zins/ vor meine Waaren wuͤr-
de ausgeben muͤſſen noch a parte, wie er mir dann
hieruͤber ordentlich quartaliter eine generale
Verrichtungs-Rechnung/ in welcher alles dasje-
F 3nige/
[86]Caput II.
nige/ was er meinetwegen an Waaren oder Geld
negociirt/ aus gegeben/ und eingenommen/ oder
auch v [...]erunkoſtet hat/ enthalten ſeyn muß/ einzuſchi-
cken/ und dabey eine Specification der noch im
Verkauff liegenden Waaren/ ausſtehenden Schul-
den/ und was ſich an Gegen-Schulden finden
moͤchte; in Summa/ einen voͤlligen Bilantz auszu-
fertigen hat/ damit ich alles hier in loco in meinen
Haupt Handels-Buͤchern Conform damit moͤge
notiren koͤnnen.
Wann auch dabey expreßè ausbedungen
worden/ daß er Sempronius, auſſer mir ſonſt nie-
mand Commiſſions-weiß bedienen ſoll/ und zwar
in nachgeſetzten 4. Jahren/ nehmlich von dieſem 1.
Auguſtt 1715. an/ biß 1. Auguſti 1719. ſondern
biß dahin allein in meinem Brod und Pflichten blei-
ben/ und meine Handels-Geſchaͤffte wahrnehmen
ſoll/ bey einer unwiderſprechlichen Straff von 500.
Reichsthaler an hieſiges Wayſen-Hauß zu bezah-
len/ als hat er nicht allein ſolches bey ſeinen Ehren
und wahren Worten angelobet/ ſondern auch noch
allenfalls ſeine hier noch habende Immobilia mir
zu mehrer Verſicherung dafuͤr verpflichtet/ und daß
ſelbige gegen alle in meinen Dienſten an mir von
ihm bezeugten Untreu/ in ſo fern er deſſen uͤber-
wieſen werden koͤnte/ hafften ſolten/ von hieſigen
Gerichten/ und in deren Protocoll mir verſichern
laſſen/ da hingegen ich nach befinden ſeiner treuen
Dienſte/ mich auch anheiſchig gemacht/ ihme in
waͤhrenden obbemeldten 4. Jahren/ dann und
wann einige Douçeurs zuflieſſen zu laſſen/ und ih-
me ſonderlich zu permittiren/ daß er 500. Reichs-
thaler
[87]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
thaler ſeines Gelds zu ſeinen eigenen Nutzen derge-
ſtalt in Handlung anlegen moͤge/ daß ſolches (1) nicht
in ſolchen hinein und wieder dafuͤr heraus zuſen-
denden Waaren/ dergleichen ich fuͤhre/ beſtehe/
(2) daß ſeine heraus zuſendende Waaren/ an mich
allein addreſſiret/ und deren Provenu ſeinen Be-
gehren nach wieder durch mich diſponiret/ oder
an andere Waaren/ ſo er hinein verlangen moͤch-
te/ angeleget werden ſoll/ welches alles ich dann oh-
ne einige Proviſion zu effectuiren verſpreche.
Urkundlich iſt dieſer Contract in Triplo ausge-
fertiget/ jedem ein unterſchrieben Exemplar da-
von zugeſtellet/ das dritte aber verwahrlich eben-
falls von beyden unterſchrieben und beſiegelt/ bey
hieſigen Gerichten deponiret worden/ ſo geſchehen/
Bremen/ den 1. Auguſti 1715.
N. N.
N. N.
Kurtze Vollmacht/ welche einem ſol-
chen/ in frembden Laͤndern zu negociiren/
verſanden Diener moͤchte mit gege-
ben werden.
DEmnach ich Endsbenannter meiner Handels-
Geſchaͤffte halben Vorzeigern dieſes/ den Er-
barn N. N. meinen Handels-Diener nach N. N. zu
ſenden/ vor noͤthig befunden/ als gelanget an alle
und jede Herrn Kauffleute/ ſonderlich diejenige/ mit
welchen ich in Correſpondentz ſtehe/ mein dienſt-
liches Erſuchen/ denſelben/ was er in meinem Nah-
men mit ihnen handeln wird/ voͤlligen Glauben bey-
F 4zu-
[88]Caput II.
zumeſſen/ wie ich ihn dann inſonderheit/ und ſpe-
cialiter dahin will bevollmaͤchtiget/ und authori-
ſirt haben/ vor mich/ und vor meine Rechnung
Waaren einzukauffen/ und zu verkauffen/ Schul-
den einzufordern/ Wechſel und Contractus mei-
ner Handlung zum Beſten gereichende/ zu ſchlieſſen/
und auch ſonſt alles in der Kauffmannſchafft zu
thun/ was ein getreuer und geſchickter Handels-
Diener ſeinem Patron zum Nutzen thun und han-
deln mag und ſoll/ welches ich alles/ gleich als
wann es durch mich ſelbſt geſchehen waͤre/ vor ge-
nehm zu halten und zu erfuͤllen verſpreche. Ur-
kundlich dieſer meiner ihme daruͤber ertheilten ei-
genhaͤndigen Vollmacht/ und aufgedruckten Han-
dels-Signet, ſo geſchehen/ Bremen/ den 6. Auguſti
1715.
BEy dergleichen Vollmachten iſt dieſes nur
noch zu erinnern/ daß es ſicherer iſt/ wann
man dieſelbe gerichtlich/ oder vor einem Commer-
cien-Collegio, wo deren eines beſtellet und ange-
richtet iſt/ ausfertigen laͤſt/ weil ein ſolches Com-
mercien-Collegium ohne dem alle die Actus Ju-
diciales in Mercantilibus zu exerciren/ und ſich
zuzueignen befugt iſt/ auch a Principe vel
Republica darzu authoriſirt
ſeyn muß.
Contract
[89]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Contract mit einem Diener/ den man
nur auf eine gewiſſe Zeit (als nemlich zur
Meß-Verrichtung/ oder mit einer Cargaſon aus-
zugehen/ oder Schulden einzunehmen)
angenommen.
ZWiſchen mir und N. N. Burger und Wein-
haͤndlers allhier in Rotterdam/ und N. N.
Handels-gefliſſenen/ iſt heute folgender Contract
aufgerichtet und geſchloſſen worden/ nehmlich da ich
N. N. mein Schiff das Wappen von Holland ge-
nennt/ mit Stab Holtz und eichenen Plancken be-
laden/ von hier nach Bourdeaux in Franckreich ab-
gehen zu laſſen gereſolvirt bin/ dieſer Ladung aber
einen ehrlichen und verſtaͤndigen Menſchen vorzuſe-
tzen noͤthig habe/ der mir nicht allein ſolche Holtz-
Waaren daſelbſt beſtens ſuche an den Mann zu
bringen/ ſondern auch andre Waaren wieder dage-
gen in Retour, ſonderlich Weine und Brandtwei-
ne einzukauffen/ daß ich hier den Ehrſamen diſcre-
ten Herꝛn N. N. auserſehen/ und ſeine mir deß-
falls angetragene Dienſte dergeſtalt belieben laſſen/
daß er mit ſolcher meiner Schiffladung mit erſtem
guten Wind im Namen GOttes von hinnen ſegeln/
in Franckreich behalten angekommen ſeynd/ ſolche
beſter maſſen und in hoͤchſtem Preiß/ auch an ſichere
Leut zu verkauffen trachten/ und vor des Provenu
mir eine Party gute Bourdeauxiſche Stadt-Wei-
ne/ wie auch einige Stuͤcke Brandtweine/ alles
nach weitern Jnhalt der ihme ausfuͤhrlich mit gege-
benen Inſtruction einkauffen/ und damit wieder
anhero im Namen und Geleit GOttes kommen ſoll/
F 5vor
[90]Caput II.
vor welche ſeine Bemuͤhung ich ihm zur Gage mo-
natlich/ ſo lang er aus ſeyn wird 20. ſchreibe zwan-
tzig Reichsthl. nebſt freyer Schiffs-Koſt/ mit dem
Schiffer (oder 50. Reichsthl. vor die gantze Reiß-
Verrichtung/ oder auch ‒ ‒ ‒ ‒ pro Centum
Proviſion von dem Belauff des verkaufften Hol-
tzes) und bey ſeiner gluͤcklichen Zuhaußkunfft noch ei-
ne Diſcretion von 12. Reichsthl. (oder auch 6.
Oxhoͤfft Wein/ die er vor ſeine Rechnung einkauf-
fen moͤchte/ freye Fracht vor die Uberfarth) zu geben
verſpreche. Urkundlich iſt dieſes eigenhaͤndig von mir/
ingleichen auch von N. N. (daß nemlich dieſes alles
alſo unter uns abgeredet und beſchloſſen worden/ er
auch demſelben in allen Stuͤcken getreulich nachzule-
ben gedaͤchte/) unterſchrieben worden/ ſo geſchehen
den 15. Junii 1715.
N. N.
N. N.
Frantzoͤſiſcher Contract mit einem
Handels-Diener aufge-
richtet.
SAvoir qu’ entre le Sieur Bertram marchand Ban-
quier de cette Ville, \& Jean Antoine, ſon Com-
mis le ſuivant Contract a eté fait \& regiſtré dans la
Chambre du College des commerces.
Le dit Sieur Bertram engagant le dit Antoine dans
ſes ſervices en qualité de Commiß pour les cinq an-
nées ſuivantes, ſavoir a Commencer du premier d’
Aouſt de la preſente 1715. année, \& finis ſant l’ an-
née 1720. dans ce tems, le dit Antoine pro met de
ſervir fidelement Monſieur Bertram dans toutes les
affai-
[91]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
affaires de ſon negoce ſoit au Comptoir, a tenir les
livres, \& d’ aider les jours des poſtes, a la Correſpon-
dence, que dans ſon Magazin, en ce qui concernera l’
achat \& la vente des marchandiſes, méme a faire des
voyages pour cette fin aux foires, ou dans les pays etran-
gers, par tout, ou la neceſſité \& l’ utilité du Commer-
ce, de Mons. Bertram le requirera, \& ſelon les ordres
que le dit S. Bertram en donnera, il promet de plus de
garder un ſilence inviolable, de tout ce qu’ il pourra
entendre, \& voir dans le Commerce du S. Bertram, \&
de procurer par toutes les voyes poſſibles, \& autant
qu’ il ſera dans ſon pouvoir, l’ avancement du Nego-
ce du dit ſon Maitre, \& d’ empecher, de meme qu’ il
n’y arrive quelque ſiniſtre accident a quoy il s’ oblige
ſous l’ hypotheque de touts ſes biens, autant qu’ il en
ſera bes oiing.
Le dit Sieur Bertram luy promettant reciproque-
ment, de luy faire touts les bons traittements, qui
ſont dûs a un fidele \& loüable ſerviteur, en le faiſant
manger a ſa table le bien loger, \& coucher, \& de
plus de luy payer annuellement, Cent cinquante
Ecûs des gages payables avec 75. Ecûs, par chaqe ſe-
meſtre.
Le tout ayant été ainſy accordé par les deux par-
ties, ils l’ont fait regiſtrer dans la Chambre du Col-
lege des Commerces fait a Berlin le. 8. d’ Aouſt. An.
1715.
(L. S.)
N. N. Secretaire du College.
Ein anders.
SAvoir qu’ aujourd’huy Ce 18. de May l’ An de
Grace Mille ſept Cent \& quinze, entre moy, Ti-
tius marchand Quinquailler de cette Ville de Breme
\& moy
[92]Caput II.
\& moy Jean David preſentement Commis du dit S.
Titius, le ſuivant Contract a eté fait \& conclu, Moy
Jean David je m’ oblige de ſervir le dit S. Titius pen-
dant ie Temps de quatre années conſecutivement (a
commencer le jour \& l’ Année ſus mentionée \& finis-
ſant le meme jour l’ an 1719.) en qualité de ſon Com-
mis dans ſon negoce, de la maniere, qu’il convient
a un fidele \& honette Garçon promettant dans ce
tems la de faire exactement, (autant qu’ il ſera en
moy) ce que le bien \& l’ avancement du Negoce de
mon Maitre requirera, \& comme principalement le
dit Sieur Titius, me confie ſa Boutique \& ſon Maga-
zin de Quinquaillerie tant pour la vente que pour l’
Achat, qui s’ y fera en gros \& en deta il, je luy pro
mets d’ en avoir, un ſoing tout particulier que tout y
ſoit expedié au Gré \& a l’ avantage de mon Maitre,
comme auſſi les autres expeditions de ſon Negoce,
des quels, il luy plaira de m’ honorer, \& dont il me don-
nera les ordres, \& aſin que Monſieur Titius ſoit d’
autant plus aſſuré de ma fidelité Mons de S. Eſtienne
Citoyen \& marchand Jouailler de cette Ville, s’ eſt
offert de garentir pour moy jus ques a la ſomme de
Mille Ecús.
Le Sieur Titius repromettant de ſon Coté de don-
ner a ſon Commis David, annuellement quatre vingt
Ecûs des gages, payables per quartier avec 25. Ecûs, de
le nouvrir a ſa table \& de le bien loger chez luy \& ſi au
bont des quatre ans ſus mentionnés il plut a l’ un ou
l’ aute des Parties, de continuer ce Contract, Mon-
ſieur Titius promet que de ſon Coté ce ſera d’ une
augmentation des gages, pour le S. David, jus ques a
vingt Ecûs par an, de ſorte qu’ alors il touchera Cent
Ecûs, outre les autres douçeurs qu’ il luy fera de tems en
tems pour l’ encourager de le bien ſervir cela ayant eté
amſy ſtipulé \& arreté entre nous deux, chacun à pris
un
[93]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
un Exemplaire de ce Contract cerit en double, \& ſous
ſigné de la main de l’ autre fait a Bremen. le 18. de May
l’ An. 1715.
Ein anders.
LE Sieur Michaël Berry marchand Drapier de cette
Ville d’ Anvers ayant pris dans ſon ſervice en qua-
lité de Commis du’ Negoce le Sieur Jean de la Serre,
pour quatre ans, a commencer du date d’ aujour d’
huy \& finisſant l’ an 1719. le meme date il luy pro-
met dans ce tems la ſoixante Ecûs par an des gages, \&
la Table \& logement avec le blan chisſage de ſon lin-
ge, a condition, que le dit de la Serre luy ſerve fidele-
ment, ainſy qu’il convient a un loyal \& bon ſerviteur,
ce que le dit de la Serre ayant promis, en foy d’ honete
homme, \& ſous l’ hypoteque de touts ſes biens en ças
de Contrevention, le preſent contract ecrit en double
a été ſigné de deux parties, chacune en ayant gardée
un Exemplaire, fait a Anvers le 8. Juin. 1715.
Lateiniſcher Contract, zwiſchen einen
Kauffmann und ſeinen anzunehmenden
Diener.
NOtum ſit omnibus, quorum intereſt, hodie die in-
ter Dominum Eberhardum Mercatorem Colly-
ſtam hujus Civitatis Norimbergenſis ab una parte, \& ju-
venem honeſtum Cajum Titium ab altera, firmum fi-
dumque Contractum Locationis \& Conductions ope-
rarum mercantilium initum, ſequenti formula:
Locator Cajus Titius locat nempe opera ſua Do-
mino
[94]Caput II.
mino Eberhardo ex tempore Sancti Johannis Baptiſtæ
anni hujus Currentis 1715. in quatuor annos ſe-
quentes atque adeo ad eundem usque Anni 1719. Ter-
minum. Promittens per torum hoc tempus, Domino
Patrono ſuo, fidem, induſtriamque ac obedientiam
debitam, \& quæ integræ Vitæ famæque honeſtum ju-
venem decent, \& quidem ſe Mandata ipſius ad Amuſ-
ſim pro virili obſervaturum, negociaque ſua domi fo-
risque ita curaturum, ac ſi ſua eſſent propria, de reti-
cendis nihil divulgaturum, ceterum omnem lapidem
moturum, ſupra dicta ut Negocia Domini Patroni ſui,
indies magis magisque adaugeſcere, novaque incre-
menta capere poſſint.
Dominus Conductor vero Eberhardus, ſua ex par-
te pollicetur, ſe ſingulis annis, miniſtro ſuo Cajo Ti-
tio, pro Solario, Centum imperiales, nempe quinqua-
ginta per ſemeſtrium ſoluturum, deque Victu ac le-
cto ejus ita proſpecturum, quemadmodum Patrem fa-
milias \& mercatorem primi ordinis decet.
Quem Contractum ex utraque parte firmum fore
promittunt contrahentes illibata fide, renunciantes
exceptionibus omnibus \& ſingulis, ſigillatim doli, Per-
ſuaſionis, Rei non ſic, ſed aliter geſtæ aut intellectæ,
læſionis non tantum enormisſimæ, Reductionis ad
arbitrium boni Viri, cæteris que vel jam certis inven-
tisque, vel humana ſolertia inveniendis, ſimul cum
Renunciatione Regulæ, generalem renunciationem
non valere, niſi præceſſerit ſpecialis; \& ſic omnibus ju-
rium beneficiis ac privilegiis undecunque ortum ha-
beant. Quæ bona fide ita cuſtoditum iri unanimi
Conſenſu iterumque ſpondent, \& ſua id ſinguli ſub-
ſcriptione teſtatum fecerunt Anno \& Die ut ſupra.
Jm
[95]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Jm Fall auch/ daß der Diener Titius
ſeines Wohlverhaltens habe Buͤrgen
ſtellen muͤſſen/ koͤnte alſo geſetzt
werden.
POrro ut de mercibus, pecuniisque ſuis mihi creditis
Dominus Eberhardus ſecurus eſſe poſſit, fidejuſſores
illi produco Dominum Sempronium \& Mævium, \&
nos jam nominati fidejuſſores pollicemur, ſi ulla a
Cajo Titio committatur perfidia aut defraudatio, e
qua Dominus Patronus ſuus damnum vel aliquod
diſpendium ſentire poſſit, nos eum indemnem præ-
ſtaturos, renunciantes hac fine, Exceptioni Diviſionis
Excusſionis, cedendarum actionum, omnibusque aliis
beneficiis, quæ excogitari poſſunt, quandoquidem ho-
rum notitia \& intellectu non deſtituimur. \&c.
Und ſo viel von denenContractibus,wel-
che zwiſchen Kaufleuten und ihren anzuneh-
menden Bedienten aufzurichten ſeyn: Folgen
nunmehro einige Formularia ſolcher Brieffſchafften/
welche etwan bey dergleichen Gelegenheiten zu ſchrei-
ben vorfallen moͤchten/ und zwar erſtlich:
Schreiben eines Kauffmanns an ei-
nem andern/ ihme einen guten Diener und
zwar auf gewiſſe Conditiones, welche dabey
bemercket werden/ anzu-
ſchaffen.
DA mein bißher geweſener Handels-Diener ſein
eigen Negotium anzufangen/ aus gewiſſen
Urſachen ſich reſolviret/ und mich dannenhero er-
ſuchet/
[96]Caput II.
ſuchet/ ihme ſeine Dimiſſion zu ertheilen/ allermeiſt
da ſeine Jahre/ auf welche er ſich bey mir zu dienen
engagiret hatte/ mehrentheils zu Ende gelauffen/
und ich dannenhero in ſolchen ſeinem Anſuchen ihme
zu deferiren keinen Umgang nehmen koͤnnen/ wie
gerne ich auch geſehen haͤtte/ daß er ſeiner mir gelei-
ſteten Dienſte halber/ noch einige Jahre bey mir ver-
harret haͤtte/ und aber anjetzo die Nothwendigkeit
erfordern will/ daß ich ſeinen Platz mit einem andern
guten Sujecto wieder beſetze/ ſolches aber allhier vor
der Hand nicht anzutreffen iſt/ als gelanget an E. E.
mein freundliches Erſuchen/ im Fall ihres Orts ein
ſolcher Menſch zu finden waͤre/ welcher von guten
Leuten entſproſſen/ ſeine Lehr-Jahre bey der Hand-
lung redlich und ehrlich ausgeſtanden/ deßfalls glaub-
wuͤrdige Teſtimonia aufzuweiſen/ und allen Falls
auch zulaͤngliche Caution vor ſein kuͤnfftiges Wohl-
verhalten præſtiren/ dabey gut rechnen/ ſchreiben
und buchhalten koͤnte/ auch mit der Correſpondentz/
und ſonderlich mit Material-Waaren wohl umzu-
gehen wuͤſte/ mir ſolchen dergeſtalt zu recomman-
diren/ daß er jaͤhrlich von mir (præſtitis præſtan-
dis) ein hundert Reichs-Thaler/ nebſt freyen Tiſch/
Licht/ Holtz/ Waͤſch und Bett zu empfangen haben
ſollte/ wobey ich mich ferner anheiſchig machen woll-
te/ wann er vier Jahr nacheinander in meinen Dien-
ſten wuͤrde treulich und redlich zugebracht haben/ ſel-
bigen alsdann entweder ſelbſt ſeine Gage, im Fall
er laͤnger bey mir verharren wollte/ zu verbeſſern/
oder ihn auch mit einer ſolchen Recommendation
von mir zu laſſen/ welche zu Befoͤrderung ſeines fer-
nern Gluͤcks ihme ſehr zutraͤglich ſeyn ſollte Hier-
auf
[97]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
auf meines geehrten Herꝛn Antwort gewaͤrtig blei-
bend verharre ich.
Ein anders.
DEmſelben habe ich mit dieſem freundlich erſu-
chen wollen/ im Fall etwan ihres Orts ein gu-
tes Subjectum eines Handels-Dieners/ welcher
auſſer Condition waͤre/ und wiederum Dienſt ſuch-
te/ anzutreffen ſeyn ſollte/ mir denſelbigen zu recom-
mandiren/ ich muͤſte aber erſt ſeiner ehrlichen Ab-
kunfft/ Chriſtlichen Leben und Wandels/ darnach
ſeiner Treue durch zulaͤngliche Caution, ferner ſeiner
Capacitaͤt in denen Verrichtungen/ in welchen be-
kandter maſſen meine Handlung beſtehet/ verſichert
ſeyn/ wann dieſes alles ſeine Richtigkeit haͤtte/ und
er ſich dabey auf vier Jahr lang bey mir zu dienen
verſprechen wollte/ ſo wollte ich ihm die erſte zwey
Jahr jaͤhrlich 80. die letztern zwey Jahr aber 100.
Reichsthl. nebenſt freyer Koſt/ Bett/ Waͤſch und
Logiment geben/ auch nach Befinden ſeiner mir ge-
leiſteten Dienſte bey Endigung derſelben auf weite-
re Erkaͤnntlichkeit bedacht ſeyn/ was nun mein Herꝛ
hierunter ausrichten wird/ das bleibe in Antwort
dieſes gewaͤrtig/ ich bin auch erboͤthig/ demjenigen/
welchen der Herꝛ auf ſolche Conditiones vor mich
aufſuchen moͤchte/ die Reiß-Koſten per anhero zu
verguten/ womit ohne mehro freundlich gegruͤſſet/
GOtt befohlen.
GEin
[98]Caput II.
Ein anders.
EUer Edlen nehmen nicht uͤbel/ daß ich deroſelben
abermal mit einer kleinen Commiſſion be-
ſchwehrlich falle/ ich bin nemlich eines geſchickten
Handels-Dieners benoͤthiget/ und weil ich derglei-
chen hieſiges Orts vor der Hand nicht zu finden
weiß/ bey ihnen aber/ wie mir nicht unwiſſend iſt/
viele dergleichen capables Subjecta ſich offtmal
auſſer Dienſt befinden/ als gereichet an Euer Edlen
mein dienſtliches Erſuchen/ mir nach einen ſolchen
umzuſehen/ und ſelbigen ſo dann ſolcher Geſtalt in
meinem Namen zu engagiren/ daß er auf meine Un-
koſten hieher kommen/ ein Viertel Jahr in meinem
Haus/ Cantoir und Handlung ſich aufhalten/ wie
ſelbige/ und die darinn vorfallende Verrichtungen
ihme anſtehen/ ermeſſen/ mir aber auch zugleich Zeit
und Gelegenheit geben ſoll/ ſeine Conduite und
Capacitaͤt zu examiniren/ nach deren Verlauff als-
dann der Contract auf beyderſeits beliebige Jahre
und Conditiones koͤnte eingerichtet werden/ wobey
ich dieſes nur zum Voraus melden wollen/ daß ein
geſchickter Handels-Diener ſich jaͤhrlich eines Salarii
von ein biß zwey hundert Gulden/ nachdem nehm-
lich ſeine Capacitaͤt waͤre/ ſich bey mir zu erfreuen
haben ſollte/ hierauf Euer Edel geehrteſte Antwort
erwartend verharre ich.
Ein anders.
WJe ich deſſen vormaligen Recommendation,
die
[99]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
die erſprießliche von meinem bißherig-geweſenen
Diener Titio genoſſene Dienſte zu dancken ha-
be/ ſelbige aber nunmehro durch dieſes getreuen
Menſchen unverhofften/ jedoch ſeeligen Abſchied aus
dieſer Zeitlichkeit ceſſiren/ und ich nothwendig deſ-
ſen Platz mit einem andern geſchickten Menſchen wie-
der beſetzet haben muß/ abſonderlich aber gern einen
ſolchen haben wollte/ der nicht allein der Schwedi-
ſchen und Daͤniſchen Sprache maͤchtig/ ſondern auch
meiner groſſen Verkehrung halber/ welche ich nach
gedachten Laͤndern habe/ von ſolcher Complexion
und Leibes-Conſtitution waͤre/ daß er die Reiſen
dahin in meinen Angelegenheiten verrichten koͤnte/
worzu ihme dann/ wie leicht zu ermeſſen/ auch die
Handlung dahin bekandt ſeyn muß/ als gelanget an
dem Herꝛn mein freundliches Erſuchen/ mir nach ei-
nen ſolchen geſchickten Menſchen um zu hoͤren/ oder
doch einen bekannten Maͤckler ihres Orts/ der in der-
gleichen Sachen ſich gebrauchen lieſſe/ Ordre zu
geben/ daß er gegen Bezahlung ſeiner Muͤhwaltung
einen ſolchen vor mich aufſuchen/ und forderſamſt
auf meine Unkoſten heruͤber ſchicken ſollte/ er muͤſte
ſich aber auch etliche Jahr zu engagiren/ verſpro-
chen/ dahingegen er 80. biß 100. Reichsthal. jaͤhr-
lich an Salario von mir zu genieſſen haͤtte/ kan ich
meinem Herꝛn hieſiges Orts wiederum angenehme
Dienſte erzeigen/ hat er zu befehlen/ maſſen ich jeder-
zeit verharre.
G 2Ein
[100]Caput II.
Ein anders.
JCh haͤtte in meiner Handlung eines getreuen
Handels-Dieners vonnoͤthen/ der eines Chriſt-
lichen Lebens und Wandels/ von honetten Eltern
gebohren/ nicht zu alt noch zu jung/ und auch von ſol-
cher Capacitaͤt waͤre/ daß man ihn auf den Contoir,
wie auch bey Waaren und auf Reiſen wohl gebrau-
chen/ und ſich auf ihn verlaſſen/ er auch dabey 1000.
Reichsthl. Caution, vor ſeine Treue und gutes Com-
portement ſtellen koͤnte. Wuͤſte nun mein Herꝛ mir
einen ſolchen zu recommandiren/ ſo kan er ihm zum
Voraus von mir verſprechen/ daß ich hinwieder al-
len égard vor meine getreue Bediente habe/ ihnen
jaͤhrlich pro Salario 150. Reichsthl. mehr oder we-
niger gaͤbe/ und wann ich nach Verlauff ihrer ver-
ſprochenen Dienſt-Jahre/ ihnen forthelffen kan/
ſolches nicht unterlaſſe. Hierauf bitte um Ant-
wort. ꝛc.
Ein anders.
WJe mir nicht unwiſſend/ daß zuweilen ihres
Orts ſich huͤbſche Subjecta, und vornehmer
Leute Kinder finden/ welche/ nachdem ſie in Patria
ihre Lehr-Jahr erſtanden/ ſich als Dieners noch fer-
ner in der Frembd umzuſehen/ Belieben tragen/
auch da ſie ſodann deſſelben Orts Handlung/ wo ſie
hinkommen/ noch unerfahren/ und alſo noch lernen
muͤſ-
[101]Von allerhand Kauffmañs-Contracten.
muͤſſen/ ſie etwas Koſt-Geld das erſte und auch das
zweyte Jahr zu geben/ nach dieſem aber noch wohl
ein paar Jahr ohne Entgeld zu dienen/ ſich nicht ent-
ziehen/ hernachmals auch nach Ermeſſung ihrer
Dienſte ein poportionirliches Salarium von ihren
Patronis erſt zu gewarten haben/ als gelanget an
dem Herꝛn mein freundliches Erſuchen/ etwan an
ihrer Boͤrß bey einigen Freunden nach dergleichen
jungen Leuten ſich zu erkundigen/ oder auch einen
Maͤckler (deme ich vor ſeine Muͤhewaltung danck-
barlich ſeyn werde) deßfalls Commiſſion zu geben/
und zwar dieſes hinbey zufuͤgen/ daß in meinem
Haus/ Contoir und Handlung nicht allein was
rechtſchaffenes in Wechſeln und Waaren des Jahrs
uͤber verkehret werde/ ſondern daß auch dabey ein
junger Menſch auf meinen Contoir die Gelegenheit
habe/ ſich in der Frantzoͤſiſchen/ Hollaͤndiſchen und
Jtaliaͤniſchen Sprach (weil in allen dreyen gantze
Briefe geſchrieben/ und nicht etwan nur Flick-Woͤr-
ter/ wie anderwaͤrts geſchiehet/ gebrauchet werden)
ſich zu uͤben/ ſo halte ich auch vor meinen Leuten kei-
ne Briefſchafften (was nicht etwan Arcana Do-
mus ſeyn/ und meinen Haus-Stand betreffen)
verborgen/ ſondern wie die Briefe von der Poſt
kommen/ ſo habe ich Gefallen daran/ daß meine
Leute dieſelbige leſen/ und ſich die Handels-Mate-
rien daraus bekannt machen/ beydes zu ihren eige-
nen kuͤnfftigem Nutzen und Erbauen/ als auch/ wann
ihnen einmal die Connexion bekannt/ daß ich des
vielen Præceptorirens und Einkaͤuens/ was auf ſol-
che Briefe geantwortet werden ſoll/ uͤberhoben ſeyn
moͤge; ſo ſtehet ihnen auch bey meinen hieſigen Fa-
G 3bri-
[102]Caput II.
briquen die Gelegenheit offen/ ſich/ was in ſolchen
paſſiret/ taͤglich umzuſehen und bekannt zu machen/
nicht weniger wird ihnen auch das an der Boͤrß zu
verrichtende mehrentheils aufgetragen/ und mache
ich mir ein Plaiſir davon/ daß meine Bedienten
unter meiner Anfuͤhrung je laͤnger je mehr in allen
Handels-Wiſſenſchafften profitiren moͤgen/ wel-
ches diejenige bezeugen werden/ die nicht allein durch
ihre eigene bey mir erworbene Capacitaͤt/ wann ſie
meine Dienſte quitiret/ ſich in ein anſehnliches Sa-
larium auf andern vornehmen Contoiren ſetzen
koͤnnen/ ſondern auch/ da ſie zu ihrer eigenen Hand-
lung geſchritten/ ſelbige mit gutem Succeß unter-
nommen haben/ welcher Geſtalt auch in meinem
Haus an nothwendigen Eſſen und Trincken und an-
derer Leibes-Bequemlichkeiten/ ihnen nichts abgehe/
ſie auch zu einen Chriſtlichen Leben- und Tugend-
Wandel angefuͤhret werden/ ſolches iſt meinem
Herꝛn zweiffels ohne bekannt/ daß ich dannenhero
erſuchen will/ dieſe Motiven ſich um ſo viel mehr die-
nen zu laſſen/ mir nach obigen meinen Verlangen
ein gutes Subjectum in meine Handlung zu ver-
ſchaffen/ worinn ich wieder angenehme Dienſte lei-
ſten kan/ hat derſelbe zu befehlen.
Schreiben eines Kauffmanns an ei-
nen anderwaͤrts ſich auſſer Dienſten auf-
haltenden Handels-Die-
ner.
WAnn derſelbe noch kein annehmliche Condi-
tion
[103]Von allerhand Kauffmañs-Contracten.
tion in Vorſchlag haben/ oder ſich wuͤrcklich
ſchon engagiret haben ſollte/ ſo will ich ihm hiermit/
weil mir deſſen gutes Gemuͤth und Capacitaͤt be-
kannt/ eine Buchhalter- oder Diener-Stelle/ auf
meinem Contoir oder in meiner Handlung offeri-
ret haben/ da wir dann bey ſeiner Hieherkunfft we-
gen des Salarii, und derjenigen Condition, die ich
dagegen von meinen Bedienten geleiſtet haben will/
leichtlich uͤbereinkommen wollen/ erwarte hierauf
Antwort und verbleibe
Monſieur,
deſſen Freund-willigſter
N. N.
Antwort auf die vorhergehende
Schreiben.
DEſſen Begehren an mich/ ihme ein qualificir-
tes Subjectum als Diener in ſeine Handlung
zu recommandiren/ habe aus ſeinem Geehrten vom
6ten dieſes erſehen/ ich moͤchte wuͤnſchen ſo capable
zu ſeyn/ ihme dergleichen recommandiren zu koͤn-
nen/ ſo aber findet ſich dermals keine Gelegenheit
hierzu/ wie ſehr ich mich auch darnach erkundiget/
und auch ſolches zu thun denen Maͤcklern die davon
Profeſſion machen/ aufgetragen habe/ ſo bald noch
etwas Gutes anzutreffen/ ſo ſuchet man gleich hier
in Loco ſolches zu emploiren/ und mit ausge-
maͤrtzten verlange ich keinen guten Freund (deſſen
G 4Ami-
[104]Caput II.
Amitié ich hoch ſchaͤtze/ zu beladen/ kan ich in andern
Gelegenheiten dienen/ hat derſelbe zu befehlen/ als
der ich ſtets verbleibe.
Ein anders.
AUs meines hochgeehrten Herꝛn an mich abgelaſ-
ſenen Schreiben/ erſehe ich/ wie derſelbe gern
mit einem tuͤchtigen Subjecto, welches er als Die-
ner in ſeiner Handlung gebrauchen koͤnte/ von hier-
aus verſehen ſeyn moͤchte/ und was die Conditio-
nes ſeyn/ welche zugleich von einem ſolchen Menſchen
erfordert werden. Nun iſt zwar nicht ohn/ daß man in
ſolchen Faͤllen lieber auf was Gutes/ als auf was
Schlechtes reflectire/ derjenige auch/ der Koſt und
Lohn giebet/ einen ſchon gemachten Menſchen ha-
ben will/ bey welchem er nicht erſt præceptoriren
doͤrffe/ ſondern ſolchen gleich zu denen Affairen an-
ſpannen koͤnne/ es ſeynd meines Herꝛn ſeine Gegen-
Conditiones ſo vortheilhafftig/ und ſeine wohl-
établirte Handlung ſo Lehr-reich/ daß ihrer viele/
wann ihnen ſolches kund ſeyn ſollte/ ſich in derglei-
chen Conditiones zu tretten/ vor ein Gluͤck ſchaͤtzen
ſollten. Da aber dermalen meines Wiſſens keine
frembde Dienſt-ſuchende Handels-Diener ſich hier
befinden/ auch denen Maͤcklern/ welchen ich davon
Nachricht gegeben/ keine dergleichen vorgekom-
men/ als wird mein Herꝛ mich entſchuldiget halten/
wann ich hierunter zu dienen mein Unvermoͤgen vor-
ſchuͤtzen muß/ kan es in andern Faͤllen geſchehen/
wird es mir eine Freude ſeyn/ mich zu erweiſen/ daß
ich beſtaͤndig bleibe.
Ein
[105]Von allerhand Kauffmañs-Contracten.
Ein anders.
WAs derſelbe an mich wegen eines Handels-
Dieners gelangen laſſen/ ſolchem habe ich nach-
zuleben/ und demſelben einen qualificirten Men-
ſchen zuzuweiſen mich aͤuſſerſt bemuͤhet/ ſo bald auch
nicht gegen ein und andern die Eroͤffnung davon
gethan/ als ſich zugleich unterſchiedliche angegeben/
davon jedoch einige/ als ich etwas genauer um de-
ren Umſtaͤnde mich erkundiget/ ſo beſchaffen gewe-
ſen/ daß ich mit ihrer Zuweiſung bey dem Herrn
keinen Danck zu verdienen mir getraute; andere
hingegen haben an denen Bedingungen/ welche der
Herr fordert/ unterſchiedliches auszuſetzen gewuſt/
dahero ich bißher nach Willen dem Herrn zu die-
nen/ noch die Gelegenheit nicht finden kan/ ſolte mir
nach dieſen noch etwas zu Handen ſtoſſen/ werde ich
demjenigen/ was mir der Herr aufgetragen/ nach-
zuleben/ in keine Vergeſſenheit ſtellen/ als der ich
jederzeit verbleibe.
Ein anders.
DEſſen geehrtes Schreiben von 6ten dieſes zu
Folge/ habe ich mich nach einem ſolchen ge-
ſchickten Handels-Diener umgeſehen/ welcher dem
Herrn in ſeiner beruͤhmten Handlung/ denen vor-
geſchriebenen Bedingungen nach/ gute Dienſte lei-
ſten koͤnte; Endlich auch einen ſolchen an eines hie-
ſigen vornehmen Buͤrgers Sohn/ Nahmens N. N.
gefunden/ welcher ſeine Jahr allhier erſtanden/
G 5nach-
[106]Caput II.
nachgehends noch drey Jahr in der Frembd auf
beruͤhmten Contoiren gedienet/ und nun nicht un-
geneigt waͤre/ noch ein paar Jahr in des Herrn
ſeiner Handlung ſich gebrauchen zu laſſen. Wie er
aber nach dieſen ſich hier anzurichten gedencket/ dar-
zu auch von ſeinen Eigenen zulaͤngliche Mittel in
Handen hat/ als wolte er ſich wohl uͤber eine ſol-
che Zeit/ nicht verbuͤndlich machen/ dann auch ſo
vermeinet er/ daß wegen der Beſoldung E. E. noch
eine Verbeſſerung einzuwilligen/ ſich nicht entziehen
wuͤrden. Hieruͤber nun Dero Entſchlieſſung ge-
waͤrtig bleibend/ verharre ich.
Ein anders.
WJe gern ich auch mit Recommendation ei-
nes tuͤchtigen Handels-Dieners gedienet haͤtte/
ſo ungern muß ich mein Unvermoͤgen darzu beken-
nen/ welches einiges Theils daher ruͤhret/ daß mei-
nes Herrn Perſon und Handlung/ (ob es aus Miß-
gunſt/ Verlaͤumdung/ oder mit Grund der Wahr-
heit geſchehe/ kan ich eben nicht wiſſen/) an unſern
hieſigen Platz ſehr uͤbel angeſchrieben ſtehet/ als
wann eines Theils die Tractamenten in deſſelben
Hauß vor einen rechtſchaffenen Diener ſehr ſchlecht/
die Arbeit hingegen ſo viel exceſſiver, und zwar
nur in ſolchen Handels-Geſchaͤfften/ welche von
keiner Importantz/ am wenigſten aber alſo beſchaf-
fen waͤren/ daß ein junger und Lehr-begieriger
Menſch zu ſeinen kuͤnfftigen Vortheil etwas dabey
ſolte lernen koͤnnen/ worzu noch die Beſchwehrun-
gen
[107]Von allerhand Kauffmañs-Contracten.
gen kommen/ welche einige aus des Herrn Dien-
ſten gekommene Handels-Diener allenthalben kund
machen/ daß ihnen nehmlich nach vieler ausgeſtan-
dener Muͤh mit Undanck belohnet worden/ und ſie
biß dieſe Stund ihr verdientes Lohn nicht haͤtten
empfangen koͤnnen; Andere hingegen/ die ſich et-
wann hieran nicht ſtoſſen moͤchten/ kommet dieſes
Bedencken vor/ daß an einem ſolchen Ort/ als der
iſt/ wo der Herr wohnet/ wenig in Handlung zu
ſehen oder zu lernen/ noch weniger aber kuͤnfftig
vor einen jungen Menſchen ſein Gluͤck zu machen
ſey/ daß ich alſo bey ſo geſtalten Sachen hierunter
nicht zu dienen weiß/ vielmehr aber/ anrathen wol-
te/ ſich ihres Orts ſelbſten um ein gutes Subjectum
umzuſehen/ weil es von hieraus ſchwerlich zu erlan-
gen ſtehen moͤchte/ ich verbleibe indeſſen.
Ein anders.
JCh nehme mir die Freyheit/ gantz kurtz auf deſ-
ſen an mich abgelaſſenes Schreiben zu antwor-
ten/ und zu ſagen/ daß auf die Conditiones, auf
welche der Herr einen Handels-Diener verlanget/
ſchwehrlich einer zu bekommen ſeyn werde. Dann
daß ein junger Menſch/ welcher ſeine Jungens-
Jahre redlich und ehrlich erſtanden/ das Seine ge-
lernet/ und nunmehro als Diener ſich gebrauchen
laſſen will/ noch Geld zugeben ſolte/ da er vielmehr
deſſen zu verdienen gedencket/ ſolches ſtreitet wider
die Regel der Vernunfft/ zumahl da es heutiges
Tags mit der Kauffmannſchafft kein ſo groſſe Zau-
berey
[108]Caput II.
berey oder Geheimniß mehr iſt/ daß nicht ein ge-
ſchicktes Ingenium, welches der Sprachen und
Correſpondentz/ der Wiſſenſchafft des Buchhal-
tens/ und der Rechen-Kunſt faͤhig iſt/ ſich leichtlich
in eine jede Handlung/ ob er gleich nicht zuvor da-
rinn gedienet/ ſolte ſchicken koͤnnen. So iſt auch die
Waaren-Kaͤnntniß ſo ſchwehr nicht/ daß ſelbige
nicht ebenfalls nach einer kurtzen Anweiſung von
einem faͤhigen Subjecto ſolte leichtlich koͤnnen be-
griffen werden. Was die Hollaͤnder anbelanget/
kan man ihnen ſolche ihre Weiſe und eingefuͤhrte
Gewohnheit wohl laſſen; es ſeynd aber die Per-
ſonen/ an welchen ſolches obſerviret wird/ wohl von
denen zu unterſcheiden/ bey welchen ſelbige nicht
guͤltig ſeyn kan; Jenes ſeynd gemeiniglich vorneh-
mer Leuth Kinder/ welche zwar nicht mehr in den
Jungen-Stand ſeyn/ ſondern ihre Lehr-Jahre ent-
weder bey ihren Eltern/ oder andern vornehmen
Freunden erſtanden haben/ darum aber noch nicht
von der Faͤhigkeit ſeyn/ mit ihren Handels-Wiſſen-
ſchafften bey andern Leuten groſſe Salaria verdie-
nen zu koͤnnen/ ſonderlich in Laͤndern/ welche gantz
beſondere Handlungen haben/ als diejenige gewe-
ſen iſt/ bey welcher ſie ihre Jahre ausgedienet; uͤber
dem/ ſo ſeynd auch ſolche noch Koſt-Geld zu geben-
de/ ob wohl den Diener Nahmen fuͤhrende nicht ſo
ſtrictè zu allen Handels-Fatiquen/ als ein Sold
empfangener Diener verbunden/ genieſſen auch mehr
Freyheit/ und haben ihre Eltern mehr mit ihnen
die Abſicht/ daß ſie nur frembder Lufft und Spei-
ſen gewohnen/ die Sprache des Lands/ und was
in Handlung einiger maſſen paſſiret/ erlernen/ im
uͤbri-
[109]Von allerhand Kauffmañs-Contracten.
uͤbrigen aber/ wann ſie ſolcher Geſtalt ein paar
Jahr an einem ſolchen Ort ausgehalten/ ſich als-
dann anderwerts nach Engeland oder Franckreich/
auf ein Contoir begeben ſollen/ um auch daſelbſt
gegen Koſt-Geld/ was etwann in Handlung paſſi-
ret/ zu ſehen/ und ſolcher Geſtalt ihre Reiſen zugleich
mit zu abſolviren/ welches alles ein tuͤchtiger Teut-
ſcher Handels-Diener in Teutſchland/ und auch
nicht in andern Landen/ wann er deſſelben Landes
Sprach verſtehet/ thun wird; ſein Abſicht iſt/ Geld
zu verdienen/ und nicht das Seinige dabey zuzuſe-
tzen/ ein jeder hat freylich in Handlungen noch zu
lernen/ es kan aber ſolches ihme nicht ſo wichtig
oder noͤthig ſeyn/ daß er darum kein Salarium
prætendiren/ oder gar noch Geld zugeben ſolte.
Daß ſich auch die Hollaͤnder auf dem Fuß (Geld zu
den Dienſten/ welche ihnen geleiſtet werden/) zuzu-
fordern/ geſetzet/ ſolches kommet unter andern auch
daher/ weil ſie nicht/ wie viel unſerer Teutſchen
Kauffleut thun/ Dieners zum Staat halten/ ſon-
dern ihre Sachen ſeyn bey établirter Banco in
Amſterdam/ (bey welcher gleich ein Caſſirer er-
ſpahret wird) ſchon eingerichtet/ daß ſie ihre Sa-
chen theils ſelbſt (zumahl weil ſie perſoͤnlich die
Hand mit anlegen/ und lieber des Poſt-Tags auf
dem Contoir, als in dem Wein-Keller/ Luſt-Gaͤr-
ten/ oder bey dem Brett-Spiel ſich finden laſſen)
theils nur mit ein oder zwey Jungens verſehen koͤn-
nen/ welche entweder ihre eigene/ oder doch vor-
nehmer Leuth Kinder ſeyn/ und (weil nunmehro die
Handels-Wiſſenſchafft/ wie zuvor ſchon gemeldt/
keine ſo groſſe Geheimniſſe mehr ſeyn/ als ſie vor
Alters
[110]Caput II.
Alters geweſen) in ihren funffzehenden oder ſechs-
zehenden Jahr ſchon ſolche Capacitaͤt haben/ als
hinter manchen 30. jaͤhrigen Diener nicht geſuchet
werden ſolte. Da nun auch allbereit in Teutſchland
viel Kauffleute dieſe der Hollaͤnder ihre Manier
und Weiſe mit practiciren/ ſo iſt es ſeiter dreyßig
biß 40. Jahren her auch ſchon ſo weit gekommen/
daß ſich wenig Handels-Diener mehr aufs Con-
dition-ſuchen legen/ ſondern die meiſten wiſſen
ſchon/ wann ſie noch wuͤrcklich in Condition ſte-
hen/ wo ſie/ wann ſie aus ſolchen austretten ſolten/
ihren Fuß wieder einſetzen/ und ſich hinwenden koͤn-
nen/ zugeſchweigen/ daß ſie noch Geld zuzugeben/
ſich ſolten perſuadiren laſſen.
Aus welchen allen mein Herr leichtlich ermeſ-
ſen wird/ daß einen Diener anzuſchaffen/ welcher
noch Koſt-Geld zugeben ſolte/ ſolches allerdings im-
practicabel ſey; Das aͤuſſerſte/ worzu es etwann
zu bringen ſeyn moͤchte/ waͤre dieſes/ daß/ wann der
Herr ſeines Handels Wichtigkeit/ und die dem an-
zunehmenden Subjecto obliegende Schuldigkeit/
(ſolche erſtlich zu erlernen/ ehe und bevor man ſich
nuͤtzlicher Dienſte von ihme zu verſprechen haͤtte/)
dociren und darthun koͤnte/ wobey auch noch wohl
deß anzunehmenden neuen Handels-Dieners Un-
faͤhigkeit und Unzulaͤnglichkeit/ auch in ſolchen
Handels-Wiſſenſchafften/ welche doch ein jeder
Handels-Diener nothwendig wiſſen ſolte/ muͤſte be-
wieſen werden/ daß alsdann ein ſolcher unfaͤhiger
Menſch noch ein paar Jahr umſonſt dienete/ her-
nachmahls aber erſt ein mittelmaͤßiges Salarium
ihme gereichet wuͤrde/ dieſes iſt es/ was ich meinem
geehr-
[111]Von allerhand Kauffmañs-Contracten.
geehrten Herrn in Antwort ſchreiben ſollen/ der ich
in uͤbrigen verharre.
Ein anders.
JN Antwort des Herrn angenehmen von 28.
Paſſato berichte ich/ daß mir ein ſolches Sub-
jectum eines Handels-Dieners zu Handen gekom-
men/ von welchem ich weiß/ daß der Herr alle gu-
te Dienſte und Satisfaction werde zugewarten ha-
ben; ſein Nahme iſt N. N. ein hieſiges Stadt-
Kind/ welcher aber zu Franckfurth am Mayn bey
Herrn N. N. ſeine Jungen-Jahre erſtanden/ ſeiter
vier Jahren her aber in Herrn N. N. Handlung
allhier gedienet/ wie ſolches alle ſeine ehrliche Ab-
ſchiede und Teſtimonia ausweiſen koͤnnen. Wann
er nun diejenige Conditiones, welche der Herr
vorgeſchlagen/ ſich gefallen laſſen/ und dasjenige
zu præſtiren gedencket/ was der Herr von einem
qualificirten Handels-Diener (ſonderlich der in
ſeiner Handlung dienen will) erfordert/ ich auch
ſelbſt dieſes Menſchen ſeiner guten Conduite hal-
ber allezeit reſponſable ſeyn will/ als iſt nichts mehr
uͤbrig/ als daß der Herr die Verfuͤgung thue/
wann und wie er uͤberkommen/ und ſeine Dienſte
antretten ſoll; hierauf Antwort erwar-
tende/ verbleibe ich.
Schrei-
[112]Caput II.
Schreiben eines Dienſt-ſuchenden
Handels-Diener an einen Freund.
DEmſelben wird nicht unwiſſend ſeyn/ daß durch
den Todt Herrn N. N. meines etliche Jahr
her geweſenen liebwerthen Herrn Patroni, deſſen
Handlung ſo weit ceſſiret/ daß die Erben mehr die
noch ausſtehende Schulden einzutreiben/ und die
verhandene Waaren zu verkauffen/ als die Hand-
lung fortzuſetzen/ geſinnet ſeyn; Wann nun bey ſo
geſtalten Sachen mein Gluͤck weiter zu ſuchen/ mir
allerdings angelegen ſeyn will/ als erſuche ich mei-
nen Herrn/ im Fall ihres Orts in einer beruͤhmten
Handlung (in welcher vor einen jungen Menſchen
noch was zu ſehen/ zu lernen/ und zu verdienen ſeyn
moͤchte) eine Condition offen ſeyn ſolte/ mir ſolche
vor andern zuzuweiſen/ allenfalls haͤtte ich noch
wohl Luſt/ ein Jahr oder vier mich in der Frembde
herum zu tummeln/ meine Profectus ſeynd dem
Herrn mehrentheils bekannt/ dieſes iſt die Hand/
welche ich ſchreibe; bey meinem ſeeligen Patron ha-
be ich die Hollaͤndiſche und Frantzoͤſiſche Corre-
ſpondenz gefuͤhret/ dabey noch die Haupt-Han-
dels-Buͤcher gehalten/ und mehrentheils des Mit-
tags die Boͤrſen-Zeit gantz allein verwaltet/ und
wann es ja erfordert werden ſolte/ meiner Treu
und Conduite halben Caution zu ſtellen/ (wie-
wohl ſolches bey Handels-Dienern etwas unge-
woͤhnliches/ als die man billich aus ihren wohl er-
ſtandenen Lehr-Jahren und Teſtimoniis ander-
waͤrts ſchon abgelegter redlicher Dienſte beurthei-
len ſolte/) ſo wird ſich Herr N. N. allhier nicht ent-
ziehen/
[113]Von allerhand Kauffmañs-Contracten.
ziehen/ ſolche Caution vor mich zu præſtiren/ wel-
ches ich meinem geehrten Herrn zur Nachricht mel-
den/ und mich dabey deſſen Gewogenheit und Vor-
ſorge recommandiren wollen/ der ich allſtets ver-
harre.
Ein anders.
DAß ich demſelben mit dieſen wenigen Zeilen um
Erzeigung eines geneigten Willens ihres Orts
erſuche/ ſolches wird man verhoffentlich nicht uͤbel
deuten/ zumahl/ da man auch von meiner Perſon
aller moͤglichen Gegen-Dienſte allhier verſichert ſeyn
kan. Es beruhet aber mein Anliegen kuͤrtzlich darinn/
indem ich vernommen/ ob ſolte bey Herrn N. N.
eine Condition offen ſeyn/ wann ich mich nun gern
zu ſolcher befoͤrdert ſehen moͤchte/ anerwogen/ daß
in dieſes Herrn ſeiner Handlung nicht allein was
rechtſchaffenes zu lernen/ ſondern auch ſehr gut vor
einen jungen Menſchen bey ihm zu dienen iſt; als
gelanget an dem Herrn mein dienſtliches Erſuchen/
etwann ohnverzuͤglich die Gelegenheit zu nehmen/
meine Perſon demſelben zu recommandiren/ ich
werde im Fall gluͤcklicher Expedition vor die dar-
unter gehabte Muͤhwaltung eine wuͤrckliche Danck-
barkeit abzulegen nicht unterlaſſen/ und
jederzeit hinwiederum ver-
harren.
HEin
[114]Caput II.
Ein anders/ und zwar an einen
Maͤckler gerichtet.
geehrter Herr.
WAnn mir nicht unbekannt iſt/ daß derſelbe ſehr
offt Gelegenheit habe/ gute Subjecta in Kauff-
maͤnniſchen Dienſten unter zu bringen/ und ich da-
her gern meinen Bruder/ einen jungen Menſchen
von 22. Jahren/ welcher allhier bey Herrn N. N. ſei-
ne Jahre erſtanden/ ihres Orts als Diener wieder
angebracht wiſſen wolte. Als gelanget an den
Herrn mein freundliches Erſuchen/ mir den Gefal-
len zu erweiſen/ und nach einer raiſonnablen Con-
dition vor ihm umzuhoͤren. Er iſt ein guter Ver-
richter/ ſo wohl auf der Contoir, als bey Waaren/
ſonderlich bey Material-Waaren; daß ich alſo mei-
nen Herrn verſichern kan/ wie er mit dieſes jun-
gen Menſchen Recommendation keinen Undanck
verdienen wuͤrde. Jch ſende indeſſen hierbey pro
Arrha einen Gold-Gulden/ es ſey gleich/ daß des
Herrn ſeine Bemuͤhung etwas fruchte oder nicht/
ſo ſoll dieſes doch pro recognitione verbleiben.
Jm Fall aber/ daß durch dem Herrn etwas gutes
effectuiret wuͤrde/ will ich mich noch zu einer Er-
kaͤnntlich von drey Species-Ducaten hiermit ver-
buͤndlich gemacht haben/ hierauf gute Ant-
wort gewaͤrtig bleibend/ ver-
harre ich.
NB. Alle
[115]Von allerhand Kauffmañs-Contracten.
- NB. Alle dergleichen Briefe/ welche man weg-
ſchreibt/ und daran niemand/ als dem Schreiber
deſſelben/ gelegen iſt/ die muͤſſen franchiret wer-
den/ und finde ich gar billich/ daß/ wann einer
kaltſinniger Weiß/ und in der Meynung/ der
andere koͤnte wohl das Porto bezahlen/ es habe
nichts zu bedeuten/ einen Brief unfranchiret zu-
ſchickt/ daß derſelbe/ an dem der Brief lautet/
wo er anderſt nicht dem Grobiano es zu gut
haͤlt/ oder andere Abſichten hat/ ihme ſolchen un-
franchirten Brief nicht beantworte/ auch die
Commiſſion, oder das Petitum, welches da-
rinnen geſchehen/ nicht vollziehe/ damit ſolche un-
vorſichtige oder unhoͤffliche Leute hinfuͤhro/ an-
dere mit ihren Briefen zu belaͤſtigen/ moͤgen ab-
geſchroͤcket werden.
Ein anders/ in welchem ein Kauff-
manns-Diener an eine gantze Zunfft der
Kauffmannſchafft-Verwandten/ von welchen hin-
ten in dem XV. Capitel gedacht wird/ ſchreibet/ und
um Recommendation zu einer guten Han-
dels-Condition Anſuchung
thut.
geehrte Herren.
DEnenſelben freundlichſt zu entdecken/ wie daß
ich Endsbenannter groſſes Belieben truͤge/
mich ihres Orts noch auf ein Jahr drey oder vier
H 2vor
[116]Caput II.
vor einen Handels-Diener in Condition zu bege-
ben/ veranlaſſet mich dero ruhmwuͤrdiges Inſtitu-
tum, Krafft welchen ſich alle Dienſt-ſuchende Han-
dels-Verwandte frey an dero loͤbliche Bruͤder-
ſchafft addreſſiren moͤgen; Wann aber auch ihre
Statuta dabey vermoͤgen/ daß ein ſolcher die Um-
ſtaͤnde ſeiner Perſon zugleich aufrichtig und genau
mit bemercken muͤſſe/ als berichte ich/ daß ich von
hier gebuͤrtig/ eines ehrlichen Buͤrgers und Rechen-
Meiſters Sohn/ meines Alters 23. Jahr; Meine
Jungen-Jahre habe ich bey Herrn N. N. zuge-
bracht/ bey welchem ich auch hernach noch drey Jahr
als Diener geſtanden/ und noch ſtehe/ von ihnen
auch gern nochl laͤnger mit Verbeſſerung eines Sa-
larii (welches biß dato 50. Reichsthaler des Jahrs
geweſen) wuͤrde beybehalten werden/ wann ich
nicht/ mich ferner in der Frembde und bey andern
Handlungen umzuſehen/ Belieben truͤge. Wann
ich nun bey meinen jetzigen Herrn Patronis des
Poſt-Tages zur Correſpondentz/ taͤglich aber beym
Ausſchnitt in ihren offenen Seiden-Gewoͤlbe bin an-
gehalten worden/ als erſehen hieraus die Herren
beylaͤufftig/ worzu ich zu employren bequem ſeyn
moͤchte/ hierauf nun Dero geneigte Antwort gewaͤr-
tig bleibend verharre ich.
Meiner vielgeehrten Herren
dienſtwilligſter N. N.
Die Aufſchrifft koͤnte ſeyn/ denen Edlen und
Wohl-Achtbaren Herren Præſidi, Vorſtehern
und Aſſeſſoribus, einer loͤblichen Stifftung der
Kauffmannſchafft-Verwandter hieſelbſt.
Großguͤnſtig
Jn N. N.
Schrei-
[117]Von allerhand Kauffmañs-Contracten.
Schreiben eines Dieners an einen
Handels-Patron ſelbſt.
Wohl-Edler/ Jnſonders Hochzueh-
render Herr.
WAnn mir glaubwuͤrdig hinterbracht worden/
ob ſolte derſelbe in ſeiner beruͤhmten Hand-
lung eines Buchhalters benoͤthiget ſeyn/ worzu ich
dann meine Perſon gehorſamſt offeriret haben
wolte/ der ich laut meines in Haͤnden habenden Ab-
ſchieds in gleicher Function allbereit etliche Jahr
her in der Herren N. N. allhier ihrer Handlung ge-
ſtanden/ nunmehro aber auch anderwaͤrts mich
zu verſieglen Belieben haͤtte.
Als gelanget an meinen Hochgeehrten Herrn
mein dienſtliches Erſuchen/ mir etwann/ in Antwort
dieſes/ ſeine Meynung durch ein paar Zeilen wiſſend
zu machen/ damit ich ferner meine Meſſures dar-
nach nehmen koͤnne/ ich verſichere aller getreuen
und realen Bedienung/ werde mich auch nicht
ſcheuen/ wann mein Herr zu mehrerer Verſiche-
rung von obgedachten meinen geweſenen Herren
Patronis, meiner Perſon und Conduite halber/
Nachricht einziehen wolte/ worauf deſſen geneigte
Reſolution gewaͤrtig bleibende/ verharre ich mit
allem Reſpect
Hoch-Edler/
Jnſonders Hochzuehrender Herr.
deſſen zu dienen bereitwilligſter
N. N.
H 3Ein
[118]Caput II.
Ein anders.
JCh habe mich biß anhero bey Herrn N. N. vor-
nehmen Materialiſten hieſelbſt/ drey Jahr/ vor-
mahls aber bey Herrn N. N. in Hamburg zwey
Jahr als Diener aufgehalten/ und weil ich der
Hollaͤndiſchen und Frantzoͤſiſchen Sprach maͤchtig/
an beyden Orten mich ſo wohl zur Correſpondentz/
als auch bey den Waaren/ zu Hauß/ und auf Rei-
ſen/ willig gebrauchen laſſen/ alſo/ daß beyderſeits
meine Herren Patroni ein ſattſames Genuͤgen dar-
uͤber verſpuͤhret/ wie ſolches die mir von ihnen er-
theilte Abſchiede mit mehrern ausweiſen werden.
Wann mir nun von Herrn N. N. hinterbracht
worden/ ob ſolten E. E. ein tuͤchtiges Subjectum in
Dero beruͤhmten Handlung zu employren/ auf
hieſiger Boͤrß haben ſuchen laſſen; als offerire ich
darzu gantz gehorſamſt meine Perſon/ ſolte ja an
allen zu Dero Verrichtungen erforderten Qualitaͤ-
ten/ ſonderlich an der Wiſſenſchafft des Buchhal-
tens/ mir noch etwas abgehen/ ſo werde ich mich
doch aͤuſſerſten Fleiſſes bemuͤhen/ mich darinnen zu
E. E. Dienſten je laͤnger je faͤhiger zu machen/ um
ſolcher Geſtalt zu erweiſen/ daß ich Verlangen tra-
ge mich zu nennen.
Hoch-Edler/
Jnſonders Hochzuehrender Herr.
deſſen Treu-ergebenſten Diener.
N. N.
Ein
[119]Von allerhand Kauffmañs-Contracten.
Ein Handels-Patron erkundiget ſich
bey einem Tertio, um denjenigen/ der ihn
als Diener ſeine Dienſte offeri-
ret hat.
ES hat ſich N. N. ihres Orts in meiner Hand-
lung als Diener zu dienen/ durch ein an mich
abgelaſſenes Schreiben angeboten/ und dabey eini-
ge Umſtaͤnde von ſeiner Perſon und Capacitaͤt be-
richtet/ wann ich nun/ ehe ich hierauf eine Reſolu-
tion von mir gebe/ erſtlich weitere Nachricht von
meinem geehrten Herrn dieſes Menſchen wegen ein-
zuziehen vor noͤthig erachte/ als erſuche ich mir ſol-
che unverholen und aufrichtiger Weiſe mitzuthei-
len/ es ſoll alles bey mir in hoͤchſter Verſchwiegen-
heit bleiben/ auch auf Begehren des Herrn eigen-
haͤndiges Schreiben wieder zuruͤck geſandt werden/
ich diene in dergleichen und andern Faͤllen wieder-
um/ und verbleibe.
Antwort auf obiges/ mit einer
Recommendation.
DAß in mir geſetzte Vertrauen/ meine Nach-
richt wegen des ſich bey den Herrn zu dienen
offerirenden N. N. zu eroͤffnen/ erfordert meiner
Seits deßfalls mit aller Aufrichtigkeit heraus zu
gehen/ und nach ſolchen dem Herrn zu berichten/
daß beſagter N. N. hieſiges Orts/ ſeiner Conduite
wegen/ in ſchlechten Credit ſtehe/ auch einige Con-
dition unter hieſigen Kauffleuten zu erlangen/ ſich
H 4gantz
[120]Caput II.
gantz keine Hoffnung machen darff zumahl da ſei-
ne Capacitaͤt der Function eines rechtſchaffenen
Handels-Dieners ein Genuͤgen zu thun/ bey weiten
nicht zulaͤnglich iſt. Mehrere Particularia anzufuͤh-
ren/ erachte ich eben nicht noͤthig/ es genuͤget mich/
obige Generalia dem Herrn im Vertrauen eroͤff-
net zu haben; Stehet nunmehro bey ihme/ was er
hierauf thun oder laſſen wolle/ nur will ich dieſes
mein Schreiben bey erſter Poſt mir wieder zuruck
zu ſenden ausgebeten haben/ der ich in uͤbrigen
verharre.
Antwort mit einerRecommen-
dation.
WAs N. N. bey Offerirung ſeiner Dienſte an
den Herꝛn zur Recommendation ſeiner Per-
ſon gelangen laſſen/ das befindet ſich allerdings der
Warheit gemaͤß/ inmaſſen an dieſem jungen Men-
ſchen/ ſo wohl ſeiner Conduite als Capacitaͤt hal-
ber/ nichts auszuſetzen iſt/ und wuͤrde es ihm an gu-
ten Conditionibus allhier nicht ermangelt haben/
wann er nicht lieber in der Frembd ſich noch etwas
umzuſehen/ erwaͤhlet haͤtte. Jch gratulire demnach
dem Herꝛn/ im Fall er dieſen Menſchen in ſeine Dien-
ſte aufzunehmen reſolviren ſollte/ zum Voraus zu
demſelben/ und wuͤnſche/ daß es beyderſeits mit Ver-
gnuͤgen moͤge angefangen und geendiget werden/ ich
aber verbleibe.
Abſchlaͤ-
[121]Von allerhand Kauffmanns-Contracten.
Abſchlaͤgige Antwort eines Patrons,
an einen Dienſt-ſuchenden
Diener.
AUf ſein an mich abgelaſſenes Schreiben/ darinn
er mir ſeine Dienſte zu meiner Handlung offeri-
ret/ habe ich nur dieſes in Antwort melden wollen/
daß deꝛmalen die auf meinem Contoir vacant gewe-
ſene Stelle ſchon beſetzet ſey/ und ich alſo niemand
mehr benoͤthiget; wuͤnſche dannenhero/ daß man an-
derwaͤrts ſein Employ finden moͤge/ und ver-
harre.
Monſieur
deſſen Freund-williger
N. N.
Annehmliches Antwort-Schrei-
ben.
WJe ich mir ſeine Offerte, bey mir in Dienſte zu
tretten/ gefallen laſſe/ und nicht zweiffle/ der
Hoͤchſte werde ſeinen Seegen darzu geben/ damit es
beyderſeits mit Vergnuͤgen geſchehen koͤnne; als hat
nunmehro derſelbe/ ſich forderſamſt auf die Reiſe
hieher zu begeben/ und ſo gleich bey ſeiner Ankunfft
in meinem Haus ſeinen Abtritt zu nehmen/ da als-
dann uͤber dem aufzurichtenden Contract bey Ge-
legenheit ein mehrers kan gehandelt werden. Jndeſ-
ſen wolle derſelbe bey N. N. ſich erkundigen/ ob die
H 5bewu-
[122]Caput III. Von den
bewuſte Gelder vor dem neulich verkaufften Indigo
eingegangen/ auch ob die ſechs Kiſten Leinwand in
dem Schiff N. N. meiner Ordre gemaͤß verladen
worden/ was man von dem Preiß der Wolle/ wie
auch des Korns dieſes Jahrs vor Hoffnung habe/
davon waͤre gleichfalls Nachricht einzuziehen/ ſo
koͤnte auch meine Engliſche Uhr/ welche ich neulicher
Zeit dem Uhrmacher N. N. daſelbſt zu Reparation
zugeſandt/ wann ſolche fertig iſt/ abgefordert und
mit anhero gebracht werden. Jch wuͤnſche gluͤckliche
Reiſe und verbleibe.
Caput III.
Was ein Kauffmanns-Die-
ner/ nach Art der Handlung/ bey
welcher er dienet/ wiſſen/ und auch ſonſten
vor Qualitaͤten an ſich haben muͤſſe/ auch
was vor Laſter und Gebrechen einigen
unter ihnen anzuhaͤngen pfle-
gen.
GLeich wie in allen Profeſſionen und Kuͤn-
ſten/ derjenige/ der ſich denenſelben widmet/
erſtlich die Lehr-Jahre paſſiren/ folglich das
Gelernte in Praxin und Ubung zubringen/
ſich befleiſſen muß/ ehe er noch als Meiſter in der
Kunſt kan freygeſprochen werden/ dahero auch alle
Kuͤnſte und ſonderlich die Handwercker anfaͤnglich
ihre
[123]Qualiraͤren eines Kauffmanns-Dieners.
ihre Lehr-Jungens/ folglich ihre Geſellen/ und dann
erſtlich die Meiſters haben; Alſo iſt es auch mit der
Kauffmannſchafft bewandt/ in welcher die darzu
gewidmete/ erſtlich in ihren Lehr- und Jungen-Jah-
ren dasjenige lernen und begreiffen muͤſſen/ was die
nothwendigſte Grund-Lehren der Kauffmannſchafft
ſeyn/ wenn ſie nun ſolche begriffen/ und die darzu be-
ſtimmte oder veraccordirte Lehr- und Dienſt-Jah-
re geendiget haben/ tretten ſie alsdann erſt in den Ge-
ſellen oder Diener-Stand/ werden auch von ihren
eigenen Patronis, wann ſie laͤnger in ihren Dienſten
verharren wollen/ von dem Tag ihrer Loßſprechung
und geendigten Jungen-Jahren an/ ſchon durch
ein und andere Zeichen von andern diſtinguiret/ als
z. E. daß ihre Patroni ſie nicht mehr/ wie zuvor/ mit
Du/ ſondern mit Jhr anreden/ ihnen/ ein gewiſſes
jaͤhrliches Salarium conſtituiren/ ſie auch bey dem
Tiſch ſitzen laſſen/ da ſie zuvor/ wie bey einigen Kauff-
leuten im Gebrauch kommen will/ haben ſtehen/ oder
gar mit dem Geſind eſſen muͤſſen/ und was etwan
dergleichen Prærogativen mehr ſeyn moͤchten/ die
ein neu-angehender Kauffmanns-Diener/ nach
vollendeten ſeinen Jungen-Jahren/ und wohl aus-
geſtandenem Examine zu genieſſen hat/ ſonderlich
aber haben ſich derſelben/ die ſchon allbereit etliche
Jahr im Geſellen-Stand geweſene/ und alſo wohl
und durch Erfahrung geuͤbte zu erfreuen/ in dem
ihnen billich/ geſtalten Sachen und Handlungen
nach/ ihre Diſtinction vor Jungens/ die noch in
ihren Lehr-Jahren begriffen/ gebuͤhren muß.
Wie aber niemand gern an ſeine Bediente Koſt
und Lohn ausgebiet/ es ſey dann/ daß er ſie wie-
der
[124]Caput III. Von den
der nuͤtzlich davor gebrauchen koͤnne; hierzu aber/ an
einem ſolchen Bedienten/ eine zimliche Capacitaͤt
und Erfahrenheit erfordert wird/ als wollen wir in
dieſem Capitel von denen Wiſſenſchafften und Qua-
litaͤten eines geſchickten und rechtſchaffenen Kauff-
manns-Diener handeln; dieſe letzere aber (weil
in ſolchem die Moralitaͤt/ ohne welche alle Wiſ-
ſenſchafften nichts ſeyn wuͤrden/ mit begriffen) zu erſt
vor uns nehmen/ und nach ſolchen gleich anfaͤnglich
zeigen/ daß ein qualificirter Handels-Diener erſt-
lich Gottsfuͤrchtig ſeyn muͤſſe/ ſintemal alles/ was
mit GOTT angefangen wird/ niemals uͤbel ausge-
gangen; die Gottesfurcht iſt die rechte Klugheit:
Initium Sapientiæ, timor Domini; Sie machet die
Albern weiß/ giebet Gluͤck und Seegen zu allen Ge-
ſchaͤfften/ behuͤtet den Menſchen/ ſonderlich die jun-
gen Leute/ daß ſie in keine Suͤnde willigen/ viel-
mehr das Boͤſe wie eine Schlange meiden/ als wel-
che/ wann man ihr zu nahe kommt/ toͤdtlich zu ſtechen
pfleget; in Summa/ die Gottesfurcht iſt zu allen
Dingen nutz/ und hat die Verheiſſung dieſes und
des zukuͤnfftigen Lebens/ ſo muͤſſen auch denen/ die
GOTT fuͤrchten/ alle Dinge zum beſten dienen.
Hiernechſt wird auch an ihm/ die mit der Got-
tesfurcht genau verbundene Klugheit/ auch in welt-
lichen Dingen das Boͤſe von den Guten zu unter-
ſcheiden/ und Schlangen Klugheit zu haben/ erfor-
fordert/ ingleichen der Regul des weiſen Hausleh-
rers Syrachs cap. 7. v. 40. zu folgen/ was du thuſt/
O Menſch/ ſo bedenck das Ende/ ſo wirſt du nim-
mermehr Ubels thun!
Die Liebe zur Warheit und Gerechtigkeit/ De-
muth
[125]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
muth und Leutſeeligkeit/ die Wachſamkeit/ Ver-
ſchwiegenheit und Treue/ ingleichen ein unermuͤde-
ter Fleiß und Sorgfalt/ indem/ was zu thun/ befoh-
len wird/ um ſolches wohl auszurichten. Ferner die
Maͤßigkeit/ Reinigkeit und Genuͤgſamkeit/ die Ge-
dult/ Sanfftmuth und Gelaſſenheit ſeynd alles Tu-
genden/ welche einen jungen Menſchen zieren/ und
bey GOtt und Menſchen angenehm machen koͤnnen.
Dann durch die Liebe zur Warheit und Ge-
rechtigkeit/ wird er ſich ſcheuen zu luͤgen/ und un-
recht zu thun/ oder ſeinen Bruder und Nechſten zu
vervortheilen im Handel/ auch ſo gar wann ſein
Herꝛ ihme ſolches befehlen/ oder daran Belieben
tragen ſollte/ wird er ſich doch deſſen entziehen/ und
in ſolchem Fall GOtt mehr als denen Menſchen ge-
horchen/ er wird ſich enthalten von Fluchen und
Schwoͤhren/ welches ſonderlich vieler gemeiner
Kraͤmer ihr Proprium iſt/ und ſein Wort Ja/ Ja/
und Nein/ Nein/ laſſen/ als wohl wiſſend/ daß
alles/ was daruͤber iſt/ vom Ubel ſey; ferner wird er
ſich huͤten vor falſcher Maaß und Gewicht/ als wel-
ches dem Herꝛn ein Greuel iſt. Der Demuth wird
er ſich darum befleiſſigen/ weil GOtt denen Hoffaͤr-
tigen widerſtehet/ denen Demuͤthigen aber Gnade
giebt/ ſo wird auch im Kauff-Handel mit Pralery
nicht viel ausgerichtet/ Kluge Leute hoͤren ſolche an/
ſtreichen aber des Pral-Hanſens Wort/ auf dem
Probier-Stein der Vernunfft und Erfahrenheit/
und entdecken bald/ ob es falſche oder gute Muͤntze
ſey. Die Leutſeeligkeit/ in ſo weit ſie nicht in
eine allzugroſſe Familiaritaͤt oder Baſſeſſe verfaͤllt/
ſondern ſich in ihren Schrancken haͤlt/ recomman-
dirt
[126]Caput III. Von den
dirt bey Kauffleuten ſehr viel/ lockt die Kaͤuffer an/
erhaͤlt offt eine Waar in naͤhren Preiß/ als mit
Sauerſehen/ und Miſanthropie nicht geſchiehet/
ſie giebet einen Acceß zu vornehmen und Lehrrei-
chen Compagnien/ entdecket vielmals wichtige Ar-
cana, und machet/ daß ein junger Menſch/ den ſolche
Tugend zieret/ allenthalben angenehm iſt.
Wachſam muß ein Kauffmanns-Diener ſeyn/
weil der Hauffmanns-Stand ſolches erfordert/ es
heiſt nicht allein vigilantibus jura, ſed etiam lu-
cra ſcripta ſunt, nicht allein das Recht/ ſondern
auch die Profiten ſeynd vor die Wachende/ und nicht
vor die Schlaffende. Und wer muß wohl mehr als
ein Diener/ ſonderlich ein Kauffmanns-Diener/ auf-
gemuntert und wachſam ſeyn/ damit er immer auf
der Hut ſtehe/ wo ſeines Herꝛn Nutzen koͤnne be-
foͤrdert/ Schaden aber abgewandt werden/ wel-
ches er dann ſonderlich ins Werck zu richten noͤthig
hat/ wann ihme etwan einer gantzen Handlungs-
Direction allein auf dem Hals lieget/ und alle Ver-
antwortung derſelben kuͤnfftig auf ihn allein kom-
men/ und von ihm gefordert werden moͤchte.
Die Verſchwiegenheit wird denen bey
Handlung Dienenden/ nicht weniger als denen
Soldaten/ die zu Feld liegen/ recommandiret/ dann
wie offt hat nicht ein unbeſonnen entflogenes Wort/
einen guten Anſchlag zu nicht gemacht/ der ſonſt noch
wohl haͤtte koͤnnen mit Nutzen ins Werck gerichtet
werden/ wann er waͤre verſchwiegen geblieben. Man
nehme die Behutſam und Verſchwiegenheit von der
Kauffmannſchafft weg/ ſo entziehet man ihr einen
Theil ihres Lebens/ inſonderheit hat ſich ein Die-
ner
[127]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
ner derſelben zu befleiſſigen/ wann ihm etwan ſein
Herꝛ in wichtigen Handels-Geſchaͤfften mit zu Rath
ziehet/ oder daß ſolcher ſonſt einen zugelaſſenen
heimlichen Verdienſt hat/ der bloß von der Ver-
ſchwiegenheit und dem Geheimniß dependiret/
dann ſollte der Diener ſolchen ausplaudern und kund
machen wollen/ ſo wuͤrde er ſeinem Herꝛn das Meſ-
ſer an die Kehle ſetzen/ ihme ſein Brod abſchneiden/
und folglich mit Recht ein Haus- und ſtraffwuͤrdi-
ger Brod-Dieb genennet werden koͤnnen/ ja er wuͤr-
de/ wo nicht Galgens/ doch oͤffentlicher ignominieu-
ſer Straff wuͤrdig ſeyn/ wann er/ im Fall ſein Herꝛ
ihme alles Gutes gethan/ und etwan in alle des
ungetreuen Dieners uͤbermaͤſſige Poſtulata und In-
ſolentien nicht willigen wollte/ hingienge/ und das
Lucrum, welches etwan ſein Principal, juſto Ti-
tulo in dieſer oder jener zugelaſſenen Sach gema-
chet/ entdecken wollte/ welches wir nicht ohne Ur-
ſach dieſes Orts exaggeriren/ weil man von der-
gleichen Caſibus in Terminis genugſame Exem-
pel hat/ meines Erachtens aber dergleichen Treu-
loß-handlende Diener/ die ihre ſonſt wohl um ſie ver-
diente Herren vorſetzlicher weiß/ ſolcher Geſtalt ins
Ungluͤck zu ſtuͤrtzen ſuchen/ mit derjenigen Straff
ſollten beleget werden/ zu welchem der großmuͤthige
Roͤmiſche Feld-Herꝛ Camillus jenen Treu-loſen
Schulmeiſter der Stadt Faliſcum, der Jhm der
vornehmſten Burger Kinder ins Lager practiciret/
(in Hoffnung mit ſolcher Treuloſigkeit eine groſſe
Recompens zu verdienen/) condemniret hat/
daß nemlich jeder Knab eine friſche Ruthen in die
Hand nehmen/ und damit ihren Ehr-vergeſſenen
Schul-
[128]Caput III. Von den
Schulmeiſter wieder nach der Stadt zu peitſchen
ſollten/ welches dann auch wuͤrcklich alſo geſchehen/
und hernach ſo viel gefruchtet/ daß die Faliſcer
durch ſolche des Camilli Großmuͤthigkeit bewogen/
ſich und ihre Stadt ſo viel eher uͤbergeben haben.
Mit der Verſchwiegenheit iſt am nechſten
vergeſchwiſtert die Treue und Redlichkeit; Die-
ſe erfordert von einem jungen Menſchen/ daß er
1. GOtt/ 2. ſich ſelbſt/ 3. ſeinem Herꝛn/ und
4. auch ſeinem Neben-Menſchen getreu ſey;
er iſt aber und bleibet GOtt getreu/ wann er ſich
nach ſeinen Geboten haͤlt/ und in dem thaͤtigen Chri-
ſtenthum nicht laß noch muͤde wird; gegen ſich ſelbſt
uͤbet er die Treue aus/ wenn er redlich dienet/ wel-
ches ihme den Seegen und einen guten Namen zu-
weg bringet/ wann er was rechtſchaffenes in ſei-
nem Diener-Stande bey Handlungen zu lernen ſu-
chet/ wovon er ſich und die Seinige heut oder mor-
gen ehrlich ernehren koͤnne/ ingleichen/ wann er ſich
durch ſein demuͤthigen/ leutſeeligen Dienſt/ und
friedfertigen Umgang mit allen Leuten/ Patronos
ſuchet/ welche ihm kuͤnfftig/ wann er ſeinen eigenen
Handel anzufangen gedencket/ mit Rath und That
an die Hand gehen koͤnnen; hingegen heiſt es ſich
nicht ſelbſt getreu ſeyn/ wann man untreu han-
delt/ und entweder ſeinen Herꝛn oder andere Leut
beſtielet/ unter dem ſchmeichlenden/ aber hernach uͤbel
ausſchlagenden/ Wahn/ jederman ſey ſich ſelbſt die
nechſte Treu ſchuldig; da doch hingegen noch viel ve-
ſter das Moral-Geſetz/ du ſollt nicht ſtehlen/ noch dei-
nen Bruder vervortheilen im Handel/ uns ins Hertz
eingepraͤget/ uͤber dem auch zur Gnuͤge bekandt iſt/
daß
[129]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
daß unrechtes Gut nicht auf den dritten Erben
komme.
Gegen ſeinen Herꝛn iſt ein Diener getreu/
wann er deſſen Nutzen/ ſo viel an ihm iſt/ auf alle
Weiſe zu befoͤrdern/ ſeinen Schaden hingegen ab-
zuweden trachtet/ wann er ihn mit geziemender Mo-
deſtie warnet/ und etwan von ſolchen Unter-
nehmungen abmahnet/ die zu deſſen Schaden ge-
reichen koͤnnten/ wenn er mit unermuͤdetem Fleiß
und Sorgfalt dienet/ und gern wann es bey ihm
ſtuͤnde/ ſeinem Herꝛn/ einen Groſchen zu einem
Thaler machen wollte; hingegen wird er von ſol-
chem Vinculo der Treue loß/ wann er auch gleich
juratioriſch/ dem Herꝛn treu zu dienen/ ſich verſchrie-
ben und angelobet haͤtte/ wann ſein Herꝛ ihm et-
was befehlen ſollte/ ſo wider GOtt/ die hohe Obrig-
keit/ das gemeine Beſte/ und wider gute Zucht/
Sitten und Erbarkeit ſeyn und ſtreiten ſollte/ in
welchem Fall er nicht zu pariren/ ſondern wann er
bono modo ſeinen Herꝛn nicht auf beſſere Wege
und Gedancken bringen kan/ lieber deſſen Dienſte
zu quitiren hat/ als in ſolche ihme angemuthete
Suͤnden und Laſter zu willigen. Jſt es demnach ein
erſchroͤckliches Exempel/ welches der Author des
geſchmuͤckten Luͤbecks von einem verwegenen und
GOttes-Gericht aus den Augen-ſetzenden Kauff-
manns-Diener erzehlet/ der/ wie er zweiffels ohn
ein ruchloſer Menſch geweſen/ alſo ſich nicht ge-
ſcheuet/ ſeines Herꝛn begangene Suͤnde/ und dar-
uͤber fuͤhlende Gewiſſens-Marter/ freywillig und
zwar vor ein Stuͤck feines Tuch auf ſich nehmen/
welche Verwegenheit er aber kurtz darauf unter des
Jhoͤlli-
[130]Caput III. Von den
hoͤlliſchen Satans Mord-Klauen erſchroͤcklich buͤſ-
ſen muͤſſen/ wir wollen/ weil dieſe warhafftige Ge-
ſchicht vielen ſichern und ruchloſen Welt-Kindern
zur Warnung dienen kan/ ſelbige aus gedachtem
Authore folgendes Jnhalts hier anfuͤhren.
Um das Jahr Chriſti 1468. wohnte auf dem
Klingenberg in Luͤbeck ein vornehmer Mann/ der
wegen ſeines Wohlſtands in den Rath-Stuhl geſe-
tzet wurde/ in dieſem ſeinem Haus wurde einsmals
ein Haupt-Schmuck von koſtbaren Perlen verloh-
ren/ weil nun die Mthmaſſung fiel/ daß ſolchen ein
in dem Haus arbeitender Handwercks-Mann
moͤchte geſtohlen haben/ wurde er eingezogen und
auf die Folter geworffen/ um durch die Marter von
ihm herauszubringen/ was er gutwillig nicht geſte-
hen wollte Die Tortur war ſo hefftig/ daß/ weil er
ſolche nicht mehr auszuſtehen vermochte/ er beken-
nete/ was er nicht gethan hatte/ zugleich aber das
Vertrauen in ſeinen Klaͤger/ der auch ſein Richter
war/ ſetzte/ daß/ weil er deſſen Gevatter waͤre/ er
ihm das Leben ſchencken wuͤrde/ allein hier war keine
Barmhertzigkeit; der gottloſe Richter ſchnaubete
ihn an/ und faͤllte gleich das Urtheil/ wann er
auch zehenmal ſein Gevatter waͤre/ ſo muͤſte er doch
hencken/ wie dann auch etliche Tage hernach
geſchah. Bey Verleſung des Todes Urtheils aber/
ließ der arme Patient ſich nachfolgender Worte ver-
nehmen/ (Herꝛ Gevatter/ weil ich ja ſterben ſoll und
muß/ ſo fordere ich euch vor GOttes Gericht/ daß
ihr innerhalb 14. Tagen daſelbſt erſcheinet/ und
wegen dieſes meines unſchuldigen Todes Rechen-
ſchafft gebet/) dieſe Worte/ ob ſie wohl bey an-
dern
[131]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
dern eine ſtarcke Wuͤrckung/ haͤtten thun moͤgen/
fanden doch bey dem gottloſen Richter kein Gehoͤr/
der arme Menſch ſollte und muſte hencken; aber ſie-
he was geſchicht/ etliche Tage nach der Execution,
wird der verlohrne Schmuck wieder gefunden/ wel-
cher dann gleich des gottloſen Richters Richter war/
indem er den Gehenckten vor unſchuldig erklaͤrte/
ihme aber/ daß er ein Mann des Todes waͤre/ ins
Gewiſſen predigte. Hier war Angſt uͤber Angſt/ das
Gewiſſen ſtellte ihme allbereit die bald zu erwarten-
de Goͤttliche Rache vor; er lag des Nachts zwar
auf einem ſanfften Bett/ doch duͤnckte ihm ſolches
lauter Diſtel und Dorn zu ſeyn/ ſeine Staats-
und Ehren-Kleider kamen ihme vor/ als wann es
hoͤlliſche Flammen waͤren/ welche ihn umgeben haͤt-
ten. Jn dieſer Hertzens-Angſt ſchickte ihme der
Satan gleichſam einen Quackſalber zu Huͤlff/ wel-
che die Wunden oben zu heilen/ aber den Grund
voll Eyter zu laſſen pflegen/ dieſes war ſein/ um
Schulden einzumahnen lang ausgeweſener Die-
ner/ der zwar Geld/ nicht aber Suͤnden-Schulden
aufzuheben gelernet hatte. Dieſer/ da er bey ſeiner
Zuhauskunfft ſeinen Herꝛn in ſo groſſer Traurigkeit
ſahe/ bemuͤhete ſich ihme durch Vorzeigung ſei-
ner gehabten guten Verrichtung/ und des vielen
mitgebrachten Gelds einen Muth einzuſprechen/
muſte aber zur Antwort hoͤren/ daß dieſes alles vor
ihm eine ſchlechte Freude/ und kein zulaͤngliches Gut
waͤre/ die ihme auf dem Hertzen-liegende Blut-
Schuld damit zu tilgen/ und was ſoll mir dieſes al-
les nuͤtzen/ ſprach er weiter: Nun der Tag heran
nahet/ da ich vor dem Richter erſcheinen muß/ vor
J 2deſ-
[132]Caput III. Von den
deſſen Gericht/ mein durch mein ungerechtes Urtheil
gehenckter Gevatter mich geladen hat.
Der Diener gantz froh und verwegen/ hielte
ſolches vor eine ſchlechte und nichts-wuͤrdige Sache/
die er ſich erbotte auf ſich zu nehmen/ wann ihm ſein
Herꝛ nur ein Stuͤck feines Tuch dafuͤr ſchencken
wollte/ wer war froher als der beaͤngſtigte Kauff-
mann/ er gab dieſem Buͤrgen/ oder vielmehr Ge-
wiſſen-loſen und ungluͤckſeeligen Sachwalter ſo
gleich die Freyheit/ daß er das beſte Stuͤck/ ſo er im
Haus haͤtte/ ausſuchen moͤchte/ dieſes geſchahe auch/
und der Diener vermeinte einen guten Tauſch ge-
troffen zu haben/ als in derſelbigen Nacht ein greu-
lich Gepolter im Haus gehoͤret wurde/ und als ſol-
ches endlich nachgelaſſen/ entdeckte der anbrechen-
de Tag des verwegenen Dieners ewige Nacht/
dann man fand ihn an der Erden in ſeinem Blut lie-
gen/ mit umgedreheten Hals/ und dermaſſen zer-
knirſchten Gliedern/ daß kein eintziges an dem an-
dern mehr veſt hieng/ die vom Blut triefende Wand
deutete an/ daß die Goͤttliche Rache ihn an ſolcher
durch den hoͤlliſchen Rieſen haͤtte zerſchmettern laſ-
ſen/ und alſo an ihm unſers Heylands Wort wahr
geworden/ ſo der Knecht wird ſagen in ſeinem Her-
tzen/ mein Herꝛ verzeucht zu kommen/ und faͤhet an
zu eſſen und zu trincken und ſich voll zuſauffen/ ſo
wird deſſelbigen Knechtes Herꝛ kommen/ an dem
Tag und zu der Stund/ da er ſichs nicht verſiehet/
und wird ihn zerſcheitern/ Luc. 12. v. 45. und 46.
die blutige Stelle an der Mauer iſt noch biß auf dem
heutigen Tag zu ſehen/ und kan weder ausgekratzt/
noch mit Kalch uͤberſtrichen werden/ allen denenje-
nigen
[133]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
nigen/ welche mit GOttes Gerichten ihren Spott
treiben zur augenſcheinlichen Warnung/ ꝛc.
Dem Neben-Menſchen iſt ein Handels-
Diener getreu/ wann er niemand wiſſentlich ver-
vortheilet/ oder muthwillig in Schaden bringt/ de-
nen die ſeines Raths und Huͤlff gebrauchen/ ſolche ſo
weit es ohne ſeinen und ſeines Herꝛn Schaden ſeyn
kan/ gern mittheilet/ er beweiſet auch Treu und Lie-
be/ gegen die unter ihm ſtehende Handels-Jungen/
wann er ihnen mit guten Exempeln vorgehet/ und
wo es die Gelegenheit giebt/ es an ihnen an erbau-
licher Unterweiſung nicht ermangeln laͤſt/ welches
offtmals nicht ſo wohl die Eltern und Befreunde
ſolcher Knaben/ als ſie/ die Knaben ſelbſt/ wann ſie
hernach zu ihren Jahren kommen/ mit Danck und
Gegen-Wohlthat erkennen/ ſo muß er auch ſeinen
Neben-Menſchen getreu/ ja getreuer als ſeinem
Herꝛn ſeyn/ wann dieſer ihme etwas zu thun befeh-
len ſollte/ daruͤber ein unſchuldiger Menſch in
Schaden gerathen koͤnte.
Z. E. ein Diener wuͤſte/ daß ein Herꝛ ſchon al-
les eingepackt/ und morgen zum Thor hinaus gehen
und Banquerott machen wollte/ er verlangte aber
an ihm/ daß er noch zu dieſem oder jenem hingehen/
und von denſelben Geld (unter den Prætext, mor-
gen oder uͤbermorgen Banco oder ander Geld da-
fuͤr zu geben) holen ſolte/ welche der betruͤgeriſche
Banquerottirer noch mit auf den Weg zu nehmen/
und niemals wiederzugeben gedaͤchte/ ſo kan der
Diener mit gutem Gewiſſen ſolchen Befehl nicht
ausrichten/ oder er macht ſich mit ſeinem Patron glei-
cher Suͤnden theilhafftig/ und auch der ewigen
J 3Straff
[134]Caput III. Von den
Straff wuͤrdig/ die der Hehler mit dem Stehler zu
zu gewarten hat.
Endlich erſtreckt ſich auch die Treue eines Han-
dels-Dieners ſo weit/ daß ſolche auch unveraͤnder-
lich gegen wunderliche und undanckbare/ abweſen-
de und verſtorbene Herren ſeyn und bleiben muß/
von der erſten Sort ſagt Petrus ausdruͤcklich in ſei-
ner erſten Epiſtel am 2. Capitel am 8. v. Jhr Knecht
ſeyd unterthan mit aller Furcht dem Herꝛn/ nicht al-
lein den guͤtigen und gelinden/ ſondern auch denen
wunderlichen. Ein Handels-Patron hat viel-
mals heimliche Handels-Haus- und Familien-Sor-
gen/ die ihme den Kopff verwirrt machen/ daß
ihm etwan im Zorn ein ungeſtuͤmmes Wort entfaͤ-
hret/ oder der Diener ihme nichts zu Danck machen
kan; er iſt auch wohl von Natur ſauerſuͤchtig/ me-
lancholiſch/ jaͤh-zornig und unfreundlich/ alſo/ daß
nicht wohl mit ihm umzugehen iſt/ darum aber muß
es der Diener an treuen Dienſten nicht ermangeln
laſſen/ kein Boͤſes mit Boͤſen vergelten/ mit heimli-
cher Untreu ſich nicht zu raͤchen ſuchen/ ſondern er
mag ſichs vors erſt ſelbſt dancken/ daß er ſich ehe er
in eines ſolchen wunderlichen Kopffs Dienſt getret-
ten/ nicht beſſer vorgeſehen/ und ob mit ihm auszu-
kommen ſey oder nicht/ ſich vorher wohl erkundiget
habe/ und endlich ſo ſeynd ſie ja nicht einander zur
Ehe gegeben/ und iſt das beſte Mittel/ daß man ei-
nes ſolchen Mannes/ mit welchem nicht wohl auszu-
kommen iſt/ ſeine Dienſte bey Zeiten aufſage und
quitire/ als daß man ſtets in Verdruß lebe/ und
ſich heimlich das Leben abfreſſe. Hier priefe ſich
aber ein ſolcher Kauffmanns-Diener/ der uͤber ſei-
nes
[135]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
nes Herꝛn wunderlichen Kopff und Humeur klagt/
ob es ſich auch in der That alſo verhalte/ oder ob ers
darnach mache/ daß der Herꝛ ungedultig ſeyn/ mur-
ren und zancken muͤſſe/ ich glaube es wuͤrde ſich viel-
mals aͤuſſern/ wann man eine genaue Inquiſition
anſtellen wollte/ daß der Diener wohl groͤſſern
Anlaß darzu geben/ und vielleicht noch ein haͤrteres
Tractament, als er noch empfaͤngt/ durch ſeine
Unart/ Unfleiß/ Unverſtand/ und dergleichen/ verdie-
net haͤtte.
Denen Undanckbaren getreu zu ſeyn/ erfor-
dert ebenfalls GOttes Wort von uns/ als welches
verbeut/ Boͤſes mit Boͤſem zu vergelten/ nicht ſelbſt
ſein eigener Richter zu ſeyn/ die Rache GOtt zu be-
fehlen/ deſſen ſie iſt/ und welcher am beſten vergel-
ten kan/ was Menſchen aus Geitz/ Undanckbar-
keit/ Boßheit/ Haß und Neid/ mit Danck zu er-
kennen unterlaſſen/ dahero auch Paulus im Brief
an die Ephefer am 6. Capitel ſagt/ daß ein jeglicher
Diener ſich ſolle duͤncken laſſen/ daß er dem HErꝛn
diene/ und nicht den Menſchen/ ja er ſollte wiſſen/
daß/ ob er gleich von Menſchen nicht belohnet wuͤr-
de/ ſo wuͤrde er doch vor das/ was ein jeglicher Gu-
tes gethan/ von dem HErꝛn den Lohn empfahen/
er ſey ein Knecht oder Freyer. Wir fragen hier
billich/ welcher freyer Diener/ (dann von Sclaven
und Leibeigenen iſt hier nicht die Rede) wohl ſchweh-
rere Dienſte als der fromme Jacob in ſeines Schwie-
ger-Vatters/ des Labans/ Haus gehabt/ des Tages
verſchmachtete ich (wie er ſelbſt klaget im 31. Capitel
des Erſten Buchs Moſis am 40. verſ.) fuͤr Hitze/
und des Nachts fuͤr Froſt/ und kam kein Schlaff
J 4in
[136]Caput III. Von den
in meine Augen und ſolches 20. Jahr lang/ was
thut aber Laban dargegen/ er war grob und un-
danckbar/ und veraͤnderte Jacob ſeinen Lohn zehen-
mal/ und haͤtte ihn auch mit Weib und Kindern leer
laſſen ausziehen/ wann nicht GOtt ins Mittel ge-
tretten/ und ſelbſt den Jacob ſo geſegnet haͤtte/
daß der fromme Ertz-Vater/ da er/ wie er hernach
in dem folgenden 32. Capitel am 10. verſ. bekennet/
nicht mehr als einen Stab hatte/ als er uͤber den
Jordan und in Labans Dienſte gegangen/ hernach
mit zwey groſſen Heeren wieder nach Hauſe ziehen
kunte. Der zuruck ‒ geleſene Name des Laban/
erinnert uns hiebey eines andern undanckbare Ga-
ſtes/ nemlich des Nabals/ welcher die geleiſtete
Dienſte des heldenmuͤthigen Davids nicht erkennen/
noch ſelbigen mit der geſuchten Reuter-Zehrung be-
lohnen wollte/ dafuͤr aber aus Goͤttlichem Gericht
ſein gantzes Gut dem David uͤberlaſſen muſte/
wie hiervon ausfuͤhrlich im 25. Capitel des Erſten
Buchs Samuelis zu leſen/ da unter andern Nabals
Knechte einer noch gegen die Abigail ruͤhmen mu-
ſte/ wie ſehr nuͤtze David mit ſeinen Leuten ihnen ge-
weſen/ indem ſie als Mauren um ihre Heerden bey
Tag und Nacht herum geſtanden/ was war aber
des undanckbaren und Bauren-ſtoltzen Narren
des Nabals ſein Danck? Schimpff- und Schmaͤh-
Wort/ dann/ ſprach er/ wer iſt der David/ und wer
iſt der Sohn Jſai? Es werden je der Knechte viel/
die von ihren Herren reiſen/ ſolte ich mein Brod/
Waſſer und Fleiſch nehmen/ das ich vor meine
Scheerer geſchlachtet habe/ und den Leuten geben
die ich nicht kenne/ wo ſie her ſind/ dieſe unhoͤfliche
Wort
[137]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
Wort waͤren bald dem groben Miſt-Hammel und
ungeſchliffenen Stroh ‒ Juncker uͤbel bekom-
men/ wann nicht die kluge Abigail den zornigen Da-
vid entgegen gereiſet/ und ihm durch ihre Klugheit
und Geſchenck verſoͤhnet haͤtte/ daß er wider Blut
gekommen/ und ſich ſelbſt recht geſchaffet/ GOtt
aber den Nabal zehen Tag hernach geſchlagen/ daß
er ſturb/ und dadurch die Wittib ſamt Nabals
Gut den David in die Hand gelieffert haͤtte/ welches
ja ein manifeſtes Exempel iſt/ daß GOtt keine
treue Dienſte unbelohnet laſſe/ und ſolche/ ob es
gleich Menſchen nicht thun/ ſchon zu rechter Zeit zu
vergelten wiſſe.
Einem abweſenden Herꝛn bleibt ein Handels-
Diener getreu/ wann er mit gleichem Fleiß und
Sorgfalt/ als ob ſein Herꝛ gegenwaͤrtig waͤre/ ſei-
ne Dienſte verſiehet; es heiſt Epheſ. am 6. nicht mit
Dienſt allein vor Augen/ id eſt in der Herren Ge-
genwart/ ſondern auch als Knechte Chriſti/ des
Allgegenwaͤtigen/ ſoll man ſolchen Willen GOttes/
(das iſt/ treue Dienſte) thun von Hertzen/ mit gu-
ten Willen/ um ſo viel mehr als ein jeglicher Han-
dels-Diener zugleich in GOttes-Dienſten ſtehet/
welcher genau bemercket/ alles/ was ſeiner Chri-
ſten ihrer Pflicht zuwider gethan/ gedacht und vor-
genommen wird/ ob es gleich vor Menſchlichen
Augen ſollte verborgen bleiben/ wohin auch zielet
das herꝛliche Gleichniß/ welches unſer lieber Hei-
land beym Luca am 12. Capitel im 42. und folgen-
den Verſen in dieſen Worten giebt: Wie ein groß
Ding iſt es um einen treuen und klugen Haushalter/
welchen ſein Herꝛ ſetzet uͤber ſein Geſind/ daß er ih-
J 5nen
[138]Caput III. Von den
nen zur rechten Zeit ihre Gebuͤhr gebe/ ſeelig iſt der
Knecht/ welchen ſein Herꝛ findet alſo thun/ wann
er kommt/ warlich ich ſage euch/ er wird ihn uͤber
alle ſeine Guͤter ſetzen/ ſo aber derſelbige Knecht in
ſeinem Hertzen ſagen wird/ mein Herꝛ verzeucht zu
kommen/ und faͤhet an zu ſchlagen/ Knechte und
Maͤgde/ auch zu eſſen und zu trincken/ und ſich voll
zu ſauffen/ ſo wird deſſelbigen Knechts Herꝛ kom-
men/ an dem Tag/ da er ſichs nicht verſiehet/ und zu
der Stund/ die er nicht weiß/ und hat ſich nicht berei-
tet/ auch nicht nach ſeinen Willen gethan/ der wird
viel Streiche leiden muͤſſen. ‒ ‒ Dann welchem
viel gegeben iſt/ bey dem wird man viel ſuchen/ und
welchem viel befohlen iſt/ von dem wird man viel for-
dern.
Es iſt aber nicht allein derjenige abweſend/ der
mit dem Leib nicht gegenwaͤrtig iſt/ ſondern auch
deſſen wenige Capacitaͤt/ bloͤder Verſtand ihme
hinderlich ſeyn/ daß er mit einer preſence d’Esprit,
wie es die Frantzoſen nennen/ ſeinen Handels-
Geſchaͤfften nicht beywohnen kan; Einer ſolchen Ab-
weſenheit muß ebenfalls ein Diener nicht mißbrau-
chen/ ſondern je mehr er ſiehet/ daß ein Herꝛ ſeine
Sache und eigene Handlung/ entweder aus lie-
derlich- und Nachlaͤſſigkeit/ oder aus Gebrechen des
Leibes und Gemuͤths negligiret/ je mehr muß er
ſuchen deſſen Stelle zu vertretten/ ſeine Kraͤfften
anſpannen/ und vor den Herꝛn/ und zwar ſolcher
Geſtalt mit arbeiten/ damit er allezeit bereit ſeyn
koͤnne/ Rechenſchafft ſeines Thuns und Laſſens hal-
ben abzuſtatten.
Die Treue/ welche ein Handels-Diener ſeinem
ver-
[139]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
verſtorbenen Herꝛn zu leiſten ſchuldig iſt/ beſtehet
darinn/ daß er vor deſſen Erben/ (ſo ſie es verlan-
gen/ und der Contract es alſo mit ſich bringet) eben
ſo wohl ſeine Dienſte in der Handlung mit gleichem
Eifer/ Treu und Fleiß/ fortſetze/ als wann der Herꝛ
noch im Leben waͤre/ und ſo es noch unmuͤndige
ſeyn/ daß er/ ſo viel an ihm iſt/ ihres Erblaſſers
Handlung ſuche im Flor und Gang zu erhalten/ die
ausſtehende Schulden einzutreiben/ alle Unrich-
tigkeiten abzuthun/ und in Summa das Werck ſo
zu guberniren/ daß er jederzeit denen Vormuͤn-
dern/ oder wer ſonſt darzu berechtiget iſt/ richtige
Rechnung und Reliqua abſtatten koͤnne. Er muß
ſich auch huͤten/ ſolche Handlung nicht zu divulgi-
ren/ worinn ihr groͤſter Vortheil/ und die beſte
Kunden beſtehen/ andern zu offenbaren; Und weil
gemeiniglich nach eines Kauffmanns Todt/ andere/
die etwan gleiche Handlung mit getrieben/ die hin-
terbliebene Diener auf ihre Seite und in ihre Dien-
ſte/ mit Verſprechung eines groͤſſern Salarii, als ſie
zuvor gehabt/ zu locken ſuchen/ bloß in der Abſicht/
damit ſie von ihnen erfahren moͤgen/ worinn des
Verſtorbenen ſeine Handlung und beſte Kund-
ſchafft beſtanden/ welche ſie hernach auf alle Weiß
und Weg an ſich zu ziehen trachten/ es moͤge denen
hinterbliebenen Erben/ Wittwen und Waiſen zum
Schaden gereichen oder nicht/ in ſolchem Fall/ muß
ein ehrlicher und Chriſtlicher Kauffmanns-Diener
durchaus nicht ſeines Patrons Erben zum Nach-
theil/ ſich/ da dieſe vielleicht ſeiner noch am beſten
gebrauchten/ in andere Dienſte engagiren/ ja er
kan nicht einmal ſalva Conſcientia ſich hinſetzen/
und
[140]Caput III. Von den
und des Verſtorbenen Handlung zum Nachtheil/
ſein eigen Werck anfangen/ es waͤre dann in die-
ſem Fall/ daß die Erben nicht mehr die Handlung
continuiren/ ſondern ſolche nach und nach einge-
hen/ und die Schulden ein caſſiren/ und die noch
vorhandene Waaren verkauffen laſſen wollten/
oder daß ſie ihn ſelbſt dimittirten/ und Erlaubniß
gaͤben/ ſein Gluͤck entweder zu ſuchen/ oder auch/
daß ſie ohne ihm zu recht kommen/ und ihre Hand-
lung von der Beſchaffenheit waͤre/ daß ſie ſo veſt
étabiliret/ daß ihnen darinn von andern kein Ein-
trag geſchehen koͤnte.
Man moͤchte ferner auch unter die verſtorbene
Herren rechnen diejenige/ welche civiliter todte/
oder gar aus der Kauffleut Ehren-Matricul in das
ſchwartze Buch und Brett der Banquerottirer
uͤbergetragen ſeyn/ dieſe/ ob ſie wohl keine groſſe
Dieners mehr werden halten koͤnnen/ ſo iſt doch der-
jenige/ der bey ihren Austritt bey ihnen in Dien-
ſten geſtanden/ wann ihnen das Ungluͤck durch
Feuer- und Waſſer-Schaden/ oder auf andere un-
verſchuldete Weiſe zugeſtoſſen/ gehalten/ ihnen
auch in ihrem betruͤbten Zuſtand/ in Noth und Ge-
faͤngniß ſo lang beyzuſtehen/ als etwan ſein Con-
tract waͤhret/ oder als er ſiehet/ daß ſein Herꝛ noch
ſeine Dienſte noͤthig habe/ welche Treue nechſt ei-
nem guten Gewiſſen ihme auch Ehr und Ruhm bey
Ehr-liebenden Leuten erwecken wird.
Ein unermuͤdeter Fleiß und Sorgfalt/ alles
dasjenige wohl auszurichten/ was einein zu thun
oblieget/ oder ihm von ſeinen Obern befohlen wird/
ſtehet darum einem Handels-Diener zu recomman-
diren/
[141]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
diren/ weil bey der Handlung die Hand nicht will
in Schoß geleget/ nichts verwahrloſet/ verabſaͤu-
met oder vergeſſen ſeyn/ ſonderlich/ wann ſich ein
Principal auf ſeinen Diener verlaͤſt/ daß er die Fa-
cienda wohl ausrichten werde; dahero ein accura-
ter Diener ſtets ſeine Schreib-Tafel/ porte feuille,
oder Gedenck-Zettel bey ſich traͤgt/ um/ was ihm von
einer Zeit zur andern zu thun oblieget/ darauf pro
memoria zu notiren. So muß ihme auch die Arbeit
nicht ſchwehr oder ſauer ankommen/ wo und wann
es noͤthig thaͤte/ ſelbſt Hand anzulegen/ und da-
durch andern Handels-Bedienten/ ſonderlich denen
unter ihm ſtehenden Jungen mit guten Exempeln
vorzugehen. Auf Reiſen/ wo an der Zeit und Gele-
genheit viel gelegen/ muß er ſich nicht ſaͤumen/ oder
ſeiner Bequemlichkeit pflegen/ wann unterdeſſen
des Herꝛn Intereſſe darunter leiden und in Gefahr
lauffen ſollte; in Summa/ ſeines Herꝛn Wohl und
Weh/ muß ihm ſo viel als ſeinem Herꝛn ſelbſt zu
Hertzen gehen.
Zu einem ſo loͤblichen Verfahren hilfft aber nicht
wenig die Maͤßigkeit/ nicht allein im Eſſen und
Trincken/ ſondern auch in andern Bequemlichkei-
ten des Leibes. Gleich wie mit einem trunckenen Sol-
daten auf der Schildwacht nicht viel Gutes auszu-
richten; alſo kan ſich auch ein Handels-Patron von
ſeinem/ dem Sauffen ergebenen Diener/ nicht groſſe
Dienſte verſprechen. Es reitzet ſolches an zur Com-
pagnie, dieſe zum Spielen und andern Debau-
chen/ woruͤber des Herꝛn Dienſt hindangeſetzt/
Sinn und Witz geſchwaͤchet/ die edle Zeit verloh-
ren/ und das Geld verſchlemmet wird/ und ob man
ſich
[142]Caput III. Von den
ſich gleich in des Patrons eigenem Handels-Keller/
den Trunck ohne Geld wollte ſchmaͤcken laſſen/ ſo iſt
ſolches zwar in ſo weit (als der Wein wuͤrcklich in
groſſen Vorrath/ und als eine zu verhandlende/
auch offtmals zu bearbeitende Waar dar lieget/)
biß auf einen Lab- und Durſtloͤſchung/ Prob- und
Ehren-Trunck wohl erlaubt/ aber nicht in Uber-
maß/ durch welche dem Patron hernach Schaden
zuwaͤchſt/ und der Kopff zur Arbeit untuͤchtig ge-
macht wird; am wenigſten aber/ muͤſſen in einem
ſolchen Vorraths-Keller von einem Diener/ deme
die Aufſicht daruͤber anvertrauet iſt/ Sauff-Gela-
ge angeſtellet/ oder jeder Voruͤbergehende die
Weine zu proben eingeladen/ ſondern die wahre
von den falſchen Kaͤuffern wohl unterſchieden wer-
den/ weil dieſe nur manchmal einen vorhabenden
Kauff oder Commiſſion ſimuliren/ und wann ſie
ſich ſatt getruncken/ hernach das Maul wiſchen/
und davon gehen.
Die nechſt der Maͤſſigkeit recommandirte
Reinigkeit/ begreifft beydes die Reinigkeit des
Leibs als des Gemuͤths; unter dieſer verſtehen wir
die Reuſchheit/ in Gedancken/ Worten und
Wercken/ nachdem es einmal gewiß genug iſt/ daß
eines jeden Chriſten Menſchen ſein Leib ein Tem-
pel des heiligen Geiſtes ſeyn ſollte; und wehe
dem/ der ſeine/ in der Heil. Tauff dem HErꝛn Chriſto
geweyhete Glieder/ nimmt und Huren-Glieder dar-
aus macht/ welche dadurch vielmals mit Motten
und Wuͤrmen angeſteckt/ und andern dergleichen
Unzuͤchtigen zu mercklichem Exempel zu verdorren
pflegen. Dieſe Materia iſt viel zu weitleufftig/ als
daß
[143]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
daß hier unſers Vorhabensſeyn ſollte/ dieſelbe aus-
fuͤhrlich zu tractiren/ unſern Kauff-Dienern diene
nur zur Warnung/ daß ſie ſich in ihren Dienſten vor
GOtt und der Welt unbefleckt erhalten/ weil es
ſonſt wenig Gutes vor ſie nach ſich zu ziehen pfleget/
indem die Hurerey ein Laſter iſt/ welches eine Be-
fleckung der Seelen/ Verluſt des Leibes Geſund-
heit/ und der zeitlichen Guͤter/ wie auch Anreitzung
zum Stehlen/ ſonderlich in denen Kraͤmen und
Gewoͤlbern/ (aus welchem manche Elen Band
oder Zeug zu des Herꝛn Nachtheil/ von der Hand
des ungetreuen Handels-Diener heimlich weg und
der Hur auf den Leib fliegen muß) nach ſich ziehet;
zugeſchweigen/ daß dergleichen Unzuͤchtige/ wenig
Gluͤck und Stern hernach in ihrem Thun/ zumal
wann ſie ihren eigenen Handel angefangen/ haben;
ſondern/ weil ſie der ſchaͤndlichen Wolluſt allbereit
in ihren Dienſt-Jahren gewohnt geweſen/ ſelbiger
mit vielen Uppigkeiten in der Freyheit noch mehr
nachgehangen/ biß endlich das Banquerottiren
der Beſchluß geweſen.
Die Reinigkeit des Leibs (beſtehend in ei-
ner/ dem Kauffmann-Stand gemaͤſſen Kleid/ und
daß ein Diener/ ſonderlich ein Contoiriſt/ und der
bey ſeinen Waaren im Gewoͤlb auch taͤglich mit
vornehmen und erbaren Leuten umgehet/ ſich propre
halte/) ſtehet gantz nicht zu verwerffen/ vielmehr
iſt daraus zu urtheilen/ daß ein ſolcher Menſch/ alles
gern nett/ ſauber und accurat haben moͤge; dan-
nenhero/ wo er ein Kram-Diener iſt/ auch der Kram
Waar wohl warten/ und ſelbige pflegen werde;
hingegen kan auch der uͤbermaͤßige und weibiſche
Putz
[144]Caput III. Von der
Putz Anlaß zu argumentiren geben/ daß ein ſolcher/
wie eine Pope ausgeputzter/ die Arbeit ſcheuen wer-
de/ um etwan ſeine Hand-Krauſen nicht zu zerkrip-
peln/ oder den ſaubern Rock und Peruque ſtau-
big zu machen/ wie ſich denn alles zuſammen nicht
wohl aufs Contoir bey Dinte und Feder ſchicket/
und dem Herꝛn ſo wol/ als dem Diener veꝛdacht wiꝛd/
wann ſolche geputzte Affen beym Schreib-Pult
ſitzen/ daraus abzunehmen/ daß nicht viel in der
Handlung zu thun ſeyn muͤſſe/ weil der Diener
immer alſo auf den Staat gekleidet einhergehen koͤn-
ne/ wo man nicht gar muthmaſſet/ daß/ wann
ſolches zu uͤbermaͤßig/ und auch etwan noch ande-
re Zeitungen von ſeiner uͤblen Conduite neben bey
zu lauffen/ daß er ſolches nicht alles von ſeinen 40.
oder 50. Thalern Salario beſtreiten koͤnne/ und
nothwendig lange Finger dabey machen muͤſſe/ wie
es dann auch denen Principalen, die ſolches zulaſ-
ſen/ daß ihre Dieners und Jungens taͤglich in der
Wochen/ (von einem erbarn Kleid des Sonntags
reden wir nicht) ſo geſchmuͤckt einher gehen/ hoͤch-
lich verdacht/ und zu weniger Klugheit gerechnet
wird.
Die Genuͤgſamkeit iſt eine Tugend/ welche
Kauffleuts-Diener/ die bey raiſonnablen Herren in
Condition ſtehen/ ebenfalls nicht aus der Acht laſ-
ſen ſollen. Mancher ſiehet/ daß er ſich bey ſeinem
Herꝛn neceſſaire gemacht/ daß dieſer ihn nicht
wohl entbehren/ oder dieſes oder jenes ohne ihm
nicht beſtreiten kan/ fluxs wird er hoffaͤrtig/ will mehr
Salarium haben/ hoͤher reſpectiret ſeyn/ oder er
ſetzet dem Patron den Stuhl vor die Thuͤr; welches
aber
[145]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
aber ſehr uͤbel/ und ſolte billich von einem Handels-
Gericht/ gegen dergleichen aufſtoͤßige/ ſonderlich
wann ihre beſtimmte Zeit noch nicht um iſt/ auf ihrer
Herren Anklag mit arbitrairer Straffe verfahren
werden/ worzu auch das Verfuͤhren und Locken an-
derer Kauffleut kommet/ die manchmahl einen ſol-
chen Purſchen 10. biß 20. Thaler mehr Gage zuſa-
gen/ damit ſie ihn nur/ weil er Geld-geitzig/ und
nicht genuͤgſam iſt/ von ſeinem alten Herrn ab- und
zu ſich ziehen moͤgen; allein dieſes iſt wider das 9te
und 10te Gebot gehandelt/ und verdiente gleichfalls
eine Obrigkeitliche Straffe. Obbeſagte Tugend
der Genuͤgſamkeit/ treibet auch weit von ſich
weg das Laſter des Neids/ welches viel Kauff-
Diener gegen ihre Mit-Domeſtiquen und Came-
raden zu haͤgen pflegen/ wann ſie ſolche beſſer bey
ihren Herren und Frauen/ als ſich in Gunſt ange-
ſchrieben ſehen; daraus entſtehen hernach Klaͤtſche-
reyen/ Verlaͤumbdungen/ Plaudern/ Zanck und
Hader/ deme ſo wenig ein verſtaͤndiger Herr Bey-
fall geben muß/ als ein genuͤgſamer/ und mit ſeinem
Stand und Gluͤck zufriedener ſittſamer Menſch/
ſolche Laſter zu begehen/ ſich jemahls capable be-
finden wird.
Seynd noch uͤbrig/ die Gedult/ Sanffr-
muth und Gelaſſenheit/ als nicht minder ſehr
loͤbliche/ und denen Handels-Dienern hoͤchſt nuͤtzli-
che Tugenden.
Die Gedult erſtlich belangend/ ſo recomman-
dirt ſich dieſelbe vornehmlich denen/ welche an-
dern Leuten dienen muͤſſen/ darum weil ihr Will/
alsdann denen/ welchen ſie dienen/ unterworffen iſt/
Kweil
[146]Caput III. Von den
weil auch viel Strapazen und Bemuͤhen/ Reiſen/
Arbeiten/ Wachen und Sorgen bey den Dienen/
ſonderlich in der Kauffmannſchafft vorfallen/ die
Belohnung und Erkaͤnntlichkeit hingegen ſchlecht/
noch ſchlechter aber das Anſehen/ dermaleins bey
den Kauffmanns-Stand zu emergiren/ und ſo in-
ſonderheit ein Diener ſich nicht viel auf eigenes
Capital oder Patronos und Goͤnner zu verlaſſen/
kuͤnfftig dabey ſein vortheilhafftiges Etabliſſement
zu finden/ ſich hervor thut/ vielfaͤltig wird auch ei-
nem wunderlichen Handels-Patron nichts zu
Danck gemacht/ wie gut es auch der Diener anzu-
greiffen gedencket/ nicht weniger finden ſich auch
heimliche Verlaͤumbder und Fuchsſchwaͤntzer/ Be-
neider und Feindſeelige/ auch unter denen Mit-
Knechten und Domeſtiquen ſelbſt/ bald wird ein
Diener von der Frau im Hauß/ bald von ihren
Kindern angefeindet/ die Arbeit ihm uͤberhaͤuffet/
alſo/ daß er wenig Ruh dabey genieſſet/ ſondern
immer wie ein laſtbares Thier unter dem Joch ge-
halten wird/ in welchen allen aber ein ſolcher
Menſch ſich in Gedult ſpeiſen/ die Hoffnung beſſe-
rer Zeiten/ und ſeines kuͤnfftigen Gluͤck-Wechſels
zu Huͤlff nehmen/ und vor allen ſich der Sanfft-
muth/ und bey dieſer der Gelaſſenheit befleiſſen
muß/ in den Angedencken/ daß/ wer zu Ehren kom-
men wolle/ zuvor leiden muͤſſe/ und daß ſich in al-
les (was einem auch zuſtoſſen moͤchte) wohl zu
ſchicken/ und mit Gedult der Huͤlff-Stunde des
Herrn zu erwarten/ eine der groͤſten Tugenden mit
ſey/ die an einem jungen Menſchen/ welcher andern/
und
[147]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
und vielmahls ſolchen Leuten/ die es nicht werth
ſeyn/ dienen muß/ kan erfordert werden.
Nachdem wir nun ſolcher Geſtalt/ die einen
Handels-Diener zierende Moral-Tugenden durch-
gegangen/ kommen wir nun auch auf die Beſchaf-
fenheit ſeiner Leibs-Conſtitution, ſolche muß nun
ſtarck und geſund/ und ſo ſich die Natur guͤtig ge-
gen ihn erwieſen/ auch wohl gebildet/ der Verſtand
aber aufgemuntert/ und etwas zu lernen/ auch was
ihme in Handels-Sachen vorkommt/ wohl zu ju-
diciren/ faͤhig ſeyn.
Die Staͤrcke und Geſundheit wird darum
an ihm erfordert/ damit er die Handels-Fatiquen
deſto beſſer ertragen/ und ſeinem Herrn nuͤtzlich
ſeyn koͤnne/ ſonderlich wo es viel zu reiſen giebet/
da keine hitzige oder kalte Jahrs-Zeit/ kein Land-
noch Waſſers-Gefahr angefehen/ ſondern dem Die-
ner/ (ohne daß er widerſprechen darff/) was er
thun und laſſen ſoll/ von dem Handels Patron be-
fohlen und vorgeſchrieben wird/ wobey dann ein
ſolcher Handels-Diener wohl vorher zu uͤberlegen
und zu bedencken hat/ ob er denen Dienſten/ in wel-
che er ſich zu begeben gedencket/ gewachſen ſey/
oder nicht; Ob ſeine Conſtitution die Fatiquen
wohl vertragen koͤnne/ oder ob ſolche ein ſtilles Ge-
werb/ als etwann in feinen Waaren/ oder gar auf
dem Contoir ſtets zu ſitzen/ und nur mit der Feder
zu arbeiten/ erfordere; findet er ſich dabey von ei-
nen aufgemunterten Geiſt/ ſo kan er ſich in ſeinen
Dienſt-Jahren/ ſonderlich wann er bey realer
Handlung ſerviret/ viel zu ſehen und zu lernen ver-
ſprechen/ er wird auch ſeine Condition dadurch ſo
K 2viel
[148]Caput III. Von den
viel beſſer machen/ als wann er ſtumpf von Gehirn/
unleutſeelig/ ſtarrig und melancholiſch waͤre/ wie
aber in dieſen allen/ die vorfallende Umſtaͤnde/ ei-
nen jungen Menſchen ſchon ſelbſten bey der Hand
nehmen/ und ſelbigen mal oder bon gré luy, das
iſt: mit oder wider ſeinen Willen ſchon weiſen wer-
den/ was Dienen ſey/ und wie man ſich deßfalls
in der Welt/ und unter Leuten comportiren muͤſ-
ſe/ wann man in ſolcher mit Ehren fortkommen
will/ als laſſen wirs bey dieſen wenigen beruhen/
und wenden uns nunmehro zu denen Wiſſenſchaff-
ten/ welche ein in Kauffmanns-Dienſten ſtehender
Diener an ſich haben muß.
Dieſe ſeynd nun erſtlich Generales, und dann
auch Speciales; jene kommen allen insgemein/ die-
ſe nur nach gewiſſen Arten Handlungen/ (denen
ein junger Menſch ſich gewidmet/ und bey welcher
er ſeine Lehr-Jahr erſtanden hat) einen und an-
dern beſonders zu.
Die allgemeine Wiſſenſchafften ſchlieſſen in ſich
das Rechnen/ Schreiben/ und auch einiger maſſen
die Kaͤnntniß des Buchhaltens/ und der Waaren/
auch noch wohl auslaͤndiſche Sprachen. Das
Rechnen und Schreiben muß ein Handels-Diener
vor allen wiſſen/ und zwar jenes in zierlichſter Fer-
tigkeit/ ſonderlich nach der Welſchen Praxin, dieſes
aber/ nehmlich das Schreiben/ nach denen in un-
ſern allezeit fertigen Handels-Correſpondenten
vorgeſchriebenen Requiſitis, und ſo auch das Buch-
halten/ ſamt allen bey der Handlung vorfallenden
Verrichtungen/ damit er ſo viel beſſer der Function
eines Dieners/ der in ſeinen Jungen-Jahren voll-
kom-
[149]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
kommen ausgelernet/ ein Genuͤgen thun/ und mit
Fug und Recht ein Salarium oder Dieners-Lohn
prætendiren koͤnne/ welches alles ſich noch beſſer
in der nachgeſetzten Beſchreibung der Special-
Wiſſenſchafften/ die nach beſonderer Art jeder
Handlung ins beſondere auch noͤthig ſeyn/ erklaͤren/
und bemuͤhen wird. Dieſem nach wird
Erſtlich an einem Complimentario, oder einem
ſolchen/ der einer gantzen Handlung/ als Director,
vorgeſetzet iſt/ und welcher keinen/ oder ſelten einen
Patron, oder aber Befehlshaber uͤber ſich hat/ er-
fordert/ daß er eine Handlung voͤllig zu guberni-
ren/ ja ſo viel als ein Handels Patron ſelber wiſſe
und verſtehe/ wie ſolches aus dem in vorigen Ca-
pitel angefuͤhrten Complimentariat, oder Voll-
machts-Formular, welches einen ſolchen Menſchen
auf alle Handels-Verrichtungen gegeben wird/ zur
Gnuͤge abzuſehen/ und dahero mit dem Prædicat
des Complimentarii ſo wenig als unter Kauff-
leuten mit dem Prædicat eines Banquiers zu ſcher-
tzen iſt/ wiewohl beyde mehr als zu viel mißbrauchet
werden.
Ein Buchhalter hat im vorigen Capitel auch
ſchon ſeine Lection bekommen/ was nehmlich ein
accurater Handels Patron von ihm fordere/ wie
wohl auch hiernaͤchſt in einem beſondern Capitel
von Buchhalten/ und denen auf groſſen Contoiren
vorfallenden Scripturen noch ein mehrers ſoll ge-
handelt werden.
Des Caſſirers Function betreffend/ ſeynd die
dabey vorkommende vornehmſte requiſita in den
K 3Con-
[150]Caput III. Von den
Contract, welchen ein Handels Patron mit ſeinem
Caſſirer aufrichtet/ enthalten.
Wir gehen nunmehro zu einigen Arten der
Handlung ſelbſt/ was ſpecialiter ein dabey die-
nender Handels-Diener wiſſen muͤſſe/ und zwar be-
ſonders in den Seiden-Tuch-Material- und Eiſen-
Handlungen/ dann ob gleich das meiſte hierzu in
dem wohl-unterwieſenen Kauffmañs-Jungen ſchon
angefuͤhret worden/ ſo iſt doch noch viel zuruͤck ge-
blieben/ welches den Dienern vor andern gruͤndlich
und hauptſaͤchlich zu wiſſen obliegen will.
Den Seiden-Handel erſt betreffend/ iſt ſelbi-
ger entweder mit lauter roher/ oder auch mit ge-
zwirnter/ gefaͤrbter/ und zubereiteter Carten-Step-
und Neh-auch wohl Floret-Seide/ oder es erſtreckt
ſich ſolcher auf gantze Manufacturen und Hand-
lungen mit allerhand Seidenen Zeugen/ wie ſolche
auch Nahmen haben moͤgen.
Bey dem Handel mit roher Seide/ werden un-
ſeren Handels-Dienern vielerley Sorten unter
Handen kommen/ als
Erſtlich/ Seide/ welche die Armenianer uͤber
Moſcau/ und die Oſt-See aus Perſien nach
Teutſchland bringen.
Zweytens/ die Seide/ welche die Engliſche und
Hollaͤndiſche/ Frantzoͤſiſche und Jtaliaͤniſche Smyr-
na- und Levante- Fahres aus Smyrna, Alexan-
dria und Tripolis bringen/ und welches theils
Perſianiſche/ theils auch Oſt-Jndiſche Seide iſt.
