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Vergleichendes Handbuch
der
Symbolik der Freimaurerei
mit besonderer Rücksicht
auf die
Mythologieen und Mysterien des Alterthums,


Band I.


Schaffhausen: .
Verlag der Fr. Hurter’schen Buchhandlung.
1861.
[]

Schnellpressendruck der J. G. Sprandel’schen Buchdruckerei in Stuttgart.

[[V]]

Vorrede.



Dem vorliegenden ersten Versuche einer vergleichenden wissenschaftlichen Symbolik der Freimaurerei habe ich nur wenige einleitende Worte vorauszusenden.

Vor Allem aus bitte ich aufrichtig um eine nicht allzu strenge Beurtheilung meines Versuches und meiner Leistungen, da das wissenschaftliche Feld, auf welches ich mich in dem reinsten Bestreben, der Freimaurerei nützlich zu sein und dieselbe geistig und wissenschaftlich zu heben, hinausgewagt habe, meinen ursprünglichen Beschäftigungen und Studien ferne liegt und von mir blos in freien Nebenstunden bebaut werden konnte und durfte. Ich weiss es wohl, dass es zu dem Unternehmen befähigtere und berufenere Männer gegeben hätte, besonders den ausgezeichneten und rühmlichst bekannten Mythologen Br. Preller in Weimar oder auch Br. Marbach in Leipzig: allein entweder hält ihr Eifer für die Maurerei mit ihren Fähigkeiten nicht gleichen Schritt oder, was wahrscheinlicher ist, die gewöhnliche maurerische Schriftstellerei in dem eng geschlossenen, dazu für Wissen- [VI] schaft und wissenschaftliche Bestrebungen leider oft wenig empfänglichen und höchst undankbaren Bruderkreise entmuthigt dieselben und schreckt sie ab. Schon deshalb betritt mein Werk kühn den offenen Markt- und Kampfplatz der Wissenschaft, um ihr Urtheil zu erfahren und um sie zugleich zu veranlassen, endlich einmal in grösserem Masse und ernstlicher, als solches bisher zum grossen Nachtheile für die Freimaurerei geschehen, die Idee, den Zweck, die Geschichte und das Sein der Freimaurerei zu behandeln und zu besprechen, und eine unbestreitbar weltgesehichtliche Erscheinung nicht länger beinahe völlig unbeachtet zu lassen und mit unpassendem Stillschweigen zu übergeben. Eine Einrichtung, welche nun seit beinahe anderthalb Jahrhunderten über alle Theile der Erde ausgebreitet ist und sich täglich noch mehr ausbreitet, der die grössten Geister aller Nationen, Dichter wie Philosophen, angehört haben und angehören, darf eine weltgeschichtliche genannt werden, um so eher, als sie nicht allein mit tausend unsichtbaren Fäden in das tägliche Leben hineingreift, sondern auch in der Literatur, in der schönen wie in der philosophischen, dem Kundigen sich wiederspiegelt. Von so grossem Einflusse das Mysterienwesen und die Mysterien auf das Griechen- und Römerthum, wie auf das gesammte Alterthum gewesen sind, eben diesen Einfluss übt auf die germanische Gegenwart die Freimaurerei, weshalb eine gründliche Geschichte der Vergangenheit und Gegenwart nur zu schreiben vermag, welcher von seiner Forschung und Betrachtung die alten Mysterien und die spätere Freimaurerei nicht ausschliesst. Nicht blos aber soll sich die Wissenschaft der Freimaurerei zuwenden und anschliessen, sondern noch mehr diese jener. Sicherlich wäre die Maurerei vor vielen Verirrungen und Träumereien bewahrt geblieben, wenn ihr stets die allgemeine Wissenschaft und vorzüglich die unbefangene Geschichtsschreibung, die Alterthums- [VII] kunde in ihrem ganzen Umfange, fördernd, warnend und schützend zur Seite gestanden wäre, – die Maurerei mehr in der Wissenschaft und wahren Geschichte, und diese mehr in jener gelebt und gewirkt hätte, – wenn die Maurer gelehrter und die Gelehrten öfter Maurer gewesen wären. Statt dessen zog sich die Freimaurerei, zumal in Deutschland, in den Schleier und das Dunkel des Geheimnisses, der Logen und der Brüder zurück, und schwärmte, träumte, phantasirte nach Herzens Lust und Durst, was um so schädlicher und verderblicher um sich griff, als in dem Bruderkreise die schlecht angewandte und missverstandene brüderliche Liebe und Milde nicht gestattete, Irrthum Irrthum, Thorheit Thorheit und Unwahrheit Unwahrheit zu nennen, sondern mit saurer Geduld die seltsamsten und unglaublichsten Dinge angehört und gelesen werden mussten, um ja nicht als unbrüderlich zu gelten und getadelt zu werden. Zuweilen wurden selbst wahrhafte geschichtliche Fabeln und Mährchen als zum s. g. System gehörig und als ein wichtiges, unter 7 Siegel zu legendes Geheimniss mitgetheilt und diesen Fabeln und Mährchen ihre eigene Geschichte geschrieben, wie sich selbst Lessing von der falschen Templerei in der Maurerei nicht frei erhalten konnte. Der wahre Freimaurer sollte aber durch offenen und in der Sache rücksichtlosen Tadel am wenigsten verletzt werden, da es seine heiligste Pflicht ist, nur die Wahrheit zu erforschen und auszubreiten. Unternahmen es einzelne Brüder, wie Krause, Mossdorf und Andere, über die Freimaurerei öffentlich und wissenschaftlich zu schreiben, wurden sie als Verräther geächtet und verfolgt; denn sie hatten mit frevelnder Hand die so gemüthlichen und theuren Traumgebilde zerrissen, – waren aus der beliebten brüderlichen Rolle und Sprache gefallen. Zu verrathen war und ist jedenfalls in der Freimaurerei dermalen Nichts, einerseits weil dieselbe niemals überhaupt wirkliche geschichtliche Geheim- [VIII] nisse besass und mit dem Vorgeben solcher Geheimnisse nur die Thoren hingehalten und getäuscht worden waren; andererseits aber in England und Frankreich, selbst in Deutschland, Alles längst im Drucke veröffentlicht und für jeden sich darum Bekümmernden in allen Buchhandlungen erhältlich ist, was nur immer veröffentlicht und gedruckt werden kann. Es ist eine kaum glaubliche und dennoch vollkommen wahre Thatsache, dass viele Logen diesseits und jenseits des Oceans ihre Rituale, Catechismen u. s. w. aus den im Buchhandel veröffentlichten Ritualen, Catechismen entlehnt und abgeschrieben haben, namentlieh das bekannte englische Buch: „Jachin and Boaz, an authentic key to the Door of Free-Masonry, both ancient and modern, d. i. „Jachin and Boaz, ein ächter Schlüssel zum Thore obwohl der alten als der neuförmigen Maurerei“ in England, Schottland und Nordamerika von den Logen und von den Brüdern im Stillen als ein förmliches Handbuch gebraucht wird 1) und auch nach diesem Buche das Ritualbuch der Loge zu Essingen durch Br. von Dalberg 2) und das Constitutionsbuch der Loge zu den drei Reisbrettern in Altenburg 3) bearbeitet ist, wie es die Brüder Fessler und Schroeder bei ihren Reformen als ein unbestreitbar ächtes zu Grunde gelegt haben: 4) allein dennoch wird vorzüglich von den deutschen Logen ihren Mitgliedern als eine strenge Pflicht auferlegt, die Rituale u. s. w. nicht öffentlich zu besprechen und als unverbrüchliches Geheimniss zu bewahren. Unter diesen Umständen oder bei dieser Möglichkeit, Alles und selbst das Geheimste aus öffentlichen, dazu nicht einmal [IX] maurerischen Quellen und Büchern erfahren zu können, fürchte ich daher auch nicht, etwa der Verletzung des Geheimnisses beschuldigt und verdächtigt zu werden, indem ich überall nur jene schon über ein halbes Jahrhundert allgemein geöffneten Quellen und Bücher benützt, und was ich über die maurerischen Symbole und Gebräuche gedacht und gesagt habe, leider keineswegs eine Logenlehre oder auch nur die Tradition einzelner Brüder, vielmehr meine eigensten Gedanken und somit auch mein freiestes Eigenthum sind. Die Freimaurerei als etwas Bestehendes und Geübtes kann und soll kein Geheimniss sein und ist es an keinem Orte, wo Logen sind; wohl aber kann und soll, was im stillen lnnern der Logen sich begibt und dort an guten Werken, an Werken der Liebe und Barmherzigkeit gethan und vollbracht wird, nicht prunkend zur Schau getragen werden, wie dieses aber gerade in Deutschland trotz der formellen Geheimnistuerei z. B. mit den Christbescheerungen an arme Kinder, mit den Bekleidungen bedürftiger Confirmanden u. s. f. zu geschehen pflegt. Es sind dieses ganz unmaurerische Schauspiele und Schaugepränge, welche der unbefangene Maurer und Nichtmaurer belächeln und beklagen muss. Es sind derartige Oeffentliehkeiten ein schlechter Commentar zu dem Satze, dass die äussern Antriebe, die Antriebe des Lohnes und des Beifalls dem Maurer gleichgültig und unbekannt sein sollen. Der nun in den ewigen Osten eingegangene Br. Hottinger, gewesener erster Grossmeister der Alpina, sprach sich vor der versammelten Grossloge über das Geheimthum dahin aus: „Wir werden gut thun zu bedenken, dass in unserer Zeit der wachsenden Oeffentlichkeit selbst Dasjenige, was wir in geschlossener Loge vornehmen, auch der Kenntniss der nicht maurerischen Welt auf die Dauer sich kaum entziehen kann, dass man den grössern Theil unserer Formen, Uebungen, Ausdrucksweise bereits kennt, [X] dass dieses kein Unglück, sondern eine Aufforderung ist, unseren Arbeiten einen desto würdigern Charakter zu erhalten und alles Dasjenige aus unsern Logen zu entfernen, was einem einsichtigen und unbefangenen Beobachter zweideutig, zwecklos oder kindisch erscheinen muss.“ – Die Lichtsuchenden sollen das Licht nicht fürchten und zu fürchten haben; nur das Schlechte liebt und sucht die Nacht.

Dass die vorhandene Literatur bei meinem Werke vollständiger hätte benützt werden können, gestehe ich gleichfalls gerne ein und werde diesen Mangel nach Kräften zu heben bemüht sein, wenn es mir vielleicht vergönnt werden sollte, eine zweite Ausgabe meines Werkes zu veranstalten. – Dem Schlussbande wird ein vollständiges Register und ein Verzeichniss der bemerkten Druckfehler beigefügt werden. Hängt es von dem Verfasser ab, soll der zweite Band des Werkes künftige Ostermesse ausgegeben werden.

Möge dieses Buch, das Ergebniss jahrelangen, mühvollen Forschens, Sammelns und Nachdenkens der Freimaurerei den Nutzen und Vortheil bringen, den ich allein dabei beabsichtigt habe.

Zürich im Januar 1861.

Dr. Schauberg.

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Vergleichendes Handbuch
der
Symbolik der Freimaurerei.
I.
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Verzeichniss der einzelnen Abhandlungen.



Seite
I.Ueber die von dem Monde und der Sonne abgeleiteten heiligen Zahlen1
II.Das Symbol des Schwertes22
III.Die dunkele Maurerloge, die Maurerhöhle56
IV.Die Maurerschürze71
V.Die königliche Kunst82
VI.Der Brudername86
VII.Das maurerische Abkürzungszeichen der drei Punkte92
VIII.Die Steinmetz- und die Logenzeichen95
IX.Der Spiegel104
X.Die Hand110
XI.Das Händeklatschen116
XII.Der 24zöllige Massstab126
XIII.Der Hammer136
XIV.Die Akazie, der heilige Baum des Lebens149
XV.Die maurerische Lehrweise170
XVI.Das Sommerjohannisfest als Rosenfest180
XVII.Das Symbol der drei Lichter der Sonne, des Mondes und des Meisters vom Stuhl und das Symbol der beiden Säulen205
XVIII.Das Feuer und das Licht als Symbol der Gottheit, des ewigen Lichtes240
XIX.Die Bibel als das erste und grösste Licht der drei grossen Lichter der Maurerei280
XX.Ueber die Entwicklung des Völkerrechtes als des alle Menschen und Völker als gleichberechtigt anerkennenden Rechtes293
XXI.Das heilige Wort301
XXII.Die unterscheidenden Grundgedanken des Lehrlings-, des Gesellen- und des Meistergrades325
XXIII.Das Symbol der Fessel331
XXIV.Ueber den Zusammenhang der Kirchenbaukunst, der Steinmetzkunst und der Maurerei mit der Bildung der alten Welt349
XXV.Das Bauen des Maurers378
XXVI.Das Gewissen als das Winkelmass des Gesellen384
XXVII.Der Osten392
XXVIII.Ueber das Symbol des maurerischen Schrittes433
XXIX.Das Niedertreten des linken Schuhes bei der Lehrlingsaufnahme. Die Reinigungen. Die Dreizahl. Die Gesellenweihen und die akademische Deposition446
XXX.Ueber die maurerischen Benennungen würdig, ehrwürdig, sehr ehrwürdig und hochwürdig. – Die Pythagoräer, Essäer und Druiden; die Yogalehre und der Szufismus520
XXXI.Ueber das Symbol des Sterbens des neu aufzunehmenden Meisters631
XXXII.Der Segen des Evangelisten Johannes639
XXXIII.Die maurerischen Trinksprüche646
XXXIV.Wer darf in der Loge, dem Tempel Gottes, weilen?649
XXXV.Die Jakobsleiter657
XXXVI.Ueber das maurerische oder weltbürgerliche Element des Rechts- und Staatslebens660
[1]

I.
Ueber die von dem Monde und der Sonne abgeleiteten heiligen Zahlen.

Der unter allen Himmelskörpern uns am nächsten stehende und so sehr in die Augen fallende Mond wurde zuerst näher und sorgfältiger beobachtet und an dem Monde lernte die Urmenschheit zuerst die Zeit messen, wesshalb auch bei fast allen Völkern der Erde der Mond und die Mondsgottheit, ein Gott oder eine Göttin, als der Vorsteher, Beherrscher und Eintheiler der Zeit erscheint und an den Mond sich die ganze Zeiteintheilung, die siebertägige Woche, der viertheilige oder vierwöchentliche Monat und das zwölfmonatliche Monds- und spätere Sonnenjahr mit den vier oder auch wie bei den Aegyptern nur drei 1) Jahreszeiten oder Jahresabschnitten unmittelbar anlehnt. Nicht allein aber das Leben und die Geschichte der Menschheit wurden auf diese Weise messbar, erhielten ein Mass, eine Zeiteintheilung, sondern die ganze Schöpfung selbst musste in dieser Zeit erfolgt sein und sich vollenden. Sieben Tage – auf den Ueberschuss achtete man nicht – gebraucht der Mond, um von dem Neumonde zum ersten Viertel zu gelangen; aber nur sechs Tage lang ist die Veränderung dem gewöhnlichen Auge bemerklich, am siebenten scheint der Mond zu ruhen, worauf eine neue Veränderung der Mondsphase in derselben Weise beginnt und abläuft.2) Wenn man also nur ungenau oder so genau, als dieses im Anfange der Menschheit geschehen konnte, die Zeit von einer [2] Mondsveränderung bis zur andern und den Zeitraum der vier Mondsphasen zusammen beobachtete und berechnete, erhielt man leicht und einfach die siebentägige Woche mit dem Tage der Ruhe darin und den vierwöchentlichen Monat oder den Mondsmonat von 28 Tagen. Sobald einmal die Verwandlungen der Mondsscheibe beobachtet und der Zeitrechnung, der Berechnung der Zeit zu Grunde gelegt wurden, musste man auch finden, dass während eines tropischen Jahres sich diese monatlichen Verwandlungen des Mondes, der Monat, zwölfmal wiederholen und zwölfmal von Neuem beginnen womit das zwölfmonatliche Mondsjahr gegeben war. 1) Schon die Urmenschheit, die Menschheit vor ihrer Trennung in verschiedene Stämme und Völker scheint die siebentägige Woche, den vierwöchentlichen Monat und das zwölfmonatliche Jahr mit den vier Jahresabschnitten oder vier Jahreszeiten gekannt zu haben, wofür wenigstens Einiges angeführt werden kann. Zunächst deutet die so merkwürdig übereinstimmende Mythe des Zendvolkes und der Juden, der Zendschriften und der mosaischen Genesis, also der Arier und der Semiten von der Schöpfung der Welt in sechs Tagen, von den sechs Schöpfungstagwerken2) darauf hin, dass die Arier und die Semiten gleichzeitig aus ihrem Ursitze die siebentägige Woche mitgenommen haben, obwohl allerdings beide Völker auch selbständig und getrennt den Mond beobachtet und an demselben die siebentägige Woche gefunden haben können. Jedoch macht die übereinstimmung in der Siebenzahl und zugleich in den sechs Tagwerken die gleichzeitige oder vereinte Auffindung wahrscheinlicher. Dass die Genesis von sechs Schöpfungstagen und die Zendschriften von 6000 Schöpfungsjahren reden, ist ohne Bedeutung, indem nach einer bekannten orientalischen Anschauung 1000 und mehr irdische Jahre gleich einem Tage Gottes sind und die mosaischen Tage gleichfalls als solche Gottestage, als sechs Schöpfungsperioden verstanden werden müssen. Sodann möchte die schon in [3] den ältesten Zeiten bei den verschiedensten Völkern in göttlichen und weltlichen Dingen angewandte Zwölfzahl und besonders das Zwölfgöttersystem 1) für deren Angegestammten oder für deren Mitbringen aus dem Ursitze der Völker und Menschheit angeführt werden dürfen. Bei den Parsen und Indern ist das Jahr mit den vier Jahresabschnitten zum grossen Schöpfungs- und Weltjahre mit den vier großen Weltperioden oder Weltzeitaltern geworden, indem man sich die Weltgeschichte und Weltzeit, das grosse Weltjahr als dem Verlaufe des natürlichen oder irdischen Jahres entsprechend und gleichend dachte, worauf diese Welt untergehen und eine neue bessere Welt, ein neues Weltjahr entstehen und beginnen sollte. Getreuer der Grundanschauung theilen die Parsen das grosse Weltjahr in vier gleiche Abschnitte oder Weltzeitalter von je 3 Jahren, während die Inder das Weltjahr und Weltperioden nach dem Verhältnisse von 4, 3, 2 und 1 theilen.2) Die Weltperioden und der und der Weltuntergang mit der neuen besseren Welt erscheinen auch in der griechischen, deutschen und nordischen Mythologie , wenn schon in anderer Gestaltung. Dass der Mond schon der Urmenschheit der ursprünglichste und allgemeine Zeitmesser und Zeittheiler, der Messer und das Mass schlechthin gewesen sei, ist aber am überzeugendsten aus dem in den Sprachen der Völker darüber urkundlich Niedergelegten und Erkennbaren zu schliessen und zu erweisen. Noch in dem heutigen Hochdeutschen stellen sich die Wörter Mond, Monat, das Mass, die Messung, der Messer, messen, sich mässigen, mässig und unmässig u. s. w. sofort als stammverwandt und als einem und demselben Vorstellungskreise entsprungen dar. Durch dieselben Wörter und Vorstellungen tritt aber die deutsche Sprache nicht nur mit den übrigen indogermanischen oder arischen Sprachen, sondern selbst mit dem Semitischen und Aegyptischen in Verwandtschaft. Sehr Schönes und Beachtenswerthes über die Verwandtschaft der ägyptischen, semitischen [4] und arischen Sprachstämme überhaupt und besonders in der hier in Frage stehenden Beziehung findet sich bei Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte, V. Bd., S. 171 ff., zusammengestellt.

An das deutsche Zeitwort messen, ahd. mëzen, mizun, mittelhd. mëzzen, mizzen, mit dem davon abgeleiteten und damit zusammenhängenden Wortkreise schliesst sich aus den arischen Sprachen zunächst an:

  • 1. im Gothischen mitan messen, mitaths Mass, mena, althd. mâne, mittelhd. mâne und mânde Mond, mênôd, althd. mânôt, mittelhd. mânot, mânet und mânt Monat;
  • 2. im Griechischen [...] messen und [...]Mass halten, – [...] das Mass, – [...] der Monat und der Mond, im plur. [...] die monatliche Reinigung der Frauen, – [...] und [...] der Mond;
  • 3. im Lateinischen metiri und mensurare messen, – meta Ziel, – modus Mass, Art und Weise, – modius der Scheffel, – mensis, ital. mese, franz. mois, engl. month, Monat, – mensus, mensio und mensura das Abmessen;
  • 4. im Sanskrit ma, mas messen, woher mas Mond, mâs der Mond und der Monat, – mah wachsen, mächtig sein, daher maha, griech. [...], lat. magnus, goth. mikils; auch bei dem Zendvolke oder im Baktrischen heisst mah der Mond und gross, mâ messen, man denken, – maga die Grösse, das grosse Gut, die von Zarathustra verkündigte Lehre, – magh gross sein; im Altindischen heisst der Mond, der Vollmond auch indus, das lat. idus;
  • 5. im Gälischen mios der Monat und modh, engl. measure, ital. misura, modano, modo das Mass.

Im alten Aegyptischen heisst mah, koptisch mahi, hebräisch ammah die Elle, der Vorderarm, – makha, kopt. masi, hebr. môznaim, aramäisch mas’ha die Waage, woran sich das hebräische mâsah messen, mdd ausbreiten, messen, und das chaldäische ms’h messen reiht. Das ägyptische mal kopt. meï, bezeichnet Wahrheit, Recht, sich rechtfertigen, daher matu der Gerechtfertigte, der Selige. Ment heisst im Aegyptischen der Scheffel , hebr. mad, middah Mass. – Auch kann hierher bezogen werden, dass bei den Griechen und Römern das Jahr, griech. [...] und lat. annus, ihren Namen von dem stets wechselnden Alt- [5] und Neumonde [...] tragen, wie daher auch die römische Jahresgöttin Anna Perenna oder Peranna, die Alte und Junge, genannt ist. 1)

Die wissenschaftliche Zeitrechnung, die wissenschaftlichen Gestirnbeobachtungen, die erste und älteste Astronomie und Astrologie sind wohl von den arischen Chaldäern, welche nach Babylon gezogen waren und dort ihre arische Sprache mit der semitischen vertauscht hatten, ausgegangen und haben sich von ihnen zu den sie umgebenden Völkern, besonders zu den Sinesen und Indern, Phöniciern und Aegyptern, und von ihnen wieder zu den Griechen und Römern bis zuletzt zu den Germanen und über die ganze heutige gebildete Welt verbreitet, so dass in dieser Richtung die Chaldäer unendlich tief in die Weltgeschichte und Weltbildung eingreifen. Wenn die Chaläer urünglich keine Semiten, sondern Arier gewesen sind, wie dieses auch Görres und Lajard2) annehmen, wäre also die Astronomie mit der eigentlichen Chronologie die Erfindung der Arier, des japhetischen Volkstammes, – ein natürliches Erzeugnis des den arischen Völkern eigenthümlichen Licht- und Gestirnglaubens.3) Auch Semper, der Styl I. S. 323 ff. spricht sich für die Hypothese aus, in das südliche Euphratthal den Ursitz der menschlichen Civilisation und eines ihm angehörenden Baustyles zu verlegen. Gewiss gehört es jedenfalls dem Gestirnglauben, dem astrologischen Glauben der chaldäischen Priester, der Magier an, dass die sieben Wochentage der Leitung und Herrschaft, der Regierung von sieben Gestirnen, den sieben sog. Planeten, den auffallendsten und deshalb auch am frühesten beobachteten Gestirnen untergeordnet wurden, nämlich dem Saturn, der Sonne, dem [6] Monde, dem Mars, Merkur und Jupiter und der Venus. 1) Die Reihenfolge der Planeten, wornach sich ihre Herrschaft über die einzelnen Wochentage, wenn man mit dem Saturn als Herrscher begann, bestimmte und wornach noch heute die Wochentage benannt werden und auf einander folgen, behielten nach den Chaldäern die übrigen Völker des Alterthums und besonders die Aegypter bei und bei den letztern hiessen die sieben Planeten, welche sie Stabträger, Scepterträger ( [...]) genannt haben sollen:2) Rephan (Saturn), Ra (Sonne), Jah, Joh (Mond), Molek (Mars), Hermai (Mercur, Hermes), Amun (Jupiter) und Siurot (Venus).3) Dass die Planetenwoche in ihrer bis auf heute gebräuchlichen Gestalt von den Chaldäern und Astronomen zu Babylon ausgegangen sei, beweisen besonders auch die durch Obrist Rawlinson neuerlich zu Birs Nimrud oder in dem alten Borsippa bei Babylon aufgefundenen Trümmer des babylonischen Planetenthurmes. des Tempels der sieben Sphären, welches Gebäude wohl gleichmässig als Tempel wie als Sternwarte diente.4) Diesen den sieben Planeten geweihten Thurm soll schon um das Jahr 1120 vor Chr. Merodacha Danakhi, der Besieger Tiglath Pilesers des Ersten, erbauet haben, worauf ihn Nebucadnezar im Jahr 580 vor Chr. wieder herstellte.5) Auch die um 700 vor Chr. gegründete medische Stadt Ekbatana mit ihren sieben Mauerringen nach den sieben Planeten darf hier angereiht werden.6) – Die siebentägige Planetenwoche war, über Aegypten kommend, um das zweite Jahrhundert nach Christi Geburt im römischen Reiche allgemeiner zur Anwendung gekommen. Um das vierte Jahrhundert fand sie bei den heidnischen Franken Eingang, welche die Namen der Planetengötter (Sol, Luna, [7] Mars, Mereurius, Jupiter, Venus) in die Namen einheimischer Gottheiten (Sunna, Mâno, Zio, Wôdan, Thunar, Frîa) übersetzten. Nach und nach verbreitete sich die siebentätige Woche zu den übrigen germanischen Stämmen und noch zur Zeit des Heidenthums nahmen auch die nordgermanischen Stämme dieselbe an, nur veränderten sie den Namen des Freitags, welcher bei ihnen Friggiar dagr (Tag der Frigg = Friâ) lauten musste, in Freyjudagr (Tag der Freyja. 1) Nach Tius (Zio), Tyr, dem Gotte des lichten Himmelsgewölbes, wurde der heutige dritte Wochentag bei den Angelsachsen Tiwesdäg, englisch Tuesday, in Schwaben und Bayern Ziestag, ahd. Ziwestac genannt und auch unser Dienstag ist aus Tag des Tiu verderbt.2) Altnordisch heisst der dritte Wochentag Tyrsdagr, Tysdagr, schwed. Tisdag, dän. Tirsdag. Der Mittwoch (dies Mercurii) hiess von Wodan bei den Angelsachsen Vôdenesdäg und heisst noch heute im Englischen Vednesday, niederl. Woensdag, westphälisch Gudensdag.3) Der fünfte Wochentag wurde Thunaresdag, adh. Donarestac genannt. 4)

Schon in sehr frühen Zeiten scheinen die Arier und besonders die Chaldäer, die chaldäischen Priester und Astronomen in Babylon das ungenügende und zu kurze Mondsjahr aufgegeben und das Sonnenjahr von 360 Tagen mit fünf Ergänzungs- oder Zusatztagen gefunden zu haben, womit es dann zusammenhängt, dass die Ekliptik, die scheinbare Bahn der Sonne an dem Himmel, von den chaldäischen Astronomen in zwölf gleiche Theile von je dreissig Graden mit drei Unterabtheilungen von je zehn Graden, den Dekanen, getheilt wurde, für welche zwölf Theile, Dodekatemorien, sie zugleich Bilder erdachten und diese mit den sie bezeichneten Namen bezeichneten. Also nicht allein die Planetenwoche, sondern auch den ganzen Thierkreis, den Zodiacus, mit den noch heute üblichen Bildern [8] und Zeichen desselben und mit Allem, was in der Astronomie und in der Chronologie sich daran anschliesst und allmählig daraus hervorgegangen ist, verdanken wir den Chaldäern. 1) Dass bei den Chaldäern der Thierkreis uralt sei, hat besonders Ideler und zuletzt in seiner Schrift über den Ursprung des Thierkreises, Berlin 1838, gründlich nachgewiesen. Im Bun-Deltesch II. ward daher die Eintheilung der Ekliptik in die zwölf Zeichen des Thierkreises und die davon abhängende Eintheilung des Jahres in zwölf Monate dem Ormuzd selbst bei der Schöpfung der Welt beigelegt,2) d. h. für eine uranfängliche erklärt. Nach dem Bun-Dehesch sind die Namen und die Reihenfolge der zwölf babylonischen oder chaldäischen Thierzeichen nachfolgende: Lamm (Widder), Stier, Zwillinge, Krebs, Löwe, Aehre, Wage, Scorpion, Bogen, Steinbock, Schöpfeimer und Fische. Da die wenigen Ueberreste der heiligen Schriften der Parsen erst seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts durch Anquetil du Perron wieder aufgefunden worden sind und kaum jetzt übersetzt und verstanden zu werden beginnen, – da ferner man erst vor mehreren Jahren Babylon und Ninive aus ihren Trümmern zu graben angefangen hat und noch auszugraben unternehmen muss, und da die Keilschriften der Babylonier, der Assyrier und Perser noch unentziffert und ungelesen sind: kann auch über den chaldäischen Thierkreis nichts Näheres gesagt werden und wir müssen deshalb mehr an Das uns halten, was darüber bei den Aegyptern, bei dem Volke der Monumente, aufbewahrt worden ist. Auf dem berühmten und eine ganze kleine Literatur habenden Thierkreis in einer obern Kammer und in dem Pronaos des Tempels zu Tentyra oder Dendera sind nun die zwölf Thierzeichen folgendermassen abgebildet:

1. ein rückwärts schauender liegender Widder;
2. ein springender seitwärts blickender Stier;
3. als Zwillinge zwei menschliche Figuren, von denen die eine gehend, die andere stehend dargestellt ist und

[9]

die erstere mit der Rechten die linke Hand der letztern erfasst;
4. ein Krebs;
5. ein Löwe;
6. eine stehende weibliche Figur (Jungfrau), welche eine Aehre 1) in der linken Hand trägt;
7. eine Waage;
8. ein Scorpion;
9. ein Schütze, gebildet aus dem springenden Leibe eines vierfüssigen Thieres und einem menschlichen Oberkörper mit Armen, Bogen und Pfeil; das Bild ist ausserdem geflügelt und hat zwei Gesichter, von denen das eine vorwärts und das andere rückwärts schaut; der Kopf trägt die bekannte mit Straussfedern geschmückte Königs- und Götterkrone;
10. ein Bock. dessen Körper in einen Fischschwanz ausläuft;
11. eine schreitende, mit dem birbörmigen Helme geschmückte Figur, welche aus zwei Urnen Wasser auf den Boden giesst (d. i. der Wassermann);
12. zwei Fische, an Schwanze durch ein langes Band verbunden.

Ueber die Bedeutung, die Entstehungszeit und den Entstehungsort der Bilder dieses Thierkreises mag J. G. Rhode, Versuch über das Alter des Thierkreises und den Ursprung der Sternbilder, Breslau 1809, und derselbe, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 237 ff., verglichen werden, obwohl besonders die erstere Abhandlung zum grösseren Theile veraltet ist und weit hinter den heutigen ägyptischen Forschungen zurücksteht. Ganz besonders verfehlt ist die Deutung des Sternbildes der Waage, beziehungsweise des ägyptischen Todtengerichtes , indem Rhode von dessen eigentlicher Bedeutung auch nicht die leiseste Ahnung hatte. Auch die Grundabsicht von Rhode, den Thierkreis in Aegypten localisiren zu wollen, ist eine falsche, da er entweder Mesopotamien oder noch eher Baktrien angehört. Dass der Thierkreis dem Zendvolke oder den Baktriern [10] schon in der vorhistorischen Zeit bekannt gewesen sei, erhellt auch aus dem in so mancher Hinsicht, geschichtlich graphisch, wichtigen ersten Kapitel oder Fargardgard des Vendidad, indem darin (l. 9 1) das zwölfmonatliche Jahr als etwas Hergebrachtes oder längst Bestehendes berührt wird. Rhode, die heilige Sage S. 106, vermuthet, dass schon zu den Zeiten Zoroasters, welcher nach ihm um 2100 vor Chr. lebte, das Jahr von 365 Tagen üblich gewesen sei, weil das Bun-Dehesch versichert, dass in dem Gesetze d. h. in den dem Zoroaster zugeschriebenen Schriften stehe, Ormuzd habe die Welt in 365 Tagen geschaffen. Das im Vendidad erwähnte Jahr wäre somit ein förmliches Sonnenjahr, was an und für sich aus dem Vendidad nicht ersichtlich ist. Wenn aber die Vermuthung begründet ist, dass die Sinesen und die Aegypter das Jahr von 365 Tagen und den Thierkreis von den Ariern, von den Chaldäern empfangen haben, reichen diese bei den letztern noch weit über das Zeitalter Zoroasters hinauf. Die geschriebenen historischen Annalen der Sinesen reichen nämlich bis zum Jahre 2698 vor Chr. hinauf , und damals schon kannten die Sinesen fast alle Erfindungen, welche der höchsten Civilisation angehören, wie z. B. die runde und abgeplattete Form der Erde an den Polen, das kopernikanische Planetensystem, die Magnetnadel, den Metallguss, die Seidenzucht und den Seidewebstuhl, die feinsten Töpfereien u. s. w.2) Die eigentliche Zeit der Entstehung des Thierkreises mit seinen zwölf Sternbildern in Aramäa oder zu Babylon hat Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte Va, S. 17 an dem Sternbilde des Stieres zu erweisen gesucht. Der Stier (Tor) ist das astronomische Frühlingszeichen, oder zur Zeit der Einführung des Thierkreises durch die Chaldäer stand die Sonne um die Frühlingsnachtgleiche in dem Stier, was aber nur zwischen 3000-4000 Jahren vor Chr. der Fall gewesen ist, indem wegen des Zurückweichens der Ekliptik bald nach 2000 vor Chr. die Sonne im Nachtgleichepunkt schon in das Sternbild des Widders [11] trat, wie Bunsen durch eine beigefügte astronomische Karte des Professor Heiss in Münster veranschaulicht hat. Das astrale Svmbol des Stieres für die wiedererwachende Zeugungskraft der Natur, für die Sonne in der Frühlingsnachtgleiche, kann daher nach Bunsen bei den Chaldäern und überhaupt in Asien nicht über das Jahr 3500 vor Chr. hinaus gehen. Nach dieser astralen Symbolik ist der Stier in Asien, in Aegypten und Griechenland das vielgebrauchte Symbol und Attribut der zeugenden und lebengebenden Götter und Göttinnen, der Frühlingsgottheiten, des wiederauflebenden Sonnen- und Erdlebens, der asiatischen Venus unter ihren verschiedenen Gestaltungen und Benennungen und der ägyptischen Hathor. 1) Die ägyptischen Widdersphynxe sind durchaus nur das Symbol der Sonne im Widder, der Frühlingssonne. Selbst in dem jüdischen Jehovadienste scheint der Stier als Symbol des Schöpfers und Erzeugers gebraucht worden zu sein und die vier Hörner an dem Opferaltare des salomonischen Tempels können nur hierauf bezogen werden, wie auch der griechische Dionysos und die griechischen Flussgötter solche Stiefhörner tragen.2) Eben damit hängt zusammen, dass die Juden das Jahr anfingen und das Frühlings-, das Osterfest feierten, wenn die Sonne im Sternbilde des Widders stand,3) wie überhaupt die drei höchsten religiösen Feste der Juden blose an den Jahreslauf sich genau anschliessende Naturfeste waren: das Frühlings- (Passah- oder Oster-), das Erndte- (Pfingst-) und das Herbst- (Laubhütten-) Fest. Auch die Römer begannen zuerst das Jahr mit dem Frühlingsgotte und Monate Mars, dem der Akerstier geheiligt war4) und dessen Priestercollegien, die Salier, zwölf Mitglieder, zählten. Dass in vielen symbolischen Darstellungen der Alten ein Löwe einen Stier tödtet, hatte gewiss ursprünglich nur den astralen Sinn, dass die in dem Sternbilde des Löwen angekommene Sonne, die Gluthhitze des Sommers, den blühenden Frühling, den schönen Jüngling [12] Adonis tödte, welchem die Sonne in dem Sternbilde des Stieres das Leben gegeben hatte.1) Als der Thierkreis zu den Aegyptern kam, behielten sie zwar die chaldäische Sternen- und Sonnensymbolik und den Jahresanfang um die Frühlingszeit bei, aber diese letztere fällt in Aegypten in den Monat Juli, wenn die Ueberschwemmungen des Nils eintreten, weshalb an diese und an den damit verbundenen Helikalaufgang des Sirius, der göttlichen Sothis oder Isis, der Anfang des Jahres angeknüpft wurde. Unbegründet ist die Behauptung Uhlemann’s, a. a. O., II. S. 238, dass der Ursprung der Astronomie in Aegypten zu suchen sei und dass die Chaldäer nach Diodor die Schüler der ägyptischen Priester seien.

Ueber das Alter des ägyptischen Thierkreises, d. i. über die Zeit, wann der chaldäische Thierkreis nach Aegypten gebracht worden und dort in Gebrauch gekommen sei, herrschen sehr ungleiche und ganz entgegengesetzte Ansichten, die besonders durch den Thierkreis von Tentyra veranlasst worden sind, obwohl das Alter dieses Thierkreises und das Alter des Thierkreises in Aegypten überhaupt zwei durchaus verschiedene Dinge sind oder das letztere gar nicht durch das erstere bedingt und bestimmt wird. Während nun Einige, wie namentlich Bode und Rhode in der vorgehenden Abhandlung dem Thierkreis in Aegypten ein sehr hohes Alter, sogar von vielleicht 16,000 Jahren, ertheilen, behauptet z. B. Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte, Va S. 17, dass der bei den Chaldäern uralte und bei den Griechen neue Thierkreis den Aegyptern bis zu Trajans Zeiten gänzlich unbekannt gewesen sei. Aehnlich äussert auch Lepsius, Chronologie S. 65, man finde die Thierkreisbilder ausschliesslich gerade auf den jüngsten der ägyptischen Denkmäler und bis jetzt seien sie mit Sicherheit nicht früher als im Uebergange von der ptolemäischen zu der römischen Herrschaft nachweisbar. Bezüglich des Thierkreises zu Tentyra gelangt daher Lepsius S. 102 zu der Ansicht. dass [13] „die Constellation des Rundbildes nach der Stellung der Planeten nur auf das Jahr 23-22 v. Chr. bezogen werden könne, in welchem Augustas das imperium proconsulare und die tribunicia potestas perpetua annahm.“ Nach Seyffarths Methode, die ägyptischen Gestirnconstellationen zu berechnen, setzt Uhlemann, a. a. O., III. S. 8, die in dem runden Thierkreise zu Denderah enthaltene Constellation auf den 11. Februar 37 nach Christus, das Geburtsjahr des Kaisers Nero, dessen Name an verschiedenen Stellen des Pronaos des Tempels zu Denderah auch hieroglyphisch geschrieben stehe. Wie es aber auch mit dem Thierkreis zu Denderah sich verhalten sollte und wenn derselbe wirklich in eine so späte Zeit herabgesetzt werden müsste, dennoch müssen die ägyptischen Astronomen den Thierkreis schon viele Jahrhunderte, ja Jahrtausende früher gekannt und gebraucht haben, indem sie eine sehr ausgebildete Chronologie mit dem Jahre von 365 Tagen besassen, welche durch die astronomisch sehr genau berechneten Sothisperioden von 1460 Jahren sicher bis zum J. 2782 v. Chr. mindestens zurückgeht. „Wenn irgendwo,“ sagte daher in dieser Rücksicht schon der alte Diodor, „so werden bei den Aegyptern genaue Beobachtungen der Stellung und der Bewegungen der Gestirne gemacht. Die Aufzeichnungen über eine jede derselben bewahren sie seit einer unglaublichen Reihe von Jahren; auch die Umläufe und Stationen der Planeten haben sie genau beobachtet, und die Verfinsterungen der Sonne und des Mondes wissen sie bestimmt vorherzusagen.“ – Im Palaste Ramses des Grossen lag einst nach Diodors Erzählung ein grosser goldener Ring nach der Zahl der Jahrestage 365 Ellen lang und eine Elle breit. Auf diesem Ringe waren sämmtliche Tage mit den Auf- und Niedergängen der Gestirne an jedem Tage sammt deren astrologischer Bedeutung verzeichnet. Kambyses soll dieses Kunstwerk fortgeführt haben. 1) Nach diesem Berichte Diodors, welcher durch eine Unmasse auf den Obelisken, Tempelwänden, Sarcophagen u. s. w. noch heute in Aegypten erhaltener Ge- [14] stirnconstellationen bestätigt wird, hatten also unter allen und jeden Umständen die Aegypter Stationen des Mondes und der Sonne, um die Umläufe derselben und der übrigen Planeten berechnen und die Verfinsterungen der ersteren vorher bestimmen zu können, d. h. einen Thierkreis mit genauer Eintheilung und mit sich daran auschliessenden Sternbildern. So alt nun eine genauere Zeitrechnung mit dem Sonnenjahre und festen Beobachtungen der Planeten, besonders des Mondes und der Sonne sind, eben so alt müssen nothwendig der Thierkreis, ein Kreis zur Berechnung der scheinbaren Monds- und Sonnenbahn sein. Dieser Kreis ist der uralte chaldäische mit dessen Bildern, weil von einem andern Kreise und andern Bildern bis jetzt in Aegypten keine Spur entdeckt worden ist. Vermuthlich haben diesen Kreis die Aegypter nach ihrer geographischen Lage und nach den dadurch begünstigten häufigeren Berührungen von den Chaldäern noch früher erhalten als die Sinesen und jedenfalls mit Hinsicht auf die Sothisperiode mindestens 3000 Jahre v. Chr., möglicher Weise noch einige Jahrhunderte früher. Ob die Constellationsberechnungen von Seyffart und Uhlemann 1) an und für sich richtig sind, darüber steht nur dem wirklichen Astronomen ein Urtheil zu; jedoch könnten sie richtig sein, auch wenn dieselben noch tausend und mehr Jahre höher hinauf sich erstrecken würden. Dass die Aegypter nicht die arische und semitische siebentägige Woche ursprünglich kannten, sondern nach Dekaden den Monat theilten, ist eine ganz untergeordnete Abweichung von den Chaldäern, wie der verlegte Frühling oder Jahresanfang es ist, denn mit und von den Chaldäern besitzen die Aegypter die sieben Planetengottheiten, die sieben Kabiren, das siebentägige Mondsviertel, die sieben schöpferischen Grundkräfte der Welt, gleich wie die 36 Dekangottheiten. Die hieroglyphischen Namen der sieben Planeten und 36 Dekane auf dem Thierkreise zu Denderah hat Uhlemann, a. a. O., IV. S. 206 zu lesen versucht. Wenn das Labyrinth eine symbolische Darstellung der Sonnenbahn war wie z. B. Uhlemann a. a. O., III. S. 138, annimmt, muss der Thierkreis in [15] Aegypten wenigstens schon zur Zeit der Erbauung des Labyrinthes, also 3000 Jahre vor Chr. bekannt gewesen sein. 1) Auch das ägyptische Todtenbuch, Kap. 7, handelt von Osiris als dem Schöpfer des Thierkreises, so dass wenigstens zur Zeit der Abfassung des Todtenbuches, welche nach Lepsius im 15., 14. und 13. Jahrhundert, nach Brugsch, Seyffart und Uhlemann (a. a. O., IV. S. 155), aber nicht vor dem Jahr 600 v. Chr. erfolgte, den Aegyptiern der Thierkreis bekannt war. In Kap. 149 des Todtenbuches werden nach Uhlemann die einzelnen Sternbilder beschrieben. Nach dem Vorbilde des Thierkreises soll auch schon Sesostris das ägyptische Land in drei Regionen, 12 Provinzen und 36 Nomen eingetheilt haben.

Wie an die Mondswoche und die sieben Wochenplaneten, die sieben göttlichen Beherrscher der sieben Wochentage, an den Mond mit seinen vier Vierteln sich fast bei allen Völkern als eine überaus heilige und alle weltliche (kosmogonische), staatliche und bürgerliche Verhältnisse durchdringende die Siebenzahl anschliesst und dadurch selbst wieder überall das hohe Alter, die Ursprünglichkeit der siebentägigen Woche, der Beobachtungen des siebentägigen Mondsviertels erweiset, ebenso ist aus der zwölf getheilten Sonnenbahn mit den vier Jahresabschnitten und Zeiten die heilige Zwölfzahl als eine göttliche und menschliche, himmlische und irdische hervorgegangen, so dass die Versammlung und der Rath der Götter und der Menschen , die himmlischen und die irdischen Vereine und Bünde, der Himmels- und der Erdenweg, – das Leiden Christi und die Prüfungen der in die Mysterien des Mithra, des Sonnengottes Einzuweihenden (qui initiandi erant, per duodecim cruciatus ducebantur, bei Windischmann, Mithra S. 69), – das Götter- und das Menschenjahr, der Tag und die Nacht aus zwölf Theilen bestehen und dem Himmel und der Erde oder der Welt mit der zwölften Stunde die letzte Stunde, die hohe Zeit, das vollendete Mass schlägt. Die zwölfte Stunde ist die wahre Geisterstunde, denn die Erde schwindet und der Himmel öffnet sich, die Nacht vergehet und der ewige [16] Morgen, der neue Tag bricht an; was die Erde als Hochmitternacht, als Sterben und Tod bezeichnet, das ist der Anbruch des himmlischen Morgens, des Auferstehens und ewigen Lebens. Aehnlich, wie jeder Tag der Woche unter dem besonderen Einflusse eines Gestirns, des Planetengottes gedacht und geglaubt wurde, erhielten zunächst bei den Ariern und Chaldäern in Uebereinstimmung mit ihrem gesammten Licht- und Gestirnglauben auch die zwölf Theile der Sonnenbahn, die zwölf himmlischen Sonnen- und Sternenhäuser, die zwölf Bilder des Thierkreises und die zwölf Monate einen besonderen göttlichen Beherrscher, so dass wenigstens zwölf höchste Götter aufgestellt werden mussten, um jedem der zwölf Theile einen Beherrscher und Führer vorsetzen zu können. Nach einer Stelle des Diodoros über das babylonische Göttersystem, welche auch Lassen, a. a. O., II. S. 1124, bespricht, scheinen die Babylonier sogar ein System von 36 Göttern insofern gehabt zu haben, als sie jedem der 36 zehngradigen Theile oder Dekane der Sonnenbahn einen göttlichen Beherrscher zugetheilt haben, unter welchen 36 Dekangottheiten sich aber zugleich die zwölf höheren Gottheiten des Thierkreises befanden. Diodoros berichtet nämlich, dass bei den Babyloniern jedem der zwölf Herren unter den 36 rathgebenden Göttern oder Dekanen ein Monat und ein Bild der Ekliptik zugetheilt gewesen sei. Die astrologische Fortbildung und Durchbildung hatten allem Vermuthen nach die Babylonier, wie die ihnen ganz gleich stehenden und nachfolgenden Aegypter, selbst dahin geleitet, einen jeden Grad der 360gradigen Sonnenbahn oder des 360tägigen Jahres dem beherrschenden Einflusse eines gewissen Gestirns und Gestirngottes zu untergeben, wodurch erst die Mondswoche und das Sonnenjahr in vollständige Uebereinstimmung miteinander gebracht worden waren und in der Kenntniss welcher vermeintlicher Gestirneinflüsse eben wesentlich die Astrologie der Babylonier und Aegypter bestand. 1) Von den alten Aegyptern wissen wir auch, dass sie 19 Glieder des menschlichen Körpers und die mit den- [17] selben in Verbindung stehenden Gebrechen und Krankheiten unter die sieben Planetengötter und die zwölf Zodiahalgottheiten vertheilt hatten. 1) Mit der chaldäischägyptischen Astrologie steht die Astrologie der Griechen und Römer und des ganzen Mittelalters begreiflich in dem innigsten Zusammenhange.

An die babylonischen und ägyptischen zwölf Sonnenhäuser, zwölf Stationen des scheinbaren Laufes der Sonne an dem Himmel, reihen sich bei den Sinesen und nach ihnen bei den Indern die 28 Mondhäuser (chines. sieu und ind. naxatra), die 28 Theile oder Stationen, in welche die Ekliptik auch eingetheilt ward, um den Lauf des Mondes zu bestimmen. Die sieu oder naxatra sind Fundamentalsterne in der Nähe des Aequators, die in demselben oder beinahe in demselben Declinationskreise mit Circumpolarsternen liegen, deren Meridiandurchgänge die chinesischen Astronomen beobachteten, um die Bewegungen der Sonne, des Mondes und der Planeten und dadurch die Tages- und Jahreszeiten zu bestimmen. Dieser Gebrauch wird von den Sinesen dem Kaiser Yao zugeschrieben, dessen Regierungsantritt in das Jahr 2357 v. Chr. G. gesetzt wird. Aus den Erwähnungen des Tscheouli oder des Ritualbuches der Kaiser der Dynastie Tscheou, die seit dem J. 1122 v. Chr. G. regierten, geht mit Sicherheit hervor, dass unter dem ersten Kaiser derselben, Wu-wang, diese 28 Fundamentalsterne den Sinesen bekannt waren und wahrscheinlich vor seiner Zeit nur 24 bestimmt worden waren, und dass sein Bruder Tscheukong zu denselben vier neue hinzufügte.2) Es darf angenommen werden, dass diese Eintheilung des Himmels, von welcher allein die Sinesen nach Lassen einen practischen Gebrauch gemacht haben sollen, was aber kaum glaublich, – die Inder erst seit dem Jahre 1100 v. Chr. haben kennen lernen. Ob und wie viel hierin die Sinesen von den Chaldäern gelernt und erfahren haben, steht freilich nicht genau zu ermitteln; jedoch ist auch chaldäischer Einfluss wahrscheinlich, weil die Sinesen ge- [18] wiss den Thierkreis mit den dazu gehörigen Zeichen und Bildern, gleich den Aegyptern, Indern und Griechen, nur von den Chaldäern erhalten haben. Noch mehr aber spricht hiefür die Thatsache, dass zufolge Rhode, die heilige Sage S. 248, auch die Araber 28 Häuser oder Constellationen des Mondes haben, welche sie gewiss schwerlich von den entfernten Indern, wie z. B. A. W. Schlegel in der Vorrede zu Prichard’s ägyptischer Mythologie S. XXXII behauptet, oder gar den noch entfernteren Sinesen, sondern von den benachbarten Chaldäern oder Babyloniern entlehnt haben werden, wenn man nicht etwa annehmen will, dass die Araber erst in den Zeiten der Sassaniden und noch später, als die indische Bildung nach dem Westen Asiens, besonders zu den Persern sich ausbreitete, 1) den Thierkreis mit den Mondstationen erhalten haben. Da der Mond überdem früher beobachtet und als Zeitmass gebraucht wurde als die Sonne, könnten nach einer begründeten Bemerkung von Rhode die Mondhäuser leicht selbst älter als die Sonnenhäuser sein, jedoch mit der Einführung des Sonnenjahrs und der Sonnenhäuser ausser Gebrauch gekommen und in Vergessenheit gerathen sein. Die Parsen haben wenigstens viermal sieben Izeds der 28 Mondstationen2) und vielleicht soll hierauf nach Lajard, recherelles sur le culte de cyprès pyramidal S. 280, ein zu Apulum in Siebenbürgen aufgefundenes Mithrasdenkmal anspielen, welches in sieben Feldern je einen Dolch, einen Feueraltar, eine phrygische Mütze und eine Cypresse enthält. Auch die Aegypter haben die 28 Mondstationen gekannt und sie kommen zuweilen auf den Denkmälern als 28 Gottheiten vor, deren Namen in einem koptischen Manuscripte erhalten sind. 3)

Jetzt liegt wohl die Heiligkeit der dem Monde und der Sonne angehörenden Zahlen 4, 7 und 12 aufgeschlossen und in ihren tieferen und weltgeschichtlichen Gründen begreiflich. Mit diesen Zahlen stieg die Gottheit zu der [19] Menschheit herab und ist die Menschheit gottgleich geworden; mit diesen Zahlen hat die Menschheit sich die Zeit und den Raum, den Himmel und die Erde – sie messend und theilend – unterworfen, – dem Monde, der Sonne und allen Sternen gleichsam ihre Bahnen angewiesen. Auf diesem Standpunkt dürften auch die drei maurerischen Lichter der Sonne, des Mondes und des Meisters dahin verstanden werden, dass der Mensch der die Bahn der Sonne und des Mondes begreifende und messende Meister, in gewissem Sinne ihr Beherrscher sei; ein Meister ist ein Messer im natürlichen und ethischen Sinne, – ein Messer und ein Mass Haltender oder Mässiger. Das Mass, die Ordnung, die Harmonie ist gleichmässig das grosse Gesetz der Sterne und Weltsysteme und der Menschheit, der Geister. Daher lehrten auch die Pythagareer, die vorzüglichsten Zahlensymboliker des Alterthums, dass Alles durch Nothwendigkeit und Harmonie werde, indem der Demiurg Alles harmonisch geordnet habe, ja alles Gute und Gott selbst Harmonie sei. Aeschylos, der pythagoreische Dichter, spricht dieses in dem gefesselten Prometheus in dem Satze aus:

[...]

nie können über die Harmonie des Zeus der Sterblichen Rathschläge hinausgehen.“ Noch erhabener spricht Jesaja 40, 12 den Gedanken Gottes als des allmächtigen Weltschöpfers, Bildners und Ordners aus:

Wer mass mit seiner hohlen Hand die Wasser
und grenzte ab den Himmel mit der Spanne?
und fasste in einen Scheffel den Staub der Erde?
wer wog mit einem Gewicht die Berge?
und die Hügel in einer Wage?
Wer ermass den Geist des Ewigen
Und wer unterwies ihn als sein Rathgeber?

Daran darf angereiht werden aus Jesaja 64, 7:

Und nun Ewiger, du bist unser Vater:
Wir sind der Thon, und du bist unser Bildner
Und das Werk deiner Hand sind wir alle.

[20]

In der Ueberschrift des Kapitels 147 des Todtenbuches wird Osiris nach Uhlemann, ägyptische Alterthumskunde, I. S. 103, genannt ponderator et mensurator terrarum. Hieran darf auch angereiht werden der Deus O. M., der [...] der Römer und der Griechen, die Divina Mens bei Cicero. In den Zahlen erkannte die Urmenschheit das göttliche Gesetz, die göttliche Ordnung, und dieses Gesetz und diese Ordnung waren ihr heilig. Das Schaffen Gottes, des allmächtigen Baumeisters, ist ein Messen, Zählen, Wägen, Abgrenzen und Ordnen, und in derselben Weise soll der Mensch, der kleine Baumeister, das sittlich Gute schaffen, den Bau der Menschheit bauen. Die Zahlen 4, 7 und 12 hatte die Urmenschheit zuerst in den Sternen messend und betend erkannt und gelesen und nach dem Bilde des Himmels wurde sodann die irdische Wohnung, – der Tempel, die Loge, die Kirche, der Staat, die Stadt, das Dorf und das Haus gestaltet und eingerichtet. Nach den vier Himmelsgegenden theilen sich der Himmel, die Erde und die Erdenräume und vier Abschnitte hat der Tag, der Monat, das Erden- und das Gottesjahr; in sieben Tönen erschallt der Himmels- und der Erdenaccord und zu dem Hirten mit der siebenstrahligen Sternenkrone flehen sieben Schafe, die Menschheit, denn die Erde und die Menschheit empfangen das Geschenk des Lichtes nur von der Sonne, von Gott; mit zwölf Schritten eilen der Tag und die Nacht, das Erden- und das Weltenjahr der neuen Zeit und dem neuen Leben entgegen.

Die gemessene und messende Monds- und Sonnenbahn haben den asiatischen Völkern, den Aegytern und der gesammten ihnen nachfolgenden Menschheit nicht bloss die heiligen Zahlen 4, 7 und 12 gegeben, sondern an die Bilder des Thierkreises knüpft sich noch eine weitere sehr reiche und bedeutungsvolle heilige Symbolik, indem die Bilder sich gleichsam belebten und in den Mythen und Sagen ihre Geschichte erhielten. Jedenfalls sind die bei den Asiaten und Aegyptern, bei den Griechen und Römern und durch das ganze Mittelalter bis herab auf die Gegenwart so viel gebrauchten Symbole des Lammes und des Widders, des Stiers und des Löwen ursprünglich durchaus nur die Sonne und die Sonnenkraft in dem betreffenden [21] Zeichen des Thierkreises, wie oben von dem Stiere und anderwärts 1) von dem Lamme und Löwen nachgewiesen worden ist. Nach der Abbildung des ägyptischen Thierkreises in dem Tempel zu Tentyra möchte auch die bei den Indern und Aegyptern, bei den Parsen, bei den Griechen und Römern (Themis, Tyche), bei den Hebräern2) und sonst erscheinende Todtenwage, die Wage der ewigen Gerechtigkeit mit dem Thierkreise zusammenhängen. Das Sternbild der Zwillinge schuf vielleicht die Dioskuren, Apollo und Axtemis und ähnliche mythologische Zwillings- und Brüderpaare. Ferner schliesst sich an das bei den Aegyptern und bei den Juden, bei den Persern, bei den Griechen und Römern vorkommende Symbol des Jahres von 365 Tagen, so wie das damit verwandte Symbol des Mondjahrs und die symbolische oder wirkliche Darstellung der sieben Planeten und des Thierkreises. Ebenso darf das Kreuz und der am Kreuze sterbende Gott mit den zwölf Leidensstationen auf die Sonnenbahn, auf die Sonne nach der Herbstnachtgleiche bezogen werden.3) Verwandt hiemit ist, dass nach Diodor I. 22 das Grabmal des Osiris auf der Insel Philä mit 360 Giessgefässen umgeben war und Typhon mit 72 Gesellen oder Mitverschwornen, d. h. die 36 Dekane und 36 Halbdekane, den Osiris erschlagen.4) An den leidenden und sterbenden Sonnengott lehnte sich aber untrennbar der wiederkehrende Gott, der siegreiche Erlöser und Retter, der parsische Heiler (Caosyâc, Sosiosch) mit den Unsterblichkeitsmysterien des Mithra, des Osiris und der Isis , des Hiram, des Dionysos, der Proserpina und Aphrodite u. s. w. innigst an. An dem Thierkreise oder vielmehr in demselben spiegelt und spinnt sich das ewige Drama des Erden- und des Weltlebens, des Lebens der [22] Gottheit und der Menschheit in der Zeit und dem Raume der ab; Alles hienieden ist dem Wechsel und dem Tode, der Nacht und dem Winter unterworfen, aber dort hoffen wir das unvergängliche Licht und Leben, den Unsterblichkeitstrank. In diesem Sinne sagt auch Osiris im Todtenbuche 148, 16 von sich: „Ich bin der Vater der Götter, ich bin die Mutter der Götter, ich bin der Gott, welcher die Welten geschaffen, der euch befreiet von euren Leiden.“ 1) Auch stand hierrnit in Uebereinstimmung die Hauptinschrift auf den ägyptischen Mumiensärgen, indem diese gewöhnlich mit den Worten begann: „N. N. ist hinübergegangen zur Wiedervereinigung mit Osiris.“2)

II.
Das Symbol des Schwertes.


Das Schwert ist gewiss eins der ältesten und zugleich der tiefsinnigsten Symbole in dem Lichtdienste der Maurerei, unter den maurerischen Lichtsymbolen und nur durch die völlige Unkenntniss der wahren Bedeutung des Symbols mag es begreiflich und entschuldigt werden, dass Krause, Kunsturkunden I. 4 S. 259, Anm. + und I. 2, S. 308, so wie ihm folgend Mossdorf in der von ihm unter dem Namen Lenning herausgegebenen Eneyklopädie bei dem Worte Degen den Maurern die Abschaffung des Schwertes vorschlagen konnten, wie es denn leider auch wirklich in vielen deutschen Logen abgeschafft ist. Das Schwert ist eine Waffe, sei es zum Angriff oder zur Vertheidigung, und indem sich die Maurer mit dem Schwerte umgürten, das Schwert ergreifen und führen, stellen sie sich nothwendig als Kämpfer und Streiter, als milites und Ritter dar, weshalb es die Aufgabe des Symbolikers ist, darzulegen, wel- [23] chen Kampf der Maurer kämpfen solle und woher das Symbol entsprungen sei und stamme.

Die bewaffneten und kämpfenden Gottheiten des Alterthums sind das Uranfängliche, aber diese Gottheiten selbst sind dabei nur das Erzeugniss und das Spiegelbild des Kriegs- und Waffenlebens der Völker, bei welchen sie aufgekommen sind. Für die Urzeit der Menschheit könnte man in dieser Richtung einen dreifachen Gottesbegriff, drei Arten und Klassen von Göttern unterscheiden, je nachdem bei dem sie schaffenden und verehrenden Volke, die eine oder andere Lebensweise überwieget.

Den noch friedlich weidenden und das ganze Glück ihres Lebens in dem Besitze, in der Gesundheit und der Vermehrung, in dem Segen ihrer Heerden suchenden und findenden Hirtenvölkern erscheint Gott vorzugsweise unter dem Bilde eines guten Hirten der Heerden und der Menschen. Da aber solche Hirtenvölker viel auf den Weiden und Triften der Berge. des Waldes und des Feldes an Quellen, Bächen und Flüssen verweilen. gehören die Gottheiten der Berge. des Waldes und des Feldes, – der Quellen, Bäche und Flüsse wesentlich auch den Hirtenvölkern an, werden die Beschützer und Pfleger oder auch die Feinde und Verderber der Heerden und der Menschen. Weil die Urmenschheit von dem Hirtenleben ausging, besonders die arischen oder indo-germanischen Völker, haben sich auch in dem Glauben und in den Mythologieen aller alten Völker vielfache Ueberreste und Spuren der ursprünglichen Hirtengottheiten erhalten, vorzüglich selbst bei den Griechen und Römern. Der Begriff des göttlichen Hirten, der Hirtengottheiten ist der allerursprünglichste und uranfänglichste der Menschheit und der Völker und steht mit unauslöschlichen Zügen in der Sprache, in dem Glauben, in den Sagen und Sitten der Völker gesehrieben, 1) wie namentlich auch die heiligen Schriften der Juden und der Christen, die Schriften des alten und des neuen Bundes bezeugen. Das Volk Gottes, der Stamm Abrahams, Isaks und Jakobs war ja noch in Aegypten [24] und auf dem Zuge durch die Wüste bis in das Ostjordanland nur ein wanderndes Hirtenvolk gewesen und konnte daher in Gott zunächst blos den treuen Hirten erblicken, welcher sein Volk und seine Heerde aus der Bedrückung und Gewalt der Aegypter glücklich gerettet und hinausgeführt habe. So schildert auch noch der spätere Jesaja 40, 11 die Sorge Gottes für die aus der babylonischen Gefangenschaft befreiten Juden mit den Worten:

Wie ein Hirte wird er seine Heerde weiden,
mit seinen Armen wird er die Lämmer sammeln
und in seinem Busen sie tragen:
Die Schafmütter wird er führen.

Bei Jesaja 44, 28 nennt der Ewige den Cyrus, den Gründer des persischen Reiches und den Befreier der Juden aus der Gefangenschaft zu Babylon, seinen Hirten, wie auch die indischen Fürsten ursprünglich nur Völkerhirten sind. In Psalm 79, 13 wird das jüdische Volk die Heerde der Weide Gottes genannt. Im Eingange vom Psalm 80 wird Jehovah angerufen als der „Hirt Israels.“ Num. Kap. 27, 15 ff. fordert der Ewige den Moses auf, den Josua zum Heerführer der Juden zu bestellen, damit die Gemeinde des Ewigen nicht sei wie Schafe ohne Hirten. Auch Homer nennt die Könige die Hirten der Völker [...], wie sie euphemistisch auch heute noch so genannt werden. Nach Creuzer, Symbolik I, S. 299; sollen sich auch die Aegypter Osiris gedacht haben wie einen Hirten, der sein Volk hier und dort als ein guter Hirte leite und regiere. – Die Vorstellung des göttlichen Hirten mit der Menschheit als seiner geliebten und sorgsam gepflegten Schafheerde ist sodann vorzüglich aus dem ägyptisch-jüdischen Vorstellungskreise in Kap. 10 des Evangeliums Johannis übergegangen, worin Christus als der Hirte erscheint, dessen Stimme seine Schafe kennen und folgen und die er aus dem Stalle, von der Erde in den Himmel führet, während sie dem Rufe eines Fremden, des Bösen nicht folgen und vor ihm fliehen. Dann sagt Christus: „Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Der Miethling aber, der nicht Hirt ist, dessen die Schafe nicht eigen sind, sieht den Wolf [25] kommen, und verlässt die Schafe und fliehet. Und der Wolf ergreift und zerstreut die Schafe. Der Miethling aber fliehet darum, dass er ein Miethling ist und sich um die Schafe nicht bekümmert. Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinigen, und werde von den Meinigen gekannt. Wie der Vater mich kennt, kenne auch ich den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe.“ – Hieraus ist nun in der ältesten christlichen Kirche das schöne Symbol von Christus als dem guten Hirten hervorgegangen, welcher liebend das verirrte und verlorene Schaf aufsucht und auf seinen Schultern zu der erfreuten Heerde zurückträgt. Auf römischen Grablampen aus dem Ende des 3. oder aus dem Anfange des 4. Jahrhunderts der christlichen Zeitrechnung erscheint so Christus mit einem Schafe auf den Schultern und mit einer Krone von sieben Sternen über dem Haupte und mit sieben Schafen zu seinen Füssen, zugleich umgeben von dem nach drei Tagen aus dem Leibe des Haifisches und dem Grabe des Todes wieder auferstandenen Jonas. 1)

Ist der göttliche Hirte mit den sich daran anschliessenden Gestalten der uranfängliche Gottesbegriff, der wandernde Hirte der Ausgang und Anfang in dem Gottesbewusstsein der Menschheit, erscheint als Gegensatz, als Ziel und Ende der allmächtige Baumeister der Welt, die Gottheit und Gottheiten der fest niedergelassenen Häuser und Städtebauer, der städtischen Gewerbe, der Maurer und, der Schmiede. Der göttliche Hirte ist der Gott der friedlichen Bewegung des Weidens und Gehens; der allmächtige Baumeister dagegen der Gott der friedlichen Ruhe, des Bauens und Stehens. Jener sucht und findet in entlegenen Gegenden den Verirrten und Verlorenen, dieser richtet die gebrochene Säule wieder auf und adhuc stat. Das Hirtenleben ist das Erdenleben, das Leben der Wanderung, und erst im Hause und Tempel Gottes, im Himmel hört das Wandern auf, ist die ewige Ruhe und Niederlassung erreicht. Auf Gott vertrauend und an ihn glaubend, zog der Hirte aus; das Vertrauen und der Glaube [26] ward nicht getäuschet, denn er fand die Gottesstadt Jerusalem, den Berg Zion. Man muss ziehen, vertrauen und glauben, wenn man den Himmel finden und sich die Stätte der Ewigkeit bauen will. Auf Erden gibt es nur ein festes Haus, die Hoffnung und den Glauben; doch was der Mensch hoffend und glaubend auf Erden gebauet, das wird die Gnade und die Liebe Gottes zu einem Baue des Himmels und der Ewigkeit fügen. Ewig ist das Licht und die Liebe, vergänglich die Dunkelheit und der Hass, das Böse.

Das Volk, welches am frühesten und am längsten unter allen Völkern der Erde die monumentalsten und kolossalsten Steinbauten unter der Leitung seiner Priester ausführte, – die Aegypter, welche allein unter den Völkern des Alterthums den Namen der Baumeister ansprechen dürfen, hat auch den Begriff Gottes als des allmächtigen Baumeisters, Schöpfers und Bildners der Welt geschaffen und zur Grundlage seines Glaubens und Lebens gemacht. Das eigentliche Leben und Wirken der ägyptischen Könige und mit ihnen des ganzen ägyptischen Volkes ist ein fortwährendes und unermüdliches Bauen, ein fester Steinbau, monumentum aere perennius; die Baukunst der Aegypter ist monumental in der vollsten Bedeutung; die ägyptischen Pyramiden sind die ältesten Baudenkmale der Erde und für alle Zeiten wird Aegypten das Land der Monumente bleiben.1) Ist die Baukunst das auszeichnende Eigenthum der Aegypter, zeichnen sich dagegen die Semiten, die Babylonier, Assyrier und Phönicier, in zwei andern Richtungen des städtischen oder des bürgerlichen Lebens aus, nämlich in der Stickerei und Webekunst mit der Färberei und in dem Bergbau mit dem Metallgusse, in der Metallurgie. Die Stickerei, Weberei und Färberei ging in uralten Zeiten von Babylon aus und verbreitete sich von ihnen zu den Assyriern nach Ninive und zu den Phöniciern nach Sidon und Tyrus; babylonische Teppiche, Stoffe mit ihren Wunderthieren, Thierkämpfen [27] und Arabesken waren lange im ganzen Alterthum berühmt. 1) Den Phöniciern gehört der Bergbau und der Metallguss an, und vorzüglich in Spanien gruben und holten sie ihre Metalle. Die Babylonier und Assyrier sind also die Sticker und Weber, die Phönicier die Bergleute und Erzgiesser, die Metallurgen des Alterthums, so dass in dem salomonischen Tempel der Vorhang des Allerheiligsten gewiss babylonische Arbeit war, wie die Tyrier die Erzgeräthe und die Erzsäulen des Tempels gegossen hatten. Ganz in gleicher Weise hatten schon früher Babylon und Phönicien zur Ausstattung und Schmückung der jüdischen Stiftshütte sich vereinigt. 2) Es darf als der grösste Mangel der bisherigen mythologischen Forschungen und Schriften angesehen werden, dass sie dabei das wirkliche und tägliche Leben der Völker gar nicht berücksichtigen, ja kaum kennen, während dieses Leben und die Götter in dem innigsten Zusammenhange stehen und die Götter blos die göttliche Potencirung, die Vergöttlichung dieses Lebens sind. Die Mythologie in ihrem tieferen Sinne ist wirklich die Culturgeschichte der Urmenschheit, die Geschichte der Erfindung der Gewerbe, Künste und Wissenschaften und die Götter in ihrem Schaffen und Sein sind eben die Völker selbst, zu Göttern erhoben oder in den Himmel versetzt. Was der Mensch so mühsam auf Erden sinnet, wirket und erstrebt, besitzen als ewigen Reichthum die Götter, und die Seligkeit des Menschen besteht nur in dem Mitgenusse des Himmels, in der Theilhaftigkeit des göttlichen Reichthums und der göttlichen Freuden. Den webenden Babyloniern dürfen und müssen die webenden Gottheiten und besonders die webenden Göttinnen (weil sich die Frauen vorzugsweise mit der Stickerei und Weberei beschäftigen), wie die Harmonia, die Anait, Tanait und Athene u. s. w. zunächst zugeschrieben werden. Die griechische Athene war daher auch die Beschützerin der Webekunst und führte als solche den Beinamen [...]; an den jährlichen Festen der Athene zu Athen, an den Panathenäen wurde deshalb derselben auch jedesmal eine neue prachtvolle Stickerei (Peplos) [28] dargebracht 1) und Athen stellt sich in dieser Hinsicht als das griechische Babylon dar. In einem gleichen Verhältniss, wie die Athene zu den Weberinnen Athens, stand der Thonbildner und Menschenschöpfer Prometheus zu dem Töpferhandwerke in Athen und ihm wurde der bedeutungsvolle Fackellauf dargebracht, denn das Himmelsfeuer, der göttliche Geist, Gott ist der einzige Schöpfer und Töpfer des Menschen.

Den berggrabenden, hämmernden und giessenden Phöniciern gehören dagegen an die Hammer- und Feuergottheiten, wie die von ihnen auch nach Aegypten, Lemnos und Samothrace getragenen Kabiren oder Patäken, – der ursprünglich wohl auch nur ein Kabire oder Zwerg (Dvergar = Wirker) gewesene Feuerkünstler [...] Hephästos 2) und Vulcan auf Sicilien, der in einigen Beziehungen wenigstens dem Hephästos verwandte Kür.stler Dädalos auf Creta, die idäischen Dactylen, die rhodischen Telchinen u. s. w. Bei dem innigen und sehr alten Verkehre zwischen den webenden Babyloniern und den phönicischen Metallarbeitern war es natürlich, dass die babylonischen göttlichen Weberinnen in ihrem Durchgange durch Phönicien nach Griechenland auch eine phönicische Färbung, eine phönicische Beigabe erhielten. So erhielt die babylonische Harmonia und Aphrodite in Phönicien das berühmte Halsband [...] und mit ihm verpflanzten sie dieselbe nach Griechenland, woselbst diese noch weiter geschmückt und umgestaltet wurde. Ebenso wurde in Phönicien und Griechenland die Athene, die kosmogonische Himmelsweberin [...], zugleich eine Himmelsschmiedin und Künstlerin, eine Telchinin (Telchinia). 3) Der phönicische Ursprung der feuer- und metallarbeitenden Gottheiten wird auch dadurch bestätigt, dass die Orte, wo dieselben vorzüglich verehrt wurden, ihre Hauptcultusstätten hatten, besonders die Inseln und die Küsten des mittelländischen Meeres sind, welche die handelfahrenden Phönicier beherrschten oder doch besuchten. Dunker, Geschichte des Alterthums I. S. 305, findet [29] in der Sage des Dädalos, der mit dem phönicischen Minos auf Creta in Verbindung gebracht wird und den Griechen der Erfinder fast aller Handwerke und Werkzeuge ist, ausgedrückt, dass auf Creta bei den Phöniciern schon in alter Zeit Technik und Kunst geblüht, und die Phönicier den Hellenen die Anfänge technischer Fertigkeit gebracht haben. Denselben Sinn legt Dunker den griechischen Sagen von den Telchinen und den Daktylen zu Lemnos bei; die Phönicier haben den Bergbau und die Bearbeitung der Metalle in Griechenland und besonders auf den Inseln Creta, Lemnos, Samothrace und Thasos eingeführt. Auch Weber, die Weltgeschichte in übersichtlicher Darstellung § 35, ist der Ansicht, dass ein früher Verkehr zwischen Griechenland (Pelasgern) und Asien und Aegypten bestanden haben müsse wegen der Aehnlichkeit ihrer Bildung und religiösen Einrichtungen. Deshalb wird auch von den Griechen dem phönicischen Kadmos, dem Gründer der Burg Kadmeia zu Theben in Böotien, die Erfindung des Gebrauches eherner Waffen und der Buchstaben, welche letztere daher die [Kadmeischen] genannt werden, zugeschrieben. Selbst in der griechischen Baukunst, in dem griechischen Baustyle zeigten sich die durch die Phönicier zugeführten assyrisch-babylonischen Stickereien und Webereien wirksam und demselben ist die Ornamentation des sogen. Stickereistyles, besonders auch die Arabeske nachgeahmt. 1) Ferner ist die ionische Säulenvolute nur aus dem ähnlichen siebenblätterigen Blatte des assyrisch-babylonischen Lebensbaumes als eines Säulenschmuckes hervorgegangen. Semper, der Styl I. S. 383, sagt in dieser Hinsicht: „Das ionische Volutenkapitäl, welches auf allgemein bekannten Darstellungen assyrischer Bauwerke vorkommt und in vollkommenster Durchbildung sich an einem Elfenbeinbruchstücke unter den assyrischen Reliquien des britischen Museums zeigt, hat meiner Ueberzeugung nach seinen Ursprung aus dem Volutenkelche des (assyrischen) heiligen Baumes.“ 2) – Ein anderer Theil der technischen [30] und religiösen Bildung, welche die phönicischen Seefahrer dem Abendlande brachten, war aber jedenfalls ägyptisch, da die Phönicier seit sehr alten Zeiten mit Aegypten in lebhaften Handelsverbindungen standen; besonders möchten die Waffen, das Glas und der Byssos den Aegyptern angehören. 1) Nach Diodor bedienten sich die Phönicier bei ihrem Bergbaue in Spanien zum Herauspumpen des Grubenwassers ägyptischer Sehneckenpumpen, 2) da seit den frühesten Zeiten die Aegypter besonders Goldbergwerke sehr fleissig und kunstgerecht betrieben. 3) Auf der Sinaihalbinsel gruben schon in uralter Zeit die Aegypter nach Kupfererz, wovon noch heute Hieroglyphen-Inschriften auf den Felsen Kunde geben. 4) Auch die Anordnung der Heere in abgesonderte Abtheilunoen mit besonderen der Thierwelt oder andern Gegenständen entlehnten Feldzeichen ist nach Diodor I. 86 ägyptisch. Die ägyptischen Feldzeichen der einzelnen Heeresabtheilungen waren nämlich wenigstens theilweise die Thiersymbole der einzelnen Localgötter. 5) In ähnlicher Weise war der Adler das Hauptfeldzeichen der Perser 6) und der Römer, und ist es noch jetzt bei den Oestreichern und Franzosen. Die ägyptischen Streitwagen scheinen im Oriente sehr gesucht gewesen zu sein und vorzüglich bedienten sich ihrer die Juden unter König David und Salomo, 7) wie schon lange vor ihnen sich ihrer die Cananiter und Philister bedient hatten.

In dem semitischen Namen des Maurerlehrlings als des Erzbildners und Erzkünstlers mag zugleich die historische Thatsache angedeutet sein, dass die Kunst, das Erz zu graben und zu bearbeiten, von den Semiten und hier besonders von den Phöniciern dem Abendlande überbracht worden sei, wie dieses wirklich der Fall ist. Der [31] Tubalkain 1) und Hiram müssen hier in genaue Verbindung gesetzt werden und Hiram ist blos eine andere Gestaltung und Benennung des göttlichen Meisters und Künstlers Dädalos, des Weltkünstlers und Weltbaumeisters, der eben deshalb den Bau des salomonischen Tempels leitet und unter welchem dessen Bauleute stehen. Auch dem griechischen Hephästos und römischen Vulean, dem Feuerkünstler, ist Hiram zu vergleichen. Kosmogonisch gedeutet, sind die Tubalkain die phönicisch-ägyptischen Kabiren und Patäken, und zugleich die Telchinen und Daktylen, die germanischen Zwerge, welche im Innern der Erde alles Organische weben, wirken und schaffen, womit sich zugleich das Symbol der organisch wirkenden und bauenden Hand berührt. Die Tubalkain sind die schöpferischen Kräfte und Hände Gottes. Hiram ist auch der vedische Tvashtar, der göttliche Bildiler oder Künstler, der den Wesen ihre Gestalten und Kräfte gegeben, der die Götterwaffen und Gefässe gebildet hat. 2) Von ihm wird in Rig. III, 55. 19 gesagt:

‘„Der göttliche Bildner, der zeugende, vielgestaltige, hat mannichfach gezeugt und genährt die Geschöpfe; all diese Wesen sind sein, gross und einzig ist der Götter Geisteskraft.“’

Dieser bildende und schöpferische Himmelsgott erhält auch den Beinamen hvâpâo oder svapâs, d. i. der Kunstreiche. Sogar mit dem das Feuer bringenden und die Menschen bildenden Prometheus darf Hiram, Dädalos u. s. w. in Verbindung und Vergleichung gesetzt werden und von ihnen gilt, was Tertullianus apolog. 18 sagt, dass der wahre die Menschen bildende und schaffende Prometheus der allmächtige Gott sei, welcher das Universum geschaffen und den Menschen aus Lehm gebildet habe (deus unicus, qui universa condidit, qui hominein de humo struxit, hie est verus Prometheus), wie denn überhaupt den ersten Kirchenvätern der Begriff des allmächtigen Baumeisters der Welt bekannt war. Uebereinstimmend mit [32] der Benennung des Maurerlehrlings, des Urmenschen, als des Erzschmiedes und des Erzkünstlers ist es sodann, dass bei der Aufnahme zum Gesellen diesem auf seinen Reisen nunmehr die von ihm aus dem Schosse der Erde hervorgehobenen Metalle, vorzüglich das Silber, Erz und Eisen mit den daran sich knüpfenden Leidenschaften und Untugenden des Menschen begegnen. Der Mensch kann seine Lebensaufgabe nicht lösen, ohne zugleich den menschlichen Leidenschaften und Gebrechen, dem ganzen Kampfe des geselligen Lebens die Bahn zu öffnen, – ohne den Deckel von dem alle menschliche Uebel und Krankheiten enthaltenden Fasse der Pandora abzunehmen; 1) ja diesen Kampf zu kämpfen und durch denselben nach Osten, in das ewige Licht und Leben zu ziehen, ist die eigentliche und höhere Bestimmung des Menschen, ist die einzige Hoffnung, welche noch am Rande des Fasses, als Pandora den Deckel wieder darüber stürzte, hängen geblieben. In der Prometheussage wird im tiefsten Sinne ausgesprochen, dass der menschliche Geist aus dem göttlichen stamme, die Seele und der Geist des Menschen als ein Himmelsfeuer, als ein göttlicher Strahl von dem Himmel zu der Erde hergebracht worden sei. Je nachdem der Mensch den ihm verliehenen göttlichen Geist recht oder schlecht, vorsichtig oder unvorsichtig gebraucht, ist er ein Prometheus oder ein Epimetheus. Metheus ist an sich der Mensch, manus, manas, lat. mens, griech. [...], deutsch der Mensch. Der griechische Prometheus ist dem Begriffe, wenn auch nicht dem Wortstamme nach gleich dem indischen Pramati, dem Sohne des Cyavana, denn Pramati bedeutet die Vorsorge, die vorsehende Klugheit. 2) Nach Kuhn S. 16 ist Prometheus von [...] abzuleiten und aus dem Sanskritwort pramâtha d. i. Raub hervorgegangen. Prometheus, Promantheus wäre ursprünglich ein Feuerreiber, und indem er durch Reibung das Feuer entzündet, reisst er gleichsam dasselbe an sich, raubt es.

Zwischen dem göttlichen Hirten, den friedlichen Hirten- [33] völkern, und dem allmächtigen Baumeister der Welt, den friedlichen acker- oder tempel- und städtebauenden Völkern, mitten inne liegen die wandernden, stürmenden und erobernden Kriegsvölker, weshalb sie nun die Sturmes- und die Kriegsgottheiten, die kämpfenden Gottheiten schaffen, die Götter bewaffnen und den Himmel in den Aufenthaltsort der gefallenen und seligen Helden, in den Kampfplatz der himmlischen Streiter, Götter und Menschen umbilden. Aus der Art der Bewaffnung und des Kampfes der streitenden und der siegenden Götter können dabei mehr oder weniger sichere und weitgehende Schlüsse auf die Bildungsstufe der Völker gezogen werden, welchen die Götter angehören. Suchte der Mensch für die von ihm gerungenen Kämpfe und Kriege an dem Himmel ein Gegenbild, boten sich ihm dazu gleichsam von selbst das Gewitter, die dunkelen Wetter- und Gewitterstürme als ein wilder Kampf der gewaltigsten Naturkräfte, der sich gegenseitig bekämpfenden Wolken-, Blitz- und Lichtgottheiten dar mit dem Lichte und der immer zuletzt wieder leuchtenden Sonne als dem siegreichen Ende des Kampfes und Streites. Die siegreichen Wolken-, Blitz- und Lichtgottheiten, welche im Frühjahr mit den wiederkehrenden Gewittern ihre Kämpfe zu schlagen und die Winter- und Wolkendämonen zu besiegen beginnen, sind durch den lebenweckenden und segnenden Regen und durch das erwärmende und beglückende Sonnenlicht aber auch die Schöpfer und Begünstiger des Erden- und des Naturlebens , so dass die Kriegsgottheiten nach einer andern Seite hin auch als Frühlingsgötter, als die Bringer des neuen Erd- und Naturlebens erscheinen, die Menschen zum Kriege und die Erde zum Leben führen; durch ihre Siege die Beglücker der Menschen und der Erde werden, den Menschen und der Erde den Sieg im Kampfe gegen ihre Feinde verleihen. Unendlich reich und mannichfach sind die mythologischen Vorstellungen und Gestalten, welche aus den Gewitterkämpfen und aus dem durch sie geweckten Frühlings- und Erdenleben hervorgehen, worüber auf Schwartz, der Ursprung der Mythologie, Berlin 1860, als die neueste und vorzüglichste Schrift verwiesen werden darf, obwohl nicht zu leugnen [34] ist, dass Schwartz darin viel zu weit geht, dass er die ganze Mythologie und alle Göttergestalten auf den Blitz, auf die Gewitterwolken und Gewitterkämpfe zurückzuführen versucht. Eine Seite, einen Entstehungsgrund der Mythologie darf man nicht einseitig und übertreibend nach allen Seiten hin anwenden und in die alleinige und ganze Mythologie umgestalten.

Die Waffen, welche die Gewitter- und Lichtgottheiten führen, sind an und für sich besonders der Blitz und die Strahlen der Sonne und des Mondes, des Lichtes, und diese werden daher in die Gestalt von Waffen eingekleidet, als Waffen den Göttern in die Hand gegeben. Da die Menschen schon in ihrem Ursitze, noch als blose weidende Hirten gewiss zum Schutze gegen feindliche Thiere und Menschen bewaffnet waren, Schutzwaffen besassen, reichen auch die Kriegsgottheiten mit ihren Waffen in die Urzeit, in den ersten Anfang der Menschengeschichte hinauf und namentlich haben die indo-germanischen Völker, sowie die Peruaner und Mexikaner die bewaffneten und streitenden Kriegsgottheiten in den Grundzügen aus ihrem asiatischen Ursitze mitgebracht und auf ihren Wanderungen und Kriegsfahrten nur weiter fortgebildet. Allerdings ist Krieg und Streit so alt als das Menschengeschlecht und allgemeiner Frieden war niemals und wird niemals sein, so lange Menschen sind. Die ursprünglichste aller Waffen, die Waffe der ersten Menschheit ist der geschleuderte Stein, der steinerne Streithammer, und diesen Stein und Streithammer schleudern und tragen daher der deutsche und nordische Thôrr, der indische Indra, der griechische Zeus und der römische Jupiter 1) u. s. w. Das Blitzeschleudern der Götter ist ursprünglich nur ein himmlisches Steinwerfen, die Blitze sind Himmelssteine, Stein- oder Donnerkeile. Dem Streithammer steht die steinerne Streitaxt die Donneraxt, und das steinerne Streitbeil, das Donnerbeil gleich. Noch ursprünglicher vielleicht als der Stein und Streithammer oder jedenfalls gleich alt sind die Keule oder [35] Kolbe (der schweizerische Morgenstern) des Vischnu und Ciwa, des Jama, des Herakles und des Thôrr, und der Stab des Hermes; in der Hand der Götter sind auch sie Symbole des Blitzes, womit die Götter auf die Wolkendämonen dreinschlagen. Der dreifache oder dreisprossige Hermesstab, der Dreizack des indischen Çiva, des ägyptischen Osiris und des griechisehen Poseidon, des ursprünglichen Gottes des Wolkensturmes und Wolkenmeeres, möhten in ihrer Dreigestaltigkeit schon einer späteren mythologischen Entwicklung angehören. Die eigentliche Waffe des Osiris, wie er namentlich in dem Todtengerichte erscheint, ist eine Geissel, ähnlich dem mittelalterlichen Flegel, welche aus drei, an dem einen Ende verbundenen und an einem Stocke befestigten Stäben bestand. Diese Waffe an sich muss gewiss als eine uralte, als eine uranfängliche gelten. Die Geissel trägt auch der Jupiter O. M. Heliopolitanus, der syrische Sonnengott Adad, Malachbelus zu Heliopolis oder Baalbeck, dessen Bild angeblich aus dem ägyptischen Heliopolis stammte; 1) ferner der ägyptische Ammon. 2)

Bald nach dem Streithammer und der Keule und vielleicht noch gleichzeitig mit ihnen erscheinen Pfeil und Bogen und sie tragen Indra, der assyrisch-babylonische Sonnengott Bel, der griechische Apollo, A-bel-ios, 3) und seine Schwester Artemis, indem sie mit den Pfeilen ihrer Bogen die Strahlen der Sonne und des Mondes entsenden. Zu gesucht und gelehrt ist es, wenn Schwartz, a. a. O., S. 101 ff. unter dem Bogen des Apollo den Regenbogen und unter seinen Pfeilen die Blitze verstehen will, also der delphische Apollo mit seinem Orakel, mit der castalischen Quelle und den ihn umgebenden Musen ein bloser Sturmes- und Wolkengott sein soll, welcher unter dem Rollen des Donners (das redende Orakel und die singenden Musen) den Gewitterdrachen erlegt. Die singenden Schwäne des Apollo sind aber allerdings die lichten schimmernden Wolken, [36] welche vor der Sonne herziehen, sie gleichsam tragen. 1) – Auch die ägyptische Neith trägt Bogen und Pfeile in den Händen. 2)

Schwert und Lanze fallen in eine spätere Zeit, welche schon die Kunst der Bearbeitung der Metalle und die künstlicheren Waffen kennt, weshalb die Schwert- und Lanzengötter auch Helme und Schilde zu fragen pflegen; Schwert und Lanze symbolisiren aber auch den Blitz, den Lichtstrahl, und der Schild die deckende und bergende Gewitterwolke. Die Lanze als Symbol des Blitzes schwingen die phönicische Astarte oder karthagische Burggöttin Dido, die römische Juno Caelestis, Invieta Caelestis Urania, 3) die griechische Athene, der Amykläische Apollo, 4) der deutsche Odhin und der römische Kriegs- und Frühlingsgott Mars, welcher letztere dem Frühlingsmonate bei den Römern den Namen gegeben hatte und mit dem einstens das Jahr anfing, bis der Jahresanfang dem Lichtgotte Janus und seinem Monate anheimfiel. Die Athene trägt gleich ihrem Vater Zeus und ihrem Bruder Apollo die furchtbare Gewitterwolke als ihren Schild, als Aegide, und der Schild oder das Ancile des Mars hatte ursprünglich wohl dieselbe Bedeutung; später wurde das Ancile zum Symbole des Monats und daher dem Mars 12 Ancilien und 12 Priester, gleichsam 12 Jünger und Apostel beigelegt, wie auch sein Nachfolger Janus 12 Altäre hatte. Der deutsche Tyr, d. i. der Glänzende, der Leuchtende von der Wurzel div leuchten, glänzen, woher auch Zeus und Jupiter ihren Namen tragen und zugleich das indische und baktrische daevas, daêva, griech [...], lat. deus, Gott, und dies, Tag, stammen, trug als Symbol des glänzenden und leuchtenden Lichtstrahles ein Schwert, welches Schwert später von ihm auch auf Odhin überging. 5) Tyr selbst wurde unter dem Bilde des Schwertes verehrt, wie auch bei den Skythen, Alanen und Geten ein Schwert göttlich verehrt [37] wurde. Auch der griechische Chrysaor hat ein goldenes Schwert als das Lichtschwert in den Händen, das die Poren der Erde öffnet und die Fruchtbarkeit aus ihr hervorlockt. 1) Ebenso hat der parsische Yima, der indische Yama, eine goldene Lanze, womit er die Erde spaltet. 2) Auch Apollo erhält von Homer das Prädikat [...] (der Gott mit dem goldenen Schwerte), jedoch ist hier das goldene Sehwert wohl auf den Blitz zu deuten, welchen der in der Frühlingszeit wiederkehrende Apollo in den Gewittern schleudert.

Diese Gewitter- und Lichtgottheiten hatten nun neben der blosen Naturbedeutung insofern noch eine gewisse ethische Bedeutung, als sie als Frühlings- und Jahresgötter Glück und Segen, oder auch Unglück und Verderben bringen konnten und als Kriegsgötter den Ausgang und das Schicksal der Schlachten leiteten, den Sieg und Niederlage bestimmten, – noch mehr aber insofern, als sie die ruhmreich gefallenen Helden in ihrem Himmel versammelten und dadurch lohnten. Die Hoffnung auf diesen Lohn, – der Glaube, durch den Tod auf dem Schlachtfelde unmittelbar in das Reich des Odhin, in seinen Walhalla hinüberzuziehen, erzeugte namentlich bei den Germanen ihre unwiderstehliche Tapferkeit und Todesverachtung, welche sie den Römern so furchtbar und verderblich machte und die von ihnen als furor teutonicus, als Berserkerwuth bezeichnet wurde. 3) lm Walhalla Odhins erfreuten sich die gefallenen Helden noch täglich des Kampfes und standen fallend sogleich wieder auf; auch sollten sie einstens aus dem Walhalla mit Odhin zum letzten Weltkampfe ausziehen und dann mit ihm unterliegen und als zeitlich endigen. Auch in dem Gesetze des indischen Manu heisst es, dass die Könige, welche in der Schlacht, begierig einander zu überwinden, mit dem grössten Muthe fechten und das Haupt nicht abwenden, geraden Weges in den Himmel gehen, wenn sie fallen. Der indische Schlachtengott Indra gleicht in aller und jeder Hinsicht dem deutschen Odhin [38] und sein Himmel ist nur ein indischer Walhalla, ein indischer Königshof, 1) da ursprünglich die arischen Inder, bis sie die verweichlichenden Gangesländer erobert und sich in ihnen bleibend niedergelassen hatten, ein eben so tapferes und streitbares Volk waren als die Germanen.

Von den Germanen und den Indern und allen verwandten arischen Volksstämmen unterscheiden sich die Baktrer, – die Baktrer, Meder und Perser, – das unrichtig sog. Zend-Volk, 2) indem sie sich von ihren Ursitzen am wenigsten entfernten und am frühesten sich dem Ackerbau zuwandten, ohne wohl anfänglich grössere Städte, nie eigentliches städtisches Leben gehabt zu haben und nach uralter germanischer Weise sich überall da niederlassend, wo die Berge und Thäler, Wälder und Haine, Quellen und Flüsse eine zur Niederlassung geeignete Stelle boten. Vielleicht kann daraus die Eigenthümlichkeit des baktrischen Lichtglaubens und Gestirndienstes erklärt werden, dass die Baktrer weder ein eigentliches eroberndes Kriegsvolk, noch ein eigentliches städtebauendes, sondern ein einfaches, ackerbauendes Volk auf den hohen Bergen und Bergabhängen Centralasiens waren und daher am höchsten schätzten den Ackerbau und was ihn fördern konnte. Anfangs hatten die Baktrer mit den arischen Indern dieselben Licht- und Gewittergottheiten, aber eine Spaltung und Veränderung trat ein, sobald die Baktrer das Schwert mit dem Pfluge vertauschten, die arischen Inder aber zu kämpfen und zu erobern, tiefer in Indien einzudringen fortfuhren. Die verschiedene Lebensrichtung und Lebensbeschäftigung musste die sonst verwandten Stämme auch in religiösen Dingen scheiden, die Götter eines jeden Stammes anders gestalten. In dieser Zeit des Ueberganges und der beginnenden Entzweiung trat [] zwischen 3000 und 2000 Jahren v. Chr., – nach Spiegel, Avesta I. S. 44, in vorhistorischer Zeit unter den Baktrern Zoroaster, Zarathustra als religiöser Reformator auf, indem er die Kämpfe der alten Licht- und Gewittergötter gegen die [39] Dämonen der Nacht und des Gewittersturmes in einem rein ethischen Sinne als den Kampf des Lichtes gegen die Finsterniss, des Guten gegen das Böse, des Wahren gegen das Falsche oder die Lüge fasste, und das natürliche Licht mit dem Feuer und die natürliche Dunkelheit, das natürlich Gute und Reine und das natürlich Unreine und Schlechte nur für die Symbole des geistigen Lichtes und des geistig Finstern, des sittlich Guten und Reinen und des sittlich Bösen und Unreinen erklärte. In dem zu kämpfenden grossen Welt- und Erdenkampfe setzte er in dem zu erstrebenden Lichte und in der zu erstrebenden Reinheit den göttlichen und den menschlichen Streitern dasselbe Kampfes- und Siegesziel, und machte mithin die Menschen zu den Kampfgenossen und Kampfgehülfen der Götter, wobei die menschliche Aufgabe dadurch noch eine eigenthümliche Färbung und Gestaltung erhielt, dass die Seelenreinheit sich auch durch körperliche Reinheit und die Liebe zum sittlich Guten zugleich durch die Liebe zum Guten und Nützlichen in dem ganzen Naturleben, an den Pflanzen, Thieren und Menschen, sowie umgekehrt der Hass gegen das sittlich Böse durch den Hass und die möglichste Vertilgung des Bösen und Verderblichen in dem Natur- und Menschenleben beurkunden sollte. Der Grundgedanke des Zarathustra war unstreitig ein erhabener und von ihm in dem bekannten einfachen trilogischen Gesetze ausgesprochen, dass der Mensch von dem reinen Gedanken, dem reinen Worte, der reinen That nicht ablassen, dagegen vermeiden solle, schlecht zu denken , schlecht zu reden und zu handeln; aber die äussere Bethätigung der reinen Gedanken, Worte und Werke wurde den Priestern und dem Volke bald, wie in Indien, wie bei den Buddhisten und selbst bei den Christen, die Hauptsache, worüber das Innere, – das Wahre zu denken, zu reden und zu thun, bald vergessen oder schon durch das blose Aeussere genügend erreicht geglaubt wurde. An der Scheinheiligkeit konnte die Religion des Zarathustra scheitern und ist gescheitert; der Geist ist längst geschwunden, doch einige Formen sind in Kirmân in Persien , sowie auf dem Festlande von Indien in Guzerat geblieben. Wenn Haug’s Vermuthung begründet ist, spricht [40] Zarathustra selbst in den Gâthâs I. 30, seinen grossen Gedanken dahin aus:

  • 3. „Von Anbeginn gibt es ein Zwillingspaar, zwei Geister, jeder von eigener Thätigkeit; sie sind das Gute und das Böse in Gedanken, Wort und That. Wählt unter beiden, seid gut, nicht bös!“
  • 5. „Von diesen beiden Geistern wählt einen, entweder den lügnerischen, das Schlimmste vollbringenden, oder den wahren heiligsten Geist. Wer Jenen wählt, erwählt das härteste Loos, wer diesen, verehrt den Ahuramazda gläubig und in der Wahrheit durch seine Thaten.“

Da auch nach der Religion oder vielmehr nach der religiösen Reformation des Zarathustra die Götter und mit ihnen die Menschen wesentlich Kämpfer und Streiter waren, behielten die alten Licht- und Wolkengottheiten zwar die Bewaffnung bei, aber der Gegenstand und das Ziel des Kampfes und des Sieges wurde ein anderer und höherer indem nun von den Göttern in den Gestalten der Schlange (des Blitzes und des Ahriman), des Drachen, des Löwen und anderer mythischen Thiere das sittlich Böse und Unwahre oder die Lüge bezwungen und getödtet werden. Solche sittliche Kämpfe der Götter und der Menschen, besonders der Könige, gegen die ahrimanischen, typhonischen und teuflischen Thiere finden sich vielfach auf den Mauern von Persepolis, zu Ninive und andern Orten, sowie auf vielen aufgefundenen persischen und assyrischen Denkmälern, namentlich aber auf den durch das ganze frühere römische Reich verbreiteten und erhaltenen Mithradenkmälern. Auch liegt die Vermuthung nahe, dass solche Götter- und Menschenkämpfe mit den symbolischen Thieren des Bösen gleichfalls auf den assyrisch-babylonischen Wand- und Fussteppichen, auf den Gewändern der Könige und der Priester bei den Assyriern, Medern und Persern abgebildet, gestickt gewesen seien. Der Lohn der menschlichen Kämpfer des Zoroaster, der Lichtstreiter, konnte nicht der Himmel des deutschen Odhin und des indischen Indra, ein Zech- und Kampfesplatz, ein Königshof sein, sondern musste ein rein ethischer und geistiger werden und wurde indem dem Reinen und Guten der Eingang in das ewige Licht und Leben, die lichtvolle Unsterblichkeit ver- [41] hiessen wird. die Unreinen und Bösen aber in den Höllengrund. in den Duzakh zu Ahriman und seinen nächtlichen Genossen hinabgestürzt werden sollen, bis auch sie am Ende der Tage bei der Ankunft des grossen Bekehrers und Erlösers Caosyac, welcher von einer reinen, die Unüberwindliche genannten Jungfrau geboren wird, und bei der durch ihn bewirkten Auferweckung und Auferstehung aller Todten durch das Feuer gereinigt und mit Ahriman selbst gut werden. Die Lehre von der Auferstehung der Todten, welche mit dem Erlöser und Heiler, mit dem Messias, die Juden von den Parsen aufgenommen haben, ist jedoch erst nach den Zeiten Zoroasters vollständig ausgebildet worden und scheint dem Avesta noch unbekannt gewesen zu sein, 1) obwohl bei den wenigen Bruchstücken, welche von den heiligen Schriften der Parsen gerettet und erhalten sind, begreiflich ein jedes Urtheil darüber höchst unsicher sein muss, welche der spätern parsischen Lehren und Glaubensvorstellungen schon dem Avesta oder dem Zarathustra eigenthümlich oder nicht eigenthümlich gewesen sei. Das, was wir jetzt das Nichteigenthümliche zu nennen geneigt sind, kann auch nur das Verlorene und noch nicht Wiederaufgefundene sein. Immerhin ist es eine rein Zarathustrische Idee, ja der innerste und alles durchdringende Grundgedanke des Zarathustrischen Glaubens, dass der von dem Menschen in dem irdischen Leben zu kämpfende Kampf ein Kampf sein solle für das ewige Licht und Leben, für die Reinheit und Wahrheit, für die Unsterblichkeit gegen die Finsterniss und den Tod, gegen das Unreine und Böse, gegen die Höllennacht und Höllenqual. Diesen Kampf nun hatten die um das Jahr 70 vor Christi Geburt zur Zeit des Pompejus durch die cilicischen Seeräuber aus Tarsos in das Abendland eingebrachten Mysterien des Mithra wesentlich zum Gegenstande und Inhalt, 2) und sie blühten in dem römischen Reiche bis gegen das Ende des [42] 4. oder den Anfang des 5. christlichen Jahrhunderts, indem die römische Welt durch sie und durch ähnliche Geheimdienste gleichsam in das Christenthum hinüberging oder bei dem Verfalle und Untergange des Heidenthums vor der aufgebenden Sonne des Christenthums in ihnen noch eine letzte Zufluchts- und Rettungsstätte gesucht hatte. Mithra, d. h. der Gefährte, der Freund, war anfänglich der Gott des allsehenden und daher auch allwissenden Lichtes, damit zugleich aber der Gott der Wahrheit und Wahrhaftigkeit und Treue, der Feind und Rächer der Lüge und Unwahrheit und eines jeden Unrechts. Durch Zarathustra wurde Mithra zum höchsten Schöpfer und zum Vertreter der zu erkämpfenden sittlichen Reinheit, des ewigen Gerichtes und der ewigen Gerechtigkeit, des einzigen Lichtes und Lebens, der Unsterblichkeit, und die Mithrasmysterien waren somit Unsterblichkeitsmysterien, sollten den Glauben an die Unsterblichkeit der Seele, namentlich aber auch an die Belohnung des Guten und die Bestrafung des Bösen pflanzen und nähren, – sollten durch den Glauben an Gott und ein gottgefälliges Leben, die einzig wahre königliche oder göttliche Kunst schon bei den Aegyptern, 1) zu Gott führen. Die Mithrasmysterien, welche in dunkelen oder schwarzen Höhlen gefeiert wurden (in Rom gab es wenigstens zwei solcher Mithrashöhlen, Mithraslogen), weil Mithra aus dem dunkelen Felsen, geboren sein [...] und stets daraus siegreich wiedererstehen sollte, fassten jedoch aus Missverständniss oder nach den zur Zeit ihrer Einführung in dem römischen Reiche über die Sonne als des Sinnbildes der höchsten natürlichen und sittlichen Macht und Ordnung herrschenden Ansichten den Mithra anstatt als den Gott des Lichtes überhaupt als den blosen Sonnengott, weshalb auf den höchst zahlreichen Monumenten des Mithracultus, welche aus allen Gegenden des römischen Reiches zu Tage gekommen sind, die unabänderliche Dedicationsformel lautet: Deo Soli invicto Mithrae. Die Mithrasmysterien hatten gleich den ägyptischen Mysterien nach der Zahl der sieben Planeten [43] sieben Grade, wie ebenso das System der rectificirten schottischen Maurerei sieben Grade hatte, obwohl jetzt gewöhnlich nur noch sechs ertheilt werden. Nach der schon berührten Grundvorstellung der Zarathustrischen Religion waren die Mithrageweihten heilige Streiter des Lichts, des Guten und des Wahren gegen die Finsterniss, das Böse und die Lüge, – wahre Gotteskämpfer, wie Israel; und Mitkra selbst wurde als das Vorbild aller gewaltigen und siegreichen Streiter dargestellt. In dem von Windischmann übersetzten Opfergebete an Mithra, in dem Mihir Yasht wird in der letztern Beziehung gesagt:

123. Mithra – den wachsamen, welchem opferte Ahura-Mazdâ auf dem glänzenden Garô-Nmâna.

124. Mit erhobenen Armen fährt zur Unsterblichkeit hin Mithra der weitflurige vom glänzenden Garô-Nmâna aus, auf schönem Wagen gefahren, dem gleich festen, allgestaltigen, goldenen.

125. An diesem Wagen fahren (ziehen) vier weisse Renner von gleicher Farbe, Geistesspeise essend, ohne Krankheit; ihre Vorderhufen mit Gold beschlagen, die hinteren mit Silber; alle sind sie angespannt an die Deichsel, die nach oben gekrümmte, die gebunden ist mit gespaltenen, wohlgemachten, dicken Klammern von Metall.

126. Auf seiner rechten Seite fährt Rasnu der gradeste (gerechteste), heiligste, aufgewachsenste; auf seiner linken Seite fährt er die gerechteste Unterweisung, die spendentragende, reine, mit weissen Kleidern angethan, weiss: ein Gleichniss der mazdayacnischen Lehre.

127. Nach fährt der starke Fluch des Weisen im Körper eines Ebers, eines sich entgegenwerfenden, scharfhauerigen, männlichen, scharfklauigen, auf einmal erschlagenden, eines Ebers, eines fetten, ergrimmten, angesichttriefenden, tüchtigen, gebundenen und bis zum Ende fahrenden. Zunächst ihm fuhr das Feuer, das angezündete, die gewaltige königliche Gnade (Majestät).

128. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigen Mithra ein Tausend Bogen von Knochen, deren Sehnen aus Sehnen der Rinder wohl gemacht sind; geisterstark fahren sie hin, geisterstark fallen sie auf den Schädel der Daêva’s.

129. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigen Mithra ein Tausend Pfeile, die mit Kahrkâcafedern befiedert, mit goldenen Spitzen, hörnernem Schaft und Auszweigungen von Knochen und Eisen wohlgemacht sind; geisterstark fahren sie hin, geisterstark fallen sie auf den Schädel der Daêva’s.

130. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigen Mithra ein Tausend Lanzen mit scharfer Spitze wohlgemacht; geisterstark fahren sie hin, geisterstark fallen sie auf den Schädel der Daêva’s. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigen Mithra ein Tausend Wurfscheiben von Kupfer, zweigeschärft, wohlgemacht; geisterstark fahren sie hin, geisterstark fallen sie auf den Schädel der Daêva’s.

[44]

131. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigen Mithra ein Tausend Schwerter, zweischneidig, wohlgemacht; geisterstark fahren sie hin, geisterstark fallen sie auf den Schädel der Daêvas. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigen Mitbra ein Tausend Keulen von Erz wohlgemacht; geisterstark fahren sie hin, geisterstark fallen sie auf den Schädel der Daêva’s.

132. Es steht als Schutz des Wagens des weitflurigen Mithra der schöne wohlbeschlagene Keil mit hundert Warzen, mit hundert Schneiden, männerniederschmetternd, am mächtigen goldenen Griff mit Erz begossen, die prächtigste der Waffen, die siegreichste der Waffen; geisterstark fahren sie hin, geisterstark fallen sie auf den Schädel des Daêva’s.

133. Nach dem Schlagen der Daêva’s, nach dem Niederschlagen der mithratrügenden Menschen fährt hervor Mithra der weitflurige durch Arezahi-Cavahi, durch Fradadhafsu, Vidadhafsu, durch Vourubaresti und Vourugaresti, durch das Karsvare’s Qaniratha das glänzende.

134. Vor ihm zittert fürwahr Auro-Mainyu der todvolle, vor ihm zittert fürwahr Aêsma der schlechtgeistige, leibverderbende; vor ihm zittert fürwahr Busyâcta die langhändige; vor ihm zittern fürwahr alle geistigen Daêva’s und die Frevler aus Varena.

Die Mithrageweihten empfingen daher nach vorausgegangenen schweren Prüfungen und nach einer Reinigung oder Taufe durch Wasser, welche letztere wieder ganz im Geiste der religiösen Ansichten des Zarathustra begründet ist, in dem ersten Grade den Namen Streiter, milites Mithrae, indem sie ohne Zweifel ein Schwert und wohl auch weisse Kriegshandschuhe, vielleicht sogar Spornen und andere ritterliche Kleidungsstücke erhielten. Auch wurde dem Aufzunehmenden eine Krone dargereicht und von ihm mit den Worten abgelehnt: „Mithra ist meine Krone.“ Die Angabe von Creuzer, a. a. O., I. S. 754, dass der Aufzunehmende die Krone mit diesen Worten aufgehoben habe, ist daher unrichtig und ungenau. 1) Durch die schweren Prüfungen sollten nach Tertullian die Krieger des Mithra gestählt werden, und man darf hinzufügen, dass nach demselben Plane auch Gott seine Auserwählten durch Leiden und Unglück stähle. Es ist sehr, wahrscheinlich, dass Mithra, der Gott der Götter und der König der Könige, als Sol invictus, als unbesiegbare Sonne, welche sterbend stets die Nacht und den Winter überwindet und dessen Fest man daher nach dem Vorbilde der Perser (und ihres [45] noch heute gefeierten Mihragân) und Phönicier in Rom zur Zeit des kürzesten Tages am 25. December, also als das Fest des unbesiegbaren Todes und der Wiederauferstehung aus dem Tode, des aus seiner eigenen Asche stets wiedergebornen Phönix feierte, ganz in derselben Weise leidend und sterbend, siegend und wiederauferstehend in seinen Mysterien vorübergeführt wurde und durch seine eigene Unsterblichkeit den Eingeweihten die ihrige verbürgen sollte, wie dieses bei Hiram in den maurerischen Mysterien der Fall ist. Ebenso war gewiss ein sichtlicher Mysterienvertreter des Mithra vorhanden und vielleicht war dieses der Pater Patrum Dei Solis, unter welchem in den Mithrasmysterien alle Eingeweihten standen, 1) wie der alte parsische Oberpriester Zarathustrôtema, oder auch der Maubad der Maubads und der Destûr der Destûrs schon gewiss der gleiche irdische Vertreter des obersten Gottes gewesen ist. 2) Aehnlich war der ägyptische und jüdische Oberpriester der irdische Vertreter Gottes und ist noch der hammerführende Meister vom Stuhl bei den Maurern der Vertreter des allmächtigen Baumeisters der Welt 3) und bei den Katholiken der Pabst der Vertreter Christi oder des christlichen Gottes. Gleichmässig verhielt es sich mit dem Hierophanten oder Mystagogen in den eleusinischen Geheimnissen 4) u. s. w. Die Kleidung und die Attribute aller dieser sichtlichen oder irdischen Vertreter sind nur die Kleidung und die Attribute des durch sie vertretenen Gottes selbst. Nach Clemens Alexandrinus soll z. B. der jüdische Höhepriester an dem Saum seines Leibrockes, den er trug, so oft er in das Heiligthum eintrat, 365 goldene Glöcklein getragen haben zum Symbole des gnädigen Jahres (Jesaja 61, 2), welches die Ankunft des Heilandes ankündigte. Philon erklärte diese Glockentöne als das Symbol von dem Einklang der Welt und der Harmonie der Sphären, wie der jüdische Oberpriester über- [46] haupt als ein Bild des Universums angeselion wurde. 1) Nach der Angabe der Priesterregel sollten die Glocken dem in dem Allerheiligsten weilenden Gotte den Eintritt des hohen Priesters verkündigen, damit dieser nicht sterbe, 2) welche naive Deutung nur aus der völligen Unwissenheit des eigentlichen Sinnes des Symbols hervorgegangen sein kann. Noch verdient hier angeführt zu werden, dass auch die römischen Kaiser seit dem Kaiser Aurelian die Vertreter des Mithra in der Weltherrschaft desselben auf Erden sein wollten.

Aus dem Glaubenssystem des Zarathustra und aus den zur Zeit des Auftretens des Christenthums im weiten römischen Reiche herrschenden mithrischen Ansichten und Mysterien ist sodann mit vielen andern Ansichten und Gebräuchen 3) die Vorstellung in das Christenthum übergangen, dass die Christen und die ganze christliche Kirche (ecclesia pugnans) Streiter, Degen Gottes seien, wie Christus selbst gleich Mithra ein solcher siegreicher Streiter und lebender oder reiner Degen Gottes genannt wird. 4) Wie im Vendidad Farg. XIX, 52, Mithra gepriesen wird: „Ich preise den Mithra, der ein grosses Gebiet hat, den Glänzendsten der Siegreichen, den Siegreichsten der Siegreichen,“ ähnlich wird auch Christus gepriesen. Es lässt sich nicht verkennen, dass die christliche Taufe und Confirmation, welche in den ersten Zeiten des Christenthums, als nur Erwachsene zu Christen aufgenommen wurden, zusammenfielen , ihrem Sinne und ihren Gebräuchen nach sehr viele Aehnlichkeit und Verwandtschaft mit der Einweihung in die Mithrasmysterien zum Lichtstreiter, miles Mithrae, habe, wesshalb auch öfters die irrige und ganz unhistorische Ansicht ausgesprochen worden ist, dass die Mithramysterien Einzelnes aus dem Christenthum und den christlichen Gebräuchen entlehnt haben. 5) Der christliche Gebrauch, die jungen Christen zur Weihnachts- oder zur Osterzeit besonders in die Kirche aufzunehmen, sie gleichsam wehrhaft zu machen und zu Strei- [47] tern Gottes, milites Mithrae, milites Christi Solis invieti, zu weihen, möchte durchaus auf die Mithrasmysterien zurückzufführen sein, indem die Mithrasmysterien, das Mithrasfest, das Geburtsfest der neuen Sonne und des neuen Lebens, entweder um die Zeit der Wintersonnenwende oder der Frühlingstag- und Nachtgleiche, wo die Perser ihren Newruz, d.h. den neuen Tag (den älteren römischen Jahresanfang im Monat Merz) feierten, gefeiert wurden, – also in der Zeit, wo das Licht über die Finsterniss, über den Winter den Sieg gewinnt, - und dann die Einweihung in die Mithrasmysterien stattfand. 1) Der christliche weisse Sonntag (dominica in albis, dies neophytorum) im Monat Merz oder April, der katholische Konfirmationstag, ist seinem Ursprunge, seiner Bedeutung und seinen Gebräuchen nach nur eine Mithrasfeier, eine Weihung des neuen Christen zum Streiter des neuen siegreichen Lichtes. Die jungen Mithrasstreiter und die jungen Christen sind eben so viele Symbole und Bilder der neu erwachenden Sonne und des neu erwachenden Lebens und sollen gleich diesen wachsen und erstarken; das Geburtsfest des neuen Gottes ist ihr eigenes Geburtsfest. Mit dem weissen Sonntag steht in der innigsten Verbindung die ganze Osterfeier, das Fest der widererstehenden neuen Frühlingssonne, des Mithra selbst, und ebenso der Palmsonntag, die Weihe und das Opfer der ersten Sprossen des neuen Pflanzenlebens, der ersten grünen Zweige, wie später der reifenden Sonne, dem Apollo [...], die Erstlinge der Erndte, goldene Aehren, [...], dargebracht werden. 2) Auch wurde zu Rom am 24. Merz Sanguen, d. i. ein blutiges Fest der Kybele gefeiert, wobei die Priester den erschlagenen Atys beweinten, worunter nach Macrobius die Sonne verstanden ward, deren Rückkehr in das Zeichen des Frühlings gleich am folgenden Tage durch ein allgemeines Freudenfest (Hilaria) am 25. März gefeiert wurde. 3) Dem ältern Mithra, dem Gotte des Lichtes schlechthin mit allen daraus hervorgehenden Eigenschaften des Gottes, ist aber am verwand- [48] testen der griechische Apollo, der ägyptische Horus, Horus Apollo, Horapollo, der Gott des Lichtes und der Sonne, der siegreiche Feind alles Unholden und Widerwärtigen, der Gott der alldurchdringenden Ursache von allem Schönen und Harmonischen, 1) dessen Geburt oder vielmehr dessen Wiederkehr von den Hyperboreern, bei welchen er während der sieben Monate des Winters und des Todes verweilt, zu Delphi am siebten Tag des Monats Bysios, Pysios oder Pythios, welcher in den Anfang des Frühlings um die Zeit der Tag- und Nachtgleiche fiel, gefeiert wurde. 2) Auch in den tödtlichen rächenden Waffen und in dem furchtbaren Kampfe gegen die Ungeheuer der Finsterniss im natürlichen und ethischen Sinne stimmen Mithra und Apollo ganz zusammen; der Apollocultus und der Mithradienst sind die gleiche Lichtreligion, und sogar als Todtengötter und Todtenrichter berühren sich Mitlira und Apollo. 3) Die Hyakinthien aber sind ein förmliches Osterfest, wenn auch nicht im Frühlinge, sondern im heissen Sommer gefeiert, wenn die Blumen der Sonnenhitze erliegen, – ein Trauerfest über den Tod mit darauf folgendem Freudenfeste über die Wiederauferstehung des Hyakinthos, der schönen Blume des Feldes gleich Adonis. Spuren von Menschenopfern finden sich endlich im Mithra- und Apollocultus 4) und in beiden ist die Siebenzahl geheiligt; wegen seiner ewigen Jugend und Kraft war auch Apollo mit Hermes und Herakles gleich Mithra das ideale Vorbild aller männlichen Jugend und im Kriege.

Nach Einigen sollen auch die Aegypter im Monat Merz oder Athyr, im Monate der Athuri oder Hathor, der Isis, der griechischen Aphrodite und der deutschen Ostera (nach Creuzer, Symbolik IV, S. 607, die asiatische Astarte), das Trauerfest des Osiris gefeiert haben, indem unter dem Bilde des erschlagenen Meisters und des Grabes die Ab- [49] wesenheit der Sonne beklagt wurde, auf welches Trauer- und Todtenfest sodann das Freudenfest über die Rückkehr und das Wiedererstehen der Sonne, des Osiris folgte; jedoch ist es wahrscheinlicher, dass diese Feste von den Aegyptern um die Zeit der Wintersonnenwende im Monat Tybi begangen wurden. 1) Wäre die erstere Annahme begründet, dann würden wir in einer überraschenden Uebereinstimmung in Aegypten und in Persien, – in Kleinasien oder in Lydien und Phryrien, Bithynien und Galatien, in Griechenland und zu Rom, – bei den Deutschen und zuletzt bei den Christen in der Frühlingszeit, um die Frühlingstag- und Nachtgleiche dieselbe Feier des Todes und der Wiederauferstehung des Licht- und Sonnengottes, des Erdlebens, gefeiert sehen und Osiris, Mithra, Atys, Apollo und selbst Christus stellen sich einander mehr oder weniger als die siegreichen und triumphirenden Lichtgötter gleich, welche auch die Menschheit und besonders ihre geweihten Streiter zum Siege des Lichtes führen wollen. Die Zeit der Wiedergeburt des Lichtes ist auch die Zeit der Weihe der menschlichen Lichtstreiter. Auch die Weihe zum Maurer ist der Weihe zum Mithrasstreiter, zum Christen zu vergleichen 2) und Hiram reiht sich in verwandtem Sinne und in verwandtem Gebrauche an Mithra an, denn die Sonne in der Wintersonnenwende und in der Frühlingsnachtgleiche, Janus und Mars, haben die gleiche mythologische Bedeutung, können gleichmässig ein neues Jahr beginnen. Da jedoch zur Zeit der Wintersonnenwende die Sonne und der Sonnengott noch gleichsam in der Geburtsstunde sich befinden, noch in der Wiege liegen, wird hier sehr oft der junge Sonnengott als Sonnenkind, als Wiegenkind gedacht; so der ägyptische Harpokrates, der griechische Dionysos, das indische Wischnukind, 3) der christliche Jesus u. s. w. An die christliche Maria, welche liebend das Jesuskindlein in den Armen trägt, schliesst [50] sich die griechische Ino-Leucothea mit dem Dionysoskinde, welches liebend den rechten Arm nach dem ihr liebevoll zugewandten Haupte der Pflegerin Leucothea emporstreckt, auf dem rechten Arme. 1) Ebenso wird die Danae mit dem in Unschuld schlummernden Licht- und Sonnensohne Perseus in einem Kasten auf den Fluthen des Meeres dahingetrieben. 2) Ein hiemit verwandtes asiatisches Symbol ist eine ein Kalb säugende Kuh, die den Amor säugende Venus. 3) Auf der Rückseite des palmyrenischen Altars im capitolinischen Museum zu Rom wird Eros, Amor, einen Widder über dem Haupte tragend, aus einer grünenden Cypresse geboren; 4) der Widder über dem Haupte berechtigt wohl hier, an die Sonne im Widder, im Frühlingszeichen zu denken. Wie die aufgehende Jahressonne, wird auch die aufgehende Tagessonne als Kind vorgestellt. Auf Elfenbeinsculpturen, welche zu Ninive oder zu Khorsabad durch Botta ausgegraben worden sind, erscheint Ehu, der junge Gott des Tages, sitzend auf einer Lotusblume und den Finger im Munde. 5) In den Königsgräbern zu Theben erscheint am Himmel, der als ein blaues Weib in weitgedehnter Gestalt mit Sternen besäet gemalt ist, die Sonne in der ersten Stunde als ein Kind mit dem Finger im Munde. 6) Ebenso hat die Isis als Muth, d. i. Mutter oder Erzeugerin, zuweilen den kleinen Horus, ihm die Brust reichend, auf dem Schosse. 7) Auch der vedische Agni wird in vielen vedischen Liedern als das neugeborne Kind gefeiert, dem die Göttinnen ihre Pflege angedeihen lassen. Aus diesem Grunde heisst er auch der Jüngste (gavishtha), ähnlich dem [...], Harpocrates, Horus Ra, welcher letztere stets als Knabe, gewöhnlich zwischen seinen Eltern Osiris und Isis dargestellt wird.

Die Feier des katholischen weissen Sonntags, der ka- [51] tholischen Confirmation ist von grosser symbolischer Bedeutung und wirft nicht zu verschmähende Streiflichter auf die Mithrasweihen und auf die Weihe zum Maurer. Alle zu Confirmirende, zu Erleuchtende (illuminandi), welche wenigstens die Lehrprüfungen bestanden haben müssen, tragen mit weissen oder auch mit rothen Rosen und ähnlichen Blumen geschmückte brennende Kerzen zum Zeichen, dass sie das erste christliche Licht empfangen, im Lichte leben und nach dem Lichte streben sollen. Die Confirmation ist also wesentlich ein Lichifest, [...] [...]. Die Mädchen sind geschmückt mit Kränzen von weissen oder rothen Rosen oder auch von andern Blumen um das Haupt und die Knaben pflegen im Knopfloche wenigstens eine weisse und rothe Rose, eine weisse Lilie oder sonst eine Blume zu tragen, was an den in den Mithrasweihen dem Aufzunehinenden dargereichten Kranz erinnert und nur ein anderes Symbol des neuen Lebens und Lichtes, der neuen Sonne ist. Ebenso wurden in den Eleusinien, in den Mysterien der Demeter und in den Mysterien der Ceres zu Rom u. s. w. solche Blumen getragen, denn auch diese Feste wurden zur Blumenzeit, im Frühling, im Monat April gefeiert. 1) Auch das maurerische Johannisfest ist ein Rosen-, ein Blumenfest. 2) Ferner darf hier angeführt werden, dass noch heute am Weihnachtsfeste 12 Lazzaroni dem Könige von Neapel 12 prächtige blühende Nelkenstöcke in blau und weissen Töpfen, und 4 Lazzaroni 4 andere, etwas werthyollere Töpfe mit Blumen zum Geschenke überreichen. 3) Ursprünglich hatten gewiss die 12 und die 4 Töpfe eine symbolische Beziehung auf die 12 Monate und die 4 Zeiten des neu erblühenden Jahres und der ganze Gebrauch ist ein asiatischer, ein persischer. Es war eine persische, vielleicht eine uralte babylonisch-assyrische Sitte, welche sich auch an den Hof der Khalifen zu Bagdad fortgepflanzt hatte, zur Zeit des neuen Jahres, des Neu-ruz dem Könige Geschenke darzubringen. 4)

[52]

Die zu Confirmirenden werden zugleich neu gekleidet und besonders sollen die Mädchen an diesem Tage weiss gekleidet sein und eigentlich sollten am weissen Sonntag die Neophyten die weisse Kleidung zum letzten Mal tragen. 1) Die neue Kleidung weiset darauf hin, dass die zu Weihenden neue Menschen werden und namentlich nunmehr im Lichte wandeln sollen, wie anderwärts die Geweihten einen ganz neuen Namen empfangen oder bei den Indern als neu, als zum zweiten Mal geboren gelten. Auch tragen am weissen Sonntag die Knaben, die Geweihten zum ersten Mal einen Hut zum Zeichen der erlangten Freiheit und Selbstständigkeit, wie dem Maurerlehrlinge bei seiner Aufnahme der Hut in diesem Sinne übergeben wird; wie sich aber der Maurerlehrling mit dem Hute noch nicht bedecken darf, muss ihn auch der zum Altare schreitende Confirmand in der Hand tragen. Besonders auch den Römern war der Hut ein Zeichen der Freiheit oder vielmehr der Abwerfung des Joches; 2) daher bei den Maurern dem Empfange des Hutes früher sinnvoll die Loslösung der Fessel oder des Strickes vorausging und in den englischen Logen noch vorausgeht. Bei den Römern wurde der Hut den Freigelassenen in dem Tempel der Feronia als Symbol der Freiheit aufgesetzt und die durch Testament freigelassenen Sklaven gingen mit dem Hute auf dem Haupte (pileati et eapite induto) vor dem Sarge des Testators her. Gesslers aufgesteckter Hut in der Tellssage ist Symbol der Obergewalt zu Gericht und zu Feld und dem aufgesteckten Hute des Herrn sollte derselbe Gehorsam bewiesen werden, wie dem Herrn selbst. 3)

Das heilige Abendmahl, dessen Genuss die Confirmation beschliesst, und das Brod, welches in den Mithrasmysterien geopfert wird, sind die Daruns, die kleinen Brode, welche noch heute der Parse darbringt und die unter dem Namen draonô in Yacna XI. 4, 5 vorkommen. 4) Das Abendmahlgelübde der christlichen Confirmanden und [53] das Gelübde des Maurerlehrlings, der maurerische Eidschwur haben den gleichen parsischen oder mithrischen Ursprung. Von den Persern wird auch berichtet, dass, wenn die persischen Jünglinge in die Reihen der Männer eingetreten seien, ein jeder habe schwören müssen: „Ich will verachten allen schlechten Gewinn, verachten alle Sinneslust, verachten allen eitlen Ruhm; nacheifern aber will ich der Tugend, ehren die Gottheit und die Eltern, die Wahrheit reden, Gutes thun, und nichts hievon mit Wissen und Willen überschreiten.“ 1)

Es bedarf nunmehr nur noch weniger Worte über den schönen und tiefen Sinn des maurerischen Symbols des Schwertes. Die Maurer tragen Schwerter als Streiter des Lichtes gegen die Finsterniss, des Guten gegen das Schlechte, des Wahren gegen das Falsche und zum Zeichen, dass sie durch die siegreiche Führung des Kampfes in das ewige Licht und Leben einzugehen hoffen. Die Maurer sind milites Mithrae, Lichtstreiter und Lichtsuchende , Illuminandi im höchsten und edelsten Sinne. Der Maurerbund ist kein geistlicher, aber ein geistiger und sittlicher Ritterorden, der mit der Schärfe des Schwertes, des Lichtes, der Wahrheit und der Gerechtigkeit gegen jedes Dunkel, gegen die Lüge und das Unrecht kämpfet. Die Maurer sind Templer, indem sie in ihrem Tempel sich dem Dienste des Lichtes und der Gottheit weihen; erfüllen die Geweihten dieses heilige Gelübde, dann wird nach ihrem Hinübergange in den ewigen Osten das Schwert auf ihrem Sarkophage zum Zeichen ruhen , dass sie nun dort gefunden, was sie hier gesucht, – das Licht und die Wahrheit.

Das Schwert ist als Lichtsymbol wohl erst in dem römischen Reiche durch die römischen Baukorporationen nach dem Vorbilde der Mithrasmysterien in die Maurerweihe eingefügt worden, obwohl nicht ausgeschlossen ist, dass das Symbol auch ägyptischen Ursprunges sein könnte, weil auch die Aegypter sich den Sonnengott im Kampfe gegen die Dunkelheit und die Nacht dachten, 2) also insofern gleichfalls mithrische Vorstellungen hatten. Auch die [54] Deutschen hatten dieselben Vorstellungen und das deutsche Wort Helden stammt nach Hocker, die Stammsagen der Hohenzollern und Welfen, Düsseldorf 1857, S. 9, sehr wahrscheinlich daher, dass sie gegen die Mächte der Unterwelt, der Hel, kämpfen und streiten, also milites Mithrae sind. Die Erdengüttin dachten sich die Deutschen im Winter in der Unterwelt weilend, wie die Griechen den Apollo im Lande der Hyperboreer oder die Proserpina im Reiche des unterirdischen Pluton; mit dem Erwachen des Frühlings wurden ihre Bande durch den Himmels- oder Sonnengott gesprengt und dann das Auferstehungs- und Vermählungsfest gefeiert. Moses und Andere werden Gottes Helden, wie Gottes Degen genannt. 1)

In Uebereinstimmung mit dem oben Vorgetragenen bezeichnet im Mittelalter das Recht, den Degen zu tragen, die Wehrhaftmachung, den Eintritt in die männlichen Jahre; in dem Mittelalter fand auch die Feierlichkeit der Schwertleite statt, wobei man den Ritterschlag erhielt. Wenn der junge Mann Student wird, steht ihm das Recht zu, den Degen zu tragen. 2) Ausserdem wurde in den Rechtsverhältnissen das Schwert noch mannichfach als Symbol, namentlich als Symbol der Gerichtsbarkeit, zumal der peinlichen, gebraucht, worüber besonders Grimm, Rechtsalterthümer S. 165 ff., nachzusehen ist. Daher hatten auch die deutschen Könige die Sitte, sich durch den Herzog von Sachsen das Schwert vortragen zu lassen, 3) wie dieses bei einzelnen Fürsten, z. B. in England, auch heute noch bei feierlichen Gelegenheiten geschieht. Als Zeichen der den Bauhütten im Mittelalter verlichenen Gerichtsbarkeit mochte zugleich der Hüttenmeister damals das Schwert halten. 4) Gaedicke, Freimaurerlexikon, sagt unter „Bewaffnung oder Degen“ , dass in alten Zeiten jeder Bruder in der Loge mit einem Degen habe bewaffnet sein müssen, zur etwaigen Vertheidigung, im Fall eine Loge angefallen wurde, und als Symbol der männlichen Kraft; jetzt sei der Degen in [55] mehreren Logen nicht mehr nothwendig und in andern werde er nur noch als ein Sinnbild des Gehorsams, im Fall er einem abgefordert wird, und als Schwert der Gerechtigkeit betrachtet. Auch Mossdorf in der Encyklopädie meint, ehemals habe vielleicht der Degen zur Vertheidigung des geheiligten Platzes der Loge dienen können; ferner führt er an, dass das Degengeklirre bei der Aufnahme, von Einigen auf den Kampf mit Vorurtheilen und Leidenschaften gedeutet werde, der jedem Emporschwingen des Geistes vorhergehe. Mossdorf erscheint es aber wahrscheinlicher, dass der Degen seit 1717 blos als Auszeichnung von den niedern Klassen habe dienen sollen und dass man vorher in der Maurerei nichts davon gewusst habe. Die letztere Vermuthung wird als durchaus unrichtig schon durch das ältere, aus der Zeit vor 1717 herrührende englische Lehrlingsfragstück widerlegt, indem darnach auf die 15te Frage des vorsitzenden Meisters:

‘„Wie tratet ihr herein und woran?“ ’

der Aufzunehmende antwortet:

‘„An der Spitze eines Schwerts oder Speeres, oder sonst eines kriegerischen Werkzeuges (Instrumentes), das man auf meine entblösete Brust setzte.“ ’

Demnach müssen die einzelnen Brüder in der Loge Schwerter getragen haben, denn der einführende Bruder des Aufzunehmenden wird es nicht erst jedes Mal dazu besonders angelegt haben. Selbst Krause, a. a. O., I. 1. S. 259, Note +, ist daher bis zum Gegenbeweise der Meinung, das auf die Brust gesetzte Schwert und wenigstens das Schwerttragen Derer, die vor der Logenthüre stehen, sei ein alter und ächter Gebrauch. Jeder Zweifel hieran wird sodann durch die Art und Weise ausgeschlossen, wie und wann bei den Logenarbeiten und namentlich auch bei der Lehrlingsaufnahme das Schwert von den Brüdern gebraucht, gezogen und getragen wird, indem hierin jedem Unbefangenen das Alterthümliche und aus früheren Zeiten Hergebrachte sich verkündet. Nicht ohne Bedeutung ist dabei, dass die Maurer nach der Regel (gerade zweischneidige) Schwerter tragen, weil nur das gerade Schwert zur Symbolisirung des Lichtstrahles, zur Bewaffnung des Lichtstreiters dienlich ist. Das Schwert, welches eben durch seine Geradheit [56] und Zweischneidigkeit von dem Säbel sich unterscheidet, war als Waffe schon den Aegyptern bekannt 1) und nur von ihm ist in dem Vorgehenden die Rede. Ein solches Schwert ist auch das gewiss nicht erst im J. 1717 aufgekommene, sondern von früher hergebrachte Staatsschwert der englischen Grossloge, wovon Anderson in den späteren Ausgaben seines Constitutionenbuches eine Abbildung gegeben und für dessen Tragen die englische Grossloge noch heute sogar einen eigenen Beamten, den Grossschwertträger hat. 2)

An das Symbol des Schwertes als Symbol der Sonnenstrahlen schliessen sich auch an die ägyptischen Obelisken, indem dieselben dem Sonnengotte geweiht waren und die Sonnenstrahlen symbolisiren sollten. 3)

III.
Die dunkele Maurerloge, die Maurerhöhle.


Der maurerische Gebrauch, die Logen dem Sonnenlichte verschlossen zu halten und dieselben selbst am hellsten Tage nur durch künstliches Licht zu erleuchten, die Art und Weise der Lichtertheilung an den aufzunehmenden Lehrling mit allen derselben vorausgehenden Gebräuchen und vorzüglich die Meisteraufnahme in der dunkeln Meisterloge bis zur Wiedererweckung und Auferstehung des Hiram beruhen unzweideutig auf dem gemeinsamen Gedanken, auf der Grundvorstellung, dass die Mysterien des Hiram an dunklem Orte, gleichsam in einer dunkeln und stillen Felsenhöhle begangen und gefeiert werden. Die Einführung des aufzunehmenden Maurerlehrlings in die dunkle Kammer des stillen Nachdenkens ist seine Ein- [57] führung in die symbolische dunkle Maurerhöhle. Dass dieses Vorbereitungszimmer des Aufzunehmenden eine sehr alte maurerische Einrichtung sei, also nicht etwa erst im J. 1717 oder seither eingeführt worden sein könne, ergibt das sog. älteste englische Lehrlingsfragstück Frage 6 ff. Da die Engländer und wir mit ihnen die Baukunst und die Gebräuche und Lehren der Baukünstler (denn in diesen bestand die Freimaurerei bis zum J. 1717) zunächst aus der Hand der Römer, der römischen Baucorporationen und Baumeister erhalten haben, muss ihnen auch von diesen die Vorstellung und der Gebrauch überbracht worden sein, die Mysterien des Hiram an dunkeln Orten, in Höhlen zu feiern. Dass früher Einige schon durch die Phönicier den Mithracultus, die Mysterien des Hiram nach den brittischen Inseln haben bringen lassen, 1) verdient keine ernstliche Widerlegung, da die Phönicier niemals bleibend auf den britischen Inseln sich niedergelassen hatten und noch weniger dort gebauet haben, die Lehrer in der Baukunst gewesen sind. Nach dem vorgehend über die Ausbreitung der Mithramysterien in dem römischen Reiche seit dem Jahre 70 v. Chr. Beigebrachten gehört es nun wesentlich diesen Mysterien an, dass sie symbolisch in Höhlen gefeiert wurden, wesshalb die Stätte ihrer Feier, eben die Höhle, Speläon, [...], spelaeum, spelunca, specus in demselben Sinne hiess, in welchem wir von der Loge reden. Solche mithrische Speläen befanden sich z. B. ausser zu Rom in Mailand, 2) zu Constantinopel, 3) zu Alexandrien 4) u. s. w. und erscheinen zugleich häufig auf den Mithradenkmalen. Windischmann, a. a. O., S. 63, hat etymologisch nachgewiesen, dass die Höhle des Mithra, Speläon, zugleich die Warte bezeichne, von welcher herab Mithra, das Licht, Alles sehe, ausforsche und erspähe; Speläon ist die Spähstätte. In den Zendschriffen heisst cpac spähen, schauen, sanskr. pac, lat. spec-io, griech. [...], deutsch spähen. Specus, die Höhle, ist nach Ul- [58] pian der Ort, von welchem herab geschauet oder gespähet wird, – locus, unde despicitur, Wie wir aus Eubulus erfahren, soll die Mithrashöhle, gleich der maurerischen Loge, schon bei den Persern auch ein Bild der Welt gewesen sein; ihr Inneres habe in symmetrischen Abständen ein Sinnbild dargeboten der kosmischen Elemente und Klimate. Der Sage zufolge soll Zarathustra selbst den Mithracultus in Höhlen gestiftet haben und von ihm wird erzählt, dass er aus Liebe zur Weisheit und Gerechtigkeit sich von den Menschen getrennt und allein auf einem Berge gelebt habe. 1) Der letzte und tiefste Gedanke der Mithrahöhlen und des Mithracultus, der ganzen Religion und des Glaubens des Zarathustra war aber das Hervorgehen und die Schöpfung des Lichtes aus der Finsterniss, das Werden des Lichtes, – der Gegensatz des Lichtes und der Finsterniss, des Guten und des Bösen. Jedenfalls hat die Höhle des Mithra, die Lichthöhle, ihren Ursprung in dem hohen Alterthume und es ist nicht allein eine gemeinsame Vorstellung aller indo-germanischen Völker, sondern selbst der Urmenschheit oder nachweisbar fast aller Völker der Erde, die Lichtgötter in der Dunkelheit, in Höhlen geboren und erzogen werden zu lassen, 2) wie dieses in sehr vielen Göttermythen enthalten ist. Namentlich der griechische Zeus, welcher in der idäischen Höhle, und Apollo, welcher aus dem Schosse der Latona oder der Nacht geboren wird, berühren sich hier mit dem felsengebornen Mithra, und der Felsen, die Höhle und die Nacht sind blos verschiedene Bilder für die dunkeln Himmelswolken, aus welchen das Licht, Sonne und Mond, Apollo und Artemis strahlend und leuchtend hervorbrechen. Die in der griechischen Mythe so schön beschriebene Geburt des Apollo ist nur die Beschreibung eines herrlichen Sonnenaufganges im Frühlinge über den mittelländischen und den griechischen Inseln. Die umhergetriebene, kreisende und dunkle ( [...]) Mutter Leto oder Latona ist die bergende Wolke der Nacht, wie die schwimmende Insel auf welcher der gewaltige Lichtgott Apollo geboren wird; [59]
auch der Drache Python, welchen der neugeborne Lichtgott siegreich tödtet, ist die dunkle Wolke der Nacht und des Gewitters, welche die Sonne überstrahlt und verdrängt. 1)

Origines berichtet aus Celsus sodann über die Mithramysterien und damit auch über die Mithrahöhlen:

‘„Es sei in diesen Mysterien eine symbolische Darstellung der zwei Umläufe am Himmel, der Fixsterne nämlich und der Wandelsterne und des Durchganges der Seele durch dieselben. Dieses Symbol sei eine siebenthorige Stiege; das achte Thor sei über ihr. Das erste Thor sei von Blei, das zweite von Zinn, das dritte von Erz, das vierte von Eisen, das fünfte von Mischmetall, das sechste von Silber, das siebente von Gold. Das erste Thor widmen sie dem Kronos, durch das Blei die Langsamkeit des Gestirnes bezeichnend; das zweite der Aphrodite, ihr das Glänzende und Weiche des Zinnes vergleichend; das dritte dem Zeus, das erzene und feste; das vierte dem Hermes, denn aller Werke Dulder und Besorger und voller Mühen sei das Eisen und Hermes; das fünfte dem Ares, das durch die Mischung unregelmässige und bunte; das sechste silberne dem Mond; das siebente goldene der Sonne, die Farben derselben nachahmend. Hierauf erforscht er (Celsus) die Ursache dieser Anordnung der Sterne, die symbolisch angezeigt sei in den Namen des noch übrigen Thores.“ 2)

In den Mithrasmysterien wurde sonach die Reise der Seele durch die 7 Planetensphären zu Gott und in das ewige Licht symbolisch dargestellt, wie darauf auch die 7 Schritte und Reisen des Maurermeisters sich beziehen. Auch auf Mithrasdenkmalen aus der römischen Zeit werden die 7 Planeten bald durch 7 Cypressen, bald durch 7 Feueraltäre, bald durch 7 Sterne oder auch durch 5 Sterne mit Sonne und Mond dargestellt. 3) Die 7 Cypressen, da die Cypresse in dem Todtencultus ein allgemein gebrauchtes [60] Symbol des ewigen und unverwelklichen Lebens ist, weisen namentlich auf die 7fache Himmelsreise, auf die von den Verstorbenen zurückzulegenden 7 Schritte hin. Ebenso stehen die 7 Cypressen auf einem etruskischen Grabdenkmale, wovon Lajard, a. a. O., Taf. XIII. Fig. 5 eine Abbildung gegeben hat. Aehnlich wie auf den römischen Mithrasdenkmalen werden auf asiatischen Cylindern und Kegeln die 7 Planeten dargestellt durch 7 kleine Kugeln oder auch durch 5 solche Kugeln mit Sonne und Mond. Auch auf Münzen, wovon Lajard Taf. VIII. Fig. 4, Taf. XIII. Fig. 5 und Taf. XIV. Fig. 1 und 9, Abbildungen mittheilt, werden die 7 Planeten durch 7 Cypressen, – 2 höhere, Sonne und Mond, und 5 kleinere, die 5 übrigen Planeten, symbolisirt. Diese uralte zarathusthrische und chaldäische Planetensymbolik und besonders die Seelenreise durch die 7 Planetensphären findet sich nun auch bei den Freimaurern in solch überraschender Uebereinstimmung, dass der Gedanke an einen historischen Zusammenhang ganz unabweisbar ist und Diejenigen, welche einem solchen Gedanken sich hingeben, gewiss nicht zu den Träumern gestellt werden dürfen. Nach der maurerischen Hirammythe lässt auch König Salorno 7 Tage den Leichnam des erschlagenen Hiram aufsuchen, d. h. wohl Hiram muss die 7 Planetensphären durchreisen, bevor er zu Dem über den 7 Planeten und Himmeln in das ewige Licht gelangt. In ähnlichem symbolischen Sinne gilt bei den Mekkapilgern für die höchste Wohlthat, bei dem 7maligen Umlaufe um die Kaaba den heiligen schwarzen und in Silber gefassten Stein zu berühren und zu küssen. 1) Bei dem Throne Salomons standen desshalb eigentlich 2 Mal 7 Löwen, nämlich 2 an den Armlehnen des Thrones und 6 auf den Stufen der beiden Seiten davor; der thronende Salomo wollte an Gott erinnern, der über den 7 Planetenhimmeln thront. Auf der Seite des vermuthlichen Piedestals des Jupiter, des Himmelskönigs, welches Piedestal zu Vienne in der Dauphinée in Frankreich gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts aufgefunden wurde, befindet sich [61] eine Eiche mit 7 Blättern, wie auch auf christlichen Bildern neben Christus eine 7fache Rebe von Blättern und Früchten steht. 1) Nach der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts angehörenden Halliwel’schen Urkunde soll daher auch ein Maurerlehrling 7 Jahre lernen, da er diese Zeit zu einer tüchtigen Ausbildung brauche. Zufolge der Darstellung auf dem Triumphbogen des Kaisers Titus zu Rom 2) bestand der im Triumphe nach den Schaubrodtischen getragene 7armige Leuchter des jüdischen Tempels, welcher Leuchter auch in die Maurerei übergegangen ist, aus 3 Halbbögen, welche je zwei Lichter trugen, und in der Mitte des dritten obern Bogens stand der Träger des 7ten Lichts. Der Leuchter war somit ein Symbol der Drei- und der Siebenzahl. – Der Drache, mit welchem nach der Offenbarung Johannis Kap. 12 der Erzengel Michael, der streitbare Fürst (eine deutliche Nachbildung des kämpfenden Mithra) ringt, wird geschildert mit 7 Häuptern und 7 Kronen, und dieser Drache verfolgt am Himmel ein Weib mit einer Krone von 12 Sternen auf dem Haupte. 74 Jahre lang, d. h. die 7 Wintermonate hindurch, verfolgt der deutsche Wodan mit dem wilden Heere, mit den Winterstürmen, ein geisterhaftes Weib mit langen, schneeweissen Brüsten, 3) d. h. die lichte und wärmende Sonne, die entflohene Naturkraft, den Blumenschmuck der Erde, den erschlagenen Meister, das verlorene Meisterwort. In der persischen Heldensage erschlägt Thraêtaono einen 3köpfigen Drachen mit 7 Schwänzen. – Endlich mag hier noch beigefügt werden, dass nach einer persischen Schrift aus der Sâsânidenzeit, einer persischen Version des [...] [...], Ascensio Jesaiae, Viraf in Gegenwart von 7 Persern entschläft, mit welchen er sich über das Gesetz bespricht; seine Seele wird in den Himmel entrückt; in 7 Tagen durchwandert derselbe Himmel und Erde und kehrt am 8ten Tage in den Körper zurück, worauf Viraf er- [62] wacht. Er erzählt nun Alles, was er in den 7 Himmeln gesehen hat, und dies wird aufgeschrieben. 1)

Auch die Weihen des idäischen Zeus, der kretischen Daktylen und Kureten scheinen in einer Höhle, in der Höhle des Berges Ida, worin Zeus geboren sein sollte, ertheilt worden zu sein. Nach Diogenes bei Porphyr und Photius stieg Phythagoras, um die kretischen Weihen zu erhalten, in die idäische Grotte hinab und verweilte hier die gesetzlichen 3 Mal 9 Tage; also über einen ganzen Mondsmonat. 2) Diese idäische Grotte war somit im vollen Sinne des Wortes für Phytagoras der Vorbereitungsort, die maurerische Kammer des stillen Nachdenkens. Gemäss Lajard, a. a. O., S. 62. Anm. 2, war es im Morgen- und im Abendlande Sitte, die Mysterienweihen in Grotten oder Höhlen (dans des grottes ou des antres) zu verleihen.

Die römischen Baukorporationen und Baumeister scheinen dem Mithracultus sehr eifrig ergeben gewesen zu sein und da sie den römischen Legionen auf ihren Kriegs- und Eroberungszügen überallhin folgen mussten, um sogleich die nöthigen militärischen und bürgerlichen Bauten zu unternehmen und auszuführen, 3) dürfte die Verbreitung der Mithramysterien und der Mithradenkmale über alle Theile und Länder des grossen römischen Reiches neben den Legionen und Soldaten hauptsächlich den römischen Baumeistern zugeschrieben werden. Nach dem Aufkommen des Christenthums und nach der Unterdrückung der Mithramysterien seit dem Ende des 4ten christlichen Jahrhunderts erhielten und behielten dann die Maurerweihen die früheren Mithraweihen diejenige Gestalt und Einrichtung, welche aus dem sog. ältesten englischen Lehrlingsfragstücke noch erkenntlich ist. Das maurerische Schwert und die dunkele Maurerloge, besonders die drei Lichter der Sonne, des Mondes und des Meisters Hiram, welche ursprünglich die drei einzigen und mithin grossen Lichter waren und erst unter christlichem Einflusse zu den drei [63] kleinern Lichtern herabgesetzt wurden, 1) wie Hiram durch Johannes den Täufer und Johannes den Evangelisten verdrängt oder christianisirt werden sollte, – wären sonach vermuthliche mithrische Ueberreste der römischen Baumeister. Da aber der phönicische oder semitische Namen des Arbeiters Tubalkain und seines Meisters Hiram, so wie die Erinnerung an die Betheiligung der Phönicier, besonders der Tyrier, bei dem salomonischen Tempelbaue darauf hinweisen, dass die römischen Baumeister mit den phönicischen und überhaupt semitischen Baumeistern in der innigsten Berührung und Verbindung gestanden seien, dürfte die unendlich wichtige und aufklärende historische Behauptung aufgestellt werden dürfen, dass die Römer in Phönicien und Syrien den Licht-, Sonnen- und namentlich Mithracultus und die Mysterien des Hiram, welche letztere eben nur die Mithramysterien in ihrer Auffassung, Gestaltung und Uebung durch die Bauleute sind, haben kennen lernen. Die phönicischen und semitischen Bestandtheile, heiligen Worte, Sagen und Symbole der noch heutigen Freimaurerei liegen unbestreitbar vor, sind historisch hergebracht, wesshalb es auch möglich sein sollte, ihren historischen Ursprung zu begreifen und darzulegen. Die grossen Römerbauten in Syrien sind allbekannt und besonders diejenigen zu Palmyra oder [Tadmor] und zu Heliopolis oder Baalbek d. i. Babel oder Wohnung, Stadt des Baal, des Bel, welche beiden Städte zugleich Hauptsitze des Sonnencultus mit berühmten Tempeln gewesen sind. Den Tempel zu Heliopolis, dessen Trümmer noch jetzt von den Reisenden angestaunt und bewundert werden, hatte Antoninus Pius dem Sonnengotte Adad d. i. nach Macrobius dem Einzigen und Alleinigen so prachtvoll erbaut. 2) In Rom selbst hatte Kaiser Aurelian um das J. 270 nach Chr. den kolossalen Tempel des Sonnengottes aufführen lassen, dessen gewaltige Fragmente lange Zeit unter dem Namen „Frontispiz des Nero“ bekannt [64] waren. 1) Kaiser Aurelian und Probus waren durch ihre palmyrenischen Feldzüge mit dem dortigen Sonnencultus bekannt geworden und schon vor ihnen hatte sich der wahnsinnige Heliogabalus selbst als den Sonnengott Gabal oder Elagabal verehren lassen. 2) Kaiser Aurelian besonders hatte die Zenobia, die berühmte Königin von Palmyra bezwungen, wobei der palmyrenische Sonnengott vielleicht nach römischer Sitte 3) förmlich evocirt, d. h. förmlich gebeten wurde, aus Palmyra nach Rom übersiedeln und künftig hier wohnen und thronen zu wollen. Rom eroberte Syrien und die syrischen Gottheiten, Baal, Mithra, die Dea Syria unterwarfen sich Rom und hatten hier lange den grössten und den tiefsten Einfluss 4) Unter dem Kaiser Septimius Severus gab es sogar Priester Invicti Mithrae domus augustanae. 5) Die eigenen Götter waren nämlich den Römern dieser Zeiten ungenügend geworden, daher hofften sie in den fremden Göttern den verlorenen Gott, den Niemand entbehren kann, wieder finden zu können; und hieraus allein ist es auch abzuleiten und zu verstehen, wesshalb in der Freimaurerei sich so wenig oder vielmehr gar nichts eigenthümlich Römisches fortgepflanzt hat.

Ist unsere historische Vermuthung und Ansicht begründet, folgt daraus, dass die maurerischen Lehren, Gebräuche und Symbole nicht allein aus dem orientalischen Licht-. und Sonneneultus und aus den orientalischen Mysterien, besonders den Mithrasmysterien erläutert und aufgehellt werden dürfen, sondern nothwendig werden müssen. Die oben berührten beiden Säulen Jakin und Boaz, z. B. in dem Dome zu Würzburg, wovon Fallou, die Mysterien der Freimaurer Taf. 11, Fig. 11 eine genaue Abbildung gegeben hat, sollen der Sage nach von dem Tempel zu Jerusalem selbst herrühren, d. h. sind wohl nach einem phönicischen oder syrischen Vorbilde in ihrer durchaus [65]
eigenthümlichen und sonst nicht gebräuchlichen Gestaltung entworfen, wesshalb, um die noch immer unverstandenen Säulen wirklich einmal zu verstehen, man in Phönicien und Syrien vergleichen und forschen sollte. Den gewöhnlichen Freimaurern gehen dazu die erforderlichen Fachkennmisse und Fachstudien ab und so wird das mangelnde Geschichtliche entweder durch leere Träume ersetzt oder zu dem noch weit bequemern Hülfsmittel gegriffen, jeden historischen Zusammenhang der heutigen Freimaurerei mit dem Alterthum schlechthin zu bestreiten und zu leugnen, wodurch man allerdings für immer von der Mühe des Forschens und Denkens befreiet ist. Dass aber die beiden Säulen ein uraltes religiöses Symbol des Orientes seien, erhellt auch aus Barth, Reisen und Entdeckungen in Nord- und Centralafrika in den Jahren 1849-55, Bd. I. Gotha 1857, S. 62 ff. Barth hat nämlich im Gebirge bei Djebel Mssid von Tarhona unweit Tripoli auch zwei höchst merkwürdige viereckige heilige steinerne Säulen mit einem ungeheuren dritten Stein darüber aufgefunden, beschrieben und abgebildet. Barth legt diese Säulen den alten Berbern, d. i. den Kelten, oder nach Rawlinson den Skythen bei und vergleicht sie mit den ähnlichen Säulen in Aegypten, in Phönicien, im salomonischen Tempel, in Indien, in Circassien, im südlichen Russland, an der Südküste Arabiens, in England und Irland u. s. w. Er hält die Säulen für Symbole der Festigkeit und ewigen Unwandelbarkeit der Gottheit (adhue stat) und denkt dabei an Amun, die Hauptgottheit der heidnischen Berber, welcher wohl nach der Vermuthung von Movers den Träger und Erhalter bezeichnet, so dass also die tragenden gewaltigen Säulen sein Symbol wären. Das gleiche Symbol der zwei Säulen fand auch Barth noch an andern Orten jener Gegenden. 1) Was an diesen afrikanischen Säulen auffällt, ist der enge Zwischenraum zwischen denselben, indem nach der Angabe von Barth kaum der schlankeste Mann sich hindurchzupressen vermöchte. Vielleicht sind aber diese zwei afrikanischen Säulen auf den Dualismus der Natur und der [66] sittlichen Welt zugleich zu deuten, denn der merkwürdigen Sculptur auf einem grossen viereckigen Steine in der Nähe der Ruinen von Leptis magna, welche Barth S. 84 abbildlich mittheilt, kann kaum eine andere Deutung gegeben werden, als dass sie den Kampf des Licht- und Sonnengottes gegen die Schlange des Bösen, – oder, wenn das Pferd mit dem menschlichen Kopfe oder Oberleibe ein Centaur sein sollte, der Naturkräfte überhaupt darstelle. Wir würden also auch hier mithrischen, zarathustrischen, chaldäisch-arischen Vorstellungen und Symbolen begegnen, welche durch die Phönicier nach Afrika hinüber getragen worden waren. Die beiden gewaltigen Säulen bezeichnen die im ewigen Wechsel unwandelbare und ewige Gottheit. Auf die beiden 18’ hohen Obelisken, abgerundet nach oben, welche in dem grossen Vorhofe des Tempels des Bel und der Derketo oder Atargatis, nach Lucian des Zeus und der Hera, zu Hieropolis in Syrien standen, musste jedes Jahr zwei Mal ein Priester hinaufsteigen und sieben Tage oben verbleiben. 1)

Die beiden Säulen der Maurer, welche auch häufig zwei Kugeln als Symbole der Erde und des Himmels, der Welt tragen, sind zugleich verwandt mit den drei Pfeilern, welche die Loge d. i. die Welt stützen und tragen. Gott ist der allmächtige Baumeister und Erhalter oder Träger der Welt. In alten Druidentempeln erscheinen nach Krause, Kunsturkunden II., 1. S. 472, wirklich diese drei symbolischen Steinpfeiler, wogegen dieselben bei den Maurern durch die drei ersten Vorsteher symbolisirt werden. Auch die nordischen und deutschen Asen bedeuten die Balken oder die Säulen und bezeichnen die Götter als Wage- und Tragebalken des Weltalls. 2) Ein solcher Wage- und Tragebalken des Weltalls ist auch der griechische Atlas. Ein eigenthümlicher symbolischer Gedanke war es, diesen das Himmelsgewölbe tragenden Atlas der deutschen Uebersetzung der vierten Ausgabe des Anderson’schen Konstitutionenbuches als Titelkupfer mit Unterschrift beizufügen: „Omnia mea mecum Porto“ (sic). – Endlich darf wohl [67]
erwähnt werden, dass unser deutsches Wort Kirche, das schweizerische Kylche, vermuthlich von dem keltischen cyrch oder kerk. d. i. Tempelsteinkreis, und nicht von [...] abzuleiten ist; für diese Ableitung sprechen sich besonders Brosi 1) und Jahn aus.

Ob die in so mancher Beziehung auffallenden und räthselhaften buddhistischen und brahmanischen Felsentempel, Grottentempel Indiens mit den Mithrahöhlen Persiens in einem nähern oder entfernteren Zusammenhange stehen, vermag mit irgend einer historischen Gewissheit zwar nicht entschieden zu werden; jedoch sprechen nicht ungewichtige Gründe für die Annahme eines Zusammenhanges. Zunächst macht sich selbst in diesen Grottenbauten die Planeten- oder Siebenzahl bemerklich, wie sie das ganze buddhistische Leben beherrschte.2) Der Kailasa, d. i. Sitz der Seligen, der grösste Grottenbau zu Ellora, hat sieben, den Haupttempel in symmetrischer Ordnung umgebende Nebenkapellen, und der Haupttempel wird durch sechzehn in vier Reihen noch jetzt stehende Steinpfeiler in fünf Schiffe getheilt.3) – Die Grottentempel unfern von Madras im südlichen Dekan, genannt Mahamalaipur, d. i. die Stadt des grossen Berges, standen mit sieben frei gemauerten Pyramiden in Verbindung.4) Die Chaitja-Grotte von Karli, etwa um 150 v. Chr. entstanden und eines der ältesten und bedeutendsten Werke, wird durch zwei Reihen von je 16 Säulen in drei Schiffe getheilt, die sich halbkreisförmig schliessen, indem sieben achteckige Pfeiler den Umgang um den in der Nische aufgestellten Dagop bilden.5) – Die Grundform des Grottenheiligthums stellt in der Regel einen länglichen, rechtwinklichen Raum dar, der durch zwei Reihen schlicht gebildeter Pfeiler in drei Schiffe getheilt wird. Diese buddhistische Tempelform erinnert wohl sofort einen jeden Maurer an die Grund- [68] gestalt der Loge als des Sinnbildes der Erde, zumal man sich durch die beiden Säulen Jakin und Boaz auch die Loge in drei Schiffe getheilt denken kann. Die nun mit so ausserordentlicher Anstrengung in die Felsen und den Granitkern der Erde in verhältnissmässig später Zeit hineingewühlten und hineingebauten Grottentempel Indiens werden nur begreiflich und erscheinen namentlich in einer religiösen Reformationszeit, wie die buddhistische Zeit für Indien gewesen ist, vernünftig und nothwendig, wenn sie aus einer höhern religiösen Ansicht und Begeisterung, aus religiöser Hingebung hervorgegangen sind. Diese höhere religiöse Absicht der Buddhisten bei dem Graben ihrer Grottentempel war, an stillem entlegenen Orte das Gemüth und den Geist aus dem Gewühle und den Leidenschaften der Welt ganz in sich zu sammeln und zu erheben, wie ja das Wahre buddhistische Leben das Leben der Einsamkeit und Selbstbeschauung, der Gottwerdung in und durch sich selbst ist. Dass aber im Buddhismus, wie im Mithracultus und in der Maurerei, der Tempel, die Höhle, die Loge das Sinnbild der Welt, der Schöpfung des allmächtigen Baumeisters der Welt habe sein sollen, beweiset in heute noch vorhandener und leserlicher steinerner Urkunde der Grottentempel des göttlichen Baumeisters oder Vicvakarman zu Ellora, wovon Lübke, Geschichte der Architektur, S. 17, eine sehr mangelhafte Abbildung gegeben hat und worüber die Alpina für 1860, S. 279 zu vergleichen ist. Dass in den buddhistischen und späteren brahmanischen Grottentempeln auch die kirchlichen und priesterlichen Weihen ertheilt worden seien, ist wohl nicht zu bezweifeln: dennoch waren diese Grotten keine eigentlichen Mysterientempel und der Buddhismus ist kein Mysteriendienst, kein Mysterium. In Frankreich aber gilt es noch dermalen als eine sehr philosophische und historische Ansicht, die Freimaurerei, den Mithracultus, die ägyptischen Mysterien u. s. w. von Buddha und von dem Buddhismns abzuleiten und in den indischen unterirdischen Tempeln uralte Maurertempel zu erblicken. Diese sog. geschichtsphilosophische Ansicht ist besonders ausgeführt durch die BBr.: Kauffmann und Cherpin in ihrer im Jahr 1846 zu Lyon herausgegebenen Histoire philosophique de la Franc- [69] Maconnrie. Nicht blos die Geschichte der Freimaurerei, sondern die ganze Weltgeschichte ist hier in dem geschichtlichen Geiste und mit der geschichtlichen Treue des Br. Anderson behandelt und das Buch verdient nur gelesen zu werden als Beitrag zur Geschichte der menschlichen und besonders der maurerischen Irrthümer. Mit Kauffmann und Cherpin theilt den indischen Grundirrthum Ragon, cours Philosophie et interpréatif des initations anciennes et modernes, Paris 1833, obwohl das Werk von Ragon für die Kenntniss der 33 Grade der französischen schottischen Maurerei sehr brauchbar ist. – Diesen französischen geschichts-philosophischen maurerischen Werken darf und muss angereiht werden: Polak, Encyklopädie für Freimaurer, Bd. I, Amsterdam 1855, welcher erste Band auch den besonderen Titel hat: „Die Tapis in ihrer historisch-pädagogischen, wissenschaftlichen oder moralischen Bedeutung, oder : Geschichte der Urreligion als Basis der Freimaurerei.“ Polak betrachtet zwar mit Recht die Freimaurerei als einen Lichtglauben und Lichtdienst und bringt sie mit dem ältesten asiatischen Lichtglauben, mit dem Ursabäismus in Zusammenhang, aber dennoch erweckt er grössere Erwartungen, als er erfüllt; er schreibt mit allzu grosser Selbsteinbildung und wollte man seine eigene Sprache auf sein Werk anwenden, dürfte man sagen, es sei eine hellleuchtende Tirade.

Grotten und Grottentempel finden sich sodann auch noch vielfach ausser Indien in andern Ländern. So kennt man südöstlich vom Urmiasee, wohin Einzelne die Heimath Zoroasters verlegen wollten, im Dschaghatu-Thal die Grotten von Kerefto. Sie sind hoch im Gipfel eines Gebirgs von weissem Marmor, natürliche Grotten, aber künstlich erweitert und labyrinthisch verbunden in verschiedenen Stockwerken über einander. Da gibt es kreisrunde Gewölbräume, die immer von einem Kranz von Nischen, wie für einen Lampenkreis bestimmt, umsäumt waren. Der Russ aller Gewölbedecken zeugt für die einstige Bedeutung.1) Sind diese Grotten medische Mithrashöhlen, Feuertempel oder buddhistische Klosterzellen? Wohl das Erstere.

[70]

– Felsengräber und selbst Felsentempel aus dem höchsten Alterthum finden sich zahlreich in Kleinasien1) und auch in ganz Palästina, besonders bei Jerusalem,2) sowie in Phönicien z. B. bei Tyrus3) und bei Arad.4) Die ältesten Tempelgrotten und Felsengräber hat aber Aegypten aufzuweisen und namentlich sind die Pyramiden, diese riesigsten und ältesten Steindenkmale der Erde , nichts als die künstlichsten Felsengräber der Könige.5) Die merkwürdigsten Felsengrotten sind im untern Nubien bei Ipsambul (Abu Simbel), zu Derri und, Girscheh.6) Auch das berühmte Labyrinth lag zur Hälfte unter der Erde.7) Die früher zuweilen gehegte Ansicht, dass die Pyramiden zur Feier der Mysterien oder zu geheimen Zusammenkünften gedient haben , bedarf nach den vorgenommenen Untersuchungen und Eröffnungen der Pyramiden heute keiner Widerlegung mehr. – Den Schluss der unterirdischen Gräber- und Tempelbauten des Alterthums und den Uebergang zur neuen lichten christlichen Zeit bilden die jüdischen und christlichen Katakomben zu Rom.8) Bei den romanischen grössern Kirchen des Mittelalters pflegt die Krypta, das unter dem Chor befindliche gewölbte unterirdische Gräber- und Bethaus, niemals zu fehlen.9)


IV.
Die Maurerschürze.

[71]

Unverkennbar ist die maurerische Kleidung, besonders die Maurerschürze, jetzt ein Kleid über dem Kleide und muss sonach ursprünglich und einstens eine selbständige und die einzige Kleidung gewesen sein, wie denn auch sonst die Ausdrücke: maurische Kleidung, Maurerkleid und Jemanden maurerisch bekleiden, sich maurerisch ankleiden, gar nicht gebraucht werden könnten und keinen rechten Sinn hätten. Wenn daher nachgewiesen zu werden vermag , wann und wo die Schürze das ursprüngliche und selbständige Völkerkleid gewesen sei, ist auch unwiderleglich das Ursprungsland und Ursprungsvolk der Maurerschürze und damit der Freimaurerei selbst dargethan.

Die Schürze ist nun das orientalische Urkleid der Menschheit, – das uranfänglichste und älteste Kleid der Völker, – wie wir schon anderwärts es bezeichnet haben, eine spätere Gestaltung des biblischen Feigenblattes von Adam und Eva, dem baktrischen Meschia und Meschiane, dem Mann und dem Weibe, dem Menschen und der Menschin. Wie sich in der Bewaffnung und den Waffen der Götter die Bewaffnung und die Waffen der Urmenschheit und der Urvölker wieder erkennen lassen, so spiegelt sich auch in der Kleidung der Götter die Kleidung und die Zeit der Urmenschen und der Urvölker wieder. Weil daher die phönicischen schmiedenden Gottheiten, die Götterkünstler, die Kabiren oder Patäken1) und die ägyptischen Baugottheiten, zumal Osiris und Isis, die Schürze tragen, muss diese auch zur Zeit des Entstehens und der Bildung dieser Gottheiten die Kleidung der Phönicier und Aegypter, der Ursemiten gewesen sein, wenn die Aegypter zu [72] diesen gezählt werden wollen und dürfen. Noch bestimmter und genauer kann dieses auch dahin ausgedrückt werden, dass in der Zeit, in welcher die Phönicier das Erz zu graben und zu giessen und die Aegypter die Pyramiden, Gräber, Tempel und Städte zu bauen begannen, ihre Kleidung die Schürze gewesen sei. Es verkündet sich ein [tiefer] historischer, ein weltgeschichtlicher Zug darin, dass die Götterkünstler und die göttlichen Baumeister ursprünglich dieselbe Kleidung tragen, somit die Erfindung des Erzgusses und der Baukunst in dieselbe Entwicklungszeit der Menschheit fallen und zwar in der Weise, dass jene dieser zur Unterlage und zum Vorbilde dient, aus dem Erzstyle der Baustyl hervorgeht.1) Semper, a. a. O., I. S. 215, sagt von dem Schurze als Kleidung der Menschen und der Götter:

„Der Schurz, unter allen Motiven der Kleidung das unbildsamste, wurde von den Gräko-italern frühzeitig verlassen, blieb aber in Aegypten das heilige Kostüm und fand dort die höchste formelle Ausbildung, deren er nach symmetrischen Prinzipien der Anordnung fähig ist. Die ursprüngliche nothdürftige Schamverhüllung konnte dem Schicklichkeitsgefühle nicht genügen, man verlängerte den Schurz nach unten und nach oben, gab ihm zugleich bauschigere Formen. Er wurde, wenn die Verlängerung nach unten stattfand, mit einem Hüftgurt gehalten; bei gleichzeitiger Verlängerung nach oben diente ein Tragband über eine Schulter oder ein doppeltes Tragband über beide Schultern zum Halt des Kleides. Statt der Tragbänder kamen dann Umschlagtücher auf, deren Spitzen zwischen den Brüsten einen Knoten bildeten, der zugleich die Zipfel des Schurzes aufnahm und den Halter für letzteren abgab. In dieser veredelten Form tritt uns der ägyptische Schurz in den Isisstatuen entgegen und er fand selbst in der statuarischen Kunst der Griechen und Römer Aufnahme und Nachahmung (der Peplos ist eine Art von schurzähnlichem Ueberwurf der Pallas Athene).“

[73]

Böttiger, kleine Schriften, III. S. 260, Anm. bemerkt:

„Es ist wohl keinem Zweifel unterworfen, dass unsere europäischen Weiberröcke, die, nur bis an die Hüften hinaufreichend, da durch Zusammenschnürung festgehalten werden, – eine Tracht, die durchaus dem griechischen und römischen Frauenkostüme widerspricht, – ursprünglich aus Aegypten abstammen. Den Prototyp der Weiberröcke gibt das Obergewand der Isis.“

Semper fügt diesem bei, dass aber auch die männliche Tracht des modernen Europa, die Tracht der Beinkleider aus dem Schurze hervorgegangen sei, der schon bei den Aegyptern sackförmig gestaltet und mit Löchern für die Beine versehen vorkommt, sogar als Pluderhose, jedoch mit seltsamster Steifung der symmetrischen Falten. Den eigenthümlichen dreieckigen Pharaonenschurz hält nämlich Semper für eine Art von Pluderhose. 1)

Die Schürze war sonach die Kleidung der ältesten Aegypter. wie auf den vorhandenen Denkmalen die ägyptischen Arbeiter und Krieger dieselbe verschieden gestaltet noch tragen,2) und ist zugleich die heilige Kleidung der Urgottheiten Aegyptens, wie man z. B. an den riesigen Steinfiguren in den Grotten von Girscheh in Nubien,3) an den ägyptischen Götterbildern zu Creuzer’s Symbolik u. s. w. ersehen kann. Vermuthlich und gewiss war desshalb der Schurz auch noch in den spätern Zeiten, als im gewöhnlichen Leben schon eine andere und veränderte Bekleidungsweise aufgekommen, in Aegypten das eigentliche Mysterienkleid, das heilige Kleid der Eingeweihten, welche durch dieses Kleid an den Urmenschen, an die Schöpfung des Menschen erinnert werden sollten. Auf der Darstellung des Leichenzuges eines königlichen Dieners auf einem Denkmale zu Theben sind alle an dem Zuge theilnehmenden Männer nur mit einem weissen leinenen Schurze bekleidet;4) der Oberpriester allein trägt über dem linnenen Schurze ein Leopardenfell. Die maurerische Schürze in ihrem tiefern [74] und ursprünglichen Sinne ist keineswegs das Schurzfell des Maurers, des Baumeisters, wie dagegen auch seine weisse und blaue Farbe spricht, sondern sie ist das Urkleid der Menschheit und zugleich das heilige Kleid der Himmlischen, der Götter. Nicht als Maurermeister tragen die Maurer die Schürze, sondern als Symbol des Urmenschen und als die Geweihten des lichten und reinen Himmelsgottes. Der Tubalkain mit der weissen Schürze ist das Symbol des phönicischen Götterkünstlers oder Kabiren und zugleich des Phöniciers selbst, der, noch blos mit der Schürze urnkleidet, das Erz zu graben und zu giessen anfing; der Name des Maurerlehrlings stimmt mit seinem Kleide historisch vollkommen zusammen. Auch die Betheiligung dieses Tubalkain, von welchem Hiram nur eine andere Benennung und der leitende Meister ist, an dem Tempelbaue des Königs Salomo ist eine historische Thatsache, welche von den phönicisch-ägyptischen Baumeistern als eine ruhmvolle Erinnerung bewahrt und mit der Baukunst selbst weiter fortgetragen, ja zur Mythe gestaltet worden ist. Die Maurersage über den salomonischen Tempelbau ist mit der griechischen Sage über die Erbauung des Labyrinthes auf Creta durch Dädalos gleichen Ursprunges und wohl auch gleichen Alters. Die beiden maurerischen und salomonischen Säulen Jakin und Boaz, wie solche zwei Säulen oder Obelisken vor und in den Tempeln in Phönicien und Aegypten sehr häufig vorkamen, beweisen, welchen lebendigen Eindruck die Erbauung des salomonischen Tempels auf die alten Baumeister und Maurer gemacht haben müsse, indem seitdem die Salomonischen Säulen als ein wesentlicher Bestandtheil in die maurerische Svmbolik eingefügt und bis auf heute beibehalten worden sind. Diese beiden Säulen sind das urkundlichste und unbestreitbarste Denkmal, dass die heutige Baukunst und die heutige Freimaurerei mit Phönicien und Aegypten in unmittelbarem und sehr innigem Zusammenhange stehen. Diejenigen, welche diesen Zusammenhang leugnen, sind völlig ausser Stande, das in der Baukunst und in der Maurerei uralte Vorkommen der Säulen des salomonischen Tempels zu erklären. Zu den tiefsten Forschungen und Betrachtungen laden besonders die sehr alten und noch jetzt stehenden [75] beiden Säulen auf der rechten Seite des Eingangs in dem Dome zu Würzburg vor der dortigen Marienkapelle ein. Die beiden Säulen, welche ursprünglich nicht an ihrer gegenwärtigen Stelle, sondern allem Vermuthen. nach vor dem Dome standen, stammen wahrscheinlich aus der Zeit des ersten Aufbaues der Würzburger Domkirche durch Bischof Bruno im Jahre 1030. Die Marienkapelle, vor welcher jetzt die beiden Säulen stehen, wurde im J. 1821 erbaut und eingerichtet und dann die dem berühmten Würzburger Bildhauer Tillmann Riemenschneider, geb. zu Osterode und gestorben am 8. Juli 1531 als erster Bürgermeister zu Würzburg, zugeschriebene Gruppe der sterbenden Jungfrau Maria dahin versetzt. Maria liegt auf einer Todtenbahre, welche die zwölf Apostel, dem Beschauer zugewandt, umstehen, und das Haupt der Sterbenden umschweben zwei oder ein Engel, wessen ich mich nicht mehr genau erinnere. Vor dem die Marienkapelle verschliessenden eisernen Gitter stehen die beiden Säulen Jakin und Boaz und hinter dem Gitter steht ein niedriger und einfacher eisner Leuchter mit sieben Stacheln in gerader Linie, um sieben Lampen darauf anzünden zu können. Als ich im Sommer des J. 1859 die herrliche Gruppe der sterbenden oder vielmehr verklärt und beseeligt in den Himmel eingehenden Maria betrachtete, gedachte ich sofort des sterbenden und aus dem Grabe sich wiedererhebenden Hiram, welcher mit Maria, den leidenden und hoffenden Menschen die Unsterblichkeit, das Licht und Leben verheissen und verbürgen soll. Die zwölf Apostel der Maria sind die zwölf Gesellen des Hiram und mit sieben Schritten oder durch die sieben Planetenshpären gehen Maria und Hiram in die Ewigkeit hinüber.

In Aegypten scheint die heilige Schürze wenigstens bei den Pharaonen, eine dreieckige Gestalt gehabt zu haben nach der in Aegypten wie in der Maurerei so heiligen Dreizahl mit dem Dreiecke, an welche dreieckige Schürze sich dann auch das aufwärts gerichtete Dreieck der drei blauen Rosen auf der Schürze des Meisters und die eigentlich ein abwärts gerichtetes Dreieck bilden sollende blaue Meisterdekoration anschliessen würde. Da das aufwärts gerichtete Dreieck auch Symbol des Feuers, der zum [76] Himmel emporlodernden Feuerflamme, und das abwärts gerichtete Symbol des Wassers ist, könnten die beiden meisterlichen Dreiecke zugleich eine symbolische Beziehung auf das Feuer und das Wasser, – auf die Sonne und den Mond, von denen jene das Feuer und dieser das Wasser vertritt, als den beiden Grundkräften und Grundelementen der Schöpfung haben. Ebenso wäre der Maurermeister in seiner dreieckigen Kleidung, mit seinen zwei Dreiecken der Sonne und des Mondes nur eine andere Darstellung der drei Lichter der Sonne, des Mondes und des Meisters. Im Alterthum und besonders auch in der althergebrachten Maurerei hatte Alles, selbst oft das scheinbar Kleinste und Unbedeutendste eine symbolische Beziehung und vorherrschend war namentlich die Dreizahl und das Dreieck, wie dieselben auch heute noch bei den Maurern bewusst oder unbewusst, absichtlich oder unabsichtlich stets und stets wiederkehren. – Auch das Verzieren der Schürzen mit allerlei Bildern , z. B. mit Königsschlangen und Namensschildern bei den Königen und Priestern, ist uralt ägyptisch, wie aus den erhaltenen Denkmälern zu ersehen ist.1) Der Halsschmuck des Maurermeisters ist vermuthlich aus dem bekannten ägyptischen Halstuche hervorgegangen, welches Männer und Frauen, Könige und Priester trugen.

Betrachtet man die Schürze des Maurers in Verbindung mit dem von ihm getragenen Schwerte und wegen des letzteren den Maurer selbst als einen Streiter für das Licht und die Reinheit, für Gott und das Gute, dann erscheint das weisse Kleid des Maurers mit den weissen Handschuhen als seine Kriegs- und Ritterkleidung, als das Symbol des von ihm gesuchten und zu erkämpfenden Lichtes und Guten. Wenn dermalen dem aufzunehmenden Maurerlehrlinge die weisse Schürze mit der Erinnerung überreicht wird, dass ihre weisse Farbe die Reinheit zeige, die der Zweck unserer Arbeit ist, - und die weissen Handschuhe mit der Ermahnung, dass rein wie sie seine Hand von ungerechtem Gut bleiben solle, – endlich das Schwert mit dem Gebote, es niemals anders als für eine [77] gute und gerechte Sache zu ziehen: drücken diese Symbole und Lehren immer die gleiche Sache oder denselben Gedanken in einer andern Wendung aus. Selbst das im dritten Knopfloche linker Seite, also auf der Schwertseite zu tragende Logenzeichen gehört zu dieser maurerischen oder ritterlichen Kleidung, wie der Hut als das Zeichen der Freiheit und des freien Mannes.

Die weisse Farbe des ägyptischen und des maurerischen Schurzfelles ist das naheliegende und desshalb bei fast allen Völkern von Göttern und Menschen, im Leben und Sterben, in Freude und Leid vielgebrauchte Symbol des Lichtes, der Reinheit, Unschuld und Wahrheit. In dieser Bedeutung ist die weisse Kleidung die gottesdienstliche, die göttliche und priesterliche in Aegypten und darnach wohl bei den Juden,1) – bei den Samariten, bei den Phöniciern und Syrern, bei den Persern, bei den Babyloniern und Assyriern , bei den Sinesen und namentlich auch bei den Sinesen auf Java, bei den Kelten und Indern, bei den Germanen, Pythagoreern, Orphikern, bei den Essäern und bei den Soofi’s in Persien, bei den Aethiopen und den Peruanern, in Griechenland und zu Rom, bei den Christen und besonders bei den Katholiken und den Lutheranern u. s. w. Eben damit hängt es zusammen , die Altäre weiss zu schmücken, mit weissen Tüchern und mit weissen Blumen, – weisse Opfer- und weisse Symbolthiere, die letztern besonders als Träger der Götter, zu wählen, – durch Feuer oder Licht die Tempel, Logen oder Kirchen zu erleuchten und ewige Feuer und Lichter als Symbole des ewigen Lichtes an den heiligen Orten und in den Privatwohnungen zu brennen und zu unterhalten2) u. s. w. Die priesterliche oder religiöse weisse Kleidung pflegt von Leinwand, nicht von Wolle zu sein, entweder weil die Wolle von getödteten Thieren herrührte oder überhaupt als unrein galt. Auch die weissen Mäntel der christlichen geistlichen Ritterorden, besonders der Tempelherren waren von Leinwand. Um bezüglich der weissen Farbe nur Einiges anzuführen, so [78] stieg z. B. weiss gekleidet, am sechsten Tage nach dem Neumonde, der bei ihnen den Monat und das Jahr anfängt, d. h. um die Weihnachtszeit der Druidenpriester auf die heilige Eiche, schnitt mit goldener Siegel (auch die goldene und die rothe Farbe sind ein Symbol der goldenen Morgenröthe, des Sonnengoldes und Lichtes und berühren sich daher mannichfach mit der weissen Farbe, namentlich erscheinen auch rothe Kleider bei Göttern und Priestern) den Mistelzweig, das Immergrün, als Symbol der nie ersterbenden Vegetationskraft, und fing ihn auf im weissen Mantel; dann erst ward das bereit gehaltene Opfer dargebracht: zwei weisse Stiere, deren Hörner noch kein Joch getragen. 1) – Die in die eleusinisehen Geheimnisse Einzuweibenden wurden in blendend weisse Kleider von Leinwand gekleidet, das Haupt mit Taxus- und Myrthenkränzen geschmückt, ähnlich den katholischen Confirmanden. Auch die Opferthiere trugen häufig solche Blumenkränze. – Bei den Pythagoreern sollen die eigentlichen Eingeweihten, die Pythagoriker, ganz weisse Mäntel oder Talare von ägyptischer Leinwand getragen haben. – Die Essäer in Syrien und die ihnen verwandten oder ganz gleichen Therapeuten in Aegypten, welche etwa 200 Jahre vor Chr. und hundert Jahre nach Chr. blühten, trugen als ihren höchsten und einzigen Schmuck ein weisses Gewand. Auch die Samariten gehen noch jetzt am Sabbathe und an Festtagen ganz weiss gekleidet in den Tempel, ähnlich wie vielfach die Christen zur Kirche. – Der Sarg der vornehmen Aegypter pflegte im alten Memphis von vier weissen Stieren und sieben weiss gekleideten Männern gezogen zu werden,2) wobei die Siebenzahl auf die von dem Verstorbenen durch die sieben Planetensphären bis zum Himmel zurückzulegende Reise, auf die sieben Stufen der Altäre und Grabdenkmale , auf die sieben Trauertage, die sieben Schritte des Maurermeisters u. s. w.3) hinweiset. Auf den Grabgemälden auf dem Deckel eines Mumiensarges in dem Antikenkabinet zu Wien, welchen Hammer in dem fünften [79]
Bande seiner Fundgruben des Orients beschrieben hat, findet sich vor dem Thore des Grabes eine Grabsäule mit sieben gestreiften heiligen Binden oder Stolen behangen, wohl auch in symbolischer Hindeutung auf die von dem Verstorbenen durch die sieben Sphären der Planeten anzutretende Himmelsreise. Allgemein ist auch die Sitte, die Verstorbenen zur Beerdigung weiss zu kleiden, – ihr Haupt, ihren Sarg und ihr Grab weiss zu schmücken, bei ihren Leichen Lichter zu brennen u. s. w., Alles zum Symbole, dass sie eingegangen seien oder eingeben sollen in das ewige Licht und Leben, – dass sie lichtvoll und rein gelebt haben und gestorben seien. Bei den Christen besonders pflegen die Täuflinge und die Todten, der Mensch auf seinem ersten und letzten Gange, auf seinem kirchlichen und göttlichen Wege weiss gekleidet und geschmückt zu sein. Bei den Sinesen auf Java dürfen sogar die verstorbenen Frauen nur weiss und in Silber gekleidet sein, und bunte Farbe und das Gold müssen dabei vermieden werden. Die schwarze Trauerfarbe, obwohl sie zunächst auf die dunkele Wolke, auf die dunkele Unterwelt und im Gegensatze zu dem Lichte und Reinen auf die Finsternis und das Böse sich bezieht, hat doch auch wieder mit der weissen Farbe insofern die gleiche symbolische Bedeutung, als der dunkele Tod, das Grab, die Pforte und der Anfang des himmlischen und ewigen Lebens ist, wie aus dem verwesenden Keime die grünende Pflanze hervorwächst und aus der gesprengten und zerfallenden Larve der geflügelte Schmetterling sich zum Himmel emporschwingt. Während die Zurückgebliebenen in schwarzen Kleidern trauern und wehklagen, erreicht der lichte Verstorbene frohlockend den Himmel und die Seligkeit; deponens aliena, ascendit unus, – steigt von der Erdenlast und Erdenpein befreit und erlöset, zum Himmel auf. Das Thongebilde, welches Prometheus mit dem geraubten Himmelsfunken belebt und beseelt hat, muss zerbrochen und dem Himmel zurückgegeben werden, was aus dem Himmel stammt und von dort geraubt, zur Erde herab gebracht wurde.

Der weissen Licht- und Himmelsfarbe steht die blaue Farbe als das Symbol des blauen Himmelsäthers, worin die Sterne ihre Bahnen ziehen, gleich und verbindet sich [80]
daher vielfach in dem Gottesdienste mit derselben, wird gleichfalls zur Farbe des Kleides der Götter und der Menschen. Das Sternenzelt des Himmels, in welchem die Urmenschheit zuerst Gott ahnte und anbetete mit seinem Azurblau ist seit den Urzeiten der Menschheit von dieser zu den Decken, Raumabschlüssen besonders der Tempel, wie vorzüglich auch in Aegypten verwandt worden.1) In einem Tempel von Ramses III, auf der Westseite von Theben ist z. B. die Decke des Pfeilerganges, der den Hof nach der Eintrittsseite säumt, noch jetzt lebhaft blau mit Sternen.2) In dem Isistempel auf der Insel Philä, ebenso in dem Tempel zu Kalabsche in Nubien und in dem Tempel zu Karnak ist die Decke blau mit Sternen.3) Auch das steinerne Gewölbe des Vorhofes des berühmten Grabmals des Königs Osymandias zu Theben war blau gemalt und mit goldenen Sternen besäet.4) Zu allen Zeiten war in Aegypten das Blau (Indigo) die beliebteste Farbe für die Linnenzeuge und hat sich auch an einigen noch vorhandenen sehr alten ägyptischen Linnenzeugen erhalten.5) Zugleich sind diese Linnenzeuge seit den ältesten Zeiten das hieratische Gewand, das Gewand der Götter und der Priester,6) was auch schon daraus zu erklären ist, dass die Menschen ihre Kleider zuerst aus Flachs anfertigen lernten. – Als die gothische Baukunst aufblühte, liebte sie es, die Füllstücke der Wände mit Sternen auf blauem Grunde auszufüllen.7) Blau, wie der Himmel, in den es übergeht, ist auch das Minaret der grossen Mosehee zu Ispahan.8) Und so wölbet sich auch das blaue Himmelszelt mit seinen goldenen Sternen über den maurerischen Logen.

Das blaue Sternenzelt als Gewand den Göttern um zukleiden, wie bei Mithra und Ahura-mazda, bei dem tyri- [81] schen Herakles oder Baal, bei Osiris und bei Ammon oder Amun in Theben,1) und nach Eusebius Praep. Evang. 3. 12 zu Philä, und Elepantine, – bei Odhin, bei der christlichen Himmelskönigin Maria u. s. w.,2) ist eine sehr begreifliche Symbolik. Auf bildlichen Darstellungen in dem vorberührten Tempel von Ramses III. zu Theben trägt Osiris auch eine blaue Mütze.3) Auch die deutsche Wolkengöttin Hulda oder Huldra schreitet in blauem Gewande und weisser Haube durch die Wälder . 4) Der finnische Donnergott Ukko trägt blaue Strümpfe, welche Farbe Schwartz, Ursprung der Mythol., S. 217, auf den Blitz bezieht. 5)

Das blaue Himmelszelt über der maurerischen Loge, die in der Loge brennenden Lichter, das weisse Schurzfell und die weissen Handschuhe und das Schwert des Lehrlings und der Maurer aller Grade, der blaue Halssehmuck des Maurermeisters und die blaue Einfassung und die blauen Rosen der Meisterschürze, sowie die blauen Teppiche, womit die Seitenwände der Logen und die Logentische behangen zu werden pflegen u. s w., drücken also gleichmässig und übereinstimmend den Gedanken an den Gott der Heerschaaren, an den allmächtigen Baumeister der Welt, an das ewige Licht und Leben aus.

In der älteren christlichen Zeit pflegte man dem Täufling ein weisses Gewand mit den Worten anzulegen: „Empfange dieses weisse Gewand und bringe es dereinst unbefleckt vor den Richterstuhl unseres Herrn Jesus Christus, auf dass du das ewige Leben erlangest.“ – Mit dieser christlichen Ermahnung dürfte nicht nur, sondern sollte vielmehr nach des Schreibers Ansicht auch die weisse Maurerschürze dem neuaufgenommenen Lehrlinge überreicht werden. Die weisse Schürze und die weissen Hand- [82] schuhe, welche der neue Maurer empfängt, sind also im letzten und höchsten Sinne: das Symbol seiner selbst, der eigenen Seele, des eigenen Geistes und Herzens, die er nicht beflecken und beschmutzen, sondern rein von aller Schuld und Fehle bewahren und vor den ewigen Richter bringen soll. Sei ein Licht und licht, wenn du wirklich nach Gott und nach dem ewigen Lichte verlangest; auf der Reise nach dem Todtenreiche und nach dem ewigen Lichte, kann nur das lichtvolle Leben uns geleiten, dieses ist der wahre Todten- oder Seelenführer.


Die königliche Kunst.


Gewöhnlich und allgemein verbreitet ist die Ansicht, die Freimaurerei trage den Namen einer königlichen Kunst von den Beziehungen, in welchen sie in England zu den Bestrebungen der Stuarts gestanden: allein dennoch möchte diese Ansicht eine unbegründete und irrige sein. Vielmehr scheint es, dass die königliche Kunst ein Leben nach dem Willen und Gebote des Himmelsköniges oder himmlischen Herrschers, ein gottgefälliges und tugendhaftes, ein reines und lichtvolles Leben bezeichne, und dieser Begriff oder diese Bezeichnung von den Aegyptern ausgegangen sei. Osiris wurde unzweifelhaft bei den Aegyptern als der Himmelskönig, als der Beherrscher der Götter und Menschen, von Himmel und Erde, von Ober- und Unterägypten aufgefasst und trug desshalb auf den Abbildungen eine doppelte Königskrone, wie eine solche Krone auch seine Gemahlin Isis als Himmelskönigin trug oder mit der ägyptischen Königskrone und dem Scepter dargestellt wurde.1) Kronen trugen ebenso die besonders zu Sais verehrte Neith, die griechische [83]
Athene, – die Satis u. s. w., ganz gleich wie noch heute die Maria als Himmelskönigin bei den Katholiken eine goldene Krone auf dem Haupte zu tragen pflegt. Mit Hinsicht auf den Himmelskönig und die Himmelskönigin war also königlich bei den Aegyptern gleichbedeutend mit göttlich und Osiris wird daher in dem Todtenbuche der königliche Weber und Schöpfer, oder der königliche Erzeuger der Erzeugten genannt.1) Isis ist die königliche Gemahlin des Osisris, worüber Lepsius, Götterkreis S. 24, zu vergleich ist. In einem etwas weiteren Sinne möchte königlich mit heilig die gleiche Bedeutung gehabt haben, da die heiligen Kühe in dem Todtenbuche, Kap. 148, die königlichen heissen. Osiris heisst also bei den Aegyptern ganz in derselben Weise der König und die Isis die Königin, wie wir Gott den Vater oder Herrn und Richter der Menschen nennen. Ebenso preisen auch die Parsen ihre sieben obersten Lichtgötter, die Amesha-cpenta, als die guten Könige (z. B. II. Thl. des Yacna, LXII, 3 und 47) und ebenso wird von Ihnen auch der Ausdruck königlich für göttlich gebraucht (Z. B. II. Thl. des Yacna, LVI, 8. 2), so dass die diesfällige Anschauungs- und Ausdrucksweise als eine allgemeinere orientalische betrachtet werden dürfte. Auch gehört hierher, dass bei den römischen Christen die Kirche, das Haus des Herrn, zuerst das königliche oder Basilica hiess, weil, wie Isidor sagt, dort der König Aller, Gott, angebetet wurde (quia ibi regi omnium Deo cultus et sacrificia offeruntur). Eusebius vindicirt den christlichen Kirchen, weil dem Herrn gewidmet, den Namen [...], dominica, Gebäude des Herrn. König, Herr und Vater, ohne weiteren Beisatz, bezeichnet also vorzugsweise den göttlichen und himmlischen König, Herrn und Vater.

Die königliche Kunst ist nun die Anleitung zu dem königlichen oder göttlichen Leben der Menschen, die Lehre von den guten Werken, die Religions- und Morallehre und ihr scheint bei den Aegyptern das zweite Buch ihrer heiligen Schriften oder der 42 sog. hermetischen (weil Thot-Hermes beigelegten) Bücher gewidmet gewesen zu sein, [84]
obgleich man gewöhnlich annimmt, z. B. Movers 1) und Prichard,2) dass dieses Buch Vorschriften für die Lebensweise der Könige enthalten habe. Derartige Vorschriften würden wohl nicht gleichsam an die Spitze der heiligen Schriften unmittelbar nach den Lobgesängen an die Götter, welche das erste Buch in sich begriff, gestellt worden sein und noch weniger hätte dieselben der heilige Sänger auswendig lernen müssen. Clemens von Alexandrien sagt, dass die beiden ersten hermetischen Bücher für den heiligen Sänger. „Lobgesänge an die Götter und Anleitungen zum königlichen Leben“ enthalten haben3) und unter diesen Anleitungen zum königlichen Leben, [...] [...] können sicherlich nur Vorschriften für das göttliche und heilige Leben überhaupt verstanden werden, obwohl allerdings auch besondere Vorschriften für den König nach Clemens dabei gewesen sein müssen.4) Nach Diodor I. 70-72 dürfte es wohl gar keinem Zweifel unterliegen, dass die Schrift des Sängers, welche die Anleitungen zum königlichen Leben, Betrachtungen über das königliche Leben enthielt, die Sittenlehre, das [...] umfasste, woraus dem Könige täglich von dem Sänger einzelne Abschnitte vorgelesen werden mussten, um denselben für die Staatsgeschäfte vorzubereiten.5) Diese Auffassung wird auch durch den Inhalt des Todtenbuches bestätigt, indem das erste Kapitel desselben überschrieben ist: „Rede vom Schöpfer überhaupt“ und das zweite: „Rede vom Aufgange des lebendigen Lichtes (der Sonne), des Richters der Frommen und der Bösen,“6) also man hier den Gedankengang und die Eintheilung der hermetischen Bücher befolgt zu haben scheint. Die heiligen Schriften der Aegypter kämen nach unserer Auffassung auch in überraschende Uebereinstimmung mit den heiligen Schriften der Parsen. Der Inhalt der beiden ersten Bücher des Zendavesta, welcher 21 anstatt der 42 ägyptischen oder nur dreimal an- [85]
statt sechsmal sieben Bücher enthielt, wird dahin angegeben, das erste Buch sei du Buch der Lobpreisungen und Gebete gewesen, das zweite Buch aber habe von den guten Werken gehandelt.1) Wie es mich aber auch mit dem Inhalt des zweiten Buches der hermetischen Bücher verhalten möge und was unter der Anleitung zum königlichen Leben des Clemens zu verstehen sein sollte, wenn der Ausdruck: „königliche Kunst“ bei den alten Steinmetzen und Maurern ein hergebrachter, ein traditioneller gewesen ist, wie wir glauben vermuthen zu dürfen, bezeichnete die königliche Kunst ursprünglich gewiss das gottgefällige und tugendhafte Leben. Jedenfalls aber steht Nichts entgegen, sondern geht vielmehr aus dem innersten Wesen und Streben der Freimaurerei hervor, jetzt und künftig die königliche Kunst so zu deuten und zu verstehen. Je mehr sich die Freimaurerei von den irdischen Königen frei und unabhängig macht und blos auf den Himmelskönig bauet und trauet, um so besser wird sie sich gestalten und um so näher ihrem erhabenen Ziele kommen. Also nicht nach den irdischen Königen, sondern nach Gott, nach dem Himmelkönig, vor welchem die Könige und die Better der Erde gleich sind, dem der Mächtige wie der Niedrige unterworfen ist, nennt man und nenne man die Freimaurerei die königliche Kunst. Osiris spricht Kap. 11 des Todtenbuches:

‘„Ich bin der Sonnengott, leuchtend am Firmamente, der erröthen macht seine Widersacher, auch selbst den Mächtigen und den Fürsten des Volkes. Ich richte den Herrn der königlichen Diademe, und sowohl den leuchtenden als den nichtleuchtenden Menschen, welche in meinem Lichte wandeln , sowohl den Bettler als auch Den, welcher mir ähnlich ist an Macht. Desshalb Vernichtung dem Volke der Sünder, welches mir nicht ähnlich ist, so wie dem Führer des Volkes – – – Fürchtet, betet an! Niemand ist mir gleich, auch nicht einmal der Führer des Volkes.“ ’

So spricht Osiris und wohl den Fürsten und den Menschen, die seine Worte nicht zu fürchten haben.

[86]

Im altenburger Constitutionenbuche, S. 126, behauptete Br. Schneider, und Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 64 Anm., wie auch Mossdorf in Lenning’s Eneyklopädie unter Kunst scheinen ihm darin beizustimmen, dass die Benennung der Freimaurerei als einer königlichen Kunst in England aufgekommen sei, als König Wilhelm III. im J. 1693 zum Freimaurer aufgenommen worden. Indessen war jedenfalls in England schon vor dem J. 1693 die Benennung königliche Kunst gebräuchlich.1) Ein älterer Lehrlingscatechismus wollte die Benennung daraus erklären, dass die Freimaurerei die Herrschaft über sich selbst lehre.


