[]
Herrnhuterey
in ihrer Schalkheit/

Aus der neueſten Schrift
Ludwigs von Zinzendorf,

naturelle Betrachtungen genant.

Dritter Theil.

[figure]


Gieſen: , bey Joh. Philip Krieger. 1748.
[][]

Geneigter Leſer!


ES erſcheinet hier die dritte
Fortſetzung der Herrnhuterey
in ihrer Schalkheit. Sie ent-
haͤlt eine genaue Unterſuchung
derjenigen Gottloſigkeit, welche Zinzen-
dorf mit den Glaubensbekentniſſen ſo-
wol der gantzen Chriſtenheit, als beſon-
ders der Augſpurgiſchen Confeßion, in
Anſehung der Lehre von der heiligen
Dreieinigkeit gegen alle bisherige War-
nung, treibet. Daß dieſer Greuel nicht
etwa ſeine Perſon allein betreffe, ſon-
dern ſeine gantze Rotte daran Theil
nehme; ſolches iſt aus denen Urſachen
zu erweiſen, welche in der Vorrede zum
zweiten Theil, angefuͤhret ſind. Er
bekennet es auch ſelbſt, wie in dieſer
Abhandlung (§. 134.) gezeiget iſt. Und
da er uͤber dieſes, im Kreutzreich, die-
ſe recht wahnſinnige Spoͤtterei der hei-
):( 2ligen
[]Vorrede.
ligen Dreieinigkeit, wiederholet, und
aller chriſtlichen Erinnerung ohngeach-
tet, auf die hartnaͤkigſte Art verſtrei-
tet: ſo muß ſeine geſamte Kirche, in
deren Namen das Kreutzreich aus-
gegangen iſt, ihn auch hierinnen ver-
treten. Sie thut dieſes gehorſamlich,
und hilft alle diejenige aufs aͤuſerſte ver-
hoͤhnen, welche ihrem Oberhaupt ge-
gen dieſe Verwegenheit eingeredet ha-
ben. Ja ſie macht eine Probe daraus,
welche beweiſen ſoll, daß das Kreutz-
reich Chriſti in ſeiner Unſchuld, bey ih-
nen ſeye; und rufet GOtt zum Mit-
zeugen
an, wie ausdruͤcklich auf dem
Titelblat des Kreutzreichs zu leſen iſt.
Jch hoffe demnach keinen Jrthum zu
begehen, wann ich hier abermal, nicht
ein Kreutzreich unſers Heilandes
in ſeiner Unſchuld
, ſondern eine aͤch-
te Herrnhuterey in ihrer Schalk-
heit
, entdecke. Dann jener misbrauch-
te Titel, hat mir zu dieſem wahren und
richtigen Namen ſchon bei Fertigung
des erſten Theils Anlas gegeben.


§. 2.


Es iſt uͤbrigens dieſe Unterſuchung
etwas
[]Vorrede.
etwas ausfuͤhrlich gerathen. Vielleicht
habe ich Urſachen darzu, welche nicht
gaͤntzlich zu tadeln ſeyn moͤchten. 1) Zin-
zendorf leget ein Bekentnis ſeines Glau-
bens, und der Ubereinſtimmung ab,
theils mit den Lehren der chriſtlichen Re-
ligionen insgeſamt, theils mit dem Aug-
ſpurgiſchen Lehrbegrif unſerer Kirche.
Er bedienet ſich, ſeiner Gewonheit nach,
ſolcher ſchluͤpferigen Umwege, da man
auf alle Wendungen und Fustritte mer-
cken muß, wann ſein Betrug hinlaͤng-
lich entdecket werden ſoll, 2) Hiernechſt
ſchreibe ich, ſoviel moͤglich, zur Uberzeu-
gung. Das noͤthiget mich, den rechten
Verſtand der Zinzendorfiſchen Jrrlehren
aufzuſuchen, und aus des Verfaßers
Worten, ſeinem Lehrgebaͤude gemaͤß, zu
erweiſen. Dieſes iſt deſto noͤthiger, je
bekanter ſeine Argheit iſt, alles auf der
Stelle zu leugnen, und ſodann mit bos-
haften Laͤſterungen deſto freygebiger zu
ſeyn. Daher habe ich ihn eingetrieben
von allen Seiten, und ihm alle Auswe-
ge verbauet. Dabei geſchiehet es aber,
daß ich auch, wo es noͤthig, die von ihm
angefochtene und verſpottete Warhei-
):( 3ten,
[]Vorrede.
ten, auf der andern Seite, kuͤrtzlich be-
haupten muß: Dieſe Muͤhe wuͤrde ich
erſparen koͤnnen, wann ich mit der blo-
ſen Anzeige ſeiner Abweichungen mich
begnuͤgen wolte. Jch hoffe aber damit
niemanden beſchwerlich zu fallen, da
bevorab die Leſer nicht von einerlei Art
ſind.


§. 3.


Es finden ſich 3) vielleicht fleiſige und ge-
ſchickte Maͤnner, welche hiernechſt die ab-
ſcheuliche Jrgeiſterei der Zinzendorfiſchen
Secte, nach der Ordnung unſerer Glau-
benslehren, in eine noch vollſtaͤndigere
Verfaſſung bringen, als von beruͤhm-
ten Lehrern allſchon, wiewol der Ab-
ſicht wegen, annoch kurtz, und ſumma-
riſch, auch zum Theil nur ſtuͤckweiſe ge-
ſchehen iſt. Darzu wird alsdann nicht
undienlich ſeyn, ſolche Ausfuͤhrungen
vor fich zu haben, wo das noͤthige, mehr
als anderswo, beiſammen ſtehet.


§. 4


Jetzt habe ich das eintzige noch zu er-
innern. Jch gebrauche einen Eifer in
dieſen Blaͤttern. Es fallen wo noͤthig,
Ausdruͤkke, welche mir ſelber hart vor-
kom-
[]Vorrede.
kommen wuͤrden, wann ich ſie auſer die-
ſem Geſchaͤfte gebrauchet haͤtte. Einen
Leſer, welcher das Zinzendorfiſche Ge-
heimnis der Bosheit nicht genau inne
hat, koͤnte dieſes leichtlich befremden. Je
mehr ich aber die Umſtaͤnde, und mich
ſelber pruͤfe, deſto mehr finde ich zu die-
ſem Ernſte mich berechtiget, ja verbun-
den. Jch kan mit GOtt und meinem
Gewiſſen bezeugen daß ich weder von
Natur noch als ein Chriſt, zu einer mei-
nem Naͤchſten beſchwerlichen Haͤrte,
wohl aber zum Gegentheil Neigung ha-
be. Und wie behutſam ich anfangs ge-
gangen bin, mich den Zinzendorfiſchen
Bewegungen zu widerſetzen, das iſt dem
bekant, der Hertzen und Nieren pruͤfet.
Das Vertrauen auf eine ausnehmend
redliche Abſicht, vor die Befoͤrderung
des wahren Chriſtenthums, welche ich
bey dieſem damals der Geburt nach gro-
ſen und rerehrenswuͤrdigen Mann zu
vermuthen geneigt war, hatte mich voͤl-
lig eingenommen, ehe ich Gelegenheit
fande, ſein Werck vor GOtt zu pruͤfen.
Meine erſte Schriften haben deutliche
Spuren von den Stufen der Zurecht-
):( 4wei-
[]Vorrede.
weiſung, deren man ſich gegen die ir-
rende nach Chriſti Vorſchrift zu bedie-
nen hat. Da mich der ſogenante Biſchof
Muͤller, um der Warheit willen, auf
die unbaͤndigſte Art bereits mishandelt
hatte, ware ich noch nicht auſer Hof-
nung, einige Beſſerung zu ſehen. Jch
bate den Urheber dieſer giftigen Sekte,
um des gemeinſchaftlichen Heilan-
des willen, daß er ſich begreifen,
und die gefaͤhrliche Verſuchung
des Feindes einſeheu moͤchte ꝛc.

wie aus dem Anhang einer Diſputa-
tion von dem Zinzendorfiſchen Pre-
digaͤrgernis
zu erſehen iſt.


§. 5.


Da nichts deſtoweniger dieſer Jr-
geiſt, desgleichen keine Kirchengeſchich-
te aufweiſen kan, nicht nur immer wei-
ter gienge, ſondern auch das Zeugnis
der Warheit, mit Untermengung der
heftigſten perſonal-Jnjurien, gegen al-
le redlichſte Lehrer ohne Unterſchied, auf
die boshafteſte Art verlaͤſterte: mithin
alle Merckmale der verlohrnen Hof-
nung und des uͤberhand nehmenden Un-
ſinnes, von ſich ſpuͤren lieſe: ſo ſtunde
es
[]Vorrede.
es nicht mehr bei mir, von denjenigen
Spuren der noͤthigen Schaͤrfe abzuwei-
chen, weiche ich im alten und neuen Te-
ſtament gegen die Frechheit der Feinde
GOttes, vor Augen finde. Chriſtus
nennet ſie Diebe und Moͤrder, Un-
krant das der Teufel geſaͤet habe,
Luͤgner, Ottergezuͤchte ꝛc.
Paulus
beſchreibet ſie als Hunde, die Zer-
ſchneidung
anrichten, Diener des
Satans
, die in Engelsgeſtalt er-
ſcheinen. Ja er verfluchet ſie ohne
Bedencken, wann ſie ein ander Evan-
gelium predigten, als er verkuͤndiget
hatte. Und das Verfahren der Apo-
ſtel, mit Simon dem Zauberer, wel-
cher ſich gleichwol hatte taufen laſſen,
und die Taufe ſonſt in ihrem Wehrte
ließ, wuͤrde uns hart vorkommen, wann
es nicht in der Bibel ſtuͤnde. Dieſes
alles konte mit Beibehaltung der ge-
meinen Liebe, und noͤthigen Vorbitte,
gantz wohl beſtehen.


§. 6.


Demnach wird der geneigte Leſer
ſich nicht irren laſſen, wann ich ſo lan-
ge bei meinem auf Warheit, und Noth-
)( 5wen-
[]Vorrede.
wendigkeit der Sache beruhenden Ernſt
beharre, als Zinzendorf bei ſeiner Bos-
heit: und dennoch den lieben GOtt, den
er verſpottet, eben ſo eifrig um ſeine
Herumholung bitte. Perſonal-Jnju-
rien wird niemand in dieſen Zeilen fin-
den. Jch zeuge wider einen verhaͤrte-
ten Jrgeiſt, den ich bey ſeinem Namen
nennen muß. Wer gelindere Wider-
legungs-Schriften gegen ihn herausgibt,
dem richte ich ſein Gewiſſen nicht. Die
Einſichten in den Greuel des Zinzen-
dorfiſchen Weſens koͤnnen von verſchie-
denen Stufen ſeyn. Darnach richtet
ſich die Gemuͤthsfaſſung des Wiederle-
gers: Auch laſſen ſich weder Natur-noch
Gnadengaben uͤber einen Leiſten ſchla-
gen. Verſchiedene Maͤnner GOttes
in unſerer Kirche, haben ehedem ihren
Widerſachern gelinder begegnet. Es iſt
wahr. Aber man erwege die Beſchaffen-
heit ihrer Widerſacher. Vielleicht aͤuſert
ſich eine ſolche Ungleichheit, die uns noͤ-
thiget ein reiferes Urtheil zu faͤllen. Jch
habe den graͤflichen Titel anitzt gaͤntzlich
weggelaſſen. Das geſchiehet aus wah-
rer Ehrerbietung gegen dieſen hohen
Stand
[]Vorrede.
Stand uͤberhaupt, und ins beſondere
aus einem geziemenden Reſpect gegen
die hohen Verwandten, deren dieſer
misrathene Verfuͤhrer nicht wehrt iſt.
Man betrachte ihn auf welcher Seite
man will; ſo wird ſich ergeben, daß
er von dieſer hohen Geburt ſich allzu-
weit durch ſeine Auffuͤhrung entfernet
habe. Seinen dadurch erhaltenen Be-
ruf hat er weggeworffen, und den Gra-
fenſtand ausdruͤklich abgeleget, wie ſei-
ne gedrukte Erklaͤrungen bezeugen. Zu-
dem was ihme nach deſſen Ablegung uͤ-
berbleibet, und was er in der Welt be-
deuten will, hat er keinen Schatten ei-
niges Berufs, weder von GOtt noch
Menſchen. Er ſpielet einen frechen Laͤ-
ſterer der heiligen Schrift und goͤttlicher
Warheiten, ohne Scheu und Gewiſſen.
Er verunehret den Heiland auf das ab-
ſcheulichſte, und unter andern durch
den Betrug des Looſes. Er ruͤhmet ſich
goͤttlicher Wunder. Er beluͤget Obrig-
keiten, Kirchen und Univerſitaͤten. Die
Bekentniſſe der gantzen Chriſtenheit
trit er mit Fuͤſen; und bezeiget dadurch,
daß er aufgehoͤret habe ein Chriſt zu
ſeyn.
[]Vorrede.
ſeyn. Er haͤnget eine Rotte verfluchter
Menſchen an ſich, die ihme vermittelſt
einer unerhoͤrten Bezauberung, unbe-
dingten Gehorſam leiſten; und ſuchet
den gantzen Erdenkreis mit ſeinen
Greueln zu vergiften. Er ſpottet der
hoͤchſten (*) Obrigkeiten in offentlichen,
an die weltliche Obrigkeit geſtelten, und
mit dem Siegel ſeines Anhangs beſtaͤ-
tigten Schriften.


§. 7.
[]Vorrede.

§. 7.


Alle dieſe, und noch viel mehrere
Greuel, ſind ſo beſchaffen, daß ſie nach
aller rechtlichen Schaͤrfe koͤnnen darge-
than werden. Bey dieſem allen, he-
get er ein ſolch bitteres, rachgierig und
moͤrderiſches Hertz, gegen die Zeugen
der Warheit, die er ſeine Widerſacher
nennet, daß er ſie mit dem jaͤhen Todt
bedrohet. Wann dieſes fehl ſchlaͤget,
ſuchet er ſie durch Abſchneidung ihres
guten Namens unbrauchbar zu ma-
chen. Wie er dann vermittelſt offent-
lich gedruckter, im Namen ſeines
Geſindels an die weltliche Obrigkeit
uͤbergebener Schriften, die redlichſte
in den anſehnlichſten Aemtern ſtehende
Theologen als die infamſte (*) Leute
an-
[]Vorrede.
anbringet, auch wohl mit einer Art der
Rache, wie ſie die Weltart mit
ſich bringt
, offentlich (**) bedrohet.


§. 8.


Wer dieſes auch blos nach den Pflich-
ten der buͤrgerlichen Geſellſchaft, und
beſonders nach den Reichsgeſetzen zu
pruͤfen beliebet; dem will ich den Schlus
zu machen anheimgeben, was uͤber die-
ſen unbaͤndigen Menſchen, ſowohl in
Anſehung ſeiner von allen chriſtlichen
und
(*)
[]Vorrede.
und ſonderlich im Roͤmiſchen Reich ge-
duldeten Religionen, abweichenden
gotteslaͤſterlichen Schwaͤrmerei, und
ſogar feindlichem Angrif des Chriſten-
thums, welches letztere keiner Judi-
ſchen obwol geduldeten Synagoge er-
laubet wird: als auch in Betracht der
buͤrgerlichen Ruhe und Sicherheit da er
ohne ehrlichen Beruf, und redliches
Geſchaͤfte, hingegen zum Nachtheil al-
ler hohen und niederen Staͤnde in allen
Theilen der Welt herum vagiret, und
vermittelſt einer ſchon ſo zahlreichen von
ſeinem Winck regierten Bande, jeder-
maͤnniglich betrieget, vor ein Urtheil zu
faͤllen ſeye.


§. 9.


Soll ich bei dieſen der Welt vor Au-
gen liegenden Umſtaͤnden ſanfter ſchrei-
ben als ich bisher geſchrieben habe?
Soll ich Bedencken tragen, den einen
Luͤgner, Betrieger, Laͤſterer ꝛc. zu nen-
nen, der in dieſer Eigenſchaft taͤglich
mit allem erſinnlichen Trotz ja mit
Draͤuen und Mordbegierde auf ſeiner
Schaubuͤhne fortſpielet?


Soll
[]Vorrede.

Soll ich dieſe Seelendieberei geringer
halten, als die Unthaten derer, gegen
welche die Reichsgeſetze ſoviele heilſame
Verordnungen vorgekehret haben?
Das ſey ferne von mir, ſo lange ich
meinem hoͤchſten Oberherrn ein ge-
treuer Arbeiter, der chriſtlichen Kirche
ein unbeſcholtener Lehrer, und meiner
hohen Obrigkeit ein pflichtmaͤſiger Die-
ner zu bleiben mich verbunden ſehe.
Gieſen, den 29. Decemb. 1747.


D. Benner.
Die
[[1]]

Der
Herrnhuterey
in ihrer Schalkheit
Dritter Theil
.



Beleuchtung der neuen ſogenannten naturellen
Zinzendorfiſchen Gedanken
uͤber die Lehre von der
Heiligen Dreieinigkeit.



Erſtes Hauptſtuͤk.
Von des Zinzendorfiſchen Abſichten

uͤberhaupt, bey der Verkehrung dieſer
Glaubenslehre.


  • Jnhalt.
    1) Die Verlaͤugnung die-
    ſer Lehre bey den un-
    glaubigen Sekten ver-
    anlaſſet den Zinzen-
    dorf zu ſeinen Unfug/

    §. 2.
    Herrnhut.III.Theil. A2) Er
    [2]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
    2) Er ſuchet ſeine geiſt-
    liche Univerſalmonar-
    chie/ durch Verwir-
    rung dieſer Lehre aus-
    zubreiten/
    §. 2.
    3) Probe davon/ im ſech-
    ſten Stuͤk ſeiner natu-
    rellen Gedanken/ wel-
    ches gantz eingeruͤker
    wird/
    §. 3 - - 21.
    4) Vorlaͤufige Beurthei-
    lung der Zinzendorfi-
    ſchen naturellen Ge-
    danken/ die in dieſem
    ſechſten Stuͤk befind-
    lich ſind
    , §. 21 - - 23.

DAs Geheimnis der heiligen
Dreieinigkeit, iſt dem
Zinzendorfiſchen Rotten-
geiſt kein geringer Dorn im
Auge. Er kan es unmoͤg-
lich in ſeinen herrnhutiſchen
Lehrbegrif einfaͤdeln, wann deſen Hauptplan un-
verruͤkt bleiben ſoll. Dieſer zielet auf die Ver-
fuͤhrung des gantzen Erdkreiſes, und wo moͤg-
lich auf die Verſchlingung aller Sekten. Es gibt
Sekten welche durch Verlaͤugnung der goͤttli-
chen Perſonen, zu Sekten geworden ſind. Dieſe
werden ſich mit niemand in geiſtliche Friedens-
tractaten einlaſſen, welcher ſich voraus bedin-
get, daß dieſe Grundlehre der heiligen Offen-
bahrung, unangetaſtet bleiben muͤſſe: Der GOtt
den wir vehreren/ und den wir ewiglich zu
ſchauen hoffen/ iſt GOtt Vater Sohn und
Heiliger Geiſt. Vater/ weil ein Sohn vor-

handen,
[3]dritter Theil.
handen/ der von Ewigkeit von Jhm gezeu-
get iſt. Sohn/ weil er durch dieſe ewige
Zeugung vom Vater ausgehet. Und heili-
ger Geiſt/ weil ſein gleichewiges Ausgehen
vom Vater und Sohne/ Jhn von beiden
unterſcheidet.
Alſo lehret uns dieſer dreieini-
ge GOtt in ſeinem Wort. Alſo bekennet die
Augſpurgiſche Glaubenserklaͤrung, welche die
drey von der gantzen Chriſtenheit angenommene
Bekentniſſe, das Apoſtoliſche, das Athana-
ſianiſche und Niceniſche, als ein weſentliches
Stuͤk ihrer Lehre, ſogleich im Anfang vorleget
und beſtaͤtiget, mithin ſich dadurch von allen
Jrgeiſtern der alten und der neuen Zeit, gerade
redlich, und ſtandhaft, auf immer und ewig ent-
fernet.


§. 2.

Die geiſtliche Univerſalmonarchie, mit wel-
cher Zinzendorf ſchwanger gieng, erfoderte ei-
nen ſolchen Plan, der, weder im erſten Begin-
nen, ſeine Abſicht verrathen, noch im Fortgang
ſein heimtuͤkiſches Wuͤrken in den alleinigen Be-
zirk der Chriſtenheit einſchrenken duͤrfte. Das
erſte haͤtte ihn ſogleich verhaſt, und in den Au-
gen aller chriſtlichen Religionsparthien gar zu
abſcheulich dargeſtellet: das andere war ſeiner
ungemeſſenen Abſicht ſchnurſtraks entgegen. Er
war ein gebohrner Chriſt, und Proteſtant. Das
noͤthigte ihn, zweierlei Bedingungen einzugehen,
wann er nicht allzu plump verfahren, und ſeine
Brut in der erſten Geburt erſtiken wolte. Nem-
A 2lich
[4]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
lich er muſte anfangs die algemeine Glaubens-
lehren aller Chriſten, noch zur Zeit unangefoch-
ten laſſen. Sonſt haͤtte der einfaͤltigſte Menſch
ſeine Bosheit eingeſehen, und waͤre darob erſtau-
net. Das war die erſte Bedingung. Offen-
bahrlich zu der Roͤmiſchen Kirche uͤberzutreten,
war deswegen nicht ſchiklich, weil eine ſo
ploͤtzliche Leichtfertigkeit, ihm bey allen Prote-
ſtanten, und bei den uͤbrigen von der Roͤmiſchen
Kirche unterſchiedenen Parthien, den Eingang
ſchlechterdings verſchloſſen haͤtte. Dann ſeine
Werbung unter den Proteſtanten ſolte ihm
gleichwol den erſten Vortheil machen. Anbei
ſahe er wohl, daß der Umfang der Roͤmiſchen
Kirche, mit Ausſchlieſung der uͤbrigen, kein ſo
weites Feld ſeye als er ſich auserſehen hatte.
Demnach war dieſes die andere unumgaͤngliche
Bedingung: Zum Schein ein Proteſtant zu blei-
ben, und ſich zu dieſem Ende hinter die Augſpur-
giſche Confeßion ſo lange zu verſteken, bis er mit
ſeiner Abſicht fertig war. Mit der Augſpurgi-
ſchen Bekentnis konte er bey Lutheranern und
Reformirten durchkommen. Und zum Gluͤcke
fiel ihm bei, daß die Maͤhriſche Bruͤderlarve
ſeinen Betrug am allerbequemſten verdeken koͤn-
te. Er kleidete ſich argliſtig in einen Augſpur-
giſchen Confeßionsverwandten. Er betrog Po-
tentaten und hohe Schulen in dieſem Aufzug.
Man gab ihm Zeugniſſe auf ſein Zudringen, und
heimtuͤkiſch vorgegebene Rechtglaubigkeit; man
hielte dieſes vor eine Pflicht wo nicht der bruͤder-
lichen
[5]dritter Theil.
lichen Liebe, die keine Hinterliſt vermuthet, doch
wenigſtens der Freundlichkeit, gegen einen Man,
von welchen man dazumal noch nicht voraus-
ſahe, daß Treue Unſchuld und Ehrlichkeit ihn
gaͤntzlich verlaſſen wuͤrde. Solcher geſtalt hat-
te er einen proteſtantiſchen Geburtsbrief, von
Hauſe; und aus fremder Hand einen Paß, kraft
deſſen ihm die Grentzen der Proteſtanten uͤberall
offen ſtunden. Meines Erachtens, iſt dieſes der
gewoͤhnlichſte Grif aller Leute von dieſer Art,
wann ſie landverderbliche Kuͤnſte mit mehrerer
Sicherheit treiben, und das was ihre Thaten
wehrt ſind, auf eine Zeitlang vermeiden wollen.
Nach und nach lernte er ſo gluͤklich ab- und zu-
thun, daß nach deme es Zeit und Ort erfoderte/
weder der Catholik, noch der Wiedertaͤufer,
noch der Siebentaͤger, noch der Duͤmpler, et-
was an ſeiner Lehre auszuſetzen fande. Endlich
waren die Feinde der Gottheit (*) Chriſti und
A 3des
[6]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
des heiligen Geiſtes, noch uͤbrig. Dieſen, wie
leicht zu denken, muſte man das Aergernis an
dem Geheimnis der Dreieinigkeit, aus den Au-
gen thun. Sonſt konten ſie in Herrnhut nicht
eingehen. Und ſo wurde dann die letzte Hand
an den Plan geleget. Es konte einjeder Ver-
laͤugner der heiligen Dreieinigkeit, und alles
was auſer der Chriſtenheit noch irgend eine wah-
re, oder nur ſinnliche Gottheit gelten laͤſt, herrn-
hutiſch werden, weil Zinzendorf einen (**) GOtt
erfand, der allen Jrthuͤmern gerecht und an-
gemeſſen war.


§. 3.

(*)


[7]dritter Theil.
§. 3.

Jch halte dieſes vor die natuͤrlichſte Kette,
welche uns den Zuſammenhang der Zinzendor-
A 4fiſchen
(**)
[8]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
fiſchen Maaßregeln vor Augen legen kan. Die
Erfarung iſt der unverwerfliche Zeuge davon.
Und ich werde jetzt Probſtuͤke beibringen, wo-
durch Zinzendorf ſeinen wiederchriſtiſchen Geiſt
gegen das Geheimnis der hochheiligen Dreiei-
nigkeit aufs neue verrathen hat. Sie ſtehen in
der allerletzten Schrift dieſes Verfuͤhrers, wel-
che einen kauderwelſchen aus griechiſch -fran-
tzoͤiſch-lateiniſch- und teutſchen Woͤrtern zu-
ſammengeflikten Titel hat: Ludwigs von Zin-
zendorf [...] das iſt
naturelle Reflexiones
uͤber allerhand Materien ꝛc. davon wir das
ſechſte Stuͤk anitzt beleuchten wollen. Und da-
mit ſich der Verfaſſer uͤber eine Verſtuͤmelung
ſeiner Worte nicht zu beſchweren habe, wie ſei-
ne luͤgenhafte Gewonheit iſt; ſo will ich das
gantze Stuͤk von Wort zu Wort, herſetzen,
und nur gewiſſe Zahlen beifuͤgen, damit ich an
gehoͤrigen Ort die noͤthige Stellen deſto beque-
mer anzufuͤhren, im Stande ſein moͤge. So
ſpricht aber Zinzendorf:


§. 4.

„Weil ich in der That eigentlich nur fuͤr die
„ehrlichen und hertzlichen Leute ſchreibe; ſo kan
„ich nicht wol vorbei, ehe ich den gantzen Artikel
„von dem Grund der Lehre und ihrem Metho-
„diſmo
ſchlieſſe, ihnen noch eine kurtze Confeſſion
„zu thun, was ich, weil doch ſchon zwoͤlf Jahr
„vorbei ſind, daß ich meinen Augſpurgiſchen Con-
„feßionsverſtand vor dem Corpore Evangelico-
„rum
dargeleget, von denſelben Artikeln noch
„denke.‟


„Jch
[9]dritter Theil.

Jch wills in aller Treuhertzigkeit thun, um„
ihnen dadurch eine Gelegenheit zu geben, mei-„
ne bisherige Lehre und Schriften reſpective dar-„
nach zu pruͤfen und zu verſtehen.‟


Jch gehe in der Ordnung der Augſpurgiſchen„
Confeſſion, und werde, zur Vermeidung der„
Polylogie, nichts beruͤhren, als was mich deucht,„
nach den ſeitdem vorgekommenen Zweifeln,„
etwa einer Erlaͤuterung zu beduͤrffen.‟


§. 5.

Voraus geſetzt/ daß Art. I. die Kirche mit„
Perſon verſteht etwas das fuͤr ſich ſelbſt be-„
ſteht
, welcher Meinung ich anch bin, nur mit„
einer kleinen Verbeſſerung meines Begrifs;„
denn ich hielt vor dieſem das Wort Perſon fuͤr„
einen inconvenienten Ausdruk: (welches auch„
wol ſo ſeyn koͤnnte, wenn wir dazu beſtellt waͤ-„
ren, in die Eſſenz GOttes hinein zu ſpeculiren,„
und dieſe Speculationes in ſo viel Propoſitiones„
definitas
zu bringen;) aber nunmehr achte ich„
das Wort Perſon/ in ſo fern von dieſem Ge-„
heimnis menſchlich geredet werden, und ſolches„
nach der Schriftoffenbahrung auf unſer Hertz„
wirken muß, fuͤr das naturelleſte und bequemſte;„
nicht ſo wol das weſentliche der heiligen Drei-„
einigkeit, und ihre Verhaͤltniß unter ſich ſelbſt„
zu deſigniren, (denn da wollte ich doch die auch„
wahrſcheinlichſten Speculationes immer noch zu„
keinen Glaubensartikeln machen, wenn ſie gleich„
mit der Schrift nicht ſtritten) als vielmehr„
der heiligen Dreieinigkeit beliebtes Verhaͤltniß„
A 5zu„
[10]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
„zu uns auf das naturelleſte, Schriftmaͤßigſte
„und hertzlichſte auszudruͤken; zumalen da die in
„der heiligen Schrift ihnen ausdruͤklich beigeleg-
„te Aemter des Erzeugens, des Ausgebaͤrens
„und der Ehelichung, (die den Vater JEſu Chri-
„ſti fuͤr der Kinder GOttes wahren Vater, den
„heiligen Geiſt fuͤr ihre eigentliche und wahre
„Mutter, den Sohn fuͤr ihren geiſtlichen einigen
„Braͤutigam und Mann declariren) darum nicht
„erfordern, daß in der Gottheit, wie œcono-
„mice
bey uns, eine diſtinctio ſexus ſeyn muͤſſe,
„die ja nicht einmal der menſchlichen Natur ne-
„ceſſario
eigen iſt, weil es vor dieſer Diſtinction
„ſchon eine Menſchheit gegeben hat, und alſo
„denen Liebhabern der Entitatis ſimpliciſſimæ in
„Deo
nichts choquantes in die Idée zu bringen noͤ-
„thig iſt.‟


§. 6.

„Jch lehre alſo keinesweges, daß der heilige
„Geiſt weiblicher Natur iſt, ſo wenig man darum,
„daß der Sohn, Sohn iſt, und der Vater,
„Vater, ſich in der Eſſentia divina nothwendig
„ein genus maſculinum concipiret; dahero ſetze
„ich auch, der Heilige Geiſt/ und nicht die Hei-
„lige Geiſtin
/ wie wol in einigen Sprachen ge-
„ſchiehet: dem ohngeachtet aber rede ich von der
„Gottheit qua Vater und Sohne in genere ma-
„ſculino;
und wenn ich den heiligen Geiſt als
„Mutter anrede oder beſchreibe, ſo ſehe ich nicht,
„warum ich zu einem Wort, das Griechiſch ge-
„neris neutrius,
Hebraͤiſch generis fœminini iſt,
„ein
[11]dritter Theil.
ein ander Genus brauchen ſolle, als was„
dem Wort Mutter in allen Sprachen adapti-
ret iſt.‟


§. 7.

Ob in dem Proceſſu des heiligen Geiſtes, wel-„
chen der Heiland mit den Worten, der Heilige„
Geiſt/ der vom Vater ausgehet
/ anzeiget,„
etwas verborgen liege, welches den Streit zwi-„
ſchen der lateiniſchen und griechiſchen Kirche,„
wegen des Zuſatzes zum Niceniſchen Bekentnis,„
filioque, eſſentieller machen koͤnte, als er bis-„
her auf beiden Seiten geſchienen hat, daruͤber„
wuͤrde ich, wenn die Maͤhriſche Kirche ein Ge-„
neralconcilium
zu beſchicken haͤtte, eine chriſtli-„
che und beſcheidene Betrachtung in aller De-„
muth zu veranlaſſen, alsdenn nicht ermangeln.„
Bis dahin rechne ich dergleichen unter den Ge-„
lehrten gewoͤhnliche Ventilationen ſolcher Pro-„
blematum,
weil ſie doch gemeiniglich mit dem„
hingehen und uͤber den Baͤumen ſchweben, au„
riſque
von Saft und Kraft parallel ſind, fuͤr„
iemand, der preſſantere Geſchaͤfte hat, nicht„
compatible.


§. 8.

Jch kan aber unterdeſſen nicht fehlen, wenn„
ich dem Heiland beyde Propoſitiones, unver-„
beſſert und unverderbt, nach Gelegenheit der„
Um ſtaͤnde, verbotenus nachſpreche, und einmal„
den Heiligen Geiſt/ der vom Vater ausgehet/„
ein andermal den Heiligen Geiſt/ den unſer„
Heiland nach ſeinem hingehen geſendet hat
/„
welches„
[12]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
„welches unſtreitig einer und derſelbe iſt, pie
„mediti
re.‟


§. 9.

„Damit aber niemand denke, als ob dis nur
„ſo ein Paradoxon waͤre, das man exercitii gratia
„unter die Leute wuͤrfe, wie etwa manchmal ein
Corollarium hinter einer Diſputation, um ſich
„an dem daruͤber enſtehenden Diſputat eine Wei-
„le zu delectiren, und endlich doch das finale aller
„dergleichen Diſputate de lana caprina: concedo
„in hoc ſenſu,
heraus zu kriegen: ſo bezeuge ich zu
„gleicher Zeit, daß ich es fuͤr einen groſſen und
„wichtigen Fehler der Theologen, und fuͤr ein Pec-
„catum omiſſionis
halte, da ſie wenigſtens ſeit der
Reformation genugſam wahrnehmen koͤnnen,
„daß eine craſſe Ignoranz wegen der Perſon des
„heiligen Geiſtes unter dem Volk iſt, daß ſie der
„Spur des ſeligen Lutheri nicht beſſer gefolget,
„welcher das abrupte Bekentnis: ich glaube
„an den Heiligen Geiſt
/ mit einer gantzen Suite
„ſchoͤner Gedanken illuſtriret, und weiter aus-
„gefuͤhret hat, und ſich die Freiheit heraus genom-
„men, die, in dieſem allzukurtzen Compendio,
„als wenn ſie kleine Goͤtter fuͤr ſich waͤren, zum
„heiligen Geiſt rangirte heilige chriſtliche Kirche,
„Vergebung der Suͤnden, Auferſtehung der
„Todten und ewiges Leben, dem heiligen Geiſt
„in die Hand zu geben, daß man ſiehet, was er
„dabey zu thun hat: wie denn durch die dem heili-
„gen Geiſt daſelbſt beygelegte Handlung, deſſen
„ewige und ſelbſtaͤndige Gottheit
mit einer
„rechten
[13]dritrer Theil.
rechten Kirchenvater-ja Apoſtelmaͤßigen Frei-„
muͤthigkeit, feſter geſetzt iſt, als noch von kei-„
nem Theologo vor Luthero geſchehen, durch alle„
Secula bis auf die heilige Schrift.‟


Jch ſage, ſie haͤtten ſeiner Spur folgen ſol-„
len, denn das war etwas, es war viel, es war„
zum ſelig werden eines, ders glaͤubt, genug.‟


§. 10.

Weil es aber keinesweges damit gethan iſt,„
daß man ſelbſt recht glaͤube, ſondern wir in der„
Welt dazu da ſind, den Glauben aufzurichten;„
ſo iſt es auch nicht genug, dem heiligen Geiſt„
Handlungen beizulegen, die ihn darum dem„
Vater und Sohn gleich ſetzen, weil es Actiones„
divinæ
ſind privative; ſondern es wird noch ein„
Methodiſmus erfordert, entweder dem Verſtan-„
de, oder dem Hertzen, oder beiden zugleich, ei-„
ne Notam diacriticam Spiritus Sancti beizubrin-„
gen.‟


§. 11.

Du ſagſt: Er heiliget; der Vater heiliget„
auch. Du ſageſt: er macht lebendig; der Va-„
ter macht lebendig, und ſo fort.‟


Weil du nun den Character des heiligen Gei-„
ſtes weder in ſeinen Handlungen in genere aus-„
gedruͤkt findeſt, noch in der eſſentia Divina und„
deren geheimnisvollen und unerſchoͤpflichen Rap-„
ports
ſuchen darfſt; (denn wenn einem disfalls„
auch noch ſo ein ſeliger Gedanke durch den Kopf„
ins Hertz faͤhret; ſo muͤſſen ſich die Gemuͤthsau-„
gen zublintzen, daß man nicht zu viel und zu„
rund„
[14]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
„rund denke/ und zu den Ausdruͤken iſt vollends
„kein Rath) ſo muß ich dir nothwendig einen
Methodiſmum fuͤrs Hertz ausfuͤndig machen.
„Und den kan ich nirgends beſſer ſuchen, als in der
„heiligen Schrift, und zwar an ſolchen Orten,
„wogegen nicht nur noch kein Theologus, ſondern
„auch kein Ketzer aufgeſtanden iſt, ſo lange die
„Lehre von der heiligen Dreieinigkeit gefuͤhret
„wird: auſſer daß einige von denen Leuten, die
„aus allzugroſſem Religionseifer, gegen einen ge-
„wiſſen Lehrer ihrer Kirche, ſich ſeit einigen Jah-
„ren uͤbers Verdienſt Chriſti, uͤbers Lamm und
„ſeine Wnnden aͤrgern, und druͤber diſputiren,
„ob ſie in totum oder nur in tantum verdienſtlich
„ſind, etwa auch Mine machen, in invidiam
„ipſius,
an dem heiligen Geiſt und ſeiner Natur
„und Amt etwas abzudingen.‟


§. 12.

„Aber da es dem heiligen Geiſt einmal gefallen
„hat, uns wiſſen zu laſſen, daß wir einen Mann
„haben; uns wiſſen zu laſſen, daß wir in der
„heiligen Dreieinigkeit einen Vater haben: ſo kan
„man ja leicht begreiffen, daß er ſich ſelbſt nicht
„wird vergeſſen haben. Und alſo muß man die
„Muͤhe ſich nicht verdieſſen laſſen, die Orte der
„heiligen Schrift recht anzuſehen, wo von unſe-
„rer allgemeinen Mutter drinnen ſteht, die doch
„kein Engel, und kein Menſch/ weder die Eva,
„noch die Jungfrau Maria iſt; obgleich dieſe
„beyde eine Art eines Mutterreſpects verdienen.
„Was ſagt denn die Schrift? Kan auch ein
Weib
[15]dritter Theil.
Weib ihres Kindes vergeſſen/ und ob ſie deſ-„
ſelben vergaͤſſe; ſo will ich doch dein nicht„
nicht vergeſſen. Jch will dich troͤſten/ wie„
einen ſeine Mutter troͤſter. Hoͤret mir zu/„
die ihr von mir getragen werdet.
(laßt ſein„
von Mutterleibe an) Jch hebe/ und trage.


Einmal, die Theologi haben nicht Urſach von„
einer zweihundertjaͤhrigen Uberſetzung eines„
Spruchs abzugehen, der entweder dem Volk„
Jſrael eine goͤttliche Mutter verſpricht, oder„
ohne allen Zwek daſtehen muͤſte: denn daß die„
Providenz von der Mutterleibe an fuͤr ihr Ge-„
ſchoͤpfe ſorget, das hat das Volk Jſrael mit„
allen Sperlingen gemein.‟


§. 13.

Oder redet das der Prophet von ſich? Er„
wuͤrde gewiß antworten: ich bin nicht die Mut-„
ter, ſondern daß ich zeuge von der Mutter. Das„
iſt die wahrhaftige Mutter/ welche alle Men-„
ſchen gebieret/ die in dieſe Welt kommen, wel-„
che nicht von dem Willen des Fleiſches, noch„
von dem Willen eines Mannes, ſondern aus„
GOtt dem Vater JEſu Chriſti gezeuget ſind.„
Denn wer uns zeugt, daruͤber ſind die Theologi
doch wol eins; wer uns nimmt/ wenn wir zu„
Jahren gekommen ſind, das werde ich auch nicht„
ſagen duͤrfen; da fehlt aber noch die Geburt dar-„
zwiſchen: und da der Nicodemus verlegen war,„
wo er dieſes Geſchaͤfte ſuchen ſollte, indem ers„
fuͤr ungereimt hielte, einen erwachſenen Men-„
ſchen in Mutterleib zu ſchicken, um geboren zu„
werden;„
[16]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
„werden; ſo eroͤffnet ihm der Heiland das Ver-
„ſtaͤndniß, nachdem er ihm ſeine Verwunderung
„nicht verhalten, daß er als ein Rabbiner noch
„nicht in der Bibel geleſen habe, wo der Mutter-
„leib zu ſuchen ſey, daraus die Seelen geboren
„werden. Darnach ſagt er ihm zu wiederholten
„malen, daß er das bey dem heiligen Geiſt ſuchen
„muͤſſe. Der heilige Geiſt nahms mit dieſer ſei-
„ner nota characteriſtica in den erſten Tagen der
„Kirche ſo genau, daß er nicht auf die Leute fiel,
„die getauft wurden, wenn ſie nicht wuſten, wer
„er war; weil die Taufe eben das Waſſer war,
„darinnen man des heiligen Geiſtes neugeborne
„Kindlein badet, [...]
[...], welches zu erweiſen und deutlich zu ma-
„chen, er bey der erſten Taufe der Heiden noch
„vor der Handlung auf ſie fiel, daruͤber der Apo-
„ſtel in die Worte ausbrach: Mag auch iemand
„dieſen Leuten das Bad ſtreitig machen: ſie
„ſind ja doch des heiligen Geiſtes voll.
conf.
„Luc. 1, 42. 47.‟


§. 14.

„Jch will mich ja nicht in den Methodiſmum
„der Wiedergeburt diffundiren, ich will aufs al-
„lerſimpleſte meinem obigen Satze inhæriren, daß
„der Muttercharacter des heiligen Geiſtes mit
„eben derſelbigen Glaubenseinfalt gefaßt, und
„den Kindern der Gnade muß imprimirt werden,
„daß ſie eine ſorgfaͤltige Mutter haben in der hei-
„ligen Dreieinigkeit, als daß ſie einen lieben Va-
„ter und einen treuen Seelenbraͤutigam haben.


„Und
[17]dritter Theil.

„Und alles dreyes iſt weſentlich zu verſtehen,
„und nicht Allegoriſch. Dahero es, meinem
„Beduͤncken nach, beſſer geweſen waͤre, es
„haͤtten nicht nur die Theologi uͤberhaupt den
veſtigiis Lutheri inſiſtirt; ſondern vor-
„nemlich diejenige unter ihnen, die B. Spene-
„rum
oder B. Frankium fuͤr keine geringere
„Werckzeuge halten, wie aus ihren Bekennt-
„niſſen zu erſehen, haͤtten, ehe ſie ihre Galle
„uͤberlauffen laſſen, ſich erſt in ihrer ſeligen
„Vaͤter Schriften recht umgeſehen, ehe ſie ſich
„uͤber einen Theologum, der den Heiligen
„Geiſt als die Mutter ſeiner Seele fuͤhlet,
„und daſſelbe prediget und predigen muß, ſo
„unbedachtſame Beſchuldigungen von Erneue-
„rung alter Ketzereyen geaͤuſſert, die man doch
„in der Kirchen-Hiſtorie nicht findet, ſondern
„Hirn-Geſpenſte ſind.


§. 15.

„Es iſt mir leid, daß ich durch den Angriff
„ſolcher Leute, welche ich ſonſt gerne ih-
„rem Herrn ſtehen lieſſe, weil ich weder In-
„clination
noch Beruff habe, mehr zu thun,
„als in meinem eigenen Rhodo gewiſſe Tritte
„zu machen; und was ſonderlich fremde Knech-
„te betrift, gar ſehr von dem Humor jener
„Jungfrauen bin, die den Kaufleuten ihre
„Kundſchaft nicht verderben wollten, genoͤ-
„thigt worden, ihnen eine Lection zu leſen
„uͤber die Enormitaͤt ihres Verfahrens, da ſie
„an ſtatt ſich vor GOtt zu demuͤthigen, daß
Herrnhut.III.Theil. B„ſie
[18]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
„ſie ſolche unleugbare Schrift- und Herz-
„Wahrheiten negligiren, diejenige noch ſchel-
„ten und laͤſtern, die nichts anders thun, als
„ihre Pflichten treulicher beobachten als ſie.


§. 16.

„Es bleibt alſo dabey, und wer mich ſo ver-
„ſteht, der verſteht mich recht, daß ich in un-
„ſern Gemeinen lehre und etabliren helfe, ſo
„viel ich kan, daß wenn eine Seele GOtt den
„Schoͤpfer aller Dinge zum Mann, und ſei-
„nen Vater zum Vater hat, die hat GOtt
„den Heiligen Geiſt zur Mutter, die ſie ge-
„boren, getraͤncket, gekleidet, erzogen, und
„bis auf den Tag, da ſie in ihres Mannes
„Arme uͤbergeht, taͤglich zu pflegen und zu war-
„ten hat. Ja dieſe Mutter wird den Leib,
„wenn es zur Hochzeit kommt, aus der Erde
„auferwecken, wie eine Mutter ihre Tochter
„am Hochzeits-Morgen aus dem Schlaf
„ruffet.


§. 17.

„Wer auf die Art das Geheimniß der Hei-
„ligen Dreyfaltigkeit nicht begreiffen kan, dem
„fehlts gewiß mehr am Herzen als am Kopf.
„Denn ſo gar viel uͤbriger Verſtand wird doch
„eben nicht erfordert, zu dem Verhaͤltniß der
„Ehe-Leute und der Eltern und Kinder gegen
„einander: und wer davon im geiſtlichen oder
„leiblichen die Motus primoprimos nicht faſ-
„ſen koͤnte, der waͤre nicht ſo wol geiſtlich oder
„leiblich ſchwach im Verſtande, als vielmehr
im
[19]dritter Theil.
„im leiblichen oder geiſtlichen Verſtande ein
Brutum.


§. 18.

„Jch koͤnte wohl noch etwas von einem an-
„dern Artickel hinzuthun, daruͤber ſich auch ei-
„niger Streit regen wollen, den ich in Anſe-
„hung des Heilandes zu einer mehreren Er-
„ſchuͤtterung derjenigen Theologen treibe, die
„ſich ſo gerne mit ſeinen Wundern begnuͤgen,
„und ſeinen Statum Exaltationis darum eigent-
„lich ſo gerne im Muude fuͤhren, weil ſie bey
„demſelbigen ſeit Anno Chriſti 33. weniger
„Gewiſſens-Ruͤge anzutreffen hoffen, als bey
„dem Statu, darinnen Er Anno Mundi 1. den
„Menſchen geſchaffen hat, da Er, præviſo
„malo,
auch ſchon das Remedium beſtimmet
„hatte. Die Rede iſt davon, daß ich des Hei-
„landes Schoͤpfer-Werk ſo unablaͤſſig treibe,
„und Jhn auch wol den Vater der Creatur
„nenne; wie ſeinen Vater, den Vater der
„Glaͤubigen privative.


§. 19.

„Allein ich denke, wem der ordinaire
„Weyhnachts-Text aus dem Jeſaia keine Ge-
„nuͤge thut; da auch meine Herren Gegner
„des Jahrs wenigſtens einmal genoͤthiget ſind,
„das neugeborne JEſulein den ewigen Va-
„ter
zu nennen; und wer Jahr aus Jahr ein
„ſingen kan, und nicht wiſſen, daß ers ſingt,
„daß der HErr, der Schoͤpfer aller Din-
„ge ſo geringe worden iſt, daß Er dort

B 2„auf
[20]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
auf duͤrrem Graſe gelegen hat: der iſt ei-
„ner ausfuͤhrlicheren Bedeutung wol kaum
„werth.


§. 20.

„Ja, ſagt einer, die Sache iſt richtig; aber
„warum muß das ſo oft repetirt wer-
„den? darauf antworte ich: es ſind ge-
„faͤhrliche Zeiten, das geiſtliche Gedaͤchtniß
„nimmt ſehr ab. Daß GOtt uͤberhaupt die
„Welt geſchaffen habe, iſt ziemlich bekannt oh-
„ne Wort: daß aber in ſpecieder Sohn die
„Erde gegruͤndet, und die Himmel ſeiner
„Haͤnde Werck ſind
; und daß der Seelen-
„Braͤutigam die Seelen geſchaffen hat; da
„kan eine Repetition nicht ſchaden in reno-
„vationem
der Memorie:Sie verdreußt
„mich nicht, und mache euch deſto ge-
„wiſſer.


§. 21.

Das iſt nun in Anſehung des Artikels von
der heiligen Dreyeinigkeit der Augſpurgiſche
Confeßions-Verſtand
, wie Zinzendorf ihn
vor zwoͤlf Jahren der evangeliſchen Kir-
che dargeleget hat, und wie er noch
auf
dieſen Tag von dieſer Grundlehre denket.
Ja nach dieſem Verſtand will er ſeine bishe-
rige Lehren und Schriften gepuͤfet und
verſtanden haben.
(§. 4.) Wieweit dieſer
feine Verſtand mit der heiligen Schrift und
mit dem Sinn unſerer Bekenner ſich reime,
das wird ſich im Verfolg ergeben. Jch mercke
anetzt
[21]dritter Theil.
anitzt nur ſo viel an: wann ich erweiſen wer-
de, daß der Zinzendorfiſche Confeßionsver-
ſtand
eine bloſe Misgeburt ſeines Erfinders,
und mit keinem Wort weder in der Schrift
noch Augſpurgiſchen Confeßion vorgetragen
iſt; ja daß er mit dieſer Eonfeßion lediglich
ſein Geſpoͤtte treibet, alles was darin befind-
lich iſt, tadelt, aͤffet, reformiret, und ein
neues Bekentnis ſchmiedet: ſo muß der Herrn-
hutiſche Bekenner von einer beſonderrn Gat-
tung ſeyn, die man unter den ehrlichen Be-
kennern ſchwerlich findet. Er kan mit eben
dieſem Confeßionsverſtand die Fabeln des He-
ſiodus
oder die Loblieder des Callimachus,
oder die Geſaͤnge des alten Orpheus, welche
ein anderer Heide ſehr theologiſch nennet, zu
ſeinem Glaubensbekentnis waͤhlen. Dann da
findet er heidniſche (*) Gottheiten, welche Muͤt-
ter
und Gemahlinnen ſind. Aber die Aug-
ſpurgiſche Confeſſion redet von dem GOtt der
Chriſten, von dem wahren und lebendigen
GOtt uͤber alles in Ewigkeit. Wunder iſt
es, daß dieſer Mann ſeine Gottheitsfabeln in
die chriſtliche Bekentniſſe tragen wollen, da ſie
warlich kein kluger und kein bloͤder Leſer fin-
den wird, er muͤſte dann den Herrnhutiſchen
Generalgeiſt mitbringen, davon im andern
Theil
gehandelt worden. Doch es iſt zu wiſ-
B 3ſen,
[22]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
ſen, daß dieſer Herr nur fuͤr die ehrlichen
und herzlichen Leute
ſchreibet (§. 4.) fuͤr
welche Paulus und ſeines gleichen, auch die
erſte Chriſten nebſt unſern ſeligen Bekennern,
nicht muͤſſen geſchrieben haben.


§. 22.

Man ſiehet indeſſen ein neues Probſtuͤck wie
unſer Lutheriſcher Pfarrer ſymboliſiret, und
was er dem Corpore Evangelicorum vor zwoͤlf
Jahren, unter dem Vorwand der Augſpurgi-
ſchen Confeſſion hat ſagen wollen. Daß nem-
lich unſere Bekenner den Sohn von dem Va-
ter
durch die ewige Geburt; und den heili-
gen Geiſt
von der erſteu und andern Perſon,
durch den ewigen Ausgang von beyden, nach
Maasgabe der heiligen Schrift, unterſchieden
haben; das iſt daher offenbar, weilen ſie gleich
anfangs im erſten Artikel, auf das Niceniſche
Bekentnis ſich ausdruͤcklich berufen, und die-
ſen Ausſpruch auf das feirlichſte wiederholen.
Ja in der Rettung ihrer Bekentnis fuͤgen ſie
noch dieſes bey, daß ſie diejenige vor Unchri-
ſten und abgoͤttiſche Heiden erklaͤren
, wel-
che anders von dieſem Geheimnis zu lehren
ſich unterſtehen werden; davon wir unten mit
mehrerem reden werden. Welcher Menſch
aber wird ſo wahnſinnig ſeyn, und in dieſen
Worten der Augſpurgiſchen Confeſſion, fol-
gende Ausſpruͤche ſuchen: Die erſte Perſon
der Gottheit iſt diejenige, welche eine Frau
hat, nemlich den heiligen Geiſt. Die andere.
wird
[23]dritter Theil.
wird von der erſten dadurch unterſchieden'
daß ſie der Ehemann der Glaubigen iſt. Die
dritte dadurch, daß ſie die Frau der erſten,
und die Mutter der frommen Menſchen iſt?
Wir haben im erſten und zweyten Theil die
eigene Zinzendorfiſche Bekentnis hiervon dar-
geleget. Und gewiß, das iſt ein tiefer Con-
feßions-Verſtand
, den weder unſere Vaͤ-
ter noch wir begreifen moͤgen; weil wir unter
den ehrlichen und herzlichen Leuten in
Herrnhut kein Loos haben.



Zweites Hauptſtuͤk
Wo die Vorrede der naturellen Ge-
dancken beleuchtet wird.



  • Jnhalt.
    1) Die ehrliche und
    herzliche Leute/ wel-
    chen Zinzendorf die-
    ſes zu ſchreiben vor-
    gibt
    , §. 23. 24. 25.
    2) Die ſchalkhafte Ab-
    ſicht hierbey/
    §. 26.
    3) Getriebener Spott
    mit dem Wort Per-
    ſon/ und unehrliches
    Verfahren damit/
    §.
    27. 28.
    3) Zinzendorfiſcher Un-
    terſchied zwiſchen
    dem wahren und
    Herrnhutiſchen Con-
    feßions-Verſtand
    der A. C.
    §. 29.
    4) Jnnerer Unterſchied
    der goͤttlichen Perſo-
    nen aus der Schift
    und A. C.
    §. 30. 31.
    5) Zinzendorfiſche Ab-
    weichung von dieſer
    Lehre/ und Auf-

    B 4hebung
    [24]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
    hebung des jetzt-
    gedachten Unter-
    ſchieds.

    (1) Ober ſeinen Be-
    grif vom Wort
    Perſon verbeſſert
    habe
    ? § 32. 33.
    (2) Scheingruͤnde
    womit er den inne-
    ren perſoͤnlichen
    Unterſchied aufhe-
    bet. Von GOtt
    Vater/ Mutter/
    und Braͤutigam

    §. 34. 34.
    3) Wiederlegung die-
    ſer Scheingruͤnde.

    (a) Aus der Sache
    ſelbſt.
    §. 36. 37.
    (b) Aus Zinzendorfs
    eigenen Wider-
    ſpruch.
    §. 38.
    (c) Aus den Man-
    gel ſeines eigenen
    Beweiſes §. 39.
    bis
    43.

§. 23.

DOch wir wollen der Sache nun naͤher kom-
men. Dreierlei verſpricht uns der Herrn-
huter. Erſtlich er wolle nur vor ehrliche
und herzliche Leute eigentlich ſchreiben.
Zum andern er wolle treuhertzig verfahren.
Und drittens, er wolle nur das beruͤhren,
was ſeiner Meinung nach, wegen der ſeit zwoͤlf
Jahren vorgekommenen Zweifeln, einer Er-
laͤuterung beduͤrfe. (§. 4.)


§. 24.