Drittens wird ihnen vorkommen die Oſt-Jndia-
niſche Selde/ welche bey der Hollaͤndiſchen und Eng-
liſchen
[151]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
liſchen Oſt-Jndianiſchen Compagnie in Engeland
und Holland verkaufft wird.
Vierdtens/ hat man die Jtaliaͤniſche Seide/
da ſich dann wohl zutragen koͤnte/ daß ein ſolcher
Handels-Diener von ſeinem Patron nach den Boz-
ner Maͤrckten/ item nach Roveredo, Genua, Bo-
logna, oder weiter hinein in Jtalien/ um Seiden
einzukauffen/ verſchickt wuͤrde/ da ihm dann vieler
Hand Sorten und Preiſe derſelben/ wie auch/ wie
ſolche hernach ſortiret/ zubereitet/ gefaͤrbet/ und al-
lerhand Seiden-Arten zu Manufacturen dienlich
daraus gemacht werden/ nicht unbekannt ſeyn muß/
wobey er auch ferner in die Seiden-Farb-Kunſt
und Manufacturen hinein zu gehen/ und ſelbige
tief einzuſehen haͤtte/ zumahlen wir ſchon in dem
wohl-unterwieſenen Kauffmanns-Jungen wohl-
meynend erinnert/ daß alle der Kauffmannſchafft
gewidmete junge Leute billig auch eine Handthie-
rung neben der Handlung (weil es mit ſolcher ein
ſo gar mißliches Ding iſt/ ſonderlich wann man
nicht genugſamen Verlag darzu hat/) mit erlernen
ſolten. Wegen des Handels mit allerhand Seiden-
Waaren/ haͤtte er einen jedweden ihre Qualitaͤt/
auch ob es Auslaͤndiſche oder Einheimiſche ſeyn/
wo jene her verſchrieben/ und wie ſie wieder ver-
kaufft werden/ wohl in acht zu nehmen. Wie aber
dieſes alles kuͤnfftig in unſerem Tractat von der
Seide/ und denen daraus verfertigten Manufactu-
ren/ wie auch/ was den Wollenen Tuch- und Zeug-
Handel anbetrifft/ in unſerem Tractat von der
Wolle/ und denen daraus verfertigten Manufa-
cturen/ ausfuͤhrlich wird beſchrieben werden/ als
K 4laſſen
[152]Caput III. Von den
laſſen wir es dieſes Orts dabey bewenden/ und be-
trachten nunmehro kuͤrtzlich
DenMaterial-und Gewuͤrtz-Handel.
Hier wird nun vornehmlich ein Handels-Diener/
auf unſer neu-eroͤffnetes Kauffmanns-Magazin
verwieſen/ dieſes nuͤtzliche Buch hat ſo groſſen Ap-
plauſum gefunden/ daß auch eine hohe Stands-
Perſon ſich nicht verdrieſſen laſſen/ ſchon bey 800.
Titulos dabey zu notiren/ welche noch fuͤglich die-
ſem Werck koͤnten inſeriret werden/ und lebet man
der Hoffnung/ daß ſolche in Manuſcript zu com-
municiren/ kuͤnfftig die Gnade von ihr moͤchte aus-
zubitten ſeyn/ da dann/ nebenſt andern/ ſeiter den
angemerckten Obſervationibus, ſolche dem Publi-
co in einem beſonderen Tractat mitzutheilen (weil
die erſte Edition unveraͤndert bleiben wird) ſich die
Gelegenheit ereignen moͤchte; Jndeſſen wuͤrde es
von einem bey Material-Handel dienenden Han-
dels-Diener nicht anders als lobwuͤrdig gethan
ſeyn/ wann er ſich gedachtes Kauffmanns-Magazin
anſchaffte/ ſelbiges mit Papler durchſchieſſen ließ/
und ſo dann ferner dabey notirte/ was er etwann
in waͤhrenden ſeinen Dienſt-Jahren in ein und an-
dern noch obſerviret haͤtte/ es koͤnte ihn ſolches
nicht allein in ſeinem kuͤnfftigen eigenen Handel ſel-
ber/ ſondern auch ſeinen Kindern oder anderen gu-
ten Freunden wohl zu ſtatten kommen/ zumahl/ da
es bey denen Material- und Gewuͤrtz-Haͤndlern an
etlichen Orten viel auf das Reiſen auf Meſſen- und
Jahr-Maͤrckten (und daß ſie offt von ihrem Ort
aus/ weit-entlegene Provintzien mit Specerey-
Waaren zu verſehen haben) ankommet/ da dann
immer
[153]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
immer einer bey dem andern etwas beſonders zu
remarquiren findet/ wie hiervon in unſerem Schle-
ſiſchen Kauffmann klare Exempla zu ſehen ſeyn/
da der Breßlauer Specerey-Handel in viel Mate-
rial-Waaren ſchon andere Zufluͤſſe/ als der Ham-
burger/ und dieſer wider andere/ als jener hat/
welches vornehmlich die differente Situation die-
ſer beyden groſſen Handels-Staͤdte/ und ſo auch
bey andern verurſachet.
Bey dem Material-Handel lieget ferner einem
Diener ob/ daß er eine jede Waar wohl zu ſorti-
ren/ und ihre Sorten zu unterſcheiden wiſſe/ zu-
mahl da der Betrug in ſolchen ſo groß und manch-
faltig iſt/ daß auch der Scharffſichtigſte nicht ſo
leicht in einigen darhinter kommen kan; Um des
Mißbrauches willen unterlaſſe ich Exempla davon
anzufuͤhren/ und zwar nur ſolche/ welche mir in groſ-
ſer Menge/ ſeiter zwey Jahren her/ wiſſend gewor-
den/ wiewohl die Warnung dafuͤr hin und wieder
bey Gelegenheit in meine kuͤnfftige Schrifften ein-
flieſſen zu laſſen/ nicht ſoll vergeſſen werden.
Jn Eiſen-Handlungen hat ein geſchickter
Handels-Diener ſeine Hand voll zu thun/ es ſey/
daß ſein Herr ins Groß/ mit allerhand groben Ei-
ſen-Waaren/ oder auch mit kleinen und ſogenann-
ten Nuͤrberger-Steyer-Maͤrcker- oder Smalkalter-
Waaren/ mit Zinn/ Kupffer/ Blech/ feiner Engli-
ſcher Stahl-Arbeit/ und dergleichen handle/ oder
gar ſelbſt Bergwercker und Berg-Theile/ Eiſen-
Haͤmmer und dergleichen haͤtte. Bey groben Waa-
ren ins Groß/ werden ihme ſo viel Sorten Schwe-
diſch Eiſen/ die ausfuͤhrlich in unſerm Schwediſchen
K 5Kauff-
[154]Caput III. Von den
Kauffmann recenſiret ſtehen/ ingleichen Teutſches/
Polniſches und anderer Laͤnder Eiſen/ weil gar we-
nig Laͤnder zu finden/ welche der Allweiſe Schoͤpf-
fer nicht mit dieſem ſo nothwendig-als nuͤtzlichen
Metall ſolte verſehen haben/ unter Handen kom-
men/ und ſo er ſelbſten an ſolchen Oertern waͤre/
in welchen der hoͤchſte GOtt einen reichen Berg-
Seegen geleget haͤtte/ wuͤrde er nothwendig in die
Kaͤnntniß und Wiſſenſchafft der Bergwercks-Sa-
chen mit hinein gehen muͤſſen/ ſonderlich wann ſein
Patron hohe Oefen/ Eiſen- und Blech-Haͤmmer/
und dergleichen haben ſolte/ welche dann ſolche zu
bereiten/ Buch und Rechnung daruͤber zu halten/
einen fleißigen Mann erfordert. Nur von ein und
andern ein klein Exempel zu geben: was iſt nicht
durch die gantze Welt vor ein groſſer Handel mit
Blech/ davon das allerbeſte aus dem von GOtt
herrlich mit allerhand Natur- und Kunſt-Gaben ge-
ſeegneten Sachſen-Land kommet/ und was koſtet
es nicht vor Muͤh/ biß ein ſchoͤn-verzinntes Blech
ſo weit fertig gemachet wird/ daß es vor Kauff-
manns-Gut paſſiren kan/ da wird erſtlich das Ei-
ſen darzu/ wann es aus dem ſogenannten hohen
Ofen kommet/ wiederum in dem ſogenannten
Friſch-Feuer noch einmal umgeſchmeltzt. Hierauf
in Stab-Eiſen geſchmiedet/ ein jeder Stab wieder
in kleine Theil getheilet/ die alsdann unter dreyer-
ley Haͤmmer gebracht/ und zu Blechen geſchlagen
werden. Hierauf werden ſie beſchnitten/ und in
die Beitz geleget/ welche aus fermentirtem Korn
gemachet wird/ wann ſie etliche Tage darein gele-
gen/ und die Beitze den Roſt/ oder das Unreine
(Sin-
[155]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
(Sinner genannt) davon abgefreſſen/ ſo verzinnet
man ſie erſt/ und alsdann ſortiret ſie der Zinn-
Meiſter in unterſchiedene Sorten/ als zum Exem-
pel/ in Vorder-Creutz- und Senckler-Blech/
welche die duͤnneſten und leichſten ſeyn/ gleichwie
hergegen die doppelte Creutz-Bleche die ſtaͤrckeſte
ſeyn/ ihre Breite und Hoͤhe iſt einerley; Sie werden
in Vaͤßlein zu 300. und 600. Blaͤttern ins Reich/ und
zu 450. Blaͤttern in einem Vaͤßlein nach Hamburg
eingeſchlagen und verſandt/ auſſen auf jeden Faͤß-
lein iſt das Zeichen/ ſo jeder Hammer fuͤhret/ ge-
brannt/ als etwann mit den Baͤren/ Einhorn/
Pferd/ Adler/ und dergleichen. Jtem/ mit gewiſ-
ſen Buchſtaben/ die unter dem Zeichen mit einge-
brannt ſeyn/ und entweder den Ort/ wo die Blech
fabriciret worden/ oder den Nahmen des Ham-
mer-Herrens/ der ſie machen laͤßt/ anzeigen. Dieſes
alles ſolte ja ein Handels-Diener wohl wiſſen/ da-
mit er die gute Fabriquen von den ſchlechten unter-
ſcheiden koͤnne/ er muß wiſſen/ daß/ je zaͤher die
Bleche ſeyn/ je beſſer ſie auch gehalten werden/ ſo
muͤſſen ſie auch einen ſchoͤnen Spiegel/ oder blan-
cken Luſtre von Zinn/ und nicht viel gelbes oder an-
gelauffene Flecken haben/ hiernaͤchſt iſt auch der
Preiß/ von einer jeden Sorte ſolcher Blech/ zu wiſſen
noͤthig; Wann nun ein Handels-Diener ſo activ
und curios nicht iſt/ daß er Luſt hat/ auf derglei-
chen Sachen acht zu geben/ ſo iſt ſchon Hopffen
und Maltz an ihm verlohren/ und er mehr einem
Vieh/ als einem Menſchen zu vergleichen/ weil er
nicht einmal Luſt hat/ das jenige ſich bekannt zu ma-
chen/
[156]Caput III. Von den
chen/ wovon er doch heut oder morgen ſein Brod
haben ſoll.
Laßt uns nun auch das Zinn betrachten/ wel-
ches in Europa am meiſten/ und zwar nur in En-
geland/ Meiſſen und Boͤhmen anzutreffen/ inſon-
derheit hat das Meißner-Land deſſen einen ſo ſtatt-
lichen Uberfluß/ daß in dem weit-beruͤhmten Alten-
berg ein einiger Kukuß wohl in die 1000. biß 2000.
Meißniſche Guͤlden zu ſtehen kommt/ die nechſt da-
ran gelegene Glaß-Huͤtte/ der Lauen- und Bern-
Stein um Annaberg/ item der Thumbgeyer/ Er-
bersdorff/ oder Ehrenfriedersdorff um Schnee-
berg/ das ſogenannte Fletz-Maul/ Soſſa, Eyben-
ſtock/ Platta/ ꝛc. um Dippoldiswalda und Frauen-
ſtein/ die Boͤbel/ Schmiedeberg/ Nauendorff/ ſeynd
alles reich-ausgebende Zinn-Bergwercke; Schwar-
tzenberg giebt auch viel Zinn-Steine/ das Soſſer
und Eibenſtockiſche mit dem Zeichen des Sterns/
Rechens und der Hand/ Jtaliaͤniſch Colla Ra-
ſtello, colla mano \& colla forca genannt/ ſeynd
die angenehmſten in Jtalien/ ſonderlich in Vene-
dig/ weil ſich noch viel Silber darinn befinden ſoll/
welches die Jtaliaͤner durch ihre geheime Kunſt und
Handgrieff darvon zu ſcheiden wiſſen/ daher ſie
auch dieſes Zinn vor andern den Centner um 1. 2.
biß 3. Ducaten thuerer bezahlen/ zuweilen trifft man
bey dieſen Zinn-Steinen in den Bergen und Seif-
fen/ kleine corporaliſche gediegene Gold-Flaͤmmlein
an/ welches ein Zeichen iſt/ daß ſich auch Gold da-
bey befinden muͤſſe. Das meiſte Meißniſche Zinn
geht nach Regenſpurg/ Nuͤrnberg/ Schweitz/
Franckreich und Jtalien/ und von dar ferner in die
Levan-
[157]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
Levante, der Preiß variirt von 22. biß 26. Reichs-
thaler/ den Centner auf der Stell. Unweit von
dieſen Gebuͤrg liegt das reiche Schlackewalder-
Zinn-Gebuͤrg/ da jaͤhrlich wohl 2. biß 3000. Cent-
ner Zinn geſchmoltzen wird/ welches vor allen an-
dern Zinn viel Kupffer bey ſich fuͤhret/ daher es
auch die Zinngieſſer am liebſten zu ihrer Arbeit
brauchen/ es geht davon viel nach Nuͤrnberg/ das
meiſte aber in die Kayſerliche Erblaͤnder/ wie auch
in Hungarn/ und in die Tuͤrckey; Das Engliſche
Zinn kommt meiſtens in Blocken zu uns in Teutſch-
land/ wie die Bley-Mulden; Das Saͤchſiſche und
Boͤhmiſche hingegen/ wird in groſſe und kleine ſo-
genannte Beutel und Zinn-Groſchen gegoſſen/ und
hier auf in Ballen zuſammen gerollet/ und alſo in
Faͤſſern eingeſchlagen verſandt/ davon ein jedes
Faͤßlein zu 2½. Centner ſchwer iſt/ welches man ein
halb Faͤßlein nennet; So man aber 5. Centner in
eines einſchlaͤgt/ wird es ein gantz Faͤßlein genannt/
welches ja abermahl gar ſchoͤne Remarquen vor ei-
nen bey dergleichen Waaren dienenden Handels-
Diener ſeyn koͤnnen.
Wann wir auch das kleine Eiſenwerck/ Fran-
tzoͤſiſch/ quinquailerie, und feine Stahl-Arbeit be-
trachten/ ſo hat in jenen/ der vielerley Sorten we-
gen/ ein Handels-Diener alle ſeine fuͤnff Sinnen
zuſammen zu nehmen/ daß er/ was von hier oder
dar muͤſſe verſchrieben/ hier oder dorthin verſandt
werden/ wohl wiſſe/ und ſonderlich auf Meſſen und
Jahr-Maͤrckten den Ein- und Verkauff darnach
einrichte; Es kommen Facturen/ da die Waaren
ſollen ausgepackt/ ſortiret/ aufs neue eingebunden
und
[158]Caput III. Von den
und numeriret/ andere nach eingelauffenen Memo-
rialien und Specificationibus fortgeſandt werden;
was iſt nicht da vor Arbeit/ dieſelbe immer ſauber/
ſchoͤn/ poliret/ und vor den Roſt bewahret zu hal-
ten. Wie veraͤndern ſich nicht die Nuͤrnberger-Waa-
ren ſo offt an Preiß/ und ſonderlich einige an der
Façon, die je laͤnger je zierlicher ausgeſonnen wird;
bald kommt des einen/ bald des andern Meiſters
ſein Zeichen und Arbeit in Conſideration und groſ-
ſe Nachfrage; Wie vielfaͤltig ereignen ſich nicht
auch bey dem Eiſen-Kram gewiſſe Kunſt-Sachen/
die einen Abriß und Zeichnung erfordern/ bey wel-
chen ein Handels-Diener/ ſo viel beſſer fortkommen
wird/ wann er ſelbſt Luſt zur Invention und Zeich-
nen hat/ allenfalls auch ein wenig mit der Feilen
und Hammer umzuſpringen weiß. Ja ich weiß nicht/
ob es ihm Sachden bringen ſolte/ wann er etwas
von den Uhrmachen gelernet haͤtte. Ein Gewehr
wohl zu verſtehen/ wird ohne dem von ihm erfor-
dert/ weil er ſich dadurch bey Cavalliers und Offi-
ciers beliebt machen kan/ hierauf auch die Mondi-
rung und Liverayen vor gantze Regimenter zu fol-
gen pflegen/ welches alles/ ſo lange er in Dienſten
ſtehet/ ſeinem Handels-Patron, nach der Zeit aber/
wenn er/ der Diener/ ſeinen eigenen Handel ange-
fangen/ ihme ſelbſt zu groſſen Nutzen gereichen kan.
Und ſo iſt es auch bey andern Arten von Hand-
lungen beſchaffen/ da ein Diener ſo viel wiſſen und
verrichten muß/ daß er zwar immer noch etwas zu
lernen findet/ in der Haupt-Sach aber keinen Lehr-
ling abgeben darff/ ſondern was ihme befohlen
wird/ ſo gleich/ auch wohl/ nachdem es die Hand-
lung
[159]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
lung erfordert/ ungeheiſſen/ und von ſich ſelbſt ver-
richten kan/ hierzu gehoͤret aber ein gutes Judicium,
beywohnende Experience, ein geneigter Wille/
redliche Intention, ehrlich und aufrichtig zu dienen/
ein aufgemunterter Geiſt/ unverdroſſenes Gemuͤth/
hoͤflich und leutſeliger Umgang/ Liebe zur Tugend/
und ein ernſtlicher Vorſatz/ alle Suͤnd und Laſter
zu fliehen und zu meiden. Jm Eingang dieſes Ca-
pitels iſt zwar ſchon etwas von denen Moral-Tu-
genden/ welche ein rechtſchaffener Kauffmanns-
Diener an ſich haben muͤſſe/ gehandelt worden;
Das jetzt-bemeldte aber ſoll die Qualitaͤten beruͤh-
ren/ welche ein Kauffmanns-Diener noch ferner an
ſich haben muͤſſe/ und hernach im Gegenſatz uns zu
denen Maͤngeln/ Fehlern und Gebrechen leiten/ wo-
mit einige unſere Kauff-Diener leider mehr als zu
viel behafftet ſeyn/ wodurch diejenigen/ die ſich deſ-
ſen nicht anzunehmen haben (und welche biß anhero
in dem Tugend-Weg einher gegangen) ihr Ruhm
und gebuͤhrendes Lob nur um ſo viel mehr verherr-
lichet werden wird.
Wann wir demnach gemeldet/ es muͤſſe ein
Kauffmanns-Diener ein gutes Judicium oder faͤ-
hige Beurtheilungs-Krafft bey ſich haben/ ſo iſt
dieſes eben dasjenige/ was wir an einem Kauffmann
erfordern/ daß er nehmlich wiſſen ſoll/ zu rechter
Zeit Nein und Ja zu ſagen/ und ſo gehoͤret es auch
einem Diener/ der nunmehro die Jungen-Jahre zu-
ruͤck geleget/ viel Fatiquen ausgeſtanden/ Gutes
von Boͤſen zu unterſcheiden gelernet/ und der Uber-
eilung/ welche der Jugend/ und denen Unſinnigen
gemein iſt/ gute Nacht geſaget; dann wie viel Ver-
rich-
[160]Caput III. Von den
richtungen in und auſſerhalb Haußes/ werden ihme
ohne præciſe Ordre, was er darinn thun oder laſ-
ſen ſoll/ aufgetragen/ welches hernach die ſtillſchwei-
gende Condition in ſich ſchlieſſet/ daß er nur das-
jenige thun ſoll/ was zu ſeines Patrons Handels-
Beſten gereichen koͤnne. Dieſes laͤßt ſich nun oh-
ne reiffen Verſtand nicht ins Werck ſetzen/ der Ver-
ſtand aber kommt aus der Erfahrung/ und daß
man viel geſehen/ gehoͤret und geleſen habe; alle
drey Stuͤcke koͤnnen ſich ſchon in dem Jungen-
Stand/ wann ein junger Menſch nur ein wenig
witzig ſeyn will/ practiciren laſſen/ der Diener-
Stand aber arbeitet es ſchon mehr aus/ und je naͤ-
her einer dem Herren-Stand iſt/ oder ſeine eigene
Handlung anzufangen/ je reiffer ſolte der Ver-
ſtand und die Beurtheilungs-Krafft durch die viele
und lange Erfahrung kommen.
Dieſe/ wie um dieſelbe zu erlangen/ das wuͤrckli-
che Handanlegen in denen Kauffmaͤnniſchen Geſchaͤff-
ten noͤthig iſt/ alſo erfordert ſie auch eine vorherge-
bende/ allbereit bey einem dienenden Menſchen feſt-
geſetzte Intention und Willens-Meynung/ daß
man demjenigen/ dem man dienet/ redlich dienen
wolle. Dieſes iſt eben die nothwendige Clauſul
in denen Contractibus, welche Herren und Diener
mit einander aufrichten/ daß dieſe jener ihren Scha-
den in allen Stuͤcken/ und zu allen Zeiten/ ſo viel
als moͤglich/ wollen abwenden; ihren Nutzen hin-
gegen auf gleiche Weiß befoͤrdern; es thut aber
ſolche Befoͤrderung ein rechtſchaffener Handels-
Diener nicht vor ſeine Perſon allein mit Hand an-
legen/ und ſich Tag und Nacht in ſeines Herrn
Dien-
[161]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
Dienſten zu Haus und auf der Reiſen geſchaͤfftig
zu erzeigen/ ſondern er muß auch ein wachendes Aug
auf ſeine Mit-Diener/ daß ſolche ein gleiches thun/
und dann auch auf andere Leute/ daß durch ſolche
ſein Herꝛ nicht gefaͤhret werde/ haben/ durch welche
Sorgfallt er ſeinem Herꝛn nicht allein/ ſondern auch
ſich ſelbſten dienent/ er macht ſich dadurch beliebt
bey GOtt und Menſchen/ erwirbet einen ſtattlichen
Ruhm kuͤnfftiger Belohnung und Befoͤrderung/
und wird der Accurateſſe, die er in ſeinen Dienſt-
Jahren gebraucht/ ſo gewohnt/ daß ſie ihme her-
nach in ſeinem eigenem Handel zu ſeinem gꝛoſſen Vor-
theil anhaͤnget. Z. E. Er lebet der von ſeinem Herꝛn
ihme vorgeſchriebenen Ordnung wohl nach/ verbeſ-
ſert auch ſolche/ ſo er einigen Mangel daran findet/
ſo wird ihme ſolches/ wann er zu ſeinem eigenem Han-
del gedeyet/ auch alſo anhangen ſehen/ hernach an-
dere Kauffleute/ daß ein ſolcher Menſch ein guter
Verrichter iſt/ und ſich in ſeines Herꝛn Dienſten ge-
treu und unermuͤdet finden laͤßt/ ſo ſeynd fluxs hun-
dert Haͤnde nach ihm/ die ihn gerne wieder haben
wollten/ wann er etwan aus ſeines Herꝛn Dienſten
kommen ſollte; waͤre es dann/ daß er ſein eigen an-
zufangen gedaͤchte/ ſo hat/ er ſich bey ſeinem ſchlechten
Capital, doch mehrers Credits, als ein anderer/
der ungleich mehr hat/ zugetroͤſten; Hierzu gehoͤret
aber auch Leutſeelig- und Hoͤflichkeit/ ingleichen ein
aufgemunterter Geiſt und unverdroſſenes Gemuͤth/
was einer gern und mit gutem Willen thut/ wird
ihme nur halb ſo ſchwehr; ein gutes Wort findet al-
lezeit eine gute Statt; ein freundliches und leutſeeli-
ges Geſicht zeiget auch/ daß das Menſchen ſein Na-
Lturel
[162]Caput III. Von den
turel edel und wohl geartet/ und folglich auch zur
Tugend-Liebe geneigt ſeyn muͤſſe.
Dieſe Tugend-Liebe aͤuſſert ſich nun bey der
Gottesfurcht in allen denen Moral-Tugenden/ wel-
che wir im Anfang dieſes Capitels ausfuͤhrlich be-
ſchrieben haben/ dannenhero wir uns nunmehro zu ih-
ren Gegen-Satz/ nemlich zu denen/ manchen Kauff-
manns-Diener anklebenden/ und ſeiner zeitlichen und
ewigen Wohlfarth hoͤchſt-ſchaͤdlichen Laſtern wen-
den/ ſolche ſeynd nun erſtlich
Die Ruchloſigkeit/ und daß ein ſolcher Menſch
wenig von dem thaͤtigen Chriſtenthum in ſeinem Um-
gang und Leben verſpuͤren laͤßt/ woraus hernach/
wie leichtlich zu erachten/ dieſes erfolget/ daß ein ſol-
cher ruchloſer Menſch die Gebot GOttes taͤglich zu
uͤbertretten ſich kein Gewiſſen machet. Das Flu-
chen/ welches ohne dem vielen Kraͤmern ihr Pro-
prium iſt/ und durch theils Gotteslaͤſtrige Fuhrleu-
te/ mit welchen ſolche Kauffmanns-Diener vielfaͤl-
tig umgehen/ bey ihnen um ſo viel beſſer unterhalten
wird/ iſt ihr taͤgliches Vater Unſer und beſtes Ge-
wuͤrtz ihrer Reden. Der Sabbath/ welcher mit
heiligen Worten/ Wercken/ Gedancken und geiſt-
lichen Actionibus zugebracht werden ſollte/ wird
mit Muͤßig- und Spatzirengehen/ luſtigen Com-
pagnien/ oder gar in Sauff-Hur- und Spiel-Haͤu-
ſern celebriret; der Ungehorſam gegen die Herꝛ-
ſchafft/ aͤuſſert ſich oͤffentlich und heimlich/ und zwar
insgemein/ wann man den Contract, den man bey
Antritt der Dienſte gemacht/ ſchnur ſtracks und
handgreifflich zuwider handelt/ in dieſem aber wie
jener Sohn im Evangelio/ zwar ſich aͤuſſerlich einen
Schein
[163]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
Schein des Gehorſams anmaſſet/ in der That aber
nichts weniger als ſolchen præſtiret; Und was iſt die
Zanckſucht/ das Haddern und Schlagen/ oder loſe
Schlaͤgerey-Haͤndel anfangen/ dem Naͤchſten alles
Ubels wuͤnſchen/ wohl anders/ als eine Suͤnde wi-
der das fuͤnffte Gebot; dem ſechſten aber zu wider/
hat mancher frecher und unzuͤchtiger Kauff-Geſell
wohl ſchon ſeine eigene Maitreſſe auf der Streu/
die er Sonntags und Wercktags/ wann er in die
Kirche oder in ſeines Herꝛn Geſchaͤfften ausgehen
ſoll/ fleißig beſuchet/ auch wohl gar auf ſeines Herꝛn
Unkoſten (worzu ſich hundert Gelegenheit finden/
die wir naͤchſtens in unſerm Banquerotirenden
Kauffmann/ und zwar in einer luſtigen Comœ-
die, unter deſſen Diener Narciſſo vorſtellen wer-
den) unterhaͤlt/ dann da mancher Kauffmanns-
Diener von den Seinigen nichts hat/ dabey auch
nicht mehr als 50. Reichsthl. jaͤhrliches Salarium
verdienet/ und ſich doch dabey ſtattlich in Kleidern
und leinen Zeug/ auch heimlich ein eigen Relt-Pferd
und noch dabey eine Hure auf der Streu halten/
bey 10. 20. und mehr Reichsthl. verſpielen oder
verſauffen kan/ ſollte ſolches wohl anderswo her/
als aus ſeines Herꝛn Kram-Bude oder Gewoͤlb-
Caſſa und Wein-Keller/ durch allerhand heimli-
che Intrigues und Pratiquen/ die aber gemeini-
glick ein ſchlechtes Ende zu nehmen pflegen/ herkom-
men; und wie entdecket nicht mancher Ehr- und
Pflicht-Vergeſſener ſeines Herꝛn Handels-Arcana
um ſchnoͤden Gewinſt willen/ wie diſrecomman-
dirt er nicht denſelben unter der Hand bey andern
Leuten/ ſonderlich bey ſeinen Kunden/ ſpannet ihm
L 2die-
[164]Caput III. Von den
dieſelbe zu ſeinem eigenen/ oder anderer Leut Vortheil
ab/ laͤſſet hier und dar Schaden geſchehen/ da er
ihme doch vermoͤg ſeiner Chriſten- und Diener-
Pflicht/ ſein Gut ſollte heiffen beſſern und behuͤten/
welches ja alles Suͤnd und Laſter wider die heilige
Gebot GOttes ſeyn.
Als Gebrechen und Fehler/ haͤtten wir manchen
Handels-Diener auszuſetzen/ erſtlich die Unerfah-
renheit in denen Handels-Wiſſenſchafften/ wel-
che ſie ſich doch zu beſitzen ausgegeben haben/ wie
ſie angenommen worden/ ſolches aber ruͤhret daher/
daß ſolche Leute in ihren Jungen-Jahren ſich nicht
recht angegriffen/ etwas rechtſchaffenes zu lernen
und vermeinet/ wann ſie nur ihre Jahr erſtanden/
ihnen der Bart anfienge zu wachſen/ und ſie ſich nur
burſaliſch und propre in Kleidern und leinen Zeug
zu halten wuͤſten/ ſo ſeye es ſchon genug vor einen
Kauffmanns-Diener zu paſſiren/ es erfolget aber
gemeiniglich darauf/ daß ein ſolcher Idiot kein hal-
bes Jahr in Dienſten bleibet/ da man ihme wieder
ſeinen hoͤflichen Abſchied giebet/ und noch ein paar
Jahr vor Jung zu dienen anweiſet/ oder ſo man
ihm ja aus gewiſſen Urſachen und Conſideration
behaͤlt/ einen andern Contract mit ihm machet/ und
auf ein paar Jahr das verſprochene Salarium ihme
zu geben retractiret/ auch wohl gar ſeinen Eltern
oder Vormuͤndern das Compliment machet/ daß
ſie noch ein paar Jahr vor dem vermeinten Diener/
der noch erſt vor Lehrling paſſiren muß/ Koſt-Geld
zu geben ſollten/ als daß er im Stand ſeyn ſollte/ Sa-
larium prætendiren zu koͤnnen.
Das andere Gebrechen iſt die Unfaͤhigkeit ſei-
nes
[165]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
nes Verſtandes/ ob es ihm gleich an guten Willen
ſonſt nicht mangelt/ da dann ein ſolcher Menſch/
wie ſehr er ſich auch bemuͤhet/ wegen ſchlechten Ge-
daͤchtniß und Judicii nichts faſſen oder recht beur-
theilen kan/ dahero in der Handlung mit andern
Leuten/ ſonderlich die raffinirter als er ſeyn/ gar
ſchlecht beſtehet/ und mehrmals uͤber den Toͤlpel ge-
worffen wird/ wodurch aber ſeinem Herꝛn wenig
Dienſt geſchiehet. Ein ſolcher Menſch muß auch
vielmal ſein Verſehen mit ſeinem eigenen Geld in Er-
ſetzung des Schadens buͤſſen/ und heißt es in der
Handlung/ wie ſchon zuvor gemeldt/ bey den Rechts-
Proceſſen: Vigilantibus jura \& ſic etiam Merca-
toribus lucra ſcripta ſunt, das Recht iſt vor den
Wachenden/ und nicht vor den Schlaffenden/ und
ſo auch in der Kauffmannſchafft die Profiten vor die-
jenigen/ welche darauf zu lauffen wiſſen/ nicht aber
vor diejenigen/ welche warten/ biß ihnen die gebra-
tene Tauben in das Maul fliegen; dahero jener Va-
ter/ unter ſeinen zweyen Soͤhnen dieſen Unterſchied
machte/ daß der Hurtigſte und Munterſte zur
Handlung/ der Einfaͤltigſte aber zum Studiis ange-
halten werden ſollte.
Das dritte Gebrechen iſt die Langſamkeit/
ein ſchlaͤffriger Muth/ Mangel der Activitaͤt und
eines Mercurialiſchen aufgemunterten Geiſtes/
wann beydes Herꝛ und Diener von einem gleichen
Naturel zuſammen kommen/ ſo moͤchten ſie ſich et-
wan miteinander comportiren koͤnnen; wann aber
der Herꝛ feurig und voller Activitaͤt/ ſein Handels-
Diener aber langſam und deſto ſchwehr-beweglicher
iſt/ ſo will ich diejenige davon urtheilen laſſen/ welche
L 3(was
[166]Caput III. Von den
(was fuͤr ein Beſchwehr es ſey/ dergleichen Leut in
der Handlung zu haben) welche bey ſich empfinden.
Nicht ohne Urſach haben die Poëten dem Mercurio
an Kopff und an den Fuͤſſen Fluͤgel angedichtet/ die
Hurtigkeit/ welche bey Handlungen erfordert wird/
dadurch anzudeuten/ dann da muß der Kopff fertig/
wie oben ſchon gedacht/ in der Reſolution ſeyn/ und ſo
gleich ein wohleintreffendes Ja/ oder Nein/ durch
die Schaͤrffe des Judicii von ſich geben/ der Mund
muß zu reden wiſſen/ aus dem/ was er geſehen/ ge-
hoͤret/ geleſen und erfahren/ kluge Rationes hervor
bringen/ warum er dieſes oder jenes annehmen koͤn-
ne oder nicht/ er muß wiſſen zu perſuadiren/ daß die-
ſes alſo und nicht anders ſey/ daß jenes dieſes uͤber-
treffe/ dieſes hingegen in andern Stuͤcken ſeinen
Vortheil wieder von jenem habe. ꝛc.
Die Hand muß mit der Feder auf dem Con-
toir, mit der Elen und Waag-Schaalen in dem
Kram/ Buden oder Gewoͤlb/ zuweilen auch mit dem
Pack-Stock oder Pack-Nadel bey Einballirung der
Waaren/ hurtig umzuſpringen wiſſen/ ſintemal es
einem Diener gantz keine Schande iſt/ wann es die
Noth erfordert/ und periculum in Mora iſt/ die
Hand ſelber mit an das Packen zu legen; auf dem
Contoir ſeynd offt in einem Tag zehen/ zwantzig
und mehr Brieffe zu ſchreiben/ wie ſchoͤn ſollte man
nicht da zu recht kommen/ der wie die Jungens in der
Schul auf ihre Vorſchrifft eine Stund mit einem
Brief zubringen wollte/ und wann die Affairen ein
wenig uͤberhaͤufft/ oder es in dem Contoir etwas
unruhig waͤre/ gar nicht wuͤſte/ wo er anfangen oder
endigen ſollte.
Jn
[167]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
Jn der Kram-Bude oder Gewoͤlb iſt es eben ſo/
da warten offt 10. oder 12. Perſonen auf/ welche
accommodiret und mit Waaren verſehen ſeyn
wollen/ wann nun der langſame Kram-Diener ei-
ne halbe Stund an einem Paquet auf- und zu
macht/ mittlerweil lauffen die andere Kaͤuffers (wel-
che dieſer Verzug verdrieſſet/) nach einem andern
Gewoͤlb/ da ſie geſchwinder abgefertiget werden
koͤnnen.
Kommt es auf das Amt der Fuͤſſe an/ was iſt
nicht da vor ein Verdruß bey einem ſolchen Men-
ſchen/ der alle Viertel-Stunde einen Tritt thut/
und gut nach den Tod zu ſchicken waͤre/ weil er fein
langſam wiederkommt/ indeſſen iſt vielleicht hier
oder dar etwas durch ſolche Zauderey verabſaͤumet/
angeſehen/ ein Kauffmann eben ſo accurat auf die
Handels-Occaſiones, als ein Schiffer auf den
Wind aufpaſſen muß; wie es aber mit einem ſo lang-
ſamen Menſchen geſchehen koͤnne/ gebe ich jedem
ſelbſt zu ermeſſen; ich halts mit gewiſſer Kauffleut
ihrem Sprichwort/ welche zu ſagen pflegen: fruͤh auf
ſpaͤt nieder/ iß geſchwind und geh bald wieder.
Das vierdte Gebrechen iſt die allzuviele
Zaͤrtlichket/ oder groſſe Pflege des Leibs/ mit wel-
cher ein Handels-Diener/ theils aus Selbſt-Liebe/
theils andern zu Gefallen/ theils aus Gewonheit ſich
zu putzen und zu warten pfleget/ als wenn man bey
der Handlung lauter Feyertag haͤtte/ woruͤber die
meiſte Zeit/ die man zu Handels-Geſchaͤffte/ oder
den Verſtand zu ſchaͤrffen anwenden ſollte/ verloh-
ren wird/ ja ſolche Leute laſſen ſich auch nicht einmal
auf Reiſen abgehen/ und koͤnnen anders keine Fati-
L 4quen
[168]Caput III. Von den
quen vertragen/ als die mit groſſer Pflege des Lei-
bes wieder verſuͤſſet werden/ daß auch ſolche Leute
in gewiſſen Handlungen/ in welchen ſo wohl der
Leib als Verſtand ſich angreiffen muß/ mehr eine
Laſt als nutzlich ſeyn/ ſolches ſtehet von ſelbſten leicht-
lich zu beurtheilen.
Das fuͤnffte Gebrechen iſt/ wann ein junger
Menſch zwar nicht aus Vorſatz/ doch aus uͤbler Ge-
wohnheit ſich zuweilen dem Trunck uͤbernehmen
laͤßt/ und dadurch zu denen ihnen obliegenden Han-
dels-Geſchaͤfften/ ſonderlich des Poſt-Tags untuͤch-
tig wird.
Das ſechſte Gebrechen beſtehet in der Me-
lancholey/ Widerſinnig- und Sauerſuͤchtigkeit/ da
ein ſolcher Menſch alles gezwungen und niemals mit
froͤlichem Muth thut/ denen Kaͤuffern nicht mit
freundlichen Worten und Minen zu begegnen/ und
ſie dadurch zu ſeines Herꝛn ferneren Kundſchafft zu
animiren weiß/ auch an ſich ſelbſt dergeſtalt geartet
iſt/ daß er ſich ſelbſt kein Vergnuͤgen machet/ und
um ſo viel weniger andern Leuten mit ſeinem Umgang
ſolches geben kan.
Das ſiebende Gebrechen iſt/ die Super-
Klug- und Naß-Weisheit/ da ein ſolcher Kluͤg-
ling Gras wachſen zu hoͤren ſich einbildet/ andern in
die Rede fallen/ vorgreiffen und kluͤger als ſein Herr
und Meiſter ſeyn will. Solche Leute ſeynd gemeini-
glich dabey auch groſſe Pralers/ (die Frantzoſen
nennens Grands Parleurs, Fanfarrons) ſie ſpre-
chen offt mehr als ſie verantworten koͤnnen/ oder es
redet doch die Zunge/ ehe der Verſtand beſchloſſen
hat/ was ſie reden ſollen/ dabey findet ſich dann
auch
[169]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
auch der Geiſt der Contradiction oder des Wider-
Spruchs/ da mancher ſolcher Kluͤgling Profeſſion
machet/ alles was er raiſonniren hoͤret/ zu wider-
ſprechen/ und ſein Kuͤh-dicium, welches ſich offt wie
eine Fauſt auf ein Aug reimet/ anders zu geben/ bloß
weil ihn der Hoffarths-Geck ſticht/ daß er vor einen
weiſen/ erfahrnen Menſchen will angeſehen ſeyn/
der doch bey manchen noch in der Lehr ſtehenden
Jungen/ erſt wieder in die Schule gehen/ und ſich
eines beſſern unterweiſen laſſen moͤchte.
Das achte Gebrechen/ iſt die Unvertraͤg-
lichkeit/ wann ein ſolcher Menſch ſich nicht lang mit
ſeiner Herꝛſchafft und ſeinen andern Mit-Dienern
vertragen kan/ ſondern gerne Zaͤnckerey und loſe
Haͤndel anfaͤngt/ es concurriren aber/ dieſes Un-
weſen auszuhecken/ viel andere Laſter/ Maͤngel und
Gebrechen; als erſtlich die Hoffarth/ daß ein ſolcher
Menſch dencket/ er ſey es allein/ andere Leute wiſſen
nicht/ was er gelte oder werth ſey/ und daher koͤnne
man ihm auch nicht genugſam Reſpect erzeigen/ es
kommt darzu/ der Neid und der Mißgunſt/ die er
uͤber andere ihr Gluͤck/ Aufnehmen und Capacitaͤt
hat/ welche er gern an ihnen geringer ſehen moͤchte/
damit ſein Talent deſto beſſer hervor ſtrahlte. Der
Geiſt der Contradiction iſt auch Schuld dran/
daß er in allen Dingen will Recht haben/ und wann
man ihm ſolches nicht zuſtehen will/ es daruͤber zu
harten Worten/ und wohl endlich gar zum Schlaͤ-
gen kommt/ und was der anreitzenden Gebrechen zu
einer ſolchen Zanckſichtigkeit mehr ſeyn moͤchten.
Der neunte Fehler an manchen Kauffmanns-
Diener/ iſt die Liederlichkeit/ da er zwar an ſich
L 5ſelbſt
[170]Caput III. Von den
ſelbſt das Seinige verſtehet/ und ein guter Verrich-
ter iſt/ aber auch dabey ſo liederlich in ſeinen Thun
und Laſſen/ daß das Gute/ welches er ſonſt an ſich
hat/ alles dadurch verdunckelt wird/ da erſcheinet
ſogleich ſolche Liederlichkeit in ſeiner negligirten
Leibes-Kleidung/ daß er zwar ſeinem Herꝛn getreu
iſt/ aber doch von ſeinem eigenen nichts bewahren
kan/ ſondern mit luſtiger Compagnie alles wieder
durchbringet/ in den Handels-Geſchaͤfften ſelbſten
uͤber hin eilet/ weil er ſich auf ſeine Faͤhig- und Fer-
tigkeit allzuviel verlaͤßt/ daraus hernachmals das
ſchaͤdliche Procrastiniren, und die Affaires auf den
andern Tag zu verſchieben/ erfolget/ weil er ſich dar-
auf verlaͤßt/ daß er/ was andere langſame Gemuͤ-
ther mit vieler Muͤh vorgearbeitet haben/ leichtlich
wieder nachholen kan. Es kommt auch aus ſolcher
Liederlichkeit/ die allzugroſſe Familiaritaͤt/ welche er
mit Leuten machet/ die nicht ſeines gleichen und weit
unter ihm ſeynd/ woruͤber ſein Reſpect verlohren
gehet/ und er ja ſo ſehr in dieſem Stuͤck in Defectu als
ein Hoffaͤrtiger/ Aufgeblaſener in Exceſſu pecci-
ret/ welcher mehr Reſpect haben will/ als ihme zu-
kommen kan. Bey einem ſolchen Menſchen muß nun
ein vernuͤnfftiger Handels-Patron das rechte Mit-
tel zu treffen wiſſen/ daß er ihn nicht zu viel einſchraͤn-
cke/ und auch nicht den Zuͤgel zu weit ſchieſſen laſſe/
weil beydes ſonſt von der Wuͤrckung iſt/ daß daruͤ-
ber ſeine Handels-Geſchaͤffte Abbruch leiden/ indem
mancher eines freyen Lebens Gewohnter/ wann er
zu ſehr ſollte eingeſchraͤncket werden/ daruͤber ſeine
Activitaͤt und Willfaͤhrigkeit in Handels-Verrich-
tungen verliehren wuͤrde.
Das
[171]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
Das zehende Gebrechen/ iſt das Schmei-
cheln und Fuchsſchwaͤntzen/ und der Augen-Dienſt/
welchen mancher Handels-Diener ſeiner Herꝛſchafft
leiſtet/ dadurch er allein bey derſelbigen mit Aus-
ſchlieſſung der andern Domeſtiquen der Hahn im
Korb zu ſeyn intendiret/ und um ſolches dahin zu
bringen/ das Fuchsſchwaͤntzen und Beluͤgen mei-
ſterlich anzuwendenweiß/ worzu ſich hernach die Waͤ-
ſcherey und Plauderey fuͤget/ welche auch nichts Gu-
tes nach ſich zu ziehen pfleget.
Das eilffte Gebrechen/ iſt die Faul- und
Dummheit/ welche gern auf Morgen verſchieben
will/ was heute gethan werden ſoll/ und ſich in nichts
recht zu finden weiß. Ein Fauler haͤtte alle Tag gerne
Sonntag/ er gehet nicht mit Luſt an die Arbeit/ al-
les iſt ihm zu ſchwehr/ und ſiehet gerne daß andere die
ſchwehrſten Streiche vor ihm ſchleppten; ein Dum-
mer hingegen/ greifft die Sache nicht am rechten
Ende an/ und macht ſich die Arbeit ſelbſt zu ſchwehr/
hat keine Luſt nachzudencken/ noch viel weniger aber
den Verſtand zu begreiffen/ was jetzt gegenwaͤr-
tig zu ſeinem eigenen Nutzen gereichen koͤnte.
Endlich und vors zwoͤlffte/ iſt auch der Un-
beſtand bey Handels-Dienern ein groſſer Fehler/ daß
ſie bald auf dieſes/ bald auf jenes/ fallen/ ſich zu kei-
nem recht appliciren/ in allen etwas/ im Gantzen
aber nichts recht wiſſen wollen/ ihre fladderhafftige
Gedancken diſtrahiren ſie bald auf dieſes/ bald
auf jenes/ und wann mans beym Licht beſiehet/ ſo
ſeynd ſolche Leute/ die in alle Saͤttel gerecht ſeyn
wollen/ zu nichts zu gebrauchen/ daruͤber es dann
auch hernach/ wann ſie ihr Eigenes anfangen/ ſo
abzu-
[172]Caput III. Von den
abzulauffen pfleget/ wie es bey manchem am Tag
lieget.
Folgen noch einige Lehren/ welche
angehende Handels-Diener in ihren Dienſt-
Jahren in acht zu nehmen haben/ und zwar erſtlich/
was diejenige/ welche bey Groſſirern in Dienſten
ſtehen/ wiſſen und thun muͤſſen/ wann ſie im Han-
del der gantzen Waaren vor tuͤchtig wollen erfun-
den werden; hiervon redet Savarii in ſeinem voll-
kommenen Kauffmann/ Capitel 18. folgen-
der maſſen:
ERſtlich ſollen ſie einen Groſſirer erwaͤhlen/ wel-
cher nicht allein mit denjenigen Waaren/ die in
dem Koͤnigreich/ ſondern auch auslaͤndiſchen Orten
gemachet werden/ Handel treibet/ dann dabey wer-
den ſie den Unterſcheid eines und des andern erken-
nen lernen/ und von dieſem will ich an ſeinem Ort/
wann ſie nemlich vor Kauffleut aufgenommen/ und
den Groſſier-Handel treiben wollen/ handeln.
Zum andern/ muͤſſen ſie in Obacht nehmen/ was
ihre Herren in ihren Geſchaͤfften vor eine Ordnung
halten/ damit ſie ſich auch darnach richten koͤnnen.
Dann dieſes muß man wiſſen/ daß die Kauffleute
nicht einerley Ordnung in ihren Handlungen haben/
einer macht es ſo/ der ander wiederum auderſt/ rich-
ten ſich aber unterdeſſen alle nach einem Zweck/ nem-
lich/ wie ſie alle Unordnung meiden/ und ihre Sa-
chen im guten Wohlſtand erhalten moͤgen. Dieſe
Ordnung aber beſtehet darinnen/ daß ſie ihre Buͤ-
cher
[173]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
cher doppelt/ vermiſcht oder einfach/ ſo wohl vor die
Manufacturen/ als andere Handlung/ halten
ſollen.
Zum dritten/ muͤſſen ſie den Verkauff in Obacht
nehmen/ dann anderſt werden die Waaren in gan-
tzen Stuͤcken/ anderſt bey dem Hand-Kauff ver-
kaufft. Der ſeine Waaren gantz verkaufft/ hat mit
Kauffleuten zu thun/ mit welchen er gantz an-
derſt als mit Edelleuten/ umgehen muß: Dann
die Kauffleute des Hand-Kauffs/ verſtehen ſich
auf die Waar/ und wiſſen ungefaͤhr den Preiß/ muß
man derowegen die Waar nicht uͤberbieten/ noch die
Kaͤuffer zu bereden im Gebrauch haben/ ſondern mit
einem Wort den Preiß/ um welchen ſie die Waar
haben ſollen/ anzeigen. Dasjenige/ was allein zu
beobachten/ iſt/ daß ſie die Perſonen/ welche ihnen
abkauffen/ unterſcheiden/ und diejenige/ welche
wohl bezahlen/ und viel auf einmal nehmen (denen
die nicht gerne bezahlen/ und wenig nehmen) vor-
ziehen.
Man muß auch dreyerley wohl in acht nehmen/
daß man nicht ſage/ und in dem Buch den Preiß/
wie die Waaren andern Kauffleuten ſind verkaufft
worden/ zeige/ und dieſes um zweyerley Urſachen:
Die Erſte/ weilen die Kaͤuffer einen Argwohn faſ-
ſen/ als waͤren die Waaren Ausſchuß/ haben alſo
zu kauffen keine Luſt. Die Andere/ weiln ſie den
jenigen/ welchen ſie die Waaren theuer verkaufft/
hoͤchſtens Unrecht thaͤten: Jndem ſie dadurch in boͤ-
ſen Verdacht gerathen/ als ob ſie nicht allenthalben/
weiln ſie theuerer als andere kauffen/ Credit haͤt-
ten. Wann aber ein Kauffmann gleichen Preiß/
wie
[174]Caput III. Von den
wie andere zu bezahlen/ anerboͤte/ ſo koͤnnte ihm der
Preiß auf dem Buch wohl gezeiget werden/ und die-
ſes wuͤrde ihm zu keinem Nachtheil gereichen/ wann
es nur um baar/ oder auf diejenige Zeit iſt/ ſo zur
Bezahlung gegeben wird.
Es muß auch in Verkauffung der Waare/ die
Zeit/ in welcher ſie begehret wird/ in acht genommen
werden. Z. E. Wann einer Winter-Waare zu
Ende deß Winters kauffen wollte/ muͤſſen dieſelbe
wohlfeiler/ als am Anfang des Winters/ damit ſie
nicht biß auf einen andern uͤbrig bleiben moͤgen/ ge-
geben werden. Dann die Mode duͤrffte vielleicht
in Abgang kommen/ und er dadurch auch den Ein-
kauff verliehren. Und dieſe Reſolution zu Aus-
gang der Jahrs-Zeit wohlfeiler/ als im Anfang zu
verkauffen/ iſt ſehr beobachtlich/ weiln die uͤberblei-
bende Waar ein verſtorbener Grund/ der nichts
hervor bringt/ hingegen bringt die Verkauffte
Waar zu ſeiner Zeit Geld/ darauf man (wann es
Gelegenheit andere Waaren um billichen Preiß zu
kauffen giebet) ſeine Rechnung machen kan.
Zum Vierdren/ muß er auch ſeine Waaren ſauber
halten/ und dieſelbe/ von einer Zeit zur andern/ in neue
Papyer einbinden. Dann/ wann die Kauffleute ſe-
hen/ daß die Waar unſauber und verwahrloſet/ iſt
es ihnen nicht zu verargen/ wann ſie ſich die Gedan-
cken machen/ daß die Waare alt/ und einen Man-
gel habe; Und dieſes verurſachet/ daß man die
Waare nicht anſiehet; Endlich verdierbt ſie gar/ al-
ſo/ daß man ſie ohne ſonderlichen Schaden nicht
verkauffen kan.
Zum Fuͤnfften/ ſoll er fleißig zu den Kauffleu-
ten/
[175]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
ten/ denen er Waaren verkaufft/ gehen/ und ihnen
die Rechnung/ ſo bald immer moͤglich/ bringen/ da-
mit nicht entweder in dem Preiß oder Maaß einige
Strittigkeiten kuͤnfftig entſtehen moͤgen; dann/ wann
man gar zu lang wartet/ ſo kan es leicht aus dem Ge-
daͤchtniß fallen.
Jndem ſie nun die Rechnung ſchlieſſen/ ſo ſollen
die Commis oder Bediente wohl acht haben/ was
ſie thun; das iſt: Daß ſie keinen Abzug auf den
Waaren/ wann ſie dieſelben nicht ſelbſt gemeſſen
und geſehen/ ob ſie voͤllig ſeye oder nicht/ eingehen/
noch einem zu Gefallen etwas mehrers/ weiln ſolches
mit ihrer Herꝛn Verluſt geſchehe/ geben ſollten. Ei-
ne Rechnung aber in Ordnung zu bringen/ muß
man ein Memorial machen/ in welchem die Anzahl
der Stuͤcke/ deren Numero, Elen und Preiß (wie
die Waare verkaufft worden) enthalten ſey. Die
Rechnung aber wohl zu machen/ muß das Memo-
rial, welches man bey ſich traͤgt/ mit der Rechnung/
welche bey Liefferung der Waaren gegeben worden/
conferirt werden/ um zu ſehen/ ob es mit demſelben
uͤbereinkommt; Bey einem jeden Articul muß man
den Abzug/ wann einer dabey zu bemercken/ und auf
wie viel die Waare ſich belauffe/ wohl in Obacht neh-
men/ wann er nun wieder in das Gewoͤlb kommen/
ſoll ers im Buch gleichfoͤrmig einſchreiben/ damit
daſſelbe/ und des Kauffmanns Buch/ mit dem er
Rechnung geſchloſſen/ uͤbereinſtimmend erfunden
werde. Dieſe Richtigkeit erhaͤlt gute Verſtaͤnd-
niß/ welche unter Groſſierern und Kauffleuten des
Hand-Kauffs ſeyn ſoll.
Zum Sechſten/ ſollen ſie offt die Kauffleute
des
[176]Caput III. Von den
des Hand-Kauffs beſuchen/ und ſolches um vier Ur-
ſachen willen Die Erſte iſt/ weiln man hierdurch/ ent-
weder von denen Herren oder ihren Bedienten erfah-
ren kan/ ob der Waaren Abzug gut oder ſchlecht ſey/
man kan dabey abnehmen/ welche Waaren am mei-
ſten begehrt/ und ſich darnach in Beſtellung der Ma-
nufactur-Waaren/ es ſeye gleich Frantzoͤſiſche oder
Auslaͤndiſche zu richten. Die Andere iſt/ weiln die-
ſe Beſuchung/ ihnen Waaren anzubieten/ und die
Kauffleute/ (daß wieder friſche Waare auf dem
Weg/ oder neue in den Manufacturen in Arbeit
ſeyn/) zu benachrichtigen Urſach giebt: Welches
denn ſo viel wuͤrcket/ daß ſich die Kauffleute der
Waaren/ die ſie vonnoͤthen/ erinnern/ und durch
dieſes Mittel procuriren die Handels-Diener den
Verkauff ihrer Herren Waaren.
Die Dritte iſt/ weil man allda/ was ſich in dem
Handel begiebt/ erfaͤhrt: Dann wie gemeiniglich
des Mittags und Abends die Groſſierer auf den
Platz oder an die Boͤrſe gehen/ und ſich allda viel bey-
ſammen finden/ als fehlet es nicht/ daß nicht von
Sachen/ welche in dem Gewerb vorgehen gere-
det werde. Einer wird ſagen/ wie in dieſer Stadt
ein Falliſſement ſich zugetragen; der Ander/ wie ein
Kauffmann Friſtungs-Brief und ſicher Geleit wi-
der ſeine Glaͤubiger bekommen/ der Dritte wird re-
feriren/ daß Wechſels-Briefe mit Proteſt zuruͤck
kommen/ und daß dieſer oder jener zur Bezahlung
angeſtrenget worden: Das Schiffe verlohren
gangen/ bey welchem dieſer oder jener intereſſiret
geweſen: Ein anderer wird etwan vorbringen/
daß man mit groſſer Muͤhe von dem und dem Kauff-
mann
[177]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
mann bezahlet werde. Ja man wird von allen
Sachen/ die ſich in dem Handel begeben/ etwas hoͤ-
ren. Dieſes iſt nun hoͤchſt nothwendig zu wiſſen/
weil eines ſolchen Dieners ſein Patron in einen und
andern intereſſiret ſeyn kan/ weßwegen ſie dann
denſelben/ damit ſie darinnen Rath ſchaffen/ und
ſich im Verkauff ihrer Waaren und Diſpoſition
ihrer Gelder darnach richten koͤnnen/ getreue Nach-
richt zu ertheilen/ nicht nachlaͤßig ſeyn ſollen.
Die Vierdte iſt der Nutzen/ welchen ſie ſich ſelb-
ſten/ weilen ſie vor geſchickt und fleißig gehalten
werden/ dadurch zuwegen bringen. Dann daraus
ſchlieſſen die Kauffleute/ daß/ wann ſie ſich ihrer
Herren Geſchaͤffte wohl angelegen ſeyn laſſen/ ſie
noch fleißiger in dem ihrigen/ wann ſie ihren eige-
nen Handel kuͤnfftig treiben/ ſeyn werden. Woher
dann offtmahls koͤmmt/ daß die Herren/ wann ſie
ihre Diener alſo geſchickt und getreu erſehen/ die-
ſelbe mit ſich in Gemeinſchafft nehmen/ ja gar/ ob
ſie ſchon nicht groſſes Vermoͤgen/ noch von ſo gu-
tem Geſchlecht/ als ſie ſeyn/ ihnen ihre Toͤchter ver-
heyrathen/ koͤnnen alſo/ vermittelſt ihrer Wiſſen-
ſchafft/ und guten Verhaltens/ ſolche Leute offt zu
groſſen Reichthum und Ehre gelangen.
Wegen ein caſſiren der Schulden giebt er
Cap. 37. folgenden Unterricht:
Erſtlich wird an einem Bedienten zu Einfor-
derung der Schulden Kuͤhnheit/ zum andern
Sorgfalt und Embſigkeit/ drittens/ Fuͤr-
ſichtigkeit/ und vierdtens Gedult erfordert.
Die Kuͤhnheit beſtehet darinnen/ daß ſie in
einer Standhafftigkeit anhalten/ die Schuld aber
Mdoch
[178]Caput III. Von den
doch mit Ehrerbietung (wann es bey vornehmen
Leuten iſt) fordern/ ihnen zu Gemuͤth fuͤhrend/ daß
ihr Herr des Geldes ſehr vonnoͤthen habe; wuͤrde
es ihm das erſte mahl abgeſchlagen/ und koͤmmt
zum andern mahl wieder/ ſoll er ein wenig ſtaͤrcker
darauf dringen/ damit der Schuldner durch einige
Wort bewogen werde/ daß er/ wo nicht die gantze
Schuld/ dennoch aber einen Theil daran zahlen
moͤge: Wann er nun endlichen nach offt beſchehe-
nen Abweiſungen nichts erlangt/ ſoll er/ ſo es ihm
befohlen wird/ ſagen/ daß man die Bezahlung ge-
richtlich ſuchen werde.
Die Sorgfalt und Embſigkeit iſt vors an-
dere bey einem/ der Schuld einfordern ſoll/ noͤthig;
weil man fruͤh/ um die Perſonen/ mit welchen man
zu thun hat/ anzutreffen/ aufſtehen/ und die Stund
und Tag/ da man das Geld zu empfangen beſchie-
den iſt/ nicht verabſaͤumen muß; dann wann man
zu der Stund/ die man beſtimmet/ nicht erſcheinet/
kan der Schuldner eine Ausflucht ſuchen/ und vor-
wenden/ daß er ſein Geld anderſt diſponiret habe.
Die Fuͤrſichtigkeit wird drittens zu Eincaſſi-
rung der Schulden darum erfordert/ damit man
(1.) nichts anders rede/ als das jenige/ was zur
Einnahm und Forderung der Schuld vonnoͤthen
iſt/ und (2.) die Zeit/ wann man meynet/ daß der
Schuldner zu Hauß/ nicht verſaͤumen/ (3.) auch
nicht ohngefehr/ damit die Zeit nicht unnuͤtz dahin
ſtreiche/ den Schuldner zu ſuchen/ gehe: dann es
ſind etliche/ welche man nur des Morgens Fruͤhe/
andere aber ſpaͤter antrifft; muͤſſen dannenhero die
Stunden/ in welchen man vermeynet/ die Schuld-
ner
[179]Qualitaͤten eines Kauffmanns-Dieners.
ner anzutreffen/ nicht verſaͤumet werden. Die Vor-
ſichtigkeit beſtehet auch darinnen/ daß man mit dem
Schuldner nichts in Gegenwart ſeines Hauß-Ge-
ſindes oder anderer Leute rede/ dann ſolches ver-
dreuſt dieſelben/ und dieſe Unvorſichtigkeit verurſa-
chet/ daß der Mahner Unluſt hat/ und ihren Prin-
cipalen hernach nichts mehr abgekauffet wird: Es
iſt auch ein Stuͤck der Vorſichtigkeit/ Dinten/ Fe-
dern und Papier bey ſich zu haben/ um ſich Hand-
ſchrifften machen zu laſſen/ die Rechnung zu ſchlieſ-
ſen/ oder aber Quittungen des empfangenen Gel-
des zu ertheilen. Dieſes alles iſt um ſo viel wich-
tiger/ als man ſich nicht einbildet; dann die
Schuldner finden dadurch gar offt ihre Ausflucht/
vorwendende/ daß ſie keine Dinte/ Papier noch Fe-
der haͤtten. Jch weiß es durch die Erfahrung/
weilen ich ſelbſten gar offt dabey ertappet worden
bin.
Endlich iſt die Gedult auch eine noͤthige Tu-
gend denen/ welche Schuld einfordern ſollen. Die-
ſelbe beſtehet darinnen/ da man zu den Schuldnern
zu gehen/ und die Schuld zu fordern/ nicht verdruͤß-
lich werde/ man muß die Gelegenheit/ mit ihnen zu
reden/ erwarten/ ſonderlichen aber ſich nicht unge-
dultig/ noch ungeberdig uͤber die Abweiſung erzei-
gen/ auch nicht ſchimpfliche und zu Zorn-reitzende
Wort von ſich hoͤren laſſen/ dann man muß be-
dencken/ daß die Zeit und Gedult alles zu einem gu-
te Ende bringe/ hingegen aber die Ungedult alles
uͤber einen Hauffen werffe.
Hingegen muß auch ein Kauffmann oder Han-
dels-Patron in acht nehmen/ daß er diejenigen/ wel-
M 2che
[180]Caput IV.
che dem Verkauff obliegen/ die Schulden einzufor-
dern/ nicht ſchicke: Die Urſach iſt/ weilen ein guter
Sollicitant gegen diejenigen/ welche nicht anders/
als im Zorn bezahlen/ harte Wort gebrauchen muß/
welches ſie zu Widerwillen gegen diejenigen/ von
denen ſie ſo ſcharff getrieben worden/ reitzet/ und
daher/ wann ſie werden Waaren auf ein anders
mahl kauffen wollen/ dieſelbe ſcheuen/ und vorbey
gehen.
Caput IV.
Was ein Kauffmanns-Diener
von Buchhalten/ Wechſeln/ und
Brief-Schreiben wiſſen
muͤſſe.
WEil die wenigſten unter denen Kauffleu-
ten in groſſen Handels-Staͤdten ſolcher
Geſtalt Buchhalters halten/ daß ſelbige
bloß allein denen Handels-Buͤchern ob-
liegen/ der uͤbrigen Handels-Geſchaͤffte aber ſich gar
nicht anmaſſen ſollten/ ſondern nur einen Diener
haͤlt und ſalariret/ (in ſo fern er ſolchen nicht die
gantze Zeit aus/ entweder zum Reiſen/ Schulden-
ein caſſiren/ kauffen/ verkauffen/ und manufacturi-
ren/ der Waare zu Hauß und auch auf Meſſen/ in
offenen oder verſchloſſenen Gewoͤlb oder Laden/
bloß allein gebrauchen/ und dabey genugſame Oc-
cupation ſchaffen kan/) demſelben auch dabey zu
allen
[181]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
allen vorfallenden Handels-Verrichtungen/ ſonder-
lich aber zur Schreiberey auf dem Contoir, und
folglich dem Buchhalten/ wann er der Handels-
Patron, ſolches ſeiner Convenientz/ und des Die-
ners Capacitaͤt gemaͤß zu ſeyn/ beurtheilet/ mit an-
haͤlt und gebrauchet/ als will ja einem ſolchen Die-
ner die Wiſſenſchafft des Buchhalten/ und zwar
um ſo viel mehr/ noͤthig ſeyn/ als es erſtlich ein noth-
wendiges Requiſitum an einem der Handlung zu-
gethanen; Zweytens auch eine Wiſſenſchafft iſt/
durch welche ſich ein junger Menſch trefflich recom-
mandiren/ auch auſſer den Kauffmanns-Stand
damit wohl fortkommen/ und allezeit mehr Sala-
rium, als ein Idiot, der nichts davon weiß/ (und
beſſer mit den Pack-Stock/ als der Feder umzuge-
hen/ beſſer Ballen und Faͤſſer/ als Brief zu machen/
beſſer Waaren zu ſortiren/ und denen Bauren ein
Loth Pfeffer/ oder etliche Elen groben Boy/ oder
Tuch/ zu verkauffen/ und anzuſchwatzen/ als in
Buchhalten/ Debet und Credit zu unterſcheiden/
oder in allerhand Vorfaͤllen einen zierlichen Brief
zu ſchreiben gelernet/) prætendiren kan.
Ein nothwendiges Requiſitum iſt die Wiſſen-
ſchafft des Buchhaltens vornehmlich darum/ weil
(1.) der Handels-Patron ſolches erfordert/ und
desfalls ſolche Leute/ denen er Koſt und Lohn gie-
bet/ ſuchet/ und in ſeine Dienſte nimmt/ welche ihm
der Muͤh/ die Handels-Buͤcher ſelbſt zu ſchreiben/
uͤberheben koͤnnen/ zugeſchweigen/ daß viel Han-
dels-Diener bey Abſterben ihrer Patronen/ die
Handels-Geſchaͤffte dergeſtalt auf ſich nehmen
muͤſſen/ daß ſie jederzeit denen Erben und Erbneh-
M 3men
[182]Caput IV.
men Rechnung und Reliqua præſtiren koͤnnen;
wie will aber ſolches ohne genugſame Wiſſenſchafft
des Buchhaltens geſchehen/ und was finden ſich
nicht offt vor vortheilhafftige Conditiones bey
Kauffmaͤnniſchen Wittfrauens/ welche ihrer Maͤn-
ner Handlung etwann ihren Kindern zum beſten/
oder anderer Urſachen halber/ zu continuiren/ ent-
ſchloſſen/ da dann ein habiles Subjectum eines ſol-
chen Bedientens/ welcher ſo wohl die Waaren-
Handlung als Scripturen verſtehet/ darzu erfor-
dert wird/ dieſes alles aber/ wann es noch nicht ge-
nug waͤre/ die Nothwendigkeit und Nutzbarkeit des
Buchhaltens denen Kauff-Geſellen einzuſchaͤrffen/
ſo ſolte ſie vornehmlich darzu anreitzen/ (1.) die Be-
duͤrffnis derſelben in ihren Diener/ und (2.) in ih-
ren Herren/ oder eigenem Handels-Stand; jene laͤſt
ſich wieder eintheilen/ wie ſie dieſer Wiſſenſchafft/
theils in Anſehung ihrer Handels-Patronen/ theils
ihrer ſelbſt beduͤrfftig ſeyn; dann was das erſte
anbetrifft/ wird ein Diener auf Meſſen/ und mit
Cargaſonen oder Schiffs-Ladungen verſchickt/ ih-
me auch einige particulare Stuͤcke von der Hand-
lung/ oder der gantze Waaren Verkehr/ auch et-
wann eine gantze Meß-Verrichtung oder Scontro,
eine gewiſſe Inſpection in dieſer oder jener Han-
dels-Sache/ unter Handen gegeben/ wie will er ſich
derſelben recht acquittiren/ wann ihme die Kunſt
des Buchhaltens unbekannt iſt/ ja wie will er zu
ſeiner eigenen Erbauung und Belehrung in die Han-
dels-Arcana ſeines Handels-Patrons hinein drin-
gen/ wann er aus den Buchhalten nichts gelernet
hat/ wo er es recht ſuchen und wahrnehmen ſoll;
Bey
[183]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
Bey eigener Handlung wird ſolche Wiſſenſchafft
noch viel mehr erfordert/ weil ein junger Anfaͤnger
ſo gleich nicht auf den Fuß ſich ſetzen muß/ eigene
Buchhalters anzunehnem/ wie groß auch ſein Ca-
pital darzu ſeyn moͤchte/ es waͤre dann/ daß er ei-
ne ſchon établirte groſſe Handlung ererbet/ erhey-
rathet/ oder auf andere Weiſe an ſich gebracht haͤt-
te/ bey welcher er einen eigenen Buchhalter gefun-
den/ und daß ſolchen beyzubehalten/ die Nothwen-
digkeit erforderte. Auſſer dieſen aber thut er ſehr
wohl/ beym Eintritt in ſeine eigene Handlung/ ſeine
Buͤcher ſo lang ſelber zu fuͤhren/ und zu ſchreiben/
biß daß die Vielheit und der Anwachs ſeiner Ge-
ſchaͤfften ihn davon diſpenſiren/ und mit Fug ei-
nen Subalternen zulaſſen koͤnnen.
Es wird aber auſſer denen Præcognitis Gene-
ralibus der Contoiriſtiſchen Scripturen vornehm-
lich an einen Buchhalter erfordert/ daß er wiſſe/
worinn das Buchhalten/ ſonderlich das Jtaliaͤni-
ſche/ beſtehe/ nehmlich/ daß alle Handels-Verrich-
tungen dadurch in guter Ordnung koͤnnen gehalten/
der Handlungs-Zuſtand/ ſo offt es noͤthig/ aus de-
nen Haupt-Buͤchern erkundigt/ und dem Handels-
Patron jedesmahl auf ſein Begehren ein richtiger
Bilantz vorgeleget werden. Zu dieſer Wiſſenſchafft
zu gelangen/ wird Theoria und Praxis erfordert;
Die Theoria hat unſern Handels-Bedienten in de-
nen Schreib-Rechen- und Buchhalter-Schulen/ in-
gleichen in ſeinen Dienſt- und Lehr-Jahren/ und auf
den Contoir ſeines Principalen angewieſen/ wie er
Handels-Buͤcher uͤber eigene und Geſellſchafft-
Handlungen anfangen muͤſſe/ wie erſtlich ein In-
M 4ven-
[184]Caput IV.
ventarium uͤber die verhandene Waaren und
baare Gelder/ wie auch andere bewegliche und un-
bewegliche/ jedoch handgreiffliche Dinge zu machen
ſey/ welcher Geſtalt man ferner die Debitores und
Creditores extrahiren/ und die Capital-Conto
hierauf vor jene creditiren/ an dieſe aber debitiren
ren muͤſſe. Wie hierauf ferner/ wann ſolcher Ge-
ſtalt die Formirung des Grundſatzes/ nehmlich der
Capital-Conto ſeine Richtigkeit hat/ in Fortſe-
tzung der Handlung procediret werden/ daß nehm-
lich allezeit zu einen Debitore ein Creditor, und
zu dieſen wieder ein Debitor nach der Manier des
Jtaliaͤniſchen Buchhaltens muͤſſe gefunden werden/
wie ſolches in unſern Probierſtein der Buchhalter
ausfuͤhrlich angewieſen worden/ worauf es dann
auf die Praxin loß gehet/ da ein ſolcher/ der ſich vor
einen geſchickten Handels-Diener ausgiebet/ auch
in ſolchen/ was zum Buchhalten gehoͤret/ Præſtan-
dæ præſtiren muß.
Hier ſtehe er nun nicht lang in Bedencken/
wann er nunmehro beym Antritt ſeiner neuen Fun-
ction auf den Contoir zu denen Handels-Buͤchern
gefuͤhret/ und ihme die Beſchickung derſelben uͤber-
geben wird; Er erkundige ſich aber vorher/ wie es
der Handels-Patron damit wolle gehalten haben/
ob es neu-anzufangende/ oder nur von voriger Zeit
her zu continuirende Buͤcher ſeyn/ ob ſelbige in
einfachen oder doppelten Poſten/ auf Jtaliaͤniſche
Manier ſollen gehalten werden/ ob allbereit ein vo-
rigen Jahrs/ oder aus denen alten Buͤchern gezo-
gener Bilantz vorhanden/ oder ob ſolcher erſt muͤſſe
geſuchet/ extrahiret/ und/ da es aus Buͤchern/ die
nur
[185]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
nur in einfachen Poſten gefuͤhret worden/ geſchehen
ſoll/ ſolcher nach der Form des Jtaliaͤniſchen Buch-
haltens (da alle vorhandene Waaren/ baare Gel-
der/ bewegliche und unbewegliche Dinge/ wie auch
die vorhandene Debitores an Capital-Conto,
dieſe hingegen wieder an die befundene Creditores
zu debitiren) ſoll gemachet werden/ worauf man
dann gleich die erſte Grund-Lage zu den Jtaliaͤni-
ſchen Buchhalten hat.
Anfaͤnglich wird ihm bey ſeinen Eintritt in die
Handlung (ſonderlich wann er vorher auf dem
Contoir unbekannt geweſen) die darinn gebraͤuch-
liche Methode, ſamt denen Affairen/ etwas unbe-
kannt ſeyn/ er wird vornehmlich ſeines neuen Pa-
troni Correſpondenten wohl muͤſſen kennen ler-
nen/ und ſich dannenhero aus dem Copier-Buch/
und denen Handels-Buͤchern/ wohl erkundigen/
worinn das Negotium mit ihnen beſtehe; Zu die-
ſem Ende giebt er fleißig Achtung/ uͤber was vor
Sachen/ und in welcher Methode oder Schreib-
Art man mit ihnen zu correſpondiren pflege/ da
er dann/ ſo bald er nur ein wenig Kaͤnntniß einge-
zogen/ ſich ſchon nach und nach der Arbeit der Cor-
reſpondentz unterziehen kan/ biß endlich etliche
Poſt-Taͤge/ Wochen und Monate/ ihme die voͤlli-
ge Kaͤnntniß zuwege bringen/ welche bey einem ge-
ſchickten Subjecto ſich ſo weit erſtrecken muß/ daß
er endlich wenig oder nichts von ſeinem Handels-
Patrono ſich darff eintrichtern oder vorkaͤuen laſ-
ſen/ ſondern es iſt genug/ daß der Principal mit
zwey oder drey Worten ſage/ was er geantwortet
haben will/ daß er der Concipient, ſo gleich ohne
M 5lan-
[186]Caput IV.
langes Bedencken in die Feder faſſen/ und einen
foͤrmlichen Brief/ biß auf die Unterſchrifft des Pa-
trons, daruͤber ausfertigen koͤnne.
Und alſo iſt es auch mit dem Buchhalten be-
wandt/ da ein neu-angehender Handels-Diener
ebenfalls vorher Zeit nehmen muß/ der Handlung
und Handels-Buͤcher/ die er bedienen und fortfuͤh-
ren ſoll/ ihre Beſchaffenheit recht zu erkundigen; zu-
weilen fuͤget es ſich/ daß der vorige/ und etwann
abgehende Buchhalter/ oder auch der Handels-
Herr ſelbſten/ ihme dazu gute Anleitung giebet/ et-
wann auch ein richtiger Bilantz vorhanden/ nach
welchem die Continuation gar leichtlich geſchehen
kan; item/ daß der Principal ſelbſt anfaͤnglich das
Ober-Directorium fuͤhret/ und wie er die Sache
will eingerichtet haben/ Ordre ertheilet/ auch wohl
ſelbſt/ wie ſein neuer Buchhalter die Fuͤhrung der
Buͤcher anzugreiffen gedencket/ auch welcher Ge-
ſtalt ſolche am fuͤglichſten anzufangen waͤren/ mit
ihme in Uberlegung nimmt. Vielen Handels-
Dienern begegnet es auch/ daß/ weil ihr Princi-
paliſt eine ſtarcke Handlung hat/ er allbereit ſeinen
gewiſſen Buchhalter/ oder einen lang bey ihm in
Dienſten geſtandenen/ und darzu wohl abgerichte-
ten Diener hat/ von welchem der neue Handels-Die-
ner/ den man etwann ſonſten zu andern Scripturen
und Handels-Geſchaͤfften angenommen/ mit guter
Bequemlichkeit lernen/ und den Stylum des Con-
toir abſehen kan/ welches ein jeder junger/ und zur
Kauffmannſchafft gewidmeter Menſch um ſo viel
fleißiger thun ſoll/ als ihme/ wie oben ſchon gedacht/
Conditiones vorſtoſſen koͤnnen/ bey welchen ihme
aus
[187]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
aus Mangel eines Patrons, die gantze Laſt des Con-
toir, und der Waaren-Handlung auf den Hals
gewaͤltzet wird; Weh ihme alsdann/ wann er dem
Werck nicht gewachſen/ und ſich vorher capabler
ausgegeben/ als ſeine Kraͤfften hernach befunden
werden.
Nicht aber gedencke unſer Handels-Diener/
daß er/ wann er gleich unter einem maͤnnlichen Pa-
tron ſtehet/ welcher ſelber mit Hand anzulegen
pfleget/ er darum allein an das Buchhalten gebun-
den ſey/ nein/ ſondern eben darum hat man Han-
dels-Diener/ daß ſie/ nebſt den Handels-Buͤchern/
auch andere Scripturen auf dem Contoir mit ver-
walten muͤſſen/ welches ihnen ſo viel angenehmer
ſeyn ſoll/ weil ſie dadurch je laͤnger geſchickter wer-
den/ und ſich eine ſo viel groͤſſere Geſchicklichkeit in
Handels-Sachen zuwege bringen; Jrren demnach
diejenigen ſehr/ welche ſich darauf was einbilden
wollen/ daß ſie ihrer Herrn Handels-Buͤcher ſchrei-
ben/ und darum ſich der uͤbrigen Handels-Geſchaͤff-
len entziehen wolten/ welches aber keinesweges ſeyn
muß/ ſondern ein geſchickter Handels-Diener muß/
wann er anders ſeinem Herrn treulich dienen will/
zu rechter Zeit den Handels-Buͤchern vorzuſtehen/
zu rechter Zeit die Poſt-Taͤge mit abzuwarten/ ja
gar bey den Waaren mit anzugreiffen wiſſen/ und
wann hiervon auch die Boͤrſe/ und derer taͤgliche
Frequentirung nicht auszuſchlieſſen/ als kommen
auf ſolcher/ nechſt den Waaren-Einkauff- und Ver-
kauff/ Schiffer und Fuhrleute befrachten/ Schul-
den zu mahnen/ was in Handlung paſſirt anzuhoͤ-
ren und zu erkundigen/ auch das Aſſigniren/ Res-
con-
[188]Caput IV.
contriren/ ſonderlich aber das Wechſelſchlieſſen/
vor/ welches einem Handels-Diener vielmahls allein
anvertrauet iſt/ wann entweder ſein Patron ſich
nicht gegenwaͤrtig befindet/ oder er/ als Compli-
mentarius, einer Handlung gantz allein vorzuſte-
hen hat/ daß nun in dergleichen Faͤllen die Wiſſen-
ſchafft der Wechſeln/ und was ſolche auf ſich ha-
ben/ einem Handels-Diener ſehr nothwendig ſey/ iſt
unſtreitbar/ er muß hier zu ſeines Orts Gelder wohl
verſtehen/ und wie ſich derſelben aͤuſſerlicher und in-
nerlicher Wehrt gegen frembde Gelder verhalte/ auch
was der Cours des Wechſels ſey/ wie ſolcher von
einem Poſt-Tag zum andern ſteige oder falle/ da-
bey er dann in Abgeben und Nehmen der Wech-
ſel-Gelder/ allezeit auf ſeines Principalen Vor-
theil/ und auf den vortheilhafftigſten Cours vor ihn
zu bedingen bedacht ſeyn/ dabey aber auch in Acht
nehmen muß/ daß er in Abgeben der Gelder nicht
an ſolche Leuthe gerathe/ deren Wechſel an Ort und
Stelle/ wo ſie hin gehoͤren/ nicht honoriret und
acceptiret/ ſondern mit Proteſt zuruͤck geſandt
werden/ etwann auch hernach Gefahr ſich ereignet/
daß man die Valuta von dem Ausgeber des Wech-
ſels nicht wieder bekommen kan/ zu welchem Ende
das Trau/ Schau/ Wem/ ſich ein Handels-Diener
um ſo viel mehr ſoll laſſen recommandiret ſeyn/
als er anderer Leut Gelder/ und nicht ſeine eigene
adminiſtriret/ daher auch eine ſo viel groͤſſere Sorg-
falt erfordert wird/ ſich deßfalls auſſer aller Schuld
und Verantwortung zu ſetzen/ wie denn auch denen
Maͤcklern/ welche ofſt quid pro quo, einen auf
ſchwachen Fuͤſſen ſtehenden/ vor einen wohl-credi-
tirten
[189]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
tirten Nehmer recommandiren/ nicht allezeit zu
trauen iſt/ und thut daher ein Handels-Diener
wohl/ wann er in loco Domicilii ſeines Herrn ge-
nauen Befehl/ mit wem er Wechſel ſchlieſſen ſoll/
oder nicht/ accurat nachlebet/ oder ſo er in ſeines
Herrn Verrichtungen auf der Reiſe iſt/ anders kei-
ne Gelder an jemand abgiebet/ als worzu ihme von
ſeines Herrn daſelbſt habenden Factor gerathen
worden/ daß er es ohne Gefahr thun koͤnne.
Bey Schlieſſung der Wechſel will vornehmlich
noͤthig ſeyn/ wohl zu calculiren/ was bey dieſem
oder jenem Wechſel-Cours gewonnen oder verloh-
ren werde/ auch ob rathſamer/ Gelder a Droiture,
oder gerade zu/ oder uͤber einen andern Handels-
Platz lauffen zu laſſen/ dabey dann die Wechſel-
Intereſſe, Proviſiones, Brief-Port/ Senſeria,
oder Maͤckler-Lohn/ und andere Umſtaͤnde mehr/
wohl zu conſideriren ſeyn/ welches alles verhoffent-
lich einem jeden Handels-Diener/ der dieſes ließt/
genugſam uͤberzeigen wird/ daß man ein gutes Fun-
dament in der Theoretiſchen Wechſel-Rechnung/
und folglich eine wohlgeſetzte Praxin in Wechſel-
ſchlieſſen (welche ſich in denen Jungen-Jahren auf
dem Contoir, und folglich durch langen Umgang
an der Boͤrß je laͤnger je mehr erlernen laͤßt) ha-
ben muͤſſe.
So bald Gelder auf Wechſel abzugeben/ oder
zu nehmen/ geſchloſſen worden/ wird ſolches zu
Hauß/ in die Strazza, oder Cladde, mit allen Um-
ſtaͤnde pro Memoria eingeſchrieben/ z. E.
Heute den 14. April/ durch Maͤckler Corne-
lium, mit Herrn Titio auf Amſterdam geſchloſſen/
Reichs-
[190]Caput IV.
Reichsthaler 600. Banco-Geld daſelbſt zu empfan-
gen/ wofuͤr ihme allhier mit 30. pro Cento Agio
an guten Wechſel Courrant-Geld zu bezahlen
780. Reichsthaler.
So bald als ſolcher Wechſel geſchloſſen/ muß
er gegen Abgang der Poſt zu rechter Zeit von dem
Ausgeber deſſelben procuriret/ und folglich ver-
ſandt werden/ welches alles dem Handels-Diener
bey Zeiten zu beſorgen oblieget/ da er auch zugleich
die Caſſam unter Haͤnden haͤtte/ auch von ſeinem
Principal oder Principalin, wann ſelbige eine
Kauff-Frau iſt/ oder von gewiſſer Handlungs-Er-
ben/ ihren Vormuͤndern authoriſiret und bevoll-
maͤchtiget waͤre/ daß er in Banco koͤnte abſchreiben
laſſen/ und daſelbſt rescontriren/ ſo wird ihme oh-
ne dem ſchon die Beſchaffenheit der Handlung/
was in Zahlungen per Caſſam, oder per Banco,
ingleichen durch Aſſignationes und Uberweiſungen
zu thun ſey/ an die Hand geben. Seine erſtande-
ne Jungen-Jahre/ in welchen er ſonderlich zum
Geld Einhohlen und Auszahlen gebrauchet worden/
werden ihm auch in Kaͤnntniß vieler Hand-Muͤntz-
Sorten/ fertigen Zehlen/ und andern Cautelis, die
einen ſorgfaͤltigen Caſſirer obliegen/ zu gelernet ha-
ben/ daß alſo/ was das Verwechſeln der Gelder an-
belanget/ weiter allhier nichts zu erinnern/ als nur/
daß in ſo fern er die Handels-Caſſam unter Han-
den hat/ er damit getreulich und richtig umgehe;
jenes erſtrecket ſich auch ſo weit/ daß nicht einmahl
ein Handels-Diener vor ſich ſelbſt zu ſeinem eigenen
Gebrauch/ auf eine ob gleich kurtze Zeit aus
der ihm anvertrauten Handels-Caſſa etwas neh-
men
[191]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
men und entlehnen mag/ zugeſchweigen/ daß er
noch andern mit oder ohne Intereſſe hinter ſeines
Herrn Wiſſen und Willen aushelffen/ oder gar
mit deſſen Geldern etwas lucriren ſolte/ welches
von ihme/ dem Herrn zum beſten/ nicht ſolte berech-
net werden. Wegen Richtigkeit der Handels-Caſſa,
hat unſer Handels-Diener um ſo viel mehr Sorge
zu tragen/ als ploͤtzlich ſein Principal das Caſſa-
Buch fordern/ und ob die baaren Gelder in der
Caſſa mit ſelbigen uͤberein kaͤmen/ unterſuchen moͤch-
te/ da er dann uͤbel klingen wuͤrde/ wann ſich deß-
fals ein Mangel ereignen ſolte/ und darffen ſich unſere
Handels-Diener gar nicht befrembden laſſen/ ſonder-
lich wann ſie frembde ſeyn/ daß man ihnen Caution
abfordert/ weil ein jeder Principal um ſo viel mehr
auf ſeine Sicherheit zu dencken hat/ als er einem Die-
ner ſchon mehr als einem Jungen anvertrauen muß.
Das Einſchreiben in die Strazza oder Clad-
de laſſe ſich ein Handels-Diener ebenfals wohl be-
fohlen ſeyn/ nicht ſo wohl/ daß er ſelber in ein ſol-
ches Tag-Buch alles/ was er des Tages uͤber in
der Handlung verrichtet/ notire/ ſondern wann er
zugleich als Buchhalter mit beſtellet/ daß er zu ſei-
ner eigenen Erlaͤuterung und Erleichterung dahin
ſchaue/ daß die Handels-Jungen/ oder wer ſonſt
neben ihm in die Cladde einzuſchreiben pfleget/ al-
les deutlich und mit Umſtaͤnden notiren/ wie ich
dann einen geſchickten/ und Treu-geſinnten Han-
dels-Diener/ als einen guten Haußhalter/ und
Vice-Principalen in der Handlung ſchon anſehe/
welcher/ wann er redlich dienen will/ ſich des
Wercks/ als wann es ſein eigen waͤre/ annehmen/
und
[192]Caput IV.
und auf alles ein wachendes Auge haben muß/
nicht zufrieden ſeyende/ daß er nur ſein Penſum
oder Tag-Arbeit verrichte; ſondern er muß auch die
unter ihm ſtehende ein gleiches zu thun anhalten/
und ſo viel ihme moͤglich/ und an Authoritaͤt ein-
geraͤumet/ dahin trachten/ daß dem Handels-Prin-
cipali viel Sorg und Muͤh benommen/ auch ohne
ſein Erinnern und Befehl freywillig und exact,
was in der Handlung bey Waaren oder Scripturen
zu thun vorfaͤlt/ gethan/ und nichts auf den morgen-
den Tag verſchoben werde.
Was ferner bemeldte Scripturen/ und ſonder-
lich die zufuͤhrende Correſpondenz anbelanget/
muß ein Handels-Diener den Jnhalt aller einge-
lauffenen Briefe/ in ſo fern ſein Principal nicht et-
wann aus ein und andern ſich etwas reſerviret/
und ins geheim behalten wolte/ ſich wohl bekannt
machen/ damit er ſo gleich wiſſe/ was etwann dar-
auf zu antworten ſeyn moͤchte/ worzu wir ihm dann
einen deutlichen und wohl-gefaßten Stylum, der
weder zu lang/ noch zu kurtz/ zu ausſchweiffend oder
zu dunckel ſey/ recommandiren wollen/ wobey wir
aber gleich zweyerley vorher zu beruͤhren haben/
nehmlich es kan entweder ein Handes-Diener/ La-
teiniſch/ Frantzoͤſiſch/ Jtaliaͤniſch und Hollaͤndiſch/
allzuſamm/ oder eine von dieſen vier Sprachen in
Perfection, oder doch beylaͤufftig alle/ oder eine der-
ſelben in ſo weit/ daß er paſſablement darinnen
Reden und Schreiben kan/ und ſich nicht darinn
verkauffen laſſen darff/ oder er weiß gar nichts da-
von. Jn dem erſten Fall rathe ich ihm/ wie es
dann auch loͤblich ſtehet/ und zu Befeſtigung ſei-
nes
[193]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
nes Exercitii gerichtet/ daß er in ſolchen Spra-
chen/ ſo offt es die Gelegenheit giebet/ und ſein Pa-
tron und deſſen Handlung es alſo erfordert/ cor-
reſpondire/ weil viel hundert Handels-Diener eben
darum angenommen werden/ weil ſie frembde
Sprachen wiſſen/ und ihrem Herꝛn damit in ſeiner
Handlung dienen koͤnnen/ wie alſo ein Dantziger
und Breßlauer Handels-Diener faſt unumgaͤnglich
Polniſch/ ein Wieniſcher Niederlaͤger Ungariſch/ ein
Augſpurger Jtaliaͤniſch/ ein Franckfurther Frantzoͤ-
ſiſch/ ein Hamburger Schwediſch und Daͤniſch
wiſſen ſollte; waͤre es aber/ daß er keine von dieſen
Sprachen wuͤſte/ und etwan nur etliche Worte da-
von bey den Sprach-Meiſter erſchnappet haͤtte/ ſo
wollte ich ebenfalls dergleichen junge Leute freundlich
gebetten haben/ doch einmal von der naͤrriſchen Ge-
wohnheit ihres Kramer-Lateins/ oder ihre Teutſche
Kauffmanns-Briefe/ mit Frantzoͤſiſchen und Jtaliaͤ-
niſchen Worten anzufuͤllen/ abzuſtehen/ und ſich
nicht andern Phantaſten hierinn gleich zuſtellen/ die
ihre elende und unfoͤrmliche/ verzogene und uͤbel
connectirende Briefe dergeſtalt mit frembden
Woͤrtern ſpicken/ daß kein Haas der gebraten wer-
den ſoll/ mehr geſpickt/ oder eines Bettlers Rock
mehr geflickter ſeyn kan/ als ein ſolcher Franzoͤſiſcher-
ter Brief iſt/ da man doch viel beſſer unſerer Teutſchen
Sprach die Ehre thaͤte/ wenn man dieſelbe bey ihrer
natuͤrlichen Reinigkeit lieſſe/ als daß man ſie in dem
Carneval mit allerhand bunten Baͤndern behangen/
wie man Faßnachts-Narren herum fuͤhret. Vor al-
len laſſe derjenige/ der das Latein nicht verſtehet/ ſel-
biges ungebruͤhet/ wiewohl wir die in Kauffmaͤnni-
Nſchen
[194]Caput IV.
ſchen Briefen ſchon bekannte und zum Buͤrger-
Recht angenommene Terminos Technicos, (das
iſt) die Kunſt- und Handels-Woͤrter/ welche zu
Erlaͤuteruug der Sachen beſſer aus frembden Spra-
chen genommen/ und in ſolchen kuͤrtzer als in der
Teutſchen gegeben werden koͤnnen/ nicht von unſern
Teutſchen Kauffmanns-Briefen/ ſondern nur die
uͤber fluͤßige und den Stylum verduncklende/ wollen
ausgeſchloſſen/ dabey auch unſerm Handels-Diener
die Lehre mit gegeben haben/ daß er/ was die Erler-
nung der Sprach betrifft/ auch noch in ſeinem Die-
ner Stand ſich keine Zeit noch Muͤhe dauren laſſe/
weil niemand an denen Wiſſenſchafften ſchwehr
traͤget/ und je qualificirter ſich ein junger Menſch
darinnen machen kan/ je mehr Ehr und Vortheil
ſolches ihme zu wege bringen wird.
Wegen des Brief-Styli ſelbſt/ nehme unſer
Handels-Diener zur Erinnerung an/ daß er darin-
nen kurtz/ aber nicht zu verſteckt und undeutlich ſey/
und die wunderliche Opinion meide/ als wann
Kauffleute vor allen im Brief-Schreiben kurtz ſeyn
muͤſten/ ſolches wird zwar erfordert/ wie es dann
auch ihre vielfaͤltige Geſchaͤfften und groſſe Corre-
ſpondentz nicht anderſt leiden wollen/ darum aber
muͤſſen ſie nicht unvernehmlich und dunckel ſeyn/
zumal das Meum \& Tuum ſo offt darunter verſi-
ret/ ſondern man behalte bey der beliebten Kuͤrtze
auch eine zierliche Deutlichkeit/ und vermeide ſo viel
als moͤglich zweydeutige Redens-Arten/ welche her-
nach einer nachtheiligen Auslegung moͤchten unter-
worffen ſeyn.
Nicht weniger will auch im Brieff-Schreiben
noͤthig
[195]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
noͤthig ſeyn/ dieſelbe wohl zu connectiren oder zu-
ſammen zu haͤngen/ und durch ſolche Bind-Woͤrt-
lein den Senſum dergeſtalt deutlich zu machen/ daß
ein vernuͤnfftiger Schluß dar aus erhellen/ nicht aber
als Kraut und Ruͤben alles untereinander geworf-
fen ſeyn moͤge. Man hat ſich deßfalls weitere An-
leitung in denen vier Theilen unſers allzeitfertigen
Handels-Correſpon dentendens zu verſehen/ an
welches nutzliche Buch wir all diejenige/ welche ei-
nen guten Stylum in Handels-Briefen zu lernen
Verlangen tragen/ wollen verwieſen haben.
Was nun ſolcher Geſtalt in Kauffmanns-Brie-
fen an allerhand Materien einlaufft und wegge-
ſchrieben wird/ davon nimmt hernach der Handels-
Diener/ welchezugle ich die Buͤcher auf dem Con-
toir mitfuͤhret/ die Materien heraus/ welche in ge-
dachte Handels-Buͤcher unter ihre Rubriquen und
Rechnungen gebracht werden muͤſſen/ und haben
wir in unſern Probier-Stein der Buchhalter/ ſchon
gedacht/ daß gegen Ende des Monats ſich am fuͤg-
lichſten/ deſſelben Monats uͤber geſchehene Ver-
richtungen journaliſiren/ und folglich in das Haupt-
Buch uͤbertragen lieſſen/ zu welcher Arbeit man
erſtlich die Cladde odeꝛ Strazze vor die Hand nimmt/
dieſelbe kuͤrtzlich uͤberlaufft/ und was an ſolchen Po-
ſten/ welche in die Haupt-Buͤcher gehoͤren/ darinn
gefunden wird/ ſolche erſtlich nach Anweiſung des
Jtaliaͤniſchen Buchhaltens in doppelten Poſten ent-
wirfft/ folglich auch die aus denen eingelauffenen und
weggeſandten Brieffen gezogene Journaliſir-Po-
ſten darzuſetzet; Endlich auch die Caſſa und wo
eine Banco iſt/ die Banco-Buͤcher/ nebſt einer
N 2gan-
[196]Caput IV.
gantzen Monats Verrichtung gehoͤrigen Handels-
Materien darzu nimmt/ und endlich einen vollſtaͤn-
digen Aufſatz davon machet/ aus welchem hernach
der Bilanz koͤnne gezogen und dem Handes-Patron
uͤbergeben werden. Wie aber das meiſte in den
Buchhalten an guter Ordnung/ und daß man den
Debitorem und Creditorem wohl zu unterſchei-
den wiſſe/ gelegen iſt/ als muß ſich ein Handels-
Diener/ welchem Buͤcher zu fuͤhren anvertautet wer-
den/ darinnen abſonderlich veſt ſetzen/ und vornehm-
lich handgreiffliche Sachen von ſolchen Dingen un-
terſcheiden/ welche nur mit denen Sinnen muͤſſen
begriffen und unter angedichteten Namen vorgeſtel-
let werden/ dergleichen die Capital, Lagio, Inter-
eſſe, Gewinn und Verluſt/ und andere Rechnun-
gen ſeyn/ die man Huͤlffs- oder Auxiliar-Rech-
nungen nennet.
Was von Waaren baar eingekaufft wird/ das
iſt Debet an Caſſa. Kaufft man auf Credit und
Zeit/ ſo wird Waaren Conto, Debet an dem/ von
welchen ich ſolche auf Zeit abgekaufft habe/ und ſo
auch Viceverſa, wann ich Waaren gegen baar oder
auf Zeit verkaufft; da in jenem Fall/ Caſſa, in dieſem
aber der Kaͤuffer/ Debitor an Waaren wird. Bey
Perſonen braucht es auch nicht viel Muͤh/ indem der-
jenige/ der von mir Geld/ Waaren/ oder andere
Mobilia und Inmobilia; Item Anweiſung auf
einen andern an Bezahlungs-Statt bekommt/ De-
bitor an Caſſam oder an General- oder Special-
Waaren Rechnung/ an dieſes oder jenes Mobile
und Inmobile, oder auch an die Perſon wird/ an
welchen ich ihn angewieſen habe/ und ſo auch im Ge-
gen-
[197]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
gentheil/ wann ich Geld/ Waaren/ oder andere
bewegliche oder unbewegliche Dinge/ ingleichen An-
weiſungen auf andere von ihm bekaͤme/ da meine
Caſſa oder Waaren/ Rechnung dieſes oder jenes/
bewegliche oder unbewegliche Dinge/ Item, der auf
welchen mir angewieſen worden/ Debitor und jener
Creditor wird. Hingegen iſt es mit denen ſogenann-
ten Auxiliar-Rechnungen ſchon etwas ſchwehrer/
und will allerdings bey Formirung der Journal-
Poſten dahin geſehen werden/ wer Debitor oder
Creditor ſey/ auch was vor eine Auxiliar-Rech-
nung zu Huͤlff zu nehmen/ damit ein voͤllige Poſt ge-
goppelt und auf Jtaliaͤniſche Manier herausgebracht
werden moͤge. Wer hiervon einen weitern Unter-
richt verlanget/ der erſehe ſich deßfalls in unſern offt
gemeldtem Probier-Stein der Buchhalter/ Han-
dels-Correſpondenten/ und neulichſt heraus ge-
kommenen Fragen uͤber die Kauffmannſchafft.
Nicht allein aber machet ſich ein geſchickter Han-
dels Diener/ durch die Kunſt des Buchhaltens bey
ſeinem Herrn beliebt/ und nothwendig/ kan auch mehr
Salarium als ein anderer/ der ſolches nicht weiß/ præ-
tendiren/ ſondern es dienet ihm auch daſſelbe allent-
halben/ wo er hinkommt/ und gute Ordnung und
Rechnungen gehalten werden; wie dann das Jta-
liaͤniſche Buchhalten manchen/ der ex profeſſo ſich
darzu gebrauchen laſſen/ zu anderwaͤrts ſtattlichen
Bedienungen/ als in Amt- und Renth-Cammern/
bey den Commiſſariat-Zoll- und Accis-Weſen
trefflich geholffen hat/ zugeſchweigen/ daß viel im
Buchhalten geuͤbte Handels-Diener/ wann ſie ſon-
derlich darneben in frembden Sprachen beſchlagen
N 3gewe-
[198]Caput IV.
geweſen/ ſo eintraͤgliche Conditiones von etliche
hundert Reichsthl. jaͤhrlicher Beſoldung erhalten/
daß ſie hernach beſtaͤndig dabey geblieben/ ſich als
Buchhalter wohl und geruhig ſamt den Jhrigen
befunden/ und mit keinem Kauffmann/ offt auch mit
ihrem Principal ſelbſt nicht/ ſonderlich wann es et-
wan muͤhſam und gefaͤhrlich um ſeine Handlung ge-
ſtanden/ haͤtten tauſchen ſollen.
Endlich ſoll auch einem Kauffmanns-Diener/
die Kunſt des Buchhaltens wohl zu excoliren/ da-
rum angelegen ſeyn/ weil ſelbige ihn in die Handels-
Arcana ſeines Patrons einfuͤhret/ und ſonderlich
aus dem Jahr-Schluß-Bilanz, die Staͤrcke und
Schwaͤche ſeiner Handlung/ die Gelegenheiten zu
gewinnen und zu verlieren/ ihme vorſtellet/ welch es
auch einige Patroni ſo wohl bedencken/ daß ſie ent-
weder (welches auch vielen zu rathen ſtehet) ihre
Buͤcher ſelbſt fuͤhren/ oder ihre Soͤhne und Ver-
wandten bey Zeiten darzu capables machen laſſen/
oder ſie halten zum wenigſten ein ſogenanntes Ge-
heim-Buch/ in welchen ſie ihre auf Zinns genommene
Capitalia und Privat-Geſchaͤfften/ ſamt andern
die Handlung nicht angehenden Verkehrungen/ et-
wan auch den hier und dar gemachten anſehnlichen
Gewinn/ dergeſtalt in ihrem Cabinet allein einſchrei-
ben/ daß der Diener oder Buchhalter nichts von
demjenigen zu wiſſen bekommt/ was er etwan aus
der Schul ſchwatzen/ oder zu ſeinem eigenen Profit
mit des Patrons oder ſeiner Erben Schaden anwen-
den koͤnte; indeſſen gehet die Handlung und Han-
dels-Buͤcher immmer oͤffentlich fort/ und ſeynd von
jenen geheimen Scripturen gantz ſepariret/ ob ſie
gleich
[199]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
gleich ſich darauf beziehende Rubriquen und Rech-
nungen in ſich ſchlieſſen/ ſo wird darum der Buchhal-
ter/ welcher die Handels-Buͤcher fuͤhret/ nichts dar-
aus kluͤger/ ob ſolche gleich in der Bilanz unter denen
Debitoribus und Creditoribus anzutreffen ſeyn/
indem in die fernere Conexion, und ihr urſpruͤng-
licher Zuſammen-Hang unbekandt iſt. Wie aber der-
gleichen mit den Haupt-Handels-Buͤchern corre-
ſpondirende Geheim-Buͤcher/ kuͤnſtlich zu fuͤhren
ſeyn/ ſolches ſoll kuͤnfftig in unſerm vollkommenen
Buchhalter angefuͤhret werden/ in deſſen gedencke
ein Handels-Diener/ deſſen Patron geheime Buͤ-
cher haͤlt darum nicht/ daß aus denen taͤglich lauffen-
den Handels-Verrichtungen/ wie ſich ihre Geſtalt
in den Buͤchern zeiget/ jemand was zu offenbaren ſey/
ſondern er iſt verpflichtet/ nicht allein gegenwaͤrtig in
ſeinen Dienſt-Jahren/ ſondern auch auſſer denſel-
ben uͤber lang oder kurtz reinen Mund zu halten/ und
keinen Menſchen zu ſeines Herꝛn Nachtheil etwas
daraus zu offenbaren. Er laſſe ſich auch die Weiſe
gefallen/ die auf ſeines Herꝛn Contoir in Scriptu-
riren/ eingefuͤhret iſt/ in ſo fern ſein Herꝛ ſolches nicht
abgeſchafft wiſſen will; dann viel Kaufſleute/ welche
ſich zwantzig/ dreyßig und mehr Jahr/ bey ihrer alt-
vaͤtteriſchen muͤhſamen/ und undeutlichen Buchhal-
ten wohl befunden/ und alles/ worzu ſie nicht gewoͤh-
net/ vor eine ſchaͤdliche Neuerung anſehen/ wollen
durch aus von keiner Veraͤnderung wiſſen/ bey wel-
cher Beſchaffenheit unſer kluger Handels-Diener
gedencken muß/ daß er deſſen/ der ihm Brod giebet/
ſein Lied ſingen muͤſſe/ wiewohl er dabey ſo viel als
moͤglich und mit Beſcheidenheit/ ſeinem Herꝛn ein
N 4und
[200]Caput IV.
und andere Verbeſſerung angeben/ und allgemach
beybringen kan; er ſelber aber vor ſeine Perſon/
wann ihm ſeines Principalen Buchhaltungs-Art zu
confus duͤncket/ ſey in ſeinen eignen Rechnungen/
Z. E. wann er auf Meſſen oder mit Cargaſonen aus-
geſchicket wird/ deſto ordentlicher/ am allermeiſten
aber/ wann ihm bey ſeiner Zuhauskunfft/ oder auch
uͤber einer gantzen Handlung Adminiſtration von
ein oder mehr Jahren her/ Rechnung zu thun/ oblie-
get/ da es dann gar ſchoͤn ſtehet/ wann heut oder
morgen/ Obrigkeit und Vormuͤnder/ Handels-Er-
ben/ oder Patroni, gleich in klaren Poſten und Bi-
lanzen ſehen koͤnnen/ welcher Geſtalt ein ſolcher
Menſch/ dem die Handlungs-Adminiſtration an-
vertrauet worden/ derſelben ruͤhmlich vorgeſtanden/
und mit allerſeits Zufriedenheit ihnen gute Rechnung
abgeſtattet habe. Nicht weniger kommt auch die in
denen Dienſt-Jahren geuͤbte Wiſſenſchafft des
Buchhaltens/ einem Handels-Diener/ wann er
kuͤnfftig ſeinen eigenen Handel anfaͤngt/ wohl zu
ſtatten/ es ſey/ daß er alsdenn zierlich ſeine eigene Buͤ-
cher vor ſich allein/ oder in Compagnie mit jemand
anders durch Niederſchreibung und Formirung des
Capitals und Inventarii anfangen/ oder da ihme
eine Handlung durch Kauff-Schenckung/ Heyrath/
Erbſchafft/ oder auf andere Weiſe zufaͤllet/ daß er
die alsdann mit uͤbergebene Handels-Buͤcher/
Schrifften und Documenta wohl zu unterſuchen
und zu recht zu bringen wiſſen/ zumal da nicht allein
ſein Nutzen/ ſondern auch ſeine Ehre darunter verſi-
ret/ und man des Credits wegen/ allezeit mehr auf
einen ſolchen jungen Kauffmann ſehen wird/ welcher
ſeine
[201]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
ſeine Sachen in guter Ordnung haͤlt/ als bey welchen
eine richtige Confuſion regieret/ welche in ſeinen
kuͤnfftigen Geſchaͤfften ein gleiches anzeigen kan/
nehmlich/ daß ſelbige nicht lang Beſtand haben/ ſon-
dern in einen verwirrten Zuſtand/ bey welchen die
Creditores das Jhrige zu verlieren/ Gefahr lauf-
fen/ verfallen werde.
Bey Unternehmung des Buchhaltens/ oder
Fuͤhrung der Handels-Buͤcher in eines Patrons
Dienſten/ nehme auch unſer Handels-Diener
dieſe Lehre/ daß er die ihme vorgelegte/ von ſei-
nem Patron oder deſſen vorigen Buchhalter gefuͤhr-
re Buͤcher/ nicht unbilanziret annehme/ oder doch
ſolches mit Proteſtation thue/ daß/ wann ſich her-
nach ein Jrꝛthum aus den vorigen Rechnungsfuͤh-
ren herruͤhrend/ erzeigen ſollte/ daß ſolcher ihme
nicht moͤge zugerechnet werden. Das Sicherſte hier-
bey iſt/ daß ein Kauffmann monatlich und jaͤhrlich
ſeine Special- und Haupt-Bilanzen wohl mache/ oder
wann ſolches eine Zeitlang unterlaſſen worden/ daß
er dem neuen Buchhalter und Handels-Diener/ ſol-
te es auch gegen Darreichung einer Recompens ge-
ſchehen/ dahin vermoͤge/ daß ſolcher die Muͤhe auf
ſich nehme/ alle Rechnungen auf ſummire, Saldi-
re, und die ungeſchloſſenen aufs neue vortrage/
folglich den Haupt-Bilanz verfertige/ auf welchen er
als auf ein ſichers Fundament das kuͤnfftige Buch-
halten bauen kan.
Wobey aber zu mercken/ daß aus lange Zeit un-
geſchloſſenen und unbilanzirt gelegenen Buͤchern/
ob ſelbige gleich in doppelten Poſten gefuͤhret wor-
den/ nicht ſo leicht ein Bilanz ſich hervor bringen
N 5laſſe/
[202]Caput IV.
laſſe/ dahero wann ich nach allen Reſcontriren oder
Collationiren des uͤbergetragenen in den Haupt-
Buch/ mit denen Journals-Poſten/ der Bilanz
nicht kommen will/ ſo muß man endlich mit Einwil-
ligung des Handels-Patrons, aus der Noth eine
Tugend machen/ und aus den alten in doppelten
Poſten gefuͤhrten Buͤchern/ eben wie aus Buͤchern/
die in einfachen Poſten gefuͤhret worden/ die Sum-
men der Debitorum extrahiren/ folglich der noch
unverkaufft vorhandene Waaren Summam, wie
auch/ was an baaren Geld in Caſſa vorhanden/ item,
was an Werth der liegenden Gruͤnde ein Handels-
Patron in ſeine Handels-Haupt-Buͤcher will mit
eingebracht haben/ in des Bilanz-Debet bringen/
und hingegen wieder in deſſen Credit, die in den al-
ten Buͤchern Saldirte und aufs neue vorgetrage Cre-
ditores, worauf ſich dann/ wann ſolcher ihre
Summen zuſammen addiret/ und hierauf von des
Bilanz Debet abgezogen werden/ ſo gleich/ was an
Capital verbleibet/ ausweiſet/ womit alsdann der
Bilanz biß zum Vortrag auf neue Buͤcher ſeine
Richtigkeit vel quaſi erlanget hat.
Ein Buchhaltender Handels-Diener thut auch
wohl/ daß er das Bilanziren ſeiner unter Handen
habenden Buͤcher monatlich/ oder doch aufs laͤng-
ſte/ alle Quartal verrichte/ weil ſich alsdann die
Fehler ſo viel leichter finden/ und wo es ſubtil geſche-
hen kan/ in den Zahlen radiren/ im Fall aber/ daß
eine Poſt unrecht waͤre/ formiret oder uͤbergetra-
gen worden/ ſolches ſich durch eine Contra-Poſt/
welches aber manchmal Kunſt koſtet/ wieder ab-
ſchreiben laͤſſet.
Wann
[203]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
Wann auch ein Handels-Diener in guter In-
tention ſeinen Herꝛn ohne Schaden/ ſich aber zu
Nutzen ein Memorial oder Manuale-Buch ver-
fertigte/ in welchem er alles/ was ihme/ ſo lange bey
der Handlung geſtanden/ vorgekommen/ oder noch
taͤglich vorfiele/ fleißig notire/ als z. E. wie dieſer
oder jener Wechſel calculiret/ ein und andere
Muͤntz-Sorte reduciret/ die Qualitaͤt an beſonde-
ren ihme noch unbekandten Waaren erforſchet/ ihr
Ein- und Verkauff angeſtellet/ ihre Conſervation
beſorget/ und eine neue Manufactur fuͤglich ange-
richtet werde; item, was in den Handlungen/ vor-
nehmlich bey Schiffs-Befrachtungen/ Aſſecuran-
zen/ Havereyen/ und Bodmereyen/ eigentlich zu
obſerviren ſey/ welcher Geſtalt auch die Preiſſen
der Waaren von Zeit zu Zeit geſtiegen/ oder gefal-
len/ und was etwan ſonſt in Commercien-Sachen
mehr merckwuͤrdiges von ihme gehoͤret/ geſehen/ und
erfahren worden; ſo wuͤrde er dadurch nicht allein je
laͤnger je mehr in ſeinem Verſtand geſchaͤrffet/ zum
Leſen guter Buͤcher angehalten/ von boͤſer Com-
pagnie abgefuͤhret/ und in der Handlung trefflich
geſtaͤrcket werden/ ſondern er wuͤrde auch erſt den
groͤſten Nutzen davon tragen/ wann er heut oder
morgen zu ſeinen eigenen Handel ſchreiten wolte.
Wegen der Handſchrifft eines Kauffmanns-
Dieners/ ſonderlich eines ſolchen/ welcher die Buͤ-
cher zugleich mit ſchreiben ſoll/ wird zwar erſordert/
daß ſolche leſerlich/ orthographiſch und ſauber ſey/
allzugekuͤnſtelt aber/ ſtehet vielmehr einem Schreib-
Meiſter als einem Kauffmann zu/ zumal da dieſe an
Poſt-Taͤgen nicht viel Federleſens oder Federſchnei-
dens
[204]Caput IV.
dens wie jene machen doͤrffen/ die gemeiniglich lang-
ſame und ſtehende Haͤnde ſchreiben/ auch theils der-
ſelben faſt bey jedem halben Blat die Feder corrigi-
ren und ſchaͤrffen muͤſſen/ wann ſie ferner damit fort
ſchreiben wollen; hingegen ſtehen auch die allzuge-
ſch wind forgeſchobene und verzogene Haͤnde/ wel-
che manche Kauffmanns-Dieners ſich angewoͤhnet/
ſehr uͤbel/ alſo/ daß man aus einem gantzen Brief/
welcher ſolcher Geſtalt geſchrieben/ bey ihren ohne
dem ſchlechten Stylo, offt mehr errathen muß/ als ſich
daraus leſen laͤßt. Bey welcher Gelegenheit wir
nicht umhin koͤnnen/ da wir von dem Kauffmaͤnni-
ſchen Brief-Stylo reden/ unfern geſchickten Han-
dels-Diener auch den wohlmeinenden Rath zu er-
theilen/ daß einige derſelben ſich etwas mehr auf ei-
ne gute und wohlgeſetztere Schreib-Art als diejenige
iſt/ deren ſie ſich bißher/ ſonderlich im Schreiben an
andere/ als Kauffmaͤnniſchen Standes-Perſonen
gebrauchet haben/ befleißigen moͤchten/ maſſen bey
etlichen derſelben ſolche/ wann ſie auch an hohe Ci-
vil ‒ oder Militair ‒ Standes/ oder an gelehrte
Perſonen geſchrieben/ ſo ſehr nach den Kauffmann
und dem Contoir (ſo wohl was die Titular-als
den Stylum ſelbſt/ ſamt der Unter- und Aufſchrifft
betreffen) geſchmecket hat/ ja ſo viel von Kraͤmer-
Latein/ und von Frantzoͤſiſchen und Jtaliaͤniſchen
Woͤrtern/ von uſo, coſti refactie, danno, va-
luta, provenu, raggione, impiegho \&c. darinn
geweſen/ daß man ſogleich die Profeſſion des Con-
cipientens daraus hat erkennen koͤnnen; ob ich nun
wohl die meiſten damit entſchuldigen muß/ daß es
mit ihnen nach dem gemeinen Sprichwort heiſſe/ ul-
tra
[205]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
tra poſſe nemo obligatur, es koͤnne niemand hoͤ-
her fliegen/ als ihme die Fluͤgel gewachſen/ und al-
ſo auch von keinem Kauffmanns-Diener kein Cantz-
ley ‒ Stylus gefordert werde; ſo ſtehet jedoch auch
hinwieder zu bedencken/ daß heutiges Tags die
Huͤlffs-Mittel/ den Verſtand uͤber ordinaire zu
ſchaͤrffen/ an vielen im Druck liegenden herꝛlichen
Schrifften und Umgang mit qualificirten Leuten ſo
haͤuffig vorhanden/ daß/ wann ſich ein ſolcher
Kauffmanns-Diener nur wenig Muͤhe gaͤbe/ die
vielen muͤſſige und mit unnuͤtzen Dingen mehrmals/
auch in boͤſer Geſellſchafft zugebrachten Stunden/
zu Leſung ſolcher guten Buͤcher anzuwenden/ er ſchon
etwas rechtſchaffenes darinnen wuͤrde zuweg ge-
bracht haben.
Damit wir aber in dieſem Unterricht uns etwas
naͤher heraus laſſen/ ſo will die Wiſſenſchafft der
Frantzoͤſiſchen Sprach/ und ſo viel es moͤglich einen
Lateiniſchen Terminum zu verſtehen/ als ein vorneh-
mes Requiſitum im Brief-Schreiben beobachtet
werden/ deme ſo gleich das Leſen nutzlicher Schriff-
ten/ welche einen reinen Teutſchen Stylum fuͤhren/
ſonderlich die von der Secretariats- und Red-Kunſt/
wie auch von dem Brief-Schreiben handeln/ an die
Hand zu ſetzen/ worauf die Vernunfft ſelber muß
zu Rath gezogen werden/ daß man erſtlich nach ſol-
cher die Perſon deßjenigen/ an wem man ſchreibet/
ferner die Materiam, woruͤber man ſchreibet/ und
die Abſicht/ welche man bey ſolchen Schreiben fuͤhret/
wohl erwaͤgen/ und anders nicht/ als mit Bedacht
die Hand an die Feder ſetze/ auch lieber vorher ein
rechtes Concept formire/ ehe man wichtige Schrei-
ben/
[206]Caput IV.
ben/ an denen offt viel gelegen/ auf den Fuß der
Kauffmaͤnniſchen Scripturen tractire/ das iſt fein
geſchwind/ als wann die Poſt wegeilte/ hinſchmiere/
und ſo zureden/ auf gut Kauffmaͤnniſch (bey hoͤhern
Stands-Leuten heiſt es Cavallierement) etwas
thun/ welches mit der hoͤchſtem Vorſicht und Bedacht
geſchehen ſollen.
Ob nun wohl hierzu unſer allzeit fertiger Han-
dels-Correſpondent in allen ſeinen vier Theilen ei-
nen ſtattlichen Lehr-Meiſter abgeben koͤnte/ ſo wol-
len wir uns doch auch dieſes Orts nicht entziehen/
denen angehenden Handels-Dienern zum beſten/
aus einem ſichern nuͤtzlichen Tractat den Unterricht
von Brief-Schreiben folgender Geſtalt extrahiret/
mitzutheilen.
Ein jeder/ welcher einen guten und wohlabge-
faßten Brief ſchreiben will/ muß (wie ſchon ge-
meldt) die Perſon/ Stand und Condition deßje-
nigen/ an wem er ſchreibet/ ferner die Condition
ſeiner eigenen Perſon/ ingleichen die Umſtaͤnde der
der Sache/ von welcher er ſchreibet/ und uͤber welche
er correſpondiret; ingleichen die Ordnung/ die in
dem Brief und deſſen Materia zu halten iſt/ wie auch
die Form des gantzen Briefs/ und alles/ was darzu
gehoͤret/ biß er ſo weit fertig iſt/ daß er auf die Poſt
kan gebracht werden/ wohl in acht nehmen.
Betreffende erſtlich die Betrachtungen/ welche
ein Kauffmanns-Diener/ der Perſon halber/ an wel-
che er ſchreibet/ haben muß/ ſo iſt dieſelbe entweder
vom hohen Stand oder auch ſeines gleichen/ in jenem
Fall giebt es die Vernunfft/ daß man eine andere
Titular- und Schreib-Art/ als mit ſeines gleichen ge-
brau-
[207]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
brauchen muß. Und kan ich mich desfalls nicht genug
uͤber die einfaͤltige Leute verwundern/ welche hierin-
nen gantz keinen Unterſcheid zu treffen wiſſen/ ſondern
in ihren Kauffmaͤnniſchen Brief-Schreiben derge-
ſtalt erſoffen ſeyn/ daß ſie mit ihren E. E. oder V. L.
welches Euer Edlen/ Euer Ehren/ oder auf Hol-
laͤndiſch Viver Lieb den heiſſen ſoll/ Groß und Klei-
ne/ in Contextu ihrer Brief tractiren/ und mit ih-
ren alten Foͤrmulgen und Terminis von Coſti, ſtan-
ti, paſſato, rembourſo, Cordialen Begruͤſſung/
libero commando, prævaliren ꝛc. um ſich werf-
fen/ als wann es von ihren Factorn, Correſpon-
denten/ und ſogenannten Mann nach Franckfurt/
Leipzig/ Amſterdam und dergleichen gerichtet waͤre/
und den Einkauff etlicher Saͤck-Wolle oder andere
Waaren angienge. Solche Fehler des Judicii aber
kommen von nichts anders/ als der ſchlechten Be-
gierde her/ welche bißhieher unſere Kauffmanns-
Diener zu guten Wiſſenſchafften bezeuget haben.
Wie aber ſolcher Fehler und uͤble Gewohnheit zu re-
dreſſiren ſey/ davon ſoll in einem andern Capitel ge-
handelt werden; dieſes Orts iſt nur von der Anlei-
tung zum Brief-Schreiben zu wiſſen/ daß im Fall
man an hoͤhere/ ſonderlich an Fuͤrſten und Herren
ſchreibet/ man wohl unterſcheiden muͤſſe/ ob es an ei-
nen Koͤnig/ Chur- oder Reichs-Fuͤrſten/ Graffen/
oder hohen Miniſter gerichtet; an ſouveraine
Haͤupter wird es wohl wenig zu ſchreiben/ aber
manchmal allerunterthaͤnigſte Supplicata zu ſtellen/
einem Kauffmann noͤthig ſeyn/ da man dann die
Titulatur von Allerdurchlauchtigſt/ Durchlauch-
tigſt/ oder in Frantzoͤſiſchen von Sire und Mon-
ſei-
[208]Caput IV.
ſeigneur, in Contextu aber von Euer Kayſerli-
chen/ oder Koͤniglichen Majeſtaͤt/ Churfuͤrſtlichen
oder Hochfuͤrſtlichen Durchlaucht/ oder Votre
Majeſté, Votre Alteſſe, Electorale, wohl obſer-
viren muß. Reichs-Grafen giebt man Hochgebohren/
Baronen und vornehmen Miniſtris, Hochwohlge-
bohren; denen Edelleuten/ die Titulatur von Wohl-
gebohren. Bey einem Grafen/ Baron oder groſſen
Staats-Miniſter, braucht man in dem Brief/ Euer
Excellenz; und eben alſo werden auch die Briefe in
gleicher Titulatur geſchloſſen/ mit welcher oben der
Anfang gemachet worden/ da dann die Unterſchrifft
folgender maſſen ſeyn kan: Aller durchlauchtigſter/
Großmaͤchtigſter Koͤnig und Herꝛ oder Durchlauch-
tigſter Churfuͤrſt/ Herzog oder Fuͤrſt; gnaͤdigſter Herꝛ/
Euer Koͤnigliche Majeſtaͤt/ Euer Chur-Fuͤrſtliche
oder Hochfuͤrſtliche Durchlaucht allerunterthaͤnigſt/
nnterthaͤnigſter/ demuͤthigſter/ und gehorſamſter
Knecht.
Die Aufſchrifft auf dergleichen Supplicata,
und zuweilen auch auf Briefe/ ſonderlich wann es
Pflichtmaͤſſige/ allerunterthaͤnigſte oder unterthaͤ-
nigſte/ wie auch gehorſamſte Relationes, Gratula-
tiones und dergleichen unumgaͤngliche Schreiben
ſeyn/ erfordern die gantze Titulatur, und wollte
ich wohl unſern Handels-Diener anrathen/ ſich bey
Zeiten ein Titulatur-Buch nach dem Alphabeth zu
machen/ in welchem er zum wenigſten diejenige vor-
nehme Herren oder Perſonen/ mit welchen Hand-
lungs halber zu correſpondiren iſt/ einſetzen koͤnte/
allen Falls moͤchten ſich auch diejenige/ welche pure
Teutſche Michel ſeyn/ und auſſer ihrer Mutter-
Spra-
[209]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
Sprache ſonſt keine gelernet haben/ ſich der Titu-
latur ‒ Buͤcher/ welche hin und wieder in denen
Buchlaͤden zu Kauffe liegen/ bedienen/ und im Fall
ſie darinn nicht vollkommen/ was ſie ſuchen/ finden
ſollten koͤnnen/ ſie der Frantzoͤſiſchen Aufſchrifften
halber folgender Zeichniß gebrauchen/ nach wel-
cher
A.
- EJne Ritter-Schule oder Academie, Acade-
mie illuſtre ou equeſtre, eine Academie
der Kuͤnſte und Mechaniſchen Wiſſenſchaff-
ten/ Academie des Arts \& Sciences me-
chaniques auf Frantzoͤſiſch gegeben wird. - Ein Accis-Inſpector heiſt Inſpecteur de l’ ac-
ciſe. - Ein Accis-Einnehmer/ Receveur de l’ acciſe.
- Ein Gerichts-Actuarius, Greffier, oder Actuaire.
- Ein Admiral, Admiral, ein ſogenannter Schout
bey Nacht/ Contre Admiral. - Amts-Cammer/ Chambre des Domaines.
- Ein Rentmeiſter von derſelben/ Receveur des fi-
nances de la Chambre des Domaines. - Ein Amts-Hauptmann/ Droſſart du Baillage.
- Amt-Schreiber/ Greffier du Baillage.
- Ein Antiquarius, oder ein ſolcher/ der die Kunſt- und
Raritaͤten-Cammer unter Handen hat/ Anti-
quaire ou Garde des Antiques. - Apothecke/ Apoticaire.
- Appellations-Gericht/ Chambre ou Tribunal
des Appells.
OAppel-
[210]Caput IV.
- Appellations-Rath/ Conſeiller de la Chambre
des Appels. - Archi-Diaconus, Archidiacre.
- Archivarius Archivaire, oder Garde des Ar-
chives. - Aſtronomus, Aſtronome.
- Aufſeher/ Inſpecteur.
- Ausreuter bey der Landſchafft/ Archer de la Cham-
bre des Etats.
B.
- BAck-Meiſter bey Hof/ Maitre Patiſſier.
- Bader/ Baigneur.
- Ball-Meiſter/ Maitre du Jeu de Paume, Maitre
du Tripot. - Banquier, Marchand Banquier.
- Barbirer/ Barbier, Chirurgien.
- Bau-Director, Intendans des Batiments.
- Bau-Commiſſarius, Commiſſaire des Bati-
ments. - Bau-Meiſter/ Architecte ou Maitre des Bati-
ments. - Bau-Schreiber/ Ecrivain des Batiments.
- Becker/ Boulanger.
- Bedienter/ Officier.
- Bereuter/ Piqueur.
- Berg-Hauptmann/ Directeur des Mines.
- Berg-Rath/ Conſeilles des Mines.
- Berg-Meiſter/ Maitre ou Intendant des Mines.
- Bett-Meiſter/ Garde meuble.
- Bey-Schenck/ Sommier du Gobelet.
- Bey-Koch/ Sommier de la Cuiſine.
- Bildhauer/ Sculpteur.
Boten-
[211]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
- Boten-Meiſter/ Huiſſier de la Chambre de Ju-
ſtice. - Brauer/ Braſſeur.
- Brigadier/ Brigadier de Cavallerie, d’Infanterie.
- Buchhaͤndler/ Marchand libraire.
- Buchdrucker/ Imprimeur, du Magiſtrat, de la
Regence, de la Cour, de l’ univerſité. - Buchbinder/ Relieur.
- Buchhalter/ Teneur des Livres.
- Buͤrgermeiſter/ Maire, Conſul, Bourguemaitre
de la Ville.
C.
- CAndidatus Juris, oder Theologie, Candidat
en Droit, en Theologie, en Medecine,
Propoſant en Theologie. - Canonicus, Chanoine de l’ Egliſe Cathedrale.
- Cantor, Chanteur.
- Cantzler/ Chancelier. Cantzeliſt/ Chanceliſte.
- Capelan/ Chapelain, Diacre. Capell-Muſicus,
Muſicien de la Chapelle du Roy, ou de Son
Alteſſe. - Capitain/ Capitaine du Regiment de N. N.
- Capitan-Lieutenant/ Capitaine-Lieutenant.
- Caſſirer/ Caiſſier.
- Caſtelan, Chatelain, Concierge.
- Commendant, Commandant de la Ville de N.