VI.
Der Brudername.


Bei Berührung der mittelalterlichen Zünfte und Bruderschaften wird die Bemerkung begründet werden, dass die Uebung der alten Steinmetzen und Bauleute, sich gegenseitig als Brüder zu benennen, zu betrachten und zu behandeln, jedenfalls in den geistlichen oder klösterlichen Bruderschaften ihren Ursprung habe. Allein ich glaube noch einen Schritt weiter gehen und den letzten Ursprung des maurerischen Brudernamens auf Aegypten oder wenigstens auf Phönicien zurückführen zu dürfen. Wurde bei den Hebräern der Leichnam in die Erde versenkt, erscholl allgemein der Jammerruf: „Weh mein Bruder“ oder „weh meine Schwester,“ welchen Jammerruf Movers, die Phönicier, I. S. 246 ff. sehr überzeugend als aus der phönicischen Linus- oder der ägyptischen Manerosklage, die zunächst bei den Adonis-Osiristodesfeiern gesungen wurde und sodann zu einer allgemeinen Leichenklage, zu einem allgemeinen Leichengesang geworden war, entstanden nachgewiesen hat.2) Die [87]
Linusklage ist in Phönicien entsprungen und ein einfacher Weheruf, Ai-lanu, Ai-lenu d. i. weh uns, welchen Weheruf die Griechen als [...], weh Linus, missverstanden und daher. den Weheruf in den unglücklichen Jüngling Linus umschufen dem sie nach ihrer geistreichen Weise auch eine besondere Geschichte ersannen. 1) Der ägyptische Maneros ist nach Jablonski, voc. ägypt. S. 128, = filius Manis s. Menis i. e. aeterni, Sohn des Ewigen, was dazu stimmen würde, dass der Glaube des Menschen an Gott und die Unsterblichkeit der Seele eine Gabe und Offenbarung, ein Sohn Gottes oder des Ewigen ist. Nach Brugsch, die Adonisklage, S. 24, wäre der Maneros des Herodot nur aus einem sprachlichen Missverständniss hervorgegangen, nämlich aus dem oft wiederkehrenden Refrain: mââ-er-hra (komme nach Hause, kehre wieder) des ägyptischen Klageliedes der Isis. Brugsch, a. a. O., S. 21 ff. theilt aus einem im königlichen Museum zu Berlin befindlichen und zu Theben aufgefundenen Todtenpapyirus eine vollständige Uebersetzung des Klageliedes der Isis. so wie desjenigen ihrer Schwester Nephthys um den verstorbenen und vermissten Osiris mit. Lasaulx dagegen, a. a. O., nimmt mit Jablonski den Maneros für den Sohn des Ewigen. Linos und Maneros sind zugleich Adonis, der schöne und von der Aphrodite geliebte Hirte der Berge, die der Erde theure Blume des Feldes, – die schöne Narcisse (woraus die Thespier den Narcissos gebildet), welche in der Jugendblüthe der versengenden Hitze des Sommers, dem Eber des Mars, unterliegt. Den Mysticismus von Lasaulx, S. 353 ff., dass in Linos nur die Fallsgeschichte personificirt sei, werden gewiss Wenige theilen. Die Urmenschheit hatte blos die Vergänglichkeit und Hinfälligkeit der Blumen (nach dem alten Testamente des Grases auf dem Felde) und der Menschen erkannt und beklagt, und namentlich Adonis wurde bei seinem Tode von den Frauen von Gebal mit dem Wehrufe (Ai-lanu) bejammert.

[88]

Die Aegypter sangen ihre Manerosklage, die Klage um die Flüchtigkeit und Hinfälligkeit des menschlichen Lebens und aller menschlichen Dinge, welche sich in die Trauer um den früh verstorbenen Adonis-Osiris mischte, nach Plutarch I, 1 und Herodot II, 78 auch bei den Gastmahlen, wobei man das Bild eines Verstorbenen in einer Kiste, – wie man sagte, des Osiris, mit der Mahnung umhertrug, dass Alle bald ebenfalls Solche sein werden und in Erinnerung an den nahenden Tod mässig im Genusse der Freuden sein sollten. Nach dem Vorgange der Aegypter wurde gemäss Petron auch bei den feierlichen Gastmahlen der Römer ein silbernes bewegliches Todtengerippe, Larva genannt, auf der Tafel aufgestellt, um zu einem desto eilfertigeren Genusse des Lebens zu ermuntern. Dieses Gerippe wurde durch einen Sklaven bei den Gästen mit den Worten herumgetragen oder sonst ihnen mit denselben gezeigt:

Heu, heu, nos miseros, quam totus homuncio nil est!
Sic erimus cuneti, postquam nos auferet Orcus.
Ergo vivamus, dum licet esse bene. 1)

In der ägyptischen Todtenklage, welche nach dem Vorbilde der Leichenfeiern des Adonis-Osiris zu einer allgemeinen Sitte der Leichenfeiern geworden war, wurde über den verstorbenen Bruder und die verstorbene Schwester gewehklagt, ihnen ein Weh zugerufen, wie aus der daraus hervorgegangenen jüdischen Todtenklage geschlossen werden darf. Die Aegypter, welche nach den Behauptungen der Griechen, zumal des Herodot II, 123 unter allen Völkern zuerst die Unsterblichkeit der Seele geglaubt und gelehrt haben und die alle rein und gerechtfertigt oder selig Verstorbene in das Lichtreich des Osiris eingegangen und mit ihm vereinigt dachten, mussten desshalb alle Menschen wenigstens beim Sarge und im Tode als Brüder und Schwestern, als Geschöpfe und Kinder des Osiris betrachten. Da die Juden, besonders in den Büchern Mosis, zugleich sehr ausgeprägt die Vorstellung einer Unterwelt [89]
haben,1) wohin die Sterbenden zu ihren Vätern versammelt werden, und diese Vorstellung wesentlich eine ägyptische ist, nur bei dem Aufenthalte in Aegypten unter den Juden aufgekommen und angenommen worden sein kann, ist es gewiss zulässig und gerechtfertigt auch die jüdische Todtenklage als mit aus Aegypten herübergebracht anzusehen und von ihrem Inhalt, von ihrer Redeweise auf den Inhalt und die Redeweise der ägyptischen Todtenklage zurückzuschliessen. Jeremias, welcher dem König Jojakim. droht, dass er nicht in der üblichen Weise werde zur Erde bestattet. werden, sagt dafür 22, 18 mit andern Worten: „Ferner spricht der Herr also wider Jehojakim, den Sohn Josias, den König Juda: Man wird ihn nicht beweinen: Ach, mein Bruder, oder, ach meine Schwester! man wird ihn auch nicht beweinen: Weh Herr! oder, weh seiner Herrlichkeit! sondern er wird wie ein Esel begraben, verschleppt und verworfen werden, fern von den Thoren Jerusalems“ – Auch in den neutestamentlichen Schriften findet sich öfters die Anrede: „Mein Bruder“ , oder „Meine Brüder“. oder auch die Benennung Bruder und Schwester, z. B. in der Epistel Jacobi im Eingange von Kap. II und III, ferner Kap. I. 9 und 19, – II. 2,14 und 15, – III. 10, – IV. 11, – V. 7, 12 und 19, – in der dritten Epistel Johannis 3, 5 und 10, – in der Epistel Pauli Kap. II. 11, 12 und 17, – III. 1, – X. 19, – XIII. 1 u. s. w., was in Verbindung mit manchen andern Umständen die Vermuthung veranlasst und begründet hat, dass Christus und die ersten Christen mit den Mysterien Aegyptens oder der jüdischen Essäer und ägyptischen Therapeuten in Verbindung gestanden und unter sich als Brüder und Schwestern verbunden gewesen seien, einen Bruder- und Schwesternbund gebildet haben. In der Epistel Pauli XIII. 1 wird namentlich der Wunsch ausgesprochen, dass die brüderliche Liebe bleiben möge. Will man nun auch der Ansicht nicht beitreten, dass die ersten Christen einen geheimen religiösen Bruder- und Schwesternbund [90] gebildet und sich untereinander als Brüder und Schwestern angeredet und behandelt haben, obwohl dieses nach allen Verhältnissen und Bedrängnissen mehr als wahrscheinlich ist, so wird und muss man doch wenigstens zugestehen, dass um die Zeit von Christus ganz allgemein bei den Juden und Nichtjuden sich die Bekenner der gleichen religiösen Meinungen, des gleichen Gottglaubens brüderlich geliebt und daher auch Brüder und Schwestern genannt haben. Da nun die römischen Baukorporationen urkundlich nicht blos Berufsgenossenschaften, sondern zugleich religiöse Genossenschaften waren, ist es gewiss keine allzu kühne und keine ganz unglaubwürdige Behauptung, dass schon in den römischen Baukorporationen sich die Genossen desselben Berufes und Glaubens Brüder genannt haben. Die geistlichen und spätern bürgerlichen Baubruderschaften des Mittelalters waren somit nicht etwas völlig Neues, sondern einzig eine Fortsetzung und Fortentwicklung der römischen Baubruderschaften.

Das Gegentheil der Todtenklage um den sterbenden Natur- und Sonnengott ist der apollinische Päan, der Lobgesang des Sieges des neugeborenen und wiederkehrenden Licht- und Sonnengottes: [...]1) Dieser apollinische Päan ist dem sog. Triumphbogen der katholischen Kirchen zu vergleichen, welcher die Thaten des Herrn verherrlichet.2) In der Geburt und Wiedergeburt des Lichtes, des neugebornen Gottes feierte zugleich die alte Menschheit die Hoffnung auf die eigene Wiederauferstehung und Unsterblichkeit, wie sie in dem frühe dahin gerafften Gotte die Vergänglichkeit und Hinfälligkeit des eigenen Lebens beweinten und beklagten. Den Frauen fielen die Klagen und die Thränen vorzugsweise desshalb zu, weil Adonis (die Blume) oder auch Baal (die Sonne), der Thamuz oder Thamus der Juden, der liebenden Aphrodite (Baaltis oder auch Astarte) und Erde, Osiris der treuen Gattin Isis, Hiram der liebenden Mutter, die Kore, oder Persephone der Mutter Demeter u. s. w. geraubt worden [91]
und sie zunächst weinten und klagten und mit ihnen die mitfühlenden Frauen und Schwestern. Die im Alterthum so vielfach erscheinenden Klageweiber, namentlich in Aegypten, Phönicien, Juda und Syrien, in Griechenland und besonders in Athen, auf Kypros, zu Rom u. s. w. erklären sich also ganz natürlich. Der wahre und tiefere Inhalt dieser Todtenklagegesänge ist sehr schön in Psalm 103, 15 und 16 dahin ausgedrückt:

Der Mensch, – wie Gras sind seine Tage,
Er blühet wie die Blume des Feldes;
Wenn der Wind über ihn fährt, so in er nicht mehr,
Und nicht erkennet ihn mehr sein Ort.

Das Aufsuchen des Hirim bei den Maurern ist durchaus nichts Anderes als das alte klagende Aufsuchen des Adonis, des Osiris, der Kore u. s. w. und was namentlich in den Mysterien die Todtenfeier des Osiris gewesen,1) ist bei den Maurern die Todtenfeier des Hiram, die Meisteraufhahme.

Der oben berührten Sitte der Aegypter und nach ihnen der Römer, bei den Gastmahlen den Maneros zu singen oder durch Hinweisung auf den Tod zum weisen Genusse des Lebens und der Lebensfreuden zu ermuntern, entsprach und entspricht bei den Juden der Gebrauch, an dem frohen Feste des Passah den Hausvater in seinem künftigen Todtengewande erscheinen zu lassen.2) Daran reiht sich die chinesische Sitte, dass sich Verwandte und Freunde gegenseitig mit Särgen beschenken. Wohlhabende Leute kaufen sich immer sobald als möglich einen Sarg nach ihrem Geschmack aus den grossen Vorräthen an Särgen in den öffentlichen Läden. Zärtliche, aufmerksame Kinder beschenken ihre Eltern mit kostbaren, schön gezierten Särgen. Sobald Jemand bettlägerig wird, ist es die erste Pflicht der Angehörigen, den Sarg neben sein Bett zu stellen und ihn zu fragen, ob ihm seine künftige letzte Wohnung gefalle. Auf dem Lande, wo keine Särge in Läden vorräthig sind, schickt man in jedem ernstlichen [92]
Krankheitsfalle sofort zum Schreiner, um das Mass für den Sarg des Sterbenden zu nehmen und den Sarg alsbald anzufertigen. 1)


VII.
Das maurerische Abkürzungszeichen der drei Punkte.


Der Zusammenhang der heutigen Freimaurerei mit dem Alterthum und besonders mit Aegypten ergibt sich zuweilen aus anscheinend ganz untergeordneten und unscheinbaren Dingen und Zügen, welche aber dennoch als unbestreitbare historische Zeugnisse die höchste Beachtung verdienen. Gewiss gebrauchen täglich Tausende von Brüdern das maurerische Abkürzungszeichen der drei Punkte und die Verdoppelung des Anfangsbuchstabens zur Bezeichnung der Mehrzahl, ohne näher daran zu denken, woher denn diese Gebräuche wohl zuletzt stammen und wie dieselben entstanden seien. Dass diese Gebräuche ägyptischen Ursprunges oder aus der ägyptischen Hieroglyphik entlehnt seien, kann mit vieler Sicherheit dargelegt werden.

Um das Alterthum und namentlich Aegypten recht zu verstehen und zu würdigen, darf nicht ausser Acht gelassen werden. dass bei ihnen die Religion und der Glaube das gesammte Leben überwiegend beherrschten, wesshalb alle Lebenseinrichtungen und Lebensverhältnisse nothwendig und naturgemäss eine religiöse Gestaltung und Färbung, eine gewisse symbolische Beziehung erhielten. Vorzüglich machte sich der Gedanke an eine Götterdreiheit, an einen dreieinigen Gott, womit zugleich die Vorstellung von den 3 Welten, des Himmels, der Erde und der Unterwelt zusammenhängt, überall und nach allen Seiten hin geltend und die heiligste Zahl, die schlechthin heilige Zahl war die Dreizahl; sie war die allgemein theilende, ordnende und angewandte Zahl. Darnach haben [93] also die Aegypter drei Zeiten des Tages, des Monats und des Jahres und damit in Uebereinstimmung besonders 3 tägliche Anrufungen und drei grosse Jahresfeste der Gottheit. Der Gottheit beim Aufstehen und beim Niederlegen, so wie beim Mittagessen zu gedenken und zu opfern, war gewisser Massen eine Naturnothwendigkeit, lag in der innersten Natur der menschlichen Tagesverhältnisse begründet und ebenso stellen sich die 3 grossen religiösen Jahresfeste um die Zeit der neuen Sonne oder der Wintersonnenwende, des Frühlings und der Erndte oder auch des Herbstes, die Weihnachts-, Oster- und Pfingstfeiertage der Aegypter, Juden, Samaritaner und noch heute der Christen als natürliche dar. Entsprechend und ähnlich wurde auch das Beginnen der 3 Monatstheile bei den Aegyptern,1) Griechen und Römern gefeiert. Wie dreifach der Schritt der Zeit ist, – dreigetheilt der Tag, der Monat und das Jahr sind, – der Morgen, der Mittag und der Abend oder die Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft alle Zeit und alles menschliche Schicksal umfassen und die Gottheit, Jehova, Jao das Wesen ist, welches da ist, da war und da sein wird: ebenso und aus dem gleichen Grunde theilte auch das ägyptische Land sich in 3 Haupttheile, in Ober-, Mittel- und Unterägypten2) – war ferner der ägyptische und der jüdische Tempel dreigetheilt in Vorhof, Heiliges und Allerheiligstes, und wurden alle menschlichen Handlungen, Bewegungen und Reden mehr oder weniger dreigetheilt, gerade wie dieses noch heute bei den Maurern der Fall ist. Fast in allen Bewegungen des Mundes, der Hände und Füsse der Maurer, – in ihrem Handeln, Reden und Schreiben verkündet sich gleichmässig die Dreizahl. Was das Schreiben angeht, bediente sich schon die ägyptische Hieroglyphik, eine ursprüngliche Bilderschrift und später rein phonetische Schrift, indem jedes Hieroglyphenbild den Anfangsbuchstaben seines Namens ausdrückte, wie z. B. ein Adler den Buchstaben A, ein Baum den Buchstaben B, ein Löwe den Buchstaben L u. s. w. bei uns ausdrücken könnte, – dreier Lotusblüthen an einem [94]
Stiele hinter allen Pflanzen, Kräutern und Blumen, – dreier Körner oder Striche hinter Allem, was dem Mineralreiche angehört, – und dreier Wellenlinien hinter allen Flüssigkeiten.1) Um den Plural zu bezeichnen, wurde in der ägyptischen Hieroglyphik zunächst das Bild oder der Anfangsbuchstaben des phonetisch geschriebenen Wortes oder das Determinativ verdreifacht;2) die gewöhnlichste Art der Pluralbezeichnung aber, welche sich in unzähligen Beispielen auf den noch erhaltenen ägyptischen Denkmalen vorfindet, war jedoch die, dass dem Bilde drei Striche beigefügt wurden.3) Ebenso wurde nch Champollion, um den Superlativ zu bezeichnen, das Eigenschaftswort verdoppelt oder verdreifacht: der dreimal Grosse Thot oder Hermes Trismegistus ist der Grösste.4) Den Dual, die Zweizahl, deutete die ägyptische Hieroglyphik durch Verdoppelung des Anfangsbildes oder Anfangsbuchstabens oder auch durch zwei Striche an. Nach ägyptischem Vorbilde gebrauchen nun auch die Maurer, welche keinen Dual haben, einfach die Verdoppelung des Bildes oder des Anfangsbuchstabens, z. B. [...] oder BBr [...], SSchw [...], zur Bezeichnung der Mehrzahl, und drei Punkte dienen bei ihnen als allgemeines Abkürzungszeichen, d. h. bezeichnen die Mehrzahl der fehlenden Buchstaben, sind daher an sich die ägyptische Pluralbezeichnung der drei Striche. Selbst im allgemeinen Volksleben möchte es ein Ueberrest ägyptischer Sitte sein, dass Leute, welche nicht schreiben können, sich mit 3 Kreuzen unterzeichnen, d. h. durch drei ägyptische Striche ihren Namen andeuten oder abgekürzt geben. Gleichfalls auf Aegypten dürfte es zurückzuleiten sein, dass die Juristen in erbrechtlichen Stammbäumen oder auf erbrechtlichen Tafeln die Männer durch einen Kreis und die Frauen durch ein Viereck oder auch Dreieck bezeichnen. In der ägyptischen Hieroglyphik wurde das weibliche Geschlecht durch einen Halbkreis oder auch durch einen Halbkreis und ein [95]
Ei angedeutet.1) Die zwei verschlungenen oder vereinten Hände der Maurer sind vermuthlich auch die ägyptische Hieroglyphe für sich lieben, vereint oder verbunden sein, wie diese Hieroglyphe wohl selbst in dem ägyptischen Thierkreise in dem Sternbilde der Zwillinge erscheint, indem ein Jüngling einer Jungfrau die Hand reicht oder diese an der Hand führt.

Wenn die Maurer drei Punkte als bloses Abkürzungszeichen gebrauchen und z. B. schreiben: „Sehr ehrw [...] M [...] v [...] St [...]!“ für „Sehr ehrwürdiger Meister vom Stuhl!“ , sollen hier die drei Punkte jedesmal nur die Mehrzahl der fehlenden oder noch kommenden Buchstaben bezeichnen, so dass also auch diese Abkürzungsweise sich vollkommen an die hieroglyphische Schreibweise der Aegypter anschliesst.

VIII.
Die Steinmetz- und die Logenzeichen.


Die Steinmetz- und die Logenzeichen reichen in ihrem Ursprunge und ihrer tiefern Bedeutung in die Urzeit der Menschheit, d. h. in jene Zeit hinauf, in welcher die Menschheit noch keine Schrift, weder eine Bilder- noch Buchstabenschrift besass und daher das gegenseitige Eigenthum blos durch ein willkürliches äusseres Zeichen unterschieden und erkennbar gemacht werden konnte. Die Steinmetz- und die Logenzeichen sind also die im grauesten Alterthum bei den Aegyptern, Hebräern, Griechen und Römern, so wie besonders auch bei den Germanen, namentlich bei den im europäischen Norden oder in Skandinavien wohnenden Germanen, nachweisbaren Hausmarken, bumark in der nordischen Sprache, dänisch bomaerke oder auch bolsmark, griechisch [...], lateinisch signum, nota, character. Diese Hausmarken [96]
oder Hauszeichen1) sind keine Schrift, drücken keinen Gedanken aus, sondern sind blos äusserliche, willkürlich gewählte und aus einfachen geraden Linien zusammengesetzte Zeichen (signa, notae, charaeteres) an der Stelle der noch fehlenden Buchstaben und des noch nicht zu schreibenden Namens oder Anfangsbuchstabens des Namens des Eigenthümers, wodurch das Eigenthum eines jeden einzelnen Hausvaters, besonders an Geräthen und Hausthieren, kenntlich gemacht und unterschieden werden soll. So lange namentlich die Urvölker nur mit der Viehzucht sich beschäftigten oder nach schon begonnem und eingeführtem Ackerbaue noch gemeinsame Heerden und Waiden hatten, mussten schlechterdings die einzelnen Thiere der Heerde oder wenigstens die einzelnen Heerden der Schaafe, Kühe, Ziegen, Pferde u. s. w. an den Ohren, wie z. B. in Island,2) oder auf dem Rücken, in den Beinen oder sonst wo genau bezeichnet sein, um das zusammengelaufene und unter einander gemengte Eigenthum der verschiedenen Eigenthümer wieder erkennen und sondern zu können. Daher finden sich die Hausmarken sogar bei den Rennthieren der Lappländer.3) Diese zunächst für die Thiere, für das lebendige Eigenthum gewählten und nöthigen Zeichen schnitt oder brannte man dann auch aus dem gleichen Grunde der Sicherung, der Unterscheidung und Erkennbarkeit dem übrigen leblosen, selbst dem nur beweglichen Eigenthume und sogar der Holzhütte, dem Holzhause ein, so dass das gleiche Zeichen alles Vieh und alles Geräthe erhielt und trug, welches zu einem bestimmten Hause gehörte und für dasselbe erworben wurde. Die Aufzeichnung oder die Einschneidung des Hauszeichens auf das Thier oder das Hausgeräthe war gleichbedeutend mit dem Eigenthumserwerbe, mit der Besitzergreifung desselben. Ganz in dem gleichen Sinne wird auch der Maurerlehrling durch Ertheilung des Logenzeichens. des Hauszeichens der Loge, unter die Glieder der Loge, gleichsam [97] als Eigentum der Loge aufgenommen und soll künftig überall durch dieses Logenzeichen als der bestimmten Loge angehörig sich zu erkennen , geben; scheidet der Maurer aus der Loge wieder aus, stellt er das Logenzeichen zurück. Diese Hauszeichen vererbten sich in dem einzelnen Hause und auf dem einzelnen Gute mit den Thieren und Hausgeräthen von dem Vater auf den Sohn, wurden das sich vererbende Eigenthumszeichen des Hauses, gleichsam der sich vererbende Haus- oder Familienname und desshalb auch gleich der Namensunterschrift in Verträgen und sonstigen Urkunden gesetzt. Wollte Jemand ein neues Haus gründen, aus dem bisherigen Hause heraustreten und für sich selbst arbeiten und sein, musste er ein neues Zeichen erhalten oder wählen und damit sein künftiges Eigenthum bezeichnen. Der ausgelernte Maurerlehrling, welcher nun für sich arbeiten und wandern will, empfängt daher gleichfalls ein ihm eigenthümliches, sein neues Steinmetzzeichen, womit er fortan alle von ihm behauenen Steine bezeichnen soll. Die ursprünglichen und die ersten allgemeinen Wappen waren die Hausmarken und sie sind vielfach förmlich zu Wappen geworden; aus diesen allgemeinen Wappen oder Hausmarken haben sich die farbigen und figürlichen Wappen des Adels und der Städte, die Wappen im engern Sinn nur abgetrennt und sind zuweilen selbst noch mit in den letztern enthalten. Die Hausmarken, aus dem Bedürfnisse der Unterscheidung und Erkennbarkeit des Privateigenthums hervorgegangen, haben sich, soweit sie nach dem Aufkommen der Schrift durch den sie ersetzenden Namen oder den Anfangsbuchstaben des Namens des Eigenthümers nicht verdrängt worden sind, desselben Bedürfnisses wegen in Skandinavien, in ganz Deutschland und in der Schweiz bis auf unsere Tage forterhalten und erscheinen oft auch neben dem Namen oder dessen Anfangsbuchstaben, dieselben bekräftigend und besiegelnd.

Michelsen in seiner oben angeführten Abhandlung hat auf drei Tafeln nordalbingische Hausmarken, – thüringische Hausmarken und Steinmetzzeichen aus Erfurt und thüringische Hausmarken und Steinmetzzeichen aus Jena und [98] der Umgebung mitgetheilt, welche für die Sache höchst belehrend sind. Auch Fallou, Mysterien der Freimaurer, theilt auf Taf. III eine Anzahl Steinmetzzeichen mit.

Die Runen sind der unvollkommene Anfang einer Buchstabenschrift, indem die gerade senkrechte Linie, der Runenstab, mit den Kennzeichen nach den Seiten, welche in verschiedenem Winkel sich ansetzen, zum Buchstaben werden, – indem gleichsam die Hausmarken, d. h. den Hausmarken ähnliche oder auf ähnliche Weise wie diese gebildete und gestaltete Zeichen zum Schreiben verwandt werden, – indem man in die geradlinigen äußern Zeichen, Runen, mühsam und langsam einen Gedanken und Begriff zu legen, damit zu schreiben beginnt. Die Hausmarken, die Runenschrift und die alten orientalischen Schriften haben insofern allerdings eine gewisse Aehnlichkeit, jedoch keinerlei innere Verwandtschaft, weil die Hausmarken blos etwas Aeusserliches, jede Schrift aber ein zugleich Geistiges, etwas in sich Schliessendes und Ausdrückendes ist. Dagegen kann eine Rune als Hausmarke gebraucht werden und ist zuweilen so gebraucht worden, gerade wie jetzt der vollständige Namen oder der Anfangsbuchstabe des Namens die Hausmarke vertreten, mit ihr vertauscht worden sind.1) Die Runen gebrauchten zum buchstabirenden Schreiben selbst die alten Germanen nicht, – sie hatten keine wirkliche Schrift. sondern im Grunde blos einzelne Buchstaben. welcher letztern sie sich nur zu mystischen Zwecken, zum Lossen, Weissagen und Zaubern bedienten. Wir können hieraus für die Urgeschichte der Menschheit, für die Geschichte der Schrift den allgemeinen Satz ableiten, dass es im ersten Anfange und lange Zeit hindurch keine förmliche Schrift, sondern nur einzelne wenige Schriftbilder und nach diesen Buchstaben gegeben habe, welche Bilder und Buchstaben zu dem Gottglauben und Gottesdienste in wesentlicher Beziehung stehen, – mit dem Gottesglauben entstehen und fortgebildet werden. So könnten auch die heiligen Worte der Maurer ursprüng- [99] lich nur die heiligen Buchstaben J und B, M – B, H u. s. f. gewesen sein, wie die beiden Säulen und der 5eckige flammende Stern besonders noch jetzt solche heilige Buchstaben tragen. Die Runen waren ganz ähnlich nur mystische Zeichen, denen magische Kraft zugetraut wurde, wesshalb ihr Gebrauch mit den priesterlichen Weihen zusammenhing, mit Poesile und Weissagung, mit Opfer und Zauber, welche alle unter sich auf das Engste verwandt sind. Die heiligen Buchstaben und Worte, die Runen der heutigen Maurer sind blos ein unendlich Abgeschwächtes und Abgestorbenes, aus welchem der uralte belebende und zauberische Geist entwichen ist. Einstens weckte wohl auch bei den Maurern die heilige Rune die Todten aus dem Grabe auf, öffnete die verschlossenen Pforten. Die Erfindung der Runen wird dem Odhin beigelegt; was aber nur eine Symbolisirung seiner Zaubermacht, seiner Allmacht ist; Gott ist auch der mächtigste Zauberer, der Allmächtige. Durch Erfindung der Runen und neuer Hauptrunenlieder verhilft sich Odhin selbst zur Geburt, indem er sich von dem Weltbaum ablöset, als dessen Frucht er gedacht ist. Durch die Buchstaben, durch die Runen wird der Geist, die Begeisterung, das Lied, die Poesie geweckt, – jene müssen durch diese beseelt und geheiligt werden; indem Odhin die Runen erfindet, singt und dichtet er zaubert und schafft er. Die Schöpfung Odhins ist sein Weltgesang und Weltlied, und das Lied wird an der einzelnen Rune mit ihren Stäben abgesungen. Odhin, der Gott des Lichtes. ist der Geisterreger, auch der Gott der Runen und der Poesie, ähnlich wie der griechische Apollo und die griechische Athene, der ägyptische Thot-Hermes u. s. w.

Die besonders im deutschen Mittelalter üblichen Steinmetzzeichen1) und die heutigen Logenzeichen der Maurer schliessen sich durchaus an die Hausmarken an und sind nichts Anderes als die Hausmarken der einzelnen Steinmetzen und Logen, womit die Steinmetzen ihre Steinarbeiten, ihre Bauten und die Logen ihre Mitglieder bezeichnen und unterscheiden. Solche Steinmetzzeichen will [100] man schon in vorgeschichtlichen Gräbern, in Steingräbern der Kelten aufgefunden haben.1) Ebenso wissen wir, dass die ägyptischen Steinarbeiter schon, auf jeden Quaderstein ein Zeichen, und auf jeden Ziegel ein Fabrikzeichen oder Fabrikstempel einzudrücken pflegten, wie die Aegypter auch die Hausthiere zeichneten.2) Aehnlich verhielt es sich gewiss bei den Phöniciern, bei den Babyloniern, Assyriern, Medern und Persern. – Erscheinen unter den Steinmetzzeichen und Logenzeichen auch Bilder, zumal Lichtbilder, z. B. das Dreieck, das Winkelmass, das Quadrat u. s. w., haben diese aufgehört, Bilder und Symbole zu sein und sind ein blosses äusseres Zeichen geworden, wie auch Runen Hausmarken sind. Die Steinmetzzeichen waren ursprünglich eben so einfach aus geraden Linien zusammengesetzt wie die Hausmarken; bei beiden kommen gekrümmte und kreisförmige Linien erst in spätern Zeiten vor.3) Wie die Hausmarken in den Siegeln geführt und zur Bekräftigung der Verträge und Urkunden gebraucht werden, ebenso dienen die Steinmetzzeichen. Jeder Steinmetz muss in derselben Weise sein besonderes, sein eigenthümliches Zeichen haben, wie es jeder Vieh- und Hauseigenthümer hat. Die Logenzeichen sind die Bauhüttenzeichen, womit bei der Erbauung eines Münsters, z. B. zu Strassburg und Freiburg, alle Arbeit dieser Bauhütte bezeichnet wurde und welches dann als Wappen, als Marke der Bauhütte, der Loge, dem Münster für alle Zeiten verblieb.4) Wie die Hausmarken unter öffentlicher Aufsicht der Gemeinde, besonders in Island,5) standen und eigentlich von der Gemeinde verliehen oder doch anerkannt werden mussten, um geschützt zu werden und selbst wieder das Eigenthum zu schützen, muss auch der Steinmetz sich nach bestimmter Vorschrift der Zunftverfassung sein Zeichen erwerben; der Steinmetz und der Maurer dürfen das Zeichen nur gebrauchen, wenn sie recht und gehörig aufgenommene [101] Steinmetzen und Maurer sind. 1) Die thüringisch-sächsische Steinmetzordnung vom J. 1462, die von den Meistern zu Magdeburg, Halberstadt, Hildesheim, Müllburg, Merseburg, Meissen, von denen im Voigtlande, in Thüringen und im Harzlande durch zwei Zusammenkünfte zu Torgau aufgestellt worden ist, enthält über die Verleihung des Steinmetzzeichens folgende Bestimmungen:


Art. 25: „Vnd ob ein meister oder geselle kemen, die das hantwerk oder die kunst kunden, vnd begert eines zeichens von einem werkmeister, dem soll er seinen willen darumb machen, vnd zu gottesdienst geben, was meyster vnd gesellen erkennen.“

  • Art. 26: „Ein meyster soll seinem diener sein zeichen nicht lenger vorhalten denn XIIII Tag, es were den sache, das er dem meister etliche zeyt verseumet hette, do soll der diener im sein willen vor darumb machen, vnd das verschenken.“
  • Art. 27: Ein meister sol auch keinen aufsatz machen einem diener sein zeichen zu verschenken, den etzlichen geistlichen, dene er dazu bith, für einen pfening, semeln vor XV gr., ein broten, vor XV gr. fleisch, zwey stübichen weins, vnd sol nicht mehr bithen den X gesellen, bith er darüber, so mag der diener mer kauffen, so wirt der meister darinne nicht gefert.“
  • Art. 30: „Do mag ein meister seinem diener ein zeichen verleihen in sein lerjaren zu wandern, wen der meister nicht förderunge hette, das er in must lassen wandern.“
  • Art 31: „Es soll kein meister seinen diener kein zeichen lassen verschenken, er habe den ausgedinet.“ 2)

Sobald also ein Steinmetze ausgelernt hat, seine Lehrjahre abgelaufen sind, kann er verlangen, dass innerhalb längstem 14 Tagen der zünftige Werkmeister unter Haltung des üblichen Schmauses, wozu mindestens 10 Gesellen und einige Geistliche eingeladen werden, und unter [102] einer Gabe an den Gotteskasten auf Kosten des Dieners oder Gesellen, ihm das Zeichen verleihe; der Geselle mag dann wandern, wenn der Meister keine Arbeit (förderunge) für ihn hat. Zu Frankfurt a. M. wird bis auf die neuesten Zeiten von der Zunft der Steinmetzen ein Buch geführt, worin jeder Steinmetze neben seinen –Namen, der regelmässig darin eingetragen ist, sein Zeichen setzt, das von ihm fortdauernd als seine Marke gebraucht wird.1) Hatte ein Geselle sein Zeichen nicht in vollständiger Lehre verdient, sondern unter der Hand gekauft. war er also nicht zunft-, nicht ritualgemäss befördert werden, „bev dem soll nimandt stehen“ nach Art. 94 der thüringisch-sächsischen Steinmetzordnung, er soll in der Bauhütte in Verruf sein. Michelsen schliesst daraus, a. a. O., S. 64, mit Recht, dass das Steinmetzzeichen (und ebenso das Logenzeichen der heutigen Maurer) in Wahrheit ein Ehrenzeichen sei, wie für den Ritter sein Wappen. Fallou, a. a. O., S. 44 und 447 der angeblichen zweiten Auflage, nennt daher auch die Steinmetzzeichen wirklich Ehrenzeichen. Hieran schliesst es sich, dass noch heute den Maurern, welche zu Ehrenmitgliedern einer andern Loge ernannt worden sind, mit dem Ehrendiplom auch das Logenzeichen übersandt und dann dieses Logenzeichen gleich einem Orden von dem Ehrenmitgliede getragen wird. Die urgeschichtliche Bedeutung der Zeichen bleibt aber immer, das unterscheidende Kennzeichen des Eigenthums und der Angehörigkeit zu sein; an dem Zeichen, welches sie trugen, sollten die Arbeiten und die Arbeiter erkannt und unterschieden werden können.

Auch die wohl seit dem Entstehen und Bestehen des europäischen Handels üblichen Kaufmannszeichen, womit die erkauften oder zu versendenden Waarenballote, Waarenkisten u. s. w. bezeichnet zu werden pflegen, sind blose kaufmännische Hausmarken zur Bezeichnung und Erkennung des kaufmännischen Eigenthums. Diese kaufmännischen Zeichen sind ebenso aus geraden Linien zusammengesetzt, werden als Zeichen des Eigenthumerwerbes und [103] der Besitzergreifung auf die Waaren gesetzt, werden als Siegel und Unterschrift gebraucht u. s. w., wie die Hausmarken und im Wesentlichen die Steinmeizzeichen. Nachdem die Handelsgesellschaften aufgekommen waren, nahmen auch sie eine gewisse Marke als die der Firma ausschliesslich angehörende an. wie auch die Corporationen, die Gemeinden, die Dörfer und Städte, die Klöster, Kirchen, Spitäler u. s. f. ihre Hausmarke hatten und haben. Wie die Steinmetzzeichen zur Controlirung derselben an einzelnen Orten in die Zunftregister eingetragen werden mussten, sind wahrscheinlich, namentlich in Italien, auch über die eingeführten und gebräuchlichen kaufmännischen Zeichen auf manchen Handelsplätzen öffentliche Verzeichnisse geführt worden.1)

Steinmetzzeiehen gebildet durch 4 Zoll hohe griechische Buchstaben, sind neuerlich auch in Syrien bei Damaskus durch Wetzstein,2) preussischen Consul zu Damaskus aufgefunden worden. Einzelne dieser Steinmetzzeichen, wovon Wetzstein Proben mitgetheilt hat, könnten auch keine Buchstaben, sondern eigentliche, aus blosen Linien zusammengesetzte Steinmetzzeichen sein. Diese syrisch-arabischen Steinmetzzeichen, Häusmarken, gewinnen eine grössere und besondere Bedeutung dadurch, dass ganz in ihrer Nähe auch die Stadt Bosrâ, Nova Bostra, Neu-Be ästra d. i. der neue Tempel, die neue Stadt der Astera (Astarte),3) der bekannte Sitz der arabischen Freirnaurer4) liegt. Nach Wetzstein w äre neu-Bostra durch die aus Jemen im südlichen Arabien eingewanderten Sabäer wiedererbauet worden, welche den Dû S’arâ, eine dem Dionysos, also auch dem maurerischen Hiram ähnliche Gottheit hauptsächlich verehrten, bald aber sich dem Christenthum zuwandten. Für die Bosrâ und das ganze Haurân bewohnenden Sabäer scheinen griechische oder byzantinische Bauleute besonders gebauet zu haben; jedoch waren die Sabäer selbst [104] ein Culturvolk und zeichneten sich unter den Gassaniden in Ostsyrien durch eigenthümliche und grossartige Bauten aus, über welche letztere Wetzstein ausführlich berichtet.


IX.
Der Spiegel.


Der bei den Maurern im Gesellengrade erscheinende Spiegel ist ein sehr wenig beachtetes und noch weniger besprochenes, aber dennoch ein vielsinniges und zugleich dem grauesten Alterthume entstammendes Symbol. In den Encyklopädien von Gädike und Lenning, sowie in den Schriften von Krause ist auch nicht ein Wort über das Symbol des Spiegels gesagt.

Indem der zum Gesellen zu befördernde Maurerlehrling vor den Spiegel geführt wird und darin nach Entfernung des ihn verhüllenden Vorhanges sein eigenes Bild, – sich selbst wie er ist, erkennen und betrachten soll, wird ihm als die besondere Aufgabe des Gesellen, des Maurers und des Menschen die Selbsterkenntniss und durch diese die Vervollkommnung seiner selbst bezeichnet. Der Spiegel ist somit nur eine andere Gestaltung des cubischen Steines mit dem darauf liegenden Winkelmasse, welches dirigit obliqua. Der Geselle soll sich selbst zum eubischen Steine, zum brauchbaren Steine in dem grossen Baue der Menschheit durch Ablegung und Entfernung seiner Fehler und Gebrechen formen, aber, um die Fehler und Gebrechen ablegen und entfernen zu können, muss er dieselben zuerst kennen und so wird die Selbsterkenntniss die Bedingung und das Mittel der Selbstvervollkommnung. An sich selbst muss der Geselle das Winkelmass anlegen, muthig in die geheimsten Falten seines Herzens und seines Geistes blicken, wenn es hier Licht und besser werden, wenn er selbst ein Anderer und Vollkommenerer werden soll. Sich selbst in seinen Mängeln zu erkennen und zu verbessern, ist nunmehr die maurerische Mess- und Baukunst. Dieses ver- [105] kündet dem Gesellen der Buchstabe G, die Geometrie, in dem fünfeckigen flammenden Sterne, in dem pythagoräischen Pentalpha. Der Maurergeselle, welcher treu und fleissig die Messkunst oder Geometrie übet, – welcher niemals das Winkelmass anzulegen unterlässt, wird in seinem Herzen und Geiste stets mehr gesund werden und in diesem Sinne ist auch dem Maurergesellen wie einst dem Pythagoras der regelmässig in sich selbst zurückkehrende fünfeckige Stern das Symbol des sittlichen und geistigen Wohlbefindens und Wohlverhaltens (Hugiea). Die Maurerei ist nicht allein die sittliche Messkunst, sie ist auch die sittliche Gesundheitslehre. Die Masonen sind auch die Therapeuten, die Seelenärzte, die Pfleger und Stärker des Gemüthes und des Geistes. Das Mittel zur Erlangung dieser Gesundheit, gleichsam die Gesundheit selbst ist das Winkelmass, das rechte Mass in allen Dingen, sit modus in rebus, – moderatio. Moderatio bezeichnet hier aber weniger die Tugend der Mässigung als die Kunst des rechten Lebensmasses, des geraden und rechtwinkligen Lebensschrittes, – der rechten Richtung – in Gedanken, Worten und Werken, – die sittliche und geistige Geometrie. Den rechten Schritt und das rechte Mass, die Gesundheit des Herzens und des Geistes kann nur finden und sich erhalten, wer beständig prüft, welchen Weg er wandele, – der das Unmässige erforscht und meidet, – der die Krankheiten seiner selbst kennet und heilet, wirklich ein Therapeute ist. In dem vorgehaltenen Spiegel soll der Maurer seine Seelen- und Geisteskrankheiten erkennen, um sie heilen und gesund werden zu können; der nach der Gesundheit verlangende Kranke stellt in dem Spiegel, in der Selbsterkenntniss sich die Diagnose. Wie durch den Spiegel die Maurerei den Menschen zur Erkenntniss seiner selbst, zur Erkenntniss seiner Gebrechen und Schwächen und damit zur Selbstvervollkommnung, zur Tugend und Gesundheit leiten will, ebenso will sie dieses durch die Kammer des stillen Nachdenkens und das auferlegte Stillschweigen bei dem Lehrlinge und Gesellen erreichen. So soll auch schon der Aufnahme in die ägyptischen Mysterien ein achtzehntägiges Stillschweigen, welches man die Reinigung der Seele nannte, [106] vorausgegangen sein.1) Dem Forseti, Forasiszo, dem bei den Gerichten vorsitzenden Sohne des Gottes Baldur, ist auf Helgoland ein Brunnen geweiht, aus dem man das Wasser nur schweigend schöpfen durfte; man soll nachdenken, ehe man richtet oder um zu richten.2) Ebenso soll der Maurerlehrling und Geselle schweigen, um reden zu lernen, – sich selbst erkennen, um handeln zu lernen und besser zu werden. In dem Tempel des Apollo zu Delphi stand an der Wand „Erkenne dich selbst, Nichts allzusehr“ d. h. durch die Selbsterkenntniss erstrebe das rechte Mass, modus et moderati. Besonders lehrte auch Pythagoras, dass der Mensch beständig auf sich achten solle, um innerlich und äusserlich ein würdiger Mensch zu sein und sich als sittliches Kunstwerk zur Wirklichkeit zu bringen; der pythagoräische Bund war ein Versuch zur praktischen Ausführung dieser Lehre und ein gleicher Versuch ist der Maurerbund. Das Stillschweigen und die Selbsterkenntniss waren und sind dabei nicht selbst der Zweck, sondern blos das Mittel zum Zweck, was Br. Goethe sehr wahr dahin ausdrückt:

„Wie kann man sich selbst kennen lernen? Durch Betrachtung niemals, wohl aber durch Handeln. Versuche deine Pflicht zu thun und du weisst gleich, was an dir ist.“

In gleichem Sinne sprach Goethe: „Die Arbeit macht den Gesellen.“ – Auch das Gebot des Pythagoras, Morgens beim Aufstehen die Pflichten des Tages zu überdenken und Abends vor dem Schlafengehen sich Rechenschaft zu geben, wie sie erfüllt worden seien, – was habe ich gefehlt, was recht gethan, was pflichtwidrig, verfehlt?, ist ein sich täglich vorzuhaltender maurerischer Spiegel. Die Parsen sollen gleichfalls, wie der Sad-der Bundeheschi vorschreibt, am Abende, ehe sie einschlafen, nochmals sämmtliche Thaten , die sie den ganzen Tag über vollbracht haben, durchdenken und prüfen, ob sie gesündigt haben [107] oder nicht.1) Möglicher Weise könnte das pythagoräische Gebot dem parsischen nachgebildet sein.

Höher aufgefasst, ist der Spiegel, in welchem der Maurergeselle sein eigenes Bild suchen und erkennen soll, ein Memento mori, – der warnende Zuruf, dass er dort nach seinen Thaten hier werde gerichtet und gemessen werden, dass ein ewiger Richter und ein ewiges Winkelmass sei. Nach den indischen Vorstellungen bedient daher der Todtenrichter Yama sich eines Spiegels, in welchem er die guten und die bösen Handlungen des Menschen erblickt und prüfet, um ein gerechtes Urtheil über sie zu fällen.2) Der Spiegel, in hier der Todtenrichter Yama blickt, bevor er sein Urtheil fällt, ist wohl die Seele des Verstorbenen und zu Riehtenden selbst, indem sie das getreue Spiegelbild seines vorausgegangenen guten oder schlechten Lebens ist und sein muss, – der Zustand und die Beschaffenheit, in welchem die Seele des Menschen aus diesem Leben scheidet. ihr jenseitiges Schicksal und Sein bestimmt, – der Sterbende sein eigener Todtenrichter ist. In diesem Sinne ruft auch Jesaja 3, 10:

Saget, dem Gerechten gehet es wohl:
Denn die Frucht seiner Thaten wird er geniessen.
Wehe! dem Gottlosen geht es übel:
Denn sein eigenes Thun wird ihm vergolten.

An den Spiegel des indischen Yama erinnert auch der in den deutschen Sagen von dem Basilisken vorkommende Spiegel. Der Basilisk wird nämlich getödtet, indem man ihm einen Spiegel vorhält, damit er bei seinem eigenen Anblick durch die entsetzlichen Augen des Spiegelbildes sterbe.3) Auch der Licht- und Sonnenheld Perseus überwindet in ähnlicher Weise mit Hülfe eines Spiegels, den er von der Lichtgöttin Athene erhalten, die grässliche schlummernde Medusa4) So wird auch die im Todtenreiche ankommende Seele gerichtet, getödtet und belebt, [108] indem sie in dem von dem ewigen Richter vorgehaltenen Spiegel ihr eigenes hässliches oder schönes Bild und vorangegangenes Leben erblickt. Aehnlich, wie hier dem Gesellen zugerufen wird, wird der Ewige dem Verstorbenen dort zurufen: „Hebe den Vorhang von dem Spiegel und du wirst dich selbst erkennen, dein eigenes Urtheil lesen.“ Nunmehr könnte daher der dem Maurergesellen vorgehaltene Spiegel auch in dem Sinne gedeutet werden, dass der Geselle sein Leben und seine Seele spiegelrein erhalten und nicht durch das Böse und Unreine verdunkeln möge.

‘Bedenke, dass ein Gott in deinem Leibe wohnt, Und vor Entweihung sei der Tempel stets verschont.’

singt ein indischer Brahmane oder Rückert. Zufolge dem parsischen Bundehesch, Kap. 31 , werden nach der Auferstehung alle Menschen so rein sein wie ein Spiegel.

Auch der baktrische Tschemschid, wie der griechische Dionysos, haben einen Spiegel, in welchem die irdische Welt sich spiegelt, und die täuschenden und eitlen Bilder dieses Spiegels sind es, welche die himmlischen Seelen in das irdische Leben und die irdische Lust verlocken und herabführen. 1) In den dionysischen oder bacchischen Mysterien war daher der Spiegel ein vielgebrauchtes Symbol und wird in Grossgriechenland oder Unteritalien in den Gräbern der Eingeweihten auf Vasen gefunden. Die dionysischen Mysterien sollten und wollten die Eingeweihten aus der eitlen und täuschenden Sinnenwelt in das himmlische Reich und Leben zurückführen und der Spiegel in den Gräbern der Eingeweihten kann wohl nur andeuten, dass sie den Schein und die Täuschung überwunden und das ewige Licht und die Wahrheit wiedergefunden haben. Dem Spiegel, in welchen der Maurergeselle bei dem Beginne seines Wanderlebens blickt, darf mithin auch die Bedeutung beigelegt werden, dass er dem Gesellen eine Warnung sein solle, sich vor Täuschungen und leerem Scheine zu bewahren und stets nur der Stimme des ihn durch das Leben begleitenden guten Genius, dem Gotte [109] in der eigenen Brust zu folgern. Der Spiegel ist das Symbol des Irdischen und Vergänglichen, des glänzenden und doch eitelen Scheines, welchem der Eingeweihte entsagen und entgehen soll; ein täuschendes und sinnverwirrendes Spiegelbild, welches der Mensch sich selbst erträumt und vorspiegelt, ist das ganze irdische Sein und Leben und nur dort ist Wirklichkeit und Wahrheit.

Ob in den Mithramystrien der Spiegel gleichfalls als ein Symbol gebäuchlich gewesen sei, wissen wir nicht, jedoch steht es nach dem oben von dem parsischen Tschemschid und dem indischen Yama Bemerkten mit Wahrscheinlichkeit zu vermuthen. Ist diese Vermuthung begründet, haben die Maurer durch Vermittlung der Römer und der römischen Baucorporationen das Symbol des Spiegels erhalten.

Dass nach der Voluspa bei Urds Brunnen die Asen täglich Gericht halten, deutet Menzel, Odin S. 117, dahin, dass die Asen das Urtheil über der Menschen Thun aus dem Spiegelbild des Jüngstvergangenen im ewigen Quell des Gewordenen oder der Geschichte schöpfen.

Auch die schöne Mythe des griechischen Jünglings Narcissus darf hierher gezogen werden, indem er, sein Bild im Spiegel einer klaren Wasserquelle am Helikon erblickend, sich, von Sinnentäuschung verlockt, in sich selbst verliebt und über diese Liebe zu Tode härmt. Diese einfache Mythe ist unendlich sinnreich und lehrt auf das Lebendigste, dass der Mensch nicht in den Spiegel der Welt blicken und durch dessen eitele Bilder sich täuschen und verlocken lassen dürfe; die Täuschung und Verlockung ist todbringend. Der Mensch muss den Schleier der Täuschung, der indischen Maja zerreissen und nur die innere Wahrheit suchen und umfassen. Das eitele Bild des Spiegels ist ein vorübergehendes und augenblickliches und und überdauert unsere Täuschung nicht, doch unvergänglich und ewig, ist das Wahre, Gute und Schöne, sie sind die einzigen stützenden Pfeiler der Welt und der Menschheit. Nach Furtwängler, die Idee des Todes, S. 76, Anm. 11, wäre schon dem Namen nach der sich täuschende, der in den Wasserspiegel blickende Narcissus der dem Tode Verfallene, der Tod selbst, von dem Sanskritischen [110] nark = Todesdunkel, woher im Griechischen [...] = Todeserstarrung. Die Sinnentäuschung - und Sinnenverblendung ist eine verzehrende Flamme, ein tödtliches Gift der Seee und des Lebens.1) Der maurerische Mysterienspiegel ist vielleicht auch den Eleusinien entlehnt oder kommt dort wenigstens im ähnlichen Sinne vor, indem der Myste sein Bild in dem Spiegel erblicken und dadurch zur Wahrheit geleitet werden sollte. 2)


X.
Die Hand.

Was dem schaffenden und thätigen Menschen die Hand ist und wozu sie ihm mit den Fingern naturgemäss dient,3) ist zugleich die allgemeine und ursprünglichste symbolische Bedeutung der Hände der Götter und der zu Göttern erhobenen Naturkräfte in Phönicien und Aegypten, in Indien, in Griechenland und ltalien, wie bei den Germanen. Sobald der Mensch sich die Götter menschlich gestaltet dachte. musste er auch die Götter in der gleichen Weise schaffen und vollbringen lassen, wie er selbst schuf und vollbrachte. wesshalb überall die Hände, die Hand und die Finger das Symbol für die schaffende, gestaltende, bildende. ordnende, zeugende und webende Kraft und Thätigkeit der Gottheit und der Natur sind. Vorzüglich wurde die Weltschöpfung. die Erdschöpfuno, und die Schöpfung des jährlich sich erneuernden Erd- und Natur- [111] als ein ein Werk der göttlichen Hände und Finger gedacht und dargestellt; auch selbst der Mensch sollte daraus hervorgegangen und gebildet sein. Wie wir noch heute bildlich und poetisch von der schaffenden Hand der Gottheit und der Natur reden, hatte das Alterthum dieses poetische Bild zu mythologischen Personen und ihrem Schaffen und Wirken gestaltet. Bei den Processionen des Isis, der grossen ägyptischen Ur- und Erdmutter, trug daher der vierte, Priester mit Hindeutung auf die schaffende und gebärende Natur derselben die Abformung einer linken Hand, welche nach Apulejus die Hand der Billigkeit, aequitatis manus genannt wurde, weil die Mutter Erde unter alle Menschen ihre Gaben gleich gerecht und billig vertheilt. Von der Kunstfertigkeit ihrer Finger führen selbst die idäischen Dactylen, denen sich die Kureten und Korybanben anschliessen, und die pränestinischen Digitier ihren Namen. Sie sind nicht blos Erzarbeiter, und nicht desshalb Daetyli oder Digitii genannt, weil zum Schmiedehandwerk Hand und Finger besonders erforderlich sind, vielmehr hat in jenem Namen ihre allgemeine Gottesnatur, welche die Zeugungskraft des Stoffs in sich schliesst, ihren Ausdruck gefunden. Die Dactyli bilden in ihrem Vereine die Gotteshand. welche alle Organismen schafft und bildet.1) Dem gleichen symbolisirenden Ideenkreise gehört es an, dass im Norden die Orchis mit ihrer handförmigen Wurzel Niardhar vöttr, Handschuh des Niördr, des germanischen Gottes der im Boden genannt wird. In der handförmigen Wurzel der Pflanze erkannte man die schaffende Hand der Natur selbst. In der christlichen Zeit wurde sodann die Wurzel, wenn sie weiss war, Marienhand, wenn schwarz, Satanshand geheissen und heisst noch in Deutschland Liebfrauenhand, Jesushand, Christhändlein.2) Menzel, Odin. S. 104, hält es für wahrscheinlich, dass die symbolischen Hände, welche er im J. 1846 in den alemannischen Gräbern am Lupfen gefunden hat und die noch in der Sammlung des württeinbergischen Alterthumsvereins zu Stuttgart aufbewahrt werden, den Todten [112] als Pfand der Wiedergeburt mit in das Grab gegeben worden seien. Die Hand war nämlich das germanische Svmbol der Hand des Tyr, des Frühlings und des Kriegsgottes des römischen Mars, von welchem auch der Frühlingsmonat Merz den Namen trägt, d. h. der ewig sich verjüngenden und siegreich den Winter und den Tod überwindenden Vegetations- und Naturkraft, auf welche Unsterblichkeit der Natur der Mensch den Glauben an die Unsterblichkeit des eigenen Geistes gründete und deren Fest oder Mysterium er als das Fest und Mysterium der eigenen Unsterblichkeit feierte. Die Hand würde also in ihrer symbolischen Bedeutung ganz mit Adonis-Osiris-Dionysos-Hiram und mit der aus seinem Grabe stets neu erblühenden Akazie, dem Symbole des ewigen Lebens, zusammenfallen. Die niemals ersterbende und immer wiedererstehende Natur war überall den Völkern gleichsam das Faustpfand (dessen Namen im Deutschen nach Menzel wohl dieser Symbolik angehört) des Wiedererstehens aus dem Tode, der eigenen Unsterblichkeit. Das Grab ist nur die Wiege eines neuen Lebens, wie die herabfallenden welken und verwesenden Blätter des Baumes die Begründer seiner künftigen Frühlingspracht werden. Auch die Blumen auf dem Sarge und auf den Gräbern deuten nur auf den ewigen Frühling, das ewige Leben und Licht, in welches der Verstorbene durch den Tod hinübergegangen ist. Schon bei den ägyptischen Leichenbegängnissen pflegte der Sargkasten mit Blumen geschmückt zu werden und sieben Männer streuten dabei Palmzweige auf den Weg, gewiss zum Symbole, dass der Verstorbene in das Land des ewigen Frühlings hinübergegangen sei. 1)

Den blos oder vorzugsweise weidenden und ackerbautreibenden Völkern ist die Hand das Symbol der vergöttlichten und personificirten Erd- und Naturkraft, der Erdmutter oder des Blumen- und Früchtegottes; nachdem aber ein. Volk, wie unter allen Völkern der Erde zuerst die Aegypter, sich dem Steinbaue, dem festen Baue der Tempel und der Städte zugewandt und Gott unter dem Begriffe [113] des allmächtigen Baumeisters der Welt und der Menschheit erfasst hat, wird die Hand (mit dem Hammer) zum Symbole des allmächtigen Baumeisters, des die Welt und die Menschheit bauenden Gottes. Nach [Horapollo] war bei den Aegyptern und in der ägyptischen Hieroglyphik die Hand das Symbol, die symbolische Hieroglyphe für einen Baulustigen oder einen Bauenden, so dass also zwei verschlungene Hände das eben so natürliche als passende Symbol der Bauleute, der Baubrüder, der Masonen, der Maurer sind und waren. Wenn irgend eine historische oder symbolische Behauptung mit Bestimmtheit aufgestellt werden darf, ist es die, dass das Symbol der zwei verschlungenen Hände ägyptischen Ursprunges und von den Aegyptern durch die Vermittelung der Phönicier, Griechen und Römer den Germanen überbracht worden sei. Die verschlungenen Hände oder auch nur eine Hand sind das eigentlich architektonische und damit zugleich ägyptische, das maurerische Symbol des Eingeweiht- und Verbundenseins, – des gemeinsamen Bauens, Strebens und Lebens, wie zufolge Bachofen, Gräbersymbolik S. 182, die Hand auch als Symbol der Einweihung in die baccisch-orphischen Mysterien auf griechischen Gräbern erscheint. So gefällig und geistreich Menzel’s vorgehende Deutung der Hand und des deutschen Faustpfandes auch erscheinen mag, dennoch ist es natürlicher und menschlicher, geschichtlicher, den Handschlag, die Vereinigung zweier Hände als das Zeichen und das Pfand der Liebe, Freundschaft und Treue, des vereinigten Lebens und Strebens, – des Bundes, des Eingeweihtseins zu betrachten. Wie sich verbindend der Ring der Verlobung um den Finger der Braut oder des Bräutigams legt, so umschliesst und umringt eine Bruder- und eine Freundeshand die andere. Die ursprüngliche phönicisch-ägyptische Schrift, die Urschrift der Menschheit war eine Bilderschrift und das Urbild, die Urhieroglyphe der Liebe, der Vereinigung und des Verbundenseins sind gewiss zwei sich umschlingende Hände, zwei gleichsam sich umarmende und küssende Menschen. Diese verschlungenen Hände scheinen auch nach dem an einem andern Orte Bemerkten das Symbol der [114] Zwillinge, der im Tod und Leben untrennbaren Brüder im Thierkreise ursprünglich gewesen zu sein. Wie es heisst, dass die Ehen, die Bündnisse im Himmel geschlossen werden, so reichen auch in den Sternen, aus den Wolken sich die verschwisterten und verwandten Geister die Hände und was der Himmel und die Ewigkeit gebunden und geschürzet hat, wird die Erde und der Tod nicht lösen.

Einige Verwandtschaft mit dem maurerischen Symbole der zwei verschlungenen Hände hat das spartanische Symbol der Dioskuren oder der Tyntariden Kastor und Polydeukes, der unzertrennlichen, jugendlichstarken Zwillingsbrüder des Morgens- und des Abendsternes. In Sparta nämlich gab es ein altes Symbol der göttlichen Brüder, zwei parallele Balken, welche durch Querhölzer verbunden waren; dieses begleitete die Spartaner in den Krieg, so lange seine beiden Könige, gleichsam zwei Dioskuren auszogen.1) Diese fest verbundenen Balken sollen also die brüderliche Liebe bezeichnen, welche die beiden Brüder und Lichtgötter so innig und unauflöslich vereinte, dass der unsterblich geborene Polydeukes lieber den Himmel als seinen sterbenden Bruder Kastor verliess und leicht mit ihm ein zwischen Leben und Tod wechselndes Schicksal ertrug.2)

Die Hand in den Mysterien und in den Gräbern der Eingeweihten möchte nicht allein das Symbol des Verbundenseins. der treuen Bruderliebe, sondern noch mehr des abgelegten Gelübdes und geschwornen Eides sein, wie in dem Rechtsleben, besonders in dem germanischen,3) mit einem Handschlage alle Gelübde und Verträge bekräftiget und mit der rechten Hand alle Eide ausgeschworen wurden. Die Hand in den Gräbern der Eingeweihten drückt also zunächst einfach das Eingeweihtgewesensein, das Gebundengewesensein durch Gelübde und Eidschwur aus. Dass bei der Aufnahme in die Mysterien der Alten, besonders aber in die eleusinischen Geheimnisse und in die Mithrasmysterien, ein feierlicher Eid über die Bewahrung [115] des Geheimnisses und über die Erfüllung des Gelübdes habe abgelegt werden müssen, darf ohne das mindeste Bedenken angenommen und behauptet werden und gerade desshalb wissen wir so wenig Bestimmtes und Näheres über die alten Mysterienanstalten. Die Hand in den Gräbern der Eingeweihten könnte daher auch bedeuten. dass der Verstorbene getreu seinem Gelübde und Eide gestorben sei, – dass die Hand bis zum Tode erfüllt habe, was sie gelobt und geschworen. Ganz die ähnliche symbolische Bedeutung hat die Hand auch bei den Maurern. So trägt eine vor Kurzem zu Halberstadt aufgefundene, wahrscheinlich auf die Beschwörung des Bundes der niedersässischen Bauhütten im Jahre 1546 bezügliche Denkmünze sehr bedeutungsvoll eine Rose (als Symbol des zu bewahrenden Geheimnisses) und eine zum Schwure ausgestreckte Hand, mit den Namen der vier gekrönten Märtyrer. 1)

In ihrer letzten und höchsten Bedeutung dürfen die zwei verschlungenen Hände der Maurer als die Hand der Gottheit und des Menschen aufgefasst werden, welche die Welt und die Menschheit schaffen, bilden und bauen. Die Maurer, die Menschen bauen mit der Gottheit und nach ihrem Plane in der Menschheit den grossen Tempel Gottes, den zerstörten salomischen Tempek, das himmlische Jerusalem. Die Gottheit reicht gleichsam ihre Hand aus dem Himmel, aus den Wolken den Menschen auf die Erde herab und der Mensch hebt gläubig und hoffend seine Hand zu dem Himmel empor, um die Gottheit zu erfassen, und indem die beiden Hände sich vereinigen und verschlingen, wird der Gottmensch, ist Gott in der Menschheit und diese in jenem. Aehnlich verehrten die Syrer nach Macrobius den Adad und die Adargatis, die Sonne und den Mond, jene dargestellt mit sich herabsenkenden und dieser mit hinaufsteigenden Strahlen, um anzudeuten, dass die Erde alles Leben und alle erzeugende Kraft von dem Himmel empfange.2)

Endlich mag hier von vielen maurerischen Denkmünzen und Siegeln mit den verschlungenen Händen nur eine [116] solche der Loge zu den drei Degen in Halle vom 24. Juni 1744 berührt werden, welche in der Numotheca numismatica Latomorum von Ernst Zacharias veröffentlicht wurde. Auf dem Revers dieser Denkmünze bezeichnen drei in den Wolken sich umschlingende Hände der drei Stände die innige Vereinigung aller Stände zu einem erhabenen Zwecke.


XI.
Das Händeklatschen.

Obwohl es allen Menschen und allen Völkern nahe liegt und natürlich ist, zum Zeichen des Beifalls und der Freude in die Hände zu klatschen, ist dennoch aus diesem allgemein menschlichen Gefühle und aus dieser allgemein menschlichen Sitte das den Maurern eigenthümliche Händeklatschen keineswegs genügend zu erklären. Bei den Maurern bildet das Händeklatschen geradezu und unleugbar einen lebendigen Bestandtheil ihres Tempel- und Logendienstes, ist gleichsam ein religiöser Ritus, ein geheiligter Gebrauch, mit welchem die Logenarbeiten begonnen und geschlossen zu werden pflegen. Wenn es die rechte Zeit ist, die Logenarbeiten zu beginnen, bezeugen die Maurer mit 3 Mal 3 Schlägen in die Hände ihre Freude über die brüderliche Zusammenkunft, heissen sich mit diesen Schlägen gegenseitig willkommen und setzen sich erst nach dieser maurerischen Begrüssung nieder; nachdem sodann die Arbeit geschlossen ist, geben die Brüder, bevor sie sich trennen, nochmals mit einander in 3 Mal 3 Schlägen das freudige Maurerzeichen der brüderlichen Eintracht und der Zufriedenheit mit der vollendeten Arbeit. In ihrer schliessenden und deckenden Bedeutung sind auch die 3 Mal 3 Schläge mit den Händen in die Gebräuche der maurerischen Tafellogen eingeflochten. Das maurerische Händeklatschen ist somit die maurerische Weise, die Freude, den Beifall, die Dankbarkeit und selbst [117] die Verehrung und Hochachtung auszudrücken und auszusprechen, und durch den Maurern wie dem ganzen Alterthume vorzugsweise heilige Dreizahl stellt sich dieses Händeklatschen durchaus als ein heiliges, als ein ursprüngliches religiöses dar, welches mit den drei grossen und kleinen Lichtern, mit den 3 Säulen der Loge, den 3 Hammerschlägen des Meisters vom Stuhl und der beiden ersten Vorsteher, mit den 3 Reisen, Schritten und Jahren des Lehrlings u. s. w. auf dem gleichen Grundgedanken, nämlich wenigstens im Alterthume auf der symbolischen Hinweisung auf die Götterdreiheit, auf den dreieinigen Gott beruhte und beruht. Dem heiligen und religiösen Händeklatschen der Maurer sehr verwandt und allein zu vergleichen ist in dem katholischen Gottesdienste das gemeinsame 3malige Geben des Kreuzes bei dem Beginnen wie bei dem Schlusse des Gottesdienstes. Noch inniger aber schliesst sich bei den Maurern an das 3 Mal dreifache gemeinsame Händeklatschen an das 3malige gemeinsameGeben des gleichfalls 3 gestalteten oder 3getheilten Halszeichens, so dass mit voller Wahrheit gesagt werden darf, alle gemeinsamen Handbewegungen in dem Tempeldienste der Maurer bis hinauf zu dem Meister vom Stuhl und den beiden ersten Vorstehern erfolgen in der heiligen Dreizahl, beziehungsweise Neunzahl. Zugleich gehören hierher der 3 mal 3fache Schritt des zum Meister aufzunehmenden über den Sarg des Hiram, – die 9 Reisen, welche derselbe machen sollte, wovon er aber nur 3 wirklich macht, und der 3 Mal 3fache Schlag des Meisters, die 9 treuen Gesellen des Hiram und die 9 oder auch 9 Mal 9 Thränen seiner Mutter. Ohne jetzt näher und tiefer auf den Grund der Neunzahl einzutreten und nur berührend, dass unter die 9 Lebensmonate des Hiram, das Wandern der Sonne durch die 3 ersten Quadranten des Thierkreises oder die 9 ersten Zeichen des Thierkreises bis zu seinem 3monatlichen Winterschlafe verborgen sind, möge zur Vergleichung nur noch Einiges angeführt werden:

3 Mal und an 3 verschiedenen Orten, also 9 Mal werden Aron und seine Söhne mit dem heiligen Salböl berührt; in ähnlicher Weise erfolgt noch heute bei den [118] Katholiken die Einweihung neuer Kirchen und theilweise wenigstens bei den Maurern die Einweihung neuer Logen. – Den Zendschriften zufolge ist es ein Sühnopfer, heiligen Menschen eine Räumung für das Wild anzulegen, welche 9 Abtheilungen haben und mit 9 Mauern umschlossen sein muss.1) Nach dem Zendavesta trägt bei den Reinigungsceremonien der Priester einen Stock mit 9 Knoten.2) – Auf Kreta herrschte Minos, der Sonnenheld und Sonnenkönig von Kreta, in 9jährigen Perioden; alle 9 Jahre soll Minos in eine durch den alten Volksglauben geheiligte Höhle gegangen sein, um dort eine Zeit lang des Umgangs mit seinem Vater Zeus zu pflegen und Gesetze für seine Insel zu empfangen. – 9 Tage, also 3 Mal 3 Tage dauerten die im Herbste gefeierten eleusinischen Feste oder die Feste der Ceres. 9 Tage lang lagen unbegraben die von den Pfeilen des Apollo und der Artemis getödteten 12 Kinder der Niobe und erst am 10. Tage wurden sie beerdigt. Aehnlich dauert der trojanische Krieg 9 Jahre, bis im zehnten Jahre Troja zerstört wird. In mehreren griechischen Sagen wird ein Gott z. B. Hephästos und Dionysos aus dem Himmel verstossen und darf erst nach 9 Jahren, resp. Monaten wieder dahin zurückkehren. Sehr sinnreich deutet dieses Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 147 ff. dahin, dahin, dass die Naturgötter 9 Monate während des Frühlings, Sommers und Herbstes auf der Erde leben und dann sterbend gleich Hiram in das Grab, in den Himmel eingehen. So kehrt auch der Dulder Odysseus nach der gewöhnlichen Sage nach 10 Jahren in seine Heimath zurück. Neun Jahre dauert auch der Kampf mit Kronos und 9 Monate jagt nach kretischer Sage Minos der Britomartis, d. h. der kretischen Artemis nach. Noch weiter ist hierher zu beziehen, dass der Sonnenheros Herakles zur Sühne des Verbrechens den pythischen Dreifuss in Delphi geraubt haben zu wollen, nach Massgabe der pythischen Sühnungsgebräuche 9 Jahre, eine Ennaeteris, dem Eurystheus oder [119] der lydischen Omphale dienen muss 1) Hierzu würde auch stimmen, wenn nach einer Sage Apollo nur die 3 winterlichen Monate als abwesend, 9 Monate also als anwesend galt. Am nächsten schhliesst sich dann noch an, wenn Hades in den Herbstgewittern die Persphone entführt und sie in die die Unterwelt mit hinabnimmt, worauf sie erst wieder in den Frühlingswettern heraufkommt, und sie also 4 Monate dem finstern unterirdischen Reiche, acht Monate dem lichten himmlischen Reiche, der Oberwelt angehört.2) An die 9 treuen Gesellen, welche den erschlagenen Hiram aufsuchen, erinnern auch die 9 Jungfrauen, welche den Osiris auf seinem Zuge über die Erde begleiten,3) – die 9 Musen des griechischen Apollo. Ebenso können die 72 Genossen des Typhon, welche den Osiris erschlagen, auf die 36 Decane und 72 Halbdecane der Sonnenbahn bezogen werden, in welchen Osiris, die Sonne ihre letzte Kraft verliert und stirbt. Verwandt hiermit ist, dass nach Diodor I. 22 das Grabmal des Osiris auf der Insel Philae mit 360 Giessgefässen, den 360 Graden der Sonnenbahn umgeben war. – In den hier berührten Kreis der der Hirammythe zu Grunde liegenden Ideen möchte es auch zu ziehen sein, dass zu Lethra in Dänemark alle 9 Jahre einmal 99 Menschen und eben so viele Pferde, Hunde und Habichte oder Hähne geopfert wurden, ohne Zweifel nicht, wie Menzel mit Andern, namentlich auch mit Furtwängler (Idee des Todes, S. 37), meint, dem Odhin, sondern dem Sonnengotte Tyr. Es war dieses Opfer ursprünglich gewiss ein jährliches Todtenopfer, welches dem nach 9 Monaten versterbenden Sonnengotte dargebracht wurde. Auch zu Upsala in Schweden wurden alle 9 Jahre einmal von jeder Gattung Thiere und von Menschen je 9 männliche Individuen geopfert.4) Nach der Ynglingasage, 29 soll der schwedische König Ani nach und nach 14 Söhne dem Odhin geopfert haben.

[120]

Die Brynhildur der Nibelungensage, die verborgene oder schlafende Sonne hat acht Schwestern1) und wird von dem Sonnenhelden Sigurt aus dem Schlafe erlöset, indem er den Nibelungenhort, die vergrabene Sonne, das Licht bringt. – Nach der jüngern Edda, 49 reiten die Todten über 9 Ströme in das Reich der Hel, in die Hölle oder in das Todtenreich, bis sie über die Giallarbrücke kommen. Das Pferd, welches mit dem alten Deutschen begraben wurde, hatte ausdrücklich die Bestimmung, ihn auf diesem Ritt in das Todtenreich zu tragen. – 9 Nächte brauchte Hermodur, um zur Unterwelt zu reiten; 9 Wellenmädchen haben den Heimdal geboren; 9 Nächte hing Odhin an der Weltesche, als deren Frucht er gedacht ist. – Die Grossmutter oder Ahne des Riesen Hymir hat 9 Mal hundert Häupter und ebenso die daraus in den deutschen Sagen gebildete Grossmutter des Teufels.2) Nach russischem Volksglauben sind es 9 Schwestern, welche die Menschen mit Krankheiten plagen; ein finnisches Lied lässt von einer alten Frau 9 als Knaben gedachte Krankheiten geboren werden. So wird in einer alth. Formel der Nesso mit seinen 9 Jungen beschworen. Diesen 9 Uebeln, die den 9 heilkundigen Mädchen zu Mengladens (der Göttin der Heilkunst) Füssen entsprechen, stehen Heilmittel gegenüber, die aus neunerlei Theilen bestehen; gewöhnlich müssen sie aber erbettelt oder gar gestohlen sein. So werden nennerlei Blumen zum Kranze gewunden; zur Krautweihe gehören am Niederrhein neunerlei Kräuter, neunerlei Holz zum Nothfeuer, welches letztere 81 der kräftigsten Jünglinge in einem mit 9 Speichen versehenen Rade durch schnelle Drehung eines Bohrers entzündeten oder gewannen 3) und dem auch heilende Kraft zugetrauet wurde. 9 gestohlene Webknoten werden erwähnt, 9 gesponnene Fäden; zum Liebeskuchen spart man neunerlei Teig; noch jetzt wird bei Krankheiten auf den neunten. Tag als den vermuthlichen oder möglichen Todestag geachtet. Die neunerlei Heilmittel stehen im Zusammenhange, [121] mit den 9fachen Opfern.1) – Bei den Feralien oder Parentalien der Römer, weil sie namentlich zu Ehren der gestorbenen Eltern gefeiert wurden, legte eine alte, Frau drei Körner Weihrauch. welche sie mit 3 Fingern ergriffen, in ein jedes (d. h. wohl drei) Mausloch unter der Schwelle, während sie sieben Bohnen im Münde hin und her bewegte; den übern Göttern der Römer sind drei Altäre geweiht, um welche die Opferthiere 3 Mal herumgeführt wurden. – Bei den Chinesen auf Java werfen die 3 ältesten Söhne des Verstorbenen je 3 Schaufeln Erde auf den Sarg,2) ähnlich wie der katholische Priester unter Anrufung der drei göttlichen Personen noch heute die ersten 3 Schaufeln Erde auf den Sarg des zu Beerdigenden wirft. Drei Hände Erde gaben nach der Ansicht der Römer dem unbestatteten Leichnam Ruhe im Schosse der Erde. In den maurerischen Trauerlogen sind diese 3 Schaufeln Erde die Blumen, welche in 3 Zügen auf den Sarg des oder der Verstorbenen niedergelegt werden. – Endlich leuchten die 3 Mal 3 auch hervor, dass nach der deutschen Mythologie die Weltesche Yggdrasil durch 3, Wurzeln aufrecht erhalten wird, die sich weit ausdehnen und von denen die eine zu den Menschen, die andere zu den [Heimthursen] oder Riesen, d. i. zu der Unterwelt, die dritte nach Niftheim, d. i. Quelle des Urstofs, reicht; bei jeder der 3 Wurzeln des Weltbaumes liegt ein Brunnen und bei dem ersten Brunnen oder Urds-Brunnen, bei dem die Götter ihre Gerichtsstätte haben, haben die 3 Nornen oder Schicksals- und Zeitgöttinnen Urd, Werdandi und Skuld, – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ihren Aufenthalt.3) Diese 3 Zeitgöttinnen rufen zugleich den allgemeinen, auch maurerischen Satz in Erinnerung, dass der Schritt der Zeit ein dreifacher sei: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, oder Entstehen, Bestehen und Vergehen. Die 3 Maurergrade des Lehrlings, des Gesellen und Meisters sollen in ihrer tiefern Bedeutung nur [122] das Entstehen, Bestehen und Vergehen, – die Geburt, das Leben und den Tod symbolisiren und sind insofern nichts Willkürliches, sondern eine logische Nothwendigkeit.

Um nun das eigenthümliche und taktvolle maurerische Händeklatschen in seinem wahrscheinlichen Ursprunge zu erkennen, muss erforscht werden, in welchem Lande es als ein so regelmässiges habe entstehen können und dazu in den Tempel- und Gottesdienst eingefügt, ein heiliges gewesen sei. Auf die diesfällige Frage dürfte mit grosser geschichtlicher Zuverlässigkeit geantwortet werden, dass das maurerische, das regelmässige oder taktvolle religiöse Händeklatschen in Aegypten, in dem Lande der Regelmässigkeit und der Steinbauten, entstanden und von den ägyptischen Priestern und Baumeistern mit der Baukunst und vielen sonstigen baukünstlerischen Begriffen, Symbolen und Gebräuchen den Phöniciern, Griechen und Römern und durch sie wieder den Bauleuten und Steinmetzen des Mittelalters überliefert worden sei. Das regelmässige oder taktvolle Händeklatschen ist in Aegypten, z. B. beim Rudern der Schiffe den Nil hinauf und besonders über dessen Katarakte, bei den Tänzen und Gesängen der öffentlich tanzenden und singenden Mädchen, noch heute eine allgemeine Volkssitte, dass wohl vermuthet werden dürfte, es sei hierin ein Ueberrest einer uralten, durch die Jahrtausende fortgepflanzten Volkssitte erhalten, wenn dieses auch nicht die erhaltenen alten Denkmale durch ihm Abbildungen und Darstellungen beweisen würden. Auf noch erhaltenen Bildern zu Theben wird z. B. zu dem Arbeitsgesang mit den. Händen der Takt geschlagen.1) Es ist sehr wahrscheinlich, dass einstens bei der Aufführung der ägyptischen Riesenbauten, besonders der Pyramiden, und bei dem Brechen und Transporte der dazu gebrauchten Steinkolosse das regelmässige Händeklatschen angewandt worden sei, um die übereinstimmende und gleichzeitige Bewegung und Wirkung der Menschenkräfte zu erzielen. Das Räthsel, wie die Aegypter bei ihren geringen mechanischen Hülfsmitteln so ungeheure Steinlasten haben fortbringen und aufrichten können, würde [123] sich auf diese Weise wenigstens einiger Massen lösen. Der dreifache Maurerschlag erscheint in dieser Beziehung als ein höchst durchdachter und praktischer, indem offenbar die beiden ersten Schläge des dreifachen Schlages erst die Aufmerksamkeit wecken und auf die Haupthandlung, welche mit dem dritten Schlage erfolgen soll und muss, vorbereiten. Diese Bedeutung des dreifachen Maurerschlages ist besonders erkennbar aus der Art und Weise, auf welche noch dermalen in den Logen des rectificirten schottischen Systems die Ertheilung des vollen Lichtes erfolgt; auf den dritten Schlag und mit ihm soll die verhüllende Binde fallen und es Licht werden. Auch auf ninivitischen Bildern geben die commandirenden Officiere, ganz wie in Aegypten, durch Händeklatschen oder durch ein Sprachrohr ihre Zeichen den Arbeitern.1) Ebenso wird auf andern zu Ninive ausgegrabenen assyrischen Bildwerken der heimkehrende König von dem Volke mit Händeklatschen empfangen.2) Es. ist nicht ganz unmöglich, dass die Babylonier und Assyrier dieses Händeklatschen als ein Leitungsmittel der Arbeiter und der Arbeiten von den Aegyptern erhalten und angenommen haben, obwohl es doch die grössten Bedenken hat, mit Braun, a. a. O., I. S. 181 ff. und S. 151 ff., die ganze babylonisch-assyrische Kultur und Architektur aus Aegypten abzuleiten, denn beide Kulturen und Architekturen möchten wenigstens viel eher selbstständig neben einander entstanden sein.

An das ägyptische taktvolle oder rythmische Händeklatschen schloss sich zugleich bei den ägyptischen Heeren die Trommel zur Begleitung des gleichmässigen taktvollen Marsches. 3)

Die tanzenden Sklavinnen schlagen gleichfalls nach Wilkinson auf altägyptischen Denkmalen mit den Händen den Takt dazu. Oft auch tanzt ein Mann allein und die Frauen schlagen mit den Händen den Takt dazu. Namentlich kommt dieses Händeklatschen auch auf einer Darstellung in Beni Hassan vor, welche 3000 Jahre alt ist. Auf andern [124] Bildern gibt der Tanzmeister durch Händeklatschen den Takt an, commandirt gleich den ägyptischen und ninivitischen Officieren durch den Händeschlag oder wie der Maurermeister durch den Maurerschlag. 1)

Höchst dürftig sind die Nachrichten über den Gebrauch des Händeklatschens in dem ägyptischen Gottesdienste und Alles beschränkt sich auf folgende kurze Mittheilung des Herodot über die Festfeier der zu Bubastis am pelusischen Nilarme verehrten Göttin Pacht: Zum Feste der Pacht schiffen die Männer und Weiber aus dem ganzen Lande nach Bubastis (d. i. wahrscheinlich Haus oder Wohnung der Pacht), auf allen Booten ertönt Flötenmusik, einige Weiber haben Klappern und klappern damit, die übrigen Männer und Weiber schlagen in die Hände und singen dazu.“2) – Diese Nachricht des Herodot ist wohl so zu verstehen, dass die zum Feste Fahrenden, ähnlich wie noch heute unsere Wallfahrer, auf dem Wege religiöse Gesänge gesungen und dieselben mit Händeklatschen begleitet haben. Jedenfalls kann es kein gewöhnliches Händeklatschen gewesen sein, es muss zur Festfeier gehört und somit eine religiöse Bedeutung gehabt haben, indem es sonst Herodot in seinem Berichte über die Festfeier nicht erwähnt haben würde und der Aufzeichnung- und Erwähnung werth gehalten gehalten hätte. Das taktvolle, religiöse gemeinsame Händeklatschen lässt sich einiger Massen mit einem religiösen Gessange oder auch Tanze vergleichen und war die Begleitung desselben. Die maurerischen Tafellogen möchten ähnlich mit heiligen Gastmahlen, mit Opfermahlen zusammenhängen. Das funde merum genio (spende oder opfere dem Genius Wein) des sog. ältesten englischen Lehrlingsfragstückes3) deutet jedenfalls auf ein dem Genius, dem guten. Geiste dargebrachtes Trankopfer hin.

Dass das Händeklatschen mit dem ägyptischen Gottesdienste verbunden oder darin ein geheiligtes, ein Zeichen der Gottesverehrung und der göttlichen Freude gewesen sei, davon sind einige Spuren in den Schriften des alten [125] Testamentes enthalten, wenn vorausgesetzt werden darf, die Juden haben während ihres langen Aufenthaltes in Unter-Aegypten sich diese religiöse ägyptische Sitte mit vielen Andern angeeignet. Jesaia 55, 12 wird nämlich gesagt, dass über die aus der babylonischen Gefangenschaft nach Jerusalem zurückkehrenden Israeliten jubelnd „alle Bäume des Feldes in Händeklatschen“ ausbrechen sollen. Psalm 47 beginnt mit den Worten:

„Ihr Völker alle, klatscht in die Hände,
Jauchzt zu Gott mit Jubelschalle!“

Psalm 98 schliesst also:

„Es brause das Meer, und was es erfüllt,
Die Welt, und was darauf wohnet.
Die Ströme klatschen in die Hände,
Es jubeln die Berze allzumal
Vor Jehovah; denn er karn, um die Erde zu richten;
Er richtet die Welt in Gerechtigkeit
Und die Völker in seiner Treue.“

Auch der Umstand, dass Herodot in seinem Berichte über das Fest der Pacht zu Bubastis neben dem Händeklatschen das Klappern erwähnt, berechtigt, das Händeklatschen für ein religiöses oder heiliges zu erklären, wie dieses erwiesener Massen das Klappern gewesen ist. Mit den bekannten ägyptischen Sistern, welche auf den ägyptischen Denkmalen unendlich oft erscheinen, klapperte man nämlich besonders in der Zeit unmittelbar vor der Wiederauffindung des verstorbenen und vermissten Osiris, in welcher es darauf ankam, den feindlichen Typhon zu verscheuchen und fern zu halten. Sobald Osiris wieder gefunden, wieder erstanden war, war auch Typhons Reich und Macht zu Ende und das Klappern hörte auf.1) Noch bis auf den heutigen Tag ist dieses ägyptische Klappern in den katholischen Ländern Deutschlands, besonders auch auf dem linken Rheinufer, in der heiligen Osterzeit gebräuchlich, ohne dass man freilich den Ursprung und die Bedeutung dieses Gebrauches kennt. Sobald nämlich Christus am hohen Donnerstage verstorben ist, müssen die Kirchenglocken verstummen und es darf nicht mehr ge- [126] läutet werden. Während dieser Zeit nun des Todes des Herrn werden die Gläubigen durch 3maliges Klappern mit hölzernen Klappern oft durch ganze Schaaren von Knaben zur Kirche und zum Gottesdienste berufen; ist aber Christus von dem Tode wieder auferstanden, dann hört das Klappern auf und es ertönen die Glocken wieder. Wenn nun in solchen geschichtlichen Zügen und Sitten der Zusammenhang unserer Gegenwart mit Aegypten nachgewiesen zu werden vermag, wird es doch auch nicht als eine geschichtliche Vermessenheit und Unwahrheit erscheinen, dass die Freimaurerei mit dem ägyptischen Priesterthum und mit der ägyptischen Baukunst zusamrnenhänge.


XII.
Der 24zöllige Massstab.


Nach dem ältesten englischen Lehrlingsfragstücke stellt der 24zöllige Massstab die 24 Stunden des Tages vor,1) worin angedeutet und ausgesprochen ist, wie wichtig für jenes Volk, bei welchem die Baukunst, die Kunst der Steinmetzen, die Freimaurerei entstanden ist, diese Zeiteintheilung gewesen sei. Der 24zöllige Massstab als das Svmbol der 24 Stunden des Tages berechtigt sogar zu der Annahme, dass die mittelalterlichen Steinmetzen das Symbol aus jenem Lande empfangen haben, welchem die Eintheilung des Tages in 24 Stunden ursprünglich mit angehört. Wir wissen nun mit Bestimmtheit, dass schon die alten Aegypter wie das Jahr von 365 Tagen so auch die Eintheilung des Tages in 24 Stunden kannten, welche letztern sie mit Sonnenaufgang zu zählen begannen, wenn nicht, wie Plinius vereinzelt angibt, von Mitternacht an.2) Es ist nicht blos möglich, sondern selbst sehr wahrscheinlich, dass die Aegypter die Eintheilung des Tages in 24 Stun- [127] den und des Jahres in 365 Tage von den arischen Chaldäern, den ältesten Astronomen der Erde, empfangen und angenommen hatten, aber dennoch ist es wohl Aegypten, welches diese Zeiteintheilung dem Abendlande, – den Griechen und Römern und durch sie den Germanen überbracht hat. Hiezu stimmt auch, dass die griechischen drei oder vier Horen, die Göttinnen der drei oder vier Jahreszeiten,1) und das lateinische hora die Stunde, wohl von dem ägyptischen Horus, dem jungen Sonnengotte, dem griechischen Apollo abstammen und mit ihm von der gleichen Wurzel abzuleiten sind. Horus, ägyptisch Hr, ist wörtlich der Aufgehende von HAR, erscheinen, der Tag, womit auch das hebräische und phönicische Ar, Er, das Feuer, und Or, Ur, das Licht zusammenhängen.2) Die griechischen Horen und das lateinische hora sind also das anbrechende Licht und die anbrechende Zeit des Jahres und des Tages, die anfangende Zeit des Jahres und des Tages, die mit dem Lichte beginnende Zeit. Dass die maurerische Zeiteintheilung des Tages in 24 Stunden, welche durch den 24zölligen Massstab symbolisirt wird, ägyptischen Ursprunges sei, beweiset auch der Umstand, dass die Maurer, ähnlich wie die Aegypter, das Jahr mit der Sonnenwende enden und anfangen. Die Aegypter fingen das Jahr in den Hundstagen nach der Zeit der Sommersonnenwende mit dem Frühaufgange, Hiliakalaufgange des Hundssternes oder des Sirius, der ägyptischen Sothis, des Sternes der Isis an und diesen Jahresanfang um die Zeit der Sonnenwende, in den Hundstagen haben von den Aegyptern die Jonier und besonders die Athener angenommen und mit ihm sich zugleich einen Apollo Kynnios d. i. den Apollo der Siriuszeit, des Hundssternes geschaffen.3) Der ungewöhnliche maurerische Jahresanfang mit der Sommersonnenwende kann schlechterdings nur aus Aegypten erklärt und abgeleitet werden und der maurerische Johannes der Täufer erscheint dem griechischen Apollo Kynnios verwandt. Das maurerische Johannes- und Rosenfest wäre wesentlich dar- [128] nach ein solarisches , das Fest des Apollo Kynnios und schliesst sich innig an an die einst gleichzeitig zu Sparta und Amyklae neun Tage lang und mit grossen Feierlichkeiten gefeierten Hyakinthien.1) Das Fest der Rose und das Fest der Hyakinthe, Johannes der Täufer und Hyakinthos 2) haben die gleiche symbolische Bedeutung der hinwelkenden und vergehenden Zeit, des im reichsten Blüthen- und Blumenleben beginnenden Todes, – des der sommerlichen Gluthhitze unterliegenden herrlichen Frühlingslebens. Vielleicht sind auch unter den so dunkelen und räthselhaften vier gekrönten Märtyrern vier Jahreszeitgötter, die griechischen vier Horen, verborgen d. h. symbolisiren die vier Quadranten der Sonnenbahn, wie die vier Evangelisten, die vier Jünger Mahomeds und die vier Begleiter oder Genien des Osiris. So laufen auch um die germanische Weltesche Yggdrasil beständig vier Hirsche und beissen die Knospen ab; Menzel, Odin, S. 112, deutet diese vier Hirsche auf die vier Jahreszeiten und überhaupt auf die dahineilende Zeit. Vier schmiedende Zwerge verfertigen den Gürtel oder Halsschmuck der Freyja, das Blüthekleid der Erde, und ebenso erscheinen in der nordischen Mythologie die Winde der vier Weltgegenden als vier Zwerge.3) Aus dem Euter der germanischen Weltkuh Audhumla (nasser Reichthum) flossen vier Milchströme, aus dem der Riese Ymir sich nährte.4) Das Leibross Odhins, der Sleipnir hat zweimal vier oder acht Füsse.5) Vier Hündinnen ziehen den Wagen der deutschen Wolkengöttin Holda oder Gôde, Gauden, der weiblichen Form von Wôdan, der Himmelsgöttin Frîja und in der Priegnitz erzählt man, Frau Gauden sei eine leidenschaftliche Jägerin ,gewesen, die mit ihren 24 schönen Töchtern selbst am heiligen Sonntag dem Weidwerk obgelegen. 6) Diese 24 [129] schönen Töchter der Frau Gauden sind dem maurerischen 24zölligen Massstabe, den 24 Stunden des Tages zu vergleichen. Auf Abbildungen, welche Gerhard, Lichtgottheiten, Taf. III, Nr. 3, gegeben hat, fahren Helios und Selene, die Sonne und der Mond, auf einem Viergespann. Auch der römische Mars fährt auf einem Viergespann.Auch dem Sonnentempel zu Emesa in Syrien brachte der Kaiser Heligiobalus das Götterbild, einen schwarzen, mit kostbaren Steinen gefassten Stein; beim Einzug zu Rom hielt der Kaiser selbst die Zügel des von vier weissen Rossen gezogenen Wagens.1) Die zu Ninive ausgegrabenen geflügelten Stiere und geflügelten Löwen, welche paarweise vor den Thoren und bei den Eingängen standen, tragen oft Tiaren, aus welchen vier Stierhörner herauswachsen, wie dort auch ein bärtiger schreitender Gott mit vier Stierhörnern erscheint.2) Auf einem noch stehenden Pfeiler zu Pasargadä ist Cyrus abgebildet mit vier Flügeln, wovon zwei erhoben und zwei gesenkt.3) An seinem Kopfputz sind vier lange Widderhörner angebracht, was Braun für ägyptisch hält. Auch zu Ninive im Palaste zu Chorsabad sind solche viergeflügelte menschliche Figuren, und zwar mit zwei erhobenen und zwei gesenkten Flügeln, durch den französischen Consul Botta aufgefunden worden.4) – Der assyrischen Mylitta werden vier Tauben als ihr Symbol beigegeben.5) Im Athenäus (XII, cap. 8) wird der goldene Thron, worauf der Perserkönig Gericht hielt, beschrieben; ihn umstanden vier goldene mit Edelsteinen besetzte Säulen, über welchen ein buntgestickter Baldachin ausgespannt war. Am Demeterfeste der Chthonien zu Hermione wurden hinter dem Festzuge vier Kühe geführt, zwar gebunden, aber wild und gegen die Bande sich sträubend; vor dem Tempel wurden diese vier Kühe, eine nach der [130] anderen losgelassen und darinnen von vier alten Frauen mit Sicheln getödtet. Viele weitere Beispiele der Vierzahl in dem hier berührten Sinne sind mitgetheilt in der Alpina für 1860, S. 213 ff.

In dem ältesten englischen Lehrlingsfragestücke antwortet der Aufzunehmende auf die Frage des Meisters vom Stuhl, wie er die 24 Stunden des Tages eintheile, wörtlich:

„In Sechs Stunden zur Arbeit, – sechs Stunden, um Gott zu dienen, – sechs, um einem Freunde oder Bruder zu dienen, soweit es in meinen Kräften steht, und ohne mir selbst oder meiner Familie nachtheilig zu sein, - und sechs Stunden zum Schlafe.“

Das Auffallendste in dieser Antwort ist die darin enthaltene Viertheilung der Tageszeit, wodurch die hohe Alterthümlichkeit, der Anschluss des Svmbols des 24zölligen Massstabes an eine uralte mythologische Anschauungsweise beurkundet wird. Durch diese Viertheilung der Tageszeit tritt der 24zöllige Massstab in unmittelbare Berührung mit den vier Quadranten des Thierkreises und den vier Zeiten des Jahres, mit den vier gekrönten Märtyrern und mit den vier griechischen Horen u. s. w. Die Eintheilung des Tages ist nur die Eintheilung des Jahres, zumal es eigentlich auch nur zwölf Stunden des Tages und der Nacht gibt, wie zwölf Thierzeichen und wie die Aegypter wirklich auch zwölf Stunden des Tages und der Nacht hatten.1) Deshalb spielen auch die Zahlen 4, 8, 12 und 24 und selbst 7 beständig in einander über, und reihen sich in gewissem Sinne der 24zöllige Massstab, das Symbol der 24 Stunden des Tages, an die zwölf Gesellen des Hiram, die zwölf Zeichen des Thierkreises oder zwölf Abtheilungen desselben, die zwölf Monate des Jahres und die zwölf Stunden des Tages und der Nacht. So erscheinen neben den 24 schönen Töchtern der Frau Glaude auch z. B. in Grimm’s altdänischen Heldenliedern S. 227 ff. ein Herr von Thule mit zwölf Söhnen, – ebenso ein Herr Tyge Nold mit zwölf Söhnen, ferner zwölf Spinnerinnen oder Zauberinnen.

[131]

Ein Däne erhält als eine Gunst von einer Elbe die Starke, aber auch den Durst von zwölf Männern.1) – In einer norwegischen.Sage erscheint ein Reiter, dessen Pferd in zwölf Schritten eine Meile d. i. die Sonnenbahn zurück legt.2) – Nach der deutschen Mythologie flossen aus dem Hvergelmir die zwölf Ströme Elivagar (stürmische oder kalte Wogen) – in den leeren Weltraum. 3) Zufolge derselben Mythologie enthielt Glasheim oder die glänzende Himmelswohnung zwölf Stühle für die zwölf Asen und oben an Odhins Hochsitz, neben welchem eben die zwölf Asen bestehen4) und die eigentlich nur der in zwölf Personen auseinander gegangene Odhin sind. Ebenso stehen unter Odhins Gemahlin Frigg zwölf Asinnen. In dem deutschen Mährchen vom Dornröschen sind zwölf Feen gnädig und erst die dreizehnte ungnädig.5) In der alten Harzburg hausen zwölf Katzen.6) In Trautberg in der Pfalz sitzt Karl der Grosse mit zwölf Helden.7) In Ziehnert, Sachsens Volkssagen III, 167, wird in einer wüsten Kirche bei Reichenau ein Weinkeller mit zwölf Fässern erwähnt; eben ein solcher Keller bei Trigtis in Sachsen. – In dem bekannten Gedichte vom grossen Rosengarten im deutschen Heldenbuche heisst es, König Gibich habe bei Worms in diesem Garten seine schöne Tochter Chrimbild von zwölf Helden hüten lassen, unter denen Sifrit vorragte.8) Zwölf Nürnberger Meister singen mit einander im flammenden Rosengarten.9) Nach Baader, badische Sagen Nro. 67, sitzen zwölf Männer bei einer goldenen Kanne auf dem Schloss Hochberg. Auf’ dem alten Schloss Windek musste einmal ein Jäger einer Gesellschaft von zwölf Rittern und Damen zum Tanze spielen.10 In einem hessischen Mährchen fährt ein junger Gesell mit zwölf Jungfrauen auf einem Schiffe bei Nacht [132] in das Zauberreich, wo die Mädchen mit zwölf Königssöhnen ihre Schuhe durchtanzen. Nach Menzel, Odin, S. 176 könnten sich die Zwölfzahl und die durchtanzten Schuhe hier auf die im alten Jahre abgelaufenen Monate beziehen. Gemäss der Welfensage stammen die zwölf vornehmsten Geschlechter Schwabens von zwölf Welfen, Wölfen d. i. wohl von zwölf Asen ab. Uebrigens kommen die Welfen auch in der Siebenzahl vor, gleich den sieben Stammvätern der angelsächsischen Könige. Die Friesen in den sieben Seelanden hatten zwölf Asegen (Richter). Auch der britische Arthur hat eine Tafelrunde von zwölf Personen. Nach einer Sage sah ein Handwerksbursche im Teufelswalde bei Augsburg, worin er sich verirrt hatte, einen dämonischen Jäger mit zwölf Hunden.1) Bei Müllenhof, holsteinische Sagen Nro. 500, heisst es, zu Weihnachten ziehe der Wode, ein Jäger, auf hohem weissem Rosse mit einem Jäger zu Fuss und 24 Hunden durch das Land und jage die Unterirdischen, wie schon angeführt ist, dass in der Sage von dem wilden Heere oder Jagd den Wagen der Frau Gaude 24 Hündinnen, ihre verwandelten Töchter, umklaffen.2) – Auch die Amerikaner hatten Zwölfgöttersysteme.3) Sonstige Beispiele der Zwölfzahl sind in der Alpina für 1859, S. 133 ff. und für 1860, S. 242 ff. zu finden.

Dass mit der zwölften Stunde der Tag und die Nacht, mit dem zwölften Monate das Jahr ablaufen, ist aus den Antworten ersichtlich, welche auf die Frage, warum eilf Mitglieder eine Loge bilden oder machen sollen, der neu aufgenommene Lehrling oder Maurer nach dem ältesten englischen Lehrlingsfragestücke ertheilt 4)

‘„Es waren eilf Patriarchen, als Joseph nach Aegypten verkauft und für verloren geachtet wurde.“’

Meister vom Stuhl: „Der zweite Grund, Bruder?“

‘„Es waren nur eilf Apostel, als Judas Christum verrathen hatte.“’
[133]

Die drei ungetreuen Gesellen des Hiram, die drei Winter- oder Todesmonate, welche den Hiram erschlagen, – die eilf Brüder, welche den zwölften, Joseph, nach Aegypten verkaufen, – Judas , welcher den Herrn verräth und um 30 Silberlinge (die dreissig Tage eines Monats) verkauft, stehen sich also ganz gleich und sind nur verschiedene Ausdrücke und Gestaltungen eines und desselben mythologischen Gedankens, des Todes und des ihm vorausgehenden Leidens des Sonnengottes; ebenso bezeichnen das verlorene und wiedergefundene Meisterwort, der wiedererstehende Hiram mit der an oder vielmehr aus seinem Grabe erblühenden Akazie, – der unbekannt wiedergefundene und reichlich gebende Joseph und der aus dem Grabe wiedererstehende Christus nur die ewige Verjüngung der Sonnen- und Naturkraft und die Unsterblichkeit der Gottheit und der Menschheit, die Ewigkeit und Unzerstörbarkeit des göttlich-menschlichen Geistes, der himmlischen Kraft und Stärke. Nunmehr liegt auch der tiefere und wahre mythologische Grund klar, weshalb nach Antwort 69 des mehr angeführten englischen Lehrlingsfragstückes eilf Mitglieder eine Loge ausmachen; diese eilf Mitglieder sind die eilf Monate, während welcher die Sonne lebt und zuletzt oder im zwölften Monate gänzlich erstirbt, – es sind die eilf Brüder, welche den Joseph verrathen und verkaufen , – es sind die eilf getreuen Jünger Jesus oder die neun getreuen Gesellen des Hiram und die neun Thränen seiner Mutter. Thränen und Leben, Verrath und Treue, Tod und Wiedererstehen, das Grab und die Wiege, das verlorene und wiedergefundene Wort, der zerstörte und wiederhergestellte salomonische Tempel, das irdische und himmlische Jerusalem, Johannes und Christus, die sterbende rothe Rose- und die ewige weisse Rose, der Abend- und der Morgenstern, die aufgehende Sonne und der untergehende Mond bezeichnen zuletzt nur dieselbe Sache, – das ewige Licht, für welches es kein bleibendes Grab und keine unüberwindliche Dunkelheit gibt, – den triumphirenden Sieg des Geistes und des Lebens über das Irdische und über den Tod.

In dem Satze des ältesten englischen Lehrlingsfragestückes, dass drei, fünf, sieben oder eilf Brüder eine Loge [134] machen, ist nach tieferer Betrachtung der ganze ägyptische Glaubenskreis, die mythologische Grundanschauung des gesammten Alterthums von einer obersten Götterdreiheit oder einem dreieinigen Gotte, von den sieben Planetengottheiten oder den sieben schöpferischen Grundkräften der Welt und von den zwölf Göttern des Thierkreises oder dem die zwölf Zodiakalzeichen im ewigen Wechsel zwischen Tod und Leben durchlaufenden Sonnengotte enthalten und mit Bestimmtheit hindurchleuchtend. Alle weitere sich auf jenen Satz beziehenden Antworten und Erklärungen des Lehrlingsfragestückes werden nur verständlich und begreiflich, wenn dabei die alte Mythologie, der uralte Glauben der Aegypter und Phönicier, der Babylonier und Assyrer, sowie des Zendvolkes oder der Baktrer, Meder und Perser zu Grunde gelegt und jene daraus abgeleitet werden. In der Antwort auf die Frage, weshalb Drei eine Loge bilden:

‘„Weil drei grosse Maurer die Welt und so auch dies edle Werk der Architektur, den Menschen, erbauet haben, welche in ihren Verhältnissen so vollkommen sind, dass die Alten ihrer Baukunst dieselben Regeln zu Grunde legten.“’

wird der dreieinige Gott, als der allmächtige Baumeister, Bildner und Schöpfer der Welt, der Götter und der Menschen, – die Harmonie, die ewige Ordnung und Weisheit als das Gesetz der Welt und der Menschheit ganz in derselben Weise ausgesprochen, wie in dem Eingange des alten maurerischen Aufnahmegebetes.1) und nur aus diesem ägyptischen und architektonischen Gottesbegriffe ist die Dreizahl (mit dem Dreiecke) als die den Maurern heiligste, als die Zahl der Zahlen, hervorgegangen. Die Dreizahl ist die Zahl des Schöpfers und die Fünf, Sieben und Zwölf sind die Zahlen der Schöpfung, der geschaffenen Welt, welche von der Dreizahl zugleich erleuchtet und getragen wird. Die drei Lichter und die drei Pfeiler oder Säulen der Loge oder der Welt sind der dreieinige allmächtige Baumeister, welcher die Welt und die Menschen [135] erbauet und geschaffen hat und regiert. Der Bau der Welt und der Menschheit sind der göttliche oder salomonische Tempel, den die Gottheit sich selber bauet, so dass mit Recht in Antwort 71 des englischen Lehrlingsfragestückes als der zweite Grund, weshalb Drei eine Loge machen, angegeben wird, weil drei grosse Maurer beim Bau des salomonischen Tempels gewesen seien. Wie der schaffende, der in die Welt eingehende Gott die sieben Planetenwelten schafft, gehen aus dem göttlichen Geiste in dem Menschen die sieben Wissenschaften, alles menschliche Wissen und Können hervor und nach den sieben Wissenschaften des mit fünf Sinnen begabten Menschen machen auch Fünf und Sieben eine Loge.

Nach allem Gesagten ist nun gewiss die obige Behauptung vollkommen gerechtfertigt, dass der maurerische 24zöllige Massstab ägyptischen Ursprunges und mit der Baukunst überhaupt besonders durch die Phönicier und Griechen aus Aegypten nach dem Abendlande gebracht worden sei. Dieser 24zöllige Massstab ist nämlich nichts Anderes als die gemeine oder kleine ägyptische Elle von 24 Zoll oder von zwei Fuss zu je 12 Zoll, wogegen die heilige oder königliche Elle 28 Zoll enthielt, wie von solchen heiligen altägyptischen Ellen noch mehrere Exemplare aufgefunden worden sind und in den europäischen Museen, z. B. zu Turin, Paris und Leyden, aufbewahrt werden.1) Der 24zöllige Massstab war also das gewöhnliche ägyptische Längenmass und diesen Massstab, diese Elle hatten von den Aegyptern besonders auch die Juden angenommen, weshalb die Masse des salomonischen Tempels in den Schriften des alten Testamentes nach Ellen bestimmt und angegeben werden.2) Die gesetzlich fixirte althebräische Elle mass 24 Finger oder sechs Palmen von je vier Fingern. Dass der 24zöllige Massstab auch bei den Maurern nur das gewöhnliche Längenmass gewesen sei, ergibt die Antwort 54 des alten englischen Lehrlingsfragestückes, indem darin ausdrücklich gesagt wird, dass der [136] 24zöllige Masestab gebraucht werde, um das Werk abzumessen.

Bei den Aegyptern scheint der 24zöllige Massstab oder eine damit verwandte Schnur selbst ein Attribut des Osiris als des Todtenrichters gewesen zu sein, denn im Todtenbuche I. 16 spricht Osiris von sich. „Ich halte die Messschnur für Den, welcher nach Gerechtigkeit strebt, und eine Messschnur für Den, welcher unter die Sünde den Nacken beugt und spottet der Gesetze, die ich gemacht habe.“1) Daran schliesst es sich, dass Thot-Hermes, so oft er im Todtenbuche genannt wird, der Messer und Wäger (der menschlichen Handlungen)“ heisst. In den Darstellungen des durch Osiris über den Verstorbenen abgehaltenen Gerichtes steht Thot stets neben der Wage, auf welcher die Seele, die guten und die schlechten Thaten des Verstorbenen abgewogen werden, und zeichnet das Ergebniss der Abwägung auf, weshalb er auch der „Schreiber der Menschen“ im Todtenbuche heisst.Note: Uhlemann, a. a. O., S. 148.


XIII.
Der Hammer.


Dass die in einem Dreieck stehenden, in der Dreizahl schlagenden und redenden drei hammerführenden Beamten, bei den Maurern ursprünglich eine symbolische Beziehung auf eine Götterdreiheit, auf den dreigetheilten oder dreieinigen Gott hatten und dadurch als sehr alten, als ägyptischen Ursprunges sich darstellen, wird wohl kaum bestritten werden können und wollen. Deshalb und nur deshalb symbolisiren auch der Meister vom Stuhl und die beiden ersten Vorsteher die drei Pfeiler der Weisheit, Stärke und Schönheit, – des Guten, Wahren und Schö- [137] nen, welche die Loge und die Welt tragen und erhalten; auch hierin erscheinen also die drei ersten Vorsteher als das Symbol der dreifachen oder dreigetheilten Gottheit oder göttlichen Idee, des göttlichen Gedankens und Wesens. Weiter symbolisiren die drei maurerischen Vorsteher den dreifachen Schritt der Zeit als Entstehen, Bestehen und Vergehen, - und stehen deshalb im Osten und Westen beziehungsweise auf der Mittags- und Mitternachtsseite gegenüber der aufgehenden Sonne und dem untergehenden Monde. Von selbst nehmen dadurch die drei ersten Vorsteher auch die Bedeutung der drei Lichter des Meisters, der Sonne und des Mondes an d. h. sind das Symbol des Gottes, welcher Sonne, Mond und das ganze Heer der Sterne geschaffen und regiert. Mit diesen drei maurerischen Lichtern treten sofort die eleusinischen Mysterien in Berührung und Verwandtschaft, indem darin nach des Porphyrius Angabe der Hierophant durch seine Tracht d. h. durch seine Attribute oder Insignien als der Demiurgos, als der Weltschöpfer und Weltbaumeister, als der grosse und allmächtige Meister, – der Daduch oder Fackelträger als Helios, als der Sonnengott Horus und Apollo - und der Epibomios oder Altarist1) als Selene, Helene d. i. die Fackel (des Mondes), der Mond2) erscheinen. Auch möchte hier die Thronhalle in dem von dem singhalesischen Könige Dushtagâmani erbauten berühmten Klostergebäude Lohaprâsâda wegen ihrer auffallenden Uebereinstimmung mit der symbolischen Einrichtung einer maurerischen Loge zu berühren sein. In der Mitte dieses buddhistischen Klostergebäudes befand sich eine offene Halle, von Säulen getragen, welche die Gestalt von Löwen, Tigern und anderen Thieren, sowie von Göttern hatten. In der Mitte der Halle stand für den Vorsteher des Klosters, welcher den Vorsitz führte, wenn die Mitglieder des Klosters in der Halle zusammen kamen, ein mit Elfenbein belegter Thron, auf dessen einer Seite die Sonne in Gold, auf der zweiten der Mond in Silber und auf der dritten die Sterne in Perlen abgebildet [138] waren. Ebenso reihen sich an die in Osten, Mittag und Mitternacht stehenden drei maurerischen ersten Vorsteher die brahmanischen Götter Brahma, Wischnu und Schiwa, – die drei germanischen Nornen Urdr, Verdandi und Skuld, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft u. s. w. an.

Sucht man den tiefern und letzten symbolischen Gedanken der 3 ersten Vorsteher in der maurerischen Loge, der drei ersten Priester in dem maurerischen wie in dem eleusinischen Tempel ist dieses unverkennbar die Vorstellung des Alterthums, dass der Tempel das Symbol des schaffenden, des in seiner Schöpfung wohnenden und thronenden Gottes, und die obersten Priester die Symbole, die Vertreter dieses Gottes sein sollen. Daher tragen die (obersten) Priester überall die Kleidung und die Attribute und Insignien ihres Gottes und nur solche Priester, solche Gottessymbole, Gottesvertreter waren ursprünglich die 3 maurerischen ersten Vorsteher und die letztern werden stets dunkel und unverständlich bleiben, wenn sie nicht in ihrem Ursprunge erkannt und betrachtet werden. So wohnte und thronte auch namentlich der jüdische Jehovah in seinem goldenen Tempel, in dem Allerheiligstein über der Lade mit den Cherubim auf dem Berge zu Jerusalem und der jüdische Hohepriester war der sichtbare Vertreter des unsichtbaren und verborgenen Gottes. Der unsichtbare und verborgene Gott, der Gottesbegriff muss an seinen sichtbaren Vertretern und an ihren Attributen und Insignien erkannt und erfasst werden. Da nun der Hammer das gemeinsame Attribut der 3 ersten maurerischen Vorsteher ist, erscheint der Hammer sofort als das Symbol, als die Hieroglyphe des göttlichen Baumeisters, des allmächtigen Gottes als des Bildners und Schöpfers der Welt, der Götter und der Menschen, wie in diesem Sinne wirklich der Hammer bei den Aegyptern die symbolische Hieroglyphe, das heilige Symbol Gottes gewesen ist, so dass ein Hammer Gott, drei Hämmer neben einander drei Götter oder auch den dreieinigen Gott und 6 oder 9 Häm- [139] mer 6 oder 9 Götter bezeichneten.1) Die Maurer haben somit dieses Symbol wie den dadurch symbolisirten Gottesbegriff ganz unzweifelhaft aus Aegypten entlehnt und erhalten. Die 3 hämmernden Vorsteher der Maurer sind nur die schon oben berührten und besprochenen hämmernden, schmiedenden und bauenden Gottheiten der Phönicier und Aegypter, der Ursemiten. In der maurerischen Bedeutung trugen auch die Kabiren und ihre Priester in den sehr alten Mysterien auf der Insel Samothrace in der rechten Hand einen Hammer; ebenso sind auf phönicischen Münzen von Cossura und Thessalonich die Kabiren in einer gedrungenen Zwerggestalt, die den Hammer schwingt, auch ein Schurzfell trägt, dargestellt.2) Die Kabiren waren hämmernde kunstreiche Zwerge, Pygmäen, Patäken, von Movers, a. a. O., S. 653, unrichtig von [...] hämmern, abgeleitet. Auch in dem uralten Orakel und Tempel des Zeus zu Dodona in Epirus war der pelasgische, d. h. phönicisch-ägyptische Zeus dargestellt und verehrt als der allmächtige Baumeister ( [...]) der Welt, als der Demiurg oder Schöpfer der Welt. Auf den zwei Säulen, welche in dem Tempel zu Dodona, wie vor oder in den Tempeln in Phönicien, zu Jerusalem, in Aegypten und bei den Mauern, standen, war der Demiurg oder Weltschöpfer im Geiste der ägyptisch-pelasgischen oder phönicisch-pelasgischen Theologie, wie auch auf Samothrace als Kabire vorgestellt, haltend in der einen Hand eine Geissel (des Osiris und des Amon, – des Jupiter O. M. Heliopolitanus, des syrischen Sonnengottes Adad, Malachbelus zu Heliopolis oder Baalbek in Syrien, dessen Bild angeblich aus dem ägyptischen Heliopolis stammte)3) mit drei Knöcheln an beweglichen Kettchen.4) Pindar, Fr. 29, sagt: [...] – gross- [140] mächtiger Herrscher von Dodona, Vater, vollendeter Künstler, und dieser allmächtige Weltbaumeister hat nach der Sapientia Salomonis 11, 21 Alles nach Mass, Zahl und Gewicht geordnet ( [...] [...] ).1) Dieser dodonäische Zeus ist der ägyptische Osiris als mensurator et ponderator terrarum, wie er in der Ueberschrift des Kap. 147 des von Lepsius aus dem Turiner Codex herausgegebenen Todtenbuches genannt wird.2) Aus der gleichen ägyptischen Quelle war es geschöpft, dass auch die Orphiker oder Pythagoräer von einem Weltbaumeister sprachen, welcher den Bau der Welt planmässig ausgeführt habe.3) Ebenso nennen die heiligen Schriften der Parsen (Yacna, II. Thl., XXX. 5, XXXI. 7 und I. Thl. I. 4, vergl. mit II. Thl. XXIX. 2) den Ahura-Mazda, den Heiligsten unter den Himmlischen, den Schöpfer, Verfertiger und Bildner der Welten. Auch wird Ahura-Mazda, der Schöpfer aller Dinge (II. Thl. des Yacna XLIII. 7), bei den Parsen häufig der Meister genannt (z. B. II. Thl. des Yacna XXXIII. 1), wie gleichmässig Zarathustra der Meister, der Meister der Reinheit heisst und alle Lichtgottheiten als Meister der Reinheit angerufen werden.4) In dem ersten Fargard des Vendidad heisst das Schaffen des guten Geistes, das Ahura-Mazda, fra-thwerez (eigentlich zimmern, das vedische tyasksh, wovon der Name des Götterkünstlers Tyastar oder Tvashhtar, griechisch [...]) wogegen das des bösen Geistes, des Ahriman, fra-kerent (eigentlich schneiden, einschneiden) genannt wird.5) Bei den Indern wird Wischnu der Vicvakarman, der Werkmeister des Alls genannt, indem er die Erde aus den Gewässern hervorgehoben und gebildet haben soll.6) Dieser himmlische Werkmeister und Schmied oder Vicvakarman soll zu [141] Tscheringam, in der Stadt der schönen Glieder, seinen Tempel mit 7 Mauern umgeben haben.1) Auch die Wun. derstadt Doyaraka erbauet der himmlische Vicvakannan auf Krischna’s Befehl nach dem Maha – bharata.2) Nach einer singhalesischen Sage soll der himmlische Vicvakarman auf Befehl des Götterkönigs Indra die Ziegelsteine zu den von dem Könige Dushtagâmani aufgeführten Baue des Mahâstûpa verfertigt haben.3) In einem ihm geweihten Felsentempel zu Ellora sitzt der himmlische Weltbaumeister auf einer verzierten Steinbank, zu seinen Füssen zwei Löwen, die Bilder der Macht und der Stärke des göttlichen Geistes. Rechts und links der grossen Felsennische, in welcher der Weltbaumeister sitzt, stehen in zwei kleineren Felsennischen zwei göttliche Diener, welche die Attribute des Weltbaumeisters tragen. Der eine dieser Diener trägt eine Lotusblume, das allgemeinste Symbol der Zeugung, und hält zugleich einen Massstab in senkrechter Linie als Richtstab vor die Augen. Der zweite göttliche Baudiener setzt einen Senkelwinkel auf eine vor ihm stehende Säule und trägt zugleich in seiner Linken einen Ollesbund oder einen Bund zum Schreiben zubereiteter Palmblätter. Ueber den 3 Nischen, beziehungsweise über der Nische des Weltbaumeisters, erblickt man ein Auge und unter demselben eine senkrechte Linie, welche auf einer horizontalen ruht, so dass zwei gleiche rechte Winkel entstehen. Das Auge (der göttlichen Vorsicht) wird von 8 betenden Geistern, 4 zu jeder Seite, in fliegender Stellung, aber flügellos angebetet; es sind dies wahrscheinlich die acht Wajus, Weltregierer. Ueber dem Auge endlich und über den 3 Nischen erscheint eine Darstellung des Thierkreises und in dessen Mitte, genau über dem Haupte des Weltbaumeisters die Waage. In Lübke’s Geschichte der Architektur, S. 17, ist eine ziemlich mangelhafte Darstellung der Grotte des Vicvakarman zu Ellora enthalten. Mit dem Vicvakarman ist der vedische Tvash- [142] tar verwandt, der göttliche Bildner oder Künstler, der den Wesen ihre Gestalten und Kräfte gegeben, der die Götterwaffen und Gefässe gebildet.1) Dieser indische Götterkünstler ist schon oben S. 31 berührt worden. Nach Wollheim, Mythologie des alten Indien, Berlin 1858, S. 91, wird die Tochter des Weltbaumeisters , die Sandschnja, dargestellt, von einer Menge von Werkzeugen umgeben und von einem Löwen begleitet. Den Vicvakarman, den Bildhauer , Baumeister, Drechsler und Tischler der Götter, vergleicht Wollheim dem griechischen Hephästos, dem römischen Vulcanus, dem skandinavischen Vaulundur, dem finnischen Seppä. – Jesaja 45, 11 wird der Ewige, der Heiliger und Bildner Israels genannt. Der Ewige, welcher nach Jesaja 64, 7 (oben S. 19) alle Menschen aus Thon gebildet und geschaffen hat, erinnert an den ägyptischen Amon Kneph, welcher dargestellt wurde , wie er vor einer Töpferscheibe aus Erde und Wasser Menschen bildete.2) In einer Bibel mit Miniaturen des brittischen Museums bei einer Darstellung der Schöpfung wird Gott Vater dargestellt, Waagschaale und Zirkel in den Händen haltend, zum Zeichen, dass er Alles nach Mass und Gewicht gebildet habe.3) Ebenso werden in der germanischen Mythologie die Götter betrachtet als die Abmessenden, welche allem Werdenden Grenze und Ebenmass setzen.4) Ferner nennen die Germanen den Thôrr, den indischen lndra, den himmlischen Schmied und dann bedeutet natürlich der Hammer, welchen Thôrr führt, dessen formendes und bildendes Werkzeug, den Schmiedhammer, den Hammer des Baumeisters des Himmels und der Erde.5) Auch gedenken die germanischen Mythen vielfach schmiedender Elben und Zwerge (der phönicisch-ägyptischen Kabiren), d. h. göttlicher Wesen und Geister. Ebenso wird der finnische [143] Luftgott Ilmarinen als der Himmelsschmied dargestellt.1) Im finnischen Glauben ist es zugleich der höchste Gott Wäinämöinen (Wannewunne), der durch sein Harfenspiel die ganze Welt friedet und nach dem Klange der Töne in Harmonie bringt.2) Auch die Mexikaner haben einen Weltbildner Telzkatlipoka.

Nunmehr erscheinen wohl der Zirkel auf dem Altare des hammerführenden Meisters, gleichwie das Winkelmass, als sein auszeichnender Halsschmuck, als das Zeichen seines Amtes, in einem andern Lichte, nämlich als die ursprünglichen Attribute des allmächtigen Baumeisters der Welt oder Gottes selbst, dessen irdische und sichtliche Stellvertreter der Meister vom Stuhl und die beiden ersten Vorsteher der Loge ursprünglich nur sind. Welche symbolische Bedeutung namentlich bei dem Meister vom Stuhl der Zirkel und das Winkelmass haben, bezeichnen und beweisen die vorberührten Darstellungen des allmächtigen Bildners und Schöpfers der Welt bei den verschiedenen Völkern des Alterthums. Das Winkelmass insbesondere ist nicht allein ein Werkzeug des Weltbaumeisters, sondern auch des Weltrichters, des Todtenrichters und Abmessers der menschlichen Handlungen, des Osiris; an dem Winkelmasse soll den Verstorbenen in dem letzten Gerichte, in dem Todtengerichte die verdiente Strafe und der verdiente Lohn zugemessen werden. Den Gebrauch der Maurer, das Zeichen ihres besonderen Amtes an einem blauen Bande an dem Halse oder auf der Brust zu tragen, dürfen wir wohl unbedenklich auf Aegypten zurückführen. Es wird z. B. erzählt, dass bei den Aegyptern der Vorsitzer des aus 30 Priestern oder Mitgliedern bestehenden obersten Gerichtshofes auf der Brust, an einer goldenen Kette hängend, ein Schild von kostbaren, kunstreich gearbeiteten Steinen getragen habe, welche die Aegypter die Wahrheit genannt haben sollen.3) Eine solche Tafel oder ein solches Schild hat auch Osiris an einem Bande um den Hals auf der Darstellung des unterirdischen Todtenge- [144] richtes im Todtenbuche Kap. 125. Der Gerichtspräsident soll nach Uhlemann, Thot, S. 116, Demjenigen das Bild der Wahrheit umgehängt haben, welcher für unschuldig erklärt worden war. Aus diesem ägyptischen Brustschilde des irdischen und des himmlischen Richters ist wohl das ähnliche Brustschild, das Urim und Thummim (Licht und Recht, Licht und Wahrheit) des jüdischen Hohepriesters entsprungen. Der Tempelschreiber trug bei den Aegyptern wie bei den Maurern als Symbol seines Dienstes die Schreibfeder und Schreibinstrumente. Der ägyptische Stolist, d. h. der Zugs- und Festordner und Derjenige, welcher darüber zu wachen hatte, dass bei den Feierlichkeiten, Opfern und Processionen Alles nach den in den heiligen Büchern niedergelegten Gesetzen und Vorschriften geschehe, hatte zum Attribut eine Opferschaale und einen Ellenstab. Die Elle, der 24- oder 28zöllige Massstab, deutete darauf hin, dass er alle Gebräuche, Handlungen und Ceremonien richtig abmessen solle. Den Ellenstab des ägyptischen Stolisten trägt der maurerische Ceremonienmeister. Wie die Maurer einen eigenen Logenverwalter haben, hatten auch die ägyptischen Priester eine eigene Abtheilung von Baumeistern und Verwaltern des Tempels.1) Auch das blaue Band und die blaue Himmelsdecke mit den goldenen Sternen darin möchten den Aegyptern angehören.

Die maurerischen Werkzeuge in einem geistigen oder moralischen Sinne zu deuten und auf den grossen Bau der Gottheit und der Menschheit zu beziehen, ist sehr alt und namentlich nicht erst seit dem Jahre 1717 oder mit dem Aufgeben der Werkmaurerei in die Maurerei gekommen. In den christlichen heiligen Schriften findet sieh die Vorstellung des Leibes und des ganzen Menschen als einer Wohnung oder eines Tempels Gottes, sowie der Menschheit als eines Baues der Gottheit, wozu die Menschen die Bausteine und Christus den Grund- und Eckstein bilden, als eine sehr geläufige und gewiss hat sich diese Vorstellung bei den alexandrinischen Christen unter ägyptischem [145] Einflusse zuerst und vorzüglich entwickelt. Diese Anschauungsweise ist eine durchaus baukünstlerische, eine architektonische und daher ursprünglich ägyptische. Die hierher gehörenden Hauptstellen des neuen Testamentes sind:

1. „Denn wir sind Mitarbeiter Gottes; ihr seid Gottes Ackerfeld, ihr seid Gottes Gebäude. Ich habe, als ein weiser Baumeister, nach der Gnade Gottes, die mir gegeben ist, den Grund gelegt; nun mag ein Anderer darauf bauen. Ein Jeder aber sehe zu, wie er darauf baue. Denn Niemand mag einen andern Grund legen, ausser dem, welcher gelegt ist, der ist Jesus Christus. – – – – – Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid, und dass der Geist Gottes in euch wohnet? So Jemand den Tempel Gottes verderbt, denselben wird auch Gott verderben; denn der Tempel Gottes ist heilig, welcher ihr seid (l. Brief Pauli an die Korinther. Kap. 3).“

2. „Oder wisset ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel ist des heiligen Geistes. der in euch ist, welchen ihr von Gott habet, und dass ihr nicht euer selbst seid (ebendaselbst 6, 19).“

3. „Da ihr nun zu ihm gekommen seid, zu dein lebendigen Stein, der von den Menschen zwar verworfen, aber vor Gott auserwählt und köstlich ist: so werdet auch selbst erbauet, als lebendige Steine. ein geistliches Haus, ein heiliges Priesterthum, zu opfern christliche Opfer, die Gott angenehm sind durch Jesum Christum. Darum stehet auch in der Schrift: „Siehe, ich lege in Sion. einen auserwählten köstlichen Eckstein, und wer an denselben glaubt wird nicht zu Schanden werden!“ So ist er nun euch, die ihr glaubt, eine Ehre; den Ungehorsamen aber ist er der Stein, den die Bauleute verworfen haben; derselbe ist zum Eckstein geworden. und ist ein Stein des Austosses, und ein Fels des Aergernisses (1. Brief Petri, Kap. 2).“

4. „So seid ihr (Heidenchristen) nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes. Ihr seid erbauet auf dem Grunde der Apostel und Propheten, dessen Eckstein Christus selber ist, in welchem zusammengefüget der ganze Bau wächset zu einem heiligen Tempel in dem Herrn. In ihm werdet auch ihr miterbauet zu einer Behausung Gottes im Geiste (Ephes. H, 19-22).“

In diesem alexandrinisch-christlichen Sinne beginnt nun auch das alte maurerische Aufnahmsgebet mit den Worten: „O Herr Gott, du grosser und allgemeiner Baumeister der Welt, du erster Bildner des Menschen, dass er wie ein Tempel sei.“1) Mossdorf, Mittheilungen für denkende [146] Freimaurer, S. 4, hat die letzte Stelle dahin übersetzt : „der Du den Menschen zuerst gleichsam zu einem Tempel bildetest.“ Die ägyptische Grundansicht von Gott als dem Bildner und Schöpfer der Welt und des Menschen, und von dem Menschen als dem Ebenbilde Gottes ist auch schon in den Schriften des alten Testamentes neben vielem andern Aegyptischen niedergelegt. Im 1. Buche Mosis 1, 27 wird gesagt: „Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde, nach dem Bilde Gottes schuf er ihn; Mann und Weib schuf er sie.“ Ferner heisst es Genesis 11, 22: „Und Gott der Herr bauete ein Weib aus der Rippe, die er von Adam genommen hatte.“ Jesaja 40, 12 ruft:

Wer mass mit seiner hohlen Hand die Wasser
und grenzte ab den Himmel mit der Spanne?
und fasste in einen Scheffel den Staub der Erde?
Wer wog mit einem Gewicht die Berge?
und die Hügel in einer Wage?
Wer ermass den Geist des Ewigen:
Und wer unterwies ihn als sein Rathgeber?

Ebenso sagt Jesaja 40, 22 ff. von dem Ewigen:

Er spannet die Himmel aus wie einen Teppich
und breitet sie aus wie ein Wohnzelt. – – –
Wem wollt ihr mich denn vergleichen, dem ich ähnlich wäre?
Spricht der Heilige. Hebet eure Augen in die Höhe. und sehet.
Wer hat jene dort geschaffen?
Er, der herausführt ihr Heer nach der Zahl:
Der sie alle mit Namen rufet;
ob seiner gewaltigen Macht und starken Kraft
bleibt nicht Eins aus.
Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagest:
Mein Weg ist dem Ewigen verborgen
und meinem Gotte entgeht mein Recht?
Weisst du nicht? oder hast du nicht gehöret?
ein Gott ist immerdar der Ewige,
der die Enden der Erde geschaffen hat;
er wird nicht müde noch matt:
Sein Verstand ist unergründlich.
Er verleihet dem Müden die Kraft
Und gibt dem Unvermögenden viel Stärke.

Daran reiht sich die oben schon mitgetheilte Stelle Jesaja’s 64, 7:

[147]
‘Und nun Ewiger, du bist unser Vater: Wir sind der Thon, und du bist unser Bildner und das Werk deiner Hände sind wir Alle.’

Alle diese jüdischen Schöpfungsvorstellungen und Schöpfungsbilder waren gewiss mit aus Aegypten gebracht, wo besonders Moses den Priesterunterricht genossen und woselbst die Juden auch wohl schreiben gelernt hatten. In dem Todtenbuche wird namentlich der Mensch das Ebenbild des Schöpfers der Menschen, des Osiris genannt wie durch den Tod die Seele des Gerechtfertigten nach ägyptischer Vorstellung mit Osiris vereinigt, ein Theil des Osiris selbst wird.

Auch bei den Indern treffen wir die Vorstellung, dass der menschliche Leib ein Tempel, ein Haus, eine Wohnung, eine Stadt Gottes, eine Brahmaloge oder göttliche Loge, eine Brahmpur oder eine kleine Stadt des Brahma sei.1) So heisst es in dem von Anquetil du Perron herausgegebenen Oupnek’hat: „Innerhalb dieser Stadt Gottes, welche der Leib ist, ist ein kleines Gemach ähnlich der Nenupharblüthe (der Lotusblüthe, der Nymphea), darin wohnt der zarte Lebensgeist und Himmel und Erde, beide sind in ihm enthalten.“ – Bei Rükert, die Weisheit der Brahmanen, spricht ein indischer Brahmane:

‘„Bedenke. dass ein Gott in deinem Leibe wohnt Und vor Entweihung sei der Tempel stets verschont!“’

Ein jeder Maurer wird sich hierbei an die an ihn bei der Aufnahme zum Lehrling ergangene Mahnung erinnern, sich, das Ebenbild Gottes, nicht durch schlechte Gesinnungen und Thaten zu verunstalten. – An einem andern Orte wird bei Rükert angeführt:

‘„Zwei Spiegel sind, worin sich selber schauet mit Wonne Die hohe Himmels- und die höchste Geistessonne. Ein Spiegel ist das Meer, von keinem Sturm empört, Ein andrer das Gemüth, von keinem Drang zerstört.“’

Müller., a. a. O., S. 336 theilt folgende einzig schönen Verse eines Brahmanen mit:

[148]

Fest steht der Mensch, der weise, gläubige,
Der Schöpfung Aar, der Schöpfung Löwe fest.
Wie einen Granitfelsen über’nr Meer’
Hat Brahma ihn in Liebe, Lust und Kunst
Zum Tempel ausgehöhlt und wohnt darin.
Durch’s Menschenaug’ strahlt Brahma’s Sonnenauge.
Und in des Menschen Brust pocht sein Geist.
Was wollen Stürme nun und Wogenhader,
Was wollen Feinde, die dem Gottbeschützten
Mit böser Lust, sich selbst zernichtend, nah’n?
Fest steht der Mensch, sein Wächter ist der Herr,
Sein Schirm und seine Stütze ist der Starke;
Ihn, Brahma’s Haus, wirft nur die Sünde um;
Denn vor der Sünde weicht des Lichtes Geist,
Vor ihr die Kraft des Göttlichen im Menschen.

Nach den indischen Ansichten, wie sie besonders in den Wedas ausgeführt sind, prägt sich die Form der Schöpfung, des Nakrokosmos, an der Gestalt des Menschen, des Mikrokosmos ab; der Mensch ist nur ein kleines Weltall und das All nur ein grosser Weltmensch.1) – Müller, Glauben der alten Hindus, hat auf Taf. IV, Fig. 72 u. 73, womit seine Erläuterungen S. 611 u. 612 zu vergleichen sind, zwei Zeichnungen von dem Menschen als kleine Welt, als Brahma’s Haus nach den Wedas und besonders nach dem Upnekhata mitgetheilt. Der Mensch und die Menschheit, tiefer betrachtet, sind ein Gottmensch, Gott in den Menschen, Gott in der Beschränkung der Zeit und des Raum und daher und insofern allein persönlich, der endliche und geborne Gott, der Sohn Gottes auf Erden.

Um die ägyptischen Ansichten näher zu legen, theilen wir hier nach der Uebersetzung von Uhlemann, drei Tage in Memphis, S. 15, noch mit einen Lobgesang auf Ptah, nur eine andere Gestalt des Weltbaumeisters:

Preis Deinem Antlitze, Schöpfer, Gott!
Preis Deinem Antlitze, grosser Ptah!
Der Du gebildet die grosse Welt,
Himmel und Erde und Sternenheer;
Preis Deinem Antlitze, Vater der Welt!

[149]

Preis Deinem Antlitze, Schöpfer, Gott!
Preis Deinem Antlitze, grosser Ptah!
Der Du schmücktest das Weltenall
Heute wie immer mit Deinen Gaben,
Preis Deinem Antlitz, Erhalter der Welt.
Preis Deinem Antlitze, Schöpfer, Gott!
Preis Deinem Antlitze, grosser Ptah!
Der Du regierest und richtest die Welt,
Den Bösen vernichtest, den Guten belohnest;
Preis Deinem Antlitz, Regent der Welt.


XIV.
Die Akazie, der heilige Baum der Maurer.


Das maurerische Symbol der Akazie berührt sich auf das Innigste mit dem Symbole des Hiram, ja die Akazie ist das Symbol und das Attribut des Hiram selbst und bezeichnet zunächst nur die ewig sich verjüngende Naturkraft, den nach dem Schlafe oder Tode der Natur stets wiedererstehenden Frühling, das unsterbliche Naturleben, - und zuletzt die Unsterblichkeit der menschlichen Seele, das ewige Leben und Licht, indem die aus dem Tode wiedererwachende Naturkraft dem Menschen die Hoffnung und die Bürgschaft gibt, dass auch er aus dem Grabe wiederhervorgehen und unsterblich leben werde.1) Desshalb erscheint bei den Maurern die Akazie in den Todtendienst des Hiram eingeflochten und sobald dieselbe auf dem Grabe Hirams wieder grünet und blüht, wird der erschlagene und vermisste Meister wieder gefunden, wird das verlorne Meisterwort durch ein neues ersetzt, d. h. ein neues Jahr und Leben beginnt und der verstorbene Sonnengott geht aus dem Grabe hervor, die in die Unterwelt entführte Persephone kehrt zur Oberwelt zurück, der siegreiche Apollo kommt aus dem im kalten Norden [150] gelegenen Lande der Hyperboreer zurück und die weisse Frau (Bertha) der germanischen Mythologie erscheint wieder. Aehnlich, wie Hiram unter und mit der blühenden Akazie wiederersteht und diese wieder blühende Akazie selbst ist, wird auch die Artemis Ortygia, die mondliche Frühlingsgöttin im Frühlingsmonat April oder dem nach ihr benannten Artemisios auf Delos mit ihrem Zwillingsbruder Apollo geboren, wenn die Wachtel [...] als Frühlingsbote den Frühling verkündet und wiederbringt. Delos selbst wurde daher Ortygia, das Wachtel- oder Frühlingseiland genannt. Der tyrische Melkart oder Herakles, der maurerrsche Hiram, wurde jährlich durch den Geruch einer Wachtel, durch den neuen Frühling und das ihn begleitende neue Leben aus dem Grabe wieder erweckt und neu belebt. Das alte Meisterwort geht verloren oder Hiram unterliegt den tödtlichen Streichen, indem in den 3 letzten Monaten das Jahr dahinschwindet und zu Grabe geht; ein neues Meisterwort muss gefunden und der verstorbene Meister aus dem Grabe wieder erweckt werden, weil das Jahr, die Zeit wieder neu anfangen und einen neuen Kreislauf beginnen muss. Daher gehören in den vorliegenden Mythenkreis auch der römische Mars und der später an seine Stelle getretene Janus, indem sie mit den nach ihnen benannten Monaten stets den Monat und das Jahr neu anfingen, mit Hinsicht worauf auch Janus zwei Gesichter trug, rückwärts und vorwärts schaute, das Ende und der neue Anfang war. Ebenso reiht sich Johannes der Täufer ein, dessen Gedächtnissfest zur Zeit der Sonnenwende und der blühenden Sonne gefeiert wird und der abnehmen muss, damit ein Neuer wachse; denn, wenn die Sonne die höchste Spitze ihrer scheinbaren Bahn erreicht hat, muss sie wieder abwärts steigen, wie die blühende Rose nur noch verblühen und sich entblättern kann. Das reichste und schönste Leben ist nur der verborgene Anfang des Todes und die Wiege ist der künftige Sarg und umgekehrt.

Die Vorstellung des Baumes, die Mythe des Baumes als des Baumes des ewigen Lebens ist auch in den Schriften des alten Testamentes enthalten und niedergelegt. In der Genesis 11, 8 und 9 wird berichtet: „Und Gott der [151] Ewige pflanzte einen Garten in Eden gegen Morgen, und setzte den Menschen darein, den er gebildet hatte. Und Gott der Ewige liess sprossen aus der Erde allerlei Bäume, lieblich anzusehen, und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten, und den Baum der Erkenntniss des Guten und des Bösen.“ Genesis II, 15-17 wird beigefügt: „Und Gott der Ewige nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Edens, dass er denselben bauete und bewahrte. Und Gott der Ewige gebot dem Menschen also, du magst .essen von allen Bäumen des Gartens; aber von dem Baum der Erkenntniss des Guten und des Bösen sollst du nicht essen; denn welches Tages du davon issest, wirst du des Todes sterben.“ – Bedeutungsvoll ist hier dem Baume des ewigen Lebens der Baum der Erkenntniss des Guten und des Bösen zur Seite gestellt, dessen Früchte der Mensch nicht kosten soll, aber verführt dennoch kostet und dadurch den eigenen Fall, Schmerz und Tod sich bereitet. Der Mensch hienieden übt das Böse, so lang er lebt und strebt, doch kennt er auch das Gute und kann es lieben und üben, dann erlangt er das verlorene ewige Leben , das Paradies wieder. In dem letzteren Sinne ist der Baum der Erkenntniss auch der Baum des Lebens und nicht blos der Baum des Falles, des Ungehorsams, der Sünde und des Todes. Der Tod soll und kann dem Guten die Pforte des Lebens werden; deponens aliena (das Böse), ascendit unus. Daher heisst es ferner in der Genesis III, 22 ff.: „Und Gott der Ewige sprach: Siehe, der Mensch ist geworden, wie Unser Einer, so dass er weiss, was gut und böse ist. Nun aber, dass er nicht ausstrecke seine Hand, und nehme auch von dem Baume des Lebens, und esse, und lebe immerdar! Da schickte ihn Gott der Ewige weg aus dem Garten Edens, dass er den Erdboden bauete, davon er genommen war, und trieb den Menschen aus, und lagerte morgenwärts vom Garten Edens die Cherube und die Flamme des wirbelnden Schwertes, zu bewachen den Weg zu dem Baume des Lebens.“ Das Leben dort oben, das ewige Leben und Licht soll von dem Menschen durch das Leben hienieden errungen und verdient werden, kämpfend soll der Mensch siegen; aus diesem Grunde darf er auch ohne den irdischen [152] Kampf und ohne das irdische Leben nicht dem Baume des Lebens oder der Unsterblichkeit nahen und nicht länger in dem Garten Edens verweilen. Uebrigens ist diese ganze biblische Fallsgeschichte mit der daran sich anschliessenden Geschichte der Austreibung des Menschen aus dem Garten Edens nur ein Versuch der Erklärung der Schöpfung des Menschen, der Menschwerdung Gottes, des Herabsteigens des göttlichen Geistes oder der göttlichen Seele aus dem Himmel zur Erde, – der ägyptischen und pythagoräisch-platonischen Präexistenz der Seele, sowie der Entstehung des Bösen in der menschlichen Welt. Die ägyptische Ansicht von der Präexistenz der Seele, von dem Falle der Seele in einem früheren himmlischen Leben, welchen Fall die Seele in dem Erdenleben abbüssen muss, ist in der mosaischen Genesis zu dem Sündenfalle des Menschen in dem Garten Edens geworden, wegen dessen Adam und Eva, Meschia und Meschiane, der Mann und das Weib, der Mensch und die Menschin aus dem Garten Edens von Jehova ausgetrieben und zu dem leidenvollen sterblichen Erdenleben verurtheilt werden. Der Sündenfall ist, wie die Theologen sich ausdrücken, eine Allegorie. Das oft so schwere und mit der Güte Gottes scheinbar unvereinbare Erdenleiden will der Mensch sich als verdient und gerecht erklären, so dass er sie als die Strafe eines vorausgehenden Verschuldens, eines Falles des Menschen im Himmel oder auf Erden sich denkt. Das mühe- und leidenvolle Erdenleben sucht vor- und rückwärts den ihm unentbehrlichen Trost, die Lösung des grossen irdischen Räthsels. Ohne jedoch uns weiter aufhaltend bei dem biblischen Baume des Lebens und deshalb verweisend auf Das, was z. B. Bunsen in Thl. I seines Bibelwerks und Gabler in Thl. II der von ihm herausgegebenen und commentirten Urgeschichte von J. G. Eichhorn (Altorf 1790) darüber bemerken, möchte bei den Juden und bei den Maurern der Baum des Lebens als ägyptischen Urssprunges zu betrachten sein und noch mehr ist die Akazie als dieser Lebensbaum ägyptisch-jüdisch, ägyptisch-mosaisch. In Aegypten ist die Akazie seit uralten Zeiten einheimisch und noch heute zeichnet sich die Eskebieh, der weite grüne Raum oder freie Platz innerhalb Kairo, durch seine ungeheuren, [153] orientalischen Akazien aus, welche den Platz umfassen.1) Bei dem zufolge der jüdischen Tradition von Moses nach Jehovah’s Vorschrift errichteten Zelte oder Heiligthum der Offenbarung war zu den Brettern, welche das tragbare Zelt bildeten, und zu dem Altare für die Brandopfer im Vorhofe um das heilige Zelt Akazienholz verwandt.2) Das Akazienholz war also das Holz des Ewigen, das ewige Holz, gerade wie später bei der Erbauung des salamonischen Tempels wegen seiner Härte, Dauerhaftigkeit und Unzerstörbarkeit besonders Cypressen- und Cedernholz gebraucht worden sein soll. Wegen ihres langen und beziehungsweise ewigen Lebens, wegen ihrer Dauerhaftigkeit und Unzerstörbarkeit ist namentlich die pyramidale Cypresse zu einem allgemeinen orientalischen, wie occidentalischen Symbole der Götter und Göttinnen, der Gottheit oder des Ewigen geworden.3) Nach Polak, Encyklopädie für Freimaurer, Bd. I, Amsterdam 1855, S. 126, war die Akazie oder nach ihm der Dornbusch bei den Aegyptern und bei den Arabern das geheiligte Symbol der Sonne. Polak nimmt sogar an, dass der bei Moses II, 3 erwähnte Busch oder nach Bunsen, Bibelwerk I, Dornbusch ein Dornbaum oder eine Akazie gewesen sei. Nach einigen Schriftstellern war auch schon in die ägyptische Osirissage die Akazie als der heilige oder göttliche Baum aufgenommen.4) Da in dem ursprünglichen jüdischen oder in dem mosaischen Cultus so viel Aegyptisches enthalten war,5) scheint allerdings auch die Akazie oder das Akazienholz des Bundes- oder Gotteszeltes als der ägyptischen Symbolik entlehnt angesehen werden zu müssen. Auf der Grenze von Hedschas nach dem Innern Arabien hin verehrten die Kinana und die Benu Gatafan die Göttin Uzza oder el-Ozza d. i. die Gewaltige oder Glorreiche in einem heiligen [154] Akazienbaum.1) Lajard ist der Meinung, dass die Uzza auch zu Mekka verehrt worden sei. Der heilige Baum ist der Gott oder die Göttin selbst, wie schon Bötticher in seinem Baumkultus der Hellenen erwiesen hat, und in den Mythen von dem Ursprunge der Menschen aus Bäumen ist daher ihre Schöpfung durch die Götter ausgedrückt. Auch die Leiche des Osiris war in einem Baum, in eine Erikastaude eingeschlossen.2) Wie in Verwechselung des Symbols mit dem Symbolisirten vielfach z. B. Sonne, Mond und Sterne selbst als Götter, ebenso bei den Aegyptern die Thiere und bei den Skythen, Alanen und Geten ein Schwert göttlich verehrt wurden traten auch die Bäume oft selbst an die Stelle der Gottheit und wurden aus den Göttern geheiligten Bäumen zu heiligen Bäumen und Göttern.

Die Akazie trägt gleich der deutschen Esche und Eiche, im Skandinavischen Ygg und daher die Weltesche Yggdrasil, ihren Namen wohl von einem den Semiten und den Indogermanen in vielfachen Wortbildungen erhaltenen Urstammworte, welches die Stärke und das Leben bezeichnet und womit z. B. im Griechischen [...], die Kraft, [...], der Sieg, und [...], siegen, im Lateinischen vigeo, vico, vixi, Lebenskraft haben, leben, zusammenhängt. Die Akazie ist somit der starke Gott und Baum, wie wirklich in Arabien die Mondsgöttin und die Akazie gleichmässig heissen.3)

Die durch ihre reiche Lebenskraft oder gar durch ihr Immergrün sich auszeichnenden Bäume waren der Urmenschheit ein naheliegendes Symbol der zeugenden und ewig sich verjüngenden Naturgottheit, des Sonnengottes, des Lichtgottes, und der Monds- und Erdgöttin. – des Vaters und der Mutter des Naturlebens. Begreiflich wählte dabei ein jedes Volk den Baum, der ihm am nächsten oder am theuersten oder auch am nützlichsten war. Aehnlich, wie in Aegypten und in Phönicien vor oder in den Tempeln [155] oft zwei Säulen oder Obelisken standen, scheinen in Syrien nach den aufgefundenen Münzen oft auch zwei Bäume, besonders Cypressen, als die Symbole der Sonne und des Mondes beim Eingange des Tempels zu dessen beiden Seiten gestanden zu haben. Da der in dem Baume symbolisirte Naturgott alles Leben schuf, liess man bald auch die Menschen aus den Bäumen geboren werden, wie noch heute nach einem deutschen Volkssprichworte in Sachsen die schönen Mädchen auf den Bäumen wachsen. Eine persische Mythe lässt den ersten Menschen und die erste Menschin, Meschia und Meschiane, aus einem Baume geboren werden, was auch auf aufgefundenen Mithrasdenkmalen, z. B. auf demjenigen zu Heddernheim im Herzogthum Nassau, dargestellt ist. Nach der persischen Mythe war der Baum gleich einer Reivaspflanze gestaltet, wie Mann und Weib in ihrer Vereinigung. Nach Lajard, a. a. O. S. 21, haben die Mandschu-Tataren oder Mongolen eine ähnliche Mythe. Auf der Rückseite des palmyrenischen Altars im capitolinischen Museum zu Rom wird Eros, Amor, aus einer Cypresse, als dem Symbole der Venus, geboren.1) Auch den Adonis lassen griechische und italische Sagen aus einem Baume geboren werden. Also nicht blos die Menschen, sondern selbst die Götter entstammen den Bäumen, wobei indess ursprünglich nicht an wirkliche Bäume, sondern an den grossen Wolken- und Himmelsbaum, die germanische Weltesche gedacht war und gedacht werden muss. Auch die Kureten wurden nach einem reichlichen Erguss des Regens wie Bäume von der Erde emporgetrieben gedacht, weshalb denn die Kureten (*) genannt wurden.2) Schon Hesiod lässt den Zeus das dritte, eherne Geschlecht, das sich den Plegyern an Kriegslust und Uebermuth vergleicht, aus Eschen schaffen und an die Esche knüpft bekanntlich die nordische Mythe den Ursprung des jetzigen Menschengeschlechts an, indem sie den ersten Menschen gleich den Asen oder Göttern selbst3)[156] mit ihrem Namen Askr nennt. Die peloponnesische Sage lässt den Phoroneus, den ersten Menschen und König, von dem Flussgotte Inachos und der Melia, also der Esche abstammen. Jedoch ist hier, wie schon berührt, der Baum und namentlich die germanische Weltesche Yggdrasil d. i. das (Wolken-) Ross oder der Träger des Ygg oder des schrecklichen Odhin,1) denn Odhin hiess auch Yggr, Schrecken,2) – nur das Bild der Wolken, des Wetterbaumes und die menschenerzeugenden Bäume sind somit gleich den Kindsbrunnen der weissen Frau und der Kore oder Proserpina.3) Auch in Italien scheint die Vorstellung von dem Ursprunge des menschlichen Geschlechts von Bäumen volksthümlich gewesen zu sein.4) Dem Faunus, dem Urmenschen des Waldes, war daher auch der wilde Oelbaum geheiligt. Im eigentlichen Griechenland findet sich der Glauben von der Entstehung des menschlichen Geschlechts aus Bäumen weniger.5) Die Abstammung des menschlichen Geschlechts von Bäumen hat übrigens im Deutschen die Begriffe und Wörter Stamm (eines Volkes, eines Geschlechts, einer Familie), abstammen – aus dem Stamme oder Baume entsprungen, – Stammhalter, Stammbaum u. s. w. erzeugt. 6)

Endlich gehören in diesen Vorstellungskreis der Wetterwolken als Bäume auch die Vorstellung der Bäume mit goldenen Aepfeln, indem diese Bäume nichts anders sind als die Wolken, in denen in Kugel- oder Tropfgestalt die goldenen Blitze rollen.7) Dieses sind in der griechischen Mythologie die goldenen Aepfel der Hesperiden und in der nordischen die goldenen Aepfel ldunens, welche die (Wolken-) Götter essen, um sich zu verjüngen. Der Granatapfel ist wohl nur das Symbol des goldenen Blitzapfels. Der phönicischen Astarte war der Granatapfel z. B. ge- [157] heiligt1) und dieser Granatapfel ist der Apfel des troischen Paris. Die Siegerin im Kampfe der Schönheit ist eigentlich die siegende Wolken- und Blitzgöttin.

Die maurerische Akazie ist dasselbe Symbol des niemals ersterbenden und stets neu sich verjüngenden Lebens wie die ägyptisch-indische Lotosblume, welche Lotosblume bei den Indern das Sinnbild des Vischnu und der Schöpfung ist und auch die Tibetaner und Nepalesen verehren, – wie der Perseabaum bei den Aegyptern oder die immergrüne Tamariske des Osiris,2) – der Epheu des Osiris und Apollo,3) der Lorbeerbaum des Horus und des Apollo, – der Oelbaum des ägyptischen Thot und der griechischen Athene,4) – der den Brahmanen und den Buddhisten heilige pippala (woraus das lateinische populus und die deutsche Pappel geworden sind) oder der so grossartig sich ausbreitende und in sich fortwachsende Feigenbaum mit beständig zitternden Blättern (fleus religiosa, Boddhibaum, indisch gewöhnlich acvattha genannt),5) – die Cypresse des Zoroaster6) und nach Lajard der syrischen Venus und vieler anderer Gottheiten, – die Myrte der syrischen Göttin oder der grossen Erdmutter, welche Myrte zugleich der Baum der indischen Trimurti ist, – die phönicisch-ägyptische Palme, thamar, woher Samarien, das Palmenland, und Samaria, die Palmenstadt, benannt wurden, – der jüdische. Granatapfel und Granatapfelbaum,7) die immergrüne Eiche oder Buche des Zeus zu Doclona in Epirus, welches Dodona Ritter ohne Grund mit Buddha und mit dem Boddhibaume in Verbindung gebracht hat, – die hochragende Eiche oder die düstere Fichte (das Symbol des Attis, der nichtersterbenden Naturkraft) der phrygischen Erdmutter Kybele oder Kybebe, der griechi- [158] schen Rhea,1) die heilige Mistel der Druiden, 2)der noch heute den Fischern und den Schiffern Norwegens heilige Vogelbeerbaum, wegen seiner üppigen Blätter bei uns Quieke, d. i. der stark, kräftig, jung, frisch Machende genannt, woher nhd. erquicken, neues Leben einhauchen.3) Die wahre Bedeutung und Eigenschaft der Quieke als des Baumes der unverwüstlichen Lebenskraft, welche ihn immer neue Sprossen treiben lässt, wird besonders durch das wuchernde Quikgras (triticum repens L.) klar. Wie die Akazie bei den Aegyptern schon der Sonne oder dem Sonnengotte d. i. dem Hiram, dem Herakles geweiht gewesen sein soll,4) war einst bei den Indern die Akazie (acacia suma Rosb.5) noch geheiligter. Schon die gefiederten Blätter hatten bei den Indern eine symbolische Beziehung auf die Flügel des Vogels, welcher das Feuer von dem Himmel den Menschen zur Erde herabgebracht haben sollte, – die Akazie erschien gleichsam als eine Verkörperung des feuer- und lichtbringenden, blitzetragenden Vogels, worüber die schönen Ausführungen von A. Kuhn in seiner mehr angeführten geistvollen Schrift über die Herabkunft des Feuers und des Göttertranks in ihrem ganzen Umfange nachgelesen zu werden verdienen. Die röthliche Akazie hatte durch ihre röthliche Farbe eine weitere Beziehung zu dem Feuer und zu dem Lichte, wie dieses besonders auch bei den rothen Beeren des Vogelbeerbaumes, bei dem indischen Parnabaum mit seinen herrlichen, dunkel scharlachrothen Blüthen6) und andern ähnlichen indischen Bäumen, namentlich auch bei den den Vogelbeeren gleichenden röthlichen Früchten der Ficus religiosa7) der Fall gewesen ist. Endlich möchte auch die Akazie oder vielmehr ein auf ihr gewachsenes Holz zur Erzeugung des reinen Feuers verwandt worden sein,8) in- [159] dem das Alterthum vielfach den auf einem andern Baume gewachsenen Schösslingen eine besondere Kraft zuschrieb, weil ein Gott sie dahin gepflanzt und getragen haben sollte, sie die Verkörperung dieses Gottes selbst waren.

Der Pippala oder Acvattha mit den stets sich in die Erde herabsenkenden und zu neuen Stämmen aufwachsenden Zweigen gilt den Brahmanen als ein Bild der irdischen Welt (mundus arbor est), die zwar in dem höchsten Wesen wurzelt, aber ihre Richtung abwärts hat, in steter Unruhe und Bewegung ist, aber niemals zur ewig gleichen Ruhe gelangt. Erst den Buddhisten wurde der Baum zu einem im strengen Sinne heiligen. Unter diesem stets sich bewegenden Baume versenkt sich Buddha in die tiefste Betrachtung, das Bild des unaufhörlich wechselnden Lebens musste am stärksten den Gedanken auf das allein Ruhige und Bleibende hinlenken: unter diesem Baume gewinnt Buddha die höchste Stufe der Intelligenz, die Stufe eines Buddha. So wurde der Baum seinen Anhängern zu dem der Intelligenz (Boddhi), wurde ein heiliges Symbol und durfte bei ihren grossen Heiligthümern nicht fehlen. Die brahmanische Bedeutung des Baumes als das Bild des ewig kreisenden Weltlaufes (Sansâra) scheint den Buddhisten entgangen zu sein.1) Auf den Münzen buddhistischer Herrscher erscheint öfters der heilige Feigenbaum, z. B. mit dreifacher Astverzweigung in einem aus vier kleinern zusammengesetzten Vierecke,2) ähnlich wie bei Maurern die Akazie auf Siegeln und auf Denkmünzen häufig gebraucht wird.

Nach den Ausführungen von Lajard in seinem recherches sur le culte du cyprès pyramidal ist die Cypresse in ganz Iran und selbst in China, in Babylonien und Assyrien, Phönicien, Arabien, Aegypten und in ganz Kleinasien, in Griechenland, Rom und im ganzen römischen Reiche zunächst das Symbol des Lebens, und daher allen zeugenden Göttern und Göttinnen beigelegt, – sodann auch Symbol der Unsterblichkeit, des ewigen Lebens und desshalb auf Gräbern und Grabdenkmalen überall angewandt, gerade wie dieses [160] Alles auch bei der maurerischen Akazie der Fall ist. Daher heisst auch noch heute im Persischen die Cypresse serv-azâd d. i. die freie, unsterbliche und ewige Cypresse.1) Nach den Pythagoreern sollte in diesem Sinne das Himmelsscepter des Zeus aus Cypressenholz gefertigt sein, wie wirklich im Orient und Occident (zu Rom hatte man z. B. auf dem Capitol eine dahin von Veji gebrachte Statue des Jupiter von Cypressenholz) viele Götterbilder daraus angefertigt waren und gewiss deshalb dasselbe auch Salomon gleich dem Cedernholz zu seinem Tempel gebraucht hatte. In Russland pflegen noch heute viele Heiligenbilder auf Cypressenholz gemalt zu werden und eben so haben die russischen Grossen die Sitte, sich in Särgen von Cypressenholz, welchen am dem heiligen Lande gebracht wird, beerdigen zu lassen. 2)

Zu Dodona verkündete das Rauschen der königlich emporragenden und dabei nährenden Eiche ( [...], quercus esculus) den Willen des Zeus, ertheilte Orakel und weissagete.3) – Bei den alten Armeniern verkündete zu Armavir, der alten Hauptstadt von Armenien, eine durch den König Arménag oder Aramanéag gepflanzte heilige Cypresse durch das Rauschen und die Bewegung ihrer Blätter gleichfalls das Schicksal.4) – Auch die Deutschen, besonders die alten Preussen zu Romove (dem Orte der stillen Ruhe und des tiefen Schweigens), zu Heiligenbeil und Marienberg, sowie die Kelten hatten weissagende Eichen.5)

Dem Baume des ewigen Lebens, dem Himmels- und Wolkenbaume, dessen Früchte den Geniessenden unsterblich machen und von welchem die Götter und die Menschen stammen, verwandt oder gleichbedeutend mit ihm ist der himmlische Göttertrank, das Wolkennass, welches die Götter stark und unsterblich macht. Bei den Griechen wird dieser himmlische Trank [...] genannt, weil er die [161] irdischen Erinnerungen tödtet und vernichtet und dadurch unsterblich macht.1) Selbst der kleine Zeus wird daher mit dem aus dem Wolkenberge oder Wolkenfelsen hervorsprudelnden Nektar getränkt und genährt.2) Wenn die Nymphen [...] oder [...] als die Ammen des jungen Zeus bezeichnet werden, ist damit wieder nur ausgedrückt, dass er den himmlischen [...] oder süssen Honig, [...], trinke.3) In dem dodonäischen Sagenkreise heissen die den Zeus säugenden Nymphen Hyaden, d. h. sind das Gestirn, welches beim Beginne der regnerischen und stürmischen Jahreszeit aufgeht. Diese Hyaden sind auch die Ammen des griechischen Dionysos, welcher dem indischen Gotte Soma gleichsteht und der durch den in die Wolkenhöhle, die Persephone, niederfahrenden Blitz, den Zeus, erzeugt wird. Der aus der Hüfte des Zeus, unter den Blitzen desselben geborne Dionysos wird daher der Feuergeborne, der Blitzgeborne, [...] genannt. So ist auch die aus dem Haupte des Zeus geborne Athene nur die Licht- und Blitzgöttin, der aufleuchtende und blitzende Himmelsäther, und die Tochter hat deshalb mit dem Vater die gleichen Eigenschaften und Attribute. Aehnlich, wie Dionysos und Athene, wird auch Perseus, der Sohn des Zeus und der Danae, durch den goldenen Regen des Zeus d. h. durch den in das tiefste Wolkendunkel eindringenden Blitz erzeugt und geboren.4) Ebenso werden auch Apollo und Artemis von der Lato oder Leto, von der Leto [...] [...], der Leto mit dem dunklen Gewande d. i. aus der dunkelen Gewitterwolke auf einer schwimmenden Insel (Wolke) geboren.5) Gleich dem jungen Zeus trinkt auch der indische Indra, kaum geboren, den soma oder saoma, das amritam, das Himmelswasser, welches er den Hütern desselben, den Gandharven entreisst.6) Der Wein, wel- [162] chen der katholische Priester bei der Messe trinkt, ist wohl blos der uralte und noch heute gebräuchliche Haomatrank des Parsenpriesters und der Somatrank der Brahmanen; der Haoma- und Somatrank selbst aber sind ursprünglich nur das Symbol des Wolkennasses oder Wolkenwassers, welches die Luft- und Aether-, die Blitzgötter, Indra, Thôrr und Odhin, Zeus u. s. w. trinken, um den zeugenden und befruchtenden Regen zur Erde niederströmen lassen zu können. Der Baum, von dem der Haomatrank gewonnen wird, – der Hombaum ist den Parsen zugleich der Baum und die Quelle des Lebens und der Hom ist der reine Trank, der dem Leben der Menschen wie der Götter Dauer, Unsterblichkeit gibt. Der Lebenstrank und Lebensbaurn gehen also hier ganz in einander über. Dass auf dem sechsten Todtengemälde des Sargdeckels des von Hammer in den Fundgruben des Orients besprochenen Mumienkastens der in der Unterwelt, in dem Todtengerichte ankommenden Seele von einer vor dem Baume des ewigen Lebens, vor der Persea und der Sykomore1) stehenden Göttin Wasser zum Trinken aus einem Gefässe zugegossen wird, was die Apostelgeschichte des Geistes, I (Neustadt 1858) S. 116, die Todtentaufe nennt, ist nur dahin zu deuten, dass die Seele einen Trunk des himmlischen Nektars, des indischen Amritam empfange, welcher die irdischen Erinnerungen und Schwächen hinwegnimmt und des ewigen Lebens theilhaftig macht. In Gräbern war daher den Aegyptern der Wasserkrug zufolge Creuzer. Symbolik III. S. 461, ein Bild der Erquickung der Seele im dunkelen Schattenreiche, wie den Aegyptern und Griechen der Wassermann im Thierkreise der Bewahrer und Verleiher des ewigen Wassers und Lebens. Der fortwandernden Seele wurde zugerufen: Gebe Osiris dir das kühle Wasser!

In den hier berührten Vorstellungskreis der blitzenden Gewitterwolken gehört der Pegasus, die leuchtende Donnerwolke, das geflügelte Donner- und Wolkenpferd, das Blitz- und Donnerross des Zeus,2) welchem das acht- [163] füssige1) Ross Sleipnir, der Schnellläufer, und das Wunschpferd2) oder das Zauberpferd des Odhin, der Schimmel des wilden Jägers, – der Elephant Airâvana, Airâvata des Indra und das weisse Ross Kalenki des Wischnu, auch die Böke des Thôrr, die Schwäne und die Rinder des Apollo, die Rinder des Gerynoeus u. s. w. sich mehr oder weniger innig anschliessen. Das Pferd oder Ross, mag es nun einen Wagen ziehen oder einen Reiter tragen, der Stier, die Kuh, das Rind, der Widder und das Schaf, in der Mythologie welches Volkes sie auch erscheinen, dürfen, wenn nicht ausnahmslos, doch gewiss durchgängig auf die dunkeln oder lichten Wolken bezogen werden. Nach Layard, Niniveh and its Remains, S. 443 ist auch auf den ausgegrabenen assyrischen Denkmalen das geflügelte Pferd in derselben Weise aufgefunden worden, wie man den Pegasus bei den Griechen darstellte (winged horse Pegasus of the Greeks). – Namentlich auch bei dem Hermes [...], dem widdertragenden Hermes, welcher zum unmittelbaren Vorbilde der Darstellungen des christlichen göttlichen Hirten gedient hat,3) ist der Widder, sowie auch im Culte des Zeus und der Athena, als Wolke zu deuten.4) Da aber Hermes bei den Griechen die Seelen in das Todtenreich zu geleiten hatte oder Psychopompos war, dürfte im höhern und höchsten Sinne der widdertragende Hermes auch dahin gedeutet werden, dass er liebend, rettend und erlösend die Seelen der Menschen in das Himmelreich hinübertrage.5) Ein solcher tragender, rettender und erlösender Hirte ist auch Christus. Christus dürfen wir als einen solchen Psychopompos um so eher auffassen, als die erste christliche Kirche nach den Darstellungen, welche auf Grablampen aus dem 3. und 4. [164] Jahrhundert von dem christlichen Hirten erhalten sind, Christus selbst also aufgefasst zu haben scheint, indem sieben Schafe zu des Hirten Füssen ruhen und sieben Sterne, umgeben von der Sonne und dem Monde, über seinem Haupte glänzen. Es ist gewiss keine allzu gesuchte Deutung, dass die Schafe, die Gläubigen und die Gottergebenen, von Christus zu den Sternen emporgetragen werden. Eben deshalb erscheint auch dem Hirten zur Seite der Prophet Jonas, welcher nach drei Tagen aus dem Leibe des Haifisches wieder auferstanden ist, also gleichfalls die Unsterblichkeit verbürgt und symbolisirt. Der schwarze Adler, welcher dem Zeus den Nektar, den Blitz und den Ganymedes zuträgt, ist gleichfalls nur die dunkele oder schwarze Wolke; Ganymedes selbst ist zugleich diese Wolke. Dem schwarzen Adler des Zeus entsprechen die beiden Raben (auch Habichte oder Wölfe) Odhins, welche ihm auf den Schultern sitzen, die ihm in das Ohr flüstern und welche er jeden Tag aussendet, die Zeit zu erforschen.1) Daher werden in Sagen auch dem Pabste zwei schneeweisse Tauben beigegeben, welche sich ihm auf die Schultern setzen und ihm Alles in das Ohr sagen, was er thun soll. Die schönste Erinnerung an die Raben Odhins findet sich in den deutschen Gedichten von König Oswald, der seinem Raben von zwölf Goldschmieden (den Asen) die Flügel mit Gold beschlagen lässt und ihn auf Liebeswerbung aussendet.2) Odhin wurde von seinen Raben der Rabengott, der Rabenvater genannt und die schlimme Bedeutung des Rabenvaters; kann erst in Folge des eingeführten Christenthums durch die Verteufelung der heidnischen Gottheiten aufgekommen sein. – Die Aegis, welche Zeus und Athene als ihren starken und furchtbaren Schild tragen, sind gleichfalls das schreckenerregende Wolken- und Gewitterschild; das abgeschlagene Medusenhaupt3) ist [165] auch die dunkele und vom Blitze durchzuckte Gewitterwolke, mit welcher der allleuchtende und Alles erfreuende Sonnenheld Perseus sich verhüllend auch heute noch die Menschen zu erschrecken vermag. Die Schwanjungfern, Schwanritter und Schwanhemden der deutschen Mythologie und Sagen, selbst der Mantel des Faust (die Wolke) und die unsichtbar machende Tarnkappe (der Nebel) sind ebenfalls hierher zu beziehen. Mit der Tarnkappe verwandt ist der Hut, den Odhin trägt, indem auch dieser nur die umhüllenden und bergenden Wolken bezeichnet; ebenso der Helm des Hades, den Perseus bei dem Kampfe mit der Medusa auf dem Haupte trägt.1) Viel zu weit in solchen Wolkendeutungen geht indessen Schwartz in seiner sonst sehr verdienstlichen und ansprechenden Schrift vom Ursprung der Mythologie. So versetzt Schwartz S. 173 und 210 das blühende Brautbett des Zeus und der Hera von der Erde in die Gewitterwolke und macht es zum Wolkenblumenbette; ebenso macht er S. 229 die Flora zur himmlischen Wolkenblumengöttin. In der ägyptischen Phönixsage ist nach Schwartz S. 216 die Anschauung des Gewittervogels enthalten, der sich im Gewitter verbrennt, aber auch neu entstehet, und dergleichen mehr.

Endlich gehört hierher der Wolken- und Gewitterhimmel als das ursprüngliche Todtenreich.2) Der See, über welchen nach uralter Vorstellung die Seelen in das Todtenreich schiffen oder auch durch einen Fährmann Charon ( [...] oder [...] d. i. der blitzäugige, [...])3), den Hades Hermes, – den deutschen Odhin und die Valkyrien oder die späteren Engel, den Tod und den Teufel mit dem Pferdefusse, – den indischen Yama, – den etruskischen Todtengott dahin geleitet werden, war ursprünglich das Wolkenmeer, der Gewittersee. Die grie- [166] chischen Mören oder [...] (Klôtho, die Spinnerin, Lachesis, die Losung, das Schicksalsloos, - und Atropos, die Unabwendbare), Kêren und Erinyen, – die römischen Parzen, nach Caesellius Vindex nämlich Nona , Decuma und Morta,1) und die germanischen Nornen und Valkyren, die arischen Nakus und Drukhs, die altrussischen Nawje2) sind die tödtenden Wolkengöttinnen, welche das Schicksal und den Tod bestimmen.3) Von demselben Wortstamme, welcher den Bildungen Nacus, Nawje zu Grunde liegt, leitet sich das nordische Norn ab. Es ist die Wurzel Nak, sanskr. nac, lat. necare, wovon necs, griech. [...] [...], goth. nahv-s, altn. nar, litth. nahwi sterben, nahwe Tod, nahwigs tödtlich, slay. nawiti morden. 4)

Die drei Nornen, welche auf keltischen Denkmälern als tria fata (Feen) sich finden, heissen Urdr, Verdandi, und Skuld, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Unter diesen drei Nornen schmieden die Vergangenheit und die Gegenwart die Lebensloose der Sterblichen zu, welche die Zukunft aufzunehmen bestimmt ist, d. h. aus den Thaten der Vergangenheit und Gegenwart gehen die Geschicke der Zukunft der Menschen hervor.5) Spinnend vertheilte auch bei den Griechen und Römern die [...] und die Parca, die Schicksals- und Todesgöttin, [...], das Schicksal in einem Faden aus Leinen, Wolle oder Haar an die Sterblichen. Darum hies [...], obwohl es ursprünglich die Gottheit, die Göttin, die Asa bezeichnete, das Schicksal und der Antheil, der Theil, das Lebens- und das Todtenlos, und genauer und schärfer aufgefasst, möchte die Göttin nur die Personification des letztern sein. [...], wovon [...], [...], lat. mors (der Tod) stammen, bedeutet vertheilen; der einem Jeden zugetheilte Theil des gesponnenen Fadens ist sein Antheil und Schicksal und zuletzt sein Tod, also [...] und [...]. Die Lebenslose, das Schicksal und der Tod werden von der vertheilenden Gottheit [167] gesponnen, gewebt und geflochten; das Schicksal, [...],oder [...], ist nur ein Faden, ein Strick, [...].1) Die Nemesis der Orphiker ist gleichfalls nur die Vertheilerin des Schicksals von [...], ich vertheile. Auch ist wohl hierher zu beziehen die Artemis, insofern sie als die Göttin mit goldener Spindel [...] bezeichnet wird, wie auch also die Leto, Amphitrite und die Nereïden bezeichnet werden und wie ähnlich in der deutschen Mythologie die himmlischen Spinnerinnen auftreten. Weberinnen sind auch die Sonnentochter Kirke und die ihr verwandte Kalypso, von denen es bei Homer heisst, dass sie singend, dass die Decke dröhnt, den grossen Webstuhl umwandeln, mit goldenem Webeschiff webend. Von ihrem singenden Weben heissen Kirke und Kalypso auch die tönenden [...] Göttinnen.2) Bauen, schmieden, weben, spinnen [...] [...]3), singen und spielen sind die gleiche Thätigkeit der die Welt und die Menschheit mit ihren Geschicken schaffenden und bestimmenden Gottheit, der Götter und der Göttinnen; der Gott ist der Schöpfer, Baumeister, Schmied, Former und Bildner, die Göttin aber, die grosse Allmutter, .die Weberin und Spinnerin, die Sängerin, die Schicksalsflechterin, die Penelope, welche bei Nacht vernichtet, was sie bei Tag geflochten hat, wie die Nacht den Tag begräbt. Der Gott vertritt hier den Geist, das Ewige und Bleibende, die Göttin dagegen den Stoff, das Vergängliche und Wechselnde, den Untergang und Tod. Alle Erdgottheiten sind deshalb zugleich Todesgottheiten, denn alles geschaffene Irdische muss wieder vergehen, – die Erde ist die Wiege, aber auch das Grab alles Erdenlebens. Daher heisst es im orphischen Hymnus an die Persephone:

‘Leben und Tod bist du den Menschen, o Persephoneia, Bringst immer Alles hervor und raubst das Gegebene wieder.’

In diesem Sinne sind namentlich auch die himmlischen .Sängerinnen und Tänzerinnen, die griechischen Musen und [168] Seirenen, die indischen Apsarasen und Gandharven, Kinnaras und Râgini’s1) – die deutschen Elfen und Nixen u. s. w. zu verstehen. 2)

Auch die lateinische Parca hat ihren Namen von partiri, pars; denn parcere, eigentlich genau eintheilen, sparen, schonen, hiess auch parsere, wie parsimonia beweiset.3) Das Grundwort war par, wovon mit vorgesetztem s sparen. Ebenso gehören hierher die drei griechischen Horen, die Töchter der Themis, die Eunomia (Göttin der Gesetze), die Dike (Gerechtigkeit) und die Eirene (Friedensstifterin); sie sind die Schwestern der Moiren. Die Horen und die Moiren vereint spinnen nach der orphischen Darstellung, gleich den persischen Izeds, den Hantel der Gerechtigkeit, der vertheilenden und richtenden Nemesis. Dieser Mantel ist der Schleier, das Gewand der ägyptischen Neith im Tempel zu Sais, welchen noch kein Sterblicher aufgehoben hat, das Gewand [...] der phönicischen Harmonia oder Khusartis, Thuro, Doto, welches Gewand die Göttin selbst in ihren Kammern gewebt haben sollte und worauf die Erde mit ihren Flüssen eingewirkt war, umgeben vom Okeanos, ringsum vom gestirnten Himmelsgewölbe umschlossen,4) – das Gewand der griechischen Athene, der sternenbesetzte Mantel des Mithra und das Sternengewand des tyrischen Herakles oder Baal. Das Jahr, das stets wechselnde und gesponnene Kleid der Erde, heisst daher bei den Slaven der Rock, womit das deutsche Rock und Rocken, das hebräische rakam, erschaffen und Kleider flicken, zusammenhängt. Auch der mit Cherubimbildern bedeckte Vorhang von blauer und rother Seide, welcher in dem salomonischen Tempel die Bundeslade verhüllte, war wohl nur das Symbol des Gewandes des allmächtigen Schöpfers, des grossen Bildners und Webers, des Jehovah. Auch dieser Vorhang durfte nicht gehoben werden, wie der Schleier der Neith zu Sais. Die künstlich gewirkten [...] oder Gewänder der Gottheiten, die Symbole des [169] Weltalls und der Schöpfung, bildeten einen Hauptschmuck der phönicischen Tempel und ihnen war ohne Zweifel der Schmuck, der Vorhang, sowie die Kleidung des Hohepriesters des salomonischen Tempels zunächst nachgebildet. Die Symbolik der Alten war in dieser Hinsicht allumfassend bis herab zu dem Materiale, aus welchem der Tempel und seine einzelnen Theile erbauet und hergestellt waren. Dabei sind zugleich die heiligen Zahlen 3, 5, 7 und 12 von dem bestimmendsten und durchgreifendsten Einflusse gewesen. Das Nähere in dieser Beziehung der Abhandlung über den salomonischen Tempel vorbehaltend, möge nur beispielsweise vorläufig hier angeführt werden, dass die im jüdischen Tempeldienste beim Gesange der Psalmen gebräuchliche Zither zehn und die dreieckig gestaltete Harfe zwölf Saiten hatte, das Letztere offenbar in Beziehung auf die zwölf Monate des Jahres oder zwölf Abtheilungen und Bilder des Thierkreises, wie darauf auch das Brustschild des Hohepriesters mit den zwölf Steinen und den Namen der zwölf Stämme, die zwölf Schaubrode und die zwölf Löwen des ehernen Meeres sich bezogen. Der siebenarmige Leuchter, wovon sich z. B. bei Semper, der Stil I. S. 404, eine Abbildung befindet, wies dagegen auf die sieben Tage der Woche und die sieben Planeten, auf die pythagoreische Harmonie der Sphären hin, wie das Halsband [...] der phönicischen Harmonia, und die siebensaitige Lyra und die siebenlöcherische Flöte des griechischen Apollo. Auch dem Jehovah selbst werden in den alttestamentalischen Schriften zufolge Furtwängler, die Idee des Todes, S. 56, Anm. 6, sieben Augen beigelegt. Der symbolische Sinn und das symbolische Gefühl des Alterthums ist den Maurern grüsstentheils verloren gegangen und nur deshalb erscheinen mitunter die nicht genug verstandenen Formen entweder als todt oder gleichgültig, während es nur von Denen, welche die Formen gebrauchen, abhängt, sie zu verstehen und zu vergeistigen. In gewissem Sinne ist die Handwerksmaurerei im J. 1717 nicht abgeschafft, sondern zuerst eingeführt worden.


XV.
Die maurerische Lehrweise.

[170]

Die symbolische Lehrweise der ägyptischen Priester hatte besonders auch Pythagoras, ihr 22jähriger Schüler und endlicher Genosse, sich angeeignet und in seiner Schule eingeführt. Ab jedoch Pythagoras nach seiner Rückkehr aus Aegypten und aus Babylon nach seinem Vaterlande Samos hier um das Jahr 511 v. Chr. mit Vorträgen nach der ägyptischen oder symbolischen Unterrichtsweise begann, soll er dadurch seine samischen Zuhörer so sehr abgeschreckt haben, dass er sich bald auf einen einzigen Zuhörer, seinen namensverwandten Pythagoras beschränkt sah; aber auch diesen habe Pythagoras nur dadurch an seinen Unterricht fesseln können, dass er ihm, als einem armen Menschen, anfangs für jeden erlernten Satz eine Geldbelohnung gab, bis endlich der junge Mann, durch die gemachten Fortschritte begeistert, auch ohne die Lohnung des Geldes sein bleibender Anhänger wurde und ihn auch dann nicht verliess, als er von Samos schied und nach Korton in Unteritalien übersiedelte, wo seine Vorträge grössern Beifall fanden.1) Die Unterrichtsweise der ägyptischen Priester und mit ihnen des Pythagoras war ausserdem eine katechetische, d. h. bestand anfänglich in ganz kurzen Fragen und Antworten, welche die Schüler einfach auswendig zu lernen hatten und die erst später erläutert wurden, gerade wie es noch dermalen mit dem Erlernen der maurerischen Katechismen gehalten zu werden pflegt. Solche pythagoräische Fragen und Antworten, griechisch-ägyptische Spruchweisheit, sind z. B.:

[171]
‘Was ist die Harmonie?
‘Die Weltordnung.’
Was ist es, das die Orakel in Delphi gibt?
‘Die Vierfaltigkeit (d. i. der ägyptische viereinige Gott des Urgeistes und Urmaterie, der Urzeit und des Urraumes.1)
Was ist das Weiseste?
‘Mass und Ziel.’
Und nach diesen?
‘Der Erfinder der Sprache.’
Was ist das Mächtigste?
‘Die Intelligenz.’
Was ist der wahrste Ausspruch?
‘Dass die Menschen elend sind.’

Aehnlich hatte schon Thales von Milet, welcher auch bei den ägyptischen Priestern gewesen und in ihre Geheimnisse eingeweiht war, gefragt:

‘Was ist das Schwerste?
‘Sich selbst zu erkennen. ’
Was ist das Leichteste?
‘Der Gewohnheit folgen.’

Auch liebten es die ägyptischen Priester, nach Art der Maurerei ihren Schülern kurze Lebens- und Verhaltungsvorschriften zu geben; solche pythagoräische Vorschriften sind:

Der Beginn ist die Hälfte des Ganzen.
Ohne Licht (ohne Sachkenntniss) sollst du nicht sprechen.
Die Waage (das Gleichmass) sollst du nicht überspringen.
Störe das Feuer nicht mit dem Schwerte, d. i. reize den Aufwallenden und Zornigen nicht durch scharfe Reden.
Zerreisse den Kranz nicht, d. i. rühre nicht an die Gesetze, denn sie sind der Städte Kränze.
Sitze nicht auf dem Scheffel, d. h. lebe nicht unthätig.
Kehre von der Reise nicht um, d. i. hänge im Sterben dem Leben nicht an.
Wandele nicht auf den Landstrassen, d. i. schmiege dich nicht den Meinungen der Menge an, sondern folge der kleinen Zahl Vernünftiger.
Nimm Schwalben nicht in dein Haus auf, d. i. mache geschwätzige Menschen von ungebändigter Zunge nicht zu deinen Hausgenossen.

[172]

Aufladen die Last hilf dem Träger, abwerfen hilf ihm nicht, d. i. stehe Niemand in der Trägheit bei, fördere ihn in der Bestrebsamkeit.
Trage Götterbilder nicht im Ringe, d. i. mache göttliches Wissen und Wort nicht gemein und theile es nicht dem grossen Haufen mit.1)
Du sollst nicht von dem Herzen zehren (dich nicht dem masslosen Kummer überlassen).

Auch war es eine solche, nach den Berichten von Pythagoras bei jeder Gelegenheit eingeschärfte allgemeine Vorschrift: Mit allen Mitteln, und selbst den strengsten, wie bei Krankheiten mit Brennen und Schneiden, müsse man vertilgen und ausrotten – aus der Seele die Unwissenheit, aus dem Bauche die Ueppigkeit, aus dem Staate den Bürgerzwist, aus der Familie die Uneinigkeit und aus allen endlich die Masslosigkeit. Mehr religiöse Vorschriften des Pythagoras waren:

Es ist ungereimt, das Gute anderswoher zu suchen als von den Göttern. Denn da ein Gott ist und dieser der Herr des Alls, so folgt von selbst, dass man von diesem das Gute erbitten muss.
Die Vorschrift, laut zu beten, nicht als ob nicht Gott auch das leise Gebet höre, sondern weil man nur Das erbitten dürfe, was Jedermann wissen könne.
Das Verbot für sich zu beten, weil man sein eigenes Beste nicht wissen könne und daher Gott zu überlassen habe.
Das Gebot des Morgens beim Aufstehen die Pflichten des Tages zu überdenken und Abends vor dem Schlafengehen sich Rechenschaft zu geben, wie sie erfüllt worden seien, was habe ich gefehlt, was recht gethan, was pflichtwidrig verfehlt? Die Parsen sollen gleichfalls, wie der Sad-der Bundehesh vorschreibt, am Abende, ehe sie einschlafen, nochmals sämmtliche Thaten, die sie den ganzen Tag über vollbracht haben, durchdenken und prüfen, ob sie gesündigt haben oder nicht.2) Besteht zwischen dieser Vorschrift Zoroasters und derjenigen des Pytha- [173]
goras ein Zusammenhang, dann ist diese jener nachgebildet.
Das Gebot, sich zu verheirathen und Kinder zu erzeugen, damit die Gottheit Verehrer und Diener habe.
Das Gebot: Bringe den Göttern Trankopfer mit dem Ohre des Gefässes, d. i. ehre und preise die Götter durch den Ton der Musik, denn diese gehet zum Ohre ein.
Das Gebot: Du sollst nicht im Vorbeigehen in einen Tempel eintreten, denn das Heilige sollst du nicht als Nebengeschäft behandeln.
Der Ausspruch: Mühen und Arbeiten sind heilsam; Genüsse und Ergötzlichkeiten verderblich; denn zur Busse sind wir auf die Welt gekommen, also müssen wir uns auch plagen.

Derartige ägyptisch-pythagoräische Lebensvorschriften finden sich nun auch bei den Maurern und besonders dem Meister werden bei seiner Aufnahme z. B. nachfolgende Klugheitsregeln ertheilt:

Sehe vor, was du thun sollst, und. sei immer bereit. Sei weder feig noch furchtsam, aber vermeide den Eigendünkel!
Versuche niemals Hindernisse allein zu beseitigen, welche deine Kraft übersteigen, sondern suche die nöthige Hülfe!
Untersuche sorgfältig die Gegenstände, welche dich umgeben, und glaube nicht, dass diejenigen, die am meisten Reiz für dich haben, auch immer die besten seien!
Lasse dich in kein Unternehmen ein, ohne vorher den wirklichen Nutzen desselben und die Möglichkeit des Erfolges dir klar gemacht zu haben!
Verliere keinen Augenblick den Zweck, nach dem du streben sollst, aus dem Auge, damit du wieder in den guten Weg einlenken kannst, wenn du dich von demselben solltest entfernt haben!
Verfolge deinen Weg mit Festigkeit und Beharrlichkeit, aber besonders weiche nicht zurück, wenn dir auch deine Kräfte nicht erlauben, vorwärts zu kommen. –
Muth, Beharrlichkeit, eifriges Verlangen muss den Maurer bilden, ohne diese könnte uns der Bund nichts helfen.

[174]
‘Ein heldenmüthiges Herz, für Menschenliebe, für Ewigkeit und Gott hoch entbrannt, ist dem ernsten Bunde der Meister willkommen. Man fordert Proben von Unschuld und Muth. Wer das Laster nicht liebt, tritt reiner aus den stärksten Prüfungen. Die verderbte Seele zeigt ihre Qual, nur Unschuld und Tugend sei ihr Schmuck und Schutz. Standhaft, wie ein Gerechter, ruhig wie ein Unschuldiger, wer vorwärts will; aber vor allem Zutrauen und Unterwerfung.’

Die maurerischste Lehr- und Redeweise wäre diejenige in Triaden, d. h. in dreifachen oder dreigegliederten Sätzen, wie dieselbe vorzüglich bei den Druiden (d. i. den Wissenden, den Gelehrten) üblich war und auch bei den ältern griechischen Philosophen, sowie in den Zendschriften vorkommt. Vendidad, Farg. XXIII, 41 und 42 sagt z. B.: „Wendet euch nicht von den 3 besten Dingen: dem guten Denken, Sprechen und Handeln. Wendet euch von den 3 schlechten Dingen ab: dem schlechten Denken, Sprechen und Handeln.“ Farü. VIII, 95 heisst es: „Aehnlich, o heiliger Zarathustra, nimmt das mazdayacnische Gesetz alle schlechten Gedanken, Worte und Handlungen eines reinen Mannes hinweg, wie der starke, schnelle Wind den Himmel von der rechten Seite her reinigt.“ – Zoroaster, Zarathustra (d. i. nach Haug der grösste Liederdichter), hatte den sinnreichen Spruch: „Die höchste Dreiheit (drigu) ist Gedanke. Wort und That;“ denn aus Gedanken fliesst das Wort und aus beiden die That. Fine solche Trias sind ferner die dem letzten Könige von Babylon von unsichtbarer Hand auf den Kalk des Palastes geschriebenen hebräischen Worte: „Mene, Tekel, Peres,“ wovon der Prophet Daniel die Auslegung gab: „Gezählt“ ist deine Regierung, „gewogen“ bist du und zu leicht befunden, „getheilt“ wird dein Reich an die Meder und Perser.1) Sehr beachtenswerth für den Zusammenhang der indogermanischen Völker ist es, dass auch die Druiden die Triade hatten: „den Mann empfiehlt es, wenn er richtig, denkt, richtig spricht und richtig handelt.“ Andere Triaden der Druiden sind z. B.:

[175]

Die Gottheit ehren, nichts Böses thun und der Mannhaftigkeit pflegen.

Der Gesang soll den Verstand.bilden, das Herz veredeln und die Leidenschaft mässigen.1)

Im Buddhathuine wird die Morallehre des Buddha in die Triade zusammengefasst, dass man alles Böse unterlassen, das Gute vollbringen und die eigenen Gedanken bezähmen solle.2) Auf das Letztere fällt dabei das Hauptgewicht; die Zähmung des Selbst, die Bändigung der Leidenschaften und Begierden, die Reinigung der Seele von schmutziger Sinnlichkeit und Selbstsucht ist das erste und im Grunde das einzige Gebot. – Von dem Gesetze des Buddha wird trilogisch gesagt, es sei gut am Anfang, gut in der Mitte und gut am Ende. Ferner ist es auch ein buddhistisches Gebot:

‘Nichts Uebles thun, nichts Gutes unterlassen, der Gedanken Gang Rein halten unablässig sich, Gebot den Buddhen ist.’

Bei den Römern werden in §. 3 Inst. de justitia et jure I, 1 die gesammten Vorschriften des Rechts, die ganze Rechtsgesetzgebung in die Triade zusammengezogen, ehrbar zu leben, Niemanden zu verletzen und Jedem das Seinige zu geben (boneste vivere, alterum non laodere, suum cuique tribuere). Als eine maurerische Trias erscheinen in dem ältesten englischen Lehrlingskatechismus die Fragen und Antworten 74 und 75.

Fr. Von welchem Gebrauche sind für Euch die fünf Sinne in der Maurerei?
A. Drei sind für mich von grossem Gebrauche, nämlich das Hören, Sehen und Fühlen.
Fr. Von welchem Gebrauche sind sie, Bruder?
A. Das Gehör dient, um das Wort zu hören; das Gesicht dient, um das, Zeichen zu sehen; das Gefühl dient, um den Griff zu fühlen, dass ich einen Bruder erkennen kann ebensogut im Finstern als im Lichten.

Als weitere maurerische Triaden mögen angeführt werden:

[176]

Weisheit entwirft, Stärke führt aus und Schönheit ziert.

Die Bibel dient, um unsern Glauben zu regieren und zu leiten; das Winkelmass, um unsere Handlungen gesetzmässig zu machen; der Zirkel, um uns innerhalb der gehörigen Grenzen mit allen Menschen, insonderheit mit einem Bruder, verbunden zu halten.

Die Sonne regiert den Tag, der Mond regiert die Nacht und der Meistermaurer seine Loge oder sollte es wenigstens.

Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgethan.

Der Lehrling soll seine Leidenschaften überwinden, seine Vorurtheile bekämpfen und seinen Eigenwillen unterwerfen lernen.

Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden und an den Menschen ein Wohlgefallen.

Eine andere maurerische Trias, welche dem Gesellen bei der Aufnahme zum Meister zugerufen wird, ist diese:

‘„Mit redlichem Herzen suchen, mit Verstand begehren, mit Zutrauen und Beharrlichkeit anklopfen, dies ist die Wissenschaft der Weisen.“’

Als seine Pflicht wird dem neu aufgenommenen Meister trilogisch eingeschärft, die Arbeiter zu leiten, zu belehren und ihnen mit gutem Beispiele vorzuleuchten. – In der bekannten Halliwell’schen Urkunde aus dem 15ten Jahrhundert wird gesagt:

Der Meister Maurer darf wanken nie,
Muss standhaft, treu und wahrhaft sein,
Nie darf ihn seines Werks gereu’n.

In dem Lehrlingskatechismus der frühern Loge zu Prag wurde auf die Frage: „Wodurch muss sich ein Freimaurer auszeichnen?“ geantwortet: „Durch einen Wandel ohne Tadel, durch eine Denkart ohne Vorurtheil und durch eine Freundschaft gegen seine Brüder, die jede Prüfung aushält. Das sind eigentlich die drei grossen Lichter, die den schönsten Glanz über unsre allgemeine Loge streuen.“1)

[177]

Aehnlich wie hier die Dreizahl, die Trias die trilogischen Gebote erscheinen und angewandt werden, wird auch die Fünfzahl angewandt und erscheinen fünfgliederige Gebote, fünf Gebote. So sind namentlich die mosaischen zehn Gebote eigentlich zwei unzertrennliche Fünfgebote auf zwei Tafeln mit je fünf Geboten.1) Nach Bunsen lauteten diese mosaischen zwei Fünfgebote, beziehungsweise Zehngebote, der Decalog, also:

Die fünf Gebote der ersten Tafel.
  • 1. Ich, der Ewige, bin dein Gott der ich dich aus Aegyptenland, aus dem Diensthause geführet habe; du sollst keine andere Götter neben mir haben.
  • 2. Du sollst dir kein Bildniss noch irgend ein Gleichniss machen, weder dess das oben im Himmel, noch dess das unten auf Erden, oder dess das im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht.
  • 3. Du sollst den Namen des Ewigen, deines Gottes nicht missbrauchen.
  • 4. Gedenke des, Sabbathtages dass du ihn heiligest.
  • 5. Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.
Die fünf Gebote der zweiten Tafel.
  • 1. Du sollst nicht tödten,
  • 2. Du sollst nicht ehebrechen.
  • 3. Du sollst nicht stehlen.
  • 4. Du sollst kein falsches Zeugniss reden wider deinen Nächsten.
  • 5. Lass dich nicht gelüsten deines Nächsten Hauses.

Die buddhistische Moral zählt fünf Haupttugenden und damit auch umgekehrt fünf Hauptsünden; jene sind:

  • 1) Nichts zu tödten, was Leben hat;
  • 2) nicht zu stehlen;
  • 3) keine Unkeuschheit zu begehen;
  • 4) nicht zu lügen;
  • 5) nichts Berauschendes zu trinken.
[178]

Die Erfüllung dieser 5 Gebote sind die 5 Haupttugenden und ihre Uebertretung die 5 Hauptsünden. 1)

Jedem wird und muss die merkwürdige Uebereinstimmung auffallen zwischen dem buddhistischen Fünfgebote, welches sich auch zu einem Zehngebote oder Decalog erweitert, mit der 2ten mosaischen Gesetzestafel und ihren fünf Geboten, so dass man einen Zusammenhang in dem Sinne vermuthen darf, dass Buddha die mosaische Gesetzgebung gekannt und nachgeahmt habe, obwohl Köppen, a., a. O., S. 446 nicht an einen solchen Zusammenhang glauben will. Erwähnt mag bei dieser Gelegenheit noch werden, dass der ägyptisch-pythagoräische oder maurerische 5eckige Stern sich als Symbol auch bei den Indern findet und bei ihnen vorzüglich dem Wischnu heilig ist.2) Nach den Münchner gelehrten Anzeigen für 1857 Nr. 27 haben die geheimen Gesellschaften im heutigen China, welche überhaupt in ihren Einrichtungen den Freimaurern ähnlich sind, besondere eigene Erkennungszeichen und Erkennungsworte haben und einen innigen Bruderbund bilden, den 5eckigen Stern mit versetzten chinesischen Charakteren zum Siegel.

Nach dem persischen Dichter Dschami in seinem 1487 geschriebenen Rosengarten gibt es 5 Dinge hienieden, die ihrem Besitzer Lebensglück und Frieden geben: das erste heisst Gesundheit, das zweite Unabhängigkeit, das dritte Wohlstand, das vierte ein treuer Gefährte, das fünfte ein ruhiges Herz. Wer diese 5 Dinge verlor, dem schloss sich auf immer des Glückes Thor. Ebenso sagt ein indischer Dichter: Folgsame Kinder und eine zärtliche Gattin, treue Genossen und gütige Herren, Frohsinn im Herzen und feste Gesundheit, Güter, die von Vergänglichkeit fern; dann einen Freund und Weisheit daneben, möge uns Wischnu, der himmlische geben!“

Br. Goethe hat in seinem westöstlichen Divan den Versuch gemacht, die Lebensregeln in fünfgliederige Sätze [179] einzukleiden, wie solche oben in dreigliederige Sätze eingekleidet vorkommen, und zwar also:

Fünf Dinge.
Fünf Dinge bringen fünfe nicht hervor,

Du, dieser Lehre öffne du dein Ohr:

Der stolzen Brust wird Freundschaft nicht eutsprossen;

Unhölich sind der Niedrigkeit Genossen;

Ein Bösewicht gelangt zu keiner Grösse;

Der Neidische erbarmt sich nicht der Blöse;

Der Lügner hofft vergeblich Treu und Glauben;

Das halte fest und Niemand wird dir’s rauben.
Fünf Andere.
Was verkürzt mir die Zeit?

Thätigkeit!

Was macht sie unerträglich lang?

Müssiggang?

Was bringt in Schulden?

Harren und Dulden!

Was macht gewinnen?

Nicht lange besinnen!

Was bringt zu Ehren?

Sich wehren!