Ehrliche Leute nennet man eigentlich dieje-
nige, welche in der menſchlichen Geſellſchaft
ſich ſo verhalten, daß ſie der Achtung nicht
verluſtig werden, welche andere gegen ſie he-
gen und bezeigen muͤſſen. So iſt in der buͤr-
gerlichen Geſellſchaft, derjenige ein ehrlicher
Burger, der nach den Geſetzen derſelben alſo
lebet, daß man ihn vor einen aͤchten Mitbuͤr-
ger
[25]dritter Theil.
ger muß gelten laſſen, wann er gleich von in-
nen nicht tugendhaft waͤre. Man koͤnte aber
noch uͤber dieſes eine tugendhafte und chriſt-
liche
Ehrlichkeit diejenige nennen, welche bey
tugendhaften Leuten und bey Chriften da-
fuͤr geachtet wird. Wer ſonſten in allen Ge-
ſchaͤften, ſonderlich welche den Nechſten be-
treffen, nach ſeiner beſten Einſicht, und recht-
maͤſigen Abſicht, in Worten und Werken ge-
rade, und ohnpartheiiſch nach den Regeln des
natuͤrlichen und erleuchteten Gewiſſens ver-
faͤhret; der iſt in weiterem Verſtande ehrlich,
und der Vorwurf eines Betriegers, Luͤgners,
heimtuͤkiſchen und boshaften Menſchen, trift
ihn nicht. Wann herzliche Leute von den
ehrlichen unterſchieden werden, ſo muß ihr
Kennzeichen nicht allein dieſes ſeyn, daß ſie ih-
ren beſten Uberzeugungen jedesmahl gerne Ge-
hoͤr geben, und die Bewegungsgruͤnde, als
lenckſame und geſchmeidige Menſchen, zur
Ausuͤbung bringen; ſondern auch, daß ſie in
gewiſſen Neigungen ſtarck, zaͤrtlich und be-
ſtaͤndig ſind. Doch iſt es gar wohl moͤglich,
daß jemand bey mangelhaften und falſchen Ein-
ſichten ſo wohl ehrlich als hertzlich bleibe;
wann ſein Fehler mehr am Verſtand als am
Willen lieget. Wer die Hertzlichkeit darin-
nen ſuchet, daß einer blos durch ſinnliche Luſt
und Unluſt, zum begehren und verabſcheuen
getrieben wird: der ſtellet uns einen Menſchen
vor, den man in der Moral zu den Sclaven
B 5rech-
[26]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
rechnet. Und da hieſe ehrlich ſeyn ſo viel, als
nach den Geſetzen dieſer Dienſtbarkeit ſich fein
treulich richten.


§. 25.

Wann nun der Herrnhuter vor erſtere
wuͤrklich ehrliche und hertzliche Leute ſchreibet,
ſo muß er nothwendig die Warheit ſchreiben,
und zwar ſeine Leſer davon uͤberzeugen, damit
ſie in Annehmung derſelben, ehrlich, und
unpartheiiſch, gleichwie in der Neigung ge-
gen die Wahrheit und ihren Lehrer, hertzlich
ſeyn moͤgen. Wenigſtens muß er ſo viel Liebe
vor die Warheit haben, daß er ſie uͤber alles
ſuchet, verehret, und ausbreitet, hingegen
Jrthuͤmer die ihm deutlich gezeiget werden, mit
Freuden ableget, und der Warheit, ſonder-
lich der goͤttlichen, die Ehre gibt. Sonſt wuͤr-
de er ſelbſt, weder ehrlich noch hertzlich ſeyn,
ſondern dem Leſer welcher Ehrlichkeit und
Hertzlichkeit liebet, ein ſehr ſchaͤdliches Bey-
ſpiel werden. Ja dieſes wird deſto ſchlimmer
ſeyn, im Fall er Luͤgen und Jrrthum wider
beſſeres Wiſſen und Gewiſſen ausſtreuet, und
gegen ſo vielfaͤltige beſſere Belehr- und Er-
mahnungen handelt. Am allerſchlimmſten,
wann man gewahr wird, daß er zu Erreichung
einer boshaften Abſicht, die allerheiligſte Din-
ge, nemlich die Schrift, und ſchriftmaͤſige
Bekentniſſe der gantzen Chriſtenheit, als einen
Dekmantel ſeiner Betriegereien annimt, und
ſich
[27]dritter Theil.
ſich deren in eben dem Beginnen ruͤhmet, da-
durch er ſie am meiſten mit Fuͤſen trit.


§. 26.

Wer in ſolchem Fall ehrliche und hertz-
liche
Leſer fodert, der will in der That nichts
anders, als daß die Leſer eben ſo ehrlich und
hertzlich ſeyn ſollen, wie der Verfaſſer ſelbſt
erfunden wird. Das iſt, daß ſie entweder
auf ſein Wort, die Luͤgen vor Warheit unge-
pruͤft annehmen, mithin ſolchergeſtalt ehrlich
ſeyn, (§. 97.*) und dieſe nebſt ihrem Urheber
hertzlich lieben ſollen, ohne ſeine Parthie aus
Abſcheu vor dieſen Bosheiten zu vereckeln und
zu verlaſſen: oder wenigſtens, wann ſie Luͤgen
und Tuͤcke mit Haͤnden greifen, ſo ſoll die Ehr-
lichkeit ſie anweiſen, dennoch bei dem Plan zu
halten, und das gantze Hertz ihm zu opfern,
weil ſie ſonſt keine gantze Zinzendorfiſche
Leute ſeyn wuͤrden. So nennen die Raͤdels-
fuͤhrer gewiſſer Banden, entweder ihre An-
haͤnger ehrlich und hertzlich, oder doch andere,
die ſich aus Dummheit von ihnen breit ſchla-
gen laſſen; wann ſie gleich nicht mitlaufen
und jenes Handwerck treiben. Wenn man
demnach den rechten Unterſchied weiß, zwi-
ſchen der herrnhutiſchen und wahren Ehr-
lich
- und Hertzlichkeit, ſo weiß man auch,
was fuͤr Leſer vor die Zinzendorfiſche Schrif-
ten gewuͤnſchet werden. Summa, man ſie-
het aus dieſem Zinzendorfiſchen Vorbericht,
daß ſein Verfaſſer ſich nicht beſſern will.
Dann
[28]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Dann wo ihm nun abermal ſein Frevel wird
entdecket werden, ſo hat er ſchon zum voraus
ſich damit verwahret, daß ein jeder, der ihm
widerſprechen werde, kein ehrlicher und hertz-
licher Mann ſeyn muͤſſe. Er gibt ſich alſo
zum voraus einen Freibrief, die Vertheidiger
der Warheit Schelmen zu nennen, wie er
dieſes Wort ausdruͤklich an einem Ort gebrau-
chet. Sehet! wie leicht man bei den Herrn-
hutern ſeinen ehrlichen Namen verlieren koͤn-
ne! Jch bekenne demnach, daß ich nach der
Zinzendorfiſchen Regel kein ſolcher Leſer bin,
wie ſeine Moral voraus ſetzet. Alſo wird er
vor mich nicht geſchrieben haben. Weil ich
aber dennoch bei vernuͤnftig und chriſtlichen
Menſchen ſo ehrlich als hertzlich zu ſeyn mich
beſtrebe; ſo will ich gleichwol vor ihn ſchrei-
ben, wann ich gleich voraus ſehe, daß ich ihn
weder ehrlich noch hertzlich finden oder machen
werde. Gnug wann andere dieſes ſind, oder
werden wollen wann ſie es noch nicht ſind.


§. 27.

Laſt uns aber ſeines Glaubens abermalige
Rechenſchaft hoͤren. Er haͤlt das Wort Per-
ſon
welches in der Augſpurgiſchen Bekentnis
ſtehet, nunmehr vor das natuͤrlichſte und
bequemeſte. Vor dieſem
aber, war es in
ſeinen Augen ein unſchicklicher Auſdruck.


Man ſoll hieraus ſehen, daß ſich der ehrli-
che und hertzliche Mann gebeſſert habe. Vor-
her war ihm das Wort Perſon nicht anſtaͤn-
dig:
[29]dritter Theil.
dig: er hielte es vor unſchicklich zu ſagen:
Drei unterſchiedene Perſonen in einem un-
zertrennlichen Weſen.
Aber nunmehr iſt
es dem Scheine nach, ſein Ernſt, das Wort
Perſon gelten zu laſſen. Duͤrfte man doch
fragen, zu welcher Zeit das nunmehr ange-
fangen? Etwa ſchon vor zwoͤlf Jahren, da
dieſer hertzliche Bekenner, vor der hohen evan-
geliſchen Verſammlung zu Regenſpurg, bei
der Augſpurgiſchen Confeßion zu leben und zu
ſterben ſich nach ſeiner Ausſage erklaͤret hat?
Das waͤre doch ein langes nunmehr! Und
wenn man auch dieſes wolte gelten laſſen, ſo
bleibet ſo viel doch ausgemacht, daß die Zin-
zendorfiſche Theologie vor dieſem nunmehr,
ziemlich ausſchweifend geweſen ſeyn muͤſſe, da
ihrem Verfechter das Bekentnis der gantzen
Chriſtenheit ſo verdaͤchtig im Wort Perſon
vorgekommen iſt: da er noch nicht von Her-
tzen
hat ſagen koͤnnen was unſere Kinder ſa-
gen: drei unterſchiedene Perſonen: und
doch gleichwol es ſo lange bis auf das nun-
mehr
, ohne die geringſte Ehrlichkeit, und
Hertzlichkeit immer zum Schein geſaget hat.
Er hat ſich demnach zu ſeinem angeblichen Lehr-
amte mit derjenigen Treue, und aufrichtigen
Theilnehmung an den Warheiten der chriſtli-
chen Kirche, nicht vorbereitet, wie rechtſchaf-
fene Lehrer zu thun verbunden ſind. Oder
wann dieſes nunmehr ſogar in die Zeit ſeines
angemaßten Amtes einſchlaͤget, welches er als
ein
[30]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
ein vorgegebener Lutheriſcher Prediger, nicht
anders hat antreten koͤnnen, als nach Maas-
gabe der chriſtlich-Lutheriſchen Bekentnis: ſo
muß er weder ein ehrlicher noch hertzlicher Leh-
rer in dieſem Stuͤke geweſen ſeyn.


§. 28.

Sogleich werden wir etwas mehr entdeken.
Daß nemlich unſer Herrnhuter, weder vor
dieſem
noch nunmehr, ſich ehrlich in dieſem
Stuͤk bezeiget habe. 1) Das Herrnhutiſche
Lehrbuͤchlein, wie es nach obgedachten zwoͤlf
Jahren das Licht erbliket hat; weiß nichts von
den Perſonen, wo von der heiligen Dreiei-
nigkeit geredet wird. Und dieſes Buͤchlein ſoll
doch ein Bekentnis der Herrnhutiſchen Kirche
ſeyn. 2) Unſer Herrnhuter bekennet ſelbſt,
hier auf der Stelle, daß der Ausdruk oder
das Wort Perſon unſchiklich vor die Gottheit
ſeye, wenn man dadurch den inneren Un-
terſchied
zwiſchen dem Vater, Sohn, und
Heiligen Geiſt anzuzeigen gedenke; weil er
glaubet, daß nur das beliebte Verhaͤltnis(*)
der
[31]dritter Theil.
der H. DreieinigkeitNB.zu uns Menſchen
dadurch angezeiget werde. Ja er haͤlt es nur
vor wahrſcheinliche Einfaͤlle (Speculationes)
die er zu Glaubens-Artikeln nicht machen
will
, wann jemand den inneren Unterſchied, das
weſentliche in der heiligen Dreieinigkeit,
und ihre Verhaͤltnis unter ſich ſelbſt
da-
durch ausdruͤkken wolte, (§. 5.) als worzu kein
Menſch beſtellet ſeye. Jſt es nun wahr,
daß er nunmehr ſeinen Begrif gebeſſert
habe?


§. 29.

Es iſt gut, daß Zinzendorf uns zum voraus
ein Licht in dieſer Sache gegeben hat. Er
macht, wie billig, einen Unterſchied, zwiſchen
der
(*)
[32]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
der Augſpurgiſchen Confeßion, die einen rich-
tigen beſtimmten Sinn hat, und zwiſchen
NB.ſeinem Augſpurgiſchen Confeßions-
Verſtand
(§. 4.) wenn er demnach die A. C.
bekennet, ſo muß man jedesmal dieſes voraus
ſetzen, daß er alsdann nicht die eigentliche Aug-
ſpurgiſche Confeßionswarheiten, ſondern ſei-
nen beſonderen, dieſer Confeßion angedichte-
ten, und hinter dieſelbe liſtiglich verſtekten
Confeßionsverſtand im Schilde fuͤhre, oder
nach ſeiner Art ſymboliſire wie im vorher-
gehenden Theil gezeiget worden. Das ge-
ſchiehet nun auch dieſesmal, ſo ehrlich und
hertzlich, als man von ihm hoffen kan. Sie-
he den 1ſten Theil, ſ. 48. 113.


§. 30.

Wir muͤſſen den inneren Unterſchied, oder
das innere Verhaͤltnis anſehen, wodurch ſich
diejenige welche in der Gottheit, Vater,
Sohn
und heiliger Geiſt ſind, voneinander
unterſchieden. Dann dieſer innere Unterſchied
wird durch das Wort Perſon ausgedruͤkt,
wie unſere Kirche gegen allerley ſchwaͤrmeriſche
und unruhige Koͤpfe, vorlaͤngſt bewieſen, ja
die Woͤrter ſelbſt Perſon und Weſen, aus
der heiligen Schrift hergeleitet hat. Der in-
nere Unterſchied, beſtehet aus gewiſſen Kenn-
zeichen, welche ſich nicht auf etwas beziehen,
das auſer GOtt iſt, folglich nicht auf die
Welt, mithin auch nicht auf die Menſchen.
Sondern dieſer innere Unterſchied liegt in den-
jenigen
[33]dritter Theil.
jenigen goͤttlichen Verrichtungen, welche in der
Gottheit bleiben. Dieſe wurden geweſen ſeyn,
wann nimmermehr eine Welt ware geſchaffen
worden. Die ewige Zeugung des Sohnes ge-
hoͤret vor den Vater innerlich, ohne auf eine
Welt zu ſehen, von dem Sohn, als welcher
nicht gezeuget hat, ſondern vom Vater gezeu-
get iſt. Joh. 1, 1. 14. Pſ 2, 7. Ebr. 1, 5.
Mich.
5, 1. Es brauchte keine Welt zu die-
ſem Ende da zu ſeyn, daß der Vater den Sohn
zeugen moͤchte. Dieſe Zeugung iſt ewig, ohne
alle Abſicht auf die Welt. Der heilige Geiſt
gehet aus vom Vater und vom Sohn, nicht
aber gehet der Vater und der Sohn aus von
dem heiligen Geiſt, Joh. 14, 16. 15, 26. Und
dieſes iſt abermal ein innerer Unterſchied, der
ewig iſt, und ſeyn wuͤrde, wann Himmel und
Erde nie entſtanden waͤren.


§. 31.

Wie ſteht es aber nun um die Augſpurgiſche
Bekentnis? Darf man ſagen, daß ſie mit dem
Wort Perſon, nicht auf den jetztgedachten in-
neren Unterſchied geſchen habe? ſondern, daß
bloß die verſchiedene beliebte Verhaͤltnis
GOttes/ gegen uns Menſchen
/ dadurch
angezeiget werde? Man muͤſte unſere Beken-
ner vor groſſe Betrieger halten, wann dieſes
behauptet werden koͤnte. Dann ſie wuͤrden ſich
in dieſem Fall gerade ſo auffuͤhren, wie Zinzen-
dorf. Allein ſie waren von gantz anderer Be-
ſchaffenheit. 1) Sie berufen ſich ausdruͤcklich
Herrnhut.III.Theil. Cauf
[34]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
auf das Niceniſche Bekentnis. Dieſes aber
ſpricht mit klaren Worten: Jch glaube an
JEſum Chriſtum den eingebohrnen Sohn
GOttes/ der vor allen Ewigkeiten vom
Vater
NB.gebohren/ nicht geſchaffen/
ſondern gleiches Weſens iſt. Und an den
heiligen Geiſt/ der vom Vater und Sohn
ausgehet.
Sie fuͤgen 2) hinzu: Wir be-
dienen uns des Worts Perſon/ in derje-
nigen Bedeutung/ deren ſich die Kirchen-
Scribenten in dieſer Sache bedienet ha-
ben/ daß es nicht einen Theil oder Zuſaͤl-
ligkeit/ ſondern etwas vor ſich ſelbſt be-
ſtehendes bedeute.
Nun haben ſich die Kir-
chenlehrer uͤber die Bedeutung dieſes Wortes
dergeſtalt erklaͤret, und es ſo genau und eigent-
lich beſtimmet, wie das Niceniſche Bekentnis
lehret, daß es nemlich den inneren Unter-
ſchied
zwiſchen Vater/ Sohn/ und heiligen
Geiſt
/ anzeige, welcher in der Schrift ſo deut-
lich vorgetragen iſt, (§. 30.) daß man darge-
gen nichts einwenden kan. Ja, es ſagen 3)
obgedachte unſere Vorfahren, in der Apologie
der Augſpurgiſchen Confeßion
, und zwar
in deren erſten Artikel: Wir behaupten
unwanckelbar/ daß diejenige/ welche an-
ders lehren/ auſſer der chriſtlichen Kirche
ſind/ und Goͤtzendiener; ja den lieben
GOtt verſpotten.


§. 32.

Man beliebe nur das Zinzendorfiſche Be-
kent-
[35]dritter Theil.
kentnis dagegen zu halten. Er ſpricht: Die
Kirche verſtehet im erſten Artikel der
A. C. mit Perſon etwas/ das fuͤr ſich
ſelbſt
(*)beſtehet; welcher Meinung ich
auch bin/ nur mit einer kleinen Verbeſ-
ſerung meines Begrifs.
Die Verbeſſerung
ſeines Begrifs iſt dieſe: daß er nun das Wort
Perſon vor das natuͤrlichſte und bequemſte hal-
ten will, das er vor dieſem vor unſchicklich ge-
halten habe. (§. 5.) Das heiſſet ſo viel: ich
habe nun Mittel gefunden mit dem Wort Per-
ſon, denjenigen Begrif zu verbinden, welcher
mir der bequemſte ſcheinet vor meine Abſicht.
Der Begrif, den er darunter verſtecket, wird
unten ſich offenbaren, wann wir von dem Aus-
gebaͤren
des heiligen Geiſtes eigentlich reden
werden. Jch kan das Wort Perſon nun ſte-
hen laſſen. Nur gedencke ich etwas bey die-
ſem Wort, was ich entweder vor dieſem ſchon
gedacht, und mit der Augſpurgiſchen Confeſ-
ſions-Bedeutung dieſes Worts, noch nicht
C 2habe
[36]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
habe reimen koͤnnen: oder was mir ſeit deme
noch weiters eingefallen iſt. §. 28. Denn ge-
wiß, wann das Gegenwaͤrtige, eine Verbeſ-
ſerung
ſeines erſten Begrifs ſeyn ſoll: ſo muß
der erſte recht ſchlimm geweſen ſeyn, da der
gegenwaͤrtige ſo gar wenig tauget.


§. 33.

Wie weit gehet dann nun die Zinzendorfiſche
Beſſerung, in der Lehre von der H. Dreyei-
nigkeit? Sie beſtehet darin. Wenn man ſagt:
es ſind drey Perſonen der Gottheit, ſo heiſſet
das ſo viel: man will dadurch nicht ſowol
das Weſentliche der H. Dreyeinigkeit und
ihre Verhaͤltniſſe unter ſich ſelbſt andeu-
ten/ als vielmehr der H. Dreyeinigkeit be-
liebtes Verhaͤltnis zu uns/ auf das na-
tuͤrlichſte/ ſchriftmaͤßigſte und hertzlich-
ſte ausdruͤcken; zumalen da die in der H.
Schrift ihnen ausdruͤcklich beygelegte
Aemter des Erzeugens/ des Ausgebaͤrens
und der Ehlichung/ (die den Vater JE-
ſu Chriſti fuͤr der Kinder GOttes wah-
ren Vater/ den heiligen Geiſt fuͤr ihre
eigentliche und wahre Mutter/ den Sohn
fuͤr ihren geiſtlichen einigen Braͤutigam
und Mann erklaͤren/) darum nicht erfor-
dern/ daß eine Verſchiedenheit des Ge-
ſchlechts ſeyn muͤſſe ꝛc.
(§. 5.) Sehet die
herrliche Verbeſſerung ſeines Begrifs! und die
vollkommene Uebereinſtimmung mit der chriſt-
lichen Kirche. Wir wollen die Sache genauer
betrachten.


§. 34.
[37]dritter Theil.
§. 34.

Jch erweiſe aus dieſen Worten, daß Zinzen-
dorf den Unterſchied der goͤttlichen Perſonen
gaͤntzlich aufhebe. Unſere Kirche iſt ſonſten ſo
billig, daß ſie einem einfaͤltigen Chriſten, das
Wort Perſon nicht eben aufdringet, und bey
Verluſt ſeiner Seeligkeit ihn dergeſtalt daran
feſſelt, daß er, ohne damit verbundenen Be-
grif, es gebrauchen muͤſſe. Wann er den Va-
ter, den Sohn, und den heiligen Geiſt erkennet;
wann er die ewige Geburt des Sohnes vom
Vater, und den Ausgang des heiligen Geiſtes
von beyden, aus der heiligen Schrift annimt,
ſo ſaget er damit eben das, was die Kirche nen-
net, wann ſie drey Perſonen behauptet und
verehret. Allein mit einem Lehrer der Kirchen
iſt es ein anders. Von einem, der ſeine Be-
griffe ſo ſubtil ausſchleifen, und von Tag zu
Tage ins feinere bringen kan, wie Z. ſich ruͤh-
met, fordert man billig, daß er ſolche aus der
heiligen Schrift genommene Worte richtig,
nach dem Sinn der goͤttlichen Offenbarung,
und nach dem rechtglaubigen Begrif der Kir-
che, verſtehen ſoll. Solche Worte ſind die
Loſungen, wodurch man von den Jrgeiſtern
ſich unterſcheidet. Ein Einfaͤltiger, der das
Wort Perſon nicht verſtehen koͤnte, wuͤrde doch
bey ſeiner Einfalt redlich und gottsfuͤrchtig ſeyn,
und die innere Kennzeichen verehren. Aber Zin-
zendorf behaͤlt das Wort Perſon, zum Nach-
theil der inneren Kennzeichen, und verſtecket
C 3ſeine
[38]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
ſeine Schalkheit darhinter. Dieſe Larve muß
ihm abgezogen werden.


§. 35.

Wann demnach Zinzendorfs Geiſt an dem
Wort Perſon ſo ſcharfſinnig kuͤnſtelt, ſo ver-
raͤth er eine gantz andere Tuͤcke. Nemlich er
will den inneren Unterſchied der goͤttlichen Per-
ſonen aufgehoben wiſſen, und verwirft deshal-
ben dieſes Wort, in ſo weit, als die Kirche es
vor das bequemſte und ſchriftmaͤßigſte gehalten
hat, mehrgedachten inneren Unterſchied damit
zu bezeichnen. (§. 28.) Dann er verraͤth ſich
an eben dieſem Ort zweymal. Erſtlich haͤlt er
die Lehre von dieſem inneren Unterſchied vor
einen Fuͤrwitz, welcher in das Weſen GOt-
tes hinein ſchauen/ und dieſe Einſicht in
ſo viel beſtimte Saͤtze bringen wolte.
(§. 5.)
Siehe auch oben (§. 11.) ſeine Worte: Weil
du nun das Kennzeichen des heiligen Gei-
ſtes weder in ſeinen Handlungen uͤber-
haupt ausgedruckt findeſt/ noch in dem
Weſen GOttes und
NB.dieſen Geheim-
nis-vollen und unerſchoͤpflichen Verhaͤlt-
niſſen ſuchen darfſt ꝛc.
Sodann fuͤget er
bey, die Lehre von dieſem inneren Verhaͤltnis
der goͤttlichen Perſonen unter ſich ſelbſt
/
daß er das Weſentliche der H. Dreyeinig-
keit
nennet, beſtehe nur aus wahrſcheinlichen
Beſchauungen
oder Grillenfaͤngereyen, wel-
che man zu Glaubensartikeln nicht machen
koͤnne/ wann ſie gleich mit der Schrift

nicht
[39]dritter Theil.
nicht ſtritten. Hieraus ſiehet man, daß es
ihm nicht eigentlich um das Wort Perſon
gelte; ſondern daß er die Lehre von dieſem in-
nerlichen
Unterſchiede der goͤttlichen Perſonen
unter dem Schein einer beſſeren Worterklaͤ-
rung, anfeindet. Deswegen nennet er ſogleich
den Unterſchied der Perſonen ein beliebtes oder
willkuͤhrliches Verhaͤltnis/ da die G[ot]theit
von gewiſſen Wuͤrckungen an die Menſchen,
ſich Vater nenne, wegen der geiſtlichen Zeu-
gung der Menſchen; Sohn/ wegen der Braͤu-
tigams-Verhaͤltnis, und heiligen Geiſt we-
gen der Mutter-Verhaͤltnis. (§. 5.)


§. 36.

Nun laßt uns naͤher kommen. Daraus,
daß GOtt die Menſchen geiſtlich zeuget, oder
eine Jhm aͤhnliche neue Beſchaffenheit in ihnen
herfuͤr bringet, ingleichen daß er ſich mit ihnen
vermaͤhlet, oder in einer ſehr genauen Verbin-
dung der Liebe mit ihnen ſtehet, und endlich,
daß er muͤtterliche Treue an ihnen beweiſet;
daraus ſage ich, kan blos und allein der Unter-
ſchied der goͤttlichen Perſonen nicht begriffen
werden, wenn man den ewigen Ausgang des
Sohnes vom Vater, und des heiligen Geiſtes
vom Vater und Sohne, davon ſondert. Ur-
ſache: weil das geiſtliche Zeugen der Menſchen,
nebſt der Vermaͤhlung, und muͤtterlichen Ver-
pflegung, ſolche Wuͤrckungen GOttes ſind,
die auf etwas auſſer GOtt, ſich beziehen, nem-
lich auf die Menſchen. Nun iſt unſtreitig, daß
C 4dieſe
[40]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
dieſe Wuͤrckungen in denjenigen Eigenſchaften
GOttes gegruͤndet ſind, welche zur Einig-
keit ſeines Weſens
gehoͤren. Aus der Einig-
keit aber des Weſens begreifet niemand, daß
drey Perſonen ſind, wann keine goͤttliche Offen-
barung vom inneren Unterſchiede der Perſonen,
darzu gekommen waͤre. Deswegen es auch
eine den Schuͤlern bekannte Sache iſt, daß die
Wuͤrckungen GOttes/ welche auſſer ihm
auf die Welt/ mithin auch auf die Men-
ſchen gehen/ vor die Einigkeit des goͤtt-
lichen Weſens gehoͤren
: wenige davon aus-
genommen, mit welchen es eine ſonderbare per-
ſoͤnliche Bewandnis hat. Und obwol zueig-
nungsweiſe
, dieſe aͤuſſerliche Wuͤrckungen zu-
weilen einer Perſon vor der andern, in heiliger
Schrift beygeleget werden: ſo erkennet doch
niemand den Unterſchied der goͤttlichen Perſo-
nen daraus, wann nicht die vorige Zeugung,
und das Ausgehen des heiligen Geiſtes, als der
einzige zureichende Grund des inneren Unter-
ſchieds, ſchriftmaͤßig voraus geſetzet wird. Da-
her ſiehet man, daß die aͤuſſerlichen Wercke der
Gottheit, bisweilen ohne Unterſchied, bald
deme, der wegen der ewigen Zeugung Vater
heiſſet, bald deme, der Sohn heiſſet, weil er
von Ewigkeit gezeuget worden, bald deme, der
heiliger Geiſt iſt, wegen ſeines ewigen Aus-
gangs, beygeleget worden. Nehme nun einer
den inneren Unterſchied hinweg. Was wird
erfolgen? Er wird zuletzt ſagen muͤſſen: Der
Schoͤpfer,
[41]dritter Theil.
Schoͤpfer, der Erloͤſer, der Heiligmacher iſt
eine und eben dieſelbe Perſon, die nur verſchie-
dene Namen
hat, und bald unter dem Bild
eines Vaters, bald des Braͤutigams, bald der
Mutter, ſich zu erkennen giebt, ohne daß drey
verſchiedene Selbſtaͤndigkeiten in einem We-
ſen ſind. Und das iſt gut ſabellianiſch.


§. 37.

Wir ſehen demnach, wann das Geheimnis
der heiligen Dreyeinigkeit unverfaͤlſcht und auf-
recht bleiben ſoll, ſo muͤſſen wir dem goͤttlichen
Wort, und damit dem Bekentnis der chriſt-
lichen Kirche folgen, ohne den Betrieger zu
hoͤren. Der Unterſchied der goͤttlichen Perſo-
nen, der aus den aͤuſſerlichen Wuͤrkungen ge-
nommen wird, iſt nur zufaͤllig. Waͤre keine
Welt, ſo waͤre dieſer Unterſchied nicht. Waͤre
kein Suͤndenfall, und keine Erloͤſung geſchehen,
ſo waͤre dieſer Unterſchied nicht Aber der in-
nere, auf der ewigen Zeugung und Ausgang
beruhende Unterſchied, iſt nothwendig, ewig,
unveraͤnderlich, und bleibet in dem Schooſe
der Gottheit, wenn gleich Welt und Menſchen,
Fall und Erloͤſung nicht verhanden waͤren.


Der aͤuſſerliche Unterſchied iſt nur eine in der
Zeit entſtandene Verhaͤltnis der Creaturen ge-
gen GOtt. Weshalben es der Herrnhuter
ſelbſt, ein beliebtes Verhaͤltnis GOttes
nennet; welches nicht da ſeyn wuͤrde, wann
keine Welt vorhanden waͤre. Hingegen iſt
die ewige Zeugung des Sohnes, und das Aus-
C 5gehen
[42]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
gehen des heiligen Geiſtes, in der Gottheit ſo
nothwendig, daß GOtt, ohne dieſes, der wah-
re GOtt nicht ſeyn wuͤrde. Eine ſolche bloſe
Beſchaffenheit
und Verhaͤltnis gegen die
Creaturen, haben unſere gottſeelige Bekenner
im erſten Artikel der Augſpurgiſchen Confeßion,
von ſich abgelehnet, und etwas Selbſtaͤndi-
ges
gelehret.


§. 38.

Wie ein Menſch, der blos an dem aͤuſſer-
lichen Unterſchied der goͤttlichen Perſonen kle-
bet, ſo ſchlecht in dem Geheimnis der heiligen
Dreyeinigkeit gegruͤndet ſeye, und wie er noth-
wendig auf deſſen Verlaͤugnung verfallen muͤſſe;
das lehret Zinzendorfs Bezeigen. Da er an
dieſem Ort, zum Schein, ob glaube er eine
wahre Dreyeinigkeit, ſo ſehr mit ſeinen aͤuſſer-
lichen Verhaͤltniſſen daher pralet, ſo verraͤth
er an einem andern Ort, daß er auch die Letz-
teren nicht anders anſehe, als ſolche Wuͤrckun-
gen, die man keiner unter den dreyen Perſonen
beſonders und allein, mit einigen Fug beyle-
gen koͤnne. Er haͤlt den Unterſchied der Per-
ſonen, der von den aͤuſſerlichen Wuͤrckungen
oder Aemtern der Gottheit genommen wird,
fuͤr bloſſe Grillen, die in GOttes Wort nicht
gegruͤndet ſeyn, und macht der Chriſtenheit ein
ſcheeles Geſicht. daß ſie dergleichen Fratzen er-
funden habe. Siehe den erſten Theil ſ. 147.
wo Zinzendorf alſo ſpricht: Wir haͤtten un-
ſere Eintheilung in die Wercke der Schoͤ-

pfung/
[43]dritter Theil
pfung/ der Erloͤſung/ und der Heili-
gung
(*)erſparen koͤnnen/ welche aus
nichts anders herkomt/ als aus einem
Vernunftſchlus/ daß man einer jeden Per-
ſon in der Gottheit muͤſſe ein Amt geben/
und haͤtten das alles dreyes dem koͤnnen
laſſen/ dems gehoͤret/ nemlich JESU
Chriſto.


§. 39.
[44]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
§. 39.

Die Schalkheit des Herrnhuters waͤre noch
etwas geringer, wann er zu den aͤuſſerlichen
Kennzeichen der goͤttlichen Perſonen etwa noch
dasjenige genommen haͤtte, was der dreyeinige
GOtt in ſeinem Wort uns ſelbſt gelehret hat.
Jch meyne die Schoͤpfung/ die Erloͤſung/
und Heiligung/ als die drey groͤſten Wercke,
dadurch er ſich zu ſeinem ewigen Preis, uns
Menſchen offenbaret. Aber das iſt ihm alles
nicht recht, weil es GOtt unſer HErr, geſaget,
und die chriſtliche Kirche aus ſeinem Munde
ihm nachgeſprochen hat. Wir haben ſein ge-
bieteriſch Orakel im Ende des vorigen Ab-
ſchnitts (§. 38.) itzt eben gehoͤret. Und er wie-
derholt es an dieſem Ort, trotz GOtt und
Chriſtenheit. (§. 11.) Der Vater ſoll ſich
durch das Erzeugen/ nicht durch die Schoͤ-
pfung: Der Sohn durch das Braͤutigams-
ge-
(*)
[45]dritter Theil.
geſchaͤfte/ nicht durch die Erloͤſung: Der
heilige Geiſt durch die Mutterarbeit/ nicht
durch die Heiligung unterſcheiden. (§. 5.) Noch
feiner redet er anderswo von dem Vater, als
dem Gros- und Schwiegervater, davon im
erſten Stuͤck, ſ. 140. f. iſt gehandelt worden.


§. 40.

Man ſiehet hieraus, daß er die Perſonen der
Gottheit nur durch diejenige Aemter unter-
ſcheidet, welche ihnen in Anſehung ihrer Wuͤr-
ckungen an die glaͤubige Menſchen, beygeleget
werden. Er behauptet alſo 1) dieſen Satz:
die Perſonen der Gottheit muß man durch ihre
Aemter(*) unterſcheiden, dadurch ſie an die
Men-
[46]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Menſchen wuͤrken. Zumalen ſpricht er (§. 5.)
da die in der heiligen Schrift ihnen aus-
druͤcklich beygelegte Aemter/ des Erzeu-
gens/ des Ausgebaͤrens und der Elichung,
(die den Vater JEſu Chriſti fuͤr der Kin-
der GOttes wahren Vater/ den heiligen
Geiſt fuͤr ihre eigentliche und ware Mut-
ter/ den Sohn fuͤr ihren geiſtlichen und

einigen
(*)
[47]dritter Theil.
einigen Braͤutigam declariren) darum
nicht erfodern/ ꝛc.
2) Der andere Satz,
worauf ſeine herrliche Erfindung beruhet, heiſt
alſo: Man muß einer jeden Perſon ein ſol-
ches Amt zueignen/ welches die Schrift
derſelben dergeſtalt beyleget/ daß ſie und
keine
(**)andere Perſon der Gottheit/
ſolches als eigenthuͤmlich/ fuͤhret.
Die-
ſes iſt ſeine Meynung. Das beweiſe ich mit
einem gedoppelten Grund aus ſeinen Worten.
Dann a) er nennet die jetztberuͤhrten Aemter
der Perſonen, ſolche Aemter, die in der hei-
ligen Schrift ihnen ausdruͤcklich beyge-
leget waͤren
/ wie in dem eben angefuͤhrten
erſten Satz zu leſen iſt. Er faͤhret fort, und
verwirft deswegen den aus dem Schoͤpfungs-
Erloͤſungs- und Heiligungswerk genommenen
Unterſchied der Perſonen, weil dieſe goͤttliche
Werke einer jeden Perſon der Gottheit, und
nicht einer derſelben alleine, mit Ausſchlieſſung
der andern, zuſtaͤndig ſeyn.


Dann ſo heiſt es: (§. 11.) Du ſagſt/ der
heilige
[48]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
heilige Geiſt heiliget: Und antwortet hier-
auf: Der Vater heiliget auch. Daraus
ſchlieſſet er, man koͤnne den heiligen Geiſt durch
das Heiligungswerk unmoͤglich von dem Vater
unterſcheiden, weil Er, der heilige Geiſt dieſes
Werk nicht allein, ſondern mit dem Vater ge-
mein habe. Dadurch, (ſo heiſt es weiter,) finde
er ſich genoͤthiget einen Lehrgrif vors Hertz aus-
zumachen, und den heiligen Geiſt die Mutter
zu nennen. (§. 10. 11.)


§. 41.

Solchemnach hat Zinzendorf zweyerley zu
erweiſen, bevor er ſeinen neugeformten Glau-
bensartikeln eine goͤttliche Unfehlbarkeit beyle-
gen, und die alten ausmertzen kan. Erſtlich/
daß die heilige Schrift dem Vater das Er-
zeugen
der geiſtlichen Kinder, dem Sohn die
Ehlichung/ und dem heiligen Geiſt das Aus-
gebaͤren ausdruͤcklich
/ als beſondere Aemter
beyleget. Zum andern, daß jeder Perſon, die-
ſes ihr angewieſenes Amt gantz alleine, und
mit Ausſchlieſſung der andern Perſonen, zu-
komme. (§. 40.) Er ſchreibet, als ob dieſes
eine ausgemachte und in der Chriſtenheit un-
ſtreitige Warheit ſeye. Man ſiehet nicht ei-
ne (*) Sylbe zum Beweis dabey ſtehen. Und
was
[49]dritter Theil.
was bleibet nun uͤbrig? Soll man die ſonnen-
klare Warheiten der Schrift, welche dem Va-
ter die Schoͤpfung, dem Sohn die Erloͤſung,
dem heiligen Geiſt die Heiligung, zueignungs-
weiſe beilegen, dem Zinzendorf zu gefallen
wegwerfen, und vor einen falſchen Vernunft-
ſchlus
halten? Hingegen die Brut ſeiner ver-
ruͤckten Phantaſie vor goͤttlich anbeten? Jſt
das ſeine treuhertzige Bekentnis, und reiner
Confeßionsverſtand/ daraus man ihn als
einen lutheriſchen Pfarrer wie den Loͤwen aus
der Klaue, erkennen ſoll?


§. 42.

Jch haͤtte nicht noͤthig, ein Wort weiter
beizuſetzen. Dann der elende Rabuliſt hat
ſich ſelbſt blos gegeben: Jch muß dir eine
DLehr-
(*)
Herrnhut.III.Theil.
[50]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Lehrart vors Hertz (§. 11.) ausfuͤndig
machen.
Was iſt dieſes vor ein Fund? und
wann wird er bewieſen werden? Jch gebe voͤl-
lig Beyfall, daß es ein Fund iſt. Aber wer
hat dem Herrnhuter die Macht gegeben, ſolche
Sachen zu erfinden? ſolchen Fund vor Glau-
benslehren auszugeben? die wahre Glaubens-
lehren der Chriſtenheit unter die Banck zu ſte-
cken, und den Fund der Schalckheit uͤber ſie
triumphiren zu laſſen? die treuen Liebhaber
und Verfechter der Warheit auszuſchelten, weil
ſie dem Erfinder kein goͤttlich Anſehen geſtat-
ten wollen? die Welt ſo treuhertzig weiß zu
machen, dieſer Fund ſey der Jnhalt der Aug-
ſpurgiſchen Confeßion? doch weil Zinzendorf
weder anfangen wird dieſen Fund zu erweiſen,
noch aufhoͤren, ungegruͤndete Seelen damit zu
betriegen, ſo will ich immittelſt den Fund in ſei-
ner Bloͤſſe darſtellen. Dann ich achte dieſes we-
gen der Schwachen, vor meine Schuldigkeit.


Drittes Hauptſtuk.
Von den Zinzendorfiſchen perſoͤnlichen

Kennzeichen der heiligen Dreyeinigkeit.


  • Jnhalt.
    1) Von der geiſtlichen
    Zeugung der Glaͤu-
    bigen als dem Kenn-
    zeichen des Vaters.
    §. 43. wird wiederle-
    get
    §. 44.
    2) Von der Ehlichung/
    als dem Kennzeichen
    des Sohnes/ wird
    erklaͤret §. 45. 46. und
    wiederleget
    §. 47. 48.
    49. 50.
    3) Von der Mutter-
    ſchaft des heiligen

    Geiſtes
    [51]dritter Theil.
    Geiſtes als ſeinem
    perſoͤnlichen Kenn-
    zeichen uͤberhaupt.

    a) Erſter Zinzendorfi-
    ſcher Eingang/ vom
    maͤñlichen u. weibli-
    chen Geſchlecht der
    goͤttl. Perſonen
    § 51.
    b) Zweyter Eingang/
    von dem vergeblich
    angefuͤhrten Streit
    der griechiſchen und
    latein. Kirche
    §. 52.
    c) Dritter Eingang/
    von der vorgegebe-
    nen Wichtigkeit der
    Mutterſchaft des h.
    Geiſtes
    §. 53.
    d) Vierter Eingang/
    von den Zinzendor-
    fiſchen Laͤſterungen
    gegen unſere Kirche
    und deren Lehrer.

    1) Von der angebli-
    chen groben Un-
    wiſſenheit unſerer
    Kirche in der Lehre
    vom h. Geiſt
    §. 54.
    2) Von der ange-
    ſchuldigten Ab-
    weichung von den
    Spuren Lutheri
    §.
    55. 56. 57. 58.
    e) Fuͤnfter Eingang/
    deſſen ſechsfacher
    Jnhalt
    §. 59.
    1) Wieferne wir da
    ſind den Glauben
    aufzurichten durch
    neue Lehrgriffe
    /
    §. 60.
    2) Die vorgegebene
    Unzulaͤnglichkeit
    der perſoͤnl. Kenn-
    zeichen des h. Gei-
    ſtes
    § 61.
    3) Ob dieſe Kennzei-
    chen keinen wah-
    ren Unterſchied an-
    zeigen:

    a) Wie das neue
    Keñzeichen muͤſſe
    beſchaffen ſeyn:

    §. 62.
    b) Ob das neue
    Kennzeichen ein
    bloſſer
    Methodis-
    mus
    ſeye: §. 63.
    c) Ob er vor den
    Kopf und vor das
    Hertz ſeye:
    §. 64.
    4) Wird auf das fol-
    gende
    num. 6. ver-
    ſparet.

    5) Ob in den Hand-
    lungen des h. Gei-
    ſtes kein Kennzei-
    chen ſeiner Perſoͤn-
    lichkeit zu finden:
    welche Handlun-
    gen gemeinet wer-
    den: alle oder et-
    liche: und was vor
    ein Beweis dem
    Zinzendorf hierbey
    obliege:
    §. 65.
    D 26) Die
    [52]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
    6) Die Urſachen/ wa-
    rum in ſolchen
    Handlungen kein
    Kennzeichen lie-
    gen ſoll:

    a) Die dreyfache Ur-
    ſache u. ihre Wie-
    derlegung
    §. 66.
    b) Die falſche Gruͤn-
    de dieſer Urſa-
    chen. Ob man
    bey Erkentnis
    der inneren Keñ-
    zeichen in das
    Weſen GOttes
    ſpeculire: §. 67.
    ob man zublin-
    tzen muͤſſe/ wann
    ſeelige Gedanken
    durch den Kopf
    ins Hertz fah-
    ren: (§. 68.) von
    dem zuviel- und
    zu rund Dencken
    und Ausdruͤkke
    brauchen
    §. 69.

§. 43.

Von der geiſtlichen Zeugung der Men-
ſchen
wollen wir den Anfang machen.
Dieſe iſt es, welche Zinzendorf vor ein
Kennzeichen der Perſon des Vaters, angiebt,
und davon er annimmt, daß ſie alleine dem
Vater, mit Ausſchlieſſung des Sohnes und
des heiligen Geiſtes zuſtehe. (§. 40.) Die
geiſtliche Zeugung iſt eine Gnadenwuͤrkung des
dreyeinigen GOttes, wodurch er, (*) mittelſt
Wort
[53]dritter Theil.
Wort und Sakramenten, den Glauben herfuͤr
bringet. Sie iſt 1) ein Werk der heiligen
Dreyeinigkeit. Jacob. 1, 17. 18. Des Va-
ters, 1. Petr. 1, 3. Des Sohnes, welcher
der Anfaͤnger und Vollaͤnder des Glau-
bens
iſt, mithin als Anfaͤnger des Glaubens,
den Glauben herfuͤr bringet, Ebr. 12, 2. Und
die Herfuͤrbringung des Glaubens wird auch
die Erleuchtung genennet; der Sohn aber
erleuchtet als das warhafte Licht, alle Men-
ſchen. Joh. 1, 4. Dem heiligen Geiſt gehoͤ-
ret ſie ebenfals, und zwar zueignungsweiſe,
dann wir werden wiedergeboren aus Waſſer
und Geiſt Joh. 3, 5. Tit.
3, 5. und der
heilige Geiſt machet, daß wir JEſum einen
HErrn nennen
/ das iſt, an ihn glauben
koͤnnen. 1. Cor. 12, 3.


D 3§. 44.

(*)


[54]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
§. 44.

Dieſes aus der heiligen Schrift voraus ge-
ſetzt, finden wir nun den Zinzendorf als einen
vielfaͤltigen Luͤgner. Erſtlich/ da er die Wie-
dergeburt, oder geiſtliche Zeugung dem Sohn
und dem heiligen Geiſte (*) abſpricht. Zwey-
tens
/ da er das perſoͤnliche Zueignungswerk
des heiligen Geiſtes, nemlich die geiſtliche
Zeugung oder Wiedergeburt Joh. 3, 5. dem
Vater zueignet. Drittens/ da er das Schoͤ-
pfungswerk
als das perſoͤnliche aͤuſſerliche
Kennzeichen des Vaters, ausmertzet, und die
neue Schoͤpfung, nemlich die Wiedergeburt,
welche nicht ſo allgemein iſt, als die erſte Schoͤ-
pfung, an dieſer ihre Stelle ſetzet, anderswo
aber
[55]dritter Theil.
aber dem Sohn, ausſchlieſſungsweiſe die Schoͤ-
pfung beyleget. Da doch die Schrift dem
Vater die erſte Schoͤpfung ausdruͤcklich zueig-
net, wie im erſten Stuͤck ſchon erinnert wor-
den ſ. 146. und die Augſpurgiſche Confeßion,
worzu er ſich doch mit Gewalt bekennen will,
den Vater ausdruͤcklich unter dieſem Kennzei-
chen vorſtellet: gleichwie ſie hingegen dem hei-
ligen Geiſt die geiſtliche Zeugung zueignungs-
weiſe, als ein aͤuſſerlich perſoͤnliches Kennzei-
chen zuſchreibet. Siehe das Niceniſche Be-
kentnis
/ wo es heiſſet: ich glaube an GOtt,
den Vater/ den allmaͤchtigen Schoͤpfer/
Himmels und der Erden. Jch glaube
an den heiligen Geiſt/ an den HErrn/
der da lebendig machet
/ (geiſtlich zeuget.)
Viertens/ da er uͤberhaupt den laͤſterlichen
Grundſatz annimt, ob verrichte eine Perſon der
Gottheit, ein Werk an den Menſchen, davon
die andere Perſonen gaͤntzlich ausgeſchloſſen
waͤren, (§. 41.) Eine goͤttliche Perſon aber,
welche in der Welt und an den Menſchen nicht
alles in allem wuͤrket, und die nur beyhuͤlfs-
weiſe etwas thut, und den andern Perſonen
wiederum beſondere Geſchaͤfte uͤberlaſſen muß,
davon ſie an ihrem Theil ausgeſchloſſen bleibet,
eine ſolche Perſon iſt kein GOtt, ſondern ein
Goͤtze. Wir haͤtten alſo nach ſeiner Theologie
drey Goͤtzen und keinen GOtt: und die chriſt-
che Religion waͤre von der Vielgoͤtterey der
Heiden nicht unterſchieden. (§. 100. 105.)


D 4§. 45.
[56]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
§. 45.

Das perſoͤnliche Kennzeichen des Sohnes
iſt das zweyte: Zinzendorf nennet es die Eli-
chung
/ (§. 40.) Die geiſtliche Ehe Chriſti
mit den Glaͤubigen, entſtehet mit der Wieder-
geburt, und waͤhret mit der Glaubensuͤbung
und Heiligung fort, bis wir im andern Leben
ſeiner voͤlligen Gemeinſchaft theilhaftig werden.
Demnach iſt dieſe geheimnisvolle Ehe nichts
anders, als der ſeelige Zuſtand der Menſchen,
in welchem ſie der allerzaͤrtlichſten Liebe Chriſti
theilhaftig ſind, an allen ſeinen Guͤtern theil
nehmen, und endlich nach ihrem ſeeligen Tode,
heimgeholet, und zum voͤlligen Genuß befoͤr-
dert werden. Die heilige Schrift, gebrauchet
das Sinnbild der leiblichen Ehe, uns dieſes
Geheimnis verſtaͤndlicher zu machen. Epheſ.
5, 25. f. 2. Cor. 11, 2. Pſ. 45, 14. Offenb.

19, 7. 21, 9. und im gantzen Hohenliede
Salomonis. ꝛc. ꝛc.


§. 46.

Wann die Ehlichung(*) wie Zinzendorf
redet, von der Ehe ſelbſt unterſchieden wird;
ſo
[57]dritter Theil.
ſo heiſſet jene nichts anders, als die erſte An-
richtung
dieſer geiſtlichen hohen Vereinigung
und Gemeinſchaft. Und dieſe geſchiehet hier
im Gnadenreich, durch die Wiedergeburt.
Dann ſo bald der Glaube vorhanden iſt, der
in der Wiedergeburt geſchenket wird, (§. 43.)
ſo bald wohnet Chriſtus in unſern Hertzen,
Epheſ. 3, 17. und mit ihm der Sohn und
der heilige Geiſt. Joh. 14, 23. Und das iſt
die geiſtliche Ehe, oder geheime Vereinigung
der Glaͤubigen mit dem dreyeinigen GOtt,
Joh. 17, 21. 22. Woraus erhellet, daß dieſe
Ehlichung zugleich dem Vater und dem hei-
ligen Geiſt, und nicht dem Sohn alleine, zu-
komme, mithin der Sohn und heilige Geiſt,
auch den Namen des Seelenbraͤutigams fuͤh-
ren koͤnnen. Welches wir voraus bemerken,
weil unſer Herrnhuter unten es laͤugnen wird.
(§. 91.) Nach dieſem (**) Leben faͤngt eine
neue und hoͤhere Vereinigung an; dieſelbe ge-
ſchiehet durch die Verſetzung der Glaͤubigen in
einen herrlicheren Zuſtand, und voͤlligen Genus
D 5der
(*)
[58]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
der von Chriſto erworbenen Seeligkeit. Des-
wegen dieſe Verſetzung gar wohl die Heimho-
lung
genennet werden kan. Und dieſer ver-
klaͤrte Zuſtand heiſſet die Hochzeit des Lammes,
im genaueſten Verſtande. Jn dieſer Vereini-
gung iſt der Sohn GOttes der Vornehmere,
und alles wuͤrkende Theil: und der Menſch,
als der andere vereinigte Theil, genieſet das,
was Chriſtus in ihm wuͤrket. Gleichwie in
der leiblichen Ehe der Mann das Haupt iſt,
und im Anfang, als Braͤutigam, das Ver-
bindnis durch ſeine Wahl zuerſt veranlaſſet und
befoͤrdert. Die Ehe iſt eine Vereinigung und
Gemeinſchaft der allerzaͤrtlichſten Liebe, ein ge-
genſeitiger Genuß alles des Guten und Ange-
nehmen, welches beyde Theile, Mann und
Weib, bey und an und in ſich haben. Dieſes
bildet dann die genaue Verbindung, den ſeeli-
gen, beſtaͤndigen, unzertrennlichen, freudenrei-
chen Genuß der Glaͤubigen ab, den ſie an Chri-
ſto haben, und hinwiederum das innige Wohl-
gefallen, das Chriſtus an ihnen hat ꝛc. ꝛc.


§. 47.

Laſt uns nun ſehen, wie ferne dieſe geiſtliche
Vereinigung Chriſti mit den Glaͤubigen, ein
aͤuſſerlich perſoͤnliches Kennzeichen der andern
Perſon in der Gottheit, ſeyn koͤnne? Es iſt
wahr, daß dem Sohn GOttes, als Gottmen-
ſchen, vieles in dieſer Vereinigung zukomt,
welches von den beeden andern Perſonen nicht
geſaget werden kan. Er hat die Braut durch
ſein
[59]dritter Theil.
ſein eigen Blut erloͤſet. Er vereiniget ſich mit
ihr, nicht nur als GOtt, ſondern auch nach
ſeiner Menſchheit. Er giebt im H. Abendmal
ihr ſeinen Leib und Blut ſeeliglich zu genieſen.


§. 48.

Allein, 1) wo jemand den inneren Unter-
ſchied der goͤttlichen Perfonen aufhebet, wie
unſer Herrnhuter gethan hat: ſo kan aus die-
ſen der menſchlichen Natur Chriſti zukommen-
den Wuͤrkungen, nicht begriffen werden, daß
eine zweyte Perſon in der Gottheit vorhanden
ſeye, welche die auf ſolche Art wuͤrkende menſch-
liche Natur angenommen habe. Wer nicht
weiß, daß der himmliſche Vater durch die ewi-
ge Zeugung einen eingebohrnen Sohn habe,
der wird dem Vater eben ſo leicht die Menſch-
werdung zuſchreiben, als wir ſie dem zuſchrei-
ben muͤſſen, welcher der ewigen Geburt halber
der Sohn GOttes iſt. Er wird auf die Traͤu-
me der alten Jrgeiſter verfallen. Er wird ſa-
gen, es ſey eine und eben dieſelbe Perſon der
Gottheit, welche ſich nach Verſchiedenheit ihrer
aͤuſſerlichen Werke, bald einen Vater, bald
einen Sohn nenne. Kurtz, er wird eine Pla-
toniſche Dreyeinigkeit ausfinden, wie Zinzen-
dorf ſeinen Methodismum ausgefunden hat.
(§. 49.) Setzet man aber 2) das innere per-
ſoͤnliche Kennzeichen voraus, nemlich, daß der
Sohn GOttes wegen der ewigen Geburt, die
andere Perſon ſeye; welches GOtt und ſeine
Chri-
[60]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Chriſtenheit thut, und deshalben vom Zinzen-
dorf feindlich angegriffen wird: ſo komt als-
dann die Erloͤſung Chriſti als das aͤuſſerliche
perſoͤnliche Kennzeichen uns ferner zu ſtatten.
Die Erloͤſung iſt von ſo weitem Umfange, daß
ſie die geiſtliche Ehlichung nebſt dem geiſtli-
chen Eheſtand als einem Theil der Erloͤſung,
in ſich faſſet. Dann Chriſtus iſt und bleibet
ewig ein Erloͤſer, weil er uns die Seeligkeit
und die Sendung des heiligen Geiſtes, der ſie
uns zueignen ſoll, nicht nur als ein Hoherprie-
ſter erworben hat, ſondern auch dieſelbe als
Koͤnig und Prophet, und theils Hoherprieſter
in Zeit und Ewigkeit mittheilet. Zu dieſer
mitgetheilten Seeligkeit, gehoͤret die geiſtliche
Ehlichung. Da nun die heilige Schrift,
und die geſamte Chriſtliche Kirche, die gantze
Erloͤſung Chriſti
zum aͤuſſerlichen Kennzei-
chen der Perſon Chriſti angegeben und ange-
nommen hat: ob wol ſie dem heiligen Geiſt
auch ins beſondere die Zueignung, gleichwie
Chriſto im genaueren Verſtande die Erwer-
bung zueignet. Was iſt es fuͤr eine Frechheit,
dieſes aus eigener Macht zu verwerfen, und
nur einen Theil dieſer Erloͤſung, der allein vor
die Glaͤubige gehoͤret, an ſeine Stelle zu ſetzen?
da doch die andere Perſon in Anſehung der
Erwerbung und Anbietung, ein Erloͤſer aller
Menſchen iſt? Da ſeine Erloͤſung in dieſem
letzteren Verſtande, als das aͤuſſerliche perſoͤn-
liche Kennzeichen, ſo allgemein in Anſehung
der
[61]dritter Theil.
der Menſchen iſt, als allgemein die Schoͤpfung,
dadurch der Vater ſich aͤuſſerlich und zueig-
nungsweiſe nach ſeiner Perſon, von den an-
dern Perſonen unterſchieden hat?


§. 50.