- Commiſſarius, Commiſſaire, de la guerre, des
Munitions, du Commerce, du Quartier. - Commiß-Becker/ Boulanger des Munitions.
- Comter, oder Commendator, Commandeur.
- Conditor, Confiſſeur.
O 2Con-
[212]Caput IV.
- Conſiſtorial-Præſident, Preſident du Conſiſtoire.
- Conſiſtorial-Rath/ Conſeiller du Conſiſtoire.
D.
- DEchant/ Doyen.
- Deputirter/ Deputé du ‒ ‒ ‒
- Doctor, Docteur en Theologie, en Droit, en
Medicine. - Dollmetſcher/ Interpréte.
- Dom-Probſt/ Prevot du Chapitre.
- — — Dechant/ Doyen du Chapitre.
- — — Herr/ Chanoine de l’ Egliſe Cathedrale.
- — — Kirche/ Egliſe Cathedrale.
E.
- EJnnehmer/ Receveur, Commis, Collecteur.
- Des Zolls/ de la Doüane, des gabelles.
- Eiſen-Haͤndler/ Manchand du fer.
- Eiſen-Hammer-Meiſter/ Maitre des forges.
- Erb-Herr/ Seigneur Herditaire.
- Erb-Jaͤgermeiſter/ Veneur Hereditaire.
- Erſter Cammer-Herr/ Premier Chambellan.
- Erſter Staats-Miniſter/ Premier Miniſtre d’Etat.
- Exercitien-Meiſter/ Maitre d’ Exercices.
F.
- FActor, Facteur.
- Faͤhndrich/ Enſeigne dans la Compagnie de
M. le Capitaine N. - Falckenier/ Fauconnier.
- Fecht-Meiſter/ Maitre d’ Armes.
- Feder-Schmuͤcker/ Plumaſſier.
- Feld-Marſchall/ Marechal du Camp, ou Feld-
Mareſchal. - Feld-Prediger/ Aumonier ou Miniſtre de la Pa-
role
[213]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
role de Dieu dans le Regiment de Mr. le Co-
lonel N. - Feld Meſſer/ Arpenteur.
- Feldſcheerer/ Barbier.
- Faͤrber/ Teinturier.
- Fiſch-Haͤndler/ Poiſſonnier, Marchand de Poiſ-
ſon. - Form-Schneider/ Sculpteur des formes.
- Fiſcal, Fiſcal.
- Fourier, Fourier.
- Frau eines Rath/ Femme de M. le Conſeiller.
Mad. la Conſeillere. - Futter-Marſchall/ Marechal de Fourage.
G.
- GArde, Garde du Corps, d’ infanterie, des
Cavaliers, de Cent Suiſſes, des Cadets.
Polonoiſe, Allemande, Ecoſſoiſe. - Gaſtgeber/ Traiteur.
- Gegen-Schreiber/ Controlleur.
- Geheimer Kaͤmmerier/ Threſorier de l’ argen-
terie \& menus. - Geheime Cantzley/ Chancellerie Privée.
- General/ General. General-Feld-Marſchall/
Feld-Marchal. - General von der Cavallerie/ General de la Ca-
vallerie. - General von der Jnfanterie/ General d’ infan-
terie. - General-Feld-Zeug-Meiſter/ Grand-Maitre
de l’ artillerie. - General-Lieutenant/ Lieutenant General.
- — — Wachtmeiſter/ General-Major.
O 3Gene-
[214]Caput IV.
- General-Kriegs-Commiſſarius, Commiſſaire
General de guerre. - — — Adjutant, Aide de Camp General.
- — — Auditeur, Auditeur General.
- — — Quartier-Meiſter/ Quartier maitre
General. - — — Proviant-Commiſſarius, Commiſ-
ſaire General des Vivres. - — — Proviant-Meiſter/ Maitre General
des Vivres. - — — Wagenmeiſter/ Waguen Maitre Ge-
neral. - — — Gewaltiger/ Grand Prevôt des Ar-
mées du Roy. - — — Erb-Poſt-Meiſter/ Grand maitre he-
reditaire des Portes. - — — Oeconomie Director, Directeur Ge-
neral de l’ Oeconomie. - — — Director der Domainen, Directeur
General des Domaines. - — — Empfaͤnger/ Threſorier ou Receveur
General. - — — Caſſirer/ Caiſſier General.
- Gerichts-Actuarius, Greffier de la Juſtice.
- — — Advocat, Avocat de la Juſtice.
- — — Aſſeſſor, Aſſeſſeur au Conſeil de la
Juſtice. - Gewuͤrtz-Kraͤmer/ Epicier.
- Graͤntz-Rath/ Conſeiller des limites.
- Grottirer/ Grotier.
- Guardein, Eſſayeur des Metaux.
H. Haupt-
[215]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
H.
- HAuptmann uͤber eine Grafſchafft/ Gouverneur
du Comté. - — — uͤber ein Amt/ Droſſart du Baillage
de N. - — — zu Fuß/ Capitaine d’ Infanterie au Re-
giment de M. le Colonel. N. au
ſervices de Sa Majeſté. - Haußhalterin/ Beſchlieſſerin/ Menagere.
- Hauß-Schir-Meiſter/ Maitre des Harnois de
l’ Ecurie. - — — Vogtey/ Prevoté de l’ hotel.
- — — Vogt/ Juge de la Cour, oder Prevot de
l’ hotel. - Heer-Meiſter/ Grand Maitre de l’ ordre ‒ ‒
- Haͤge-Reuter/ Garde Foret.
- Herold/ Heraut.
- Hof-Marſchall/ Mareſchal de la Maiſon.
- Hof-Prediger/ Predicateur de la Cour.
- Hof-Rent-Meiſter/ Threſorier des Finances de
la Cour. - Hof-Medicus, Medecin de la Cour.
- Hof-Staats-Commiſſarius, Commiſſaire de
la Cour. - Hof-Secretarius, Secretaire de la Cour.
- Hof-Meiſter/ Maitre d’ hotel.
- Hof-Meiſter bey jungen Herren/ Gouverneur de
Meſſeigneurs les jeunes Princes.
I.
- Jaͤger/ Chaſſeur. Jaͤgerey/ la Venerie.
- Jaͤger-Meiſter/ Maitre de Chaſſe.
- Jagd-Rath/ Conſeiller de Chaſſe.
O 4Jagd-
[216]Caput IV.
- Jagd-Juncker/ Gentilhomme de Chaſſe.
- — — Page, Page de Chaſſe.
- — — Schreiber/ Ecrivain de Chaſſe.
- — — Zeug-Meiſter/ Maitre des Equippages
de Chaſſe. - Jubelier/ Marchand Jouailler.
- Juncker/ Gentilhomme.
K.
- KAmmer-Herr/ der es wuͤrcklich iſt/ Chambel-
lan du Roy. - — — — — Titularis-Chambellan.
- — — Juncker/ Gentilhom̃e de la Chambre.
- — — Page, Page de la Chambre.
- — — Diener/ Homme de Chambre. Bey
geringen Herren heiſt es nur: Valet
de Chambre. - — — Laquay/ Laquay de la Chambre.
- — — Fraͤulein/ Dame d’ honneur.
- — — Frau/ Femme de Chambre.
- — — Maͤdgen/ Fille de Chambre.
- — — Fourier, Fourrier de la Chambre.
- — — Concert, Muſique de la Chambre.
- — — Mohr/ More de la Chambre.
- — — Gericht/ La Chambre de Juſtice.
- — — Rath/ Conſeiller de la Chambre.
- — — Advocat, Avocat de la Chambre de
Juſtice. - Kauffmann/ Marchand, man ſetzt aber dabey/ ob
es ein Banquier, Marchand Banquier, Tuch-
haͤndler/ Marchand Drapier, Eiſen-Kraͤmer/
M. de fer, Seidenhaͤndler/ M. de Soye, Ge-
wuͤrtz-
[217]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
wuͤrtzhaͤndler/ M. Epicier, Weinhaͤndler/ Mar-
chand de Vin ſey. - Keller-Meiſter/ Maitre de la Cave.
- — — Schreiber/ Controlleur ou écrivain de
la Cave. - Kirchen-Rath/ Conſeiller Eccleſiaſtique.
- — — Schreiber/ Ecrivain de l’ Egliſe.
- Korn-Schreiber/ Controlleur des blés.
- Kraͤmer/ Marchand Mercier.
- Kram-Diener/ Courtaut de Boutique.
- Kriegs-Rath/ Conſeiller de guerre.
- Kriegs-Commiſſarius, Commiſſaire de guerre.
- Kuͤchen-Meiſter/ Ecüyer de Cuiſine.
- — — Schreiber/ Controlleur ou Ecrivain de
Cuiſine. - — — Bedienter/ Officier de Cuiſine.
- Kupfferdrucker/ Imprimeur en taille douce.
- Kupfferſtecher/ Graveur de tailles douces.
L.
- LAnds-Hauptmann/ Gouverneur de la Pro-
vince, oder du Pays. - Land-Rath/ Conſeiller Provincial, oder du
Pays de N. - Land-Vogt/ Grand Bailliſ.
- Land-Phyſicus, Medecin de la Province.
- Landſchafft/ la Chambre des Etats Provinciaux
de l’ Electorat de ‒ ‒ ‒ ‒ - Land-Rentmeiſter/ Threſorier de la Chambre
des Etats Provinciaux. - Landſchaffts-Einnehmer/ Receveur de la Cham-
bre des Etats Provinciaux.
O 5Land-
[218]Caput IV.
- Landſchaffts-Buchhalter/ Maitre des Contes de
la Chambre. - Lederhaͤndler/ Marchand de Cuir.
- Legations-Rath/ Conſeiller d’ Ambaſſade.
- Lehens-Cantzley/ Chancellerie des Fiefs.
- Lehens-Director, Directeur des Fiefs.
- Lehr-Jung/ Aprentif.
- Leib-Medicus, Medicin ordinaire du Roy.
- Leib-Chirurgus, Chirurgien, O. d. R.
- Leib-Page, Page du Corps du Roy.
- Leib-Kutſcher/ Maitre cocher, ou Cocher or-
dinaire. - Leib-Laquay/ Laquay du Corps.
- Leinwandhaͤndler/ Marchand de Toile.
- Lieutenant/ Lieutenant.
- Licent-Einnehmer/ Receveur des licentes.
- Licentiatus, Licentié, en Droit, en Theologie.
M.
- Maͤckler/ Courtier.
- Magiſter/ Maitre es arts, oder Maitre en
Philoſophie. - Materialiſt/ Marchand Droguiſte.
- Medicus, Medicin.
- Mitglied der Koͤnigl. Societaͤt der Wiſſenſchafften/
Membre de la Societé Royale des Sciences. - Muͤhlen-Inſpector, Inſpecteur des Moulins.
- Mundbecker/ Boulanger de Bouche.
- Mundkoch/ Cuiſinier de Bouche.
- Mundſchenck/ Chef d’ Echanſonnerie-Bouche.
- Muͤntz-Commiſſarius, Commiſſaire de Mon-
noye. - Muͤntz-Meiſter/ Maitre des Monnoyes.
Muͤntz-
[219]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
- Muͤntz-Wardein/ Eſſayeur des Monnoyes.
- Muſicant/ Muſicien.
- Muſic-Director, Directeur de la Muſique.
N.
- Notarius, Notaire Public Imperial.
O.
- OBer-Amtmann/ Grand Baillif.
- Ober-Auditeur, Auditeur en Chef, oder/
Juge Superieur de la juſtice Militaire. - Ober-Aufſeher/ Intendant.
- — — Bau-Meiſter/ Premier Architecte.
- — — Berg-Hauptmann/ Sur-Intendant des
Mines. - — — Berg-Rath/ Conſeiller des Mines.
- — — Cammer-Herr/ Grand Chambellan.
- — — Capell-Meiſter/ Chef \& Premier Maitre de
la Muſique du Roy, ou de l’Electeur de. - — — Ceremonien-Meiſter/ Grand-Maitre des
Ceremonies. - — — Commiſſarius des Koͤnigl. Hauſes/ Com-
miſſaire des Gardes allemandes \&
Suiſſes. - — — Forſt-Meiſter/ Grand-Forêtier, oder
Grand-Maitre des forêts. - — — Hauptmann aller Chatoul-Aemter/ Sur-
Intendant de touts les Baillages de la
Chatoulle. - — — Herolds-Meiſter/ Grand-Maitre de la
Chambre Heraldique. - — — Hof-Meiſter des Koͤnigs/ Gouverneur de
la maiſon du Roy.
Ober-
[220]Caput IV.
- Ober-Hof-Meiſter der Koͤnigin/ Gouverneur de
la Maiſon de la Reine. - — — Hof-Meiſterin der Cron- oder Chur-Prin-
zeßin/ Premiere Dame d’ honneur
de Son Alteſſe Madame la Princeſſe
Royale, ou Electorale. - — — Jaͤger-Meiſter/ Grand-Veneur.
- — — Ingenieur, Premier-Ingenieur.
- — — Kleider-Verwalter/ Grand-Maitre de la
Garde Robbe. - — — Kriegs-Commiſſarius, Commiſſaire de
guerre en Chef. - — — Kuͤchen-Meiſter/ Grand-Maitre de la
Cuiſine. - — — Marſchall/ Grand-Mareſchall.
- — — Saltz-Factor, Premier Facteur des Ga-
belles. - — — Schenck/ Grand-Echanſon.
- — — Bau-Director, Premier Directeur des
Bâtiments. - — — Stall-Meiſter/ Grand-Ecuyer.
- — — Kirchen-Vorſteher/ Ancien de l’ Egliſe.
- Obriſter/ Colonel, d’ un Regiment de Cavalle-
rie, ou d’ Infanterie, de Dragons. - Obriſt-Lieutenant/ Lieutenant Colonel.
P.
- PAchter/ Fermier.
- Pagen-Hofmeiſter/ Gouverneur des Pages.
- Pirſch-Knecht/ Chaſſeur du Roy, ou du Duc.
- Policey-Director, Directeur de Police.
- Poſt-Meiſter/ Maitre de Poſte.
- Poſt-Schreiber/ Commis de Poſte.
Præ-
[221]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
- Præſident, Preſident, Ober-Preſ. Premier Pre-
ſid. des Ober-Appellations-Gerichts/ du Tri-
bunal. - Prediger/ Paſteur, Miniſtre du S. Evangile, Mi-
niſtre de la Parole de Dieu. - Proviant-Commiſſarius, Commiſſaire des
Vivres. - Probſt/ Prevôt.
- Profeſſor, Profeſſeur en Theologie, en Droit,
en Medicine, en Philoſophie.
Q.
- QUartier-Meiſter/ Quartiermeſtre, Marechal
de Logis.
R.
- RAth/ Conſeiller, wuͤrcklich geheimer Etats-
Rath/ Miniſtre d’ Etat, oder Conſeiller
d’ Etat privé. Appellations-Rath/ Con-
ſeiller des Appels. Berg-Rath/ des Mi-
nes. Commercien-Rath/ des Commer-
ces. Conſiſtorial-Rath/ du Conſiſtoire.
Reichs-Hof-Rath/ de Sa Majeſté Imperia-
le \& du S. Empire. Regierungs-Rath/ de
la Regeance de N. - Raths-Herr/ Senatus de la Ville de N.
- Rector einer Univerſitaͤt/ Recteur de l’academie.
- Rechen-Meiſter/ Maitre d’ Arithmetique.
- Regiſtrator, Regiſtrateur, oder Garde des Re-
gîtres. - Reit-Page, Page de l’ Ecurie.
- Reichs-Graf/ Comte du S. Empire.
- Rentey/ Chambre des finances de la Cour.
- Rent-Meiſter/ Treſorier des finances.
Rent-
[222]Caput IV.
- Rent-Schreiber/ Commis des finances.
- Requeten-Meiſter/ Maitre des Requêtes.
- Richter/ Juge.
- Ritter/ Chevalier de l’ ordre de.
- Ritt-Meiſter/ Capitaine de Cavallerie au Re-
giment de Monſ. le Colonel. N. aux ſervices
de Sa Majeſté le Roy de. N. ou de Son Al-
teſſe Electorale de N.
S.
- SChatz-Meiſter/ Threſorier.
- Schiffs-Capitain/ Capitaine de Vaiſſeau.
- Schiffer/ Maitre de Navire. Steurmann/ Pilote.
- Schiffs-Zimmermann/ Charpentier de Vaiſſau.
- Schir-Meiſter/ Intendant des Harnois.
- Schreiber insgemein/ Ecrivain, bey Gerichts-
Aemtern/ Greffier, bißweilen auch gar Secre-
taire. - Schreib-Meiſter/ Maitre à écrire.
- Schrifftgieſer/ Fondeur des lettres ou de cara-
cteres. - Schultz/ Maire.
- Seidenfaͤrber/ Teinturier en Soye, Sticker/ Bro-
deur. - Silber-Meiſter/ Garde, oder Chef, de l’ argen-
terie. - Silber-Diener/ Aide d’ argenterie, oder Garde
Vaiſelle. - Speiſe-Meiſter/ Sommelier de la paneterie.
- Spiegelmacher/ Miroitier.
- Spitzenhaͤndler/ Marchand de Dentelles.
- Sprach-Meiſter/ Maitre de Langue.
Staat/
[223]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
- Staat/ Etat, Staats-Secretarius, Secretaire
d’ Etat. - Stadt-Gericht/ Meſſieurs les Juges \& Aſſeſſeurs
de la Juſtice de la Ville de N. N. - Stadt-Richter/ Juge de la Ville. Schreiber/
Greffier. Stadt-Phyſicus, Medicin ordinaire
de la Ville. - Stall-Meiſter/ Ecuyer, Maitre de l’ Ecuirie.
- Stadthalter oder Gouverneur, Gouverneur,
Vice-Roy. - Stempel-Papier-Cammer/ la Chambre au pa-
pier timbré. - Steuer-Director, Directeur des Impoſts, oder
Tailles. Steuer-Einnehmer/ Receveur des
Tailles. - Stuͤck-Juncker/ Enſeigne de l’ Artillerie.
- Student/ Etudient en Theologie, en Droit, en
Medecine, en Philoſophie, en Philologie. - Syndicus, Syndic de la Ville.
T.
- TAntz-Meiſter/ Maitre de Danſe.
- Tuchſcheerer/ Tondeur de Drap.
V.
- VErordneter/ Deputé, bey einer Zunfft/ Mai-
tre Juré. - Viſitator, Viſiteur.
- Vorſchneider/ Ecuier tranchant.
W.
- WAcht-Meiſter/ Aide Major.
- Walcker/ Foulon.
- Weinhaͤndler/ Marchand de Vin. Weinſchenck/
Cabaretier. - Wein-Viſirer/ Jaugeur du Vin.
[224]Caput IV.
- Wittib vom hohen Stand/ Douairiere de N.
- Wittib gemeine/ Veuve.
Z.
- ZEug-Meiſter/ Maitre d’ Artillerie.
- Zeugwaͤrter/ Garde Magazin.
- Zoll-Verwalter/ Inſpecteur de la Douane, du
Peage.
An einen Koͤnig ſchreibt man:
- Au Roy, a Sa Majeſté, a Sa Majeſté le Roy de
Pologne \& Electur de Saxe, le Roy de Pruſſe,
de Dennemarc, de Portugal.
An Koͤniginnen.
- A la Reine, a Sa Majeſté, la Reine de Pologne.
An Cron-Printzen.
- A Son Alteſſe Sereniſſime Monſeigneur le Prin-
ce Royal de Dennemarc.
An die Cron-Princeßin.
- A Son Alteſſe Sereniſſime Madame la Princeſſe
Royale.
An einen Chur-Fuͤrſten.
- A Son Alteſſe Electorale.
An einen Hertzog oder Fuͤrſten.
- A Son Alteſſe Sereniſſime, Monſeigneur le Duc
ou Prince de.
An einen Grafen.
- A Son Excellence, Monſeigneur le Comte de
N. Comte du S. Empire \&c.
Die Unterſchrifften ſind: An einen Koͤnig.
- Sire, de Votre Majeſté le plus humble \& le plus
devot, oder le plus ſoûmis Serviteur.
An
[225]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
An einen Chur-Fuͤrſten.
- Monſeigneur de Vôtre Alteſſe Electorale le plus-
humble. \&c.
An vornehme undordinaireStands-Perſonen.
- De Vôtre Excell. le tres-humble \& tres obeiſ-
ſant ſerviteur.
Am beſten iſt es vor Teutſche/ ſie bleiben bey ihrer
Teutſchen Titulatur, als Allerdurchlauchtigſter/
Großmaͤchtigſter Koͤnig/ allergnaͤdigſter Koͤnig und
Herꝛ. Item Durchlauchtigſter Chur-Fuͤrſt/ Hertzog/
gnaͤdigſter Fuͤrſt und Herꝛ.
Eurer Koͤniglichen Majeſtaͤt/ Eurer Chur- oder
Hochfuͤrſtlichen Durchl. allerunterthaͤnigſter/ unter-
thaͤnigſter/ demuͤthigſter Knecht/ ꝛc
Wie hierzu die haͤufftig im Druck liegende Ti-
tulatur-Buͤcher genugſame Anleitung geben.
Ferner iſt von dem Briefſchreiben zu mercken/
daß hohen Miniſtris und vornehmen Perſonen/ auch
denen/ welche mit vielen Amts-Geſchaͤfften uͤber-
haͤuffet ſeyn/ man mit vielem Zuſchreiben/ ohne er-
hebliche Urſache nicht beſchwehrlich ſeyn muß; wann
es aber unumgaͤnglich geſchehen ſoll/ ſo muß man
es doch kurtz machen/ und ſonderlich keines weitlaͤuff-
tigen Exordii oder Eingangs ſich bedienen/ ſondern
alles mit einem unaffectirten Stylo kurtz ausdruͤ-
cken/ damit der Leſer alſobald ſehen koͤnne/ was der
Schreiber haben will/ und worauf endlich ſein
Schluß/ Bitten und Begehren ankommet/ wel-
ches in gewiſſen Stuͤcken nach der Art eines Syllo-
gismi, um deſto eher und kraͤfftiger zu beweiſen und
zu uͤberreden/ geſchehen kan.
Wann das Concept von einem Brief gemacht/
P(ich
[226]Caput IV.
(ich rede aber von denenjenigen/ welche ſich nicht ge-
trauen/ ſogleich von der Feder aus/ einen Brief aufs
Papyer flieſſen zu laſſen) ſo muß ein junger Menſch
nicht allein ſolches/ ehe ers ins Reine ſchreibet/ noch
ein oder mehrmal uͤberleſen/ und zu ſehen/ ob es
wohl connectiret/ und auch orthographiſch ge-
ſchrieben ſeye/ dann man ſehe hundert Kauffleut-
Diener ihre Briefe an/ ſo werden kaum zehen dar-
unter ſeyn/ welche recht orthographiſch geſchrie-
ben/ daß ſie keine Fehler in ſich haben ſollten; Die
Schrifft ſelbſt muß auch leſerlich ſeyn/ ſintemal wann
ſolches nicht iſt/ vielmals etwas ſo nicht kan geleſen
werden/ zu vollziehen/ unterlaſſen/ oder anders aus-
geleget worden/ als der Sinn des Schreibers ge-
weſen iſt; man zeige nur manchmal die Hand eines
Kauffmanns-Diener und ſeinen Stylum vor/ ich
bin gewiß/ daß ein vernuͤnfftiger Mann ſo gleich
daraus urtheilen wird/ was hinter ihm ſteckt/ und
wie ſtarck er vom Judicio oder Erfahrenheit ſey.
Weitere Explication hiervon iſt dieſes Orts nicht
noͤthig/ weil ſich ſchon zur andern Zeit die Gelegen-
heit darzu ereignen moͤchte.
Alle wegzuſendente Briefe/ wenn ſie irgend an
vornehme oder erbare Perſonen geſandt werden/
muͤſſen auf beſchnitten Papyr geſchrieben ſeyn/ ſo
hat man auch wegen des Formats zu bemercken/
daß/ wann man an hohe und ſonderlich Fuͤrſtliche
Perſonen ſchreibet/ man gemeiniglich einen gantzen
Bogen/ an vornehme Miniſtros einen halben Bo-
gen/ von groſſem Format, ins Quart gebogen/ neh-
me/ und gemeiniglich ein Couvert um ſolche
Schreiben mache/ bey Kauffleuten iſt vielfaͤltig die
Ma-
[227]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
Manier einen halben Bogen in Folio Forma, von
oben herunter zu ſchreiben/ ich laſſe die Gewonheit
an ihrem Ort geſtellet ſeyn/ ſchreibe aber lieber den
Bogen in Quart gebrochen/ und giebt oder nimmt
dieſes der Sache nichts/ ſondern dependiret von
eines jeden ſeinem Belieben.
Zumercken iſt auch/ daß man das Papyer nicht
uͤberall voll ſchreibe/ ſondern oben/ unten und an
der lincken Seite einen ziemlichen Raum laſſe.
So bleibet auch zwiſchen dem Titul oder der An-
rede in dem Brief/ und der Materie des Briefs/ ein
Spatium, zum wenigſten/ ſo breit als der Rand iſt/
und ſo man an groſſe Herren ſchreibet/ wird ſehr tief
unten angefangen/ und kaum etliche Zeilen auf die
erſte Seite gebracht. So bald ein Brief ins Reine ge-
ſchrieben/ wird ſelbiger noch einmal mit Fleiß durch-
leſen/ ob etwan eine Diſtinction oder Woͤrtgen
darinn ausgelaſſen/ oder zu viel geſetzet ſeye/ damit
man es beyzeiten/ ehe man den Brief zumacht/ noch
corrigiren und hinein ſetzen koͤnne; waͤre es aber/
daß man gantze Zeilen ausgelaſſen/ ſo iſt es beſſer/
daß man den Brief aufs neue abſchreibe/ als
daß man ſolchen an vielen Orten durchſtrichen und
corrigiret einem vornehmen Mann zuſenden wollte.
Die Unterſchrifft unter die Briefe ſetzet man
unten gegen der rechten Hand zu/ und zwar um ſo
viel tieffer hinunter/ als die Perſon/ an welche man
ſchreibet/ vornehm iſt/ daher dann auch die
Schrifft des Briefes ſelbſt alſo darnach einzurich-
ten/ daß ſie nicht zu weit herunter komme/ und
man alſo noch Raum zur Unterſchrifft uͤberbehalte.
Jch kan hierbey nicht unterlaſſen/ eine kleine Digreſ-
P 2ſion
[228]Caput IV.
ſion zu machen/ was nehmlich meine Schreiber/ die
ich biß hero gehalten/ vor Qualitaͤten in der Schrei-
berey haben/ an ſich haben muͤſſen/ nach welcher ei-
niger maſſen/ die auf dem Cotoir dienende Han-
dels-Diener ſich gleichfalls zu richten haben. Jch er-
forderte nehmlich von ihnen erſtlich/ zu rechter Zeit
genugſame Federn zu ſchneiden/ damit man ſich/
wann es jetzt an das Schreiben gehen ſollte/ nicht
mit Federnſchneiden oder corrigiren/ lang aufhal-
ten duͤrffte/ welches ſonderlich im Dictiren eine
groſſe Verhinderniß verurſachet/ und mich eben er-
mahnt/ als wann einer zum Tantzen begierig iſt/
und die Spielleute wollten denſelben mit Stimmen
ihrer Inſtrumenten erſt lang aufhalten. Zwey-
tens/ muͤſſen ſie auch orthographicè:Drittens
geſchwind: Vierdtens ſauber: Fuͤnfftens rein
und nicht maculirt: Sechſtens/ die Buchſtaben
nicht verzogen/ ſchreiben/ ſondern alſo/ daß ſie je-
derman in die Augen leuchten koͤnten/ in welchen
einige unſerer Kauff-Diener ſehr fehlen/ als wel-
che in der Meinung ſtehen/ je kruͤmmere und bun-
tere Zuͤge ſie in ihren Briefen/ ſonderlich in der Un-
terſchrifft machen koͤnten/ je ſchoͤner ſolches ſtuͤnde/
und will ich jemand wohl 20. Kauffmaͤnniſche an
ſich ſelbſt zierliche genug geſchriebene) Briefe weiſen/
in welchen er doch den Namen/ wegen des grauſa-
men Verziehens/ nicht ſoll leſen koͤnnen: Sieben-
dens/ verlangte ich von meinen Schreibern/ daß
ſie gut leſen und buchſtabiren/ und folglich wohl ab-
zuſetzen wiſſen ſollten. Einige Kauff-Dieners moͤ-
gen ſich hier pruͤfen/ ob ſie ſich/ was das Leſen und
Buchſtabiren anbelanget/ und folglich das rechte
Ab-
[229]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
Abſetzen/ wann ein Wort an einer Zeil gebrochen
wird/ auch nicht getroffen finden: Achtens/ ver-
langte ich von ihnen im Dictiren in ſoweit eine Mit-
Huͤlffe/ daß/ wañ ich etwan ein Bind-Woͤrtlein oder
Verbum ausgelaſſen/ ſie ſolches wieder erſetzen/
von ſich ſelbſt beyfuͤgen/ oder mich deſſen hoͤflich er-
innern ſollten: Neundtens wollte ich auch/ daß
ſie zum wenigſten einen Terminum in Latinitate
und auch etwas im Frantzoͤſiſchen/ oder Jtaliaͤni-
ſchen/ wegen ſolcher Sprachen-Woͤrter/ die im
Dictiren offt vorkommen (damit ſie ſolche deſto ac-
curater ſchreiben koͤnten) verſtehen/ und Zehen-
dens/ in einem Brief oder auch andern Scripturen
zu geben oder zu nehmen wiſſen ſollten/ nehmlich/ wie
oben ſchon gemeldt/ daß ſie wohl ermeſſen ſollten/
wie viel Zeilen auf eine Seite gehoͤrte/ wo man
oben anfangen/ unten in rechter Proportion wie-
der aufhoͤren/ und zierlich einen Brief zuſam-
men legen und uͤberſchreiben muͤſte.
Bey dieſer Zuſammenlegung der Briefe/ muß man
den Sand von allen Seiten abſtreichen/ und dar-
auf die Blaͤtter ſauber mit einem Falls-Bein zuſam-
men faltzen; ſo ſtehet es auch gar nicht Kauffmaͤn-
niſch/ einen Brief in mancherley ſeltzame Falten/ oder
in einen allzu kleinen Format zuſammen zu legen/
als welches mehr Weibern als Maͤnnern zukommt/
wie ein gutes Couvert zu machen/ wird leicht zu er-
lernen ſeyn/ man ſchneide ſelbiges nur ſo accurat,
daß man alle vier Ecken oder Spitzen fuͤglich unter
das Siegel beveſtigen koͤnne.
An gute Freunde kan man wohl die Briefe mit
Oblaten ſiegeln/ an hohe und vornehme Perſonen
P 3aber/
[230]Caput IV.
aber/ muß man Siegel-Lack gebrauchen/ wer mit
Oblaten ſiegeln will/ muß ſolche/ ehe er ſie unter-
legt/ nicht allein erſt anfeuchten/ ſondern er kan auch
die Stelle des Papyrs/ wo er das Petſchafft dru-
cken will/ etwas naß machen/ ſo wird ſich das Sie-
gel deſto ſchoͤner drucken und præſentiren.
Die meiſten Aufſchrifften werden heut zu Tag
in Frantzoͤſiſcher Sprach gemacht/ darzu dann un-
ſerm Handels-Diener die vorgeſetzte Frantzoͤſiſche
Woͤrter wohl zu ſtatten kommen werden. Uber-
haupt iſt wegen der Aufſchrifft zu mercken/ daß erſt-
lich mit etwas groͤſſern Buchſtaben der Titul und
Name/ wie auch die Charge, Amt und Profeſſion
deßjenigen/ an welchen man ſchreibet zu machen ſey/
das Wort Preſent oder Preſentement brauchet
man nicht/ als nur an Reiſende/ die ſich nur ein
Zeitlang an einen gewiſſen Ort aufhalten/ nicht
aber an Leute/ die daſelbſt ihr gewiſſes Domicilium
haben. Siehet man alſo/ wie ſehr diejenige irren/
die das Wort Preſent, oder jetziger Zeit/ auf die mei-
ſte Aufchrifften ihrer Briefe ſetzen.
Wegen des Franchiren der Briefe iſt zu mer-
cken/ daß man keinem muthwillig vergebliches
Brief-Porto, ſonderlich bey dieſen Zeiten mache/
da ſolches Porto zu zimlichen Schaden der Com-
mercien/ an vielen Orten ſehr geſteigert iſt; vor-
nehmlich aber ſeynd die Briefe zu franchiren/ wann
es unſere eigene Gelegenheit betrifft/ da wir zu dem
Dienſt/ welchen wir geleiſtet haben wollen/ einen
andern keine Moleſtiam mit Brief-Porto machen
muͤſſen; und weiß ich faſt nicht/ wann ſolches kalt-
ſinniger und vorſetzlicher Weiſe geſchiehet (gleich-
ſam
[231]Von Wechſeln und Briefſchreiben.
ſam als wann man den andern die Hof-Dienſte
anſagte) ob derſelbe nicht/ wie ſchon oben gemeldt/
auch mit gutem Fug/ unſere Angelegenheit/ wann
auch noch ſo viel daran gelegen waͤre/ verſaͤumen
koͤnne.
Ein Handels-Diener/ der viel Briefe zu ſchrei-
ben/ ſolche zuzumachen und wegzuſenden hat/ ſehe
wohl zu/ daß er nicht bey der Aufſchrifft verwechſe-
le/ er mache auch lieber die Aufſchrifften/ ehe er zu-
ſiegelt/ ſo kan er noch allezeit zuſehen/ ob irgends
mit der Auffſchrifft ein Jrrthum vorgangen ſey oder
nicht. Einige Kauffleute/ die mit Geſchaͤfften uͤber-
haͤuffet ſeyn/ pflegen daher auf der erſten Seite des
Briefs/ unten oder oben im Winckel zur lincken
Hand den Zunamen deſſen zu ſchreiben/ an wel-
chen der Brief gehoͤret/ damit ſie ſolches nicht erſt
mit Durchleſung etlicher Zeilen/ unterſuchen duͤrf-
fen/ welches aber einem jungen Menſchen/ wann er
an eine vornehme Perſon ſchreibet/ nicht anſtaͤn-
dig ſeyn wuͤrde/ weil man von ihm weiß/ daß ſei-
ne Affairen und Correſpondentz ſo groß noch nicht
iſt/ daß er eine ſolche Vorſorge ſollte noͤthig ha-
ben.
Welcher Geſtalt auch die weggehende Briefe
muͤſſen copiret die ankommende aber uͤberſchrie-
ben werden/ ſolches iſt aus den Handels-Correſpon-
denten/ und der taͤglichen Praxi bekannt.
Die Beſtellung der Briefe iſt zwar aus groſſen
Contoiren denen Jungens befohlen/ doch wollte ich
wohl/ wann manchmal an einem Brief viel gelegen/
als/ daß etwan noͤthige Ordres oder Wechſel-Brie-
fe darinn enthalten/ daß der Handels-Diener ſich
P 4ſelbſt
[232]Caput IV. Von Wechſeln und ꝛc.
ſelbſt aufmachte/ ſolche beſtellte/ und dem Jungen
nicht traute/ wie dann ohne dem ein treu-geſinnter
Handels-Diener auf des Jungen ſein Compor-
tement, ob ſolches dem Handels-Patron zum
Schaden oder Vortheil gereiche/ auch dem Jungen
ſelbſt nutzlich oderſchaͤdlich ſey/ ein wachendes Auge
haben muß/ gleich wie dieſe hingegen/ wann ſie
raffiniret ſeyn/ auch nicht ermangeln werden/ des
Dieners Conduite wohl in Obacht zu nehmen.
Wann ein Reiſender zu Uberbringung eines
Briefes ſich erbiethet/ ſo iſt gleichwohl auch Vor-
ſichtigkeit zu gebrauchen/ ob gleich derſelbe mit
der geſchwinden Poſt abreiſet/ weil einige Leute nicht
eben allezeit conſideriren/ was einem Kauffmann
an ſchleuniger Beſtellung ſeiner Briefe gelegen
ſeye/ und dannenhero ſelbige nach ihrer Bequem-
lichkeit abgeben/ welches aber vielmals/ ſonderlich
wann wichtige Dinge in einem ſolchen Brief ent-
halten/ groſſen Schaden zu verurſachen pflegen.
Ein mehrers was von dieſer Materie des
Briefſchreibens gemeldet werden koͤnte/ iſt ſo voll-
koͤmmlich in unſerm allezeit fertigen Handels-Cor-
reſpondenten/ durch allerhand Materien ange-
fuͤhret/ daß es deßfalls keiner weitern Unterweiſung
bedarff/ daher wir nur alle und jede Handels-Ver-
wandte und Liebhaber der Commercien auf dieſes
nutzliche Buch nochmals wollen verwieſen
haben.
Caput
[233]
Caput V.
Auf was vor andere Wiſſen-
ſchafften mehr/ welche ebenfalls zur
Handlung dienen/ ſich ein Kauffmanns-Die-
ner/ bey muͤſſigen Neben-Stunden
appliciren koͤnne.
NAchdem es heutiges Tags mit der Kauff-
mannſchafft ein gantz anderes Anſehen ge-
wonnen/ als es vor dieſem damit gehabt;
als muß auch derjenige/ welcher derſelben
verwandt iſt/ und ſein Brod darbey zu verdienen ge-
dencket/ ſchon eine mehrere Wiſſenſchafft ſolcher
Dinge beſitzen/ welche nicht allein die Handlung
kluͤglich und vorſichtig zu fuͤhren/ ſondern auch in
derſelben ſich einen guten Ruhm/ Liebe und Credit
zu erwerben/ dann auch gegen die Anlaͤuffe zanck-
ſichtiger Leute ſich und das Seinige wohl zu be-
ſchuͤtzen/ dienen koͤnnen. Zu dieſen letztern gehoͤret
die Wiſſenſchafft der Rechten/ welche/ wie noth-
wendig ſie einem Kauffmann wegen des Mei \& Tui,
womit er ſtets umgehet/ ſey/ kuͤnfftig in unſerm ge-
lehrten Kauffmann/ ſoll bewieſen werden; auſſer
dieſer aber ſeynd wir gedacht/ noch viel andere Wiſ-
ſenſchafften/ welche demjenigen/ der ſolche beſitzet/
auch ihren Nutzen bringen. Alſo wuͤrde ein Kauff-
manns-Diener nicht uͤbel thun/ wann er ſich bey
muͤſſigen Stunden auf die Geographiam, oder die
P 5Erd-
[234]Caput V.
Erd-Beſchreibung und die Land-Charten wohl zu
verſtehen/ legte; als: daß er erſtlich die vier Welt-
Theile/ und wie die See-Farth nach jeden derſelben
eingerichtet/ auch welches in allen dieſen vier Welt-
Theilen diejenige Laͤnder ſeyn/ welche wegen der
Kauffmannſchafft am meiſten befahren werden/
ſich bekannt machte/ worzu ihme dann inſonderheit
die Reiß-Beſchreibungen trefflich zu ſtatten kommen
koͤnnen. Wie ich dann unterſchiedliche Kauffmanns-
Dieners gekannt/ welche ſich die beſten von ſolchen
Reiß-Beſchreibungen angeſchafft/ ſelbige mit de-
nen Land-Charten conferiret/ und an ſtatt Sonn-
tags in liederlichen Sauff-Spiel- und verdaͤchtigen
Compagnien zu gehen/ ihre Zeit in dergleichen
nuͤtzlichen Buͤchern/ nach verrichtetem GOttes-
Dienſt wohl paſſiret haben; in Anſehung/ daß zu-
gleich die Handlung mit daraus erlernet/ einem
Kauffmann aber/ der Plus Ultra und etwas weiter
hinaus/ als auf den naͤchſten Jahr-Marckt geden-
cket/ ein Vorſchmack der See-Farth und Hand-
lung in weite Laͤnder/ ingleichen eine ruͤhmliche Be-
gierde ſich und dem Vatterland zum Beſten in der
Handlung je laͤnger je mehr hervor zu thun/ gegeben
wird. Naͤchſt dieſer General-Erkaͤnntniß der vier
Welt-Theile/ haͤtten ſie in Specie auf Europam und
in ſolchen/ auf deſſen vornehmſte Reiche und Laͤnder
zu reflectiren/ ſelbiges ihren Zuſammen-Hang und
durch was vor Gelegenheit die Handlung zu Waſ-
ſer und Land von einem Reich in das andere geſche-
he/ wohl zu conſideriren; ja ſie koͤnten darinnen
noch etwas weiter gehen/ und ſich den Globum be-
kannt machen/ auch ein weiniges daran wenden/
daß
[235]Muͤßige Nebenſtunden zu appliciren.
daß ihnen/ was die Polus-Hoͤhe/ die Longitudo
und Latitudo, ein Clima, Zona und dergleichen
ſey/ gewieſen/ und etlicher maſſen der Nutzen davon
erklaͤret wuͤrde.
Wann nun ſolches ein Groſſes zur Wiſſenſchafft
der Schiff-Farth beytragen kan/ viel aber auch an
der Rechen-Kunſt gelegen/ als wollte ich/ daß einige
unſere Kauffmanns-Diener dieſelbe ein wenig beſ-
ſer excolirten/ als ſie biß anhero gethan. Jch will
nicht ſagen/ daß viel unter ihnen nicht ſollten ein
Stuͤck Waar/ wovon die Ele ſo und ſo theuer
kommt/ zur Noth ausrechnen koͤnnen; in Wechſeln
haͤlt es ſchon etwas haͤrter/ und wird doch endlich ſo
viel erlernet/ als etwan auf des Patrons ſeinem
Contoir am gewoͤhnlichſten vorkommt; allein aus
Curioſitaͤt/ und an ſtatt muͤſſiger Stunden/ in wei-
tere/ und zur Geographie, Schiffarth/ Geome-
trie und Stereometrie, (welche doch alle zur Kauff-
mannſchafft gehoͤren) hinein zu gehen/ da iſt bey ei-
nigen ſolcher Leuten altum Silentium, und wenig
oder gar keine Begierde. Genug/ daß bey dem Boͤtt-
ger ein Vaß/ bey dem Tiſcher eine Kiſte beſtellet/
von dem Schiffsbauer/ vor des Patrons Rechnung/
ein Schiff gebauet/ und der Diener/ ob die Arbeit
gut von ſtatten gehe/ hingeſchicket werde/ worinn
aber das Wein-Viſiren/ die Proportion der Vaͤſſer
und Schiffe/ der Kiſten und Kaſten beſtehe/ davon
laſſen ſich die guten Herren unbekuͤmmert/ gleich
wanns eine Sache waͤre/ die der Handlung gantz
nicht angienge.
Naͤchſt dieſem/ wird auch das Erlernen fremb-
der Sprachen unſern Teutſchen Kauffmanns-Die-
nern
[236]Caput V.
nerñ recommandiret/ und zwar einem jeden nach
ſeines Orts Gelegenheit/ als denen die nahe bey
Franckreich ſeyn/ die Frantzoͤſiſchen; anderen/ die
Jtaliaͤniſche/ denen Schleſiern und Preuſſen/
die Polniſche/ denen Nieder-Saͤchſiſchen See-
Staͤdten/ die Daͤniſche/ Schwediſche und Hollaͤn-
diſche-auch einigen die Moſcowitiſche und Unteut-
ſche/ ſonderlich die viel nach Chur- und Liefland zu
handeln haben. Waͤre es/ daß ein ſolcher auch Fran-
tzoͤſiſche und Jtaliaͤniſche Sprachen mit lernen koͤnte/
ſo wuͤrde es ihme (ſonderlich weil die See-Staͤdte
groſſe Commercien nach Franckreich haben)
nicht ohne Nutzen ſeyn; vor allem aber/ ſollte es als
gar etwas loͤbliches an einem Handels-Diener
zu conſideriren ſeyn/ wann er (da er etwan in der
Jugend aus Mangel der Mittel und Gelegenheit
die Lateiniſche Sprache nicht gelernet) ſolche in ſei-
nen Dienſt-Jahren annoch zu lernen ſich angelegen
ſeyn lieſſe; Dann wie elend ſtehet es nicht/ wann je-
mand/ es ſey im Diſcuriren oder Schrifften/ einen
Lateiniſchen Terminum noͤthig hat/ und ſolchen
weder geſchicklich hervorbringen/ noch ſchreiben kan.
Wie will ein Kauffmann kuͤnfftig mit ſeinen Rechts-
Proceſſen zu recht kommen/ wann er nicht etwas
vom Lateiniſchen verſtehet? wodurch werden denen/
welche Frantzoͤſiſch und Jtaliaͤniſch lernen wollen/
dieſe Sprachen leicht gemacht/ als weil ſie einen gu-
ten Anfang und Grund in der Lateiniſchen Sprach
geleget haben/ ich weiß/ was rechtſchaffene Kunſt-
und Tugend-liebende Gemuͤther/ unter denen Han-
dels-Dienern ſeyn/ die werden mir hierinnen recht
geben/ Idioten und gemeine Gemuͤther aber an-
ſtim-
[237]Muͤſſige Nebenſtunden zu appliciren.
ſtimmen/ worzu wird mir dieſe Sprache noͤthig?
was ich zu thun habe/ kan ich wohl im Teutſchen ver-
richten/ ſed hoc, vox aſini non hominis.
Hiernaͤchſt erachte ich/ das Zeichnen einem
Kauffmanns-Diener noͤthig zu ſeyn/ angeſehen viel-
faͤltig daſſelbe in Handlungen Nutzen ſchaffen kan/
es ſey/ daß man in Manufacturen neue Muſters in-
ventire/ und abzeichne/ die Structur eines Schif-
fes abreiſe/ oder auch einen andern Kuͤnſtler ein Mo-
dell von Zierathen geben ſoll/ welches man etwan
in der Handlung bey Kunſt-Waaren anzubringen
wuͤſte/ zugeſchweigen der angenehmen Zeitvertreib/
welche dieſe Kunſt giebet/ die zumal auf Reiſen und
bey Seefarthen im Abzeichnen eines ſchoͤnen Pro-
ſpects, einer See Kiſten/ Havens oder einer Jn-
ſul wohl zu ſtatten komme.
So auch dabey ein Handels-Diener zur Me-
chanic Luſt haͤtte/ und mit ſolcher Arbeit (worzu
man eben nicht allezeit einen Tiſcher haben kan) zu
recht kommen koͤnnte/ wuͤrde er ſeinem Herꝛn viel-
mals auch einen Gefallen erweiſen/ ſonderlich aber
die Luſt zu ſolcher Arbeit/ ihn kuͤnfftig bey Manu-
facturen/ und in der Invention, der darzu benoͤthig-
ten Inſtrumenten (als da ſeynd Weber-Stuͤhle/
Machinen und anderer Werckzeuge) wohl zu ſtat-
ten kommen/ und viel Geld erſparen. Wie ich denn
abſonderlich von einem jeden Kauffmanns-Diener
gern ſehen moͤchte/ daß derſelbe bey ſeinen Handels-
Wiſſenſchafften/ auch zum wenigſten ſo viel in ei-
ner Kunſt oder Handwerck wuͤſte/ zu welchen er/
(wann ihme das Gluͤck kuͤnfftig bey der Handlung
den Ruͤcken kehren ſollte) greiffen/ und ſich und die
Sei-
[238]Caput V.
Seinigen ehrlich damit ernehren koͤnne; und geſetzt/
daß er ſolch Handwerck nicht aus dem Grund er-
lernet/ koͤnte er ſich doch (im Fall der Noth) leicht-
lich darinn perfectioniren/ und ſelbiges zu ſeinen
Nutzen anwenden; alſo flieſſet aus der Stereome-
tria das Fundament des Vaßbindens. Haͤtte nun
ein Kauff-Geſell bey Wein-Handlungen ausge-
dienet/ ſo waͤre es ihm ſo viel leichter geweſen/ das
Vaßbinden/ durch den taͤglichen Umgang mit zu
erlernen. Bey Tuch-Handlungen/ ſchicket ſich das
Tuch oder Zeug machen/ weil ohne dem derjenige/
der ſolches wohl verſtehet/ am beſten von der Quali-
taͤt eines Tuchs urtheilen kan. Das Strumpff-We-
ben auf den Strumpff-Stuͤhlen iſt ebenfalls bald
gelernet/ und finden wir viel Kauff-Dieners/ wel-
che etwan die Mittel nicht gehabt/ die in ihren Jun-
gen-Jahren erlernte Handlung fortzuſetzen/ daß
ſie zu dieſer Profeſſion des Struͤmpff-Webens
hernach ſich begeben/ und mit der Zeit groſſe Verle-
gers dariñen worden ſeyn. Bey dem Materialiſten-
Kram/ erzeiget ſich das Diſtilliren/ Brandtwein-
brennen/ gewiſſe Materialia und Compoſita zu
machen/ welche allein zulaͤnglich ſeyn/ ihren Mann
zu ernehren. Und was ſoll ich von der Farb-Kunſt/
dem Lacciren/ Spiegel-machen/ Leder-bereiten/
und dergleichen Dingen mehr (welche alle im Fall
der Noth Brod ſchaffen koͤnnen) viel Ruͤhmens
machen/ da die Sache ſelbſt genug bekannt iſt Die
Muſic, ob ſie wohl kein weſentlich Stuͤck/ zur Hand-
lung gehoͤrig/ kan genennet werden/ ſo iſt doch be-
kannt/ wie mancher junger Menſch ſich dadurch ſehr
beliebt gemacht/ und nicht ſelten dadurch in die
Gunſt
[239]Muͤßige Nebenſtunden zu appliciren.
Gunſt ſolcher Leute gekommen/ welche hernach ſein
Gluͤck zu befoͤrdern/ ſich haben angelegen ſeyn laſ-
ſen. Es iſt aber bey ſelben und all dergleichen (mehr
zur Ergoͤtzlichkeit als Nutzendienenden) Kuͤnſten
zweyerley zu bemercken/ eines/ daß er mit ſolchen
nicht zu viel Zeit verabſaͤume/ welche zu ſeinen Han-
dels-Verrichtungen ſonſt ordentlich beſtimmet iſt.
Zweytens/ daß er ſich nicht durch ſolche/ ſonderlich
durch die Muſic, zur Uppigkeit (welche mehr rohen
jungen Welt-Leuten/ als modeſten Handels-Die-
nern anſtehet/ verleiten laſſe. Wann er nun faſt ſei-
nen eigenen Handel anzufangen gedencket/ und mit
ſeines Herꝛn Verguͤnſtigung etliche Stunden in
der Wochen abkommen kan/ nicht etwan ein/
zwey oder drey Monat/ ſeinen Leib zu dreſſiren/ und
eine gute Manier im Gehen und Complimenten
anzunehmen/ auf den Tantz-Boden gehen ſollte/ er
muͤſte aber keine beſtaͤndige Gewohnheit daraus
machen/ oder ſo viel Zeit und Geld dran wenden/
als wann er kuͤnfftig ſelber Profeſſion vom Tantz-
Meiſter machen wollte; ſondern wie dieſes alles nur
Neben-Wercke ſeyn/ alſo muß ſein Haupt-Werck/
welches die Kauffmannſchafft iſt/ nicht darum aus
den Augen geſetzet werden/ vielweniger muß er ſich
ſolcher Kleidung/ Exercitien und Auffuͤhrung an-
maſſen/ welche mehr Kriegs- und Edelleuten als
Kauffleuten zuſtehet/ und ihme auf einmal ſein
Gluͤck und Credit ruiniren moͤchte; hingegen wird
ihme die Modeſtie, und daß er allzeit nach Tugend
und Weißheit ſtrebe/ niemals gereuen/ zu welchem
Ende er lieber mit vornehmern und geſchicktern Leu-
ten/ als er ſelbſt iſt/ als mit ſeines gleichen/ oder
noch
[240]Caput V.
noch geringern/ von denen er nichts Gutes ſehen
oder lernen kan/ umgehen muß. Jn Mangel derſel-
ben aber/ muß er ſich zu Haus und in ſeiner Kam-
mer/ wann er Zeit uͤbrig hat/ auf das Leſen guter
Buͤcher/ worzu wir inſonderheit die obbemeldte
Reiß-Beſchreibungen/ ſamt einem guten Hiſtorien-
Buch/ als etwan unſer Teutſches Thnatrum der
vier Monarchien; in Handels-Sachen aber das
Handels-Gericht/ Kauffmanns-Magazin, das
Kunſt-Natur- und Handels-Lexicon, den Han-
dels-Correſpondenten/ und zur Nachricht/ was
hin- und wieder in frembden Commerciis paſſiret/
den Schwediſchen/ Moſcowitiſchen/ Hiſtoriſchen/
Brandenburgiſchen und Schleſiſchen Kauffmann;
wegen Anrichtung neuer Manufacturen aber/ un-
ſer neu-eroͤffnetes Manufacturen-Haus und
Boͤrſe/ welches in dem dritten Theil des Ritter-Platz
befindlich/ wollen recommandiret haben; aus des
Speranders ſorgfaͤltigem Negocianten/ Savarii
ſeinem vollkommenen Kauffmann/ und ſo er ſchon
etwas hoͤher gehen will/ aus D. Bechers Schriff-
ten/ wie auch aus unſerer Beſchreibung der Meſ-
ſen und Jahr-Maͤrckte/ in Specie aber/ von Ma-
naufacturen/ aus dem nutzlichen Tractat von
Flachs und Hanff/ wie auch aus der nechſtkuͤnfftig
zu erwartenden Beſchreibung der Seide und Wol-
le/ und der aus dieſen beyden Materialienen verfertig-
ten Manufacturen/ wird er ſchon ſo viel Zeit-Ver-
treib und Lehren finden/ daß er aller andern nichts-
wuͤrdigen Dinge und boͤſen Geſellſchafften leichtlich
wird vergeſſen koͤnnen.
Wegen des Buchhaltens/ moͤchte ein fleißiger
Han-
[241]Muͤßige Nebenſtunden zu appliciren.
Handels-Diener noch zu erinnern ſeyn/ daß ſolches
ebenfalls einen gantzen Menſchen erfordere/ und
viel Curioſitaͤten in ſich ſchlieſſe/ welche bey muͤßi-
gen Stunden zur angenehmen Speculation Anlaß
geben koͤnnen.
So wolte ich auch/ daß ein geſchickter Han-
dels-Diener ein Liebhaber der Aviſen waͤre/ und
ſolche Poſt-taͤglich zu leſen/ keine Gelegenheit ver-
abſaͤumen ſolte/ es werden ihm dieſelbe nicht allein
den Verſtand ſchaͤrffen und aufmuntern/ ſondern
auch zu vielen Handels-Speculationibus Anlaß
geben; Sie ſchlieſſen viel Politica in ſich/ welche
denen Kauffleuten/ um ihre Handels-Meſſures
darnach zu nehmen/ noͤthig ſeyn; man lernet da-
durch einen guten Diſcurs in honetten Com-
pagnien formiren/ und diſtinguiret ſich dadurch
von andern/ welche nicht ſo viel Luſt und Belieben
haben/ auf dergleichen Publica die Zeit zu wen-
den; ſonderlich aber wird die Geographia bey ſol-
chen Aviſen-leſen/ erſt rechtſchaffen excoliret/
wann man das/ was darinnen an merckwuͤrdigen
Begebenheiten vorkommt/ nach denen Oertern/
wo ſolche geſchehen/ bemercket/ vornehmlich aber
das Kommen und Abgehen der Schiffe ſich aus
denen Zeitungen wohl bekannt machet.
Endlich ſo wolte ich auch einem geſchickten Han-
dels-Diener noch zum Beſchluß dieſe Lehre erthei-
len/ daß er ſich fein offt bey denen Handwerckern
in ihren Werck-Stuben umſehen/ ſich derſelben
als einer Schul bedienen/ und in ſolcher lernen ſol-
te/ was vor Materialia, Ingredientia, Inſtru-
menta, und Hand-Griffe darzu gehoͤrten/ biß ein
QStuͤck
[242]Caput V.
Stuͤck Waar zu einen perfecten Kauffmanns-
Gut zubereitet worden. Er haͤtte dabey zu erler-
nen ihre beſondere Kunſt-Woͤrter/ oder Terminos
Technicos, dann auch die Maͤngel/ welchen man-
chen Handwerckern in ihrer Arbeit ausgeſetzet wer-
den/ und was hingegen die Qualitaͤten ſeyn/ wel-
che in perfectes aus einer Manufactur gekomme-
nes Kauffmanns-Gut an ſich haben muͤſſe. Dann
ſo ſchreibet Savarii in ſeines vollkommenen Kauff-
manns 14. 15. und 16. Capitel/ daß die Kauff-
manns-Diener/ wann ſie in Franckreich ihren eige-
nen Handel anfangen/ und Principales werden
wollen/ uͤber die Elen/ Maaß/ Pfund und Marck/
Gewicht/ wie auch uͤber die Eigenſchafft einer
Waar examiniret werden/ zu welchem Ende er
in obangeregten Capiteln zu ihren Unterricht/ und
zwar erſtlich/ in dem 14ten von der Laͤnge und Brei-
te allerley Waaren/ von Gold/ Silber/ und Seide/
mit Wollen/ Baumwollen/ und Garn vermiſcht/
handelt/ welcher Geſtalt dieſelbe nach denen Koͤnigl.
Verordnungen de A. 1667. beſchaffen ſeyn muͤſten.
Jn dem 15ten Capitel handelt er von der Breite
und Laͤnge aller Cameel-haarnen und wollenen
Zeuge und Tuͤcher/ wie dieſelbe ſo wohl in-als auſ-
ſerhalb Franckreich in denen Manufacturen gema-
chet werden/ auch was man wegen der Qualitaͤt
ſolcher Waare nach der Koͤniglichen Verordnung
zu obſerviren habe.
Ferner ſchreibet er/ ſey in Acht zu nehmen/ daß
der 30. Art. der Koͤnigl. Verordnung haben will/
daß hinfuͤhro kein wollener Zeug mehr von ſo ge-
ringem Preiß/ wann er nicht eine halbe Pariſiſche
Elen
[243]Muͤßige Nebenſtunden zu appliciren.
Elen breit iſt/ gemachet werden ſoll. Jn den
39. Art. wird befohlen/ daß alle Tuͤcher/ Sarge
und andere Zeuge/ wann ſie von der Walcke kom-
men/ von den Geſchwornen beſichtiget/ und das
Zeichen des Orts/ wo ſie gemachet worden/ auch
ob ſie nach Jnhalt der Ordnung verfertiget wor-
den/ mit angehaͤnget werden ſoll/ und was etwann
dergleichen Anmerckungen mehr ſeyn moͤchten/ wel-
che weitlaͤufftig bey bemeldtem Authore, vor-
nehmlich aber in unſerm mit nechſten zu erwarten-
den Tractat von der Wolle und Seide/ und de-
nen aus dieſen beyden primis Materiis verfertig-
ten Manufacturen zu erſehen ſeyn werden/ da ei-
ne jede Art derſelben/ nicht allein wie ſie von An-
fang her/ biß ein fertig Stuͤck Waar daraus ge-
worden/ beſchrieben/ ſondern auch ein ſolcher Un-
terricht in der Faͤrb-Kunſt/ auf Wolle und Seide
gegeben wird/ der in gewiſſen Saͤtzen vor Arcana
(denen jenigen/ die mit dieſer Kunſt und Profeſſion
der Faͤrberey umgehen) paſſiren kan.
Caput VI.
Wie ſich ein Kauffmanns-Die-
ner in ſeines Patrons Geſchaͤfften auf
Reiſen zu verhalten/ und was er vor ſeine
eigene Perſon dabey zu profitiren/
und zu lernen habe.
DAß ein Kauffmanns-Diener zu allen Han-
dels-Geſchaͤfften (und alſo auch in ſeines
Q 2Patrons
[244]Caput VI.
Patrons Angelegenheit/ Reiſen in frembde Laͤn-
der zu verrichten) ſich muͤſſe gebrauchen laſſen/
ſolches iſt ſchon mehrmahls/ und zwar unter an-
dern auch darum/ angefuͤhret worden/ weil von
demſelben præſumiret/ oder gleichſam zum Vor-
aus geſetzet wird/ daß er nach vollbrachten ſei-
nen Jungen-Jahren nunmehro eine ſolche Fer-
tigkeit in Handels-Wiſſenſchafften erreichet ha-
ben werde/ welche ihn in den Stand ſetzen koͤn-
nen/ in allerhand Vorfaͤllen nuͤtzlich vor ſeinen
Patron zu negociiren/ und deſſen Beſtes bey al-
len Gelegenheiten zu beobachten. Man verſpricht
ſich ſchon von ihm/ daß er den Ein- und Verkauff
der Waaren wohl verſtehen/ mit Wechſeln und
Scripturen umzugehen/ Schulden einzumahnen/
und allenfalls/ wie gegen boͤſer Schuldener gericht-
lich zu procediren ſey/ wohl wiſſen werde. Da auch
ein erwachſener Menſch bey ſeinen vollen Leibes-
Kraͤfften die Jungens- und Jugend-Jahre nun-
mehro abgeleget/ ſo kan es nicht fehlen/ der Ver-
ſtand und das judicium muͤſſen ſich bey ihme auch
aͤuſſern/ und ſein Leib die Reiß-Fatiquen zu ertra-
gen/ auch vollkommen tuͤchtig und geſchickt ſeyn/
daß alſo nichts mehr uͤbrig iſt/ als unſern Handels-
Diener/ in ſo weit er etwann zum erſtenmahl in
ſeines Patrons Geſchaͤfften uͤber Land verreiſen
ſolte/ mit denen darzu benoͤthigten Anmerckungen
und Lehren zu verſehen/ welche ihm ſeine Reiſe ſo
viel gluͤcklicher anzutretten/ und der ihme obliegen-
den Schuldigkeit ſo viel beſſer ein Genuͤgen zu
thun/ auch dabey ſeiner eigenen Perſon Vortheil
zu ſchaffen/ nuͤtzlich und zutraͤglich ſeyn koͤnnen.
Dieſem
[245]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
Dieſem nach hat erſtlich ein Kauffmanns-Die-
ner/ welcher von ſeinem Patrono Geſchaͤfften hal-
ber in frembde Laͤnder verſchicket wird/ zu beobach-
ten das Land/ und den Ort/ wohin er reiſen ſoll;
Zweytens/ die Gelegenheit/ wie ſeine Reiſe dahin
anzuſtellen/ und was vor Requiſita darzu erfor-
dert werden. Drittens/ die Verrichtung ſelbſt/
um welcher willen er dahin verſchicket wird. Die
Perſonen/ mit welchen/ und wider welche er zu
handeln/ die hierzu ihme von ſeinem Patrono er-
theilte Inſtruction und mitgegebenen Subſidien;
und endlich/ was ihme ſeiner Perſon halber/ auf
ſolcher Reiſe/ und an den Ort/ wo er hin deſtini-
ret iſt/ zuſtoſſen/ auch was zu ſeinem eigenen kuͤnff-
tigen Vortheil und Belehrung dabey zu obſervi-
ren noͤthig ſeyn moͤchte.
Das erſte/ nehmlich den Ort/ wohin er zu rei-
ſen verordnet iſt/ betreffende/ iſt ſolcher entweder
ein naher/ oder ein entferneter/ ein bekannter/ oder
unbekannter/ von gleicher oder ungleicher Sprach/
Sitten und Religion/ mit dem Ort ſeiner Woh-
nung; Jtem/ ein koſtbarer oder wohlfeiler/ geſun-
der oder ungeſunder Ort/ und was etwann mehr
vor Betrachtungen dabey vorfallen moͤchten. Jſt
die Reiſe nicht ferne anzuſtellen/ ſo gehoͤret um ſo
viel weniger Zuruͤſtung zu derſelben/ und kan auch
leichtlich/ ja Poſt-taͤglich von dem Handels-Patron,
was in dieſer oder jener Sach zu thun oder zu laſ-
ſen ſey/ Ordre eingeholet werden.
Dahingegen/ wann die Reiſe nach ferneren
Landen ihren Fortgang haben ſolte/ ſchon weit
mehrere Zubereitungen/ und andere Inſtructiones,
Q 3als
[246]Caput VI.
als in der Naͤhe erfordert werden; welches letztere
auch ſeyn muß/ wann einem reiſenden Handels-
Diener/ das Land/ oder der Ort/ wo er hin verſchi-
cket wird/ unbekannt iſt/ da dann allerdings/ ſo-
wohl eine ſchrifftliche als muͤndliche Nachricht von
der Beſchaffenheit daſelbſt/ noͤthig ſeyn will. Jſt
die Sprach des Orts anders/ als hier/ wo der Ver-
reiſende zu Hauß gehoͤret/ ſo ſtehet zu bedencken/
ob er ſolche wohl wiſſe/ oder wie er allenfalls/
wann er keine Kaͤnntniß davon haͤtte/ dannoch nuͤtz-
lich/ mit denen Einwohnern/ entweder durch Doll-
metſcher/ oder ſolche Factors, welche beyder Spra-
chen kuͤndig ſeyn/ handeln moͤge; etwann auch
eine ſolche Compagnie ſeiner eigenen Lands-Leute
bey ſich habe/ darunter einer oder der andere des
Landes/ wohin ſie Reiſen/ ihre Sprache kuͤndig/
und ihn alſo zugleich mit aushelffen koͤnnen; Wie-
wohl es gewiſſer-maſſen zimlich verdrießlich iſt/
wann man durch Dollmetſchers handeln/ und was
dieſe einem vorſagen/ glauben muß. Daher wir nicht
unbillig erinnern/ daß gemeiniglich die Kauffleute
nach ſolchen Dienern trachten ſollen/ welche deſſel-
bigen Landes Sprach/ wohin ihre Handlung am
meiſten gehet/ wohl verſtehen/ und ſolche in ihren
Jungen-Jahren allbereit gelernet haben. Die
Sitten eines Lands betreffende/ unter welchen man
auch die Gebraͤuche in der Handlung verſtehet/
muß von ſolchen allen unſer reiſender Handels-
Diener allbereit ſelbſt eigene Kaͤnntniß/ oder zum
wenigſten gute Inſtruction von ſeinem Handels-
Patron/ oder anderen Leuten haben/ damit er ſich
nach ſolchen ſo viel beſſer richten/ und ſeine Sachen
dar-
[247]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
darnach anſtellen koͤnne. Jſt die Religion des
frembden Lands oder Stadt von der Seinigen un-
terſchieden/ ſo werden ihm darzu die jenigen An-
merckungen noͤthig thun/ welche wir hernach/ ſei-
ner eigenen Perſon halber/ ihme zu geben/ uns vor-
genommen haben.
Die Gelegenheit zu reiſen/ iſt entweder zu
Waſſer/ oder zu Land; jenes uͤber die See mit
groſſen oder kleinen Fahrzeugen/ bedeckten oder un-
bedeckten Schiffen/ oder auch binnen Lands auf
Stroͤmen und Fluͤſſen. Dieſes aber entweder zu
Wagen oder zu Pferd/ worunter wir auch die
Maul-Thiere und Eſel/ derer man ſich viel in
Spanien und Jtalien/ wie auch die Cameele/ wel-
che man in Aſia/ bey denen ſogenannten Caravanen
gebraucht/ nicht wollen ausgeſchloſſen haben.
Bey den Reiſen/ die uͤber See verrichtet wer-
den/ hat ein reiſender Kauffmanns-Diener vor-
nehmlich nach einen guten Schiffer und Schiff
ſich umzuſehen/ ſich auch mit benoͤthigten Reiß-
Kleidern wohl zu verſorgen/ und eine gute Provi-
ſion an Victualien mit zu nehmen/ davon er unter-
wegs zehren koͤnne/ und iſt in ſolchem Fall allezeit
beſſer/ etwas zu viel/ als zu wenig mit zu nehmen/
weil man auf denen See- und Waſſer-Reiſen den
Tag ſeiner Uberkunfft nicht ſo genau wiſſen kan;
man hat auch Gelegenheit/ mit den Schiffer/ wegen
der Koſt ſich zu bedingen/ wie viel man entweder
die Woche/ oder vor die gantze Reiß uͤber/ ihme
geben ſoll/ wobey man aber zuweilen zimlich mit
grober Schiffs-Koſt/ nehmlich/ Stockfiſch/ Gruͤtz/
und geſaltzen Fleiſch vorlieb nehmen muß; waͤre
Q 4es
[248]Caput VI.
es aber ſchon ſo bedungen/ ſo kan doch ein guter
Flaſchen-Keller mit Wein und Brandewein/ die
rauhe See-Lufft/ und harte Schiffs-Koſt zimlich
corrigiren/ und verdaulich machen; nicht weniger
muß auch ein Reiſender Præſervativ-Artzney-
Mittel/ item/ ſeinen eigenen Bett-Sack/ und was et-
wann ſonſt zur See-Reiſe noͤthig thut/ bey ſich
fuͤhren/ auf alles aber wohl Achtung geben/ daß
ihme nichts geſtohlen werde. Allzu groſſe Bequem-
lichkeit werden wohl Handels-Diener/ welche bloß
ihrer Herren Intereſſe in Abſicht haben/ auf Rei-
ſen ſich nicht machen koͤnnen/ weil ſie mehr fort zu ei-
len/ als auf der Straſſe ſich zu verweilen/ bedacht
ſeyn muͤſſen; Sonderlich hat man in denen See-
Staͤdten/ und auf Waſſer-Reiſen/ wie auch in de-
nen Morgen-Laͤndern/ bey denen Caravanen/ gar
vielfaͤltig des Handels-Diener mit ihrer Herren ei-
genen Schiffs-Gefaͤſſen/ Geſchirr und Wagen/
ſamt den Waaren fortgeſandt werden/ damit ſie
nehmlich auf ſolche deſto beſſere Aufſicht haben
koͤnnen/ bey welcher Gelegenheit ein Handels-Die-
ner fruͤh und ſpaͤt alart und ſorgfaͤltig ſeyn muß/
dasjenige wohl in Acht zu nehmen/ was ihme an-
vertrauet worden; bald muß er ſehen/ ob das
Schiff Waſſer ſchoͤpffe/ von welchem die unten-
liegende Waaren ſchadhafft werden koͤnte; Ob
Geſaͤſſe/ in welchen fluͤßige Waaren enthalten/ zu
lecken anfangen/ oder gar zu beſorgen ſey/ daß
Boͤden und Reiffe aus und abſpringen moͤchten:
Vielmahls iſt eine Waar zu ſehr der Sonnen-
Hitze/ oder auch dem Regen exponiret; Vor See-
und Strauch-Raͤubern nicht ſicher/ dem Stuͤrmen
und
[249]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
und Ungewitter unterworffen; ungetreue Schiffer
und Fuhrleute wollen auch ihren Zehenden davon
haben/ und practiciren mehrmahl ſo viel ab/ als
kaum an der Waar zu verdienen iſt. Daß nun ein
rechtſchaffener Handels-Diener hierbey ſorgfaͤltig
und wachſam ſeyn muͤſſe/ ſolches ſtehet leicht zu er-
achten/ ja er muß in vielen Stuͤcken die Perſon
ſeines Principalis præſentiren/ und nachdem ein
Caſus vorkommt/ eine Reſolution uͤber dieſes oder
jenes zu faſſen wiſſen/ was er ihm an vortraͤglich-
ſten zu ſeyn erachten wird; ſonderlich geſchiehet ſol-
ches ſehr offt in See-Sachen/ da in Sturm und
Ungewitter beym Strandten und anderer Schiffs-
Gefahr/ der Schiffer ſeine Paſſagiers und Be-
frachters (wann deren einige auf dem Schiff vor-
handen) zuſammen fordert/ mit ihnen/ was bey
gegenwaͤrtigem Zuſtand zu thun ſey/ uͤberleget/
worauf dann nach denen meiſten Stimmen die
Reſolution gefaſſet wird. Wann nun in der-
gleichen Sachen ein Handels-Diener etwas von
der Seefahrt/ wie auch von den See-Rechten und
See-Gewohnheiten verſtehet/ ſo kan er ſo viel
leichter ſich entſchlieſſen/ und was zu thun oder zu
laſſen ſeyn moͤchte/ um ſo viel beſſer ſeine Rationes
geben.
Die Requiſita, welche ein Handels-Diener/
der in ſeines Herren Verrichtung ausreiſet/ haben
muß/ ſeynd erſtlich Geld/ ſo viel als zur Hin-und
zu gewiſſen Zeiten/ auch zur Her-Reiſe noͤthig iſt;
Ferner muß ihm ſein Herr die benoͤthigte Inſtru-
ction, wornach er ſich genau richten ſoll/ oder
auch Charta Blanca (daß er freye Macht haben
Q 5ſoll/
[250]Caput VI.
ſoll/ in ſeines Principalis Angelegenheiten zu thun uñ
zu laſſen/ was er gut befinden wird) mit geben/ inglei-
chen zulaͤngliche Recommendationes an ſolche
Freunde/ die ihm in ſeinen Geſchaͤfften mit Rath und
That an die Hand gehen koͤnnen. Vor allen aber
ſtehet zu præſumiren/ daß ein Handels-Diener die
Sache/ um welcher er ausgeſchicket wird/ wol innen/
und darzu vor ſeiner Abreiſe die benoͤthigte Docu-
menta, Schrifften und Beweiß/ originaliter, oder
ſo es nicht noͤthig/ in vidimirter Copey, ingleichen
die Abrechnungen/ welche ſein Herr mit ſeinen Cor-
reſpondenten hat/ werde zuſammen geſucht/ und
uͤber das/ was er noch nicht gewuſt/ genugſame
Nachricht eingezogen haben. Jch wolte hierbey
rathen/ daß ein reiſender Handels-Diener ſich un-
ter andern auch mit ſtets bey ſich fuͤhrenden Feder/
Dinte und Papier/ wie auch Feuer-Zeug/ Schreib-
Tafel/ Compaß und Circkel/ einem Perſpectiv oder
Fern-Glaß/ einer accuraten Land- oder See-
Karte/ und nechſt ſeiner Bibel und Gebet-Buch/
auch mit der Beſchreibung des jenigen Landes oder
Stadt/ wo er hin gedencket/ ſonderlich deroſelben
Statutorum und Geſetze/ wie auch ſeiner Policey-
Verfaſſung/ verſehen ſolte/ damit er nicht unberei-
tet/ und ſo zu ſagen/ gantz Wild-frembd dahin
kommen/ ſondern ſchon einen Vorſchmack desje-
nigen/ was er daſelbſt zu fuͤrchten oder zu hoffen/
haben moͤge.
Was nun ſolcher Geſtalt an Unterricht und
Recommendation ſein Handels-Patron nicht
moͤchte geben koͤnnen/ das muß er ſich bemuͤhen/
von anderen Leuten zu erlangen/ und dannenhero
unter-
[251]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
unterwegs/ wann er honette und verſtaͤndige
Reiß-Gefaͤrten hat/ ſich nicht ſcheuen/ von denen-
ſelben uͤber ein und das andere Nachricht einzuzie-
hen/ und was ihm an beſten darunter anſtehet/ ſol-
ches fleißig zu notiren/ um ſich deſſen kuͤnfftig zu
Nutz zu machen.
Wir gehen aber weiter/ und beſehen auch die
Verrichtung ſelbſt/ welche ein ſolcher ausgeſchick-
ter Handels-Diener vor ſeinen Herren haben mag.
Solche beſtehet nun:
Entweder in Beziehung der Jahr-Maͤrckte/
zum Ein- oder Verkauff gewiſſer Waaren/ oder
auch um Schulden einzucaſſiren/ mit einer Caga-
ſon uͤber See zu gehen/ Hoͤfe zu beſuchen/ Gelder
einzuheben und auszuzahlen/ Contracten und Lie-
ferungen zu ſchlieſſen/ und was etwann dergleichen
Handels-Geſchaͤffte mehr ſeyn moͤchten. Waͤre es
nun/ daß er vor ſeinen Herrn die Meſſen und Jahr-
Maͤrckt bauen/ und die Verrichtung gantz allein
auf ſich nehmen ſolte/ ſo durchleſe er fleißig unſern
Tractat von Meſſen und Jahr-Maͤrckten. Zum
Ein- und Verkauff der Waaren aber/ das Neu-
eroͤffnete Kauffmanns-Magazin, wie auch unſere
Fragen uͤber die Kauffmannſchafft.
Wird ein Handels-Diener/ um Schulden ein-
zucaſſiren/ von ſeinem Patron ausgeſandt/ ſo halte
er ſich mit Rechnung und Beweiß parat, mit wel-
chen er ſeine Schuld-Forderung juſtificiren koͤn-
ne/ alsdann erwehle er erſt den Weg der Guͤte/
wie dann ſeine Inſtruction und Vollmacht meh-
rentheils alſo lauten wird/ damit er nicht ſeinem
Principali einige Ungelegenheit auf den Hals
ziehe.
[252]Caput VI.
ziehe. Will amicabilis Compoſitio und Transactio
oder der guͤtliche Vergleich nicht ſtatt finden/ ſo
muß man freylich den Weg des Rechts ergreiffen/
und darum doch der Perſonen Freund/ und der
Sachen Feind ſeyn; alles was er thut oder thun
will/ muß er ſtill und verſchwiegen halten/ und ſon-
derlich auf Reiſen/ wohin er gedencket/ was ſeine
Verrichtungen ſeyn/ an wem er addreſſiret/ auch
mit wem er zu thun hat; was er vor Geld/ Waa-
ren/ oder Briefſchafften bey ſich fuͤhre; wie er ſeine
Sache anzuſtellen gedencke/ und an wem er ad-
dreſſiret ſey/ von ſolchen muß er niemand das ge-
ringſte offenbahren/ im Handel und Wandel ſey
er vorſichtig/ weil man allenthalben Betruges fin-
det/ welche denen Frembden gerne was anhaben/
und ſie uͤber den Toͤlpel werffen wollen. Jn dieſen
aber deſto vorſichtiger zu gehen/ ſo heiſt es: Trau/
Schau/ Wem! Diejenige/ welche groſſe Ver-
traulichkeit mit einem ſolchen jungen Menſchen ma-
chen/ und ſich gleichſam in ſeine Freundſchafft drin-
gen wollen/ die ſind mehrentheils verdaͤchtig zu hal-
ten; hingegen hat er der Recommendation, wel-
che ihm ſein Patron, oder andere ehrliche Leute
mitgegeben/ mehr Glauben zuzuſtellen; nur fuͤhre
er ſich alſo auf/ daß/ wann er in die Frembd kommt/
er ſich gleich in Eſtim und Hochachtung bey den-
jenigen ſetze/ an welche ihn ſein Patron recom-
mandiret oder gewieſen hat. Er nehme aber auch
deſſen Intereſſe in der Handlung wohl in Acht/
ſehe zu/ daß er ihm keine boͤſe Schulden mache/
nichts verwahrloſe/ noch verſaͤume/ ſondern in allen
Stuͤcken das jenige thun/ was zu deſſen Avantage
gerei-
[253]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
gereichen kan. Er hazardire auch nicht leichtlich et-
was/ und ſetze nicht um etliche Reichsthaler ver-
ſchwiegenen Zolls halber/ ſeines Herrn Guͤter in
Gefahr/ auch im Einladen und Abſchiffen derſelben;
Jm Abgeben der Wechſel-Gelder/ und verborgender
Waaren/ will Vorſichtigkeit gebrauchet ſeyn/ daß
man zuſehe/ in was vor Schiffe/ oder an was vor
Leute man ſolche Waaren und Gelder gebe. Alle
Verrichtungen/ welche einem Diener in ſeines
Herrn Hauß zukommen/ die muß er auch/ und noch
vielmehr/ wann er allein/ und in der Frembd iſt/
verrichten/ und ſelbige ſich angelegen ſeyn laſſen.
Er muß die Waaren ſorgfaͤltig warten und pfle-
gen/ ſelbige wohl aus- und einzupacken wiſſen/ taͤg-
lich ſein Journal von dem Tag ſeiner Abreiſe an/
halten/ und darinn bemercken/ was er zu ſeines
Herren Nutzen gethan und ausgerichtet habe. Es
wird auch von ihm ein accurater Waaren-Scon-
tro, Unkoſten und Caſſa-Buch/ bey ſeiner zu Hauß-
kunfft uͤber die Waaren/ welche er mitgenommen/
anderwaͤrts eingekaufft/ wieder verkaufft/ ver-
borgt/ und zuruͤck geſandt/ ingleichen uͤber die Zeh-
rung/ und Handels-Unkoſten/ die er gethan/ auch
was er an baaren Handels-Geldern eingenom-
men/ ausgegeben/ und wieder mit zuruͤck gebracht
habe/ erfordert. Auch wird man ihn zur Rede
ſtellen/ wie er dieſes oder jenes Negocium tracti-
ret habe/ warum er in dieſem oder jenem Stuͤck es
ſo/ und nicht anders angegriffen/ von ſeines Her-
ren Inſtruction und mitgegebenem Memoriali ab-
gegangen/ und demſelben nicht in allen ein voll-
kommenes Genuͤgen geleiſtet/ und was etwann der
Ver-
[254]Caput VI.
Verantwortungen mehr ſeyn moͤchten/ welche ein
ausgeſchickter Handels-Diener bey ſeiner zu Hauß-
kunfft ſeinem Principali, ſeiner Verrichtung halber/
zu leiſten ſchuldig ſeyn wird.
Mehrere Remarques, die ein ausgeſchickter
Handels-Diener auf ſeinen Reiſen in Obacht zu
nehmen/ beſtehen in folgenden: Daß er ſich unter
frembden Nationen/ und ſonderlich unter anderen
Religions-Verwandten im Reden wohl vorſehe/
ſich weder gegen ihren Staat/ noch Religion nichts
verfallen laſſe/ welches ihm verfaͤnglich ſeyn/ und
ſeiner Perſon/ und bey ſich habenden Guͤtern zu
Schaden gereichen koͤnte/ wie man es dann heuti-
ges Tags einiger Orten gar genau deßfalls ſuchet/
und ohne langen Proceß mit der Straff und Exe-
cution darhinter her iſt/ woruͤber offt ein Princi-
palis, weil er ſich an ſeinen Diener nicht wieder er-
holen kan/ den groͤſten Schaden leiden muß. So
pfleget auch das Einpracticiren der Waaren/ um
den Zoll zu erſpahren/ uͤber lang oder kurtz gefaͤhr-
lich abzulauffen/ alſo/ daß mit einmahl wieder be-
zahlet werden muß/ was man an defraudirten
Zoll in vielen Jahren gewonnen zu haben ver-
meynet.
Vor allen ſehe ſich ein reiſender Kauffmanns-
Diener wohl vor/ daß er bey Krieg- und Peſt-Zei-
ten/ jederzeit mit aufrichtigen Paͤſſen/ die er allen-
falls eydlich beſchwehren kan/ verſehen ſey/ und hal-
te ich desfalls von Intriguen und Practiquen gar
nichts/ weil mancher gar zu leicht ertappet wird/
und hernach die Lorrendreyerey theuer bezahlen
muß; Dahero gute Recommendationes zu der-
glei-
[255]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
gleichen gefaͤhrlichen Zeiten ſo viel mehr Nutzen
bringen/ weil diejenige/ an welche ſie lauten/ allen-
falls zutretten/ und unſeren reiſenden Handels-
Diener/ wann er ja ihres Orts Anfechtung haben
ſolte/ ſecundiren koͤnnen/ indem ſie von ihm wiſ-
ſen/ wohin er gehoͤre/ und von wannen er kom-
me/ dannenhero auch ſo viel mehr ſich vor ihn in-
tereſſiren werden.
Daß man ſich auch auf Reiſen in denen Wirths-
Haͤuſern/ item/ auf denen Schiffen/ Poſten und
Land-Kutſchen/ auch in anderen Geſellſchafften/
welche man nicht kennet/ ſich nicht ſonderlich in
Diſcurs einlaſſe/ ſolches ſtehet ebenfalls einem Han-
dels-Diener allerdings zu rathen; hingegen mag
er anderer Leute Diſcurſen fleißig zuhoͤren/ und ih-
re Gemuͤther/ Wiſſenſchafft und Geſchicklichkeit/
wie auch ihre Staͤrcke und Schwaͤche/ auch wel-
cher Religion und Profeſſion jeder ergeben ſey/
daraus erkennen lernen/ ſolches wird ihme nicht
ohne Nutzen ſeyn/ ſondern unter allen dieſen Re-
den wird ſich zum wenigſten etwas finden/ welches
er zur rechter Zeit wieder an Mann bringen kan.
Jnfonderheit ſoll ein reiſender Handels-Diener
von der hohen Obrigkeit des Landes/ in welchem
er ſich befindet/ ingleichen von der herrſchenden Re-
ligion daſelbſt/ und von der Nation oder Einwoh-
nern nicht uͤbel reden/ auch nicht alles/ was er ge-
hoͤret/ beantworten/ und ob ihm gleich manchmahl
etwas anzuͤgliches ſollte zu Ohren geredet werden/
ſoll er doch thun/ als wann ers nicht gehoͤret/ und
als wann es ihm nicht angienge. Wuͤrde aber doch
auf ihn gedrungen/ ſeine Meynung von dieſen oder
jenen
[256]Caput VI.
jenen zu eroͤffnen/ ſo kan er ſolches beſcheidentlich
thun/ damit niemand dadurch geruͤhret/ oder er in
ſeinen Worten gefangen werde/ vielmehr kan er
ſich damit entſchuldigen/ daß er Profeſſion von
der Kauffmannſchafft mache/ und ſich weiter um
nichts bekuͤmmere; Er waͤre begierig darinnen/
noch taͤglich etwas mehres zu ſehen und zu lernen;
haͤtte von anderen Dingen keine Wiſſenſchafft/ und
wolte gerne den Ausſpruch/ in dieſer Sache/ erfahr-
nen Leuten/ als er waͤre/ uͤberlaſſen. Und dieſes waͤ-
ren ungefehr die Lehren/ wie ſich ein Kauffmanns-
Diener in der Frembde/ und unter Leuten/ die er
nicht kennet/ in Reden und Diſcuriren/ in Acht neh-
men muͤſſe. Folget nun auch/ was er wegen der
Spitz-Buben/ und ſolcher Leute/ die nur ſeinem
Beutel nachſtellen/ vor Vorſicht zu gebrauchen
habe.
Es ſind aber ſolche Leute/ wie ſie in der Hand-
leitung zu wohl anſtaͤndigen Sitten beſchrieben
werden/ dem Anſehen nach Menſchen/ wie andere
Leute/ und von denenſelben weder durch gewiſſe
Kleidung/ noch andere merckliche Kennzeichen un-
terſchieden. Jhr Thun aber iſt/ daß ſie ſich von Be-
triegerey ernehren/ weil ſie entweder in ihrer Ju-
gend nichts rechts gelernet/ damit ſie ſich ehrlich
fortbringen koͤnten/ oder/ ſo ſie ja etwas gelernet/
ſich doch dabey in ein liederliches und unordentli-
ches Weſen begeben haben/ und folglich zu keiner
redlichen Arbeit ſich mehr gebrauchen laſſen wollen.
Daher ſie ſich mit behenden Diebs-Griffen hin-
helffen/ biß ſie endlich daruͤber ertappt/ und mit dem
Strick abgelohnet werden.
Sie
[257]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
Sie exerciren aber ihre Dieberey und Diebs-
Griffe/ folgender Geſtalt: Erſtlich mengen ſie ſich
allenthalben unter andere Leute/ fuͤhren ſich theils
auf als Knecht und Diener/ theils als erbare
Maͤnner in feiner anſehnlicher Kleidung/ daß man
ſie auch ſo gar von Stands-Perſonen/ erbaren
Buͤrgern/ und Kauffleuten nicht unterſcheiden
kan.
Solcher Geſtalt gehen ſie mit in die Wirths-
Haͤuſer und an ſolche Oerter/ wo unterſchiedliche
und anſehnliche Leute zuſammen kommen/ und ſon-
derlich etwas neues zu ſehen und zu hoͤren iſt; ſie ge-
ben auf alle Umſtaͤnde genaue Acht/ begegnen jeder-
man mit Freundlichkeit/ und Anbietung ihrer Dien-
ſte/ und begeben ſich gern mit andern in einen Diſ-
cours, welchen ſie meiſterlich zu ihrem Vortheil
fortzuſetzen wiſſen/ biß ſie ihre Gelegenheit abſehen/
den andern zu betruͤgen/ und ſein Geld ſamt dem
uͤbrigen Gut ihn mit ſonderbarer Manier abzuneh-
men. Zu dieſem Ende/ gehen ſie nach wenigen Wort-
Wechſel alſobald ſo bekandt und vertraͤulich mit
demſelben um/ als ob ſie viel Jahr lang denſelben
wohlgekandt haͤtten/ dabey ſie dann mancherley vor-
bringen/ des Reiſenden ſeine Gemuͤths-Bewegun-
gen/ und andere Umſtaͤnde voͤllig zu erkennen/ worin-
ne ſie ihme hernach am bequemſten beykommen moͤ-
gen/ das nehmen ſie vor die Hand.
Jſt er ein Liebhaber vom Spielen/ ſo haben ſie
ſein Geld ſchon ſo gewiß/ als ob ers allbereit ihm zu-
gezehlet haͤtte. Incliniret er zur Hurerey/ ſo verſchaf-
fen ſie ihm gleich die Mittel darzu/ dabey ſie dann
Ram
[258]Caput VI.
am beſten die Gelegenheit ihm das Seinige zu be-
rauben/ uͤberkommen.
Fangen ſie ihn in dieſen beyden Stuͤcken nicht/
ſo wiſſen ſie meiſterlich etwas auf die Bahn zu brin-
gen/ daß hier oder dar etwas ſonderbares zu ſehen
ſey; laͤßt er ſich nun uͤberreden/ mit ihnen zu gehen/
ſo fuͤhren ſie ihn an abgelegene Oerter der Stadt in
ein ſolches Haus und Moͤrder-Grube/ in welchem
der Wirht von ihrer Geſellſchafft iſt; daſelbſt wird
abermal vom Spielen geredet/ will er noch nicht
anbeiſſen/ ſo ſauffen ſie ihn entweder voll/ oder fan-
gen unnuͤtze Haͤndel an/ und nehmen ihme unter ſol-
chem Tumult mit Gewalt das Geld ab/ geben ihnen
noch wohl darzu eine Tracht Schlaͤge/ ja nehmen
ihm/ bewandten Umſtaͤnden nach/ wohl gar das Le-
ben; die noch mit gantzer Haut von ihnen kommen/
muͤſſen doch ihr Geld/ und was ſie bey ſich gehabt/ in
Stich laſſen/ dann nach dem dergleichen Geſind in
einem ſolchen Haus eine Rauberey ausgeuͤbet/ und
beſorget/ es moͤchte auskommen/ meiden ſie ſo bald
dieſelbe Herberge/ ziehen auch wohl gar/ nach Be-
findung der Umſtaͤnde/ in eine andere Stadt/ und
ſetzen daſelbſt ihr Handwerck fort.
Jndeſſen ſeynd ſie doch gar leicht zu kennen/
dann auſſer dem/ daß ſie gemeiniglich den gantz Tag
in denen vornehmſten Gaſſen und Plaͤtzen/ Herber-
gen und Gaſt-Hoͤfen der Stadt/ ſonderlich aber an
der Boͤrſe auf die Frembde lauren/ welche ſie auch
bald von den Einwohnern zu unterſcheiden wiſſen/
ſo fuͤgen ſie ſich/ ſo bald ſie einen von denſelben erbli-
cken/ daß er etwan ſtille ſtehet/ und ein Gebaͤu be-
trachtet/ zu ihm/ und geben ſich/ weil ſie allerhand
Spra-
[259]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
Sprachen reden/ mit ihnen in Diſcurs, damit ſie nur
erſtlich an ihn kommen moͤgen; ja ſie reden ſie von
freyen Stuͤcken auf der Straſſen an/ und bitten zum
Schein um Erlaubniß/ daß er ihn anrede und be-
fragte/ ob er aus dieſem oder jenem Land waͤre;
ihm beduͤnckte/ als wann er ihn daſelbſt geſehen
haͤtte/ und ſo kommen ſie nach und nach in Wort-
Wechſel/ biß ſie einen Frembden vertraͤulich ma-
chen/ daß er ſich tieffer mit ihnen einlaͤßt/ biß ſie ihn
endlich in ihre Stricke gefangen/ und er von ihnen
wacker berupffet wird.
Dann ſie zeigen ſich erſtlich als Leute/ die einem
in allen Angelegenheiten/ und zwar alſofort dienen
koͤnnen; ſuchet jemand Kauffmanns-Waaren ſo
verſprechen ſie ihm dieſelbe aufs Beſte und wohlfeile-
ſte zu lieffern; will er Gold aus- oder einwechſeln/
darinn dienen ſie gern um ein geringes/ ja wohl gar
ohne alles Aufgeld; ſuchet jemand einen Diener/ ſo
wiſſen ſie den beſten/ und geſchickteſten Menſchen;
ſuchet jemand hingegen eine Herꝛſchafft/ bey der er
ſich in Dienſten begeben will/ ſo wiſſen ſie gleichfalls
Rath zu ſchaffen; will jemand reifen/ ſo koͤnnen ſie
ihm eine gantz wohlfeile und commode Gelegenheit
vorſchlagen; und ſo in tauſend andern Dingen
mehr/ die ſie aus vieler Erfahrung der Perſon/ ſo ſie
vor ſich haben/ bald anſehen und folglich ihre Frage
darnach einrichten.
Wenn aber nun ein Frembder mit ihnen nach
dem Hauſe gehet/ da er ſeinen Zweck zu erreichen
vermeinet: So iſt der Herꝛ oder die Perſon/ ſo da-
ſelbſt geſuchet wird/ nicht daheim/ wird aber in
kurtzer Zeit wiederkommen. Der Frembde
R 2wird
[260]Caput VI.
wird freundlich erſuchet/ ſich inzwiſchen niederzu-
laſſen.
Dann kommt bald ein anderer von der Geſell-
ſchafft herein gegangen/ als gantz frembd und unbe-
kandt/ faͤnget entweder/ als vor ſich ſelbſt/ an zu
reden/ oder ſimuliret einen Affect, daruͤber der Er-
ſte ihm anredet: Und dann laufft der Diſcurs nach
wenigem und von ſonderbaren Zufaͤllen handelen-
dem Wort-Wechſel aufs Spielen hinaus/ dabey
dieſer/ ſo den Frembden gefuͤhret hat/ gegen denſel-
ben gantz vertraulich thut/ ſpricht wohl/ ich habe das
Spielen verredet/ wollte ſonſt jenem unvorſichtigen
Menſchen/ (der etwan die Charte fordert und
dumm damit zu Wercke gehet/ auch wohl mit Du-
caten pralet) ſein Geld bald abgewinnen/ will aber
der Herꝛ mit ihm ſpielen/ er wird gewiß gewin-
nen.
Laͤſſet ſich der Frembde dadurch noch nicht bere-
den: So ſpricht dieſer wohl/ ich will nur einmal fuͤr
die lange Weile Charten nehmen; zeiget ihm dar-
auf/ wie ihm dieſelben ſo gluͤcklich fallen/ und er-
mahnet ihn/ Geld beyzuſetzen/ oder ſpricht gar/ ich
will fuͤr ihm diß Stuͤck ſetzen; gewinnet darauf/ und
heiſſet ihm das Gewonnene nehmen.
Laͤſſet ſich dann der Frembde ins Spiel ein/ ſo
wiſſen ſie ſein Gewinnen und Verſpielen ſo meiſter-
lich nach ſeiner Gemuͤths-Paßion untereinander
zu mengen/ weil ſie die Charte ſo wohl von auſſen
als von innen kennen/ daß er ſo lange anhaͤlt/ biß ſein
Geld weg iſt/ und das gehet ſo viel leichter an/ weil
der eine ſich ſtellt/ als wann er des Frembden ſein
Freund
[261]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
Freund waͤre/ und zum Schein wohl ſelber mit ver-
ſpielet.
Denen Spitzbuben ſind nechſt an die Seiten
zu ſetzen/ das liederliche unzuͤchtige Hurenpack/ wel-
ches viel reiſende junge Leute um ihr Geld/ Geſund-
heit/ Leben und Seeligkeit bringet. Dahero ein rei-
ſender Handels-Diener/ wohl mercken mag/ daß
ſo lieb ihm ſein zeitliches und ewiges Wohlſeyn iſt/
ſo ſorgfaͤltig er ſich vor demſelben huͤten ſoll/ um ſo
viel mehr/ als leichter es dieſem loſen Geſind iſt/ ihn
mit ihren Schmeicheleyen und glatten Worten/
wie auch anderen Anreitzungen/ zu verfuͤhren/ und je
mehrere Freyheit und Gelegenheit dieſe finden/ einem
jungen Menſchen nachzugehen/ auch je weniger ſich
ein ſolcher aus Schuld der verderbten Natur vor
dergleichen Perſonen huͤtet; da er vor Spitzbuben
etwan noch wohl aus natuͤrlicher Liebe zur Erhal-
tung des Seinigen ſich vorſiehet/ nach dem er vor
ihnen gewarnet iſt.
Es haͤlt ſich aber dergleichen liederliches Ge-
ſinde gemeiniglich in engen Gaͤßgen und abgelege-
nen Winckeln auf/ bey Abendzeit gehen ſie unge-
ſcheuet auf den Gaſſen/ und ſtellen ihre Huren-
Netze auf/ ob ſie jemand damit beruͤcken koͤnten.
Auch ſelbſt in vornehmen Gaſt-Hoͤfen iſt man nicht
verſichert/ ob nicht diejenigen Perſonen/ ſo ſich da-
ſelbſt in anſehnlicher Kleidung ſchauen laſſen/ und
als andere Gaͤſte mit zur Tafel gehen/ ſolcher Art
ſind: Und kan man der Wirthe und Geſindes Re-
den nicht allemal ſicher glauben/ die auf eines Rei-
ſenden geſchehene Nachfrage/ ſelbiges vor vorneh-
me frembde Damen ausgeben/ welche etwa ihre
R 3An-
[262]Caput VI.
Anverwandte/ aus der oder jener Stadt allhier er-
warten.
Da nun ſolche Weibs-Perſonen ihrer ſeits zu
foͤrderſt auf das Geld eines jungen Menſchens/ ihr
Abſehen haben/ mithin aber denſelben in Leib- und
Seelen-Verderben ſtuͤrtzen; als werden alle reiſende
Handels-Diener treulich gewarnet und ermahnet/
daß ſie vor allen Dingen/ durch eine wahre Furcht
GOttes/ ſich gegen ſolche Reitzungen und Verfuͤh-
rungen waffnen/ auch mit allem Fleiß die Oerter
meiden/ da ſolch loß Geſindel ſich aufhaͤlt oder ver-
muthet wird. Sie ſollen ſich auch nit geluͤſten laſſen/
aus Fuͤrwitz und etwan bloß in der Abſicht in die
ſogenannte Spiel oder andere ſogenannte Haͤuſer
zu gehen/ daß man davon nachzuſagen wiſſe/ wann
etwan einmal kuͤnfftig die Rede davon vorfallen
ſollte; dann ſolcher Fuͤrwitz hat manchen betrogen
und in das Verderben geſtuͤrtzet/ der es zuvor nicht
gedacht. Sie ſind nit alle mit dem verlohrnen Sohn
wieder heim gekommen/ die ſich ſeine Converſa-
tion haben gefallen laſſen.
Die uͤbrige heilſame Lehren vor reiſende Han-
dels-Diener beſtehen in folgenden.
Wann eine unbekannte Perſon ſich freundlich
gegen dir erzeiget/ und gleichſam mit ihrer Dienſt-
ferigkeit ſich zu dir noͤthiget/ ſo ſiehe dich in deinen
Worten und Wercken wohl fuͤr/ und gieb acht/ was
ſie im Schild fuͤhre/ voraus huͤte dich/ daß du ihr
ſo wenig dein Geld als deines Hertzens Gedancken
vertraulich zeigeſt.
Wann man auf der Reiſe jemand zum Freund/
den man ſich vertrauen koͤnnte/ annehmen will/
ſo
[263]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
ſo wird ein mehrerer Grund darzu erfordert/ als die
Converſation, ſo man einige Zeit in Wirthshaͤu-
ſern und auf der Poſt miteinander gehabt/ und daß
ſich dieſes oder jenes bekannten vornehmen Man-
nes Sohn oder Anverwandten nennet; wann man
keine andere Verſicherung davon hat/ als ſeine ei-
gene Erzehlung; auf welche man auch nicht nachre-
den ſoll/ weil gar leicht jemand/ der ſolchem Zeugniſſe
trauete/ von jenem koͤnnte betrogen werden/ wann
ſich ein ſolcher faͤlſchlich/ und mit der Intention, an-
dere zu beruͤcken/ dafuͤr ausgegeben. Wie nicht
ungewoͤhnlich iſt/ daß Spitzbuben/ wenn ſie in
Wirthshaͤuſern erfahren/ daß eines uͤberallbekand-
ten Mannes Sohn eine Reiſe thue/ davon zu pro-
fitiren pflegen/ und ſich wohl alſo nennen/ auch vor-
angehen zu ſolchen Perſonen/ an welche ſie vernom-
men/ daß jener Addreſſe und Vollmacht habe/ Geld
von ihnen aufzunehmen/ und ſolches in ſeinem Na-
men verrichten; weshalben auch ein jeder Reiſender
mit dergleichen Reden inſonderheit/ wo er ſeine
Gelder heben ſolle/ wie nicht weniger/ wenn er je-
des Orts beſuche/ und wo er ſeinen Cofre in Ver-
wahrung geben wolle/ an ſich halten mag.
Wenn ein ſolenner Aufzug in einer Stadt
geſchiehet/ da viele Menſchen zulauffen/ ſo ſiehe
dich wohl vor/ denn das iſt eine Gelegenheit/ dabey
die Spitzbuben recht aufmerckſam ſind/ und dazu
ſie von andern Orten ſich in groſſer Anzahl mit ein-
finden; weil ſich bey ſo groſſer Menge der Muͤhe
verlohnet/ und wo viele Fiſche ſind/ gewiß etliche ge-
fangen werden. Wenn aber ſonſt ein Zuſammen-
Lauff vom Volck auf den Gaſſen entſtehet: So
R 4blei-
[264]Caput VI.
bleibe du lieber zuruͤck/ ſo wohl um anderer dabey
beſorgenden Gefahr/ als zufoͤrderſt um der Spitz-
buben willen.
Gehe mit keinem unbekannten Menſchen an ei-
nen Ort/ dahin er dich fuͤhren will.
Meide das Spielen/ und laß dich auf keine
Weiſe dazu bewegen.
Wenn von unbekannten Perſonen einer dem
andern mit den Augen wincket/ oder etwas heim-
lich ins Ohr ſaget/ da ſey auf deiner Hut und gib
wohl acht/ was vor Leute du um dich habeſt: Da
ſichs dann zwar zutragen kan/ daß dir auch bey
ehrlichen Leuten wegen ſolches und andern Bezei-
gens/ ſorgliche Gedancken einkommen koͤnnen; doch
iſt es ſicherer/ zehenmal ohne Noth ſorgfaͤltig und
vorſichtig zu ſeyn/ als einmal-betrogen zu wer-
den.
Habe nichts zu ſchaffen mit denen/ ſo ſich zan-
cken und ſtreiten: Und wo du merckeſt/ daß es ei-
gentlich darauf angefangen ſey/ um dich mit in den
Streit einzuwickeln. Z. E. wann ein boͤſer Bube/
ſo von einer andern Nation waͤre/ mit ſeinen Came-
raden/ ſo Teutſch redete/ ſtritte/ und dabey die
Teutſchen insgemein mit Schelt-Worten angriffe;
ſo laß dich noch viel weniger mit ein.
Wenn du einen Spitzbuben ſo weit kennen ler-
neſt/ daß du weiſt/ er habe einen von deinen Freun-
den betrogen: So magſt du wohl andere Bekann-
te vor denſelben warnen; gegen ihn ſelber aber/
ſo du ihm auf der Gaſſe begegneſt/ oder ihn ſonſt in
einer Geſellſchafft antriffſt/ laß dich nicht mercken/
daß du ihn fuͤr einen Spitzbuben halteſt.
Wenn
[265]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
Wenn du nicht genugſam erkannt haſt/ zu deſ-
ſen Converſation ziehe keinen von deinen Freun-
den oder Bekandten: Denn wenn ſie von ihm be-
trogen werden/ biſt du nicht Schuld daran/ weil
ſie auf deinen Credit ohne ſorgfaͤltige Pruͤfung ihn
vor bekannt angenommen haben.
Wenn du einen guten Freund an einem Ort
haſt/ oder nur von jemanden dahin an ſeinen wohl-
bekannten Freund Recommendation haben kanſt/
ſo laß dir von ſolchen rathen/ wo du ſicher logiren
koͤnneſt; haſt du aber bey ſpaͤter Ankunfft eine Her-
berge nehmen muͤſſen/ wie du ſie gefunden/ und wie
ſie dir etwan von der Wache im Thor oder vom Po-
ſtilion angewieſen worden; ſo erkundige dich den
folgenden Tag bey deinen Freunde oder bey an-
dern guten Leuten/ mit denen du bekannt wirſt/ ob
dein Logement ſicher oder im uͤblen Ruff ſey:
Dann einige Herbergen ſind vor andern/ wegen
der Spitzbuben und andern Leichtfertigkeiten/ be-
ſchryen.
Jn Geld-Sachen brauche gute Vorſichtigkeit/
daß du z. E wenn guldene Muͤntzen einzuwechſeln/
oder an jemand zu verwechſeln ſind/ denſelben lieber
in dein Logement kommen laſſen/ als daß du mit
ihn gehen ſollteſt/ (es ſey dann/ daß es ein wohlbe-
nahmter und in einem unberuͤchtigen Haus wohnen-
der Kauffmann oder Buͤrger ſey/) alſo magſt du
dich auch huͤten/ daß du nicht von einer unbekann-
ten oder wenig-verſicherten Perſon ungeoͤffnete
Geld-Beutel oder ungezehlt annehmeſt/ (wie ſonſt
unter Kauffleuten/ die einander kennen/ nicht un-
braͤuchlich iſt) laß dich auch nicht von einem Betruͤ-
R 5ger
[266]Caput VI.
ger beruͤcken/ darinn/ daß du dir (auf einen zur Hy-
pothec gegebenen verſiegelten Beutel- oder ſchwere
Cofre) Geld abſchwatzen laſſeſt. Du aber ſelber
meide dieſen Schein der Betruͤgerey/ nebſt allen
uͤbrigen/ ſo bißher von der Spitzbuben Weiſe und
Manier erzehlet worden/ und verhalte dich in allen
Stuͤcken/ wie einem verſtaͤndigen/ aufrichtigen
und ſittſamen Menſchen gebuͤhret.
Gehe nicht auf den Gaſſen zur Abend-Zeit/ da
dich nicht allein leichtfertig Weibs-Volck an ſich
locken/ ſondern auch freche Kerl anfallen moͤchten:
Als welche in Volck-reichen Staͤdten zu ſolcher Zeit
auf Rauben und Morden auszugehen pflegen/ auch
mit gedachtem Weibs-Volck ein Verſtaͤndniß ha-
ben/ daß/ nachdem dieſe einige auf den Gaſſen ge-
fangen/ ſie darzu kommen/ und dieſelbe berauben/
auch wo ſie ſich zur Wehr ſtellen/ verwunden und
toͤdten. Am Tage beſchicke deine Geſchaͤffte/ und am
Abend zeichne in dein Journal, was du angemercket
haſt.
Enge Gaͤßgen/ und wo ein ſchmahler Gang zu
einer hinterwaͤrts ſtehenden Wohnung fuͤhret/ wie
auch abgelegene Winckel/ magſt du in einer ſolchen
groſſen und Volck-reichen Stadt auch wohl bey
Tage meiden: Dann du wirſt kaum etliche Schritte
in engen Gaͤßgen thun koͤnnen/ da nicht jedesmal
von neuen ein unzuͤchtig Gewerbe an dich gebracht
wird; ja wohl erfahren muͤſſen/ daß du beym Ro-
cke ergriffen und gezogen wirſt/ ſo/ daß faſt noͤthig
waͤre/ du ſchluͤgeſt dich durch/ welches aber durch-
aus nicht rathſam/ indem die Bots-Knechte/ ſo an
ſolchen geringen Orten zu wohnen pflegen/ ſamt
denen
[267]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
denen daſelbſt wanckenden Spitzbuben/ unter dem
Schein deiner Gewaltthaͤtigkeit zu begegnen/ mit
dem Meſſer in der Fauſt dir zu Halſe lauffen/ und
mit der beſten Manier alles abnehmen.
Diß freche Volck bedienet ſich dieſer Gaͤßgen/
als die Spinne ihres Gewebs/ (die Fliegen zu fan-
gen) und wenn ſie ſehen/ daß unreine Voͤgel durch
der Huren Lock Stimme gefangen werden/ ſo uͤber-
fallen ſie dieſelben/ tractiren ſie unter dem Vor-
wandt/ daß ſie ihr Haus geſchaͤndet/ aufs greulich-
ſte/ berauben ſie ihres Guts/ und wo ſie ſich aufs ge-
ringſte dagegen regen/ auch des Lebens.
Unterlaß dasjenige/ was GOtt zuwider iſt/ und
fuͤrchte dich vor der Suͤnde/ ſo wirſt du dich vor den
ſchrecklichen und unzehlichen Gefahren ſo Reiſen-
den vorkommen/ nicht fuͤrchten duͤrffen. Dann
GOtt wird ſie alle von dir abwenden/ dergeſtalt/
daß du ſie groſſen Theils nicht einmal wirſt gewahr
werden. Wo du ſie aber in einigen Faͤllen ſieheſt/
ſo wirſt du doch Urſach haben/ GOtt zu preiſen/
fuͤr die Errettung/ die er dir erzeigen wird/ indem
er entweder boͤſen Menſchen eine Hinderung in den
Weg leget/ oder dir in die Gedancken kommen laͤßt/
was/ um der Gefahr zu entkommen/ vorzunehmen
ſey.
Ferner muß auch ein reiſender Kauffmanns-
Diener ein wachſames Aug auf die Bagage haben/
ſonderlich wann etwan ſein Herꝛ mit ihm reiſen ſoll-
te/ und daß er unterwegs demſelben an die Hand
gehen/ und vor das Ab- und Aufpacken Sorge tra-
gen muͤſte/ daß davon nichts weder in den Gaſt-
Hoͤfen/ noch unterwegs verlohren gehe. Weßhal-
ben
[268]Caput VI.
ben ein accurater Handels-Diener ein Verzeich-
niß aller Stuͤcke/ welche er und auch ſein Herꝛ bey
ſich fuͤhren machen/ und ſelbige nach ſolcher Ver-
zeichniß bey dem Aufpacken auf den Wagen zehlen/
auch jedes wohl verſchloſſen an ſeinen gewiſſen Ort
ſetzen/ und was abfallen koͤnte/ beveſtigen ſoll/ lie-
ber mit einer Kette/ als mit einem Stricke/ deren
Ende dann an ein Gelenck anzuſchlieſſen; unter-
wegs aber zuweilen darnach zu ſehen/ und am Abend
dieſelben wieder vom Wagen ab/ und in die Kam-
mer/ wo man ſchlaͤffet/ zu bringen ſeyn/ ob gleich
der Wirth ſprechen moͤchte/ daß ſie in ſeinem Hofe
ſicher genug ſtuͤnden. Dahero dann auch auf Rei-
ſen gut iſt/ daß man keine mehrere Bagage mit neh-
me/ als die hoͤchſt-noͤthig iſt; ſintemal viele/ obwohl
gute und nuͤtzlich/ auch eines theils noͤthige Sachen/
dennoch denen Reiſenden eine groſſe Beſchwehrung
machen. Man muß ſelbige auch wohl ſortiren/ daß
z. E die Nacht-Kleider beſonders/ und was bey der
Tafel oder beym Fruͤhſtuͤcke moͤchte noͤthig ſeyn/
wieder beſonders/ an ſeinem gewiſſen Ort gepacket/
und alles alſo geordnet werde/ daß nicht noͤthig ſey/
in Herbergen bald diß/ bald ein ander Stuͤck der
Bagage zu oͤffnen/ oder gar auszupacken/ um ein
und anders zu ſuchen. Jm Fall aber etwas muß
geoͤffnet werden/ ſo iſt zu mercken/ daß man es nicht
im Beyſeyn des Wirths oder anderer Leute
thue.
Naͤchſt dem iſt bey Beſorgung der Bagage/
noch dieſer noͤthige Umſtand zu mercken/ daß/
wenn man zu Waſſer oder auch mit der Poſt an ei-
nen Ort koͤmmt/ man nicht einen Schritt weit da-
von
[269]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
von gehe/ auch nachmals den Traͤger/ der dieſelbe
in die Herberge traͤget/ oder ſelbige auf andere
Weiſe fortbringet/ vor (nicht hinter) ſich her-
gehen laſſe/ und ihm auf dem Fuß folge/ damit er
nicht mit den Waaren bey Seite gehe: im uͤbrigen
muß man auch zuvor mit ihm abreden/ was er da-
fuͤr haben ſolle; ſintemal diß Volck an etlichen Or-
ten gantz unbeſcheiden fordert/ nachdem es die Sa-
che hingebracht/ und auf dem Fall der Wegerung
groſſe Inſolentien und Importunitaͤt auszuuͤben
pfleget.
Endlich wann man dieſelben in dem Gaſt-Hof
gebracht/ und in eine Kammer geſetzet/ da man ſie
unter der Mahlzeit/ oder wann man ausgehet/ al-
lein laſſen muß: So iſt noͤthig zu unterſuchen/ ob
ſolche genug verwahret ſey/ ob jemand durch Fen-
ſter oder Neben-Thuͤren/ welche auch bißweilen hin-
ter den Tapeten/ oder in bemahlten oder beſtriche-
nen Waͤnden zu finden ſeyn/ einkommen koͤnne/ und
wie das Schloß der Haupt-Thuͤre beſchaffen ſey;
uͤber das muß man auch den Wirth fragen/ ob die
Sache da zur Genuͤge geſichert ſey/ und deſſen Ver-
ſicherung daruͤber vernehmen.
Es iſt auch gut ſich mit einigen Dingen/ die
nicht viel Raum einnehmen/ und doch auf der Rei-
ſe groſſen Nutzen geben koͤnnen/ nach Nothdurfft
wohl verſehen. Alſo mit einem Bohrer und etliche
Schrauben/ Anwuͤrff-ſamt einigen Vorleg-
Schloͤſſern: Die Kammer-Thuͤren/ ſo in geringen
Herbergen weder Schloß noch Anwuͤrff haben;
auch die Fenſter/ durch welche jemand hinein ſtei-
gen koͤnte/ damit zu verſchlieſſen. Man mag auch/
wo
[270]Caput VI.
wo es nicht ſicher genug zu ſeyn ſcheinet/ die Kam-
mer-Thuͤre beym Schlaffengehen von innen da-
mit zuſchlieſſen/ und wann ſie aus den Hacken geho-
ben werden kan/ dieſelbe uͤber das noch mit einem
andern Anwurffe an der Schwelle beveſtigen.
Hieher gehoͤret ein fertiges Feuerzeug uud Wachs-
ſtock/ ſamt einer kleinen heimlichen Laterne/ ſich de-
ren bey naͤchtlichen Zufaͤllen/ (indem es ſehr ge-
faͤhrlich an unbekannten Oertern im Dunckeln zu ge-
hen iſt) auch in unſichern Herbergen/ wenn ſich et-
was reget/ und man einen Uberfall beſorgen muß/
eilig und foͤrderlichſt zu bedienen. Auf welchem letz-
tern Fall auch gut iſt/ die gantze Nacht durch Licht
zu haben/ und zu dem Ende allezeit etwas von
Wachs-Lichtern/ deren eines eine gantze Nacht
durch brennen kan/ mit ſich zu fuͤhren/ um ein ſol-
ches/ wo man etwas beſorget/ ſo fort beym
Schlaffenlegen anzuzuͤnden.
Ein klein Reiſe-Apotheckgen/ nebſt einem Un-
terricht/ wie man ſich bey allerhand Zufaͤllen zu ver-
halten habe/ und welche Artzneyen man aus dem
Apotheckgen gebrauchen moͤge/ dergleichen dann
unterſchiedliche gar bequeme in dem Haͤlliſchen
Wayſen-Haus biß zu 10. Reichsthl. das Stuͤck
verkaufft werden/ iſt auf Reiſen auch ſehr noͤthig/
indem man leicht einen Zufall bekommt/ und nicht
aller Orten Artzneyen und Medicos antrifft/ auch
die ſich noch etwan finden moͤchten/ nicht kennet
noch verſichert iſt/ ob ſie das in der That ſeyn/ wo-
fuͤr ſie ſich ausgeben; Zu geſchweigen/ daß man
hie und da einen elenden und verlaſſenen Menſchen
findet/
[271]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
findet/ oder einen guten Freund bey ſich hat/ der
offt mit ein wenig Artzney kan gerettet werden.
Jngleichen fuͤhre man bey ſich einen Compas/
als deſſen Gebrauch auch zu Lande gute Dienſte
thun kan: Sonderlich/ wenn man ſich gegen die
Nacht in einem Walde alſo verirret/ daß man nicht
mehr weiß/ ob die vorkommende Wege gegen Mor-
gen oder Abend/ gegen Mittag/ oder Mitternacht
gehen.
Was man ſolcher Geſtalt bey ſich fuͤhret/ muß
nicht zu tieff verpacket/ ſondern wo moͤglich an einen
ſolchen Ort geleget werden/ darzu man allezeit/
wann man es benoͤthiget iſt/ gleich kommen koͤn-
ne/ ſonderlich ſoll man den Feuerzeug und Wachs-
ſtock dergeſtalt bey der Hand haben/ daß man ſol-
chen gleich des Nachts in Finſtern finden und ergreif-
fen koͤnne.
Wann ein Diener zu Pferd reiſet/ muß er vor
ſolches ja ſo groſſe Vorſorge/ als vor ſich ſelbſt tra-
gen/ damit es/ wann es des Tags uͤber ſeine Dien-
ſte redlich gethan/ des Nachts uͤber auch ſeine gute
Ruh und Streu/ ſamt den benoͤthigten Futter haben
moͤge; worzu dann ein Handels-Diener an den
Orten/ wo kein Haus-Knecht zu finden/ ſelbſt
Hand anlegen/ und auch ſonſt/ welcher Geſtalt der
Haus-Knecht das Pferd warte/ Sorge tragen
muß/ nach dem bekannten Sprichwort/ daß des
Herꝛn Aug das Pferd fett mache. Jſt ſein Patron
mit auf der Reiß und zwar zu Pferd begriffen/ ſo
muß er/ der Diener/ ſo wohl vor ſein des Patrons
Pferd Sorge tragen/ daß zu rechter Zeit daſſelbe
verſehen/ und das benoͤthigte auf- und abgepacket
wer-
[272]Caput VI.
werde/ wie er dann auch in ſolchem Fall/ einen
Kammer-Diener abgeben/ und ſeinem Herꝛn/
wann es die Noth erfordert/ und ſolcher etwan ver-
langet wird/ wuͤrde in Aus- und Ankleiden bedie-
nen/ auch vor ſein leinen Zeug und Kleidung/ ſon-
derlich aber vor das Auf- und Abpacken Sorg tragen
muß. Wer ſich hierinn verſaͤumet/ verſaͤumet offt-
mals die Poſt/ als welche ihre geſetzte Stunde haͤlt/
und nicht leicht auf jemand wartet; zu geſchweigen/
daß man dadurch die Gelegenheit verabſaͤumet/ daß
die Cofres und Fell-Eiſen/ auf dem Poſt-Wagen an
eine ſolche Stelle gepacket werden/ auf welcher ſie
ſicher liegen/ und nit leicht verlohren werden koͤnnen.
Wer zu Wagen faͤhret/ vor welche junge muthige
Pferde geſpannt ſeyn/ der gebe auf das Leit-Seil
wohl Acht/ ſonderlich wann der Kutſcher abſteiget/
daß man ſolches gleich ergreiffe/ im Fall/ daß etwan
die Pferde in Abweſenheit des Kutſchers ſollten
ſcheu und laͤuffig gemacht werden; Dann wann
man bey ſolchem Zufall des Leit-Seils ſich nicht be-
maͤchtiget haͤtte/ wuͤrde man in groſſe Gefahr lauffen/
zumal/ wann es in unebenem Weg/ oder auf einem
jaͤhen Abfall ſeyn ſollte/ da man leichtlich ſtuͤrtzen und
zu Schaden kommen koͤnte; wer auch auf ſolchen
Wegen zu Wagen fahren muß/ der thut beſſer/
daß er an gefaͤhrlichen Oertern abſteiget/ als daß
er durch ſeine Verwegenheit ſeine Hertzhafftigkeit
erweiſen/ und daruͤber an ſeinem Leib und Glied-
maſſen Schaden leiden wollte.
Es iſt auch eines Reiſenden ſeine Hurtigkeit/
darinnen ſonderlich zu beweiſen/ daß er des Nachts
nicht ſchlaffe und auch den Poſtillion nicht ſchlaffen
laſſe/
[273]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
laſſe/ weil er ihn ſonſt leicht umwerffen/ oder er/
der Paſſagier, ſelbſt durch einen entgegen kommen-
den Strauch oder Aſt heßlich ſich in ſeinem Geſicht
ſchimpffiret/ im Schlaff unter das Rad fallen/ und
ſo gar den Arm oder Bein zerbrechen moͤchte.
Alles/ was der Handels-Diener unterweges
ausgiebt/ muß er fleißig aufnotiren/ damit er
Rechnung und reliqua zu ſeiner Zeit davon præ-
ſtiren koͤnne.
Je weniger ein Handels-Diener mit unbe-
kandten Leuten/ die mit ihm auf der Poſt ſitzen/ re-
den kan/ je beſſer wird es vor ihm ſeyn; weil ſchwei-
gen noch niemand/ aber wohl das viele Plaudern/
geſchadet hat.
Waͤre es/ daß der Handels-Diener gleiches
Poſt-Geld und gleiche Zehrung in denen Wirths-
Haͤuſern mit andern vornehmen Leuten/ die mit
ihm in Compagnie ſeyn/ bezahlen muͤſte/ ſo ſoll er
doch darum keinen Vorſitz begehren/ ſondern de-
muͤthig/ hoͤflich/ und complaiſant ſeyn/ weil ſol-
ches Gunſt erweckt/ und offtermahls eine kleine
Hoͤflichkeit/ die zu rechter Zeit angebracht worden/
ein groſſes Freundſchaffts-Erzeigen wieder nach ſich
zu ziehen pfleget. Er ſehe auch zu/ daß von andern
Kauffleuten/ die etwann mit ihm auf dem Weg
ſeyn/ ſeines Herrn Handels-Arcana, und warum
er von ihm aus- und abgeſchickt worden/ ihme nicht
abgefraget werden; weil es ſich ſonſt gar offt zu-
traͤgt/ daß wann ein Diener in dieſem Stuͤck nicht
hinter dem Berg haͤlt/ andere ihn zuvor kommen/
die Profiten vor dem Maule wegfiſchen/ oder ihm
in dem/ was er etwann zu ſeines Herrn Dien-
Sſten
[274]Caput VI.
ſten haͤtte verrichten ſollen/ heimliche Hindernuͤſſen
machen.
Allzu ſplendide auf Reiſen zu leben/ und ſei-
nem Leib ſo guͤtlich thun wollen/ als man etwann
zu Hauß hat haben koͤnnen/ ſolches ſtehet einem
Handels-Diener nicht an/ noch weniger ſich lie-
derlich unterwegs aufzufuͤhren; mit unzuͤchtigen
Perſonen gemein/ oder ſich in der Compagnie, in
welcher man reiſet/ zum Narren zu machen/ weil
ſolches der Ehre eines Kauffmanns-Dieners/ und
dem Reſpect ſeines Herrn zuwieder laufft; wer mit
Nutzen reiſen will/ der findet ohne dem ſchon ge-
nug uͤber ſeine Reiſe/ und deren Entzweck zu ſpe-
culiren/ daß man frembder Narren-Poſſen gar
wohl dabey vergeſſen kan.
Es ſeynd aber die vornehmſte Betrachtungen
und Speculationes eines reiſenden Handels-Die-
ners/ in ſo weit dieſelbe auch ihm und ſein kuͤnffti-
ges Gluͤck angehen/ kuͤrtzlich dieſe:
Daß er ſich erſtlich das Land und die Staͤdte/
welches er durchreiſet/ und wohin ſeine Verrich-
tung deſtiniret iſt/ wohl bekannt mache; inſonder-
heit dasjenige/ was ſeine Profeſſion, nehmlich die
Commercia angehet. Jn welchen er erſtlich zu be-
trachten haͤtte/ die Natur-Gaben deſſelbigen Lan-
des/ was es fuͤr Fruͤchte/ Kraͤuter und Gewaͤchſe
aus der Erden hervor bringe/ wie ſolche hernach
ein Stuͤck des Landes ſeiner Handlung machen/
und auch von denen Einwohnern zu Manufactu-
ren gebrauchet werden. Er haͤtte ferner dabey zu
bedencken/ was es hingegen an Waaren und Ma-
nufacturen/ aus ſolchen vegetabilibus nicht haͤt-
te/
[275]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
te/ und welches ihme dannenhero aus andern Laͤn-
dern muͤſte zugefuͤhret werden. Nach dieſen wen-
det er ſich zu dem Regno animali, um aus ſolchem
zu bemercken/ was ſelbiges dem Land vor Waa-
ren und Manufacturen ausgebe/ und welche ihm
hergegen in ſolchen wieder mangeln/ und alſo auch
mit denen Mineralien/ ob Bergwercke daſelbſt zu
finden/ auch welche Ertze am meiſten darinnen ge-
wonnen/ und wie ſelbige wieder roh oder verarbei-
tet/ genutzet werden.
Was des Lands Muͤntzen anbelanget/ verſte-
het ſichs ohne dem/ daß ein kluger und Lehr-begie-
riger Handels-Diener/ ſich dieſelbe ihrem aͤuſſerli-
chen und innerlichen Werth nach/ wohl bekannt
machen muͤſſe/ es ſey/ daß er nach dieſem ſelbſt ei-
nen Handel damit anſtellen/ und (wie ehmahls
mit dem Schwediſchen Kupffer-Geld/ oder Moſco-
witiſchen Copecken geſchehen/ und noch heutiges
Tags mit einigen Polniſchen Muͤntz-Sorten ge-
ſchiehet) ſelbige aufkauffen/ und heimlich aus dem
Lande fuͤhren/ oder ihren dermahligen aͤuſſerlichen
Materialiſchen/ oder Affections-Handels- und
Wechſel-Preiß nach/ Wechſel darinn nach ſeinen
Vaterland (oder auch auf auslaͤndiſche Oerter ſei-
nes Principalen Ordre gemaͤß) ſchlieſſen wolte/
woraus klar erhellet/ wie nothwendig die Kaͤnnt-
niß der Gelder eines ſolchen Landes oder Stadt/
und die Wiſſenſchafft ſelbiger Reduction, auch
welcher Geſtalt darinnen gehandelt und gewech-
ſelt werde/ ihme ſey.
Nechſt dieſen macht er ſich auch des Landes
Handlung eigentlich bekannt/ was vor Exportan-
S 2da
[276]Caput VI.
da und Importanda in demſelbigen zu finden/ wel-
che von beyden die andern uͤbertreffen/ worinn der
Einwohner ihre meiſte Nahrung beſtehe/ mit wel-
chen Laͤndern und Staͤdten ſie in groſſer oder mit-
telmaͤßiger Handlung begriffen/ was ſie ſelber noch
unter ſich zu ihres Handels Aufnahm verlangeten/
und was ſie vor Hinderniſſen angegeben/ die der-
ſelben in Weg ſtehen ſolten.
Er haͤtte auch zu conſideriren ihre See-Haͤ-
ven und Land-Frachten/ die Arten des Transports
der Waaren/ wie hoch die Frachten von einem Ort
zum andern ſeyn/ ob ſolche des gantzen Jahrs
durch gleich/ oder zu einer Zeit hoͤher/ als zur an-
dern/ was man præmie von denen Aſſecuranzen
bezahle; Ob die Stadt oder das Land ein eigenes
Handels-Gericht habe/ oder vor was vor einen
Richter die ordentliche Kauffmanns Streitigkeiten
angebracht und entſchieden werden; Ob gedruck-
te Statuta, oder nur wohl hergebrachte Gewohn-
heiten/ denen Kauffmaͤnniſchen Actionibus ihre
Maaß und Graͤntzen ſetzten.
