[][][][][][][[1]]
Beſchreibung
Des
Hutmacher-
Handwercks,
Und alles deſſen
Was ſo wohl moraliter als politicè und
hiſtoricè von denen Huͤten, deren Zuberei-
tung und vielerhand Sorten,
Sonderlich aber
Von der Hutmacher Jhren Statutis,
Handwercks-Gebraͤuchen und Rech-

ten zu wiſſen iſt.

ALTENBURG: ,
Druck und Verlag Johann Ludwig Richters,
1719.
[[2]][[3]]

Vorrede.


MAn wuͤrde der vorge-
nommenen Beſchrei-
bung der Wolle, und
der dar aus verfertig-
ten Manufacturen
kein volles Genuͤgen
thun, wann man eine ſo hoͤchſt noth-
wendige und nuͤtzliche Manufactur
als die Huͤte ſeyn, mit Stillſchwei-
gen vorbey gehen wolte. Wir
moͤgen es aber wohl eine Manufa-
ctur
nennen, weil der muͤhſeelige
Hutmacher in Knetung oder Wal-
ckung des Filtzes rechtſchaffen ſeine
Faͤuſte und Armen daran ſtrecken
A 2muß,
[4]Vorrede.
muß, biß er einen tuͤchtigen Filtz zu-
wege bringen kan; wie ſolches in
dem Capitel, (da wir eigentlich von
der Hutmacher Jhrer Arbeit und
Handgriffen gehandelt,) mit
mehrern erſcheinen wird. Eine
gute Manufactur iſt es hingegen
auch in regard der Herren Kauff-
leute, als welche mit ihren Engli-
ſchen Caſtor- und Frantzoͤſiſchen
Codebecker-Huͤten noch immeꝛhin
bey uns in Teutſchland guten Pro-
fit machen werden, ſo lange wir, un-
ſere, an Guͤte der Stoffage, wie
auch der Arbeit jenen gleich kom-
mende, ja noch offtmahls uͤbertref-
fen, die Huͤte nicht wuͤrdig halten,
auff unſere Teutſch-Frantzoͤſiſche
Koͤpffe zu ſetzen, worzu wir uns
iedoch wohl mit der Zeit moͤchten
beqvemen muͤſſen, wann eine hohe
Landes-Obrigkeit anfangen ſolte,
ſolche auslaͤndiſche Huͤte mit hohen
Zoll,
[5]Vorrede.
Zoll, und zwar um ſo viel mehr zu
belaſten, als ſelbige, quod bene no-
tandum
meiſt vor baar Geld muͤſſen
eingekauffet, und von unſern Land-
Waaꝛen nichts dagegen kan abgeſe-
tzet werden. Vor allen iſt es zu be-
klagen, weñ man einen arbeitſamen
Mann ſehen muß Mangel leiden,
welches aber bey vielen Hutma-
chern geſchiehet, dahero man billich
oberzehltes, wie auch andere ihre
Gravamina ſo viel als moͤglich zu
ihrem beſſern Fortkommen aus dem
Wegraͤumen ſolte; es moͤchte aber
ſolches zu hoffen ſeyn, wann wir beſ-
ſere Zeiten bekommen, und der ge-
meine Mann durch Anwachſung
der Commercien ſich wieder in
Stand ſetzen wird, daß er ſich eben
nicht ſo lang, wie ietzt geſchiehet, mit
einem Hut behelffen doͤrffte, ſondern
deſſen zum wenigſten jaͤhrlich einen
Neuen kauffen kan; denen Hutma-
A 3chern
[6]Vorrede.
chern aber moͤchte man auff ihrer
Seits recommendiren, daß wann
ſie gute Kundſchafft haben wolten,
ſie auch tuͤchtige und vor allen wohl
ſchwartzgefaͤrbte Huͤte machen, und
mit liederlichen Wegſchleudern ihrer
Huͤte ſich einer dem andern den
Marckt nicht verderben ſolten.


Ver-
[7]Verzeichniß derer Capitel.

Verzeichniß der in dieſem Tractat
enthaltenen Capitel.