Jch will 3) das dritte nicht vergeſſen. Was
in der geiſtlichen Ehe dem Sohn GOttes als
zugleich wahren Menſchen, alleine, und beſon-
ders, vor den uͤbrigen Perſonen der Gottheit
eigen iſt; das machet die gantze Ehe keineswe-
ges aus, ſondern es iſt nur ein Theil davon.
(§. 47.) Das uͤbrige hat der Sohn alles ge-
mein, mit dem Vater und dem heiligen Geiſt.
Wann wir eine ſolche Geheimnisvolle Gemein-
ſchaft mit dem Sohne haben, ſo iſt ſie auch
mit dem Vater, wie 1. Joh. 1, 3. ausdruͤck-
lich bezeuget wird. Und wann wir ein Geiſt
werden mit dem Vater und dem Sohne, ſo
ſind wir eben dieſes mit dem heiligen Geiſt.
Siehe 1. Cor. 6, 17. 19. wo das Gleichnis
ebenfalls von der Ehe hergenommen iſt, wann
von unſerer Vereinigung mit dem heil. Geiſte,
geredet wird. Die Ehlichung geſchiehet in der
Wiedergeburt, und damit verknuͤpften Recht-
fertigung und Annehmung der Glaͤubigen zu
einem goͤttlichen Eigenthum. (§. 46.) Die
Wiedergeburt wird ſelbſt von Zinzendorf dem
Vater als ein perſoͤnliches Kennzeichen zuge-
ſchrieben. (§. 43.) Der Fortgang dieſer Ver-
einigung, oder der geiſtliche Eheſtand, findet
ſich
[62]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
ſich in der Heiligung, da die (*) gantze hei-
ligſte Dreyeinigkeit in uns wohnet, und wuͤr-
ket. (§. 46.) Und es hat Zinzendorf ſelbſt
dieſes Werk der Heiligung dem heiligen Geiſt,
als der Mutter zugeſchrieben: wann anders
noch ein geſunder Gedanke, und nicht vielmehr
ein Geheimnis der Bosheit unter dieſem Wort
ſtecken ſoll. Alſo iſt dieſes geiſtliche Ehewerk
dem Sohn GOttes nicht dergeſtalt eigen, daß
die andere Perſonen davon ausgeſchloſſen blei-
ben. Wie kan er nun dieſes alles zuſammen
reimen? Seine perſoͤnliche Kennzeichen ſollen
Aemter der Gottheit ſeyn, (§. 40.) Das
Amt einer jeden Perſon, ſoll eine ſolche Ver-
richtung ſeyn, daran keine der anderen Perſo-
nen, das geringſte Antheil habe. (§. 40.) Und
gleichwol kan er mit dieſen heilloſen Erfindun-
gen ſo uͤbel zu rechte kommen, daß er manches-
mal ohnverſehens eine durch die andere vernich-
ten, und ſeinen babyloniſchen Verwirrungs-
geiſt bloß geben muß.


§. 51.
[63]dritter Theil.
§. 51.

Von dem Kennzeichen der Perſon des hei-
ligen Geiſtes
/ handelt nun die Zinzendorfi-
ſche Bekentnis mit noch mehrer Waͤſcherey,
als von den erſten. Dieweil er nicht gern ſo
gleich mit der Thuͤr zum Hauſe hinein fallen
mag, ſo macht er einen fuͤnffachen Eingang zu
ſeiner Predig. 1) Er ſpeculiret Anfangs dar-
uͤber, (§. 5.) ob die Perſonen in der heiligen
Dreyeinigkeit theils maͤnnlichen, theils weibli-
chen Geſchlechtes ſeyn muͤſſen? welches meines
Erachtens, eigentlich in den Alkoran der Tuͤr-
ken, und Fabelgeſchichten der heidniſchen Goͤ-
tzen gehoͤret. Es iſt aͤrgerlich genug, daß ein
boshafter Menſch, der ſich vor einen Chriſten,
ja Lehrer der Chriſtenheit, ausgiebt, ſolche,
der Majeſtaͤt GOttes, und der auch natuͤrli-
chen Ehrfurcht vor ſeiner hoͤchſten Vollkom-
menheit, aͤuſſerſt nachtheilige Einfaͤlle theils
ſelber heget, theils bey den Leſern ſolcher ſchand-
baren Worte, verurſachet. Sein Lehrbegrif
von dem anbetenswuͤrdigen GOtt, iſt der aller-
geſchickteſte, ſolche fleiſchliche Grillen zu erzeu-
gen. Ein Vater, eine Gemahlin, eine Mut-
ter, eine Zeugung, mit Beziehung auf den
Leib der Gemahl n, als Mutter, (§. 81. 82.)
ein Braͤutigam, und Ehemann, der ſeine Braut
Anfangs an die Bruſt ſetzet, wann ſie noch
klein iſt, und hernach (*)erkennet/ wann ſie
mann-
[64]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
mannbar iſt; das ſind ſolche Vorſtellungen von
dem allerreineſten und geiſtlichen Weſen, die
frey-
(*)
[65]dritter Theil.
freylich ein jeder nur vernuͤnftiger Menſch, ih-
rem Erfinder zu Gemuͤthe fuͤhren, und ihn vor
den
(*)
[66]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
den ſchaͤndlichen Folgen warnen muß. War-
net ihn aber ſein eigen Gewiſſen, ſo iſt der
Greuel
(*)
[67]dritter Theil
Greuel deſto abſcheulicher, wann er gleichwol
gegen dieſes noch uͤbrige Gefuͤhl, ſein Gaukel-
E 2ſpiel
(*)
[68]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
ſpiel forttreibet, und mit Fleis und Fuͤrſatz,
des Unfugs noch mehr machet.


§. 52.

Der zweyte Eingang, welchen Zinzendorf
machet, wann er ſeinen Augſpurgiſchen Con-
feßionsverſtand
entbloͤſſen will, betrift das
Ausgehen des heiligen Geiſtes vom Sohne
ſo wol, als vom Vater, welches die lateiniſche
Kirche bekantlich vor vielen Jahrhunderten
gegen die griechiſche behauptet hat. Und die
Augſpurgiſche Confeßion wiederholet dieſe Leh-
re, um ihren Beytritt zur lateiniſchen Kirche
zu bezeugen. Beydes verdreuſt den Herrnhu-
ter. Um alſo dieſen Bekennern eins zu verſe-
tzen, auch ſeine uͤber Kirche und Concilia hin-
ausfliehende hohe Oberpaͤbſtliche Gerichtbarkeit
ſehen zu laſſen, erklaͤret er die Unterſuchung
dieſes
(*)
[69]dritter Theil.
dieſes Lehrſatzes fuͤr eine ſo Kraft- und Saft-
loſe Grille, daß einem Mann von wichtigen
Geſchaͤften (wie er ſeyn will) ſich damit zu be-
helligen, unertraͤglich falle. (§. 7.) Doch ſoll
auf einmal eine Wichtigkeit daraus werden,
wann die Herrnhuter an einer General-Kir-
chenverſamlung ihr Wort fuͤhren werden. Auf
ſolch einen groſſen Aufbot verſparet er die Ent-
ſcheidung dieſer Sache, wenn allenfalls die
Maͤhriſche Bruͤderſchaft ihn zu beſchicken haͤtte.
Bis dahin will er zweyerley ſagen. Einmal:
Der heilige Geiſt gehet vom Vater aus, ſo-
dann: Der Heyland hat ihn nach ſeinem Hin-
gehen geſendet. ꝛc. ꝛc. Eben, als wann die
A. C. dieſes nicht gnugſam geſaget, und noch
eine herrnhutiſche Kirchenverſamlung noͤthig
haͤtte, wodurch gedachte Confeßion allererſt in
die rechte Schranken gewieſen werden ſolte.
Bey einem ſolchen herrnhutiſchen Concilio will
dann Zinzendorf das Ruder fuͤhren. Oder wie
es etwas verbluͤmter von ihm gegeben wird:
er will eine chriſtliche und beſcheidene Be-
trachtung in aller Demuth zu veranlaſſen
nicht ermangeln
. (§. 7.) Wann es wahr
waͤre, was Zinzendorf Anfangs (§. 4.) verſi-
chert, er wolle nemlich die Vielſprecherey
vermeyden, und nur das beruͤhren/ was
nach den ſeitdem vorgekommenen Zwei-
fein etwan einer Erlaͤuterung zu beduͤrfen
ſcheine
: ſo haͤtte er, ſeinem Verſprechen zu
folge, dieſe Viel- und Grosſprecherey erſparen
E 3koͤnnen.
[70]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
koͤnnen. Dann 1) die Streitigkeit zwiſchen
der lateiniſchen und griechiſchen Kirche gehoͤret
nicht zu den Zweifeln/ die ſeitdeme vorge-
kommen
ſind. Er mag nun das Seitdeme
entweder von dem Jahr und Tag der Augſpur-
giſchen Confeßion rechnen, oder von den 12.
Jahren her, da er ſeinen Confeßionsverſtand
zu Regenſpurg ausgelaſſen, oder ſeitdem er
ſeinen Rottenkram angefangen hat. Es iſt
dieſe Mishelligkeit viel zu alt und zu verlegen.
Sie iſt 2) von keinem ſolchen Einfluß mehr in
unſere Kirche, daß man von denen, welche Ca-
tholiſch oder proteſtantiſch ſind, einen Zweifel
gegen die alte Bekentniſſe befuͤrchtet. Viel-
weniger hat 3) Zinzendorf einen Zweifel hier
erlaͤutert, wie doch ſeine Abſicht ſeyn ſoll. Er
ſagt nur, daß er nicht glaube, was im Nice-
niſchen Bekentnis, mithin in der A. Confeßion
von dieſer Sache ſtehet. Er haͤlt es entweder
vor eine Verbeſſerung oder Verderbung (§.
8.) der Worte Chriſti, wann man daraus be-
weiſen wolle, was die drey chriſtliche Religio-
nen daraus beweiſen. Er achtet die (*) Gruͤnde
die
[71]dritter Theil.
die man aus der Schrift anfuͤhret, vor lauter
Unrath und Zeitverluſt. (§. 7.) So erlaͤu-
tert dieſer groſſe Geiſt die Zweifel, und iſt ohne
Muͤhe damit fertig. Er iſt hier treuhertzi-
ger
(§. 4.) als in andern Stuͤcken der Aug-
ſpurgiſchen Bekentnis. Dann hier ſaget er,
E 4was
(*)
[72]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
was er von den andern denket. Eine neue
Probe, wie er ſymboliſiret! Heiſet nun das,
ich bekenne mich mit Mund und Hertzen zur
Augſpurgiſchen Confeßion?


§. 53.

Nun komt der Herrnhuter auf einen artigen
Einfall, bevor er ſeinen Confeßionsverſtand
vom heiligen Geiſt ausleeret. Und das iſt ſein
dritter Eingang, um die Vielſprecherey zu ver-
meiden. (§. 4.) Er beſchwoͤret 1) vorlaͤufig
jedermaͤnniglich, daß man ſeinen Fund von der
Mutterſchaft des heiligen Geiſtes, ja bey Leibe
vor nichts Geringes halten ſolle. Vor kein
Wortſpiel, damit er die alte Meynung der
Kirche nur vor Kurtzweil oder zur Luſt, anfech-
ten, und am Ende, nachdem er eine Weile ſeine
Comoͤdie am Scheinwiederſpruch geſehen, ge-
ſchwind wieder einlenken, und dem Sinn und
Verſtand nach, eben das mit ſeiner Mutter-
ſchaft
ſagen wolle, was die Kirche laͤngſt mit
einem andern Namen behauptet habe. Nein,
er hielte dieſe Art zu fechten, vor Luftſtreiche,
vor Diſputation auf Univerſitaͤten, und wolle
nicht, etwa um ein Ziegenhaar ſtreiten, ſondern
einen hochwichtigen Glaubensartikel dem armen
und blinden Volk (§. 54.) in der Chriſtenheit
offenbaren. Mit einem Wort, er erklaͤret ſich
bald ſelber, daß er hier einen Fund mittheile,
dadurch der Glaube bey den Menſchen auf-
gerichtet werden ſolle
; (§. 59. 60.) welches
man vorhm zu thun nicht im Stande geweſen.
Das
[73]dritter Theil.
Das iſt der Jnhalt ſeiner oben (§. 9.) ange-
fuͤhrten Worte. Wann er demnach die Mut-
terarbeit vor ein perſoͤnlich Kennzeichen des hei-
ligen Geiſtes angiebt; mit Verwerfung der
alten Kennzeichen, ſo muſt du, lieber Leſer, dir
etwas Geheimnisvolles, und zur Seeligkeit
ohnentberliches vorſtellen. Du muſt den Zin-
zendorfiſchen hoͤhen Glaubensartikel mit gehoͤ-
riger Andacht und ſtarkem Beyfall zu Hertzen
nehmen. Summa der Herrnhuter ſiehet wohl,
daß er mit Schalkheit ſchwanger gehet. Jhm
ahndet, daß man den Betrug merken werde.
Deswegen muß er ihn zum voraus mit dem
Bann fuͤrchterlich machen. Er iſt jetzt ſelbſt
ein neuer heiliger Geiſt, der Geheimniſſe offen-
baret, die kein menſchlicher Verſtand bis daher
ergruͤndet hat. Deswegen macht er ein ſehr
andaͤchtig, ſtreng, und gelehrtes Geſicht, ehe
er zur Sache ſelbſt ſchreitet. Sonſt moͤchte
der Zuſchauer, der ihn auf ſeiner Buͤhne aus-
rufen ſiehet, kein rechtes Vertrauen zu ihm
faſſen. Das iſt demnach der Jnhalt ſeines
dritten Eingangs: Wer meine Weisheit vor
keinen Glaubensartikel haͤlt, der lauft Gefahr,
verlohren zu werden.


§. 54.

Der vierte Eingang. Die Lehrer der chriſt-
lichen Kirche, wenigſtens die unter den Pro-
teſtanten, haben ſeit der Reformation bis auf
dieſe Stunde eine greuliche Suͤnde begangen.
Er nennet ſie auf das gelindeſte, eine Unter-
E 5laſ-
[74]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
laſſungsſuͤnde (peccatum omiſſionis) (§. 9.)
Dann 1) ſie haben gnugſam wahrnehmen
koͤnnen/ daß eine grobe Unwiſſenheit we-
gen der Perſon des heiligen Geiſtes unter
dem Volk iſt
. Sehet einen getreuen Waͤch-
ter vor die Reinigkeit der Glaubenslehren un-
ſerer armen Kirche. Sorgloſe Lehrer und blindes
Volk! Wir haben ſogar die Erkentnis von
der Perſon des heiligen Geiſtes verlohren, und
wann Zinzendorf nicht aufgeſtanden waͤre, wo
wuͤrden wir hin verfallen? Mit einer ſo unver-
ſchaͤmten Stirne trit dieſer marcktſchreyeriſche
Verlaͤumder vor das Angeſicht unſerer Kirche.
Da er im Begrif ſtehet, die Lehre von dem
heiligen Geiſt auf alle moͤgliche Art zu verkeh-
ren, ja gar ins herrnhutiſche zu formiren, und
alſo ſeine boshafte Erfindungen an ihre Stelle
zu ſetzen; ſo haͤlt er vor dienlich, die Leute erſt
fuͤrchten zu machen, und zu bereden, in welcher
Nacht der Unwiſſenheit ſie bis daher geſeſſen
haͤtten, ja, wie hohe Zeit es ſeye, mit Verab-
ſcheuung ihrer bisherigen Lehrer, nach Herrn-
hut zu gehen, damit ſie erleuchtet werden moͤch-
ten. Jch glaube, wann Zinzendorf ſelbſt, mit
ſeinen Parthiegaͤngern ſamt und ſonders, die
ſich vor Apoſtel halten, in unſern Kinderlehren
erſcheinen ſolten; ſie wuͤrden, was den Glau-
bensgrund betrift, von dem geringſten Cate-
chismusſchuͤler, der fleißig iſt, gar manches
noch lernen muͤſſen. Wir ſind in Warheit
diejenige nicht, welche das Volk vor der Er-
kent-
[75]dritter Theil.
kentniß der Schrift warnen, und das zu den
Tiefen der Gottheit zehlen, was der heilige
Geiſt uns zu lehren und zu lernen befohlen hat.
Wir laſſen es nicht dabey, daß die Leute Lamm,
Wunden/ Blut
und Heiland ſagen, ohne
zu wiſſen, was dieſe Worte auf ſich haben,
und wie die darinnen liegende Warheiten, mit
den uͤbrigen ohnentberlichen Schriftſaͤtzen zu-
ſammen haͤngen. Ein Verlaͤumder muß in
der Bosheit auf den aͤuſſerſten Grad geſtiegen
ſeyn, der uns in dieſem Stuͤck beſchuldigen
will. Ja, es kan es niemand thun als Zin-
zendorf. Und ſehet, darin beſtehet die Rechen-
ſchaft von ſeinem Augſpurgiſchen Confeßions-
verſtand, den er uns eigentlich hier mittheilen
will. Doch er faͤhret fort, und macht es noch
beſſer. Es ſoll 2) die oberwehnte grobe Un-
wiſſenheit, daher kommen, weil wir der Spur
des ſeeligen Luthers nicht beſſer gefolget
haben
. (§. 9.) Eben, als ob unſere Kirche
diejenige waͤre, welche ein herrnhutiſch Lehr-
buͤchlein voller Unrath und Luͤgen, in die Welt
geſchrieben; welche Luthers Ueberſetzung abge-
ſchaft, ſeinen Catechismum begraben, ſogar die
heilige Schrift zu leſen, verboten, und eine
neue Rotte verfuͤhrter Menſchen, zum Umſturtz
der proteſtantiſchen, ja aller chriſtlichen Kirchen,
aufgewiegelt haͤtte. Haͤlt es Zinzendorf vor
eine ſo groſſe Suͤnde, wann ein Lehrer die
Spuren des ſeeligen Luthers verlaͤſſet: ſo muß
er gewiß ein gebrandmahltes Gewiſſen haben,
da
[76]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
da er ſolches kundbarlich mit allen Kraͤften
gethan hat, und eben jetzo thut, da er dieſes
ſchreibet. Wo waͤre Herrnhut, wann ſein
Stifter den Spuren Luthers haͤtte folgen wol-
len? wo waͤren die Meuchelſtreiche der Bruͤ-
der, die in allen Gegenden und Religionen,
wie eine Peſt, im finſtern ſchleichen, wann der
Zinzendorfiſche Antichriſt kein Abtruͤnniger ge-
worden, und von den Spuren Luthers abge-
wichen waͤre? Doch, wann er von den Spu-
ren des ſeeligen Luthers abweichet, und die
Abweichung auch ſelbſt nicht laͤugnen kan, ſo
ſpricht er: Hier iſt Luther nicht zu Hauſe.
Das ſind Luthers und Melanchthons
eigene Grillen.
Siehe den erſten Theil/
ſ.
10[5]. 120. Es iſt immittelſt das obige in der
That ein wenig zu plump gedichtet. Der Leſer
mag noch ſo bloͤdſinnig ſeyn, ſo wird er den
Geiſt des Zinzendorfs hier allzudeutlich erken-
nen, und einen heimlichen Grauen bekommen.


§. 55.

Doch wir muͤſſen des ſeeligen Luthers Spur
uns bekant machen, von welcher wir ſollen ab-
gewichen ſeyn. Es heiſſet alſo: (§. 9.) Es iſt
1) das Niceniſche und Apoſtoliſche Be-
kentnis
von dem heiligen Geiſt, allzukurtz/
(abrupt) und abgebrochen; und hat den Feh-
ler begangen, daß es eine heilige Chriſtliche
Kirche/ die Vergebung der Suͤnden/ Auf-
erſtehung der Todten/ und ewiges Leben/
eben als ob dieſes lauter kleine Goͤtter

waͤren/
[77]dritter Theil.
waͤren/ zu dem heiligen Geiſt geſetzet.
Der ſeelige Luther hingegen, hat 2) ſich die
Freyheit genommen/ dieſes alles mit einer
gantzen Reihe ſchoͤner Gedancken zu er-
laͤutern/ und dem heiligen Geiſt in die
Hand zu geben/ daß man ſiehet/ was der
heilige Geiſt dabey zu thun hat. Dann
durch dieſe Handlungen iſt die ewige und
ſelbſtaͤndige Gottheit deſſelben/ mit einer
rechten Kirchenvaͤter-ja Apoſtelmaͤßi-
gen Freymuͤthigkeit/ veſter geſetzt/ als
noch von keinem Gottesgelehrten vor
Luthero geſchehen/ durch alle Jahrhun-
derte/ bis auf die heilige Schrift.
Und
dieſes war 3) etwas/ es war viel/ es war
zum ſeelig werden eines/ der es glaubt/
genug.
Da habt ihr die Lutheriſche Spuren.


§. 56.

Auf dieſe drey Stuͤcke iſt nun eine Erinne-
rung noͤthig. Erſtlich werden die chriſtliche
bey der A. C. befindliche Glaubensbekentniſſe
eines gedoppelten Fehlers beſchuldiget. Sie
ſind a) allzukurtz und abgebrochen: und b)
ſie ſtellen die chriſtliche Kirche/ Vergebung
der Suͤnden/ Auferſtehung der Todten/
und das ewige Leben als kleine Goͤtter
fuͤr
/ da alle dieſe Stuͤcke zum heiligen Geiſt
geſetzet werden.
Luther hat ſie dieſes Feh-
lers nicht beſchuldiget, und wir auch nicht, weil
wir ſeinen Spuren, das iſt, den Spuren der
Warheit folgen. Dann die Kuͤrtze iſt eine
noͤthige
[78]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
noͤthige Eigenſchaft von einem Glaubensbe-
kentnis: wofern in dieſer Kuͤrtze doch alles ſte-
cket, was man bekennen will. Wann in einem
jeden Wort deſſelben eine gantze Warheit lie-
get, welche man durch eine weitere Erklaͤrung
heraus wikkeln kan, ſo iſt das eine Tugend der
Confeßion. Gnug, daß die Worte natuͤrlich,
und von einer bekanten eingeſchraͤnckten Be-
deutung ſind. Was wuͤrde Zinzendorf darzu
geſagt haben, wann die Bekenner geſetzet haͤt-
ten: ich glaube an die Mutter/ des Vaters
Gemahlin?
(§. 5. 82.) waͤre dieſes nicht all-
zukurtz
und abgebrochen? wuͤſte jemand,
was man damit bekennen wolte? Doch wieder
auf die beſcholtene Kuͤrtze zu kommen: ein an-
ders iſt bekennen, ein anders ſein Bekentnis
ausfuͤhrlich erlaͤutern, und dem gemeinen Mann
erklaͤren. Beydes iſt ſehr loͤblich. Alſo haben
die Bekenner wohl und ruͤhmlich, und vor ihre
Abſicht klug und hoͤchſt bedaͤchtlich gehandelt:
und der ſeelige Luther hat eben dieſes durch die
Erklaͤrung gethan, weil ſeine Abſicht kein Be-
kentnis, ſondern eine Erklaͤrung des Bekent-
niſſes erforderte. Wann aber Luther das Be-
kentnis geſcholten, und es bey dem allen den-
noch vor ſein Glaubensbekentnis ausgegeben
haͤtte; ſo waͤre Zinzendorf am beſten in ſeine
Spur getreten. Dann er ſchilt das Bekent-
nis; und dieſes Schelten ſoll gleichwohl ein
Zeugnis vor GOtt und Menſchen ſeyn, daß
er daſſelbe vor ſein Glaubensbekentnis erkenne,
halte,
[79]dritter Theil.
halte, und verehre. Urtheile nun jedermann,
ob Zinzendorf, oder ob wir, den Spuren des
ſeeligen Luthers folgen? Der andere Fehler,
daß nemlich die Bekenner aus der chriſtlichen
Kirche, Auferſtehung des Fleiſches ꝛc. eigene
kleine Goͤtter gemacht haben ſollen, iſt eben ſo
beſchaffen. Das hat Luther ſein lebtag nie ge-
dacht oder geſaget. Zinzendorf aber folget der
Lutheriſchen Spur, da er ſogar die chriſtliche
Bekenner nach ſo vielen Jahrhunderten noch
verlaͤumdet, als haͤtten ſie neben dem heiligen
Geiſt, die Heiligungswerke und Wohlthaten
der dritten Perſon, zu kleinen Goͤttern ge-
macht. Zinzendorf hat in ſeiner Schrift die
Abſicht, ſeine Uebereinſtimmung mit dieſen Be-
kentniſſen, der Welt darzulegen, und diejenige
zu Luͤgnern zu machen, welche das Gegentheil
aus ſeinen Schriften und Haͤndeln bisher ge-
zeiget haben. Und ſiehe, damit beweiſet er
ſeine Uebereinſtimmung, daß er dieſe Bekent-
niſſe einer Goͤttermacherey beſchuldiget. Das
heiſſet auf herrnhutiſche Art ſymboliſiren. Die
grobe Unwiſſenheit/ die er dem chriſtlichen
Volk beymiſſet, faͤllet hier zuruͤck auf den Klaͤ-
ger. Dann wo man den geringſten Schuͤler
unter unſerem Volk, in der Kinderlehre fraget:
iſt ein Unterſchied unter dieſen Redensarten,
wann einer ſagt, ich glaubeNB.an den hei-
ligen Geiſt? und wann er ſpricht: ich glaube
eine
chriſtliche Kirche? So antwortet das Kind
mit ja. Und es giebt ſo gleich die Urſache an,
die
[80]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
die heiſſet alſo: An einen glauben/ heiſſet ſo
viel, als ihn vor den wahren GOtt erkennen.
Aber, ich glaube nicht an die Kirche, ſondern
ich glaube eine Kirche. Das heiſſet ſo viel,
als ich bin gewiß, daß eine Kirche ſeye, und
ſeyn werde bis ans Ende. Nun aber ſagen
die Bekenner, ich glaube an den heiligen Geiſt.
Aber ſie ſagen nicht: ich glaube an eine chriſt-
liche Kirche. Sondern da aͤndert ſich die Spra-
che. Es heiſſet nur: ich glaube eine chriſt-
liche Kirche.


§. 57.

Das zweyte (§. 55.) enthaͤlt eine Lobrede
auf den ſeeligen Luther. Man ſolte meynen,
Luther haben keinen aͤchteren Nachfolger auf
dem Erdboden, als den Zinzendorf. Wann
zwey Dinge mich nicht irre machten, ſo waͤre
ich ſelbſt dieſer Meynung. Das eine iſt, die
herrnhutiſche Auffuͤhrung gegen die Reinigkeit
der Lutheriſchen Lehre und Kirche; das andere,
die gegenwaͤrtige Abſicht des Lobredners. Daß
er demnach den ſeeligen Luther uͤber alle Kir-
chenvaͤter und Concilia erhebet, das gehoͤret
zum Schaafskleid, welches die Wolfsklauen
bedecken ſoll. Jch will die Urſache ſagen. Es
beruhet auf einem falſchen Grund, und hat
noch darzu eine boshafte Abſicht. Laſt uns
1) an den Grund gedencken. Luther wird ge-
lobet, weil er die heilige chriſtliche Kirche/
die Vergebung der Suͤnden ꝛc.
zu einem
Werk des heiligen Geiſtes gemacht, und ihn
vor
[81]dritter Theil.
vor den wahren GOtt dadurch erklaͤret, oder
(wie er redet) dieſes alles dem heiligen Geiſt
in die Hand gegeben habe
. Jſt dieſes loͤb-
lich, (wie es in der That iſt) warum lobet er
dann die erſten Bekenner nicht, ſondern wirft
ihnen den Fehler der Goͤttermacherey fuͤr? Jm
Apoſtoliſchen Glaubensbekentnis, werden ja
eben dieſe Werke der Heiligung/ und zwar
als aͤuſſerliche perſoͤnliche Kennzeichen dem hei-
ligen Geiſt beygeleget, oder wie die Sprache
Zinzendorfs lautet, zum heiligen Geiſt ran-
giret
. Wann ſie dem heiligen Geiſt nicht in
die Hand gegeben
wuͤrden, ſo haͤtten ſie unſere
Bekenner zum Vater oder Sohn, und nicht
zum heiligen Geiſte rangiret. Alſo lobet er
eine Sache an (*) dem Luther, die er an an-
Fdern
[82]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
dern den Augenblik geſcholten hat. Ja er ſchilt
Luthern in eben dieſem Othem ſogleich auf der
Stelle, weil er den rechten Methodismum nicht
getroffen habe, und ſeine Erklaͤrung nicht tauge
den Glauben aufzurichten. (§. 10.) Und das
iſt ein heimtuͤckiſch Lob, das der ſeelige Luther
kraͤftig beantworten wuͤrde, wann er ſelbſt es
hoͤren ſolte. Ja, wie komt es ferner, daß Zin-
zendorf an einem andern Ort, eben dieſe Sache
am
(*)
[83]dritter Theil.
am Luther ſelbſt und ſeinen Nachfolgern, eben
ſo ſehr ſchilt und verlaͤumdet, als er hier an den
Bekennern thut? Warum hechelt er die chriſt-
liche Kirche, daß ſie die Heiligungswerke zu
einem Amt des heiligen Geiſtes mache, und ſie
nicht dem Sohn laſſe, dem ſie allein gehoͤren
ſollen? Seine Worte ſind oben angefuͤhret.
(§. 38.) Demnach iſt der Grund dieſes Lob-
ſpruchs, den er dem ſeeligen Luther zueignet,
eine Sache, die er an andern Leuten, und an-
derswo an Luthern ſelbſt vor ſcheltenswuͤrdig,
falſch und irrig erklaͤret. Wie nun der Grund
iſt, ſo iſt 2) auch die Abſicht. Luther hat
nur diejenige Worte der Bekenner, die vom
Amt des heiligen Geiſtes reden, nemlich von
der Heiligung, allein erklaͤret. Er ſpricht:
Jch glaube/ daß ich nicht aus eigener
Vernunft - - - ſondern der heilige Geiſt
hat mich durch das Evangelium berufen
ꝛc.
Dieſes hielte Luther der Abſicht ſeiner cate-
chetiſchen Unterweiſung gemaͤß. Er wolte das
aͤuſſerliche perſoͤnliche Kennzeichen des heiligen
Geiſtes, als ein Amt das taͤglich an den See-
len der Menſchen geſchiehet, und den allernech-
ſten Einflus in die Bekehrung und Erneuerung
hat, dadurch verherrlichen. Das innere Kenn-
zeichen, nemlich das Ausgehen dieſes Geiſtes
vom Vater und Sohn, hat er als bekannt
voraus geſetzt, und anderswo erklaͤret. Wie
dann auch die alten Bekenner mehr Worte
von dieſem Amte der dritten Perſon, als von
F 2dem
[84]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
dem inneren Kennzeichen der Perſoͤnlichkeit, in
ihren Confeßionen geſetzet haben. Das nimt
die herrnhutiſche Schalkheit, und macht ſich
unter dem Schein einer Lobrede, einen verſtoh-
lenen Vortheil daraus. Zinzendorf will ſo
viel ſagen: ihr ſehet, daß Luther voͤllig meines
Glaubens iſt. Redet er auch ein Wort von
dem inneren perſoͤnlichen Kennzeichen des hei-
ligen Geiſtes? Nein, keine Sylbe. Er wuſte
wohl, daß dieſes eine leere Grille und Specu-
lation
ſeye in die Tiefen der Gottheit: ein
Fuͤrwitz, der uns verboten iſt, ein Kopfgedanke,
und keine Hertzenswarheit. Aber ein Amt giebt
er dem heiligen Geiſt, dadurch er wenigſtens
ſeine Gottheit, obwohl noch nicht ſeine Perſoͤn-
lichkeit, erweiſet: hingegen, wann ich ihn zu-
recht fuͤhre, und das eigentliche perſoͤnliche
Kennzeichen dabey ſetze; ſo komt eine Mutter
heraus. Welches zu erweiſen war. Demnach
folge ich den Spuren des Luthers, wann ich
eine neue Dreyeinigkeit mache; von welchen
Spuren des ſeeligen Vaters, ihr lutheriſche
Baſtarte abgewichen ſeyd, und eine unvergeb-
liche Suͤnde dadurch begangen habt. (§. 54.)
Demnach lobet er den Luther nicht wegen deſ-
ſen, was Luther geſetzet, ſondern was er an die-
ſem Ort zum vermeynten Vortheil der Herrn-
huter, ausgelaſſen hat. Hieraus koͤnnen wir uns
die ſichere Regel machen: So oft Zinzendorf
den ſeeligen Luther lobet, ſo oft iſt er wie der
hungerige beiſſende Fuchs in der Fabel, anzu-
ſehen.
[85]dritter Theil.
ſehen. Dann er ſchnappet nach einem Vortheil
vor ſich und ſeine Jungen. Wann er dieſen
hat, ſo ſchilt und beiſt er wieder auf gleiche Art,
ja noch aͤrger als zuvor.


§. 58.

Das dritte (§. 55.) heiſt alſo: die Erklaͤ-
rung, womit der ſeelige Luther die Bekentnis-
worte erlaͤutert hat, war etwas/ es war
viel/ es war z[u]m
(*)ſeelig werden eines/
der es glaubt/ gnug
. Wann dieſes wahr
F 3iſt,
[86]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
iſt, warum laͤſt man es nicht dabey? warum
will dann Zinzendorf demjenigen, was gnug
iſt zum ſeelig werden
noch mehreres bey-
flicken? Nach ſeinem eigenen Geſtaͤndniß, muß
ſeine Mutterſchaft, als ein neuer Zuſatz, zum
allerwenigſten das fuͤnfte Rad am Wagen ſeyn:
etwas, das zum ſeelig werden uͤberfluͤßig und
unnoͤthig iſt. Warum faͤlt ihm hierbey nicht
ein, daß er ſein neues Flickwerk im dritten
Eingang
vor einen ſo fuͤrchterlichen Glaubens-
artikel ausgerufen hat? (§. 53.) Wie reimet
ſich das mit ſeinem gegenwaͤrtigen Ausſpruch?
Doch wir muͤſſen uns recht von ihm belehren
laſſen. Dem/ ders glaubt/ war es gnug
zur Seeligkeit. Das heiſet ſo viel: es war gnug
zur Seeligkeit, aber es war nicht gnug vor den
Glauben. Der Glaube konte dadurch nicht
wohl erwecket werden, wann man andere ver-
mittelſt dieſer Warheiten, die Luther in ſeiner
Erklaͤrung hat, zum Glauben bringen ſoll. Daß
dieſes der Sinn der Zinzendorfiſchen Worte
ſeyn muͤſſe, iſt aus dem, was unmittelbar (§.
10.) folget, gantz offenbar. Jſt aber ein ein-
tziges Wort in dieſen von Luthern behaltenen
War-
(*)
[87]dritter Theil.
Warheiten befindlich, das nicht in der heiligen
Schrift ſtehet? Der Beruf/ die Erleuch-
tung
/ die Heiligung/ ꝛc. ſind lauter Worte
des heiligen Geiſtes in der Schrift. Sind
nun dieſe nicht hinreichend, bey andern den
Glauben zu erwecken, bis Zinzendorf komt,
und mit Verwerfung dieſer Warheiten (wie
wir bald zeigen wollen) ein anderes Mittel zum
Glauben angiebt: ſo muß er ein neuer heiliger
Geiſt ſeyn wollen, der die Leute deswegen durch
einen Methodismum (§. 10.) bekehren, das
iſt herrnhutiſch machen will, weil die Warhei-
ten der Schrift nicht mehr zum Glauben bey
andern, zureichen wollen. Und da frage ich
dann, ob er ſelbſt durch dieſen Methodis-
mum,
oder neuen Glaubensartikel (§. 53.)
den Glauben uͤberkommen hat, oder durch die
alte Warheiten der Schrift, welche Luther
behauptet? Galat. 3, 1. 2. Jſt das erſte, ſo
muß er erſt ſeit kurtzem glaͤubig worden ſeyn.
Dann ſein Methodismus oder Mutterfabel
iſt ihm ſeit den nechſten Jahren allererſt einge-
fallen. Allein, wie lange iſt es, daß er ſchon
reformiret? Warum fieng er aber ſolche Meu-
terey in der Kirche GOttes an, da er noch
nicht einmal glaͤubig war? Jſt das letzte/
ſo muß die heilige Schrift nur vor ihn und
ſeines gleichen geſchrieben ſeyn: dieweil ſie, um
den Glauben bey andern zu wuͤrken, nichts
tauget, ſondern einen neuen Methodismum
noͤthig hat.


F 4§. 59.
[88]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
§. 59.

Jch wuͤnſchte nun der Eingaͤnge bald uͤber-
hoben zu ſeyn, und auf die Sache ſelbſt zu
kommen. Aber Zinzendorf huͤtet ſich mit Fleis
davor: weil ihm bey aller vorgegebenen Frey-
muͤthigkeit und vorlaͤufig trotzigen und bedro-
henden Pralerey, doch heimlich dafuͤr grauet,
wie er ſie mit einiger Wahrſcheinlichkeit an
den Mann bringen, und aus ſeiner Verwir-
rung ſich heraus helfen will. Deshalben fol-
get nun der fuͤnfte Eingang/ (§. 51.) wel-
cher deswegen betraͤchtlich iſt, weil er die gan-
tze Zinzendorfiſche Abſicht blos ſtellen wird.
Er klinget alſo (§. 10.) 1) Man hat ſeine
Pflicht noch nicht erfuͤllet/ wo man vor
ſich glaubet; ſondern wir ſind deswegen
in der Welt/ daß wir den Glauben auf-
richten
. 2) Deswegen iſt es nicht gnug/
dem heiligen Geiſt ſolche Handlungen
beyzulegen/ die ihn wegen ihrer eigent-
lichen Goͤttlichkeit/ dem Vater und dem
Sohn gleich ſetzen. Sondern es wird
3) noch eine Lehrkunſt
(Methodismus) er-
fodert/ entweder dem Verſtand/ oder
dem Hertzen/ oder beyden zugleich ein
Unterſchiedszeichen
(notam diacriticam)
des heiligen Geiſtes beyzubringen. 4)
Weder die alten Bekenner, noch Luther, ha-
ben dieſen Lehrgrif getroffen. Du ſagſt/ (mit
der heiligen Schrift und mit den Bekentniſſen
der Chriſtenheit und Luthers Erklaͤrung (§. 58.)
er
[89]dritter Theil.
er heiliget; der Vater auch. Du ſagſt/
er macht lebendig/ und ſo fort
. (§. 11.)
5) Dieſes perſoͤnliche Kennzeichen des
heiligen Geiſtes findeſt du in ſeinen Hand-
lungen uͤberhaupt
(in genere) nicht aus-
gedruͤckt/ und du darfſt es in dem We-
ſen GOttes/ und denen Geheimnisvollen
unerſchoͤpflichen Verhaͤltniſſen
(Rapports)
nicht ſuchen. Darum muß ich dir einen
Lehrgrif
(Methodismum) fuͤrs Hertz aus-
fuͤndig machen.
6) Die Urſache aber, wa-
rum man weder im Weſen GOttes, noch in
den Geheimnisvollen Verhaͤltniſſen den Unter-
ſchied der Perſoͤnlichkeit ſuchen ſoll, iſt nur bey-
laͤufig angefuͤhret, und in dieſe Worte ver-
faſſet: Dann/ wenn einem diesfals auch
noch ſo ein ſeeliger Gedanke durch den
Kopf ins Hertz faͤhret; ſo muͤſſen ſich
die Gemuͤthsaugen zublintzen/ daß man
nicht zu viel und zu rund dencke/ und zu
den Ausdruͤkken iſt vollends kein Rath.


§. 60.

Wir haben hier ſechs neue Paquete, die
uns der kluge Artzt von ſeinem Theater einlo-
ben will. Es wird noͤthig ſeyn, ſie zu durch-
ſehen, ehe ſie auf Credit angenommen werden.
Erſtlich/ wir ſind da/ den Glauben auf-
zurichten.
Das ſaget Paulus Rom. 1, 5.
von denen, welche der HErr berufen hat, zum
Apoſtelamt, und zum Lehramt ſeiner Kirche.
F 5Aber
[90]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Aber es gilt auch in ſeiner Maaſſe und Ord-
nung, von einem jeden Chriſten, wegen ſeines
geiſtlichen Prophetenamtes. Jn beeden Faͤl-
len muß die Aufrichtung des Glaubens durch
die heilige Schrift, Roͤm. 1, 1. als das Wort
Chriſti Coloſſ. 3, 16, geſchehen. Wer ſich
aber unberufener Weiſe zu einem Apoſtel auf-
wirft, und glaubet, er ſeye darzu in der Welt,
daß er einen eigenen Glauben durch einen ge-
gen das Wort Chriſti neu ertraͤumten Me-
thodismum, aufrichten ſolle, der iſt ein Be-
dienter des Satans
/ wann er ſich gleich in
einen Engel des Lichts verſtellet, und den
Glauben aufzurichten vorgiebt, 2. Cor. 11,
14. 15. Zinzendorf ſiehet hieraus, wie es ſo
gar ein anders iſt, darzu in der Welt ſeyn,
daß man einen Apoſtel und Lehrer der goͤttli-
chen Warheit, ingleichen einen erbaulichen
Chriſten abgebe; und wieder ein anders, einen
ſolchen Apoſtel vorzuſtellen, wie Paulus ſeine
Laͤſterer vorgeſtellet hat. Zu dem erſten wird
eine goͤttliche durch das Wort GOttes ver-
liehene Tuͤchtigkeit, und ein wohlgeordnetes
Chriſtenthum erfodert. Das letztere iſt ſo
beſchaffen, wie das Zinzendorfiſche lebendige
Beyſpiel zeiget. Alſo haben wir nun den
Aufſchluß zu ſeinem Beweggrund. Er iſt
darzu in der Welt/ daß er das thun
moͤge/ was die falſche Apoſtel thaten zu
Pauli Zeiten. Demnach muß er noth-
wendig einen ſolchen Kunſtgrif erfinden
/
wie
[91]dritter Theil.
wie bald folgen wird. Dann der ihn zu
dieſem Ende in die Welt ſendet/ hat auch
einen Methodismum Eph
. 6, 11. (*) wel-
cher zwar alt iſt, aber doch durch den friſchen
Gebrauch neu wird, und eine neue Erfin-
dung
(§. 11.) in dieſer Abſicht heiſſen kan.


§. 61.

Das zweyte betrift die Ungenugſamkeit
derjenigen Lehrſaͤtze, wodurch dem heiligen
Geiſt nur goͤttliche Handlungen beygele-
get werden/ die ihn/ weil ſie goͤttlich
ſind/ als den wahren GOtt erklaͤren/
mithin dem Vater und dem Sohne gleich
ſetzen
. (§. 59.) Dieſes iſt an ſich eine War-
heit. Aber Zinzendorf gebrauchet ſie, wie der
Verſucher, gegen Chriſtum. An ſich heiſſet
es ſo viel: ohne den inneren Unterſchied der
goͤttlichen Perſonen zum Grund zu legen, ſind
die goͤttliche Handlungen, nemlich der Beruf,
die Erleuchtung/ ꝛe. ꝛc. davon hier die Re-
de iſt (§. 57.) kein gnugſamer Beweis, daß
eine dritte Perſon in der Gottheit iſt. Son-
dern dieſe Handlungen werden den Leſer noch
im Zweifel laſſen, ob nicht vielmehr unter dem
Namen
[92]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Namen heiliger Geiſt, eine und eben dieſelbe
Perſon, die ſich etwa ſonſten Vater und Sohn
nennet, vorgeſtellet werde. Man koͤnte noch
nicht ſehen, ob dieſe Perſon wuͤrklich von jenen
beyden unterſchieden und ſelbſtaͤndig ſeye. Das
iſt es eben, was wir oben ſo oft erinnert ha-
ben. Aber das iſt es auch, was Zinzendorf
umzuſtuͤrtzen im Schilde fuͤhret. Dann hier
will er uns nur ſo viel ſagen: dieſe Heiligungs-
werke des heiligen Geiſtes, unterſcheiden ihn
nicht vom Vater und Sohn, ſondern die
Mutterſchaft muß es alleine thun. Welches
ſich unten noch deutlicher ergeben wird.


§. 62.

Es folget drittens: die Handlungen, wel-
che dem heiligen Geiſt im dritten A[poſt]el bey-
geleget werden, nemlich das Berufen/ Samm-
len/ Erleuchten ꝛc.
ſind deswegen nicht hin-
reichend, den heiligen Geiſt, als eine beſondere
Perſon der Gottheit von den andern Perſonen
zu unterſcheiden, weil ſie kein Unterſchieds-
zeichen
in ſich halten: ſondern nur von der
Gottheit, als goͤttliche Werke ein Zeugniß
geben. Dann es wird, wie Zinzendorf vor-
giebt, (§. 59.) noch ein Unterſchiedszeichen
erfodert, welches der Methodismus, entwe-
der dem Verſtand, oder dem Hertzen, oder
beyden zugleich, beybringen muß. Hierbey
werden nun folgende Bedencklichkeiten zu er-
oͤrtern ſeyn. 1) Wann der neue Methodis-
mus,
[93]dritter Theil.
mus, das rechte Unterſchiedszeichen vorlegen
ſoll, ſo muß er nicht eben das in ſich hal-
ten
/ was die Heiligungswerke ſchon in ſich
halten. Dieſer Satz iſt ſonnenklar. Dann,
ſagte der neue Methodismus nichts anders,
als dieſes: Der heilige Geiſt iſt der GOtt/
der mich/ und die gantze Chriſtenheit/
berufet/ erleuchtet/ heiliget/ im Glau-
ben erhaͤlt/ die Suͤnde vergiebt/ uns
auferwecket am juͤngſten Tage/ und ein
ewiges Leben giebt/ wie der ſeelige Lu-
ther ihme ſo ruͤhmlich dieſes alles beyge-
leget hat
: ſagte er ſonſt nichts, als dieſes:
ſo wird ihm die Unzulaͤnglichkeit von dem Zin-
zendorf ſelbſt vorgeworfen, (§. 61.) und es
waͤre eben deswegen kein neuer Methodis-
mus, ſondern die alte gemeinſame Warheit
der gantzen chriſtlichen Kirche, die doch Zin-
zendorf als ungenugſam und mangelhaft, be-
ſchuldiget: wie ſie auch in der That vor einen
alleinigen Beweis der Perſoͤnlichkeit, von
keinem Lutheraner ausgegeben wird. Alſo iſt
nach dem angenommenen Grundſatz des Zin-
zendorfs dieſes richtig, daß der neue Metho-
dismus nicht eben das, ſondern etwas anders,
weiters, und zum wahren Unterſchied hinrei-
chendes, in ſich faſſen muß. Jſt nun dem
alſo, ſo wird 2) erfodert werden, daß dieſes
neue, welches im Methodismo ſtecket, ent-
weder in der heiligen Schrift
ſtehen, oder
eine neue Offenbarung
auſſer der Schrift,
ſeyn
[94]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
ſeyn muß. Stehet es in der Schrift, ſo hat
Zinzendorf den Beweis zu fuͤhren. Wann
er damit ſtecken bleibet, und dennoch mit ſei-
nem neuen Fund ſo viel Aufhebens machet,
und damit als mit einem ohnentberlichen Glau-
bensartikel, (§. 53.) die Leute bekehren will;
(§. 59.) ſo wird er als ein Luͤgner und Ver-
fuͤhrer erfunden, auch zugleich als ein verwe-
gener Laͤſterer der Chriſtenheit. Spricht er
hingegen, ſein Fund ſey eine neue Offenbah-
rung, die weiter gehe als die Schrift: ſo iſt
dieſes eine neue Probe von ſeiner Hochachtung
vor GOttes Wort; davon ich im zweyten
Theil
/ den Beweis gefuͤhret habe. Und ſo-
dann haͤtte er den Geiſt, der ihm dieſes offen-
baret, namhaft zu machen, ob er weiß oder
ſchwartz ſey. Dann wir ſagen mit Paulo:
Gal. 1, 8. So auch ein Engel vom Him-
mel ein ander Evangelium predigen duͤrf-
te/ der ſey verflucht.


§. 63.

Die andere Bedencklichkeit iſt 2) dieſe: weil
der neue Fund einen neuen Glaubensſatz ent-
halten ſoll, welcher an ſtat des alten unzurei-
chenden Unterſchiedszeichens, ein beſſeres und
zureichendes entdecket, (§. 62.) ſo iſt es nicht
ſchicklich, daß Zinzendorf dieſes neu erfundene
Lehrſtuͤk nur einen Methodismum/ oder
beſondere Kunſt zu lehren, nennet. Eine
neue Lehrart macht keine neue Lehren, ſondern
ſie
[95]dritter Theil.
ſie behaͤlt die alten, und iſt bloß bemuͤhet,
eben dieſelbe Warheiten, nur in einer neuen
Ordnung, oder mit faͤlſchlichen Worten, nach
Zeit, Gelegenheit, und Umſtaͤnden der Lehr-
linge, vorzutragen. Hingegen will Zinzen-
dorf ein gantz nagelneues Kennzeichen der Per-
ſoͤnlichkeit des heiligen Geiſtes erfunden haben.
Wann du ſprichſt: Der heilige Geiſt heili-
get
/ und dieſes Heiligungswerk mit dem ſee-
ligen Luther noch umſtaͤndlicher beſchreibeſt,
(§. 62.) ſo antwortet er: Der Vater heili-
get auch.
Du ſprichſt: Der heilige Geiſt
macht lebendig?
Zinzendorf weiſet dich ab,
mit dieſer Antwort: Der Vater macht auch
lebendig/ und ſo fort.
Es muß ein neuer
Methodismus ſeyn, den er dir nothwendig
ausfuͤndig zu machen hat
/ (§. 11.) weil
du ſonſt kein Kennzeichen haben kanſt vor die
Perſon des heiligen Geiſtes. Man ſiehet alſo
gnugſam, daß es hier um eine bloſſe Lehrart,
oder bequemeren Vortrag der alten Warhei-
ten nicht zu thun iſt. Den goͤnnet man einem
jeden, wann er nur bey der Schrift bleibet,
und keinen Geiſt des Antichriſts dabey aͤuſſert,
das iſt, wann er ſeinen Kunſtgrif zu keinem
Glaubensartikel machet, und mit Verachtung
der Warheit ſelbſt, der gantzen Chriſtenheit
ſeine Erfindung aufzwinget, und Rotten (*)
dar-
[96]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
daruͤber anrichtet in der Kirche GOttes. Aber
der Zinzendorfiſche Methodismus iſt keine
bloſſe Lehrart, vielweniger eine ſolche, die in
ihren Schranken bliebe. Es gilt um die Sa-
che
/ und zwar um eine ſolche, die das groͤſte
Geheimnis unſers Glaubens betrift. Seine
ſchlangenartige Schalkheit iſt es, welche das
Wort Methodismus zu einem Behelf er-
wehlet hat. Dadurch will er a) dem unvor-
ſichtigen Leſer die Augen verkleiben, daß er
den
(*)
[97]dritter Theil.
den neuen Fund deſto ſicherer annehmen, und
ſich bereden ſoll, er hoͤre nichts, als die Stim-
me des heiligen Geiſtes, nur in einer beſſeren
Lehrart: ſodann will Zinzendorf b) ſeine Geg-
ner heimlich dadurch anſchwaͤrtzen, als ob ſie
um einer bloſſen Lehrart willen, mit ihm zan-
cketen, und endlich will er c) das gantze Ge-
heimnis der heiligen Dreyeinigkeit zu einem
beliebten Methodismo machen.


§. 64.

Nicht minder iſt 3) bedencklich, daß die ſo-
genannte neue Mode des Vortrags, entwe-
der vor den Kopf/ oder vor das Hertz/
oder vor beydes zugleich/ ſeyn ſoll
. Der
Ausdruck und der Gedancke, und die Art,
ſeine Sachen an den Mann zu bringen, iſt
abermal von den ſinnreichen Aertzten auf dem
Theater erborget. Wann dieſe ihre Pulver
ausrufen, ſo heiſt es gemeiniglich: es iſt vor
alles gut. Vor den Kopf, vor das Hertz ꝛc.
Durch den Kopf, verſtehet der Erfinder den
Verſtand/ das iſt, in weiter Bedeutung,
das Vermoͤgen unſerer Seele, dadurch wir
uns die Sachen vorſtellen. Der Gedanke
faͤhret durch den Kopf ins Hertz
. (§. 11.)
Das heiſet ſo viel: er komt aus dem Ver-
ſtand
und gehet ins Hertz. (§. 10.) Das
Hertz iſt demnach der Wille/ oder uͤberhaupt
das Vermoͤgen der Seele, wodurch wir be-
Herrnhut.III.Theil. Ggeh-
[98]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
gehren und verabſcheuen, was wir uns als
gut oder boͤſe vorgeſtellet haben. Der Me-
thodismus oder neumodiſche Vortrag, ſoll
entweder vor den Verſtand gut ſeyn, oder
vor den Willen, oder vor beydes. Das letz-
te muß ſeyn, ſonſt taugt der Methodismus
im Grunde nichts. Dann im Fall er vor das
Hertz taugen ſoll; ſo muß der Verſtand ſich
etwas Bequemes vorher dencken koͤnnen, ehe
der Gedanke ins Hertz faͤhret, oder Regun-
gen im Willen erwecket, welche dem Gedan-
ken gemaͤß ſind. Hat nun der Methodismus
ſolche Woͤrter in ſich, dabey man nichts ge-
denken kan; ſo faͤhret auch nichts in das
Hertz, als eine fantaſtiſche Bewegung. Jſt
der Gedanke falſch und irrig, ſo iſt die Er-
ſchuͤtterung des Hertzens von gleicher Unord-
nung, und nicht anders beſchaffen, als wie
der Schrecken der Kinder vor dem Poppanz,
oder ihre Freude uͤber das Schlaraffenland.
Wir werden im Verfolg ſehen, daß der Me-
thodismus vor das Hertz/ und nicht vor den
Kopf verſchrieben wird. Bis dahin wollen
wir das weitere verſparen. Da immittelſt es
um keine bloſſe Lehrart gilt, ſondern um Zu-
ſaͤtze gewiſſer Lehren: ſo iſt dieſe Waͤſcherey
vom Kopf und Hertzen zu nichts nuͤtze. Ein
Lehrſatz gegen die Schrift bleibet irrig und
ſchaͤdlich, der Jrgeiſt mag ihn ausgeben fuͤr
was er will, fuͤr den Kopf oder fuͤr das
Hertz.
[99]dritter Theil.
Hertz. Es komt Schwindel und eitel Tod
daraus.


§. 65.

Nachdeme wir den dritten Kunſtſpruch erwo-
gen haben, (§. 59.) ſo kommen wir nun an den
vierten. Doch, weil dieſer mit dem ſech-
ſten
genauer zuſammen haͤnget, ſo wollen wir
ihn dort betrachten, (§. 66.) und jetzt zu dem
fuͤnften ſchreiten. Der heiſſet alſo: 1) Jn
den Handlungen des heiligen Geiſtes
uͤberhaupt/ findeſt du das nicht/ wo-
durch er von den andern Perſonen un-
terſchieden iſt
. (§. 59.) Darum muß ich
dir einen neuen Methodismum fuͤrs Hertz,
ausfuͤndig machen
. Ey! ey! wie ſchmeckt
das wiederum nach dem Theater! Du findeſt
nichts vor deinen Zuſtand in allen Apothecken,
und bey allen Aertzten. Derowegen muß ich/
ich/ ich
dir etwas ausfuͤndig machen. ꝛc. ꝛc.
Wohl dir, daß ich gekommen bin: ſonſt waͤ-
reſt du verlohren. ꝛc. ꝛc. Dieſe Bekentnis
dienet uns darzu, daß wir ihren rechten Na-
men ihr beylegen koͤnnen. Sie iſt nemlich 1)
Zinzendorfiſch, ſo breit und lang ſie iſt. Jch,
ſpricht er, muß erfinden. Sie iſt auch 2)
nothwendig: ich muß erfinden. Und frey-
lich muß etwas erfunden ſeyn, weil das, was
GOtt und ſein Geiſt erfunden hat, dem Zin-
zendorfiſchen Reich ſchlechte Dienſte verſpricht.
Doch, es dienet zur Antwort, wie folget.
G 2Jſt
[100]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Jſt kein Kennzeichen in den Handlungen des
heiligen Geiſtes zu finden? ſo ſind es entwe-
der alle Handlungen zuſammen genommen,
oder nur einige derſelben. a) Sind alle die-
ſe Handlungen ſo gethan, daß ſie kein Kenn-
zeichen ſeyn koͤnnen: ſo darf auch der Metho-
dismus gar keine Handlung des heiligen Gei-
ſtes zum Kennzeichen ſeiner Perſoͤnlichkeit ma-
chen. Mithin muß die angegebene Mutter-
ſchaft keine Handlung des heiligen Geiſtes
ſeyn. Dann ſonſt braͤchte Zinzendorf etwas
zum Kennzeichen daher, welches er ſchon vor-
laͤufig vor kein Kennzeichen erklaͤret haͤtte. b)
Sind es aber nur einige Handlungen des
heiligen Geiſtes, die man zum Kennzeichen
nicht gebrauchen kan; ſo hat Zinzendorf fol-
gende Obliegenheit: er muß die beſondere
Handlungen deutlich anzeigen, die zum Kenn-
zeichen dienlich ſind: er muß anbey darthun,
daß noch niemand, ehe er ſeinen Methodis-
mum zur Welt gebracht, dieſe beſondere
Handlungen gewuſt, oder zu einem Kennzei-
chen behoͤrig gebrauchet habe. Dann im Fall
er ſie nicht anzeigen koͤnte, was taugte dann
ſein Methodismus? ein Kennzeichen muß klar
und verſtaͤndlich ſeyn, ſonſt verlieret es ſeinen
Namen, und iſt betrieglich. Waͤre es aber
ein altes ſchon bekanntes Kennzeichen, ſo waͤ-
re auch der Methodismus ſchon alt, und der
angebliche Erfinder wuͤrde ſich ſchaͤmen muͤſ-
ſen,
[101]dritter Theil.
ſen, wann er ſprechen wolte: Jch muß dir
einen Methodismum aufuͤndig machen.