Entgegen den 7 Gaben des heiligen Geistes, den 7 Kardinaltugenden, den 7 guten menschlichen Geistern, nach der maurerischen Bezeichnung der Weisheit, Stärke, Schönheit, Sanftmuth, Bruderliebe, Hülfeleistung und Treue, nimmt die katholische Kirche 7 Todsünden, 7 Hauptlaster, 7 böse menschliche Geister an. Bei den Aegyptern waren, wie 42 Todtenrichter, auch 42 Todsünden und von diesen Sünden allen hatte sich der Todte zu reinigen.1) Die 7 oder 6 Mal 7 Kasteiungstage der Priester sollen mit den 7 oder 42 Todsünden zusammenhängen. 2)


XVI.
Das Sommerjohannisfest als Rosenfest.

[180]

Seit den ältesten Zeiten der Menschheit bis herab auf die Gegenwart pflegte und pflegt die Zeit der blühenden und verblühenden Blumen und besonders der schönsten und herrlichsten aller Blumen, der Rosen, festlich gefeiert zu werden, sei es als Fest der Freude über den wieder zurückgekehrten und wieder blühenden Frühling und Sommer, sei es als Fest der Klage und der Trauer über die schon wieder dahinwelkenden und dahinsterbenden Blumen und Rosen, oder als beides zugleich, als Fest des Lebens und des Todes. Da die ursprüngliche Religion der Menschen die Anbetung und Verehrung des in seiner Schöpfung, in dem Erden- und Naturleben sich offenbarenden und verkündenden Gottes ist, mussten sich auch die religiösen Feste des Alterthums an den Jahreslauf , an den Wechsel der Sonne und Natur anschliessen und waren entweder Freudenfeste über die wiederkommende und beglückende Sonne mit dem wiederkeimenden und blühenden Naturleben, oder Trauerfeste über die scheidende und geschiedene Sonne mit dem dahinsterbenden und gestorbenen Leben der Natur. Indem der Mensch frohlockend und wehklagend dem Sonnen- und Erdenleben folgt, mit der Sonne und Natur lebt und stirbt, fallen von selbst alle religiösen Feste der ältesten Völker in die 4 Hauptepochen oder 4 Hauptabschnitte des Jahres, der scheinbaren Sonnenbahn, die doppelte Tag und Nachtgleiche und die doppelte Sonnenwende. Die Feste sind entweder Aequinoctial- oder Solstitialfeste. Sie sollen die Freude und den Dank aussprechen über den Jahressegen, über den blühenden Frühling und reichen Sommer, oder die Trauer und den Schmerz über den verwelkenden Herbst und den kalten und eisigen Winter, und sind durchaus das frohe und traurige Bild der jedesmaligen Tag- und Nachtgleiche und Sonnenwende. Besonders hat schon [181] Hammer in den Wiener Jahrbüchern der Literatur, 1818 Bd. III, S. 146 ff., den Satz zu erweisen gesucht, dass die Hauptfeste der ältesten Völker, weil die Sonne der älteste Gott gewesen, in die 4 Hauptepochen oder Hauptabschnitte des Jahres, nämlich die doppelte Tag- und Nachtgleiche und Sonnenwende, fallen.

Sobald und nachdem die Sonnen- und Naturkraft in einem Gotte oder in mehreren Göttern personifcirt gedacht wurden, die Sonnen- und Erd- oder Naturgottheiten geschaffen waren, verwandelten sich von selbst und nothwendig die religiösen Jahresfeste in Freudenfeste über die Geburt, das Leben und den Sieg, oder in Trauerfeste über das Leiden und Sterben des Sonnen- und Erd- oder Naturgottes. Geburt und Tod, Kommen und Scheiden, Siegen und Unterliegen, Freuden und Leiden der Gottheit und Natur, wie dieselben in dem ewigen Jahreswechsel vorüberziehen, sind der Inhalt aller alten heidnischen, religiösen und kirchlichen Feste. An die uralten heidnischen Feste der Natur und der blosen Naturgötter knüpfte bei der Einführung des Christenthums mit tiefer Einsicht und grosser Klugheit die Geistlichkeit die Feste der christlichen Kirche an, um dadurch einerseits dem Christenthum leichtern Eingang zu verschaffen und andererseits die hergebrachten Volksgebräuche und Volksansichten noch möglichst zu schonen, nur unmerklich und allmälig zu verdrängen oder im christlichen Sinne umzugestalten.1) Hierdurch ist es gekommen, dass in den christlichen Festen und in den von der Kirche gefeierten Personen sich auf eine seltene und nicht genug zu beachtende Weise Mythologie und Geschichte, Dichtung und Wahrheit, Natur und Gott, Erde und Himmel zu einem Ganzen verbunden haben. Diesen Gang musste aber die Entwickelungsgeschichte der germanischen Völker nehmen, weil in der Menschen- und Völkergeschichte ein stetiger und ununterbrochener Fortgang ist und was einmal in dem Herzen und dem Geiste [182] eines Volkes eine Stätte gefunden hat, in unvertilgbaren Zügen mit dem Volke bis zu dessen Untergang fortlebet. Vieles, was wir noch heute üben, denken und fühlen, haben vor zwei und mehr Jahrtausenden unsere Stammväter in Hochasien und in dem nördlichen Europa ebenso geübt, gedacht und gefühlt.

Die alten heidnischen Naturfeste und Feste der Sonnen und Naturgottheiten traten dadurch zu den Menschen in eine nähere Beziehung und erhielten zugleich eine menschliche Bedeutung, einen menschlichen Sinn, dass die Menschen in dem Vergehen und Wiedererstehen der Natur und des Sonnen – und Naturgottes die Hinfälligkeit und Vergänglichkeit des eigenen Lebens beweinten und beklagten oder die freudige und tröstende Hoffnung der eigenen Wiederauferstehung aus dem Tode, der Unsterblichkeit des Geistes schöpften. Der Glaube an die Unsterblichkeit der Seele, an das Auferstehen der Todten und an die Rückkehr des den Menschen beseelenden Lichtes zum Lichte ist gewiss ursprünglich geweckt und getragen worden durch den Anblick der untergehenden und schwindenden Sonne mit dem Bewusstsein, dass dieselbe nicht in der Nacht versunken bleiben, sondern am kommenden Morgen schöner und herrlicher emporsteigen werde. Dem Untergange der Sonne folgt sicher ihr Wiederaufgang, ja sie geht eigentlich gar nicht unter und wird nur vorübergehend unsern Augen verborgen und entzogen. So ist auch unser Sterben nur ein Sonnenuntergang, woran der schönere und frohere Auferstehungsmorgen sich anschliesst; wir sterben nicht, wir schlafen blos zum neuen und bessern Leben hinüber, – die Seele wirft nur die Fesseln der irdischen Hülle ab und schwingt sich befreiet und erlöset, gereinigt und entsündigt zu dem Himmel empor. Der Verlauf des einzelnen Sonnentages ist das Vorbild und die Bürgschaft, das Pfand des ganzen Menschenlebens, des unsterblichen Menschengeistes; die Sonne und der Menschengeist sind gleich licht, dauernd und unvergänglich. – In verwandter und noch weit stärkerer Weise wirkte auf den Glauben und die Vorstellungen der ersten Hirten und Ackerbauer, der ersten Menschheit und Völker der unabänderlich sich wiederholende scheinbare Jahreslauf [183] der Sonne mit dem daraus hervorgehenden ewigen Umschwung und Wechsel des Erd- und Naturlebens, – ihr Abwärtssteigen in der Mitte des Sommers bis zur endlichen Rückkehr, bis zum Beginnen des Wiederaufsteigens gegen Ende des Monats Dezember. Auf den finstern und rauhen Winter folgte ein lichteres, wärmeres, blumen- und früchtereiches neues Jahr; aus dem Grabe des untergegangenen Jahres erhob verjüngend das neue sich, die alte Welt diente nur zur Wiege der zweiten schönern. Das scheidende Jahr ist nur der ägyptische Vogel Phönix, welcher sich in der Sonnenstadt selbst verbrennt, um schöner und neu aus seiner Asche wiederzuerstehen.1) Dieser Gang des Jahreslaufes und der Jahresverjüngung, das Absterben und Wiederaufleben der Sonne und Natur, die Sehnsucht und Hoffnung nach dem nahenden neuen Jahre beim Untergange des alten wurde der ersten Menschheit und den ersten Völkern bald und leicht zum Gange und Bilde des grossen Weltlebens und ’Weltjahres, zur Trauer über den Weltuntergang und zur Hoffnung, zur Mythe des Entstehens einer neuen, schönern und bessern Welt. Der untergehende Tag und das untergehende Jahr mit der dahinsterbenden reichen Naturpracht musste den ersten Völkern die Ansicht und den Glauben bringen und tief in das Herz prägen, dass dereinst auch diese Erde und diese Welt vergehen und zu einer neuen vollkommeneren sich verjüngen werde. Diese Ansicht und dieser Glaube wurde um so allgemeiner, tiefer und sittlicher, je mehr man die Unvollkommenheiten und Gebrechen der gegenwärtigen Welt fühlte und erkannte, je mehr man das Wahre, Gute und Schöne hier vermisste, – je winterlicher, kälter und lichtarmer man sich jetzt wusste. Die in fast allen Religionen und Mythologien des Alterthums erscheinende Vorstellung von einer zweiten besseren Welt, welche an die Stelle der untergehenden gegenwärtigen treten werde, ist durchaus nur die auf das Weltgeschick übertragene und in dasselbe verflochtene oder umgestaltete Erfahrung über die Rückkehr der fortgegangenen Sonne und Jahrespracht.

[184]

Die vier Weltperioden des Zendvolkes und der Inder sind die vier Jahreszeiten der Welt,1) weshalb auch bei dem Zendvolke.die Weltdauer vier Mal drei Monate von je 1000 Jahren oder zwölf Monate mit 12,000 Jahren betrug. In der dritten Weltperiode, d. h. nach der Sommersonnenwende begann der Kampf zwischen Ormuzd und Ahriman, das Zeitalter des Kampfes zwischen Licht und Finsterniss, zwischen dem Guten und Bösen - und des Zweifels, und die letzte Weltperiode, der Winter, ist das Zeitalter der Oberherrschaft des Ahriman, der Finsterniss und der Kälte, des Schlechten und des Unterganges.2) In den beiden ersten Perioden der Welt, im Frühling und Sommer, herrscht der schaffende Ormuzd, ist die Welt erschaffen worden, wie auf der Erde Alles sich entfaltet, blühet und sich zur Frucht gestaltet; der Weltfrühling und Weltsommer gleichen dem Erdenfrühling und Erdensommer, – sind die Zeit des Werdens, des Blühens und Reifens, der Sonne, des Lichts, des Guten, des Ormuzd. Die zwei ersten Perioden umfassen die Zeit des entstehenden und bis zu seiner höchsten Kraft wachsenden Lichtes und des siegreichen und allgewaltigen Naturlebens, des Ormuzd; die beiden letzten Perioden dagegen die Zeit des abnehmenden und gleichsam in Kälte und Finsterniss endlich erlöschenden Lichtes und Naturlebens , des mit Ormuzd ringenden und stets mächtiger werdenden Ahriman bis zum allgemeinen grossen und reinigenden Weltbrande.2) – In der deutschen Mythologie ist der Tod des Lichtgottes Baldur zunächst nur das Eintreten der Sommersonnenwende, des Herabsinkens der Sonne und Natur, wenn die Tage am längsten geworden sind und nun wieder kürzer werden; da aber unter Baldurs Tod allmälig auch der Verlust der Weltunschuld und Weltvollkommenheit, der Unschuld und der Reinheit der Götter gedacht wurde, liess man Baldur zur Zeit der Wintersonnenwende [185] mit der rückkehrenden Sonne nicht mehr zurückkehren oder aufleben, sondern musste seine Rückkehr als die Rückkehr der Weltunschuld und Weltvollkommenheit in einer andern Welt fassen.1) Wie das neue Jahr, die neue Sonne,. das Frühjahr, der neue Mai, den trüben und hässlichen Winter von der Erde hinwegnimmt und dieser neues Leben verleiht, so wird auch einstens eine neue Sonne kommen, um die Welt von ihren dermaligen Leiden, Fehlern und Unvollkommenheiten zu befreien und zu erlösen. Doch bevor die neue Sonne, der Erlöser erscheint, muss die alte Sonne und alte Welt untergehen, und dieser Untergang wird herbeigeführt durch den Winter, die Finsterniss, die Nacht, das Böse, welche letztere aber der neuen Sonne und dem kommenden Erlöser wieder weichen werden. Das natürliche und sittliche Gebiet durchdringen sich dabei und theilen das gleiche Schicksal, unterliegen demselben Verlaufe, Untergang und Tode; Baldur ist die neue Sonne und das heilige reine Licht, – die Heiligkeit, die Reinheit und Unschuld der Götter. 2)

Der die Urgeschichte der Menschheit durchdringende und besonders bei dem Zendvolke, bei den Indern, bei den Hebräern und Germanen sich findende Gedanke an einen kommenden Erlöser der Menschheit, der dem Bösen wehrt, Tugend und Gerechtigkeit wieder herrschend macht und das Reich der bösen Geister zerstört, indem er das Reich Gottes verherrlicht,3) ist die auf die sittliche Welt von der natürlichen übertragene und angewandte Hoffnung der neuen Sonne. Ehe das Ende der gegenwärtigen Welt durch den allgemeinen Weltbrand herbeigeführt wird und in der letzten schrecklichen Zeit, wenn Religion, Tugend und Gerechtigkeit verschwunden sein werden, wird nach dem Zendavesta Ormuzd unvermuthet durch den Propheten Sosiosch, Caoshyanc, d. i. nach Spiegel, Avesta I. S. 244, der Nützliche, welcher aus dem Wasser Kanse von einer Jungfrau geboren werden soll, als einen Erlöser der Menschen diese in Schutz nehmen, durch ihn eine [186] allgemeine Bekehrung zu dem Gesetz des Ormuzd und die Auferstehung aller Todten bewirken. Höchst beachtenswerth ist, dass bei dem Zendvolke der Erlöser Sosiosch als Sohn einer Jungfrau erwartet wurde. Nach dem Bun-Dehesch, freilich einer jüngern Zendschrift, ist Sosiosch einer der drei Söhne Zoroasters, welche dieser mit der Huo zeugte. Dreimal, heisst es, wohnte Zoroaster der Huo bei, aber jedesmal senkte sich der Menschenkeim, den sie empfangen, in das Wasser Kanse, wenn sie sich in demselben reinigte. Hier bewahren himmlische Izeds diese Keime, bis sie wirklich als Menschen geboren werden sollen. Drei Mädchen werden sich dann in diesem Wasser baden, die Keime aufnehmen und sie als Kinder zur Welt bringen.1) Im Vendidad wird Sosiosch nur als Ueberwinder und Zertreter der Devs oder der Teufel, als der Erlöser der Menschen dargestellt. Im Bun-Dehesch aber erscheint sein Wirkungskreis noch viel erhabener. Er wird nicht allein Ueberwinder der Devs, sondern auch Ueberwinder des Todes und Richter der Welt sein. Er wird die Todten durch Ormuzd Macht auferwecken, ihnen weissen Hom (Haoma, Homa) und was vom Stiere Sareseok kommt, zu trinken geben, wodurch sie auch dem auferstandenen Leibe nach Unsterblichkeit erlangen, und dann an einem erhabenen Orte über sie Gericht halten. Die Erwartung eines solchen Weltheilandes liegt auch in den Schriften und dem ganzen Religionssystem der Hindus, wenn auch hier ganz anders ausgebildet. Bei dem Zendvolke ist der Erlöser ein Mensch, durch welchen Ormuzd wirkt; bei den Hindus ist es eine Avatar, eine Menschwerdung der Gottheit (des Vischnu), welche das Werk vollführen wird, wie bei den Christen. Auch die Chinesen glauben nach Confucius, dass am Ende der Tage ein Erlöser und Erretter von dem Bösen kommen werde.2) Die Sendung Christi wurde ausserordentlich dadurch erleichtert, dass zur Zeit seines Auftretens bei dem jüdischen Volke unter den schweren politischen oder staatlichen Leiden die Sehnsucht nach dem verheissenen Erlöser verbreitet [187] und lebendig war, obwohl Christus im Sinne und in der Hoffnung der Juden oder politisch nicht erlösen wollte und konnte, – sein Reich nicht von dieser Welt war. Selbst Johannes der Täufer wies auf Christus als den erschienenen Messias hin.

Auch die Inder oder deren Vêdas nehmen vier Weltalter oder Yugs an, wovon das gegenwärtige bereits das vierte sein soll,1) während die Verfasser der Zendschriften sich in dem dritten Weltzeitalter befindlich dachten oder dieses als das gegenwärtige und vergehende ansahen. Eine grosse Zeitperiode zerfällt nach dem Systeme der Brahmanen in vier Weltalter, das der Satja oder Kritajuga (der Wahrheit oder das vollkommene), das Trêtâjuga (das Weltalter der drei Opferfeuer), das Dvâparajuga (das Weltalter des Zweifels) und das jetzt waltende Kahjuga (das Weltalter der Sünde). Das erste Weltalter enthält 4800 Götterjahre und die folgenden 3600, 2400 und 1200, alle vier Weltalter zusammen also 12,000 Götterjahre. Ein Jahr der Menschen ist gleich einem Tage der Götter, wesshalb man die Götterjahre mit 360 der älteren Zahl der Tage des Jahres, vervielfältigen muss, um die Anzahl der menschlichen Jahre zu erhalten. Wegen der in den Götterjahren enthaltenen Zwölfzahl ist wohl kaum daran zu zweifeln, dass die Weltperioden mit den vier Weltaltern ursprünglich nichts Anderes waren als das zwölfmonatliche Jahr mit seinen vier Abschnitten oder Theilen, wenngleich die Inder dieses aus ihrem Ursitze in Iran mitgebrachte und ihnen mit dem Zendvolke gemeinsame zwölfmonatliche Jahr mit seinen vier Theilen im Indus- und Gangeslande eigenthümlich umgebildet und gestaltet haben. Wenn Köppen, die Religion des Buddha, S. 269, dagegen einwendet, dass die vier Weltalter der Brahmanen desshalb nicht mit den vier Jahreszeiten zu vergleichen seien, weil die Inder nur drei oder sechs Jahreszeiten haben: fällt dieser Einwand damit dahin, dass die indischen vier Weltalter eben ihren letzten Ursprung nicht in Indien selbst, sondern in Iran, [188] in den nördlicheren arischen Gegenden haben, woselbst es vier Jahreszeiten wirklich gab. Nach Köppen soll übrigens die indische Weltperiode mit den vier Weltaltern .nur ein grosser Welttag, ein Juga-Tag sein, nämlich die Morgendämmerung, der Tag, die Abenddämmerung und die Nacht der Welt, was doch nicht wesentlich verschieden ist voll dem Frühling, Sommer, Herbste und Winter der Welt. Gegen das Ende des Kalijuga soll Wischnu in seiner zehnten Incarnation (Kalkjawatâram) auf einem weissen Pferde erscheinen, die Sünde vernichten, die Sünder richten und die Tugendhaften belohnen, worauf diese Welt in Trümmer gehen und eine neue bessere Welt entstehen soll.1) Dieses weisse Pferd des Wischnu soll nach Furtwängler, die Idee des Todes, S. 3 ff., das Todtenpferd sein, welches in den Mythen der indogermanischen Völker eine ausserordentlich wichtige Rolle spiele. Die Ideen von Furtwängler sind höchst ansprechend und geistreich durchgeführt, auch wenn man denselben nicht überall zustimmen kann. Die zum Tode geleitenden und den Tod bringenden Götter und Göttinnen reiten schwarze Pferde, die zum ewigen Leben und Lichte führenden dagegen weisse, so schon z. B. die indischen Dioskuren oder Aswini d. i. Rossegötter, der finstere Kumaras und der glänzende Aswa, die Söhne des Sonnengottes Surya und der Mondsgöttin Aswini, des Tages und der Nacht. Die schreckliche Kali, die Gemahlin des Todtengottes Çiva, sitzt auf dem schwarzen Höllenpferde. Am Ende des letzten Jug erscheint der grosse und göttliche Befreier und Erlöser Wischnu auf dem weissen Rosse Kalenki oder selbst als Ross Kalki, um die Wiedergestaltung einer neuen, reineren und besseren Welt nach Vertilgung der unreinen materiellen Welt, zu vollbringen, wie der Erlöser Christus als das weisse Lamm mit der siegreichen Fahne des Triumphes in dem neuen oder himmlischen Jerusalem erscheint. Auffallend ist übrigens, dass Furtwängler bei aller tiefsinnigen Speculation nicht dazu gelangt ist, in dem weissen und schwarzen Pferde der Götter die schnell dahineilenden, die mit Pferdesschnelligkeit ziehende und fliegende Wolke, den Segler der [189] Lüfte nach Schiller, zu verstehen. Die Pferde des Indra, des Varuna und Mithra, des Wischnu, des Surya und des Poseidon sind nicht die rollenden Wogen des Meeres, sondern Pferde oder Wolken des Wolkenmeeres. Der Gott des blauen Himmelsäthers, Wischnu und Poseidon, ist der Schöpfer und Erzeuger des Pferdes oder der Wolken. Der Streit des Poseidon mit der Athene ist ein Kampf der ätherischen Himmelsmächte unter sich selbst, nur in verschiedener Richtung wirkend gedacht. Die Wolken sind der Sitz, das Reich des Lebens und des Todes, weil von da die Seelen bei der Geburt zur Erde herabsteigen und nach dem Tode wieder dahin zurückkehren; sie sind der Kindsbrunnen, die Wiege des Lebens und das Todtenreich, die Insel der selig Verstorbenen. Wischnu ist Todes- und Lebensgott zugleich, weil die Todten durch sein Reich, durch die Wolken und den Aether in den Himmel eingehen; er ist zunächst der die Todten aufnehmende und zuletzt der die Todten in den Himmel einführende Gott; desshalb erscheint er zuletzt auf weissem Pferde oder als weisses Pferd selbst.

Auch bei den Buddhisten zerfällt die vollständige Dauer einer Weltperiode und Weltrevolution, eines grossen Kalpa (Mahâ-Kalpa) in vier Weltalter (Asankhya-Kalpa), welche den vier Mondsphasen in ihrem Fallen und Steigen nachgebildet sein sollen,1) wir aber auch hier als aus den vier Jahreszeiten hervorgegangen betrachten. Ein Weltjahr als grosse Weltperiode lässt sich begreifen, nicht aber ein bloser Welttag oder selbst Weltmonat; der Monat enthält ja keine zwölf Theile, so wenig als der Tag und Nacht umfassende Tag, wohl aber das Jahr, die Sonne auf ihrer Bahn durch den Thierkreis mit seinen zwölf Sternbildern von je dreissig Graden oder zwölf Monaten des Jahres von je dreissig Tagen. Immer und immer müssen wir darauf zurückkommen, dass von den vier Weltaltern des Zendvolkes und der Inder nur eine solche Deutung genügen könne, welche die Vier- und zugleich die [190] Zwölfzahl erklärt; alles Andere ist Spielerei und leere Hypothese, wie die vier Zeiten des Tages von Köppen oder die vier Phasen des Mondes von Köppen, Max Müller und Weber.

Nach der Lehre der Buddhisten wird jeder Weltuntergang, welcher periodisch erfolgt und bald durch Feuer, bald durch Wasser, auch durch den Wind herbeigeführt wird, hundert tausend Jahre vorher durch einen Dêva oder Gott verkündigt, welcher auf die Erde hinabsteigt und die athmenden Wesen ermahnt, Busse zu thun, die fünf grossen Sünden zu meiden, Almosen zu spenden, die Eltern zu ehren, Gerechtigkeit zu üben und sich gegenseitig zu lieben, um so in die höheren Sphären erhoben zu werden und dem drohenden Verderben, zu entgehen. Dieser göttliche Bussprediger mahnt sehr an Johannes den Täufer und Christus. Durch die Warnung erschreckt, fangen die Geschöpfe an sich zu bessern; die Verdammten, deren Strafzeit abgelaufen ist, ebenso die Ungeheuer des Hungers und die Thiere werden in grosser Anzahl als Menschen wiedergeboren, so dass die Reiche der verworfenen Naturen sich mehr und mehr entleeren. – Wenn die hundert tausend Jahre der Warnungszeit vorübergegangen sind und die Welt durch Feuer vernichtet werden soll , so zieht eine grosse Wolke herauf , deren Erscheinung den Kalpa der Zerstörung eröffnet. Es regnet zum letzten Male; dann tritt gänzliche Dürre ein; Bäume und Pflanzen verdorren, die noch übrigen Thiere und Menschen, wie die Dämonen und Dêvas der Erde erliegen der Hungersnoth und rücken allmälig auf der Stufenleiter der Verdienste in die höhern Himmel u. s. w.1) Dieser Untergang der Welt durch Feuer, von den Stoikern [...] genannt, ist nichts Anderes als der höchste orientalische Gluthsommer, und desshalb ist diese Vorstellung oder dieses Bild auch bei fast allen orientalischen Völkern zu finden.

Auch bei. den Aegyptern bestand nach Creuzer, Symbolik I. S. 369, die aus den localen Verhältnissen Aegyptens zu erklärende Volkssage, dass alle 3000 Jahre, in [191] der Frühlingsgleiche, wann die trockene Zeit herrscht und man das Horn des Heiles erwartet, die Nilfluth ausbleibe und statt ihrer ein Feuerstrom komme, worauf ein fürchterlicher Weltbrand entstehen und das ganze Land des Hermes in Rauch und Flammen aufgehen soll, jedoch nicht um auf ewig vernichtet zu werden, sondern nur um verjüngt wieder aufzustehen. Denn im nächsten Sommersolstitium, wann die Sonne im Löwen steht, rechts der Mond im Krebse, die Planeten in ihren Häusern, und der Widder mitten am Firmament, dann erscheint Sothis oder Sirius wieder und begrüsst, indem er aufgeht, die neue Ordnung der Dinge und die neue Zeit, welche jetzt beginnt. Es stellt aber auch hier ein jedes Jahr Aegyptens im Kleinen das grosse Jahr dar; denn jedes Jahr im Frühlingsäquinoctium, wann die heisse Zeit in Aegypten herrscht und Alles vertrocknet ist, zeigt gleichsam den Brand der Erde und der Welt. Da würde auch das Land zur Einöde werden und in Flammen aufgehen, wenn nicht der Sirius erschiene und mit ihm die rettende Nilfluth, damit unter deren Wassern sich Aegypten, die Erde und die Welt verjüngen und neu geboren werden.1)

Auch die Griechen haben die wohl aus den arischen Ländern, von dem mit den Indern noch ein ungetrenntes Volk bildenden Zendvolke, den Baktrern, Medern und Persern, stammenden2) vier grossen Weltalter, wie sogar die Mexikaner, welche auch aus Hochasien nach Amerika hinabgezogen und eingewandert sein dürften. Hesiod nimmt zwar abweichend fünf Weltalter an, hat aber dafür nur vier Metalle, also im Grunde auch nur die iranischen vier Weltalter.3) Nach dem Hesiodischen Gedichte der Tage und Werke sind die vier Geschlechter der Menschen nach den vier Metallen das goldene, silberne, eherne und eiserne; das eiserne Geschlecht der harten Arbeit und der Mühen ist das jetzt lebende; das eherne Geschlecht soll [192] aus Eschenholz [...] geschaffen gewesen sein, weil dieses besonders hart ist und zum Schafte der Todeslanze benutzt zu werden pflegte.

Die ägyptische Hieroglyphik malte nach Horapollo das angehende Jahr mit einem Viertel Acker, das ganze Jahr war also 4/4: daher indisch die vier Jugs oder Theile des Jahres, lateinisch jugus und deutsch Jugger, ein Morgen Landes, und weil das erste Jug Osten (von Osse d. i. der Ochs) Morgen und Aurora ist, ein Morgen.1) Das erste Jug, das Weltalter des griechischen Kronos und des altitalischen Saturn ist das goldene Zeitalter und Geschlecht, weil es die Zeit und das Geschlecht der goldenen Morgenröthe, des Jahresfrühlings, des Ostens des Jahres und der Welt ist.

Auch die maurerischen Feste Johannis des Täufers und Johannis des Evangelisten, das Sommer- und Winterjohannisfest, sind in ihrem letzten Ursprunge und ihrer tiefern geschichtlichen Bedeutung blos die Feier der Sommer- und Wintersonnenwende, des längsten und des kürzesten Tages, der von der Spitze ihrer Bahn wieder herabsteigenden oder der abnehmenden und der aus ihrer grössten Entfernung wieder zurückkehrenden oder neu kommenden und wachsenden Sonne, des Todes und der Geburt oder Wiedergeburt des Sonnengottes. Johannes der Täufer und Christus, für welchen letztern nur Johannes der Evangelist gesetzt ist, verhalten sich in aller und jeder Hinsicht wie die Sommer- und Wintersonnenwende, wie die abnehmende und die wachsende Sonne des Sommers und des Winters. Johannes und Christus in diesem Sinne sind der in zwei Personen auseinander gegangene oder aufgelöste Eine Sonnengott Hiram, die griechische Kore oder Persephone mit den zwei Fackeln. Nachdem zufolge Harduin und Petav gegen den Anfang des 4. christlichen Jahrhunderts die Vorsteher der christlichen Kirche im Occident auf den Festtag der alten Wintersonnenwende, der neuen Sonne, Sol novus, den 25. Dezember, das Fest der Geburt Christi verlegt2) und damit am 27. Dezember die Feier des [193] Geburtsfestes Johannes des Evangelisten, – des Jüngers, welchen der Herr lieb hatte, verbunden hatten 1)., lag es nahe, die Feier der Geburt und des Todes des zweiten Johannes, Johannes des Täufers in die Zeit der Sommersonnenwende oder auf den 24. Juni zu verlegen. Wie das Weihnachtsfest in der alten Julzeit d. i. in der Zeit des Sonnenrades, der Sonnenwende2) nunmehr das Fest der Geburt des natürlichen und des geistigen Lichtes, der natürlichen und der geistigen Sonne, der Erde und des Himmels ist, ist auch jetzt das christliche Johannisfest das Fest des Todes der Sonne und der Blumen und des Todes des Johannes, des geistigen Vorläufers und Verkünders Christi. Das Fest Johannes des Täufers als ein Rosenfest zur Zeit der blühenden und verblühenden Rosen ist wesentlich noch das Fest der Sommersonnenwende, der nun wieder herabsteigenden und abnehmenden Sonne. Vermuthlich und gewiss ist dieses Rosenfest asiatischen Ursprunges und hat sich auch in Asien in einzelnen Ueberresten und Spuren bis auf unsere Tage in überraschender Aehnlichkeit mit dem maurerischen Johannis- oder Rosenfeste forterhalten. So berichtet Bodenstedt, die Völker des Kaukasus und ihre Freiheitskämpfe gegen die Russen (1848), S. 154.

„Die dritte Gottheit, von deren Verehrung bis auf unsere Zeiten Spuren unter den Armeniern geblieben sind, ist Anahid (die Ne-Ith der alten Aegypter und die Athene der Griechen), die Göttin der Weisheit und Stärke, die Gründerin und Erhalterin des Volkswohls, die Beschützerin der Frauen und der Urquell alles Erdensegens. Ihre Tempel standen zu [Erisa], Aschdischad, Ani und Pakawan. Ihr zu Ehren wurde alljährlich zu Anfang des Sommers das heiterste und schönste aller armenischen Religionsfeste gefeiert, genannt Warthavar, der herrliche Rosenschmuck. An den festlichen Tagen wurden nämlich Tempel und Bildsäule der Göttin mit Kränzen und Gewinden von Rosen umschlungen, als Emblemen der Schönheit und der neu [194] verjüngten Natur. Alle, welche an dem hohen Feste Theil nehmen wollten, mussten ebenfalls mit Rosen geschmückt erscheinen. Die Feier dieses schönen Blumenfestes, welches mit wenigen Veränderungen noch heute unter seinem Namen fortbesteht, wurde nach der Einführung des Christenthums in Armenien auf den Jahrestag der Verklärung unseres Heilandes verlegt, und wie das zu Ehren der Göttin Anahid gehaltene Warthavar drei Tage lang dauerte, so wird auch das Fest der Verklärung Christi immer drei Tage hindurch mit grosser Pracht und Feierlichkeit begangen.“

Wie hier die Rose der armenischen Anahid als Göttin des Erdensegens geweiht ist und deren Symbol bildet, war dieses auch bei der ägyptischen Isis und der griechischen Aphrodite der Fall, da auch sie Göttinnen der Erdfruchtbarkeit und des blühenden Erdenlebens sind. Die Sonne mit dem ganzen Naturleben hat ihre höchste Höhe erreicht und muss bald wieder abnehmen, wenn die herrlichsten Blumen, die schönsten Rosen blühen und ach! nur zu schnell wieder welken und sich entblättern. Die Blume und besonders die Rose ist daher das nahe liegende und von den Dichtern aller Völker und aller Zeiten vielgebrauchte Symbol der auf der Spitze ihrer Bahn angekommenen Sonne und Natur, des vollkommenen und höchsten Sonnen- und Naturlebens, der natürlichen Vollkommenheit und Schönheit, des grünenden Jahressegens, des blühenden und glücklichen Gottes- und Menschenlebens, aber auch zugleich des schnellen Vergehens und Todes, des das vollste Leben plötzlich ereilenden Verderbens und Endes. Das maurerische Johannis- und Rosenfest ist deshalb, schärfer und sinniger betrachtet, mehr ein Trauerfest über den nun unaufhaltsam nahenden Tod der Sonne und Natur, über das Leiden und Sterben des untergehenden Johannes, als ein Freudenfest über das blühende und glänzende Sonnen- und Naturleben; die Rose ist dem Maurer eigentlicher das Symbol des Todes und des Schmerzes, als des Lebens und der Freude. Das maurerische Johannis- und Rosenfest in dieser Bedeutung eines Trauer- und Todtenfestes erinnert besonders an die griechischen Hyakinthien, welche zu Sparta und Amyklä [195] neun Tage und mit grossen Feierlichkeiten am 7. Hekatombeus oder im Juli gefeiert wurden. Den Mittelpunkt des Festes und seiner Sage bildete Hyakinthos, eigentlich die schöne Blume des Feldes, die in der griechischen Mythologie auch sonst ein Symbol des Todes und der Unterwelt ist, hier als schöner Knabe gedacht, den Apollo liebt, aber unvorsichtiger Weise mit dem Diskos, einem gewöhnlichen Bilde der Sonnenscheibe, tödtet, d. h. die Sonnengluth tödtet des Feldes schöne Blume.1) Noch weit mehr aber erinnern an Johannes und sein Rosenfest der schöne Jüngling Adonis und die ihm zum Andenken in Syrien im Monat Juni oder Tammuz, d. h. im Monat der Trennung, der Wende gefeierten Adonien, welche Adonien späterhin, wenn auch in mehr oder weniger veränderter Gestalt, über die Inseln und Küsten des Mittelmeeres bis nach Alexandrien und über Griechenland sich ausbreiteten. Der schöne Jüngling Adonis, der als Hirt seine Heerden im Gebirge treibt oder als Jäger im Gebirge jagt und die Wonne der Liebes- und Erdengöttin ist, bis ein Eber ihn tödtet, ist gleichfalls nur die personificirte schöne Blume und Rose des Frühlings, welche die grünende Erde als ihren herrlichsten Schmuck liebt. Diese schöne Blume und Rose muss jedoch bald der Gluthitze des orientalischen Sommers und dem giftigen Samum, dem Eber des Mars erliegen. Als die Liebesgöttin, die schöne Königin der Blumen und Rosen, den unerwarteten Tod ihres Lieblings vernahm, eilte sie wehklagend hin, seinen Leichnam zu suchen, wobei sie sich nach Ovid an den Dornen des Rosengesträuches verwundete und mit ihrem Blute die weisse Rose roth färbte. Aehnlich lässt Bion aus dem entrinnenden Blute des Adonis Rosen und aus den Thränen, welche Aphrodite um ihn weint, Anemonen erzeugt werden. Adonis, der hebräische Adonai, bezeichnet übrigens wörtlich den Herrn, nämlich den Herrn des Lichts, den Sonnengott, und als solcher ist Adonis wieder gleichbedeutend mit dem ägyptischen Osiris, dem griechischen Dionysos und dem maurerischen Adon – Hiram.

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In der sterbenden Blume und in dem hinsinkenden Sonnengotte, in Hyakinthos, Adonis. Osiris, Hiram, Dionysos und Johannes erblickt und beklagt der Mensch die Hinfälligkeit und Vergänglichkeit des eigenen Lebens. Die Blume des Feldes ist daher im ganzen Oriente das uralte Symbol von der Flüchtigkeit und Unbeständigkeit des menschlichen Lebens und seiner höchsten Güter. Auch in der Bibel, in dem alten wie in dem neuen Testamente, wird dieses Bild nicht selten gebraucht. Im Buche der Psalmen 103 heisst es:

„Die Tage des Menschen sind wie das Gras; er blühet wie eine Blume auf dem Felde; wenn der Wind darüber geht, so ist sie nicht mehr und ihre Stelle kennt sie nicht mehr. Aber des Herrn Gnade währet von Ewigkeit zu Ewigkeit über Die, so ihn fürchten.“

Psalm 90 spricht:
„Denn tausend Jahre sind in deinen Augen wie der gestrige Tag, der vergangen ist, und wie eine Nachtwache. Du reissest sie hin wie ein Strom; sie sind ein Traum; Morgens sind sie wie das Gras, das grünet, das am Morgen blühet und grünet, am Abend abgehauen wird und verdorret.“

Petrus schreibt in seinem ersten Briefe:
„Denn alles Fleisch ist wie Gras und alle Herrlichkeit wie die Blume des Grases. Das Gras ist verdorret und seine Blume ist abgefallen. Aber des Herrn Wort bleibt in die Ewigkeit. Dies ist aber das Wort, welches durch das Evangelium verkündigt worden ist.“

Aehnlich äussert sich Jakobus:
„Der Bruder aber, der niedrig ist, rühme sich seiner Hoheit, der Reiche aber seiner Niedrigkeit, denn er wird verwehen wie die Blumen des Grases. Denn die Sonne ist mit Hitze aufgegangen, und das Gras ist verdorret und seine Blume ist abgefallen, und die schöne Gestalt ihres Ansehens ist verdorben; also wird auch der Reiche in seinen Wegen verwelken. Selig ist der Mann, der die Versuchung erduldet; denn, nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche der Herr Denen, die ihn lieben, verheissen hat.“ [197] Endlich ruft der Evangelist Matthius:
„So aber Gott das Gras des Feldes, das heute stehet und morgen in den Ofen geworfen wird, also kleidet, wird er das nicht vielmehr euch thun, ihr Kleingläubigen? Darum sollet ihr nicht sorgen und sagen: was werden wir essen? oder was worden wir trinken? oder womit werden wir uns kleiden? denn nach allen diesen Dingen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiss, dass ihr aller dieser Dinge bedürfet. Suchet aber zum ersten das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, so werden alle diese Dinge hinzugethan werden. Darum sollet ihr nicht für den folgenden Tag sorgen, denn der folgende Tag wird für das Seine schon sorgen. Es ist einem jeden Tag genug sein eigen Uebel.“

Bei den römischen, im Jahr 240 vor Chr. auf Veranlassung eines Misswachses gestifteten Floralien, d. h. bei den gegen Ende April und Anfangs Mai zu Ehren der Flora, der Göttin der Blüthen und Blumen, gefeierten Festen war auch gebräuchlich, dass die Feiernden im schnellen Laufe Blumen und besonders Rosen herumtrugen, um dadurch die Flüchtigkeit und Vergänglichkeit alles natürlichen Reizes anzudeuten.1) Philastratus sagte in diesem Sinne auch, Eros (Amor) liebe die Rosen, doch beide seien vergänglich.

In dem germanischen Volksglauben symbolisiren Rosen ebenso den Tod und Rosen zeigen in den Volkssagen oft den Tod an. Man hat die Sage, dass, wenn ein Domherr vom Dome zu Hlildesheim sterben soll, am Morgen des dritten Tages vorher auf seinem Sitze eine weisse Rose liege, zum Anzeichen, dass er sich zum Tode vorbereiten solle. Aehnliche Sagen sind über ganz Deutschland verbreitet. Bald ist es eine weisse, bald eine rothe Rose, welche als Todesanzeichen dienet. Ein Kind trägt eine Knospe heim, die ihm ein Engel in dem Walde geschenkt hat; als die Rose verblühet, ist das Kind todt. Ein serbisches Volkslied lässt aus dem Leichnam der Jungfrau eine rothe Rose wachsen. Es ist eine allgemeine Sitte, auf den Gräbern der Verstorbenen, besonders von Jüng- [198] lingen und Jungfrauen, Rosen zu pflanzen; mit Rücksicht hierauf singt Uhland:

‘Oft einst hatte sie mich mit duftigen Rosen beschenkt, Eine noch sprosste mir jüngst aus der Geliebtesten Grab.’

In Griechenland wurden Rosen an den Grabsteinen angebracht. An mehreren Orten Deutschlands und der Schweiz, so z. B. zu Aarau, wird der Friedhof Rosengarten genannt und in seiner höchsten Bedeutung bezeichnet Rosengarten den Aufenthaltsort der Seligen, den ewigen Freuden- und Wonnegarten, das Paradies, Elysium bei den Griechen, Walhalla bei den nordischen Völkern. Den alten Germanen war daher das Sterben nichts Anderes als ein Hinüberschiffen nach dem Rosengarten, nach der glücklichen Insel der Seligen, oder das Besteigen des Rosenberges, wo ihnen Odhins Wunschmädchen das goldene Methhorn credenzte. Bertha von Rosenberg, welche in den deutschen Volkssagen genannt wird, ist die im Rosen- und Freudengarten weilende Lebens- und Todesgöttin Erde, die Unterweltsgöttin Hel, die weisse oder die im Schnee- und Todtengewande schimmernde Frau. Wenn dieselbe in andern Sagen Beatrix, die an Glück und Segen reiche heisst, passt dieser Name durchaus für die grosse Lebensmutter Erde, von der aller Segen, alles Glück und Wohlergehen ausströmt. Die Erde ist gleichmässig die erhabene Göttin des Lebens und des Todes. Die gütige Mutter Erde hat alles Leben geschaffen, aber sie tödtet auch wieder alles Leben, wie die Nacht das Licht verschlingt; nach der Unterwelt, in das Reich der Hel kehrt alles Sein zurück. Die Insel der Seligen, den ewigein Rosengarten dachten die ältesten Deutschen sich vorzüglich in Britannien; dort und zwar in Irland war nach der Vorstellung der christlich gewordenen Deutschen das Engelland. Die deutschen Volkssagen lassen aus den Mündungen des Rheines die Seelen der Verstorbenen in dem Todtenschiffe hinüberschiffen nach der grünen Insel Hibernia, Erin, Bernia, Bern, welche Namen Irland trägt und die nur die Jugendkraft, die Frische, das Wachsthum, das Grüne bezeichnen. Später wurde dieses Grünland, dieses Land der Engel in Grönland, woher dasselbe seinen Namen hat, oder auch [199] auf der Insel Island gesucht und dahin schifften nunmehr die Verstorbenen.

In Uebereinstimmung mit diesem Volksglauben war der Todtensarg ursprünglich vielfach nur ein Kahn, ein Schiff, ein ausgehöhlter Eichenbaum zum Hinüberschiffen in den Rosengarten, in das Grünland, nach der Insel der Seligen. Ganz ursprünglich war übrigens der Wolkenund Gewitterhimmel das Land und die Insel der Seligen, das Todtenreich.1) Der See, über welchen nach einer uralten Vorstellung die Seelen in das Todtenreich schiffen, oder durch einen Fährmann dahin geleitet werden, war ursprünglich das Wolkenmeer, der Gewittersee, wie dieses Wolkenmeer und dieser Gewittersee, der himmlische Okeanos auch der eigentliche Rosengarten, die elysischen Gefilde, wo auch wohl die ersten Menschen wohnten, sind. Erst später wurden die Inseln der Seligen auf die Erde, in den Westen und bei den Deutschen nach dem Engelland, Liôsâlfaheimr, d. i. Land der Engel, nach Grönland und Island verlegt.2) Dem Ueberschiffen des Himmelsstromes steht bei andern Völkern, z. B. bei den Parsen, bei einzelnen amerikanischen Völkern, dessen Ueberschreiten auf einer Brücke gleich. Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 2831 sieht sogar die 4 Paradiesströme nur als die himmlischen Wasser in dem himmlischen Wolkengarten an, woran es sich schliesst, dass er in der Paradiesesschlange den Blitz und in dem Apfelbaume, in dem Baum der Erkenntniss des Paradieses, den Wolken- oder Wetterbaum erblickt. – Die germanische Vorstellung von dem durch die Seelen der Verstorbenen zu überschiffenden Himmelsstrome, ist auch auf die Christen übergegangen und desshalb ist die christliche Kirche und heissen wirklich seit den frühesten Zeiten bis auf heute die einzelnen Kirchen, der Langtheil derselben, das Schiff, in welchem die christliche Gemeinde, die Menschheit, dem Reiche Gottes, dem ewigen Leben durch die Stürme und Gefahren des Lebens hienieden zusteuert und das von der Erde empor zu dem Himmel tragen soll. Die auf mittelalter- [200] lichen Kirchenbildern so oft vorkommende h. Jungfrau „im Rosenhag“ könnte ebenfalls noch eine dunkele Erinnerung an die germanische Rosen- und Himmelskönigin enthalten. Jedenfalls ist Vieles von der mythologischen Venus Urania und Anadyomene auf die christliche Maria als die Mutter der Liebe, Huld und Gnade, – als die holdseligste der Frauen übertragen worden. Auch das Frohnleichnamsfest der Katholiken, welches für die ganze katholische Christenheit auf den Donnerstag in der vollen Woche nach Pfingsten angeordnet ist, ist insofern wenigstens ein Rosenfest, als der Schmuck der Rosen dabei reichlich angewandt wird und Rosenblätter durch weissgekleidete Mädchen auf den Weg gestreut werden, den der Leib Christi getragen wird. Endlich und noch mehr darf hierher der sinnige Gebrauch der Maurer bezogen werden, in der Trauerloge den Sarcophag mit Blumen zu schmücken, was symbolisch nur andeuten soll, dass der abgeschiedene Bruder nun hinübergegangen sei in den ewigen Blumen- und Rosengarten, in das unverwelkliche Grünland.

Wenn die Maurer am Johannisfeste sich die Brust mit der ihnen dargereichten weissen Rose schmücken, sei ihnen dieselbe das warnende Anzeichen, dass bald der Tod nahen werde und dieser sie nicht unvorbereitet überraschen und treffen möge. Die gebrochene Rose ist das tiefergreifende und rührendste Bild von dem plötzlichen Entreissen des Menschen durch den Tod aus der heitern und blühenden Erdenwelt, von der Vergänglichkeit der reichsten und schönsten Güter des, Lebens. Noch vor wenigen Stunden prangten diese Rosen in der vollen Frühlingspracht im Kreise ihrer Schwestern; schon sind dieselben gebrochen, – sterben, wenn auch noch sterbend süss duftend und durch ihren Anblick uns erfreuend, unaufhaltsam dahin, dass bald nur noch die todten Blätter von der schönen Blume zeugen werden und man ihre Stelle nicht mehr kennt. So nahe liegen sich in der Natur und in der menschlichen Welt das reichste Leben und der schnelle Tod; so berühren sich Blühen und Verblühen, Wachsen und Abnehmen, Kommen und Scheiden, Johannes und Christus, Sommer und Winter, Geburt und Grab. Johannes, welchem das maurische Rosenfest geweiht, ist [201] auch nur die schon hinsterbende Sonnen- und Naturkraft, der sterbliche Mensch; desshalb ruft er, hinweisend auf den kommenden Christus, auf die neue Sonne: „Er muss wachsen, ich aber abnehmen.“ Wie im Nibelungenliede Siegfried durch die Hand Hagens oder des Unterwelts- und Todtengottes getödtet wird, muss auch Johannes sterben, damit er in seiner Pracht und Herrlichkeit als lichter Sonnengott, als Christus wieder auferstehen könne. Aller Tod ist nur die Bedingung, die Wiege des neuen Lebens; das Grab ist die Pforte der Ewigkeit. Der abnehmende und sterbende Johannes, die gebrochene Rose des Johannes erinnern uns, dass auch uns das Grab erwartet, dass auch wir gebrochen und zerfallen werden. Die Rose des Johannes ruft uns zu, was bei der Meisteraufnahme der zweite Vorsteher dem Aufzunehmenden zuruft:

‘„Mein Br., zum Sterben wird der Mensch geboren und ohne den Tod kann der Mensch nicht zum Leben gelangen.“’

So ist auch der indische Çiva der Ersieger des Lebens durch den Tod und der Besieger des Todes durch das Leben. Erinnert daher der vergehende Johannes, die welkende Rose an das Grab und den Tod, an die Vergänglichkeit aller menschlichen Dinge, verkünden sie zugleich, wodurch wir uns zum Tode vorbereiten, wie wir sterben sollen. Johannes spricht: „Ich bin die Stimme jenes Rufenden in der Wüste: Bahnet den Weg des Herrn! wie Jesajas, der Prophet, gesagt hat. Wer an den Sohn glaubt, der hat ewiges Leben; wer aber nicht an den Sohn glaubt, der wird das Leben nicht sehen, sondern der Zorn Gottes bleibt über ihm.“ – Die Maurer haben Johannes den Täufer zu ihrem Schutzheiligen erwählt, nennen sich Johannisjünger und tragen am Gedächtnisstage des Johannis seine Rose, weil sie die Stimme des Predigers in. der Wüste vernommen haben und treu erfüllen wollen, weil sie durch ein rechtes Leben, durch Tugend und Wohlthun den Weg des Herrn zu bahnen und in den Tod einzugehen gelobt haben, weil sie an Gott und die Lehre Christi glauben und das ewige Leben hoffen und erstreben. Damit ist auch der weissen Rose, als der Blume des Täufers, ihre tiefere und höhere Bedeutung gegeben. [202] Die weisse Rose bezeichnet den Glauben an Gott und die Unsterblichkeit des Geistes, – an das ewige Leben, welc’hes Gottes Sohn uns verheissen und verliehen hat. Desshalb ist auch die weisse Rose das Symbol der Herzensreinheit und der Tugend, der reinen Gedanken, Worte und Werke, indem nur durch diese wir das ewige Leben verdienen und erringen können. Wer an den Herrn glaubt, muss Christus folgen; wer die Stimme des Johannes gehört, muss ein jünger Christi, ein Christ werden und sein. Wie Jakobus sagt, wird nur der Mann selig, der die Versuchungen des Lebens erduldet und überwunden hat; die Bewährten allein, nur Diejenigen, welche Gott lieben und sein Gebot üben, werden die Krone des Lebens empfangen, – werden die weisse Rose, das ewige Licht und Leben pflücken. Mit der weissen Rose, als dem Symbole der Unsterblichkeit des Geistes ist die aus dem phrygischen Göttercultus stammende und als ein Hauptsymbol in die eleusinischen Geheimnisse übergegangene gelbe Fruchtähre sehr verwandt. Auch diese abgeschnittene Fruchtähre bezeichnete den frühen Tod aber auch die Unsterblichkeit, die Hoffnung des neuen sichern Lebens, weil die Aehre in dem Saatkorn, in der Frucht den Keim des neuen Lebens birgt und trägt. Das Saatkorn, die Frucht des Menschen sind seine eigenen guten Thaten; wenn der Mensch geschnitten wird, soll er diese guten Thaten mit in das Grab hinabnehmen, denn dann allein schläft in dem Grabe der Keim des neuen, des ewigen Lebens. Dass der Mensch unsterblich fortdauere, verkündet und verbürgt ihm die stets wieder neu erstehende Sonnen- und Naturkraft. Mag jetzt die Sonne abnehmen und Johannes den blutigen Tod sterben, mögen die Rosen verwelken und weithin ihre Blüthen zerstreut werden; getrost, bald kehret die Sonne wieder, bald wird der grössere Christus geboren, bald grünen und blühen neue Rosen. Das Grab kann den Maurer nicht schrecken, denn er weiss, dass das Grab sich wieder öffnen, dass aus dem Leichnam die Rose emporwachsen, dass der ewige Frühling anbrechen wird. Nur der Staub, das Irdische zerfällt, doch der Geist und der Himmel bleiben unvergänglich. Der feste Glauben an Gott und Unsterblichkeit ist das [203] grosse Geheimniss, das wirkliche Mysterium der Maurerei, der Johannis- und Rosenbrüder; es liegt tief verborgen und doch verständlich in dem Kelche der Rosen eingeschlossen; der schön geschlossene Kelch der Rose leitet von selbst darauf, in ihrem Innern ein Geheimniss eingeschlossen zu denken, und in diesem Sinne singt Hafis:

„Höret, höret das Geheimniss der Rosen,
Wie sie statt Worten durch Düfte nur kosen.“

Seit den ältesten Zeiten ist desshalb die Rose das Symbol des Geheimnisses, des Mysteriums, der Mysterien.

In Aegypten und Griechenland trugen die in die Hysterien Einzuweihenden vorzüglich die Rosen; Rosen waren der stete Schmuck der Einweihungsstätten und der Mysterienfeste. Was die Eingeweihten, die mit der Rose Geschmückten als Geheimniss (sub rosa) erfahren hatten, sollten sie unverbrüchlich verschweigen; und demnach ist die Rose, zumal bei den Maurern, auch das Symbol der versprochenen, aber auch treu zu beobachtenden Verschwiegenheit. Zum Zeichen des geheimen Bundes trägt auch jeder Maurermeister drei blaue Rosen auf der Schürze, welche Rosen in den höhern Graden sich nur anders färben und zuletzt zur rothen und zur weissen Rose werden. Auch bei den Gastmahlen der alten Deutschen hing von der Decke des Zimmers über der Tafel ein Kranz herab, in dessen Mitte eine Rose schimmerte, zum Zeichen, dass Alles, was dabei gesprochen wurde, unter den Theilnehmern der Gesellschaft geheim gehalten werden sollte. Das maurerische Rosenkreuz in seinem wahren Sinne soll ebenfalls blos das Geheimniss, das Mysterium der Unsterblichkeit ausdrücken. Das Kreuz nämlich mit seinen vier in den unendlichen Raum hinauslaufenden Armen war den Aegyptern das Symbol des Unendlichen und Unsterblichen, und gerade die Lehre von der Unsterblichkeit soll den wesentlichen Inhalt der Hysterien in Aegypten gebildet haben. Die Rosenkreuzer sind also der maurerische Bund, welcher unter dem Bilde der Rose und des Kreuzes den Glauben an die Unsterblichkeit lehrt und bewahrt: dennoch aber wollen und sollen diese Rosenkreuzer und mit ihnen alle Maurer das Geheimniss, welches sie der Rose abge- [204] lauscht haben, dadurch in ihrem Leben offenbaren, dass sie lichtvoll und rein denken, reden und handeln, um in den ewigen Rosengarten, in das grosse Reich Gottes aufgenommen zu werden. Wer nicht an den Sohn, an Gott glaubt, über dem bleibt der Zorn Gottes, die Finsterniss. Gott ist nach der Verkündigung des Johannes auch die ewige Wahrheit und Gerechtigkeit, das Gesetz, und um vor dem Richterstuhle des Ewigen erscheinen zu können, ermahnt uns Johannes Busse zu thun und dem Herrn den Weg zu bahnen. Die Rose ist somit auch das Symbol des letzten Gerichtes, des ewigen Richters, der über den Sternen still und verborgen thront, aber dennoch Alles sieht, lohnt und straft. Vorzüglich dem alten deutschen Rechte war die grüne Blume oder Rose das Symbol des Urtheils, des stillen und verborgenen Gerichtes, der Vehme. Auf dem Dolche des rächenden Vehmrichters, der einen Vervehmten getödtet, und zum Zeichen, dass die That von der heiligen Vehme herrühre, das Werkzeug zurückgelassen hatte, war an dem bleiernen Griffe, eine Rose abgebildet. Was daher der Maurer und der Mensch selbst auch im Geheimsten beginnen und unternehmen möge, niemals soll er dabei vergessen, dass es der Allsehende und Allwissende doch sieht und weiss und einstens richten wird. Vor dem ewigen Richterstuhle sei die weisse Rose, die Reinheit des Herzens und der That, – der Gedanken, Worte und Werke unser Schutz und Urtheil; die weisse Rose, die Blume des Johannes, der johanneische Geist und Glauben und ein johanneisches Leben geleite uns in den Himmel und das ewige Licht; Johannes führe uns zu Christus in den ewigen Rosengarten. Feiern die Maurer in diesem Sinne das Johannis- und das Rosenfest, dann dürfen sie mit Br. Goethe rufen:

Mit jedem Schritt wird weiter
Die rasche Lebensbahn,
Und heiter, immer heiter
Steigt unser Blick hinan.
Uns wird es nimmer bange,
Wenn Alles steigt’ und fällt,
Und bleiben lange, lange!
Auf ewig so gesellt.


XVII.
Das Symbol der drei Lichter der Sonne, des Mondes und des Meisters, und das Symbol der beiden Säulen.

[205]

Nicht ohne Bedeutung stehen in der Maurerloge die aufwärts steigende Sonne und der sich senkende Mond den beiden Säulen Jakin und Boaz gegenüber, indem sie dadurch den Sinn dieser beiden Säulen, als den ewigen Wechsel, Umschwung und Gegensatz von Tag und Nacht, Licht und Finsterniss, Werden und Vergehen, Leben und Tod und im Sittlichen vom Guten und Bösen, Reinen und Unreinen, Wahren und Falschen bezeichnend, bestimmen. Die beiden Säulen in dieser Bedeutung gehören dem höchsten Alterthume der Aegypter und der Semiten an und vermuthlich sind auch daraus bei den christlichen Germanen des Mittelalters die zwei Thürme der Dome und der Kirchen hervorgegangen, wie solche zwei Thürme auch den grossen Münster in Zürich schmücken. Oefters wurden in Aegypten vor dem Eingang in den Tempel zwei hohe Obelisken aufgestellt und diese Obelisken heissen ägyptisch die Sonnenstrahlen.1) Zu Karnak oder zu Theben in Aegypten stehen z. B. vor dem von König Thutmosis I. erbauten Tempeltheile zwei Obelisken von rothem Granit;2) ebenso sind vor dem Tempel des Helios zu Heliopolis zwei prächtige Obelisken aufgestellt.3) Die Obelisken [...] bestehen gewöhnlich aus einem Stein und sind vierseitige Säulen, nach oben hin allmälig schmäler und in ein Pyramidion auslaufend, meistens mit einem etwas breitern Fussgestell, oft auf allen vier Seiten mit Hieroglyphen bedeckt. Die pyramidale Form erscheint deshalb bei den ägyptischen Bauwerken so vollendet, weil man in ihr die emporlodernde Flamme des Feuers nachbilden und dadurch das Aufsteigen des Menschengeistes aus dem ent- [206] seelten Körper zu den göttlichen Wohnungen der Ruhe symbolisch andeuten wollte. Bei den semitischen Völkern, besonders bei den syrischen Stämmen und bei den Phöniciern, erscheinen in den Heiligthümern der Götter zwei Säulen von Holz, Erz oder Stein als göttliche Symbole.1) So standen zu Tyrus in dem alten, von Gold als dem Symhole des Glanzes des Sonnenlichtes glänzenden Tempel des Melkarth, d. i. des Stadtkönigs, zwei berühmte Säulen, die eine von lauterem Golde, welche König Hiram, der Zeitgenosse und Freund des Königs Salomo, errichtet hatte, die andere von Smaragdstein, welche des Nachts herrlich leuchtete. Auch in dem Tempel des Melkarth zu Gades standen zwei acht Ellen hohe eherne Säulen, auf welchen die Kosten des dortigen Tempelbaues verzeichnet waren. Die grössten Säulen aber sollte der Gott sich selbst errichtet haben an dem Ende der Erde, die Felsenberge Calpe und Abylyx an der Strasse von Gibraltar.2) Nach aufgefundenen Münzen scheinen auch in Syrien beim Eingange mancher Tempel zwei Bäume, besonders zwei Cypressen, als die Symbole der Sonne und des Mondes gestanden zu haben. Vor der östlichen Seite des salomonischen Tempels standen die beiden Säulen Jakin und Boaz, deren Name auf die zwei Säulen der Maurerlogen übertragen worden ist.3) Movers erklärt Jakin aus dem Phönicischen als den Feststehenden, den Aufrechten, Boaz als den sich Bewegenden oder Fortschreitenden. Mit dieser Deutung von Movers stimmt es auch zusammen, dass der grosse Zeus-Bel oder Baal nach Diodor zu Babylon als stehend und als fortschreitend dargestellt war. Durch die beiden Säulen sollte sonach symbolisch ausgedrückt werden, dass Gott der Feststehende, der Unwandelbare und Ewige sei, aber zugleich auch der Bewegende, der Fortschreitende, der Schöpfer und Urheber jedes Lebens und Wechsels, – dass in dem Vergänglichen das Unvergängliche allein erscheine und sich offenbare. Ein verwandtes Symbol ist es, dass bei den Tyriern Kronos mit vier [207] Augen, je zwei vorn und zwei hinten, nämlich mit zwei offenen und zwei in Ruhe geschlossenen Augen, und mit vier Schwingen an den Schultern, zwei erhobenen und zwei herabhängenden, abgebildet wurde, um auszusprechen, dass Gott sehe, wenn er schlafe, und schlafe, wenn er wache, – oder fliegend ruhe und ruhend fliege, – dass Ruhe und Bewegung, Oeffnen und Schliessen im nimmer endenden Spiele des Weltalls wechseln. In diesem Sinne gibt auch Kopp, der Tempel Salomos, Stuttgart 1839, den Cherubim, welche die Wände des salomonischen Tempels zieren, einen erhobenen und einen gesenkten Flügel. Obschon dieser Deutung- des Symbols der zwei Säulen die volle Zustimmung ertheilt werden muss, kann dennoch dieselbe erst in einer spätern Zeit der Menschengeschichte aufgekommen sein, weil dieselbe eine philosophische, eine speculative ist und die Menschen im Uranfange ihres Seins nicht philosophirten oder speculirten. Ursprünglich bedeuten die beiden Säulen einfach die auf- und die untergehende Sonne, den Morgen oder Tag (Jakin) und den Abend oder die Nacht (Boaz), oder auch die Sonne als die Leuchte des Tages und den Mond als die Leuchte der Nacht,1) wie denn in dem Tempel des Melkarth oder des Herakles zu Tyrus die eine Säule bei Tage und die andere bei Nacht leuchtete. Auch Moses spricht: „Und Gott machte zwei grosse Lichter; das grössere, das dem Tag vorstelle, und ein kleineres Licht, das der Nacht verstehe.“ – Eine Fortbildung und Erweiterung des Symbols war es, dass dasselbe vom Tageslauf auf den Jahreslauf, von der am Morgen jeden Tages aufgehenden und am Abend wieder untergehenden Sonne auf die Sonne während ihres Jahreslaufes durch das Sternenmeer, durch den Thierkreis angewandt wurde. Nunmehr bezeichneten die Säulen Jakin und Boaz das steigende und das sinkende Jahr, den Sommer und den Winter, das ewig wechselnde Leben und [208] Sterben. Es sind die beiden Säulen, welche der Sonnengott Herakles am Ende seiner Bahn, am Ende der Erde sich selbst setzt und niemals überschreitet; es sind die beiden Sonnenwenden und Sonnenschranken, die Sonne auf der höchsten Spitze ihrer Bahn und am Ende derselben. Von dem Sonnengotte heissen die Säulen auch Sets oder Seth’s Säulen, da Set zufolge, Bunsen, a. a. O., V. S. 291, der älteste urkundliche Name des Sonnengottes ist. Nach dem Sonnengotte ist bei den Aegyptern auch der Sirius oder Hundsstern Sothis genannt worden, weil die Sonne ihre höchste Kraft erlangt, wenn sie im Hundssterne steht, bei ihm angekommen ist, oder vielmehr mit dem Frühaufgange, Heliakalaufgange des Sirius, weshalb bei den Aegyptern alsdann das Jahr endete und neu anfing. Set bedeutet übrigens im Hebräischen wie im Aegyptischen auch die Säule selbst, überhaupt das Aufrechte, Aufgerichtete, das Hohe. Die hohe Säule weiset auf den Höchsten, auf den im hohen Himmel thronenden Gott; sie trägt gleich der Opferflamme den Menschen und sein Gebet von der Erde zu dem himmlischen Vater empor. Der Mensch, Enosch im Hebräischen, ist der Sohn, das Kind des Set, des Sonnengottes; der Mensch ist auch Licht von dem ewigen Lichte. Die Säulen tragen daher nicht blos den Namen Set’s oder dem Gotte errichtete Säulen, sondern auch Enoschs oder Enochs, d. h. von den Menschen geweihte Säulen.1) Die Säulen sind das einigende Band zwischen dem Vater im Himmel, Set, und dem Menschen auf Erden, Enosch; sie sind der gemeinsame Weg, auf dem Gott zu seinen Kindern auf die Erde herabsteigt, und die Kinder wieder von der Erde zu ihm sich erheben. – Die Säulen trugen gewöhnlich eine weihende Inschrift und heissen daher in der Geschichte des phönicischen Sanchuniathons Ammunea, Säulen mit alter heiliger Schrift.2)

Vielleicht dürfen auch die zwei Cherubim auf dem Deckel der jüdischen Bundeslade, welche Polak, Encyklopädie für Freimaurer I. S. 349, als das Symbol des Osiris [209] und der Isis oder der männlichen und weiblichen, der zeugenden und gebärenden Naturkraft betrachtet, hierher bezogen werden. Bunsen, a. a. O., V. S. 286 ff., erklärt Cherubim als Feuersgluth und Seraphim als Brand oder Flamme. Jedenfalls war dem Alterthume und vorzüglich den semitischen Völkern die Säule zugleich ein phallisches, ein geschlechtliches Zeichen, sie bezeichnete auch die schöpferische und zeugende Naturkraft, den Schöpfer des Himmels und der Erde und der Menschen. 1)

Auch in dem berühmten Tempel des pelasgischen Zeus zu Dodona in Epirus, standen zwei eherne Säulen, welche Lasaulx, Studien des klassischen Alterthums, S. 301 ff., mit den zwei Säulen des salomonischen Tempels in Verbindung bringt und auf eine ganz eigenthümliche Weise für Glockensäulen erklärt. Schon Krünitz, ökonomische Encyklopädie, Bd. XIX. S. 86 ff., hatte die Ansicht aufgestellt, dass die beiden hohlen, ehernen Säulen vor dem salomonischen Tempel gleichsam zwei grosse Glocken gewesen seien, wozu das von den Kapitälen frei herabhangende Kettenwerk mit den Granatäpfeln die Schlägel gebildet haben, so dass auf solche Art bei dem Anhauch des Windes ein angenehmes Glockenspiel entstanden sei. Lasaulx S. 304 hält es nun nicht für unwahrscheinlich, dass auch die Säulen zu Dodona eine Nachbildung der salomonischen Säulen gewesen. Indessen dürften die Säulen zu Dodona wohl weit älter als die des Salomo sein2) und wie alle dortigen Tempeleinrichtungen ägyptisch, oder wenigstens phönicisch – ägyptisch gewesen sein.3) Aegyptischer Einfluss auf Griechenland ist begreiflich und wahrscheinlich, jüdischer Einfluss und dazu in Sachen der Religion und der Kunst wäre aber rein unbegreiflich, auch wenn man mit Lasaulx noch phönicische Vermittlung zulassen wollte. Nach Lasaulx hatte sich übrigens ein ähnlicbes Klingwerk an dem berühmten Grabmal des etruskischen Königs Porsena in Clusium befunden, wie in [210] späterer Zeit Augustus den Gipfel des capitolinischen Jupitertempels mit Glocken habe umhängen lassen. – Auch hatte der alte pelasgische Zeus in Arkadien auf dem höchsten Gipfel, dem lykäischen Berge, einen Altar mit zwei Adler tragenden Säulen, den ihm Lykaon, der Sohn des ältesten Landeskönigs Pelasgos, errichtet und mit einem Kindesopfer eingeweiht haben sollte. – Mit den phönicischen Saulen als phallischen Zeichen, als Zeichen des zeugenden und schaffenden Gottes berühren sich auch die griechischen sog. Hermen als Symbole des zeugenden und befruchtenden Hermes. 1)

In einem den beiden Säulen Jakin und Boaz verwandten Sinne hatte auch der alte römische oder italische Sonnen- und Lichtgott Janus zwei Gesichter (daher Janus bifrons, geminus) und standen zwei Altäre, nach Morgen und nach Abend, vor seinem Tempel, um dadurch anzudeuten, dass er der Anfang und das Ende, der Auf- und Niedergang sei, – dass er am Morgen das Thor des Lichtes öffne und am Abend schliesse, – dass er das Licht morgens bringe und des Abends wieder hinwegnehme.

Der in Felsen gehauene Tempel zu Carli in Ostindien .hatte an dem Eingange des Vorhofes zu jeder Seite eine 24’ hohe Säule, von denen die eine noch aufrecht steht. Eben zwei solcher Säulen befanden sich auch zu Persepolis.

Die beiden Säulen Jahin und Boaz in dem Dome zu Würzburg sind schon anderwärts berührt worden und dem dort Gesagten mag nur noch folgende Bemerkung aus Nr. 10 der Freimaurerzeitung vom Jahr 1856 beigefügt werden:

„Im Dome zu Würzburg stehen zu den Seiten einer mit Spitzbogen bedeckten Thüre, isolirt und ohne etwas zu tragen, zwei Säulen. Sie sind bräunlich und stechen gegen die hintere weisse Mauer ab. Ihre eigenthümliche Gestalt und die Aufschriften Jakin und Boaz deuten einen geheimnissvollen Sinn derselben an. Wahrscheinlich stammen sie aus dem 11. Jahrhundert, wo Bischof Heinrich I., Graf von Rottenburg, den jetzigen Dom neu erbauen liess. Dieser Bischof war in die Geheimnisse der Kunst eingeweiht und die Kirche wurde Johannes dem Täufer, dem [211] Schutzpatron der Bauleute, gewidmet. Von den erwähnten Aufschriften steht Jakin auf der vordern Seite der einen und Boaz auf der innern Seite der andern Säule. Ersteres bedeutet das Aufrichtende, Vertikale, letzteres das Starke, Gewährende, Horizontale, und aus der Zusammenstellung beider entsteht der rechte Winkel, – das älteste Bild der Formationsgesetze. Das Verhältniss der Stärke der Säulen zu deren Höhe ist wie 1 zu 9, also die bedeutungsvolle Zahl 3 Mal 3.“

Diese Erklärung der Worte Jakin und Boaz ist gewiss zu künstlich und passt kaum zu dem ziemlich allgemeinen Gebrauche der beiden Säulen bei den Phöniciern. Jedenfalls darf man übrigens von der Beschaffenheit der beiden Säulen in dem Dome zu Würzburg, welche freistehende und nichtstragende Säulen sind, entgegen der von Einigen aufgestellten abweichenden Ansicht mit Bestimmtheit schliessen, dass auch die beiden Säulen des salomonischen Tempels freistehende Säulen gewesen seien und vor dem Tempel, nicht in der Vorhalle und dieselbe stützend gestanden haben, wie auch die beiden Säulen des Würzburger Domes ursprünglich an oder vor der Pforte des Doms standen und erst von Bischof Heinrich I. an ihre jetzige Stelle in dem von ihm erbauten Neumünster versetzt wurden.1) In dem maurerischen Archive, herausgegeben von J. H. Bürmann, S. 177 ff., ist die ganz unhaltbare Vermuthung ausgesprochen worden, dass die salomonischen Säulen zu Kanzeln, oder zu Minarets, wie sie noch alle morgenländischen Tempel haben, gedient haben; der Redner habe auf ihnen von den drei Seiten der Vorhöfe gesehen und gehört werden können.

In einzelnen Logen Deutschlands und der Schweiz und, wie es scheint, in allen englischen Logen2) haben die beiden ersten Vorsteher zum Attribut eine kleine Säule, welche die beiden Säulen des salomonischen Tempels vorstellen sollen und von denen die des älteren Jakin und [212] die des jüngern Boaz heisst.1) Beim Schlusse der Logenarbeiten stellt der jüngere Aufseher seine Säule aufrecht und der ältere legt die seinige nieder, welches bedeuten soll, dass, während die Brüder sich erholen, dem jüngern Aufseher die Sorge für die Loge anvertraut sei.2) Auf dem Titelkupfer des bekannten englischen Werkes Jakin und Boaz, welches Titelkupfer aus den Ausgaben vom Jahr 1776 und 1800 Krause in den Kunsturkunden I. 1. S. 238 mitgetheilt hat, stehen die zwei Säulen der beiden Aufseher zuerst zwischen Sonne und Mond, sodann zwischen den eigentlichen Säulen des Tempels in der Mitte des Titelkupfers.

Die aufgehende Sonne und der untergehende Mond, Sol und Luna, der indische Surya und die Aswini, Apollo und Artemis, Helios und Selene, Zeus und Hera, Zeus und Europa, Zeus und Jo, – Janus, Dianus und Diana, – Osiris und Isis, Baal und Baaltis, Adad und Adargatis, die Dioskuren oder der Morgen- und Abendstern Polydeukos und Castor, Romulus und Remus, – bei den Indern die Aswini oder Rossegötter, der finstere Kumaras und der glänzende oder lichte Aswa 3), welche in der Maurerloge den beiden Säulen und den beiden Vorstehern gegenüberstehen, sind bei den Römern gewöhnliche Bilder der Ewigkeit, beide mit dem Epitheton aeternus und aeterna, in welcher Weise sie oft neben einander abgebildet, verehrt und pro salute imperii oder pro salute eines Kaisers angerufen werden.4) Eben so waren bei den Griechen der auffahrende Helios und die herabsteigende oder herabfahrende Selene sehr üblich und z. B. am östlichen Gibelfelde des Parthenon zu Athen und am Throne des Zeus zu Olympia dargestellt.5) Dasselbe Symbol muss auch in den Mithrasmysterien gebräuchich gewesen sein und erscheint mehrfach auf Mithrasdenkmalen. Auf aufgefun- [213] denen Mithrasdenkmalen erscheinen zwei Genien, der eine mit erhobener, der andere mit gesenkter Fackel, und über der Mithrashöhle, der maurerischen dunkelen Loge, fährt der Sonnengott einerseits mit seinem Gespanne empor, während andererseits die Göttin des Mondes das ihrige hinablenkt.1) Die Genien mit der erhobenen und gesenkten Fackel sind hier ganz gleichbedeutend mit der aufgehenden Sonne und dem untergehenden Monde. Auf einem vor mehreren Jahren in Siebenbürgen aufgefundenen Mithrasdenkmale, wovon Lajard, a. a. O., Taf. XV, eine Abbildung gegeben hat, stehen die beiden Genien mit der erhobenen und gesenkten Fackel vor zwei Cypressen, welche beide Cypressen wieder die Symbole der Sonne und des Mondes sind und wohl aus Syrien stammen. Auch die griechische Kore oder Persephone2) trägt auf Bildwerken solche zwei Fackeln, was auf ihr doppeltes Leben in der Ober- und Unterwelt, auf die zwei Seiten und Theile des Jahres hinweiset. Die Dioskuren, des Lichtgottes Zeus Söhne, bedeuten mit ihren weissen Rossen den ewigen Wechsel und Umschwung zwischen dem Lichte des Tages und der Nacht, den Morgen- und den Abendstern, die Sonne und den Mond, oder auch die auf- und die untergehende Sonne.3) Zuweilen werden den beiden Dioskuren auf Vasengemälden, um die in ihnen ausgedrückte Idee des ewigen Wechsels von Leben und Tod, Aufgang, und Untergang, Licht und Finsterniss noch mehr zu versinnlichen, ein weisses und ein schwarzes Pferd gegeben, wie auch von den vier Pferden des Sonnengottes zwei weiss und zwei schwarz dargestellt werden. Noch schöner aber ist dieses in dem unsterblichen Leben des Polydeukes und dem sterblichen des Castor ausgesprochen; das Irdische muss im Tode zerfallen und vergehen, der göttliche Geist aber, [214] das Licht währt unsterblich. Dieselben Ideen bezeichnen ferner die doppelt, nämlich weiss und dunkelroth gefärbten Mysterieneier, welche Bachofen in seiner Gräbersymbolik S. 292 ff. so geistvoll besprochen hat. – Endlich erscheinen Castor und Polydeukes auch in Verbindung mit der niederfahrenden Selene und dem auffahrenden Helios und mit Hesperos und Phosphoros, dem Abend- und dem Morgenstern, welche eine gesenkte und erhobene Fackel als die Genien des Todes und des ewigen Lebens tragen.1) Es ist also hier eine wahre Häufung gleichbedeutender Symbole vorhanden, gerade wie bei den Maurern der aufgehenden Sonne und dem untergehenden Monde die beiden Säulen gegenüberstehen oder die drei Pfeiler der Loge in den drei Lichtern um den Teppich und auch in den drei ersten Vorstehern der Loge erscheinen. In den Mysterien bedeuten der untergehende Mond und die aufgehende Sonne nicht blos den irdischen Umschwung und Wechsel von Nacht und Tag, Tod und Leben, sondern zugleich im höhern Sinne das Hervorgehen des ewigen Lichtes und Lebens aus dem irdischen Tode und Grabe. Aehnlich muss das Symbol der Sonne und des Mondes in den eleusinischen Geheimnissen enthalten gewesen sein, da zwei der ersten Priester ihre Attribute trugen; noch mehr gilt dieses von den ägyptischen Mysterien, worin die Sonne und der Mond die Symbole des Osiris und der Isis gewesen sind. Das Symbol des untergehenden Mondes und der aufgehenden Sonne, zumal in Verbindung mit den beiden Säulen darf somit als ein sehr alterthümliches bei den Maurern erklärt werden und ist ihnen vermuthlich und gewiss von den römischen Bauleuten wohl zunächst aus Syrien und Phönicien oder auch aus den Mithrasmysterien überliefert worden. Für das Letztere spricht besonders die den Mithrashöhlen entsprechende Maurerloge als Symbol der Welt und die Auffassung des Maurers als eines Lichtstreiters, wie zugleich der in den beiden Säulen und in der aufgehenden Sonne und dem herabsteigenden Monde sich verkündende Dualismus der physischen und der sittlichen Welt durchaus parsisch, mithrisch [215] oder zarathustrisch ist. Der tiefere und höchste sympolische Sinn des Symbols der aufgehenden Sonne und des untergehenden Mondes möchte die Idee der Unsterblichkeit sein; der Untergang des Mondes oder des Irdischen ist der Aufgang des Himmlischen, des ewigen Lichtes und Tages. Der Untergang des lrdischen, die Nacht und das Grab sind die Bedingung, die Wiege des himmlischen Lichtes und Lebens, der Unsterblichkeit des göttlichen Geistes in dem Menschen. Nur deponens aliena (die irdische Fessel und Hülle abstreifend), ascendit unus. Zwischen Sonne und Mond im Osten steht der Altar des Ewigen und im Westen weilen die Brüder, die Menschheit, sehnend und hoffend den Blick nach Osten, nach dem ewigen Lichte gewandt. Der zwischen Sonne und Mond thronende Ewige gibt von selbst die drei kleinen oder ursprünglich ohne Zweifel die drei grossen und einzigen Lichter der Sonne und des Mondes und des Meisters vom Stuhl, des letzteren als des Symbols des Meisters der Meister, des Schöpfers der Sonne und des Mondes und des Heeres der Sterne, der himmlischen Heerschaaren. Die drei kleinen oder grossen Lichter sind also, näher und tiefer betrachtet, nur ein alterthümliches Bild und Symbol des allmächtigen Baumeisters der Welt, des Schöpfers von Himmel und Erde, des in seiner Schöpfung erscheinenden und sich offenbarenden Gottes. In diesem Sinne allein ist die Antwort des ältesten englischen Lehrlingsfragestückes auf die 41. Frage zu verstehen:

‘„Die Sonne regiert den Tag, der Mond regiert die Nacht und der Meistermaurer die Loge (d. i. die Welt).“ ’

Um das Symbol der drei kleinen Lichter der Sonne, des Mondes und des Meistermaurers, welches Symbol sodann selbst wieder durch die drei um den Teppich in einem Dreieck aufgestellten Lichter und durch den Meister vom Stuhl mit den beiden ersten Vorstehern symbolisirt wird, in seiner ursprünglichen Bedeutung zu erfassen, muss man davon ausgehen, dass die alten Mysterien wesentlich zum Zwecke hatten, die Schöpfung der Welt, des Lichtes aus der Finsterniss, – den Schöpfer des Lichtes und die von ihm erschaffenen Lichter selbst bildlich oder symbolisch darzustellen. Unter Mysterien sind hier die [216] uralten geheimen religiösen Verbindungen, Feierlichkeiten und Weihen zu verstehen; im eigentlichen und engsten Sinne aber sind die Mysterien die Aufnahme in den geheimen religiösen Bund, die Weihe zum Mitgliede desselben und die dabei üblichen Gebräuche und vorgetragenen Lehren. Auch die römischen Baucorporationen, aus welchen die Bauzünfte des germanischen Mittelalters, besonders die englischen und aus diesen wieder die heutigen maurerischen Logen hervorgegangen sind, waren zugleich geschlossene religiöse Vereine, im vollen und wahren Sinne Mysterien, womit auch der nothwendige geschichtliche Zusammenhang der heutigen Freimaurerei mit den Mysterien des Alterthums gegeben und genau bestimmt ist. Im geschichtlichen Sinne ist die Freimaurerei das Mysterium, die geheime Religion, der Gottglauben und der Gottesdienst der römisch-germanischen Baukünstler. Die Geschichte der Freimaurerei wird nur dann gehörig und vollständig begriffen werden können, wenn mehr, als solches bisher geschehen ist, berücksichtigt wird, dass die römischen Baucorporationen und die germanischen Bauzünfte und Innungen zugleich religiöse Brüderschaften (woher einzig und allein die Benennung ihrer Mitglieder als Brüder), fraternitates, confratriae, confraterniae, wie sie in deutschen und schweizerischen Urkunden ausdrücklich genannt werden, gewesen sind.1) Die deutschen Handwerksverbindungen werden ursprünglich in den lateinischen Urkunden entweder schlechthin Genossenschaften (societates) oder Brüderschaften, fraternitates, so im Stiftungsbriefe der Bettziehweber von Cöln, oder auch confraternitates im Edict Kaisers Friedrich II. des Staufers vom J. 1232, auch confratriae, confraterniae genannt. In dem bischöflichen Stiftungsbriefe der Zunft der Kürsner in Basel vom J. 1226 wird confraternitas, confraternia, societas und Zunft ganz gleich- [217] bedeutend gebraucht. Es heisst nämlich in diesem Stiftungsbriefe: „Quod si aliquis ipsorum in aliquo contra condietum ipsorum excesserit, nobis sive successoribus nostris quinque solidos, civitati quinque et quinque ad usus confraternie corum, quod in vulgari dicitur Zhunft, quam in honore beate Marie virginis constituerunt, sine contradictione et remissione qualibet persolvat. Et quicunque ex ipsorum opere in ipsorum societate et confraternitate voluerit interesse, in introitu suo decem solidos persolvant, et eorum successores si in eadem confraternitate consortes esse voluerint, tantum tres solidos in introitu eorum persolvant. Qui vero ex ipsorum opere in eorum societate prout superius dictum est noluerint interesse, ab officio operandi pro suo arbitrio et a foro emendi et vendendi et a tota communione eorum penitus exeludatur.“1) Zu Basel wurde die Zunft der Maurer im J. 1248 gegründet und vereinigte neben diesen noch die Gypser, Zimmerleute, Kühler und Wagner.2) Alle Zünfte waren eine geistliche Brüderschaft oder vielmehr aus diesen ältern Brüderschaften hervorgegangen, welche im Leben schon treu zusammenhielten, auf ihren Stuben ihre gemeinsamen Trinkgelage hatten, arme Genossen unterstützten oder beim Absterben auf ihre Kosten begruben u. s. w. Die Zunft war zunächst ein geschlossener Verein der Mitglieder desselben Handwerks und sollte schützen vor Eingriffen nichtzünftiger Handwerker; er war aber auch zugleich ein das gesammte übrige Leben, namentlich das politische, umfassender Verein. Je tiefer man in die Geschichte eindringt, um so mehr wird man zu der Ueberzeugung gelangen, dass die wahre Maurerei und Brüderlichkeit, das Zusammenhalten im Leben und Tod im J. 1717 untergegangen und begraben worden und die blose Schönrednerei, die Phrasenmacherei seit dem zur Herrschaft gelangt sei. Die Idee der Maurerei [218] hat sich wohl erhalten, aber die Maurer sind keine praktischen Idealisten mehr, sondern nicht selten ideenlose Praktiker; es herrscht das Wort und fehlt die That. – Die Benennung Zunft ist schon in der Mitte des 13. Jahrhunderts üblich und zunft, [gazumft u. s. w.], bizunft, gizunft bedeutet Vertrag, Uebereinkunft, Bündniss, Einverständniss. In England wird die Zunft, die Handwerksinnung noch heute allgemein mystery genannt, was höchst beachtenswerth ist.1) Die deutsche Innung ist verderbt aus Einung. DieZünfte und Innungen, die Handwerke waren ursprünglich ganz an die Priesterschaft, bei den Christen an die Kirche und die Klöster angelehnt und trugen deshalb das kirchliche Gewand einer Bruderschaft (confraternitas, confraternia, confratria); erst nach und nach löseten sie sich von der Kirche los und gewannen ein selbstständiges Leben, wurden aus kirchlichen oder religiösen Vereinen bürgerliche oder auch politische, die eigentlichen Handwerkszünfte, in denen das Handwerk mit seinen Interessen vorherrschte und das Religiöse mehr in den Hintergrund trat. Das ganze Mittelalter darf als der Zersetzungs- und Auflösungsprocess des frühern allumfassenden priesterlichen Wissens, Wirkens und Lebens in viele einzelne selbstständige Wissens- und Wirkenskreise, besonders in die der Zünfte und Handwerke und der Universitäten, betrachtet werden, wobei den Priestern zuletzt nur noch der Gottesdienst und kaum die Theologie verblieben. Die Entstehungs- und Entwickelungsgeschichte der Zünfte und der Universitäten ist wesentlich dieselbe, beide bilden nur ein grosses Ganze, obwohl das selbstständige Handwerks- (und Kunst-) Leben vielleicht etwas früher erwacht sein mag als das eigentliche wissenschaftliche oder Universitätsleben. Viele Wissenschaft und Kunst war unmittelbar mit dem Auftreten der Zünfte verbunden, so die ganze Baukunst mit allen ihren Hülfskünsten, z. B. der Malerei und Giesserei, mit der Zunft der Steinmetzen und Maurer.

Im Alterthum und ganz vorzüglich in Aegypten war [219] ursprünglich das Wissen, und also auch die Baukunst mit allen ihren Hülfswissenschaften und Hülfskünsten, nur ein priesterliches, weil die Priester die einzig Wissenden – die Theologen, Gesetzgeber und Richter, Astronomen und Astrologen, Aerzte, Philosophen und namentlich auch die Schreiber, Maler, Baumeister und Bildhauer u. s. w. des Volkes waren. Wenn die Alten z. B. die Rechtsgelehrten justitiae sacerdotes, Priester der Gerechtigkeit nennen, wie Ulpian §. 1. Inst. de just. et jur., ist dieser Ausdruck nicht blos bildlich, sondern für die Aegypter, Phönicier, Juden, alten Römer u. s. w. ganz wörtlich zu verstehen.1) Auch die Gesetzgebung war daher eine durchaus priesterliche und zwar nicht blos bei den Aegyptern und Phöniciern, sondern auch bei dem Zendvolke diejenige des Zarathustra (besonders im Vendidad), bei den Juden die mosaische, bei den Indern die Gesetze des Menu u. s. w. Die Priesterwissenschaft wurde als Geheimniss, Mysterium streng bewahrt und nur den Eingeweihten stufenweise mitgetheilt; insofern sind die alten, wenigstens die ägyptischen Mysterien auch Lehr- und Bildungsanstalten, wissenschaftliche Geheimbünde, wie namentlich der Bund oder die Schule des Pythagoras, mit welchem erst die eigentliche Wissenschaft in Griechenland anhebt, noch ein solcher wissenschaftlicher Geheimbund, eine förmliche, aber streng geschlossene Erziehungsanstalt, eine Art Hochschule war. Die verschiedenen Grade der alten ägyptischen und pythagoräischen Mysterien, der alten Priesterschulen, dürfen in dieser Richtung den verschiedenen Classen unserer Schulen oder Gymnasien und besonders den akademischen Würden in den verschiedenen Wissenschaften verglichen werden, wie die grossen Priesteranstalten und Priestercollegien zu Theben, Memphis und Heliopolis als die ägyptischen Hochschulen angesehen werden können und müssen. Darauf, dass die ägyptischen Mysterien in solcher Art Bildungsanstalten, Hochschulen und gelehrte Akademien waren, beruht es, dass viele Griechen, welche sich eine besondere wissenschaftliche Bildung verschaffen wollten, nach Aegypten oder auch nach Asien zogen und in die dortigen My- [220] sterien sich einweihen, d. h. an den Priesterschulen unterrichten liessen. Ob schon Homer, wie behauptet wird, in die ägyptischen Mysterien eingeweiht gewesen sei, mag dahingestellt bleiben; jedenfalls waren eingeweiht z. B. Lykurg (eingeweiht im Jahr 807 vor Christus) und Solon, Thales (eingeweiht in die Mysterien der Isis), Pythagoras (eingeweiht zu Theben, wozu er sich sogar der Beschneidung unterworfen hatte), der göttliche Platon (eingeweiht im Tempel zu Heliopolis), Pittakus (soll im Jahr 585 vor Christus eingeweiht worden sein), Herodot (eingeweiht in die Mysterien der Isis im Tempel zu Memphis 483 v. Chr.), Eudoxus (eingeweiht zu Sais im Jahr 371 vor Chr. nach dem Temple mystique, Paris 1856, S. 140), Demokrit von Abdera u. s. w. Sehr berühmt waren auch bei den Griechen und Römern die Mysterien oder der Dienst der 7 Kabiren auf Samothrace. In den alten, bis an das Ende des zweiten oder den Anfang des dritten Jahrhunderts christlicher Zeitrechnung bestandenen Mysterien von Samothrace wurde der Tod des jüngsten der Kabiren, des Cadmilos, von den Eingeweihten mit Weinen und Seufzen gefeiert. Cadmilos wurde von seinen zwei Brüdern getödtet, welche entflohen und seine Zeugungstheile in einem Körbchen oder Kästchen mit sich nahmen.1) In den Mysterien der Korybanten wurde in ähnlicher Weise der Tod des jungen Attis dargestellt und beklagt und zwar um die Zeit der Tag- und Nachtgleiche des Frühlings, welchem Trauerfeste zuletzt ein wildes Freudenfest über die Rückkehr des Attis in das Leben folgte.2) Nach Schelling, über die Gottheiten von Samothrace, Stuttgart und Tübingen 1815, ist der Dienst der Kabiren der älteste des ganzen Griechenlands, der mit dem ersten Licht höheren und besseren Wissens in den samothraciischen Gegenden aufging und der nicht eher als mit dem alten Glauben selbst untergegangen zu sein scheint. Aus den Wäldern Samothraciens erhielt Griechenland mit der geheimeren Göttergeschichte zuerst den Glauben an ein [221] künftiges Leben. Besser und für das Leben wie für den Tod fröhlicher wurden nach allgemeiner Ueberzeugung die dort Eingeweihten. Eine Zuflucht des Unglücks, ja des Verbrechens, so weit es durch Bekenntniss und Entsündigung versöhnt werden mochte, hielt in Zeiten früherer und späterer Wildheit, samothraciischer Gebrauch menschliches Gefühl aufrecht. – Zufolge Jamblichus in vit. Pyth. cap. 28 soll auch Pythagoras in Samothrace Weisheit gesucht und gefunden haben, welche Nachricht Schelling weder für unwahrscheinlich noch für unrichtig hält. Bunsen, a. a. O., V. S. 325 findet in dem geheimen phönicischen Dienste auf Lemnos und Samothrace die Keime des Osiris- und Dionysos-Mythus. Die alten heiligen Urkunden Phöniciens berichteten, dass der Dienst der Kabiren, d. h. der Dienst der 7 weltschaffenden Kräfte mit dem obersten Gotte, dem Achten, dem Eröffner oder dem bewusst schaffenden Gotte, einst von der Küste Phöniciens nach Aegypiten gebracht worden sei. In die Geheimnisse zu Eleusis in Attika, welche aber weniger wissenschaftlicher als religiös-sittlicher Natur waren, pflegten fast alle gebildeten Griechen zur Zeit der Blüthe derselben sich aufnehmen zu lassen, wie dieses auch viele Männer anderer Nationen, besonders der Römer, z. B. Cicero, thaten.

Die Mysterien im engern und eigentlichen Sinne waren die mit Einweihungen verbundene und nur den schon Eingeweihten zugängliche, also wesentlich geheime Feier des Hauptfestes desjenigen Gottes oder derjenigen Göttin, welche von den Eingeweihten vorzüglich verehrt wurde, z. B. des Osiris und der Isis, der Demeter und des Dionysos oder Jacchos, Bacchos, des maurerischen Hiram oder auch Johannes des Täufers. Ehe man die Weihe erhielt, musste man vorbereitet und unterrichtet sein, wodurch der Unterricht und die Weihe unzertrennlich verbunden, jener die Bedingung, die Vorstufe für diese war. Der Unterricht, die Lehren waren auch ein Mysterium, wie die Weihe und Festfeier selbst und insofern gelangte man durch das Mysterium (den Unterricht) zu dem Mysterium oder zu den Mysterien. Den Hauptinhalt der letztern bildete die dramatische Darstellung der Geschichte oder des Leidens, Sterbens und Wiederauferstehens des [222] verehrten Gottes ganz in derselben Weise, wie dieses noch heute in der christlichen Kirche bei den Katholiken bezüglich Jesus und bei der Meisteraufnahme der Maurer mit Hiram geschieht, ja sogar bei den Japanesen an ihrem Feste Matsuri mit einer dem Adonis ähnlichen Person geschehen soll. Durch diese Darstellung, womit ergänzend und erläuternd der Vortrag oder die Erzählung der heiligen Sage [...] der Gottheit verbunden war, gerade wie bei den Maurern der Vortrag der Hirammythe damit verbunden ist, sollten die Eingeweihten sterben, die Schrecken des Todes überwinden und an Gott und Unsterblichkeit, an die ewige Gerechtigkeit glauben lernen. Da aber der Mensch den Glauben an einen Gott und an die Unsterblichkeit seines eigenen Geistes blos aus der Betrachtung der unendlichen Weltschöpfung, des Himmels und der Erde, der auf- und untergehenden Sonne, der stets aus ihrem Grabe wiedererstehenden Naturkraft, des wiederkehrenden Frühlings mit der Sonnenpracht und Macht geschöpft hatte, sind die Mysterien ursprünglich auch nur die Feier des Sonnen- und Jahreslaufes, die Darstellung des Vergehens und des Wiedererstehens der Sonnen- und Naturkraft, des Herbstes oder Winters und des Frühlings. Osiris, Isis, Demeter, Dionysos, Hiram, selbst Johannes der Täufer und Jesus sind von dieser Seite blose Personificationen der scheinbaren und wirklichen Geschichte der Sonne und der Erde, sind insofern blose mythische Personen. Die geheime Lehre ist desshalb zunächst nur die Lehre von dem Laufe der Sonne, des Mondes wie der übrigen Sterne und ihres Einflusses auf das jährliche Schicksal der Erde und der Menschen, – man dürfte fast sagen, der Himmels- und der Erdkunde, wobei aber die Erdkunde, wesentlich auf das einzelne in Frage stehende Land, z. B. Aegypten, oder Attika, oder auch Griechenland, beschränkt und fest localisirt erscheint. Auf diese Weise ist die Feier der Mysterien mehr oder weniger zu einer Feier des Landesschicksales und Landeslebens, Osiris z. B; bei den Aegyptern zum Nilgotte, zum Nile geworden und ebenso Isis zu dem von dem Nile befruchteten, nach den Anschwellungen des Niles in der trockenen Jahreszeit sich sehnenden, den verlorenen Nilgatten beklagenden und [223] suchenden Lande Aegypten, der ägyptischen Erde. An die Himmels- und Erdkunde schloss sich aber alles übrige Wissen nothwendig an; die Mysterien umfassten alles Wissen, so lange sie die einzigen Bildungsanstalten und die Priester die einzigen Leiter und Lehrer derselben waren. In den heiligen Büchern der ägyptischen Priester, in den 42 sog. hermetischen Schriften ist daher die ganze ägyptische Wissenschaft in allen ihren Theilen niedergelegt.1) Aller Unterricht daraus wurde aber nur mündlich als eine treu zu bewahrende Geheimlehre, als ein Mysterium ertheilt. Auch die gallischen Druiden, welche gleichfalls ein religiös-wissenschaftlicher Geheimbund mit verschiedenen Graden waren, ertheilten ihren Unterricht ohne Bücher nur mündlich, damit die Lehre besser geheim bleibe.2) Ebenso hielt es Pythagoras in seiner Schule zu Crotona in Unter-Italien oder Gross-Griechenland und sollten es wenigstens die Maurer halten. Selbst das Christenthum war in den ersten Jahrhunderten ein bloser Mysteriendienst, wurde nur durch eine besondere Weihe, die Taufe, ertheilt und der ganze christliche Gottesdienst war ein geheimer der Eingeweihten, wozu freilich auch die äussern Verhältnisse und die Verfolgungen und Bedrängungen im römischen Reiche nöthigten. Im Mittelalter waren die christlichen oder geistlichen Mysterien zu blosen Schauspielen oder Schauspielaufzügen herabgesunken, in denen an den Festen Christi oder der Heiligen deren Schicksale oder auch sonstige testamentalische Geschichten durch die Kirche oder die Geistlichen dem Volke vorgestellt wurden.

Alle Mysterien hatten in religiöser Hinsicht sich die schöne Aufgabe gestellt, in den Aufzunehmenden den Glauben an den allmächtigen Gott, welcher Himmel und Erde, – die Sonne, den Mond und die Sterne geschaffen hat, mit aller Stärke zu erwecken und lebendig zu erhalten. Die reine Lehre von Gott als dem Schöpfer des [224] Lichts oder der Sonne, des Mondes und der Sterne hat vorzüglich auch Moses, der Lehrling der ägyptischen Priester, in der Genesis 1, 14 ff., den Juden verkündet: „Da sprach Gott, es sollen werden Lichter an der Feste des Himmels, zu scheiden zwischen Tag und Nacht, und zu geben Zeichen für Zeiten, und für Tage und Jahre, und die seien Lichter an der Feste des Himmels, dass sie leuchten auf die Erde. Und es geschah also. Und Gott machte die beiden grossen Lichter: das grosse Licht, das den Tag regiere, und das kleine Licht, das die Nacht regiere; dazu auch die Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, dass sie scheinen auf die Erde, und den Tag und die Nacht regierten, und schieden zwischen Licht und Finsterniss. Und Gott sah, dass es gut war. Und es ward Abend und ward Morgen, vierter Tag.“ – Also Gott ist der Schöpfer der Sonne, des Mondes und der Sterne, durch sie erleuchtet und beherrscht er die Welt, den Tag und die Nacht. Gott ist das ewige, unerschaffene, unveränderliche und unsichtbare, oder nach der Sprache der Aegypter verborgene Licht; die Sonne, der Mond und die Sterne sind die von Gott erschaffenen zeitlichen, veränderlichen und sichtbaren Lichter. Der einfache und doch unendlich grosse Gedanke war, Gott sei es, welcher Himmel und Erde erschaffen hat und erhält, – der der Sonne, dem Monde und den Sternen ihre Bahnen angewiesen hat, – der Licht werden lässt. Die Wurzel, aus welcher sämmtliche japhetische oder arische Benennungen der Gottheit, das Sanskrit dêwas, das Griechische [...] , – das Lateinische deus, womit auch dies, der Tag, sich berührt, – das Litthauische diewas, – das Lettische dews, das Preussische deiws und das Keltische dia stammen, ist das Zendwort div oder dju, welches leuchten, glänzen bedeutet. Gott ist der Leuchtende, der Glänzende, das Licht, der Himmel. Auch Zeus, Jupiter, der deutsche Gott Tyr und der gallische Gott Dis, von welchem nach Cäsar de bello gall. VI, 18 alle Gallier abzustammen glaubten, tragen ihren Namen nur von dem Leuchten, von dem Lichte. Gott ist das Wesen, die Macht, welche sprach: „Es werde Licht;“ Gott ist der Herr des Lichtes, der Himmelskönig, divaspati, djupatar, djupitar, lateinisch [225] Djupiter, Diespiter, Jupiter.1) Es muss ein Gott, ein Schöpfer sein, weil die Schöpfung ist, weil Sonne, Mond und die Sterne leuchten. Daher sind bei den arischen oder indo-germanischen Völkern die Sonne, der Mond und dazu auch die Sterne das ursprünglichste und allgemeinste Symbol der Gottheit, gleichsam die lebenden Zeugen und Bürgen Gottes. Das Feuer und das Licht sind nur die Symbole der Symbole. Die höchste Vorstellung Gottes bei den Indern ist eine unendlich strahlende Sonne. Da’her heisst es in der Bhagavad-Gitá als Krischnas auf die Bitten des Ardchunas sich diesem in seinem wahren Wesen zeigt:

‘„Wenn hoch am Himmel urplötzlich von tausend Sonnen rings empor Licht flammte, gliche sein Strahlen dem Glanze dieses Erhabenen.“’

Ebenso wird Indra als der Gott des unermesslichen Glanzes geschildert. 2)

Im ägyptischen Todtenbuche, herausgegeben von Lepsius, Leipzig 1842, sagt Osiris von sich selbst: „Ich bin der Lichtgott, der Sohn des Lichtes; ich wohne im erhabenen Lande des Lichtes, geboren und gezogen im erhabenen Lande des Lichtes.“

Die erhabenste Vorstellung von der Gottheit haben die Juden; denn ihnen ist Gott nicht allein der unsichtbare, sondern auch der unerblickbare; der Sterbliche vermag den Anblick des unendlichen Lichtes und Glanzes Gottes nicht zu ertragen. Daher wird Moses V. 4, 10 ff. gesagt, dass Gott vom Berge Horeb herab aus dem Feuer zu dem Volke Israels gesprochen und man ausser der Stimme keine Gestalt gewahrt habe. Noch schöner wird dieses bei Moses II. 33, 18 ff. dargestellt. Als Moses den Ewigen bittet, ihn doch seine Herrlichkeit sehen zu lassen, antwortet der Ewige:

„Er aber sprach, lass mich doch deine Herrlichkeit sehen. Und er sprach: Ich will vor deinem Angesicht [226] vorübergehen lassen alle meine Schöne, und will ausrufen den Namen, der Ewige vor dir. Denn wem ich gnädig bin, dem bin ich gnädig; und wess ich mich erbarme, dess erbarme ich mich. Und sprach weiter: Mein Angesicht kannst du nicht sehen; denn kein Mensch bleibt leben, der mich siehet. Und der Ewige sprach weiter: Siehe, es ist eine Stätte bei mir; da sollst du stehen auf dem Felsen. Wenn nun meine Herrlichkeit vorübergehet, will ich dich in der Felskluft stehen lassen, und meine Hand über dich decken, bis ich vorübergegangen bin. Und wenn ich meine Hand von dir wegthue, wirst du meine Rückseite sehen; aber mein Angesicht kann man nicht sehen. – – Da kam der Ewige hernieder in einer Wolke und stellte sich daselbst zu ihm, und rief aus den Namen, der Ewige. Und da der Ewige vor seinem Angesicht vorüberging, rief Er, der Ewige! der Ewige! ein barmherziger und gnädiger, langmüthiger Gott, und von grosser Gnade und Treue; der da bewahret Gnade in’s tausendste Glied, und vergibt Missethat, Uebertretung und Sünde, der aber keine Missethat ungestraft lässt, sondern die Missethat der Väter heimsuchet an Kindern und Kindeskindern, bis in’s dritte und vierte Glied. Und Moses neigete sich eilends zur Erde und betete an und sprach: Habe ich, Herr, Gnade vor deinen Augen gefunden, so ziehe doch der Herr in unserer Mitte, denn es ist ein halsstarriges Volk, und vergib unsere Missethat und Sünde, und mache uns zu deinem Eigenthum. – – Denun Moses vom Berge Sinai hinabstieg, hatte er die zwei Tafeln des Zeugnisses in seiner Hand, und wusste nicht, dass die Haut seines Angesichts glänzete, davon, dass er mit Ihm geredet hatte. Und Aaron und alle Kinder Israel sahen Moses: und siehe, die Haut seines Angesichts glänzete, und sie fürchteten sich, zu ihm heranzutreten. Da rief ihnen Moses; und sie kehrten zu ihm zurück, Aaron und alle Fürsten der Gemeinde; und Moses redete mit ihnen. Darnach aber traten herzu alle, Kinder Israel. Und er gebot ihnen Alles, was der Ewige mit ihm geredet hatte auf dem Berge Sinai. Und nachdem Moses mit ihnen zu Ende geredet, legte er eine Hülle auf sein Angesicht. Und wenn er hineinging vor den Ewigen, mit ihm zu reden, that er die Hülle ab, bis er wieder [227] herausging. Und wenn er herauskam und redete zu den Kindern Israel, was ihm geboten war; so sahen die Kinder Israel, dass die Haut seines Angesichts glänzete. Dann that er die Hülle wieder auf sein Angesicht, bis er wieder hineinging, mit ihm zu reden.“ –

Wird noch in Betracht gezogen das Gebot, von dem Ewigen sich kein Bildniss und Gleichniss zu machen, so wie neben ihm keinen andern Gott zu verehren, erhält man den höchsten Begriff des einzigen und allmächtigen Gottes. Moses V. 3, 24 sagt daher mit Recht: „Denn welcher Gott ist im Himmel und auf Erden, der es deinen Werken und deiner Macht könnte gleichthun?“

Moses V. 6, 5 ff. ruft: „Höre, Israel, der Ewige ist unser Gott, der Ewige allein. Und du sollst den Ewigen, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer, Seele und aus allen Kräften. Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollen in deinem Herzen sein. Und da sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon rede, wenn du in deinem Hause sitzest, oder auf dem Wege gehest, und wenn du dich niederlegest, oder aufstehest; und sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie tragen als Denkbinde zwischen deinen Augen; und du sollst sie über deines Hauses Pfosten schreiben, und an deine Thore.“ – Moses V. 101 17 ff. heisst es: „Denn der Ewige, euer Gott, ist der Gott der Götter und Herr der Herren; der grosse, mächtige und furchtbare Gott, der keine Person ansiehet und kein Geschenk nimmt; der Recht schaffet den Waisen und Wittwen, und hat die Fremdlinge lieb, dass er ihnen Speise und Kleider gebe. Darum sollt ihr die Fremdlinge lieben; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Aegyptenland. Den Ewigen, deinen Gott, sollst du fürchten, ihm sollst du dienen, und ihm sollst du anhangen, und bei seinem Namen schwören. Er ist dein Preis und Er dein Gott, der für dich solche grosse und furchtbare Dinge gethan hat, die deine Augen gesehen haben. Mit siebzig Seelen zogen deine Väter hinab nach Aegypten; aber nun hat dich der Ewige, dein Gott, so zahlreich gemacht, wie die Sterne des Himmels.“

Auch nach Homer Iliad. XX. 130 ist das Sehen einer Gottheit oft den Menschen verderblich.

[228]
‘Schrecken ergreift ihn gewiss, wenn ein Gott entgegen ihm wandelt durch die Schlacht; denn furchtbar zu schauen ist der Götter Erscheinung.’

Die Menschen verlieren die Augen, sie sterben auch, oder es trifft sie sonst ein bedeutendes Unglück beim Anblick der Göttergestalten.

Verwandt hiermit ist, dass nach jüngern jüdischen Vorstellungen Gott seinen Thron in einer Feuerburg hat. In dem Buche Henoch wird ohne Zweifel nach ursprünglich phönicisch-syrischer Mythe die ummauerte Gottesburg also beschrieben: „Ich schritt vorwärts, bis ich an eine Mauer kam, gebaut aus Steinen von Crystall. Eine zitternde Flamme umgab sie, welche mich in Schrecken zu setzen begann. In diese zitternde Flamme trat ich ein. Und ich näherte mich einer geräumigen Wohnung, welche auch gebaut war aus Steinen von Crystall. Sowohl ihre Wände als ihr Fussboden waren von Crystall, und von Crystall war auch der Grund. Ihr Dach hatte das Ansehen von Sternen, die sich heftig bewegen, und von leuchtenden Blitzen, und unter ihnen waren Cherubs von Feuer. Eine Flamme brannte rings um ihre Mauern, und ihr Portal loderte von Feuer. Als ich in diese Wohnung trat, war sie heiss wie Feuer und kalt wie Eis (bei den Chaldäern wurde nämlich der Planet Saturn zugleich heiss und kalt gedacht)“ – Weiter beschreibt Henoch eine zweite Feuerburg innerhalb dieser erstern. „Und siehe, da war eine andere geräumige Wohnung, zu welcher jeder Eingang vor mir offen stand, errichtet in einer zitternden Flamme. Ihr Fussboden war auf Feuer, oben waren Blitze und sich bewegende Sterne, während ihr Dach ein loderndes Feuer zeigte. Aufmerksam betrachtete ich sie, dass sie einen erhabenen Thron enthielt, der von Ansehen dem Reif ähnlich war, während sein Umfang dem glänzendsten Sterne glich. Unten von diesem mächtigen Strome her strömten Bäche lodernden Feuers; auch ihn zu sehen war unmöglich. Ein Grosser in Herrlichkeit sass darauf, dessen Kleid glänzender als die Sonne und weisser als der Schnee. Kein Engel mochte hindurchzudringen, zu schauen das Antlitz desselben, des Herrlichen und Strahlenden. Auch konnte kein Sterblicher ihn ansehen. Ein Feuer loderte rings um ihn. Ein Feuer auch von grossem Um- [229] fang stieg immerwährend von ihm auf, so dass keiner von Denjenigen, welche ihn umgaben, im Stande war, sich ihm zu nähern, unter den Myriaden, die vor ihm waren.“1) – Aehnlich sind die Vorstellungen in dem so häufig chaldäisirenden Buche Daniel. Der Alte der Tage sitzt da auf einem Throne, sein Kleid ist weiss wie Schnee, sein Haupthaar wie reine Wolle, sein Thron Feuerflammen, die Räder lodernd Feuer, ein Feuerstrom ergiesst sich von ihm aus (7, 9 ff.). – Ganz gleich wird in der Offenbarung Johannis I. 12 ff. Jesus im Himmel geschildert: „Und ich habe mich umgewandt, die Stimme zu sehen, welche mit mir redete; und als ich mich umgewandt, sah ich sieben goldene Leuchter, und in der Mitte der sieben Leuchter Einen, der war einem Menschensohne gleich, mit einem Kleide angethan, bis auf die Füsse, und um die Brust mit einem goldenen Gürtel umgürtet. Aber sein Haupt und seine Haare waren weiss, wie weisse Wolle, ja wie Schnee; und seine Augen wie eine Feuerflamme, und seine Füsse gleich glänzendem Erze, wie im glühenden Ofen, und seine Stimme wie das Tosen vieler Wasser. Und er hatte in seiner rechten Hand sieben Sterne; und aus seinem Munde ging ein scharfes zweischneidiges Schwert; und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, die in ihrer Kraft leuchtet.“2) – Die Vorstellung einer Feuerburg als der Wohnung Gottes findet sich übrigens auch bei den Pythagoräern, indem der Pythagoräer Philolaus das Centralfeuer das Haus und die Wohnung des Zeus [...] [...] nannte. Es liegt gewiss dieselbe Vorstellung zu Grunde, wenn der ägyptische erstgeschaffene Urgott und Urschöpfer Ptah, d. i. das schöpferische Urfeuer, in einem goldenen Palaste wohnen soll. Golden ist desshalb auch der Tempel oder die Wohnung Jehovah’s, welche ihm Salomo zu Jerusalem erbaute.

Die in der deutschen Mythologie vorkommende Göttin lsis, althd. Isa, bedeutet ein glänzendes Wesen und ebenso bezeichnet der deutsche Gott Heimdaller den Weltglänzen- [230] den.1) Von Buddha wird gesagt, dass lichter Glanz und Wohlgeruch von seinem Körper ausströme als Wiederschein der inneren Verklärung und Heiligung, der unbegrenzten Weisheit und Tugend, – als Ausstrahlung des inneren Lichtes.2) In dem gleichen Sinne wird in der deutschen Mythologie von dem Gotte Baldur, dem göttlichen Urbilde eines reinen Jünglings, gesagt, er sei so schön von Antlitz und so glänzend, dass ein Schein von ihm ausgehe. Das lichteste aller Kräuter, die Kamille, heisst Baldurs Augenbraune.3) Dieser den Lichtgöttern entströmende Lichtschein hat namentlich bei den arischen oder indogermanischen Völkern schon frühe dahin geführt, dieselben mit einem Licht- oder Strahlenkranze oder Glanze darzustellen.4) So werden z. B. bei den Griechen Apollo und Bellerophon dargestellt und ebenso Andere, um sie als Sonnen- oder Lichthelden zu bezeichnen. Zu Anxur oder Tarracina wurde der jugendliche Jupiter Anxur oder Anxurus mit einer grossen Strahlenkrone dargestellt, so dass er also dem Apollo verwandt, ein jugendlicher Sonnengott gewesen sein muss. Der eigentliche römische Sonnengott, Sol, ist gleichfalls von einer Strahlenkrone umgeben. Auch der später zu Alexandrien aufgekommene, etwas dunkele Gott Serapis trägt eine Strahlenkrone, wesshalb Furtwängler, die Idee des Todes, S. 138, ihn für den Sonnengott erklärt.5) In Indien sind ausser den buddhistischen Heiligen namentlich auch die Mutter Buddha’s, den Säugling Buddha auf dem Schoosse haltend, mit einer Glorie [231] um das Haupt geziert.1) Auch auf syrischen Denkmalen erscheint Sol sanctissimus mit dem Strahlenkranz um das Haupt.2) Hieraus ist sodann der Strahlenkranz, die Glorie hervorgegangen, welche in der katholischen Kirche Christus, seine Mutter Maria und die Heiligen schmückt und sowohl ihr Wohnen in dem Lichte, als ihre sittliche Reinheit und Höhe andeutet. Auch das Kreuz, als ein Symbol von Christus, ist in der katholischen Kirche gewöhnlich von einem Strahlenkranze umgeben. Zugleich stehen Gott als das Licht, die durch das Licht geschaffene Welt und die weisse Farbe (weiss) als das Leuchten des Lichtes in der innigsten Sprachverwandtschaft bei den indo-germanischen Völkern und Gott, Welt und weiss (Licht) erscheinen als gleichbedeutend.3) Im Litthauischen z. B. heisst swesti leuchten, swétas die Welt, – im Slavischen svit-ati leuchten, svetu Licht und Welt. Das W im Deutschen weiss (sansk, cvêta, cviti und sita von der Wurzel cvi, weiss sein, womit auch das zendische cpi-tama, der Heiligste, zusammenhängt) und Welt ist dasselbe und deutet auf die Bewegung des Lichtes, auf das Werden der Welt durch die Bewegung des Weissen oder Lichtes hin. Weiss und weise sind gleichfalls nicht verschieden und bezeichnen nur das körperliche und geistige Licht, die körperliche und geistige Welt, die körperliche und geistige Schönheit. Die Japhetiten sind die Schönen, die Weissen und die Weisen, denn Japhet bezeichnet die Schönheit. In diesem Sinne heisst es auch in den Klageliedern des Jeremias: „Ihre Edlen waren weisser als Schnee und lauterer als Milch,“ und im hohen Liede wird gesagt: „Mein Geliebter ist weiss und röthlich und von Tausenden auserkoren.“ Nach Hitzig, Zeitschrift des wissenschaftlichen Vereins in Zürich, 1856 S. 142 ff., bezeichnen auch Germani die blendend Weissen im Gegensatz zu den Kuschi oder Mohren.

Das klare Bewusstsein, dass Gott der Schöpfer der Sonne, des Mondes und der Sterne sei, wurde indessen [232] bald dadurch getrübt, dass man die Schöpfung mit dem Schöpfer, die Wirkung mit der Ursache, die Folge mit dem Grunde verwechselte, indem man die blos symbolische Bedeutung vergass und Sonne, Mond und Sterne als die Gottheit selbst betrachtete, der Gottheit oder dem Meister, gleichstellte. In den 3 kleinen maurerischen Lichtern ist nur die Vergöttlichung der Sonne und des Mondes – das dreieinige Wesen Gottes, der Sonne und des Mondes nach der sehr alten asiatisch-ägyptischen, das Symbol missverstehenden und die Schöpfung an die Stelle des Schöpfers setzenden Vorstellung enthalten. In ihrer ursprünglichsten und einfachsten Bedeutung bezeichneten die 3 Lichter blos Gott Und seine Schöpfung, das schaffende Eine und ewige Licht, die Offenbarung Gottes durch die Schöpfung der Welt, und das Einzige göttliche Licht, der Eine Schöpfer spaltete sich erst in 3 sich gleichstehende, Lichter, nachdem der astrologische Glaube und Aberglaube der Chaldäer und Aegypter auch die Sonne, den Mond und die Sterne zu Göttern gestaltet hatte. Die 3 kleinen Lichter in diesem Sinne können nur Jahrhunderte vor Christus in die heidnische Maurerei Eingang gefunden haben und beweisen, alles gegentheilige Gerede widerlegend, jedem der Geschichte und der Mythologie Kundigen, wie hoch hinauf in das vorchristliche Alterthum in ihren letzten Wurzeln und in ihren ersten Anfängen die Maurerei reiche. Bei den Griechen erscheinen die 3 maurerischen Lichter als Zeus, der Himmelsvater, mit seinen beiden Kindern Apollo, als Sonnengott und Sonne, und Artemis, als Mondsgöttin und Mond. Das gemeinsame Attribut dieser 3 Güter ist der Blitz oder der Pfeil, der letztere das dem Schwerte verwandte Symbol des Lichtstrahles; mit dem Blitze oder Pfeile überwinden jene Lichtgottheiten die Finsterniss und alle finstern Gewalten; das Lichtvolle und Gute in der Natur- und Geisteswelt gehört ihnen an und wird von ihnen geschaffen und beschützt. Diese 3 höchsten Gottheiten oder 3 grossen und grössten Lichter wurden auch, wie wir näher und genau wissen, ähnlich wie bei den Maurern, in den eleusinischen Geheimnissen durch die 3 obersten Priester, gleichsam durch die 3 ersten Beamten der Loge symbolisch dargestellt. [233] Den Gott mit dem Hammer, den Lichtschöpfer, den Weltenschöpfer [...], den Werkmeister des Alls’(Vicvakarman in der Sprache der Inder) den Welterbauer den grossen Baumeister (Ptah-Hephästos) des Weltalls stellte der oberste Priester, der Hierophant, d. i. der Vorzeiger des Heiligthums, oder der Mystagog, der Führer der Eingeweihten, dar. Er leitete die ganze Aufnahme und ertheilte das Licht, sprach: „Es werde Licht.“ Dabei tragen die obersten Priester gleich den Göttern eine blaue, weisse oder rothe Kleidung zur Erinnerung an das blaue Himmelszelt, an das reine Himmelslicht oder an das Feuer als Symbol des letztern; ähnlich sind die Tempel, die Kirchen, die Logen geschmückt. Die Sonne und der Mond wurden in den eleusinischen Geheimnissen durch den Oberfackelträger [...] und den Altardiener [...] versinnbildlicht, indem der Oberfackelträger mit den Attributen der Sonne und der Altardiener mit denen des Mondes bekleidet war. Bei den heutigen Maurern hängt es damit oder wenigstens mit den weit verbreiteten 3 grossen Lichtern zusammen, dass dem ersten Vorsteher sich gegenüber die Sonne erhebt und er die Sonnen-, Licht- oder Mittagskolonne zu leiten hat, während dem zweiten Vorsteher gegenüber der Mond sich senkt und ihm die Mond- oder Mitternachtskolonne untergeben ist. Der Meister vom Stuhl und die beiden ersten Vorsteher sind mithin die lebendigen Symbole der alten Götterdreiheit oder vielmehr des alten dreieinigen Gottes. Ob die heutigen Maurer sich zu dem Glauben an einen 3fachen oder 3einigen Gott bekennen wollen oder nicht, ist höchst gleichgültig und sieht jetzt nicht entfernt in Frage, indem es sich blos darum handelt, was vor Jahrhunderten und Jahrtausenden Jene gedacht haben, welche das Symbol einführten oder aus dem übrigen Zeitglauben aufnahmen und gläubig gebrauchten, nicht aber aus einem geschriebenen Katechismus gefühl- und gedankenlos auswendig lernten. Die geschichtliche Symbolik wäre in der That und Wahrheit in einer sehr peinlichen Lage, wenn sie auf die Gefühle und Gedanken der heutigen Freimaurer beschränkt wäre. Um daher ein für alle Mal jedes mögliche Missverständniss abzuschneiden, sei hier ausdrücklich bemerkt, dass [234] keineswegs die Dogmatik oder Glaubenslehre der heutigen Freimaurer darzustellen und zu schreiben beabsichtigt wird, sondern die Absicht eine rein geschichtliche, autiquarische oder archeolische ist, es der stolzen Gegenwart überlassend, ob sie gleich dem Alterthume bei den Symbolen Etwas fühlen und denken wolle. Immerhin ist es für den Menschen und Geschichtsforscher nicht ohne Interesse, zu wissen und zu denken, welcher Geist dereinst die todte und modernde Mumie belebt habe. Auch erscheint es gewiss dem Geduldigsten unerträglich, noch immer von drei kleinen oder grossen Lichtern sprechen zu hören, wo man oft vergeblich nach einem einzigen Lichte sucht und weder Ein grosses noch kleines Licht zu finden vermag. Die Geschichtsforschung, welche sich heute in der Maurerei so breit macht und leider das grosse Wort führt, verdient kaum den Namen derselben, weil sie jedes ächt historischen Sinnes bar und ledig ist. Das grosse, hohle und winzige Stichwort der Zeit ist, dass die jetzige Freimaurerei zuletzt auf den mittelalterlichen Brüderschaften und Zünften der Steinmetzen und Bauleute beruhe und historisch durchaus nicht weiter hinaufreiche, während jene Brüderschaften und Zünfte keineswegs der erste Anfang, sondern blos eine neue abschliessende Entwicklungsstufe mit einer grossen Vorgeschichte sind, durch welche Vorgeschichte sie mit den Römern und Griechen und mit dem gesammten Alterthume in Verbindung und Zusammenhang treten.

In dem alten Testamente finden sich viele Stellen worin den Juden untersagt wird, nach der urasiatischen und besonders syrischen, assyrischen und babylonischen Weise den Bel, Baal (verwandt mit dem griechischen Zeus, dem deutschen Thôrr und dem indischen Indra), die Sonne, den Mond und die Sterne anzubeten. Im II. Buche der Könige 23, 5 wird vom König Josua z. B. erzählt: „Und er that ab die Camarim (Götzenpriester), welche die Könige in Juda gestiftet hatten, da man räucherte auf den Höhen, in den Städten Juda und um Jerusalem her: auch die, welche dem Baal, der Sonne und dem Mond und den Gestirnen und allem Heer des Himmels räucherten.“ – Im V. Buche Mosis 4, 19 heist es: „Und dass du nicht deine Augen gen Himmel aufhebest, und sehest [235] die Sonne und den Mond, und die Sterne, und das ganze Heer des Himmels, und werdest angetrieben, sie anzubeten und ihnen zu dienen: da der Herr dein Gott dieselben allen Völkern unter dem ganzen Himmel gegeben hat.“ - und oben daselbst 17, 3: „und hingehet, und andern Göttern dienet, und sie anbetet, es sei die Sonne oder den Mond, sammt allem Heere des Himmels, das ich nicht geboten habe.“

An die drei kleinen Lichter der Maurer erinnern auch die Münzen von Damaskus aus der Zeit des Trebonianus Gallus in der Mitte mit einer Cypresse, Symbol der über Leben und Tod gebietenden Astarte, zur Rechten derselben ein Stier und zur Linken ein Pferd. Lajard, recherches sur le culte du cyprés pyramidal, p. 83 ff., erblickt in dem Pferde das Symbol der Sonne und in dem Stiere dasjenige des Mondes und vergleicht mit den Münzen von Damaskus diejenigen von Aradus, welche nur insofern abweichen, als an die Stelle des Pferdes ein Löwe getreten ist.

Die Römer, besonders Cäsar, erzählen von den alten Deutschen , dass dieselben Sonne, Mond und Herkules nach römischer Bezeichnung, – Sol, Luna und Vuleanus, d. i. Sonne, Mond und Thôrr als Götter anbeten.1) Cäsar de bello gall. lib. VI, cap. 21 sagt: „Deorum numero eos solos ducunt quorum opibis aperte juvantur, Solem, et Vuleanum et Lunam.“ Andere lasen: „Deorum numero eos solos ducunt, quos cernunt, Solem et Vuleanum et Lunam: reliquos ne fama quidem acceperunt.“ Der Glaube der alten Deutschen war somit der asiatische Lichtglaube, ein Gestirndienst, der Dienst des dreifachen oder dreieinigen Gottes, der Sonne, des Mondes und des blauen Himmelsäthers, wie derselbe Glaube ursprünglich in den sogenannten drei kleinen Lichtern der Maurerei enthalten ist und weshalb beider Glaube gleich alt sein, zu einer und derselben Zeit entsprungen sein müssen. Das Symbol. der drei kleinen Lichter d. h. ursprünglich der drei einzigen und höchsten, des dreieinigen Gottes darf mit Sicherheit als ein vorchristliches erklärt werden, dem in der [236] spätern christlichen Zeit sodann das jetzige Symbol der drei grossen Lichter der Bibel, des Winkelmasses und des Zirkels oder der Liebe zu Gott, zu der Tugend und zu den Menschen entgegengesetzt worden ist. Wäre das Symbol der drei grossen Lichter ein ursprünglicher Bestandtheil der Maurerei und nicht erst nachher in dieselbe, vermuthlich nach dem Vorgange und der Lehre der Essäer und Therapeuten aufgenommen worden, so würde hieraus mit Nothwendigkeit folgen, dass die Maurerei nicht über Christus hinaufreichen könne und eine wesentlich und durchaus christliche Stiftung sei, was aber mit der Geschichte und vorzüglich mit der Geschichte der römischen Baucorporationen unvereinbar ist. In ihrem letzten Ursprunge ist die Maurerei vielleicht viele Jahrtausende vor Christus mit der gebildeten Menschheit in Hochasien, im Osten entstanden und von dort über alle Länder der Erde ausgebreitet, in Europa aber durch das Christenthum wesentlich fort- und umgebildet worden, daher auch die Geschichte der Maurerei in zwei grosse Epochen, die vorchristliche und nachchristliche, zerfällt und ebenso ihre Symbole und Gebräuche sich zunächst entweder als rein heidnische oder rein christliche, beziehungsweise heidnisch – christliche erweisen müssen. Das Symbol der drei kleinen Lichter ist rein heidnisch, dasjenige der drei grossen Lichter rein christlich; jedoch ist bei dem Symbole der drei grossen Lichter nicht zu vergessen, dass das Christenthum die Lichtsymbole nur aus dem Heidenthum überkommen hat, dass das Christenthum nur der fortgebildete und höher geschrittene alte asiatische Lichtglaube ist. Die Eintheilung der Lichter in grosse und kleine ist unstreitig der mosaischen Genesis 1, 16 nachgebildet und nur ein Erzeugniss des christlichen Mittelalters, welches ursprünglich der Maurerei fremd gewesen. Wie aus Krause, Kunsturkunden, I. 2., S. 370, zu ersehen ist, machte die katholische Geistlichkeit sogar den Versuch, den maurerischen drei Lichtern die drei christlichen Personen der Gottheit, den Vater, den Sohn und den heiligen Geist unterzuschieben. Da in den während des christlichen Mittelalters eingeführten drei grossen Lichtern der Bibel, des Winkelmasses und des Zirkels nicht der Gottesbegriff, sondern blos die trilogische Lehre enthalten ist, dass der [237] drei Maurer an Gott glauben, die Tugend üben und die Menschen lieben solle, so hat das im Jahr 1717 zu London entstandene sogenannte neuenglische System der rein symbolischen Maurerei, ohne damit entfernt den Werth und die Wahrheit jener moralischen Lehren verkennen zu wollen, mit Recht die drei alten oder kleinen Lichter als die einzigen beibehalten,1) wie sie es sind und nur im rechten Sinne, in der Sprache der Genesis ausgelegt werden müssen.

Und ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt,
Wie auch der menschliche wanke;
Hoch über der Zeit und dem Raume webt
Lebendig der höchste Gedanke
Und ob Alles im ewigen Wechsel kreist,
Es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist.

Die drei kleinen oder grossen Lichter sind jetzt allein das Symbol des Einen Gottes, welcher die Sonne, den Mond und die Sterne geschaffen hat und durch sie den Tag und die Nacht erleuchtet und regiert. Die Sonne, der Mond und die Sterne sind gleichsam die Augen des allsehenden und allwissenden Gottes; die Sonne namentlich ist das uralte asiatisch-ägyptische Auge der Vorsehung und wird namentlich auch in der katholischen Kirche als das Symbol Gottes und seiner Kirche gebraucht. Da sichtlich nur die geistliche Furcht des Mittelalters die sehr alten und ursprünglich heidnischen drei Lichter zu den drei kleinen Lichtern herabgesetzt hat, ist die abweichende Vermuthung Krause’s, a. a. O., I. 2, S. 366, über den Ursprung der drei kleinen Lichter aus dem Sitze der drei die Loge haltenden und regierenden Beamten bei den Hauptfenstern der Bauhütte unbegründet und unhaltbar.

In den drei grossen Pfeilern der Weisheit, Stärke und Schönheit, welche die Loge, d. h. das Weltall tragen und erhalten und die durch den Meister im Osten den ältern Aufseher im Westen und den jüngern Aufseher im Süden vorgestellt werden, ist nur Gott in seinen drei höchsten Eigenschaften ausgedrückt. Der dreiarmige Leuchter hat dieselbe symbolische Bedeutung und ist dem auf die [238] sieben Planetengottheiten hinweisenden 7armigen Leuchter verwandt. Das Licht und die Lichter – 3, 7 oder 12 Lichter, sind überhaupt das Grundsymbol der alten Maurerei und bezeichnen entweder den Einen oder den dreieinigen Gott, die sieben Planeten oder die zwölf Zodiakalgottheiten, die zwölf Gottheiten des Thierkreises, die Eine Sonne in ihrem Laufe durch die zwölf Zeichen des Thierkreises. Die Maurerei ist nur der Glaube und der Dienst des ewigen Lichtes, wie dieses in dem irdischen Lichte sich verkündet und offenbart hat; die Maurerei war und ist allein die Erkenntniss und die Verehrung des einzigen grossen unsichtbaren Lichtes, welches allem irdischen Lichte das Dasein gegeben hat; die Maurerei ist die Lehre, dass es nur Eine wahre Offenbarung Gottes gebe, seine Schöpfung, die Welt.

Die drei um den Teppich aufgestellten Lichter bezeichnen auch die drei Pfeiler, welche die Loge oder die Welt stützen und tragen, so dass also das Symbol der drei kleinen Lichter und das Symbol der drei Pfeiler sich fortwährend berühren und in einander hinüberspielen. Das Symbol der drei Pfeiler1) ist übrigens wohl weit jünger als das Symbol der drei kleinen Lichter, da es ein rein geistiges oder moralisches ist und durch keinen Zug an die alten Naturreligionen erinnert. Nur wenn man die drei Pfeiler auf die drei kleinen Lichter selbst beziehen und deuten wollte und könnte, würden dieselben eine alterthümliche Gestaltung und Färbung erhalten.

Wie aus dem Artikel „Lichter“ in Lenning’s Encyklopädie zu ersehen ist, sind die sogenannten drei grossen Lichter der Bibel, des Winkelmasses und des Zirkels auch in den französischen Logen der drei Johannisgrade ganz erloschen und werden nur in den höhern Graden, vorzüglich in dem Grade d’Ecossais angewandt.

Endlich stimmen mit den maurerischen drei Pfeilern wenigstens einigermassen überein, haben eine gewisse Aehnlichkeit damit bei den Buddhisten die drei Formeln der Zuflucht oder, wie sie auch genannt werden, die drei Stützen. Sie sind das Gelöbniss, durch welches der [239] Glaube und die Hingabe an den Buddha, sein Gesetz und seine Kirche übernommen und bezeugt wird, und lauten,

‘ich nehme meine Zuflucht zum Buddha. Ich nehme meine Zuflcht zur Lehre (Dharma). ich nehme meine Zuflucht zum Verein der Geistlichen (Kirche, Sangha).’

Dieses Glaubensbekenntniss pflegt an Bet- und Festtagen vor dem Bilde des Buddha und den Priestern wiederholt zu werden und ist bei den südlichen Buddhisten die bekannteste und gebräuchlichste Gebetsformel.1) – Uebrigens ist das Symbol der drei Pfeiler, auf welchen die Loge und die Welt ruht, oder des dreieinigen Gottes, beziehungsweise des Gottes der Weisheit, Stärke und Schönheit, welcher die Welt und die Menschen lenkt, auch bei den Aegyptern sehr gebräuchlich und wird von ihnen unter dem Bilde der bekannten weiblichen Sphinx dargestellt. Die altägyptischen Sphinxe, die Sphinxe mit Jungfrauenköpfen, sind sinnende Jungfrauen mit dem Leibe eines Löwen. Die Sphinx, im Ganzen betrachtet, war das Symbol der Weisheit, des verborgenen und geheimen Wissens, des göttlichen Mysteriums. In dem Bilde der Sphinx sollte die Gestalt der Jungfrau zugleich die Schönheit und die des Löwen die stärke andeuten. Den Namen der Sphinx führt Zoëga auf das Koptische Phiih ( [...], das Göttliche) zurück, und die Sphinx ist somit das Symbol des weisen, starken und schönen Gottes, – der göttlichen Weisheit, Stärke und Schönheit. Die Sphinx, das Symbol ,des göttlichen Mysteriums, wurde bei den Griechen zur räthselgebenden Jungfrau und die thebanische Sphinx stellte das Räthsel von dem Menschen als Thier, das am Morgen auf vier, am, Mittag auf zwei und am Abend auf drei Beinen gehe, welches Räthsel nur der Grieche Oedipus zu lösen vermochte, d. h. wohl, erst die Griechen haben das den Menschen von der Gottheit gestellte Räthsel, die gegebene Aufgabe befriedigend gelöset und erfüllt, was auch vollkommen seine Richtigkeit hat. – Der ägyptischen Sphinx sind auch verwandt die geflügelten assyrischen Stiere mit Menschenköpfen, indem hier durch das Men- [240] schenhaupt die Weisheit, durch den Stierleib die Stärke und durch die Flügel die Allgegenwart Gottes bezeichnet werden soll. Die ägyptischen Sphinxe waren nicht geflügelt, wohl aber trugen die griechischen Sphinxe, gewiss nach dem assyrischen Vorbilde, Flügel, – wurden also zu einem verstärkten Symbole der Haupteigenschaften Gottes.

In dem Symbole der drei Pfeiler ist die oberste Regel, das Ziel und die Aufgabe des maurerischen Strebens und Lebens ausgedrückt. Die drei Haupttugenden des Maurers sind darnach Weisheit, Stärke und Schönheit; der Maurer soll weise, stark und schön leben. Das heilige Buch der Chinesen, das I-King, stellt in diesem gleichen Sinne vier Tugenden des Himmels als Vorbilder der menschlichen Tugenden auf, das Gute, Schöne, Nützliche und Wahre.

XVIII.
Das Feuer und das Licht als Symbol der Gottheit, des ewigen Lichtes.


Dass die Maurer wesentlich Lichtgläubige und Lichtsuchende und die Freimaurerei ein Lichtglaube und ein Lichtsuchen sei, ist in ihren Symbolen und Gebräuchen, in ihrem Reden und Thun, in ihrer Geschichte und in ihren Urkunden mit unauslöschlichen und Jedem sich aufdrängenden Zügen verkündet und ausgedrückt, auch im Vorgehenden schon vielfach berührt und dargelegt worden, so dass dazu in gewissem Sinne nur noch ein bestätigender und ergänzender Nachtrag gegeben werden kann und soll. Der maurerische Logendienst ist ein reiner Lichtdienst, beginnt und endet mit dem Anzünden und Löschen der maurerischen drei kleinen und drei grossen Lichter oder vielmehr der sie symbolisirenden Lichter, und wie jede Logenarbeit nur beim Leuchten des hellsten physischen Lichtes geschieht und vorgenommen wird, muss auch das geistige Licht die Gedanken, Herzen und Thaten erfüllen und beseelen, wenn es ein rechtes und wahres [241] maurerisches Arbeiten sein soll. Eine jede Loge ist eine Pflegestätte des heiligen und ewigen Lichtes, – ein Orient auf Erden, in welchem der Orient im Himmel, der ewige Osten und das ewige Licht geglaubt und gesucht und hoffentlich im Tode jenseits des Grabes auch gefunden werden wird. Der maurerische Logendienst ist auch in dem Sinne ein Sternendienst, dass die Maurer in den Sternen Gott als deren allmächtigen Schöpfer und Regierer ahnen und erkennen, in der Schöpfung den Schöpfer bewundern und verehren. Sonne, Mond und das ganze Heer der unendlichen Welten und Sterne sind in der Maurerloge nur die Symbole und Zeugen des allmächtigen Baumeisters der Welt, wie die Lichter in der Loge nur brennen zum Symbole und zum Zeichen, dass die Maurer an Gott als das ewige Licht glauben und ihn und seinen Himmel gläubig und hoffend suchen. Weil der Logendienst ein Lichtdienst, ein Suchen und eine Anbetung des ewigen Lichtes ist, erscheinen dabei auch die Dienenden und Arbeitenden in dem symbolischen weissen Lichtkleide und tragen in der Hand ein Schwert als Symbol des Lichtes; wie jede Logenarbeit mit dem Anzünden und Löschen der Lichter beginnt und schliesst, beginnt und schliesst sie auch mit dem Anlegen und Ablegen des Lichtkleides und des Lichtschwertes. Der Glaube an das Licht, der maurerische Lichtglaube umfasst die drei Hauptsätze, dass Gott das ewige Licht und das ewige Licht Gott sei, dass aus diesem der Menschengeist stamme oder in dem menschlichen Geiste der göttliche erscheine und sich offenbare, und dass wir wieder zu dem Lichte, vor Gott und zu Gott zurückkehren werden und sollen. In diesen drei Glaubenssätzen liegt eingeschlossen der Glaube an Gott, die Liebe zur Tugend und zu den Menschen, sowie die Hoffnung auf Unsterblichkeit, auf die Belohnung des Guten und die Bestrafung des Bösen, und sie bilden die drei Sprossen der Jakobs-, der Himmelgleiter, auf welcher der Maurer von der Erde zu dem Himmel aufsteigt, – die wahren drei Pfeiler, welche die Maurerloge tragen oder doch tragen sollten.

Schon diese wenigen Vorbemerkungen werden genügen, um nunmehr die nachfolgenden Fragen und Ant- [242] worten des englischen sog. ältesten Lehrlingsfragestückes in ihrer wahren und tiefern Bedeutung zu verstehen und aufzufassen:

  • M. Nun, Bruder, als Ihr diese Verpflichtung (den Maurereid) übernommen hattet, was wurde Euch dann zuerst gesagt?
    A. Ich wurde gefragt, was ich am meisten verlangte.
  • M. Was war Eure Antwort? A. Zum Lichte gebracht zu werden.
  • M. Wer brachte Euch zum Lichte? A. Der Meister und die übrigen Brüder.
  • M. Als Ihr nun so zum Lichte gebracht worden waret, welches waren die ersten Dinge, die Ihr sahet?
    A. Die Bibel, das Winkelmass und der Zirkel.
  • \>M. Was sagte man Euch, dass sie bedeuten? A. Drei grosse Lichter in der Maurerei.
  • \>M. Erkläret sie, Bruder! A. Die Bibel, um unsern Glauben zu regieren und zu leiten; das Winkelmass, um unsere Handlungen gesetzmässig zu machen; der Zirkel, um uns innerhalb der gehörigen Grenzen mit allen Menschen, insonderheit mit einem Bruder, verbunden zu erhalten.
  • M. Was waren die nächsten Dinge, die Euch gezeigt wurden? A. Drei Kerzen, von denen man sagte, sie wären drei kleinere Lichter in der Maurerei.
  • M. Was stellen sie vor? A. Die Sonne, den Mond und den Meistermaurer.
  • M. Warum diess, Bruder? A. Die Sonne regiert den Tag, der Mond regiert die Nacht, und der Meistermaurer seine Loge, oder sollte es wenigstens. 1)

Wir glauben zu diesen Antworten nur die einzige Bemerkung noch beifügen zu sollen, dass die Freimaurer keineswegs wähnen und glauben, das Licht schon zu besitzen, sondern es nur suchen, weshalb auch dem neu [243] aufgenommenen Lehrlinge von dem Meister und den übrigen Brüdern nicht das Licht ertheilt oder zu ertheilen versucht wird, sondern sie bringen den neuen Bruder nur zu den drei grossen und drei kleinen Lichtern, sie zeigen ihm dieselben blos und erklären ihm ihre Bedeutung, ihn ermahnend und ihm überlassend, nunmehr darnach zu handeln und zu streben, das wahre Licht zu suchen und zu finden.

Seit den ältesten Zeiten der Menschheit ist es die erhabenste Vorstellung der Gottheit, der reinste Gedanke und Begriff Gottes, dass Gott das von allem Körperlichen, Gebrechlichen und Irdischen oder Sinnlichen entkleidete reinste und ewige Licht, – dass Gott und seine Wohnung, der Himmel, nur das unendliche Licht sei. Gott, Himmel und Licht sind ganz die gleichen Begriffe und nur verschiedene Bezeichnungen desselben Wesens, da Gott und der Himmel, der gleichsam wohnende und thronende oder seiende Gott, nur die Leuchtenden, Glänzenden, Strahlenden, der ewige und unendliche Glanz und das reinste Licht, der reine Geist sind und davon Gott und der Himmel bei fast allen Völkern, besonders bei den arischen oder indogermanischen, ihren Namen tragen. So z. B. stammt im Sanskrit djaus, der Himmel, von der gleichen Zendwurzel div, im Sanskrit nach Roth dju, d. i. glänzen, leuchten, von welcher bei den Zendvölkern und bei den Indern, bei den Griechen und Römern, bei den Germanen (Tyr, gen. Tys, accus. Ty, Diu und Ziu), bei den Kelten (dia), bei den Galliern (dis), bei den Litthauern (diewas) u. s. w. der Name Gottes abgeleitet ist und zugleich auch den Himmel und das Licht bezeichnet, wie besonders auch Zeus (gen. [...]) und Jupiter (Djupatir, gen. Jovis). Auch gehört dahin das lateinische dium, divum für Himmel (sub divo). Nach der deutschen Benennung Gott, Gaut, althd. Kôz, ist Gott das Wesen, welches die Welt ausgegossen hat, – oder der Gute und Gütige von dem Adjectiv gut, goth. gôds.1) Gott könnte nach Menzel, Odhin S. 3, auch abstammen von Wodan, Wuodan, Guodan, Voden, Weda, nordisch Odhinn, und es würde dann das Wort abzuleiten sein von wuot [244] (animus), so dass ihm der Begriff der Bewegung, des Geistigen und Lebendigen zu Grunde läge, ohne irgend eine sittliche Beziehung. Den arischen oder indogermanischen Völkern aber sind Gott und der Himmel, worin Gott wohnt und thront, wesentlich und vorzüglich in dem unendlichen Lichte, in dem unerforschlichen blauen Himmelsäther oben. Der Mensch gelangte und gelangt zu diesem Gedanken und Begriffe Gottes durch die denkende Betrachtung des unendlichen leuchtenden Weltraumes, des blauen Himmelsäthers, der endlos über den Welten und Weltsystemen sich wölbet. Deshalb sagt Euripides:

‘„Siehst du den grenzenlosen Aether über uns, der diese Erde rings in feuchten Armen hält? Der, wisse, der ist Zeus, in dem erkenne Gott.“’

Im gleichen Sinne bemerkt Kant, es gebe zwei natürliche Beweise für das Dasein Gottes: das Gewissen in uns und der gestirnte Himmel über uns.

Wer kann, besonders im Anblicke des in stiller und ruhiger Nacht dahinziehenden Sternenhimmels, sich den unendlichen Raum denken, ohne zugleich eine ewige und unendliche Macht zu ahnen und zu glauben, welche in diesem Raume seit ewiger Zeit und in endloser Zeit, von Ewigkeit zu Ewigkeit die Welten schafft, ordnet und regiert, – jeden Augenblick wegen der Unendlichkeit des Raumes zu den Myriaden Welten neue Myriaden in ihrer Allmacht hinzuzufügen vermag. Gott ist die unendliche Macht, der unendliche Schöpfer des unendlichen Raumes und der unendlichen Zeit; die letzte Grundursache, der Urgrund, die Urquelle des unendlichen Raumes und der unendlichen Zeit ist Gott. Wer den Begriff des unendlichen Raumes und der unendlichen Zeit wahrhaft erfasst hat und in allen seinen Folgesätzen durchdenkt, hat auch den unendlichen und allmächtigen Gott als den Schöpfer und Lenker des Weltalls gefunden; weil das unendliche Weltall seit Ewigkeit ist und in Ewigkeit sein wird, muss es auch einen unendlichen und ewigen Gott geben, der dieses All geschaffen hat und erhält. Die Grundursache, welche allmächtig den unendlichen Raum und die unendliche Zeit geschaffen hat und regiert, körperlos, schrankenlos gedacht, kann der Mensch sich nicht anders denken als ein [245] reines Lichtwesen, als das ewige und unendliche Licht, d. i. als den ewigen und unendlichen Geist, indem der Geist das körperlose Licht ist, weshalb auf diesem Gedanken des Geistes und des Lichtes alle höhere Vorstellungen und Begriffe Gottes in den Mythologien und Religionen der Völker mehr oder weniger klar und bestimmt beruhen. Man dürfte die Astronomie, die Kenntniss der Weltharmonie und des unendlichen Weltraumes, die Mutter und Pflegerin der Theologie, des Glaubens bei den Völkern des Alterthums nennen, daher auch, und ganz besonders bei den Babyloniern und Aegyptern, ihre Mythologie oder Theologie wesentlich und durchaus astronomisch und in ihrer Verirrung auch astrologisch ist. Den Begriff des unendlichen Raumes und der unendlichen Zeit haben neben dem Urlichte oder Urgeiste und der Urmaterie die Aegypter in ihren Gottesbegriff aufgenommen.1) Den Lichtglauben oder den Glauben an Gott als das reine und schöpferische Licht haben vorzüglich Zarathustra bei dem Zendvolke, und die Griechen in dem Apollocultus oder in der apollinischen Religion geistvoll und tiefsinnig ausgebildet. Getrübt und verdunkelt, gleichsam verhüllt wird der Gedanke Gottes als des reinen und ewigen Lichtes nur dadurch, dass man diesen Gedanken nicht scharf genug festhält oder nicht vollständig durchführt, sondern Gott auch als das irdische oder kosmische, als das sichtbare Licht, als den wirklichen blauen Himmelsäther, – als Sonne, Mond und Sterne, und seinen Himmel als den Himmelsäther, als das Luft- und Wolkenmeer denkt, wodurch alsdann die blossen Naturgottheiten, die kosmischen und Erdgottheiten entstehen und irdisches Licht sich zum Wesen Gottes und seines Himmels verbindet, – das irdische- und das himmlische Licht, die Schöpfung und der Schöpfer vielfach in einander überfliessen, so dass das rein Geistige und Göttliche stets mehr zurücktritt, misskannt und missverstanden wird.

Ehe Gott und sein Himmel in den Sternen, in dem unendlichen Weltraume gesucht und erkannt werden, werden sie von den alten Völkern auf den zu den Wolken [246] emporragenden höchsten Bergesspitzen gesucht und verehrt, weil Sonne, Mond und Sterne von hier auszugehen und hierher zurückzukehren, hier mit den Göttern zu wohnen scheinen: Der mythologische Verlauf, die mythologische Entwickelung besteht also darin , dass die Götter zuerst Bergbewohner sind und erst später von den Bergen zu dem Himmel emporsteigen, zu Bewohnern des Aethers, des Himmels und der Sterne werden. Bei dem Zendvolke, bei den Indern und bei den Griechen ist die erste Wohnung der Götter ein idealer Berg, bei dem Zendvolke der Albordj, bei den Indern der Meru und bei den Griechen der thessalische Olympos. Die Götter bewohnen den Theil der Berge, welcher aus der irdischen Luftregion in die des Aethers, d. h. des reinen Himmels emporragt, also die obersten Bergesgipfel, wo ewige Heiterkeit und allezeit ungetrübter Glanz ist. Die Götter sind Berg- und Himmelsgötter, Götter des ewigen Lichtes, bei den Griechen [...] und [...] . Damit hängt es auch zusammen, dass Gott mit Moses auf dem Berge Sinai verkehrt; Moses dahin zu Gott hinaufsteigt, um die Tafefn mit den Gesetzen zu empfangen, wie auch Ahuramazda bei den Baktern auf den Höhen des Albordj, d. h. auf den unübersteiglichen, weithin leuchtenden Schneegipfeln des Belurdagh, von Zarathustra befragt worden sein und ihm dort das Gesetz verkündet haben sollte.1) Auch lassen die Schriften des alten Testamentes Jehovah fast immer auf einem Berge wohnen und verehrt werden; daher ruft z. B. Psalm 15:

Jehovah, wer darf weilen in deinem Zelte,
Wer wohnen auf deinem heiligen Berge?

Die Ausleger lassen diesen Psalm von David selbst gedichtet sein und zwar bei der Uebersiedelung der Bundeslade nach dem Berge Zion, auf welchem Berge auch David selbst wohnte. Eben deshalb erbaute Salomo seinen Tempel dem Jehovah auf dem Berge Moria; die merkwürdigen, zum Theil erhaltenen Substructionen des salomonischen Tempelperibolos an der Ostseite des Berges [247] Moria sind ganz phönicisch,1) woraus hervorgeht, dass .Salomo sich bei seinem Tempelbaue phönicischer Baumeister bediente. Auch in der deutschen Mythologie wohnt Odhin auf dem Berge, ist der Mann vom Berge und wird erst später in die höheren Sphären hinaufgerückt.2) Die indische Gott Ciwa hat den Beinamen Girica, der Herr der Berge, und seine Gattin heisst Pârvati, die Berggeborne; auch nahm er die von dem Himmel herabfallende Gangâ auf, was Alles nur darauf hindeutet, dass die Götter auf dem Himâlaja wohnen.3) Nach Wollheim, Mythologie des alten Indien, S. 73 und 75, soll Ciwas als Giricas oder Adricas auf dem Kailâsas, dem nördlichen Gipfel des Berges Himawân gewohnt haben. Es ist schon ein mächtiger Fortschritt der Menschen und ihres Gottesbewusstseins, wenn sie den Blick von der Erde und von den Bergen hinauf zu dem Himmel, zu den Sternen erheben und nunmehr dahin Gott und seinen Himmel versetzen. Richtet der fühlende Mensch, der einsame Hirte und Ackerbauer auf den hohen Bergen und in den Hochflächen nach des Tages Mühen und Leiden am anbrechenden Abend und in der lautlosen Nacht das Auge zu den flimmernden, glänzenden, ruhigen Sternen empor, erkennt er ahnend und hoffend das Dasein eines höhern Wesens, eines Schöpfers und Erhalters; in und über den Sternen der Nacht muss Gott thronen und wachen. Zum Zeichen, dass in den fernen Sternen der Nacht der Mensch zuerst den wahren Gott erkannt habe, wölbet sich über jeder Maurerloge das blaue Himmelszelt, der endlose Sternenhimmel, darin das jedem Auge so leicht erkennbare Sternbild des Orion mit dem Hundsstern, Sirius, Sura nach den Zendschriften. Es ist das tiefste und umfassendste Licht- und Gottessymbol, dass die Maurer zur Erkenntniss und zur Verehrung des höchsten Wesens sich gleichsam in der stillen Nacht auf den Bergen unter dem leuchtenden Sternenhimmel in dem von Gott selbst geschaffenen einzigen Tempel des grossen Weltalls versammeln. Alle Logen bedeuten die endlose [248] Welt, ruhend unter dem Sternenmeere, und diese Welt, dieser Tempel der Weltmacht, umfasst alle Maurer der kleinen Erde. Der Maurer stürze in der Loge mit dem Geiste die engen Logenmauern ein und versetze sich hinaus mit allen Maurern der Erde, unter das eine weite Sternenzelt, in die einzige und unendliche Loge Gottes und der Menschheit; dann wird in ihm der wahre Menschen- und Maurergeist entstehen, wie über ihm in den strahlenden Sternen der göttliche Geist sich verkündet. Wie das blaue Himmelszelt über den Maurerlogen und über den Altären der jüdischen Synagogen und in den katholischen Kirchen an den Gott erinnert, welchen das Hirtenvolk der Urarier einstens auf den Höhen Asiens in den Sternen gelesen, so auch der blaue Baldachin über dem Altare der Maurerloge und über dem Altare der katholischen Kirchen oder das Tabernakel der katholischen Kirchen, welche dem Hirtenzelte entlehnt sind und nur dieses darstellen sollen; der Vorhang im Tempel Salomo’s ist ursprünglich, auch nur der Vorhang des Zeltes, der einzigen Wohnung und des einzigen Tempels der Nomaden.

Der Gedanke der Urmenschheit, dass Gott in den Höhen wohne, fand in der Gottesverehrung dadurch seinen, lebendigen Ausdruck, dass die Zendvölker, die Juden, die Philister und Phönicier, die Kananiter und Moabiter,1) die Phrygier,2) die Myser, Lyder und Karer,3) die Araber,4) die Griechen5) und die Kelten ihren höchsten Gott auf den höchsten zugänglichen Bergeshöhen und Bergesgipfeln anbeteten und ihm hier Altäre bauten, um Gott möglichst nahe zu sein. Namentlich wohnten auch die alten Donnergötter, vielleicht die ersten und ältesten Personificationen der Naturgötter,6) bei den Indern Indra, bei den Griechen Zeus, bei den Römern Jupiter, bei den Deutschen Thôrr, Thôrr statt Thonr (Donner), bei den Kelten Tharan und bei den alten Slaven Perun als Vater des Himmels und [249] des Lichtes auf den höchsten Bergen, welche ihr Haupt in die Wolken strecken und von denen der Blitz niederfährt, und wurden hier auch verehrt, woher die hohen Berge oft wieder Donnersberge oder Grossvater (Etzel, wie ein solcher auch am Zürichsee im Kanton Schwyz liegt, – oder Attila) hiessen.1) Ukko, der Name des finnischen Donnergottes, bedeutet Grossvater, Altvater, Greis, entsprechend dem ungar. agg Greis, ostjakischen jig, Vater, und dem jakutischen aga, aka, Vater. Ueberhaupt sind fast in allen gebildeten Religionen nach den Nachweisungen von Grimm, a. a. O., S. 13, die heutigen allgemeinen Benennungen von Gott aus der ursprünglichen besonderen Bedeutung eines Donnergottes hervorgegangen. Dem deutschen Wort Donner liegt zunächst die Wurzel dehnen zu Grund, weil der Donner eine Spannung der Luft ist. Der fürchterliche Donner, der niederfahrende Blitz, das Gewitter mit seinen Schrecknissen und Segnungen verkündeten den Menschen zuerst das Dasein Gottes. Daher ist auch der Donner nach der Vorstellung vieler, ja fast aller Völker Gottesstimme, die Himmelsstimme, die Stimme von oben. Auf dem Berge Sinai bei Erlassung seiner zehn Gebote antwortet Gott dem Moses aus dem Wolkendunkel durch den Donner; der Donner ist die Stimme des Ewigen, die furchtbare Posaune des Himmels. Deshalb heisst es auch bei Moses II. 20. 18 ff.: „Und alles Volk gewahrte die Donner und die (Blitzes-) Flammen, und den Ton der Posaune und den rauchenden Berg. Da sie aber solches sahen, flohen sie, und traten von ferne: und sprachen zu Moses, rede du mit uns, dass wir’s hören, und lass Gott nicht mit uns reden, dass wir nicht sterben.“ In dem reinen vedischen Naturglauben, in der blosen Natursymbolik der Vedas ist Indra derjenige Gott, dessen Walten am unmittelbarsten in das Ergehen der Menschen hineingreift. Als Träger des Blitzes und Herrscher im Donnergewölk ist Indra, wie der Homerische Zeus, Gott des Kampfes und des Sieges, Entscheider der Schlachten, Zerstörer der Städte u. s. w. Der Hammer des Thôrr, welcher geschleudert stets wieder von selbst [250] in seine Hand zurückkehrt, heisst Miöllnir d. i. der Malmer, der Allzerschmetternde,1) und derselbe ist insofern das Zeichen oder Symbol des Stärksten in der Natur, der höchsten und allgewaltigen Naturkraft, des zerschmetternden und tödtenden Blitzes.

Indem Thôrr durch Blitz und Gewitter den Boden zum Ackerbau bereitet und die Saaten befruchtet und segnet, ist er weiter der Gott, der Beschützer und Bringer der neuen Landansiedelungen und Besitzergreifungen, der Urbarmachung des Ackerlandes, des Fleisses und der Thätigkeit der Menschen; auch die menschlichen Wohnungen und heiligen Gebäude, die Brücken und Strassen u. s. f gründet und schützt Thôrr, weil in dem urbar gemachten Lande, mit dem Ackerbau sie erstehen und wachsen.2) Thôrr ist daher der Gründer und Schützer des angebauten Landes, der Städte, der Staaten und aller staatlichen Verbindungen, besonders auch der Ehen; er ist im wirklichen und sittlichen Sinne der grosse Baumeister der Erde, – der Welt, da den Menschen die Erde ihre Welt ist. Vorzüglich auch in dieser Bezeichnung ist der Hammer sein Symbol, und seine Bauleute, seine Arbeiter sind die Menschen, die Bauern. Die nordische Mythologie drückt dieses noch bestimmter darin aus, dass sie den Thiâlfi, d. i. den Arbeiter, den menschlichen Fleiss beim Anbau der Erde, und dessen Schwester Röskwa, d. i. die Rasche, die unverdrossene Rüstigkeit, Kinder eines Bauern, zu den dienstpflichtigen Gefährten Thôrrs macht3) und Thrudheim, d. i. das fruchtbare Land, ihm zur Wohnung gibt. Thôrrs Hammer gilt für ein weihendes und heiligendes Geräthe, das Becher und Brautpaare weihte, Leichen einsegnete, sei es sie zum Leben zu erwecken, oder ihnen die Wiedergeburt zu sichern; besonders der Scheiterhaufen des Gottes Baldur wurde so durch Tôrrs Hammer geweiht. Nach altdeutschem Rechte konnten durch den Wurf des Hammers auch die Rechte auf Grund und Boden, auf Wasser und Flüsse, und andere Befugnisse bestimmt wer- [251] den; durch den Hammer wurden oft die Volksgemeinden berufen, wie noch heute in Rheinbayern an vielen Orten die Juden zum Gottesdienste und zur Schule in die Synagoge berufen worden, indem ein Jude ein oder drei Male von Haus zu Haus geht, worin Juden wohnen und ihnen mit einem oder einem 3fachen Hammerschlage an die Thür oder den Fensterladen das Zeichen zur Versammlung gibt. Bei Güterverkäufen und überhaupt bei Ganten schlägt der Richter mit dem Hammer 3 Mal bis zum letzten Male zu. Der Hammer der Maurermeister ist aber auch ein weihendes Geräthe gleich dem Hammer des Thôrr. Mit dem Hammer des Meisters wird der Maurerlehrling durch 3 Schläge auf das Herz eingeweiht und eingereiht unter die Bauleute an dem Tempel der Menschheit und der Gottheit; drei Schläge öffnen die Pforte der Loge. Drei Hammerschläge weihen bei den Maurern und bei den Nichtmaurern den Grundstein der neuen Gebäude und verhalten sich wie das dreifache Besprengen mit. dem Weihwasser der katholischen Kirche. Es darf also jetzt der Hammer des Meisters vom Stuhl, womit er die Loge regieren soll und der das Symbol seiner Herrschaft über die Loge ist und als solches gegeben und zurückgegeben wird, zugleich als das uralte Symbol des allgewaltigen Blitzes betrachtet und aufgefasst werden, womit die alten Donnergötter die Welt und die Menschheit beherrschten. Die helfenden Bauernkinder des Thôrr sind die mit dem Meister vom Stuhl und unter seiner Leitung, unter seiner Hammerführung arbeitenden Maurer und Glieder der Loge. Der Hammer der Maurerloge darf der Glocke der christlichen Kirche, besonders aber dem Altarglöcklein oder der Schelle der katholischen Kirche und des katholischen Altardieners verglichen werden; Glocke, Schelle und Hammer rufen die Christen, die Maurer gewöhnlich mit dreifachem Klang und Schlage zur Versammlung, zur Erhebung, zum Niederknien, zum Geben des dreimaligen Zeichens des Kreuzes oder des Lehrlings, zur Anbetung und Verehrung des Höchsten und Unendlichen. Der Glockenklang und Hammerschlag sind eine Mahnung aus den Wolken, die Posaune des Himmels, eine Stimme von oben, und wohl den Christen und den Maurern, wenn sie die Mahnung und die [252] Stimme vernehmen und erfüllen und die Mahnung nicht, zum strafenden, rächenden und zürnenden Donner und Blitze werden muss. Die alten Donnergötter waren auch die Schützer und Rächer des Rechts. Die kabirischen Priester oder die Gottheiten in den sehr alten Mysterien auf Samothrace führen gleichfalls in der einen Hand einen Hammer als Zeichen ihrer Gewalt und Herrschaft über die Erde. Die bei den Ceremonien fungirenden buddhistischen Weltpriester des nördlichen Asiens tragen noch heute den Donnerkeil, die Waffe Indras, als Gebetsscepter in der Hand.1) Nach Grimm, die Namen des Donners, S. 17, verbanden die Völker mit dem Donnerkeil, der aus den Wolken zündend und schmetternd niederfährt, die Vorstellung eines Hammers [...], – einer spitzen, scharfen Felsenzacke, – eines spaltenden Schwertes. Die ältesten Hämmer wurden aus Stein bereitet und erst später liess Zeus seinen [...] aus Metall schmieden; aber beide Bedeutungen des Hammers, das Klopfen, der Lärm, den seine Schläge verursachen, wie sein Verwunden und Treffen, kommen dem Donner zu. Hamar drückt wörtlich Stein und Fels aus, so dass hier der Gedanke an Berg und Fels, an den Berggott und Bergriesen zunächst tritt.

Der Teufel, Meister Hämmerling, Hammerlein, Hämmerlein der deutschen Volkssagen, welcher gleichfalls den Hammer führt, ist nur der bei den Christen zum Teufel gewordene alte Donnergott Thunar.2) Es liegt darin zugleich das Zurückdrängen der alten heidnischen Vorstellungen und Götter durch das Christenthum; aus dem alten Donnergotte mit dem Hammer wird der Teufel, der Hämmerling gemacht.

Neuerlich hat J. Grimm, die Namen des Donners’ s, 19 ff., auch wieder darauf aufmerksam gemacht, dass nach dem Evangelium Marci, Kap. 3, Vers 17, Jesus dem Apostel Jakobus, dem Sohne Zebedäi, und dem Evangelisten Johannes, dem Bruder des Jakobus, den Namen Boanerges, d. i. Donnerkinder, Söhne des Donners, [...][253] [...] beilegte. Grimm hält es für keine ungezwungene Deutung, den Beinamen auf die Gemüthsheftigkeit der beiden Apostel zu beziehen.

An den indischen Indra, den Gott des blauen Aethers, an dessen Stelle später bei den Indern Vishnu als der Gott des glänzenden Firmamentes getreten ist,1) erinnert ferner der deutsche Odhin, der alldurchdringende Gott der Luft und des lebendigen Geistes, indem er einen weiten blauen, oder auch einen vielfarbigen, einen blauen fleckigen Mantel trägt, nämlich den blauen Himmelsäther oder den Wolkenhimmel mit seinen wechselnden Farben.2) Der Mantel Odhins gleicht der Decke der maurerischen Loge. Das Gewand der Gottheit, ist der Sternenhimmel, das Weltenmeer. So wird auch zu dem tyrischen Baal oder Herakles gebetet: „Herakles mit dem Sternengewande bekleidet, Feuerbeherrscher, Weltgebietender, Helios, des sterblichen Lebens weitschallender Hirte, der Du in kreisender Bahn deinen Lauf vollendest, und den Sohn der Zeit, das 12monatliche Jahr, hinrollend, Kreis fortwälzest auf Kreis.“3) Es bedarf wohl kaum noch einer weitern Erörterung, dass und wesshalb auch die blaue Farbe als das Symbol der Treue, Zuverlässigkeit und Wahrheit gelte. Der wolkenlose blaue Aether ist dem einfachen Hirten und Ackerbauer der sicherste Bürge seiner Unternehmungen, – des guten Wetters, welches er dazu bedarf; der blaue Aether lässt bis zum tiefsten Grunde, bis in die weiteste Ferne sich durchschauen und bleibt stets der gleiche reine und himmlische; der blaue Aether ist der unwandelbare Sitz der Sterne und des Lichts. Die blaue Farbe und der Hammer der Maurer, besonders des Meisters vom Stuhl, womit er die Loge regiert, wie der Himmelskönig den Himmel und die Erde, sind uralte Lichtsymbole, aufgekommen zur Zeit des Entstehens des Licht- und Sternendienstes und mit diesem auf die Völker fortgetragen. In dem Donnergott verbindet sich die Vorstellung der Gottheit als eines Naturwesens, als der allgewaltigen Natur- [254] kraft, mit der Vorstellung, wornach Gott das Licht ist und im Lichte wohnet; durch den natürlichen Donnergott steigt man zur Gottheit als Lichtwesen auf und im gleichen Verhältniss dieses Aufsteigens wird jener zurück - und herabgesetzt. Der Donnergott ist zunächst kein Lichtwesen, sondern nur die göttliche, in Wind und Wetter, besonders aber in den Gewittern rege Kraft.

Mit der Vorstellung, dass die Götter auf den Bergen wohnen, hängt es vielleicht zusammen, dass besonders bei den Assyriern die Bilder der Götter alle geflügelt sind; mit den Flügeln sollen die Götter sich auf die Berge, auf die Höhen erheben. Der Hauptgott der Assyrier war z. B. Assarak, der Nisroch, d. i. der Adlergott der Bibel.

Vielleicht ist es bei den Maurern ein Nachklang der uralten Gottesverehrung auf den höchsten Bergen unter den leuchtenden Gestirnen des Himmels, dass in den englischen Lehrlingskatechismen von der Loge gesagt wird, sie sei auf heiligem Grunde und zwar entweder auf dem höchsten Hügel, oder in dem tiefsten Thale.1) Jedenfalls aber beruhen die hohen Thürme der mittelalterlichen Dome und Kirchen und der ganze gothische kühne Kirchenbau auf jenem Gedanken, denn auch sie streben empor zu dem Gotte in den lichten Himmelshöhen, zu dem griechischen Zeus Lykäos, Diespiter, Jupiter, diei et lucis pater, im Sanskrit divaspati,2) und möchten gleichsam Gott und den Himmel erfassen. Die ältesten solcher Zeichen aber der Verehrung und der Anbetung sind wohl die ägyptischen Obelisken als Symbole der zu dem Himmel emporstrebenden Feuerflamme und des aus dem zerfallenden Leibe zu dem Himmel sich aufschwingenden Menschengeistes, der unsterblichen menschlichen Seele. Die Pyramiden, die Grabdenkmale und Feuersäulen, sind hier das gleiche Symbol, wie das maurerische Denkmal des Meisters, oder wie das aufgerichtete Dreieck des Feuers. In ihrer Gestalt erinnern zwar die Pyramiden von Memphis noch an den Urzustand der Menschheit, indem es eigentlich blose Grabhügel sind, wie sie zuerst aus Erde und [255] Steinen aufgeworfen worden und besonders als Keltengräber sich noch erhalten haben; aber der Bau der Pyramiden setzt schon eine sehr ausgebildete Baukunst und eine besondere Geschicklichkeit in der Bearbeitung des Materials, zumal des Kalksteines und des harten Granites voraus.1) Ebenso zeigt die genaue Richtung der Pyramiden nach den 4 Himmelsgegenden, dass schon damals also 3000 bis 3500 Jahre v. Chr. die ägyptischen Priester sorgfältige Gestirnbeobachtungen gemacht hatten. Die Alten stellten vielfach die Götter blos in Gestalt von hohen obeliskenartigen oder pyramidalen Säulen dar, so z. B. den Zeus, die Hera, den Apollo und die Artemis.2) Ueberreste dieser alten Götterdarstellungen waren in den spätern griechischen Zeiten die Hermen, wenngleich dieselben zunächst phallische Zeichen oder Symbole der zeugenden Kraft des Hermes waren. Die dem Apollo Agyieus in Griechenland vor jedem Hause errichteten konischen Säulen müssen trotz des Widerspruches von Welker, a. a: O., I. S. 498, als den Obelisken verwandte Symbole, als Sonnen- und Lichtstrahlen angesehen werden; sie sind einem ewigen Lichte zu vergleichen, welches dem Licht- und Sonnengotte Apollo in einem jeden griechischen Hause in Stein gebrannt wurde. Auch die Araber errichteten als Zeichen der Gottesverehrung auf den Bergen, wie in den Thälern viereckige Steine und vorzüglich war es ein schwarzer Würfel (die Kaaba, der Cubus), welcher seit uralter Zeit in Hedschas verehrt wurde und der nach der Meinung der Theologen des Islam von Abraham dem himmlischen Urbilde, welches die Engel anbeten, nachgebildet worden ist; Ibrahim und Ismael haben dann das Heiligthum nach der Sündfluth restaurirt und Gabriel hat ihnen zu diesem Behufe den schwarzen Stein herabgebracht. Zufolge Dunker, Gesch. des Alterthums, I. S. 139, Anm. 3, gehört das Heiligthum von Mekka ursprünglich dem Saturn, so sehr auch Schahrastani dagegen protestiren möge. Die weib- [256] liche Seite des arabischen Saturn oder Baal ist bei den Arabern die Allat oder Alilat, die babylonische Baaltis (Herrin) und Mylitta, die persische oder iranische Wassergöttin, oder nach Lassen Mondsgöttin Anahid, auf den Münzen der indoskytischen Turuskha-Könige Nanaia oder Nana genannt.1) Die grosse syrische Erdgöttin (Dea Syria) ist dieselbe göttliche Gestalt; ebenso die zu Askalon verehrte Derketo, die Aschera (Baaltis) der Syrer, die Göttin von Phaphos und Amathus auf Cypern. In der Gegend von Medinah herrschte eine andere Göttin Manat, deren Idol ein Felsblock war.

Weil Osiris, Gott, ein Lichtwesen ist, tragen er selbst, wie seine Diener, die Priester und überhaupt alle nach der Gottheit, nach dem Lichte strebenden Menschen im Leben und im Tode die weisse, die lichtvolle Kleidung, woran das Gold als Symbol des goldenen Lichtes, des Lichtglanzes und die rothe Kleidung als Symbol der Morgenröthe, der aufwachenden Sonne oder auch des das Licht symbolisch. ausdrückenden rothglänzenden Feuers sich anschliesst. Auch ist bei einzelnen Völkern roth das Symbol des Blitzes und der aus dem Blitze personificirten Donnergötter, so namentlich bei den Germanen des Thôrr oder Thunar. Neben dem Blau als dem Symbole des blauen Himmelsäthers sind daher weiss, golden oder roth die allgemein gebräuchlichen göttlichen, die kirchlichen und die priesterlichen Farben. Sind den Göttern Thiere geweiht oder werden Thiere als Symbole der Götter und der menschlichen Seele gebraucht, – erscheinen die Götter oder menschlichen Seelen in dem Gewande, in dem Kleide, in der Gestalt von Thieren, so werden auch diese in die Lichtfarben, besonders in Weiss und Roth gekleidet. Aehnlich verhält es sich mit den Pflanzen. Ist das Licht das Wesen, die Wohnung und das Kleid der Götter und der göttlichen Menschenseelen, der seligen Geister, erscheint umgekehrt die Finsterniss, das Lichtlose, das Schwarze und Dunkele gewöhnlich als das Wesen, die Wohnung und das Kleid der ungöttlichen und unseligen, der teuflischen und verdammten Wesen und Geister, so wie der [257] sie begleitenden und vertretenden Thiere und Pflanzen. So wird bei dem Zendvolke dem Ahura-Mazda, dem Ormuzd, d. i. dem weissen Geiste, dem Lichte des Himmels, Angrô mainyus, Ahriman, d. i. der schwarze Geist der Hölle, der Finsterniss entgegengesetzt und dieser Ahriman ist in der babylonischen Gefangenschaft zum Satan oder Teufel der Juden und damit auch der spätern Christen geworden. Bei den Indern werden der Gott Ciwas als Zerstörer der Welt, als Zeit und Tod, und ebenso der Lastermensch, Pâpapuruschas, d. i. die Personification der Hauptsünden, schwarz dargestellt; schwarz ist auch der seelengeleitende Hund des indischen Todtengottes Jama, und Jama selbst wird der Schwarze (Kala) genannt. Unter den Beiwörtern der griechischen Kêren oder nach Homer Todesgöttinnen, der Göttinnen des Sterbens, besonders des gewaltsamen Todes, welche zufolge Hesiod aus der dunkeln Nacht geboren sind, ist das gebräuchlichste die Schwarze [...]. Auf einer Kiste von Cedernholz in dem Tempel der Juno zu Elis ruhten die Zwillingsbrüder, der Schlaf und der Tod, als Knaben in den Armen der Nacht, nur war der eine weiss, der andere schwarz; jener schlief, dieser schien zu schlafen, beide mit übereinander geschlagenen Füssen. Die Unterweltsgöttin Demeter wurde in Arkadien zu Phigalia in einer Höhle als eine finstere, feindliche Göttin mit schwarzem Gewand und Schlangenhaaren verehrt. Von den zwei Genien, welche die alten Etrusker einem jeden Menschen beigegeben glaubten, wird der gute Genius weiss, der böse schwarz abgebildet. Bei den nördlichen Germanen wird die Göttin der Unterwelt, der Erde, der Hel oder des Todtenreiches, weiss und schwarz geschildert, was Simrok darauf deutet, dass diese Göttin zwei Seelen, eine gute und eine böse habe, – über Geburt und Tod, Leben und Sterben, Lohn und Strafe gebiete. Nach der blosen Naturanschauung sind die weissen und schwarzen Frauen der nordischen und deutschen Mythologie nur die Göttinnen der lichten und dunkeln Wolken, die Personificationen des lichten und dunkeln Wolkenhimmels, welche erst später von dem Himmel auf die Erde versetzt oder irdisch localisirt wurden. In sehr vielen deutschen Volkssagen werden verwünschte, nach der Erlösung harrende [258] Jungfrauen weiss und schwarz beschrieben, und zwar je nach dem Grade ihrer Schuld und Bosheit schwärzer und nicht selten ganz schwarz, oder nach der Nähe ihrer Erlösung weisser. Die weisse Farbe ist somit nach der ethischen Betrachtung das Symbol des Lebens, des Guten, der Tugend, der Reinheit, der Seligkeit, und schwarz das Symbol des Todes, der Trauer und des Schmerzes, des Bösen, des Lasters, der Befleckung, der Verdammniss. Hiemit hängt es zusammen, dass bei dem noch heute üblichen Gottesurtheile des Looses in Indien zwei Loose gemacht werden, ein weisses oder auch silbernes, welches die Unschuld, und ein schwarzes oder bleiernes, welches die Schuld bedeutet, und worunter der Angeschuldigte zu ziehen hat. Nach Tacitus suchten die alten Germanen durch auf ein weisses Gewand (super candidam vestem) geworfene und gezogene Loose, Runenstäbehen, den Willen der Götter zu erforschen. Die Mitglieder des maurerischen Ritterordens Kadosch, d. i. der heiligen, geweihten oder reinen Ritter, des 30sten Grades (Grand Elu) nach dem in Frankreich aus Amerika eingeführten sog. altenglischen Systeme, werden auch die Ritter des weissen und des schwarzen Adlers genannt, indem sie den weissen und den schwarzen Adler als Symbol des Guten und des Bösen gebrauchen. Diese Maurer haben auch in dem gleichen symbolischen Sinne einen Dolch mit weisser Klinge und schwarzem Griffe. Das grosse Banner des Ordens ist halb weiss und halb schwarz mit dem deutschen Kreuze in der Mitte. Diese Ordensfahne erinnert an diejenige der Tempelherren, welche aus dem weiss und schwarz getheilten Beauseant bestand und die Umschrift trug: „Non nobis, Domine, non nobis, sed nomini tuo da gloriam (Nicht uns, o Herr, nicht uns, sondern Deinem Namen verleihe Ruhm und Ehre)!“ Als Ordenskleid trugen die Templer einen weissen leinenen Mantel mit Achteckigem rothen Kreuze; die weisse Farbe sollte Symbol der Reinheit und die rothe des Marterthums, des blutigen Märtyrertodes sein. Die deutschen Ritter hatten einen weissen Mantel mit schwarzem Kreuze. Solche weisse leinene Mäntel trugen auch bei den Pythagoräern und zwar nicht blos in ihrem Leben, sondern auch bei ihrer Beerdigung, die eigentlichen Ein- [259] geweihten, die Pythagoriker; so wie die Essäer in Syrien und Palästina und die ihnen verwandten oder gleichen Therapeuten in Aegypten. Der Gebrauch dieser leinenen Kleider beruhte unstreitig auf ägyptischer Religionssitte, wonach die wollenen Kleider nicht als rein galten; aus Aegypten hatten auch die jüdischen Priester das weisse leinene Gewand als die Tempelkleidung erhalten1) und von ihnen ist alsdann dieses Gewand auf die christlichen Priester übergegangen. Die Johanniter, Rhodiser oder Malteserritter trugen ein weisses Kreuz auf der linken Seite ihrer schwarzen Kleidung. Indessen nicht allein die schwarze Farbe ist Symbol des Bösen, sondern zuweilen auch die rothe, in welchem Falle dieselbe auf die Gluthitze, auf das Höllenfeuer zu beziehen ist. Der ägyptische Typhon, d. i. der Widersacher, wurde röthlich gedacht, wesshalb auch die ihm zu opfernden Thiere dieselbe Farbe tragen mussten. Judas hat rothes Haar und rothen Bart. Bei uns erscheinen noch heute Mephistopheles und Samiel, die Höllenfürsten in rother Kleidung und rothen Mänteln. Der ägyptische Sonnengott Ra oder mit dem Artikel Phra erscheint auf den Monumenten mit rothem Körper und mit der rothen Sonnenscheibe auf dem Haupte. Aus Plutarch, Qu. rom. 98, ergibt sich die Sitte der Römer, das capitolinische Jupiterbild roth anzustreichen, wobei die rothe Farbe auf den den rothen Blitz schleudernden Gott gedeutet werden muss. Die gleiche rothe Farbe wird für Dionysos bezeugt. Mit Röthel war das hölzerne Schnitzbild desselben zu Phelloë in Achaia, ebenso das von Phigalia in Arkadien bemalt. Nach Macrobius, Sat. 1, 18, trug das Dionysosbild an den Festen des Gottes [...] [...], und wenn diese Kleidung auf Orpheus zurückgeführt wird, so spricht sich hierin gewiss der Gebrauch der rothen Farbe in den Mysterien aus. Mit rothem Gewand erscheint Bacchus öfters.2) – Jesus trägt auf alten mittelalterlichen Gemälden durchgängig ein röthliches Kleid als die neue Sonne, sol novus, die Wintersonne, im Gegensatz zu der untergehenden und abnehmenden Sommer- [260] sonne, Johannes dem Täufer.1) In den bildlichen Darstellungen der byzantinischen Kirche tragen Christus, die Apostel und die übrigen Heiligen vorzugsweise die weisse Kleidung,2) wie auch bei den Katholiken die Maria, die Himmelskönigin. Bei den feierlichen Prozessionen der Katholiken wird an vielen Orten bei der Jugend eine rothe Fahne vorgetragen zum Zeichen der Kindheit und der Liebe, der jugendlichen Morgenröthe; eine blaue Fahne bei den Männern als Symbol der Beständigkeit, der Treue und des festen oder männlichen Sinnes, und eine weisse bei den Frauen zum Zeichen der Sittsamkeit und Reinheit. Den Maurern ist die weisse Farbe das Symbol ihres Glaubens und Suchens des irdischen und himmlischen Lichtes, die blaue das Symbol des allumfassenden blauen Himmelsäthers und der allumfassenden Gottes- und Menschenliebe, die rothe Farbe aber, welche gewöhnlich mit Grün vereint wird, das Symbol des dereinst anbrechenden Morgens der Unsterblichkeit, des ewigen Lebens.

Der goldene Strahlenkranz als Lichtsymbol wurde schon besprochen. Auch gehört hierher die Tonsur der Priester, wie diese vorzüglich bei den Buddhisten in Asien gebräuchlich und von ihnen auf die katholischen Geistlichen übergegangen ist. Die Tonsur ist gleichfalls ein Lichtsymbol, das Symbol des Sonnenkreises oder der Sonnenscheibe, und durch dieselbe wird der Priester ein dem Lichte, dem Gotte Geweihter, wie der Maurer durch die weisse Schürze und das Schwert die gleiche Weihe erhält. Auch wird die Sonne selbst vielfach in den Religionen wie in der Maurerei als Symbol des Lichtes und Gottes, besonders als das Auge der göttlichen Vorsehung und Allwissenheit angewandt und getragen. Das Wappen der persischen Könige war eine Sonne, und ihr Banner war blau, roth und gold.3) Auch nennt sich bei den Persern der König selbst die Sonne, das Licht, wie Cyrus, im Zend Khoro, die Sonne bedeuten soll.4) Das Symbol des [261] höchsten himmlischen Wesens, das heilige Feuer, wurde dann bei den Persern zum Symbole des Höchsten auf Erden, des Königs, des Fürsten gemacht und ihm in der Art vorausgetragen, wie das Licht noch heute in der katholischen Kirche vor dem Priester oder vor dem Sanctissimum, und bei den Maurern vor dem Meister vom Stuhl und vor dem Grossmeister vorausgetragen wird. Diesem persischen Gebrauche war es auch nachgeahmt, dass bei den Römern seit der Zeit der Antonine vor dem Kaiser und vor der Kaiserin, wenn sie öffentlich erschienen, ein Feuer vorausgetragen wurde. In Fortsetzung derselben Symbolik hatte in den persischen Kriegslagern das Zelt des Königs seinen Platz auf der Ostseite derselben, weil der Osten der Wohnsitz der himmlischen und der irdischen Götter war.1) In der Inschrift von Bisitun nennt Dareios die sechs Stammhäupter (er selbst war als das siebente Oberhaupt der Pasargaden), welche ihm zum Throne verhalfen, die Lichter“ des Reichs.2) – Der Name Pharao, welchen die ägyptischen Könige gemeinschaftlich führen, bezeichnet gleichfalls die Sonne, das Erhabene. In Inschriften heissen die ägyptischen Könige Sonne, Söhne der Sonne. Endlich sind auch die reichen und langen, die goldenen Haare der Licht- und Sonnengötter ein sehr oft vorkommendes Lichtsymbol, indem die Haare nur die Sonnenstrahlen, die Sonnenkraft bezeichnen. Die 7 Haarlocken, welche Delila dem Sonnengotte Simson abschneidet und raubt,3) nehmen ihm daher seine Kraft und Riesenstärke. Sobald die Haare auf dem Haupte des seiner Augen beraubten Simson wieder wachsen, erlangt er auch seine Stärke wieder und reisst in dem Hause der um ihn frohlockenden Philister die beiden es tragenden Säulen ein, dass er sterbend mehr Philister tödtete, als in seinem Leben. Bei den Indern werden Çiva und Krischna ebenfalls die Gelockten, die Lockigen genannt. Auch der [262] griechische Apollo, der jugendlich Schöne zeichnet sich durch seine herabfliessenden ungeschorenen goldenen Haare aus, und wird daher der Goldgelockte [...] [...] genannt;1) ihm weihten die Jünglinge das erste Haar.2) Auch [...] bezeichnet nur den lichtgelockten Apollo, von [...], das wallende Haar. 3)

Die ägyptischen und jüdischen Vorstellungen und Beschreibungen von Gott als einem Lichtwesen haben wir schon oben mitgetheilt und sie können daher jetzt zur Seite gelassen werden; namentlich lassen die jüdischen sich dahin zusammenfassen, wie Paulus I. 17 an Timotheus schreibt, dass Gott allein Unsterblichkeit habe und in einem unvergänglichen Lichte wohne, den kein Mensch gesehen hat, noch sehen kann, welchem sei Ehre und Herrlichkeit. In einem verwandten Sinne wird auch Gott in den Mithrasmysterien der Unbegreifliche (indeprehensibilis) genannt. 4)

Die eigentlichen lichtgläubigen, man machte fast sagen die maurerischen Völker sind die arischen oder indo-germanischen, an deren Spitze das Zendvolk, die Baktrer, Meder und Perser stehen, und wohin auch die Inder, die Kelten, die Griechen und Römer, die Germanen u. s. w. gehören. Die neuesten mythologischen Forschungen eines Grimm, Mannhardt, Kuhn, Schwartz, Weber, Roth u. s. f. weisen eine solche Uebereinstimmung der Mythologie oder der religiösen Ansichten und Mythen der arischen Völker nach, dass bei ihnen schon in ihrem asiatischen Ursitze oder vor ihrer Trennung in verschiedene Völker der Lichtglaube in seinen Grundzügen entwickelt und ausgebildet gewesen sein muss, wie zu diesem Ergebnisse auch die vergleichende Sprachforschung führt und wohl künftig noch mehr führen wird. Das Zendvolk oder Zarathustra besonders jetzt übergehend, mögen vorzugsweise die Inder und Germanen berührt werden.

Nach dem indischen Vedenglauben hat das Licht als [263] die ewige Kraft, die nicht an das Leuchten der kosmischen Körper gebunden ist, seine Heimathsstätte in dem unendlichen Himmelsraume. In dem unendlichen Himmelsraume, in dem ewigen Lichte wohnen die ewigen und unverletzlichen Götter, die Adityas, welche Alles durchdringen, selbst dem Entferntesten nahe sind. Die Vedas sagen:

„Die Engel sammelten sich um den Thron des Allmächtigen und fragten mit Demuth, wer Er selbst wäre. Da antwortete Er: Wäre ein Anderer als ich vorhanden, so würde ich mich durch ihn beschreiben. Ich bin von Ewigkeit gewesen und werde in Ewigkeit sein; ich bin die erste Ursache von Allem, was sich findet im Osten und Westen, im Süden und Norden, oben und unten; ich bin Alles, älter als Alles, König der Könige; ich bin die Wahrheit, ich bin der Geist der Schöpfung, der Schöpfer selbst; ich bin Kenntniss, Reinheit und Licht; ich bin allmächtig.“

Auch Indra wird als Gott des unermesslichen Glanzes geschildert.1) Unter den älteren indischen oder vedischen Göttern tritt aber vorzüglich Varuna, „der Allumfasser, der Umhüller,“ der Herrscher des weltumgebenden Himmelsmeeres hervor, in welchem alles höhere Sein ruht. Im Aitareya Brahmana des Rig-Veda werden angerufen Mitra und Varuna, welche treulich des Opfers Verdienst wahren, des wahren Lichtes Herrn. Varuna wohnt im schimmernden fernen, hundertthorigen Palaste, der die Grenze des Alls bezeichnet. Von hier schauet er die Welt und aller Menschen Thaten. Der Sängermund strömt zu seinem Preise über:

„Wenn in sein Anblick ich mich versenke,
So deucht sein Ansehen mich wie Feuergluten,
Wo am Himmel, der Herr des Lichts und des Dunkels,
Seinen schönen Leib zum Schauen mir bietet.“

Er ordnet Licht und Zeiten, gibt dem Menschen Einsicht, dem Rosse Kraft, der Kuh die Milch. Der Wind, der die Luft durchrauscht, ist sein Athem, die Sonne und die [264] Sterne sind seine Augen. Bei Varuna im Lande des Lichtes versammeln sich die Seligen zu ewigem Aufenthalt, die der Inder mit dem Namen der Väter, Vorväter (Pitris, das lat. patres) belegt. „Gehe hin,“ ruft man dem Sterberden zu, „auf den Pfaden, die unsere Väter vormals beschritten haben. Die hohen Herrscher sollst du, Jama und Varuna, den Gott schauen.“ Die Sehnsucht nach dem Lande des Lichts und der Seligen wird im Rig-Veda also ausgesprochen:

„Wo unvergängliches Licht ist, in der Welt, wo Sonnenglanz wohnt,
Dahin bring’ mich, o Soma, in die unsterbliche, unverletzliche Welt.
Wo Jama, der Wiwavatssohn als König gebietet, wo das Innerste des Himmels ist,
Wo jene grossen Wasser wohnen, dort lass mich unsterblich sein!
In des Dreihimmels Gewölbe, wo man sich regt und lebt nach Lust,
Wo die lichtvollen Räume sind, o dort lass mich unsterblich sein.
Wo Wunsch und Sehnsucht verweilen, wo die strahlende Sonne steht,
Wo Seligkeit und Genüge ist, o dort lass mich unsterblich sein!
Wo Fröhlichkeit und Freude ist, wo die Lust und Entzücken herrscht,
Wo alle Wünsche erfüllt sind, o dort lass mich unsterblich sein!“

Wenn die Dahingeschiedenen in das Lichtreich eingehen, legen sie alles Irdische und Unvollkommene ab, erhalten einen ätherischen Geisterleib, werden selbst Licht, weshalb der Rig-Veda einen Verstorbenen ermahnt: „Gelange zu den Vätern, zu Jama, bei dem der Wünsche Genüge ist, im höchsten Himmel. Geh’ ein zur Heimath, alles Unvollkommene wieder ablegend, gelange (zu jener) herrlich an Gestalt.“ Um zum Lande der Pitris zu gelangen, muss die Seele einen Luftstrom überschreiten; damit die Seele über den Strom hinüberkomrne, wurde eine Kuh mit folgenden Worten geopfert: „Am grausen Pfade zu Jama’s Thor ist der grause Strom Vaitarani, ihn zu überschreiten begehr’ ich, darum geb’ ich die schwarze Kuh Vaitarani.“ Dieser Luftstrom, welcher gleichmässig auch bei den Germanen vorkommt, ist also der eigentliche und ursprüngliche Todtenstrom des Alterthums. Auch die Milchstrasse und der Regenbogen (bei den Parsen die Brücke Tschinevad und bei den Germanen die Brücke Bifröst) wurden bei den Indern und Germanen,1) sowie bei den [265] Aegyptern als die Wege gedacht, auf welchen die Seelen aus dem Himmel zur Erde hinab- und von der Erde wieder in den Himmel zurücksteigen. Kruger, Geschichte der Assyrier und Iranier, S. 422 erklärt die Brücke Tschinevad für die Milchstrasse, an deren Ende der Hund Sura oder der Stern Sirius im Sternbilde des grossen Hundes als Wächter sich befindet. In den Veden wird häufig auch von sieben Himmelsströmen gesprochen, welches die Räume der sieben Planeten und zugleich diejenigen Räume, der Luftraum sind, die und den die Seele überschreiten muss, um in das Reich Gottes zu dem Todtenrichter Jama zu gelangen. Diese sieben Ströme, der Luftraum, welche die Seele des Verstorbenen überschreiten, durchschiffen muss, um in das Todtenreich zu gelangen, stehen gleich der Brücke Tschinevadi über welche die gereinigte und gerechtfertigte Seele bei den Parsen in das Reich des Lichtes hinübergeht. Diese sieben himmlischen Ströme mahnen auch an die sieben Schritte, durch welche bei den Indern die Braut in die Ehe, gleichsam in den ehelichen Himmel eintritt, sowie an die sieben Schritte, welche der Maurer zurückzulegen, und an die sieben Stufen des Tempels und Altares, welche er zu ersteigen hat, um Meister zu werden, um in das Innere, – gleichsam in den Himmel des Tempels und des Bundes zu gelangen. Die drei und fünf Schritte, Jahre und Stufen des Lehrlings und des Gesellen sind nur Theile, nur Vorbereitungen der sieben Schritte, Jahre und Stufen des Meisters, des Vollendeten und des in das Licht, in den Osten, in den Himmel und in das Innere Eingegangenen. Dasselbe wird auch durch den Satz und die maurerische Lehre ausgedrückt, dass 5 (und3) Maurer eine unvollkommene und 7 eine gerechte und vollkommene Loge ausmachen, d. h. die Vollendung, das Ende in sich schliessen. Der gemeinsame und letzte Gedanke aller dieser indischen und maurerischen Gebräuche, sowie fast aller alten Todtenculte und Beerdigungsgebräuche ist der, dass die Seele in sieben Tagen und Schritten durch die sieben Planetensphären in den über diesen gelegenen Himmel und zu dem dort mit den Seligen wohnenden Gotte zurückkehre.

Mit der Reise des Verstorbenen durch die sieben Planeten- [266] sphären bis zu seiner Ankunft in dem himmlischen Reich und Lichte, mit den alten sieben Trauertagen oder mit der Trauer- und Planetenwoche hängt es auch zusammen, das nach Lajard recherches sur le culte du cyprès pyramidal, S. 349, Anm. 4, bis auf unsere Tage an manchen Orte der Gebrauch beobachtet wird, beim Bette des Verstorbenen während der ersten sieben Tage und Nächte seine Todes eine Lampe, eine Laterne oder ein Licht zu brennen, ihm gleichsam auf seiner Reise durch die sieben Planotensphären zu leuchten. Die alten sieben Trauertage die siebentägige Trauerwoche sind durchaus nichts Anderes als der siebentägige Reisezeitraum des Verstorbenen durch die sieben Planetensphären, – das siebentägige Harren und Zuwarten der Zurückgebliebenen bis zur Ankunft des Verstorbenen bei dem über sieben Sphären Wohnenden und Thronenden. Die irdische Hülle des Verstorbenen durfte erst dann zur Erde bestattet werden, wenn sein Geist im Reiche der Geister angekommen und der zurückgelassene Leichnam nur noch (seelen- und geistloser) Erdenstaub war. Darin liegt der eigentliche und tiefere, aber freilich nicht mehr gewusste Grund, dass auch heute noch fast überall die Verstorbenen nicht sogleich beerdigt, sondern ganz absichtlich einige Tage in dem Trauerhause, in der irdischen Wohnung liegen gelassen werden. Fast aller Orten oder in den verschiedensten Ländern werden bei den Katholiken am Bette oder Sarge eines Verstorbenen noch dermalen ein oder auch mehrere Lichter angezündet und fortgebrannt, bis der Leichnam zum Hause hinausgetragen wird, zum Symbole, dass man wünsche, hoffe und bete, es möge der Verstorbene vor dem himmlischen Richter Gnade gefunden haben und zum Mitgenusse des ewigen Lichtes, zur Anschauung des unendlichen Gottes zugelassen werden; deshalb wird auch bei den Katholiken beim Leichname von Personen der höhern Stände und besonders von fürstlichen Personen von eigens dazu bestellten Geistlichen unter grösserer oder geringerer Mittheilnahme der Anverwandten des Verstorbenen fortwährend für dessen Seelenheil und ein gnädiges letztes Gericht gebetet.

Da Gott das Licht ist, ist bei den Indern in Gemälden [267] und auf Bildwerken1) das Plammenrad (tschakra), d. i. ein Rad ohne Speichen, aus welchem oben und an jeder der beiden Seiten Flammen schlagen, ein oft vorkommendes göttliches Attribut, besonders des Vischnu und Krischna.2) Es soll die Gottheit bedeuten, welche sich in Geburt, Wachsthum und Untergang ewig umschwingt, wie darauf sich auch der Dreizack (Trisula, tricûla, lat. trisulcum des Jupiter) des indischen Viva beziehen mag.3) In einem andern Sinne erscheinen bei den Germanen feurige Räder. Am Tage der Sommersonnenwende liess man früher in Deutschland und Frankreich an einzelnen Orten feurige oder brennende Räder als ein Symbol der Sonne von den Bergen in das Wasser herabrollen oder warf dieselben in einem Bogen in die Höhe, dass sie in das Wasser fielen und erlöschten, womit ausgedrückt werden sollte, dass die Sonne nunmehr ihre höchste Höhe erreicht habe und schnell wieder niedersteige. Dabei wurde ein kleines Lied gesungen, dass die Sonne über den Rain d. i. über die Grenze fliegen solle. 4)

Auch die Germanen betrachteten die Götter als Lichtwesen und das Licht als den Aufenthaltsort der Götter und der Seelen, wofür schon Einzelnes an andern Stellen beigebracht wurde.