  • Cap. I.
    • Von denen Huͤten insgemein, deroſelben
      Urſprung/ Gebrauch und Nutzen/
      auch was Jhrer Form/ wie auch der
      Materien wegen/ aus welchen ſolche
      verfertiget werden/ zu bemercken ſey;
      item was vor Handlung mit denen
      Huͤten hin und wieder getrieben wer-
      de.
  • Cap. II.
    • Was man ſo wohl Moraliter als Politicè
      und Hiſtoticè der Huͤte und Jhres
      Rechts wegen zu beobachten habe/ da
      dann inſonderheit eine ausfuͤhrliche
      Beſchreibung/ (der Chur- und Fuͤrſtli-
      chen/ wie auch der rothen Cardinaͤls-
      und anderer beſonderer Huͤte/ item
      wie von einem auffgeſteckten Hut der
      Schweitzer Jhre Freyheits-Vindicati-
      on
      zum Theil ihren Anfang genommen
      habe) gegeben wird.
  • Cap. III.
    • Vom Hutmachen an und vor ſich ſelbſt/
      was vor Arbeit darzu erfordert wer-
      de/ biß ein Hut zum Gebrauch fertig
      iſt/ wie er tuͤchtig ſchwartz zu faͤrben/
      und deßfalls die Probe zu machen ſey/
      item wie ſtarck die Anzahl der Hutma-
      cher in einem Lande oder Stadt ſeyn/
      auch wie man dieſes loͤbl. Handwerck
      wieder in Auffnehmen bringen koͤnne.
  • Cap. IV.
    • Von der Hutmacher Jhren Handwercks-
      Statutis, Gewonheiten und Rechten der
      Saͤchſiſchen Hutmacher/ Jnnungs-
      Articul/ und was etwan ſonſt noch von
      dieſem loͤblichen Handwerck zu bemer-
      cken ſeyn moͤchte.
  • Cap. V.
    • Von denen Hauben/ Muͤtzen oder Bare-
      ten/ und denen ſo genannten Kaͤpplein-
      Machern/ inſonderheit aber von denen
      Hut-Staffierern und ihrer Profesſion.
  • Cap. VI.
    • Anhang einiger Merckwuͤrdigkeiten/ die
      Huͤte/ Kappen und Barete betreffend.
CAP. I.
[[9]]

CAPVT. I.


Von denen Huͤten insgemein/ deroſelben
Urſprung/ Gebrauch und Nutzen/ auch
was ihrer
Form,wie auch derMaterienwe-
gen/ aus welchen ſolche verfertiget we[r]den/

zu bemercken ſey/ und was vor Handlung
damit getrieben werde.