Waͤre es in der That ein altes Kennzeichen,
und bey den Nachkommen verlohren worden;
ſo hat Zinzendorf die alten Bekenner nam-
haft zu machen. Welches er gleichwol weder
gethan hat, noch zu thun vermoͤgend iſt.
Sprichſt du: Das dritte iſt uͤbrig: Das
Kennzeichen kan alt ſeyn, und der Erfinder
kan ihm einen neuen Namen geben, um meh-
rerer Begreiflichkeit willen? ſo antworte ich
zweyerley. 1) Der Erfinder ſagt oben, (§.
53.) daß es nicht um das Wort/ ſondern
um die Sache, gelte, und er proteſtiret zum
voraus gantz feyerlich, daß man am Ende nicht
ſagen ſolle, er habe nur mit Worten gehan-
delt. Ja er ruͤhmet ſich, daß er ein neues
Kennzeichen
erfunden habe, (§. 59.) wel-
ches zum ſeelig werden anderer Leute ſo noͤ-
thig ſeye, daß man ohne daſſelbe ſeiner Chri-
ſtenpflicht kein Genuͤgen thun koͤnne, (§. 59.
60.) und welches die Unzulaͤnglichkeit der vo-
rigen Kennzeichen ergaͤntze. (§. 61.) 2) Waͤ-
re es ein bloß neu erfundenes Wort, ſo iſt
nicht abzuſehen, wie eine damit bezeichnete
Sache, ſolte deutlicher, ja wie die alte War-
heiten, welche unzureichend heiſen, durch ein
ſolch bloſes Wort ergaͤntzet werden. Es waͤ-
re entweder ein Schriftwort, mithin kein neu
erfundenes Wort. Oder waͤre es neu erfun-
G 3den,
[102]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
den, ſo waͤre es wie alle neue Woͤrter, nicht
verſtaͤndlicher wegen ſeiner Neuigkeit, ſondern
deſto dunckeler. Ja es gereichte der heiligen
Schrift zu nicht geringem Nachtheil, wann
ſie ſo dunckel waͤre, daß ein Kennzeichen des
heiligen Geiſtes ſo lange unverſtaͤndlich bliebe,
bis ein neuer Erfinder darzu kaͤme. Und end-
lich, wer gaͤbe einem eintzigen Menſchen die
Macht, neue Woͤrter zu erfinden, welche von
der gantzen Kirche bey Verluſt des ſeelig
werdens
muͤſten angenommen werden? Das
mehrere wird im folgenden (§. 66.) ſich zeigen.


§. 66.

Der ſechſte Machtſpruch iſt (§. 59.) noch
uͤbrig, in welchem aber verſchiedenes aus dem
vierten und fuͤnften einſchlaͤget, welches hier
eine bequemere Stelle findet. Nemlich es gilt
hier um die Urſache/ warum der neue Me-
thodismus ſo noͤthig ſeye. Dieſe Urſache iſt
dreyfach. 1) Die bisher angegebene Wer-
ke oder Handlungen des heiligen Geiſtes ſind
keine Kennzeichen ſeiner Perſoͤnlichkeit, weil
er ſie mit dem Vater gemein hat. Du fprichſt,
der heilige Geiſt heiliget? der Vater auch.
Er macht lebendig? der Vater auch/
und ſo fort.
Wann demnach Zinzendorf
ein neues Kennzeichen ausfuͤndig machet, ſo
erfindet er etwas, welches der heilige Geiſt
mit dem Vater und Sohn gar nicht gemein
haben
[103]dritter Theil.
haben darf. (§. 40.) Daran wollen wir ihn
unten erinnern, und ihn veſt dabey halten.
Die andere Urſache 2) iſt dieſe: Du darfſt
dieſes Kennzeichen in dem Weſen GOttes
(§. 59.) nicht ſuchen. Das iſt wahr. Dann
das Weſen GOttes iſt den dreyen Perſonen
gemein, es iſt einig und unzertrennlich. Die
dritte 3) Urſache: Du darfſt dieſes Kennzei-
chen in den Verhaͤltniſſen nicht ſuchen, (§.
59.) wodurch ſonſt eine Perſon von der an-
dern, als durch ein inneres Kennzeichen ſich
unterſcheidet. Warum dieſes? Antwort, weil
es Zinzendorf nicht haben will, obgleich ſelbſt
der dreyeinige GOtt, es zu thun befohlen
hat, wie oben iſt gezeiget worden. (§. 30.)
Er ſpricht, du darfſt nicht, wann GOtt
vom Himmel ſaget: Du darfſt/ und du
ſolſt es thun, ſo lieb dir deine Seeligkeit iſt.
So weit hat es der Herrnhuter nun gebracht,
daß er dem lieben GOtt nicht nur ein Still-
ſchweigen auferleget, ſondern auch gerade das
Gegentheil befielet. Er ſetzt ſich in den
Tempel GOttes/ und giebt vor/ er ſeye
GOtt/ 2. Theſſ.
2, 4. ja noch mehr, als
GOtt ſelbſt iſt.


§. 67.

Woher kommt es aber, daß Zinzendorf ſo
ſtreng verbietet, was GOTT befohlen hat?
Antwort, er muß eben ſo wohl ein Reich
G 4haben,
[104]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
haben, in welchem ſeine Befehle gelten, als
der wahre Heyland ein Reich hat. Doch er
weiß der Sache eine andaͤchtige Farbe zu ge-
ben. Wir ſind nicht darzu beſtellet/ in
das Weſen GOttes hinein zu ſpeculiren.

So ſagt er oben (§. 28.) Und hier ſpricht
er (§. 59.) Die Gemuͤhts-Augen muͤſſen
ſich zublintzen/ wann ein ſeeliger Gedan-
cke von dieſer Sache/ durch den Kopf
ins Hertz fahren will: daß man nicht zu-
viel und zu rund dencke: und zu den
Ausdruͤkken iſt vollends kein Rath.
(§.
11.)


Erſtlich/ wir ſind allerdings darzu beſtel-
let, und berufen, daß wir den wahren GOtt
nach ſeinem Weſen und Perſonen erkennen
lernen. Joh. 17, 3. So viel uns dieſer lieb-
reiche GOtt von beyden Stuͤkken offenbaret
hat, ſo viel ſind wir ſchuldig zu erkennen, und
nach Maasgabe dieſer Erkentniß, ihm zu die-
nen. Nun hat uns GOtt die innere perſoͤn-
liche Kennzeichen offenbaret, (§. 30) alſo ſind
wir darzu beſtellet, ſeine Offenbarung zu ver-
ehren, nicht aber, unter dem Schein wegzu-
werfen, als ob eine ſolche Erkentniß ein Fuͤr-
witz ſeye, der Menſchen nicht gebuͤhre. Da
ſich Zinzendorf ſo vieles heraus nimt, worzu
er, wenigſtens von GOtt und ſeiner Kirche,
nie beſtellet worden; ſo iſt es recht zu ver-
wundern, daß er von Erkentnis GOttes und
ſeines
[105]dritter Theil.
ſeines Worts die Leute durch nichts anders
abzuhalten hoffet, als wann er ſagt: Jhr
ſeyd nicht darzu beſtellet.
Und er will doch
mit Gewalt darzu beſtellet ſeyn, auch jeder-
maͤnniglich darzu beſtellen, daß allerley Gril-
len heraus ſpeculiret werden ſollen. Und zu
den Ausdruͤkken iſt Rath
und Verwegen-
heit gnug bey ihm vorhanden. Er weiß wohl,
daß ein uͤberwitziges Gruͤbeln in den Geheim-
niſſen, wodurch das Maas der Offenbarung
uͤberſchritten wird, und ein pflichtmaͤßig For-
ſchen, das mit einer demuͤthigen Annehmung
und Glaubenseinfalt verbunden iſt, himmel-
weit von einander unterſchieden ſind. Wann
er aber ſpricht, du biſt nicht beſtellet in
das Weſen GOttes/ und in die innere
perſoͤnliche Verhaͤltniſſe zu ſpeculiren;

ſo will er nichts anders, als eine goͤttliche
Warheit auf die Seite bringen, damit ſein
wahnwitziges Speculiren an ſtat der Schrift,
triumphiren moͤge. So macht ers anderswo
mit der Gottheit (*) Chriſti, und uͤberhaupt
mit den Warheiten der Schrift, die ſeinem
Reich im Wege ſtehen. Demnach gehet der
gantze Jnhalt dieſer treuhertzigen Vermah-
G 5nung
[106]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
nung lediglich dahin: Wann ihr meinen
neuen Fund recht glaͤubig annehmen
wollet/ ſo muͤſſet ihr euch vor allen Din-
gen vor der Schrift
(**)huͤten. Von
dem
[107]dritter Theil.
dem boshaftigen Bezeigen dieſes Jrgeiſtes ge-
gen die heilige Schrift, iſt im zweyten Theil
mit mehrerem gehandelt worden.


§. 68.

(**)


[108]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
§. 68.

Warum ſollen aber zum andern (§. 67.) die
Gemuͤthsaugen ſich zublintzen/ wann ein
noch ſo ſceliger Gedancke von den inneren
perſoͤnlichen Kennzeichen ins Hertz faͤh-
ret?
Hat uns dann GOtt befohlen, blind
und verſtockt zu werden, wann er uns durch
ſein
(**)
[109]dritter Theil.
ſein Wort erleuchten und bewegen will? Mei-
nes wiſſens thun ſolches die Unglaͤubige/
oder die Verlohrene/ welchen der GOtt
dieſer Welt ihre Sinnen verblendet/ daß
ſie nicht ſehen das helle Licht des Evan-
gelii. 2. Cor.
4, 3. 4. (*) Der Gedancke,
ſoll ein Gedancke ſeyn von den innerlichen Ver-
haͤltniſſen, oder Perſoͤnlichkeiten in der Gott-
heit. (§. 11.) Es ſoll ein ſeeliger/ ja aus-
nehmend ſeeliger Gedanke ſeyn. Und dennoch
ſoll dieſer ſo ſeelige Gedanke nicht zuviel einni-
ſten. Man ſoll zublintzen, daß nichts weiter
durch die Gemuͤthsaugen eingelaſſen werde,
und ins Hertz fahre. Man ſoll ſagen, fahre
aus, du allzuſeeliger Gedanke! und gieb Raum
den unſeeligen: entweder, weil du ſeelig biſt,
oder weil du durch den Kopf, und nicht viel-
mehr durch einen andern Weg, ins Hertz fah-
ren wilſt, oder weil deine Reiſe bis in das
Hertz gehet. Wer wird ſich nun befremden
laſſen, daß dem Zinzendorf ſo viele unſeelige
Gedanken durch ſeinen Kopf, oder durch einen
andern Gang, (dann er redet hier etwas fin-
ſter) in das Hertz fahren, da er die ſeelige
Gedanken mit zublintzenden Augen abweiſet,
und die Decke Moſis vorſpannet, daß ſie nicht
hinein koͤnnen. Und gewiß, wem ſein Me-
thodis-
[110]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
thodismus in den Kopf fahren ſoll, der muß
es gerade ſo machen, wie der Blintzler hier
lehret. Gegen das Licht GOttes muß er zu-
blintzen, und hingegen herrnhutiſche Augen ſich
einſetzen laſſen, welche den Polyphem uͤber-
treffen. Jſt das nicht eine ſchoͤne Vorberei-
tung zu der folgenden Belehrung von des hei-
ligen Geiſtes Mutterſchaft?


§. 69.

Doch das Zublintzen gehet nur ſo weit, daß
man nicht zu viel und zu rund denke/
und zu den Ausdruͤkken iſt vollends kein
Rath.
Aber was heiſſet dann zuviel und
zu rund denken?
Wenn man vom inneren
Unterſchiede der goͤttlichen Perſonen ſo viel
dencket, als der Geiſt GOttes zu dencken
uns vorgeſchrieben hat; heiſt dann dieſes zu-
viel denken? Wer zuviel in die Schrift ſiehet,
und die herrnhutiſche Finſternis beleuchtet,
der dencket allemal zuviel vor den Zinzendorf.
Wenn man zu rund/ das iſt, zu richtig und
beſtimt dencket, das iſt eine Pein vor den
Blintzler. Und den Ausdruk/ Perſon/ kan
er vollends nicht leiden. Da iſt kein Rath
zu.
Dencke niemand, daß ich die Zinzendor-
fiſche Worte gegen ihren Sinn erklaͤre. Das
ſeye ferne von mir. Jch erklaͤre ſie aus dem
Zuſammenhang, und aus der Abſicht. Das
ſind die ſicherſte Erklaͤrungsregeln. Dann
man ſiehet, daß er nicht zufrieden iſt, mit den
bishe-
[111]dritter Theil.
bisherigen inneren und aͤuſſeren Unterſchieds-
zeichen der goͤttlichen Perſonen, und daß er
mit einem neuen ſich herfuͤr thut. Er diſpu-
tiret gegen die chriſtliche Kirche, welche die
ewige Geburt und das ewige Ausgehen, vor
innere Kennzeichen aus dem Wort GOttes
annimt, und die Schoͤpfung, Erloͤſung, Hei-
ligung, als die aͤuſſere Kennzeichen, nach der
Schrift veſt haͤlt und bekennet. Die erſten
verwirft er, weil ſie ein fuͤrwitziger Gedancke
in ſeinen blintzenden Augen ſind. Das Spe-
culiren in das Weſen GOttes
/ das zu-
viel denken und rund denken
/ nebſt dem
Ausdruk Perſon; ſind lauter Stachelreden
gegen die Chriſtenheit. Er ſtraft die alten
und neuen Bekentniſſe. Und da er bey der
tuͤckiſch vorgegebenen Uebereinſtimmung auf
dem Abweichen betreten wird, will er gleich-
wohl einen Vorwand haben. Der heiſt alſo:
die Bekentniſſe ſind zu weit gegangen. Sie
ſpeculiren unbefugter Weiſe in die Gottheit.
Sie denken zu rund, ſie brauchen Ausdruͤkke,
worzu ein frommer und beſcheidener Menſch
keinen Rath findet. Wann er dieſes glau-
bet, waͤre es nicht ehrlicher, rund heraus zu
ſagen: ich mag weder ein Chriſt uͤberhaupt,
noch beſonders ein proteſtantiſcher Chriſt ſeyn,
wann ich mich an ihre Bekentniſſe binden ſolle?
So kaͤme doch wenigſtens ſein Wort mit der
That uͤberein.


Vier-
[112]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

Viertes Hauptſtuk.
Von der Zinzendorfiſchen Mutterſchaft

des heiligen Geiſtes, inſonderheit, ob dieſelbe
aus der Schrift, und zwar aus deren
unbeſtrittenem Jnhalt
zu
erweiſen ſeye?


  • Jnhalt.
    1. Die angegebene
    Quelle dieſer Mut-
    terſchaft wird zer-
    gliedert
    §. 70.
    (1) Die Beſchaffenheit
    der Schriftſtellen/
    die er vor die Quel-
    len angiebt. Es
    [ſol] kein Theologus
    noch Ketzer dage-
    gen aufgeſtanden
    ſeyn.
    §. 71. Die-
    ſes wird erklaͤret
    und wiederleget
    §.
    72. 73. und die boͤ-
    ſe Abſicht gezeiget/

    §. 74.
    (2) Die falſche Urſache/
    warum dieſe ſeine
    Lehre angefochten
    werde.

    a) Soll ein Reli-
    gionseifer ſeyn.
    §.
    75.
    b) Seine Gegner
    ſollen nur einige
    Lutheraner ſeyn/
    die ſich uͤbers Ver-
    dienſt Chriſti aͤr-
    gern.
    §. 76. 77.
    (3) Die Natur/ und
    das Amt des heili-
    gen Geiſtes ſoll
    von ſeinen Geg-
    nern angefochten
    werden/ ihn nur
    verhaßt zu machen.

    §. 78.

§. 70.

Nach ſo manchen Vorbereitungen, damit
gewißlich die Vielſprecherey des Ver-
faſſers (§. 4.) nicht vermieden worden
iſt;
[113]dritter Theil.
iſt; komt er allmaͤhlig zu ſeinem Vorhaben,
und eroͤfnet uns den neu erfundenen Metho-
dismum, mit derjenigen Treuhertzigkeit/
die ſeinem Augſpurgiſchen Confeßions-
verſtand
(§. 4.) recht gemaͤß iſt. Er ſuchet
ihn zufoderſt in ſeinen Quellen; nemlich in
der Schrift/ und zwar an ſolchen Or-
ten/ wogegen nicht nur noch kein Got-
tesgelehrter/ ſondern auch kein Ketzer/
aufgeſtanden iſt/ ſo lange die Lehre von
der heiligen Dreyeinigkeit gefuͤhret wird:
auſſer daß einige/ die aus allzugroſem
Religionseifer gegen einen gewiſſen Leh-
rer ihrer Kirche/ ſich ſeit einigen Jah-
ren uͤbers Verdienſt Chriſti/ uͤbers Lamm
und ſeine Wunden aͤrgern/ und druͤber
diſputiren/ ob ſie gantz
(in totum) oder
nur zum theil
(in tantum) verdienſtlich
ſind: etwa auch Mine machen/ zu ſei-
ner Beſchwaͤrtzung
(in inuidiam ipſius) an
dem heiligen Geiſt/ und ſeiner Natur
und Amt/ etwas abzudingen
(§. 11.)


Unvermerkt giebt es hier wieder einen neuen
Eingang, ehe man das Geheimniß der Sache
ſelbſt einmal hoͤren kan. Doch man muß ſich
mit Gedult ruͤſten. Dieſes abermalige Vor-
ſpiel hat zwey Stuͤcke. Erſtlich wird die
Quelle ſelbſt, angezeiget. Zweitens die Urſa-
che, warum die Lehre, die in dieſen Quellen
liegen ſoll, angefochten worden.


Herrnhut.III.Theil. H§. 71.
[114]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
§. 71.

Die Beſchaffenheit der Schriftſtellen, wel-
che Zinzendorf als die Quellen ſeines neuen
Funds angiebt, iſt das erſte in ſeinen Wor-
ten. (§. 70.) Es waͤre hoͤchſt noͤthig, und
eben ſo billig, daß er dieſe Schriftſtellen nach
Capitel und Verſen hergeſetzet haͤtte. Dann
der gantze Beweis, den er hieraus fuͤhren will,
erfoderte dieſes; und die Muͤhe haͤtte ihn nicht
verdrieſſen ſollen. Ein jeder koͤnte ſie ſodann
in ihrem Zuſammenhange betrachten, ſonder-
lich der ungeuͤbte Leſer. Doch er hat etliche
Schriftworte (§. 12.) beygeſetzt, davon wir
unten (§. 112.) reden muͤſſen. Jetzt gilt es
mir noch vorlaͤufig darum, wie nach Zinzen-
dorfs Foderung dieſe Stellen muͤſſen beſchaffen
ſeyn, oder wenigſtens wie ſie wuͤrklich beſchaf-
fen ſind. Summa, die Mutterſchaft des hei-
ligen Geiſtes, ſoll aus der Schrift erwieſen
werden. Das iſt eins. Die Schriftworte,
welche den heiligen Geiſt als eine Mutter vor-
ſtellen, ſollen keiner Misdeutung unterworfen,
ſondern ihre Erklaͤrung ſoll dergeſtalt einhellig
ſeyn, daß ſie von Rechtglaubigen und Jrr-
glaubigen auf einerley Art angenommen, und
ohne allen Wiederſpruch zugegeben wird. Das
will er mit dieſen Worten ſagen: Es iſt we-
der ein Theologus/ noch ein Ketzer dage-
gen aufgeſtanden.
Worgegen aber? Das
iſt
[115]dritter Theil.
iſt ausgelaſſen. Gegen den wahren Sinn
dieſer Schriftſtellen? oder gegen die Zinzen-
dorfiſche Gloſſen derſelben? hierauf komt es
eigentlich an; ſonſt wird umſonſt, und in den
Wind geſprochen. Jch werde ſogleich zeigen,
daß Zinzendorf hier gewoͤhnlich herrnhutert.
Das iſt, er will abermahl betriegen. Davon
ſoll unten (§. 74.) beſonders geredet werden.


§. 72.

Der wahre Verſtand dieſer Schriftworte
lautet alſo: GOtt, der dreyeinige GOtt, ſtellet
ſich hier unter dem Bild einer Mutter vor, we-
gen der muͤtterlichen Zaͤrtlichkeit und Woltha-
ten gegen die Menſchen. Weil demnach der
heilige Geiſt die dritte Perſon der Gottheit
iſt, ſo wird er mit gemeinet, und nicht ausge-
ſchloſſen.


Weil dieſer Satz wahr iſt, ſo ſind allerley
Leute dagegen aufgeſtanden. Erſtlich die
Juden, die keinen heiligen Geiſt noch Sohn
GOttes glauben. Zweytens alle andere Jr-
geiſter, die keine Dreyeinigkeit glauben, mit-
hin auch den heiligen Geiſt nicht, als die dritte
Perſon in der Dreyeinigkeit. Drittens Zin-
zendorf iſt zwiefach dagegen aufgeſtanden: ein-
mal da er lehret, es ſeye im alten Teſtament,
welches er anderswo auf das aͤuſſerſte herun-
ter macht, die heilige Dreyeinigkeit nicht offen-
bahret geweſen; hernach da er behauptet, was
H 2im
[116]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
im alten Teſtament von GOTT vorkomme,
das ſeye von dem Sohn zu erklaͤren. Jm
zweyten Theil ſtehen ſeine Worte hiervon.
Wie kan er nun, nach ſeinen eigenen (*)
Grundſaͤtzen, erweiſen wollen, daß in dieſen
von ihm angefuͤhrten Spruͤchen, der heilige
Geiſt verſtanden werde?


Er ſiehet demnach wie viele Ketzer gegen
dieſe Stellen des alten Teſtaments aufgeſtan-
den ſind. Und das iſt die Urſache, warum
kein Theologus dagegen, wohl aber ein jeder
rechtſchaffener Lehrer gegen dieſe Ketzer, auf-
geſtanden iſt. Dann ein Theologus wird
von ihm ſelbſt den Ketzern entgegen geſetzt.
Alſo iſt ein Theologus ein ſolcher Mann,
der gegen die Ketzer aufſtehen muß. Gegen
die Warheiten der Schrift kan er unmoͤglich
aufſtehen. Es haͤlt einen Wiederſpruch in
ſich, ein Theologus ſeyn, und aufſtehen gegen
GOttes Wort. Auch wird einem Spruch
der
[117]dritter Theil.
der Schrift, an ſeiner Kraft und Deutlichkeit
deswegen nichts abgehen, wann Ketzer dage-
gen aufgeſtanden ſind. Sonſt muͤſten wir
die heilige Schrift voͤllig begraben: geſtalten
Edelmann und Zinzendorf in unſern Tagen
ſo gar gegen ihre goͤttliche Eingebung aufge-
ſtanden ſind.


§. 73.

Der Zinzendorfiſche Verſtand der angefuͤhr-
ten Schriftſtellen lautet alſo:


Der heilige Geiſt wird hier eine Mutter
und Gemahlin des Vaters genennet,
mit Ausſchlieſſung der uͤbrigen Perſonen:
ohne durch ein anderes inneres oder aͤuſe-
res Kennzeichen, vom Vater und Sohn
unterſchieden zu werden. (§. 35. f. und
40.)


Gegen dieſe Erklaͤrung iſt hiebevor kein Theo-
logus aufgeſtanden. Dann ſie war noch nie-
mals in der Welt, ehe Zinzendorf ſie erfun-
den hat. Seitdem ſie aber ausgebruͤtet wor-
den, ſtehet billig alles dargegen auf, was
noch eine theologiſche Ader hat. Der heilige
Geiſt iſt der erſte, der dagegen aufſtehet.
Hernach alle, die ſich von ihm regieren laſſen.
Daß demnach alle Theologen anitzt dagegen
aufſtehen, und daß ihre Vorfahren dieſes an-
itzt ſo noͤthigen Aufſtehens uͤberhoben geblie-
H 3ben;
[118]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
ben; das beweiſet weiter nichts, als daß noch
kein Jrgeiſt ſo lange die Lehre von der
Dreyeinigkeit gefuͤhret wird
(ſie iſt aber
ſo lange gefuͤhret worden, als die Welt ſtehet,
nicht allererſt im neuen Teſtament) ſo unver-
ſchaͤmt geweſen iſt als Zinzendorf.


Jm Fall nun auch kein Ketzer dagegen auf-
ſtehet, ſo iſt es kein Wunder, weil das Reich
des Beelzebub in gewiſſen Stuͤkken einig iſt,
und daher mit ſich ſelbſt nicht allezeit ſtreitet.


§. 74.

Die giftige Abſicht des Zinzendorfs muß
ich hierbey entdecken. 1) Er prahlet zum
voraus, ohne Grund und Beweis, mit einer
allgemeinen Uebereinſtimmung; damit nie-
mand ſeine Jrgeiſterey pruͤfen, ſondern jeder-
mann gedencken ſolle: Der Mann bringet ja
nichts vor, als was die gantze Welt, die nur
die Schrift annimt, vor wahr erkennet. 2)
Er will damit anzeigen, daß ſein Fund allen
Religionen gerecht und gemaͤß ſeye, mithin
ſeine Lehre vom heiligen Geiſt, von allen Reli-
gionsparthien, Theologen und Ketzern, ohn-
beſchadet ihrer Lehrbegriffe, koͤnne angenommen
werden. 3) Er will ſich dadurch den Weg
bahnen, zu den ſo gleich beygefuͤgten Laͤſte-
rungen auf die chriſtliche Theologen. Man
ſoll dencken, was muͤſſen das vor unſinnige
gottloſe Menſchen ſeyn, die ſich einer Lehre
wieder-
[119]dritter Theil.
wiederſetzen, wogegen noch niemal ein eintziger
Menſch, er ſeye Chriſt oder Ketzer, aufge-
ſtanden iſt.


§. 75.

Fragſt du nun, zum andern/ warum dann
dieſe Zinzendorfiſche Lehre gleichwol zu unſern
Zeiten ſo ſehr angefochten werde? ſo hoͤre die
Urſache. 1) Es iſt ein Religionseifer
(§. 70.) ein allzugroſſer Religionseifer/
ein Eifer nur einiger Theologen; ein Ei-
fer gegen einen Lehrer ihrer eigenen
Kirche
/ das iſt gegen den Zinzendorf. So
viel Worte, ſo viel Herrnhutereyen. a) Daß
er ein Lehrer unſerer Kirche ſeye; das iſt
ſein alter Geſang, und eine von ſeinen groͤſten
und offenbareſten Luͤgen. Jm erſten und
andern Theil ſtehet der Beweis hiervon, und
ſein gegenwaͤrtiges Beginnen giebt ferner den
Ausſchlag. b) Er will ein Lehrer unſerer
Kirche ſeyn, und doch ſoll ein Religionsei-
fer
von Seiten unſerer Kirche gegen ihn ent-
ſtehen. Wie reimet ſich das zuſammen?
Waͤre er ein Lehrer unſerer Kirchen, ſo waͤre
ſeine Religion nothwendig unſere Religion.
Eifern wir nun mit einem Religionseifer, ſo
kan dieſer Eifer unmoͤglich gegen ihn gerichtet
ſeyn. Und im Gegentheil, wann er dieſen
Religionseifer als gegen ihn gerichtet, anſe-
hen muß; ſo iſt das ein ſicheres Kennzeichen,
H 4daß
[120]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
daß ſeine Religion der unſern muß zuwieder
ſeyn. Dann ein jeder Religionseifer aͤuſſert
ſich vor ſeine Parthie, und gegen die wiedrige.
c) Daß dieſer Eifer allzugros ſeye, das wird
alsdann wahr werden, wann Zinzendorf er-
weiſet, daß 1) ſein antichriſtiſches Weſen,
keine ſo ſtarcke Wiederſetzung verdiene, als
bisher aus Pflicht und Gewiſſen erfolget iſt,
2) daß man andere Mittel gegen ihn gebrau-
che, als Warheiten des goͤttlichen Wortes:
andere Mittel, als GOTT und die Geſetze
befehlen, und nicht vielmehr weit unter den
Stufen der noͤthigen Gegenverfaſſung geblie-
ben ſeye. Die faſt unerlaubte Nachſicht, ſon-
derlich von Seiten chriſtlicher Obrigkeit, wel-
che beſtaͤndig, wie auch hier geſchiehet, von
ihm verſpottet und belogen wird, macht ſeine
Unbaͤndigkeit und Frechheit taͤglich groͤſer.
Er hat eine ſolche Hurenſtirne zu laͤſtern, bey
allem ſeinem gottloſen Weſen, daß man darob
erſtaunen muß.


§. 76.

Er komt 2) auf die, welche dieſen Eifer
uͤben. Sie ſind 1) Lutheraner. Dann ſie
eifern gegen einen Lehrer ihrer Kirche. Nun
will Zinzendorf ein Lutheriſcher Pfarrer ſeyn.
Das iſt nun wieder eine weltkuͤndige Unwar-
heit. Dann die Reformirte Lehrer, ſonder-
lich in Holland haben ebenfals ſchriftlich geei-
fert,
[121]dritter Theil
fert, und er beſchweret ſich anderswo uͤber die
Wiedrigkeit aller (*) Religionsparthien. 2)
Es ſind nur einige Lutheraner. So muͤſſen
demnach die meiſte Lutheraner Zinzendorfs
herrnhutiſche Geſellen ſeyn. Das iſt gegen
die handgreifliche Erfahrung, welche lehret,
daß, ſo bald die herrnhutiſche Seuche einen
Lutheraner anſtecket, er von ſelbſten zu ſeinen
Bruͤdern gehet, und von den Bruͤdern vor
nichts aͤrger, als vor den Lutheriſchen, ſon-
derlich Pfarrern, gewarnet wird. Er nenne
einen eintzigen wahren Lutheraner, der mit ihm
iſt, und doch ein wahrer Lutheraner bleibet.
Er ſpricht ſelbſt, er muͤſſe ſeine Leute gantz
haben. Siehe die Vorrede zum zweyten
Theil.
Wie koͤnnen ſie aber gantz herrnhu-
tiſch, und nur noch halb/ ich geſchweige
gantz/ lutheriſch ſeyn? Es ſind 3) ſolche Lu-
theraner, die ſich ſeit wenig Jahren uͤbers
H 5Ver-
[122]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Verdienſt Chriſti/ uͤbers Lamm und ſei-
ne Wunden aͤrgern/ und druͤber diſpu-
tiren/ ob ſie gantz/ oder nur zum Theil/
verdienſtlich ſind.
(§. 70.) Dieſes aͤrgern
und diſputiren reimte ſich eben ſo vor einen
Lutheraner, als die herrnhutiſche Synagoge.
Dieſer giftige Laͤſterpfeil iſt allzu plump ge-
macht. Er trift das Ziel nicht, wohin die
Bosheit ſeines Meuchlers ihn gerichtet hat.
Wann es dem Zinzendorf ſchon gelinget, daß
einer von ſeinen gantzen Bruͤdern, die Luthe-
raner vor ſolche Leute anſiehet, welche das
Verdienſt Chriſti nicht leyden koͤnten: ſo muß
doch dieſer Bruder entweder ſo dumm ſeyn,
wie
(*)
[123]dritter Theil.
wie es der Plan erfodert, oder ſo giftig und
gewiſſenloß, wie ſein Meiſter. Andere aber,
die noch ein wenig Vernunft und natuͤrliche
Redlichkeit uͤbrig behalten, werden vielmehr
dieſe abſcheuliche Judasmaxime, als die letzte
Zuflucht anſehen, welche Zinzendorfs Rach-
gier, gegen die Macht der Warheit nehmen
muß.


Die Guͤltigkeit des Verdienſtes Chriſti be-
ruhet auf der hohen Wuͤrdigkeit ſeiner Per-
ſon, und darauf begruͤndeten Verrichtungen
ſeines Amtes.


Wie Zinzendorf mit der Perſon Chriſti
umgegangen, iſt weltkuͤndig. Nicht allein da
er ſein Gauckelſpiel (**) mit dem Sohn
GOttes treibet, ihn den Zimmerknecht, den
herrn-
[124]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
herrnhutiſchen Bruder, der Naͤrrlein/ Herr-
lein
/ einen Goldmacher aus dem Kir-
chendreck
/ einen Kirchenwidder/ ꝛc. nen-
net, die leibliche Kinderzeugung mit den herrn-
hutiſchen Schweſtern ihm zueignet; und ſo
manchen
(**)
[125]dritter Theil.
manchen naͤrriſchen naͤrriſchen Einfall er hat,
ſo manchen neuen Namen davon hernimt,
und dem Sohn GOttes aufbuͤrdet: ſondern
auch, da alle herrnhutiſche Bubenſtuͤcke unter
dem
(**)
[126]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
dem Namen des Heylandes, practiciret wer-
den. Ja, da man endlich die Anbetung ſei-
ner ewigen Gottheit ſchlechterdings verbietet,
wie im zweyten Theil gezeiget worden.


§. 77.

Was nun das Amt des Heylandes betrift,
ſo iſt leicht zu ermeſſen, wie man damit ver-
faͤhret. Seine Gnugthuung vor die Suͤn-
den, ſetzet man darinnen, daß er eine Zim-
merſchurtz
(*) getragen, ingleichen auf das
heim-
(**)
[127]dritter Theil.
heimliche Gemach (**) gegangen; daß er ein
Lamm ſeye, und verwundet worden: ohne die
uͤbrigen Stuͤcke ſeines aus dem goͤttlichen Wer-
the der Perſon herſtammenden allerheiligſten
Gehorſam in Thun und Leyden, mit gehoͤriger
Treue und Vollſtaͤndigkeit zu beruͤhren. Seine
Gottheit, von welcher die alleinige Guͤltigkeit
ſeines Verdienſtes abhaͤnget, verbietet man ſo
gar zu predigen, und haͤlt ſie vor keine (***)
Materie der herrnhutiſchen Gemeine oder des
Geſchwi-
(*)
[128]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Geſchwiſters. Das prophetiſche Amt JEſu,
wird faſt gaͤntzlich aus Herrnhut hinaus
getrom-
(***)
[129]dritter Theil.
getrommelt; wie ſein Favoritwort lautet.
Dann es wird die heilige Schrift ihrer Goͤtt-
lichkeit
(***)
[130]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
(***)
[131]dritter Theil.
(***)
[132]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
(***)
[133]dritter Theil.
(***)
[134]Herrnhurerey in ihrer Schalkheit
(***)
[135]dritter Theil.
lichkeit beraubet, (*) die Heilsordnung, wel-
che Geſetz und Evangelium erfodert, wegge-
J 4worfen,
(***)
[136]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
worfen, die Buſſe vor giftig ſchaͤdlich erklaͤ-
ret; Summa, keine eintzige Glaubenslehre
dieſes Heylandes unvergiftet gelaſſen, wie man
leichtlich zeigen koͤnte, wenn nicht von beruͤhm-
ten und gottſeeligen Maͤnnern es bereits ge-
ſchehen waͤre. Dieſe Entdeckungen ſchmertzen
freylich den Zinzendorfiſchen Schwarmgeiſt.
Und da kan er ſich nicht anders helfen und
wehren, als wann er ſich den Fund erſinnet,
man muͤſſe dieſe Zeugen der Warheit ſo an-
ſchwaͤrtzen, daß niemand ihr Zeugnis zu leſen
begehre. Darum ſaget er: ſie aͤrgern ſich
uͤbers Verdienſt Chriſti/ uͤbers Lamm

und
(*)
[137]dritter Theil.
und ſeine Wunden. Wenn man ihm zei-
get, wie er Chriſtum zerſtuͤkele, und nichts,
dann ein Gewaͤſch vom Lamm und Wunden,
mit Vorbeygehung und Wegwerfung ſeiner
uͤbrigen wahren Verdienſtlichkeit und Gna-
dengeſchaͤfte, uͤbrig behalte; ſo ſchmaͤhet er
tuͤkiſch, man diſputire daruͤber, ob die Wun-
den Chriſti gantz oder halb verdienſtlich ſeyen.
Das iſt ſeine Beſſerung, und ſein Geſinnen
gegen die Warheit.


§. 78.

Nun ſagt uns Zinzendorf zum dritten
(§. 70.) was dann eigentlich in ſeiner Lehre
vom heiligen Geiſt, von uns misbilliget wer-
de. Er leget uns auch eine Abſicht bey, war-
J 5um
(*)
[138]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
um wir ſeinen Satz misbilligen. Das ſind
wiederum zwey Stuͤcke. Erſtlich/ wir
machen Mine/ an dem heiligen Geiſt und
ſeiner Natur und Amt etwas abzudin-
gen.
Antwort, wir ſuchen den heiligen Geiſt
alſo zu beſchreiben, wie er ſich in der heiligen
Schrift ſelbſt beſchrieben hat. Er ſelbſt aber
hat ſich nichts abgedinget. Daß er gleich
ewiger GOtt ſeye mit dem Vater und Sohn,
daß er von beyden ausgehe, daß er ſich durch
dieſes Ausgehen vom Vater und dem Sohn
unterſcheide, und daß das Heiligungswerck
ſein aͤuſſerliches zugeeignetes, ob wohl dem
Vater und dem Sohn zugleich zukommendes
Werck ſeye. Das ſagt der heilige Geiſt, und
eben das ſagen wir. Zinzendorf verwirft die-
ſes alles, und erfindet eine Mutterſchaft, wel-
che dem heiligen Geiſt als einer Gemahlin des
Vaters dergeſtalt zukomme, daß weder dem
Vater noch dem Sohn, etwas davon beyzu-
legen ſeye. (§. 40. 66.) Dieſen gottloſen Fund
ſuchen wir abzulehnen, und die chriſtliche Ge-
meine auf GOttes Wort, und ihre uralte
Bekentniſſe zu weiſen. Wer die Gauckeley
des Zinzendorfs ſolchergeſtalt verwirft, und
ihn von dieſer unſinnigen Fantaſie befreyen
will, der dinget etwas ab am heiligen
Geiſt/ an deſſen Natur und Amte.

Wann Zinzendorf nicht voͤllig im Kopf ver-
ruͤcket iſt, ſo iſt dieſe ſchmaͤhſuͤchtige Ausflucht
eine
[139]dritter Theil.
eine Wuͤrkung der aͤuſſerſten Bosheit: Doch
es kan beydes wohl zugleich ſeyn. Man ſie-
het indeſſen, daß er ſeine Mutterſchaft vor
den heiligen ſelbſt/ vor ſeine Natur und
Amt/
erklaͤret. Dann, wer dieſe Mutter-
ſchaft nicht zugiebt, der dinget etwas ab
vom heiligen Geiſt/ von ſeiner Natur
und Amte.
Das zweyte hebt ſich nun hie-
durch von ſelbſten. Nemlich unſere Abſicht
ſoll dieſe ſeyn, daß wir ihn ſchwartz und ver-
haſt, oder beneidenswuͤrdig machen, mithin
auch ſelbſt ihn beneiden. Jch kan hier mit
einem Gleichnis am leichteſten fertig werden.
Nickel Liſt beſchneidet den dritten Theil der
guͤldenen Tafel. Er erſinnet den Fund, in
die Luͤkke des weggeſchnittenen feinſten Gol-
des ein Stuͤck mit Goldfirnis uͤberſtrichenen
Blechs hinein zu flikken, damit man den Raub
nicht ſogleich wahrnehmen, und ferneren Kir-
chendiebſtal nicht verbiegen moͤge. Er will
noch mehr ſtehlen, und wird daruͤber betre-
ten. Hier ſchreyet der ehrliche und treu-
hertzige
Mann, uͤber Gewalt und Unrecht.
Er klaget uͤber die, welche ihn ergreifen, daß
ſie von dem aͤchten Golde etwas abzudingen,
und einen ehrlichen Mann ſchwartz zu machen,
keine Scheu haͤtten. Einen gleichwol ſo kuͤnſt-
lichen Fund wolle man nicht gelten laſſen.
Sehet, ſpricht er, was die Misgunſt ver-
mag! Die Misgunſt gegen einen Mann, der
mehr
[140]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
mehr erfindet, als Tullian, Cartuſch, und
andere von dreyzehenhundert Jahren her. Ja,
was noch mehr iſt, der als ein gebohrner Lu-
theraner, den Augenblick in ihrer eigenen Kir-
che ſtehet, und heiliglich verſichert, daß ſein
Fund ein Kirchengebet ſeye.


Fuͤnftes Hauptſtuͤk.
Wie Zinzendorf mit der Erklaͤrung ſei-

ner Mutterſchaft zu ſchanden wird.


  • Jnhalt.
    1. Moͤglichſte Erklaͤ-
    rung dieſer Mutter-
    ſchaft aus Zinzen-
    dorfs verwirten ei-
    genen Worten
    §. 79
    - 85.
    2. Beweis/ daß er mit
    dieſer Erklaͤrung
    ſelbſt zu ſchanden
    werde.
    §. 85.
    (1) Die Mutterſchaft
    hat nach dieſer ſei-
    ner eigenen Erklaͤ-
    rung/ alle von Zin-
    zendorf ſelbſt an-
    gegebene Fehler
    eines perſoͤnlichen
    Kennzeichens
    §. 86
    - 97.
    (2) Der Begrif ſo-
    wohl als das Wort
    an ſich/ ſind un-
    tauglich zu einem
    perſoͤnlichen Kenn-
    zeichen des heiligen
    Geiſtes.

    1) So weit der Be-
    grif geſund ſeyn
    koͤnte
    §. 97 - 100.
    2) So weit er an
    ſich nebſt der Zeu-
    gung und Ehli-
    chung irrig iſt
    §.
    100 - 110.

§. 79.
[141]dritter Theil.
§. 79.

So viel Aufhebens und Geraͤuſche mit
der neuen Mutterſchaft bisher ge-
macht worden, ſo gar wenig komt
nun am Ende heraus. Was iſt dann end-
lich die ſo hochgetriebene Mutterſchaft des
heiligen Geiſtes? Zinzendorf antwortet: es iſt
das/ wovon die Theologen etwas ab-
dingen wollen/ der heilige Geiſt/ die
Natur und Amt des heiligen Geiſtes.

(§. 78.) Es iſt das, was man weder in den
innerlichen Verhaͤltniſſen der Gottheit/
noch in den goͤttlichen Handlungen uͤber-
haupt/ noch beſonders in den Wercken
der Heiligung/ ſuchen darf.
(§. 66. 67.)
Es iſt weder die Schoͤpfung/ noch die
Erloͤſung/ noch die Heiligung.
Dann
das alles gehoͤret nach Zinzendorfs Theologie
vor den Sohn, und es iſt ein leerer Vernunft-
ſchlus, daß man ſolche Aemter unter die Per-
ſonen austheilet, und nicht dieſelbe dem uͤber-
laͤſt, dem ſie gehoͤren, nemlich JEſu Chriſto.
(§. 38.) Doch, die Mutterſchaft des heili-
gen Geiſtes, mag ein Amt des heiligen Gei-
ſtes ſeyn. Dann ſo heiſſet es oben (§. 6.)
Die heilige Schrift leget den goͤttlichen
Perſonen ausdruͤklich Aemter bey/
nem-
lich dem Vater das Amt des Erzeugens/
dem
[142]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
dem Sohn des Braͤutigams/ und dem
heiligen Geiſt des Ausgebaͤrens.
(§. 40.)
Zwar, wann die heilige Schrift den Perſonen
Aemter beyleget, ſo iſt das in Zinzendorfs
Augen ein bloſſer unleidlicher, und ſcheltens-
wuͤrdiger Vernunftſchlus. (§. 38.) Allein,
er hat dieſen Vernunftſchlus jetzt ohngefehr zu
etwas vonnoͤthen. Deswegen will er ihn bis
zu Erreichung dieſer Abſicht, dem lieben GOtt
hingehen laſſen. Es iſt demnach dieſe Mut-
terſchaft des heiligen Geiſtes, das Amt des
Ausgebaͤrens. Das iſt die warhaftige
Mutter/ welche alle Menſchen gebieret/
die in dieſe Welt kommen/ welche nicht
von dem Willen des Fleiſches/ noch von
dem Willen eines Mannes/ ſondern aus
GOtt/ dem Vater JEſu Chriſti/ gezeu-
get ſind.
Ja, die aller(*)Dinge Mut-
ter iſt/
der Geiſt, der den Menſchen JEſum
Chriſt ins Maͤgdleins Leib empfienge. (So
heiſt es §. 13.) und die erſte Perſon iſt ihr
Gemahl(**) in der Dreyeinigkeit.


§. 80.
[143]dritter Theil.

[144]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

[145]dritter Theil.
§. 80.

Nun ſind wir ſchon weiter gekommen in
dem Begrif der Zinzendorfiſchen Mutterſchaft.
Dem Vater, als der erſten Perſon, leget er
die Zeugung der Glaͤubigen bey; und ſeinem
Gemahl, als der Mutter, das Ausgebaͤren.
Darum wird ihr auch ein (*)Leib zuge-
Herrnhut.III.Theil. Kſchrieben.
(**)
[146]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
ſchrieben. Wie dann ausdruͤcklich (§. 13.)
geſetzet wird: Dann wer uns zeuget/ dar-
uͤber ſind die Theologi doch wohl eins:
Wer uns nimmt/ wann wir zu Jahren
gekommen ſind/ das werde ich auch
nicht ſagen duͤrfen. Da fehlt aber noch
die Geburt darzwiſchen: und da der
Nicodemus verlegen war/ wo er dieſes
Geſchaͤfte ſuchen ſolte; indem ers fuͤr un-
gereimt hielte/ einen erwachſenen Men-
ſchen in Mutterleib zu ſchikken/ um ge-
bohren zu werden; ſo eroͤfnet ihm der
Heyland das Verſtaͤndnis/ nachdem er
ihm ſeine Verwunderung nicht verhal-

ten/
(*)
[147]dritter Theil.
ten/ daß er/ als ein Rabbiner noch nicht
in der Bibel geleſen habe/ wo der Mut-
ter Leib zu ſuchen ſeye/ daraus die See-
len gebohren werden. Darnach ſagt er
ihm/ zu wiederholten mahlen/ daß er
das bey dem heiligen Geiſt ſuchen muͤſſe.


§. 81.

Noch eins aber iſt beyzufuͤgen, damit die
Zinzendorfiſche Mutterſchaft recht verſtanden
werde. Das heiſet alſo: Und alles (§. 14.)
dreyes/ (daß die Kinder der Gnade eine
ſorgfaͤltige Mutter haben in der heiligen
Dreyeinigkeit/ und einen lieben Vater/
und einen Seelenbraͤutigam)
alles dreyes
iſt weſentlich zu verſtehen, und nicht alle-
goriſch. Allegoriſch
verſtehen heiſet ſonſten
ſo viel, als aus dem Aehnlichen in einem ge-
wiſſen Bilde, das Abgebildete erlaͤutern. Aus
der leiblichen Mutterſchaft/ Vaterſchaft/
und Ehlichung nur ein Bild machen, in
welchem etwas hoͤheres, geiſtliches, und dem
K 2heili-
(*)
[148]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
heiligen Geiſte anſtaͤndiges, in etwas begriffen
wird. Summa, aus dem Sinnlichen das
Uebereinſtimmige heraus nehmen, und das-
jenige, was in der Seele vorgehet, und was
die goͤttliche geiſtliche Wuͤrkungen in uns ver-
urſachen, dagegen halten und erklaͤren. Das
heiſet allegoriſch verſtehen. Und wann es nicht
allegoriſch ſolte verſtanden werden, ſo bliebe
der ſinnliche koͤrperliche Verſtand uͤbrig, den
man ſolchergeſtalt den weſentlichen Ver-
ſtand, im Gegenſatz des allegoriſchen nennen
muͤſte. Man weiß, was zum Weſen einer
Gemahlin/ Mutter/ Braͤutigams gehoͤret,
wann alles weſentlich/ und nicht allegoriſch
verſtanden werden ſoll. Dabey muͤſte einen
jeden vernuͤnftigen Menſchen ein Schauer an-
kommen: auch den unvernuͤnftigſten Gottes-
verlaͤugner: welcher Grund haben wuͤrde, lie-
ber alle Gottheit auf ewig wegzuwerfen, als
einen ſolchen GOtt zu glauben. Doch, ich
ſcheue mich vor GOtt und Menſchen, das
geringſte Wort noch weiter in dieſem hoͤchſt-
aͤrgerlichen Schreibwerk des Zinzendorfs zu
verlieren. Vielleicht hat er noch ſo viel
Furcht uͤbrig vor dem groſſen Dreyeinigen
GOtt, daß ein erleidlicher Gedancke aus die-
ſen brutalen Worten erzwungen werden kan.


§. 82.

Wir haben bisher zwar vieles von der
Mutter uns erzehlen laſſen. Aber Zinzen-
dorfs
[149]dritter Theil.
dorfs Begrif iſt noch verborgen. Dann das
Ausgebaͤren/ der Mutter Leib/ laſſen
uns noch nichts Begreifliches ſehen, dadurch
der heilige Geiſt ein Unterſchiedszeichen vor
den uͤbrigen goͤttlichen Perſonen, erlangen
ſollen, und zwar ein ſolches, womit dieſe gar
nichts zu thun haͤtten. Man muß demnach
aus dem finſteren Miſchmaſch der Zinzendor-
fiſchen Gedancken auf eine weitere Spur zu
kommen bemuͤhet ſeyn. Jch finde, daß er
(§. 16.) folgendes mercken laͤſſet: Es blei-
bet alſo dabey/ und wer mich ſo verſteht/
der verſteht mich recht/ daß ich in un-
ſern Gemeinen lehren und veſtſetzen
(eta-
bli
ren) helfe/ ſo viel ich kan/ daß/ wann
eine Seele GOTT den Schoͤpfer aller
Dinge zum Mann/ und ſeinen Vater
zum Vater hat/ die hat GOtt den heili-
gen Geiſt zur Mutter/ die ſie gedoren/
getraͤnket/ gekleidet/ erzogen/ und bis
auf den Tag/ da ſie in ihres Mannes
Arme uͤbergehet/ taͤglich zu pflegen und
zu warten hat. Ja/ dieſe Mutter wird
den Leib/ wann es zur Hochzeit komt/
aus der Erde auferwecken/ wie eine
Mutter ihre Tochter/ am Hochzeitmor-
gen aus dem Schlafe rufet.
Ob nun die-
ſes alles nur von geiſtlichen oder zugleich
leiblichen Wolthaten zu verſtehen ſeye, das
iſt die naͤchſte Frage. Es ſind geiſtliche und
K 3leib-
[150]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
leibliche Wolthaten des heiligen Geiſtes.
Dann ſo ſpricht Zinzendorf anderswo von der
(*) Mutter: Mit dem Hertzen wollen wir
zu
[151]dritter Theil.
zu unſerer Mutter hinzu nahen/ und
wollen ſie bitten/ daß ſie uͤber uns wa-
che/ und uns von neuem in die Hand

K 4nehme/
(*)
[152]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
nehme/ und daß ſie ſich ſoll laſſen unſere
Seel und Leid anbefohlen ſeyn/ zu treuer
Pflege.


§. 83.

(*)


[153]dritter Theil.
§. 83.

Nun laͤſſet ſich endlich etwas heraus brin-
gen. Nemlich, wann das Wort Mutter/
vom heiligen Geiſt gebrauchet, nicht gantz leer
ſeyn ſoll, ſo heiſet nach dem Zinzendorfiſchen
Methodiſmo, die Mutterſchaft des heiligen
Geiſtes, dasjenige Amt, oder die Verhaͤltnis
(§. 79.) des heiligen Geiſtes gegen (*) die
(§. 82.) glaͤubige, oder vom Vater allein
(§. 40. 66.) gezeugte Menſchen, Kraft deren
K 5er
[154]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
er ſie (**) leiblich (§. 82.) erhaͤlt und verſor-
get, auch im geiſtlichen, den vom Vater allei-
ne in ihnen angezuͤndeten Glauben (§. 40.
43. f.) gantz allein, ohne Zuthun des Vaters
und des Sohnes, (§. 40. f.) erhaͤlt, ſtaͤrcket,
vermehret, vollendet, und ſie endlich aufer-
wecket am juͤngſten Tage. (§. 82.) Die Zeu-
gung des Vaters, waͤre ſodann die erſte Mit-
theilung des Glaubens, als des geiſtlichen
Lebens. Die jetzt beſchriebene Wuͤrckungen
des heiligen Geiſtes, hieſſen die Ausgeburt.
Und endlich die Ehlichung/ waͤre entweder
der Eheverſpruch hier im Gnadenreich, (§. 46.)
oder zugleich die Heimholung, der Ueber-
gang in die Arme ihres Mannes/
das iſt,
naͤhere Verbindung der Auserwehlten, mit
dem Sohn GOttes, in jener Herrlichkeit:
(§. 82.)
[155]dritter Theil.
(§. 82.) welche ebenfals dem Sohn GOttes
alleine, als ſein perſoͤnliches Kennzeichen, mit
Ausſchlieſſung des Vaters und heiligen Gei-
ſtes, (§. 40.) zukommen ſoll.


§. 84.

Das Ausgebaͤren iſt das Muttergeſchaͤfte
des heiligen Geiſtes. (§. 5. 79. 80.) Weil
nun das Muttergeſchaͤfte in obgedachten (§.
83.) Verrichtungen beſtehen ſoll; ſo muß das
Ausgebaͤren nichts anders ſeyn, als ein Jn-
begrif aller dieſer Geſchaͤfte des heiligen Gei-
ſtes, welche ſich anfangen gleich nach Mit-
theilung des Glaubens, oder Erzeugung/
und fortwaͤhren bis zu dem Uebergang der
Seele, in die Arme ihres Mannes, (§. 82.)
das iſt, bis zu dem Eingang der Glaͤubigen
in die kuͤnftige Herrlichkeit. Jch wolte nun
den Mutterleib des heiligen Geiſtes auf eine
GOtt anſtaͤndige Weiſe auch gerne erklaͤren,
und ſagen, es ſeye die Verhaͤltnis der Kraft
und Liebe des heiligen Geiſtes gegen die
Glaͤu-
(**)
[156]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Glaͤubige, in welche Liebe ſie gleichſam einge-
ſchloſſen ſind. Jch weis aber nicht, ob Zin-
zendorf dieſe allegoriſche Erklaͤrung dulden
moͤchte. Dann er hat proteſtiret gegen allen
allegoriſchen Verſtand, (§. 81.) und will alles
dieſes ſchlechthin weſentlich gedeutet wiſſen.


§. 85.

Daß nun Zinzendorf mit dieſer Erklaͤrung
zu ſchanden wird, das habe ich noch kuͤrtzlich
zu erweiſen. Und das ſoll auf eine zwiefache
Weiſe geſchehen. Erſtlich werde ich dar-
thun, daß die Mutterſchaft des heiligen
Geiſtes, oder ſein Ausgebaͤren alle die Fehler
an ſich habe, welche Zinzendorf an einem
perſoͤnlichen Kennzeichen des heiligen Geiſtes,
ſelbſt bemercket hat. Daraus wird der Schlus
folgen, daß Zinzendorf ſeine neue Erfindung,
ſelbſt vor verwerflich erklaͤre. Und das iſt
in einer ſo wichtigen Sache vor einen ſo hoch
fahrenden Lehrer, eine Schande. Zum an-
dern
werde ich deutlich machen, daß ſo wohl
die Kennzeichen der andern Perſonen in der
heiligen Dreyeinigkeit, als dieſe Mutterſchaft,
wie ſie Zinzendorf angiebt, und deutet, ſchlech-
terdings verwerflich, und vor kein Kennzeichen
der Perſoͤnlichkeit des heiligen Geiſtes anzu-
nehmen ſeye. Was iſt aber ſchaͤndlicher vor
einen Lehrer, als in dem erſten Grundartikel
der chriſtlichen Religion, und zwar bey einem
ſo
[157]dritter Theil.
ſo groſſen aufgegangenen Lichte der Erkentnis,
und nach ſo vielmaliger Belehrung und Erin-
nerung, ſo freventlich zu ſchwaͤrmen?


§. 86.

Der erſte Beweis. 1) Nach Zinzendorfs
Grundſaͤtzen, ſoll die Mutterſchaft des heili-
gen Geiſtes, nicht ſeyn das Werck der Hei-
ligung/
als welches er als nicht zureichend
zu einem perſoͤnlichen Kennzeichen, bey Seite
ſetzet, (§. 61. 62. 66.) und ſich deshalben
genoͤthiget achtet, etwas neues zu erfinden.
Nun aber iſt die Mutterſchaft, oder das Aus-
gebaͤren
(ſo fern dieſe Worte allegoriſch, das
iſt auf eine geſunde Art erklaͤret werden koͤn-
nen) nach Zinzendorfs eigener Beſchreibung
ein Jnbegrif einiger (*) Heiligungswerke,
(§. 82.
[158]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
(§. 82. 83. 84.) Alſo kan das Ausgebaͤren,
ſelbſt nach den Zinzendorfiſchen Grundſaͤtzen
kein perſoͤnlich Kennzeichen des heiligen Gei-
ſtes ſeyn.