Odhin, der höchste Lichtgott der deutschen Mythologie, reitet auf einem weissen Rosse und mit weissem Schilde, d. h. er ist das himmlische und irdische Licht und wird durch das letztere, durch die lichten Wolken, das weisse Ross schnell überall hingetragen. Baldur, der Gott des allerfreuenden Lichtes, die Sommersonne, dessen Gegensatz Hödur, d. i. das Dunkel des Winters, die Wintersonne ist und ihn tödtet, bewohnt im Himmel die Stätte, [268] die Breidalblik (Weitglanz) heisst. In der deutschen Volkssage wird die Todten- und Seelengöttin Holda, die weisse Frau, als eine Frau von wunderbarer Schönheit mit langem goldgelbem Haare beschrieben; ihr Leib ist so weiss wie Schnee; sie trägt ein langes weisses Gewand und einen Schleier oder auch einen weissen Mantel; von ihr strahlt wunderbares Licht aus; wo sie geht und steht, ist es glockenhell in der dunkelsten Nacht. Der Aufenthalt der Seelen, der Todtenaufenthalt ist nach dem germanischen Urglauben in dem glänzenden von der Sonne durchleuchteten blauen Himmel, im Himmelsfirmamente, auf dem Glasberge, d. i. auf dem glänzenden Berge, in Glerrhimin, Glaesisvellir, Glasir, wie der glänzende und leuchtende Aufenthaltsort der Seelen von dem gothischen Zeitworte glisa, glas, glêsum, glisans, nord. gles, glâsun, glesinn mit der Bedeutung glänzen, leuchten genannt wird.1) In diesem Lande Glaesisvellir soll ein Ort Odainsakr (Unsterblichkeitsfeld) liegen, wo Niemand stirbt, jeder Kranke genest, jeder Greis sich verjüngt. Der nordische Allvater, der ruhende Gott der Ewigkeit wohnt im höchsten Aether über den Sphären der sieben Planeten, welche die einzelnen jüngern Götter beherrschten. So ist auch bei den Aegyptern Phat oder Ptah, der Gott des Himmelslichtes, der Lichtgott, die Helle, das Licht, dessen Zeichen und Symbol das Feuer ist und der die Sonne geschaffen hat und bewegt. Die Griechen nennen diesen Gott Hephästos. Die Chaldäer hatten auf den armenischen Bergen, wo sie zuerst wohnten, gleichfalls den Lichtglauben sich erworben und Bel war den Chaldäern der Herr des Himmels und des Lichtes, welcher Himmel und Erde getheilt und die Menschen erschaffen hatte, der auf den höchsten Bergen über den Wolken thronte und den Sternen ihre Bahnen anwies.2) Bel, den Gott des Himmels, erkannten die Chaldäer in der mächtig wirkenden Kraft der Sonne, aber sie weihten ihm zugleich den fernsten und darum höchsten Wandelstern, den Saturn, welchen sie mit seinem [269] Namen bezeichneten. Indem aber die Chaldäer von ihren Bergen in die fruchtbaren Thäler des Euphrat und des Tigris herabstiegen und dem Bel zu Babel eine Wohnung erbauten (Babel bedeutet Wohnung des Bel), nahmen sie neben ihrem alten Lichtgotte noch eine Göttin der Erdfruchtbarkeit, der aus dem Wasser zeugenden und gebärenden Naturkraft an, die Mylitta oder Aschera der Phönicier und Syrer, wodurch ein höchst sinnlicher, den semitischen Völkern überhaupt eigenthümlicher Cultus aufkam, welcher den ursprünglichen und höhern Lichtglauben ganz zurückdrängte und überwog. Der religiöse Glaube und Cultus muss daher überall als ein Erzeugniss seines besonderen Landes, seiner Berge, wie z. B. bei den Baktern, Medern und Persern und den ursprünglichen arischen Indern, – des fruchtbaren und warmen Stromgebietes, wie bei den Indern des Gangeslandes, bei den Babyloniern und Aegyptern u. s. w. betrachtet werden, um recht verstanden und recht gewürdigt zu werden. Aehnliche Vorstellungen, wie die Chaldäer und die Araber, hatten auch die Vorfahren der Hebräer von den Abhängen der armenischen Berge und den Steppen zwischen den beiden Strömen Euphrat und Tigris mitgebracht. Auf den Bergen war Jehova angerufen, hier waren ihm Brandopfer dargebracht worden und er pflegte auf die Berge niederzusteigen.

Wenn nun Gott und der Himmel nach der allgemeinen Vorstellung der alten Völker das himmlische und irdische Licht ist, lag es nahe, bei der Verehrung Gottes oder gewisser einzelner Lichtgötter, in den ihrer Verehrung und Anbetung geweihten Stätten reine und heilige Feuer oder doch Lichter anzuzünden und zu brennen, um sich dadurch den Gedanken Gottes und gleichsam Gott selbst zu vergegenwärtigen, um sich symbolisch vor Gott und in das himmlische Licht zu versetzen. So sind die brennenden Feuer, die brennenden Lichter zu Begleitern, zu einem wesentlichen Bestandtheile des öffentlichen und Privatgottesdienstes überhaupt oder wenigstens einzelner Götter und Göttinnen, welche eine besondere Beziehung zu dem Lichte hatten, geworden, wie sie noch heute in den buddhistischen Tempeln, in den jüdischen Synagogen, in [270] den katholischen und griechischen Kirchen, in den lutherischen Kirchen, in den maurerischen Tempeln u. s. w. brennen. Zu den Lichtern gebrauchte man dabei hauptsächlich drei- oder siebenarmige Leuchter, um entweder den dreieinigen Gott oder die sieben Planetengötter, den siebeneinigen Gott zu bezeichnen. Um zugleich die Ewigkeit und Unvergänglichkeit des Lichtes zu symbolisiren und vielleicht auch um auszudrücken, dass Gott stets bei den Menschen sein und ihnen seinen Schutz und Segen verleihen solle, musste vielfach an den heiligen Orten ein nie erlöschendes, Tag und Nacht sorgfältig, oft mit kostbarem Holze zu unterhaltendes Feuer oder Licht gebrannt werden; so beim Zendvolke, bei den lndern, bei den Phöniciern und Juden, bei den Griechen und Römern, in den griechischen und katholischen Kirchen, wohl auch bei den Kelten und Germanen.1) Was die Germanen betrifft, so vermuthet Jak. Grimm, dass in dem germanischen templum Tanfanae, das übermüthige Feinde dem Boden gleich machten, keine Bildsäule, sondern das heilige Feuer gestanden habe, denn Tanfana war [...], Vesta, noch näher die skytische [Tabiti].2) Schon nach der mosaischen Gesetzgebung z. B. war die zum Priesterthume Jehova’s erwählte Familie Aaron’s aus dem Stamme Levi verpflichtet, für die beständige Unterhaltung des Feuers auf dem Altare des Zeltes oder des Tempels zu sorgen. Ebenso musste in den Tempeln der griechischen [...] und der römischen Vesta von Priesterinnen, und zwar zu Rom von keuschen Priesterinnen, auf dem Altare der jungfräulichen reinen und heiligen Göttin das ewige Feuer genährt werden. Erlosch in dem Tempel der Vesta zu Rom das heilige Feuer, was für eine schwere Vorbedeutung, für ein Zei- [271] eben des Untergangs der Stadt galt, sollte es nach Plutarch nur von einem reinen und unbefleckten Funken der Sonne wieder angezündet werden können, was mit der Ansicht der Alten, dass das irdische Feuer aus dem himmlischen oder ätherischen stamme, dass es durch Prometheus nur von dem Himmel zur Erde herabgebracht, geraubt worden sei, zusammenhängt und wesshalb auch die heiligen Feuer durch einen solchen himmlischen Funken entzündet oder wirklich himmlische Feuer sein sollten, indem man die heiligen Feuer entweder mit einer Art Brennspiegel oder mit dem durch das Reiben von Hölzern gewonnenen Feuer anzündete. Den maurerischen Gebräuchen bei der Ertheilung des Lichtes an den neu gewählten Meister vom Stuhl liegt diese alte Ansicht zu Grunde. – Bei den Phöniciern, z. B. zu Tyrus und Gades, brannten in den Tempeln des Moloch, des Baal-Molokh, Malakh-Bal, d. i. des Gottes des verzehrenden und vernichtenden, darum aber auch heiligenden und reinigenden Feuers, und der Kriegsgöttin Astarte, der keuschen Mondsgöttin, das ewige Feuer.1) In Irland wurde Brigitte, die Tochter des Tages, durch ein ewiges Feuer geehrt.2) Auch auf den Altären der keltischen Göttin Belisana, der Himmels- und Unterweltskönigin, in Britannien brannte ein ewiges Feuer3) u. s. w. Dem arkadischen Licht- oder Sonnengotte Pan wurde zu Phigalia und Olympia Tag und Nacht ein Feuer unterhalten, wie es auch an vielen Orten zu Ehren des Apollo geschah.4) Auch wurde Pan, wie Athene, Hephästos und Prometheus, durch Fackelläufe gefeiert. Bei dem Zendvolke und daher noch heute bei den Parsen in Indien und bei den Gebern in Kirman, bei den Indern, bei den Chinesen, bei den Griechen und Römern war und ist es sogar der Gebrauch, in jedem Hause auf dem Herde ein nie erlöschendes heiliges Feuer oder doch ein Licht Tag und Nacht zu brennen und zu unterhalten, sowie dasselbe als ein theures Gut bei der Verlegung der Wohnung mit sich [272] fortzunehmen. Das Altar- und Herdfeuer als Symbol der Gottheit sollte der mächtige Schützer, das heilige Band, der belebende Geist, das Palladium der Familien, Städte und Staaten sein; es war das Symbol des die Familie, die Stadt und den Staat verbindenden göttlichen Geistes und Lebens. Der Gott des Feuers, Agni (ignis), wird daher bei den alten Indern oder in den Vedas der Beschützer des Hauses (grihapati) und der Gemeinde (vicpati) genannt; auch heisst er der bei allen Menschen Wohnende (Vaievârana1)). Das leuchtende Feuer und daher auch sein Gott Agni schützt und bewahrt die Menschen und ihre Wohnungen vor allem Bösen, besonders auch in der Nacht vor Mördern und Dieben. Ueberhaupt ist der indische Gott Agni, wie die griechische [...] und die römische Vesta nur die Personifikation der wohlthätigen Wirkungen des Herdfeuers für die Familien und Staaten. Die Festtage der Römer und der Christen sind nur die Tage der Verehrung der [...], denn Festtag (dies festus, dies festivus) bezeichnet den Tag der [...], des Feuers, und aller Gottesdienst ist in diesem Sinne ein Feuerdienst, ein Dienst des göttlichen Feuers (ignis Jehovae). Der christliche Sonntag namentlich aber ist der Tag der Anbetung der Sonne, des himmlischen Lichtes.

Nach dem parsischen Vendidad, Farg. XVIII, 43 ff., scheint es eine besondere Pflicht des Hausherrn gewesen zu sein, das heilige Feuer (den Sohn) Ahura-mazdas auch während der Nacht zu unterhalten und zu beschützen, denn ihm wird für das erste Drittel der Nacht von dem Feuer zugerufen: „Stehe auf, o Herr des Hauses! Ziehe deine Kleider an, wasche deine Hände, suche Brennholz und bringe es her zu mir, mache mich leuchtend durch das reine Brennholz mit gewaschenen Händen. Zu mir möchte der von den Daêvas (den bösen Geistern) geschaffene Azis kommen, welcher erscheint, um mich der Welt zu entreissen (d. h. die Finsterniss, die Nacht kämpfet wider das Licht und strebt es zu erlöschen.“ – Aus dem Gesetzbuche des indischen Menu ist ebenso bekannt, dass jeder Brahmane oder Hausvater (grihapati) ein oder meh- [273] rere (drei) geheiligte Feuer in seinem Hause zu unterhalten hatte, und dass es seiner Frau zum besondern Verdienste gereichte, für dieselben zu sorgen. DenZendschriften zufolge galt es auch als Sühnopfer, reinen und heiligen Menschen ein glänzend brennendes und wohl geläutertes Feuer anzuzünden und zu unterhalten; auch bei den heutigen Parsen kann man für die Feueraltäre milde Gaben stiften, die wahrscheinlich zur Anschaffung des Brennholzes und der Wohlgerüche für das Feuer verwendet werden. Aehnlich kommen noch heute in der katholischen Kirche Stiftungen zu Gunsten des ewigen Lichtes oder eines auf einem bestimmten Altare diesem oder jenem Heiligen oder Verstorbenen zu brennenden Lichtes vor, sowie Gaben von Kerzen. Das heilige Feuer in den einzelnen Häusern darf in aller und jeder Hinsicht dem katholischen Cruzifixe oder Kreuze verglichen werden; es war dem Hause und den Hausbewohnern das theure Symbol des allgegenwärtigen Gottes, Schützers und Erlösers und musste sie überall hin begleiten. Wenn daher im ältesten Indien der Familienvater gegen das Ende seines Lebens Haus und Familie verliess und eine Einsiedelei bezog, Waldsiedler (Vânaprastha) wurde, nahm er dahin nach dem Gesetzbuche des Manu VII, 1-30 das heilige Feuer als untrennbaren Gefährten seines Lebens mit.1) Der Gott des Feuers, das Feuer ist der Mittler und Bote zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und den Menschen, indem es in dem Blitze und den Sonnenstrahlen zur Erde und zu den Menschen niedersteigt und in der emporlodernden reinen Opferflamme wieder zu dem Himmel zurückkehrt. Sehr schön wird deshalb bei den Indern Agni, der Gott des Feuers, auch Mantradschihwas, d. i. die Gebetzunge genannt, weil das Opferfeuer gleichsam die Zunge der Sterblichen ist, welche zu dem Himmel spricht und ihre Wünsche, Gebete und Danksagungen zu Gott emporträgt. Hiermit hängt auch das Verbrennen der Leichname zusammen, denn die Inder glaubten, dass die abgeschiedenen Geister, die von dem Scheiterhaufen aus in leuchtenden Funken zum Himmel [274] steigen, in diesem ihrem Strahlenkörper, dem Harnische Agni’s, als Sterne am Firmamente wieder erscheinen, 1)

Am Feste der Apaturien, welches die Griechen im Monat Oktober zu Ehren des Hephästos als des Gottes des Feuerherdes, das heisst des Familienlebens, zu feiern pflegten, wurden die neugebornen Kinder im Laufe um das Herdfeuer getragen und durch diesen symbolischen Gebrauch in die Familie und den Familienverein der Phratrie aufgenommen.2) Das eigentliche Symbol indessen des die menschlichen Ansiedlungen bedingenden, von dem Himmel stammenden und die Familien und die Staaten beschützenden Herdfeuers war bei den Griechen die Göttin Hestia, die jüngste der olympischen Gottheiten, welche Homer noch nicht kannte.3) Von der Familienverbindung an bis hinauf zu der alle Familien- und sonstigen Vereine umfassenden allgemeinen Stadt- und Staatsverbindung hatte jede Verbindung in dem heiligen Herdfeuer, in seiner Hestia, den religiösen Mittelpunkt, das Symbol seiner Verbindung, so dass in die Verbindung Derjenige eintrat, mit dem man das Feuer theilte, den man an dem Feuer Theil nehmen liess. Das gemeinschaftliche heilige Feuer der ganzen Stadt und des Staates [...] brannte als das ewige Licht in dem Prytaneum, in dem Stadthause, z. B. seit Theseus zu Athen, zu Sparta, und später auch zu Rom. Die geschichtliche Sage erzählt es als eine Epoche machende Veränderung des Theseus in der Verfassung des attischen und des ionischen Gesammtstaates, dass er Athen zu einer Hauptstadt [...] gemacht habe mit einem Centralfeste, den Panathenäen, des ganzen attischen Staates zu Ehren der obersten Landesgöttin und der übrigen sie umgebenden Landesgottheiten.4) Die religiöse Bedeutung solcher Stätten aber tritt vorzüglich in dem schönen Gebrauche hervor, dass die griechischen Colonien von dem Herde der Mutterstadt d. h. aus seinem Prytaneum das Feuer mitzunehmen pflegten, an welchem auf dem [275] Gemeinherde ihrer neuen Niederlassung sich ein neues Leben entzünden sollte. In dem vaterländischen Feuer sollte der vaterländische Geist und das vaterländische Leben gebracht und bewahrt werden. Von ganz besonderem Ansehen waren solche Hestien, welche mit angesehenen Heiligthümern und gemeinschaftlichen Cultusstätten grösserer nationaler Vereine zusammenfielen, z. B. Delos als Hestia der Cycladen, die Hestia im Prytaneum zu Olympia, wo auch ein ewiges Feuer brannte, und vor allen übrigen die des pythischen Heiligthums zu Delphi. Wegen des religiösen Ansehens von Delphi konnte diese Opferstätte, wo gleichfalls ein ewiges Feuer brannte, noch am ersten für den religiösen Mittelpunkt aller Griechen oder vom ganzen Griechenland gelten.1) Bei grössern Opfern pflegte immer mit einer Spende an die Hestia begonnen und wieder geschlossen zu werden, wie sie überhaupt bei allen Gebeten und religiösen Acten zuerst genannt zu werden pflegte. Das Anzünden und das Löschen der Kerzen beim Beginnen und beim Schlusse des katholischen Gottesdienstes und der Maurerlogen hängt hiemit zusammen und deutet darauf hin, dass das Feuer als das Symbol Gottes jeder Gottesverehrung und jedem Gottesdienste, jeder Loge anwohnen, dass man Alles mit Gott anfangen und enden solle, – dass Gott der Anfang und das Ende aller Dinge sei. Mit dem Feuer, mit dem Lichte muss angefangen werden, – [...] [...] war schon ein griechisches Sprichwort. Wo die Menschen sieh versammeln und niederlassen, soll das Feuer, als das Symbol Gottes, soll Gott bei ihnen sein und bleiben und ewig weilen; darin besteht das Wesen des ewigen Lichtes, des Feuers in der Kirche und in dem Hause, der öffentlichen und privaten Hestien. Die zwei Säulen, welche in den Maurerlogen als die Säulen Sets erscheinen, könnten auch auf die Hestia Bezug haben oder doch gedeutet werden, da sie dargestellt wird sitzend zwischen zwei Spitzsäulen als den Symbolen des Wendekreises der Sonne,2) in welcher Bedeutung die zwei Säulen [276] auch in den Rennbahnen aufgestellt zu werden pflegten. Den Hestien der Griechen waren übrigens ganz entsprechend die Feuertempel oder Pyräen (Dadgads) des Zendvolkes auf der Berge Gipfel, in denen auch ein heiliges und gereinigtes Feuer unterhalten wurde, welches niemals erlöschen durfte und vor denen das Zendvolk zu Ormuzd, dem Gotte des reinen und ewigen Lichtes, betete. 1)

Auch das heilige Feuer, welches die lichtgläubigen und nach unseren Vermuthungen aus Hochasien in uralten Zeiten nach Amerika eingewanderten, zu dem indogermanischen Völkerstamme gehörigen Peruaner2) ihrem Licht- und Sonnengotte Pachakamak anzündeten und zu ihren Opfern bedurften, musste von der Sonne selbst gegeben werden und wurde durchaus in derselben Weise von ihrem Oberpriester gewonnen und in der Hauptstadt Cusco durch heilige keusche Jungfrauen oder Priesterinnen, die sogenannten Sonnenjungfrauen bewahrt, wie zu Rom das heilige Feuer der Vesta.

Bei den Indern war es ein heiliger Gebrauch, beim Feuer die Bündnisse und Freundschaftsgelöbnisse zu bekräftigen. So heisst es z. B. im Ramajana nach der Uebersetzung von Fr. Schlegel:

‘Sugrivo, da er dies alles gehört, Ramo’s Geschick und Art, Da macht er Freundschaft mit Ramo, hat beim Feuer gelobt den Bund.’

Auch die alten Perser schworen bei dem Mithra, d. i. bei dem Lichte, in seinem Unterschiede von Sonne, Mond und Gestirnen aufgefasst. Mithra war ursprünglich der Gott des allessehenden und allesdurchdringenden Lichtes, daher auch der Gott der Treue und Wahrheit und der Rächer der Lüge und Falschheit.3) Unter den positiven Pflichten des Mazdayacna, des Ormuzdieners, des Lichtgläubigen, steht die Pflicht, die Wahrheit zu reden und das gegebene Wort, den gegebenen Handschlag und die Verträge heilig zu halten, oben an. Jeder Verstoss dagegen, jeder Wort- und Vertragsbruch und jede Falschheit und Unwahrheit, [277] ist eine schwere Mithrasünde, weil Mithra über Treue und Wahrheit, über das Licht in den Handlungen und Verträgen der Menschen zu wachen hatte.1) Ebenso betheuerte man früher bei den Deutschen mit den Worten: „sammir daz heilige licht;“2) ja heute noch pflegt als eine Betheuerung, als eine Versicherung der Wahrheit, im Deutschen gesagt zu werden: „So wahr mich das Licht (die Sonne) bescheint, – so wahr, als dass die Sonne scheint (am Himmel steht).“ Da wir auf diese Weise übereinstimmend bei den Indern, bei den Persern und Parsen, und bei den Germanen die Sitte finden, das Licht als Zeugen der Treue und Wahrheit anzurufen und den Lichtgott als den Wahrer derselben zu betrachten, dürfen wir auch annehmen, dass sie diese gemeinsamen Sitten und Ansichten schon aus ihrem gemeinsamen Ursitze in Hochasien mitgebracht haben. Wenn die Griechen beim Zeus oder die Römer bei Jupiter betheuerten, war auch dieses im Grunde nur ein Schwur beim heiligen und ewigen Lichte. Schon bei Homer ist Zeus der oberste der Schwurgötter und er blieb dieses fortgesetzt im Rechtsverkehre der Griechen; Zeus rächt furchtbar jeden Meineid. 3)

Bei den Niederlassungen der Norweger auf Island kehren die Besitzergreifungen durch Feuer öfters wieder. Man befestigte einen Zunder an den heiligen Pfeil, welcher Tundrör hiess, entzündete ihn im heiligen Feuer und schoss ihn über die Landstrecke , die man sich aneignen wollte. Dieser Rechtsgebrauch, sowohl von herrenlosem Lande als von erkauften Grundstücken mittelst angezündeten Feuers Besitz zu ergreifen, bestand im Norden allgemein; man hatte sich damit das Grundstück geheiliget (helgat 4). Die Einweihungen neuer Kirchen bei den Katholiken und der Logen bei den Maurern sind, näher und tiefer aufgefasst, durchaus nichts Anderes als diese alten Besitzergreifungen und Heiligungen durch das Feuer und das Licht; [278] durch das Anzünden der Lichter werden die Kirchen und Logen zu heiligen Stätten, zu Stätten und Tempeln der Anbetung und Verehrung Gottes, des ewigen Lichtes geweiht.

Auch gehört hierher die bei den Indern, bei dem Zendvolke und bei den Germanen gleichmässig vorkommende und bei den Indern bis auf den heutigen Tag erhaltene Feuerprobe, um sich von falschem Verdachte zu reinigen und gleichsam durch Gott selbst seine Unschuld zu erhärten. Schon in dem Ramajana bewährt Sita, die Gattin Rama’s, ihre eheliche Treue durch die Feuerprobe. Das Gesetzbuch Manu’s sagt, das Feuer sei der Beweis der Unschuld oder Schuld für alle Menschen; der heilige Vatisa habe einst seine Unschuld dargethan, indem er durch das Feuer schritt und kein Haar ihm versehrt ward.1) Später kam als Ordale bei den Indern das Tragen einer glühenden eisernen Axt auf. Das in den Rivâiets enthaltene Schwurbuch sagt, dass früher bei den Parsen oder bei dem Zendvolke Ordalien gebräuchlich gewesen seien, als da: durch das Feuer gehen, glühendes Eisen auf die Zunge zu legen u. s. w.2) Das Gottesurtheil des Feuers, judicium ignis, erscheint bei den Germanen in verschiedener Gestaltung,3) z. B. dass der zum Urtheil Gelassene seine blose Hand eine Zeit lang in das brennende Feuer halten musste; war sie beim Herausziehen unversehrt, galt er für unschuldig, sonst für schuldig; – oder dass der Beweisende in blosem Hemde, nach Einigen sogar im Wachshemde durch einen entflammten Holzstoss gehen musste; auf diese Art soll Richardis, Carls des Dritten Gemahlin, nach den Chroniken des Mittelalters ihre Unschuld bewährt haben; oder dass - und dieses war das Gewöhnliche – ein glühendes Eisen mit blosen Händen getragen oder mit blosen Füssen betreten werden musste (judicium [279] ferri candentis), indem 9 Pflugschaaren geglüht und in bestimmtem Zwischenraum, von einander gelegt wurden, über die der sich Reinigende barfuss gehen musste, – oder indem die geglühte Eisenmasse von bestimmter Schwere eine Strecke weit mit blosen Händen getragen werden musste.

Dass bei den Maurern bei dem Beginne der Loge die Lichter angezündet werden und bis zu deren Schlusse fortbrennen sollen, hat die unendlich tiefe symbolische Bedeutung, dass die Maurer Alles mit Gott beginnen und beendigen sollen, – dass, wenn und wo die Maurer zur Arbeit versammelt sind, Gott bei ihnen weilen, der göttliche Geist sie erleuchten und beseelen möge. Nur das in allen Logen brennende heilige Feuer, der in allen Logen lebende Geist und das Licht Gottes vereinen wirklich alle Maurer der Erde zu einem unsichtbaren Bunde unter sich und mit der Gottheit. Dem Lichte und der Gottheit geheiligte Stätten sollen und wollen die Maurerlogen sein; ferne von ihnen bleibe die Finsterniss, das Böse und das Schlechte. Mögen wir niemals den Meister vom Stuhl die Lichter der Loge anzünden und löschen sehen, ohne Gottes und seines Gebotes zu gedenken, ohne uns und alle unsre Brüder dem Schutze und der Gnade Gottes zu empfehlen. Die Hestia als Göttin des Herdfeuers wurde bei den Griechen und bei den Römern abgebildet, mit der einen Hand hinauf nach dem Himmel zeigend, wie sie selbst nur die unsichtbare Allgegenwart Gottes bezeichnete; so sollen auch den Maurer die zum Himmel emporflammenden Lichter stets an den allgegenwärtigen Gott mahnen. Wer in dem Lichte der Loge steht, glaube vor Gottes Thron und in seinem Lichte zu stehen, dann wird die rechte maurerische Gesinnung und der rechte maurerische Geist ihm verliehen werden. Ich schliesse mit dem alten [Mauergebete]:

‘„O Herr, du grosser und allgemeiner Baumeister der Welt, du erster Bildner des Menschen, dass er wie ein Tempel sei; sei mit uns, o Herr, wie du versprochen hast, wenn Zwei oder Drei in deinem Namen versammelt sind, wollest du mitten unter ihnen sein. Sei mit uns, o Herr, und segne alle unsere Unternehmungen!“’

XIX.
Die Bibel als das erste und grösste Licht der drei grossen Lichter der Maurerei.

[280]

Das Buch, welches der noch in der Finsterniss befangene Neuaufzunehmende gläubig sehen soll, das ihn durch den darauf abgelegten Eid unverbrüchlicher Pflichterfüllung aus der Finsterniss in das helle Licht der Loge führt und als ein Glied in die den Erdkreis umspannende Bruderkette einreiht, ist die Bibel. Sinkt endlich die verhüllende Binde von dem Auge des neuen Maurerlehrlings, so erblickt er nach dem Gebrauchthume der alten englischen Bauzünfte vor sich die Bibel als das erste und das grösste der drei grossen Lichter der Maurerei. In der Dunkelheit soll der Maurer an die Bibel glauben, und im Lichte soll er sie sehen, sie lesen; wer Gott und das göttliche Licht sucht, muss zuvor an Gott glauben. Unter der schwörenden Hand und vor dem sich öffnenden Auge des Maurerlehrlings liegt das erste Kapitel des Evangeliums Johannis aufgeschlagen, das also beginnt: „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Dieses war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht worden, und ohne dasselbe ist auch nicht Eines geworden, das gemacht worden ist. In ihm war das Leben und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsterniss, und die Finsterniss hat es nicht angenommen. Es war ein Mensch von Gott gesandt, mit Namen Johannes. Dieser kam zum Zeugniss, dass er von dem Lichte zeugete, damit alle durch ihn glaubten. Nicht er war das Licht, sondern dass er von dem Licht zeugete. Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt.“ –

Ja, das wahre Licht, welches jeden Menschen erleuchtet, – das Licht, welches in der Finsterniss scheinet und allein die Finsterniss zu bannen vermag, kam mit der Bibel, mit Christus in die Welt, strahlet von ihnen aus und ist nur bei ihnen zu finden, so dass, wer das Licht suchet, nach der Bibel, nach dem Worte und nach dem

[281]

Geiste Christi greifen muss. Der Meister v. St., wenn er von dem neu Aufzunehmenden um die Ertheilung des vollen Lichtes gebeten wird, gibt ihm daher als solches das Licht und die Bibel, das bibelsche Licht, das in der Bibel offenbarte Wort und den Geist Gottes. Der Meister v. St. kann gleich Johannes dem Täufer blos von dem Lichte zeugen, – kann nur auf die Bibel, auf Christus, – auf das Licht verweisen, das in der Bibel eingeschlossen und mit Christus in die Welt gekommen ist. Der Maurer soll Mensch sein im höchsten und edelsten Sinne, und wie der Mensch sein, leben und sterben müsse, lehrt am reinsten die Bibel, der Sohn Gottes, wesshalb die Bibel das Buch des Menschen und des Maurers, und Christus ihr unerreichbares Vorbild ist. Auf der Bibel, auf Christus ruht die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der ganzen gebildeten Menschheit, und wer daher ein Mensch sein und mit der Menschheit fortschreiten will, muss biblisch und christlich leben, von dem Geiste der Bibel und des göttlichen Menschensohnes durchdrungen sein. In der Bibel liegt die geistigste heilige Urkunde des menschlichen Geschlechtes vor uns, gleichsam die Quelle, aus welcher die höhere, die wahrhaft menschliche Geschichte, Bildung und Gesittung, Wissenschaft und Kunst entflossen ist, entfliesst und entfliessen wird. Die Bibel ist nicht allein das Buch der Bücher, sondern noch weit mehr das Buch des Lebens. Das Buch der Bücher ist sie, weil mit dem Verständniss und mit der Erklärung dieses einzigen Buches sich die theologischen Wissenschaften aller christlichen Völker und Sprachen in endloser Bücherzahl seit vielen Jahrhunderten beschäftigen und gewiss noch Jahrhunderte beschäftigen werden, wie die gesammte kirchliche Beredtsamkeit aus ihr den Stoff, den Grundgedanken, den Text entlehnt. Zum Buche des Lebens, zur Quelle und Bildnerin des Lebens ist die Bibel durch Christus und durch die von ihm geschaffene Menschheit, die Christenheit geworden. Auch die heiligen Schriften des Zendvolkes, der Chinesen und der Inder und, darunter vorzüglich der Zendavesta sind insoweit weltgeschichtliche Schriften, als das Zendvolk, die Chinesen und die Inder der Weltgeschichte angehören und in dieselbe eingreifen: aber sie stehen an weltgeschichtlicher Bedeu- [282] tung und Wirksamkeit doch unendlich hinter der Bibel zurück, indem die Bibel die heilige Schrift der christlich-germanischen, der europäisch-amerikanischen, d. h. derjenigen Menschheit ist, welche diesen hohen Namen allein verdient und der allein die Zukunft der Weltgeschichte übergeben ist, wie sie das weltgeschichtliche Leben und den weltgeschichtlichen Geist der Gegenwart vorherrschend lenkt und bestimmt. Die Bibel mit dem aus ihr hervorgegangenen Koran trägt den Glauben, die Religion der Juden, der Christen und der Muhamedaner; die Geschichte der Juden, der Christen und der Muhamedaner fällt sohin mit der Geschichte der Bibel zusammen, beide sind nur der Fortgang des biblischen Geistes und Lebens, die Ausbreitung des biblischen Lichtes auf der Erde. Die Pfleger und Bewahrer des biblischen Geistes und Lebens bis auf Christus waren die Semiten, die Hebräer, die Juden; seit Christus, welcher den Bibelglauben von allen nationalen Schranken befreite und zum wahren Menschen- und Völkerglauben, zum reinen Glauben der Menschheit erhob, haben die Arier und vor allen die Germanen die Pflege und die Ausbreitung dieses neuen gereinigten und veredelten Glaubens, des Christenthums übernommen. Zur heiligen Aufgabe hat es sich besonders unsere Zeit gemacht, die Bibel, das Christenthum, das wahre Licht dorthin zu bringen, wo noch der Unglaube und der Aberglaube herrschen; stets weiter wird das Reich der Bibel, stets lichtvoller die dunkele Welt, stets menschlicher und christlicher die Menschheit.

Das wahre Licht, das höhere Menschliche, das Göttliche, welches in der Bibel und vorzüglich in der Lehre Christi enthalten ist, besteht in der Lösung der drei grossen Glaubensfragen über das Wesen Gottes, über das Wesen der Menschheit und über das Wesen des Menschen, welche Fragen eine jede Religion zu beantworten hat, und durch deren gelungene oder misslungene Beantwortung sich die Natur und der Werth der verschiedenen Religionen bestimmt und bemisst. Um die Natur des semetisch-arischen, hebräisch-germanischen oder jüdisch-christlichen Gottesbewusstseins zu zeichnen, – um den jetzt in der Weltgeschichte sich verwirklichenden Geist Gottes, den göttlich- [283] menschlichen Geist zu erkennen, – um den Ausgang, das Dasein und daß Ziel des germanischen Christenthums, der wahren und reinen Menschheit zu erfassen, muss man sich erinnern, was die Bibel, was Christus über das Wesen Gottes, der Menschheit und des Menschen lehrt.

Der Bibel zufolge gibt es nur Einen Gott, neben dem kein anderer Gott ist und sein darf, und dieser Gott ist die ewige Liebe und Barmherzigkeit, die unendliche Macht, Herrlichkeit und Güte, die reine Wahrheit, Weisheit und Schönheit, – das Licht, das da war, ist und sein wird, – Er, der Erste und auch der Letzte, der Herr der Heerschaaren, der Herr des Himmels und der Erde, der äussern Schöpfung und der Menschheit, – der Belohner des Guten und der Bestrafer des Bösen. Vor diesem Gotte sollen sich alle Kniee beugen und alle Zungen sollen ihm schwören und sagen – „Nur im Herrn ist Gerechtigkeit und Stärke!“ – Abraham, Moses und Christus sind bei den Hebräern die drei grossen Gründer, Erhalter und Umbildner des Glaubens an den Einen allmächtigen und allweisen Gott der Liebe. Abraham lebte vor mehr als fünfthalb Jahrtausenden, etwa vor 47 Jahrhunderten, und Jesus ausgenommen hat kein geschichtlicher Mensch weiter und tiefer auf das geistige Leben der Menschheit eingewirkt, als der Gottesfreund Abraham , welcher den menschen- und kindermörderischen Molochsdienst durch das dafür eingeführte Symbol der blosen Beschneidung abschaffte und in seinem mit ihm und seinem Hause aus Mesopotamien und Palästina ausziehenden Stamm den reinen Gottglauben nach den uralten Ueberlieferungen des menschlichen Geschlechts wieder herstellte. Desshalb sagt auch Christus im Evangelium Johannes VIII. 56 von Abraham: „Abraham, euer Vater, hat gefrohlocket, dass er meinen Tag sehen sollte. Und er hat ihn gesehen und sich gefreuet.“ – Moses schuf den Stamm Abrahams in ein Volk und in einen Staat um, indem er die Hebräer aus der ägyptischen Knechtschaft führte und das abrahamische Gottesbewusstsein, das Gesetz der sittlichen Freiheit als das förmliche Gesetz des neuen Staates aussprach. Von Abraham gehet der Geist, von Moses der Staat der Hebräer aus; das Gesetz aber des mosaischen Staates [284] sollte der Geist und Gott Abrahams, Jahveh (Jehovah) sein. Abrahams Weltanschauung bildete einen heiligen Stamm, die des Moses ein grosses freies Volk. Das Volk und der Staat der Hebräer ist wirklich das einzige Volk und der Staat Gottes, da kein anderes Volk und kein anderer Staat des ganzen Alterthums sich in solcher Weise die Erfüllung des Willens Gottes, die Verbreitung des göttlichen Rathes von Recht und Wahrheit auf der Erde zum Staatsgrundsatze gemacht hatte. Es durchweht der Geist Gottes unverkennbar das hebräische Volk und erhebt es aus allen Leiden und Drangsalen. Der Grundgedanke der mosaischen Gesetzgebung war, dass der Mensch Gott über alles und den Nächsten wie sich selbst lieben solle; diese Nächstenliebe sollte alle Menschen, auch die Fremdlinge umfassen.

In der letztern Hinsicht enthält das Deuteronomium X. 18, 19 den schönen Spruch: „Der Herr schaffet Recht den Waisen und den Wittwen und hat die Fremdlinge lieb, dass er ihnen Speise und Kleider gebe. Darum sollet ihr auch die Fremdlinge lieben, denn Fremdlinge seid ihr gewesen in Aegyptenland.“ – Den Glauben und das Gesetz des einen Gottes, der sittlichen Freiheit und der göttlichen Weltordnung verkündeten nach Moses bei den Hebräern vorzüglich die Propheten oder die Seher und unter ihnen vor allem Jeremias, der Knecht Gottes, der furchtlose Prediger vor dem Volke, vor den Grossen und vor dem Könige selbst, welcher die Brüder lieb hat, und stets betet für das Volk und die heilige Stadt. Das hebräische Volk ist untrennbar mit der Weltgeschichte, mit der heutigen Menschheit dadurch verbunden, dass es jenen Glauben, jenes Gesetz unter allen Stürmen und Verirrungen bewahrt und den Hellenen und Römern und durch sie den Germanen überbracht hat.

Christus, das unvergängliche Vorbild des Menschen, welcher für die Menschheit allein lebte und starb, machte den einzigen Gott der Juden zum einzigen Gotte aller Menschen und Völker, der Menschheit, indem er aus dem jüdischen Glauben alles blos Nationale entfernte und denselben zum rein- und allgemein-menschlichen umgestaltete. Mit Christus stirbt das Judenthum und über seinem Grabe [285] blühet das Menschenthum auf. Das wahre Gottesbewusstsein, die wirkliche Erkenntniss Gottes, das Dasein einer höhern Menschheit hebt in Christus mit dem erhabenen Gedanken an, dass es nur Einen Gott gebe und er die ganze Menschheit geschaffen habe und regiere, gleich wie er Himmel und Erde, das Weltall geschaffen hat und regiert. In der Natur- und Geisteswelt herrscht das gleiche ewige Gesetz, die Gottheit; die Natur und die Geisteswelt sind die Schöpfungen des einen grossen Gottes, seine Thaten, die Verherrlichungen und Dichtungen seiner selbst, ein ihn preisender Lobgesang. Die Natur und die Geisteswelt sind das endliche Sein Gottes, das Dasein Gottes in dem Raume und in der Zeit, in Natur und Geschichte; Gott ist das Sein, wie Jehovah wörtlich ausdrückt.

Nach der biblischen Lehre ist auch nur Eine Menschheit, alle Menschen sind Kinder des einen Gottes; die Menschheit ist Eine, denn Gott ist Einer. Diesen Glaubenssatz hatten die Juden gleichfalls nur in dem engen Kreise ihrer Nation gelehrt und angewandt, bis ihn Christus auf alle Völker, auf die Menschheit ausdehnte. Mit Christus beginnt daher auch erst ein gemeinsames Völkerleben, das Menschheitsleben, die christliche Menschheit, welche alle Menschen als Söhne eines Vaters, als Brüder, als gleich und frei anerkennt. Die vorchristliche Zeit unterscheidet sich darin hauptsächlich von der nachchristlichen, dass in jener die einzelnen Völker sich feindlich abstossen und absondern und alle Geschichte nur die Geschichte der einzelnen Völker und Staaten, der Chinesen, der Perser, der Inder, der Aegypter, der Griechen, Römer u. s. w. ist; seit Christus bilden aber alle an ihn glaubenden Völker ein vernünftiges und sittliches Ganzes, eine engverbundene Gesammtheit, die Christenheit, die freie und gebildete Menschheit, – seit drei Jahrhunderten das europäische Staatensystem mit einem eigenen Völker - und Weltrechte. Das Christenthum, weil die Religion der allgemeinen menschlichen Liebe, ist auch die Religion der allgemeinen staatlichen und bürgerlichen Freiheit, der alle Staaten und alle Menschen gleichmässig umschliessenden Menschheit. Die christlichen Staaten allein sind wahrhaft menschliche Staaten, wollen die göttliche Idee der Frei- [286] heit und Gleichheit oder der Gerechtigkeit verwirklichen. Nach diesem seinem Wesen hat zugleich das Christenthum den Beruf, die Aufgabe, das Ziel, einmal alle Menschen und alle Völker in sich aufzunehmen, damit die ganze Menschheit wirklich frei und gleich in Liebe verbunden sei. Schon fast tausend Jahre vor Christus ist es die Weissagung der jüdischen Propheten, dass die Religion des Geistes die der Zukunft sei und allgemeines Gut der Menschheit werden solle, denn von Zion wird das Gesetz und des Herrn Wort von Jerusalem ausgehen und sich über den ganzen Erdkreis ausbreiten. Im XXII. Psalm wird gerufen:

„Es werden bedenken und zum Herrn sich bekehren aller Welt Enden,
Und vor Dir anbeten alle Geschlechter der Heiden.
Denn der Herr hat die Herrschaft
Und er regiert die Völker.“

Nunmehr kann die Geschichte und die fortschreitende Bildung der Menschheit nicht mehr von dem Christenthum getrennt werden, und die Gegenwart und die Zukunft der christlich gewordenen Zeit nur darin bestehen, im höchsten und vollkommensten Sinn christlich oder eine gleiche und freie Menschheit, Eine Heerde unter Einem Hirten zu werden. Die Menschheit bewegt sich ihrem hohen Ziele zwar sehr langsam und unter vielen Schwankungen und Verirrungen, aber dennoch sicher entgegen, dass ein ununterbrochener Fortgang zum Bessern in dem grossen Leben der Menschheit sich zeigt. Die durch die Menschheit in der Geschichte zu verwirklichende Idee der Menschheit ist erst mit dem Christenthum vollständig gefunden und begriffen worden, und die Geschichte des Christenthums, die Christenheit ist wesentlich und blos die Verwirklichung oder Darstellung dieser Idee in der Menschengeschichte. Die einzelnen Völker gehören einzig insofern der Menschheit an, sind menschliche, weltgeschichtliche Völker, als sie die Idee der Menschheit, das Sittengesetz, die göttliche Weltordnung darstellen und verwirklichen. Die Erkenntniss der Idee der Menschheit in der Geschichte derselben, die Erkenntniss des Geistes und der Gesetze der Geschichte der Menschheit ist die Philosophie der Geschichte [287] der Menschheit, welche Leibnitz und Br. Lessing angebahnt, unser grosser Br. Herder in seinen Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit, welche kein Maurer ungelesen lassen sollte, aber zur Wissenschaft herangebildet hat. Neben Schlegel’s und Hegel’s Philosophieen der Geschichte der Menschheit und den diessfälligen Schriften von Br. Fichte und von Schelling ist jetzt das beachtenswertheste Werk: Bunsen, Gott in der Geschichte oder der Fortschritt des Glaubens an eine sittliche Weltordnung, 3 Theile, Leipzig 1857 und 1858.

Die so oft aufgeworfene und so verschieden beantwortete Frage, ob die heutige Maurerei christlich sei, und jetzt alle Maurer christlich sein müssen, ist für uns auf unserem Standpunkte entweder gar nicht vorhanden oder zum voraus von selbst erledigt. Die Maurerei sucht das reine Menschenthum, – das göttliche Licht, die sittliche Freiheit und Ordnung in der Menschheit, woraus mit Nothwendigkeit folgt, dass die Maurerei nur dann ihre Bestimmung erreicht habe, wenn sie das je in der Zeit vorhandene wahrhaft Menschliche, das höchste Licht und die reinste Tugend und Sittlichkeit errungen hat. Der Maurer soll auf dem Gipfel der jedesmaligen Menschheit, im Lichte des Lichtes stehen oder der reine, unbefleckte Spiegel seiner Zeit sein. Die Maurerei ist daher jetzt wesentlich und durchaus nur das reine und wahre Christenthum, das ideale Christenthum oder das Christenthum in seiner reinsten und höchsten Idee, der Glaube an den einen Gott und die eine Menschheit, wie sich dieser Glaube aus dem Uranfange der Menschheit entwickelt, am kräftigsten und ungetrübtesten durch eine Fügung Gottes bei den Hebräern forterhalten hat und durch Christus zum Gemeingute aller Menschen umgestaltet und vollendet worden ist. Wollte die Maurerei heute den christlichen Glauben nicht theilen, das Ideal des Christenthums nicht zu erreichen streben, so würde der Christ ein höherer Mensch als der Maurer sein; der Maurer kann vielleicht noch höher stehen, noch menschlicher fühlen und denken als der Christ, ab er mindestens muss der Maurer gleich dem reinen Christen stehen, fühlen und denken. In ihrem geschichtlichen Fortgange durch das christlich-germanische Mittelalter hat die Maurerei an das reine [288] Christenthum sich angeschlossen, ist im Geiste der Kuldeer oder Lichtgläubigen christlich geworden, weil Christus aller Welt den Glauben an den einen Gott und an die eine Menschheit verkündete, welcher bis dahin das Geheimniss, das Mysterium der Maurer gewesen. Die Bibel, das Buch des alten und des neuen Bundes, die allmälig entstandenen und gesammelten heiligen Schriften der Hebräer und der Christen sind demnach auch für den Maurer ein grosses Licht, das Buch der Bücher, indem das maurerische Licht, der Glaube an den einen Gott und die eine Menschheit in keinem andern Buche so rein und lebenskräftig niedergelegt ist. In diesem Sinne ist auch nicht die Yorker Constitution vom J. 926, möge sie nun ächt oder unächt sein, sondern die BibeI als die älteste Kunsturkunde der Maurerei zu betrachten und zu behandeln. Wer heute Maurer werden und sein will, kann es nur durch die Bibel, durch einen christlichen Geist und durch ein christliches Leben werden und sein. Indem der Maurerlehrling seinen Verpflichtungseid auf der Bibel, auf dem Evangelium Johannes ablegt, weiht er sich recht eigentlich zum Streiter Christi, zum Degen Gottes, wie Christus selbst genannt wird, dem Dienste Gottes und der Menschheit. Kein Jude, kein Heide ist von der Maurerei ausgeschlossen, alle können zu ihr sich bekennen, sich bekehren; allen Juden, allen Heiden sind die Pforten des maurerischen Tempels, des maurerischen Weltalls geöffnet. Indessen die Juden und Heiden müssen im Geiste, Herzen und Leben Christen werden, wenn sie mit geradem Sinne in den Maurertempel eintreten, wenn sie in Wahrheit Maurer werden und sein wollen. Maurer und doch nicht Christ sein d. h. nicht biblisch oder christlich handeln und denken zu wollen, ist dermalen ein Widerspruch in sich selbst, eine Unmöglichkeit. Das maurerische System, zu welchem eine grössere Anzahl schweizerischer Logen und namentlich die Loge in Zürich gehören, – das System der rectificirten schottischen Maurerei, besitzt darin vor andern maurerischen Systemen einen grossen Vorzug, dass es überall auf den Zusammenhang der Maurerei mit dem Christenthum hinweiset, dass es den besten Christen für den besten Maurer erklärt, dass [289] es in Jesus den Gott-Menschen, das Vorbild des Maurers verehrt.

Der einzelne Mensch endlich ist, wie die Bibel lehrt, das Ebenbild Gottes, ist göttlichen Ursprungs; der Mensch ist der Mensch gewordene, der sich in der Menschheit offenbarende, der sich nach der Vorstellung der Alterthums für die Menschheit oder vielmehr zur Menschheit opfernde Gott. Gott opfert sich für die Menschheit, stirbt für die Menschheit, indem er aufhört, der unendliche Gott zu sein, als Mensch aus dem Himmel zur Erde, zur Endlichkeit herabsteigt, um menschlich zu fühlen und zu leiden. Der Mensch gewordene Gott oder Gottesgeist ist der eingeborene Sohn Gottes. In dieser biblischen Vorstellung ist nur die andere Vorstellung verborgen und ausgesprochen, dass aller Geist von der Gottheit stamme, dass des Menschen Geist göttlich, gottähnlich sei, und alle Menschen geistig die Söhne, die Kinder Gottes seien, dass der schaffende Gott die ewige Liebe, der zur That gewordene Gedanke seiner selbst sei. Gott ist die ewige Liebe und die ewige That, weil Gott der ewige Geist oder Gedanke ist und Gott nicht sein kann, ohne sich zu denken d. h. zu lieben und zu schaffen. Der Gedanke des Allmächtigen ist seine That, seine Schöpfung. „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht worden und ohne dasselbe ist auch nicht Eines geworden, das gemacht worden ist,“ sagt mit allem Rechte der Evangelist Johannes. Der einfache, uralte asiatische Lichtglaube ist wesentlich der Glaube, dass des Menschen Geist ein Licht, ein Lichtfunken sei, ausgestrahlt von der Sonne Gottes, von dem ewigen Lichte und zu ihm dereinst wieder zurückkehrend. Schon in den indischen Vedas ist dieses in folgendem, ausserordentlich schönem Bilde ausgedrückt: „Man denke sich Millionen grosser Gefässe, alle mit Wasser gefüllt, alle von dem Lichtstrahle der Sonne beschienen; dieses Tagesgestirn vervielfältigt sich gewissermassen und malt sich in einem Augenblicke auf allen diesen Gefässen und zwar in jedem einzelnen ganz und vollständig, jedes stellt das Bild der Sonne dar. Unsere Körper sind [290] die Gefässe, die Sonne ist das Bild der Gottheit; das Sonnenbild in jedem einzelnen Gefässe ist die Seele jedes einzelnen menschlichen Leibes, nach dem Bilde Gottes geschaffen, als die göttliche Liebe sich bewogen fand, ihre ewige Herrlichkeit in Wesen, die ausser ihr sind, zu offenbaren.“ – Ist nun der Menschengeist göttlichen Ursprungs, dann ist die Geschichte desselben, die Geschichte der Menschheit, nur die Geschichte des in der Menschheit sich offenbarenden göttlichen Geistes, des Gott-Menschen, der sittlichen Weltordnung, der göttlichen Weltregierung. Nicht der Zufall, sondern der Geist und das Gesetz Gottes führen die Menschheit und ihre Geschichte zu immer höherer Vollkommenheit, zum endlichen reinen Lichte. Das Ziel alles Endlichen ist das Unendliche; der Mensch und die Menschheit haben vollendet, wenn sie göttlich geworden, wenn sie ganz von dem Worte und von dem Geiste Gottes durchdrungen sind. Alle Pflichten und Gesetze des menschlichen Geistes und Lebens lassen sich in das eine grosse Gesetz zusammenfassen, dass der Mensch in sich den göttlichen Geist, das in ihm liegende göttliche Sittengesetz, das Bewusstsein des Guten und Rechten, das Gewissen zu erkennen und zu stärken habe, dass der Mensch sich von der Erde zu dem Himmel, aus der Finsterniss zu dem Lichte zu erheben habe. Die Weltgeschichte ist nicht allein die Geschichte des Mensch gewordenen Gottes, sondern auch des Gott werdenden, des zu dem Lichte und zu dem Himmel wandernden Menschen. Die Menschheit ist das Reich Gottes auf Erden, welche einstens in das Reich Gottes im Himmel eingehen wird; in dem Reiche Gottes auf Erden und im Himmel soll nur das Licht und die Wahrheit, nur der Geist Gottes herrschen und alles Andere vergehen. Gott soll in den Menschen und der Mensch in Gott sein. Der Bund Gottes mit der Menschheit, der alte und der neue Bund, der Inhalt der Bibel, ist der Zusammenhang des göttlichen Geistes mit dem menschlichen, das Bewusstwerden des Menschen von Gott. So spricht der Herr bei Jeremias – „Ich will mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund machen. Ich will mein Gesetz in ihr Inneres geben und in ihr Herz schreiben, und will ihr Gott, und sie sollen mein Volk [291] sein. Und wird Keiner den Andern, noch ein Bruder den andern lehren und sagen: Erkennet den Herrn!, sondern sie sollen mich alle erkennen, klein und gross, spricht der Herr.“ Dass die Bibel kein ursprüngliches Licht der Maurerei sei und erst später in dieselbe aufgenommen, aber in seiner gerechten Würdigung und Erkenntniss nunmehr zum grössten der drei grossen Lichter gemacht worden sei, versteht sich leicht und folgt mit Nothwendigkeit aus der Geschichte der Maurerei, der Bauleute und ihrer Verbindungen, der Baukunst, welche über Christus und die christlichen Zeiten hinaufreicht. Johannes der Täufer und Christus mit ihren erhabenen und grossen Lehren, die Bibel als das Buch der Bücher und des Lebens sind zwar dermalen und in Folge einer stetigen Fortentwickelung wesentliche und untrennbare Bestandtheile der Maurerei, aber dennoch keine anfängliche, so wenig das Christenthum überhaupt das anfängliche und ursprüngliche Eigenthum der heidnischen Völker und besonders der Germanen war. Erst im Mittelalter ist die Maurerei, sind die Bauleute, ist selbst die Baukunst christlich geworden, weshalb auch alle maurerischen christlichen Symbole erst in und nach dieser Zeit entstanden sein können. Nachdem aber im Verlaufe ihrer Geschichte und der allgemeinen Welt- und Menschengeschichte, unter dem umgestaltenden Einflusse der Zeiten und der Jahrhunderte die Maurerei einmal christlich in dem oben berührten Sinne geworden ist, muss sie es auch wirklich sein und bleiben und stets mehr werden, wenn sie anders in der Gegenwart und Zukunft sein und werden will, was sie nach ihrer innersten Natur, nach ihrem Wesen und nach ihren Zwecken sein soll. Es erscheint uns daher völlig unmaurerisch, ungeschichtlich und dem grossen und wahren Geiste der Gegenwart, der gegenwärtigen eigentlichen Menschheit widersprechend, wenn nach einer Correspondenz in Nr. 26 der Bauhütte von 1860 aus dem Oriente der persische Prinz Mirza Ho Gla im J. 1859 bei seiner Aufnahme in die (englische) Oriental-Lodge seinen Aufnahmseid nicht auf die Bibel, sondern auf den Koran als sein heiliges Buch abgelegt hat. Der aufzunehmende Maurer sollte doch unbedingt seinen Eid auf das heilige der Maurer ablegen, sonst wird er eben kein Maurer, [292] sondern ein Muhamedaner oder vielleicht auch dieses nicht einmal, sondern ein sogenannter Toleranter und Humaner ohne allen bestimmten Glauben und ohne alle wahre christliche Menschen- und Bruderliebe. Welch’ ein Widerspruch in sich selbst, um keinen härtern Ausdruck zu gebrauchen, würde es auch sein, wollte man Jemanden, welcher in die christliche Kirche aufgenommen zu werden verlangt, auf das heilige Buch der Muhamedaner oder der Chinesen, auf die indischen Veden oder sonst auf ein fremdes heidnisches heiliges Buch beeidigen. Es kann daher der Koran als ein heiliges Buch, als das grösste der drei grossen Lichter in der Oriental-Lodge nur als ein ausserordentlicher Missgriff, als ein kaum zu begreifender Irrthum angesehen werden. Den christlichen Glauben und die christliche Gesinnung muss besitzen, wer sich dem Bunde und Altare der Maurer naht, und nur auf die Bibel, auf das Evangelium des Johannes, obwohl er es nicht sieht, darf und kann er gläubig sein maurerisches Gelübde ablegen; thut er es, dann spricht zu ihm nach dem Gebrauchthume einzelner Logen sehr wahr und schön der Meister vom Stuhl:

‘„Ja, mein Herr, es ist das Evangelium Johannis. Mein Wort war Ihnen also Bürge der Wahrheit. Meinem, eines Menschen Worte haben Sie Vertrauen geschenkt, um wie viel fester muss Ihr Glaube sein an das Wort desjenigen erhabenen Wesens, das Himmel und Erde erschaffen hat, Ihr Glaube sein an das göttliche Wort, dessen Stimme im Herzen der Menschen spricht; an Gottes Wort, das sich in den Schicksalen der Völker kund gibt, und das in der Bibel, auf welcher Ihre Hand ruht, den Glauben des Menschen leitet und regiert. In diesem Buche steht geschrieben: „Selig sind Die, welche glauben auch da, wo sie nicht sehen.“ – Glaube und Erkenntniss in treuem Bunde führen zu wahrem Lichte.“’

XX.
Ueber die Entwicklung des Völkerrechtes als des alle Menschen und Völker als gleichberechtigt anerkennenden Rechtes.

[293]

In so weit die Ideen und die Grundsätze der Freimaurerei wahr sind, müssen sie in dem gesammten Leben der Menschen und der Völker erkennbar sein, dort ihre Geschichte haben, weil, wie der Naturwelt, dem Weltall, so auch der Menschenwelt, überall nur dieselben grossen Gesetze zu Grunde liegen und liegen können. Das Leben des Menschen und der Menschen, d. h. der Menschheit oder der Völker und Staaten, hat nur ein und dasselbe Ziel, nur ein und dasselbe Gesetz, wenn sie äusserlich auch noch so verschieden und abweichend erscheinen möchten; wer daher das Leben verstehen will, muss in dem Verschiedenen die Einheit, in dem Wechselnden das Bleibende aufsuchen und nachweisen. Hat also die Freimauerei die Aufgabe, den Menschen als Menschen zu bilden und alle Menschen als Kinder des einen grossen Gottes anzuerkennen, zu achten und zu lieben, so muss das Leben der Völker und Staaten, der Menschheit dieselbe Aufgabe haben; die Gesetze, nach welchen die Freimaurer unter sich zu leben haben, müssen auch die Gesetze sein, nach welchen die Völker und Staaten ihr gegenseitiges Leben einrichten. Die Gesetze, nach welchen die Völker und Staaten sich gegenseitig verhalten, werden das Völkerrecht genannt, und die Geschichte dieses Völkerrechtes muss im Wesentlichen daher mit der Geschichte der Freimaurerei zusammentreffen, oder das Völkerrecht und die Freimaurerei müssen die gleiche Geschichte haben. Diese gleiche Geschichte des Völkerrechtes und der Freimaurerei in raschen Zügen während des Mittelalters zu zeichnen, will ich versuchen.

1. Das Alterthum.


Im ganzen Alterthum ist der Grundsatz, dass alle Staaten als nur verschiedene Verwirklichungen der einen Rechtsidee anzusehen und daher mit ihren Angehörigen als gleichberechtigt wie der eigene Staat und die eigenen Staatsangehörigen zu behandeln seien, niemals zur Anerkennung im Völkerleben gelangt, und in diesem Sinne [294] darf behauptet werden, dass es in dem Alterthume ein Völkerrecht, einen Völkerverkehr nicht gegeben habe. Die Staaten im Ganzen standen sich feindlich, erobernd, und unterjochend entgegen, und der Fremde galt als Feind, war rechtlos; dennoch aber finden sich auch Spuren der Anerkennung eines Völker- und Menschenrechtes. Die Gastfreundschaft gegen den Fremden war im Alterthume wie noch jetzt bei wilden Völkern geheiligt und die Gebräuche, mit denen im Alterthume die Gastfreundschaft verliehen und zugesichert wurde, z. B. durch einen Handschlag, einen Kuss, einen dargereichten Trunk, haben vielleicht bis auf unsere Tage sich erhalten, lassen sich vielleicht in einzelnen Gebräuchen der Freimaurerei noch erkennen. In Griechenland standen fremde und besonders flüchtige, flehende Gäste unter dem Schutze und Recht des [...], und den Feind, der wehrlos um Gnade flehte, durfte man nicht umbringen, sondern musste man gefangen nehmen, bis er sich lösen konnte oder ausgewechselt wurde. Diese Pflicht, den wehrlos Flehenden zu schonen ist unzweifelhaft in einen bestimmten Gebrauch der Freimaurerei (das maurerische Nothzeichen) übergegangen. Auch die Gesandten, Herolde waren als unverletzlich anerkannt und die abgeschlossenen Völkerverträge sollten gehalten werden. In Rom gab es einen eigenen Prätor peregrinus, um zwischen den Nichtrömern und den Römern Recht zu sprechen (inter cives et peregrinos jus dicebat).

In ähnlicher Weise, wie das Völkerrecht dem Alterthume unbekannt gewesen, war es gewiss auch die Freimaurerei, d. h. ihre Grundsätze waren niemals von einer grösseren Anzahl Menschen bekannt und geübt worden, die Freimaurerei wirkte niemals auf das Volksleben wesentlich gestaltend ein. Einzelne Philosophen oder auch religiöse Sekten mögen zwar der Freimaurerei Verwandtes gelehrt haben, aber es war eben nur Philosophie oder Geheimlehre, womit das Verhältniss hinreichend charakterisirt ist.

2. Das Mittelalter.


Das Christenthum konnte nicht von den Völkern angenommen werden, ohne auf das Völkerrecht die tiefsten [295] Einwirkungen zu üben, wobei jedoch das Verhalten der christlichen Völker zu andersgläubigen Völkern von ihrem Verhalten unter sich selbst getrennt betrachtet werden muss. Das Christenthum, obwohl die Religion der allgemeinen Menschenliebe und des allgemeinen Menschenrechtes, verhinderte dennoch durch das ganze Mittelalter hindurch die Ausbildung und Anerkennung des alle Völker und Staaten gleich berechtigenden Völkerrechtes, weil das Christenthum bald mit dem Islam in Kampf verwickelt wurde und die Kreuzzüge begannen. In Folge dieser Kämpfe der Christen mit den Moslemins war es zum allgemeinen Grundsatz des geistlichen (päpstlichen) Völkerrechts des Mittelalters geworden, dass der ungläubige Feind sich zum Christenthum bekehren oder unterjocht werden müsse und ausgerottet werden dürfe. Man erwäge diesen Grundsatz mit allen seinen blutigen und harten Folgen für das Leben der ungläubigen Völker und der einzelnen Ungläubigen. Daher hat sich die Sklaverei der Ungläubigen in Europa bis zu Ende des Mittelalters erhalten und ist mit dem geistlichen Kriegsrechte in die neue Welt übergegangen; daher die Kreuzzüge, welche so unendliche Menschenopfer auf beiden Seiten hinrafften und ganz Europa in Bewegung setzten; daher die Oberherrlichkeit, welche die Päpste sich über alle ungläubigen Länder beilegten und vermöge welcher sie die bedeutendsten Länderverleihungen vornahmen, um dort die Ungläubigen zu bekriegen, zu unterwerfen und zu bekehren. Namentlich erhielt König Heinrich II. von England eine solche Vollmacht 1155 von Hadrian IV. zur Eroberung Irlands gegen Zusicherung des Peterpfennigs, Ludwig de la Cerda 1344 zur Eroberung der glückseligen Inseln von Clemens VI. gegen einen jährlichen Zins von 400 Goldgulden und die Könige von Spanien, Ferdinand und Isabella, zur Entdeckung.und Eroberung des westlichen Indiens von Alexander VI. 1493. In gleicher Weise ward die Unterwerfung und Bekehrung Preussens 1228 von dem Herzog Conrad von Masovien und den Bischöfen Christian von Preussen und von Plozk unter kaiserlicher und päpstlicher Autorität dem deutschen Orden anvertraut, der die Preussen jedoch nicht sowohl unterwarf und bekehrte, als [296] vertrieb und ausrottete und selbst Diejenigen knechtete, welche sich zum Christenthum bekehrt hatten.

Auch der Islam lehrte seine Anhänger, sie sollen mit den Ungläubigen keine Gemeinschaft haben, sondern sie (jährlich zweimal) bekriegen, um den ewigen Rathschluss Gottes an ihnen zu vollziehen, dass sich Diejenigen, denen er gnädig ist, auf den Weg der Wahrheit wenden, die Andern aber verderbt werden in die Hölle, denn am Tage des Gerichtes kommt alle Reue zu spät. – „Das Schwert ist der Schlüssel zu Himmel und Hölle!“ denn Gott lässt dem höllischen Feuer keine Gewalt über Diejenigen, die „seine Wege“ gehen, und man soll nicht meinen, dass sie gestorben seien, die in diesem Kampfe für den allein selig machenden Glauben und seine Ausbreitung gefallen sind, sie sind nicht todt, sondern leben ewiglich von Gott versorgt und beseligt in schattigen Hainen und Auen.“ – Da die Bekehrung der Ungläubigen des Propheten Gebot und Endzweck ist, so sollen die Unwissenden, die seine Lehre noch nicht kennen, bevor der Krieg und Kampf beginnt, zur Annahme und Bekenntniss des Glaubens ermahnt und aufgefordert werden. Diejenigen, welche dieser Aufforderung Gehör geben, oder sich freiwillig bekehren, werden in die grosse Gemeinschaft der Gläubigen zu gleichem Recht und freiem Genuss ihrer Güter aufgenommen. Die Blinden aber, deren Ohren und Herzen Gott gegen die heilsame Lehre verschlossen hat, dass sie dagegen streiten und kämpfen, sollen mit aller Macht angegriffen, niedergehauen und unterworfen werden. Denen, die in der Schlacht gefangen werden, kann der Iman den Kopf oder Hände und Füsse abhauen und sie todt bluten lassen, oder ihnen auch gleich den nach der Schlacht gefangenen Kriegern nach gnädigem Ermessen die Freiheit schenken, oder sie gegen Lösegeld oder gefangene Moslemen austauschen und entlassen. Insgemein aber fallen sie mit den Weibern und Kindern der Ueberwundenen in Knechtschaft. Sie selbst wie ihr Land und all ihr Hab und Gut sind die Beute der siegreichen Eroberer.

Auf diese Weise standen sich die Bekenner des Christenthums und diejenigen des Islam als unversöhnliche Todfeinde gegenüber, die sich gegenseitig zu vernichten streb- [297] ten, aber niemals sich als Kinder des einen Gottes in Frieden und Freundschaft die Hand reichen konnten. Einigermassen wurde dieses harte, geistliche Kriegsrecht durch die christliche Sitte und Sinnesart der Ritterschaft gemildert, welche sich in den heimischen Fehden und Turnieren und in den Kämpfen wider die Mauren in Spanien entwickelt hatte und in den Kreuzzügen zu ihrer höchsten Blüthe und Herrlichkeit gelangte. Denn bei seiner Aufnahme in das heilige Schildamt, bevor er den Ritterschlag und Schärpe nebst den goldenen Spornen empfing, musste der Edelknecht feierlich geloben, ein christlich-ritterliches Leben zu führen, die Kirche und die Unschuld zu vertheidigen, die Wittwen und Waisen, die Alten und Schwachen zu schützen und auch im Kampfe und Kriege die edle Rittersitte zu beobachten, welche nur den kunstmässig und regelrecht erfochtenen Sieg für ehrenhaft und ruhmeswerth gelten lässt, und nicht nur arge List, Lug und Betrug, sondern auch den zufälligen Vortheil verschmäht. Nach diesen ihren obliegenden Pflichten stellen sich die Ritter als die Vertreter des rein Menschlichen, als die Vermittler zwischen dem streitenden Christenthum und Islam dar, und haben mächtig dazu beigetragen, dass vom 16. Jahrhundert an an die Stelle des bis dahin geltenden christlichen und allein selig machenden Völkerrechtes das jetzt geltende sogenannte europäische Völkerrecht trat, welches auch Andersgläubige, einen jeden Glauben zulässt und in dem Menschen nicht blos den gleichgläubigen Christen, sondern den Menschen schätzt und anerkennt. Von selbst leuchtet ein, dass durch ihre Grundsätze die Ritter und die Ritterorden mit den Freimaurern verwandt seien, sie mit einander jedenfalls geistig zusammenhängen; man kann sagen, auch die Ritter huldigten den Bestrebungen der Freimaurer, waren ihrer Gesinnung und ihrem Handeln nach Freimaurer.

Unter sich waren die Christen und die christlichen Staaten durch den gemeinsamen Glauben, wenn nicht vollkommen der That, doch der Idee nach zu einem grossen geistlichen Weltreiche mit dem Papste an der Spitze verbunden; sie als Christen sollten sich nicht hassen und bekriegen, sondern sich lieben und helfen. So pflegte die [298] Kirche unter den christlichen Staaten und unter den Christen doch noch den Gedanken, dass alle Menschen Brüder, die Angehörigen aller christlichen Staaten dem gleichen Gesetze Gottes unterworfen seien; der Gedanke durfte nur geläutert, nur von seiner Beschränkung befreit werden, wie es durch die Reformation und nach derselben geschah, um zur Ausbildung des wahren Völkerrechtes, des Weltbürgerrechtes zu führen. Insofern als das Christenthum der Läuterung und Fortbildung sich fähig zeigte, trug es auch den Sieg über den starren Islam davon und bewährte sich als das ewig allgemeine, wahrhaft Göttliche und Menschliche. Als die Träger und Verwirklicher dieses Christenthumes erscheinen jedoch nur die Germanen mit ihrem Verlangen und Anerkennen der gleichen Rechte eines jeden Bürgers. Im raufenden Mittelalter ist es allein das Christenthum, die päpstliche Kirchengewalt, welche die allgemeinen Gesetze gibt und handhabt. Sie spricht das grosse Machtgebot des Gottesfriedens (Treuga dei) aus, dass die wilden Fehden und Bürgerkriege wenigstens von Mittwoch Abend (Vesper) bis zum Montag Morgen (Früh-Messe) ruhen sollen. Diese Gottesfrieden, diese Frieden unter den Christen aller Länder, welche das alleinige Wort des Papstes schuf, sind etwas höchst Erstaunenswerthes und umfassen das christliche Weltreich in seinem schönsten Wirken. Ihren Geboten des Friedens oder anderer Art wusste die kirchliche Gewalt durch den Bann, dem die weltliche Acht und Oberacht alsobald folgt, und durch das Interdict (die Untersagung des Gottesdienstes) auch bei mächtigen Sündern, bei Fürsten und Völkern, Eingang und Gehorsam zu verschaffen.

Der Uebergang aus dem kirchlichen Völkerrechte des Mittelalters zu dem neuern und eigentlichen Völkerrechte wurde hauptsächlich durch die Reformation gebildet und zwar in einer doppelten Richtung. Zunächst brach die Reformation die Oberherrlichkeit des Papstes, wodurch das Völkerrecht seinen monarchischen Charakter verlor und der Völkerverein ein freier, obwohl natürlich mit dem vorwiegenden Einflusse der Grossmächte wurde. Sodann hörte der bisherige christliche, der katholische Glaube auf, für den allein selig machenden zu gelten; auch andere christ- [299] liche Glaubensbekenntnisse mussten geachtet werden, was zuletzt dahin geführt hat oder noch führen muss, einen jeden Glauben, ob christlich oder nicht christlich, den Menschen und Völkern zu gewähren. Den unendlichen Fortschritt, welchen die Völker in der Glaubensfreiheit, in dem freien Rechte Aller gemacht haben, kann man besonders an dem Verhältniss erkennen, in welchem einst die Christen und Moslemen gestanden und jetzt stehen.

Fraget man nun, wie es gekommen, dass bei den Bauleuten, Steinmetzen und Maurern die reinern menschlichen Ansichten, die Duldung und Anerkennung auch des Andersgläubigen, auch des Fremden schon in den frühern Zeiten des Mittelalters und weit eher Eingang gefunden haben, als in dem übrigen Volks- und Völkerleben, so liegt der Aufschluss sehr nahe. Die Geschichte und die Gesetze der Freimaurerei kann das offene Auge noch heute an jedem grossen Bauunternehmen, das viele Menschen und viele Zeit, wenigstens einige Jahre erfordert, mit seltener Klarheit und Sicherheit entdecken. In der unmittelbaren Nähe hat man für den grossen Bau nicht Arbeiter genug, man muss sie aus nahen und fernen Landen herbei kommen lassen, dass man nur auf die Arbeit, nicht auf die Abstammung sehen kann. Was sogar in unsern so ausgebildeten Verhältnissen der Fall ist, dass zur Ausführung z. B. einer Eisenbahn sich Werkleute aus Deutschland, England, Frankreich und Italien zusammenfinden müssen, trat bei den geringern Mitteln des Mittelalters und mit Hinsicht zu den ausserordentlichen Kirchenbauten, damals wenn nicht die ausschliesslichen, doch die vorzüglichsten Bauten, in weit ausgedehnterm Maasse ein. Zum leichtern und wohlfeilern Leben bauten sich die fremden Werkleute, gerade wie noch in der Gegenwart, neben den auszuführenden Bauten Hütten und in diesen Bauhütten lebten die fremden Gesellen, die wandernden Gesellen der verschiedensten Sprachen und Abstammungen vereint und friedlich der Arbeit. Sollte das Werk gefördert werden, und die Arbeit eine gute sein, musste strenge Aufsicht, Ordnung in der Bauhütte walten; der Meister und die Gesellen mit den Dienern (Lehrlingen) hatten auf Erfüllung ihrer Pflichten gleichmässig Bedacht zu nehmen. Die Stein- [300] metzordnungen, welche gleich der Baukunst selbst unzweifelhaft in das Alterthum hineinreichen und mit ihm zusammenhängen, enthalten die genauen Vorschriften über die Betreibung des Steinwerkes durch Meister und Gesellen, sind in ihrem Grundcharakter aber durchaus christlich, ursprünglich sogar klösterlich, daher eben die Maurerinnungen den Namen der Brüderschaft und die Innungsgenossen den Namen Brüder erlangt haben. An der Spitze der deutschen Bauhütten stand Jahrhunderte lang Strassburg und erst im Jahr 1707 nach der Eroberung des Elsasses durch die Franzosen wurde von dem Reichstage die Verbindung der Bauhütten Deutschlands mit der Hütte zu Strassburg aufgehoben. Mit nachgefolgter Bestätigung durch Kaiser Maximilian I. im Jahr 1498 wurde im Jahr 1459 durch die Meister und Gesellen des ganzen Handwerks des Steinwerks in deutschen Landen auf dem Tage zu Regensberg die erste gemeindeutsche Steinmetzordnung schriftlich aufgesetzt und dieselbe sodann im Jahr 1563 durch die Versammlungen der Meister zu Basel und Strassburg revidirt und vervollständigt, auch demnächst in Druck gegeben, um sie allen Bauhütten Deutschlands leichter und sicherer mittheilen zu können. So erscheinen also am Ende des 15. Jahrhunderts alle Bauhütten Deutschlands zu einem innigen Bunde gesetzlich vereinigt, mit den vier Bauhütten zu Strassburg, Cöln, Wien und Zürich an der Spitze, jedoch so, dass die Strassburger zugleich als die allgemeine Haupthütte, als die oberste unter allen anerkannt war und der jedesmalige Werkmeister des dortigen Münsters als Grossmeister über der gesammten Brüderschaft stand. Die deutschen Maurer standen begreiflich in Freundschaft, in Verbindung mit den Maurern und Bauhütten der übrigen Länder Europa’s, so dass die Maurerei um alle Maurer Europa’s schon vor Jahrhunderten ein Band geschlungen hatte. Diese maurerische Vereinigung war um so inniger, als sie auf das gesammte Leben der Maurer sich erstreckte.1) Unter dem [301] allgemeinen Entwickelungsgange der Zeit wurde zuerst in England im Jahr 1717 die ursprüngliche Verbindung der wirklichen Maurer zu einer allgemeinen menschlichen Verbindung ohne Rücksicht auf den Stand, die Abstammung und den Glauben umgeschaffen.

XXI.
Das heilige Wort.


Um die tiefere und eigentliche Bedeutung des heiligen Wortes bei den Maurern zu finden, muss man davon ausgehen, dass die Aufnahme zum Maurerlehrlinge mit der Lichtertheilung an denselben, als ihrem höchsten und innersten Theile, die Lichtschöpfung selbst, – die Schöpfung der Welt, der Sonne und des Mondes und der Sternenheere aus der Frfinsterniss durch das allmächtige Wort Gottes, des Meisters der Meister symbolisch darstellen solle.

Lux ex tenebris,
Ordo ab chao.

Als die Urnacht schwand und das Licht ward, wandelten Sonne, Mond und Sterne ihre ewigen Bahnen, und betete der Mensch Gott als den Schöpfer der Welten und der Menschen an. Gott, der Schöpfer ist daher auch das ewige Licht, das ewige Weltgesetz, – die ewige Harmonie, Ordnung und Weisheit, welche Alles schafft und erhält. Die Welt wurde, indem Gott, der Ewige dachte und sprach, denn ein Schaffen und Werden ist das Denken und das Reden Gottes. Das heilige Wort ist der göttliche Urgedanke und das göttliche Urwort das Wort, der Wörter, [302] wodurch von dem Allmächtigen aus der Urfinsterniss im Anfange der Dinge das All geschaffen und geboren wurde, als er sprach und es ward. „Er sprach und es ward,“ oder: „sie mundus factus est, – sic mundus creatur“ und nicht: „sic transit gloria mundi,“ wie in den logen des rectificirten schottischen Systems gerufen wird, sollte bei der Lichtertheilung an den neuen Lehrling, bei der Lichtwerdung gerufen werden. Der Ruf, welcher die verhüllende Binde fallen und die Finsterniss schwinden heisst, welcher den neu Aufgenommenen aus der langen Finsterniss in die hell leuchtende Loge und Welt vor den symbolischen Altar des Ewigen führt, ist das göttliche Schöpfungswort, das ewige Licht und die Gottheit selbst. Das war die grosse Aufgabe, welche alle Mysterien des Alterthums sich gestellt hatten und die auch aus den Mysterien des Hiram oder der Freimaurer in den deutlichsten Zügen noch hervorleuchtet, den Eingeweihten oder Mysten Gott als den allmächtigen Schöpfer und Geber alles Lebens und jeden Todes, – das Werden und Vergehen alles Irdischen und Geschaffenen mit Gott und dem göttlichen Geiste als dem einzig Unveränderlichen und Beharrlichen im ewigen Wechsel und Tode symbolisch darzustellen und vorüberzuführen, um sie dadurch an den Tod zu erinnern, von dem Irdischen abzuziehen und dem Himmlischen und Ewigen zuzuleiten. Die drei Maurergrade haben für Denjenigen, der ihn zu erfassen vermag, einen unendlich tiefen, die Geburt und das Grab der Welt, der Erde und der Menschen umfassenden Sinn, und bezeichnen nur die Geburt, das Leben und den Tod, – das Werden, Bestehen und Vergehen, – das Werden, Wachsen und Sterben, wie dieses die drei Flammen an dem indischen Feuerrade der Götter und der Dreizack des Çiva, der dreifache Phallus des Osiris, der Dreizack des Poseidon, – die Dreifüsse in dem Dienste des Apollo zu Delphi, des Dionysos und des Zeus zu Dodona, – das dreibeinige Pferd der deutschen Todesgöttin Hell und die übrigen dreibeinigen Thiere der deutschen Mythologie1) bezeichnen. Der so vielfach in den Mythologien der Inder, der Griechen [303] und der Römer, der Germanen besonders, erscheinende dreigezackte Blitz ist das gleiche Symbol und nicht etwa sollen jene Symbole den dreigezackten Blitz symbolisiren, wie Schwartz, a. a. O., S. 225 meint, denn der Blitz ist ja nicht wirklich dreigezackt, sondern wird nur symbolisirend dreigezackt gedacht und gemacht. Gott schaffend und herrschend in den drei Welten des Werdens, des Lebens und des Todes ist der eigentliche dreifache, dreieinige und einzige Gott des Alterthums; die Göttertriaden .oder Göttertrilogien des Alterthums sind selbst nur ein Symbol und keine drei göttlichen Personen im Sinne und in der Sprache der christlichen Kirche und der christlichen Theologen. Der dreigezackte Blitz und der Dreifuss der Licht- und Sonnengötter1) und die Göttertrilogien z. B. von Brahma, Vischnu und Çiva, – der Mithra [...] der Griechen,2) – der Meister mit der aufgehenden Sonne und dem untergehenden Monde und die drei Grade der Maurer, – Mithra mit Sonne und Mond, welchen letztern zwei Cypressen zur Seite stehen, auf Mithrasdenkmälern der römischen Zeit,3) drei Cypressen, eine grössere mit zwei kleinern zur Seite, als Symbole der syrischen Göttin (des Meisters).und der Sonne und des Mondes auf syrischen Denkmälern4) – Osiris, Isis und Horus, – die Göttin mit dem dreifachen Armbande am linken Arme auf ägyptischen Stelen im Museum des Louvre zu Paris und im britischen Museum, welche Göttin auf einem Löwen steht und auf dem Haupte die Mondsichel trägt, – nach Rougé und Lajard, a. a. O., S. 168, Anm. 2 für die assyrische Venus oder Hâthôr, Athyr, Astarte, Hastoreth zu halten, aber wohl die Isis in der Gestalt der Bubastis, die griechische Artemis und lateinische Diana, die Diva triformis, die dreigestaltige Göttin ist,5) – die griechische Athena Tritomenis, – der drei Aepfel als die Symbole des durch ihn dreigetheilten Jahres in der linken Hand tragende [304] Sonnengott Herakles,1) – die Götter und Göttinnen mit drei Häuptern in Indien und Aegypten u. s. w. haben alle dieselbe symbolische Grundbedeutung. Im Bedang-Schaster spricht darüber Brimah oder Brahma sehr trefflich also: „Du, o Narud, wirst gelehrt, die schaffende, erhaltende und verderbende Gewalt der Gottheit als Weltenschöpfer wie drei Götter zu betrachten und alle drei unter verschiedenen Gestalten (d. h. als Brahma, Wischnu und Schiwa) anzubeten. Diese drei sind aber drei Eigenschaften. des Einen, einzigen Gottes und ihre bildlichen Darstellungen sind nur Erinnerungsformen an den Höchsten, der in seiner Liebe die Macht erzeugt hat, die, mit Zeit und Schicksal vereint, die Güte umarmt, und jene Materie in organischer Weise hervorgebracht hat, auf welche die Gottheit unter drei Formen wirkt, die wir als Dreifaltigkeit seines Wesens erkennen, in denen wir aber nur den Einen Einzigen anbeten sollen und dürfen.“2) So ist auch der wahre christliche Gott die absolute Einheit, der [...] [...], die Gottheit, das indische Brahma, der Urgeist und das Urlicht vor der Zeit und vor dem Raume, – bei den Parsen die ungeschaffene und anfangslose Zeit, das allmächtige Urwesen oder das Alles in sich fassende Ungeschaffene, Zaruana akarana. 3)

Das Jubellied, welches den neu Aufgenommenen unmittelbar nach der Lichtertheilung und im Augenblicke der fallenden Binde gewöhnlich begrüsst, darf verglichen werden der Harmonie des Kosmos und der Welten, dem pythagoräischen harmonischen Gesange der Sphären, welchen Gott und der Schöpfer in dem Weltall sich selber singet und der ertönet, sobald der Tag anbricht, sobald es Licht wird, sobald Gott denkt und spricht und Sonne, Mond und Sterne ihre Bahnen wandeln heisst. Das heilige Wort ist auch der ewige Morgen- und Lobgesang, das Hallejuha (lobet den Herrn) der Welten auf Gott und [305] den Schöpfer. Im Anfange war der Geist, das Wort und die That und der Geist, das Wort und die That waren bei Gott, waren Gott; das heilige Wort ist der Schöpfer und die Schöpfung, der in der Schöpfung sich verkündende und offenbarende Gott, der mit dem Vater durch den Geist eine oder vereinte Sohn, der ewige Logos und der menschgewordene Sohn Gottes, die Ewigkeit in der Zeit, der Unendliche in Zeit und Raum, Gott in den Welten und in den Menschen, die einzige Offenbarung Gottes.

Das heilige Wort, das grosse Schöpfungswort ist nur das Symbol und der Name Gottes als des allmächtigen und ewigen Baumeisters der Welt, indem Gottes Gedanke und Wort die Welt bauet, bildet, webet, ordnet und regiert. Die Vorstellung von der Schöpfung der Welt durch den Gedanken und das Wort Gottes aus dem Nichts, aus der Urfinsterniss ist wesentlich zarathustrisch und aus dem babylonisch-assyrischen Glauben von den Juden in ihre heiligen Schriften aufgenommen worden.1) Dieselbe Vorstellung von der Schöpfung, der gleiche Gottesbegriff ist Jedem erkennbar auch in der Maurerei enthalten und diese Vorstellung und dieser Begriff beweisen überzeugender und unwiderleglicher als alles Andere, dass die Maurerei zunächst und zuletzt aus den römischen maurerischen Mithrasmysterien hervorgegangen sei. – Hirams Sterben und Wiederauferstehen, – die Akazie als Baum des ewigen Lebens, – der zerfallene und wiederaufzurichtende salomonische Tempel, – der von Hiram erbauete salomonische Tempel mit den beiden von ihm gegossenen Säulen Jakin und Boaz vor demselben, – die heiligen Worte Jehovah, Jakin, Boaz und Hiram, – der Hammer, das Winkelmass und die Hand, – Sonne, Mond und der Meister, – die heiligen Zahlen 3, 5, 7, 9 u. 12, – die weisse blauumrandete Maurerschürze, das Schwert und die dunkele Meisterloge u. s. w. stehen in den innigsten und überraschendsten Beziehungen zu einander, bilden ein harmonisches Glaubensgebäude und gehören dem gleichen Vorstellungskreise von Gott und seiner Schöpfung und von der Bestimmung und dem Schicksale des Menschen im Leben und Sterben an. Dieser einst [306] lebendige Vorstellungskreis ist nun erblasst und getrübt, ja in seiner ursprünglichen Geistalt in den Religionen und Mysterien des Alterthums untergegangen und nur die Schaale und die Worte, die Gebräuche und Symbole sind theilweise übrig geblieben, welche Ueberreste daher heute so lose verbunden und selbst gleichgültig und willkürlich erscheinen, obwohl sie dieses durchaus nicht sind.

Das heilige Wort, das Schöpfungs- und Gesetzeswort, Honover von den Parsen genannt,1) wird bei ihnen geradezu als der ewig beseelende, allwirksame und ewig streitbare Licht-Lebensgeist, als die ewige Gottheit und der ewige Schöpfer und Erhalter selbst personificirt. Creuzer setzt als bekannt voraus, dass diese Personification des Wortes [...] auch in die heiligen Schriften der Hebräer und der Christen, wenigstens in das Evangelium Johannis übergegangen sei. So sind auch die heiligen Worte der Maurer durchaus nur der Name Gottes, wie Jehovah und Hiram, oder Bezeichnungen Gottes in seiner Unwandelbarkeit und Wandelbarkeit, Unveränderlichkeit und Veränderlichkeit, als Schöpfer des (zeitlichen und ewigen) Lebens und des Todes, wie Jakin und Boaz. Den Worten Jakin und Boaz als Bezeichnungen bloser göttlicher Eigenschaften können sogar Jehovah und Hiram gleichgestellt werden, indem auch Jehovah nur den Ewigen, – Den, der da war, da ist und da sein wird, und Hiram den allmächtigen Baumeister und Bildner der Gottheit und der Menschheit bezeichnet, wie zuletzt alle Benennungen oder Namen der Götter nur von den denselben zugeschriebenen Eigenschaften entlehnt und abgeleitet sind. Hiram wegen seiner Beziehungen zum Tode war gewiss auch Todtenrichter, wie Osiris es war und Christus es ist; der für die Menschheit leidende und sterbende Gott, der erste sterbende Gott-Mensch wird auch zum Ersten im Todtenreiche, zum Richter der nach ihm in dem Reiche der Todten ankommenden Verstorbenen. Es wäre eine unbegreifliche Lücke in dem alten Glauben der heidnischen Maurer, wenn sie keinen Todtenrichter gehabt hätten, und ohne Zweifel war dieser Todtenrichter bei den römischen Bauleuten der [307] Sonnengott1) Mithra-Hiram: allein dieser Todtenrichter trat zurück und verschwand zuletzt gänzlich, nachdem mit der Einführung des Christenthums Christus zum Todtenrichter geworden war. Christus das Todtenrichteramt übernommen hatte, welches er nach der parsisch-jüdisch-christlichen Lehre2) am Tage des letzten Gerichtes nach der Wiederauferweckung und Wiederauferstehung aller Todten ausüben wird. Mit dem Sonnengotte Mithra-Hiram als Todtenrichter würde auch der indische Todtenrichter Jama.,3) der iranische Jima übereinstimmen. Der indische Jama, d. i. der Bezähmer, war ein Sohn Vivasvats , d. h. der Sonne, und sein Bruder, eine andere Form seiner selbst oder der Thätigkeit der Sonne, war Manu als erster Gesetzgeber und Begründer des geordneten Lebens und als Stammvater aller indischen Königsgeschlechter; das Todtenrichteramt fiel dem Sohne der Sonne oder der Sonne selbst, dem Jama-Mithra-Hiram zu, weil von der Sonne es heisst, sie überschaue und durchschaue alle Welten, sie sei Zeuge der Handlungen der Menschen. Die Sonne ist Ordner auf Erden (als Manu) und im Todtenreiche (als Jama); die Sonne ist der Urmensch und der Richter der von ihr abstammenden Menschen, ihrer Kinder und Geschöpfe. Bei den Parsen wird nun das Schöpfungs- und Lebenswort auch zum Menschen, Hom im Parsi, heamo oder haomo im Zend, Homanes bei den Griechen, welcher dem Zendvolke zuerst in dem Worte oder blos mündlich die Anbetung der Natur und aller lebenden Naturwesen verkündet haben soll; diese einfache und wirkliche Naturreligion steigerte sodann Zarathustra durch das geschriebene Wort, durch die heilige Schrift, mânthrô çpeñto, d. i. die heilige Rede, die Sprache des Manthra, die himmlische Sprache, den Text (Avesta) oder das Gesetz (dîn)4) zur Anbetung des allbeseelenden und allerleuchtenden, des [308] ewigen Geistes.1) Hiermit eröffnet sich ein sehr weiter und tiefer Anschauungskreis für die Bedeutung des heiligen Wortes. Das heilige Wort, der göttliche Geist und Gedanke, der ewige Logos, steigt zur Menschheit herab, wird als Mensch geboren, um sich selbst in Wort und Schrift zu verkünden und zu offenbaren. Es ist dieses nur der mythische oder mythologische Ausdruck des Glaubens, dass der menschliche Geist aus dem göttlichen stamme und in der Menschheit und in ihrer Geschichte die Gottheit zeitlich und räumlich sei und sich offenbare. Das parsische menschgeborne göttliche Wort hom oder Homanes ist der Christus Johannes des Evangelisten, welcher auch das Wort und den Geist Gottes mündlich verkündigte, lehrte und predigte. Dass nach der parsischen Lehre das heilige Wort zuerst mündlich und weniger vollkommen durch Hom und dann schriftlich und vollkommener durch Zarathustra verkündet wurde, enthält die Andeutung der einfachen geschichtlichen Thatsache, dass alle Religionslehre, jede göttliche Offenbarung in der Menschheit und durch dieselbe zuerst nur durch das Wort, durch die Tradition fortgetragen und erst später nach dem Aufkommen der Schrift aufgezeichnet worden sei. Mit den heiligen Schriften, mit der Niederschreibung des Wortes Gottes, d. h. Dessen, was der Mensch als solches in sich zu vernehmen glaubt, schliesst gleichsam die religiöse Entwickelung, der bis dahin freie Gottglaube ab, weil nun diesem die Schrift der geschriebene Buchstabe, das gegebene göttliche Gesetz, die 10 Tafeln überall hemmend und bannend entgegentreten und die Schrift nur noch ausgelegt, erläutert und commentirt werden kann und darf, wie wir dieses auf eine höchst belehrende und merkwürdige Weise bei dem Zendvolke an dem Avesta, bei den brahmanischen Indern an den Veden und bei den Buddhisten an ihrem Gesetze (dharma), am allermeisten aber bei den Christen bezüglich der Bibel ersehen können. So lange das geschriebene Religionsgesetz besteht und gilt, bestehen alle religiösen Bewegungen und Fortschritte blos in den [309] Streitigkeiten, Secten und Partheien über das verschiedene Verständniss, die verschiedene Auslegung und Anwendung der Schrift, des geschriebenen oder auch gedruckten Buchstabens, und über Worte können blutige und vernichtende Religionskriege entstehen, so dass die sogenannten heiligen Schriften für die Menschheit und für die Völker oft auch sehr verderbliche, wahrhafte Fesseln und Geisseln sind. Haug, Zendstudien oder über die Namen Avesta, Zend und Pazend, in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. IX, S. 694, erklärt Avesta, Zend und Pazend für die Namen von heiligen Schriften, die die Sage auf Zoroaster zurückführt; Avesta sei das unmittelbare höhere Wissen, die . göttliche Offenbarung, die unmittelbar von Ormuzd stammende Lehre, – Zend eine Auslegung dieser heiligen Lehre und Pazend eine weitere Auslegung dieser Lehre, oder im eigentlichen Sinne die Auslegung der Auslegung. Nach Spiegel, Avesta, I. S. 45, heisst Avesta, oder in älterer Form Apestâk, der Text, nämlich der Text der heiligen Schriften, welche in 21 Theile nach den 21 Worten des heiligsten Gebetes der Parsen, des Yathâ. ahû. vairyô zerfallen.1) Das Avesta, wovon bis jetzt in der deutschen Uebersetzung von Spiegel zwei Bände erschienen sind und wovon Haug die Gâthâs des Zarathustra, Leipzig 1858, übersetzt hat, sind ursprünglich in der baktrischen Sprache geschrieben, denn eine sogenannte Zendsprache gibt es nicht. Die Uebersetzungen des Avesta von Anquetil du Perron, so gross und unsterblich auch immerhin die Verdienste desselben um das Wiederaufsuchen und Wiederauffinden der Ueberreste der alten baktrischen Literatur bleiben, sind nach dem übereinstimmenden Urtheile der neueren baktrischen Sprachforscher unvollkommen und sehr ungenau, wie dieses nach dem Standpunkte der Sprachforschung zur Zeit des Erscheinens der französischen Uebersetzung von Anquetil (Paris 1771. in 3 Bdn. 40.) gar nicht anders sein konnte.2) Spiegel übersetzt mit steter Rücksicht auf die Tradition [310] d. h. die Huzvâreschübersetzung.1) Die Uebersetzung von Kleuker (Riga 1776 – 78, 3 Thle.) leidet natürlich an den Mängeln des übersetzten Anquetil du Perron. 2)

Mit der Menschwerdung des göttlichen Geistes und Wortes [...], mit dem Leiden und Sterben des Gottmenschen, des erdgebornen Sonnengottes, erhielt das heilige Wort [...] zugleich die Bedeutung der Geschichte des Leidens und Sterbens des Gottmenschen, des Sonnengottes, und wie das heilige Wort als der Name Gottes den Einzuweihenden und Eingeweihten mitgetheilt wurde, so wurde ihnen auch die heilige Geschichte, Mythe und Legende von dem Leiden und Sterben des Gottmenschen, des Gottes bei der Aufnahme oder noch nach derselben theils dargestellt, theils vorgetragen oder erzählt. Diese heilige Geschichte oder Sage ist bei den Maurern vorzüglich die Hirammythe, woran aber auch manche andere Mythen besonders über die Tempelbauten zu Jerusalem, über die babylonische Gefangenschaft der Juden u., s. w. in den höhern Graden, zumal der französischen Logen, sich reihen. Die Hirammythe ist also ein ganz wesentlicher Bestandtheil der maurerischen Meisterweihe und durchaus alterthümlichen Ursprungs, leider aber bisher wenig oder gar nicht verstanden; die Hirammythe und die maurerischen heiligen Worte oder Gottesnamen schliessen sich innig an einander an, bilden ein untrennbares Ganze und sind das eigentliche alte und jetzige maurerische Mysterium. Auch in den Mysterien der Alten und besonders in dem pythagoräischen Bunde oder in den orphischen Weihen wurde eine solche heilige Sage, ein episches Gedicht von 24 Gesängen mit den orphischen Grundlehren vorgetragen, welches von Pythagoras selbst verfasst sein soll und worüber Röth, Geschichte unserer abendländischen Philosophie, II. S. 609 ff., neuerlich am ausführlichsten und besten verhandelt hat. Röth bemerkt über den dogmatischen Inhalt der orphischen heiligen Sage, a. a. O. S. 629, dass sie den ge- [311] sammten religiösen Ideenkreis umfasst und den Namen einer Theologie (Götterlehre), Theomythie (Göttersage) und Theogonie (Götterentstehungslehre) mit vollem Rechte verdient habe; sie sei eine förmliche Dogmatik gewesen. An diesen ausführlichen dogmatischen Theil schloss sich aber auch als eine Art von Prolog oder Epilog noch ein moralischer an, die sogenannten Diatheken oder Lebensregeln, die sogenannten goldenen Regeln des Pythagoras in Form einer Anrede an die Schüler, an die Esoteriker. Nach Röth, a. a. O., Il. S. 734 ff., lauteten diese Lebensregeln:

„Jünglinge, horcht ehrfürchtig und still auf Alles. Ich will jetzt
Zu den Geweiheten reden. Profanen schliesset die Thüren,
Allen zumal. Du Sprössling des leuchtenden Monds und der Musen
Sohn, Du höre. Denn Wahres verkünd’ ich, damit nicht des Busens
Früher gehegter Wahn Dein liebes Leben verblende.
Trachte nach göttlicher Einsicht vielmehr, sie fass’ in das Auge,
Lenke nach ihr das verständige Herz und wandel’ auf ihrem
Pfad recht, einzig den Blick auf den Herrscher des Weltalls gerichtet,
Einer Er, sein selbst Grund. Von dem Einen stammt alles Geschaffne,
Darin tritt Er hervor; denn Ihn selbst ist der Sterblichen Keiner
Anzuschauen im Stande, obgleich sie Sämmtliche Er schaut.
Er ist’s, der aus Gutem den Sterblichen Uebles verhänget:
Schauder erregenden Krieg und beweinenswürdige Trübsal;
Auch ist kein Anderer ja noch ausser dem grossen Beherrscher.
Aber Ihn kann ich nicht schau’n; denn in Dunkel ist er gehüllet,
Und wir Sterblichen haben nur blöde sterbliche Augen,
Zu schwach Ihn zu erblicken, den Gott, der Alles regieret.
Denn auf das eh’rne Gewölbe des Himmels hat er errichtet
Seinen goldenen Thron, die Erde liegt ihm zu Füssen,
Und bis fern zu den Grenzen des Oceans hält er die Rechte
Allhin ausgestreckt; vor ihr erbeben die hohen
Berg’ und die Ström’ und die Tiefen des bläulichen dunkelen Meeres.
O Du Herrscher des Meers und des Landes, des Aethers und Abgrunds,
Der Du den festen Olymp mit Deinem Donner erschütterst,
Du, vor welchem die Geister erschauern, die Götter erzittern,
Dem die Geschicke gehorchen, so unerweichlich sie sonst sind,
Ewiger Vater der Mutter Natur, dess’ Wille sich Alles
Beugt, der die Winde bewegt, den Himmel mit Wolken verhüllet,
Dess Blitzstrahlen der Aether sich theilt, – Dein ist der Gestirne
Ordnung, sie laufen nach Deinen unwandelbaren Geheissen,


[312]

Dein ist der junge Lenz, der von purpurnen Blumen erglänzet,
Dein ist des Winters Sturm, der Schneegestöber heranführt,
Dein ist der bachisch jubelnde Herbst, der Früchte vertheilet,
Ew’ges unsterbliches Wesen, nennbar Unsterblichen einzig,
Komm, mit dem mächtigen Schicksal vereint, o erhabenste Gottheit,
Furchtbar und unbezwinglich und ewig, in Aether gehüllt, und
Gnad’ uns, gepriesene Zahl, die Du Götter und Menschen erzeuget,
Heil’ge Vierfaltigkeit du, die der ewig strömenden Schöpfung
Wurzel enthält und Quell! Denn es gellet die heilige Urzahl (die Vierfältigkeit, die Urgottheit)
Aus von der Einheit (des Urgeistes) Tiefen, der unvermischten, bis dass sie
Kommt zu der heiligen Vier (dem unendlichen Raume), die gebiehrt dann die Mutter des Alls (die Weltkugel), die
Alles aufnehmende, Alles umgränzende, erstgebor’ne
Nie ablenkende, nimmer ermüdende, heilige Zehn, die
Schlüsselhalt’rin des Alls, die der Urzahl (der Urgottheit) gleichst
in Allem.
Aber Du, säume nicht zögernd, du Sterblicher, wechselnd gesinnter,
Sondern zur Umkehr lenkend mach’ huldvoll – geneigt Dir die Gottheit.
Ehre zuerst die Unsterblichen Götter, so wie es die Sitte
Lehrt; hoch halte den Eid, und dann die erlauchten Heroen.
Leist’ auch die bräuchlichen Pflichten den unterird’schen Dämonen.
Ehre die Eltern sodann, und die Dir am nächsten verwandt sind,
Und von den Andern erwähle zum Freund, wer an Tugend hervorragt.
Werde dem Freund nicht Feind um kleine Fehler, so lange Du
Irgend nur kannst; wohnt Können und Müssen doch nah bei einander.
Diess nun halte Du so.
Zu beherrschen gewöhne Dich aber
Dieses: vor allem den Bauch, dann den Schlaf und die Wollust, und dann den
Zorn. Unsittliches sollst Du mit Andern weder verüben,
Noch auch allein; denn es ziemt Dir am meisten Scham vor Dir selber.
Ferner Gerechtigkeit lern’ in Werken und Worten zu üben,
Und bei Nichts Dich im Leben mit Unvernunft zu betragen.
Sondern erwäge, dass blos der Tod uns Allen gewiss ist,
Dass man den ird’schen Besitz bald aber gewinnt, bald verlieret.
Drum, was des Himmels Geschick an Schmerzen den Sterblichen bringet,
Wenn Du Dein Theil empfängst, so trag’ es und murre nicht, sondern


[312]

Suche zu heilen. so viel Du vermagst und denke, dass dessen
Doch nicht allzuviel aufbürdet das Schicksal den Guten.
Vielerlei ist das Gerede, bald gut und bald schlecht, das die Menschen
Trifft; darum lasse Du’s weder Dich jemals erschrecken, noch jemals
Gar am Handeln verhindern; und saget man Lügen, so trag’s mit
Gleichmuth.
Was ich Dir aber jetzt sage, das thue vor Allem:
Niemand mit Wort und mit That bewege Dich je, dass Du Etwas
Thust oder sagst, was Du selber nicht als das Bessere billigst.
Vor der That überlege, damit es nichts Thörichtes werde,
Sondern Du nur vollführst, was nicht nachher Dich gereu’n wird.
Tröpfe nur sagen und thun, was Unvernunft für einen Mann ist.
Was Du nicht recht verstehst, unternimm nicht , sondern wo’s Noth ist,
Lass Dich belehren. So wird das Leben Dir heiter und leicht sein.
Auch die Gesundheit des Körpers ist werth, dass Du nicht sie missachtest,
Sondern in Speis’ und Trank und in leiblichen Uebungen halte
Mass; und das richtige Mass heiss ich, was nie Dich erschöpfet.
Sauberkeit – liebend auch sei, doch fern von Ueppigkeit, Deine
Lebensweise; vermeide dabei, was Neid Dir erreget,
Keinen unpassenden Aufwand, wie Der, dem fein’rer Geschmack fehlt!
Sei aber auch nicht knickrig. Denn Mass ist in Allem das Beste.
Handle nur so, dass Du selbst nicht Dir schadest, und denke zuvor nach.
Niemals lasse den Schlaf auf die zarten Augen Dir sinken,
Eh’ von den Werken des Tages dreimal Du jedes gemustert.
Wo ward gefehlt? Was gethan? Ward keine Pflicht unterlassen?
So anfangend vom Ersten geh’ Alles durch, und wofern Du
Schlechtes gethan, so erschrick! Wenn aber Gutes, so freu’ Dich!
Dem weih’ Müh, dem Sorgfalt und Fleiss, dess pflege mit Liebe!
Diess ist’s, was auf die Fährte der göttlichen Tugend Dich bringt, bei
Dem, der unserem Geist die Vierfaltigkeit lehrte, den Quell der
Ewig strömenden Schöpfung! Geh nur getrost an das Werk, und
Bitte zu End es zu führen die Götter.
Wenn diess Du erlangst, so
Wird der unsterblichen Götter und sterblichen Menschen Verbindung
Klar Dir, wie sie durch Jedes hindurch geht und Jedes beherrscht; doch
Klar auch, dass nach Gebühr, die Natur in Allem sich gleich bleibt,
So dass Du Nichts Unmögliches hoffst, und von Nichts überrascht wirst;
Klar, dass die Menschen auch leiden an selbst verschuldeten Uebeln.
0 die Unsel’gen! sie hören und seh’n Nichts vom nahegelegenen
Guten, und auch die Erlösung vom Uebel erkennen nur Wen’ge.
So verblendet den Sinn die Thorheit ihnen. Vom Wirbel
Lassen sie unvermerkt sich in Leid fortreissen, weit nicht sie
Ahnen, dass schlimmes Gefolge, das schadende Unheil, sich ihnen


[314]
‘Anhängt, das man nicht locken, nein flieh’n muss, indem man ihm ausweicht. Vater Zeus, o wie vielfachen Weh enthübest Da Alle, Wenn Du nur Jeglichem zeigtest, was für ein Dämon ihm nachfolgt. Aber nur Muth, da göttlichen Stammes die Sterblichen sind, und Ihre geweihte Natur sie, bevorzugt, Jegliches selbst lehrt! Ward Dir dieses nicht versagt, so erlangst Du auch, wie ich ermahne, Dass Du die Seele Dir heilend von diesen Leiden errettest. Meide die Anfänge nur, von dem was ich sagte, zur Läuterung Und zur Erlösung des Geist’s streng-prüfend; erwäge nur Jedes, Und erwähl’ die Vernunft zum höchsten und obersten Lenker. Wenn Du den Leib dann verlassend zum freien Aether emporsteigst, Wirst Da unsterblich sein, ein seliger Gott, und kein Mensch mehr.“’

Auch Wedekind, der pythagoräische Orden, Leipzig 1820, S. 60 ff., hat eine Uebersetzung des goldenen Gedichtes gegeben. Uebrigens sind selbst wohl diese Lebensregeln nicht vollständig, wenn gleich weniger lückenhaft als die übrigen Theile des orphischen Gedichtes uns erhalten.

Endlich wurde der göttliche Geist und die göttliche Kraft von den Parsen zu dem Baume (Hom) des ewigen Lebens und Segens umgestaltet und symbolisirt, welcher Lebensbaum den Unsterblichkeitstrank Haoma, den indischen Saoma, Soma lieferte, welcher Trank bei jedem Opfer von dem Priester getrunken wurde,1) wie auch ein Stück von diesem Hombaume bei jedem Opfer wesentlich war. Der Haoma wird bei den Parsen sowohl als Genius wie als ein Trank gedacht, allgemein gilt er für das Prinzip, welches das Leben erhält, bei der Auferstehung ist es nur durch ihn möglich, die Unsterblichkeit der Körper zu bewerkstelligen. Der eigentliche Haoma, wie er beim Opfer gebraucht wird, ist gelb und wird häufig wegen seiner goldgelben Farbe gepriesen. Er wächst „auf den Höhen der Berge und ist auch von Plutarch gekannt. Nach Anquetil wächst er auf den Gebirgen von Gilân, Sehirvân und Mazenderân, auch in der Umgegend von Yazd. Von Zeit zu Zeit schicken die indischen Parsen einen Priester nach Kirmân, um dort heilige Haomazweige zu holen. Der parsische Hombaum ist die maurerische Akazie und daher auch Hiram, Jehovah, dessen Attribut [315] und Symbol die Akazie ist, der Verleiher alles Lebens und Segens. Die zwölf Schaubrote in dem salomonischen Tempel waren dasselbe Symbol des göttlichen Lebens- und Segensspenders. 1)

Das heilige Wort in seiner Erweiterung wird sodann zunächst zum heiligen und heiligsten Gebete, wie gerade bei den Parsen dieses wieder der Fall ist.2) Das heiligste Gebet der Parsen yathâ ahû vairyô (Honover) zählte drei Mal 7 oder 21 Worte, welche in der Entwicklungsgeschichte des Parsismus eine grosse und wichtige Rolle spielen. Diesem heiligsten Gebete der Parsen darf das christliche Vaterunser und Avemaria verglichen werden. Das heiligste Gebet, das heilige Wort schlechthin ist aber bei allen Völkern des Alterthums der heilige Name Gottes selbst. Göthe sagt:

Im Innern ist ein Universum auch;
Daher der Völker löblicher Gebrauch,
Dass Jeglicher das Beste, was er kennt,
Er Gott, ja seinen Gott benennt,
Ihm Himmel und Erden übergibt,
Ihn fürchtet, und wo möglich liebt.

Bei den Indern ist der mysteriöse und unaussprechliche Namen der Gottheit Om, ein dreilautiges Wort, littera trina und contrahirt aus den drei Buchstaben A, U und M, welche die indische Trimurti oder den indischen dreieinigen Gott Brahma, Wischnu und Schiwa bezeichnen. In dem Worte Om sind, um die Einheit des dreieinigen Gottes anzudeuten, die drei Buchstaben A, U und ein Nasenlaut in Ein Wort verschlungen, da A und U hier in ein nasales 0 zusammenfliessen. Die Bhagavad-Gítá singt:

„Wer Om! so sagend, eintönig die Gottheit nennt, gedenkend mein,
Und dann den Körper lässt scheidend, der wandelt hin den höchsten Pfad.“

In den altpersischen Sprachen wird die Gottheit ava genannt und das indische ôm ist zusammengezogen aus avam, wie aom im Baktrischen aus avem. Mit dem indischen Om [316] ist auch das ägyptische On zu vergleichen, welches der Name der Sonnenstadt, Heliopolis ist und wohl Nichts als die Glänzende, die Scheinende, den Glanz des Helios ausdrückt. Das semitische [...] ist eine ähnliche littera trina und durfte von den Juden auch nicht ausgesprochen und mitgetheilt werden, wie Om von den Indern, und Jakin und Boaz von den Maurern. [...], Jehovah bezeichnet Den, der da ist, der da war und da sein wird. Je bedeutet die Gegenwart, Ho die Vergangenheit und Vah die Zukunft und Jehovah ist somit der durch alle Zeiten unwandelbare, der ewige (Gott). In den sogenannten semitischen Sprachen, d. h. im Hebräischen und Arabischen, nebst den verwandten Dialekten, sind überhaupt der Regel oder dem Grundsatze nach alle Wurzeln dreisylbig, indem jeder von den drei Buchstaben, aus welchen die Wurzel regelmässig besteht, auch für eine Sylbe zählt oder als solche ausgesprochen wird. Auch Jehovah ist nur ein solches, dreibuchstabiges oder dreisylbiges Wurzelwort. Nach Fr. Schlegel, Philosophie der Geschichte, I. S. 212, lässt sich wohl gar nicht bezweifeln, dass dieses Prinzip der dreisylbigen Wurzeln, absichtlich in die ganze Sprache, und die innerste Struktur derselben hineingebildet ist, und vielleicht nicht ohne Rücksicht auf eine gewisse in dieser Dreifachheit der Wurzeln gesuchte, oder wenigstens in der Ahnung des Gefühls sich darin ausdrückende Bedeutsamkeit. Mit dem semitischen Jehovah als Dem, der da ist, der da war und da sein wird, stimmt auch die berühmte Inschrift auf der Pyramide der lsis in Aegpten überein: „Ich bin Alles, was da war, ist und sein wird, und meinen Schleier hat noch kein Sterblicher gehoben.“ – JAO wird auch als Gott der Chaldäer angeführt, und wirklich glaubt Rawlinson in den Keilinschriften den Feuergott JAH oder JAO gefunden zu haben. Ausserdem finden sich viele Spuren eines alten Gottesmannes JAU, welche griechische Schreibung auf JAHU führt , d. h. JAH mit der uralten nennwörtlichen Endung U. Jahu, Jau ist zusammengezogen aus Jahav von Jahaveh.1) Alle diese Gottesnamen berechtigen zu dem Ausspruche, dass den Söhnen Noah’s, den Japhetiten, [317] den Semiten und den Chamiten, also der ganzen ältesten Menschheit der Glaube an den dreieinigen Gott als Schöpfer, Erhalter und Zerstörer oder der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft gemeinsam gewesen sei.

Das heilige Wort erweitert sich allmälig und zuletzt zur heiligen Sprache und zur heiligen Schrift oder vielmehr zu einem heiligen Buche, indem die Ursprache und Urschrift die ersten schriftlichen Aufzeichnungen als heiliges Denkmal verehrt und bewahrt werden und zwar durch den Priesterstand, weil die Priester in der Urwelt die einzigen Pfleger und Träger des Wissens und der Bildung, die einzig Wissenden und Gebildeten sind.

Aufgezeichnet oder in das heilige Buch aufgenommen zu werden pflegt nicht allein die religiöse und staatliche Gesetzgebung, sondern auch das gesammte Wissen und der Glauben über Gott, die Welt und den Menschen, so dass das heilige Buch wesentlich das Buch des Gesetzes und des Wissens, das Buch der Bücher ist. Unterrichtet werden, heisst demnach in der alten Welt, das heilige Wort, die heilige Sprache und die heilige Schrift erlernen und erhalten, und dieses Erlernen und Erhalten ist die eigentliche Einweihung in die Mysterien, in das Priesterwissen des Alterthums. Auch der eingeweihte Maurer ist blos derjenige, welcher der Maurer heiliges Wort, Sprache und Schrift besitzt.

Das älteste unter den heiligsten Büchern der Chinesen heisst Yking, was so viel ist als das Buch der Einheit, oder, wie Andere es erklären, das Buch von den Umwandlungen. Es war in diesem Buche symbolisch die Lehre von der absoluten Einheit aller Dinge und von allen aus dieser Einheit erst hervorgehenden Differenzen und Gegensätzen, die Lehre von der Einheit und Zweiheit, von dem Positiven und Negativen vorgetragen. Der Grundtext dieses alten heiligen Buches lautet nach Remusat’s wörtlicher Uebersetzung: „Das grosse Urprinzip hat die zwei Gleichungen und Grundverschiedenheiten des Daseins erzeugt und hervorgebracht; die zwei Grundregeln oder Gegensätze aber, nämlich Yn und Yang, oder Ruhe und Bewegung (das Ja und das Nein, wie man es auch nennen könnte) haben die vier Bilder oder Symbole hervorge- [318] bracht; die vier Bilder oder Symbole haben acht Koua oder weitere Fügungen und Zusammensetzungen hervorgebracht.“ – So begegnet uns in dem ältesten heiligen Buche des östlichen Asiens dasselbe Weltprinzip der Ruhe und Bewegung, der Unwandelbarkeit und der Wandelbarkeit, welches in der Maurerei die beiden heiligen Worte und Säulen Jakin und Boaz aussprechen, und wofür der Ormuzd, und Ahriman des Zendvolkes, Licht und Finsterniss, – sowie Osiris und die Isis der Aegypter, Sonne und Mond, Himmel und Erde, – ja selbst Christus und der Satan, Himmel und Hölle, nur ein verwandter und anderer Ausdruck sind. Mit dem dreieinigen Gott der Weisheit, Stärke und Schönheit, – oder der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft hat die Maurerei auch den Dualismus als das grosse Weltprinzip, – als die beiden Säulen, welche die Welt tragen, von der Urmenschheit ererbt und forterhalten. Ebenso wird der kundige Maurer die schon bei den Chinesen vorkommende heilige oder symbolische Vierzahl nicht übersehen.

Die heiligen Schriften der Inder sind die aus vier Büchern bestehenden und in einem veralteten Sanskrit geschriebenen Vêdas. Es sind vier Vêdas als die vier Worte der vier Munde des Brahma, ähnlich wie die Christen vier Evangelien haben. Die Vierzahl ist eine symbolische und soll auf das nach den vier Weltgegenden sich gleichmässig ausbreitende Wort und Licht von Brahma und Christus hindeuten. Die Vêdas beginnen mit den Worten: „Es gibt nur einen einzigen Gott, Brahma, allmächtig, ewig; allgegenwärtig, die grosse Seele, von welcher alle übrigen Götter nur Theile sind.“ Nach den Veden, deren Alter bis in das 18. Jahrhundert vor Chr. hinaufreichen mag,1) schuf Brahma vier Arten Menschen, wovon jede eine [319] eigene Kaste bildet. Er schuf die erste aus seinem Kopfe, dies ist der Brahmine, dessen Geschäft es ist, die Menschheit zu leiten und zu belehren; die zweite schuf er aus seinem Arme, den Khetry, um die Menschheit zu vertheidigen und zu beschützen; die dritte schuf er aus seinem Leibe, den Vaisyas, der die Menschen ernähren soll; die vierte schuf er aus seinen Füssen, die Sudras, um den übrigen Kasten zu dienen und zu gehorchen.1) Diese indische Kasteneintheilung hängt wesentlich zusammen mit der Eintheilung der Menschen nach ihrer Gesichtsfarbe. Kaste, varn’a im Sanskrit, heisst zunächst Farbe, und die Brahminen mit der weissesten Farbe nehmen die erste Kaste, dagegen die Cûdra und Kandâla mit der dunkelsten oder schwarzen Farbe die letzte Kaste ein. Die weissen Menschen sind auch die wissenden und daher höchst berechtigten; die weisse Farbe ist insofern der Massstab der Bildung und des Rechts.

Die heiligen Bücher der Aegypter sind die 42 Bücher des Hermes, die sogenannten hermetischen Schriften, weil sie dem Gotte aller Weisheit und aller Offenbarung, dem Thoth-Hermes zugeschrieben wurden; im Anfange aber waren nur vier hermetische Bücher gleich den vier Veden und vier Evangelien. Diese Hermesbücher umfassten die ganze Weisheit der ägyptischen Priester, und mussten abschriftlich in jedem Tempelarchive niedergelegt sein, da sie die Studien der Priesterschaft leiten und bei feierlichen Prozessionen umhergetragen werden sollten. Unter den 42 hermetischen Schriften nahmen die zehn hieratischen oder Priesterbücher die erste Stelle ein; sie handelten von den Gesetzen und den Göttern, begriffen demnach das menschliche und das göttliche Recht, da bekanntlich auch die Richter seit den ältesten Zeiten aus den Priestern gewählt wurden. Die letzten sechs Bücher waren die medicinischen, welche sich mit dem Organismus des Körpers, den Krankheiten, den chirurgischen Instrumenten, den Heilmitteln, den Augenkrankheiten und mit den weiblichen Zuständen beschäftigten. Die Chemie sogar scheint in den hermetischen Schriften behandelt gewesen zu sein, denn [320] sie hat ihren Namen vom Lande Hams, von Chemi, d. i. Aegypten oder die schwarze Erde des Nils. Jedenfalls waren die Aegypter die Ur-Apotheker und die seltsamen Zeichen, deren sich noch heute die Aerzte und Apotheker zur Bezeichnung der Drachmen und Skrupeln bedienen, stammen wahrscheinlich aus Aegypten, sind ägyptische hieratische Zahlzeichen. Die arabischen Aerzte, die Schüler der ägyptischen, brachten diese Zeichen der ärztlichen Verschreibungen nach Europa.1) Aegyptische Aerzte waren im alten Oriente gesucht, bis der Ruf der griechischen Aerzte etwa seit dem Jahre 500 vor Chr. sie verdrängte. Schon zu Homers Zeiten war der Ruf ägyptischer Aerzte bis zu den Griechen gedrungen. Die erste berühmte, von dem priesterlichen Verbande mit den Asklepios-Tempeln freie griechische Aerzteschule blühte unter Demokedes, gewesenen Leibarzt des persischen Königs Darius, zu Croton in Unteritalien neben der pythagoräischen Schule und nicht ohne Einfluss auf diese. 2)

Als die ältesten erhaltenen heiligen Schriften dürfen diejenigen der Parsen angesehen werden, wenigstens in einzelnen Theilen der letztern und besonders der von Haug übersetzten Gâthâs, indem einzelne Stücke der Gâthâs gewiss von Zarathustra selbst, also aus der Zeit 2000 bis 3000 vor Chr. herrühren. Für das hohe Alter Zarathustra’s und seiner religiösen, weit über die Zeiten des Moses hinaufreichenden Einrichtungen haben sich übereinstimmend mit Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 157 u. 158, neuerlich besonders Niebuhr, kleine Schriften, I. S. 200, – Haug, Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. IX. S. 686, und die Gânthâs des Zarathustra, 1. Abtheilung. Leipzig 1858, S. XIV, – Spiegel, Avesta, I. S. 44, – Bunsen, Gott in der Geschichte, II. S. 78, und Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte, V. S. 102, 221, 225 und 236, – und Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 75 ff., ausgesprochen. Rhode setzt den Zarathustra in die Zeit von 2000-2100 vor Chr., – Spiegel, in die vorhistorische Zeit, – Bunsen [321] und im Wesentlichen auch Lassen in die Zeit von 2500 bis 3000 vor Chr., - und Haug in die Zeit von 2000 vor Chr. Nach Haug sind die 5 Gâthâs gleich alt und aufs nächste verwandt mit der Sprache der wedischen Liedersammlungen; ebenso finden sich im Wesentlichen die wedischen Metra darin wieder. Döllinger, Heidenthum und Judenthum, Regensburg 1857, S. 351 glaubt, dass Zarathustra wenigstens nicht viel jünger als Moses sein möchte und um 1300 vor Chr. gelebt habe. Hiermit stimmt dann wieder Dunker,.a. a. O., II. S. 317 überein, indem er die Lebenszeit Zarathustra’s zwischen 1300 und 1250 v. Chr. ansetzt. Ganz unbegreiflicher Weise versetzen auch jetzt noch Röth, a. a. O., I. S. 348 ff. und 376, wie Kruger, Assyrier, S. 51 u. 407 ff., Zoroaster in das 6. Jahrhundert vor Chr.; nach Kruger ist Zoroaster im J. 605 und zwar zu Urmiah am herrlichen Urmiahsee in Adserbidschan (was ein neuer Irrthum ist) geboren, zuerst aufgetreten 575 und gestorben im Jahr 528 vor Chr.; Röth nimmt mit Anquetil du Perron an, Zoroaster habe in der Zeit von 599-522 vor Chr. gelebt und lässt, was wirklich abenteuerlich, den Pythagoras während dessen angeblichen zwölfjährigen Aufenthaltes zu Babylon mit Zoroaster, dem Reformator Baktriens und Persiens, zusammentreffen und dessen Unterrichts sich erfreuen.1) Uebrigens war es früher die allgemein herrschende Ansicht, dass Zoroaster erst so spät gelebt und geblüht habe.2) Da sodann ganz unzweifelhaft die Lehre des Zoroaster oder des Zendavesta nicht in Westiran oder Medien und Persien, sondern in Baktrien und Sogdiana entstanden ist, und von hier aus sich ausgebreitet hat, möchte trotz aller abweichenden und entgegenstehenden Ansichten auch Baktrien oder Sogdiana nach Ammianus Marcellinus als der Geburtsort Zoroasters mit Haug, die Gâthâs, S. 14 unten, anzusehen sein. 3)

[322]

Nach einer spätern Zendschrift soll Zoroaster aus Heden oder Hedinesch gewesen sein. Gemäss Aristoteles und Eudoxus müsste Zoroaster sogar in das letzte Dritttheil des 7. Jahrtausends vor Chr. verlegt werden, wesshalb Einige auch mehrere Zoroaster glaubten annehmen zu müssen.

Zarathustra heisst nach Haug der grösste Liederdichter und die alten Lieder sagen von ihm: „Er ist es, der die Worte in Liedern darbringt, der die Reinheit fördert durch sein Lob: er, dem Ahura-Mazda (Ormuzd) die gute Gabe der Redekunst geliehen: er machte zuerst in der Welt dem Verstande die Zunge dienstbar: er ist der Einzige, der die Lehren des höchsten Gottes vernahm, und sie zu überliefern im Stande war.“ – Von diesem grössten Liederdichter glaubt nun Haug ganz unzweifelhaft folgendes Stück der Gâthâs (I. Kap. 30) herrührend, welches er vor den baktrischen Grossen und einer grossen Menge Volks öffentlich vorgetragen und worin er vielleicht zum ersten Male seine neuen Lehrsätze verkündigt habe. 1)

  • „Verkündigen will ich jetzt, ihr Nahenden! die weisen Sprüche des Allweisen, die Lobeslieder des Lebendigen und die Anbetungen des guten Geistes, die herrlichen Wahrheiten, deren Aufgang bei den Flammen sich schauen lässt.
  • Horcht desshalb auf die Erdseele (Urstier), schaut an die Feuerstrahlen mit frömmstem Sinn. Ein Jeder, Mann wie Weib, ist zu scheiden nach seinem Glauben. Ihr Gewaltigen von Alters her, erwacht und stimmt uns bei!
  • Von Anbeginn gibt es ein Zwillingspaar, zwei Geister, jeder von eigener Thätigkeit; sie sind das Gute und das Böse in Gedanken, Wort und That. Wählt unter beiden, seid gut, nicht bös!
  • Und diese zwei Geister begegnen sich und schaffen das Erste (Irdische), das Sein und Nichtsein, und das Letzte (Geistige); den Lügnern wird das schlimmste Dasein; dem Wahrhaftigen das beste.
[323]
  • Von diesen beiden Geistern wählt einen, entweder den lügnerischen, das Schlimmste yollbringenden, oder den wahren heiligsten Geist. Wer jenen wählt, erwählt das härteste Loos, wer diesen, verehrt den Ahura-Mazda gläubig und in Wahrheit durch seine Thaten.
  • Diesen beiden könnet ihr nicht dienen. Irgend ein böser Geist, den wir vernichten wollen, überfällt die sich Berathenden und spricht: „Wählt den schlechtesten Sinn.“ Dann schaaren sich diese Geister zum Angriff gegen die beiden Leben, die die Propheten laut verkündigten.
  • Und diesem irdischen Leben kam Armaiti mit irdischer Macht, der Wahrheit und dem guten Sinn zu Hülfe; sie, die Ewige, schuf die Körperwelt, der Geist aber ist bei Dir, Weiser! in der Zeit das Erste bei den Schöpfungen.
  • Wann der Geist in irgend welches Uebel kommt, so wird von Dir, o Weiser! irdischer Besitz nebst gutem Sinn verliehen; aber Die straft er, deren Versprechen Lüge, nicht Wahrheit ist.
  • So lasst uns denn als Forterhalter dieses Lebens wirken, dessen eifrigste und wahre Förderer die lebendigen Weisen selbst sind. „Dort nur ist der Verständige, wo die Einsicht wohnt.“
  • Gerade sie ist die rechte Hülfe gegen das Böse, sie ist die Zerstörung des Verderbers. Vollkommenes wohnt nur in dem schönen Haus des guten Sinns, des Weisen und des Wahren, die als gut berühmt sind.
  • Uebt aus die Lehren, von Mazda’s eigenem Munde gesprochen, die er den Menschen gab, den Lügnern zum Schaden, zur Vernichtung, dem Wahrhaftigen zum Heil. In ihnen ruht das Glück.“

Der das Geisteslicht und die Sprache erlangende Mensch hat nur den Jubelruf, dass ein Gott, dass Er sei, und die wahre menschliche Sprache ist die Anbetung und die Lobpreisung Gottes, des Einzigen. Gott wird dem Menschen nur offenbar in dem Worte, und das Wort ist die einzige Offenbarung Gottes in der Menschheit, des göttlichen Geistes in dem menschlichen. Das Wort ist der [324] Mensch gewordene Gott und aus diesem Grunde das Ursymbol des Geistes und der Allmacht Gottes. Das Wort ist der Prometheus, welcher das göttliche Licht, den allbelebenden Himmelsfunken zu den Menschen auf die Erde herabbringt. Die Religion ist die Sprache Gottes zu den Menschen, die Erkenntniss Gottes und seines Geistes in der menschlichen Sprache. Die Ursprache der Menschheit ist die Urreligion derselben und zugleich die Uroffenbarung Gottes. Durch die Sprache steigt Gott aus dem Himmel zu dem ihn erkennenden Menschen herab, und der Mensch wieder betend hinauf zu dem von ihm erkannten Gott; die Sprache ist das Band zwischen der Gottheit und der Menschheit, zwischen dem Himmel und der Erde. Sind die Menschheit und die menschlichen Völker nur das auseinandergegangene, das aus seinem Ursitze über den ganzen Erdkreis ausgebreitete Urvolk und ist die Menschengeschichte nur die Geschichte dieses Auseinandergehens und dieser Ausbreitung, so können ebenso die Sprachen nur sein das auseinandergegangene und über alle Länder getragene Urwort, der äusserlich gewordene Geist Gottes und der Menschheit. Es wurden Völker, es wurden Staaten, es wurden Sprachen, bezeichnet gleichmässig das Werden und Fortschreiten der Menschheit; doch die Sprachen umschliessen das geistigste menschliche Leben, den Geist und die Bildung der Menschheit im höchsten Sinne, – sie bilden die Völker und überdauern dieselben in der unsterblichen Schrift. Die Höhe und der Umfang der geistigen Bildung eines jeden Volkes, der Reichthum seiner Gefühle und Begriffe, – sein ganzes Fühlen, Denken und Wissen ist nach der Bildung und dem Reichthume der Sprache desselben zu bemessen; die Sprache ist der treueste Ausdruck des innern Lebens der Völker; mit der Sprache entstehet, blühet und vergehet ein jedes Volk. Die Einheit des Denkens und Begreifens aller Völker der Erde, die Gleichheit des Menschengeistes und seiner Natur und Gesetze bei allen Menschen ohne Ausnahme, hat zur nothwendigen Folge, dass auch ihre Sprachen geistig gleich, blos der verschiedene Ausdruck des Einen Geistes seien. Wie die Logik die allgemeinen Gesetze des menschlichen Denkens gefunden hat, sollte auch die Sprachwissenschaft [325] die allgemeinen Gesetze des menschlichen Sprechens, der Sprachen erforschen, wozu Bunsen in seiner Geschichte Aegyptens höchst beachtenswerthe Beiträge geliefert hat. So lange in den menschlichen Denkgesetzen, in dem Menschengeiste an sich keine Grundverschiedenheit nachgewiesen zu werden vermag, darf gewiss auch keine Grundverschiedenheit in der Abstammung der menschlichen Völker und Sprachen angenommen werden; die menschlichen Geister, Völker und Sprachen sind gleich urverwandt, entstammen derselben und einen Quelle. Es ist nur Eine Menschheit von Einem Stamme und mit Einer Sprache, weil nur Ein Geist, nur Ein Gott und nur Eine göttliche Offenbarung oder Schöpfung ist.

XXII.
Die unterscheidenden Grundgedanken des Lehrlings-, des Gesellen- und des Meistergrades.


Soll die Maurerei nicht, wie sie einst unser Br. König Friedrich der Grosse von Preussen nannte, nur das Spiel grosser Kinder sein, sondern sich als die würdige Aufgabe denkender Männer darstellen, so muss in allen maurerischen Formen und Gebräuchen auch ein tieferer Gedanke enthalten sein. Der wahre Meistermaurer ist nicht Derjenige, welcher die Meisterschürze trägt, wohl aber wer mit hellem Blicke eingedrungen ist in den Geist der Maurerei und ihr schönes Gebäude als ein organisches begreift. Wenn die Maurer wirkliche Meister heissen wollen, – wenn die drei sog. symbolischen oder Johannisgrade des Lehrlings, des Gesellen und des Meisters vor dem Verstande, vor dem denkenden Menschen als gerechtfertigt erscheinen sollen, muss es den Maurern möglich sein, nachzuweisen, dass jedem dieser drei Grade ein wesentlich verschiedener Grundgedanke unterliege, durch jeden eine andere Idee verwirklicht werden solle, und dass es die drei Grade des Lehrlings, des Gesellen und des Meisters nur desshalb [326] gebe, weil solches eine logische oder geistige Nothwendigkeit ist. Die drei Johannisgrade sind nur der Versuch einer Beantwortung der drei grossen und inhaltsschweren Fragen, welche der in die Welt, in die Schöpfung eintretende Mensch, der neugeschaffene oder erste Mensch an die Welt und sich selbst unausweichlich richten wird und muss. Die drei Johannisgrade sind die belehrenden und schützenden Führer und Begleiter des Menschen von seinem ersten Eintritte in die Welt und in das Leben bis zum Scheiden aus demselben, von der Wiege bis zum Sarge, und sie verhalten sich in ähnlicher Weise, wie die 7 Sacramente der katholischen Kirche, welche mit der Taufe den neugebornen Menschen empfängt, in jedem entscheidenden Augenblicke des Lebens ihm weihend zur Seite steht und ihn endlich mit der letzten Oelung zum Tode stärkt.

Dem aufmerksamen Maurer kann es nicht entgehen, dass die Lehrlingsaufnahme, das Wandern des Lehrlings aus der anfänglichen Finsterniss in das helle Licht der Loge vor den Meister vom Stuhl, der den herrschenden Hammer führt und über welchem die Sonne, der Mond und die Sterne leuchten, nur die symbolische Einführung in das Weltall, nur das erste Erblicken des im ewigen Lichte thronenden Schöpfers und seiner unendlichen Schöpfung sei. Ist die Binde von dem Auge des ersten Menschen, des Lehrlings gefallen, und sieht er die Sonne, den Mond und das Sternenheer ihre vorgeschriebenen Bahnen ziehen, – vernimmt sein Ohr das Tönen der himmlischen Sphären, dann wird erstaunt er fragen: „Wer, hat diese Welt, die Sonne, den Mond und dazu die ungezählten Sterne erschaffen und wann und wie?“ Die Maurerei antwortet hierauf durch das Symbol der Lehrlingsaufnahme: „Gott ist der allmächtige Schöpfer und Baumeister der Welt; im Anfange war die Finsterniss und Gott sprach, es werde Licht und es ward Licht.“ – Die Weltschöpfung, die Lichtwerdung durch Gottes Wort und Allmacht ist der Inhalt der Lehrlingsaufnahme, wird durch sie symbolisch dargestellt. Der Lehrlingsgrad ist die Lehre von Gott als dem Schöpfer, Erhalter und Beherrscher des Weltalls, ist die Gottlehre oder Theologie, die Welt- [327] schöpfungslehre oder Kosmogonie, die Lichtlehre, das Licht.

Hat der in der Schöpfung oder auf der Erde angekommene erste Mensch, der Lehrling den Gedanken erfasst, dass Ein ewiger Gott sei, welcher Himmel und Erde geschaffen habe, wird er bald weiter denken und fragen, wer er denn selbst sei und was er thun und erstreben, wie er leben solle. Mit dieser zweiten Frage wird der Lehrling zum thätigen Gesellen und die Maurerei ruft unter Vorhaltung des Spiegels und mit Darreichung des Winkelmasses ihm zu: „Erkenne dich selbst und deine Gebrechen, um dich selbst nach dem Winkelmasse durch ein rechtes Denken, Reden und Handeln zu vervollkommnen , – lerne leben, baue dich selbst zu einem Tempel der Menschheit und der Gottheit.“ Hat die Maurerei den Lehrling vor Gott und in die Welt geleitet, führt sie den Gesellen vor und in sich selbst. Der Maurergeselle empfängt zu dem Lichte des Lehrlings, zu dem Glauben an Gott die Selbsterkenntniss, die Lebenslehre, die Lebens- und Baukunst, das Winkelmass, das Gesetz. Verkündet der Lehrlingsgrad, dass Gott allein Alles, was da ist, da war und da sein wird, gebauet habe, lehret in verwandtem Sinne der Gesellengrad, dass der Mensch allein der Schöpfer, der Baumeister seines Lebens sei, dass nur er je nach dem Gebrauche des rechten Masses in Gedanken, Worten und Werken sein Glück und Unglück gründe, – dass das Gute belohnt und das Böse bestraft werde. Gott ist der Baumeister der grossen Welt, der Maurergeselle ist der Baumeister der kleinen Welt, seiner selbst und der Menschheit. In dem Lehrlingsgrade wird die himmlische, in dem Gesellengrade die menschliche Baukunst offenbart. Das Gebot, dass der Maurer an Gott, an das ewige Licht glauben solle, wird in dem Gesellengrade zu dem Gebote, ein lichtvolles, ein Gott wohlgefälliges Leben zu leben, gottähnlich oder Licht zu werden. Der Lehrlingsgrad ist die Lehre von der göttlichen, der Gesellengrad von der menschlichen Lichtwerdung; das Licht Gottes aber und des Menschen ist der Geist, das Wort, die That.

Sind die Gesellen fleissige Baumeister geworden und haben sie unermüdlich fortgebauet an dem Lichttempel [328] der Menschheit und der Gottheit, wird die endliche Frage gewiss nicht ausbleiben: „Was ist das Ziel, das Ende unseres Bauens und unserer Mühen?“ Jetzt ist der milde Geselle an der Pforte der Meisterloge angelangt und aus ihr erhält er auf seine Frage die dumpfe Antwort: „Memento mori; du wirst sterben, dein Ziel ist das Grab!“ Dass die höchste Maurerei, die königlichste Kunst nicht die Kunst des Lebens, sondern die Kunst des Leidens und Sterbens sei, erfährt in seinem Sarkophage der Maurermeister und wohl ihm, wenn er diese schwere Meisterschaft sich errungen und leiden und sterben gelernt hat. Die Maurerei in ihrer tiefsten Bedeutung ist also die Lehre vom Tode, die Kunst des Duldens und Sterbens und Hiram ist hierin unser Lehrer, unser Vorbild. Das menschliche Leben wird von der Maurerei, wie in vielen Religionen des Alterthums, wie besonders in den Mysterien von Samothrace, von Aegypten, von Eleusis und selbst in der christlichen Religion, als eine erhabene Tragödie betrachtet und die Meisteraufnahme soll die symbolische Darstellung derselben sein. Die Meisteraufnahme ist die Gedächtnissfeier des Leidens und Sterbens des treuen Meisters Hiram. Gleich Hiram soll der Maurer in treuer Erfüllung seiner Pflichten und in unverbrüchlicher Bewahrung der ihm anvertrauten Geheimnisse sterben und sich die Meisterschaft, den Lohn durch das Opfer seines Lebens verdienen. Der Mauermeister ist allein der Geselle, welcher für seine Pflicht stirbt, welcher durch ein rechtes Leben in den Tod eingeht, welcher gleich einem siegreichen Helden die Schrecken des Todes überwunden hat. Der Maurergeselle lebte und baute, um den Tod nicht zu fürchten, um ruhig in das Grab steigen zu dürfen; der Tod des Maurergesellen ist seine schönste That, sein ruhmreicher Sieg. Auf dem Grabe des recht gestorbenen, des in die Meisterschaft eingegangenen Maurergesellen bleibt das Winkelmass, die gute That, das Licht zurück, und wenn die zurückgebliebenen BBr. jemals das Grab, den Leichnam des erschlagenen Meisters suchen und finden sollen, müssen sie es an dem davon ausgehenden Lichte entdecken. Vergessen die Maurer daher niemals das Winkelmass, die Tugend, das Licht, damit es als leuchtendes und schützendes Denk- [329] mal den suchenden BBr. die Stelle des Grabes bezeichne; schlafen sie im Tode unter ihren guten Werken und ihr Leben erhalte die Todten. Wie früher die Klostermönche, wenn sie sich in der Einsamkeit begegneten, sich mit „Memento mori!“ begrüßten, um sich an die Hinfälligkeit des menschlichen Lebens und aller menschlichen Dinge zu erinnern, sollten die Meistermaurer mit demselben Grusse sich mahnen, dass man durch ein rechtes Leben auf den Tod sich vorbereiten, sich das Grab des ewigen Lebens, das Grab der Auferstehung graben solle.

Die Maurerei der drei Johannisgrade, die symbolische Maurerei ist nunmehr die Kunst, in dem Glauben an Gott, nach dem Winkelmasse zu leben und zu sterben, – die Kunst, lichtvoll zu glauben, lichtvoll zu leben und lichtvoll zu sterben, – die göttliche Führerin, die Leuchte durch das Leben in das Grab. Dass Ein Gott sei und dieser Gott der Führer und die Hoffnung des Menschen im Leben und im Tod sein solle, ist der dreifache und doch innig verbundene Gegenstand des Lehrlings-, des Gesellen- und des Meistergrades. Der Lehrling soll an Gott glauben, der Geselle sich selbst erkennen und nach dem Gebote Gottes sich vervollkommnen, leben – der Meister aber im Vertrauen auf Gott sterben. Den Lehrling, den Gesellen und den Meister führet Gott, das Licht, in den ewigen Osten. Dem Lehrlinge wird das Licht ertheilt, damit er Gott und seine Welten erschaue und anbete; dem Gesellen wird das Winkelmass, das sittliche Gesetz gegeben, um sich selbst zu vervollkommnen und gottähnlich zu werden: den Meister trifft der Todesstreich, weil er in seiner Pflicht nicht wankt und das heilige Wort nicht an Uneingeweihte verrathen will. Das verlorne Wort des Meisters im tiefern und eigentlichen Sinne ist nur das fest bewahrte und verschwiegene Wort, welches mit dem Meister in die Gruft versenkt werden musste; wir dürfen hoffen, das Wort wieder zu finden, weil es im treuen Herzen des Meisters eingeschlossen ist. Das heilige Wort, welches dem Meister die blutigsten Leiden nicht rauben konnten und an dem er sterbend unerschüttert festhielt, kann nur der Glaube an Gott, das Wort und der Geist Gottes, Gott selbst sein und der Meister stirbt also, indem [330] er nicht von Gott weicht und sich von dem Bösen nicht umstricken lässt. Vor dem Grabe kann dem Meister nicht grauen, denn er hat gethan, was er gesollt, er schwieg, duldete und starb; das heilige Wort, er hat es mit sich fortgenommen und nur in dem Grabe und jenseits desselben vermag es wieder gefunden zu werden. Der göttliche Geist, das Wort Gottes überdauert das Grab und lebt unsterblich fort. Die letzte und höchste Lehre der Maurerei, das verlorne und wiederzufindende Wort des Meisters ist der Glaube an die Unsterblichkeit, an die Auferstehung aus dem Grabe, an das ewige Leben. Das Meisterwort, welches aus dem Grabe sich erheben und wieder gefunden werden wird, ist die unsterbliche Seele, der Geist, das Licht. Endlich nun ist uns die symbolische Maurerei die Lehre von der Unsterblichkeit der Seele, von dem ewigen Lichte. Dieses ewige Licht suchen die Maurer aller drei Grade und hoffen zu Gott, dass die im rühmlichen Tode ihnen vorausgegangenen BBr. es gefunden haben.

Br. Salis möge diese Betrachtungen mit seinem herrlichen Gedichte „das Grab“ schliessen:

Das Grab ist tief und stille

Und schauderhaft sein Rand.

Es deckt mit schwarzer Hülle

Ein unbekanntes Land.
Das Lied der Nachtigallen

Tönt nicht in seinem Schooss.

Der Freundschaft Rosen fallen

Nur auf des Hügels Moos.
Verlassne Bräute ringen

\> Umsonst die Hände wund;

Der Waise klagen dringen

Nicht in der Tiefe Grund.
Doch sonst an keinem Orte

Wohnt die ersehnte Ruh;

Nur durch die dunkle Pforte

Geht man der Heimath zu.
Das arme Herz, hienieden

Von manchem Sturm bewegt,

Erlangt den wahren Frieden

Nur wo es nicht mehr schlägt.

XXIII.
Das Symbol der Fessel.

[331]

Bekanntlich waren nach dem ältesten englischen Aufnahmeritus dem Maurerlehrlinge, weil er noch in der Finsterniss wandelte und das Licht suchte, nicht allein die Augen verbunden, sondern er trug auch um den Hals eine Fessel oder einen Strick. Nach dem englischen Lehrlingsfragstücke, welches Krause als das älteste in seinen Kunsturkunden bezeichnete, obwohl ihm nicht unbekannt war, dass auch noch ältere, jedoch nicht mehr gebräuchliche Redactionen des Lehrlingsfragestückes vorhanden seien, antwortete auf die achte Frage des vorsitzenden Meisters: „Wie wurdet ihr vorbereitet, Bruder-“ der Aufzunehmende:

‘„Ich war weder nackend, noch, bekleidet, weder barfuss, noch beschuhet; alles Metalls beraubt; mit verbundenen Augen; mit einem Strick um den Nacken, woran ich zur Thüre der Loge geleitet wurde, in einer haltend-beweglichen Stellung; an der Hand eines Freundes, den ich in der Folge für einen Bruder erkannte.“ ’

Krause, Kunsturkunden, I. 1, S. 139, Anm. 10, bemerkt zu dieser Antwort, dass ihm ein englischer Bruder (Houseal) mitgetheilt habe, es sei dieses Führen an einem Stricke um den Hals noch jetzt in vielen Logen alten Systems gebräuchlich; dieser Strick sei kaum Fingers dick und gegen sechs Ellen lang. Nach einer Correspondenz in Nr. 26 der Bauhütte von 1860 wurde noch im Jahr 1859 der persische Prinz Mirza Ali Ho Gla Kan in der (engl.) Oriental-Lodge bei seiner Aufnahme an einem Stricke in die Loge eingeführt. Krause fügt weiter noch bei: „Wahrscheinlich ist dieses Führen an einem Strick oder einer Schnur, sowie das Tragen desselben ein uralter ostländischer (orientalischer) Gebrauch, der sich schon bei den Brahminen in Indien und bei den Soofi in Persien findet, wahrscheinlich auch bei den Essenern eingeführt war, und [332] vielleicht eben daher auch bei Johannes dem Täufer angetroffen wird.“ – Eben damit steht auch der Gebrauch in Verbindung, wornach der (gewesene) Meister der Loge eine aus 60 Abtheilungen (als Symbol der 60 Mitglieder, aus welchen eine Loge zweckmässig bestehen soll) bestehende Schnur am Halse trägt.1) In den Kunsturkunden II. 1, S. 470, Anm. c., theilt sodann Krause mit, dass die Tuslemah, d. h. die Gehorsamen, ein Grad der Soofi, so benannt wegen ihres Gehorsams gegen ihre Lehrer, von ihrem Lehrer, wenn sie treu erfunden worden sind, eine kleine Kette, Schnur oder Strick, genannt Restah Tusleem, d. h. Schnur des Gehorsams, erhalten. Die Soofisecten oder Grade Ursulleah und Kullundereah sollen einen ähnlichen Gebrauch haben. Der älteste Ursprung dieses Gebrauches ist nach Krause wohl in der dreifachen Schnur zu finden, welche die Brahmanen, – in der Bogensehne, welche die Krieger, und in dem dreifachen Faden, welchen die Vaisya (die dritte Kaste) erhalten, wenn sie nach vollendeter Kindheit ihre Lehrjahre antreten; der Gebrauch finde sich auch bei den christlichen Einsiedlern und Mönchen, besonders auch bei den Johannitern. Dem Johanniterritter wurde bei seiner Aufnahme der Strick des Mantels mit den Worten um den Hals gebunden: „Nimm hin das Joch des Herrn, weil es leicht und süss ist, unter diesem wirst du Ruhe für deine Seele finden.“2) Auch bei dem Jesuitenorden ist das Symbol noch jetzt gebräuchlich und einige Freimaurer, wie namentlich noch Br. Findel in Nro. 30 der Bauhütte für 1860, haben die gewiss völlig unbegründete Vermuthung ausgesprochen, dass die Jesuiten das Symbol in die Freimaurerei eingeschwärzt haben.

Fallou, die Mysterien der Freimaurer, zweite Auflage, Leipzig 1859, S. 424, bemerkt, der Gebrauch, den Kandidaten an einem Stricke in die Loge einzuführen, sei das Sinnbild einer unauflöslichen Verbindung, das in Deutschland schon vor den Zeiten Karls des Grossen bestanden [333] habe und woher das Wort Verstrickung1) stamme; in den englischen Steinmetzhütten habe sich dieser uranfängliche und älteste Gebrauch erhalten, während er sich in den deutschen Hütten wahrscheinlich schon vor der Reformation verloren. Ueber den Gebrauch und die Bedeutung des Strickes, welcher in den Logen des neu-englischen Systems nicht mehr angewandt wird2) und der in verschiedenen Umgestaltungen gegenwärtig noch in den höhern Graden der schottischen Maurerei vorkommt, ist sodann ferner zu vergleichen, was unter dem Worte „Strick“ in Lenning’s Encyklopädie sich darüber zusammengestellt findet. Das bei Lenning Angeführte darf deshalb hier mit Stillschweigen übergangen werden, weil es durchaus keinen geschichtlichen Werth hat, nichts Altes und aus den frühern Zeiten Ueberliefertes enthält, sondern unzweifelhaft ein Erzeugniss des vorigen Jahrhunderts mit zum Theil wahrhaft widersinnigen symbolischen Deutungen ist, da man den wahren Sinn des maurerischen symbolischen Strickes nicht erkannt, ja kaum geahnt hatte. Um zu zeigen, zu welchen symbolischen Missgriffen man durch die Unkenntniss in dieser Beziehung verleitet worden sei, mag aus dem ungedruckten maurerischen Nachlasse des im Jahr 1762 zu Malans in Graubünden gebornen und dort im Jahre 1834 verstorbenen Dichters Salis hervorgehoben werden, dass zu seiner Zeit, d. h. zwischen 1780 – 1790, in Frankreich in dem Grade der Elûs der Strick (la corde) also erklärt wurde: „La corde est le symbole, que les pierres ne peuvent parvenir au haut de l’edifice que par son secours,“ was allerdings eine sehr ausgewählte Symbolik ist.

Aus den eleusinischen Geheimnissen darf wohl als hierher gehörend angeführt werden, dass die Mysten sich von den Uneingeweihten nicht blos durch die Bekränzung mit Myrthen, sondern auch durch Fäden, vielleicht von Krokusfarbe, unterschieden, die sie um den rechten Arm und den linken Fuss gebunden trugen. Schömann, griech. Alterthümer, II. S. 347, glaubt, dass Cultusbeamte aus dem Geschlechte [334] der Krokoniden das Geschäft gehabt haben, den Eingeweihten die Fäden [...] anzulegen [...], wofür sie wohl eine Gebühr bezogen haben; ebenso stehe wohl der mythische Heros Krokon, der ein Eidam des Keleos genannt wird, mit den Fäden oder [...] der Mysten in Verbindung. Diese Fäden der Mysten waren aber kein äusserliches Unterscheidungszeichen, sondern ein höheres Symbol, ein Theil der symbolischen Kleidung der Mysten. Preller, römische Mythol., S. 226, Anm. 3, nach welchem die Mysten in den Eleusinien den Faden um die rechte Hand und den rechten Fuss, vermuthlich über dem Knöchel trugen, vermuthete darin mit allem Rechte den symbolischen Ausdruck einer Heiligung oder eines Gelübdes. Von dem zu Rom durch Numa eingerichteten Cultus der Fides publica oder Fides populi romani hat Livius 1, 21 die Nachricht bewahrt, dass die von Numa eingesetzten Flamines des Jupiter, Mars und Quirinus, zum Gottesdienste in einem Wagen mit gewölbtem Schirmdache haben fahren und, ihre rechte Hand bis an die Finger verhüllt, der Fides das Opfer darbringen müssen, zum Zeichen, dass die Fides nicht sorgfältig genug behütet und beschirmt werden könne und dass ihr Sitz, die rechte Hand, rein und heilig gehalten werden müsse (Ad id sacrarium flamines bigis curru arcuato vehi jussit, manuque ad digitos usque involuta rem divinam facere, significantes fidem tutandam sedemque ejus etiam in dextris sacratam esse). Preller, a. a. O., bemerkt: „Denn immer wurde die Hand und der Handschlag, namentlich der mit der Rechten, als das Symbol eines Versprechens und einer Verbindlichkeit auf Treu und Glauben angesehen und die Umwickelung eines Gliedes mit geweihten Binden ist dem Alterthum auch sonst als Sinnbild der Heiligung dieses Glieds bekannt.“1) – Die Fäden der Eleusinien waren wohl , symbolische Fesseln, von der rechten Hand zum rechten oder zum linken Fusse gehend.

In der indischen Mythologie trägt Varunas, der Gott des himmlischen Oceans, der griech. [...], einen Strick [335] zum Symbole, dass er die Erde, das All umschlinge und umgürte. Bei den Aegyptern ist das Symbol des Amun-Kneph, [des] Agathodämon der Griechen, der geistigen Urgottheit, welche nach ägyptischer Vorstellung das Weltall, die Weltkugel von aussen ringsum einschliessend und gleichsam in ihrem Schoosse tragend gedacht wurde, – eine Schlange, welche sich um den Weltkreis schlingt.1) Ein anderes ägyptisches Symbol des das Weltall umfassenden Amun-Kneph war nach Porphyrius ein Kreis mit einem schiefen oder aufrecht stehenden Kreuze darin, das letztere das Weltall nach seinen vier Seiten oder nach den vier Himmelsgegenden andeutend.2) Verwandt hiermit ist der Ring der Ewigkeit, welchen der babylonische Belitan auf babylonischen Cylindern3) und ebenso der indische Brahma4) in der Hand trägt. Ferner tragen Brahma und überhaupt die indischen Götter die Perlenschnur der Welten, was Benfey bei Ersch, a. a. O., einen Rosenkranz unrichtig nennt. Der Ring der Ewigkeit verwandelt sich auch in die sich ringelnde oder vielmehr schlingende Schlange, welche mit dem Kopfe den Schwanz erfasst.

Um nun die eigentliche Bedeutung und den tiefern Sinn des Symbols der Fesseln aufzufinden, müssen zuförderst zwei Arten der Fesseln scharf auseinander gehalten und völlig getrennt werden, während Krause diese beiden Arten der Fesseln bunt durcheinander geworfen oder auf eine ganz unzulässige Weise sich gleichgestellt hat, weshalb er auch ausser Stande gewesen ist, die Sache selbst aufzuhellen. Die Fesseln werden bei der Aufnahme in die Mysterien, in die religiösen Verbindungen auf eine doppelte und wesentlich entgegengesetzte Art angewandt. Entweder nämlich wird der Aufzunehmende noch als gebunden und gefesselt betrachtet und soll gerade durch seine Aufnahme befreiet und entfesselt werden, so dass er bei der Einführung zur Aufnahme noch die Fesseln trägt, aber im Verlaufe der Aufnahme sie abstreift und ablegt; oder die Aufnahme in das Mysterium, in den [336] Religionsbund gilt als eine Fesselung, weshalb dem Aufzunehmenden zum Zeichen seiner Aufnahme und seiner Angehörigkeit erst die Fessel angelegt wird, um dieselbe alsdann bis zu seinem Tode zu tragen. Dort wird eine Fessel und ein Band gebrochen und der Aufgenommene ist ein Befreiter, ein Freier, hier wird die Fessel und das Band absichtlich angelegt und der Aufgenommene ist ein Gebundener, ein Gehorsamer, ein Ergebener, ein Sklave. Die Fesseln der ersten Art erscheinen unerträglich und verwerflich, wogegen die Fesseln der zweiten Art gesucht und selbst als eine leichte und süsse Last, als etwas Heiliges und Heiligendes freiwillig übernommen werden. Einzig bei den Maurern war und ist in die Aufnahme-Gebräuche eine Entfesselung, eine Freimachung eingeflochten, wogegen bei den Parsen, bei den Indern, bei den Soofi, bei den Johanniterrittern, bei den Tempelherren u. s. w. eine Fesselung, eine Unterwerfung stattfand oder stattfindet und auf sie mehr oder weniger anzuwenden ist, was Jac. Grimm in den deutschen Rechtsalterthümern S. 184 anführt, dass einen Strick um den Hals sowohl Solche trugen, welche sich auf Leben und Tod ergeben hatten, als auch an gewissen Orten die Freibauern zum Zeichen geringer Knechtschaft und Hörigkeit. Gladisch, das Mysterium der ägyptischen Pyramiden und Obelisken, Halle 1846, S. 14 nennt den „Kotisch“ der Perser den Streitgürtel als das Symbol, dass der damit Umgürtete werkthätig theilnehme an dem grossen Weltkampfe zwischen Licht und Finsterniss, zwischen dem Guten und dem Bösen und dass er als ein Mit- und Lichtstreiter auf der Seite des Ormuzd stehen wolle. Allein der heilige Gürtel oder die heilige Schnur der Perser und der Inder ist kein Streitgürtel in diesem Sinne, sondern ein Band, wodurch der Umgürtete in den religiösen Verein gleichsam eiregebunden und eingeflochten wird, – ein Ring oder eine Kette, welcher dessen Träger als ein neues Ring- oder Kettenglied in den grossen und allgemeinen Ring des Ganzen einfügt. Der Kosti erinnert an den Ring, welchen so viele mythologische Personen über dem rechten Knöchel tragen und den Gaedechens, Glaukos S. 68, mit Recht als das Symbol der Fesselung ansieht. Sehr schön und [337] mit sich selbst innerlich wie äusserlich Übereinstimmend ist es bei dem Freimaurerbunde, dass er, wie er dem Aufzunehmenden die verhüllende Binde der Finsterniss symbolisch löset und ihm das Licht ertheilt, ebenso die von dem Aufzunehmenden bisher getragene Fessel sprengt und ihm die Freiheit verleiht. Die drei Säulen, welche die Logen oder den Tempel der Maurer tragen, wie wirklich einstens die alten Druidenaltäre von drei symbolischen Steinpfeilern getragen zu werden pflegten,1) dürfen daher nicht allein auf die Weisheit, Stärke und Schönheit bezogen werden, sondern bedeuten noch weit mehr und zugleich das Licht, die Freiheit und die Liebe. Was aber die Fessel, welche der Maurer verschmäht und zerbricht, ausdrücke, können wir natürlich nicht bei den Parsen, den Brahmanen, den Soofi, den Johanniterrittern, den Tempelherren u. s. f. erfahren, welche die Fesseln lieben und knüpfen, sondern darüber muss anderwärts Aufschluss gesucht werden.

In dem ältesten , d. i. in dem sogenannten ältesten, in der That aber neueren englischen Lehrlingsfragestücke ist es nicht ohne Bedeutung, dass der Aufzunehmende erzählt, er sei mit verbundenen Augen und gefesselt zur Aufnahme geführt werden, welche Nebeneinanderstellung und Gleichstellung der Binde und der Fessel uns zwingt, dem Symbole der Fessel einen mit dem Symbole der Binde verwandten und harmonirenden Sinn zu ertheilen und beizulegen. Der Maurerlehrling wandert vor seiner Aufnahme in der Finsterniss, und weil er gelobt, beharrlich das Licht zu suchen, fällt die Binde und erhält er die Möglichkeit, das Licht zu finden; wie die Finsterniss das Auge des gewöhnlichen Menschen umhüllt, ebenso fesselt sein Herz das Laster, das Böse und die Leidenschaft, und auch diese Fessel wird gebrochen und fällt, wenn der Lehrling, wie auch der Meister soll und will, den drei Lichtern der Bibel, des Winkelmasses und des Zirkels folget, d. h. Gott, die Tugend und die Menschen liebt, – das Gute, Wahre und Schöne übt, – rein denkt, redet und handelt. [338] Die Fessel ist im Grunde nicht von der Binde verschieden, denn auch die Binde ist eine Fessel, – was bindet, fesselt, und umgekehrt; der Sehende, der im Lichte Wandelnde, der wahre Meister ist ebenso auch ein von dem Laster und der Leidenschaft Befreiter, ein Tugendhafter und Reiner. Ja noch mehr, nur die Tugend, das Gute und die Reinheit leuchten und sind mithin der Weg, das Mittel und das Mass des Lichtes, sind das Licht selbst. Diese Bedeutung der Fessel und der Entfesselung hat unter allen mir aus Büchern oder auch aus eigener Anschauung bekannten maurerischen Systemen einzig das rectificirte System der schottischen Maurerei klar und bestimmt erfasst, da nach dessen Ritual dem zum schottischen Meister zu Befördernden vor der Eidesabnahme, vor dem Tugendgelübde die bis dahin von ihm getragenen Fesseln, als das Sinnbild der Sklaverei, der Leidenschaften und der Laster abgenommen werden, d. h. der schottische Meister soll und will sich diese Fesseln selbst abnehmen, indem er aus eigenem innern oder freien Antriebe den Leidenschaften und dem Laster entsaget. Die rectificirte schottische Maurerei hat durch diese Deutung des Symbols der Fessel, bewusst oder unbewusst, sich auf den wahrhaft geschichtlichen, auf den uralten symbolischen Standpunkt gestellt.

Der Strick ist ursprünglich, und zwar allem Vermuthen nach ägyptisch, nur das Symbol jener Schlange des Bösen, welche nach den Schriften des alten Bundes, und in einer merkwürdigen Uebereinstimmung mit diesen auch nach den Zendschriften, die Urmenschen, Adam und Eva, Meschia und Meschiane verlockte, die Frucht des verbotenen Baumes zu kosten, wodurch die Menschheit den Himmel, das Paradies verlor und der Sünde, dem Schmerze und der Sterblichkeit verfiel. Die Bestimmung der gefallenen Menschheit ist, von ihrem Falle sich wieder zu erheben, die Schlange des Bösen zu überwinden und ihr den Kopf zu zertreten, und diese Bestimmung hatten wesentlich auch die alten Mysterien sich gesetzt; sie wollten den die Schlange besiegenden Menschen aus der irdischen Finsterniss in das ewige Licht, in den Himmel, zu Gott zurückführen. Daher musste in die Gebräuche der [339] Aufnahme in die Mysterien die Besiegung und Vernichtung der Schlange eingefügt und der Aufzunehmende als Schlangenbekämpfer, Schlangentödter und Schlangenbesieger dargestellt werden, wobei man sich sinnreich des Strickes nach seiner bindenden Natur und nach seiner sich schlängelnden Gestalt als Symbols der Schlange bediente. Nunmehr verstehen wir die Nachricht des Plutarch, de Iside cap. 19, dass bei den ägyptischen Mysterienweihen zur Erinnerung daran, dass Horus (der griechische Apollo und Herakles) die typhonische Schlange, den Typhon (den parsischen Ahriman und jüdischen Satan) überwunden und getödtet hatte, ein Strick als Symbol der Schlange hingeworfen und zerhauen worden sei. Es ist nicht blos möglich, sondern sehr wahrscheinlich, dass der ägyptische Typhon und der parsische Ahriman, mit den in der indischen und griechischen, nordischen und deutschen Mythologie und anderwärts sich daran anschliessenden ähnlichen Schlangendrachen und Basilisken, ursprünglich den sich schlängelnden und rollenden Blitz, die Gewitterschlange, den Gewitterdrachen und Gewitterbasilisken bezeichneten, welche das siegreiche Himmels- und Sonnenlicht (Horus, Apollo, Herakles, Perseus, Ormuzd und Mithra, Indra, Odhin, Thôrr u. s. w.) bekämpft und besiegt, wie neuerlich in einer im Ganzen vortrefflichen Schrift von Schwartz, der Ursprung der Mythologie, besonders S. 24 u. 45, ausgeführt worden ist. Der in den ägyptischen Mysterien erscheinende Strick wäre also ursprünglich das Symbol des Blitzes gewesen, wofür Schwartz noch beibringt, dass in der amerikanischen Sage von dem grossen Geiste die Schlangen aus Stricken geschaffen werden. Indessen die blosse Naturbedeutung, welche als eine ausschliessliche und auch nur überwiegende wohl niemals vorhanden, sondern stets auch mit ethischen und geistigen Vorstellungen verbunden und gemischt war, tritt im Verlaufe der mythologischen Entwicklung stets mehr in den Hintergrund und der ägyptische Typhon und Horus, der parsische Ahriman und Ormuzd u. s. w. wurden vorherrschend ethisch und geistig aufgefasst, wie dieses ganz besonders auch in dem so bedeutungsvollen griechischen Apollo-Cultus der Fall war. Die ethische und geistige, die sittliche Auffassung der ursprünglichen Natur- [340] symbole, Naturgötter und Naturdämonen fand aber die stärkste Pflege und Stütze in den Mysterienanstalten und deshalb muss das Mysteriensymbol des Strickes und der Schlange auch rein ethisch, geistig und sittlich ausgelegt und erklärt werden. Der Strick oder die Schlange, welche der Geweihte der Isis am Halse trug und der Maurer noch trägt, ist die Schlange der Leidenschaften, die er im eigenen Busen trägt und deren umschlingenden Banden er sich nur durch das Licht, durch die Reinheit in Gedanken, Worten und Werken zu entreissen vermag; die Finsterniss muss durch das Licht, das Böse durch das Gute, die Selbstsucht durch die Gottesfurcht überwunden werden. Da, so lang der Mensch hienieden lebt und kämpft, die Schlange des Bösen und der Leidenschaften ihm auf dem Fusse folgt, hat auch das uralte ägyptische Symbol von der Bekämpfung und Besiegung der Schlange seine tiefe und stets praktische Bedeutung und wohl der Gegenwart, wenn sie in dem Symbole den Geist erhält und wiederfindet, welchen längst untergegangene Völker hineingelegt hatten. Die Gegenwart ist nur dann die würdige Nachfolgerin der Vergangenheit, wenn sie deren Lehren, versteht und benützt. Dass aber, wenn auch zertrümmert und verkümmert und fast vergraben unter den hohlen Phrasen und Formeln des 18. Jahrhunderts, sich bis auf diesen Tag in der Maurerei das uralte Mysteriensymbol der Schlange und des Strickes forterhalten hat, beweiset schon für sich allein, dass die Maurerei der grosse Geist des Alterthums, besonders der Aegypter und der Griechen, durchwehe, – dass die Maurerei auf dem festen Grunde der Mysterien ruhe und mit ihnen unsichtbar zusammenhänge, dass die Maurerei ein Mysterium selbst jetzt noch sei, weil so viele ihrer eigenen Jünger sie, ihre Symbole, Gebräuche und Geschichte nicht einmal verstehen.

Liebe Freunde! Es gab schön’re Zeiten,
Als die unsern – das ist nicht zu streiten!
Und ein edler Volk hat einst gelebt.
Könnte die Geschichte davon schweigen,
Tausend Steine würden redend zeugen,
Die man aus dem Schoss der Erde gräbt.


[341]

Und ein solcher aus dem Schosse der Erde gegrabener redender Stein ist auch unser Symbol der Schlange oder des Strickes. Wird vor dem lebendigen Worte des Todten das todte Wort der Lebenden verstummen? Der ausgegrabene Stein, ursprünglich der Blitz, ruft donnernd und posaunend den Lebenden zu:

Das Licht, welches mit Christus in die Welt gekommen, – das göttliche Wort, welches in der Bibel niedergelegt ist, – das sittlich Gute, die Tugend und die Wahrheit ist der alleinige Ueberwinder der Schlange des Bösen, der Erretter und Erlöser der Menschheit [...] [...]. Die zehnte Verkörperung, Irdischwerdung oder Incarnation Wischnu’s, welche die Inder am Ende dieser Weltordnung, der Periode der Sünde (Kalijugam) erst noch erwarten, und in der Wischnu in der Gestalt eines ungeheuren weissen Pferdes mit einer ungeheuren Axt,1) d. h. die höchste Tugend und Reinheit zur Vernichtung der höchsten Sünde erscheinen soll, hat der Christ und der gläubige Mensch und Maurer nicht mehr zu erwarten, nachdem Christus geboren worden ist und uns in seiner Lehre die ungeheure Axt zur Tödtung des Sünders und der Sünde überbracht hat. Die Menschenschöpfung ist die zehnte Incarnation Wischnu’s2) und in der Menschwerdung Christi oder in dem göttlichen Funken und Strahle der Seele, dem weissen Pferde des Wischnu und dem wahren und alleinigen Sohne Gottes, hat der Mensch die Axt empfangen, um die Sünde, um den Typhon zu erschlagen und die Hölle oder den Satan zu besiegen. Die Waffe ist verliehen, doch deren Führer und Sieger fehlet oft. Jedenfalls aber und wenigstens ist in der Weltgeschichte ein Fortgang, ein Forttragen, und die Juden und die Christen sind nur die treuen Schüler der [342] lehrenden Baktrer und Inder, Phönicier und Aegypter; die Gegenwart wohnt in dem Lichte der Vergangenheit, um das Licht der Zukunft zu werden.

In dem letzten und höchsten Sinne ist die Fessel, welche die himmlische und göttliche Seele trägt, ihr irdischer Körper und ihr irdisches Leben, indem die Erde zur Sinnlichkeit herabzieht und den Himmels- und Lichtesflug des Geistes, seine Rückkehr zu Gott hemmt; die Fessel des Irdischen, Sinnlichen und Sterblichen muss daher gelöset und zerbrochen werden, damit der göttliche, reine und unsterbliche Geist wieder frei werden und nach seiner himmlischen Heimath zurückziehen könne. Die Geburt des Menschen ist daher eine Fesselung der Seele durch das Irdische und in demselben, und sein Tod ist die Wiederentfesselung, die Erlösung und Befreiung daraus. Hephästos, das bildende materielle Feuer und die belebende Wärme der Erdgeschöpfe und Erdgestalten, besonders auch der Pandora,1) der Mutter des irdischen und sinnlichen Menschengeschlechtes, ist den Griechen der wahre Schmied der Fesseln für Götter und Menschen, und die Fessel der von ihm geschmiedeten Fesseln ist die Sinnlichkeit, das Irdische, das Leibliche, der Mensch, das Weib schlechthin. In dieser unsichtbaren Fessel hält Hephästos seine Mutter Hera, die Erdgöttin, und die ihm ungetreue, mit Ares buhlende Gattin Aphrodite d. i. das blühende Erd- und Naturleben gefangen.2) Es kann nicht überraschen, wenn Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 152, auch in den Fesseln der Aphrodite, wie in dem Faden der Ariadne, den Fesseln des Wolfes Fenrir , in dem Haare der Sif u. s. w., überall nur den Blitz, den Blitzesfaden und die Blitzesfessel und die goldenen Blitzesstrahlen erblickt. Hera, Aphrodite und Ares sind im Grunde ihre eigene Fessel, sind der fesselschmiedende Hephästos selbst, insofern sie im irdischen Leben befangen sind. Die Fessel [343] ist zugleich der täuschende Spiegel, die Erscheinungswelt, die Aphrodite Tanoris (die schaumgeborne), die Maja, der blühende Mai,1) das Erdenleben, welche die Seele aus dem Himmel zur Erde verlockt und den Getäuschten den Tod bringt. In diesen Spiegel blickend, d. h. dem irdischen Sein hingegeben, wird Dionysos-Zagreus von den Titanen, von dem Erdenleben getödtet.2) Von der Fessel und von dem Spiegel, von dem irdischen Tode und der irdischen Täuschung sollen und wollen die heiligen Weihen befreien, indem sie die Fessel abzuwerfen und den Spiegel zu verachten und nur das Licht zu erstreben lehren; durch die eleusinischen Weihen und das göttliche Licht gestärkt und ermuthigt überwindet Herakles den fürchterlichen Kerberos, den Tod selbst.3) Auf der berühmten Vase von Canosa, welche sich jetzt zu München befindet und wovon Furtwängler, a. a. O., Taf. V, eine Abbildung gegeben hat4) und worüber er S. 403 ff. sehr ausführlich und gehaltreich handelt, tragen im Elysium die Herakliden, die Söhne des Herakles um den Leib breite Einweihungsbinden, einer derselben zugleich um das untere linke Bein einen dreifachen Ring, und ebenso schmücken ihr Haupt Einweihungsbinden mit Epheulaub darüber – zum Symbole, dass ihnen nun die Verheissungen der Eleusinien erfüllt und die dort versprochene Glückseligkeit gewährt seien. Den Herakliden zur Seite ergiesst sich aus einem Löwenkopfe das Wasser des ewigen Lebens, womit einer der Söhne eine Schaale gefüllt hat, die er der Mutter Megara zum Trinken darreicht.5) Der andere der Söhne, welcher der Mutter zunächst steht, hält zwei.Speere, d. h. den eigenen und des die Schaale tragenden Bruders Speer, in der linken Hand und diese Speere sind hier dieselben Lichtsymbole wie die maurerischen Schwerter. In dem gleichen Sinne strahlen über den Häuptern der Herakliden die Sterne des ewigen Lichtes. Das ewige Licht und Leben [344] wird errungen durch die Seelenreinigung und deshalb trägt auch einer der Herakliden in der rechten Hand, während die linke die Wasserschaale hält, ein Oelgefäss, hindeutend auf das reinigende Bad der eleusinischen Aufnahmsgebräuche. Weniger treffend möchte es sein, wenn Furtwängler die Speere auf die Beschäftigung der Heldenjünglinge bezieht, es wäre denn diese Beschäftigung der mithrische Kampf für das Licht.

Wie die Fessel bei dem Eintritte des Menschen in den irdischen Leib und bei seinem Austritte aus demselben erscheinet, dort geschmiedet und hier gebrochen wird und zwar in dem Sinne und dem Masse, in welchem schon hier auf Erden der Mensch sich selbst von den Fesseln befreiet und erlöset hat, sein eigener Befreier und Erlöser, ein Mensch oder ein Gottmensch gewesen ist: ähnlich verhält es sich mit dem Spiegel. In dem Spiegel der zerrinnenden Bilder zerrinnt, sich selbst erblickend, zuletzt auch der Mensch und deshalb hält ihm Jama bei seiner Ankunft im Todtenreiche zunächst den tödtlichen Spiegel entgegen, damit er sehe und erkenne, was er in der Sinnenwelt, auf Erden gewesen und demnach im Himmel sein solle und könne. Wohl ihm, wenn die Fesseln zerbrochen sind und er vor seinem Spiegelbilde nicht erschrecken und erbleichen muss. Eine andere Seite des Spiegels des Todtengerichtes ist das Buch des Todtengerichtes, worin die guten und die schlechten Thaten des Verstorbenen aufgezeichnet stehen und das bei seiner Ankunft im Todtenreiche von dem Todtenrichter ihm aufgeschlagen wird, um sein Urtheil darin zu lesen. Das Buch des irdischen Lebens ist somit das Buch zugleich des ewigen Gerichtes und Lebens. Auf dem Prometheussarkophage im Museum Capitolinum zu Rom,1) vermuthlich aus dem 4. christlichen Jahrhundert und ein Erzeugniss der mit einander verschmolzenen Ansichten des Neu-Platonismus, der Mithrasreligion und des Christenthums, fliegt aus dem Leichname des Verstorbenen die Seele desselben als Schmetterling hervor und setzt sich auf einen Kranz, welchen der bei dem Leichnam mit umgestürzter Lebensfackel [345] stehende Todtengenius, der gute Genius des Verstorbenen in der Hand hält. Bei dem Haupte des Leichnams sitzt zugleich die Möra oder Schicksals- und Todesgöttin Atropos und hält die Rolle, das Buch der Lebensthaten des Verstorbenen auf ihrem Schoosse entfaltet; von dem Kranze herab liest dann der Schmetterling in der Rolle seines Lebens seinen Lohn und Strafe, wie auf der von Furtwängler, Taf. 1, Fig. 8 mitgetheilten Abbildung näher zu ersehen ist. In dem Sinne dieses Bildes sagt Johannes in seiner Offenbarung XX, 12:

‘„Und ich sah die Todten, kleine und grosse, vor Gott stehen, und es wurden Bücher aufgethan; und ein anderes Buch ward aufgethan, welches ist das Buch des Lebens; und die Todten sind gerichtet worden nach Dem, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken.“’

Die Vorstellung von der Todes- oder Schicksalsrolle war eine bei den römischen Künstlern der spätern Zeiten ziemlich verbreitete und findet sich auch noch auf andern römischen Kunstdenkmalen, z. B. bei Gerhard, über den Gott Eros, Taf. V, Fig. 9, in der Weise, dass der Todteneros oder Todtengenius in der Schicksalsrolle liest. Wie der Todtenspiegel des Menschen eigene Seele ist, so auch die Todtenrolle, denn in der Seele des Verstorbenen steht unauslöschlich eingeschrieben, was er hier gethan und geworden.1) Der Tod, welcher die Seele von der Erde hinüberführet, entfaltet auch die Rolle, – ist die Stunde des Gerichtes.

In der nordischen Mythologie ist es der Sonnengott Frô, welcher die Ketten der durch den Winter gefesselten Erde, aber auch der Menschen zerbricht. Nach dem nordischen Mythus befreit Frô einen jeden Gefangenen aus Ketten, was im christlichen Zeitalter in Baiern auf S. Leonhard übertragen worden ist; er wird als der Beschirmer der Reisenden und Gefangenen verehrt, wogegen der Gerettete eine Zeit lang einen oder drei eiserne Ringe trägt, oder seine Ketten selbst zur Kirche des Schutzheiligen bringt und dort als Wahrzeichen seiner Befreiung auf- [346] hängt, weshalb die Leonhardskirchen meist mit eisernen Ketten umzogen sind.1) Wir dürfen im höhern ethischen Sinne an die Stelle des S. Leonhard Christus setzen, denn er ist der Befreier und Erlöser von allem Uebel und Bösen; durch Befolgung seiner Lehren können die stärksten Ketten und selbst die Ketten des Todes zerbrochen werden. Nicht Christus selbst zerbricht die Ketten, sondern in seiner Lehre hat er dem Menschen nur das Mittel gereicht, womit die Kette zerbrochen zu werden vermag; das Werk der Befreiung und Erlösung muss der Mensch im eigenen Herzen und Geiste vollbringen. Die Kehrseite der befreienden Sonnen- und Jahreskraft des Frô, die fesselnde Kraft des siebenmonatlichen Winters schimmert noch aus dem baierischen Glauben hervor, dass das Siebenjahrgarn besonders zauberkräftig sei.2) Es wird von Mädchen unter sieben Jahren gesponnen, zur Leinwand verarbeitet und durch darüber gelesene Messen geweiht.

Auch ist noch anzuführen, dass bei den Negern in Benin auf der Westküste von Afrika, um in den Adelstand zu erheben, der König eine Schnur schenkt, die, wie bei den höhern Kasten in Indien, nie wieder abgelegt werden darf. Daran reiht sich, dass Niemand Gewänder trägen darf, bis er vom Könige bekleidet worden ist, was gewöhnlich erst mit der Mannbarkeit geschieht. Um die unbedingte Macht des Königs über seine Unterthanen zu zeigen, heisst es, dass ihm jeder Neugeborne dargebracht wird, damit er ihm als Sklave sein Siegel aufdrücken könne.3) – In Indien ist der rothe Faden Hochzeitsschnur und Vermählungsring und bei den Esthen wird er der Braut um den Leib gewunden.4) Die türkische seidene Schnur ist ein Todesurtheil.

Im deutschen Rechte reichte, um symbolisch zu binden, ein Zwirns- oder Seidenfaden hin.5) Nach dem dem 12. Jahrhundert angehörenden Cölner Hofrecht wurde ein Dienstmann des Erzbischofs mit einem blossen Fadenzug [347] eingesperrt. Das Bischofs- und Dienstmannenrecht von Basel, in deutscher Aufzeichnung des 13. Jahrhunderts, herausgegeben von Wackernagel, Basel 1852, bestimmt in §. 12: „Unde swenne ein gotshus dienstmann eins bischofs hulde verliusit, als ober wider in unde sin gotshus iemanne hulfe, oder mit andern redelichen sachen, so sol er sich ze bezzerunge, unz daz er genade vindet, entwürten vür gevangen in den roten turn ze Saint Uolriche, unde sal der scholteizze einen siden vaden mit wasse dar vür spannen.“ Wackernagel bemerkt noch S. 38 zu dieser Stelle, dass schon Pausanias 8, 10 von einem Tempel Neptuns bei Mantinea berichte, den ein umhergezogener Wollenfaden gegen Entheiligung geschützt habe. Wenn in Bacharach Jemand, der zum Schöffen gewählt worden, sich der Annahme weigert, so sall der scholtisse zweene scheffene of me zu ieme nemen und sullen deme einen vaeden vur sin huis legen, und as ducke he of sin gesinde in dat hus of andere sine gude giengen, as ducke sint si in hoeste buesse gevallen.1) – Gebannte Grundstücke wurden durch einen darum gezogenen Faden gehegt. Im Heldenbuch sind die Rosengärten mit seidenen Fäden umgeben. Crimhilt:

„sie het ein anger weite init rosen wol bekleit,
darumb so gieng ein maure, ein seiden faden fein.“

Nach Grimm waltet dabei etwas Abergläubisches, denn auch in den dänischen Volksliedern binden die Helden, um sich festzumachen, rothe Seidenfäden um ihre Helme. Die Parsen, wenn sie einen Todtenacker (dakhma) anlegten, schlugen in vier Ecken vier grosse Nägel ein und zogen eine Schnur von 100 goldenen oder baumwollenen Fäden drei Mal herum. In Schottland schützt der seidene Faden gegen Hexen. – Die Bamberger Kirche verwahrt den Seidenfaden, mittelst dessen die Kaiserin Kunigunde die vier obersten Reichsämter zu Lehen des Domstiftes machte, dem Domstifte durch das Band gleichsam aneignete; die damit zugleich verbundenen vier Städte sind Prag, Amberg, Wittenberg und Brandenburg.2) Auch [348] die Gerichtsstätten und der Kreis des Zweikampfes wurden mit einem Faden umspannt und geschützt, ähnlich wie, auch heute noch oft mit Fäden und Stricken Plätze eingefasst und abgegrenzt werden. Auch schliessen sich hieran die Ketten, welche während des Gottesdienstes vor den katholischen Kirchen, z. B. zu Zug, über die Strasse gespannt wurden, um den Verkehr und den Lärmen zu hindern. Frevler, welche in alten Zeiten das Gericht stören und verjagen wollten, zerschnitten die Schnur und brachen die dieselbe tragenden und haltenden Haselstangen, d. h. warfen die Gerichtsschranken nieder, brachen den Gerichtsbann. Auch die an einer grössern oder kleinern Schnur, einem Bande zu tragenden heutigen Orden dürfen den Fesseln verglichen werden. – Das berüchtigte Enziloch im Entlibuch, in welcher der Aargauer Stiefeli gebannt ist, wird durch einen an einem Seidenfaden herabhangenden Fels gesperrt.1) Nach einer Sage bei Rochholz (Nr. 245) füttert am obern Theile des Reuslaufes ein kleines Mädchen einen Ochsen täglich, bis es sieben Jahr alt ist; dann führt es an einem Seidenfädchen den Ochsen in die Berge, wo ein sehr gefährlicher Ziegenbock hauset, um diesen zu bekämpfen; der Ochs und der Ziegenbock bleiben todt auf dem Kampfplatze, worauf aus den Hörnern des gefallenen Ochsen Alphörner gemacht werden, die der deutsche Kaiser dem Hirtenvolke mit Silber beschlagen lässt. Von diesem Kampfe soll sich das Landeswappen der Urner herschreiben. In ähnlicher Weise tödtet ein weisser Ochs, welcher zuvor sieben Jahr lang nicht aus dem Stall gekommen war, den feurigen Drachen unter dem Drachenstein von Rohrdorf im Aargau.2) Zu Cöln im Dome bewahrte man ein Jagdhorn Karls des Grossen, welches alle sieben Jahre dem Volke unter andern Reliquien vorgezeigt wurde. – Rochholz, a. a. O., II. S. 17, erinnert hier an Wuotan mit dem Giallarhorne, von dessen Tone die ganze Welt wiederhallt.

Wenigstens einiger Massen mit dem Symbole der Fessel verwandt ist die alte Sitte, einen Ring oder ein [349] Geldstück zwischen zwei Ehegatten, zwischen Vater und. Sohn, zwischen zwei Freunden in zwei Stücke zu brechen oder zu zerschneiden und jedem Theile ein Stück zum Zeichen der Treue und der Wiedererkennung durch die Wiedervereinigung der beiden Stücke zu übergeben. Eine, hierauf bezügliche Sage der Grafen zu Halwil theilt Rochholz Nr. 341 mit. Auch in Gräbern werden solche Ring- und Geldtheile gefunden, da die Liebe und Treue selbst das Grab und den Tod überdauern sollte.

Zufolge Pausanias 3, 16, 7 nannte das Alterthum die Artemis die Weidengefesselte, weil sie in einem Weidenbusche aufgefunden worden ist, der ihr Bild mit seinen Zweigen ganz umhüllend in aufrechter Stellung erhalten hatte.

XXIV.
Ueber den Zusammenhang der Kirchenbaukunst, der Steinmetzkunst und der Maurerei mit der Bildung der alten Welt.


Es ist insofern ein Fortgang und ein ununterbrochener Zusammenhang in der Weltgeschichte, dass was einmal an Freiheit und an Wissen die Menschheit errungen hat, nicht mehr untergeht, sondern bald schneller bald langsamer wachsend sich erhält. Die Menschengeschichte darf einer Quelle verglichen werden, die klein und unscheinbar den fernen Bergen entspringt, aber durch Aufnahme neuer Wasser schnell zum Bache und allmälig zum mächtigen belebenden Strome anschwillt. Wie der Strom nur durch Tausende von Quellen und Bächen erzeugt und genährt wird, die seinen langen Weg umgeben, – wie der Strom nur ist und fliesst, weil er die Wasser jener Quellen und Bäche in sich aufgenommen hat und mit sich fortführet, so entsteht die Menschengeschichte, indem in ihr die Geistesquellen zusammenströmen und mit stets sich mehrender und erneuernder Wogenkraft dem unerreichbaren Ziele, dem ewioen Meere entgegenfluthen. Die weltgeschichtlichen Völker sind diejenigen, bei welchen die menschliche [350] Freiheit und das Wissen um dieselbe anhebt, – bei denen der Mensch von den Banden der äussern Natur sich losmacht, und sich selbst als Herr und Richter seines Denkens und Handelns setzt, – die die menschliche Freiheit und das menschliche Selbstbewusstsein zu empfangen und weiter zu tragen vermögen. Wie die Quelle nicht der Strom selbst, doch in ihm enthalten ist, umfasst die heutige Menschheit und begreift in sich, was die Menschen und die Völker, vor ihr jemals wahrhaft Menschliches und Geistiges besassen; das Letztere muss in jener noch aufzufinden, aus der Gegenwart die Vergangenheit erkennbar sein und umgekehrt.

Die symbolische Maurerei, welche wir jetzt lehren und üben, ist unzweifelhaft in den christlich-germanischen Ländern, besonders in England und Deutschland entstanden, d. h. ist eine der frühesten und reinsten Schöpfungen des Christenthums bei den Germanen, wesshalb das Wesen und die Geschichte des germanischen Christenthums zugleich das Wesen und die Geschichte der Maurerei mit in sich schliesst. Der. neue Grundgedanke des Christenthums, dessen weltgeschichtliche Bedeutung besteht in seiner Vorstellung oder Lehre von Gott als dem einzigen Gotte, welcher das Weltall, Himmel und Erde und den Menschen nach Sich geschaffen hat, – der alle Menschen und alle Völker als seine Geschöpfe und Ebenbilder mit derselben Liebe und Güte umfasst, – welcher die höchste Vollkommenheit und Gerechtigkeit ist, und daher das Gute belohnt und das Böse bestraft. Diese Idee des Einen allmächtigen und allweisen, allgerechten und allgütigen Gottes und der Gleichheit aller Menschen und Völker vor ihm, durch ihn und mit ihm konnte die schwach und alt gewordene römische Welt mit ihrem Glauben an die menschenähnlich fühlenden und handelnden Götter und mit ihrem ungleichen Rechte für die Menschen und Völker, mit ihrer Sklaverei nicht mehr aufnehmen und fortpflanzen; die rohen und kräftigen Germanen, die Deutschen, wurden die weltgeschichtlichen Pfleger, Verbreiter und Hüter jener Idee, weil in ihrem angestammten Freiheitssinne und nach uralter Sitte sie für Alle dieselbe Freiheit und dasselbe Recht forderten. Mit Staunen und Bewunderung beugt sich [351] der denkende Mensch vor der hohen Weisheit und Vorsehung, welche die Menschengeschichte leiten, dass die Idee des Einen Gottes, des Gottes der Liebe und der sich gleichen unsterblichen Menschen unter den Juden in Asien erst geweckt, gelehrt und verbreitet wird, als in Europa der neue Völkerstamm der für die Freiheit und das Recht aller Menschen begeisterten und streitenden Germanen erscheint und über die Länder sich ergiesst, – als in ihrem allgemeinen Unglücke die Völker der römischen Welt nur noch bei dem höchsten Gotte Trost und Frieden suchten und fanden. Von selbst wird die griechisch-römische Zeit auf diese Weise zur christlich-germanischen Zeit, die Erfüllung der Aufgabe der Weltgeschichte geht von den Römern auf die Germanen über, indem diese den Glauben von dem Einen Gott zu ihrem gleichen und freien Rechte, zu ihrer Anerkennung aller Individuen nahmen, um ihn in siegreichem Kampfe durch alle Länder des weiten römischen Reiches zu tragen. Die Römer in der Gründung ihres Weltreiches – hatten den Boden bereitet und geschaffen, auf dem das Christenthum als Weltreligion entstehen und herrschen sollte und konnte; die Weltherrschaft, welche das Schwert des römischen Kriegers gestiftet hatte, setzte der römische Priester durch die Macht des Glaubens fort. Dass das Christenthum zu seiner wahrhaften und befruchtenden Entwickelung ein neues, noch ungebildetes und desshalb jeder Bildung fähiges Volk bedurft habe, lehrt dessen machtloses Bestehen und endliches Verderben in dem ost-römischen oder byzantinischen Kaiserstaate.

Wohin die germanischen Völker die neue christliche Religion brachten und einführten, bauten sie ihr auch würdige Tempel, Kirchen, so dass die Einführung und Ausdehnung des Christenthums mit der Erbauung der Kirchen zusammenfällt und die Geschichte beider gleichbedeutend ist. Wie überhaupt die christlich-germanische Zeit, entwickelt sich auch im Gegensatze zu dem griechisch-römischen Tempelbaustyl langsam der christlich-germanische, der sogenannte gothische Kirchenbaustyl als ein der ganzen christlichen Welt in Italien, in Deutschland, Frankreich, Spanien und England gemeinsamer, welcher den sog. romanischen oder byzantinischen Baustyl zu [352] seiner Vorstufe und Unterlage hat. In Deutschland, welchem Karl der Grosse durch griechische Baumeister, besonders zu Aachen die ersten Kirchen hatte erbauen lassen, entfaltete sich die Kirchenbaukunst unter dem Einflusse des romantischen Geistes des Mittelalters während des 12. und 13. Jahrhunderts zu ihrer höchsten Blüthe, wesshalb die eigentliche Kirchenbaukunst mit Recht den Namen der deutschen ansprechen darf. Zu den herrlichen Schöpfungen dieser deutschen Kirchenbaukunst gehören nicht allein die Dome zu Strassburg, Cöln, Regensburg, Wien, Freiburg, Speier, Bern, Basel u. s. w., sondern auch die Cathedralkirche Notre Dame zu Paris aus dem 12. und 13. Jahrhunderte, die Cathedralkirche zu Rheims, – die Cathedralkirche zu York in England, beendigt 1426, – die Cathedralkirche zu Burgos und Toledo in Spanien, – die Cathedralkirche zu Mecheln in Belgien u. s. f. Der Name Erwins von Steinbach, der im Jahr 1276 den Bau des Thurmes an dem Dome zu Strassburg begonnen hat, und im Jahre 1318 verstorben ist, wird mit dem Namen seines Sohnes Johannes und seiner Tochter Sabine, die den Bau fortsetzten, und wenn namentlich die Sabine den grössten Theil der Basreliefs der zwei Portale gegen den Herrnhof anfertigte, dauern, so lange die deutsche Zunge klingt. Die Kirchen und Dome mit ihren im Alterthume unbekannten, allmählig abnehmenden und sich zuspitzenden Thürmen sind die den Steinen eingebildete, die steinbelebte, zum Himmel emporschlagende Flamme der Anbetung und Verehrung des Einzigen Gottes, und als reinste und höchste Flamme dieses Gottesdienstes wird durch alle Jahrhunderte hindurch der Dom zu Strassburg leuchten.

Ist die gesammte christlich-germanische Welt erzeugt und gereift in der griechisch-römischen, – hat jene nur nach dem höhern Plane fortgebildet und umgestaltet, was diese begonnen: wird auch die christlich-germanische Baukunst, die Kirchenbaukunst auf der Kunst der Griechen und Römer im Erbauen ihrer den Göttern geweihten Tempel ruhen, aber darin eben höher stehen, dass sie den Einen grossen und allmächtigen Gott, preiset und anbetet. In Griechenland beginnt die höhere und wirkliche [353] Menschengeschichte, das Griechenthum ist die heitere und schöne Jugendzeit der Geschichte der Menschheit, indem in Griechenland zuerst der Mensch zum reinen und vollen Selbstbewusstsein, zur wahren Freiheit erwacht, sich gleichsam zuerst selbst findet und erkennt; wogegen im Oriente dieses reine und freie Selbstbewusstsein, die Selbstbestimmungsfähigkeit dem Menschen noch abgeht, und er in der Natur befangen, in sie versenkt und verloren ist, von ihr beherrscht wird. Selbst Aegypten konnte zu dem klaren menschlichen Selbstbewusstsein sich nicht aufschwingen, hatte nur eine dunkle Ahnung desselben, bemühte sich vergebens darnach in der Lösung des Räthsels der Sphinx, und dieses Räthsel, welches den Menschen bedeutet, löste erst der Grieche Oedipus. In den vorgriechischen, in den orientalischen Staaten waltet daher der Despotismus, die Unfreiheit, die Abhängigkeit von der Natur und der rohen Menschengewalt und kaum Einer, der Despot, ist dort frei. Mit Griechenland beginnt die Zeit der freien Städte und Staaten, der menschlichen und der bürgerlichen Freiheit, nur ist die letztere nicht das Gemeingut aller Menschen, sondern beschränkt auf die Einheimischen und unter diesen wieder auf die einzelnen Stadt- und Staatsbürger, hat neben sich nach Aussen die Fremden, die Barbaren, die Goim nach dem Ausdrucke der Juden, und im Innern die weniger Berechtigten und Freien, die Sklaven. Die jugendliche Freiheit der griechischen Städte und Staaten ist geschmückt mit allen gleich jugendlichen schönen Künsten und Wissenschaften, zumal auch mit der Philosophie; das frische, jugendmuthige und jugendkräftige, schaffende und begeisterte Leben des frei gewordenen Menschen durchdringt und hebt in Griechenland alle Zweige des menschlichen Wissens; und wie Griechenland die Wiege und das Vaterland der freien Staatsverfassungen und der bürgerlichen Freiheit ist, so auch der Dichtkunst, der Malerei, der Bildhauerkunst, der Baukunst, der Volksspiele, der Mathematik und der Naturwissenschaften, der Geschichtschreibung und der Philosophie u. s. w. Selbst die äussere Natur belebten die phantasiereichen Griechen und ihre Götterlehre oder Mythologie verleiht Leben jeder Quelle und jedem Baum, [354] von den höchsten Bergesspitzen bis hinab in das Innerste der Erde. Wie dem einzelnen Menschen seine glückliche und reiche Jugendzeit als der schönste Traum des Lebens niemals aus der Erinnerung schwinden wird, so das Griechenthum der Geschichte der Menschheit. Die römischen Staatsbürger nahmen die griechische Bildung auf, doch ihnen fehlte die Begeisterung und der hingebende Sinn des Jugendalters; was die Griechen nur der Schönheit wegen schufen und liebten, ermass der kältere ernste Römer gleich dem besonnenen Manne nach seinem Nutzen, nur als Mittel zur bequemen Einrichtung des Lebens, zur Bezwingung und Eroberung der Welt. Mit der Gründung und Vertheidigung Roms beginnt eine festverbundene Schaar von Räubern und Kriegern die römische Geschichte und diesen überwiegend militärisch-städtischen Charakter, dem der Sinn und die Reize des jugendlichen und des ländlichen Lebens mangeln, behalten die Römer bis zu ihrem Untergange bei.

Vorzüglich an der Baukunst der Griechen ist wahrzunehmen, wie sehr durch die reine menschliche Freiheit alles menschliche Leben bedingt sei, und in welchem innigen Zusammenhange des Menschen Geist und seine Bauten stehen; diese sind nur die Verwirklichung des Geistes in den Steinen, der steingewordene Geist, und daran kann und muss die Geistesgeschichte geschrieben werden. Die menschliche Freiheit und das menschliche Bewusstsein, das Mass und die Schönheit, die Selbstbeherrschung durch den eigenen Geist und Willen, welche den orientalischen Völkern und Staaten abgehen, fehlen auch ihren Bauten, und sie verlieren sich in das Mass- und Schrankenlose, in das Ungeheure oder Colossale, sind blosse Werke der mechanischen und despotischen Kraft und Macht und Pracht. Man betrachte z. B. die in Felsen gehauenen unterirdischen Tempel der Indier, wie dieselben sich noch auf der Insel Elephanta und Salsette finden;1) – die Ruinen des Todtenpalastes der altpersischen Könige in dem durch [355] Alexander den Grossen zerstörten Persepolis; noch mehr aber und vor Allem Aegypten, das Land der ungeheuersten Ruinen, z. B. zu Theben, der ältesten Hauptstadt Aegyptens, das Land der ausserordentlichen Obelisken, Pyramiden und Grabmäler. Die Griechen zuerst verwarfen das Rohe und Riesenhafte, das blos Ungeheure und Massenhafte in der Baukunst, und gaben ihren Gebäuden, wie ihren Staatsverfassungen und ihrem ganzen sonstigen Leben, Schranken, Regelmässigkeit, Symmetrie, Freiheit und Schönheit; auch die eigentliche Baukunst nimmt erst bei den Griechen ihren Anfang. Die Entwickelungs - und Blüthezeit des Griechenthums überhaupt nach dem trojanischen Kriege ist ebenfalls die Entwickelungs- und Blüthezeit der griechischen Baukunst. Die dorische, ionische und corinthische Säulenordnung wurden ausgebildet, und zur Aufführung und Ausschmückung öffentlicher Gebäude der verschiedensten Art, besonders der Tempel der Götter, angewandt; zu ihrer höchsten Stufe aber erhob sich nach den ersten Perserkriegen unter der Aufmunterung von Perikles um das Jahr 440 vor Chr., die an reiner Schönheit und majestätischer Grösse sich auszeichnende griechische Baukunst durch einen Phidias, Iktinus, Kallikrates und Andere. Bei den Römern hätte die griechische Baukunst das gleiche Verhalten und Schicksal wie das übrige Griechenthum. Die Römer vermochten die griechische Baukunst nicht weiter zu bilden und zu heben; die römische Säulenordnung hat nichts Eigenthümliches, und ist blos eine Zusammensetzung der griechischen Säulenordnungen. Die hauptsächlichsten römischen Bauwerke sind das von Agrippa erbaute Pantheon und die von Kaiser Aurelian im 3. Jahrhundert zu Palmyra in Syrien angelegten Prachtgebäude; bald nachher versank die römische Baukunst in Verschwendung, überhäufte Pracht, Geziertheit und endlich in Spielerei. Dennoch enthält das römische Leben in Vergleichung mit dem griechischen einen sehr wesentlichen Fortschritt, welcher zugleich recht eigentlich den Uebergang, den Durchgang von der griechischen zu der christlich-germanischen Welt bildet. Wir können den Satz, dass in Griechenland die menschliche Freiheit und das Wissen um dieselbe, die selbstbewusste Freiheit [356] beginne, leichter fasslich auch dahin ausdrücken, dass in Griechenland der einzelne Mensch zuerst seine volle Anerkennung und Geltung erhalte, das Individuum zu sein und zu wirken anfange, daher das ganze Leben der Menschen und der Völker, ja selbst der Götter sich individualisire, sich beschränke und doch darin vollkommener, einheitlicher, plastischer, lebendiger, menschlicher werde. Weil aber das griechische Individualisiren, Selbstständigwerden,. Beschränken, Mass- und Einheitgewinnen das anfängliche, das jugendliche ist, erscheint es diesem seinem Anfange, seiner Jugend gemäss, vorzüglich in der Phantasie, in der Darstellung des Schönen durch die schönen Künste und Wissenschaften, besonders aueh die Philosophie, welche letztere in dieser Richtung als die höchste und schwerste Kunst betrachtet worden darf.

Die einzelnen vollkommenen griechischen Menschen, z. B. ein Perikles und Alexander der Grosse, – die einzelnen Städte und Staaten, vorzüglich Athen und Sparta, – die griechischen Götter, wie namentlich Apollo und Venus, sind gleich schöne Darstellungen eines eigenthümlichen und reichen individuellen Lebens, sind wahre Kunstschöpfungen oder Werke ächter Schönheit gleich den griechischen Bauwerken.