DAß die Huͤte nicht gleich von Anfang
der Welt her denen Leuten bekannt
geweſen ſeyn, ſondern dieſelbe eben
ſo wohl mit bloßen Haͤuptern, als
baarfuß einhergegangen, ſolches
laͤſſet ſich leichtlich aus der erſten
Welt ihreꝛ Simplicitaͤt, und daß die Handweꝛcks-
Kuͤnſte erſt nach und nach bekannt, und in U-
bung gebracht worden, abnehmen; jedoch ſtehet
auch nicht zu zweiffeln, daß wie man etwan zu
Anfangs Baum-Rinden, oder Stuͤcklein Holtz
nach Art unſer heutigen Capuciner unter die
Fuß-Sohlen mit Baſt oder Riemen gebunden,
man auch alſo erſtlich gruͤnes Laub, nach-
mahls geflochtene Stroh-Kraͤntze, und endlich
gar foͤrmliche mit einen Rand gemachte Stroh-
A 5Huͤ-
[10]Beſchreibung
Huͤte, (zur Abwendung der Sonnen-Hitze, da-
mit deren Strahlen, welche ohne dem in denen
Morgen-Laͤndern ſehr penetrant ſeynd, dem
Haupt nicht beſchwerlich ſeyn moͤchten,) werde
gebraucht haben, ſonderlich die Schaͤffer, und
Schaͤfferinnen, als welche den gantzen Tag, und
auch des Nachts bey ihꝛen Heerden auff dem Feld
liegen muſten, und dannenhero die Hitze der
Sonnen und das Stechen des Monds ſo viel als
moͤglich abzuwenden hatten. Wie denn der from-
me Ertz-Vater Jacob im 31. Capitel im 40. v.
des Erſten Buchs Moſis klagte, daß er in ſeinen
bey Laban ausgeſtandenen Dienſt-Jahren/ des
Tages vor Hitze, und des Nachts vor Froſt ver-
ſchmachtet, und kein Schlaff in ſeine Augen ge-
kommen ſey. Wobey ihn denn nicht ſelten der
Regen und die Naͤſſe werden incommodiret ha-
ben. Dahero dergleichen Schaͤfer und Acker-
leute, um ſo viel mehr auff die Beſchirmung ih-
res Haupts haben bedacht ſeyn muͤſſen; und wol-
len wir eben nicht in Abrede ſeyn/ daß nicht et-
wan auch ein ausgehoͤlter Kuͤrbiß, oder eine Art
von Cocos-Nuͤſſen, groſſen Baum-Schwaͤm-
men, item zuſam̃gebundenẽ Baum-Rinden, nicht
weniger die Schalen von Schild-Kroͤten und
Strauſſen-Eyern, oder ein Stuͤck auffgedoͤrr-
tes Leder ihnen darzu gedienet habe; ohne, daß
ſie noͤthig gehabt haͤtten, die Veranlaſſung zu
denen Huͤten, oder des Haupts Bedeckung, erſt-
lich von einem mit eineꝛ Haube odeꝛ Helm gebohr-
nen Kinde, (wie einige in denen Gedancken ſte-
hen)
[11]des Hutmacher-Handwercks.
hen) zu nehmen, ſondern obgleich das Umwin-
den des Haupts vornehmlich bey dem Frauenzim-
mer ihrer langen Haare wegen, nachmahls auch
bey denen Maͤnnern, mit einer Binde, (von wel-
cher noch die ſogenannte Turbands oder Tul-
bande
bey denen Tuͤrcken und Perſianern, auch
andern Mahometaniſchen Voͤlckern herkom-
men) eine der erſten Hauptbedeckungs-Arten
mit geweſen; ſo iſt doch vermuthlich, daß obge-
dachter Sonnen-Stralen, wie auch des Regens
halber man zugleich auch Huͤte mit breiten Rand
werde gemachet haben, und zwar entweder aus
Stroh, oder von geflochtenen ſubtilen Weiden,
(dergleichen etwan die Korbmacher gebrauchen)
oder auch aus breiten Blaͤttern und Kraͤutern.
Und wer wolte zweiffeln, daß man nicht auch
nach Art der Americaner, von Vogel-Federn
eine zierliche Haupt-Decke werde geflochten ha-
ben. Denn daß Thubalkain, der erſte Meiſter
in Ertz- und Eiſen-Werck ſchon die duͤnnen Ble-
che, wie man ſolche heutiges Tags auff denen
Eiſen-Haͤmmern zu ſchlagen pfleget, ſolte erfun-
den und zubereitet haben, daß man daraus ſolte
haben Huͤte machen koͤnnen/ ſolches ſtehet nicht
wohl zu glaͤuben. Noch weniger werden ſie ſich
ſtarcker geſchmiedeter eiſerner Casquet[s] oder
Sturm-Hauben, bedienet haben, weil dieſe nur
zum Krieg wieder den Hieb und das Abſtuͤrtzen
der Steine von denen beſtuͤrmeten Stadt-Mau-
ren gewiedmet, und lange nach der Suͤndfluth
in Griechenland erſt erfunden worden; uͤberdem
auch
[12]Beſchreibung
auch dem zarten Frauenzimmer viel zu ſchwer
und beſchwerlich wuͤrden geweſen ſeyn. Ferner, ſo
iſt auch nicht wohl glaublich, daß man bloß mit
Thier-Haͤuten den Kopff und gantzen Leib bede-
cket habe, weil ſolches mehr martialiſchen Leu-
ten, (welche gern ihren Feinden nach Art der al-
ten Teutſchen, in dem Krieg und Schlachten da-
durch erſchrecklich vorkommen, und ſelbigen ei-
ne Furcht durch das bloße Anſchauen einjagen
wollen) zukommet, als daß die vor der Suͤnd-
fluth ſchon etwas civiliſirte und galaniſirende
Welt (Wie dieſes letztere aus dem 2. v. des 6.
Capit. des Erſten Buchs Moſis einiger maßen
abzunehmen) ſich deren ſolte bedienet haben.