§. 87.

2) Nach Zinzendorfs Grundſatz komt die
Heiligung/ Lebendigmachung und ſo fort,
dem Vater
(*)ſo wohl als dem heiligen
Geiſte
(*)
[159]dritter Theil
Geiſte zu. (§. 11. 66.) Es ſoll aber das
angegebene Kennzeichen dem heiligen Geiſt
alleine zukommen, mit Ausſchlieſſung der
uͤbrigen Perſonen, nach einem ebenfals Zinzen-
dorfiſchen Grundſatz. (§. 40. 66.) Da nun
die Heiligung durch das Wort Mutter-
ſchaft und Ausgebaͤren/
ſoll verſtanden
werden, (§. 86.) ſo kan nach Zinzendorfiſchen
Grundſaͤtzen dieſe Mutterſchaft kein perſoͤnlich
Kennzeichen des heiligen Geiſtes ſeyn.


§. 88.

3) Die Wercke der Heiligung ſollen nach
Zinzendorfs Grundſatz nichts anders beweiſen,
als die Goͤttlichkeit des Weſens, nicht aber
die Perſoͤnlichkeit, (§. 57. 61.) mithin halten
ſie kein wahres Unterſchiedszeichen in ſich.
(§. 62.) Nun aber werden die Wercke der
Heiligung durch die Mutterſchaft angezeiget.
(§. 86.) Alſo kan die Mutterſchaft nach den
Zinzendorfiſchen Grundſaͤtzen kein Werck der
Heiligung ſeyn.


§. 89.

4) Nach Zinzendorfs Grundregeln, muß
die Mutterſchaſt des heiligen Geiſtes, ein ſol-
ches
(*)
[160]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
ches Amt deſſelben bezeichnen, das von ſeinen
Heiligungswerken unterſchieden iſt. (§. 86.)
Und ein ſolches unter dem Namen Mutter-
ſchaft vorgeſtelltes Werk oder Amt des heiligen
Geiſtes, ſoll ausdruͤcklich in der(*)Schrift
ſtehen/
[161]dritter Theil.
ſtehen, und zwar ſo deutlich, daß alle Ke-
tzer und Rechtglaubige einerlei Begrif
davon haben, mithin keiner dagegen je-
mals aufgeſtanden iſt.
(§. 70.) Nun aber
hat Zinzendorf weder aus dem alten noch neuen
Teſtament ein ſolch ausdruͤcklich Zeugnis der
Schrift anfuͤhren koͤnnen. Alſo iſt ſein neues
Kennzeichen, nach eigenem Geſtaͤndnis, darzu
verwerflich worzu es dienen ſoll.


Herrnhut.III.Theil. L§. 89.

(*)


[162]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
§. 89.

5) Das neue perſoͤhnliche Kennzeichen des
heiligen Geiſtes ſoll nicht ſo kurtz und abge-
brochen ausgedruckt ſeyn, als das Apoſtoli-
ſche Glaubensbekentnis ſein Kennzeichen aus-
gedruckt hat, das iſt ein Zinzendorfiſcher
Grundſatz. (§. 56) Nun aber iſt das Wort
Mutter, und Ausgebaͤren, noch viel kuͤr-
tzer und mehr abgebrochen als in jener Be-
kentnis das wahre aͤuſerliche Kennzeichen des
heiligen Geiſtes ausgedruckt wird. Dem-
nach iſt die Mutterſchaft nach Zinzendorfs Ge-
ſtaͤndnis untauglich, ein Kennzeichen des hei-
ligen Geiſtes abzugeben.


§. 90.

6) Das Zinzendorfiſche Kennzeichen des hei-
ligen Geiſtes, ſoll nicht darin beſtehen, daß
er nur mit einem andern Wort eben das ſagen
wolle,
(*)
[163]dritter Theil.
wolle, was die Bekenner mit anderen Aus-
druͤkken bereits geſaget, und vor ein Kennzei-
chen des heiligen Geiſtes angegeben haben.
Das iſt ſein vorlaͤufiger Grundſatz, und ſeine
eigene Regel, nach welcher er will gerichtet
ſeyn, dieweil er ſonſt (wie ſeine Redens-
art lautet) um einen Ziegenbart geſtritten
haben wuͤrde. (§. 53.) Dieweil nun ſeine
Mutterſchaft in ſoweit ſie einen geſunden und
nicht heidniſchen Verftand haben koͤnne, eben
das ſaget, was die Heiligung, als das wahre
aͤuſerliche Kennzeichen, der dritten Perſon be-
deutet, mithin eine und eben dieſelbe Sache,
nur mit einem andern Wort bezeichnet: ſo iſt
dieſe Mutterſchaft nach ſeinem eigenen Ge-
ſtaͤndis, verwerflich, das zu bezeichnen, was
ſie bezeichnen ſoll.


§. 91.

7) Die verbluͤmte Benennungen des heili-
gen Geiſtes, ob ſie wohl ausdruͤcklich in der
Schrift ſtehen, ſind in den Augen des Zinzen-
dorfs, ein Galimathias ohne Sinn und
Verſtand, damit man den Verlaͤugnern der
H. Dreinigkeit nur was zu lachen
(*)macht.
L 2Da
[164]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Da nun der Mutter-Name ein verbluͤm-
ter
(*)
[165]dritter Theil.
(*)
[166]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
(*)
[167]dritter Theil.
ter (**) und nicht eigentlicher Name des hei-
ligen Geiſtes iſt, ſo kan er nach Zinzendorfs
Geſtaͤndniß kein perſoͤnliches Kennzeichen des
L 4heili-
(*)
[168]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
heiligen Geiſtes im Munde fuͤhren: ſondern
er muß nach Zinzendorfs Glauben, ein Wort
ſeyn ohne Sinn und Verſtand, das zum Gelaͤch-
ter dienet, und den er ohne ſich zu ſchaͤmen
nicht leſen darf.


§. 92.

8) Wer den goͤttlichen Perſonen Aemter
zueignet, ſie dadurch zu unterſcheiden, der ir-
ret nach Zinzendorfs Glauben, und bringet ei-
nen bloſen dem Heiland nachtheiligen Ver-
nunftſchluß zu Marckte. (§. 38) Nun aber
gibt er das Ausgebaͤren oder Mutterſchaft fel-
ber aus vor ein Amt des heiligen Geiſtes,
(§. 79.) alſo macht er nach ſeinen eigenen Re-
geln,
(**)
[169]dritter Theil.
geln, einen ſtraͤflichen Vernunftſchluß,
welcher untauglich iſt, ein Kennzeichen des H.
Geiſtes zu werden.


§. 93.

9) Das Zinzendorfiſche Kennzeichen des H.
Geiſtes, ſoll zu Aufrichtung des Glaubens bei
andern Menſchen erfunden ſeyn, weil die an-
dere vorhin behauptete Kennzeichen zu Aufrich-
tung des Glaubens nicht zureichend, ja nicht
tuͤchtig ſind, (59. 60. 53.) Nun aber muß
Zinzendorf ſeine Mutterſchaft vermoͤge eigener
Grundlehren, vor ein Wort ohne Sinn und
Verſtand ausgeben, das man ohne ſich
zu ſchaͤmen nicht einmal leſen koͤnne, und
das den Feinden der H. Dreieinigkeit nur
was zu lachen mache.
(§. 91.) Demnach
muß dieſes Kennzeichen der Mutterſchaft, un-
tauglich ſeyn den Glauben aufzurichten. Oder
es muͤſte Zinzendorf ſeinen Unſinn bis dahin
treiben, daß, nach ſeiner Theologie, ein laͤ-
cherlich Wort den Glauben aufrichten ſolte.


§. 94.

10) Wer in der Lehre vom heiligen Geiſt
von den Spuren des ſeel. Luthers abweichet,
der verurſachet eine grobe Unwiſſenheit in
dieſer Lehre, unter dem Volck. Das iſt Zin-
zendorfs Grundſatz den er gegen uns gebrau-
chet. (§. 54. 55. f.) Nun aber weichet Zin-
zendorf von dieſen Spuren ab. Maaſen der
ſeelige D. Luther von der Zinzendorfiſchen
Mutterſchaft nichts gewuſt, ſondern ſie da-
L 5durch
[170]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
durch, daß er bei der Schrift und bei den Be-
kentniſſen der Chriſtenheit geblieben iſt, voͤllig
verworfen hat. (§. 73.) Daher tauget das
Zinzendorfiſche neue Kennzeichen nichts, es
richtet den Glauben nicht auf, (§. 93.) ſondern
iſt gegen den rechten Glauben. Es richtet nur
einen Herrnhutiſchen Glauben auf, der zum
Reich der Finſternis gehoͤret, (59. 60.)


§. 95.

11) Nach Zinzendorfs Grundlehren muß
das Muttergeſchaͤfte des heiligen Geiſtes ſo be-
wandt ſeyn, daß keine andere Perſon der
Gottheit das geringſte damit zu ſchaffen hat.
(§. 46. 66.) Nun iſt das Umarmen um
die Achſeln (wann es nicht einen fleiſchlichen
Herrnhutiſchen Verſtand hat) unſtreitig ein
Muttergeſchaͤfte. Dann die Muͤtter hertzen
ihre Kinder. Zinzendorf aber ſchreibet dieſes
Umarmen dem Heiland zu, welches die Herrn-
huter ſogar erfahren(*)ſollen wie die Bruͤ-
der
[171]dritter Theil.
der ihr Umarmen. Alſo muß nach Zin-
zendorfs Glauben das Muttergeſchaͤfte kein
rechtes Kennzeichen des heiligen Geiſtes
ſeyn.


§. 96.

Es koͤnte noch verſchiedenes angefuͤhret wer-
den, ſonderlich von dem Zinzendorfiſchen aus-
druͤcklichen Vorbehalt, daß man das Mut-
tergeſchaͤfte des H. Geiſtes nicht verbluͤmt
ſondern weſentlich erklaͤren muͤſſe. (§. 81.)
Dann ſoweit dieſe Mutterſchaft und das Aus-
gebaͤren, einen geſunden Verſtand haben koͤn-
te, ſo weit waͤre es einerley mit der Heiligung,
auſer daß ſonſten ſchaͤdliche Begriffe beigeflickt
werden, welche das wenige gute aͤuſerſt be-
flecken, welches man ſonſt gerne darunter ſu-
chen wolte, auch wider des Verfaſſers Den-
cken. Treibt man es aber weiter, wie Zinzen-
dorf ausbedinget, alſo und dergeſtalt, daß zur
Aufrichtung des Glaubens (§. 93.) noch et-
was mehr als die Heiligung darinnen liegen
ſolle; nimt man das Gedichte des muͤtterli-
chen Leibes,
der Gemahlin, und des fuͤhl-
baren Umarmens,
darzu: ſo fuͤrchte ich ein
heidniſches Goͤtterwerck, und einen Unſinn der
Anthropomorphiten. Worzu ein Menſch von
einer ſolchen verruckten Phantaſie, und Erhe-
bung uͤber GOtt und ſein Wort, ja Laͤſterung
deſſelben (§. 91. 77.**) vollkommen aufgele-
get iſt, und aus gerechtem Verhaͤngnis GOt-
tes
[172]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
tes nothwendig dahin verfallen (*) muß. Es
mag mit dem erſten nun gnug ſeyn. Wir ha-
ben aus eilf Gruͤnden erwieſen, daß Zinzen-
dorf in einer babyloniſchen Verwirrung ſte-
cket, und daß ſeine Misgeburten einander ſelbſt
erwuͤrgen. Und unten (§. 106.) wird der
zwoͤlfte gelegentlich vorkommen. Wir wollen
zum Uberfluß nun zum zweiten fortgehen, und
dieſe Mutterſchaft an ſich ſelbſt als verwerflich
darſtellen.


§. 97.

Zweyter Beweis. Dieſer ſoll ſich auf die
Worte Mutter und Ausgebaͤren, wie auch
auf den damit verbundenen Begrif beziehen,
wobey dann auch der Zinzendorfiſche gantze
Begrif von ſeiner Dreifaltigkeit, vorkommen
wird. (§. 85.) Damit alles deſto klaͤrer wer-
den moͤge; ſo wollen wir erſtlich auf das ge-
ſunde ſehen, was in dieſem Begrif der Mut-
terſchaft allenfalls liegen kan, und zum andern
auf das, was Zinzendorf irriges beigeflicket
hat, wodurch das geſunde wieder verderbet
wird.


I) Soweit das Wort Mutter einen geſunden
Begrif haben kan, gehet es auf die muͤtterliche,
das
[173]dritter Theil.
das iſt, aus hoͤchſter Liebe und Zaͤrtlichkeit her-
flieſende Wohlthaten des Dreieinigen GOt-
tes, in dieſem Leben, (§. 83.) dieſe Woltha-
ten moͤgen hernach geiſtlich oder leiblich ſeyn.
Dabei iſt nun folgendes zu mercken.


(1) Das Wort Mutter iſt vor ſich nicht
verſtaͤndlich oder deutlich gnug, dieſe Wohl-
thaten auszudruͤcken, (*) wenn man die ei-
gent-
[374[174]]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
gentliche Benennungen dieſer Wohlthaten ſon-
dert. Ja dieſe Sonderung fuͤhret das Volck
auf eine ſinnliche Gottheit.


§. 98.

(*)


[175]dritter Theil.

[176]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

[177]dritter Theil.

[178]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
§. 98.

Das Wort Ausgebaͤren, welches nach
dem Zinzendorfiſchen Methodismo, von GOtt
gebrauchet wird, iſt (2) an ſich unſchicklich den
ihm beygelegten Begrif zu bezeichnen; und
daher
(*)
[179]dritter Theil.
daher in der Schrift nicht (*) befindlich, ſo-
ferne es die Wolthaten GOttes, im Natur-
und Gnaden-Reich bedeuten ſoll. Wie dann
M 2auch
[180]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
auch der ausgebaͤrende Mutterleib, weder
in Anſehung der leiblichen, noch der geiſtlichen
Wohlthaten, als ein Sinnbild GOttes und
ſeiner Wuͤrckungen irgendwo in heiliger
Schrift
(*)
[181]dritter Theil.
Schrift (**) angegeben vielweniger befohien
wird, daß man dieſen bildlichen Ausdruck ſchlech-
terdings hervorziehen, und mit Hintanſetzung
der eigentlichen Ausdruͤkke gebrauchen ſolte. Es
hat uͤbrigens mit dieſem Wort eben die Be-
wandnis, wie mit dem vorigen. (§. 97.) Und
man ſiehet, daß Zinzendorf ein leeres un-
M 3gluͤck-
[182]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
gluͤcklich (***) erfundenes Wort, an ſtatt ei-
nes Glaubens-Artickels (§. 93.) zum Marck-
te bringet.


§. 99.

(**)


[183]dritter Theil.
§. 99.

Es iſt (3) der chriſtlichen Freyheit ſchnur-
ſtracks entgegen, und ein Beginnen das Zer-
ruͤttung anrichtet, wann jemand eigenmaͤch-
tig erfundene, und noch darzu ſehr unſchickli-
che bloſe (*) Worte (§. 98.) der Kirche als
M 4Glau-
(***)
[184]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Glaubensartikel aufdringen, und ſolche den
allgemeinen auf GOttes Wort begruͤndeten
Bekentniſſen der gantzen Chriſtenheit entgegen
ſetzen will. Noch ein ſchlimmeres Vergehen
aͤuſert ſich darinnen, wann jemand auch alles
Ermahnens ohngeachtet, bey dieſer Verwegen-
heit verharret, und den Ermahnenden mit Laͤ-
ſterungen begegnet. Daß Zinzendorf beides
meiſterlich gethan habe, und fortfahre noch
ferner zu thun, iſt am Tage. Deshalben iſt
die Erfindung ſeines Ausgebaͤrens, hoͤchſt ver-
werflich, geſtalten ein ſolches Rottenmachen,
unter die offenbare Wercke des Fleiſches vom
heiligen Geiſt gezehlet wird. Gal. 5, 20.


§. 100.

II) Das zweite (§. 97.) erfordert nun un-
ſere Beleuchtung. Dann, nachdem wir die
Unſchicklichkeit des Worts, erwogen haben,
ſo wollen wir nun den Begrif den dieſes Wort
machen ſoll, naͤher betrachten. Das iſt, das Jrri-
ge,
welches Zinzendorf noch uͤber das ſeinem Be-
grif des Ausgebaͤrens beygeflikket hat. Dabey
werden wir zugleich auf die uͤbrige Zinzendor-
fiſche
(*)
[185]dritter Theil.
fiſche Kennzeichen der Perſonen acht geben
muͤſſen (§. 85.) ohne welche man dieſes irrige
nicht gnug entdecken kan. Es iſt bereits oben
(§. 44.) verſchiedenes widerleget worden.
Das uͤbrige ſoll an dieſem Orte folgen.


(1.) Die Zinzendorfiſche perſoͤnliche Kenn-
zeichen des Vaters, Sohnes, und heiligen
Geiſtes, ſind der Einigkeit und Unzertrennlich-
keit des goͤttlichen Weſens hoͤchſt nachtheilig.
Dann dieſe angebliche Kennzeichen werden
blos hergenommen, von aͤuſerlichen Verrich-
tungen GOttes an die Menſchen. (§. 40. 44.)
Dieſe Verrichtungen aber ſind nichts anders,
als Wuͤrckungen einer und eben derſelben All-
macht, Allwiſſenheit Weisheit und Guͤte,
das iſt ſolcher Eigenſchaften, welche eins ſind
mit dem Weſen GOttes. (§. 36. f.) Weil
nun das Ausgebaͤren gleicher Art iſt, und
dem heiligen Geiſt, nicht etwa zueignungs-
weiſe,
ſondern mit Ausſchlieſung der an-
dern Perſonen, beigeleget werden ſoll; ſo muß
dieſes angebliche Kennzeichen, der Einigkeit
und Unzertrennlichkeit des goͤttlichen Weſens
nachtheilig, mithin verwerflich ſeyn.


§. 101.

Die Zinzendorfiſche Kennzeichen der goͤttli-
chen Perſonen, ſind (2) ſo beſchaffen, daß
die Ordnung der goͤttlichen Perſonen dadurch
verrukket wird. Der heilige Geiſt hat uns in
den von ihm ſelbſt offenbarten ſowol inneren
(§. 22. 30.) als aͤuſeren (§. 39.) Kennzeichen,
M 5zugleich
[186]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
zugleich die Ordnung der Perſonen entdeket.
Der Vater, weil der Sohn von ihm gezeuget
wird, iſt die erſte Perſon, gleichwie der Sohn,
aus eben dieſer Urſache die andere Perſon.
Weil der heilige Geiſt vom Vater und Sohn
ausgehet, ſo iſt Er die dritte Perſon. So
iſt es auch mit den aͤuſerlichen Kennzeichen der
goͤttlichen Perſonen. Die Schoͤpfung iſt in
der Ordnung das erſte Werck GOttes, das
auſer ihm durch ſeine Kraft entſtanden iſt;
alſo iſt es auch das aͤuſerliche Kennzeichen der
erſten Perſon, nemlich des Vaters. Die
ſogleich nach dem Fall zugeſagte und guͤltige,
und nachher vollbrachte Erloͤſung der geſchaf-
fenen, und in die Suͤnde gerathenen Men-
ſchen, iſt das andere groſe Werck GOttes.
Deswegen hat die andere Perſon, nemlich
der Sohn GOttes es zu ſeinem perſoͤnlichen
Kennzeichen. Die Zueignung dieſer Erloͤ-
ſung oder die Heiligung iſt das dritte groſe
Werck des HErrn, deswegen es auch der
dritten Perſon, dem heiligen Geiſt beigele-
get wird.


Dieſe Kennzeichen ſind weislich eingerichtet,
dann ſie ruͤhren her von einem allweiſen GOtt.
Sie dienen den Unterſchied anzuzeigen, und
die Ordnung zugleich unter den unterſchiede-
nen Perſonen. Wer ſolte meynen, daß ſie
ein Menſch zu meiſtern ſich unterfangen koͤn-
te? Aber Zinzendorf hat kein Bedencken es zu
thun. Hoͤret dann, wie es ihm gerathen iſt.
Der
[187]dritter Theil.
Der Vater iſt von den andern Perſonen un-
terſchieden, durch die geiſtliche Zeugung der
Menſchen. (§. 43.) Der Sohn durch die
Braͤutigamſchaft, oder Ehlichung, (§.
45.) der heilige Geiſt durch das Ausgeba-
ren.
(§. 51.) Jſt es nun ſchicklich daß der
Sohn ein Braͤutigam wird mit einer noch
nicht ausgebohrnen Braut, und daß er ſie
wuͤrcklich ehlichet? Spricht er: die Ehli-
chung gehet erſt im andern Leben an, und das
Ausgebaͤren waͤhret die gantze Gnadenzeit hin-
durch? ſo will ſeine Bildermacherey wieder
nicht zutreffen. Dann er macht ja ſelbſt die
Ordnung: der Braͤutigam, oder das Lamm
ſetze die Braut ſchon hier in der Gnaden-
zeit an ſeine Bruſt, und erkenne ſie hernach
wann ſie aͤlter
(*)geworden. Wie kan
er aber die Braut an ſeine Bruſt ſetzen wann
ſie noch nicht ausgeboren, ſondern noch in
Mutterleibe iſt?


Das hat Zinzendorf ſelbſt gemercket, wes-
halben er die Ordnung der Perſonen verruk-
ket, und den heiligen Geiſt, als die Mutter
welche ausgebaͤret dem Sohn als Braͤutigam
vorſetzet, mithin den Sohn zur dritten (**)
Perſon machet.


§. 102.
[188]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
§. 102.

Es iſt (3) keinem Menſchen erlaubet, daß
er die perſoͤnliche Kennzeichen blos aus dem
Gnadenreich nehme, wann GOtt ſelbſt, ſie
zum Theil aus dem Naturreich genommen
hat. Nun aber hat es GOtt gefallen, die
Schoͤpfung und Erhaltung, als ein Werck
des Naturreiches zum aͤuſerlichen perſoͤnlichen
Kennzeichen des Vaters zu machen. Alſo iſt
es dem Zinzendorf nicht erlaubt geweſen, ſon-
dern iſt vielmehr eine ſchaͤndliche Verwegen-
heit, das Schoͤpfungswerck von den perſoͤn-
lichen Kennzeichen auszuſchlieſſen.


§. 103.

Kein Menſch hat (4) die Erlaubnis, ſon-
dern es iſt ein hoͤchſtſuͤndliches Verfahren, die
Gnugthuung Chriſti von den perſoͤnlichen
Kennzeichen auszuſchlieſen, welche doch der hei-
lige Geiſt zu einem aͤuſerlichen perſoͤnlichen
Kenn-
(**)
[189]dritter Theil.
Kennzeichen (*) ausdruͤcklich angegeben hat,
und welche bis daher von der gantzen Chriſten-
heit iſt beybehalten worden. Zinzendorf aber
hat die (**)Gnugthuung oder Erloͤſung
JEſu Chriſti von den perſoͤnlichen Kennzeichen
ausgeſchloſſen, und die Ehlichung an ihre
Stelle geſetzt.


§. 104.

Nach Zinzendorfs angenommenen Kennzei-
chen wird leichtlich einer behaupten koͤnnen,
daß (5) mehr dann drey Perſonen ſeyen, mit-
hin keine Dreieinigkeit. Dann bey Zinzen-
dorf iſt ein perſoͤnlich Kennzeichen, was eine
Perſon mit Ausſchlieſung der andern, an den
Menſchen verrichtet, und worvon ſie einen be-
ſondern Nahmen fuͤhren kan. (§. 40.) Nun
aber ſchreibet er dem Sohn GOttes gantz al-
lein die Schoͤpfung zu: (Erſter Theil ſ. 141.)
Der Vater iſt ein Schwiegervater, nicht
aber der Sohn, noch der heilige Geiſt, und
der Sohn iſt ein directer Vater. Der hei-
lige Geiſt iſt des Vaters Frau, folglich der
Men-
[190]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Menſchen welche den Sohn zum Mann ha-
ben, ihre Schwiegermutter. Und wie-
derum, weil der Sohn, aller Menſchen di-
recter Vater ſeyn ſoll, ſo iſt der Vater Chriſti
ihr Grosvater. Dies alles lehret Zinzendorf,
wie an vorberuͤhrtem Ort gezeiget worden.
Es hilft ihn nichts, wann er dagegen einwen-
den will, er lege einige dieſer naͤrriſchen Titu-
laturen zugleich einer und eben der Perſon bey.
Dieſes ſage ich, hilft ihn nichts. Dann ſein
Grundſatz hebt dieſe Entſchuldigung wieder
auf. Urſache: ein perſoͤnlich Kennzeichen muß
eine eigene, und von den andern unterſchiede-
ne Perſon anzeigen. Sonſt waͤre es kein per-
ſoͤnlich Kennzeichen. Nun aber nimt Zinzen-
dorf den Satz an: Was von einer Perſon ſo
und dergeſtalt geſaget wird, daß es von der
andern nicht geſaget werden kan, das iſt ein
perſoͤnlich Kennzeichen. (§. 40.) Spricht er:
die heilige Schrift muͤſſe darzu genommen
werden, ehe koͤnne man einen ſolchen obwol
nur einer Perſon zukommenden Unterſchied
nicht ſogleich zu einem perſoͤnlichen Kennzeichen
machen? So iſt die Antwort leicht: Er nimt
ja zu ſeinem Ausgebaͤren, Mutterſchaft ꝛc.
eben ſo wenig die Schrift, als zu dem Schwie-
ger-
und Grosvater, und dennoch gibt er je-
ne Sachen vor perſoͤnliche Kennzeichen aus.
Wer das in einem Fall thut, der thut es auch
im andern.


§. 105.
[191]dritter Theil.
§. 105.

Die Zinzendorfiſche Dreieinigkeit beſtehet
(6) aus Perſonen, welche in Anſehung ihrer
Wuͤrckungen, theils (*) muͤſig ſind, theils
ihre Kraͤfte zu Vollendung eines gewiſſen
Wercks zuſammenſchieſen, und eine jede et-
was
[192]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
was (**) beytragen muß, was die andere
nicht beytraͤget. Alſo iſt in der Zinzendorfi-
ſchen Dreieinigkeit kein gemeinſchaftlich un-
zertrenntes goͤttliches Weſen. Dann das
goͤttliche Weſen iſt in Anſehung aller und je-
der Creaturen ſowohl, als ſeiner ſelbſt, nicht
muͤſig, ſonſt waͤre es kein goͤttlich Weſen.
Und das Zuſammenſchieſen der Kraͤfte, zei-
get an, daß verſchiedene eingeſchrenckte Kraͤf-
te vorhanden ſind, deren jede, zwar thut, ſo
viel ſie kan, aber das alles doch allein nicht
thun
(*)
[193]dritter Theil.
thun kan, was ſie alle zuſammen allererſt aus
richten. Das goͤttliche Weſen aber iſt eine
uneingeſchrenkte, ungetheilte, unendliche
Kraft. (§. 44.)


§. 106.

Das Zinzendorfiſche Muttergeſchaͤfte,
oder das Ausgebaͤren, das den heiligen Geiſt
als ſein perſoͤnliches Kennzeichen vom Vater
und Sohn unterſcheiden ſoll, muß (7) als-
dann ſchon nach Zinzendorfs Geſtaͤndnis, ſei-
ne Endſchaft erreichet haben, wann man des
heiligen Geiſtes
(*)neugebohrne Kind-
lein in der Taufe badet.
Dann ſie ſind zu
der Zeit wenn man ſie badet, bereits neuge-
bohrne Kindlein,
mithin ſchon aus Mut-
terleibe,
folglich beduͤrfen ſie keine Ausge-
burt,
da ſie ſchon gebohren ſind. Da nun
auf gut Zinzendorfiſch der Vater nichts an den
Gnadenkindern thut, als daß er ſie zeuget,
und der Sohn nichts, als daß er ſie ehli-
chet
(§. 105.) und den Schweſtern die leib-
liche Kinder zeuget (erſter Theil ſ. 143.)
gleichwol aber der heilige Geiſt an ihnen arbei-
tet, bis ſie in die Arme ihres Mannes uͤber-
gehen oder in den Himmel kommen (§. 83.)
ſo muß folgen, daß die Gnadenarbeit des heili-
gen Geiſtes, von der Taufe an, bis in den
Herrnhut.III.Theil. NEin-
[194]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Eingang der Glaubigen in die Seeligkeit,
kein Ausgebaͤren ſeye; mithin zum angege-
benen Kennzeichen des heiligen Geiſtes nicht
gehoͤre. Und gleichwol wird (**) dieſe Gna-
denarbeit darzu gerechnet. (§. 83.)


§. 107.

Das Ausgebaͤren iſt (8) der Kraft der
Taufe hoͤchſtnachtheilig. Dann wenn die
heilige Taufe verrichtet wird, ſo ſind die Kin-
der des heiligen Geiſtes ſchon geiſtlich geboh-
ren, oder aus dem Leibe ihrer geiſtlichen Mut-
ter, des heiligen Geiſtes, gekommen; (§. 106.)
und vorher auch von dem Vater ſchon gezeu-
get; weil ein Kind das aus Mutterleibe komt,
ſchon vor dieſem Ausgang muß gezeuget ſeyn.
Jn der heiligen Taufe aber werden dieſe ſchon
neugezeugte und neugebohrne Kindlein des
heiligen Geiſtes, nach Zinzendorfs Lehrbegrif,
nur gebadet. (§. 106.) Alſo iſt die Taufe
das Mittel der neuen Zeugung oder Geburt
im
[195]dritter Theil.
im geringſten nicht; ſondern ſie badet (*) nur
die neugebohrne Kinder. Dieſes will Zinzen-
dorf noch zum Uberflus daher beweiſen, weil
der
[196]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
(*)
[197]dritter Theil.
(*)
[198]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
der H. Geiſt, bey der erſten Taufe der Hei-
den, noch vor
(**)der Handlung auf ſie fiel.
(§. 13.)


§. 108.

Es iſt (9) falſch, daß die heilige Schrift
durch den Ausdruck der Grundſprache, wel-
cher bald durch Zeugung, bald durch Ge-
burth uͤberſetzet wird, einen Unterſchied ma-
che, zwiſchen der neuen Zeugung und neuen
Geburt.
Und Zinzendorf hat keine eintzige
Stelle beigebracht, daraus man einen ſolchen
Unterſchied ſehen koͤnne. Vielweniger gehet
es
(*)
[199]dritter Theil.
es demnach an, daß man aus einer und eben der-
ſelben goͤttlichen Wuͤrckung, welche die neue Zeu-
gung oder neue Geburt genennet wird, ein zwie-
fach perſoͤnliches Kennzeichen mache, und den
Vater durch die Zeugung, den H. Geiſt durch
die Ausgeburt (*) unterſcheide. (§. 130.)


Und endlich iſt 10) das angegebene Mut-
tergeſchaͤfte des heiligen Geiſtes, fanariſch;
deswegen kan es in der Schrift nicht gegruͤn-
det ſeyn. Dann Zinzendorf will uns auf-
binden, ob ſeye die Mutter ſchon zehen
Jahre zuvor bey den Seelen gewe-

ſen,
[200]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
ſen,(**)und habe an ihnen gemacht, ehe
ſie durch das goͤttliche Wort bekehret werden.


§. 109.

Wir haben bisher geſehen daß die ſo hochge-
ruͤhmte Zinzendorfiſche Mutterſchaft, ſie mag
aus ſeinen Reden erklaͤret werden wie ſie will,
theils durch dieſes unſeeligen Erfinders eigene
Grund-
(*)
[201]dritter Theil.
Grundſaͤtze umgeſtoſſen werde, (§. 86-97.) theils
der Schrift und andern Warheiten die von der
Gottheit handeln, zuwiderlaufe. (§. 97 — 110.)
Der Schlus folget hieraus von ſelbſten, daß Zin-
zendorf mit ſeiner Mutterſchaft des H. Geiſtes,
nach aller moͤglichen Erklaͤrung derſelben zu
ſchanden werde.
Welches zu zeigen wir uns
vorgenommen hatten. (§. 85.)


N 5Sech-

(**)


[202]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit

Sechſtes Hauptſtuͤck,
Wie Zinzendorf mit dem Beweis ſei-
ner Mutterſchaft zu ſchanden wird.



  • Jnhalt.
    I.Schriftbeweiſe wel-
    che Zinzendorf anzu-
    bringen ſuchet/ ſind
    verdaͤchtig/ §. 110.
    111. und ſind folgen-
    de: (1) wo ein Mann
    und Vater iſt/ da
    muß eine Mutter
    ſeyn §. 112. 113. 114.
    (2) Weil durch die
    Mutter kein Engel
    und Menſch verſtan-
    den wird/ ſo muß es
    der H. Geiſt ſeyn §.
    115. (3) Weil Zeſ.
    49/15. einer Mutter
    gedacht wird §. 116.
    (4) Weil es Jeſa. 66/
    13. heiſet/ GOtt troͤ-
    ſte wie eine Mutter/
    §. 117. (5) Weiles
    Jeſa. 46/ 3. heiſe
    GOtt trage uns von
    Mutterleib an/ oder
    auch im Leib, nach
    der Uberſetzung §. 118.
    ‒ ‒ 122. (6) Weil
    Jeſ. 66/ 9. ſtehet/
    GOtt gebaͤre die
    Menſchen. §. 123.

    II.Zeugniſſe anderer
    Gottesgelehrten un-
    ſerer Kirche/ ſind er-
    dichtet.
    §. 124. 125.
    III.Beweiſe aus der
    Lehre von der Wie-
    dergeburt
    §. 126-131.
    IV.Beweis aus den
    Wundergaben des
    H. Geiſtes/ bei der
    Taufe
    §. 131. und aus
    dem inneren Gefuͤhl
    deſſelben/ als einer
    Mutter
    § 132.
    V.Der Beſchluß, ent-
    haͤlt dreierlei/ (1) ei-
    ne Erinnerung zur
    Buſe an die/ welche
    ihn wiederlegen §.
    133. (2) Eine Verſi-
    cherung/ daß er ſeine
    Dreifaltigkeit fer-
    ner lehren und veſt-
    ſetzen werde/ wie

    bis-
    [203]dritter Theil.
    bisher geſcheben. §.
    134. (3) ein Lob ſei-
    ner neuen Erfin-
    dung
    §. 135.
    VI.Beantwortung der
    frage/ ob Zinzen-
    dorf im Kopf vetruͤ-
    cket ſeye?
    §. 136.

§. 110.

WEil wir im vorigen Hauptſtuͤck ſchon
uͤberfluͤßig eroͤrtert haben, wie die Zin-
zendorfiſche Mutterſchaft des heiligen
Geiſtes der heiligen Schrift ſowol, als an-
dern von der Gottheit bekannten Warheiten
zuwiderlaufe (§. 109.) ſo iſt nun leicht zu er-
meſſen, wie Zinzendorf mit ſeinem Beweis
beſtehen werde. Damit wir aber zu ſeiner
Uberzeugung nichts uͤbrig laſſen, ſo wollen wir
ſeine angebrachte vermeinte Beweiſe gleichfals
pruͤfen. Es wird ſich ergeben, wie ſehr er
damit zu ſchanden werde.


§. 111.

Uberhaupt, iſt es vor ihn ein ſchlimmes
Zeichen, daß er ſeinen Beweis blos und allein
aus dem alten Teſtamente fuͤhren will.
Warum erinnert er ſich ſeiner eigenen Grund-
regeln nicht, daß alles was vom Jehova im
alten Teſtament gefunden werde, lediglich auf
den Sohn GOttes gehe? wie im zweiten
Theil
angefuͤhret worden. Ja warum faͤllt
ihm nicht bey, daß er ſonſt ſo eifrig behauptet,
es ſeye die Lehre von der heiligen Dreieinigkeit
im
[204]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
im alten Teſtament weder bekannt, noch (*)
auseinander geſetzet worden? Wie komts, daß
er jetzt auf einmal anders Sinnes wird, und
das perſoͤnliche Kennzeichen des heiligen Gei-
ſtes, blos und allein aus den Schriften der
Propheten herausſpeculiren will, ohne eine
Sylbe aus dem N. T. aus dem Munde Chri-
ſti, der Evangeliſten, und Apoſtel, anzufuͤh-
ren. Da doch das Licht der Offenbarung un-
gleich heller im neuen Teſtament, als im al-
ten, ſcheinet? Zumahlen nimt Zinzendorf alle
ſeine Beweiſe aus dem ſchwereſten Propheten,
Jeſaia, deſſen figuͤrliche und hohe Schreibart
be-
[205]dritter Theil.
bekannt iſt. Jeſaias ſchreibt figuͤrlich, und
Zinzendorf, will alles ohne Allegorie, gantz
weſentlich (§. 81.) verſtanden haben. Was
wird da herauskommen?


§. 112.

Die Beweiſe ſelbſt, welche Zinzendorf fuͤh-
ret, muͤſſen nun kuͤrtzlich gepruͤfet werden.
Der erſte heiſet alſo: Wann uns der heili-
ge Geiſt in der Schrift hat wiſſen laſſen
daß wir einen Mann haben, daß wir ei-
nen Vater haben in der H. Dreyeinig-
keit, ſo muß er uns auch offenbaret ha-
ben, daß wir an ihm eine Mutter haben,
ſonſt haͤtte er ſich ſelbſt vergeſſen. Darum

muͤſſen
(*)
[206]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
muͤſſen wir die Orte der H. Schrift anſe-
hen, wo von unſrer allgemeinen Mutter
drinnen ſteht
(§. 12.)


Das iſt nun ein ſo ſchlechter Ver-
nunftſchluß, (§. 40. *) daß ein Kna-
be ihn nicht ſchlechter machen kan. Der
naͤrriſche Einfall, als muͤſte die heilige
Dreieinigkeit eine gantze ehliche und vaͤterliche
Geſellſchaft, oder Familie und Haushal-
tung (*) vorſtellen, bringet den Zinzendorfi-
ſchen Traumgeiſt auf ſolche Spruͤnge.
Darum hat er anderswo noch weiter geſchloſ-
ſen. Wann wir an der Dreieinigkeit einen
Vater haben, ſo muͤſſen wir auch einen
Grosvater haben. Und wann wir in der-
ſelben einen Mann haben, ſo muͤſſen wir auch
einen Schwiegervater haben. (§. 104.)
Wann
[207]dritter Theil.
Wann dieſe Art zu folgern angehet, ſo wer-
den noch mehrere Schlusfolgen mit eben ſo
groſem Recht herauskommen. Es wird einer
ſchlieſen: Weil in der Schrift ſtehet, daß
wir in der heiligen Dreieinigkeit einen Bru-
der
haben, ſo muͤſſen wir auch eine Schwe-
ſter
haben, die eine goͤttliche Perſon iſt.
Wann
(*)
[208]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Wann wir in derſelben einen Mann, und
Braͤutigam haben, ſo muͤſſen wir ſelbſt, als
die Braut und Ehefrau, auch eine goͤttliche
Perſon ſeyn. Zinzendorf hat ſchon wuͤrcklich
dieſe Folgerung ſoweit getrieben. Dann er
hat geſchloſſen: Wann wir in der H. Dreiei-
nigkeit einen Vater haben der uns zeuget,
ſo muß dieſer Vater auch eine Frau haben,
in deren muͤtterlichen Leib wir gezeuget und
daraus geboren werden. (§. 104.) Darum
nennet er ohne Bedencken den heiligen Geiſt,
des Vaters Ehegemahl. Auf dieſer tollen
Schwaͤrmerey beruhet die gantze Zinzendorfi-
ſche Fabel, von ſeiner dreifaltigen Gottheit,
und beſonders Mutterſchaft.


§. 113.

Der Zinzendorfiſche Vernunftſchlus muͤſte
eigentlich ſo heiſen: Wann die Schrift
die erſte Perſon der Gottheit, wegen
gewiſſer den Menſchen erzeigten Wohl-
thaten dergeſtalt einen Vater nennet, daß
die andere und dritte Perſon gantz von dieſen
Wohlthaten ausgeſchloſſen wird: Und wann
ſie wiederum die andere Perſon einen Mann
nennet, wegen dergleichen Wohlthaten, da-
von die erſte und dritte Perſon gaͤntzlich aus-
geſchloſſen wird: ſo muß die dritte Perſon
nothwendig eine Mutter genennet werden,
wegen einiger noch uͤbrigen Wolthaten welche
dieſer dritten Perſon zukommen, mit Aus-
ſchlieſung der uͤbrigen Perſonen. Dann ſonſt
haͤtte
[209]dritter Theil.
haͤtte die dritte Perſon ſich ſelbſt vergeſſen.
Und ſolchergeſtalt haͤtte dieſer Schlus dennoch
alle Fehler. Dann 1) der erſte Satz iſt falſch,
woraus der andere folgen ſoll. Maaſen es un-
wahr iſt, daß die erſte Perſon mit Ausſchlieſung
der andern ein Vater, und die andere Perſon mit
Ausſchlieſung der uͤbrigen, in der Schrift ein
Eheman heiſe, wie oben erwieſen worden. (§. 38.
40. * 43. 44. f.) Geſetzt aber, doch nicht zu-
ge-
[210]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
gegeben, der erſte Satz waͤre an ſich wahr;
ſo folgte doch der andere nicht daraus, daß
nemlich die dritte Perſon nothwendig eine
Mutter muͤſte genennet werden. Dann
gleichwie es dem allweiſen GOtt frey geſtan-
den haͤtte, ſich unter dem Bild eines Mannes
und Vaters nach der andern und erſten Per-
ſon, kennbar zu machen; alſo wuͤrde man ihm
auch
*
[211]dritter Theil.
auch die Freyheit laſſen muͤſſen, ſich nach der
dritten Perſon unter einem beliebigen Bild
vorzuſtellen, und nicht nothwendig unter dem
Mutterbild. Sonſt waͤre der Schlus eben
ſo gut: weil ſich der Sohn GOttes mit dem
Morgenſtern vergleichet, ſo muß ſich der hei-
lige Geiſt mit dem Abendſtern vergleichen.
Sonſt haͤtten wir in der Dreieinigkeit nur ei-
nen Morgenſtern, und keinen Abendſtern.


§. 114.

Man wird ſagen ich thue dem Zinzendorf
zuviel. Sein Schluß gehe vielmehr alſo:
O 2Weil
*
[212]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Weil die Schrift wuͤrcklich den lieben GOtt
in Anſehung der Glaubigen, als einen Va-
ter, einen Mann, und eine Mutter vorſtel-
let; ſo muß die erſte Perſon der Vater, die
andere der Mann, und die dritte, (*) die
Mutter ſeyn. Antwort ich gebe zu, daß er
auch noch darneben alſo ſchlieſet; und wird
ſich der Ungrund dieſes Schluſſes ſogleich
ebenfals zeigen. Aber das bleibet doch rich-
tig, daß er vom Bilde des Vaters und des
Mannes, das er in der Schrift gefunden,
allererſt auf das Mutterbild gekommen iſt:
und daß er haben will, wir ſollen es auch al-
ſo machen. (§. 112.) Nemlich weil wir fin-
den, daß GOtt ſich Mann und Vater nen-
ne; ſo ſollen wir in der Schrift nachſchlagen
und forſchen, ob er ſich auch Mutter nenne.
Und ſolches deswegen, weil vorausgeſetzt das
Mann- und Vater-Amt, nothwendig auch
das Mutter-Amt in der Schrift ſtehen muͤſſe.
Er hat demnach aus dem Namen des Vaters
und Mannes ſchon den Schluß auf die Mut-
ter gemacht, und daraus die Nothwendigkeit
der Mutter hergeleit. Die er dann auch
wuͤrcklich in der Schrift ausgeforſchet, und
ſol-
[213]dritter Theil.
ſolchergeſtalt ſeine Erfindung (§. 11.) er-
gaͤntzet hat. Das heiſet dann mit ſeinen ei-
genen Worten: Weil wir einen Vater in
der Dreieinigkeit haben und einen Mann;
ſo kan man ja leicht begreifen, daß der
heilige Geiſt ſich nicht werde vergeſſen
haben.
Nun ſiehet man noch deutlicher wie
kuͤnſtlich Zinzendorf geſchloſſen hat: weil ich in
der Schrift das Wort Vater und Mann
finde, ſo bedeutet Vater die erſte Perſon, und
Mann die zweite. Hier hat Zinzendorf ſchon
eine durch getheilte Aemter unterſchiedene
Dreieinigkeit, die er vorausſetzet, ehe ſie (**)
be-
[214]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
bewieſen iſt. Nun iſt die dritte noch uͤbrig,
die muß Mutter heiſen. Dieſen Schluß hat
er ſodann wuͤrcklich in die Schrift hineingetra-
gen: weil er ſelbſt ſich hier verrathen muß.
Wo-
(**)
[215]dritter Theil.
Woher wuͤſte er aber daß nur die erſte Per-
ſon, mit Ausſchlieſung der anderen, ſich
den Vater nenne? und die zweite den Mann?
Das darfſt du ihn nicht fragen. Gnug, daß
er dieſes erfunden hat.


O 4§. 115.

(**)


[216]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
§. 115.

Der Beweis gehet fort, mit einem andern
und neuen Schlus, welcher der zweite iſt:
An den Orten der Schrift, wo von unſe-
rer allgemeinen Mutter drinnen ſtehet,
kan doch kein Engel und Menſch ver-
ſtanden werden; weder die Eva, noch
die Jungfrau Maria, obgleich dieſe bei-
de, eine Art eines Mutter-Reſpects ver-
dienen. Und alſo muß man ſich der Muͤ-
he nicht verdrieſen laſſen dieſe Schrift-Or-
te recht anzuſehen.
(§. 12.)


Wann ſich Zinzendorf nicht verdrieſen laſ-
ſen wolte dieſe Orte recht anzuſehen, oder
wann er keine herrnhutiſche Augen mitzubrin-
gen belieben wolte, indem er ſie anſiehet: ſo
wuͤrde er vor dieſem thoͤrichten Schlus be-
wahret bleiben. Die gantze Chriſtenheit hat
ſie laͤngſt mit den rechten Augen, richtig und
unverdroſſen angeſehen, ohne auf die Maria
und Eva zu ſchielen. Wie fein iſt das geſchloſ-
ſen: Weil in den Spruͤchen, wo ſich GOtt
mit einer Mutter vergleichet, keine Creatur
verſtanden werden kan: ſo muß weder der Va-
ter noch der Sohn, noch der wahre heilige Geiſt,
ſondern die Zinzendorfiſche Mutter, die weder
ein GOtt noch eine Creatur ſondern ein Hirnge-
ſp[in]ſte des Herrnhuters iſt, verſtanden werden?
Jch will den Schlus ſo einrichten: Weil in den
Schriftſtellen wo ſich GOtt einen Vater nen-
net, keine Creatur verſtanden werden kan: ſo
muß
[217]dritter Theil.
muß weder der Vater noch der Sohn, ſondern
der H. Geiſt verſtanden werden. Laͤſſet dann
Zinzendorf dieſes gelten? Jſt nicht das vielmehr
der rechte Schlus: weil in den Stellen, wo
GOtt ſich mit einer Mutter vergleichet, kein
Geſchoͤpf kan verſtanden werden: ſo muß der
wahre dreieinige GOtt verſtanden werden, ohne
daß eine Perſon der Gottheit ausgeſchloſſen
wird.


§. 116.

Endlich kommt Zinzendorf auf die Schrift-
ſtellen ſelbſt, und fuͤhret nun ſeinen naͤheren Be-
weis, welcher der dritte iſt. Was ſaget dann
die Schrift? Kan auch ein Weib ihres
Kindes vergeſſen? und ob ſie deſſelben ver-
geſſe; ſo will Jch doch dein nicht vergeſſen.

Antwort. Dieſer goͤttliche Ausſpruch ſtehet Je-
ſa.
49, 15. 1) der HErr der hier redet iſt Jeho-
va v. 7. der HErr der Erloͤſer Jſrael.
Nach
Zinzendorfs Theologie iſt im alten Teſtament al-
lezeit der Sohn GOttes genennet, wann Je-
hova
genennet wird. (Siehe den zweiten
Theil.
) Wie kan er dann ploͤtzlich eine andere
Theologie annehmen, und hier den heiligen
Geiſt mit Ausſchlieſung des Vaters und Soh-
nes, verſtehen? 2) daß in dieſem gantzen Capi-
tel, der Vater zu dem Sohn redet, oder der
Sohn ſelber, das iſt aus dem Zuſammenhang
ſonderlich v. 7. gantz deutlich. 3) Wann auch
der heilige Geiſt gemeinet wuͤrde, ſo geſchaͤhe
ſolches nur zueignungsweiſe, ohne Ausſchlie-
O 5ſung
[218]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
ſung der uͤbrigen Perſonen (§. 36.) Mithin waͤ-
re dieſes kein Beweis vor den Zinzendorf, als
welcher den heiligen Geiſt Ausſchlieſungswei-
ſe
verſtehen muß, weil ſonſten die Mutterſchaft
kein perſoͤnlich Kennzeichen nach ſeinem Kopf
ſeyn kan. (§. 40.) Auch iſt 4) zu mercken, daß
GOtt ſich an dieſem Ort eigentlich keine Mut-
ter
nennet, ſondern nur mit einer Mutter ver-
gleichet,
(*) und einen Schluß macht vom
geringeren, d. i. von der natuͤrlichen Mutter-
liebe, zum hoͤheren, d. i. zu der ungleich groͤ-
ſeren Treue GOttes gegen die Seelen. Zin-
zendorf aber will ſeine Mutterſchaft nicht
Gleichnisweiſe, ſondern weſentlich, verſtan-
den haben. (§. 81.)


§. 117.

Die andere Schríftſtelle bringt Zinzendorf
folgender maſen fuͤr: Gott ſpricht: ich will dich
troͤſten, wie einen ſeine Mutter troͤſtet.

Dero-
[219]dritter Theil.
Derowegen iſt die Mutterſchaft ein perſoͤnlich
Kennzeichen des heiligen Geiſtes, und man muß
Jhn die Mutter nennen, wie man die erſte
Perſon den Vater nennet. Der Spruch ſte-
het Jeſa. 66, 13. Allein alles was auf den vo-
rigen (§. 116.) geantwortet iſt, gilt auch von
dieſem: Der heilige Geiſt troͤſtet, das iſt au-
ſer Streit. Aber der Vater unſers HErrn
JEſu Chriſti,
nennet ſich den GOtt alles
Troſtes, der uns troͤſtet in allen Truͤbſa-
len ꝛc. 2 Cor.
1, 3. 4. Der GOtt alles Tro-
ſtes, muß auch muͤtterlich troͤſten, das iſt, ſo
liebreich wie eine Mutter ihr Kind troͤſtet. Sonſt
waͤre er kein GOtt alles Troſtes. Der Sohn
GOttes rufet die muͤhſelige und beladene
Matth.
11, 28. zu ſich, und verheiſet ihnen, er
wolle ſie erquicken,
ſo daß ſie Ruhe finden
vor ihre Seelen.
Wer ſo erquicket wird, daß
ſeine Seele eine voͤllige Ruhe erlanget, der wird
ſo getroͤſtet, wie einen ſeine Mutter troͤſtet. Al-
ſo komt dieſes muͤtterliche Troͤſten mit eben dem
Rechte, dem Vater und Sohn zu, wie dem H.
Geiſt: der ſonſten zueignungsweiſe der Troͤ-
ſter,
der troͤſtliche angenehme Lehrer, Bey-
ſtand und Advocat genennet wird, Joh. 15,
26. Da muͤſte Chriſtus nach Zinzendorfs An-
weiſung ſprechen: wann ich, der Ehemann,
euch die Mutter ſenden werde vom Vater.


§. 118.

Noch faͤhret er fort, mit einer andern Stelle
des alten Teſtamentes; (§. 12.) Hoͤret mir zu,
(ſpricht
[220]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
(ſpricht der HErr,) die ihr von mir im Leibe
getragen werdet.
Die Stelle iſt befindlich
Jeſa. 46, 3. es ſtehet noch darbey: und die ihr
mir in der Mutter lieget.
Es redet hier der
Meßias: der kurtz zuvor hatte angefangen alſo
zu ſprechen: Cap. 45, 22. Wendet euch zu
mir, ſo werdet ihr ſeelig aller Welt Ende.

Die Erklaͤrung davon, gibt Chriſtus Matth.
11, 28. Kommt her zu mir alle
ꝛc. Man neh-
me darzu Cap. 45. 23. 24. Das uͤbrige was zu
antworten iſt, ſtehet ſchon oben (§. 116.) Nur
iſt dieſes noch anzumercken, daß die obgedach-
ten Worte aus Jeſa. 46, 3. nach dem Ebraͤi-
ſchen alſo lauten: die ihr von mir getragen
und gehoben worden ſeyd von Mutterleibe
an.
Und dieſes erklaͤret ſich aus Cap. 42, 2.
So ſpricht der HErr, der dich gemacht
und zubereitet hat, und der dir beyſtehet
von Mutterleibe an.
Hier erklaͤret eine
Stelle die andere. GOtt ſpricht, ich trage und
hebe euch, oder ich ſtehe euch kraͤftig bey, von
Mutterleibe an. Und dieſer GOtt iſt der, der
uns gemacht und zubereitet
hat. Durch
Jhn, den Sohn GOttes iſt alles gemacht und
zubereitet Joh. 1, 1. 2. obwohl ohne Ausſchlie-
ſung der uͤbrigen Perſonen Pſal. 33, 6. Zinzen-
zendorf ſelber nimt den Mann, oder den Hei-
land
zum Schoͤpfer an. Warum ſoll es hier
die Mutter ſeyn?


§. 119.

Mit dieſer Stelle iſt der gute Mann ſehr zu
kurtz
[221]dritter Theil.
kurtz gekommen. Die Uberſetzung des ſeeligen
Luthers, welche hier mit der Grundſprache nicht
uͤbereinkomt, hat ihn bey dem erſten Anblick die-
ſer Worte, vor ſeine Meinung eingenommen.
Da er ſich einmal eine Mutter mit ihrem ausge-
baͤrenden Leibe in den Kopf geſetzt hatte: ſo fiel
ihm dieſer Spruch heis auf das Hertz, daß GOtt
ſage: ich trage euch in der Mutter, und
im Leibe.
Da war nun vollends kein Zweifel
mehr uͤbrig, der heilige Geiſt ſeye die ausgebaͤ-
rende Mutter. Aber da die Grundſprache ſo-
gar anders lautet; ſo kam er daruͤber in die En-
ge. Er geſtehet zwar ein, daß es nicht anders
ſeye. Aber weil er doch an dem heiligen Geiſt
eine ausgebaͤrende Mutter einmal haben will;
ſo fragt er nichts darnach was GOtt hier ſage.
Laſt ſeyn (ſpricht er §. 12.) von Mutterleibe
an. Einmal es haben die Gottesgelehrten
nicht Urſache von einer zweyhundertjaͤhri-
gen Uberſetzung abzugehen.


Das iſt abermal ein neuer methodismus ſich
zu wehren. Wann die Uberſetzung etwas gantz
anders ſaget, als der heilige Geiſt in der Grund-
ſprache unlaugbar, und ohne Widerſpruch ge-
ſagt hat: ſo muß man abgehen von dem Sinn
des heiligen Geiſtes, und muß bei der Uberſe-
tzung bleiben. Warum? die Uberſetzung ſchickt
ſich vor Zinzendorfs Traͤumerey ſeiner Meinung
nach, weit beſſer als der Grundtext. Die U-
ber-
[222]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
berſetzung iſt (*)zweyhundert Jahr alt, und
die Grundſprache mehr als zweytauſend. Die
Grundſprache iſt ein ohnfehlbares Wort des hei-
ligen Geiſtes: und die Uberſetzung ein Fehler ei-
nes Menſchen.


§. 120.

Allein, wie zornig wird Zinzendorf, da der
Grundtext nicht vor ihn ſprechen will. Es
iſt,
ſagt er (§. 12.) ein Spruch, der ent-
weder dem Volck Jſrael eine goͤttliche
Mutter verſpricht, oder ohne allen Zweck
da ſtehen muͤſte.
Warum dieſes? dann
daß die Providenz von der Mutter Leibe

an
[223]dritter Theil.
an fuͤr ihr Geſchoͤpfe ſorget, das hat das
Volck Jſrael mit allen Sperlingen gemein.