Auf der Bahn des Schönen konnten die römischen Stadtbürger, die städtischen oder bürgerlichen Krieger und Sieger nicht folgen; sie schufen und errangen sich das individuelle oder private Recht, das Recht der Einzelnen, das jus suum cuique, wie es beim ersten Aufwachen des geistigen Lebens unter den Germanen auf den italienischen Universitäten, besonders zu Bologna, sofort mit allem Eifer wieder aufgenommen und gleichsam zum Weltrechte verarbeitet wurde, und als solches, als ratio scripta, unveränderlich mit der Menschheit selbst fortbestehen wird. Das Individuelle, wie das Jugend- und Schönheitsleben, die Kunst und Wissenschaft der Griechen, - und das individuelle Rechtsleben, das Privatrecht der Römer, erfassten die Germanen, vereinten und bewahrten es durch den Begriff des Einen Gottes und des Papstes und des Kaisers, als dessen irdischen, geistlichen und weltlichen Stellvertreters, vor der Zersplitterung, vor dem Auseinanderfallen, vor [357] dem Versinken; sie führten den Begriff der Persönlichkeit und Einheit, des freien Ich von unten herauf durch bis zum höchsten irdischen, geistlichen und weltlichen Herrscher; das christliche Kaiserthum oder die christlich-germanische Monarchie überhaupt, und das Reich des Einen Gottes mit den unter sich und vor ihm vollkommen gleichen Menschen sind daher die nothwendigen und höchsten Spitzen, die Vollendung des christlich-germanischen Lebens und des grossen unsichtbaren Domes, der über ihm sich wölbt. Im Oriente finden wir blos die massenhafte, die ungeheure Einheit ohne menschliche Individualisirung, ohne menschliches Mass und Ziel; das Individuum, der Mensch. hat bei den Orientalen noch kein wahres Sein und daher auch keinen Werth, kein besonderes Leben und Streben, kein Recht; er kann hier nur in das Nichts, in die Allmacht sich versenken. In Griechenland und in der Stadt Rom erwachen und herrschen auf Erden und im Götterreiche blos Individuen, ohne zur höhern irdischen oder staatlichen und göttlichen Einheit sich entfalten und erheben zu können. Die griechischen Staaten sind eigentlich nur Städte, höchstens kleine Ländchen, welche mit der grössten Erbitterung sich unter einander bekämpfen und erst sich vereinen, als Philipp von Macedonien und sein grosser Sohn Alexander ihnen die Freiheit genommen hatten, und durch das Alle bindende Gebot gegen die Perser sie führten. Gleich den griechischen Städten und Staaten stehen die griechischen Götter feindlich und beschränkend neben einander; nicht ein einzelner Gott, nicht einmal Zeus, ward als derselbe durch ganz Griechenland verehrt, sondern ist an verschiedenen Orten und Tempeln ein verschiedener mit anderer Eigenschaft und Macht, anderer Abstammung, Gestaltung und Geschichte.

Rom war niemals mehr als eine weltbeherrschende Stadt, und schleppte in seinen Mauern selbst die Götter aller Länder zusammen. Erst die Germanen wollen die Christen aller Länder zu Einem sichtbaren und unsichtbaren Reiche, unter einer irdischen und himmlischen Macht verbinden. Der griechische Landmann, der römische Stadtbürger und der christlich-germanische Weltbürger sind die drei Stufen der Weltgeschichte. Zu dem jetzigen Leben [358] der Menschheit, – zu der Weltgeschichte, welche allein für uns Inhalt und Bedeutung hat, gaben die Griechen die Poesie, Kunst und Philosophie, – die Römer das Privatrecht und das Schwert, es zu vertheidigen, – die Germanen das Staats- und Staatenrecht und die Religion, den Staat und die Kirche, den König auf Erden und den Gott im Himmel. Der Begriff des Einen, der Freiheit und Einheit des Geistes Gottes und des gottähnlichen Menschen ist nunmehr allseitig gedacht und angewandt; es gibt nur Ein Reich Gottes diesseits und jenseits, nur Eine Weltschöpfung, deren Abbild der einzelne Mensch, eine Welt im Kleinen ist. Mit dem Oriente hängt diese einheitliche Welt der Individuen neben Aegypten durch Persien zusammen. Persien bildet den Uebergang, die Vermittelung von dem Oriente zum Occidente, weil in ihm das Orientalische die mildeste Form angenommen hat und schon Keime des Occidentalischen , des reinen Gottesglaubens und der Menschenbestimmung in sich trägt, – weil in seinen weiten Grenzen sich die verschiedensten Völker, ein jedes mit seinem besonderen und regen Leben, vereinigen. Zu dem grossen persischen Reiche gehörten namentlich Assyrien mit Niniveh, – Babylonien, – Phönicien mit den berühmten Seehandelsstädten Tyrus, Sidon, Byblus und Berytus, – endlich Judäa und Aegypten. Wie in den folgenden Perioden das neue weltgeschichtliche Leben sich nur aus dem Kampfe mit dem unmittelbar vorangehenden gestaltet und erkräftigt, wächst das neue individuelle griechische Leben auch nur durch die harten Kriege mit den persischen Heeresmassen, bis es durch Alexander den Grossen , den griechischen Jüngling, den vollständigen Sieg erlangt und das persische Reich zertrümmert. Die langen Kämpfe der Griechen gegen die Perser mit den Siegestagen bei Marathon, Thermopylä, Salamis, Platäa u. s. w. sind das Schönste und Unsterblichste, was die Menschengeschichte an Siegen der Geisteskraft, des individuellen Willens, über die blossen Massen aufzuweisen hat. Nur die Zeiten des christlich-germanischen Ritterthums haben ähnliche Thaten grosser und vollendeter Ritterlichkeit hervorgebracht, weil die Ritterzeit die Zeit der zuerst zur Freiheit und zum Selbstbewusstsein empor- [359] wachsenden germanischen Völker, ihre schöne und kräftige Jugendzeit ist.

Wenn nunmehr der innigste Zusammenhang zwischen der griechisch-römischen und der christlich-germanischen Zeit, der Uebergang und Fortgang der einen in die andere begriffen ist, wird auch nicht darüber gestritten werden können ob die christlich-germanische Baukunst mit der griechisch-römischen, die Kirchenbaukunst mit der Tempelbaukunst, die wirkliche und symbolische Maurerei mit dem Alterthume unmittelbar zusammenhänge, dennoch aber eine jede wieder verschieden und nicht die andere sei.1) Der allgemeine Zusammenhang der Weltgeschichte bewährt sich hier darin, dass die germanischen Christen die griechischen Künste und Wissenschaften, vorzüglich die Baukunst mit ihren Hülfswissenschaften, der Arithmetik, Geometrie, Mechanik, Chemie u. s. w. durchaus bedurft haben, um schon im 12. und 13. Jahrhundert die grossen und ausgezeichneten Kirchenbauten und weltlichen Gebäude, unter den letztern die Rathhäuser und Paläste, z. B. Friedrichs I. in Hagenau und Gelnhausen, die Brücken, z. B. in Regensburg und Venedig, u. s. w. aufführen zu können. Die Baukunst mit ihren Hülfswissenschaften und Hülfskünsten, namentlich der Malerei , Skulptur und Giesserei, [360] ist unmöglich von den christlichen Germanen neu erfunden und ausgebildet worden, sondern sie sind darin nur die reichen und glücklichen Erben der Griechen und Römer, der Byzantiner, haben jedoch das schöne Erbe den neuen Ideen des christlich-germanischen Geistes dienstbar gemacht und entsprechend um- und neugestaltet. In den eroberten Ländern, wo überhaupt nicht nur alle römische Bildung nicht untergegangen, sondern in Spanien, Frankreich, Italien, England, – einem Theile der romanischen, italienischen und französischen Schweiz u. s. w. so viel übrig geblieben war, dass sie allmählig die Eroberer zu überwinden und diese zu den romanisehen Völkern umzubilden vermochte, fanden die Germanen entweder die Baumeister und Handwerker zur Erbauung ihrer Kirchen aus der römischen Zeit noch vor, oder sie liessen dieselben aus den übrigen römischen und griechischen Ländern dahin kommen, wie es schon vorher die Römer zuerst mit den etruskischen und später mit den griechischen Baumeistern, Künstlern und Lehrern gethan hatten. Das alte Rom liess besonders seine Tempel und noch mehr seine Cloaken durch die etruskischen schon mit dem Gewölbebau bekannten Baukünstler bauen. Als das älteste urkundlich bestätigte Denkmal des Gewölbebaues, und zwar im Keilschnitt, gilt die Cloaca maxima zu Rom aus der.Zeit des Tarquinius Priscus.1) Kugler, Kunstgeschichte (dritte Ausgabe) I. S. 92, glaubt, dass die Etrusker das Keilsteingewölbe vielleicht aus Aegypten überkommen haben, wo es sich, nach den uralten Ziegelgewölben der Urzeit, bereits in den Gräbern der 26. Dynastie vorfindet. Auf dem unter den tarquinischen Königen gegen das Ende des 6. Jahrhunderts vor Chr. vollendeten Jupitertempel auf dem Capitole zu Rom stand ein zu Veji in Etrurien gearbeitetes Viergespann.2) Die alten römischen und griechischen Baumeister konnten übrigens den germanischen Christen nur das Technische lehren, den neuen Geist aber brachten und hatten diese [361] selbst, und so erwuchs in ihnen und bei ihnen die christlichgermanische Baukunst als ihre eigenste, nicht ererbte und erlernte. Daher finden wir schon im 13. Jahrhundert und bis auf die Zeit des Mailänder Dombaues in Italien sehr oft deutsche Baumeister, entweder allein oder mit und neben italienischen Baumeistern.1) So zog z. B. im Jahre 1155 der Mönch Wilhelm (aus Innsbruck) aus dem Kloster St. Egydien zu Nürnberg mit mehreren Genossen nach Italien, schloss sich anfänglich einer venetianischen Baugesellschaft an, gründete aber später eine eigene Gesellschaft und baute, von den Italienern Guilielmo Tedesco genannt, unter Anderem den angeblich von Bonano 1174 vollendeten, hängenden Thurm zu Pisa. Um dieselbe Zeit wanderte ein anderer deutscher Mönch, Jacob von Stein, vom Kloster Hirschau aus mit einer Anzahl bauverständiger Laienbrüder nach Italien, besuchte mehrere Städte und baute endlich unter dem Namen Jacobo di Lapo, welchen ihm die Italiener gaben, um das J. 1228 die Frauenkirche zu Assisi.2) Ob Duschetto, der erste Baumeister des 1063 in Pisa gegründeten Domes, ein Grieche gewesen sei, wie Einige meinen, ist unerwiesen; der Name deutet keineswegs darauf hin, und das Gebäude hat nicht die mindeste Aehnlichkeit mit byzantinischen Kirchen. Steinmetzmeister Arler von Gmünd von den Italienern nachher Henrico da Gamondia genannt, zog mit seinen Gehülfen nach Mailand, wo er den wundervollen Dombau unternahm. Damals wurden in Mailand noch ausserdem sechzehn Stadtthore in deutschem Style gebaut, daher er nicht der einzige deutsche Meister daselbst gewesen sein kann. Später waren am Dombau als Werkmeister angestellt Johann von Freiburg seit 1391 und Ulrich von Freising, welchem gleichfalls deutsche Meister folgten. Auch zum Bau des Domes von [Orvieto] ward eine deutsche Baugesellschaft berufen, welche unter Anführung ihres Meisters Peter Johannes 1290 dahin zog. Nach Andern soll dieser Bau einem berühmten italienischen Meister, Lorenzo Maitani, übertragen worden sein. Möglich, dass er wirklicher Bau- [362] meister, Johannes nur Werkmeister der Steinmetzhütte gewesen, welche die Italiener Schola nannten, wogegen die Bauhütte Loggia hiess; möglich aber auch, dass er des Deutschen Nachfolger war, denn der Bau dauerte viele Jahre. Ferner zogen die deutschen Meister nach Schweden und bauten in Stockholm und Linköping. Wieder Andere wurden von den deutschen Rittern nach Preussen berufen, wo sie und zwar in Marienburg1) und Marienwerder zu bauen hatten. Selbst nach Spanien, sagt man, seien deutsche Meister berufen worden, indem den Dom zu Burgos zwei Brüder, Meister Johann und Simon von Cöln, gebauet haben sollen. Doch die meisten deutschen Bauleute wanderten zu Ende des 13. und zu Anfang des 14. Jahrhunderts, in zahlreichen Gesellschaften, nach England und vorzüglich nach Schottland, wo die einheimischen Künstler nicht im Stande waren, dem Verlangen der Geistlichkeit nach neuen prächtigen Kirchen zu genügen. Es wurden damals in Schottland sogar viele alte Kirchen eingerissen, um sie in dem grandiosen Style der Deutschen aufzuführen. Denn dieser sprach die Schotten so ausserordentlich an, dass bei ihnen noch bis in das 17. Jahrhundert darnach gebaut ward, zu einer Zeit, da diese Bauart auf dem Continente schon längst durch den modernen Baustyl verdrängt war.2) Deutsche Meister sollen namentlich auch die Abtei zu Kilwinning in Schottland erbauet haben.3) Früher wandte sich der Bruder Claudius Schwobak von Bamberg mit seinen Bauleuten nach Wien , wo er im J. 1190 den Bau der dasigen Tempelherrnkirche begann.4) Die deutschen Baumeister, welche in und ausser Deutschland besonders seit dem Ende des 12. Jahrhunderts in den schönsten Werken den Ruhm der deutschen Baukunst gründeten und verkündeten, waren vorzüglich gebildet und ausgegangen an und von den deutschen Hauptkirchenbauten und Bauhütten zu Strassburg, Cöln, Wien [363] und Zürich (später Bern). Die vier Haupthütten deutscher Baukunst an diesen vier Orten sind in aller und jeder Hinsicht den heutigen Bauakademien, höheren Bauschulen zu vergleichen, oder sind nur die Bauakademien und höheren Bauschulen des Mittelalters. Strassburg war wieder die berühmteste, die erste und oberste der vier deutschen Bauhütten, weil sein schon im Jahre 1015 durch Werner, Graf von Habsburg und Bischof zu Strassburg, gegründeter Dom wirklich Jahrhunderte erforderte, um in seiner ganzen Grösse und Schönheit vollendet zu werden, also auch Jahrhunderte hindurch dort der praktische und vorzüglichste Bauunterricht ertheilt und geholt werden konnte. Die Stiftung und das Emporblühen der deutschen Hauptbauhütten als der praktischen Bauschulen oder Unterrichtsanstalten , die Blüthezeit der deutschen Baukunst geht deshalb unmittelbar voran der Zeit, oder fällt dann mit ihr zusammen, in welcher in Italien, Frankreich, England, Spanien und Deutschland sich wieder wissenschaftliches Leben zu regen beginnt, und die Universitäten entstehen, in Italien Bologna, 1) Ferrara, Padua, 2) Perugia (1307), Piacenza (1243), Pisa (1339), Ravenna, Reggio, Salerno (für Arzneikunde), Siena, Treviso (1260), Vercelli, 3) Vieenza, Neapel, – in Frankreich Paris, 4) Montpellier, 5) Orleans 6) und Toulouse, 7) – in England Cambridge (1302) und Oxford (um 1300), – in Deutschland Heidelberg (1348) und Prag (1348 8)), und in Spanien Salamanca (1222). Das geistige Leben der Menschen und der Völker ist eben ein durchaus einheitliches, derselbe Geist durchdringt alle Seiten des Lebens, oder wo Leben ist, muss der Geist sein, und umgekehrt; daher kann die Geschichte der germanischen Baukunst, der wirklichen und symbolischen Maurerei, der Bauhütten nur geschrieben und begriffen werden mit der Geschichte der christlich-germanischen Bildung und Wissenschaft, besonders aber der Universitäten. Wie sich die gesammte christlich-germanische Welt und Bildung an die Kirche, an die Geistlichen und darunter namentlich [364] an die Mönchsorden anlehnt, weil sie bei den Germanen zuerst lernten und lehrten, so auch und noch mehr die Kirchenbaukunst; die Geistlichen und Mönche bekehrten die Germanen nicht allein zum Christenthum, sie bauten ihnen auch die ersten Kirchen und Dome, sie waren die ältesten Baumeister bei denselben. Wie in Deutschland den Universitäten die Klosterschulen z.. B. von Fulda, Reichenau, Korwei, Bremen, Hildesheim, Lüttich, Augsburg, Freisingen u. s. w. vorausgingen, so gingen auch die klösterlichen Baubrüderschaften, besonders der Benediktiner und Cisterzienser, den bürgerlichen Bauzünften, die romanische oder byzantinische Bankunst der gothischen oder französisch – deutschen Baukunst als der Baukunst dieser voraus. Die um die Baukunst hochverdienten und damit wesentlich zusammenhängenden Benediktiner und Cisterzienser hatten die Gewohnheit, zur Erbauung und Besetzung eines neuen Klosters zwölf des Bauens kundige Klosterbrüder (fratres structaarii, lapidarii seu latomi, – Steinmetzen, caementarii), welche aus ihrer Mitte sich den Vorsteher (Abt) und zugleich Werkmeister (magister fabricae) erwählten, auszusenden. Zwölf Mönche, zwölf Baubrüder gehörten also zu einem neuen Kloster und zu einer klösterlichen Bauhütte1) und vermuthlich stammt von dieser alten klösterlichen Zwölfzahl die in Antwort 72 des ältesten englischen Lehrlingsfragestückes erscheinende, sehr auffallende und sonst hier nicht leicht erklärliche Eilfzahl. Der Verfall und die Ausartung der Klosterschulen, wie z. B. um das Jahr 1291 in St. Gallen, wo früher so viel für Bildung geschehen war, der Abt und das ganze Capitel nicht schreiben konnten,2) womit gewiss auch der Verfall und die Ausartung der klösterlichen Baubrüderschaften Hand in Hand ging oder gleichen Schritt hielt, bahnte den Universitäten3) und bürgerlichen Bauzünften den Weg, machte sie nothwendig, sie waren ein Bedürfniss der neuen Zeit und [365] des neuen Zeitgeistes. Fast ähnlich verhält es sich mit dem Schreiben und Abschreiben der Bücher in den Klöstern1) und mit der spätern Buchdruckerkunst und den gedruckten Büchern.

Die christlich-germanische wirkliche und symbolische Maurerei zerfällt in drei Hauptzeiträume oder Perioden. Die erste oder ältere Periode, die alte Zeit, welche bis auf Karl den Grossen oder vielleicht noch genauer bis zum Erscheinen der Mauren und Araber in Spanien während des 8. Jahrhunderts gerechnet werden dürfte, umfasst den Zeitraum, in welchem bloss oder doch vorzugsweise die Geistlichen oder Mönche bauten, die Zeit der geistlichen und mönchischen Baucorporationen, Baubrüderschaften (fratres caementarii), die Zeit des Entstehens der Kirchenbaukunst. Die zweite oder mittlere Periode, das Mittelalter, als die Zeit der allmähligen Entwickelung und der höchsten Blüthe der eigentlichen Kirchenbaukunst in der gothischen Baukunst, welche bald von den eigentlichen Bauleuten, den Steinmetzen und Maurern in befreiten (privilegirten) Genossenschaften, den Bauzünften und Bauhütten oder Logen ausgeübt wurde. Die dritte oder neuere Periode, die Neuzeit, darf bezeichnet werden als die Zeit des Aufhörens der Kirchenbauten und des Untergangs der eigentlichen Baukunst, des Steinwerkes, weshalb nur noch die symbolische Maurerei sich thätig erhält und die eigentlichen befreiten Maurer sich von blos symbolischen Maurern, den Freimaurern nach dem Beispiele der vier zu der neu-englischen Grossloge vereinigten Logen zu London seit dem Jahr 1717 völlig getrennt sehen. In der ersten Periode herrscht der Geist, das Wissen und die Verfassung der griechisch-römischen Baukunst, der römischen und byzantinischen Baumeister und Corporationen vor und wird unter der Leitung der Kirche die christlich germanische Zeit nur vorbereitet; es bauen die Kirche und die Mönche. In der zweiten Periode erstehen auf der Unterlage der römischen und byzantinischen Baucorporationen und gleichsam aus den Trümmern derselben die reinen christlich-germanischen Bauzünfte und Bauhütten , die Baugenossenschaften mit [366] ihrer gleichen Gesinnung, Baukunst und Gesetzgebung; es bauen die bürgerlichen Bauleute und Steinmetzen. Die Verfassung, die Freiheit, das Privilegium der Steinmetzen, der Steinwerker, der eigentlichen Maurer ist die allgemeine germanische, eine genossenschaftliche, die durch Einheit verbundene und starke Freiheit und Selbstständigkeit Aller, die gemässigte oder constitutionelle Monarchie wie sie es bei jeder andern Genossenschaft oder Corporation, bei den Universitäten, bei den Staaten selbst ist. In der dritten Periode herrscht der weltbürgerliche Sinn, das reine Menschenthum und es bauen die Weltbürger, die Menschen an dem grossen Baue der Menschheit, an dem geistigen salomonischen Tempel. Der Mönch, der Steinmetz und der Mensch, – das Römerthum, das Germanische und das Weltbürgerliche oder Allgemeinmenschliche bezeichnen die drei Perioden oder Stufen der Geschichte der Freimaurerei.

Es ist wohl kaum noch besonders hervorzuheben, dass der offene und geheime Unterricht, die Lehre in den alten Baubrüderschaften und den spätern Bauzünften und Bauhütten sich wesentlich und allein bezogen habe auf die höhere und niedere Baukunst, auf die eigentliche Baukunst oder Architektur mit allen ihren Hülfswissenschaften und auf die Steinmetzkunst, das Steinwerk. Der diessfällige Unterricht war ursprünglich und Jahrhunderte hindurch in einer zweifachen Weise gleichbedeutend mit dem gesammten Wissen, Kennen und Können der damaligen christlich-germanischen Welt; einerseits insofern die Geistlichen, von welchen der Unterricht ertheilt oder doch besonders gestützt wurde, überhaupt die Vermitteler und Träger aller Wissenschaft und Bildung waren, – andererseits insofern in der Baukunst alle übrigen und praktischen Wissenschaften aufgingen, diese letztern auf jene beschränkt waren. Von diesem Standpunkte aus und in diesem Sinne darf behauptet werden, es sei die Bildung und das (praktische) Wissen des Alterthums, der klassischen Zeiten durch die mönchischen Baucorporationen und die befreiten Bauhütten, durch die Kirchenbaukunst auf die christlich-germanischen Völker hinübergetragen, bei ihnen aufgeweckt und erhalten worden. Die Einführung des Christenthums [367] und der christlichen Bildung bei den noch heidnischen Germanen fällt ursprünglich und lange zusammen mit dem Kirchenbaue, mit dem Senden, Einführen und Festsetzen der christlichen Bauleute, der bauenden Mönche; mit den neuen Kirchen und Domen breitete sich das Christenthum unter den Germanen selbst aus und in der Kirchenbaukunst entwickelte sich, wuchs empor und blühte das Christenthum selbst. Die Kirchenbaukunst ist der höchste, lebendigste und bleibendste Ausdruck des germanisch-christlichen Mittelalters; die wirkliche und geistige aufgebauete Kirche der christlichen Germanen. Die Kirchenbaukunst, die Steinmetzkunst, das Steinwerk war das Mysterium, die geheime mündliche Lehre und der geheime mündliche Unterricht der Baubrüderschaften und der Bauzünfte der ersten und zweiten Periode und um dieses Mysterium zu erhalten und es als Meister ausüben zu können, mussten die germanischen Christen sieben Jahre lernen und dienen, sieben Jahre lernen und wandern, sieben Jahre Lehrling und Geselle sein. Was noch heute und seit dem Anfange der dritten Periode in den Logen gelehrt wird, sind nur schwache Ueberreste des frühern Wissens und besteht einzig aus dem Rituale und den allgemein menschlichen Lehren in der Hülle der Symbole, welche vorher blosse Nebensache waren und jetzt zur Hauptsache, zur noch übrigen einzigen Sache geworden sind. Statt der Steine für die Kirchen und die Dome werden nun die Menschen für die Menschheit gebildet und zur Menschheit, dem grossen geistigen Dome der Gottheit, verbunden.

In dem sogenannten Freimaurerverhöre,1) welches König Heinrich Vl. von England eigenhändig geschrieben haben soll, wird auf die ersteFrage: „Was mag wohl das Geheimniss der Freimaurei sein?“ geantwortet:

‘„Es ist dies die Kenntniss der Natur, die richtige Auffassung ihrer Werke, und der Macht, welche sich darin kundgibt; es ist ferner die richtige Anwendung dieser Natur und ihrer Gesetze, die sich nach Zahl, Mass und Gewicht verkünden, zu Allem, was des [368] Menschen inneren und äusseren Zustand vollkommener machen kann.“’

So übersetzt Polak, Geschichte der Urreligion, S. 251, die betreffende Stelle der Urkunde. Mossdorf übersetzt:

‘„Es ist die Wissenschaft von der Natur, die Kunde der in ihr liegenden Kräfte und ihrer einzelnen Wirkungen, insbesondere die Wissenschaft von den Zahlen, von Gewicht und Mass, und die rechte Art und Weise, alle Dinge zum Gebrauche des Menschen zu gestalten, hauptsächlich Wohnungen und Gebäude aller Art, und alle andere Dinge, die das Wohlsein des Menschen befördern.“’

Die Uebersetzung von Mossdorf stimmt im Wesentlichen mit derjenigen von Krause zusammen. Die Aechtheit der Urkunde, welche abschriftlich im Jahr 1696 der berühmte Philosoph Br. John Locke in der Bodleyanischen Bibliothek zu Oxford aufgefunden haben sollte, ist streitig und die Urkunde wird von den neuern deutschen kritischen maurerischen Geschichtsschreibern nach Lessings1) Vorangange meistens für unächt und untergeschoben gehalten, wie dieses auch schon früher z. B. Br. Thory in den Acta Latomorum, II. S. 11-14, und Mounier, de l’influence attribuée aux Philosophes, aux Franc-Maçons et aux Illuminés sur la revolution de France, à Tubingen 1801, S. 143 Note, gethan hatten; Krause, Fessler, Seebass, Heldmann,2) Mossdorf, Polak und Andere nahmen dagegen die Urkunde für ächt an, was sie wirklich in dem Sinne unbedingt nicht zu sein scheint, dass sie nicht von dem am 14. April 1471 ermordeten König Heinrich VI. herrührt und auch nicht in der Bodleyanischen Bibliothek zu finden ist, daher auch dort von Locke nicht abschriftlich aufgefunden worden sein kann. Die Urkunde soll zuerst auf unbekannte Weise mit dem angeblichen erläuternden Briefe Locke’s im Jahre 1748 zu Frankfurt a. M. im Druck erschienen, dann nach [369] England zurückgewandert sein, woselbst dieselbe im Septemberhefte des Gentleman’s Magazine vom J. 1753 zuerst abgedruckt wurde. Da die berührte Aeusserung Lessing’s über das Freimaurerverhör seitdem sehr häufig von Vielen, welche keine Lessing’s sind, gebraucht worden ist, um nicht blos die Falschheit dieser oder jener angeblich ächten Urkunde zu behaupten, sondern um überhaupt jeden Zusammenhang der Freimaurerei mit dem Alterthume zu leugnen, verweilen wir noch einen Augenblick dabei. Die betreffende Stelle lautet vollständig:

Ernst: Und Locke?
Falk: Was für ein Locke?
Ernst: Der Philosoph – sein Schreiben an den Grafen von Pembrock, seine Anmerkungen über ein Verhör von Heinrich des Sechsten eigener Hand geschrieben?
Falk: Das muss ja wohl ein ganz neuer Fund sein; den kenne ich nicht – aber wieder Heinrich der Sechste? – Staub! und nichts als Staub!
Ernst: Nimmermehr.
Falk: Weisst du einen gelinderen Namen für Wortverdrehungen, für untergeschobene Urkunden?
Ernst: Und das hätten sie so lange vor den Augen der Welt ungerügt treiben dürfen?
Falk: Warum nicht? Der Klugen sind viel zu wenig als dass sie allen Geckereien, gleich bei ihrem Entstehen, widersprechen könnten. Genug, dass bei ihnen keine Verjährung stattfindet – freilich wäre es besser, wenn man vor dem Publikum ganz und gar keine Geckereien unternähme; denn gerade das Verächtlichste ist, dass sich Niemand die Mühe, nimmt, sich ihnen entgegenzustellen, wodurch sie mit dem Laufe der Zeit das Ansehen einer sehr ernsthaften, heiligen Sache gewinnen. Da heisst es dann über tausend Jahre: „würde man denn so in die Welt haben schreiben dürfen, wenn es nicht wahr gewesen wäre? Man hat diesen glaubwürdigen Männern damals nicht widersprochen, und ihr wollt ihnen jetzt widersprechen?“
Ernst: O Geschichte! O Geschichte! Was bist du?

Um nun dem Ernst zu beweisen, dass es denn doch noch eine Geschichte gebe, tischt Lessing eine sehr unge- [370] schichtliche Geschichte auf und macht die Freimaurerei, Masonry zu einer angelsächsischen Masony oder geschlossenen, vertrauten Tischgesellschaft, wie auch die berühmte Tafelrunde des Königs Arthur eine solche Masony gewesen sei. Besonders sollen die Masonyen der Tempelherren im 12. und im 13. Jahrhundert in sehr grossem Rufe gewesen sein und solch eine Tempelherrn-Masony habe sich auch, trotz der Aufhebung des Tempelherrnordens, bis zu Ende des 17. Jahrhunderts mitten in London erhalten und hier fange die Zeit der Freimaurerei an, wo die Fingerzeige der niedergesehriebenen Historie freilich ermangeln; aber eine sorgfältig aufbewahrte Tradition, die so viele Merkmale der Wahrheit habe, sei bereit, diesen Mangel zu ersetzen. – Es ist dieses Alles ein leerer geschichtlicher Traum, durch welchen Lessing nur bewiesen hat, dass das Tadeln viel leichter als das Bessermachen sei. Aber durch Lessing’s Beispiel nicht gewarnt, schreibt auch Bluntschli in dem von ihm verfassten Artikel: „Freimaurer“ im deutschen Staatswörterbuche, dass Alles, was man früher von einem historischen Zusammenhange der Freimaurerei mit dem Alterthume erzählt habe, Staub und Dunst sei, und ihm schliesst sich mit Lessing’s Worten an Br. Winzer, die deutschen Bruderschaften des Mittelalters, Giessen 1859, S. V. Allein trotz der Unächtheit der Urkunde an sich sind die darin niedergelegten maurerischen Grundsätze und Ansichten nicht unächt und falsch, und wir dürfen daher nach derselben dennoch als den Zweck und die Aufgabe der Maurerei erklären, Gott den allmächtigen und allweisen Baumeister und Schöpfer in seiner Schöpfung, seiner alleinigen und ewigen Offenbarung, zu erkennen, was Polak, a. a. O., S. 248 und 267, sowie S. 285 dahin ausdrückt, dass die Freirnaurerei die Naturreligion sei. Deshalb wohl hat auch die englische Grossloge kein Bedenken getragen, die Urkunde in ihre Constitutionenbücher aufzunehmen, und halten die meisten englischen maurerischen Schriftsteller, z. B. Lawrie, History of the Freemasonry, Edinburg 1804, – Hutschinson Spirit of Masonry, London 1775, – Preston, Illustrations of Masonry, erste Ausgabe 1772 und zuletzt in der sechzehnten Ausgabe erschienen, – Entick in der [371] von ihm besorgten Ausgabe des Constitutionenbuchs der englischen Grossloge u. s. w. dieselbe für unbezweifelbar ächt. Wir theilen daher auch noch einige Fragen und Antworten der Urkunde mit:

Fr. 10. „Pflegen alle Maurer, mehr Kenntnisse zu haben, als andere Menschen?“
Das ist nicht der Fall. Sie haben nur die Gerechtsame (rechtmässigen Ansprüche) und die Gelegenheit, sich mehr Kenntnisse zu erwerben, als andere Menschen: es geht indess manchen die Fähigkeit dazu ab; und noch weit mehre lassen es an dem Fleisse fehlen, der schlechterdings nothwendig ist, um sich in den Besitz irgend einer Kenntniss zu setzen.“
Fr. 11. „Sind die Maurer bessere Menschen als Andere?“
„Einige Maurer sind nicht so tugendhaft als einige andere Menschen: allein zum grössten Theile sind sie doch besser, als sie sein würden, wenn sie nicht Maurer wären!“
Fr. 12. „Pflegen wohl die Maurer, einander so innig zu lieben, als man sagt?“ „Ja, fürwahr! und das kann nicht anders sein; denn gute und redliche Menschen, die einander als solche kennen, pflegen sich jederzeit desto inniger zu lieben, je besser sie sind.“

Krause selbst, a. a. O., I. 1. S. 96 ff. unten, sah die Urkunde nicht als vom König Heinrich VI. herrührend an, sondern war der Meinung, dass dieselbe ein schon zu dieses Königs Zeiten seit mehreren Jahrhunderten aus dem Blüthenzeitalter des Bundes vorhanden gewesener Aufsatz sei, welcher in der Absicht verfertigt wurde, um würdige Männer, die Zutritt zu der Brüderschaft suchten, oder an deren richtiger Einsieht über das Wesen und den Zweck der Brüderschaft, sowie an ihrem Wohlwollen, der Brüderschaft viel gelegen war, vorläufig, ohne Etwas von der geheimen Kunst selbst und von den Gebräuchen derselben zu verrathen, im Allgemeinen, aber wahrhaft und vollständig zu belehren. Auch wir können nach ihren schönen Aeusserungen über den Zweck und das Wirken der Maurerei die Urkunde nicht für eine absichtlich gefälschte und untergeschobene, für eine fraude maçonnique nach Mounier betrachten, son- [372] dern vormuthlich nur wurde dieselbe unbefugt veröffentlicht und deshalb allein fälschlich die Auffindung durch Locke und ihre erste Veröffentlichung im Deutschen vorgegeben.

Gleich Polak betrachten den Ursabäismus, den Noachismus und Urmosaismus, das Urchristenthum, die Naturreligion, oder welchen Namen sie sonst dem aus der Weltschöpfung abzuleitenden Gottglauben beilegen, auch z. B. Lenoir, La Franche-Maçonnerie rendue à sa veritable origine; ou l’antiquité de la Franche-Maçonnerie prouvée par l’explication des Mystères anciens et modernes, Paris 1814; – Leutbecher, Noachismus und Christenthum, Einiges zur Gewinnung eines Standpunktes für die Entscheidung der von Br. Scherbius ausgesprochenen Forderung, ein positives Christenthum in die Maurerei einzuführen, Erlangen 1844; – Heribert Rau, Mysterien eines Freimaurers, Theil 1, Stuttgart 1844, – als die Grundlehre, als den Grundglauben, als die Basis der alten Maurerei. Lenoir findet denselben Gottglauben besonders auch in der Offenbarung des Johannes niedergelegt und verweiset zugleich auf die vielen orientalischen Lichtsymbole, welche an oder in den alten christlichen Kirchen der verschiedenen europäischen Länder erscheinen. Leutbecher S. 16 seiner Abhandlung sagt: „Sehr weise handelten die alten Masonen, dass sie jene Religionsansicht, jenen Glauben zur Basis, zur Grundlehre unseres Bundes machten, der scientifisch und geschichtlich nachweisbar mit dem Urchristenthum identisch ist, und von welchem Souverain, in seinem gediegenen Werke über den Platonismus der Kirchenväter, so schön als wahr sagt: er wird mit dem Menschen geboren; er befindet sich in dem Munde und dem Herzen eines Jeden; man braucht nicht in den Himmel zu steigen, nicht die Kirchenversammlungen zu befragen, nicht in den Abgrund zu fahren, – nicht Dragonerbekehrungen anzuwenden, um ihn zu befehlen. Denselben Glauben, von welchem Cyrillus, Ruffinus, Hilarias und Hieronymus mit Recht sagen: er ist nicht auf Papier, sondern auf die Tafeln des Herzens und in das Gedächtniss der Menschen geschrieben.“ – Rau S. 229 schreibt: „Der freieste Gesichtspunkt ist allerdings der philosophische, rein humane, [373] der über jeden Cultus und jedes Dogma erhaben ist, und auf dem jeder Maurer eigentlich stehen sollte.“ Rau nennt diesen über jeder Glaubensform stehenden, rein humanen Gesichtspunkt die ewige Liebe, die Liebe zu Gott, die gleichmässig alle Menschen auf dem weiten Erdenrunde mit gleicher Liebe als Brüder umfängt. Viel zu viel Gewicht legt Polak in seiner ganzen mehr berührten Schrift und besonders S. 267 ff. darauf, dass der Gottglaube der Maurer als die Naturreligion bezeichnet werde, indem diese Bezeichnung leicht im Sinne der Naturreligionen des Alterthums so gedeutet und missverstanden werden könnte, als ob die Maurer die blosse Natur als solche für göttlich halten und verehren, woran kein Maurer und auch Polak nicht entfernt denkt und er nur Gott in der Natur, in der Welt meint, wie er darin dem menschlichen Geiste, der Vernunft sich verkündet und offenbar wird.1) Polak würde weit sachgemässer und unmissverständlicher von der Religion der reinen Vernunft, von dem höhern und reinen Gottglauben des Christenthums, des christlichen Zeitalters gesprochen haben, wornach es nur Einen Gott, nur Eine Menschheit und nur Einen Geist gibt, d. h. der menschliche Geist aus dem göttlichen stammt und daher gleich allem Göttlichen unvergänglich und ewig ist. Polak ermahnt in diesem Sinne S. 283, dass die Meister in der Loge das ächte heilige Feuer, das Feuer der göttlichen Vernunft anfachen und nähren sollen, damit es nie erlösche, soweit die vorwärts schreitende Wissenschaft die Mittel zur Unterhaltung des Feuers bietet. Die Liebe zu Gott, die Liebe zu allen Menschen und die Liebe zu sich selbst (zu dem in uns lebenden göttlichen Geiste) sind nur verschiedene Richtungen und Beziehungen der Einen und untheilbaren Liebe zu dem Göttlichen, dessen Stimme und Ge- [374] bote, Offenbarungen wir nur in uns selbst, in dem eigenen Geiste suchen und vernehmen können. Wer Gott in sich erkannt hat wird diesem Gotte als seinem Könige dienen und Gott in der ganzen Menschheit und in dem Weltalle erkennen, lieben und verehren. Auch die Ausdrücke Ursabäismus, Urnoachismus, noachitische Gesetze und Gebote, Urchristenthum und dergleichen sollte man vermeiden, weil sie durchaus nicht nöthig sind, missverstanden werden können und wir überdies nicht einmal etwas Zuverlässiges und Genaues darüber wissen, wie namentlich über den Glauben des Noah und seiner Söhne, über die angebliche geheime jüdische Priesterreligion, über das Urchristenthum und über alle diese Urdinge. Es handelt sich um den lebendigen und unangreifbaren Gottglauben der Gegenwart und ihm genügt vollkommen dieser Name; der Gottglaube und die göttlichen Symbole des Alterthums können und sollen nur zum geschichtlichen Beweise dienen, dass der Glaube an Gott so alt als die Menschheit selbst sei, – bei allen Völkern sich finde, wenn gleich in verschiedenen Gestalten und Hüllen, in ungleicher Erkenntniss und in ungleichem Masse.

Wer den rechten Gottglauben hat, - und diesen allein suchen und wollen die Maurer, – hat auch den Glauben aller Völker, aller Religionen und Religionssekten, – den Glauben der gegenwärtigen und vorausgegangenen Menschheit, wenn und soweit diese wahrhaft glauben und glaubten, und an dem grossen unsichtbaren Dome des göttlichen Geistes in der Menschheit bauen und bauten. Wer an diesem Dome, an dem himmlischen Jerusalem, an der unsichtbaren Gottesstadt bauet und ernstlich bauen will, ist ein Maurer ein Gottesstreiter, ein das Licht Suchender und Findender, ein dem göttlichen Dienste Geweihter. Gott ist nicht der ausschliessliche Gott der Juden, der dogmatischen Christen, sondern ein Gott aller Völker und aller Menschen, der gesammten Menschheit; man kann ein Gottgläubiger ein Christ sein, ohne ein Jude, ein Katholik, ein Protestant u. s. f. mit seinem bestimmten und ausschliessenden, alleinseligmachenden Glauben und Dogma zu sein. Ausschliesslichkeit, Unduldsamkeit, Verachtung und Verfolgung Andersglaubender ist dem Maurer fremd [375] und er nennt alle Menschen seine Brüder, und des gleichen Gottes Kinder, welche Gott und die Unsterblichkeit glauben und die Tugend nach besten Kräften üben. Mit Recht sagt deshalb Br. Merzdorf zu Oldenburg im Anfange seiner Schrift: die Symbole, die Geschichte, die Gesetze und der Zweck der Masonei, Leipzig 1836, unter Bezugnahme auf Krause: „Die Masonei betrachtet daher alle Menschen als Brüder und schliesst Keinen, der an Gott, Moral und Unsterblichkeit glaubt, aus.“ Ueber den Zweck und die Aufgabe der Freimaurerei sind im Uebrigen die ganz ausgezeichneten Artikel: Freimaurer und Freimaurerei in Mossdorf’s oder Lenning’s Encyklopädie zu vergleichen, wodurch man namentlich einen vollständigen Ueberblick der sachbezüglichen Literatur bis auf jene Zeit erhält. Lesern, welchen die Zeit oder die Lust mangelt, sich über die auf die neuere deutsche Freimaurerei so einflussreich und bestimmend gewordenen, aber nur durch die schmählichsten Verfolgungen und Verleumdungen gelohnten Ansichten und Forschungen Krause’s in dessen grössern Schriften, namentlich in den zwei starke Bände füllenden Kunsturkunden, – in dem Urbilde der Menschheit, vorzüglich für Freimaurer, Leipzig 1811, - und in der höhern Vergeistigung der ächt überlieferten Grundsymbole der Freimaurerei in zwölf Logenvorträgen, Dresden 1820, – zu unterrichten, darf empfohlen werden Lindemann, übersichtliche Darstellung des Lebens und der Wissenschaftslehre Carl Chr. F. Krause’s, und dessen Standpunktes zur Freimaurerbrüderschaft, München 1839. Den kurzen Abriss des leidenvollen Lebens Krause’s, welchen Lindemann mittheilt, wird Niemand ohne den tiefsten Schmerz lesen. Krause konnte im weiten deutschen Vaterlande keine Stätte seines Wirkens, keine philosophische Professur und kaum einen Lebensaufenthaltsort finden. Der Leichenzug des hochverdienten Weisen und für Ausbreitung des allgemeinen Menschenwohles so ausserordentlich thätigen Mannes, wer sollte es glauben, bestand neben dem Geistlichen einzig aus einigen seiner trauernden Kinder, einem Bekannten und fünf Schülern, welche letztere, sammt einem dazu erbetenen jungen Gelehrten (Lindemann?) zu Ende des Monats September 1832 in München, [376] woselbst, am 27. September des Abends um halb 10 Uhr Krause plötzlich an einem Schlagflusse gestorben war, den Sarg zum Grabe trugen. Vielleicht weiss man die Stelle des Kirchhofes nicht mehr, welche die irdischen Ueberreste des edlen Menschenfreundes birgt. Krause hatte an 27. September des Abends um halb 9 Uhr noch an seine Werken gearbeitet und verschied mit den Worten im Kreise der Seinen: „Es drückt mir das Herz ab; – lebt wohl ihr Kinder!“ Dass Krause in München sterben durfte verdankte er gewissermassen nur der Verwendung des Philosophen F. Bader und der Gunst des damaligen Ministers Fürsten von Wallerstein. Mossdorf in dem Artikel: Freimaurer S. 272 hebt aus dem Constitutionsbuche der Loge Archimedes zu den drei Reisbrettern in Altenburg S. 17 für das sittliche Handeln der Freimaurer nachdrücklichst den Grundsatz hervor:

‘„Handle so, wie ein Mensch, der von der reinsten Achtung für Recht und Pflicht, für Gott und Menschen durchdrungen ist, handeln soll.“’

Krause war Mitglied dieser Loge zu Altenburg und derselben im April des Jahres 1805 durch den ihm befreundeten Br. Schneider zugeführt worden.

Endlich darf hier noch auf einen Vortrag verwiesen werden, welchen im 24. Juni 1848 in der Loge zu Zürich der am letzten Auffahrtstage in den ewigen Osten abberufene hochbejahrte Br. Hottinger gehalten hat und der auch unter dem Titel: Rückblicke auf die Vergangenheit und Aussichten in die Zukunft nebst einigen Worten über Freimaurerei (Zürich 1848) im Druck erschienen ist. Hottinger sagt hier.

‘„Die Maurerei will als rein menschliche Anstalt (d. i. als ein Verein freier und gebildeter Männer) jeden Einzelnen der ihr Angehörenden befähigen, gemäss der ihm von Gott angewiesenen Bestimmung ein würdiges und nützliches Glied der grossen Kette der zur Unsterblichkeit geschaffenen Wesen zu sein. Sie will auf diesem Wege zugleich ihren Beitrag leisten zur Veredlung der Menschheit im Allgemeinen. Das ist der gewiss reine Zweck, der eigenthümliche Grundgedanke derselben, [377] ältern und neuern maurerischen Werken ausgesprochen finden. Es zerfällt demnach ihre Aufgabe in eine doppelte für das innere geistige Leben ihrer Glieder einer- und für das äussere oder sociale anderseits; oder ich will lieber sagen, für ihre Bildung als freie geistige, zur Unsterblichkeit geschaffene Wesen einer- und für diejenige der für das irdische Leben unter menschlichen Gesetzen bestehenden Gesellschaft anderseits (S. 21).“’

Die eigenthümliche, innerlich wahre Aufgabe die der Maurerbund auch für alle Zukunft, sie mag sich gestalten wie sie will, mit ruhigem Gewissen festhalten und verfolgen darf, ist und bleibt nach Hottinger (S. 27) diejenige eines erleuchteten, auf allgemeine Menschenliebe begründeten Kosmopolitismus, der weder positive Religiosität, noch Vaterlandsliebe aufhebt; desjenigen Kosmopolitismus, den auch Christus geheiligt hat, als er den Samariter lobte, der die Wunden des fremden Glaubensgenossen verband, während Pharisäer und Levit bei dem eigenen Glaubensgenossen ungerührt vorüberwandelten. Hottinger hält den Grundgedanken der Maurerei für so alt als die Menschheit, ihre Erscheinung im äussern Leben und die Systeme, die unmittelbar nach dieser Erscheinung sich ausbildeten, mögen nun früheren oder spätern Ursprungs sein. In dem gleichen Sinne wird in dem vorangeführten englischen Freimaurerverhöre auf die zweite Frage, woher das Geheimniss der Freimaurerei seine Entstehung habe, geantwortet, dass es zugleich mit den ersten Menschen im Osten, welche früher als die Menschen im Westen gewesen, entstanden und besonders durch die handelfahrenden Phönicier über das rothe Meer, woher sie nach Phönicien gekommen, und über das mittelländische Meer den Abendländern zugetragen worden sei. Das Freimaurerverhör fasst dabei das Geheimniss der Freimaurerei im universalhistorischen Sinne als gleichbedeutend mit der menschlichen Cultur überhaupt und lässt es daher alle menschlichen Wissenschaften von der Architektur an bis auf die Religion in sich begreifen: allein im engern und besonderen Sinne ist ihm die Freimaurerei nur die Kunst, gut und vollkommen zu werden (ars boni et aequi) ohne [378] die Antriebe der Furcht und der Hoffnung, d. h. Gott um Gottes selbst willen und ohne irgend ein persönliches Interesse zu dienen, wie dieses auch die Grundlehre der Brahmanen ist.1) Die indische Lehre ist besonders in der Bhagavad-Gítá ausgeführt und darnach soll der Mensch unbedingt auf die Früchte seiner Handlungen verzichten, den Erfolg seiner Handlungen mit völliger Gleichgültigkeit betrachten, indem er seine Handlungen in die Gottheit niederlegt. So heisst es z. B. in der Bhagavad-Gítá:

„Im Handeln sei des Werths Würdgung, in den Früchten dir nie und nie.
Nicht sei, dem Handelns Frucht Grund ist; Sucht nicht sei nach Nichthandeln dir.
Vertieften Geists, von Sehnsucht frei, so handle, Goldverschmäher, du,
Ob erfolgreich, erfolglos, gleich; Gleichmuth Vertiefung wird genannt. 2)

XXV.
Das Bauen des Maurers.


Eine Gesellenansprache.

Meine sehr lieben Brüder Gesellen! Dem Auftrage des s. e. M. v. St., Ihnen den ersten Unterricht zu ertheilen, entspreche ich, indem ich Ihnen mit Rückert zurufe:

Mache deinem Meister Ehre, o Geselle, baue recht!
Wie das Mass er hat genommen, nimm die Kelle, baue recht!
Nicht um deine Mitgesellen sorge, wie sie mögen bau’n;
Dafür lass den Meister sorgen, deine Stelle baue recht!
Frage nicht, was mühsam heute deine Hand gefügt, wie bald
Wohl im Sturm der Zeiten es zerschelle, baue recht!
Lass nicht deinen Unmuth fragen, welch’ Bewohners Ungeschmack
Künftig die von dir gebaute Wand entstelle, baue recht!

[379]

In diesen inhaltschweren, kurzen Sätzen liegt eingeschlossen die ganze Lehre, wie der Maurer bauen müsse, wolle er recht bauen und seinem Meister Ehre machen. Was der Buchstabe G in dem 5eckigen flammenden Sterne nur hieroglyphisch andeutet, die menschliche Lebenskunst, die menschliche Geometrie, liegt hier deutlich aufgeschlossen.

Der ächte Maurer ehret zunächst den Meister, indem er sich nicht vermisst, selbst das Mass zu nehmen, denn der Meister hat das Mass schon genommen und reicht dem Gesellen nur die Kelle, um nach dem vorgeschriebenen Masse zu bauen. Der Meister, der das Mass genommen und wonach jeder treue Bruder nur bauen soll, ist der Meister der Meister, der allmächtige Baumeister der Welt, Gott im Himmel oben, welcher der Menschheit und allen einzelnen Menschen durch die ihnen verliehene Vernunft in seiner ewigen Weisheit ihre Aufgabe und ihr Ziel gesetzet. Die Menschheit im Ganzen soll den Geist Gottes in der Geschichte darstellen, soll der Mensch gewordene göttliche Geist sein; die Menschheit ist nach dem der Philosophie Plato’s entlehnten Ausdrucke der alexandrinischen Christen und besonders des Evangeliums Johannes der Eingeborne Sohn Gottes, der Mensch gewordene Gott. Die Bestimmung der Menschheit und darin auch jedes einzelnen Menschen ist also eine göttliche, ist die Verwirklichung des göttlichen Geistes, des göttlichen Logos, der göttlichen Idee in der Weltgeschichte, in der Zeit. Die Menschheit und die Weltgeschichte sind die lebendige That des göttlichen Gedankens und Wortes, sind das Ebenbild Gottes oder sollen es wenigstens sein. Das tiefste und innerste Wesen des Christenthums besteht darin, die Einheit Gottes und der Menschheit, die göttliche Bestimmung des menschlichen Geschlechts erfasst und ausgesprochen zu haben. Christus ist in dieser Hinsicht die ganze Menschheit und der Mensch selbst, indem die Menschen den ihnen innewohnenden göttlichen Geist, das Gesetz Gottes darlegen sollen, – indem in ihnen Gott sich offenbart und zeitlich ist. Plato am Schlusse seines Timaeus sprach dieses, wenn auch mit weniger Vollkommenheit, also aus: „Indem dieses Weltganze sterbliche und unsterbliche Bewohner erhielt und davon erfüllt ward, [380] wurde es zu einem sichtbaren, das Sichtbare umfassenden Beseelten, ein sinnlich wahrnehmbarer Gott, das Abbild des nur der Vernunft zugänglichen Gottes, der grösste und beste, der schönste und vollkommenste der Götter, dieser einzige Himmel, der ein Geborner ist.“ – Christus sagt dagegen im Evangelium Luc. 17, 21, dass das Reich Gottes in uns sei. Die Menschheit ist mithin die sichtbare, die lebende Gottheit; trägt die Gottheit als Vernunft in dem eigenen Geiste, als Gewissen in der eigenen Brust. Wer an Gott glaubt und auf Gott vertrauet, erfüllet Gottes Willen, unterwirft sich Gottes Fügung und nimmt die Kelle, um nach dem göttlichen Plane und Gesetze zu bauen, wo ihm auch immer bei dem Baue seine Stelle angewiesen worden sein möchte.1) Der gottgläubige Meister entwirft nicht selbst den Lebensplan, er strebt nur zu erkennen und zu vollbringen, was ihm das höhere Schicksal, was ihm der Himmel auferleget. Nicht die Stunde der Geburt und nicht die Stunde des Todes steht in des Menschen Macht; der Mensch tritt in das Leben und verlässt es wieder, wenn der Meister ruft. Selbst in der kurzen Spanne Zeit, welche dem Menschen von der Wiege bis zum Sarge zu leben vergönnt ist, vermag er blos zu erreichen und zu schaffen, was Gott beschlossen hat. Nimmer erkühne sich der sterbliche Maurer, in frevelndem Eigendünkel und in stolzem Uebermuthe der [381] göttlichen Führung sich zu entziehen und ihr den eigenen Willen entgegenzusetzen, den wie schon Aeschylos mahnte:

Droben ja wacht ein Auge stets,
Das von den heiligen Höh’n herab
Alles im Nu vernichtet.

Zu allen Zeiten und bei allen Völkern wurde daher die Frömmigkeit, d. h. die Ergebung in den Willen Gottes, in das göttliche Geschick als die höchste aller menschlichen Tugenden gepriesen. Der Weg zur Frömmigkeit und Gottergebenheit ist die Selbstbezwingung, die Entsagung des eigenen Willens, das Bauen nach dem schon entworfenen Plane des Meisters. In dieser Beziehung spricht auch Buddha:

Wer zehnmal Hunderttausende besiegt im Kampf, ist wohl ein Held. Doch gröss’rer Held fürwahr ist Der, so auch nur einmal sich besiegt. Sich selber zu besiegen ist schönrer Sieg als Schlachtensieg:
Der Sieg dess der sich selbst bezähmt, der stets sich zu beherrschen weiss.

Daher, mein Bruder,
Wie das Mass Gott hat genommen, nimm die Kelle, baue recht!

Der ächte Maurer bauet sodann an der ihm durch Gott zugetheilten Stelle, ohne sich jemals von seinen trägen und pflichtvergessenen Mitgesellen beirren zu lassen und über sie nur dem Meister die Sorge und das Gericht anheimgebend. Wie oft und wie leicht wird der Mensch in der kleinen und in der grossen Loge oder Welt muthlos und glaubt das eigene Ermüden entschuldigt, sieht er neben sich seine Mitgesellen rasten und fehlen; jedoch der ächte Maurer lernt an den fremden Fehlern nur die eigenen meiden und greift an seiner Stelle um so rüstiger zur Kelle, wenn Andere sie gewissenlos liegen lassen oder ablegen. Am wenigsten aber darf er sich zum Tadler und Richter seiner säumenden Mitgesellen aufwerfen, indem er dafür den Meister sorgen lassen soll; die eigene strenge Pflichterfüllung, das feste Beharren auf der eigenen Stelle sei der einzige stille Tadel Derjenigen, welche pflichtwidrig und feig ihre Stelle verlassen haben. Der ganze grosse Bau wird gewiss zuletzt gelingen und in Stärke und Schönheit vollendet werden, wenn ein Jeder weise und entschlossen nur an seiner Stelle bauet. Darum [382] murre und klage auch Keiner über die ihm gerade zugefallene Stelle, da ein Jeder doch Mitarbeiter ist an dem Einen grossen Baue der Menschheit und der Gottheit und alle Stellen besetzt werden mussten, sollte der Bau aufgeführt werden. Darauf beruht die sittliche Weltordnung, die Harmonie des Weltganzen, dass Alle an ihrer Stelle stehen und dort recht bauen; deshalb ist auch der Staat, die Vereinigung der Menschen zu einem organischen Ganzen, eine Vernunftnothwendigkeit, ein göttliches Gesetz und nur in dem Staate kann sich das wahre menschheitliche Leben entwickeln und gestalten. Auch verleiht nicht die Stelle an sich das Verdienst, sondern die Pflichttreue, mit welcher ein Jeder seiner Stelle obliegt. Also

Nicht um deine Mitgesellen sorge, wie sie mögen bau’n;
Dafür lass den Meister sorgen, deine Stelle baue recht!

Auch kann es den ächten Maurer nicht kümmern, wenn, was er so mühsam und lange gebauet, der Sturm der Zeiten umtobet und bald wieder zerstört. Vergänglichkeit ist das Loos der menschlichen Werke und der Menschen selbst, wie Homer so schön singt:

Gleich wie die Blätter im Walde, so sind die Geschlechter der Menschen:
Blätter verweht zur Erde der Wind nun, andere treibt dann
Wieder der knospende Wald, wenn neu aufblühet der Frühling:
So des Menschen Geschlecht, das wächst und jenes verschwindet.

Ob auch die Menschen und ihre Geschlechter vergehen, die Menschheit selbst bleibt unvergänglich bestehen und wird die zerstörten Bauten bald wieder dauerhafter und schöner auferbauen. – Nicht die Zukunft, blos das Heute gehört dem Lebenden, weshalb nur lebt, wer heute stets erfüllt, was ihm die Pflicht gebietet; über die Zukunft wird aber der Himmel wachen. In den Gedanken des unerforschlichen Gottes dringt kein sterbliches Auge, daher wir beruhigt zu dem Himmel aufblicken sollen, wie auch Alles um uns stürzt und fällt. In der Ilia. I. 216 bis 219 sagt daher Achilleus:

Eurem Gebote, o Götter, soll willig der Sterbliche folgen,
Wenn auch im Sturme das Herz sich empört, denn so ist es besser;
Ja, wer den Göttern sich füget, ihn hören sie gerne auch wieder.

[383] Was wir als Zerstörung jammernd beklagen, ist gewiss nur verdiente Strafe oder der Anfang künftiger Schöpfung und Grösse. Aus dem griechisch-römischen Leichenfelde entsprossten die christlich-germanischen Staaten, aus dem untergehenden Alterthume die grössere und mächtigere neuere Zeit, die herrliche Gegenwart; was an dem einen Orte zerstört wird, bauet man an einem andern Orte wieder auf. Ueber Unglück und Trümmer geleitet sicher das tröstliche Vertrauen auf den Ewigen, der in dem Himmel wohnt und welcher allein bestimmt, was vergehen und was bestehen soll. Geht auch die Sonne des Abends unter, bringt sie doch der strahlende Morgen zurück; ja Abend und Morgen selbst sind nur eine Täuschung des irdischen Menschen und die himmlische Sonne gehet weder auf noch unter, sondern leuchtet unveränderlich in demselben Lichte. Mein wackrer Bruder,

Frage nicht, was mühsam heute deine Hand gefügt, wie bald
Wohl im Sturm der Zeiten es zerschelle, baue recht!

Endlich muss dem Maurer der menschliche Tadel und die Missachtung seiner Bauten gleichgültig sein, denn er hat nicht wegen der kurzsichtigen Menschen, sondern wegen des göttlichen Meisters gebauet; zu bauen und gebaut zu haben, sei des freien Maurers einziger Lohn und Preis. Wohl mag uns der Unmuth beschleichen, wenn harter Tadel und Verachtung trifft, was wir des Lobes und der Bewunderung werth gewähnt und vielleicht auch werth ist; aber verliert das vollendete Werk wirklich an seinem Werthe, wenn es der Unverstand nicht versteht und der Ungeschmack nicht schön findet? Die Letzteren haben ja das Mass nicht genommen, sondern der Meister; daher erwarte dessen Urtheil, wen der Menschen Urtheil verletzt und missmuthig macht. Nicht das irdische, sonder das himmlische Gericht ist das letzte, der Maurer baue nur so, dass er das Gottesgericht nicht zu fürchten hat. Wer ohne Furcht und Zagen dem Tage des letzten Gerichtes entgegenblicken darf, hat recht gebauet und wird trotz aller Verkennung durch die Menschen in den Himmel eingehen. Wie der Psalmist sagt: [384]

Denn gerecht ist der Ewige,
Gerechte Werke liebt er:
Auf die Rechtschaffenen schauet sein Antlitz.

Zum Zeichen und zum Symbole, dass Gott die ewige Gerechtigkeit sei, trägt bei den Maurern der Meister vom Stuhl, als das Symbol des allmächtigen Weltschöpfers, des allmächtigen Baumeisters der Welt, das Winkelmass, woran jedem Br. nach seinem Verdienen der Lohn zugemessen werden soll. Das Winkelmass ist mithin ein menschliches und göttliches Werkzeug, das Symbol der Menschheit und der Gottheit. Der Mensch soll nach dem Winkelmasse, d. i. gerecht, leben und bauen, damit ihn Gott auch gerecht richten und lohnen könne; durch das rechte Mass auf Erden soll der Mensch sich das rechte Mass im Himmel erwerben, sich gleichsam die Erde zum Himmel bauen. Der Maurer soll das Winkelmass gebrauchen, sich zum cubischen Steine formen, um als solcher in den unsichtbaren Bau der Menschheit und der Gottheit eingefügt zu werden. Die Bausteine wählt und verwirft der allmächtige Baumeister, denn er allein hat das Mass.

Lass nicht deinen Unmuth fragen, welch’ Bewohners Ungeschmack
Künftig die von dir gebaute Wand entstelle, baue recht!
Mache deinem Meister Ehre, o Geselle, baue recht!

XXVI.
Das Gewissen als das Winkelmass des Gesellen.


Eine Gesellenansprache.

Meine sehr lieben neu aufgenommenen Gesellen! , In dem ersten Grade ertheilte Ihnen die Maurerei das Licht als das Symbol des ewigen Lichtes, der Gottheit, und verkündete damit, dass ein ewiger und einziger Gott sei, welcher Himmel und Erde und mit ihnen die Menschheit geschaffen habe und regiere. Wer die Welten und Weltsysteme in dem unendlichen Himmelsraume erblickt, ahnet [385] und weiss darin den unendlichen Gott und Schöpfer. Der zweite Grad reicht Ihnen das Winkelmass, um darnach Ihre Handlungen und Ihr Leben abzumessen und stets in dem rechten Masse zu erhalten, um die Messkunst oder die Lebenskunst zu erlernen; wollen Sie mitbauen an dem grossen Baue der Menschheit, wollen Sie menschliche Baumeister werden, müssen Sie das Winkelmass ergreifen. Doch vielleicht werden Sie entgegnen, dass an dem Winkelmasse die menschlichen Handlungen nicht wirklich gemessen werden können, dass also die Maurerei Ihnen Nichts gebe und helfe, wenn dieselbe blos das Winkelmass besitzen sollte. Allein Sie werden dennoch das Winkelmass erfassen, wenn Sie vernehmen und verstehen, dass dasselbe mir das Symbol jenes Masses sei, welches der Mensch und die Völker in der That von der gütigen Gottheit empfangen haben und woran eben so leicht als sicher alle menschlichen Handlungen als gute und böse, als gerechte und ungerechte gemessen und erkannt werden können. Dieses göttliche und himmlische Mass ist das Gewissen, welches ein jeder Mensch und ein jedes Volk, die ganze Menschheit als den unbestechlichen und unvertilgbaren Richter des Guten und des Bösen, als die Gottesstimme und das Gottesgericht in dem eigenen Herzen trägt und dem wir unverbrüchlich folgen sollen. Indem daher die Maurerei Ihnen zuruft, das Winkelmass zu dem ersten Werkzeuge Ihres Lebens zu machen, gebietet sie Ihnen, gewissenhaft zu handeln und zu leben, die Stimme Ihres Gewissens zu hören und niemals Etwas zu thun, was der innere Richter verbietet und verurtheilt. Der Mensch wird niemals fehlen und frei von jedem Vorwurfe bleiben, wenn er der Stimme des Gewissens nur Gehör schenkt und gewissenhaft in allen Theilen handelt und lebt. Indem der Mensch sich seinem Gewissen allein unterwirft, es zum einzigen Leiter und Führer seines Handelns und Lebens erwählt, erlangt er zugleich die individuelle Freiheit, wird ein freier Mensch im höhern und höchsten Sinne. Die Maurerei, welche den Menschen auffordert, seinem Gewissen und diesem allein zu gehorchen, will mithin den Menschen von der umgebenden Natur oder äussern Gewalt, von der blossen Sinnengewalt und jedem fremden [386] Einflusse befreien und nur zum Herrn seiner selbst, zum Verkünder und Verwirklicher des blossen eigenen Gewissens und Geistes machen. Der Mensch soll durchaus frei und allein von sich selbst oder von dem in ihm lebenden und sich offenbarenden Gotte abhängig sein. In diesem Sinne wurde die Menschheit zuerst in Griechenland frei; dort erst hebt im Gegensatze zu den orientalischen Staaten und Völkern die individuelle Freiheit, die Anerkennung und die Achtung des freien Ichs, die menschliche Freiheit und Ordnung, die unter dem eigenen Gesetze freie Menschheit an; darin besteht die weltgeschichtliche Bedeutung des griechischen Lebens und daraus fliessen alle Eigenthümlichkeiten desselben, vorzüglich aber die griechische Kunst und Wissenschaft. Griechenland wurde die Wiege und das Land der Freiheit und der Ordnung, der höchsten Kunst und Wissenschaft, indem es dem Menschen die Möglichkeit bot, sich selbst mit allen seinen geistigen Fähigkeiten und Trieben frei zu entwickeln, sein eigener Gott zu sein, seinen göttlichen Geist zu entfalten und zu gestalten. Der Asiate, zumal der Inder, lässt in der allgemeinen Weltseele, in dem Pantheismus die einzelne Menschenseele untergehen und verschwinden; die Seligkeit des Inders ist das Entkleiden des Menschen von jedem eigenen Sein, Fühlen und Denken. Umgekehrt muss sich bei den Griechen Gott in sich selbst und in den Menschen individualisiren und es entsteht der griechische Freistaat der olympischen Götter aus demselben Geiste und Lichte, welcher die griechischen Städte und Staaten befreiet und beseelet. Gott wird bei den Griechen zuerst menschlich, ein Gottmensch, ein Menschengott, und dagegen der Mensch göttlich, ein Heros, ein Halbgott, weshalb neben einander und aus dem gleichen Boden die griechische Mythologie und das Epos, jene als die Gestaltung und Geschichte der menschlich gedachten Götter und dieses als die poetische Verherrlichung der göttlich handelnden Menschen durch den unsterblichen Homer von Chios oder Smyrna geschaffen werden. Indem die griechischen Götter zu der Erde und zu den Menschen sich herablassen, erheben sich die Menschen zu dem Himmel, zu den Göttern; die Geschichte der Götter und der [387] Menschheit ist die Geschichte der Gottheit bei den Menschen und der Menschen in Gott. Der griechische Polytheismus ist der religiöse Ausdruck und das religiöse Erzeugniss der griechischen Freiheit Vieler, der Besten, wie der asiatische Pantheismus mit dem dortigen Despotismus, mit der Unterdrückung Aller durch den übermächtigen Einen zusammenhängt.

Der Grieche hat allein das Räthsel der Sphinx, der Menschheit gelöset und ist der einzige Prometheus, welcher den Menschen das Feuer, den göttlichen Geist, von dem Himmel zur Erde herabgeholt hat. Den Fortschritt des griechischen Gottesbewusstseins gegenüber dem asiatischen beweiset am einfachsten die Vergleichung der asiatischen rohen Götterpuppen und Götterungeheuer, besonders aber der vielköpfigen und vielarmigen indischen Götterbilder mit den griechischen Götteridealen, z. B. mit dem olympischen Zeus des Phidias; dort herrscht das Unmässige und Regellose, hier das Mass und die Anmuth, die Schönheit. Die Freimachung der Menschen und der Menschheit, die Vergöttlichung der Menschheit, welche die Griechen begonnen haben, haben aus ihrer Hand durch Vermittelung der Römer die Germanen übernommen und ist jetzt die grosse Aufgabe der christlich-germanischen Welt. Klar hat diese Aufgabe Christus gestellt, denn dieser Göttliche ist Mensch geworden, ist als Mensch geboren und gestorben, damit alle Menschen als die gleich geliebten Kinder des Einen Gottes frei und göttlich werden möchten. Die christliche Religion allein ist die Religion der allgemeinen Menschenliebe, der menschlichen Freiheit und Gleichheit, der Einen Gottheit und Menschheit, der Gottmenschheit, des Gottmenschen, des menschlichen Gewissens. Das Gewissen, welches bei dem gewöhnlichen Menschen nur als das richtige Gefühl sich geltend macht und deshalb auch in das Herz, in die Brust verlegt wird,1) in der eigent- [388] lichen Bedeutung ist der uns von Gott verliehene Geist, die Vernunft, – die Fähigkeit, das Gute von dem Bösen, das Wahre von dem Falschen, das Recht von dem Unrecht zu unterscheiden. In seiner Vernunft, in der vernünftigen Freiheit ist dem Menschen der Weg zu zweien Schicksalen, zum Guten und zum Bösen, zum Himmel und zur Hölle geöffnet, und nur weil ihm dieser geöffnet ist, darf der Mensch frei genannt werden; der Mensch soll aus eigener Wahl, aus eigenem Antriebe das Gute thun und vollbringen, er muss es nicht nothwendig thun, er kann auch böse sein, damit das Gute sein eigenes Verdienst, damit er frei sei. Das Böse musste Gott zulassen, wollte er dem Menschen die Freiheit, den Lohn des Guten schenken. Die dem Menschen in seiner Vernunft, in seiner Freiheit gestattete Wahl zwischen dem Guten und dem Bösen betrachteten die Alten vielfach, besonders die Griechen und Etrusker, als die zwei dem Menschen bei seiner Geburt beigegebenen Genien, den guten und den bösen, den lichten und den schwarzen Genius, von denen der erstere den Menschen zum Guten und zum Lichte, der letztere zum Bösen und zur Finsterniss geleite. In dem Gewissen liegt eingeschlossen der Glaube oder die Vernunft lehrt uns, dass der Geist und das Gebot Gottes, dass Gott die ewige Wahrheit und Gerechtigkeit sei und in der Menschheit sich offenbaren und erscheinen solle, daher das Falsche und Ungerechte vergehen, gestraft werden müsse. Dieses Welt- und Menschheitsgesetz, dass das Falsche und Böse nicht und dauern dürfe, und früher oder später vergehen müsse, dass nach dem Ausspruche Solons überall der Schuld das Gericht folge, nennen wir mit den Griechen die ewig und unerbittlich waltende Gerechtigkeit, das Weltgericht, die Nemesis, auch das Schicksal, die sittliche Weltordnung, den sittlichen Kosmos. Homer spricht dieses Gesetz in den schönen Worten aus:

„Denn mit dein Tage sinkt hinab und steigt empor
Der Menschen Werk und Wesen; doch dem Frommen nur
Sind hold die Götter, und den Bösen hassen sie.“

Aeschylos sagte:

„Wer frevelte, büsst;
So sagen die Sprüche der Väter.“

[389] was Schiller dahin fasste:

„Das Leben ist der Güter höchstes nicht,
Der Uebel grösstes aber ist die Schuld.“

Die Pythia zu Delphi rief in einem durch ganz Griechenland be
rühmt gewordenen Orakelspruche den Sybariten zu:

„Aber unabwendbar und unausbleiblich erreichet
Rächende Strafe die Frevler, und wären sie die Söhne des Zeus selbst.
Ja, auf ihre Häupter und auf die Häupter der Kinder
Fällt sie, und Leid auf Leid wird ihre Wohnungen treffen.“

Der Glaube an diese göttliche Gerechtigkeit, die ewige Nemesis und Wiedervergeltung, den strafenden Arm Gottes vermag allein den einzelnen Menschen und die Völker von dem Bösen, von der Sünde, von dem Frevel zurückzuhalten und zugleich den Unglücklichen, den ungerecht Leidenden und Verfolgten zu trösten. Der Unglückliche und Unterdrückte müsste trostlos verzweifeln, wenn er nicht glaubte und wüsste, dass über seinem Peiniger und Unterdrücker die ewige Gerechtigkeit walte und er ihrer Strafe nicht entgehen werde, dass Gott zwar langmüthig, aber doch gerecht sei. Nur dieser Glaube kann noch im schwersten Unglück und Leiden die Menschen und die Völker aufrecht erhalten und gibt die Kraft und den Muth, sie zu ertragen, wie unter den Völkern besonders die Juden durch die langen Jahrhunderte ihres Unglückes allein durch den Glauben an den strafenden und rettenden Gott getragen worden sind. Indern in dem Gottesbewusstsein der Griechen sich diese Ansicht zuerst als eine das ganze Volk durchdringende und erfüllende aussprach, schufen sie das Drama, die dramatische Kunst und wurden Aeschylos und Sophokles zu unsterblichen Vorbildern der Tragödie, zu den Schöpfern und Dichtern der Welttragödie. Das wahre und grosse Drama ist das Walten der ewigen Gerechtigkeit in den Geschicken der Völker und der ganzen Menschheit, die göttliche Nemesis in dem Weltgange oder in der Weltgeschichte, und die künstlerische und poetische Darstellung dieses Dramas ist die dramatische Kunst. Die dramatische Kunst, indem sie das Weltdrama oder die darin sich verkündende strafende Gerechtigkeit, das Welt- [390] gericht in dem engen Schicksale und Leben der einzelnen Menschen, der Mächtigen und Grossen der Erde an uns vorüberführt, will den Sünder und Frevler aus seiner täuschenden und falschen Ruhe aufschrecken und mit Furcht und Grausen vor den ewigen Richter, vor der doch kommenden Strafe seiner Unthaten erfüllen; sie will den. Gebeugten und Kummergedrückten durch den Zuruf beruhigen und erheben, dass ein Gott über allen Menschen wache und alles Unrecht sühnen und strafen werde; sie will die Menschheit durch die Hinweisung auf Gottes Strafgericht bilden und veredlen. In jedem Drama fliegen dem heimlichen Frevler und Verbrecher die mahnenden und verrathenden Kraniche des Ibycus vorüber und die rächenden Schicksalsmächte singen von dem Schaugerüste in grauser Melodie:

Wohl Dem, der frei von Schuld und Fehle,
Bewahrt die kindlich reine Seele!
Ihm dürfen wir nicht rächend nah’n,
Er wandelt frei des Lebens Bahn.
Doch wehe, wehe, wer verstohlen
Des Mordes schwere That vollbracht;
Wir heften uns an seine Sohlen,
Das furchtbare Geschlecht der Nacht.
Und glaubt er fliehend zu entspringen,
Geflügelt sind wir da, die Schlingen
Ihm werfend um den flüchtigen Fuss,
Dass er zu Boden fallen muss,
So jagen wir ihn ohn’ Ermatten,
Versöhnen kann uns keine Reu’,
Ihn fort und fort bis zu den Schatten
Und geben ihn auch dort nicht frei.

Diese furchtbaren Eumeniden, welche sich an die Sohlen des verborgenen Frevlers heften, sind seine Gewissensbisse, womit

Er huldiget der furchtbaren Macht,
Die richtend im Verborgenen wacht,
Die unerforschlich, unergründet,
Des Schicksals dunkeln Knäuel flicht,
Dem tiefen Herzen sich verkündet,
Doch fliehet vor dem Sonnenlicht.

Die Eumeniden, die Gewissensbisse, zwingen den Frevler selbst zu dem reuevollen Bekenntniss, dass über uns ein [391] Gott, die strafende Gerechtigkeit, die Nemesis walte und ihr Arm uns erreichen werde, sollten wir uns auch jenseits des Grabes flüchten; und wenn hier die Frevler entronnen selber und nicht sie ereilt nahend der Götter Geschick, kommt es nach Solons Verheissung zuletzt dennoch, und unvergoltene Thaten büssen die Kinder dann oder ein später Geschlecht. Dass es Jedem ergeht, nach dem er verdient, und kein Unrecht unvergolten bleibt, dieses Bewusstsein aller Menschen, der Guten wie der Bösen, nennen wir das Gewissen und die unausbleibliche Erfüllung dieses jedem Menschen verkündeten Gesetzes ist die allwaltende Strafgerechtigkeit Gottes, das Weltgericht, dem die Menschen und die Völker gleichmässig unterworfen sind. Die Erinnerung an den göttlichen Weltrichter weckten den Griechen nicht allein die erhabenen Tragödieen eines. Aeschylos und Sophokles, sondern auch die gleich erhabenen Werke der bildenden Kunst, wie z. B. die berühmten Gruppen der Niobe und des Laohoon; wer könnte diese Gruppen erschauen, ohne die Strafe der Götter zu fürchten? Am schönsten aber bewährte sich dem ganzen griechischen Volke die Nemesis darin, dass aus dem riesigen Bloeke persischen Marmors bei Rhamnus, dritthalb Stunden von Marathon, welchen (so hiess es) die übermüthigen Perser zum Siegesdenkmale über die Griechen bestimmt hatten, Phidias die Bildsäule der göttlichen Nemesis selbst anfertigen konnte, deren ernste Gestalt und Gebehrde den Griechen zurief: „Werdet nicht übermüthig! Gott allein gebührt die Ehre!“

Wenn nun die Maurerei das Winkelmass als erstes und höchstes Symbol dem Gesellen darreicht, mahnt sie ihn an die göttliche Gerechtigkeit, die sittliche Weltordnung, das Sittengesetz, wie es schon die Griechen gelehrt haben und weshalb bei ihnen die Nemesis das Mass und das Richtscheit trug, woran dem Guten der Lohn und dem Bösen die Strafe, einem Jeden das Verdiente zugemessen werden sollte. Deshalb ist auch das maurerische Symbol des Winkelmasses, mit Allem, was sich daran anschliesset, unbestreitbar ägyptisch-griechischen Ursprunges. Das Mass ist das Gesetz der Menschheit und jedes einzelnen Menschen; das rechte Mass schaffet allein das Gute und das [392] Schöne, gibt dem menschlichen Leben die Freiheit und Schönheit, das Recht und die Kunst. Dieses Mass muss der Mensch in sich selbst durch Selbsterkenntniss, durch Berathung des eigenen Gewissens suchen und finden; daher auch schon die sieben griechischen Weisen geboten hatten und nach ihnen an die Wand des Apollo-Tempels zu Delphi geschrieben war: „Erkenne dich selbst. Nichts zu viel!“ , wie mit den sieben Weisen auch Pindar gesungen hatte:

‘„Es geziemt, in sich selber stets auf das Mass zu schauen.“’

In dem gleichen Sinne fordert die Maurerei von dem Gesellen neben der Mässigung die Selbsterkenntniss, die letztere als die Bedingung der erstern. Die menschliche Freiheit besteht allein in der freiwilligen Unterwerfung unter das Mass, unter das Gesetz, – ist die Selbstbezwingung, die gesetzliche Ordnung, die Liebe zu Gott und dem Vaterlande. Das Gesetz ist der allwaltende Herrscher Gottes und der Menschen.

Meine sehr lieben neu aufgenommenen BBr. Gesellen! Möchte Ihre maurerische Grabschrift einst gleich derjenigen des Leonidas und der mit ihm bei Thermopylä gefallenen Helden Sparta’s lauten dürfen:

„Fremdling geh und verkünde den Spartiaten, wir ruhn hier,
Weil wir ihrem Gebot blieben zum Tode getreu.“

Bleiben auch Sie bis zum Tode dem Gebote der Maurerei getreu, wird Ihnen das Grab leicht und der ewige Todtenrichter nicht furchtbar sein!

XXVII.
Der Osten.


Die Lichtgläubigen und Lichtsuchenden mussten nothwendig und vor Allem den Blick nach Osten richten, denn aus Osten kam ja nach der dunkelsten Nacht mit jedem [393] Morgen herrlich strahlend, allerleuchtend und allbeglückend, von allen Leiden und allen Sorgen erlösend und befreiend (scheinbar) das Licht. Der Osten wurde daher von selbst zur Wohnung des irdischen Lichtes und zum Symbole des himmlischen und göttlichen Lichtes; wer das Licht suchte, wer nach Gott verlangte und zu Gott betete, wandte sich suchend und flehend nach Osten, und wer endlich das Licht gefunden, in den Himmel und zu Gott eingegangen war, war in den ewigen Osten eingegangen. Der niemals ausbleibende schönere Wiederaufgang der am Abend untergegangenen Sonne war den Menschen die Bürgschaft und das Symbol der eigenen Wiederauferstehung aus dem Grabe, des geistigen Wiederauferstehungsmorgens, der Unsterblichkeit des göttlichen Lichtes und Geistes. Die ganze Lehre der Parsen von der Wiederauferstehung der Todten, welche Lehre von den Parsen auch die Juden und durch sie die Christen angenommen haben, ist blos eine Vergeistigung des scheinbaren Wiederaufganges der Sonne, die Uebertragung des Wiederaufganges der irdischen Sonne von der Erde auf den Himmel, die Gleichstellung des irdischen und des göttlichen Lichtes. Noch eine weit grössere Bedeutung gewann der Osten, die schöne Morgenröthe, sobald die Sonne bei einzelnen Völkern nicht blos das Auge und das Symbol der Gottheit war, sondern als die Gottheit selbst gedacht und geglaubt wurde; nunmehr wurden die ersten Sonnenstrahlen des kommenden Morgens und noch mehr die Morgenröthe selbst zu göttlichen Personen, zu Gottheiten gestaltet. So ist z. B. die lateinische oder vielmehr die sabinische Aurora nichts Anderes als die aufgehende Sonne, Sol oriens, der Osten, ein auf die sabinische Wurzel aus, sanskt. ush. lat. uro, welche zugleich brennen und leuchten bedeutet, zurückweisendes Wort, das bei den Sabinern ausel lautete, daher der Geschlechtsname der Auseli, bei den Etruskern der Lichtgott Usil, und in den alten Saliarischen Liedern zu Rom die Anrufung Ozeul adosiose d. i. Sol venerande. 1)

Eben dasselbe ist oder zur gleichen Wurzel gehört das griechische [...], welches gleichfalls das Morgenroth, [394] den Morgen, den Osten und die Göttin des Morgenroths bezeichnet. 1)

Auch die deutsche Göttin Ostara, nach welcher bei Eginhard der April Ostarmânoth hiess und von der das christliche Osterfest, das Fest der Wiederauferstehung des Herrn seinen Namen trägt, ist nur die Göttin des aufsteigenden Lichtes, der Morgenröthe des Tages und des Jahres, des Frühlings, denn ostar (ostwärts) bezeichnet die Richtung gegen Morgen oder Osten.2) Wie die Ostara der Erde das Licht und das neue Leben, den Frühling und die Blumen brachte, so brachte der sterbende und der wiederauferstehende Christus den an ihn glaubenden Menschen das Licht und das neue Leben, den ewigen geistigen Frühling, die Liebe und Barmherzigkeit Gottes. Creuzer, Symbolik lV, S. 595 sagt: „Ostern ist der Frühling der Welt und der Frühling des Geistes, der sichtbare Frühling und der unsichtbare.“ Deshalb wird auch noch heute in den katholischen Kirchen an dem Osterfeste die neue grosse Osterkerze geweiht, entzündet und gebrannt als das Symbol des neuen Lichtes, welches mit Christus und seiner Lehre in seine Kirche und in die Welt gekommen. Diese Osterkerze ist nur an die Stelle der Feuer getreten, welche der zurückgekehrten Ostara, Schiller’s Mädchen aus der Fremde, auf den Bergen die alten Germanen freudig brannten und theilweise noch heute, besonders an der ganzen Nordsee gebrannt zu werden pflegen.3) Diese Osterfeuer mussten wohl ursprünglich, wie besonders auch die Johannisfeuer und überhaupt die sogenannten Nothfeuer der alten Germanen, wie das erloschene Feuer der Vesta zu Rom4) und das Feuer des peruanischen Sonnengottes,5) – das erloschene ewige Feuer des [395] Perkunos der Preussen und Wenden zu Romove,1) wie die heiligen Feuer der Parsen, durch reines, durch irdischen Gebrauch noch nicht verunreinigtes und entweihtes Feuer, mit einem Metallspiegel, durch Reibung zweier Hölzer oder aus einem Steine mit einem Stahle, entzündet Werden, wie auf diese Weise ursprünglich auch in der katholischen Kirche selbst das Feuer gewonnen wurde und noch wird, um mit diesem reinen Feuer die neue Osterkerze (cereus paschalis), die hernach das Jahr über bei jedem Hauptgottesdienste brennen musste, zu entzünden und an dieser wieder die gelöschten Privatfeuer entzünden zu können. So theilt Lexer aus Kärnten mit, dass man am Ostersonntage im Hause alles Feuer ausgehen lasse und frisches hineintrage von jenem, welches vom Pfarrer auf dem Kirchhofe geweiht und mittelst Stahl und Stein hervorgebracht wurde. Auch in einigen Gegenden Baierns war es bis auf die jüngste Zeit Gebrauch, dass man alle Herdfeuer des Dorfes löschte und jeder Hausvater sich von dem auf dem Kirchhofe entzündeten und geweihten Osterfeuer die neue Herdflamme holte.2) In gleicher Weise berichtet Leoprechting, dass das Charsamstagsfeuer mit Stahl und Stein, nie mit Schwefelspahn auf dem Kirchhof angezündet werde; jedes Haus bringt dazu einen Scheit, einen Astprügel von einem Wallnussbaum, welcher beim Feuer auf das Herdfeuer gelegt zur Abwehr des Blitzschlages dient. Wolf (Beiträge II. S. 389) sagt, dass diese Sitte bereits im 11. Jahrhundert auf den Samstag vor Ostern beschränkt worden sei, an welchem noch heute in der ganzen katholischen Kirche Feuer aus einem Kieselstein geschlagen und geweiht werde.3) Soweit ich mich aus meiner in Rheinbaiern verlebten Jugend erinnere, wird es dort in den katholischen Kirchen namentlich noch ebenso gehalten;4) in das Feuer wird zu- [396] gleich das vom vorigen Jahre noch übrige heilige Oel gegossen und nun gleichfalls neues heiliges Oel geweiht; die nicht verbrannten Holzstücke nehmen die Bauern mit sich nach Hause, um sie als geweihte und heilige Schutzmittel aufzubewahren. Die Osterkerze der katholischen Kirche ist ferner dasselbe Symbol wie der Julblock in England, ein grosser Holzklotz, welcher in den einzelnen Häusern angezündet wird und, so lange die heiligen Tage dauern, Tag und Nacht glühen muss, aber es muss ein unverbranntes Stück davon übrig bleiben, um damit den Julblock im nächsten Jahre anzuzünden.1) Von dem englischen Julblock finden sich auch Spuren in Deutschland, besonders in Hessen, indem an einzelnen Orten vom Christvorabend bis zum Abend des folgenden Tages ein Holzklotz, der Christklotz angebrannt wird, um später beim Herannahen eines Gewitters wieder angezündet zu werden.2) Die Osterkerze und der Julblock symbolisiren die ewig sich verjüngende und niemals ersterbende Sonnen- und Naturkraft, das ewige Licht, den Baum des ewigen Lebens. Dieser Lebensbaum ist auch der deutsche Christbaum, aufgestellt in einem umhegten grünen Moosgärtchen mit frisch brennenden Lichtern und goldenen Früchten und umlagert von weissen Schäfchen mit goldenen Fahnen; der Christbaum ist das treueste Symbol des Baumes des Lebens, welchen Gott für den Menschen in den Garten Edens gepflanzt hatte.3) Ebenso wurden früher bei den Römern. bei der Frühlings- und Neujahrsfeier an den Kalenden des Monats Merz das Feuer der Vesta neu entzündet, auch die Thüren der Regia und des Vestatempels, wie der Curien und der Flamines mit frischem Lorbeer bekränzt.4) Damit ist in Deutschland und in der Schweiz verwandt, an den Thüren oder Fenstern der Weinschenken einen frischen grünen Zweig aufzustecken, zum Zeichen, dass [397] neuer Wein ausgewirtet werde. Auch auf der Insel Lemnos wurde jährlich einmal ein neues und reineres Feuer von dem Sonneneilande Delos geholt und in alle Häuser und Werkstätten vertheilt.1) Die Osterblumen, die Blumen der Ostara, der Eastre bei einigen Stämmen, und des Frühlings sind die ersten blühenden Früblingsblumen, besonders das so sinnvolle, roth und weissgefärbte Gänseblümchen (cultivirt unter dem Namen Tausendschön), die auf sonnigen Höhen wachsende Küchenschelle und die gelbe Lilie, vielleicht auch das Maiblümchen, obwohl dieses erst etwas später blüht. Das rothe oder auch gelbe Osterkälbchen, Marienkäferchen, Herrgottsvögelchen und der Osterluzeifalter, ein Tagschmetterling, wohl der kleine Fuchs, welche in den ersten Tagen des Frühlings erscheinen, waren der Ostara geheiliget; viele Kinderlieder und Kinderspiele, welche sich auf das Herrgottvögelein als das Symbol der Sonne und der Sonnengöttin beziehen, hat Mannhardt in seinen germanischen Mythen mitgetheilt. Die geweihten Osterwasser oder die in der Osternacht zwischen 11 und 12 Uhr schweigend aus heiligen Quellen,. Flüssen und Teichen geschöpften Wasser2) für Menschen und Thiere heilkräftig zu halten, lag darum nahe, weil die im Frühling mit neuer Kraft wieder fliessenden Wasser als ein unmittelbares Geschenk der Gottheit, der Ostara erschienen; es war frisches göttliches Wasser und ohnehin hat das Wasser an und für sich und noch mehr gewisser besonderer Quellen bestimmte heilende Kräfte. Es war der fromme und allgemeine Glaube des Alterthums, alles wohlthätige Schaffen und Wirken der Natur als ein Schaffen und Wirken der Götter anzusehen. Die Eier, welche zu Ostern ungekocht und ungefärbt fast alle Pfarrherren in Deutschland in grosser Anzahl zu empfangen pflegen, sind vermuthlich die Ueberreste eines alten ähnlichen Opfers, welches der Ostara oder ihren Priestern einst dargebracht wurde. Die gefärbten Ostereier und die gebackenen grossen Osterhasen, womit durch ganz Deutschland, vorzüglich auch am Rheine, die Kinder [398] noch jetzt zur Osterzeit von den Eltern, Verwandten und Freunden, gleichwie zur Zeit der Weihnacht mit dem Christbaume, beschenkt zu werden pflegen, sind gleichfalls Symbole des nun wieder neu beginnenden Sonnen- und Naturlebens, des angebrochenen Jahresmorgens oder Frühlings, der Ostara, – nach Hocker, a. a. O., S. 134, der Freia, der griechischen Aphrodite, der ägyptischen Hathor, der asiatischen Venus unter ihren verschiedenen Benennungen, – der Frühlingssonne mit den duftenden weissen Maiblümchen als ihrem Symbole und dem gross und stark machenden Mairegen. Die Germanen mochten die Osterfeier, das Frühlingsfest, mag dieses nun nach der Natur und Beschaffenheit der verschiedenen, bald wärmeren und bald kälteren Länder im Monat März, April oder Mai begangen werden, aus ihrer Urheimath in Hochasien mitgebracht haben, oder diese schon bei dem indogermanischen Volksstamme vor seinem Auseinandergehen in verschiedene Völker üblich gewesen sein, denn auch die Parsen hatten die Sitte, am Frühlingsfeste, an ihrem Neuruz oder Neujahrstage rothe Eier auszutheilen.1) Um dieselbe Zeit begehen die Hindu und Birmanen ihr grosses Frühlingsfest mit Beleuchtungen, indem sie sich mit rothgefärbtem Wasser als Nachahmung der Frühlingsblumen anspritzen und durchnässen. Nach dem Berichte von Görtz, Reise um die Welt, III. S. 563, bewerfen sich zu Agra die Hindus an dem Frühlingsfeste des [Holi] von unten bis oben mit rothem Sand. Die Slaven stellten ebenfalls an ihrem Frühlingsfeste Letnice Maibäume auf, wobei gefärbte Eier eine wichtige Rolle spielen.2) Am Mittelrheine, namentlich auch in Rheinbaiern, werden noch heute die Maibäume von den Bauernburschen mit weissen ausgeblasenen, zuweilen vergoldeten Eiern, mit Blumen und farbigen Bändern geschmückt3) welcher Schmuck von den Maibäumen auch auf den Erntekranz4) und die Kirchweihbäume, die Kirmessbäume übertragen worden ist. [399] Am Rheine pflegen die Ostereier vorzüglich roth oder gelb gefärbt zu sein, welche Farben gleichmässig auf die zurückkehrende Sonne, auf die rosenarmige und rosenfingerige [...]1) Morgenröthe oder Ostara, und auf den Blitz mit der Gewitterwolke (den Gewitterhasen) bezogen werden können, auch an die goldenen Aepfel Idunens und der Hesperiden erinnern. Man verbirgt am Rheine in dem ersten grünen Grase oder in den ersten blühenden Blumen die zu verschenkenden Eier, worauf dann die Kinder dieselben jubelnd aufsuchen und finden. In Hessen werden die Eier auch zusammen in ein mit Spähnen (den Blitzspähnen) umzäuntes, mit Moos und Heu ausgefülltes Gärtchen gelegt, welches Tags zuvor von den Kindern gemacht worden, das „Hasengärtchen“ heisst und an das verwandte Christgärtchen erinnert.2) Die Eier soll der Osterhase gelegt haben, und deshalb wird öfters, besonders in Rheinbaiern, dem Geschenke der Eier ein grosser gebackener Hase beigefügt, wie solche Hasen blos zur Osterzeit gebacken werden. In dem Backwerke und den Speisen der verschiedenen deutschen Jahresfeste ist überhaupt sehr viele uralte Symbolik enthalten.3) Man erinnere sich z. B. noch der verschiedenartigen Geschenke, welche das Christkindlein mitbringt oder womit zur heiligen Weihnachtszeit die Kinder von Seite der Verwandten und Bekannten beschenkt und erfreuet werden und worunter das eigenthümliche Backwerk, die Lebkuchen (in der Schweiz Leckerli), die Bubenschenkel, Krapfen u. s. w. gerade den.Hauptbestand bilden. In den heidnischen Zeiten wurde dieses Backwerk von den Frauen an heiliger Stätte zubereitet und dann von der Familie in gemeinsamem Mahle verzehrt. In Schweden herrscht noch jetzt unter den niedern Volksklassen die Sitte, am ersten Weihnachtsabend einen aus Mehl bereiteten Eber, den Juleber (jule-galt) als Symbol des Sonnengottes Frô auf den Tisch zu bringen und unter einem gewissen Aber- [400] glauben zu verzehren. In Hessen wird an grösseren Orten am zweiten oder dritten Weihnachtsabend getanzt, wobei „Schottriebel,“ d. i. eine Mischung von Branntwein und Honigkuchen genossen wird.1) Zur Erntezeit werden in Baiern auch Gebäcke in Schweinsgestalt aufgetischt und am Allerseelentage wird daselbst von den Pathen den Kindern der gebackene Seelenzopf oder Seelenweck, Zellazopf geschenkt, welcher auch anderwärts in Deutschland vorkommt und den Quitzmann S. 249 für eine in alter Zeit der Frau Holla dargebrachte Opfergabe erkennt. Schmeller, baierisches Wörterbuch Thl. II. S. 513 sagt: Leblaib sei Brod, das zu Weihnachten mit eingemengten Klözen (gedörrten Birnen, Zwetschgen und Nüssen) gebacken werde; jedes Mädchen lade ihren Liebhaber, der Wein und Branntwein mitbringt, zum Anschneiden des Brodes ein; misslinge das Gebäck (der Leblaib), so müsse die Bäckerin das nachfolgende Jahr sterben, indem die Volksetymologie das Wort von leben ableite; der Lebzelten, Lebkuchen (labetum, libetum) sei vielleicht dem Worte und der Sache nach aus klösterlichen lateinischen Kuchen hervorgegangen, worüber man Adelungs Lebhonig und Lebkuchen vergleichen möge. Ziemann, mittelhochdeutsches Wörterbuch, bemerkt nur kurz: lebe-kuoche, löbe-zelte aus Honig und Pfeffer gemachter Kuchen. Schmid, schwäbisches Wörterbuch, erklärt Lebkuchen, Lebzelten einfach für Pfefferkuchen. Tobler, appenzellischer Sprachschatz, sagt, Leckerli, bair. Leckerl, schwäb. und elsäss. Leckerli, sei eine Art von Pfeffer- oder Honigkuchen, welche man gemeiniglich mit dem Meth geniesst. – Die volksetymologische Ableitung, welche Schmeller verwirft, möchte aber dennoch die richtige sein und jedenfalls sind die honigsüssen Lebkuchen, ähnlich und verwandt den Ostereiern und den Osterhasen, das Symbol des neuen natürlichen und geistigen Lebens, welches in der Wintersonnenwende, zur Julzeit, zur Weihnachtszeit mit der Geburt der neuen Sonne und des Christkindleins beginnt, wie dasselbe Symbol auch die auf den Bergen brennenden Weihnachtsfeuer [401] und die an dem (sich auch bei den Griechen findenden) Christbaum leuchtenden zahlreichen Lichter es sind. Auch beruht es wohl auf einem symbolischen Grunde, dass die Lebkuchen gewöhnlich die Gestalt eines Herzens tragen. Der Honig ist ein sehr altes Symbol der Reinigung, der Heiligung und des Lebens. In den Mithramysterien war nach Porphyrius nicht allein das Wasser (woher die Wassergefässe auf den Mithradenkmalen) als Reinigungsmittel gebräuchlich, sondern auch Honig, indem Denjenigen, welche in die Leontica oder in den Grad der Löwen eingeweiht werden sollten, zum Waschen statt des Wassers Honig mit der Ermahnung in die Hände gegossen wurde, die Hände von allem Traurigen, Schädlichen und Abscheulichen rein zu halten; die Mysten seien durch Feuer gereinigt worden, sie haben aber auch die Zunge mit Honig von aller Sünde gereinigt. Wie derselbe Porphyrius, cap. 16, erzählt, ist den in den Grad der Persica Einzuweihenden, den Persern (nicht dem Mithra, wie auch noch Creuzer, Symbolik, IV. S. 414, behauptet) als den Bewahrern der Früchte Honig überbracht worden, weshalb Einige gemeint haben, Nectar und Ambrosia, welche der Dichter in die Nase träufeln lasse, damit die Gestorbenen nicht faulen, sei als Honig (man dürfte beifügen: als Haoma, Soma) zu verstehen, da Honig Götterspeise sei (Windischmann, Mithra, S. 71). Zufolge Creuzer, Symbolik, IV. S. 365 ff. und 414 ff., war der Honig bei den Griechen die Speise der Götter und Heroen, namentlich des neugeborenen Zeus auf Kreta und auf Keos, und bei den Persern der Könige und der Priester. Der Honig war aber auch die Speise der Enthaltsamen, wie Pythagoras mehrentheils mit blossem Honig als Nahrung zufrieden gewesen sein soll (Creuzer, a. a. O. IV. S. 367) und wie Johannes der Täufer in der Wüste sich von wildem Honig und von Heuschrecken nährte. Der Honig und die Bienen waren daher auch ein aus dem Heidenthum aufgenommenes, christliches Symbol und namentlich am Osterfeste wurde bei den alten Christen Milch und Honig in den heiligen Kelch gegossen und mit Opfergaben (cum sacrificiis) dargebracht. – Die gebackenen Bubenschenkel betrachtet Marbach, die heilige Weihnacht- [402] zeit, Frankfurt a. M. 1859, S. 16 u. 17, aus den römischen strenae , woher die französischen êtrennes, entsprungen. Diese strenae hingen mit dem Culte der sabinischen Segensgöttin Strenia, einer Art von Salus, zusammen und waren Geschenke von Heil und Glück verheissenden Laubzweigen, namentlich des Lorbeers und der Palme, und von allerlei süssen Dingen, z. B. Feigen, Datteln und Honigkuchen, welche die Römer am ersten Januar oder am Neujahrstage sich glückwünschend gegenseitig zusandten (Preller, röm. Myth. S. 160). Da nun Saturn, dem zur Neujahrszeit die Römer ihre Saturnalien feierten, die eigenen Kinder nach der Mythe verzehrt, d. h. die Zeit (Kronos, Saturn), jedes kommende neue Jahr das abgelaufene alte Jahr verschlingt, glaubt Marbach, a. a. O., S. 17, dass bei den Römern die strenae, insoweit dieselben aus gebackenen Kuchen in Form eines Kindes bestanden, ein Symbol der ihre Kinder verschlingenden Zeit gewesen seien, wie dieselbe Bedeutung auch unsere „Bubenschenkel“ haben. Menzel in Nr. 104 des Literaturblattes für 1858 unter Verweisung auf eine umfassende, von Marbach übersehene Abhandlung über die Symbolik der Solstitien, insbesondere im altdeutscheu Glauben und Aberglauben, in Pfeiffer’s Germania von 1857, II. S. 228 ff., bemerkt gegen Marbach, dass es keineswegs noch erwiesen sei, dass die heutigen „Bubenschenkel“ der berührten römischen Sitte ihren Ursprung verdanken; die Gebäcke in Kinderform beziehen sich wohl eher auf das Christkind oder auf das neugeborne Jahr, oder auf die im neuen Jahre zu erwartenden Kinder; zur Weihnachtszeit ziehe Frau Perchtha umher mit unzählbaren Kindern, das seien die Seelen der im nächsten Jahre zu gebärenden Kinder; ein Weihnachtsgebäck, welches man in Schwaben den Kindern reiche, nenne man ausdrücklich die Seelen vielleicht zur Erinnerung an den alten Heidenglauben. – Jedenfalls dürfte Menzel der Wahrheit weit näher stehen als Marbach. Wir halten die „Bubenschenkel“ , die gebackenen Knaben gleich den Osterhasen und in vollkommenster Uebereinstimmung mit denselben ursprünglich für Symbole des jungen Sonnengottes, der neuen Sonne, des neuen Jahres, welche erst in der spätern christlichen Zeit auf das Christkindlein oder Christus um- [403] gedeutet und bezogen worden sind, wie das ganze Julfest und das Fest der Ostara. „Die Bubenschenkel“ sind in dem Kantone Zürich und wohl auch in andern Kantonen der Schweiz die runden sogenannten Neujahrswecke, Neujahrskuchen, welche auf dem Lande besonders geschenkt werden und ursprünglich gewiss Symbole der Sonne, des Sonnenrades waren. Die Seelenwecke sind zu weit hergeholt und nicht volksthümlich; den volksthümlichen Symbolen, den Symbolen und Sitten des Volkslebens muss ein einfacher und allgemein verständlicher Gedanke inwohnen. Zwischen den germanischen Julgebräuchen und den römischen Saturnalien besteht gewiss kein Zusammenhang. Die Neujahrszöpfe, welche neben den Neujahrsrädern, – man dürfte sagen, neben den Julrädern oder vielmehr Rädern (denn Jul bezeichnet das Rad, die Wende) sowohl in Deutschland als in der Schweiz vorkommen, hatten ursprünglich wohl Bezug auf die Frau Gaude, Holla, Holla, Freyja, – auf die Gemahlin des Sonnengottes, mag nun unter diesem Wuotan, Odhin oder sein Sohn Frô, welcher ja nur wieder eine andere Gestalt des Odhin wäre, zu verstehen sein. In Hessen heisst die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr die Jahre und in diesen Jahren werden die Räder und Zöpfe, dort Kringel genannt, gebacken und gegessen.1) Die Benennung dieser Zeit als der Jahre beweiset, dass ursprünglich das Neujahr mit der Sonnenwende begann.

Das Mythologischste ist das Neujahrswünschen selbst, denn Wunsch drückt hier das Göttliche, das Selige und Heilige, den allmächtigen Zauber, die Erfüllung und den Besitz aller Gaben und Wünsche aus und bezieht sich auf Wuotan oder Odhin, welchem ja auch die Wünschelruthe, das Wunschschwert, der Wunschpfeil, der Wunschwind, der Wunschmantel, der Wunschhut, das Wunschpferd, das Glücks- und Siegespferd, das Heilpferd, das Wunschschiff, das Seelenschiff, die Wunschgeige, das Wunschhorn, der Wunschseckel, das Wunschtüchlein, die drei Wünsche, das Wunschland,2) die Wunschmädchen [404] (Valkyrien) und Wunschsöhne (oskasynir, die auf dem Schlachtfelde gefallenen Helden) angehören. Unter den Beinamen, welche die jüngere Edda 3 dem Odhin beilegt, kommt auch oski (Wunsch) vor. Vuscfrea (Wunschesherr), der Name eines mythischen Helden von Deira, war vielleicht auch ein Name Odhins. Das Land der Wünsche und des Glückes, der ewigen Seligkeit und des ewigen Jugendlebens ist der Himmel. Odhin ist der Urzauberer, der Zaubermann (Seidmadr) und in seiner Zaubermacht steht, alle Wünsche der Menschen zu gewähren und zu erfüllen.1) Im Kanton Aargau werden zufolge Rochholz, Schweizersagen aus dem Aargau, II. S. 25, die Weihnachtslebkuchen in Rössleingestalt gebacken, was auf das Ross Sleipnir des Wuotan zurückweiset, wie dieses Ross auch als schwarzes Todtenross in sehr zielen Sagen erscheint.2) Anderwärts erhalten die Weihnachtslebkuchen die Gestalt von andern Thieren, z. B. von Hirschen , Hasen u. s. w., welche gleichfalls eine symbolische Beziehung auf die Sonnengottheiten haben. 3)

Noch verdient hier angeführt zu werden, dass es schon bei den alten Aegyptern Sitte gewesen, dem Brode, dem Gebäcke die Gestalt von verschiedenen Thieren zu geben, z. B. von Ochsen, Schafen, Kühen, Fischen u. s. w.; auch die Gestalt von Sternen, Triangeln, Fünfecken u. s. w. wurde angewandt.4) Zum Symbole der Ueberwindung des Typhon durch Horus wurden in den Monaten Payni und Paophi Opferkuchen in der Gestalt von gebundenen Eseln dargebracht, da der Esel und besonders der röthliche Esel dem Typhon geheiligt war, und desshalb er auch entweder als eselköpfig oder auch selbst als liegender Esel dargestellt wurde.5) An einem Feste, welches die Ankunft der [405] Isis aus Phönicien hiess, wurden gefesselte Nilpferde geopfert; auch das Nil- oder Flusspferd (Hippopotamus) war dem Typhon geweiht.

Die Fastenbretzeln, die an der Mosel in der Fastenzeit gegessen werden, hatten früher die Form eines Rades oder Ringes, wesshalb sie im Norden Ringelbrod oder Kringel genaunt wurden. Wurde eine Speiche herausgenommen, so nannte man sie ihrer Brechlichkeit halber Bretzeln. Eine spätere Zeit vergass die ursprüngliche Bedeutung und so liessen die Bäcker auch allmälig die vier Speichen weg, wodurch die heutige Figur entstand.1) Am ganzen Mittelrhein und bis herein in die Schweiz haben aber die Bretzeln und namentlich die Fastenbretzeln noch die vollkommene Radgestalt oder die vier Speichen.

Der Hase, welcher die Ostereier legt, und das grüne Gras und die blühenden Blumen, worin die Eier (die Blitze) verborgen werden, sind ursprünglich die im Frühling wiederkehrenden Gewitterwolken, in und hinter denen die Blitze und die Sonne verborgen sind und aus welchen sie leuchtend hervorgehen. Das neue Leben, welches die Frühlingssonne und die Frühlingsgewitter über die Erde ausgiessen, ist gleichfalls in dem Symbole des das Leben gebärenden Eies und des so stark sich vermehrenden Hasen ausgedrückt.2) An diese Ostereier mahnen ferner das Hahnenei, aus welchem im Frühjahr der Gewitterbasilisk hervorgeht,3) – das von dem Zeus-Schwane oder dem lichten Himmelsgotte erzeugte Ei der Leda, aus welchem die Dioskuren oder die Tyntariden mit ihrer Schwester Helena geboren werden4) – die Eier, welche nach keltischem Glauben im Frühlinge die Gewitterschlangen oder Blitze bereiten, - und endlich selbst das Ei, aus welchem bei den Babyloniern, Indern, Aegyptern und Griechen,5) so wie [406] bei andern Völkern im Anfange der Dinge Himmel und Erde entstehen. Wenn nach vielen Sagen die Wechselbälge sich davon machen, sobald sie in Eierschaalen kochen sehen, stehen hier wohl die Wechselbälge für die Eier selbst, d. h. wenn die Sonneneier, die Blitze, zur Herbstzeit verschwinden, verschwinden auch die Wechselbälge und die Gewitterdämonen.1) Aus den Osterhasen sind übrigens an vielen christlichen Orten die gebackenen Osterlämmchen mit der siegreichen Fahne des Triumphes hervorgegangen und namentlich werden auch in der russischen Kirche, z. B. in Volhynien, solche Osterlämmchen gebacken. 2)

Was bei den Römern, die Aurora und bei den Griechen die [...] ist, sind bei den Indern, die auch im Zendavesta angerufene Ushas, die Morgenröthe, die Tochter der Sonne und der Nacht, welche des Himmels Thore öffnet, und auf einem von rothen Kühen gezogenen Wagen fährt, - und die der Morgenröthe vorauseilenden Lichtstrahlen, die zwei Acwin, die Reiter, welche mit den Strahlen der Sonne ankommen und bei dem Anbruche der Morgenröthe angerufen werden, und zwar stammt der Name Ushas, wie auch wohl Acwin, baktr. Acpin,3) von derselben Wurzel ush, ukk’ hati brennen, leuchten, woher die Aurora und die Eos stammen .4) Diese italischen, griechischen, parsischen und indischen Gottheiten der Morgenröthe führen uns also in ihrem gemeinschaftlichen Namen und in der ihnen zur gemeinschaftlichen Unterlage dienenden Naturanschauung in den Morgen oder Ursitz des indo-germanischen Volkes selbst zurück. Die indischen Acwin sind die früh aufwachenden, fahren auf einem dreirädrigen Wagen, dem die Tochter der Sonne folgt, und kommen drei Mal zum Opfer, des Morgens, des Mittags und des Abends, auf welche drei Tageszeiten ihr dreirädriger Wagen gedeutet werden muss; für sie sind drei Stützen zur Anlehnung [407] befestigt worden; ihnen war das Sôma-Opfer, 1) wie dem Indra, gewidmet und das Oel, wie dem Agni. Sie werden gleich den griechischen Dioskuren2) gepriesen, weil sie viele Menschen aus der Gefähr gerettet und geheilt haben; sie waren es besonders, die während der Stürme den Schiffenden zu Hülfe kamen und sie auf ihrem Wagen oder auf ihren Pferden glücklich zum Ufer führten; sie verleihen auch himmlische Heilmittel, Schätze und Nahrung.3) Da die Acwin den ganzen Tag als thätig bei den Indern gedacht werden und besonders wohl auch in den Stürmen der Nacht wachten, können sie nach der Auffassung von Lassen doch nicht blos als die ersten Strahlen der Morgensonne betrachtet werden, sondern müssen überhaupt das Licht des Tages und der Nacht, der Morgen- und der Abendstern, die Sonne und der Mond sein, wie wir sie auch oben mit Furtwängler, die Idee des Todes, S. 5, in diesem erweiterten Sinne aufgefasst haben.

Aus den bisher besprochenen Vorstellungen der Urmenschheit von dem Lichte und der Gottheit in Osten geht nun besonders bei den lichtgläubigen indogermanischen Völkern der allgemeine Gebrauch hervor, sich bei dem Gebete nach Osten zu kehren.4) Während der anbrechenden Morgenröthe (im Baktrischen die reine Ushahina, wieder von der Wurzel ush), das Gesicht nach der Sonne gewandt, verrichten noch jetzt die Parsen zu Bornbay und in Kirman das erste Gebet, das Gebet des Gürtels; legt sich der Parse am Abend zur Ruhe, muss er sein Lager so nehmen, dass er nach der Seite des Feuers oder nach dem Monde, oder nach Osten hin liegt.5) – Auch die Pythagoräer, sobald die Sonne aufging, warfen sich nach Osten zur Erde nieder und verrichteten ihr Gebet. [408] Die Essäer und Therapeuten beteten gleichfalls bei der aufgehenden Sonne und flehten zu Gott um einen guten Tag, um einen wahrhaft guten Tag, dass nämlich ihre Seele mit einem himmlischen Lichte erfüllt werden möge. Ebenso kehren die Inder bei dem ersten Gebete das Gesicht der aufgehenden Sonne zu.1) Der indische Brahmane, nachdem er gebadet, die Zähne gewaschen und die Augen gesalbt hat, wiederholt lange Zeit hindurch, stehend in der Morgendämmerung, folgenden Hymnus an den Sonnengott oder Savitri aus dem Rig-veda:

‘„Ein neues, herrliches Loblied singen wir dir, strahlender, glänzender Sonnengott! Höre meine Anrufung, komme in meine begierige Seele, wie der Liebende zum Weibe. Der du Alles siehst und schaust, Sonnengott, sei unser Beschützer. Sinnen wir nach über das bewunderungswürdige Licht der glänzenden Sonne; möge es unsere Einsicht lenken; nahrungsbegierig bitten wir um die Gaben der glänzenden Sonne. Priester und Brahmanen, durch ihre Einsicht geleitet, ehren den Sonnengott durch Opfer und heiligen Gesang.“ 2)

Der hier genannte Sonnengott Savitri, zugleich Sûra, Sûrja (der Glänzende), ist der Erzeuger, auch Pûshan (der Ernährer) genannt, indem die Sonne durch ihr Licht der irdische Erzeuger, Schöpfer und Ernährer ist und von der Sanskritwurzel su, erzeugen, ernähren, bei fast allen indogermanischen Völkern die Sonne (oder der Sonnengott) den Namen hat, z. B. im Gothischen saúil und sunnô, im Lithauischen saulê, im Lateinischen sol, im Altnordischen sol, im Slavischen slontze.3) – Allgemein richteten sich auch die Griechen, Römer und Deutschen beim Gebete nach Osten.4) – Wenn die Schüler oder Novizen der indischen Brahmanen in den Vedas unterrichtet werden, müssen sie das Gesicht nach Osten wenden.5) – Auch die Jezidis oder Teufelsanbeter im alten Assyrien sinken beim Sonnenaufgang anbetend auf die Kniee und [409] küssen die ersten Strahlen, wenn sie auf einen ihnen nahen Gegenstand fallen.1) – Bei den alten Deutschen sass der Richter im Westen und schaute gegen Osten; sowohl bei der Hegung des Gerichtes, als bei andern feierlichen Handlungen hatte der Richter sein Antlitz gegen Osten auf die Sonne zu richten.2) – Diese Bestimmungen oder wenigstens die ihnen zu Grunde liegenden Vorstellungen scheinen die Germanen aus ihrem asiatischen Ursitze mitgebracht oder schon gehabt zu haben, bevor sie sich von den Baktern und Indern, den übrigen Ariern, trennten. Denn auch der indische König, wenn er Gericht hält, soll gegen Osten blicken und alle Gerichtsgebäude in Indien müssen gegen Osten gewandt oder orientirt sein.3) Hiermit hängt es auch zusammen, dass zu Athen die Gerichtsstätte und das Gericht von der Sonne unter deren allsehendes [...] nach II. 3, 277 und Odyss. 11, 109) Auge sie sich stellten, den Namen [...], Sonnenhof, trugen.4) Daran schliesst sich genau an, dass die Gerichte bei den alten Deutschen des Morgens bei scheinender Sonne gehalten werden sollten und nicht bis in die Nacht hinein dauern durften, weshalb auch jede Partei auf ihren Gegner nur vom Morgen bis zum Abend zu warten hatte und alsdann gegen denselben in contumaciam verfahren durfte.5 Der keltische Priester musste sich bei den Wendungen während des Gottesdienstes, dem Laufe der Sonne folgend, stets von Morgen gegen Abend drehen,6) stand also mit dem Gesichte nach Osten gewandt. Aus der Anlage und Beschaffenheit der noch vorhandenen keltischen Opferhügel geht hervor, dass die Opfer entweder im Ostpunkte oder im Mittagspunkte dargebracht wurden.7) Der neuerwählte Herzog von Kärn- [410] ten hatte, mit dem Gesicht gegen Sonnenaufgang sitzend, zu schwören, des Landes Rechte zu handhaben.1) Die ungarischen Könige schwangen bei ihrer Krönung ein Schwert nach den vier Welttheilen.2) Bei den so merkwürdigen Sonnenlehen, d. b. bei den Alloden oder freien und unabhängigen Gütern, welche man von Gott als dem allmächtigen und dem herrlichen Element der Sonne empfangen hatte, erfolgte die Belehnung symbolisch, indem in aller Frühe der neue Besitzer geharnischt und mit blossem Degen gegen Morgen ritt und, sobald die Sonne sich erhob, drei Streiche kreuzweis in die Luft oder Sonne that.3) – Wenn die Wünschelruthe geschnitten wird, soll der Schneidende nach Osten blicken, oder das Quêkrîs, die Wünschelruthe, soll Dasjenige sein, auf welches die ersten Strahlen der Morgensonne fallen. Diese Bestimmungen scheinen bei den iranischen Völkern uralt zu sein und finden sich ähnlich bei den alten lndern. 1) – Als die sieben persischen Grossen, darunter Dareios, beim Sonnenaufgang ausritten, damit Derjenige von ihnen König von Persien werde, dessen Pferd zuerst wiehern würde,5) ritten sie ohne allen Zweifel der aufgehenden Sonne entgegen.

Die Richtung der Tempel, der Bilder und Altäre der Götter war bei allen Völkern des Alterthums eine symbolische, d. h. wurde durch den Gottglauben bestimmt. Nach Lucian, de Dea Syra, stand zu Hierapolis in Syrien der Tempel der syrischen Göttin Derketo oder Atargatis gegen die aufgehende Sonne, und ebenso waren zu Selinus alle sieben Tempel ostwärts gerichtet. Die Richtung der Tempel war zwar bei den Griechen keine unabänderlich bestimmte, jedoch war sie vorzugsweise so, dass der Eingang nach Osten schaute.6) Heiligthum, Bild und [411] Altar der Gottheit war, genauer ausgedrückt, dahin gerichtet, wo man den Sitz, das numen der Gottheit annahm. Es müssen daher die Cellen der Olympier nach Osten gerichtet sein, weil man diese Gottheiten als im Aufgange der Welt wohnend dachte; daher sind ihre Cultusbilder in den Cellen, der Pronaos mit seiner Thymele und dem Brandopferaltare nach Osten gerichtet und der Eingang zu Pronaos und Cella herwärts von eben dieser Himmelsgegend. Gerade umgekehrt verhielt es sich mit allem Diesen in dem Cultus der unterirdischen Gottheiten, wie der Heroen, der Dämonen und Manen. Weil diese im Niedergange oder Westen wohnend gedacht wurden, waren ihre Cellen, Cultusbilder, Opferstätten und Altäre nach Westen gerichtet, der Eingang in ihre Hiera überhaupt nach Westen gelegen. Aleibiades,1) der Entweihung der Eleusinien beschuldigt, wurde öffentlich von allen in Athen befindlichen Priestern und Priesterinnen, die dabei, gegen Abend gewendet, blutrothe Gewänder schwenkten, verflucht. – Nach Platos Worten pflegten Griechen und Barbaren überall bei Aufgang und Niedergang der Sonne und des Mondes anzubeten und niederzuknieen; indessen beteten dennoch die Griechen wie die Römer mehr stehend, mit zum Himmel, zum Lichte emporgehobenen Händen; daher die Ausdrücke [...] [...], und [...], manus seu palmae supinae, tendens ad sidera palmas, manus adorantes attollimus,2) und im Deutschen: die Hände zum Gebet, zu Gott, zum Himmel erheben, – seine Hände betend, flehend und hülferufend nach dem Himmel ausstrecken. Stehend beten nach altem Gebrauche die Maurer. In der letzteren Weise beteten bekanntlich auch die alten Christen, oder stehend und mit ausgebreiteten Armen, so dass dieselben mit dem Rumpfe ein Kreuz bilden.3) – Die Römer stellten in ihren Tempeln die Statuen der Götter gern im Osten auf, damit die Götter als Lichtbringende [412] erscheinen. So betrachteten es auch die Christen.1) Nach Van de Velde, Reise durch Syrien und Palästina, I. S. 133 (Leipzig, 1855), ist die gewöhnliche Form der orientalischen Christenkirchen ein längliches Viereck mit einem Portal und einem Chor, das letztere gebildet durch eine grosse halbrunde Nische mit zwei kleinen Nebennischen. Das Chor soll immer nach Osten zu stehen. Van de Velde beschreibt die Ruinen einer solchen Kirche zu Yarûn, dem Zereon bei Josua 19, 38 im vormaligen Lande des Stammes Naphthali in der Nähe von Tyrus genau; das Portal dieser Kirche hatte drei Eingänge. In derselben Gegend und etwa 1 1/2 Stunden von Tyrus entfernt, liegt auch nach der Tradition das noch erhaltene Grabmal des tyrischen Königs Hiram, welcher mit Salomo im Bunde stand. Van de Velde, I. S. 140, beschreibt dieses Grabmal also: Es besteht aus einem länglich viereckigen Fussgestell von zwei Lagen grosser Steine; es ist 14 Fuss lang, 8 3/4 Fuss breit und 6 Fuss hoch; darauf ruht eine dritte Lage von etwa 15 Fuss Länge, 10 Fuss Breite und 3 1/2 Fuss Höhe; auf dieser steht eine abgestumpfte, aus einem einzigen Steine gehauene Pyramide von 12 Fuss Länge, 8 Fuss Breite und 6 Fuss Höhe, die endlich von einem länglich viereckigen Stein von denselben Dimensionen bedeckt ist, jedoch nur 5 Fuss hoch, so dass das Ganze etwa 21 Fuss hoch ist. Robinson hielt dieses Grabmal eher für ein muhammedanisches Weli, während Van de Velde die Ueberlieferung viel Wahrscheinlichkeit für sich zu haben scheint. Zufolge einer Bemerkung von Van de Velde, I. S. 157, scheint eine zerstörte christliche Kirche zu Tyras mit zwei riesenmässigen Säulen von rothem Granit (wohl vor ihrem Portale) geschmückt gewesen zu sein. Leider hat sich Van de Velde über diese beiden riesenmässigen Säulen, welche er zuerst fortschaffen würde, wenn ihm ein Schiff zur Verfügung stände, durchaus nicht näher ausgelassen und mit keinem einzigen Worte auch nur ihre Construction angedeutet, obwohl die umständlichste Beschreibung hier am Platze gewesen wäre. Dennoch dürfte feststehen, dass die bei- [413] den Säulen vor dem Tempel Salomos und vor dem Dome zu Würzburg, vor oder in der christlichen Kirche zu Tyrus und in der Maurerloge tyrisch, phönicisch seien und dort die Sonne und den Mond, Baal und Astarte, den kretischen Minos und die Britomartis, den griechischen Apollo und die Artemis, den ägyptischen Osiris und die Isis eigentlich symbolisirt haben. – Der Tempel Salomo’s war so aufgestellt, dass der Eingang mit der Vorhalle und den beiden Seiten Jakin und Boaz davor nach Osten blickte, das Allerheiligste mit der Bundeslade sich mithin im Westen befand,1) was Bähr daraus zu erklären sucht, dass das Tempelviereck habe orientirt und daher dessen vordere Seite nach Osten gewendet sein müssen. Bei den Christen war es von der frühesten Zeit an Regel,2) den Kirchen die Richtung gegen Morgen zu geben, so dass also der Eingang gegen Westen blickte, die das Gebäude abschliessende Koncha mit dem Hauptaltare aber gegen Osten, wie auch die Betenden sich überhaupt nach Osten zu wenden pflegten, bei der Taufe der Erwachsenen der Blick eben dahin gerichtet war, – endlich die Verstorbenen mit ebenfalls dahin gewendetem Gesicht in das Grab gelegt wurden. Zur Erklärung dieser Gebräuche der alten Christen bemerkt Bähr a. a. O. S. 311 u. 12: „Osten ist die Himmelsgegend, wo das Licht aufgeht und der neue Tag anbricht; im Osten ist der „Aufgang aus der Höhe“ (Luk. 1, 78), die „Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal. 4, 2), das „Licht der Welt“ (Joh. 8, 12; Jes. 9,2) erschienen, und hat einen neuen Tag gebracht (Röm. 13, 12), welcher Verbote und Unterpfand des zukünftigen neuen Morgens und Tages der ewigen Herrlichkeit ist, der anbrechen wird mit der Erscheinung des Herrn, des Aufgangs aus der Höhe, wenn er wiederkommt, um seine Verheissungen an seiner Gemeinde zu erfüllen (2. Tim. 4, 8).“ – Augustinus de serm. dom. 2. 18 sagt: „Cum ad orationem stamus, ad orientem convertimur, unde coelum surgit, non tamquam ibi habitet deus, sed ut [414] admoneatur animus, ad naturarn excellentiorem. se convertere , i. e. ad deum.“ Lucians Griechen grüssen beim Aufstehen die Sonne mit einer Kusshand und Tertullian schreibt an Christen: sed plerique vestrum, adfeetatione aliquando et [coelestia] adorandi, ad solis ortum labia vibrate. 1)

Ueber die Beerdigung der Todten verordnet schon der Vendidad VI, 105 u. 106: „Können es die Mazdayacna, so sollen sie ihn auf Stein Mörtel oder Teppich legen. Wenn sie es nicht können, so sollen sie ihn auf seinem eigenen Bette und seiner eigenen Matte, dem Lichte ausgesetzt, gegen die Sonne schauend auf die Erde niederlegen.“ – Die mit den alten Parsen zusammenhängenden und noch heute bestehenden Jezidis oder Teufelsanbeter bei Mosul im alten Assyrien richten gleichfalls ihre Todten nach Osten, wie sie auch, nach Osten gewandt, beten.2) Auch die Leichen deutscher Heiden, welche ausgegraben wurden, lagen mit dem Gesichte nach Osten gewandt;3) ebenso verhält es sich mit den in der Schweiz ausgegrabenen keltischen Leichen.4) Die Todten sollten, wenigstens nach dem parsischen Glauben, dem grossen Auferstehungsmorgen, dem ewigen Lichte entgegenschlafen. Haug bei Bunsen, Aegyptens Stelle, Va S. 108, glaubt aus verschiedenen, sehr gewichtigen Gründen, dass die Abfassung der Urschrift des Vendidad in die Zeit vor der Eroberung Baktriens durch die Assyrier, welche ungefähr 1200 vor Chr. erfolgte, gesetzt werden könne. Indem die Verstorbenen in den ewigen Osten eingehen, kehren dieselben nur dahin zurück, woher sie gekommen, denn namentlich nach dem indischen Glauben wohnen die Seelen der Frommen im Osten bei dem rothen Indra, bis sie in einen Körper zur Erde herabsteigen.5) Auch die Urbewohner Amerika’s, bei denen der Sonnencultus vor- [415] herrschte, beerdigten ihre Todten, unter einem Hügel sitzend, mit nach Osten gerichtetem Angesicht. 1)

Die Freimaurerloge soll nun zunächst ein genau orientirtes oder nach Morgen, nach den vier Weltgegenden gerichtetes, längliches und rechtwinkeliges Viereck als das Svmbol der Welt sein, wie denn auch ein solches Viereck wieder als Symbol der Loge selbst gebraucht wird. Das älteste englische Lehrlingsfragestück enthält darüber folgende Fragen und Antworten:

  • 87. M. Von welcher Gestalt ist eure Loge?
  • A. Ein längliches, rechtwinkeliges Viereck.
  • 88. M. Wie lang, Bruder?
  • A. Von Osten nach Westen.
  • 89. M. Wie breit (weit) Bruder?
  • A. Zwischen Norden und Süden.
  • 90. M. Wie hoch, Bruder?
  • A. Von der Erde bis zum Himmel.
  • 91. M. Wie tief, Bruder?
  • A. Von der Oberfläche der Erde bis zu dem Mittelpunkte.
  • 92. M. Warum wird gesagt, eure Loge reiche von der Oberfläche der Erde bis zu dem Mittelpunkte?
  • A. Deshalb, weil die Freimaurerei allgemein ist. 2)

Die Loge, nach Osten gewandt, mit dem den dreiarmigen Leuchter tragenden Altare und mit dem Meister vom Stuhle im Osten, wird selbst ein Osten, ein Orient genannt,3) als eine Stätte, worin das nach den Vorstellungen des Alterthums im Osten wohnende göttliche Licht gesucht, Gott geglaubt und verehrt wird, zu welchem nach seinem Tode der unsterbliche Menschengeist in den ewigen Morgen, in das ewige Licht und Leben eingehen werde. Sind die christlichen Kirchen orientirt, sind sie nach Osten gerichtet mit dem Eingange nach Westen, oder auch nach Norden und Süden, dann befinden sich auch in [416] ihnen der Altar oder die Altäre mit den Priestern im Osten, und die im Westen versammelte Gemeinde hat den Blick gläubig, betend und hoffend nach Osten, nach dem Lichte, nach Gott gerichtet. Die Richtung von Westen nach Osten, d. h. die Richtung der Kirchen und mithin auch der betenden Gläubigen nach Osten wurde im Mittelalter die heilige, linea sanctitatis, Linie der Heiligkeit genannt;1) der Weg und das Streben nach Osten sind die heiligen und die heiligenden, die rechten, die göttlichen, die lichtvollen.2) Wie die christlichen Täuflinge und Confirmanden, die christlichen Lichtsuchende (illuminandi) den Blick nach Osten richten, im Osten das Licht suchen, suchen es auch die Maurer im Osten und hoffen es dort dereinst zu finden und zu erhalten. Aehnlich wie bei den Christen die Kirchen und bei den Maurern die Logen und die Altäre orientirt sind, im Osten Gott gesucht und verehrt wird, scheint es auch bei den alten lichtgläubigen Druiden gewesen zu sein; wenigstens ist der im Jahr 1786 auf der Insel Jersey ausgegrabene und noch völlig unverletzte Druidentempel orientirt und hat den Hauptsitz und Altar im Osten.3) Ebenso möchten, um dieses bei dieser Gelegenheit zu berühren, die Druiden das Fünfeck, das pythagoreische Pentalpha 4), den flammenden fünfeckigen Stern der Maurer, als Lichtsymbol gekannt und gebraucht haben, und nach ihnen in Deutschland das Pentalpha den Namen Drudenfuss, Druidenfuss tragen. Auch glaubten die Druiden neben der Unsterblichkeit der Seele (nach Vollmer in Verbindung mit der Seelenwanderung) einen allmächtigen Baumeister der Welt, Demiurgos, welcher die Welt aus dem Wasser hervorgehoben habe und sie dereinst durch Feuer wieder zerstören werde.4) W. Grimm im deutschen Wörterbuche unter [417] Drude und unter Druide erklärt zwar die gewöhnliche Ableitung der Drude von Druide als völlig grundlos1) und sagt unter Drudenfuss: „Das Pentagramma, das signum pythagoricum, in der Wappenkunst Pentalpha (auch Alpkreuz und Alpfuss sonst genannt), betrachtete man wahrscheinlich als die zwei in einander geschränkten Füsse der Drute, denn ihr legt man Gänse- oder Schwanenfüsse bei, weshalb, welche plattfüssig sind, am meisten in den Verdacht kommen, dass sie Druten (Hexen) abgeben;“ allein wir glauben entschieden diesen Hexen-, Gänse- oder Schwanenfüssen entgegentreten zu dürfen. Grimm folgend, sagt neuerlichst auch Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 230, unzweifelhaft komme der Name Drud, gegen welche man sich durch den sogenannten Drudenfuss an Thüre oder Bettlade, durch kreuzweise gelegte Messer oder andere sympathetische Mittel schütze, – vom alten thrûdhr, d. i. Jungfrau, wie auch eine der Walküren den Namen Thrûdhr führe und es schon desshalb erlaubt wäre, die Drud als eine Botin und Dienerin der alten Götter aufzufassen; hierzu stelle sich in unverkennbarer Weise, dass die Druden bisweilen als schöne Frauen bezeichnet werden, dass sie nach andern Sagen an ihren patschigen, breiten, plumpen Händen, die den Vogelfüssen ähnlich gestaltet sind, erkannt werden und sich in Federn und Katzen verwandeln können, was wieder auf den Schwanfuss der Schwanjungfrauen und die Beziehungen der Walküren zu dem Vogelkleide und zu Frouwa deute. Das Pentalpha ist gewiss nie und nimmer in dem Glauben oder Aberglauben des Volkes aufgekommen, sondern gehört dem Glauben und gelehrten Wissen der Priester, der Druiden an und die Drude war ursprünglich die Druide, die Druidenpriesterin, welche nach der Einführung des Christenthums, wie es ja so oft mit den heidnischen Gottheiten und deren Priestern geschah, zu einer teuflischen Hexe herabgesetzt wurde. Das Pentalpha ist, wenn nicht schlechthin ein Mysteriensymbol, doch mindestens ein priesterliches, und wurde und wird so bei den Aegyptern, [418] Indern , Sinesen , Pythagoräern, Druiden, Tempelherrn und in der Maurerei gebraucht. Nach der ihn immer beherrschenden Gewitteridee bringt Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 219, das ägyptisch-pythagoreische Pentalpha sogar mit dem Blitze in Verbindung und betrachtet es als ein Blitzeszeichen, worin er allerdings Grimm noch übertroffen hat. Der Drudenfuss ist unter allen und jeden Umständen und ganz unbestreitbar als mystisches Zeichen, als heiliges Zeichen älter als die Germanen und zugleich eine geometrische, eine mathematische Figur, weshalb es zunächst bei einem solchen Volke des Alterthums aufgekommen sein muss, welches die Geometrie, die Mathematik betrieb und als Wissenschaft besass. Nach dem ganzen Gange der Bildung der alten Welt waren dieses Volk am wahrscheinlichsten die Chaldäer, oder doch die Aegypter und die Sinesen, wenn die Aegypter und Sinesen nicht die Schüler der Chaldäer gewesen sind. Jedenfalls kam sodann das Pentalpha von den Aegyptern durch Vermittelung des Pythagoras an die Griechen und Römer und von ihnen wieder an die Kelten, welche es in ihren frühern Sitzen an der Donau den Germanen und besonders den Baiwaren entweder zurückliessen oder später in anderer Weise übertrugen. Dabei bleibt das Pentalpha, was es ist und stets sein wird, eine geometrische oder mathematische Figur, ein Fünfeck, und muss nicht zum Bilde zweier Gänse- oder Schwanenfüsse oder gar des Blitzes gemacht werden, was es wenigstens bei den Sinesen und Indern, – bei den Aegyptern, Griechen und Römern nicht sein kann, weil sie von den schönen Gänsen und Schwänen oder von den Gänse- und Schwanjungfrauen nichts wissen. Dazu kommt, dass es doch kaum begreiflich wäre, dass man gegen die Nacht der Druden sich hätte dadurch schützen wollen, dass man ihre beiden Füsse an die Thüre oder Bettlade gezeichnet; wohl aber lässt es sich erklären, dass man ein älteres heiliges Zeichen gegen die neuen Unholde und Hexen, wozu sie erst durch das Christenthum bei den Germanen gemacht wurden und somit als solche kaum über das siebente oder auch sechste Jahrhundert hinaufreichen werden, als Schutzmittel, als Zauber angewandt habe. Thrûdhr heisst allerdings Jungfrau; allein [419] daraus folgt gewiss nicht, dass die Drudenfüsse Jungfrauenfässe und diese wieder Gänsefüsse seien. Ueberhaupt kann in mythologischen Dingen nicht die Etymologie allein entscheiden, sondern es muss doch auch noch einiges Gewicht auf den Inhalt, auf die Sache selbst gelegt und daher eine etymologische Ableitung verworfen werden, wenn dieselbe zum Inhalte und zur Sache und zugleich zur Geschichte nicht passt. Ebenso ist es nicht erklärlich, wie die Schwanjungfrauen, die Walküren haben zu Priesterinnen werden können, obwohl die alten keltischen Priesterinnen eben so leicht zu Hexen werden konnten, wie die Kelten- und Römerbauten und Mauern zu Teufelsbauten und Teufelsmauern in der christlichen Zeit geworden sind, ja die alten germanischen Götter selbst sich von den christlichen Priestern mussten verteufeln lassen. Quitzmann erscheint die Drud als ein wider ihren Willen dem Heidenthume verfallenes Weib, welches vielleicht früher in priesterlicher Funktion der Wöchnerin beistand und zu ihrer Reinigung ein Opfer brachte, wovon jetzt nur mehr die symbolische Handlung des Drückens übrig geblieben ist, für die durch das Opfer eines Thieres gänzlich abgekauft werden kann. Die Druidenpriesterinnen übten gewiss die Hebammen- und die Arzneikunst, und aus welchem haltbaren Grunde können sie nicht die spätern Drüden sein? Quitzmann, S. 219, hält doch z. B. für möglich, dass die Baiwaren frühere römisch-keltische Cultorte in christliche umgewandelt haben, und ebenso behauptet er S. 222, unter Berufung auf Grimm, dass unter den Einwirkungen der Römer und Kelten der Bilderdienst zwischen dem vierten und siebenten Jahrhundert bei allen germanischen Völkern, namentlich bei den Gothen, Franken, Alemanen und Sachsen eine weite Verbreitung erreicht hatte, sowie auch Ueberreste von Cultorten und Götterbildern der Römer und Kelten vorhanden gewesen. Ebenso erkennt S. 206 Quitzmann um das Portal der Kapelle auf Schloss Tirol ein Mithrasbild, einen Kentauer und zwei Drachenbilder, die entschieden heidnischen, wahrscheinlich vorgermanischen Ursprungs sind und unzweifelhaft aus den Ruinen einer ältern Bauperiode hierher gebracht worden sind: aber die Jungfrauen mit den [420] Gänsefüssen bleiben trotzdem. W. Grimm stimmt sodann in der Wortableitung gar nicht mit Quitzmann zusammen, sondern nach ihm wäre die Ableitung von trût, traut, dilectus, zumal die Drude ursprünglich auch ein guter, wohlwollender Geist gewesen sei, wie die Frau Holda. Grimm bemerkt dabei nur nebenbei, dass Finn Magnus. Lex. mythol. p. 971 und die deutsche Mythologie (von Jac. Grimm) S. 394 mit Drude die Valküre Drude in Verbindung bringen, welches Wort auch als Appellativum virgo bedeute. Rochholz, Schweizersagen aus dem Aargau, II. S. 190, erklärt das ahd. Alahtrut = Waldpriesterin, wie Alahirzi im Kanton Aargau den die Seelen in den Wald abholenden Holzhirschen, einen auf dem Hirschen reitenden oder mit Hirschen fahrenden Todesgott, den Winter und den Tod bezeichnet. Da der Alahirzi, der Todtenhirsch, dem Todtenpferde ganz gleich steht und das Symbol, der Bote der Todesgöttin und diese selbst ist, ist somit die Alahtrut gleichfalls eine Todespriesterin und Todesgöttin; die Druden sind vervierfältigte Entstellungen und Ausartungen der Lebens- und Todesgöttin Holda, der Hel, – sie sind ursprüngliche Valkyrien und Priesterinnen, ganz zuletzt aber Wolken- und Wolkenfrauen.1) – Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch, äussert unter Trute, welche ihm eine Unholde, eine Hexe bedeutet, keine selbstständige etymologische Ansicht, sondern verweiset einfach auf Schmeller’s Wörterbuch und Grimm’s Mythologie, schliesst sich somit diesen an. Auch sprechen für die gewöhnliche, von Grimm verworfene Ansicht die Drudenbäume, d. i. nach Grimm selbst vorzüglich Eichenbäume, heilige Bäume des Druidengottes, bei welchen seine Priester und Priesterinnen sich versammelten.

Sollte äusserer Hindernisse wegen eine Loge nicht wirklich orientirt sein, und der Altar mit dem Meister sich mithin nicht wirklich im Osten befinden, so ist dennoch der Osten, der Orient einer Loge stets da, wo der Altar und der Meister vom Stuhl sind, denn woher das [421] Licht und die Weisheit kommen, dahin muss der Osten verlegt werden.

Der Osten kommt in der Maurerei nicht allein als ein Lichtsymbol, als das Symbol der Wohnung des ewigen Lichtes und Gottes vor, sondern zugleich als Erinnerung an die geschichtliche Thatsache, dass die Völker und die menschliche Bildung, besonders aber die Lehre Jesu von Asien, von Osten ausgegangen seien und von da aus sich über Afrika und Europa ausgebreitet haben, also auch das menschliche Licht, die menschliche Bildung und Wissenschaft aus Osten stamme und dort als an seiner Quelle gesucht werden müsse. In diesem Sinne enthält das Lehrlingsfragstück in dem bekannten englischen Werke „Jakin und Boaz“ folgendes:

Frage: Warum ist eure Loge von Osten nach Westen gelegen?
Antw.: Weil alle Kirchen oder Capellen so liegen oder so liegen sollten.
Frage: Warum diess?
Antw.: Weil das Evangelium zuerst im Osten gepredigt wurde und sich von da nach Westen ausbreitete. 1)

Auf den Osten in der geographischen und geschichtlichen Bedeutung wird besonders bei der Aufnahme in den Gesellengrad hingewiesen; nach diesem Osten muss der Geselle an der Hand des zweiten Vorstehers dreimal reisen, bei dem Antritte welcher drei Reisen ihm z. B. zugerufen wird:

Mein Br., ich führe Sie nach Osten, aus Osten empfingen die Völker der Erde ihr Licht.
Folgen Sie mir noch einmal, – ich führe Sie gegen Aufgang der Sonne. Im Osten ward auch der (geistige) Tempelbau begonnen, aber die Arbeiter haben sich zerstreut.
Sie haben noch nicht vollendet, – folgen Sie mir noch einmal. Ich führe Sie gegen den Aufgang der Sonne, von Osten her wandelten im Alterthurn die ersten Maurer in die Abendländer.

Da der Gesellengrad im Gegensatze zu dem Lehrlings- [422] grade, welcher sich mit der Weltschöpfung und dem Weltbaumeister, gleichsam mit der Weltbaukunst beschäftigt, den Menschen als den Schöpfer und Baumeister seines eigenen Lebens, die menschliche Baukunst zum Gegenstande hat, ist in dem Gesellengrade die vorherrschende Rücksicht auf die menschlichen Erfindungen (die Metalle) und die dadurch geweckten Leidenschaften und Kämpfe, sowie überhaupt auf die Geschichte der Menschen und Völker begreiflich. Der Geselle ist der eigentliche Arbeiter, der thätige und handelnde Mensch, der Mensch in seinem Streben und Leben, der Mensch mit seinen Tugenden und Fehlern, der Mensch auf dem doppelten Schicksalswege zu dem lohnenden Himmel oder zur strafenden Hölle.

Um unterrichtet zu werden über die französische Maurerei, maurerische Schriftstellerei und Geschichtforschung, mag man z. B. die Instruction oder Belehrung nachlesen, welche Ragon, cours philosophique et interprétatif des iniations anciennes et modernes, Paris 1841, S. 111-138 über den Gesellengrad ertheilt. In dieser Instruction wird unter Anderem die Seelenwanderungslehre des Pythagoras, welcher auch nach Ragon S. 122 bei den Chaldäern mit dem zweiten Zoroaster zusammengetroffen sein soll, vorgetragen und für eine blosse Allegorie erklärt, indem die menschliche Seele nach der eigentlichen Ansicht des Pythagaras niemals wandere.1) Ueber die fünf Reisen, welche der Geselle eigentlich bei seiner Aufnahme machen sollte, sagt nicht unwahr Ragon: „Voilà pour quoi vos cinq voyages symbolisent, dans l’allégorie astronomique, les cinq mois de production de la nature. Ce rapprochement ingénieux qui, sans doute, éclaire votre esprit d’une lumière inattendue, doit deja vous donner la clé d’une partie de nos mystères.“ – – „Les cinq voyages rappellent philosophiquement les cinq sens, qui sont les fidèles compagnons de l’homme, et ses meilleurs conseillers dans les jugements qu’il doit porter.“

Die Maurerloge wird zur Lichtstätte, zur Loge eingeweiht, indem zum ersten Mal in ihr das Licht, wie in den christlichen Kirchen entzündet wird, was schon früher [423] berührt worden ist. Ohne Zweifel war dieses eine neue Kirche und Loge einweihende Feuer wenigstens früher ein sogenanntes Nothfeuer, d. h. auf feierliche Weise durch Reibung oder auf ähnliche Art gewonnenes reines Himmelsfeuer.1) Zur Hervorbringung des Nothfeuers bediente man sich auch eines Rades mit neun Speichen, das von Osten nach Westen gewälzt ein Bild der Sonne war. Auch wurden neunerlei Kräuter in die Flamme geworfen. Die Nennzahl, besonders wenn sie bei den Frühlingsfeuern, den Fastnachts-, Oster- und Mai- oder Walpurgisfeuern vorkommt, darf wohl auf das nach dem dreimonatlichen Winterschlafe der Natur, des Hiram, wiederbeginnende 9monatliche Natur- und Sonnenleben, die neun treuen Gesellen des Hiram bezogen werden. Hieran schliesst sich, dass die alten Germanen die Nothfeuer auch aus neunerlei Holz, und besonders indem 81 der kräftigsten Jünglinge an einem neuen Seile den Bohrer in einem mit neun Speichen versehenen Rade, dem Sonnenrade, schnell drehten, neu gewannen oder entzündeten.2) Dieses symbolische Sonnenrad kommt auch in Indien häufig vor und heisst hier Sûryasya cakramsin den Veden, das griechische [...].3) Von diesem Sonnenrade, [...], sind auch bei den Griechen die Kyklopen, welche dem Zeus seine Donnerkeile schmieden und die nur die personificirten Gewittererscheinungen sind, benannt, denn Kyklope bedeutet das Kreisauge, das Radauge.4) Daher haben die Kyklopen gleich den ihnen verwandten indischen Râxasa ein grosses Stirnauge, sind die durch die Gewitterwolken hindurchbrechende, sich hindurchringende titanische Sonne. An die Kyklopen reiht sich auch Ixion, der Radträger oder Achsenträger von sanskr. axan, axa, lat. axis, d. i. die Achse, das Rad, das Auge (der Sonne 5)). Mit den neun germanischen Kräu- [424] tern, neun Holzarten, neun Radspeichen und 81 drehenden Jünglingen sind zu vergleichen oder stehen sich gleich die neun oder neun Mal neun Thränen, welche die Mutter Erde, die trauernde Mutter und Wittwe über ihren von drei treulosen Gesellen erschlagenen, oder den dreimonatlichen Winterschlaf schlafenden Sonnensohn und Sonnengott Hiram weint. Der drei Tage oder drei Monate im Grabe schlafende Hiram gleicht der als Proserpina in der Unterwelt abwesenden Aphrodite, welche erst im Frühjahre mit den Blumen als Aphrodite zu ihrer trauernden und verlassenenen Mutter Demeter, die blos eine andere Gestalt ihrer selbst ist, zurückkehrt. An den aus dem Grabe wiedererstehenden Hiram und die dann wieder blühende Akazie erinnert auch die deutsche Sage von den im Innern der Berge mit ihren Helden schlafenden deutschen Kaisern, Karl dem Grossen und Friedrich Barbarossa, welche einstens wieder erwachen und das deutsche Reich wieder herstellen sollen. Die deutsche Volkssage fügt hinzu, der erwachte Kaiser werde seinen Schild an einen dürren Baum hängen, der sofort wieder blühen werde.1) Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 105 und 208, will auch die sieben Jahre des Odysseus, während welcher der Sonnenheld im himmlischen Meere auf der Insel der Kalypso den Bogenkampf, den Kampf mit dem Regenbogen, das Blitzeschiessen oder Senden meiden muss, auf die sieben Wintermonate beziehen. Odysseus wäre sonach mit Apollo gleichbedeutend, welcher letztere auch nach sieben Monaten geboren und stets wiedergeboren wird, in Uebereinstimmung womit Schwartz das E oder Ei an der Tempelwand zu Delphi auf die fünf Sommermonate deutet, in denen Apollo herrscht und lebt. Im Frühlingsmonate [...] wird der siegreiche Licht- und Sonnengott mit dem Bogen (nach Schwartz dem Regenbogen) und den Pfeilen (den Blitzen) aus den dunkelen Gewitterwolken in der Mitte des Himmels, in dem Nabel der Erde zu Delphi geboren und erlegt sogleich den winterlichen Drachen Python. Im Winter ist Apollo gleich Hiram todt und weilt bei den Hyperboreern im Norden, im Grabe, es ist ihm, wie [425] dem deutschen Tôrr sein Hammer, sein Blitz von Winterriesen geraubt. Diesem nach sieben Monaten gebornen oder wieder wiedergeborenen Apollo stehen ganz gleich die weissen Frauen der nordischen und deutschen Mythologie, welche alle sieben Jahre wiedererscheinen, denn auch diese sieben Jahre sind nur die sieben Wintermonate, nach denen das siegreiche, erwärmende und beglückende Himmelslicht, die weisse Frau, die spinnende Mutter und. Königin Bertha,1) zurückkehrt. In den sieben Kindern der Niobe (nach Apollodor), einer Art Winterkönigin, erblickt Schwartz , a. a. O., S. 106, gleichfalls die sieben Wintermonate, welche Apollo mit seinen Pfeilen oder Blitzen tödtet. Die Thränen der Niobe erklärt Schwartz für den im Sommer nach den blitzenden Gewittern strömenden Regen, wie die Hyaden, die Regennymphen, im Regen den Tod ihres von einer Schlange (einem Blitze) getödteten Bruders beweinen. Der Tod oder die Tödtung der zwölf Kinder der Niobe ist von Andern ähnlich und sinnvoll früher schon dahin verstanden und ausgelegt worden, dass die Niobe die Jahresgöttin und ihre zwölf Kinder die zwölf Monate des ablaufenden Jahres seien, welche von dem neu beginnenden Jahre (dem Sol novus, Apollo in der Wintersonnenwende) unerbittlich getödtet und verschlungen werden. Endlich erblickt Schwartz, a. a. O., S. 184, in den. sieben Jünglingen und Jungfrauen, welche alle acht Jahre d. h. jährlich im achten Monate dem Minos geopfert werden sollen, die sieben winterlichen Sommer- und Mondwesen, die sieben Wintermonate, die der dann folgende Sommer hinwegnimmt, bis die Herbstgewitter, der Licht- und Blitzheld Perseus, geleitet von dem Faden der Ariadne, d. i. nach Schwartz von dem Blitzesfaden, den Minos- und Sommerstier im Wolkenlabyrinthe auffindet und tödtet. Aehnlich soll nach Schwartz, a. a. O., S. 82, die Königin Omphale, welcher Herakles dient, nur die Winterszeit sein, welcher die schwach und kraftlos gewordene Sommersonne unterlegen ist, wie die Nymphe Kalypso den Bogenhelden Odysseus in ihren Liebesnetzen gefangen hält; es ist derselbe Herakles, welcher im Herbste gleich dem Phönix [426] sich auf dem Holzstoss selbst verbrennt, um sich im Frühlinge aus seiner Asche, aus dem Grabe wieder stärker und schöner zu erheben. Das Löwenfell, welches Herakles als Symbol seiner Sonnenstärke, der höchsten Sonnenkraft im Sternbilde des Löwen trägt, da er selbst diese Löwensonne ist, hat er bei der Omphale, in der Winterszeit abgelegt und die Omphale, der siegreiche Winter, ist nun in das Löwenfell, freilich im umgekehrten Sinne, gekleidet.1) Mit den Waffen des Herakles verhält es sich nach bildlichen Darstellungen ebenso, denn die Omphale hat nun die Keule erfasst.

Eine neue Kirche und eine neue Loge gründen, heisst im höhern und ursprünglichen Sinne, ein neues Himmelsfeuer zum Symbole und zur Verehrung des ewigen Lichtes und Gottes entzünden und von nun an nicht mehr erlöschen zu lassen, sondern es als ein heiliges und ewiges Feuer zu nähren und zu bewahren. Anfänglich gab es keine gemeinsamen Plätze der Gottesverehrung, keine Gemeinde- und Volksfeuer, – keine Tempel-, Kirchen- und Logenfeuer, sondern nur vereinzelte Wohnungen und Feuerstätten, weshalb noch heute vielfach in Deutschland die Grösse der Dörfer nach der Zahl der Feuerstätten bemessen und gezählt wird. Die ersten Feuer (Hestien) waren die Herdfeuer des einzelnen Hauses, die ersten Altäre die Hausherde und Hausaltäre , – die ersten Götter die Hausgötter und die ersten Priester jeder Familienvater in seinem Hause, wie die ersten Staaten Familienstaaten gewesen sind. Erst mit der fortschreitenden Gemeinde- und Staatenbildung entwickelte sich auch ein öffentlicher Gottesdienst, ein öffentlicher Feuerherd und ein öffentlicher oder gemeindlicher und staatlicher Priesterstand. Besonders in Rom sehen wir noch in den spätern Zeiten, wie lange sich der Dienst und die Verehrung der Gottheiten einzelner angesehener Familien, Geschlechter oder auch Volksstämme erhielt und wie sich diese Gottheiten allmählig in Gottheiten der ganzen Stadt, des ganzen Volkes und Staates umwandelten. Dass in Griechenland und Rom öfters die Besorgung des Gottesdienstes, der Tempeldienst ein Vor- [427] recht, ein erbliches Recht gewisser Familien und Geschlechter war, muss daraus erklärt werden, dass diese Familien und Geschlechter ihren Gott gleichsam bedingungsweise der Stadt und dem Staate abgetreten hatten. Dass in einzelnen, ursprünglich mehr oder weniger weit von einander entfernten Häusern und Feuerstätten das einmal entzündete Feuer nicht mehr erlöschen durfte und durch Zudecken mit Asche, Zulegen von neuem Holze auch während der Nacht stets brennend und glimmend erhalten wurde, gebot der Urmenschheit ihr eigenes dringendes Bedürfniss und aus diesem Bedürfnisse ist zunächst besonders der parsische und indische, wohl auch der griechische und römische Feuerdienst entstanden. Die ewigen Feuer oder Lichter des späteren gemeinsamen Feuer- und Gottesdienstes sind nur die ursprünglichen Herdfeuer, welche den ersten Menschen die Nothwendigkeit gebot, nicht mehr erlöschen zu lassen; die ersten Menschen mussten das erste Feuer, die Quelle des Lichtes und der Wärme, den mächtigen Gehülfen zu so vielen andern Zwecken und Diensten als die höchste Himmelsgabe, gleichsam als eine wohlthätige Gottheit betrachten, bewahren und verehren. Man versetze sich im Geiste recht lebendig zurück, in die ersten Zeiten der Urmenschheit, man erwäge die wohlthätgen, aber auch die zerstörenden Wirkungen des Herdfeuers und des im Innern der Erde thätigen und tobenden vulkanischen Feuers, und man wird begreifen, wie fast in allen Urreligionen, Sagen und Mythologieen der Völker das Feuer zum Symbole Gottes und des Teufels, des Ormuzd und des Ahriman, des Guten und des Bösen geworden sei, wie der Himmel und die Hölle, die Ober- und die Unterwelt, jene als Sitz des wohlthätigen Lichtes und Feuers, diese als Sitz des zerstörenden und doch reinigenden Feuers entstanden seien. Die im Innern der Erde thätigen vulkanischen Kräfte personificirte der phantasiereiche Arier leicht zu einem dort eingeschlossenen bösen Feuergeiste; die noch jetzt in den [arischen] Ländern, besonders am kaspischen Meere häufigen1) und früher wohl noch häufigeren, und heftigeren Erdbeben waren die Bewegungen des bösen [428] Geistes, seine Kämpfe mit Ormuzd, welcher ihn zum Wohle der Menschheit und der Erde wieder bezwingen und fesseln musste; der aus den Kratern aufsteigende Qualm und Feuerrauch war das Athmen des bösen Geistes.1) Wenn auch später der in Masenderan oder im nördlichen Medien in der Gegend des caspischen Meeres gelegene Vulkan Demawend als ein Hauptsitz des Ahriman betrachtet worden sein mag, ist doch die Entstehung des Begriffes von Ahriman nicht ausschliesslich an den Demawend anzulehnen, wie es von Kruger geschehen. Nach Ritter, Erdkunde, Thl. VIII. S. 561 u. 62, feiert das Bergvolk des Demawend übrigens noch jetzt alljährlich mit lautem Jubel, mit Geschrei und wildem Jagen auf Pferden und Maulthieren, mit Freudenfeuern auf allen Spitzen der Berge am 31. August das Fest des Sturzes des Zohak.2) Auch der griechische Typhon ist nur der arische Ahriman, ein Demawend, ein personificirter feuerspeiender Berg.3) Selbst in dem ältesten heiligen Buche der Sinesen, dem Yking, wird von einem Drachen- oder Drachengeiste geredet, welcher, da er in seinem Uebermuthe zu dem Himmel hinauffahren wollte, in die Tiefe hinabgestürzt wurde.4) Ebenso waren Vulkane und Erdbeben bei den Südseeinsulanern die Veranlassung, einen bösen Gott oder Peli, einen Zerstörer und furchtbaren Geist zu bilden, wie nach der Ansicht von Schweiger selbst der ägyptische Typhon ein vulkanisches Erzeugniss sein soll.5) – So ging bei den Iraniern der Licht- und Feuerdienst gleichsam aus den natürlichen Verhältnissen, aus der Beschaffenheit des von ihnen bewohnten Landes mit seinen so grossen und reichen Gegensätzen [429] hervor. Die Priesterschaft aber als eine öffentliche oder als eine Staatseinrichtung entstand aus dem Bedürfnisse, das heilige Feuer brennend zu erhalten und nicht mehr erlöschen zu lassen,1) jedoch auch mit dem Feuer den Glauben und die Religionsgebräuche zu erhalten, welche letztern mit dem erstern unzertrennlich verbunden sind. Die ursprüngliche unendlich hohe und stets dauernde Aufgabe des Priesterthums ist die Bewahrung und Verbreitung des wirklichen und des geistigen Lichtes, des irdischen und des himmlischen Feuers, und diese Aufgabe haben die Freimaurer mit der Priesterschaft gemein, indem auch sie Lichtpriester, Lichtbewahrer und Lichtverbreiter sein sollten. Der parsische Priester Atarevakhshô ist wörtlich Derjenige, welcher das Feuer wachsen macht, d. h. den Feuerdienst besorgt.2) Der Zendavesta nennt die Priester stets Atharva, d. h. nach Dunker, a. a. O., II. S. 378 oben, mit Feuer versehen. Auch wurden die Priester caoskjantô’s d. i. Feueranzünder, Feuerpriester genannt, wie ein solcher bei den Maurern auch der Meister vom Stuhl ist. Im Alterthume und selbst noch besonders bei den Griechen fiel die Gründung neuer Familien und Privatwohnungen, neuer Gemeinden und Staaten als gleichbedeutend zusammen mit der Errichtung neuer Privat- oder öffentlicher Feuerstätten. Bei den Deutschen wurde bei Heimführung der Braut das Feuer angemacht, ein neues Feuer als Symbol der neu gegründeten Familie angezündet, wie es noch heute an verschiedenen Orten der Gebrauch ist.3) Wie sein Feuer an einem Orte anzünden, eine Feuerstätte errichten, so viel heisst, als sich ansiedeln, sich niederlassen, den Wohnort und das Leben wählen, – ein Haus der Gottheit und sich selbst, eine Stätte des ewigen Feuers errichten,4) wird umgekehrt Jemand rechtlos gemacht, ausgetrieben und verbannt, verfemet, indem man ihm Wasser und Feuer entzieht indem man das Wasser [430] ihm stopfet und das Feuer löschet (aqua et igni interdietio).1) Das Feuer ist somit nicht blos das Symbol des ewigen Lichtes und der Gottheit, sondern auch des irdischen Rechtes und des irdischen Lebens, der irdischen Nacht; wer des Lichtes, des Feuers entbehrt, findet weder auf Erden noch im Himmel die Ruhe und den Frieden, das Glück; der Frevler wird in die Finsterniss gestossen. Diesem Anzünden und Löschen des Herdfeuers liegt zuletzt derselbe Gedanke des Lebens und des Todes, des Lichtes und der Finsterniss, des Guten und des Bösen, des Rechten und des Unrechten zu Grunde, wie den beiden Säulen Jakin und Boaz, vielleicht auch den beiden Cherubim auf dem Deckel der salomonischen Bundeslade und den zwei zehn Ellen hohen und breiten Cherubim vor der Bundeslade,2) – der aufgehenden Sonne (Apollo) und dem untergehenden Monde (Artemis), dem Morgen- und dem Abendsterne, der erhobenen und der gesenkten Fackel.3) Wollten die Maurer streng im Geiste ihres Lichtglaubens reden, sollten sie nicht sprechen und schreiben Br. John Locke (noch im 64. Jahre in England, aufgenommen), – Helvetius, Lalande,4) Voltaire,5) Baron von Stael-Holstein, schwedischer [431] Gesandter zu Paris, Mirabeau, Condorcet, [Cambacerès], Crémieux, Garnier-Pagés in Frankreich, – Franklin,1) Washington, Jefferson und Adams in Nordamerika; Blumauer, Bode, Boerne, Bürger, Claudius, Dalberg, Fessler, Fichte,2) Forster (der Weltumsegler), Goethe, Graevell, Haugwitz, Heeren, Herder, Klopstock, Knigge, Krause, Krebs, Lessing,3) Link, Mossdorf, Musaeus, Oken,4) Schneider, Schroeder , Schubart, Stieglitz, Stollberg (Gebr.), Voss, Wedekind, Wieland,5) Friedrich der Grosse, Kaiser Franz I. von Oesterreich , Maximilian I. von Baiern, Herzog Carl von Hessen, Herzog Ferdinand von Braunschweig-Lüneburg, Fürst Blücher u. s. w. in Deutschland6) – Bodmer, [432] Heldmann, Hottinger, Lavater, Salis, Wieland und Zschokke in der Schweiz, – hatte das maurerische Licht erblickt und ist nunmehr in den ewigen Osten eingegangen, sondern wie auch von den einzelnen Logen: sie haben ihr Licht entzündet und wieder gelöscht.

Noch bis in die neuere Zeit galt in einigen Gegenden Deutschlands die Sitte, bei Gutsübergaben das alte Feuer zu löschen und ein neues anzuzünden. Der in Island anlandende Norwege bemächtigte sich des ganzen Grundes, den er von sechs Uhr Morgens bis sechs Uhr Abends durchreisen konnte; wo die Tagereise begann und endete, wurde Feuer entzündet, das hiess ein Stück Land mit Feuer umziehen. Auch bei gekauften Grundstücken geschah Aehnliches.1) Dass ein neues Leben, eine neue Herrschaft, eine neue Kirche, eine neue Loge, ein neues Jahr nur das Entzünden eines neuen Lichtes sei, hat sich besonders auch in einem Gebrauche erhalten, womit noch jetzt zu Damaskus in Syrien, wie früher auch zu Kairo in Aegypten, im Monat April das drei Tage dauernde, alte persische Neuruzfest, d. h. das Fest des neuen Jahres gefeiert wird. Am Abende des Festes nämlich laufen die Knaben mit angezündeten, in Oel getränkten Spänen durch die Gassen, reissen sich dieselben aus den Händen und suchen sich diese gegenseitig auszulöschen.2) Dieses Kinderspiel ist nur ein Symbol des Kampfes zwischen dem scheidenden alten und neuen Jahre, zwischen der alten und neuen Sonne, dem alten und neuen Lichte, dem besiegten Winter und dem siegreichen Sommer, wie denselben Kampf und Sieg bei den deutschen Frühlingsfesten ein Strohmann und ein grüner Epheumann, ein jubelnd verbrannter grosser Puppenmann u. s. f. symbolisiren. Denselben Kampf, welchen unsere weisen Polizeien nicht selten gegen solche ihnen unverständlichen alten Volksgebräuche führten und führen, haben zu Kairo nach Kremer erfolglos auch mehrere Chalifen gegen das Knabenspiel der brennenden Späne geführt. In Rheinbaiern gehen [433] noch heute am Rosensonntag Lätare in Städten und Dörfern die Knaben mit einem Strohmanne und einem Epheumanne singend von Haus zu Haus:

‘Ri, Ra, Ro, der Summertag ist da! u. s. w.’

oder auch:

‘Stab aus, dem Winter gehen die Augen aus.’

Leider sind diese Kinderlieder nun aus dem Gedächtnisse verschwunden, wie unvergesslich mir auch die Zeiten sind, als noch jene Lieder tönten. Die Knaben sind dabei gewöhnlich in weisse Hemden und die Mädchen in weisse Kleider gekleidet. Fast alle Kinder erhalten auch an diesem Tage einen weissen Stab mit einer gebackenen Bretzel oben, in welcher frische Buchszweige und Blumen stecken; mit diesen Stäben laufen sie singend und jubelnd einher. Auf diese Stäbe spielt der Eingang des zweiten Liedes an.1) Diese germanischen Frühlingsfeste erinnern besonders an die von den Griechen ungefähr zu derselben zu Ehren des Dionysos im Monat Anthesterion (Februar) durch ganz Griechenland und auch auf den Inseln und in Kleinasien gefeierten Anthesterien, wobei namentlich auch die Kinder mit den ersten Blumen des Frühlings bekränzt wurden;2) noch mehr aber gehört hierher das im Monate Elaphebolion (März) gefeierte Fest der grossen oder städtischen Dionysien, ein Fest des von der Noth und den Sorgen des Winters befreienden [...] Dionysos.

XXVIII.
Ueber das Symbol des maurerischen Schrittes.


Der Lehrlings-, der Gesellen- und Meisterschritt, womit der Lehrling, der Geselle und der Meister sich dem [434] Altare nähern , symbolisch 3, 5 oder 7 Stufen des Altares ersteigen, und der Schritt, mit dem die Maurer aller Grade in die Loge eintreten sollen, stimmen insofern mit einander überein, dass sie alle in der geraden Linie, offenbar nach dem Winkelmasse oder dem rechtwinkeligen Dreiecke, welches der Ausschreitende zuerst bildet, erfolgen.1) Der Schritt und Weg des Maurers soll sonach ein gerader, ein nicht nach Rechts und Links oder vom rechten Wege abschweifender und ablenkender, ein abgemessener und geordneter sein. Der maurerische Schritt hat, auf diese Weise aufgefasst, eine unendliche tiefe Bedeutung und schliesst sich innig an das Halszeichen, an die Bewegung der rechten Hand und des rechten Armes an, denn Hand und Fuss soll der Maurer im rechten Winkel, im Winkelmasse bewegen. Der cubische Stein, auf welchem ein Winkelmass mit den Worten liegt: „Dirigit obliqua,“ und die Gesellenloge nach der gewöhnlichen maurerischen Erklärung bezeichnen soll, ist ein durchgreifendes Symbol des von dem Maurer zu wählenden und zu führenden Lebens und Strebens, enthält für den Maurer eine allgemeine und unbedingte Lebensvorschrift, indem das Winkelmass sein ganzes sittliches und geistiges Leben, namentlich aber auch die Bewegung seiner Hände und Füsse beherrschen und regieren, dirigiren soll, um in allen Beziehungen die Abweichungen, Fehler und Verirrungen (obliqua) zu vermeiden. Da das Halszeichen mit der rechten Hand gegeben, – das rechtwinkelige Dreieck oder das Winkelmass mit der rechten Hand gebildet wird, wie es kaum anders sein könnte, ist es auch nicht dem geringsten Zweifel unterworfen, dass ebenso beim Schritt das rechtwinkelige Dreieck, das Winkelmass mit dem rechten Fusse voran gebildet werden müsse, so dass also der Aussehreitende sinn- und bedeutungsvoll mit dem rechten Fusse. beginnt und bei seinen zu vollbringenden 3, 5 oder 7 Schritten auch stets mit dem rechten Fusse endet, auf den zu ersteigenden Stufen des Altares zuerst und zuletzt ankommt, wie dieses auch wirklich die Symbolik der Alten ausdrück- [435] lich vorschrieb, dass man die Altäre der Götter mit dem rechten Fusse voran, betreten solle. Virgil sagt daher: dexter adi, von der rechten Seite nahe, indem diese bei Griechen und Römern als die günstige und glückbringende galt. Der bekräftigende Handschlag wird ebenso überall, besonders bei den Griechen, Römern und Germanen1) mit der rechten Hand ertheilt, und im Griechischen heisst daher [...] die rechte Hand, der Handschlag, das Versprechen und der Vertrag., – selbst Stärke und Hülfe bei dem Krieger, weil auch diese auf dem Gebrauche der rechten Hand und des rechten Armes beruhte. Ganz dieselben Bedeutungen hat auch im Lateinischen dextra. Das Deutsche recht hängt nach Schmeller wohl genetisch mit rectus zusammen. – Im Mittelhochdeutschen heisst rihten, richten, in eine gerade Linie bringen (dirigere), nach dem Richtmasse aufstellen, abthun, zu Ende bringen, schlichten, gütlich beilegen, ausführen, urtheilen (judicare), rechtsprechen u. s. w. Vgl. Ziemann, mittelhochdeutsches Wörterbuch, unter: rihten und rihte, und Schmeller, bayerisches Wörterbuch, Thl. III. S. 15 unter: gerechen, und S. 20 unter: recht. Die rihte, ahd. rihti, bezeichnet die gerade Richtung, die Richtschnur, die Geradheit, die Ordnung (directio, rectitudo, trames, regula). Nach Wackernagel, altdeutsches Wörterbuch, bedeutet rëht, recht, in gerader Linie, moral, gut, gerecht, – jurist. gesetzlich, recht, – wahr u. s. f. Der Anfang und der Schluss des Weges, der Reise der Maurer mit dem rechten Fusse geben zugleich die Bürgschaft, den Beweis für den zurückgelegten rechten und heiligen Weg nach Osten zwischen der Mittags- und Mitternachtsseite mit dem Ausgange auf der rechten Seite von Abend aus. Der maurerische Weg, die maurerischen Schritte sind daher zugleich und nothwendig ein Wandeln nach dem Osten, ein Verlangen nach Gott und nach dem ewigen Lichte, welche eben im Osten gedacht und geglaubt werden.

In dem dreifachen, fünffachen und siebenfachen Schritte des Lehrlings, des Gesellen und des Meisters sind zugleich seine Vorbereitungs- und Bildungsjahre, seine Altersjahre [436] gegeben und ausgedrückt, welche er zurücklegen und erreicht haben muss, bevor er Geselle und Meister werden und sein darf. Hiermit stehen die Steinmetzordnungen in vollkommener Uebereinstimmung, indem der deutsche Steinmetzlehrling fünf Jahre lernen und zwei Jahre als Geselle wandern musste, bevor er Meister werden und selbst einen Bau übernehmen konnte; in Niederdeutschland lernten die Steinmetzen vier Jahre und mussten drei Jahre als Gesellen wandern; der englische Steinmetz muss sieben Jahre lernen und kann dann als Meister auftreten und sich niederlassen.1) Die die übrigen Zahlen bestimmende Zahl, die Grundzahl ist hier die Siebenzahl als die vollendende, als die den vollendeten Meister schaffende, als die Meisterzahl, während die Fünfzahl, die unvollkommenere, die noch nicht vollkommene und vollendete ist, gerade wie sieben Mitglieder eine gerechte und vollkommene Loge, fünf aber nur eine unvollkommene Loge ausmachen und bilden. Die Siebenzahl ist nun die planetarische, die Zahl der sieben Planeten und Planetensphären, und da die Maurer Lichtsuchende, Wanderer nach dem ewigen Osten und Lichte sind, ist urprünglich die Siebenzahl des Schrittes und des Alters gewiss nur das Symbol der sieben Planetensphären, welche der Mensch, der im Tode vollendete Meister durchwandern muss, um nach den Vorstellungen des Alterthums zu Gott und in den Himmel zu gelangen. Alle diese Zahlen sind ursprünglich heilige oder göttliche Zahlen, haben einen religiösen Ursprung und eine religiöse Bedeutung, weshalb die letztern aufgesucht und aufgefunden werden müssen, wenn anders die Zahlen begriffene sein sollen. Hieran schliesst es sich, dass der maurerische Altar, der symbolische Thron Gottes sieben Stufen, abgetheilt in 3, 5 und 7 Stufen, hat;2) in eben diesen 2 oder 3 Stufenabtheilungen ersteigen der Geselle und der Meister symbolisch die Treppe des Altars. Der Meister vom Stuhl mit dem Winkelmasse geschmückt und bei dem [437] Altare sitzend, ist das Symbol des über sieben Stufen, über den sieben Planetensphären thronenden und richtenden Gottes. Zu dem himmlischen Meister mit dem Winkelmasse, zu dem himmlischen, gerechten und gnädigen Richter will der Maurer eingehen durch das Winkelmass auf Erden, durch den geraden Weg, durch das Mass und die Gerechtigkeit seiner Handlungen. Der gerade Weg der Menschen, ihr Leben nach dem Winkelmasse, ihr Erringen und Verdienen des ewigen Ostens ist die eigentliche und einzige Linie der Heiligkeit .(linea sanctitatis); nicht die Logen sollen die heilige Linie einhalten, sondern vielmehr die darin befindlichen Maurer, sie sollen sich durch reine Gedanken, Worte und Werke heiligen, sie sollen gleichsam ein Volk von Lichtpriestern sein, wie Moses auch zu den Juden gesagt hatte: „Ihr sollt mir ein Königreich von Priestern, ein heiliges Volk sein.“ Nur der Weg nach dem rechten Winkel ist der rechte und der heilige, der göttliche.

Das Symbol des Schrittes und Weges nach dem Winkelmasse, im rechten Winkel bei den Maurern ist aller Wahrscheinlichkeit nach ägyptischen Ursprungs, Tradition der ägyptischen Bauleute, denn zunächst ist es ein architektonisches Symbol und die Aegypter sind urkundlich die ältesten Architekten auf Erden, so dass schon deshalb am ersten das Symbol von ihnen ausgegangen sein könnte. Sodann aber ist durch noch erhaltene sehr alte Steindenkmale Aegyptens erwiesen, dass das maurerische Halszeichen ein Gebrauch, ein Symbol der ägyptischen Priester gewesen sei, so dass das dem Handzeichen in allen Theilen ganz gleichstehende, adäquate und nicht blos verwandte Fusszeichen gleichfalls den ägyptischen Priestern zugeschrieben werden darf und muss. Zur Uebertragung des ägyptischen Hand- und Fusszeichens nach Europa, nach dem Abendlande, mögen besonders auch die Pythagoreer, Essäer und Therapeuten mitgewirkt haben, indem wir wenigstens bestimmt wissen, dass die Essäer das Handzeichen gehabt und gebraucht haben. Durch die ägyptischen Mönche und durch die mittelalterlichen Baubrüder, besonders die Benediktiner und Cisterzienser, sind sodann alle diese architektonischen Symbole mit der Baukunst [438] selbst besonders den französischen und deutschen Bauleuten und Steinmetzen überliefert worden. 1)

Was den Maurerlehrling der Schritt im rechten Winkel lehrt, spricht Horaz in den schönen Worten aus: „Est modus in rebus, sunt certi denique fines, quos ultra citraque nequit consistere rectum; es gibt ein Mass in allen Dingen, es gibt bestimmte Grenzen, von welchen entfernt oder über welche hinaus das Rechte nicht bestehen kann.“ – Verwandt hiemit ist der Ausspruch in dem Prediger Salomo 8, 6: „Denn alle Dinge wollen eine gelegene Zeit und Weise haben,“ d. h. die Weisheit besteht darin, in jeder Sache das rechte Mass und die rechte Zeit zu treffen. Das maurerische Wandeln im rechten Winkel, nach dem Winkelmasse, ist dem chinesischen Confucius, Konfu-tse, welcher aus königlichem Geschlechte stammte und nach Wernike, Geschichte des Alterthums, 2te Auflage, Berlin 1858, S. 15 von 551-478 v. Chr. lebte, – von Hegel, Geschichte der Philosophie, Bd. I., S. 138 (Berlin 1840), aber einfach 500 Jahre v. Chr. gesetzt wird, das Einhalten der festen und rechten Mitte. Der Geist des Himmels, der der Erde und der des Menschen bilden die göttliche Dreiheit der Chinesen. Himmel und Erde werden von Confucius Vater und Mutter aller Dinge genannt; in der Mitte aber zwischen Himmel und Erde, oder als Mittelpunkt des Lebens Beider, steht der Geist des Menschengeschlechts, oder das Urbild der Menschheit, welchem der einzelne Mensch in seinem Leben auf Erden nachzustreben habe, um den weisen und heiligen Fürsten der Vorzeit und jenem grossen Heiligen, der am Ende der Tage erwartet wird, ähnlich zu werden. In dem Dschung-yung wird der sittliche und heilige Mensch in den Mittelpunkt des Lebens versetzt, als in seiner errungenen Weisheit, in seiner selbstbewussten Tugend zum Träger des Weltalls verklärt. Der Himmel, heisst es, bestimmt die eigenthümliche Wesenheit jedes Besonderen; aus Dem, was derselben entspricht und damit übereinstimmt, ergibt sich das Gesetz und aus der Feststellung des Gesetzes die Lehre. Das Gesetz, worauf die Lehre beruht, stammt [439] somit von dem Himmel selbst, inwiefern nämlich das Gesetz der Natur der Dinge entspricht, und die Natur der Dinge durch den Himmel bestimmt ist. Das Gesetz führt zu der Lehre oder zur errungenen Weisheit, und wer diese gewonnen hat, harrt standhaft aus in der rechten Mitte. Der Zustand, in welchem die Seele, ehe die Leidenschaften in ihr erwacht sind, sich befindet, ist der der Mitte; nachdem sie aber erwacht sind und nachdem sie das rechte Mass gewonnen haben, tritt das Gleichgewicht ein. Die Mitte bildet im Weltall den Halt; das Gleichgewicht ist die Bahn für Alle. Wenn die Mitte und das Gleichgewicht in ihrer Vollkommenheit sich darstellen, dann befindet sich Himmel und Erde in Ruhe, und alle Dinge reifen ihrer Blüthe entgegen. Aufrecht erhalten im Leben der Menschen, wie im Leben des Weltalls, wird das Gleichgewicht durch die sittliche Kraft des Menschen, der als Weiser oder Heiliger in seiner selbsterrungenen Vollkommenheit standhaft ausharrt in der rechten Mitte, und so als werkthätig ordnendes Glied (als cubischer Stein, als Theil des maurerischen Mosaikbodens1) in Gemeinschaft mit Himmel und Erde Theil nimmt am Schaffen der Dinge, sie in ihrem Dasein erhält und beschützt, wie er auf Erreichung des Zustandes der Vollkommenheit überall auch ausser sich hinwirkt. Gestört aber wird das Gleichgewicht im Leben des Weltalls durch die Sünde des Menschen und durch sein Abweichen von der rechten Mitte. 2)

Aehnlich wie die Lehre der Sinesen war auch diejenige der Aegypter. „Die höchste göttliche Potenz,“ sagt Menzel im Odin S. 110, „für die Aegypter war die ewig gleiche Ordnung im Lauf der Gestirne, im Lauf des Nils, in dem stets sich wiederholenden Wechsel der Jahreszeiten, der Saat und der Erndte, im staatlichen und Privatleben. Von Geburt an gehört jeder Mensch [440] einer Kaste, einem Fleck Erde; sein ganzes Leben ist ihm vorgeschrieben, wie dem Thiere.“ Der rechtwinkelige Schritt, das Winkelmass, Ordnung und Regelmässigkeit sind der Grundzug, das beherrschende und leitende Gesetz des ganzen ägyptischen Lebens, wie dieses schon der Nil mit seinen regelmässigen und für das ägyptische Land so wichtigen, ja dessen Lebensbedingung bildenden Ueberschwemmungen gegeben hatte. Der Lauf des heiligen Niles oder Flusses im Lande Aegypten von Süden nach Norden, zu welchen selbst Osiris und Isis umgestaltet wurden, bestimmte vielfach auch die Richtung der heiligen Gebäude in Aegypten, indem dieselben dem Laufe des Niles entsprechend aufgeführt wurden. Das über Aegypten sich befruchtend ergiessende Nilwasser war gleichsam der befruchtende Sonnenmorgen.

Ebenso gehört hierher die Aufschrift an der Wand des Tempels des Licht- und Weisheits-Gottes Apollo zu Delphi: „Erkenne dich selbst, Nichts allzusehr.“ Wenn Br. Goethe sagt, dass die Arbeit den Gesellen mache, ist darunter natürlich zu verstehen , dass der tüchtige, wahre Geselle sich durch seine Arbeit, durch den unablässigen Gebrauch des Winkelmasses bethätigen und bewähren müsse. Daher sagt derselbe Goethe:

„Thu’ nur das Rechte in deinen Sachen,
Das Andere wird sich von selber machen.“

und:

„Zwischen heut und morgen,
Liegt eine lange Frist,
Lerne schnell besorgen,
Da du noch munter bist.“

sowie:

„Noch ist es Tag, da rühre sich der Mann,
Die Nacht tritt ein, wo Niemand wirken kann.“

Nach Leo, die malbergische Glosse, Halle 1842, S. 231 ist der Stamm von drao oder draoi, im plur. draoithe oder in älterer Schreibung druidthe, daher im Deutschen der Druide, dró, d. i. das Lineal, die Messschnur, und die Druiden, die Weisen, die Priester sind also ursprünglich nur die Messenden, das Mass selbst. [441] Auf einer bei Zwickau im vorigen Jahrhundert aufgefundenen und in griechischer Sprache verfassten druidischen Tafel, mit der Aufschrift: [...], stand:

Verehret den Gott Apollo;
Haltet an den väterlichen Gesetzen;
Seid verschwiegen;
Was euch zu thun befohlen, das thut mit Fleiss. 1)

Es muss wohl kaum berührt werden, dass das maurerische Gehen und Wandern im rechten Winkel zunächst blos eine symbolische Bedeutung habe und die Geradheit und Reinheit, Wahrheit und Gerechtigkeit der menschlichen Gedanken, Worte und Werke bezeichne. Auch das Winkelmass, wodurch des Menschen Gedanken, Worte und Werke gerade und rein, wahr und gerecht gemacht, womit dieselben gemessen werden sollen, ist wieder nur ein Symbol, so dass man billig verlangen darf, das eigentlich Gemeinte, jeder symbolischen Hülle entkleidet, zu sehen und zu hören – zu wissen, welches denn das im menschlichen Leben und von den Menschen, von dem Maurergesellen wirklich anzuwendende Winkelmass, nach dem griechischen Ausdrucke [...] sei. Dieses Winkelmass [...]ist nun die menschliche Vernunft [...] und [...], denn vermöge der ihm als Vernunftwesen verliehenen Vernunft, göttlichen Gabe und Kraft, soll der Mensch vernünftig, göttlich, gottähnlich fühlen, denken und handeln. Der Mensch besitzt als das einzige und zugleich höchste Winkelmass, als den prüfenden Massstab, [...], seines Fühlens, Denkens und Handelns die Vernunft; die Pythagoräer, zumal Telauges, der Sohn des Pythagoras, und Philolaos, sowie Archytas, Plato und Speusippos, hatten zu diesem [...] oder [...] die Zahl und Zahlen erheben wollen,2) bis diese pythagoreische Zahlenlehre, Zahlentheorie von Aristoteles, dem grösseren und glücklichen Nachfolger und Erben der Pythagoräer, beseitigt und durch eine streng wissenschaftliche [442] Denklehre oder Logik und Erkenntnisstheorie oder Metaphysik ersetzt wurde. Wie aber zufolge Plato alle irdischen Dinge, entsprechend den göttlichen Urbildern oder Ideen [...] und Vorbildern [...] nach Zahl, Mass und Gewicht gebildet sind und dadurch zu Abbildern [...] und Abdrücken [...] der göttlichen Ideen werden:1) ähnlich sollen gemäss dem Symbole des maurerischen Schrittes alle Handlungen, – das ganze Denken, Wollen und Thun des Maurers nach dem Winkelmasse, nach der Vernunft, nach dem göttlichen Gesetze gestaltet und von ihnen durchdrungen und erfüllt sein, damit das irdische Leben des Menschen der Anfang, das Vorbild seines künftigen himmlischen, – ein vernünftiges und rechtes, ein gottähnliches und reines sei.

In den in unserer Sprache noch heute allgemein gebräuchlichen bildlichen Ausdrücken: den rechten Weg wählen, abweichen vom rechten Wege, – auf unrechten, ungeraden und krummen Wegen wandeln, – der schmale Pfad der Gerechtigkeit, – den Weg des Herrn ziehen u. s. w. darf wohl ein in das Volk übergegangener Sprachgebrauch der alten Eingeweihten, der alten Mysterien gefunden werden. Trägt doch die allgemein verehrte Nemesis, gleich dem Meister vom Stuhl, d. h. gleich dem allmächtigen Baumeister der Maurer, ein Winkelmass, weshalb ein unsträfliches, ein gottgefälliges Handeln und Wandeln nur dasjenige nach dem Winkelmasse, ein rechtwinkeliges, ein rechtes sein konnte. Schon in Psalm 53, 4 wird geklagt:

Doch Alle waren sie abgewichen, zusammt entartet,
Da war Keiner, der Gutes that, auch nicht Einer.

Die Anhänger von Christus heissen im neuen Testamente zuweilen Diejenigen, welche auf dem rechten Wege sind, [...].

Das Recht, jus, und der Eid, jusjurandum, tragen bei den Römern von dem höchsten Gotte Jupiter selbst den Namen. Denn jus, in alter Wortform jous, ist nichts Anderes als Jovis, jusjurandum aber, wie die Alten selbst [443] bekunden, gleich Jovisjurandum.1) Das Recht und das Rechte, jus et justum, sowie die Gerechtigkeit, justitia, und der Eid, jusjurandum, sind das Göttliche, Heilige, das Reine, das Licht. Der uralte heiligste Schwur der Römer war daher bei Jupiter Stein, per Jovem lapidem, bei dem Blitze Jupiters; der Schwur per Jovem, oder bei den Griechen beim Zeus Horkios,2) war ein Schwur beim göttlichen Lichte und Feuer, wie auch bei dem Herdfeuer (der Hestia, Vesta) und besonders Bündnisse und Vorträge über den brennenden Opfern geschworen wurden.3) Deshalb trug die Fides, die römische Göttin der Treue und Wahrhaftigkeit, ein weisses Gewand.4) Es ist eine verfehlte Erklärung des weissen Gewandes der Fides, wenn Preller, römische Mythologie S. 226, sagt: „denn weiss ist die Farbe des Lichtes und der lautern Treue.“ Der mythologische Gedanke ist vielmehr, dass das Wort, der Handschlag, die Versprechen und die Verträge der Menschen und der Völker unter den rächenden Schutz Gottes, des ewigen Lichtes gestellt sind, welches jede Treulosigkeit und Falschheit sieht und straft. Das weisse Gewand ist ja das Gewand der Gottheit, d. h. des allsehenden, alldurchdringenden und allwissenden Lichtes, nicht aber des treulosen und schwarzen, lichtscheuen Menschen. Die vorgestreckte Rechte der in einen weissen Schleier gehüllten Fides ist die Hand Gottes, welche über die Hand, das Wort, und die That des Menschen wacht und dessen Auge nicht verdunkelt und verhüllt zu werden vermag; denn sein Schleier ist das Licht, oder vielmehr sein Licht durchdringt leuchtend jeden Schleier, die verborgensten und tiefsten Falten des menschlichen Herzens. Uebrigens ist die römische Fides (privata et publica) die blosse Personification des abstracten Begriffes5) der von den Menschen und von den Völkern im Privat- und Staatsverkehre [444] zu bewährenden Treue und Wahrhaftigkeit, des guten Glaubens (bona fides), deren Verehrung bei den Römern schon von Numa eingeführt und vorgeschrieben worden. Die Fides, der göttliche Wächter und Rächer der Wahrheit, Gerechtigkeit und Treue, – das göttliche Licht und die ewige Gerechtigkeit ist Jupiter, Zeus, Mithra1) u. s. w. selbst. Dem Lacedämonier Glaukos, welcher um die Zeit Solons lebte und einen falschen Eid zu schwören im Begriffe stand, rief die Pythia, die Stellvertreterin des Apollo, des Sohnes des Zeus, warnend zu:

Glaukos, Epikydes Sohn! für den Augenblick mag es Gewinn sein,
Falsch zu schwören und im Besitz des Geldes zu bleiben.
Immer schwöre, da auch den Rechtlichen holet der Tod einst!
Aber bedenk’, es gibt einen dunkelen Rächer des Eides:
Pfeilschnell folgt auf dem Fuss’ er dir nach und ruhet nicht eher
Bis er dich und dein ganzes Geschlecht von Grund aus vertilget.
Treu’ und rechtlicher Sinn bringt Segen noch spät auf den Enkel. 2)

Der maurerische Schritt ist zugleich die Masslehre, die Metrik, die Lehre von dem in dem menschlichen Leben und Handeln zu beobachtenden Masse und Rhythmus, Gesetze. Was das Mass, sanskr. mâtra, griech. [...], für die Dicht- und die Tonkunst ist, das ist es auch für das menschliche Handeln und Wandeln, – für die menschliche oder menschlich-göttliche, die einzig königliche Kunst. Mit Hinsicht auf die letztere singt Pindar:

Denn der Tugend Kunst und Fülle stammt von den Göttern allein;
Ob durch Weisheit prang’ oder Kraft, ob durch Red’ ein Sterblicher.

Der Mensch soll sich rhythmisch, metrisch, mässig benehmen, – er soll seine Schritte und Handlungen abmessen und zählen, – er soll das Mass und den Rhythmus einhalten, – er soll sich mässigen, griech. [...]; das menschliche Leben soll ein harmonischer Gesang, ein schönes und grosses Gedicht, ein rechtes Werk [...] sein. In diesem Sinne sollen die Maurer Künstler, Sänger und Dichter, Messer und Gerechte [...] werden und sein; [445] die Gerechten werden alsdann auch die Berechtigten sein, d. h. die Unsterblichkeit und den Himmel, das Rechte und Ewige erlangen. Der maurerische Schritt, das Hals- und das Fusszeichen, der Hammerschlag und der Handschlag, der Fingerdruck u. s. f. wollen alle nur das Mass, die Metrik, die Kunst lehren; der siebenfache Meisterschritt soll ein Meistergesang nach den sieben Tönen der musikalischen Skala sein.

Wenn der Maurer aufgefordert wird, seine Schritte abzumessen, mitan oder metiri, rnïzen (messen), wird er zugleich aufgefordert, seine Handlungen abzuwägen oder das Winkelmass und die Wage gleichmässig zu gebrauchen, denn das althd. mezan bezeichnet ausdrücklich auch librare, wägen, wie ja häufig die Wage das Mass ordnet, auch das ags. mitta, nhd. Metze für modius steht.1) Vielleicht darf selbst die Mitte hierher bezogen werden, denn in der Mitte, in der rechten Mitte und auf dem rechten Wege befindet sich, wer seine Schritte abmisst und seine Handlungen abwägt. Der Maurer soll daher ein Messer und Wäger und dadurch zugleich ein in der Mitte Befindlicher, ein Mittlerer, ein Mitter2) sein. Das lat. medius und modius, das griech. [...] und [...], und im Deutschen Mitte und Mass, – medius, [...] und Mittlerer wie Mässiger würden sich sonach berühren und die gleiche Bedeutung gewinnen. Benecke, a. a. O., II. S. 199 a, theilt die schöne Stelle aus Pfeiffer, deutsche Mystiker des vierzehnten Jahrhunderts, Bd. I., Leipzig 1845, S. 182, 3 mit:

„die tugende geben ein mâze
und ein mittel an gebrûchunge
vorgenelîcher Dinge.“

Grimm, a. a. O., spricht die Vermuthung aus, dass in jedem altdeutschen Gerichte ein Schild als Wage aufgehangen gewesen sei, worin gewogen wurde. Die Blei- oder Wasserwage oder das Richtscheit ist auch noch ein maurerisches Symbol und wird selbst als Amtszeichen von dem [446] ersten Vorsteher getragen, aber ungenügend auf die Gleichheit der Abstammung und des Wesens aller Menschen gedeutet.1) Mit dem Symbole der Bleiwage verwandt ist das Senkblei, das Bleiloth, welches besser auf den lothrechten Wandel und die rechte Mittelstrasse gedeutet wird.2) Das Senkblei ist das Amtszeichen des zweiten Vorstehers. Das Winkelmass, die Bleiwage und das Senkblei, welche der Meister vom Stuhl, der erste und zweite Vorsteher als das Zeichen ihres Amtes tragen, drücken alle drei denselben Gedanken in einem verschiedenen Bilde aus und sind die dreieinige Lebensvorschrift, welche den Maurer leiten soll. Ueber die Handlungen der Menschen, über der Menschen Einhalten des rechten Schrittes und Masses wacht nach der orphischen Lehre mit scharfem Blicke die Nemesis und ahndet streng jedes Hinausschreiten über die Schranken des Masses. 3)

XXIX.
Das Niedertreten des linken Schuhes bei der Lehrlingsaufhahme. Die Reinigungen. Die Dreizahl. Die Gesellenweihen und die akademische Deposition.