Deme ſey aber wie ihm wolle, ſo leſen wir doch
in heiliger Schrifft, daß im 2. B. Moſis am 28.
Cap. v. 4. und 40. der Huͤte und Haupt-Bede-
ckung gedacht werde, da GOtt zu dem Hohen
Prieſter Aaron ſagte: das ſind aber die Kleider
die ſie machen ſollen; das Schildlein, Leibrock,
Seiden-Rock, Engen-Rock, Hut und Guͤrtel.
Jm 40. Vers wird der Hauben gedacht/ welche
herrlich und ſchoͤn denen Soͤhnen Aarons ſolten
gemachet werden; im 29. Cap. v. 6. muſte dem
Aaron ein Hut auff ſein Haupt geſetzt, und die
heilige Krone an den Hut angemachet werden. Ob
ſolche nun (wie etwan ein koſtbares Kleinod noch
heutiges Tages an hoher Potentaten und Fuͤr-
ſten ihre Huͤte, ſonderlich an ſolennen Feſt-Ta-
gen angehefftet wird, dergleichen wir an des
Groß-Hertzogs von Florentz ſeinem koſtbaren
Dia-
[13]des Hutmacher-Handwercks.
Diamant, den er bey gewiſſen Solennitaͤten vorn
an dem Hut traͤget, ſehen) nur allein vorn an
den Hohen-Prieſterlichen Hut angehefftet und
eingefaſſet, oder um den Kopff des Huts herum
geleget geweſen; wie wir etwan noch heutigs
Tags in alten Gemoͤhlden, Holtz-Schnitten und
Kupffer-Stuͤcken, die Koͤnige und Potentaten,
mit ſolchen Kronen um ihre hohe Huͤte, derglei-
chen noch in einigen vornehmen Reichs-Staͤdten
die Rathsherren tragen, abgemahlet finden, ſol-
ches laſſen wir dahin geſtellet ſeyn; genung, daß
dadurch die Huͤte ſchon unter die mit Ehr beleg-
ten Stuͤcke der menſchlichen Kleidung gerechnet
worden. Welches auch bey dem Hiob am 19. C.
v. 14. beſtaͤrcket wird, da dieſer gedultige Creutz-
Traͤger von ſich ruͤhmet: Gerechtigkeit war mein
Kleid, das ich anzog, wie einen Rock, und mein
Recht war mein Fuͤrſtlicher Hut, und bey dem
Propheten Eſaia am 62. Cap. im 3. v. wird ei-
nes Koͤniglichen Huts in der Hand Gottes ge-
dacht, deſſen Verluſt hernach um Miſſethat wil-
len, bey dem Propheten Ezechiel im 21. Capitel
am 26. v. von dem Herrn Herrn verkuͤndiget
wird; Danielis am 3. im 21. v. ſtehet, daß die
drey Gottes fuͤrchtigen Maͤnner Sadrach, Mc-
ſach
und Abednego, in ihren Maͤnteln, Schu-
hen, Huͤten und andern Kleidern gebunden, in
den gluͤenden Ofen geworffen worden; Bey dem
Propheten Zacharia am 3. Cap. im 5. v. wird
der Hohe Prieſter Joſua in einem reinen Hut, der
ihme auff ſein Haupt geſetzet worden, vorgeſtellet,
und
[14]Beſchreibung
und wie wird nicht die Herrlichkeit des Hohen
Prieſters Aarons, welche unter andern auch an
dem Hut ſeines Haupts erſchienen, im 18. Cap.
des Buchs der Weißheit im 24. v. ſo trefflich ab-
gebildet? Der weiſe Haußlehrer Syrach thut
im 45. Capit. im 14. v. ſeines Hauß- und Zucht-
Buchs, des Guͤldenen Stirn-Blats an dem Hut
Aaronis Meldung, in welchen die Heiligkeit ſo
herrlich, koͤſtlich, lieblich und ſchoͤn gegraben ge-
weſen, daß man deßgleichen vor ihm nie geſehen.