Welches die vornehmſten Banquiers, Groſ-
ſiers, Kauffleut/ Kraͤmer und Manufactuers ſeyn/
wie ihre Contoirs beſchaffen/ und in was vor Re-
nommée und Credit dieſelbige ſtehen/ wobey er ſel-
ber auf ſolcher Leute ihren Humeur, Verſtand/
und Erfahrenheit ſehen/ und unvermerckt Nach-
richt davon einziehen muß; ingleichen muß er ſelber
ſuchen/ wann er gleich nichts mit ihnen/ ſeines
Principals wegen/ zu thun haͤtte/ ſich mit ihnen
bekannt/ und ihrer Converſation und Geſellſchafft
theilhafftig zu machen/ weil ihme ſolches eines theils
darzu
[277]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
darzu dienen kan/ daß er ſeine Perſon dadurch
ſelbſt zu kuͤnfftigen Anfang ſeines eigenen Handels
bekannt und beliebt machen/ anders theils auch
ſeinen Handels-Patron neue Kundtſchafft und
Correſpondentz/ etwann auch nuͤtzliche Commiſ-
ſiones erwerben kan. Er dencke aber nur nicht/
daß er hierinn an einem frembden Ort reuſſiren
werde/ wann er ſich nicht darnach auffuͤhret/ et-
wann in ein ſchlecht und verdaͤchtig Wirths-Hauß
einleget/ mehr Kauffmanns-Burſch und Jungens/
als Kauffleut ſelbſt frequentiret/ und ſich von ih-
nen in ihren Gelachen/ wie Handwercks-Burſch
mit ihres gleichen zu thun pflegen/ tractiren laͤſt;
dann das wird man gleich gewahr/ und haben klu-
ge Kauffleute des Orts ſchon ihre Kundſchafft und
Aufmerckers/ mit wem ein ſolcher angekommener
frembder Kauff-Geſell/ Compagnie halte/ wie er
ſeines Herrn Geſchaͤfften abwarte/ und was er ſonſt
in der Frembd/ vor ein Leben und Wandel fuͤhre.
Solches alles erfahren ſie gar bald/ geben auch wol/
wann er ſich nicht zu gut auffuͤhret/ aus eigener Be-
wegung ſeinem Herrn einen Nachrichts-Winck da-
von/ oder es hat ein ſolcher Herr ſelbſt/ (wie es
dann auch allerdings loͤblich und noͤthig iſt) ſchon
unter der Hand Ordre und Vollmacht gegeben/
daß man auf ſeines geſandten Dieners Verhalten
fleißig inquiriren/ von Zeit zu Zeit ihme dem Prin-
cipali davon Nachricht ertheilen/ auch im Fall ers
zu grob machte/ die Commiſſiones, Waaren und
Gelder/ die er in Haͤnden hat/ Krafft habender
heimlichen Vollmacht/ von ihn abnehmen/ und ihn/
um Rechnung dafuͤr abzuſtatten/ wieder nach Hauß
S 3ſchi-
[278]Caput VI.
ſchicken ſolte/ oder/ ſo er dieſer Ordre zu pariren/
ſich weigerte/ ſo lautet ſchon die Vollmacht/ ihn zu
arreſtiren/ biß auf weitern Beſcheid.
Thut alſo ein Handels-Diener weit beſſer/
wann er ſich gleich Anfangs bey ſeiner Ankunfft an
einem frembden Ort/ zu vornehmen Kauffleuten
haͤlt/ ſich nicht uͤber Kauffmanns-Stand praͤchtig
in Kleidern auffuͤhret/ von der Handlung ſelber
kluͤglich zu diſcuriren/ und dergeſtalt ſich zu inſi-
nuiren weiß/ daß ſie ein Belieben tragen/ ihn in
ihre Geſellſchafften und Collegia, worinnen ſchoͤne
Handels-Diſcurſe vorgehen/ mitzunehmen/ und
wann er ſelbſt geſchickt iſt/ und Erfahrung hat/
ihme wohl gar die Mittel/ eine gute Heyrath deſ-
ſelben Orts zu verſchaffen/ oder ſeinen eigenen Han-
del mit Vortheil anzurichten/ anweiſen/ welches ſie
nicht thun wuͤrden/ wann er/ wie gemeldt/ eine an-
dere Conduite, als diejenige iſt/ die ihm hier vor-
geſchrieben worden/ fuͤhren wuͤrde.
So bald ein Handels-Diener an Ort und
Stelle/ da er hin geſandt worden/ anlanget/ muß
er ſo gleich das Dic, Cur Hic? oder die Urſach/
warum er dahin gekommen/ wohl erwegen/ und
wann er ſeine Waaren von Wagen oder Schif
gebracht/ ſelbige/ ſamt ſeiner Perſon/ an Ort und
Stelle/ wo ſie hin gehoͤren/ einquartiret/ und alles
dabey gethan/ was ihm dabey zu thun/ obgele-
gen; ſo muß er alsdann ferner ſeines Herrn ihme
mitgegebenen Inſtruction genaue nachleben/ da-
mit er Punct vor Punct in ſolcher vollziehe/ was
ihme zu thun/ ſchrifftliche und auch muͤndliche Or-
dre gegeben worden. Es findet hierbey die Kauff-
maͤnni-
[279]Wie ſich einer auf Reiſeu zu verhalten.
maͤnniſche Regul ſtatt: Folg Ordre, und thu gut.
Das iſt: kluͤgle nicht ſelbſt in deinem Kopff uͤber dei-
nes Handels-Patrons Befehl/ ſondern gedencke/
daß er ſchon werde gewuſt haben/ warum er je-
nes ſo/ und nicht anders befohlen habe; Wiewohl
auch mancher Kauffmann ſeinem Handels-Diener/
wann er ſich auf deſſen Treu und Verſtand ver-
laſſen kan/ unlimitirte Ordre zuweilen zu geben
pfleget/ daß er dieſe oder jene Sache/ nach ſeinem
Gutduncken thun und tractiren ſoll/ welches dann
vielmahls auch nicht anders ſeyn kan/ zumahl in
ſteigenden und fallenden Wechſel-Cours und
Waaren-Preiſſen/ auch/ nachdem die Handlung
ſich ſchlecht oder gut anlaͤßt/ viel oder wenig Kaͤuf-
fers vorhanden/ neue Obrigkeitliche Befehle/ ſeiter
dem/ daß der Diener abgeſandt/ publiciret wor-
den/ auch hier oder dar nicht mehr res integra,
und was etwann ſonſt der Vorfaͤlle und Umſtaͤn-
de mehr ſeyn moͤchten/ welche eine allzu accurate
Ordre nicht zulaſſen wollen; Hingegen ſehe ſich
auch bey ſo geſtalten Sachen ein Kauffmanns-
Diener wohl vor/ weil er/ wann er etwas muth-
willig oder vorſetzlich thun oder laſſen ſolte/ des-
falls de Omiſſis \& Commiſſis bey ſeiner zu Hauß-
kunfft von ſeinem Patron koͤnte belanget werden/
wie wir ſolches in dem Capitel von dem Recht der
Kauffmanns-Diener/ mit mehrern anzeigen wer-
den.
Endlich hat auch ein Kauffmanns-Diener/ der
in ſeines Herrn Verrichtungen verſandt wird/ die
Unkoſten/ ſo viel als moͤglich/ zu menagiren/ was
er heut verrichten kan/ und verrichtet werden muß/
S 4ſol-
[280]Caput VI.
ſolches muß er nicht auf den morgenden Tag
verſchieben; Seines Herrn Ehr/ Reſpect und Cre-
dit, muß er allenthalben in Acht nehmen; Nicht
vor ſich mehr/ als vor ſeinen Herrn negotiiren;
Er muß genaue Kundſchafft von ſeiner Correſpon-
denten Thun und Laſſen einziehen; und wie weit
ſein Patron dabey ſicher ſey oder nicht/ wohl er-
waͤgen; Jm Einkauffen der Waaren ſey er vorſich-
tig/ daß er ſolche aus der erſten Hand im guten
Preiß/ von der beſten Qualitaͤt/ und von der rech-
ten Sorte/ die ſein Principal haben muß/ bekom-
me; Solche auch zu rechter Zeit/ mit ſicherer Gele-
genheit/ und in billiger Fracht wieder abſende; die
Verkauff-Waaren wohl ſortire/ und zu gutem
Anſehen bringe; nicht an boͤſe Leute/ welche ſchlech-
te Bezahlers ſeyn/ damit gerathe/ und ſich in Ba-
ratto oder Tauſch/ den er trifft/ nicht betriegen
laſſe.
Wann er Schulden einfordern ſoll/ muß ſol-
ches mit Beſcheidenheit in der Guͤte/ oder des Orts
Ordnung nach/ gerichtlich/ ſolcher Geſtalt geſuchet
werden/ daß er erſtlich mit ehrlichen Leuten/ an
welche er addreſſiret oder recommandiret wor-
den/ daruͤber zu Rath gehe/ wie die Sache am
kuͤrtzten/ und mit den wenigſten Unkoſten/ als es
ſeyn kan/ koͤnne angefangen/ und fortgetrieben wer-
den; Was vor Advocaten desfalls die beſten ſeyn/
und was etwann ſonſt/ die Sache zu beſchleuni-
gen/ muͤſſe vorgenommen werden. Wie aber hier-
zu vielmahls gerichtliche Vollmachten noͤthig ſeyn/
als ſehe vor allen ein auszuſendender Kauffmanns-
Diener dahin/ daß dergleichen Documenta au-
then-
[281]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
thentica ihme von ſeinem Patrono mit gegeben
werden/ damit er nicht in Ermanglung ſolcher auf-
gezogen/ erſt ſich/ von Hauß aus/ damit muͤſſe ver-
ſehen/ und folglich neue Termine anſetzen laſſen.
Jm Fall/ daß auch mit denen Correſpondenten
Rechnungen abzuthun waͤren/ und man alle die
Beylagen/ die dazu gehoͤren/ nicht bey der Hand
haben ſolte/ ſo kan ja hieraus abermahl nichts an-
ders/ als ein ſo viel laͤngeres liegen/ und mehrere
Unkoſten erfolgen/ welcher aller man uͤberhoben
geweſen waͤre/ wann man ſich zu Hauß vor der
Abreiſe mit denen darzu benoͤthigten Documentis,
Briefſchafften und Extracten/ wohl verſehen
haͤtte.
Jn Abgeben der Wechſel-Gelder ſey auch ein
Kauffmanns-Diener in der Frembde ſo viel ſorg-
faͤltiger/ weil er nicht wiſſen kan/ wie etwann der
Nehmer/ mit welchem er zu thun hat/ beſchaffen
ſeyn moͤchte/ und iſt dieſes Gelder-diſponiren wohl
das kitzlichſte/ was einem Handels-Diener auf ſei-
nen auslaͤndiſchen Verrichtungen vorfallen moͤch-
te/ zumahl da in einigen Reichen/ Laͤndern und
Staͤdten/ baares Geld auszufuͤhren/ nicht zugelaſ-
ſen iſt; Jndeſſen aber auch keine genugſame oder
benoͤthigte Waaren ſich præſentiren/ welche man
vor die erhobene Gelder einthun koͤnte. Bey ſo ge-
ſtalten Sachen iſt wohl der beſte Rath/ man lebe
um ſo viel genauer des Patrons Ordre nach/ und
halte ſich an dem dorten wohnenden Factor oder
Kauffmann/ an den man addreſſiret iſt/ ſtelle die
Sache mit demſelben im Rath/ und erwehle her-
nach dasjenige/ wobey am wenigſten Schaden und
S 5Gefahr/
[282]Caput VI.
Gefahr/ ob gleich etwas geringer Nutzen zu ge-
warten.
So viel als ein Kauffmanns-Diener/ der vor
ſeinen Patron in frembden Laͤndern lieget und ne-
gotiiret/ Zeit uͤbrig hat/ ſo viel wende er auf die
Erlernung deſſelben Land-Sprache/ und deſſen
Handlung ſich bekannt zu machen. Jſt es eine
See-Stadt/ ſo kan er ſich die See-Handlung/
Gewohnheiten und Gebraͤuche/ ſo viel beſſer im-
primiren/ auch was er taͤglich an der Boͤrß ſiehet
und hoͤret/ ſeinem Patron bey Zeiten aviſiren/ ob
etwann derſelbe bey einem und andern ſeinen Nu-
tzen geſchaffet/ wiſſen wolte. Ein ordentlich Copier-
und Tag-Buch zu halten/ muß nebſt andern Scri-
pturen ſich ein Kauffmanns-Diener in der Frembd
auch recommandiret ſeyn laſſen/ damit er auch
hieraus kuͤnfftig ſeinem Patrono Red- und Ant-
wort geben koͤnne.
Vor allen wolte ich es loben/ wann ein Kauff-
manns-Diener ſo curieux und Lehr-begierig waͤre/
daß er alles/ was ihm nur merckwuͤrdiges/ es ſey
in Handels-Policey-Juſtitz- oder Politic-Sachen/
zu ſehen und zu hoͤren vorkaͤme/ in ſo weit es zuge-
laſſen waͤre/ aufzeichnete/ um kuͤnfftig einen guten
Nutzen davon zu machen; wie man dann ſonder-
lich dergleichen Collectanea von Kauffleuts-Die-
nern zuſammen getragen/ ſchon im Druck liegend
hat. Und was ſeynd etliche Reiß-Beſchreibung
anders/ als ſolcher Leut ihre Notata, welche ſich
hernach in vielen Stuͤcken mit guten Nutzen auf
die Handlung appliciren laſſen. Waͤre es auch/
daß unſer curieuſer Handels-Diener etwann eine
wohl-
[283]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
wohleingerichtete Manufactur der Orten vor ſich
faͤnde/ koͤnte er ſolche heimlich oder oͤffentlich abzu-
ſehen/ und folglich bey ſeiner zu Haußkunfft ſelbige
in ſeines Patrons Hauß/ oder zu ſeinen eigenen
Nutzen zu pflantzen/ ſich angelegen ſeyn laſſen.
Welcher Geſtalt ein/ nach wohl zuruck gelegter
Reiß-Verrichtung wieder gluͤcklich zu Hauß gekom-
mener Handels-Diener ſeinem Herꝛn Rechnung und
Reliqua præſtiren/ ein rechtes Journal und Buch-
halteriſchen Extract, uͤber eingenommene und aus-
gegebene Gelder/ eingekauffte und verkauffte
Waaren/ ꝛc. ſamt richtiger Bilantz darlegen/ und
ſolches alsdann insgeſamt denen Haupt-Handels-
Buͤchern einverleibet werden muͤſſe; Solches iſt
aus unſerm Tractat von Meſſen und Jahr-
Maͤrckten zu erſehen.
Caput VII.
Wie ein Kauffmanns-Diener
zu Hauß/ und vorñehmlich auf Rei-
ſen/ ſeiner Geſundheit wahrnehmen/ und
wann dieſelbige einigen Anſtoß gelitten/ ſolche durch
dienſame/ und zum Theil leichtlich auf der Reiß
und auch zu Hauß zu bekommende Hauß-Mittel
wieder herſtellen/ ſonderlich aber/ wann er an infi-
cirten Orten ſich aufhalten muͤſſe/ ſich vor
der Peſt præſerviren ſoll.
ES ſeynd junge Leute ſo wenig als die alte
vor dem Todt ſicher/ und taͤglich vielerhand
Kranck-
[284]Caput VII.
Kranckheiten und gefaͤhrlichen Zufaͤllen/ ſonderlich
aber die Reiſende/ unterworffen. Dann bald kom-
men ſie aus einem hitzigen Climate in ein kaltes/
und aus einem kalten wieder in ein hitziges; des ei-
nen ſein Magen iſt zu harten/ des andern zum wei-
chen Speiſen gewohnt. Alſo iſt jenes Jtaliaͤniſchen
Medici ſeine Anmerckung bekannt/ unter deſſen
Hand ein an Fieber kranck-liegender Weſtphaͤlin-
ger/ als ſolcher ein Stuͤck rohen Specks gegeſſen/
wieder geſund worden; Ein Jtaliaͤner aber/ deme
hierauf gedachter Medicus vor das Fieber ein glei-
ches Recipe verſchrieben/ davon geſtorben/ wor-
auf er in ſein Tag-Buch angezeichnet: Speck iſt
einem Weſtphaͤlinger gut vor das Fieber/ aber ein
Jtaliaͤner ſtirbt davon. Zuweilen bekommt man
ſolche Getraͤncke/ die ebenfalls eine groſſe Beſchwe-
rung in dem Leib verurſachen. Man reiſet unwiſſend
durch ſolche Oerter/ welche nicht allzu reiner Lufft/
ſeyn/ oder man Iogiret in Wirths-Haͤuſern/ in
welchen die Betten von unreinen Menſchen der-
geſtalt angeſtecket worden/ daß ein geſunder
Menſch ſo bald nicht darinn erwarmet/ als er ſchon
eine boͤſe Seuche an dem Hals hat/ und was kan
manchen Menſchen durch eckelhafftige/ ſuͤchtige/
ungeſunde/ und unverdauliche Speiſen nicht leicht-
lich vor ein Fieber/ ingleichen durch hitziges Ge-
traͤnck/ unreiffes Obſt/ vor eine hitzige Kranckheit/
rothe Ruhr/ und dergleichen zuſtoſſen. Mancher
bekommt einen Liebes-Trunck/ oder auch auf eine
andere Art/ von unzuͤchtigen Perſonen/ ſo viel in
und an ſeinem Leib/ daß er ſein Lebtage daran zu
curiren hat. Viele ſauffen und freſſen ſich kranck/
wann
[285]Wie die Geſundheit zu verwahren.
wann ſie nehmlich in beyden keine Maaß zu halten
wiſſen. Etliche ſtuͤrtzen mit dem Pferd/ werden ge-
faͤhrlich mit den Wagen umgeworffen/ von boͤſen
Leuten verwundet/ oder kommen auf andere Wei-
ſe zu Schaden. Zorn/ Eifer/ Alteration, Furcht
und Schrecken/ welche man auf Reiſen offt ausſte-
hen und erfahren muß/ thun das ihrige auch da-
bey/ und jagen manchem eine Kranckheit in die
Glieder/ die ihn uͤber Vermuthen ins Grab befoͤr-
dert/ oder doch lang bettlaͤgerig haͤlt/ welches ſo
viel unbequemer/ koſtbarer und verdrießlicher iſt/
als ein Reiſender in der Frembd ſeine Pfleg- und
Wartung/ und auch die dazu benoͤthigte Unkoſten
nicht haben kan/ oder doch mit Verdruß wegen
der Verſaͤumniß/ die ihm zu Hauß bevorſtehet/ der
Cur abwarten muß.
Wie aber viel Menſchen an denen ihnen zu-
ſtoſſenden Kranckheiten und Unfaͤllen mehrentheils
ſelbſt Urſacher ſeyn/ und ſich gleichſam muthwillig
in Ungluͤck ſtuͤrtzen/ als ſollen ſich dieſes um ſo viel
mehr unſere reiſende Handels-Diener eine War-
nung ſeyn laſſen/ daß ſie der ungezaͤhmten und luͤ-
ſterenden Jugend in dem/ was ſo wohl ihrer
Seel/ als ihrem Leib Schaden thun kan/ den Zuͤ-
gel ſo leicht nicht ſchieſſen laſſen/ ſondern vorher
pruͤfen/ was ihnen wohl anſtaͤndig/ und ihrer Ge-
ſundheit zutraͤglich ſey/ damit ſie/ wann ſie das Ge-
gentheil thaͤten/ nicht dem Artzt daruͤber in die
Haͤnde fallen duͤrfften.
Es wird aber desfalls ein jeder reiſender Han-
dels-Diener ſein ſelbſt eigenes beſtes beobachten/
wann er nechſt der Furcht GOttes/ und daß er
ſich
[286]Caput VII.
ſich vor der Suͤnde/ wie vor einer Schlange huͤtet/
unter andern auch eine gute Diæt haͤlt/ maͤßig in Eſſen
und Trincken iſt/ ſeinen Magen nicht zu ungebuͤhr-
lich mit Speiß und Tranck uͤberfuͤllet/ oder demſel-
ben ſolche Speiſen giebet/ welche ihm zuwider und
nicht zutraͤglich ſeyn/ wie dann auch nicht allezeit
dasjenige/ was dem Mund und der Zunge wohl
ſchmecket/ dem Leib geſund/ ſondern vielmehr ſchaͤd-
lich iſt/ ſonderlich wenn man jehlings aus einem
Climate in ein anders kommet/ deſſen Lufft/ Tem-
perament, Speiß/ Fruͤchte/ Waſſer und Lands-
Art man nicht gewohnet iſt/ welches vielfaͤltig de-
nen Frembden eine Kranckheit/ wie etwann die
See-Duͤnſte und Schiffs-Bewegungen (denen/
die zum erſtenmahl auf der See fahren) ein Bre-
chen zu verurſachen pfleget. Je maͤßiger nun bey
ſolcher Veraͤnderung der Leib gehalten wird/ je beſ-
ſer es vor demſelben iſt; ja es werden viel Kranck-
heiten durch Arbeit und Hunger vertrieben. Wie
dann viel Leute zu finden/ welche durch einen Tag
und Nacht faſten/ manche Kranckheiten gehoben
haben/ und iſt es allezeit beſſer/ dem Appetit nicht
allezeit voͤllig ein Genuͤgen zu thun/ als daß man
ſich uͤberfluͤßig anfuͤllen/ und dadurch eine Kranck-
heit zuziehen wolle. Rathſam iſt es auch/ in fremb-
den Laͤndern/ deren Speiß man nicht gewohnt iſt/
ſich nach und nach darzu zu gewoͤhnen/ auch wenn
es die Gelegenheit zulaſſen will/ ſonderlich wann
man uͤber See reiſet/ einen guten Flaſchen-Keller/
und wohl-verſehenen Speiſe-Korb mit ſich zu fuͤh-
ren/ zu welchen man im Fall der Noth greiffen/
und ſich daraus unterhalten koͤnne/ biß man der
fremb-
[287]Wie die Geſundheit zu verwahren.
frembden Speiſen etwas beſſer gewohnet wird.
Wann auch die Schiffers zuweilen an Oertern/ da
ſie ihre Anckers fallen laſſen/ ans Land fahren/ um
Erfriſchungen zu holen/ ſo kan man zugleich dieſer
Gelegenheit ſich mit bedienen/ oder auch Geld mit-
ſchicken/ vor welches friſche Proviſion koͤnne ein-
gekauffet werden. Ob nun wohl ſolches auf Land-
Reiſen/ da man taͤglich in friſche Wirths-Haͤuſer
kommt/ nicht noͤthig iſt/ ſich auch auf ſolchen groſſe
und ſchwere Bagage nicht mit fuͤhren laͤßt/ ſo laſ-
ſen ſich doch die vielerhand Biere/ ſonderlich aber
die noch gantz friſch/ welche leicht Blehungen ver-
urſachen/ gar wohl mit einer geſchabten Muſcaten-
Nuß/ oder daß man geroͤſtetes Rocken-Brod dar-
ein leget/ corrigiren/ und trinckbar machen; die
hitzigen Weine aber koͤnnen mit Waſſer diluiret/
und milde gemachet werden; bey dicker und nebli-
cher Lufft/ iſt ein Trunck Brandewein mit geroͤſte-
tem Brod auch ſehr dienlich; So kommt auch ſo wol
des Morgens nuͤchtern/ als auch ſonſt des Tages
uͤber/ eine Pfeiffe Toback ſehr wohl zu ſtatten/ da-
hero ſich diejenige/ welche viel in kalten Laͤndern
und zur See reiſen/ denſelben vor allen angewoͤh-
nen ſollen. Das beſte iſt in dem Kauffmanns-
Stand/ bey welchen viel Reiſens vorfaͤllt/ daß
man von Jugend auf nicht allzu zaͤrtlich gewohnet
ſey/ ſondern die Eltern bey Zeiten ihre Kinder/ die
dermaleins in der Frembd ihr Brod ſuchen muͤſ-
ſen/ zu Hitz und Froſt/ wie auch allerhand Fati-
quen und Speiſen zu vertragen/ angewoͤhnen. Jm
Fall auch/ daß ein reiſender Kauffmanns-Diener
ſich ſelbſt ein Stuͤck Eſſen zurichten koͤnte/ wuͤrde
ihm
[288]Caput VII.
ihm ſolches deſto bequemer fallen. Friſch geſottene
Eyer/ welche man allenthalben auf denen Land-
Reiſen haben kan/ ſeynd allemahl am ſicherſten;
da auch ein Reiſender eine Mixtur von getruckne-
ter Weinraute/ Salbey/ und Citronen-Schalen/
alles klein pulveriſiret/ in einer Schachtel bey ſich
fuͤhret/ und des Morgens etwas davon auf But-
ter-Brod geſtreuet/ eſſen/ hierauf einen Schluck
Wachholder-Brandewein trincken ſolte/ wuͤrde ihm
ſolches nicht allein bey ungeſunder Lufft/ ſondern
auch bey ſchaͤdlichen Speiſen gar wohl zu ſtatten
kommen/ nach dem bekandten Sprichwort: Sal-
via \& Ruta faciunt Tibi Pocula tuta. Ein Glaͤß-
gen Elixir proprietatis bey ſich gefuͤhret/ und da-
von/ wann etwann der Magen verdorben worden/
40. biß 50. Tropffen eingenommen/ ſolches ſtaͤrcket
auch trefflich den Magen/ und erwecket neuen Ap-
petit. Ein jeder/ welcher ſich durch Gehen oder Rei-
ten erhitzet hat/ huͤte ſich auch/ daß er nicht jaͤhlings
einen ſtarcken kalten Trunck darauf thue/ weil ſol-
ches/ wo nicht den Todt/ doch unfehlbar eine ſchwe-
re Kranckheit nach ſich ziehet/ und dem Menſchen
dergeſtalt zurichten kan/ daß er ſich ſein Lebtag da-
mit ſchleppen muß/ und niemahls wieder recht zu
Kraͤfften kommt.
Das Erkaͤlten auf Reiſen iſt auch ſehr gefaͤhr-
lich/ und ziehet Haupt-Weh/ Huſten und Fluͤſſe
nach ſich; dahero ein jeder Reiſender ſich wohl mit
guten Kleidern verſehen/ und wie warm er auch in
ſolchen werden moͤchte/ ſich doch nicht gleich ent-
bloͤſen/ ſondern nach und nach abkuͤhlen muß/ da-
mit er der Natur nicht auf einmahl zu viel Gewalt
anthun/
[289]Wie die Geſundheit zu verwahren.
aufthue/ und ſich dadurch in unwiderbringlichen
Schaden ſetze. Haͤtte jemand eine ſo penetrante
Kaͤlte ausgeſtanden/ daß er auch an ſeinen Gliedern
dadurch Schaden gelitten/ ſo wollen einige/ daß
man ſolche erfrohrne Gliedmaſſen in eiskaltes Waſ-
ſer ſetzen/ oder auch mit Schnee ſtarck reiben ſoll/
damit alſo Kaͤlt durch Kaͤlte vertrieben/ und folglich
der Froſt deſto eher ausgezogen werde. Beſſere
Mittel aber ſeynd folgende:
Man ſchmiere das erfrohrne Glied/ ehe es noch
aufbricht/ offtmals mit ſtarcken Brandtwein uͤber
den Kohlen/ oder ſchneide gefrohrne Ruͤben in Stuͤ-
cken/ und binde ſie auf die Fuß-Sohlen/ wiederho-
le ſolches etlichemal/ ſo ziehet es den Froſt aus; am
allerbeſten aber iſt befunden worden/ wann man ei-
ne gute Hand voll altes Schmeer/ oder ungeſaltzen
Schweine-Fett nimmt/ ſolches zergehen laͤßt/ Wai-
tzen-Mehl darunter miſchet/ ein Pflaſter daraus
machet/ und ſolches uͤberſchlaͤgt.
Item nehmet Brenneſſeln ſamt dem Saamen/
ſiedet ſolchen im alten Baum-Oel/ und beſchmieret
damit die Haͤnd/ Fuͤß oder Naſen/ ſo wird man
nicht leicht Froſt oder Kaͤlt daran verſpuͤren Waͤre je-
mand/ von ſeinen erfrohrnen Gliedern/ die Kaͤlte hin-
ein zum Hertzen geſchlagen/ ſo muß man ihm The-
riac und Brandtwein zu trincken geben/ damit das
Hertz præſerviret werde. Jm Fall/ daß auch je-
mand von der kalten Lufft und ungeſtuͤmmen Win-
den/ Sauſſen und Brauſſen der Ohren bekommen
haͤtte/ ſo koͤnte er eine Zwibel mit Kuͤmmel in der
Aſche braten/ den Safft heraus druͤcken/ und ſol-
chen ins Ohr floͤſſen; oder man leget ein Saͤckgen
Tmit
[290]Caput VII.
mit warmen Sand auf das ſauſſende Ohr/ ſo wird
es augenblicklich helffen.
Waͤre jemand durch die Erkaͤltung fluͤßig wor-
den/ ſo laſſe man ihn nur fleißig an gantzen Gewuͤrtz-
Negelein riechen/ ſo wird ſolches die Kaͤlte ver-
treiben.
Huſten welcher von Erkaͤltung gekommen/
wird ſolcher Geſtalt curiret: Man nimmt guten
Brandtwein/ zuͤndet ihn an/ und thut ſo viel Zucker
darzu/ daß es bey nah ein Syrup wird/ hierauf mi-
ſchet man noch ein wenig geſtoſſenen Jngwer darun-
ter/ und trincket ſolches aus/ oder man nehme ei-
nen Loͤffel voll ſuͤſſes Mandel-Oel und trincke es
aus/ ſo wird ſolches den Huſten ohnfehlbar ver-
treiben.
Vor die rothe Ruhr.
WEil es ſich auch vielmal zutraͤgt/ daß ein Kauff-
manns-Diener bey einer Armee oder an ſol-
chen Oerten ſich aufhalten muß/ woſelbſt die rothe
Ruhr oder Durchlauff graſſiret/ als kan man ſich
von derſelben durch folgende ſchlechte Haus-Mittel/
nechſt GOttes Huͤlffe/ leicht curiren. Nimm gan-
tzes weiſſes Wax/ zerlaſſe es in warmer Rind-
fleiſch-Bruͤh; oder nimm drey Loͤffel voll geſchmol-
tzen Hammel-Fett von denen Nieren/ und trinck es
warm aus/ es ſtillet gleich die rothe Ruhr.
Jnsgemein kommt dieſes Ubel von dem Eſſen
vieler roher Fruͤchte her/ in welchen junge Leute ſich
offt nicht zu maͤſſigen wiſſen/ ſonderlich in Jtalien
und in Ungarn/ wie man dann gar traurige Exem-
pel
[291]Wie die Geſundheit zu verwahren.
pel hat/ ſo nun jemand dergleichen Fruͤchte zu viel
gegeſſen/ und der Durchlauff ſich anzumelden be-
ginnet/ ſo trinck er einen guten Trunck Wermuth-
Wein/ aͤuſſerlich kan man den Leib mit Muſcate
oder Wermuth/ ingleichen mit Kuͤmmel-Oel ſchmie-
ren und guten Theriac, ſo mit Terra Sigillata und
gepulverter Muſcaten-Nuß vermenget iſt/ als ein
Pflaſter auflegen; oder man kan eine Rinde von
Brod roͤſten/ und ſelbige/ nachdem ſie mit gepul-
verter Muſcaten-Nuß beſtreuet/ auch mit Krau-
ſemuͤntzen-Waſſer beſprenget worden/ uͤber den
Magen legen; ſo lang der Durchlauff anhaͤlt/ ſoll
man den Patienten nicht viel zu eſſen geben/ und
zwar nur leichte Speiſen/ als junges und gebrate-
nes Fleiſch/ ingleichen Brey/ von Reiß und Hirſe;
an ſtatt des Trancks/ welcher gleichfalls wenig/
und abſonderlich warm ſeyn ſoll/ kan man Bier/
(welches auch nicht zu alt noch zu neu ſeyn muß/)
nehmen/ und in ſelbiges gebrandtes Brod und
Pulver von Muſcaten-Nuß werffen.
Haͤtte das Ubel ſehr uͤber hand genommen/ wel-
ches man beobachtet/ wann der Patient offt zu
Stuhl geht/ Reiſſen- und Weh-Tagen um den Na-
bel ſpuͤret/ die Stuhlgaͤnge mit Schleim oder Blut
und Eyter vermenget/ anfaͤnglich ſchwartz oder gruͤn
ſeyn/ auch ein Brechen und Delirium, oder Aber-
witz/ ſich dabey findet/ und die Clyſtire nicht mehr
anſchlagen wollen/ ſo iſt der Tod nicht ferne; ja die
Waſſerſucht und der Brand in den Gedaͤrmen zei-
gen an/ daß der Patient den Tod faſt ſchon im Ra-
chen ſtecke/ um ſelbigen nun noch daraus zu erretten/
ſo muß man vor allem dahin ſehen/ wie die ſcharffe
T 2Thei-
[292]Caput VII.
Theilgen/ welche entweder mit dem Gebluͤt oder
mit der Gall in die Gedaͤrme gefuͤhret worden/ moͤ-
gen gelindert und von ihrer Schaͤrffe befreyet wer-
den/ ſolches aber geſchiehet nicht mit Purgiren/
ſondern mit Gifft-treibenden Huͤlffs-Mitteln/ der-
gleichen ſeynd Theriac, Diaſcord. Fracaſtorii, ge-
brannt Hirſch-Horn/ Terra ſigillata, Armeniſcher
Bolus, rothe Corallen/ Unicornu foſſile, Ebur
ſine igne præparatum, Tinctura Bezoardica und
dergleichen/ welche nach Belieben des Patienten
auf unterſchiedliche Weiſe koͤnnen gerichet werden/
als etwan in einem Pulver/ folgender Geſtalt/ alle
6. Stund in einem Loͤffel mit rothem Wein und
Zimmet-Waſſer einzunehmen: Nimm Cornu
Cervi ſine igne præparati, rothe præparirte
Corallen/ Armeniſchen Bolum, unicornu foſſi-
le, jedes einen halben Scrupel/ Muſcaten-Oel 5.
Tropffen; item, nimm præparirtes Hirſch-Horn/
Tormentill-Wurtz/ Croci Martis adſtring eines
jeden ein Scrupel/ Throchiſc. de Carabe, eines
jeden einen halben Scrupel/ mache alles zu Pulver/
und nimm davon eine Meſſer-Spitzen; oder nimm
zum oͤfftern ein Quintlein Tormentill-Wurtz/
und ein Quint Terræ Sigillatæ im warmen Bier
ein/ an ſtatt des Trancks/ welcher maͤßig ſeyn ſoll/
kan man ungeſaltzene Huͤner-Suppen trincken/
oder Milch/ in welcher Rinden von Eichbaͤumen
und Zimmet gekochet werden; oder man kan fol-
genden Tranck anſetzen: nimm gefeilt Hirſch-Horn/
Scorzonere-Wurtzel ein jedes 1 Loht/ Tormentill u.
Hirſch-Zungen-Wurtz jedes ½ Loth/ Fenchel und
Anis-Saamen/ eines jeden 1. Quintlein/ koche es in
Waſ-
[293]Wie die Geſundheit zu verwahren.
Waſſer/ in welchem etlichmal ein gluͤend Eiſen ab-
geloͤſchet worden.
Das Bauch-Krimmen oder
Colica
Pfleget Reiſenden auch offt anzuſtoſſen; es
kommt ſolches her/ Theils von ungeſunden
Speiſen/ Theils von den ſcharffen und ſauren
Saͤfften/ ſo auch aus der groſſen Druͤſſe/ und an
denen kleinen Druͤßlein in die Gedaͤrme ausgeleeret
worden; in des Gekroͤſes Nerven aber/ werden ſel-
bige mit denen Seelen-Geiſtern/ nachdem ſie von
dem Gebluͤt in das Hirn eingeſencket worden/ ge-
fuͤhret.
Die Cur muß ſo wol bey anhaltenden Schmertzen
als auſſer denſelben angeſtellet werden; jene/ damit
der Schmertz moͤge geſtillet; dieſe/ damit die Urſach
deſſen moͤge beyſeits geraͤumet werden. Das erſte
geſchiehet durch folgende Mittel: nimm Krauſemuͤn-
tzen-Waſſer/ Waſſer von Pomerantzen Schalen ei-
nes jeden 6. Loth/ Zimmet-Waſſer 1. Loth/ Bibergeil-
Eſſentz 1. Quintlein/ Tinctur. Anodyna. 50 Tropf-
fen/ Klapper-Roſen-Safft 1. Loth/ vermenge es
und gieb den Patienten offt einen Loͤffel voll davon;
oder nimm eine Hand voll gemeine Camillen-Blu-
men/ koche es in Krauſemuͤntze-Waſſer/ und laffe
den Patienten zum oͤfftern einen Trunck davon thun/
item, nimm Theriac einen Scrupel/ gepulverſirte
Pomerantzen-Schaalen ein Quintlein/ Bibergeil
½ Serupel/ gieb es in einem Decocto von Chamil-
len auf einmal. Oder nimm eine Hand voll friſchen
T 3Pferd-
[294]Caput VII.
Pferd-Miſt/ vermenge ihn mit Krauſemuͤntzen-
Waſſer/ oder dem beſagten Chamillen Decocto,
und drucke den Safft heraus/ und trincke es alſo
warm/ man kan auch gleich Clyſtir gebrauchen/
dadurch nicht allein die Faßern der Gedaͤrme er-
weichet/ ſondern auch die ſcharffe Feuchtigkeit/ als
die eine Urſach der Colica ſeyn/ ausgeleert werden;
in das Clyſtir aber kan man 2. biß 3. Loth Terpen-
tin, welcher in Eyerdotter aufgeloͤſet worden/ men-
gen/ ſonderlich wann die Urſach in denen Nerven
enthalten iſt Die Urſach des Ubels voͤllig zu heben/
muß man zuweilen Schleim-ausfuͤhrende Purga-
tiones brauchen/ ſich vor Speiſen/ welche das
Bauch-krimmen verurſachen/ huͤten; als da ſind:
Fiſch/ Erbſen/ Linſen/ Obſt und dergleichen/ wie
auch ſaure Wein/ neues Bier und Moſt; an deren
ſtatt man Wermuth oder alten ſtarcken Wein trin-
cken kan. Jn Summa/ ein junger Menſch/ der ſeinem
Appetit und Begierden/ nicht den vollen Lauff
laͤſt/ ſondern durch die Vernunfft ſolchen Einhalt
thut/ auch nicht alles in Magen hinein ſchuͤttet/ was
auf der Zunge wohl ſchmeckt/ der wird ſich ſelbſt der
beſte Artzt ſeyn/ nach den bekannten Sprichwort:
Cibi Modicus, ſibi Medicus.
Von der Unpaͤßlichkeit/ welche de-
nen Reiſenden auf der See zu zuſtoſſen
pfleget.
DAß die See-Lufft dicke ſey/ erfahren auch die
ſtaͤrckſten Leute; dann wann ſie das erſtemal
auf die See kommen/ ſo wuͤrd ihnen uͤbel/ und
muͤſ-
[295]Wie die Geſundheit zu verwahren.
muͤſſen ſie ſich erbrechen/ weil die Bewegung des
Schiffes/ und die dicke ungeſunde Lufft ſolche Al-
teration in ihrem Magen verurſachet Ob nun zwar
ſolches Aceidentz bald wieder aufhoͤret/ und auch
einiger maſſen vor geſund gehalten wird/ weil ſich
der Magen von allen boͤſen Feuchtigkeiten dadurch
evacuiret; ſo vermeinen doch einige dieſer Incom-
moditaͤt des Brechens dadurch vorzukommen/
wann ſie (indem ſie die Reiſe antretten/) einen Be-
cher voll See-Waſſers austrincken/ oder auch die
beyde Haͤnde in See-Waſſer/ biß uͤber den Puls
eine Viertel Stunde lang ſtecken/ ſolches ſoll auch
ſehr gut ſeyn.
Das ſchlimmſte Ubel auf der See iſt/ der Scor-
but oder die Mundfaͤule; ſolchen verurſachen die boͤ-
ſe Speiſen und verdorbene Waſſer/ wie auch die
Unachtſamkeit/ da einer ſich mit friſchem Waſſer
nicht waͤſchet/ oder rein Leinen nicht anziehet. Jn-
gleichen/ wann jemand ſich wenig beweget/ oder
die boͤſe Gewohnheit hat/ daß er in der freyen See-
Lufft ſchlaͤffet/ ſonderlich bey klarem Wetter.
Dann dadurch verderbet er den Magen/ cor-
rumpiret die Humores, und verurſachet allerhand
Geſchwuͤlſte und Blattern/ uͤber den gantzen Leib.
Die Nerven werden ſchwach/ ſo/ daß er kaum ge-
hen kan. Der Odem wird ſtinckend/ das Zahn-
Fleiſch faulet/ und die Zaͤhne fallen aus. Kurtz/
es iſt eine abſcheuliche Kranckheit/ davon man nicht
eher befreyet wird/ biß man ans Land kommet/
und allda friſche Speiſen/ und erquickende Sa-
chen genieſſen kan.
Die Medici melden/ daß der Safft von Citro-
T 4nen
[296]Caput VII.
nen und Pomerantzen/ der Brunnkreß/ ſonderlich
der Spiritus Cochleariæ, ja alle ſonderliche Saͤff-
te wider dieſe Kraanckheit gut waͤren. Wobey
man zugleich ordentlich leben/ gut und friſch Waſ-
ſer trincken; Hergegen von geſaltzenem Fleiſche/ ſich
enthalten muͤſſe.
Die groſſe Hitze/ ſonderlich in Zona torrida,
verurſachen des Nachts ſtarckes Magen-Wehe.
Viele halten dafuͤr/ daß dieſe Schmertzen herruͤh-
ren/ von einer Erkaͤltung; dann wann der Leib
durch die Hitze des Tages matt geworden/ und ein-
geſchlaffen/ ſo nehme ſolcher im Schlaff eine Kaͤlte
ein/ und beſchwere alſo den Magen. Daher muß
man ſich huͤten/ daß man nicht auf der Erden
ſchlaffe; Wie ſolches in America wohl in acht ge-
nommen wird/ als woſelbſt ſie die Haͤuſer etwas
von der Erden erhoben bauen/ die Wilden aber in
lauter Hang-Matten ſchlaffen.
Von der Peſt und anderncontagieu-
ſen Kranckheiten/ wie ſich ein reiſender Hau-
dels-Diener dafuͤr vorzuſehen/ und wann er ſchon
an ſolchen inficirten Orten ſich befindet/ dannoch
durch GOttes Gnade/ damit es ihm nicht
treffe/ ſich præſerviren
koͤnne.
Weil es bey denen Kauffleuten faſt durchgehends
heiſſet:
Impiger extremos currit Mercator ad Indos
Per mare pauperiem fugiens, per Saxa, per
ignes.
EJn Kauffmann wann er nur kan Geld verdie-
nen/
[297]Wie die Geſundheit zu verwahren.
nen/ laufft gern biß an das aͤuſſerſte Ende der
Erden/ durch Feuer und Waſſer/ uͤber Berg und
Thal/ das iſt: Er ſcheuet keine Gefahr/ wie groß
ſie auch ſey/ unter welchen dann auch die gifftige
Seuch der Peſtilentz mit zu zehlen iſt Dieſe wird von
einigen ſo gering geachtet/ daß ſie nicht allein mit de-
nen von inficirten Orten kommenden Waaren un-
geſcheuet umgehen/ und dadurch/ wie man Exem-
pel hat/ vielmal groſſes Unheil anrichten; ſondern
ſie wagen ſich auch vor ihre eigene Perſonen vielſaͤl-
tig und ungeſcheuet an ſolche Oerter/ wo derglei-
chen contagieuſe Kranckheiten graſſiren. Da nun
ſie/ die Herren ſelbſt/ vor ihre Perſonen keine Conſi-
deration tragen/ ſo ſtehet leicht zu erachten/ daß
ihre Dieners auch nicht viel werden ſcrupuliren
doͤrffen/ wie dann die verwegene Jugend ohne dem
nicht allemal in der gleichen Faͤllen die Bedachtſam-
keit hat/ welche ſie wohl haben ſollte; damit aber
doch dergleichen Leuten/ welche entweder gezwungen
ihrer Pflicht halber/ oder freywillig/ oder auch aus
Unwiſſenheit nach dergleichen Oerter reiſen/ oder
ſich darinnen aufhalten muͤſſen/ mit gutem Rath
moͤge an die Hand gegangen werden/ als hat/ nechſt
der Gottesfurcht und fleißigem Gebet/ (daß/ ob
tauſend fallen zu ſeiner Seiten/ und 10. tauſend zu ſei-
ner Rechten/ es ihn doch nicht treffen moͤge) ein reiſen-
der Handels-Diener auch auf die leibliche Conſer-
vation ſeiner Perſon ſolcher Geſtalt acht zu gebẽ/ daß
er ſich/ ſo viel als moͤglich/ huͤte/ mit inficirten Leuten
nicht viel um zugehen/ oder ſo ers ja ſeiner Geſchaͤff-
te halber thun muß/ daß er die benoͤthigte Præſer-
T 5vativa
[298]Caput VII.
vativa darzu brauche/ welche GOtt und die Na-
tur verordnet haben/ als da ſeyn:
Erſtlich unter denen Artzneyen/ diejenige/ wel-
che den menſchlichen Coͤrper/ ſo wohl von denen
vorhandenen uͤberfluͤßigen boͤſen Feuchtigkeiten
entledigen und reinigen/ als auch/ vor aller anſtecken-
den Seuche und Gifft aufs beſte verwahren und be-
freyen koͤnnen.
Was die Purgantia in beſorgender/ oder ſchon
wuͤrcklich-vorhandener Peſt/ bey denen annoch Ge-
ſunden betrifft/ ſo bezeuget die Experienz, und der
Vornehmſten/ ſo wohl alter als neuer Medicorum
gleichſtimmiges Zeugnuß/ daß ſtarcke Purgantia
die Feuchtigkeiten des menſchlichen Leibs ohne Un-
terſchied/ boͤſe und gute/ allzuſehr bewegen/ und
durch die Coͤrper zur Peſt mehr diſponiren/ auch
zugleich die Lebens-Geiſter gar zu ſehr ſchwaͤchen/
und alſo das Hertz Wehr-loß machen/ dem hinein-
dringenden Gifft zur Genuͤge zu widerſtehen;
dannenhero ſolche/ als die Peſt ſelber/ zu meiden; die
gelinde/ erweichende und laxirende Mittel hingegen/
mit Beſcheidenheit deſto nutzlicher gebrauchen. Wer
demnach ſtarcker geſunder Natur iſt/ und des Pur-
girens darzu ungewohnet/ der bedarff auch keiner
Laxirung/ und ſehe nur zu/ daß er taͤglich offenen
Leib behalte; wo aber der Coͤrper unrein/ und mit
ſchleimigen/ gallſuͤchtigen/ ſchaꝛffen und andeꝛn boͤſen
Feuchtigkeiten angefuͤllet/ da iſt die Cacochymia
allerdings zu corrigiren/ und abzufuͤhren/ durch
gelinde/ und mit ſolchen Ingredientibus verſehe-
nen/ Laxirungen/ die gleich der Faͤulniß und dem
Gifft widerſtehen. Die Aloëtiſchen Pillen ſind hier-
zu
[299]Wie die Geſundheit zu verwahren.
zu die allerſicherſten/ ſonderlich die ſogenannten
Pilulæ Antipeſtialiles Magiſtrales, die Rhabar-
bara an ſich ſelbſt von 2. biß 3. Scrupel/ item die
Electuria Lenitiva und Species Laxativæ Laxir-
Kraͤuter/ die man in einem Decocto gebrauchen
kan.
Betreffende die Brech-Artzneyen/ ſeynd ſelbige
zu dergleichen Zeit ſehr gefaͤhrlich/ ja hoͤchſtſchaͤdlich/
es waͤre dann/ daß ein erfahrner Medicus, der ei-
nes Menſchen ſeine Natur wohl kennete/ dieſelbe/
nach gewiſſen Umſtaͤnden/ verordnete.
Nothwendiger iſt hingegen das Hertz mit
Alexipharmacis oder ſolchen Heil-Mitteln/ wel-
che vor allen beſorglich anſteckenden Gifft/ præſervi-
ren koͤnnen/ zu befreyen/ es ſeynd aber entweder in-
nerliche oder aͤuſſerliche/ unter die innerliche zehlen
wir das
Electuarium Nucum, die Nuß-Latwerg/ dar-
zu man/ nach Belieben/ etwas von dem abgeruͤhrten
Holunder-Beer-Safft/ oder auch vom Saltz und
Citronen untermiſchen kan. Die eingemachte Scor-
zoner-Aland-Wurtzel oder Jndianiſchen gruͤnen
Jngwer/ inniglich die friſche oder Condirte Citron-
oder Pomerantzen-Schalen/ und Bluͤte; ſo nimmt
man auch von denen Morſulis e ſucco Citri cum
Corticibus, Citronen-Hertz Morſellen/ ingleichen
von denen Morſulis præſervativis oder Rotulis
præſervativis, von dem Syrup e toto Citro, Gifft
Citronen-Safft/ ein paar Loͤffel/ oder einen an-
dern ſaͤurlich Citron-Him-Beer-Johannis-Ber-
bers-Beern oder dergleichen Safft mit ein wenig
Wein/ Scorzoneren/ Borragen/ oder Citronen
Hertz-
[300]Caput VII.
Hertz-Waſſer/ wie auch von Aqua Prophylacti-
ca nova, dem neuen Gifft-Waſſer/ mit Roſen
Julep vermenget.
Die Tinctura Bezoardica D. Michaëlis, das
Sal Cornu Cervi, vel Viperarum volatile, die
Mixtura Simplex cum vel ſine Camphora, das
Elexir Proprietatis Paracelſi, item des Crollii,
ſeynd alles gute innerliche Præſervativ-Mittel/ in
dergleichen gefaͤhrlichen Peſt-Zeiten. Diejenige wel-
che ſolche Mittel auf Reiſen nicht haben/ koͤnnen
des Morgens nuͤchtern ein Stuͤck Butter-Brod
mit Raute beſtreut/ oder ein paar Biſſen Brod im
guten Wein-Eßig eingetaucht/ eſſen/ oder man
nehme reines Koch-Saltz/ 4. Loth/ des beſten
Schwefels 2. Loth/ miſche es wohl durcheinander/
und gebrauche davon 1. oder 2. Meſſer-Spitzen
voll/ auf einem Biſſen Brod oder im warmen Bier/
auch koͤnnen ſie/ wann ſie reiſen/ oder auf der Straſ-
ſe gehen/ ein Stuͤcklein von der rothen Myrꝛhen im
Mund halten/ oder gar verſchlucken/ auch etwas
von der Angeliquen/ Zwittwer- oder Alant-Wurtz
kaͤuen.
So ein Kauffmanns-Diener an einem ſolchen
Peſt-Ort ſtill liegen muß/ ſo ſetze er ſich folgenden
Gifft-Eßig an: er nehme ein oder 2. Maaß ſtarcken
Wein-Eßig/ thue darein Citronen-Schalen/ ei-
ner Muſcaten-Nuß groß/ Theriac und Campher/
jedes einer Haſelnuß groß; hierauf nehme er friſch
geſchnittene Raute 4. Hand voll/ Scordien oder
Lachen-Knoblauch halb ſo viel/ thue ſie ebenfalls in
den Wein-Eßig/ ſchneide noch darzu etwas von
Zwittwer- und Alant-Wurtz/ ſo hat er einen vor-
treff-
[301]Wie die Geſundheit zu verwahren.
lichen Gifft-Eßig/ von welchem taͤglich ein oder
mehr Loͤffel voll koͤnnen genommen werden; will
man auch die Woche ein paar mal ſchwitzen/ ſo
nehme man Electuarium Præſervativum Com-
mune, Electuar. de Zedoaria, Zwitter-Latwerg/
von welchen beyden allein/ (wann einer keinen Eſ-
ſig nehmen wollte/) in einem Cardobenedicten-
Waſſer 2. biß 3. Meſſer-Spitzen koͤnnen eingenom-
men werden.
Auch wuͤrde gar dienlich ſeyn/ etwas von guten
und wider anſteckendem Gifft dienende Kraͤuter/
als Cardobenedicten/ Wermuth/ Tauſendguͤl-
den-Kraut/ Angelicken/ Alant-Wurtz/ Citronen
und Pomerantzen-Schaalen/ Wacholder-Beer ꝛc.
ins Bier zu haͤngen/ oder ſelbiges damit vergaͤhren
zu laſſen; maſſen durch dergleichen Kraͤuter-Bier
das Gebluͤt ſich wohl zu reinigen/ und viel boͤſe
Feuchtigkeiten durch den Harn/ und ſtetes Duͤnſten
und Schwitzen/ auszuwerffen pfleget. Wer des
Weins gewohnt/ oder in Wein-Laͤndern iſt/ kan
friſche Raute/ Wermuth Cardobenedicten und
Tauſe dguͤlden-Kraut/ Garten-Bibernelle/ Sal-
bey/ edle Meliſſen und friſche Citronen-Schaalen/
in einem Saͤcklein/ darein haͤngen/ und oͤffters davon
trincken.
Aeuſſerliche Præſervativ-Mittel/ beſtehen erſt-
lich in Haupt- und Hertz-ſtaͤrckendem Geruch und
Anſtreichen/ welches dann effectuiren die friſche
Citronen und Pomerantzen; ingleichen ein
Schwaͤm̃lein mit obigem Gifft-Eßig angefeuchtet/
wie auch guter Rauten-Balſam/ Citronen-Eſſen-
tzen/ damit man ſich unter der Najen/ und an de-
nen
[302]Caput VII.
nen Schlaͤffen/ auf Pulſen und Hertz-Gruben be-
ſtreichen kan. Ein Buͤſchel friſcher Rauten in Gifft-
Eßig geduncket/ præſerviret auch wohl; hingegen
enthalte man ſich zu viel Muſcus und Ambra zu rie-
chen/ weil das Gifft durch ſolche nur mehr zugezo-
gen wird. Durch allzuviel ſtinckende Sachen/ als
Bocks-Hoͤrner/ Haar/ Federn/ wird auch nichts
Guts gemacht/ weil ſolche die Lebens-Geiſter allzu-
ſehr betruͤben und zuruck treiben/ dannenhero die
Mittel-Straß zu gehen/ die beſte.
Amuleta anzuhaͤngen/ iſt gefaͤhrlich/ und einige
auch aberglaubiſch/ das liebe Gebet/ und dann ein
kraͤfftiges Kraͤuter-Saͤcklein/ iſt wohl das beſte/ ſo-
kan auch ein Smaragd/ item Saphir- oder Hya-
cinth-Stein auf der Hertz-Grube zu tragen/ nicht
ſchaden. Einige recommandiren auch Radic.
Carthami, wilde Saffran-Wurtzel/ Item Lapa-
thi Acuti, die Kletten-Wurtzel/ daß/ wann man
ſolche anhienge/ ſie dem Gifft widerſtuͤnde.
Das Aderlaſſen/ iſt in Peſt-Zeiten/ ſonderlich
wann ein Menſch ſchon inficiret iſt/ ſehr gefaͤhrlich/
weil das Gifft durch dergleichen Aderlaͤſſe ins Ge-
bluͤt gezogen/ und die Peſt-Kranckheit erſt recht da-
durch erwecket werden kan; Schroͤpffen iſt nicht ſo
gefaͤhrlich/ ſonderlich die es gewohnet ſeyn; Fonta-
nellen ſetzen zu laſſen/ iſt wohl das ſicherſte aus denen
Chirurgiſchen Mitteln/ weil viel boͤſe Feuchtigkei-
ten dadurch abgezaͤpffet/ das Gebluͤt gereiniget/ die
Viſcera geſund erhalten/ und alſo der Leib/ das
Peſt-Gifft zu fangen/ weniger diſponiret wird/
wie dann die Erfahrung bezeuget/ daß bey ſolchen
Perſonen/ welche die Peſt angefallen/ wann ſie
alſo-
[303]Wie die Geſundheit zu verwahren.
alſobald darwider gebraucht/ die Fontanell eine
heßliche ſchwartze Materiam oder boͤſes Gifft aus
zogen.
Alle dieſe vorgetragene Præſervativ-Mittel/
wuͤrden aber wenig oder nichts ausrichten/ wann
nicht eine gute geſunde Diaͤt oder Lebens-Ordnung
mit dabey waͤre/ welche denn vornehmlich in rech-
ter Regierung des menſchlichen Coͤrpers und Ge-
muͤhs/ durch dienliche Lufft/ Speiß und Tranck
beſtehen.
Die Lufft/ ohne welche der Menſch nicht leben
kan/ je reiner er ſie in Peſt-Zeiten haben kan/ je ge-
ſuͤnder ſie iſt. Kan demnach ein Kauffmanns-Diener
beyzeiten ſolche inficirte Oerter meiden/ und ſich da-
von weg machen/ und kan ihn ſeines Herꝛn Befehl/
daſelbſt zu bleiben/ nicht verbinden/ ſintemal ein je-
der ſich die nechſte Treue ſchuldig iſt/ und da ſein
Herꝛ mir de lucro captando, der Kauffmanns-
Diener aber de damno \& vitæ jactura vitanda,
certirt/ ſo gehet dieſes jenem weit vor; dann alles
was ein Menſch hat/ laͤſt er um ſein Leben/ ſagt der
Teuffel dort. Hiob am 2. Cap. v. 4. Wie viel
mehr ſoll ein Diener/ deme das Gut nicht eigen iſt/
(um welches willen er ſich in Gefahr ſetzen ſoll/)
ſolches ſeinem eigenen Leben nicht weit nach und
hintanſetzen. Geld und Gut kan ſein Herꝛ wieder
gewinnen/ aber das Leben kan er ihme/ dem Diener/
nicht wieder geben/ wann er durch ſeinen Geitz Ur-
ſach daran geweſen/ daß der gute Menſch ſich in die
Gefahr hat hinein wagen/ und das Leben dar-
uͤber verlieren muͤſſen/ wer ſich in Gefahr giebt/ heiſt
es
[304]Caput VII.
es/ der kommt darinn um/ weit davon/ iſt gut vor den
Schuß.
Mox, Longè, Tardè, cede, recede, redi.’
Bald und weit geflohen/ und langſam wieder-
gekommen/ iſt ein gutes Huͤlffs-Mittel wider die
Peſt.
Ein anders waͤre es/ wann einem ſolchen rei-
ſenden/ oder auch in ſeines Herꝛn Haus in ſeinem
Beruff-ſtehenden Handels-Diener die Peſt uͤber-
fiele/ und er an einem ſolchen inficirten Ort ſeyn und
bleiben/ auch ſich mit verſperren laſſen muͤſte/ und
nicht daraus gehen doͤrffte; in ſolchem Fall ſuche er
doch in ſeinem Quartier/ Stuben oder Cammer die
Lufft zu reinigen/ durch ſtets angezuͤndetes Feuer in
Camin oder in ſolchen Oeffen/ welche innwendig
in der Stuben geheitzet werden/ ſintemal dieſe in
Peſt Zeiten/ und auch ſonſt am geſundeſten ſeyn/
weil ſie viel boͤſe Lufft aus der Stuben mit nach ſich
ziehen/ und durch den Schornſtein wegfuͤhren:
Nicht weniger laſſe er ſich auch angelegen ſeyn/ ſein
Zimmer taͤglich zu reinigen und ſauber zu halten/ al-
le Morgen bey der Sonnen-Aufgang und bey hel-
lem Wetter/ einige Fenſter gegen Morgen und
Mitternacht/ oder wo die geſundeſte Lufft herſtrei-
chet/ ein paar Stunden lang aufzumachen/ die aber
gegen Abend und Mittag/ oder auch nahe an den
Cloacken/ oder etwan an des Nachbars allbereit
inficirtem Hauſe allernaͤchſt gelegen ſind/ die halte
er dichte zu. Er koͤnnte auch taͤglich/ vornehmlich im
Winter/ helle und reine Oeffen-Camm und ande-
re unbeſorgliche Feuer/ von Eichenem/ Erlenem/
Bir-
[305]Wie die Geſundheit zu verwahren.
birckenem/ kiefernem Holtze brennen/ auch in ſol-
chen etwas von Wacholder-Straͤuchen/ Lorbeer-
Aeſten/ und Blaͤttern/ Roßmarin/ Lavendel und
Roſen werffen: Wie ingleichen die Zimmer mit
dergleichen und andern wohlriechenden Kraͤutern/
als Majoran/ Meliſſen/ Quaͤndel/ Jſop/ Betho-
nien/ Poley beſtreuen. Sommers-Zeit aber/ und
wenn die Lufft heiß und geſchwuͤllig/ ſind derglei-
chen Feuer nicht ſo ſtarck/ ſondern maͤßiger anzule-
gen. Die Zimmer auch mit friſchem Eßig zu be-
ſprengen/ und mit darein getauchten Wein-Rau-
ten/ Roſen-Blaͤttern/ blau Violen/ und dergleichen
zu beſtreuen/ und zu jederzeit des Jahres alle
Morgen/ Mittag und Abends das gantze Hauß
wohl durchzuraͤuchern/ mit Wacholder-Beeren
und Weyhrauch/ jedes gleichviel genommen/ oder
allein mit Schwefel/ welcher alle boͤſe Lufft am be-
ſten remiget/ oder mit dem daraus gemachten
Schuͤß-Pulver/ inſonderheit mit denen in unſern
Apothecken befindlichen Rauch-Pulvern. Jn den
Zimmern/ Stuben/ und Kammern/ kan man einen
reinen Eßig auf gluͤhende Kieſelſteine/ oder im
lauen Waſſer zerlaſſenen Vitriol auf gluͤhende
Eiſen gieſſen/ und darbey die Fenſter anfaͤnglich
zu/ hernach aber/ wann der Rauch zuſammen gan-
gen/ und dicke worden/ aufmachen/ und den
Dampff hinaus laſſen. Wer aber mit ſcharffen
Huſten/ Bruſt-Keichen/ Lungen- und Schwind-
ſucht beladen iſt/ der muß dergleichen ſcharffen
Rauch meiden/ und die gelindern Mittel darzu
ausſuchen: Maſſen es an guten Raͤucher-Kuͤchlein
und Kertzlein/ auch Spaniſchen Paſten an den
UOfen
[306]Caput VII.
Ofen zu reiben/ in den Apothecken nicht ermangelt.
Das Toback-Trincken/ und der davon entſtehende
Rauch/ wird hierzu auch ſehr recommendiret/
und wird vornehmlich fluͤßigen und ſchleimigen
Perſonen/ und bey feuchter Lufft und Regen-Wet-
ter/ am beſten dienen.
Jn Genieſung Speiß und Trancks/ iſt allezeit
gute Maaße und Ordnung zu halten/ und ſchadet
gar ſehr beydes den Leib offt und viel anzufuͤllen/
als auch mit Hunger und Durſt allzu ſehr zu ca-
ſteyen. Dann gleich wie jenes der gemeine Zun-
der iſt vieler Kranckheiten; Alſo verzehret und ent-
kraͤfftet dieſes die Lebens-Geiſter/ und macht alſo
beydes den Leib Siech- und Peſt-faͤhig. Dannen-
hero mag man ſichs auch in Peſt-Zeiten wohl
ſchmecken laſſen/ und unterweilen eine froͤliche
Mahlzeit mitnehmen. Wer das Vermoͤgen dar-
zu hat/ kan vornehmlich ſolche Speiſen erwaͤhlen/
die geſunder Art/ leicht verdaulich ſeyn/ und ein
lebhafftes reines Gebluͤte und gute Nahrung ma-
chen; Wie ſie insgemein denen Hypochondriacis,
Cachecticis, oder auch Febricitantibus pflegen
vorgeſchrieben zu werden/ und ſolche zurichten ver-
beſſern/ und annehmlich machen laſſen/ mit Wein-
kraͤfftigen Eßigen/ Citronen/ Pomerantzen/ Gra-
naten/ Limonien/ Capern/ Johannis-Berbers-
Chriſt-Beeren/ mit Cichorien/ Endivien/ Sauer-
ampffer/ Sauerklee/ Borragen/ Meliſſen/ Betho-
nien/ Koͤrbel-Kraut/ Salbey/ Roßmarin/ Wachol-
der-Beeren/ Zimmet/ Saffran/ Zittwer/ und der-
gleichen Condimèntis mehr/ welche aller/ und
vornehmlich auch der Scorbutiſchen/ Faulnuͤß wi-
der-
[307]Wie die Geſundheit zu verwahren.
derſtehen. Darunter kan ein jedweder ausleſen/
was er gewohnet iſt/ und was ſeiner Natur am
beſten zuſchlaͤgt: Doch iſt vornehmlich zu vermei-
den/ was alt/ verlegen/ hart/ ſtopffend/ und unver-
daulich iſt/ als altes Schaff-Schwein- und Rind-
Fleiſch/ ſo wohl friſch/ als alt geraͤuchert/ oder in
Poͤckel geſchlagen/ wie auch geraͤuchert und ge-
trocknete Stock- und andere See-Fiſche/ Heringe/
harte Eyer/ zehe/ faule/ und verdorbene Kaͤſe; was
ſchleimet und blehet/ als Aale/ Schleyen/ Weiß-
Fiſche/ viel Milch-Speiſe/ Kraut/ Fett-gebackene
Sachen; item/ was ſehr ſuͤſſe iſt/ und zur Galle
ſchlaͤgt/ als Honig und Zucker-Werck; Was im
Magen leicht verdirbt oder verfault/ als Milch/
Piltze/ Schwaͤmme/ viel Feld-Salat/ Gurcken/
Melonen/ Kuͤrbſe/ Weintrauben/ rohe Pflaumen/
und ander rohes/ weiches/ anbruͤchiges Obſt.
Knoblauch hingegen/ Zwiebeln/ Merrettig/ Senf/
moͤgen diejenigen/ ſo ſie vertragen/ und derer ge-
wohnt ſeyn/ wohl genieſſen. Gerſten-Bier/ noch
mehr aber ein guter Wein/ als welcher des Men-
ſchen Hertz nicht allein ſtaͤrcket und erfreuet/ ſon-
dern auch vor Gifft und Faͤulnuß bewahret/ iſt auch
dienſam. Man koͤnte ſolchen zuweilen mit gezu-
ckerten Citronen/ Him-Beeren/ oder Nelcken-
Safft anmachen/ oder auch Citronen oder Pome-
rantzen/ Stuͤck- oder Scheiben-Weiſe/ hinein ſchnei-
den; und davon koͤnnen nach Nothdurfft trincken/ die
Melancholiſche und Furchtſame/ auch ſo gar biß zur
Luſt und Froͤlichkeit/ niemand aber/ biß er voll und
toll davon werde. Denn obgleich manchem ein
guter Rauſch gelingen moͤchte/ ſo iſt es doch ſuͤnd-
U 2und
[308]Caput VII.
und gefaͤhrlich/ und haben ſich ihrer viel die Peſt
durch Erhitzung und Efferveſcenz des Gebluͤtes/
an den Hals geſoffen/ welche ſich durch ſtarckes
Sauffen die Furcht vor derſelben verjagen wollen.
Meth/ Moſt/ hitzige/ brennende/ ſcharffe/ und an-
dere ſuͤſſe/ dicke und ſtarcke Weine ſind ſicherer zu
meiden/ als oͤffterer zu genieſſen. Wie dann auch
Brandewein/ obſchon mit Angelica, Zittwer/ oder
Wacholder-Beeren uͤberzogen/ und allerhand hi-
tzige und ſtarcke Aquæ Vitæ, (ſollen ſie anders
nicht zu Aquis Mortis werden) gar ſparſam/ und
nur alten und kalten Perſonen/ oder welche ſchwa-
che Maͤgen haben/ und mehr Winters-als Som-
mers-Zeit zu genieſſen/ erlaubet ſeyn.
An der Kleidung iſt in Peſt-Zeiten auch mehr
gelegen/ als mancher vermeynen moͤchte. Dann
weil tuchne und andere dicke woͤllne/ auch Peltzene
Kleider die gifftigen in der Lufft herum ſtreichen-
den/ oder ſonſt anhenckend- und anklebenden
Daͤmpffe/ und Unſauberkeiten gar leicht an ſich
nehmen/ haͤgen und ausbreiten/ ſo ſind ſie vielmehr
eine Zeitlang an die Seite zu legen/ als am Leibe
zu tragen; vielmehr aber zum taͤglichen Gebrauch/
duͤnne/ glatte/ ſeidene/ und Cameel-haarene/ auch
gewaͤchſte Leinwandene Kleider zu erwaͤhlen.
Dem Schlaffen und Wachen hat man weder
zu viel noch zu wenig zu thun/ und alſo die Graͤn-
tzen der Natur nicht zu uͤberſchreiten/ noch durch
ſtets und allzu vieles Wachen die Leibes-Kraͤfften
zu ſchwaͤchen. Der Mittags-Schlaff iſt insgemein
ſchaͤdlich; ſo ſoll man ſich auch zu ſolcher Zeit unter
freyem Himmel an die Sonne/ oder aufs Gras/
oder
[309]Wie die Geſundheit zu verwahren.
oder Heu ſchlaffen legen/ welches vornehmlich der
Landmann zu beobachten hat.
Und wie eine maͤßige Bewegung den Leib ge-
ſund erhaͤlt; alſo ſind herentgegen allzu viele und
ſtrenge Arbeit und ſtarcke Exercitien (weilen da-
durch das Gebluͤte allzu ſehr erhitzet/ und der Leib
geſchwaͤchet wird) ſo viel moͤglich zu unterlaſſen/
vornehmlich bey denen/ die dergleichen ſtarcke Lei-
bes-Bewegungen nicht gewohnt ſeyn.
Der Leib ſoll auch taͤglich offen ſeyn/ oder doch
durch gelinde Mittel offen gehalten werden. Beym
Umgang mit krancken Leuten hat man ſich ſo viel/
als moͤglich/ in Acht zu nehmen/ daß man den
Mund-Speichel nicht hinunter ſchlucke/ ſondern
ſtets auswerffe/ weil ſonſt die mit dem Speichel
vermiſchte/ und hinab geſchluckte Lufft in den Ma-
gen alſo bald mit dem/ was ſie darinnen antrifft/ zu
fermentiren anfaͤngt/ dadurch nach und nach alle
Feuchtigkeiten und Lebens-Geiſter vergifftet/ und
folglich der gantze Leib angeſtecket wird.
Letzlich ſoll ſich ein jeder eines ruhigen Gemuͤ-
thes zu ſeyn/ befleißigen/ und alle hefftige und ge-
ſchwinde Gemuͤths-Beweg- und Aenderungen/ in-
ſonderheit/ Zorn/ Furcht und Schrecken/ ja alle
darzu veranlaſſende Gelegenheiten/ wo moͤglich iſt/
vermeiden/ und in Chriſtlicher Gelaſſenheit und
feſter Zuverſicht zu Goͤttlicher Guͤte und Barmher-
tzigkeit allen Begebnuͤſſen unerſchrocken entgegen
gehen/ und dabey allezeit das Beſte hoffen. Dann
es iſt aus der klaͤglichen Erfahrung bekannt/ daß
die Peſt die Kleinmuͤthigen und Furchtſamen ge-
meiniglich eher angreifft/ als die/ ſo ſich behertzt er-
U 3weiſen/
[310]Caput VII.
weiſen/ Goͤttlichen Willen ergeben/ auf ihren Me-
dicum und deſſen vorgeſchriebene Artzney-Mittel
ein gutes Vertrauen ſetzen/ und unterweilen zu
Ergoͤtzung des Leibes und Gemuͤths/ ein froͤliches
Stuͤndlein mitnehmen.
Und ſo viel auch von denen Præſervativ- und
Hilffs-Mitteln/ die ein reiſender Kauffmanns Die-
ner vor und in der Peſt- oder Contagion-Zeit ge-
brauchen ſoll. Wir haben uns in deren Beſchrei-
bung etwas laͤnger aufgehalten/ weil einige Jahre
her/ faſt hin und wieder dieſes Malum erſchroͤck-
lich gehauſet/ und viel tauſend Menſchen/ darun-
ter auch nicht wenig Reiſende werden geweſen ſeyn/
hingeriſſen; der groſſen Hindernuͤſſe zugeſchweigen/
welche die Commercia in ihrem Lauff/ durch die
Poſtirungen vorgeſchriebene Umwege/ Quaran-
tainen/ und dergleichen/ erleiden muͤſſen.
Folget nun noch mit wenigen/ wie auch gegen
andere einen reiſenden Kauffmanns-Diener anfal-
lende Kranckheiten/ derſelbe ſich durch dienliche und
allenthalben zu bekommende Hauß-Mittel ſchuͤtzen
koͤnne. Und zwar erſtlich gegen
Das Fieber.
SJede Eiſen-Kraut mit der Wurtzel/ im guten
alten Wein/ und laß den Patienten/ wann
jhn der Paroxyſmus anſtoͤſt/ ein oder zwey mahl
davon trincken.
Oder nimm 30. Koͤrner von Wermuth/ legs
in ein halb Noͤſſel Wein-Eßig/ und trincke/ wann
dir das Fieber ankommt/ einen guten Trunck da-
von/
[311]Wie die Geſundheit zu verwahren.
von/ beweg dich hier auf durch einen Spatziergang/
zu einen gelinden Schweiß.
Jtem/ trincke ein gut Glaß Bitter-Wein aus/
und gehe hierauf ſo lang/ biß der Schweiß er-
folget.
Ein paar Tag ſich/ ſo viel moͤglich/ des Eſſens
enthalten/ thut auch viel/ das Fieber zu vertreiben.
Multi morbi curantur inedia \& labore. Viel
Kranckheiten werden durch Hunger- und Arbeit
vertrieben. Dahero viel/ die in der Frembd ſeynd/
durch die Hunger-Cur ſich bald von ihren Kranck-
heiten loß machen.
Jtem/ nimm Wein-Eßig/ das Weiß von Ey/
etwas Alaun/ geſaͤuert Brod/ ein wenig Saltz/ und
alten Leimen von Kachel-Offen/ jedes gleichviel/
ruͤhre es unter einander/ und binde es auf dem
Puls/ laß es liegen/ biß es duͤrre wird/ ſo geht das
Fieber darnach weg/ wo nicht/ ſo muß es noch ein-
mahl friſch aufgeleget werden.
Jtem/ nimm Alaun/ und eine Muſcaten-Nuß/
jedes gleichviel/ pulveriſirs/ und wann der Paro-
xyſmus kommt/ ſo nimm es in warmen Bier ein.
Jtem/ nimm tauſend Guͤlden-Kraut/ oder das
ſogenannte Fieber-Kraut/ koche es im guten Wein
oder Brunnen-Waſſer/ und laß es den Patienten
kalt trincken.
Oder nimm Hauß-Laub/ (es waͤchſt oben auf
den Daͤchern) nehe etliche Blaͤtter davon in ein
Saͤcklein/ und haͤnge es dem Patienten auf die
Bruſt.
Jtem/ leg das ſogenannte Trifolium febri-
num in guten Brandwein/ es macht ihn nicht al-
U 4lein
[312]Caput VII.
lein ſchoͤn gruͤn/ ſondern iſt auch gut vor das Fie-
ber und verdorbenen Magen.
Zu hitzigen und beſorglichen
Wund-Fiebern.
℞. [...] Depurat.
♀ Diaphor. ana. Ʒj.
flor. [...] s Эij.
Op. Cyd. gr. ij.
Miſcetur, fiat Pulviſ. divid. in 4. partes æqua-
les, Præſervativ-Pulver in hitzigen Fiebern/ und
gegen beſorgliche Wund-Fieber.
Vor gifftigen Hund-Biß.
NJmm Oſter-Lucey/ weiche ſie in Ziegen-Milch/
und legs auf den Schaden.
Jtem/ nimm etwas geſtoſſene Krebs-Stein
ein/ ſtreich auch Mayen-Wuͤrmlein-Oehl auf den
Schaden/ oder nimm gleich von des Hundes Haar/
und legs auf den Schaden. Man muß auch ſol-
chen ſo lang offen halten/ als man kan/ und wann
es gefaͤhrlich iſt/ den Patienten immer im flieſſenden
Waſſer baden/ auch vor innerlichen Zufaͤllen ihn
mit Hertz-ſtaͤrckenden/ und dem Gifft widerſtehen-
den Artzeneyen wohl verſehen/ ausgedruckter Neſ-
fel-Safft in einem naſſen Tuͤchlein auf den Scha-
den gelegt/ iſt auch gut.
Wer ſich verbrannt hat mit Pulver/
Der nehme etwas Sauer-Kraut-Lack/ friſchen
Kuͤh-Koth/ und Salpeter/ ruͤhre es durch einan-
der/ und ſchlage es uͤber.
Vor
[313]Wie die Geſundheit zu verwahren.
Vor den Schwindel
Kan ein Reiſender/ der damit behafftet iſt/ ein
Conſervativ von Majoran oder Meyen-Bluͤm-
lein nehmen/ wie auch 4. biß 5. Tropffen von Agt-
Stein-Oehle/ in Mayen-Blumen-Waſſer. Man
ſoll auch oͤffters Cubeben im Mund kaͤuen/ und die
Feuchtigkeit/ ſo ſich davon ſammlet/ ausſpeyen.
Das Haupt/ die Schlaͤffe und Stirn/ kan man
oͤffters mit Lavendel-Waſſer beſtreichen; Folgende
Species auch in eine Schlaff-Muͤtze oder Haube
einnehen. Nimm Roßmarin/ Majoran/ Wohl-
gemuth/ Poley/ jedes ½. Loth/ Lavendel-Blumen/
Quendel/ Thymian/ auch ſo viel Storax und Ben-
zoe, jedes 1½. Quintlein/ Agtſtein-Oehl etliche
Tropffen. Letzlich ſoll man ſich auch vor hart-
verdauigen und geſaltznen Speiſen/ ſonderlich vor
Knoblauch/ Rettich und dergleichen huͤten/ auch
keinen Toback rauchen.
Vor den Schlage.
Wenn ſolcher einen geruͤhret/ iſt wohl das er-
ſte Mittel/ daß man eine Ader oͤffnen laſſe/ damit
das Gebluͤt die Feuchtigkeiten/ welche in das Ge-
hirn gedrungen/ wieder in ſich nehmen moͤge/
hiernaͤchſt ſoll man den Patienten fleißig mit war-
men Tuͤchern reiben/ ein Clyſtier ſetzen/ den Ruͤck-
grad mit Camillen/ Spick und Bibergeil-Oehl ein-
ſalben/ in dem Nacken eine Blaſe ziehen/ auf die
Fußſohle Uberſchlaͤge von zerſtoſſener Rauten und
Saltz legen; vor die Naſen Spiritum Salis Am-
moniaci halten/ oder das Gummi Galbanum, ſo
U 5in
[314]Caput VII.
in Eßig geweichet worden/ ingleichen Rauten-
Safft mit Eßig vermengt/ wie auch den Rauch
vom angezuͤndeten Agtſtein/ die Wuͤrbel/ Schlaͤffe
und Naſen/ ſollen mit Agtſtein-Oehl oder Bal-
ſam/ wie auch mit Schlag-Balſam beſtrichen wer-
den. Das Angeſicht aber mit Schlag-Waſſer/
die Zung mit Theriac oder Zimmet/ ingleichen
Campher-Oehl; hier auf giebt man ihm 1. oder 2.
Loͤffel voll guten Schlag-Waſſers/ oder biß 7.
Tropffen von Agtſtein-Oehl in Lavendel Waſſer
ein/ ingleichen ein oder zwey Loͤffel mit Rauten-
Safft/ und was ſonſt zur Hertz-Staͤrckung/ und
die Lebens-Geiſter wieder herbey zu bringen/ die-
nen kan.
Vor die Braͤune im Halß und an
der Zunge.
Dieſes iſt eine ſehr gefaͤhrliche Kranckheit/ ab-
ſonderlich wann das Athem-holen und Schlucken
dadurch verhindert wird/ ingleichen die innere
Theil mehr als die aͤuſſern afficiret ſeyn; Wann
die zaͤhe und weiſſe Materia/ welche die Zunge/ und
die andere Theile des innern Mundes/ in der
Braͤune gemeiniglich uͤberziehet/ trocken und
ſchwartz wird/ ſo iſt ſchlechte Hoffnung. Wann
ein Schaum auf dem Mund ſtehet/ ſo ſteckt der
Patient dem Todt bereits in Rachen; daher in
der Cur dieſes Affects nicht zu ſaͤumen. Jſt die
Kranckheit anſteckend/ daß mehr Leut daran nie-
derliegen/ ſo kan man ihm zu vomiren geben; Es
muß aber ſolches gleich den erſten Tag geſchehen/
dann den andern iſts nichts mehr nuͤtz. Jſt er
Blut-
[315]Wie die Geſundheit zu verwahren.
Blut-reich/ kan man ihm eine Ader/ ſonderlich un-
ter der Zunge/ oͤffnen. Hierauf Morgends und
Abends ihn fleißig mit der Tinctura Bezoardica
verſehen/ von 30. zu 40 Tropffen jedes mahl. Waͤ-
re ſolche nicht bey der Hand/ ſo nehme man aus-
gedruckten Safft von Pferd-Miſt/ um den Pa-
tienten dadurch einen Schweiß zu erwecken; So
muß man ihme auch oͤffters des Tages uͤber die
Zunge ſaͤubern/ und in Hals ſpritzen. Jſt die Zun-
ge allzu ſehr duͤrre und trocken/ ſo kan man ſelbi-
ge oͤffters mit Schleim/ der aus Floͤh-Saamen/
mit Roſen-Waſſer gezogen worden/ beſtreichen/
oder ein Stuͤck Speck/ Meſſer-Ruͤcks dick/ und
ſo breit als die Zunge iſt/ auflegen. Dieſes wird
nicht allein die Doͤrre der Zungen lindern/ ſondern
auch die ſchwartze Haut aufloͤſen/ daß ſie von der
Zungen abgezogen werden kan. Wann die Thei-
le des innern Mundes verwundet/ kan man ſelbi-
ge mit Salpeter/ ſo mit Honig vermenget iſt/ be-
ruͤhren/ damit die Haut abgehe; Nachmahls kan
man es mit Johannis-Kraut-Oehl beſtreichen.
Auch kan man einen guten Umſchlag um den
Hals/ von rothen Myrrhen/ Weyhrauch/ Cam-
pher/ Saffran/ und dergleichen machen.
Jn waͤhrender Kranckheit ſoll ſich der Pa-
tient mit Gerſten-Suppen und Haber-Muͤßlein
begnuͤgen laſſen/ und nichts gewuͤrtztes genieſſen/
ingleichen keinen Wein trincken/ ſondern Gerſten-
Waſſer mit ſuͤß Holtz und Wein-Beerlein/ an ſtatt
des Truncks/ gebrauchen/ oder gar folgenden
Tranck anſtellen.
Nimm
[316]Caput VII.
Nimm Feigen/ Suͤß-Holtz/ weiſſen Zucker-
Candi/ kleine Roſinen/ gereinigte Gerſten/ Aniß-
Saamen/ Fenchel-Saamen/ jedes 1. Loth/ blaue
Violen/ Brunellen-Kraut/ jedes 1. Hand voll/ koche
es mit 3. Maaß Waſſer zu einen Tranck/ und ſei-
he es durch. Der Patient ſoll auch Anfangs nicht
viel reden/ und den Leib allezeit durch Clyſtirn of-
fen halten. Einige ſchaben auch dem Krancken
die Zunge offt mit Weyden-Holtz/ und was ſie ſo
abgeſchabet/ das geben ſie einem Hund auf Brod
oder Speck zu freſſen. Hernach nehmen ſie einen
Spiegel von einer. Pfauen-Feder/ ſchneiden ihn
auf das allerſubtilſte/ und gebens dem Krancken un-
ter ein wenig Cichorien-Safft vermiſcht/ ein/ es
ſoll augenblicklich helffen.
Vor die Ohnmachten.
Hierzu ſeynd Hertz-ſtaͤrckende Medicamenta,
und auch kraͤfftige aͤuſſerliche Anſtriche noͤthig/ da-
durch die Seelen-Geiſter wieder moͤgen geſtaͤrcket/
und das Gebluͤt wieder zu ſeinen Lauff gebracht
werden.
Nehmt Carfunckel-Waſſer/ Schlag-Waſſer/
Zimmet-Waſſer/ eines jeden 2. Loth/ præparirte
Krebs-Augen 1. Quintlein/ Orientaliſchen Bezoar,
einen halben Scrupel/ Sal volat. Cornu Cervi 6.
Gran/ Zimmet-Syrup/ 1. Loth/ vermenget es/ und
gebet dem Patienten etliche Loͤffel voll nach und
nach davon.
Vor einen boͤſen Hals.
Gurgelt euch mit Ruͤben-Kohl- oder Wurtzel-
Safft/
[317]Wie die Geſundheit zu verwahren.
Safft/ des Nachts bindet eure Struͤmpff um den
Hals/ will dieſes nicht helffen/ ſo nehmet geſcheelte
Ruͤben und etwas Kuͤh-Miſt/ kocht es zuſamm in
duͤnnen Bier/ und ſchlaget es alsdann warm um
den Hals.
Vor die Frantzoſen-Sucht.
Mit ſolcher koͤnnen junge Leute/ welche die
fleiſchliche Wolluſt mehr/ als die Furcht GOttes/
ihr Gewiſſen und ihre Geſundheit lieben/ gar leicht-
lich/ zumal auf Reiſen/ da man allerley Gelegenheit
zur Unzucht findet/ auch wohl von einem Kuſſe
oder Trunck/ den ihnen eine damit inficirte Per-
ſon reichet/ ja durch ein heimlich Gemach/ unrein
Bett/ Sattel oder Stuhl/ wiewohl dieſe beyde letze-
re nicht ſo leicht geſchehen/ angeſtecket werden. Die
Cur ſo dagegen anzuſtellen/ beſtehet darinn/ daß/
ſo der Patient Blut-reich/ man ihme eine Ader oͤffne/
und wann ſein Leib mit allzuviel groben Saͤfften an-
gefuͤllet iſt/ kan man ſolche vorher mit folgenden aus-
fuͤhren. ℞. Extract. Hellebor. nigr. 1. Scrupel.
Mercur. dulc 10. Gran. reſin. Jalapp. 5. Gran.
Syrup Cichor cum Rhabarbara ſo viel zum Pillen
noͤthig; nach dieſem/ muß man ſehen/ wie man das
ſcharffe Gifft moͤge austreiben/ ſolches geſchiehet
durch die Holtz-Cur/ auf folgende Art: Nimm
Frantzoſen-Holtz/ ſo in kleine Stuͤcke zerſchnitten
1. Pfund/ ſuͤſſes Holtz 4. Loth/ koche es in 6. Maaß
Brunnen-Waſſer/ biß auf den dritten Theil ein/
und laß davon den Patienten taͤglich Morgens
und Abends warm ½. Maaß trincken/ und gleich
darauf im Bett wohl ſchwitzen/ und zwar das erſte-
mal
[318]Caput VII.
mal nur ½. Stund/ das anderemal ¾. biß er endlich
auf 2. Stund kommt; es kan aber ſolches Schwi-
tzen beſſer in einem Schwitz-Kaſten/ mit untergeſetzt-
und angezuͤndtem Brandtwein geſchehen/ wo-
durch die Schweiß-Loͤcher eroͤffnet/ und das Gifft
heraus getrieben wird/ und dieſe Cur muß alſo 30.
oder 40. Tage continuiret werden/ biß der Patient
ſeine rechte Geſichts-Farbe wieder bekommt. Wie
eine angenehme Zeitung dieſes vor einen Handels-
Patron ſeyn muͤſſe/ wann ſein Diener/ den er in ſei-
nen Geſchaͤfften ausgeſchickt/ ſolcher Geſtalt in dem
Venus-Spital verarrétiret lieget/ und ſchon
Franckreich zu ſehen bekommt/ ehe er noch einmal
deſſelben Graͤntze beruͤhret/ ſtehet leicht zu erachten/
und dencke nur niemand/ der auf ſolchen verbotte-
nen Wegen gehet/ daß er Brief und Siegel dar-
vor habe/ daß es ihme nicht/ wie andern/ er gehen
moͤchte; der ſchoͤnſte Apffel iſt inwendig offt wurm-
ſtichig/ und in den ſilbern Geſchirren/ kan der ſuͤßte
Wein am erſten zu Eßig werden.
Wann einer gefallen oder mit dem
Pferd geſtuͤrtzet.
Nehmet braune Honig-Kuchen/ laſſet ſie wohl
ſieden/ im rothen Wein-Eßig/ biß es wie ein Brey
werde/ machet davon ein Pflaſter auf Heyde oder
Werck/ und leget es uͤber.
Jſt im Leib etwas zerbrochen oder zerſtoſſen/ ſo
gebe man dem Patienten alle Tag dreymal Alant-
Wurtz-Waſſer zu trincken/ ſo wird er innerlich ge-
heilet werden.
Oder er gebrauche vor etwan 2. Groſchen Krebs-
Au-
[319]Wie die Geſundheit zu verwahren.
Augen/ mit eben ſo viel Theriac im warmen Bier
oder Wein.
Haͤtte jemand unter Wegs ein Arm oder Bein
entzwey gebrochen/ und kein Barbirer waͤre ſo bald
bey der Hand/ ſo muß man nur ſo lang ein Tuch
in Eßig genetzt herum ſchlagen/ biß man ſich recht
kan verbinden laſſen.
Vor die Zerquetſchung der Hand oder an-
derer Theile/ nehmen etliche nur den Safft vom
Roß-Miſt/ und troͤpffeln ſolchen in die Wunde/
oder gebrauchen das Johannis-Oel/ und binden
die Wunde veſt zu.
Item, Nimm Speck/ Honig und Rocken-
Mehl/ menge es durcheinander/ und lege es uͤber/
es heilet bald eine Wunde; Papeln-Kraut mit
Baum-Oel zerſtoſſen/ ingleichen/ Epheu-Safft/ iſt
gut zu allen friſchen Wunden. Item, Fuͤnfffinger-
Kraut mit altem Schmeer zerſtoſſen/ oder nehmet zu
alten Schaͤden Schweinen-Schmeer/ laſt es zer-
gehen/ ruͤhret hernach Gruͤnſpan darunter und
ſtreicht es auf weiß Hartz und Saaf-Talch in Zie-
gen-Milch geſotten/ iſt auch gut.
Zum Purgiren.
Nehmet Hollunder-Knopffen/ machet ſie rein/
nehmet auch Hopffen-Kaͤume/ reinigt ſie gleichfalls/
und beruͤhrts mit heiſſen Waſſer/ biß ſie weich wer-
den/ thut hernach Baum-Oel darzu/ hackt ſie klein/
dieſes iſt alles im Fruͤhling gut zum purgiren.
Item, nehmet Senet-Blaͤtter und Jngwer/
jedes 1. Loth/ Zimmet 1. Quintin/ feinen Zucker
2. Loth/ dieſes alles zu Pulver gemacht/ untereinan-
der
[320]Caput VIII.
der gemengt/ und auf einem im Wein gebaͤhten
Brod/ an ſtatt des Triſanets, einen Loͤffel voll da-
von genommen.
Item, nehmt 1. Loth Feigen/ 1. Loth Zwetſch-
gen/ ein Loth duͤnne Roſen-Blaͤtter/ gieſſet ein
halb Maaß Waſſer daran/ laſt es ſieden/ und wann
ihrs trincken wollt/ ſo thut 1. Loth Zucker darzu/ es
wird gar gelinde purgiren.
Caput VIII.
Welcher Geſtalt ein Kauff-
manns-Diener auf Reiſen/ die er zu
Pferd verrichtet/ vor daſſelbe Sorg zu tra-
gen habe/ auch wann demſelben einige
Kranckheit oder Unfall zugeſtoſſen/ wie er ſol-
ches wieder koͤnne curiren laſſen/ ingleichen
wie ein gut Pferd zu kennen/ und daß man
im Kauff nicht betrogen werde zu
præcaviren ſey.
WEil es vielmals ſich zutraͤgt/ daß ein Kauff-
manns-Diener/ um ſo viel geſchwinder
fort und durchzukommen/ ſeine Reiſe zu
Pferd verrichten muß/ als wird in dieſem
Capitel nicht undienlich ſeyn/ ſpecialiter anzuwei-
ſen/ was bey Verpflegung eines ſolchen Reiß-
Pferdts/ ſo wohl vor/ als auch in- und nach der
Reiß
[321]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
Reiß ein Handels-Diener zu beobachten habe. Der
kluge und Rechts-verſtaͤndige Haus-Vatter giebet
im 19. Capitel ſeines 5ten Buchs hiervon folgen-
de Nachricht: Um ein Pferdt auf eine bevorſtehen-
de Reiſe wohl zu verwahren/ ſo laſſe man es einige
Tage vorher/ ehe es wuͤrcklich durch das Land auf
die Reiſe gehen ſoll/ wohl beſchlagen/ man ſehe aber
zu/ daß es nicht zu duͤnn ausgeſchnitten werde; die
Eiſen muß man fein gleich aufſchlagen und nach dem
Fuß einrichten laſſen; ein Stolle ſoll ſo hoch als der
andere ſeyn/ und hinten bey den Stollen/ ſollen ſie
nicht weit voneinander gehen/ ſonſten dieſelbe/ wann
ſie in einen hohlen Weg kommen/ leichtlich abge-
riſſen werden; die Naͤgel muß man von dem
Schmied nicht uͤber eines queren Daumens ſchla-
gen/ auch keine ſubtile oder duͤnne Naͤgel darzu aus-
ſuchen/ weil man das Pferd ſonſt leicht ſchmertzlich
verletzen und vernageln koͤnte; uͤber das ſoll man
ihn auch mit Einſchlagen und Hufſchmieren wohl
verſehen/ und hier auf/ wann es neu beſchlagen und
ein paar Tage geſtanden/ alsdann erſtlich ein wenig
und den folgenden Tag darauf ſchon wieder etwas
weiter reiten/ um zu ſehen/ ob es nach und nach
wohl aushalten ſollte. So muß auch der Sattel/ den
man auflegen will/ wohl probirt werden/ ob er
dem Pferd recht anliege/ oder ſolches hin- und wieder
druͤcken moͤchte. Wuͤllene- oder Haar-Decken/ un-
ter dem Sattel zu legen/ iſt nicht gut/ weil dem
Pferd dadurch Hitze verurſachet wird; beſſer iſt es/
man nehme drey oder vier leinene Pfeffer-Saͤcke/
nehe ſolche zuſammen/ damit ſie taͤglich umgewand/
und wann ſie feucht geworden/ wieder getrucknet
Xwer-
[322]Caput VIII.
werden koͤnnen. Jm Fall ein Pferd einen weichen
Ruͤcken haͤtte/ und die Haut von den Brand-Fle-
cken noch nicht wieder geheilet waͤre/ ſo nehme man
groſſe Kletten-Bletter/ zerklopffe dieſelbe wohl an
ihren Adern/ und lege ſie dem Pferd/ wo der Ruͤ-
cken offen iſt/ des Tages zweymal friſch uͤber/ oder
man nehme auch ein friſches Schaaf-Fell/ welches
uͤber 24. Stund nicht alt iſt/ breite daſſelbe uͤber das
Pferd alſo aus/ daß die Fleiſch-Seite/ nicht aber
die Wolle an die Haut zu legen komme/ und guͤrte
alsdann den Sattel daruͤber/ ſo wird der Schaden
bald zuheilen.
Wegen der Steigbuͤgel-Riemen iſt zu mercken/
daß ſolche offt doppelt genaͤhet/ und durch den Sat-
tel-Baum gezogen werden/ es wird aber manches
Pferd dadurch gedruͤcket/ und unter dem Baum
eine Geſchwulſt verurſachet; daher es wohl beſſer
waͤre/ wann man ſich der Buͤgel/ die an den Sat-
tel-Knopff angehangen werden/ bedienete/ man
haͤtte dabey den Vortheil/ daß/ wann man von dem
Pferd herunter fiele/ man in den Buͤgeln nicht be-
haͤngen bliebe; es muͤſſen aber die Buͤgel auf jeder
Seiten eine gantz gleiche Laͤnge haben/ und der Rei-
ter muß nicht uͤber ſeine natuͤrliche Laͤnge reiten/ weil
ſonſt das Pferd/ wann er nicht geruhig ſitzet/ ge-
drucket wird/ welches ihme doch ſonſt auch von dem
ſchwaͤreſten Mann/ der nur veſt und kurtz ſitzet/ nicht
wiederfaͤhret.
Vor der Reiſe muß man kein Pferd uͤberfuͤttern/
weil es ſonſt/ wann der Weg kaum eine halbe Tag-
reiſe gedauret/ den Kopff unter die Krippe oder
Bahren haͤngen/ und die Ohren ſincken laſſen wird/
aus
[323]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
aus Urſach/ weil ihm das uͤbrige Futter im Leib bren-
net/ darum thut man beſſer/ man laſſe das Pferd
bey ſeinem gewoͤhnlichen Tractament, ſo kan es die
Reiſe deſto beſſer aushalten.
Bey Antrettung der Reiſe/ wann man in einem
frembden Stall kommt/ ſo heffte oder binde man
das Roß auf/ man nehme auch das alte Heu/ aus
den Reifen/ ſaubere die Krippe wohl von aller Un-
reinigkeit/ und guͤrte/ um dem Pferd ein wenig Lufft
zu machen/ den Gurt etwas auf; Packe hierauf ab/
trage die Bagage ſamt denen Piſtolen/ in das vom
Wirth angewieſene Zimmer/ nach einer halben
Stund/ nehme man dem Pferd den Zaum ab/ lege
ihm die Halffteꝛ an/ und binde oben ſolche an die Reu-
fen/ da das Heu lieget/ gebe ihm hierauf ein wenig rei-
nes Heu vor/ wann es ſolches aufgefreſſen/ ſo gibt
man ihme ein wenig ausgeſchwungenen Haber/ und
dann wieder etwas Heu/ nach einer Stunde aber
erſt maͤßig zu trincken/ leget auch wohl etwas Heu
in das Waſſer/ damit es nicht zu kalt ſey/ alsdann
giebt man ihm wieder ein paar Hand voll Haber/
wann es ſolchen zum Mittags-Futter aufgefreſſen/
ſo packt man wieder auf/ guͤrtet den Sattel veſt/
zaͤumet es wieder auf/ und reiſet alsdann ſeiner
Weg.
Jn der Abend-Herberg/ macht man es mit dem
Abpacken eben wie des Mittags/ laͤßt aber den
Pferd zum Abkuͤhlen/ eine gute Stund; hier auf
nimmt man ihm den Zaum ab/ und legt ihm die
Halffter an/ damit es ſich aber/ ſo lange es den Sat-
tel auf hat/ nicht weltze/ ſo wird es aufgebunden/
ihme eine Hand voll gutes Heu vorgegeben/ der
X 2Sat-
[324]Caput VIII.
Sattel-Gurt etwas loß gemacht/ die Schenckel
hinten und vorn/ wie auch der Bauch mit alter
Streu wohl abgerieben. Hat indeſſen das Pferd ge-
ſtanden und das Heu aufgezehret/ ſo gibt man ihme
alsdann etwas Haber vor/ ziehet ihme die Decke
unter dem Sattel weg/ und endlich nach dem Ab-
kuͤhlen und Abdrucknen/ den Sattel ſelbſt. Hierauf
wird das Pferd entweder eigenhaͤndig/ oder durch
des Wirths Leute geſtrigelt/ gewiſchet/ und die
Maͤhn und Schweiff wohl ausgekaͤmmet; hierauf/
wann ihm die Hitze ein wenig vergangen/ des Som-
mers ins Waſſer geritten; des Winters aber thut
man beſſer/ man enthalte ſich/ ein ſolches Reiß-
Pferd ins kalte Waſſer zu reiten/ und waſche es lie-
ber zu Haus/ oder im Wirths-Haus mit laulichem
Waſſer ab/ truckene es auch bald wieder mit Leder
oder leinen Tuͤchern; je weniger man ein Pferd mit
kaltem Waſſer benetzen kan/ je beſſer es iſt/ inſon-
derheit iſt ſolches um das Geſchroͤt herum gar nicht
rathſam/ nur bey gar groſſer Hitze im Sommer
mag man etwan des Abends um 5. Uhr in ein flieſ-
ſendes Waſſer/ doch nur biß uͤber die Knie (die Be-
netzung des Bauches zu verhuͤten) gehen laſſen/ und
dieſes zwar nur um Erfriſchung willen/ wann man
es tieff er einreitet/ ſo laſſe man ſichs nicht wundern/
wann das Bauch-Grimmen dem Pferd zuſetzet/ und
daſſelbe auch bey dem beſten Futter nicht zunimmt;
dann wer ſein Pferd/ wann es allzufett und dick
wird/ gern wieder mager haben will/ der darff
es nur offt in kaltes Waſſer in die Schwemm
reiten.
Wann man gegen die Nacht/ dem Pferd im
Wirths-
[325]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
Wirths-Haus die Streu gemacht/ ſo gibt man ih-
nen wieder etwas reinen Haber vor/ man nimmt
auch wohl ein Glas Waſſer/ wirfft eine Hand voll
Saltz darein/ und waͤſchet damit das Pferd oben
auf dem Ruͤcken/ wo der Sattel gelegen/ ab; etliche
nehmen auch hierzu ihren eigenen Urin; hierauf muß
man auch das Pferd einſchlagen/ wann die Zeit dar-
zu iſt; item. ſchmieren einige die Huff/ mit zerlaſſe-
nem Talch oder Unſchlit/ das Verballen zu vertrei-
ben/ andere nehmen ein halb Maaß ſchlechten
Brandtwein/ und reiben ihm die Schenckel da-
mit.
Ehe man die Pferd des Morgens fuͤttert und
zu recht machet/ ſoll der Menſch erſtlich ſelbſt geſaͤu-
bert und gewaſchen ſeyn. Nach vollbrachter Fuͤt-
terung/ gebe unſer reiſender Handels-Diener fein
ſelbſt acht/ wann man ihme das Pferd aufs neue
ſattelt/ und ſehe zu/ ob kein Riemen/ oder ſonſt et-
was untergeguͤrtet werde/ bey Auflegender Decke/
ſoll das truckene Ort auf das Pferd kommen; hier-
auf wird der Sattel aufgeleget/ recht zugeguͤrtet/
und das hinter und forder Gezeug wohl eingemacht.
Hat nun das Pferd ſein erſtes Futter verzehret/ ſo
legt man ihm ein neues fuͤr/ wie auch ein we-
nig/ aber gutes/ Heu. Hierauf packt und zaͤumet
man wieder auf/ und zwar fein gleich/ daß auf einer
Seite nicht ſchwehrer als auf der andern komme/
vermachet die Halffter wohl/ im Fall auch ein Reiſen-
der etwas vom Antimonio wohl verwahret bey ſich
fuͤhrte/ und ſeinem Roß taͤglich eine Nuß-Sale da-
von gaͤbe/ wuͤrde es deſto weniger in unreinen Staͤl-
len angeſtecket werden koͤnnen. Endlich ſo muß man
X 3ſich
[326]Caput VIII.
ſich auch nach den Beſchlag wohl umſehen/ daß auch
daran kein Mangel erſcheine/ wollte man auch etwas
am Schmiede-Zeug/ als Hammer und Zange bey
ſich fuͤhren/ weil die Schmiede/ nicht allenthalben
zu bekommen ſeyn/ wuͤrde es im Nothfall wohl zu
ſtatten kommen.
Als eine Rechts-Anmerckung/ giebet bemelder
Author auch noch dieſes mit/ daß eine reiſende Per-
ſon/ wann etwan ein Pferd ermuͤdet/ oder man ſonſt
in kein Wirths-Haus kommen koͤnte/ ſein Pferd
wohl an einer frembden Wieſe weiden und graſen
laſſen moͤge/ es muͤſſe aber allernechſt an die Land-
Straſſe und nicht mitten in der Wieſe/ auch anders
nicht/ als aus dringender Noth geſchehen.
Wann auch unſerm reiſenden Kauffmanns-
Diener zuweilen aus Noth/ offtmals auch auf
Ordre ſeines Patrons, oder weil es die Handlung
alſo mit ſich bringet/ ein Pferd zu kauffen/ einzutau-
ſchen/ oder anzunehmen/ vorkommt/ als hat er we-
gen der Lands-Art derſelben folgenden Unterſchied
zu bemercken.
Die Ungariſchen Pferd ſind zwar etwas ſcheu/
aber dabey dauerhafft/ lauffen wohl/ ſchicken ſich
aber beſſer auf ebene Wege/ als ins Gebuͤrg; die
Siebenbuͤrger ſeynd unter ſolchen die beſten.
Moldauiſche ſind mehrentheils etwas klein/ doch
wohlbeſetzt/ haben ſtarcke haarichte Fuͤſſe/ koͤnnen
viel Travaillen ausſtehen/ und werden gerne zur Ba-
gage gebraucht.
Polniſche Pferde/ ſonderlich die aus Podolien
und der Ukraine/ ſeynd noch ſtaͤrcker und dauerhaff-
ter als die Ungariſchen; es haben auch einige ſo harte
Hu-
[327]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
Hufen/ daß ſie nicht duͤrffen beſchlagen werden/ die-
ſe nennet man Bachmatten/ ſie taugen aber beſſer
an ebenen als bergichten Orten.
Teutſche Pferde/ ſonderlich aus Nieder-Sach-
ſen/ haͤlt man zum Reiten und Fahren am allerbe-
quemſten/ und lieben die Kauffleute ſonderlich dieje-
nige/ die fein ſtarck und gedrungen oder ramaſſiret/
auch dabey gut auf den Schenckeln ſeyn/ derglei-
chen ſonderlich in Holſtein/ Mecklenburg und Pom-
mern anzutreffen.
Die Frießlaͤndiſche/ Oldenburgiſche und Weſt-
phaͤliſche Pferde ſeynd zwar groß und ſtarck/ aber
dabey weich und plathuffig/ dienen auch beſſer vor
Caroſſen als zum Reiten.
Die Farbe bey den Pferden zeiget ebenfalls ih-
re Natur und Complexion an/ als da ſeynd ſie ent-
weder braun/ ſchwartz/ weiß/ Fuͤchſe oder von ver-
mengten Farben.
Die braunen Pferde/ deren Eigenſchafft ſan-
guiniſch iſt/ ſind freudig/ behertzt und dauerhafft/
dabey hurtig/ geſchwind/ blutreich/ gelehrig und
arbeitſam/ je dunckler die Farbe/ je kraͤfftiger ihre
Eigenſchafften.
Die braune Farbe/ wird in die dunckel-braune
und Licht-braune abegetheilet. Die dunckel-brau-
ne wiederum (1.) in die ſchwartz-braune/ (2.) recht
dunckel-braune/ (3.) Weichſel-braune/ (4.) Caſta-
nien-braune.
Die Licht-braune iſt wiederum (1.) mittelmaͤſ-
ſig-braune/ (2.) die weiſſe und groſſe Abzeichnun-
gen/ (3.) die viele weiſſe Haar/ ſo man Zobel Haa-
re nennet/ haben (4.) recht Licht-braune/ (5.) Gold-
X 4braune
[328]Caput VIII.
braune oder Gold-gelbe vom ſchoͤnen Anſehen/ wann
ſie mit einem huͤbſchen ſchwartzen Zeug geputzt; Ubri-
gens hitzig/ zornig und matt/ wie dann unter die-
ſen Farben diejenigen vor die Beſten gehalten wer-
den/ ſo dunckel oder auch roth fallen/ die ſchlimm-
ſten aber ſind/ ſo auf Bleiche incliniren.
Die andere Haupt-Farbe iſt ſchwartz und me-
lancholiſch; die Pferde ſind ſchwehrmuͤthig/ unge-
lernig/ zornig/ ſtutzig und untreu/ lernen bald das
Boͤſe/ und vergeſſen leicht das Gute. Sie wer-
den in drey Theile abgetheilet/ (1.) die kohlſchwar-
tzen Rappen/ ſo die Beſten/ zumal wann ſie um
das Maul und Augen lichte Farbe haben. Wenn
um die Aug-Apffel ein blauer Ring iſt/ ſo ſind dieſe
gemeiniglich ſcheu und erſchrocken. (2.) Aſchenfar-
be oder Maußfarbe/ ſo ſcheu/ verzagt und matt ſind.
(3.) Lichtſchwartzen/ ſo bißweilen etwas beſſer.
Vor die dritte Haupt-Farbe zehlet man die
Fuͤchſe/ die Choleriſcher Natur/ dahero ſie allezeit
freudig/ hitzig und begierig/ hurtig und diſponiret
zum Springen/ dabey aber gemeiniglich zornig und
ungedultig ſeyn. Dieſe Farb wird eingetheilet/ (1.)
in die Gold-Farbe/ ſo unterſchiedliche Abſaͤtze hat/
biß zur bleichen Fuchs-Farbe/ je hoͤher ſelbige nun iſt/
je beſſere Qualitaͤten auch derſelben zugetheilet wer-
den (2.) Jn die Blut-rothe Farbe/ welche mit ih-
rer ſchattirenden Cadence biß in die Braune faͤllet/
daher ſie ſelbiger auch in der Natur immer naͤher
kommt/ und denn (3.) in die Schweiß-Fuͤchſe/ oder
Purpurfaͤrbige/ welches die Beſten.
Die Weiſſe/ die phlegmatiſcher Complexion,
und die vierdte Haupt-Farbe iſt/ verwerffen etliche
gar/
[329]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
gar/ doch gibt die Erfahrung/ daß man unter de-
nen Schlimmen bißweilen gute Pferde finde. (1.)
Die ſchneeweiſſen ſind die Beſten/ ſonderlich wann
ſie ſchoͤne braune oder ſchwaͤrtzlichte Augen haben/
ein ſchwartzes Geſchroͤt und Hufe/ an der Haut
hin- und wieder/ nicht aber an den Haaren oder un-
ter dem Sattel/ ſchwartze Flecken; welche gemei-
niglich raſch/ freudig und dauerhafft ſeyn/ doch viel
ſittſamer und gedultiger als andere Farben. Die
(2.) Art iſt/ welche von der Lichten etwas abweicht/
und den Dunckeln naͤher. Die (3.) welche auf gelb-
licht oder Milch-Farbe ſtechen/ an denen ſelten viel
Dauerhaffts und Guts iſt. (4.) Welche ſchwartze
Flecken in den Haaren/ um Augen/ Maul und Ge-
ſchroͤt haben/ dieſe ſeynd die ſchlechteſten.
Auffer dieſen Haupt-Farben/ kommen auch
noch die vermengten Farben vor/ bey denen wider
die Haupt-Regul gilt/ daß/ welche Farbe bey ihnen
herꝛſchet/ deren Complexion ſind ſie auch gemei-
niglich am meiſten beyzuzehlen/ ſolche zweyfaͤrbige
Pferde ſind auch in zweyerley Haupt-Farben unter-
ſchieden.
Die erſten ſind die Schecken/ je dunckler an de-
nenſelben die Farbe/ je beſſere Eigenſchafften nnd
Wuͤrckungen an denenſelben erſcheinen/ ſonderlich
wann der Kopff dunckel oder roth; die Beſten ſind/
ſo mit drey Farben geflecket.
Die andere Art zweyfaͤrbigter Pferde/ ſind die
Schimmel/ unter welchen (1.) die Apffel- und Spie-
gel-Schimmel/ ſo man unter allen vor die Beſten
haͤlt/ ſonderlich wann der gantze Leib mit Spiegeln
uͤberzogen/ und die Farbe faſt auf grau faͤllet.
X 5(2.)
[330]Caput VIII.
(2.) Die Grau-Schimmel. (3.) Die Schimmel/
und (4.) Die Roth-Schimmel/ alle dieſe Arten
ſind eines guten temperirten Gemuͤths/ Sinnes/
Willens/ Vermoͤgens und Geſundheit. Alsdann
auch endlich (5.) die Fliegen- oder Muͤcken-Schim-
mel/ von denen die mit ſchwartzen Flecken die Be-
ſten/ die mit rothen aber vor die Schoͤnſten gehal-
ten werden/ dieſe ſind beyde zierlich/ dauerhafft und
eines guten Temperaments.
Die Proportion von einem Pferd wohl zu
beurtheilen/ muß man ſehen auf deſſen Maul/ Zaͤh-
ne/ Lefftzen/ Zunge/ Kien und Kien-Backen/ Na-
ſen/ Augen/ Stirn/ Kopff/ Ohren/ Schopff/
Schwantz/ Hals/ Bruſt/ Bauch/ Creutz/ Ruͤ-
cken/ Geſchroͤte/ Koͤten/ Fuͤſſe/ Huf und Wuͤr-
bel.
Nur einiger derſelben etwas ausfuͤhrlicher zu
gedencken/ ſo ſolle
- Der Kopff kurtz/ duͤnne/ ſchmal/ duͤrre und wohl
gezeichnet; - Die Ohren kleine/ kurtz/ eng/ ſchmal/ wohl
ausgeſchnitten/ nahe beyſamm ſtehend/ vor oder
auswaͤrts gerichtet/ wechſelnd und lebhafft ſeyn. - Der Nacke mittelmaͤßig/ vorwaͤrts ein wenig
rundlich erhoben. - Die Stirn gleich/ duͤrre/ ſchmal/ wohlgezeich-
net. - Die Augen groß/ einer Farb/ nicht tieff im
Kopff liegend/ ſondern lieblich heraus ſtehend ſeyn. - Die Naſen ſchmal und rund.
- Das Maul mittelmaͤßig/ aufgeſchnitten.
- Das Kien rund/ hoch.
Der
[331]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
- Der Hals einer mittelmaͤſſigen Laͤnge/ jedoch
mehr zu lang/ als zu kurtz/ duͤnn und ſchmal. - Der Leib faſt rundlich/ kurtz/ gleicher Propor-
tion/ nach Hoͤhe der Schenckel. - Die Bruſt/ fett/ mehr breit/ als rund.
- Der Ruͤcken gleich.
- Die Crouppe oder das Creutz/ breit/ gewoͤlbt/
auch wohl zertheilet. - Die Lenden gleich/ doch nicht gantz ausgefuͤllet.
- Die Schenckel nicht laͤnger als der Leib hoch iſt/
auch dabey duͤnn und die vordern rund. - Die Knie mittelmaͤſſig/ gleich gerichtet.
- Der Huf hochlaͤnglicht/ ſchmal und ſchwartz.
- Die Haut rein/ zart und duͤnne
- Die Haar zart/ kurtz/ wohl von Farb.
- Der Schopff lang/ duͤnn/ rein/ glatt/ und ſo
auch die Maͤhn. - Der Schweif aber lang/ dick/ glatt/ zart und
rein ſeyn.
Die Maͤngel eines Pferdes/ ſind entweder an
denen aͤuſſerlichen oder innerlichen Sinnen/ oder an
dem aͤuſſerlichen Leib/ und ſind entweder 1 Erb-Maͤn-
gel/ oder 2. Haupt-Maͤngel/ oder 3. gemeine Maͤn-
gel. Die Erb-Maͤngel ſeyn/ Rotzen/ Maucken/
weit-oͤhrige/ Speck-haͤlſige/ dickkopfige/ untreu/ boß-
hafft/ beiſſend/ ſchlagend/ roſſend/ an die Wand dru-
ckend/ tuͤckiſch/ oder falſch/ vollhuͤfig/ kollerig/ Haar-
ſchlaͤchtig/ anſteckend/ hartmaͤulich.
Haupt-Maͤngel ſeyn 1. des Athems-Gebre-
chen/ es ſey gleich/ daß derſelbe zu kurtz oder zu
ſchwer/ es ruͤhre nun ſolches gleich von allzugroſſer
Fettigkeit/ oder innerlichen Gebrechen der Lungen
her.
[332]Caput VIII.
her. 2. Mangel des Gewaͤchſes. 3. Verkehrter
Hals. 4. Schlecht auf den Fuͤſſen. 5. Hochkoͤ-
thig. 6. So ſie in die Eiſen ſchlagen/ welches ein
Zeichen/ daß ein Pferd noch zu jung/ nicht ſtarck ge-
nug/ und zu ungeſchickt ſey.
Auſſer dieſen Maͤngeln findet ſich auch noch/
daß manche Pferde Mangel am Geſicht oder Ge-
hoͤr haben/ daß ſie zu viel/ oder zu wenig empfindlich/
zu weichlich/ oder zaͤrtlich/ zu plump/ oder zu toͤlpiſch
ſeyn; wann ſie vorn Creutzen/ nicht aus den Buͤ-
geln heben/ nicht vom Stall/ oder andern Pferden
abgehen wollen; wann ſie beiſſig/ rachgierig/ furcht-
ſam/ zaghafft/ hartlernig/ faul/ traurig/ kuͤtzlich/ ſtaͤt-
tig/ Krippen-Beiſſer/ eigenſinnig und tuͤckiſch ſeyn;
wann ſie ſich im Waſſer nieder legen/ ausreiſſen/ nicht
auf- oder abſitzen/ ſich nicht zaͤumen/ beſchlagen/ oder
ſatteln laſſen wollen/ zu fett/ oder zu mager ſeyn/ zu
hart/ oder zu weich Fleiſch haben.
Als Haupt-Maͤngel/ um welcher willen ein
Pferd-Kauff wieder zuruck gehen kan; ſetzen die
Saͤchſiſchen Rechte folgende 3. aus: Nemlich/
wann ein Pferd ſtaͤttig/ 2. ſtarꝛ-blind/ 3. Haarſchlech-
tig waͤre/ zu welchen einige auch noch den 4. Haupt-
Mangel/ nemlich/ wann es rotzig waͤre/ ſetzen wollen/
daß um ſolcher willen/ (wann dieſe Maͤngel nach ge-
ſchloſſenem Kauff befunden wuͤrden/ und der Ver-
kauffer ſolche vorher nicht angezeiget haͤtte) der Kauff
wieder zuruck gehen/ und retractiret werden koͤnte.
Die Franckfurtiſche Statuta haben folgende 4.
Haupt-Maͤngel: Als wann 1. das Pferd geſtoh-
len/ oder geraubt/ es waͤre dann zur Zeit eines offen-
baren Kriegs/ da es denen Feinden abgenommen
wuͤr-
[333]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
wuͤrde. 2. Wann es Haarſchlechtig/ oder Schle-
bruͤchig. 3. Wann es ſtetig/ und 4. wann es
Haupt-ſuͤchtig; als Moͤnig/ oder rotzig iſt/ und ſol-
ches um dieſer Urſach willen/ weil dieſe Maͤngel faſt
unſichtbar/ und alſo dem Kauffer/ er ſey auch ſo ver-
ſtaͤndig/ als er immer wolle/ verborgen ſind. Nach
denen Luͤbeckiſchen Rechten/ muß ein Verkauffer
nach folgende 3. Haupt-Maͤngel gewaͤhren: Als
daß das Pferd 1. nicht anbruͤſtig/ 2. nicht ſtetig/ 3.
nicht kollerend ſey. Jn der Loͤblichen Reichs-Stadt
Nuͤrnberg/ muß der Verkauffer 14. Tage lang/
nach beſchehenem Kauff/ dem Kaͤuffer/ vor rotzig/
reudig und haarſchlechtig ſtehen.
Der Pferde Alter wird durch ihre Zaͤhne er-
kannt; ſie haben aber ordentlicher Weiſe 40. Zaͤh-
ne/ gleich wie die Maul-Eſel nur 36. haben/ ſie ſchie-
ben aber ihre Zaͤhne/ oder werffen dieſelbe innerhalb
2. Jahren/ auf 3. unterſchiedene Weiſen ab/ und
zwar/ wann ſie das andere Jahr erreichet/ zum
erſtenmal/ zwey/ im Mittel des vordern Mauls/ mit
dem dritten Jahr die nechſten dabey/ oben und un-
ten/ mit dem 4. Jahr die letztern 4. an der Ecken/ und
zwar abermal 4. oben und unten; mit dem Beſchliſ-
ſen dieſes Abſchiebens der jungen Zaͤhne/ und des 4.
Jahrs/ erheben ſich in dem 5. Jahr die beyde Ha-
cken/ und biß hieher gehet der Pferde ihre Ju-
gend.
Von den 5. Jahr an/ biß zu dem 7. haben die
Zaͤhne eine Hoͤhle/ wann ſie 7. Jahre zuruck gele-
get/ iſt dieſelbe Hoͤle gantz heraus gewachſen/ und
ſind die Zaͤhne gantz gleich/ dagegen erzeigt ſich ein
brauner Flecken/ der nach 7. Jahren wieder verge-
het.
[334]Caput VIII.
het. Daß die Zaͤhne oben wieder weiß werden/
nach 10. Jahren erhebt ſich die Ebene des Zahns all-
gemach uͤber ſich/ biß in das 13. Jahr/ nach 13. Jah-
ren wird ſolche Erhebung runder/ hierauf je laͤnger/
je ſpitziger/ ſo wachſen auch die beyde Hacken immer-
fort/ daß ſie groͤſſer und dicker werden/ ſie veraͤn-
dern auch die Farb/ und werden von dem 10. Jahr
an gelb/ in dem hoͤchſten Alter aber wieder weiß/ und
das Zahn-Fleiſch weicht alsdann zuruck.
Es wiſſen aber die Roß-Teuſcher/ mit Befei-
len der alten Pferde ihrer Zaͤhne/ ſo meiſterlich um-
zugehen/ daß man ein 20. jaͤhriges Pferd vor ein
10. jaͤhriges anſehen ſollte. Jngleichrn koͤnnen ſie
ihnen auch durch betruͤgliche Schmiede die ſchwartze
Zeichen an den Zaͤhnen (von welchen wir zuvor ge-
dacht) einbrennen oder einetzen laſſen.
Die Maͤngel des Geſichtes/ wiſſen ſie mit Ader-
laſſen/ den Monatlichen Kern oder Stuhl zu ſtechen/
die Maus auszuwerffen/ das Fett in denen Hoͤlen
uͤber den Augen zu ſchneiden/ und anderen Kuͤnſt-
leyen mehr/ ſtattlich zu verbergen/ alſo/ daß/ wer
nicht genau zuſiehet/ ſchwoͤhren ſollte/ er haͤtte ein
wohlſehendes Pferd gekaufft/ welches ſich aber her-
nach/ wann er es etliche Wochen im Stall gehabt/
gantz anders ausweiſet.
So wiſſen ſie auch die langen Ohren durch
Schneiden ſo zu formiren/ daß ſie gar bald eine an-
dere Geſtalt gewinnen/ wann ſie lang herunter han-
gen/ wiſſen ſie es auch/ durch das Haupt-Geſtell/
in die Hoͤhe zu ſchnuͤren.
Niemals muß man kein Pferd geſattelt kauf-
fen/ damit man ſehen koͤnne/ was es vor einen Ruͤ-
cken
[335]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
cken habe/ weil ſonſten/ wann derſelbe eingebogen
iſt/ die Roß-Kaͤmme den Sattel ſchon darnach ver-
fertigen zu laſſen/ wiſſen/ daß man ſolchen Senck-
Ruͤcken nicht ſpuͤhret.
Bey ſchwermuͤthigen Athem/ welchen das
Pferd an ſich hat/ ſchlitzen ſie ihm die Naſen-Loͤcher
auf/ es waͤhret aber nicht laͤnger/ als biß das Pferd
einen neuen Herꝛn bekommt/ der mit dem Betrug
nicht umgehen kan.
Die Schenckel ſeynd der Grund/ darauf ein
gutes Pferd beſtehet/ und an ſolchen muß man kei-
nen Haupt-Fehler haben/ dann da ſeyn ſie gar zu
ſichtbar; wann nun ein Pferd/ welches eben ſo alt
nicht iſt/ einen Mangel/ es ſey faſt/ wo es wolle/ be-
kommt/ ſo muͤſſen die Fuͤſſe davon wiſſen/ da giebt
es dann Floß-Gallen/ Schifer-Bein/ Stein-Gallen/
Rappen/ Mauchen/ durchgehende Gallen/ Spatt/
Leiſt/ Straub-Huf/ welche die kalten Fluͤſſe zum Ur-
ſprung haben/ dieſe treiben die Roß-Taͤuſcher mit.
Salben und Brandwein auf eine Zeitlang weg;
wann aber das Pferd hernach nicht mehr gewartet
wird/ und ſchwere Tag-Reiſen thun ſoll/ da ſehe
man zu/ wie man mit fortkommet/ und ob man
nicht auf der Straſſe wird liegen bleiben muͤſſen.
Den Spat oder Leiſt/ welcher ſich gemeiniglich
an einem Pferd aͤuſſert/ wann es von dem Stall
abgehet/ da es mit dem hintern Fuͤſſen ruͤcket/ und
weit auseinander gehet/ verbergen ſie damit/ daß
ſie das Pferd/ ehe ſie ſolches den Kaͤuffer weiſſen/
vorher ſo lange reiten laſſen/ biß es warm wird/ da
man das Rucken nicht mehr ſo mercken kan/ daher
man
[336]Caput VIII.
man am meiſten dieſer Urſach wegen/ auf ein Pferd
Acht zu geben hat/ wann es aus dem Stall gehet.
Und was etwann der Roß-Kaͤmme ihre eigen-
nuͤtzige Hilperts-Griffe mehr ſeyn/ welche bey ge-
dachtem Authore, ſamt denen uͤber dergleichen
Pferd-Haͤndlereyen benoͤthigte Rechts-Anmerckun-
gen/ der Laͤnge nach/ zu leſen ſeyn.
Folgen nun einige bewaͤhrte Remedia, wel-
che wider allerhand Gebrechen der Pferde/ auf Rei-
ſen/ gar fuͤglich zu gebrauchen/ und zwar:
Wann ein Pferd nicht freſſen kan.
So nimm Knoblauch und Pfeffer/ ſtoß es un-
tereinander/ und reibe ihme die Zaͤhne damit/ biß
es friſt. Ein Zeichen/ daß ein Pferd kranck ſey/ iſt
ohnfehlbar dieſes/ wann es nicht freſſen will/ und
wann ihme die Ohren kalt ſeyn.
Wie die Feiffel der Pferde zu erken-
nen und curiren ſey.
Wann ein Pferd aͤngſtiglich thut/ den Kopff
haͤnget/ ſchwitzet/ ſich niederleget/ nicht aufſtehen
will/ aͤchtzet und waͤltzet ſich/ und weiß gleichſam
nicht/ wo es vor Angſt bleiben ſoll/ ſo hat es
gemeiniglich die ſogenannte Feiffel/ an welcher/
wann man ihm nicht bald zu huͤlff kommt/ das Pferd
offt innerhalb 24. Stunden ſterben muß; daher
muß man es an dem Ort/ wo die Geſchwulſt iſt/ mit
einer Fliete die Oeffnung durch den Schmied thun
laſſen/ ſo wird ſich eine heßliche Materia zeigen/ wie
weiſſe Hanff-Koͤrner/ oder Schweins-Pfinnen/ die
werden dann heraus gegraben/ und hernach Saltz
und
[337]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
und Pfeffer hinein geſtreuet/ ſo heilt es wieder zu;
wann man ihm die Feiffel geſtochen/ ſo fuͤhret man
es hernach ein wenig im Hof herum/ bringts alsdann
in Stall/ und deckt es warm zu/ ſo wird es wieder
anfangen zu freſſen/ alsdann kan man es wieder
brauchen/ man muß aber zuſehen/ daß es ſich nicht
abermal im Freſſen oder Sauffen verfange/ welches
man bald an ihnen mercken kan/ wann ſie ſauffen/
und hernach/ wann ſie aufhoͤren/ das Waſſer wieder
aus den Maul lauffen laſſen/ ſo iſt es ein Zeichen/
daß ſie ſich verfangen haben. Vom boͤſen Futter
bekommen ſie auch vielmals die Feiffel/ ſie verfangen
ſich auch leicht/ wann ſie nur ein wenig uͤbertrieben
werden.
Wenn der Sattel ein Roß geſchwel-
let/ gedruckt und beſchaͤ-
digt hat.
Jſt der Schaden offen/ ſo nimm Ochſen-Zun-
gen-Kraut/ ſiede es im Bier/ waſche den Schaden da-
mit/ darnach brenne Korn zu Pulver/ und ſtreue
daſſelbe darauf/ ſo heilet es.
Oder: Brenne nur alte Schuh-Sohlen/ und
nimm duͤrren Tauben-Miſt/ reibs klein/ und ver-
miſch es untereinander/ ſtreue es ihm ein/ das treu-
get ſehr aus/ und heilet ſehr wohl.