Das iſt nun weder ein Schlus, der den Kno-
ten mit Macht und Schaͤrfe durchſchneidet.
Er hat verſchiedene Saͤtze. 1) Es wird in die-
ſem Spruch etwas verheiſen. Das iſt
wahr; jedoch vielmehr von dem folgenden, als
gegenwaͤrtigen Ausſpruch. Dann GOtt er-
innert in obgedachten Worten ſein Volck an
die Wolthaten der vergangenen und gegenwaͤr-
tigen Zeit. Aber im folgenden v. 4. verheiſet
er die Fortſetzung eben dieſer Wolthaten, auf
die
(*)
[224]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
die kuͤnftige Zeit: Ja, ja, Jch will euch tra-
gen bis ins Alter
(wie ich es gethan habe
von euer Mutter Leibe an) und bis ihr grau
werdet. Jch will es thun, ich will heben
und tragen, und erretten. 2) Der Spruch
verſpricht dem Volck Jſrael eine goͤttli-
che Mutter.
Er verſpricht, daß der Sohn
GOttes, unausgeſchloſſen den Vater und
heiligen Geiſt, muͤtterliche Liebe an ſeinem
Volck im A. und N. T. erweiſen, und damit
nicht ermuͤden wolle. Das iſt aber die Zin-
zendorfiſche Mutterſchaft im geringſten nicht.
3) Alſo hat dieſer Spruch eben deswegen ei-
nen richtigen Zweck, weil er unter andern auch
darzu dienet, daß die Zinzendorfiſche Mutter-
ſchaft dardurch widerleget wird. Er hat auch
den Zweck, daß er den Sohn GOttes ver-
herrlichet, der hie redet, nebſt dem Vater
und dem heiligen Geiſt, dann dieſe drey ſind
eins. Der Sohn thut nichts ohne den
Vater
ꝛc. Er hat noch weiter dieſen Zweck,
daß er ein kindliches Vertrauen bey den Glau-
bigen erwecket, der HErr ihr GOtt, werde
im geiſt- und leiblichen ihr gnaͤdiger Verſor-
ger ſeyn und bleiben, wie er es geweſen und
noch ſeye. Sind das nicht goͤttliche Abſichten
von groſer Wichtigkeit? Und dieſe ſollen um
Zinzendorfs willen alleſamt wegfallen, damit nur
ein fantaſtiſcher Zweck uͤbrig bleibe, der eine ge-
wiſſe Schwaͤrmerey unterſtuͤtzen moͤge. Wann
dieſes nicht geſchiehet, ſo ſoll der Spruch gar kei-
nen Zweck haben!


§. 121.
[225]dritter Theil.
§. 121.

Wann man aber an dieſem Ort die Sorge
der goͤttlichen Providenz fuͤr ihr Geſchoͤpf,
verſtehen wolte; ſo muͤſte folgen, daß
GOtt ſeinem Volck etwas verſpreche, wel-
ches daſſelbe gemein haben wuͤrde mit al-
len Sperlingen?
Das lehret uns Zinzendorf
weiter (§. 12.) Er meinet alſo, es ſeye un-
ſerm GOtt nicht erlaubet, leibliche Wol-
thaten
zu verſprechen, und ſeine Worte haͤt-
ten keinen Zweck, wann dieſes geſchaͤhe. Jhm
muß vergeſſen ſeyn, 1) daß der groͤſte Lehrer,
der Sohn GOttes, uns gleichwol ſolche Ver-
heiſungen gethan hat. Nemlich Er verſpricht,
daß ſein himmliſcher Vater (er nennet keine
Zinzendorfiſche Mutter) uns kleiden werde,
wie Er das Gras auf dem Felde kleidet,
Matth.
6, 30. uns nehren werde, wie die
Voͤgel unter dem Himmel, v.
26. darunter
auch die Sperlinge gehoͤren. Weiter 2) hat
Zinzendorf vergeſſen, daß er die leibliche Ver-
ſorgung
mit zu der Mutterſchaft gerechnet
hat. (§. 83.) Geſetzt nun, es laͤge kein ande-
rer, als ein Herrnhutiſcher Zweck, in dieſen
Worten, (da doch ein wahrer und goͤttlicher
Zweck darinnen lieget) ſo duͤrfte ja doch die
leibliche Verſorgung, mithin etwas verſtan-
den werden, das wir mit den Sperlingen, die
ſowohl als wir, GOttes Geſchoͤpfe ſind, in
ſoweit gemein haben, in ſoweit wir, gleichwie
ſie, Geſchoͤpfe ſind. Es bliebe jedennoch dieſe
Herrnhut.III.Theil. PEr-
[226]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Erhaltung und Verſorgung der Menſchen, ei-
ne noch weit groͤſere Wolthat. Denn ſie be-
ziehet ſich auf eine vernuͤnftige Seele, welche
die Menſchen vor den Sperlingen voraus ha-
ben. Sie gehet auf Menſchen, welche des-
wegen von GOtt verſorget und erhalten wer-
den, weil ſie von dem Sohn GOttes erloͤſet,
oder wuͤrcklich durch den Glauben ſein Eigen-
thum ſind, mithin als Gefaͤſe ſeiner Barm-
hertzigkeit, zu einem ewigen und unverwelckli-
chen Erbe, unter der Gnade der leiblichen
Verſorgung zubereitet werden. Es gebuͤret ſich
nicht, dieſe ſo groſe und herrliche Wolthat ſo
veraͤchtlich zu machen, und dem HErrn vor
die Fuͤſe zu werfen, als eine Sache, die
nichts weiter bedeute, als was alle Sperlinge
genieſen. Moͤchte doch der unbeſcheidene Tad-
ler die vierte Bitte lernen, ehe er mit ſo groſer
Eindildung neue Geheimniſſe erfinden will.
Es hat demnach 3) Zinzendorf vergeſſen daß
die goͤttlichen Ausdruͤkke: ich hebe und trage
euch von Jugend auf bis ins Alter,
theils
groͤſere Wolthaten des Naturreichs bedeuten,
als die ſind, welche den Sperlingen ihrer Na-
tur nach wiederfahren koͤnnen: dann der
Menſch hat eine vernuͤnftige Seele: theils daß
ſolche Wolthaten des Naturreichs gemeinet
ſind, welche GOtt als einen Seegen durch
Chriſtum,
ſeinem Volck erzeiget; theils daß
die Wolthaten des Gnadenreichs mit angezei-
get werden. Alle dieſe Wolthaten kommen
wie
[227]dritter Theil.
wie der Prophet ſaget von dem Sohn GOt-
tes,
dem Vater und heiligen Geiſt unausge-
ſchloſſen.


Man ſiehet abermal einen herrlichen und
dem HErrn anſtaͤndigen Zweck dieſer Worte,
weil geiſtliche Wolthaten zugleich ſtat ha-
ben, ohne daß die Zinzendorfiſche Mutterſchaft
noͤthig waͤren.


§. 122.

Noch eins: Wann der Prophet in die-
ſen Worten
von dem heiligen Geiſt nicht re-
dete, der eine Zinzendorfiſche Mutter ſeyn
ſoll; ſo muͤſte folgen, daß er von ſich ſelbſt
rede. (§. 13.) Und da wuͤrde er ge-
wiß
(*)antworten: ich bin nicht die
P 2Mut-
[228]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Mutter, ſondern daß ich zeuge von der
Mutter, das iſt die warhaftige Mutter
welche alle Menſchen gebieret, die in dieſe
Welt kommen, welche nicht von dem Willen
eines Mannes ſondern aus GOtt, dem
Vater JEſu Chriſti, gezeuget ſind.
Daß
der Prophet von ſich ſelbſt reden ſolle, wird
keinem, nur halbvernuͤnftigen Leſer, einfal-
len: dann jederman fiehet daß er vom Sohn
GOttes
rede: (§. 118.) obgleich der Zinzen-
dorfiſche Schlus ihme darzu nicht behuͤlflich iſt.
Dann zwiſchen dem Propheten und der Mut-
ter iſt noch vieles im Mittel. (§. 15) Zinzen-
dorf will dem Leſer vorſpiegeln, es waͤre mit
denen, welche keine Mutter in dieſen Worten
ſehen wollen, ſoweit gekommen, daß ſie gerne
den Propheten ſelbſt, an ſtatt der Mutter ver-
ſtehen moͤchten, oder zu dieſer Ungereimtheit,
durch ihre Misdeutung genoͤthiget waͤren.
Oder iſt ihm dieſer ſchlaue Einfall deswegen
beigekommen, daß er dem Jeſaias eine Herrn-
hutiſche Predig in den Mund legen wolte? Er
ſoll antworten: Jch bin nicht ꝛc.


§. 123.

Die Stelle Jeſa. 66, 9. iſt noch uͤbrig. Jm
Creutzreich ſ. 67. finde ich ſie zum Beweis
der fantaſtiſchen Mutter angefuͤhret. Sie lau-
tet nach Luthers Uberſetzung alſo: Solte Jch
andere laſſen die Mutter brechen, und
ſelbſt auch nicht gebaͤren? ſpricht der
HErr? ſolte ich andere laſſen gebaͤren,

und
[229]dritter Theil.
und ſelbſt verſchloſſen ſeyn? ſpricht dein
GOtt?


1) Hier redet Jehova, der Sohn GOt-
tes, wie der Zuſammenhang zeiget. Und Zin-
zendorf hat den obwol ſonſt falſchen Grundſatz
angenommen. Wo im alten Teſtament Je-
hova
ſtehet, da iſts der Sohn GOttes.
Wie kan er nun hier auf die Mutter ſchlieſen?
2) Hier iſt die Rede von der geiſtlichen Zeu-
gung. Es heiſt nach dem ebraͤiſchen: ſolte
ich die Mutter brechen, und ſelbſt nicht
zeugen? ſolte ich zeugen und ſelbſt ver-
ſchlieſen? Spricht der HErr.
Jch bin
derjenige, will Er ſagen, der den Menſchen
die Kraft verleihet zur leiblichen Zeugung: ſol-
te ich dann im Neuen Teſtament (davon hier
die Rede iſt Gal. 4, 27.) keine geiſtliche Kin-
der zeugen? Joh. 1, 13. Jacob. 1, 18. GOtt
gibt das natuͤrliche(*) Leben, und das
geiſt-
[230]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
geiſtliche. Und das thut GOtt Vater,
Sohn und heiliger Geiſt. (§. 43.) Folglich
thut es nicht die erdichtete Zinzendorfiſche
Mutter, als welche, nicht des Zeugens, ſon-
dern des Gebaͤrens halber, eine Mutter ſeyn
ſoll. Ja 3) geſetzt, es verſtuͤnde der Prophet
nicht die Zeugung, oder die erſte Mittheilung
des Lebens; ſondern die Gnadenwuͤrckungen
GOttes die hernach erfolgen, und welche zu
der Heiligung gehoͤren: ſo wuͤrden dennoch
auch dieſe Wuͤrckungen den dreyen Perſonen
gemein ſeyn, ob ſie wohl zueignungsweiſe dem
heiligen Geiſte beigeleget werden. So hieſe
es wieder nach eigener Bekentnis des Zinzen-
dorfs: der heilige Geiſt heiliget, der Va-
ter auch,
(§. 40.) und wuͤrde abermal keine
Zinzendorfiſche Mutter (§. 83.) da ſtehen,
welche ein elendes Gedichte iſt. (§. 79. f. f.)


§. 124.

(*)


[231]dritter Theil.
§. 124.

Nach dieſen vermeinten Beweiſen aus der
Schrift, komt Zinzendorf wieder auf andere
Gruͤnde. Es muß ſpricht er, in der Gottheit
eine Mutter ſeyn, weil die Gottesgelehrten
daruͤber eins ſind, wer uns zeuge; und
weil er auch nicht werde ſagen duͤrfen,
wer uns nehme, wann wir zu Jahren ge-
kommen ſind, (§. 13.) da fehle aber noch
die Geburt darzwiſchen.
1) Die Gottes-
gelehrten ſind daruͤber unter ſich, und mit der
heiligen Schrift einig, daß der Dreieinige
GOTT uns zeuge,
(§. 43.) dann ſonſt waͤ-
ren ſie keine Gottesgelehrten, ſondern Ver-
fuͤhrer. Weil ſie nun uͤber dieſer Glaubens-
Lehre eins ſind; ſo iſt eben das die Urſache,
daß ſie 2) mit der Zinzendorfiſchen Jrgeiſte-
rey unmoͤglich koͤnnen eins ſeyn, als welche
haben will, daß der Vater uns zeuge mit
Ausſchlieſung der uͤbrigen Perſonen. Weder
ein ſolcher Vater iſt in der Gottheit, noch ein
ſolches Zeugen. Sondern beides iſt nur in
Zinzendorfs Fantaſie gewachſen. Er gebieret
Goͤtter und Goͤttinnen aus ſeinem duͤſteren Ge-
hirne, wie die Heiden von ihrem Jupiter er-
zehlen. Wie koͤnnen nun die Gottesgelehr-
ten mit ihm eins ſeyn? Alſo beziehet er ſich
hier auf eine Unwarheit. So iſt es auch 3)
mit dem, daß der Mann die glaubige
wann ſie mannbar worden, nehmen und
erkennen ſolte.
(§. 95. *) Es wird freylich
P 4Zin-
[232]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Zinzendorf dieſes nicht ſagen duͤrfen. Aber
er ſagt es doch, und fraget nichts darnach, ob
GOtt oder ſeine Diener damit zufrieden ſind.
Die Theologen wiſſen und bekennen aus der
H. Schrift, daß eine geiſtliche Vermaͤhluug
ber Glaͤubigen in dieſem und jenem Leben mit
dem dreieinigen GOtt, geſchehe. (§. 45. f.)
Aber den an ſtatt des wahren Sohnes GOttes
erdichteten Mann, halten ſie vor eine Be-
ſchimpfung ſowohl des Heilandes, als dieſer
ſeeligen Vermaͤhlung.


§. 125.

Weil es eine Zeugung und Ehlichung
gibt, ſo muß eine Geburt darzwiſchen
ſeyn.
Das iſt ein neuer Grund (§. 124.)
Antwort: 1) was nichts iſt, daraus kan
nichts gefolgert werden. Nun iſt die Zinzen-
dorfiſche Zeugung und Ehlichung nichts dann
ein Gedicht: alſo kan auch nichts warhaftiges
daraus gefolgert werden. Mithin iſt die Ge-
burt
in Zinzendorfiſchen Verſtande, eben ein
ſolches Gedicht, wie die Zeugung und Ehli-
chung nach Zinzendorfiſcher Deutung war.
(§. 124.)


2) Die Geburt ſoll zwiſchen der Zeugung
und Ehlichung
ſeyn. Die Ehlichung nen-
net er die Vereinigung mit Chriſto im andern
Leben. Dann dieſe Ehlichung ſoll nicht ehe
geſchehen, als wann die Glaubige zu Jah-
ren gekommen ſind.
(§. 13.) Alſo muß
die gantze Arbeit GOttes an den Glaubigen,
die
[233]dritter Theil.
die da geſchiehet von dem Augenblick ihrer
Zeugung,
bis auf ihren Ubergang in die
Arme des Ehemanns
(§. 83.) das iſt, bis
ſie zu den mannbaren Jahren gekommen
ſind;
ich ſage dieſe gantze Arbeit von der Zeu-
gung an bis auf den Eingang ins ewige Leben,
muß eine Geburt heiſen, weil ſie zwiſchen
der Zeugung und Ehlichung iſt; und zwar ei-
ne ſolche Geburt, daran weder die erſte noch
andere Perſon der Gottheit etwas verrichtet,
ſondern die der heilige Geiſt als die Mutter,
alleine, gantz ohne den Vater und Sohn,
(§. 83.) anfaͤngt, fortfuͤhret und vollendet.
Das iſt der Begrif der Mutterſchaft, welchen
Zinzendorf eigentlich beweiſen will. Wie aber
beweiſet er ihn? Antwort, a) dieſe Gnaden-
arbeit iſt zwiſchen der Zeugung und Ehe.
Aber wo nennet dann die Schrift, dieſe gantze
Gnadenarbeit eine Geburt? Nirgends. Wo
ſchreibt ſie es dem heiligen Geiſt, mit Aus-
ſchlieſung der andern Perſonen zu? Nirgends.
b) Weil es nun in der Schrift nirgends ſte-
het, auch nirgends ſtehen kan, ſo will er die
Schrift zwingen ſie ſoll eine ſolche fantaſtiſche
Geburt behaupten, weil ſie eine Zeugung und
Ehlichung (wie er traͤumet) behauptet habe.
Dann zwiſchen der Zeugung und Ehli-
chung muß ja eine Geburt ſeyn.
Sonſt
waͤre das Bild nicht gantz, das Zinzendorf
von der Dreifaltigkeit ſich in den Kopf geſe-
tzet hat. Sonſt haͤtte er keinen GOtt vor
P 5die
[234]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
die (*) Geburt, ſondern nur zwei beſondere
bloß in der Zeugung und Ehlichung wuͤrken-
de Goͤtter. Eine jede Arbeit (dencket er)
an den Herrnhutiſchen Kirchengliedern, muß
ja einen beſonderen GOtt haben, der ſie ver-
richtet. (§. 40. 44.) Und es muß auch eine
jede ſolche Arbeit nothwendig einen ſinnlichen
Namen haben.


3) Und was iſt das vor ein unfoͤrmlich
Bild: Weil eine Zeugung und Ehlichung vor-
handen iſt, ſo muß alles das, was darzwi-
ſchen geſchiehet, nothwendig eine Geburt
heiſen, und der heilige Geiſt eine Mutter?
Jſt dann zwiſchen der Zeugung und zwiſchen
der Ehlichung nichts weiter als die Geburt?
iſt
[235]dritter Theil.
iſt das einerley: zu Jahren kommen und ge-
bohren werden? komt man dadurch zu Jah-
ren,
daß man gebohren wird? ſo waͤre ein je-
des den Augenblick gebohrnes Kind, ſchon
mannbar, und eine Ehefrau. Komt man nicht
vielmehr dadurch zu Jahren, daß man ernaͤh-
ret
und erzogen wird? Wer nennet die Er-
naͤhrung und Erziehung eine beſtaͤndige Ge-
burt? Wer ſpricht von Moſes, dieſer Mann
ſeye waͤhrend ſeines Aufenthalts im Hauſe
Pharaonis in ſo vielen Jahren endlich geboh-
ren
worden? weil zwiſchen ſeiner Zeugung
und Ausgang von dieſem Hofe ſonſt nichts
gedacht werden koͤnne, als ſeine Geburt?
(§. 98.)


§. 126.

Weil Zinzendorf mit den angefuͤhrten
Schriftſtellen, (§. 111 — 124.) auch mit der
faͤlſchlich vorgegebenen Ubereinſtimmung aller
Gottesgelehrten, (124 — 126) ſo uͤbel ange-
kommen iſt, und mit ſchande hat abziehen muͤſ-
ſen: ſo durchwandert er nun ein anderes Feld,
und kommt an die Glaubenslehre von der
Wiedergeburt. ob er etwa darinnen ſeine
Mutter finden moͤge. Er ſiehet zwar voraus,
daß es an dieſem Ort ihm eben ſo gehen werde.
Deswegen entſchuldigt er ſich. Er will in
dem methodismum der Wiedergeburt
ſich nicht zu tief einlaſſen
(diffundiren) ſon-
dern auf das allereinfaͤltigſte auf ſeinem
obigen Satz haften
(§. 14.) 1) Auf ſei-
nem
[236]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
nem Satz haften? Und der Satz iſt nichts
anders, als eine liederliche GOttes-vergeſſe-
ne Erfindung. Warum will er darauf haf-
ten? Weil er ſich nicht beſſern mag, der hei-
lige Geiſt mag ſagen was er kan und will.
Und das nennet er das allerſimpelſte bezei-
gen. Jch nenne es auch alſo, wann ſimpel
ſoviel heiſet, als etwas dummes welches von
der Bosheit herkomt, wann der GOtt dieſer
Welt die Leute bezaubert daß ſie nicht ſehen
das helle Licht des Evangelii, 2 Cor. 4, 4. Gal.
3, 1. Das iſt es, was Zinzendorf oben das
Zublintzen, nennet, wodurch man es dahin
bringen ſoll, daß weder ein richtiger Gedancke,
noch ein ſchicklicher Ausdruck, auf kommen
moͤge (§. 68.)


2) Wann ſich aber Zinzendorf vorgenom-
men hat, auf ſeinem Satz, mit der boshafteſten
Art zu haften: warum ſuchet er einen Beweis
vor dieſen Satz? Er darf ja nur ſagen: ich will
einmal darauf haften:
ſo hat die Sache ein
Ende, und man muß ihn fahren laſſen. Er
iſt blind und ein Leiter der Blinden,
Matth.
13, 4. Ja warum ſucht er den Be-
weis in der Wiedergeburt? und warum will
er ſich gleichwol in die Lehre der Wiederge-
burt nicht recht einlaſſen? Wann er Beweis
in dieſer Lehre findet, ſo wird ſein Beweis de-
ſto ſtaͤrcker werden, je tiefer er ſich einlaͤſſet.
Jch weis keine Lehre die dem haften auf der
Unwarheit und Ungerechtigkeit, kraͤftiger be-
ſtra-
[237]dritter Theil.
ſtrafen kan. Das iſt vielleicht die Urſache,
warum er ſich hier nicht einlaſſen will. Und
endlich warum ſagt er von der Lehrart (me-
thodismo)
der Wiedergeburt? verſtehet er
dadurch die Wiedergeburt ſelbſt? die iſt keine
Lehrart, ſondern ein Werck GOttes Jac.
1, 18. verſtehet er die goͤttliche Lehre in der
Schrift, die von dieſer Wiedergeburt handelt,
und ihre Beſchaffenheit beſchreibet, ſo iſt me-
thodismus
kein uͤblicher Name vor dieſe Sa-
che. Soll aber der Leſer dencken, es haͤtten
unſere Lehrer eine unrichtige Lehrart aufge-
bracht, einen menſchlichen Methodismum,
in welchen er ſich nicht einlaſſen moͤchte; ſo
waͤre dieſes ein friſches Zeugnis, wie heilig er
unſerer Kirche beigethan ſeye. Doch will ich
hierbey das Beſte lieber hoffen.


§. 127.

Was wird dann nun aus der Wiederge-
burt vor ein Beweis vor die Mutter, heraus-
kommen? Antwort: Da Nicodemus ver-
legen war, wo er das Muttergeſchaͤfte

(das Ausgebaͤren zwiſchen der Zeugung und
Ehlichung § 125.) ſuchen ſolte, indem ers
fuͤr ungereimt hielte; einen erwachſenen
Menſchen in Mutterleib zu ſchikken, um
geboren zu werden, ſo eroͤfnәt ihm der
Heiland das Verſtaͤndnis, nachdem er
ihm ſeine Verwunderung nicht verhalten,
daß er, als ein Rabbiner, noch nicht in
der Bibel geleſen habe, wo der Mutter-

leib
[238]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
leib zu ſuchen ſeye, daraus die Seelen ge-
boren werden. Darnach ſagt er ihm zu
wiederholten mahlen, daß er das bey dem
heiligen Geiſt ſuchen muͤſſe.
(§. 13.)


§. 128.

Dieſen Beweis wollen wir zergliedern.
1) Chriſtus hat den Nicodem auf die
Schrift,
(die war dazumal nur das alte Te-
ſtament) verwieſen, um den Mutterleib
darinnen zu ſuchen.
Da aber dieſer Zinzen-
dorfiſche Mutterleib nichts anders iſt, als eine
Geburt der traͤumenden Fantaſie des Erfin-
ders: ſo iſt es unmoͤglich geweſen, daß Chri-
ſtus den Nicodem zu Moſe und den Prophe-
ten haͤtte ſchicken ſollen, um das bey ihnen zu
lernen, was allererſt vor etlichen Jahren ei-
nem verruͤkten Kopf getraͤumet hat. Derglei-
chen Traͤume haͤtte Nicodem als ein Rabbi-
ner ſelbſt haben koͤnnen, oder von andern Rab-
binern ſich machen laſſen; wann ja ſo ein naͤr-
riſcher Rabbiner ſchon damals aufgeſtanden
waͤre, der mit dem Zinzendorfiſchen Leibe haͤt-
te ſchwanger gegangen. Was wuͤrde Moſes
und die Propheten zu einem ſolchen Heiland
geſagt haben, der einen Rabbiner zu ihnen
ſchickte, und ſie bitten lieſe ihm einen Mutter-
leib zu zeigen, welcher der heilige Geiſt hieſe?
Wann der Heiland dazumal dieſes gethan haͤt-
te, ſo muͤſte ja folgen, daß Er noch itzt die Leu-
te zum Zinzendorf ſchicke, damit ſie dieſer zu
voll-
[239]dritter Theil.
vollkommenen Fantaſten machen moͤge. Und
was waͤre das vor ein Heiland?


Hieſe dann dieſes den Leuten das Ver-
ſtaͤndnis eroͤfnen?
und noch darzu ſich ver-
wundern,
daß ſie dieſe aͤrgerliche Narrheit
nicht ſchon vorher gewuſt, und in der Schrift
ſogar geſuchet haͤtten? in der Schrift des al-
ten Teſtamentes, in welcher nach Zinzendorfs
Eingeben, nicht einmal die wahre Dreieinig-
keit ſtehen ſoll. (§. 111.)


§. 129.

2) Nikodem ſoll verlegen geweſen ſeyn,
wo er das Geſchaͤfte
(nemlich die Geburt
und den Mutterleib zwiſchen der Zeugung und
Ehe) ſuchen ſolte. Zinzendorf miſſet hier
den Rabbiner nach ſeinem eigenen Maasſtab.
Dann Er, Zinzendorf, iſt gewis ſehr verle-
gen geweſen,
wo er dieſen Mutterleib finden
moͤchte; bis ihm endlich getraͤumet hat, er ſte-
he ſogar in der Bibel. Sein Gedanckenſpiel
gehet in folgendem Ton: Hier ſehe ich daß Ni-
kodemus uͤber den Mutterleib verlegen iſt. Jch
bin noch verlegener geweſen als Er. Nun
aber habe ich einen Mutterleib erfunden, in
welchem ſich meine Verlegenheit geſchwind
verlohren hat. Alſo muß der HErr Chriſtus
eben dieſe Erfindung bereits dem Nikodem ent-
decket haben, damit iſt Nikodem ſeiner Ver-
legenheit los geworden. ꝛc. ꝛc. Es iſt waͤhr,
Nikodem werde ſeiner Verlegenheit loß, weil
er ſich vorgenommen hatte nicht auf ſeinem
vori-
[240]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
vorigen Satz zu haften, ſondern Chriſto
Gehoͤr zu geben. Wolte Zinzendorf das erſte-
re auch thun, ſo wuͤrde das letztere gleichfals
erfolgen. Aber Zinzendorf bleibet in ſeiner
Verlegenheit ſtecken. Warum? er macht es
gerade, wie es anfangs der Nikodemus, der
den Mutterleib weſentlich (§. 81.) verſtun-
de, und die Sache ſinnlich haben wolte.
Und daruͤber bekommt er einen Verweis von
Chriſto. Daß ihn aber Chriſtus in den heili-
gen Geiſt als in Mutterleib gewieſen haben
ſoll, das iſt eine von den gewoͤhnlichen Ver-
laͤumdungen der Perſon und Lehre Chriſti, und
ſie trift den heiligen Geiſt zugleich. Sonſten
war ohnehin Nikodemus auf die Art der Zeu-
gung
verlegen, nicht auf die Art der Geburt.
Jn ſoweit ſind die beide Verlegenheiten un-
terſchieden.


§. 130.

3) Den Ausſpruch Chriſti betreffend, ſo
handelt er von der geiſtlichen Zeugung, wel-
che nach gewoͤhnlicher Art, im teutſchen die
neue Geburt, oder Wiedergeburt, die
neue Schoͤpfung Pſal. 51, 12. der Anfang
des geiſtlichen Lebens, 1 Joh. 3, 14. genen-
net wird. Dieſes iſt zu erweiſen (1) aus dem
Griechiſchen Wort, welches die Zeugung
bedeutet, wie jedermaͤnniglich bekant iſt. (2) aus
dem beygefuͤgten Baad der Wiedergeburt,
wodurch die neue geiſtliche Zeugung geſchiehet.
Es heiſet Joh. 3, 5. aus Waſſer und Geiſt.
(3) aus
[241]dritter Theil.
3) aus dem Gegenſatz der fleiſchlichen
ſuͤndlichen [...] Zeugung wodurch die Erbſuͤn-
de fortgepflantzet wird. Siehe ich bin aus
ſuͤndlichem Saamen gezeuget Pſal.
51, 7.
Aus dieſem eintzigen Pſalmen, den Nikodem
oft gebetet hatte, ſolte ihm die Suͤndhaftig-
keit der fleiſchlichen, und die Sellgkeit der
geiſtlichen Zeugung v. 7. 12. als einem Mei-
ſter in Jſrael laͤngſt bekant geweſen ſeyn. Jch
mache den Schlus: was der ſuͤndlichen Zeu-
gung, dadurch wir geiſtlich todt ſind, als der
erſter Anfang des geiſtlichen Lebens, dadurch
wir zum Reich GOttes tuͤchtig ſind, entgegen
geſetzet wird; das iſt die geiſtliche Zeugung ꝛc.
Nun aber ſetzet Chriſtus das neu gebohren
werden aus Waſſer und Geiſt
ꝛc. jener
ſuͤndlichen Zeugung entgegen: alſo verſtehet
Er durch das neugebohren werden aus
Waſſer und Geiſt,
nichts anders, als die
geiſtliche Zeugung: und dieſe nennet man die
Wiedergeburt, oder die Herfuͤrbringung des
Glaubens. (§. 43.) Es erhellet dieſes (4)
aus dem Zweck dieſer Rede Chriſti. Er wol-
te auf des Nikodems Frage antworten: Wie
man ſeelig werde, oder ins Reichs GOttes
komme?
Das geſchiehet durch den Glauben
an Chriſtum Joh. 3, 16. als das Gegenbild
der erhoͤheten Schlange v.
14. Dieſer
Glaube wird herfuͤrgebracht durch die Wie-
dergeburt, oder neue Zeugung. Dann mit
dem Glauben faͤngt das geiſtliche Leben an.
Herrnhut.III.Theil. QJn
[242]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Jn der Erneurung uͤbet man das neue Leben
durch gute Wercke, die GOtt und ſein Geiſt
in uns wuͤrcket. Die Zeugung ſchrejbet Zin-
zendorf dem Vater zu. Die Mutterſchaft des
heiligen Geiſtes (ſoferne man etwas geſundes
dabey gedencken kan) ſoll nach der Zeugung
erſt angehen. Man erwege nun, wann Chri-
ſtus auf die Frage: wie ſoll ich ſeelig werden?
geantwortet haͤtte: durch die Erneurung
wirſt du ſeelig: ſo haͤtte er die gute Wercke
zum Mittel der Seeligkeit gemacht. Dem-
nach ſehen wir: Der Heiland ſagt zu wie-
derholten mahlen, daß Nikodem die neue
Zeugung oder Wiedergeburt,
(nicht aber
den Zinzendorfiſchen Mutterleib) bey dem H.
Geiſt
ſuchen muͤſſe.


§. 131.

Es folget noch ein Beweis: Der heilige
Geiſt nahm es mit dieſem ſeinem perſoͤnli-
chen Kennzeichen
(nota characteriſtica) in
den erſten Tagen der Kirche, ſo genau,
daß er nicht auf die Leute fiel, die getauft
wurden, wann ſie nicht
(*)wuſten, wer
Er
[243]dritter Theil.
Er war. (§. 13.) Das iſt an ſich wahr, aber
es iſt gegen den Zinzendorf. Dann weil man
aus ſeiner Mutterſchaft unmoͤglich lernen und
wiſſen kan was der heilige Geiſt iſt (§. 36. 37. f.)
ja ſogar durch dieſe Mutterſchaft auf einen fal-
ſchen heiligen Geiſt nothwendig gefuͤhret wird:
(§. 79. f. f.) ſo wuͤrde Er nimmermehr auf einen
Menſchen gefallen ſeyn, welcher ihn wie Zin-
zendorf vorgeſtellet haͤtte. Deswegen auch kein
eintziges Exempel aus dem neuen Teſtament an-
gefuͤhret werden kan, von einem Chriſten, der
vor oder bey der Empfahung des heiligen Gei-
ſtes, ihn die Mutter haͤtte nennen muͤſſen.
Dann es gab damals nicht einen einigen Herrn-
huter. Ja eben deswegen wird er weder auf
Zinzendorf noch auf ſonſt einen Herrnhuter fal-
len, wann ſie forfahren einen ſolchen fantaſti-
ſchen Goͤtzen aus ihm zu machen. Nimt es
der heilige Geiſt ſo genau mit ſeinem per-
ſoͤnlichen Kennzeichen,
ſo ſolte man hinwie-
derum es genau nehmen, bey dem wahren
Kennzeichen zu bleiben, und dem Muthwillen
ſeiner unſinnigen Fantaſie keine ſo ausſchwei-
fende und ſchaͤndliche Schwaͤrmerey erlauben.
Welches gewiß kein Menſch thun kan, welcher
nicht in der Verblendung und Sicherheit bis
Q 2dahin
(*)
[244]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
dahin gekommen iſt, daß er dencket: der heilige
Geiſt wird es ſo genau nicht nehmen: oder gar
in ſeinem Hertzen ſpricht: es iſt kein GOtt.


§. 132.

Endlich beziehet ſich unſer Theologus darauf,
daß er gleichwol den heiligen Geiſt als die
Mutter ſeiner Seele, fuͤhle, und dieſes da-
her predige und predigen muͤſſe.
(§. 14.)
Allein dieſes beweiſet nichts weiter, als daß er
ſich ſeiner Jrgeiſterey mit einer boshaften Ruͤh-
rung und ſchwaͤrmeriſchen Triebe bewuſt ſeye,
welcher ihn ſo unruhig mache, daß er ſie auszu-
ſchuͤtten mit der groͤſten Heftigkeit hingeriſſen
werde. Deswegen fuͤhlet er den wahren heili-
gen Geiſt nicht. Wir wuſten ſchon lange, daß
er ſeine fantaſtiſche Mutter fuͤhlen muͤſſe, ſonſt
waͤre er bey dem wahren heiligen Geiſt geblieben,
den man durch ſein kraͤftiges Wort, nicht aber
durch die Hirngeſpinſte(*)alter Ketzereyen,
welche
[245]dritter Theil.
welche die Offenbarung des heiligen Geiſtes in
ſeinem goͤttlichen Zeugnis, verſpotten, fuͤhlen
muß. Sein Bruder Rock fuͤhlte ehedem auch
einen heiligen Geiſt, und zwar dergeſtalt, daß
er ihn predigen muſte.
Zinzendorf erklaͤrte
dieſen Rockiſchen Geiſt ohne Bedenken vor die
Seele Chriſti,
die ſich in Rockens Gemuͤth
gezogen haͤtte,
wie aus dem Briefwechſel der
Jnſpirirten erhellet. Sobald der Vater Rock
(ſo nennet er dieſen Betrieger) alle Hofnung ab-
geſaget hatte, dem Herrnhutiſchen Geiſt ſich zu
untergeben, ſo bezeugte Zinzendorfs Geiſt, daß
die vormahls ſo ſehr geruͤhmte Seele Chriſti der
Teufel ſeye, von welchem Rock getrieben wer-
de. Wird ſich Zinzendorf bequemen das
Strafamt des heiligen Geiſtes Joh. 16, 8. an
ſeiner Seele zu fuͤhlen: ſo bin ich gewiß, er
wird ſein predigen einſtellen. Jndeſſen zeiget
er uns hier deutlich, wer ihn zu ſeinem predigen
treibe.


§. 133.

Der Beſchlus gehet dahin, daß Zinzendorf
noch dreyerley beybringet, 1) eine Buspredig:
Man ſolle ſich vor GOtt daruͤber demu-
thigen, weil man uͤber dieſe Schrift- und
Hertzwarheiten ihn ſo ſehr gelaͤſtert habe,
da er doch ſeine Pflicht treulicher beobach-

Q 3te
(*)
[246]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
te als wir, die wir dieſe Hertzwarheiten
gaͤntzlich liegen lieſen.
(§. 15.) Jch dencke
aber, wem an einer Demuͤthigung (*) vor
GOtt
[247]dritter Theil.
GOtt gelegen iſt, der muß a) den Anfang da-
mit machen, daß er zuforderſt den wahren
GOtt erkennet, oder glaubet daß ein GOtt
ſey, und kein Hirngeſpinſt an GOttes Stelle
ſetzen; b) Er muß ferner die Zeugniſſe welche im
Namen GOttes und aus Liebe vor ſein Wort,
nicht weniger aus Pflicht gegen die Verfuͤhrer
und Verfuͤhrte, abgeſtattet werden, vor keine
Q 4Laͤſte-
(*)
[248]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
Laͤſterung erklaͤren, ſondern foderſamſt ſeinen
Laͤſtergeiſt zaͤhmen, c) ſich von dem ſchaͤndlichen
Betrug loszumachen ſuchen, der ihn beredet, als
ſeye er noch getreuer in ſeiner Pflicht dann ande-
re, wann er dem Satan mit Verkehrung des
goͤttlichen Worts, und Einfuͤhrung der Abgoͤt-
terey, ſo getreue Dienſte leiſtet.


§. 134.

(*)


[249]dritter Theil.
§. 134.

2) Er verſichert, daß er ſeine drey Goͤtzen,
das Zeugen, ausgebaͤren und ehlichen in
ſeinen Gemeinen lehre, behaupte und zum
Stand bringe ſoviel er koͤnne,
ohnerachtet
er ſo treulich vor dieſem Werck der Finſternis
gewarnet worden. Dieſes Zeugnis dienet nun
zu verſchiedenen Sachen. Nemlich a) darzu,
daß er ſich kuͤnftig nach ſeiner Gewohnheit,
mit leugnen nicht wird behelfen koͤnnen. Es
wird auch nicht angehen, daß er ſich damit
loshalftert, man habe dieſe ſeine Lehrſaͤtze
Q 5gegen
(*)
[250]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
gegen(*)ſeinen Willen in die Welt ge-
ſchrieben. Dnan er ſchreibet es hier ſelbſt,
und ruͤhmt ſich ſeiner Schalckheit, wie die zu
Sodom. Es dienet ferner b) darzu, daß
man ſiehet, wer der Stifter und Meiſter ſei-
ner Gemeinen iſt. Dann ſein Fund (wie er
oben ſelber ſpricht) oder Lehre von dieſer ſo-
genanten Warheit, iſt eine Grundlehre ſei-
ner
[251]dritter Theil.
ner (**) Gemeinen, die an ſtatt des goͤttli-
chen Worts, dieſen Luͤgen glauben, und ſogar
die Hirngeſpinſte ihres Verfuͤhrers, an ſtatt
des wahren GOttes, anbeten muͤſſen. Es die-
net c) darzu, daß man ſeinen Augſpurgiſchen
Confeßions-Verſtand entdecket ſiehet, nach
welchem er ſeine Schriften und Lehren will ge-
pruͤft und beurtheilet haben. (§. 4.)


§. 135.

3) Das letzte in ſeinem Beſchluß iſt noch
dieſes: er habe nun die Dreieinigkeit ſo
begreiflich gemacht, daß der ein Vieh
ſeyn muͤſte, der ſie nicht faſſen koͤnte.
Oder es muͤſte ihm mehr am Hertzen feh-
len als am Kopf, weil ja ein jeder die al-
lererſte Regungen
(motus primo primos)
vom Verhaͤltnis der Eheleute und Kin-
der, im geiſt- und leiblichen leicht faſſen
koͤnne.
Wir hoͤren alſo unſere Lection, was
wir vor Thiere ſind, wann wir nicht ploͤtzlich
und gehorſamlich die Gemeinſprache und
herrn-
[252]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
herrnhutiſche Grundlehren begreifen wollen:
Haͤtte der GOtt das gewuſt, der in der
Schrift redet, was nun Zinzendorf ausfuͤn-
dig machet, und aus ſeinem herrnhutiſchen
Schoos bringet; er wuͤrde gewiß ſeine Chri-
ſten beſſer bedacht, und ihnen ehe aus dem
Traum geholfen haben.


Mir macht das noch einigen Anſtand, (weil
es mir vielleicht an einem Herrnhutiſchen
(*)Hertzen fehlet, das nicht gehorchen will)
daß ich in der alten Heiden Geſchichte Goͤtter-
macher finde, die ihre maͤnliche und weibliche
Gottheiten noch greiflicher darſtellen, als
Zinzendorf gethan hat. Ja ſie machten auch
noch mehr als drey, wann ſie recht aufgeraͤumt
waren. Sogar wuſten ſie ihre Gemeinen,
wie der Orpheus, dadurch ſo hertzlich zu ma-
chen, daß man ſich daruͤber verwundern muß.
Und doch leſe ich, daß Paulus, der in dieſen
Schriften bewandert und ein Gelehrter war,
ſolche Goͤtzen gar nicht will gelten laſſen, ob
er gleich durch den heiligen Geiſt redet. Ja
er verwirft ſie eben deswegen, weil ſie viel zu
greiflich waren, und allerley ſowol erſte als
wiederholte Kegungen der ſinnlichen Triebe
und
[253]dritter Theil.
und Liebe, dabei entſtunden. Er ſpricht bedenck-
lich davon: da ſie ſich vor weiſe hielten, ſind
ſie zu Narren worden. Rom. 1, 22. 23.
und haben verwandelt die Herrlichkeit
des unvergaͤnglichen GOttes in ein Bild
gleich den vergaͤnglichen Menſchen
ꝛc. ꝛc.
(§. 44. 97. * 105.)


§. 136.

Die eintzige Frage iſt noch uͤbrig: ob Zin-
zendorf, wann er dergleichen Erfindun-
gen vor Glaubensartickel in die Welt
ſchreibet, wuͤrcklich im Kopf verruͤckt
ſeye?
Jch habe zwo Urſachen an dieſe Frage
zu gedencken. Erſtlich, ſeine Schrift, in
welcher die Mutterſchaft des heiligen Geiſtes
behauptet wird, fuͤhret auf dem Titel die Auf-
ſchrift: Jch raſe nicht, ſondern rede wah-
re und vernuͤnftige Worte Apoſtelg. 26,
25. Zum andern,
leſe ich in einer Zinzen-
dorfiſchen (*) Predig: Ein Herrnhuter der
etwas
[254]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit
etwas vornehme, was der Lehre des
Lamms entgegen waͤre, der muͤſſe noth-
wendig erſt im Kopf verruͤkket werden.

Da nun gnugſam erwieſen iſt, daß die Zinzen-
dorfiſche Lehre der Lehre des Lammes ſchnur-
ſtracks zuwider ſeye: ſo darf ich den Schluß
dem geneigten Leſer uͤberlaſſen, welcher die
Frage nothwendig mit Ja wird beantworten
muͤſſen.


(*)


[255]dritter Theil.

ENDE.

[figure]
[]
Notes
(*)
Man leſe hiervon die Bekentnis- und
Schutzſchrift ſeiner gantzen Kirche, die
er das Kreutzreich JEſu in ſeiner
Unſchuld
nennet, ſ. 219. wo er auf die
Hertzoglich - Gothaiſche Verfuͤgung
kommt, die gegen ſeine Meuterey erge-
hen muͤſſen. Da er in der Note ſich
nicht allein daruͤber hoͤhniſch aufhaͤlt,
daß Jhro Durchl. der Hertzog gleichwol
kein groſer Potentat ſeyen, ſondern
auch erſagte Verfuͤgung der Unbeſchei-
denheit
, und eines aller chriſtlichen
Ordnung zuwiderlaufenden Unter-
fangens
, beſchuldiget.
(*)
Ein gantzes Verzeichnis namentlich er-
wehnter Lutheriſcher Gottesgelehrten,
uͤbergeben die Herrnhuter an Jhro Maj.
den Koͤnig in Preuſſen, mit dem Bey-
ſatz, daß ſie des Verbrechens der
Verlaͤumdung vom erſten Rang
ſchuldig waͤren. Jm Kreutzreich ſ.
209.
Und
(**)
Man ſehe die an des Koͤnigs in
Preuſſen Majeſtaͤt gegen den Herrn D.
Baumgarten im Jahr 1745. den 6. Aug.
uͤbergebene gedrukte Schmaͤhſchrift
Num- 53.
(*)
Und in eben dieſen ſchaͤndlichen Buch,
ſ 77. nennet er die welche in allen Reli-
gionen ihm zuwider ſind, und ſeinen
Frevel widerlegen, Leute die raſend
luͤgen, laͤſtern ꝛc.
Die Schmaͤhſchrift
gegen den redlichen Herrn D. Baum-
garten
zu geſchweigen, deren ich in der
Vorrede zum zweiten Theil Erwehnung
gethan. Er nennet ſie Teufelsapoſtel,
Schelmen ꝛc.
(*)
Jch bin anfangs ſehr behutſam gegan-
gen, was die ſocinianiſche Jrgeiſterei des
Zinzendorfs belanget, weil mich GOtt da-
fuͤr bewahren wird, meinem Nechſten et-
was aufzubuͤrden, davon ich keine gnug-
ſame Uberzeugung haͤtte. Das kan der
geneigte Leſer nach Belieben im Zinzen-
dorfiſchen Unfug
, (lerna Z.) ſ. 201.
338. finden. Aber ich habe ſeit deme lei-
der allzuviele Proben geſehen, darauf ich
nun
(**)
Wann er (§. 5.) ſpricht, er wolle in
dieſer Sache auch die wahrſcheinlichſte
Speculationen zu keinen Glaubensarti-
keln machen/ wann ſie gleich mit der
Schrift nicht ſtritten
/ ſo verraͤth er ſich
gar deutlich (§. 67.). Dann er verſtehet
durch die ſogenante Speculationen/ die
mit der Schrift nicht ſtreiten
/ weiter
nichts, als die chriſtliche Bekentniſſe von
den
(*)
nun ſicher fuſen, und dem was Herr D.
Walch, Herr Super. Winckler, und
andere rechtſchaffene Lehrer unſerer Kir-
che, behauptet haben, voͤllig beiſtimmen kan.
Des Herrn Super. Wincklers ſocinia-
niſche Weſen des Herrn Grafen von Zin-
zendorf
gehoͤret beſonders hieher. Siehe
unten §. 28. * 44. 67. 68. 69. 103. 112. *
(**)
dem Glaubensartikel der Heil. Dreieinig-
keit. Er laͤſt ihnen noch mit Worten zur
Noth die Ehre, daß ſie wahrſcheinlich
ſind, und mit der Schrift nicht ſtreiten:
Aber die That beweiſet, daß er auch die-
ſes nicht glaube. Ein bloß wahrſcheinli-
cher Satz, iſt derjenige, den man mit gnug-
ſamen
Gruͤnden nicht erweiſen kan, ob-
ſchon einiger Beweis vorhanden iſt. Und
wann er mit der Schrift nicht ſtreitet/
ſo iſt er ſo beſchaffen, daß er weder aus
deutlichen ausdruͤklichen Worten der
Schrift, noch aus zuverlaͤſigen Schlus-
folgen, erhaͤrtet werden kan; jedoch kein
ausdruͤklicher Satz der Schrift, und kei-
ne Folge aus ſolchen Saͤtzen, zufinden iſt,
wodurch man ihn wiederlegen koͤnne. Wo
hat aber die Chriſtenheit, wann von dem
Artikel der heiligen Dreieinigkeit die Rede
iſt ſolche wahrſcheinliche/ und mit der
Schrift nicht ſtreitende Speculationen:

Wo nimt ſie in dieſem Geheimnis das
mindeſte aus blos natuͤrlich bekanten, und
noch darzu nicht gnugſam erwieſenen Saͤ-
tzen? dieſes lauft alles da hinaus: Die Leh-
re von der Dreieinigkeit iſt kein Glaubens-
artikel.
(*)
Siehe unten, (§. 44.)
(*)
Dieſes iſt wohl zu mercken, und ei-
ner von den groͤſten Greueln der Herrn-
hutiſchen Schalkheit. Dann nach die-
ſem Satz, ſind in der Gottheit nicht
nothwendig und wuͤrcklich drey Perſo-
nen. Sondern da es dem hoͤchſten
GOtt
(*)
GOtt beliebet hat, ſich als einen Va-
ter wegen der geiſtlichen Zeugung zu of-
fenbaren, ſo iſt dieſes Verhaͤltnis zu
uns Menſchen
, eine goͤttliche Perſoͤn-
lichkeit.
Und ſo treibet er es mit der
andern und dritten Perſon; vermit-
telſt der Braͤutigamſchaft und Mut-
terſchaft.
So glaubten die alte Jrgei-
ſter ebenfals eine Dreieinigkeit. So laͤſt
es ein jeder Socinianer gelten. Und an-
dern zu gefallen, hat Zinzendorf ſogar die
Gottheit ſinnlich gemacht, zu einer Mut-
ter, Gemahlin, Braͤutigam ꝛc. (81.
97. *)
(*)
Wieviel auf dies Bekentnis zu bauen
ſeye, daß er den heiligen Geiſt etwas hy-
poſtatiſches
oder ſelbſtaͤndiges nennet:
laͤſſet ſich daraus abſehen, weil er auch den
Geiſt, der nach ſeinem Wahn, den Glaͤu-
bigen an ſtat des ausgetriebenen Teufels
eingeblaſen wird, und des heiligen Geiſtes
Unterthan iſt, ſelbſtaͤndig nennet. Er-
ſter Theil/ ſ.
107.
(*)
Man halte hiermit ſeine anderswo, (nem-
lich §. 11.) befindliche Worte: du ſagſt,
der heilige Geiſt heiliget: der Vater
auch.
Hier muß geſchwinde der Vater
auch
heiligen; und Zinzendorf fliehet auf
einmal wieder zu dem Vernunftſchlus/
den er oben verworfen hat. Dann oben
ſagte er, die Heiligung ſeye dem Heyland
alleine zu uͤberlaſſen. Jch will noch eine
Probe beyfuͤgen. Er will den heiligen
Geiſt durch das Amt der Mutterſchaft
von den beeden andern Perſonen unter-
ſcheiden, ſo, daß die Mutterſchaft, des
heiligen Geiſtes Perſoͤnlichkeit ſeyn ſoll.
Das Amt der Mutterſchaft ſoll in ſich be-
greifen die Auferweckung unſerer Lei-
ber aus dem Grabe.
(§. 16.) Nun
aber wird die Auferweckung der Todten,
zugleich dem Vater und dem Sohn mit
ausdruͤcklichen Worten der heil. Schrift,
beygeleget Joh. 5, 21. Ferner, es ſoll
die
(*)
die Auferziehung der geiſtlichen Kinder,
ein Geſchaͤfte der Mutter, mit gaͤntzlicher
Ausſchlieſſung des Vaters ſeyn. Und
im Herrnhutiſchen Lehrbuͤchlein heiſſet es
doch, der heilige Geiſt habe den Sohn
GOttes gezeuget und auferzogen.
Zinz. Unfug
(lerna) ſ. 337. da er den
heiligen Geiſt in dieſem Geſchaͤfte als einen
Vater darſtellet: ſonſten aber dem Sohn
das leibliche Kinderzeugen, und dem Va-
ter das geiſtliche beyleget.
(*)
Jch merke hierbey an, wie der Luͤgen-
geiſt ſich ſelbſt in ſeiner Verwirrung zu
Schanden machen muß. Dann oben,
da er die ſchriftmaͤßige Zueignungswerke
der drey Perſonen, nemlich die Schoͤ-
pfung/ Erloͤſung
/ und Heiligung vor
keine Kennzeichen der Perſonen will ge-
halten wiſſen, komt er mit dieſem Beweis
aufgezogen, (§. 38.) weil dieſe Verthei-
lung ſolcher Aemter ein Vernunft-
ſchlus
/ und alle drey Aemter, Chriſto,
dem ſie gehoͤreten/ zu uͤberlaſſen ſeyn.
1) Da nennet er die offenbare Schrift-
warheiten, und die algemeine in der A. C.
ausdruͤcklich wiederholte Bekentnis der
Chri-
(*)
Chriſtenheit, einen Vernunftſchlus/
um ſie damit ſchwartz zu machen, als ſeyen
ſie eine Schriftwiedrige Erfindung der
verkehrten Vernunft. Dann einen wah-
ren Vernunftſchlus kan niemand ſchelten,
als wer eine Zinzendorfiſche Vernunft
hat, das iſt, wen der Geiſt der Finſter-
nis ſeiner Vernunft beraubet hat. So-
dann ſetzet er 2), die obgedachten Aemter
der drey Perſonen gehoͤrten allein vor
den Sohn.
Das muſte er damals thun,
weil ihm ſonſt nichts beyfallen wolte ge-
gen die Wahrheit der Chriſtlichen Reli-
gion. Jetzt aber, da er dieſe Warheit
vor ſeine Schwaͤrmerey nuͤtzlich zu gebrau-
chen hoffet, ſpricht er gantz anders: Der
Vater heiliget auch.
Wem eckelt nicht
vor dieſer Unart, wann er nur der geſun-
den Vernunft, ich will nicht ſagen dem
Geiſte GOttes folget. Heiſet das nicht
mit den heiligſten Lehren der Schrift, ein
recht frevelhaftes Geſpoͤtte treiben?
(**)
Wer noch einen Beweis haben will,
der leſe ſeine ausdruͤckliche Worte (§. 18.)
Die Rede iſt davon/ daß ich des Hey-
landes Schoͤpferwerck ſo unablaͤßig
treibe/ und ihn auch wohl den Va-
ter der Creatur nenne/ wie ſeinen
Vater den Vater der Glaͤubigen

(privative) ausſchlieſſungsweiſe.
(*)
Wie er die geiſtliche Zeugung, als das
perſoͤnliche angegebene Kennzeichen des
Vaters,
(*)
Vaters, ſo treulos zu erweiſen ſuche, ſte-
het unten (§. 43. *)
Wie er erweiſe, daß der Sohn unſer
Mann ſeye, findet man im Creutzreich
ſ.
67. da er den Ort Jeſ. 54, 5. ſchaͤnd-
lich verkehret. Es heiſet: der dich ge-
macht hat/ iſt dein Mann.
Hat uns
denn der Vater nicht geſchaffen? oder
hat uns der Sohn mit Ausſchlieſung des
Vaters, geſchaffen?
Wie er die Mutterſchaft des heili-
gen Geiſtes
erweiſe, ſtehet unten im 6ten
Hauptſtuͤck ausgefuͤhret.
(*)
Jch kan hier die Zinzendorfiſche Untreue
unangemerkt nicht laſſen. Jm Creutz-
reich ſ.
67. beweiſet er dieſes perſoͤnliche
Kennzeichen des Vaters aus Pſ. 2. da
doch augenſcheinlich auf die Zeugung des
ewigen Sohn GOttes, nicht aber auf
die geiſtliche Zeugung der Menſchen ge-
ſehen wird. Er verkehret lieber alles, als
daß
(*)
daß er ſeine Jrgeiſterey aus Liebe zur goͤtt-
lichen Warheit, verlaͤugnet. Er ſpricht,
es habe ſich in angezogenen Pſalm der
Vater
(poſitive) ausdruͤcklichNB.un-
ſern Vater genennet
: da er ſich doch
ausdruͤcklich einen Vater des ewigen Soh-
nes nennet, den er gezeuget hat. Hier
hat er nach ſeiner Regel (§. 68.) die Au-
gen zublintzen
laſſen, weil von einem in-
neren
perſoͤnlichen Kennzeichen geredet
wird, das vor ſeine herrnhutiſche juͤdiſche
Augen ein Saltz iſt, das ſie beiſſet.
(*)
Dieſes iſt um deſto frecher gehandelt,
je deutlicher in der Schrift ſtehet, daß der
heilige Geiſt die Menſchen ſtraft um des
Unglaubens willen. Joh. 16, 8. Das
geſchiehet aber vor ihrer geiſtlichen Zeu-
gung. Und Zinzendorf giebt dem heili-
gen Geiſt nichts zu thun, als bis die
Menſchen geiſtlich gezeuget ſind. Jn-
gleichen, wird die Erbarmung GOt-
tes uͤber die/ ſo ihn fuͤrchten
/ das iſt,
die bereits ſeine Kinder ſind, ein Vater-
Geſchaͤfte genennet. Pſ. 103, 13. Und
nach Zinzendorfs Wahn, ſoll alles, was
nach der Zeugung geſchiehet, ein Mutter-
geſchaͤfte ſeyn.
(*)
Jch nehme jetzt an, daß dieſe Elichung
ein chriſtlicher Gedanke ſeyn koͤnne, wel-
cher Chriſtum als einen NB.geiſtlichen
Braͤutigam und Mann der Seelen vor-
ſtellet: Auſſer dieſem iſt ſehr zu befuͤrch-
ten, daß dieſe jetzt noch theils verborgene
herrn-
(**)
Wird durch die Ehlichung und Ehe,
der ſeelige Zuſtand nach dieſem Leben
verſtanden, (§. 83. 125.) ſo wird ein glei-
ches davon zu bemerken ſeyn.
(*)
herrnhutiſche Geheimniſſe, einen Greuel,
davon man beſſer ſtille ſchweiget, hinter
ſich haben. Siehe den erſten Theil ſ.
150. f.
(*)
Solte die Ehlichung und Ehe, den
Zuſtand des andern Lebens bedeuten, (§.
83. 125.) ſo werden wir in der Gluͤckſee-
ligkeit des andern Lebens einer ſolchen geiſt-
lichen freudenreichen Vereinigung nicht
nur mit dem Sohne GOttes, ſondern
mit dem Vater und heiligen Geiſte zu-
gleich genieſen. Wir werden den drey-
einigen GOtt ſchauen in der ſeeligſten
Gemeinſchaft ſeiner allerhoͤchſten Liebe.
(*)
Siehe den erſten Theil ſ. 150. f. Er
ſpricht
(*)
ſpricht an dieſem Orte gantz hoͤniſch von
dem geiſtlichen oder einfachen Weſen
GOttes. Die Vertheidiger deſſelben
nennet er Liebhaber derentitatis ſim-
pliciſſimæ
(der hoͤchſtgeiſtlichen Vollkom-
menheit) in GOtt/ denen er nichts
Verdrießliches in den Kopf ſetzen
wolle.
Das heiſſet offenbarlich ſo viel:
es komme auf einen Liebhaber an, ob
er ſich die allerhoͤchſte Gottheit als einen
Geiſt, Joh. 4, 24. oder als ein koͤrper-
liches Ding, wie Mann, Weib, ꝛc. vor-
ſtellen wolle. Solche leichtfertige Ge-
danken, die ein kluger Heyde verabſcheuen
muß, heget Zinzendorf von dem allerhoͤch-
ſten Weſen. Er ſpottet derer, die ſo von
GOtt gedenken, wie er ſich durch die
Natur, und durch ſein Wort, geoffen-
baret hat. Freilich wird er den Liebha-
bern des reineſten goͤttlichen Weſens nichts
in die Gedanken miſchen, das ſie irre und
unwillig machen koͤnne. Wer bringet
ihm aber ſolche Misgeburten in ſeine eige-
ne Gedanken? Und was wird er dem
Vater aller Geiſter dereinſt antworten,
wann er denen ihre Gedanken mit ſo un-
reinen Jdeen von einem weiblichen und
maͤnn-
(*)
maͤnnlichen GOtt, beſudelt hat, welche
nicht im Stande ſind, ſich dieſer aͤrger-
lichen Fantaſien zu erwehren? Geſetzt, er
daͤchte und lehrete dergleichen mit Fuͤrſatz
nicht, (wie er doch wuͤrklich thut,) waͤre
es dann keine Suͤnde, die Schwachen zu
aͤrgern?
Seine Entſchuldigung iſt ſehr philoſo-
phiſch. Er ſpricht: Wann die eine Per-
ſon der Gottheit ein Vater/ die an-
dere eine Mutter/ die dritte ein Ehe-
mann ſeyn muß; ſo folget daraus
nicht/ daß ſie maͤnnlich/ und weib-
lichen Geſchlechtes ſind. Weil der
Unterſchied des Geſchlechtes nicht
einmal der menſchlichen Natur noth-
wendig eigen iſt/ und weil es vor
dieſem Geſchlechtsunterſchied ſchon
eine Menſchheit gegeben hat
. (§. 5.)
Herrliche Erfindungen! wodurch das
Raͤthſel, Aelia Laͤlia Criſpis auf einmal
aufgeloͤſet wird. Wo iſt doch die Zinzen-
dorfiſche Welt, in welcher es eine menſch-
liche Natur ſchon vor dem Geſchlechtsun-
terſchiede, gegeben hat, die weder maͤnn-
liches noch weibliches Geſchlechtes war.
Jn unſerer Welt war Adam der erſte.
Herrnhut.III.Theil. EEr
(*)
Er war wuͤrklich da, und war hoffentlich
ein Mann. Und nach ihm kame die Eva,
die war ein Weib. Das haben bisher
alle ihre Enkel und Urenkel veſt geglau-
bet, bis uns Zinzendorf etwas beſſers als
Moſes, erzehlet hat. Doch dieſes beyſeit.
Wann ſich der Maͤhriſche Bruder dar-
auf gruͤnden will, ſo muß er auch ſelber
von der menſchlichen Natur oder
Menſchheit
/ und nicht von dem Ge-
ſchlechtsunterſchied,
ſeine Gottheiten
bezeichnen und unterſcheiden. Das iſt,
er muß die Perſonen nicht Muͤtter und
Gemahlinnen nennen. Dann es konte
weder eine Mutter unter den Menſchen
ſeyn, noch eine Gemahlin, ehe der Unter-
ſchied zwiſchen Mann und Weib, in der
Welt war. Alſo hilft ihn die Menſch-
heit nichts zu ſeiner Sache, die er geſe-
hen hat, ehe ſie ein Weib- oder Maͤnnlein
war. Wer aber die eine Perſon den
Vater/ die andere Mutter/ die dritte
den Ehmann nennet: der borget warlich
ſeinen Gedanken nicht von der Menſch-
heit uͤberhaupt, ſoferne man Leib und
Seele ſich vorſtellet: ſondern das, was
die eine Perſon zur Mutter und Gemah-
lin,
(*)
lin, und die andere zum Ehemann machet,
(mithin der Unterſchied des Geſchlechtes)
giebt ihm ſein Gleichnis oder vielmehr
den Fund von einer goͤttlichen Perſoͤnlich-
keit, an die Hand. Und das Schlimſte
iſt, daß unſer Fantaſt beyfuͤget: (§. 14.)
Und alles dieſes iſt weſentlich zu ver-
ſtehen/ und nicht Gleichnisweiſe/
(allegoriſch.)