Woraus klaͤrlich abzunehmen, daß die Huͤte, o-
der Haupt-Bedeckung von Uralten Zeiten her in
Gebrauch geweſen ſey, obgleich nicht bey allen
Nationen, ſintemahl wie wir bey dem Æliano
leſen, die Egyptier allezeit mit bloßen Haupt von
Jugend an biß in ihr hohes Alter gegangen/ und
dahero, (weil ſie ſonderlich ihre Haͤupter fleißig
beſcheren laſſen, ſo dicke Hirn-Schalen bekom-
mer, daß man ſie kaum mit Gewalt hat einſchla-
gen oder zerſchmettern koͤnnen. Dahingegen nach
Herodoti Zeugniß die Perſianer, weil ſie im-
mer ihre Koͤpffe ſorgfaͤltig bedeckt gehalten, ſo
zarte und dinne Hirnſchaͤdel gehabt, daß man ſie
auch mit einen kleinen Steinlein verletzen koͤn-
nen. Noch heutigs Tags finden wir alte Eiß-
graue, zum Theil auch Kahlkoͤpfige, nach demal-
ten Schrot und Korn gemachte Maͤnner, welche
viel geſunder und weniger den Fluͤſſen, Podagra
und andern Incommoditaͤten, als diejenigen un-
terworffen ſeyn, welche ſorgfaͤltig von Jugend
auff Peruquen getragen, oder alle rauhe Win-
de,
[15]Hutmacher-Handwercks.
de, (damit ſie von ſolchen nicht moͤchten angewe-
het werden) vermieden haben. Aus denen Roͤ-
miſchen und Griechiſchen Statuis, oder Bildern
beruͤhmter Leute, Helden und Regenten, laͤſt ſich
auch abnehmen, daß ſolche Nationes viel mit
bloßen Haͤuptern muͤſſen gegangen ſeyn. Wie
deñ ſonſt Julius Cæſar wegen ſeines Glatz-Kopfs
nicht noͤthig gehabt haͤtte die hindern Haare des
Hauptes hervor zu ſtreichen, oder mit Verguͤn-
ſtigung des Roͤmiſchen Volcks einen Lorber-
Crantz um ſeine Schlaͤffe zu tragen: wann der
Gebrauch der Huͤte damahls im Gebrauch ge-
weſen waͤre; weil er ſonſt mit ſolchen leichtlich
ſeine Glatze, die Jhme als ein Zeichen eines groſ-
ſen Ehebrechers ausgeleget wurde, mit dem Hut
haͤtte bedecken und als Dictator, und endlich
gar Kaͤyſer, ſich ſolchen vor andern abzuziehen,
diſpenſiren koͤnnen; alſo wird auch des Agatho-
clis
Koͤnigs in Sicilien Bildniß, weil Er eben-
falls einen kahlen Kopff gehabt, mit einem Crantz
von Myrthen-Blaͤttern vorgeſtellet. Jedoch moͤ-
gen darum doch auch die Huͤte, nicht auſſer Ge-
brauch, und die mode der entbloͤßten Haͤupter
(wie heutigs Tags das Hut unter dem Arm Tra-
gen) nur bey vornehmen Leuten in Solennitaͤ-
ten, und ſonderlich in Triumphis und oͤffentli-
chen Einzuͤgen uͤblich geweſen ſeyn; da man im
uͤbrigen bey anderer Gelegenheit ſich derſelben
nuͤtzlich bedienet. Denn alſo ſchreibet Lipſius in
Tract. de Amphi-Theatris, daß auch bey de-
nen Roͤmern, in denen Schau-Spielen, auff
der
[16]Beſchreibung
der Reiſe und im Kriege, (da bekannter maßen,
die Helme und Sturm-Hauben bey ihnen einge-
fuͤhret geweſen,) ingleichen in Regen und Wit-
terungen, wie auch bey alten und leidtragenden
Leuten, das Haupt damit zu bedecken uͤblich ge-
weſen. Kaͤyſer Auguſtus hatte, wie Suetonius
berichtet, das Haupt ſtets mit einem Hut bede-
cket. So muß ja auch Tarquinius einen Hut
getragen haben, weil ihme ſolchen in ſeiner Reiſe
nach Rom, ein Adler ſanfft vom Kopff herunter
genommen, ſelbigen ein wenig in die Hoͤhe er-
hoben, und hierauff wieder ohne Schaden auff-
geſetzet. Worauff ſeine, in der Wahrſager-
Kunſt erfahrne Gemahlin Tanaquil geprophe-
zeyet, daß er zu Rom, wo ſie beyde hingedaͤch-
ten, ein groſſer Mann werden wuͤrde. Wie denn
auch in der That geſchehen, indem nach des Koͤ-
nigs Anci Martii Tod, dieſer Tarquinius zur
Roͤmiſchen Koͤnigs-Wuͤrde erhoben worden;
welche er doch nicht lang genoſſen, weil er bald
hernach von des bemelten Ancii Soͤhnen, als
ein Uſurpator Jhres Vaters Reichs, mit dem
Beil hingerichtet wordẽ. Von dem Kaͤyſer Nero-
ne
ſchreibet Suetonius, daß Er taͤglich des A-
bends ſeinen Hut auffgeſetzet, ſolchen (damit Er
unerkenntlich ſeyn moͤchte) tieff in die Augen ge-
zogen, und damit die Wirths- und Hur-Haͤuſer
durchgelauffen ſey. Bey denen Griechen, wer-
den Mercurius, Ulyſſes und Hippocrates mit
Huͤten bedecket vorgeſtellet. Daß auch die Huͤte
bey denen Parthern, Scythen, Garamanten,
Moh-
[17]des Hutmacher-Handwercks.
Mohren und Sineſern vor langer Zeit in Ge-
brauch geweſen ſeyn; ſolches iſt bey Anshelmo
Solerio
weitlaͤufftig zu leſen.