Jſt es aber nicht offen/ und nur geſchwoͤllet/ oder
auf gelauffen/ ſo ſiede gebrandten Leimen von Back-
Oefen/ in Eſſig/ und ſchlags in ein Tuch/ warm uͤber/
ſo ſetzet es ſich balden.
Oder: Jn Ermanglung deſſen/ waſche die
YGe-
[338]Caput VIII.
Geſchwulſt mit des Pferdes/ oder deinem eigenen
Urin/ ſo wird er ſich bald wieder niederſetzen.
Wann der Sattel ein Pferd ge-
ſchwellet.
So nimm wilde Bethonien/ ſeud ſie in einer
Maas Bier/ und waſche den Schaden damit/ binde
auch das Kraut auf den Schaden/ ſo warm es das
Roß erleiden kan/ ſo gehet die Geſchwulſt/ oder der
Schaden zuſehens weg. Es hilfft auch den Men-
ſchen.
Oder: Nimm neu Pech/ zerſtoß es fein klein
zu Pulver/ und waſche den Schaden mit Eſſig aus/
und ſtreue das Pech hinein/ drucke ein wenig Werck
oben darauf/ ſo magſt du den Klaͤpper wohl reiten;
wenn man das Werck heraus reiſſet/ und der Scha-
den tief iſt/ ſo gehet viel Eyter und Unflat heraus/
darnach mache es/ wie zuvor/ waſche den Schaden
aus/ ſtreue wieder darein/ und drucke wieder Werck
darauf/ es heilet ſchnell zu.
Wann ein Pferd harten Athem hat.
So nimm Linſen-Saamen/ duͤrre denſelben in
Ofen/ und ſtoſſe ihn klein/ giebs dem Pferd zu eſſen im
Futter/ ſo wird es wieder beſſer.
Wann ein Pferd nicht ſtallen kan.
So nimm Lorbeer/ ſtoſſe ſie klein/ gieß Wein
darunter/ und gieß es dem Roß in den Hals. Oder:
Zerſtoſſe Krebs-Augen/ ſtreue es auf ein Schnitt-
lein Brod/ und gieb es dem Pferd zu freſſen/ ſo wird
es in einer Viertel Stund ſtallen.
Wann
[339]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
Wann ein Roß einen Nagel in den
Fuß getretten.
Nimm Honig und Schmeer/ druͤcke das Loch
voll/ darinnen der Nagel geſtecket/ und ſtoſſe den
Nagel ſelber in das Schmeer.
Wann ein Pferd vernagelt iſt.
So nimm ſauer Kraut und Saltz ſchlage es in
die Huff/ und verbinde es.
Eine gute Horn-Salbe zu machen.
Nimm vor einen Groſchen Terpentin/ ¼ ℔
Wax/ eben ſo viel Pech/ Bocks-Talch/ und rein
Schmeer/ laſſe es alles untereinander zergehen/ und
ſchmiere die Huf damit/ wann du ſie vorher mit einem
Meſſer wohl rein gemachet haſt.
Jtem/ nimm Wax und Bocks-Talch/ jedes
gleich viel/ laſſe es zergehen/ ruͤhre hernach Rocken-
Meel/ und eingemachten Senff darunter/ und
ſchmiere es in die Horn-Klufft.
Wann ein Pferd auf der Reiß einen
geſchwollenen Schenckel be-
kommt.
So nimm Wax/ Eſſig/ Werck und Honig/
eines ſo viel/ als des andern/ ſiede es untereinander/
und binde es uͤber den Schaden/ oder mache Saltz
mit Waſſer/ feuchte und binde es um den geſchwolle-
nen Schenckel/ dieſes aber wiederhole etlichemal/ ſo
zieht es die Hitze aus.
Y 2Wann
[340]Caput VIII.
Wann ſich ein Pferd uͤberſoffen hat.
So laß ihn oben im rechten Ohr die Ader/ und
reibe Saltz darein/ ſo bald es blutet/ wird es beſſer.
Jtem/ Nimm Lorbeer/ geſtoſſene Negelein/
geſtoſſenen Saffran/ und Pfeffer/ jedes vor 2. Pfen-
nig. 1. halb Maas Ziegen-Milch/ von 2. Eyern das
Weiſe/ 1. halb Maas Wein/ ¼. Pfund geſchmoltze-
ne/ ungeſaltzene Butter/ thue alle obige Species hin-
ein/ und gieſſe es dem Pferd ſo warm in Hals. Ei-
ſen-Kraut den Pferden ins Gebiß gebunden/ ma-
chet/ daß ſich ſolche niemals verfangen.
Vor offene Schaͤden der Pferde.
Nimm Kupffer-Waſſer oder Vitriol, ſiede ihn
mit Eſſig/ waſche den Schaden damit rein aus/
ſtreue hernach gepulverte Oſter-Lucia darauf/ ſo hei-
let es gewaltig zu/ etliche nehmen auch Gruͤnſpan/
Vitriol, Alaun und weiſſen Weyrauch/ ein jedes vor
6. Pfennig/ thun es in einen groſſen Topff und rein
Waſſer darauf/ laſſen es ungefehr eine Stunde ſie-
den/ und waſchen hernach dem Pferd den Schaden
damit/ biß es heil wird.
Fuͤr den aufwerffenden Wurm.
Wann ſolcher an den Pferd hin- und wieder
Beulen aufgeworffen/ ſo ſchneidet man die Beulen
auf/ und legt alsdann folgende Salbe darauf:
Vermiſche das Oel von Arſenico mit Honig/
thue darunter das Weiſſe von einem Ey/ ſchlage es
durcheinander/ und leg es auf die aufgeſchnittene
Beulen/ ſo ſterben die Wuͤrmer davon.
Jtem/
[341]Wie ſich einer auf Reiſen zu verhalten.
Jtem/ nimm Feil-Spaͤn von Meſſing/ menge
ſie mit Honig zu einem Taig/ ſo ſpringen die Beulen
davon auf/ und die Wuͤrmer ſterben.
So ein Roß gar abgeritten.
Nimm ein Noͤſel gebrandten Wein/ Honig
und Waitzen-Meel/ ſiede es miteinander und ſchmie-
re ihm die Beine damit.
Oder: Nimm Knoblauch/ ſiede den in Eſſig/
ſtreiche es dem Roß wohl an die Beine/ und um-
winde ihn dann die Beine mit Stroh/ biß an die
Knie.
Wann ein Roß muͤde iſt/ ſo nimm 3. Eyer/ bra-
te ſie hart/ zerſtoſſe ſie alſo warm in einem Moͤrßner/
mit einem guten Wein-Eſſig/ ſchlage es ihm in den
Huf.
Fuͤr den Huſten der Pferde.
Wann die Pferde offt und ſehr huſten/ ſo ſchnei-
de Meer-Rettig fein klein/ ſchuͤtte ihn unter das
Futter.
So der Huſten noch neu/ ſolle man ihm bald
das Meel von Erbſen oder Bohnen eingeben.
Eine gute Purgirung der Pferde.
Nimm Mangold-Blaͤtter/ die ſiede wohl in
Milch/ thue ſie heraus/ und ſtoſſe ſie wohl/ binde
das Pferd mit dem Maul uͤber ſich/ gieſſe es ihm ein/
und laſſe ihm 4. Stunden darauf faſten. Darnach
nimm haͤſelne Zaͤpfflein/ und jung haͤſeln Laub/ das
ſtoſſe/ geuß darein geringen Wein und laſſe es wohl
ſieden/ dann laſſe es lau werden/ gieb es ihm ein/ decke
Y 3es
[342]Caput IX.
es warm zu/ reite es in das Feld/ und gieb ihm ziem-
liches Futter/ es reiniget ſich alſobald.
CAP. IX.
Von unterſchiedlicher auslaͤn-
diſcher Muͤntzen/ ihren Valor, Wech-
ſel-Cours und Reduction/ wie auch einigen
ſonderbaren curieuſen Berechnungen und
Rechnungs-Tabellen/ und was etwan ſonſt
an andern nuͤtzlichen Dingen mehr/ einem
Lehr-begierigen Handels-Diener/ auf Rei-
ſen und zu Haus/ wohl zu ſtatten kom-
men koͤnte.
OB wir wohl allbereit in unterſchiedlichen un-
ſeren Schrifften/ der auslaͤndiſchen Muͤn-
tzen/ ihren Valor und Wechſel-Cours, nach
der neueſten und heutigen Berechnung be-
ſchrieben/ ſo koͤnnen wir uns doch nicht entziehen/
ſolchen auch mit wenigen dieſem Capitel (und zwar
nach Anleitung des Herꝛn Perſoy ſeinen Generalen
Wechſel- und Muͤntz-Reductions-Tabellen einzu-
verleiben/ damit ein fleiſſiger Handels-Diener ſo-
gleich ſolchen Valor- und Wechſel-Cours daraus
erlernen/ und ſich deſſen zu denen nachfolgenden
Berechnungs-Arten/ um ſo viel beſſer bedienen koͤn-
ne.
Dieſemnach/ haͤlt Amſterdam und gantz Holland
Buch
[343]Von unterſchiedl. auslaͤndiſch. Muͤntzen.
Buch und Rechnung/ in ſogenandten Guͤlden/
Stuͤver und Pfennigen/ oder auch in Pfund und
Schilling und Grot Flaͤmmiſch.
- 1 Reichs-Thaler in Holland hat 50. Stuͤver
oder 2½. [...]. - 1. [...]. 20. Stuͤver/ 1. Stuͤver 16. Pfennig/
oder 2. Grot. 1. Pfund Flaͤmmiſch/ 20 Schilling.
Flaͤmmiſch oder 6. [...]. oder 120. Stuͤver/ oder 2½.
Reichsthaler/ 1. Schilling oder [...] Flaͤmmiſch/ iſt 6.
Stuͤver/ oder 12. Grot. - 1. Stuͤver 2. Grot/ 1. Grot 8. [...]Corrent.
- Jn des gedachten Pierre Perſoy ſeiner ſoge-
nannten Generalen Wechſel- und Muͤntz-Re-
duction/ ſchreibt er in der Anweiſung zur Ausrech-
nung der Wechſel und Muͤntz-Reduction-Tabell,
daß ſolche gemacht ſey/ nach dem Fuß des alten und
feinſten Reichsthal. nach welchem derſelbe vormals
zu einem gewiſſen Werth geſtellet worden: Als - Jn Amſterdam zu 50. Stuͤvers.
- Antverpen ‒ ‒ 48. Stuͤvers.
- Jn Augſpurg und allenthalben/ wo Kayſerli-
liche Muͤntzen gangbar ſeyn/ zu 90. Kreutzer. - Jn Cadix/ Madrit/ Livorno und Genua/
anf 1\frac{13}{272} Stuͤcke von Achten. - Jn Dantzig und gantz Preuſſen- und Pohlen/
auf 90. Groſchen. - Jn Hamburg auf 48. [...] Luͤbs.
- Jn Franckreich auf 60. Sols.
- Jn Londen auf 4½. Schilling Sterlings.
- Jn Leipzig auf 24. gute Groſchen.
- Jn Venedig auf 150. Soldi Correnti.
Es iſt aber darum nicht geſagt/ faͤhrt er ferner
Y 4fort/
[344]Caput IX.
fort/ daß/ zum Exempel/ die 90. Kreutzer in Aug-
ſpnrg/ Breßlau oder Nuͤrnberg/ zu welchen ein
Reichsthl. in Kayſerl Muͤntz geſetzet iſt/ an innerli-
chen feinen Silber-Gehalt (oder Aloy, wie es auf
Frantzoͤſiſch genennet wird) ſo viel/ als ein Banco-
Reichsthl. in Amſterdam oder Hamburg betragen
ſollten/ ſondern man nimmt ſolche nur an/ um die
Ausrechnung deſto beſſer nach ſolcher Eintheilung zu
machen/ und um ſich deſto leichter in den Nutzen der
Tabellen finden zu koͤnnen. Dieſem nach/ ſagt er/
giebt Amſterdam gegen einem Breßlauer
Reichsthaler/ ungeacht der vorbemelde Pary,
oder Vergleichung 50. Stuͤver gegen 90. Kreutzer
waͤre/ dermalen weit unter 50. Stuͤver/ da er dann
den Anfang ſeiner Tabellen von 35. Stuͤver macht/
und beweiſet/ daß/ wann Amſterdam 35. Stuͤver
nur in Banco gebe/ um in Breßlau einen Reichsthl.
von 90. Kreutzer zu empfangen/ ſo verliehre Breß-
lau 42\frac{9}{10}. pro Centum, oder es muͤſte geben 142\frac{9}{10}.
Rthl. ſeiner Muͤntz vor 100. Rthl. Amſterdamer
Banco-Geld. Hierauf ſteigt er immer weiter/ mit
⅛ und ¼ Stuͤver hinauf/ und ſetzt zum Exempel/ daß/
wann Amſterdam gleich gaͤbe 40. Stuͤver vor einen
Breßlauer Reichsthl. dannoch 25. pro Centum
vor Breßlau verlohren wuͤrden. Solcher Geſtalt
continuiret er/ biß auf 42¾. Stuͤver/ da er 17. pro
Cent. Verluſt berechnet/ und wuͤrde es nicht ohne
Nutzen geweſen ſeyn/ wann er dieſe Tabellen/ biß
an den Pary hinauf/ nemlich auf 50. Stuͤver aus-
gefuͤhret haͤtte/ ſo aber ſchleuſt er mit 42¾. als wohl
wiſſende/ daß in Anſehung des ſchlechten Valoris
in trinſeci, der Breßlauiſchen Valuta, Amſterdam
mit
[345]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen.
mit ſeinen Stuͤvern niemals ſo hoch hinauf ruͤcken
wuͤrde.
Wir fuͤhren indeſſen dieſes nicht ohne Urſach
an/ weil es unſern Lehr-begierigen Handels-Diener
mit dem/ was hiernechſt folget/ eine ſtattliche Muͤntz-
und Wechſel-Verſtaͤndnis geben wird.
Amſterdam faͤhret unſerAuthorfort/
wechſelt auf Cadix gebende (da der Pary 131\frac{11}{19}.
Groot gegen einen Wechſel-Ducaten in Cadix iſt)
von 80. Groot an/ (als von welchen er den Anfang
det Tabell ſtellt) und ſo heraufwarts/ biß auf den
Pary zu/ da zu 80. Groot gewechſelt/ der Verluſt
vor Cadix 64\frac{4}{10}. pro C. ſeyn wuͤrde/ alſo/ daß Ca-
dix 164\frac{4}{10}. Wechſel-Ducati von 375. Marevadis
geben muͤſſe/ um 100. Banco-Thaler/ in Amſter-
dam zu empfangen.
Zu mercken iſt/ daß der Author den alten Ban-
co-Reichsthl. auf 8\frac{12}{34}. Real Spaniſch Ritter-Geld
geſtellt/ nach welchem Fuß obiger Pary gantz rich-
tig iſt.
Amſterdam wechſelt auf Dantzig.
Gebende 1. L. Velms-Banco, um in Preuſſen
davor von 216. Polniſche Groſchen/ als dem Pary
an/ biß auf 280. zu empfangen/ die ausgerechnete
Tabell faͤngt ſich an von 230. Groſchen/ und weiſet/
daß zu ſolchem Cours vor Dantzig oder Koͤnigsberg
6\frac{4}{10}. pro Centum Verluſt ſey/ und endiget ſich mit
280. Groſchen/ nach welchen/ wann Preuſſen ſolche
geben muß/ es 29\frac{6}{10}. pro Centum Verluſt; und
ſeynd dergleichen Tabellen darum um ſo viel nuͤtzli-
cher und bequemer/ weil man gleich darinnen nach-
Y 5ſchla-
[346]Caput IX.
ſchlagen kan/ wie viel pro Centum (zu ſo und ſo hoch
gewechſelt) verlohren werde. Eine dergleichen und
noch curieuſere Tabelle, und zwar von einem ge-
lehrten Frauenzimmer ausgearbeitet/ wird man in
unſerm Schleſiſchen Kauffmann auch zu finden
haben.
Amſterdam wechſelt auf Franckfurt am
Mayn.
Gebende (ob gleich der Pary 88\frac{28}{369}. Groot in
Banco vor einen Franckfurter Wechſel-Thaler von
65. Kreutzer Wechſel-Geld iſt) etwan 80. Groot/
und ſo ferner hinauf/ biß dem Pary zu/ zu 80. Groot/
weiſet die Tabell, daß vor Franckfurt 10. pro Cen-
tum Verluſt ſey/ und ſo fortan immer weniger/ als
nemlich die Groot/ welche Amſterdam giebt/ in die
Hoͤhe ſteigen.
82. Wechſel-Kreutzer/ thun 100. Corrent-Kreutzer.
73⅘. Wechſel-Kreutzer/ machen einen Corrent-
Reichsthl. von 90. Kreutzer.
Amſterdam wechſelt auf Genua und
Livorno.
Den Pary ſetzende zu 95\frac{25}{57}. Groot in Banco
gegen 1. Stuͤck von Achten; weil aber die Groot ſtei-
gen und fallen/ als ſetzet die Tafel den Cours von
90. Groot an/ und ſagt/ daß zu ſolchen Genua oder
Livorno 6. pro Cent. verliehre/ oder 106. Reichs-
thl. in Stuͤck von Achten/ vor 100. Amſterdamer
Banco geben muͤſſen. Er ſteigt aber mit die Grooten
hernach auch uͤber den Pary hinaus/ biß auf 104. und
ſagt/ daß zu ſolchen Amſterdam 9. pro Cent. ver-
lieren/ oder 109. Reichsthal. Banco geben muͤſſe/
um
[347]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen.
um in Genua oder Livorno nur 100. zu empfangen/
weil 104. Groot ſo viel uͤber den Pary, nehmlich
95\frac{25}{57} Groot waͤre/ daß aber dieſer Pary richtig
ſey/ beweiſet er damit/ weil der gerechte Banco-
Thaler auf 1\frac{13}{272}. Stuͤck von Achten gewardiret
wird.
Amſterdam wechſelt auf Hamburg.
Und ſtellt den Pary, 33⅓. Stuͤver Banco gegen
32. [...] Luͤbs/ oder einen ſogenannten Wechſel-Tha-
ler in Hamburger Banco, welcher Pary herkommt/
wann man ſagt:
48. Schilling Luͤbiſch geben 50. Stuͤver in Hol-
land/ was 32. Schilling facit 33⅓. Stuͤver.
Proba.
33⅓. Stuͤver geben — 32 [...] Luͤbs/ was — 50.
Stuͤver.
Facit 48. Schilling.
Nachdem aber die Grot in Amſterdam ſteigen und
fallen/ ſo faͤngt ſich die Tabell an von 31. Stuͤver/
und ſagt/ daß zu dieſem Cours Hamburg 7\frac{5}{10}. pro
Centum verloͤhre/ bekommende nur vor ſeine 32.
[...] Luͤbs Banco, 31. Stuͤver in Amſterdamer Ban-
co, da es dem Pary nach 33⅓. haben ſolte.
Amſterdam wechſelt auf Koͤnigsberg.
Dahin iſt der Wechſel eben ſo/ wie auf Dan-
tzig/ wann Preuſſen ſo gut Geld/ dem innerlichen
Werth nach/ als Amſterdam haͤtte/ ſo wuͤrde der
Pary von 216. Groſchen zulaͤnglich ſeyn gegen 1. L.
Vlems. Nun es aber ſchlechtern Valeur hat/ ſo
muß biß auf 280. weniger oder mehr gegeben
wer-
[348]Caput IX.
werden. Die Tabell faͤngt von 230. Groſchen
an/ wie oben bey dem Wechſel auf Dantzig ſchon
gemeldet.
Amſterdam wechſelt auf Lyon und Paris.
Der Pary dahin iſt 100. Groot Banco in Am-
ſterdam gegen 1. Crone in Franckreich von 60.
Sols. Weil aber der Banco Werth der Hollaͤndi-
ſchen Grooten beſſer als der Frantzoͤſiſchen 60. Sols
iſt/ als giebt Amſterdam ſehr viel unter 100. Und
zwar faͤngt ſich die Tabell von 70. Groot an/ wel-
ches vor Paris 42\frac{9}{10}. pro C. Verluſt iſt/ ſo/ daß es
142\frac{9}{10}. Cronen oder Reichsthaler zu 60. Sols ge-
ben muͤſte/ um in Amſterdam nur 100. Rthl. in
Banco zu haben. Je hoͤher nun die Groot nach
dem Pary hinauf ſteigen/ je weniger iſt Franckreichs
Verluſt/ wie aus der Tabell zu erſehen.
Amſterdam wechſelt auf London.
Setzende den Pary nach der Tabell 37\frac{1}{27}. Schil-
ling Vlaͤmſch in Amſterdam in Banco zu geben vor
1. Pfund Sterling/ ſo London wieder bezahlen muͤ-
ſte. Die Tabell aber faͤngt ſich an von einem gar
niedrigen Cours, nehmlich von 28. Schilling Flaͤ-
miſch/ zu welchen London 32\frac{3}{10}. pro Centum ver-
lieren muͤſte/ und geht hernach hinauf biß auf 38.
und alſo uͤber Pary, zu welchen Cours London 2\frac{6}{10}.
avancirte. Obiger Pary iſt gerechnet auf den
Fuß eines Reichsthaler zu 4½ Schilling Sterlings/
welche der Author ſetzen will/ daß ſie von Aloy
oder Valore intrinſeco dem feinen Banco-Reichs-
thaler gleich waͤren/ oder zum wenigſten gleich
ſeyn ſolten.
Amſter-
[349]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen.
Amſterdam wechſelt auf Liſſabon/ der Haupt-
ſtadt in Portugal.
Und ſetzet den Pari von 63\frac{107}{171}. Groot-Flaͤmiſch
Banco vor eine Cruſade von 400. Rees; Dieſer Pa-
ry wird darauf fundiret/ weil 1. Stuͤck von Ach-
ten in Liſſabon auf 600. Rees wardirt oder geſchaͤ-
tzet iſt/ 1\frac{13}{272}. Stuͤck von 8ten aber gegen einen ge-
rechten Banco-Thaler gerechnet wird. Die Tafel
faͤngt ſich indeſſen von 40. Groot an/ ſo Holland
nur gebe vor 1. Cruſade in Liſſabon zu empfan-
gen/ welches 59. pro Centum Verluſt vor Liſſa-
bon waͤre/ und ſteiget hernach biß an Pary hin-
auf.
Amſterdam wechſelt auf Livorno.
Beſiehe was wir geſagt haben bey dem Wech-
ſel von Genua.
Amſterdam wechſelt auf Leipzig.
Den Pary ſetzt der Author zu 50. Stuͤver
Amſterdamer Caſſa-Geld gegen 1. Rthl. Corrent
in Leipzig von 24. gute Groſchen; ſtellt aber die Ta-
fel von 40. Stuͤver/ an welche Amſterdam nur
Caſſa-Geld vor einen vollen Leipziger Thaler be-
zahlte/ welcher Geſtalt Leipzig 25. pro Centum ver-
lieren/ und 125. Rthl. ihres Gelds geben muͤſte/
um in Amſterdam 100. Rthl. Caſſa-Geld/ welches
NB. 4. biß 5. pro Centum ſchlechter als Banco-
Geld iſt/ zu haben.
Amſterdam wechſelt auf Madrit.
Vide den Wechſel auf Cadix.
Amſter-
[350]Caput IX.
Amſterdam wechſelt auf Paris.
Vide den Wechſel auf Lyon.
Amſterdam wechſelt auf Venedig.
Und ſetzt nach des Authoris Rechnung den
Pary auf 99⅕. Groot-Banco gegen 1. Ducati di
Banco di Venetia, wiewohl man gar wohl 100.
voll nehmen kan. Er rechnet aber auf den Fuß
des Banco Reichsthaler/ welcher in Venedig auf
7½. Pfund oder 150. Soldi Correnti getaxiret iſt.
Die Tafel faͤngt er an von 91. Groot/ welche Am-
ſterdam vor 1. Ducati di Banco in Venedig nur
geben/ und ſolcher Geſtalt Venedig 9. aufs hun-
dert verlieren wuͤrde. Gehet hernach hinauf biß an
den Pary, und weiſt in dieſer Tabell eben wie in al-
len denen vorigen/ was von ⅛. zu ⅛. der Cours ſtei-
gende Venedig/ ſo lang Amſterdam unter Pari ge-
be/ auf das hundert verlieren wuͤrde.
Antwerpen oder Antorff/ Frantz.Anvers.
Haͤlt Buch und Rechnung in Pfund Flaͤmiſch/
Schilling und Groot-Flaͤmiſch.
- 1. ℔. Flaͤmiſch thut 2½ Rthl. oder 6. [...] oder
120. Stuͤver. - 1. Reichsthaler oder Patacon, 2⅖. [...] oder 48.
Stuͤver. - 1. [...]Corrent, 20. Stuͤver oder 40. Groot.
- 1. Stuͤver 2. Grot oder 16. Pfennige.
- 1. Schilling Flaͤmiſch 6 Stuͤver oder 12 Groot.
Daß alſo die Antorffer Wehrung mit der
Hamburgiſchen faſt uͤberein kommt/ nur daß in
Antorff Stuͤver genennet wird/ was Hamburg
Schilling heiſſet.
Unſer
[351]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ Muͤntzen.
Unſer Author der Wechſel- und Muͤntz-Redu-
ctions-Tabellen/ giebt von denen Antwerpiſchen
Wechſeln in beſagten Tabellen folgendes an:
Nehmlich:
Antwerpen wechſelt auf Cadix.
Stellende den Pary 126\frac{6}{19}. Groot/ in Antwer-
pen vor einen Wechſel-Ducat in Cadix/ den Reichs-
thaler in Antwerpen auf 96. Groot/ und in Cadix
auf 1\frac{13}{272}. Stuͤck von Achten gerechnet. Jn der
Tabell des Hamburger-Wechſels auf Cadix/ wel-
ches mit dem Antwerper gleich viel iſt/ wird der
niedrigſte Cours der Grooten/ welche Hamburg
oder Antwerpen giebt/ zu 80. Groot geſetzet/ nach
welchen Cadix 57\frac{9}{10}. auf 100. gegen Hamburger
Banco-Geld verlieren wuͤrde. Je mehr Grooten
nun Hamburg oder Antwerpen in Banco vor einen
Cadixer-Wechſel-Ducaten geben/ je weniger der
Cadixer Verluſt iſt.
Antwerpen wechſelt auf Franckfurt
am Mayn.
Und ſtellt den Pary 84\frac{68}{123}. Groot vor einen
Wechſel-Gulden von 65. Wechſel-Creutzer/ die
Ausrechnung iſt daher genommen/ weil 96. Groot
in Antwerpen/ und der Reichsthaler in Franckfurt
zu 73⅘. Wechſel-Creutzer Pary ſeyn. Die Tafel
faͤngt ſich indeſſen an mit 75. Groot/ welche Ant-
werpen nur von dem Wechſel-Gulden von 65.
Wechſel-Creutzer geben wolte/ dabey dann Franck-
furt 12\frac{7}{10}. pro Centum verlieren wuͤrde. Hinge-
gen wann Antwerpen uͤber dem Alpari der 84\frac{68}{123}.
Groot
[352]Caput IX.
Groot ſtiege/ wuͤrde z. E. zu 91⅝. [...] wie aus der
Tabell zu erſehen/ Franckfurt 8\frac{3}{10}. pro Cento ge-
winnen.
Antwerpen wechſelt auf Lyon.
Der Pary iſt 96. Groot gegen 1. Crone von 60.
Sols. Wann Antwerpen aber nur 75. Groot geben
ſolte/ wuͤrde von Franckreich nach der Tabell 28.
pro Cento verlohren ſeyn.
Antwerpen wechſelt auf London.
Vide hierzu die Beſchreibung des Wechſels zwi-
ſchen London und Hamburg.
Antwerpen wechſelt auf Liſſabon.
Vide den Wechſel zwiſchen Hamburg und
Liſſabon.
Antwerpen wechſelt auf Madrit.
Vide Antwerpen wechſelt auf Cadix.
Antwerpen wechſelt auf Paris.
Vide den Wechſel auf Lyon.
Antwerpen wechſelt auf Venedig.
Vide den Wechſel zwiſchen Hamburg und Ve-
nedig.
Bremen.
Wie auch gantz Weſtphalen und Oldenburg
haͤlt Buch und Rechnung in Reichsthalern/ Groo-
ten und Schwaaren.
- 1. Reichsthaler/ hat 1½. doppelte oder 3. En-
ckelte Bremer Marckſtuͤck oder 24. doppelte oder
48. Enckelte Schilling oder 6. Kopfſtuͤck/ oder 72.
Groot oder 360. Schwaar. - 1. Doppelt Marckſtuͤck iſt 48. Groot/ oder 4.
Kopfſtuͤck/ oder 240. Schwaar.
1. En-
[353]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen.
- 1. Enckelt Marckſtuͤck iſt 2. Kopffſtuͤck/ oder
24. Groot oder 120. Schwaar. - 1. Halb Marckſtuͤck iſt 1. Kopfſtuͤck/ oder 12.
Groot/ oder 60. Schwaar. - 1. Doppelter Schilling iſt 3. Groot/ oder 15.
Schwaar. - 1. Enckelt Schilling iſt 1½. Groot oder 7½.
Schwaar. - 1. Kopfſtuͤck iſt 12. Groot/ oder 60. Schwaar.
- 1. Groot iſt 5. Schwaaren.
- 1. Schwaar 2. Pfennige.
Bremen wechſelt auf London.
Und ſtellet den Pary zu 444\frac{4}{9}. Rthl. gegen 100.
℔. Sterling/ den Reichsthaler zu 4½. [...] Sterlings
gerechnet. Jn unſers Authoris ſeinen Tabellen
werden von 470. Rthl. angeſetzet/ welche wenn ſol-
che Bremen geben muͤſte/ 5\frac{7}{10}. pro Cento Verluſt
vor ſolchen Platz ſeyn wuͤrde. Kaͤme es aber biß
auf 530. hinauf/ ſo waͤre 19\frac{2}{10}|⅕. pro Cento vor
Bremen Verluſt.
Breßlau.
Jn was vor Muͤntz-Sorten ſelbiges/ und
gantz Schleſien/ Buch und Rechnung halte/ wie
ſolcher ihre Reduction gegen andere auslaͤndiſche
Muͤntzen zu machen ſey/ und wie die Wechſel von
Breßlau aus/ auf andere Handels-Plaͤtz Courſi-
ren/ davon beſiehe unſern Schleſiſchen Kauffmann.
Cadix.
Wie es auf Amſterdam wechsle/ davon ſiehe
Amſterdam/ wechſelt auf Cadix.
ZWegen
[354]Caput IX.
Wegen Antwerpen beſiehe/ wie Antwerpen
wechſelt auf Cadix/ und ſo auch wie Hamburg und
London dahin wechſeln.
Die Muͤntz-Sorten in Cadix/ und einen groſ-
ſen Theil Hiſpaniens ſeynd/ als folget:
1. Ducat in Silber haͤlt 11. Realen.
1. Real 34. Marevadis, daß demnach 1. Du-
cat 11. mahl 34. das iſt/ 374. Marevadis haͤlt/ da-
vor in Wechſeln 375. Marevadis gerechnet wer-
den.
Coͤlln am Rhein.
Wie daſelbſt Buch und Rechnung gehalten
werde.
Vide in unſern Probier-Stein der Buchhalter.
An Wechſeln dahin faͤllt nichts conſiderables
vor.
Dantzig/ und gantz Preuſſen und Pohlen.
Haͤlt Buch und Rechnung in Gulden/ Groſchen
und Pfennig. 1. Reichsthaler hat 3. [...] oder 90.
Polniſche Groſchen/ welches eben ſo viel als die
Creutzer im Roͤmiſchen Reich ſeyn. 1. [...] hat 30.
Groſchen. 1. Groſch 18. [...].
Wie von Amſterdam auf Dantzig gewechſelt
werde/ iſt oben ſchon angefuͤhret. Wie Hamburg
auf Dantzig wechsle/ wird hernach folgen. Mit
allen uͤbrigen Staͤdten Teutſchlandes/ iſt der Dan-
tziger Wechſel nur zu gewiſſen pro Centum, wel-
che Dantzig auf ſein Geld zubekommt oder zugiebt/
und alſo leicht zu benehmen iſt. Was es aber nach
frembden Koͤnigreichen und Laͤndern thut/ geſchie-
het mehrentheils/ vermittelſt anderer Handels-
Plaͤtze/
[355]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen.
Plaͤtze/ als Hamburg/ Amſterdam/ Leipzig und
Nuͤrnberg/ zuweilen auch a droiture.
Franckfurt am Mayn.
- 1. Reichsthaler hat daſelbſt 1½. Kayſer-Gul-
den/ oder 90. Creutzer Corrent/ oder 74. erdichtete
Wechſel Kreutzer. - 1. Gulden 60 Creutzer Corrent/ oder 20. Kay-
ſer-Groſchen. - 1. Groſchen 12. [...] oder 3. Kreutzer.
- 1. Kreutzer 4. [...].
- 1. Philipp- oder Koͤnigs-Thaler hat 100.
Kreutzer Corrent/ oder 82. Wechſel-Kreutzer.
Dann wann man rechnet 90. Kreutzer Corrent/
thun 74. Wechſel-Kreutzer/ was thun 100. [...] oder
1. Philipps-Thaler facit 82\frac{2}{9}. Wechſel-Kreutzer/
davor aber nur 82. gerechnet werden.
Bey dieſem Franckfurter-Wechſel iſt zu wiſſen
noͤthig.
1. Die Reduction des Wechſel-Gelds/ zu
Gemein-oder Corrent-Geld/ geſchiehet alſo:
Man reſolviret die Wechſel-Thaler oder Wech-
ſel-Gulden zu Kreutzer; ſolche Kreutzer werden
durch 82. (als den Valeur eines Philipp-Thalers
in Wechſeln) gedividiret/ ſo kommen Philipps-
Thaler/ die multiplicire mit 100. zu gemeinen
oder Corrent-Kreutzern/ (dann 100. Kreutzer ma-
chen einen Philipps-Thaler/) Ferner theilet man
die heraus gekommene Corrent-Kreutzer mit 90.
zu Reichtsthl Corrent/ oder mit 60. zu Corrent-
Guͤlden/ das uͤberbleibende weiter zu Pfenningen.
Z 22. Die
[356]Caput IX.
2. Die Reduction des Corrent-Gelds aber
geſchiehet umgekehrter Weiß/ nehmlich:
Man machet die Corrent-Guͤlden mit 60. die
Reichsthaler aber mit 90. zu Kreutzern. Wann
ſich dann bey der zu reducirenden Summa auch
Groſchen oder Pfenning befinden/ ſo wird mit de-
nenſelben gleicher maſſen verfahren/ und ſelbige
denen Kreutzern hinzu gethan/ das kommende
Product wird mit 100. Kreutzer/ (als den Valeur
eines Philipps-Thalers) in Corrent-Geld getheilet/
ſo kommen Philipps-Thaler/ welcher Geſtalt von
Amſterdam/ Antwerpen und Hamburg aus/ auf
Franckfurt gewechſelt werde. Vide unter obbe-
melden Staͤdten.
Auf Lyon wechſelt Franckfurt/ indem es den
Pary von 73⅘. Wechſel-Kreutzer/ vor 1. Frantzoͤſi-
ſche Crone oder Reichsthaler von 60. Sols ſetzet/
die Kreutzer ſteigen und fallen/ wie dann die Ta-
fel unter dem Pary biß zu 50. herunter ſteigt/ als-
dann verliert Lyon bey 47\frac{6}{10}. da ſie aber auch wie-
der biß auf 84. hinauf ſteigt/ ſo gewinnt Lyon bey
13⅘.
Genua.
Von dem Wechſel dahin beſiehe oben unter
Amſterdam. Von denen Genueſiſchen Muͤntz-
Sorten aber/ unſer neu-eroͤffnetes Kauffmanns-
Magazin.
Auf London wechſelt Genua/ nach der Manier/
wie bey dem Wechſel zwiſchen London und Cadix
zu erſehen.
Ham-
[357]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen.
Hamburg.
Haͤlt Buch und Rechnung in Marck und
Schilling Luͤbs. 1. Marck Luͤbiſch hat 16. [...] Luͤbiſch/
1. Schilling 12. [...].
1. Reichsthl. hat 3. Marck/ und iſt eine Marck
eben ſo viel als ein Frantzoͤſiſch Pfund von 20. Sols,
oder als ein Polniſcher Gulden von 30. Groſchen.
Weil wir aber dieſe Muͤntz allbereit ſo vielfaͤltig
anderwaͤrts beſchrieben/ als wollen wir nur aus
unſers Authoris Tafel allhier anfuͤhren/ wie Ham-
burg auf unterſchiedliche Europaͤiſche Plaͤtze wechs-
le/ und zwar welcher Geſtalt der Amſterdamer-
Wechſel beſchaffen ſey. Vide oben Amſterdam
wechſelt auf Hamburg/ dem wir nur beyzufuͤgen/
daß es auch ſehr gebraͤuchlich ſey/ auf Amſter-
damer Caſſa-Geld die Tratten und Remiſſen von
Hamburg aus/ einzurichten/ da dann wegen des
in Hamburg gegebenen Banco-Gelds der Geber
4. biß 5. pro Centum agio zu genieſſen/ und vor
100. Rthl. Hamburger-Banco, 105. Rthl. weni-
ger oder mehr Amſterdamer Caſſa-Geld bekommt.
Auf Antwerpen wechſelt Hamburg/ und ſetzet
zum Pary 32. [...] Luͤbs/ oder einen Wechſel-Thaler
gegen 32. Antwerpiſche Stuͤvers/ dieſe aber ſtei-
gen und fallen; Daher die Tabell von 25. Antwer-
piſchen Stuͤvern den Anfang unter Pary macht/
bey welchem Cours Hamburg als gebende 32. [...]
Luͤbs/ und nur wieder empfangende 25. Stuͤver/
28. pro Centum verliert/ da es hingegen gemei-
net/ wann die Stuͤver uͤber Pary bezahlt werden/
als hier in der Tabell mit 38. welches 18\frac{7}{10}. von
hundert Gewinn iſt.
Z 3Ham-
[358]Caput IX.
Hamburg wechſelt auf Cadix/ Sevilia/
S. Luca/ Madrit/ ꝛc.
Stellende nach denen Tabellen den Pary zu
126\frac{6}{19}. Groot vor einen Wechſel-Ducaten in Ca-
dix/ gebende aber gemeiniglich unter dem Pari, da
dann nach der Tabellen Anfang zu 80. Groot vor
Cadix 57\frac{9}{10} Verluſt iſt/ indem vor die in Ham-
burg gegebene 80. Groot/ ein voller Wechſel-Ducat
in Cadix muß ausgezahlet werden.
Andere rechnen den Hamburger Pari folgen-
der Geſtalt/ daß ſie einen Ducaten von 11. Realen
in Silber gegen 6 [...]¼. [...]. Luͤbiſch/ welches 126½. Groot
Flaͤmiſch austraͤgt/ nehmen/ 1. Stuͤck von Achten/
oder von 8. Realen/ iſt auf 46. [...]. Luͤbs geſchaͤtzet
worden/ wann man demnach ſetzet:
8. Realen thun 46. [...]. Luͤbs/ was 11. Real oder
1. Ducat.
So kommen 63¼. [...]. Luͤbs oder 126½. Grot.
Hamburg wechſelt auf Franckfurt.
Gebende 1. Wechſel-Thaler von 32. [...] Luͤbs vor
49⅕. Wechſel-Kreutzer/ dem Pari nach/ dieſe aber
fallen und ſteigen/ und ſo Hamburg nur 48. den
Tabellen nach/ wieder bekaͤme/ und alſo unter Pa-
ri, wuͤrde es 2\frac{51}{102} verlieren/ bekaͤme es aber uͤber
Pari zum Exempel 61. ſo gewinnt es 24. pro Cen-
tum, es wird aber wenig mehr nach Wechſel-
Thalern/ ſondern zu gewiſſen Lagio pro Centum
dahin gewechſelt/ indem Hamburg in Banco 100.
Rthl. giebt/ um daſelbſt 130. weniger oder mehr
wieder zu empfangen.
Ham-
[359]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen.
Hamburg wechſelt auf Franckreich.
Stellende den Pari zu 48. [...]. Luͤbs Banco gegen
eine Frantzoͤſiſche Crone von 60. Sols, die Schil-
lings Luͤbs ſteigen und fallen/ ſo Hamburg dem-
nach/ denen Tabellen nach/ nur 30 gebe/ wuͤrden vor
Hamburg 60. aufs hundert gewonnen ſeyn; gleich
wie es hingegen verlieren wuͤrde/ wann es uͤber
48. [...]Banco geben ſolte/ welches aber ſeiter der
Zeit/ daß in Franckreich das Geld ſo devalviret
worden/ nicht geſchehen iſt.
Hamburg wechſelt auf London.
Gebende nach denen Tabellen 35\frac{5}{9}. Schilling
Flaͤmiſch in Banco um 1. ℔. Sterling in London zu
empfangen/ dieſes bleibet beſtaͤndig/ jenes aber
ſteigt und faͤllt/ alſo wuͤrde Hamburg/ wenn es
unter Pari, z. E. 27. [...] Flaͤmiſch nur geben doͤrffte
31\frac{6}{10}. gewinnen/ zu 37. hingegen 4. pro Centum
verlieren. Andere hingegen rechnen den Pari zu
33⅓. [...] Flaͤmiſch/ und alſo das ℔. Sterling zu 12½.
Marck Luͤbs/ oder 4⅙. Rthl. die Muthmaſſung
hierzu giebt die Gewohnheit/ daß man 1. Schil-
ling Sterling vor 10. [...] Luͤbs haͤlt.
Da Uſo auf London iſt 1. Monat a dato des
Wechſels.
Hamburg wechſelt auf Liſſabon.
Stellende nach denen Tabellen den Pari auf
61\frac{3}{285}. Groot/ um in Liſſabon eine Cruſade von
400. Rees zu empfangen/ ſo nun Hamburg unter
Pari z. E. nur 40. Groot gebe/ waͤre vor ihm ge-
Z 4won-
[360]Caput IX.
wonnen/ [...]2\frac{7}{10} und ſo fort an. Andere rechnen den
Pary zu 76⅘. Grot Flaͤmiſch gegen einen Cruſade,
der Wechſel-Cours indeſſen iſt biß auf 50. Groot
weniger oder mehr herunter gefallen. Die Urſa-
che dieſes groſſen Abſchlags iſt/ daß die daher
kommende Retour-Waaren/ zuweilen in Ham-
burg im ſchlechten Preiß ſeyn; Dahero ein jeder
lieber ſein Geld per Wechſel will uͤbergemacht/ als
Waar dargegen haben/ daß demnach hier viel
Nehmer/ und wenig Geber ſeyn; darum auch die
Wechſel mehrentheils uͤber Antwerpen oder Am-
ſterdam gehen; dahin man noch zu 55. biß 56.
Groot Flaͤmiſch per Ducat von 400. Rees unter-
kommen/ und die Gelder einziehen kan. Die Por-
tugiſiſche Muͤntze beſtehet in folgenden:
- 1. Mille, oder ſogenanntes Mille-Rees, iſt
1000. Rees, wird gemeiniglich geſchrieben (=)
Rees. - 1. Ducat oder Cruſados, iſt 10. Realen/ oder
400. Rees. - 1. Real. 40. Rees.
- 1. Stuͤck von Achten/ oder Real de Ocho, iſt
12. Real, oder 480. Rees.
Hamburg wechſelt auf Madrit.
Vide Wechſel auf Cadix.
Hamburg wechſelt auf Venedig/ ſtellende den
Pari zu 96. Groot/ gegen einen Ducati du Ban-
co di Venetia, ſo viel als nun Hamburg Groot
unter 96. giebt/ um einen vollen Ducaten in Ve-
nedig zu haben/ ſo viel iſt vor Hamburg Gewinn.
Als
[361]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen.
Als z. E. wann es 85. Groot geben ſolte/ wuͤrde 12.
pro Centum avancirt ſeyn.
1. Ducati di Banco in Venetia, haͤlt 24. De-
narii oder Groſſetti, oder 20. Jtaliaͤniſche Schil-
ling.
1. Schilling iſt 12. [...].
1. Lire 20. Soldi.
120. Ducati Correnti thun 100. Ducati di
Banco, auf welche die Wechſel geſchloſſen werden/
iſt demnach der Agio zwiſchen Corrent- und Ban-
co-Geld 20. pro Centum beſtaͤndig.
Koͤnigsberg wechſelt auf Amſterdam.
Vide Amſterdam wechſelt auf Koͤnigsberg und
Dantzig.
Koͤnigsberg wechſelt auf Hamburg/ und iſt
der Pari 90. Polniſche Groſchen gegen 1. Rthl.
Banco in Hamburg. Weil aber der Banco-Tha-
ler weit beſſer am Gehalt/ als die 90. Preuſiſche
oder Polniſche Groͤſchlein ſeyn/ als muͤſſen dieſer
allbereit 110. biß 115. in Preuſſen gegeben wer-
den/ um 1. Rthl. Banco dafuͤr in Hamburg zu
haben.
Ordinaire ſeynd auf Dantzig/ und von dar
hieher 2. Uſo, oder 4. Wochen Sicht.
Liſſabon/ wie es auf Hamburg wechsle.
Vide Hamburger-Wechſel auf Liſſabon.
London wechſelt auf Amſterdam.
Vide Amſterdamer-Wechſel auf London.
Z 5London
[362]Caput IX.
London wechſelt auf Antwerpen und Hamburg.
Vide wie Hamburg wechſelt auf London/ dann
beyde Staͤdte haben faſt eine Ausrechnung.
London wechſelt auf Bremen.
Vide wie Bremen auf London wechsle.
London wechſelt auf Cadix oder Madrit/ und
ſtellt den Pari zu 51\frac{51}{95}. Pfenning Sterlings vor
ein Stuͤck von Achten in Cadix/ die Pfenning
Sterlings variiren/ indem deren London/ zuwei-
len weniger giebt/ z. E. nach denen Tabellen 48.
wobey London auf dem Wechſel gewinnt 7\frac{3}{10}. pro
Cento. Kommt es aber uͤber Pari, ſo verliert es
z. E auf 55. 6\frac{7}{10}. pro Cento.
London wechſelt auf Franckreich/ als Pariß
oder Lyon.
Und ſtellt den Pari vor 1. Frantzoͤſiſche Cron
von 60. Sols gegen 54. Pfenning Sterlings; dieſe
fallen und ſteigen. Wann nun London deren nur
38. giebt/ um in Franckreich doch eine volle Crone
zu 60. Sols zu empfangen/ ſo gewinnt es 42⅒.
pro Centum, muß es aber 54. z. E. 60. geben/ ſo
verliert es 11⅒. pro Cento.
London wechſelt auf Livorno.
Dieſer Wechſel iſt eben ſo/ wie der Wechſel
von London auf Cadix.
London wechſelt auf Liſſabon.
Vide wie Liſſabon wechſelt auf London.
London
[363]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen.
London wechſelt auf Venetia.
Gebende alpari vor einem Ducati di Banco
di Venetia. 53\frac{71}{126}. Pfenning Sterling/ giebt es
darunter z. E. 50. ſo gewinnt London bey der Ab-
gab des Geld 7⅒. pro Cento, giebt es aber daruͤ-
ber z. E. 58. ſo verliert es 8⅕. pro Cento.
Liſſabon wechſelt auf Amſterdam.
Vide Amſterdamer Wechſel auf Liſſabon.
Liſſabon wechſelt auf Antwerpen.
Vide wie Hamburg auf Liſſabon wechsle.
Liſſabon wechſelt auf Hamburg.
Vide ingleichen die daſelbſt befindliche Aus-
rechnung/ und dabey die Specification der Liſſa-
boniſchen oder Portugieſichen Gelder.
Liſſabon wechſelt auf London.
Der Pari iſt 85 \frac{17}{19} Pfenning Sterlings vor ein
Mille Rees in Liſſabon; ſo nun London weniger gie-
bet als z. E. 60. Pfenning Sterling/ ſo gewinnnt es
43⅒. pro Cento gleich wie es hergegen verlieren
wuͤrde/ wann es mehr geben ſollte.
Livorno wechſelt auf Amſterdam.
Beſiehe wie Amſterdam auf Genua wechsle.
Li-
[364]Caput IX.
Livorno wechſelt auf London.
Siehe wie London wechſelt auf Cadix.
Lyon wechſelt auf Amſterdam/ beſiehe den Am-
ſterdamer Wechſel auf Lyon.
Lyon wechſelt auf Antwerpen/ Franckfurt/
Hamburg/ London.
Siehe wie dieſe Plaͤtze auf Franckreich wechſeln.
Lyon wechſelt auf Venedig.
Gebende vor 100. Ducati di Banco di Vene-
tia 100. Cronen weniger oder mehr zu 60. Sols.
Madrit wie es wechsle/ vide die Wechſel von
und auf Cadix.
Nuͤrnberg wechſelt auf Venedig.
Gebende 150. [...]pari vor 100. Ducati di Ve-
netia.
Pariſer Wechſel vide Lyoner.
Ve-
[365]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen.
Venedig/ wie es auf Amſterdam/ Antwerpen/
Franckfurt/ Hamburg/ Lyon/ London/ und Nuͤrn-
berg wechsle/ ſiehe wie dieſe Plaͤtze dahin ihre
Wechſel ziehen.
Und ſo viel kuͤrtzlich aus obbeſagten Authoris
Wechſel-Tabellen. Unſerm Lehr-begierigẽ Handels-
Diener/ koͤnnen dieſe angezeigte Pary eines Wech-
ſel-Platzes gegen des andern ſehr ſchoͤn zur Ausrech-
nung und Verſtand aller frembden auslaͤndiſchen
Wechſel dienen. Was etwan daran noch fehlen
ſollte/ wird ſich theils aus dem Kauffmanns-Maga-
zin/ theils aus unſern uͤber ein jedes Land nach und
nach herauskommenden Particularen Handels
oder Commercien-Beſchreibungen/ (bey wel-
chen die Wechſel nicht ſollen vergeſſen/) leichtlich
voͤllig begreiffen laſſen.
Folgen nunmehro einige Tabellen/ welche nicht
muͤnder in gewiſſen Rechnungs-Vorfaͤllen zu Haus
und auf Reiſen/ unſerm Kunſt-liebenden Handels-
Diener wohl zu ſtatten kommen koͤnnen.
Und zwar erſtlich eine jaͤhrliche Intereſſe-Rech-
nung zu 5. und 6. pro Centum, dann auch eine Re-
ſolvirungs-Tabell der Thaler zu Guͤlden und der
Guͤlden zu Thaler.
Jaͤhr-
[[366]]
Gehoͤret zu Pag.369
DISTANCE
der vornehmſten Staͤdte in Europa/
von der Stadt Leipzig.
Mehrere finden wir hier anzufuͤhren unnoͤthig/
weil die uͤbrigen in vorgedachtem Kauffmanns-Ma-
gazin/ ſonderlich die Rabatt, Elen/ Maaß und
Gewicht-Vergleichung zu finden ſeyn.
Die Tabellen/ welchen die Diſtantias der Oer-
ter/ oder wie weit ein vornehmer Handels-Platz/
oder ſonſt beruͤhmte Reſidentz-Stadt von der an-
dern entlegen/ anzeigen/ ſeynd erſtlich in denen Rei-
ſen durch Europa/ dann auch in Kupffer geſtochen/
bey denen/ welche mit Kupffer-Stuͤcken und Land-
Charten handeln/ zu bekommen/ und ſollte billich ein
jedes Kauffmanns-Contoir mit einer ſolchen Ta-
bell verſehen ſeyn; ein fleißiger Handels-Diener
aber/ koͤnte ſich zu ſeinem eigenen Gebrauch/ von
dem Ort ſeiner Wohnung aus/ eine ſolche Tabell
formiren/ und darinn Alphabetiſcher Ordnung
nach/ die vornehmſte Oerter ſetzen/ wohin etwan
ſeines Patrons Handlung und Correſpondentz
ſich erſtreckte/ etwan auch in denen beſondern Linien
dabey fuͤgen/ wann die Poſten dahin abgiengen
und wieder ankaͤmen/ und was etwan mehr zu be-
mercken ſeyn moͤchte/ wir wollen deſſen hier ein klein
Formular mit der Stadt Leipzig geben.
Zur Nachricht diene/ daß vorher geſetzte Diſtan-
ces, nach Teutſchen Meilen gerechnet/ deren 15.
auf einen Grad gehen/ auſſer dem differiren ande-
rer Laͤnder Meilen ſehr viel/ mit unſern Teutſchen/
als da wuͤrden auf eine Ungariſche/ item auf eine
Schwediſche Meile gerechnet ‒ 6000 Schritt.
Auf Schweitzeriſche Meilen ‒ ‒ 5000.
Teutſche Meilen. ‒ ‒ ‒ ‒ 4500.
A aHol-
[370]Caput IX.
Hollaͤndiſche ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 4000.
Spaniſche ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 3400.
Frantzoͤſiſche ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 2000.
Engliſche ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 1250.
Jtaliaͤniſche ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 800.
Moſcowitiſche Wuͤrſte. ‒ ‒ ‒ 750.
Jtem/ werden ſelbige auch folgender Geſtalt
eingetheilet:
- 5. Jtaliaͤniſche Meilen machen eine Teutſche.
- 3. Frantzoͤſiſche
- 5. Engliſche
- 2. Ungariſche und Schwediſche thun 3. Teutſche
Meilen. Eine Stund Wegs wird insgemein auf
3000. Schritt gerechnet.
Von der Zeit-Rechnung hat unſer Lehr-begie-
riger Handels-Diener zu bemercken/ daß
Das Jahr getheilet werde in 12. Monate/ wel-
che aber ungleiche Tage haben/ als:
- Der Januarius hat 31. Februarius 28. Martius 31.
Aprilis 30. Majus 31. Junius 30. Julius 31. Au-
guſtus 31. September 30. October 31. No-
vember 30. December 31. wann es ein Schalt-
Jahr iſt/ ſo hat der Februarius 29. Tage/ und
das gantze Jahr alsdann 366. Tage.
Die 4. bekannte Jahres-Zeiten/ ſeynd der Fruͤh-
ling/ Sommer/ Herbſt und Winter. Dieſe ſchlie-
ſen wieder 2. Merckwuͤrdigkeiten in ſich/ nemlich 2.
Æquinoctia, und 2. Solſtitia.
Ein Æquinoctium wird genennet/ wann wir
Tag und Nacht gleich haben/ welches geſchiehet/
im Martio und September, wann die Sonne in den
Wid-
[371]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen ꝛc.
Widder und in die Waage tritt/ mit jenem faͤngt
ſich der Fruͤhling/ mit dieſem der Herbſt/ an.
Solſtitium heiſt ein Stillſtand der Sonnen/
wann ſie nemlich im Junio, im Zeichen des Krebs
am hoͤchſten hinauf/ und im Decemb. im Zeichen
des Steinbocks am tiefſten/ unſerm Geſicht nach/ her-
unter geſtiegen; in jenem macht ſie den laͤngſten Tag/
und des Sommers Anfang/ in dieſem aber den
kuͤrtzeſten Tag und Winters Anfang. Jn 365. Ta-
gen/ 5. Stunden und 49. Minuten/ laufft ſie den
gantzen Himmel durch/ ſo offt ſie nun ſolchen Lauff
vollbracht/ ſo offt iſt auch ein gantzes Jahr vollen-
det/ und faͤngt ſich alsdann ein Neues mit der Son-
nen-Lauff wieder an/ nachdem aber zu dieſer der
Sonnen Ruͤckkehr/ nechſt denen 365. Tagen auch
5. Stunden und 49. Minuten erfordert werden/
welche beynahe in 4. Jahren einen gantzen Tag aus-
machen/ als wird ſolcher Tag jedesmal in das vierd-
te Jahr/ und zwar in den Monat Februarii einge-
ſchoben/ deme daher in ſolchem Jahr 29. Tage ge-
ben werden. Da er ſonſt auſſer demſelben/ ordent-
lich nur 28. Tage hat/ ſolches 4te Jahr heiſſet her-
nach ein Schalt-Jahr/ ohne welche die Monat ih-
re Zeit nicht behalten/ ſondern die Winter-Mona-
te in den Fruͤhling und Sommer einfallen wuͤrden.
Ein Schalt-Jahr zu erkennen/ ſo dividiret
oder theilet man nur die Zahl der Jahre mit 4. blei-
bet alsdann nichts uͤbrig/ ſo iſts ein Schalt-Jahr/
ſo viel aber deren uͤbrig bleiben/ ſo viel Jahre ſind
ſchon uͤber das letztere Schalt-Jahr verfloſſen.
Eine jede/ der obbemelden 365. Tage oder Ta-
ges-Zeiten/ begreifft eine Zeit von Tag und Nacht/
A a 2die-
[372]Caput IX.
dieſe wird wieder in 24. gleiche Theile eingetheilet/
welche man Stunden heiſt/ und hat deren eine Wo-
che ‒ ‒ ‒ 168.
Ein viertel Jahr ‒ ‒ 2184.
Ein halb Jahr ‒ ‒ 4368.
Dreyviertel Jahr ‒ ‒ 6552.
Ein gantzes Jahr ‒ ‒ 8736.
Jede Stunde hat wieder 6. Minuten/ und 1.
Minute/ wieder 60. Secunden. Die meiſten Eu-
ropaͤiſchen Voͤlcker fangen die Stunden von Mit-
ternacht an zu zehlen/ biß an den Mittag/ da ſie wie-
der aufs neue (wann die 12. Stund vorbey iſt zu
zehlen anfangen. Die Griechen und Babylonier
machten den Anfang ihre Stunden zu zehlen/ wann
die Sonne aufgegangen/ wie alſo noch heutigs
Tags in des Heil. Roͤmiſchen Reichs Stadt Nuͤrn-
berg und in Jtalien gebraͤuchlich iſt/ als woſelbſten
die Stunden mit dem Tag anfangen/ und ſich wie-
der mit dem Tag endigen/ worauf die Nacht-Stun-
den angehen/ welche hernach auch wieder mit der
Sonnen Aufgang ihre Endſchafft erreichen; daher
dann die Taͤge oder Naͤchte/ nachdem ſie lang oder
kurtz ſeyn/ viel oder wenig Stunden haben.
Dieſe Veraͤnderung der Stunden/ iſt nach
der Tage Zu- oder Abnehmen/ das gantze Jahr
durch nach dem verbeſſerten Reichs-Calender in
nachfolgender Tabell zu erkennen.
Von
[373]
Wann man nun ſolcher Geſtalt das Ab- und
Zunehmen der Taͤge erſiehet/ ſo laͤſt ſich hernach leicht
daraus abnehmen/ wie lang eines jeden Tags ſeine
Nacht ſeyn muͤſſe.
Dieſes aber moͤchte unſerm curieuſen Kauff-
manns-Diener noch zu Gefallen gereichen/ wann
er deutlich in folgender Tabell wird zu erſehen ha-
ben/ wie die nach Norwegen und Schweden rei-
ſende/ des Sommers viel laͤnger/ des Winters aber
viel kuͤrtzere Taͤge/ als in Teutſchland vor ſich finden/
ſo/ daß/ je weiter ſie hinauf nach dem Nord-Pol
kommen/ welches jaͤhrlich die Groͤnland- und Ar-
changel-Fahrers wohl erfahren/ ſie in den Junio und
Julio faſt gantz keine Nacht/ ſondern immer Tag
empfinden.
Wir wollen die Climata und Parallelos, wie
auch die Intervalla Climatum, nach welchen die
Tabell ſonſt muͤſte eingerichtet werden/ geliebter
Kuͤrtze halber/ hier vorbey gehen/ und nur nach de-
nen Gradibus latitudinis (als welche ein Handels-
Diener auf der Charte von der Welt-Kugel leicht-
lich von dem Æquatore an/ biß hinauf nach dem
Nord-Pol finden kan) ſolche einrichten. Dieſemnach
iſt zu Anfang des erſten Grads der Tag/ (Jahr aus/
Jahr ein/) 12. Stunden lang.
Auf
[375]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen ꝛc.
Hingegen iſt es hernach auch wieder ſo lang in
Abnehmen/ und eitel Nacht/ ſo/ daß die Sonne
niemals uͤber den Horizont daſelbſt ſich blicken laͤſt/
wie ſolches die in Groͤnland uͤberwinterte Hollaͤnder
mit ihrem groſſen Verdruß und Schaden erfahren
haben.
Wann nun dieſer Diſcours uns einige Einlei-
tung zur Seefahrt giebet/ als hat ein reiſender Han-
dels-Diener erſtlich zu bemercken/ die bekanteſte Eu-
ropaͤiſche Schiffs-Gefaͤſe/ wie ſolche benennet wer-
den: Als da hat man in Spanien die Gallionen/
oder Caraques, die bey 400. Tonnen groß/ und zu
der Fahrt nach Weſt-Jndien gebraucht werden.
Fregatten dienen zur Convoy, und hat deren
A a 4faſt
[376]Caput IX.
faſt eine jede See-Puiſſance unterſchiedliche/ wohl
montirte/ welche nit allein geſchwind ſegeln/ ſondern
auch zierlich gemacht und meublirt ſeyn/ und dan-
nenhero zum Transport, vornehmen Herren/ eben
wie die ſogenannten Jachten/ dienen.
Fleuten/ ſind groͤſſer/ als Fregatten/ aber run-
der/ und haben auch hinten keine Ausrundung.
Caravelles, ſind von 120. biß 140. Tonnen
groß/ rund/ wie die Fleuten/ fahren viel auf dem mit-
tellaͤndiſchen Meer/ mit 4. Segeln/ ſo dreyeckigt
ſind.
Galeaſſe, iſt eine groſſe Galere, ſo auſſer ſei-
nen Segeln/ auf jeder Seit/ noch 50 Ruder hat/ bey
deren jeden 5. Ruder-Knechte auf einer Banck fi-
tzen; daher nennet man ſolches Galeren von 50.
Baͤncken oder Rudern.
Galere iſt ein plat- und langes Schiff/ ſo auſ-
ſer ſeinen Segeln/ 25. biß 30. Ruder an jeder Seite
hat/ an welchen 4. Kerl (meiſtentheils Sclaven) ſi-
tzen/ es iſt das ſchnellſte von allen Schiffen/ fuͤhret
2. Maſten/ ſamt 5. Stuͤcken/ nemlich ein groſſes/ 2.
mittelmaͤſſige und 2. kleine.
Smacke, iſt ein ſogenanntes Hollaͤndiſches
Fahr-Zeug/ hinten und vornen breit/ fuͤhret einen
Gabel-Maſt und Boeg Spriet, wie auch auf beyden
Seiten Schwerder/ koͤnnen von 4. biß 16. Laſt
fuͤhren.
Barque, iſt eine Art von Schiffen/ werden ſehr
auf der Mittelaͤndiſchen See gebraucht/ dienen g-
meiniglich/ Kauffmanns-Guͤter/ oder Victualien
uͤber zu bringen.
Die
[377]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ. Muͤntzen ꝛc.
Die andere Art von Schiffen/ werden kuͤnfftig
in unſern See-Dictionario zu erſehen ſeyn.
Um nun zu wiſſen/ wieviel ein Schiff tragen
koͤnne/ ſo muß man ſeine inwendige Capacitaͤt an-
ſehen/ und aus der Laͤnge des Kiels/ oder Grund-
Balckens/ Breite und Hoͤhe des Bauchs/ davon ur-
theilen. Zum Exempel: Ein Schiff/ deſſen Kiel
76. Fuß lang/ der Bauch 27 Fuß breit und 10. hoch
iſt/ kan 300. Tonnen tragen/ welches 600 000.
Pfund/ oder 6000. Centner ausmachet/ dann eine
Tonne wird auf 2000. Pfund ſchwer gerechnet/ und
ein Schiff mit ſeineer gantzen Ausruͤſtung an Cano-
nen/ Tonnen/ Segeln und Maſten ꝛc. ſchaͤtzt man
ſo ſchwer zu ſeyn/ als die Laſt iſt/ die es tragen
kan.
Wann auch ein Seefahrender die Winde zu
obſerviren hat/ als ſeynd deren Namen/ wie fol-
get:
Oſt-Oſt zum Zuyden/ Oſt-Zuyd-Oſt/ Zuͤd-
Oſt zum Oſten/ Suͤd-Oſt/ Suͤd-Oſt zum Suͤden/
Suͤd-Suͤd-Oſt/ Suͤd zum Oſten Suͤd/ Suͤd zum
Weſten/ Suͤd-Suͤd-Weſt/ Suͤd-Weſt zum Suͤ-
den/ Suͤd-Weſt/ Suͤd-Weſt zum Weſten/ Weſt-
Suͤd-Weſt/ Weſt zum Suͤden. Weſt/ Weſt zum
Norden/ Weſt-Nord/ Weſt-Nord zum Weſten/
Nord-Weſt/ Nord-Weſt zum Norden/ Nord-
Nord-Weſt/ Nord zum Weſten. Nord/ Nord
zum Oſten/ Nord-Nord-Oſt/ Nord-Oſt zum Nor-
den/ Nord-Oſt/ Nord-Oſt zum Oſten/ Oſt-Nord-
Oſt Oſten zum Norden/ welche Winde insgeſamt
ein curieuſer/ reiſender Kauffmanns-Diener/ wann
A a 5er
[378]Caput IX.
er zur See faͤhrt/ ſich auf den Compas kan weiſen
laſſen.
Ferner hat er von denen Vorboten des Win-
des/ Regens/ und Sturms/ auf Land- und Waſſer-
Reiſen zu bemercken:
Wann ſich einige rothe Wolcken an den Ho-
rizont ſehen laſſen/ zur Zeit/ wann die Sonne auf-
und untergehet/ ſo bedeutet es/ daß Wind von dan-
nen entſtehen werde.
Jngleichen zeigen die rothen Wolcken vor Auf-
gang der Sonnen/ oder wann die Sonnen-Stra-
len roͤthlich ſcheinen/ Wind an.
Wann man die Sonne bey ihrem Untergang
mit einem blaulicht- oder ſchwartzen Kreiß umgeben
ſiehet/ zeiget es Ungewitter an.
Wann die Sonne im Aufgehen blaß ſcheinet/
bringet ſie Regen/ gehet ſie blaß unter/ ſo bedeutet es
Wind.
Wann die Sonne mit Wolcken bedecket iſt/
indem ſie aufgehet/ und ihre Stralen niederwarts
ſchieſſen/ zeiget es Regen an/ gehen aber die Stra-
len mitten durch/ ſo kommt Regen und Sturm.
Kommen von allen Seiten Wolcken/ und ver-
ſammlen ſich um die Sonne/ ſo bedeutet es Unge-
witter.
Jſt die Sonne beym Untergang nur mit einer
Wolcke bedeckt/ ſo kommt den folgenden Tag Re-
gen/ und wann man ſiehet/ daß ſie eine Wolcke mit
hinunter nimmt/ ſo zeiget es Ungewitter an.
Siehet man in dem Neuen Mond einige Fle-
cken in der Ober-Kruͤmme/ ſo bedeutet es Re-
gen.
Er-
[379]Von unterſchiedl. auslaͤndiſ Muͤntzen ꝛc.
Erſcheinet der Mond den vierdten Tag nicht/
und es iſt Suͤden-Wind/ ſo wird es verdruͤßlich
Wetter geben.
Wann der Mond mit einem weiſſen Kreiß
umgeben/ ſo bedeutet es Regen/ ſind aber deren viel
und zerbrochene/ und der Mond iſt roͤthlich/ ſo zeiget
es Sturm an.
Scheinet die See ſchwaͤrtzlich/ ſo iſt es ein Zei-
chen des Ungewitters. Wann man auch deſſen
Schaum hin- und wieder zerſtreuet ſiehet/ oder daß
kleine Blaſen ſich da und dort auf dem Waſſer er-
heben/ oder auch das Meer ſchleunig ſtarck wird/
ſo mag man ſich auf ein hartes Ungewitter
ſchicken.
Jtem/ wann die See-Hunde und andere Fiſche/
ſich haͤuffig uͤber dem Waſſer ſehen laſſen/ zeiget es
gleichfalls Ungewitter an.
Auf dem Land aber ſeynd die niedrig- und an der
Erden fliegende Schwalben/ Vorboten des Re-
gens/ dann der Wind treibet die Fliegen/ wovon ſie
ihre Nahrung haben/ niederwarts/ daher ſie ſolchen
nachfolgen.
Zur Seefarth und Handlung dienet auch/ daß
man wiſſe/ was Aſſecuriren/ Gelder auf Bodme-
rey nehmen und geben. Haverey oder See-Schaͤ-
den/ ingleichen Schiffs-Port-Rechnung ſey; weil
aber ſolches alles in unſerm neu-eroͤffneten Kauff-
manns-Magazin, wie auch in des Handels-Corre-
ſpondentens andern Theil befindlich/ als laſſen
wir es dieſes Orts dabey bewenden/ angeſehen/ un-
ſer bald zu erwarten des See-Gericht/ und See-Di-
ctionarium, von allen mit zur Seefarth und Hand-
lung
[380]Caput X.
lung gehoͤret/ einen ſattſamen Unterricht ertheilen
wird.
CAP. X.
Von denen ſchrifftlichen Ab-
ſchieden und Teſtimoniis, welche
Kauffmanns-Dieners/ die ihrer Patronen
Handlungen nunmehro mit deroſelben Er-
laubnis und gutem Willen quittiren/ entwe-
der/ weil ihre veraccordirte Dienſt-Jahre zu
End gelauffen/ oder ſie ihre eigene Hand-
lung anzufangen/ oder auch anderwerts ihr
Gluͤck bey Handlungen weiter zu ſuchen ge-
dencken/ von ſolchen ihren Patronis zu
gewarten haben.
WAnn endlich ein junger Menſch lang genug
gedienet/ ſo heiſſet es mit ihm/ wie dorten
mit dem Jacob/ Tempus eſt, ut proſpi-
ciam Domui meæ, es iſt nunmehro Zeit/
daß ich auf mein eigen Haus gedencke/ (entweder/
daß er mit ſeinen eigenen Mitteln/ oder guter Leut
Huͤlffe/ eine eigene Handlung anfange/ und nun-
mehro aus einem Diener auch einmal ein Herꝛ wer-
de/ oder er gelanget auch durch eine gute Heyrath
zu einer ſolchen établirten Handlung/ oder intendi-
ret mit einem andern deßfalls in Compagnie zu tret-
ten. Oder/ wann auch dieſes alles nicht waͤre/ ſo
ſtehet
[381]Von unterſchiedlichen Teſtimoniis der ꝛc.
ſtehet ihme doch ſeines vorigen Patrons Handlung/
Haus und Humeur nicht laͤnger an/ iſt auch/ ver-
moͤg getroffenen Accords, nicht laͤnger demſelben
zu dienen verbunden/ oder er gedencket auch ſein
Gluͤck/ zu Haus/ oder in der Fremd/ bey andern
Handlungen/ Dienſten und Conditionibus, beſ-
ſer/ als bey ſeinen bißherigen Patron, zu machen/)
ſo nimmt er endlich/ nachdem er ihme/ Accords
gemaͤs/ ein viertel Jahr zuvor/ oder auch der Patron
ihme aufgeſaget/ ſeinen Abſchied/ und iſt alsdann
der Patron ſchuldig/ wann er nichts/ als alles Lie-
bes und Gutes/ von ihme zu ſagen weiß/ und daß
er ihme treu und redlich gedienet/ ihme ſolchen ſei-
nen Abſchied/ in beſter Form zu ertheilen/ welchen
auch ein Ehrliebendes Gemuͤth um ſo vielmehr ſolli-
citirt/ als er ſolchen kuͤnfftig/ zu Bezeugung ſeines
Wohlverhaltens/ in unterſchiedlichen Gelegenhei-
ten noͤthig haben moͤchte. Dabey dann/ was ein
rechtſchaffener Kauffmann iſt/ ſich ſolchen ihme zu
ertheilen/ nicht zuwider legen muß/ weil die Schrifft
ſelber haben will/ daß einem redlichen Knecht/ der
treu und wohl gedienet hat/ man nicht hindern ſoll/
wann er frey werden kan Und ob gleich einige Son-
derlinge ſich darinnen ſtraͤuben/ und dadurch er-
zwingen ſollten/ daß ein ſolcher Menſch dißfalls noch
etwann ein paar Jahr bey ihnen in Dienſten blei-
ben muͤſte; ſo haͤtten ſie doch dabey zu bedencken/ daß
mit unwilligen Hunden uͤbel zu jagen ſey/ ein ſolcher
gezwungener Diener/ auch den Groll/ wegen des ver-
ſagten Abſchieds und neu-angelegten Zwangs/ im-
mer im Hertzen behalten/ und niemals aus freywilli-
gem Gemuͤth/ ſeine Dienſte wieder abſtatten wer-
de/
[382]Caput X.
de/ zu geſchweigen/ daß auch ſolche Verſagung des
Abſchieds/ unter denen Leuten unterſchiedliche Ju-
dicia (die mehrentheils dem Herꝛn/ der den Abſchied
weigert/ nachtheilig fallen/) hervorbringen/ als daß
man zuforderſt urtheilet/ es getraue ſich ein ſolcher
Herꝛ ſeiner uͤbel-beſtellten Handlung/ Haushaltung
und ſelbſt-eigenen Conduite halber/ keinen neuen
Diener ſo leichtlich wieder zu bekommen; dahero er
denjenigen/ den er hat/ feſt halten muͤſſe. Andere
fahren wohl gar herdurch/ und fragen ſo wenig nach
eines ſolchen Manns ſeinen ertheilten Abſchied/ daß/
wann ſie anders ſonſt den Diener vor einen recht-
ſchaffenen Kerl kennen/ ſie ſelbigen entweder ſelbſt/
ob er gleich keinen Abſchied hat/ wieder annehmen/
oder auch anderwerts hin/ da er ſein Gluͤck finden
kan/ mit guter Recommendation verſehen/ in wel-
chen Faͤllen insgeſamt ein Handels-Patron beſſer
gethan haͤtte/ ſich in Gutem mit ſeinem Diener zu
ſcheiden/ ſelbigen in pace zu dimittiren/ und ihn
dadurch zu veranlaſſen/ allezeit wohl von ſeiner
Handlung und Haus zu reden/ und derſelben ge-
wogen zu verbleiben/ als ſich mit ihm uͤber eine ſol-
che Bagatelle des ehrlich-verdienten Abſchleds we-
gen/ zu brouilliren/ und ihme/ dem diſguſtirten
Diener/ dadurch Anlaß zu geben/ hernach uͤbel
davon zu ſprechen/ zumal/ da auch die Vorzeugung
eines Abſchieds/ nicht allezeit in Regard desjenigen/
der ſolchen ertheilet/ ein ſo eſſentielles Stuͤck iſt/
daß dereinſt auf ſolches groſſe Abſicht ſollte gemacht/
oder auch ohne ſolchen ein rechtſchaffener Kerl nicht
ſollte fortkommen koͤnnen; weil es aber auch hierin-
nen/ wie bey denen Juriſten heiſſen moͤchte/ ſu-
perflua
[383]Von unterſchiedlichen Teſtimoniis der ꝛc.
perflua non nocent; ſo thut ein Diener wohl/ daß
er ſich die Procurirung ſeines ehrlichen Abſchiedes
allerdings laͤſt angelegen ſeyn/ auch allen Falls/ ſo
er ſolchen nicht freywillig erhalten koͤnnte/ durch Ver-
mittlung guter Leut/ oder gar durch Interpoſition
des Commercien-Collegii, ſolchen zu erlangen
ſuchte/ wie dann dieſes auch ſo gar befugt waͤre/
(wann der halsſtarrige Patron nicht wollte) ihme/
dem Diener/ ex officio, ſonderlich auf guter Leute
Zeugnis/ ein ſolches Teſtimonium unter des Col-
legii Sigill zu ertheilen/ daß Implorant ſich in ſeinen
Dienſten/ Quæſtionis, wohl verhalten/ und diß-
falls ein Authentiques Zeugnis meritirte/ obgleich
der geweſene Patron ihme ſolches zu ertheilen/ nicht
haͤtte bewogen werden koͤnnen.
Dieſes aber ſey hier nur incidenter mit ange-
fuͤhret/ wann etwann dergleichen Caſus, biß zu die-
ſem Remedio ereignen ſollten/ wiewohl es ſelten ge-
ſchehen doͤrffte. Wir wenden uns vielmehr zu der-
gleichen Abſchieden ſelbſt/ und beſehen/ in welcher
Form dieſelbe eingerichtet ſeyn muͤſſen/ die erſte und
zwar gantz kurtze/ koͤnnte folgender Maſſen entworf-
fen ſeyn.
NAchdem Vorzeiger dieſes N. N. 4. Jahr lang
in meiner Handlung/ als Diener/ mir ehrlich
und wohl gedienet/ alſo/ daß ich nichts/ als alles
Liebs und Guts von ihm zu ſagen weiß/ nunmehr
aber ſein Gluͤck anderwaͤrts bey Handlung weiter zu
ſuchen/ Vorhabens iſt/ und mich dannenhero um
einen beglaubten Abſchied angeſuchet; als habe ich
ſolchen ihme hiemit zu ertheilen/ und ihn dadurch an
alle
[384]Caput X.
alle und jede/ deme ſolcher zu leſen vorkommen moͤch-
te/ beſtens zu recommandiren/ mich nicht entziehen
koͤnnen.
So geſchehen/ Coͤlln den 25. April 1715.
N. N.
Ein Anderer.
MJt gegenwaͤrtiger meiner eigenem Hand und
Unterſchrifft/ habe ich Vorzeigern derſelben/
N. N. meinen 6. jaͤhrigen Handels-Diener begleiten
und dadurch atteſtiren wollen/ daß ſelbiger die gan-
tze Zeit/ welche er in meinem Haus und Handels-
Dienſten geweſen/ ſich/ als einen rechtſchaffenen
Handels-Diener eignet und gebuͤhret/ aufgefuͤhret/
und deßfalls nicht das geringſte uͤber ihn zu klagen
gehabt/ ſo/ daß ich ihn gern noch laͤnger bey mir in
Dienſten behalten haͤtte; wann er aber Verlangen
getragen/ ſich noch ferner bey beruͤhmten Handlun-
gen in der Welt umzuſehen/ und mich deßfalls um
ein beglaubtes Atteſtatum ſeines Wohlverhaltens
erſuchet; als habe ich ihme ſolches hiemit zu erthei-
len/ kein Bedencken getragen. Erſuchende viel-
mehr/ alle diejenige Herren Kauffleute/ welchen
ſolches zu leſen vorkommen moͤchte/ ihme Produ-
centi hier auf allen guten Willen zu erzeigen/ und
beſtermaſſen zu ſeinem ferneren gluͤcklichen Aufneh-
men befoͤrderlich zu ſeyn/ welches in dergleichen Faͤl-
len wieder zu verſchulden/ ich niemals ermangeln wer-
de.
Amſterdam den 6. Julii 1715.
NN.
Ein
[385]Von unterſchiedlichen Teſtimoniis der ꝛc.
Ein Anders.
VOrzeiger dieſes/ der Erbare N. N. iſt mein 3.
Jahr lang treu-geweſener Handels-Diener/
welcher in ſolcher Zeit meinen Handels-Geſchaͤfften/
dergeſtalt pflicht-maͤſſig vorgeſtanden/ und ſo wohl
zu Haus/ als auf Reiſen/ in allen dem/ worzu
er von mir beordert geweſen/ ein ſo vollkommen
Genuͤgen geleiſtet/ daß ich denſelben laͤnger in mei-
nen Dienſten zu behalten/ haͤtte wuͤnſchen moͤgen;
Wann er aber aus ſonderbahren Ehhafften/ und
unter andern auch einmal ſeine Verwandtſchafft
und Vatterland wieder heimzuſuchen/ und was
etwann daſelbſt/ der hoͤchſte GOTT zu ſeinem
Etabliſſement vor ein Gluͤck moͤchte auserſehen ha-
ben/ abzuwarten/ mich um ſeine Dimisſion in-
ſtaͤndigſt angeſuchet; als habe ich ihme ſolche zu er-
theilen/ und demſelben zugleich zu ſeinem ferneren
Vorhaben alles Gluͤck und Heil anzuwuͤnſchen/
keinen Umgang nehmen wollen/ mit dem dienſtli-
chen Beyfuͤgen/ an alle und jede/ denen dieſes zu
leſen vorkommen moͤchte/ daß ſie ihme N. N. dieſes
ihme ertheilten Atteſtati halber/ allen guten Wil-
len/ und ſo viel an ihnen iſt/ fernere Befoͤrderung
wiederfahren laſſen wollen/ welches in gleichen Faͤl-
len von mir auch jederzeit geſchehen ſoll. Datum
Hamburg den 18. Auguſti 1715.
N. N.
L. S.
B bEin
[386]Caput X.
Ein Anders.
ALlen und jeden/ denen dieſes zu leſen vorkommt/
ſeye Standes-gemaͤß nach/ meine unterthaͤ-
nigſte-gehorſame und freundwillige Dienſte und
Gruß anvor/ fuͤge ihnen hiemit bey auch zu wiſſen/
daß Vorzeiger dieſes/ der Tit. Herꝛ N. N. mir in
meiner Material-Handlung allhier zu N. ſechs
Jahr lang/ als Diener dergeſtalt redlich und wohl
gedienet/ daß er nicht allein dasjenige/ was ihme
von mir aufgetragen worden/ mit allem Fleiß und
Sorgfalt/ zu Haus und auf Reiſen/ bey denen
Waaren und Scripturen verrichtet/ ſondern auch
noch bey ſeinem Abſchied/ von allem/ ſo ich ihm
unter Handen gegeben/ ſo richtige Rechnung und
Reliqua præſtiret/ daß ich ſpecialiter ihn daruͤ-
ber zu quittiren/ und ſeine treue Dienſte/ auch mit
einer ſonderbaren honorablen Diſcretion zu erken-
nen Urſach gehabt. Wann er nun hierauf (da er
ſich weiter in der Welt bey Material-Handlungen
und ſonderlich in beruͤhmten See-Staͤdten um zu
ſehen/ intendiret iſt/) mich gebetten/ daß ich ihme
ein glaubwuͤrdiges Zeugnis/ ſolches ſeines Wohl-
Verhaltens halber ertheilen moͤchte/ damit er ſolches
vorzeigende/ anderwaͤrts/ ſonderlich bey einer loͤb-
lichen Kauffmannſchafft ſo viel beſſern Acceß und
Gunſt erlangen moͤchte; als habe ich ihm darunter
um ſo viel mehr favoriſiren wollen/ als mir ſelbſten/
zu groſſen Vergnuͤgen gereichen wird/ wann dieſer
mein geweſener treuer Diener/ ſein Fortun bey der
Kauffmannſchafft durch geneigter Patronen Vor-
ſchub/ (die zugleich auch hiemit von mir reſpectivè
darum
[387]Von unterſchiedlichen Teſtimoniis der ꝛc.
darum erſuchet werden) erlangen ſollte/ wie ich es
dann ingleichen Faͤllen wieder zu verſchulden/ mich
jederzeit ſo willig als gefliſſen werde finden laſſen.
Urkundlich dieſer meiner eigenhaͤndigen Schrifft
und Unterſchrifften/ Dantzig den 8. Octobris 1715.
Ein Anders.
WAnn Vorzeiger dieſes N. N. nach treu und
fleißig bey mir abgelegten 6. Lehr- und Dienſt-
Jahren als Handels-Jung/ und dann noch 2.
Jahr als Geſell und Diener/ nunmehro ſich weiter
in die Welt zu begeben/ und auch anderwaͤrts was
bey Handlungen paſſiret/ zu ſehen und zu lernen ge-
dencket/ zu ſeinem beſſern Fortkommen aber/ mich
um ein glaubwuͤrdiges Atteſtatum, ſeines bey mir
bezeugten Wohlverhaltens/ und hierauf erlangten
redlichen Abſchieds/ angeſuchet; als habe ich ihme
ſolchen hiermit ertheilen/ und zugleich atteſtiren
wollen/ daß er ſich in ſeinen 8. jaͤhrigen Dienſten/
wie eines redlichen und ehrlichen Kauffmanns-Jun-
gen und Diener gebuͤhret/ jederzeit aufgefuͤhret/
nicht allein ein Chriſtliches Leben und Wandel ſtets
von ſich ſpuͤhren laſſen/ und in ſolchen die gantze Zeit
uͤber/ ſich fleißig zu GOtt und ſeinem Wort gehal-
ten/ ſondern auch/ in meinen Handels-Verrichtun-
gen/ allezeit demjenigen/ was ihme zu thun ob-
gelegen/ und ich ihme befohlen ponctuel, unverdroſ-
ſen und emſig nachgekommen/ alſo/ daß ich und
die Meinige nichts anders als/ alles Gutes ihme
nachzuſagen habe.
B b 2Ge-
[388]Caput X.
Gelanget dannenhero Stands-Gebuͤhr nach
an alle und jede/ denen dieſes zu leſen vorkommt/
ſonderlich aber an die Herren Kauffleute und Han-
dels-Verwandte/ mein dienſtliches und freundli-
ches Erſuchen/ ihme N. N. dieſes meines Atteſtati
mit Erzeugung alles guten Willens/ (und zu An-
ſporung anderer/ in ihren Dienſt-Jahren ſich gleich-
falls alſo zu verhalten/ daß ſie mit Ruhm und Lob/
von ihren Patronis dimittiret werden moͤgen/)
genieſſen zu laſſen; ſolches werde ich/ als wenn es
mir ſelbſt geſchehen/ annehmen/ und ingleichen und
andern angenehmen Faͤllen wider zu verſchulden wiſ-
en/
Leipzig den 14. May 1715.
N. N.
Ein anders aber ſehr kaltſinniges.
Mit dieſem habe ich atteſtiren wollen/ daß Vor-
zeiger deſſelben N. N. 2. Jahr lang als Die-
ner bey mir gedienet/ und als er hierauf ſeinen Ab-
ſchied gefordert/ um weiter in der Welt ſeine Fortun
zu ſuchen/ habe ich ihme ſolches zu ertheilen kein Be-
dencken getragen/ Prag den 10. Julii 1715.
Ein Anders.
DA Vorzeiger dieſes mein 4. Jahr treu-geweſe-
ne Handels-Diener/ nunmehro auch bey an-
dern Handlungen ſich umzuſehen Belieben getra-
gen/ und mich deßfalls um einen beglaubten Ab-
ſchied
[389]Von unterſchiedl. Teſtimoniis der Kauff.
ſchied ſeines Wohlverhaltens erſuchet/ als wird ſol-
cher ihme hiemit/ aus eben dieſer Urſach/ ruͤhmlich er-
theilet und zugleich die Recommendation an alle
und jede Herren Kauffleute mit beygefuͤget/ daß ſie
dieſen N. N. ſeiner guten Conduite halber/ allen ge-
neigten Willen erzeigen wollen/ welches er zufor-
derſt/ und dann auch ich bey Gelegenheit wieder zu
verſchulden nicht ermangeln werde. Luͤbeck den 4.
Januarii 1715.
Frantzoͤſiſche Abſchiede.
LE Porteur de la preſente N. N. a été Com-
mis dans mon negoce, pendant quatre ans,
\& s’etant dans ce têms la loüablement acquit-
té de ſon devoir, je n’ ay pû luy refuſer ce te-
moignage pour ſ’ en ſervir en tems \& lieu, ou il
viendre, fait a Bourdeaux le. 15. de Mars A.
1715.
Un autre.
JE ſous ſigné atteſte par ces lignes, que le por-
teur d’i celles, le Sieur David N. m’a ſervi
pendant l’ es pace de cinq ans tres fidelement
en qualité de Commis dans mon negoce, de ſor-
te que j’aurois ſouhaitté de le garder encor
quelques années, mais comme ſes parents
l’ont revoqué \& que d’ ailleurs il a envie de
voir ce que ſe paſſe ailleurs dans le negoce, je
B b 3l’áy
[390]Caput X.
l’áy bien voulu l’accompagner de ce preſent
temoignage, de ſa loyauté \& bonne conduite,
priant de plus tous ceux, qui le verront, de luy
en rendre touts les bons offices, ce qu’en pa-
reil. Cas je ne manqueray pas de le reconnoitre.
Faita Auguſte le. 2. Juin. 1715.
Un autre.
Atouts Ceux, qui liront la preſente Salut, le
Porteur d’i celle le Sieur Remy N. ayant
trouvé convenable a ſa fortune, d’ aller voir
quelques conſiderables villes marchandes \&
maritimes, apres m’ avoir ſervi tres Fidele-
ment dans mon negoce, pendant trois ans, je
n’ ay pas luy refuſer ſon Congé, qu’il avoit
ſollicité en tems dû \& convenu entre Nous de
ſorte que je confeſſe par celle cy d’ etre tres ſa-
tisfait de ſes ſervices, \& bien porté de luy en
temoigner ma reconnoiſſance \& bien veuil-
lance entems lieu, ou l’occaſion ſ’en preſen-
tera, priant auſſi touts Meſſieurs Marchands,
aux quels il pourra s’ adreſſer dans ſon voyage,
de luy donner des marques de leur bonne vo-
lonté, promettant de ma part de rendre la re-
ciproque en pareil Cas, fait a Conigsberg le.
6. d’ Auoſt. 1715.
Un autre.
LE Sieur Nicolas N. Porteur de la preſente
de la preſente, ayant ſervi jusques a pre-
ſent
[391]Von unterſchiedl. Teſtimoniis der Kauff.
ſent, \& en tout huict ans conſecutivement
dans mon negoce, ſavoir 5. Ans en qualité de
Garçon de Boutique, \& trois ans comme Com-
mis, \& étant preſentement reſolu d’ entrepren-
dre ſon propre Negoce, a quoy il luy faudra
entre autres avoir de telles lettres de Creance,
qui puiſſent rendre temoignage de ſa bonne
Conduite, \& fidelité. Je confeſſe, que j’ ay eté
tous jours tres ſatisfait de ſes ſervices, \& que je
ſouhaitterois que ſa place fut bientoſt remplie
par un autre Garæon auſſi ſage \& vertueux,
comme il a eté pendant qu’ il etoit chez moy,
\& comme je ſeray tous jours prêt de luy ren-
dre des bons offices, je prie auſſi touts ceux
qui liront la preſente d’ en faire de meme, \&
de s’ aſſurer que je le reconnoiteray en des
pareils occaſions fait a Leipzic. le. 28. d’ Octobr.
1715.
Lateiniſche Abſchiede.
QUi literas haſce exhibet, optimæ intolis
probatæ que fidei Juvenis N. N. per Sexen-
nium officio Miniſtri, in ædibus ac Negocia-
tione mea functus eſt; cum jam vero cupidita-
te diſcendi, ulterioresque Progreſſus in ſcien-
tiis Mercatoriis faciendi, iter ad nonnullas Ci-
vitates maritimas, (quæ inprimis commerciis
pereximiis pollent) facere decreverit, hancque
ob cauſam me rogaverit, ut hiſce literis com-
mendatitiis illum comitari velim, eò lubentibus
B b 4pre-
[392]Caput X.
precibus ſuis annuere volui, quod per integrum,
ſupra effatum tempus fideliter ac omni dili-
gentia, rebus meis familiaribus ac mercantili-
bus ita incubuerit, ut gratum ipſi meum ani-
mum teſtari omnino obſtrictus fim. Dignen-
tur itaque omnes \& ſinguli literas haſce lectu-
ri, illis plenam attribuere fidem, Exhibitori
vero illarum, Benevolentes vivere, ſtudiaque
ſua mercantilia, quâ poſſunt occaſione, promo-
vere, quod, ac ſi ipſe accepiſſem reputabo Dat.
Lipſiæ die 15. Aprilis A. 1715.
Denen alſo Abſchied-nehmenden Dienern
pflegen auch noch wohl Recommendations-Brie-
fe auf andre Oerter/ da ſie etwan hin gedencken/ oder
ihr Fo[r]tun ſuchen/ mitgegeben zu werden; angeſe-
hen ſolche ihnen vielmals den Acceß bey ein und
anderm vornehmen Kauffmann facilitiren/ zumal
wann der Recommandlrte an Perſon und Qua-
litaͤten darnach beſchaffen/ der Reeommendans
aber in Condition und Anſehen/ und derjenige/ an
dem die Recommendation lautet/ im Vermoͤgen
oder Pouvoir, und auch in Humeur und Beruff
der Hoͤflichkeit und Dienſtfertigkeit iſt/ daß er gerne
dienet/ und die von andern Leuten an ihm geſchehene
Recommendationes guͤltig ſeyn laͤſt/ ſelbige auch
in geziemenden Wuͤrden und Gewicht haͤlt/ dann
daß diefes letzere allezeit de facto oder de jure ge-
ſchehe/ lehret leider manchen reiſenden Handels-
Diener/ und auch andere Paſſagiers mehr als zu
viel die Erfahrung/ wann derjenige/ demer den
Recommendations-Brief bringt/ wenig oder
nichts Egard auf ihn hat/ und ihn kaum recht will-
kom-
[393]Von unrerſchiedl. Teſtimoniis der Kauff.
kommen heiſt/ zugeſchweigen/ daß er ihm einige
Douceurs oder Hoͤflichkeit erzeigen/ oder ihn un-
terzubringen/ und ſein Etabliſſement zu befoͤrdern/
ſich ſollte angelegen ſeyn laſſen; weil aber von dieſer
Materia in unſern Handels-Correſpondenten
ausfuͤhrlich gehandelt/ und die vielfaͤltige Urſachen/
warum der gleichen Recommendationes nicht al-
lezeit ihren erwuͤnſchten Zweck haben/ daſelbſt an-
gefuͤhret worden/ als halten wir uns dieſes Orts
dabey nicht auf/ wenden uns vielmehr noch zu eini-
gen Formularien von dergleichen mitgegebenen Re-
commendations-Briefen/ welche etwan alſo lau-
ten moͤchten.
P. P.
WAnn Vorzeiger dieſes/ N. N. nach dem er ſeine
Lehr- und Dienſt- und noch einige Diener-
Jahre/ bey mir redlich und wohl erſtanden/ nun-
mehro weiter in der Frembd ſich umzuſehen/ und
unter andern auch einige Zeit a Coſti ſich auf zuhal-
ten gedencket/ ob etwan daſelbſt eine gute Gelegen-
heit vor ihm/ von einer ſolchen Condition ſich er-
eignen moͤchte/ bey welcher noch was rechtſchaffenes
in Handlung zu ſehen und zu lernen waͤre; als habe
ich die Freyheit genommen/ ihm an E. E. durch
dieſes zu addreſſiren/ als wohl wiſſende/ daß dero
Hoͤflichkeit niemand anders als vergnuͤgt aufneh-
men/ und gleicher Geſtalt wieder von ſich laſſen kan/
welches ich ingleichem Fall mit denenjenigen die mir
von E. E. werden recommandirt werden/ auch al-
ſo zu halten/ niemals ermangeln werde/ der ich all-
ſtets verharre.
B b 5Ein
[394]Caput X.
Ein Anders.
DAß ich Bringer dieſes N. N. an E. E. zu re-
commandiren die Freyheit nehme/ geſchiehet/
weil unter andern Danck-Bezeugungen/ welche ich
ihme/ vor ſeine ſechs-jaͤhrige mir treulich geleiſtete
Handels-Dienſte/ zu erweiſen ſchuldig bin/ ich auch
dieſe vor eine der groͤſten halte/ wann ich ihm an ei-
nem ſolchen Ort/ da er frembd/ hinkommt/ und
gleichwohl ſein Handels-Fortun daſelbſt zu proſe-
quiren gedencket/ dergeſtalt recommandire/ und
addreſſire/ daß er ſogleich alles Vorſchubs und gu-
ten Raths ſich zu getroͤſten habe. Wann nun ſol-
ches bey E. E. ihrer Welt-bekannten Leutſeeligkeit
halber/ ſonderlich zu finden iſt/ als zweiffle ich nicht/ ſie
werden dieſer Recommendation, den erwuͤnſchten
Erfolg haben laſſen/ der ich ohne mehrers reci-
proquement verharre.
Ein Anders.
MJt dieſen wenigen Zeilen habe ich den Uber-
reicher derſelben N. N. meinen 4. Jahr lang
getreu geweſenen Handels-Diener/ nachdem er ſein
Gluͤck weiter in der Welt zu ſuchen intentionirt iſt/
begleiten/ und ſelbigen ſonderlich an E. L. addreſſi-
ren wollen/ damit beſagter N. N. eines durch meine
Recommendation neu-erworbenen Patroni an
demſelben in ſo weit ſich moͤge zu erfreuen haben/ als
fern ihme ein guter Rath zu ſeinen weitern/ GOtt
geb/ gluͤcklichen Progreſſen noͤthig ſeyn moͤchte/ ſol-
ches
[395]Von unterſchiedl. Teſtimoniis der ꝛc.
ches in gleichen Faͤllen wieder zu verſchulden/ bin
ich jederzeit ſo willig als bereit.
Ein anders.
DJe von E. L. ſo vielmahls erhaltene Verſiche-
rungen/ daß ſie in meinen Angelegenheiten al-
len geneigten Willen mir zu erzeigen/ nicht erman-
geln wolten/ machen/ daß (da ich unter andern
auch unter die Zahl ſolcher Angelegenheit dieſes
ſetze/ daß meine bey mir lang in treuen Dienſten
geſtandene Bediente/ wann ſie von mir wegkom-
men/ darnach aus meiner Vorſorg/ und Gewogen-
heit (ihnen zu helffen und ihr Beſtes zu befoͤrdern)
nicht moͤgen gelaſſen werden/ ich Bringern dieſes
N. N. meinen etlich Jahr lang geweſenen treuen
Handels-Diener/ an dieſelbe addreſſire/ mit freund-
lichen Erſuchen/ ſolchem allen geneigten Willen/ in
Anrathung des jenigen/ was zu ſeinem fernern
Scopo bey der Kauffmanſchafft dienen moͤchte/ zu
erzeigen/ ich werde es/ als mir ſelbſt geſchehen/ an-
nehmen/ und dafuͤr jederzeit verharren.
Mehrere dergleichen Formularia vide in un-
ſern allzeit-fertigen Handels-Correſpondenten.
Frantzoͤſiſche Recommendations-
Schreiben.
LE Porteur de la preſente, qui a ſervi dans
mon Negoce, pendant quatre ans, étant re-
ſolu, d’ aller en Hollande, pour y chercher,
quel-
[396]Caput X.
quelque nouvau employ, m’aprié de le recom-
mander a Vous dans la Confiance qu’il a, qu’a
l’ Egard que Vous aves été, jusques a preſent,
bon amy de mon Negoce, \& de ma perſonne.
Vous ne manqueries pas de le bien recevoir,
\& de l’ aſſiſter de vos bons Conſeils en ce qu’il
aura d’ entreprendre, pour ſon avantage, \&
comme je crois qu’ il ne ſe trompe pas dans
la bonne opinion, qu’ il a conceüe de Votre
bien veillance, je n’ ay pas voulu luy refuſer
ces lettres aux quelles j’ ajouteray ſeulement,
que je vous rendray la reciproque, toutes les
fois qu’ il vous plaira de me le commander
étant.
Ein anders.
C’eſt le Sieur Jerome N. natif de cette ville,
Marchand de profeſſion, qui fut jadis te-
neur des livres dans mon negoce, \& qui a cû
ſouvant l’ honneur de vous ecrire en mon
nom, qui vous porte cette lettre de Recom-
mandation de ma part, par laquelle, je vous
prie, de l’ aſſiſter de vos bons Conſeils, dans
le deſſin qu’il pourra avoir, le quel il vous ex-
pliquera plus au long de Bouche, lors qu’ il
aura l’ occaſion de vous parler, je vous diray
ſeulement, que le plaiſir que vous luy ferés,
ſera reputé comme fait a moy même, etant
au reſte.
Ein
[397]Von unterſchiedl. Teſtimoniis der ꝛc.
Ein anders.
ETant fortement perſuadé que les honnetes
gens qu’ on vous addreſſe, ne ſauroient ve-
nir en meilleures mains que dans les votres,
vous y recevrés donc le porteur de la preſen-
te le Sieur N. N. autrefois Commis dans mon
Negoce, au quel j’ ay bien voulu faire le plaiſir
de la reccomander a vous, puisque je m’ ac-
quitte parlla d’ une partie de ce que je luy dois
pour les bons ſervices qu’ il m’a rendu, il ne
demandera que vos bons Conſeils, \& peut etre
quelquês bonnes addreſſes, en ças qu’il allât
plus outre c’ eſt de quoy je vous prieray auſſi
tres inſtament, etant de rechef de tout mon
Coeur.
Ein anders.
CEs lignes ſerviront pour vous recommander
le porteur d’icelles, ſavoir le S. N. N. qui
apres avoir finis ſon apprentis ſage chez moy,
\& encor ſervi quatre ans en qualité de Com-
mis, cherche preſentement a voir ce qu’il ſe
paſſe dans le negoce, dans les pays etrangers,
\& ſur tout dans votre ville, etant meme reſo-
lu, de ſe remettre en condition ſur un bon
Comptoir, ſi l’ occaſion ſ’en preſentoit, com-
me, vous luy ſaures donner en cela la meilleu-
re addreſſe, je vous prie de le faire a mon
égard, \& d’ eſtre perſuade, qu’en toutes occa-
ſions,
[398]Caput X.
ſions, je ne manqueray pas non plus de vous
temoigner combien je ſuis.
Lateiniſche Recommendations-
Briefe.
QUi Tibi has literas tradit, miniſter Nego-
ciationis meæ olim fuit, nunc vero Com-
merciorum gratia, in Hollandiam tendit, ut
vero iter hoc bonis avibus expediat, literis
hiſce Commendatitiis ad te exaratis eum mu-
niri, valde a me petiit, arbitrabatur ad Tuum
erga ſe excitandum ſtudium, \& officium, nu-
dam inſcriptionem Nominis mei ſufficere, an
vero rectè ſenſerit, Experientiam expectat
Magiſtram, itaque Tuarum partium erit, ope-
ram dare, cum ne illum opinio fallat, tum ut
ego non pudore afficiar, qui tantum pondus
apud te exiſtimo habere. Vale.
Ein anders.
MOr is mei eſt bene cognitis, approbatisque
ferre ſuffragium, nec perſonas hominum,
ſed vitæ merita cogitare, cum ergo exhibitor
harum literarum, in Negotiatione mea tan-
quam fidelis miniſter per quatuor annos ſtre-
nuè militaverit, precor ut admiſſus in cliente-
lam tuam, \& meum. Patrocinium ſibi profuiſ-
ſe, \& Tuum acceſſiſſe lætetur.
Ein
[399]Von unterſchiedl. Teſtimoniis der ꝛc.
Ein anders.
VIrum Juvenem, Latorem harum literarum,
nomine N. N. ut Tibi commendem, æqui-
tas ipſa poſtulat, cum per quatuor \& quod ex-
currit annos, ſtrenuè ac fideliter in Negocia-
tione mea mihi operam navaverit ſuam, nunc
vero Studiorum ſuorum Mercantilium gratia,
ut ea indies magis magisque imprimis in
peregrinis oris excoleret, in Galliam tendens,
conatibus ſuis ut optimè conſulere velis enixè
rogo; qui reciprocè ad omnia benevolentiæ of-
ficia, me nunquam non habebis paratiſſimum.
Caput XI.
Welcher Geſtalt ein Kauff-
manns-Diener/ der nunmehro ſeinen
eigenen Handel anzufangen gedencket/ vor
dem Commercien-Collegio muͤſte examini-
ret/ hierauf frey geſprochen/ und der Zahl
der Buͤrger und Kauffleut einverlei-
bet werden.
WJe in aller Menſchen Actionibus, ſehr
viel an guter Ordnung gelegen/ alſo auch
vornehmlich in der Kauffmannſchafft/
welcher wir dannenhero nicht unbillig ei-
nen/ uͤber ſolche Ordnung haltenden Magiſtrat,
nehm-
[400]Caput XI.
nehmlich ein wohl-beſtelltes Commercien-Colle-
gium vorgeſetzet/ bey welchem ſich unter andern
aͤuch die Handels-Diener/ wann ſie nunmehro in
Numerum Civium \& Mercatorum wollen reci-
piret werden/ anzugeben haben. Dann obwohl
die Freyheit der Commercien und Policey erfor-
dern wolte/ daß man niemand/ ſich buͤrgerlich zu
nehren/ groſſe Schwuͤrigkeit machen ſolte/ ſo will
doch die gute Ordnung/ durch welche das gemeine
Weſen mit beſtehet/ auch das Jhrige haben; vor
allen aber ein anſehnliches Corpus der Kauffmann-
ſchafft eines Orts daruͤber halten/ daß es nicht mit
untuͤchtigen Gliedmaſſen/ welche des gantzen Leibes
Renommée und Credit ſchmaͤlern koͤnten/ uͤber-
haͤuffet werde. Hierzu dienet nun vornehmlich das
Examen, welches mit ſolchen Handels-Dienern/
die nunmehro ihr Eigenes anfahen wollen/ vor dem
Commercien-Collegio muͤſte vorgenommen wer-
den; Eben wie eine Handwercks-Zunfft keinen
zum Meiſter ſpricht/ er habe dann zuvor ein wuͤrck-
liches Meiſter-Stuͤck ſeiner Handwerckeriſchen Ge-
lehrſamkeit verfertiget und aufgewieſen.
Es ſeynd aber die zu examinirende Handels-
Diener auf unterſchiedliche Weiſe anzuſehen/ ent-
weder als Kauffleuts-Soͤhne/ oder als ſolche/ de-
ren Eltern von einer andern Profeſſion ſeynd. Sie
ſind auch anzuſehen als Einheimiſche oder Fremb-
de/ ingleichen nach der Handlung/ die ſie gelernet
haben/ als Leute/ die beym Groß-Handel/ oder bey
Seiden-Material-Tuch-Eiſen- und Holtz-Waa-
ren-Handel/ und andern dergleichen ausgedienet;
Wobey man ferner auf ihr Alter/ bißherige Con-
duite,
[401]Examen der Kauffmanns-Diener.
duite, und die daruͤber von ihren Patronis pro-
ducirte Teſtimonia Acht zu geben haͤtte.
Das erſte/ nehmlich die Conſideration, ob ſie
Kauffieuts Soͤhne ſeyn oder nicht/ betreffende/ ſo
haben jene in allen Republiquen und Policey-
Ordnungen/ ihrer Eltern wegen/ billig einen Vor-
zug/ alſo/ daß ſie eher zur Meiſterſchafft gelangen/
weniger Unkoſten vor Buͤrger- und Meiſter-Recht
anwenden/ und auch kein ſo rigoreuſes Examen
ausſtehen duͤrffen/ als diejenige thun muͤſſen/ wel-
che keine Meiſters-Soͤhne gebohren ſeyn. Jnſon-
derheit wird es alſo bey den Handwerckern/ und
ſo auch faſt aller Orten bey denen Kauffleuten ge-
halten. Die Frantzoͤſiſche Verordnung lautet dieſer
letzern wegen/ als folget:
Tit. I. Artic. I.
JN denen Orten/ wo die Kauffleute Zuͤnffte
haben/ ſollen die Lehr-Jungen/ die von denen
Statuten geſetzte Zeit erfuͤllen; der Principalen
Kinder aber/ wann ſie in dem Hauß ihres Vatters
oder Mutter/ die eben mit dergleichen Waaren
handeln/ biß in ihr 17tes Jahr incluſivè wuͤrcklich
verbleiben/ ſollen gleich denen jenigen/ die ihre Lehr-
Jahre ausgeſtanden/ gehalten werden.
Artic. II.
DErjenige/ welcher ſeine Lehr-Jahre ausge-
ſtanden/ ſoll bey ſeinen Lehr-Herrn/ oder bey
einem andern Kauffmann gleiches Gewerbs/ noch
ſo lang zu bleiben verbunden ſeyn/ welches auch bey
Principalen Kinder ſtatt haben ſoll.
C cArtic.
[402]Caput XI.
Artic. III.
KEiner ſoll vor einen Principalen/ wann er nicht
20. Jahr vollkoͤmmlich alt/ und ſeinen Lehr-
Brief und Zeugniß ſeiner Dienſte/ die er hernach
verrichtet/ bringet/ aufgenommen werden/ und in
Fall dasjenige/ ſo in dem Zeugniß (oder Abſchied)
enthalten/ ſich nicht alſo verhielte/ ſolte der neu-an-
gehende Principal, der Zunfft/ wie auch des Rechts/
ein Patron zu werden/ beraubt ſeyn/ ſein Lehr-Herꝛ
aber/ welcher ihme das falſche Zeugniß gegeben/
500. Gulden/ und die/ ſo es als Zeugen unterſchrie-
ben/ jeder 300. Gulden Straff erlegen.
Artic. IV.
DEr jenige/ ſo zum Patron gemachet werden
ſoll/ ſoll ſo viel/ als zu den Handel/ den er trei-
ben will/ gehoͤret/ auch uͤber das Jtaliaͤniſche Buch-
halten/ Wechſel-Briefe/ Schein/ Eintheilung der
Elen/ Pfund und Marck/ Gewicht/ Maaß und
Qualitaͤten der Waaren/ gefragt und examiniret
werden.
Artic. V.
WJr verbieten denen Particulier-Kauffleuten
und Zuͤnfften/ bey Straff von hundert Gul-
den/ von dem neu-angehenden Kauffmann kein
Preſent, ausgenommen was ihren Statuten ge-
maͤß iſt/ vor die Aufnehmung in ihre Zunfft zu neh-
men/ ſo ſoll er auch kein Gaſtmahl deßwegen aus-
rich-
[403]Examen der Kauffmanns-Diener.
richten/ oder ſo ers thut/ ſo gleich der Zunfft wie-
der verluſtig ſeyn.
Artic. VI.
ALle Negociantten/ ſo wohl Groſſirer als des
Handkauffs/ wie auch Wechsler/ ſollen in Sa-
chen des Handels und Wechſels vor Majorennes
gehalten/ und in integrum unter dem Vorwandt
der Minderjaͤhrigkeit nicht reſtituiret werden koͤn-
nen.
Jn unſern Teutſchen Handels-Staͤdten/ wo
die Kraͤmer-Jnnungen und Guͤlden noch ſtrictè ge-
halten/ und obſerviret werden/ iſt ein Kraͤmers-
Sohn/ ſo bald ihm ſein Vatter loß geſprochen/ faͤhig/
ſeinem verſtorbenen Vatter/ gleich darinnen zu ſuc-
cediren; da einer/ der keines Kraͤmers Sohn/ ent-
weder in die Jnnung hinein heyrathen/ eines Kraͤ-
mers Wittib oder Tochter nehmen/ oder auch et-
liche Jahr um die Jnnungs-Freyheit bey einem
Kraͤmer dienen muß/ wiewohl/ wann man darin-
nen zu ſtrictè mit einem guten Subjecto, oder auch
mit einem wohlbeguͤterten Frembden/ der ſich hieſi-
ger Orten niederlaſſen/ ein gut Capital ins Land
bringen/ Manufacturen étabiliren/ und ſolche
nebenſt einem andern Sortement Waaren ins
Kleine/ und beym Ausſchnitt vertreiben/ ver-
fahren/ und die Kraͤmer-Jnnung ihme (weil
er nicht bey ihnen ausgedienet/ oder in ihre Jnnung
geheyrathet haͤtte) zu viel Schwuͤrigkeit machen
wollte/ die hohe Lands- oder Stadt-Obrigkeit/
darinnen einen Macht-Spruch thun/ und ihme das
C c 2Pri-
[404]Caput XI.
Privilegium des Ausſchnitts aus Obrigkeitlicher
Macht und Gewalt/ ertheilen koͤnte/ weil die An-
zahl der Buͤrger und Einwohner zu vermehren/ ihre
heilſame Abſicht darunter mit ſeyn muß/ vornem-
in ſo weit/ als die Conſtitution der Stadt/ ihrer
Einwohner/ und Kraͤmer-Jnnung ſo beſchaffen/
daß dieſe noch wohl mehrere Jnnungs-Genoſſen
neben ſich leiden/ und ohne ihren Schaden ertragen
kan. Wo aber dieſer offenbar ſich zeigte/ ſo gehet man
freylich behutſam/ die Zunfft oder Jnnung nicht
mit all zu vielen Gliedern und Nahrungs-Genoſſen
zu uͤberhaͤuffen/ damit einer nicht den andern verder-
be/ und endlich mehr Kraͤmers als Abkaͤuffers ſich
finden moͤchten. Rede ich alſo in dieſem Stuͤck/ ſo
wohl vor/ als wider die Kraͤmers das Wort/ weil
ich ein Feind alles Monopoliſchen Zwangs und
ſcharffer Cenſor deſſelben/ jedesmal/ in ſo weit ſeyn
werde/ als ſolcher der Freyheit der Commercien
und dem Anwachs der Buͤrgerſchafft zuwider iſt/
wovon kuͤnfftig in unſerm Tractat von der in ge-
wiſſe Zuͤnffte wohl eingetheilten Buͤrgerſchafften ein
mehrers zu erſehen ſeyn wird.
Daß aber Kauffleut Soͤhne/ vor Frembde/
auch in dem Examine, einige Ausnahm haben/ ge-
ſchiehet darum/ weil von ihnen præſumiret wird/
daß/ indem ſie von Kauffmaͤnniſchen Exaction ſeyn/
ſie auch um ſo viel getreuer und beſſer von ihren El-
tern zur Kauffmannſchafft werden ſeyn angehal-
ten worden/ welches Frembden nicht allezeit ſo wie-
derfaͤhret; jedoch iſt das Examen mit ihnen auch
nicht ſo allerdings aus der Acht zu laſſen/ ſondern
zum
[405]Examen der Kauffmanns-Diener.
zum wenigſten uͤber das Eſſentielſte der Handlung
mit ihnen anzuſtellen.
Was dem Examini aller Kauffmanns-Die-
ner/ welche ihren eigenen Handel anzufangen ge-
dencken/ vorhergehet/ beſtehet darinn/ daß ſie ſich
erſtlich bey dem Commercien-Collegio, oder ob
ſie von der Jnnung ſeyn/ bey derſelben/ und deren
Aelteſten angegeben/ ihnen ihr Vorhaben eroͤffnen/
und um Anſetzung eines Termins bitten/ in wel-
chem ſie des Examinis und anderer Solennitaͤten
halber præſtanda præſtiren moͤgen. Wann ſol-
cher erſchienen/ ſo ſtellen ſie ſich nebſt ihren bißher-
geweſen Handels-Patron, oder ſo ſie auſſer Dienſt
ſtuͤnden/ und etwan anderwaͤrts ſerviret haͤtten/
mit ihren Abſchieden und Teſtimoniis vor dem
Commercien-Collegio, Zunfft und Jnnung ein-
produciren/ auch zugleich/ wann ſie der Orten ge-
buͤrtig/ und ihre Jungens-Jahr daſelbſt erſtanden/
ihren von dem Commercien-Collegio erhaltenen
Ein- und Ausfchreib-Schein/ auch den daſelbſt
confirmirten Contract, welchen ſie mit ihren Han-
dels-Patronis, bey welchen ſie als Diener gedienet/
aufgerichtet haben/ und beweiſen durch ihre muͤnd-
liche Ausſage oder ſchrifftliches Zeugnis/ wie ſie ſol-
chen in allen ein Genuͤgen geleiſtet haͤtten/ wann
dieſes geſchehen/ ſo erfolget das Examen, und zwar
ſchon in etwas wichtigen und hoͤhern Materien/ als
bey dem Examine der/ ihre Jahr erſtandener/
Jungen nicht geſchehen iſt. Man hat aber vornehm-
lich die Abſicht auf die Handlungs-Art/ welche der
junge Anfaͤnger unternehmen will/ und richtet
C c 3ſo-
[406]Caput XI.
ſodann die Fragen um ſo vielmehr darnach ein/
als z. E.
Es haͤtte einer bey einem Cambiſten gedienet/
welcher mit nichts als mit Wechſeln zu thun ge-
habt/ ſo werden ſich wohl wenig/ auſſer nur Capi-
taliſten/ finden/ welche auf die Unternehmung der-
gleichen Negotii das Meiſter-Recht und Examen
bey dem Collegio ſuchen ſollten; ſondern es pflegen
dergleichen Dieners/ welche bey ſolchen Banquiren
gedienet/ gemeiniglich hernach nur auf das Buch-
halten/ und mit ſolchem ein Contoir zu bedienen/
ingleichen auf die Maͤckeley ſich zu legen; oder ſie ſu-
chen ſich auch in einen andere Handlung/ die leicht
zu begreiffen iſt/ einzuſchwingen. Was hingegen rei-
che Kauffmanns-Soͤhne ſeyn/ die koͤnnten (1) uͤber
die Natur eines Wechſels/ was derſelbe ſey/ woher
er entſpringe/ was vor Nutzen er bringe/ wie vieler-
ley Wechſel zu finden ſey/ was vor Perſonen darzu
gehoͤren/ auch wie dergleichen Wechſel zu formiren
und zu ſtellen ſeyn; (2.) Uber jede Art der Wech-
ſel auf auslaͤndiſche Oerter/ inſonderheit wie z. E.
von hieraus nach Spanien/ Franckreich/ Enge-
land/ Holland und ſo weiter auf andere Laͤnder und
Handels-Plaͤtze gewechſelt werde/ was der Pari ſol-
cher frembden Wechſel-Gelder/ die Art ihrer Re-
duction, und der j[e]tzige Cours, auch wie nach ſol-
chem der Wechſel zu berechnen/ und der Gewinn
oder Verluſt/ (es ſey/ daß ein Wechſel nur gerade
zu/ oder uͤber unterſchiedliche Handels-Plaͤtze/ und
nach diverſen Curſen und Rechnungen-Lauff/)
zu calculiren ſey/ gefraget/ und ihme dabey ein
Intricater Wechſel-Caſus, etwan wie dergleichen
in
[407]Examen der Kauffmanns-Diener.
in unſerm Probier-Stein der Buchhalter/ hinten
mit annectiret worden/ gegeben/ und wie er ſolchen
zierlich zu Buch zu ſtellen gedaͤchte/ gefraget wer-
den; weil wir als ein vornehmes Præſupoſitum,
oder Vorausgeſetztes/ bey allen ſich bey dem Com-
mercien-Collegio der Meiſterſchafft/ wegen
angebenden Handels-Diener/ ſetzen/ daß keinem
ſein Eigen anzufangen ſollte zugelaſſen werden/ er
haͤtte dann zuvor gewieſen/ daß er das Buchhalten
perfect verſtuͤnde/ oder ſo er nur eine kleine Hand-
lung anzufangen; oder/ ſich in einer geringen Land-
Stadt zu ſetzen gedaͤchte/ doch ſo viel davon wuͤſte/
als ihme ſeine eigene Scripturen in guter Ordnung
zu halten noͤthig thaͤte; dann daß viele Proceß und
Unordnungen unter Kauffleuten aus Mangel ge-
nugſamen Wiſſenſchafften des Buchhaltens her-
kommen/ ſolches iſt gewiß/ und kan faſt von keinem
Handels-Diener verantwortet werden/ wann er
nicht bey Zeiten/ daſſelbe gelernet. Ja ich weiß faſt
nicht/ ob diejenige/ die gantz keine Wiſſenſchafft da-
von haben/ nicht ſo lang ihren eigenen Handel anzu-
fangen/ koͤnnten ausgeſchloſſen werden/ biß fie ſel-
biges vollkommlich erlernet und deßfalls dem Exa-
mini ſich auf alle Weiß und Wege unterwerffen
koͤnten.
Wir gehen aber weiter/ und betrachten/ was ein
Handels-Diener/ der auf groſſen Contoiren die
Buͤcher gefuͤhret/ etwan auch die Caſſam unter
Handen gehabt/ und bey allerhand See- und Land-
Handlungen vor Eigene- und Commiſſion-Rech-
nung; ingleichen bey dem Groſſo-Handel geſtanden/
vor ein Examen ſeiner Profectuum halber (auf
C c 4wel-
[408]Caput XI.
welche er zum eigenen Handel zu gelangen geden-
cket) auszuſtehen habe. Hier wird nun wiederum
des Candidati, ſeine vorhabende Handlung conſi-
deriret/ und darnach das Examen eingerichtet.
Will er z. E. eben wie ſein geweſener Patron, eine
Handlung auf Spanien/ Engeland/ oder Franck-
reich étabiliren/ ſo fraget man ihm nicht unbillig/
ob er auch ſein Capital zulaͤnglich darzu zu ſeyn er-
achtet/ ob ers vor ſich oder in Compagnie mit je-
mand zu unternehmen gedaͤchte/ der Sprach des
Landes kundig waͤre/ deſſen Gewohnheit und Rech-
ten/ wie auch die Manier darinn zu handeln wohl
wuͤſte/ ob er getreue Leute zu Dienern und Facto-
ren/ worinn der Unterſchied der Gelder beſteht/
wie die Wechſel dahin courſirten/ wie ſich ſelbigen
Reichs- oder Lands-Maaß und Gewicht/ gegen
dem hieſigen verhalte.
Von denen Waaren/ und ſonderlich denen/
damit er zum meiſten zu handeln gedaͤchte/ muͤſte
man ihn fragen/ wie vielerley/ und welches die be-
ſten Sorten darum waͤren/ wo ſie herkaͤmen/ wuͤch-
ſen wie ſie ferner tractiret/ zubereitet und gemachet/
auch wo ſie aus der erſten Hand eingekaufft/ wie
theuer ſelbige bezahlet/ auch zu was Preiß ſolche da-
ſelbſt/ und dann wieder allhier verkauffet wuͤrden/
was vor andere Waaren man dagegen hinſenden/
und mit Nutzen verſilbern koͤnnte; wie das Juſtitz-
Weſen in ſelbigem Land beſchaffen/ was vor Ge-
wohnheit und Privilegia die daſelbſt Wohnende/
ſo wohl einheimiſche als auslaͤndiſche Kauffleute
haͤtten/ was er in waͤhrenden ſeinen Dienſt-Jah-
ren in ſeines Patrons Haus/ auf deſſen Contoir
oder
[409]Examen der Kauffmanns-Diener.
oder aufferhalb demſelben von frembden Leuten ge-
hoͤret haͤtte/ was die Handlung dahin verbeſſern/
und die im Weg ſtehende Hindernuͤſſen aufheben
koͤnte/ ꝛc.
Wegen der See-Fahrt haͤtte man ihn zu befra-
gen/ was aſſecuriren/ auf Bodmerey geben/ Ha-
verey bezahlen/ Prœmie und Schiffsparten hieſ-
ſen, was bey jeder dieſer zu bemercken/ und vor
Cautelen dabey eine Obacht zu nehmen ſeyn; wie
vielerley Arten zur See-fahrende Schiffe gefunden
werden; was eigentlich vor eine Art nach dieſem
oder jenem Land zu gehen; was ſie etwan/ wann
man ſie neu bauen lieſſe/ an Bau-Lohn und Mate-
rialien/ hernach auch an der Ausruͤſtung koſten;
wie hoch die damit zu verdienende Frachten/ ſich
jaͤhrlich einem gewiſſen Quanto nach/ ungefaͤhr we-
niger oder mehr/ betruͤgen; ob man eine lange Rei-
ſe zu Waſſer/ nach dieſem oder jenem Land haͤtte;
ob gefaͤhrliche Oerter zu paſſiren/ und die Reiſe
zu allen Zeiten des Jahrs/ oder nur zu gewiſſen an-
ſtellen koͤnte; was ihme von denen See-Rechten be-
kannt/ und ob er auch etwas von der Schiff Farth
ſelbſt/ ſonderlich von der Steuermanns-Kunſt ver-
ſtuͤnde; ob er jemals zur See gefahren/ und alſo/
was die Waſſer-Commercien betrifft/ ſich dieſelbe
wohl bekannt gemacht haͤtte.
Hiernechſt koͤnnte man zu denen Scripturen/
welche auf Contoiren vorfallen/ ſchreiten/ und ih-
me von dem/ ſo er unter Handen gehabt/ examini-
ren/ ſonderlich wie oben ſchon gedacht/ wegen des
Buchhaltens/ ingleichen was geringere Schrifften
und Documenta ſeyn; man koͤnte ihm zugleich ſeine
C c 5Han-
[410]Caput XI.
Handels-Buͤcher/ die er kuͤnfftig zu halten geden-
cket/ mitbringen laſſen/ und ſelbige mit des Collegii
Stempel beſtempeln/ auch etwan ein und andere
gute Erinnerung und Ermahnung geben/ wie er ſich
ſich kuͤnfftig/ wann er nunmehro ſeinem eigenen
Handel angefangen/ denen hieſigen Land und Sta-
tutis nach/ zuverhalten habe.
Handels-Diener/ welche bey Seiden-Hand-
lungen und Manufacturen/ in Groſſo oder beym
Ausſchnitt gedienet/ und ſo auch ihre eigene Hand-
lung zu étabiliren gedaͤchten/ koͤnte man erſtlich/
wegen der vielerhand Arten von Seiden/ und wel-
ches diejenige ſeyn/ die er zum meiſten zu ſeiner Hand-
lung und Manufactur zu gebrauchen gedaͤchte/
was ſolche vor Qualitaͤten an ſich haben muͤſſen/
wo und wann/ auch zu was Preiß ſie eingekauffet
werden/ ob er ſie roh oder zubereitet und gefaͤrbet ein-
kauffe/ ſelbſt damit umgehen/ und eine gantze Ma-
nufactur dirigiren/ denen Handwercksleuten/
was ſie thun und laſſen ſollen anzeigen/ und von der
Qualitaͤt einer Waar wohl judiciren koͤnne/ wo-
hin er ſeinen Vertrieb anzuſtellen gedaͤchte; ob er
mit eigenen oder auf Zins-genommenen Geldern/
ſeine Handlung anfienge; an welchem Ort der
Stadt/ wann er zum Ausſchnitt Belieben truͤge/ er
ſeinen Laden/ oder Gewoͤlb nehmen und eroͤffnen
wollte; wie vielerley Waaren zu einem wohl ſortir-
ten Seiden-Laden gehoͤrten; wo hieſiger Landes-
Conſtitution nach/ der beſte Einkauff darinnen vor-
zunehmen; wie hieſige Elen gegen anderer Laͤnder
und Staͤdte Elen/ ſo wohl nach dem Stuͤck als
hundert ſich verhalte/ und wie die Reduction oder
Ver-
[411]Examen der Kauffmanns-Diener.
Vergleichung einer gegen die andern zu berechnen
ſey; was ein guter Sammet/ Atlas/ Taft und an-
der Seiten-Zeug; ingleichen die Brocaden/ Da-
maſten und andere Zeuge/ von gebluͤmter oder ge-
zogener Arbeit/ wann ſie recht gut ſeyn ſollen/ vor
Qualitaͤten an ſich haben muͤſſen; wie breit und
mancherley Sorten ein jede ſey; was bey dem Aus-
ſchnitt zu dieſer oder jener Art/ Manns- oder Frauen-
Kleider/ am meiſten/ auch wie viel an Elen zu einem
jeden/ genommen werden; wie eine Fabric vor der
andern beſſere oder ſchlechtere Waaren habe; was
jetziger Zeit die gangbarſten und groͤſſeſten Moden
darinnen ſeyn/ wie ein Seiden-Haͤndler ins Groß,
ingleichen einer im Ausſchnitt/ wie auch ein Manu-
facturier am bequemſten und richtigſten Buch und
Rechnung halten muͤſte; ob er nicht einige Arten
von Waaren/ welche bißher von andern Orten ver-
ſchrieben worden/ im Land und hieſiger Stadt
ſelbſt koͤnte machen laſſen/ und alſo Nachricht von
einigen neu zu introducirenden Manufacturen haͤt-
te Hiernechſt koͤnnte man ihn auch uͤber die in ſeiner
Handlung beduͤrffende Wechſel und deren Aus-
rechnung/ auch wie er ſolche alsdann zu Buch ſtel-
le/ und ob er nicht hinfuͤhro ſeine Remeſſen auf ei-
ne bequemere und ſichere Weiſe anſtelle koͤnten/ exa-
miniren Jch bin gewiß/ es wuͤrden bey einem ſol-
chen Examine ſo ſchoͤne Remarques und Erinner-
ungen vorkommen/ die nicht allein dem jungen An-
faͤnger ſelbſt erſprießlich/ ſondern auch dem Com-
mercien-Collegio anreitzend und nachrichtlich
ſeyn koͤnten/ auf ein und das andere zu des Landes
Be-
[412]Caput XI.
Beſten Speculation und ſo ferner neue und gute
Anſtalten zu machen.