Ehe der aufzunehmende Maurerlehrling in die Loge, in den Tempel Gottes und vor Gott, in das Licht treten darf, muss er zuerst den linken Schuh niedertreten oder sollte vielmehr die Schuhe ganz ausziehen, um mit blossen Füssen der Loge und dem Tempel Gottes, Gott zu nahen, indem nach einem uralten morgenländischen und besonders auch ägyptischen Gebrauche die Priester nur mit blossen und mit reinen Füssen den Tempel Gottes betreten und deshalb beim Eingange in denselben ihre schmutzigen Schuhe zurücklassen und die Füsse reinigen sollten. 4)[447] Schuhe trägt man in dem Morgenlande nur auf staubigem, unreinem Boden und sie haben dort zugleich den Nebenbegriff des Stolzes; der Mensch aber soll rein und demüthig vor Gott erscheinen, soll alles Irdische und Eitele ablegen, wenn er das Himmlische und Ewige, das reine und ewige Licht suchen und umfassen will. Noch heute ist es den parsischen Priestern daher verboten, an den Feuerorten, in den Tempeln des heiligen Feuers (Dâdgâh 1)) Schuhe zu tragen; man bedient sich der Sandalen oder Pantoffeln. Die müssen rasch angezogen werden, während man die Schuhe vor der Thüre lässt, indem bekanntlich es den Parsen verboten ist, drei Schritte ohne Fussbekleidung zu gehen.2) Ebenso ziehen die schon berührten Jezidi, die Teufelsanbeter, bei Mosul in dem alten Assyrien die Schuhe aus, wenn sie den innern Raum ihres heiligen Grabes betreten.3) Ferner ziehen noch heute in der Sinaihalbinsel die Beduinen, wie Moses, zum Zeichen der Verehrung, die Sandalen ab.4) Als Moses zu dem flammenden Dornbusche hinzutreten will, ruft ihm die Stimme Gottes zu: Nahe nicht herzu, ziehe deine Schuhe aus von deinen Füssen, denn der Ort, darauf da stehest, ist ein heiliger Boden“ (2. Mos. 3, 5). – Derselbe Befehl wird Josua wiederholt, als ihm bei Jericho der Engel Gottes erschien (Josua 5, 15). Von dem Propheten Jesaias heisst es, – er sei drei Jahre barfuss und ohne Schuhe einhergegangen (Jes. 20, 39), wie denn überhaupt die ägyptischen Priester barfuss gingen, wenn sie ihre Dienste im Heiligthum verrichteten. Ebenso gingen barfuss die Priester des Melkarth zu Karthago und Gades. – die Druiden, weshalb dieselben Strabo [...], die barfüssigen nennt,5) – die altersgrauen, wahrsagenden Priesterinnen der Kimbern,6) – Alle, die in den Tempel der Brito- [448] martis auf Kreta eingingen, – die lokrischen Jungfrauen, die im Tempel der Athene zu Troja den Dienst verrichteten , – die Vestalinnen und gewisse Processionen, nudipedalia, im alten Rom. Namentlich bei dem am 9. Juni gefeierten Jahresfest der Vesta, an den Vestalien, wallfahrten die Matronen der Stadt Rom mit blossen Füssen zum Tempel der Vesta, um an dem Gemeindeherde in einfachen Schüsseln Speiseopfer darzubringen, wie sie sonst .an ihrem eigenen Herde Speiseopfer den Laren und Penaten des Hauses darbrachten.1) Den Gebrauch der ägyptischen Priester, bei feierlichen Gelegenheiten barfuss zu gehen, ahmten dann die Pythagoräer und später Sokrates nach. Denn der Philosoph, sagt Pythagoras, der nackt aus dem Schoosse seiner Mutter kommt, soll auch nackt, d. h. mit blossen Füssen, vor seinem Gott erscheinen; daher die uralte Vorschrift: [...], d. i. barfuss opfere und bete, deren Befolgung von Allen, welche das Innere des Tempels betraten, gefordert wurde. Wie Jamblichus berichtet, war es auch eine ganz allgemeine Vorschrift des Pythagoras, unbeschuht zu opfern und die Heiligthümer zu betreten [...] [...].2) Ebenso dienten die Priester in dem uralten Tempel des pelasgischen Zeus zu Dodona in Epirus, die Seller, barfuss.3) Gerlach sieht diese ascetischen Seller für einen aus Aegypten stammenden priesterlichen Orden an. Nach noch jüngst durch Bachofen, Gräbersymbolik der Alten, Taf. III. u. S. 103, Anm. 3, veröffentlichten römischen Grabbildern scheinen bei den Römern und bei den Griechen die in die bacchischen und dionysischen Mysterien Eingeweihen zum Zeichen der erstrebten Reinheit gleichfalls barfuss, nudo pede, gegangen zu sein. In den Isismysterien musste vielleicht von den Einzuweihenden blos der linke Fuss entblösst werden, indem die linke Seite des Menschen bei den Alten als die [449] weibliche Seite gedacht und daher zunächst der Urmutter Isis geweiht wurde. Das maurerische Niedertreten des linken Schuhes wäre demnach aus den Isismysterien entlehnt.1) Das Halten des Schwertes in der linken Hand bei den Maurern wäre ebenfalls in derselben Weise zu erklären, wie denn auch die Bacchantinnen den Tyrsus in der linken Hand trugen. Unter allen Umständen hat das Niedertreten gerade des linken Schuhes und das daran sich anschliessende Halten des Schwertes eine symbolische Bedeutung, ist ein absichtlicher und überlegter Gebrauch, weshalb wir die symbolische Bedeutung, die dabei obwaltende Absicht, zu erforschen streben müssen. Ist unsere Vermuthung und Erklärung des Symbols begründet, dann würde auch in diesen kleinen und sonst nicht beachteten Zügen auf eine ebenso überraschende als überzeugende Weise der Zusammenhang der Mysterien des Hiram mit den Mysterien des Alterthums und in Sonderheit mit den Isismysteriien dargelegt sein. Das Symbol ist zugleich zu alterthümlich, zu klassisch, als dass es nicht auf alter Tradition beruhen und erst später aufgenommen und eingefügt sein sollte. Auch wissen wir von den ägyptischen Priestern, dass sie gewöhnlich Sandalen aus Byblus trugen,2) wie es ähnlich noch heute, bei den Katholiken für angemessener und schicklicher gilt, dass die Geistlichen Schuhe und keine Stiefel tragen. Gleicherweise betritt kein Brahmane eine Pagode, ohne vorher die Schuhe ausgezogen zu haben,3) und auch dermalen noch muss Jeder, der eine muhammedanische Moschee betritt, die Schuhe ausziehen; ebenso in vielen christlichen Kirchen in Palästina, worin offenbar die orientalische Sitte und Ansicht sich geltend macht, und selbst bei uns besteht noch derselbe Gebrauch für einzelne Mönchorden, namentlich für die Barfüsser. Als einst unter der Regierung des Theodosius [450] Constantinopel durch ein Erdbeben verwüstet wurde, hat der Kaiser barfuss, [...], mit dem ganzen Senate und der Geistlichkeit die Litaneien gebetet. Gewiss stammt es auch von dieser morgenländischen Sitte des Barfussgehens bei der Verehrung und Anbetung Gottes, dass noch jetzt bei den Katholiken die Pilger und Wallfahrer, die Büsser, barfuss zu gehen pflegen, sowie dass die katholischen.Priester bei gewissen Ceremonien die Schuhe abziehen müssen. Die muhammedanischen Pilger nach Mekka pflegen gleichfalls barfuss zu gehen1) und ebenso die muhammedanischen Büsser. Kaiser Heinrich IV. musste zur Schmach für das deutsche Kaiserthum und die ganze deutsche Nation im Jahr 1077 barfuss, im wollenen Bussgewand, drei Tage bei strenger Januarkälte nüchtern vom Morgen bis gegen Abend innerhalb der zweiten Ringmauer der Burg Canossa stehen, bis der Papst sich bequemte, den Bann zu lösen, den er über ihn gesprochen. – Nach Brugsch ziehen die Kopten zu Kairo beim Eintritte in die Kirche gleichfalls die Schuhe ab und betreten blos den Boden der ersten Theile.2) In Irland pflegen die Weiber am Charfreitage zum Gedächtniss der Leiden Christi mit aufgelösten Haaren, blossen Füssen und in den schlechtesten Kleidern betend und psalmodirend oft stundenweit von Kirche zu Kirche zu ziehen.3) Am Johannistage findet in Stoole bei Downpatrick im nördlichen Irland noch heute nachfolgender eigenthümlicher Gebrauch statt: In der Ebene, welche den dem heiligen Patrick geweihten Berg umgibt, befinden sich drei Quellen, denen ausserordentliche Kräfte zugeschrieben werden, und mehrere Steinhaufen, die hie und da zerstreut umherliegen. Mit dem Schlag der Mitternacht nun laufen Hunderte von Leuten so schnell als möglich um einige dieser Haufen herum, an andern Schaaren von Andächtigen mit blossen Füssen und Beinen. Männer ohne Rock, und anstatt des Hutes mit einem Schnupftuch um den Kopf, gehen sieben Mal um jeden Stein- [451] haufen herum, küssen den Boden, bekreuzigen sich und begeben sich nach dem Berge, um auf einem steilen und holperigen Wege, auf welchem man nicht ohne Anstrengung hinaufsteigen kann, mit blossen Knieen die Höhe hinaufzurutschen. Viele halten dabei ihre Hände auf dem Rücken verschränkt, andere legen sich noch grosse Steine auf den Kopf. Haben sie diese Bussübung sieben Mal wiederholt, so gehen sie zu dem sogenannten Patricksstuhl, wie sie zwei mächtige aufrecht stehende flache Steine oben auf dem Gipfel des Berges nennen, – treten, nachdem sie sich bekreuzigt, zwischen die Steine, und werden dort, während sie ihre Gebete murmeln, von einem alten Mann, der eigens dazu oben sitzt und dafür bezahlt wird, drei Mal auf ihren Füssen herumgedreht. Dann gehen sie zum Schlusse nach einem Steinhaufen, welcher der Altar genannt wird. In derselben Zeit drängen sich die in grosser Zahl vorhandenen Lahmen, Krüppel und Blinden nach den drei Quellen, um in dem von dem heiligen Patrick geweihten Wasser ihre körperlichen Gebrechen abzuwaschen. Am 1. Januar und am 1. Mai werden von den Iren die Glück bringenden und Unglück wendenden Feuer in den Häusern und auf den Höhen entzündet, umtanzet und von Menschen und Thieren durchsprungen.1) Jene Johannisgebräuche, welche unzweifelhaft mit dem alten keltischen Sonnenwendsfeste zusammenhängen, sind auch auf das am 24. Juli gefeierte Jahresfest des h. Declan zu Ardmore in der Grafschaft Waterford mit wenigen Abweichungen übertragen und namentlich kriechen dabei die Feiernden mit grosser Noth durch das enge Loch des sogenannten Declansteines, welchen Einige den Patricksstuhl nennen und gleich dem „Dolmin“ der Bretagne für einen alt-keltischen Altar halten, welcher aus einer grossen Felsplatte bestehe oder bestanden habe, die wenig über den Boden erhaben auf zwei andern Steinen ruhe. – Bei den zweimaligen jährlichen Processionen nach der Einsiedelei von Cullas in Spanien mussten alle Theilnehmer barfuss gehen. Auch kann noch hinzugefügt werden, dass bei der Ankunft der Spanier im Anfange des 16. Jahrhunderts in der Stadt [452] Mexiko an dem dortigen Hofe des atztekischen Königs Montezuma es unbedingte Vorschrift war, dass Niemand in den königlichen Palast eintreten durfte, ohne am Eingange seine Fussbekleidung abgelegt zu haben.1) Bei den alten Peruanern in Südamerika durften sogar die Inka, d. h. der König und sein Geschlecht, den Tempel des obersten Licht- und Sonnengottes Pachacamac nur mit entblössten Füssen betreten.2) Während der Prüfungszeit, welche der Jünglingsweihe des Inka vorausging, musste derselbe auf blosser Erde schlafen, streng fasten, barfuss gehen und Alles verrichten, was für einen Kriegsmann nöthig war.3) Erst wenn die Jünglinge alle Proben überstanden hatten, erhielten sie den Namen „ächte Inka“ oder „Söhne der Sonne“ und ihre Mutter und Schwestern eilten herbei, um ihnen geflochtene Schuhe anzulegen. Auch verdient nachdrücklich für den Kundigen hervorgehoben zu werden, dass nach vollendeter Prüfung bei der Einkleidung zum Ritter und insbesondere beim Anlegen der königlichen Schuhe der Bestandene von dem dem Könige im Range am nächsten stehenden Inka einen Kuss auf die rechte Schulter mit den Worten erhielt: „Der Sohn der Sonne, der sich so wohl bewährt, verdient angebetet zu werden,“ – denn ihr Ausdruck für küssen bedeutet zugleich anbeten. Ebenso muss berührt werden, da es an die Mithrasmysterien, die Elensinien u. s. w. mit ihren ähnlichen Gebräuchen erinnert, dass man zuletzt den neuen Rittern Kränze von Immergrün und noch zwei andern sehr schönen Blumenarten (die nur die Inka vom Geblüte, kein anderer im Volke tragen durfte) aufsetzte und sprach: „Gleichwie die Sonne, euer gemeinsamer Vater, diese Blumen auf dem Felde zum Entzücken der Menschen wachsen und aufblühen lässt, so muss auch ein ächter Inka wachsen und gedeihen lassen die Tugenden in seiner Seele zum Segen des Volks, auf dass sein Ruhm, diesem Kranze gleich, beständig grün bleibe.“ Wie einen Kranz von dreierlei Blumenarten empfingen sie eine Schärpe oder eine um den Leib zu tragende Schnur [453] (wie bei den Parsen und den Indern) mit drei Zipfeln, die das Hauptzeichen der Mannheit und der Fähigkeit zu allen Aemtern und Würden im Kriege und Frieden war. Der Erbprinz allein erhielt noch eine rothe Kopfbinde umgebunden und ebenso einen Speer und eine Streitaxt mit den Worten: „Für die Schlechten.“ Auch die atheniensischen Jünglinge wurden gleich den germanischen durch Ueberreichung von Schild und Speer wehrhaft gemacht. Die apollinische Jünglingsweihe erfolgte durch Aufstecken eines Zweiges immergrünen Lorbeers zum Zeichen der von den Jünglingen zu erstrebenden immer frischen Lebens- und Seelenkraft.

Indem der Maurerlehrling vor seinem ersten Eintritte in die Loge, in den Tempel Gottes gleichfalls symbolisch die Schuhe ablegen muss, soll er erinnert werden, dass er den heiligen Boden rein und demüthig zu betreten habe. Eben deshalb soll er auch seine Kleinodien, sein. Geld u. s. w. ablegen, um gleichsam nackt und arm vor Gott zu erscheinen und ermahnt zu werden, dass der Mensch alle äussere Güter und Gaben der Güte und Gnade Gottes verdanke. Schon Cieero hatte es eingeschärft,1) den Göttern nur nach Ablegung der Schätze, des Geldes und der Kleinodien zu nahen. Daher war es an dem vorerwähnten Hofe des mexikanischen Königs Montezuma auch nicht erlaubt, vor dem Fürsten in einem prächtigen Anzuge zu erscheinen. An die Naktheit undArmuth, in welcher der Maurerlehrling dem Tempel des ewigen Lichtes nahen soll, reihen sich die weissen Handschuhe und die weisse Schürze des Lehrlings, denn sie sind das Symbol, dass er allein mit reinen Händen, reinem Körper und reinen Kleidern dem Tempel und dem Altare Gottes nahen solle; diese körperliche Reinheit selbst bedeutet aber nur wieder die Seelenreinheit, – die Reinheit des Herzens, des Geistes und der That, durch welche einzig das Reich und der Himmel Gottes, das ewige Licht errungen werden kann. Die Weihe des Maurerlehrlings ist gleich den alten Weihen, namentlich den eleusinischen und den Mithraweihen,2) und [454] gleich der Taufe des Johannes und der Christen, wesentlich die Reinigung des Körpers durch das geweihte Wasser, durch das heilige Wort, durch die heilige Lehre. Aller Gottes- und Mysteriendienst begann daher in dem Alterthume mehr oder weniger mit körperlichen Waschungen und Reinigungen, welche im Oriente neben der symbolischen Bedeutung gewiss auch auf die Gesundheit berechnet oder religiös-polizeilich gewesen sind, und das Wasser ist in demselben Sinne ein Begleiter, ein Bestandtheil der gottesdienstlichen Gebäude, des Gottes- und des Mysteriendienstes, wie das Licht, nur befindet sich natürlich das Wasser mehr vor oder bei den Gebäuden und das Licht in denselben; man geht gleichsam durch das Wasser in das Licht ein, man wird durch die Wasserreinigung rein und licht. Im zweiten Buche Mosis 30, 18 ff. ertheilt daher der Ewige dem Moses nachstehende ausführliche Vorschrift über die Anfertigung eines Wasserbeckens bei der Stiftshütte zum Zwecke der Waschungen der Priester: „Du sollst auch ein ehernes Becken machen mit einem ehernen Gestell, zum Waschen, und sollst es setzen zwischen das Zelt der Offenbarung und den Altar, und das Wasser darein thun, dass Aaron und seine Söhne die Hände und Füsse daraus waschen. Wenn sie in das Zelt der Offenbarung hineingehen, sollen sie sich mit Wasser waschen, damit sie nicht sterben; oder wenn sie herantreten, zum Altar, dass sie dienen und im Rauch aufgehen lassen ein Feueropfer dem Ewigen. Und sollen waschen ihre Hände und Füsse, auf dass sie nicht sterben. Das soll Aaron und seinen Söhnen eine Satzung sein, für sie und ihre Nachkommen.“1) Diese Stelle ist wohl keine ursprüngliche, sondern nur später mit Rücksicht auf das eherne Meer im Vorhofe des salomonischen Tempels abgefasst worden. Da das eherne Meer die Form eines aufgeblühten Lilienkelchs hatte , erblickt Baehr darin das Symbol der Heiligkeit, des Heiligseins, des wahren Priesterthums, wie in dem gleichen symbolischen Sinne der jüdische Priester auch ganz in Weiss gekleidet gewesen sei und eine weisse [455] Mütze getragen habe.1) Das eherne Meer, weiches von zwölf ehernen Stieren, je drei nach einer verschiedenen Himmelsgegend gerichtet, getragen wurde und vermuthlich oder nach der jüdischen Tradition mit zwölf Krahnen für die Waschungen der zwölf dienstthuenden Priester versehen war, war indessen zunächst und wesentlich nur ein Waschbecken für die Priester, um sich die Hände und Füsse waschen zu können, da sie zur Handlung des Opfers reine Hände bringen und in die Wohnung Jehovas nur mit reinen Füssen gehen sollten. Es darf als ein ziemlich allgemeiner symbolischer Gebrauch des Alterthums angesehen werden, dass man vor dem Beginne des Gottesdienstes, ehe man sich dem Tempel und Altare Gottes nahen durfte, sich mit Wasser reinigen musste. Bei jedem Tempel in Indien befindet sich daher ein zu diesem Zwecke bestimmter Teich (tîrtha) und jedem Gebet geht eine Waschung vorher, die jedoch bisweilen nur auf den Mund beschränkt wird. Auch die in die eleusinischen Geheimnisse Aufzunehmenden mussten sich beim Eingange des Tempels, das Haupt mit Myrthen umkränzt, ihre Hände mit geweihtem Wasser waschen, d. h. sich geistig reinigen, weshalb ihnen auch öffentlich zugerufen wurde, dass sie sich den Mysterien mit reinen Händen, reiner Seele und reiner griechischer Mundart zu nähern hätten.2) Nach Hesychius erscheint in den Eleusinien ein eigener Hydranos, der bei den Waschungen und Reinigungen der Eingeweihten zu thun hatte (Vergl. Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 341). Die in die kleinen Eleusinien Einzuweihenden scheinen zur Reinigung sich haben in dem Ilissus bei Athen baden zu müssen (Schoemann, a. a. O., II. S. 343), so dass also diese eleusinische Weihe ganz eine johanneische Flusstaufe war. Ebenso mussten die in die grossen Eleusinien Einzuweihenden sich im Meerwasser baden und reinigen (Schoemann, II. S. 344). Aehnlich verhält es sich mit den Reinigungen bei den Mysterien zu Andania (Sauppe, die Mysterieninschrift zu Andania, S. 51). Der Aufnahme in die geistlichen Orden des Mittelalters, [456] namentlich in den Tempelherrnorden, scheinen ebenfalls Waschungen vorausgegangen zu sein. Die Taufe der Christen ist durchaus nur eine solche Waschung und Reinigung, welche der Aufnahme in die christliche Kirche vorhergeht und wodurch dieselbe zugleich erfolgt. Unzweifelhaft hängt es mit dem ehernen Meere in dem Priestervorhofe des salomonischen Tempels zusammen, dass vor den ältesten christlichen Kirchen, den sogenannten Basiliken, gewöhnlich ein Vorhof (Aula, Vestibulum, Pronaos) angelegt wurde, meistens ganz oder theilweise mit einem Säulengange umgeben, in dessen Mitte sich ein Brunnen (Kantharus) befand, in welchem die Gläubigen, ehe sie in die Kirche traten, mit symbolischer Andeutung der innern Reinigung die Hände einzutauchen pflegten; ein Gebrauch, aus welchem später der des Weihwassers oder des Weihkessels entstand. Ebenso gehört zu den arabischen oder muhammedanischen Moscheen wesentlich ein Ort der Abwaschungen, welche Waschungen dem Gebete vorangehen müssen. Die ältern Moscheen, namentlich die Kaaba zu Mekka,1) bestehen aus einem länglichen viereckigen Hofe, von Mauern eingeschlossen, innerlich von Säulengängen umgeben, oben aber unbedeckt, oft mit Bäumen bepflanzt; in der Mitte des Hofes sind für die Abwaschungen und die andern gottesdienstlichen Bedürfnisse kleine Gebäude errichtet. Aehnlich ist neben jeder etwas grössern indischen Pagode gewöhnlich ein Teich zum Waschen und Baden, denn die Reinigungen durch Wasser sind ein Hauptstück der indischen Religion. An das eherne Meer des salomonischen Tempels mahnt aber vorzüglich das mächtige alabasterne, auf zwölf Löwen von schwarzem Marmor ruhende Waschbecken in dem berühmten Löwenhofe der im 13. Jahrhundert unter der Regierung des Aba Addallah ben Masser gegründeten Alhambra, welche heute noch steht und bewundert wird. Ein ähnlicher Brunnen mit zwölf Thieren befindet sich in dem Palaste zu Sahra bei Cordova. Die zwölf Stiere, welche vor dem salomonischen Tempel das Becken mit dem reinigenden Wasser trugen, sind in der mittelalterlichen Kirchen- [457] baukunst sehr frühe zu zwölf Säulen (columnae), als den Symbolen der zwölf Apostel, geworden, welche das Langhaus der Kirche oder das sogenannte Schiff tragen.1) In vielen Kirchen des Mittelalters wird das Schiff (in welchem Christus seine Kirche die Gerechten in das Reich Gottes hinüberführt) von zwei Reihen je sechs oder auch zwölf Säulen getragen, welche auf die zwölf Apostel als die Träger der Kirche, als die zwölf Tragebalken der christlichen Welt, hinweisen sollen. Diese Beziehung wurde noch mehr versinnlicht durch die Statuen der Apostel und anderer Heiligen, die man an den Säulen und Pfeilern anbrachte. Die zwölf Apostel und zwölf Säulen der christlichen Kirche stehen also ganz gleich den drei Vorstehern und drei Pfeilern der maurerischen Logen.

Eben so befanden sich bei den Griechen am Eingange zu den heiligen Räumen Gefässe mit geweihtem Wasser, 2) [...] oder [...], aus denen die Eintretenden sich besprengten, zum symbolischen Zeichen der Reinheit, welche von jedem gefordert wurde, der das Heiligthum der Gottheit betreten wollte.3) In diesem Sinne war über dem Eingang des Asklepiostempels zu Epidaurus zu lesen:

Rein nur darfst du die Schwelle des Göttertempels betreten,
Reinheit aber besteht nur in unsträflichem Sinn.

Der delphischen Priesterin wurde der Spruch zugeschrieben:

Rein von Herzen erscheine im Tempel des lautern Gottes,
Wenn du die Glieder genetzt aus dem kastalischen Quell.
Guten genügt ein Tröpfchen, o Pilgrim, aber dem Bösen
Wasche das Weltmeer selbst nimmer die Sünde hinweg.

In diesem eleusinischen Sinne sagt auch Psalm, 24:

Wer darf steigen auf den Berg des Herrn,
Und wer stehen an seiner heiligen Stätte?
Der schuldlose Hände hat, und reinen Herzens ist,

[458]

Der nicht erhebt zu Eitlem sein Gelüsten,
Und nicht zum Truge schwört,
Er trägt von Jehovah den Segen davon,
Und Huld vom Gotte seines Heils.

Die Opfernden mussten bei den Griechen rein gewaschen sein und reine Kleider tragen, d. h. nur mit reinem Herzen sollte man opfern; von dem Sündigen, der sich nicht mit reinem Herzen naht, verschmähen die Götter auch die reichsten Gaben. Auch vor dem Beten pflegten sich die Griechen die Hände zu waschen oder mit geweihtem Wasser sich zu sprengen;1) ebenso wusch man sich zu allen gottesdienstlichen Handlungen und legte reine Kleider an. Das segnende und reinigende Besprengen des Volkes mit Weibwasser ist in Griechenland uralt2) und erfolgte bei besonderen Gelegenheiten mittelst eines aus Oelzweigen bestehenden Wedels durch den Priester. Es kann nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, dass der gleiche Gebrauch in der katholischen Kirche griechischen Urprunges sei, wie die sich daran anschliessenden Gebräuche und Aberglauben.3) – Auch der Brahmane betet seinen Hymnus zur aufgehenden Sonne erst, nachdem er sich gebadet, die Zähne gewaschen und die Augen gesalbt hat; jedoch soll er vor der Morgendämmerung sich erheben und sogleich über den anständigen Erwerb und dessen Mühen, über die Tugend, über das Wesen und die Bedeutung des Veda nachdenken.4) Eben so pflegt man die Kinder in Deutschland noch heute erst dann ihr Morgengebet beten zu lassen, nachdem sie gewaschen und sauber angezogen sind. Nach dem bairischen Volksglauben ist der Ungewaschene am meisten den Anfechtungen des Bösen und der Hexen ausgesetzt. Vorzügliche Heilkraft traute man von jeher den Bädern zu, welche zu gewissen Zeiten genommen werden. Insbesondere hielt man Bäder am Johannistag oder am Morgen der Sonnenwende für heilkräftig, welcher Glaube [459] durch ganz Europa verbreitet ist. Am Weihnachtsabend und Faschingstag badete man in ganz Baiern bis ins 17. Jahrhundert gegen Fieber und Zahnweh.1) – Der Parse soll zwar sogleich nach dem Aufstehen ein Morgengebet verrichten, aber hierauf hat er seine Kleider zu untersuchen, ob er sie nicht verunreinigt habe, und muss, nachdem er sie rein befunden, mit einem eigenen Gebete den Kosti oder heiligen Gürtel anlegen, und zwar mit dem Gesichte gegen die Sonne gekehrt; nun wäscht er sich wiederholt mit jedesmaligem darauf folgenden Gebete, bis zuletzt das eigentliche Morgengebet kommt und nach allen diesen Morgengebeten dann dem heiligen Feuer Holz zugetragen wird.2) Die Muhammedaner beten beim Gebrauch der Zahnbürste: „Mein Gott, wie ich nun meine Zähne reinige, reinige mich gnädigst von meinen Fehlern. O Herr, möge die Reinheit für mich ein Pfand der Weisse3) meines Gesichts am grossen Gerichtstage sein!“ , ferner beim Waschen des Kopfes: „Mein Gott, bedecke mich mit deiner Barmherzigkeit, und rette mich aus der den Gottlosen bestimmten Qual. Breite über mich aus deine Segnungen und lass mich unter dem Schatten deines Thrones ruhen.“ Beim Waschen der Ohren: „Mein Gott, nimm mich auf unter Diejenigen, welche dein Wort hören und ihm treulich folgen. Mein Gott, lass mich eines Tages die Einladung in das Paradies vernehmen.“ Beim Waschen des Halses: „Mein Gott, befreie meinen Hals vom Feuer. Mein Gott, erlöse mich aus den Ketten und Banden!“ und ähnlich beim Waschen des Mundes und der Nasenlöcher. 4)

Das im ersten Liede von Brynhild Nr. 33, 34 vorgeschriebene Waschen der Todten hatte wohl gleichfalls eine symbolische Bedeutung. Es heisst hier:

Das rath’ ich dir zum Neunten, dass du nakte Todte hüllest,
wo du im Felde sie findest,
seien es Seuchtodte oder seien es Seetodte,
oder seien es waffentodte Wehren.

[460]

Ein Hügel sich hebe dem Heimgegangenen;
Hände wasch’ und Haupt;
kämm’ ihn und trockne, eh’ die Kist’ ihn aufnimmt,
und bitte, dass er selig schlafe.

Der Lichtsuchende, der aufzunehmende Maurerlehrling soll auf seinen drei Reisen durch das Feuer und das Wasser von allem Unreinen und Bösen nach uraltem Mysteriengebrauche1) symbolisch gereinigt, gesühnt und geweiht werden und erst nach dieser Reinigung, Sühnung und Weihung darf er das weisse Kleid, die weisse Schürze und die weissen Handschuhe anlegen und mit dem Schwerte unter die Lichtstreiter (milites Mithrae) eintreten, sich dem Bunde der Lichtsachenden anreihen, mit ihnen streben und hoffen, durch redliches Suchen und Handeln dereinst das ewige Licht zu finden. Der dreimalige sühnende und weihende Umgang beruht auf einem sehr alten Gebrauche des Alterthums und war besonders bei den römischen Ambarvalien üblich,2) indem auch bei ihnen die drei sühnenden geschmückten Opferthiere, die [Suovetaurilien] oder Solitaurilien, ein männliches Schwein, ein Schafbock und ein Stier, dreimal um die sühnende Stadt, den Acker, die Felder, die Bürgerschaft u. s. w. herumgeführt wurden. Die öffentlichen Ambarvalien wurden durch ein eigenes Priestercollegium, die zwölf arvalischen Brüder (fratres Arvales) geleitet, aus welcher Zwölfzahl schon zu entnehmen ist, dass die Ambarvalien den Jahresgottheiten, den zwölf-monatlichen Sonnen-Erdgöttern, dem Mars, dem Faunus Lupercus, dem Janus, der Bona Dea, dem Jupiter und später dem Bacchus und der Ceres zu Ehren gefeiert wurden.3) An diese römischen Sühnungen erinnern die in der katholischen Kirche noch heute gebräuchlichen feierlichen Processionen im Frühjahre durch die Felder, um eine [461] glückliche Ernte und überhaupt ein gesenetes Jahr zu erflehen, wenngleich natürlich mit diesen Processionen keine Thieropfer verbunden sind. Bei den Maurern wird der Lichtsuchende durch das dreimalige Herumführen durch das Feuer, das Wasser und die Erde selbst gesühnt und gereinigt, lustratur. Dem Feuer und dem Wasser eine besondere reinigende und sühnende Kraft und Wirkung beizulegen, darf als eine allen Völkern des Alterthums gemeinsame Vorstellung angesehen werden, welche Vorstellung vorzüglich auch in den Mysterien der Isis, des Dionysos u. s. w. hervortritt.1) Wie bei den Maurern drei Reinigungsmittel erscheinen, waren auch im dionysischen Cultus drei Reinigungsmittel, Wasser, Feuer und Luft gebräuchlich. Aus der Vorstellung des Feuers als eines Reinigungs- und Sühnungsmittels ist es wesentlich hervorgegangen, dass der unterweltliche Aufenthaltsort der unreinen und strafbaren Seelen vielfach als eine Feuerstätte gedacht und geschildert wird, worin die Mängel und Sünden, die Unreinigkeiten und Schlaken der Seelen gleich wie aus einem Metalle herausgeschmolzen und gebrannt werden, um dadurch wieder zu geläuterten und gereinigten Seelen zu werden, um zu Licht zu werden und als Licht wieder in das Licht, in den Himmel zu Gott zurückkehren zu können. Das Böse, die Sünde ist eine Verunreinigung und Befleckung,2) eine Beschmutzung und Verdunkelung des uns beseelenden reinen göttlichen Geistes und muss nothwendig getilgt, hinweggenommen und ausgebrannt werden, bevor wir uns als Licht wieder mit dem Lichte vereinigen und verbinden können und dürfen. Die Hölle und das Fegefeuer selbst erscheinen auf diese Weise nach einer tiefern Betrachtung als die Pforten, als die Vorbereitungs- und Uebergangsorte der Verklärung und des Himmels und dieser Gedanke sollte vielleicht ausgedrückt werden, wenn nach der parsischen Lehre am Ende der Dinge Ahriman mit allen Bösen sich bekehren und zurückkehren soll, um Eine gute und reine Heerde [462] unter dem Einen Gotte als ihrem Hirten zu bilden. Ferner hängt mit der orientalischen Ansicht von der reinigenden Kraft und Wirkung des Feuers, die allgemeine Sitte des Alterthums zusammen, dass bei gewissen religiösen Festlichkeiten, bei welchen Feuer gebrannt zu werden pflegten, Menschen und Thiere durch das Feuer sprangen, um dadurch gereinigt und gesühnt zu werden, wovon sich bei unsern Johannisfeuern noch einige schwache Spuren erhalten haben. Vielleicht lässt sich daraus auch der Gebrauch der Inder, der Germanen, der Kelten,1) der Juden, der Griechen und der Römer und anderer alten Völker er]klären, die Leichname zu verbrennen,2) wie ja auch Herakles bei den Griechen auf dem Oeta, Baal-Melkarth zu Tyrus und der diesem verwandte und auch zu Tarsos in Kilikien und Sardes in Lydien verehrte Sardon oder Sandon sich selbst verbrennen, um sich aus ihrer Asche zum Himmel zu erheben und verjüngt wieder zu erstehen.3) Bei den Völkern des Alterthums hat die Behandlungs- und Aufbewahrungsweise, die Beerdigungsweise der Leichname – man denke nur an die Parsen, Aegypter und Kelten – stets einen religiösen Grund, eine symbolische Bedeutung, daher diese auch das Verbrennen der Leichname gehabt haben muss. Nach Simrok, deutsche Mythologie, S. 367, glaubten die Deutschen, dass mit der Rauchsäule die Seele zum Himmel emporwirbele, und einen ähnlichen Glauben hatten die Inder. Bei den Indern wird von Buddha erzählt, dem schuldbaren habe sich ein guter Geist zugesellt und ihn aufgefordert, seinen Leib in Flammen zu baden, damit er von der Schuld sich reinige.4) lsis als Amrne des Königssohnes zu Byblus legt denselben Nachts, wenn Alles schläft, in das Feuer, um ihn von den [463] irdischen Schlaken in der Feuergluth zu reinigen.1) Die ihre verlorene Tochter Persephone suchende Demeter wurde im Hause des Königs [Keleus] zu Eleusis freundlich auf.genommen und zur Wärterin des Sohnes desselben, des jungen Deiphontes bestellt; aus Dankbarkeit wollte sie dem Deiphontes die Unsterblichkeit verleihen, weshalb sie ihn mit Ambrosia nährte und des Nachts in das Feuer legte, um das Irdische von ihm zu entfernen; von der Mutter Metanira belauscht, wurde das Werk gestört, die Göttin gab sich zu erkennen, vermochte aber, was einmal unterbrochen, nicht wieder anzuknüpfen, doch begabte sie dafür den andern Sohn des Königs, Triptolemos mit Geschenken.2) Als Thetis dem Peleus den Achilles geboren hatte, hegte die Mutter das Kind mit liebevoller Sorgfalt und hob es, um das Sterbliche an ihm zu tilgen, des Nachts über das flammende Feuer, während sie es am Tage mit Ambrosia salbte. Doch Peleus, der einst den Vorgang bemerkte, in menschlicher Schwäche unfähig, das göttliche Werk zu begreifen, schrie laut auf und hinderte die Göttin, was sie begonnen, zu vollenden.3) Es wird also von den drei Erdgöttinnen Isis, Demeter und Thetis die gleiche Sage erzählt. – Der Name des Priesters [...] oder [...], welcher in den samotracischen Mysterien die mit Blutschuld Befleckten zu reinigen hatte, lässt vermuthen, dass zu der Reinigung Feuer und Räucherungen gebraucht worden seien. Als Herakles die Skylla erschlagen hatte, ruft sie ihr Vater Phorkys dadurch wieder in das Leben, dass er sie mit Fackeln verbrennt.4) Die Skylla möchte nur ein Bild der dunkelen Gewitterwolke sein, welche eben in dieser ihrer Natur mit der lichten Sonne Herakles um die [Rinder] des Geryon ringt und von ihr getödtet wird. Die Fackel, welche die getödtete Gewitterwolke wieder belebt, ist der Blitz, wie auch auf, diesen die Geissel gedeutet werden darf, welche die Hekate und ihre Tochter Skylla gleich dem Osiris führen. Weil die Hekate sowohl [464] als ihre Tochter Skylla Gewittergottheiten sind, haben sie auch ein Medusen- oder Gorgonenhaupt, ist beiden die Schlange, die Blitzesschlange nämlich, der Greif u. s. w. beigegeben. Auch der Scheiterhaufen, auf dem sich Herakles verbrennt, ist ursprünglich die Blitzeswolke.

Die Parsen haben von dem Ende dieser Welt nachfolgende Sage: Wenn nach dem Rathschlusse des unendlichen Wesens der letzte Zeitraum der Weltdauer verflossen ist und Ahriman allein herrscht, wird der Komet oder lrrstern Gurzscher, einer der Gehülfen Ahrimans oder der sieben Erzteufel, sich von dem ihn bewachenden Mond losreissen, auf die Erde herabstürzen und durch den allgemeinen Brand, den er herbeiführen wird, das Ende der Welt bewirken. Ehe dieses geschieht, wird Ormuzd durch den Propheten Sosiosch als einen Erlöser der Menschen diese in Schutz nehmen, eine allgemeine Bekehrung zu dem Gesetze des Ormuzd und die allgemeine Auferstehung aller Todten vollbringen. Mit Sehnen und Adern wird Ormuzd die Gebeine der Verstorbenen aufs neue bekleiden und Gatten, Geschwister und Verwandte werden sich wieder erkennen. Nun geht aber die grosse Scheidung der Gerechten von den Sündern vor sich; dabei wird der Vater von seiner Gattin, die Schwester von dem Bruder, der Freund von dem Freunde geschieden werden; der eine wird gerecht, der andere ein Sünder sein, ihr Lohn wird in ihren Thaten liegen.1) Ahriman, welcher beim Herabstürzen des Kometen Gurzscher nur seinen Zweck der Verheerung vor Augen hatte, diente hier abermals wider seinen Willen dem unendlichen Wesen als Werkzeug gegen sich selbst; denn der allgemeine Brand, welchen der Komet verursacht, verwandelt die ganze Erde in einen Metallstrom, der brennend in das Reich Ahrimans hinabstürzt. Alle Wesen müssen nun durch diesen Strom gehen, die Gerechten durchwaten ihn wie einen Strom warmer Milch und gehen über in den Wohnsitz der Seligen; aber alle Sünder werden mit dem Strom fortgerissen zu dem Abgrunde der Hölle oder des Duzakhs; hier brennen sie drei Tage und drei Nächte, dann sind sie gereinigt, rufen [465] zu Ormuzd und werden in den Himmel aufgenommen. Nur Ahriman und seine Genossen, die gleichfalls durch den flammenden Metallstrom in den Duzakh hinabgerissen worden, bleiben darin, bis der ganze Duzakh durch das allesverzehrende Feuer ausgebrannt und alles Unreine in ihm völlig vernichtet ist. Dann werden auch Ahriman und seine Genossen gereinigt sein und zu Zervane Akerene oder dem Urlichte, aus welchem Ormuzd und Ahriman, die gute und die böse Welt hervorgegangen, zurückkehren. Alles Böse ist nun, wie alle Finsterniss verschwunden; aus dem erlöschenden Feuer geht eine schönere Erde hervor, rein und vollkommen, wie die verbrannte bei ihrer ersten Schöpfung war, und für die Ewigkeit bestimmt. Ormuzd als der Erste, und Ahriman, ihm unterworfen, werden nun mit ihren Geschöpfen auf der neuen Erde als Priester des unendlichen Urwesens wandeln, ihm Loblieder singen und das Lichtgesetz üben.

Um zu beweisen, dass die jüdische Auferstehungslehre1) blos dem Parsismus entlehnt sei, reihen wir hier einige Stellen aus den Schriften des alten und des neuen Testamentes noch an. Jesaia 26, 19 heisst es:

Leben sollen deine Todten,
auferstehen meine Leichen.
Wachet auf und jubelt, ihr Bewohner des Staubes,
denn Morgenthau ist dein Thau,
und die Erde gebiert die Verstorbenen wieder.

Besonders beachtenswerth ist aber das Kap. 37 des Propheten Ezechiel, welches also beginnt: „Die Hand des Herrn kam auf mich und führte mich in dem Geist des Herrn hinaus und liess mich nieder in ein ebenes Feld, das voll Gebeine lag. Er führte mich rings auf demselben herum; und siehe, der Gebeine waren sehr viele, welche allenthalben auf der Erde lagen; und siehe, sie waren sehr dürr. Da sprach er zu mir: Du Menschensohn, meinst du, dass, diese Gebeine auch wieder lebendig werden können? Ich antwortete: 0 Herr, du weissest es! Da sprach er zu [466] mir: Du sollst über diese Gebeine weissagen und zu ihnen sprechen: Ihr dürren Gebeine, höret das Wort des Herrn! Also spricht der Herr zu diesen Gebeinen: nehmet wahr, ich will einen Geist in euch bringen, dass ihr lebendig werden sollet. Ich will euch Adern geben und Fleisch wachsen lassen, und euch mit einer Haut überziehen und einen Geist euch geben, dass ihr lebendig werden, und wissen sollet, dass ich der Herr sei. Da weissagte ich, wie mir befohlen war, und indem ich weissagete, erhob sich ein Getöse; und siehe, ein Geräusch, und je eines der Beine nahete sich zu dem andern. Und ich sah, und siehe, sie hatten Adern, und wuchs Fleisch an ihnen; und er überzog sie oben mit Haut; aber es war kein Geist in ihnen. Da sprach er zu mir: Du Menschensohn, weissage gegen den Geist, weissage und sprich zu dem Geist: Also spricht der Herr: O Geist, komme von den vier Winden, und hauche diese Erschlagenen an, dass sie lebendig werden! Also weissagete ich, wie mir befohlen wurde. Da kam der Geist in sie, und sie wurden lebendig, und stellten sich auf ihre Füsse, eine überaus grosse Menge. Die Wiederbelebten waren das ganze Haus Israel, welches der Herr aus den zerstreuten Landen unter den Heiden wieder auferwecken und in ihr Land zurückführen wollte, damit sie dort ein Volk unter einem einzigen Könige und nicht mehr zwei Völker in zwei Reichen, Juda und Israel, sein sollten, ohne allen Götzendienst und nur den Dienst des Ewigen übend; David sollte ihr ewiger König werden und sie alle sollten einen einzigen Hirten haben; der Ewige wollte den Bund des ewigen Friedens mit ihnen aufrichten und als ihr Gott in seinem Heiligthume in Ewigkeit wohnen; die Heiden sollen erfahren, dass der Ewige der Herr sei, welcher Israel heiliget, wenn seine Heiligkeit in Ewigkeit unter ihnen sein wird.“ Also selbst am Tage der Wiederauferstehung der Todten sollte das vereinigte israelitische Volk das auserwählte Volk Gottes sein und mit seinem Gotte unter dem wiedererstandenen Könige David in Neu-Jerusalem wohnen.

Im Evangelium Matthäi sind besonders die Kap. 24 u. 25 zu beachten, worin ganz nach den parsischen Vorstellungen [467] das Ende der Welt bei der Ankunft des Herrn und das alsdann von ihm zu haltende letzte Gericht behandelt wird. Der Herr wird zum letzten Gerichte unerwartet kommen und da wird Heulen und Zähnklappern sein; alsdann wird das Himmelreich zehn Jungfrauen gleich sein, die ihre Lampen genommen und hinaus dem Bräutigam entgegen gegangen waren; fünf aus ihnen waren klug, und fünf thöricht; die Thörichten hatten zwar ihre Lampen, aber kein Oel mit sich genommen, nur die Klugen hatten die Lampen und das Oel dazu. Kap. 25, 31 fährt dann fort: „Wann aber des Menschen Sohn in seiner Herrlichkeit kommen wird und alle heiligen Engel mit ihm, dann wird er auf den Thron seiner Herrlichkeit sitzen und vor ihm werden alle Völker versammelt werden, und er wird von einander sondern, gleichwie ein Hirt die Schafe von den Böcken sondert. Und er wird die Schafe stellen zu seiner Rechten, die Böcke aber zu seiner Linken; dann wird der König Denen zu seiner Rechten sagen: Kommet her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbet das Reich, das euch von der Grundlegung der Welt an bereitet ist.“ Die Gerechten werden daher in das ewige Leben, die Ungerechten in die ewige Strafe gehen.

Es bedarf wohl kaum einer weitern Ausführung, dass diese parsisch-jüdisch-christliche Lehre von der Wiederauferstehung der Todten und dem alsdann erst abzuhaltenden letzten Gerichte, um die Gerechten für das ewige Leben und die Ungerechten für die ewige Strafe auszusondern, eine höchst unvollkommene, ungenügende und nur aus dem Jugendalter der Menschheit, des Zendvolkes, in welchem sie entstanden, erklärliche sei. Wenn in dem Menschen ein unsterblicher Geist wohnt, wird dieser Geist unsterblich auch im Tode fortdauern und nicht erst am Tage des letzten Gerichtes dem zusammengelesenen Staube nach Jahrhunderten und Jahrtausenden des Todes wieder von den vier Winden her eingehaucht werden müssen; wäre der Geist so lange wirklich todt gewesen, würde er auch ferner todt bleiben; wo sollte der unsterbliche Geist bis zum Auferstehungstage weilen? Auch hat der unsterbliche Geist den abgelegten irdischen Leib gewiss nicht mehr nöthig, sondern wird den neuen Leib dort [468] erhalten, wohin er kommt; müsste die unsterbliche Seele nochmals auf der Erde sich in das abgelegte Gewand kleiden, würde dieselbe auch wieder mit den alten Gebrechen und Leidenschaften behaftet sein.

Das Reich der Unsterblichkeit ist gar nicht auf der Erde, sondern über der Erde, in den Sternen zu suchen. Das letzte Gericht wird in der Todesstunde eines jeden Menschen gehalten, indem er nach seinen Thaten hier, dort seine Stelle erhalten wird. Auch ist der Gedanke einer ewigen Verdammung für das kurze Leben auf Erden mit der Weisheit und Barmherzigkeit Gottes ganz unvereinbar und eine jüdische Abweichung von der besseren parsischen Lehre, wornach am Ende der Tage alle Sünder und selbst Ahriman oder der Teufel durch das Feuer gereinigt werden und gereinigt in das Eine Reich Gottes eingehen sollten.

In den Gebräuchen, in den Ritualen der maurerischen Lehrlingsaufnahme ist mit Unrecht der Gedanke an die reinigende Kraft und Wirkung des Feuers fast gänzlich erloschen und untergegangen, und blos derjenige an die reinigende Kraft und Wirkung des Wassers hat sich lebendiger forterhalten, indem bei der Darreichung des Wassers an den Aufzunehmenden in einzelnen Logen der Zuruf gerichtet wird:

‘„Wie das Wasser Ihren Leib reinigt, so reinigen auch Sie Ihre Seele von unedlen Begierden und Ihr Leben von unreinen Flecken.“’

Dieser maurerische Zuruf erinnert an das Gebet, welches die in dem heiligen Ganges badenden und sich reinigenden Inder beten:

„Ihr Wasser, Mutter der Welten, reinigt uns, denn
Ihr göttlichen Wasser nehmet alle Sünden hinweg.“

Dieses Hinwegnehmen der Sünde durch das Wasser ist wohl dahin zu verstehen, dass dem Bereuenden und sich selbst Reinigenden seine Sünden werden vergeben werden. Unter den Reinigungsmitteln steht das Wasser tiefer als das Feuer; dieses ist geistiger, jenes stofflicher und irdischer und am stofflichsten ist die Erde, welche auch als Reinigungsmittel, wahrscheinlich selbst bei den alten Mau- [469] rern gebraucht wurde. Auf dem Denkmale der Meister erscheint allein noch das reinigende, das zum Himmel führende und die Unsterblichkeit gewährende Feuer. Das Denkmal der Meister ist gleichsam der Scheiterhaufen des das Irdische verbrennenden und verjüngt und licht zum Himmel emporsteigenden Herakles, deponens aliena, ascendit unus (der Geist, der Gott, die unsterbliche Seele). Die Erde soll den Aufzunehmenden an den Staub, in den Tod und die Vergänglichkeit alles Irdischen, an das irdische Ende mahnen, wie sie wirklich auch zuletzt ihm begegnet; das Feuer dagegen ist der Anfang, insofern der Mensch aus dem Himmelsfeuer stammt und dahin wieder zurückkehrt, – das Feuer, das Licht, das den Lehrling, den werdenden Menschen in die Welt und den Meister, den Sterbenden aus der Welt in den Himmel zurückleitet. Das Feuer ist das Apollinische und Himmlische, das Wasser mit der Erde das Dionysische und Irdische unter den maurerischen Mysterien- und Reinigungssymbolen, und beide vereint bilden das Mysterienei mit den zweifachen Farben des Todes und des Lebens, der Erde und des Himmels, die beiden Säulen Jakin und Boaz. Auch die Griechen gebrauchten neben andern Reinigungsmitteln [...] oder [...], besonders neben dem Feuer und dem Wasser, Erde, Lehm und dergleichen; auf diese Reinigungsmittel wurde symbolisch die Verunreinigung von dem zu Reinigenden übertragen.1) Bei der Erde erinnere sich aber der Maurer besonders der Worte, welche nach Moses I. 3, 19 der strafende Ewige zu dem gefallenen Menschen spricht: „Im Schweiss deines Angesichts sollst du dein Brod essen, bis dass du wieder zur Erde werdest, davon du genommen. Denn Staub bist und Staub sollst du wieder werden.“ Auch reihen sich hier die schönen Worte Goethe’s in seinem Gedichte „dem Ackermann“ an:

Flach bedecket und leicht den goldenen Samen die Furche,
Guter! die tiefere deckt endlich Dein ruhend Gebein.
Fröhlich gepflügt und gesä’t! Hier keimet lebendige Nahrung,
Und die Hoffnung entfernt selbst von dem Grabe sich nicht.

Daher wurden auch zu Athen die Todten [...], gleich- [470] sam der in die Erde gestreute Samen eines neuen Lebens [...] genannt; sie sind die abgeschnittene goldene Fruchtähre, welcher bald wieder neues Leben entsprossen wird.

Wie das reinigende Feuer sich in der Unterwelt zum Duzakh, zur Hölle, zum Fegefeuer gestaltet, so das Wasser zum Todes- und Leidensstrome, zum Acheron, zum Styx, zum Kokytos der Griechen, womit auch der im Lande der Hyperboreer gelegene mythische Eridanos und der Todtenstrom der Germanen verwandt ist. In dem griechischen unterweltlichen Pyriplegethon, d. i. dem Feuerstrome, haben sich sogar das Feuer und das Wasser zu einem Strome des ewigen Wehes und Schmerzes verbunden. Unter den Todtenströmen erscheint aber bei den Griechen und Germanen als der grösste das weite Meer selbst, der tiefströmende Okeanos, über welches die Todten nach den Inseln der Seligen, nach dem griechischen Elysium und nach dem germanischen Grünland oder Engelland, nach dem Rosengarten und Rosenland hinübersteuern. Das Himmelreich, das Reich der Glücklichen ist ein transoceanisches, das Jenseits an dem äussersten Ende der Erde; das Ferne, in welches nach Pindar nur diejenigen Menschen gelangen, die eine dreimal wiederholte Prüfung durch das Leben glücklich bestanden haben. Diese drei pindarischen Lebensprüfungen sind die drei maurerischen Reisen. Aus der Erdennacht gelangt durch die Prüfungen und Reinigungen des Wassers und des Feuers hindurch der Myste, der Eingeweihte, der Mensch zudem Lichte, wer das Licht sucht, muss die Prüfungen und Reinigungen des Wassers und des Feuers im Leben und im Tode überstanden haben, muss entsühnt und gereinigt sein, bevor er das Licht findet. Das Licht ist Gott und der Himmel selbst, worin die Seligen, die Reinen, die Gerechten, die Erlöseten wohnen; die Nacht aber ist die Unterwelt, der dunkele und schreckliche Strafort, welcher die Bösen und Unreinen umfängt, – der Duzakh der Parsen, der Scheol der Juden, der Amentes der Aegypter, – die Nyx, der Hades und der Tartaros der Griechen u. s. w.

Die Essäer in Palästina, die Frommen, hatten gleichfalls als Symbol der zu erstrebenden Herzens- und Geistes- [471] reinheit beständige Reinigungen und Waschungen, indem sie sich beständig badeten, woraus dann später bei Johannes dem Täufer die Taufe durch ein Baden im Flusse hervorgegangen ist und von Jedermann gefordert wurde. Auch die Furcht vor dem nahenden Weltgerichte und daherige Ermahnung zur Reue und Busse in ihrer tiefern Bedeutung waren essäisch-johanneisch.1) Im essäischen Geiste wurde ebenso von den Judenchristen in Aegypten gegen die Mitte des zweiten Jahrhunderts nicht blos geboten, gegen Arme strenge Gastfreundschaft zu üben, sondern auch, ihnen immer das Haupt zu waschen. Die Fusswaschung der Arrnen zur Ostterzeit durch die katholischen Fürsten, z. B. noch jetzt durch den König zu München, hängt gewiss mit diesen Gebräuchen und Vorschriften der ältesten christlichen Kirche Aegyptens zusammen.

Mit dem maurerischen Symbole der Erde in dem vorberührten Sinne ist zu vergleichen der symbolische Gebrauch der Kelten, die Todten in Gräbern von zusammengelegten und gestellten Steinen zu beerdigen. Die Steine sind hier das Symbol der grossen Mutter Erde, welche alles irdische Leben gibt, aber auch wieder hinwegnimmt.2) Der nichtverbrannte Leichnam ruhte mit seinem Haupte gewöhnlich auf einem untergeschobenen Steine. Dass in den Keltengräbern zugleich fast immer unten auf dem ursprünglichen Boden Eichenlaub, zuweilen auch Buchenlaub erscheint, wenn auch gegenwärtig nah und fern keine derartige Bäume zu treffen sind, war gewiss ebenfalls in dem Sinne ein symbolischer Gebrauch, dass die Blätter auf den heiligen Gottes- und Lebensbaum, auf das ewige Leben hinweisen sollten, in welches der Verstorbene einzugehen hoffte. Auch die Blumen, womit noch heute fast überall die Leichen, die Särge und die Gräber geschmückt zu werden pflegen, haben nur diese symbolische Bedeutung. Bei den alten Deutschen sollten die Rosen auf den Gräbern ganz besonders auf den Rosengarten hindeuten, wie das Land der Seligen, die Insel der Seligen genannt wurde. [472] Nach den Gebräuchen vieler Logen sind es eigentlich vier Elemente, welche dem Aufzunehmenden auf seinen drei Reisen begegnen, was zugleich die in anderer Beziehung sehr bedeutungsvolle Siebenzahl ergibt. Auf den drei Reisen, in welchen dem Aufzunehmenden erst das Feuer, sodann das Wasser und zuletzt die Erde entgegentritt, begleitet ihn oft auch der Donner d. h. die Luft, indem die Luft auf keine andere Weise passend dargestellt zu werden vermag, als durch den in ihr entstehenden und rollenden Donner. Diese vier Elemente des Alterthums sind wesentlich pythagoreisch, die pythagoreische Vierfaltigkeit, aus welcher alle Dinge entsprungen und entstanden sind, – die Quelle und der Grund des Weltalls. Das Element der Luft wurde schon in den alten Mysterien, namentlich auch Aegyptens, durch den Donner und den Blitz dargestellt;1) auch in den Mythramysterien scheint dieser Gebrauch geübt worden und zugleich wie in den ägyptischen Mysterien zu einer Prüfung des Aufzunehmenden gestaltet gewesen zu sein.2) Elias von Kreta sagt von den in die Mithramysterien Aufzunehmenden: „Igni quippe et aqua et hujus modi suppliciorum generibus excruciantur. – Deinde necessario ipsi faciendum est, ut se in ignem conjiciat.“ – Der Aufzunehmende wurde also auch dadurch geprüft, dass er sich unerschrocken in das Feuer stürzen musste. Die vier schöpferischen Elemente bestätigen zugleich die Ansicht, dass die Lehrlingsaufnahme das Symbol der Weltschöpfung, – die maurerische Lehre von der Weltschöpfung, die maurerische Kosmogonie sei. Polak, die Tapis, S. 4, will die vier Elemente sogar in dem salomonischen Tempel symbolisirt finden, indem die drei Theile des Tempels die Symbole von Himmel, Erde und Wasser gewesen sein sollen, das vierte Element der Alten aber, das ewige Feuer in dem Heiligen selbst gebrannt habe und demnach der ganze Tempel das Symbol des Weltalls gewesen sei. Selbst den Vorhang des Allerheiligsten betrachtet [473] Polak als das Symbol der vier Elemente, was er aber gewiss nicht war und nicht sein sollte.

An die drei Umgänge der Suovetaurilien und die drei Reisen des Maurers schliesst sich sodann an: Bei den Indern muss die Braut dreimal am Ende der Hochzeitsfeier die heiligen Flammen Agni’s, ignis, das heilige Herdfeuer umwandeln;1) ebenso musste bei den Deutschen die Braut das heilige Herdfeuer, welches das Himmelsfeuer, die Himmelsflamme vergegenwärtigte, dreimal umziehen; dreimal wurden auch neueinziehendes Gesinde und neuerworbene Thiere um dasselbe geführt.2) Diesem Umwandeln des Herdfeuers stellen sich die drei Reisen des Maurerlehrlings durchaus gleich, insofern als auch der Lehrling dreimal die drei kleinern, die Tapis umstehenden Lichter umschreiten muss. Auch wurde bei den Deutschen dreimal das geschmückte Opferthier um das Heiligthum oder im Kreise der Volksversammlung herumgeführt.3) Bei der Taufe wie bei der Hochzeit wurde von den Deutschen auch dreimal die Kirche, der Altar und das Herdfeuer umschritten. Selbst zu opfernde Menschen umliefen bei den Griechen vorher dreimal den Altar.4) Aehnlich durchmisst auch der indische Sonnengott Wischnu täglich in drei Schritten, d. h. als Morgens-, Mittags- und Abendsonne den Himmelsraum und thun bei Homer die Götter drei Schritte,5) wie dreifach der Schritt und Schlag, das Zeichen und der Fingerdruck, der Kuss und das Feuer des Maurerlehrlings ist. Nach den drei Schritten des blauen oder grünen Wischnu, welchem auch das abwärts gekehrte gleichseitige Dreieck als das Symbol der zeugenden Luft und des himmlischen Gewässers (der Dreizack des Poseidon) geheiligt ist,6) und der griechischen Götter wird auch bei den Griechen der Tag, die Nacht und das Jahr, und die Zeit überhaupt in die Gegenwart, Vergangenheit und Zu- [474] kunft, getheilt; ebenso erscheinen bei den Griechen drei Theile des Stadiums, drei Theile der Mahlzeit, drei Gänge des Ringens, drei Libiationen bei der Mahlzeit und bei den Festmahlen, die Dreispenden von Wein, Milch und Honig1) u. s. w. Die Dreispenden sind wohl in ihrem letzten Ursprunge auf das Hirtenvolk zurückzuleiten, von welchen auf den Hochbergen Mittelasiens die Menschheit ausging und das in der guten Jahreszeit dreimal des Tages die dem Gotte geweihte Kuh melkte und bei dem jedesmaligen Melken auch dem segnenden Gotte eine Gabe der Dankbarkeit darbrachte.2) Dass die dreimalige Melkung im Monat Mai beginnen müsse, zeigt auch der ags. Trimilci = Majus, Mai, bei Beda. Hiermit hängt es auch zusammen, dass nach dem Mînôkhired der Parse dreimal des Tages, die Sonne, den Mithra anbeten soll,3) wie ebenso die Aegypter nach Plutarch dreimal täglich der Sonne opferten4) und das dreimalige tägliche Beten und Läuten in allen katholischen und griechisch-christlichen Ländern noch heute üblich ist. Am Altare Jodamia’s sagt die Priesterin täglich dreimal, sie lebe und verlangt Feuer.5) Dreimal rufen am Sonntage auch die Glocken die Christen- zum Gottesdienste, wie drei Hammerschläge die Juden zur Synagoge und die Maurer zur Ordnung oder Aufmerksamkeit. Ferner gehören in diesen Vorstellungskreis die drei ersten Vorsteher der Maurer, weil sie auch die Morgens-, Mittags- und Abendsonne, – Geburt, Leben und Tod, – den dreifachen Schritt alles Seins und aller Zeit bedeuten, wie dieses ebenso der dreifache Schritt des Lehrlings und die vielen Götterdreiheiten oder die Götter mit den dreifachen oder dreigetheilten Symbolen im ganzen Alterthume bezeichnen. Der chinesische Confucius sagt:

Dreifach ist der Schritt der Zeit:
Zögernd kommt die Zukunft hergezogen,
Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen,
Ewig still steht die Vergangenheit.

[475] In dem Mittelpunkte der Halle des chinesischen Riesentempels auf der Insel Jonan sieht man daher drei grosse und überrnässig stark vergoldete Bildsäulen, genannt die drei kostbaren Fa, d. i. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, vor denen kleine Altäre, auf welchen Weihrauchgefässe befindlich sind, stehen.1) Drei Abschnitte hat der maurerische Lehrlings-, Gesellen- und Meisterkatechismus, wie auch jeder der vier indischen Vedas aus drei Abtheilungen zusammengesetzt ist, wovon die erste, Mantra, Hymnen und Gebete an den Allmächtigen enthält, – die zweite, Brahmana, aus den Ritualbüchern, aus Religionsvorschriften und religiösen Erörterungen besteht, - und die dritte, Upanishad, einen Auszug aus den beiden erstern oder philosophische Betrachtungen gibt. Ebenso bilden drei Abtheilungen, die Disciplin (Vinaya), die Aussprüche (Sûtras) und Metaphysik (Abdidharma) den sogenannten Dreikorb, d. h. den dreigetheilten Kanon (Tripitaka), die drei Klassen der heiligen Bücher der Buddhisten.2) Zugleich reiht sich an, dass bei den Indern die wandelbare Sinnenwelt in drei Regionen oder drei Welten (trailokja) nach den drei Dimensionen des Raumes, in die obere, mittlere und untere, – Himmel, Erde und Unterwelt zerfällt, was wieder auch an die Eintheilung Aegyptens in drei Regionen oder Ober-, Mittel- und Unterägypten erinnert; bei den Indern erscheinen auch ferner drei Grundkräfte (gunâs), durch welche die Natur wirkt und welche die Handlungen der Menschen als Finsterniss (tamas), Staub (rag’as) und Wesenheit (satja) bestimmen.3) Mit Rücksicht auf seine Herrschaft in den drei Welten hat der weisse Çiva den Dreizack (trigula), das aufwärts gerichtete gleichseitige Dreieck als Symbol des Feuers, drei Augen und drei Arme neben dem Stiere und dem Lingam als den Symbolen der Zeugung.4) – Auch die heiligen Schriften der Parsen bestehen eigentlich aus drei Theilen, [476] dem Avesta oder Text, Gesetz, – Zend oder der Auslegung des Gesetzes und Pazend oder der weitern Auslegung, dem Kommentare des Kommentares.1) Die bekannten jüdisch-christlichen, in griechischer Sprache geschriebenen sibyllinischen Gedichte des Alterthums zerfielen regelmässig in drei Abschnitte, – in die Schilderung der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Diese Dreitheilung ist selbst in die griechische dramatische Dichtkunst übergegangen und erscheint hier vorzüglich in den Trilogien, womit die tragischen Dichter zu Athen bei den dramatischen Wettkämpfen auftraten, und worin besonders der unsterbliche Aeschylos glänzte. Auch die dramatischen Stücke mit einem Prologe und Epiloge und mit dem eigentlichen Drama sind blos ein dreigetheiltes oder dreitheiliges Drama. Bei Schiller scheint die alte attische Trilogie in Wallensteins Lager und den Piccolomini’s hindurch. Ebenso sind die musikalischen Stücke, besonders schon bei den Indern, dreigetheilt mit Vorspiel, Zwischenspiel und Nach- oder Schlussspiel. 2)

Mit den drei Reisen und den drei Schritten des Maurerlehrlings berühren sich ferner seine drei Zustände als des Suchenden, des Beharrenden und des Leidenden,3) – die drei besondern Punkte oder die drei grossen Grundsätze der Bruderliebe, Hülfe und Treue, deren Kehrseite bei den Indern die Begierde oder Sinnenlust, der Zorn und die Habsucht sind, und die deshalb im achtzehnten Gesange der Bhagavad-Gitá die drei Thore der Hölle, – des untersten Ortes, des Narakas genannt werden,4) die drei beweglichen (Cirkel, Kelle und Hammer) und drei unbeweglichen (der rohe Stein, der kubische Stein und das Reissbret) Geräthschaften, – die drei Kleinodien (Winkelmass, Richtschnur und Bleiwage), – die drei Verzierungen (das eingelegte Pfiaster, die Schnur mit ge- 2)
3)
4)
[477] zackten Quasten und der flammende Stern), – die drei Fragen, welche nicht nur dem Aufzunehmenden, sondern auch den blos zu Befördernden zur Beantwortung vorgelegt worden, wie auch an den in die Mysterien Aegyptens Aufzunehmenden drei Fragen gestellt worden sein sollen,1) der dreimalige oder dreifache Schlag und Ruf der drei ersten Vorsteher der Loge, – das dreimalige Geben des dreigegliederten Lehrlingszeichens und Händeschlags u. s. w. Dreimal gibt auch der Katholik das Kreuzeszeichen, drei Vaterunser betet er oft und dreimal schlägt er sich bei der Wandlung oder dem Messopfer auf die Brust, welcher letztere Gebrauch sehr wahrscheinlich aus den Gebräuchen der Aegypter bei den stellvertretenden Thieropfern stammt.2) Auf dem theologischen und kirchlichen Gebiete ist es eine längst anerkannte und unbestrittene geschichtliche Thaisache, von welchem grossen und tiefen Einflusse auf das Urchristenthum, – auf den Glauben und das Wissen, die Uebungen und die Gebräuche der ersten Christen, die ägyptischen Juden und Judenchristen und die ganze ägyptisch-alexandrinische Philosophie und Wissenschaft gewesen, und dass namentlich das Logos-Evangelium, das Evangelium Johannis, vermuthlich von einem alexandrinischen Philosophen, von einem griechisch-gebildeten Judenchristen unter dem Namen des Johannes verfasst sei, die Logoslehre des Johannes ohne die Lehre des Herakleitos und des platonischen Sokrates von dem das Weltall durchdringenden göttlichen Logos gar nicht yerstanden werden könne: allein was für das Christenthum, was für die Weltgeschichte und die gesammte Weltbildung gilt, soll nach der ungeschichtlichen und unphilosophischen Schule der maurerischen Geschichtschreiber blos von der Maurerei nicht gelten und diese nicht mit Aegypten und dem ganzen Alterthum zusammenhängen, sondern gleich der sogenannten deutschen Baukunst ein durchaus deutsches Erzeugniss sein. Selbst die Formel, womit nach dem beendigten Gottesdienste der katholische Priester die Gläubigen [478] nach Hause sendet: Ite missa est!, ist dem Heidenthum, den griechischen Opfergebräuchen entlehnt und nachgeahmt, gleichsam mir die lateinische Uebersetzung des griechischen Textes. Gleichmässig verhält es sich mit der Formel: deus vobiscum.1) Die katholischen Kirchen haben gewöhnlich drei Altäre, einen Hauptaltar und zwei Nebenaltäre, und ebenso pflegt der katholische Priester bei der Feier der Messe zwei Messdiener zu haben, so dass wieder drei Personen entstehen. Bei den Etruskern waren für eine ordentliche Stadt drei Tempel erforderlich, nämlich des Jupiter, der Juno und der Minerva. Den obern Göttern der Römer sind drei Altäre geweiht, um welche die Opferthiere dreimal herumgeführt wurden. – Den indischen drei Thoren der Hölle ist sodann wieder bei den Maurern entgegengesetzt das Symbol der Jakobsleiter mit den drei Sprossen des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung, auf welchen drei Sprossen der Maurer zu dem Himmel emporzusteigen hofft. Buddha steigt auf einer dreisprossigen Leiter aus dem Himmel des Indra zur Erde nieder.2) – Der Parse muss ein jedes Stück Holz, womit er das beständig zu unterhaltende heilige Feuer nährt, zuvor dreimal betrachten, ob nicht Haare oder andere Unreinigkeiten daran kleben.3) – Dreimal drei oder neun Tage dauerten die im Herbste gefeierten eleusinischen Feste der Demeter oder Ceres; nach den Mysterien zu Andania zu urtheilen, scheinen die Eleusinien auch drei Grade gehabt zu haben, wovon die [...] Erzgeweihten, den höchsten Grad bildeten.4) Beim Schwören pflegten die Griechen häufig drei Götter als rächende Zeugen für den Fall des Meineides anzurufen.5) Die Schüler des Pythagoras schwuren bei ihrem Meister, dem Erfinder der Vierzahl, die der ewigen Natur Quelle und Wurzel enthalte.6) Wie bei den Griechen stehend und mit zum Himmel erhobenen Händen, und Blicken gebetet wurde, so wurde, [479] auch geschworen.1) Der seit dem vierten Jahrhundert in der katholischen Kirche nachweissbare Gebrauch, beim Schwören die Hand auf die Bibel zu legen, oder den Altar, den heiligen Tisch, zu berühren, beruht auf entsprechenden Gebräuchen der Alten.2) Der heiligste Schwur der Tempelherren und zugleich ihr Schlachtenruf war „Beauseant,“ welchen Namen ihr weiss und schwarz getheiltes Banner trug, und der nach Wilke, Geschichte der Tempelherren, I. S., 26 und 27 (der neuen Ausgabe), wörtlich den schönen Sitz der zwei vereinigten Brüder auf einem Pferde in dem Wappen der Tempelherren, also im höhern und eigentlichen Sinne die treue Bruderliebe, den Bruderbund bezeichnet. Unter den Farben des Beauseant wies die weisse auf die Herzensreinheit, welche die Templer (milites templi) erstreben, und die schwarze auf die Todesfurcht und den Tod, welche sie den Feinden des Christenthums bringen sollten. – Die Inder schworen bei den sieben Rishis, berührten dabei Feuer oder Wasser, oder standen, vor dem Tempel des Çiva. In Nepal schwört der Sivait jetzt auf Haivanca (heiliges Buch), der Buddhist auf Pancha, Baksha und der Moslem auf den Koran.3) – Unter Anrufung der drei göttlichen Personen wird der Sarg des zu Beerdigenden bei den Katholiken dreimal mit Weihwasser besprengt und eingesegnet, und drei Schaufeln Erde wirft der Priester zuerst auf den in das Grab gesenkten Sarg; diese sind gleichsam drei Schläge, welche der Priester bittend für den Verstorbenen an die Himmelspforte thut, damit er in den Himmel eingelassen werde, wie auch bei den Maurern auf die ersten drei Schläge an die Logenpforte diese dem Lichtsuchenden sich öffnen soll. Bei den Sinesen auf Java werfen die drei ältesten Söhne des Verstorbenen zuerst je drei Schaufeln Erde auf dessen Sarg. Nach dem Rig-Veda X, 10 wirft man bei den Brahmanen die erste Erde auf die Grube, welche die Knochenüberreste umschliessen soll, mit nachstehenden ergreifenden Worten: [480]

Erheb’ dich, Erde, thu’ ihm nichts zu Leide,
Empfang’ ihn freundlich und mit lieben Grüssen.
Umhüll’ ihn, Erde, wie den Sohn
Die Mutter hüllt in ihr Gewand.

An einer andern Stelle des Rig-Veda wird dem Verstorbenen nachgerufen: „Gib dich hin dem mütterlichen Boden, der weitumfassenden huldreichen Erde; eine Jungfrau, zart wie Wolle ist sie dem Frommen, sie schütze dich vor Untergang.“1) – Drei Hände Erde gaben nach der Ansicht des Römers dem unbestatteten Leichnam Ruhe im Schoosse der Mutter Erde. Die alten Thracier, welche Gfrörer, Urgeschichte des menschlichen Geschlechts, I. S. 40 ff., für Deutsche hält, setzten nach Herodot V, 7 und 8 die Todten drei Tage lang aus, und verehrten drei Götter, die von Herodot Ares, Dionysos und Artemis genannt werden. In einem Volksliede bei Pröhle, weltliche und geistliche Lieder, S. 56, fallen einem Jünglinge drei Rosen in seinen Schooss, zum Zeichen, dass er bald aus dem Erdenleben scheiden müsse. Nach Harrys, niedersächsische Sagen, Nro. 42, wird am Morgen des dritten Tages vor ihrem nahen Tode dieser durch eine auf ihren Sitz gelegte weisse Rose den Domherrn beim Dome zu Hildelsheim angekündigt. Die weisse Frau, welche im Schlosse zu Cleve den Tod der Königin Louise von Preussen durch ihr Erscheinen vorherverkündigte, erschien während dreier Nächte in allen Gängen des Schlosses in weissem Gewande, langsam und in stiller Trauer dahinschreitend; am vierten Tage war die Königin verschieden.2) Die Todesgöttin Hel ritt zur Zeit der Pest auf einem dreibeinigen Pferde, dem Todtenpferde, um.3) Drei ist die Zahl der Schicksals- und Todesgöttinnen, besonders der Nornen und gewöhnlich auch der Walküren, der Schwanjungfrauen; in den Nibelungen z. B. erscheinen bei der Ueberfahrt der Burgunder über die Donau drei Meerweiber, was drei Walküren sind, wie die drei Schwäne, welche [481] in dem eddischen Liede von Wieland dem Schmiede erscheinen.1) Die auch erscheinenden neun und zwölf Walküren sind gewiss nur Verdrei- oder Vervierfachungen der Dreizahl, und die sieben Walküren sind die eigentliche Todten-, Unterwelts- und Winterzahl. Auch gehört es hierher, dass die Sonne nach dem Volksglauben am Ostermorgen, am Wiederauferstehungsmorgen, drei Freudensprünge thut.2) Auch in Baiern erscheinen zwölf und sieben Walküren (oder Nornen), z. B. in Tirol sieben Zarger Fräulein.3) In Irland glaubt das Volk gleichfalls, dass die Sonne am Ostermorgen zu Ehren der Auferstehung des Herrn tanze, und Alles steht um vier Uhr des Morgens auf, um dieses anzusehen.4) Im Kanton Aargau glaubt man nach Rochholz, Schweizersagen aus dem Kanton Argau, II. S. 290, dass die Sonne am Auffahrtstage ihre drei Sprünge mache, und um beim Sonnenaufgange dieses zu sehen, besteigt alljährlich das Volk die Gislifluh, das auffallendste Bergjoch, das der Aarauer-Jura bildet und worauf alsdann auch ein Festfeuer angezündet wird. Rochholz berührt noch, dass beim derartigen Besteigen der Berge man auch durch Löcher und Klüfte des Felsens, als durch Heilsteine, gekrochen sei, wie namentlich auch die Gislifluh, eine enge Schlucht, das Grugelnägeli geheissen habe, die bekrochen werde. Dieses Kriechen durch die Steine als etwas Heilbringendes ist entschieden keltisch und findet sich besonders auch noch heute bei den Iren, schliesst sich an die Beerdigungsweise oder Gräber der Kelten an. Auch steigen die Leute noch in die Steinsärge, um dadurch von Krankheiten geheilt zu werden. In der Pfarrkirche des Solothurner Dorfes Wangen ist das Gallengrab. Alle Freitage im Maimonat bringen viele Mütter ihre Kinder dahin und stellen sie in den Sarg. In der Dorfkirche von Schwyzerisch Wollerau nennt man ein Grabgewölb Unser Lieben Frauen End; man öffnet es alle Jahre einmal, dann treten die Mütter [482] mit den kranken Kindern neunmal hinan und suchen damit Genesung. 1)

Im deutschen Rechte ist die Dreizahl sehr gebräuchlich, daher das Sprichwort, dass aller guten Dinge drei seien.2) Tacitus, Germ., cap. 25, unterscheidet bei den Deutschen drei Stände, drei Grade: nobiles, ingenui et servi; – im Mittelalter der Adel, der Bürger- und der Bauernstand und im Adel selbst die Fürsten, die Ritter und der Dienstadel oder die Ministerialen; in der Geistlichkeit die niedere, höhere und höchste, –. der Bischoff, Erzbischoff und Papst (der Bischoff der Bischöffe, der Oberpriester und oberste Priester) mit den Kardinälen; in der Staatsverwaltung Dorf, Stadt und Kreis, – Kreis, Provinz und Reich; in der Rechtspflege das Gericht, das Obergericht und das oberste Gericht mit den jedesmaligen drei Ladungen oder drei Fristen; in dem Volksbildungswesen die Volksschulen, die Gelehrtenschulen, Gymnasien, und die Universitäten und auf den Universitäten die dreifachen akademischen Würden; in dem Handwerksleben die drei Stufen der Lehrlinge, Gesellen und Meister u. s. w. Tres faciunt collegium (omne trinum perfectum, – tria est immerus perfectus) – nach der lex Salica 45 bilden drei Männer ein contubernium – nach den Kenningar machen drei Leute ein Dorf; nach der lex Salica sollen nicht mehr als drei Sagibaronen sein; am Gerichtsplatze stehen drei Eichen; drei Stücke Obst u. s. w. hat man frei, d. h. werden einem Vorübergehenden zu nehmen erlaubt; die Geistlichen sollen beim Schwören oder dem Schwörenden drei oder mehr Worte im Evangelium lesen; ferner kommen vor drei Rufe, drei Schläge, drei Fragen im Gerichte, drei Zeugnisse, drei Gerichte, drei Nöthe, drei Strafen, drei Jahre und drei Tage, drei Nächte u. s. w. Grimm bemerkt noch, dass ganz auffallend die Trilogie in den Gesetzen von Wales herrsche und fast alle Bestimmungen darin sich nach Triaden ordnen. Die in den deutschen Orden Aufzunehmenden wurden von dem Hochmeister mit drei Streichen, deren zwei auf die Schultern und der dritte [483] auf den Kopf fallen, zum Ritter geschlagen mit den Worten: „In Gottes, St. Marien und St. Georgen Ehre vertrage dieses und keines mehr. Besser Ritter als Knecht.“1) Dieser Rittersehlag erinnert an den maurerischen Meisterschlag und beweiset das Alterthümliche des letztern. Der aufzuehmende deutsche Ritter musste Gehorsam schwören Gott, Marien und den Meistern des deutschen Hauses. – Im Mittelalter musste man Denjenigen, welchen man befehden wollte, wenigstens drei Tage vorher warnen.2) Nach angelsächsischem Rechte musste ein angeschuldigter, schlecht beleumdeter Mann sich einem dreifachen Gottesurtheile unterwerfen, während ein einziges für Leute von gutem Rufe genügte.3) – Die im Mittelalter allgemein üblichen gerichtlichen Zweikämpfe durften zu Hall in Schwaben erst begonnen werden, wenn von dem Kampfvorsteher oder Grieswart dazu zum dritten Male gerufen wurde.4) Die dreifarbige schwarz-roth-goldene deutsche Fahne und überhaupt die in der neuern Zeit so weltgeschichtlich gewordenen dreifarbigen Fahnen sind gleichfalls hierher zu beziehen. Auch darf erwähnt werden, dass die Gemeinde Auenheim zunächst Kehl zum Wappen einen schwarzen Dreifuss im goldenen Felde hat, wie in dem Wappen der dortigen Fischerzunft der h. Laurentius mit einem neptunischen Dreizack (im Deutschen Ger genannt, ein Wurfspiess zum Salmenstechen) erscheinen soll.5) Der Dreizack des Poseidon oder Neptun wäre darnach einfach der Wurfspiess zum Fangen und Stechen der Fische, was er aber gewiss nicht ist, indem der Beherrscher des Meeres, ein Gott, sich doch unmöglich damit abgeben kann, die Bewohner seines eigenen Reiches zu fangen, zu tödten [484] oder gar zu verspeisen. Man hat neuerlich daher mehrfach den poseidonischen oder neptunischen Fischstock verworfen und die Meinung geäussert, dass dieser Dreizack das Bildzeichen des Wassers, der phönicisch-ägyptische Buchstabe Mem, griech. My, lat. und deutsch M sei.1) Die göttlichen Dreifüsse sind nach Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 226, nichts Anderes, als die sich von selbst am Himmel dahinbewegenden Dreifüsse des Gewitterschmiedes, wobei er jedoch unerklärt gelassen hat, wesshalb man dem Gewitterschmiede einen Dreifuss gegeben. Die Schifferzünfte sind übrigens am Oberrhein uralt, und schon zu den Zeiten der Römer bildeten die keltischen Aarflösser nach einer zu Aventicum aufgefundenen Inschrift eine eigene Zunft, nautae Aruranci.2) Das Alphabet, welches die Germanen3) zunächst von den Römern und in der römischen Gestaltung entlehnt haben, wird im Deutschen mit den drei ersten Buchstaben desselben, A B C, bezeichnet, wie bei den Römern mit den drei Buchstaben L M N, woraus zugleich das Wort elementa, die Anfänge, hervorgegangen ist,4) und wornach wir noch den ersten Unterricht und die ersten Schulen der Tugend den Elementarunterricht und die Elementarschulen nennen. Die Römer selbst hatten das Alphabet von den Phöniciern, von den Semiten, erhalten und diese dasselbe nach Böttcher, a. a. O., S. 24 ff., wohl zur Zeit der Herrschaft der Hyksos oder Hirtenkönige in Aegypten nach der ägyptischen Bilderschrift gebildet, sich ein vereinfachtes Bilderalphabet nach ägyptischem Vorbilde geschaffen. Bei dieser Gelegenheit mag noch berührt werden, dass zufolge Böttcher, a. a. O, S. 38, 47 und 78, der Buchstabe T, das griech. Tau und phönicische oder kanaanitische Taw ursprünglich ein einfaches Kreuz, ein Zeichen, eine förm- [485] liche Hausmarke ist, womit die Aegypter ihr Vieh besonders und auch andere Gegenstände zu bezeichnen pflegten, gerade wie dieses noch heute bei unsern Hirten und Bauern geschieht. Nach Böttcher, S. 78, Anm. 28, soll aus dem Grundtexte des Buches Hiob 34 35 erkennbar sein, dass bei den Hebräern ein Kreuz den Klageschriften zur Unterzeichnung (d. h. doch wohl nur von den des Schreibens Unkundigen) beigesetzt worden sei.1) Auch das Zeichen, welches nach Ezechiel 9, 4 Denen an die Stirne gezeichnet werden soll, die seufzen und trauern um aller Gräuel willen, die zu Jerusalem geschehen, fasst Böttcher als dieses Kreuzeszeichen auf.

An den oben berührten dreifachen Rittersehlag erinnern in einer merkwürdigen Weise die Gebräuche, durch welche im 17ten Jahrhundert bei den Galibis oder bei den Caraiben des Festlandes in Südamerika Derjenige geweiht wurde, welcher Anführer für Kriegsdienste werden wollte. Zu den martervollen Prüfungen, welchen sich derselbe zu unterwerfen hafte, gehörte auch, dass sechs Wochen lang zweimal des Tages derselbe von einer Anzahl benachbarter Anführer mit einer neu angefertigten Peitsche aus Wurzeln von einem jeden drei starke Hiebe auf drei Stellen des Körpers, – den ersten Schlag auf die Brust, den zweiten auf den Bauch und den dritten auf den Schenkel empfing. Da die Schläge mit grosser Kraft gegeben wurden, ging jeder um den ganzen Körper und liess das Blut in grossen Tropfen herabströmen. Mehr als drei Streiche durften mit einer Peitsche nicht ertheilt werden.2) Während dessen darf der Gemarterte sich nicht im Geringsten rühren und nicht das kleinste Zeichen des Schmerzes von sich geben. Je mehr Anführer, desto grösser bei immer frischen Armen der Schmerz. Nach der Exekution zieht sich der Gepeitschte in einen Verschlag zurück und legt sich in seine Hängematte, über welcher man die gebrauchten Peitschen als Trophäen aufhängt. Nach ganz vollendeter Marter oder Weihe wird er endlich als Kriegsführer ausgerufen, und es wurde ihm als Zeichen seiner Erhöhung [486] ein ganz neuer Bogen mit Pfeilen und allem übrigen Zubehör überreicht. Diese blutigen und qualvollen Weihen sind bei den Völkern des heutigen Guayana noch dermalen nicht ausgestorben und werden namentlich von der Emancipation oder Wehrhaftmachung der Jünglinge gemeldet.

Die Dreizahl beim Ritterschlage erscheint aber nicht blos in den drei Ritterschlägen mit Anrufung dreier göttlichen oder heiligen Personen, welche letztere nach Schade, a. a. O., S. 280 unten, ursprünglich Wuotan, Donar und Fro gewesen sein sollen, sondern auch noch darin, dass drei Personen die eigentliche ritterliche Einkleidung des Kandidaten vornehmen und dieser dabei zugleich von jedem einen Kuss erhält. Z. B. erfolgte also die Aufnahme in den Ritterorden vom Bade (die Aufnahme begann nämlich mit einem feierlichen Bade, in welchem zugleich der Knappe über die Ordenspflichten von den Rittern unterrichtet wurde) in England, indem zuerst auf Befehl des Königs der spornenhafte Ritter dem Kandidaten den rechten Sporn anlegte, dann ein Kreuz auf dessen Knie schlug und ihn küsste; durch einen zweiten Ritter geschah auf die gleiche Weise die Anlegung des linken Sporns. Dann nahm der König das Schwert und gürtete es dem Knappen um. Dieser erhob seine Arme die Hände gefalten (zwischen denen er die Handschuhe hielt), der König legte seine Arme ihm um den Hals, schlug ihn mit der rechten Hand auf den Nacken sprechend: „Seid ein braver Ritter“ und küsste ihn.1) Und sofort führten ihn die Ritter wieder in die Kapelle, in welcher er vorher gebeichtet und die Messe angehört hatte. Hier kniete er vor dem Hochaltare nieder, legte die Hand auf den Altar und leistete das Versprechen, die Rechte der Kirche sein Leben lang zu schützen; gürtete sich dann ehrfurchtsvoll das Schwert ab und hielt es dar, indem er Gott und seine Heiligen bat, ihm Kraft zu verleihen, die Ordenspflichten zu halten bis an sein Ende. Darauf nahm er Brot in Wein getaucht. – Bei den Maurern sind es ähnlich der Meister vom Stuhl und die beiden ersten Vorsteher, welche gemeinsam die Aufnahme vollziehen und von denen der Aufgenommene die [487] drei ersten dreifachen Küsse zur Besieglung des neuen Bruderbundes empfängt. Die feierlichen Mahle, welche den Ritteraufnahmen, den Maureraufnahmen, den Gesellenweihen u. s. w. folgten und folgen, sind in ihrem letzten Ursprunge heilige Opfermale; durch die Aufnahme wurde der Ritter zum Tischgenossen des Königs und selbst des Königs Sohn durfte bei den Longobarden mit jenem nicht eher speisen, als bis er von einem andern König die Ritterwürde erhalten hatte. 1)

Die Aufnahme in die deutschen Studentenverbindungen ist noch ein Nachhall des alten Ritterschlages, der uralten germanischen Schwertverleihung oder Wehrhaftmachung.

Wenn nach alter Sitte ein deutscher Jägerlehrjunge wehrhaft gemacht wurde, ertönten dreimal die Jagdhörner, er erhielt zuletzt einen Hirschfänger mit passender Anrede und bei dem darauf folgenden Freudenmahle sass er oben an und von allen Gästen wurde ihm seine Gesundheit zugetrunken.2) Drei Jahre muss jetzt der Jäger lernen, früher länger. – Bei dem deutschen Gesellenmachen erscheinen mit verschiedenen Namen und in verschiedener Gestalt drei Paten,3) wie solche Paten auch bei der Ritterweihe erscheinen. Die Paten und Bürgen, welche auch bei den Maurern als eine wesentliche Einrichtung erscheinen, stammen wenigstens aus den Zeiten des Christenthums her, in welchen nur Erwachsene getauft und in die Kirchengerneinschaft aufgenommen wurden, wobei Einer oder Einige, welche sie kannten, sich bei dem Bischoffe für sie verbürgten und zugleich ihren ersten Unterricht entweder selbst ertheilten oder doch überwachten und leiteten.4) In jenen ältern christlichen Zeiten erhielten die Täuflinge (perfecti, electi, competentes, illuminandi) auch einen neuen christlichen Namen, legten nach überstandenen Prüfungen (serutinia) das Glaubensbekenntniss ab und sodann erst wurden sie getauft, wie noch heute die Taufe auch die [488] Namengebung und die Ablegung des künftigen Glaubensbekenntnisses des Kindes ist. Merkwürdig ist nun zunächst, dass bei den Gesellenweihen der Handwerker gewöhnlich ein Pfaffe mit einem Glöckner oder andern Beiständen, ein oder zwei Paten oder Goten, Götten erscheinen. Nach Schade bezeichnet Götte, Göte, oder Göttel, althd. goto, der Tauf- oder Firmpate, einen heidnischen Priester, wie sich bei Ulfilas gudja für Priester, [...], und im Isländischen godi = Priester findet. [gudjinassus] heisst im Gothischen das Priesteramt und gudjinon Priester sein; gud ist Gott und gudhus Gotteshaus. Der Begriff der Patenschaft ist also nicht erst durch das Christenthum eingeführt worden, sondern ist älter und heidnisch. Die Paten, die Goten oder Göttel1) sind ursprünglich die heidnischen Priester, welche den heidnischen Jüngling unterwiesen und ihm endlich die heilige Weihe ertheilten, und eine solche ursprüngliche heilige Weihe war auch die Gesellenweihe, weshalb denn auch das Besprengen oder Begiessen mit dem reinigenden und heiligenden Wasser wohl als ein wesentliches Stück bei dem Gesellenmachen aller Handwerke anzunehmen ist, wenngleich es nicht von allen ausdrücklich überliefert ist. Bei den Tischlern nennt Frisius das Gesellenmachen geradezu Taufe. Auch erhält der Geselle bei der Weihe einen sogenannten Gesllennamen. Bei den Gürtlern wurde dem Lehrlinge auch ein Strohkranz aufgesetzt, bei den Buchbindern ein papierener bunter Hut; gewöhnlicher wurde erst zuletzt der neue Geselle bekränzt und bei den Hutmachern musste er den Meister und die Gesellen mit Kränzen oder mit Bändern beschenken. Bei den Beutlern muss der Lehrling dreimal eine Bank durchkriechen, was an die drei Reisen der Maurer erinnert; auch kommt ein dreimaliges Ueberspringen der Thürschwelle vor. Selbst das Schuhausziehen trifft sich bei dem Gesellenmachen, doch ist nicht klar, in [489] welcher ursprünglichen symbolischen Bedeutung.1) Da es in der Schleifrede der Böttiger heisst: „Du musst jetzt die Bubenschuhe ausziehen,“ scheint es das Symbol der abgelegten Unfreiheit gewesen zu sein; Schade jedoch will es anders deuten. Der Schumacherlehrling wurde von dem Obermeister im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes losgesprochen. Bei dem die Gesellenweihe, beschliessenden Schmausse erhielt der neue Geselle den obersten Platz und unmittelbar nach dem Braten wurde, der Bewillkommnungstrunk ihm dargereicht, bei den Beutlern z. B. mit folgenden Worten des Altgesellen:

‘„Also mit Gunst; ich bringe dir diesen Gesellentrunk auf und zu im Namen meiner und deiner, im Namen deines Gesellenpaten, im Namen deines Gesellenpfaffen, im Namen aller ehrlichen Meister und Gesellen, die hier in Arbeit stehen, die auf grüner Heide gehen, die zu Wasser und zu Lande reisen, die vor gewesen sind und nach uns kommen werden. Ich verhoffe, du werdest mir mit diesem Gesellentrunke Bescheid thun.“’

Welcher Maurer sollte bei diesem Toaste nicht blos des Toastes gedenken, welcher den heute neu aufgenommenen Brüdern bei der Tafelloge dargebracht wird, sondern noch mehr des Toastes am Sommerjohannisfeste – auf die abwesenden und wandernden Brüder der ganzen Erdrunde? Der nunmehrige Geselle erwiederte:

‘„Also mit Gunst; der Gesellentrunk ist mir lieb und angenehm, aber ehrliche Meister und Gesellen viel lieber.“’

Die Gebräuche des schon frühzeitig in das Komische und mitunter in das Grobkomische ausgearteten und herabgesunkenen deutschen Gesellenmachens oder Weihens sind ohne Zweifel zusammengesetzt aus germanischen und römischen oder auch römisch-christlichen Bestandtheilen, wobei jene die Unterlage und das Vorherrschende bilden und bilden müssen, weil eben die Germanen nur romanisirt und christianisirt wurden, wobei das Germanenthum dem Römerthum wenigstens in Deutschland nicht unterlag. Obwohl es unendlich schwer und gewagt ist, das im Laufe der Zeiten zu einem innigen Ganzen Verschmolzene wieder in [490] seine Theile zu zerlegen oder in seinem Verschmelzungsgange geschichtlich zu verfolgen, möchte sich vielleicht die Sache also verhalten: Bei den Römern standen die verschiedenen Handwerke in einer genauen Verbindung mit dem religiösen Cultus und die Gesellenweihe war wesentlich eine Reinigungsweihe verbunden mit Opfern und Opfermalen; durch das Aufkommen des Christenthums im römischen Reiche wurde der religiöse Charakter an sich nicht geändert, sondern blos im christlichen Sinne umgestaltet. Als die christlichen Mönche und Geistlichen den Germanen das Christenthum und die Handwerke, die Handwerksverfassungen, die Handwerksbruderscbaften brachten, knüpften sie diese an die Kriegsgebräuche der wandernden und kriegerischen Germanen, an die uralte und allgemeine Sitte der germanischen Wehrhaftmachung, Freimachung. Das religiöse Gewand behielten die Handwerke, die Gilden und theilweise die Zünfte, so lange sie sich an die Kirche anlehnten oder von Mönchen und Geistlichen geleitet waren; sie legten das Gewand als ein blos kirchliches und priesterliches ab und verbürgerlichten es, zogen es in das blos Komische, sobald sie unabhängige und rein bürgerliche oder städtische Genossenschaften, Zünfte geworden waren. Möglich ist es dabei auch, doch wegen des Mangels an festen Wohnsitzen und an eigentlich städtischer Verfassung nicht wahrscheinlich, dass schon einzelne Handwerke, z. B. die Töpfer, die Schmiede, die Weber, vor den christlich-germanischen Zeiten eine bruder- oder genossenschaftliche Verbindung, mit einer Kasse zu gemeinnützigen Zwecken und :mit mehrmaligen gemeinsamen Jahresfesten oder Schmäusen, eine Gilde bildeten, wie dieses Schade, a. a. O.; S. 313 ff. glaubt annehmen zu sollen.

Was die Studentenweihen, die Fuchstaufe, die sogenannte Deposition oder das Abstossen und Abhauen der Hörner (cornuum depositio) des angekommenen Neulings oder Fuchses (Beani d. i. Bec jaune, Gelbschnabel) auf den deutschen Universitäten angeht, wovon Schade, a. a. O. S. 315 ff. handelt, ist sehr beachtenswerth, dass schon im 4. Jahrhundert unter den Studenten zu Athen förmliche Landsmannschaften [...] oder [...] bestanden, mit einem Vorsteher oder Senior [...] und mit einem [491] sehr thätigen Werbe- oder Keilsysteme bezüglich der neu ankommenden Studirenden, um dieselben für ihre Verbindung zu gewinnen. Zum Mitgliede dieser Landsmannschaften’ wurde der Fuchs durch ein Bad gemacht, welches er in einem öffentlichen Bade nehmen musste und wohin er in einem feierlichen Stuadentenzuge gebracht wurde. Dass hierbei die eleusinischen Weihegebräuche und Bäder und überhaupt die dem ganzen Alterthum eigenen Ansichten über die Reinigungen und Sühnungen durch Wasser eingewirkt haben, ist unnöthig besonders hervorgehoben zu worden; auffallend aber ist die Uebereinstimmung der Aufnahme in die atheniensischen Studentenverbindungen mit der ähnlichen Aufnahme in den englischen Ritterorden vom Bade, mit den Gesellentaufen und mit der Johanneischen Flusstaufe, welcher sich selbst Christus unterzogen hatte. Es scheint, dass man bei dieser Art Fuchstaufe dem Eingeweihten, wenigstens wenn er ein bestimmtes Alter erreicht hatte, noch ein besonderes Abzeichen gab, eine Art Mantel oder Ueberwurf, gleichsam den spätern Rittermantel. Dieser Brauch der Studentenweihe beschränkte sich jedoch nicht auf die Sophistenschule zu Athen, sondern war auch in den Rechtsschulen zu Constantinopel und Berytus üblich und unter den Rhetoren zuKarthago scheint er stürmische Vertreter gehabt zu haben. Vergeblich suchte schon der Kaiser Justinian und fast zwei Jahrhunderte nach ihm im J. 706 eine Kirchenversammlung diesem mit vielen Excessen verbundenen Studentenmissbrauche zu steuern.1) Da das wissenschaftliche Studiren, die wissenschaftlichen Anstalten in Griechenland mit Pythagoras aufgekommen sind, könnten diese griechischen Studentenweihen des 4. Jahrhunderts und der darauf folgenden Zeiten auch ein Nachklang der pythagoräischen Schuleinrichtungen sein. Auch in den Mithrasdienst wurden die nach strengen Prüfungen für würdig Befundenen durch eine Wassertaufe eigentlich aufgenommen. Die Kindertaufe kommt schon bei den Parsen und Indern vor; der Parse brachte sein Kind dem Priester, der sich mit ihm vor den Feueraltar stellte und es dann mit Wasser [492] benetzte oder in ein Wassergefäss tauchte.1) Auch bei den heidnischen Nordleuten und entsprechend bei den Germanen gab es eine Wasserweihe, wodurch das Neugeborne eigentlich in den Kreis der Familie aufgenommen wurde. War das Kind erst vom Vater oder einem stellvertretenden Freunde des Hauses mit Wasser begossen worden, was ohne Zweifel unter Anrufung der Götter geschah, deren Schutze man dasselbe empfahl, und womit die Beilegung des Namens verbunden war, so hatte es sein Recht an das Leben vollständig errungen, und die Aussetzung, bis dahin gestattet, galt von nun an als Mord.2) Auch die lamitischen Kalmücken unterwerfen die Kinder einige Zeit nach der Geburt einem geweihten Reinigungsbade; der Priester hält ein Gebet, taucht das Kind dreimal in mit Salz vermischtes Wasser und ertheilt ihm dann den Namen. Dasselbe Volk hat alljährlich eine gemeinsame grosse Wasserreinigung, in der ersten Septemberhälfte beim Aufgange eines gewissen Herbstgestirns. Der Lama (Bischoff) zieht mit der Geistlichkeit, während die Horde folgt, in Procession ans Flussufer. Hier wird er von zwei Priestern in den Fluss geführt und gewaschen, schöpft, so wie die andern, dreimal von dem Wasser mit der Hand und spült damit den Mund aus, ganz wie bei den Indern. Das Volk badet sich indessen unterhalb in einiger Entfernung.

In Ansehung der Deposition (Beania) der deutschen Universitäten, welche mit den griechischen Universitätssitten besonders durch die Universität in Paris3) im Zusammenhange stehen möchte, indem, wie Schade S. 321 sehr, treffend sagt, die neuen christlichen Staaten nicht Schöpfungen aus Nichts waren, sondern auf der vorausgegangenen Bildung der alten Welt beruhten, – muss beachtet werden, dass dieselbe nicht etwa ein von der Studentenschaft ausgegangener, von den Studenten eingesetzter Brauch war, sondern eine officielle Ceremonie, eine amtliche, durch die Gesetze geforderte Handlung, ohne [493] die Niemand in das Album der Universität eingetragen werden und das akademische Bürgerrecht, später einen akademischen Grad erlangen konnte.1) Die Deposition vollzog ein dazu bestellter Depositor, der entweder, wie in Tübingen, aus den ältern Studenten genommen ward oder ein eigens dazu ernannter Beamter war, wie meist auf den übrigen Universitäten; er wurde gleich allen übrigen akademischen Beamten durch einen Eid zu seinem Dienste verpflichtet. Er vollzog die Ceremonie in einem der Auditorien oder in der Senatsstube unter Beisein des Dekans der artistischen Facultät, der zum Schlusse eine lateinische Rede hielt und die eigentliche Weihe gab, – auch in Anwesenheit anderer Professoren und eines zahlreichen Auditoriums von Studenten, von Freunden und Angehörigen des Beanen, des zu Weihenden. So war es wenigstens im 16. und 17. Jahrhundert. Ohne hier näher auf die Depositionsgebräuche einzutreten und deshalb auf Schade verweisend, sei bemerkt, dass dieselben wesentlich mit den Gebräuchen des deutschen Gesellenmachens übereinkommen und auf dem Grundgedanken beruhen, es solle der Fuchs innerlich und äusserlich ein neuer Mensch werden, wie ein Depositor in seiner Rede aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sagt: „Hic dies aliam vitam, alios mores postulat“ oder „Qui proficit in litteris et deficit in moribus, plus deficit quam proficit.“ Der Fuchs wurde symbolisch zu einem neuen Menschen behauen, gehobelt, gefeilt, geschnitten und gestrichelt, namentlich auch gekleidet und gesäubert, weshalb die Hauptinstrumente des Depositors Axt, Beil, Zange, Hammer, Säge, Becken, Ohrlöffel, Zirkel, Massstab, Stuhl, hölzernes Scheermesser, Spiegel, Horn, hölzerne Gabel, Bohrer, Kanne und dergl. waren. Dem neuen Menschen wurde zuletzt das Salz der Weisheit zu kosten gereicht und etwas Wein auf das Haupt zum Zeichen der Freude gegossen, sowie er im Namen der heiligen Dreifaltigkeit absolvirt wurde. 2)

„Wenn du den Schülersack und das Bachantenkleid
Hast abgelegt, so folgt alsdann viel Ehr’ und Freud’.“ [494] „Wir haben in unserem Christenthum diese Lebre, dass der alte sündige Mensch in uns soll ersterben und täglich wieder ein neuer Mensch soll auferstehen, der für Gott in Gerechtigkeit und Reinigkeit lebe. Eben dergleichen wird auch in der Deposition gewiesen. Darum hütet euch mit allem Fleiss, dass euch nicht durch Fahrlässigkeit oder durch sündliches Schandleben die alten Bachantenhörner wieder herfürwachsen, sondern gehet vielmehr zu, dass ihr euch itzo müsset auf die Erde hinstrecken, ihr vollends als Bachanten sterbet und hernach als heilige und wohlgefällige Studiosi wieder aufstehet.“ 1)

Aus der letztern Stelle der vorangeführten Depositionsrede in welcher die Symbole der Deposition und namentlich des Niederstreckens auf die Erde erklärt wurden, ist zu entnehmen, dass das Niederstrecken in seiner tiefern symbolischen Bedeutung den Tod mit der schönern Wiederauferstehung bezeichnete. Aus der gleichen Rede theilen wir noch mit:

„Bachanten-Axt und Beil muss dich mit Ernst behauen
Mit groben Spänen taugt das Holz zu keinem Bauen.“

„Die Hobelbank nimmt weg dir lieben Halbstudenten
Die Mängel, welche dich in Schande bringen könnten.“
„Schlichthobel, fahre fort! Was sich noch nicht will fügen
Zum Bau der Ehrbarkeit, das hoble nach Genügen.“
„Wer recht verfahren will in allen seinen Thaten,
Der zirkelt ab zuvor, was ihm nicht soll missrathen.“

„Weil ihr euch also müssen niederlegen, so wisset dass darinnen das Hauptwerk bestehe und dass hiervon das Deponiren eigentlich seinen Namen habe. Ihr lieget da als Bauhölzer, zu deren Zubereitung das Beil oder die Zimmeraxt, die Grob- und Schlichthobel, der Zirkel, der Bohrer, der Massstab als nöthige Instrumente gebraucht werden, damit man daraus erkenne, was für Mühe es kostet, ehe dass ein Studirender wohl zugerichtet sein möge, und wie dass euch alles [495] Dasjenige, was euch übel anstehet, es sei am Leibe oder am Gemüthe, müsse gleichsam abgehobelt, abge hauen und mit Fleiss abgeschaffet werden. Es sagen die Lateiner: non ex quovis ligno fit Mercurius, man kann nicht aus jedem Holze ein künstlich Bild schnitzen. Es ist wahr, denn es ist mancher Klotz und Block so grob und so hart, dass er sich nicht wohl behauen lässet und taugt nirgends als zum Ofen. Allein es ist auch wahr: malo nodo malus est quaerendus cuneus, auf einen harten Knoll gehört ein harter Keil. Ihr aber sollet keine so harte Klötzer sein, sondern sollet lassen an euch hantiren und arbeiten, auf dass ihr heut oder morgen taugliche Bauhölzer und Bilder werdet, die man zum Bau des gemeinen Wesens oder zur Zierde desselben in unterschiedenen Ständen nach dem Mass der erlangten Geschicklichkeiten füglich gebrauchen könne.“

Beim Aufstehen von der Erde ruft der Depositor den Studenten zu:

‘„Ihr seid hier als Bachanten gestorben und als Studenten wieder aufgestanden. O so verwahret euch, dass ihr euer Lebtage nicht wieder in diejenigen Laster fallet, denen ihr einmal gute Nacht gegeben.“’

Vom vorgelegten Würfel- und Kartenspiele werden die Jünglinge abgemahnt, dagegen wird ihnen die Musik empfohlen, indem ihnen ein musikalisches Buch vorgehalten wird:

‘„Lern, Jüngling, dein Gemüth nach guter Harmonie, Einrichten, welche nicht ausgeht auf ein la mi.“’

Endlich als letztes Zeichen der Aufnahme in den Studentenstand wird dem Kandidaten ein wenig Salz zu kosten gegeben und Wein auf das Haupt gegossen mit den Worten:

‘„Nehmt hin der Weisheit Salz, nehmet hin den Wein der Freuden! Ich wünsche, dass euch Gott vermehr an allen beiden.“ 1)
[496]

Die hier erscheinenden Bausymbole, das Symbol namentlich von dem aufzuführenden Baue der Menschheit, zu welchem die Studenten taugliche und dienliche Hölzer abgeben sollen, sowie das Symbol des Sterbens und Wiederauferstehens sind höchst bedeutungsvoll und verdienen die grösste vergleichende Beachtung des Maurers. Wie und durch wen sind die Universitäten und die Maurer zu diesen so auffallend übereinstimmenden Symbolen gekommen? Gewiss nur durch die Mönche und die Geistlichen, welche die Universitäten gestiftet und eingerichtet und die Bauhütten gegründet und zuerst geleitet haben; da aber die Mönche und die Geistlichen griechisch-römisch gebildet waren, ihre Bildung den noch ungebildeten Germanen brachten, müssen sich auch in den Gebräuchen und Symbolen der Universitäten und Bauhütten die griechisch-römischen Gebräuche und Symbole wiederspiegeln und es widerspricht aller Geschichte, hier den Zusammenhang des Mittelalters und der Gegenwart mit dem Alterthum bestreiten und leugnen zu wollen.

Interessante Bruchstücke von Reden, welche der grosse Reformator Luther zu Wittenberg bei Depositionen gehalten, besitzen wir gleichfalls noch.1) In einer solchen Rede vergleicht Luther das ganze menschliche Leben in Schule, Haus, Amt und Staat mit einer vielseitigen fortgesetzten Deposition. „Da werden dir Bauern, Adelige, Bürger, ja selbst deine eigene Diener und Knechte eine noch grössere Zahl von Hörnern aufsetzen. Daher du, mein Sohn, was du jetzt siehst und fühlest, nur für ein Vorspiel Dessen halten magst, was dir dein Lebenlang zu überwinden bleibt.“

Auch den Universitäten des skandinavischen Nordens war die Deposition nicht unbekannt geblieben; sie stimmte dort im Wesentlichen mit deutschem Brauche überein, wie die Schilderung eines Augenzeugen zeigt, der ihr im [497] Jahr 1716 zu Upsaja mit beiwohnte. In Upsala wurde damals der Novize voll dem Depositor stark mit Wasser begossen.1) Nach einer Nachricht wurde auch in Deutschland den Novizen der Kopf mit kaltem Wasser gewaschen, aus einem Gefässe, welches er selbst aus der Küche hatte herbeischleppen müssen. Seit dem Anfange des 18. Jahrhunderts kam die Deposition zumal wegen der dabei allmählig eingerissenen wahrhaft gesellenartigen Missbräuche und Gemeinheiten entweder von selbst immer mehr ausser Uebung, oder wurde auch ausdrücklich gesetzlich aufgehoben. Jetzt erinnert daran nur noch der Ausdruck, sieh die Hörner ablaufen, wie in Altorf der Bean sie sich förmlich ablaufen musste;2) auch führt auf einigen Universitäten der erste Pedell noch den Namen Depositor, z. B. in Jena. Dass die Depositionsgebräuche oder vielmehr die Depositionsinstrumente den Handwerksgesellen entlehnt gewesen seien, wie dieses für Schade, S. 366 ausser allem Zweifel steht, können wir deshalb unmöglich glauben, weil die höchsten wissenschaftlichen Anstalten und ihre Professoren doch gewiss nicht die niedrigsten Handwerke und Handwerker als ein nachzuahmendes Vorbild sich werden gewählt haben. Das Unerklärliche der Handwerksinstrumente bei den Studenten erklärt sich sehr leicht aus ihrer blos symbolischen Bedeutung bei den letztern, wobei zugleich ursprünglich gewiss auch alles Scherzhafte und Gemeine ferne lag. Es ist daher auch unbegründet, wenn Schade aus der vermeintlichen Nachahmung der Handwerksgebräuche durch die Universitäten auf die hohe Achtung schliesst, in welcher die Handwerke standen. Auch waren kaum zu der Zeit, in welcher die akademische Deposition aufkam, die Gebräuche des Gesellenmachens schon allgemein und besonders den Universitätsprofessoren bekannt, sondern wurden geheim gehalten und geheim geübt. Endlich findet sich auch in den Gebräuchen des Gesellenmachens wenigstens unseres Wissens nicht die geringste Spur von einem Sterben und Wiederauferstehen; ebenso nicht von dem Ohrlöffel und dem Reinigen der Ohren, dem [498] Poliren der Nägel, der bacchantischen Beigabe u. s. w. Das allerdings vorhandene theilweise Gemeinsame führt nicht zu einer gegenseitigen Entlehnung, vielmehr blos zu einer ältern gemeinsamen Quelle. Uns weisen die Gebräuche des akademischen Deponierens nicht undeutlich auf den Dionysoscultus, auf den Bacchusdienst hin, daher auch das Sterben und die Thierverkleidungen, wie die letztern bei den Herbstfestlichkeiten noch heute wenigstens am Rheine vorkommen. Die Eberzähne, die Bacchantenzähne, wie sie ausdrücklich genannt werden, und (Stier-) Hörner der Studentendepositionen möchten rein dionysisch sein; auch der theilweise heitere Charakter derselben wäre auf diese Weise am natürlichsten erklärt, ebenso der Gebrauch des Weines als des Freudenspenders (accipe vinum laetitiae, lautete die Formel).

‘„Mit dem Bacchantengeist solls itzund sein schabab, Deswegen schläget man die stolzen Hörner ab,“ 1)

sagt der Depositor und dachte sich also den jungen Studenten als einen wilden und tollen Bacchanten, der bezähmt und umgebildet werden musste, und welcher daher aufgefordert wird, den Bacchantentrotz, das alte störrige Wesen, das Bacchantenhabit und die Bacchantenpossen, die Kinder- und die Narrenkappe abzulegen.2) Das funde merum Genio! des sogenannten ältesten englischen Lehrlingsfragestückes3) gibt der Vermuthung Raum, es möchte ursprünglich das vinum laetitiae der akademischen Deposition ein heidnisches Weinopfer gewesen sein, welches in der spätern christlichen Zeit der Student selbst hinnehmen musste. Das Salz bringt Schade, S. 368, selbst mit den heidnischen Opfergebräuchen in Verbindung, was mit seinen übrigen Ansichten über den Ursprung der Depositon wenig zusammenstimmt. Der Eberzahn berechtigt vielleicht zu der Vermuthung, dass bei den alten Deutschen an die Stelle des griechischen Dionysos der Sonnengott Frô, Freyr, mit dem goldborstigen Eber (Gullin bursti), [499] welcher Frô’s Sonnenwagen zog, getreten sei; der Eber war dem Sonnengotte Frô geweiht, wurde ihm geopfert, weshalb ein solcher Opfereber auch.Sonnen- oder Sühneber (Sônar-göltr) hiess.1) Die mit den sogenannten Wurstsuppen noch heute in Deutschland verbundenen Mummereien sind den Mummereien bei den Depositionen und beim Gesellenmachen ähnlich. Schmeller, Grimm und Quitzmann fassen den sônar-göltr als Sühneber, aper piaculus auf. Die alten deutschen Krieger, welche in der Edda Freys vinir, d. i. Freys Freunde genannt werden, schmückte das eherne Eberbild und zwar gab es zwei Arten Eberhelme. Bei der einen Art hatte der Stirn und Schläfe bedeckende Theil des Helmes die Gestalt eines Eberhauptes; bei der andern war ein Eberbild von Erz oben auf dem Giebel, da wo jetzt der Kamm des Helmes ruht, angebracht. Altnordische Schriftdenkmale nennen die Helme der letztern Art hildisîn, hildigöltr, d. i. Kampfsschwein.2) Freyr und Freyja berühren sich hier mit der griechischen Demeter, da das Schwein das vorzugsweise Opfer der letztern war.3) Das Schwein ist ein Symbol der Fruchtbarkeit aus dem gleichen Grunde, wie der Hase, der Stier, die Kuh u. s. f. Bei den Römern wurden der Ceres gleichfalls Schweine geopfert, besonders zur Erntezeit die porca praecidanea.4) Ausserdem wurde das Schwein bei den Griechen und Römern auch als Sühnopfer, als Reinigungsopfer dargebracht.

Mit der akademischen Deposition steht dagegen allerdings im Zusammenhange die in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts aufgekommene Deposition (oder auch das Postulat genannt) der den Gelehrten durch ihren dienenden Beruf so nahe stehenden Buchdrucker, Schriftsetzer und Schriftgiesser.5) Es waren dabei thätig der bisherige Lehrmeister des Burschen (auch Pfaffe genannt), ein De- [500] positor, ein Knecht und zwei Jungen, deren einer auch Postulatvater sein konnte. Der Lehrjunge, Cornut geheissen, erscheint dabei mit einem Hute auf dem Kopfe, an dessen Seiten Ochsenhörner angebracht sind, und mit andern Narrenzeichen am Leibe. Aus den Gebräuchen der Deposition der Buchdrucker mag nur hervorgehoben werden, dass sich dabei der Novize, wie natürlich auch bei der akademischen Deposition, in einem Spiegel betrachten musste, ob er nicht der schönste Galan sei.1) Obwohl hier das Symbol des auch maurerischen Spiegels schon verdunkelt und abgeschwächt erscheint, enthält es dennoch eine gewichtige Bestätigung für die vorhin geäusserte Ansicht, dass der akademischen Deposition und der ihr nachgebildeten Deposition der Buchdrucker dionysischer Cultus, die dionysischen Mysterien zu Grunde liegen, indem ihnen der Spiegel als Symbol angehört. Dieser Spiegel ist sogar in das sehr merkwürdige und zuerst von Schade, a. a. O., S. 383 ff., beschriebene Hobeln und Rasieren der Bauernbursche in den türingischen Dörfern, wie dasselbe bis in die vierziger Jahre dort in Uebung war und zum Theil noch ist, übergegangen.2) Bei den türingischen Bauernburschen war der Spiegel ein Sieb, in welches der mit einem Ziegelsteine und mit Sand durch ein hölzernes Rasiermesser Rasierte schauen musste, um sich zu überzeugen, ob er auch gut balbirt und frisirt sei, da man ihnen zugleich mit einer hölzernen Scheere zum Scheine die Haare abgeschnitten hatte. Durch das Hobeln und Rasieren wurde man in den Bund der Bauernbursche aufgenommen, geburschet, wie die verwandte Aufnahme in die junge Mannschaft in Kurhessen genannt wird,3) – es war also eine förmliche Deposition der Bauernbursche. Wenn alle Hobelbaren gehobelt waren, wurden die Artikel aus dem in einer Lade verwahrten Bundesbuche den neuen.Mitgliedern zur Belehrung, den ältern zur Erinnerung verlesen. Es wurde Allen eingeschärft, sich als ehrliche Bursche aufzuführen und keinerlei Unsittlichkeiten in Wort und That zu be- [501] gehen, bei ihren Gesellschaften und Tanzbelustigungen nicht zu fluchen, Alles bei Strafe, welche bis zum Ausschlusse gesteigert worden konnte. Jährlich wurde einmal, am dritten Kirchweihtage, gehobelt, d. h. in den Bund aufgenommen. Der Bund hatte zwei Obermeister. Schade, S. 388 ff., theilt eine auf einen solchen Bauernbund bezügliche lesenswerthe Urkunde vom 26. Oktober 1779 mit. Das Ganze war eine Nachahmung des Gesellenmachens.1) – Der oben berührte Spiegel erscheint übrigens auch noch in andern deutschen Frühlingsgebräuchen und hatte wohl stets dieselbe symbolische Beziehung auf den Sonnen- und Frühlingsgott Freyr. Der bekränzte Pfingstochse, welcher zu Rinteln am Pfingstsonnabend von den Metzgern feierlich durch die Strassen geführt wird, trägt auch oben am Schwanze nämlich einen kleinen Spiegel und ist vermutblich ein ursprünglicher Opferstier. 2)

Auch gehört hierher die Matrosentaufe, die Wasserweihe der Seefahrer,3) welche bei den Deutschen, Holländern, Engländern, Franzosen und vielleicht auch noch bei andern Nationen eine althergebrachte Gewohnheit ist und vorgenommen wird, wenn sie die Linie, mitunter auch die Wendekreise oder gewisse Vorgebirge, das der guten Hoffnung, das Kap Horn, das Nordkap u. s. w., ebenso gewisse Meerengen, wie die von Gibraltar, den Sund oder die Dardanellen passieren. Die von der Schiffsmannschaft, die bei solch einer Ceremonie bereits gewesen, kleiden sich seltsam an, mit alten Lumpen, Perruquen von Hobelspähnen, Flachsbärten u. dergl. Sie haben Pfannen und Kessel auf den Köpfen, Feuerhaken, Bratspiesse, Röste und ähnliche Utensilien in Händen. Ein alter Matrose oder ein Steuermann stellt den Neptun vor in nicht minder abenteuerlicher Tracht, bewillkommt vom Mastkorbe oder vom Bugspriet herab das Schiff, erkundigt sich nach dem jungen Schiffsvolke und den Passagieren und befiehlt sie zum Eintritte in seine Staaten einzuweihen, was sodann durch Besprengen mit Seewasser unter allerlei Schwän- [502] ken, selbst mit einem auf einer Seekarte abzulegenden Schwure geschieht und wobei die Getauften auch einen Namen erhalten. Wer sich nicht durch ein Trinkgeld an die Matrosen davon loskauft, wird auch in einen Wasserbehälter geworfen und mit Schiffsbesen tüchtig gescheuert. – Bei den deutschen Grönlandfahrern kommt auch das Barbieren als Weihe vor, wobei das Einseifen mit der Theerquaste geschieht und als Scheermesser das Winkelmass dient. Schade betrachtet dieses Rasieren den deutschen Handwerkern entlehnt und durch die Schiffshandwerker eingeführt. 1)

Unter allen vorberührten Weihen sind für den Maurer unstreitig die wichtigsten die akademischen Depositionen, welche noch einer gründlicheren und sorgfältigeren Erforschung, als bisher geschehen, unterworfen werden müssen, besonders bezüglich ihres Ursprunges und ihrer anfänglichen und reineren Gestaltung, da wir jetzt dieselben eigentlich blos in der Gestalt ihrer Ausartung und ihres Missbrauches kennen. Dürfte hier eine kühne Vermuthung gewagt werden, möchten wir behaupten, es liegen den akademischen Depositionen die orphischen Weihen zu Grunde, wie dieselben durch Pythagoras umgestaltet und gereinigt und zur Einweihung oder Aufnahme in seinen Bund, in den engern Kreis seiner Schüler, gebraucht worden waren. Diese Vermuthung liegt um so näher und erscheint um so wahrscheinlicher, als es ja Pythagoras gewesen ist, welcher die gelehrten Schulen, die eigentlichen höhern Unterrichtsanstalten, dem Abendlande gebracht und hier eingeführt hat. Der Grundcharakter des pythagoreischen Bundes und der pythagoreischen Schule war ein religiös-wissenschaftlicher, und der der Wissenschaft Geweihte sollte wesentlich auch und noch mehr ein Gottgeweihter sein und die orphischen Weihen ertheilten die religiös-wissenschaftliche Weihe; die Gelehrten waren gleichsam auch Priester, welche Anschauung sich besonders lebendig im römischen Rechte erhalten hat und weshalb bei ihnen die Jurisconsulti eigentlich Justitiae Sacerdotes waren. Ulpian sagt daher in Dig. I. 1. de [503] Just. et Jur. 9. 1 „Cujus merito quis nos sacerdotes appellet; justitiam namque colimus, et boni et aequi notitiam profitemur, aequum ab iniquo separantes, licitum ab illicito discernentes, bonos non solum metu poenarum, verum etiam praemiorum exhortatione efficere cupientes, veram, nisi fallor, philosophiam, non simulatam affectantes.“ Diesen priesterlichen Anstrich und Charakter behielten die Schulen besonders auch bei den Kelten, bei den Galliern, indem es die Druiden, die Priester allein waren, welche die Wissenschaften in ihren Schulen pflegten und lehrten. Mit der griechisch-römischen Wissenschaft könnten auch die pythagoreischen Schuleinrichtungen, die orphischen Weihen, in dieser oder jener Gestalt zu den gallischen Druiden gekommen und von ihnen auf die so ausserordentlich einflussreiche und älteste Universität zu Paris (schon 1206) und durch diese wieder auf die deutschen und nordischen Universitäten fortgepflanzt sein. Wesentlich ist dabei, dass auch die christlich-germanischen Schulen anfänglich blose Kloster- und Priesterschulen waren, bis hinauf zu den Universitäten. Selbst die Handwerke, jedenfalls die höhern und die Künste, besonders die Baukunst, wurden von den heidnischen und christlichen Priestern gebracht und gelehrt. Daraus wird die Uebereinstimmung der akademischen Depositionen und der Gesellenweihen, sowie das Erscheinen der Pfaffen in den letztern begreiflich. Auch ist in allen diesen Fragen nicht ausser Acht zu lassen, dass die Kelten in Gallien, England und Schottland, die Druiden früher gebildet waren,1) früher die griechisch-römischen Künste und Handwerke und später das Christenthum besassen, als die Germanen, daher die Lehrer dieser werden konnten und wirklich nach dem Zeugnisse der Geschichte vielfach auch geworden sind. Der Einfluss, welchen Krause den Culdeern, den druidischen Christenpriestern und Mönchen auf die Freimaurerei, :auf die Baukunst und ihre Lehren und Gebräuche eingeräumt hat, muss daher überhaupt auf die Wissenschaften, Künste und Handwerke ausgedehnt werden. Die Druiden [504] waren wenigstens theilweise die Vermittler zwischen den Germanen und dem griechisch-römischen Wissen.

An einem Orte, wo man es nicht vermuthen sollte, in Nro. 34 der Gartenlaube für 1860, sind neuerlichst sehr interessante Mittheilungen über die Gesellenbrüderschaften in Frankreich gemacht worden, die hier nicht übergangen werden dürfen. Die Gesellenbrüderschaften, Compagnonnages, bestehen in Frankreich als ein Gegengewicht gegen die ähnlichen Brüderschaften, die Zünfte der Meister seit langen Jahrhunderten mit eigener Verfassung, Gerichtsbarkeit, Finanz- und Fehdegewalt bis auf den heutigen Tag kräftig fort. Die sämmtlichen Compagnons, Genossen, deren Genossenschaften oder Brüderschaften gegenseitige Unterstützung und Förderung jeder Art, besonders auch gesellige Zusammenkünfte bezwecken und sich in geheime Gebräuche hüllen, verfallen zunächst in zwei Hauptklassen, die Compagnons du devoir, Genossen des Pflichtbundes, und die Compagnons de liberté; die erstern zerfallen wieder in Enfants de Maître Jacques und Enfants de Maître Soubise, während die Genossen der Freiheit ausschliesslich Enfants de Salomon sind. Alle drei Verbindungen leiten ihren Ursprung vom ersten Tempelbau zu Jerusalem her. Unter den Handwerkern, welche mit dem phönicischen Baumeister Hiram den Tempel Salomos erbauten, waren nach der Ueberlieferung auch zwei Meister aus Frankreich, Jacques, der Steinmetz, und Soubise, der Zimmermann. Um unter einem so grossen Haufen Ordnung und Eintracht zu erhalten, hatte der weise Meister Hiram bestimmte Classen mit eigenthümlichen Gebräuchen und Losungsworten eingeführt. Nach Vollendung des Tempels schifften Meister Jacques und Soubise nach ihrer Heimath zurück; der Erstere landete zu Marseille, der Letztere zu Bordeaux, wo sie nach dem Muster Hirams Verbindungen der Gesellen ihres Handwerks gründeten. Die Steinmetze datiren ihre Gründung vom J. 558 vor Chr., die Zimmerleute vom J. 550 nach Chr. und beide Verbindungen streiten mit einander über das höhere gegenseitige Alter der Stiftung; vereint stehen die beiden Verbindungen nur in ihrem Streite gegen die dritte, da ihnen die Mitglieder dieser als Nachkommen jener Gesellen gel- [505] ten, welche den Meister Hiram erschlagen haben. Diesen Vorwurf werfen die Genossen der Freiheit auf ihre Gegner zurück und behaupten ihre Verbindung als von dem Könige Salomo selbst gestiftet; sie begreifen nur vier Gewerke in sich die Steinmetzen, Zimmerleute, Tischler und Schlosser. Die Genossen des Pflichtbundes umfassen dagegen im Ganzen 28 Handwerke, deren Verzeichniss mit dem Stiftungsjahre ihres Bruderbundes die Gartenlaube gibt; zu den Kindern des Meister Soubise gehören die Zimmerleute, Dachdecker und Gypser (plâtriers) und alle übrigen 25 Handwerke zu den Kindern des Meister Jacques. Zu den Steinmetzen und Zimmerleuten, als den ältesten Handwerken, sind im Laufe der Jahrhunderte, und selbst verschiedene erst im achtzehnten Jahrhundert, die andern Handwerke hinzugetreten. Ausser den anerkannten Handwerken haben auch noch die Schuster, Bäcker, die Holzschuhmacher, die Ferradinweber und sogar die Winzer in Burgund als Brüderschaften sich constituirt, ohne jedoch als gerechte Brüderschaften anerkannt zu werden. Die vier Bauhandwerke betrachten sich noch immer als die bei weitem vornehmsten Brüderschaften und von ihnen sind auch ohne Zweifel diese Verbindungen ausgegangen. Der Name Compagnon wird von ihnen von compas, Zirkel, abgeleitet und derselbe dient ihnen ebensowohl als Abzeichen, wie als Waffe. Die verschiedenen anerkannten und nicht anerkannten Brüderschaften in Paris und in den Provinzialstädten leben mit einander in fortwährenden Streitigkeiten, ähnlich wie die deutschen Studentenverbindungen; sogar Tödtungen sind bei diesen Streitigkeiten nicht selten. Wenn sich ein junger Mensch einer Brüderschaft anschliessen will, muss er eine Zeit lang in die Klasse der Aspiranten, der Renoncen der Studenten eintreten. Diese Aspiranten heissen bei den Steinmetzen Jeunes-Homes (Junggesellen), bei den Tischlern und Schlossern Affiliés (Zugewandte) und bei den Zimmerleuten Renards (Füchse). Diese Aspiranten werden von den Brüdern in jeder Weise geneckt, heruntergemacht und selbst misshandelt, also gehänselt oder hanseatisch behandelt. Um dieser Behandlung zu entgehen, haben daher die Füchse vor einiger Zeit eine eigene Brüderschaft ge- [506] bildet, welche sich die Compagnons Renards de Liberté nennt, jedoch selbst wieder eine Aspirantenklasse eingeführt hat. Alle Verbindungen stimmen wesentlich in ihren Gebräuchen überein, und die Aufnahme als Compagnon geschieht mit grossen Feierlickeiten, welche wohl hauptsächlich auf eine weihende Taufe hinausgehen, weshalb dieselben auch im 17ten Jahrhundert von der theologischen Fakultät zu Paris unter Strafe der Excommunication verboten worden sind. Da die Verbindungen geheime sind, vermag über ihre Gebräuche nichts Näheres gesagt werden; sie verfolgen sittliche Zwecke und halten getreulichst unter sich zusammen 1).

Die priesterliche Weihe, worüber Weiske’s Rechtslexikon Bd. XIV., S. 482 ff., zu vergleichen ist, bietet keinerlei irgend wesentliche Vergleichungsseiten und erfolgt im Ganzen durch die blose Händeauflegung unter Gebet. Der Ertheilung der Weihen geht in der römisch-katholischen Kirche als feierliche Destination die Tonsur voraus und sie heisst daher im Tridentinischen Concil janua ordinis, die Pforte der Weihe, und im römischen Katechismus praeparatio ad suscipiendos ordines, die Vorbereitung zur Uebernahme der Weihe. Die Tonsur wird in der Kirche des Orients und des Occidents verschieden ertheilt, indem jene das ganze Haupt scheeren und nur auf der Mitte des Kopfes einen Kreis von Haaren (circuli corona) stehen lässt (tonsura Pauli), diese sich dagegen darauf beschränkt, auf dem Scheitel eine kreisförmige Platte (corona) scheeren zu lassen (tonsura Petri), welche man mit der Dornenkrone Christi verglich. Die Kleriker sollten dadurch erinnert werden, dass sie als Nachfolger des Herrn Inhaber des königlichen Priesterthums seien und sich der irdischen Sorgen zu entschlagen hätten. Ursprünglich wurde die Tonsur mit der Ordination verbunden, später, seit man Kinder in den geistlichen Stand zu nehmen anfing und durch die Ertheilung der Tonsur der Kirche fester verband, vollzog man sie auch selbständig und verlieh damit die klerikalischen Privilegien, insbesondere das [507] Recht, geistliche Kleidung zu tragen, und das kirchliche Forum. Um dieser Privilegien theilhaftig zu werden, liessen sich viele Personen, welche gar nicht die Absicht hatten, der Kirche zu dienen, durch die Tonsur unter den Klerus aufnehmen und gaben damit Veranlassung zur Beschränkung, welche das Tridentinische Concil auf’s Neue einschärfte. Ganz ebenso suchten die akademische Deposition auch Solche, welche gar nicht studirten, wie z. B. die Dorfschulmeister in Türingen, nur um einer Corporation anzugehören.1) Die Ertheilung der Tonsur wird nach dem Pontificale Romanum, Pag. 1, de clerico faciendo, also vollzogen: Der Minister schneidet die Spitze des Haares an der Stirn, am Hinterkopfe und an beiden Ohren ab, sowie eine Haarplatte auf der Mitte des Kopfes, während dessen der Geschorene spricht: „Dominus pars hereditatis meae et calicis mei: tu es, qui restitues hereditatem meam mihi.“ Darauf erhält dieser das ordentliche Amtskleid der niedern Kleriker , das superpelliceum (cotta, Kutte), mit den Worten: „Induat te dominus novum hominem, qui secundum deum creatus est, in justitia et sanctitate veritatis.“ Zuletzt wird er noch daran erinnert: „quod hodie de foro ecclesiae factus sis et privilegia clericalia sis sortitus etc.“ Durch die Tonsur wird der Tonsurirte dem Herrn, der Kirche angeeignet; die Tonsur ist das Kirchenzeichen, das Logenzeichen, das Zeichen der Kleriker, und deshalb erhält der neue Kleriker nunmehr auch das Kleid, den Gerichtsstand und die Rechte derselben; mit dem neuen Kleide soll er aber auch einen neuen, besseren Menschen (novum hominem) anlegen. Unter den Dogmatikern und Canonisten ist es übrigens streitig, ob die Tonsur nur die dispositio ad ordines sei und ein signum distintivum ministrorum ecclesiae a plebe communi oder ein eigener ordo, die potestas, per quam tonsuratus potest officium canere in ecclesia dei et redditur capax beneficii ecclesiastici et privilegiorum clericalium.

Der Vollziehung der Ordination geht eine Vorbereitung durch Fasten, Beichte und Busse, sowie durch exercitia spiritualia voraus. Die letztern bestehen in zehn- [508] tägigen Uebungen des Geistes durch Gebet, Lesen u. s. f., sowie durch besondere Ermahnungen und Belehrungen in der Stille eines dazu bestimmten Exercitienhauses, und sind für die Aspiranten zu den höheren Weihen ausdrücklich angeordnet. Diese Exercitien hängen wohl mit den älteren Einrichtungen zusammen, nach denen unmittelbar vor der Ordination eine besondere Instruktion und Information des Promovenden erfolgen sollte.

Nach der deutschen Mythologie sollen drei [Thursen]- oder Riesenmädchen aus Riesenheim alles Unglück in die Welt gebracht haben.1) In der letzten Stunde des scheidenden alten Jahres schneiden sich noch heute in Hessen Diejenigen, welche von unglücklicher Liebe geplagt werden, in einen Finger, mischen drei Tropfen Blutes in einen Trank und lassen alsdann diese Philtra den Gegenstand ihrer Sehnsucht geniessen. Ist dieses geschehen, so hat alles Herzeleid ein Ende, denn die Geliebten müssen alsdann treu und innig bis zum Grabe wieder lieben. Die Sitte, den geschlossenen Bund mit dem Blute zu besiegeln, verliert sich in das früheste Alterthum.2) Drei Tage lang, vom ersten bis zum dritten Festtage, brennt noch heute in dem protestantischen Sooden an der Werra auf der Anhöhe neben den spärlichen Trümmern der Westerburg das Osterfeuer.3) An vielen Orten wird von gespenstischen, dreibeinigen Hasen erzählt.4) Uebernatürliche Kräfte im Ringkampfe erlangt man, wenn man das frische Todtenhemd einer dreimal um den Kirchhof getragenen Leiche anzieht.5) Im baierischen Fruchtlande, vom Isar- bis zum Donauthale, ist es noch heute Sitte, beim Schneiden der Frucht den sogenannten Nothhalm, Aswald oder Oswald, zu flechten, d. h. ein Büschel mit drei Knoten oder auch [509] nur drei Aehren stehen zu lassen und gewöhnlich mit Einer Hand in einen Knoten zu schlingen. Er wird hierauf mit Blumen bekränzt und nicht selten ein Stückchen Brod oder eine weizene Nudel hineingebunden. Alsdann versammelt sich das ganze Hausgesinde um den Oswald (Wuotan), dankt für die glückliche Ernte, bittet um künftigen Segen und die Schnitter jauchzen und tanzen um das dargebrachte Dankopfer.1) Ebenso bleiben in der Oberpfalz, wie zwischen dem Inn und der Salzach, beim Raufen des Hanfes, bei dem sogenannten Harfangen oder Harraufen, drei Stängel stehen für die Holda, welche zusammengebunden werden. Der im Untersberge schlafende Kaiser Karl der Grosse mit seinen Helden wird wieder erwachen, wenn sein silberweisser Bart dreimal um den vor ihm stehenden Marmortisch gewachsen ist und die Raben um den Berg fliegen,2) und ähnlich in manchen gleichen Sagen. Bei seinem Wiedererwachen wird Kaiser Karl die siegreiche Schlacht unter dem wiedergrünenden Birnbaum3) auf der Walserhaide schlagen und die Macht und Herrlichkeit des Reiches erneuern. Nach einer böhmischen Sage liegt Kaiser Karl im Berg Sion in Verzucknuss bis sein Bart neunmal um den Tisch gewachsen ist. Eine Oberpfälzer Sage lässt den Kaiser Karl V. mit seinem Heere im Sumpfe bei Weiden schlafen, bis sein Bart siebenmal um den Tisch wächst. Auch soll der Kaiser erwachen, wenn 24 Raben dreimal um den Untersberg fliegen. Die verdorrten Bäume der Sage, welche wieder blühen sollen, erklärt Quitzmann, a. a. O., S. 50, für die nordische Welt- [510] esche Yggdrasil, welche nach dem Weltenbrande der Götterdämmerung auf’s Neue blühen wird. – In Hessen pflegt der Braut von dem Bräutigam ein aus drei Münzsorten bestehendes Treugeld geschenkt zu werden.1) Sobald am 30. April die Sonne untergegangen ist, werden in Hessen auf dem Lande an allen Thüren, besonders an die der Viehställe, drei Kreuze gezeichnet; wer solches unterlässt, läuft Gefahr, dass die Hexen in der Nacht des 1. Mai oder in der Walpurgisnacht durch die ungezeichneten Thüren einkehren und grossen Schaden anrichten.2) In Hessen werden auch mit Blumen geschmückte Brunnen dreimal auf Pfingsten umtanzt.3) Wenn der Grundstein zu einem öffentlichen und besonders heiligen Gebäude feierlich gelegt wird, werden auf denselben von dem ihn Legenden drei Schläge mit dem Hammer gethan und der Stein soll gegen Osten gerichtet und seine Fugen sollen vermuthlich auch mit drei Kellen Mauerspeise beworfen werden.4) Ist die Zimmermannsarbeit an einem neuen Privatgebäude vollendet, der Bau aufgerichtet und gehoben, wird darauf mit gewissen Festlichkeiten ein Kranz, d. h. ein grüner mit Flittergold, Blumen, Bändern und Tüchern, den letztern als Geschenke für die Zimmerleute, gezierter Tannenbaum aufgepflanzt, wobei der Zimmermeister den sogenannten Bauspruch, die beglückwünschende und segnende Baurede hält und das ganze mit einem fröhlichen Mahle beschlossen wird. Auch dieser Baukranz pflegt von dem Festzuge vor seiner Aufpflanzung dreimal um das neue Gebäude und um den Zimmerplatz getragen zu werden, welchen dreimaligen (Opfer-) Umgang Mülhause als ursprünglich sich auf die Götterdreiheit des Wuotan, Donar und Frô beziehend deutet. Nach einem andern hessischen Gebrauche in der Umgegend von Haina im Kreise Frankenberg wird ein alter Bauersmann, der die zu dem Gebäude erforderlichen hölzernen Nägel auf der Schnitzbank verfertigt hat, nach vollendetem Bau maskirt, mit einem [511] grossen Hut und Besen, wie ein Reiter zu Pferd, auf die Schnitzbank gesetzt und von vier starken Männern unter klingendem Spiel auch dreimal um den neuen Bau umhergetragen. Der Reiter soll unverkennbar das Symbol des Wuotan oder Odhin auf seinem weissen Rosse Sleipnir sein. – Um den Teufel zu citiren, muss man in der längsten Nacht dreimal um eine Kirche gehen, und so oft man an die Thür kommt, durch das Schlüsselloch den Küster beim Namen rufen, worauf der Teufel erscheint.1) In der baierischen Oberpfalz herrscht noch heute die abergläubische sitte, ein verschrieenes (verhextes) Kind dreimal in den geheizten Backofen hinein- und schnell wieder herauszuschieben, um es der reinigenden Kraft des Feuers auszusetzen und Genesung oder Tod zu befördern.2) – Um den künftigen Gemahl zu erfahren, hat man in Baiern den Gebrauch, in der Christnacht mit einer oder drei Nudeln (Opfergabe) um einen Baum oder um das Haus innerhalb der Dachtraufe dreimal zu gehen, wo sich das „Gegentheil“ zum stummen Grusse einfinden müsse.3) Damit der gefesselte Loki oder der christliche Lucifer nicht von der Fessel sich losmachen könne, fordert der Volksglaube, dass ein jeder Schmied nach dem Feierabende noch einen oder drei kalte Schläge auf den Ambos thue.4) Wenn bei den alten Deutschen das feierliche Werfen der Loose stattfand, um eine göttliche Entscheidung zu erlangen, so wurden drei von den hingeschütteten Loosstäben nach einem bestimmten, überlieferten Gesetz herausgenommen, oder das Loosen wurde an drei verschiedenen Tagen wiederholt.5) In einem ältern Gedichte wird gesagt:

Swer nû dri friunt getriuwe hât,
der ist mê den wol gefriundet.

Frisch bemerkt: der nicht drei zählen kan homo simplicissimus. Georg Forster, frische Liedlein 3, Nro. 20, ruft: [512]

Wollt Gott, ich sollt ihr wünschen
drei Rosen auf eim Zweig.

Frank, Sprichwörter 2, 91 b führt an: dri frouwen, dri gens und dri frösch machend ein jarmerkt. Dies erinnert an das Neulateinische:

Quandocunque conveniunt Maria, Camilla, Sybilla
sermonem faciunt et ab hoc et ab hac et ab illa. Drei Ding im Haus sind ungelegen,
der Rauch, ein bös Weib und der Regen.
Das vierd beschwert es überauas,
viel Kinder und kein Brot im Haus.

Ein schwäbisches Sprichwort bei Schmid, schwäbisches Wörterbuch, S. 623, sagt: „Es sind drei gute Weiber gewesen: die eine ist aus der Welt geloffen, die andere ist im Bad ersoffen, die dritte sucht man noch.“

Drei Ding sind gesund,
wenig esse dein Mund,
übe dich alle Stund,
lauf nicht wie ein Hund.
Zwei Tage ein Gast, den dritten ein Ueberlast.
Man thut ein Tänzlein,
Man wagt ein Schänzlein,
Und verdient das Kränzlein.
Was für Zwei ist, ist nicht für Drei.

Was sich zweiet, das dreiet sich auch gern – quod sese geminat id quoque se germinat. Walther von der Vogelweide sagt: der guoten räte der sint dri. Auch dreiköpfige Götterbilder oder Götterbilder mit drei Gesichtern finden sich in Deutschland. In der Zöllnerstube am Neuhauser Thor zu München zeigte man nach Westenrieder einen Kopf, welcher die Jahreszahlen 1105, 1109 und 1767 trug, mit drei Gesichtern, einem schwarzen, rothen und weissen, die sogenannten drei Götzen. Quitzmann, a. a. O., S. 156, deutet die drei Gesichter auf die drei Nornen, gleich den drei Köpfen am Nonnenhaus zu Conradshof in Oberhessen und erblickt in dem Münchener Brustbilde eines der ältesten Denkmale des Nornenkultus in Baiern. Auch findet sich bei den Baiwaren ein dreiköpfiger Mann.1) Es gehört [513] gleichfalls hierher der Riesenbaumeister (smidhr), welcher sich den Asen erbot, in drei Halbjahren (den drei Wintermonaten) eine Burg zu erbauen, die den Göttern zum Schutz und Schirm wäre wider Bergriesen und Heimthursen, wenn Sie gleich über Midgard oder Mannheim (die Menschenwelt) eindrängen. Aber er bedingte sich zum Lohn die Freyja und Sonne und Mond; als er jedoch den Bau beinahe vollendet hatte, ward er durch Loki um den Lohn betrogen, da die Asen die Freyja, die Sonne und den Mond nicht verlieren wollten, – da die schöne und warme Jahreszeit wieder beginnen sollte.1) Dem dereinstigen Weltuntergange soll ein entsetzlicher, drei Jahre andauernder Winter, in den Eddaliedern Fimbulwinter genannt, vorausgehen. – Der Oberpfälzer streuet drei Brosamen in den unbedeckten Brunnen, wenn er zwischen Michaeli und Georgi aus demselben trinken will, damit ihm der Trunk nicht schade.2) – Im Axenberge am Vierwaldstätter See schlafen drei Telle. Man wirft beim Gewitter drei Wachholderbeeren ins Herdfeuer.3) Bei dem Tode des Papstes wird dreimal mit goldenem Hammer an das Sterbezimmer geschlagen und dann der Fischerring des Verstorbenen zerschlagen,4) wohl ursprünglich zum (germanischen) Symbole, dass der Allmächtige, der Hammerführende, der Hämmerling, den Verstorbenen abberufen habe. So gibt auch Conr. Meyer, Todtentanz, (Zürich 1650) Bl. V., dem Todesgotte das Siegesgeschrei: „Hier steh’ ich, G’waltiger, der Erden Hammer!“ Solche irdischen Gewaltigen und Hämmer waren Karl Martel (malleus, marteau = Hammer) und die Makkabäer (Makkabi == Hammer). Bei Jeremias 51, 20 sagt der Herr der Heerschaaren zu dem Volke Israel und Juda:

‘„Du bist mir ein Hammer und eine Kriegswaffe gewesen: ich habe durch dich die Völker zerschmettert, und durch dich habe ich Königreiche zerstört.“’

Ueber die Dreizahl im römischen Rechte vergleiche Bodemeyer, die Zahlen des römischen.Rechts, S. 15 ff.; [514] wir heben daraus nachträglich noch hervor: Wie bei den Etruskern eine jede Stadt wenigstens drei Tempel der obern Götter haben sollte, sollte sie auch drei, auf feierliche Weise geweihte Thore haben, bei denen die Götterbilder zur Verehrung aufgestellt wurden. Diese drei Thore haben offenbar einen symbolischen Bezug auf die drei Lichtgottheiten und sind ganz dasselbe, mithin uralte Symbol, welches die drei geöffneten oder lichten Thore der maurerischen Tapis sind. Nach O. Müllers Ansicht hat auch die palatinische Roma quadrata nur drei Thore gehabt. Dreimal werden bei den Lustrationen zum Beschluss des Census die drei Opferthiere, ein Stier, ein Widder und ein Schwein um das Heer geführt, um dasselbe zu reinigen, und die Thiere, auf welche alles Unreine übergegangen, dem Mars zu opfern. An den Hirtenfesten mussten zur Entsündigung die Hirten und das Vieh unter Pfeifenschall und Cymbelnklang dreimal durch ein Strohfeuer laufen; dreimal muss der Priester bei den Orakeln zu Tibur sein Haupt mit reinem Quellwasser besprengen. Das tres faciunt collegium leitet Bodemeyer, S. 18, aus dem römischen Poiatificalrechte ab, indem für den Senat und das Volk in religiösen Dingen Gesetz gewesen sei, worüber drei Pontifen sich geeiniget hatten. Nach Romulus gab es anfänglich nur drei Auguren nach den drei Stämmen. Drei Tage wurden anfänglich die grossen Spiele gefeiert. Der Flamen Dialis durfte nicht dreimal hinter einander ausser seinem Hause und Bette schlafen. Wenn das römische Volk von einem andern Volke beleidigt oder verletzt worden war, verlangten die Fetialen durch den pater patratus dreimal in feierlicher Weise (clarigatio) Sühne für das verletzte Recht, und erst wenn 33 Tage verflossen waren, ohne dass Genugthuung gegeben worden, wurde der Krieg erklärt, indem eine in Blut getauchte Lanze (hasta feirrata aut sanguinea praeusta) in Gegenwart von drei Zeugen (non minus tribus puberibus praesentibus) in das Land des Feindes geschleudert wurde.1) Im deutschen Rechte findet sich das letztere Symbol gleich- [515] falls; jedoch wurde hier mit dem Heerpfeile oder angebrannten Stocke (den Gälen im schottischen Hochlande hiess ein solcher Speer cranntàir oder cranntàraidh) der Krieg nicht dem Feinde angekündigt, sondern zum Kriege gegen Feinde zusammenberufen. Nach Lasaulx stellte der Fetial seine drei Rechtsforderungen an den feindlichen Grenzen, innerhalb derselben und auf dem Markte der feindlichen Stadt, zum Zeugen nehmend den Ersten, der ihm begegnete. Auch ist hier anzuführen, dass in dem I. Buch der Aeneide, S. 263 ff., Jupiter der klagenden Venus das noch verhüllte Geschick des Aeneas und seiner Nachkommen tröstend dahin entrollt.

„(Er) Führt noch gewaltige Krieg’ in Italien, bändigt die wilden
Völker und gründet Gesetz’ und schützende Mauern den Männern,
Bis in Latium ihn drei Sommer als König gesehen,
Dreimal ins Wintergezelt die gebändigten Rutuler zogen.
Aber der Knab’ Ascanius, jetzt Julus geheissen –
Ilus war er so lange das Reich von Ilium blühte –
Wird mit Herrschergewalt dreimal zehn Jahre der Monde
Kreislauf füllen und wird sein Reich von Laviniums Sitze
Weiter verlegend mit Macht aufbauen die Veste von Alba.
Drei Jahrhunderte lang wird stets hier bleiben die Herrschaft
Unter des Hektor Geschlecht, bis die fürstliche Priesterin endlich,
Ilia, schwanger von Mars, ein Zwillingspaar auf die Welt bringt.
Dann führt prangend im bräunlichen Pelz der ernährenden Wölfin
Romulus weiter den Stamm. Er wird die mavortischen Mauern
Gründen und Roma’s Volk nach dem eigenen Namen benennen.
Diesem bestimm’ ich kein Ziel im Raum, kein Ziel in den Zeiten:
Herrschaft hab’ ich ohn’ End’ ihm verliehen.“ 1)

Nach Grotefend führen wir noch an, dass z. B. die Römer an den Suovetaurilien dreierlei Vieh schlachteten und um den Esstisch drei Sopha’s mit je drei Plätzen stellten. Man hatte eine dreifache Schlachtordnung, wie dreierlei Bänke des Senates, dreierlei curulische Würden und zuletzt auch drei Stände des Reiches. Schon Romulus zählte drei Tribus und 30 Curien zu Folge der heiligen [...], und wenn auch der Triumviratus reipublicae constituendae ebenso zufällig war, wie die dreierlei Comitien, dreifache [516] Deminutio capitis und Landesverweisung, so zeigen doch die Triumviri capitales und monetales A A F F F, wie gern man Dreimänner zu wichtigen Kommissionen wählte. So viele Namen der Abstammung der Römer auch erfand, so ging er doch nicht über den Tritavus und Trinepos hinaus und zählte drei Generationen zu einem Menschenalter, wie der Grieche, der auch in der Geschichte, weil die Zeit selbst dreifach ist, einen [...] und [...] [...] unterschied, und dreimal den Acker pflügend von [...] den [...] benannte. Auch das römische tripudium sollistimum (das bei religiösen Feierlichkeiten übliche hüpfende Tanzen), wie den triumpus, triumphus will Grotefend lieber vom Dreischritte [...] des Siegestanzes , als mit Cicero (Div. II. 34) von terripavium ableiten. Den Verstorbenen rief der Römer ein dreimaliges Have oder Lebewohl zu, wie bei jeder Feier ein dreimaliges Lebehoch erschallt.

Die prophetischen Priesterinnen der Dione beim Orakel zu Dodona hiessen [...], Tauben, und ihrer waren gewiss mit symbolischer Beziehung auf den Zeus mit dem dreifachen Blitze drei mit dem stehenden Namen [...], die Vorausdenkende , [...], die der Tugend Befreundete, [...] die Männerbeherrschende, d. h. die Keusche, die Jungfräuliche. Nach Lasaulx, S. 297, soll hierbei der Gedanke offenbar kein anderer sein, als dass durch jungfräuliche Keuschheit Tugend und durch die Tugend Einsicht in das Göttliche erlangt werde. Die drei Peleiaden wären also gleichsam die weibliche Seite der drei männlichen Pfeiler der Loge, – der Weisheit, Stärke und Schönheit. Herodot, II. 58, bezeugt ausdrücklich, dass die Art der Weissagung zu Dodona keine andere gewesen sei, wie in dem ägyptischen Theben. Görres und Lasaulx1) erinnern ferner daran, dass die Gründung des Orakels durch eine Taube (die aus dem ägyptischen Theben geflogen gekommen sein sollte)2) mit der mosaischen Taube mit dem Oelzweig nach der Sündfluth übereinstimme. [517] [...] ist nach Lasaulx, a. a. O., S. 290, Anm. 35, vielleicht nur die reduplicirte Form [...] oder [...], donum, und der Grundbegriff wäre daher Haus oder Geschenk Gottes. Auch hält es Lasaulx für eine sprachliche Möglichkeit, dass das erste [...] in [...], wie [...] = [...], für [...] stände, und dass demnach [...] so viel als Doppelhaus, Doppelwohnung, Doppeltempel, d. i. Haus des Zeus und der Dione bedeuten würde. Buttmann, Mythologus, I. S. 25, deutet Dodone analog Babel als [...], Haus des Zeus. Creuzer, Symbolik, IV. 8. 153, und Schwenk, mythologische Andeutungen, S. 50, meinen, dass der Name der [...], nach Aristoteles1) der ursprünglichen Hellenen, mit [...] zusammenhänge und Licht-, Sonen-, Mondsdiener bezeichne. Die Hellenen wären somit gleich den Maurern Lichtsuchende, Lichtgläubige; die Griechen und Germanen könnten zugleich mit Hinsicht auf die von ihnen übernommene und erfüllte weltgeschichtliche Aufgabe der Verbreitung des Lichtes in der Sprache des Mittelalters die Vrône Kempfen,2) d. i. die heiligen Kämpfen und Streiter Gottes (milites Mithrae) genannt werden. Die Griechen und Germanen sind im weltgeschichtlichen Sinne geistige Ritterorden, Templer in der edelsten und höchsten Bedeutung; die Griechen und Germanen sind Hugo von Payens und Gottfried von St. Omer, als die Stifter und Begründer des geistigsten und des grössten Tempels Gottes, des wahrhaften und einzigen, auch unzerstörbaren salomonischen Tempels. Die Griechen und Germanen sind auch die zwei verschlungenen weltgeschichtlichen Hände der Maurer, die zwei vereinigten Ritter auf dem einen Pferde in dem Wappen der Tempelherren.3) Götte, das delphische Orakel, Leipzig 1839, S. 9, glaubt die Gründung des Taubenorakels zu Dodona im Zusammenhange stehend mit dem Taubendienste in Syrien, Phönicien und Aegypten, – mit dem Glauben jener Länder und Völker an die Vögel und besonders die Tauben, als [518] die Verkünder und die Boten des göttlichen Willens, wie dahin auch der Simurg, der auf dem Urgebirge Kaf thronende weissagende Wundervogel der Perser gehöre. Ganz unzweifelhaft aber ist auch nach Götte, S. 13, Dodona eine ägyptische Kultstätte, die Schwesteranstalt von Ammonium, beide Thebens Töchter.

In dem grossen buddhistischen Tempel zu Kanton, einem länglichen Vierecke, in dessen Mitte ein anderes Viereck eine Art Allerheiligstes bildet, lehnen sich an das letztere die drei köstlichen Buddha’s, nur durch eine verschiedene Stellung der Hände unterschieden und kolossal von vergoldeter Pappe. In diesem Tempel werden die gottesdienstlichen Handlungen durch 27 oder dreimal neun Mönche und Bonzen versehen.1) Ein Nebentempel dieses grössern Tempels ist drei verklärten Wohlthätern des Klosters gewidmet. Den zweiten Vorhof des Tempels beschützen zwei kolossale Thürhüter, welche an die beiden Säulen Jakin und Boaz erinnern, wie solche zwei heilige Thürhüter öfters in China vorkommen. In einem weitern Tempelvorhofe sind die vier himmlischen Könige, welchen Namen man Görtz nannte, aufgestellt, vermuthlich die vier Hauptjünger Buddha’s. Vor den chinesischen Tempeln stehen oft zwei Löwen; zu Macao z. B. tragen diese Löwen künstlich ausgemeisselte Kugeln in ihrem Rachen, von denen gesagt wird, dass die Welt untergehe, wenn die Löwen dieselben ausspeien.2) Beim Eingange des buddhistischen Haupttempels auf Ceylon stehen zwei Elephanten;3) die muhammedanischen Moscheen haben dagegen in Indien zwei Minarets.4) – Drei Trommler auf Stieren ritten einer brahmanischen Procession zu Madras voraus und das Heilige wurde unter drei grossen Sonnenschirmen getragen.5) Die Perlmoschee zu Agra in Vorderindien, von weissem Marmor erbaut, zählt dreimal sieben oder 21 Abtheilungen, deren jede eine kleine Kuppel für [519] sich selbst bildet; es ist ein Netzwerk von drei Bogen Tiefe und sieben Bogen Länge.1) Nach demselben Plan, wie die Perlmoschee oder Motee Musjid, ist die grosse Moschee, die Jumma Musjid, zu Agra erbaut. In dem grössten der brahmanischen Felsentempel auf der Insel Elephanta bei Bombay, welche Insel von dem kolossalen, aber halb zertrümmerten Felsenelephanten ihren Namen hat, sieht man im Hintergrunde das kolosisale dreiköpfige Bild der Trimurti.2) – Die Wappen der Japanesen über den Hausthoren zu Ieddo tragen sehr häufig drei Bilder oder drei Zeichen, z. B. drei Rosen, drei Zweige, drei Stäbchen, wovon man die Vermuthung angedeutet hat, dass die Zahl mit den Rangstufen in Verbindung stehen möchte,3) ähnlich wie jetzt in einzelnen Staaten bei den Officieren durch die Zahl der Knöpfe am Halskragen oder an den Epauletten der Rang bezeichnet wird. Auf Ceylon sind die Skulpturen des Buddha in seinen drei orthodoxen Stellungen, nämlich in tiefem Selbstbeschauen sitzend oder stehend und predigend, oder zurückgelehnt im Genuss buddhistischer Seligkeit, im Nirwana, d. i. in der Auflösung in das Nichts, – sehr häufig.4) Seit den ältesten buddhistischen Zeiten, d. h. seit dem J. 543 v. Chr., wird die Insel Ceylon in drei Theile eingetheilt: Pihiti oder Radscha-Ratta, die Nordspitze; Rohano, die Ostküste und Südspitze; Maja-Ratta, Westküste und Kern der Insel.5) Auch mag hier noch die Bemerkung angereiht werden, dass die Grabkammern der Phönicier in den Felsen bei Sidon und Tyrus meist viereckige Gewölbe sind mit drei bogenförmigen Nischen, eine dem Eingang gegenüber und, eine andere an jeder Seite. Die jüdischen Felsengräber in Phönicien sind dagegen niedrige, längliche Kammern mit vielen Abtheilung neben einander, nach Art der römischen Katakomben, so dass die Leichen nur durch einen kleinen steinernen Rand geschieden sind. Die phönicischen Gräber scheinen Sarkophage enthalten zu haben; die [520] jüdischen Gräber z. B. bei Khaifa am Fusse des Berges Karmel waren dazu nicht eingerichtet, sondern für Leichen, die in Tücher gewickelt waren. 1)

XXX.
Die maurerischen Benennungen würdig, ehrwürdig, sehr ehrwürdig und hochwürdig. – Die Pythagoräer, Essäer und Druiden; die Yogalehre und der Szufismus.


Jedem Nachdenkenden wenigstens müssen die bei den Maurern üblichen und eigenthümlichen Benennungen würdig, ehrwürdig, sehr ehrwürdig und hochwürdig, je nach dem Grade und den Verdiensten der betreffenden Brüder auffallen und er wird wo möglich den Ursprung und die Heimath dieser auf der Tradition beruhenden Benennungen zu begreifen und zu erklären suchen. Wir glauben, dass diese Benennungen dem grauesten Alterthume der arischen Völker, der Indogermanen angehören und dass sie dem Abendlande, der katholischen Kirche und den Maurern durch die Mithrasmysterien, durch die römischen Baucorporationen zugetragen worden seien, wodurch unsere mehr entwickelten und dargelegten Ansichten über den Zusammenhang der Maurerei mit dem Alterthume und mit den alten Mysterien eine Bestätigung erhalten und wodurch in das ganze Gebäude der Freimaurerei mit allen ihren Symbolen und Gebräuchen stets mehr Uebereinstimmung und Einheit kommt.

Bei dem Zendvolke oder den Baktern, Medern und Persern, sowie bei den Indern ist der gebräuchlichste und alterthümlichste Name des Volkes die Ehrwürdigen, Arya bei den Indern und Airya bei den Parsen, wovon bei den Indern der Gegensatz Mlechehha (nach Benfey wörtlich schwach) ist, was einem unreinen Barbaren, den jüdischen Goim und die griechischen [...] bezeichnet. [521] Die [...] der Griechen sind die varvara der Inder oder des Sanskritvolkes und bezeichneten ursprünglich die Krausgelockten, die barbarischen und niedrigsten Kasten, die ursprünglichen Bewohner Indiens. Mit Hinsicht auf die Uebereinstimmung der Etymologie und Bedeutung des griechischen [...] mit dem sanskritischen varvara folgert Benfey in Erschs und Grubers Encyklopädie, Sect. II., Thl. XVII. S. 10, mit Grund, dass die Griechen dieses Wort aus ihrem asiatischen Sitze, nach Benfey wahrscheinlich in der Gegend des Mânasa sarôvara, jetzt Mapangsee gewöhnlich genannt, und nördlich von Ramaun und den Himalayathälern gelegen, – mit nach Europa gebracht haben. Aus diesem Volksnamen des alten Zendvolkes, welchem das Nichtiranische, anairya entgegengesetzt war, sind die Arier und das heutige Iran hervorgegangen. Nach Spiegel, Avesta, I. S. 5, kommt Arya in der Sanskritsprache von der Wurzel ri, woher das lat. ire, gehen, und bezeichnet wohl ursprünglich: „den zu Besuchenden, den Lehrer.“ Spiegel hat diese Ableitung und Begriffsbestimmung des Wortes Arya von Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 5, Anm. 4 aufgenommen, jedoch erklärt Lassen die Begriffsbestimmung für unsicher. Indien selbst heisst Arjâvata, Arjavarta, in buddhistischen Schriften Arjadêca, das Land, der Bezirk der Arja oder der ehrwürdigen Männer, der Leute von gutem Geschlecht, wie sich eben die Inder als Beobachter eines heilig gehaltenen, religiösen und bürgerlichen Gesetzes, als Angehörige des indischen Staates, im Gegensatze zu den MIêk’ha oder den Barbaren und Verächtern des heiligen Gesetzes nennen. Auch die Sprachen werden bei den Indern in Arja und MIêk’ha unterschieden. Arjâvata ist also das heilige, das rechtgläubige, das gesetzliche, das brahmanische Land, das Land Gottes, wie Israel das auserwählte Volk Gottes ist. Nach Herodots Zeugniss, VII 61, nannten sich die Meder ursprünglich [...] und die Perser [...], also gleich den Indern.1) Im Vendidad, Farg. I. 6, wird das von Ahura-mazda zuerst geschaffene beste Land der guten [522] Schöpfung Airyana-vaêja genannt, welches Land nach Lassen, a. a. O., I. 527, in den äussersten Osten des irânischen Hochlandes, in die Quellgebiete des Oxus und Jaxartes zu versetzen ist. Airyana-vaêja entgegen schuf Agra-mainyus, Ahriman, der voll Tod ist, eine grosse Schlange und den Winter, den die Daevas geschaffen haben. Zehn sind dort Wintermonate, zwei Sommermonate und diese sind kalt an Wasser, kalt an Erde, kalt an Bäumen.1) Im Vendidad, Farg. I. 72, heisst anairya ungesetzlich, schlecht; auch heissen die nichtarischen Länder Anairya. [...] ist der Name eines Gebietes des Atropatenischen Mediens, welches die Morgenländer Arran nennen. Die Armenier nennen das medische Volk Ari und Arikh, d. h. Arja und Arjaka.2) In den Inschriften nennen sich die Sassaniden-Könige Könige der Arianer und Nichtarianer. Verwandt mit dem Namen der Arier als der Ehrwürdigen ist übrigens auch die Benennung des Stammes Japhet, d. i. des Schönen wegen seiner weissen Gesichtsfarbe im Gegensatze zu dem Stamme Cham, Ham, dem Schwarzen und Hässlichen, dem Verfluchten.3) Die Semiten sind wörtlich die Berühmten, die Edlen , wie sich auch die Russen und Polen Slaven von dem Worte slawa, welches Ruhm bedeutet, nennen.4) Die indischen Kasten, im Sanskrit Varna, bedeuten ursprünglich die Farben, indem die verschiedenen Kasten sich eben auch durch die verschiedenen Farben unterschieden.5) Die drei obern indischen Kasten, die Brahmanen, Xatrija (Krieger) und Vâicja (Ackerbauer und Handwerker) sind die weissfarbigen, die erobernden und eingewanderten Arier, dagegen die Cûdra und die K’andâla, die niedrigste Kaste, die unterjochten schwarzen frühern oder sogenannten Urbewohner Indiens. 6)

[523]

Noch ist von wesentlicher Bedeutung hervorzuheben, dass, obwohl der Name Arja dem ganzen brahmanischen Volke zukam, er doch nur die drei höhern Kasten des indischen Volkes und im engern Sinne nur die zwei obersten Kasten umfasste, – im engsten Sinne aber oder vorzugsweise die Brahmanen Arja, die Ehrwürdigen hiessen. Die Ehrwürdigkeit und Heiligkeit steigerte sich also nach oben, ähnlich wie die maurerischen Benennungen nach oben sich steigern. Die höhern buddhistischen Priester führen den Ehrentitel Thero, gleich einem sanskritischen stairja, d. i. Fester,1) und vorzugsweise führt diesen Titel der Patriarch, der höchste der buddhistischen Priester.

Die Izeds der Parsen, die indischen Jazata oder Götter zweiter Ordnung, bezeichnen ebenfalls die Verehrungswürdigen, die durch Opfer zu Verehrenden. 2)

Der schroffe Gegensatz, in welchen sich die Arier, die Parsen und die Inder, gleich den Aegyptern, Juden und Griechen, zu allem nichtarischen Volke und Wesen als das Verachtungswürdige, Schlechte, Unreine und Barbarische vom ersten Anfange an gesetzt hatten und zu allen Zeiten mehr oder weniger streng erhielten, musste noch vermehrt und verstärkt werden, wenn bei dem arischen Volke, bei den Iraniern, bei dem Volke der Ehrwürdigen sich noch ein religiöser Verein oder Bund der besonders Ehrwürdigen und Würdigen ausbildete, wie dieses mit den später so allgemein und nicht nur in Syrien, sondern in allen Ländern des weiten römischen Reiches verbreiteten Mithramysterien der Fall gewesen ist. Es darf daher wohl mit der grössten historischen Zuversicht und Gewissheit behauptet werden, dass in den Mithramysterien, welche wesentlich arischen Ursprunges und in ihrem ganzen Wesen, Glauben und Gebrauchthume arisch sind, die Eingeweihten, die Mitglieder des Bundes, die Mysten, die Mithra- oder Lichtstreiter (milites Mithrae) den ja schon dem gesammten arischen Volke zukommen- [524] den Namen der Ehrwürdigen und Würdigen als den vorzüglichsten gewählt und beibehalten haben. Der Oberste der Eingeweihten, der erste Priester der Lichtpriester und Lichtstreiter, der Pater Patrum Dei Solis Invicti Mithrae, wie er genannt wurde,1) erhielt begreiflich und natürlich auch den Beinamen des Hochwürdigsten, des Ehrwürdigen schlechthin oder vorzugsweise, gerade wie noch heute in den französischen Logen der Meister vom Stuhl der Ehrwürdige, le Venerable heisst. So erhält auch Zarathustra in dem Zendavesta gewöhnlich den Beinamen cpitama, d. i. Hochheiliger, und die Bekenner des Lichtglaubens, die Verehrer des Ormuzd, des reinen und guten Geistes, werden ashavâ’s, d. i. die Reinen, dagegen die Anhänger des Ahriman, des unreinen und bösen Geistes, dregvâa’s, d. h. Lügner, genannt. Ein jeder der sieben Grade der Mithramysterien hatte seinen Obern oder Pater und der Obere oder Pater des siebten und höchsten Grades, dessen Mitglieder die Väter [...], wie der ganze Grad [...] hiessen, war der Obere der Obern, Pater Patrum, und damit zugleich des ganzen Bundes. Dieser Pater Patrum der Mithramysterien ist durchaus identisch mit dem Maubad der Maubads oder Destûr der Destûrs, der Meister der Meister, wie der Oberste der parsischen Priester genannt wurde;2) noch früher hiess dieser oberste Priester, der jüdische Hohepriester, Zarathustrotêma und nach der Wiederherstellung des alten iranischen Reiches im J. 226 nach Chr. durch die Sassaniden der Grossmagier, der Grossmeister.3) Die alten parsischen Priester, welche neben dem heiligen Gürtel oder Kosti während der Ausübung ihres Amtes nur weisse Gewänder anlegen,4) auch weder Schmuck noch Gold an sich tragen durften, zerfielen nach Art der drei symbolischen Grade der Maurer in Herbeds (Lehrlinge), Mobeds (Meister, Gesellen) und Destûr Mobeds (vollendete und wirkliche Meister). Das Wort Mobed (Maubad) ist nach Spiegel auf das altbaktrische nmâna-paiti, Hausherr, zu- [525] rückzuführen was aber kaum eine gelungene Erklärung sein dürfte, indem nicht klar ist, weshalb die Priester Hausherrn sein sollten; an den Tempel, das Haus Gottes zu denken, ist deshalb unzulässig, weil die alten Parsen oder Baktrer, wie keine Götterbilder, so auch keine eigentlichen Tempel hatten.1) Gewöhnlich, aber nach Spiegel falsch, wird Maubad für Herr der Magier erklärt. Destûr ist mit Maubad im Wesentlichen identisch und bezeichnet den Priester im Verhältniss zu den Laien oder Denjenigen, der dem Menschen berathend und leitend zur Seite steht.2) Nach Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 6, Anm. 1, hiessen die Herbeds, also die Priester im Allgemeinen oder überhaupt, Airjapaitis, Herrn, Führer, Berather und Leiter der Airjas, der Ehrwürdigen. Airjapaiti würde demnach mit Destûr übereinkommen und sich auf dieselbe Stellung und dasselbe Verhältniss der parsischen Priester beziehen. Dem Destûr der Destûrs oder Maubad der Maubads der Parsen und dem Pater Patrum der Mithramysterien stehen gleich der ägyptische Oberpriester oder Prophet [...], da von ihm ohne Zweifel die Orakel und Deutungen der Wunderzeichen ausgingen;3) der verschnittene Oberpriester (Archigallus) der verschnittenen Priester der Kybele zu Pessinus in Phrygien, der ein Purpurgewand trug;4) – die Anactolesten (reges mysteriorum) bei den Kabiren auf Samotrace, die einen purpurnen Gürtel und nach anderer Angabe einen Mantel von rother Leinwand trugen und um welche bei der Aufnahme eines Einzuweihenden die Anwesenden einen Kreis schlossen, indem sie sich bei den Händen fassten und Hymnen sangen;5) – die Königin der Priesterinnen [526] oder Bienen,1) sowie der Hierophant, Vorzeiger der Heiligthümer (von [...] in den grossen und kleinen Eleusinien,2) auch Mystagog, Führer der Mysten oder Eingeweihten genannt, der mit den übrigen eleusinischen Priestern in purpurne Kleider gekleidet war,3) wie auch bei den Sinesen der Kaiser, wenn er der Sonne opfert,4) und bei den Japanesen die Priester in dem Sonnentempel roth gekleidet sind und bei den Parsern schon der Purpur (die rothe Farbe) die königliche, die fürstliche war, – ebenso in der katholischen Kirche die rothe Farbe nebst dem Golde zur Kleidung der höhern und höchsten Geistlichkeit und Kirchen, besonders der Bischöffe, Erzbischöffe und Kardinäle , der bischöfflichen und erzbischöfflichen Kirchen, und ähnlich zum Schmucke der Maurer und der Maurerlogen in den höhern Graden angewandt wird;5)5)[527] der [...] bei dem Orakel des Apollo zu Delphi;1) – der römische Pontifex Maximus, Flamen Dialis und die Virgo Vestalis Maxima, letztere in weissem rothverbrämtem Kleide und zugleich erinnernd an die Druis antistita der Kelten oder keltischen Druidenstifte;2) der Magister militiae oder magnus Magister der Tempelherrn; – der römische Papst und die orientalisch-christlichen Patriarchen, welche letztere auch in andern christlichen Ländern z. B. zu Lissabon erscheinen u. s. w. Die zwölf Frauen von unbescholtenem Rufe, welche den Dionysosdienst zu Athen zu besorgen hatten, hiessen die Hochwürdigen, die Ehrwürdigen.3) – Die Priester des Apollo zu Delphi wurden die Heiligen [...] genannt. Der Hochmeister des deutschen Ordens wurde Hochwürdigster und die übrigen Ordensritter oder Capitularen Hochwürdige angeredet.4) Nach Meiners, a. a. O., VIII. S. 13, sollen sich die Deutschen selbst den Namen der Edlen und der Erlauchten beigelegt haben. Den römischen Cardinälen ist durch den Papst Urban VIII. (+ 1644) der Titel „Eminentissimi,“ die Allen Vorgehenden, beigelegt worden. 5)

Da die Einrichtungen des pythagoreischen Bundes nicht nur mit den Einrichtungen des Freimaurerbundes grosse Aehnlichkeit haben, sondern in einzelnen Beziehungen demselben selbst zum Vorbilde gedient zu haben scheinen, führen wir als hierher gehörig an: Diejenigen, welche zwar Pythagoras an seinen Vorträgen Antheil nehmen liess, die jedoch zu ihm und zu seinen Anhängern in keiner nähern Verbindung standen, nannte man [...], Fremde, Profane von porro und fanum (Tempel), also die nicht in den 5)[528] Tempel, in den gemeinsamen Hörsaal Kommenden. Um das Geheimniss des Bundes zu bewahren, wurden bei dem Zusammentritte der Eingeweihten die Uneingeweihten oder Profanen sorgfältig entfernt. Das von Pythagoras für seine Schüler verfasste orphische Gedicht begann also:

‘„Jünglinge, horcht ehrfürchtig auf Alles, was folget; Ich will jetzt zu den Geweiheten singen. Profanen schliesset die Thüren.“ 1)

So rief auch bei den griechischen Opfern, nachdem Stillschweigen geboten und alle Profanen entfernt worden waren, der Herold mit lauter Stimme: [...], wer ist zugegen?, worauf die Anwesenden erwiederten: [...] [...], viele Fromme.2) Auch bei den römischen Opfern, wobei der Opfernde gewöhnlich in weissem Gewande und mit den Blättern des Baumes bekränzt erschien, welcher der bestimmten Gottheit geheiligt war, gebot ein Priester den Uneingeweihten Entfernung (procul este profani, oder nach Virgilius, Ae. Vl, 258: „procul o procul este profani!“ , conclamat vates) und ein anderer den Zurückbleibenden andächtige Stille (favete linguis), oder wie Livius 45, 5 sagt, begann aller Gottesdienst, jedes Opfer damit, die Unreinen zu entfernen: omnis praefatio sacrorum eos, quibus non sunt purae manus, sacris arcet.3) Mit dem Rufe: sacris exeste profani! wurden die Unreinen von den fünfjährigen Lustrationen oder Entsündigungen der Censoren weggewiesen.4) Ebenso wird bei den Maurern eine jede Loge damit eröffnet, sich zu versichern, ob die Loge gedeckt, die Uneingeweihten entfernt und Alles in Ordnung sei; erst wenn der Meister vom Stuhl die Nachricht erhalten hat, dass die Loge gedeckt, die Uneingeweihten entfernt und Alles in Ordnung sei, wird die Loge erleuchtet und beginnt mit dem Lichte die Arbeit. Gewöhnlich wird auch der Eingang der Loge durch einen [529] oder zwei Brüder, die sogenannten Ziegeldecker, förmlich bewacht, die Loge gedeckt.1) Die Grossloge von Schottland hat nicht allein gleich der englischen Grossloge einen Grossschwertträger, sondern auch einen Grossziegeldecker.2) Gleichmässig mussten gewiss auch die ersten Christen verfahren, so lange sie nur geheim und verfolgt bestanden; die ecclesia pressa waren, und noch heute werden beim Beginn des eigentlichen Gottesdienstes, oder wenigstens der Predigt die Kirchenthüren geschlossen, obgleich es jetzt natürlich nur geschieht, um Störungen zu verhindern.

Die wirklichen Schüler und. Anhänger des Pythagoras zerfielen in Exoteriker und Esoteriker, [...] und [...] [...], je nachdem sie als erst anfangende Schüler noch von dem unmittelbaren Verkehre ausgeschlossen und ausserhalb eines Vorhanges (daher [...] die Vorträge des Pythagoras nur schweigend anhören durften (daher [...], – oder aber als schon gereiftere und unterrichtetere Schüler bei Pythagoras selbst innerhalb des Vorhanges sich befanden (daher [...] und sich mit demselben über die Unterrichtsgegenstände frei besprechen konnten.3) Nach Jamblichus und Andern hiess [...] [...]der exoterische, [...] der esoterische Pythagoräer, Anhänger und Schüler des Pythagoras; die Pythagoriker waren also die eigentlichen Eingeweihten, welche an dem geheimen Unterricht des Pythagoras Theilnehmen durften und denen er sein geheimes Wissen, das Mysterium mittheilte. Die schweigende und blos hörende, die denkende Vorbereitungszeit der Exoteriker bis zu ihrem Eintritte in den engern und höhern Schülerbund, in den geheimen Bund, nach maurerischer Sprache in das Innere, oder innerhalb des Vorhanges dauerte sehr lange und erstreckte sich gewöhnlich auf fünf Jahre, weshalb Einige auf diese fünfjährige Lehrlings- und Gesellenzeit den bei den Pythagoräern gebräuchlichen fünfeckigen Stern be- [530] ziehen, aber gewiss mit dem grössten Unrecht, da ein solcher lichtvoller Stern bei einem Pythagoras gewiss eine viel höhere und geistigere Bedeutung hatte, als auf die trivialste Weise den Zeitraum des Elementarunterrichtes zu bezeichnen; auch müssen die Symbole stets etwas Neues bieten, ein bisher nicht Gewusstes oder Gekanntes und nunmehr als Geheimniss Mitgetheiltes bezeichnen und welch’ ein grosses, des fünfjährigen Harrens werthes Geheimniss wäre es gewesen, wenn man einem fünfjährigen Elementarschüler endlich in einem goldenen Stern gesagt oder auch an die Tempelwand geschrieben hätte, dass er fünf Jahre lang nun glücklich die Qual des Elementarunterrichtes ertragen habe. Wenn man nur noch gesagt hätte, es sei der fünfeckige Stern das Symbol der Erlösung, des Rettungsmorgens gewesen, wie den Königen des Morgenlandes, den Morgenländern die aufgehende Sonne sich als Besieger der Nacht und als das beglückende Licht verkündet hatte und daher von ihnen dankbar angebetet und verehrt wurde. Nicht die Könige des Morgenlandes kamen zu dem Herrn, sondern er zu ihnen und die drei beglückten und erretteten Wintermonate, die alten ungetreuen und schwarzen (lichtlosen) Gesellen beugten sich der höhern Macht, dem Lichte, wurden weiss und weise, beschienen und scheinend, erleuchtet und leuchtend. Die zwölf Gesellen und Hiram, welche in neun und drei gute und böse sich spalten und die bald drei bald zwölf das Christkind anbetenden Könige des Morgenlandes sind in aller Hinsicht dasselbe; die drei Wintermonate erschlagen die alternde Sonne, begrüssen aber auch die neue, – sie sind das Grab und die Wiege, ja sie bieten sich nur zum Grabe, um den Lebenskeim im treuen Mutterschosse zu bewahren; die zwölf Könige des Morgenlandes aber sind das ablaufende Jahr, welches in der ersten Stunde des ersten Tages des neuen Jahres diesem seinen Glückswunsch und Verehrung darbringt, indem der Sterbende vor dem Neugebornen erbleichet. Die Könige des Morgenlandes, welche dem Christkindlein ihre Geschenke darbringen, sind auch Johannes der Täufer, welcher in der Sommersonnenwende seinen eigenen nahenden Tod und den bald kommenden Grössern und Neuen, den Sol novus et invictus [531] verkündigt. Dass alles Leiden nur eine gütige Fügung Gottes sei, wird hier eben so schön als tiefsinnig dargelegt. Die Mörder des Hiram erschlagen eigentlich nur sich selbst, das ihnen gebliebene Leben wird zum Tode, und das von ihnen geraubte Leben entsteht aus sich selbst wieder nachdem es den unfreiwilligen Schlaf geschlafen; der Tod überwindet das alte Leben durch das ihm entsprossende neue.

Die Exoteriker hatten ohne Zweifel gewisse Schulklassen, aber noch keine Grade des geheimen Wissens. Dieselben sollten sich daheim täglich den griechischen Hexameter prüfend vorlegen: „Worin habe ich gefehlt? Was richtete ich aus? Welches Nöthige habe ich vollbracht?“ – Die letztere Vorschrift scheint Pythagoras dem Zarathustra oder den persischen Religionsvorschriften, mit welchen letztern er jedenfalls in Babylon bekannt geworden und die besonders auf die spätern Pythagoräer bis auf Plato grossen Einfluss gewonnen, entlehnt zu haben, indem nach dem Sadder-Bundehesch die Parsen, bevor sie einschlafen, nochmals sämmtliche Thaten, die sie den ganzen Tag über vollbracht haben, durchdenken und prüfen sollen, ob sie Etwas gesündigt haben oder nicht.1) Auch darf es als eine arische oder zarathustrische Sitte erklärt werden, dass die Esoteriker den allgemeinen Ehrennamen [...], die Hochwürdigen, die Ehrwürdigen trugen, wie Pythagoras selbst wohl der Hochwürdigste (sanetissimus, le Vénérable) hiess. Pythagoras war ja für seine Schüler auch die höchste Entscheidung, und der Beweisgrund für eine Lehre ihr: „ [...], Er hat es gesagt.“ Auch bei den Buddhisten werden diejenigen Geistlichen Achat (vom sanskritischen arhat), d. i. der Ehrwürdige, genannt, welche die Pflichtgebote vollkommen erfüllt und durch Ueberwindung der Sünde die Stufe der Heiligkeit in der buddhistischen Hierarchie erklommen haben.2) Nach Benfey bildeten die Achat, die Arhantas die höchste Klasse der Geweihten und entschieden auf den Concilien über die religiösen Streit- [532] fragen. Um in ein buddhistisches Kloster als Novize aufgenommen zu werden, musste man frei von Schwächen und Ungestaltheiten des Körpers sein, aus legitimer Ehe stammen, keine Schulden haben und frei und von keinem Herrn abhängig sein; der Novize musste über 20 Jahre haben und die Beistimmung seiner Eltern. Sein Gelübde ist übrigens nicht für das Leben bindend, sondern er kann nach seinem Belieben das Kloster verlassen und in die Welt zurückkehren. Jeder buddhistische Mönch trägt ein gelbes Kleid und einen Sonnenschirm, den letzteren zum Symbole der Herrschaft über sich selbst. In Nepal in Vorderindien werden die dort noch heute bestehenden Buddhisten bandhjâs, zu Bindende, woher das bekannte Bonze, genannt; auch nennen die buddhistischen heiligen Schriften Denjenigen bandhja, welcher auf dem Scheitel die Haare abgeschnitten, – die Tonsur hat. Die Bandhjâs zerfallen in zwei Klassen: 1.) die vâhjak’ arja, welche dem äussern (exoterischen) Wandel folgen, und 2.) die abhjantaràk’ arja, welche dem innern Wandel folgen und die Bhiksu, Bettler heissen, welche zum Cölibat verpflichtet sind, und die Vag’ râk’ arja, welche heirathen können.1) – In der katholischen Kirche Deutschlands erhalten auf dem Lande alle Geistlichen noch dermalen die Benennung Hochwürden, Ehrwürden, und noch mehr und sich steigernd ist dieses natürlich bei den höhern Geistlichen, den Aebten, den Domherren, den Bischöffen u. s. w. der Fall.

Die Esoteriker hatten drei Grade: 1) Theoretiker, [...]; 2) die Mathematiker, [...] [...], und 3) die Politiker, [...]. Womit jeder ein zelne Grad sich beschäftigt habe, vermag nicht näher angegeben zu werden; nur im Allgemeinen werden als Gegenstände, worüber die Pythagoräer besonders nachdachten, – die Gottheit, die Welt und der Mensch, [...], [...] und [...] bezeichnet, wie die alten Philosophen de ente, mundo et homine philosophirten. Den Kreis, die Höhe und die Quellen des Wissens des Pythagoras und dessen ausserordentlichen, noch jetzt in unvertilgbaren Zügen und Lehren fortwirkenden Verdienste um [533] die griechischen Wissenschaften hat Röth am ausführlichsten in dem zweiten Bande seiner Geschichte unserer abendländischen Philosophie dargestellt. Sehr beachtenswerth ist indessen auch Gerlach, Zaleukos, Charondas, Pythagoras, – zur Kulturgeschichte von Grossgriechenland, Basel 1858, und aus der ältern Literatur Bellermann, geschichtliche Nachrichten über die Essäer und Therapeuten, Berlin 1821, worin auch die Pythagoräer vergleichend besprochen werden, sowie Meiners, Geschichte der Wissenschaften in Griechenland und Rom, I. Bd. 3. Buchl 3. Kap. Auch Hegel, Geschichte der Philosophie, I. (Berlin 1840) S. 213-259 ist nicht zu übersehen. Röth, a. a. O., II. S. 476-79, bestreitet, dass in dem pythagoreischen Bunde eine auf das bürgerliche Leben oder auf das gesammte Vermögen der Verbündeten sich erstreckende Gütergemeinschaft, wie man oft angenommen, bestanden habe, und will nur eine gemeinschaftliche Kasse für die Schule zugestehen, aus welcher die sämmtlichen Unkosten für die Schule, für die Lehrer und Schüler bestritten worden seien und die aus ihrer eigenen Mitte gewählte Wirthschafter [...] verwaltet haben. Der von Pythagoras für seine Schule aufgestellte Grundsatz: befreundeten Genossen müsse Alles gemeinsam sein, [...] [...], hätte sonach keinen hohen und nur einen sehr beschränkten Sinn gehabt. Abweichend von Röth, glauben wir, dass wenigstens für den engsten und höchsten pythagoreischen Bund, – wie die Maurer sagen würden, für das Innere vollkommene Gütergemeinschaft in dem Sinne bestanden habe, dass jeder Verbündete für den Bund und die Verbündeten habe Alles zu opfern bereit sein müssen, wenn es die Zwecke und das Bedürfniss des Bundes verlangten. Das ist der Sinn des Grundsatzes, dass die Verbündeten Alles mit einander theilen sollen und im Falle der Noth müssen, [...]; kein Pythagoräer sollte vergeblich die Hülfe seines Mitverbündeten angerufen haben, wenn dieser die Mittel zu helfen besass. Nach dem Vorbilde der ägyptischen Priester,1) deren 22jähriger Schüler Pythagoras gewesen, sollte die Schule [534] des Pythagoras ein wissenschaftlicher geheimer, die ganze Lebensdauer umfassender und durch die Wissenschaft mächtiger und einflussreicher Bund sein, worin zugleich die aristokratisch-politischen Zwecke des Bundes eingeschlossen sind und weshalb er das Misstrauen und den Hass der demokratischen Partei in Kroton erregte und von ihr zum Wohle der griechischen und der ganzen gebildeten Welt zertrümmert wurde. Auch Herrmann, Lehrbuch der griechischen Staatsalterthümer, §. 90, hebt hervor, dass es dem Pythagoras zu Kroton sowohl als in andern Städten der Umgebung durch seinen Bund gelungen sei, den Grund zu einer Aristokratie in einem ähnlichen Sinne zu legen, wie man sie später in Platos Republik wiederfinde: wo die innere Harmonie dadurch erzielt wird, dass die Inhaber der Weisheit allein und unumschränkt regieren, die übrigen Mitglieder des Staates einen völlig mechanischen Gehorsam leisten. Der pythagoreische Bund würde Griechenland beherrscht haben, wie die ägyptische Geistlichkeit Jahrtausende lang Aegypten aus dem gleichen Grunde beherrschte, wenn es ihm gelungen wäre, die Wissenschaft als das ausschliessliche Eigenthum des Bundes zu bewahren und zugleich alle Wissenden, die Jugend wie das Alter, das männliche wie das weibliche Geschlecht, die Brüder wie die Schwestern Gross- und Kleingriechenlands dem Bunde unterthänig zu machen und zu erhalten. Der Gedanke war bei Pythagoras, welcher sich nach Diogenes Laertius zuerst den Namen [...] statt [...] aus Bescheidenheit beigelegt haben soll, ein möglicher, weil er wirklich im Augenblicke der Rückkehr von seinen langen Reisen in Aegypten und Asien nach Griechenland im Besitze eines höhern und bis dahin in Griechenland unbekannten Wissens sich befand. Durch ihr Wissen und noch mehr durch ihr verbundenes geheimes Wissen fingen die Pythagoräer bald an, die italisch-griechischen Staaten zu beherrschen, und sie lange beherrschend,1) so dass die Furcht vor den durch sie der Freiheit drohenden Gefahren keineswegs unbegründet war. Der Besitz dieses höhern Wissens begründete überall die Herrschaft und Gewalt der [535] Geistlichkeit und die letztere sank in demselben Verhältnisse, in welchem jenes zum Gemeingute des gesammten Volkes wurde, wie namentlich darin auch die Geschichte der katholischen Kirche, Klöster und Geistlichkeit besteht.1) Die Gütergemeinschaft in dem von uns angenommenen Sinne floss bei dem pythagoreischen Bunde aus der geheimen Gemeinschaft alles Wissens, aus einem obersten aristokratischen und hierarchischen Plane und Zwecke, obwohl auch die politischen Absichten des Pythagoras Röth, a. a. O., II. S. 934 ff., wieder leugnet. Sehr wahr sagt Hegel, Geschichte der Philosophie, I. S. 225: „Die pythagoreische Gesellschaft hatte keinen Zusammenhang mit dem griechischen öffentlichen und religiösen Leben, und konnte darum nicht von langem Bestande sein; in Aegypten und Asien ist Absonderung und Einfluss der Priester zu Hause, das freie Griechenland konnte aber diese orientalische Kastenabsonderung nicht gewähren lassen. Freiheit ist hier das Prinzip des Staatslebens, jedoch so, dass sie noch nicht als Prinzip der rechtlichen und privatrechtlichen Verhältnisse bestimmt ist. Bei uns ist das Individumm frei, weil alle vor dem Gesetze gleich sind; dabei kann die Verschiedenheit der Sitten, des politischen Verhältnisses und der Ansichten bestehen, und muss es sogar in organischen Staaten. In dem demokratischen Griechenland hingegen musste auch die Sitte, die äussere Lebensweise sich in einer Gleichheit erhalten, und der Stempel der Gleichheit diesen weitern Kreisen aufgedrückt bleiben; diese Ausnahme der Pythagoräer, die nicht als freie Bürger beschliessen konnten, sondern von den Planen und Zwecken einer Verbindung abhängig waren, und ein geschlossenes religiöses Leben führten, hatte so in Griechenland keinen Platz. Zwar den Eumolpiden gehörte die Bewahrung der Mysterien, anderer besonderer Gottesdienst sonstigen Familien an: aber nicht als einer im politischen Sinne festgesetzten Kaste, sondern sie sind, wie die Priester überhaupt, politische Männer, Bürger, wie andere, gewesen; [536] noch war, wie bei den Christen, die Ausscheidung des Religiösen zu diesem Extrem des Mönchthums getrieben. Im gemeinsamen Staatsleben der Griechen können Keine aufkommen oder es aushalten, die besondere Prinzipien, sogar Geheimnisse und in äusserlicher Lebensart und Kleidung Unterschiede haben: sondern es ist eine offene Vereinigung und Auszeichnung, die im Gemeinsamen der Prinzipien und der Lebensweise besteht; denn ob Etwas gut für’s Gemeinwohl, oder gegen das Gemeinwohl, wurde gemeinsam und offen von ihnen berathen. Die Griechen sind über besondere Kleidung, beständige Gewohnheiten des Waschens, Aufstehens, der Uebung in der Musik, Ausscheidung reiner und unreiner Speisen hinaus; diess ist theils Sache des besondern Individuums, seiner einzelnen Freiheit, ohne gemeinsamen Zweck, theils für Jeden eine allgemeine Möglichkeit und Sitte.“

Was uns nöthigt, auch für den von Pythagoras selbst gestifteten und geleiteten engern und eigentlichen Bund Gütergemeinschaft zu behaupten und anzunehmen, sind sodann nachstehende zwei gewichtige Thatsachen:

1.) die nach dem Sturze und dem Untergange der pythagoreischen Schule von den noch vorhandenen oder übrig gebliebenen Pythagoräern gegründete neue Verbindung, Hetärie, hatte gleichfalls Vermögensgemeinschaft,1) welche letztere gewiss keine Neuerung, sondern nur das Beibehalten und Fortsetzen der alten Grundsätze und Einrichtungen gewesen ist, so dass von jener auf diese zurückgeschlossen werden darf;

2.) auch die praktischen Essäer oder Essener in Palästina, welche eine Nachahmung des pythagoreischen Bundes waren, hatten unter sich Gütergemeinschaft eingeführt, so dass diese auch dem pythagoreischen Bunde beigelegt werden muss. Stäudlin, Geschichte der Sittenlehre Jesu, I (Göttingen 1799), S. 456, berichtet vortrefflich über die praktischen Essener in Palästina und die mönchischen, beschaulichen und ascetischen Therapeuten in Aegypten und bemerkt S. 485 und S. 484 in der hier in Frage stehenden Beziehung: „Dass die Pythagoräer die Gemeinschaft der [537] Güter unter sich eingeführt hatten, ist wenigstens eine alte, von mehreren Schriftstellern bezeugte Sage, die man vielleicht in den neueren Zeiten nicht sowohl hätte ganz verwerfen, als beschränken sollen. – Ich kann also nicht anders glauben, als dass der essenische Orden eine Nachahmung des pythagoreischen gewesen. Woher sonst unter Juden auf einmal eine solche Einrichtung, – – Wir haben in dieser Geschichte bereits an mehreren Beispielen gesehen, dass die platonische, stoische und epikureische Philosophie unter den Juden in Palästina und Aegypten nach und nach bekannt wurde, unter ihnen Einfluss gewann, und sich auf verschiedene Art mit ihrer von den Vorvätern ererbten und in ihren heiligen Büchern niedergelegten Religion verband und vermischte. Warum sollten nicht auch die Lehren und Anstalten des Pythagoras unter sie eingedrungen sein? Zu Alexandria, wo zahlreiche Juden wohnten, war schon lange der Pythagoräismus mit andern philosophischen Systemen zusammengeschmolzen, und durch wie viele Kanäle konnte er sich nicht unter den Juden in Palästina verbreiten?“ – Gerlach, a. a. 0., S. 110, sagt von dem pythagoreischen Bunde: „Hier nun (zu Krotou) lehrte der grosse Pythagoras, nachdem er die Weisheit in Aegypten und Babylon gelernt hatte, und hier stiftete er den berühmten pythagoreischen Bund, d . h. eine Gemeinschaft von Brüdern und von Schwestern, ähnlich den spätern christlichen Gemeinden, nur den Glauben an Gott, die Tugend und reinste Sitte pflegend. Um diese Lebensweise ungestört durchzuführen wohnten die Freunde, 300 an der Zahl, in einem grossen Hause beisammen; wie sie denn auch Gemeinschaft der Güter eingeführt hatten, weil unter Freunden Alles gemeinschaftlich sein müsse.“ – Hermann, a. a. O., schreibt dem pythagoreischen Bunde gleichfalls Gütergemeinschaft zu und hat den §. 90 seiner Alterthümer überschrieben: „Der pythagoreische Bund und seine (politischen) Folgen.“ – Ebenso erklärt Peter, Zeittafeln der griechischen Geschichte, S. 36, Anm. e e, die pythagoreische Schule, deren Blüthe er abweichend von Röth schon um 540 v. Chr. ansetzt, für einen durch Gütergemeinschaft eng geschlossenen Geheimbund und nimmt zufolge Diogenes Laertius VIII, 3 [538] zugleich an, dass Pythagoras die Verfassung von Kroton aristokratisch gestaltet, also zu Kroton nicht blos wissenschaftlich gelehrt, sondern auch politisch gewirkt und gestrebt habe. Schömann, griech. Alterthümer, I. S. 168, will zwar nicht entscheiden, inwiefern Pythagoras selbst politische Plane gehabt und verfolgt haben möge; aber von seinen Anhängern sei es gewiss, dass sie solche hatten, und dass sie ihre Verbindungen in den verschiedenen Städten zu politischen Klubs gemacht haben, denen es in der That auch gelang, eine Zeit lang überwiegenden Einfluss auf die Regierung und Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten zu gewinnen. Schömann bemerkt zur Erklärung dieser Thatsache, in Uebereinstimmung mit Hermann: „Da seine Schüler alle dem Stande der Vornehmen und Bevorrechteten angehörten, lag es nahe, dass sie ihrer Verbindung auch im Staate eine solche Geltung zu geben versuchten, wie sie ihnen ihrer Meinung nach gebührte. Sie betrachteten sich als die Besten und Würdigsten unter ihren Mitbürgern, und deswegen zur Herrschaft berufen, welche darin in Wahrheit und nicht blos dem Namen nach eine Aristokratie sein würde.“ – Wir legen ausserordentliches Gewicht darauf, dass man die Gütergemeinschaft und die politischen Plane, oder wenigstens den politischen Einfluss bei dem pythagoreischen Bunde als erwiesen zugestehe und voraussetze, weil man nur alsdann seine wahre Bedeutung und seine späteren Schicksale, seine Geschichte versteht und begreift. Der Pythagoräer sollte mit seinem ganzen inneren und äussern Sein, – mit seinem Herzen, Geiste und Vermögen auf die ganze Dauer seines Lebens dem Bunde des Pythagoras angehören, und was vermochte man auch nur mit einigen Hunderten solcher allein gebildeten und die Bildung als ein heiliges Geheimniss bewahrenden Eingeweihten und Ergebenen zu vollbringen? Deshalb und nur deshalb wurden auch von Pythagoras die in den eigentlichen Kreis der Verbündeten aufzunehmenden jungen Leute der Aristokratie mit so grosser Sorgfalt geprüft und ausgewählt1) und Jeder zurückgewiesen, welcher für den Geheimbund, für die höhern Plane nicht zu [539] taugen schien; diese sorgfältige Auswahl sogar der Aristokraten wäre nicht erforderlich, ja geradezu widersprechend gewesen, wenn die pythagoreische Schule blos eine wissenschaftlich-religiöse Erziehungsanstalt hätte sein sollen. Dass Denjenigen, welche zu dem Innern des Bundes nicht zugelassen oder als unwürdig davon wieder ausgeschlossen wurden, ihr eingelegtes Vermögen zurückgegeben werden musste,1) verstand sich von selbst und ist durchaus kein Beweis gegen die bestandene Gütergemeinschaft. Die Ausgewiesenen wurden als verstorben betrachtet und ihnen ein Grabhügel mit Grabstein errichtet. Zwei solcher Ausgewiesenen, Kylon und Hippasos, veranlassten durch eine Verschwörung den Sturz und die Zertrümmerung der Schule zu Kroton. Hegel, a. a. O., S. 221, sagt mit Recht, dass die Gesellschaft im Ganzen den Charakter eines freiwilligen Priester- und Mönchsordens neuerer Zeit gehabt habe; sein Vermögen habe ein Jeder dem Orden übergeben müssen, jedoch bei seinem Austritte wieder zurück erhalten. Das nicht blos bewunderte, sondern das wahrhaft angebetete Oberhaupt, der Obermeister und Leiter dieses wissenschaftlich-religiösen Geheimbundes, war Pythagoras, welcher nach allen Berichten zugleich die eindruckvollste Gestalt, hohe Beredsamkeit und grossen Reichthum besass, weshalb man es nicht so gar auffallend und unbegreiflich finden wird, was die Alten, wenn auch falsch und jedenfalls unendlich übertrieben, von dem Wundermann Pythagoras melden und erzählen. Pythagoras ist und war ein historisches und sittliches Wunder, besonders in dem damaligen so schwelgerischen und entarteten Unteritalien oder Grossgriechenland; unter seinem Einflusse fiel durch den siegreichen Feldherrn Milo von Kroton, welcher auch unter den Pythagoräern aufgezählt wird und dessen Haus zu einem Versammlungsorte derselben diente, das reiche und übermüthige Sybaris, und auf dem Grunde und Boden des durch die Krotoniaden i. J. 509 v. Chr. überwundenen Sybaris stand und wohnte die streng sittliche und wissenschaftliche Schule des Pythagoras, indem die Eroberer dem Pythagoras in dem eroberten sybaritischen Gebiete, zwanzig [540] Stunden von Kroton entfernt, ein grosses Landgut geschenkt hatten. Dass Pythagoras bei den Spätern zu einem wirklich fabelhaften und wunderthätigen Manne geworden ist, ist blos ein Beweis des gewaltigen und nachhaltigen Eindruckes , welchen Pythagoras auf seine Zeit gemacht hatte. Der Mensch, von welchem die Menschheit gläubig Wunder berichtet, war und ist auch sicherlich ein wunderbarer, ein für alle kommenden Zeiten bewunderungswürdiger Mensch, trotzdem dass er keine wahren Wunder gethan hat und thun konnte. Auch Christus bleibt der Grösste und Erhabenste der göttlichen Menschen, der Gottmenschen, selbst wenn er nicht gezaubert und keine Wunder gethan haben sollte. Bei Pythagoras, Sokrates, Johannes dem Täufer und Christus genügt ihr wahres Leben und Sterben vollkommen, um sie zu göttlichen Menschen, zu Gottmenschen, zu unsterblichen Vorbildern der Menschheit zu erheben.