Es iſt aber die Form, Qualitaͤt, Benennung
und Bedeutung der Huͤte mancherley; der Form
nach ſeynd etliche hohe und ſpitzige, etliche platte
und niedrige, breit und ſchmal, ſtuͤlpige, run-
de oder eckigte, gefaltene oder glatte, nachdem
es nehmlich eines Orths der Gebrauch und Her-
kommens, oder die mode iſt, zuweilen auch das
Spruͤchwort, daß einem jeden Narren ſeine
Kappe gefalle, dabey eintrifft. Nachdem, was
hernach die Hut-Staffirer darzu thun, ſeynd
ſolche Huͤte entweder mit Seiden oder Silber
eingefaſte, mit Flor oder Sammet uͤberzogene,
auffgekrempte, gefuͤtterte Huͤte, und was der-
gleichen mehr.


Der Qualitaͤt nach, ſind etliche grobe oder
feine, Sommer oder Winter, Reiſe, Regen-
und Strappaza[-] Huͤte/ deren etliche Waſſer hal-
ten, und wie die Codebecker und Doͤbler Huͤ-
te thun, nicht leieht durchgenetzet werden koͤnnen.
Sie ſeynd auch ſtarck geleimte, oder weich und
ſchlappe, die man, ohne daß ſie brechen, zuſam̃en-
wickeln, und einige ihrer Geſchmeidigkeit wegen
gar in Schubſack ſtecken kan.


Jhre Benennung nehmen ſie entweder von
dem Lande oder Stadt, wo ſie gemachet werden,
als daß man ſagt: ein Engliſcher, Frantzoͤſiſcher,
Codebecker, Berliner, Dreßdner oder Doͤb-
liſcher, (das iſt in der Saͤchſiſchen Stadt Doͤ-
Bbeln,
[18]Beſchreibung
beln, welche ſonderlich wie das Tuch, alſo auch
des Hutmachens wegen beruͤhmt iſt) gemachter
Hut. Sie heiſſen auch von der Perſonen ihren
Alter, Kinder oder Jungens und erwachſener
Leute oder Maͤnner Huͤte. Nach ihrer Quali-
taͤt aber Bauren Huͤte, das iſt grobfiltzigte, und
denn ſchon etwas feinere, vor Buͤrger und hoͤ-
here Standes-Perſonen. Wiewohl ſich man-
cher Landmann darunter auch nichts nehmenlaͤſt
ſondern offt einen ſo guten und feinen Hut, als
ein Stadt- oder Buͤrgersmann traͤgt, weil er ſol-
chen eben ſo wohl, und zuweilen noch beſſer als
dieſer bezahlen kan; ſonderlich, da nunmehro die
feinſten Huͤte ſo gut in Teutſchland als in Franck-
reich und Engelland, und auch weit wohlfeiler ge-
machet werden, dadurch zum wenigſten vor
Teutſchland Jaͤhrlich eine halbe Million Reichs-
thaler erſpart wird. Welche ſonſt vor dergleichen
Huͤte nach Engeland und Franckreich geſand
werden muͤſſẽ. Ja es wuͤrde der Nutzen noch groͤſ-
ſer ſeyn, und ſich in manches Herrn Land etliche
100. Mann Soldaten davon unterhalten laſſen,
weñ man auff die noch biß dato eingehende frem-
de Huͤte einen Reichs-Thl. pr. Stuͤck Accis leg-
te, damit zum wenigſten der Teutſche Frantzoß,
welchem nichts gut duͤncket, als was aus der
Frembde koͤmmt, und fein theuer iſt, ja welcher
ſich mehrmahls darinnen uͤber ſeinen eigenen
Landes-Herrn, (der ſelber kein Bedencken traͤgt,
von ſeines Landes Manufacturen einen Hut auff
dem Kopff zu tragen) erheben und vor ſolchen et-
was
[19]des Hutmacher-Handwercks.
was voraus haben will, ſeine Luͤſternheit, unge-
gruͤndetes Vor-Urtheil, Hochmuth, und weni-
ge Liebe zu ſeinen Vaterlande, oder doch zum we-
nigſten zu dem Lande, von deſſen Landes-Herrn er
ſein Brod haben muß, theuer buͤſſen und bezah-
len muͤſte.


Ferner, ſo heiſſen auch die Huͤte nach dem Ge-
brauch und Dignitaͤtẽ der Perſonen, Churfuͤrſtl.
Cardinals und Biſchoͤffliche, Praelaten. Do-
ctors-
Rathsherren- Soldaten- und Sturm-
Huͤte ꝛc.