Ein junger Anfaͤnger des Tuch-Handels/
muͤſte erſtlich uͤber das/ was ein gutes Tuch ſey/
und bedeute/ dann auch uͤber die vielerhand Arten
derſelben und den Unterſchied der Wolle/ auch wie
jede derſelben im Preiß und Qualitaͤt ſey/ befraget
werden; Ferner koͤnte man ſich erkundigen/ ob er
im Aus- oder Jnlaͤndiſchen Tuch ſeinen eigenen Han-
del am meiſten anzuſtellen gedaͤchte/ ob er die Tuͤ-
cher roh einkauffe/ und ſolche ſelbſt faͤrben und zu-
bereiten laſſen wollte/ oder/ ob er ſie gantz fertig ein-
kauffen wuͤrde; indem erſten Fall muͤſte man ihn
ferner fragen/ um die an einer jeden Art Tuͤcher
erforderten/ ſo wohl innerlichen als aͤuſſerlichen
Qualitaͤten/ an Breite/ Laͤnge/ Farb und Berei-
tung. Wann er ſelbſten zu faͤrben gedaͤchte/ muͤſte
man ihn uͤber die Quantitaͤt und Qualitaͤt der In-
gredientien an Farb-Waaren/ zu einem jeden
Stuͤck Tuch/ befragen/ auch ob ihme/ was deßfalls
der hohen Lands- oder Stadt Obrigkeit/ ſo wohl
im Faͤrben als Zubereiten und Schauen ihre Ord-
nung waͤre/ bekandt ſey; ob er ſich derſelben gemaͤß
zu verhalten gedaͤchte. Da auch ein Commercien-
Collegium mercken ſollte/ daß ein ſolcher junger
Candidatus noch hier oder dar was vergeſſen/ gar
nicht wuͤſte oder erfahren haͤtte/ auch etwan vor-
hero noch gewiſſe Præſtanda, bey einer oder der
andern Zunfft oder Jnnung præſtiren muͤſte/ koͤn-
te ſelbiges ihn deſſen freundlich erinnern/ und ihme/
ſo viel als an dem Collegio iſt/ allen Vorſchub thun;
wie dann ein ſolches Commercien-Collegium
nicht
[413]Examen der Rauffmanns-Diener.
nicht ſo wohl ein Richter/ als eine ſorgfaͤltige Mut-
ter und Patronin ſeyn muß/ zu welcher alle/ die im
gantzen Land oder in der Stadt Handel und Wan-
del treiben/ im Nothfall ihre Zuſlucht nehmen/ und
ſich bey demſelben Rath/ Schutz/ Huͤlffe und Troſt
zu erfreuen haben moͤchten.
Materialiſten und Gewuͤrtz-Haͤndlers/
koͤnnten bey dem Collegio, nach Anleitung unſers
Kauffmanns-Magazin/ uͤber allerhand Drogui-
ſtereyen/ Materialien und Gewuͤrtz-Waaren exa-
miniret werden; man koͤnte ſie fragen wo ſolche am
erſten herkaͤmen/ wie vielerley Sorten ſeyn/ was
jede Sort vor gute Qualitaͤten an ſich haben muͤſſe/
wo und welcher Geſtalt/ auch auf was Condition,
und zu was Preiß ſie eingekaufft/ und wie/ auch
wohin/ und zu was Gebrauch ſolche wieder ver-
kauffet werden; wie man ſie conſervire/ ſortire/
und mundire; was ferner vor Chymiſche Labo-
res, ſonderlich in der Deſtilir-Kunſt bey dem Ma-
terial-Handel vorfielen/ wie ſolche tractiret/ und
die Compoſita recht nach der Kunſt verfertiget wuͤr-
den; was vor Betrug bey ein oder der andern Ma-
terial-Waar pflege ausgeuͤbet zu werden; wie ſol-
cher zuerkennen und zu verhuͤten ſey/ und ſchickte
ſich hierbey und bey einem ſolchen Examine derjeni-
gen/ die aus dem Diener-Stand nunmehro ihren
eigenem Handel antretten wollen/ gar wohl/ daß
nach vollendetem Examine, man ihnen die Statuta,
Land-Stadt-Jnnungs- uud Policey-Geſetze vor-
leſe/ und daß ſie ſelbige insgeſamt (vornehmlich aber/
was die Policey von aufrichtigem Handel und
Wandel/ und das niemand mit falſcher Waar/
Maaß
[414]Caput XI.
Maaß oder Gewicht ſollte betrogen oder verbotte-
ne Waaren verkaufft werden/ verordnete) ſteiff
und veſt halten wollten/ ſie mit einen Eyd-
Schwur bekraͤfftigen lieſſe; worauf und nicht eher
der Candidatus in die Matricul der Kauffleute koͤn-
te eingeſchrieben werden. Dieſes aber ſey in Paren-
theſi geſagt; wir wenden uns nun wieder zu unſern
Materialiſten/ welcher hierauf ferner uͤber hieſige
Maaß und Gewicht/ trockener und fluͤßiger Dinge/
deren Vergleichung mit anderer Laͤnder Maaſſen/
ſonderlich derjenigen/ wo die meiſte Materialia und
Gewuͤrtze herkommen/ koͤnte befraget werden. Ein
Commercien-Collegium wird auch ferner einen
Unterſchied in Fragen/ zwiſchen einem Materiali-
ſten/ der mit koſtbaren Droguiſtereyen/ Olitaͤten/
Saamen/ Saͤfften und Kraͤutern/ Handels und
einem Gewuͤrtz-Kraͤmer/ der nur mit Gewuͤrtz/ etwas
Specereyen/ und im uͤbrigen mit groben Materia-
lien umgehet/ auch mit ſolchen Kauffleuten/ die ins
Groß, und dann wieder mit ſolchen/ welche damit
ins Kleine handeln/ einen Unterſchied machen/ und
das Examen darnach anzuſtellen wiſſen; wobey mir
nicht uneben beyfaͤllt/ ob zu einem ſolchen Examine
eines Candidati nicht zwey oder mehr von denen
Aelteſten ſeiner Jnnung/ zu welchen er gehoͤret/
deſſelbigen Tages koͤnten mit in das Commercien-
Collegium geruffen werden/ daß ſie nicht allein
dem Examini deßjenigen/ der kuͤnfftig ihr Mit-
Bruder ſeyn ſoll/ beywohnten/ ſondern auch/ weil
ihnen/ was zu ihrer Handlung gehoͤret/ und worinn
ein junger Menſch auf die Prob muß geſetzet wer-
den/ am beſten bekandt iſt/ ſie zugleich mit die Hand
an
[415]Examen der Kauffmanns-Diener.
an das Examen legen/ und folglich/ wann er wohl
beſtanden/ nebenſt dem Commercien-Collegio
zugleich das Ateſtatum mit unterſchreiben koͤnnten;
ſo haͤtte der neue Amts-Bruder/ keiner weitern Un-
koſten noͤthig/ als daß er nur auch ſeiner Jnnuns-
Matricul, unter welche er gehoͤret/ inſeriret werden
doͤrffte. Weil auch gemeiniglich bey denen/ die in
Material-Handlungen/ und Gewuͤrtz-Laͤden ge-
dienet/ die Wiſſenſchafften der Kauffmaͤnniſchen
Scripturen ſehr ſchlecht iſt; als koͤnte man/ um ſie
beſſer darzu anzutreiben/ und ihnen eine Furcht ein-
zujagen/ auch kuͤnfftig das Examen uͤber dergleichen
Handels-Schrifften mit ihnen anſtellen/ und zum
wenigſten von ihnen begehren/ Red und Antwort
zu geben/ was eine Factura, Current und Zeit-
Rechnung/ ein Connoiſſement, Bodmerey/ Aſ-
ſecuranz, Haverey/ ein Wechſel und Reſcontro
ſey/ welcher Geſtalt ein Gewuͤrtz-Kraͤmer und Ma-
terial-Haͤndler/ fuͤglich Buch und Rechnung uͤber
ſeine Handlung und ein zulaͤngliches Inventarium
uͤber ſeine Waaren fuͤhren koͤnne. Welches alles
um ſo viel nothwendiger/ als biß hieher/ der Teutſche
Gewuͤrtz-Handel ſich meiſten Theils auf Venedig/
Hamburg/ und Amſterdam eingeſchrencket/ und viel
die dabey gedienet/ wann ſie Tag und Nacht in Ge-
woͤlbern und Laͤden/ ſich bey denen Waaren ha-
ben muͤſſen ſauer werden laſſen/ es nicht weiter ge-
bracht/ als daß ſie etwan einer verkaufften Rech-
nung-Fracht und Aviſo-Brief/ zur Noth aber ein
Memorial mit beygehenden Schreiben/ was ſie
etwan an friſchen Waaren entboten/ haben aufſe-
tzen
[416]Caput XI.
tzen koͤnnen/ und ſo viel auch von den Material- und
Gewuͤrtz-Haͤndlern.
Ein Eiſen-Kraͤmer/ haͤtte vor dem Com-
mercien-Collegio, mit Zuziehung der Eiſen-Kraͤ-
mer-Aelteſten folgendes Examen auszuſtehen: als
daß man ihn erſtlich uͤber diejenige Sorten von Waa-
ren befragte/ welche in ihren Kram hinein lauffen; in-
ſonderheit koͤnte er uͤber die Nuͤrnberger/ Schmal-
kalder/ Steueriſche/ Frantzoͤſiſche/ Jtaliaͤniſche und
Engliſche Eiſen- und Stahl-Waaren befraget
werden/ wie vielerley Sorten und Numeri von je-
der zu finden/ und ſo er auch bey Eiſen-Handlun-
gen gedienet/ welche ins Groß mit allerhand Sor-
ten von Stahl und Eiſen/ Blech/ Zinn und andern
Metallen umgegangen/ etwan auch ſelbſt Berg-
und Hammer-Schmeltz- und Huͤttenwercker/ ge-
habt/ und aus ſolchen/ nebenſt dem Eiſen andere Mi-
neralia gefuͤhret/ koͤnte er ins beſonders auch dar-
uͤber vernommen/ und nach Befinden ihme von dem
Commercien-Collegio zu Anfang ſeiner Hand-
lung mit gutem Rath und Erinnerungen an die
Hand gegangen werden. Vornehmlich aber haͤtten
die Herren Examinatores auf der (ihrem Examini
ſich ſolcher Geſtalt ſiſtirenden) Handels-Diener
ihre geweſene Patronos, ingleichen auf den Ort/
und die Handlung/ wo/ und in welcher ſie ihre Jun-
gens-Jahre ausgeſtanden/ und hernach ferner als
Dieners gedienet acht zu geben/ und nach Befinden/
der Umſtaͤnde/ alsdann zu urtheilen/ was an einem
ſolchen Menſchen zu thun/ und kuͤnfftig von ihme zu
hoffen ſeyn moͤchte. Dann gewißlich/ wer einen
guten Lehr-Herꝛn gehabt/ in beruͤhmter Handlung
ſeine
[417]Examen der Kauffmanns-Diener
ſeine Jahr erſtanden/ folglich ſich auch noch ander-
waͤrts verſucht/ und ſein Gluͤck bey Handlungen zu
machen/ keine Muͤhe/ Fleiß noch Studiren ſich hat
dauren laſſen/ von dem ſtehet ſchon zu præſumiren/
daß er kuͤnfftig in ſeinem eigenen Handel ſich ſolches
alles wohl zu Nutz machen/ und ein wuͤrdiges Mit-
Glied der loͤblichen Kauffmannſchafft/ deſſelbigen
Orts/ abgeben werde/ zumal/ wann ein ſolcher
Menſch zugleich ſein reifes Alter und Judicium er-
reichet/ ein gutes Zeugnis ſeines Wohlverhaltens
vor ſich hat/ entweder ſelbſt von guter Extraction
und Familia iſt/ oder doch vornehme Freunde hat/
welche ihm in Nothfall unter die Arme greiffen/ und
mit Rath und That asſiſtiren koͤnnen. Gemeiniglich
etablirt ſich derjenige/ der ſeinen eigenen Handel un-
ternimmt/ auch zugleich ſein eigenes Haus-Weſen/
und ſuchet ſich ein liebes Weibgen aus/ welche ihme
eine gute Gehuͤlffin/ wo nicht vor ihre Perſon/ doch
durch die Mittel/ die ſie ihme zubringt/ kuͤnfftig in
ſeiner Handlung werden moͤge; und iſt es wohl der
Eheſtand/ welcher die meiſten/ nach ihrem eigenen
Handel zu ſtreben/ antreibet. Vielen ſchmeichelt auch
das Gluͤck dergeſtalt/ daß es ihnen reiche Witt-
Weiber und Kauffmanns-Toͤchter zuweiſet/ bey
welchen ſie gleich in eine établirte Handlung hinein
kommen; Da dann die Affaires die beſten Lehr-Mei-
ſters ſeyn/ die einen ſolchen jungen Anfaͤnger/ das
Ubrige/ was ihme etwann in dem Examine abge-
gangen/ noch voͤllig anweiſen/ und mit der Zeit un-
terrichten koͤnnen/ wie dann auf alle dergleichen
Umſtaͤnde/ ein loͤblich Commercien-Collegium,
wann ſich Candidati bey ihme angeben/ Reflexion
D dzu
[418]Caput XI.
zu machen hat/ und folglich ſo viel weniger difficul-
tiren darff/ denjenigen/ der ſich ſolcher Geſtalt an-
mrldet/ in ihre Kauffmaͤnniſche Matricul einzu-
ſchreiben.
Hierbey kan ich nicht umhin/ daß ich nicht noch
eine kleine Anmerckung/ uͤber die an vielen Orten/
titulo Valdè Oneroſo erkauffte Kauffmaͤnniſche
Freyheit oder Meiſterſchafft machen ſollte/ indem
es manchen jungen Anfaͤnger/ welcher an ſich ſelbſt
ein gutes Subjectum iſt/ wohl hundert und mehr
Thaler bey ſeiner Reception koſtet. Wann man nun
hierzu auch die uͤbele Gewonheit/ der koſtbaren Hoch-
zeiten ingleichen/ was ohne ſolche ein junger Menſch
zu ſeiner Einrichtung/ in ſeine eigene Haushaltung
haben muß/ rechnen will/ ſo wird man befinden/
daß manchen dadurch ein Capitalgen aus den Haͤn-
den gehe/ mit welchem er in ſeiner kuͤnfftigen Hand-
lung fchon etwas haͤtte verdienen koͤnnen; ohne iſt
es zwar nicht/ daß pro Receptione etwas gegeben
werden muͤſſe/ ich wollte aber/ daß/ ſo wohl bey
Kauff-als Handwercks-Leuten/ das/ ſolcher Geſtalt
erlegte Meiſter-Geld zu etwas beſſeres/ als Freſſen
und Sauffen/ (wie bey den meiſten geſchiehet) ange-
wendet wird/ und daß man vielmehr dergleichen bey
der Kauffmannſchafft einflieſſende Receptions-
Gelder/ und andere Revenüen mehr/ zur Befoͤrde-
rung der Schifffarth/ Sicherheit der Negotien/
heilſamen Stifftungen/ (darunter ſonderlich die
Montes-Pietatis oder Leyh-Haͤuſer. Jtem die Sub-
ſidia ſeyn/ von welchen arme/ alte/ und ohne ihr Ver-
ſchulden in Abgang der Nahrung gekommene
Kauff- und andere nothduͤrfftige Leute koͤnten unter-
halten
[419]Examen der Kauffmanns-Diener.
halten werden) anlegte/ bey denen Handwerckern
aber zu gleicher Abſicht einen Fundum daraus for-
mirte/ aus welchem ſie ihren armen Mit-Meiſtern/
zu Erkauffung benoͤthigter Materialien/ huͤlffliche
Hand leiſten koͤnnten/ damit er nicht in Ermanglung
eines ſolches Beneficii-Geld auf Wucher nehmen/
ſeine verfertigte Waare beym Juden verſetzen/ oder
durch eigennuͤtzige Kauffleute ſich ſolche doͤrffte ab-
druͤcken laſſen.
Nicht weniger ſollte auch ein Anſehen der Per-
ſonen dabey gelten/ als daß ein Vermoͤgender/ und
der etwann durch eine gute Mariage ſein Gluͤck ma-
chet/ ſchon mehr/ als ein Unvermoͤgender/ ein Frem-
der mehr/ als ein Einheimiſcher geben muͤſſe/ und
gefaͤllt mir hierbey nicht uneben die loͤbliche Gewon-
heit einer Welt-beruͤhmten teutſchen Handels-
Stadt/ bey welcher das Privilegium der Kauff-
mannſchafft/ oder/ daß einer ſeinen eigenen Handel/
ſo wohl ins Groß-als ins Kleine anfangen darff/
500. Gulden koſtet; weil aber ſolche zugleich zu erle-
gen/ nicht jedermans Thun iſt/ ſonderlich aber man-
chem jungen Anfaͤnger trefflich in ſeiner Handlung
incommodiren moͤchte/ wann er auf einmal ein ſol-
ches Capital herausgeben ſollte/ als iſt die loͤbliche
Kauffmannſchafft deſſelbigen Orts/ auf das Mittel
gefallen/ daß ein junger Anfaͤnger/ der die Kauff-
maͤnniſche Freyheit gewinnen will/ ſolche 500. Gul-
den mit 6. pro Centum jaͤhrlich nur verzinſen/ inter-
esſiren/ und alſo dem Handels-Ærario nur einen
jaͤhrlichen Canonem biß ſo lang erlegen darff/ als
ſein Handels-Zuſtand/ das Capital ſelbſt abzutra-
gen/ leiden will; Und ſo viel auch von dem Examine,
D d 2welches
[420]Caput XI.
welches junge Candidati der Kauffmanſchafft/ ehe
ſie ihren eigenen Handel anzufangen/ koͤnnen tuͤchtig
erachtet werden/ auszuſtehen haben/ die Legalitaͤt
und Experience der Herren Examinatorum, wird
alsdann ſchon wiſſen/ was nach Beſchaffenheit der
Umſtaͤnde/ der Zeit/ Perſonen/ und Handlungs-Ar-
ten/ weiter zu fragen ſey/ oder nicht. Wann nun ſol-
ches alles vollbracht/ und ſeine gute Richtigkeit hat/
ſo wird der neu-angehende Kauffmann dem Albo
Mercatorum einverleibet/ das iſt: Sein Nam
wird bey dem Commercien Collegio in ein hierzu
ſonderbar dienendes Buch eingeſchrieben/ daß er
nunmehro in die Zahl der Kauffleut ſelbigen Orts
auf- und angenommen ſey; vor ſolche Inſcription
bekommt der Secretarius des Commercien-Col-
legii einen Reichsthaler/ und wegen des Examinis,
Reception und Conferirung oder Ertheilung der
Kauffmaͤnniſchen Privilegien/ muß der neue Mit-
Bruder 20. 30. biß 100. Reichsthaler/ und mehr/
nachdem es der Stadt und Kauffmannſchafft da-
ſelbſt ihre Statuta mit ſich bringen/ oder wo nichts
gewiſſes determiniret/ ſolcher Receptions-Gelder
halber ein ſicheres Quantum (welches von dem
Commercien-Collegio, der Gilde oder Zunfft/
in welcher er eintritt/ beſtimmet wird/ erlegen/ wel-
ches Geld alsdann in der Kauffmannſchafft oder
Zunfft-gemeine Caſſam oder Laden kommt/ und wie
ſchon oben erwehnet/ zu manchen heilſamen Ge-
brauch kan angewendet werden.
Es dienet aber ſolches ordentliches Procediren
und Examiniren derjenigen Kauffmanns-Diener/
die nunmehro ihren eigenen Handel anfangen wol-
len/
[421]Examen der Kauffinanns-Diener.
len/ eigentlich darzu/ daß erſtlich ein junger Menſch
dadurch angereitzet werde/ ſeine Jugend-Zeit in ſei-
nen Lehr- und Dienſt-Jahren nicht uͤbel anzuwen-
den/ ſondern was Rechtſchaffenes zu lernen/ damit
er heut oder morgen/ ſich und die Seinigen ehrlich
ernehren/ und in dem Examine auch wohl beſtehen
moͤge/ zumal/ da unterſchiedliche vornehme und kluge
Kauffleute/ als Raͤthe/ Beyſitzers/ und auch wohl/
als Examinatores, dabey vorhanden/ welche ſo
gleich aus des Candidati ſeinen Antworten und dem
Examine, welches uͤber ſeine Conduite und Capa-
citaͤt angeſtellet wird/ urtheilen/ und nach ſolchen ih-
me auch wohl ihre Gunſt und Gewogenheit/ ſonder-
lich aber ein gutes Vertrauen und Credit zu ſtellen/
welches vor einem jungen Anfaͤnger/ offt beſſer/ als
baares Geld/ zu ſeyn/ pfleget.
Zweytens/ ſo bringet auch ein ſolches Exa-
miniren und Unterſuchen der Qualitaͤten/ des Leibes
und des Verſtands an einen ſolchen Menſchen/ wel-
cher in die Kauffmanns-Matricul will Auf- und an-
genommen werden/ eine gute Ordnung mit ſich/
und daß hernach ein ſolcher rechtmaͤſſiger Weiß auf-
genommener junger Anfaͤnger/ auf ſeine ordentliche
Reception trotzen/ und ungeſcheuet ſeinen Handel
und Wandel fortſetzen kan; dahingegen ein nicht
recipirter/ oder der nicht zur rechten Thuͤr in den
Schaaf-Stall eingegangen/ immer/ wie ein furcht-
ſamer Boͤhn-Haaſe bey verſchloſſenen Thuͤren ſich
halten muß/ auch wann ihm etwas Widriges zu-
ſtoͤſſet/ keines Schutzes noch Huͤlffes bey dem loͤbli-
chen Corpore Mercatorum, weil er deſſen Mit-
Glied nicht iſt/ ſich zu getroͤſten hat; Ja/ er hat auch
D d 3vor
[422]Caput XI.
vor dem Commercien-Collegio, (deme billig alle
Kauffmanniſche Streit-Haͤndel zu decidiren/ uͤber-
laſſen werden/) keine rechtmaͤſſige Stelle oder Macht
zu klagen/ weil er in unrechtmaͤſſiger Handlung/ wel-
che nicht authoriſiret iſt/ verſiret/ und diejenige nicht
vor ſeine Vaͤtter/ Patronos, und Mit-Bruͤder er-
kennen will/ welche er doch/ als Helffer und Schutz-
Halter in ſeinen Angelegenheiten gern haben moͤch-
te. Und was wuͤrde uͤber dem nicht vor ein Confu-
ſum Chaos entſtehen/ wann jedem/ ſo gleich auf ſeine
eigene Hand ſich hinzuſetzen/ und ohne/ daß er jemand
darinnen begruͤßte/ Handlung zu treiben/ ſollte zu-
gelaſſen ſeyn; wie manche Knechte und Diener wuͤr-
den ſich nicht von ihren Herren reiſſen/ und ihre pro-
pre Handlung anfangen wollen; was wuͤrde es
darinnen nicht vor Stuͤmpeley/ Betriegerey und
Schleuderey ſetzen/ wie viel Banqueroten wuͤrden
nicht erfolgen/ und durch ſolche Kinder der Finſter-
nis/ denen/ die in dem Licht wandeln/ das Brod
vor dem Maul heimlich weggemauſet werden? Um-
ſonſt haben nicht die loͤbliche Hanſee-Staͤdte/ als
weyland ihr anſehnlicher Bund noch im Flor geſtan-
den/ wider dergleichen Tockmaͤuſer/ fremde Luͤgers
und Gaͤſte/ wie auch gegen ſolche/ die nicht Han-
ſeeſtaͤdtiſch waͤren/ geſchryen/ und zu ſolchem En-
de unterſchiedliche Geſetze (daß dergleichen Leute in
keiner Hanſee-Stadt gelitten werden ſollten/) pro-
mulgiret/ denen zugleich auch einverleibt geweſen/
was derjenige/ der zu ſolcher Handlung recipiret
werden wollte/ vor Qualitaͤten an ſich haben muͤſte;
Nemlich:
Wer ſich/ als einen Hanſeeatiſchen Kauff-
mann
[423]Examen der Kauffmanns-Diener.
mann angeben will/ der muß ſeine Documenta
deßſalls aufzuweiſen haben/ daß er in einer Hanſee-
Stadt gebohren ſey/ und dieſe Documenta ſollen
allein bekraͤfftigen und ertheilen koͤnnen/ die Staͤdte
Luͤbeck/ Dantzig/ Riga/ Coͤlln/ Muͤnſter/ Deventer/
Magdeburg/ Braunſchweig und Hildesheim per
Receſſum de An. 1494. \& 97.
Jn keiner Hanſee-Stadt mag keiner frey oͤf-
fentlich kauffen/ der nicht ein Hanſeeatiſcher Buͤr-
ger und Einwohner iſt/ ſonſt ſoll ihm der Kauff
gleich verboten ſeyn/ arg. Receſſ. de An. 1494.
Und ob gleich einer in einem Hanſeeatiſchen
Dorff gebohren waͤre/ ſo ſoll er darum doch keinen
Hanſeeatiſchen Kauffmann/ aber wohl einen Die-
ner/ abgeben koͤnnen/ biß ſo lang/ daß er ſich wuͤrck-
lich in einer Hanſee-Stadt ſeßhafftig niedergelaſſen/
per Receſſum de Anno 1467. \& 1553.
So aber ein Fremder 7. Jahr einem Hanſeati-
ſchen Kauffmann gedienet/ oder Buͤrger in einer
Hanſee-Stadt geweſen waͤre/ ſo mag er alsdann
als ein freyer Hanſeeatiſcher Kauffmann angenom-
men werden/ ausgenommen/ Engelaͤnder/ Hollaͤn-
der/ Seelaͤnder und einige mehr/ welche in dem Re-
ceſſ. de Annis 1447. und 49. ſpecificiret werden.
Daß nicht Gaſt mit Gaſt handeln dorffte/ ſol-
ches iſt in dem Luͤbiſchen Recht lib. 3. Tit. 6. art. 7.
in folgenden Worten enthalten:
Ein ankommender Gaſt mit ſeinem Gut in un-
ſerer Stadt/ der kan daſſelbe niemand anders/ dann
unſern Buͤrgeꝛn/ verkauffen/ will er auch daſſelbe Gut
oder Waaren allhier auflegen/ ſo hat er doch die
Macht nicht/ ſolche alsdann Fremden zu verkauf-
D d 4fen/
[424]Caput XI.
fen/ wie unſere Burger/ denen dieſe Freyheit allein
zuſtehet; wuͤrde er aber ſolches thun/ daruͤber be-
troffen/ oder uͤberwieſen/ der ſoll bey der Wette/
nach Groͤſſe des Verbrechens/ geſtraffet werden.
Vide hiervon ein mehrers in unſerm neu-eroͤffneten
Handels-Gericht Cap. 9. von Kauffen und Ver-
kauffen.
Drittens/ ſo dienet auch das Immatrlculiren
in album mercatorum eines ſolchen angehenden
Handels-Manns darzu/ daß das Publicum wiſſe/
wie es nun mit einer legalen Perſon/ welche ſui ju-
ris und oͤffentlich von dem Kauffmanns Magiſtrat
vor tuͤchtig und habilis zu contrahiren/ und alle
Actus mercatorios zu unternehmen/ erklaͤret wor-
den/ zu thun habe/ ſo/ daß nunmehro kein
Beneficium Reſtitutionis in integrum ob mino-
rennitatem, ingleichen auch keine Exception S. C.
Macedoniani mehr gelte/ ſondern gleich wie ein
Mulier mercatrix, oder Kauff-Frau/ wann ſie
einmal/ als eine ſolche/ erklaͤret worden/ ſich mit denen
Freyheiten und Privilegiis, welche andern Weibern
zukommen/ nicht mehr behelffen kan; Alſo ſeynd auch
einem/ von dem Commercien-Collegio, als Mit-
Glied der Kauffmann- oder Kraͤmer-Zunfft Aufge-
nommenen/ keine Ausfluͤchte mehr uͤbrig/ die ihn et-
wann vormals (als er noch unter Vaͤtterlicher Ge-
walt/ oder in ſeines Herꝛn Dienſten geſtanden) zu
ſtatten gekommen; Jngleichen dienet auch die oͤffent-
liche Publication der Reception/ eines oder mehr
ſolcher neuen Handels Mitglieder/ darzu/ daß ſie
ihren Rang darnach einrichten/ auch etwann/ nach-
dem ſie in der Ordnung aufſteigen/ ſich zur Beglei-
tung
[425]Examen der Kauffmanns-Diener.
dung Kauffmaͤnniſcher Ehren-Aemter und Stellen
Hoffnung machen koͤnnen.
Wir wollen hier eben nicht unterſuchen/ ob es
zuweilen und an etlichen Orten rathſam und nuͤtzlich
ſey/ daß ein loͤblich Kauffmanns-Collegium, mit
Conferirung der Kauffmaͤnniſchen Freyheit und
Reception etwas an ſich halte/ damit ihrer nicht zu
viel werden/ und die Handlung dadurch zergliedert/
folglich auch die Profiten geſchmaͤlert werden moͤ-
gen; wir ſagen aber nur kuͤrtzlich/ daß an dem Ort/
Quæſtionis, deſſen Handels-Beſchaffenheit und die
Umſtaͤnde/ aus welchen ſolche beſtehen/ wie auch der
Commerciorum, daſelbſt/ ihre Graͤntzen (ob ſolche
eine weitere Ausbreitung leiden wollen oder nicht/
auch/ ob der Republic ſelber daran gelegen/ daß ih-
re Buͤrgerſchafft und Einwohner vermehret werden/
nicht weniger/ ob die zu recipirende Perſonen von
guten Mitteln/ Credit und Verſtand ſeyn/ und da-
durch des Lands Commercia ſtaͤrcker rouliren ma-
chen koͤnnten) wohl zu conſideriren ſey; Schaͤdliche
Monopoliſten/ werden allezeit/ ſo viel/ als moͤg-
lich/ dahin trachten/ daß ihnen niemand (ſo zu re-
den) in die Straͤnge reite/ oder ihnen in ih-
ren uͤbermaͤſſigen Profiten Eintrag thue; anders
Theils iſt es auch wohl wahr/ daß manche Art Hand-
lung/ ſonderlich die Kraͤmerey/ an einem Ort ſchon
beſetzet iſt/ daß ſie keiner neuen Einkoͤmmlingen mehr
bedarff/ welches dann auf des Kauffmaͤnniſchen
Magiſtrats Unterſuchung und Ermaͤſſigung an-
kommen muß; meine Meynung betreffend/ muß ich
geſtehen/ daß ich mehr vor die Freyheit/ als Ein-
ſchraͤnckung der Commercien bin/ und lieber in je-
D d 5nem/
[426]Caput XI.
nem/ als in dieſem zu viel thun will; Kauffleuten
ſtehet ohnedem die gantze Welt offen/ und ſuchen
die meiſten derſelben/ ihr Brod mehr auſſerhalb/
als in der Stadt; dahero dieſer ihr Numerus gar
wohl uneingeſchraͤncket bleiben kan. Der Mono-
poliſten ihr Schreyen kommt auch in keine Conſi-
deration/ weil/ ob gleich einige derſelben aus ge-
wiſſen Urſachen beyzuhalten/ einer Stadt und deſſen
Commerciis zutraͤglich ſeyn moͤchte/ ſo bringen die
meiſten derſelben doch mehr Schaden/ als Nutzen/
und iſt dannenhero um ihre Conſervation der Kopff
nicht groß zu zerbrechen. Die Klagen/ welche die
Kraͤmerey fuͤhren moͤchte/ ruͤhren oͤffters auch von
ſolchen Leuten her/ die ſchon ihre Schaͤfgen geſcho-
ren/ den Ancker hinter den Herd gebracht/ ein Ca-
pital, von 50. und mehr 1000. Reichsthaler er-
worben/ dabey keine Kinder/ ſondern nur lachen-
de Erben haben/ und gleichwohl/ wann ſich ein
junger Anfaͤnger neben ihnen ſetzen will/ aus ihrem
geitzigen Hals ſchreyen/ daß er ihnen das Brod vor
den Mund wegnehme; Ja/ man findet (welches/
als etwas Abſcheuliches anzuhoͤren) Patronos ſelbſt/
welche ihren geweſenen Dienern/ die doch etliche
Jahr lang bey ihnen treulich gedienet/ und die
Nahrung ſauer und ſchwer mit verdienen helffen/
nicht goͤnnen/ daß ſolche auch einmal frey/ und ih-
re eigene Herren werden/ am wenigſten aber ſich ne-
ben ihnen ſetzen/ ſondern ſie hindern ſolche/ ſo viel
es immer moͤglich/ ja/ ſie præcaviren wohl ſchon
in manches Jungens ſeinem Lehr- und ihrer Handels-
Diener Dienſt-Contract, daß ſie dieſer oder jener
Handlung ſich kuͤnfftig enthalten ſollten; Wie weit
aber
[427]Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
aber ſolches Pactum zulaͤſſig ſey/ oder nicht/ wollen
wir allhier nicht unterſuchen/ ſondern nur zum Be-
ſchluß dieſes erinnern; Daß/ im Fall ein loͤbliches
Commercien-Collegium mercken ſollte/ wie einen
feinen jungen Menſchen/ der ſich ehrlich zu établi-
ren gedencket/ directè und indirectè von dieſem/
oder jenem Hindernis im Weg geleget werde/ ſel-
biges ſich ſeiner anzunehmen/ und ihn vaͤtterlich zu
vertreten/ Urſach habe.
CAP. XII.
Was ein Kauffmanns-Die-
ner/ der ſeinen Handel/ entweder vor
ſich ſelbſt allein/ oder in Compagnie, mit ei-
nem andern anzufangen gedencket/ dabey
zu beobachten habe.
SOlches beſtehet eigentlich in folgenden:
Nemlich/ daß er erſtlich/ nebſt andaͤchti-
gem Gebet/ daß GOTT ſein Vorhaben
ſegnen wolle/ Acht gebe auf ſich ſelbſt/ und
zwar auf ſeinem Verſtand/ und Leibes-Kraͤfften/
Vermoͤgen/ Bluts-Freundſchafft/ und den da-
her zuziehenden Vortheil; Ferner auf die Handlung/
die er unternehmen will/ auf deroſelben Beſchaffen-
heit und Requiſita, wieauch auf die gegenwaͤrtige
Zeiten und Conjuncturen/ auf die Patronos, bey
denen er ſeine Lehr- und Jungen-Jahre erſtanden/
und auf die/ welchen er nach der Zeit/ als Diener/
gedie-
[428]Caput XII.
gedienet. Nicht weniger hat er auch Acht zu geben/
auf die Huͤlffe/ Vorſchub und Credit, welche er be-
reits von guten Freunden und Goͤnnern ſchon hat/
und noch kuͤnfftig zu haben und zu erlangen/ Hoff-
nung haͤtte/ auf den Ort/ wo er ſich zu établiren ent-
ſchloſſen/ und was vor Umſtaͤnde mehr bey demſelben
zu bemercken ſeyn/ und endlich/ ob er die neue und in-
tendirte Handlung zu unternehmen/ befugt ſey/ auch
ob er ſolche vor ſich allein/ oder mit Zuziehung eines
Handels-Geſellſchaffters/ anfangen wolle. Bey wel-
cher letzteren Betrachtung abermal unterſchiedliche
Momenta, wegen eines ſolchen Compagnons, vor-
kommen/ welche alle/ ehe man zu deſſen Annehmung
ſchreitet/ zuvor gar wohl uͤberleget werden muͤſſen.
Das erſte/ nemlich/ die Betrachtung des Ver-
ſtands und der Leibes-Conſtitution/ welche derje-
nige Handels-Diener/ der ſeinen eigenen Handel
nunmehro anzufangen gedencket/ bey ſich haben
muß; So will ihme allerdings gebuͤhren/ erſtlich in
ſich ſelbſt zu gehen/ und ſich zu examiniren/ ob ſein
Verſtand der intendirten Handlung wohl gewach-
ſen ſeyn ſollte/ oder nicht. Dann daß viel Kauff-
Diener ihre Jungens-Jahre erſtanden/ folglich
noch etliche Jahre vor Dieners mitgelauffen/ und
dabey doch nichts gelernet/ ſondern Idioten vor-als
nach geblieben/ ſolches iſt gewiß; Dann entwe-
der haben ihre Patroni ihnen nicht viel ſehen laſſen/
ſondern ſie haben ſie nur zur Buͤffel-Arbeit ge-
braucht; Die Scripturen aber/ oder zum wenig-
ſten/ die geheimſten und noͤthigſten derſelben/ vor
ihnen verſchloſſen gehalten/ oder ſie/ die Dieners
ſelbſt/ haben keine Luſt und Aufmerckſamkeit darzu
gehabt/
[429]Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
gehabt/ ſich viel darum zu bekuͤmmern/ ſondern
ſeynd lieber gemeiner Handels-Arbeit nachgegan-
gen/ als daß ſie das Vornehmſte derſelben haͤtten
obſerviren/ ihrer Herren Handels-Vortheil wohl
ausſtudiren/ die Einkauffs-Oerter/ Zeiten und
Preiſſe der Waaren ſich bekandt zu machen/ die da-
bey vorfallende Hand-Griffe erlernen/ und in
Summa/ ihrer Patronen Handels Wohl und
Weh/ abſehen ſollen/ ſo dann nichts anders fol-
gen/ als daß eine Handlung ohne Verſtand anzu-
fangen/ der gewiſſe Verluſt vor der Hand ſey.
Waͤre es hingegen/ daß ein ſolcher Menſch was
rechtſchaffenes in ſeinen Dienſt-Jahren gefaſſet/
darauf er ſich ſein Handels-Gluͤck zu bauen verlaſſen
koͤnte/ ſo haͤtte es in ſo weit mit dieſem erſten Requi-
ſito ſeine Richtigkeit; und gehen wir nunmehro zur
Betrachtung des andern/ nehmlich der zur Unter-
nehmung eigener Handlung erforderten Leibes-
Conſtitution.
Dieſe iſt ebenfalls nach Art der Handlung/ wel-
che einer vor ſeiner eigene Rechnung unternehmen
will/ anzuſehen; dann entweder iſt eine ſolche Hand-
lung muͤhſeelig und von groſſen Fatiquen; derjenige
aber/ der ſolche unternimmt/ nur ſchwach und ge-
brechlich/ als daß er nicht ſchwehre Reiſen verrich-
ten/ die meiſte Zeit ſelbſten Hand mit anlegen/
oder des Mali hypochondriaci halber/ Tag und
Nacht auf dem Contoir ſitzen und ſchreiben kan/ ſo
wird ihm ſolches ſchon eine groſſe Hinderniß in ſeiner
neuen Handlung machen/ und wuͤrde es dann weit
beſſer ſeyn/ daß er bey Zeiten davon abſtuͤnde/ als
daß
[330[430]]Caput XII.
daß er etwas ſich unternehme/ deme er hernach
nicht genug gewachſen waͤre.
Wegen des Vermoͤgens eines jungen An-
faͤngers/ haͤtte derſelbe zu conſideriren/ ob ſolches
zulaͤnglich waͤre/ diejenige Handlung damit anzu-
ſangen und fortzuſetzen/ welche er etwan gelernet/
und nunmehr ſelbſt zu treiben ſich vorgenommen
hat; wir ſetzen aber Anfangen und Fortſetzen nicht
unbillig beyſammen/ weil ſolches an einem rechten
Kauffmann unzertrennliche Dinge ſeyn ſollten/ al-
ſo/ daß er nicht allein im Stand ſey/ ein Negotium
anzufangen/ ſondern auch im Stand bleibe/ ſolches
zu continuiren; ſo aber geſchiehet bey vielen das
Widerſpiel/ und hat mancher junger Menſch zwar
ein Capitalgen von etlich hundert oder tauſend
Reichsthaler/ damit gedencket er die gantze Welt
zu zwingen/ machende allenfalls ſchon Rechnung/
wie er bey hundert Reichsthaler baaren Einkauffs/
zwey hundert Reichsthaler Credit oder Borg dar-
zu erlangen wolle. Allein ein ſolcher Menſch machet
die Rechnung ohne Wirth/ und weiß nicht/ daß
heutiges Tages der Credit zimlich gefallen/ und ob
er ſchon gleich ſolchen haben moͤchte/ ſo ſeynd doch
die dafuͤr erhaltene Waaren/ gegen den Zahlungs-
Termin nicht gleich wieder verkaufft/ oder ſo es
baare Gelder geweſen/ die man zinsbar aufgenom-
men/ und vielleicht gar Wechſel-Briefe darauf ge-
geben ſeynd/ ſolche nicht gleich wieder/ wann man
ſie unter den Leuten rouliren laſſen/ zur Verfall-
Zeit in der Caſſa; indeſſen muß mit groſſer Be-
ſchwehrlichkeit zur Bezahlung des Wechſels An-
ſtalt gemachet werden/ da es ſich dann offt zutraͤgt/
daß
[431]Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
daß man ſelbige anderwaͤrts zu hoher Intreſſe auf-
nehmen/ und alſo ein Loch aufmachen/ und das an-
dere damit wieder zuſtopffen/ oder gar das Thor
ſuchen muß; da dann die Handlung kaum ein Jahr
gewehret/ als die ſchon wieder ihren Abſchied nimmt/
wie etwan dort des Jonaͤ Kuͤrbiß/ der/ ehe ſich Jo-
nas verſahe/ ſchon wieder abfiel und verdorrete;
oder wie eine in die Lufft ſteigende Ragete, welche/
in dem ſie ſchnell in die Lufft gefahren/ eben ſo bald
wieder entzwey platzet und vergehet. Was ein rech-
ter Kauffmann ſeyn will/ der muß ein dreyfaches Ca-
pital/ nehmlich ein in Waaren ſteckendes/ eines/ wel-
ches unter Leuten oder ſeinen Schuldnern ausſtehet/
und dann das dritte/ baar in Caſſa haben/ aus
welcher Eintheilung ſich ein junger Anfaͤnger leicht
die Rechnung machen kan/ wie ſchwehr es ſey/
groſſe Dinge mit wenig Huͤlffe und Nachdruck zu
unternehmen. Diejenige aber/ welche zu ihrer inten-
dirten Handlung Gelds genug haben/ die koͤnnen
zwar damit was Groſſes ausrichten/ ſie haben aber
doch auch die Vorſicht dabey noͤthig/ daß ſie ihr
Geld/ theils nicht uͤbel/ theils nicht auf einmal/ alſo
anlegen/ daß ſie nicht auf dem Nothfall und anderer
Beduͤrffnuͤſſe zum wenigſten den dritten oder vierd-
ten Theil davon zur Relerve behalten ſollten/ als
welches allerdings ein Stuͤck der Kauffmaͤnniſchen
Klugheit mag genennet werden.
Die Blutfreundſchafft/ Verwandte/ gute
Freunde und Bekandte/ hat ein junger Menſch/ als
etwas gar Ungewiſſes/ Betruͤgliches und leicht
Veraͤnderliches anzuſehen; dann entweder ſeynd die
Blutsfreunde arme oder nur gemeine Buͤrger und
Hand-
[432]Caput XII.
Handwercksleute/ ſo koͤnnen ſie ihm ohne dem nicht
groß aſſiſtiren; ſeynd ſie aber in dem Stand/ daß
ſie es thun koͤnten/ ſo heiſt es doch mehrmals:
Fratrum quoque gratia rara eſt; und thun es die
meiſten aus Geitz und Mißgunſt nicht/ daß ſie ihren
nahen Anverwandten aufhelffen ſollten/ ſonderlich
wann ſie dabey Abſichten haben daß da er etwan biß
hieher unter ihrer Devotion geſtanden/ ſie veneri-
ren und ihren Geboten nachleben muͤſſen/ er als
dann/ wann ſie ihme aufhelffen wuͤrden/ zu groß
werden/ und ſich ihrer Botmaͤſſigkeit entziehen
moͤchte. Tiſch- und Maul-Freunde/ machen es
gleich alſo/ und ſeynd zerbrechliche Rohr-Staͤbe/
auf welche ſich niemand ſicher lehnen darff. Anfangs
ſagen ſie wohl vieles zu/ wann es aber zur Erfuͤllung
kommen ſoll/ iſt niemand zu Haus/ und wird das
vorige Verſprechen wieder zuruͤckgezogen. Nicht oh-
ne iſt es/ daß/ wann ein junger Anfaͤnger aus guter
Familie und vornehme Verwandten hat/ daß ihme
ſolches in ſeiner Handlung ſchon einiges Anſehen
gaͤbe/ man ſagt/ er habe dieſem oder jenem zum Vet-
tern/ Vatter oder Mutter/ Bruder/ Schwager
und dergleichen/ ſie werden ihn nicht ſtecken laſſen/
ſondern auf alle Weiß und Wege fort zuhelffen ſu-
chen. Item, er hat eine ſchoͤne Heyrath gethan/
hier und dar noch einige Erbſchafften zu gewarten/
dannenhero ihme leicht zu trauen/ und bey ihm und
der Freundſchafft ſich in Gunſt zu ſetzen iſt; allein
auch dieſes fehlet ſehr offt/ und hat mancher zwar
vornehme Freunde/ die ſich aber in der That ſeiner
weniger/ als nichts annehmen/ daß alſo ein junger
Menſch am beſten thut/ er verlaſſe ſich nicht leicht/
wann
[433]Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
wann er ſeiner Sach nicht recht gewiß iſt/ auf menſch-
liche Huͤlffe/ ſondern dencke/ daß nach dem gemei-
nen Sprichwort/ nechſt GOtt/ die Freunde in der
Kiſten/ die gewißten ſeyn. Dieſes wollen wir zwar
nicht verlaͤugnen/ daß nicht ein junger Anfaͤnger
vielmals von vornehmen Freunden und Blutsver-
wandten/ einen groſſen Vortheil ziehe; Einmal/
daß ſie ihm wuͤrcklich mit baaren Geld/ Waaren und
Credit aushelffen; ſondern die Handels-Leute ha-
ben auch viel andere Wege/ durch welche ſie einan-
der favoriſiren koͤnnen; als wann ſie einem z. E.
das erſte Geficht/ den Vorkauff und nechſten Preiß
in einer Waar goͤnnen/ einander Commiſſiones
zuweiſen/ recommandiren/ und in gewiſſen Din-
gen/ auf welchen Vortheil zu erjagen/ mit partici-
piren laſſen; allein es ſeynd rara Contingentia,
nach eben einem andern Sprichwort/ welches bey
ihnen im Gebrauch iſt/ daß nehmlich Handlung keine
Freundſchafft leide. Woraus wir nur dieſes Mora-
le unſern jungen Anfaͤngern geben wollen/ daß
reiche Freunde und Blutsverwandte zu haben/ zwar
gut/ aber ſich nicht allzuviel darauf zu verlaſſen
ſey.
Die Zeiten und Conjuncturen bey Unterneh-
mung einer Handlung anzuſehen/ iſt meines Be-
duͤnckens hoͤchſt nothwendig; man hoͤret gemeini-
glich von alten wohlhabenden Kauffleuten ſagen/
ſie haͤtten zu guter Zeit angefangen/ es waͤre da-
mals noch nicht alles ſo uͤberhaͤufft geweſen/ wie
jetzund/ die Waare haͤtte noch etwas gegolten/ es
waͤre noch Geld/ Treue und Glauben unter den
Leuten geweſen/ nun wollte jederman handlen/ die
E eWaa-
[434]Caput XII.
Waaren wuͤrden ſchlechter gemacht/ vor liederli-
ches Geld weggegeben/ der Credit waͤre todt; der
Betrieger wuͤrden viel/ und in Summa: es waͤre
aus mit der Handlung/ und nichts mehr damit zu ver-
dienen. Woraus erhellet/ daß einem jungen An-
faͤnger an Betrachtung der Zeiten/ in welchen er
ſeine Handlung anzufangen ſich vorgeſetzet hat/
auch ſehr viel gelegen ſey/ dieſe Zeiten koͤnnen nun ent-
weder ſeyn/ Kriegeriſche/ Peſt oder theure Zeit/ da
viele Ausgaben/ groſſe Gefahr/ ſtattliche Unkoſten
und wenig Profit zu vermuthen; ſonderlich aber/
oberzehlte Klagen/ je laͤnger je mehr zu nehmen/
nehmlich/ daß auf der Waar nichts mehr zu verdie-
nen/ und der Credit ſchlecht/ und der Geld-Man-
gel groß ſey; bey welchen Umſtaͤnden ein Kauff-
manns Diener allerdings beſſer gethan haͤtte/ daß
er o lang/ biß die Zeiten ein wenig ſich geendert/ ſei-
ne Fuͤſſe noch unter eines andern Tiſch geſtecket/
und noch eine Zeitlang gedienet haͤtte/ als daß er
ſchon ſelbſt den Herꝛn ſpielen/ ſich in Muͤhe und
Sorgen/ und ſein bißgen Capital in Gefahr ſetzen
will.
Hingegen koͤnnen auch Zeiten und Conjunctu-
ren ſeyn/ da die Handlung gluͤcklich einlaufft/
und ſo gut/ ja noch beſſer als in vorigen Zeiten/ (ſon-
derlich in Dingen/ die auf den Hazard und das
blinde Gluͤck ankommen/) eintraͤgt z. E. der Wall-
fiſch-Fang in Groͤnland/ iſt noch heutiges Tages/
wie vor vielen hundert Jahren/ das eine Jahr gut/
das andere Jahr ſchlecht/ des einen ſeine Schiffe
haben einen guten Fang und kommen reich beladen/
des andern ſeine ledig wieder nach Haus; in dieſem
Land
[435]Der Kauffmanns-Diener Beobachtung
Land iſt eine gute/ in dem andern eine ſchlechte Re-
colte, vielmals wird eine Waar angenehm/ und
ſchlaͤgt mit einmal hoch auf/ alſo/ daß Capital auf
Capital darauf zu gewinnen iſt/ die zuvor ſchlecht
und unter dem Koſten hat muͤſſen weggeben werden.
Den jungen Kraͤmern und jungen Huren/ ſagt man
im Sprichwort/ laufft man am meiſten zu/ weil man
bey ihnen keine alte verlegene Waaren vermuthen
iſt; ſo ſind ja auch unſere jetzige ſchlechte Zeiten/ die
in der That recht elend ſeyn/ nicht ſo gar ohne Exem-
pel/ daß junge Anfaͤnger wohl fortgekommen/ und
nicht wie es ihnen mancher alter Sauertopff wohl
gerne gegoͤnnet haͤtte/ verdorben ſeyn; noch dieſe Zeit/
faͤngt mancher junger Kraͤmer ſein eigen Gewerb/
ob gleich heimlich mit ander Leut Geld und Huͤlff/
an/ man ſiehet aber doch dabey/ daß er eine gute
Conduite und Ordnung haͤlt/ ſo findet ſich bald ein
artig und wohlhabend Maͤdgen/ durch den Schein
der neuen Handlung angereitzet/ mit welchem er ei-
ne gluͤckliche Parthey trifft/ daß er ſein Lebtag ein ge-
borgener Mann ſeyn und bleiben kan; Einem an-
dern/ der etwan adroit und hurtig iſt/ auch bey den
Leuten ſich etwan zu inſinuiren weiß lauffet etwan
eine Liverance in die Hand von Soldaten Mon-
tur/ oder andern Sachen/ bey welchen er auch in
Kriegs-Zeiten ſo viel verdienet/ daß er ſich ferner
fort helffen kan; dieſer gelanget an eine eintraͤgliche
Manufactur, ein anderer ererbet/ oder kaufft eine/
ſchon im Flor ſtehende/ Handlung an ſich/ und wird
dadurch auf einmal ein gemachter Mann/ daß er
des Dieners Stand gar wohl vergeſſen kan. Wie
verleget nicht offt ein junger Anfaͤnger des Buch-
E e 2han-
[436]Caput XII.
handels/ ein gutes Buch/ welches zu allen Zeiten/
ſie moͤgen gut oder ſchlecht ſeyn/ abgaͤnglich und ſo
nuͤtzlich vor ihm iſt/ als viele andere Verlags-Buͤ-
cher/ denenjenigen nicht austragen/ welche vor alten/
ob gleich guten Zeiten/ ihre Handlung angefangen.
Daß alſo hieraus erhellet/ wie die Beobachtung der
Zeiten und Laͤufften/ ſehr nothwendig/ dabey aber
auch die Umſtaͤnde der Sachen/ die man ſo wohl bey
der einen als bey der andern unternehmen will/ nicht
aus der Acht zu ſetzen ſeyn.
Die Patroni, bey welchen ein Diener/ der nun-
mehro ſeinen eigenen Handel anzufangen gedencket/
ſeine Jungen-Jahre ausgeſtanden/ und die/ bey wel-
chen er hernach noch als Diener ſerviret/ muͤſſen in
ſo weit/ als ſie dem jungen Anfaͤnger/ in ſeinem
Vorhaben Nutzen oder Schaden bringen koͤnnen/
conſideriret werden. Etliche Herren/ welche treu-
lich von ihren Bedienten bedienet worden/ goͤnnen
denenſelbigen/ wann ſie ihr Eigenes anzufangen
Luſt und Gelegenheit haben/ alles Guts; helffen ih-
nen auch mit Rath und That nach ihren beſten Ver-
moͤgen fort; andere hingegen ſeynd uͤber ihrer Be-
dienten Etabliſſement neidiſch/ eifferſuͤchtig und
erbittert/ hindern ſelbiges auch oͤffentlich oder heim-
lich/ ſo viel ſie koͤnnen. Die dritte Art/ ſolcher Leut
haͤlt ſich gantz ſtille/ ſchadet und nutzet dem jungen
Anfaͤnger nicht/ ſondern ſehen ſein Etabliſſement
mit indifferenten Augen an.
Bey allen dieſen dreyerley Art Leuten/ hat ein
zu eigener Handlung reſolvirender Handels-Die-
ner/ und zwar wegen der erſten Art zu betrachten/
daß er die Huͤlffe und Recommendation ſolcher
guter
[437]Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
guter Goͤnner und Freunde Lebenslang mit Danck
erkennen/ auch dieſelbe wohl zu conſerviren/ ſich an-
gelegen ſeyn laſſe; er ſiehet daraus/ wie die goͤttliche
Providentz getreue Diener endlich wol belohne/ und
ſie unter andern auch Gnade bey den Menſchen fin-
den laſſe. Dahero ſich ein ſolcher junger Menſch von
ſelbſt beſcheiden muß/ was in ſolchem Fall auch ſeine
Gegen-Pflicht ſey/ nehmlich wann es mit ſeiner Pa-
tronen gutem Willen und Wiſſen geſchiehet/ keine
ſolche eigene Handlung anzufangen/ welche ihnen
Schaden bringen koͤnte; ſo muß er ſich auch nicht an
einen ſolchen Ort/ zumal/ wann er einen offenen
Laden oder Winckel aufthun wollte/ ſetzen/ wo er
ſeinen Patronis, die gleiche Handlung haben/ die
Kundten abſpannen koͤnte/ oder ſolchen doch die Ge-
legenheit/ zu ihm zu kommen/ veranlaſſte. Zuweilen
pflegt in einigen Dienſt-Contracten mit einverlei-
bet zu werden/ daß der Jung oder Diener/ wann
er kuͤnfftig ſein Eigenes anfangen wollte/ ſich dieſe
oder jene Waare zu fuͤhren/ dieſen oder jenen
Marckt zu bauen/ an dieſem oder jenem Ort der
Stadt ſich nieder zu laſſen/ ſich enthalten/ ſolches
aber ſeinem Patronis vorbehalten ſeyn ſollte/ wel-
chen dann auch ein junger Anfaͤnger getreulich nach-
kommen muß/ es waͤre dann/ daß kuͤnfftig die Zeit/
und ein Neues entweder mit denen Patronis oder
deren Erben getroffenes Abkommen/ ein anders hier-
innen vermittelten.
Was die andere Art von Leuten betrifft/ nehm-
lich die einem jungen Menſchen ſein Aufkommen
nicht goͤnnen/ muß ſich derſelbe bey ſolchen Proce-
duren examiniren/ ob er ſolches um ſie verdienet ha-
E e 3be
[438]Caput XII.
be oder nicht/ findet ſich dieſes letztere/ ſo ſeye er ge-
dultig vertraue GOtt/ fuͤhre ſich dabey demuͤthig
und gelaſſen auf/ vergelte nicht Boͤſes mit Boͤſem/
noch Scheltwort mit Scheltworten/ und dencke/ es
ſey viel beſſer/ man werde beneidet/ als beklaget. Vor
allen huͤte er ſich vor Proceſſen und Zanck-Haͤnd-
len/ als welche auch die beſten Handlungen ruini-
ren/ und ſonderlich einen jungen Menſchen/ in eine
ſolche Decadenz und verwirrten Zuſtand bringen
koͤnnen/ daß er niemals hernach wieder recht zu
Kraͤfften kommen kan.
Gegen diejenige/ welchen ſein Aufkommen oder
Verderben indifferent iſt/ kan er ſich auch alſo be-
zeigen/ und ſich allezeit in der Gleichheit gegen ſie
verhalten/ jedoch mehr durch Hoͤflichkeit und Dienſt-
fertigkeit ſie zu gewinnen ſuchen/ damit ſie aus der
Indifference heraus gehen/ und ihme Gegen-
Freundſchafft erzeigen moͤgen.
Jnſonderheit muß er ſich in allen ſeinem Thun
denenjenigen dienſtfertig und danckbar erweiſen/
welche ihme zu ſeinem Etabliſſement mit Rath und
That beygeſtanden. Wie eine Jungfer ihre Jung-
ferſchafft; alſo muß ein Kauffmann/ ſonderlich ein
junger angehender/ ſorgfaͤltig ſeinen Credit bewah-
ren/ und lieber ſeinem Leib und Bequemlichkeit ab-
brechen/ als daß er nicht Wort halten/ oder einen
Tag die verſprochene Wieder-Bezahlung aufſchte-
ben ſollte. Ohne Credit und anderer Leut Huͤlffe kan
wohl niemand ſo leicht/ ſonderlich von jungen an-
gehenden Kauffleuten/ leben; ich wollte aber lieber/
daß einer ſeine Sachen von unten auf ins Kleine/
und ſo viel als moͤglich mit eigenen Mitteln anfien-
ge/
[439]Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
ge/ als daß er die von allen Seiten/ auch ſelbſt ange-
botene/ Huͤlffe und Vorſchub annehmen ſollte/ weil
doch viel derſelben/ welche ſolche leiſten/ zugleich ihre
Abſicht auf præcisè Wiederbezahlung und etwan
noch ein anders Neben-Intereſſe gerichtet/ mit
welchen zugleich unſer junger Anfaͤnger hernach nicht
ſo bald/ als er wohl wuͤnſchte/ aufkommen kan.
Wegen des Orts ſeines Etabliſſements, hat
ein zur eigenen Handlung reſolvirender Handels-
Diener zu bedencken/ ob derſelbe zur Stadt-Nah-
rung/ ſonderlich wann er ein Kraͤmer waͤre/ und
ins Kleine verkauffen wollte/ bequem und gelegen
ſey oder nicht; ingleichen/ ob die Stadt ſelbſt zu der
Handlung/ welche er gelernet hat/ der Situation,
Kundſchafft/ Statuten und Ordnungen halber/
ihme darunter wohl zu ſtatten komme. Ein Stadt-
und Land-Kind bleibet gemeiniglich gern in dem
Vatterland/ wann es daſelbſten die Handlung er-
lernet/ auch ſeine Freund und Verwandte hat. Und
was wuͤrdẽ ſonſt einem jungen Menſchen ſeine ſauer-
erſtandene Dienſt-Jahre helffen/ wann er nicht da-
durch auch die Faͤhigkeit uñ Freyheit erlangete/ in der
daſigen Kraͤmer- oder Kauffleute-Zunfft oder Guͤlte
aufgenommen zu werden; Dieſem aber ungeachtet/
finden ſich doch vor manche Handels-Diener mehr-
mahls auf Recommendation ihrer Herren Pa-
tronen auslaͤndiſche Gelegenheiten/ (entweder
durch Heyrathen/ oder daß ſie von jemand in
Commpagnie verlanget werden/) in anſehnliche
und ſchon établirte Handlung einzutretten; ſie be-
kommen auch mehrmals ſelber Luſt darzu/ ſich an ei-
nem ſolchen frembden Ort niederzulaſſen/ wenn ſie
E e 4nehm-
[440]Caput XII.
nehmlich daſelbſt ein oder mehr Jahre in ihres Pa-
trons Geſchaͤfften gelegen/ und alſo des Orts Ge-
legenheit/ auch was in Handels-Sachen daſelbſt zu
thun ſey/ wohl eingenommen/ und ſich etwan eine
Kundſchafft zuwege gebracht/ bey welcher ſie zu ei-
ner anſehnlichen Heyrath gelangen/ folglich ſich da-
ſelbſt als Buͤrger und Handels-Maͤnner étabiliren
und niederlaſſen koͤnnen/ ſonderlich wann ihr Pa-
tron darinn mit ihnen einig iſt/ und ihnen kuͤnfftig
ſeine Commmiſſiones gegen gebuͤhrende Provi-
ſion zu verwalten giebet.
Bey Etabilirung eines Handels-Dieners/ es
ſey in oder auſſerhalb dem Vatterland/ iſt auch viel-
faͤltig dahin zu ſehen/ ob jemand zu der Handlung/
welche er unternehmen will/ befugt ſey oder nicht:
wir wollen hier nicht von denen hin- und wieder ein-
gefuͤhrten Lands-verderblichen Monopoliis reden/
da es nicht viel fehlet/ daß nicht faſt eine jede Art-
von Handlung verpachtet/ und in geſchloſſene Haͤn-
de gegeben wird; ſondern es finden ſich auch billige
Urſachen/ warum nicht ein jeder ohne Unterſchied zu
dieſer oder jener Handlung zu zulaſſen ſey/ wann
nemlich dieſelbe allbereit ſo eingetheilet/ daß ihrer
fuͤglich nicht wohl mehr davon leben koͤnnen/ als die-
jenige ſeyn/ in deren Haͤnden ſolche dermalen iſt. Es
bringen auch wohl die Statuta einer ſolchen Hand-
lung mit ſich/ daß/ wer nicht auf ſolcher ausgedie-
net/ und Præſtanda dabey præſtiret hat/ ſich kuͤnff-
tig derſelben nicht anmaſſen koͤnne. Zuweilen eignet
ſich auch eine Lands-Herꝛſchafft eine gewiſſe Hand-
lung eigenthuͤmlich zu/ von welcher hernach alle
Privat-Perſonen ausgeſchloſſen werden/ oder es
hat
[441]Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
hat jemand juſto \& oneroſo titulo eine Hand-
lung an ſich gebracht/ (wiewohl dieſes letztere nach
dem Monopolio ſchmecket) dabey dann ein ande-
rer/ ihme Eintrag zu thun/ nicht befugt iſt/ und was
etwan der Urſachen mehr ſeyn moͤchten/ um welcher
Willen alle Handlungen ohne Unterſchied nicht
koͤnnen unternommen werden/ die man ſonſt gerne
unternommen haͤtte.
Endlich ſo hat auch ein zu eigener Handlung re-
ſolvirender Handels-Diener vorher erſt wohl zu
uͤberlegen/ ob er die ſich vorgeſetzte Handlung allein
zu beſtreiten getraue/ darzu auch genugſame Mittel/
Verſtand und Leibes-Kraͤfften/ Patronos, Gele-
genheit/ Recht und Befugniß habe/ oder ob ihme
rathſamer und anſtaͤndiger ſey/ einen Compagnon
und Geſellſchaffter zu nehmen/ mit welchem er mit
zuſammen-geſetzten Kraͤfften und Vermoͤgen die
intendirte Handlung anfangen und fortſetzen koͤn-
ne. Wie nun bey dieſer letztern Reſolution gar viel
zu bedencken/ als wollen wir/ worinn ſolche be-
ſtehe/ anjetzo der Ordnung nach vor uns neh-
men.
Anfaͤnglich iſt voraus zu ſetzen/ daß es ſehr offt
redlichen und wohl-meritirten Handels-Dienern
wiederfahre/ daß ſie zur Belohnung ihrer treuen
Dienſte/ entweder von ihren Herꝛn ſelbſt/ mit in die
Handlung zur Helffte/ oder auf einem gewiſſen
Theil an dem Gewinn und Verluſt zu participiren/
genommen werden/ ob ſie gleich kein Capital einle-
gen/ ſondern ihr Fleiß und Arbeit nur die Stelle ei-
nes Capitals vertretten muß; oder es raumet ihnen
auch ihr Patron zur Belohnung ihrer treuen Dien-
E e 5ſte
[442]Caput XII.
ſte ein Stuͤck von ſeiner Handlung ein/ und tritt ih-
nen daſſelbe eigenthuͤmlich ab; oder er vergoͤnnet ih-
nen auch/ das/ ob ſie gleich noch in ſeinen Dienſten
ſtehen/ ſie dennoch ihren eigenen Handel neben her
anfangen/ und mittreiben moͤgen/ dabey ſie dann
den Vortheil genieſſen/ daß ſie erſtlich ſich nicht
gleich in eigene Haushaltung und buͤrgerliche Unko-
ſten ſtecken duͤrffen/ ſondern ihre Fuͤſſe unter eines
andern Tiſch ſtecken koͤnnen/ und noch dabey ihre
jaͤhrliche Beſoldung verdienen; ja/ ihr guͤtiger und
gegen ſie wohl geſinnter Patron, thut ihnen noch
wohl darzu einen Vorſchuß an Geld und auch an-
dere Huͤlffs-Leiſtung/ durch welche ſie deſto eher zu
ihren Zweck gelangen/ und ſich nach und nach in ei-
gener Handlung/ veſt ſetzen koͤnnen. Zuweilen fuͤgt
es ſich auch/ daß ein Handels-Patron ſeinen wohl-
meritirten Diener der ihme lange Jahre getreue
Dienſte geleiſtet/ die gantze Handlung auf gewiſſe
Conditiones abtritt und zu eigen uͤbergiebet/ wel-
ches auch vielfaͤltig von deſſen hinterlaſſenen Erben
geſchiehet/ die entweder einem ſolchen viel-jaͤhrigen
Handels-Diener/ die Handlung zum Theil oder
gantz zuſchlagen/ oder ihm auch zum Mit-Parti-
cipanten/ damit er nur derſelben deſto getreuer vor-
ſtehen moͤge/ annehmen; ingleichen wird offt man-
chem alten wohl-meritirten Handels-Diener/ ein
Sohn aus einem vornehmen Haus/ ſamt einem ſtatt-
lichen Capital zum Compagnon gegeben/ damit
ein ſolcher junger Menſch unter des wohlgeuͤbten
und verſtaͤndigen ſeiner Anfuͤhrung/ nach und
nach zur Handlung moͤge erzogen und angewieſen
werden Dieſes alles/ wie es einem jungen Menſchen/
der
[443]Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
der eben nicht ſonderliche Capital hat/ jederzeit wohl
zu ſtatten kommet/ und eben dasjenige iſt/ aus wel-
chem hernach die Facta und Veraͤnderungen der
Perſonen/ in vornehmen und renommirten Haͤu-
ſern und Handlungen herkommet; alſo geben auch
darinn die Umſtaͤnde/ von ſelbſten einem jeden an die
Hand/ was bey ſogeſtalten Sachen vor ihm zu thun
und zu laſſen ſeyn moͤchte.
Ein anders iſt es hingegen/ wann zwey Han-
dels Diener/ welche nunmehro des Dienens uͤber-
druͤßig ſeyn/ oder bey eigener Handlung ihr Gluͤck
beſſer zu machen gedencken/ ſich zuſammen als Han-
dels Geſellſchaffter begeben/ ihr Vermoͤgen in eine
Maſſam bringen/ und orando \& laborando verſu-
chen wollen/ was ihnen GOtt und das Gluͤck kuͤnff-
tig zuwerffen moͤchte. Solche Leute nun haͤtten mei-
nes Beduͤnckens anfaͤnglich insgemein zu beden-
cken/ ſich zu pruͤffen und examiniren/ ob ſie auch
zur Unzeit/ aus Vorwitz/ ohne genugſamen Ver-
ſtand und in Haͤnden habenden Mitteln zuſammen
gehen; oder/ ob es nicht weit beſſer geweſen waͤre/ daß
ſie noch ein Jahr etliche/ einem andern gedienet/ ſich
erſtlich etwas verdienet/ in Handels-Wiſſenſchaff-
ten veſt geſetzet/ und zuvor Patronos und gute Freun-
de ſich erworben/ ehe ſie auf ein Gerathwohl ſich
zuſammen in Compagnie begeben haͤtten. Dieſes iſt
gewiß/ daß man heutiges Tags viel dergleichen
jung zuſammen gelauffener Leute/ welche ſich von
ihren Herren vor der Zeit geriſſen/ und ihren eige-
nen Handel anfangen/ ſolchen aber (weil die benoͤ-
thigte Requiſita darzu ermangeln) nicht lang trei-
ben koͤnnen/ ſondern bald wieder angeben muͤſſen/
fin-
[444]Caput XII.
findet; indeſſen aber ſteht es auch nicht zu aͤndeꝛn/ und
muß man um des Mißbrauchs willen den guten Ge-
brauch/ oder etlicher uͤbel gelungener Exempel wil-
len/ die Sache nicht gar aufheben/ weil im Ge-
gentheil/ ſich hundert andere finden/ die einen guten
Erfolg gehabt/ und daß zwey (als Handels-Geſell-
ſchafften zuſammen getrettene) junge Leute/ ob ſie
gleich anfaͤnglich wenig Mittel zuſammen gebracht/
dannoch mit der Zeit/ durch GOttes Seegen/ ih-
ren Fleiß und Arbeit/ auch guter Leute Huͤlffe/ es
ſo weit gebracht/ daß ſie endlich groſſe Capitaliſten/
vornehme Kauffleute/ und anſehnliche Glieder der
Republic geworden. Die Handels-Weisheit ſte-
cket eben nicht allezeit in einem grauen Bart/ ſo
findet man auch offt bey einem jungen Menſchen ein
reiferes Judicium, als bey manchen Alten. Das
gemeine Weſen will auch/ daß nach und nach feine
junge Buͤrger anwachſen und zugezogen werden/
welches nicht geſchehen wuͤrde/ wann ſich die alten
Buͤrger und Kauffleute/ darinnen ein Monopo-
lium ausnehmen/ und keine Jungen neben ſich auf-
kommen laſſen wollten.
Die Betrachtungen/ welche ein Kauffmanns-
Diener/ der mit einem andern in Compagnie tret-
ten will/ dieſes ſeines abgezielten Handels-Geſell-
ſchaffter Perſon halber haben muß/ beſtehen eigent-
lich in folgenden; Als: von was Verſtand und
Conduite, Familie und Vermoͤgen er ſey/ auch
worinnen ſeine Handels-Wiſſenſchafften beſtehen/
und ob er ſich Patronos, Erfahrenheit/ und Praxin
allbereit erworben/ auch guter Leute Huͤlffe zu getroͤ-
ſten habe. Der Verſtand eines ſolchen Menſchens/
kom-
[445]Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
kommet ja billg darum in Betrachtung/ weil bey de-
nen Kauffleuten/ das mehrmalen gedachte Han-
deln/ ohne Verſtand/ Verluſt bringet/ vor der
Hand; Dann wie will einer ſeinen eigenen Sachen
wohl vorſtehen/ der keinen Verſtand darzu hat?
Wie will er in ſo wichtigen Dingen/ da es auf das
Meum \& Tuum ankommt/ dirigiren/ wann er
der Handlung nicht gewachſen iſt? Waͤre ſolches
nicht eben das/ als wann einer ein groſſes beladenes
Schiff durch die wilde See hindurch fuͤhren wollte/
der die Steuer-Manns-Kunſt niemals gelernet?
Man laͤßt es in Handels-Geſellſchafften pasſiren/
wann ein Dummer/ der groß Geld hat/ einem Klu-
gen und Verſtaͤndigen/ der nicht viel hat/ zum
Compagnon gegeben wird/ damit dieſes ſein Ver-
ſtand/ und jenes ſein Geld arbeite. Allein/ wann
zwey Bruͤder von gleichen Mitteln zuſammen kom-
men/ die beyde an einem Joch ziehen ſollen/ ſo muͤſ-
ſen ſie gleich von Calibre, Verſtand und Leibes-
Kraͤfften ſeyn/ und keiner/ vor den andern/ viel
voraus haben/ weil es ſonſt nur ſchlechte Harmo-
nie giebet/ der Verſtaͤndige uͤber den Unverſtaͤndi-
gen den Meiſter ſpielen will/ woraus hernach ſchwe-
re und groſſe Mißhelligkeiten entſtehen/ welche de-
nen beyden Geſellſchafftern in ihren Handlungen
nicht geringen Schaden bringen.
Die Conduite eines Menſchen/ den man zum
Handels-Geſellſchaffter annehmen will/ dienet dar-
um/ um ſo viel ſorgfaͤltiger unterſuchet zu werden/
weil/ wann er nicht gottsfuͤrchtig/ die Handlung
ſich wenig Seegens wird zu getroͤſten haben; Jſt
er ein Debauchant, Hurer und Saͤuffer/ oder
Spie-
[446]Caput XII.
Spieler/ ſo lauffen die Geſchaͤffte und Gelder der
Compagnie-Handlung in Gefahr/ daß jene verab-
ſaͤumet/ dieſe angegriffen und liederlich durchge-
bracht werden; zu geſchweigen/ daß ſolches eine
uͤbele Renommée und Recommendation bey an-
deren Kauffleuten giebet/ von welchen die jungen An-
faͤnger Huͤlffe uñ Credit ſuchen uñ erwarten muͤſſen.
Mancher Menſch iſt auch ſauertoͤpffiſch/ murꝛiſch und
verdroſſen/ welches abermal einen ſchlechten Effect
in Compagnie Handlung thut/ und gleich bey dem
anderen Geſellſchaffter einen Widerwillen und Ver-
druß erwecket/ daß der mit ihm in ein Joch einge-
ſpannte/ nicht zugleich mit anziehen/ ſondern auf
jenem/ der guthertzig und arbeitſam iſt/ die Laſt al-
lein waͤltzen will. Kommet etwann noch hinzu/ daß
einer von denen Compagnons regierſuͤchtig iſt/ und
da ſie doch gleiche Buͤrden zu tragen haben/ dennoch
den Meiſter ſpielen und uͤber den andern herꝛſchen
will/ ſo iſt ſolches abermal ſchon ein Saamen der
Uneinigkeit/ welche/ wann ſie endlich reif gewor-
den/ keinen anderen Erfolg hat/ als daß ſich ihre
Compagnie wieder zertrennet/ und offtermals ge-
ſchiehet/ das beyde Compagnons, wann ſie/ dem
gemeinen Sprichwort nach/ in GOttes Namen zu-
ſammen gegangen/ ins Teufels Namen wieder von-
einander gehen.
Auf die Familie eines Compagnons, muß man
in ſo weit Acht geben/ ob dieſelbige in guten Anſe-
hen und Mitteln ſey/ und ob man allenfalls Huͤlff
und Recommendation von derſelben zu gewarten
haͤtte; Und geſetzt/ daß ſolches auch nicht waͤre/ ob
ſie
[447]Der Kauffmanns-Diener Beobachtung.
ſie jedoch ehrlich und von bekandter Probité, auch
nicht zanckſuͤchtig und zu Intriguen geneigt ſey.
Das Vermoͤgen eines Compagnons will frey-
lich auch in Conſideration gezogen werden; jedoch
muͤſſen ſie ſich untereinander hierinnen ſelbſt pruͤfen/
und allenfalls nicht hoͤher fliegen/ als ihnen die Fluͤ-
gel gewachſen ſeyn.
Eine genauere Unterſuchung erfordern wohl
die Handels-Wiſſenſchafften/ eines anzunehmen-
den Compagnons, dann mit ſolchem ſoll eben die
Handlung gefuͤhret/ uñ das Brod verdienet werden;
Und wird ſich hierinnen ein jeder wol ſelbſt vorſehen/
daß er einen Geſellſchaffter erwehle/ welcher der
Handlung/ die ſie beyde unternehmen wollen/ kundig
ſey/ und nicht etwan ein Gewuͤrtz-Kraͤmer/ einen Sei-
den-Haͤndler/ ein Eiſen-Haͤndler einen ſolchen/ der
beym Tuch-Handel ſeine Jahre erſtanden/ zum
Handels-Geſellſchaffter annehme/ ſondern ein jeder
ſeines gleichen ſuche/ auch/ was alsdann dem einen
oder andern/ an Capacitaͤt/ noch fehlet/ er hierin-
nen von dem Verſtaͤndigern mit Liebe uͤbertragen/
freundlich ermahnet und unterrichtet werde/ als wel-
che die beſte und laͤngſte Handels-Geſellſchafft/ nem-
lich die mutuelle Lieb und Einigkeit/ welche Han-
dels-Geſellſchaffter untereinander haben/ zu unter-
halten pfleget.
Endlich thaͤte auch allerdings zu zweyer Han-
dels-Geſellſchaffter ihren kuͤnfftig-gluͤcklichen
Fortkommen/ dieſes ſchon ein Groſſes/ wann ſie
beyderſeits/ oder zum wenigſten einer unter ihnen/
ſich guter Leut Huͤlffe zu getroͤſten haͤtten/ auch all-
bereit eine ziemlich-erworbene Praxin und Corre-
ſpon-
[448]Caput XIII.
ſpondentz zuſammen braͤchten/ welche zu einem
Fundament ihrer neuen Handlung dienen koͤnnte;
wo ſich aber dergleichen Huͤlffe nicht finden ſollte/
muͤſſen darum zwey junge Anfaͤngers (wann nur ſon-
ſten die Intention mit ihrer Handlung loͤblich und
zugelaſſen iſt/) den Muth nicht ſincken laſſen/ ſondern
mit zuſammengeſetzten Kraͤfften und Gebet/ ſo viel
fleiſſiger arbeiten/ damit durch GOttes Seegen
und ihre induſtrie dasjenige erſetzet werde/ was ih-
nen an Menſchen-Huͤlffe abgehen moͤchte.
CAP. XIII.
Was ein geweſener Kauff-
manns-Diener/ welcher nunmehro
ſeinen eigenen Handel anfaͤngt/ in ſpecie
beym Groſſo- und auch Detail-Handel/ das
iſt/ beym Handel/ mit gantzen Stuͤcken/ und
auch im Ausſchnitt/ und dann auch/ wann
er auslaͤndiſche Kauffleute in Com-
miſſion bedienen will/ zu be-
obachten habe.
WJr wollen hiervon den Savary in ſeinem
vollkommenen Kauffmann reden hoͤren/
welcher in deſſen 44. Cap. denen/ welche
ins Groß ihren eigenen Handel anzufan-
gen gedencken/ folgende nuͤtzliche Unterweiſung/ und
zwar erſtlich/ wegen des Einkauffs ihrer Waaren/ in
denen
[449]Was bey eigenem Handel zu obſerviren
denen Manufacturen/ giebet. Es ſind/ ſpricht er/ 10.
Stuͤcke/ bey dem Einkauff der Waaren/ in denen
Manufacturen in Acht zu nehmen.
Das erſte iſt/ wann die Waar beginnet aufzu-
ſchlagen/ welches gemeiniglich von 2. Dingen her-
kommt: Erſtlich/ weil die Materien/ aus welchen
die Waaren beſtehen/ wegen des Mangels/ theurer
werden.
Zum andern/ weil wenig gemachter Waaren vor-
handen/ und ſelbige unterdeſſen ſehr begehret wer-
den/ da iſt dann gewiß/ daß dasjenige/ welches
gemacht/ mercklich theurer wird: Zu der Zeit/ be-
ſtehet es in des Kaͤuffers Vorſichtigkeit/ daß er die
Urſachen/ welche die Waare vertheuren/ wiſſe.
Wann es nun/ zum Exempel/ Waaren von ſeidenen
Stuͤcken/ muß er ſich erkundigen/ ob die Seide
wohl gerathen oder nicht; Dann/ wann das Jahr
uͤber Regen-Wetter geweſen iſt/ ſo wird es derſel-
ben wenig geben; und alſo verurſachet der Mangel/
daß wenig von den Orten/ daher ſie ſonſten kommt/
gebracht wird Dieſer Mangel nun bringt die Theu-
rung der gemachten Waaren.
Alſo verhaͤlt ſichs auch mit denen Manufactu-
ren des woͤllenen Tuchs und Sarges, wann nem-
lich die Wolle rar und theurer worden iſt; und auch
Leinwad/ wann der Hanff und Flachs nicht wohl
gerathen; alſo von andern Gattungen der Mate-
rien mehr/ aus welchen die Manufacturen/ mit
welchen man handelt/ beſtehen. Dann der Man-
gel/ wie gemeldet/ macht/ daß der Preiß derſel-
ben/ ſteigt/ und folglich auch der Waaren/ die
davon gemacht werden.
F fKein
[450]Caput XIII.
Kein Zweiffel iſt/ daß/ wann die Theurung der
Waaren von dem Mangel der Materien herkommt/
derſelbe nicht allein lang daure/ ſondern auch allge-
mach zunehme. Jſt derowegen hieruͤber nicht lang
Rath zu ſchlagen/ ſondern geſchwind und auf Liefe-
rung zu kauffen/ ſo viel nemlich ein Kauffmann fuͤg-
lich zu vertreiben vermeinet.
Ruͤhret der Aufſchlag/ wegen geringem Vor-
raths/ und weilen die Waar ſehr begehret wird/
(nicht aber von dem Mangel der darzu gehoͤrigen
Materien) her/ ſo muß man in dem Einkauff behut-
ſam verfahren/ weil es offtmals ein Strudel/ der
bald vergeht; Dieſer Aufſchlag dauret auch nicht laͤn-
ger/ als biß die Hitze voruͤber/ und zwar/ um
zweyer Urſachen willen. Die erſte iſt/ weilen es et-
wann zufaͤlliger Weiß geſchicht/ daß viel Negocian-
ten/ von unterſchiedenen Orten/ Waare in einer Zeit
committiret haben/ oder ſich auf einmal an dem
Ort der Manufacturen befinden/ und dieſes verur-
ſachet/ daß die Arbeiter/ weilen die Arbeit ſehr be-
gehret wird/ auf den Preiß halten/ wann dann
die Kauffleute genug verſehen ſeyn/ ſo kommen die
Sachen wieder in den Stand/ da ſie zuvor gewe-
ſen/ alſo/ daß zuweilen ein mercklicher Abſchlag
erfolget.
Dann wann die Arbeiter ſehen/ daß dieſelbe
Waar begehret wird/ will ein jeder derſelben ma-
chen/ welches den Uberfluß und Wohlfeile bringt;
gleichwie hingegen der Mangel die Theurung ge-
macht hat/ daß alſo dieſe Anmerckungen/ damit
es im Einkauff gelinge/ ſehr wichtig ſeyn
Das Andere/ welches im Einkauff der Waa-
ren
[451]Was bey eigenem Handel zu obſerviren [...]
ren zu beobachten/ iſt dieſes/ daß man behutſam in
Worten ſey/ und nicht dergleichen thue/ als ob
man die Waare/ welche man doch gerne haͤtte/ be-
gehre/ ſo muß man auch nicht dieſelbe ſo gar verach-
ten/ als wann man ſie gar nicht vonnoͤthen haͤtte/
ſondern das beſte iſt/ man halte ſich indifferent und
dabey kluͤglich; wie dann auch die Arbeiter lieber
mit ſolchen Negocianten/ als mit denen/ die Liſt ge-
brauchen/ zu thun haben.
Das Dritte iſt/ daß man ſehe/ ob die Waa-
re von dem hohen Preiß/ auf welchen ſie zuvor ge-
ſtiegen/ wieder abkomme/ oder von dem niedrigen
Preiß/ in welchem ſie zuvor (entweder/ weilen der
Handel ſich geſtecket/ oder aber/ weilen ein groſſer
Uberfluß in denen Manufacturen ſich befunden) ge-
weſen/ wieder aufſchlage: welches dann das vor-
nehmſte Abſehen der Kauffer mit ſeyn muß.
Dann wann die Waar in dem Preiß aufs
hoͤchſte gekommen/ und wieder zu fallen anfaͤngt/
muß man keine kauffen/ weilen gewiß iſt/ daß/ wann
die Urſach/ warum der Aufſchlag geſchehen/ aus
dem Weg geraͤumet/ die Waare taͤglich/ biß ſie
wieder auf ihren billigen Werth kommet/ ab-
ſchlaͤgt.
Hingegen/ wann die Waare auf ihrem gering-
ſten Preiß waͤre/ und zu ſteigen anfienge/ ſo iſt es
Zeit zu kauffen/ weilen gewiß iſt/ daß die Steige-
rung taͤglich/ ſo lange die Urſach derſelben waͤhret/
zunimmt.
Das Vierdte/ in Einkauffung der Waaren/
iſt/ daß man wiſſe/ in welchem Ort ſelbe wieder-
um verkauffet werden kan. Dann zum Exempel/
F f 2wann
[452]Caput XIII.
wann Grosſirer die Waare zu Paris verkauffen
wollten/ muͤſtens die allerbeſten und neueſte Mode
ſeyn; Dann Paris iſt es/ welche nicht allein die
Mode allen Staͤdten Franckreichs/ ſondern auch
den fremden Laͤndern/ giebet.
Hingegen/ wann Negocianten kauffen/ damit
ſie in den Staͤdten des Koͤnigreichs und frem-
den Orten wieder verkauffen/ ſollen ſie von denen/
da die Mode erſt anfaͤngt/ nicht kauffen/ dann ſie
iſt an denjenigen Orten/ wohin ſie dieſelbe ſchickten/
noch nicht bekandt; koͤnnen derowegen dieſelbe auch
nicht allda verkauffen/ ſintemalen ſolche noch ſo theu-
er; dann die Mode verurſachet offt den Abgang der
Waare und auch derer Theurung.
Das Fuͤnffte/ daß man die ſeidene Waaren/
wann es moͤglich/ Pfund-weiß kauffe/ vornemlich
aber diejenige/ welche leicht und nicht hoch kommen/
dann man hat darbey groͤſſern Nutzen; hingegen
muß man ſie theuren bey dem Maas- und nicht bey
dem Gewicht-kauffen: Dann offt ſind dieſelbe von
grober Seide/ welche nicht ſo theuer/ als die an-
dern/ ſo mehr Glantz haben/ und folgends von der
beſten Seide gemacht ſeyn ſollen/ dann auch/ weil
denen Arbeitern ſo viel Arbeits-Lohn nicht zu bezah-
len iſt.
Das ſechſte Stuͤck beruhet in der Zeit/ da die
Waare nicht begehrt wird/ daß man derſelben bey
dem geringern Arbeitern kauffe. Dann weil ſie ih-
re Waare aufzuheben/ nicht vermoͤgen/ geben ſie ſol-
che um geringern Preiß/ als die Reichen/ welche
die Zeit/ da man deren begehret/ erwarten koͤn-
nen.
Das
[453]Was bey eigenem Handel zu obſerviren [...]
Das ſiebende Stuͤck iſt/ daß man alle Waar/
welche man kaufft/ vornemlich aber die Lyoniſchen/
(allwo die Ele 1. pro Centum kuͤrtzer/ als zu Paris/
iſt/) meſſe/ und dieſes zwar/ um zweyer Urſachen
willen. Die erſte iſt/ weilen die Arbeiter/ wann ſich/
nachdem ſie bezahlt/ ein Mangel findet/ keine Red
und Antwort geben wollen. Die andere/ weilen
man/ in dem die Waare aufgewickelt wird/ erken-
nen kan/ ob kein mercklicher Mangel/ welcher von
den Arbeitern/ durch die halben Faͤlte verborgen
werden kan/ darinnen zu befinden ſey.
Das Achte iſt/ daß man unter dem Vorwand/
die Waare ſey wohlfeil/ nicht uͤber ſein Vermoͤgen/
einkauffe/ und daß man ſich/ als wann dieſelbe auf
verſprochene Zeit bezahlet werden koͤnnte/ nicht zu viel
traue/ dann wann die Zahlung auf beſtimmtem Tag
nicht erfolgte/ verloͤhre man bey denen Arbeitern
den Credit, und ſie wuͤrden kuͤnfftig nicht mehr
trauen.
Das Neundte iſt/ daß man keinen Kauffleu-
ten (welche rohe Materialien denen Arbeitern/ zu ver-
arbeiten/ verkauffen) an denen Orten ſolcher Manu-
facturen/ Waare einzukauffen/ Commisſion gebe/
dann ſie kauffen die Waaren allezeit theurer/ als die-
jenigen/ ſo keine Materialien zu verkauffen; weilen
ſie den Arbeitern einen Theil an der Bezahlung ge-
ben/ und offt/ damit ſie ſich an dem/ was ihnen
die Arbeiter ſchuldig/ bezahlt machen/ und von ihnen
Waare/ die ſelten ſo gut und ſchoͤn/ als man ſie
wohlums baare Geld haben kan/ an der Bezah-
lung nehmen.
Das Zehende und Letzte/ welches man im Ein-
F f 3kauff
[454]Caput XIII.
kauff der Waaren beobachten muß/ iſt/ daß/ wann
zwey junge Kauffleut miteinander in Compagnie
ſeyn/ der eine perſoͤnlich an dem Ort ihrer Manufa-
cturen wohne/ und dieſes um zweyer Urſach wegen.
Erſtlich/ weilen derjenige/ ſo ſelbſt im Gewerb in-
teresſiret/ viel fleiſſiger iſt/ und auf das/ was er
thut/ mehr/ als ein Commisſionarius, (der offt
nur auf ſein eigen Intereſſe ſiehet/ und weilen er
Commisſion von vielen Kauffleuten hat/ demjeni-
gen/ welchen er will/ favoriſiret) Achtung giebt.
Zum andern/ weilen die Geſchaͤffte allezeit viel ge-
heimer zugehen/ und man offtmals eine bequeme
Gelegenheit zu kauffen findet/ welches ein Com-
misſionarius zu thun/ ſich nicht unterſtehen wuͤrde/
und auch/ weilen in dergleichen Kauff viel gewon-
nen werden kan.
Alle dieſe jetzt angefuͤhrte Stuͤcke/ ſind die vor-
nehmſten/ welche ein Grosſirer in Einkauffung der
Waaren/ in Acht nehmen muß/ weil ſie in allen
Gattungen der Waaren/ wie ſie auch ſeyn moͤgen/
denjenigen/ der ſelbſt in denen Manufacturen kauf-
fen/ und ſich darinnen gluͤcklich verhalten will/ die-
nen koͤnnen.
Von dem Verkauff der Waaren in Groſſo,
ſchreibt er im 47. Capitel/ folgender Geſtalt: Die
Grosſirer/ welche ihre Waaren denen Kauffleuten
des Hand-Kauffs/ in denen Staͤdten/ wo ſie woh-
nen/ allein verkauffen/ gehen in ihren Geſchaͤfften
ſicherer/ als diejenige/ welche dieſelbe denen Kauff-
Leuten in andern Provinz [...]en/ oder in denen Meſ-
ſen und Maͤrckten verkauffen muͤſſen/ und dieſes um
4. Urſachen willen.
Die
[455]Was bey eigenem Handel zu obſerviren [...]
Die erſte iſt/ weil ſie ihre Geſchaͤffte allezeit/ und
die Kauffleute des Hand-Kauffs/ welchen ſie ihre
Waaren verkauffen/ taͤglich vor Augen ſehen/ daß
ſie alſo ihr gutes und boͤſes Verhalten erkennen/ und
darnach ihre Handlung einrichten koͤnnen.
Die andere/ weil die Anforderung ihrer Schul-
den/ ihnen viel bequemer; dann ſie haben ſtets mit ih-
ren Schuldnern Gemeinſchafft.
Die dritte/ wann ihre Schuldner falliren/ thun
ſie vielleicht in ihren Sachen Verordnung.
Die vierdte/ wann ein Streit unter ihnen und
den Kauffleuten des Hand-Kauffs/ wegen ihres
Handels vorgeht/ und ſie ſich in das Recht legen
muͤſſen/ ſo klagen ſie vor ihrem natuͤrlichen Richter/
und haben nicht Urſach/ aus ihrer Stadt zu ge-
hen.
Endlich treiben ſie ihren Handel viel geruhiger/
mit geringerer Muͤhe und viel ſicherer/ als die/ wel-
che ihre Waaren in denen Provinzien/ Meſſen und
Maͤrckten verkauffen.
Vornemlich ſollen ſie ſich befleiſſen/ in Sachen/
der Verſicherung/ vor ihre Waaren/ die ſie auf
Credit verkauffen/ ſich recht zu erkundigen; dann
daran haͤnget ihres Thuns Gluͤck und Ungluͤck. Wel-
ches ihnen aber zu erfahren/ ſehr leicht ſeyn wird/
wann ſie ſich nur ein wenig das Verhalten derer/ mit
welchen ſie zuſchaffen haben/ zu erforſchen/ wollen
angelegen ſeyn laſſen: Sintemal ein Kauffmann
ſein Thun und laſſen ſchwerlich verbergen kan/ wei-
len daſſelbe einem jeden bekandt iſt.
Der Verkauff/ welchen die Grosſirer an
F f 4Kauff-
[456]Caput XIII.
Kauffleut des Hand-Kauffs thun/ haben ſie folgen-
gendes zu bemercken:
Erſtlich/ daß die Kauffleute des Hand-Kauffs/
welchen ſie auf Credit verkauffen/ fromme und ehr-
liche Leute ſeyn/ dann ſolche werden nicht ſo leicht
Strittigkeiten erwecken/ ſondern wann ſich etwann
der Verkaͤuffer/ es ſey im Preiß oder Ausmeſſung
der verkaufften Waaren/ geirret/ werden ſie/ wann
es ehrliche Leute ſeyn/ ſeinen Schaden nicht begeh-
ren.
Zum andern/ daß es Leute ſeyn/ die den Handel
verſtehen/ und in ihren Geſchaͤfften fleiſſig; weil
man verſichert/ daß ſie ſich darinnen wohl auffuͤh-
ren/ und nicht leichtlich ihr Gut mit Schwelgen
durchbringen werden; dann es iſt gewiß/ daß ein
Kauffmann/ der ſeinen Laden fleiſſig abwartet/
nicht ſo leicht Gelegenheit darzu haben wird.
Zum dritten/ daß ſie/ wann es moͤglich/ erfor-
ſchen/ ob ſie ſich nicht mit Edelleuten unvorſichtig
vertiefen/ oder/ ob ſie nicht einem jedwedern/ der
nur kommet/ borgen. Dann dieſe Vertieffung/
darinnen ſie ſich mit Perſonen/ die nicht bezahlen/
befinden/ wuͤrde hernach verurſachen/ daß ſie das-
jenige/ was ſie ihnen ſchuldig/ auch nicht zahlen
koͤnnten.
Zum vierdten/ daß ſie an einen Kauffmann des
Handkauffs allein/ nicht ſo gar groſſe Summen
borgen/ weil ſonſt/ wann er fallirte/ ſie ſolches
leichtlich nachziehen/ und zu gleichen Ungluͤck brin-
gen koͤnnte; Dieſes iſt eine von denen vornehmſten
Reguln/ welche die Grosſirer in Acht nehmen ſollen;
dañ man hat ſehr viel Exempel der Grosſirer/ welche/
wei-
[457]Was bey eigenem Handel zu obſerviren [...]
weilen ſie 1. oder 2. Kauffleuten/ die hernach falliret/
ihre Waaren verkaufft/ auf einmal dadurch unter-
drucket/ und ihr Gut an einem Tag verlohren haben/
alſo/ daß ſie jener ihren Gang zugehen/ ebenfalls ge-
zwungen worden.
Derowegen/ wie in dem gemeinen Sprichwort
geſagt wird/ man ſeine Eyer nicht alle in einen Korb
legen muß: Das iſt/ daß es beſſer ſey/ ſein Gut abzu-
theilen/ und hin- und wieder/ unter vielen Kauffleu-
ten des Hand-Kauffs zu haben/ als einem oder zwey-
en allein dieſelbe zu borgen/ weil man viel verſicher-
ter dabey iſt; wann man auch eine geringe Parthey
verliehret/ ſo ertraͤgt man den Schaden doch ſo viel
leichter/ als wann er groß waͤre.
Zum fuͤnfften/ ſoll ſich ein Grosſirer mit jungen
Kauffleuten des Hand-Kauffs/ etwann in der Ab-
ſicht/ weil ſolche von gutem Haus ſeyn/ und reiche El-
tern haben/ und deßwegen ihrer Schuld wohl ver-
ſichert ſeyn koͤnnen/ nicht zuunvorſichtig vertiefen/
ſintemal dieſes ein falſcher Wahn iſt; dann wann
ihre Sachen einen uͤblen Ausgang nehmen/ ſo be-
zahlen die Eltern ſelten vor ihre Kinder/ wie es dann
auch gar ungereimt ſeyn wuͤrde/ daß ſich Eltern um
den Credit ihrer Kinder/ (welche durch Unvorſich-
tigkeit/ und offt durch Spiel und liederliches Leben/
ruiniret/) zu erhalten/ in ihr loſes Leben zu vermi-
ſchen/ und durch dieſes Mittel ihr- und ihrer andern
Kinder Wohlfart verſchertzen ſollten?
Zum ſechſten/ ſo laſſen ſich auch die Grosſirer
geſagt ſeyn/ daß/ wann ihre Schuldner dasjeni-
ge/ was ſie ihnen ſchuldig/ auf dem Verfall-Tag
(das iſt/ auf die Zeit/ die ſie miteinander uͤberein-
F f 5ein-
[458]Caput XIII.
eingekommen) nicht zahlten/ daß ſie ihnen darum das
Meſſer nicht gleich an die Gurgel ſetzen/ und ſich
10. pro Cento Intereſſe vor die Saͤumung zahlen
laſſen ſollen. Dann auſſer dem/ daß es ein ſchaͤnd-
licher Wucher/ ſo verurſachet auch ſolches ihren
Ruin, und vielmals gar ein Falliment, dabey ſie/
die Creditores, hernach das gantze Capital ver-
lieren.
Zum ſiebenden/ ſollen ſie zu beſſerer Verſiche-
rung ihrer Schuld/ niemand/ es ſey/ wer es wolle/
auf Unter-Pfand leyhen/ oder/ ſo ſie es thaͤten/ doch
kein groſſes Intereſſe davon nehmen; weil ſolches
ebenfalls dem Goͤttlichen und Weltlichen Rechten
zuwider iſt.
Das achte Stuͤck/ welches von einem Grosſi-
rer in Acht genommen werden ſoll/ iſt/ daß er die
Waaren/ von welchen die Mode/ entweder an der
Farbe oder Tracht zu vergehen/ anfaͤngt/ oder die
ſonſt einen Mangel hat/ ſo viel moͤglich/ vertreibe/
und nicht warte/ biß ſich die Mode gantz geendet/
damit er groſſen Schaden/ welcher gemeiniglich dar-
auf erfolget/ vermeiden moͤge; dann es iſt beſſer/
daß man ſich alsbalden zu einem geringen Schaden
reſolvire/ als daß man (nachdem die Waaren un-
nuͤtz in dem Gewoͤlb etliche Jahr aufgehoben wer-
den) einen viel groͤſſern Schaden daran leide.
Weilen auch die Grosſirer/ welche ihre Waa-
ren nur denen Kauffleuten des Hand-Kauffs in den
Staͤdten/ wo ſie wohnhafft ſeyn/ verkauffen/ zu-
weilen groſſe Muͤhe haben/ der geringern Waa-
ren/ und deren Mode ſchon vergangen/ ſich zu ent-
laden/ indem die Kauffleut des Hand-Kauffs/ ſelbe
um
[459]Was bey eigenem Handel zu obſerviren
um ein Spott haben wollen/ darzu aber ſich die Ver-
kaͤuffer nicht reſolviren koͤnnen; als muͤſſen ſie die-
ſelben/ an Waaren/ endlich loß zu werden/ mit Ne-
gocianten/ welche in andere Staͤdte des Koͤnig-
reichs und fremde Laͤnder handeln/ und auf die Meſ-
ſen und Maͤrckte/ wo alle Waaren/ ſo ſchlecht ſie
auch ſeynd/ allezeit Kaͤuffer finden/ vertauſchen;
wobey dann 3 Dinge in Acht zu nehmen ſeyn.
Als erſtlich: Daß man die Waare/ Schulden
und andere Effecti, welche gegen denen/ deren man
gerne loß waͤre/ zu tauſchen angeboten werden/ wol
kenne Und dieſes iſt der Principal-Punct, damit
man nicht von einem Ubel in ein groͤſſeres falle; dann
in einem Tauſch iſt allezeit einer betrogen/ wann man
nicht wohl Achtung giebet.
Zweytens/ iſt auch zu uͤberlegen/ ob man die
Waaren und andere Fffecti, die man im Tauſch
bekommet/ wiederum anwenden koͤnne; dann es
waͤre beſſer/ ſeine Waare zu behalten/ als davor
andere/ die man noch weniger vertreiben koͤnnte/ an-
zunehmen.
Drittens/ daß man/ wann man nicht ſonder-
baren Vortheil dabey hat/ im Tauſch der Waare
nicht leicht baar Geld zugebe. Sintemal derjenige/
welcher Geld giebt/ allezeit geringern Vortheil/ als
der es empfaͤngt/ zu Genieß hat
Das neundte Stuck/ welches ein Grosſirer in
Obacht nehmen muß/ iſt dieſes/ daß er niemals
ſeine Waaren nach den Hand-Kauff denenjenigen
verkauffe/ die nicht Kauffmanns-Beruff ſind/ wei-
len ſolches bey den Kauffleuten des Hand-Kauffs/
einen Eyfer verurſachet/ und einen uͤblen Ausgang
brin-
[460]Caput XIII.
bringee/ daß ſolche Kauffleute des Hand-Kauffs
hernach bey einem Grosſirer/ der ſeine Waare auch
andern Leuten nach der Hand verkauffet/ nichts
mehr kauffen wollen.
Und dieſes ſind beylaͤufftig die Reguln/ welche
Grosſirer/ ſo ihre Waaren den Kauffleuten des
Hand-Kauffs/ in den Staͤdten/ wo ſie wohnen/ ver-
kauffen/ in Acht zu nehmen haben.
Denen jungen angehenden Kraͤmern/ oder
Kauffleuten des Hand-Kauffs/ giebt er (was ſie
ihres Etabliſſements halber/ vorher wohl zu be-
trachten haben) im 32. Capitel folgende Lehren.
Erſtlich ſollten ſolche junge Anfaͤnger wohl be-
dencken/ wie hoch ſich ihr Capital erſtrecke/ um
ſich darnach in ihren Vornehmen zu richten. Dann
ſie ſollen keiner Sachen/ welche auſſer ihrem Ver-
moͤgen ſind/ ſich unterwinden/ anders waͤre es eine
Unvorſichtigkeit/ dadurch ſie in kurtzer Zeit ins Ver-
derben gerathen koͤnnten.
Zum Exempel: Ein junger Menſch/ welcher
vor einen Principaln in der Kraͤmerey aufgenom-
men worden/ und ſeine Jahre bey einem Kauff-
Mann/ von guͤldenen/ ſilbernen und ſeidenen Stuͤ-
cken/ ausgeſtanden/ hat eines groſſen Verlags/
wann er dergleichen Handel vor die Hand nehmen
will/ vonnoͤthen. Dann dieſes ſind koͤſtliche Sa-
chen/ derer man vor viel Geld wenig bekommt/ wird
alſo ein groß Capital, um mit allerley dergleichen
Zeugen aſſortirt/ zu ſeyn/ erfordert/ und muß man
nicht gedencken/ daß mit 5. oder 6000. Reichstha-
ler/ ob man gleich auch ſchon Credit dabey haͤtte/
ein ſo groſſer und wichtiger Handel koͤnne ſtarck ge-
trieben
[461]Was bey eigenem Handel zu obſerviren.
trieben werden; Dahero es faſt rathſam/ ſich in
dergleichen koſtbaren Handlungen/ mit einem an-
dern in Compagnie zu begeben. Er muß aber da-
bey auf Leute/ die eben ſeines Sinnes ſind/ ſein Ab-
ſehen haben. Dieſe Erwehlung aber iſt beydes/
was die Sitten als die Geſchicklichkeiten anbetrifft/
wichtig/ dann wann ein junger Anfaͤnger/ ſich mit
einem laſterhafften Menſchen/ der ſeinen Begierden
nachhaͤnget/ einlaͤſſet/ wird er keine groſſe Huͤlff ha-
ben; vielmehr wuͤrde ſolches alle Vertrauligkeit und
gute Verſtaͤndnus die unter Compagnons/ ſeyn
ſollte/ zerſtoͤren/ ihre Unternehmung hintertreiben/
und ihnen nichts gelingen. Jſt ein Compagnon
unerfahren/ wird er ſolche Fehler begehen/ dadurch
ſie alle beyde ins Verderben gerathen; dahero ein
ſolcher zu erwaͤhlen/ der geſchickt/ ehrbar und ſeines
Humeurs iſt; Dann gleiche Art iſt unter Gemein-
dern/ wann ſie zu was gelangen wollen/ ſehr noth-
wendig.
Er kan ſich auch wol umſehen/ ob nicht Kauff-
Leute/ welche ſchon im Handel ſitzen/ und ihrer Laͤ-
dens in guten Ruff gebracht/ ſich finden/ mit denen
er ſich durch eine Heyrath/ entweder ihrer Toͤchter
oder Verwandten verbinden koͤnnte: Dieſes wuͤr-
de wol das allerbeſte ſeyn/ im Fall es nur Leute waͤ-
ren/ die unter den Kauffleuten in guter Reputation
ſind/ und den Ruff haben/ daß ihre Sachen wohl
ſtehen; im widrigen waͤre nicht daran zu gedencken/
dann wann einer eine Tochter heyrathet/ ſo bekoͤmmt
er auch alles Gute oder Boͤſe deſſelben Hauſes zur
Morgen-Gab mit. Muß derowegen alles wol zu-
vor erwogen werden.
Wann
[462]Caput XIII.
Wann auch ein junger Kauffmann mit einem
andern/ der ſchon im Handel begriffen/ Compa-
gnie macht/ ſo iſt ſich im Contract der Gemein-
ſchafft/ den ſie mit einander ſchlieſſen/ wohl vorzuſe-
hen/ indem ein groſſer Unterſchied unter derjenigen
Societaͤt iſt/ welche 2. aufrichten/ die annoch keinen
Handel getrieben/ und beyde baares Geld vor ihr
Capital legen/ und unter einer andern; Da dieſer/
weilen er noch niemals gehandelt/ baar Geld/ der
andere aber/ welcher im Handel ſtehet/ nur Waare
und Activ-Schulden einſchieſſet/ man entweder in
dem Preis der Waaren oder Schulden/ welche die-
ſer in die Societaͤt bringet/ leicht betrogen werden
kan. Jſt derowegen bey Aufrichtung des Con-
tracts dieſen Zufaͤllen und Streitigkeiten/ die ſich
wegen der Schulden/ (welche in waͤhrender Ge-
meinſchafft gemacht/ und auch der eine Gemeinder
zuvor in ſeinem particular ſchon hatte) erregen
koͤnnten/ bey Zeiten vorzubauen.
Dann wann die Schuldner zahlen/ iſt darauf
zu ſehen/ ob ſolches auf der/ in die Societaͤt gebrach-
te/ oder von der/ in waͤhrender Societaͤt gemachte
Schuld/ oder auf beyden pro rata abzuziehen ſey.
Jch habe weitlaͤufftige Proceſſe hieruͤber entſtehen
ſehen/ und viel Betruͤgerey auf Seiten derer/ welche
die Activ-Schulden in die Societaͤt gebracht/ dar-
innen verſpuͤhret.
Zum andern/ muͤſſen junge Leute/ wann ſie den
Handel antretten/ auch auf den Ort/ wo ſie ſich ſe-
tzen wollen/ ſehen. Dann es ſind etliche Oerter/ wel-
che vor gewiſſe Gattung Waare/ viel bequemer als
an-
[463]Was bey eigenem Handel zu obſerviren.
andere ſind. Z. E. zu Paris/ diejenigen/ welche
vor alters mit guͤldenen/ ſilbernen und ſeidenen Stuͤ-
cken handlen wollten/ waren in der Gaſſen/ genannt
aux Feures und au petit Pont oder der kleinen
Bruck/ die beſten Oerter/ nach der Zeit aber/ ha-
ben ſie ſich ſehr in der Gaſſen St. Denis und St.
Honoré, wie auch Bourdonnois aufgezogen
Diejenigen/ welche den Gewerb mit ſeidenen Spi-
tzen treiben/ wohnen gemeiniglich nahe bey den
Seiden-Haͤndlern: Diejenigen/ welche Zwirne-
Spitzen/ ſo wohl Frantzoͤſiſche/ als Auslaͤndiſche ver-
kauffen/ hatten ihre Laͤden in den Gaſſen Aubri
le Boucher und St. Denis; nachdem aber die Ma-
nufactur der Spitzen in Franckreich eingefuͤhrt/ ha-
ben ſich dieſelben auch in vielen andern Oertern ge-
ſetzt. Die Tuch-Haͤndler wohnen gemeiniglich in
der Gaſſen St. Honoré, St. Antoine la Harpe,
St. Jacques a la Place Maubert, und vor dem
Rathhaus. Was die Specerey/ Hutſtaffierer/
Rauch- und Beltz-Haͤndler/ Goldſchmiede/ wie auch
diejenigen/ welche Kraͤmer-Waaren und Sarge
verkauffen/ betrifft/ wohnen ſolche uͤberall in Paris;
Es iſt aber doch allezeit ein Ort bequemer/ als der
andere: Jn Summa/ es beſtehet in der guten
Kundſchafft/ welche junge Leute/ die ſich in den Laͤ-
den/ wo ſie ihre Lehr-Jahre ausgeſtanden/ und an-
dern Principalen gedienet/ zuwegen gebracht ha-
ben.
Alles was droben von Paris gemeldet/ kan
auch in andern Staͤdten/ wo ſich junge Leute nieder
ſetzen wollen/ in acht genommen werden/ dann es
wer-
[464]Caput XIII.
werden uͤberall Oerter gefunden/ welche vor ge-
wiſſe Waaren viel bequemer/ als andere ſind. Jn
Summa/ es iſt gewiß/ daß einem Kauffmann ſehr
nutzlich/ wann er an einem ſehr wohl-gelegenen Ort
ſeinen Kram aufſchlaͤgt.
Von der Ordnung/ welche die Kauffleute des
Hand-Kauffs in ihren Geſchaͤfften haben ſollen redet
er folgender maſſen.
Nachdem nun junge Leute ſich wohl vorgeſe-
hen/ wo ſie ſich niederlaſſen wollen/ ſo muͤſſen ſie ſich
vor allen Dingen auch angelegen ſeyn laſſen/ in ih-
ren Sachen eine gute Ordnung anzuſtellen/ es ſey
im Einkauff/ oder Sorriren der Waaren/ als auch
nothwendiger Buͤcher zu halten/ und in Summa/
auf alle Sachen ein wachendes Auge zu haben/ da-
mit ſie eine voͤllige Wiſſenſchafft/ wie es in ihrem
Handel zugehe/ haben koͤnnen. Dieſe Ordnung
aber iſt unter den Kauffleuten des Hand-Kauffs/
nach Art des Handels/ unterſchiedlich. Dann dieje-
nigen/ welche groſſe und koͤſtliche Waaren verkauf-
fen/ und groſſe Geſchaͤffte verrichten/ muͤſſen viel ei-
ne weitlaͤufftigere Ordnung als diejenigen haben/
welche nur mit kleiner Waare handeln. Hat ſich
derowegen ein jeder nach Beſchaffenheit ſeines Ge-
werbs zu richten/ ſie muͤſſen gedencken/ daß die
Ordnung des Gewerbs Kern ſey/ ohne welches ſie
nicht beſtehen koͤnne/ dann durch gute Ordnung/
hat man eine vollkommliche Wiſſenſchafft aller Sa-
chen und gehet beſſer von ſtatten/ als wann man in
Unordnung ſteckt. Weiln aber die Principaln
niemals den Jungen und Bedienten/ wie ſie eine
Ord-
[465]Was bey eignem Handel zu obſerviren.
Ordnung halten ſollen/ lehren/ ſondern ſich dieſelbe/
wann ſie eigenen Handel vornehmen wollen/ ſelbſt
einrichten muͤſſen/ als will ich unterſchiedliche nuͤtzli-
che Anmerckungen allhier geben/ nach welcher junge
Leute in der Hand-Kauff ſich zu richten haben.
Das erſte/ welches ein Kauffmann/ dieſes Be-
ruffs/ in acht zu nehmen/ iſt zu ſehen/ ob ſein Laden ge-
gen Morgen liege/ ob die Fenſter/ durch welche das
Liecht faͤllt/ gegen Morgen/ Mittag/ Abend oder
Mitternacht ſtehen; Weilen das Liecht/ welches
von einem Ort herein faͤllt/ vor den Verkauff etli-
cher Waaren viel beſſer/ als ein anderer Ort iſt/
wie ſie dann auch/ wann ſie nicht an ihren rechten
Ort gewieſen werden/ nicht ſchoͤn ſcheinen.
Jch halte davor/ daß vor ſchwartze Zeug/ als
Sammet/ Spaniſch- und Hollaͤndiſch-ſchwartzes
Tuch/ das Liecht gegen Mitternacht/ das beſte ſeye;
Die Urſach iſt/ weiln die Sonne niemalen von der-
ſelben Seit herein ſcheinet/ woraus dann ſolget/ daß
das Licht nichtſo hell/ und daß das Schwartze ſchoͤner
vorkommt/ auch der Boden des Sammets/ Pleuſch
oder der Faden eines Tuchs ſo leicht geſehen wird;
hingegen wann es von Mittag und Niedergang her-
ein faͤllt/ tauget es dergleichen Waare zu weiſen gantz
nicht; Dann das Liecht gegen Mittag iſt ſo hell/
daß man viel leichter den Grund des Sammets/
Pleuſch und Faden/ an dem Tuch/ erkennen kan.
Was auch das Schwartze betrifft/ ſo macht die Klar-
heit der Sonnen daſſelbe graulicht und ohne Glantz/
ſo/ daß ſonſten eine ſchoͤne und glaͤntzende Waare
allezeit beßlich ausſiehet; das Liecht aber gegen
G gAbend
[466]Caput XIII.
Abend/ machet das Schwartze/ wann mans auf
den Abend weißt/ roͤthlich ſcheinen/ wann es aber
Morgens geſchicht/ iſt das Liecht gegen Niedergang
nicht boͤß.
Das Weiſſe muß nicht an den Oertern/ wo
der Schein von Mittag oder Niedergang herein
faͤllt/ gewieſen werden/ weilen/ wann ſie Milch-weiß/
roͤthlicht/ blau aber/ wann ſie mit Alaun gefaͤrbet
ſeyn/ ſcheinen/ ſondern man muß ſie/ wann es Nach-
mittag iſt/ an den Ort zeigen/ wo der Tag von Mor-
gen iſt/ gegen Mittag: Bleu mourant, gelbgruͤn/
Bonenbluſt/ Fleiſch- und Roſen-Farb/ Triſtamien/
und bleich-gelb/ ſollen gegen Morgen/ roth Carmo-
ſin, Feuer-Farb/ Granaden/ Spaniſch-Leib-Farb/
Scharlach/ Viol-braun/ Pensées und Amarante,
gegen Mitternacht gewieſen werden; Dann/ wann
der Tag vorn herein faͤllt/ ſcheinen die Waaren viel
durchdringender; Nach dem Mittag aber muͤſſen die
gebluͤmte Zeuge und die Damaſt gegen Aufgang
gewieſen werden/ weiln die Figuren darinnen viel
beſſer/ als wo das Liecht heller waͤre/ erhoben ſchei-
nen. Jn Summa/ es iſt kein Liecht beſſer/ als das-
jenige/ welches von Aufgang und Mitternacht koͤm-
met/ da die Zeuge gewieſen werden koͤnnen; Kein
Liecht aber iſt ſchaͤdlicher/ als dasjenige/ welches von
Mittag und Niedergang koͤmmet/ muͤſſen derowe-
gen Kauffleute Acht haben/ daß ſie ihre Tiſche/ wor-
auf ſie die Waaren zeigen/ wohl ſetzen moͤgen.
Weil aber wenig Haͤuſer gegen Oſten/ viel her-
gegen gefunden werden/ die ihr Liecht gegen Mittag
und Abend haben/ als muͤſſen diejenigen/ welche ſol-
che
[467]Was bey eignem Handel zu obſerviren.
che Haͤuſer beſitzen/ was die Natur nicht giebt/ mit
Kunſt erſetzen/ und in dieſem Fall Fenſter von Holtz/
dadurch das Liecht in dem Laden von weitem geleitet
wird/ wie die Kauffleut ins Groß zu thun pflegen/
machen laſſen/ indeme die Erfahrung ſie gelehrt/
daß ſonſt die Waar nicht wohl zu verkauffen;
Dann es verhaͤlt ſich mit dem Liecht um Zeuge zu
beſehen/ wie mit denen Geſichtern/ die/ wann ſie
am hellen Tag gewieſen werden/ groͤber ſcheinen/
und vielleichter die Roͤthe/ Pocken und Milchhaar/
als bey dem Tag/ welche von weit genommen wird/
bemerckt werden. Dieſes iſt auch die Urſach/ war-
um ſchoͤne Weibs-Perſonen ſich nicht gerne am
hellen Tag ſehen laſſen wollen/ ſondern die duͤnne
ſeidenen Flor-Hauben/ und die Vorhaͤnge der Fen-
ſter/ mehr dadurch den Tag/ als die Sonnenſtrah-
len zu verhindern/ erfunden haben.
Zum andern/ muͤſſen die Kraͤmer ihre gewiſſe
Kaͤſten/ Faͤcher und Oerter haben/ darein ſie die
Waaren in guter Ordnung ſtellen/ das iſt/ daß ſie
alle Genueſiſche Sammet an ein Ort legen/ bey den
3. Haaren anfangen/ und bey den renforcirten/
welches die Geringſten ſeyn/ endigen/ die ſchwar-
tzen und farbigen Pleuſch/ auch jedes an einem ge-
wiſſen Ort/ die glatten Taffet von Tours/ ſo wohl
ſchwartze/ als gefaͤrbte: Den gebluͤmten Atlas/
auch die mit weiſſen/ und andern Farben-Grund.
Glatt Tobin, ſo wohl ſchwartz als Farben/ und
gewaͤſſerte/ alles nach Ordnung/ jedes an ſeinem
Ort beſonders.
G g 2Da-
[468]Caput XIII.
Damit/ wann man derſelben vonnoͤthen hat/
ſie ſo balden bey der Hand ſeyn/ und die Abkaͤuffer
nicht lang warten doͤrffen. Man muß auch Sor-
ge tragen/ daß alle Faͤcher und Repoſitoria mit
weiß Papier/ um die Waar ſauber zu halten/ belegt
werden.
Zum dritten ſeynd Ellen/ Maaß und Gewicht
vonnoͤthen/ welche mit dem Koͤniglichen/ oder ge-
woͤhnlichen Maaß und Gewicht uͤbereinkommen/
und daß die Ellen auf beyden Enden mit Eiſen/ da-
mit ſie ſich nicht abſtoſſe/ beſchlagen ſeyn: Dieſes
kommt mit dem II. Art. Tit. I. der Koͤniglichen Or-
dinance uͤberein/ welche verordnet/ daß alle Kauff-
leute/ ſo wohl gantzer Stuͤcke/ als des Hand-
Kauffs/ die beyden Ende der Elle mit Eiſen beſchla-
gen und bezeichnet haben/ und die Gewicht und
Maaß geprobirt ſeyn ſollen/ ihnen verbietende/ kei-
ner andern zu gebrauchen/ bey Straff des Betrugs/
150. Gulden an Geld.
Dahero es dann viel ſicherer/ daß die Kauff-
leute die Ellen an dem beſtimmten Ort nehmen/ als
daß ſie ſolche von den Tiſchern/ oder denen/ ſo deren
auf oͤffentlicher Gaſſen feil haben/ kauffen; weilen
dieſelbe nicht allein viel richtiger/ ſondern auch/ da-
mit ſie auſſer Gefahr ſeyn moͤgen/ wann die Zunfft-
Meiſter und Vorgeſetzte/ die darauf beſtellet/ dieſel-
ben/ (wie etwan jaͤhrlich ein oder zweymal geſchicht)
beſichtigen ſollten; angeſehen einem Kauffmanu
nichts ſchimpfflichers widerfahren kan/ als wañ er bey
falſcher Ellen und Gewicht zu verkauffen ertappet
wird.
Von
[469]Was bey eignem Handel zu obſerviren.
Von Bedienung der Commiſſionen/
welche etwan jungen Anfaͤngern/ von an-
dern und zwar Auslaͤndiſchen Kauffleuten
moͤchten gegeben werden/ giebt er fol-
genden Unterricht.
EJn junger angehender Kauffmann hat viemals/
wann er den Ruhm eines geſchickten und fleiſſi-
gen Menſchens/ in ſeinen Dienſt-Jahren/ erworben/
das Gluͤck/ daß hernach gewiſſe Kauffleute um ihm
in ſeiner neuen Handlung deſto beſſer fortzuhelffen/
ihm ihre Commiſſiones zuwenden/ daß er nemlich
Waaren vor ſie ein- und verkauffen ſoll/ dabey es
dann ſeiner Muͤhwaltung halber zwey oder mehr
pro Centum Proviſion abwirfft/ welches ſchon/
wann es taͤglich ſo fort gehet/ ein ehrliches des Jahrs
uͤber austragen kan.
Was aber derjenige/ welcher ſolcher Geſtalt
anderer Leut in Commiſſion bedienen will/ dabey
zu beobachten habe/ das ſchlieſſet Saverii in folgen-
de Puncta ein:
Erſtlich/ ſoll ein ſolcher junger angehender
Kauffmann ſeine Committentes, oder die/ welche
ihm ihre Commiſſiones auſtragen/ wohl kennen/
ob ſie auch/ wann er Waaren vor ſie einkauffte/ und
ſelbige ihnen ſchickte/ in den Stand waͤren/ daß
ſie gleich prompt, was deren Belauff austruͤge/
davor per Wechſel uͤbermachen/ oder baar uͤberſen-
den koͤnnten/ wann ſie anders nicht ſchon ſolche Pro-
viſion zum Einkauff (welches aller dings ſeyn ſollte)
vorher remittiret haͤtten/ weil eben einen jungen An-
G g 3faͤn-
[470]Caput XIII.
faͤnger ſein Credit noch nicht ſo voll établiret iſt/
daß/ wann die entbotene Waare ſonderlich etwas
hoch ins Geld liefe/ man ihme ſolche ſo gleich ohne
dem Lebendigen bey dem Todten/ oder das baare
Geld dafuͤr nieder zu legen/ ſollte folgen laſſen/ aus
ſeiner eigenen Caſſa aber ſolches her zu ſchieſſen/ auch
nicht in Anfang gleich in ſeinem Vermoͤgen ſeyn
moͤchte.
Zweytens/ vermeynt Savari, ſollte er ſich
gegen diejenigen/ von welchen er dergleichen Waa-
ren kaufft/ nicht zum Selbſt-Schuldner machen/
ſondern ihnen ſagen/ daß ers vor dieſes oder jenes
Manns ſeine Rechnung kauffte/ und daß der Ver-
kaͤuffer denenſelbigen als Debitorem dafuͤr notiren
moͤchte; Allein ich glaube/ dieſes laſſe ſich nicht ſo leicht
practiciren/ und wird ſchwerlich einer den Einwoh-
ner/ den er kennet/ fahren laſſen/ und einen Unbe-
kannten zum Schuldner annehmen/ vielmehr aber
ſich der bekannten Luͤbeckiſchen Rechts-Regul ge-
brauchen/ daß eine Hand die andere wahren oder ge-
waͤhren muͤſſe.
Drittens iſt/ daß ein ſolcher Factor alles or-
dentlich/ was er vor einem andern in Commiſſion
gethan/ zu Buch ſtelle/ und mit der erſten Poſt
Rechnung davon/ ſamt ſolchen belegen uͤberſende/
aus welchen der Committent, daß er ehrlich und
promt bedienet worden/ erſehen koͤnne.
Vierdtens/ daß unſer Commiß-Haber ſei-
nes Committentens Ordre genau vollſtrecke/ und
dieſelbe nicht uͤberſchreite/ weil es ſonſten nach der be-
kannten Regel vor ſeine Rechnung waͤre. Dann/
wer die gegebene Commiſſion uͤberſchreitet/ der
ver-
[471]Was bey eignem Handel zu obſerviren.
verliehret. Z. E. es haͤtte einer 23. Stuͤck Tuch
vor ſeine Rechnung einzukauffen Ordre gegeben/
und der Factor kauffte 30. ſo waͤre der Commit-
tent ſolche nicht ſchuldig anzunehmen/ ſondern der
Factor, welcher die Ordre uͤberſchritten/ muͤſte ſol-
che vor ſeine Rechnung behalten.
Fuͤnfftens/ muß ein Factor eifrig dahin ſehen/
daß er vor ſeinen Principalen die beſte Waar erhal-
te/ und dem genaueſten Preiß. bedinge; dann
wann er ſolches nicht thaͤte/ wuͤrde es mit der Com-
miſſion bald gethan ſeyn/ und zum wenigſten von
dieſem Mañ/ dem er nicht redlich begegnet/ ins kuͤnff-
tig nichts wieder committiret werden; wie dann
auch ein Factor, was er am meſſenden oder waͤgen-
den Waaren/ vor uͤber Maaß oder uͤber Gewicht
bekommt/ ſolches nicht vor ſich behalten/ ſondern
ſeinem Principali mit zu ſchicken/ und ihme ſolches zu
gut kommen laſſen ſoll.
Sechſtens/ muß er auch fleiſſig mit ſeinen
Committentibus correſpondiren/ ihnen Poſt-
taͤglich den Preiß der Waaren und den Cours der
Wechſel notificiren.
Siebendens/ muß er keinen von denen
Committenten/ welche von ihme Waaren ver-
ſchreiben/ den andern vorziehen/ ſondern ſie im Ein-
kauff und Ubeſchickung der Waaren gleich tracti-
ren/ jedoch iſt auch billich/ daß derjenige/ deſſen
Commiſſion die erſte geweſen/ auch am erſten be-
dienet werde.
Achtens/ muß man die Commiſſiones, wel-
che man von dieſen oder jenen hat/ niemand kund
machen; am wenigſten aber ſagen/ was vor Waaren
G g 4ent-
[472]Caput XIII.
entboten habe/ und in welchem Preiß/ auch zu was
Condition man ihme ſolche geſchickt/ weil es in vie-
len Stuͤcken eine boͤſe Conſequentz nach ſich ziehen
moͤchte/ um welcher Willen es beſſer iſt/ wie in al-
len andern Handels-Sachen/ alſo auch in Com-
miſſion-Bedienungen/ ſtill und verſchwiegen zu
ſeyn.
Diejenige/ welche vor andere Leute
Rechnung/ Waaren zu verkauffen ha-
ben/ ſollen acht geben:
ERſtlich/ was es vor Waaren ſeyn/ welche ih-
nen in Commiſſion zu verkauffen zugeſandt weꝛ-
den/ ob es koſtbare und leicht-abgaͤngliche Waaren/
oder ſolche ſeyn/ die ein langes Lager machen/ wobey
man dann eben/ wie bey dem Einkauff/ ein oder
zwey pro Centum, weniger/ oder mehr Proviſion
bedinget/ welche vorher zwiſchen dem Principal und
Factor ſchon muß ausgemacht/ und alſo abgeredet
ſeyn/ ehe man zur wuͤrcklichen Handlung ſchreitet.
Zweytens/ ſo muß auch ein Factor, welcher
redlich handlen/ ſeine Commiſſiones beybehal-
ten/ auch ſich je laͤnger je mehr neue acquiriren will/
ſeines Principal Vortheil/ im Verkauff deſſen Waa-
ren/ beſt-moͤglichſt obſerviren/ und wie er ihm im
Einkauff committirter Commiſſion Waaren nicht
mehr in Rechnung bringen darff/ als er juſt darvor
bezahlt/ und darauf verunkoſtet hat; Alſo darff er
auch/ im Verkauff nicht weniger ihme in Rechnung
bringen/ oder einen geringern Peiß anſagen/ als der-
jenige geweſen/ dem er vor die ihme in Commiſſion
zuge-
[473]Was bey eignem Handel zu obſerviren.
zugeſandte Waar erhalten hat/ wie er dann auch
die Unkoſten nicht hoͤher anrechnen muß/ als nur ſo
viel er deren wuͤrcklich auf ſolche Waaren verſchoſ-
ſen hat.