Aus den Schuleinrichtungen des Pythagoras, worüber Röth, a. a. O., S. 488 ff., handelt, mag hier noch angeführt werden: Dreimal, Morgens, Mittags und Abends, wurde täglich geopfert, sowohl Trank- als Brandopfer; diese letztern bestanden nur im Verbrennen von Weihrauch, nicht aber von Opferthieren, worin Pythagoras dem Zarathustra folgte. Die Trankopfer wurden besonders jedesmal vor Tische den Göttern und Heroen, – dem Zeus, dem Herakles und den Dioskuren täglich gespendet. Sehr ausgedehnt waren die ganz priesterlichen Reinigkeitssatzungen. Pythagoras selbst und seine Schüler trugen reine, weisse, linnene Kleider; wollene Gewänder waren verboten, wahrscheinlich aus Furcht vor beigemischter Wolle von gefallenen Thieren, denn alles von gefallenen Thieren Herrührende galt als unrein. Auf weissen linnenen Decken und nicht auf wollenen, wie es sonst griechische Sitte war, wurde auch geschlafen. Tägliche Lustrationen und Waschungen waren gesetzlich; Quell- und Seewasser waren die vorgeschriebenen Lustrationsmittel. Sogar die Berührung von Unreinem wurde vermieden. „Man muss nicht auf menschengefüllten Strassen gehen, nicht in jedwedes Weihwasser eintauchen, sich nicht in einem öffentlichen Bade waschen; denn in allen diesen Fällen weiss man [541] nicht, ob die Mittheilnehmenden rein sind,“ lautete die Vorschrift mit ägyptischer Peinlichkeit. Auch mit dem Darreichen der Hand bei dem Grusse sollten die Pythagoräer vorsichtig sein, welches denselben als aristokratischer Hochmuth ausgelegt und verüblet wurde. Die Mitglieder der engern Schule enthielten sich gleich den brahmanischen Büssern gänzlich des Fleisches und des Weines. Ganze Thierklassen: gewisse Fischarten, z. B. der Erythrinus, der Melanurus u. s. w., gewisse Conchylien, welche lebend gegessen werden, wie z. B. die Austern, – eine Reihe von Vegetabilien, die sonst bei den Griechen zu den gewöhnlichen Nahrungsmitteln gehörten: wie z. B. die Bohnen und die Malven u. s. w., alles dies durfte gar nicht gegessen werden. Als allgemeiner Grund dieser Verbote wird angeben, dass alles Heilige, also entweder einer Gottheit Geweihte oder zu dem Culte, zu den heiligen Bräuchen Gehörige, zu ehrwürdig sei, als dass es zum gewöhnlichenLeben verwandt werden dürfte; ein Grund, der mit der gesammten religiösen Derikweise des Pythagoras auf’s Beste stimmt. – So durfte zu Dingen des täglichen Lebens kein Cypressenholz verwandt werden, denn die Cypresse war dem Zeus geweiht; ein weisser Hahn durfte nicht geschlachtet werden, denn er war dem Mond geweiht; jene Fischarten: der Erythrinus, Melanurus u. s. w. durften nicht gegessen werden, weil sie den unterirdischen Gottheiten heilig waren, ein Verbot, das ebenso bei den Aegyptern vorkommt. Ebenso durften keine Malven gegessen werden, weil sie der Sonne heilig waren. Aus einem ganz ähnlichen Grunde nach ägyptischer Priestersitte auch nicht die Bohnen; denn die Bohnen, Erbsen, Linsen und Lupinen wurden bei den Todtenopfern und Sühnungen gebraucht, den Todten mit ins Grab gegeben und zu den Todtenmahlen verwendet; sie kommen daher eben so bei den Eleusinien vor, wie in dem orphischen Dionysusdienste, d. h. bei dem Dienste der unterweltlichen Hauptgottheiten, so dass einem in diese Dienste Eingeweihten, im gewöhnlichen Leben Bohnen zu essen, als eine Entheiligung der ehrwürdigsten religiösen Bräuche erschienen wäre. Aus demselben Grunde erklärt der alte Berichterstatter das Verbot, womit selbst einzelne ganz [542] unschuldige Bräuche getroffen waren, wie z. B. das Verbot: Du sollst das Brod nicht brechen, weil nämlich dieser Brauch Bezug auf das Todtengericht habe; d. h. offenbar auf jenes ägyptische Dogma, dass beim Todtengerichte die rein gesprochene Seele vor ihrem Aufsteigen in die Himmelsräume von Osiris gespeist und getränkt werde; ein Dogma, das auf römischen Grabinschriften den Wunsch: „Gebe dir Osiris das kühle Wasser,“ , mit dem Anwünschen der ewigen Seligkeit gleichbedeutend macht. – Denselben priesterlichen Reinigkeitssatzungen gemäss waren endlich auch die Todtenfeierlichkeiten angeordnet. Die Verstorbenen trugen, wie bei ihrem Leben, die priesterlich reinen, weissen, linnenen Gewänder; sie waren auf Blätter von Bäumen gebettet, welche den unterweltlichen Gottheiten geweiht waren, auf Blätter der Myrthe, des Oelbaums und der Schwarzpappel; der nämlichen Baumart, die dem unterirdischen Zeus in Kreta heilig war und vor seiner Grotte auf dem Ida stand;1) der Sarg durfte nicht von Cypressenholz gemacht sein, denn die Cypresse war dem überirdischen Zeus heilig, sondern es war ein Sarkophag aus Töpferthon; der Leichnam durfte nicht nach gewöhnlicher griechischer Sitte auf einem Holzstosse verbrannt, sondern musste in die Erde begraben werden, damit ein göttliches Element, wie das Feuer, nicht durch Sterbliches verunreinigt würde, – hierin mit den Magern übereinstimmend.

Als eines Hauptmittels der sittlichen und religiösen Erziehung seiner Schüler bediente sich Pythagoras auch der Musik. Namentlich des Abends vor dem Schlafengehen liess er die Schüler durch Gesänge sich von den Leidenschaften des Tages reinigen und die zurückgebliebenen Aufregungen des Tages beschwichtigen, um sich zu einem ruhigen und die Reinigkeit des Geistes wiederherstellenden Schlafe vorzubereiten. Nach dem Aufstehen aber liess er wiederum durch Gesänge die nächtliche Verschlafenheit und Verdrossenheit verscheuchen und zu [543] frischer Thätigkeit aufmuntern. Pythagoras begünstigte jedoch nur die sanften Saiteninstrumente der Lyra und Kithar, gleichsam die kirchlichen Instrumente, wogegen er die mehr aufregenden Blasinstrumente verbot. – Die Sphärenmusik des Pythagoras, um dieselbe bei dieser Gelegenheit zu erwähnen, ist nichts Anderes, als ein Versuch, den Abstand der den Alten bekannten sieben Himmelskörper, der sogenannten sieben Planeten, mit den hypothetisch angenommenen, sie tragenden sieben Firmamenten nach der von dem auch musikalisch gebildeten Pythagoras mit Vorliebe betriebenen musikalisch-mathematischen Intervallenlehre der Tonleiter annähernd und durch Analogie zu bestimmen, da genauere, auf wirklicher Messung beruhende Bestimmungen der damaligen Astronomie ganz unmöglich fielen, wie denn ähnliche Versuche auf ähnliche vage Analogieen hin zu demselben Zwecke von Kepler gemacht wurden. Dass dann diese angenommene Analogie zwischen den Himmelsfirmamenten und den musikalischen Intervallen leicht zu der Vorstellung führte, dass auch die Firmamente bei ihrer unausgesetzten Bewegung ebenfalls ein Tönen, einen musikalischen Zusammenklang hervorbrächten, liegt nahe genug.1) Wenn Polak, Geschichte der Urreligion oder Encyklopädie, S. 115, sagt, dass Pythagoras seinen Schülern bereits den Umschwung der Erde um das Centralfeuer, um die Sonne, verkündet haben solle, ist dieses nach Röth, a. a. O., S. 855 ff., insofern unrichtig, als Pythagoras sich nicht die Sonne als das Centralfeuer, sondern dieses Centralfeuer im Innern der Erde dachte, um welches freilich die Erde sich bewegte. Uebrigens sollen allerdings nach Aristoteles die Aegypter schon die Bewegung der Erde um die Sonne gekannt haben. Dem Pythagoras war die Erde eine Hohlkugel in dem Mittelpunkte der sämmtlichen Planetenfirmamente und umschliessend das Centralfeuer, den Mittelpunkt der ganzen Weltkugel. Da ferner Pythagoras die Erde wohl seiner Zehnzahl wegen in zwei Theile, die obere oder eigentliche Erde und die von den Antipoden bewohnte untere oder Gegenerde theilte, erhielt er zehn Theile der Weltkugel, [544] nämlich die Erde und Gegenerde mit dem dazwischen liegenden Centralfeuer, – die sieben durchsichtigen Planetenfirmamente für Saturn, Jupiter, Mars, Sonne, Venus, Merkur und Mond, - und das äusserste undurchsichtige Fixsterngewölbe.

Die Schule oder die Lehranstalt [...] collegium) des Pythagoras befand sich, wie schon erwähnt, in dem durch die Krotoniaten eroberten Gebiete der Sybariten, dessen Mittelpunkt das Gebäude für die Lehrvorträge, der gemeinsame Hörsaal [...] war. Die Schüler des Pythagoras mussten gemeinschaftlich leben, d. h. zusammen wohnen und schlafen und essen, indem sie zu je zehn besondere Speisegesellschaften [...] bildeten. Die höhere Lehranstalt des Pythagoras war die erste in ganz Griechenland, und so beginnt mit Pythagoras das gelehrte Schulwesen, das wissenschaftliche Lehren und Lernen, die Wissenschaft in Griechenland;1) von nun an wurde es Sitte in Griechenland, die Sitze der wissenschaftlichen Schulen , selbst in Städten, wie z. B. Athen, auf Landgüter und in Lustgärten zu verlegen, wie denn z. B. Plato seine Schule auf einem solchen Landsitze hielt: in dem Garten der Akademie. Nach dem Orte der platonischen Schule sind unsere Akademieen benannt.

An die Pythagoräer schliessen sich die etwa 200 Jahre vor Christus und 100 Jahre nach ihm blühenden jüdischen praktischen Essäer in Syrien und Palästina und die einsiedlerischen und beschaulichen Therapeuten in Aegypten innigst an, da diese, wie bereits berührt wurde, aller Wahrscheinlichkeit nach aus jenen hervorgegangen sind. Ganz mit Unrecht erklärt Björnstjerna die Theogonie, Philosophie und Kosmogonie der Hindus, Stockholm 1843, S. 113, die Samariten in Aram, wie die Essäer in Palästina für Buddhisten. Noch unhaltbarer sind die Behauptungen, welche der mit Br. Polak befreundete und mit ihm für den Ursabäismus etwa schwärmende und träumende Br. Dr. Leutbecher zu Erlangen über das Alter und den Ursprung der Essäer in seiner kleinen Schrift: „Die Essäer, eine Skizze für Theologen und Freimaurer,“ Amsterdam 1857, [545] aufgestellt hat. Er schreibt: „Die Essäer oder Essener waren eine der ältesten und merkwürdigsten, mit dem Stamme der Loviten in enger Verbindung stehende Körperschaft unter den Juden in Palästina und Aegypten. Ihren Namen hatten sie in Palästina von dem chaldäischen Worte Asa,1) welches heilen heisst, – in Aegypten aber hiessen sie Therapeuten, von dem griechischen Worte [...], was gleichfalls heilen bedeutet; die Ausdrücke werden aber auch auf das Heilen der Seele bezogen, auf die Erlangung der innern Wiedergeburt des Menschen, auf seine sittliche Erhebung und Gottinnigung. „ – – Abulphatach nennt die Essäer in seinen Chroniken El-Chasdim, und unter diesem Namen der Chaschdim oder Hasidim, der Gerechten oder Vollkommenen, der Heiligen und Barmherzigen, kommen sie nicht blos in den Büchern Mose, in den Büchern der Makkabäer, im Buche Esra und Nehemia, und an andern Orten der heiligen Schriften, sondern auch im Talmud vor. Im Talmud werden sie, wenn man die verschiedenen Stellen, die ihrer erwähnen, zusammenstellt, ausdrücklich als die Fortsetzung der Propheten, als die geistigen Söhne derselben bezeichnet, als solche, die nach dem Mass der Gerechtigkeit handeln und in allen Fällen des Lebens das Gefühl der liebevollen Menschlichkeit vorwalten lassen, die keinen Unterschied machen zwischen Reichen und Armen, zwischen Herren und Knechten, zwischen Fürsten und Bettlern, zwischen Hebräern und Nichthebräern, die in ihre Gemeinschaft jeden aufnahmen, der sich zum Monotheismus bekannte und der moralisch-geistigen Freiheit als reiner Mensch huldigen mochte. Sie waren die mit dem Levitenstande (5. Mos. 33, 8) verbundenen Freimaurer unter den Juden in Palästina und Aegypten, die zuerst unter dem Namen der Hanichim (1 Mos. 14, 14), dann unter dem der Sekenim, der Hechamim, der Haberim, der Bonim, der Robim und zuletzt als Chohanim vorkommen. Als Beförderer und [546] Theilnehmer an der durch Johannes den Täufer vorbereiteten und durch Jesus zum Durchbruch gebrachten Reformation des Judenthums mussten sie nothwendig den Pharisäern und Sadducäern verhasst, vom Tempelbesuch ausgeschlossen und dazu gebracht werden, dass sie sich den ersten Geheimverbindungen und Verbrüderungen der Christen, wie solche in den Johannis-Mysterien und ähnlichen Instituten sich ergaben, anzuschliessen für gut hielten. Sie trugen alle die Spade. – – Wie alt die Verbindung der Essäer schon gewesen sein möge, ehe sie zur Zeit der Nakkabäer unter Jonathan, 170 v. Chr.1) und vielleicht noch 150 Jahre früher anfing, eine kräftige Trägerin und Vertreterin besserer religiöser und politischer Ansichten zu werden, das lässt sich zuvörderst weder aus Philo, noch aus Josephus allein mit voller Bestimmtheit entscheiden. Darüber müssen die Talmudisten befragt werden. Gerade aus dem, was diese von den Essäern oder Chaschdim, die bei ihnen identisch sind, in ihren Commentaren zur Halacha, zur Mischna und an andern Orten zu den einzelnen Titeln derselben bemerken, – besonders daraus, dass sie die Fortsetzung der Propheten und deren Söhne gewesen seien, lässt sich mit einem hohen Grade von Gewissheit annehmen, dass Philo in seinem Fragmente „über die Juden“ volle Wahrheit berichtet, wenn er sagt, die Essäer reichten bis auf Moses zurück, und dieser habe selbst viele seiner Vertrauten ermuntert, ihrem Bunde beizutreten. Damit stimmt dann auch eine Hauptstelle in Josephus’ „Alterthümern“ (XVIII. 1, §.2) recht gut überein, wo es heisst: „Es finden sich bei den Juden von uralter Zeit her drei philosophische Auffassungen der Patriarchenlehre, nämlich die der Essäer, die der Sadducäer und die der Pharisäer.“ Auch passt dann, wenn er ihnen (§.5) Sauppe, die Mysterieninschrift zu Andania, S. 36-39 und, S. 47. das Prädikat der Gerechten als ein ihnen von uralter Zeit her zukömmliches bezeichnet. Von der Vergangenheit verstanden, sind endlich auch hier die Worte des Plinius ein Zeugniss mehr, wenn er von den Essäern sagt: „Ita (durch beständig fortdauernden Beitritt neuer Mitglieder) per seculorum millia gens aeterna est, in qua nemo, [547] nascitur.“ Nimmt man hiezu noch, was die Commentatoren des Talmud von den Chaschdin sagen, dass sie freie Bauleute, Freimaurer gewesen seien, und dass die hebräischen Freimaurer unter den verschiedenen bereits angegebenenNamen bis auf die Zeit Abrahams zurückreichen, – so lässt sich nicht leicht mehr an dem hohen Alter der Essäer zweifeln. Ob sie als Körperschaft schon vor Moses in Aegypten entstanden sind, oder erst unter Moses gleichsam als Hülfsinstitut zur Bewahrung des Monotheismus und der darauf sich stützenden Civilisation dem Stande der Leviten beigegeben wurden, das lässt sich nicht mit Gewissheit entscheiden; das Letztere ist mir jedoch das Wahrscheinlichere, denn Philo selbst führt und deutet darauf. Vielleicht bestanden sie schon vor Moses in Aegypten, um unter dem Druck der Pharaonen ihrer Väter Glauben und Lehren zu bewahren. Wenn Gfrörer nach einer Stelle in Josephus’ „Alterthümern“ (XIII. 5, §. 9) das Auftreten der Essäer in die Zeit des Priesters Jonathan (152 v. Chr.) bestimmt, oder um 170 v. Chr., und Bellermann es mit Andern auf 166 v. Chr. setzt, so ist damit der obigen Annahme eines höhern Alters nicht widersprochen, sondern es ist damit nur bezeichnet, dass die Essäer um diese Zeit, eben in politisch-religiöse Kämpfe verwickelt, eine öffentliche Bedeutsamkeit gewonnen hatten, während sie vorher weit mehr im Stillen lebten und wirkten. Weder Josephus, noch Philo enthält eine Stelle, welche ausdrücklich sagte, dass erst um diese Zeit und nur um diese Zeit die Verbrüderung der Essäer mit der sogenannten Johannis-Maurerei zusammen entstanden sei, die wir in dem Talmud, in der Abhandlung Joma und im Midrasch Rabba, Buch Bamidler, im Abschnitte Bechalotheha bezeichnet finden, und die für die drei grossen Gebiete der Gottinnigkeit, der Menschheit-Innigkeit und des Menschheit-Vereinlebens das grosse Prinzip der Freiheit aufstellte und sagte: „Ein Gott! Ein die Menschheit ehrender Staat mit Einem Oberhaupte! Eine Menschenliebe!“

Wir haben absichtlich die falschen und theilweise sehr unhistorischen Behauptungen des Br. Leutbecher so ausführlich mitgetheilt, um an einem deutschen neuesten [548] Beispiele zu zeigen, dass die unglückliche maurerische Geschichtssehreibung, wie sie Anderson in dem Anfange des vorigen Jahrhunderts in seinem Constitutionenbuche zu London begonnen und worin er den Noah als Meister vom Stuhl und unter seinen drei Söhnen Cham, [sein] und Japhet den einen als deputirten Meister und die beiden andern als Vorsteher dargestellt hatte, leider noch immer wie eine Krankheit sich forterhalte. Was hier Leutbecher, dessen maurerisches Streben und Wirken übrigens sonst alle Anerkennung verdient und den wir trotz der abweichenden Ansichten hochachten und verehren, ganz in der Kürze vorgetragen hat, hat ausführlich zwei Jahre vorher Polak als die alte Lehre der Patriarchen, den unverfälschten Sabäismus, die Naturreligion in seiner Geschichte der Urreligion und in der Tapis abgehandelt. Polak wähnt aus den Büchern Mosis selber mit vollständiger historischer Evidenz erwiesen zu haben, dass die Juden eine Volksreligion und eine geheime Priesterreligion, Priestermysterien hatten, in welche letztere die Isismysterien,1) die höhere Religion durch Moses geflüchtet und gerettet werden mussten, nachdem er an dem goldenen Kalbe erkannt hatte, dass sie nicht zur Volksreligion der Juden gemacht werden können, über das goldene Kalb das Volk sich noch nicht zu erheben vermöge.2) Die Urreligion, den Ursabäismus und Urmosaismus, das Mysterium der jüdischen Priester hat Polak dann auch den Scharfsinn, aus der maurerischen Tapis hellleuchtend herauszulesen. Dass aber Br. Leutbecher solche unhaltbare Behauptungen über die Essäer wagen durfte, als er gethan hat, ist um so auffallender und unbegreiflicher, als er in seiner Skizze die Literaturtitel nennt und ohne Zweifel auch kennt. Wenn Br. Leutbecher z. B. nur die „Fragmente über den Bund der Essäer in Briefen“ von Br. Mörlin im Altenburger Journale für Freimaurerei, Bd. II. S. 79-111 u. S. 192-220, [549] oder den ganz ausgezeichneten Artikel von Mossdorf über die Essäer in Lennings Encyklopädie berücksichtigt hätte, würde er nicht geschwärmt haben. Mit Leutbechers Skizze1) ist gleichzeitig und in nächster Nähe von ihm erschienen: „Jesus, der Essener-Meister, dargestellt nach dem Traumgesichte seiner Mutter Maria bei Matth. 4, 1-11 (gewöhnlich die Versuchung Jesu in der Wüste genannt) und dies Traumgesicht aus seiner Bildersprache in die gewöhnliche Begriffssprache frei übertragen und durch Anmerkungen erläutert, Nürnberg 1857, von Lippert.“ Diesem Buch vorausgesandt hatte Lippert ein anderes im J. 1856 unter dem Titel: „Sulamith, die verstossene Gemahlin Salomo’s (nach dem sog. hohen Liede) seit 2800 Jahren zum ersten Mal aus seiner Traumbilder-Sprache in die gewöhnliche Begriffs-Sprache frei übertragen und seinem Inhalt und Sinn gemäss erklärt.“ Lippert hat, wie er in der Vorrede zum Essener-Meister erzählt, es zur Aufgabe seines Lebens gemacht und seit länger als 50 Jahren daran gearbeitet, den Bilderschleier aufzuheben, der seit Jahrtausenden die Mythen aller Religionen und aller Völker der Erde von Hesiod und Moses an bis auf Mahommed und Smith (den Normonenpriester) entweder entstellt oder doch in mystisches Dunkel gehüllt hat. Er glaubt nun sein Ziel im Wesentlichen erreicht zu haben und legt der Welt als Proben seiner errungenen Erfolge, – seiner Entdeckungen unter dem gehobenen Schleier die beiden Schriften oder Schriftchen vor. Dabei legt sich der gewissenhafte Verfasser selbst die Frage vor: sind diese Sätze für die moralische Entwicklung der Menschheit auf ihrer gegenwärtigen Bildungsstufe nicht etwa gefährlich – „Selbst Jesus forderte in einem solchen Falle zur Verschweigung der Wahrheit mit den Worten auf: „Ich hätte euch noch Vieles zu sagen, aber ihr könnt es nicht tragen.“ – Auch [550] der Verfasser hat noch andere Resultate auf diesem Wege aufgefunden und hält es allerdings für gut und nothwendig, diese (wenigstens gegenwärtig) noch zu verschweigen.“ – Wenn Lippert bei gesunden Sinnen ist und schreibt, rückt er mit seinen Entdeckungen heraus, denn er darf beruhigt sein, dass er die Menschheit nicht gefährdet. Hätte er den Schleier von dem Bilde der Isis zu Sais wirklich gehoben, wäre er verstummt gleich jenem Jünglinge, der ihn gehoben hatte. Wenn nicht Alles täuscht, ist Lippert ein durch die französischen Gaukeleien der ägyptischen Maurerei (des von dem berüchtigten Cagliostro erfundenen rite de Misraim ou d’ Égypte1) mit ihren neunzig Graden Betrogener, der die mit schwerem Gelde bezahlten Lügen für theure Wahrheiten hält. Meine Vermuthung, dass dem gutgläubigen Deutschen nur ein grosser Pariser Bär aufgebunden worden sei, stütze ich neben Anderem besonders auf nachfolgende, S. 54 des Essener-Meisters vorkommende Aeusserung: „Schon Pythagoras besass Kunde und selbst einige Kenntnisse von der Sprache der Geisterwelt (so nennt Lippert die missverstandene Zahlensymbolik), die er wahrscheinlich aus derselben Quelle geschöpft hatte, woraus die Essener sie erhalten hatten, nämlich: von den ägyptischen Priestern des höchsten Grades. – Aber seine Kenntnisse von dieser Geistersprache sind sehr unvollständig, weil er die Bedingungen zur Erlangung der letzten und höchsten Weihen jener Priester zu erfüllen nicht vermochte. Denn diese Bedingungen bestanden darin, dass er sich, wie Jene, ganz von der Aussenwelt zurückziehen und bei ihnen im Innern ihrer Tempel einzig und allein dem Erforschen höherer Wahrheit und Weisheit sich hätte widmen müssen, ohne sein Wissen jemals praktisch anwenden zu dürfen, – was aber seinen Planen durchaus entgegen war. – Doch erhielt er bekanntlich sehr hohe Weihen und brachte in Folge derselben grosse und tiefe Kenntnisse von jenen Priestern zurück, und unter diesen waren wahrscheinlich auch diejenigen, aus welchen er – aber mit vielen eigenen Zusätzen vermischt – sein ge- [551] heimes Zahlensystem bildete. – Er fand (oder erhielt?) sogar das Traumbild für den Gesammtbegriff der fünf kosmoggnischen Grundprincipien, nämlich das sog. pythagoreische Fünfeck.“

Der vorgehende, etwas schärfere Tadel der abweichenden Ansichten und Behauptungen Anderer wird vielleicht auffallen oder selbst wieder getadelt, welches Letztere jedoch der Verfasser nicht verdient hätte. Die geschichtliche Literatur der Freimaurerei und mit ihr diese selbst während des vorigen Jahrhunderts bewegte sich zum grösseren Theile auf einem völlig ungeschichtlichen und rein erträumten Boden, ohne alle Kenntniss und Berücksichtigung der wahren Geschichte; war nur ein salomonisches, pythagoreisches, buddhistisches, essenisches oder templarisches u. s. f. Traumgebilde oder selbstersonnenes Mythengebäude, welche für volle Wahrheit gehalten und als solche im möglichsten Geheimniss fortgetragen wurden. Wie sehr nun von Einzelnen, z. B. von Fessler, Schröder, Krause, Mossdorf, Schneider, Mörlin u. s. w. gegen diese ungeschichtliche Geschichtschreibung und Maurerei gekämpft worden ist, dennoch waren bis jetzt alle diese Bemühungen im Ganzen erfolglos, wie namentlich noch jetzt besonders die französische und amerikanische Maurerei und Literatur, sowie selbst in Deutschland die angegriffenen Schriften beweisen. Polak hat zur Verwirklichung seiner geschichtlichen und religiösen Ansichten sogar in Amsterdam eine freilich als gerecht und vollkommen nicht anerkannte Loge: „Post nubila lux“ gegründet, welche gegen 400 Mitglieder zählen soll, wie mir von einem Mitgliede derselben, Br. Kruthoffer in Wiesbaden, noch neuerlich mitgetheilt worden ist. Diese Uebelstände und Verirrungen werden nur alsdann aufhören, wenn die Maurerei möglichst auf das Gebiet der ernstlichen wissenschaftlichen Forschung hinübergezogen wird und wenn bei dieser Forschung die gesammte Wissenschaft als solche, also namentlich auch solche Forscher und Gelehrte sich betheiligen, welche keine Maurer sind.

Die Essäer bildeten eine Art Orden , der aus Strebenden (Lehrlingen), Nähertretenden (Gesellen) und Vertrauten (Meistern) bestand und also drei Grade hatte. [552] Josephus, und nach ihm manche neuere Schriftsteller, z. B. Stäudlin, a. a. O., I. S. 461 u. 479, Leutbecher, a. a. O., S. 21 unten, sprechen zwar von vier Klassen oder Graden der Essäer: allein die Angabe des auch in anderer Hinsicht irrenden Josephus ist gewiss unrichtig und ist aus dem Irrthume entstanden, dass er entweder die in der einjährigen Vorbereitung und Prüfung für den ersten Grad Begriffenen oder aber die Vorsteher, die sog. Aeltesten der Essäer für einen besonderen Grad ansah. Erst der Vertraute legte das eigentliche Ordensgelübde ab, indem er durch einen feierlichen Eid versprechen und geloben musste: 1) Liebe zu Gott; 2) liebevolle Gerechtigkeit gegen die Menschen, namentlich Niemanden zu verletzen, für die Frommen zu streiten, Jedermann Treue zu halten, besonders der Obrigkeit zu gehorchen, weil ohne Gottes Wille und Einsetzung Niemand ein Amt bekleide; 3) Reinheit des Gemüths, wozu gehörte vorzüglich Demuth, Wahrheitsliebe, Hass der Lüge und Verschwiegenheit. – Die Essäer hatten nach der Weise des Morgenlandes ihren Glauben und ihre Lehrsätze in Symbole, in Bilder eingehüllt und sie selbst erschienen sich oder den Griechen nach Creuzer in dem Bilde der Bienen wegen ihres Fleisses und ihrer Ordnung, wegen ihrer Gerechtigkeit, wegen ihrer Lehre von der Wanderung der Seele aus dem reinen Himmelsäther zur Erde und von dem Auffluge derselben dahin zurück aus dem Kerker des Leibes und des Lebens. Der Hauptsatz der essäischen Lehre, welcher zugleich in allen gebildeten Religionen des Alterthums wiederkehrt und allen Mysterien der Alten zur Unterlage dienet, war: Der Leib ist vergänglich und woraus er besteht, hat keine Dauer; die Seelen sind unsterblich und bleiben immer; aus dem feinsten Aether gebildet und entsprungen, werden sie durch eine natürliche Neigung zu den Körpern herabgezogen, – wenn sie aber deren Fesseln abgeworfen haben, dann freuen sie sich wie Solche, die einer langwierigen Krankheit entgangen sind, und schwingen sich aufwärts. Die Guten werden zur Belohnung in ein glückliches Land aufgenommen, das die Leiden und Plagen der Erde nicht kennt; die Schlechten müssen an einem dunkelen und frostigen Orte unaufhörliche Strafe erdulden. Das [553] Leben stellten sich die Essäer als den edelsten Kampf vor, der allein durch Entsagung, Mässigkeit und Reinheit glücklich gekämpft werden könne und wobei man die Bienen zum Vorbilde nehmen solle, denn die Bienen sind der Geist in der Materie, sie wachen und wehren; sie entwinden sich der Materie, sie meiden Alles, was hernieder zieht und beschwert. Die Seelen, die ein gerechtes Leben zu führen gesinnet sind, die wieder zurückkehren wollen, nachdem sie Werke gethan, die Gott gefallen, sind Bienen, indem sie gleich denselben heimathliebend, streitend, strebend, weise, rein sind. Das Werk der Bienen, der Honig, sänftigt, gibt Ruhe und Schlaf, erhält, macht das Auge gesund und hell; aber er löset auch auf und wiegt in den Tod ein. Darum oder wegen der uralten Lehre, dass der Tod süss und das Leben bitter sei, war der Honig auch das Bild des Todes. Genuss des einfachen Honigs als Nahrungsmittels galt als Zeichen der Enthaltsamkeit und Mässigung bei den Essäern, wie bei den Pythagoräern. Unverkennbar hatten die Essäer die Verfassung und Einrichtung ihres ganzen Bundes dem Bienenstocke nachgebildet, wollten unter den Menschen sein, was unter den Thieren die Bienen sind. Philo sagt von den Essäern: „Nachdem sie an die heiligen Orte gekommen, welche man Synagogen1) nennt, setzen sich die Jünger in Abtheilungen dem Alter nach nieder und verhalten sich mit gebührendem Anstand als Zuhörer. Als dann nimmt der Eine die Bibel und liest daraus vor; ein Anderer von den Erfahrensten liest schwer verständliche Stellen vor und geht sie durch; denn sie philosophiren meistens in einer sehr alten Bildersprache. Sie unterrichten sich in der Religion, Gerechtigkeit, Haushaltung, in der Wissenschaft des wahrhaft Guten, Bösen und Gleichgültigen, in der Kenntniss, das Beste zu wählen und das Entgegengesetzte zu fliehen. Hierbei bedienen sie sich einer dreifachen Grundbestimmung und Grundregel: der Gottliebe, der Tugendliebe und der Menschenliebe.“ 2

[554]

Die heidnischen Essener in Kleinasien und die jüdischen Essäer in Syrien und Palästina aus Oberasien oder vielleicht aus Persien herzuleiten, wie es z. B. Creuzer a. a. O., IV. S. 407, thun will, liegen keine genügenden Gründe vor, denn das wenige Zarathustrische, was bei den Essäern sich findet, kam ihnen aus der Hand der Pythagoräer zu, indem wir wissen, dass auf diese auch die Zarathustrischen Ansichten und Einrichtungen von Einfluss gewesen seien. Die Sonne war den Pythagoräern und den Essäern ein Lichtsymbol, wie sie auch den Maurern noch ein solches ist, und deshalb beteten sie besonders gegen die aufgehende Sonne gewandt und erflehten von dem Geber alles Lichtes für den kommenden Tag ein reines und glückliches (geistiges) Licht, Seelenreinheit und Tugend, Wahrheit und Gerechtigkeit. Wird doch ähnlich in einem alten protestantischen Morgenliede also zur Sonne gebetet:

„Brich an, du schönes Tageslicht!
Brich an in deinem Purparkleide!
Erheb’ auch dich, mein Geist, und richt’
Den Blick zum Urquell aller Freuden!“

Der Vendidad Farg. XXI, 20 und 21 sagt:

‘„Gehe auf, o glänzende Sonne, mit deinen schnellen Pferden über den Hara-berezaiti und leuchte den Geschöpfen. Erhebe dich also, wenn du verehrungswürdig bist, auf dem Wege, den Ahura-mazda geschaffen hat, in der Luft, welche die Baghas (Götter) geschaffen haben, auf jenem geschaffenen wasserreichen Wege.“’

Obwohl sonst der Parsismus auf die Juden in der babylonischen Gefangenschaft und unter der persischen Herrschaft in Syrien und Palästina tief eingewirkt, namentlich ihnen die Lehre von der Wiederauferstehung der Todten gegeben hat, ist es sogar auffallend, dass bei den Essäern nach Demjenigen, was wir bis jetzt darüber wissen, die eigentlich Zarathustrischen Lehren, besonders dessen physischer und ethischer Dualismus gar nicht hervortreten. Die Essäer in Palästina waren eine pythagoreische Lehr- und Bildungsanstalt, verändert nach den jüdischen Verhältnissen und namentlich die Mathematik, Astronomie, mathematische Musik und Philosophie hinweglassend, womit [555] sich ja die Juden niemals abgegeben haben, und wesentlich nur die Morallehre und Arzneiwissenschaft, die Heilkunst der Seele oder des Geistes und des Körpers beibehaltend. Da der grössere Theil der jüdischen Essäer (zu [Josephus] und Philo’s Zeiten sollen nach deren Zeugniss 4000 gewesen sein) das unverehelichte Leben als das allein angemessene erklärte, suchten sie ihren Bund dadurch fortzuerhalten, dass sie junge, tüchtige Knaben bei sich aufnahmen, erzogen und bildeten, wie denn vielfach ist behauptet worden, dass auch Johannes der Täufer und Christus selbst essäische Zöglinge und Sendlinge gewesen seien, den Essäern also an dem Aufkommen und der Verbreitung des Christenthums ein wesentlicher Antheil gebühre. – Leutbecher sagt von Johannes, S. 27: „Johannes der Täufer war Essäer, hebräischer Freimaurer, wie es alle Glieder de Stammes Levi waren, dem er angehörte. Er trug stets das Symbol der Essäer oder Chaschdim, die Spade (Matth. 3, 22).“ Das Letztere ist völlig unwahr; denn Johannes spricht, Matth. 3, 11 u. 12, wörtlich: „Ich zwar taufe euch mit Wasser zur Busse; der aber nach mir kömmt, ist stärker als ich, dem ich nicht genugsam bin, die Schuhe zu tragen: derselbe wird euch mit dem heiligen Geiste und mit Feuer taufen. Dieser (Christus und nicht Johannes) hat die Wurfschaufel in seiner Hand, und wird seine Tenne säubern, und seinen Weizen in die Scheune sammeln; die Spreu aber wird er mit unauslöschlichem Feuer verbrennen.“

In dem Feste Johannis des Täufers begehen die Maurer das Jahresfest ihres Schutzheiligen, und sie haben Johannes den Täufer, wie John Poynel im Jahr 1555 der Königin Maria von England versichert haben soll, deshalb zu ihrem Schutzheiligen erwählt, weil er lehrte, dass Der, welcher zwei Kleider habe, eines davon dem Dürftigen geben, Wer aber Speise habe, auch diese mit Dürftigen theilen, überhaupt ein Jeder mit Dem, was er habe, zufrieden sein und sittlich leben solle. Schon darnach ist mithin Johannes der Täufer den Maurern Vorbild der Menschenliebe und Barmherzigkeit, der Enthaltsamkeit und Zufriedenheit, der Sittlichkeit; vorzugsweise sollte Johannes Vorbild der Mildthätigkeit sein, wie es auch im Mittel- [556] alter sehr viele wohlthätige, ihm gewidmete Mönchsgesellschaften in allen Ländern Europa’s gab und die meisten Hospitäler ihm geweiht waren. Besonders gehören hierher das Hospital zum heiligen Johannes in Jerusalem mit den schon im Jahr 1113 durch Papst Paschalis II. bestätigten Hospitalitern oder Johannitern, den mächtigen Nebenbuhlern der etwas später in Jerusalem entstandenen Templern; in dem johannischen Hospitale wurden anfänglich mit grösster Duldsamkeit Pilger, Kranke und Hülfsbedürftige der verschiedensten Religionsparteien gepflegt und unterstützt.1) Schon Krause, Kunsturkunden, II. 2. S. 51 ff., hat darauf aufmerksam gemacht, dass zwischen den Aufnahmsgebräuchen des Johanniterordens und überhaupt der Mönchsorden und den maurerischen sich viele Aehnlichkeit und Uebereinstimmung finde, und deshalb die Vorschriften der Johanniter über die Aufnahmsgebräuche (modus recipiendi fratres ad ordinem) mitgetheilt. – Die Pfleger des Hospitals zu Jerusalem hatten die Regeln und die Kleidung der geregelten Augustiner Chorherren angenommen und hefteten ein weisses Kreuz mit acht Spitzen auf die linke Seite ihres schwarzen Mantels. Johannes der Täufer folgte der harten Priesterregel der jüdischen Essäer; von Kameelhaar war sein Kleid und seine Nahrung war wilder Honig und Heuschrecken; ihm genügte die dürftige Kost, welche dem Prediger in der Wüste selbst die Einöde gewähren könnte. Ob Johannes wirklich dem Bunde der Essäer angehört habe, ist bestritten und kann bei der Dunkelheit, die auf der ganzen Jugendgeschichte desselben ruht, nicht erwiesen werden. Unläugbar war Johannes geboren und lebte bei den Niederlassungen der Essäer unfern vom todten Meere; ebenso war seine ascetische Lebensweise und seine strenge Sittenlehre jedenfalls unter der Anregung und dem Einflusse der Essäer entstanden, – waren jedenfalls dem Geiste nach essäisch, obwohl Johannes bei seinem Hervortreten als Bussprediger nicht die weisse Kleidung der Essäer trug, – wenn er wirklich ein Essäer war, vielleicht um seinem Bunde keine Verlegenheiten und keine Anfeindungen zu bereiten. Viele, und darunter selbst [Theologen], [557] wie Wegscheider, betrachten die johanneische und die spätere christliche Taufe als im Zusammenhange stehend mit der Weihe des reinen Wassers, wodurch, wie bei andern Mysterien des Alterthums, in den Bund der Essäer die Aufnahme erfolgte; wenn Josephus berichtet, dass durch die Wasserweihe die Aufnahme in den zweiten Grad der Essäer erfolgt sei, kommt dieses, wie schon angedeutet, daher, dass Josephus aus den blosen Kanditaten, welche natürlich geprüft und beobachtet wurden und mindestens ein Jahr lang bis zu ihrer Aufnahme zuwarten mussten, schon den ersten Grad gemacht hatte. Gleichviel, ob die Essäer von den Pythagoräern herstammen und von Aegypten ausgegangen sind, oder auf die Parsen zurückgeführt werden müssen, hatten sie jedenfalls nur drei Grade, weil die Pythagoräer und die Parsen nur diese Grade hatten und dieselben zugleich an sich natürlich, gleichsam naturnothwendig sind. Ist die johanneische und christliche Taufe den Essäern entlehnt und nachgeahmt, war sie also ursprünglich an sich nur eine Receptionslustration; jedoch fasste Johannes die Taufe zugleich und wesentlich als das Symbol der Verpflichtung zur Reue und Besserung, zur geistigen Reinigung, zur Läuterung des ganzen inneren Lebens; sie war die Weihung und Kräftigung für das messianische Leben, für das Christusleben und Christusreich.1) – Das Johannisfest wollte ursprünglich die katholische Kirche als den wirklichen Geburtstag (dies natalis) des Täufers feiern; aber bald trat der Gedanke an den irdischen Geburtstag in den Hintergrund und das Fest wurde, wie bei den andern Heiligen, zur Feier des Todes oder des Eingangs in das himmlische Leben. In diesem Sinne pflegte man das Fest mit Blumen und besonders mit Rosen zu schmücken. 2)

Das dunkele, geschichtlich nicht aufgeklärte und bei unsern Quellen wohl kaum jemals aufzuklärende Verhältniss des Täufers zu Christus haben Einige leicht durch die [558] Behauptung gelöset, dass der Täufer und Christus in dem Bunde der Essäer erzogen und als Eingeweihte von diesem ausgesandt worden seien, um eine reinere Religionslehre gegenüber dem erstarrten Judenthum und besonders den jüdischen Secten der Pharisäer und Sadducäer zu lehren. Zu dieser Ansicht neigt sich selbst Stäudlin, indem er a. a. O., S. 479, aus dem furchtbaren Eide, den die Essäer bei ihrer Aufnahme schwören mussten, folgert, dass der Orden und zwar vornehmlich in den höhern Graden Geheimnisse gehabt habe, von welchen Josephus und Philo Nichts wussten und welche gar nicht öffentlich bekannt wurden; in die eigentlichen Geheimnisse des Ordens, die auf weitaussehende Plane zur Verbesserung der Sitten unter den Menschen gingen, seien nur Diejenigen eingedrungen, welche bis in den höchsten Grad gelangt waren. Die gesammten Zeitverhältnisse des jüdischen Volkes und Reiches in den zwei Jahrhunderten vor Christus machen es allerdings wahrscheinlich, dass die Essäer ein geheimer religiös-patriotischer Bund gewesen, aber Sicheres wissen wir nicht. Ständlin, a. a. O., I. S. 581, bemerkt in dieser Beziehung noch: „Was thut es, dass uns Philo und Josephus nichts von der Erwartung des Messias unter den Essäern sagen? Im Orden selbst war nichts damit anzufangen, aber der Orden, der ohne Zweifel grosse geheime Zwecke hatte, konnte diese Erwartung sehr geschickt benutzen, um dadurch eine wichtige moralische Revolution in der Nation zu bewirken. Als der Anfang dazu gemacht war, da war es kein Wunder, wenn nun manche Essener selbst Christen wurden. Deutliche Spuren davon werden wir in den Briefen an Epheser, Colosser und den Thimotheus antreffen. Den Mathäus scheint Clemens von Alexandrien als einen Essener beschreiben zu wollen.“ – Die Essäer würden durch ihre geheimen Reformationspläne mit den Pythagoräern zusammentreffen und beide hätten sich als eines Mittels zur Verwirklichung ihrer Pläne der Jugenderziehung, der Volksbelehrung, der Predigt der Besserung bedient. Bei seiner Ankunft in Kroton begann Pythagoras vor den Jünglingen, vor dem Senate, vor den Knaben und den Frauen in einem ähnlichen Sinne Reden [559] zu halten, 1) wie etwa 500 Jahre später Johannes und Christus dem jüdischen Volke predigten.

Leutbecher, S. 287 stellt die Gründe für die essäische Sendung Christi also zusammen:

  • Die Reden Jesu, seine Handlungen,. sein Tod, tragen essäischen Charakter;
  • die Taufe ist Essäer Weihung und Christus wurde als ein Erwachsener von einem Essäer getauft;
  • die Lehre der Essäer und die Lehre Jesu haben sehr grosse Aohnlichkeit;
  • der Ritus in den ersten Christengemeinden; die gemeinsamen Mahle der Essäer und die Agapen (ja man könnte sagen: die Gütergemeinschaft) der ersten Christen.

Lippert ist es eine ausgemachte Sache, dass Johannes und Christus in den essäischen Anstalten erzogen worden und von dort ausgegangen seien; auch nach Ansicht Anderer befand sich Christus von dem zwölften Jahre seines Lebens bis zum dreissigsten oder bis zu seinem öffentlichen Auftreten bei den Essäern, weshalb über diesen wichtigsten Zeitraum des Lebens Jesu wir keinerlei Nachrichten besitzen. Ausserdem macht Lippert auf den allerdings sehr auffallenden Umstand aufmerksam, dass weder in den Evangelien, noch in den Briefen der Apostel der Namen der Essäer genannt wird, wogegen der Secten der Pharisäer und Sadducäer häufig Erwähnung geschieht. Die Benennung als Bruder in den neutestamentalische Schriften haben wir schon früher berührt. Nach Lippert haben sodann die essäischen Aerzte Jesus vorn Tode erretten wollen, indem sie ihm am Kreuze einen Schlaftrunk gaben, die römischen Grabeswächter bestachen und den Leichnam hinwegnahmen, um ihn wieder zu beleben, aber der unvorhergesehene Lanzenstich in die Seite vereitelte den wohlausgedachten Plan.2) – Der besonnene und gelehrte Stäudlin, a. a. O., I. S. 572, schrieb schon im Jahr 1799:

„Immer ist es mir noch sehr wahrscheinlich – was ich schon anderswo, nicht ohne erfolgten Widerspruch, behauptet habe, und jetzt weiter auszuführen gesonnen bin [560] – dass Jesus, als Knabe in dem Institute der Essener erzogen, unterrichtet, gebildet, zum Jüngling herangewachsen, und von dem Orden zur Bewirkung einer grossen moralischen Revolution ausgesandt und bestimmt worden sei. Diese Behauptung enthält einen hinreichenden Grund, sowohl für sein Verschwinden aus der öffentlichen Geschichte in einem sehr ansehnlichen Zeitraume, als auch für das, was er nachher, da er wieder zum Vorschein kommt, gelehrt, gethan und ausgeführt hat. Die Geschichte sagt es ausdrücklich, dass die Essener sich mit der Erziehung und dem Unterrichte fremder Kinder beschäftigt und ihnen dieselbe Sorgfalt und Zärtlichkeit gewidmet haben, wie wenn es ihre eigenen Kinder wären. In der ganzen Geschichte der Moral unter den Ebräern vor und zu Jesu Zeiten, treffen wir durchaus nichts an, was so mit der Sittenlehre Jesu übereinstimmte, als die Lehre der Essener. Ihr ganzes Institut war so beschaffen, dass sich in demselben am ehesten ein solcher erhabener Charakter, wie der Charakter Jesu war, bilden konnte. Eine solche Absichte als durch Jesum ausgeführt ist, lässt sich noch am besten zu den Geheimnissen, welche der höchste Grad im Orden hatte, rechnen. Wer meine vorhergehende Darstellung des Essenismus auch nur mit gewissen allgemeinen Kenntnissen vom Zwecke, Inhalte und den ersten Schicksalen des Christenthums vergleicht, wird schon von selbst einsehen, wie gegründet diese Bemerkungen sind und wie vieles sie aufklären. Es ist jedoch der Mühe werth, noch einige nähere Erläuterungen und Beweise hinzusetzen.“

„Die Aehnlichkeit zwischen dem Essenismus und Christianismus ist so gross, dass schön mehrere Kirchenväter und verschiedene neuere Gelehrte auf den Gedanken geleitet worden sind, die Essener, wenigstens die Therapeuten, seien Christen gewesen. Eusebius sucht dies schon mit vielen Gründen zu beweisen. Er vergleicht die Nachrichten des Philo mit den Nachrichten der Apostelgeschichte von den ersten Christen und findet eine vollkommene Identität.1) Darin hat er sich ohne Zweifel geirrt. Die ganze Beschreibung des Philo und Josephus leitet dahin, dass [561] die Essener und Therapeuten Juden waren, allein es bleibt immer merkwürdig, dass schon Eusebius auf die Verwandtschaft der Essener und Christianer bis zu einem solchen Grade aufmerksam wurde, und sie lässt sich auch nicht wohl verkennen. Nur muss meine Hypothese richtig gefasst werden. Wenn ich den Essenismus mit als einen Erklärungsgrund der Sittenlehre Jesu ansehe, so behaupte ich gar nicht, das Jesus in allen Stücken, wie die Essener, gelehrt habe, dass keine Verschiedenheit zwischen Christenthum und Essenismus sei, dass die ersten Christen ganz, wie die Essener, gelebt haben. Es bedurfte eine anders modifizirte Lehre, Lehrart und Anstalt für die Welt, als für eine einsame Gesellschaft, für einen geheimen Orden. Die Pythagoräer, welche in die Welt ausgingen und Staatsämter verwalteten, konnten nicht mehr die vollkommenen Pythagoräer spielen. Man kann selbst einräumen, dass Jesus hie und da etwas an der Lehre und Anstalt der Essener missbilligt hat. Aber immer bleibt es mehr als wahrscheinlich, dass eine Hauptquelle des Christenthums in dem Essenismus liegt.“

Zu den essäischen Lehren Christi und zu den essäischen Einrichtungen des Christenthums rechnet Stäudlin, a. a. O., I. S. 574 ff., sodann vorzüglich dessen Lehre vom Eide und von der Beschränkung des Gebrauches desselben, – die Lehre von der natürlichen Gleichheit aller Menschen, – die in der ersten Christengemeinde zu Jerusalem eingeführte Gütergemeinschaft, – das brüderliche Zusammenspeisen beziehungsweise die Liebesmahle, das Abendmahl der ersten Christen, ihr Vorlesen und moralische Deutung der Bücher des alten Testamentes, ihre Waschungen, d. h. die Taufe u. s. w.1) Das Gebot Christi aber, Gott mit ganzem Herzen und seinem Nächsten als sich selbst zu lieben, worauf nach der Meinung von Christus sich der ganze moralische Inhalt des alten Testaments sollte zurückführen lassen, war vor Allem mit der Lehre und dem Geiste der Essäer übereinstimmend und umfasste die essäische Liebe zu Gott, die Liebe zur Tugend und [562] die Liebe zu allen Menschen. Sehr schön und tief gedacht ist, was Stäudlin, a. a. O., I. S. 582 ff., darüber bemerkt, wie durch seine Lehre, sein Leben und Sterben Christus die von ihm beabsichtigte grosse Völker- und Weltumgestaltung in Ausführung gebracht habe. S. 611 sagt Stäudlin: „Jesus war zugleich moralischer Volkslehrer, Weltlehrer, Prophet und ein lebendiges Muster seiner Moral, – ein göttlicher Menschensohn und menschlicher Gottessohn (S. 625).“

Ferner ist aus den Einrichtungen der Essäer und Therapeuten und zum Beweise ihres Ursprunges aus dem pythagoreischen Bunde noch hervorzuheben, dass auch die Therapeuten gleich den Pythagoräern Frauen an ihrem Bunde Theil nehmen liessen und ihre Zwecke und Pläne sich somit in dieser Richtung dadurch als weitergehende darstellen, dass sie auch das weibliche Geschlecht in ihren Wirkungskreis hineinzogen. Solche theilnehmende Frauen hiessen bei den Pythagoräern [...] (Schülerinnen, Lehrlinge), [...], und bei den Therapeuten Therapeutinnen, Pflegerinnen, Gottesverehrerinnen.1) Der gemeinsame Versammlungsort, das Semneion, der Therapeuten war in zwei Theile getheilt und durch eine Zwischenmauer bis auf eine gewisse Höhe getrennt, der eine Theil für das weibliche und der andere für das männliche Geschlecht. Da das Mönchthum, das heilige einsiedlerische und beschauliche, nur frommen Betrachtungen und Werken gewidmete Leben zuerst in Aegypten aufgekommen und von dort ausgegangen ist, dürften nicht allein die Mönchs- und Nonnenklöster auf die dortigen Therapeuten zurückzuführen sein,2) sondern auch die in der christlichen Kirche gebräuchliche Trennung der beiden Geschlechter auf die beiden Seiten der Kirche, wenn nicht, wie in Griechenland dieses gewöhnlich der Fall ist, für das weibliche Geschlecht besondere Emporgallerieen (Gy- [563] naecea) errichtet sind.1) Bei den Mahlzeiten am Tage der Sabbathsfeier wurde dieselbe Sonderung der Geschlechter beachtet, und wenn nach der Mahlzeit heilige Lieder, Hymnen gesungen wurden, wurde ein Männer- und ein Weiberchor gebildet, welche beide Chöre bald abwechselnd, bald mit einander sangen.2) Diese Sabbathsgesänge der Therapeuten sollen nach Philo fortgesetzt worden sein, bis der Tag anbrach; sobald sie die Sonne erblichten, streckten sie die Hände gegen den Himmel und flehten um einen glücklichen Tag, um Wahrheit und Schärfung der Augen ihres Geistes, worauf jeder in seine Zelle zurückkehrte. Solche Mahlzeiten wurden mit einem allgemeinem Gebete zu Gott eröffnet, dass ihm die bevorstehende Mahlzeit angenehm und wohlgefällig sein möge; bei Tische setzten sich alle nach dem Alter ihres Eintrittes in den Orden, die Männer zur rechten und die Weiber zur linken Seite des Saales, und die Jüngern mussten die Aeltern bedienen, da keine besondere Diener gebraucht wurden. Während des Speisens, wobei, wie es schon die Pythagoräer vorgeschrieben hatten,3) nur Wasser getrunken werden durfte, herrschte das grösste Stillschweigen. Dem Essen folgten geistliche Vorträge oder Unterhaltungen und Gesänge. – Die Theilhahme der Frauen an den Mysterien darf wohl als eine ursprünglich ägyptische und von Pythagoras den Aegyptern nachgeahmte Einrichtung angesehen werden, zumal sie sich nur bei den Therapeuten in Aegypten und nicht auch bei den ihnen doch sonst sehr nahe stehenden Essäern in Palästina findet. Bei den alten Aegyptern gab es wenigstens, was früher zweifelhaft war, aber durch neuere Forschungen zur Gewissheit erhoben ist, auch Priesterinnen, also weibliche Mysterieneingeweihte, welche aus der Priesterkaste oder aus dem königlichen Geschlechte genommen wurden.4) Ebenso waren bei den [564] Buddhisten Frauen von den Weihen, selbst den höchsten, nicht ausgeschlossen.1) Auch in die etruskischen Mysterien scheinen nach Lajard, recherches, S. 323, Anm. 3, Frauen eingeweiht worden zu sein. In die Mithrasmysterien wurden Frauen eingeweiht, was bestimmt festgestellt ist,2) ebenso, in die Mysterien zu Samothrace,3) sowie in die eleusinischen, weshalb hier dem Hierophanten eine Hierophantis aus dem Geschlechte der Phylliden und vielleicht noch eine zweite aus einem andern Gesehlechte zur Seite stand.4) Die mit den eleusinischen Geheimnissen der Demeter ursprünglich gleichen, wenn auch später durch Herbeiziehung noch anderer Gottheiten in den Mysteriendienst erweiterten und umgebildeten Mysterien zu Andania oder Anthania in Messenien hatten gleichfalls heilige Frauen [...], welche beeidigt wurden und unter einem besondern Frauenaufseher [...] standen. Sie trugen gleich den Hieroi oder heiligen Männern zu Andania Kopfbinden von weissem Wollenzeug und nahmen an dem Festmahle, an dem heiligen Mahle Antheil, wie sie natürlich eine besondere Priesterin hatten.5) Was auffallend bei den Mysterien zu Andania ist, ist die durch die im Jahre 1858 daselbst aufgefundene und von Sauppe mitgetheilte Inschrift, Z. 18, bezeugte Thatsache, dass sogar Sklavinnen eingeweiht wurden, welche Weihe Sauppe S. 52 daher auch auf die Sklaven ausdehnt. Der Demeterdienst mit den weiblichen Priesterinnen war den Griechen wohl von den Thrakern zugekommen.6) Auch die Druiden oder Kelten, welche Richter wegen der übereinstimmenden religiösen Glaubensansichten und Gebräuchen den Thrakern verwandt glaubt, hatten Schwesterschaften, besondere Frauenstifte, Druiades. Nicht gerechtfertigt ist es, wenn Brosi, die Kelten und Althelvetier, S. 94, behauptet, dass [565] Pythagoras nach dem Vorbilde und in Nachahmung der Druiden an seinem Bunde habe Frauen Theil nehmen lassen, wie er auch die weisse Kleidung von ihnen entlehnt habe. Die weisse Priester- und Mysterienkleidung, die weisse Schürze ursprünglich, war in Aegypten laut der noch vorhandenen Steindenkmale uralt, auch mit den Juden von da nach Palästina gewandert, ebenso in Phönicien und anderwärts gebräuchlich und wohl schon vor dem Auftreten des Pythagoras selbst in Griechenland eingeführt, so dass deshalb Pythagoras sich jedenfalls nicht an die Druiden des Nordens zu wenden brauchte. Auch der Theilnehmer an den höhern curetischen Weihen in den Kretensern des Euripides ist weiss gekleidet.1) Aehnlich wie mit der weissen Kleidung verhält es sich mit den Priesterinnen. In seiner Keltomanie will aber Brösi sogar den Namen des Pythagoras aus dem Keltischen ableiten als den Erklärer des Weltalls, womit es verwandt ist, dass Hugo Grotius (Epist. 552) den Pythagoras aus der essäischen Schule hervorgehen liess, und dass Björnstjerna, die Theogonie, Philosophie und Kosmogonie der Hindus, S. 117, die Druiden im alten Britannien für Buddhisten, ausgegangen von den buddhistischen Phöniciern erklärt, wie er selbst den deutschen Odhin, Wodan dem Bodha, Wodha2) und die nordische Edda den indischen Vêdas gleichstellt, indem er nach seinem dichterischen Ausdrucke die Schaale zerbricht, um zu dem Kerne zu gelangen. Dennoch steht Brosi mit seinen Ansichten über Pythagoras nicht ganz vereinzelt, da Menzel in Nro. 80 seines Literaturblattes für 1858 sich also äussert:

‘„Die Gelehrten haben in der Lehre des Pythagoras doch immer noch etwas übersehen, was zu bemerken hier der schickliche Platz ist. Nämlich nicht nur die Ehre, die bei den Pythagoräern den Frauen erwiesen wurde, sondern auch eine Menge anderer ihrer Lehren, ihrer Vorstellungen von der Natur, ihrer Sittengesetze bis auf Kleinigkeiten herab stimmt auffallend mit nord- [566] europäischen, germanischen und keltischen Vorkommnissen überein, so dass Pythagoras entweder von Babylon und Assyrien aus zur Kenntniss der nordeuropäischen (selbst aus Assyrien stammenden) Weisheit gelangte, oder in Grossgriechenland schon nordischen Sitteneinfluss vorfand und nur erneute.“’

Bei aller Achtung vor dem Wissen und der ächt deutschen Gesinnung von Menzel spricht er doch in diesen wenigen Sätzen unendlich abenteuerliche und unglaubliche Dinge aus, vor denen der kritische und scharfe Redakteur eines Literaturblattes sich doch zunächst selbst hätte bewahren sollen. Alles, was Menzel bemerkt, ist zuförderst ohne allen und jeden historischen Beweis geblieben, kann deshalb auch nicht widerlegt werden und verdient als Unerwiesenes keinerlei Berücksichtigung; sodann aber ist es nicht allein unerwiesen und unerweislich, sondern in der That und Wahrheit im höchsten Grade verkehrt. In Babylon und Assyrien (in welchem letztern sich übrigens Pythagoras wohl niemals aufhielt, da er zu Babylon in 12jähriger Gefangenschaft sich befand) waren weder Germanen noch Kelten, noch konnte man dort über deren Glauben, Wissen und Sein die geringste Kenntniss besitzen, weshalb Pythagoras schlechterdings einige germanische oder keltische Priester und Gelehrten hätte eigens nach Babylon kommen lassen müssen, um von ihnen unterrichtet zu werden, was unter allen Umständen völlig unglaublich ist, zumal ja nach Röth Pythagoras in Babylon sich des Unterrichts des Zaroaster zu erfreuen hatte. Um 500 vor Chr. konnten sodann aber die Griechen, welche schon den Homer und Hesiod mit ihren Schulen, den Tyrtäos in Sparta (Elegiker), Terpandros von Lesbos, Alkmann aus Sardes (melische Dichtung), Mimnormos aus Kolophon (Elegiker), Arion aus Methymna, Alkäos von Mytilene, Sappho und Erinna auf Lesbos, Stesichoros zu Himera (melische Dichtung), Solon (politische Elegie, Spruchdichtung), den Fabeldichter Aesopos, Anakreon aus Teos, Ibykos aus Rhegion, Theognis aus Megara u. s. w., 1)[567] namentlich aber die ganze Reihe der ionischen Weisen und Philosophen, einen Thales von Milet, Anaximander von Milet, Pherekydes von Syros, Xenophanes, Anaximenes von Milet besassen und bereits ein sehr gebildetes und hochstehendes Volk waren, doch unmöglich bei den Barbaren und Bären des Nordens irgend welche Weisheit lernen und holen, am allerwenigsten aber konnte dieses ein Pythagoras, nachdem er in schon vorgerückterem Alter zweiundzwanzig volle Jahre bei den ägyptischen Priestern die Theologie und Kosmogonie, die Mathematik und Astronomie, überhaupt die Naturwissenschaften studirt hatte. Auch würde Menzel der Geschichte einen grossen Dienst leisten, wenn er mittheilen und nachweisen wollte, welche Weisheit um 500 vor Chr. im Norden bei den Germanen und Kelten geblüht habe und daher von den Griechen besonders aber von Pythagoras, bei ihnen gesucht und gefunden worden konnte. Vermuthlich meinte Menzel diejenige germanische Weisheit, von welcher Tacitus Germania cap. 20 mit den Worten berichtet: „In omni domo nudi ac sordidi (nackt und schmutzig), in hos artus, in haec corpora quae miramur, excrescunt.“1) Ein wahrhaft pythischer oder [sibyllinischer], von Lippert erst noch in die Begriffssprache zu übersetzender Ausspruch aber ist es, wenn Menzel mit dem kathegorischen Oder schliesst: „oder in Grossgriechenland schon nordischen Sitteneinfluss vorfand oder erneute.“ Welcher Historiker wird glauben und vermuthen, dass um 500 vor Chr. nordische Sitten auf die damals in der höchsten Blüthe und zugleich an der Spitze der griechischen Bildung stehenden griechischen Colonien in Unteritalien, besonders Kroton, irgend welchen Einfluss haben gewinnen und üben können. Es ist etwas ganz Unerhörtes und sonst noch nicht Behauptetes, dass während des sechsten Jahrhunderts vor Chr. sich die nordische Cultur mit derjenigen in Grossgriechenland in der Weise berührt habe, dass die letztere die erstere mehr oder weniger in sich aufgenommen habe. Ganz unverständlich endlich ist es, dass Pythagoras in Grossgriechenland den schon vorhan- [568] denen nordischen Sitteneinfluss erneuert habe und wodurch er diese Erneuerung habe bewirken können. In dem Wissen und in den Wissenschaften des Pythagoras sind keine nordischen Bestandtheile enthalten und eben so wenig in seinen theologisch-philosophischen Speculation; sie sind ihrem Grundgehalte nach ägyptisch mit einzelnen später vermehrten Beimengungen zarathustrischer Ansichten und Einrichtungen. Wenn Creuzer, Symbolik II. S. 143, meint, dass die Druiden mit den Pythagoräern in der Lehre verwandt seien und beide dieselbe aus der gleichen Quelle geschöpft haben, ist dieses in dem sehr beschränkten Umfange wahr, dass die zarathustrischen Bestandtheile der pythagoreischen Lehre und die Grundlehren der Druiden gleichmässig Hochasien entstammen.

Endlich ist von den Essäern noch anzuführen, dass sie auch Ordensbücher besassen, welche vermuthlich die Statuten des Ordens und allegorische Deutungen enthielten und getreu von Generation zu Generation überliefert wurden.1) Auch in den Eleusinien hatte man heilige Urkunden, welche zu Pheneos in Arkadien in dem sogenannten Petroma, einem steinernen Behälter aufbewahrt wurden, und bei welchem man besonders feierliche Eide zu schwören pflegte;2) aus diesem neben dem Tempel der Eleusinia befindlichen Behältniss, welches aus zwei genau auf einander passenden Steinplatten bestand, nahmen die Priester heilige Schriften, lasen daraus den Mysten vor und verschlossen sie dann wieder.

Wenn der Szufismus der muhammedanischen Völker, der Araber, der Perser und Türken,3) die Weisheit der Mystiker, die Lehre von der Versenkung in Gott und die Unendlichkeit, nicht aus der indischen Yogalehre, der indischen Geheimlehre oder Freimaurerei4) hervorgegangen ist, was allerdings nicht ausgeschlossen ist, könnte sie auch [569] mit der Mystik der Therapeuten und Essäer in Verbindung stehen. Die Yogalehre, d. h. die Lehre der Kunst, Gott gleich zu werden, in Gott sich zu versenken und in ihm aufzugehen, – das Verwehen (nirvána von vá wehen) in die Gottheit, welche als eine Geheimlehre nur an die würdig Befundenen mitgetheilt werden darf und deren Bekenner Yogí genannt werden, ist die indische Maurerei oder geheime reine Tugendlehre. Nach Benfey bei Ersch und Gruber, Encyklopädie, Sect. II. Bd. XX. S. 160 in dem Art. „Jogi,“ bedeutet Joga die Concentration des Geistes auf sich selbst zum Zweck tiefsinniger Betrachtung und die nach indischer Ansicht daraus hervorgehende Vereinigung mit dem Höchsten, mit Brahma. Die Yogalehre1) hat zur Grundlage die Besiegung der Leidenschaften und die Uneigennützigkeit der Handlungen, – dringt überall auf Entfernung des Sinnenreizes, Herrschaft der Erkenntniss, Richtung des Gemüthes zu der Gottheit. Das erste Erforderniss der Vertiefung ist die Unterdrückung aller Leidenschaften, die Abgezogenheit von aller Gewalt der Sinnen, ja allen äusseren, sie reizenden Gegenständen. Erst wenn die Geistigkeit Herrschaft gewonnen hat, kann die Vertiefung Kraft haben.

Die Vertieften, anstrebend, schaun in sich selber ruhend ihn,
doch nicht ihn schaun, auch anstrebend, die nicht vollendet Geistigen.

Ist jedes Regen der Leidenschaft, ja der leisesten Neigung getilgt und die Seele zu völligem Gleichmuthe und Parteilosigkeit gestimmt, so werden Nachdenken und abgezogene Betrachtung herrschend oder der der Sinnenwelt Entzogene, gegen dieselbe Gleichgültige und von keinem sinnlichen Gefühle mehr Bewegte und Beherrschte vermag nunmehr den reinen und blossen Gedanken Gottes zu denken und in diesen sich beharrlich zu versenken, ja durch diese Versenkung zuletzt selbst zu verwehen und dadurch die vollendete Ruhe, das Nichtsein zu erreichen. Eine Hauptstelle des Gedichtes über die Vertiefung ist folgende: 2)[570]

Wie Lampe, frei von Windwehen, nicht sich reget, dess Gleichniss ist
der Vertiefte, der festsinnig, vertieft in Selbstvertiefung sich.
Da, wo, gehemmt, des Geist’s Denken durch der Vertiefung Uebung ruht,
wo allein durch sieh selbst sein Selbst schauend in sich, der Mensch sich freut,
endlose Wonne, fühlbare dem Geist nur, übersinnliche
kennet, und stätig ausdauernd, niemals von ew’ger Wahrheit wankt,
wo, dies erreichend, nicht anders er achtet diesem vorzuziehn,
und wo Unglück nicht, auch schweres, erschüttert mehr den Sterbenden,
diese, des Schmerzgefühls Lösung, wisse, Vertiefung wird genannt.
In Vertiefung der Mensch muss so vertiefen, sinnentfremdet, sich,
tilgend jeder Begier Streben, von Eigenwillens Sucht erzeugt,
der Sinne Innbegriff bändgend mit dem Gemüthe ganz und gar.
So strebend nach und nach ruh’ er , im Geist gewinnend Stätigkeit
auf sich selbst das Gemüth heftend, und irgend etwas denkend nicht;
wohin, wohin herumirret das unstät leicht bewegliche,
von da, von da zurückführ’ er es in des Innern Selbst Gewalt.
Den Vertieften, Stillsinnigen der Wonnen höchste dann besucht,
Dem Irdischkeit die Ruh nicht stört, den reinen, gottgewordenen.

Der sich der Vertiefung Widmende soll in einer menschenfernen reinen Gegend einen auf einen nicht zu hohen und nicht zu niedrigen, mit Thierfellen und Opfergras (Kusa, poa cynosuroides nach Wilson) bedeckten Sitz haben, Hals und Nacken unbewegt, den Körper im Gleichgewicht halten, den Odem hoch in das Haupt zurückziehen, und gleichmässig durch die Nasenlöcher aus- und einhauchen, nirgends umherblickend, seine Augen gegen die Mitte der Augenbrauen und die Spitze der Nase richten, und den geheimnissvollen, dreibuchstabigen Namen der Gottheit, Om!, aussprechen. Der Anhänger der Yogalehre, der in Gott Vertiefte und bei Gott Angekommene hasst Niemand, ist aller Geschöpfe Freund und auf das Wohl Aller bedacht; Keiner, der gerecht gehandelt hat, sei er auch nicht von vollendeter Weisheit, geht verloren. Die Bhagavad-Gítá singt:

‘„Denn alles Thun von Schuld umhüllt, wie Feuers Lodern ist von Rauch.“ 1)

[571] Gott ist gleichgesinnt gegen Alle; wer sich zu ihm wendet, der Brahmane oder ein Knecht, alle können den höchsten Weg einschlagen; aber die wohlwollend gegen alle Geschöpfe Gesinnten, die Tugendhaften, die Gleichmüthigen und Frommen sind Gott theuer.1) Die Gottheit ist die Urpersönlichkeit, das eigene Sein im vollsten Sinne, welches alle Gründe seines Seins in sich selbst enthält.2) Die Bhagavad-Gítá ist die der höchsten und wahrer Begeisterung entflossene poetische Darstellung der philosophischen Yogalehre, – sie ist nach W. v. Humboldts Urtheil, S. 55, die schönste philosophische Dichtung, welche von irgend einer Nation uns erhalten ist. Sie bewahrt noch die ganze Unbefangenheit der Naturpoesie, während die griechischen philosophischen Dichtungen schon in dem deutlichen Bewusstsein ihrer Kunst entstanden sind. – Darin aber, dass der Inder in dem Verlieren oder Aufhören seines Ich in der Gottheit das höchste Gut des Menschen, die Seligkeit erblickt, liegt das Wesentliche Dessen, was das indische und das eigentliche orientalische Leben von dem griechisch-römischen und christlich-germanischen unterscheidet. Wie den orientalischen Staaten die Freiheit des Individuums, das Privatrecht fehlt und vor der Allgewalt eines Einzigen sich das Recht und die Freiheit aller Uebrigen beugt, sich gleichsam in Nichts auflöset, – wie die orientalischen Bauten und Kunstwerke noch in sich kein Mass und selbstbewusstes Ziel gefunden haben, sondern nur das Masslose, das Kolossale zu erreichen streben, und statt in dem massvollen Gesetze der Schönheit sich in dem Unförmlichen und Unnatürlichen gefallen: ebenso hat der Glaube der Inder über das unsterbliche Geistesleben noch nicht den Begriff der individuellen und selbstständigen Fortdauer der Seele gefasst, weil ihnen überhaupt die allen Menschen zukommende Freiheit und das Bewusstsein um dieselbe noch abging. Das individuelle Sein, das menschliche Mass und das menschliche Leben die menschliche Freiheit im [572] schönsten und höchsten Sinne fehlt ihren Staaten, ihren Bauten und ihren Himmeln; die Staaten sind nur despotisch, die Bauten kolossal, die Kunstwerke missgestaltet und die Himmel pantheistisch. Der orientalische Pantheismus beruht mit dem Despotismus ihrer Staaten und dem Kolossalen ihrer Bauten auf derselben Grundlage, auf dem Aufgeben und Opfern der individuellen Freiheit und des individuellen Lebens, – auf der Unfähigkeit, den einmal erfassten Begriff festzuhalten und lebensvoll darzustellen; die menschliche Freiheit und Selbstständigkeit auf Erden und im Himmel, die wahre Fortdauer des auf Erden frei gewordenen und gewesenen Menschen auch nach seinem Tode in dem Himmel wurde erst von den Parsen, Juden, Aegyptern und Kelten geahnet und von den Griechen und Germanen erkannt und geschaffen. Die Gesetze des Menu um das Jahr 900 v. Chr. haben bei den Indern den Pantheismus vorzüglich befestigt; denn sie sagen, dass Gott und die Welt dieselben oder identisch, dass Geist und Materie unzertrennlich sind, dass Gott Alles, und Alles Gott ist. Die Herrschergewalt im Himmel und auf Erden allmächtig zu machen, ihr sich unbedingt zu unterwerfen, sie über Alles zu setzen und zu verehren, vor ihr und in ihr zu vergehen, ist der Grundzug der orientalischen Menschheit. Tholuk, Blüthensammlung aus der morgenländischen Mystik, S. 28, zeichnet dieses dahin: „Die Ueberschwenglichkeit des Gefühls, geleitet durch das beharrliche Streben des Orients nach Consequenz, führt den Indier und den Sinesen, in welchem das Bewusstsein des Unendlichen im Menschen erwacht ist, zu einer so starren, unbeweglichen Hinrichtung auf dasselbe, dass seinen Blicken der Sinn für alles Einzelne und Endliche völlig verschwindet.“

Zu Ende des zweiten und im Anfange des dritten Jahrhunderts des Muhammedanismus finden wir nun auch häufige Erwähnungen der Sufi als einer besonderen Gattung religiöser Menschen. Der Sufismus ist nichts Anderes als eine gemüthvolle Mystik, welche da, wo sie mehr ausgebildet ist, sich pantheistisch ausspricht. Derjenige, welcher als Stifter des Sufi genannt wird, Abu Said Abul Cheir, wurde gefragt (Dschami Beharistan, cod. ms. pers. Raudat I.), was der Sufismus sei und sagte selbst: „Was du [573] im Kopfe hast, lass fahren; was du in der Hand hast, wirf fort; was auch dir entgegenkomme, weiche nicht!“ Einer der grössten Scheiche der Sufi, Dschuneid, erklärte das Sufithum so (Teskirat ol Aul. cod. ins. pers. f. 186 r.): „Der Zweck des Sufifhums ist, den Geist befreien von dem Andrange der Leidenschaften, die Angewöhnungen der Natur ablegen, die menschliche Natur ausziehen, die Sinne unterdrücken, geistige Beschaffenheiten annehmen, durch die Erkenntniss der Wahrheit erhoben werden, was gut ist ausüben, das ist der Zweck des Sufithums.“ – Dschelaleddin Rumi aber sagte noch schöner:

Ein Geschäft nur treiben Sufi auf der Erd’,
Dass ihr Herz ein reiner Spiegel Gottes werd’.
Ist das Herz ein Spiegelglas mondhell und rein,
Bildern hunderttausend kann es Spiegel sein.

Dem Symbole des Spiegels bei den Maurern dürfte daher gleichfalls diese Deutung gegeben werden. – Sylvestre de Sacy sprach im Januarheft des Journal des Savans für 1821 bei Gelegenheit der Recension des Werkes von Tholuk über den Szufismus die Ansicht aus, dass ein Ueberrest einer ältern persischen Sekte diese Mystik erhalten und im Muhammedanismus fortgepflanzt habe; der Dabistan erwähnt unter den alten Persern mystisch-pantheistische Sekten, die den Sufi sehr gleich kommen. Tholuk, Blüthensammlung, S. 38, erhebt Bedenken gegen den persischen Ursprung der muhammedanischen Mystik, weil schon unter den ersten Sufi Kleinasiaten waren, und weil die Mönchsorden des Muhammedanismus insgesammt die Mystik der Sufi haben, so dass sie also nicht gerade auf Persien beschränkt gewesen sei. Tholuk hält es für das Wahrscheinlichste, dass der Sufismus das Selbsterzeugniss einer innerlichen religiösen Erregung der Muhammedaner sei, welche schon bald nach der Einführung des Muhammedanismus die tiefern Gemüther ergriff und nachher eine bestimmtere Gestaltung gewann. Der Umstand aber, dass bei den Muhammedanern die Mönchsorden1) stets in Verbindung mit dem Szufismus erscheinen, lässt wenigstens an die Mög- [574] lichkeit denken, dass die Aegypten benachbarten und zugleich zwischen den jüdischen Essäern und ägyptischen Therapeuten gelegenen Araber von den Therapeuten die Mystik und die Klöster, welche letztere ja nur die Wohn- und Pflegestätte der erstern sind, erhalten und angenommen haben. Ganz unbrauchbar und unwissenschaftlich ist, was Krause, Kunsturkunden, II. 1. S. 461 ff., vergl. mit I. 2. S. 397 ff., über die geschichtlichen Beziehungen des altmasonischen Gebrauchthums zu den Indern, Persern, Aegyptern, Gnostikern und Druiden bemerkt, indem er den Pythagoras und Plato, die Altperser und Zerduscht, – die Aegypter, Phöniker und Druiden, – die Hebräer, Hellenen, Etrusker und Römer, – die Soofi in Persien, die Gnostiker, Culdeer und christlichen Mystiker, vor Allen aber die Masonen ihre Lehren und Symbole in Indien aus den Veden, dem Vedant und Oupnek’hat, der Vedanta-Philosophie u. s. w. bei den Brahmanen holen und von ihnen auf verschiedenen Wegen empfangen lässt; zuletzt (II. 1. S. 470) macht er mit Malcolm die Essener noch zu einem Abzweige des Soofithumes und stellt an die Spitze seines unhistorischen Gebäudes Moses, Pythagoras, Platon, Johannes den Täufer und Jesus als – Soofis (!!!). Vom J. 900 nach Chr. an breiteten sich die Verbindungen der Sufi, welche besondere Häuser bewohnen , in einem gewissen religiösen Verband unter einander stehen und besonders oder am meisten als eine Art mönchischer Brüderschaften in Persien blühten, immer mehr und mehr unter den Muhammedanern aus. Alle Geisteserzeugnisse dieser Menschen athmen eine tief innerliche Mystik; bei denen, welche mehr Erkenntnissbedürfnisse und Talent besitzen, stellt sich dieselbe auch in mehrfachen Schriften begrifflich dar und erscheint alsdann als ein Gefühlspantheismus, welcher in den Gefühlserregungen die Durchdringung des Unendlichen und Endlichen nachzuweisen sucht, der dann aber auch ohne weiteres die Persönlichkeit für Beschränkung durch die Relativität der Einzelwesen, also für Schein erklärt, das Böse nur vom relativen Standpunkte aus vom Guten unterscheidet, nämlich für den niedern Grad der Entwickelung des Guten erklärt, und am Ende vom absoluten Standpunkte aus Alles in der Welt, Gutes und [575] Böses, Mensch und Thier, die Religionen alle, Nacht und Tag, Tod und Leben für identisch hält.1) – Aus den Szufiten sind dann wieder im 10. Jahrhundert die „Lauteren Brüder“ oder „edlen Freunde“ in Basra hervorgegangen.2) Der Bund, die Loge der lautern Brüder, hatte nach Dieterici, a. a. O., S. 253 ff., vier Stufen, indem ihnen die Vierzahl, vielleicht im Hinblick auf die vier Elemente, als eine symbolische galt. Auch die Latomia, Bd. XVII. S. 3 ff., bespricht die arabischen Freimaurer. Die heutigen ägyptischen Freimaurer sind die Derwische, Schech, d. i. Meister, oder Murebid, d. h. Geweihter, genannt. Unter allen diesen mystischen und maurerischen muhammedanischen Geheimbünden sind die ansprechendste und schönste Erscheinung die lautern Brüder von Basra, da dieselben das Mönchsthum abstreiften und die Wissenschaften pflegten, indem sie eine Art Encyklopädie aller damaligen Wissenschaften in 51, bei Dieterici, S. 221 ff., aufgezählten Traktaten herausgaben. Die Abhandlungen der lautern Brüder zerfallen gleichfalls in vier Theile, von denen der erste die philosophischen Uebungswissenschaften enthält, der zweite die körperliche Naturwelt, der dritte die vernünftige Seele und der vierte das göttliche Gesetz behandelt. Die Maurer könnten Vieles von den „edlen Freunden“ (der Wissenschaft) lernen und annehmen. Bekanntlich war Basra oder Bassora, welches der Khalife Omar im J. 656 erbaute und das noch jetzt 60,000 Einwohner zählt, ein Sitz der arabischen Wissenschaften.

Als Probe szufitischer Mystik diene: I. aus dem Lehrgedichte Mesnewi des im J. 1252 zu Ikonium verstorbenen Dschelaleddin Rumi (des Glaubensglanzes), welches Gedicht sich in den Händen aller Sufi des Morgenlandes befindet:

  • 1. Was die Lieb’ sei, was Geliebtsein, forsche nicht,
    Nimmer lernst du’s, wenn’s die Lieb’ nicht selber spricht;
    Was die Sonn’ sei, keiner sagt’s als sie allein,
    Drum verlangt dich zu ihr hin, blick’ stets hinein!
  • 2. Sinn für Diesseits ist die Leiter dieser Welt,
    Sinn für Jenseits ist die Trepp’ zum Himmelszelt,
  • 3. Dünkt die Welt dir wunderbar und gross zu sein?
    Wiss’, vor Gott ist sie ein Sonnenstäublein.
    Seelenkerker, eng und schwarz, ist diese Welt,
    Wie zur Heimath flieh’ zur Flur hin jener Welt!
  • 4. Kein Gebet ohn’ Herzenssammlung hat Gewicht.
  • 5. Doch wo ist ein Schöner, der nicht unschön wird?
    Wo die HüIse, der das Mark nicht trocken wird?
    Ein Gesang nur ewig gleich schön tönend ist,
    Dies der Auferstehungssang im Frommen ist.

II. Mewlana Dschami, ein ausgezeichneter Dichter Persiens des 16. Jahrhunderts, sagt:

Der ist ein Freund, der, wenn vom Freund er Zorn erfährt, noch liebender wird,
Von jedem Stein, den der Freund ihm wirft, der Freundschaft Bau gegründeter wird.

Derselbe Dschami erzählt: Scheich Abul Hassan Chirkani sprach einst zu seinen Freunden: Was ist auf der Welt das Beste? Seine Freunde antworteten: Sag’ du es uns! Darauf sprach er: Jenes Herz, dessen ganze Sorge in Seinem Wesen ruht.

Also ist mein Herz beschaffen, dass bei jedem Wunsche mein,
Neben ihm geschrieben steht der heil’ge Wille Dein.

An einem andern Orte berichtet er: Zu Baschar Hafi sprach ein Andächtiger: Wenn ich das Brod in die Hand nehme, weiss ich nicht, welche Zukost ich geniessen soll. Er antwortete: Danke für deine Gesundheit und halte das für deine Zukost.

Nach demselben sprach Ali Rami: Der Glaube ist Reissen und Binden, ’reiss’ los dich von der Welt, binde dein Herz an Gott.

Weiter sagt Dschami: Husseiri sprach: Der Sufi ist Der, welcher nicht mehr ist nach seiner Vernichtung und nach seinem Dasein nicht mehr vernichtet wird. Er wollte sagen: Wer einmal aus seinem vergänglichen Leben in das wahre getreten, wird nicht mehr als Vergänglicher gefunden, aus dem wahren Leben scheidet er nimmer.

[577]

Glücklich, wer ein metaphorisch Bild gewesen,
Und gelangt zum wesenhaften Wesen.
Durch Vernichtung Solchem ward gegeben
Das vernichtungslose Leben.

Dschami hat auch das schöne Bild von der Weltschöpfung, dass Gott, um sich im leeren Spiegel des Alls nicht ewig selbst zu erschauen, sondern sein Bildniss aus Andern wiederstrahlen zu sehen, die Schöpfung als ein neben ihm Seiendes geschaffen habe. Dschami singt:

Es war der Freund am Uranfang der Zeiten
In sich versenkt und seine Herrlichkeiten.
Es hatte Niemand zu ihm hin den Weg gefunden,
Um seine Reize hatte er den Gürtel festgebunden.
Den Spiegel hielt er vor das eigene Gesicht,
Doch theilte er des Schauens selige Lust nicht.
Da auf dem Nichtsein ohn’ Genossen er sich wiegte,
So labt’ er sich allein an seiner Schönheit Lichte.
Es war nicht Zweiheit, Alles war der Eine,
Da war kein Streit noch zwischen Mein und Deine,
Die Schöpfungsfeder war von keinem Messer noch zerspalten,
Die Tafel hatte von der Feder noch keine Wund’ erhalten.
Der Himmel, der sich unermesslich strecket,
Lag damals noch in Einer Falt’ vordecket.
Von Sternen war noch keine Perlenschnur gezogen,
Es glänzte noch kein gold’nes Aug’ am Himmelsbogen.
Der Vatersamen lag, von Kraft erfüllet,
Verborgen in dem Mutterschooss verhüllet,
In dieser Wiege schlummernd lag, den Mund verschlossen,
Das holde Kind, daraus das Weltall eritsprossen.
Zwar konnte Er in Seinem eigenen Wesen
Die Züge aller Herrlichkeiten lesen.
Doch wollte er mit seiner Farbe Andre malen,
Sein Bildniss schau’n aus Andern widerstrahlen.
Also viel tausend einzelne Gestalten
Aus dieser Kräfte reichem Urquell walten.

III. Feridoddin Attar, ein älterer szufitischer Mystiker, lässt den Manssur Helladsch sagen: „Du erhabener Herr, ich weiss, dass du bist rein, und ich sage, du bist rein von allem Lobe der Lobenden und allem Preise der Preisenden und allen Gedanken der Denkenden. Mein Gott! du weissest, dass ich die Pflichten des Dich Lobens nicht zu erfüllen vermag. Lobe du an meiner Statt dich selbst, das ist das wahre Lob.“ 1)

[578]

Derselbe Foridoddin Attar, welcher nach Einigen im J. 1331, nach Andern 1327 oder 1318 verstarb, trägt in seinem Dschauhar Odsat, S. 139, das Bild der neu-platonischen Symbolik, wornach der in die Erscheinungswelt gefallene Mensch mit dem eitelen Narciss verglichen wird, der an seinem Schattenbild im Bach trunken wurde, in folgender Fabel von dem Fuchse vor:

Du (der Mensch) bist der Fuchs, der, trotz der List, bethöret,
Ins Wasser fiel, wie uns die Fabel lehret.
Behend’ ein Fuchs ob Berg und Thal einst rannte,
An einen Brunnen plötzlich er sich wandte.
Den Kopf er senkte in den Brunnen nieder,
Da schien ein zweiter Fuchs im Brunnen wieder.
Nun thät den Finger an die Nas’ er legen.
Begann mit jenem Fuchs Gespräch zu pflegen.
Er winkt und grüsst, auch jener grüsset munter,
Ei, ei! er spricht, ich muss zu ihm hinunter!
Gern möcht’ zu ihm er zum Besuche eilen,
Drum stürzt er plump hinein sich, ohn’ Verweilen.
Doch als er angelangt im Brunnen unten,
Hat keinen Fuchs er als sich selbst gefunden.
Schnell wollt’ er gern heraus nun wieder springen,
Doch aufwärts wollt’ es nicht so leicht gelingen.
Geplätscher macht er viel, und gräulich schreit er
Ich Thor! Er schrie, ich dacht’, ich wär’ gescheidter!
0 weh! dass ich mich nicht in Acht genommen!
He da! Will Niemand mir zu Hülfe kommen!
Doch ach! Hier hilft wohl weder Schrei’n noch Bitten,
Mein Geist ist schier mir aus der Hand geglitten!
Wohl viel die Aeuglein nach dem Rand er wandte,
Und viele Seufzer er nach oben sandte;
Doch plötzlich zog das Wasser ihn hinunter,
Mit lautem Schrei ging er im Wasser unter.
Dem Füchslein du, o Menschenkind, gar gleich bist,
Des Teufels Brunnen der Brunnen dieser Welt ist
Im Wasser sahst dein eignes Schattenbild du,
Auf diesen Schatten stürzest du in Hast zu.
Wohl dem, der schnell an’s Tageslicht hinaufflieht,
Eh’ in die Tief’ der Strudel ihn hinabzieht.1)

Die Symbolik des Spiegels ist also auch den Szufiten geläufig gewesen, wie z. B. Feridoddin Attar auch spricht:

Nimmer liess der reine Geist seiner Lust den Zügel,
Darum war sein Herze jetzt reiner Gottesspiegel. 2)

[579]

Ebenso sagt er in den Vogelgesprächen:

Der Höchste ist ein Sonnenspiegel,
Wer zu ihm kommt, schaut sich darinnen.
Schaut Seel’ und Leib und Leib und Seel’. 1)

Der Inhalt der Encyklopädie oder der 51 gelehrten Abhandlungen der lautern Brüder zu Bosra beweiset wenn nicht den Zusammenhang der Szufiten mit den Essäern und Pythagoräern, doch jedenfalls die Aufnahme des gesammten pythagoreischen Wissens und Lehrens in den Wissens- und Lehrkreis der lautern Brüder. Die erste Abhandlung des ersten Theils z. B. behandelt die Zahl, was sie eigentlich sei, und wie viel Zahlen es gebe. Diese Abhandlung bezweckt die Seele Derer, die sich der Philosophie ergeben, das wahre Wesen der Dinge beschauen und nach dem Urgrund der vorhandenen Dinge forschen, zu üben. Sie stellt dar, dass die Form den Zahlen in der Seele den Formen der in der Materie vorhandenen Dinge entspreche, und dass die Lehre von der Zahl der Ursprung der Wissenschaft und die Quelle aller Weisheitslehren sei.2) – Die zweite Abhandlung des ersten Theils handelt von der Geometrie und die dritte von den Sternen; die letztere beabsichtigt, die Seele anzustacheln, in die ihr eigene Welt, in die Welt der Kreise und Ordnungen des Himmels sich zu erheben. Die vierte Abhandlung des ersten Theils handelt über die Geographie, d. h. über die Kugelgestalt der Erde und ihre Klimate. Sie bezweckt, den Grund anzugeben, weshalb die Seele in die Erde niederstieg, und die Sorglosen zum Nachdenken anzuregen über die Wunderzeichen in den Zonen, in den Seelen, im Himmelreich und auf der Erde, auf dass ihnen klar werde, dass Er (Gott) der Wahre sei und sie sich zur Abreise von der Erde wohl bereiten, sich auch wohl versorgen für die andere Welt, noch vor dem Tode fürchten, der ja die geistige Geburt und das Schwinden und das Ende des Lebens ist. – Eine weitere Abhandlung des ersten Theils betrifft die Musik und [580] zeigt, dass die Töne und die zusammengestellten gemessenen Weisen auf die Seelen der Hörer ebenso wirken, wie die Heilmittel und Tränke, die Würzungen und Gegengaben auf den thierischen Leib. Ferner stellt sie dar, dass die sich bewegenden Himmelskreise durch ihren Umschwung, und indem sie einer den andern berühren, Töne und liebliche Weisen, gleich den Tönen der Saite einer Leyer oder Harfe, hervorbringen. Die Absicht hierbei ist, die vernünftige, engelartige Menschenseele begierig zu machen, dorthin nach dem Tode, d. i. nach der Trennung von dem Körper, aufzusteigen, denn dahin wird sie zu den Geistern der Propheten, der Aufrichtigen, der Märtyrer und der wahrhaft Erkennenden, Schauenden, Frommen sich emporheben, was auch noch in einer besondern Abhandlung (III. Theil 7) über die Heimsuchung, Auferstehung und Himmelswanderung dargethan wird.

Schimmert aus allen diesen Abhandlungen die pythagoreische Philosophie unverkennbar hindurch, ist dieses noch weit mehr in der elften Abhandlung über den Sinn der Kategorien, d. i. über die Darlegung von den zehn Worten und Ausdrücken, von denen jeder einen Gattungsbegriff von den vorhandenen Dingen bezeichnet, der Fall. Die Pythagoräer, Pythagoras oder Alkmäon, hatten bereits eine unvollkommene Tafel der Kategorien, der Gegensätze, auf welche sich alle Dinge zurückführen lassen, in einer Zehnzahl aufgestellt:

  • 1) Grenze und Unendliches;
  • 2) Ungerades und Gerades;
  • 3) Einheit und Vielheit;
  • 4) Rechts und Links;
  • 5) Männliches und Weibliches;
  • 6) Ruhendes und Bewegtes;
  • 7) Grades und Krummes;
  • 8) Licht und Finsterniss;
  • 9) Gutes und Böses;
  • 10) Quadrat und Parallelogramm.
1)

Etwas Indisch2) zugleich ist dagegen z. B. die neunte [581] Abhandlung des zweiten Theils über die Zusammensetzung des Körpers, wornach der Mensch eine kleine Welt ist und der Bau seines Leibes einer vortrefflichen Stadt, seine Seele aber einem Könige in der Stadt gleichet. Der Mensch sei das Buch, welches Gott mit seiner Hand geschrieben; die Menschenseele sei die Stellvertreterin Gottes auf der Erde, denn wenn der Mensch sich selbst erkenne, erkenne er auch seinen Herrn; ihm sei es möglich, zu Gott zu gelangen und in seiner Nähe zu sein. Der dritte Traktat des dritten Theils behandelt umgekehrt den Ausspruch der Weisen, dass die Welt ein grosser, guter, mit Geist und Seele begabter Körper sei, eine lebendige, ihrem Herrn gehorsame Welt. Sie schuf der erhabene Schöpfer als ein vollständiges Ganzes am Tage seiner Schöpfung und Alles in einem Himmelskreise preiset Gott. Der fünfzehnte Traktat des zweiten Theils handelt über die eigentliche Bedeutung des Todes und des Lebens, und was es bedeute, dass beide in dieser Welt des Entstehens und Vergehens sich finden. Diese Abhandlung will den Grund darstellen, warum die vernünftige Seele mit dem menschlichen Körper bis zur Zeit des Todes verbunden sei, dass der Tod gering zu schätzen und die Furcht davor fern zu halten sei; auch die Seele sicherlich nach dem Tode, der ja nur die Trennung vom Leibe und die geistige Geburt ist, fortdauere. Die sechszehnte Abhandlung des zweiten Theils fügt bei, dass die Hölle in dieser Weit des Vergehens und Bestehens, und das Paradies in der Welt der Himmelskreise und in den Weiten des Himmels sei. – Der vierte Traktat des vierten Theils handelt von der Beschaffenheit des Lebens der lautern Brüder und wie sie einer dem andern beistehen, einander wahrhaft lieben und Mitgefühl, Mitleid und Erbarmen mit einander haben sollen. Die Absicht hierbei ist, die Herzen zusammenzufügen und sie zu gegenseitigem Beistand in den Angelegenheiten des irdischen und jenseitigen Lebens zu bewegen. Ihr inniges Zusammenleben und der gegenseitige Beistand, den der mit zeitlichem Gut Gesegnete und der mit Kenntnissen Begabte sich gegenseitig leisten sollen wird in dem Bilde dargestellt, dass Zwei sich auf die Reise begeben, von denen der Eine blöde Augen und einen schwachen Körper, [582] aber eine grosse Menge Reisekost hat, dass er sie nicht selbst zu tragen vermag; der Andere hingegen ist stark und sehkräftig, doch ohne Reisekost: da führt nun der Starke den Blinden, trägt dessen Last und zehrt dafür mit ihm, bis beide glücklich zum Ziele gelangen. Diese innige Verbindung muss stattfinden, da in der Welt zwei Gegensätze, der des Leibes und der des Geistes, bestehen; nun gibt es vier Arten der Menschen: die Einen haben Geist und Gut, noch Andere endlich nur Kenntniss. In Güte und Liebe mussten daher die Glücksgüter ausgetauscht und ausgetheilt werden. Sie theilen dann die Mitglieder ihres Bundes, der Seelenkraft eines Jeden gemäss, in vier Stufen: die Geschickten (Dsawu-s-szana ’i), die mit der Leitung (as-sijasa) Begabten, die Könige und Herrscher - und die Könige und Herrscher der Könige und Herrscher, und die vier Stufen wurden mit dem Alter von 15, 30, 40 und 50 Jahren erreicht. Die letzte Stufe war der zum Tode, zur Trennung von der Materie und zur Rückkehr in den Himmel vorbereitende Meistergrad. Diese Stufe bezeichnet der Koran (S. 89, 28) mit den Worten: „0! du beruhigte Seele, kehre heim zu deinem Herrn, zufriedenstellend und zufriedengestellt.“

In welchem Sinne der Mensch und die Welt das Spiegelbild, das Ebenbild der Gottheit sei, darüber spricht Mahmud’s Lehrgedicht Gülschen Ras, Rosenbeet des Geheimnisses, aus dem Jahr 1339 sich also aus:

Stellst einem Spiegel du dich gegenüber,
Strahlt dein Gesicht in jenem Spiegel wieder,
Im Bilde kannst du deine Züge lesen,
Doch ist’s nicht Du, auch ist’s kein anderes Wesen.
So strahlt die Welt aus Gottes Antlitz wieder,
Sie ist nicht Er, und doch ist Er sie wieder. 1)

Derselbe spricht als die mystische Bedeutung des Christenthums aus:

Weisst du, was das Christenthum? Ich will es dir sagen.
Gräbt die eigne Ichheit aus, will zu Gott dich tragen,
Deine Seel’ ein Kloster ist, drin die Einheit wohnet,
Ein Jerusalem du bist, da der Ew’ge thronet,

[583]

Heil’ger Geist dies Wunder thut, denn im heil’gen Geiste
Wisse! Gottes Wesen ruht als im eignen Geiste.
Gottes Geist gibt deinem Geiste seines Geistes Feuer,
Er in deinem Geiste kreist unter leichtem Schleier.
Wirst du von dem Menschenthum durch den Geist entbunden,
Hast in Gottes Heiligthum ewig Ruh gefunden.
Wer sich so entkleidet hat, dass die Lüste schweigen,
Wird fürwahr wie Jesus that, auf zum Himmel steigen. 1)

Die neueste deutsche Abhandlung über Inhalt und Verfasser der arabischen Encyklopädie, d. i. die Abhandlungen der aufrichtigen Brüder und treuen Freunde, nebst Andeutungen über die Einrichtungen des Bundes der Verbrüderten, ist von Prof. G. Flügel in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. XIII. Seite 1-38. Nach Flügel, S. 6, fällt die Abfassung der Encyklopädie um 970 n. Chr. oder wenig später, und dieselbe ist nicht aus Einem Kopf hervorgegangen. Der Zweck, des Bundes war die Vereinigung der Herzen und die gegenseitige Unterstützung in geistigen (vorzugsweise religiösen) und weltlichen Dingen und der Bund beschränkte sich nicht etwa auf Basra, wo man den Centralpunkt zu suchen hat, sondern schlug überall da seinen Wohnsitz auf, wo sich Verbrüderte fanden. So lassen sich Spuren einer Abzweigung in Bagdad nicht verkennen, indem in einem Gespräche von ihnen gesagt wird: „Wo auch immer im Lande unsere Brüder sich befinden, sollen sie einen besonderen Versammlungsort haben, an denen sie zu bestimmten Zeiten zusammenkommen, ohne dass irgend eine andere Person unter ihnen Zutritt habe. Dort sollen sie über ihre Wissenschaften ihre Gedanken austauschen und ihre Geheimlehre mit einander besprechen (S. 27 und 28)“. Die gegenseitige Stellung, weist jedem der Verbrüderten die Mittel und die Art und Weise an, womit er Unterstützung gewähren oder diese annehmen soll. Von beiden Seiten muss sie ohne Rückhalt erfolgen. Selbst die grösste Aufopferung darf nach keinem Danke fragen, viel weniger der materiell oder geistig Begabte den minder ausgestatteten Bruder irgendwie sein Uebergewicht fühlen lassen. Vielmehr sollen jene Gott um Gelegenheit zu dieser Hülfe bitten und ihre [584] Mildthätigkeit mit der grössten Schonung üben. Alle, heisst es, sind ja Eines Schöpfers Kinder und ein Gläubiger des andern Bruder. Zugleich schlossen die Verbrüderten keine Wissenschaft, überhaupt nichts Wissenswerthes von ihrer Forschung und Beschäftigung aus. Denn: Mit einem Wort, – heisst es weiter, – es sollen unsere Brüder gegen keine Wissenschaft feindlich gesinnt, d. h. im Voraus eingenommen sein, oder sich von irgend einem Buche fern halten, ebensowenig gegen irgend ein Lehrsystem ein parteiisches Vorurtheil hegen; denn unser Lehrsystem umfasst alle Lehrsysteme ohne Ausnahme und vereinigt sämmtliche Wissenschaften. Alle diese Sätze enthalten goldene Regeln auch für Freimaurer und könnten in ihrem Munde nicht treffender ausgedrückt werden.

Die Druiden,1) oder vielmehr das durch diese Priester, beherrschte und geleitete Volk der Kelten, nach Aristoteles der Galater, der spätern Gallier,2) sind als Indogermanen, als Arier mit den Germanen, Baktern, Indern, Etruskern, Griechen und Römern u. s. w. urverwandt; – sind mit ihnen aus demselben Ursitze ausgezogen und haben daher gewisse religiöse Vorstellungen und Lebenseinrichtungen gemein.3) Die Druiden, d. i. die Wissenden, die Kenntnissreichen, die Gelehrten, die Gottesgelehrten, von dem altkeltischen derwyz derwydd, zusammengesetzt aus dâr und gwyz, d. h. der viel weiss,4) waren ihrer Abstammung gemäss ein Gott (nach Caesar (5) in Gallien Dis, der Leuch- 5 Caesar de bel. gal. lib. Vl. cap. 18: „Galli se omnes ab Dite patre prognatos praedicant idque a druidibus proditum dicunt.“ – Nach Richter, a. a. O., S. 493 a unten, könnte bei dein gallischen Teutates an den Teut oder Thot der Aegypter gedacht und dieser wieder mit deus, [...], divus, Dis u. s. w. für einerlei oder wenigstens für verwandt gehalten werden.
[585] tende, gleich dem germanischen Tyr, oder auch Bel, Baal, Belenus genannt, mit der ihm heiligen Eiche) und die Unsterblichkeit der Seele glaubender Geheimbund, eine förmliche Mysterienanstalt, und trugen gleich den morgenländischen Priestern, den Pythagoräern, Essäern, Therapeuten, Kureten u. s. w. und gleich den Maurern die weisse Kleidung, die Kleidung des Lichtes. Demogeot, histoire de la littérature française, Paris 1860, S. 6, Anm. 2, leitet mit Duclos, sur l’étymologie du nom des Druides, in den Mém. de l’Ac. des Inseript. XVIII, p. 185, den Namen der Druiden oder Derouyd ab von De, Di, Gott, und rhoud oder rhouid, redend, so dass Derouyd einen von Gott Redenden, einen Theologen bezeichnen soll. Plinius leitet den Namen ab von [...], keltisch derus oder auch dâr, die Eiche, oder eigentlich, was weit und gross ist; Andere von dem keltischen de-ruwis, d. h. rectores sapientes.1) Richter hält es für das Wahrscheinlichste, dass der Name der Druiden mit Eiche zusammenhänge, somit die Druiden die Grossen, die hochragenden Bäume und alle übrigen Wortbedeutungen nur abgeleitete wären. Die Druiden berühren sich in dem Glauben und in den religiösen Gebräuchen, z. B. des Barfussgehens, des Opfers von Brod und Wein 2), vielleicht selbst in der Wiederauferstehungslehre und in dem felsgebornen Sonnengotte (Mithra 3)), auf das Innigste mit den Parsen und den Mithrasmysterien und in späteren Zeiten auch mit den Pythagoräern, mit den Griechen und Römern. Dagegen ist es gewiss unbegründet, dass Richter, a. a. O., S. 488, vergl. mit S. 498 a., die Druiden mit den Buddhisten , den Samanäern des Ostens, in Verbindung stehend glaubt. Für seine diessfällige Meinung führt Richter an, dass Diogenes 5[586] Laertius und Suidas den Druiden den Namen [...], d. h. nach dem Griechischen, die erhabenen, verehrungswerthen, göttlichen Männer, geben; auf einem in der pariser Domkirche im J. 1711 (nach Eckermann III. 1. S. 5, im Jahre 1726) gefundenen Denkmale heissen sie Senani, und im Walisischen bedeute Semnos einen Erforscher der Zukunft; alles Dieses könnte mit dem indischen Saman in Verbindung stehen und dieses in [...] und Senani versteckt liegen; dahin könne man auch noch rechnen den als heilig und ehrwürdig angesehenen germanischen Stamm der Semnonen, die keltischen Sennonen und die Diisemones bei den Römern; im Phönicischen heisse auch San, Sanna, die Wissenschaft, – im Persischen San Gesetz, Vernunft, im Altgermanischen San heilig, das latein. sanctus; man könnte auch bei [...] an Samen, sammeln, im Altschwedischen Samnad, die Versammlung, und Thiod, Volk, denken, also Semnothei durch Semnotheodi, heilige Leute, erklären. Indessen durch alles Dieses wird nichts dargethan als die Sprachverwandtschaft der Kelten mit den Indogermanen, keineswegs aber die Einwirkung der Buddhisten oder selbst der Brahmanen auf die Kelten, welche Einwirkung schon dadurch ausgeschlossen wird, dass die Kelten Asien vor den Buddhisten oder jedenfalls ehe die buddhistische Religion aus dem Süden nach dem mittleren und nördlichen Asien vorgedrungen war, verlassen und sich in Europa, besonders in dem heutigen Deutschland, in der Schweiz, Frankreich, Spanien und England niedergelassen hatten.

Die Druiden waren bei den Kelten in demselben Sinne und in demselben Umfange die Träger und Bewahrer alles Wissens, die Religionslehrer, die Sänger und Dichter, die Naturkundigen und Aerzte, – die Astronomen, Astrologen und Wahrsager oder Propheten, die Baumeister, die Gesetzgeber und Richter u. s. w.,1) wie die Atharva’s bei den Baktrern, die Chaldäer oder Magier bei den Babyloniern, die Brahmanen bei den Indern, die ägyptische und jüdische Priesterschaft, ja vorübergehend und theilweise wenigstens auch Pythagoras bei den Griechen. Die Druiden hatten [587] daher trotz ihrer blos mündlichen Lehrweise gewiss auch ihre heiligen Schriften, worin ihr Wissen aufgezeichnet und niedergelegt war, wie solche heiligen Schriften die baktrischen, die babylonischen, die brahmanischen und buddhistischen, die die.sinesischen, die phönikischen, die ägyptischen und jüdischen Priester und Weisen, ja zum Theil selbst die Griechen in den Mysterien hatten, z. B. zu Andania in Messenien den Hieroi, den Heiligen und Leitern der umgestalteten eleusinischen Mysterienfeiern zu Andania, die Aufbewahrung der heiligen Schriften, [...] oder [...] [...] genannt, und der heiligen Geräthschaften übertragen war,1) obwohl wir von den heiligen Schriften der Druiden durchaus nichts Näheres wissen und Nichts davon erhalten ist. Eginhardt und verschiedene Historiker nach ihm versichern, dass Karl der Grosse alle noch erhältlichen Druidenverse und Bardengesänge habe sammeln und daraus eine Geschichte der keltischen und gallischen Alterthümer habe anfertigen lassen.2) Die Mysterien der Druiden waren wahre Unterrichts- und Bildungsanstalten, förmliche Gelehrtenschulen, wie es namentlich die ägyptischen Mysterien, der pythagoräische Bund und als Bauschulen die alten Bauhütten, Bauzünfte, Baubrüderschaften und Baucorporationen gleichfalls gewesen sind. Der Unterricht wurde von den Druiden durchaus als ein geheimer und deshalb auch blos mündlicher ertheilt, und es war ausdrücklich verboten, Etwas niederzuschreiben oder zu veröffentlichen. Caesa, de B. G. lib. VI, 14, meldet in dieser Hinsicht: „Nefas existimant, ea literis mandare; – quod neque in vulgus disciplinam efferri velint.“ In diesen Bildungsanstalten brachten die keltischen Jünglinge nach dem Berichte Caesars3) l. c. oft zwanzig Jahre zu, woraus wohl geschlossen werden darf, dass die zu Unter- [588] richtenden schon als Knaben die Unterrichtsanstalten bezogen haben, und mit dem ersten Elementarunterrichte begonnen und mit den höhern Wissenschaften geschlossen worden sei, so dass natürlich nur Diejenigen 20 Jahre blieben, welche förmlich studirten. Die Schüler mussten nach Art der Schüler des Pythagoras vorzüglich Verse auswendig lernen, wie Caesar sagt: magnum ibi versuum numerum1) ediscere dicuntur, itaque annos nonnulli vicenos in disciplina permanent, da es keine Bücher gab, die Vorträge nicht aufgezeichnet werden durften und daher nur aus den heiligen, in Versen verfassten Aufzeichnungen auswendig gelernt werden konnte. Der Inhalt der Verse umfasste die Moral- und besonders die Unsterblichkeitslehre, die Kosmogonie und Theogonie, die Astronomie u. s. w.,2) denn Caesar fährt in der angeführten Stelle fort: „In primis hoc volunt persuadere, non interire animas, sed ab aliis post mortem transire ad alios (also die indische, ägyptische, pythagoreische und platonische Seelenwanderungslehre): atque hoc maxime ad virtutem excitari putant, metu mortis neglecto. Multa praeterea de sideribus, atque eorum motu, de mundi ac terrarum magnitudine,3) de rerum natura, de deorum immortalium vi ac potestate disputant et juventuti tradunt.“ Aehnliche heilige Schriften oder wenigstens heilige Sagen in Versen scheinen die Germanen besessen zu haben, da Tacitus, Germ. cap. 2, von ihnen berichtet: „Celebrant carminibus autiquis (quod unum apud illos memoriae et annalium genus est) Tuisconem, terra editum, et filium Mannum (den Urmenschen), originern gentis.“ Die Morallehre der Druiden, welche Pomponius Mela, lib. III., cap. 1, magistros sapientiae nennt und die nach [589] ihm docent multa nobilissimos gentis clam et diu, vicenis annis in specu, aut in abditis saltibus, fasst Diogenes Laertius in der Vorrede seines Werkes in die drei Sätze oder die Triade zusammen: [...] [...], die Götter ehren, nichts Böses thun und Mannhaftigkeit üben, welches auch nach Brosi, a. a. O., eine unmittelbare Lehre der Druiden in den bei ihnen beliebten dreigliedrigen Sätzen oder Triaden gewesen sein soll. In der Seelenwanderungslehre unterschieden sich die Kelten und die Germanen darin wesentlich von den Indern, dass sie die Seelen der Verstorbenen nicht auch in den Leibern von Thieren (wie ebenso die Aegypter) oder gar von Pflanzen wiedergeboren werden lassen,1) sondern einzig und allein als Menschen, worin sie also höher als die Inder und Aegypter stehen.2) Es gehört ein völliges Verkennen des Wesens der menschlichen Seele und des menschlichen Geistes dazu und wird nur. aus dem indischen Pantheismus begreiflich, wornach der göttliche Geist das All durchdringt und erfüllt, dass die Inder und Aegypter, sowie die spätern Rabbinen3) es für das Leben und das Wirken der Seele als gleichgültig halten konnten, ob dieselbe in den Körper eines Menschen, eines Thieres oder einer Pflanze, ja sogar eines Steines gekleidet sei. Schon Aristoteles, de animal. lib. I, cap. 3 fin., hatte daher die Lehre von der Seelenwanderung mit der Bemerkung für ein Mährchen erklärt: „Denn jedem Leib komme seine eigenthümliche (innere, psychische) Form und seine eigenthümliche (äussere) Gestaltung zu. Es sei deshalb jene Annahme eben so ungereimt, als wenn man sagen wolle, die Baukunst könne durch Flötenblasen ausgeübt werden. Denn jede Kunst bedürfe ihrer bestimmten Werkzeuge , jede Seele ihrer bestimmten Leiblichkeit.“ Aus der Vergleichung der indischen, keltischen und germanischen Seelenwanderungslehre ist deren reine und ursprüngliche Gestaltung [590] in dem Glauben zu erkennen, der Mensch müsse so lange (versteht sich als Mensch auf Erden) wandern und pilgern, büssen und sich reinigen, bis er wirklich gereinigt und befähigt sei, wieder in den Himmel und das Licht einzuziehen; alles Weitere, die Thier- und Pflanzenwanderungen, sind späterer Zusatz, Missverstand und übertreibende Ausschmückung des phantastischen und brütenden Inders. Die schwierigste historische Frage ist aber hierbei diejenige, woher haben die Aegypter ihre fast in allen Theilen mit der indischen vollkommen übereinstimmende Seelenwanderungslehre, ist es eine rein ägyptische oder eine von den Indern entlehnte? Obwohl die ägyptische Bildung als solche weit älter ist als die indische und daher Jene, die ältere, unmöglich von dieser, der jüngern, abstammen, abgeleitet werden kann, wäre es dennoch möglich, dass in der spätern geschichtlichen Zeit, also etwa in dem Zeitraume von 1800 vor Chr. bis auf das Jahr 525 vor Chr., in welchem Aegypten durch Kambyses erobert wurde, und ein nationales Reich zu sein aufhörte, und in dem allerdings Berührungen und Verkehr zwischen Indien und Aegypten, besonders aber zwischen Indien und den Phönikern stattgefunden hat und leicht in einem grössern Masse stattgefunden haben könnte, als wir jetzt darüber unterrichtet sind, – die ägyptischen Priester von der indischen Seelenwanderungslehre Kunde erhalten und dieselbe bei sich eingeführt haben. Kann nicht einmal auch ein wissbegieriger Brahmane lange vor dem 6. Jahrhundert oder vor Pythagoras nach Aegypten gekommen und dort in die Mysterien eingeweiht worden sein, wie der Grieche Pythagoras kam und eingeweiht wurde? Oder ist es unmöglich, dass ein ägyptischer Priester nach Indien gezogen und dort von den Brahmanen unterrichtet worden sei? Die entstellte Seelenwanderungslehre ist auch in offenbarem Widerspruch mit der nach dem Zeugnisse der Pyramiden und der Gräberstätten in den Felsen bei Memphis und Theben uralten Sorgfalt der Aegypter, den Leichnam des Verstorbenen unversehrt oder als Mumie zu erhalten; denn wozu hätte man den Körper des Verstorbenen erhalten und aufbewahren sollen, wenn seine Seele einen ganz andern Körper erhielt und den bisherigen gar nicht mehr [591] bedurfte und gebrauchen konnte. In dem Glauben der Aegypter erscheinen auch noch andere arische Bestandtheile, wie die Lehre, dass jeder gefallenen, auf die Erde zur Vereinigung mit einem menschlichen Körper niedersteigenden Seele eine andere gute und nicht gefallene Seele zum Begleiter und zum Schutzgeiste für die Dauer ihres irdischen Lebens beigegeben werde.1) Porphyrius zufolge sollen jedoch später bei den Aegyptern die Meinungen getheilt gewesen sein, ob man nur Einen eigenen Dämon [...], oder zwei, einen guten und einen bösen, oder gar drei für jeden einzelnen von den drei Theilen der Seele annehmen solle. – Nach den religiösen Ansichten der alten Etrusker hatte, wie es scheint, jeder einzelne Mensch zwei Genien, den guten und den bösen Genius, beide im Kampfe um ihn begriffen, den wir auf den zahlreich erhaltenen Aschenkisten und also mit deutlicher Beziehung auf den Tod dargestellt sehen. Diese Genien sind geflügelte, kampffähige weibliche oder männliche Wesen, und zwar der gute von weisser, der böse von schwarzer Farbe. So ziehen sie in den Wandmalereien die trauernde, verhüllte Seele auf ihrem Wagen von dannen.2) Auch die Inder dachten sich einen guten und bösen Schutzgeist um die Seele des Menschen kämpfend und wir besitzen bildliche Darstellungen dieses Kampfes.3) – Ebenso nach germanischem Glauben verliess eine Seele niemals allein oder einsam den gemeinschaftlichen himmlischen Aufenthaltsort. Beim Austritte aus dem Himmel und beim Eintritte in den menschlichen Körper wurden ihr eine oder zwei, oft mehrere andere Seelen als Schutz- oder Folgegeister mitgegeben. Man nennt diese Geister Fylgien oder Hamingien, deren Dasein in Deutschland und im Norden Grimm, Mythol. S. 829 ff., erwiesen und worüber auch Mannhardt, germanische Mythen, S. 305 ff., Bemerkenswerthes gesammelt hat. Die Fylgien kamen mit der Geburt des Menschen in die Welt, sie hatten dann ihren Sitz in der Haut, welche manche Kinder um ihr [592] Häuptlein gewunden mitbringen.1) Dieses Häutchen heisst auf Island selbst Fylgja, in Deutschland Glückshaube, Wehmutterhäubchen, Kinderpelglein, Glückshelm. Kinder, die damit geboren werden, sollen Glückskinder sein, weil ein Folgegeist sie schützend begleitet. Wird die Haut verbrannt oder fortgeworfen, so entbehrt nach isländischem Glauben der Neugeborne fortan seinen Schutzgeist, der ihm durch das ganze Leben folgt. Die Fylgien zeigen sich theils in Menschen-, theils in Thiergesfalt und zwar in Gestalt desjenigen Thiers, dessen Gemüthsart dem Charakter des Menschen am meisten ähnlich ist. Simrok, deutsche Mythol., S. 392, hält die Vermuthung für begründet, dass damit unser Wappenwesen zusammenhängen möge. Des Muthigen Folgegeist hat Wolfs- und Bärgestalt, die Fylgie des Listigen erscheint als Katze oder Fuchs, die des Furchtsamen als Hase oder kleiner Vogel. Der letztere Zug der Sage ist höchst beachtenswerth und es muss damit in Verbindung gebracht werden, dass in der germanischen Volkssage auch die Elben, die Lichtgeister, die Seelen die Gestalt von Thieren und Pflanzen annehmen oder sehr häufig zur Strafe annehmen müssen, dazu verwünscht sind, bis sie wieder erlöset und befreiet werden und ihre menschlich-göttliche Gestalt zurückerhalten.2) Hier nun tritt die germanische Mythe und der germanische Volksglaube in die innigste Berührung mit der indischen und ägyptischen Seelenwanderungslehre und eröffnet uns einen tiefen Blick in den Entwicklungsgang der Mythologie, des Glaubens und des Aberglaubens. Ursprünglich und dem klaren Volksbewusstsein sind die thier- und pflanzengestaltigen Fylgien, Geister, nur Charaktersymbole und Charakterbilder, wie auch die Dichter und das Volk noch heute die Menschen den Löwen und Hasen, den Hunden und Katzen, dem Tiger und der Hyäne (Grausamkeit), dem Lamme (Sanftmuth und Geduld), dem Biber und der Biene (Kunstfertigkeit und Fleiss), der Taube (Liebe), dem Adler (Muth und Kühnheit), der Rose (Jugend und Schönheit) mit ihren Dornen, [593] der Lilie (Unschuld und Reinheit), der Cypresse (Hoheit und Grösse), der Eiche (Festigkeit) u. s. f. vergleichen; später und bald aber wird die blos symbolische Bedeutung auch hier vergessen und nun sind Götter und Menschen wirkliche Pflanzen und Thiere, aber verzauberte, verwünschte und bestrafte, welche der Erlösung harren und hoffen. Nehmen die Fylgien, welche in der christlichen Zeit in den Sagen vielfach zu Engeln umgestaltet worden sind, nicht die Thierbildung an, so erscheinen sie bald als hehre Frauen (die christliche Maria), bald ganz in derselben Gestalt wie der Mensch selbst. In Belgien sagt man: „Wenn ein Kind auf der Erde fällt, fällt ein Engel im Himmel mit.“ Verliessen die Seelen den Aufenthalt bei der Göttin Holda, Hrôsa, Gôde, den Wolkenhimmel, den Kindsbrunnen, die himmlische Kinderwiese und den himmlischen Kindergarten, musste entschieden werden, ob sie in einen menschlichen Körper hinabsteigen sollen, oder ob ihnen mit Bewahrung der Geistigkeit der Beruf eines Schutzgeistes zukommen solle, was noch heute in deutschen Kinderspielen dargestellt wird und worüber die schönen Ausführungen und Sammlungen von Mannhardt in ihrem ganzen Umfange nachgelesen zu werden verdienen. Das neugeborne Kind galt, so lange es die heidnische Wassertaufe, mit welcher die Namengebung verbunden war, noch nicht empfangen oder noch keine menschliche Speise genossen hatte, als Seele. Der menschliche, sowie jeder andere Körper wurde als ein Gewand gedacht, das die Seele anzieht (lîhham, altn. likhamr). Das Band zwischen der Seele und dem Leibe war so lange los, bis es durch ein von den Schicksalsjungfrauen oder der höchsten Göttin gesponnenes Seil oder einen Ring, der in unseren Sagen besonders lebhaft unter der Benennung Schwanring in Erinnerung blieb, gefestigt wurde. Mehrere Spuren verrathen, dass man dieses Schicksalsseil erst während der Wasserbegiessung gefertigt wähnte. Auch der Genuss irdischer Speise raubt der Seele die rein geistige Natur und band sie in die Körperwelt.

Bei den Griechen1) lehrte schon Hesiod das Dasein [594] ganzer unsterblicher Dämonengeschlechter; nach ihm gibt es drei Myriaden solcher zwischen Göttern und Menschen in der Mitte und als Vermittler bestehenden Luftgeister; im Luftraum sich aufhaltend, sind sie den Menschen als Hüter und Schutzgeister und zur Vertheilung der Göttergaben unter sie beigesellt.1) Diese Dämonen waren zugleich den hohen Göttern untergeordnete, dienende Geister, wie es die christlichen Engel sind. Dasselbe Amt des Wachens und des Segnens, welches die Geister des Hesiod bei den Menschen erfüllen, ist nach den Lehren des Vêda theils den seligen Geistern, den Vätern, wie sie genannt sind, theils den Spähern (spaças), den Dienern des obersten Gottes, zugetheilt.2) Im Rigy. X. 10, 8 wird z. B, gesagt: Es stehen nicht still und schlummern nicht jene Wächter der Götter, die hienieden umgehen. Rigv. VII, 61, 3 heisst es: Ihr reichet hinaus, Mithra und Varuna,. über die weite Erde, über den hohen erhabenen Himmel; Wächter stellet in Fluren und Menschenwohnungen und lasset unverwandt wachen auch über Die, welche sich zu entziehen suchen. In Rigv. Vl. 67, 5 wird den Menschen versichert, dass ihre Wächter sicher und untrüglich seien. – Hesiod Werke und Tage, Vers 121, singt vom ersten Menschengeschlecht seiner fünf Geschlechter:

Nun nachdem dies erste Geschlecht von der Erde bedeckt ist,
Sind sie Dämonen geworden, so wollte des mächtigen Zeus Rath,
Treffliche, erdebewohnende Hüter der sterblichen Menschen,
Welche die Obhut haben des Rechts und der frevelen Thaten,
Gehend als luft’ge Gestalten in allen Gebieten des Eidreichs,
Wohlstand schenkend: ein fürstliches Amt ward ihnen beschieden. 3

[595] Der Glaube an Personaldämonen oder Schutzgeister der einzelnen Personen findet sich bei den Griechen schon früh. Von den Menschen zugetheilten Personen redete bereits Vocylides (Olymp. 58); Pindar und Menander zeugen für denselben Glauben; jener lässt den Zeus die Dä-3[596] monen befreundeter Männer lenken, und dieser versichert, dass jedem Menschen ein Dämon als „wohlthätiger Mystagog des Lebens“ zur Seite stehe. Freilich wurde diese Idee vorzugsweise in den Philosophenschulen ausgebildet; im Leben und im Bewusstsein des Volkes trat sie nur wenig hervor, mehr noch die Scheu vor den bösen Dämonen. In Griechenland soll unter den Philosophen zuerst Xenokrates und dann die stoische Schule die Ansicht ausgesprochen haben, dass es böse Dämonen neben den guten, düstere und menschenfeindliche Wesen gebe.1) Bekanntlich lehrte zu Athen auch der Bildhauer Sokrates, der Begründer der attischen Philosophie und der Lehrer des Plato, welchen die Pythia den Weisesten aller Griechen genannt hatte [...] [...],2) dass er eine innere warnende Stimme, ein inneres Orakel, einen Genius [...] besitze, der seine Entschlüsse und Handlungen leite, welchen er in wichtigen Augenblicken berathe. Allein dieser berühmte Genius des Sokrates ist kein ägyptischer Genius, sondern nur eine prophetische, gleichsam magnetische Sehergabe, welche Sokrates sich zuschrieb und als ein besonderes Geschenk der Gunst der Gottheit betrachtete. 3)

Die Vorstellung von den menschlichen Schutzgeistern ist nicht ägyptischen, sondern asiatischen Ursprungs, wie das ganze Menschengeschlecht und die menschliche Geschichte. Die Geburtsstätte dieser Vorstellung ist das mittlere Hochasien und vor allem das alte Baktrien, das sogenannte Zendvolk. Nach dem Glauben des Zendvolkes sind die menschlichen Seelen aus dem Himmel in den menschlichen Körper niedergestiegene Geister, die sogenannten Ferwers (Fravashis)4 und sollen nach vollbrach- [597] tem reinen Erdenleben wieder über die Brücke Tschinewad oder die Milchstrasse nach ihrer Himmelsheimath zurückkehren. Diese himmlischen Geister sind nun zugleich das Urbild, die Uridee nach Plato, der Schutzgeist des Menschen, weshalb auch Ormuzd selbst einen Ferwer hat, d. h. der ewige Geist das Urbild seiner selbst ist. Auch nach altitalischem Glauben hatten selbst die Götter ihre Genien, und jedem Gotte entsprechend, wurde in Italien ein eigener Genius desselben angenommen.1) Es ist daher unrichtig, neben dem eigenen Geiste des Menschen noch einen besonderen Schutzgeist anzunehmen; denn der in ihm wohnende ursprüngliche und reine Geist ist sein Schutzgeist und muss es sein, weil sonst Ormuzd keinen Ferwer und die Götter keine Genien haben könnten. Der Himmels- und Gottesfunke in der Menschenbrust ist sein Schutzgeist, er erleuchtet und überwacht ihn, weshalb wir auch noch heute sagen: „Dich möge dein guter Geist leiten!“ Mit Recht sagt deshalb Döllinger, S. 360, dass in den Ferwers sich die Begriffe von Schutzengeln, göttlichen Seelenbestandtheilen und himmlischen Urbildern der geschaffenen Wesen vereinigen; der Ferwer ist der vollkommenste Ausdruck, in welchem sich der auf Einzelnwesen gerichtete Gedanken des Schöpfers verwirklicht hat, sie sind die uranfänglichen, ewigen Gedanken und Schöpfungen aller Einzelnwesen und bilden das himmlische Reich, die himmlischen Heerschaaren, die Boten und die Engel Gottes, zu denen deshalb auch gebetet wurde: Ich rühme, preise und liebe die reinen, starken, vortrefflichen Ferwer.2) Dass übrigens der Volksglaube die eigentliche und reine Ansicht nicht festgehalten und den Genius des Menschen doch oft oder gewöhnlich von ihm verschieden, ausser und über ihm gedacht habe, ist begreiflich – eine weitere Entwickelung dieser Volksansicht war es dann, dem Menschen zwei Genien, einen guten und einen bösen, beizugeben, welche sich gleichsam um ihn stritten. Diese beiden 4[598] Genien, welche wir zuerst bei den Aegyptern, dann bei den Griechen, bei den Etruskern und Römern finden, sind im Grunde nur die Personifikationen der in dem Menschen liegenden Möglichkeit zum Guten und zum Bösen, der ihm in seiner Willensfreiheit überlassenen Wahl zwischen zwei Wegen. Es ist bekannt, dass dem Brutus kurz vor seinem Untergange sein böser Genius erschienen sein sollte. Neben der Vorstellung von den zwei Genien des Menschen erscheint bei den Römern aber auch der Genius als der dem Menschen bei seiner Geburt mitgegebene, zwar von ihm unzertrennliche, aber doch wesentlich verschiedene Schutzgeist; nach andern Aeusserungen war auch der Genius von dem Menschen selbst nicht unterschieden, war des Menschen eigener Geist.1) In der letztern Hinsicht lehrte z. B. bei den Römern der gefeierte stoische Moralist Epictet, welcher übrigens zu Hieropolis in Phrygien im Jahr 90 nach Christus geboren war, der Dämon in uns sei unsere eigene Vernunft und unser Wille, als ursprünglich aus Gott emanirt und in ihrer idealen Reinheit gedacht, dieses sei die höhere Macht, auf deren Hülfe wir vertrauen und die wir anrufen sollen.2) Bei den Griechen hatte schon früher Heraklitus erklärt, dass es einen von der Seele selbst verschiedenen Genius als Führer des Lebens nicht gebe, sondern dass des Menschen Gemüth und Charakter sein Genius sei.

Die Römer pflegten auch bei ihrem Genius, der als ein Ausfluss Jupiters betrachtet wurde, zu schwören; Unterthanen schworen bei dem Genius des Kaisers und seinem Glücke.

Bei den Römern hatte jeder einzelne Mensch, Haus, Stadt und Volk, menschlicher und staatlicher Verein u. s. w. seinen leitenden und beseelenden Genius. Sogar die Zollerhebungsstätten (stationes) hatten einen genius stationis dem z. B. bei St. Maurice in Wallis eine Inschrift gewidmet ist.3) Das Wort genius ist auch zunächst römischen [599] Ursprungs und hängt zusammen mit gens, geno, gigno, so dass also genius ein schöpferisches und beseelendes Wesen ist, welches, wo sich immer ein eigenthümliches Leben regt, unsichtbar thätig ist, sowohl im Ganzen und im Grossen, als im Einzelnen und im Kleinen.1) Daher identificirt auch Varro den Genius mit der vernünftigen Seele eines jeden einzelnen Menschen oder nimmt so viele Genien als einzelne Menschen an, und als Universalgenius der Welt gilt ihm Gott oder die göttliche Weltseele. Der Genius ist somit der in der Menschheit und in der Welt lebende und sie beseelende göttliche Geist, das Geistige und Beseelende. In diesem Sinne darf daher auch ein jeder Mensch ein Genie, ein Geist, ein Genius genannt werden, und was der Mensch Geistiges besitzt und vollbringt, ist genial; im engern und eigentlichen Sinne aber ist ein Genie ein grosser und schöpferischer Geist. Im allgemeinsten Sinne ist der Genius die zeugende, belebende und erhaltende Kraft, der Lebensgeist, die Lebenskraft, weshalb auch Alles, was in der Natur und der Menschheit besteht und vergeht, ja die Gottheit selbst, ihren Genius hat. Die Ansichten über den Genius waren also bei den Römern wie allerwärts höchst schwankend. Bei den Römern war das jährliche Fest für den Genius der Geburtstag; man verehrte ihn da mit Wein und Blumen, mit Opferkuchen, Honig und Weihrauch, und nur der Darbringer allein kostete von dem Geopferten. Diesen Dienst des Genius betrachtete schon Plinius als eine förmliche Selbstvergötterung. – Auch bei den Deutschen hatten übrigens ganze Geschlechter ihre Fylgien und diese gleichen auffallend der deutschen Ahnfrau, deren Erscheinen einen Sterbefall im Geschlecht verkündet.2) In der christlichen Zeit wurden die alten heidnischen Schutzgeister in die Schutzengel und Schutzpatrone umgestaltet und umgenannt; so ist namentlich Johannes der Täufer der Schutzgeist, der Genius der Maurer und der Maurerei. Endlich ist hierher zu beziehen, dass nach indischem Glauben einem jeden Menschen auf der Schulter zwei unsichtbare Wesen [600] sitzen, seine Thaten zu betrachten und einstens bei Gottes Gericht zu melden. So sitzen die Raben Huginn und Muninn, Gedanke und Erinnerung, auf Odhins Schultern, – so flattern Rothbarts Raben um den Kyffhäuser, – Ivleinrads Raben verrathen im Wirthshause zu Zürich die dahin von Einsiedeln entflohenen Mörder, und auf der Schulter der Schlüsseljungfrau von Tegerfelden sitzt gleichfalls ein solcher Vogel. Nach altarabischem Glauben, den Mahommed verbot, wächst aus dem Kopfblute schuldlos Erschlagener der Vogel Ham und schreit nach des Mörders Blut.1) Auch wird wohl Jeder hier der Kraniche des. lbycus gedenken:

Sieh’ da! Sieh’ da, Timotheus,
Die Kraniche des Ibycus.“

Die göttlichen Thiersymbole, die Thiergeister und Thiergespenster haben übrigens Rochholz, a. a. O., II. S. 71 ff., verleitet, auch den alten Deutschen den Glauben an die Seelenwanderung in Thiere zuzuschreiben und diesen Glauben sogar mit Lessing nicht so unvernünftig zu finden. Ebenso leicht, meint Rochholz, hätte es beinahe geschehen können, dass wir die geheiligten Figuren des neuen Glaubens in derselben Gestalt der Thiersymbolik, in welcher wir sie ursprünglich verehren lernten, bis auf die Neuzeit fortvererbt hätten. Eine Evangelienhandschrift des 10. Jahrhunderts aus St. Eloy bei Arras stelle die vier Evangelisten mit den Häuptern ihrer Attribute dar: Matthäus habe den Kopf eines Jünglings, Lukas den eines Rosses, anstatt eines Ochsen, Johannes den eines Adlers, mit Klauen statt der Hände (Marcus wird nicht erwähnt).

In den Urkunden und Ritualen der Maurer sind höchst beachtenswerthe Ueberreste des alten Genienglaubens und Geniendienstes enthalten, welche den Durchgang der Maurerei durch die Römer, durch die religiösen römischen Baukorporationen und damit das hohe Alterthum der Maurerei beurkunden. In dem ältesten englischen Lehrlingsfragstücke wird unmittelbar nach seiner Beeidigung der Neuaufgenommene durch den Meister vom Stuhl aufgefordert., [601] dem Genius ein Weinopfer, eine Weinspende darzubringen (funde merum Genio!).1) Der Genius, welchem hier ein Trankopfer dargebracht werden soll, ist nicht etwa der Genius des Neuaufgenommenen selbst, sondern ganz unzweifelhaft der Genius der römischen Baukorporation, wie ja namentlich auch einer Korporation, d. h. einer jeden wirklichen und moralischen Person von den Römern ein besonderer Genius zugeschrieben und von dieser verehrt wurde. Da sodann dieser Genius unmittelbar nach der Beeidigung des Neuaufgenommenen erwähnt wird und dieser ihm nunmehr durch eine Libation für die Aufnahme danken soll, ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Aufgenommene seinen Aufnahmseid bei dem Genius der Korporation und des Bundes geschworen habe, wie die Römer bei dem Genius ihrer Vaterstadt, bei ihrem eigenen Genius und bei demjenigen ihres Schutzgottes, späterhin aber besonders bei dem Genius des Kaisers und bei seinem Glücke schworen.2) Bei ihrem eigenen Genius, d. h. bei ihrer eigenen zeugenden Kraft konnten natürlich nur Männer schwören.3) Krause glaubt, da die Römer, wenn sie den Genius anredeten, sich zur Erde niedergeworfen haben, sei es sehr wahrscheinlich, dass in den römischen Kollegien der Aufzunehmende seinen Vertrag mit der Gesellschaft vor dem Altare des Genius zur Erde gestreckt, bei dem Genius des Kollegium beschwor, und alsdann sein Gelöbniss durch eine Weinspende (griech. [...], woher das deutsche Spende) besiegelte. – Ferner wird dem Maurergesellen bei dem Antritte seiner fünf symbolischen Reisen, wovon jedoch zwei erlassen zu werden pflegen, noch heute symbolisch ein warnender Genius zum treuen Reise- und Lebensbegleiter mitgegeben. Wer dieser warnende Genius sei, sein solle und allein sein könne, wurde schon dargelegt. Die Worte: „funde merum Genio!“ finden sich übri- [602] gens auch in der sechsten Satyre des Persius, sind mithin jedenfalls eine ursprünglich römische Formel.

Die Schulen und die Mysterien der Druiden wurden theils auf lichten Anhöhen, theils in dichten Eichenwäldern, theils in Höhlen, – in jetzt noch angestaunten, wundersamen sogenannten Druidenhöhlen,1) auf Bergrücken, z. B. zu Belchen im Breisgau, und in kolossalen Steingehegen, z. B. in Stonehonge in England, und endlich an Quellen, auf Landzungen und Inseln, z. B. auf der Insel Sena, der Bretagne gegenüber, gehalten. Die Druidenhöhlen erinnern wieder an die Mithrahöhlen, – an die Höhle oder Grotte der idäischen Daktylen und Kureten, des idäischen Zeus und seiner Mutter Kybele auf Kreta, in welcher auch Pythagoras in die dortigen Hysterien eingeweiht worden war.2) Diese Höhlen scheinen nach den Sagen, welche sich noch in christlicher Zeit z. B. von der Höhle des heiligen Patricius in Irland erhalten hatten,3) von den Druiden bei ihren Weihungen besonders auch dazu benützt worden zu sein, um an dem Einzuweihenden die Schrecken, Qualen und Strafen der Hölle und die Freuden und lohnenden Seligkeiten des Himmels vorüberzuführen und dadurch Abscheu vor dem Laster und Liebe zur Tugend, Furcht vor der Hölle und Sehnsucht nach dem Himmel zu erwecken und einzuflössen. Die Höhlen waren zunächst Prüfungs- und Qualkammern, Kammern des stillen Nachdenkens im Geiste und Sinne jener alten und rohern Zeiten. Gebraucht man die in den heiligen Gebäuden der Druiden und überhaupt in den Bauten, – blossen Steinkreisen, Steinpfeilern und sonstigen Steinmalen, kleinen Tempeln der Kelten sich verkündende Baukunst4) zum Massstabe [603] ihrer Kultur und Wissenschaft überhaupt, dann kann es wohl nicht zweifelhaft sein, dass hierin die Druiden und die Kelten weit hinter den Aegyptern und Griechen zurückstanden, oder dass die Aegypter und Griechen in der Kultur und Wissenschaft sie eben so sehr überragen, wie der ägyptische und griechische Tempel die keltischen Steingehege, – die ägyptischen und griechischen Gräber und Grabdenkmale die keltischen Erd- und Steingräber oder Haufen verdunkeln. – Sehr besucht und berühmt waren in Gallien die Schulen der Kelten bei Augustodunum (das alte Bibracte, jetzt Autun), bei Massilia in einem dortigen Haine, Lugdunum, Narbo, Tolosa und Burdegalla. In der Schule bei Tolosa sollen grosse Schätze aufgehäuft gewesen sein.1) Wandernde Druiden traten als Lehrer auf, wenigstens in der spätern römischen Zeit und Herrschaft, und der Druide Quintillianus soll um’s Jahr 100 nach Christi die erste öffentliche Schule zu Rom eröffnet haben,2) worin aber schwerlich das blosse Wissen der Druiden, sondern die druidisch-römische Wissenschaft vorgetragen wurde. Auch finden sich Spuren von öffentlich angestellten Lehrern zu Aventicum im römischen Helvetien oder Keltenlande.3) Wenn bei den Griechen Abaris nicht eine blos mythische Person ist, wie angenommen werden dürfte, sondern eine historische oder wirkliche, dann war er ein solcher wandernder druidischer Lehrer.4) Die Druiden waren aber nicht blos Lehrer, sondern auch Verfertiger von Zaubertränken, Wunderdoktoren, und bereiteten namentlich ein wider alle Gifte helfendes (omnia sanans) und zugleich Fruchtbarkeit verleihendes Heilmittel aus der heiligen Mistel, welche um die Zeit der Wintersonnenwende beim Jahresanfange unter grossen Feierlichkeiten von dem Oberdruiden selbst in weisser Kleidung und mit blossen rein gewaschenen Füssen mit goldener Sichel vom Baume in einen untergehaltenen weissen Mantel abgeschnitten worden war, wie dieses Plinius, hist. natur. lib. XVL, cap. 44, umständlich [604] berichtet. Nach Walther, a. a. O., S. 150, Anm. b1) sollen sieh bis auf heute einige Ueberbleibsel von diesen alten druidischen Ceremonien in Frankreich und besonders in der Picardie unter dem Volke erhalten haben, indem die Leute zu Neujahr in den Dörfern von Haus zu Haus mit dem Rufe: a guy l’an neuf (der Mistel das Neujahr, Heil der Mistel im neuen Jahr) und gleich darauf plantéz, plantéz, laufen. In Marseille und in der Dauphiné zündete man am Weihnachtsabend, da die Zeit der Sonnenwende der eigentliche Jahresanfang war, den schon berührten Julblock, einen grossen eichenen Klotz (calendeau, caligneau, chalendal) an und begoss ihn mit Wein und Oel. Auch in Wales begrüsst man sich noch zu Neujahr mit dem Rufe: „Au guy l’an neuf!“ und hängt Misteln auf den Dächern auf. Ebenso ist noch gegenwärtig in England Gebrauch, unter einem an der Decke aufgehängten Mistelbüschel am Weihnachtsabende zu tanzen, wobei jede Dame unter demselben ihren Tänzer küssen oder sich von ihm doch küssen lassen muss.2) Das Letztere erinnert auch an eine deutsche rheinische Sitte auf den Sylvesterbällen; es wird nämlich eingerichtet, dass die Mitternachtsstunde, welche das Ende des alten und den Anfang des neuen Jahres verkündet, mitten im rauschenden Walzer ertönet oder vielmehr durch die Musik geblasen wird, worauf die Tänzerpaare sich küssend Glück wünschen und der Neujahrswalzer ausgetanzet ist. – Wie die Mistel um die Zeit der Wintersonnenwende von den Druiden geschnitten und zu einem Heilmittel oder Heiltrank zubereitet wurde, geschah dieses in ähnlicher Weise um die Zeit der Sommersonnenwende oder beim Anfange der Hundstage mit dem Eisenkraut (Verbena), welches gedörrt wurde. Die Druiden behaupteten, wer sich damit reibe, erhalte was er wünsche; es vertreibe das Fieber; es mache Freunde aus Feinden und heile alle Arten von Krankheiten.3) Mit andern Pflanzen wurde es gleich gehalten, wie Walther, a. a. O., S. 153 ff., umständlich nach Plinius erzählt, und [605] welches die besten Belege für die Menzel’sche nordische oder germanisch-keltische Weisheit sind. Eben dahin gehören auch die Zauberkräfte verleihenden angeblichen Schlangeneier (anguinum nach Plinius zu seiner Zeit genannt)1) und die neun zaubernden und wahrsagenden keuschen Druidinnen, die sogenannten Gallicenen auf der Insel Sena im britannischen Meere,2) wie solche zaubernde und wahrsagende Priesterinnen auch noch vielfach anderwärts bei den Kelten und Germanen erscheinen. Das wahre und einzige Schlangenei war die Sonne, welches nach einer der ersten und der rohesten mythologischen Vorstellungen verschiedener alter Völker im Frühjahr durch die Gewitterschlangen oder die Blitze neu geformt werden sollte, und wobei man zugleich von der irrigen Voraussetzung ausging, dass die Schlangen Eier legen, was Schwartz, a. a. O., S. 26 ff., sehr schön dargelegt hat, später wurde auch hier die mythologische Vorstellung getrübt und vom Himmel auf die Erde entrückt, wo nun die Schlangen um die Zeit ihrer Begattung durch den aus ihren Schlünden fliessenden Geifer und dem leimartigen Schleim ihrer Haut einen künstlichen unauflöslichen Knoten bildeten, welchen man das Schlangenei, ovum anguinum nannte, und das seinem Besitzer wunderbare Kräfte, z. B. den Gewinn der Herzen und der Processe verleihen sollte. Nach Weiss, Kostümkunde, S. 633, trug der druidische Oberpriester, Coibhi-Druid, als Zeichen seines Amtes und seiner Würde neben einem längeren oder kürzeren scepterförmigen Stabe mit Knopf, neben den mit dem Pentalpha (Drudenfusse) gezierten Schuhen u. s. w. auch ein in Gold gefasstes Schlangenei. Das Schlangenei möchte wohl ein Symbol des Welteies, der Welt oder auch der Obergewalt, gleich dem ägyptischen Uräus, gewesen sein. Auf einem Grabmale hat man zwei Schlangen abgebildet gefunden, die eine mit dem Ei im Schlunde, die andere mit ihrem Geifer bemüht, das Ei [606] auszubilden. Eine geflügelte, unsterbliche Schlange mit diamantenem Auge kennt das Juragebirge unter dem Namen Vouivre. Die Schlange und das Ei könnte also bei den Kelten auch das Symbol des Lebens und der Unsterblichkeit gleich dem germanischen Osterei sein. Da das Pentalpha des druidischen Oberpriesters wenigstens in den spätern Zeiten gewöhnlich in den äussern fünf Ecken die fünf Buchstaben [...] und in den fünf innern Ecken salus trug, dürfte hieraus allein schon auf den griechisch-römischen Ursprung des Pentalpha bei den Druiden zu schliessen sein.1) Musikalische Instrumente, runde und linsenförmige Glaskugeln, Abzeichen der verschiedenen Lehrstufen der Druiden, in Wales Gleinian oder Gleinina Dhruidhe, im schottischen Niederlande Adderstones (Schlangensteine) genannt, finden sich häufig in Schottland. Die letztern waren nach den verschiedenen Graden von verschiedenen einfachen und bunten Farben. Die blauen gehörten den vorsitzenden Barden, die weissen denDruiden, die grünen den Eubuten, die dreifarbigen den Schülern;2) die keltische Priesterschaft zerfiel nämlich in drei Klassen oder Ordnungen, die Senani oder die eigentlichen Druiden (Priester, Lehrer und Richter), die Eubutes (die Naturkundigen, die Astronomen, Mathematiker, Aerzte und Zauberer) und die Barden (die Dichter und Sänger, Philosophen und Geschichtsschreiber).3) Da der eigentliche maurerische Schmuck und namentlich die verschiedenfarbigen Schürzen, Brust- und Halsbänder aus England stammen, möchte es keinem Zweifel unterliegen, dass dieselben keltischen oder druidischen Ursprunges seien.

An den keltischen Neujahrsgruss und Wunsch: Au guy l’an neuf!, welcher nur die Freude über die glücklich aufgefundene, heilbringende Mistel4) ausdrücken sollte, schliessen sich übrigens viele ähnliche. An dem ägypti- [607] schen Feste der Epiphanie oder Erscheinung, Wiedererscheinung des Osiris, einem Freudenfeste über die Wiederauffindung und Wiedererscheinung des Osiris, welches am 6. Januar gefeiert wurde und woraus das christliche Fest der Epiphanie oder des Tauftages Christi hervorgegangen ist, begrüssten sich die Aegypter gegenseitig mit der Formel: “ [...] (Wir haben ihn gefunden, wir wünschen Glück)!“ wie sich noch heute zu Ostern die Griechen mit dem Rufe: „ [...] (Wir wünschen Glück, denn der Herr ist erstanden)!“ sich Glück wünschen.1) In der russischen Kirche lautet dieser unaufhörlich am Ostermorgen ertönende Glücksruf „Christos wos kräs (Christus ist erstanden)!“ und wie bei uns die Behörden am Neujahrstage Gratulationsbesuche empfangen, werden solche in Russland am Ostermorgen den Behörden gemacht; in den russischen Häusern wird jener Gruss mit dem Osterkusse erwidert, den selbst die niedrigsten Diener von ihrem Herrn und die gemeinsten Soldaten von ihrem Generale empfangen und wobei namentlich auch das Geschenk von Eiern nicht zu fehlen pflegt.2) Ebenso hiess es bei dem Adonienfeste nach dem siebentägigen Trauerfeste: „Adonis lebt und ist aufgefahren!“3) Ferner wurde bei den Dionysien, bei der Feier der Wiedererweckung des Dionysos, von den Eingeweihten gerufen: „Hyes, Attes, Attes Hyes (Es lebt der Vermisste – Dionysos nämlich – der Vermisste lebt)!“4) Auch pflegen alle diese Feste von Freudenfeuern auf den Bergen, wie bei dem keltischen Mistelfeste und bei dem christlichen Osterfeste, – oder von brennenden Lichtern und Lampen in den Tempeln, Kirchen und Strassen, wie bei dem Epiphanienfeste und christlichen Osterfeste begleitet zu sein; das Epiphanienfest wurde daher [...], Tag des Lichtes oder der Lichter genannt, obwohl Creuzer, Symbolik, IV. S. 580, Anm. 3, eine andere Deutung zu geben versucht. Nach Bodenstedt, die Völker des Kau- [608] kasus und ihre Freiheitskämpfe gegen die Russen (1848), S. 151, begehen die Armenier am Tage der Lichtmesse (den 2. Februar) die Feier des Mihr (Mithra), des Urfeuers, durch feierliche Anzündung des Feuers nahe bei der Kirche. Bei den zur Zeit der Frühlings-Tag- und Nachtgleiche gefeierten Mysterien der Corybanten zu Pessinus in Galatien suchte man am zweiten Tage der im Ganzen dreitägigen Trauer in nächtlichen Processionen mit Fackeln, wobei mit Hörnern geblasen wurde, den verlorenen Atys; nachdem man den verstümmelten Körper des Atys am Fusse einer Fichte aufgefunden hatte, brachte man ihn in den Tempel, wo er verschied.1) Nach Andern soll eine Fichte umgehauen worden sein, an deren Mitte die Figur des Atys befestigt worden war. Die Fichte ist hier nur das Symbol der wiederauflebenden und unzerstörlichen Sonnen- und Naturkraft, wie es die Mistel bei den Druiden, die Palme bei den Aegyptern, der Christbaum und die Osterpalmen der Christen, der Taxus zu Eleusis, der Lotus in Aegypten und in Indien, die Akazie der Maurer u. s. w. sind. Auch in den eleusinischen Geheimnissen wurde am Vorabend der Einweihung in die grossen Mysterien [...] die Tochter der Ceres oder Demeter, die [...], in nächtlichen Processionen mit Fackeln aufgesucht.2) An alle diese Mysteriengebräuche reiht sich bei den Maurern innig an: das Verschwinden [...] und das Aufsuchen [...], sowie das endliche Wiederauffinden [...] des Adonis-Osiris-Hiram, ganz nach dem Vorbilde der Adonien oder Adonisfeiern,3) worauf die bisher dunkele Todtenfeier sich in die lichte Feier des Wiederfindens, der Wiederauferstehung, auflöset und umwandelt. Adon-Hiram heisst nach Movers, die Phönicier, I. S. 194, unser Herr Hiram oder der Herr Hiram, wie auch gesagt wird: Adon Baal, Adon Baal-Chon und bei den Aegyptern Adon-Ra.4) Das phönicische Adon (der Herr, der Sonnengott, [609] der Gott schlechthin), woraus die Griechen den Jüngling [...] machten, entspricht ganz dem alttestamentalischen Jehovahnamen Adonai; Adonai heisst im Hebräischen wörtlich: meine Herrn und Adoni: mein Herr. Die Adonien wurden in Syrien im Monat Juni gefeiert, und der Juni hiess syrisch Tammûz, woher auch Adonis selbst Tammûz, d. i. die Trennung, der sich von der Sonne und der Erde Trennende. Anderwärts, namentlich zu Byblus, in der heiligen Stadt des Adonis [...], wurden die Adonien zur Herbstzeit gefeiert, wodurch natürlich Adonis, Hyakinthos, Apollo, aus einem Frühlingsgotte zu einem Herbstgotte, Osiris, Dionysos, Jakchos, Hiram wurde; der Sonnengott, die Jahressonne stirbt entweder in der Sommersonnenwende, oder in der Herbst-Tag- und Nachtgleiche und darnach waren die Adonien entweder ein Solstitial-, oder Aequinoctialfest, welches sieben Tage, die uralte Trauerwoche im Oriente , dauerte. Je nach der Zeit der Festfeier hatten auch Adonis und der ihn verfolgende und tödtende feindliche Ares eine andere Bedeutung; Ares war entweder der das Naturleben vernichtende glühende orientalische Sommer, oder der kalte Winter. Ares steht hier gleich dem ägyptischen Typhon, den Titanen des Dionysos, dem germanischen Hödur u. s. w. Die Adonisfeier nahm ihren Anfang mit dem Verschwinden, [...], des Adonis, dem das Suchen, [...], der Weiber folgte. Die Mythe stellt dies Suchen dar durch das webklagende Suchen der Göttin (Astarte und besonders Baaltis in Phönicien, Aphrodite in Griechenland)1) nach ihrem vermissten und verlorenen Geliebten, welches dem Suchen der Persephone in den Eleusinien, der Harmonia auf Samothrace, der Jo in Antiochien analog ist. Für die Byblier war das Zeichen [610] zum Anfang der Trauerzeit, wenn der Adonisfluss, jetzt Nahr Ibrahim, sich blutroth färbte, welches zur Herbstzeit geschah, wenn der Regen die rothe Erde an seinen Ufern und an den Quellen und Bächen im Libanon losspülte. Dann hiess es, Adonis sei im Gebirge auf der Jagd von Mars oder von dem Eber, in welchen sich Mars verwandelt hatte, getödtet und sein in den Fluss rinnendes Blut färbe das Wasser. Was die Weiber suchten, war ein Holzbild des Adonis, auch [...] genannt, welches man in – den sogenannten Adonisgärtchen, [...] [...], verborgen hatte. Diese Adonisgärtchen waren irdene, mit Erde angefüllte Gefässe, in die man Weizen, Gerste, Lattich und Fenchel gesäet hatte; die Frauen stellten sie an die Thüren des Hauses oder in den darnach genannten Vorhöfen des Adonis der Sonnenhitze aus, und das Hinwelken der vielleicht durch starke Düngung schnell aufgeschossenen zarten Pflanzen war ein Symbol des vom Feuergotte Mars getödteten Jünglings, und wird nicht selten gebraucht als ein übrigens ächt orientalisches Bild von der Kürze und Hinfälligkeit des menschlichen Lebens und der irdischen Güter und Freuden. In einem Adonisgärtchen wurde Adonis wieder gefunden, weswegen die Mythe sagt, er sei von dem Eber im Lattich getödtet und darin von der Aphrodite wieder aufgefunden worden. Das Wiederauffinden, [...], war der Anfang einer gewöhnlichen Todtenfeier, mit allen im Oriente dabei vorfallenden Gebräuchen, die aus dem alten und neuen Testamente bekannt sind. Vorzüglich waren es die Frauen, welche nach Art der Klagweiber um den Todten trauerten. Das Leichenbild des Adonis wurde dabei gewaschen, mit Specereien gesalbt und mit Leinwand oder Wolle umwunden. Das einbalsamirte Bild des Adonis wurde dann in einen Sarg gelegt und der Sarg auf einer Leichenbahre ausgestellt. Man zeigte an dem Bilde die Wunde, welche ihm der Eber beigebracht hatte. Nach einer Erzählung des Panyasis verweilte Adonis acht Monate bei der Aphrodite auf der Oberwelt und vier Monate als verstorbener Sonnengott in der Unterwelt. 1)

[611]

Dem Adonis verwandt ist auch Attes, der Liebling der grossen phrygischen Göttin Dindymene oder Kybele, der in einem Anfall von Wuth sich selbst entmannte und darüber starb oder getödtet wurde, worauf Kybele im wahnsinnigen Schmerze, ihren Geliebten suchend und rufend, im Lande umherstreifte. Ihm zu Ehren wurde jährlich eine Todtenklage angestellt; nach der gewöhnlichen Vorstellung aber blieb er, wieder in das Leben gerufen, der stete Begleiter der Göttin. Auch in dieser Erzählung wird nur personificirt das unerbittliche Gesetz des Todes aus dem Leben und des Lebens aus dem Tode. In einem alten Hymnus auf Attes heisst es.: „Ob du des Kronos, oder des Zeus, oder der grossen Rhea Erzeugter seist, sei mir, gegrüsst, o Attes, du, den Rhea mit weithinschallender Stimme ruft. Dich nennen die Assyrer (Syrer) den dreifach geliebten Adonis; in Aegypten heisst du Osiris, das himmlische Mondshorn; die Hellenen nennen dich Ophias, die Samothracier Adam , bei den Hämonischen Thraciern ist dein Name Korybas; die Phrygier endlich heissen dich bald Pappas, bald den Todten oder den Gott, und wiederum den Unfruchtbaren oder den Ziegenhirten, oder die junge abgemähte Aehre, oder den vom fruchtbaren Mandelbaume geborenen Flötenspieler (Agdistis).“1) – Attes also und Adonis, Osiris und Korybas, Zagreus oder der in den eleusinischen Geheimnissen erscheinende Jakchos und Agdistis, Adam oder Esmun, alle diese sind im Grunde ein und dasselbe göttliche Wesen; es sind dies die Namen des gleichen leidenden und sterbenden Naturgottes bei den Syrern und Phrygiern, bei den Phöniciern und Aegyptern, auf Samothrace und Lemnos und in den eleusinischen Geheimnissen zu Athen und an andern griechischen, Orten. Ophias nämlich, der Schlangensohn, ist kein Anderer als Dionysos-Zagreus,2) der Sohn des schlangengestalteten Zeus. Nach Röth, a. a. O., II. S. 673, stammt der Name des Dionysos aus dem ägyptischen Ti-en-ose, d. i. Ertheiler [612] der Vergeltung, indem Dionysos-Zagreus gleich Osiris in der Unterwelt das Todtenrichteramt ausübt. Preller, griech. Mythologie, I. S. 416, führt die gewöhnliche Ableitung des Namens des Dionysos von [...], d. i. ein saftig fruchtbarer und feuchter Ort, mit dem Beifügen an, dass keine der bis jetzt versuchten Worterklärungen zureichen wolle; Welker, griech. Götterlehre, I. S. 438, erklärt es dagegen für sicher und unbestreitbar, dass der Name des Dionysos mit Nysa, auch [...] geschrieben, übereinstimme. Die junge abgemähte, die gelbe Fruchtähre des Attes, welche aus dem phrygischen Götterkultus als ein Hauptsymbol in die. eleusinischen Geheimnisse übergegangen ist, ist ein den Adonisgärtchen verwandtes Symbol des plötzlich dahingerafften blühenden Lebens, aber auch der Unsterblichkeit, der sichern Hoffnung des neuen Lebens oder der Wiederauferstehung aus dem Tode, weil die Aehre in dem Saatkorn den Keim des neuen Lebens birgt und trägt. Der szufitische Dichter Dschelaleddin Rumi sang:

Wenn die Blüthe fällt, erhebt die Frucht ihr Haupt,
Wenn der Körper bricht, erhebt der Geist sein Haupt. – –
Wirfst den Weizen tief du in der Erde Schooss,
Bald ersteht die goldne Aehre, reich und gross.

Von den in dem Vorgehenden berührten priesterlichen und wissenschaftlichen, religiös-wissenschaftlichen Schulen und Einrichtungen der Alten scheidend, dürfen und müssen noch die jüdischen Prophetenschulen kurz berührt werden, welche von dem Hohepriester Samuel entweder erst neu begründet, oder dann jedenfalls erneuert und wirksam gemacht worden waren. Diese für die reinere und höhere, für die messianische oder prophetische Religion, für die religiöse Poesie und Geschichte der Juden so bedeutungsvollen und zugleich so eigenthümlichen Propheten1) können einigermassen mit dem Bunde der Essäer verglichen werden, und waren, wollten und wirkten für die erste und ältere Zeit der Könige Aehnliches, wie, für die spätere die Essäer, – hatten auch vermuthlich und sicherlich [613] ihre besondern Weihen, Grade und Pläne. Als der erste und in gewissem Sinne grösste Zögling und Sendling der Prophetenschule Samuels muss der Gegenköinig und König David angesehen werden,1) und die Psalmen, wenngleich nur zum. kleinern Theile von David selbst herrührend,2) sind die grosse Prophetenstimmen Davids und seiner Gesinnungsgenossen und Nachahmer, der Anfang des ächten christlichen Glaubens, wie Jonathan und David einigen Anklang an Johannes den Evangelisten und Christus in ihrer reinen Freundschaft und Liebe haben. Samuel hatte nach der Einsetzung des Königthums, welche er nicht hatte verhindern können, seine Prophetenschule geschaffen, damit die Propheten, gleich der freien Presse bei uns, nach ihrer idealen Bestimmung für den wahren Glauben, den rechten Wandel, die Interessen und die Freiheit des Volkes wachen und streiten, – den König, und das Volk durch Strafreden, durch die Erinnerung an die sicher kommenden Folgen oder die Zukunft vor Verirrung, Unrecht und Schuld bewahren möchten. Das Alterthum hatte im. Wesentlichen dieselben öffentlichen Bedürfnisse und Interessen wie die Gegenwart, aber zu ihrer Befriedigung und Erreichung nicht dieselben Mittel und nach dem ganzen Geiste und Charakter der Zeit nur religiöse oder priesterliche; die hohe Aufgabe der Presse hatten die Propheten und die Orakel, besonders auch bei den Griechen die apollinischen Orakel und vor Allem das Nationalorakel zu Delphi, übernommen. So lange die Propheten und Orakel ihre Aufgaben redlich zu erfüllen strebten und nach dem Grade ihrer Bildung zu erfüllen vermochten, blühten sie und genossen allgemeines Ansehen und Glauben; sie zerfielen und gingen unter, sobald sie nicht mehr den allgemeinen Interessen, sondern den Interessen der Einzelnen, dem Eigennutze und den Leidenschaften dienten und zugleich von der allgemeiner gewordenen und höhern Volksbildung überflügelt wurden. Die Geschichte der Orakel des Alterthums und ihrer Propheten und Prophetinnen ist [614] nicht verschieden von der Geschichte der Klöster und Klosterschulen des Mittelalters; die gleichen Ursachen trugen sie empor und begruben sie. Vom weltgeschichtlichen Standpunkte aus sind die Propheten und Orakel des Alterthums weit weniger der Ausfluss des Aberglaubens, als die weisen und frommen Leiter, die begeisterten Führer und Sänger der Völker. Zur Zeit der Blüthe des Orakels zu Delphi sprachen die Pythia oder ihre Priester in Versen, und nachdem diese Verse durch einen Aeschylos, Sophokles und die andern grossen Volksdichter übertroffen worden waren und das Orakel stets mehr seinem Verfalle nahte, nur noch in Prosa, oder doch nicht in eigenen Versen, sondern in Versen, die dem Homer und den Tragikern entlehnt waren,1) und selbst diese Prosa musste vor der Prosa eines Herodot, Thukydides und Xenophon, eines Plato und Aristoteles endlich verstummen. Um die Zeiten der Entstehung des Christenthums und bis dasselbe unter Constantin zur anerkannten und herrschenden Religion des römischen Reiches geworden war, übten bei den Juden und später bei den Christen die alexandrinischen jüdischen und christlichen Sibyllendichter das Prophetenamt. Bei den Juden hatten bald nach der Rückkehr aus der babylonischen Gefangenschaft die alten Propheten aufgehört,2) vielleicht weil mit der Rückkehr nach Palästina und der Wiedererbauung des zweiten Tempels die messianischen Hoffnungen als erfüllt und die Leiden des jüdischen Volkes als beendigt betrachtet wurden, – vielleicht auch und wohl noch eher, weil in dem Exile eine Umänderung der jüdischen Bildung und des jüdischen Glaubens eingetreten war. In dem ersteren Sinne spricht der Herr bei dem Propheten Zacharias 8, 3: „Ich will mich wieder gegen Zion wenden und mitten in Jerusalem wohnen. Alsdann wird man Jerusalem die treue Stadt nennen, und den Berg des Herrn der Heerschaaren den heiligen Berg.“ Für das Letztere ist anzuführen, dass die Leiden und Entbehrungen in der babylonischen Verbannung und die glückliche Befreiung daraus jedenfalls einen bleibenden und tiefen [615] Eindruck auf das jüdische Volk gemacht und seinen Glauben und Vertrauen auf den einzigen, allmächtigen, allgerechten und allgütigen Gott der Juden und aller Völker der Erde mächtig gestärkt hatten. Jehovah. und seine schweren Schicksalsfügungen hatten die Propheten überflüssig gemacht; wen Jehovah nicht belehren und warnen konnte, dem nützten auch die Propheten nichts. Seit Malachias erlosch der prophetische Geist. Dass jetzt schon auch das Eindringen griechischer Kenntnisse, also eine höhere Gelehrtenbildung, zum Verstummen der Propheten beigetragen habe, wie Stäudlin anführt, steht doch zu bezweifeln, obgleich beim Sturze des jüdischen Reiches allerdings viele Juden nach dem Auslande, und namentlich nach Aegypten und vielleicht auch nach den griechischen Inseln sich gewandt haben, und dort mit der griechischen Bildung bekannt geworden sein mögen. Eine Hauptsache war jedenfalls, dass der Vorstellungs- und Lehrkreis, in welchem die Propheten sich bewegten, erschöpft war und sich in keine neue Gestalt mehr einkleiden liess; nach Stäudlin lässt sich die Lehre der Propheten in den Satz zusammenfassen: Glaube an Einen Gott und halte seine Gebote.

Unter den noch bestehenden deutschen Sitten und Gebräuchen findet sich wenigstens ein unverkennbarer Ueberrest eines alten Todtendienstes, verbunden mit einem Wiederhervorgehen aus dem Grabe, wenn auch in sehr verwischter und veränderter Gestalt; es ist dieses das sogenannte Begraben der Kirmess oder Kirchweih und ihr Wiederausgraben und frohes Feiern im nächsten Jahre in den beginnenden Kirmess- oder Kirchweihtagen, wobei man sich aber zugleich wesentlich daran erinnern muss, dass am Rheine, in Kurhessen u. s. w. fast alle Kirchweihen im Spätherbst gefeiert werden,1) wie z. B. auch in dem Kanton Zürich die Kirchweih auf den 9. September fällt. Mülhause, S. 301, beschreibt das Begraben der Kirmess in Kurhessen also:

‘„Einer der Platzburschen wird in einen Popanz verkleidet und von seinen Kollegen mit einem Tragkorb’
[616]
‘auf dem Rücken und einem Besen in der Hand vor die Häuser der Wohlhabenden geführt. Während einige Stücke gespielt werden, holt die Hausfrau Eier, Kuchen und Speck und legt diese Opfergaben in den Tragkorb. Ist der zu einem Schmause nöthige Stoff eingesammelt, so wird unter scheinbarem Weinen und Wehklagen an einem wenig besuchten Orte ein tiefes Loch in die Erde gemacht und in dasselbe eine Anzahl zerschlagener Flaschen, Gläser, etwas Kuchen, eine menschenähnliche Puppe und eine mit Branntwein gefüllte Flasche, die sogenannte Kirmessflasche, begraben. Im Kreise Homberg wird der vermummte Bursche noch mit Erbsenstroh umwickelt, um so die krank gewordene Kirmesse vorzustellen. Er wankt und schwankt, bricht zusammen, und benimmt sich überhaupt so, als würde er im nächsten Augenblicke den Geist aufgeben. Am Begräbnissorte wird das Stroh verbrannt. Während dieses Drama unter fortwährendem Weinen der Kirmessburschen und der Zuschauer aufgeführt wird, spielen die Musikanten ein Trauerstück, worauf die Versammlung ins Dorf zurückkehrt und sich zerstreut.“’

Wir finden hier also eine förmliche Beerdigung (des Gottes) des Lebens und der Freude unter Wehklagen, Weinen und Trauer, wobei die Geschenke, die den Leidtragenden und Beerdigenden gegeben werden, an die Stelle der früher und ursprünglich den heidnischen Priestern verabreichten Todtenopfer getreten sind. Die begrabene Branntweinflasche stellt in freilich nicht ansprechender Weise die unzerstörbare und unsterbliche Lebenskraft des dem Grabe übergebenen Gottes vor, weshalb die Feier der nächsten dreitägigen Kirmess nach dem Morgengottesdienste auch damit ihren Anfang nimmt, dass von den Kirmessburschen die vergrabene Kirmessflasche ausgegraben und geleert und dann ein Umgang durch den ganzen Ort, unter beständigem Zutrinken an Reiche und Arme, Junge und Alte aus vollen Flaschen, vorgenommen wird, zum Symbole, dass der alte Trank, die alte Freude, das verlorene Meisterwort wiedergefunden sei und unerschöpflich, unsterblich fortlebe. So viel ich mich aus meiner Jugendzeit noch erinnere, wird in den mittleren [617] Rheinlanden die Kirchweih in der Weise am Fusse des Kirchweihbaumes beerdigt, dass eine Flasche rothen Weines auf die Erde gegossen, mithin ein Todtenopfer in Wein dargebracht wird (funde merum genio), wobei zum Opferplatze, zum Grabe, die Musik folgen und das letzte Stück, ein Trauerstück, aufspielen muss. Wenn im nächsten Jahre der geschmückte grüne Kirchweihbaum in die aufgegrabene Erde unter Musikbegleitung neu gesetzt ist, wenn die Fichte (und Akazie) wieder grünet, gilt die Kirchweih selbst als ausgegraben und der Gott der Freude, des Tanzes und des Weines als wiedererstanden. Wegen des Eierschmuckes, den der grüne, beblumte und bebänderte Kirchweihbaum trägt, ist derselbe auf den herbstlichen Sonnengott, auf Wuotan, Frô, Donar, den griechischen Dionysos zu deuten. Die gefüllte Flasche rothen Weines wird in den Rheinlanden (wenn immer nur die Jugenderinnerung getreu ist) an dem Kirchweihbaume zerworfen und mit dem ausgegossenen Weine in die Erde verscharrt, was in Kurhessen sich dahin gestaltet hat, dass mit der menschenähnlichen Puppe zerbrochene Flaschen und Gläser beerdigt werden. Die zerbrochenen und zerworfenen Gefässe, welche auch noch bei den Hochzeitsgebräuchen z. B. vorkommen, beruhen auf dem letzten Gedanken, dass was zum heiligen Gebrauche, zur Freude gedient hat, nicht durch profanen Gebrauch entweiht werden solle, und dass zugleich das Brechen ein Symbol des Sterbens sei. Das Zerbrechen der Flaschen und Gläser ist ein bacchantisches Grabgeläute, der wahre Kirmesstod, wie er nach den Verhältnissen kein anderer sein kann, zumal wenn man berücksichtigt, dass die Kirchweih gleichsam die einzige Jahresfreude vieler Tausender von Dorfbewohnern ist. Mülhause, a. a. O., S. 303, spricht die sehr begründete Vermuthung aus, dass die Kirmessflasche ursprünglich ein mit Meth gefülltes Horn gewesen, welches innerhalb des heiligen Haines feierlich der Erde übergeben worden. Das Kirmessfest ist seinem Ursprunge nach ein uraltes germanisches Dionysosfest, wie es vor der Einführung des Weinbaues gefeiert wurde und allein gefeiert werden konnte; um dieses zu verdrängen und zu verchristlichen, wurden die herbstlichen Kirchweihen eingeführt, [618] wie der heilige Martin und sein Fest mit der Martinsgans ein ähnliches anti-wuotanisches Entstehen hat.1) Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 87, bringt die noch jetzt zu Neujahr und zur Fastnachtszeit üblichen Mummereien und lärmenden Festgelage mit dem Frôcultus, mit dem Gotte der Freude in Verbindung, worin wir ihm nicht nur bestimmen, sondern auch die Kirmessgebräuche auf dem freudegebenden, auf den frohen Gott, – auf den bacchantischen Ebergott2) beziehen. Das Nothfeuer, dessen Namen Grimm auf die ahd. Wurzel uniotan = stossen, reiben, zurückführt, da diese Ableitung der lateinischen Uebersetzung de igne fricato wörtlich entspricht, hat Wolf mit Frô, dem Beschützer des Viehstandes gleichfalls in sehr wahrscheinliche Verbindung gebracht; denn es wurde nicht, wie die Oster- und Johannisfeuer, zu gewissen Jahreszeiten, sondern bei herrschenden Viehseuchen und unter bestimmten abergläubischen Gebräuchen entzündet, worauf die Thiere, die Schweine voran, durch dasselbe getrieben wurden. Auch der Studentenausdruck, Schwein haben , d, i. Glück halsen, gefällig sein, das Schwein gewinnen, hat einen mythologischen Ursprung und kommt in Baiern auch bei den Erndte- und Hochzeitsgebräuchen noch heute vor.3) Dem Frô als dem Gotte der Liebe und des Ehesegens war der Rosmarin geweiht, weshalb er auch noch heute in den mannichfachsten Beziehungen, namentlich als Hochzeits- und als Leichenschmuck gebräuchlich ist.4) Das Trinken des Johannissegens, welcher auch in Baiern nach der Trauung den Vermählten wie den Gästen dargeboten und auf den Namen Johannes des Evangelisten jetzt getrunken wird, leitet Quitzmann, a. a. O., S. 89 und 90, von dem Trinken der Minne Frô’s ab. Die schwesterliche Gattin des Frô ist die Freyja, Frouwa, das Ideal der deutschen Frau, welcher [619] unter den Thieren die Katze, der Eber und der Hirsch - und unter den Bäumen die Linde, die Dorflinde, welche im eigentlichen, rechtseitigen (des Rheines) Deutschland und besonders in Türingen und Sachsen den Platz der Gemeindsversammlung, der allgemeinen Freude, der abendlichen und sonntäglichen Zusammenkünfte und besonders des Tanzes noch heute bildet, – geheiligt sind. Die Freyja mit der ihr heiligen Linde1) und mit dem diese Linde umgebenden, gewöhnlich viereckigen, quadratförmigen Tanzplatze bestärken ausserordentlich die Vermuthung, dass ihr Bruder und Gemahl Frô der Gott und Beschützer der zechenden und tanzenden, der Meth (später Wein) und Mädchen liebenden Kirchweihbursche sei; Frô und Freyja sind die Götter der Freude, der Liebe und der Ehe, des Methes und des Tanzes, der Fruchtbarkeit (des Ebers und der Katze) und des Erndte- und des Herbstsegens. Jedoch ist dieses nur eine Betrachtungsweise des Frô und der Freyja, und im höhern Sinne sind dieselben die Sonne und der Mond, Osiris und Isis, Apollo und Artemis, überhaupt das segnende, befruchtende und allerfreuende Licht. Nach Brugsch, Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. X. S. 661 und 680, wird auf einer Stele im Museum zu Neapel von dem Nomosgott Chnum gesagt: „sein rechtes (östliches) Auge ist die Sonnenscheibe, sein linkes (westliches) der Mond, seine Seele ist der Sonnenschein (das Licht)“ und dieses sind auch Frô und Freyja, der Herr und die Herrin, der Mann und die Frau, der Gott und die Göttin in ihrer Verbindung, in ihrem Sein. Es sind die sogenannten drei kleinen oder vielmehr grossen Lichter der Maurer, – das Sterne- und Weltengewand, Gott und der Tag, das Licht oder der Himmel, deus, dies, djaus. Die Beziehung der Kirmessfeier auf die Sonnen- und Himmelsgottheiten geht übrigens auch noch aus der besonderen Sitte des nördlichen Deutschlands hervor, die Kirmessfeier am Montag einstweilen zu schliessen und sodann am Donnerstage, am Tage des Donnerers wieder zu beginnen und nunmehr erst mit dem Abend zu schliessen.2)

[620]

Von dem Donnergotte oder vielmehr von seinem Bocke trägt auch der vorzüglichste der Frankenweine, der an der Burg zu Würzburg gewachsene Wein, den Namen Bocksbeutel und eben darauf sind die Böckereien genannten Volkslustbarkeiten und Volksmummereien zu beziehen. Eine Böckerei ist eine Bacchanterei, eine Art Dionysosfest, – in der Schweiz besonders ein Neujahrs- und Fastnachtschwank. Die Böcken, Böggen der Schweiz sind die zu allen Jahreszeiten getragenen Masken, vermummten Menschen, – die Neujahrs-, Fassnachts- und Herbstnarren. Hieran reihen sich auch die deutschen kirchlichen Schauspiele des Mittelalters, besonders die Passions- und Osterspiele, wie dieselben sich bis auf den heutigen Tag in Baiern1) und Oesterreich erhalten haben und worüber besonders Mone, altdeutsche Schauspiele, Quedlinburg und Leipzig 1841, S. 13 ff., zu vergleichen ist. Das deutsche Schauspiel ist aus dem lateinischen Kirchendienst und Kirchenspiel hervorgegangen. Es steht zu vermuthen, dass auch diese kirchlichen Schauspiele dem Bestreben der Geistlichkeitt, die ähnlichen heidnischen Darstellungen zu verdrängen und zu ersetzen, ihren Ursprung verdanken. Sie wurden vornehmlich an drei Festtagen, die nächst der Weihnacht fielen, aufgeführt, am Stephans-, Johannes-Evangelisten- und unschuldigen Kindleinstag, vom 26. bis 28. Dezember, welche Feiertage an und für sich keine Veranlassung zu dramatischen Aufzügen haben. Zu dieser Zeit passen nur die Drei-Königsspiele, nicht die Passions- und Osterspiele, die nach den vorhandenen Stücken häufiger waren und in die Charwoche gehören. Auf diesem Ursprunge der geistlichen Schauspiele beruht es auch, dass bald zum grossen Aergernisse der Besonnenen die weltlichen Zwischenspiele, die Volkskomödie, in das geistliche Drama Eingang fanden, obgleich weder Verfasser noch Zuhörer den Willen hatten, damit den religiösen Inhalt der Stücke zu verspotten. Es ist daher nicht zu verwundern, dass diese Spiele unterdrückt wurden und jetzt ihre Handschriften sehr selten sind. Die antike und heutige dramatische Kunst beruht [621] darauf, die Entscheidung einer Handlung vorzubereiten und auszuführen, und da sie dieses durch persönliche Darstellung erreichen will, so muss sich ihre Dichtung in Raum, Zeit und Handlung beschränken. Die Dramatik des Mittelalters befolgt andere Grundsätze; sie bekümmert sich nicht um die dramatischen Einheiten, sondern fasst den Verlauf der Handlungen als ein Ganzes auf, welches sie von Anfang bis zum Ende in einem Entwicklungsgange darstellt, so dass erst mit der Vollendung des ganzen Cyclus der Handlungen das Drama geschlossen ist. Dieser Charakter des Drama’s ist episch und zeigt sich besonders deutlich in den Schauspielen, die ihren Stoff aus dem neuen Testamente genommen haben, indem sie das Leben Christi von seiner Geburt bis an seinen Tod, die heilige Geschichte von der Auferstehung bis zur Zerstörung Jerusalems oder gar bis zum Weltende, die Prophezeiungen des alten Testamentes bis zu Christi Geburt u. s. w. enthalten. Selbst die Schauspiele über die Heiligen umfassen meistentheils ihr ganzes Leben, nicht einzelne Momente desselben. Diese Beschaffenheit des Drama’s geht mit den zeichnenden Künsten des Mittelalters gleichen Schritt, die speculae humanae salvationis, die biblia pauperum, die Skulpturen an den Portalen der Kirchen, die Oelberge, die alten Gemälde u. s. w. stellen womöglich den ganzen Verlauf der heiligen Geschichte dar, sie häufen ihre Gruppen in Zwerggestalten, um die biblische Vollständigkeit zu erreichen. Die von Mone mitgetheilten Stücke betreffen Mariä Himmelfahrt, Christi Auferstehung und Fronleichnam. Die Schauspiele, welche die Auferstehung Christi behandeln, sind mit den Osterspielen gleichbedeutend und eine Fortsetzung der Passionsspiele. Sie wurden Abends und Nachts aufgeführt, weil die Grablegung Christi und die Bewachung des Grabes gegen Abend geschah, und nach dem Ritual die Auferstehung durch einen Abendgottesdienst am Charsamstag gefeiert wird. Daher auch der Name solcher Stücke: ludus de nocte paschae. Bei der grossen Feier des Ostersonntags durfte kein Schauspiel gegeben werden, den Abend vorher wurde es erlaubt, und weil der Todestag Christi schon vorüber, so durfte das Spiel, auch der nahen Auferstehung [622] wegen, einen fröhlicheren Charakter annehmen, als es sonst dem religiösen Schauspiel zukam. Man findet daher bei einigen Osterspielen ein komisches Intermezzo über den Marktschreier, welcher den drei heiligen Frauen die Salben verkauft. Die nächste Veranlassung zu diesem fremdartigen und ungeeigneten Zusatze lag in den Jahrmärkten und Messen, die mit grossen Kirchenfesten abgehalten wurden. Die komischen Zwischenspiele sind planlose Bauernkomödien; sie haben mit dem Hauptstücke keinen inneren Zusammenhang und können daher eben so gut fehlen; sie drehen sich gewöhnlich um Schlägereien und haben entweder gar keine Entwickelung oder einen schlecht begründeten Ausgang. Diese kirchlichen (tragischen und komischen) Schauspiele in deutscher Sprache anstatt in der ursprünglich üblichen lateinischen zu verfassen, war wegen der als Mitspieler beigezogenen Laien, welche das Lateinische nicht verstanden, nöthig geworden.

Derartige religiöse Schauspiele sind sodann auch in den Buddhisten-Klöstern Tibets üblich und werden noch jetzt einige Male im Jahre als höhere Kirchenfeierlichkeiten mit grossem Ernst und vieler Würde in den grössern Klöstern von den Lama’s oder den Mönchen der buddhistischen Klöster mit Masken und in besonderen Anzügen aufgeführt. R. Schlagintweit hat darüber am 6. Februar 1858 in der geographischen Gesellschaft zu Berlin unter Vorlegung einiger solcher Masken und eines Anzuges einen kurzen Bericht erstattet.1) Schlagintweit berichtet:

„Der Stoff des Schauspiels ist mit wenigen Veränderungen fast immer derselbe und zwar folgender: Ein böser Geist sucht einen armen tugendhaften Mann zu überreden, eine böse That zu verrichten, z. B. zu stehlen oder zu rauben, und sucht ihn auf alle Weise zur Ausführung derselben zu bewegen. Der Versucher erscheint anfangs allein, wird aber später von einem anderen weiblichen Dämon in seinen Bestrebungen unterstützt, dessen Gestalt und Wesen jener weiblichen Person gleicht, die auch häufig in unseren Sagen erwähnt und beschrieben wird; [623] doch auch das gute Prinzip ist in der Gestalt eines Engels vertreten, der Alles aufbietet, den Einfluss der bösen Geister zu verhindern. Der zu Versuchende scheint anfangs den Einflüsterungen der bösen Geister nicht widerstehen zu können; doch zuletzt siegt das gute Prinzip und seine moralische Stärke. Nachdem er glücklich alle Versuchungen zurückgewiesen hat, erscheint Buddha selbst, der den Tugendhaften für seine Standhaftigkeit belohnt und umringt von guten, ihm untergebenen Geistern die Versucher vertreibt . Eine Anzahl Tänze, die den Sieg des Versuchten sowie die Freude über das Vertreiben der bösen Geister darstellen, schliesst die Handlung, deren Aufführung gewöhnlich 1 – 1 1/2 Stunden Zeit in Anspruch nimmt. Von den vorgelegten Masken ist die erste, einem Lama ähnlich, diejenige, welche der zu Versuchende trägt, die rothe ist die des bösen Geistes, die dritte, mit den langen weiblichen Zöpfen, ähnlich jenen der thibetanischen Frauen, die des weiblichen Dämons, die gelbe mit den drei Augen repräsentirt Buddha und die mit dem Turbane die Engel.“

In ihrem letzten Ursprunge dürfen und müssen wohl diese maskirten religiösen oder göttlichen Aufzüge auf Chaldäa, auf Assyrien und Aegypten zurückgeführt werden. Aus den assyrisch-babylonischen Denkmälern, die in neuerer Zeit ausgegraben und entdeckt worden sind, sieht man, dass es wirklich der Gebrauch der chaldäischen oder säbäischen Priester zu Babylon und Niniveh war, bei feierlichen Gelegenheiten und besonders bei Processionen die Thiermasken ihrer Götter aufzusetzen; man sieht Männer mit Flügeln und dem Kopfe des Adlers, des Löwen, mit Ochsenhörnern, sogar mit einem ganzen Fische, der vom Kopfe bis auf die Füsse herabreichend, den Rücken des Mannes deckt, welche in der Handlung des opferbringenden Priesters dargestellt sind.1) Ebenso trugen die ägyptischen Priester bei ihren Aufzügen die Masken eines Hunde- oder Schakalkopfes, mit Hinsicht auf den Anubis, dessen Priesterthum, Wachsamkeit und Weisheit sie ver- [624] traten, und sie hiessen daher auch seebim, d. i. Wölfe oder Schakale, ähnlich wie Hirten und Wächter. Der Anubis machte später in jeder Isisprocession den Herold und in der sullanischen Zeit rettete sich, wie Appian erzählt, ein gewisser Volusius dadurch, dass er den Hundekopf des Anubis aufsetzte und sich so als ägyptischen Priester verkleidete.1) In gewissem Sinne ist jeder Gottesdienst ein dramatischer, indem er Gott und seinen Himmel, das Leben und Leiden, die Grösse und den Ruhm Gottes versinnlichen und namentlich der Priester der Vertreter Gottes sein soll; jedoch ist ein Gottesdienst nach dem besonderen Glauben und nach der besonderen Gelegenheit dramatischer, sinnbildlicher und darin auch ergreifender als der andere. Man denke nur an die Feier der Osterwoche zu Rom, an die Feier eines Hochamtes und einer Todtenmesse, des Christ-, des Oster-, Pfingst- und Fronleichnamsfestes bei den Katholiken überhaupt.

Ueber die indischen Mysterien, die wir hier noch glauben berühren zu sollen und die natürlich nicht blos bei den Brahmanen und Buddhisten, sondern auch bei den verschiedenen Secten derselben verschieden waren und sind, auch gewiss im Laufe der Zeiten eine grössere oder geringere Umwandlung erlitten haben, besitzen wir keine weitere Nachrichten und können deshalb einzig auf Dasjenige verweisen, was darüber Br. Leutbecher in Nr. 45 ff. der Bauhütte für 1860 berichtet hat, obwohl sein Bericht nur mit grosser Vorsicht und nicht ohne Misstrauen aufgenommen werden darf. Die indischen Mysterien, d. h. die Mysterien der indischen Brahmanen sollen vier Grade haben, welche Tschar Ascherun genannt werden. Die Mitglieder der einzelnen Grade heissen nach ihrer Reihenfolge: Brahmak’ ârin, Grihastha oder nach Leutbecher Grahafta, Banperisth oder Vânaprastha, Sannjâsin oder Bhixu; es sind die vier Stadien des Lebens oder âcrama, eigentlich Ruhe, Rastort, daher auch Einsiedelei, des Gesetzbuches des Manu,2) nämlich des Schülers (Brahmak’ ârin), des Familienvaters oder Hausbewohners [625] (Grihastha), des Waldsiedlers (Vânaprasta) und des Niederlegers aller Neigungen (Sannjâsin) oder des von Almosen Lebenden (Bhixu), auch des Bezwingers der Sinne und der Leidenschaften (Jati). Auch die Neuplatoniker unterschieden vier Stufen priesterlicher Reinheit und Heiligkeit.1) Die Brahmak’ ârin sind die Lehrlinge, die reinen Schüler, sogar anfänglich blosse Elementarschüler der Brahmanen, weshalb die jungen Brahmanen auch schon mit dem siebten Jahre bei einem ältern Brahmanen als ihrem Lehrer und Führer, Guru, Schüler werden können, wozu sie durch Anlegung der heiligen Schnur aus drei Fäden und eines weissen Linnenkleides aufgenommen werden. Leutbecher hält die drei Fäden der heiligen Schnur für die Symbole der auch in der maurerischen Lehrlingsaufnahme erscheinenden drei Elemente der Erde, des Feuers und der Luft. Eher aber möchte die dreifache heilige Schnur sich auf die brahmanische Götterdreiheit des Brahma, Wischnu und Schiwa beziehen und den damit bekleideten zu einem Gottgeweihten machen, dem Priesterdienste weihen. Das zu dem Priesterdienste Gehörende hatte daher der Bramatschari (nach Leutbecher), der Brahmanenschüler bis zu seinem zwanzigsten Jahre zu erlernen und natürlich dabei ein priesterliches reines und büssendes Leben zu führen; das Buch des Unterrichts und des unablässigen Studiums waren die vier Veden. Ueber die Einheit und Dreieinigkeit der Gottheit konnte der Schüler erst in dem letzten Theile seiner Lehrzeit begreiflich unterrichtet werden und nicht schon war dieser Unterricht mit seiner Aufnahme verbunden, wie es nach Leutbecher scheinen könnte. Der Gerischtha (nach Leutbecher), welcher ohne Leibesfehler sein musste, ist erst der eigentliche Eingeweihte und empfängt den höhern Unterricht, besonders in der Sternkunde und Naturkunde, vielleicht auch der geheimen Lehre. Der Aufnahme zum Gerischtha gingen Prüfungen voraus, wobei die Qualen der Hölle und die Freuden des Himmels dargestellt wurden. Die Aufnahme scheint eine Lichtertheilung, eine Einführung in das Licht, eine Wiedererweckung in dem Lichte gewesen und in der Mysterien- [626] grotte oder Höhle erfolgt zu sein. In dem Einweihungsraume soll der Einzuweihende die drei Hierophanten in ihren Prachtkleidern im Osten, Süden und Westen als die symbolischen Vertreter des Brahma, Wischnu und Schiwa, vielleicht aber des Meisters, der Sonne und des Mondes erblickt haben. Alle Eingeweihten sollen in dem zweiten Grade pyramidale Hüte getragen haben zum Zeichen, dass sie nach dem Lichte emporstreben und es durch ein lichtvolles Loben zu finden hoffen. Der Einzuweihende musste ein angemessenes Gelübde ablegen und namentlich auch Gehorsam, Treue und Verschwiegenheit geloben, nachdem für ihn zu dem grossen Gotte des Weltenalls gebetet worden war. Der Einzuweihende wurde mit Wasser besprengt, d. h. getauft und gereinigt, was mit den allgegemeinen Mysteriengebräuchen übereinstimmt. Die Mantra, welche dem Einzuweihenden nach Leutbecher in das rechte Ohr geflüstert wurde, war wohl weniger eine Anrufung der Gottheit als das heilige Wort. Dreimal habe der Einzuweihende den Grottenraum umwandeln, also drei Reisen machen und dabei angekommen, vor dem Hierophanten oder Aufseher im Süden, jedes Mal rufen müssen: „Ich folge dem Beispiel der Sonne und wandle ihren Lauf des Segens und des Siegs.“ Die nachgehenden Prüfungen scheinen ein Sterben und Wiederauferstehen gewesen zu sein, woher auch der Aufgenommene den Namen des Zweimalgebornen erhielt; der Aufzunehmende musste nach Leutbecher als der symbolische Vertreter des Wischnu leiden, sterben und wiederauferstehen, wobei er bis zur Wiederauferstehung oder zur symbolischen Ankunft in dem ewigen Lichte die sieben Planetensphären in sieben mystischen Grotten soll durchzogen haben. Die Lichthalle, die Kailasa, soll eine mit tausend und tausend glanzreichen Lichtern, – mit den duftreichsten Blumen, mit köstlichen Edelsteinen und Specereien erfüllte Halle gewesen sein; auf oder bei deren Altar, dem sich der Einzuweihende mit drei rechtwinkeligen Schritten, in dem maurerischen Lehrlingsschritte, zu nähern hatte, soll er dann zuletzt den strahlenden Brahma mit seinen vier Köpfen, als den Symbolen der vier Elemente und der Welt, auf der Lotosblume, dem Sinnbilde der Erde und [627] der auflebenden Natur, des aus dem Tode von Neuem sich entwickelnden Lebens, der geistigen Wiedergeburt, und in den Händen die Embleme der Ewigkeit und Allmacht, den Ring und die Flamme tragend, erblickt haben. Beim Sterben, welches die eigentliche Weihe begann und dem Wandern im Tode oder durch die sieben Planetensphären vorausging, soll über den frühen Tod Kama’s, des Sohnes der Maja, d. i. der täuschenden Welt, des Gottes der Blumen und der Liebe, gewehklagt worden sein und der Einzuweihende stellte vermuthlich selbst diesen Kama vor. Es wäre demnach die Weihe zum Gerischtha eine Trauerklage über den Tod mit daran sich anreihendem Freudenfeste über die Wiederauferstehung gleich der Mysterienfeier des Hiram oder der maurerischen Meisteraufnahme gewesen. Als ein Wiedergeborener soll der Gerischtha von dem Oberbrahminen einen neuen Namen, ein neues weisses Gewand und zugleich das Zeichen, den Griff und den Unterricht empfangen haben, – auch mit einem Kreuze, crux ansata, mit der [Tilaka], als dem Sinnbilde der vier Hauptpunkte des Zirkels oder der vier Weltgegenden bezeichnet worden sein. Ferner soll auf seine Brust eine Setzwage gemacht worden sein zum Zeichen seiner neuen Würde, ein Sinnbild der Unschuld und Reinheit und des ewigen Lebens, und zugleich eine Hinweisung auf sein Gleichstehen mit dem höhern Priesterrange; ebenso habe er den heiligen Sasch oder Belt, einen aus dreimal drei Schnüren gemachten Strick, – den heiligen Rosenkranz, – den Kohstubh, ein magisches, auf der Brust zu tragendes Kleinod, mit Lichtstrahlen inmitten der Finsterniss, zur Abwendung von Unglücksfällen, und den Talismansstreifen für den linken Arm, beschrieben mit geheimnissvollen Worten, dienend zur Erlangung von Weisheit, Stärke und Schönheit, bekommen. Die heilige Schnur des ersten und des zweiten der brahmanischen Mysteriengrade würden sich sonach zu einander verhalten, wie der Schlag des maurerischen Lehrlings und Meisters. Endlich soll dem Grihastha auch der Salagram oder der schwarze magische Stein als Amulet gegeben worden sein, um ihm den Schutz Wischnu’s zu erhalten, und der Schlangenstein – ein dem Anguinum der Druiden ähnliches Amulet - [628] zur Verhütung des Schlangenbisses. Das heilige Wort des Grades sei Om gewesen. – Die Aufnahme in den dritten Grad erfolgte, nachdem die Kinder des Grihastha, welcher heirathen durfte, sich selbst versorgen konnten, jedoch niemals vor dem 42. Jahre. Der Banperisth habe sich mit seinem Weibe in die Waldeinsamkeit zurückziehen und dem Büsserleben widmen müssen, woher er nicht wieder in die Welt zurückkehren durfte. Auf der Brust und dem Arme habe der Banperisth das abwärts gerichtete, gleichseitige oder das Wasserdreieck, oder das aufwärts gerichtete, gleichseitige oder das Feuerdreieck getragen, je nachdem er sich dem Wischnu- oder Schiwadienste besonders gewidmet. Ueber die Bedeutung des Büsserlebens bei den Indern, welches sich erst nach der festen Niederlassung derselben in dem Gangeslande aus der Neigung der Brahmanen zur Contemplation entwickelt hatte, vergleiche übrigens Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 519 ff. Die frühesten Bestrebungen der Brahmanen in der Speculation sind uns in einer vollständigeren und unmittelbarern Form in den Upanishad bei den Indern erhalten, als bei irgend einem andern Volke, und gehören der Sprache nach der vorepischen Zeit an; in ihnen erscheinen die ersten Anfänge jener Richtung, sich in die Einsamkeit zurückzuziehen, um die höchste Erkenntniss zu erlangen. In dem Gesetzbuche des Manu ist das Einiedlerleben in seiner vollständig organisirten Form dargestellt. Nach dem Gesetzbuche des Manu ist es Pflicht eines jeden Brahmanen, dass der Familienvater (grihastha), wenn er Runzeln, graue Haare und Nachkommenschaft seiner Nachkommenschaft erblickt, aus dem Dorfe in dem Wald ziehe, Waldsiedler (Vânaprastha oder nach der Uebersetzung von Megasthenes [...]) werde. Er nimmt das heilige Feuer mit und lebt dann von Früchten, Wurzeln und Wasser, gekleidet in ein Kleid von Rinde (valkala) oder dem Felle einer schwarzen Gazelle, die fünf täglichen Opfer verrichtend, mit dem Lesen der Vêda und dem Studium der Upanishad beschäftigt und stets der Betrachtung hingegeben, zur Reinigung seines Leibes, zur Vermehrung seiner Wissenschaft und Frömmigkeit, zur Vollendung seines Geistes. Das Gesetzbuch schreibt auch ver- [629] schiedene Arten von tapas, Bussübungen oder Kasteiungen zur Abtödtung der Leidenschaften vor, woher die Benennung Tâpasa für Einsiedler. Er soll durch stets gesteigerte Kasteiung seinen Körper ausdörren. Seine Frau kann er entweder mitnehmen oder bei den Söhnen zurücklassen.

In den vierten Mysteriengrad konnte zufolge Leutbecher kein Banperisth vor dem 72. Lebensjahre gelangen und zwanzigjähriges Büsserleben musste vorhergehen und alle irdischen Gedanken mussten überwunden sein, ehe er Sannjâsin oder Bhixu werden konnte. Später mag sich die Sache also gestaltet haben, aber nach dem Gesetzbuche des Manu war es noch erlaubt, mit Ueberspringung des zweiten und des dritten Stadiums aus dem ersten in das vierte überzutreten. Die Einweihung soll geschehen sein mittelst des Somaopfers, durch die Ertheilung des Kamadala, eines Gefässes, worin der Sannjâsin seine Geschlechtstheile zu baden hatte und durch die Ueberreichung des Danda, eines Stabes mit sieben Knoten. Dieser Stab habe ihn an die sieben Menu’s, Maritschi, Wiradsch, Atri, Brighu, Angira, Pulastya und Wasischta erinnern sollen, von denen die drei ersten Stammväter höherer Wesen und die vier letzten Stammväter der Menschen Väter waren; auch sollte sein Anblick gegen den Einfluss böser Geister schützen und ihn auf die Wanderung seiner Seele durch die Planetenwelt hinweisen. Dem Sannjâsin sei das Hinterhaupt ganz kahl geschoren worden, zum Zeichen, dass er nicht blos der Welt ganz entsagt habe, sondern auch über alle Stufen erhaben sei. Er lebe in der Nähe der Mysterientempel von Almosen, reibe täglich seinen Körper mit Asche und sei ausser Raum und Zeit überall, wo er wolle, durch seinen Geist, der als ein verklärter, völlig befreiter, magisch auf alle Glieder der übrigen Stufen wirkt und ihm die Wohnung unter den Göttern sichert. Nach dem Gesetzbuche des Manu ist das vierte Lebensstadium eine Steigerung des dritten; der Einsiedler muss allein sein und ohne Feuer von Almosen leben; Stillschweigen beobachten und seine Gedanken stets auf den höchsten Geist richten, den Tod nicht wünschen, noch fürchten.

Was Leutbecher über die indischen Mysterienlehren [630] in Nro. 46 der Bauhütte kurz bemerkt, ist den bekannten philosophischen Systemen der Inder entnommen und durchaus keine Geheimlehre, weshalb wir dasselbe hier nicht weiter berühren. Auch von sinesischen Mysterien spricht Leutbecher zuletzt, woraus blos hervorgehoben werden mag, dass die sinesischen Einweihungsgrotten, welche bei den Tempeln in der Mitte eines Hains und nahe bei einem Wasserstrome sich befanden, mit grossen Spiegeln sollen versehen gewesen sein, damit der Einzuweihende darin sich selbst schaue, wie die Gottheit sein Herz durchschaut; der Spiegel sei das Sinnbild des allsehenden Auges des Gottes Tensio-dai-Sin gewesen. Im Wesentlichen sollen die sinesischen wie auch die japanesischen Mysterien den indischen nachgebildet gewesen sein.