Jn Schertzhafften Verſtand aber Hahnrey-
Huͤte und Narren-Kappen ꝛc. Von welchen al-
len in folgenden Capitel mit mehrern wird gehan-
delt werden.


Die Bedeutung der Huͤte betreffend, ſo
wolten die Alten ſonderliche Kennzeichen der er-
langten Dignitaͤten und Wuͤrden durch ſolche zu
bemercken geben; als wenn bey denen alten Roͤ-
mern jemand aus der Knecht- und Leib-Eigen-
ſchafft in die Freyheit kam, ſo wurde er in den
Tempel der Goͤttin Feroniæ, mit einem Hut be-
ſchencket. Als auch der Tyrann Nero an eben
dem Tag, an welchen er zuvor Octavium getoͤ-
det hatte, geſtorben, lieff das Roͤmiſche Volck,
zum Zeichen ihrer durch des Tyrannen Tod
nun wieder erlangten Freyheit, mit Huͤten auf den
Koͤpffen in der Stadt herum. Nicht weniger die-
nen auch die Huͤte, wenn wir zum Zeichen der
Reverenz, die wir gegen einen andern haben, den
Hut ehrerbietig vor ihn abnehmen. Sie dienen
B 2aber
[20]Beſchreibung
aber auch zu Bezeugung der Hoheit und ober-
herrlichen Gerechtigkeit, wie hernach in dem fol-
genden Capitel mit Exemplis wiꝛd bewieſen wer-
den. An etlichen Orten wird auff oͤffentlichen
Marck-Plaͤtzen ein Hut auff eine Stange geſte-
cket, zum Zeichen, daß nunmehro jedermann
erlaubt ſey frey zu kauffen und zu handeln; ſo bald
aber ſolcher Hut wieder abgenommen wird, ſo
muͤſſen ſich die Verkaͤuffer und Frembden des
Kauffens enthalten, und ſolches allein denen
Buͤrgern uͤberlaſſen. Ein Hut iſt auch zuwei-
len auff Bauren-Kirmeſſen der Gewinn oder
das Præmium deßjenigen, der im Wettrennen,
oder Mayen-Baum beſteigen ſich vor andern
ſignaliſiret. Von einem Grobiano, der den Hut
nicht gern abziehet, ſagt man: Er habe Sperlin-
ge oder andere Voͤgel darunter, und ſorge, daß
wenn er den Hut abzoͤge, ſolche außfluͤgen moͤch-
ten. Wie mancher vermeinter Philoſophus, oder
beſſer auff Teutſch zu ſagẽ, Schulfuchs in ſeinem
breiten unauffgeſiuͤlpten hohen Spitz-Hut eine
Philoſophiſche Gravitaͤt ſuche, ſolches iſt bekant.
Von denen Weibern, die uͤber ihre Maͤnner das
Regiment affectiren, ſagt man, ſie haben den
Hut, id eſt, ſie maßen ſich deſſen, nehmlich des
Hauß-Regiments an, welches ihnen nicht ge-
buͤhret; zuweilen aber doch vernuͤnfftiger in ih-
ren, als des Mannes Haͤnden, (wenn er ſolches
gleich behalten haͤtte) gefuͤhret wird.


Die Materiam betreffend, aus welcher die
Huͤte und die zu denenſelbigen gerechuete Barete,
Muͤ-
[21]des Hutmacher-Handwercks.
Muͤtzen, Hauben und Kaͤplein verfertiget wer-
den, ſo mag man wohl ehmahls nach Athenæi
Bericht, zottigte Huͤte und Hauben aus Schaaf-
Fellen zubereitet haben, welche Vegetius Pan-
nonicos
nennet. Die Roͤmer machten auch
wohl aus zerfetzten Reiſe-Maͤnteln ihre Huͤte;
wie aus Papinio und Martiali, Pierius erzehlet,
wiewohl wir dergleichen Occaſions-Huͤte, mehr
denen Soldaten, als Buͤrgers-Leuten ſelbiger
Zeit zuſchreiben wollen. Von denen Gara-
mantis
erzehlet Lucianus, daß ſolche Strauſ-
ſen-Eyer entzwey geſchnitten, und ſelbige ſtatt
eines Huts getragen. A. 1518. ſoll man nach
Zeileri Bericht in Schwaben am erſten ange-
fangen haben, Huͤte oder Barete aus ſteiffer ge-
leimter Leinwand gemacht, und mit Sammet,
Seiden-Zeug oder Tuch uͤberzogen, zu tragen.
Heutigs Tags braucht man mehrentheils Wol-
le und Haar, wie denn von dieſen Letztern das
lateiniſche Wort Pileus, von Pilis (entweder,
weil damahls ſchon die Huͤte aus Haaren gema-
chet worden, oder dieſelben zu bedecken dienten)
herkommet, die Stroh-Huͤte, deren ſich bey
uns einiges Frauen-Volck bedienet, laſſen wir
an ihren Ort geſtellet ſeyn.