Drittens/ ſo muß auch ein Factor, deme
Waaren in Commiſſion zu verkauffen zugeſandt
werden/ vorher erſt mit ſeinem Principali Abrede
genommen haben/ ob derſelbe im Fall/ daß von ſol-
chen Waaren etwas verborget werden muͤſte/ ihme
dem Factor um vor ſolch ausgeborgete Waaren del
credere zuſtehen/ eine ſo viel hoͤhere Proviſion ac-
cordiren wollte. Es willige nun gleich der Princi-
pal darein oder nicht/ ſo ſeynd die Factores doch ge-
halten/ wann ſie ja auf Zeit ihres Principales Guͤ-
ter verkauffen muͤſſen/ ſolches an ſolche Leute zu thun/
von welchen zu vermuthen/ daß ſie bey der Verfall-
Zeit richtige Zahlung leiſten werden/ ein mehrers be-
ſiehe bey vorbeſagtem Authore.
Wir haben von dieſen allen nur etwas in dieſem
Capitel anfuͤhren wollen/ weil wir es vor nothwen-
dig und nuͤtzlich zu ſeyn erachten/ daß junge ange-
hende Kauffleute/ ſonderlich die keine groſſe Mittel
haben/ ſich vor allen/ um dergleichen Commiſſiones
zu bekommen/ bewerben; Dann auſſer dem/ daß es
ihrer neuen Handlung ſchon ein treffliches Anſehen
giebet/ und ein gutes Fundament zu dem Credit le-
get/ welchen ein Kauffmann haben muß/ ſo ſortiret
ein junger Kanffmann ſeinen neu-eroͤffneten Laden/
Gewoͤlb/ oder Magazin mit ſolchen Commiſſion-
Waaren/ gleich als wann ſolche ſein eigen waͤren.
Er darff kein eigen Capital darein ſtecken/ verdient
noch ſeine Proviſion daran/ und bezahlt nach und
G g 5nach
[474]Caput XIII.
nach als die Gelder eingehen ſeinen Principa-
len.
Wie aber dergleichen Commiſſiones ein jun-
ger Anfaͤnger ſich zu weg bringen koͤnne/ ſolches iſt
ſchon anderwaͤrts angefuͤhret worden. Formularia,
auslaͤndiſche Freunde darzu einzuladen/ haben wir
in dem Handels-Correſpondenten unterſchiedliche
gegeben; eine Reiſe ſelber nach vornehmen Handels-
Plaͤtzen zu thun/ und ſeine Perſon daſelbſt zu re-
commandiren/ wuͤrde einem Handels-Diener/ der
ſich nun zu établiren gedencket/ hoͤchſt-nuͤtzlich ſeyn/
und waͤren deßfalls einige Unkoſten nicht anzuſehen/
zumal da man auf Reiſen vielfaͤltige Gelegenheit
hat/ mit Leuten in Bekandtſchafft zu gerathen/ de-
ren Correſpondentz man hernach wohl nutzen kan/
der auch zu ſeiner neuen Handlung Waaren einzu-
kauffen gedencket/ der thue es zum erſtenmal per-
ſoͤhnlich/ erkundige ſich der Perſonen/ und des Orts
Gelegenheit/ wohin/ und mit welchen er inskuͤnfftig
zu handeln hat/ es wird ihm ſolches nicht allein/ wann
ſeine Perſon und Conduite darnach beſchaffen iſt/
zur nuͤtzlichen Bekandtſchafft gereichen/ ſondern er
wird auch vor ſich ſelber viel bemercken/ welches er
zuvor in ſeines Patrons Haus/ Handlung
und Contoir niemals geſehen/ oder ſich
haͤtte einbilden koͤnnen.
Caput
[475]
Caput XIV.
Von denen Kauffmanns-Die-
nern/ die vielmals ihren eigenen Han-
del/ mit geringem Capital angefangen/ durch
GOttes Seegen aber/ mit der Zeit ſo viel
dabey profitiret/ daß ſie reiche und
vornehme Leut gewor-
den.
SO ein Stand in der Welt denen Veraͤn-
derungen unterworffen/ ſo iſt es gewiß der
Stand der Kauffleute/ als in welchen ſich
das blinde Gluͤck ſehr offt menget/ und da-
hero ihren Unternehmungen ſo bald einen gluͤck-als
ungluͤck ſeeligen Ausſchlag giebet. Manchem laufft es
ſo favorable ein/ daß es ihm gleichſam im Schlaff
zufaͤllt/ und in wenig Jahren groſſen Reichthum
giebet; andern hingegen macht es ihr (zu Anfang ih-
rer Handlung gehabtes) anſehnliches Capital, und
ſchoͤne Handlungen von Tag zu Tag duͤnner/ bis
endlich wenig oder gar nichts davon uͤberbleibet/ und
ein zuvor geweſener Herꝛ/ wol gar hernachmals den
Platz eines Dieners bekleiden muß; da dieſer hin-
gegen zu dem Herren-Stand aufgeſtiegen/ welches
lauter Fatalitaͤten ſeyn/ die in vielen Menſchen Acti-
onibus herꝛſchen/ hingegen auch wieder gewiſſer
Maſſen von menſchlicher Conduite beherꝛſchet wer-
den koͤnnen/ wann nemlich ſolche die Gottesfurcht
und Klugheit zur Fuͤhrerin hat/ als welche die Nie-
drigen
[476]Caput XIV.
drigen aus dem Staub erhebet/ und zu allen recht-
maͤßigen Vornehmen/ Gluͤck und Seegen gie-
bet.
Wann wir nun dieſem zu Folge taͤglich Exem-
pla ſolcher Handels-Diener vor Augen ſehen/ wel-
che von geringem Stand zu groſſen Ehren und
Reichthum gedyen/ ſo erfordert die Wichtigkeit die-
ſer Materia, daß wir derſelben etwas naͤher tretten/
und erſtlich die Warheit dieſes Aſſerti beweiſen/
dann auch diedarzu gehoͤrigen Mittel/ unſeren nach
gleichem Gluͤck Verlangen-tragenden Handels-Die-
ner anweiſen.
Daß ſehr viel Handels-Diener von geringer
Fxtraction und Mitteln/ nach vollbrachten ihren
Dienſt-Jahren durch goͤttlichen Seegen und guter
Conduite zu Ehren und Reichthum gedyen/ ſol-
ches beweiſen nechſt denen alten Hiſtorien/ (worin-
nen ſonderlich die von Bertram Morgenweg die
merckwuͤrdigſte iſt/) ſo viel uns taͤglich vor Augen-
liegende Exempla; Dann da darff man die mei-
ſten Handels-Staͤdte nur durch gehen/ ſo wird man
in ſolchen ſehen/ wie diejenige/ die zuvor ſelbigen
Orts Diener geweſen/ nunmehro Herren und
Principales allda ſeyn/ und zwar entweder in der
Handlung/ in welcher ſie als Dieners geſtanden/
oder auch in einer eigenen von ihnen ſelbſt/ durch ih-
ren Fleiß und gute Conduite étabilirte Handlung.
Die gemeine Rede von ſolchen Leuten iſt alsdann/
man habe ſie gekannt/ daß ſie nicht eines Thalers
Herꝛ geweſen oder Credit gehabt/ daß ſie gern mit
dieſem oder jenem kleinen Handel und Beneficio,
Dienſt oder Beſoldung vorlieb genommen haͤtten/
wann
[477]Der gluͤckliche Kauffmanns-Diener.
wann ſolche ihnen nur haͤtte zu theil werden koͤnnen;
Dieſer waͤre eines armen Tagloͤhners Sohn/ jener
gar ein Findling oder Wayſen-Kind geweſen/ und
nunmehro zu einem ſo hohen Grad der Ehre und
des Reichthums gedyen.
Bey dieſen und dergleichen Reden fuͤget man
auch wohl die Urſachen und Mittel mit an/ wo-
durch ein ſolcher Menſch zu dem gluͤckſeeligen Stand
gedyen/ in welchem er jetzt lebet; als man ſagt: Er
habe ſichs von Jugend auf ſauer werden laſſen/
ſeye in ſeinen Verrichtungen emſig und acurat, ſei-
nem Herꝛn getreu und gehorſam/ dabey ein Feind/
boͤſer Geſellſchafft und eines debauchanten Lebens
geweſen; er habe mit wenigen angefangen/ es waͤ-
re ihm aber dieſes oder jenes unverhofft zu gefallen/
die damalige Zeiten haͤtten ihm favoriſiret; das
Gluͤck waͤre ihm durch eine gute Heyrath/ reiche
Erbſchafft/ ſtattliche Commiſſiones, und derglei-
chen/ faſt in Schooß gelauffen. Wobey man aber
dem goͤttlichen Seegen allein die Ehre zu geben/
uñ ſelbigem den groͤſten Theil ſolcher zeitlicher Gluͤck-
ſeeligkeit eines Menſchen zu zuſchreiben/ gemeiniglich
vergißt/ da doch ohne ſolchen ein Petrus die gantze
Nacht vergeblich arbeitet; indem allein der See-
gen GOttes iſt/ welcher reich machtet ohne Muͤhe.
Dieſen goͤttl. Seegen muß ſich nun ein jeder
Kauffmanns-Diener/ der von geringen Stand zur
zeitlichẽ Gluͤckſeeligkeit gelangen will/ recom̃andiret
ſeyn laſſen; es wird aber ſolcher durch wahre Furcht
GOttes/ und Vertrauen auf denſelben/ wie auch
durch eine ſeinen Geboten gemaͤſſe Auffuͤhꝛung erlan-
get; Zwar gluͤcket es denen Gottloſen/ ja gar Athei-
ſten/
[478]Caput XIV.
ſten/ daß ſie eben ſo/ auch noch wohl mehr/ als man-
cher Frommer/ zu Gluͤck und Ehren gedeyen Sie zeh-
len ihre Schaafe bey tauſenden/ ihre Scheuren/ Kel-
ler/ Boͤden/ Kiſten und Kaſten liegen voll Gutes
und Geldes/ und koͤnnen einen Vorrath nach dem
andern heraus geben; ſie ſeynd nicht im Ungluͤck/ wie
andere Leut/ haben ſelten Banqueroten/ Feuer- oder
See-Schaden/ wie andere Kauffleute/ alles was
ſie anfangen/ gehet ihnen wohl von ſtatten/ ſie bruͤ-
ſten ſich wie ein fetter Wanſt/ tretten den Kopff der
Armen in Koth/ und freſſen/ durch ihren Wucher/
das Fleiſch der Elenden/ und das Marck und Fett
im Lande; dahingegen andere/ welche ein gottſeeli-
ges und erbares Leben fuͤhren/ ſichs dabey blut-
ſauer werden laſſen/ auf keinen gruͤnen Zweig kom-
men koͤnnen/ und dahero faſt in die ſchwehrmuͤthige
Gedancken gerathen/ ob es wahr ſey/ daß die
GOttesfurcht/ unter andern/ auch die Verheiſſung
der Gluͤckſeeligkeit dieſes gegenwaͤrtigen Lebens ha-
be. Allein wir antworten hierauf/ daß ſie ſich dieſe
ungleiche Eintheilung menſchlicher Gluͤckſeeligkeit/
nicht ſollen befrembden laſſen; dann wie es dort
dem Geitzigen und allein auf ſeinen Reichthum und
Vorrath-bauenden Land-Juncker ergieng/ daß
noch dieſelbe Nacht die Seele dieſes Narren von
ihm genommen wurde; Alſo ergehet es auch allen
ſolchen/ welche auſſer GOtt ihr Gluͤck bauen wollen/
ſie bauens auf Trieb-Sand/ welcher von der erſten
Waſſerfluth weggeſchwemmet wird/ ſie bluͤhen ei-
ne Zeitlang/ wie die ſchoͤnen Baͤume; aber wann
man wieder voruͤbergehet/ ſeynd ſie nicht mehr da/
und ihre Staͤtte kennet man nicht mehr/ ſondern
ihr
[479]Der gluͤckliche Kauffmanns-Diener.
ihr mit Recht und Unrecht zuſammen geſammletes
Gut/ ja ihre gantze Familie und Nachkommen wer-
den wie Spreu von dem Wind zerſtreuet/ und ob
ſie gleich im erſten und andern Glied fortwachſen/
trifft doch in dem dritten Glied gemeiniglich hernach
das Sprichwort ein/ daß unrechtes Gut nicht auf
den dritten Erben komme. So ſie auch nicht wie an-
dere fromme Leute in Schaden und Gefahr ſeyn/
ſo geſchiehet es entweder darum/ damit ſie GOttes
Guͤte zur Buſſe leite/ oder/ wann ſolche nichts ver-
fangen will/ daß ſie ihren Theil und Gutes/ in die-
ſem Leben empfangen/ und dahin nehmen/ in je-
nem hingegen dergleichen nicht moͤgen zu gewarten
haben.
Daß alſo verhoffentlich hieraus ein wohlgearte-
ter junger Menſch von ſelbſt erkennen wird/ wie
nothwendig ihme die Gottesfurcht ſey/ wann er ſich
eines beſtaͤndigen goͤttlichen Seegens will zu getroͤ-
ſten haben. Durch ſolche kam Joſeph aus ſeiner Ge-
faͤngniß und Dienſt-Jahren zu einem hohen und
Gewaltigen Ehren-Stand; der junge Tobias zu ei-
ner anſehnlichen Heyrath. Das Vertrauen auf
GOtt/ ſeegnet einen dienenden Jacob/ daß er nach
vollbrachten Dienſt-Jahren mit groſſem Reichthum
ausziehen/ und danckbarlich gegen GOtt ruͤhmen
kan/ wie er zu gering ſey aller Barmhertzigkeit und
Treue/ die der HErꝛ an ihm gethan habe.
Ob nun wohl/ wie oben gemeldt/ GOtt viel-
mals denen Seinigen aus beſondern Urſachen/ ein
Gluͤck im Schlaff beſchehret/ ſo iſt es dabey doch
auch eines ſeiner aͤlteſten Geboten/ daß der Menſch
im Schweiß ſeines Angeſichts ſein Brod eſſen ſoll.
Hier-
[480]Caput XIV.
Hierunter wird nun die gantze Conduite eines jun-
gen Menſchens verſtanden. Multa Puer tulit, ſu-
davit \& alſit; als Lehr-und Dienſt-Jung/ hat er
ſich freylich offtmals manchen ſauern und rauhen
Wind unter die Naſe muͤſſen wehen laſſen/ in dem
Diener-Stand/ wird es ihm nicht beſſer ergehen/
ſintemal niemand gern das Brod umſonſt ſeinen
Bedienten giebet/ ſondern dafuͤr etwas gethan ha-
ben will. Alſo muß auch ein Kauffmanns-Diener/
auf Arbeit und Fatiquen ſich gefaßt machen/ und/
nach dem die Handlung iſt/ ſich nicht viel guter oder
geruhiger Tage dabey verſprechen/ wann er ſich an-
ders deſſen/ was ihme anbefohlen iſt/ recht anneh-
men will. Er muß dabey nicht murren uͤber ſeine
ſchwehre Dienſte/ ſondern gedencken/ daß/ ob es
ihm gleich ſauer wird/ mit ſeiner Hand- und Kopff-
Arbeit/ es der HErꝛ alſo geordnet habe.
Jn ſeinen Dienſt-Jahren muß er getreu ſeyn/
und auch die uͤbrige Qualitaͤten an ſich haben/ die
wir im andern Capitel dieſes Buchs ausfuͤhrlich be-
ſchrieben/ und zwar als ſolche Mittel/ durch welche
ein junger Menſch mit der Zeit zu Gluͤck und Wohl-
ſtand gereichen kan.
Laßt uns aber auch jetzt die ordentliche Wege un-
terſuchen/ welche einen qualificirten Kauffmanns-
Diener/ zu ſeinem kuͤnfftigen Etabliſſement fuͤhren
koͤnnen/ ſolche ſeynd (1.) daß er ſich redlich/ getreu
und dienſtfertig halte/ und ſich durch Ehrerbietig-
keit/ Leutſeelig- und Hoͤflichkeit einen guten Ruhm
zu wege bringe. (2.) Daß er was Rechtſchaffenes
lerne/ und unter ſolchen/ die Kunſt/ wie man durch
Handlung/ ſich und die Seinigen ehrlich ernehren/
und
[481]Der gluͤckliche Kauffmanns-Diener.
und ein Capital kuͤnfftig ſeinen Erben zu hinterlaſ-
ſen/ ſammlen ſoll. (3.) Daß er auch die Gelegenhei-
ten/ ſein Gluͤck ehrlicher Weiß zu machen/ nicht ver-
abſaͤume/ voraus/ wann ſein eigenes Vermoͤgen nur
ſchlecht iſt. (4.) Daß er ſich bey Zeiten nach Pa-
tronis, welche ihm unter die Arme greiffen koͤnnen/
nach guter Kundſchafft/ eintraͤglichen Commiſſio-
nibus und ſolchen Waaren umſehe/ welche ihn auf
einmal in gute Kundſchafft ſetzen/ und einen guten
Profit abwerffen koͤnnen/ worzu man hernach auch/
entweder einen guten Handels-Conſorten/ der
ſein Vermoͤgen in der Handlung wollte rouliren
laſſen/ oder gar eine anſtaͤndige Heyrath/ durch
welche man entweder ein Stuͤck Geld in die Hand
oder doch Credit bekaͤme/ der offtmal beſſer als baa-
res Geld iſt/ ſich auserſehen koͤnte.
Was das Erſte belanget daß ein junger
Menſch durch Leutſeelig- und Hoͤflichkeit/ Treue
und Dienſtfertigkeit/ ſich Patronos zu wege bringen
ſolle/ ſolches lieget genugſam dadurch am Tage/
daß ein ſolcher junger Menſch/ welcher jederman in
ſeinen Dienſt-Jahren fleißig zu begegnen gewuſt/
ſich dadurch Patronos erworben/ die ihme/ wann
er ſein Eigenes anzufangen reſolviret/ mit Geld/
Credit, Recommendation und auf andere huͤlff-
liche Weiſe unter die Arme gegriffen/ durch ſolche
Aſſiſtentz/ die ihm ſein Lebtage gut gethan/ ſein
Gluͤck gemacht/ und den Grund zu ſeinem Aufkom-
men geleget/ welches bey ihrer vielen/ die bey weni-
gen Mitteln und keiner ſolchen Huͤlffe ſich zu er-
freuen haben/ ſehr hart haͤlt/ ſo/ daß wann der An-
fang nicht gleich mit etwas Nachdruck getrieben
H hwird/
[482]Caput XIV.
wird/ ſie hernach Lebenslang Stuͤmpler bleiben/
und niemals recht empor kommen koͤnnen.
Zweytens/ muß auch ein junger Menſch etwas
rechts gelernet haben/ wann er durch ſeine Wiſſen-
ſchafften fortkommen will; und bilde ſich nur keiner
ein/ daß/ weil manche Idioten und dumme Eſel
das Gluͤck zu Ehren und Reichthum erhebet/ daß/
wann er auch in dieſer Arcadiſchen Thiere ihrer
Zahl iſt/ das Gluͤck ſich vor andern herum tummle/
und ihn treffen werde. Nein! es heiſt/ wer was kan/
den haͤlt man werth/ den Ungeſchickten niemand be-
gehrt. Nicht ohne iſt/ eine blinde Henne findet offt/
auch ein Koͤrnlein/ und alſo laufft offt manchem
Sauertopff und albern Toͤlpel eine Handlung ein/
welche ihm grofſen Profit bringet/ und welche man-
cher Kluger mit allem ſeinen Verſtand nicht haͤtte
beſſer ausſpeculiren/ und abzirckeln koͤnnen. Allein
das iſt ein Rarum Contingens, auf welches ſich
nicht zu verlaſſen; Ein geſchickter Handels-Diener
hingegen/ welcher ſeine Profeſſion recht gelernet/
verdienet ſich nicht allein in waͤhrenden ſeinen
Dienſt-Jahren ein zulaͤngliches Capital, mit wel-
chem er kuͤnfftig ſchon einen guten Anfang/ zu ſeinem
eigenen Handel machen kan/ welches der erſte Grad
ſeines Aufkommens iſt; ſondern indem er Lehr-be-
gierig und der Handlung erfahren iſt/ lernet er in
ſeinen Dienſt-Jahren die Vortheile/ welche bey
Handlungen zu erjagen ſeyn/ und was vor Klippen
und Sand-Baͤncke man hingegen meiden muͤſſe/
wann man auf dieſem groſſen Ocean, dergleichen
die Kauffmannſchafft iſt/ nicht Schiffbruch leiden
will; Dieſes alles lernet er nun auf ander Leut Beu-
tel
[483]Der gluͤckliche Kauffmanns-Diener.
tel/ und indem er die Fuͤſſe unter eines andern
Manns Tiſche ſtecket. Er wird mit anderer Leut
Schaden klug/ und bewaͤhret damit den Lehr-Satz/
daß dieſes die beſten Generals abgeben/ welche von
der Muſquet zu dienen angefangen haben; und die-
ſes iſt ſchon der andere Grad ſeines kuͤnfftigen Auf-
kommens bey der Kauffmannſchafft.
Drittens/ ſo erwirbt ſich auch ein qualificirter
Handels-Diener in waͤhrenden ſeinen Dienſt-Jah-
ren/ Patronos, ſo wohl an denen/ welchen er red-
lich gedienet/ als an Frembden/ die ſeine gute Con-
duite biß anhero geſehen/ ſelbige ſich haben gefallen
laſſen/ und den Vorſatz gefaſſet/ ihn kuͤnfftig in al-
len behuͤlfflich zu ſeyn; welches dann der dritte Grad
des Handels-Aufnehmens eines jungen Menſchen
iſt/ zu welchem hernach zufaͤlliger Weiß/ noch eine
gute Heyrath/ oder ein ſonderbarer Gluͤcks-Zufall
in Handlungen ſelbſt kommet/ der unſern zuvor
ſchlecht-bemittelten Handels-Diener auf einmal em-
por hilfft/ daß er die an ihm geſchehene Wunder-
fuͤhrung GOttes nicht genugſam preiſen kan.
Sehr offt traͤgt es ſich auch zu/ daß ein Han-
dels-Patron, entweder Alters/ Ehren-Stands
oder genugſam erworbenen Reichthums halber/ ſei-
nem bißher geweſenen treuen Diener/ die Handlung
abtrit/ ihme ein ſchoͤnes Capital, darinn auf leid-
liche Zinſen laͤßt/ die noch vorhandene unverkauffte
Waaren/ mit 10. 20. 30. und mehr pro Centum
Rabat zuſchlaͤget/ worauf dann der neue Kauff-
mann ſein Beſtes ferner thun mag/ die Handlung
in ſeinem eigenen Namen hinfuͤhro weiter fort zu ſe-
tzen. Wer ſiehet nun nicht hieraus/ wie bey ſo vor-
H h 2theil-
[484]Caput XIV.
theilhafftigen Conditionibus ein junger Menſch/
der zuvor nichts gehabt/ leichtlich zu einem ſtattli-
chen Vermoͤgen gelangen koͤnne/ er wird auch wohl
von ſeinem Patron mit in die Handlung genommen/
und ihme jaͤhrlich ein gewiſſer Theil vom uͤberſchieſ-
ſenden Gewinn zugeeignet; da es ſich dann wohl zu-
traͤgt/ daß/ wann der Patron indeſſen ſtirbt/ die Erben
den ſchon einen Fuß in der Handlung haben den Die-
ner dieſelbe gantz zuſchlagen/ und vor ein billiges
uͤberlaſſen. Wie man nun die neu-aufgehende Son-
ne allezeit mehr/ als die niedergehende/ zu verehren
pfleget; alſo lauffet einem ſolchen neuen Principali,
in einer beruͤhmten und lang-geſtandenen Hand-
lung/ auch alles um ſo viel mehr zu/ als man ſich ſei-
ner bißher bezeigten guten Conduite, Fleiſſes und
Verſtandes wegen/ alles Gutes zu ihm verſiehet.
Und wann gemeiniglich ein Handels-Diener/ von
ſeinem Patron mit in Compagnie genommen/ oder
von denen Erben/ ihren geweſenen Diener die Hand-
lung vor ein Gewiſſes uͤberlaſſen/ auch wohl gar
eine Tochter von dem Haus/ ihme zugleich zur Ehe
mitgegeben wird/ ſo iſt der Braut-Schatz/ und
was ſie ihm ſonſten von ihrem Vermoͤgen zubringet/
ſchon ein ſtattliches Mittel/ ſeine Handlung fortzu-
ſetzen. Es kommt auch dar zu der Credit, die Ehre
und das Anſehen/ welche ein ſolcher Menſch durch
ſeine getroffene Heyrath/ und der vornehmen
Freundſchafft halber/ in welche er getretten/ zu ge-
nieſſen hat/ ſo/ daß ihm dieſelbe allen Vorſchub
thut/ und wann er auch gleich manchmal in ſeinen
Negotiis Anſtoß leiden ſollte/ (wie es dann bey
Kauffleuten gar vielmals geſchiehet/) ihn mit Rath
und
[485]Der gluͤckliche Kauffmanns-Diener
und That beyſpringet/ und wieder aufhilfft/ daß
er ſich leichtlich recolligiren/ und wo es etwan
ſchartigt worden iſt/ wieder auswetzen kan. Mehr-
mals ſchwingen ſich auch qualificirte Kauff-Die-
ner/ in ihres/ oder eines frembden/ verſtorbenen
Principalis anſehnliche Handlung dadurch hinein/
daß ſie deſſen Wittib heyrathen/ ihre/ von der erſten
Ehe/ habende Kinder abfinden/ und ſich dadurch
gantz allein Herꝛn und Meiſter von der Handlung
machen. Jch habe auch geſehen/ daß geſchickten
Handels-Dienern/ reicher Leute Soͤhne/ mit groſ-
ſem Capital zu Geſellſchafftern ſeynd gegeben wor-
den/ mit dieſem Bedieng/ daß einer ſeits des Rei-
chen ſein Capital, ander ſeits aber/ des ihme zum
Compagnon gegebenen Handels-Diener ſein Fleiß
und Erfahrenheit arbeiten/ und bey Schluß des
Jahrs/ der Gewinn unter ihnen beyden gleich ge-
theilet werden ſollte. Dieſes war abermals ein ſchoͤ-
nes Mittel/ einen jungen Menſchen bald empor zu
helffen; Nicht ſelten hat es auch einem ſolchen gegluͤ-
cket/ daß er/ in dem er ſein Eigen angetretten/ an ei-
ne Parthey Waaren oder Handlung/ durch eige-
ne Speculation, Gluͤck oder Recommendation
gelanget/ bey welchem er groſſen Verdienſt gehabt/
und in wenig Jahren etliche Tauſend zuſammen ge-
bracht. Dieſes und das vorige alles/ daß nehmlich
ein Menſch bey andern Leuten wohl geliten ſey/
Gunſt und Gluͤck in Handlung habe/ machet der
goͤttliche Seegen/ und des Menſchen eigene Con-
duite, weil ein jeder ſeines zeitlichen und ewigen
Gluͤcks Schmied ſeyn kan/ wann er nur ſelber will;
Viele haben ſich auch durch Sparſamkeit empor ge-
H h 3holf-
[486]Caput XIV.
holffen/ in dem ſie ſich nicht gleich/ wie manche an-
dere junge Anfaͤngers thun/ auf den Fuß groſſer
Kauffleute in Handels- und Haushaltungs-De-
penſen geſetzet/ ſondern ſich ſchlecht beholffen/ das
Jhrige wohl zu rath gehalten/ ſelbſt Hand mit an-
geleget/ und dafuͤr gehalten/ daß/ was ſie ſolcher
Geſtalt erſparten/ ſchon verdienet waͤre/ adde Pa-
rum parvo, magnum cumulabis acervum, thu
zu einem Wenigen immer ein Weniges bey/ ſo wirſt
du endlich einen groſſen Hauffen davon machen;
Solcher Geſtalt iſt ihre Sparſamkeit ihnen ein Mit-
tel zu Befoͤrderung ihres Reichthums geweſen. Der
kluge Verſtand der Geſchicklichkeit und Erfahrenheit
eines Kauffmanns-Dieners/ hat ihm auch etwan/
bey Anfang ſeiner Handlung ſtattliche Commiſſio-
nis und Factoreyen/ (bey welchen was zu verdie-
nen geweſen) zuweg gebracht; Er hat auch etwan
zur See gluͤcklich gefahren/ mit einem kleinen Fahr-
Zeug angefangen/ und weil ihm GOtt geſegnet/ end-
lich mit groſſẽ Capital. Schiffen aufgehoͤret/ welches/
weil die See einen bald reich/ bald arm machen kan/
ſchon viel zu ſeinen erworbenen Reichthum beyge-
tragen Wann mancher Kauffmann/ der mit ſchlech-
ten Mitteln angefangen/ zu einen groſſen Capita-
liſten worden/ ſo ſagt man von ihm/ die und die Zei-
ten/ und Zufaͤlle/ haͤtten ihn reich gemacht/ als et-
wan die Liveranzen an gantze Armeen/ an Mon-
tur und Proviant/ reiche Fund-Gruben in Berg-
wercken/ das Ausmuͤntzen gewiſſer Gelder/ gluͤck-
licher Woll/ oder anderer Fiſch-Fang; das Mono-
polium in dieſer oder jener Waar/ ingleichen das
Schiffe gluͤcklich gefahren/ ſtattliche Frachten ge-
macht/
[487]Der gluͤckliche Kauffmanns-Diener.
macht/ wohlfeil eingekauffte Waaren mitgebracht/
die hernach jaͤhlings aufgeſchlagen/ und daran Ca-
pital auf Capital verdienet worden; damals ſaget
man/ war er allein/ der dieſe Handlung trieb/ alle
Leute lieffen ihm zu/ er holete ſeine Waaren aus
der erſten Hand/ kauffte ſie wohlfeil ein/ und gab
ſie theuer wieder weg; der Landes-Herꝛ oder die
Obrigkeit gab ihm ein ſtattliches Privilegium, wel-
ches er ſo und ſo viel Jahr genutzet/ und einen gu-
ten Profit gemacht/ durch dieſes oder jenes ſeinen
Austritt/ fiel ihm alle Kundſchafft und Commiſſion
zu; in Spanien gewann er auf Korn ſo viel; hier
drey Jahr nacheinander an Saltz/ hundert auf
hundert; uͤber keinen See-Verluſt kan er nicht kla-
gen; hier fiel ihm eine Erbſchafft von etliche tauſen-
den von ſeiner Frauen wegen/ dort von einem an-
dern Verwandten zu/ auf welche Weiſe/ man leicht-
lich reich werden kan. Bey dieſen und dergleichen
Reden/ ruffe ich nun allen rechtſchaffenen Handels-
Dienern/ einen guten Muth zu/ den ſie/ wann ſie
dieſes leſen oder faſſen ſollen/ daß/ was andern wie-
der fahren/ ihnen auch wiederfahren koͤnne; GOtt
hat ſo viel unvergeben/ er iſt noch heut ſo reich/ als
er iſt geweſen ewiglich/ man ſetze nur das Ver-
trauen auf ihm/ Spes confiſa Deo nunquam
confuſa recedit, wer GOtt vertraut/ hat wohl
gebauet. Wir haben noch in kurtz verwichenen Zei-
ten geſehen/ daß aus einem geſchickten Handels-
Diener/ (wie Anfangs der Kayſerliche General
Martini war) ein Commiſſarius, aus dieſem wird
ein Ober-Kriegs-Commiſſarius, ferner ein Ge-
neral-Kriegs-Commiſſarius, und endlich nach an-
H h 4dern
[488]Caput XIV.
dern Ehren-Stuffen/ gar ein Kayſerlicher General
geworden/ worzu der Kauffmanns-Stand/ und
daß er ein guter Soldat/ auch ſeiner Feder und Re-
chen-Kunſt/ wie auch des Buchhaltens maͤchtig ge-
weſen/ den Weeg gebahnet. Der Luͤgen-Prophet/
Mahomet, legte den Grund zu ſeiner Hoheit/ da-
durch/ daß er ſeines Herꝛn/ welcher ein reicher
Kauffmann geweſen/ ſeine hinterlaſſene Wittib ge-
heyrathet. Bertram Morgenweg, wurde von ei-
nem Kauffmanns-Diener/ ſeines Herꝛn Handels-
Conſort, folglich ſein Erb/ hierauf eines reichen
Kauffmanns in Luͤbeck ſein Tochter-Mann/ endlich
gar Raths-Herꝛ/ in welchem Ehren-Stand/ er
auch geſtorben/ und das reiche Hoſpital daſelbſt ge-
ſtifftet/ hinterlaſſen hat; Noch heutiges Tags/ darff
man nur in denen meiſten Handels-Staͤdten her-
um gehen und fragen/ nach dieſes oder jenes reichen
Kauffmanns ſeiner Ankunff/ ſo wird man hoͤren/
er war ein armer Jung/ eines ſchlechten Mannes
Sohn/ aus dieſem oder jemem Land/ Stadt/ oder
Dorff gebuͤrtig/ dienete in ſeiner Jugend bey dem
oder dem/ fieng hierauf/ als er ausgedienet/ und et-
liche Jahr bey einem andern vor Diener geſtanden/
ſeinen eigenen Handel an/ war darinn gluͤcklich/ that
eine gute Parthey/ an N. N. ſeiner Tochter/ und
iſt ſeiter dem ein Mann von vielen Tauſenden ge-
worden; Hingegen geſteh ich gerne/ daß es auch
von einigen heißt/ das Kippen und Wippen/ in-
gleichen/ daß er ein paar mal Banquerot gemacht/
und 25. pro Cent ſeinen Creditoribus gegeben/
ferner die Lorrendreiereyen im letzten Orlog,
der heimliche Pferd-Handel nach Franckreich/
die
[489]Von unterſchiedlichen Stifftungen.
die Schiffs-Parten in denen Capereyen/ die Scha-
cherey mit dem Korn/ wie auch/ daß ihm die Wei-
ber wohl abgegangen/ ſein Saltz/ Toback/ Meſ-
ſing und andere Monopolia, haben ihm auf die
Beine geholffen/ und was der ſchoͤnen Elogia mehr
ſeyn moͤchten/ mit welchen wir aber dieſes Orts nichts
zu thun haben/ ſondern den/ unſern armen Han-
dels-Dienern zu gefloſſenen Reichthum/ aus andern
Quellen/ deriviret haben wollen: Darunter die
vornehmſte iſt: Die ſich reichlich ergieſende
Gnade GOTTES/ uͤber alle/ die ihn fuͤrch-
ten und vertrauen.
CAP. XV.
Von gewiſſen Stifftungen/
Bruͤderſchafften undMontibus Pieta-
tis, welche Kauffmanns-Diener/ und ande-
re/ der Kauffmannſchafft-Verwandte/ in
groſſen Staͤdten/ unter ſich machen koͤnn-
ten/ mit was vor Regeln und Statutis ſelbige
verſehen ſeyn muͤſten/ und was vor Nutzen/
ſo wohl ſie ſelbſt/ als auch das Publicum, ſon-
derlich aber die Kauffmannſchafft/ eines
Orts davon zu gewarten
haͤtte.
DAmit je laͤnger/ je mehr/ unter der loͤblichen
Kauffmannſchafft gut Ordnung eingefuͤh-
ret werde/ ſo halte ich dafuͤr/ es wuͤrde
nicht undienlich ſeyn/ wann auch der
H h 5Kauff-
[490]Caput XV.
Kauffleut Bediente vom Complementario und
Buchhalter an/ wie auch Casſiers, Contoir, La-
den-Diener und Jungens/ in groſſen Handels-
Staͤdten unter ſich gewiſſe Stifftungen/ Collegia
und Bruͤderſchafften (in der Abſicht und zu dem Nu-
tzen/ welcher bald ſoll angezeigt werden/ und der-
gleichen/ bey anderen Profesſionen/ ſonderlich
aber denen Handwerckern/ gebraͤuchlich iſt) auf-
richteten/ und zwar/ in ſolcher Fundation/ folgen-
de Ordnung hielten:
Erſtlich/ muͤſte ein jeder Handels-Bedienter/
von obbemeldten Perſonen/ jaͤhrlich/ und zwar/ die-
jenigen/ welche von ihren Principalen Salaria, oder
Beſoldungen ziehen/ 2. von 100. in die Bruͤderſchafft
oder Kauffmanns-Diener-Lade oder Caſſam; ein
Handels-Diener aber/ der unter 50. Reichs-Tha-
ler/ oder gar keine Beſoldung haͤtte/ ſondern auf
andere Conditiones diente/ zum wenigſten einen
Reichs-Thaler/ und ein bloſer Jung auch ſo viel
(entweder/ ſo er es ſelbſt in Vermoͤgen hat/ von dem
Seinigen/ oder ſein Herꝛ/ bey welchem er dienet/ vor
ihn) geben und contribuiren.
Jngleichen ſollte ein jeder/ bey einem Kauff-
mann im Dienſt tretender/ und Wieder-Abtreten-
der/ bey Ein- und Abtritt/ einen Reichs-Thaler
der Stifftung zu erlegen/ ſchuldig ſeyn. Dann
was das Obige anbetrifft/ ſo koͤnnte es wenig ma-
chen/ daß derjenige/ der ein- oder mehr hundert
Reichs-Thaler/ jaͤhrliche Beſoldung hat/ ſich und
ſeinen jetzigen/ wie auch kuͤnfftigen Mit-Bruͤdern/
zum Beſten/ 2. von 100 oder auch auſſer dem/ wann
er gleich kein Salarium zoͤge/ einen Reichs-Thaler
jaͤhr-
[491]Von unterſchiedlichen Stifftungen.
jaͤhrlich in die Caſſam gaͤbe/ und doͤrfften dafuͤr bey
einigen nur etliche Glaͤſer Wein/ das gantze Jahr/
weniger getruncken/ um ſo viel weniger auf Karten-
und Wuͤrffel-Spiel geſetzet/ oder zu Galantarien
und andern Uppigkeiten verwendet werden/ ſo waͤ-
re der Reichs Thaler ſchon da/ und folglich ein
Grund zu einem beſtaͤndigen Capital geleget/ wel-
ches ſich nach der Hand durch unterſchiedliche Zu-
gaͤnge/ von Jahren zu Jahren/ dergeſtalt vermeh-
ren lieſſe/ daß endlich mit Luſt anzuſehen/ wie ein
ſtattlicher Fundus daraus erwachſen/ und was vor
herꝛlicher Nutzen/ wann ſolcher recht adminiſtriret
wird/ damit wuͤrde koͤnnen geſchaffet werden.
Hier auf koͤnnte nun anfaͤnglich ein bequemes
Zunfft-Haus zu der Kauffmannſchaffts-Bedienten/
ihrer ordentlichen Zuſammenkunfft/ Herberge/ und
Retirade gemiethet/ der jaͤhrliche Zins dafuͤr/ aus
der Bruͤderſchafft-Caſſa genommen/ oder ſo ſelbi-
ge ſchon einen ziemlichen Vorrath geſammlet/ gar
eines eigenthuͤmlich davor gekauffet werden. Soll-
ten auch gleich einige Capitalia, wann etwann der
gantze Vorrath zum Kauff-Pretio nicht zulaͤnglich
waͤre/ darauf beſtehen bleiben muͤſſen/ ſo lieſſen ſich
doch die Zinſen aus den jaͤhrlichen Einkuͤnfften gar
leicht abtragen; Die Bruͤderſchafft aber haͤtte in-
deſſen etwas Eigenes/ aus welchen ſie niemand ver-
treiben koͤnnte.
Die Protection uͤber dieſes Zunfft-Haus/
muͤſte ein loͤbliches Commercien-Collegium, wie
auch der Kauffleut und Kramer-Aelteſten haben.
Die Privilegia aber davon/ wie auch alle der Bruͤ-
derſchafft ihre Ordnung und Statuta, von dem
Ma-
[492]Caput XV.
Magiſtratu Loci, jedoch Gratis oder ohne Ent-
gelt/ (auſſer/ was die Schreib-Gebuͤhr betraͤgt/
weil es pia cauſa iſt) confirmiret werden.
Die Locale Adminiſtration des Hauſes/ muͤſte
einem alten/ wohlausgedienten Handels-Bedien-
ten/ als etwann einem geweſenen Buchhalter/ Caſ-
ſirer/ oder Handels-Diener/ der Alters- oder an-
derer Ehhafften wegen/ der Handlung valedici-
ret/ gegen einen gewiſſen Canonem, oder jaͤhrli-
chen Zins/ den er der Compagnie dafuͤr erlegen
muͤſte/ gegeben werden; Jedoch anders nicht/ und
auch an keinen andern/ der nicht zuvor ein Mit-
Bruder geweſen/ und da ihrer mehr/ um dieſes
Haus zu miethen/ ſich angeben ſollten/ muͤſte ſol-
ches durch das hoͤchſte Bot/ Auctions-weiſe/ erſtan-
den werden. Den Nutzen und Gewinn/ welchen
ein ſolcher Miether/ durch dieſes/ ob gleich titulo
onoroſo erhaltenes Beneficium, zu gewarten haͤt-
te/ beſtuͤnde erſtlich darinnen.
Daß alle fremde/ zu- und durch-reiſende/ auch
auſſer Condition ſtehende/ und wieder Condition-
ſuchende Handels-Bediente/ Diener und Jungens/
bey ihme/ als ihren Herbergs-Vatter/ eben wie
die Handwercks-Burſche auf ihrer Herberg/ logi-
ren und zehren muͤſten/ und ſich nirgend anders zur
Herberg einlegen duͤrfften/ wann ſie anders in der-
ſelben Stadt wollten befoͤrdert/ oder von der Bruͤ-
derſchafft mit weiterer Recommendation verſehen
werden; es waͤre dann/ daß ein ſolcher in der Stadt
an jemand recommandiret waͤre/ oder ſeine Freun-
de darinnen wohneten/ bey welchen er freyes Ho-
ſpitium zu genieſſen haͤtte; Hingegen muͤſte ſich der
Haus-
[493]Von unterſchiedlichen Stifftungen.
Haus-Vatter/ oder Oeconomus auf gute Speiſen
und Tranck/ auch reinlichen Betten/ ſchicken/ da-
mit er die bey ihm logirende geſunde/ und auch hin-
ein gebrachte krancke Kauff-Bediente/ vor ein Bil-
liges wohl pflegen und verſehen koͤnnte/ wie dann
die Mahlzeit (in einer guten Suppe/ Stuͤck Fleiſch/
Zugemuͤs/ Butter und Kaͤs/ dreymal aber in der
Woche/ an ſtatt geſottenen/ im gebratenen Fleiſch/
ſamt einem Maas Bier beſtehend) hoͤher nicht/ als
3. biß 4. gute Groſchen/ vor das Nacht-Lager aber/
in der gemeinen Kammer/ ein guter Groſchen/ in ei-
nem beſondern Stuͤbgen oder Kaͤmmergen aber/ vor
2. gute Groſchen/ vor Tag und Nacht/ jedoch oh-
ne Einheitzen/ wann das Holtz der Orten theuer
iſt/ wie leyder! in den meiſten teutſchen groſſen
Staͤdten geſchiehet) muͤſte gerechnet werden. Woll-
te ſich aber jemand beſſer tractiren laſſen/ auch wann
er es im Vermoͤgen hat/ bey der Mahlzeit ein Glas
Wein haben/ muͤſte er ſolches extra bezahlen/ wie
er dießfalls mit dem Wirth am beſten einig werden
koͤnnte.
Auſſer dieſem muͤſten auch alle Handels-Be-
diente/ groſſe und kleine/ wo nicht obligiret/ doch
freundlich von denen Vorſtehern des Hauſes/ er-
mahnet/ auch dahin genau geſehen werden/ daß
ſie Sonntags/ oder wann ſie in der Wochen Zeit
haben/ nirgend anders zu Wein oder Bier/ oder
ſonſt einen Lab- oder Erquick-Trunck zu thun/ ein
Fruͤh-Stuͤck oder Abend-Collation allein/ oder mit
guten Freunden/ einzunehmen/ als in dieſes ihr
Zunfft-Haus gehen moͤchten; wie dann in demſel-
ben/ im Fall etwann die Bruͤderſchafft jaͤhrlich eine
Gene-
[494]Caput XV.
General-Zuſammenkunfft und freundliches Con-
vivium halten/ oder ſonſt ein Freund den andern
tractiren und guͤtlich thun wollte/ bequeme Zim-
mer/ in welchen ſolches ausgerichtet werden koͤnnte/
ſeyn muͤſten. Hierbey koͤnnte man auch eine Biliard-
Tafel/ und wann ſonderlich ein Garten oder ande-
rer groſſer Platz vorhanden/ einen Kegel-Platz/ in-
gleichen vor erwachſene Leut/ ein ſauberes Toback-
und zulaͤſſiges Karten- oder Bret-Spiel-Zimmer/
wie auch einen Saal (ein Collegium-Muſicum
darauf zu halten) haben/ damit die Handlungs-Ver-
wandte/ ſonderlich die junge Burſch/ nicht an an-
dere verdaͤchtige und boͤſe Oerter/ an welchem ſie
leichtlich in Seelen- und Leibes-Gefahr gerathen
koͤnnten/ gehen/ und ihr Geld auſſer ihrem Zunfft-
Haus an andere Oerter hintragen doͤrffen.
Vor nothduͤrfftig/ arme/ reiſſende Kauffmanns-
Diener/ muͤſte auch ein beſonderes Gaſt-Zimmer
ſeyn/ in welchem ſie auf der Bruͤderſchafft Koſten
3. Tagelang umſonſt logiren und geſpeiſet werden
koͤnnten/ in welchen 3. Tagen ſie ſich bemuͤhen muͤ-
ſten/ Conditiones, auf einem Contoir oder in eine
Kram-Bude/ zu bekommen/ und wann ihnen ſol-
ches fehl ſchluͤge/ ihren Fuß als dann weiter ſetzen/
oder wann ſie ja laͤnger bleiben wollten/ alsdann
vor ihr Geld zehren muͤſten; es muͤſte aber keiner in
die dreytaͤgige/ freye Beherbergung und Speiſung
eingenommen werden/ er haͤtte dann von denen Ael-
teſten und Vorſtehern des Hauſes/ einen Frey-Zet-
tel daruͤber erhalten und aufzuweiſen/ welcher ihme
nicht anders/ als wann ſeine Duͤrfftigkeit genug be-
kandt
[495]Von unterſchiedlichen Stifftungen.
kandt iſt/ oder er ſonſt redliche Urſachen vorgebracht/
zu ertheilen waͤre.
Die Haus-Mutter betreffend/ muͤſte ſelbige
nicht allein hoͤfflich/ diſcret, leutſeelig/ ſondern auch
eine gute Wirthin/ Koͤchin und Haus halterin ſeyn/
dabey auch auf nuͤtzliche Haus-Mittel ſich wohl ver-
ſtehen/ um/ wann etwann ein Kauffmanns-Be-
dienter/ bey ihr kranck einliegen ſollte/ daß ſie gleich
zu etwas greiffen/ und dem Patienten Beyſtand
leiſten koͤnnte; wie dann auch der Kauffmannſchaffts-
Verwandte/ oder wer ſich ſonſt in ihrem Haus tra-
ctiren und eine Mahlzeit anrichten laſſen wollte/ von
ihr/ nach Begehren/ muͤſten koͤnnen accommodi-
ret werden.
Die Aelteſten oder Vorſteher des Hauſes/ koͤnn-
ten jaͤhrlich/ entweder auf gewiſſe Zeit/ oder ſo lange
ſie ſich der Orten aufhalten/ aus der Bruderſchafft/
und zwar/ aus denen Vornehmſten/ Aelteſten/
und Verſtaͤndigſten unter ihnen erwehlet und ge-
nommen werden. Man koͤnnte etwann hierzu
nehmen/ diejenige/ welche lang deſſelbigen Orts/ als
Buchhalter/ oder Complementarii und meritirte
Handels-Diener/ bey vornehmen Handlungen ge-
dienet/ welche von ſich ſelbſt gute Mittel/ oder doch
ſchoͤne Salaria haͤtten/ und vor ehrliche/ fromme
und tugendhaffte Leute bekandt waͤren/ vor welche
die uͤbrigen junge/ und theils ungezogene Burſche/
Reſpect und Furcht haben muͤſten. Dergleichen
Vorſteher aber/ aus welchen das innere Conci-
lium beſtuͤnde/ koͤnnten zwoͤlffe/ und unter ſolchen
der Oberſte Præſes ſeyn/ nach deſſen Abgang/ der
nechſte ihm wieder folgte/ und ſo einer nach dem an-
dern
[496]Caput XV.
dern hinauf ruckte. Nechſt dieſen 12. Vorſtehern/
muͤſten aus denen andern Haͤndels-Verwandten/
auch 12. Aſſeſſores erwehlet/ und von ſolchen nach
und nach die Stellen der abgehenden Vorſtehern/
erſetzet werden. Jn denen ordentlichen Zuſammen-
kuͤnfften/ oder Sesſionibus und Deliberationibus,
welche uͤber der Bruͤderſchafft Angelegenheiten/ zu
halten waͤren/ koͤnnten die 12. Vorſtehers ſolches
allein/ in gar wichtigen Sachen aber/ und ſonder-
lich/ bey Quartal- und Jahr-Rechnungen/ mit Zu-
ziehung der Aſſeſſorum, verrichten; Was nun
in beyden Faͤllen geſchloſſen wuͤrde/ das muͤſte
ſich die gantze Bruͤderſchafft gefallen laſſen. Die
unter denen Aſſeſſoribus erledigte Stellen/ waͤren
wieder aus denen uͤbrigen Bruͤdern/ und zwar von
ſolchen/ die am geſchickteſten hierzu waͤren/ zu be-
ſetzen.
Vor dieſe ihre Muͤhwaltung/ haͤtten weder
Vorſteher noch Aſſeſſores, nichts zu prætendiren/
auſſer/ daß ihnen quartaliter eine Mahlzeit aus der
Bruͤderſchaffts-Caſſa ausgerichtet wuͤrde; wobey
doch mehr nicht/ als zwoͤlff gute Groſchen/ oder ein
halber Reichs-Thaler vor die Perſon/ muͤſte aufge-
wandt werden welches im gantzen Jahr 48 Reichs-
Thaler betragen wird. Der Oe [...]onomus oder
Haus-Vater/ muͤſte bey denen Verſammlungen/
das Protocol fuͤhren/ auch entweder ſelbſt/ oder
durch ſeine Leute/ denen Membris und Bruͤdern die
Verſammlung anſagen.
Der Vorſteher und Aſſeſſorum eigentliche
Verrichtung/ beſtuͤnde etwann in folgenden: Als
daß ſie ſich erſtlich der gantzen Bruͤderſchafft insge-
ſamt/
[497]Von unterſchiedlichen Stifftungen.
ſamt/ und dann eines jeden Mitglieds derſelben
Wohlfahrt und Angelegenheit recommandiret
ſeyn lieſſen/ zu welchem Ende ſich bey Aufrichtung
der Bruͤderſchafft/ alle in der Stadt anweſende
und noch kuͤnfftig kommende Handlungs-Ver-
wandte/ bey ihnen anmelden und inſcribiren laſ-
ſen/ auch bey Aufnehmung in die Bruͤderſchafft/ ei-
nen Reichs-Thaler in die gemeine Caſſam erlegen
muͤſten; Dahingegen haͤtte ſich ein ſolcher zu getroͤ-
ſten/ daß ihme von der Bruͤderſchafft mit Rath
und That jederzeit wuͤrde an die Hand gegangen
werden.
Ferner muͤſte im Streit- und Klag-Sachen/
welche die Membra oder Bruͤder unter ſich haͤtten/
die erſte Inſtanz zum guͤtlichen Vertrag/ entweder
vor den engern Concilio, der Vorſteher allein/ oder
ſo die Sache wichtig/ vor der gantzen Quartal-
oder Extra-ordinairen Verſammlung/ der Vor-
ſteher und Aſſeſſorum ſeyn/ da dann nach Be-
ſchaffenheit der Sachen/ die Partheyen ihres Aus-
ſpruches zu geleben/ compromittiren/ oder auch
in gewiſſen Faͤllen/ Statuten-gemaͤs ſich verhalten
muͤſten.
Was die Membra oder Bruͤder auſſer dieſem
ihren eigenen Foro, entweder vor dem Magiſtrat
deſſelbigen Orts/ oder vor dem Commercien-Col-
legio, Kauffmanns-Aelteſten und anderen Inſtan-
tzien zu thun haͤtten/ deſſen muͤſten ſich die Vorſte-
her/ nach Beſchaffenheit der Umſtaͤnde/ Sachen/
und Perſonen/ mit Rath und That/ auch wohl zu
weilen perſoͤnlich/ muͤndlich/ oder auch in Schriff-
ten/ oder gar/ ſo es die Noth erforderte/ per De-
J iputa-
[498]Caput XV.
putatos annehmen/ ſo/ daß durch ſolchen Bey-
ſtand ein Mit-Bruder/ ſo viel beſſer geſchuͤtzet/ und
im Fall er eine gerechte Sache haͤtte/ ihme ſo viel eher
geholffen werden moͤge.
Die Verſammlung der Vorſteher und Aſſeſ-
ſorum, muͤſte allen Kauff- und Handels-Leuten/
welche Buchhalters/ Contoirs, Laden-Dieners und
Jungens ſuchten/ item ein- und auslaͤndiſche Hand-
lungs-Verwandten/ welche gern Condition und
Herren haben wollten/ zur Addreſſe dienen/ ſich
daſelbſt anzugeben/ und fernere Nachweiſung ge-
waͤrtig zu ſeyn. Wie dann auch die Auslaͤndiſche/
wann ſie etwann hieſiger Orten Condition zu ha-
ben/ verlangten/ an die Bruͤderſchafft ſchreiben/
ihre Umſtaͤnde und Qualitaͤten/ auch welcher Ge-
ſtalt ſie employret zu werden/ gedaͤchten/ dabey mel-
den/ die Briefe aber franquiren muͤſten.
Jm Fall nun ein Einheimiſcher oder Auslaͤndi-
ſcher/ ſolcher Geſtalt zu Dienſt befoͤrdert wuͤrde/
muͤſten die Vorſtehers erſtlich genaue Kundſchaff-
ten ſeines bißherigen Wandels/ Thun und Laſſens/
ingleichen ſeiner Freundſchafft/ Wiſſenſchafft/ und
Vermoͤgens/ ſonderlich der Caution halber/ die er
auf Begehren præſtiren koͤnnte/ eingezogen haben/
und alsdann denen/ welchen daran gelegen/ ge-
treuen Rapport davon abſtatten/ weil doch allezeit
ein gantzes Collegium und ihrer viel mehrere Nach-
richt/ als ein Particulier einziehen koͤnnen/ ſo ge-
ſchehe auch manchem Kauffmann ein groſſer Gefal-
len/ wann er nicht allein/ vermittelſt der Bruͤder-
ſchafft/ tuͤchtige Subjecta zu ſeinen Dienſten/ ſon-
dern auch noch genaue Nachricht von den Umſtaͤn-
den
[499]Von unterſchiedlichen Stifftungen.
den ihrer Perſon bekommen koͤnnte/ ja ich weiß
nicht/ ob auch nicht gar bey einigen in Praxin zu
bringen waͤre/ daß die gantze Bruͤderſchafft vor ei-
nen Diener oder Jungen/ der bey einem Handels-
Patron in Dienſten tritt/ Caution leiſtete/ als welche
man allezeit lieber von einem angeſeſſenen Corpore,
als von einem Particulier annehmen wuͤrde; da-
hin gegen ſie ſich anderwaͤrts mit guter Ruͤck-Buͤrg-
ſchafft verſehen/ und auch noch ein gewiſſes Præ-
mium vor die Muͤhwaltung reichen laſſen koͤnnten/
welches mancher auslaͤndiſcher Vater gern thun
wuͤrde/ wann er verſichert iſt/ daß die Bruͤder-
ſchafft ſeines daſelbſt ſich aufhaltenden Sohns/ als
ihres Mit-Bruders/ annehmen und Buͤrg- und Va-
ter-Stelle vor ihm vertreten werde.
Wie nun hierzu die Vorſteher nothwendig
auswaͤrtige Correſpondentz ſuchen muͤſten/ als
muͤſten die Unkoſten darzu aus der Caſſa genommen/
und die Unterſchrifft/ im Namen des Præſidis und
Vorſtehere/ der Bruͤderſchafft und Handlungs-
Verwandten/ in bloſen Miſſiven oder Briefen/ in
wichtigen Sachen/ Schrifften und Documentis
aber/ im Namen des Præſidis, Vorſtehers und
Aſſeſſorum geſchehen/ und alsdann mit dem groſſen
Bruͤderſchafft Siegel; Jm jenen Fall aber/ da die
Vorſteher nur allein zeichneten/ mit dem kleinen Sie-
gel verſigelt werden.
Da auch die Bruͤderſchafft/ durch anſehnliche
und kluge Vorſtehers/ ſich in Credit und Renom-
mée einer vorſichtigen und vernuͤnfftigen Conduite
geſetzet/ koͤnnte hieraus leicht erwachſen/ daß/ ſo
ander waͤrts dergleichen Bruͤderſchafft mehr établi-
J i 2ret/
[500]Caput XV.
ret/ oder auch Handels-Verwandte einige Reſpon-
ſa und Belehrungen noͤthig haͤtten/ ſie dieſelbe von
der Bruͤderſchafft/ vor die Gebuͤhr/ einholen/ und
ſonderlich die Buchhalters ſich/ in Vorfaͤllen das
Buchhalten betreffend/ belehren laſſen koͤnnten/
welches abermals ein kleines Accidenz waͤre/ wel-
ches der Bruͤderſchafft-Caſſa zuwuͤchſe.
Die Adminiſtration der groſſen Bruͤder-
ſchaffts-Caſſa, muͤſten zwey von denen aͤlteſten Vor-
ſtehern/ und zwey von denen Aſſeſſoribus, jeder
aber einen beſonderen Schluͤſſel und Vorleg-
Schloß darzu haben/ ſolche auch nicht/ als in der
General-Verſammlung eroͤffnet werden. Die
kleinen und taͤglichen Ein- und Ausgaben aber/ koͤnn-
te der Præſes fuͤhren/ und von ſolcher bey der Quar-
tal-Verſammlung Rechnung abſtatten. Nachdem
auch Sonntaͤglich/ nach verrichtetem Gottesdienſt/
viel Handlungs-Verwandte/ ihr Divertiſſement
in dieſem ihren Zunfft-Haus ſuchen wuͤrden/ als koͤn-
ten ſich jedesmal ein Vorſteher und Aſſeſſor Wech-
ſels-weiſe dabey/ um gute Ordre zu halten/ finden
laſſen/ und zugleich gewiſſe Statuta gemachet wer-
den/ nach welchen die etwann vorfallende Schlaͤge-
reyen/ oder andere boͤſe Haͤndel/ mit Geld zu be-
ſtraffen waͤren/ welche Straff-Gelder ebenfalls der
Bruͤderſchaffts-Caſſa einzuverleiben/ und das Jahr
uͤber ſchon ein ziemliches austragen wuͤrden.
Hauptſaͤchlich waͤre die Fundation dieſer Bruͤ-
derſchafft/ auch dahin mit angeſehen/ daß fremde/
reiſende/ und auch krancke Kauffmanns-Dieners
und Jungens/ in dieſem Haus ihre noͤthige Ver-
pflegung/ ſonderlich aber auch die Krancken haben
moͤch-
[501]Von unterſchiedlichen Stifftungen.
moͤchten/ denen/ ſo gar/ wann ſie vom Geld ent-
bloͤſet/ Zeit waͤhrender ihrer Kranckheit/ die benoͤ-
thigte Medicamenta, Doctores und Speiſen/ auf
der Bruͤderſchaffts-Caſſa Unkoſten muͤſten gehal-
ten/ und gegeben/ auch ſo gar bey ihrem Abſterben/
ihnen ein frey Begraͤbnis ausgerichtet werden/ wor-
zu dann die Bruͤderſchafft jederzeit mit ein- oder mehr
ſauberen Leichen-Tuͤchern/ eigenen Grab-Stellen/
und was mehr zu einem Begraͤbnis gehoͤret/ verſe-
hen ſeyn muͤſte. Die bey dem Commercio oͤffent-
lich-verpflichtete Unter-Bediente/ ſonderlich/ die an
der Waage/ bey denen Kram- und Kauff-Haͤuſern/
koͤnnte man zu Leichen-Traͤgern gebrauchen. Jm
Fall aber einer von denen Vorſtehern/ oder Aſſeſſo-
ribus, der Bruͤderſchafft/ verſtuͤrbe/ muͤſten aus
denen uͤbrigen Mit-Bruͤdern/ etliche/ welche ihn auf
ihren Schultern zu Grab truͤgen/ erwehlet werden.
Reiche und bemittelte Auslaͤnder/ welche etwann
in dieſem Haus verſterben ſollten/ wuͤrden ſchon die
Veranſtaltung machen/ oder ſolche Freunde hin-
terlaſſen/ welche die auf ſie verwandte Zehrungs-
Artzney- und Begraͤbnis-Koſten/ reichlich erſetzen/
und die Bruͤderſchafft noch mit einer anſehnlichen
Recompens, ihrer Muͤhwaltung halber/ bedaͤch-
ten/ biß dahin auch die Bruͤderſchafft/ das Jus
Retentionis \& Prioritatis in des Verſtorbenen
ſeine gegenwaͤrtige und abweſende Effetten haͤtte/
biß ſo lang/ daß die Wiedererſetzung der aufge-
wandten Unkoſten erfolget ſey. Jch geſchweige/
wie manches ſchoͤnes Legatum von Kauffleuten
ſelbſt/ als auch ledig-verſterbenden/ vornehmen und
geringen Handels-Bedienten/ an dieſes Haus wuͤr-
J i 3de
[502]Caput XV.
de gethan werden. Es koͤnnten auch zur See oder
Land/ auf weit- und gefaͤhrlichen Reiſen begriffene
Handels-Diener/ ihre Geluͤbde/ welche ſie GOtt
zur bevorſtehenden/ gluͤcklichen Reiſe/ aufopfferten/
alſo einrichten/ daß ſie dem Haus der Bruͤderſchafft/
wegen der Alten/ Krancken/ Unvermoͤgenden/ wel-
che von demſelben verpfleget wuͤrden/ ein gewiſſes
Geld/ wann ſie wieder gluͤcklich nach Haus gelan-
gen/ erlegen wollten/ und was etwann der vielfaͤl-
tigen Mittel mehr ſeyn moͤchten/ durch welche die
Bruͤderſchaffts-Caſſa zu dieſer Fundation/ Unter-
halt und Beſtaͤndigkeit/ Gelds genug ſammlen/
auch noch davon alte/ ausgediente/ krancke und
ſchwache Mit-Bruͤder/ auſſerhalb Hauſes/ mit
jaͤhrlichen Huͤlffs-Geldern verſehen koͤnnte.
Und alſo vermeyne ich/ genugſam/ die Moͤg-
lichkeit und den Nutzen dieſer Stifftung bewieſen zu
haben; Jch weiß/ daß ſolches einer (gute Ordnung
und Policey liebenden) loͤblichen Obrigkeit/ ferner/
denen Herren Kauffleuten ſelbſt/ in groſſen Han-
dels-Staͤdten/ lieb und angenehm ſeyn wird/ weil
ſie dadurch (1.) unter ihren Bedienten eine gute Ord-
nung eingefuͤhret ſehen/ indem ſolche hinfuͤro an ge-
wiſſe Regeln und Geſetze gebunden/ denen ſie ſich
gemaͤß verhalten muͤſſen. (2.) So koͤnnen auch
Kauffleute um ſo viel eher zu einem tuͤchtigen Subje-
cto eines Dieners oder Jungens/ wann ſie ſolchen
auf Recommendation der Bruͤderſchafft/ ihrer
Vorſteher nehmen/ gelangen/ weil dieſer/ wie zu-
vor ſchon gemeldt/ ihre Pflicht mit ſeyn wird/ Leu-
te/ die auf Trau- und Glauben ihnen abgefordert
werden/ vorhero wohl examiniret zu haben/ wo-
her
[503]Von unterſchiedlichen Stifftungen.
her ſie ſeyn/ was hinter ihnen verborgen/ wem ſie
angehoͤren/ und was vor Dienſte und Sicherheit
von ihnen zu hoffen und zu haben ſey.
Denen Dienern und Jungens/ geſchehe hier-
durch auch dieſer Nutzen/ daß ſie Verſprechers und
Beyſtaͤnde an den Vorſtehern und Aſſeſſoribus
des Hauſes/ in ihren Angelegenheiten haben/ und
wiſſen/ an wem ſie ſich halten ſollen. Sie leben in
einer ordentlichen Societaͤt/ erlangen dadurch ſo
viel eher Addreſſe und Nachweiſung zu guten Con-
ditionen/ wann ſie der Orten fremd ſeyn; ſo nimmt
ſich auch die Bruͤderſchafft ihrer in Noth/ Tod/ und
Ehren-Faͤllen eben ſo/ als wann ſie zu Haus bey ih-
ren eigenen Freunden und Bluts-Verwandten
waͤren/ an. Ja/ dieſe Stifftung koͤnnte ſich auch
dahin erſtrecken/ daß die Bruͤderſchafft einen ihren
Mit-Bruder/ wann ſolcher zu ſeinem eigenen Haus
ſchreiten/ und ſich etwann verheyrathen wollte/ ei-
ne gute Beyſteuer zu denen Hochzeit-Koſten/ oder
wann er ſolche nicht noͤthig/ doch ein ſtattlichs Hoch-
zeit-Geſchenck verehrten/ etwann auch/ wann er
ſeinen eigenen Handel anfienge/ und der Bruͤder-
ſchafft genugſame Sicherheit ſchaffte/ ihme mit ei-
nem Capital, gegen gebuͤhrende Intereſſe, unter
die Arme greiffen. Ehe er auch im Alter Noth und
Mangel litte/ muͤſte die Bruͤderſchafft ihme bey-
ſpringen/ und einen woͤchentlichen Beytrag zu ſei-
Verſorgung thun. Endlich auch im Sterben da-
hin ſehen/ daß er Chriſtlich und loͤblich zur Erden be-
ſtattet wuͤrde.
Das gantze Corpus der Bruͤderſchafft/ haͤtte/
nebſt der bruͤderlichen Vereinigung/ und der ſchoͤ-
J i 4nen
[504]Caput XVI.
nen Ordnung/ die unter ihnen herꝛſchete/ auch die-
ſes Vergnuͤgen/ daß ſie offt in Freundſchafft zur
Ergetzlichkeit zuſammen kaͤmen/ ihr Corpus auch/
als eine loͤbliche Zunfft/ conſideriret/ und nachdem
ſolche ſtarck waͤre/ (wie ſie ſich dann in groſſen Han-
dels Staͤdten auf viel 100. ja/ ein oder mehr 1000.
erſtrecken koͤnnte) ihnen ſo dann bey offentlichen
Stadt-Solennitaͤten und Noth-Faͤllen/ eine eigene
Fahne/ Poſt und Rendevous koͤnnte anvertrauet/
etliche Compagnien/ oder gar ein Regiment/ von
ihnen formiret werden; welches dann/ wie ich ge-
wiß verſichert/ an Parade und Bravoure an ſich
nichts wuͤrden ermangeln laſſen/ was die Ehre der
Bruͤderſchafft zu mainteniren/ koͤnnte erfordert
werden.
CAP. XVI.
Von dem Recht der Kauff-
manns-Diener/ deſſen ſie ſich/ wann
ſie treu und redlich dienen/ auch in Anſehung
ihrer Function ſelbſt/ zu erfreuen/ und was ſie
hingegen auch im Fall ihres Ubelverhal-
tens/ zu gewarten
haben.
WJr machen in Beſchreibung dieſer Rechts-
Materia billig den Anfang von dem Ter-
mino, da ein bißher-geweſener Handels-
Jung/ nunmehro Contract gemaͤß/ ſei-
ne
[505]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
ne Jungens-Jahre redlich und ehrlich erſtanden/
und ausgedienet/ und hier auf von ſeinem Handels-
Patrono loß geſprochen/ in dem Diener-Stand
geſetzet/ und von derſelben Stund an die Præroga-
tiven genieſſet/ welcher ein Handels-Diener vor
einen Handels-Jungen ſich zu erfreuen hat. Als:
Daß er nicht mehr Schuh putzen/ das Contoir
auskehren/ ſeinen Herꝛn mit der Latern des Nachts
einholen/ und mit dem Geſind/ wie in einigen
Haͤuſern geſchicht/ eſſen darff/ ſondern/ er wird
nunmehro von ſeinem Herꝛn mit Jhr angeredet/
da er zuvor Du geheiſſen; Er darff ſich auch bey deſ-
ſen Tiſch ſetzen/ und faſt biß zuletzt/ da Butter und
Kaͤs aufgetragen wird/ daran ſitzen bleiben/ wann
es nicht der Wohlſtand/ oder ſeine eigene Hoͤflich-
keit/ und die Difference, die er noch vor ſeine Herꝛ-
ſchafft/ ſonderlich in Anweſenheit fremder Leut hat/
erfordert/ daß er eher aufſtehe/ und ſeinen Teller
mit ſich hinweg nehme/ auch den Stuhl/ darauf er
geſeſſen hat/ zuruͤck ziehe/ welches alles/ die Be-
ſchaffenheit des Hauſes/ und die Umſtaͤnde der
Perſonen/ bey welchen er ſich findet/ ihme ſchon
genugſam an die Hand geben werden. Nechſt die-
ſem/ ſo kan er ſich auch ſchon weit proprer in Klei-
dern halten/ als er in ſeinem Jungen-Stand nicht
hat thun doͤrffen. Er bekommt uͤber dem/ wann
ſeine Capacitaͤt darnach iſt/ ein gewiſſes jaͤhrliches
Salarium, wird auch wohl beſſer logiret/ als er
bißher geweſen/ bekommt ſeine eigene Kammer und
ſauber Bett/ hat dabey Freyheit/ des Sonntags
aus- und nach vollendetem GOttes-Dienſt/ in ho-
nette Compagnien zu gehen/ wann er ſich nur ge-
J i 5gen
[506]Caput XVI.
gen die Mahlzeit zu rechter Zeit wieder einfindet/ als
mit welcher man nach ihm/ imgleichen mit dem Zu-
ſchluß des Hauſes zu warten/ gantz nicht ſchuldig
iſt. Wie dann auch ſolches in wohl policirten groſ-
ſen Staͤdten/ ein Haus-Wirth ſeinen Mieths Leu-
ten nicht einmal einzuraͤumen ſchuldig/ und zwar/
vermoͤg Obrigkeitlicher Vorordnung/ daß/ wer
vor 10 Uhr des Abends nicht zu Haus iſt/ nicht mehr
ſoll ein gelaſſen werden/ es waͤre dann/ daß der
Haus-Wirth einen ſonderbaren Egard vor des
ausbleibenden ſeine Perſonen haͤtte/ oder ſolches in
dem Mieths-Contract ausbedungen waͤre/ oder
er aus Complaiſance ſolches thun wollte/ was er de
jure zu thun/ nicht ſchuldig iſt.
Ferner hat auch ein Handels-Diener von der
Zeit an/ da er/ als Diener/ erklaͤret worden/ ſchon
mehrern Reſpect bey denen Domeſtiquen ſelbſt/
als er zuvor nicht gehabt hat/ da er noch/ als Jung
geweſen. An der Boͤrs hat er den Zutritt/ (ſonder-
lich/ wann ihm ſein Herꝛ/ nunmehr wichtige Han-
dels-Geſchaͤffte auftraͤgt) bey vornehmen Kauffleu-
ten/ und wie er vor dem Handels-Gericht/ Kauff-
manns-Aelteſten/ oder der Kramer-Jnnung/ loß-
geſprochen/ und als Diener erklaͤret/ und einge-
ſchrieben worden/ alſo iſt er nunmehro auf der
Stufe/ welche zukuͤnfftige Maitriſe oder eigenen
Handel fuͤhret/ wird alſo dadurch in ſeiner Zunfft-
maͤſſigkeit um ſo vielmehr befeſtiget/ und ihme bey
dem Eintritt in dem Diener-Stand/ keine Quæ-
ſtio Status ſeiner Perſon/ Geburt und Herkom-
mens halber/ wie bey dem Eintritt in dem Jungen-
Stand
[507]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
Stand gemacht/ weil er durch dieſen allbereit legiti-
miret worden.
Uber dem/ ſo iſt ihm auch ſein Herꝛ/ die mit
ihm getroffene Capitulation zu halten/ und das
ihme darinnen-verſprochene Salarium (es ſeye deſſen
gleich viel oder wenig) zu geben ſchuldig/ ſo gar/
daß/ wann er ſich deſſen weigern ſollte/ der Die-
ner Actionem locati ad conſequendum pretium
ſeu mercedem wider ihm anſtellen/ ſo lang/ biß
er ſein Geld bekommen/ im Haus verbleiben/ und
ſo die Sache klagbar wuͤrde/ das Klag-Libell fol-
gender Geſtalt einrichten koͤnnte.
P. P.
EUer Hoch Edlen gebe hoͤchſt-gemuͤſſiget klagend
zu vernehmen/ was maſſen ich mich vor 2. Jah-
ren bey Herꝛn Titio in Dienſten auf 3. Jahr lang/
gegen Reichung jaͤhrlicher 40. Reichs-Thaler Lohn/
eingelaſſen/ und ihme auf ſeiner Schreib-Stuben
und Gewoͤlb zu Haus und auf Reiſen/ ſolche Dienſt
geleiſtet/ welche einem ehrlichen und getreuen Han-
dels-Diener eignen und gebuͤhren koͤnnen/ wie
dann/ daß er jederzeit mit mir deshalben ver-
gnuͤgt geweſen/ ſolches in continenti zu beweiſen
ſtehet
Wann aber/ deme ohngeachtet/ er Herꝛ Ti-
tius, mir vor 4. Tagen und alſo \frac{5}{4}ten Jahr/ vor
Endigung der beyderſeits convenirten Zeit/ den
Dienſt aufgekuͤndiget/ und dabey zu verſtehen ge-
geben/ daß ich in 8. Tagen den Abſchied zu nehmen
haͤtte/ indem er mir vor die vergangene Zeit den
verdienten Lohn reichen wollte/ welches mir aber
nicht
[508]Caput XVI.
nicht genug/ in Erwegung/ daß/ gleichwie/ wann
ein Handels-Diener vor Endigung der beſtimmten
Zeit Abſchied nimmt/ er vor die verſtrichene ſeinen
Lohn (ex conſuetudine multarum Provinciarum
wovon Carpzovius pag. 2. Conſt. 51. defin. 13.
und Wuͤrtemberger Land-Recht part. 2. tit. 17. §.
Wann geduͤngte ꝛc.) gaͤntzlich verlieret/ alſo hin-
wiederum ex Natura Correlativorum, der Herꝛ
dem Diener vor die gantze verglichene Zeit/ den voͤl-
ligen Lohn zu reichen/ ſchuldig/ und verbunden iſt/
ſo gar/ daß dieſer aus deſſen Haus/ bevor er voͤlligen
Mercedem uͤberkommen/ zu weichen/ nicht gezwun-
gen werden kan. lib. 19. §. 9. l. 38. princ. ff locati
Carpzov. Deciſ. 265. num. 9. item p. 2. Conſt.
51. def. 13. num. 6. Eſpach. ibidem Lauterbach
ad ff. tit. locati num. 24. Colerus de Proceſſu
Executivo pag. 1. Cap. 9. num. 10. Coſta tract.
de quota \& rata c. 128. Brunnemannus ad dict. l.
38. ff h. t.
Als erſuche Euer Hoch Edle hiermit gehorſamſt/
dieſelbe geruhen/ erſagten Titium, per Decretum
zu injungiren/ mir bey der/ vor geendigter Zeit
geſchehenen Aufkuͤndigung/ auch den 3. jaͤhrigen
voͤlligen Verdienſt ohnnachlaͤſſig zu bezahlen/ und
darneben ihme zu bedeuten/ daß/ biß dieſes zu Folg
der Rechten geſchehen/ ich in ſeinem Haus zu ver-
bleiben/ Macht und und Befugnis habe/ hieruͤber
Euer Hoch Edl. Richterlichen Aſſiſtentz und Juſtitz-
Mittheilung mich gehorſamlich getroͤſtend/ verhar-
re ich.
Daß hernach/ auf ein dergleichen eingegebenes
Klag-Libeli, dem Petito gemaͤß/ zu deferiren ſey/
da-
[509]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
davon finden wir bey dem Carpzovio pag. 3. de-
ciſ. 264. folgendes Præjudicium, welches die loͤb-
liche Juriſten-Facultaͤt zu Leipzig/ Johann Steinin-
gern zu Eißleben/ im Octobr. Anno 1646. erthei-
let/ alſo lautend:
Hat Anno 1636. im Octobr. Georg. Fiſcher
zu Quenſtadt/ euch zu einen Schreiber auf ein Jahr
lang angenommen/ daruͤber eine ſchrifftliche Be-
ſtallung unter ſeiner Hand und Siegel ausgeant-
wortet/ wogegen ihr mit einem Eyd euch verbind-
lich gemacht/ auch durch euren Vettern P. R. buͤrg-
liche Caution beſtellet; Es iſt aber bemeldter Fiſcher/
mit Reichung desjenigen/ darzu er ſich verpflichtet/
an ſeinem Ort dem Contract nicht nachgekommen/
ſondern hat endlichen noch lang vor der Jahres-
Zeit/ euch die Beſtallung aufgeſagt/ darob ihr euch
beſchwehret/ Commiſſion ausgebracht/ und die
Sache mit ihme ſo lang getrieben/ biß er endlich
darauf Todtes verfahren; Es wollen ſich aber nun-
mehro deſſen Erben zu nichts verſtehen/ noch euch
die Jahres-Beſoldung/ nebenſt der ruͤckſtaͤndigen
Koſt/ und andern verurſachten Schaͤden und Unko-
ſten abſtatten/ deßwegen ihr zu eurer Befuͤgnis in-
formiret zu ſeyn begehret. Ob nun wohl einem jed-
wedern nachgelaſſen/ ſeinem Diener auch ohne Ur-
ſach zu beurlauben/ und ihres Dienſtes zu erlaſſen/
dannoch aber/ und dieweil ſolches in dem Fall/ wann
die Beſtallung auf eine gewiſſe Zeit gerichtet/ einen
Abfall gewinnet; Fiſcher auch/ eurem Andeuten
nach/ gantz keine Urſach/ euch vor der Zeit hinwie-
derum zu licentiren/ vorwenden koͤnnen/ ſo ſeynd
nunmehro ſeiner Erben vorerwehnter Beſtallung
noch-
[310[510]]Caput XVI.
nochmals nachzukommen/ und die jaͤhrige Beſol-
dung euch vollſtaͤndig abzuſtatten/ ſo wohl/ als auch
wegen der Koſt ſich mit euch abzufinden ſchuldig;
wuͤrdet ihr nun auch/ die angegebene Unkoſten und
Schaͤden/ allermaſſen euch zu thun oblieget/ beſchei-
nigen/ und die Fiſcheriſche Erben mit ihrer Noth-
durfft darauf vernommen werden/ ſo ergienge/ ob
und wie viel ſie euch deßwegen zu entrichten ſchuldig/
was recht iſt. V. R. W.
Jnsgemein ſeynd der Kauffleut und andern
Bedienten ihre Salaria in Rechten ſo privilegirt/
daß ſie (1) in Concurſu Creditorum ein Vor-
zugs-Recht vor andern Glaͤubigern haben/ Car-
pzov. part. 3. Deciſ. 278. \& in aſylo Debitorum
theſ. 48. Es waͤre dann/ daß ein offentliches Sta-
tutum desfalls ein anders verordnete. Mevius.
ad jus Lubec. p. 423.
So koͤnnen ſolche (2) auch nicht mit Arreſt be-
ſchlagen werden/ als nur in Subſidium, wann ſonſt
gantz keine andere Zahlungs-Mittel vorhanden/
und zu erlangen.
- L. commodis 40. ff. de Judic. L. ſtipendia.
3. C. de Execut. rei judi. Coler de Pro-
ceſſ. exercit. part. 2. cap. 3. num. 144.
\& ſeqq.
(3) Sind ſie auch von allen Steuren und an-
dern extraordinairen Auflagen befreyet/ Gloſſ.
in L. honorem 10. ff. de muner. \& honor. Struv.
ſyntag. Jurispr. Exer. 50. theſ. 90. ſonderlich die-
jenige/ die davon leben/ und ſich nothduͤrfftig kleiden
muͤſſen/ und etwan bey ihren Patronis nicht den
Tiſch/ oder die Koſt/ auch kein Quartier haben/ ſon-
dern
[511]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
dern ſich ſolches ſelbſt auſſer Haus ſchaffen muͤſſen/
L. ſuo victu 18. L pen. ff. de oper. libert.
Welches aber wieder ſeinen Abfall hat/ wann
ihnen ſo viel Beſoldung gereichet wird/ daß ſie da-
mit Gewinn treiben koͤnnten/ in welchem Fall ſie
nicht ſo wohl in Anſehung der Beſoldung/ als daß
ihnen daher zuwachſenden Lucri oder Profits/ ein
gewiſſes zur Steuer erlegen muͤſten. Pet. Greg.
Tholoſ. lib. 3. de Rep. c. 4. n. 3. Beſold. de æra-
rio cap. 4. verſ. 14.
(4) Wird auch in Cauſa dergleichen Salario-
rum Summariè und auf Vorzeigung des Con-
tracts/ welchen der Diener mit ſeinem Herꝛn aufge-
richtet/ geſprochen/ und executivè verfahren. Weh-
ner. obſ. pract. v. Expenſen p. 101. Gail. lib. 1.
obſerv. 44. n. 5. \& 9. Carpzov. in proc. Jur. tit.
1. art. 1. n. 51.
Was aber das Quantum betrifft/ wie viel ei-
nem Diener an Beſoldung zu reichen/ ſolches kan ſo
gewiß nicht determiniret werden; Darnach die
Kauffleut und die Dieners/ die Handlungen und
die Verrichtungen ſeyn/ darnach wird viel oder we-
nig gegeben/ wie ſolches aus denen Contractibus
Cap. 2. zu erſehen; Billich waͤre es/ daß demjenigen
der viel zu verrichten hat/ auch viel am Salario gerei-
chet wuͤrde. Fritſch. Conſt. 4. n. 173.
Wiewol ſolches heutiges Tags nicht aller Or-
ten erfolgen will/ indem zwar theils Herꝛn ihren Die-
nern genugſame Verrichtungen/ aber dabey keine
demſelben gemaͤſſe Salaria ertheilen; Nichts deſtowe-
niger iſt es/ wie anderwaͤrts ſchon gemeldet worden/
heutiges Tags mehrentheils eingefuͤhret/ daß ein
Han-
[512]Caput XVI.
Handels-Diener zu Haus die Buͤcher ſchreiben/
und Correſpondentz fuͤhren/ und neben den Con-
toir auch die Boͤrs und Magazin/ auſſer dem Haus
aber die Meſſen/ und andere Reiſen verrichten muß;
da er dann offt nicht mehr Salarium, als ein ſol-
cher empfaͤngt/ der nur einerley Verrichtung hat/
und entweder auf dem Contoir oder in dem Ma-
gazin und Kram-Laden ſeiner Dienſte abwartet.
Jm Fall auch/ daß ein ſolcher Diener der all-
zuviel/ und mit mancherley Geſchaͤfften uͤberladen
wird/ allen zugleich/ kein vollkommenes Genuͤgen
ſolte leiſten koͤnnen/ hat es ſich ſein Herꝛ ſelbſten zuzu-
ſchreiben/ als welcher (indem er darunter menagi-
ren wollen/ daß er einem die Arbeit aufgeleget/ an
welcher ihrer zwey/ ſonſt genug zu tragen gehabt)
dieſelbige/ wie leicht zu erachten/ alsdann ſo voll-
koͤmmlich nicht verrichtet bekommt/ als wann er ſie/
unter mehrere eingetheilet haͤtte. Welches auch der
weiſe Heyd Plato wohl angemercket/ wann er in
ſeinem Buch von den Geſetzen ſchreibet/ daß des
Menſchen Natur gantz zu wider/ ja faſt unmoͤglich
ſey/ zu gleicher Zeit zweyen verſchiedenen Verrich-
tungen ein Genuͤgen zu thun/ oder an unterſchiedli-
chen Ortrn zugleich zu ſeyn/ ſondern wann er ſchon/
in dem einen munter und hurtig iſt/ ſo bleibet doch
das andere indeſſen liegen/ oder es wird doch nicht
recht verrichtet/ wie es ſeyn ſollte. Nam difficile
eſt, ut unus Homo duorum Vicem ſuſtineat. ff.
de pact. \& L. fin. ibi. ne cum ad utrumque feſti-
nat, ne utrum bene peragat; Damit er nicht/
wann er zwey zugleich thun ſoll/ keines recht mache/
C. de Aſſeſſ. Carpz. p. 2. Deciſ. 194. n. 5. \& 6.
oder
[513]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
oder wie man im Sprichwort ſagt: Pluribus inten-
tus, minor eſt ad ſingula ſenſus, wer zwey Haaſen
mit eins verfolgen will/ wird ſchwerlich einen davon
bekommen; Jndeſſen ſtehet es nicht zu laͤugnen/ daß
es ſehr bequem ſey/ wann man ſolche Diener hat/ die
in alle Saͤttel gerecht ſeyn/ die ſo wohl mit der Feder
als Ellen oder Gewicht/ mit Kopff- und Hand-Ar-
beit zu Haus und auf Reiſen umgehen koͤnnen; ſie-
het man es doch wohl an denen/ welche ſich eigene
Pferde halten/ daß ſie gemeiniglich dahin ſehen/ daß
ſolche beydes zum reiten/ als ziehen moͤgen koͤnnen ge-
braucht werden/ ſie koſten aber auch zuweilen darum
ſo vielmehr; gleich alſo iſt es nicht mehr als billich/ daß
ein Herꝛ/ der einen ſolchen Diener hat/ welcher in al-
le Saͤttel gerecht iſt/ ihn auch darnach lohne/ und da
er Buchhalters Stelle mit vertritt/ ihn nicht blos
mit eines gemeinen Laden-Dieners Beſoldung ab-
ſpeiſe/ oder da er in deſſen Verrichtungen/ auf wei-
ten und gefaͤhrlichen Reiſen ſich hazardiren und
ſtrappaziren muß/ ihn nur ſo wenig beylege/ als einer
der Commode zu Haus hinter dem warmen
Schreib-Stuben-Ofen/ ſeine Zeit mit etwas weni-
ges von Schreiben zubringet.
Hingegen ſoll auch ein Diener nicht mehr auf
ſich nehmen als er beſtreiten oder dem Leib und Ver-
ſtands Kraͤfften nach/ verrichten kan; jenes wird ihn
zwar die Maas ſelbſt wol lehren/ dieſes aber iſt
mehrmals eine Vermeſſenheit/ da ſich einer dasjeni-
ge zu præſtiren ausgiebt/ was er da nicht verſtehet/
oder dem er nicht gewachſen iſt/ in welchem Fall/ er
allerdings ſeinen Herꝛn davor antworten muͤſte/
wann hernach aus ſolcher ſeiner Unwiſſenheit und
K kUn-
[514]Caput XVI.
Unverſtand/ demſelben einiger Schaden zuwuͤchſe/
weil hier abermal die Rechts-Regel/ quod imperi-
tia Culpæ adnumeranda ſit ſtatt findet.
Wie aber einem wohl-verdienten und geſchick-
ten Handels-Biener an Lohn nicht zu wenig gegeben
werden muß/ alſo will auch im Gegentheil Maas ge-
halten ſeyn/ daß ihm nicht mehr gegeben oder zuge-
ſaget werde/ als. ſeines Herꝛn Vermoͤgen ertragen
kan; nam ita utendum eſt opibus Domini, ut
ſatis ſuperſit Hero.
Lorich de Inſtit. Princip. p. 196.
Maximè, quia conſultum eſt proſpicere, ne
Miniſtri Rem propriam meliorem, cum detri-
mento Domini reddant. Lather. de Cenſu. lib,
1. c. 15. n. 17. Das iſt:
Daß die Diener bey ihren dienen reich/ die Herren
aber arm werden/ welches Letz/ e manches Handeis-
Patrons ſeines Unfleiſſes/ Unverſtands/ und Ehr-
geitz eigene Schuld iſt; Sein Unfleiß contribuiret
darzu/ dann/ er ſelber nicht acht auf ſeine Hand-
lung giebt/ ſondern die Diener nach Belieben ſchal-
ten und walten laͤßt/ und weil er ſelbſt nicht die Hand
mit anlegen will; Dahero denen Dienern ſo viel
mehr Arbeit aufbuͤrdet/ alſo auch ihnen ſo viel mehr
an Beſoldung geben muß.
Aus Unverſtand kommt ihme ſeiner Diener
Salarium hoͤher/ als er es noͤthig zu geben haͤtte/
weil er ihre Arbeit nicht zu ſchaͤtzen weiß/ und da er
derſelben mit vorzuſtehen nicht capable iſt/ folglich
auch geben muß/ was ihme abgefordert wird.
Der Ertzgeitz kommt in ſo weit bey Reichung
groſſer Salarien in Betrachtung/ daß mancher da-
durch
[515]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
durch vor Reich und Vornehm/ (als wann er es
wohl thun konnte/ ingleichen/ als ob ſeine Handels-
Verrichtung ſo groß waͤren/ daß ſolche billich auch
groſſe Salaria erforderten) will angeſehen ſeyn/ un-
geacht ſeine Mitbuͤrger und Kauffleut von beyden
wohl das Gegentheil wiſſen/ nemlich/ daß ſeine Caſ-
ſa und Handels-Capital, noch viel weniger aber ſei-
ne Handels-Verrichtungen/ mit ſo groſſen Salariis
die er giebet/ nicht proportioniret ſeyn; Geſchiehet
es aber/ daß er nur dadurch die beſten Leute an ſich
ziehen/ und andern abſpenſtig machen will/ ſo iſt es
gleichfalls ſehr uͤbel gehandelt/ und denen Moral-
Geſetzen zuwider.
Jſt demnach die Maſſe zu allen Dingen gut
nach welcher ein Handels-Diener/ nach Beſchaf-
fen/ heit der Dienſte/ die er leiſtet/ nicht mit uͤber-
maͤchtiger/ noch mit allzu geringer Belohnung
oder Beſoldung abgeſpeiſet werden muß/ weil es
heißt/ ein Arbeiter iſt ſeines Lohns werth/ wann er
ſolche nun nicht der Billichkeit nach empfienge/ moͤch-
te er verdroſſen werden/ und gedencken/ exilis
Nummus brevem parit Miſſam, Kupffern Geld/
Kupfferne Seel-Meß/ item Equus malè paſtus
malè ambulat, ein Pferd/ das nicht wohl gewar-
tet wird/ kan auch keine groffe Dienſte thun. Ein
ſolcher allzuſchlecht beſoldete Diener moͤchte ſich wol
gar daruͤber aufs Partiten-machen legen/ und ſei-
nem Herꝛn auf andere Weiſe abzwacken/ was er ih-
me an Salario zu wenig giebet.
Dieſem aber vorzukommen/ ſoll ein Handels-
Patron/ was Recht und billich iſt/ ſeinen Handels-
Bedienten vor die Belohnung ausſetzen; er ſoll be-
K k 2den-
[516]Caput XVI.
dencken/ daß das Jahr lang ſey/ daß ein ſolcher Be-
dienter vor alles ſtehen und hafften/ und mancher
Pfitze die Augen austretten/ auch manchen ſauren
Wind ſich muͤſſe unter die Naſen wehen laſſen. Wie
dann auch ein ſolchet Herꝛ der ſeinen Bedienten aus-
traͤgliche und hinlaͤngliche Beſoldungen giebet/ die-
ſelbe um ſo viel mehr anſtrengen kan/ daß ſie das
Jhrige thun und verrichten muͤſſen/ wozu ſie ange-
nommen worden; da ſie aber doch untreu und nach-
laͤſſig erfunden wuͤrden/ haͤtte er ſie alsdann/ mit ſo
viel beſſern Fug deſto ſchaͤrffer dafuͤr anzuſehen/ und
zu beſtraffen.
Nicht weniger ſtehet es auch gar ſchlecht/
wann einem getreuen Diener ſeine Beſoldung vor-
enthalten/ ihme nur Tropffen-weiß gegeben/ und
niemals Richtigkeit mit ihm gepflogen/ auch wol gar
unter einen und andern nichtigen Vorwand bald die-
ſes bald jenes decortiret und abgezogen wird:
L. 5. §. 4. C. de neceſſ. ſerv. hered. inſtit.
L. fin. C. de alluvio.
So gar/ daß mancher rechtſchtſchaffener Diener
offt ſeufftzen und klagen muß;
Guſtando mala, gratias agendo
Sperando, ingenuoque ſerviendo
Tantorum mihi præmium laborum
Sunt ſapere atque pœnitere.’
Auf
[517]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
Oder/ wie jener Engelaͤnder von Hof-Dienſten
ſchreibet:
aulæ
Præmia pro meritis, quæ retributa putas
Aula dedit nobis Reſcripta notata Papyro
Et ſine mente ſonos, \& ſine Corde Manus.’
Das iſt:
Durus de Paſcolo in aulic. Polit. reg. 349.
\& 350.
Uber welche Unbillichkeit Herꝛ D. Schutz in
ſeinen Reflexionibus Politico-Conſolatoriis
Cap. 9. p. 235. nicht unbillig dieſe nachdenckliche
Worte fuͤhret:
Es iſt faſt gemein worden/ daß die Bedienten
nicht allein mit einer ſchlechten Beſoldung verſehen/
ſondern auch damit noch lange aufgehalten werden/
welches eine tieff zu Hertzen-gehende Sache iſt/
wann ein ehrlicher Diener/ Tag und Nacht ange-
K k 3ſtren-
[518]Caput XVI.
ſtrenget wird/ und gleichwol nach Verflirſſung der
Zahl-Zeit erſt zu gewarten hat/ daß er entweder gar
abgewieſen/ oder wegen der Chicane, die ihm ge-
macht wird/ einen Theil ſeines Lohns hinter laſſen
muß/ wann auch gleich den Bedienten/ ein anſehn-
liches Salarium ausgeſetzet/ und damit gleichſam eine
gantze Kuh-Haut uͤber ſchrieben worden; ſo iſt doch/
wann es zum Einnehmen kommt/ eine Nuß-Schaa-
le groß genug darzu; Allein/ weil ein jeder Arbeiter
ſeines Lohn werth iſt/ ſo kan es nicht fehlen/ GOTT
muß endlich ein Einſehen darinnen haben/ wo man
einen armen Diener das Seinige wieder rechtlich
vorenthaͤlt/ und nicht zukommen laͤßt/ es entſtehet
auch gemeiniglich hieraus nichts Gutes; Dann
manchmal ein ſonſt treu und aufrichtiger Diener/ ſich
aus Noth anderwaͤrts vergreifft/ oder corrumpiren
laͤßt/ woran er bey richtiger Bezahlung/ des ihme
verſprochenen Salarii, nicht gedacht haͤtte.
Bis hieher beſagter Author.
Welches ein ieder Herꝛ um ſo viel mehr zu be-
obachten hat/ weil die Vor-Enthaltung des Lohns
eine von denen vier Haupt-Suͤnden iſt/ welche zu
GOtt im Himmel ſchreyen. Jch meines Orts hielte
davor/ ein raiſonnabler Kauffmann/ der einen ge-
treuen Diener hat/ thaͤte ſehr wohl/ wann er alle
halbe Jahr dem Diener mit Auszahlung ſeines Sa-
larii und zwar mit freywilliger Auszahlung deſſel-
ben/ dem Diener ungefordert/ oder ungebeten zu-
vorkaͤme; dann weil bey manchen Dienenden/ ſon-
derlich Ehrliebenden und dabey bloͤden Gemuͤth/ die
Modeſtie und Schamhafftigkeit ſo groß iſt/ daß es
lieber Mangel leidet/ als daß es um ſein Verdien-
tes
[519]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
tes Lohn ſordern ſollte/ ſonderlich wann es einen
muͤrriſchen/ eingebildeten und geitzigen Herren hat;
als muß derjenige/ der in dieſem Fall vernuͤnfftig
ſeyn will/ dem Diener zuvorkommen/ und nicht erſt
kaltſinniger Weiſe fragen/ ob er auch was noͤthig
haͤtte/ ſo koͤnnte er ſprechen. Dann in ſolchem Fall
trifft offt das bekannte Sprichwort ein/ daß derjeni-
ge/ der fragt/ nicht gern gaͤbe. Man laſſe den Die-
ner alle halbe Jahr ſein Salarium hinnehmen/ und
ſolches ſelbſt verwahren/ und anlegen/ worzu er es
noͤthig hat/ und halte es vor keinen Gewinn/ ſolches
in Caſſa zu behalten/ dann das pfleget ſehr nach ei-
nen eigennutzigen und vilainen Gemuͤth zu riechen/
es waͤre dann/ daß andere Umſtaͤnde darbey waͤren/
und das Abkommen zwiſchen Herꝛn und Diener
aus gewiſſen Urſachen alſo getroffen worden/ daß
das Salarium aufwachſen/ und bis zu einer Zeit von
Jahren/ in des Herꝛn Caſſa und Verwahrungen
liegen bleiben/ etwan daſelbſt auch Frucht tragen/ und
nach Ablauff ſolcher Jahre auf einem Bret/ nebenſt
denen aufgelauffenen Zinſen/ erhoben werden ſolte.
Auſſer dieſen aber thut ein Diener wol/ daß er ſolches
nicht auf ſummiren laſſe/ weil allerhand Zufaͤlle dar-
zwiſchen kommen koͤnnten/ da er hernach Difficultaͤt
haben moͤchte/ ſolches zu erheben.
Hierbey ſtehet aber auch zu erinnern/ daß ein
Herꝛ nicht ſchuldig ſey/ ihme auch zu rathen ſtehe/ den
Diener vor der Verfall-Zeit/ oder ehe er es verdienet
hat/ zu bezahlen/ weil ſolches zu vielen Unordnungen
Anlaß giebet/ und das voraus gegeſſene Brod her-
nach nicht mit ſolchem Eyfer zu verdienen geſuchet
wird/ als wann man ſolche Belohnung noch zu ge-
K k 4warten
[520]Caput XVI.
warten haͤtte/ jedoch veraͤndern auch in dieſen Stuͤck/
die Umſtaͤnde/ welche ſich dabey befinden/ die Sache/
und giebet der Contract, welchen Herꝛ und Die-
ner mit einander aufrichten/ ſchon beyderſeits die ab-
helffliche Maaß.
Es wird aber nicht allein das volle Salarium
denen Dienern gereichet/ welche ihre wuͤrckliche
Dienſte leiſten und verrichten/ ſondern auch denen/
die durch Krieg/ Peſtilentz und andern Zufaͤllen dar-
an verhindert worden/ juxta l. 13. in pr. ff. de ann.
leg l. 38. pr. \& §. 1. ff. locat. Sonderlich denen/
welche Kranckheits halber/ nicht/ wie ſie gern wollten/
ihrer Herren Dienſte verrichten koͤnnen; Specul.
tit. de Salar. §. 3. num. 8. \& 9. Covarruv. lib. 3.
var. Reſol. 14. Weil eine Kranckheit ein Caſus
fortuitus, oder unverhoffter Zufall iſt/ den niemand
vermeiden kan.
L. 13. §. 7. ff. de Excuf. tut.
Und auch diejenige/ als wuͤrcklich dienend an-
geſehen werden/ welche gern dienen wollten/ durch
Kranckheit aber daran verhindert werden.
L. 4. §. ff. de ſtat. lib.
Zumal da die meiſte Kranckheiten von den vie-
len Muͤh- und Beſchwehrung/ welche ein Diener
bey ſeinen Verrichtungen auf dem Hals hat/ und aus-
ſtehen muß/ herkommen.
Fr. Stypmannus de Referendar. cap. 8.
numer. 37. \& 38.
Die jenigen Kauffleute auch unchriſtliche Ge-
muͤther haben muͤſten/ welche (des menſchlichen
Elends nicht eingedenck) den krancken Diener durch
Entziehung ſeines Salarii noch mehr Betruͤbnus ma-
chen
[521]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
chen wollen/ da doch derjenige/ der heute ſtehet/
wohl zuſehen mag/ daß er morgen nicht auch ſchon
darnieder liege. Jedoch wird dabey erfordert/ daß
die Kranckheit alſo bewand und beſchaffen ſey/ daß
einer deswegen unmuͤglich ſein Amt verrichten
koͤnne.
arg L. 1. §. 7. ff. de Ædilit. Edict.
L. 60. ff. de Re judic.
Dann/ wann ſich einer muthwillig kranck ge-
ſoffen/ oder gehuret/ oder nur ein ſchlechtes Fieber
an ſich haͤtte/ mag ihme ſolches zum Vorwand nicht
zu ſtatten kommen.
Gloſſ. in c. placuit diſt. 18.
Nechſt dieſem gebuͤhret auch die volle Beſol-
dung/ denen/ die in ihrer Herren Dienſten abweſend
ſeyn.
L. ſi longius 18. in pr. ff. de judic.
Jnſonderheit aber iſt ein Herꝛ/ alte abgelebte
Diener billich bey ſich zu behalten/ ſchuldig/ alſo/ daß
ſie nicht gleich denen alten Pferden und Hunden/
wann ſie keine Dienſte mehr thun koͤnnen/ ſtracks ab-
geſchaffet/ oder Huͤlff-loß gelaſſen werden/ damit
er ſich nicht mit dem ſchaͤndlichen Laſter der Undanck-
barkeit beſudele.
c. quamvis triſte 8. q. 1.
L. 1. §. 13. ff. de var. \& extraord. Co-
gnit.
Jnmaſſen dann ſolchen Emeritis in ihren Al-
ter/ nicht allein Ruhe zu laſſen/ ſondern ſelbige auch/
mit einer austraͤglichen jaͤhrlichen Proviſion und
Gnaden-Beſoldung dergeſtalt zu bedencken ſeyn/
daß ſie keinen Mangel leiden doͤrffen.
K k 5arg.
[522]Caput XVI.
arg. l. Lucilius: ibi: veteranis in prœ-
mium aſſignatis ff. de Evict.
Dahero unſere vorgeſchlagene Stifftung vor
die Kauffmanns-Bediente/ aus welcher dergleichen
alte wohl verdiente Handels-Bediente/ ebenfalls ei-
nen Zubuß zu ihrem Unterhalt im Alter zu hoffen/
denen Herren Kauffleuten/ ſo viel recommanda-
bler ſeyn ſollte/ das Jhrige zu einem ſo Loͤblichen
Werck gleichfalls beyzutragen/ oder auch unter ſich
ſelbſt ein ſolch Geſtifft ad pium uſum zu machen/ dar-
innen ſie ihre alte wohlverdiente Diener Lebenslang
verſorgen koͤnnten/ welches beſſer ſeyn wuͤrde/ als
an ſolche Erben/ Oerter oder Perſonen zu verma-
chen/ und zu legiren/ die deſſen keinen Danck wiſſen/
ſelbſt genug haben/ ſolches Ubel anwenden/ oder bey
welchen (wie heutigs Tags bey vielen uͤbel ange-
wandten Legatis geſchiehet) das dahin vermachte
Capital, in todte Haͤnde faͤllt/ in welchen es nim-
mermehr wieder zum beſten des gemeinen Weſens
unter denen Lebendigen zu rouliren ans Tages-Liecht
kommet.
Ferner/ ſo gebuͤhret auch denen Dienern wieder/
welche rechtmaͤſſiger Weiß der Herꝛ einer Ubelthat/
oder andern Urſachen halber inquiriren laͤſt/ dan-
noch ihre Beſoldung/ ſo lang ſie wuͤrcklich in Dien-
ſten geweſen;
Speidel in Spec. jur. voc. Beſoldung.
Wie nicht weniger denen/ welchen die Herꝛ-
ſchafft ſelbſt gehindert/ oder denen nichts zu verrich-
ten gegeben/ ſie aber indeſſen zu ihren Dienſten alle-
zeit parat geſtanden/ und auf Ordre und Befehl
war-
[523]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
warten muͤſſen/ zumal/ wann ihnen ihre Dienſt nicht
aufgekuͤndet worden.
L. 19. §. 9. ff. locat.
Richter Conſil. 162. numer. 11. \& 12.
vol. 2.
Und obſchon des Salarii wegen kein gewiſſes
Quantum conſtituiret/ exprimiret oder bedungen
worden/ alſo/ daß es ſchiene/ man koͤnnte von dem
Handels-Patron mit Fug und Recht nichts for-
dern;
per L. 5. §. 3. ff. mandat. vel contra,
Sondern es nach dem alten Sprichwort heiſſen
moͤchte: Wer auf Gnade dienet/ dem wird
mit Barmhertzigkeit gelohnet.
Möller p. 1. Conſt. Saxon. 28. n. 8.
So iſt doch der Richter/ wann es zur Klage kommt/
in Anſehung des Dieners ſeiner geleiſteten Dienſte
ſchuldig/ ex officio ein gewiſſes zur jaͤhrlichen Beſol-
dung zu arbitriren und zu erkennen.
Richter part. 2. vol. 1. Conſ. 17. n. 36.
\& ſeqq.
Schneidewin in Comment. ad Inſt. lib. 1.
tit. 22. n. 13.
Und zwar ſo viel/ als andere dergleichen/ die man
jaͤhrlich pfleget/ gereichet zu werden.
Brunnemann. ad L. 13. §. fin. ff. locat. nu-
mer. 30.
Da auch des Dieners ſein Herꝛ ſtuͤrbe/ ſo waͤren
doch deſſen Erben die verſprochene Beſoldung ab-
zuſtatten und zu bezahlen ſchuldig.
Carpzov. Dec. 88. n. 16.
Stuͤrbe aber der Diener innerhalb des Jahrs/ und
er
[524]Caput XVI.
er haͤtte mit ſeinem Herꝛn auf Jahren contrahirt/
ſo waͤre ſolcher an des Dieners Erben nichts mehr
an Beſoldung heraus zu geben/ ſchuldig/ als nur ſo
viel/ als die Zeit betruͤge/ die der Diener wuͤrcklich
gedienet hat;
Vid. Marquard de jure Mercatorum. lib.
3. cap. 6. num. 91. \& ſeqq.
woſelbſt er auch ex lib. 1. art. 22. juris Saxonici
oder dem Land-Recht anfuͤhret.
Stirbet der vermuthete Mann/ eh er ſein voll-
koͤmmlich Lohn verdienet/ welches ihme verheiſſen
worden; man iſt ſeinen Erben nicht mehr pflichtig zu
geben/ als/ ſo viel er verdienet hat/ und ihme gebuͤh-
ret/ biß auf die Zeit/ da er ſtarb.
Vielmehr waͤre ein Handels-Patron befugt/
wann er ſeinem Diener aus Gefaͤlligkeit etwas vor-
aus bezahlt haͤtte/ ſolches nach Abtheilung der Zeit
von deſſen Erben wieder zu begehren/ vid. Franzk.
ad tit. ff. locat. n. 193. Carpzov. part. 2. deciſ.
136. \&c.
Ein anders iſt es mit denen Gelehrten/ welche/
wann ſie ſich eine jaͤhrliche Beſoldung bedungen/ und
unter dem Jahr geſtorben ſind/ dieſelbe nichts de-
ſto minder voͤllig auf ihre Erben verfallen/ wie zu ſe-
hen ex l. 38. §. 1. ff. locat. l. 15. §. 1. C. de Advo-
cat. \&c.
Und ſo viel von dem Salario, welches ein Han-
dels-Diener/ in ſo weit er redlich und treu gedienet/
rechtmaͤſſig zu prætendiren hat. Folget nun/ wann
er in ſeines Herꝛn Geſchaͤfften/ und vor deſſen Rech-
nung/ wie auch zu ſeines Handels Beſten mit andern
contrahirt/ wie gedachter ſein Herꝛ dafuͤr gehalten
ſey/
[525]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
ſey/ und Krafft des 3. Tit. ff. lib. 14. und des 25.
Tit. lib. 4. Cod. de inſtitoria Actione, in ſoli-
dum ad id, quod ex Contractu Præpoſiti debe-
tur, koͤnne belanget werden.
Das Formular der Action, woraus zugleich
der Caſus ſo viel klaͤrer werden wird/ moͤchte ſo dann
etwan folgender maſſen abgefaſſet werden.
Præmiſſo Titulo.
DEnenſelben verhalte nicht/ daß Dero Burgers
und Handelsmanns N. N. Laden-Diener/ in
der Leipziger Oſter-Meß lauffenden Jahrs bey mir
3. Stuck Engliſchen Tuchs und 6. Stuck derglei-
chen Zeugs abgeholet/ und veſtiglich zugeſaget/ daß
innerhalb Monats-Zeit der Werth davor/ mit 320.
Rthl. mir ſollte vergutet werden/ zu dem Ende/ ich/
mich auf dieſes Verſprechen gewiß verlaſſend/ 2.
pro Centum auf der Summa nachgelaſſen. Ob ich
nun gleich ſo wohl den Principalen/ als obbeſagtem
Laden-Diener/ ſolchen zu ſelbſt eigenen Vortheil ge-
ſetzten Termin ſchrifftlich errinnert/ mir das Preti-
um der verkaufften Waaren baar zu uͤberſchicken;
angeſehen/ ich dieſer Urſach wegen den Preiß ſo
civil geſtellt habe/ ſo iſt biß anhero doch nichts er-
folget/ und ſehe ich/ daß ich mit einem ſchlechten Be-
zahler zu thun habe. Wann aber kein Kauff de jure
ohne Erlegung des Ptetii conventi als eſſentialen
Stuͤck dieſes Contracts mit Beſtand geſchehen
mag/ und zweytens ein jeglicher Handelsmann vor
ſeinen Laden-Diener/ ſo weit er Namens ſeines Prin-
cipalis zu handeln beſtellt/ und der Contract ſich
auf
[526]Caput XVI.
auf das Commercium Domini referiret/ zu be-
zahlen unausfluͤchtig verbunden.
Per l. 5. §. 12. l. 11. §. 5. ff. l. 2. \& 3. C. de
inſtitor. Actione. Hermannus Stamm
de jure ſive ſervitute perſonali lib. 1.
cap. 20. per totum.
Als bin gemuͤſſiget worden/ mich hieher zu begeben/
und mittelſt dieſer mir ex adverſo propter retar-
datam ſolutionem pretii conventi abgenoͤthigten
inſtitoriæ actionis E. H. E. dienſtlich zu erſuchen;
Sie geruhen beſagtem Burger und Handelsmann
N. N. forderſamſt vorzufordern/ ihn uͤber meine
Klag zu verhoͤren/ und da er dagegen nichts/ wie ich
wol verſichert bin/ einzuwenden weiß/ auch des Em-
pfangs der gerechten Waaren geſtaͤndig iſt/ ihn ſo
fort in die bare Abſtattung des verglichenen Werths
ex mora mit gebuͤhrender intereſſe und cauſirter
Reiß-auch Zehrungs-Koſten/ per ſententiam zu
condemniren/ und exequendo anzuſtrengen/ hier-
uͤber juris \& juſtitiæ celerem adminiſtrationem
inſtanter implorirend/ verharre ich ꝛc.
Ein anders/ da gegen einem/ oder
mehr Schiffs-Rhedereex Tit. 1. ff. l. 14. \& tit.
25. lib. 4. Cod. de exercitoria actione(wegen
des/ was ſein/ mit einerCargaſonoder einem
Schiff allein ausgeſchickter Diener/ oder
auch der Schiffer deſſelbigen Schiffes vor
ihresPrincipalis,oder Rheders Rechnung
zu deſſen Schiffs-Behuff aufgenommen)
dieActionangeſtellet wird.
P. P.
[527]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
P. P.
DEnenſelben gebe gehorſamlich zu erkennen/
was Geſtalt ich bereits vor 8. Wochen/ Dero
Burgers und Schiff-Rheders N. N. ſeinem (mit
ſeinem Schiff hieher gekommenen) Diener/ wie
auch dem auf dem Schiff beſtellten Schiffer/ auf ihr
beyder ſeytiges Anſuchen/ zur Reparation des ge-
dachten/ durch Sturm ſehr beſchaͤdigten Schiffs
200. Reichsthl baar Geld/ laut ihrer Qittung vor-
geſchoſſen/ wobey ſie ſich dann anheiſchig gemacht/
daß- ſo bald ſie wuͤrden zu Haus gekommen ſeyn/ ſie
ihren Patron erinnern wollen/ daß er mir gleich
mein vorgeſchoſſenes Geld zu Danck wieder mit ge-
buͤhrender Intereſſe erſtatten ſollte.
Ob ich nun wohl biß hieher/ immer von einem
Tag zum andern ſehnlich darauf gewartet/ auch be-
reits zweymal ſchrifftlich darum Anſuchung gethan/
ſo iſt doch niemals nichts erfolget.
Wann aber zu Recht verſehen/ daß/ was dem
Magiſtro Navis in uſum rei, ſcil, ad reparan-
dam navem, eamque inſtruendam nec non ad
exhibendos Nautas, verglichen worden/ der Ei-
genthum utpote Exercitor Navis zu erſtatten
ſchuldig
Per l. 1. §. 8. ff. h. tit. \& l. ult. ibidem.
Und aber unlaugbar iſt/ daß die Refection
des uͤbelzugerichteten Schiffs/ mit meinem Geld ge-
ſchehen/ dahero billich mit Wiedererſtattung deſſel-
ben nicht aufgehalten werden ſollte; Als bin gemuͤſ-
ſiget worden/ mich ſelbſt hieher zu begeben/ und
mittelſt dieſer Exercitoriæ actionis E. Hoch-Edl.
gehorſamſt zu erſuchen/ ſie geruhen beſagten Eigen-
thuͤ-
[528]Caput XVI.
thuͤmern und Exercitorem Navis perſoͤnlich vor-
zubeſcheiden/ denſelben uͤber dieſe meine Klage zu
vernehmen/ und indem mein Vorleyhen unwider-
ſprechlich/ in rem \& utilitatem ſuam verwandelt
worden/ ihme von Obrigkeits wegen/ in die ſchleu-
nige Erſtattung des Crediti, wie auch die/ ex mo-
ra davon verfallenen Intereſſe, und mir verurſach-
ten Unkoſten zu condemniren/ und exequendo
mir zuzueignen. Hieran verrichten dieſelbe/ was die
deutliche Rechte verordnen/ und ich bin in getroͤ-
ſtender Zuverſicht ſchleuniger Juſtitz-Mitthei-
lung/ ꝛc.
Aus welchem nun klar erhellet/ daß/ was ſol-
cher Geſtalt ein Diener vor ſeinem Herꝛn/ und in
deſſen Namen ſchlieſſet und contrahiret/ er der
Diener nicht dafuͤr gehalten ſey/ ob wohl einige l.
7. §. 11. ff. ad SCt. Macedon. im Gegentheil an-
fuͤhren wollen; Allein dieſes iſt gewiſſer/ daß der
Præponens oder der Handels-Patron, welcher zur
Verrichtung ſeiner Geſchaͤffte/ einen darzu autho-
riſirten Diener vorſetzet/ der dasjenige/ was als-
dann ein ſolcher Diener/ in Abſicht auf ſeines Herꝛn
Dienſte ſchlieſſet und verrichtet/ gehalten ſey/ §. ea-
dem ratione. Inſt. quod cum eo l. 5. l. 17. \& t.
t. ff. h. tit. ſo gar/ daß/ wann auch gleich der Die-
ner eine Obligation in ſeinem eigenen Namen aus-
gegeben/ und darinn das empfangene Geld auf ei-
ne gewiſſe Zeit wieder zu zahlen verſprochen haͤtte/
ſolches aber alles in ſeines Principalis Namen/ und
auf deſſen Ordre alſo geſchehend/ dabey ſetzte/ er
der Diener bey der Verfall-Zeit des Geldes nicht/
wohl aber ſein Principalis dafuͤr koͤnte belanget
wer-
[529]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
werden/ per l. fin. ff. de Inſt. act. \& l. 1. ff. eod.
Dahero die Rechts-Lehrer einmuͤthiglich dahin ſtim-
men/ daß/ ob gleich ein ſolcher Handels-Diener ſich
tauſendmal als Selbſtſchuldner verſchrieben haͤtte/
er darum doch nicht koͤnte belanget werden/ weil ers
nur/ Factorio Nomine, und aus der ihme von ſei-
nem Principal darzu ertheilten Vollmacht gethan/
wie ſolches ex Angelo ad l. 9. ff. de duobus Reis
referiret Decius Conſil. 510. n. 5. und vor den
Angelum auch ſchon dieſer Meinung geweſen/
Jacob de Aren. Butrigar. Cyn. in l. 7. C. qui
cum eo, es waͤre dann/ daß ſie die Diener ſich in
ſpecie vor ihre Herren in Buͤrgſchafft eingelaſſen/
welcher Geſtalt auch der Herꝛ Carpzovius in ſei-
ner Præf. defin. forenſ. zu verſtehen iſt/ wann er
daſelbſt behauptet/ daß ein Inſtitor durante officio
(ſo lange er in Dienſten ſtehet/) vor ſolcher im Na-
men ſeines Patrons gemachte Schuld gehalten ſey/
wie ſolches dieſer vortreffliche Practicus ſelbſt alſo
erklaͤret/ lib. 4. Conſil. tit. 10. Conſ. 18. n. 6.
oder wie Herꝛ Stryck. in ſeinen Cautelis Con-
tractuum Sect. III. Cap. V. §. 19. ſchreibet/ daß
etwan derjenige/ der einem Diener (welcher in ſei-
nes Patrons Geſchaͤfften etwas negocirt Geld
auf Wechſel oder auch Waaren auf Zeit anver-
trauet/ mehr auf ihm/ dem Diener/ deſſen gege-
benes Wort und ehrliches Gemuͤth/ als auf ſeinem
Patron geſehen haͤtte/ in welchem Fall/ er/ der Die-
ner/ nicht ſo wol in waͤhrenden ſolchen ſeinen Dienſt-
Jahren/ ſondern auch ſo gar depoſito officio, oder
nach Endigung derſelben/ davor gehalten waͤre/ und
ſo wohl als ſein Herꝛ belanget werden koͤnnte; da-
L lhero
[530]Caput XVI.
hero auch in dem Fall/ da ein ſolcher Diener auf ſei-
nes Herꝛn Wechſel gezogen/ der Patron aber hier-
auf/ ehe der Wechſel bezahlt worden/ Banquerot
gemacht haͤtte/ der Geber des Gelds mit einem Eyd
darthun muͤſte/ ob er/ als er das Geld auf Wechſel
gegeben/ mehr auf dem Diener als ſeinem Princi-
pal geſehen/ und getrauet haͤtte/ in welchem Fall
auch der Diener davor gehalten ſeyn muͤſte/ wie ſol-
ches an bemeldtem Ort/ in einem von der Loͤblichen
Juriſten Facultaͤt zu Halle in gleichem Caſu gegebe-
ben Reſponſo mit mehrern ausgefuͤhret/ zu erſehen
iſt; Daß aber ein Handels-Patron vor ſeines Die-
ners Handlung gehalten ſey/ iſt um ſo viel billiger/
weil auch der Nutzen/ den ſolcher damit ſchaffet/
ihme dem Principali zu gut kommt; dahero auch der
Schaden billich demſelben zu Laſt kommen muß/ l.
1. in pr. ff. d. t. Mevi. tit. 6. art. 5. n. 1. \& ſeqq. de
Empt. \& Vend. Stadt Luͤbeck.
Es gehet aber ſolches nur an/ wann der Diener
eine generale Vollmacht/ ſeines Herꝛn Hand-
lung/ nach ſeinem beſten Wiſſen und Vermoͤgen/
in allen Stuͤcken zu reſpiciren/ empfangen/ und in
Handen haͤtte/ mit freyer Macht zu thun und zu
laſſen/ wie es ihm gut gedaͤchte/ wie ſolches unter
Kauffleuten zu geſchehen pfleget/ daß ſie dergleichen
Vollmachten/ ihrem in ihren Verrichtungen aus-
gehenden/ Diener ertheilen/ wie ſolches Köppen.
Deciſ. qu. 21. n. 1. berichtet. Ein anders aber waͤ-
re es/ wann der Diener eine generale Vollmacht/
und freye Hand nicht haͤtte/ als daß er z E. Geld
auf Wechſel nehmen/ Waaren auf Zeit einkauffen/
und dergleichen Handlungen mehr/ verrichten ſollte/
ſon-
[531]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
ſondern daß ihme nur eine limitirte Commiſſion
gegeben worden waͤre/ welche er nicht uͤberſchreiten
doͤrffte/ und er wollte doch deme ungeacht auf ſei-
nen Herꝛn Wechſel ziehen/ und in deſſen Namen
Gelder aufnehmen/ ſo wuͤrde ſolche ſein Herꝛ zu ac-
ceptiren und zu bezahlen nit ſchuldig ſeyn/ vide eben-
falls Supr. cit. Köppen d. q. n. 3. \& ſeqq. wo er
noch viel mehr Authores anfuͤhret/ und n. 12. die-
jenige/ welche anders meynen/ wiederleget/ wel-
ches/ daß es auch in Wechſel-Geldern vor allen ſtatt
finde/ aus Deciſ. Rot. Genu. 14. n. 88. \& ſeqq.
erhellet/ daß nemlich ein Diener auf ſeinen Herꝛn
keine Wechſel ziehen koͤnne/ er ſeye dann hierzu aus-
druͤcklich bevollmaͤchtiget/ l. 1. C. h. t. ubi text.
apert. l. cuicunque 5. §. ſi quis piſtor 9. ff. eod.
Nachdem aber auch ein ſolch aufgenommenes Geld
ſecundum Baldum angeſehen kan werden/ als eine
Negociatio per ſe diſtincta, die nehmlich zum
Einkauff der Waaren gereichen kan/ ſo wird in die-
ſem Fall dafuͤr gehalten/ daß dem Diener zugelaſ-
ſen ſey/ vor ſeines Herꝛn Rechnung Geld aufzuneh-
men/ wann es zur Erkauffung der Waaren ge-
ſchicht/ und daß er alsdann vor ſolches aufgenom-
mene Geld gleichſam ſtillſchweigend bevollmaͤchti-
get ſey/ Maſtrill Deciſ. 204. n. 7. Zum Exempel/
ein Kauffmann ſchickte ſeinen Diener aus/ Wolle
einzukauffen/ gebe ihm aber kein Geld mit/ ſo wuͤr-
de ſchon dafuͤr zu halten ſeyn/ er haͤtte ihm gleichſam
ſtillſchweigend die Macht eingeraumet/ Geld zu ſol-
chen Woll-Kauff vor ſein des Principalis Rech-
nung von andern Leuten aufzunehmen/ l. cuicun-
que 5. §. ſed etſi pecuniam 13. ff. de inſtit. act.
L l 2l. ult.
[532]Caput XVI.
l. ult. §. 2. in fin. ff. de Exercit. Act. Woſelbſt
der Nothwendigkeit/ welche des Einkauffs der
Waaren halber einem ſolchen Diener oblieget ge-
dacht wird. Rot. Gen. Deciſ. 14. n. 88. \& ſeqq.
Wie aber/ wann der Diener/ welcher Geld zur
Einkauffung der Waaren/ vor ſeines Herꝛn Rech-
nung/ oder ein Schiffer/ der Geld zum Behuff
ſeines Rheders-Schiff/ vor deſſen Rechnung auf-
genommen/ ſolches nicht zum Erkauff der Waaren/
oder Nutzen des Schiffes/ ſondern in ihrem Ei-
genen anwendeten/ koͤnte man deßfalls auch den
Præponentem oder Rheder belangen? wir antwor-
ten: Nein/ und beziehen uns deßfalls auf l. 1. §. 8. 9.
10. ff. de Exercit. Act. \& Loccen. de jure Marit.
lib. 3. c. 7. n. 7. Welches auch Herꝛ Marquard.
lib. I. Cap. 8. n. 29. \& ſeqq. de jure Mercat. mit
folgenden beſtaͤrcket.
Weil ein Præponent, Handels-Patron oder
Schiffs-Rheder/ anderſt nicht aus ſeines Dieners
oder Schiffers Thun und Contrahiren/ kan ver-
bindlich gemacht werden/ als nur in ſo weit/ als der
Schiffer oder Diener nichts anders thut/ als wor-
zu ihme ſein Herꝛ Commiſſion und Vollmacht ge-
geben/ auſſer dem giebt der Prætor keine Action in
Exercitorem, l. 1. §. non autem ex omni 7. ff. de
Exercit. Act. Præpoſitio enim certam legem dat
Contrahentibus d. l. 1. §. igitur Præpoſitio d.
t. Loccen. de jure Marit. lib. 3. c. 7. §. 5. 6 Rot.
Gen. Deciſ. 14. n. 14 uͤberſchreitet aber der Die-
ner oder Schiffer die Graͤntzen ſeiner Commiſſion,
als daß er etwan/ die ihme von ſeinem Herꝛn anver-
traute Waaren oder Schiff verſetzte oder verpfaͤn-
dete/
[533]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
dete; in ſolchem Fall/ waͤre ſolches/ weil es ihme
nicht befohlen worden/ gantz unguͤltig/ wobey
dann nicht unbillig die Frage vorkommt/ ob eines
Dieners oder Schiffers Schuld/ welcher mit ſei-
nes Herꝛn Schiff und Guͤtern muthwilliger Weiß
den Zoll verfahren/ ſeinem Principali oder Rhe-
der zu Laſt kommen koͤnne/ und ob der Befrachter
oder Rheder actione Exercitoria gehalten ſey:
Herꝛ Mevius ad art. 6. tit. 3. lib. 2. Stat. Lubec.
n. 20. antwortet/ daß zwar der Befrachter/ aber
nicht der Rheder deßfalls angeſehen werden koͤnne;
da er dann zugleich n. 21. anfuͤhret/ in wie weit vor
ſeines Schiffers Schuld ein Rheder gehalten ſey
oder nicht. Dann ob gleich die Regul waͤre/ ein
Rheder muͤſte vor alle und jede Handlungen ſeines
Schiffers ſtehen/ damit die mit ihm Contrahiren-
de nicht betrogen wuͤrden/ d. l. 1. §. 5. ff. de Exer-
cit. Act. ſo iſt doch ſolches zu verſtehen/ ob die Vor-
ſetzung des Schiffers/ auf ſich und unter andern
auf dasjenige/ was geſchehen iſt/ oder durch ihm ver-
ſehen worden/ ſich erſtrecke/ dem Befrachter aber
liege alsdann ob/ die Bezahlung der Waaren/
nicht aber dem Rheder; in dem es kein Theil der
Fracht iſt/ wiewohl hierinn/ wie ebenfalls unſer
Herꝛ Marquard gar wohl d. l. erinnert/ was an
einem Ort Herkommens und eingefuͤhret ſey/ muß
in Obacht genommen und bewieſen werden.
Ferner iſt auch noͤthig/ wann ein Herꝛ aus ſei-
nes Dieners Handlung ſoll obligiret werden/ daß
er ſolche in ſeinem Namen verrichtet habe/ welches
aber zu beweiſen/ des Inſtitoris, Procuratoris,
oder Dieners bloſſe Bekaͤnntniß/ ob ſie auch gleich
L l 3ſchrifft-
[534]Caput XVI.
ſchrifftlich in der Obligation geſchehen/ ſeinem
Herꝛn/ oder dem Præponenti nicht ſchadet/ ſon-
dern es muß ſolche Præpoſitio, oder Vorſetzung/
auch auf weſſen Abſicht und Namen der dritte
Mann dem Diener die Waaren creditiret und ver-
kaufft habe/ noch weiter her/ nehmlich aus dem ge-
meinen Geruͤcht/ durch briefliche Kundſchafften/
oder durch Rechnungs-Buͤcher bewieſen werden/
und in ſolchen wie Maſcard. de Probat. Concluſ.