Er hoffet ſich zwar damit heraus zu
wickeln, daß auch die Schrift eine Perſon
den Vater/ und die andere den Sohn
nennet
/ ohne daß man deshalben einen
Geſchlechtsunterſchied ſich vorſtellen duͤrfe.
Allein, dieſer Witz iſt abermal wie ein
dummes Saltz. Dann zeugen/ und ein
Vater ſeyn, heiſſet ſo viel, als einem
andern eben daſſelbe Weſen mittheilen.
Hierbey iſt der Gedanke einer Ehefrau
oder Gemahlin unvonnoͤthen, weil die
allererſte Zeugung in der Gottheit, und
von Ewigkeit her, geſchiehet, nemlich an
dem ewigen Sohn GOttes. Aber, eine
leibliche Zeugung, und eine leibliche Va-
terſchaft, entſtehet alsdann, wann dieſe
Mittheilung des Weſens, vermittelſt
zweyer Koͤrper verſchiedenen Geſchlechtes,
geſchie-
(*)
geſchiehet. Wer nun GOtt dem Vater
eine Gemahlin zugiebt, (ſiehe den erſten
Theil, ſ.
150.) die in einigen Spra-
chen die heilige Geiſtin
genennet wer-
den ſoll, (§. 6.) der gehet aus den Schran-
ken der heiligen Schrift, und wird dem
Leſer ſolcher laͤſterlichen Traͤume, mit Fuͤr-
ſatz aͤrgerlich. Ja er giebt den Spoͤttern
der Schrift und Religion, den erwuͤnſch-
ten Anlaß, und ein vollkommenes Bey-
ſpiel, mit dem Geheimniß der H. Drey-
einigkeit, ſo umzugehen, wie es ihre Ab-
ſicht erfodert. (§. 91.)
(*)
1) Den unwiſſenden Leſer zu hinterge-
hen, ſtellet ſich der Herrnhuter, als ob
kein anderer Grund zum Beweis dieſer
Lehre angefuͤhret werde, als die Worte
Chriſti: der vom Vater ausgehet/ und
der andere Ausſpruch: welchen ich euch
ſenden werde vom Vater.

Und
(*)
Und uͤberhaupt will er die Leute weiß
machen, als waͤre der erſte Artikel der A.
C. nur zu dem Ende geſetzet worden, daß
man ſich von der griechiſchen Kirche un-
terſcheiden, nicht aber, daß man ein eigent-
liches Bekentnis von der H. Dreyeinigkeit,
ablegen wollen.
2) Die Abſicht dieſer Schalkheit mer-
ket man gar bald. Er will der griechi-
ſchen Kirche
hier zu Gefallen reden, weil
er dieſe vor eine Schweſter erkennet.
Siehe das Creutzreich ſ. 204. f. Man
ſiehet auch aus dem Kirchengebet zu
GOtt der Mutter
/ welches der Pre-
dig vom Mutteramt des H. Geiſtes

beygefuͤget iſt, ſ. 3. f. daß Zinzendorf den
Ausgang des H. Geiſtes vom Sohn, ver-
laͤugnet. Dann die Kirche muß ihn alſo
anreden: Du/ was aus dem Vater-
thron iſt heraus gegangen.
Und ſ. 4.
Heiliger GOtt der Geiſt/ der aus den
Vater fleuſt. ꝛc.
Der Ausgang von
dem Sohn, iſt im gantzen Liede nicht zu
finden.
(*)
Er beſchoͤniget dieſes Lob noch damit,
weil durch die Heiligungswerke die
ewige und ſelbſtaͤndige Gottheit des
heil. Geiſtes veſtgeſetzt werde
. Aber
zu geſchweigen, daß die alten Bekenner
eben dieſes nur mit kurtzen Worten ge-
than, und daß Zinzendorf ſie deswegen
einer Goͤttermacherey beſchuldiget: ſo iſt
hier die Frage nicht, ob dieſes goͤttliche
Werke ſind. Freylich ſind ſie goͤttlich.
Wer aber mittelſt des inneren perſoͤnli-
chen Unterſchieds, die dritte Perſon der
Gottheit nicht vorher veſtgeſetzet, ſondern
Herrnhut.III.Theil.dieſen
(*)
dieſen inneren Unterſchied weggeworfen
hat: der kan alle dieſe an ſich goͤttliche
Werke einer eintzigen Perſon beylegen, die
nur verſchiedene Namen, Vater, Sohn,
Geiſt, fuͤhre. Wie wir an den Jrgeiſtern
der alten Zeit das handgreifliche Beyſpiel
haben: ſiehe oben (§. 36.) Man ſiehet
hieraus noch deutlicher, warum Luther ge-
lobet wird. Weil er nemlich in ſeiner
Erklaͤrung weiter nichts gethan habe, als
daß er bewieſen: der heilige Geiſt iſt
GOtt
. Darzu meinet Zinzendorf, ſeyn
Luthers Worte eintzig und allein zu ge-
brauchen. Vor die Perſoͤnlichkeit be-
wieſen ſie ſo wenig, als der Text im Be-
kentnis, den Luther durch dieſe Worte
erklaͤren wolle. Alſo ſtaͤupet er unter dem
Schein einer Lobrede zugleich und auf
einmal das Apoſtoliſche Glaubensbekent-
nis, und deſſen vom Luther gegebene Er-
laͤuterung.
(*)
Dieſer haͤmiſche Ausdruck iſt zugleich
eine heimtuͤckiſche Stichelrede auf das
Athanaſianiſche Bekentnis; wo es heiſſet,
wer da will ſeclig werden/ der muß
die wahre Dreyeinigkeit glauben/ mit-
hin die innere Kennzeichen der Perſo-
nen. Zinzendorf behauptet, man koͤnne
aus Luthers Erklaͤrung nichts anders ler-
nen und erweiſen, als daß der heilige Geiſt
wahrer GOtt ſey. Nicht aber, daß er
die dritte Perſon der Gottheit ſeye. Und
doch ſpricht er, jenes waͤre gnug zum
ſeelig werden. Er behauptet alſo gerade
das Gegentheil von gedachtem chriſtlichen
Bekentnis, mithin auch von der A. C.
Und das heiſt ſein Uebereinſtimmen, oder
Augſpurgiſcher Confeßionsverſtand.
Weil es nach ſeinem Glauben, zum ſee-
lig werden gnug iſt, uͤberhaupt einen
Jeho-
(*)
Jehova zu wiſſen: ſo hat er denen, wel-
che im A. T. ſeelig worden, auch nichts
weiter eingeraͤumet, und die Erkentnis
der heiligen Dreyeinigkeit ſchlechterdings
abgeſprochen, wie im andern Theil be-
merket worden.
(*)
Die liſtige Anlaͤufe des Teufels hat
es der ſeelige Luther uͤberſetzet. Jm grie-
chiſchen ſtehet bekantlich das Wort Me-
thode
/ oder Methodismus/ wie Zin-
zendorf redet.
(*)
Die Ermahnung Pauli iſt ſehr heilſam
1. Cor.
(*)
1. Cor. 1. 10. Jch ermahne euch lie-
ben Bruͤder/ durch den Namen un-
ſers HErrn JEſu Chriſti/ daß ihr
allzumahl einerley Rede fuͤhret/ und
laſſet nicht Spaltung unter euch
ſeyn.
Wer demnach um eines neuen
Methodismi, oder neuer Ausdruͤkke und
Reden willen, eine Spaltung anrichtet,
der wird durch den Namen JEſu Chriſti
ermahnet, ſolchen Fuͤrwitz einzuſtellen.
Was wird man dem nun ſagen muͤſſen,
der die Warheiten anfeindet, und unter
dem Schein der neuen Lehrart, neue
Luͤgen ausfindet? Paulus giebt die Ant-
wort 1. Tim. 6, 3. So jemand an-
ders lehret/ und bleibet nicht bey
den heilſamen Worten unſers HErrn
JEſu Chriſti/ und bey der Lehre
der Gottſeeligkeit/ der iſt aufge-
blaſen/ und weiß nichts. ꝛc.
(*)
Jn der Diſputation das Predigaͤrger-
nis genant, iſt ſolches aus den ſieben
letzten Reden des Zinzendorfs angefuͤh-
ret.
(**)
Er will nicht, daß man die War-
heiten der Schrift, die von den innern
Kennzeichen der goͤttlichen Perſonen han-
deln, in beſtimte Saͤtze (definitas pro-
poſitiones
) bringe/ und nennet ſolche
aus der Schrift heraus gebrachte War-
heit, auf eine neidiſche und ſpoͤttliche Art,
(Speculationes) uͤberwitzige Gedancken,
oder muͤßige leere Grillen. (§. 5.) Die-
ſer Spott gehet hauptſaͤchlich auf die
heilige Schrift. Dann die Gedancken,
die wir haben ſollen von dem inneren
Unterſchied der goͤttlichen Perſonen, ſind
die Gedancken GOTTes, die er, der
HErr, in die Schrift geleget hat. Und
der Graf nennet ſie ohne alle Scheu vor
GOtt, nur muͤßige uͤberſteigende Ein-
faͤlle. Es ſind ferner dieſe Gedancken,
beſtimte Gedancken. Dann im Fall
ſie unbeſtimt geblieben waͤren, wie die
Zinzendorfiſche Mutterſchaft; ſo wuͤſte
man nichts von den Perſonen, das die
gehoͤrige Klarheit haͤtte, die uns doch
der HErr, als eine groſſe Wolthat goͤn-
net.
(**)
net. So viel beſtimtes nun in der Schrift
lieget, ſo viel beſtimte Saͤtze ziehet man
daraus. Das iſt unſere Schuldigkeit.
Sonſt gelangen wir zu keinem Erkent-
nis, darzu wir doch nach GOttes Ab-
ſicht gelangen ſollen. Joh. 17, 3. Zin-
zendorf redet hier die Sprache aller Jr-
geiſter, die ſich vor dem Lichte der War-
heit fuͤrchten, weil ihre Werke dadurch
beſtraft werden. So haſſete der groſſe
Jrgeiſt Arius, die beſtimte Saͤtze von
der Gottheit Chriſti. Dann mit den
unbeſtimten konte er ſich lange behelfen,
und ſeinen Schalk darunter verbergen.
Aber die beſtimte Worte und Saͤtze,
offenbareten ſein boͤſes Hertz. Man hoͤre
doch das Zinzendorfiſche Bekentnis an:
Wann wir darzu beſtellt waͤren. (§. 5.)
in das Weſen GOttes hinein zu ſpe-
culiren/ und die Speculationes in ſo
viel beſtimte Saͤtze zu bringen, ſo koͤn-
te es wohl ſeyn/ daß das Wort Per-
ſon/ unſchiklich waͤre fuͤr die Gott-
heit
. Was ſoll dieſes ſagen? Wenn
man die innere Kennzeichen der goͤttlichen
Per-
(**)
Perſonen aus der Schrift richtig beſtim-
met, und das Wort Perſon darzu ge-
brauchet: ſo iſt das unſchicklich vor den
Zinzendorf. Wann aber dieſe Warhei-
ten, und das darzu gebrauchte Wort
Perſon, fein unbeſtimt bleiben, daß je-
dermann darunter verſtehen kan, und dar-
aus machen kan, was er will: alsdann
wird Zinzendorf der erſte ſeyn, der mit
einſtimmet. Man ſiehet hieraus, wie
aufrichtig er zur Augſpurgiſchen Confeſ-
ſion ſich bekennet, und zu den Confeßio-
nen der Chriſtenheit. Das ſind ihm,
wann er am feinſten davon reden ſoll,
wahrſcheinliche Speculationen/ die
er/ wann ſie gleich mit der Schrift
nicht ſtreiten/ zu keinen Glaubens-
artikeln machen will.
(§. 5.) Aber ſei-
nen Fund macht er zu einem Glaubens-
artikel, (§. 53.) Siehe auch den erſten
Theil/ ſ. 140. f.
(*)
Eine Probe von dieſem recht juͤdiſchen
Zublintzen, iſt angemerckt (§. 43. *)
(*)
Man ſiehet hier ein neues Beyſpiel,
wie der Geiſt der Luͤgen ſeine Diener
verwirre. Er waͤltzet ſie aus einem Un-
flat des Jrthums in den andern. Zu-
letzt iſt des Unraths ſo viel, daß ſie ſich
nicht mehr heraus helfen koͤnnen. Da
muͤſſen ſie wiederſprechen, was ſie vorhin
als neue Offenbarungen behauptet, und
ausgeſchrien haben.
(*)
So ſtehet im Creutzreich ſ. 77. eilfte
Warheit. Daß noch keine Socie-
taͤt in der Kirchenhiſtorie vorkom-
men/ wieder die von honetten und
graduirten Maͤnnern in allen chriſt-
lichen groſſen und kleinen Haufen
(auſer der catholiſchen und griechi-
ſchen Religion/ als welche beyde die
eintzigen ſind/ die uns noch faſt kei-

nen
(*)
nen Schritt zu nahe getreten) nicht
allein weder die geringſte Gedult
noch Treue bewieſen/ ſondern ſo
bald/ ſo fruͤhzeitig/ ſo ohne Scheu/
ſo ungeſtraft/ ich moͤgte ſagen ſo
raſend/ gelogen/ gelaͤſtert ꝛc.
Dem-
nach ſiehet man, daß in allen chriſtlichen
Haufen honette Maͤnner ſind, welche
dem Zinzendorf einen Schritt zu nahe
treten.
Und das empfindet der zaͤrt-
liche Mann ſo uͤbel, daß er dieſe honette
und graduirte Maͤnner, vor raſende Luͤg-
ner, Laͤſterer ꝛc. erklaͤret, und ſich wun-
dert, daß ſie noch von keiner Obrigkeit
geſtraft worden ſind.
(**)
Jm Zinzendorfiſchen Unfug (lerna
Zinz.
) auch in dem erſten Theil der
Herrnhuterey
/ ingleichen in der Wie-
derlegung der Oſterpredig/ ſind Zin-
zendorfs eigene Worte hiervon angefuͤh-
ret, darauf ich mich um der Kuͤrtze wil-
len, beziehe. Man leſe ſeine Predig
vom Dieneramt des Lammes
/ wo der
Heiland ſ. 4. Der Kirchenwidder und
ſ. 5. der in der Cabinetsconferentz
unſere Sachen beſorget/ ſ.
6. ein herrn-
hutiſcher Aelteſter/ der aus dem Kir-
chen-
(**)
chendreck Gold mache/ ein Lamm/
das ein unausſprechlich
Phlegmaha-
be ꝛc.
genennet wird. Jm zweyten
Theil
ſtehet der Naͤrrlein/ Herrlein.
Andere unſinnige Ausſchweifungen vor-
bey zu gehen. Unter dem Vorwand,
daß der Heiland ehedem im Stande der
Erniedrigung auf Erden ſich befunden
hat, erniedriget ihn Zinzendorf unter
alle Gauckelſpiele ſeiner verirten Fantaſie.
Was ihm nur veraͤchtliches einfaͤllt, das
iſt den Augenblick der Heiland, und es
wird nicht allein geprediget, ſondern in
die Welt geſchrieben. Ja, das gantze
Gebaͤude ſeiner Religion, das auf Hoch-
muth und Bosheit beruhet, muß der
Zimmermann von Nazareth aufgefuͤhret
haben. Der Heiland muß es ſeyn, der
die betrogenen Leute mit ſamt ihrem
Haab und Gut, in die Gemeine auf-
nimt: der einen Ehegatten vom andern
trennet, der Landlaͤufer ausſchikket, der
durch das Loos antwortet, der morden
und
(**)
und wuͤrgen ſoll, wann Zinzendorf einen
todt haben will, der Formen machet,
und Gebote giebt wieder goͤttliche und
menſchliche Ordnung. Jn dieſes Hei-
landes Namen macht er Bruͤderſchaft
mit den offenbaren Laͤſterern ſeiner Gott-
heit und Gnugthuung. Jhre Buͤcher
nennet er goͤttlich, in welchen der Hei-
land verlaͤſtert wird. Er ſpricht, in ei-
einem Geiſttreiber, der ſich raſend ſtellet,
und alsdann aus goͤttlicher Eingebung
zu ſprechen vorgiebt, wohne die Seele
Chriſti ꝛc. ꝛc. Ja, wann Zinzendorf
auf offenbaren Luͤgen und ſchaͤndlichen
Abwegen betreten wird; mithin dem
Satan dienet, ſo ſoll es der Heiland ge-
than haben; es ſoll im Namen des Hey-
landes und zu ſeiner Ehre geſchehen ſeyn.
Proben davon, die handgreiflich ſind,
ſtehen in der Diſputation: Die wahre
und verkappte Schuͤlerprobe
(tiro-
cinium Z. verum \& fictum
) auch im
Zinzendorfiſchen Unfug
(lerna Z.)
ſ. 3. 4. 113. 115. f. 261. f. 93. f. 12.
So
(*)
Jn der gedruckten Cantate auf den
Grafen R. F. von Promnitz/ wel-
che am 19. Febr. 1744. in Burau
abgeſungen worden/
ſchreibet ſich die
Bekehrung dieſes Grafen von der Got-
tesgewalt der Zimmerſchurtz JEſu/

her. Derjenige, (ſpricht der herrnhuti-
ſche Sanger) der ſich einbildet ein Graf
und ein eiteler Weltmann, ſeye einer-
ley;
Der
(**)
So gehet Zinzendorf mit der Perſon
des Sohnes GOttes um. Einen ſol-
chen Heiland verkuͤndiget er. Gewiß,
wann der Erloͤſer ſo beſchaffen waͤre, ſo
haͤtte man eine trefliche Zuflucht zu ſei-
nem Verdienſt!
(**)
Predig von der Tugendlichkeit
des Heilandes ſ. 23. Er ſaͤttigte
ſich kuͤmmerlich/ hielt haus von ſei-
nem Lohne/ bequemte ſich/ wie du
und ich zum Aphedrone/ zum na-
tuͤrlichen Gange.
Und in der Predig
auf Weyhnachter 1744. ſ. 8. Dar-
nach denckt man wie Jeſus/ man
verrichtet die Nothdurft wie JE-
ſus ꝛc.
(***)
Siehe die ſieben letzte Zinzendorfiſche
Reden, und die daruͤber gehaltene Diſpu-
tation: Das Zinzendorfiſche Predig-
aͤrger-
(*)
Der irret/ dann er miſſer

Die Gottsgewalt zu kurtz/

Die JEſu Zimmerſchurtz

Aufs Hertze eines Grafen kriegt.
(***)
aͤrgernis (noxa homilet. Z.) Es iſt
nicht vorbey zu gehen, wie ſchaͤndlich
Zinzendorf die Zeugniſſe der heiligen
Schrift bey dieſer Gelegenheit misbrau-
chet. Wann der Geiſt GOTTes die
fleiſchliche Weisheit als verachtens wuͤr-
dig darſtellet, und hingegen die lebendige
Erkentnis der geoffenbarten Warheiten,
inſonderheit der Lehre von Chriſto, an-
preiſet; ſo iſt Zinzendorf ſo frech und un-
verſchaͤmt, daß er dieſe Deutung macht:
alles, was man ſonſt aus der Schrift
lernet und erkennet, auſſer die Saͤtze
vom Lamm/ Zimmermann/ Wun-
den/ Maͤhren in den Schwaͤren/

(ſiehe die Gemeinrede im Herrnhaag
Sonntags den 2. May 1745. ſ.
12.) baaden in ſeinen Wunden/ und
ſchwimmen in ſeinem Blut.
(Siehe
die Predig am auſſerordentlichen Pil-
gerge[m]eintag in Marienborn ſ.
33.)
mit JESU Leichnam vermenget
und mit JESU Blut vermiſchet
werden/
(Pred. vom gehen mit Thraͤ-
nen ſaͤen ſ.
13.) alles, ſage ich, was
nicht ſo heiſſet, ſeye Dreck. Und darzu
mis-
(***)
misbraucht er auf eine ſataniſche Weiſe,
die Worte des heiligen Geiſtes, die er
durch Paulum redet Philip. 3, 8. Auf
den Tag der Himmelfahrt Chriſti, 1744.
hat er dieſe Laͤſterung oͤffentlich abſingen,
und nachgehends zu Buͤdingen drucken
laſſen, mit dem Titul: demSeminario
Theologico
das ins verwundeten
Laͤmmleins Lende daheim ꝛc. zum
freundlichen Willkomm/ im neuen
Hauſe ꝛc.
Da klingt es folgender maſſen
im 2ten Recitativ:
Das Denckmal/ das der Doctor

Paul

Den Schriftgelehrten wollen ſtif-

ten/

Wo ſind die Meiſter in den Schrif-

ten? 1. Cor. 1, 20.

Und wenn er mit noch voll’rem

Maul

Nach ſeinem gegenwaͤrtigen Zwe-

cke

Mit Drecke Phil. 3, 8.

Die Wiſſenſchaft vergleichen thut,

Klingt auch nicht gut.

Herrnhut.III.Theil. JMan
(***)
Man ſiehet aus dieſem gantzen Meiſter-
geſang, was vor eine Wiſſenſchaft der
Apoſtel vor Augen haben ſoll, die er vor
Dreck mit vollem Maul ausgerufen
habe. Nemlich die Wiſſenſchaft alles
deſſen, was Zinzendorf in ſeinem Volck
nicht eingefuͤhret hat: was uns GOtt
unſer HErr zwar offenbaret, und zu ler-
nen befiehlet, aber doch Zinzendorf nicht.
Was, wie es Recitativ 1. ausgedrukt
wird, die Doctores/ Meiſter/ Pro-
feſſores/
wiſſen. Die Gaben/ da-
durch man zum beruͤhmten Mann
kan werden Recitat.
3. ſind ebenfals
Dreck, ob ſie wohl Gaben GOttes ſind,
Jac. 1, 17. Die Leydenslehr ſoll allein
kein Dreck ſeyn, Recit. 6. Und wer
auf Univerſitaͤten, nebſt dieſer Haupt-
und Grundlehre, noch etwas weiter von
der Heilsordnung, den Pflichten der
Menſchen, die auf dieſer Heilsordnung
beruhen, auch von andern Wercken GOt-
tes, erlernet; der ſamlet nur Dreck ein,
und toͤdtet den ſeeligen Gnadenmuth.
Es waͤre wohl recht gut/

Wenn Univerſitaͤten

Den ſeel’gen Gnadenmuth/

Der auf der Leydenslehr beruht/

Nicht
(***)
Nicht koͤnten oder wolten toͤdten.

Das Blut

War doch das ein’ge Gut

Der Apoſtel und Propheten.

Das andere alles heiſſet Wirrwar und
Getraͤum/
(Recit. 5.) deme die Semi-
nariſten zu Lindheim gluͤcklich entgangen
ſind, und nur ein Getoͤn mit dem Lamme
machen.
Daß Paulus die Wiſſenſchaft an
ſich, ſie ſeye von geiſt- oder leiblichen
Dingen, Dreck ſoll genennet haben,
Phil. 3, 8. das iſt eine falſche unver-
nuͤnftige Deutung einer goͤttlichen War-
heit. 1) Die irrige Saͤtze der falſchen
Apoſtel, nennet er Dreck. Der Zuſam-
menhang der Worte v. 2. - 8. zeiget
dieſes unwiederſprechlich. Der Stoltz
und Trotz auf die Beſchneidung/ auf
die phariſaͤiſche falſche Gerechtig-
keit/
auf die Verdienſtlichkeit der Wer-
cke, auf einen blinden Religionseifer,
der Chriſtum ſo gar verfolgete: Das
alles war bey Paulo, in ſeinem vorigen
phariſaͤiſchen Zuſtande, lauter Ruhm,
Verdienſt, Gewinn und Gluͤckſeeligkeit,
lauter Schmuk und Kronen, ſo gar vor
die Ewigkeit. Wie etwa jetzt das Zin-
J 2zen-
(***)
zendorfiſche Formenwerck, und die menſch-
liche Satzungen dieſer Sekte. Nun war
es Dreck, da er den Heyland kennete,
und an ſtatt dieſer eigenen, ſuͤndlichen,
befleckten Gerechtigkeit, eine goͤttliche/
guͤltige, theuere, ewige Gerechtigkeit in
Chriſto JEſu, gelernet, gefunden, und
erlanget hatte, v. 9. 2) Aller Mis-
brauch
der beſten Warheiten und Wiſ-
ſenſchaften, mithin auch der herrnhuti-
ſche Misbrauch des Blutes und der
Wunden, iſt ebenfals Schaden und
Hindernis, und die Vortheile, welche
man durch ſolchen Misbrauch zu erjagen
hoffet, ſind weniger als nichts, ſie ſind
Dreck/ Verluſt und Muͤhe. Hingegen
die Warheiten ſelbſt ſind edel, und ihre
Wiſſenſchaft iſt nach Verſchiedenheit ſol-
cher Warheiten ein Mittel zur Seelig-
keit, und zum Preis des HErrn.
Hat nun Paulus damit lehren wollen,
daß alles Wiſſen, das unmittelbar mit
dem Blut beſchaͤftiget ſeye, als Dreck
und Unflat muͤſſe verabſcheuet werden?
daß der heilige Geiſt, wann er die Heils-
ordnung, Lebenspflichten, die Gottheit
JEſu, ſeinen Erhoͤhungsſtand ꝛc. in der
heiligen Schrift vortraͤget, uns mit lauter
Dreck abſpeiſen wollen? Jſt das ruͤhm-
lich vor die goͤttliche Lehren? oder laͤſter-
lich?
(***)
lich? Muͤſte nicht Paulus ſich ſelbſt be-
ſchuldigen, daß er ein Dreckprediger
ſeye, wann er in eben dieſem Brief an
die Philipper, und in allen ſeinen goͤtt-
lichen Schriften, nebſt deme, daß er das
Blut Chriſti anpreiſet, auch die Wiſ-
ſenſchaft der andern Glaubenslehren da-
mit verbindet?
Jſt das nicht eine ſchaͤndliche Verfuͤh-
rung der armen Jugend, in dieſer neuen
Pflantzſchule? daß alle goͤttliche und
menſchliche Lehren, alles, wodurch der
Zinzendorfiſche Greuel aufgedeckt werden
kan, ihnen gleich Anfangs als Dreck und
Unrath abgemahlet wird?
Jch ſehe bey dieſer Gelegenheit die
Urſache ein, warum Zinzendorf es den
Heyland verdenket, daß er in ſeinem
Kampf gegen den Satan Matth. 4, 1.
ſolche Schriftſtellen gebraucht habe, die
nichts von Wunden in ſich haben. Ge-
wiß muß Zinzendorf gedacht haben, der
Sohn GOttes habe ſich ſchlecht in die-
ſer Verſuchung aufgefuͤhret, und ſich nur
mit Dreck gewehret. Er ſchreibet es
der Schwachheit Chriſti nicht undeut-
lich zu, daß er ſo ſchlechte Spruͤche gegen
den Satan hingebetet. So lautet es
in dem Lied: Jch ſeh Jhn (den Hey-
land) in dem Flus bis an die Stirne
J 3knien;
(***)
knien; gleich nach der Taufe muß
er in die Wuͤſten ziehen/ da ſitzt er
ohne Speis und Schlaf/ und Com-
panie/ beym Kobolt und der Geiß/
und voll Melancholie ꝛc.
Ferner im
2. Vers: Wann Satan auf ihn
ſticht/ bet’t er ſo Spruͤchel her/ wie
ers zuſammen kriegt.
Dieſer Geſang
ſtehet bey der Predig von der Freund-
ſchaftlichkeit des Heylandes ꝛc. ge-
halten in Bethlehem bey Marien-
born 1745. den 22. Aug. ſ.
3. Hier
hat Zinzendorf den Heyland ſehr melan-
choliſch geſehen, und daher ſo ſchlecht
beten. Auch ſchreibet er in einem an-
dern Liede von den vielmaligen Me-
lancholien/
welche der Heyland in ſei-
nem Leben gehabt. Siehe die Predig
von der bleibenden Erkentniß GOt-
tes/ den 13. Mertz
1746. wo im bey-
gefuͤgten Liede ſ. 16. es alſo lautet:
v. 15.
- - Melancholien

Sahe man manchmal wie Nebel
ziehen

Vors ſeel’ge Hertz.

Nachdem er (v. 12.) bis ins drey-
ſigſte Jahr

Auf ſeinem Handwerk geblieben

war.

Wann
(*)
Man beliebe den zweyten Theil nach-
zuleſen, wo die herrnhutiſche Verachtung
der
(***)
Wann demnach der Sohn GOttes ſo
Spruͤchel/ wie er ſie zuſammen
kriegt/
gegen den Satan herbetet;
ſo muß man nach Zinzendorfs Anwei-
ſung ſeinem goͤttlichen Exempel nicht
folgen, ſondern gedencken, daß der Sohn
GOttes damals von der Melancholie
verwirrt geweſen. Er zeiget hingegen
ſeinen Bruͤdern, was ſie herbeten
muͤſten/
daß es gar niemal zum
Streit mit dem Satan komme/
Predig von der Einfalt in Chriſto
ſ. 6. 7. Aber was iſt das nun fuͤr
ein Kunſtſtuͤck? da haben wir ein
Versgen/ das will ich herbeten: - -
Das iſt ſo das Hauptſtuͤck der wei-
ſen Maximen/ damit ſich die Strei-
ter des Laͤmmeleins ruͤhmen. Das
Auge nicht wenden vom Wunden-
blik. Jch will aber auch einen
Spruch anfuͤhren/ damit ichs be-
weiſen muß: Wenn dein Auge ein-
faͤltig iſt/
(auf nichts, als auf die Lei-
che JEſu ſiehet) ꝛc. ꝛc.
(*)
der heiligen Schrift unwiederſprechlich,
aus den unlaͤugbaren Schriften des Zin-
Zinzendorfs dargethan wird. Mir grauet
vor dem Erfolg, wann ich daran geden-
cke. Jch ſehe ein Exempel an dem be-
ruͤchtigten Edelmann/ einem ehemahli-
gen Herrnhuter. Dieſer beſchoͤnigte im
Anfang ſeine ſchaͤndliche Bruten mit
Zeugniſſen aus der Schrift. Als zuletzt
nichts mehr zuſammen haͤngen, und keine
Schriftſtelle ſich fernerhin bis auf die
abgefeimte unſinnige Gotteslaͤſterungen,
verkehren laſſen wolte: ſo gienge es an
die Goͤttlichkeit der heiligen Schrift. Er
beſchuldigte die goͤttliche Offenbahrung,
die
(*)
die er vorher zu Beſtreitung der War-
heiten als die eintzige Erkentnisquelle an-
genommen, gar bald eines und des an-
dern handgreiflichen Jrthums. Bis ihn
der Satan ſo weit brachte, daß er [viel]-
mehr das Buch der heiligen Schrift zum
eintzigen Gegenſtand ſeiner Laͤſterungen
machet. Wie weit Zinzendorf noch von
ihm ſeye, das zeiget die betruͤbte Erfah-
rung. Und ich fuͤrchte ſehr, ſie wird
bald ein mehreres zeigen. Von Ver-
werfung der Heilsordnung, ſiehe den
erſten Theil.
(*)
So heiſt es im herrnhutiſchen Lied,
das (not. **) ſogleich ſoll angefuͤhret
werden v. 11.
(**)
Auſſer dem, was im erſten Theil von
dem
(**)
dem heiligen Geiſt, als einer Gemahlin
des Vaters, angefuͤhret worden, koͤnnen
die Zinzendorfiſche gedruckte Predigen
und Lieder nachgeleſen werden, wo es
oftmals wiederholet iſt. Bey der Pre-
dig vom Vater/ dem GOTT der
Gemeine/ gehalten 1745. den 19.
December
ſtehet ein Lied: O du der
Creatuͤrlichkeit ꝛc. ꝛc.
wo es v. 3.
heiſet: Der Sohn habe ſich einmahl
in GOtt ergebener Luſt
bey ihrem
Liebesmal mit dem Gemahl ſeines
Vaters/
des Urgotts/ (der eben da-
mals goͤttlich geſchlafen/)
nemlich
dem heiligen Geiſt/ gekuͤſſet. Son-
derlich ſiehet man dieſes in der Rede
von dem Mutteramte des heiligen
Geiſtes/ gehalten in Bethlehem bey
Marienborn/ den 27. May
1745.
Wo der Lobgeſang auf den heiligen Geiſt,
als Mutter, gerichtet iſt, ſ. 5. GOtt/
du Mutter der Kirchen all/ GGtt
Vaters ewiges Gemahl.
Hieraus
offenbaret ſich ein neues Geheimnis der
Bosheit. Nemlich die erſte Perſon,
der himmliſche Vater, hat den heiligen
Geiſt von Ewigkeit her zu ſeiner Frau ge-
habt. Zinzendorf nennet ihn ſein ewi-
ges Gemahl:
nicht nur deswegen,
weil er von der Schoͤpfung an, bis in
Ewig-
(**)
Ewigkeit ein ſolches Gemahl bleiben ſoll,
ſondern, weil er vor Grundlegung der
Welt/
mithin von Ewigkeit her, ein
ſolches Gemahl des Vaters ſoll geweſen
ſeyn: dann als ſich GOtt der Sohn, mit
des Vaters Gemahlin gekuͤſſet haben
ſoll, v. 3. da hat ſich allererſt ein Per-
ſpectiv von tauſend Weltgeruͤſten
praͤſentiret.
Folglich war die Welt
dazumahl noch nicht, und der Vater
hatte doch ſchon eine Frau. Den Sohn
GOttes macht er in eben dieſem Geſang
zu einem Sohn des heiligen Geiſtes.
So bald ein Menſch ein neues Leben
erlanget hat v. 10. von dem Monat
an v. 12. glaubet er/ daß er ein
Geſchwey/ das iſt eine Sohnes-
Frau des Vaters und des Geiſtes

(als der beyden Schwieger-Eltern) iſt.
Das Lied klinget alſo:
v. 12. Von dem Momente an ſo
heiſts:

Jch glaube einen Reyhen

Von GOtt des Vaters und des
Geiſts

Ehrwuͤrdigen Geſchweyen ꝛc.

Er ſetzet eine Anmerkung dabey: Ge-
ſchwey iſt des Sohnes Frau/ nach

dem
(*)
Laſt uns die Erklaͤrung vernehmen. Jn
der Predig von der heiligen Drey-
einigkeit/ gehalten in der Schloß-
kirche zu Marienborn 1746. den 10.
Jenner
heiſet es alſo ſ. 23. Muß
doch die Mutter/ der heilige Geiſt/
manchmal den Kopf gleichſam in
die Hand nehmen/ und melancho-
liſch ſeyn/ und ſich keinen Rath
wiſſen/ weil er mit dem oder jenem

nicht
(**)
dem nativen Sinn dieſes Worts/
welches ſonſt misbrauchsweiſe/ auch
von aller Schwaͤgerſchaft gebraucht
wird.

Da er nun dieſe Geſchwey zu einer
Sohnesfrau des Vaters und des
Geiſtes macht; weil ſie den Sohn GOt-
tes geehlichet habe: ſo iſt offenbar, daß
er den Sohn GOttes, auch vor einen
Sohn des heiligen Geiſtes erklaͤret.
(*)
nicht fort kan/ und hat dabey ein
ſo muͤtterlich Hertz/ und ein ſolches
Gefuͤhl/ daß er uns geboren/ ge-
ſaͤugt und erzogen hat/ daß wir
ſeines Leibes Kinder ſind/ daß er
ſo viel Muͤhe mit uns gehabt; daß
er endlich froh iſt/ daß er nur ſeine
lebendige Kinder vor ſich ſieht/ daß
es ihm erſtaunlich ſchwer ankoͤmt/
wann er manchmal zuſchlagen/ hart
ſeyn/ und ein Exempel ſtatuiren
muß.

Daß auch der heilige Geiſt als
Gemeinmutter/
einen einmal gewon-
nenen
(*)
nenen Herrnhuter, wann er wieder durch-
gehet, anknuͤpfen muͤſſe/ damit er wie-
der komme, wann er auch gelaufen
waͤre ſo weit die Welt iſt/
das er-
zehlet Zinzendorf in einer Predig an dem
auſſerordentlichen Pilgergemeintag
in Marienborn 1745. den 26. Jenner
ſ. 20.
(*)
Predig von der taͤglichen Freude
der Chriſten/ am 8. Auguſti 1745.
ſ. 11. Wann uns der heilige Geiſt
einmal ſagt/ was das vor ein guter
Papa iſt/ der ſein eintzig Kind her-
gegeben/ - - - um ſeines
Sohnes kuͤnftige Ehefrau in ſeinen
Schoos zu kriegen. Wann unſere
Mutter uns alle Tage ſo daran er-
innert/ drauf weiſet/ drauf treibt/
drauf ſtoͤſt, wie ſie auch einmal das
Auge aufs Zeichen des Menſchen
Sohnes heften wird/ daß
alles/
was ſie mit uns redt/ was ſie fuͤr
uns thut/ wenn ſie unſer geiſtlicher
und leiblicher Artzt iſt/ und wenn
ſie uns ſo ungemein viel guten Rath
giebt/ und wenn ſie uns ſo oft
taͤglich und ſtuͤndlich/ mit einer
ſolchen erſtaunlichen Gedult unter-
richtet/ ꝛc. ꝛc.

Und in der Predig von der Tugend-
lichkeit des Heylandes ſ. 21. Wir
ſollen unſere Mutter/ den heiligen
Geiſt/ bitten/ daß er/ nach des

Hey-
(*)
Heylandes Verheiſſung/ uns in alle
Warheit leite; ꝛc. ꝛc.
Predig vom Mutteramte des hei-
ligen Geiſtes/ ſ.
11. woſelbſt er ſich
auch weiter erklaͤret ſ. 13. Wenn wir
uns bedencken/ wie wirs gemacht
haben/ ſeit dem wir unſere Mutter
recht haben kennen gelernet/ daß
uns der heilige Geiſt vor den Augen
geſchwebet hat/ als unſere wahre
Hausmutter; und daß ein jegliches
Glied unter uns/ gewuſt hat/ wo
es die
(Conduite) Einrichtung zu ſei-
nen Handlungen erſt hernehmen ſoll/
wem es darnach Red und Antwort
davon geben ſoll/ wers in der Ord-
nung erhalten muß/ wers loben
und tadeln muß/ wers erinnern
muß/ wenn was vergeſſen iſt/ wer
ihm alle die Gnade mittheilen muß/
in unverruͤkter Seeligkeit zu blei-
ben/ bey wem man abbitten muß/
wenn mans nicht recht gemacht/
wem man ſ[ey]n Leib und Seel zur
Artzeney und Pflege uͤbergeben muß:

Beden-
(*)
Bedencken wirs/ ſage ich/ wie wirs
ſeit dem gemacht haben/ daß der
heilige Geiſt unſere Mutter heiſt/
wie wir dem Bekentnis gemaͤs ge-
wandelt haben/ denn Gutes wiſſen
und nicht thun/ iſt eine Schmach
der Warheit: ſo muͤſſen wir uns
ſchaͤmen.
Ja, er gehet ſo weit, in eben
dieſer Predig, ſ. 9. daß er ſpricht, wir
muͤſten endlich in der That und
Warheit/ diejenige Herrlichkeit/ und
das beſondere Kennzeichen
(Chara-
cter
) oder mehrere ſolche Kennzei-
chen/ die den heiligen Geiſt in ſeiner
goͤttlichen Perſoͤnlichkeit unterſchei-
den/ auch an uns ſehen. Daß alſo
die gantze heilige Dreyeinigkeit in
eines jeglichen Bruders und Schwe-
ſters Bilde und Geſichtszuͤgen (Ge-
deante) ſich ſpiegle
- - Doch daß
auch ein blutiger Strahl vom Stirn-
blate des Sohnes aus den Augen
heraus leuchte/ daß man auf Mo-
mente/ auf Stunden/ manchmal
einem gleich anſehen kan: der hat
was geſehen: was ſieheſt du?
(*)
Er nennet zwar den heiligen Geiſt auch
die Mutter aller Dinge: (§. 79.)
allein er wird ſich die kleine Verwirrung
leicht verzeihen. Sonſt iſt der Heyland
bey ihm alleine der Schoͤpfer aller Din-
ge, und hat weder der Vater noch die
Mutter etwas dabey zu verrichten. Es
iſt auch wohl zu mercken, daß Zinzen-
dorf, wann es Noth thut, dieſen gantzen
hier gegebenen Begrif wieder umſtoͤßt.
(§. 86. f. 106.) Wie er zum Exempel,
die Lebendigmachung dem heiligen
Geiſt zuweilen beyleget, (§. 59. 66.)
ohne in dieſer Verwirrung daran zu ge-
dencken, daß er ſie dem Vater alleine
zuſchreiben muͤſſe, wann ſeine Kennzei-
chen beſtehen ſollen.
(**)
Die leibliche Verſorgung gehoͤret zwar
zu den Wolthaten des Naturrechts,
mit welchen, nach Zinzendorfs Bibel,
der heilige Geiſt ſonſten nichts zu thun
hat: allein, hier nimmt er es abermal ſo
genau nicht. Es ſind freylich die leib-
liche Wolthaten in ſo ferne Gnaden-
wolthaten, wann der himmliſche Vater
ſie um Chriſti willen ſeinen Kindern er-
weiſet, und als einen Seegen zum Be-
huf ihrer geiſtlichen Wolfahrt zuwirft.
Aber
(**)
Aber es haͤtte Zinzendorf eben daraus
lernen ſollen, wie verwegen es gehandelt
ſeye, die Wercke GOttes an den Crea-
turen, im Natur- und Gnadenreich, alſo
zu trennen, daß man mit Ausſchlieſſung
der uͤbrigen Perſonen, ſie nur einer bey-
legen will.
(*)
Dem heiligen Geiſte wird die Heili-
gung
als ein aͤuſſerlich perſoͤnliches Kenn-
zeichen, in den alten Glaubensbekentniſ-
ſen, und in der Erklaͤrung unſers Cate-
chismus, zueignungsweiſe, ohne Aus-
ſchlieſſung der uͤbrigen Perſonen, beyge-
leget. Da heiſet die Heiligung der Jn-
begrif aller Gnadenwuͤrckungen des hei-
ligen Geiſtes, wodurch er die Menſchen
der von Chriſto erworbenen Gnaden-
ſchaͤtze ſuchet theilhaftig zu machen, und
dieje-
(*)
Was will Zinzendorf antworten, wann
ſich der Sohn GOTTes einen guten
Hirten
nennet? Joh. 10, 1. f. der
ſeine
(*)
diejenige wuͤrcklich derſelben theilhaftig
macht, die ſich in ſeine Ordnung ſchiken.
Summa, alle geſeegnete Wuͤrkungen,
die ſich mit dem Gnadenberuf anfan-
gen, und mit dem ewigen Leben be-
ſchlieſſen.
Wie der ſeelige Doctor Lu-
ther in der Erklaͤrung des dritten Arti-
kels, ſie fuͤrtreflich zuſammen faſſet.
Alles, was der heilige Geiſt an einer
glaͤubigen Seele thut, bis ſie ins ewige
Leben eingehet, iſt nach Zinzendorfs
Begrif, die Mutterſchaft des heiligen
Geiſtes, (§. 83.) alſo iſt dieſe Mutter-
ſchaft/
oder das Ausgebaͤren, in ſo weit
eine und eben die Sache, welche die
chriſtliche Kirche von Anbegin bis daher
die Heiligung nennet.
(*)
ſeine Schaͤflein weidet, ihrer pfleget, ſie
huͤtet, in ſeinem Schoos traͤget ꝛc. ſind
das nicht Muttergeſchafte? und kommen
doch dem Sohn zu!
(*)
Wann Zinzendorf gegen (§. 86.) ein-
wenden wolte, 1) er verſtehe zwar die
Wercke der Heiligung unter ſeinem
Ausgebaͤren/ aber doch nicht alle die
Heiligungswerke, die man dem heiligen
Geiſt in der Chriſtenheit beylege: mit-
hin werde von ihm das perſoͤnliche Kenn-
zeichen mehr eingeſchrenckt/ und da-
durch deutlicher und beſtimter gemacht?
So dienet ihm dieſer ſein angenomme-
ner Grundſatz zur Antwort. Dann daß
er das Ausgebaͤren erſt nach der Wie-
dergeburt anfaͤngt, und blos in die Er-
neurung ſetzet, mithin das Berufen/
und das gantze eigentliche Bekehrungs-
werk, das in Hervorbringung der Buſſe
und des Glaubens beſtehet, dem heili-
gen Geiſt abſpricht: Das iſt ein Satz,
der ausdruͤklich in der Schrift ſtehen
muß, und den noch kein Theologus an-
gefochten hat. Davon das Gegentheil
(§. 73.) erwieſen iſt.
2) Wen-
(*)
2) Wendet er ein: die Mutterſchaft und
das Ausgebaͤren, lege dem heiligen Geiſt
noch mehr bey, als in dem Heiligungs-
Geſchaͤfte ihm beygeleget werde: ſo ſtrei-
tet ebenfals dieſer ſein eigener Grundſatz
maͤchtig wider ihn ſelbſt. Dann wo ſte-
het ausdruͤcklich in der Schrift, daß
auſer dieſen Heiligungswercken der heili-
ge Geiſt noch mehr heiliges in uns wuͤrcke?
Es fabelt zwar Zinzendorf, der heilige
Geiſt bringe es ſoweit bey den Herrnhu-
tern, daß die Kennzeichen der goͤttli-
lichen Perſonen aus ihrem Geſichte
hervorleuchten, und daß man ihnen
dieſes ſowohl, als den blutigen
Strahl vom Stirnblat des Sohnes
auf Momenten und Stunden anſe-
hen koͤnne.
(§. 82.) Dieweil er aber
vorlaͤngſt mit ſeinen Bruͤdern ausge-
macht
(*)
macht hat, daß ihm keiner ein Wort
mehr glauben ſoll, (erſter Theil §. 18.)
und der heilige Geiſt unmoͤglich in den
glaubigen Seelen etwas wuͤrcken kan,
das auf eine bloſe Luͤge hinaus laufet; ſie
mag nun aus Verruͤckung der Fantaſie,
durch Hochmuth, oder aus Bosheit ih-
ren Urſprung haben: ſo wird Zinzendorf
mit dieſer verwegenen Fabel nur bei de-
nen Gehoͤr finden, welche darzu verur-
theilet ſind daß ſie den Luͤgen glauben.
(*)
Seine und ſeiner Bruͤder oͤffentliche
Bekentnis ſtehet gedruckt im Creutzreich
ſ. 67. unter dem Tittel: Dritte War-
heit: Man ſchaͤmt ſich, wenn man in

einem
(*)
einem Geſangbuche die Lieder vom
heiligen Geiſt lieſet — — bald heiſt er
Vater, bald Seelenbraͤutigam — —
bald Finger, bald Hort, bald Fels,
bald Schild — — und wenn mans
recht anſiehet ſo iſts ein Galima-
thias, ohne Sinn und Verſtand, da-
mit man den
Unitariisnur was zu la-
chen macht, als wuͤſte man nicht,
was man der dritten Perſon in der
GOttheit recht zu thun geben ſolte.

Es wird gleichviel ſeyn, ob der Satan
dieſes unmittelbar, oder ob er es durch den
Zinzendorfiſchen Mund redet. Gnug, daß
es der alten Schlange Geifer iſt. Dann
alle dieſe Benennungen gebrauchet der
heilige Geiſt ſelbſt in der Schrift, und
zwar von GOtt, mithin auch von ſich
ſelbſt. Wann nun dieſe Worte weder
Sinn noch Verſtand haben, und nur
den Feinden der Dreyeinigkeit etwas
zu lachen
geben, ſo faͤllt dieſe gantze Be-
ſchuldigung nicht auf das Geſangbuch,
wie Zinzendorf vorgibt, ſondern auf
GOtt, der in ſeinem Wort ſo reden ſoll,
daß man ſich ſchaͤmen muß es zu leſen,
weil es, als ein Galimathias, keinen
Sinn
(*)
Sinn und Verſtand hat, und ſeinen
Feinden zum Lachen gereichen muß.
Man ſiehet hier offenbarlich, was fuͤr
Ehrfurcht der Geiſt des Zinzendorfs vor
GOtt und ſeinem Wort heget, und zu
welcher Parthie er ſich bekennet. Dann
es kan ihm nicht verborgen ſeyn, daß
der heilige Geiſt GOttes Finger genen-
net wird. Luc.XI, 20 ſpricht Chriſtus,
ich treibe die Teufel aus durch GOt-
tes finger.
Allwo bereits die Kir-
chenvaͤter,
durch den Finger GOttes
den heiligen Geiſt, die Kraft aus der
Hoͤhe,
mit recht verſtehen. Dann als
die Feinde Chriſti das Wunderwerck des
Heilandes laͤſterten, ſo nennet Er die-
ſe Laͤſterung, eine Laͤſterung des heili-
gen Geiſtes,
welcher als der goͤttliche
Finger oder allmaͤchtige Geiſt, den HErrn
Chriſtum geſalbet hatte. Alſo nennet ihn
das Geſangbuch mit recht den Finger
GOttes,
nicht ſchlechthin den Finger,
wie Zinzendorf hoͤhnet. Hort, Fels,
und Schild, ſtehen im Davidiſchen Ge-
ſangbuch in einem vers beyſammen Pſalm
18, 3. wo David aus GOttes Eingeben
dieſe Worte von dem Jehova, dem
GOtt Jſraelis, gebrauchet. Er bildet
dadurch die goͤttliche Eigenſchaften ab,
nebſt deren Verhaͤltnis und Wuͤrckun-
gen an die Glaubige. Dieſe ſind den
L 3drei
(*)
drei Perſonen, mithin auch dem heiligen
Geiſt gemein. Dann obwohl ſie zueig-
nungsweiſe dem Sohn GOttes beigele-
get werden: ſo ſchlieſet doch David den
heiligen Geiſt nicht aus. Ja ſoferne
Wercke der Heiligung dadurch abge-
bildet werden, gehoͤren ſie auch beſonders
vor den heiligen Geiſt. Warum ſchaͤmet
ſich dann Zinzendorf dieſes zu leſen, und
ſtiftet die Feinde GOttes an, daruͤber
zu lachen? Vater und Seelenbraͤuti-
gam
ſind Goͤttliche Benennungen die
Zinzendorf ſelbſt, von GOtt gebrauchet,
aber mit welcher Ehrerbietung? das hat
er gar zu boshaftig hier verrathen.
Die Schoͤpfung wird dem Geiſt des Mun-
des
Chriſti, von Jhm ſelbſt beigeleget
Pſalm 33, 6. und der Dreieinige GOtt
heiſet ein Vater, wegen der Schoͤpfung
Malach. 2, 10. Und warum nennet
Zinzendorf in ſeinem Geſangbuche eben
dieſen Geiſt GOttes die Mutter NB.
aller Dinge? (§. 79.) Und der hei-
lige Geiſt ſoll zum Gelaͤchter werden,
ohne Sinn und Verſtand reden, daß
man ſich ſeiner ſchaͤmen muß, wann
er ſich in ſeinem Wort den Vater aller
Dinge nennet? Hat nicht Zinzendorf
ſelbſt, den Sohn GOttes ſehr oft den
Vater genennet? Jſt nicht ſeine, dem
Jnhalt nach ſchaͤndliche Predig vorhan-
den,
(**)
Der Name Fels, Hort, Schild,
finger GOttes,
ſind ohnſtreitig ver-
bluͤmte Benennungen GOttes. See-
len-
(*)
den, vom Vateramte des Sohnes?
Ja, wann Zinzendorf zugibt: der heilige
Geiſt macht lebendig, der Vater auch
(§. 66.) muß er nicht dadurch ſelbſt geſte-
hen, daß der heilige Geiſt wegen dieſer
Lebendigmachung, ein Vater heiſen koͤn-
ne? Was betet doch Zinzendorf wann er
im Gebet des HErrn Vater unſer,
ſpricht? Jſt das nicht an den heiligen
Geiſt
ſowohl als an die andere Perſo-
nen gerichtet? Doch ich weiß nicht ob
die Herrnhuter dieſes beten. Noch wei-
ter, der heilige Geiſt heiſet nach der
Schrift ein Braͤutigam der Seele, wie
oben gezeiget worden. (§. 46.)
Haͤtte der Geiſt der Bosheit dieſen Men-
ſchen nicht gaͤntzlich verblendet; ſo muͤſte
er doch wenigſtens ſoviel Scheu vor
GOtt haben, daß er zur Noth ſeines
Worts verſchonete, und ſeine Laͤſterung
auf gottſelige Maͤnner, die in ihren Frie-
den eingegangen ſind, zuruͤckbehielte.
(**)
lenbraͤutigam iſt von gleicher Art.
Vater ebenfalls: und zwar wegen der
Wiedergeburt, und nicht weniger we-
gen der Schoͤpfung. Dann als Vater
theilet GOtt den Geſchoͤpffen zwar das
Weſen mit, aber nicht eben daſſelbe
Weſen das in GOtt iſt; ſondern ein
endliches eingeſchrencktes und vor Crea-
turen gehoͤriges Weſen. Weil nun der
Muttername von eben dieſer Art iſt, und
nur goͤttliche Verhaͤltniſſe und Wuͤrckun-
gen gegen die Creaturen, ausdruͤcket,
ſo iſt er eine verbluͤmte Benennung;
mithin gleicher Beſchaffenheit mit der
obigen.
(*)
Siehe den erſten Theil ſ. 153. Ja er
ſpricht ausdruͤklich daſelbſt ſ. 150. 151. daß
der Heiland und die Mutter mit den See-
len handeln und ihnen zu Huͤlfe kommen.