Auch sind hier die altbretonischen Sänger –. oder Dichterzünfte zu berühren. Will, the Poets of great Britain from Chaucer to Baily, Leipzig 1844, S. VIII der Einleitung, sagt darüber: „Die altbretonische Poesie war eine Wissenschaft im strengsten Sinne des Wortes, die noch dazu zunftmässig erlernt werden musste und nur ebenso zunftmässig ausgeübt werden durfte. Ihre Jünger waren die Träger der Wissenschaft überhaupt und die Poesie eben das Gefäss, worin sie jene aufbewahrten. Sie mussten sich wenigstens drei Jahre dem Studium derselben gewidmet haben, dann wurde ihnen erst der unterste Grad zu Theil, der eines Clerw (l. Cleruhr) oder eines fahrenden Sängers, der sich seine Zuhörer nur im niederen Volke zu suchen hatte. Wer den höchsten Grad erwerben wollte, bedurfte dazu eines zwölfjährigen Studiums. Einem Examen mussten sich Alle am Ende eines jeden Trienniums unterwerfen und von diesem und von dem Siege bei den Wettgesängen hing es ab, ob ihnen die Stufe eines Prududd oder Hof-Barden und die eines Teluwr (l. Telu-uhr) oder Barden des Mittelstandes zu Theil wurde. Ueberhaupt spielte die Zahl drei, sowohl in ihrer Hierarchie wie in der Ausübung ihrer Kunst und endlich in ihrer Poetik eine überaus wichtige Rolle. An den drei Hauptfesten am Hofe musste der Prududd singen, aber erst das dritte Lied; zwei Lieder vorher, eines zum Preise Gottes , das andere zur Verherrlichung des Fürsten, lagen dem Pencerdd (ein Barde, der den Studien [631] zwölf Jahre gewidmet) vorzutragen ob. Die Form der Gesänge wurde durch die Drei bestimmt; die Strophen bestanden nur aus drei Zeilen, von denen in gewissen Gesängen die dritte didactischer Art sein musste und was dergleichen Gesetze mehr waren. Aehnlichen Gesetzen waren auch die irischen und die von diesen entsprungenen schottischen Barden unterworfen und selbst die später in England eingedrungenen nordfranzösischen Trouvères beobachteten, wenngleich mit grösserer Freiheit, gewisse überlieferte Formen in ihren Dichtungen“ Diese Einrichtungen und Formen, worüber auch noch Eckermann, Bd. III, nachzusehen ist, sind unzweifelhaft ein druidischer Nachklang. Auch der in Wales nach Einführung des Christenthums an die Stelle des zerstörten Druidenordens getretene und am Ende des fünften Jahrhunderts von Merlin oder Merddin gestiftete Bardenorden zerfiel in vier Grade: 1) Dis gibliys bas, wenn ein Barde drei Jahre lang Dichtkunst und Musik studirt hatte; 2) Disgibl (discipulus) disgibliaidd, der sechsjährige; 3) Disgibl pencerd-diaidd, der neunjährige, und 4) Pencerdd oder Athro, der zwölfjährige Grad oder der Doktorgrad. 1)

XXXI.
Ueber das Symbol des Sterbens des neu aufzunehmenden Meisters.


Die Maurerei bestrebt sich, bei den Aufnahmen in die verschiedenen Grade stets eine neue grosse sittliche Wahrheit, ein neues grosses Sitten- und Lebensgesetz, das Welt- und Menschenleben in einem Bilde, in einem Drama, in einem Epos vorzuführen. Die maurerische Meisteraufnahme mit den sie begleitenden Gebräuchen ist das höchste Mysterium der Maurerei, – sind in Wahrheit die Mysterien des Alterthums, besonders der Aegypter und Griechen, [632] sind die Osirismysterien und die eleusinischen Geheimnisse. Nicht aufmerksam genug können deshalb die Maurer die Aufnahme zum Maurermeister betrachten und in allen ihren Gebräuchen und Symbolen erwägen. Der reichste Schatz von historischen und sittlichen Wahrheiten und Lehren liegt in der Meisterweihe eingeschlossen; die Meisterweihe ist das grosse sittliche Drama und Epos, welches das Menschengeschlecht auszuführen hat und seit langen Jahrtausenden schon ausführt. Suchen die Maurer aus Dem, was dieselben bei ihrer Aufnahme zum Meistermaurer gesehen und gehört haben, den leitenden und verbindenden Gedanken zu finden, wird die baldige Antwort wohl sein, dass sie lernen sollen, in treuer Erfüllung ihrer Pflichten und in unverbrüchlicher Bewahrung der ihnen anvertrauten Geheimnisse gleich Hiram den Märtyrertod zu sterben. Sie sollen nach der tiefern Vorstellung der Aufnahmgebräuche erst zum Maurermeister aufgenommen werden, nachdem dieselben den Prüfungstod gestorben, – nachdem sie symbolisch den Beweis gegeben haben, dass auch sie für ihre Pflicht und Ueberzeugung in den Tod zu gehen vermögen. Hiram, Sokrates und Christus lehren übereinstimmend und haben diese ihre Lehre durch ihr Leben und ihr Sterben siegreich bewährt, dass man im Streite verschiedenartiger Anforderungen und Pflichten Gott mehr gehorchen solle als den Menschen, auch wenn die Erfüllung dieses Grundsatzes das zeitliche Leben kosten sollte.1) Der Meisterschritt ist der schwere Schritt zum Tode, – ist die unerschrockene und nicht wankende Pflichterfüllung bis zum Tode und durch den Tod, – ist der Eingang in das wahre Leben durch das Sterben. Um dem aufzunehmenden Maurermeister diesen Gedanken unauslöschlich einzuprägen, wird er nach dem uralten Gebrauche der Mysterien in den Sarg gelegt und mit dem Leichen- [633] tuche umhüllt, wird er beerdigt und seine Beerdigung gefeiert. Die Aufnahme zum Maurermeister soll das Begraben des irdischen Menschen, das Abstreifen aller menschlichen Gebrechen und Irrthümer, das Eingehen zum reinern und vollkommeneren Leben und Lichte sein. Haben die Maurermeister in dem einzigen Augenblicke ihrer symbolischen Grabesruhe sich nicht selbst das heilige Gelübde abgelegt, die alten Unvollkommenheiten und Mängel dem modernden Grabe zurückzulassen und als ein anderer und besserer Mensch aufzuerstehen, bleibt das Meisterwort ewig verloren und sie werden niemals aus dem Grabe erweckt werden. Lassen aber dieselben den alten Menschen sterben, suchen sie das verlorene Meisterwort, d. h. das Licht, Gott, das Rechte und Gute, dann allein werden sie zum wahrhaften Maurermeister, – dann allein wird ihr Sterben nur ein kurzer Schlummer, das lohnende Hinübergehen in ein schöneres Leben sein. Die Aufnahme zum Maurermeister soll eine zweite Geburt, die Geburt eines neuen Menschen sein, wie es bei den Indern die verwandte religiöse Weihe der Aufnahme in die drei Kasten ist und woher die Aufgenommenen den Namen der Zweifachgeborenen (dvig’ âs) tragen.1) Die Einweihung in die drei obern indischen Kasten, welche mit religiösen Ceremonien verbunden ist, geschieht vermittelst Anlegung einer Schnur, welche von der linken Schulter quer über die Brust getragen wird. Bei den Brahmanen kann sie zwischen dem 8. bis 15. Jahre angelegt werden und ist von Baumwolle; bei den Kschattrijas, welche sie vom 11. Jahre an erhalten können, ist sie von Kusagras, und bei den Vaicjas, die sie erst im 12. Jahre erhalten dürfen, ist sie von Wolle. Ebenso wurden auch die zum Christenthum bekehrten Heiden, Neophyten, Neugeborene, Neugepflanzte und Gewachsene, Menschen mit einer neuen Natur und einem neuen Geiste genannt. Auch der Name Novizze deutet auf den Novus Homo. Bei den Taurobolien und Kriobolien der phrygischen Götterkulte wurde der Einzuweihende durch eine förmliche Bluttaufe aus dem Blute des Opferstieres [634] oder Widders, gereinigt und wieder geboren.1) Bei den griechischen Thieropfern pflegten die Umstellenden gleichfalls mit dem aufgefangenen Blute des geopferten Thieres wenigstens besprengt und dadurch entsündigt zu werden.2) Hinsichtlich des gemeinsamen Genusses des Fleisches der geopferten Thiere bei den griechischen Opfermahlen bemerkt Lasaulx, a. a. O., S. 74: „Durch diesen gemeinschaftlichen Genuss des reinen Opferfleisches, die Communion der [...] (des Gott geopferten Fleisches) sollte ein substanziell neues Leben in den Geniessenden begründet werden; denn Alle, die von einem Opfer essen, sind ein Leib.“ – Im Vertrauen auf des neuen Meisters künftiges gutes Leben lässt der Meister vom Stuhl ihn bald aus dem dunklen Grabe erstellen und in das hellste Licht zurückkehren; möge alsdann jeder Meister wirklich so leben und handeln, dass der Meister, welcher über alle Meister gesetzt ist, bei seinem dereinstigen Tode ihn errettend und erlösend heissen darf, in sein Lichtreich einzuziehen und die ewige Seligkeit zu geniessen. Auf ihrer Lebensbahn sei allen Meistern Hiram in seinem Leben und Sterben das leuchtende Vorbild, der sittliche Held, dem sie sterbend nachstreben, wie die Christen dem für sie gestorbenen Christus nachstreben. Hiram möge die Meistermaurer lehren, den Tod zu ertragen und nicht zu fürchten. Der Meisterbund ist ein Todtenbund, insofern alle Meister gelobt und geschworen haben, ohne Furcht und Zagen selbst zu sterben, wenn es die Pflicht gebeut. Memento mori! Gedenke des Todes! sollte das Morgen- und Abendgebet eines jeden Meistermaurers sein, weil, wer zu sterben, auch zu leben weiss. Das Leben geht nicht verloren, wird es für die Pflicht gewagt – wer es wagt, gewinnt es; sterben ist leben. Wer das Leben seiner Pflicht zu opfern bereit ist, wird bis zum Tode duldend und hoffend tragen, was das Schicksal ihm auferlegt, was Gott ihm sendet. In diesem Sinne ruft den Meistern das ruhige Schiff ohne Mast, ohne Segel, ohne Ruder nach dem Meeressturme zu: „in silentio et spe fortitudo mea! Ebenso schön sagt Schiller: [635]

Festen Muth in schweren Leiden,
Hülfe, wo die Unschuld weint,
Ewigkeit geschwornen Eiden,
Wahrheit gegen Freund und Feind,
Männerstolz vor Königsthronen, –
Brüder, gält es Gut und Blut, –
Dem Verdienste seine Krone,
Untergang der Lügenbrut!

Der Chor stimmt ein:

Schliesst den heil’gen Zirkel dichter,
Schwört bei diesem goldenen Wein,
Dem Gelübde treu zu sein,
Schwört es bei dem Sternenrichter.

Die historische Grundlage der Aufnahmsgebräuche zum Maurermeister sind allem Vermuthen nach die Gebräuche der Aufnahme in den dritten Grad der ägyptischen Mysterien, worin unter dem Bilde des erschlagenen Meisters und des Grabes die Abwesenheit der Sonne kurz vor der Rückkehr des Frühlings betrauert wurde.1) Der in den dritten Grad der ägyptischen Mysterien Aufzunehmende wurde von dem Vorbereitenden ([Thesmophoros]) durch die „Pforte des Todes“ in ein grosses Zimmer geführt, worin ihm das Bild des Todes von allen Seiten entgegenkam. Da lagen Thier- und Menschenmumien von jeder Grösse und jedem Geschlecht, da standen Sarg an Sarg; aber mitten in dem Zimmer war ein Sarg offen hingestellt, in welchem eine mit Wunde bedeckten, ganz im Blute schwimmende Leiche befindlich war. Es stellte dies den Sarg des Osiris vor. Der Vorbereitende wandte sich hierauf an den Aufzunehmenden mit den Worten: „Siehe hier deinen erschlagenen Herren, den Osiris, hast du Theil genommen an seiner Ermordung, oder sind deine Hände rein von seinem Blute?“2) Obgleich der Gefragte seine [636] Unschuld betheuerte, wurde er von zwei Todtengräbern (Tapixeuten) dennoch als schuldig ergriffen und nach einem andern Saale gebracht. Dort ermahnte ihn der Vorsitzende (oft der König) von dem weitern Eindringen in die Geheimnisse zurückzutreten, um nicht in den Prüfungen zu unterliegen, und sich mit einer dargereichten Krone als Lohn seiner bisherigen Thaten zu begnügen. Beharrte der Aufzunehmende auf seinem Vorsatz und warf die goldene Krone verschmähend hinweg, rief der Vorsitzende „Beleidigung! Rache!“ und schlug mit dem vor ihm liegenden Opferbeil dem Aufzunehmenden leise vor den Kopf. Kaiser Commodus that dies einmal bei einer Aufnahme in die Mithramysterien so ernstlich, dass er den Aufzunehmenden wirklich erschlug.1) Nun ergriffen die Todtengräber den symbolisch Erschlagenen abermals, warfen ihn rücklings zu Boden und behandelten und deckten ihn gleich einer Leiche. Der Todte wurde fortgetragen und seine Leiche über einen See durch Charon in das Schattenreich vor die Todtenrichter gebracht, um dort nach seinen Thaten gerichtet zu werden. Das Urtheil lautete, dass der Gerichtete in der Unterwelt in den unterirdischen Gängen des Tempels zu verbleiben habe, womit die Aufnahme in den dritten Grad vollendet war, und worauf der Unterricht für einen weitern der sieben Grade begann.

Anderwärts wird noch erzählt, dass man dem Aufzunehmenden nach seiner Auferstehung die Geschichte des Osiris erzählt, ihn zu dessen Bildsäule geführt und ihm die Erlaubniss gegeben habe, den Schleier davon wegzunehmen und folgende Aufschrift über dem Auge desselben zu lesen: „Ich gebe dem Erdkreise das Licht. Ihr, die ihr es bekommt, vertheilet es weiter!“ Nach dieser Ceremonie soll ihm die Stätte, wo die Asche des Osiris aufbewahrt wurde, gezeigt worden sein. 2)

Ohne hier jetzt die Geschichte der ägyptischen Mysterien weiter zu verfolgen, mag nur die höchst beachtenswerthe Thatsache noch berührt werden, dass deutliche Spuren der ägyptischen Mysterien oder dann ganz ähn- [637] liche Einrichtungen sich bei Negern in Congo in Afrika finden und bei den Virginiern in Amerika fanden.1) Unter den Negern von Congo bestehen die Mysterien oder der religiöse Bund des Inquita, welcher Bund zahlreiche Mitglieder aus allen Gegenden Afrika’s zählt. Die Aufnahmen erfolgen jährlich einmal und stellen den symbolischen Tod des Aufzunehmenden dar; der Aufzunehmende stirbt scheinbar. Zur Stunde der Aufnahme begeben die Verbündeten sich zu dem Aufzunehmenden und stimmen Trauergesänge an. Der Aufzunehmende wird hierauf in eine Strohmatte gleich einem Verstorbenen oder gleich einem Leichname gehüllt und unter Begleitung von Trauergesängen und Tänzen zu dem mitten in einem dichten Walde befindlichen Tempel getragen. Der Aufzunehmende wird im Tempel auf eine Kupferplatte gelegt, unter welcher man ein mässiges Feuer anzündet; zugleich wird der Aufzunehmende mit Palmöl eingerieben, was einen symbolischen Bezug auf die Sonne oder den Sonnengott hat, welcher die Palme bei den alten Aegyptern geweiht war. Vierzig Tage muss der Aufzunehmende auf der Platte liegen bleiben, dauert sein symbolischer Tod, während welcher Zeit ihn aber auch seine Verwandten selbst salben dürfen. Nach dem Ablaufe der Prüfungszeit oder der Aufnahme wird der Aufgenommene unter Absingen von Freudengesängen aus dem Tempel und aus dem Walde nach Hause geführt. Als ob der Aufgenommene aus einer andern Welt käme, gibt er sich bei seiner Heimkunft den Anschein, Menschen und Dinge nicht mehr zu kennen, indem nach dem Volksglauben durch die Aufnahme der Aufgenommene eine neue Seele erhalten und dessen frühere Seele einen andern Körper bezogen haben soll. Der Aufgenommene geniesst grosses Ansehen und braucht nicht mehr zu arbeiten, da seine Freunde sich glücklich schätzen, ihn bedienen zu können. – Ganz gleiche Mysterien oder Initiationen sollen bei den Virginiern in Amerika unter dem Namen Huséanawer im Gebrauche gewesen, also wesentlich die Beerdigung des alten Menschen mit seinen alten Gebrechen und Vorurtheilen und die Wiedererweckung [638] eines neuen reinern Menschen an Geist und Herz gewesen sein. Bei den Virginiern war daher auch der Aufzunehmende weiss gekleidet oder vielmehr sein Körper weiss angestrichen. Auch bei ihnen sollten die neu Aufgenommenen die alte Welt nicht mehr kennen und erkennen, sollten neue Menschen sein.

Geistige Weihen (Initiationen) der Knaben, worauf die Knaben benamset werden, finden sich auch bei den lndianern in Nordamerika, namentlich bei den Delawaren und Irokesen.1) Diese Knaben- oder Jünglingsweihen sind gewöhnlich mit sehr qualvollen und blutigen Martern, Prüfungen verbunden, sowie bei den Mandan-Indianern am Missouri mit einer Art Frühlingsfest, Okippe in ihrer Sprache. Bei diesem vier Tage andauernden Feste werden, wie es scheint, dramatisirte Mythen dargestellt mit seltsamen Maskeraden in Thiergestalt unter eigenen Tänzen und Liedern nach uralter Observanz. Interessant ist, dass die nordamerikanischen Indianer hin und wieder auch Weisse, die mit ihnen viel verkehren, meist Pelzhändler oder Dolmetscher, durch solche Weihen gewissermassen als Waffenbrüder unter sich aufnehmen. Solche Waffenbrüder bekommen gleichfalls nach der Aufnahme einen Namen; z. B. erhielt der im J. 1777 bei einer Horde vom Stamme der Tschippewäer aufgenommene Engländer Long den Namen Amik, d. i. Biber. Nach Berichten aus dem 17. Jahrhundert hatten auch die Caraiben auf den Antillen ähnliche blutige Kriegerweihen, Wehrhaftmachungen, wie die nordamerikanischen Indianer. Hervorgehoben muss dabei werden, dass alle diese Weihen sowohl bei den nord- als bei den südamerikanischen Indianern mit kürzerem oder längerem Fasten des Kandidaten verknüpft sind.

Nach Barth, Reisen und Entdeckungen in Nord- und Centralafrika, I. S. 193, soll auch mit einer muhammedanischen Sekte der Tinylkums im Innern des nördlichen Afrika, welche in diesem Jahrhundert durch Mohammed el Médani gestiftet wurde und die Verehrung verstorbener Heiliger [639] besonders abgeschafft hat, eine Art Freimaurerei, d. h. wohl eine geschlossene Verbindung mit gewissen Initiationen verbunden sein.

XXXII.
Der Segen des Evangelisten Johannes.


Ein Toast, ausgebracht im Namen der neu aufgenommenen Brüder.

Im Namen der neu aufgenommenen Brüder, wünsche ich Ihnen dreifach den Segen Johannis des Evangelisten:

An dem Geburtstage Johannis des Evangelisten, welchen wir heute feiern, bestand früher in der katholischen Kirche der Gebrauch, dass die Gläubigen ein Gefäss mit Wein nach der Kirche brachten, damit es hier im Namen des Johannis von dem Priester gesegnet werde. Der also gesegnete Wein wurde Johannissegen genannt, und in den Häusern als ein Heilmittel gegen alle Vergiftungen aufbewahrt und gebraucht. Da Johannes der Evangelist den Giftbecher ohne Nachtheil für seine Gesundheit getrunken hatte, glaubte man durch seinen Segen dem Weine die schützende Kraft gegen das Gift zu verleihen. Mögen die neu aufgenommenen Brüder und Sie alle in der Maurerei den Johaunissegen finden, welcher alles Gift und alles Böse der Welt überwindet. Dieses Heilmittel bewahren und gebrauchen Sie bis an das Ende ihres Lebens, dann wird selbst der Tod keine Gewalt über Sie haben. Mein erstes Hoch dem Johannissegen, der Maurerei!

Johannis war der Jünger, welchen der Herr wegen seiner unwandelbaren Treue vor allen lieb hatte. Johannes ist der Jünger der Liebe, weil mit dem liebevollsten Herzen der Herr ihm und er dem Herrn zugethan war. Daher wurde ehemals in der katholischen Kirche bei Hochzeiten den Neuvermählten von den Geistlichen die Liebe Johannis des Evangelisten angewünscht, indem er ihnen im Namen desselben den Segen ertheilte und einen Trunk Wein darbrachte. Auch den neu aufgenommenen Brüdern [640] wünsche ich die Liebe des Evangelisten, möchten ihr alle Brüder so unerschütterlich treu ergeben sein, als der Evangelist dem Herrn ergeben war. Meine Brüder alle, vergessen Sie niemals, dass der Evangelist, da es ihm wegen Altersschwäche nicht mehr möglich war, ausführlich zu der Gemeinde zu reden, – sich dennoch stets in ihre Versammlungen tragen liess, und ihnen, so oft er kam, die Worte zurief: „Kinder, liebet euch unter einander.“ Mein zweites Hoch dem Johannissegen, der Bruderliebe und Brudertreue!

Wenn früher treue Freunde, wenn Brüder scheiden mussten, tranken sie vor dem Scheiden und vor dem Antritte der gefahrvollen Reise den letzten liebevollen Trunk, den Johannistrunk oder Johannissegen, womit man sich gegenseitig die Liebe und Treue des Evangelisten, das Wiedersehen mit dem alten Herzen anwünschte. In den Rheinlanden und besonders im Rheingau wird noch heute unter dem Namen des Johannistrunkes der freundliche Abschied getrunken. Mein stärkstes, letztes Hoch dem Johannissegen, dem treuen Wiedersehen! 1)

Das Trinken des Johannissegens ist nur die christliche Umwandlung und Umgestaltung der alten heidnischen Trankopfer, des Minne- oder Gedächtnisstrinkens der Götter, besonders Wuotans, Thôrs, Njörds, Freys und Freyjas. Auch gehört hierher der maurerische Gebrauch, dass an dem Feste Johannis des Täufers auf das Andenken aller abwesenden und wandernden Maurer der ganzen Erde ein Trunk mit einem dreifachen Hoch getrunken wird. Auch dieser maurerische Johannistrunk, Johannisminne, wovon sich selbst im deutschen Volksleben noch manche Spuren erhalten haben (Morgenblatt 1854, S. 688), ist heidnischen Ursprunges und die Tafellogen der Maurer an dem Feste Johannis des Evangelisten und des Täufers sind wohl überhaupt nur die Ueberreste der in diesen Zeiten einst üblichen heidnischen [641] gemeinsamen Opfermahle, wobei auch Trankopfer im eigentlichen Sinne und Minnetrünke, d. h. Gedächtniss- oder Erinnerungstrünke, besonders auch der Abwesenden und Verstorbenen vorkamen. Zu Heimramms Zeiten, also Anfangs des 8. Jahrhunderts, sagt Bischoff Aribo von Freising, waren die Baiwaren noch solche Neulinge im Christenthume, dass die Väter aus demselben Kelche ihren Söhnen die Minne Christi und der Heidengötter zutranken. Wie neuerlich Hartwig, Untersuchungen über die ersten Anfänge des Gildewesens, in den Forschungen zur deutschen Geschichte, herausgegeben von der historischen Kommission der königl. baierischen Akademie der Wissenschaften, I. 1 (Göttingen 1860), S. 149, beziehungsweise 133 ff. ausgeführt hat, hängt jedenfalls der Name, wenn auch weniger die Ausbildung der Gilden mit den alten heidnischen Opfermahlzeiten zusammen oder diese wurden Gilden genannt. Denn Gilde ist ursprünglich das aus gemeinschaftlichen Beiträgen gehaltene Opfermahl, dann Opfermahlzeit überhaupt und endlich die Genossenschaft (conjuratio, confratria, collecta), wie Geld selbst Tribut, Zins und dann Opfer bedeutet. Zu diesen gemeinsamen Opfermahlzeiten musste jeder Freie seinen Antheil an Speise und Trank mitbringen. Hatte man die Opferthiere geschlachtet, die Götterbilder und Altäre und Tempelgebäude mit Opferblut bestrichen und das Volk damit besprengt, dann wurde das Fleisch in Kesseln gekocht und verzehrt. An die Speise schloss sich sofort auch der Trunk an. Beiderseits der Feuer, so beschreibt Maurer eine solche Festlichkeit, über denen die Kessel hingen, sass das Volk und man trank sich gegenseitig über die Feuer weg zu; dem Vorsitzenden, welcher den vornehmeren der beiden Hochsitze einnahm, lag es ob, die Opferspeise und den Opfertrunk zu weihen und die feierlichen Trinksprüche auszubringen. Man trank aber Odhins Becher um Sieg und Mase, Njörds und Freys Horn um ein gutes Jahr und Frieden, auch wohl ein Horn für Thôrr, für Freyja, oder zur Erinnerung an die eigenen Verstorbenen. Minne – minni – nannte man solches Trinken, und jeder einzelne Becher wurde als Full bezeichnet; das ganze Opfer nimmt durch diesen gemeinsamen Genuss von Speise und Trank [642] den Charakter eines Gastmahls an: blotveizla, Opfermahl, mag die Feierlichkeit darum heissen, und gildi, ursprünglich das Opfer bezeichnend, kann später auch den Begriff eines einfachen Gastgelages annehmen. Als das Christenthum sich im Norden ausbreitete, mussten sich die Uebergetretenen von diesen Opferschmausereien loskaufen, wie Adam von Bremen berichtet, bis dass die Könige selbst Christen wurden und die Sitte, grosse Gastmähler und Gelage zu halten, fortbestehen liessen. König Hakon, verpflichtete sogar die Unterthanen, das Bier zu dem Julfeste nach wievor zu bereiten, und Olaf Trygvason liess in Folge einer Weisung des heil. Martin von Tours, der ihm im Traume erschienen war, die Becher, die früher zu Ehren Odhins und der übrigen Götter geleert worden waren, jetzt zu Ehren Gottes, des heil. Martin und der anderen Heiligen zu Weihnachten, Ostern, am Johannis- und Michaelsfeste trinken. Die Biergilden waren Vogteipflichtige, die eine Abgabe an Bier entrichten mussten. Die Gilden, welche während des 8ten und 9ten Jahrhunderts als dauernde Vereinigungen zu gegenseitiger Unterstützung für Fälle der Noth, als eidliche Verbrüderungen (conjurationes) bestanden und mehrfach, namentlich auch von Karl dem Grossen, wegen der damit verbundenen Trinkgelage und Ausschweifungen oder Unordnungen durch Gesetze verboten wurden, verfolgten auch religiöse Zwecke und mochten bestrebt sein, den alten Glauben, die alten Sitten und Gebräuche gegen das eindringende Christenthum aufrecht zu erhalten, worin gewiss mit der Hauptgrund lag, ihnen entgegenzutreten. Wie noch heute in den Volksfesten, in den Tauf-, Hochzeits- und Leichengebräuchen sich sehr vieles uralt Heidnisches forterhalten hat, muss dieses sich noch weit stärker bei den Germanen in den ersten Zeiten des Heidenthums kundgegeben haben, oder das erste germanische [Christenthums] konnte blos das Heidenthum in christlichem Gewande sein. Jene Gilden, jene ältesten eidlichen Verbrüderungen als geheime, als streng geschlossene, waren um so festere Burgen des ursprünglichen Volksthums. Die ersten Handwerksgenossenschaften, Handwerksverbrüderungen mit den gemeinschaftlichen Trinkgelagen und zur gegenseitigen Unterstützung [643] in Gefahr und Unglück, Krankheit und Tod konnten kaum eine andere Gestalt, als diejenige der hergebrachten Gilden annehmen und wurden erst allmählig als reine und ganz beschränkte Handwerksgenossenschaften, als die Zünfte mit den städtischen Verfassungen ausgebildet. Vielleicht dürfte der Gegensatz der Gilden und der spätern eigentlichen Zünfte darin gefunden werden, dass jene allgemeine Volksgenossenschaften diese Genossenschaften der städtischen Handwerker gewesen seien. Die gemeinsamen Mahlzeiten und Gelage, das Minnetrinken, waren aber beiden Genossenschaften gemeinsam; die Gildebrüder sowohl im Holsteinischen, als in Schwaben wurden auch Minnebrüder genannt, wie später auch manche Gilden Minnen hiessen. In dem Capitulare vom Jahr 779 (bei Pertz, I. 37) heisst es: „Dè sacramentis per gildonia invicem conjurantibus, ut nemo facere praesumat. Alio vero modo de eorum elemosinis, aut de incendio, aut de naufragio, quamvis [convenientiam faciant, nemo in hoc] jurare praesumat.“ Die alten und ursprünglichen Gilden hingen auch wohl mit der Gemeinde- und Gerichtsverfassung, selbst mit dem Heerbanne zusammen, oder waren Gemeinds-, Gerichts- und Heerverbände, gerade wie später die Zünfte mit der städtischen Gemeindeverfassung und dem städtischen Heerwesen in Verbindung traten, mehr oder weniger die bestimmende Unterlage derselben wurden, – die Zunftmeister zugleich Rathsmitglieder, Gerichtsmitglieder und Heerführer waren. Je weniger noch eine centrale Staats- und Stadtgewalt sich entwickelt hatte, je weniger von dieser Schutz und Hülfe zu erwarten stand, um so mächtiger, thätiger und einflussreicher mussten jene sein; Selbsthülfe durch Genossenschaften ist ein Grundzug des germanischen Mittelalters und musste die noch fehlende centrale Staatsgewalt ersetzen, weshalb auch bei dem spätern Hervortreten dieser in demselben Verhältniss jene zurücktritt und machtlos wird. Gerade aus dem Capitulare von 779 ist zu ersehen, dass die Gilden auch Verbrüderungen gegen Schaden durch Brand und Schiffbruch waren, und noch mehr mussten dieselben bei der dermaligen Rechtsunsicherheit gegen Verbrechen, besonders gegen Mord und Diebstahl, ihre Glieder schützen; eine gemeinschaftliche [644] Unterstützungskasse, eine Gildenkasse, eine Zunftkasse war gewissermassen eine Nothwendigkeit, etwas durch die Zeitverhältnisse Gebotenes. Hartwig leitet daher die Gildengenossenschaften nicht sowohl von den alten Opfer- und Gelagsgenossenschaften ab und theilt die von Kemble und Wilda dagegen erhobenen Einwendungen und Bedenken; Wilda namentlich wollte die klösterlichen Verbrüderungen zum Vorbilde der Gildenverbrüderungen machen: sondern Hartwig betrachtet die schon im Laufe des 8ten und 9ten Jahrhunderts auftretenden politischen Gildekorporationen, welche für die Entwickelung des Städtewesens von der grössten Bedeutung geworden sind, als die Folge des staatlichen Bedürfnisses eines wirksamen Schutzes der Freiheit und des Eigenthums, verbunden mit der christlichen Mildthätigkeit und der christlichen Sorge für das Seelenheil. Wir können, abweichend von Hartwig, S. 163, nicht füglich glauben, dass man den Gildengenossenschaften seit dem 8ten Jahrhundert blos deshalb den Namen Gilden sollte beigelegt haben, weil ihre Gastmahle und Zechen den heidnischen Opferschmausereien ähnlich gewesen, sondern es muss in der Sache und der Einrichtung selbst eine gewisse Uebereinstimmung und ein gewisser Zusammenhang gewesen sein, und blos aus diesem Grunde wählte man für die alte Einrichtung den alten Namen; die christliche Geistlichkeit suchte aller Wahrscheinlichkeit nach auch in dieser Richtung das Heidenthum zu christianisiren, das Christenthum an das Heidenthum anzuknüpfen. In den romanischen christlichen Ländern mögen schon vor dem achten Jahrhundert christliche Unterstützungs- und Armenvereine und Verbrüderungen bestanden haben, und namentlich mögen die Klöster solche gebildet und unterstützt haben; ebenso mögen in Nord- und Süddeutschland die so häufig vorkommenden Kalandsgilden oder auch kurzweg Kalanden (fraternitates Kalendarum, sich an den Kalenden oder dem ersten Tage jeden Monats versammelnde Vereine) in ihren nächsten Zwecken denselben nachgebildet gewesen sein: allein hierdurch werden die germanischen politischen Gilden noch nicht genügend erklärt; wohl aber sind sie dieses, wenn schon die alten Opfergilden ein gewisser volksthümlicher und politischer Verein waren, welcher [645] die Möglichkeit und den Keim zu weiterer Fortbildung in sich trug. Gerade die Kalandsgilden bestätigen dieses insofern, als hier sofort das Religiöse nach uralt germanischer Weise mit dem Geselligen, mit dem Opfermahle, mit dem monatlichen gemeinsamen Essen und Trinken verbunden wurde. Diese monatlichen Schmausereien und Gelage der Kalanden, bei denen vorausgehend erst die Vereinsangelegenheiten besorgt und abgethan wurden, sind durchaus nicht verschieden von den monatlichen Auflagen der spätern Gesellenbrüderschaften. Die Grundursache und der Träger aber der Gilden, Zünfte und aller ähnlichen politischen Verbindungen ist der genossenschaftliche Sinn, der Freiheits- und Unabhängigkeitssinn des indo-germanischen Volksstammes, welcher bei den Baktrern, Indern, Griechen und Germanen gleichmässig zur Bildung freier kleinerer Vereine, vorzüglich aber der freien Gemeinden und Städte treibt und die Bildung einer allesverschlingenden Staatsgewalt hindert, wie dieses noch heute der grosse Vorzug und die grosse Schwäche Deutschlands ist. Auf dem Gebiete der Geschichte werden die Räthsel nicht selten absichtlich geschaffen, damit die Gelehrten nur etwas zu thun und zu streiten haben; dahin gehört auch das Räthsel über die germanischen Gilden, während in dem Orte und der Zeit ihres Entstehens und Bestehens schon verständlich genug auch die Ursache desselben aufgeschlossen liegt. Woher entstanden die freien griechischen Staaten, die griechische Kunst und Wissenschaft? Gewiss nicht von den Persern. Hartwig, S. 162, sagt: „Schon zur Regierungszeit Karls des Grossen scheinen vorzüglich die Städte die Sitze der Gildenvereinigungen gewesen zu sein. Wir haben schon Gilden zur Unterstützung von Schiffbrüchigen in dem Capitulare von 779. Wo aber Schifffahrt ist, da ist auch Handel, und wo Handel, da sind auch Stapelplätze und städtische Niederlassungen.“ Allein dieses sind hohle Phrasen, denn wo Schiffbrüche sind, sind nur Schiffe auf dem Wasser, und wo Handel getrieben wird, sind nur Handeltreibende; jedoch in Schiffen fahren und Handel treiben nicht blos die Städte, sondern die grosse Mehrzahl der Völker und zumal der damaligen Völker ausserhalb der Städte, ohne Städte an den [646] Küsten des Meeres und den Ufern der Flüsse; das germanische Städtewesen war im 8ten Jahrhundert noch völlig unentwickelt.

In einem alten Schauspiele von Salomo’s Urtheile sagt die rechte Mutter zu dem Kinde, das ihr die Henker entreissen wollen: „Ach saug noch eins zu guter letz Und drink nun Sanct Johannes drunk.“1) Scherzend gab man sich die Räthselfrage auf: welcher Heilige der grösste Füller sei, und antwortete: „Johannes der Evangelist, denn wenn einer so viel getrunken hat, dass er ’kaum lallen kann, so muss er noch St. Johannes Segen trinken.“2) – Wolf, mythol. Zeitschrift, I. S. 468, führt an: „Wirt gib uns sant Johans wein, alde ich far dahin.“ – In den Fastnachtsspielen, S. 488, 19, wird gerufen: „Knecht bring uns Johans minnen, es ist Zeit dass wir gangen hinnen.“ 3)

XXXIII.
Die maurerischen Trinksprüche.


Ein Toast.

Bei den heiligen Mahlzeiten oder den gemeinsamen Opfermahlen der Aegypter, Griechen und Römer pflegten den sieben Planeten des Alterthums, der Sonne, dem Mond, dem Mars, dem Merkur, dem Jupiter, der Venus und dem Saturn, sieben Trankopfer, Libationen, dargebracht zu werden, woraus die sieben dreifachen Ordensgesundheiten bei den maurerischen Tafellogen am Feste Johannis des Täufers hervorgegangen sind. An die Stelle der Sonne, des erstell lind mächtigsten Planeten, sind bei den Maurern die Fürsten, die Landesregierungen, die Sonnen der Erde, getreten. Den Landesfürsten und Landesregierungen folgen in dem Platze des Mondes, des zweiten Planeten, die [647] maurerischen Fürsten und Regierungen, die blauen und rothen Grossmeister, die Verwaltungsräthe und Direktorien. Auf den Stuhl des Mars ist der Meister vom Stuhl erhoben und ihm als das Zeichen seiner Macht, als auszeichnendes Attribut, das Schwert ertheilt worden, welches ihm bekanntlich in einigen englischen Logen bei feierlichen Gelegenheiten durch einen besondern Schwertträger vorausgetragen wird. Das schwere Amt des Merkur, des Götterboten des Gottes der Beredsamkeit und des Handels, mussten die beiden Brüder Aufseher übernehmen; sie haben die Befehle des Meisters der Loge zu überbringen und gleich dem heiligen Herolde in den eleusinischen Geheimnissen, der auch die Attribute des Merkur trug, die Einzuweihenden in den Tempel einzuführen und die Profanen zu entfernen. Statt des die Gäste beschützenden Jupiter, des [...], begrüssen wir in Gastfreundschaft die uns besuchenden Brüder. Der letzte und entfernteste Planet, der Saturn, welcher in unermesslicher Bahn gleichsam das Weltall umkreiset, lässt die Maurer aller ihrer Brüder gedenken, welche auf der weiten Oberfläche der Erde zerstreut sind, und sie bis herab zu den dienenden Brüdern in den saturnischen Kreis, in die maurerische Kette einschliessen. Vor dem Saturn her zieht, als der sechste Planet, die Venus, die Göttin der Schönheit und Liebe, und den neu aufgenommenen, den jüngsten Brüdern, ist durch die Ordensgesundbeit das bedeutungsvolle sechste Loos gefallen, die in sittlicher Schönheit blühende und in reiner Liebe glühende Jugend darzustellen. Möchten die heute aufgenommenen Brüder und mit ihnen alle übrigen Brüder niemals vergessen, dass sie gleich dem Sterne der Venus durch schöne Gedanken, Worte und Werke strahlen und leuchten sollen, – dass ihr ganzes Leben nur ein Leben der Liebe zu Gott und den Menschen, zum Guten und Wahren sein solle.

Den ihnen dargebrachten dreifachen Toast erlauben sich die neu aufgenommenen Brüder mit einem gleichen zu erwiedern:

Am Tage Johannis des Täufers muss das erste Hoch ertönen dem bescheidenen Vorläufer des Herrn, der Bescheidenheit. In dem Evangelium Johannis wird erzählt, [648] dass, nachdem Johannes Christus im Jordan getauft hatte, auch Christus zu taufen angefangen habe, was die Unzufriedenheit der Jünger Johannes erregte. „Sie kamen zu Johannes und sprachen zu ihm: Meister, der bei dir war, jenseits des Jordan, von dem du zeugtest, siehe, der tauft und Jedermann kommt zu ihm. Johannes antwortete und sprach: Ein Mensch kann Nichts nehmen, es werde ihm denn von dem Himmel gegeben: Ihr selbst seid meine Zeugen, dass ich gesagt habe, ich sei nicht Christus, sondern vor ihm hergesandt. Wer die Braut hat, der ist der Bräutigam; der Freund des Bräutigams aber stehet und höret ihm zu und freuet sich hoch über des Bräutigams Stimme. Dieselbe meine Freude ist nun erfüllet. Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“ – Welche rührende und ausserordentliche Bescheidenheit, welche wahre maurerische Seelengrösse beurkundet hier nicht Johannes? Aus tief fühlendem Herzen erschallt daher mein erstes Hoch Johannes dem Täufer, der Bescheidenheit; sie muss und wird stets wachsen!

Die Bescheidenheit Johannes war um so grösser und wahrer, als sie mit Todesmuth, mit Freiheit verbunden war. Johannes ist nicht blos der Vorläufer, sondern auch der Vorkämpfer des Herrn. Die Gebrechen und Laster, in welche seine Zeit versunken war, tadelte Johannes mit unerschrockenem Muthe und verlangte von Allen bis hinauf zum Fürsten, dass sie Busse thun und sich bessern sollen. Die mahnende Stimme der Wahrheit können die Menschen nicht ertragen; Johannes wurde deshalb von Herodes verhaftet und enthauptet. Lassen Sie uns gleich Johannes ohne Furcht und Wanken vor aller Welt die Wahrheit bekennen und dafür, wenn es sein muss, selbst in den Tod gehen; nur wer den Tod nicht fürchtet, nur wer das Leben waget, ist frei. Das zweite Hoch dem Todesmuthe, der freien Bescheidenheit, der Freiheit!

Mochte auch das Haupt des Johannes fallen, Christus lebte noch; an dem Grabe Johannes wachte das Wort und der Geist Christi und breitete sich siegreich über die ganze Erde aus. In den Worten Johannis: „Er muss wachsen, ich muss abnehmen,“ lag die prophetische Ahnung und Vorausverkündigung der ganzen christlichen Zeit und Ge- [649] schichte eingeschlossen. Es ist eine geschichtlich höchst wichtige und noch ungelöste Frage, woher dem Johannes seine Ahnung; seine Erkenntniss des kommenden Grössern geworden sei. Einige haben diese Frage durch die Annahme zu lösen geglaubt, dass, wie schon Moses es gewesen, auch Johannes und Christus in die ägyptischen, in die essäischen Geheimnisse eingeweiht und von dort als die geheimen Verbündeten, als zwei maurerische Propheten und Apostel, ausgesandt worden seien, um der Welt eine neue Lehre und ein neues Licht zu verkünden. Jedenfalls haben die Mysterien der Aegypter, Perser, Inder, Griechen und Römer bis herab auf unsere maurerischen Verbindungen an der Gestaltung des Weltgeistes und der Weltgeschichte mehr Antheil, als man glaubt und weiss; das Geheime und Verborgene sieht der grosse Haufe nicht. Die Essäer und die in die eleusinischen Geheimnisse Eingeweihten haben am frühesten und am wärmsten unter den Heiden zu dem Christenthum sich bekannt und wesentlich dessen Ausbreitung begünstigt. Mein letztes und stärkstes Hoch dem grossen und verborgenen Geiste, der in den Mysterien durch die Jahrtausende hindurchzieht und das unsichtbare Kleid der Menschheit webt; funde merum genio. 1)

XXXIV.
Wer darf in der Loge, dem Tempel Gottes, weilen?


Eine Lehrlingsansprache beim Winterjohannisfeste.

Meine lieben, neuaufgenommenen Brüder! Die Loge, in welche Sie nun eingetreten sind, ist das Symbol der Welt, ja bezeichnet im Sanskrit wörtlich die Welt. Die Lehrlingsaufnahme erscheint daher als die symbolische Auf- [650] nahme zum Weltbürger, als die symbolische Einführung in die Welt und die Maurerei selbst stellt sich damit vom ersten Anfange als eine weltbürgerliche oder kosmopolitische Einrichtung dar. Die Maurerei will den Menschen zum Weltbürger erziehen und bilden durch den Glauben und die Liebe zu dem Einen Gotte aller Menschen, und wenn Sie heute diesen Glauben und diese Liebe nicht gewonnen haben und stets vermehrend pflegen, stehen Sie trotz Ihrer Aufnahme noch vor des Tempels Pforten, porro fanum, sind Profane. Bei dem Eingang in die Loge erblicken Sie zwei Säulen, wie solche Säulen, Pyramiden und Obelisken einstens in Phönizien und Aegypten vor oder auch in vielen Tempeln standen. Vor dem, 1000 J. v. Chr. von dem Könige Salomo mit grosser Pracht zu Jerusalem neu erbauten Tempel standen, mit dem Namen, welche dieselben noch heute bei den Maurern tragen, gleichfalls zwei derartige Säulen, die, gleich den übrigen Geräthen des Tempels, durch den tyrischen Baumeister und Erzgiesser Hiram aus gegossenem Erze angefertigt waren. Diese Säulen haben eine doppelte symbolische Bedeutung, zunächst eine kosmogonische oder physikalische und sodann eine ethische, sittliche oder moralische. Im kosmogonischen oder physikalischen Sinne, in ihrer blossen Naturbedeutung, verkünden die zwei Säulen den ewigen Wechsel und Kampf zwischen Finsterniss und Licht, Nacht und Tag, Winter und Sommer, Kälte und Wärme, Ruhe und Bewegung, Tod und Leben, welche das Leben und das Gesetz der Schöpfung und der Welt bilden. Die beiden Säulen in ihrem einfachsten und natürlichsten Sinne sind der Morgen- und der Abendstern, die Sonne und der Mond, die unzertrennbaren Zwillingsbrüder oder Dioskuren, welche in unabänderlichem Gange und Wechsel den Tag und die Nacht, das Licht und die Finsterniss herauf- und hinabführen. Deshalb stehen auch sehr bezeichnend in der Loge den beiden Säulen die aufgehende Sonne und der untergehende Mond gegenüber, wie den beiden Kugeln auf den Säulen selbst die Bedeutung beigelegt werden darf, dass sie den ewigen Umschwung und Kreislauf von Nacht und Tag, Licht und Finsterniss, Sonne und Mond, Auf- und Niedergang andeuten sollen. Den verwandten Gedanken [651] drücken auch die maurerischen Feste der Winter- und der Sommersonnenwende, des neugeborenen Christus und des sterbenden Johannes, sowie der Lehrling im Gegensatze zu dem Meister aus. Aber die beiden Säulen deuten nicht allein auf den kosmogonischen oder physikalischen Dualismus, welche das Welt- und Naturleben bilden und hier als das ewige Welt- und Naturgesetz mit einander ringen, sondern auch noch mehr auf den ethischen oder sittlichen Dualismus zwischen dem Guten und dem Bösen, dem Reinen und dem Unreinen, dem Wahren und Falschen, dem Rechten und Unrechten, welche das Leben eines jeden einzelnen Menschen, wie der ganzen Menschheit tragen und ausmachen. Indem der Maurerlehrling durch die ethischen Säulen des Guten und des Bösen in die Loge geleitet wird, steigt nach den Vorstellungen des Alterthums und besonders der Aegypter, des Zendvolkes und der Inder, seine Seele aus dem Himmel, wo sie bisher bei Gott wohnte, aber gegen ihn fehlte, zu ihrer Busse und Reinigung hinab in den irdischen Kampf des Guten und Bösen, um sich in diesem Kampfe als ein siegreicher Streiter für das Gute gegen das Böse zu bewähren und sich die Rückkehr, die Wiederaufnahme in den Himmel, in das ewige Licht und Leben zu erwerben. Der neugeborene Mensch erscheint als ein Sohn des lichten Himmels- und der dunklen Erde; der Kampf zwischen dem Himmlischen und Irdischen in dem Menschen ist sein Erdenloos und Leben, und der Mensch kehrt als reiner Geist, als Licht, erst dann in den Himmel und in das Licht zurück, wenn er alles Irdische überwunden und abgestreift hat. Der irdische Leib muss zerfallen und vergehen, damit die göttliche Seele, der Geist unsterblich fortlebe. Die beiden Säulen bei dem Eingange in die Loge und in das Leben verkünden, dass dem Menschen auf Erden zwei Wege geöffnet seien, von denen der rechte Weg zum Lichte, zum Guten, zu Gott und in seinen Himmel, nach dem ewigen Osten und Leben führet, der linke aber zur Finsterniss, zum Bösen in die Hallennacht und Höllenqual. Welchen dieser zwei Wege der Mensch wählen und ziehen wolle, ist ihm freigegeben; jedoch die Maurerei ruft dem Lehrlinge warnend und liebend zu, dass er den rechten und [652] geraden Weg nach dem Lichte im Osten wählen und wandeln solle. Der Maurerlehrling ist der Pilgrim, dem Schiller zurufet:

„Wandle, rief’s, der Weg ist offen,
Immer nach dem Aufgang fort,
Bis zu einer goldnen Pforten
Du gelangst, da gehst du ein;
Denn das Irdische wird dorten
Himmlisch, unvergänglich sein.“

Die Lehrlingsaufnahme führt nicht schon wirklich in das Himmelslicht, der Maurerlehrling ist noch kein reinerer und besserer Mensch; die Lehrlingsaufnahme ist blos das Symbol und die Lehre des Lebens, welches der Mensch leben, und des Weges, den er gehen müsse, wolle er dereinstens in das Licht und zu Gott einzugehen hoffen. Der Maurerlehrling soll und wird ein reinerer und besserer Mensch, ein unvergängliches Licht werden, wenn er dem Rufe und Gebote des Meisters in dem Himmel oben folgt, wenn er nach der Mahnung Zoroasters stets lichtvoll, rein und gut denkt, spricht und handelt. Der Maurer wird sicher das Licht finden, wenn er es redlich und beharrlich sucht, und es so suchen zu wollen, haben alle Maurer feierlich gelobet und geschworen. Die beiden Säulen vor dem Eingange in die Loge und in die Welt sind der gute und der böse Genius, welche nach dem Glauben vieler Völker des Alterthums dem Menschen bei seiner Geburt als seine Lebensbegleiter und Lebensführer beigegeben werden und die gleichsam um seine Seele streiten. Der gute und der böse Genius des Menschen ist indessen blos das Symbol der ihm freigelassenen Wahl der zwei Schicksalswege des Guten und des Bösen, des in ihm selbstliegenden guten und bösen freien Willens und Geistes. Den bösen Genius, den bösen Willen und Geist in sich selbst soll der Mensch durch den guten bekämpfen und überwinden; – die Sonne, das Gestirn des Tages, soll aufgehen, und der Mond, das Gestirn der Nacht, soll untergehen, – die Nacht soll dem Tage, die Finsterniss dem Lichte, das Böse dem Guten weichen. Die Maurerweihe ist die Weihe zum heiligen und unablässigen Streite für das Licht gegen die Finsterniss, und zum Symbole dieser Weihe wird dem Maurer- [653] Lehrling ein Schwert gereicht und umgegürtet. Meine lieben, neu aufgenommenen Brüder, treten Sie muthig hinaus in das wilde, tobende und stürmende Leben, kämpfen und streiten Sie, überwinden Sie mit dem Schwerte des Lichts, der Tugend und der Wahrheit das Böse, das Laster und die Falschheit in und um sich, dann wird im Tode die weisse Schürze Sie schmücken und das ewige Licht und Leben wird Ihr Lohn sein. Sie werden siegreich streiten, wenn Sie immer so gerade und unerschrocken vorangehen, als Sie heute Ihren Führern gefolgt sind, – wenn Sie Ihrem guten Genius nicht untreu werden, – wenn Sie die Worte des Meisters nicht vergessen. Den guten Genius, Gott und sein Gesetz, tragen Sie in der eigenen Brust und in dem eigenen Geiste; erfüllen Sie die Stimme Ihres Gewissens und den Rath Ihrer Vernunft, wenn Sie das Gute üben und das Böse lassen, wenn Sie Gott dienen wollen. Die Wahl zwischen den beiden Schicksalswegen des Menschen ist zugleich die Wahl zwischen dem Seelenfrieden und der Seelenpein, welche den guten und den bösen Handlungen des Menschen auf dem Fusse folgen und sich lohnend und strafend an ihn anklammern, dass er selbst durch den Tod ihnen nicht zu entrinnen vermag. Schon nach dem chinesischen Confucius ist das von dem Menschen zu erstrebende höchste Gut der Friede der Seele, sowie die ihn bedingende tugendhafte Gesinnung und das tugendhafte Handeln; den Seelenfrieden erreicht, tugendhaft ist gesinnt und handelt, wer stets in der rechten Mitte beharrt, d. h. den geraden Weg geht und nach keiner Seite davon abschweift. Auch die ganze indische Philosophie, ja selbst die Religion der Inder beruht auf der Sehnsucht nach der Ruhe und dem Frieden der Seele, weshalb der Inder die Seligkeit blos in der ewigen Ruhe, in der Vernichtung und Aufhebung des fühlenden und leidenden Ich sucht. Der Erkenntniss wird blos insofern Werth beigelegt, als sie zu der Ruhe, jenem höchsten Gute, führt. Dieses höchste Gut, nirvana, besitzt, wer in der Gottheit verwehet ist; denn nirvana ist abgeleitet von va, wehen. – Bei den Griechen sind die Gewissensruhe und die Gewissensbisse zu dem schönen Bilde der Erynien, der strengen und unerbittlichen Straf- [654] und Rachegeister der Unterwelt und des Herzens, gestaltet worden, die bei Schiller singen:

„Wohl Dem, der frei von Schuld und Fehle
Bewährt die kindlichreine Seele!
Ihm dürfen wir nicht rächend nah’n,
Er wandelt frei’ des Lebens Bahn!“

So wandeln Sie frei und unbefleckt von Schuld und Fehle Ihre Lebensbahn; bewahren Sie die weisse Schürze die kindlichreine Seele, das Gewissen, vor allem Bösen und Schlechten, damit der himmlische Frieden und das himmlische Licht Ihnen bleiben und werden möge. Das Schwert, welches jetzt nur das Symbol des gegen das Böse von Ihnen zu kämpfenden Kampfes ist, werde in Ihrer Hand zum Symbole des errungenen Sieges, zum strahlenden Ruhmeszeichen, wie die iranischen Lichtgötter das Schwert zum Symbole tragen, dass Sie die bösen Geister, die Feinde der Ordnung in der Natur und unter den Menschen durch das Licht besiegen.1) Das Schwert in der Hand Gottes ist das Schwert der strafenden Gerechtigkeit, welches die Bösen und Ungerechten schlägt, – der furchtbaren Macht, die richtend im Verborgenen wacht. Deshalb fahren die Erynien in ihrem warnenden Gesange fort:

„Doch wehe, wehe, wer verstohlen
Des Mordes schwere That vollbracht,
Wir heften uns an seine Sohlen,
Das furchtbare Geschlecht der Nacht!“

Daher gedenken Sie stets des Richters über dem Sternenzelte, der das Verborgenste sieht und ahndet. Nicht der ist ein Maurer, welcher die weisse Schürze und das Schwert trägt, sondern nur Der, welcher siegreich das Böse in und ausser sich bekämpft und überwindet, der das Licht in Gedanken, Worten und Werken errungen hat, der auf dem Pfade der Gottheit und nach dem göttlichen Gebote wandelt und handelt. Wer böser und unreiner Gedanken, Worte und Werke ist, sollte nimmer der Loge, dem Tempel Gottes, nahen und darin weilen. Nachdem David die Bundeslade auf den Berg Zion in den Tempel gebracht hatte, rief er zu dem Ewigen empor:

[655]

„Jehovah, wer darf weilen in deinem Zelte,
Wer wohnen auf deinem heiligen Berge?“

Jehovah antwortet David in dem 15. Psalm also:

„Wer unsträflich wandelt und Gerechtigkeit übt
Und Wahrheit redet aus seinem Herzen;
Wer nicht Verläumdung trägt auf seiner Zunge,
Böses nicht dein Andern zufügt,
Und Schmähung nicht erhebt wider seinen Nächsten;
In dessen Augen verachtet der Verworfene,
Aber der die Gottesfürchtigen ehrt,
Schwört zum eig’nen Schaden, und ’s nicht ändert;
Wer sein Geld nicht gibt auf Wucher,
Noch Bestechung annimmt wider den Unschuldigen.
Wer so thut, wird nimmer wanken.“

Meine lieben, neu aufgenommenen Brüder! Hören Sie bei dem Eintritte in die Loge, in das Maurerleben, diese Worte Jehovah’s und lassen Sie von ihnen als Ihrem guten Genius bis zum Grabe sich begleiten. Wanken Sie niemals und wandeln Sie unsträflich Ihren Weg in der Ausübung der Gerechtigkeit, der Wahrheit und der Liebe zu Gott und den Menschen. Heute an dem Tage der zurückkehrenden Sonne feiert die Christenheit das Geburtsfest Christi, des Gottes mit der siegreichen Kreuzesfahne des Lichtes und der Liebe. Die christliche Fahne des Lichtes und der Liebe werde Ihnen auf Ihrem Maurerwege vorangetragen; das Licht und die Liebe Christi sei Ihr Ziel, damit es Ihr einstiger Lohn werde; wie Christus die Sünde und den Tod überwunden hat, überwinden auch Sie. Erringen Sie sich den Himmel durch ein christliches Leben und Sterben.

Die Weihnachtsfeier bestand ursprünglich und besteht noch jetzt aus drei Festtagen, von denen der erste die irdische Geburt Christi feiert, der zweite den irdischen Tod oder die himmlische Geburt der Promärtyrers Stephanus, des Ersten, welcher durch seinen Tod dem Herrn folgte, - und der dritte den Evangelisten, „der an des Herrn Brust lag.“ Das Verhältniss der beiden ersten Festtage bezeichnete die alte Kirche dahin: „Heri natus est Christus in terris, ut hodie Stephanus nasceretur in coelis“ (gestern ward Christus auf Erden geboren, damit heute Stephanus in dem Himmel geboren würde). Hierdurch wollte die [656] Kirche nur aussprechen, dass der Mensch allein durch Christus, durch ein christliches Leben und Sterben in den Himmel eingehen könne; wer die S.ünde und den Tod überwinden und den Himmel erreichen will, muss nach dem Vorbilde und der Lehre Christi leben und sterben. Daher betrachten auch die Maurer die Bibel als das erste der drei grossen Lichter, welches unsern Glauben leiten und regeln, uns zu dem wahren Lichte führen soll.

Der dritte Weihnachtstag wurde vielleicht schon in dem 4. Jahrhundert Johannes dem Evangelisten gefeiert. Dieser Tag reiht sich sehr schön und sinnvoll in den Weihnachtskreis ein. Jedes wahre Märtyrerthum, jedes wahrhaft christliche Leben und Sterben beruht auf der Liebe zu dem Heilande; ein Christ ist, wer den Heiland liebt. Die Liebe zu Christus, die unbedingte Hingabe an ihn tritt in keinem der Apostel herrlicher zu Tage, als in dem Jünger Johannes, was das neue Testament mit dem höchst sinnigen Bilde bezeichnet: „Der an des Herrn Brust lag.“ Indem die Maurer das Fest Johannes des Evangelisten, des grossen Jüngers der Liebe, feiern, wählen sie ihn zu ihrem Vorbilde, geloben sie, den Herrn gleich ihm zu lieben und auch an seinem Herzen zu ruhen. Meine Brüder alle, so lieben Sie den Herrn aus allen Ihren Kräften und mit Ihrem ganzen Herzen, ruhen Sie treu und unauflöslich an seiner Brust, dann werden Sie das Licht und den Himmel finden, dann wird über Ihrem Grabe die siegreiche Fahne der Liebe flattern und werden alle Schrecken der Sünde und des Todes überwunden sein, – dann werden Sie zu dem ewigen Leben auferweckt werden. Die Maurer sind Christen, weil sie das Licht und den Himmel suchen; wer aber Christus liebt, liebt Gott und alle Menschen, indem in der ungetheilten Liebe zu Gott und den Menschen die ganze Lehre Christi eingeschlossen liegt. Wenn ich daher gleich David frage:

„Jehovah, wer darf weilen in deinem Zelte,
Wer wohnen auf deinem heiligen Berge?“

antwortet mir Johannes der Evangelist:

„Wer gleich mir aus seinem ganzen Herzen
Und aus seiner ganzen Seele den Herrn,
Gott und die Menschen liebt.“

[657]

Johannes verschied gleichsam mit den Worten: „Kinder, liebet euch unter einander!“ Das Gebot der Liebe war sein letzter Todesseufzer. Die Menschen, die Kinder Gottes, wird lieben, wer den himmlischen Vater verehret und liebet. Der Tag Johannes des Evangelisten sei uns ein wahrer Tag der Liebe zu Gott und den Menschen. Weil wir in dem Tempel Gottes weilen und auf seinem heiligen Berge wohnen, wollen und sollen wir den Andern nicht nur kein Böses zufügen, sondern ihnen in dem reichsten Masse Gutes thun. Was der Mund geschworen. „Unsere Mitmenschen nach dem hohen Vorbilde Christi als Brüder zu lieben,“ besiegele nun die That: ein Christ und Bruder ist, wer brüderlich das Seine mit den Armen theilt. Der schönste Tempel Gottes, den Gott sich selber bauet, ist der Mensch, in dem ein Herz voll Liebe und voll des Mitleids schlägt; der darf in Gottes Tempel wohnen, der selbst ein Gottestempel ist.

XXXV.
Die Jakobsleiter.


Toast, im Namen der neu aufgenommenen BBr. ausgebracht.

Hoch über der Maurerloge wölbet sich der blaue Sternenhimmel, das unendliche Himmelszelt, um uns zu erinnern, dass der Himmel unsere Heimath sei und wir von der Erde auf heim zum Himmelsliehte ziehen sollen. Ist aber auch unser letztes Ziel uns unveränderlich in den Sternen vorgezeichnet, der Weg dahin ist es nicht und deshalb ist dem Maurerlehrlinge die Frage erlaubt, wie die Maurer den Himmel zu erreichen hoffen. Der neuenglische Lehrlingskatechismus antwortet hierauf. „Mit Hülfe der Jakobsleiter.“1) – Diese Leiter findet sich auf [658] dem Tapis der Logen des neu-englischen Systems als eine dreisprossige abgebildet und ist die Leiter, auf welcher der nach Mesopotamien vor dem Grimme seines Bruders Esau geflüchtete Jakob im Traume die Engel Gottes aufund niedersteigen sah. Der unterste Theil der von Jakob gesehenen Leiter stand auf der Erde und deren Spitze reichte an den Himmel. Die hinaufsteigenden Engel gingen, um die göttlichen Befehle zu empfangen, und die herabsteigenden kamen hernieder, um jene Gebote zur Ausführung zu bringen. Zu dieser Zeit und an diesem Orte errichtete nach der Bibel der Allmächtige einen feierlichen Vertrag mit Jakob, dass, wenn er beharren würde in seinen Geboten und seine Befehle vollführen, er ihn nicht nur in seines Vaters Haus in Frieden und in Ueberfluss zurückbringen, sondern auch ein grosses und mächtiges Volk aus ihm entspringen lassen wolle. Also Jakob sollte das eigene Glück und Wohlergehen begründen durch die getreue Erfüllung der Gebote Gottes; Jakob und sein Volk sollten bei Gott sein, dann wollte Gott auch mit ihnen sein. Im gleichen Sinne lässt das maurerische Lehrlingsfragstück die Leiter auf der heiligen Bibel, auf dem Worte, auf der Offenbarung Gottes ruhen und verkündet damit dem Lehrlinge, dass er nur mit Hülfe der Bibel zum Himmel emporzusteigen vermöge, – dass den Weg zum himmlischen Vater nur dessen Eingeborner Sohn führen könne. Die maurerische Jakobsleiter zählt drei Sprossen, welche drei Sprossen die drei Haupttugenden des Menschen, den Glauben, die Hoffnung und die Liebe bezeichnen. Der neu aufgenommene Lehrling wagt diese Leiter zu ergreifen und zu ersteigen, indem er den ersten Glückswunsch seines maurerischen Lebens dem Glauben, der Hoffnung und der Liebe darbringt, welche die Erde an den Himmel knüpfen.

I.


Oft schon hört’ ich die Menschen fragen, was der Glaube sei und wo er beginne; durch die heutige Aufnahme zum Maurerlehrlinge ist diese Frage mir nunmehr klar gelöset. Als meine Hand auf der aufgeschlagenen Bibel ruhte und der Meister vom Stuhl mich fragte: „Glauben Sie, dass [659] Ihre Hand auf der Bibel ruhe?“ dachte ich, ich glaube es, denn der Glaube ist die Ueberzeugung von Dem, was man nicht sieht und doch ist.1) Ich glaube an die nicht gesehene und doch vor mir gelegene Bibel, ich glaube an den unsichtbaren und doch in der ganzen Schöpfung geoffenbarten Gott der ewigen Liebe und Barmherzigkeit, der unwandelbaren Wahrheit und Weisheit, der unendlichen Nacht und Herrlichkeit. Wer diesen Glauben sich errungen, hat schon einen guten Theil des Weges zum Himmel zurückgelegt und die erste Sprosse der dreifachen Himmelsleiter erstiegen; denn Gott kann nur finden, wer an ihn glaubt, – zum Himmel wird nur verlangen, wer dort den lieben Vater gelassen, – das himmlische Licht wird nur erstreben, wer die irdische Finsterniss erkannt hat. Mein erstes Hoch gilt dem Glauben an den Einzigen und grossen Vater des Himmels und der Menschen!

II.


Man kann nicht an Gott glauben, ohne zu hoffen, dereinst wieder mit Gott vereinigt und des himmlischen Reiches als ein Unsterblicher theilhaftig zu werden. Ich hoffe, dass sich erfüllen werde, was Gott, was das gläubige Herz mir verheissen hat. Die gläubige Hoffnung überwindet alle Hindernisse und bald liegt mehr als der halbe Weg zum Himmel hinter ihr. Friede, Hoffnung, Freude beseelt den glaubenden Maurer, und weil ihm der grosse Wurf gelungen, vieler Freunde Freund zu sein, umschlingt er dankbar weinend die Millionen und küsst die ganze Welt.

Freude heisst die starke Feder,
In der ewigen Natur.
Freude, Freude treibt die Räder
In der grossen Welterruhr.
Blumen lockt sie aus den Keimen,
Sonnen aus dem Firmament,
Sphären rollt sie in den Räumen
Die des Sehers Rohr nicht kennt.

[660] Mein zweites Hoch der Hoffnung, der Freude, der Himmelsnähe.

III.


Was nützt es den Menschen, an Gott zu glauben und auf den Himmel zu hoffen, wenn in dem Himmel nicht die Liebe wohnt, Gott nicht die Liebe ist? Unendlich bezeichnend bildet die Liebe die dritte Sprosse der Jakobsleiter; nicht der Glaube und nicht die Hoffnung öffnet dem Menschen den Himmel, sondern Gott allein, der liebend ihn geschaffen hat und liebend den verirrten Sohn im Vaterhause wieder empfängt. Die Liebe Gottes allein trägt und erhält die Welt und die Menschheit, ist die einzige Leiter zum Himmel.

Sonnenstäubchen paart mit Sonnenstäubchen.
Sich in trauter Harmonie,
Sphären in einander lenkt die Liebe,
Weltsysteme dauern nur durch sie.
Tilge sie vom Uhrwerk der Naturen,
Trümmernd auseinander springt das All,
In das Chaos donnern eure Welten,
Weint, Newtone, ihren Riesenfall!
Was den grossen Ring bewohnet,
Huldige der Sympathie,
Zu den Sternen leitet sie,
Wo der Unbekannte thronet.

Mein drittes und stärkstes Hoch der Liebe, der Sympathie, die die Welten und die Menschen leitet!

XXXVI.
Ueber das maurerische oder das weltbürgerliche Element des Rechts- und Staatslebens.


Nur zu sehr pflegt sich die Maurerei im Gegensatze zu der Aussenwelt zu betrachten und sich diese mit ihrem Leben und Bestreben, mit ihren Gesinnungen und Ge- [661] danken als etwas Profanes , d. i. minder Hohes oder gar ein Schlechtes und Niederes gegenüber zu stellen, wodurch einerseits die Maurerei häufig von der allein verdienstvollen That abgelenkt und in ein Spiel mit leeren Worten und nichtigen Gefühlen hineingedrängt wurde, andererseits aber die Welt sich für den ihr gezeigten Stolz- und Uebermuth dadurch rächte, dass sie die schwatzenden und sentimentalen Maurer für das Loben unbrauchbar erklärte und zur Seite schob. Um die Maurerei mit dem Leben und dieses mit jener zu befreunden, – um beide als in ihren höchsten und letzten Bestrebungen wesentlich dieselben zu begreifen, – um sich zu überzeugen, dass die Maurerei nur ein ein Theil eines höheren Ganzen, nur ein Strahl einer mächtigen Sonne sei, dürfte erforscht und erkannt werden, ob und inwiefern die Grundidee der Maurerei eine Idee des Menschengeschlechtes, eine Weltidee sei und in welchem Verhältnisse sie theils zu den Menschen - und der Weltgeschichte überhaupt, theils und besonders aber zu der Gegenwart stehe. – Die Grundidee der Maurerei ist nun keine andere als die Grundidee des Christenthums, die Idee der Einheit der göttlichen und menschlichen Natur, die Idee des einen Gottes, des ewigen Geistes, von welchem die Menschengeister stammen und zu dem sie zurückkehren werden, vor welchem daher auch alle Menschen sich gleich sind, wie diese Idee des einen Gottes und des einen Menschengeschlechtes bei dem Verfalle und Untergange des römischen Reiches in dem israelitischen Volke zuerst ausgesprochen und hierauf an die germanischen Völker zur Verwirklichung als die Bestimmung ihres Lebens übertragen wurde. Diese Idee ist es, welche das Alterthum von der christlich-germanischen Zeit scheidet und unterscheidet, welche das Mittelalter trägt und bewegt, welche in tausend Lebensquellen die Gegenwart durchdringt und die Zukunft befruchten und gestalten wird. Seit dem Sturze und der Vernichtung der alten Welt ist die Geschichte sowohl der einzelnen Völker, wie der ganzen Menschheit nur die Geschichte Dessen, was jedes einzelne Volk und das ganze menschliche Geschlecht für die Darstellung oder Verwirklichung der Idee erstrebt und erreicht haben.

[662]

Nicht kann es hier die Aufgabe sein, auch nur in den allgemeinsten Zügen die Idee des einen Gottes und des einen Menschenbundes nach allen Seiten hin geschichtlich zu verfolgen; nur rasch und flüchtig mag angedeutet werden, welche neue Rechts- und Staatsgrundsätze die Idee für alle Völker, für das Menschengeschlecht gebracht habe, in welcher Andeutung der Maurer in vollem Leben erschauen und bewundern wird, was oft ihm nur als schöner Traum, als unerreichbares Ideal erscheint.

In dem Alterthume kannte man nur das Recht des Staatsherrschers, wie im Oriente, oder des Staates, wie in Griechenland, oder der einzelnen Stadt- und Staatsbürger, wie in Rom; von einem Rechte der Staaten und der Menschen als Menschen hatte man kaum eine Ahnung, indem die einzelnen Staaten sich feindselig entgegenstanden und abschlossen, und ihren Bürgern gegenseitig keine Rechte ertheilten und hielten. Die allgemeinsten Rechtsideen des Alterthums waren die Idee des die Selbstständigkeit des einzelnen Bürgers aufhebenden, alles umfassenden griechischen Staates, und als der reine Gegensatz davon die Idee des souveränen, seine egoistischen Zwecke zum Staatszweck erhebenden und daher den wahren Zweck des Staates nicht achtenden Stadtbürgers; ein Staatenrecht, ein Menschenrecht sollte erst noch geboren werden. Diese Geburt hatte die Weltherrschaft des römischen Volkes vorbereitet, indem es die Völker in Afrika, Asien und vor allem in Europa in ihrer Selbstständigkeit und Besonderheit angriff und beschränkte, theilweise mit einander vermengte und zuletzt der allgemeinen Auflösung, dem gemeinsamen Grabe zuführte. In diesem geebneten und mit Volkstrümmern bedeckten Boden ward als neues Samenkorn die Idee der Einheit der göttlichen und menschlichen Natur gestreuet, um von den germanischen Völkern zur Blüthe und Reife gebracht zu werden. Nach ihrem Ursprunge und nach ihrem Wesen trat die Idee zunächst als eine religiöse hervor und fand als solche ihre vollkommenste und zugleich menschlichste Verwirklichung in der katholischen Kirche, der Kirche des einen Gottes und der ganzen Menschheit mit dem Papste als dem sichtbaren Oberhaupte. Dem Papste als dem religiösen oder kirchlichen Oberhaupte der Menschheit [663] stand als das weltliche oder staatliche Oberhaupt, der deutsche Kaiser, der Nachfolger des römischen Kaisers zur Seite und beider Macht war, was für die Geschichte sehr bedeutungsvoll, weniger eine Macht der rohen Gewalt, des blutigen Krieges, als der gläubigen Begeisterung, der freiwilligen Unterwerfung und der treuen Anhänglichkeit.1) Den Gipfel ihrer Macht und Ausbildung erreichte die geistliche Universalmonarchie unter dem Papste Gregor VII., welcher den Kaiser selbst als den ersten Vasallen der Kirche und der päpstlichen Krone sich unterwarf. Schon jetzt war der rechtliche und staatliche Gesichtspunkt unendlich erweitert. Das Papst- und Kaiserthum führten die einzelnen christlichen Staaten in eine Art Staatenstaat, in die Christenheit zusammen, und die ganze Menschheit, welche an den einen grossen und ewigen Gott glaubte, folgte der Kreuzesfahne; dem Bürger des einzelnen Staates wurden zugleich als einem Christen, als einem Sohne des alle seine Kinder mit der gleichen Liebe und Güte umfassenden Vaters in allen christlichen Staaten gewisse Rechte zugestanden und es bildete sich allmälig, wenn auch kein allgemeines Staaten- und Menschen-, doch ein allgemeines Kirchen- und Christenrecht heran. Indessen in der blos kirchlichen Form konnte die Idee der Einheit, der Gottheit und der Menschheit ihre schönere Kraft und höhere Blüthe nicht entfalten, für die nach Freiheit und Selbstständigkeit ringenden Völker wurde die Kirche bald drückend und beengend; zwischen den unter und aus dem gesunkenen Kaiserthum emporgewachsenen Staaten und Völkern und zwischen der Hierarchie entspann sich bald ein langer und heftiger Kampf, welcher zuletzt zu Gunsten der Ersteren mit dem Siege in der errungenen Freiheit des Gewissens und der Vernunft endete. In diesem Kampfe musste nothwendig die Kirche aufhören, das allgemeine Band der Staaten und der Völker zu sein; die Idee des freien Glaubens und des freien Rechtes, der Freiheit in [664] Kirche und Staat war fortan das Ziel nach dessen Erreichung gerungen wurde, weshalb auch allmälig die kirchliche Monarchie sich in einen Bund der freien Völker und Staaten umwandelte, die Christenheit zur Menschheit sich erhob. Mit dem europäischen Staatensysteme, mit der europäischen Menschheit trat auch an die Stelle des frühern Kirchen- und Christenrechtes ein Staaten- und Völker-, ein Menschenrecht. Wenn es auch unterlassen werden darf und muss, die Geschichte derselben, welche nur die Geschichte der Reformation und Revolution ist, hier näher zu berühren, sollen und mögen, um ihren Inhalt und ihr Wesen darzulegen, doch drei Grundsätze des neuen Staats- und Völkerrechtes, des in seinen höchsten und letzten Bestimmungen seit Kant und Fichte sogenannten Weltbürgerrechtes noch angeführt werden. 1)

I.


Der Ausländer sei nicht schlechteren Rechtes, als der Inländer.

Aus der Idee der Menschheit oder des einen Menschengeschlechtes folgt es zunächst, dass, welchem Staate auch immer der einzelne Mensch angehören möge, er als Mensch beschützt und anerkannt werden müsse, wenn er den inländischen Boden betritt. Der Ausländer ist daher rechtlich dem Inländer im Ganzen und Wesentlichen gleichzustellen, weil sie als Menschen sich gleichstehen, weil sie Kinder desselben Gottes sind. Dieser Grundsatz ist so wichtig und folgenreich, so menschlich und so göttlich, dass bei Kant und Fichte z. B. das ganze Weltbürgerrecht aus diesem einzigen Grundsatze besteht; in der That verdient auch der Mensch nur insofern den Namen eines [665] Weltbürgers, als er überall, wo immer er auf der weiten Erde weilt, in der Heimath, unter den Seinigen sich befindet. In dem Alterthum und noch heute bei rohen Stämmen und Völkern erscheint die Beschützung und Anerkennung des Fremdlings, des Ausländers nur als Gastfreundschaft, welche allein als Gunst und unter feierlichen Gebräuchen erworben und ertheilt werden; in den europäischen Staaten ist es zur Grundlage des Völker- und Staatenrechtes geworden, jeden Fremden als Gastfreund, als Menschen zu behandeln. Der afrikanische Sklave, wenn er die Küste Grossbritanniens betritt, wird frei, wird ein Mensch. Wie Vieles und Grosses indessen in dieser Beziehung die neuere Zeit auch gethan haben mag, noch ist es weit entfernt, dass der Grundsatz zur allgemeinen und durchgreifenden Geltung gelangt sei, und nichts Geringes bleibt selbst in den gebildetsten und menschlichsten Staaten der Zukunft zu vollbringen übrig. Noch ist z. B. das Einwanderungs- und Niederlassungsrecht, das Recht der Erwerbung von Grundeigenthum und von Pfandrechten an solchem, das Recht zur Fortnahme angefallener Erbschaften, das Recht zu Betreibung der Gewerbe und des Handels, das Recht zu Erwerbung des Gemeinde- und Staatsbürgerrechtes u. s. w. den Ausländern allzusehr erschwert, ja nicht selten gänzlich entzogen; überhaupt noch hat der Inländer nicht aufgehört, den Ausländer als einen ihm völlig Fremden zu betrachten und zu behandeln, ihn als einen Eindringling zu hassen und zu verbannen. Den Bruder stossen Die, welche ihr Leben, ihre Wohnung und ihren Reichthum der Güte desselben Vaters verdanken mit unerbittlichem Herzen aus dem Vaterhause; möge der Ewige sie dereinst nicht auch verstossen. Die Maurerei lehrt wenigstens den hier erwähnten Grundsatz des Weltbürgerrechtes, indem sie sagt, die Loge sei lang von Osten bis Westen, breit von Norden bis Süden, tief bis zu dem Mittelpunkt der Erde, und hoch bis zu den Sternen.

II.

[666]

Frei sei der Handel.

Wie die Erde nicht blos einem einzelnen Volke, sondern der Menschheit zum Wohnplatze angewiesen ist, so sollen auch die Güter und Schätze der Erde allen Menschen dienen. Auf dieser Gemeinsamkeit des Güter und Schätze der Erde beruht der inhaltschwere Grundsatz der Freiheit des Handels. Die Geschichte der Idee der Menschheit, des Menschen- und Völkerrechtes ist zugleich auch die Geschichte des Handels, des Weltverkehres; fast könnte man sagen, die Natur habe ihre Gaben auf der Erde nur ungleich vertheilt, damit die Menschen sich gegenseitig suchen und finden, helfen und lieben mögen. Nicht die kleine Spanne Landes, worauf wir leben, ist uns zum Genusse allein geschenkt, die ganze, weite Erde mit allen ihren Reichthümern ist das Eigenthum jedes einzelnen Menschen; der Mensch ist ein Weltbürger, weil fünf Welttheile sich vereinen, ihm ihre Geschenke darzubringen.

III.


Frei sei das Wort und die Schrift.

Die Idee der Einheit des menschlichen Geschlechtes wird um so vollkommener dargestellt und verwirklicht, je mehr und inniger der einzelne Mensch mit seinen Gefühlen, Gedanken und Thaten in und mit der Menschheit lebt und leben kann. Was den geistigen Verkehr der Menschen hemmt, ist mit der Idee der Menschheit unvereinbar und frei muss besonders das Wort und die Schrift in dem einzelnen Staate wie zwischen allen Staaten sein. Diese Freiheit des Wortes und der Schrift hat eine Weltliteratur geschaffen, hat die Kunst und die Wissenschaft unter die Pflege und Obhut des ganzen Menschengeschlechtes gestellt und die Bildung zu einem Gemeingute der Menschheit gemacht. Ein grosser Gedanke, im entferntesten Winkel der Erde gedacht, eilt in wenigen Wochen von Volk zu Volk, von Welttheil zu Welttheil, und wird zum [667] Gedanken des menschlichen Geschlechtes. Raum und Zeit haben fast aufgehört zu sein; wir leben in und mit allen Völkern der Gegenwart und der Vergangenheit und hierin liegt unsere höchste Menschlichkeit, unsere wahre Gottähnlichkeit. In dem Sohne ist Gott nicht allein zu den Menschen herabgestiegen, die Menschen haben mit dem Sohne sich auch zum Himmel erhoben.

Möge zu dem gütigen Himmel, der mit seinem Sternenglanze auch über den Maurerlogen sich wölbet, stets mehr und mehr die Maurerei, das Menschengeschlecht sich erheben.

[][][][][]
Notes
1).
Lenning (Mossdorf), Encyklopädie der Freimaurerei, II. S. 112.
2).
Krause, Kunsturkunden I. 1. S. 235 (der zweiten Ausgabe).
3).
Krause, a. a. O., 1. 1. 126.
4).
Krause I. 1. 8. 125.
1).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde II, S. 81.
2).
Rhode, die heilige Sage des Zendvolks, S. 204
1).
Sommer, Gemälde der physischen Welt, I. Bd. Prag 1819, S. 158 ff. und S. 181 ff.
2).
Rhode, a. a. O., S. 201 ff.
1).
Meine Alpina für 1859, Zürich 1859, S. 133 ff. und Alpina 1860, Zürich 1860, S. 242 ff.
2).
Rhode, a. a. O., S. 201 ff.
1).
Preller, röm. Mythologie, S. 306. Mond bedeutet in der ägyptischen Hieroglyphik nach Horapollo I, 4. 66 symbolisch den Monat.
2).
Recherches sur le culte du cyprès pyrawidal, Paris 1854, S. 71 u. 73.
3).
Die ältere chronologische Literatur sehe bei Beck, Anleitung zur genauern Kenntniss der allgemeinen Welt- und Völkergeschichte, I. Thls. erste Hälfte, Leipzig 1813, S. 24 ff. Auch die lichtgläubigen Peruauer kennen die siebentägige Woche.
1).
Vergl. Bunsen, die Bibel, zu Genesis, 2, 2.
2).
Uhlemann, ägyptische Alterthumskunde, IV. S. 221.
3).
Oppel, Kemi oder Aegyptens Bedeutung für die Kulturentwicklung der Menschheit, Frankfurt a. M. 1859, S. 18, Anm. 6 Uhlemann, Thot, S. 210.
4).
Allgeineine Zeitung von 1856, Nr. 164; Alpina für 1860, 188.
5).
Semper, der Styl, I. Bd. Frankfurt a. M. 1860. S. 355.
6).
Alpina für 1860, S. XXIII; Semper, a. a. O., §. 70.
1).
Mannhardt, die Götterwelt der deutschen und nordischen Völker, 1. Bd. Berlin 1860, S. 77.
2).
Mannhardt, a. a. O., I., S. 262.
3).
Mannhardt, a. a. O., I., S. 108: Grimm, Mythologie, S. 108 ff.
4).
Mannhardt, a. a. O., I. S. 187.
1).
Lassen, indische Alterthumskunde, II. Bd. S. 1122 ff.
2).
Rohde, a. a. O., S. 107.
1).
Nicht eine Blume, wie Uhlemann, ägyptische Alterthumskunde, IV., S. 220 angibt.
1).
Spiegel, die heiligen Schriften der Parsen, I., S. 62.
2).
Semper, der Styl I, S. 241.
1).
Lajard, a. a. O., S. 188.
2).
Preller, griech. Mythologie, I, S. 442.
3).
Dunker, Geschichte des Alterthums, I. (1855) S. 515.
4).
Preller, röm. Mythologie, S. 299 u. 300.
1).
Vergl. auch, was Schwarz, der Ursprung der Mythologie, Berlin 1860, S. 181 ff., über die Rindergottheiten, die Frühlingsdonnerbullen sagt.
1).
Dunker, a. a. O., I., S. 86; Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 324.
1).
A. a. O., III. S. 8, und IV. S. 206. vergl. mit II. S. 239
1).
Vergl. auch Beck, Anleitung zur genauern Kenntniss der Welt und Völkergeschichte, I. 1. S. 376.
1).
Vergl. Bechstein, Geschichte der Astrologie, Sondershausen 1860; Uhlemann, a. a. 0., II., S. 242 ff.
1).
Uhlemann, a. a. O., IV. S. 101 ff.
2).
Lassen, a. a. O, I, S. 742 ff.
1).
Spiegel, Avesta, I. S. 29.
2).
Creuzer, Symbolik, I. S. 702 ff. und S. 720; Spiegel, Avesta, I. S. 273.
3).
Uhlemann, a. a. O. II. S. 240.
1).
Alpina für 1860, S. 235 ff.
2).
Hiob 31, 6 wird gesagt: „So wäge man mich mit rechter Wage und Gott wird erfahren meine Frömmigkeit.“ – Eben in diesem Sinne wird die Wage Apokalypse 6, 5 erwähnt. Auch Zeus hat eine Wage, auf welcher er nach Homer die Geschicke des Menschen abwägt.
3).
Krause, Kunsturkunden, I. 2, S. 462 u. 63.
4).
Preller, röm. Mythologie, S. 764.
1).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II S. 156.
2).
Uhlemann, a. a. O., II. S. 316.
1).
Alpina für 1860, S. XXVI ff.
1).
Lajard, recherches sur le culte cyprès pyramidal, S. 348 ff. und Taf. XX, Fig. 1, Taf. XXI, Fig. 3; Creuzer, Symbolik, IV. S. 420 ff. und Taf. VII, Fig. 2.
1).
Ueber die ägypt. Baukunst vergl. Kugler, Handbuch der Kunstgeschichte, dritte Ausgabe, I. Stuttgart 1856. S. 30 ff.; Semper, der Styl, I. S. 405 ff.; Lübke, Geschichte der Architektur, S. 47 ff.
1).
Semper, der [Stil], I. S. 272 ff.
2).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 392 ff.
1).
Semper, der Styl I. S. 289, Anm. 2.
2).
Preller, griech. Mythologie, I. s. 122.
3).
Alpina für 1860, S. 261.
1).
Semper, Styl I. S. 348.
2).
Hiermit stimmt ganz zusammen Braun, Gesch. der Kunst, I. S. 291 ff.
1).
Dunker, a. a. O., I. S. 317, Semper, der Styl, I. S. 425; Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 121.
2).
Dunker, a. a. O., I. S. 319.
3).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S, 149.
4).
Braun, a. a. O., I. S. 441.
5).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, Il. S. 97.
6).
Kruger, Gesch. der Assyrer und Iranier, S. 473.
7).
Uhlemann, a. a. O., II. S. 99.
1).
Alpina für 1860, S. 233
2).
Kulin, die Herabkunft des Feuers, S. 121 ff.
1).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 65.
2).
Kuhn, die Herabkunft des Feuers, S. 10.
1).
Wolf, Zeitschrift für deutsche Mythologie, II.Band, Göttingen 1855, S. 297.
1).
Preller, römische Mythologie, S. 750.
2).
Uhlemann, Thot, S. 43.
3).
Kruger, Geschichte der Assyrier, S. 56 und 526; Meissner, Lavard’s populärer Bericht über die Ausgrabungen zu Ninive, Fig. 79; Preller, griech. Mythologie, I. S. 152 Anm.
1).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 159.
2).
Uhlemann, a. a. O., II. S. 176.
3).
Preller, röm. Mythologie, S. 753.
4).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 164 oben.
5).
Simrok, deutsche Mythologie, S. 316.
1).
Furtwängler, die Idee des Todes, S. 69.
2).
Vendidad, Farg. 2, 32.
3).
Menzel, Odin, S. 127 ff.
1).
Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 772.
2).
Spiegel, Avesta 1. S. 45; Haug, die Gâthâs des Zarathustra, S. VII.
1).
Spiegel, Avesta, I. S. 15.
2).
Windischmann, Mithra, ein Beitrag zur Mythengeschichte des Orients, Leipz. 1857; Creuzer, Symbolik I. (zweite Ausgabe), S. 752 ff.; Preller, röm. Mythologie, S. 754 ff.; Layard, recherches sur Mithra, Paris.
1).
Alpina für 1860, S. 120.
1).
Windischmann, a. a. O., S. 69 Anm. 1.
1).
Preller, röm. Mythologie, S. 793, Anm. 3.
2).
Spiegel, Avesta II., Einleitung S. XV.
3).
Alpina für 1860, S. 201.
4).
Alpina für 1860, S. 185.
1).
Lasaulx, Studien des classischen Alterthums, S. 305.
2).
Exod. 28, 31 – 35, 39, 22 – 26.
3).
Windischmann a. a. O., S. 72; Alpina für 1860, S. 178.
4).
Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch, unter Degen.
5).
Creuzer, Symbolik I. S. 753, Anm.
1).
Preller, röm. Mythologie, S. 761.
2).
Preller, griech. Mythol., I. S. 165.
3).
Hammer, in den Wienern Jahrbüchern der Literatur, 1818, Bd. III. S. 153.
1).
Preiler, griech. Mytbologie, I. S. 9.
2).
Schömann, griech. Alterthümer, II. S. 281.
3).
Preller, a. a. O, I. S. 163,
4).
Windischmann, a. a. O., S. 68; Preller, a. a. O., I. S. 166.
1).
Prichard, ägyptische Mythologie, S. 88; mein Vortrag in Nro. 37 der Bauhütte von 1859.
2).
Vergl. meinenVortrag in Nro. 39 der Freimaurerzeitung vorn J. 1857: „Die Aufnahme zum Maurer gleicht der christlichen Taufe und Confirmation.“
3).
Alpina für 1860, S. 174.
1).
Guhl, Denkmäler der Sculptur, Taf. IX. Fig. 4.
2).
Preller, griech. Myth., II. S. 42.
3).
Lajard, recherches sur le culte du cuprès pyramidal, S. 231, 253, 255 u. 256
4).
Lajard, a. a. O., S. 19 ff. u. Taf. I. Fig. 2
5).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 222.
6).
Dunker, Geschichte des Alterthums, I. (stets 2. Ausg.) S. 57.
7).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 170.
1).
Creuzer, Symbolik, IV. S. 607.
2).
Alpina für 1859, S. 79 ff.
3).
Allgemeine Zeitung vom 7. Jan. 1848, S. 99.
4).
Lajad, a. a. O., S. 140, Anm. 1.
1).
Creuzer, Symbolik, IV. S. 590.
2).
Grimm, Rechtsalterthümer, S. 152.
3).
Besoldi thesaurus practicus s. v.: Hut tragen, Hut abziehen.
4).
Windischmann, S. 72; Alpina für 1860, S. 179.
1).
Lasaulx, Studien des klassischen Alterthums, S. 194.
2).
Dunker, a. a. O. , I. S. 57.
1).
Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch, unter helt.
2).
Vergl. Grimm, deutsches Wörterbuch, unter Degen.
3).
Simrok, deutsche Mythologie, S. 322.
4).
Krause, Kunsturkunden, I. 2, S. 307 u. II. 2, S. 236 Note.
1).
Uhlemann, Thot, Göttingen 1855, S. 97.
2).
Krause, a. a. O., I. 2, S. 308; Lenning, Encyklopädie: „Schwertträger.“
3).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 169.
1).
Creuzer, Symbolik, I. S. 765.
2).
Creuzer, a. a. O., I. S. 764.
3).
Creuzer, a. a. O., I. S. 761.
4).
Windischmann, Mithra, S. 68.
1).
Windischmann, a. a. O., S. 62.
2).
Alpina für 1860, 8. 157.
1).
Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 69 Anm. u. S.99ff.
2).
Vergl. die Bemerkungen Windischmann’,s, a. a. O., S. 72; Alpina für 1860,
3).
Lajard, recherches sur le culte da cyprès pyramidal, S. 229 u. 279.
1).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 357.
1).
Lajard, a. a. O , Taf. XIV. Fig. 3 a u. Taf. XX, Fig. 1.
2).
Guhl, Denkmäler der Sculptur, Taf. XII. Fig. 1; Semper, der Stil, I. S. 404.
3).
Mannhardt, die Götterwelt der deutschen und nordischen Völker, I. S. 111 u. 140.
1).
Spiegel, Avesta, I. S. 22.
2).
Röth, Geschichte unserer abendländischen Philosophie, II. S. 360.
3).
Vergl. auch Nr. 25 der Bauhütte vom Jahr 1860.
1).
Vergl. meinen diesfälligen Vortrag in Nr. 6 der Freimaurerzeitung vom J. 1858.
2).
Preller, röm. Mythologie, S. 743.
1).
Lübke, Geschichte der Architektur S. 144, 145 u. 149.
2).
Creuzer, Symbolik, I. S. 760; Preller, röm. Mythologie, S 747
3).
Preller, röm. Mythologie, S. 137.
4).
Preller, a. a. O., S. 742 ff.
5).
Windischmann, Mithra, S. 67.
1).
Barth, a. a. O., S. 69, 78 u. 83.
1).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 332.
2).
Simrok, deutsche Mythologie, S. 198.
1).
Die Kelten und Althelvetier, Solothurn 1851, S. 75 vergl. mit S. 33 Anm.
2).
Alpina für 1860, S. XXXIX.
3).
Lübke, a. a. O., S. 20.
4).
Lübke, a. a. O., S. 21.
5).
Lübke, a. a. O., S. 18.
1).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 255.
1).
Semper, der Stil, I. §. 75.
2).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S.396 ff. u. 418 ff., S.428ff. und S. 445 ff.
3).
Braun, a. a. O., I. S. 491.
4).
Braun, a. a. O., I. S. 508.
5).
Lübke, a. a. O., S. 49 ff.; Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 3 ff.
6).
Lübke, a. a. O., S. 56.
7).
Dunker, a. a. O., I. S. 19.
8).
Spencer Northcote, die römischen Katakomben, übersetzt von Rose, Cöln 1860.
9).
Lübke, a. a. O., S. 254.
1).
Alpina für 1860, S. 201.
1).
Semper, der Stil, 75 u. 76, und besonders S. 431 u. 439.
1).
Semper, a. a. O., I. S. 216, Anm. 1.
2).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 99 u. 287.
3).
Lübke, Geschichte der Architektur S. 56.
4).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 326.
1).
Uhlemann, a. a. O., II. S. 28.
1).
Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 527.
2).
Alpina für 1859, S. 165 ff.
1).
Menzel, Odin, S. 54; Simrok., Mythologie. S. 420. 390; Brosi, die Kelten, S. 102 Anm.
2).
Uhlemann, drei Tage in Memphis, S. 49.
3).
Alpina für 1860, S. XLII.
1).
Semper, der Stil, I. S. 66. 68 u. 424.
2).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 89.
3).
Braun, a. a. O., I. S. 104. 107 u. 133.
4).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, Il. S. 323.
5).
Semper, a. a. O., I. S. 133.
6).
Semper, a. a. O., I. S. 131.
7).
Kugler, Kunstgeschichte, II. S. 300.
8).
Braun, a. a. O., I. S.271.
1).
Uhlemann, a. a. O., II. S. 174.
2).
Alpina für 1860, S. 264 ff.
3).
Braun, a. a. O., I. S. 90.
4).
Mannhardt, die Götterwelt der deutschen und der nordischen Völker, I. S. 306.
5).
Vergl. über die Symbolik der Farben bei den Göttern auch Bachofen, Gräbersymbolik, S. 292 ff.
1).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, Il. S. 170.
1).
Uhlemann, a. a. O., IV. S. 231 u. 183.
1).
Die Phönicier, I. S. 112.
2).
Aegypt. Mythologie, Bonn 1837, S. 6.
3).
Uhlemann, a. a. O., IV. S. 135.
4).
Uhlemann, Thot, S. 83.
5).
Uhlemann, ägyptische Alterthumskunde, II. S. 235 unten.
6).
Uhlemann, Thot, S. 189.
1).
Dunker, Geschichte des Alterthums, II. S. 306.
1).
Vergl. auch Gädicke, Freimaurer-Lexikon unter Kunst.
2).
Vergl. über die Linosklage auch Lasaulx, Studien des klassischen Alterthums, S. 345-356, woselbst Anm. 1 auch die vorzüglichste Literatur angegeben ist; Brugsch, die Adonisklage und das Linoslied, Berlin 1852.
1).
Brugsch, Adonisklage, S. 16 ff.
1).
Lessing’s gesammelte Werke, Leipzig 1841, Bd. V. S. 324; Brugsch, a. a. O., S. 24 u. 25.
1).
In Psalm 89 heisst es: Wer ist’s, der lebt, und den Tod nicht schaut,
Der seine Seele rettet vor der Gewalt der Unterwelt.
1).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 157.
2).
Lübke, Geschichte der Architektur, S. 174.
1).
Brugsch, die Adonisklage, S. 13.
2).
Brugsch, a. a. O., S. 25.
1).
Apostelgeschichte des Geistes, Neustadt 1858, I. S. 104.
1).
Uhlemann, a. a. O., II. S. 82.
2).
Uhlemann, ägyptische Alterthumskunde, II. S. 21.
1).
Uhlemann, a. a. O., I. S. 62.
2).
Uhlemann, a. a. O., I. S. 63.
3).
Uhlemann, a. a. O., I. S. 62.
4).
Uhlemann, a. a. O., II. S. 171.
1).
Uhlemann, a. a. O., I. S. 65.
1).
Vergl. darüber vorzüglich Michelsen, die Hausmarke, Jena 1853; Homeyer, die Haus- und Hofmarken, in der Zeitschrift für schweizerisches Recht, Bd. II. S. 102 ff.
2).
Michelsen, a. a. O., S. 20.
3).
Michelsen, a. a. O., S. 45.
1).
Vergl. über die Erfindung der Runen: Simrock, deutsche Mythologie, S. 259 ff.; Lilienkron und Müllenhof zur Runenlehre, Halle 1852.
1).
Siehe deren Literatur bei Michelsen, a. a. O., S. 59 Anm.
1).
2).
Uhlemann, ägyptische Alterthumskunde, III, S. 14 unten.
3).
Michelseri, a. a. O., S. 11 u. 6 ff.
4).
Michelsen, a. a. O., S. 61.
5).
Michelsen, a. a. O., S. 17 ff.
1).
Michelsen a. a. O., S. 61 ff.
2).
Michelsen, a. a. O., S. 63. – Diese Torgauer Steinmetzordnung ist auch abgedruckt bei Stieglitz, Beiträge zur Geschichte der Baukunst, Leipzig 1834, Thl. II. S. 114 ff.
1).
Michelsen, a. a. O., S. 61.
1).
Michelsen, a. a. O., S. 64 ff.
2).
Reisebericht über Hauran und die Trachonen, Berlin 1860, S. 51 u. 133.
3).
Wetzstein, a. a. O., S. 108 ff.
4).
Alpina für 1860, S. 287.
1).
Kauffmann et Cherpin, histoire philosophique de la Franc-Maconnerie, p. 114.
2).
Simrok, deutsche Mythologie, S. 344.
1).
Spiegel. Avesta II, Einleitung S. L.
2).
Müller, Glauben der alten Hindus, S. 245.
3).
Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 53 Anm.
4).
Furtwängler, Idee des Todes, S. 70.
1).
Menzel, Odin, S. 42 u. 78; Creuzer, Symbolik, Ill. S. 391 ff., S. 425 ff. u. S. 500.
1).
Anders deutet die Mythe des Narcissus Furtwängler, a. a. O., S. 77, Anm. 16.
2).
Furtwängler, a. a. O., S. 76, Anm. 14.
3).
im Sanskrit hiess die Hand Kara, das griechische [...], von kri, machen, bilden. Auch der griechische Cheiron trägt nach Furtwängler, die Idee des Todes, S. 742 Anm. 3, seinen Namen von der Hand oder [...]. Preller, griech. Mythol., II. S. 14 unten, stimmt damit zusammen, indem er den Chiron als den Mann der helfenden (heilenden) Hand erklärt.
1).
Bachofen, Gräbersymbolik, S. 17S.
2).
Menzel, Odin, S. 27.
1).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 327.
1).
Preller, griech. Mythologie, II. S. 70
2).
Preller, a. a. O., II. S. 67.
3).
Grimm, Rechtsalterthümer, S. 138 ff.
1).
Fallou, die Mysterien der Freimaurer, S. 210.
2).
Prichard, ägyptische Mythologie, S. 36.
1).
Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes. S. 428.
2).
Rhode, a. a. O., S. 451.
1).
Preller, a. a. O., II. S. 110.
2).
Schwartz, a. a. O., S. 177.
3).
Uhlemann, ägypt. Alterthumsk., II. S. 159.
4).
Menzel, Odhin, S. 138; Siturok, deutsche Mythologie, S. 517; Grimm, Mythologie, S. 29 ff.
1).
Menzel, a. a. O., S. 141.
2).
Simrok, a. a. O., S, 307 u. 311.
3).
Kuhn, die Herabkunft des Feuers, S. 45 u. 48 ff.
1).
Simrok, deutsche Mythologie, S. 542 ff.
2).
Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. IX, S. 818.
3).
Simrok, a.a. O. S. 35 ff.
1).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 88.
1).
Braun, a. a. O. I. S. 231.
2).
Braun, a. a. O., I. S.237.
3).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, Il. S. 98.
1).
Vergl. auch Uhlemann, a. a. O., II. S. 305.
2).
Dunker, Geschichte des Alterthums, I. (Berlin 1855). S. 62.
3).
Krause, Kunsturkunden, I. 1, S. 163.
1).
Uhlemann, a. a. O., II. S. 304.
1).
Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 179.
2).
Uhlemann, a. a. O., II. S. 82.
1).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 273 ff.
2).
Alpina für 1860, S. 205.
3).
Alpina für 1860, S. 191.
1).
Welker, griech. Götterlehre, I. S. 464.
2).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 163.
3).
Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 259.
4).
Menzel, Odin, S. 9.
5).
Menzel, a. a. O., S. 15.
6).
Mannhardt, die Götterwelt der deutschen und nordischen Völker, I. S. 274.
1).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 344.
2).
Dunker, Gesch. des Alterthums, I. (1855) S. 298 vergl. mit S. 295.
3).
Braun, a. a. O., I. S. 275.
4).
Guhl, Denkmäler der Sculptur, Stuttgart 1860, Taf. III, Fig, 1. vergl. mit Fig. 4.
5).
Lajard, recherches sur le culte du cyprès pyraraidal, S. 59.
1).
Uhlemann, a. a. O., II. S. 82.
1).
Menzel, Odin, S. 250.
2).
Menzel, a. a. O., S. 246.
3).
Menzel, a. a. O., S. 8.
4).
Menzel, a. a. O., S. 234 u. 236.
5).
Menzel, a. a. O., S. 280.
6).
Menzel, a. a. O., S. 313.
7).
Menzel, a. a. O., S. 339.
8).
Menzel, a. a. O., S. 265.
9).
Mone, Anzeiger, V. S. 47.
10.
Schnezler, badische Sagen, II. S. 162.
1).
Menzel, Odin, S. 204.
2).
Grimm, Mythologie, S. 877.
3).
J. G. Müller, Geschichte der amerikanischen Urreligionen, Basel 1855, S. 93.
4).
Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 209.
1).
Vergl. Alpina für 1860, S. 119 ff.
1).
Uhlemann, a. a. O., II. S. 84.
2).
Baehr, der salomonische Tempel, Karlsruhe 1848, S. 23; Uhlemann, Thot, S. 207.
1).
Uhlemann, Thot oder die Wissenschaften der alten Aegypter, Göttingen, 1855, S. 29.
1).
Lassen, indische Alterthumskunde, II. S. 421.
2).
Pott, Studien zur griech. Mythologie, S. 293 u. 294.
1).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, I. S. 34, 38 und 64; Hieroglyphentafel von Brugsch in der Zeitschrift der deutschen morgenländ. Gesellschaft, Bd. X. S. 668 vgl. mit den Erläuterungen S. 670 ff.
2).
Movers, Untersuchungen über die Religion und die Gottheiten der Phönicier, S. 652.
3).
Preller, röm. Mythologie, S. 750.
4).
Lasaulx, Studien des class. Alterthums, S. 293 u. 301 ff.
1).
Lasaulx, a. a. O., S. 44 Anm. 151.
2).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, I. S. 103.
3).
Gfrörer, Urgeschichte des menschlichen Geschlechts, Schaffhausen 1855, II. S. 477.
4).
Dunker, Gesch. des Alterthums, II. (1855), S. 343.
5).
Vergl. Haug bei Bunsen, Aegyptens Stelle, Va, S. 107; Kuhn, Herabkunft des Feuers, S. 121 ff.
6).
Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 780.
1).
Creuzer, Symbolik, I. S. 469.
2).
Semper, der Stil, I. S. 260 Anm.
3).
Lassen, a. a. O., II. S. 419.
1).
Kuhn, a. a. O., S. 121 ff.
2).
Furtwängler, die Idee des Todes, S. 102 Anm. 6.
3).
Schnaase, Gesch. der bild. Künste, lV, 2. S. 485.
4).
Mannhardt, germanische Mythen, S. 595 u. 607.
5).
Mannhardt, a. a. O., S. 10 Anm. 5.
1).
Mannhardt. a. a. O., S. 399 u. 473 Anm. 3.
2).
Menzel, Odin, S. 183.
3).
Dunker, a. a. O., I. S. 94.
1).
Dunker, a. a O., I. S. 78.
1).
Krause, Kunsturkunden, I. 1, S. 143 ff.
1).
Vergl. auch Preller, griech. Mythol., I. S. 255.
1).
Stuhr, die chinesische Reichsreligion und die Systeme der indischen Philosophie, S. 49 ff.
1).
Wollheim, Mythologie des alten Indien, :S. 134 ff.
1).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 213.
2).
Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 213.
3).
Lajard, recherches sur le culte du cyprès pyramidal, Paris 1854, S. 5 ff.
4).
Kaufmann und Cherpin, histoire philosophique de la Franc-Maconnerie, S. 81.
5).
Dunker, a. a. O., I. 527.
1).
Lajard, a. a. O., S. 123 ff.; Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 139.
2).
Plutarch, de Isid., 1.
3).
Kanne, allgemeine Mythologie, S. 404,
1).
Lajard, a. a. O., S. 19 ff.
2).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 403.
3).
Menzel, Odin, S. 109.
1).
Kuhn, die Herabkunft des Feuers, S. 132.
2).
Menzel, Odin, S. 15.
3).
Kuhn, a. a. O., S. 25. 104 ff. 131.
4).
Kuhn, a. a. O., S. 179; Preller, röm. Mythologie, S. 341.
5).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 57.
6).
Kuhn, a. a. O., S. 235.
7).
Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 136, Anm. 1.
1).
Dunker, a. a. O., I. S, 258.
2).
Dunker, a. a. O., I. S. 68.
3).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 158.
4).
Uhlemann, a. a. O.: Bötticher, der Baumcultus der Hellenen, Berlin 1856. S. 506 ff.; Friedrich, Symbolik und Myth. der Natur (1859), S. 167 ff.
5).
Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 255; W. v. Humbold, Bhagavad-Gitá, S. 50; Kuhn, a. a. O., S. 197 ff.
6).
Spiegel, Avesta II., Einleitung S. XII. ff.
7).
Kanne, allgemeine Mythologie, S. 43.
1).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 402.
3).
Kuhn, a. a. O., S. 185 u. 191.
4).
Prichard, ägypt. Mythologie, S. 273.
5).
Kuhn, a. a. O., S. 193.
6).
Kuhn, a. a. O., S. 192.
7).
Kuhn, a. a. O., S, 196.
8).
Kuhn, a. a. O., S. 193 u. 200.
1).
Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 260.
2).
Lassen, a. a. O., II. S. 826 vergl. mit 920, S. 924, Anm. 4 und S. 928, Anm. 1.
1).
Lajard, a. a. O., S. 301 ff.
2).
Lajard, a. a. O., S. 316.
3).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 80.
4).
Lajard, a. a. O., S. 66.
5).
Lasaulx, Studien des klassischen Alterthums, S. 350, Anm. 110, vergl. mit S. 299, Anm. 106.
1).
Alpina für 1860, S. 262; Kuhn, a. a. O., S. 175, Anm.
2).
Kuhn, a. a. O., S. 178.
3).
Kuhn, a. a. O., S. 136.
4).
Preller, griech. Mythologie, II. S. 42.
5).
Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 69, Anm. u. S. 99 ff.
6).
Kuhn, a. a. O., S. 138.
1).
Dunker, a. a. O., I. S. 72.
2).
Alpina für 1860, S. 269.
1).
Menzel, Odin, S. 169 ff.
2).
Die acht Füsse des Sleipnir deutet Furtwängler, die Idee des Todes, S. 34, auf die acht Tage, mit denen die Woche an Woche sich reihend das Jahr bewirkt, und bringt sie mit dem wunderbaren Ringe Odhins in Verbindung, von dem in jeder neunten Nacht acht Ringe abrollen.
3).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 265.
4).
Preller, a. a. O., I. S. 248 oben.
5).
Lajard, a. a. O., S. 338.
1).
Simrok, deutsche Mythologie, S. 212.
2).
Simrok, a. a. O., S. 213.
3).
Das Medusenhaupt möchte ein uraltes: orientalisches Symbol sein und kommt namentlich auf Java als das Gesicht des Çiva in seiner furchtbaren Gestalt als Zerstörer und Vernichter alles Lebens vor, worüber Müller, über Alterthümer des ostindischen Archipels, Berlin 1859, S. 101, mit der dort davon gegebenen Abbildung zu vergleichen ist. Die jetzigen Javanen nennen das Monstrehaupt der Medusa Banaspati; mit aufgelösten Haaren und mit hervorragenden Augen grinzt es uns grässlich an.
1).
Furtwängler, die Idee des Todes, S. 70, Anm. 6; Preller, griech. Mythologie, I. S. 494.
2).
Schwartz, a. a. O., S. 271 ff.
3).
Alpina für 1860, S. 267.
1).
Bachofen, Gräbersymbolik der Alten, S. 308 ff.
2).
Mannhardt, germanische Mythen, S. 584.
3).
Alpina für 1860, S. 262 ff.; Schwartz, a. a. O., S. 246.
4).
J. Grimm, Diphtonge nach ausgefallenen Konsonanten, S. 189.
5).
Mannhardt, germanische Mythen, S. 600.
1).
Kanne, allgemeine Mythologie, S. 242; Welker, griech. Götterlehre, I. S. 183 ff.
2).
Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 245 u. 269.
3).
Kanne, a. a. O., I. S. 241.
1).
Wollheim, Mythologie des alten Indien, :S. 134 ff.
2).
Schwartz, a. a. O., S. 247 u. 250.
3).
Kanne, a. a. O., S. 243.
4).
Movers, die Phönicier, I. S. 109 u. 507 ff.
1).
Röth, Geschichte unserer abendländischen Philosophie, II. S. 391
1).
Röth, a. a. O., I. S. 131 ff.
1).
Creuzer, Symbolik, I. (stets zweite Ausgabe) S. 104 ff.
2).
Spiegel, Avesta, Il. Einleitung, S. L.
1).
Dunker, Geschichte, II. S. 557.
1).
Brosi, die Kelten und Althelvetier, Soloth., 1851, S. 92.
2).
Köppen, die Religion des Buddha, S. 447.
1).
Lenning, Encyklopädie in Art. „Lichter.“
1).
Bunsen, vollständ. Bibelwerk, V. S. 232 ff.
1).
Kappen, a. a. O., S. 414 ff.
2).
Müller, Glauben, Wissen und Kunst der alten Hindus, I., Mainz 1822, Taf. II. Nr. 18 u. 58.
1).
Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 71.
2).
Dunker, a. a. O., I. S. 78.
1).
Vergl. Augusti, die Feste der alten Christen, Leipzig 1820, Vorrede; und bei Creuzer im IV. Bande seiner Symbolik die vergleichende Zusammenstellung des christlichen Festcyklus mit vorchristlichen Festen von [Ullmann].
1).
Gfrörer, Urgeschichte, Il. S. 225.
1).
Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 207; Kruger, Geschichte der Assyrier und Iranier, Frankfurt a. M. 1856, S. 67 und 410 ff.
2).
Vergl. auch Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 499 ff.
2).
S i m r o k, a. a. O., S. 91 ff.
1).
Simroh, deutsche Mythologie, S. 99 u. 331.
2).
Simrok, a. a. O., S. 91 ff.
3).
Rhode, a. a. O., S. 166 u. 466 ff.
1).
Rhode, a. a. O., S. 463.
2).
Stuhr, die chinesische Reichsreligion, Berlin 1835, S. 6 u. 30.
1).
Bjönstjerna, die Theogonie, Philosophie und Kosmogonie der Hindus, Stockholm 1843, S. 32; Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 499 ff.
1).
Wollheim, Mythologie des alten Indien, Berlin 1856, S. 69.
1).
Köppen, a. a. O., S. 269; Weber, indische Studien I. S. 183; Lassen, a. a. O., II. S. 1118.
1).
Köppen, die Religion des Buddha, S. 270 ff., vergl. mit Spiegel, Avesta, I. S. 37.
1).
Vergl. auch Prichard, ägyptische Mythologie, S. 149 ff.
2).
Lassen, a. a. O., I. S. 529, Anm. 1; Welker, griechische Götterlehre, I. S. 721.
3).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 59.
1).
Kanne, allgemeine Mythologie, S. 53.
2).
Mannhardt, die Götterwelt der deutschen und nordischen Völker, I. S. 255, Anm. 2.
1).
Creuzer, Symbolik, IV. S. 582
2).
Mannhardt, germanische Mythen, S. 326 ff.
1).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 163,
1).
Preller, röm. Mythologie, S. 135 u. 318.
1).
Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 271 ff.
2).
1).
Deutsche Taschen-Encyklopädie, Leipz. 1818, Art. „Obelisken.“
2).
Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte, IV. S. 127.
3).
Bunsen, a. a. O., V. S. 249.
1).
Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 153.
2).
Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 159.
3).
Alpina für 1859, S. 106 ff.
1).
Bei den griechischen Dichtern ist es ein sehr oft vorkommendes Bild von der Sonne als Auge des Tages und vom Monde als Auge der Nacht. Auch hielten die alten Germanen Sonne, Mond und Sterne für Augen des Himmels (Furtwängler, die Idee des Todes, S. 56, Anm. 6).
1).
Vergl. auch Krause, Kunsturkunden, II. 1. S. 63 u. S. 138, Anm 1.
2).
Bunsen, a. a. O., V. S. 293.
1).
Dunker, a. a. O., 1. S. 153, Anm. 1.
2).
Vergl. Preller, griech. Mythol, I. S. 79 ff.
3).
Alpina für 1860, S. 135.
1).
Preller, a. a. O., I. S. 250 ff.
1).
Stieglitz, Beiträge zur Geschichte der Baukunst, Leipzig 1834, II. S. 112, vergl. mit Stieglitz, von altdeutscher Baukunst, Leipzig 1820, S. 186 ff.
2).
Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 242, Nr 20.
1).
Vergl. in Lenning’s Encyklopädie den Artikel: „Säulen.“ Bei Krause I. 1. S. 292 werden die Namen der Säulen der Aufseher umgekehrt angegeben.
2).
Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 276 u. S. 292.
4).
Preller, römische Myth., S. 290.
5).
1).
Furtwängler, die ldee desTodes in den Mythen und Kunstdenkmälern der Griechen, Freiburg 1860, S. 17.
2).
Ueber die Ableitung dieses Doppelnamens, vergl. Furtwängler, die Idee des Todes, S. 87, Anm. 12; Preller, griech. Mythologie, I. S. 496.
3).
Furtwängler, a. a. O., S. 97 ff; Preller, griech. Mythologie, II. S. 66 ff.
1).
Furtwängler, a. a. O., S. 133.
1).
Vergl. bei Hoffmann v. Fallersleben und Schade, Weimarisches Jahrbuch für deutsche Sprache, Literatur und Kunst, Bd. IV (1856). S. 241-344, die schöne Abhandlung von Schade: „Vom deutschen Handwerksleben in Brauch, Spruch und Lied.“ An diese Abhandlung von Schade schliesst sich dessen höchst schätzenswerthe weitere Abhandlung: „Ueber Jünglingsweihen,“ a. a. O. Bd. VI (1857). S. 241 ff.
1).
Archiv für schweiz. Geschichte, Bd. Xl. S. 35, Zürich 1856, woselbst der erwähnte Stiftungsbrief vollständig abgedruckt ist, und sich zugleich eine lesenswerthe Abhandlung von Fechter über die politische Emancipation der Handwerker Basels und den Eintritt ihrer Zünfte in den Rath befindet.
2).
A. a. O., S 18
1).
Vergl. irgend ein englisches Wörterbuch und Lenning, Encyklopädie, II. S. 552.
1).
Bachofen, Gräbersymbolik, S. 169.
1).
Sainte-Croix, Versuch über die alten Mysterien, übersetzt von Lenz, Gotha 1790, S. 52.
2).
Sainte-Croix, a. a. O., S. 72 ff.
1).
Röth, Geschichte unserer abendländischen Philosophie, I. S. 110 ff.
2).
Döllinger, Heidenthum und Judenthum, Regensburg 1857, S 558.
1).
Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 756; Gfrörer Urgeschichte des menschlichen Geschlechts, Schaffhausen 1855, I. S. 180 vergl. mit S. 165; Spiegel, Avesta, I. S. 6; Wollheim, Mythol. des alten Indien, S. 96.
2).
Lassen, a. a. O. I. S. 638, Anm. 1.
1).
Movers, die Phönicier, I. S. 259 u. 60.
2).
Vergl. auch Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 210, Anm. 7.und Schwartz, Ursprung der Mythol., S. 279 ff.
1).
Wolf, Zeitschrift, Il. S. 317 und Ettmüller, lex Anglosax. S. 557.
2).
Köppen, die Religion des Buddha, Berlin 1857, S. 435.
3).
Menzel, Odin, S. 67; Simrok, deutsche Mythologie, S. 93.
4).
Stephani, der Nimbus und Strahlenkranz in den Werken der alten Kunst, Petersburg 1859.
5).
Vergl. auch Preller, römische Mythologie, S. 723 ff,; Furtwängler, a. A. O., S. 136, Anm. 1. Preller leitet mit Clemens den Namen Serapis oder Sirapis von Osiris-Apis, Osorapis ab, während Furtwängler den Namen nicht für ägyptisch hält und aus dem Orient herleitet. Bunsen, Aegyptens Stelle in der Weltgeschichte, Va, S. 11, stimmt mit Preller überein; Creuzer, Symbolik, I. S. 312 ff., und Prichard, ägypt. Mythol., S. 74 ff., sind unentschieden.
1).
Abbildungen zu Creuzer’s Symbolik, Taf. XXVI.
2).
Lajard, a. a. O., Taf. I.
3).
Lassen, a. a. O., I. S. 655, Anm. 1.
1).
Simrok, deutsche Mythologie, S. 428 u. 480.
1).
Krause, a. a. O., I. 2, S. 404.
1).
Vergl. in Lenning’s Encyklopädie den Art. „Pfeiler.“
1).
Köppen, Religion des Buddha, S. 443.
1).
Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 164 ff.
1).
Simrok, deutsche Mythol., S. 189.
1).
Röth, Gesch. unserer abendländischen Philosophie, I. S. 131 ff.
1).
Dunker, Geschichte des Alterthums, II (1855). S. 358 oben.
1).
Semper, der Stil, I. S. 899.
2).
Simrok, Handbuch der deutschen Mythologie, S. 231.
3).
Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 781 u. 847.
1).
Dunker, a. a. O., I. S. 153.
2).
Dunker, a. a. O., I. S. 245.
3).
Dunker, a. a. O., I. S. 137 ff.
4).
Dunker, a. a. O., I. S. 137 ff.
5).
Welker, griech. Götterlehre, I. S. 169.
6).
Simrok, deutsche Mythologie, S. 278.
1).
Jac. Grimm, die Namen des Donners, Berlin 1855, S. 16.
1).
Menzel, Odin, S. 47.
2).
Simrok, a. a. O., S. 290 vgl. mit 281.
3).
Uhland, der Mythus von Thôr, Stuttgart 1836, S.27 u. 52 ff.
1).
Köppen, die Religion des Buddha, S. 251.
2).
Simrok, a. a. O., S. 285 u. 502, und Mannhardt, germ. Mythen, S. 113.
1).
Lassen, I. S. 764, und Dunker, II. S. 211.
2).
Simrok, a. a. O., S. 212 u. 223.
3).
Movers, Untersuchungen, S. 182.
1).
Krause, Kunsturkunden, I. 2. S. 469.
2).
Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 756.
1).
Dunker, Gesch. des Alterthums, I. S. 15. Im Aegyptischen hiess die Pyramide maïn, d. i. Denkstein.
2).
Welker, griechische Götterlehre, I. S. 220, 230, Anm. 16 und S. 596.
1).
Lassen, a. a. O., II. S. 841.
1).
Dunker, Gesch. des Alterthums, I. S. 527.
2).
Bachofen, Gräbersymbolik, S. 293.
1).
Creuzer, Symbolik, I. S. 129.
2).
Schnaase, Gesch. der bildenden Künste, Bd. Ill. S. 188.
3).
Kruger, Gesch. der Assyrier und Iranier, S. 45.
4).
Movers, die Phönicier, I. S. 228; Heeren, Ideen, I. S, 449.
1).
Dunker, a. a. O., II. S. 458 (der ersten Ausgabe).
2).
Dunker, a. a. O., Il. S. 470 (der zweiten Ausgabe, wie sonst immer).
3).
Buch der Richter, Kap. 16.
1).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 183 unten.
2).
Welker, griech, Götterlehre, II. S. 339.
3).
Furtwängler, die Idee des Todes, S. 9o, Anm. 4.
4).
Preller, röm. Mythologie, S. 764.
1).
Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 638. Anm.
1).
Menzel, Odin, S. 151.
3).
Vergl. Müller, über die Alterthümer des ostindischen Archipels, S. 24.
1).
Man vergl. z. B. die Abbildungen zu Creuzer’s Symbolik, – die Bildertafeln bei Müller, Glauben, Wissen und Kunst der alten Hindus, - und die Abbildungen bei Müller, über die Alterthümer des ostindischen Archipels, Berl. 1859, S. 18 vergl. mit S. 24.
2).
W. v. Humboldt, über die Bhagavad – Gitá, Berlin 1826, S. 27 Anm.
3).
Vergl. Müller, über die Alterthümer des ostindischen Archipels, S. 24.
4).
Mannhardt, germanische Mythen, S. 393.
1).
Mannhardt, gerrnanische Mythen, S. 332 ff.
2).
Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 115 ff.
1).
Die Chinesen scheinen dem von ihnen verehrten bösen Geiste in ihren Häusern fortwährend Kerzenlichter zu brennen, wie in der Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft, Bd. IX. S. 810, vermuthet wird. Für ihre Verehrung und Anbetung des bösen Geistes sollen die Chinesen anführen, der gute Geist sei ohnehin gut und gnädig, den bösen Geist aber, der feindselig gesinnt sei und Böses drohe, müsse man durch Gebet und Opfer zu gewinnen suchen.
2).
Grimm, die Namen des Donners, S. 2.
1).
Bunsen, Aegyptens Stelle, V. S. 297; Dunker, Geschichte, des Alterthums, I. S. 157.
2).
Grimm, Mythologie, S. 378.
3).
Brosi, die Kelten, S. 96.
4).
Welker, griech. Götterlehre, I. S. 456.
1).
Lassen, a. a. O., I. S. 760.
1).
Lassen, a. a. O., I. S. 580.
1).
Köppen, Religion des Buddha, S. 37.
2).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 121 u. 269.
3).
Preller, a. a. O., I. S. 266 ff.
4).
Preller, a. a. O., II. S. 199.
1).
Preller, a. a. O., I., S. 269 u. 270.
2).
1) Preller, a. a. O., I., S. 267 u. 272.
1).
Vergl. darüber Spiegel, Avesta, II. Einleitung S. LXIV ff.
2).
Alpina für 1860, S. 256 ff.
3).
Windischmann, Mithra, S. 52 ff.
1).
Spiegel, Avesta, II. Einleitung LV.
2).
Grimm, Rechtsalterthümer, S. 813, Anm.
3).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 97.
4.
Grimm, Rechtsalterthümer, S. 194 u. 941; Uhland, der Mithus von Thôr, S. 57.
1).
Dunker, a. a. O., II. S. 116, Anm. 1.
2).
Spiegel, Avesta II. Einleitung LVI.
3).
Grimm, Rechtsalterthümer, S. 912 ff.; Dümgé, Symbolik germanischer Völker, Heidelberg 1812, S. 53.; Chassan, essai sur la symbolique du droit, précédé d’une introduction sur la poésie du droit primitif, Paris 1847.
1).
Heldmann, die drei ältesten Denkmale der deutschen Freimaurerbrüderschaft, Aarau 1819, S. 221. Alle unter den Meistern und Mitgliedern einer Bauhütte entstehenden Streitigkeiten, auch wenn sie das Steinwerk nicht berührten, sollten nämlich in der Bauhütte geschlichtet und vertragen und nicht etwa vor die Gerichte oder andere fremde Behörden gebracht werden. Mit Recht bemerkt Heldmann dazu, dass ein solches Friedensgericht, welches ganz im Geiste eines brüderlichen Vereins liegt, noch jetzt in jeder Loge bestehen sollte.
1).
Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 226 ff.
1).
Preller, grievh. Mythologie, I. S. 182 u. II. S 108
2).
Lajard, recherches, p. 274.
3).
Lajard, a a. O., S. 273 ff.
4).
Lajard, a. a. O., S. 57 vergl. mit Taf. V, Nr. 1 u. Taf. XIV, Nr. 1 und 2.
5).
Prichard, ägypt. Mythologie, S. 117 u. 122.
1).
Movers, die Phönicier, I. S. 184 u. 400 ff.
2).
Müller, Glauben, Wissen und Kunst der alten Hindus, I. Bd. Mainz 1822, S. 189.
3).
Kruger, Gesch. der Assyrier und Iranier, S. 413.; Röth, Gesch. unserer abendländischen Philosophie, I. S. 392ff.; Creuzer, Symbolik, I. S. 697 ff.
1).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 305 ff.
1).
Creuzer, Symbolik, I. S. 725; Spiegel, Avesta, I. S. 13.
1).
Vergl. über die Natur des Mithra als Sonnengottes auch Spiegel, Avesta, I. S. 274.
2).
Spiegel, Avesta, I. S. 35 ff. vergl. mit S. 15 u. S. 32 ff.
3).
Vergl, darüber Lassen, indische Alterthumsk., I. S. 517 ff.; Wollheim; Mythologie des alten Indien, S. 105 ff.; Spiegel, Avesta, I. S. 7.
4).
Spiegel, Avesta. I. S. 45.
1).
Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 114. ff. vergl. mit S. 131; Röth, a. a. O., I. S. 422.
1).
Spiegel, Avesta, I. S. 286.
2).
Vergleiche Spiegel in der Zeitschrift d. m. G., Bd. I.
1).
Vergleiche Spiegel, Avesta I. S. 18 ff., S 45 ff. und S. 277 ff.; II. Vorrede S. VIII ff.
2).
Vergl. über dessen Leistungen auch noch Ahrens, juristische Encyklopädie, S. 210, 211 Anm.
1).
Spiegel. Avesta II. Einleitung S. LXXII.
1).
Alpina für 1859, S. 124.
2).
Spiegel, Avesta I. S. 13; Haug, die Gâthâs, S. 37.
1).
Bunsen, Aegyptens Stelle, V. S. 272 und Anm. 27.
1).
Björnstjerna, die Theogonie, Philosophie und Kosmogonie der Hindus, S. 26; Dunker, Gesehichte des Alterthums, II. S. 118. Nach Dunker zeigt der Inhalt der Veden und die Stufenfolge der religiösen Anschauungen, welche in denselben niedergelegt sind, dass zwischen den ältesten und jüngsten derselben einige Jahrhunderte liegen, weshalb die Entstehung der Lieder der Veden zwischen 1800 und 1500 Jahre vor Chr. gesetzt werden kann, indem die jüngsten Vedenlieder der Zeit von 1500 vor Chr. angehören.
1).
Björnstjerna, a. a. O., S. 13.
1).
Bunsen, Aegyptens Stelle, II. S. 47; V. S. 99.
2).
1).
Röth, a. a. O., II. S. 343 ff.
2).
Beek, Anleitung zur genauern Kenntniss der allgemeinen Weltgeschichte. Leipzig 1813 I Thl. 1. Hälfte, S. 646 ff.
3).
Schon Rhode, a.a.O., S.65, 78 u. 134, vergl. mit S. 89 u 132, hatte die Ansicht von Anquetil du Perron, wornach Zoroaster zu Urmi geboren sein sollte, bekämpft und des letztern Geburtsort nach Ari, Iran, d. h. nach Ostiran, dem oberen Tibet und einem Theile von Kaferistan und Kabul verlegt.
1).
Haug, a. a. O., S. 92.
1).
Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 264, Anm. und II. 1. S. 108, Anm. b.
2).
Krause, a. a. O, II. 2. S. 63.
1).
Nach Schmeller, bayerisches Wörterbuch, III. S. 682, ist Verstrickung = Verpflichtung, Bündniss, Arrest, Gefängniss; verstricken = verbinden, verpflichten.
2).
Krause, a. a. O., I. 2. S. 290.
1).
Vergl. über die heiligen Binden und ihre Anwendung zur Weihe Bötticher, Baumcultus der Hellenen, S. 43 und 418.
1).
Röth, Geschichte uns. ab. Phil., I. S. 196.
2).
Movers, die Phönicier, I. S. 504.
3).
Münter, Religion der Babylonier, Taf. I, Fig. 3.
4).
Ersch und Gruber, Encykl. II. Bd. XVII. S. 176 a.
1).
Krause, a. a. O., II. 1. S. 472.
1).
Ersch und Gruber, Encyklopädie, Sect. II. Bd. XVII. S. 178 b.
2).
Vergl. die Abbildung der zehnten Incarnation Wischnu’s bei Vollmer, vollständiges Wörterbuch der Mythologie, Taf. CXXV. Auch die übrigen neun Incarnationen Wischnu’s theilt Vollmer bildlich mit. Ebenso sind bei Wollheim, Mythologie des alten Indien, S. 35 ff. diese Incarnationen theilweise abgebildet.
1).
Der Pandora verwandt ist die indische Tilottama, worüber Furtwängler, a. a. O., S. 353 ff., berichtet. Vergl. über die Pandora auch Buttmann im Mythologus, I. S. 48 ff.
2).
Vergl. Furtwängler, Idee des Todes, S. 346 ff., vergl. mit S. 394 ff. und S. 432 ff., beziehungsweise Taf. I. Fig. 8.
1).
Hocker, Stammsagen, S. 140.
2).
3).
Furtwängler, a. a. O., S. 412 ff.
4).
Auch Creuzer in den Abbildungen zu seiner Symbolik, Taf. XLII theilte eine Abbildung der Vase mit.
5).
Furtwängler, a. a. O., S. 415.
1).
Vergl. darüber Furtwängler, a. a. O.. S. 425 ff.
1).
Vergl. auch Furtwängler, a. a. O., S. 444.
1).
Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 92.
2).
Quitzmann, a. a. O., S. 247.
3).
Ausland für 1860, Nr. 8, S. 172 a.
4).
Rochholz, Schweizersagen aus dem Aargau, II. S. 276 unten.
5).
Grimm, Rechtsalterthümer, S. 182 ff., S. 203 u. 810.
1).
Grimm, Weisthümer, II. S. 220.
2).
Rochholz, a. a. O.
1).
Rochholz, a. a. O., II. Einltg. S. XXXVII u. S. 111.
2).
Rochholz, a. a. O., Nr. 234.
1).
Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 151; Dunker, Geschichte des Alterthums, Il. S. 211; Lübke, Geschichte der Architektur, S. 16 ff.
1).
Ueber die Kirchenbaukunst vergl. auch die schätzenswerthen Beiträge zur Kunstgeschichte vom 10. – 16. Jahrhundert von Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, III. S. 3 ff., woselbst zugleich die hierher gehörige allgemeine Literatur in den Noten theilweise angegeben ist. Auch verdient der ganz kurze Versuch von Schildener über die Bedeutung des Kirchenbaues als Erzeugnisses deutscher Sinnesart, in dem zweiten Stücke seiner Beiträge zur Kenntniss des germanischen Rechts, Greifswald 1837, S. 9 ff. nachgelesen zu werden. Daran reiht sich eine etwas grössere Abhandlung von Schildener, das Gottesbewusstsein im Volksrechte der Germanen, Greifswald 1839. Schildener sagt namentlich in der letztern Abhandlung: „Das instinktmässige Lebensprinzip des ganzen germanischen Volkes war Genossenschaft, Verbrüderung, Association, an welche es als sein höchstes sociales Princip glaubte und welcher Glaube mächtiger war als der Trieb zur Geltendmachung der Persönlichkeit.“ – Otte, Geschichte der deutschen Baukunst, Leipzig 1861, ist noch nicht vollendet, berücksichtigt aber, wie er in der Vorrede hervorhebt, die Archäologie und die bürgerliche Baukunst zugleich und glaubt dadurch eine Lücke auszufüllen.
1).
Kugler, gesammelte Schriften zur Kunstgeschichte, I. S. 181.
2).
Ueber die etruskische Baukunst vergl. Lübke, Geschichte der Architektur, S. 124 ff., und über die römische Baukunst Semper, der Stil, I. S. 124 ff.
1).
Raumer, Geschichte der Hohenstaufen, VI. S. 529.
2).
Fallou, die Mysterien der Freimaurer, Leipzig 1859, S. 253.
1).
Vergl. Lübke, a. a. O., S. 488.
2).
Fallou, a. a. O., S. 255 u. 56.
3).
Fallou, a. a. O., S. 258
4).
Fallou, a. a. O., S. 253.
1).
um das Jahr 1100. –
2).
1221. –
3).
Gegründet 1228. –
4).
1206. –
5).
1298. –
6).
1228.
7).
1312.
1).
Fallou, a. a. O., S. 191 u. 193.
2).
Raumer, a. a. O., VI. S. 444.
3).
Nebenbei sei bemerkt, dass die akademischen Würden drei Abstufungen hatten, Doktoren, Magister und Baccalauren, gleichsam Meister, Gesellen und Lehrlinge.
1).
Raumer, a. a. O., VI. S. 447 ff.
1).
Vergl. darüber besonders Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 13 ff; Lenning, Encyklopädie, unter Heinrich Vl.
1).
Gesammelte Werke, Leipzig 1841, Bd. IX. S. 384. In Ernst und Falk oder den Gesprächen für Freimaurer, sagt nämlich Lessing von der Urkunde: „Staub! und nichts als Staub!“
2).
Die ältesten geschichtlichen Denkmale der deutschen Freimaurerbrüderschaft, Aaran 1819, S. 347.
1).
Ungeschickt drückt Polak seine eigenen Gedanken aus, indem er S. 2S5 sagt: „Folglich ist die Maurerei Naturreligion, und sind die maurerischen Hallen die Schulen, worin der intellectuelle Mensch zur Naturreligion erzogen, d. h. mit der Natur und ihren Gesetzen derartig bekannt gemacht werden soll, dass er durch sie zur Religion gelangen, dass die Natur selber ihm Religion werden kann.“
1).
Vergl. Krause, Kunsturkunden, II. 1, S. 465; Lenning, Encyklopädie, Bd. II. S. 12, Anm. ***.
2).
W. Humboldt, über die Bhagavad-Gítá, Berlin 1826, S. 8.
1).
Siehe auch Polak, die Tapis, S. 108 ff., wo der Satz, dass in dem Baue der Gottheit und der Menschheit alle Arbeiter und alle Bausteine, an welcher Stelle sie sich auch befinden mögen, ob oben oder unten, den gleichen innern Werth haben, durch eine geometrische Figur versinnbildlicht wird. Es fügt Polak der Figur die Worte erklärend bei: „Denn, nicht die Stelle, aber deren würdige Ausfüllung ist es, welche des Menschen moralische Würde bestimmen kann. Gross oder Klein, wenn nur Jeder an dem ihm angewiesenen Standorte nach Gebühr arbeitet, erfüllt Jeder, von seinem Stand-Orte aus die Absichten Gottes: Gross oder Klein sind insofern beide ehrwürdig, und als moralische, gleichbegabte, gleichberechtigte Wesen, einander gleich.“ Diesen an sich ganz wahren Satz leitet aber Polak von dem Reisbrette ab, auf welches man freilich mit dem gleichen Grunde alle nur möglichen Figuren zeichnen kann; auf dem wirklichen maurerischen Reisbrette steht Nichts, es ist eine tabula rasa.
1).
Auch der Jude Philo glaubte, dass Gott jedem Menschen ein allgemeines, heiliges Gesetz in die Seele gegraben habe, welches ganz untrüglich sei, welches alle bürgerlichen Gesetze an Allgemeinheit und Dauer übertreffe , welches die Quelle aller übrigen Gesetze sei und in dessen Beobachtung die wahre Freiheit bestehe (Stäudlin, Gesch. der Sittenlehre Jesu, I. S. 499).
1).
Preller, röm. Mythologie, S. 287.
1).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 299.
2).
Simrok, deutsche Mythol., S. 407; Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 129 ff.; Hocker, die Stammsagen der Hohenzollern und Welfen, S. 129 ff.; Mühlhause, Urreligion der alten Deutschen, S. 144 ff.
3).
Kuhn, die Herabkunft des Feuers, S. 43 ff.; Hocker, die Stammsagen, S. 130 u. 131, S. 133
4).
Preller, röm. Mythol., S. 542.
5).
Apostelgeschichte des Geistes, II. S. 29.
1).
Mühlhause, a. a. O., S. 154.
2).
Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 272.
3).
Kuhn, a. a. O., S. 44, Quitzmann, a. a. O., S. 272.
4).
Ueber die übereinstimmenden Gebräuche des Osterfeuers in Hessen vergl. Mühlhause, die Urreligion des deutschen Volkes, S. 49 ff. In Hessen pflegen am Ostersamstage die Bauern, namentlich auch Krüge mit Wasser weihen zu lassen, welches dann von ihnen zu religiösen Heilzwecken und zum Besprengen beim Morgenund Abendgebet verwandt wird.
1).
Menzel, Odin, S. 29.
2).
Mühlhause, die Urreligion des deutschen Volkes in hessischen Sitten, Sagen u. s. w., S. 74 u. 149 ff.
3).
Mühlhause, a. a. O., S. 77 ff.
4).
Preller, röm. Mythol., S. 319.
1).
Preller, a. a. O., S. 542.
2).
Mühlhause, a. a. O., S. 155 ff.
1).
Schwartz, Ursprung der Mythol., S. 229.
2).
Hocker, Stammsagen, S. 139.
3).
Vergl. auch Hocker, a. a. O., S. 136 ff.
4).
Mühlhause, a. a. O., S. 293.
1).
Preller, griech. Mythol., I. S. 299.
2).
Vergl. Mühlhause, a. a. O., S. 158.
3).
Vgl. Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 248 u. 49.
1).
Mühlhause, die Urreligion des deutschen Volkes, S. 80 und 81; Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 83 u. 84.
1).
Mühlhause, a. a. O., S. 182 ff.
2).
Menzel, Odin, S. 146 ff.
1).
Vergl. auch Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, Leipzig und Heidelberg, 1860, S. 25.
2).
Rochhölz, a. a. O., II. S. 21 u. 22 ff.
3).
Ueber die Hirze oder Hirschhörndli, welche in der Schweiz gebacken wurden oder noch gebacken werden, vergl. Rechholz, a. a. O., II. S. 197. Sie bezogen und beziehen sich auf den scheidenden Winter.
4).
Uhlemann, ägypt. Alterthumsk., II. S. 118.
5).
Uhlemann, a. a. O., II. S. 173.
1).
Hocker, Stammsagen, S. 66.
2).
Nach Müller, Untersuchungen über die Geschichte der amerikanischen Urreligionen, geben fast alle nordamerikanischen Rothbäute dem grossen Geiste den Namen des „Grossen Hasen,“ weil der Hase ihnen Symbol der Fruchtbarkeit ist. Aus dem gleichen Grunde ist ihnen der [Bison] heilig.
3).
Schwartz, a. a. O., S. 214.
4).
Preller, griech. Myth., II. S. 64 ff.
5).
Preller, a. a. O., I. S. 34.
1).
Schwartz, a. a. O., S. 253.
2).
Ausland für 1855, S. 207.
3).
Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 524, Anm. 1.
4).
Lassen, a. a. O., I. S. 762, Anm. 3.
1).
Windischmann, über den Somacultus der Arier, in den Abhandlungen der I. Classe der K. B. Akademie der Wissenschaften, IV. 2.
2).
Preller, griech. Mythol., II. S. 71.
3).
Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 524, Anm. 1.
4).
Lassen, a. a. O., I. S. 762, Anm. 3.
5).
Dunker, Geschichte des Alterthums, II. S. 406 unten und S. 407 oben.
1).
Lassen, a. a. O., I. S 78, Anm. 2
2).
Dunker, a. a. O., II. S. 79.
3).
Lassen, a. a. O., I. S. 761 u. 62.
4).
Creuzer, Symbolik, I. S. 171, Anm. 291.
5).
Dunker, a. a. O., II. S. 78.
1).
Ausland für 1855, S. 406.
2).
Grimm, Rechtsaltertümer, 8. 80 u. 807.
3).
Ersch u. Gruber, Encyklop., II..Bd, XVII., S. 230 a unten.
4).
Welker, griech. Götterlehre, I. S. 403.
5.
Maurer, Geschichte des öffentlich-mündlichen Gerichtsverfahrens, S. 28.
6).
Ersch und Gruber, Encykl., Sect. II. Bd. XVII. S. 176 b.
7).
Jahn, die keltischen Alterthümer des Kantons Bern in Absicht auf Kunst und im ästhetischen Interesse dargestellt, Bern 1860, Seite 6.
1).
Grimm, Rechtsalterthümer, S. 254.
2).
Grimm, a. a. O., S. 279, Anm. ***
3).
Grimm, Rechtsalterthümer, S. 278; W. Menzel, das altteutsche Sonnenleben in der Germania von Pfeiffer, Jahrgang 1856, S. 63 ff.
1).
Kuhn, die Herabkunft des Feuers, S. 234.
5).
Dunker, a. a. O., II. S. 550.
6).
Schömann, griech. Alterthümer, II. S. 18; Welker, griech. Götterlehre, I. S. 403.
1).
Vergl. Lasaulx, Studien. S. 167.
2).
Lasaulx, a. a. O., S. 154.
3).
Northcote, Übersetzt von Rose, die römischen Katakomben, Köln 1860, S. 60 vergl. mit Taf. IV.
1).
Schnaase, Geschichte der bildenden Künste, Bd. III. S. 35.
1).
Bähr, der salomonische Tempel, Karlsruhe 1848, S. 97.
2).
Vergl. Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, III. S. 5 unten.
2).
Vergl. Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, III. S. 5 unten.
1).
Welker, griech. Götterlehre, I. S. 413.
2).
Meissner, Layard’s populärer Bericht über die Ausgrabungen zu Niniveh, Leipzig 1852, S. 130 unten.
3).
Menzel, Odin, S. 120.
4).
Vergl. z. B. Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. III. (1845-47), S. 66 u. Bd. VIII. (1853), S. 111 oben.
5).
Ersch und Gruber, Encyklopädie, Sect. II. Bd. XVII. S. 180 b.
1).
Mühlhause, Urreligion, S. 328.
2).
Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 209 folgende vergl. mit den von Krause beigefügten Anmerkungen, und I. 2. S. 454 ff.
3).
Krause, a. a. O., I. 2. 8. 289, Anm. a erklärt sich gegen diese Benennung.
1).
Krause, a. a. O., I. 2. S. 461.
2).
Nach Meiners (von den verschiedenen Menschennaturen) sind nicht nur die ältesten Tempel in Asien und Amerika, sondern auch die grossen amerikanischen Leichenplätze orientirte Vierecke.
3).
Krause, a. a. O., I. 2. S. 460. Anm. b.
4).
Krause, a. a. O., I. S. 456. Anm. b.
1).
Ebenso Schmeller, bayerisches Wörterbuch, Bd. 1., S. 477 unten.
1).
Mannhardt, germanische Mythen, S. 712 ff. Als Wolkenwesen tragen die Druden Geis-, Gäns- oder Schwanenfüsse, indem die Wolken als Geisen, Gänse und Schwäne gedacht werden.
1).
Lenning, Encyklopädie, in dem Artikel „Orient.“
1).
Dagegen sehe nur Röth, Geschichte unserer abendländischen Philos., II. S. 867.
1).
Vergl. auch Simrok, deutsche Mythol., S. 555 ff.
2).
Kuhn, die Herabkunft des Feuers, S. 45 u. 48 ff.
3).
Kuhn, a. a. O. S. 53 ff.
4).
Kuhn, a. a. O., S. 68; Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 15 ff. u. 192 ff. In Uebereinstimmung mit Kuhn und Schwartz deutete auch schon früher W. Grimm, die Sage des Polyphem, Berlin 1857, S. 27, dessen Auge.
5).
Kuhn, S. 69, Anm.
1).
Menzel, Odin, S. 344 ff.
1).
Menzel, Odin, S. 56.
1).
Dunker, Geschichte des Alterthums., I. S. 266.
1).
Dunker, Gesch. des Alterthums, II. S. 296 (der ersten Ausg.).
1).
Dunker, Geschichte des Alterthums, II. S. 309, Anm. (der ersten Ausgabe).
2).
Vergl. auch in Petermann’s Mittheilungen aus dem Gesammtgebiete der Geographie für 1859, S 74 ff.: Die Besteigung des Vulkans Demawend durch den österr. Bergingenieur Czernotta im J. 1852; – ebendaselbst S. 49 ff.: Dr. Th. Kotschy’s Erforschung und Besteigung des Vulkans Demawend, mit den Abbildungen Taf. 4.
3).
Preller, griech. Mythologie, I. S. 51.
4).
Schlegel, Geschichte der Philosophie, I. S. 111.
5).
Pölitz, Jahrbücher der Geschichte und Staatskunst, 1829, August, S. 186.
1).
Vergl. über die Pflichten der parsischen Priester Spiegel, Avesta, II. Einleitung S. XVII.
2).
Spiegel, Avesta, II S. XVII der Einleitung.
3).
Grimm, Rechtsalterthümer, S. 195.
4).
Simrok, deutsche Mythologie, S. 478.
1).
Grimm, a. a. O., S. 194.
2).
Polak, Tapis, S. 45.
3).
Rhode, heilige Sage des Zendvolkes, S. 291.
4).
Lalande war lange Jahre Meister vom Stuhl der Loge La Paix zu Paris, um welche er sich grosse Verdienste erworben. Vergleiche Lenning, Encyklopädie unter Lalande.
5).
Voltaire wurde noch in seinem 83. Jahre vier Monate vor seinem am 30. Mai 1778 erfolgten Tode am 7. Februar 1778 (nicht am 7. Juni 1778, wie es durch einen Druckfehler bei Kauffmann und Cherpin, histoire philosophique de la Franc-Maçonnerie, Lyon 1846, S. 274 heisst) durch Lalande in der Loge des Neuf Socurs zu Paris aufgenommen, deren Mitglied auch Helvetius gewesen war. Nach dem Tode des Helvetitus hatte dessen Wittwe seine Maurerschürze und seinen sonstigen maurerischen Schmuck der Loge zurückgesandt, und diese Schürze band der Grüssmeister Lalande am Tage seiner Aufnahme dem Voltaire um, worauf Voltaire dieselbe küsste. Als Voltaire in die Loge eingeführt wurde, stützte er sich auf Franklin und Court de Gebelin, begleitet von dem Chevalier von Cubières. Die Trauerfeierlichkeit des Voltaire ist bei Kauffmann und Cherpin, a. a. O., geschildert. Vergl. auch Lenning, Encyklopädie, unter Voltaire und Helvetius.
1).
Franklin war schon vor dem J. 1734 in Amerika aufgenommen worden, indem er zum Meister vom Stuhl der ersten Loge in Philadelphia durch die Grossloge von Massachusets im J. 1734 ernannt wurde. Röhr, amerikanisch – deutsche Jahrbücher für Freimaurer, 1. Jahrg. Williamsburg 1856, S. 95-115 (Benjamin Franklin).
2).
Ueber Fessler und Fichte vergl. den betreffenden Artikel in Lenning’s Encyklopädie.
3).
Lessing war in einer Loge zu Hamburg aufgenommen worden, blieb jedoch in dem Lehrlingsgrade stehen, und nahm an dem eigentlichen Logenleben später keinen Antheil mehr. Vergl. über ihn besonders Lenning’s Encyklopädie.
4).
0ken war Mitglied der Loge zu Weimar zugleich mit Goethe, und Wieland.
5).
Wieland wurde in seinem 76. Jahre in die Loge Amalia zu Weimar am 4. April 1809 aufgenommen. Vgl. Lenning’s Encyklopädie.
6).
In die Eleusinien waren die Kaiser Hadrian und Mark Aurel eingeweiht (Schömann, griech.Alterthümer, II. S. 357). Bei Lampridius ist uns aufbewahrt, dass die Mithrasmysterien der darin eingeweihte Kaiser Commodus mit Mord befleckt habe, „quum illie aliquid ad speciem timoris vel dici vel fingi soleat“ (Windischmann, Mithra, S. 67). Zuletzt wurde der Kaiser Julian noch in die Eleusinien eingeweiht, wie es unter den frühern Römern Sulla, Varro, Crassus, Atticus und wahrscheinlich mit ihm Cicero, – Octavianus u. s. w. waren. Auch König Philipp von Macedonien, Demetrius Poliorcetes, Philipp Sohn des Demetrius, Apollonius von Tyana und wahrscheinlich auch Pindar, Sophokles und Sokrates waren eingeweiht. Auch verdient hier angeführt zu werden, dass der persische König Cambyses, welcher um das Jahr 525 nach Bunsen oder 527 nach Brugsch Aegypten eroberte, zufolge der Inschrift einer ägyptischen Statue, die Brugsch in seiner histoire de l’Égypte, I. S. 267 bis 269 mittheilt, sich zu Anfang seiner Regierung in die Mysterien der Neit unter Beobachtung der sämmtlichen Gebräuche einweihen liess und Alles für ihren Tempel und Cult that.
1).
Grimm, Rechtsalterthümer, S. 195.
2).
Kremer, Mittelsyrien und Damaskus, geschichtliche, ethnographische und geographische Studien, S. 121.
1).
Vergl. Welker, griech. Götterlehre, I. S. 434.
2).
Preller, griech. Mythol., I. S. 420 ff.
1).
Vergl. darüber auch Polak, die Tapis, S. 68 ff., wo das Wahre mit dem Falschen bunt unter einander gemengt erscheint.
1).
Grimm, Rechtsalterthümer, S. 138.
1).
Fallou, die Mysterien der Freimaurer, S 40 und S. 261, Nr. 2; Winzer, die deutschen Baubruderschaften des Mittelalters, Giessen 1859, S. 61, 63 und S. 98.
2).
Polak, Geschichte der Urreligion, Amsterdam 1855, S. 6 u. 7.
1).
Vergl. auch Krause, Kunsturkunden, I. 2. S. 420 ff.
1).
Polak, die Tapis, S. 129 ff.; Lenning, Encyklopädie, unter Pflaster; Krause, Kunsturkunden, 1. 2. S. 207 ff.
2).
Stuhr, die chinesische Reichsreligion, Berlin 1835. S. 5 ff. Nur der Merkwürdigkeit wegen mag man auch nachlesen, was Gladisch, das Mysterium der ägyptischen Pyramiden und Obelisken, Halle 1846, S. 5 ff., über die chinesisch-pythagoreische Zahlen-, Mass-, und Musikphilosophie sagt.
1).
Ernesti, Versuch eines geographisch-historischen Wörterbuchs, Nürnberg 1792, S. 61.
2).
Röth, a. a. O., Il. S. 903 u. 904.
1).
Röth, a. a. O., II. S. 911 ff.
1).
Lasaulx, a. a. O., S. 214 u. 15.
2).
3).
Lasaijlx, a. a. O., S. 190 u. 116.
4).
Lasaulx, a. a. O., S. 230.
5).
vergl. Meiners, kurze Geschichte der allegorischen Gottheiten, in dern göttingischen historischen Magazin von Meiners und Spittler, Bd. III., Stück 2, S. 356 ff.
1).
Windischmann, Mithra, S. 53.
2).
Goette, das delphische Orakel, S. 266; Lasaulx, Studien des klassischen Alterthums, S. 199.
1).
Graff, althochdeutscher Sprachschatz, Il. S. 891; Grimm in der Vorrede zur Lex Salica von Merkel, Berlin 1850, S. XIII.
2).
Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch, II. S. 197 unter „mitter.“
1).
Vergl. Lenning, Encyklopädie, unter Wasserwage.
2).
Vergl. Lenning, a. a. O., unter Senkblei
3).
Furtwängler, die Idee des Todes, S. 419.
4).
Lasaulx, Studien des klassischen Alterthums, S. 294 ff.
1).
Spiegel, Avesta, II. Einleitung S. LXIV. ff.
2).
Röth, Geschichte unserer abendländ. Philosophie, II. S. 496.
3).
Meissner, Layard’s populärer Bericht, S. 121.
4).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 440.
5).
Walther, keltische Alterthümer, S. 113 u. 150.
6).
Vergl. namentlich die Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Bd. III. S. 68, woselbst der Anzug zweier solcher ausgegrabenen keltischen Priesterinnen mit weissem Gewande und blossen Füssen, auch mit sieben Haarnadeln bei der einen, mit Abbildungen beschrieben wird.
1).
Preller, römische Mythologie, S. 543 oben.
2).
Röth, Geschichte unserer abendländ. Philosophie, II. S. 496.
3).
Gerlach, Dodona, Basel 1859, S. 22 u. 28 ff.
1).
Bachofen, a. a. 0., S. 171.
2).
Spiegel, Avesta, II. S. LXVI.; Lasaulx, a. a. O., S. 296, Anm. 79.
3).
Selbst der verstorbene Prinz Waldemar von Preussen, als er im Jahr 1845 den Tempel bei den Quellen der Ganga sehen wollte, musste ihn ohne Schuhe betreten. (Petermann, Mittheilungen aus dem Gesammtgebiete der Geographie für 1856, S. 354 b.)
1).
Tholuck, Blüthensammlung aus der morgenländischen Mystik, S. 151 und S. 186.
2).
Ausland für 1855, S. 248.
3).
Ausland für 1860, S. 314 a.
1).
Ausland für 1860, Nr. 14, S. 315 ff.
1).
Apostelgeschichte des Geistes, Il. S. 13.
2).
A. a. O., S. 30.
3).
Weimarisches Jahrbuch, Vl. S. 265 ff.
1).
De legibus II, 8, 10: „Ad divos adeunto caste, pietatem adhibento, opes amovento: qui secus fascit, deus ipse vindex erit.“
2).
Windischmann, Mithra, S. 70.
1).
Baehr, der salomonische Tempel, S. 222 ff.
1).
Baehr, a. a. O., S. 231.
2).
Lenning, Encyklopädie, unter Eleusinien.
1).
Braun, Geschichte der Kunst, I. S. 358.
1).
Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, III. S. 6, oben.
2).
Die Weihe des Wassers erfolgte unter Gebeten und durch Eintauchung eines Feuerbrandes vom Opferaltare (Lasaulx, Studien, S. 272)
3).
Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 178.
1).
Schoemann, a. a. O., II. S. 314 ff.
2).
Lasaulx, Studien, S. 265, oben.
3).
4).
Dunker, Geschichte des Alterthums, II. S. 78.
1).
Quitzmann, die beidnische Religion der Baiwaren, S. 275
2).
Spiegel, Avesta, II. Einleitung, S. XLIX.
3).
Die, welche verworfen werden, denkt sich der Muhammedaner schwarzen Gesichts.
4).
Ausland für 1860, S. 192 b.
1).
Creuzer, Symbolik, IV. S. 347 ff.
2).
Preller, römische Mythologie, S, 370 ff.
3).
Vollmer, Wörterbuch der Mythologie, unter Ambarvalien, wozu auch eine Abbildung eines Ambarvalienzuges nach einem geschnittenen Steine gehört. Bei Lasaulx, Studien. des klassischen Alterthums, S 144, findet sich die altrömische Litanei, welche die arvalischen Brüder bei der jährlichen Flurenweihe am 11. Mai in ihren Processionen durch die römische Feldmark sangen.
1).
Bachofen, Gräbersymbolik, S. 104.
2).
Bei den Griechen [...] genannt; vergl.Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 319.
1).
Brosi, die Kelten und Althelvetier, S. 100.
2).
Vergl. auch J. Grimm, über die Verbrennung der Leichen, Berlin 1849; Weinhold, die heidnische Todtenbestattung in Deutschland, S. 1 ff., bes. S. 41 u. 115; Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 261 ff. u. S. 17; Ettmüller, Beowulf, Zürich 1840, S. 51 ff. u. S. 68, Anm. 52; Preller, Demeter und Persephone, S. 219 ff.
3).
Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 169 und 296; Preller, griech. Mythol. II. S. 112 u. 158.
4).
Furtwängler, Idee des Todes, S. 108, Anm. 19.
1).
Creuzer, Symbolik, I. S. 261.
2).
Vollmer, vollständiges Wörterbuch der Mythol., S. 519.
3).
Furtwängler, a a. O., S. 107.
4).
Gaedechens, Glaukos, S. 93.
1).
Rhode, die heilige Sage des Zendvolkes, S. 467 ff.
1).
Vergl. darüber auch Polak, Geschichte der Urreligion, S. 196 ff.
1).
Schoemann, griech. Alterthürner, II. 327 u. S. 328.
1).
Ewald, die sibyllinischen Bücher, Göttingen 1858, S. 47 und S. 65, Anm. 1.
2).
Brosi, die Kelten und Althelvetier, S. 101; Mittheilungen der zürcherischen antiquarischen Gesellschaft, III. Bd. S. 70.
1).
Polak, die Tapis, S. 38.
2).
Creuzer, Symbolik, I. S. 753, Anm. 104; Windischmann, Mithra, S. 69.
1).
Mannhardt, die Götterwelt, I. S. 67.
2).
Mannhardt, a. a. O., I. S. 196.
3).
Simrok, deutsche Mythol., S. 520.
4).
Lasaulx, Studien des klassischen Alterthums, S. 215.
5).
Welker, griech. Götterlehre, I. S. 54 u. 626.
6).
Ersch und Gruber, Encykl., Sect. II. Bd. XVII. S. 176 b.
1).
Welker, a. a. O., I. S. 33.
2).
Kuhn, die Herabkunft des Feuers, S. 491.
3).
Spiegel, Avesta, II. Einleitung, S. LI.
4).
Lajard, recherches, S. 36, Anm. 3.
5).
Bachofen, Gräbersymbolik, S. 250, Anm.
1).
Apostelgeschichte des Geistes, I. S. 266.
2).
Köppen; Religion des Buddha, S. 142; Lassen, indische Alterthumskunde, II. S. 79.
3).
Ersch und Gruber, Encyklopädie, Sect.II. Bd.XVII, S. 174.
4).
Ersch und Gruber, a. a. O., S. 179 b.
1).
Spiegel, Avesta, I. S. 45 und Haug in der Zeitschrift d. d. m. Gesellschaft, Bd. IX. S. 694.
2).
Ersch und Gruber, a. a. O. S. 299 b.
3).
Es darf hier wohl daran erinnert werden, dass die buddhistischen Asceten sich samanâs (Samanäer), Paliform für Sanskrit cramanâs, die Duldenden, nannten.
4).
W. Humboldt, Bhagavad-Gitá, S. 51.
1).
Kauffmann et Cherpin, histoire philosophique de la Franc-Maçonnerie, S. 114.
2).
Lasaulx, Studien, S. 256 oben.
1).
Lasaulx, a. a. O., S. 275, Anm. 296.
2).
Köppen, Religion des Buddha, S. 528.
3).
4).
Sauppe, die Mysterieninschrift zu Andania, S. 52.
5).
Lasaulx, a. a. O., S. 181.
6).
Lasaulx, a. a. O., S. 183.
1).
Lasaulx, a. a. O. S. 184 u. 185.
2).
Lasaulx, a. a. O., S. 188 u. 189.
3).
Ersch und Gruber, Encykl., II. Bd. XVII. S. 232 b.
1).
Roth, in der Zeitschrift d. d. m. Gesellschaft, Bd. IX. S. 818.
2).
Hocker, die Stammsagen der Hohenzollern und Welfen, Seite 39.
3).
Hocker, a. a. O., S. 49; Schwartz, Ursprung der Myth., Seite 226.
1).
Simrock, deutsche Mythol., S. 390 u. 391.
2).
Simrock, a. a. O., S. 407.
3).
Quitzman, a. a. O., S. 154.
4).
Ausland für 1860, S. 314 b.
1).
Rochholz, a. a. O., II. S. 285.
2).
Grimm, Rechtsalterthümer, S. 208.
1).
Meiners und Spittler, götting. histor. Magazin, VI. S. 519. Ueber den Ritterschlag überhaupt und das Wehrhaftwachen der Edelknaben vergl. die schönen Nachweisungen von Schade im weimarischen Jahrbuche für deutsche Sprache, Literatur und Kunst, Bd. Vl. S. 276 ff.
2).
Meiners und Spittler, a. a. O., VIII. S. 95. Anm. 2.
3).
Hallam, geschichtl. Darstellung des Zustandes von Europa im Mittelalter, übersetzt von Halem, II. S. 174.
4).
Schlichtegroll, Tallhofer, Nürnberg 1817, S. 13 Anm. und S. 36
5).
Mone, Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, IV. S. 69
1).
Böttcher, unseres Alphabetes Ursprünge, Dresden 1860, S. 68.
2).
Rochholz, Schweizersagen, I. S. XV.
3).
Eine vergleichende Uebersicht des gothischen Alphabets findet sich bei Gaugengigl, älteste Denkmäler der deutschen Sprache, dritte Ausgabe, Passau 1853. Ebenso ist nachzusehen die vergleichende Zusammenstellung des Alphabets bei Flügel, engl. Sprachlehre, Leipzig 1824, §. 1.
4).
Böttcher, a. a. O., S. 44.
1).
Vergl. oben S. 94.
2).
Schade, im weimarischen Jahrbuche, VI. S. 250 ff.
1).
Schade, a. a. O., S. 288.
1).
Schade, a. a. O., S. 277.
2).
Schade, a. a. O., S. 293 ff.
3).
Schade, S. 298 ff.
4).
Vergl. Walter, Lehrbuch des Kirchenrechts, §. 285 u. 296 Richter, Lehrbuch des Kirchenrechts, §. 241, Nro. VII.
1).
Vergl. auch noch Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 225, welcher in dem gothischen gudja, altn. godi (pontifex) einen frommen, Gott dienenden Mann erblickt, welcher das Richterthum und das Priesterthum in sich vereinigte. In Baiern hiess dieser Priester gotmanno.
1).
Schade, S. 306,
1).
Schade, S. 319.
1).
Schade, S. 320.
2).
Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 256.
3).
Schade, S. 326.
1).
Schade, S. 323 u. 324.
2).
Schade, S. 336 u. 337, S. 342.
1).
Schade, S. 348.
1).
Das Salz war ursprünglich nicht das Salz der Weisheit, sondern des Opfers. Bei Moses III. 2. 13 wird z. B. vorgeschrieben: „Alle deine Speisopfer sollst du salzen: und du sollst das Salz nicht unterlassen: es ist der Bund deines Gottes über dein Speisopfer: darum sollst du in allen deinen Opfern Salz opfern.“ – Auch bei den Germanen war das Salz geheiligt und wurde bei Opfern angewandt, wie zur Unterhaltung des heiligen Herdfeuers gebraucht. Vergl. Mühlhause, Urreligion des deutschen Volkes, S. 133 ff.
1).
Schade, S. 352 ff.
1).
Schade, S. 357.
2).
Schade, S. 365, Anm. 146.
1).
Schade, S. 348.
2).
Schade, S. 344 u. 345.
3).
Krause, Kunsturkunden, I. 1, S. 163.
1).
Mülhause, die Urreligion des deutschen Volkes, Cassel 1860, S. 53 ff.
2).
Ettmüller, Beowulf, S. 49.
3).
Preller, Demeter und Persephone, Hamburg 1837, S. 134, Anm. 13, und S. 247, Anm. 11.
4).
Preller, a. a. O., S. 230, Anm. 101.
5).
Schade, a. a. O., S. 369 ff.
1).
Schade, S. 381 unten.
2).
Schade, S. 387 oben.
3).
Mülhause, Urreligion, S. 177.
1).
Schade, S. 395.
2).
Mülhause, Urreligion des deutschen Volkes, S. 213.
3).
Schade, S. 400 ff.
1).
Schade, S. 407.
1).
Vergl. auch Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, Leipzig und Heidelberg 1860, S. 3 ff.
1).
Ueber das deutsche Gesellenleben vergl. noch Ch. L. Stock, Grundzüge der Verfassung des Gesellenwesens der deutschen Handwerker in alter und neuer Zeit. Magdeburg 1844.
1).
Schade, a. a. O., S. 340.
1).
Mülhause, die Urreligion des deutschen Volkes, Cassel 1860, Seite 21.
2).
Mülhause, a. a. O., S. 83 unten.
3).
Mülhause, S. 149.
4).
Mülhause, S. 159; Rochholz, Schweizersagen aus dem Aargau, II. S. 99. Bei Rochholz, II. S. 65 kommt auch ein dreibeiniger Esel vor; die alemannischen Kinderlieder Nro. 20 erwähnen einen dreibeinigen Donnerstüfel.
5).
Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 29.
1).
Quitzmann, a. a. O., S. 33 vergl. mit S. 109 unten.
2).
Quitzmann, a. a. O.. S. 46.
3).
Vergleiche über die vielen Sagen von solchen Bäumen noch Quitzmann, S. 198 ff. Mit diesen Bäumen berühren sich auch die Menschenbäume, wie z. B. in Tirol die Menschen vom heiligen Baume zu Nauders, aus der hohlen Esche zu Brunek, aus einer Buche im Loach (lôh), von faulen Stöcken im Walde geholt werden. In Niederösterreich verbindet.sich die Baumabkunft mit dem Daherschwimmen auf dem Wasser, indem man erzählt, dass die Kinder auf einem Baume, der weit im Meere steht, wachsen, und zwar an demselben in einer Schachtel mittels einer Schnur hängen; sind sie reif, so reisst die Schnur und die Schachtel schwimmt durch das Wasser, bis man sie auffängt (Quitzmann, S. 195).
1).
Mülhause, a. a. O., S. 195.
2).
Mülhause, S. 176.
3).
Mülhause, S. 215.
4).
Mülhause, S. 234 ff.
1).
Mülhause, S. 279.
2).
Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 88 und S. 271.
3).
Quitzmann, S. 90 unten.
4).
Quitzmann, S. 100.
5).
Grimm, deutsches Wörterbuch, II. S. 1371 a.
1).
Quitzmann, S. 186.
1).
Simrok, deutsche Mythologie, S. 56 ff.
2).
Quitzmann, a. a. O., S. 276.
3).
Rochholz, Schweizersagen, II. S. 202.
4).
Rochholz, a. a. O., II. S. 206.
1).
Bodemeyer, a. a. O., S. 23; Lasaulx, Studien, S. 216; Grimm, Rechtsalterthümer, S. 163.
1).
Vergl. auch noch, was Grotefend bei Ersch und Gruber, Encykl., I. Bd. XXVII, S. 362, unter der Drei gesagt; ferner Grimm, deutsches Wörterbuch, II. S, 1370 unter Drei.
1).
Das pelasgische Orakel des Zeus zu Dodona, in den Studien, S. 283-315.
2).
Gerlach, Dodona, Basel 1859, S. 22 und 28 ff.
1).
Meteor. 1., 14: [...] [...].
2).
Vergl. Beneke, mittelhochdeutsehes Wörterbuch, III. S. 426; Behr, über das altdeutsche Fron, Gera 1795.
3).
Wilke, Geschichte der Tempelherren, I. S. 26.
1).
Görtz, Reise um die Welt in den Jahren 1844-47, Bd. III. Stuttgart und Tübingen 1854, S. 43 ff.
2).
Görtz, a. a. O., S. 132 unten und S, 247.
3).
Görtz, a. a. O., S. 325.
4).
Görtz, S. 348.
5).
Görtz, S. 349.
1).
Görtz, S. 490.
2).
Görtz, S. 624.
3).
Ausland für 1860, S. 170 a.
4).
Ausland für 1860, S. 208.
5).
Ausland. a. a. O., S. 210 a.
1).
Van de Velde, Reise durch Syrien und Palästina, I. S. 235.
1).
Lassen, a. a. O., I. S. 6. Anm. 3; Pott in der Zeitschrift d. d. m. Gesellschaft, XIII. S. 374.
1).
Vendidad, Farg. I, 7-10.
2).
Lassen, a. a. O., I. S. 7.
3).
Gfrörer, Urgeschichte des menschlichen Geschlechts, I. S.82 ff.
4).
Gfrörer, a. a. O., I. S. 87.
5).
Lassen, indische Alterthumskunde, L S. 408.
6).
Lassen, a. a. O., I. S. 514; Gfrörer, Urgeschichte, I. S. 148 ff.; Meiners über den Unterschied der Kasten im alten Aegypten und im heutigen Hindostan, in Meiners und Spittler, neues götting. historisches Magazin, I. S. 509 ff.
1).
Ersch und Gruber, Encyklopädie, Sect. II. Bd. XVII. S. 72 und S. 204.
2).
Lassen, a. a. O., S. 522, Anm. 2; Spiegel, Avesta, I. S. 73, Anm. 1.
1).
Preller, röm. Mythologie, S. 763, Anm. 3.
2).
Spiegel, Avesta, Il. Einleitung, S. XV.
3).
Dunker, Geschichte des Alterthums, II. S. 309.
4).
Weiss, Kostümkunde, S. 283.
1).
Spiegel, a. a. O., II. S. LXIV; Stieglitz, die Baukunst der Alten, Leipzig 1796, S. 76.
2).
In dieser Eigenschaft können die Priester für ihre Dienste Lohn fordern und die Laien sind angewiesen, ihnen den Zehnten zu entrichten. Vergl. Spiegel, a. a. O., II. S, XVI.
3).
Uhlemann, ägypt. Alterthumskunde, II. S. 184.
4).
Dunker, Geschichte des Alterthums, I. S. 246.
5).
Lenz, Uebersetzung des Freiherrn ven Sainte-Croix Versuch über die Mysterien der Alten, Gotha 1790, S. 53. Der purpurne, tief herabhangende, goldbetrodelte Gürtel [...] war auch
1).
Lenning, Encyklopädie, unter Eleusinien, S. 142.
2).
Preller, griech. Mythologie, II. S, 492; Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 349.
3).
Die zehn Festleiter der eleusinischen Feier zu Andania in Messenien waren durch purpurne Binden ausgezeichnet. Vergleiche Sauppe, die Mysterieninschrift zu Andania, Göttingen 1860, Seite 36 oben.
4).
Der chinesische Kaiser ist blau gekleidet, wenn er dem Himmel, – gelb, wenn er der Erde, und weiss, wenn er dem Monde opfert. Vergl. Ausland für 1855, S. 58.
5).
Die Kleider des Sonnengottes oder Osiris zu Memphis waren nach Plutarch durchaus roth, wie die Morgenröthe, welche täglich seine Ankunft verkündete (Uhlemann, drei Tage zu Memphis, Göttingen 1854, S. 142). In einer Prachthandschrift der Stadtbibliothek zu Trier, angefertigt durch die Mönche des Klosters Reichenau, trägt der bartlose Christus ein weisses Unterkleid und einen purpurnen Ueberrock; bei der Kreuzigung ist er nicht nackt, sondern mit dem Purpurrocke angethan, der bis auf die Knöchel reicht ; Christus hat auch zuweilen rothbraune Haare, was an den rothen Bart des Thôrr erinnert. Vergl, Mone, Zeitschrift für die Gesch. des Oberrheins III. S. 12 u. 13. Die Reichenauer Maler folgten wahrscheinlich griechischen Mustern. – Auch die Farbe des indischen Brahma, des Urvaters (Pithâmahas), Herrn der Schöpfung (Prag’ âpatis), Schöpfers (Dhâta) und Weltbildners, ist roth. Vergl. Ersch und Gruber, Encyklopädie, II. Bd. XVII. S. 176. Wenn bei den Aegyptern Osiris auch schwarz im Gegensatze zu seinem weissen
5).
ein Attribut des persischen Königs, weshalb nach dessen Besiegung sich auch Alexander der Grosse als sein Erbe damit umgürtete.
1).
Goette, das delphische Orakel, S. 73, Anm. 1.
2).
Brosi, die Kelten und Althelvetier, S. 101.
3).
Vollmer, vollständiges Wörterbuch der Mythologie, unter Dionysia.
4).
Meiners und Spittler, götting. historisches Magazin, VI. S. 516.
5).
Richter, Lehrbuch des Kirchenrechts, S. 204.
5).
Sohne Horas dargestellt wird, soll dadurch die absterbende und neu entstehende Jahressonne, Johannes der Täufer und Christus (sol novus) angedeutet werden. In Nürnberg ritt Urbanus in rothern Rocke auf einern weissen Rosse. Roth war auch die Statue des Dionysos.
1).
Röth, a. a. O., II. S.. 614 und S. 615.
2).
Lasaulx, a. a. O., S. 272.
3).
Lasaulx, a. a. O., S. 272, Anrn. 267; Schaaff, Encyklopädie der klassischen Alterthumskunde, vierte Ausgabe, Magdeburg 1837, II. 2. 8. 94.
4).
Bodemeyer, die Zahlen des römischen Rechts, S. 43.
1).
Vergl. Lenning, Encyklopädie, und Krause, Kunsturkunden im Register, unter Ziegeldecker.
2).
Latomia, Bd. XVIII. S. 75.
3).
Röth, Gesch. unserer abendländ. Philosophie, II. S. 496 ff.
1).
Spiegel, Avesta, Einleitung, S. L.
2).
Köppen, Religion des Buddha, S. 123; Ersch und Gruber, Encyklopädie, II. Bd. XVII. S. 204.
1).
Ersch und Gruber, Encyklopädie, II. Bd. XVII. S. 205.
1).
Hegel, Geschichte der Philosophie, I. S. 217.
1).
Hegel, a. a. O., I. S. 220.
1).
Man vergl. z. B. nur: Geschichte der Abtei Cluny von ihrer Stiftung bis zu ihrer Zerstörung zur Zeit der französischen Revolution. Nach P. Lerain bearbeitet von Dr. Carl Pelargus. Tübingen 1858.
1).
Röth, a. a. O., II. S. 479.
1).
Röth, a. a. O., II. S. 480 ff.
1).
Röth, a. a. O., II. S. 482.
1).
Einen ganz ähnlichen Beerdigungsgebrauch hatten die Druiden, der schon oben berührt wurde und dessen Uebereinstimmung mit demjenigen der Pythagoräer sehr merkwürdig ist.
1).
Röth, a. a. O., II. S. 674 u. 806.
1).
Röth, a. a. O., II. S. 273.
1).
Philo leitet dagegen den Namen der Essäer in seiner Abhandlung „von der Freiheit jedes Tugendhaften,“ S. 457 ff., von [...], Gerechtigkeit, ab, weil sie keine Thiere opfern und bemüht sind, ihre Gedanken des Heiligen würdig zu halten, und so allerdings in vorzüglichem Sinne Diener Gottes [...] sind.
1).
Josephus, Antiq. XIII, 5, 9.
1).
Nach Polak, Geschichte der Urreligion, S. 191 und 192, ist der Jehovahkultus identisch mit dem Dienste beim Tempel des tyrischen Herakles, – das sogenannte Schild Davids, d. i. zwei in einander geschobene Dreiecke, ein verkapptes maurerisches Symbol Davids - und Salomo hat die Isisweihe in Aegypten selbst erhalten.
2).
Polak, Tapis, S. 18 ff.
1).
Das hier über Br. Leutbecher gefällte Urtheil müssen wir leider im Wesentlichen auch ausdehnen auf seine neueste Abhandlung über die Einweihung in die indischen Mysterien in Nro. 44 ff. der Bauhütte für 1860. Hier wird z. B. gesagt: „Der Tempel Salomo’s, von Phöniciern erbaut, hatte seinen ganzen kosmischen Apparat, Sonnenwagen und Sonnenrossse,“ von welchen wohl bis jetzt bei dem salomonischen Tempel Niemand gehört und gewusst hat.
1).
Kauffmann et Cherpin, histoire philosophique de la Franc-Maçonnerie, pag. 479 ff.
1).
Eigentlich Seimneion.
2.
Vergl. über die heidnischen Essener [...], besonders zu Ephesus, und über die jüdischen Essner und Therapeuten auch Creuzer, Syrnbolik, IV. S. 363, 364, 382, 391 und S. 404 ff.
1).
Raumer, Geschichte der Hohenstaufen, I. S. 486.
1).
Vergleiche Ersch und Gruber, allgemeine Encylopädie, Sect. II. Theil XXII, S. 94 ff. (Johannes der Täufer, von Willibald Grimm).
2).
2) Willibald Grimm bei Ersch und Gruber, a. a. O., S. 263 (Johannisfest)
1).
Rath, a. a. O., II. S. 425 ff.
2).
Lippert, der Essener-Meister, S. 39 ff.
1).
Kirchengeschichte 2, 16. 17.
1).
Vergl. auch Apostelgeschichte II. 42 ff. und IV. 32 ff.; Stäudlin, a. a. O., I. S. 659 ff.
1).
Bellermann, a. a. O, S. 131 u. 171; Stäudlin, a. a. O., I. S. 470, 472 und 474.
2).
Vergl auch Stäudlin, a. a. O., 1. S. 579.
1).
Lübke, Geschichte der Architektur, S. 185 und 194.
2).
Leutbecher, a. a. O., S. 28; Stäudlin, a. a. O., I. S. 471 ff.
3).
Hegel, Geschichte der Philosophie, I. S. 224.
4).
Benfey in der Encyklopädie von Ersch und Gruber, Sect. II. Bd. XVII. S. 20.
1).
Apostelgeschichte des Geistes, I. S. 96; Weiss, Kostümkunde, Stuttgart 1860, S. 53.
2).
Preller, römische Mythologie, S. 763, Anm. 3.
3).
Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 367.
4).
Schoemann, a. a. O., II. S. 341 vergl. mit S. 352.
5).
Sauppe, die Mysterieninschrift zu Andania, S. 36-39 und, S. 47.
6).
Vergl. Richter bei Ersch und Gruber, Encyklopädie, I. Bd. XXVII. S. 492.
1).
Creuzer, Symbolik, IV. S. 412.
2).
Auch Ritter, Vorhalle der Geschichte, hatte in dem gallischen Gotte, welchem die Römer den Namen Mercur ertheilen, den Buddha erkennen wollen.
1).
Vergl. Peter, Zeittafeln der griechischen Geschichte, zweite Auflage, Halle 1858.
1).
Vergl. auch Walther, celtische Alterthümer, Bern 1783, S. 3 ff. und S. 32, Anm. a.
1).
Stäudlin, a. a. O., I, S. 483.
2).
Lasaulx, Studien, S. 188 oben; Schoemann, griech. Alterthümer, II. S. 242 oben und S. 338.
3).
Vergl. darüber Tholuk, Ssufismus sive Theosophia Persarurn pantheistiea, Berl. 1821, und derselbe, Blüthensammlung aus der morgenländischen Mystik, Berlin 1825, S. 28 ff.
4).
Humboldt, Bhagavad-Gítá, S. 51.
1).
Vergl. auch darüber Benfey in Ersch und Gruber, Encyklopädie, II. Bd. XVII. S. 188 ff.
2).
Humboldt, a. a. O., S. 35 und 36.
1).
Aehnlich heisst es in den Sprüchen Salomo’s 20, 9: „Wer ist, der sagen kann: Mein Herz ist rein, Ich bin von Sünden frei?“ – Das Buch Hiob 14, 4 ruft: „Wer will einen Reinen finden bei Unreinen? Niemand.“
1).
Humboldt, a. a. O., S. 43 vergl. mit S. 21 und 33 ff.
2).
Hurnboldt, a. a. O., S. 24.
1).
Vergleiche darüber besonders Muradgea d’Ohsson, tableau de l’Orient, ed. in fol. II.
1).
Tholuk, Blüthensammlung, S. 37 n. 38.
2).
Vergl. der Bauhütte von 1859 Nro. 20; Dieterici, der Streit zwischen Mensch und Thier, ein arabisches Märchen aus den Schriften der lautern Brüder, Leipzig S. 221 ff.
1).
Tholuk, Blüthensammlung, S. 317.
1).
Tholuk, a. a. O., S. 273.
2).
Tholuk, a. a, O., S. 269.
1).
Tholuk, a; a. O., S. 286.
2).
Vergl. auch Dieterici, a. a. O., S. 232.
1).
Hegel, Geschichte der Philosophie, I. S. 235.
2).
Vergl. Alpina für 1860, S. 287.
1).
Tholuk, a. a. O., S. 209.
1).
Tholuk, a. a. O., S. 221.
1).
Vergl. darüber besonders Barth, über die Druiden der Kelten, Erlangen 1826; Richter in Ersch und Gruber, allgemeine Encyklopädie, I. Bd. XXVII. S 486 ff. unter Druiden; Eckermann, Religionsgeschichte und Mythologie, Bd. III (Halle 1846), die Kelten umfassend.
2).
Gfrörer, Urgeschichte des menschl, Geschlechts, I. S. 21 ff.
3).
Grimm, Geschichte der deutschen Sprache, S. 239 ff.; Gfrörer, a. a. O., I. S. 68 ff. Gfrörer gibt eine Vergleichungstafel der zehn ersten oder der zehn Urzahlen in den indogermanischen oder indoeuropäischen Sprachen.
4).
Brosi, die Kelten und Althelvetier, S. 88; Eckermann,
5.
Caesar de bel. gal. lib. Vl. cap. 18: „Galli se omnes ab Dite patre prognatos praedicant idque a druidibus proditum dicunt.“ –
1).
Funke, Real-Schullexikon, unter Druiden; Richter, a.a.O., S. 487; Ekert, die geheimen Verbindungen, Schaffhausen 1860, S. 254.
2).
Richter, a. a. O., S. 490 a unten und S. 492 b.
3).
Jahn, a. a. O., S. 11.
5.
Nach Richter, a. a. O., S. 493 a unten, könnte bei dein gallischen Teutates an den Teut oder Thot der Aegypter gedacht und dieser wieder mit deus, [...], divus, Dis u. s. w. für einerlei oder wenigstens für verwandt gehalten werden.
1).
Richter, a. a. O., S. 488 ff. und S. 496 a.
1).
Sauppe, die Mysterieninschrift zu Andania, S. 37 u. 48.
2).
Eckermann, III. 1. S. 1.
3).
Vergl. übrigens Hitzig über die Druiden bei Caesar, in der Zeitschrift des wissenschaftlichen Vereins in Zürich, I (1856), Seite 213 ff. Die von Hitzig geäusserten Ansichten über die bei Caesar angeblich falschen und durch einen christlichen Geistlichen eingeschobenen Stellen erscheinen höchst zweifelhaft.
1).
Ueber die verwandten carmina antiqua der Germanen vergl. H. Schweizer, Bemerkungen zu Tacitus’ Germania, S. 6 und 7.
2).
Vergl. auch Eckermanni, III. 1, S. 17 ff., obwohl das von Eckermann aus weit späteren Zeiten Beigebrachte nur mit grosser Beschränkung auf die ursprünglichen druidischen Lehren angewandt werden darf. Ganz besonders gilt dieses hinsichtlich der Lehre von der Seelenwanderung.
3).
Die Druiden sollen schon eine Ahnung von den Antipoden nach Eckermann, a. a. O., III. 1, S. 57, gehabt haben, wofür er sich auf Macrob. Sat. I, 21 beruft.
1).
Müller, Glauben der alten Hindus, S. 205 ff. und 529 ff.
2).
Mannhardt, gerrnanische Mythen, S. 272, 292, 319 – 321, 327, 337, Anm. 1, 444 und 449.
3).
Schubert, Geschichte der Seele, zweite Auflage, Stuttgart 1833, S, 657.
1).
Röth, a. a. O., I. S. 177.
2).
Schnaase, Geschichte der bildenden Künste, II S. 373.
3).
Müller, Glauben der alten Hindus, I. S. 567.
1).
Vergl. auch Welker, griech. Götterlehre, I. S. 740, Anm. 12.
2).
Mannhardt, a. a. O., S. 473-483 und S. 490, Anm. 1.
1).
Vergl. besonders Welker, griech. Götterlehre, I. S. 731 ff., über die Dämonen, erste und zweite, ober- und unterirdische Wächter; Preller, Demeter und Persephone, S. 222 ff.; Wachsrauth, die Ansichten der Stoiker über Mantik und Dämonen. Berlin 1860.
1).
Döllinger, Heidenthum und Judenthum, S. 89.
2).
Roth, über den Mythus von den fünf Menschengeschlechtern bei Hesiod und die indische Lehre von den vier Weltaltern, Tübingen 1860, S. 17 ff.
3.
Ueber die Weltalter vergleiche auch noch Welker, griech. Götterlehre, I. S. 719 ff.; Buttmann, über den Mythus von den ältesten Menschengeschlechtern, im Mythologus II. S. 1 ff. Den indisch-hebräischen Standpunkt von Buttmann werden übrigens jetzt
3.
nur noch Wenige theilen, denn die Ansicht in der Literatur, welche die menschliche Cultur ans Indien herleiten wollte, ist längst und vollständig überwunden; die indische Bildung und Wissenschaft ist gegenüber den Chaldäern und Baktrern, den Sinesen und Aegyptern, sowie theilweise selbst den Griechen und Römern sehr jung. Aegypten z. B. soll nach Brugsch, histoire dél’Égypte dès les premiers temps de son existence jusqu’à nos jours, I. (Leipzig 1859), S. 24, wie die Scenen des Privat- und des öffentlichen Lebens auf den Grabkammern von Memphis darthun, schon zu Anfang des 5. Jahrhunderts vor Chr. eine hohe Civilisation besessen haben, während die Einwanderungen der Arier nach dem eigentlichen Indien wenigstens 3000 Jahre später fallen. Die Söhne und Enkel der Könige bekleideten schon damals in Aegypten hohe Aemter und Priesterstellen, hiessen Hierogrammaten, Vorsteher der königlichen Bauten, befehligten die Truppen und verwalteten die Nomen und Städte. Die Pyramiden und Gräber dieser Zeit zeigen die Ausübung der Architektur, Sculptur und der Malerei, Tischler, Zimmerleute, Töpfer, Glaser, vor allem Landbauern und Hirten, und dieselben Ackergeräthe wie noch jetzt. Auch besassen die alten Aegypter damals schon astronomische Kenntnisse. Brugsch glaubt sogar bis in jene Zeit die Sothisperiode hinaufreichen lassen zu dürfen, was der wohlgeordneten ägyptischen Chronologie ein sehr hohes Alter ertheilen würde. Jedoch sind auch nach Brugsch, S. 40, die Anfänge, der wissenschaftlichen Astronomie in Mesopotamien bei den Chaldäern zu suchen, obwohl man ihm darin nicht beistimmen kann, dass der Thierkreis erst in der alexandrinischen Periode in Aegypten eingeführt worden sei. Vergl. auch Spiegel, über die culturgeschichtliche Stellung des alten Persiens im Ausland für 1860, Nro. 17 und 18, Nr. 20 und 21. Spiegel betrachtet den Zusammenhang zwischen Niniveh und Aegypten als unleugbar und glaubt zugleich, dass auch im alten Persien kuschitische oder ägyptische Völkerschaften gewohnt haben. Als die Träger der assyrisch-babylonischen Cultur sieht Spiegel die Semiten an, während wir die Chaldäer, welche diese Cultur schufen, für Arier, für Indogermanen halten, womit auch E. Renan übereinstimmt. Brugsch, S. 112, betrachtet das allein im neuen ägyptischen Reiche erscheinende Emblem der Sphinx als nach den Ideen der assyrischen Priester in Aegypten eingeführt, was durchaus wahrscheinlich ist. Die grosse Sphinx von Gizeh stammt aus der Zeit von Tothmosis IV. DerCult des Osiris und der Isis scheint der pbönicische Cult des Baal und der Astorot (Astarte), der Sonne und des Mondes zu sein.
1).
Döllinger, a. a. O., S. 658.
2).
Götte, das delphische Orakel, S. 270, Anm. 3.
3).
Hegel, Geschichte der Philosophie, I. S. 77; Döllinger, a. a. O., S 252.
4.
Vergl. auch, was Benfey in Ersch und Gruber, Encyklopädie, Sect. II. Bd. XVII. S. 273, über die zendischen fravashi, welche er als identisch mit den indischen purusha hält und nach ihm ursprünglich die Urseelen bezeichnen, sagt. Haug bei Welker, griech. Götterlehre, I. S. 737, erklärt den Namen der fravashi für Beschützer von der Präposition fra = pro und var, unter wehren. Nach Haug
1).
Preller, röm. Mythologie, S. 67 u. 14 ff.
2).
Vergl. auch Furtwängler, die Idee des Todes, S. 193, Anm. 12.
4.
sind die fravashi die Seelen der Abgeschiedenen, welche die Ihrigen schützend und segnend umgeben.
1).
Döllinger, a. a. O., S. 513.
2).
Döllinger, a. a. O., S. 577.
3).
Mommsen, die Schweiz in römischer Zeit, Zürich 1854, S. 8, Anm. 9.
1).
Preller, röm. Mythologie, S. 67.
2).
Simrok, Mythologie, S. 393 oben.
1).
Rochholz, Schweizersagen aus dem Aargau, II. S. 44.
1).
Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 165, verglichen mit Demjenigen, was dazu in der Anmerkung und ferner II. 1. S. 171 ff., über den Genienglauben und Geniendienst der Alten, besonders aber der Römer und der römischen Bankorporationen, bemerkt ist.
2).
Krause, Kunsturkunden, II. 1. S. 173; Lasaulx, Studien, S. 212.
3).
Preller, röm. Mythologie, S. 69.
1).
Vergl. z. B. Jahn, der Kanton Bern, S. 75, 286 ff., 296 ff. – Jahn muthmasst, dass, nachdem in der römisch-keltischen Zeit der druidisch-keltische Kult sich mit dem Mithrasdienste verbunden hatte, diesem auch die Druidenhöhlen gedient haben.
2).
Röth, a. a. O., II. S. 360 ff.
3).
Meiners und Spittler, neues göttingisches historisches Magazin, II. S, 567 ff.
4).
Vergleiche darüber Weiss, Kostümkunde, Stuttgart 1860, S. 659 ff.; Alb. Jahn, die keltischen Alterthümer des Kantons Bern in Absicht auf Kunst und ästhetisches Interesse dargestellt, Bern 1860; Eckermann, a. a. O., III. 2. S. 27 ff. und S. 260 ff.
1).
Walther, a. a. O., S. 115.
2).
Brosi, a. a. O., S. 90.
3).
Mommsen, die Schweiz in römischer Zeit, S. 24.
4).
Vergl. Creuzer, „Abaris, eine Idee,“ in der Symbolik, II. S. 142; Brosi, a. a. O.. S. 94, Anm. 1,
1).
Vergl. auch Richter, a. a. O., S. 491 a; Eckermann, a. a. O., III. 1. S. 61 ff.
2).
Simrok, deutsche Mythologie, S. 93 ff.
3).
Walther, a. a. O., S. 150 ff.
1).
Schwartz, Ursprung der Mythologie, S. 27, Anmerk. 12; Eckermann, a. a. O., III. 1. S. 72 ff.
2).
Diese neun Gallicenen, woran sich die neun Barden des Merddin Emrys reiben (Eckermann, III. 2. S. 198 u. 213), erinnern an die neun Musen des Apollo.
1).
Richter bei Ersch und Gruber, Encyklopädie, I. Bd. XXVII., S. 489 a, woselbst eine Abbildung des Pentalpha mit seiner griechischen und römischen Inschrift gegeben ist.
2).
Eckermann, III. 2. S. 69 u. 198.
3).
Eckermann, III. 1. S. 4 ff.
4).
Vergleiche über die Mistel auch noch Eckermann, III. 1. S. 70 ff.
1).
Hammer, in den Wiener Jahrbüchern der Literatur 1818, III. S. 149.
2).
Ausland für 1855, S. 207.
3).
Movers, die Phönicier, I. S. 205.
4).
Röth, Geschichte unserer abendl. Philosophie, II. S. 600.
1).
Sainte-Croix. a. a. O., S. 72 ff.
2).
Preller, griechische Mythologie, I. S. 480 ff., Schömann, griechische Alterthümer, II. S. 348.
3).
Movers, die Phönicier, I. 8. 200 ff.
4).
Uhlemann, ägyptische Alterthumskunde, IV. S. 141.
1).
Vergleiche noch besonders Furtwängler, Idee des Todes, S. 318 ff., welcher auch die babylonische Mylitta dem Adonis insofern beigesellt, als der Trieb des Erzeugens beständige Liebeslust zum Licht in ihr entflamme. Zugleich weist Furtwängler Überzeugend abermals nach, dass der ägyptische Osiris-Isis-Nepthys-Kultus und der thracisch-griechische Dionysos-Demeter-Persephone-Kultus nur aus dem asiatischen und besonders phönicischen Kultus des Adonis und der Baaltis oder Astarte, oder auch Mylitta hervorgegangen sei, wie später selbst der reine Adonisdienst Eingang in Griechenland fand.
1).
Creuzer, Symbolik, II. S. 97.
1).
Hippolyt. adv. haer. p. 118; Döllinger, Heidenthum und Judenthum, S. 141.
2).
Vergl. darüber auch Preller, griech. Mythologie, I. S. 426 ff. und S. 436.
1).
Vergl. darüber Stäudlin, Geschichte der Sittenlehre Jesu, I. S. 197 ff und 298 ff.
1).
Stäudlin, a. a. O., I. S. 208 ff.
2).
R. Weber, die Psalmen, neu aus dem hebräischen Grundtext verdeutscht und erklärt, Zürich 1855.
1).
Goette, das delphische Orakel, S. 306 u. 307, Anm. 1.
2).
Stäudlin, a. a. O., I. S. 350 u. S. 354 ff.
1).
Mülhause, Urreligion, S. 492.
1).
Vergl. Mülhause, S. 305 ff.
2).
Vergl. auch noch über den Ebercultus Schmeller, bayerisches Wörterbuch, III. S. 259 unter Sünheu.
3).
Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 65, unten, S. 85 und 88 unten.
4).
Quitzmann, a. a. O., S. 89.
1).
Quitzmann, S. 126.
2).
Rochholz, Schweizersagen aus dem Aargau, II. S. 202.
1).
Vergl. Schmid, das Passions-Spiel im Oberammergau, in der Gartenlaube für 1860, Nr. 24 und 35.
1).
Vergl. Zeitschrift von Neumann für allgemeine Erdkunde, neue Folge IV (Berlin 1858), S. 153.
1).
Vergl. auch Knötel, Cheops, der Pyramidenerbauer, Leipzig 1861, S. 105.
1).
Knötel, a. a. O., S. 103.
2).
Lassen, a. a. O., I. S. 580, Anm. 2.
1).
Knötel, Cheops, S. 121.
1).
Ersch und Gruber, Encyklopädie, I. Bd. XXVII. S. 500 a.
1).
Vergl. Lasaulx, des Sokrates Leben, Lehre und Tod, München 1857. worin namentlich auch Sokrates in seiner Aehnlichkeit und Uebereinstimmung mit Christus betrachtet wird. Lasaulx betrachtet den Sokrates als eine Vorerscheinung Christi, wie ja überhaupt die ganze Vergangenheit ihrer Natur nach eine Vorerscheinung der Gegenwart und diese der Zukunft sei.
1).
Spiegel, Avesta, II. Einleitung, S. XXI; Ersch und Gruber, Encyklopädie, II. Bd. XVII. S. 217 b und S. 241 b.
1).
Lasaulx, Studien, S. 237, Anm. 28.
2).
Lasaulx, a. a. O., S. 73.
1).
Vergl. Lenning, Encyklopädie, unter Osiris; ferner und besonders: Aufklärungen. für Freimaurer oder Einweihung in die ägyptischen Mysterien, Nordhausen 1825, S. 36 ff.
2).
Die Frage, ob die Aufzunehmenden sich keines Verbrechens schuldig fühlen, hat natürlich den höhern und tiefern Sinn, dass in die Mysterien nur aufgenommen werden sollen, welche reinen Herzens und reinen Wandels, die gereinigt und entsühnt sind.
1).
Windischmann, Mithra, 67.
2).
Lenning, Encyklopädie, Bd. III. S. 67.
1).
Esquisses de la vie maonnique suisse, 1855, Nr. 11, S. 166 ff.
1).
Weimaranisches Jahrbuch für deutsche Sprache, Literatur und Kunst, VI. S. 243 ff.
1).
Quitzmann, die heidnische Religion der Baiwaren, S. 249 ff.; Schmeller, bayerisches Wörterbuch, Thl. II. S. 268 und S. 593; Benecke, mittelhochdeutsches Wörterbuch, unter Minne und Segen; Ersch und Gruber, allgemeine Encyklopädie, Sect. II. Thl. XXII. S. 271; Simrok, deutsche Mythologie, S. 521.
1).
Weimar. Jahrbuch, Vl. S. 29.
2).
Ritbökelin, Hamburg 1594, S. 10.
3).
Vergl. auch noch Grimm, Mythol. S. 54 ff.
1).
Vergl. auch noch den Artikel „Gesundheiten“ in Lenning’s Encyklopädie wegen der darin enthaltenen Bemerkung über den mystischen Gebrauch, die Gesundheit dreifach zu trinken.
1).
Lassen, indische Alterthumskunde, I. S. 839 u. 842.
1).
Vergl. Krause, Kunsturkunden, I. 2, S. 193 ff.; Lenning, Encyklopädie, unter Jakobsleiter.
1).
Nach Mahommed spricht Gott: „Erde und Himmel fassen mich nicht, aber es fasst mich das Herz meines Gläubigen“ (Tholuk, Blüthensammlung aus der morgenländischen Mystik, S. 52).
1).
Wilke in der soeben erschienenen zweiten Ausgabe seiner Geschichte des Ordens der Tempelherren, I. S. 3, sagt treffend: In dem Mönche und Ritter stellen sich die Gewalten, ja der Geist jener Zeit dar.
1).
Vergl. Kant, metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre, Königsberg 1797, S. 229 ff.; Fichte, Grundlage des Naturrechts, Bd. II. Jena und Leipzig 1797, S. 248 ff.; Zachariae, 40 Bücher vom Staate, 4ter Bd. Abth. 1, S. 257 ff.: Grundsätze des Weltbürgerrechts; Schäffner, Entwickelung des internationalen Privatrechts, Frankfurt a. M. 1841; Pütter, Beiträge zur Völkerrechts-Geschichte und Wissenschaft, Leipzig 1841.

Dieses Werk ist gemeinfrei.


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TextGrid Repository (2025). Collection 1. Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei. Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bjzr.0