369. n. 6. \& ſeqq. Köppen Deciſ. 21. n. 2. h. t.
lehren/ klar gezeiget werden/ daß auf des Principa-
lis Credit und Rechnung/ der Verkauff geſchehen
ſey. Ferner/ ſo muß auch nach jetzigen Kauffmanns-
Stylo, der Verkauffer dem abweſenden Kaͤuffer/
(in ſo ferne die Waare auf Zeit gekaufft worden/)
ſolches noch vor dem Verfall-Tag notificiren/ oder
auch von dem Diener einen Schein nehmen/ auf
weſſen Rechnung er ſolche Waaren gekaufft/ da-
mit/ wann etwan hernach der Diener untreulich
bey der Waar handelte/ der Verkaͤuffer deßfalls
nicht gefaͤhret ſeyn moͤge/ ſondern ſich wieder an deſ-
ſen Principal erholen koͤnne. Dann ſo der Die-
ner oder Factor keine gewiſſe/ und auf ausdruͤck-
lich benennte Perſonen gerichtete Vollmacht haͤtte/
oder auch von einem Frembden mit dem Diener
nicht in Abſicht/ auf deſſen Herꝛn waͤre gehandelt
worden/ d. l. 6. §. 1. de Negoc. geſtis. ſo iſt ge-
wiß/ daß er der Diener allein/ nicht aber der Prin-
cipalis daraus verbindlich gemachet wuͤrde. Gloſſ.
in lib. 6. §. 1. in verb. quia ex abundanti ff. de
Negoc. geſt. l. 13. C. ſi cert. pet. l. 7. §. 1. ff. quod
cum eo qui in alien. pot. mit welchem auch uͤberein-
ſtim-
[535]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
ſtimmet das Luͤtiſche Recht. Art. 1. \& 2. de Com-
mod. Hand muß Hand wehren/ und wo einer
ſeinen Glauben gelaſſen hat/ da muß er ihn wie-
der ſuchen; worzu noch (2.) kommt/ daß in foro
Mercatorum gebraͤuchlich iſt/ daß die auslaͤndiſche
Factores, was ſie vor ihre Principales oder Com-
mittentes einkauffen/ ſolches gemeiniglich auf ih-
ren eigenen und nicht auf der Principalen ihren
Credit nehmen/ und dahero vor dem Einkauff/ ih-
re Proviſion, und vor die Gelder/ welche ſie vor-
ſchieſſen Intereſſe nehmen; bleibet alſo in dieſer Sa-
che ein vor allemal der veſte Grund-Satz/ daß/ was
ſolcher Geſtalt ein Diener von ſeinem Herꝛn/ mit
Beſtand Rechtens handeln ſoll/ ſolches in ſeines
Herꝛn Namen/ und zu ſeinem Nutzen geſchehen
muͤſſe/ ob er gleich nicht allezeit im Kauff ſchlagen
oder contrahiren noͤthig hat/ dabey zu ſagen/ er thue
dieſes in ſeines Pricipalis Namen; ſondern es iſt
genug/ daß er zuvor ſich genugſam legitimiret
habe/ daß er vor ſeinen Principal negociire/
und vor ſich nichts thun wolle/ Berlich Deciſ. 15.
n. 5. 6. Wann man aber in dergleichen Handels-
Sachen nicht zu vorſichtig ſeyn kan/ ſo wird ein Han-
dels-Diener vor ſich ſelbſt deſto ſicherer gehen/ wann
er allenthalben ſeines Patrons Namen dabey nen-
net/ und erklaͤret/ daß er nichts anders/ als auf
deſſen Nutzen gethan/ geſchloſſen/ getrauet und aus-
genommen haben wollte.
Er muß aber auch dabey keine groͤſſere Sum-
mam contrahiren/ als zu ſeiner vorhabenden Hand-
lung ihme noͤthig iſt/ Alex. Conſil. 44. lib. 2. Dd.
in fin. ff. de Exercit. Act. und andere mehr; wann
L l 4er
[536]Caput XVI.
er nun dieſen und andern in dergleichen Faͤllen er-
forderten Requiſitis getreulich nachkommt/ ſo iſt
ein oder mehr ſeiner Principalen/ vor das/ was er
ihrentwegen gethan und geſchloſſen/ kraͤfftigſt gehal-
ten und verbunden/ l. ſi tamen verſ. ſed ſi unum \&
ibi Br. \& Dd. ff. de Exercit. Act. wiewohl ſie/
wann ihrer mehr als einer ſeyn/ von welchen der
Diener Vollmacht traͤgt/ das Beneficium Diviſio-
nis zu genieſſen haben/ indem die Inſtitoria und
Exercitoria nicht ſo wohl Actiones an ſich ſelbſt/
als Actionum qualitates ſeyn/ welche ſich auf
natuͤrliche Rechte gruͤnden/ wiewohl Oldendorp.
Claff. 4. Act. 4 n. 8. anderer Meinung iſt. Gro-
tius hingegen/ lib. 2. de jure bell. c. 11. §. 13.
behauptet/ daß es nach denen Roͤmiſchen Geſetzen
ſehr uͤbel eingefuͤhret ſey/ daß vor des Schiffers
Verbrechen/ Schuld oder Verſehen/ alle die
Rheders insgeſamt/ und auch einer vor alle gehal-
ten ſeyn ſollten/ welches der natuͤrlichen Billigkeit zu-
wider lieffe/ als die ſich genuͤgte/ wann jeder ſeinen
Antheil zahlen muͤſte; wie dann ſolches auch dem
Commercio zutraͤglicher waͤre/ weil ſonſt ihrer viel
von Schiff-Rhedereyen wuͤrden abgeſchroͤcket wer-
den/ wann ſie in Solidum vor des Schiffes Ver-
ſehen hafften ſollen; dahero auch beſagte Roͤmiſche
Geſetze/ bey denen der Handlung ohne dem ſehr er-
fahrnen Hollaͤndern in keiner Obſervantz waͤren/
ſondern es waͤre vielmehr verordnet/ daß auch die
ſaͤmtliche Rheders/ vor nichts mehr ſollten gehal-
ten ſeyn/ als nur ſo viel als das Schiff mit ſeiner
Zubehoͤr geſchaͤtzt wuͤrde. Grot. d. l. wo er
allegirt l. qui abſenti ff. de acquir. Poſſeſſ.
vid.
[537]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
vid. etiam Peck. \& Vinnium, ad h. t. p.
93. Loccenium de jure Mar. Lib. 3. c. 7.
§. cum ſeqq. Dieſem allen aber ungeachtet/ fuͤh-
ret doch Herꝛ Marquard ein Præjudicum an/
daß E. Hoch-Edler Magiſtrat der Stadt Luͤbeck in
Cauſa Stralſund. A. 1651. den 16. April. anders/
und zwar/ daß die Rheders in Solidum verbunden
waͤren/ geſprochen habe. Wie aber dieſes in So-
lidum in dergleichen Faͤllen expliciret werde/ da-
von iſt zu ſehen Loccenius d. c. n. 9. \& 10.
Es iſt aber ferner ein Inſtitor oder Kauffmanns-
Diener gehalten/ demjenigen auch ſeiner Seits ein
Genuͤgen zu thun/ was er ſeines Principalis we-
gen/ und in deſſen Namen mit andern geſchloſſen
hat/ ſonderlich von denen Guͤtern/ die er unter Han-
den hat/ aus welcher er denen die daran zu fordern
und darauf contrahiret hatten/ Genuͤgen leiſten
muß/ und ſie nicht gleich an ſeinen Principalen ver-
weiſen darf/ ſondern er muß dem einmal geſchloſſe-
nen Contract nachleben/ l. 42. ff. de pignorat.
Act. ſollte es ihm auch gleich von ſeinem Herꝛn ver-
boten ſeyn/ ſo iſt er doch ſo lang er die Waare oder
das Geld noch zum Auslieffern in ſeiner Hand und
Gewalt hat/ nicht an ſolch Verbot gebunden; wann
ers auch nicht thun wollte/ koͤnte er doch gerichtlich
darzu gezwungen werden. Da auch das angeſpro-
chene Geld nicht mehr vorhanden waͤre/ ſo iſt er doch
ſchuldig/ ſeines Herꝛn andere Guͤter abzutretten/ da-
mit denen/ welche Anſpruch und Forderungen
daran haͤtten/ ein Genuͤgen geleiſtet werde. Arg. l.
35. §. ult. ff. de Procur. adde Deciſ. Rot. Gen.
33. n. 6. Ob aber auch jemand einen Handels Die-
L l 5ner/
[538]Caput XVI.
ner/ aus ſeines Herꝛn Contract, anderwaͤrts be-
langen koͤnne/ iſt hier abermal die Frag/ Cæpol.
vol. 2. Conſ. 14. n. 15. und Jaſon in l. 29. ff. de
rebus Creditis behaupten/ daß es alſo zu Vene-
dig eingefuͤhret ſey/ wiewohl die meiſten Rechts-Leh-
rer hingegen/ mit dieſer Gewohnheit nicht uͤber-
einſtimmen/ ſondern eine mildere Meinung fuͤhren.
Was des Acceptiren der Wechſel-Briefe
durch Dieners betrifft/ ſo ſchreibet hiervon offtbe-
melder Herꝛ Marquard. lib. 2. Cap. 12. §. 44.
als folget: Bey denen Jtaliaͤnern iſt es wohl ge-
braͤuchlich/ daß ein jeder die auf einen andern gezoge-
ne Wechſel-Briefe/ zu Ehren deßjenigen/ der ſie ge-
zogen/ annehmen und bezahlen kan/ daraus ihme
hernach eine Action gegen demjenigen zuwaͤchſt/
der ſolche Briefe ausgegeben/ Deciſ. Roth. Gen.
32. n. 1. mit welchem uͤberein kommt der 9. Art.
der Hamburger Wechſel-Ordnung. Welches aber
nach heutigen Kauffmanns-Stylo alſo zuverſtehen/
wann derjenige/ auf dem die Wechſel gezogen wor-
den/ zuvor denſelben zu acceptiren/ ſich geweigert
haͤtte/ und der Præſentans allbereit deßfalls den
Proteſt haͤtte machen laſſen; dann wie es nach der
Kauffleut Regel heiſſet/ ſo iſt es nicht Styli, daß
ein Tertius unter Kauffleuten ſich præſentiren koͤn-
ne/ diejenige Briefe/ ſo auf einem andern gezo-
gen zu acceptiren/ ehe und bevor derjenige/ auf
welchen die Briefe gezogen worden/ ſolche proteſti-
ren laſſen/ ſo gar/ daß auch keinem Diener ohne
Wiſſen ſeines Herꝛn/ und ohne ausdruͤcklichen Be-
fehl/ einen Wechſel-Brief zu acceptiren im gering-
ſten erlaubet iſt/ wie ſolches aus verſchiedenen Pa-
reres
[539]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
reres vornehmer Kauffleute zu Franckfurt und an-
derswo demonſtrirt. Vogti de Cambiis theſ. 7.
p. 108. und eben ſolches auch obangezogenen Ham-
burger Wechſel-Ordnung. Art. 8. \& 9. alſo haben
will/ in Verbis: Wann ein Diener ohne ſchrifftli-
che Vollmacht und Inſtruction einen Wechſel-
Brief/ der an ſeinen Herꝛn conſigniret iſt/ accepti-
ret/ ſo iſt der Herꝛ denſelben/ wann er verfallen/
zu bezahlen nicht verbunden; hat aber der Diener
ſchrifftliche Vollmacht von ſeinem Herꝛn/ ſo muß
der Herꝛ auf Verfall-Zeit billich bezahlen.
Art. 9. Wann einem ein Wechſel-Brief præ-
ſentirt/ und von demſelben nicht acceptirt iſt/ ſo
mag der dritte zu Ehren deſſen/ der den Weſel-
Brief ausgeben/ acceptiren/ und wann derſelbige
die Bezahlung gethan/ und durch Tranſport den
Wechſel-Brief empfangen/ hat er die Action ge-
gen den Debitorem, um von demſelben die Be-
zahlung wieder zu ſuchen/ oder er laſſe proteſtiren/
acceptire den Wechſel-Brief mit Proteſt, damit
er das Seine koͤnne wieder fordern/ und dieſelbe
dritte Perſon iſt alsdann in Krafft der Acceptation
ſchuldig/ den Wechſel zu bezahlen.
Unter die Privilegia der Handels-Diener/ ge-
hoͤret auch dieſes/ daß ſie eben wie ihre Herren/ der
Meß- und Maͤrckte Freyheit genieſſen/ Carpzovius
in juriſp. forens. Conſ. 12. welche Freyheit ſich
nicht allein auf dem Meß- und Maͤrck-Ort/ ſondern
auch auf alle Oerter/ wo ſie die Handels-Diener/
wann ſie nach der Meß reiſen wollen/ durch muͤſſen/
erſtrecket/ daß ihnen nehmlich daſelbſt eine freye
Paſ-
[540]Caput XVI.
Paſſage muß gegeben/ und keine Hinderniß im
Weeg geleget werden.
Zur Zeit des Hanſeeatiſchen Bundes/ waren
der Hanſeeatiſchen Kauffleute/ ihrer Diener auch in
ſonderbahren Anſehen/ und genoſſen der Hanſee-
Staͤdte nachdruͤcklichen Schutz/ wie hiervon die
Receßûs de Annis 1417. 1435. und 1447. zu er-
ſehen. So koͤnte auch der/ welcher unter der Han-
ſee-Staͤdte Jurisdiction, gebohren worden/ wann
er ſich wuͤrcklich in einer Hanſee-Stadt ſeßhafft nie-
derlieſſe/ leichtlich ein Hanſeeſtaͤdtiſcher Kauffmann
werden. per Receſſ. de Ann. 1467. und 1553.
Ein Frembder aber/ muſte entweder ſieben Jahr
einem Hanſeeatiſchen Kauffmann gedienet haben/
oder ſo lang Buͤrger in einer Hanſee-Stadt gewe-
ſen ſeyn/ ehe er als Hanſeeatiſcher Kauffmann kon-
te angenommen werden/ jedoch waren einige Na-
tiones und Staͤdte (wie anderwaͤrts ſchon gemeldt)
davon ausgeſchloſſen/ welche niemals/ ſie moͤchten
gleich 7. oder mehr Jahr in einer Hanſee-Stadt
gewohnet haben/ (dann zum dienen nahm man ſie
gar nicht an) als freye Kauffleut konten aufge-
nommen werden/ arg. Receſſ. de Ann. 1447. und
49.
Heutigs Tags haben an vielen Orten die Die-
ner noch dieſes Beneficium, daß/ wann ſie gewiſ-
ſe Zeit von Jahren ſelbiger Orten gedienet/ ihnen
die Maitriſe, oder Zunfftfaͤhigkeit der Kauffmann-
ſchafft dadurch erworben wird.
Was vor Anſehen und Recht/ denen wohlver-
dienten Kauffmanns-Dienern/ kuͤnfftig die von
uns vorgeſchlagene Stifftung geben koͤnte/ wann
ſolche
[541]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
ſolche auf einigen vornehmen Handels-Plaͤtzen In-
greß finden/ und von denen Vornehmſten ſich da-
ſelbſt befindlichen Handels-Bedienten/ (die ihre
Namen und Gedaͤchtniß dadurch in das Buch der
Ewigkeit/ wann ſie ſolche befoͤrdern/ einſchreiben
wuͤrden) aufgerichtet werden ſollte/ ſolches laͤſt ſich
von ſelbſten aus der im vorgehenden Capitel geſche-
henen ausfuͤhrlichen Beſchreibung dieſes nutzlichen
Wercks/ beurtheilen.
Albereit jetzo/ haben in vielen Staͤdten/ ſo wohl
Teutſch als anderer Landen die Kauff-Diener
gewiſſe Privilegien; Als/ daß ſie eigene Com-
pagn en in gemeinen Stadt-Solennitaͤten oder
Nothfaͤllen formiren/ und ihre eigene Fahnen
fuͤhren doͤrffen/ eigene Stifftungen haben/ in wel-
chen die Frembde/ Krancke und Arme nothduͤrfftige
Unterhalt bekommen; denen Reiſenden aber mit ei-
nem zulaͤnglichen Viatico, ihren Fuß weiter zu ſetzen/
geholffen wird/ welches eben dasjenige iſt/ was wir in
unſerer vorgeſchlagenen ſolennen Stifftung nach/
gern ordentlicher und nutzbarlicher unterſchiedlicher
Orten wollten eingefuͤhret haben.
Und ſo viel von der Kauffmanns-Diener ihrem
Recht/ deſſen ſie ſich/ wann ſie treu und redlich die-
nen/ zu erfreuen haben; folget nun auch/ was ſie
im Gegentheil/ wann ſie nehmlich nicht Præſtanda
præſtiren/ zu gewarten haͤtten. Hier aͤuſſert ſich
nun gleich von ſelbſten/ daß wie ein redlicher Arbei-
ter ſeines Lohns werth iſt/ alſo hingegen ein Fauler
und Ungetreuer/ nicht allein ſeines Herꝛn Gunſt ſich
unfaͤhig machet/ ſondern auch mit Fug und Recht
leiden muß/ daß ihme die verſprochene Beſoldung
nicht
[542]Caput XVI.
nicht gereichet/ oder doch zum wenigſten geringert
werde.
Gryph Oecon. leg. lib. 1. c. 16. n. 341.
Weil es nach dem Ausſpruch des Apoſtels Pauli
2. Theſſ. am 5. heiſſet. Wer nicht arbeitet/ ſoll
auch nicht eſſen/ angeſehen nichts unbillichers
unter der Sonnen mag gefunden werden als wann
ein traͤger/ fauler und nachlaͤßiger Diener/ gleichen
Lohn/ Danck und Vergeltung mit einem hurtigen/
emſigen und fleißigen prætendiren will. Xeno-
phon lib. 2. Cyropæd. Welches der loͤbliche Kay-
ſer Antoninus Pius wohl angemercket/ der ſeinem
nachlaͤßigen Bedienten die Beſoldung gar eingezo-
gen/ ſagende: Es waͤre der Billigkeit zuwider/ daß
diejenige/ welche zum gemeinen Beſten nichts beytruͤ-
gen/ dannoch Nutzen davon haben ſollten.
Gryph. Oecon. leg. lib. 1. c. 16. n. 135.
Gleichfalls ſeynd auch diejenige keiner Beſol-
dung und Belohnung werth/ welche ihre Dienſte
uͤbel verſehen/ und aus Unverſtand/ Ungeſchicklich-
keit oder Boßheit/ ihren Handels-Patron viel zu
Schaden gehen laſſen/ imperitia enim \& deſidia
Prœmio honoranda non ſunt L. 8. ff. de Com-
mens, \& qui non facit, quod debet, non conſe-
quitur, quod oportet, wer nicht thut/ was er thun
ſoll/ der laſſe ſichs auch nicht befrembden/ daß er
nicht bekomme/ was man ihm zugeſagt/ oder was
er ſich zu erlangen eingebildet hat. Bald. in c. 1.
qual. propr. Feud. Maſcard de Probation.
concl. 1388. n. 16. Vielmehr iſt er ſchuldig/ den
durch ſeinen Unverſtand und Nachlaͤßigkeit verur-
ſach-
[543]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
ſachten Schaden zu erſetzen/ Myler ab Ehrenbach
Hyparchol. c. 20. §. n. 13.
Zu welchem Ende die geleiſtete Cautiones gut
ſeyn/ daß ſich ein Handels-Patron, im Fall ſein
Diener wider Verhoffen aus dem Geſchirꝛ ſchlagen
ſollte/ daran erholen moͤge/ zumal da nach der be-
kannten Rechts-Regul/
Plus Cautionis \& ſecuritatis in re, quam in
Perſona ſit.
L. plus Cautionis 21. L. minus eſt 104. ff.
de R. J. Coler. de Proceſſ. exec. part. 1.
c. 2. n. 217.
Dahero mancher Handels. Diener ſich nicht be-
frembden laſſen muß/ wann ihme/ ſonderlich wann er
ein Frembder iſt/ Caution zu ſtellen/ abgefordert
wird/ welche dann vornehmlich unter Kauffleuten
mit guten Buͤrgen zu beſtellen/ gebraͤuchlich iſt.
L. 7. ff. de Prætor ſtipul. L. 52. ff. de V. O.
Und gewinnet ſolche Caution ſtracks von dem
Tag des Dieners ſeines Antritts ihren Anfang.
L. 6. §. fin. C. de bon. quæ liber.
L. 6. §. omnibus C. de ſecund. Nupt.
Wiewohl dieſes Caution-Abfordern ſo gar
general nicht iſt/ angeſehen noch vielen redlichen
Gemuͤthern/ ſonderlich die man von langer Hand
her gekannt/ ohne Caution getrauet/ und ihres
Herꝛn gantzes Vermoͤgen offt anvertrauet wird; an-
dere auch nur mit einem Handſchlag/ oder aufs
hoͤchſte mit eydlicher Verſchreibung ihrer Treue/
Verſicherung geben. Da aber ein Patron um Lebens
und Sterbens willen/ hauptſaͤchlich auf eine zu lei-
ſtende Caution in dem anzunehmenden Diener
drin-
[544]Caput XVI.
dringen ſollte/ und er ſolche theils mit ſeinen eige-
nen Mitteln/ theils mit Buͤrgen beſtellen wollte/
koͤnnte die ſchrifftliche Verfaſſung etwan folgender
maſſen concipiret werden:
GEgenTit.HerꝛnN. N.Burget und Han-
delsmann hieſelbſt/ auch deſſen Erben
und Erbnehmen/ bekenne ichN. N. vor mich/
meine Erben und Erbnehmen/ und thue kund/ nach-
dem hochbeſagter Herꝛ N. N. mich zu ſeinem Han-
dels-Diener angenommen/ ſonderlich mir aber ſei-
ne Caſſam und Waaren-Magazin anvertrauet/
und daher wie billich/ Caution, Vorſtand und Ver-
ſicherung von mir begehret/ daß ich mich darzu wil-
lig und ſchuldig finden laſſen/ und derohalben nebenſt
Verpfaͤndung allen des Meinigen/ was ich jetzt ha-
be/ oder kuͤnfftig nach GOttes willen noch erer-
ben und bekommen moͤchte/ auch noch Herꝛn N. N.
und N. N. zu ſelbſtſchuldigen Vorſtands-Buͤrgen
auf ‒ ‒ Reichsthl. werth vermocht/ die ſich auch alſo
fuͤr mich verobligiret und verſchrieben. Als gerede/
gelobe und verſpreche ich demnach vor mich und mei-
ne Erben und Erbnehmen/ bey meinen wahren Wor-
ten/ Trauen und Glauben/ in und mit Krafft dieſes
Briefs/ daß ich demſelben allen treulich nachkom̃en/
und wie einem treuen Diener zu thun gebuͤhret/ mich
erzeigen und verhalten will/ und wofern ich das
Gegentheil thaͤte/ und ſonderlich mit meiner Monat-
Bilantz und Jahr-Rechnung nicht beſtehen/ oder
ſonſt vorſaͤtzlich etwas verwahrloſen/ verſaͤumẽ oder
zu Schaden verurſachen wuͤrde/ (welches ob GOtt
will/ nicht geſchehen noch befunden werden ſoll/) ſo
ſoll
[545]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
ſoll als dann mein Herꝛ Patron, oder ſeine Erben/ o-
der wer des ſonſten von ſeinetwegen zu thun berechti-
get iſt/ Macht haben/ ohn allen vorgehenden gericht-
lichen Proceß oder Hinderung/ ſich des Reſts oder
Schadens/ den ich ſchuldig bleibe/ oder verurſachet/
an allen meinen Vermoͤgen per viam paratæ Exe-
cutionis, ſo/ wie in einer gerichtlich bekannten und
geurtheilten/ auch in rem judicatam ergangenen
Sach/ eigenes Willens und Gefallens zu erholen
und bezahlt zu machen/ wie ich dann hierzu all das
Meine ausdruͤcklich verpfaͤnden und verfetzen
thue.
Was alsdann noch daran ermangeln/ und
nicht zureichen wuͤrde/ ſoll er ſich deſſen an denen
‒ ‒ ‒ Reichsthl. Vorſtand bey gedachten meinen
Buͤrgen gleichermaſſen erholen/ biß ihm alles rich-
tig vergnuͤget/ zu welcher Buͤrgſchafft und Ver-
ſchreibung der ‒ ‒ Reichsthl. wir N. N. und N. N.
uns bekennen/ und hiemit in meliori forma, fuͤr
uns/ unſere Erben/ ſamtlich einer vor beyde/ und
beyde vor einen/ uns verſchreiben und verpflichten/
wider welches uns als ſelbſt ſchuldige Buͤrgen/ un-
ſere Erben und Erbnehmen/ kein Recht weder geiſt-
noch weltlich/ noch auch einig Beneficium, Be-
freyung/ Begnadigung/ Satzung/ Statut und
Wolthat/ ſo mir/ dem Principali oder auch den
Buͤrgen oder denen Unſrigen deßfalls zu gut kom-
men/ oder durch Menſchen Sinn erdacht oder er-
funden werden moͤchte/ ſchuͤtzen/ ſchirmen/ aufhal-
ten/ noch vertheidigen ſoll/ wie wir uns dann aller
und jeder derſelben Beneficien/ ſonderlich aber der
M mEx-
[546]Caput XVI.
Exception Violentiæ \& metus, Beneficiis le-
gum, prohibentibus, inchoationem proceſſus
ab executione, Excuſſionis, Diviſionis, Epiſto-
læ Divi Hadriani, de duobus Reis, \& omnibus
aliis remediis Juris ſcripti \& non ſcripti, præ-
ſertim juribus dicentibus generalem Renun-
ciationem non valere, niſi præceſſerit quæli-
bet ſpecialis, und andern dergleichen mehr/ ſo uns
oder denen Unſrigen darunter zu ſtatten kommen
koͤnten/ kraͤfftigſt/ und beſtaͤndigſt begeben haben
wollen/ alles getreulich ohne Argeliſt und Gefaͤhrde.
Urkundlich ꝛc.
Aus welcher Cautions-Formul zu erſehen/
daß ſolche mehrentheils geſchehen muͤſſe/ wegen des
Herꝛn ſeines Geld und Gutes/ ſo er ſeinen Handels-
Diener zur Verwaltung anvertrauet/ und daruͤ-
ber dieſer jeder zeit/ ſo offt es begehret wird/ richtige
Rechnung und Reliqua muß præſtiren koͤnnen/
im Fall er ſich deſſen weigerte/ wuͤrde er nicht allein
ſich ſo viel mehr verdaͤchtig machen/ ſondern auch
darzu koͤnnen gezwungen werden; wie dann ſchon
in denen Hanſeeatiſchen Receſſen de Anno 1412.
\& 47. unter andern zu finden/ daß im Fall ein Han-
ſeeatiſcher Diener ſich auf ſeines Herꝛn Befehl wei-
gern ſollte/ nach Haus zu kommen/ und Rechnung
ſeiner Verrichtung halber abzulegen/ derſelbe in kei-
ner Hanſee-Stadt mehr gelitten werden ſollte; ſo
er auch von ſeinem Herꝛn/ ehe ſeine Dienſt-Jahr zu
End gelauffen/ weggienge/ ſollte er in Jahr und
Tagen bey keinem andern Kauffmann wieder moͤ-
gen
[547]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
gen in Dienſten genommen werden. Arg. Receß.
de An. 1395.
Es muß aber eine jede Rechnung/ die ein verpflich-
teter Kauffmanns-Diener auszugeben ſchuldig iſt/
deutlich und der geſtalt ordentlich eingerichtet ſeyn/
daß man gleich daraus ſehen koͤnne/
1. Was und wie viel ſeine Einahm an Geld und
Waaren geweſen/ und was er wieder davon ausge-
zahlet/ verkaufft und weggegeben.
2. Muͤſſen die Perſonen/ von und an welche ſol-
ches geſchehen.
3. Datum und Tag.
4. Die Condition, warum und aus was Urſa-
chen ſolches geſchehen/ und ſo fort alles deutlich und
nahmentlich ſpecificiret werden/ welches hernach
auch alles mit darzu Gehoͤrigen belegen/ Scheinen/
Aſſignationibus, Quittungen und andern Docu-
mentis (wo es noͤthig thut/) zu beweiſen/ und in
Summa ſo ordentlich geſtellet ſeyn muß/ daß man
gleich des Rechnung-Fuͤhrers Legalitaͤt/ Fleiß
und Aufrichtigkeit daraus erſehen koͤnne. Per L.
21. ff. in pr. de Stat. Lib. Gryph. in Oecon. Le-
gal. lib. 2. c. 3. n. 78.
Wie dann die Rechte ſelbſt ſolche Ordnung aufs
hoͤchſte in Rechnungs-Sachen recommandi-
ren.
Juxta l. 6. in princip. ff. ſi quis omnis ſ.
cauſ. teſt. L. 25. in fin. ff. de ædilit
edict.
M m 2Und
[548]Caput XVI.
Und daher alle confuſe Rechnungen verwerf-
fen.
L. 10. §. 2. ff. de edend.
Eſcobar. de ratiocin. c. 20. n. 44.
Wehner in Theſaur Pract. verb.
Rechnungen/ auch wo ſolche ſich finden/ eine Arg-
liſtigkeit und Betrug daraus vermuthen/ ſo gar/ daß
auch nach Gelegenheit des Falls/ und der Umſtaͤn-
de der Rechnungs-Fuͤhrer deßfalls ſehr ſcharff kan
angegriffen/ und mit harter Straff beleget werden.
Eſcobar. de ratiocin. c. 10. n. 47.
Angeſehen die Jura ſolche Rechnungen in Fol-
le exhibiret und vorgezeiget heiſſen/ welches ei-
gentlich von denen geſaget wird/ die das Geld in
Beutel zwar præſentiren/ aber dabey nicht mel-
den wollen/ was vor Muͤntze und wie viel es
ſey.
Eraſm. Cent. 9. Chiliad. 4. prov. 37.
Naurath de rationar. p. 19.
Wann auch uͤbergebene Rechnungen gar zu
intricat und verworren ſeyn/ daß ungeacht alles
moͤglichen Fleiſſes/ Scrupulirens und Calculirens/
man gantz und gar nicht heraus kommen kan/ ſo
werden ſie billig verworffen/ und das Juramentum
in litem wider den Rechnungs-Fuͤhrer abgeſchwoh-
ren.
Eſcobar d. c. 10. n. 49.
Gryph. in Oec. leg. lib. 2. c. 3. n. 80.
Ferner iſt nicht genug/ daß ein Kauffmanns-
Die-
[549]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
Diener in genere ſetze/ ſo und ſo viel ſey eingenom-
men/ und wieder dagegen ausgegeben worden/
(welches man ſiccas \& mutas Expenſas nen-
net.)
Gryph. l. c. n. 125. Barth. Socin. vol. 2.
Conſ. 145. n. 4. Paul. Chriſtin. vol. 3.
Deciſ. Cur. Belg. 162. n. 2.
Sondern es muß alles nominatim aus-
druͤcklich und gantz eigentlich exprimiret/ auch
von Poſt zu Poſt ſpecificiret werden/ was und
wie viel man eingenommen/ und wieder ausge-
geben habe/ damit der richtige Schluß ſo gleich
darauf erfolgen und die Reliqua ſo viel aufrichtiger
hierauf præſtiret werden koͤnnen.
Sonderlich muß bey allen Poſten Datum und
Tag beyzuſetzen nicht vergeſſen werden.
Temporis enim appoſitio, ad veritatis in-
veſtigationem multum facit.
Gryph. l. c. n. 71. \& in tract. de Weich-
bild Saxonico cap. 17. n. 21.
Zumal da die Ausgab und Einnahm ohne ſol
ches nicht koͤnnen unterſchieden werden.
L. 1. §. 2. ff. de edend. Wehner in verb.
Rechnung.
So ſoll auch uͤbrigens der Rechnungs-Fuͤhrer/
ſo viel als moͤglich/ zu Vermeidung alles Verdachts/
ſich des Radirens und Ausſtreichens in denen Rech-
nungen enthalten.
Eſcobar. de ratiocin. c. 10. n. 65.
Welches vornehmlich die Buchhalters ſich ſol-
len geſagt ſeyn laſſen/ als von welchen es ſehr uͤbel
M m 3ſtehet/
[550]Caput XVI.
ſtehet/ wann in ihren Handels-Buͤchern/ hin und
wieder viel ausgekratzt/ oder viel Contra-Poſten/
(welche haben muͤſſen abgeſchrieben werden) zu
ſehen ſeyn.
Endlich ſo ſollen auch ſo viel die aͤuſſerliche Form
betrifft/ die Rechnungen rein und deutlich geſchrie-
ben/ richtig lateriret und ſummiret/ foliiret/ auch
wo es noͤthig/ ein ſummariſcher Extract darzu ge-
macht/ und wohin ſich ein und anders referire/ das
Blat angezeiget werden.
Wann ein Kauffmanns-Diener/ nach abge-
legter Rechnung ſeinem Herꝛn noch etwas heraus
zu geben ſchuldig verbleibt/ iſt er ſolches in conti-
nenti zu thun verbunden.
Pr. L. 8. §. ff. de liberat. Legat. L. ſi quis
ita §. duo ff. de ſtat. lib.
Wehner. in Theſaur. Pract. verb. Rech-
nung.
Weil das End der Rechnung eben in ſolchem
Herausgeben beſtehet/ und ehe ſolches geſchehen/
die Rechnung nicht vor richtig abgeleget zu ſeyn ge-
halten wird.
Matth. Stephani de jurisdict. lib. 2. part.
2. Cap. 2. n. 223.
Dahero alle Handlungs- und Rechnungs-Be-
diente dahin bedacht ſeyn ſollen/ daß ſie bey Able-
gung ihrer Rechnungen nicht allein deß/ was an
Uberſchuß verbleibet/ ihrem Patronis ſo gleich aus-
zahlen/ ſondern ihn auch ihre Rechnung ſelbſt mit al-
ler Zugehoͤr und Belegen einhaͤndigen.
L. fin.
[551]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
L. fin. §. 1. ff. de liber Leg. L. ſi cui liber-
tas ff. de Cont. \& de monſtr.
Wehner in obſer. Pract.
Dann wann ſie ſolches zu thun unterlieſſen/ und
den Uberſchuß nicht gleich baar abſtatteten/ ſeynd ſie
ſchuldig/ das Intereſſe Moræ davon zu entrich-
ten.
L. 7. §. fin. \& L. 36. §. 3. ff. de admin. tut.
Solcher Uberſchuß iſt aber vielmals zweyerley/
einer den ein Diener ſchon baar in Handen hat/ wel-
ches eingentlich Reliqua genennet werden.
L. 32. l. 81. ff. de condit. \& demonſt.
Und dieſen iſt er gleich ſchuldig.
Der andere beſtehet indem/ was noch ausſte-
het unter denen Leuten/ denen er etwan von ſeines
Herꝛn Waaren/ oder Geldern etwas credidiret
hat/ welches er forderſamſt einzutreiben ſich muß
laſſen angelegen ſeyn; inſonderheit ſo er ohne genug-
ſame Vollmacht/ und auf eigenes Gutduͤncken ſol-
ches Ausborgen gethan/ oder auch die Debitores
nicht zeitlich genug gewarnet und getrieben haͤtte/
und ſie daruͤber inſolvendo geworden/ auf wel-
chem Fall er vor die Schuld allerdings ſtehen
muͤſte.
L. 2. C. de Hered. Tutor L. 1. C. de ſuſcept.
Munnoz. de Eſcobar. c. 19. n. 21.
Haͤtte er aber ihnen mit ſeines Herꝛn Vorwiſ-
ſen/ und Krafft-habenden Vollmacht getranet/
auch im Anfordern ſein Beſtes gethan/ ſo iſt er/ wann
M m 4ſol-
[552]Caput XVI.
ſolche Schulden boͤſe werden/ nicht davor zu ſtehen
ſchuldig.
Gryph. in Oecon. leg. lib. 2. c. 3. n. 151.
Es hat aber ein jeder ehrlicher und verpflichteter
Handels-Diener die Præſumption und Vermu-
thung vor ſich/ daß er ſeinen muͤglichſten Fleiß bey
Mahn- und Eintreibung der Gelder und ausſtehen-
den Schulden gethan/ wie er dann auch wuͤrcklich
ſo lang vor fleiſſig gehalten wird/ biß der Unfleiß und
Nachlaͤſſigkeit erwieſen worden.
L. 57. ff. de Adminiſt. tut.
Carpzov. I. P. F. p. 2. conſt. 11. def. 26.
num. 7.
Ferner ſoll auch ein Handels-Diener/ der auf
Rechnung ſitzet/ ſich vorſehen/ daß er nicht mehr
ausgebe/ als einnehme/ unter dem Vorwandt/ er
habe jenes von den Seinigen zugeſchoſſen/ weil es
gemeiniglich ſcheele Augen und Præſumption wi-
der ihn giebet/ als wann er nicht allzu richtig gehan-
delt haͤtte.
L. 15. §. fin. ff. ex quibus Cauſis major.
Naurath de rationar. p. 96.
Er huͤte ſich auch mit ſeines Handels-Patroni
ſeinen Geld oder Waaren/ ſeinen Vortheil zu ſu-
chen/ eigene heimliche Handlung damit zu treiben/
oder ſolches auf Zins auszuleyhen; Die Urſach deſ-
ſen iſt/ weil demjenigen das Lucrum gebuͤhret/
welchem das Geld oder die Waar eigenthuͤmlich zu-
ſtehet/ ex qua ratione provenit.
L. apud Labeonem 20. ff. de præſcript.
L. is. qui 13. §. ſi quem ff. Commod.
Ber-
[553]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
Berlich. part. 5. concl. 58. n 82.
Wie er dann auch auf ſolchem Fall gerichtlich
koͤnnte belanget und abgeſtraffet werden.
ex L. Jul. de reſid. L. 2. \& L. 4. §. Julia ff. ad
L. Jul. Pecul.
So kan er auch nicht mit gutem Gewiſſen die
harten Muͤntz-Sorten/ als Ducaten/ Reichsthl-
und dergleichen gut Geld/ ſo ſeinem Herꝛn einge-
het/ heimlich auswechſeln/ und ander Geld dafuͤr
hinlegen/ ſintemal ſolches einem Diebſtahl gleich ge-
achtet wird.
L. apud Labeonem 20. ff. de præſcript.
verb.
L. is qui 13. §. ſi quem ff. Commod.
Deßwegen auch ein ſolcher eigennuͤtziger Die-
ner/ nicht allein dasjenige/ was er ſolcher Geſtalt
ſich gerafft/ wieder zuruck zu geben/ ſchuldig iſt/ ſon-
dern er wird noch darzu/ andern zum Exempel/ tapf-
fer abgeſtrafft. Dahero alle diejenige/ die bey
Kauff- und andern Leuten/ Geld oder Waaren zu be-
rechnen/ unter Handen haben/ dem Exempel Pau-
lini, des Roͤmiſchen Proviant Einnehmers/ nach-
folgen ſollten/ von welchem Seneca in libello de
Brevitate vitæ C. 18. ſchreibet.
Quod orbis Terrarum Rationes admini-
ſtraverit, tam abſtinenter, quam alienas, tam
diligenter, quam ſuas, tam religiosè, quam pu-
blicas.
Das iſt: Er habe die Rechnung uͤber ſo viel
Reiche und Laͤnder getreulich/ als es ſich bey frem-
den/ ſo fleiſſig/ als es bey eigenen/ und ſo gewiſ-
M m 5ſen-
[554]Caput XVI.
ſenhafft/ als es ſich bey oͤffentlichen Stadt- und
Lands-Rechnungen gebuͤhret/ verwaltet.
vid. Fritſch. de Peccat. Princip. Concluſ.
30. §. 2.
Wann auch an ſeines Herꝛn Waaren ſich eini-
ger Ubermaß befaͤnde/ hat ein Diener ſich deſſen
gleichfalls nicht anzumaſſen/ ſondern es gehoͤret ſol-
cher ebenfalls ſeinem Patrono zu.
per l. 8. C. de Rei vindic. l. 3. C. arbitr.
tut.
Jn Summa, ein Handels-Diener kan in vie-
len Stuͤcken unrecht handeln/ dadurch er ſtraff-
wuͤrdig wird/ und zwar/ beſtehet ſolches in Thun
und Unterlaſſen.
Zu jenem zehlen wir/ wann er mehr thut/ als
ihm befohlen/ oder daß er ein Ding anders wohin
verwendet/ als worzu es ſein Herꝛ deputirt und ge-
widmet hat.
L. 1. ff. de Adminiſtr. Rer. ad Civit.
Oder/ ſo er etwas zu Schaden kommen laͤſt/
welches er wohl haͤtte in Acht nehmen und verwah-
ren ſollen.
Menoch. Conſ. 118. n. 16. lib. 2.
Das Unterlaſſen beſtehet/ wann er dasjenige
nicht thut/ was ſein Amt erfordert/ welches dann ei-
ne Nachlaͤſſigkeit genennet wird.
per L. magna ff. de V. S.
Als zum Exempel: Wann ſein Herꝛ Wein im
Keller/ oder Korn und andere verderbliche Waa-
ren auf dem Boden/ oder in ſeinem Magazin liegend
haͤtte/ und er/ der Diener/ ſehe nicht fleiſſig dar-
nach/
[555]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
nach/ und die Waaren kaͤmen daruͤber zu Scha-
den/ ſo waͤre er/ gewiſſen Umſtaͤnden nach/ dieſelbe
zu erſetzen/ ſchuldig/ ſonderlich diſtinguiren hier die
Rechts-Lehrer/ wie weit er zu ſolcher Erſetzung in
Culpa Lata Levi \& Levisſima koͤnne angehalten
werden. Was ader dieſe drey zu ſagen haben/ wollen
wir mit Wenigen anzeigen.
Culpam Latam, nennen die Rechte eine grobe
Unachtſamkeit/ und mit einem Wort/ eine lieder-
lichkeit/ da einer nicht verſtehet/ oder thut/ dasje-
nige/ was ein Kauffmanns-Diener doch thun und
verſehen ſollte.
L. Regula §. ſi filius ff. de jure \& fact.
ignor.
L. Latæ ff. de verb. ſignif.
Als wann er wider das/ ſo allen Menſchen doch
bekandt iſt/ oder doch zum wenigſten bekandt ſeyn
ſollte/ ingleichen wider ſein eigen Wiſſen und Ge-
wiſſen handelt/ welches Supina \& affectata Negli-
gentia genennet/ und bey einem Menſchen/ der
nicht gar ein Narꝛ iſt/ pro dolo, als ob ers mit Wil-
len gethan haͤtte/ gehalten wird.
L. 36. §. ad L. Aquiliam L. 8. §. de pre-
car.
Zum Exempel: Wann er ſich in ſeinem Dienſt
etwas unterfienge/ deſſen er nicht faͤhig iſt/ da-
durch aber ſeinem Herꝛn etwas verſiehet/ oder wann
er ein mehrers thut/ als ihme ſein Herꝛ committirt
und aufgetragen hat.
per L. idem juris ff. ad L. Aquil.
Jtem/ wann er dem/ was ihme befohlen/ oder
ver-
[556]Caput XVI.
verboten worden/ nicht nachkommt/ die ihme an-
vertraute Waaren oder Geld anders wohin ver-
wendet/ als worzu es deputirt und verord-
net iſt.
Wann er ferner im Ubergeben und Ausſchrei-
ben der Rechnung ſaumſeelig iſt.
Jn Verwahrung der Schreib-Stuben/ und
der darauf liegenden Buͤcher/ Nachrichten und
Documenten/ oder der im Gewoͤlb liegenden Waa-
ren/ den Fleiß nicht gethan/ den er haͤtte thun ſol-
len/ oder dasjenige/ was ſich leicht/ wegen Feuer/
Waſſer/ oder andern Schaden/ begeben koͤnnte/
nicht vorher bedacht/ ſondern es aus der Obacht ge-
laſſen/ welches alles unter Culpa lata verſtanden
wird.
Levis Culpa iſt an einem Handels-Diener eine
ſolche Fahrlaͤſſigkeit/ Ungeſchicklichkeit/ Dumm- und
Faulheit/ bey welcher er dasjenige nicht ſiehet/ oder
in Obacht nimmt/ was doch ein jeder ſorgſaͤltiger
Kauffmann oder Handels-Diener thun/ und in Ob-
acht nehmen ſollte.
arg. L. 1. §. 15. quoque ff. de oblig. \& action.
Farinac. quæſt. crimin. 88. n. 79.
Zum Exempel: Wann er mit Faͤrberey um-
gienge/ und die Waare/ ſo er in dem Keſſel hat/
verderben lieſſe/ oder wann er diejenige/ ſo unter
ihm ſeyn/ mit dem Licht unvorſichtig umgehen/ oder
ſeines Herꝛn Waaren an einem ſolchen Ort liegen
lieſſe/ da ſie vom Wetter/ oder andern Zufall/ Scha-
den nehmen koͤnnten.
Levisſima Culpa, iſt die Einfalt/ Unbedacht-
ſam-
[557]Vom Recht der Handels-Bedienten.
ſamkeit/ Jrꝛthum und Verſehen/ wann er nicht
auf das allerſorgfaͤltigſte Achtung giebet/ wie ſein
fleiſſiger Patron bey ſeinen Sachen zu thun pfleget/
wann er demſelben beſtellen laͤſſet/ welches er wohl
haͤtte abwenden koͤnnen.
L. cum duobus 52. §. Damna ff. pro So-
cio.
Wann er nicht zuſiehet/ daß das Feuer zu rech-
ter Zeit ausgeloͤſchet werde/ wann er das Gewoͤlb
oder Bude nicht ſo verſchloſſen/ oder durch die
Jungens in ſeiner Gegenwart verſchlieſſen laſſen/
daß keine Diebe hinein kommen koͤnnen/ und was
dergleichen mehr.
Dieweil aber die Præſumptio juris vor einem
jeden Handels-Diener militiret/ daß er ſeiner Herꝛ-
ſchafft ehrlich/ redlich und getreu diene.
per text. in l. 2. ibi. non arbitramur C. de
offic. Civil. Jud.
Auch in ſeinem anvertrauten Amt/ Thun und
Laſſen/ vigilant, hurtig und unverdroſſen ſey.
per L. cum de indebito §. 1. ff. de probat
Finckelthaus Obſ. Pract. 89. n. 14. \&
Obſ. 115. n. 5. 12.
Als muß alles Widrige/ ſo ihme beygemeſſen/
und Schuld gegeben/ von ihme aber nicht geſtan-
den wird/ ihme voͤllig/ und zwar/ durch ſtaͤrckern
Beweiß/ als bey andern/ erwieſen werden.
Da dann der beſchuldigte Diener mit ſeiner
Verantwortung auch zur Genuͤge zu hoͤren/ und
nicht zu uͤbereilen iſt/ ſonderlich/ ſo viel den Dolum
anbetrifft/ quippe qui nunquam præſumitur cum
ſit delictum.
L. me-
[558]Caput XVI.
L. merito ſi ff. pro ſocio
L. idem C. de dolo malo.
Sondern von dem Klaͤger gar klar muß bewieſen
werden/ zumal/ da man im Gericht lieber die Aus-
legung annehmen ſoll/ welche den Beklagten von
dem Dolo unſchuldig/ zu ſprechen/ als denſelben da-
mit zu beſchweren vermag.
text. in L. igitur §. 8. ff. de lib. Cauſ. Gra-
vet. Conſ. 205. numer. 8. Conſ. 247.
ad fin.
Da er aber deſſen Sonnen-klar uͤberfuͤhret
werden koͤnnte/ ſo verdienet er nicht unbillig eine
exemplariſche Straffe/ und zwar muß er/ was Cul-
pam latam betrifft/ ſeinem Patrono dem Schaden
cum omni intereſſe erſetzen.
Perpetua enim eſt Regula, Adminiſtratorem
teneri de Neglectis.
L. 1. C. ut in poſſeſſ. legat.
Menoch. Conſ. 246. n. 61.
Et quotiescunque culpa caſum præcesſit, ibi
culpoſus obligatur ad damnum reſarciendum.
Cephal. Conſ. 362. n. 17. vol. 3.
Cum nullus ſit contractus qui non recipiat la-
tam culpam.
per L. Contractus 23. ubi Petr. Fabr. ff.
de R. J.
Es beſtehe gleich ſolche Culpa in committendo,
oder omittendo, wovor auch ſo gar ſeine Erben
hafften muͤſſen.
per text. in L. quo ad Hered. 6. \& ibi Gloſ-
ſa in verb. omitteret.
Ja/
[559]Vom Recht der Handels-Bedienten.
Ja/ er wuͤrde noch uͤber die Erſetzung arbitrariè
koͤnnen geſtraffet werden.
Vid. Myler. ab Ehrenbach in Hyparchol.
c. 17. §. 6. 7. \&c.
Nicht weniger hat auch die Erſetzung ſtatt/ in culpa
Levi ſecundum Reſcriptum Impp. Dioclet. \&
\& Maxim.
in L. fin. C. ut in poſſeſſ. legat.
Warum aber ſolches geſchehe/ wird
per L. præfectorum cohors ff. de ritu
nupt.
gewieſen/ und ſo waͤre er auch nicht ſo gar auſſer Ge-
fahr/ in Culpa Levisſima, zumal/ wann ihme vor
ſeine Dienſte eine jaͤhrliche Beſoldung gereichet
wird.
arg. L. 1. §. ſi Veſtimenta 8. ff. Depoſit. Ja-
ſon. in L. ſi Domus num. 7. ff. de rei
Vindic.
Vor allen huͤte ſich ein jeder Kauffmanns-Die-
ner vor Untreu/ indem ſolches nicht allein zeitliche/
ſondern auch ewige Straffe nach ſich ziehet. Non
remittitur enim peccatum niſi reſtituatur abla-
tum; Die Suͤnde wird keinem Dieb vergeben/ biß
er das Geſtolene wieder gegeben. Ob nun wohl ei-
nige/ was die zeitliche Straffe anbelanget/ einwen-
den moͤchten/ daß nach Saͤchſiſchen Rechten kein
Diebſtal an ſolchen Dingen begangen werde/ die
einer nicht diebiſch oder raͤuberiſch aus des Herꝛn ſei-
ner Gewaͤhr bringet.
Land-Recht lib. 2. art. 29. \& lib. 3. art. 22.
Daher auch etliche davor gehalten/ daß der-
glei-
[560]Caput XVI.
gleichen diebiſche Bediente/ wann ſie gleich von ih-
rer Herren Geld/ oder Waaren/ welche ihnen an-
anvertrauet worden/ etwas abnehmen/ und in ih-
ren Nutzen verwenden/ darum nicht/ als Diebe/
zu belangen waͤren/ indem ſolches pro vera Contre-
ctatione \& amotione nicht zu halten ſey.
Furtum enim eſt Contrectatio fraudulo-
ſa lueri faciendi Cauſa. L. 1. ff. de furt.
§. 1. inſtit. de act. quæ ex delicto.
Allein/ weil gleichwohl ſolche vorſetzliche Zu-
griffe und betruͤgliche Abnahm/ wider der Herꝛ-
ſchafft Wiſſen und Willen geſchicht/ ſo iſt kein
Zweiffel/ daß dadurch nicht ſollte ein rechter Dieb-
ſtal begangen werden.
L. 1. §. ult. ff de Furt.
Und man dannenhero auch ſolche untreue Bediente
Actione furti belangen koͤnne.
Weſenbec. in Parat. ff. de Leg. Jul. Pecul.
num. 9.
Ob aber ſolche/ gleich andern Dieben/ mit dem
Strang abzuſtraffen/ darinnen ſind die Rechts-
Lehrer nicht einerley Meynung. Dann etliche ge-
ben vor/ daß in dieſem Fall ſolche harte Todtes-
Straffe nicht ſtatt habe/ ſondern das Verbrechen
extra-ordinariè und gelinder nach Willkuͤhr des
Richters/ zu beſtraffen ſey/
tex. in L. excellentia 9. C. de Erog. milit.
annon.
und dieſes zwar darum/ weil es in ſolchen Faͤllen/ das
Anſehen haͤtte/ ob beſtehlen dergleichen Bediente
nicht ihre Herren/ ſondern ſie handelten nur wider
ihre
[561]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
ihre Pflicht/ indem ſie das Geld und die Waare an-
ders wohin wendeten/ als wohin ſolche deſtiniret
waͤre/
arg. L. 9. §. 2. ff. ad Leg. Jul. pecul.
ſo verdiente auch die Qualitaͤt eines Dieners ſelbſten
eine gelindere Straffe.
Zumal/ da der gleichen Dieners/ denen Geld und
Gut unter Handen gegeben wuͤrde/ bey ihrer An-
nehmung/ Vorſtand oder Caution beſtellen muͤ-
ſten. Nun aber waͤre ja ausgemachten Rech-
tens/
Quod pecuniæ publicæ ab eo, cujus peri-
culo fuit, furtum fieri non poſſit. text.
expreſſ. in L. ſacrilegi 9. §. Labeo. 2.
vers. pecuniæ publicæ ff. ad L. Jul. pe-
cul.
Worzu noch kaͤme/ daß ſie keine Gelder oder Waa-
ren/ ſo der Handels-Patron ſelber in ſeinem Be-
ſchluß und Verwahrung hat/ ſondern nur die/ ſo
ihnen unter Handen gegeben/ angegriffen/ und zu
ihren eigenen Beſten verwendeten. Nun aber waͤre
hell am Tage/ daß derjenige ein groͤſſer Delictum
beginge/ der eigenthaͤtiger Weiſe aus eines an-
dern Gewahrſam etwas ſtiehlet/ als der/ ſo dasje-
nige/ was er bey ſich hat/ angreiffet.
Uberdem/ ſo haͤtte ſich auch der Handels-Pa-
tron ſelbſt zuzurechnen/ daß er ſich nicht beſſer vor-
geſehen/ und erkundiget/ was an einem ſolchen Be-
dienten zu thun ſey/ als er denſelben angenommen.
L. qui cum alio 19. ff. de R. J.
Welches dann auch in dem gemeinen Saͤchſiſchen
N nFo-
[562]Caput XVI.
Foro alſo pfleget beobachtet zu werden/ daß un-
treuen Bedienten/ nicht der Strang/ ſondern nur
zweyfache Erſetzung/ Gefaͤngnis oder Lands-Ver-
weiſung/ zu erkannt werden.
uti tradit Virgilius Pingitzer quæſt. Sax. 47.
und Dn. Carpzov. J. F. R. S. part. 4.
Conſt. 41. def. 1.
Wo er klar ſetzet/ daß in dem Chur-Fuͤrſtenthum
Sachſen kein verpflichteter Diener/ wegen ſeiner
Untreu mit dem Strang hingerichtet oder abge-
ſtraffet wuͤrde/ ſondern man verfuͤhre mit demſel-
ben gelinder/ welches er auch mit dem Præjudicio
der Schoͤppen zu Leipzig (ſo ſie Anno 1583. Menſ.
Febr. nach Halla an Saltz-Graͤven und Bornmei-
ſter des Gerichts im Thal/ daſelbſt geſprochen) be-
kraͤfftiget/ alſo lautend:
Verb. Sentent.
So iſt er ſolches aus 120. Stuͤcken Saltz un-
terſchlagenes Geld ſeinem Junckern zu bezahlen/
pflichtig/ und moͤchte daruͤber/ wegen ſeiner Ver-
untrauung/ mit einiger Verweiſung eurer Gerich-
te/ in Straff genommen werden; ſo er aber das
veruntraute Geld zu erſtatten/ nicht vermoͤchte/ ſo
wuͤrde er im Gefaͤngnis mit Ruthen billig gezuͤch-
tiget/ und eurer Gerichte ewig verwieſen. V. R. W.
\& hoc ob verba Gloſſ. in art. 22. lib. 3.
Land-Recht. n. 5. in verbis
Es mag wohl ſeyn/ daß ein Ding diebiſch wird/
daran doch derjenige/ der es genommen hat/ nicht
zum Dieb wird/ daß man ihn darum hencken ſollte/
weil
[563]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
weil er es nicht diebiſch noch rauberiſch aus jenes ſei-
nen Gewehren gebracht hat.
Hingegen ſeynd andere der Meynung/ daß ſol-
che Untreu eines Dieners viel haͤrter/ und mit dem
Tode ſelbſt zu beſtraffen waͤre/ weil zwey Delicta,
als der Diebſtahl und der Meineyd (indem ſolche
Bediente gemeiniglich bey dem Antritt ihrer Dien-
ſte/ in Eydes-Pflicht genommen werden) zuſammen
kaͤmen/ man koͤnnte ſich auch fuͤr andern Dieben noch
etlicher maſſen huͤten und vorſehen/ aber fuͤr un-
treuen/ falſchen Dienern/ welchen man das Sei-
nige anvertrauen muͤſte/ koͤnnte man ſich nicht ver-
wahren/ noch ihnen ins Hertz ſehen; dahero ſie bil-
lig haͤrtere Straffe/ als die gemeinen Diebe/ wuͤr-
dig.
L. 8. C. de Epiſc. \& Cler.
Uber dieſes moͤchte durch ſolche Gelindigkeit/
die Untreu des Geſinds gar zu ſehr uͤberhand neh-
men/ ſo/ daß mancher Diener ſicher und ungeſcheuet
es in den Tag hinein wagen/ und die Herꝛſchafft
auf allen Seiten hintergehen/ betruͤgen/ vervor-
theilen/ beſtehlen/ rupffen und zupffen wuͤrde/ wie
er nur auf das aͤrgſte koͤnnte und moͤchte/ dabey auch
GOTT und ſein Wort/ wie auch ſein Gewiſſen
und theuer geſchwohrne Pflicht/ gaͤntzlich aus den
Augen ſetzen.
Dannenhero unterſchiedliche Chur- und Fuͤr-
ſten des Heil Roͤmiſchen Reichs/ ſolchen untreuen
Dienern mit Nachdruck zu begegnen/ gewiſſe Con-
ſtitutiones und Verordnungen ausgehen laſſen:
Als nemlich/ unter andern Chur-Fuͤrſt Augu-
N n 2ſtus
[564]Caput XVI.
ſtus zu Sachſen/ in der 41ten Conſtitution/ vom
vertraueten Gut:
Wann die Summa ſolches veruntrauten/ un-
terſchlagenen/ und in ihren eigenen Nutz betrieglicher
Weiſe angewendeten Guts/ unter 50. Guͤlden
Muͤntz ſeyn wuͤrde/ ſollen ſie mit Gefaͤngnis oder
mit zeitlicher Verweiſung des Landes/ geſtrafft
werden.
Da ſich aber ſolche Summa uͤber 50. Guͤlden
Muͤntz erſtreckte/ ſollen ſie mit Staupen-Schlaͤgen
des Landes ewig verwieſen werden.
Wuͤrde aber bemeldte Summa gar auf 100.
Guͤlden Muͤntz/ oder daruͤber lauffen/ ſo ſollten ſie
mit dem Strange vom Leben zum Todte geſtrafft
werden.
Ein Gleiches finden wir auch in der Conſtitu-
tion Hertzog Heinrich Julii zu Braunſchweig und
Luͤneburg/ den 12. Auguſti Anno 1594.
Jngleichen in Hertzog Johann Georg zu Sach-
ſen-Eiſenach/ ſeinem Anno 1681. den 3. May gege-
benen Mandat/ welche beyde mit dem obigen glei-
ches Jnnhalts ſeyn.
Durch welche Conſtitutiones und Edicta, der-
gleichen Geſellen/ ein hartes Gebiß ins Maul gele-
get wird/ daß ſie ſich leicht hernach das Urtheil ſelbſt
faͤllen koͤnnen/ was ſie von ihrer Untreu zu gewar-
ten haben; wie es dann ſchon einige hart genug em-
pfunden und betroffen. Exempla ſunt odioſa.
Jedoch iſt bey dem erſten Fall/ wann die Sum-
ma des veruntraueten/ unterſchlagenen/ und in ih-
ren eigenen Nutzen betruͤglicher Weiſe entwendeten
Guts/
[565]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
Guts/ unter 50. Guͤlden ſeyn wuͤrde/ dieſes zu er-
innern/ daß die Chur-Saͤchſiſche Conſtitution
durch ein ſonderbares Edict, de dato Dreßden den
10. Octobr. Anno 1584. in ſo weit geaͤndert und
gemildert worden/ daß ein ſolcher untreuer Diener/
dasjenige/ was er entwendet/ und nicht uͤber 50.
Gulden ſich belaufft/ gedoppelt reſtituiren und er-
ſetzen ſoll. Wann er aber ſolches nicht koͤnnte/ als-
dann und auf ſolchem Fall/ ſollte er allererſt mit
Gefaͤngnis oder zeitlicher Verweiſung beleget wer-
den.
Wie dann auch Teſte Dn. Carpzovio J. F.
R. S. part. 4. Conſt. 41. def. 4. \& in prax.
Crim. p. 2. quæſt. 85. n. 28. der Schoͤp-
pen-Stul zu Leipzig An. 1591. Menſ. Aug.
1627. darauf geſprochen.
Wobey doch dieſes zu erinnern/ daß/ ehe und
bevor die Todtes-Straffe gegen einem untreuen
Diener erkandt werde/ man gewiß ſeyn muͤſſe.
1. Ob der Delinquent wuͤrcklich in Pflicht
und Dienſten geſtanden.
2. Ob er ſolche Unterſchlagung aus betruͤgli-
chem Gemuͤth/ und mit Vorſatz/ (das Geld oder die
Waare zu ſtehlen/ gethan.
Dann es begiebt ſich offt/ daß dergleichen
Handels-Diener/ von dem Geld oder Waaren/
welche ihnen unter Handen gegeben werden/ etwas
nehmen/ und zu ihren eigenen Nutzen anwenden/
der Intention und Meynung/ daß ſie ſolches wie-
der erſetzen/ und in Rechnung bringen wollen/ wel-
ches ſie aber/ wieder Verhoffen/ hernach aus Ar-
N n 3muth/
[566]Caput XVI.
muth/ oder andern Ungluͤcks-Faͤllen/ nicht refundi-
ren/ und erſtatten koͤnnen. Dieſe/ ob ſie wol von der
Pœna extra-ordinaria nicht frey ſeyn/ ſo koͤnnen ſie
doch um deswillen nicht mit der Todtes-Straff bele-
get werden/ weil bey ihnen Animus \& Propoſitum
furandi ac Dolus intercipiendi ermangelt/ und al-
ſo kein Diebſtahl geſchiehet.
juxta §. 1. Inſtit. de oblig. quæ ex Delict.
naſc. Carpzov. part. 2. prax. Crim. qu. 85.
n. 37.
Wie/ und welcher Geſtalt aber ſolcher Dolus
und Animus furandi zu beweiſen/ ſolches iſt eine
ſchwere Frage. Dann im dubio iſt die Præſumption
vor einen jeden Bedienten/ daß er aus Nachlaͤſſigkeit
oder Verſehen/ ein- und das andere nicht aufgeſchrie-
ben/ und eingetragen/ keines Weges aber/ daß er ſol-
ches dolosè \& fraudulenter unterſchlagen habe.
Tiraquell de poen. temper. cauſ. 58. n. 2.
Berlich. concl. 57. p. 5. n. 58.
Zwar giebet Proſper Farinac. vol. 1. Conſ. 96.
n. 27. \& ſeq. vor/ es koͤnne ſolcher Bedienten Dolus
und Betrug/ durch Anzeigungen/ und Muthmaſ-
ſungen bewieſen werden: Als (1.) Wann ſie die
Rechnungen nicht ablegen/ ediren und aushaͤndigen
wollen. Oder (2.) Ein- und andere Poſt Gelder in
die Einnahme nicht geſetzet und gefuͤhret. (3.) Wann
ſie nach abgelegter Rechnung/ die ausgelaſſene Po-
ſten bey ſich behalten/ und in ihren Nutzen verwen-
det. (4.) Wann ſie die Inventaria. Bilantz und Re-
giſter vorſetzlicher Weiſe verfaͤlſchen/ wie der unge-
rechte Haushalter im Evangelio, gethan/ und was
etwan dergleichen Muthmaſſungen mehr ſeyn moͤch-
ten/
[567]Vom Recht der Kauffmanns-Diener
ten/ welche ſo gar den Richter dahin bringen koͤnten/
den Beſchuldigten mit der ſcharffen Frag anzugreif-
fen. Allein/ dieſes iſt zu hart/ und findet nach vieler
Rechts-Lehrer Meynung ihren Abfall/ in ſo lang
man nicht von den Corpore Delicti gewiß verſichert
iſt; ungeachtet/ der Reus die Mißhandlung ſelber ge-
ſtanden/ non enim ſufficit nuda Confeſſio delin-
quentis, ſed prius quam judex eum punit, certus
eſſe debet de delicto \& omnibus circumſtantiis.
L 1. §. idem illud ff ad S. C. Syllan.
Modeſt. Piſtor part. 3. quæſt. 117. Jul. Cla-
rus §. fin. q. 21.
Sonſt auch mit einem ſolchẽ Delinquenten gelinder
zu verfahren/ welcher ſein Verbrechen hoͤchlich be-
reuet/ des veruntrauten Gelds oder Waaren halber/
Erſtattung thut/ und ſein Handels-Patron ſolche
Reſtitution annimmt. Jn welchem Bereuigungs-
Fall/ auch wohl einen ordentlichen Dieb das Leben
geſchencket wird/ ex Conſtitut. Elect. Saxon. 32. §.
ult. p. 4. warum ſollte man nicht vielmehr einem jun-
gen Menſchen/ der vielleicht durch boͤſe Geſellſchafft/
zu einem ſolchen Laſter verfuͤhret worden/ ſich ins-
kuͤnfftig aber beſſern/ GOtt und ſeinen Handels-Pa-
tron, oder wem er ſonſt dadurch beleidiget/ die Suͤn-
de abbitten/ und nach dieſem ein nutzlicher Diener/
und Glied der Republic werden kan/ Genade wie-
derfahren laſſen/ zumal/ da wir deßfalls Præjudicia
von beruͤhmten Schoͤppen-Stuͤhlen/ vor uns haben.
Als unter andern eines von Leipzig/ dieſes Jnhalts/
hat P. H. in Guten bekandt/ daß er innerhalb 6. Jah-
ren/ die er bey euch in Dienſten geſtanden/ in Ver-
N n 4kauf-
[568]Caput XVI.
kauffung der Waaren/ unterſchiedliches von der
baaren Loſung untergeſchlagen/ und in ſeinen Nu-
tzen verwendet/ alſo/ daß es ſich zuſammen/ auf etliche
100. Gulden erſtrecket. Ob er nun wohl/ vermoͤg
Chur-Fuͤrſtl. Saͤchſiſ. Conſtitution hierdurch die
Todtes Straff verwuͤrcket/ weil er aber dennoch
ſein Verbrechen hoͤchlich bereuet/ auch des unver-
traueten Geldes halber/ euch hinwiederum Erſtat-
tung zu thun/ erboͤtig iſt/ ſo bleibet er mit der Todtes-
Straff (nachdem ihr mit ſeinem Erbieten wohl zu
frieden ſeyd) verſchonet/ er wird aber gleichwohl mit
zeitlicher Gefaͤngnis billig in Straff genommen.
V. R. W.
Endlich/ ſo hat auch dieſes um ſo viel mehr ſeine
Limitation/ bey Handels und andern Rechnungs-
Bedienten/ welche nicht dolosè, gefaͤhr- oder betruͤg-
licher Weiſe/ auch nicht im Gemuͤth/ Meynung und
Vorſatz zu ſtehlen/ etwas von den vertrauten Geld
und Gut ex Negligentia \& Culpa verſchwiegen
und zuruck behalten/ ſondern ſolches in folgenden
Rechnungen wieder einzubringen und zu erſetzen/
willens ſeyn.
Quia ex Culpa \& Negligentia Adminiſtra-
tores civiliter ſolum obligati ſunt, non Crimi-
naliter.
arg. L. ſacrilegi 6. §. cum eo autem ff. ad
Leg. Jul. peculat.
Dahero ſie auch den Defect zu erſetzen ſchul-
dig.
Pingizer quæſt. Sax. 47. n. 10. ſub fin. verſ.
ſecundus Caſus eſt.
Wie-
[569]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
Wiewohl ſie zugleich wegen Culpa und Negligen-
tia, mit Gefaͤngnis/ oder Geld-Straff koͤnnen bele-
get werden/ angeſehen/ arbitrariè zu beſtraf-
fen.
Proſper. Farinac. p. 3. op. Crim. q. 87. n. 76.
ſeqq. Roland à Vall. libr. 3. Conſ. 64.
num 5.
Ein Kauffmann/ welcher das Ungluͤck hat/ einen
untreuen Diener in Dienſten zu haben/ thut am be-
ſten/ daß er erſtlich ſelber wohl zu- und ſeinen Leuten
auf die Haͤnde ſehe/ und wann er ja denſelbigen auf
beweißlicher Untreu betroffen/ daß er ſich an deſſen
Buͤrgen erhole/ und die Sache mit ſeinen Befreun-
den in der Stille abthue/ als daß er (wann anders
die Untreu nicht allzu grob/ und an den Delinquen-
ten ohnedem nicht viel beſonders/ auch keine Hoff-
nung der Beſſerung iſt/ vielweniger ein gut Ge-
muͤth und ehrlicher Vorſatz ſich findet/ ſich honet
in der Welt durch zu bringen/ iſt) dem Richter ange-
he/ und die Sache ruchtbar mache/ zumal/ da viel
Gerichte aus dergleichen Denunciationibus mehr
ihren Nutzen ſchaffen/ als daß dem Klaͤger dadurch
geholffen ſeyn ſollte/ gluͤckſeelig (pfleget man im
Sprichwort zu ſagen) iſt der/ welchen ſein Dieb
entlaufft/ und ſeynd dergleichen uͤber ein Furtum
angeſtellte Proceſſus gemeiniglich koſtbar und ver-
drießlich/ ja/ wann auch der Candidatus Patibuli
gar biß zur Todtes-Straffe gebracht worden waͤre/
ſo hat man doch vielfaͤltige Exempla, daß derglei-
chen allzu ſcharffe Ahndungen/ Straff- und Rach-
Ausuͤbungen/ demjenigen/ der ſolche thun laſſen/ in
N n 5ſei-
[570]Caput XVI.
ſeiner Handlung und Gewerb/ ja/ an ſeiner eignen
Familia keinen Nutzen gebracht/ ſondern das um
zeitlich Geld und Gut willen/ unverantwortlicher
Weiſe vergoſſene Blut/ ihme nicht allein einem na-
genden Wurm ins Gewiſſen/ ſondern auch einen
Fluch in ſein Haus und Handlung gebracht hat/ daß
ſolches nicht auf dem dritten Erben gekommen Wie
wir dann in einer bekandten Reichs-Stadt ein
merckwuͤrdig Exempel an einem vornehmen Kauff-
manns-Haus haben/ welches/ weil es ſich nur zum
Werckzeug gebrauchen laſſen/ einem in der Flucht
begriffenen Rebellen/ ſeinem Ober-Herꝛn wieder in
die Haͤnde zu liefern/ welcher hierauf mit grauſamer
Marter hingerichtet worden/ daruͤber hernach (un-
geacht aller aus dieſer Dienſtleiſtung gezogenen
Vortheil) in ſolchen Abgang ſeiner zuvor floriſan-
ten Handlung gerathen/ daß ſeine Kinder mehren-
theils im Exilio herum ſchwermen/ und jaͤmmerlich
ihr Leben hinbringen muͤſſen/ wie groſſes Geld und
Gut der Vatter auch zuvor gehabt; allein/ genug
von dieſer Materia.
Wir gehen nunmehro weiter/ und beſehen
auch/ daß die Ehrerbietigkeit/ welche ein Handels-
Diener ſeinem Herꝛn ſchuldig iſt/ ſich unter andern
auch ſo weit/ den gemeinen Rechten nach/ erſtrecke/
daß er ſeinen Herꝛn nicht peinlich anklagen darff.
vid. Bartol. in l. pen. C. qui accuſ. non
poſſunt.
So kan er auch in burgerlichen Sachen keine
fameuſe Klage/ dadurch des Handels-Patrons
guter Name verletzet wird/ wider denſelben erhe-
ben/
[571]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
ben/ woraus dann auch ferner folget; daß diejenige
Beſchimpffung/ welche von einem ſolchen Menſchen
ſeinem Handels-Patrono geſchiehet/ vor groͤſſer an-
zunehmen/ als wann ihme ſolche von einem Fremden
wiederfahren waͤre/ weil dadurch die Reverentz und
Ehre/ welche ein Diener ſeinem Herꝛn zu erweiſen
ſchuldig iſt/ aufs aͤrgſte verletzet wird; allermaſſen
dann eine jede Beſchimpffung/ nach Beſchaffenheit
der Perſon/ vor groͤſſer oder geringer gehalten/ und
ſolchemnach die Straff vermehret oder vermindert
wird/ wie zu ſehen ex §. 9. Inſtit. de injur. l. 15. §.
28. Berlich. p. 5. Concl. 65. n. 4.
Da auch oben gemeldet worden/ daß/ wann ein
Kauffmann ſeinen auf etliche Jahr gedungenen
Diener/ vor der Zeit/ ohne erhebliche Urſach/ Ab-
ſchied giebet/ er ihme ſeinen Lohn vollzugeben/ ſchul-
dig ſey.
Brunnemann. ad l. 25. §. 6. n. 44. ff. locat.
Mev. p. 3. dec. 31. \& Carpzov. p. 3. deciſ.
264.
ſo hat doch dieſer Rechts-Satz ſeinen Abfall. (1.)
Wann der Diener eben zu der Zeit/ da er abgeſchafft
worden/ ſich alſobald bey jemand anders verdinget/
und eben dergleichen Lohn daſelbſt empfangen haͤtte.
Dann/ weil er auf ſolche Weiſe keinen Schaden lei-
det/ als kan er auch mit Recht von ſeinem vorigen
Herꝛn nichts prætendiren.
per l. 57. de R. J. add. l. 19. §. 9. \& ſeqq. ff.
locat.
(2.) Wann er/ der Diener/ zu ſolcher Abſchaf-
fung/ Urſach gegeben/ da es dann unbillig waͤre/ daß
er
[572]Caput XVI.
er ſolcher Geſtalt aus ſeinem Verbrechen noch einen
Gewinn haben ſollte; dahero dann in ordinat. D.
Elect. Mauritii de Anno 1550 rub. vom Geſind-
Lohn §. (Wir ordnen und wollen auch) ver-
nuͤnfftig verſehen. Wuͤrde aber ein Herꝛ ſeinem Ge-
ſinde/ auſſerhalb der Zeit/ Urlaub geben/ ſo ſoll es/
Jnhalts unſers vorigen Ausſchreiben/ ſolches denen
Gerichten anzeigen/ und ſich derſelben Beſcheids ver-
halten.
add. Carpzov. dict. dec. 264. num. 9. 10. \&
11. \&c.
Mit der Verpflegung eines krancken Dieners/
hat es auch dieſe Bewandtnis/ daß ein jeder Han-
dels-Patron, aus Chriſtlicher Liebe/ zwar darzu ver-
bunden iſt/ durch ein Rechts-Mittel aber/ kan er hier-
zu nicht angeſtrenget werden.
Molin. de J. \& J. diſp. 505. n. 2.
Und alſo darff er ihm auch nicht/ wann die
Kranckheit zu lang anhalten ſollte/ den voͤlligen Lohn
bezahlen/ den der Diener bey geſundem Leib haͤtte ver-
dienen koͤnnen.
arg. l. 15. §. 6. ff. locat.
Angeſehen/ daß ein Lohn nichts anders/ als eine
Vergeltung/ der gethanen Arbeit iſt; wo aber ſolche
nicht verrichtet wird/ da hoͤret ja auch die Beloh-
nung auf.
arg. d. l. d. locat.
So wenig auch/ als ein Handels-Patron ſei-
nen Diener vor der Zeit abſchaffen kan es waͤre dann/
daß er ihn vor die uͤbrige Zeit den Lohn bezahlte; ſo
wenig kan auch ein Diener/ vor der Zeit/ ſeines Herꝛn
Dienſt
[573]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
Dienſt quittiren/ weil dieſes Correlata ſeyn/ und
ſich der Diener dadurch/ nicht allein ſeines noch zu
forderenden Lohns verluſtig machen/ ſondern auch in
die Erſetzung des Schadens verfallen wuͤrde/ wel-
chen er ſeinem Patrono, durch ſein unzeitiges Weg-
gehen verurſachte.
Müller. Lib. 2. ſemeſtr. cap. 17.
Welches auch ſo viel/ als den verurſachten
Schaden betrifft/ von denen Lehr-Jungens zu ver-
ſtehen/ die ſich zu Kauffleuten oder Handwerckern
verdungen; Dann wann ſie/ vor Ausgang der Zeit/
ohne redliche Urſachen/ von ihren Herren oder Mei-
ſtern wegliefen/ wuͤrden ſie dafuͤr/ ſo viel/ als ihren
Herren oder Meiſtern/ aus ihrem Weglauffēn Scha-
den geſchiehet/ ihnen wieder erſetzen muͤſſen.
arg. l. 68. §. 1. ff. de fide juſſor. \& l. 54. de
locat.
Waͤre es aber/ daß ein ſolcher Diener/ oder
Dienſt-Knab klagte/ ſein Herꝛ tractirte ihn ſo hart/
daß er in die Laͤnge nicht mehr bey ihm ausſtehen koͤn-
te; ſo haben die Rechte auch darwider gute Mittel
erfunden. Daß/ nemlich/ wann ein Herꝛ allzu bar-
bariſch mit ſeinen Bedienten umgehet/ dieſe die O-
brigkeit anruffen/ und daß der Herꝛ vor derſelben
Cautionem de non amplius offendendo leiſten
muͤſſe/ ausbitten koͤnnten.
vid. Mev. pag. 4. Dec. 19.
Geſetzt/ wuͤrde ſolches noch nicht helffen/ und
der unbedachtſame Patron ſich auch an das Obrig-
keitliche Mandat nicht wollte kehren/ ſo ſtuͤnde dem
Diener nicht unverwehrt/ wann er ſich bey Zeiten
aus
[574]Caput XVI.
aus ſeinem Haus wegmachte/ und ſolcher Geſtalt
auch vor der Zeit die Dienſte quittirte.
arg. §. Inſt. de his qui ſui vel al. jur. ſunt.
Zumal demjenigen/ der ſich ſeines Regiments/
ſo er uͤber einen andern hat/ mißbrauchet/ daſſelbige
auch billig genommen wird.
vid. Papon. lib. 13. arreſt. tit. 2.
Nachdem auch ein Diener ſeinem Herꝛn allen
Reſpect zu erweiſen/ und nichts/ als alles Liebes und
Gutes von demſelben zu reden/ ſchuldig iſt; alſo muß
auch hinwiederum ein Handels-Patron ſeinen Die-
ner nicht mit Ehrenruͤhrigen Worten tractiren/ an-
geſehen/ wann ſolche zu grob kaͤmen/ die Rechte de-
nen Bedienten zulaſſen/ deßfalls eine Injurien-Klag
wider ihre Herren anzuſtellen/ und ſolche angethane
Schmach gerichtlich zu ahnden/ vornemlich/ wann
ihnen ein Verbrechen vorgeworffen wird/ deſſen ſie
ſich nicht ſchuldig wiſſen.
Mev. ad Jus Lubec. p. 3. tit. 8. art. 10 n. 16.
Wir ſchlieſſen hiermit/ wollen aber zuvor noch
kuͤrtzlich die Frag eroͤrtern: Ob ein Handels-Die-
ner/ welchen etwas zu verrichten/ von ſeinem Herꝛn
anbefohlen worden/ dieſem Befehl/ im Fall er ſolches
ſeinem Herꝛn nuͤtzlich zu ſeyn/ befaͤnde/ uͤberſchreiten
koͤnne?
Ob nun wohl der Rechts-Satz richtig/ daß
man den Befehl/ womit man beladen worden/ nicht
uͤberſchreiten ſolle/ wie zu ſehen
ex l. 5. pr. ff. mandat.
Angeſehen derjenige/ welcher ſolchen Befehl
uͤberſchreitet/ vielmehr etwas anders/ als dasjenige/
was
[575]Vom Recht der Kauffmanns-Diener.
was ihme anbefohlen worden/ zu thun/ ſcheinet/ ſo
gar/ daß etliche dafuͤr halten/ ob koͤnnte nicht einmal
zum Nutzen der Herꝛſchafft/ der Befehl uͤberſchrit-
ten werden/ nach dem bey Kauffleuten ohnedem
bekandten Sprichwort: Folg Ordre/ und thue
Quad. So ſcheinet doch die widrige Meynung/
denen Rechten und der Billigkeit conformer, wie
zu ſehen
ex l. 3. pr. ff. Mandat.
Jnmaſſen es einem jeden/ eines andern Sach
zu verbeſſern/ frey ſtehet; hiernechſt auch nicht zu
muthmaſſen/ daß es deßfalls wider den Befehl des
Herꝛn ſollte gehandelt ſeyn/ wann der gegebene Be-
fehl auf eine andere Weiſe/ jedoch zu des Herꝛn Nu-
tzen/ ausgerichtet wuͤrde; Geſtalt/ man nicht ſo wohl
auf die Worte/ als auf die Meynung desjenigen/ der
den Befehl gegeben/ zu ſehen habe.
Bachovius ad Treutl. D. 27. th. 6. lit. f.
Gleichwie aber der Ausgang einer jeden Hand-
lung/ nicht allezeit gluͤcklich iſt/ alſo thut ein Handels-
Diener am beſten/ wann er dem/ ihme vorgeſchriebe-
nen/ Befehl/ ſich in allen Stuͤcken gemaͤß erzeiget/ al-
lermaſſen er ſolchen Falls keine Verantwortung auf
ſich ladet.
v. l. 46. ff. Mandat.
Da er ſonſt im Gegentheil/ wann er ſolche vor-
geſchriebene Ordre uͤbergienge/ ſolches zu verant-
worten haben wuͤrde Ja/ wann er eine groͤſſere
Summa, als ihme anbefohlen worden/ ausgegeben/
ſolchen Uberſchuß nicht wieder von ſeinem Herꝛn for-
dern koͤnnte/ oder/ ſo er ſolchen von deſſen Geldern
aus-
[576]Caput XVI.
ausgezahlet/ ſelbiges wieder erſetzen muͤſte; Ein an-
deres waͤre es/ wann dem Diener kein geweſſener
Befehl waͤre gegeben/ ſondern die Verrichtung ſei-
ner beywohnenden Geſchicklichkeit und Gutbefinden
anvertrauet worden; Geſtalt er in ſolchem Fall ent-
ſchuldiget iſt/ wann er dasjenige/ was ſein beſtes
Wiſſen und Gewiſſen mit ſich gebracht/ nach Moͤg-
lichkeit verrichtet hat.
Und ſo viel vor dießmal/ von dem Recht der
Kauffmanns-Diener/ deſſen ſie ſich/ wann ſie treu
und redlich dienen/ zu erfreuen/ und was ſie hinge-
gen auch/ wan das Wlderſpiel geſchiehet/ zu erwar-
ten haben.
pim,
Sitque honor æterno, qui regit aſtra, DEO.’
Nuͤtz-
[]
Nutzliches
und
Vollſtaͤndiges Regiſter/
Aller in dieſem Tractat vorkommen-
den Sachen und Materien.
A.
ABend-Zeit in groſſen Staͤdten auf der Gaſſen
zu gehen unſicher. 267
Abgeritten wann die Pferde ſeyn/ was zu gebrau-
chen. 341
Abſchiede der Diener vid. 380. Formulen Teutſche
383. ſeqq. Frantzoͤſiſche 388. Lateiniſche. 391
Acceptiren der Wechſel-Brief durch Diener. 538
Action der Schiffs-Rheder wider einen Kauff-
mann ſeines Diners wegen. 527
Aderlaſſen in Peſtzeiten nicht geſund. 302
Adres Contor dienet denen Kauff-Dienern ſich an-
zugeben und Dienſte zu ſuchen. p.20. 27.
Altenberg giebt viel Zinn aus. 156
Alter der Pferde wie es erkannt werde. 333
Altvaͤtteriſche Formularia aus Briefen zu laſſen.
204. \&207
Alphabeth der Titul und Aufſchrifften. 209
Aempter/ Namen Frantzoͤſiſch. 209
(A)Am-
[]Regiſter
- Amſterdam wie es Buch und Rechnung halte.
343- — — wechſelt auf Cadix/ Franckfurt am
Mayn/ Genua und Livorno 346.
Hamburg/ Koͤnigsberg. 347.
Lion/ Paris/ London/ Liſabon/
Leipzig/ Madrit. 348. \& 349
- — — wechſelt auf Cadix/ Franckfurt am
- Animus furandi muß bewieſen werden/ an einem
untreuen Diener. 566 - Antwerpen wie es Buch und Rechnung halte. 350.
wechſelt auf Cadix/ auf Franckfurt am Mayn.
351. Lion/ London/ Liſſabon/ Madrit/ Paris/
Venedig. 352 - Apotheck auf Reiſen bey ſich zu fuͤhren noͤthig. 270.
ſeynd in Halle zu finden. ibid. - Arcana der Handlung pflegen Diener abzuſehen/
ob ein Kauffmann ſolchen Diener wovon diß be-
fuͤrchtet annehmen ſoll. 16- — muß ſich ein Diener auf der Reiſe nicht aus-
fragen laſſen. 274 - — der Handlung/ lernet man aus dem Buch-
halten. 198
- — muß ſich ein Diener auf der Reiſe nicht aus-
- Auffuͤhrung eines Dieners auf der Reiſe. 277
- Aufſchrifften nach den Alphabeth. 209
- Aufſchrifft wegen ſich nicht zu verſehen. 231
- Aviſen ſoll ein Diener leſen. 241
- Ausgaben auf der Reiſe/ muß der Diener notiren.
273 - Ausgeben vor Eingekauffte Waaren/ nach der Ein-
wohner reguliren. 552
B. Ba-
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
B.
- Bagage muß ein Reiſender Diener wohl in Acht
nehmen. 267. allezeit dabey zu bleiben noͤthig.
269. was im Wirths-Haus deßwegen in Acht
zu nehmen. ibid. - Banquiers die vornehmen muß ein Diener auf
Reiſen ſuchen zu kennen 276 - Barque was fuͤr ein Art Schiffen es ſey. 376
- Bauch-Grimmen/ wie es zu curiren. 293
- Bediente der Kauffleute/ was ihnen zu thun oblie-
ge. p.2. wie vielerley derſelben. p.3. biß 10. ſiehe
Diener. - Befehl des Patrons, ob ihn der Diener uͤberſchrei-
ten koͤnne/ wann ers nutzlich erachte. 574 - Befehl des Patrons iſt dem Diener zu folgen noͤthig.
575 - Beſtellen der Briefe zu beſorgen/ muß offt der Die-
ner ſelbſt thun. 232 - Beutel ſo offen/ ſeynd nicht allezeit ſicher anzuneh-
men. 265 - Bilantz lehret dem Diener die Staͤrcke und Schwaͤ-
che der Handlung ſeines Patrons kennen. 198 - Bilanziren ſoll man alle Monat. 202
- Biß vom Hund wie er zu heilen. 312
- Blech kommt viel aus Sachſen. 154. wie es gemacht
werde. 154. Sorten derſelben. 155 - Braͤune im Hals wie ſie zu curiren. 314. an der
Zungen. ibid.
(A) 2Brech-
[]Regiſter
- Brech-Artzneyen ſeynd in der Peſt nicht Gut.
299 - Bremen/ wie es Buch und Rechnung halte. 352
Wechſel auf Breßlau/ Cadix. 353. 354. Coͤlln
am Rhein. 354. Franckfurt am Mayn. 355. Ge-
nua. 356 - Brennen mit Pulver/ wie es zu heilen. 312
- Briefſchreiben/ was ein Diener dabey in Acht zu
nehmen. 192. \& ſeqq. it.206. 225 - Brieffe-Styli wegen Erinnerung. 194. Requiſita
eines Briefs. 206 - Brieffe/ was ein Diener zu End des Monats dar-
aus in die Handels-Buͤcher traͤgt. 195 - Brieffe Zuſammenlegung/ was dabey zu obſervi-
ren. 229. beym Zuſiegeln. 229 - Bruͤderſchafften ſo Kauffmanns-Diener unter ſich
aufrichten koͤnnten. 489 - Buchhalten weiſet dem Diener den Zuſtand der
Handlung. 198. was dabey in Acht zu nehmen.
138. \& 240 - Buchhalter/ was darunter verſtanden werde/ und
ihm zu wiſſen noͤthig. p.5. 183. 240. ſeynd
zweyerley Arten. p.5. \& 6. Contract mit ihm
aufzurichten. 74. Was ſeine Verrichtung auf
dem Contoir. p.74. ſeq. 148. 181. 183. - — — was er bey Unternehmung der Handels-
Buͤcher in Acht zu nehmen. 201 - Buͤrgleiſtung eines Dieners. 95
C. Com-
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
C.
- Cambiſten ihrer Diener Examen. 406
- Caravelles wie groß. 376
- Colic, wo ſie herkomme/ und wie ſie zu curiren.
293 - Cammern in Wirths-Haͤuſern muͤſſen wohl viſiti-
rt werden. 269. wie die Thuͤren zu verwahren.
270 - Cargaſon, wann ein Diener damit ausgeht/ was
fuͤr ein Contract zu ſchlieſſen. 89 - Caſſirer wer ſie ſeynd und was ihr Amt. p.7. \&
148. Contract ſo mit ihnen aufzurichten.
82 - Caution, iſt von einem Diener zu fordern noͤthig.
25. Formular.95. item 543. \& 544. - Cladde muß ein Diener zur Hand haben. 195
- Clima ſchadet und nutzet der Geſundheit. 284
- Climata der Welt verſchiedene. 374. \& 375
- Commercien-Collegium koͤnte Kauffmanns-Die-
ner/ ſo ihr Eigenes anfangen/ examiniren. 399- — — Contract ſo davor aufzurichten wegen
Kaufflete Diener. 45. 47
- — — Contract ſo davor aufzurichten wegen
- Commercia lieben die Freyheit. 400
- Commiſſions-Handlung Beſchaffenheit/ was da-
bey zu beſorgen/ und zu wiſſen. 469 - Compas einem Diener auf Reiſen noͤthig. 271
- Complimentariat vollſtaͤndiges. p.59. Advoca-
ten und denen ſo Kauffmanns-Proceſſen fuͤhren
noͤthig. ibid \& ſeqq. - Complimentarius woher er ſo genandt werde p.3.
(A) 3was
[]Regiſter
was ſeine Verrichtung. ibid. wird aus vieler-
hand Urſachen geordnet. ibid. gemißbraucht. p.4.
vertritt die Stelle des Herꝛn. ibid. wird offt nur
ein Handels-Diener genandt. p.6. wie er ſich
reverſiren muͤſſe/ wann man mit ihm contrahirt.
58 - Complimentarii Function oder Bedienung.
149 - Conditiones ſo noͤhtig in Kauffmanns-Contracte.
52 - Condition was ein Diener dabey zu betrachten. 23.
ſeq ſeynd gantz anders als vor dem. p.13 - Condition deßjenigen an dem man ſchreibt/ muß
man in Acht nehmen. 206. wie auch ſeine eigene.
ibid. - Contoriſten wer und wie vielerley derſelben p.7.
- Conduite einem Kauffmann noͤthig. 278. vid.
Qualitaͤten. - Conjuncturen ſeynd wohl bey angehender Hand-
lung zu betrachten. 433 - Contract zwiſchen einem Patron und Diener auf
gewiſſe Handlung und Jahre. p.28. ein anderer.
29. 31. 32. \& ſeqq. was darzu requiriret wer-
de. 57 - Contract mit unterſchiedlichen Clauſulen. 33
- Contract von einem Handels-Patron gegen den
Revers ſeines Dieners ausgeſtellt. 40 - Contract vor Notarien und Zeugen aufgerichtet.
42. vor einem Commercien-Collegio. 45 - Contract der Vormuͤnder vor ihren Pupillen mit
mit einem Diener. p.54
Con-
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
- Contract mit einem Complimentario.64. 70. \&
ſeq. - — — mit einem Diener/ dem dabey zu handeln
erlaubet. 10. Buchhalter. 74 - Contract mit einem Caſſirer. 85
- — — mit einem Factor oder Lieger. 85
- — — mit einem Diener mit einer Cargaſon
oder auf eine Zeitlang. 89 - — — im Frantzoͤſiſchen aufgericht. 90. 91. 93
- — — Lateiniſcher. 93
- Correſpondentz was ein Diener deßwegen zu wiſ-
ſen. 192. - Culpa, welche dem Diener zu imputiren/ lata,
levis, an leviſſima. 554
D.
- Demuͤthig muß ein Diener ſeyn. 125
- Delinquent ſo ſeine Untreu bereuet/ ſoll gelinder ge-
ſtrafft werden. 567 - Detail handeln/ was dabey zu beſorgen. 460. 464
- Diebe/ wie ſich auf Reiſen und zu Hauſe davor zu huͤ-
ten. 256. \& ſeq. - Diebe/ wann Handels-Diener vor ſolche zu halten.
559. \& 560- — was die Rechte deßwegen ordnen. ib. \& ſeq.
- Diener eines Kauffmanns/ was er ſey. p.1. \& 505
was ihm zu thun obliege. p.2. 480. wie vielerley
derſelben und was ihre Verrichtung von p.1. biß
10 - Diener neu-angehende/ werden mit Contoriſten
verglichen. p.7- — Was ſie beym Antretten in der Handlung
zu obſerviren. 186
- — Was ſie beym Antretten in der Handlung
(A) 4Die-
[]Regiſter
- Diener (vor Gewoͤlb/ Laden und Waaren) wer
ſie ſeynd und was ihre Verrichtung. p.7. dienen
offtmals vor Geld/ offt umſonſt. p.8 - Diener zur Reiſe/ ſeynd entweder beſtaͤndig darauf/
oder nur gewiſſer Urſachen wegen. p.8. dienen
auf eine Zeitlang/ oder allezeit. 10 - Diener zeitige/ welche ſo genannt werden. 10
- Diener Zuſtand iſt heute zu Tag gantz anders als
ſonſten. p.13 - Diener wird offt ſeiner Perſon wegen angenom-
men. 17. \& ſeq. - Dieners Qualitaͤten in Anſehen des Verſtandes.
18. 19. ſeq. item122. einige ſchicken ſich gut zum
Ein-andere zum Verkauffen. ibid. muͤſſen in
Holland und auch anderwaͤrts Geld zu geben.
ibid. was er zu betrachten/ wann er in Condi-
tion gehen will. 23. ſeq. - Diener muß ſich ſchmiegen und buͤcken. p.25
- Diener ihre Contracte und Formulen davon. 28.
\& ſeq. - Diener muß in groſſen Handels-Staͤdten eine
Procuration haben/ um in der Banco zu agi-
ren. 47- — koͤnnte bey dem Commercien-Collegio
oder der Zunfft eingeſchrieben werden. 46 - — Nebenhandlung/ was davon zu halten. 72.
73
- — koͤnnte bey dem Commercien-Collegio
- Diener zu haben/ verſchiedene Schreiben und Ant-
wort. 95. \& ſeq.
Die-
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
- Diener muß Gottsfuͤrchtig ſeyn. 124. gerecht ibid.
leutſeelig 125. verſchwiegen. 126. wachſam ibid.
fleißig und ſorgfaͤltig. 140. maͤßig. 141. genug-
ſam. 144. 477 - Diener ſo ſich zu weibiſch putzen/ was davon zu hal-
ten. 144 - Diener/ was er bey der Seiden-Handlung zu ob-
ſerviren 151. Material-Handlung. 152. Ei-
ſen-Handlung. 153. \& ſeq. - Diener ſolte noch bey der Handlung eine Hanthie-
rung lernen. 151- — was er bey dem Ein- und Verkauff en groß
zu obſerviren. 174. ſoll offt die Kauff-
leute des Hand-Kauffs beſuchen. 176.
Urſachen deſſen. 156
- — was er bey dem Ein- und Verkauff en groß
- Diener/ was er von Buchhalten/ Wechſeln und
Briefſchreiben wiſſen muͤſſe. 181- — Was er beym Eintritt in der Handlung in
Acht zu nehmen. 184. 185. wie er ſeine
Neben-Stunden zubringen ſoll. 233.
ſeqq. was von ihm præſumiret werde.
244
- — Was er beym Eintritt in der Handlung in
- Diener/ was er auf der Reiſe in Acht zu nehmen.
253. betrachtet erſtlich wohin er reiſe. 245. die
Gelegenheit. 247 - Diener um zu Reiſen gedungen ſeine Requiſita.
249. ſeqq. muß ſich ſuchen in Hochachtung zu ſe-
tzen. 252. was er vor ſich zu lernen. 274 - Diener wie ſie ſollten examiniret werden. 400
(A) 5ſeynd
[]Regiſter
ſeynd wegen des Examinis mit Unterſchied zu
betrachten. 400. ſeqp. - Diener/ wann ſie ihre eigene Handlung anfangen/
was ſie zu bedencken. 427. \& ſeqq. - Diener/ wann ſie mit andern in Compagnie
tretten/ worauf ſie zu ſehen haben. 443. \&
ſeqq. - Diener/ was er in ſeiner eigenen Handlung/ beym
Groſſo und Detail Handl und Commiſſio-
nen zu beobachten. 448. \& ſeqq. - Diener/ ſo groſſe Leute geworden. 475. wodurch.
4 [...]7 - Diener/ ſo zu allen koͤnnen gebraucht werden/ ſeynd
nutzlich 513- — ſoll nicht mehr auf ſich nehmen als er beſtrei-
ten kan. 513
- — ſoll nicht mehr auf ſich nehmen als er beſtrei-
- Diener/ wie fern ſein Herꝛ ſeinetwegen ſich verbin-
de. 526 - Diener/ iſt ſeines Herꝛn wegen nicht zu belangen/
ob er ſich gleich als Selbſt-Schuldner verſchrie-
ben. 529. \&c. - Diener muß gehalten ſeyn/ den Contract zu
erfuͤllen/ wann expreſſe auf ihn geſehen worden.
530 - Diener ſo faul und untreu/ verdienet keinen Lohn.
542. \& ſeq. - Diener ſollen den Uberfluß bey Ablegung der Rech-
nung erlegen. 551 - Diener ſo untreu/ wie ferne ſolche als Diebe anzu-
ſehen. 559. 560
Die-
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
- Diener iſt gehalten auszudienen. 572. Urſachen/
warum ers nicht gehalten. 573 - Diſcours (im) muß ſich ein Diener auf Poſt-Wa-
gen und im Quartier mit Fremden nicht einlaſſen.
255 - Diſtantz der Oerter. 369
E.
- Ehrerbietigkeit der Diener gegen ihre Herren. 570
- Ehrlich wird ein jeder Menſch und jeder Handels-
Diener zu ſeyn geglaubet. 566 - Einkauff der Waaren/ erfordert auf 10. Stuͤcke
Acht zu geben. 449 - Eiſen-Kraͤmers-Diener/ wie ſie zu examiniren. 416
- Eiſen Handlung/ was ein Diener dabey wiſſen muͤ-
ſe. 153 - Eiſen-Werck/ Quinquaclerie, was es ſey. 157
- Engliſch Zinn/ wie es zu uns komme/ was davon zu
wiſſen. 156. 157 - Eſſen und Trincken/ wie man ſich in Peſt-Zeiten da-
bey zu verhalten. 306 - Examen der Diener in Franckreich. 242
- — was vorher gehet. 405
- — derjenigen/ ſo bey Wechslern gedienet. 406.
der Handels-Diener auf groſſen Contoi-
ren 407. der Tuch-Haͤndler. 412. Mate-
rialiſten. 413. Seiden-Haͤndler. 450. Ei-
ſen-Kraͤmer. 416 - Exempel eines gottloſen Dieners. 129
F.
[]Regiſter
F.
- Factor, wer er ſey. p.5. bedeutet offt mehr/ als Com-
plimentarius.ibid. Unterſchied derſelben. ibid.
Contract, ſo mit ihm aufzurichten. 85. was er bey
Commisſionen in Acht zu nehmen. 471 - Falliten/ wie ihnen Diener getreu ſeyn muͤſſen. 140
vid. Banquerottirer. - Farbe der Pferde/ was davon zu halten/ und welche
die beſte. 327. ſeqq. - Fieber/ Urſprung/ und wie es auf verſchiedene Weiſe
zu curiren. 311 - Flaſchen-Keller auf Reiſen gut. 286
- Fleiß eines Dieners/ ruͤhmlich. 376
- Fluͤſſe auf Reiſen/ eine gewoͤhnliche Kranckheit.
288 - Formularia, von Contracten. 28. \& ſeq.
- — — altvaͤteriſche/ aus Briefen zu laſſen. 204.
208 - Formular, darinnen verbuͤndliche Clauſulen. 33.
Ein anders. 40 - Frantzoſen/ wie zu curiren. 317
- Frantzoͤſiſch ſoll ein Diener wiſſen. 205
- Frantzoͤſiſcher Kauffleute Diener Verordnung 401
- Fregatten ſeynd offt Convoy-Schiffe. 375
- Freunde/ was ein Diener/ der ſeine eigene Handlung
anfaͤngt/ deswegen zu betrachten. 432 - Frießlaͤndiſche Pferde groß und ſtarck. 327. beſſer
zum Fahren als Reiten. ibid. - Fuͤrſichtig muß ein Diener bey Einforderung der
Schulden ſeyn. 179
G.
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
G.
- Galeaſſe, was es vor ein Schiff. 376
- Galere/ was es ſey. 376
- Gallionen/ was vor Schiffe es ſeyn/ und wie viel Laſt
es fuͤhre. 375 - Gaſſen/ ſo enge ſeynd/ in groſſen Staͤdten/ nicht
ſicher 266. voller Huren und Diebe. 276 - Gebrechen der Kauffmanns-Diener. 161. \& ſeqq.
- Gedult muß ein Diener haben. 148. auch in Einfor-
derung der Schulden. 179 - Geheimnus muß ein Diener bewahren koͤnnen. 127
werden offt von ihnen entdecket. 163 - Gelaſſen muß ein Kauffmanns-Diener ſeyn. 145
- Geld iſt noͤthig zur Reiſe. 249. in Einnahm und
Ausgab in der Fremde ſich wohl vorzuſehen. 265 - Genuͤgſamkeit/ eine groſſe Tugend eines Kauff-
manns-Dieners. 144. \& ſeqq. - Geographie ſoll ein Diener wiſſen. 233
- Geſellſchafften koͤnnten Kauffmanns-Diener unter
ſich aufrichten. 504 - Geſinde/ ſo mit Unwillen weggekommen/ im Dienſt
zu nehmen verboten. 17 - — — erlaubet/ wann rechtmaͤſſige Urſachen ſich
finden. ibid. - Geſtuͤrtzten/ mit dem Pferde/ wie zu helffen. 318
- Geſundheit einem Kauffmanns Diener noͤthig. 147.
284. ſeqq. wird bey dem einen anders/ als bey
dem andern conſervirt. ibid. wie ſie zu verwah-
ren und Kranckheit abzuwenden. 283. \& ſeq.
Ge-
[]Regiſter
- Getreu muß ein Diener ſeyn/ an- und abweſend. 129
137 - Getreu muß der Diener auch gegen ſeinem verſtor-
benen Herꝛn ſeyn. 139 - Gewuͤrtz-Handlung wegen/ wie Diener zu exami-
niren. 413 - Glieder/ wann ſie erfroren/ was davor gut. 289
- Gluͤckſeeligkeit einiger Kauffmanns-Diener. 475
- Gottsfuͤrchtig muß ein Diener ſeyn. 124
- — — iſt ſelten zu finden. 162. ſeqq.
- — — iſt die beſte Artzney vor alle Kranckheiten.
285 - Grosſirer/ was ein Diener in deſſen Handlung in
Acht zu nehmen. 172 - — — welche anderen ihre Waaren zum Hand-
kauff geben/ gehen ſicher. 454 - — — was ſie dabey zu erwegen. 456
- Groſſo, wann Waaren eingekaufft werden/ was zu
beſorgen. 448 - — — was in Acht zu nehmen/ wann im Groſſo
verkaufft wird. 454 - Gulden-Reſolvirung zu Thaler. 368
H.
- Hals-Braͤune/ was davor gut. 314
- Hals boͤſer/ wie zu curiren. 316
- Hamburg/ haͤlt Buch und Rechnung/ wie 357
- — — wechſelt auf Antwerpen. ibid.
- — — auf Cadix/ Sevilia \&c. 358
- — — Franckfurt am Mayn. 358
Franck-
[]der vornehmſten Sachen/
- Franckreich/ London/ Liſſabon. 359. Venedig/
Madrit. 360
- Franckreich/ London/ Liſſabon. 359. Venedig/
- Handels-Diener/ was er ſey. 1
- — — — wie vielerley Arten derſelben. 3. biß
10 - Handel/ wann ein Diener ſeinen eigenen anfaͤngt.
427 - — — was er zu beſorgen. 427. ſeqq.
- Hand-Kauff/ was dabey zu betrachten. 460
- Handlung der Diener/ ſo ſie bey ihren Herren trei-
ben/ was darvon zu halten. 73 - — — desjenigen Landes/ wohin die Diener rei-
muͤſſen ſie lernen. 275 - Hand-Schrifft eines Dieners/ was darbey erfordert
werde. 203 - Handwercker ſoll ein Diener fleiſſig beſuchen. 241
- Handwercks-Jungen/ ſo entlauffen/ oder mit Unwil-
len weggekommen/ im Dienſt zu nehmen verbo-
ten. 17 - Hanſeatiſcher Kauffleute Qualitaͤten und Requiſi-
ta. 422. \& 423 - Hanſee-Bund gab denen Dienern ein ſonderbares
Anſehen. 340 - Hazardiren ſoll ein Diener nicht. 253
- Hoͤflichkeit recommandiret einen Kauffmanns-
Diener. 161. auch auf Reiſen. 273 - Humeur ſeines Herꝛn muß der Diener wiſſen. 25
- Hunds-Biß/ wie er zu heilen. 312
- Huren und Unzucht zu meiden/ wie ſich vor Huren zu
huͤten. 161 - — wo ſie ſich aufhalten. 161
Hu-
[]Regiſter
- Huſten/ wie er zu curiren. 290. bey Pferden. 341
J.
- Jahr/ wie es getheilet werde. 370. Schalt-Jahr/
was es ſey. 371 - Immatriculiren der Kauffleute/ worzu es nutze.
424 - Inſtruction muß ein reiſender Diener haben. 249
- Intereſſe-Rechnung/ ausgerechnet in Tabellen.
366 - Jtaliaͤner ſtirbt vom Schincken. 248
- Jungen der Handwercker/ was derentwegen die
Frantzoͤſiſche Verordnung befiehlet. 401
K.
- Kaͤltung muß man verhuͤten. 288. Cur/ wann man
ſich verkaͤlt. 289 - Kauffleute/ ſo ihren Dienern bloſe Hoffnung ma-
chen/ ſie zu recommendiren/ oder zu befoͤrdern/
thun nicht wohl. 19 - Kauffmann/ was er bey Annehmung eines Dieners
in Acht zu nehmen. 11. 12. \& ſeqq. - — — ſiehet vornehmlich auf dreyerley. ibid.
- — — muß mannichmal wegen der Haushaltung
und des Dieners andere Gedancken
nehmen. 14. 15. - — — ſiehet auf deſſen Leibes- und Gemuͤths-
Qualitaͤten. 16. 17. 18. ſeqq.
Kauff-
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
- Kauffmann/ ſo verſtaͤndig/ ſiehet gleich/ was an ei-
nem Diener zu thun. 192 - — — Schreiben um Diener. Cap.2.
- — — zu werden/ koſtet an einigen Orten Muͤ-
he. 418 - — — wie ferne ihn die Actiones ſeines Die-
ners binden. 525 - Kauffmanns-Soͤhne haben einen Vorzug vor an-
dern. 401 - — — Diener/ wer ſo genannt werde. 1
- — — — wie vielerley derſelben. 3. biß 10
- — — — hat heute zu Tag eine andere Be-
wandtnus mit ihnen/ als vor dem
12. Siehe Diener.
Qualitaͤten. 120. \& ſeqq. - Keuſchheit/ eine groſſe Tugend eines Dieners.
141 - Kinder/ ſiehet ein Kauffmann zu gebrauchen. 11. 13
- Klage/ wegen des/ einem Diener von ſeinem Herꝛn
verſprochenen Salarii. 507 - Klugheit wird an einem Diener erfordert. 124
- Koͤnigsberg auf Amſterdam. 361. auf Hamburg.
ibid. - Kraͤmer/ was ſie bey Anfang ihrer Handlung zu be-
trachten. 460 - Kranckheiten verurſacht der Menſch ſich offt ſelb-
ſten. 285 - Krancken Dienern muß der Herꝛ ihr Salarium ge-
ben. 52 - — — — wie ſolches den Rechten nach gehalten
wird. 572
(B)Kuͤhn
[]Regiſter
- Kuͤhn muß ein Diener im Einfordern der Schulden
ſeyn. 177
L.
- Laden-Diener/ was ihre Function. 7. vid Diener.
— eines Kauffmanns/ wie er muß gelegen ſeyn.
465 - Langſamkeit eines Kauffmanns-Diener/ unanſtaͤn-
dig 165 - Laſter der Kauffmanns-Diener. 162. ſeqq.
- Leben junger Leute und der Kauffleute Diener. 162.
\& ſeq. - Leib muß in Peſt-Zeiten offen ſeyn. 309
- Lehren/ ſehr heilſame/ vor getreue Diener/ bey aller-
hand Handlung zu obſerviren. 172 - Leutſeelig muß ein Kauffmanns-Diener ſeyn. 125.
161 - Libell eines Dieners wider ſeinen Herꝛn/ wegen ver-
ſprochenes Salarium. 507 - Liederlich ſeyn/ ein Laſter der Kauffmanns-Diener.
169 - Liſſabon, wie es auf Hamburg wechſeln. 361
- — — auf Amſterdam/ Antwerpen/ London.
363 - Livorno wechſelt auf Amſterdam. 363
- Logements wegen auf Reiſen/ ſiehet ſich einer wohl
vor. 265 - Lohn der Diener/ vide Salarium.
- London wechſelt auf Amſterdam. 361
- — — auf Antwerpen. 362
Lon-
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
- London wechſelt auf Cadix/ Madrid/ Franckreich/
Livorno, Liſſabon. 362 - — — — Venedig. 363
- Lues Venerea, wie zu curiren. 37
- Lufft-Veraͤnderung verurſacht Kranckheiten. 286
- — die geſundeſte/ die beſte. 303
- — inficirte/ wie zu reinigen. 304
- Lyon, wie es auf verſchiedene Plaͤtze wechſele. Sihe
364
M.
- Magen/ mit was er zu ſtaͤrcken. 288
- Maͤngel der Pferde. 331
- — — (Haupt) 332
- — — heben den Kauff-Contract auf. ibid.
- Manual, ſoll der Diener ſich zu ſeiner Nachricht ver-
fertigen. 203 - Manufacturen/ die gut ſeynd/ kan ein Kauff-Diener
bemercken. 238 - — — — wo davon zu leſen. 240
- — — — was dabey zu betrachten. 449
- Maͤrckte beziehen/ was ein Diener dabey in Acht neh-
men muͤſſe. 251 - Maͤſſig muß ein Diener ſeyn. 141
- — verhindert viele Kranckheiten. 286
- Magazin, ſo heraus/ koͤnnte ein Diener vermehren.
152 - Material-Handlung/ was ein Diener darbey zu ob-
ſerviren. 152. \& 153 - — — — Neben-Dinge dieſer Handlung. 238
(B) 2Mate-
[]Regiſter
- Materialiſten-Diener/ wie ſie zu examiniren. 413
- Mechanic einem Diener nuͤtzlich/ wird verſaͤumt.
237 - Melancholey jungen Leuten ſchaͤdlich. 168
- Memorial ſoll der Diener ſich zum Gebrauch ma-
chen. 203 - Menagiren muß ein Kauffmanns-Diener. 281
- Moldauiſche Pferde koͤnnen Travaillen ausſtehen.
326 - Montes Pietatis, unter Kauffmanns-Dienern auf-
zurichten. 489 - Muſic muß maͤſſig getrieben werden. 239
- Muͤſſige Stunden auf Reiſen/ wie ſie zu vertreiben.
282
N.
- Nachts muß ein Diener in fremden Wirths-Haͤu-
ſern vorſichtig ſeyn. 265. 270 - Naßweiß/ ein Gebrechen der Kauffleute Diener.
168 - Neben-Handlung der Diener. 72. 73.
- — — — ob ſie zulaͤſſig. 73
- — Stunden/ wie ſie ein Diener auf Reiſen ſoll zu-
bringen. 228 - — Menſchen/ wie ein Diener ihnen getreu. 133
- Neuigkeiten der Handlung ſoll ein Diener zu wiſſen/
trachten. 176 - Nuͤrnberg bekommt viel Zinn aus Meiſſen. 156. 157
- Nutzen der Examinis der Kauffmanns-Diener.
420. 421. ſeqq.
O.
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
O.
- Ohnmachten/ was davor gut. 316
- Ordre muß ein Kauffmanns-Diener folgen. 279
- — zuweilen unlimitirt einem Kauffmanns-Die-
ner zu geben. 279 - Ort des Etabliſſements, was deswegen zu wiſſen.
439
P.
- Paͤſſe muß ein Diener nicht vergeſſen. 254
- Patroni, wie weit ein Diener/ der ſein Eignes an-
faͤngt/ ſelbige zu conſideriren. 436 - Patrons der Diener/ wie weit/ und aus was Urſa-
chen/ ſie aus ihrer Diener Verrichtung
obligirt. 530 - — Befehl/ ob der Diener uͤberſchreiten kan. 574
- Patron muß den Diener wuͤrcklich angenommen ha-
ben/ ſonſten iſt er nicht aus ſeinen Actioni-
bus obligirt. 533 - — Patron, wie er den Diener zu halten verbun-
den. 573. \& 574 - Perſien giebt viel Seide. 150
- Perſon/ an der man ſchreibt/ iſt im Brief-Schreiben
zu betrachten. 207 - — wie auch ſeine eigene. 206
- Peſt Urſprung/ Præſervirung und Cur. 296. ſeqq.
- Pferd muß ein Diener auf Reiſen wohl in Acht neh-
men. 270 - — was bey Reiſen zu Pferd zu obſerviren. 321
(B) 3Pferd
[]Regiſter
- Pferd/ was mit ihm vor der Reiſe zu thun. 321
- — was im Stall zu betrachten. 323
- — in der Herberg. ibid.
- — wie es Nachts ſoll gewartet werden/ und wie
fruͤh. 325 - — Kenn-Zeichen. 326
- — verſchiedene Sorten und Nationen. 326
- — Qualitaͤten. 330
- — Maͤngel. 331
- — wann es nicht freſſen kan. 336
- — die Feiſſel zu curiren. 336
- — wann es vom Sattel beſchaͤdigt und gedruckt/
was zu thun? 337 - — wann es vom Sattel geſchwellet/ harten Odem
hat/ nicht ſtallen kan. 338 - — wann es einen Nagel im Fuß getretten. 339
- — wann es vernagelt. ibid.
- — geſchwollene Schenckel bekommen 339
- — wann es ſich uͤberſoffen. 340
- — offene Schaͤden. ibid.
- — den aufwerffenden Wurm hat. 340
- — abgeritten/ Huſten hat/ und purgieren ſoll.
341 - — Polniſche ſeynd dauerhaffter/ als Ungariſche.
326 - Pflicht/ ſo Handels-Diener ihren Herren ſchuldig.
170 - P[oſ]t-Waͤgen ſeynd nicht/ um ſich darauf bekannt zu
machen. 255 - — — muß ein Diener wohl auf die Aufpackung
ſeiner Sachen Acht geben. 272
Poſt-
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
- Poſt-Waͤgen muß man nicht ſchlaffen. 272
- Practica in der Handlung ſeynd Kauffleuten nutz-
lich. 9 - Præſervation vor die Peſt. 296
- Preiß der Waaren/ was deswegen zu beſorgen.
451. \& ſeqq. - Privilegia der Handels-Diener. 504. \& ſeqq.
- Proviſor, wer er ſey. 4
- Purgantia, ob ſie gut in der Peſt. 298
- Purgiren/ wann man will/ was gut. 319
- Purgantz vor Pferde. 341
- Putz der Diener/ was davon zu halten. 143. \& 144
Q.
- Qualitaͤten eines Dieners. 17
- — — des Gemuͤths. 18. und das gantze dritte
Capitel. - — — ſo er naͤchſt der Kauffmannſchafft ſich zu-
legen muß. 235. ſeqq. - — — der Pferde. 330
- Quinqualerie, was ein Diener dabey zu obſervi-
ren. 157
R.
- Rechnung/ ſo guͤltig ſeyn will/ was ſie vor Requiſita
haben muͤſſe. 547 - — — wann ſie uͤberliefert/ erfordert den Uber-
Reſt heraus zu geben. 550 - Rechnen/ einen Diener noͤthig. 235
- Recht der Kauffmanns-Diener uͤberhaupt. 504
- — der ungetreuen Handels-Diener. 559
- Recommendations-Briefe den Dienern zu geben.
393. ſeqq. - — — — — Frantzoͤſiſche. 395
- — — — — Lateiniſche. 398. \& ſeqq.
(B) 4Re-
[]Regiſter
- Recipirung in der Zunfft/ ob man ſie Dienern ſoll
ſchwer machen. 425 - Reden (im) muß ſich ein Diener wohl in Acht neh-
men 254 - Redlich muß ein Diener ſeyn/ gegen GOTT und
Menſchen. 128. wie ers gegen GOTT iſt.
128. vid. Treu. - — gegen ſich ſelbſt. ibid.
- Regeln/ ſo nothwendig/ auf Reiſen in acht zu neh-
men. 264 - Reinigkeit des Leibs und Gemuͤths Dienern noͤthig.
143 - Reiſe Diener/ was ihre Verrichtung. 8
- Reiſen/ was davon zu wiſſen. 243
- — geſchehen in der Naͤhe oder Ferne. 245 \& 246
- — uͤber See/ wie ſie geſchehen/ und was in Acht zu
nehmen. 247 - — wann ſie vollendet/ was der Diener zu thun.
283. - — zu Pferd/ was ein Diener dabey zu beſorgen.
321. ſeqq. - Religion anderer/ muß ein Diener nicht tadeln.
254. - Revers eines Dieners/ da der Patron ſich zu erſt ver-
bunden 41 - Richters Amt/ wann einem Kauffmanns-Diener
kein Salarium determiniret. 523 - Rothe Ruhr/ deren Urſprung und Cur. 290. \& ſeq.
- Ruchloſen Dieners Exempel. 129
- Ruchloſigkeit/ Laſter eines Menſchen und Kauff-
manns. 162 - Ruhig muß das Gemuͤth zu Peſt-Zeiten ſeyn. 309
S.
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
S.
- Salarium eines Dieners/ hat im Concurſu Cre-
ditorum einen Vorzug. 310 - — — kan nicht mit Arreſt noch Steuer beleget
werden. ibid. wird ſummarie daruͤber
erkannt. 511 - Salarium iſt nicht allezeit einerley. 511. ſoll nicht
allzugroß ſeyn. 515 - Salarium ſoll einem Diener nicht vorenthalten wer-
den. 516. Klag deßwegen. 517 - — — muß auch krancken und abgelebten Die-
nern gereichet werden. 520. \& ſeqq.
auf welche Weiſe. 577. wann keines
determiniret/ was Rechtens. 523 - Salarium darff ein Herꝛ dem Diener nicht voll zah-
len/ wann er auſſer der Zeit bald andere Condi-
tion bekommt. 571 - Schlaffen-gehen in frembden Haͤuſern/ was man
dabey zu bedencken. 270 - — — auf Poſt-Waͤgen gefaͤhrlich. 272. \&
273. in Peſt-Zeiten moderate zu
ſchlaffen und zu wachen. 308 - Schlag/ was gut davor. 313
- Schreiben um einen Diener. 95. 97. — 107
- Schreiben an einem ſich aufhaltenden Diener.
103. Antwort auf vorhergehende. 103. — 112
(B) 5Schrei-
[]Regiſter
- Schreiben eines Dieners um Dienſt zu haben. 112
113 - — — an einem Maͤckler. 115
- Schreiben eines Dieners an eine gantze Zunfft oder
Collegium. 115 - — — an einem Handels-Patron. 117
- Schreiben eines Patrons um die Qualitaͤten des
Dieners zu wiſſen. 119. Antwort. 120- — — abſchlaͤgiges an einem Diener. 121. an-
genehmes. ibid.
- — — abſchlaͤgiges an einem Diener. 121. an-
- Schulden einzufordern/ muß ein Diener/ kuͤhn/
ſorgfaͤltig/ emſig/ vorſichtig und gedultig ſeyn.
177. ſeqq. 251. 280. wie ſie durch den Weeg
Rechtens eingetriebenen werden. 252. 551 - Schwartze Farb der Waaren/ was ihr vor Licht
dienlich. 465 - Soͤhne der Kauffleute/ haben wegen des Examinis
einen Vorzug vor andern. 403. 404- — der Kraͤmer ſuccediren ihren Vaͤttern
gleich. 403
- — der Kraͤmer ſuccediren ihren Vaͤttern
- Schwindel/ was gut davor. 313
- Scorbut eine See-Kranckheit/ deren Cur.
295 - Scripturen/ wie ein Diener damit umzug ehen.
192 - — — eigene ſollen nicht ſo voll frembder Wor-
te ſeyn. 204. wie er der Scripturen
wegen zu examiniren. 409
See-
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
- See-Reiſen des Dieners. 247 \& 248
- — Sachen wegen muß ein Diener examiniret
werden. 409 - See-Kranckheiten/ woher ſie kommen/ und wie ſie
zu curiren. 294 - See-Ungewitter/ was vor Vorboten. 13. 18
- Seiden-Handel/ was dabey zu bemercken/ und
ſonderlich roher Seiden. 150 - Seide wie vielerley Sorten. 150. 151
- Seide/ wie ein Diener deßwegen zu examiniren.
410 - Siegeln der Briefe/ was darbey zu obſerviren. 229
- Smacke was fuͤr eine Art Schiffe. 376
- Solennitaͤten werden von Spitzbuben beygewoh-
net. 263 - Solſtitium was es ſey. 371
- Spitzbuben wer ſie ſeynd/ wie ſich davor zu huͤten.
256 - — — ſuchen einen Menſchen durch allerhand
Weege zu beruͤcken. 258. ſeqq. - — — wie und warum ſie zu erkennen. ibid.
- Sprachen ſoll ein Diener nicht vielerley in ſeinen
Schreiben ſich bedienen. 204 - Sprachen/ ſonderlich die Frantzoͤſiſche muß ein Die-
ner wiſſen. 205. 235 - Stahl-Arbeit. 157. \& 158
- Stifftungen unter Kauffmanns-Dienern aufzu-
richten. 489
Sty-
[]Regiſter
- Stylus der Kauffleute ſoll nicht ſo affectirt ſeyn/ gu-
ter Rath deßwegen. 204 - Stunden des Jahrs wie viel. 372
T.
- Tage des Jahrs wie viel. 371. ſeq.
- Tage zunehmen. 373
- Teſtimonia ſo Kauffmanns-Dienern gegeben wer-
den. 380. Formular.383. ſeqq. Frantzoͤſiſche.
389. 380. Lateiniſche. 392 - Thaler Reſolvirung zu Gulden. 367
- Titulatur, was dabey in Acht zu nehmen. 207
- — — Frantzoͤſiſche aller Namen und Officio-
rum. 209. ſeqq. - Titul verſchiedener Herren. 207. 208. ſeqq.
225 - Todes-Straff/ ob ſie bey einem ungetreuen Han-
dels-Diener Statt finde. 560. - Todtes-Straff/ wann ein Handels-Diener damit
zu belegen/ was deswegen zu betrachten.
565 - Treu und redlich muß ein Diener ſeyn gegen GOtt.
178 - — — — gegen andere. 133
- — — — gegen ſich ſelbſt. p.128
- — — — wie ers gegen GOtt ſeyn kan. ibid.
ſich ſelbſt. ibid. - — — — gegen ſeinem Herꝛn. 129. abwe-
ſend. 137. 138. wenn der Herr
todt. 139
Trun-
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
- Trunckenheit/ Laſter der Kauffleute. 168
- Tugenden der Pferde. 330
V.
- Verfallzeit/ eher darff der Herꝛ den Diener nicht
bezahlen. 519 - Verkauffen Groß wie ſolchen ein Diener verſtehen
muͤſſe. 458 - Verordnung wegen der Frantzoͤſiſchen Hand-
werckszeugen. 401- — — wegen der Groſſirer. 403
- Verrichtungen des Dieners/ ſeynd auf der Reiß
wie zu Haus. 253 - Verſehen/ welches und wie weit es einem Diener
zuzurechnen. 554. ſeq. - — — wann es nicht doloſe, ſondern aus Nach-
laͤßigkeit geſchehen/ wird nicht cri-
minaliter geſtrafft. 568 - Verſchwiegen muß ein Diener ſeyn. 126
- Vertauſchen der Waaren/ was dabey zu beobach-
ten. 459 - Unbekandten Leuten iſt nicht zu trauen. 273. ſonder-
lich auf Reiſen. 262 - Unbeſtaͤndig ſeyn/ ein Laſter der Kauffmanns-Die-
ner. 171 - Undanckbaren muß der Diener getreu ſeyn. 135
- Ungariſche Pferde was davon zu halten. 326
- Untreu muß ein Kauffmanns-Diener meiden/ wes-
wegen die Rechte verordnet. 559. wie ſolche Un-
treu zu beweiſen. 568
Un-
[]Regiſter
- Unvertraͤglich ſeyn/ ein Laſter aller und ſonderlich der
Kauffleute. 169 - Vollmacht einem in der Frembde negociirenden
Diener mit zugeben. 87 - Vollmacht muß ein Diener generale gehabt ha-
ben/ wann ſein Herꝛ ſeiner Handlung wegen ſoll
obligirt ſeyn. 530
W.
- Waaren-Einkauff/ was ein Diener dabey zu beſor-
gen. 280. 449 - Waaren Kanntnuß wegen/ muß ein Diener exami-
niret werden. 408 - Waaren/ ſo vor anderer Leute Rechnung zu verkauf-
fen/ was dabey in Acht zu nehmen. 471 - Wachſam muß ein Kauffmanns-Diener ſeyn.
126 - Warheit einem Kauffmanns-Diener noͤthig.
zu Waſſer/ wann und wie die Reiſen geſchehen
muͤſſen. 247. und 249vid. See. - Wechſel-ſchlieſſen was ein Diener dabey in Acht zu
nehmen. 189. \& ſeqq. beym Abgeben der Wech-
ſel-Gelder/ was zu beſorgen. 253. 281. Wech-
ſel-Brief durch Diener acceptirt/ was Rechtens.
539 - Verwechſeln der groben Gelder gegen klein zum
Nutzen des Dieners iſt ein Diebſtahl. 553. - Weiſſe Farbe was ſie vor Licht haben muͤſſe. 466
- Weſtphaͤlinger wird durch einen Schincken curirt.
284
Wirths-
[]der fuͤrnehmſten Sachen.
- Wirthshaus/ wie ſich darinnen vorzuſehen. 265.
muß alles durchſuchen. 269. Logiment wohl be-
veſtigen und verrigeln. 269 - Winde/ wie vielerley derſelben. 377. Vorboten des
Sturms. 378 - Wiſſenſchafften eines Kauffmanns-Dieners. 174.
ſeq. ſeynd general und ſpecial.148. ſiehe Qua-
litaͤten. - — — — welche er nebſt der Handlung wiſ-
ſen muͤſſe. 233
Z,
- Zaͤhne weiſen der Pferde Alter. 333. worinn auch
Betrug geſchehen kan. 334 - Zaͤrtlichkeit ſtehet einem Kauffmanns-Diener nicht
wohl an. 167 - Zeichnen koͤnne einem Diener vortheilig ſeyn. 237
- Zeitige Diener wer ſie ſeynd. p.10
- Zinn deſſen Betrachtung. 156. wo es herkommen.
ibid. wird viel in Meiſſen und Boͤhmen ange-
troffen. 156. Preiß deſſelben. 157- — Engliſche kommt in Blocken/ Saͤchſiſche
und Boͤhmiſche in Beutel und Zinn-
Groſchen. ꝛc. 157
- — Engliſche kommt in Blocken/ Saͤchſiſche
- Zulauff der Leute pflegen ſich Spitzbuben zu bedie-
nen. 268 - Zunfft zu kom̃en/ koſtet offt Muͤhe und Koſten. 418.
ſeqq. - Zweyerley zu thun und Zweyen zu dienen beſchwehr-
lich/ auch wider die Rechte. 512
ENDE.
[][][]
- License
-
CC-BY-4.0
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- Citation Suggestion for this Edition
- TextGrid Repository (2025). Marperger, Paul Jacob. Getreuer und Geschickter Handels-Diener. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bk1j.0