Eine Mutter aber komt ihrem Kind zu Huͤlfe.
Er fuͤget hinzu ſ. 153. der Braͤutigam ſetzt
ſeine Braut, wenn ſie noch klein iſt, an
die Bruſt.
Thut das nicht die Mutter?
(*)
Man leſe die offenbare Proben der
Laͤſterung gegen die heilige Schrift und
ihr goͤttlich Eingeben, im andern Theil
ſ. 72. f.
(*)
Der Beweis iſt dieſer: das Wort
Mutter iſt bildlich. Es ſtellet eine Per-
ſon fuͤr, welche in der Ehe oder durch
Zuthuung eines Mannes Kinder empfan-
gen und gebohren hat: welche der Kinder
liebreich pfleget, und ihnen nach Beſchaf-
fenheit ihres Alters und verſchiedenen
Zuſtandes, die erſinnlichſte Proben der
allerzaͤrtlichſten Liebe erweiſet. Wann nun
GOtt, der ein Geiſt iſt, eine Mutter
genennet wird, ſo bringt mir das Bild
einer Mutter, im fall ich den Begrif
von GOtt und der Verſoͤhnung mit
GOtt, voraus geſetzet habe, folgende
Gedancken bey: GOtt iſt derjenige, der
mich zaͤrtlich liebet, und meine ſo geiſtli-
che als leibliche Wolfahrt mit der aller-
groͤſten Treue befoͤrdert. Daraus ſehe
ich noch nicht was es eigentlich vor
Wohlthaten ſind. Jch erkenne aus die-
ſem
(*)
ſem Mutterbilde weder die Schaͤtze des
Heils, noch die Heils-Ordnung, noch
die beſonderen Stuͤcke derſelben. Jch
muß uͤberhaupt erſt fragen: was thut
dann der HErr mein GOtt liebreiches an
mir? Und da antwortet die Schrift:
er berufet, ſamlet, erleuchtet, heiliget
und erhaͤlt, im rechten Glauben. Er
verleihet mir endlich einen ſeeligen Uber-
gang in die Herrlichkeit, und erwecket
meinen Leib am juͤngſten Tage ꝛc. Ohne
dieſe eigentliche ſchriftmaͤſige Be-
griffe,
bleibet das Wort Mutter, ein
dunckeles, und ſehr unbeſtuntes Wort.
Und ſo iſt es auch mit den leiblichen
Wohlthaten beſchaffen die durch dieſes
Wort ſollen bezeichnet werden.
Du ſprichſt: 1) ja, die heilige Schrift be-
dienet ſich doch dieſes Worts, ſolche
Wohlthaten damit anzuzeigen? Jſt ſie
dann auch dunckel und unbeſtimt? Ant-
wort, das wuͤrde freilich ſeyn, wann die
heilige Schrift uns die obgedachte Wohl-
thaten bloß und allein unter dem Wort
Mutter zu erkennen gegeben haͤtte.
Aber
(*)
Aber ſie verfaͤhret gantz anders. Sie
zeiget uns erſtlich dieſe Wohlthaten mit
eigentlichen Worten an. Von den
leiblichen, ſagt ſie: GOtt iſt es, der
uns in dieſe Welt bringet, erhaͤlt, ver-
ſorget, regieret. Von den geiſtlichen:
GOtt iſt es, der die Buſe und den
Glauben in uns wuͤrcket, uns rechtfer-
tiget und zu Kindern annimt, uns taͤg-
lich und reichlich die Suͤnden vergiebet,
das Gute in uns erhaͤlt, vermehret, uns
vollbereitet, kraͤftiget, gruͤndet, uns
unſtraͤflich behaͤlt, bis auf den Tag Chri-
ſti, uns von den Todten auferwecket,
verherrlichet ꝛc. Wann dieſes geſchehen
iſt, ſo gebrauchet ſie ein Bild, dieſe geiſt-
liche Sachen in etwas begreiflich zu ma-
chen. Wer nun die eigentliche Begriffe
und darauf gerichtete Benennungen
dieſer Wohlthaten, bey ſeit ſetzet, und
ſogar zur Aufrichtung des Glaubens
ſie undienlich
achtet, (§. 93.) der han-
delt gegen die heilige Schrift. Er nimt
das Nebenwort das blos zur bildlichen
Erlaͤuterung eines ſchon vorausgeſetzten
Begrifs, vom heiligen Geiſt gebrauchet
wird, und laͤſſet das eigentliche fahren.
Mithin behaͤlt er nichts uͤbrig, als einen
gantz unbeſtimten, und zur wahren Er-
kentnis, folglich zum Glauben, nicht
hinreichenden Begrif.
Zin-
(*)
Zinzendorf aber iſt ſo kuͤnſtlich, und nimt
dieſes Wort an, als das eintzige zu
dieſen Wohlthaten ſchickliche und gnug-
ſame Wort; mit Beiſeitſetzung deſſen,
was in der Schrift und chriſtlichen Be-
kentniſſen davon ſtehet. Ja er verſichert
zum voraus, daß dieſe Verwechſelung
hoͤchſtnoͤthig, und ein Glaubens-Artickel
ſeye (§. 53.)
Will man 2) einwenden, durch das Wort
Mutter, werde die Sache dem ge-
meinen Mann begreiflicher, als durch
die eigentliche Worte: ſo iſt dieſe Ein-
wendung vom Zinzendorf bereits gemacht
worden. Jm Creutzreich ſpricht er ſ. 67.
er bezeichne den heiligen Geiſt mit
dieſem Wort, damit auch die Bau-
ren was davon faſſen moͤchten.
Und
oben redet er noch trotziger (§. 17.) der
waͤre im geiſt- und leiblichen Ver-
ſtande ein Vieh, wer alſo das Ge-
heimnis der heiligen Dreinigkeit nicht
faſſen koͤnte.
Allein es dienet zur Ant-
wort: (a) durch das bloſſe allegoriſche
Wort Mutter, faſſet weder der Ge-
lehrte noch der Bauer etwas beſtimtes von
GOtt und ſeinen Wohlthaten. Jch ge-
ſchweige von dem Unterſchied der goͤtt-
lichen Perſonen, davon unten noch zu
reden ſeyn wird. (b) Die heilige Schrift,
welche uns eigentliche und nicht ver-
bluͤmte
(*)
bluͤmte Benennungen an Hand gibt, iſt
ſowohl vor den Bauern, als vor die Ge-
lehrten geſchrieben, und der heilige Geiſt
hat ſich ſchon gnugſam nach ihrem Be-
grif gerichtet, wann er ſolche eigentliche
Benennungen gebrauchet. Will dann
nun Zinzendorf kluͤger ſeyn als der heilige
Geiſt? Oder iſt der Bauernglaube, den
er mit dieſem bloſen Wort aufrichten will,
ein anderer Glaube, als der Glaube der
Gelehrten? c) durch das ſinnliche Mut-
terbild, wann die eigentliche Benennun-
gen GOttes davon getrennet werden,
geſchiehet es gar leichtlich, daß der Bauer
auf finnliche Gedancken von GOtt gelei-
tet wird, und das geiſtliche Weſen des
Allerhoͤchſten daruͤber vergiſſet. Alle Ab-
goͤtterey iſt durch dieſen Methodismum
entſtanden. Denn verſchiedene Lehrer
ſuchten das Unſichtbare in GOtt, ſei-
ne ewige Kraft und Gottheit, durch
ſinnliche Bilder dem Volck begreiflich zu
machen. Nach und nach wurden die ei-
gentliche Begriffe verlohren. Man gien-
ge in der ſinnlichen Vorſtellung ſoweit,
daß man gar Bilder machte, von weib-
lichem und maͤnnlichem Geſchlechte, um
dadurch die Gottheit und ihre Wohltha-
ten, recht handgreiflich vorzuſtellen.
Zinzendorf iſt ſehr nahe auf dieſem
Sprung. Es fehlet nichts, als daß er
Herrnhut.III.Theil. Mſeine
(*)
ſeine ſinnliche Dreieinigkeit ſchnitzen laͤſſet.
Alsdann wird ein Vater mit ſeiner Frau,
die eine Mutter vorſtellet, und ein Braͤu-
tigam zum Vorſchein kommen. Wann
er dieſe in dem Saal der Gemeine auf-
ſtellen laͤſſet, ſo werden die hertzliche Leu-
te, das iſt, die blos an der Sinnlich-
keit kleben und fantaſtiſche Ruͤhrungen,
ohne eine wahre und gruͤndliche Erkent-
nis, aus Aberglauben und Gaukeleyen
empfinden, (§. 26.) gewiß ſo ſehr dadurch
geruͤhret werden, als im Herdenthum ge-
ſchahe, und durch verſchiedene Herrnhu-
tiſche Gauckelſpiele bereits geſchehen iſt.
Hier haͤtten wir dann den Schluͤſſel
darzu, was im Zinzendorfiſchen Reich
hertzliche Leute ſind. Mit dem Heiland
iſt es ſchon ziemlich weit bey den Herrn-
hutern gekommen. Dann er wechſelt
mit den Gemeinaͤlteſten im Jahrgang,
und umarmet die Bruͤder und Schwe-
ſtern um die Achſeln ꝛc.
(*)
Das Ausgebaͤren iſt eine muͤtterliche
Handlung, wodurch das Kind an das
Licht gebracht wird. Demnach zeiget
das Wort Ausgebaͤren viel weniger an,
als das Wort Mutter: und ſoll gleich-
wol ein perſoͤnlich Kennzeichen ſeyn (§. 5.)
welches auf die natuͤrlichſte und ſchrift-
maͤſigſte Art
ſeinen Begrif bezeichne.
Dann die Mutter empfaͤngt ja auch ihr
Kind: ſie traͤget es unter ihrem Hertzen,
ſie nehret es aus ihrem Blut, und ver-
ſchaffet ihm die noͤthige Keifwerdung
in Mutterleibe, wodurch es bey der ſo-
genanten Ausgebaͤrung tuͤchtig iſt zum
Genuß der freyeren Luft. Das ſind lau-
ter muͤtterliche Eigenſchaften und Wohl-
thaten in Anſehung des Kindes. Das
Ausgebaͤren aber, als ein ohnehin un-
foͤrmliches Wort, kan dieſes alles nicht
ausdruͤkken. Sollen die leibliche Wohl-
thaten
die wir von der Zeugung an, bis
an das Ende des Lebens genieſen, ein
Ausgebaͤren von Seiten GOttes ge-
nennet werden: ſo iſt eine ſchlechte Uber-
einſtimmung des Bildes mit der abgebil-
deten
(*)
deten Sache zu finden. GOtt gebaͤret
die Menſchen aus!
warum? weil er
ſie leiblich erhaͤlt und verſorget. Jſt dann
nicht das Ausgebaͤren eine Verſchaffung
des Ausgangs aus Mutterleibe? das
Tragen in Mutterleibe iſt ja weit un-
terſchieden von dem Ausgebaͤren. So
iſt es auch mit den Wohlthaten im Geiſt-
lichen. Soll GOtt als eine beſtaͤndig
im Ausgebaͤren begriffene Mutter vorge-
ſtellet werden, wann er uns wiedergebie-
ret, erneuret, von den Toden auferwe-
cket ꝛc.? Und gleichwol hat Zinzendorf
ſein Abſehen auf der Mutter Leib gerich-
tet, in welchem wir gleichſam liegen,
und ſolche, ſowohl geiſt- als leibliche
Wohlthaten GOttes genieſen ſollen (§.
83. 84.) bis wir in jenem Leben aus dieſem
Leib der Mutter, auf einmal in die Arme
des Braͤutigams, als eine Ehefrau aus-
geſchuͤttet werden. Und noch darzu ſol-
len wir nichts allegoriſch ſondern we-
ſentlich
dabey gedencken. (§. 81.) Unten
ſtehet ein mehreres (§. 125.)
(**)
Jſt nun dieſes Wort an ſich unfoͤrm-
lich, und untauglich das abzubilden, was
es ſonſt als einen geſunden Begrif abbil-
den ſolte, (Not.*) ſo kan es auch in der
Schrift nicht vorkommen. Das tra-
gen in Mutterleibe
leget ſich Paulus
bey, jedoch in allegoriſcher Bedeutung, ei-
ne gewiſſe aus der zaͤrtlichſten Liebe her-
flieſende geiſtliche Bearbeitung an den
ſehr ſchwachen Galatern damit abzubil-
den Gal. 4, 19. Bey dem Wachsthum
ihres neuen Menſchen hier im Gnaden-
reich, muſte dieſes Tragen in Mutterlei-
be, aufhoͤren. Es ſolte nur ſolange
waͤhren, bis Chriſtus in ihnen eine
Geſtalt
gewonnen haͤtte. Aber Zinzen-
dorf verſchlieſet ſeine Leute in den Mut-
terleib des H. Geiſtes bis ſie ins ewige Le-
ben kommen. Von einem ſolchen Mut-
terleibe GOttes,
dem ein Ausgebaͤ-
ren
von dieſer Art zukomme, finde ich
nichts
(***)
Jſt dieſes Ausgebaͤren ein leeres, und
von Zinzendorfs verruͤckter Fantaſie un-
gluͤcklich erfundenes Wort; ſo kan er
ſich hierbey erinnern was er von den goͤtt-
lichen Schriftworten Fels, Burg,
Schild
ꝛc. oben hoͤchſt frevelhaft gelaͤ-
ſtert hat. (§. 91.) Sein Ausgebaͤren
iſt in der That ein ſolches Wort, wie
er die goͤttliche Ausdruͤkke boshaftig be-
ſchreibet, daß ſie ein Galimathias oh-
ne Sinn und Verſtand, ein Lach-
ſpiel vor die Feinde der Dreieinig-
keit, das man ohne ſich zu ſchaͤmen

nicht
(**)
nichts in der gantzen heiligen Schrift.
Wie ſolte auch die Schrift ein ſo un-
foͤrmliches Bild gebrauchen? Jn der
gantzen Gnadenzeit, da er nicht aufhoͤ-
ret geiſt- und leibliche Wohlthaten zu er-
weiſen, muͤſte er angeſehen werden als
eine ſtets im Greiſen befindliche Mutter,
die in einem beſtaͤndigen Beginnen waͤ-
re uns aus ihrem Leibe heraus und an
das Licht zu ſchieben. Und das ſoll ſogar
ein perſoͤnlich Kennzeichen des H. Gei-
ſtes ſeyn!
(*)
Jch ſage nicht, daß ſein gantzes Ver-
gehen, blos in Erfindung eines ſolchen
Wortes beſtehe. Unten wird es weiter
gezeiget werden. Jetzt erfodert die Ord-
nung noch nichts weiters. Dieſes iſt
beilaͤufig anzumercken: Zinzendorf will
das Wort Buſe, Erbſunde, ꝛc. aus
der Kirche hinausfegen. Dieſe Woͤrter
ſind fuͤrtreflich, und ſchriftmaͤſig. Hin-
gegen macht er willkuͤhrlich neue Woͤrter
und
(***)
nicht leſen koͤnne, ſeyn ſollen. Und
doch ſoll ſein Wort eine Glaubens-Leh-
re ſeyn.
Das Wort Mutterleib, zumal vom hei-
ligen Geiſt als ein perſoͤnlich Kennzeichen
gebrauchet, iſt ebenfalls unziemlich, und
bringet die ungegruͤndete Leute, bey de-
nen es doch den Glauben aufrichten ſoll,
auf einen Geſchlechts-Unterſchied in der
Gottheit. Daher es in der Schrift, be-
vorab als ein perſoͤnlich Kennzeichen, nir-
gends befindlich iſt.
(*)
und eine Sprache der Gemeine, mit
dem Beyſatz: die evangeliſche Kirche re-
det die Sprache der Hottentotten. Er-
ſter Theil ſ.
172. Ob nun der Geiſt des
Friedens, oder des Antichriſts hierunter
walte? wird leicht zu finden ſeyn.
(*)
Siehe den erſten Theil ſ. 153.
(**)
So heiſen Zinzendorfs Worte, oben
(§. 5.)
(**)
(§. 5.) die ſchriftmaͤſigen Aemter der
Perſonen ſeyen das Erzeugen, das
Ausgebaͤren, und die Ehelichung,
die den Vater JEſu Chriſti vor der
Kinder GOttes wahren Vater, den
heiligen Geiſt fuͤr ihre eigentliche und
wahre Mutter, den Sohn GOttes
fuͤr ihren geiſtlichen einigen Braͤuti-
gam und Mann erklaͤren.
(*)
Der Beweis ſtehet im erſten Theil,
ſ.
146.
(**)
Daß er dieſes den Verleugnern der
Gnugthuung Chriſti zu gefallen gethan
habe, daran iſt wohl kein Zweifel (§. 2.)
dann was haͤtte ihn ſonſt darzu bewo-
gen?
(*)
Der Vater zeuget die geiſtliche Kin-
der. Weiter thut er nichts an ihnen
nach Zinzendorfs Glauben. Alſo iſt er
muͤſig in Anſehung deſſen, was an die-
ſen erzeugten Kindern noch weiter ge-
ſchiehet. Dann das thut die Mutter,
mit Ausſchlieſung des Vaters (§. 40.
und 66.) Alſo geſchiehet etwas an den
glaubigen Kindern, das der Vater nicht
thut. Noch weiter: den Vater JEſu
Chriſti ſoll mit denen, die keine Bruͤder
ſind, gar nichts zu ſchaffen haben, und
deshalben nicht von ihnen angebetet wer-
den. Siehe den zweiten Theil ſ. 164.
f. Alſo iſt er muͤſig in Anſehung
der Weltleute, die keine Herrnhuter,
und deswegen nur Hunde und Schwei-
ne ſind. So hat der Epikur einen GOtt
ertraͤumet. So iſt es auch mit der
Braͤutigamſchaft des Sohnes. Dann
weil Zinzendorf dem heiligen Geiſt als
Mutter, alles zu thun gibt, ſo wird nie-
mand
(**)
Dieſes folget aus dem erſten (Not. *)
von ſelbſten. Daß ein glaubiger Menſch
vollendet wird, darzu traͤgt der Vater
aus ſeiner Kraft die Zeugung bey, mit
Ausſchlieſung des Sohnes und heiligen
Geiſtes: der Sohn die Ehlichung, mit
Ausſchlieſung des Vaters und des heili-
gen Geiſtes: der heilige Geiſt das Aus-
gebaͤren,
mit Ausſchlieſung des Vaters
und des Sohnes. (§. 40.)
(*)
mand begreifen was der Sohn in dem
Werck der Mutterſchaft zu thun habe.
Hier iſt er muͤſig, ſo gut als der Vater
nach dem Herrnhutiſchen Plan muͤſig iſt,
wann die Kinder gezeuget ſind. Waͤre
er nicht muͤſig, ſo haͤtte nach Zinzendorfs
Philoſophie, der heilige Geiſt keine Per-
ſoͤnlichkeit mehr. (§. 40.)
(*)
Das ſind Zinzendorfs eigene Worte
die man nachleſen kan (§. 13.)
(**)
Dieſer gantze Satz gehoͤret eigentlich
in ein anderes Fach, nemlich wo Zinzen-
dorf aus ſeinen eigenen Grundlehren,
ſchon oben mit eilf Gruͤnden iſt widerle-
get worden. Aber wegen des genauen
Zuſammenhangs mit dem, was unmit-
telbar hier folget; iſt er bis hieher ver-
ſparet worden.
(*)
Es hat Zinzendorf nicht erklaͤret
was er durch das baden verſtehe. Aber
ſein Lehrbegrif gibt uns den Aufſchlus.
Gleichwie das baden nichts beytraͤget
zur Zeugung und Geburt des Kindes,
alſo ſoll auch die heilige Taufe nichts
darzu beytragen in geiſtlichem Verſtan-
de. Ob nun die Taufe ein bloſes
Zeichen
in ſeinen Augen iſt, (wie er an-
derswo zu erkennen gibt) oder ob ſie noch
einige geringe Flecken wuͤrcklich abwa-
ſchen ſolle; das laſſe ich an ſeinen Ort
geſtellet ſeyn. Gnug daß er die Kraft
der neuen Zeugung oder Geburt, der
Taufe deutlich abſpricht.
Man moͤchte zwar gedencken er rede hier
nur von den Erwachſenen, die den Glau-
ben ſchon hatten, mithin wuͤrcklich neu-
gebohren waren, wann man mit ihnen
zur Taufe ſchritte. Dann er fuͤhret ſol-
che Exempel an, die zu der Apoſtel Zeit
geſchehen ſind. Allein der beigefuͤgte
Beweis zeiget das Gegentheil, daß er
nemlich von der Taufe uͤberhaupt, mit-
hin auch von der Kindertaufe, reden
N 2muͤſſe.
(*)
muͤſſe. Dann 1) er fuͤhret die Worte
Pauli an, Tir. 3, 5. und zwar nur dieſe
Worte, daß die heilige Taufe ein Baad
der Wiedergeburt
genennet werde.
Das erklaͤret er alſo: ein Baad in wel-
chen die bereits wiedergebohrne nur
abgewaſchen werden. Und dieſes ferner
zu erhaͤrten, nimt er (§. 13.) das Bei-
ſpiel Johannis des Taͤufers, der ſchon
in Mutterleide mit dem heiligen Geiſt er-
fuͤllet worden Luc.I, 42. 47. (es ſoll
heiſen 41. 44. weil ſonſt kein Beweis
heraus kommen wuͤrde) mithin zur neuen
Zeugung und zum Ausgebaͤren keiner
Taufe beduͤrftig geweſen ſeye. Sodann
redet 2) Zinzendorf nicht von der Wuͤr-
ckung der Taufe blos in vergangenen Zei-
ten, ſondern davon, was uͤberhaupt ihr
Gebrauch ſeye. Er ſpricht: bey den ge-
tauften zu der Apoſtel Zeiten war die
Taufe das Waſſer, darin man
(noch
allezeit) des heiligen Geiſtes neuge-
bohrne Kinder badet.
Dieſe Erklaͤ-
rung iſt nun recht boshaftig. Dann die
Worte des heiligen Geiſtes lauten nicht
alſo: die Taufe iſt das Waſſer, darinn
man die neugebohrne Kindlein des
heiligen Geiſtes badet.
Sondern ſie
iſt ein Baad der Wiedergeburt,
welche Wiedergeburt der heilige
Geiſt verrichtet.

3) Wann
(*)
3) Wann Zinzendorf die Taufe der Er-
wachſenen die ſchon wuͤrcklich den Glau-
ben hatten, und denen die Taufe ein
Mittel war zur Staͤrckung und Ver-
mehrung ihres Glaubens, haͤtte beſchrei-
ben wollen: ſo muͤſten die folgende Wor-
te zu dieſem Zweck erwehlet worden ſeyn,
da die Taufe zugleich ein Baad der Er-
neurung
genennet wird. Aber dieſes
diente ihm nicht zu ſeiner Abſicht. Er
wolte die Taufe verkleinern. Daher er
auch das Wort ſeelig machen, dasvon
der Taufe gebrauchet wird, ſo entkraͤf-
tet hat, daß es heiſen ſolle: ſie hilft
durch. 2 Petr.
3, 21. wie im Zinzen-
dorf. Unfug
(lerna z) ſ. 188. f. ge-
zeiget wird. Er ſuchet bey aller Gele-
genhelt der Taufe einen Stos zu geben:
worzu ſein Ausgebaͤren ihm die Hand
bietet, dann
4) ſein angenommener Satz von dem Aus-
gebaͤren,
laͤſt ſich nicht anders einſchnuͤ-
ren als auf dieſe Art. Er ſiehet daß die
neue Zeugung durch Waſſer und Geiſt,
das iſt durch die Taufe, geſchiehet, in
welcher und durch welche der heilige
Geiſt wuͤrcket Joh. 3, 5. weil er nun
dem heiligen Geiſt die Zeugung abge-
ſprochen, und mit deſen Ausſchlieſung,
dem Vater alleine beigeleget hat: ſo kan
er ſich, da die Schrift allzudeutlich die
N 3Wuͤr-
(**)
Dieſes erweiſet nicht, daß deswegen
die Taufe ein leeres und bloſes Baad
ſeye. Es erhellet nur ſoviel daraus, daß
bey den Heiden, in einigen beſonderen
Exempeln ſich der HErr unſer GOtt an
die Taufe nicht gebunden habe, zu der
Zeit, da die Kirche noch zu pflantzen
war. Aber die Verachtung der Taufe
bleibet deswegen doch ſuͤndlich. Der
heilige Geiſt wuͤrde auf die Glaubige aus
den Heiden nicht gefallen ſeyn, wann ſie
ſolche Veraͤchter der Taufe wie Zinzen-
dorf iſt, geweſen waͤren.
(*)
Wuͤrckung der Taufe dem heiligen Geiſt
zugeeignet, nicht anders helfen, als er
muß ſagen: Man badet nur diejenige in
dem Waſſer die der heilige Geiſt be-
reits vorhin durch ſein Mutterge-
ſchaͤfte neugebohren hat.
(*)
Des Zinzendorfs fantaſtiſcher Begrif
von der heiligen Dreieinigkeit iſt ſo unan-
ſtaͤndig vor das reineſte Weſen der Gott-
heit, daß er an ſeinen grob-geſchnitzten
Bildern ſelbſt irre wird. Wann
er dem Vater den heiligen Geiſt zur Ge-
mahlin gibt, dieſer Gemahlin einen Mut-
terleib zueignet, und in dieſer brutalen
Fantaſie von einer Zeugung und Ausge-
burt redet, ſodann vom Sohn GOttes
ſpricht, daß er die erzeugten Kinder zur
Braut nehme und wenn ſie zu Jah-
ren gekommen, erkenne.
(§. 13.) ſo
muß man uͤber eine ſolche mehr als heid-
niſche Goͤtterfabel billig erſtaunen. Es
fehlet nichts als daß er der Empfaͤng-
nis
in dem Leibe des heiligen Geiſtes
noch darzu ſetzet: die er gewiß im Sinn
N 4hat,
(**)
Der Beweis davon ſtehet deutlich im
zweiten Theil ſ. 46. f. ſ. 60. f. Hier-
her gehoͤret zugleich das alles, was er
von der fanatiſchen Salbung des heili-
gen Geiſtes, welche der Belehrung
durch das Wort, entgegen geſetzet wird,
freventlich dichtet. Davon in der Dis-
put. vom Predigaͤrgernis, (noxa homi-
let.
) der Beweis zu ſehen iſt. Siehe
unter andern die Predig von der Tu-
gendlichkeit des Heilandes vom 16.
Jan.
1746. wo es ſ. 17. heiſet: ſobald
der Kaͤmmerer, oder, wie wir ihn
itzt mit Recht nennen, die Mutter,

der
(*)
hat, und etwa noch nicht mit ſo deutli-
chen Worten ſich blos geben mag.
Dann gewiß das ſo ſinnliche Ausgebaͤren
des heiligen Geiſtes, muß bey ſo be-
wandten Dingen eine Empfaͤngnis vor-
ausſetzen, damit die Mutterſchaft gantz
werde. Und da laͤſt ſich ohne Grauen
nicht gedencken, was die Zeugung des Va-
ters mit ſeiner Gemahlin uns ſagen ſolle.
(**)
der heilige Geiſt, die Brauthertzen,
und ein jegliches ins beſondere, ſo
heiliget, ein jegliches ſo zurichtet,
nach dem Sinn, nach dem Hertzen,
nach dem Thun und Laſſen, wies zu
der Geſellſchaft, wies an dem Ort,
zu dem Zweck, wies in demjenigen
Lauf und Gang, wies in dem Cha-
racter den daſſelbe Hertzel hat, ſee-
lig, himliſch, dem Sinn ſeines
Manns gemaͤs, und denen, die um
das Hertz ſind, erbaulich iſt,
(das
iſt das Ausgebaͤren) ſo ſind uns alle
Gedancken und Schluͤſſe erſpart
ꝛc. ꝛc.
Ja er ſpricht anderswo in der Pred. von
der Einfalt in Chriſto, die Triebe

des heiligen Geiſtes ſind lautermotus
involuntarii
, ſind lauter machinaliſche
Regungen. Und der Geiſt von wel-
chem ſie kommen, iſt JEſus Chriſtus
der in der H. Dreieinigkeit wohnt und
durch der H. Dreieinigkeit Hertz und
Sinn in uns hinein arbeitet.
(*)
Jm Creutzreich ſ. 67. Es iſt wahr,
daß die eigentliche Perſon an denſel-
ben Orten nach altteſtamentiſcher
Art, nicht dabey ſtehet, z. e. Das iſt
der heilige Geiſt, oder der Sohn,
aber nur darum, weil es im A. T.
uͤberall ſo bewannt, und das Ge-
heimnis der heiligen Dreieinigkeit
nirgends ſo auseinander geſetzet iſt.

Das mehrere ſtehet oben (§. 72. 73.) wo
man ſehen kan, wie Zinzendorf ſelbſt,
zum Beweis ſeiner Erfindung, gantz
deutliche und auſer allem Erklaͤrungs-
ſtreit geſetzte Schriftſtellen, zum voraus
verſprochen hat.
Man
(*)
Man pruͤfe nun ſeinen gegenwaͤrtigen Be-
weis dagegen. Nirgend ſpricht er, iſt
dieſe Sache im alten Teſtament aus-
einander geſetzt.
Alſo muͤſte ſie im
neuen Teſtament auseinander geſetzet
worden ſeyn. Aber da geſchiehet es
ebenfalls nirgend. Was bleibt nun
uͤbrig? Kein Menſch, weder ein Ketzer
noch Theologus (nach Zinzendorfs
Sprache zu reden) hat ſie ſo wie Zin-
zendorf, auseinander geſetzt. Alſo iſt
die gantze Sache nichts weiter als ein
Zinzendorfiſcher Fund oder Methodis-
mus (§. 65.)
(*)
Jſt es nicht eine unverantwortliche
Thorheit, die Perſonen der Gottheit un-
ter ſich ſelbſt als Vater, Mutter, und
Ehmann, deswegen vorzuſtellen, weil
ſich GOtt, in Anſehung der Menſchen,
bald unter dem Bild eines Vaters, bald
eines Ehemanns, bald einer Mutter,
kennbar machet? Zinzendorf machet
zwar Verhaͤltniſſe GOttes gegen die
Menſchen daraus. Aber auf eben dieſe
aͤuſerliche Verhaͤltniſſe GOttes gegen
die Menſchen, gruͤndet er anderswo eine
ſolche
(*)
ſolche Verwandſchaft der gaͤttlichen
Perſonen untereinander, daß die eine
der Vater, die andere die Mutter, mit-
hin die Frau der erſteren ſeye. Dann
wie koͤnte er ſonſten dem Vater ein Eh-
gemahl beygeben? (§. 104.) Solte der
Vater dieſes Ehegemahl haben, um der
ewigen Zeugung des Sohnes willen? ſo
waͤre der Zinzendorfiſche Unſinn noch
groͤſer.
Jmmittelſt hoͤret man in der Zinzendorfi-
ſchen Dreieinigkeit nichts mehr von dem
Sohn GOttes. Der heiſet nun Mann
oder Braͤutigam. Warum? weil ſeine
Unitarii den Sohn GOttes verlaͤugnen,
denen er doch nicht gerne vor den Kopf
ſtoſen, oder wie er ſpricht, etwas zu la-
chen machen will.
(§. 91.) Dann ei-
nen Mann und Braͤutigam koͤnnen ſie
leyden, aber keinen Sohn GOttes
(§. 2.)
*
Daß im menſchlichen Leben, Mann,
Vater, und Mutter, beyſammen ſind,
und keiner ein Sohn oder Kind heiſen
kan, der nicht auch einen Vater habe:
Das erfodert die menſchliche Natur.
Daß aber deswegen der HErr unſer
GOtt genoͤthiget ſeye von allen dreyen
ein Bild ſeines Verhaltens gegen die
Menſchen zu nehmen, weil er von einem
dieſer dreyen, einmahl ein Bild genom-
men hat; das iſt kindiſch gedacht. Wo
wolte es ſonſt herkommen? GOtt ver-
gleichet ſich mit einem Loͤwen, Chriſtus
mit einem Rehe auf den Bergen. Wer
wolte hieraus den Schlus machen, weil
dieſe Thiere in einem Walde gemeiniglich
beyſammen ſind, wo gleichwol auch andere
Thiere ſich befinden, ſo muß ſich GOtt mit
noch einem Thier vergleichen, damit wir
die drey Perſonen der Gottheit haben.
Wo ein Mann iſt, der in der Ehe ſtehet,
Herrnhut.III.Theil. Oda
*
da muß er ſein Weib verſorgen. Und es
iſt nicht nothwendig daß das Weib auch
zugleich, und weil es einen Mann hat,
darneben noch einen verſorgenden Vater,
und eine pflegende Mutter haben muͤſſe.
Umgekehret, weil ſie nun ein Weib iſt,
und einen Mann hat, ſo hoͤret die Va-
ter- und Mutterpflege eben deswegen
auf. Dieſe war noͤthig, da ſie noch ein
minderjaͤhrig Kind war. Jetzt iſt ſie ei-
ne Ehefrau, die keine Erziehung mehr
von ihrem Vater und Mutter er-
wartet.
Dieſes ſage ich, um zu zeigen, wie miß-
lich es gehandelt ſeye, wenn man mit
ſinnlichen Bildern handelt, und die Un-
terſchieds-Zeichen der goͤttlichen Perſo-
nen darauf gruͤnden will. Zinzendorf
nimt eine Ehe des Lammes mit der
glaubigen Seele
zum Grund. Da iſt
das Lamm ihr Ehemann. Nun will er
ein gantzes machen, und meinet, weil ei-
ne
*
ne Frau auch Vater und Mutter haben
muͤſſe (ſonſt waͤre ſie nicht gebohren) ſo
ſeye noͤthig, daß dieſe Ehefrau, der
Gottheit auch ihren Vater und Mutter
ſuchen muͤſſe. Das bringet er nun in
ein gantzes zuſammengeſetztes Bild, und
mahlet eine Dreieinigkeit daher: es moͤ-
gen ſich nun die Theile dieſes Bildes ſo
natuͤrlich oder unnatuͤrlich zuſammenſchi-
cken als ſie wollen. Seine Ehefrau
muß in einem und eben demſelben Bild
(dann ſonſten iſt es ein anders) ein Kind
ſeyn das erzeuget, und noch nicht ausge-
boren iſt, und zugleich eine Ehefrau, die
umarmet, und an die Bruſt geſetzet
wird. Gnug daß er ſeine Dreifaltigkeit
dadurch vormahlen kan.
(*)
Wie ſchlecht er dieſen Satz beweiſe, das
iſt am Tage, und bereits oben zur Genuͤ-
ge eroͤrtert worden. Die Stellen ſind
angefuͤhret. (§. 113.)
(**)
Nemlich weil er lieſet: GOtt nennet
ſich einen Vater und einen Mann: ſo den-
cket er dabey: in der Dreieinigkeit iſt eine
Perſon mit Ausſchlieſung der anderen,
der Vater, und zwar wegen der geiſt-
lichen Zeugung der Menſchen.
Die
andere Perſon iſt ein Mann, wegen der
Ehlichung. Und aus dieſen Gedan-
cken, die er doch ſelbſt machet, und die
ihm der heilige Geiſt nicht angibt, ziehet
er nun den Schlus: die dritte Perſon
muß Mutter heiſen.
Wird Zinzendorf aus Schriftſtellen bewei-
ſen: 1) daß GOtt ein Vater genennet
wird wegen geiſtlicher Zeugung der Men-
O 3ſchen,
(**)
ſchen, und zwar mit Ausſchlieſung der
andern goͤttlichen Perſonen: 2) inglei-
chem daß GOtt ein Mann genennet
wird wegen der Ehlichung, mit Aus-
ſchlieſung der uͤbrigen Perſonen, denen
die geiſtliche Zeugung nicht zukommt: al-
ſo, daß nun kein geiſtliches Geſchaͤfte an
die Menſchen, weiter uͤbrig bleibet als
das, was man die Mutterſchaft nennen
ſoll: ſo kan er dann 3) ſicher fortſchlie-
ſen: wann ſich nun GOtt in andern
Schriftſtellen eine Mutter nennet, mit
Ausſchlieſung der uͤbrigen Perſonen, wel-
che wegen einer ihnen nicht zukommen-
den Wuͤrckung an die Menſchen, nicht
koͤnnen Mutter heiſen: ſo wollen wir ſei-
nen Beweis gelten laſſen.
Allein weder das erſte noch zweite hat er
bewieſen. (§. 41.) Es ſind falſche Saͤ-
tze, (§. 43. 44.) Er hat ſie ſelbſt an-
derswo, da ihm dieſer Fund vergeſſen
war, umgeſtoſſen. (§. 86—97.) Al-
ſo kan aus zwey falſchen Saͤtzen kein
wahrer folgen. Mithin iſt auch der drit-
te
(**)
te falſch, und der Begrif der darinnen
lieget, verwerflich. (79—110.)
Jſt dann der Schlus folgender maſen nicht
viel richtiger: Weil wir AN der
Dreieinigkeit,
oder AN dem dreini-
gen GOtt einen Vater und Mann
haben; ſo haben wir an dieſem drei-
einigen GOtt auch eine Mutter,

wegen der vaͤterlichen, braͤutigamsmaͤſi-
gen und muͤtterlichen Liebe und Woltha-
ten, welche uns ſamt und ſonders, von
allen dreyen Perſonen, mit unzertrennli-
cher Wuͤrckung, erwieſen werden.
So ſiehet man daß der heilige Geiſt in allen
Schriftſtellen, wo dieſe bildliche Benen-
nungen GOttes vorkommen ſich nicht
vergeſſen habe:
ſo wenig als der Sohn
und der Vater ſich vergeſſen hat. Ja
er hat ſich auf dieſe Art noch weniger
vergeſſen, als auf Zinzendorfs Art.
Dann er vergiſt ſich nach dieſer ſchriftmaͤ-
ſigen Art nicht einmal unter den uͤbrigen
Namen. Dahingegen nach dem Zin-
zendorfiſchen Fund er ſich blos und allein
unter dem Mutternamen bedencken ſoll.
(*)
Wenn man alle die Bilder, womit
GOtt ſeine Eigenſchaften und Wuͤrckun-
gen vergleichet, zu goͤttlichen perſoͤnlichen
Kennzeichen machen wolte: wieviel goͤtt-
liche Perſonen wuͤrden gezehlet werden!
Ein Hausvater, ein Weingaͤrtner, ein
Hirte, ein Koͤnig, ein Baumeiſter ꝛc.
das ſind lauter neuteſtamentiſche Benen-
nungen GOttes. Jch geſchweige die
Propheten.
(*)
Jch moͤchte wiſſen, was Zinzendorf bey
ſolchen unverſchaͤmten Ausfluͤchten geden-
cket, ob ihn ſein noch uͤbriges Gewiſſen
nicht etwa dabey mahnet. Er will haben,
wir ſollen ihm zu gefallen bey einer an die-
ſem Ort mißrathenen Uberſetzung bleiben.
Erweiſet er dann die Warheit aus dem
Fehler des Uberſetzers? oder aus dem un-
fehlbaren Satz der Schrift?
1) Oben verſpricht er ausdruͤckliche
Schriftworte
(§. 5.) zu bringen, und
hier bringet er den Verſtos eines Men-
ſchen. 2) Oben verſpricht er ſolche Stel-
len, dagegen kein Ketzer und kein Theo-
logus ſoll aufgeſtanden ſeyn.
(§. 11. 73.)
Und hier ſtehet er ſelbſt gegen dieſen
Schrift-
(*)
Schrift-Ort nicht als ein Theologus,
ſondern ketzermaͤſig auf, wider beſſeres
Wiſſen. 3) Jn ſeinen natuͤrlichen
Reflexionen darf er nur etliche Blaͤtter
umwenden: da macht er ſelbſt folgende
Regel in der Beilage zu ſeinem
dritten Stuͤck, ſ. 41. Desgleichen
muß man mit Anfuͤhrung der Stel-
len behutſam ſeyn, die im Grundtext
anders lauten.
4) Wann eine zwey-
hundertjaͤhrige Uberſetzung ſo verehrens-
wuͤrdig ſeyn ſoll, auch an ſich ſelbſt, und
ohne die Fehler betrachtet: wie komt es
daß Zinzendorf mit eben dieſer zweyhun-
dertjaͤhrigen Uberſetzung Lutheri, was das
neue Teſtament betrift, gar nicht mehr
zufrieden iſt, ſondern eine neue ſehr un-
gluͤcklich geſchmiedet hat?
(*)
Nein, er wuͤrde ſo nicht antworten.
Dann ſeine Antwort waͤre ſo beſchaffen
ſeyn, daß er damit zu ſchanden wuͤrde.
(§. 79 — 110.) Wie ſolte der Prophet
den GOtt durch welchen er redet, ſo be-
ſchimpfen? Zinzendorf muß ſich dieſen
Methodismum ſchlechterdings abgewoͤh-
nen, dadurch er den Maͤnnern GOttes
Reden in den Mund leget, die er und
ſein Schwarmgeiſt erfunden hat. Das
iſt die Quelle ſeiner gantzen Schwaͤrme-
rey, daß er den Geiſt GOttes nicht reden
laͤſſet, ſondern durch ſein eigenes thoͤrich-
tes Reden, ihn lehren und zwingen will.
(*)
Wolte es jemand ſo uͤberſetzen, daß
GOtt ſagete: Solte ich im alten Te-
ſtament geiſtliche Kinder zeugen,
und eine Kirche haben, gleichwohl
aber im Neuen Teſtament keine geiſt-
liche Kinder unter den Heiden zeu-
gen? Gal.
4, 27. ſo wuͤrde der Zuſam-
menhang wohl damit ſtimmen. Es hat
der Herr D. Hallbauer ſchon verſchiede-
P 3nes
(*)
nes mit gutem Grund hierbey erinnert,
in dem lateiniſchen Weyhnacht-Pro-
gramma 1745. JEſus, GOttes und
Adams Sohn, ſ.
8. wie Er auch in an-
dern academiſchen Schriften, von Pruͤ-
fung der falſchen Propheten,
inglei-
chem von Neuen Uberſetzungen, dem
Zinzendorfiſchen Frevel entgegen ge-
het.
(*)
Daß die heidniſche Vielgoͤtterey
durch eben ſolche Fantaſien entſtanden iſt,
wird ein jeder Vernuͤnftiger ermeſſen.
Sie wolten vor ein jedes Geſchaͤfte einen
eigenen GOtt haben. Daher kam die
Lucina oder Diana, welche vor die leibli-
che Geburt ſorgen ſolte. Der Hymenaͤus
vor die Ehlichung, der Bachus vor die
Nahrung, und ſofort. Das ſolte ein je-
der dieſer Goͤtzen mit Ausſchlieſung des
andern Goͤtzen, verrichten. Daher be-
ſchweret ſich bisweilen der Neptun, uͤber
den Aeolus, weil ihm dieſer in ſein Amt
Eingrif gethan ꝛc. ꝛc.
(*)
Es iſt noch uͤberdas die Stelle worauf
gezielet wird, gewoͤhnlich mishandelt.
Die Juͤnger Apoſtelg. 19, 2. wuſten
nicht, daß ein heiliger Geiſt ſeye,
d. i.
daß Wundergaben des heiligen Gei-
ſtes bey
der Taufe mitgetheilet wuͤrden
Joh
(*)
Joh. 7, 39. Nechſtdeme taufte man ge-
wiß keinen Menſchen, ohne von dem hei-
ligen Geiſt ihn vorher zu unterrichten.
Matth. 28, 19.
(*)
Er beſchweret ſich (§. 14.) daß man ihm
die Erneurung alter Ketzereyen bei-
meſſe, die man doch in der Kirchenhi-
ſtorie nicht finde, ſondern Hirngeſpin-
ſte ſeyen.
Geſetzt nun man duͤrfte ihm
nach ſo vielen kundbaren Betriegereien
noch etwas, oder ſoviel, als den Kirchen-
ſcribenten oder noch mehr (wie er haben
will) glauben: ſo waͤre es ja deſto ſchaͤnd-
licher ſolche ketzeriſche Hirngeſpinſte in die
Welt
(*)
Welt zu bringen, dergleichen man we-
der in der alten noch neuen Kirchenge-
ſchichte antreffen koͤnte.
(*)
Die Herrnhuter ſind gantz beſondere
Busprediger. Sie halten bekantlich
auf die Buſe ſogar nichts, (ſiehe den er-
ſten Theil
) daß ſie auch das Wort nicht
hoͤren moͤgen. Ja ſie geben nicht zu, daß
es eine eigentliche Suͤnde gebe, auſer
den Unglauben. Allein wer ihnen zei-
get, daß ſie Aergerniſſe geben, der iſt bus-
faͤllig; der beleidigt ſie uͤber alle maſſen,
und handelt aͤrger, als wann er den lieben
GOtt gelaͤſtert haͤtte. Ja ſie ſagen ihm
deutlich, er begehe eine der Suͤnde in den
H. Geiſt, nicht unaͤhnliche
Bosheit.
Unfug (lerna Z.) ſ. 11. das iſt nun die erſte
Buspredig. Wann ſie damit fertig ſind,
ſo ſoll dann der Boͤſewicht und Schelm
(dann ſo nennet Zinzendorf ſeine Gegner)
ſogleich ſterben, es koſte was es wolle.
Und darzu ſoll ihnen der Heiland auf der
Stelle die Hand bieten, der ſoll ihn toͤd-
ten. Sie fuͤhren dabei trautige Mordge-
ſchichte an, wo die Gemeine ſolche Exem-
pel ſtatuiret habe. Stirbt aber ein Geg-
ner im Frieden; ſo heiſet es doch der Zorn
GOttes habe ihn geſchlachtet, wie den
Judas, weil er gegen die Bruͤder ge-
ſchric-
(*)
ſchrieben. Ja wann einer gefaͤhrlich
kranck wird, ſo frolocken ſchon die Bruͤ-
der uͤber ſeinen verhoften Hinrichtungs-
Tag, und klopfen in die Haͤnde uͤber die
vermeinte Rache GOttes. Mir ſelbſt iſt
dieſes begegnet: und der HErr der vom
Tode errettet, hat ihr Trotzen zu ſchanden
gemacht. Sie mengen uͤber dieſes noch
etwas weiters in ihre Buspredig. Wann
einer wuͤrcklich geſtorben iſt, ſo halten ſie
ihm eine Busparentation, und werfen
ihm noch etliche Steine in ſein Grab
meuchlings nach. Siehe Zinzendorfs na-
tuͤrliche Reflexionen ſ. 36. da heiſt es:
Man hoͤrt fuͤr gewiß ſagen, daß vo-
rigen Sommer ein vornchmer Lehrer
geſtorben iſt, der in ſeiner Fieberhitze
einmal uͤbers andere gerufen hat: der
Heiland und die Gemeine ſollen doch
nicht gewinnen, ſondern ich und der
Teufel wollen gewinnen. Geſetzt, die-

Q 4ſes
(*)
ſes in ſeiner Gegend allgemeine und
laute Geruͤcht, waͤre falſch, welches
mir lieb waͤre: ſo ſiehet man daraus
deutlich, was indifferente Zuhoͤrer
zuweilen von ihrer Lehrer Controvers
mit uns halten muͤſſen, und was fuͤr
Vorſtellungen davon, ihre Einbil-
dung
(Imagination) reimen kan.
Dieſes Maͤhrlein, ſo ſehlecht es auch ausge-
ſonnen iſt, hat doch viel Gift in ſich. Er
wolte es gerne wahrſcheinlicher machen,
als es ſeiner Natur nach ſeyn kan. Weil
ihm aber doch dieſes gar zu plump ſcheinet,
und die in der Fieberhitze ausgerufene
Worte, eine pure Herrnhutiſche Formel
ſind; ſo laͤſſet er ſich damit begnuͤgen:
indifferente Zuhoͤrer d. i. die Herrnhu-
tiſchgeſinnte haben den Glauben, daß der-
jenige Lehrer den Heiland verfolge, und
mit Huͤlfe des Teufels fechte, der die
Herrnhuter zu widerlegen ſuchet. Er leh-
ret
(*)
ret alſo die Bruͤder, wie ſie laͤſtern ſollen,
wann ſie es ja noch nicht voͤllig koͤnnen. Er
will den Fund gern allgemein machen:
der Heiland und die Herrnhuter ſind ein
Ding: der Teufel und die Lehrer der
Warheit ſind gleichfals eins und einerley.
Und doch mercket er wohl, daß ſich dieſes
nirgend behaupten laſſe als in der Fieber-
hitze.
Hingegen gibt er ſeinen Bruͤdern,
den indifferenten Zuhoͤrern, einen Frey-
brief, dieſen Satz auszubreiten, wann ſie
gleich in keiner Fieberhitze liegen. Warum?
weil ihr Herrnhutiſcher Kopf ordentlich ſo
beſchaffen iſt, wie andere Menſchen nur
auſerordentlich und in der Fieberhitze be-
ſchaffen ſind.
(*)
Sonſt wuͤrde er ſich mit ſeiner ſchlan-
genartigen Kruͤmme behelfen, und in den
Schlupfwinckel kriechen wollen, den er
ſonſt gefunden hat; wie ſein Bekentnis in
den naturellen Reflexionen Stuͤck 3. ſ.
24. lautet: daß aber freylich manch
Woͤrtgen in meinen an die Hertzen
und Ohren
(corda \& aures intelligen-
tium
) deren die mich verſtehen, gantz
allein
(privative) gerichteten und mit
meinem ſtracks entgegen laufenden
(directen) Unwillen in der Welt her-
umgehenden Reden und Gedichten
befindlich, deſſen genaueſten Zuſam-
menhang mit der Augſpurgiſchen
Confeßion ihrer viele nicht einſehen;
das glaube ich, und bedaure es, und
weiß nicht zu helfen? der fehler liegt
aber wohl mehr in dem Leſer als in den
Lection.
(**)
Siehe die Vorrede zum zweiten
Theil,
und Zinzendorfs Creutzreich im
Extract, nach Seite 240. wo die Bruͤ-
der ſich unterſchrieben, daß ſie die Bos-
heit der Lutheraner,
welche Jhro
Gnaden
ſoviel Hinderniß machten, gantz
hertzlich verabſcheuen.
(*)
Ein Hertz das nicht herrnhutiſch iſt,
nennet er ein ſolches, das mit des Hei-
landes Jdeen verderbt waͤre. Erſter
Theil ſ.
107.
(*)
Predig von der Einfalt in Chriſto vom
27. Mertz 1746. ſ. 11. wann wir ſolten
das Gegentheil thun, (wollen koͤnnen
wir nicht) wanns geſchehen ſolte, daß
wir was in denen Dingen vornaͤhmen,
das der Ehre, der Lehre, den Grund-
ſaͤtzen
(principiis) des Lammes, den Ma-
ximen
(*)
ximen ſeines Vaters, den Schulregeln,
den Mutterregeln des H. Geiſtes ent-
gegen waͤre, daß einen wuͤrcklichen ſchaͤd-
lichen Einfluß haben koͤnte, der uns koͤn-
te zugerechnet werden: ſo muͤſten wir
nothwendig erſt im Kopf verruͤkket wer-
den, an unſeren aͤuſeren Sinnen, oder
wir muͤſten ſchon vom Hertzen abgekom-
men ſeyn; oder es muͤſte dem Heiland be-
lieben, uns einmal von unſerer Noth von
unſerm Elend, von unſerer Unzulaͤng-
lichkeit
(Inſuſſicienz) kraͤftig zu uͤberzeu-
gen, weil wir uns ein Bisgen zu ſehr
lieb gehabt, guts zugetraut haͤtten, und
in Gefahr geſtanden waͤren, vor geiſtli-
cher Freude Narren zu werden, ein Bis-
gen aufzuſtoſen, wie man ſo den Ellen-
boges aufſtoſen kan, daß es einen Augen-
blick wehe thut, und einen wie aufweckt
aus der Kuhe, aus der Seeligkeit darin-
nen man iſt.
Aus
(*)
Aus ſolchen und dergleichen Urſachen
kans geſchehen, daß man Streiche macht,
und allerley Unrecht anfaͤngt.

Da nun Zinzendorf ſchon ſo lange Zeit und
ſo vielfaͤltige Streiche gemacht, und ſo
allerley Unrecht angefangen hat: ja, da
ſein gantzes Werck in dieſem ſo ſchaͤdli-
chen Geſchaͤfte beſtehet: ſo muß man bil-
lig ſein Urtheil gelten laſſen. Er mag an-
nehmen von den drey Urſachen welche er
will, ſo hat es ſeine Richtigkeit. Spricht
er: der Heiland habe dieſes gethan, der
habe ihm nur den Ellenbogen ein wenig
aufgeſtoſen;
ſo hat ihm die Bosheit den
Verſtand verruͤkt. Dann er. ſchiebet
muthwillig begangene, und gegen ſo viel-
faͤltiges Ermahnen fortgeſetzte Suͤnden,
auf den Heiland, und haͤlt ſie vor lauter
Kleinigkeit. Jſt er aber von ſeinem Her-
tzen abgekommon,
und zwar ſchon ſo lan-
ge Zeit, und von Tag zu Tage weiter: ſo
muß ihm abermal die Bosheit den Sinn
verruͤkt haben, da er nicht wieder zu ſei-
nem Hertzen kehren will, wann anders
ſein Hertz ehedem beſſer geweſen waͤre.
Die dritte Urſache iſt vor ſich klar.
Demnach nun muß er den Titel aͤndern,
und nicht mehr ſagen: Jch raſe nicht.
Gewiß, es waͤre Zeit dieſer Raſerey ein
Ende zu machen, und den Patienten in
ſolche
[256]Herrnhuterey in ihrer Schalkheit.
ſolche Schrancken zu bringen, welche den
Staat und die Kirche gegen weitere Wuͤr-
ckungen eines nerruͤkten Kopfs, ſicher
ſtellen moͤchten.

Dieses Werk ist gemeinfrei.


Rechtsinhaber*in
Kolimo+

Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2025). Collection 1. Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Herrnhuterey in ihrer Schalkheit. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bk10.0