Sturm-Huͤte und Casqueten werden aus Ei-
ſen und Leder gemachet. Jn dem dritten Buch
Moſis am 16. Cap. im 4. v. wird eines Leinen,
oder von Leinwand gemachten Huts gedacht, als
eines Stuͤcks der heiligen Kleider, welche Aa-
ron anhaben muſte, wenn er in das imvendige
B 3Hei-
[22]Beſchreibung
Heiligthum hineingehen ſolte. Dieſe aus Lein-
wand gemachte weiſſe Kleider wurden die Ver-
ſoͤhn-Kleider genannt, von welchen Maymoni-
des
im 18. Cap. des Buchs Halacha Cele Ham-
mikdasch,
aus dem Talmudiſchen Tractat
Maſſachta Joma
genannt, ſpricht: Der Klei-
der Laban waren vier, die der Hohe Prieſter auf
den Feſt-Tag, wann er das Amt verrichtete, an
hatte; es waren weiſſe Kleider allein aus Lein-
wand verfertiget, nehmlich ein Rock und Unter-
Hoſen, ein Guͤrtel und eine Muͤtze; denn der
Hohe Prieſter durffte niemahls mit unbedeckten
Haupt den Gottes-Dienſt abwarten. Jm uͤbri-
gen war dieſes weiße Kleid ſo gar und allein zum
Heiligſten der Heiligen/ oder zum Allerheilig-
ſten
des Tempels gewidmet, daß der Hohe Prie-
ſter, wenn er an demſelben Verſoͤhn-Tage, auſ-
ſerhalb des Allerheiligſten das Amt abwarten
wolte, zuvor das Weiße ab, und das Guͤldene
Kleid anlegen muſte/ vid. Cunæus in Repub.
Jud. lib. 2. Cap. 1. et 2. p. 163. \& ſeqq.

Jm dritten Buch Eſræ am 2. Capitel wird eines
Seidnen Huts gedacht; heutigs Tags werden
die meiſten Huͤte von Wolle und Haaren ge-
macht, davon aber ein mehrers in dem dritten Ca-
pitel, da wir ex profeſſo von dem Hutmacher-
Handwerck ihren Inſtrumentis und Handgrif-
fen handeln, wird geredet werden.


Folget nunmehro von der Handlung, die mit
Huͤten, Bareten und Muͤtzen in der Welt getrie-
ben wird. Die Erſte, nehmlich die Huͤte belan-
gend,
[23]des Hutmacher-Handwercks.
gend, ſo iſt oben ſchon Anregung gethan, daß
Teutſchland biß hieher viel feine Haar- und
Woll-Huͤte, ſonderlich gantz und halbe Caſtor
aus Engeland und Franckreich gezogen habe,
welche aber nunmehro in Teutſchland, ſonder-
lich ſeit der Zeit, da ſich die reformirten Fran-
tzoſen darinnen niedergelaſſen, ſo gut/ als in ob-
beſagten Reichen gemachet werden. Daß man
alſo der frembden Huͤte gar nicht noͤthig haͤtte, o-
der doch zum wenigſten dieſelben zum Profit des
Ærarii, und theils zum Einfluß in der Hutma-
cher Jnnungs-Lade zum Fundo des Auffhelf-
fens der armen Hutmacher, gar wohl mit hoher
Accis belegen koͤnte. Allermeiſt, weil dieſe Waar
ohne dem kein reales Handels-Stuͤck, ſondern
nur in Galanterie-Kraͤmer Haͤnden iſt, die ſie
auſſerhalb vor baar Geld einkauffen, und nichts
von unſern Teutſchen Land-Waaren dagegen
abſetzen, bey welchen man ſich auch, ob man
ſolche gleich verbieten ſolte, keiner Repreſſalien
zubeſorgen hat. Was die Wollen-Huͤte anbe-
langt, deren uns Franckreich ſonderlich von ih-
ren Codebecker biß hieher eine groſſe Qvantitaͤt
zugeſchickt, iſt nunmehro faſt keine Teutſche
Provinz oder Stadt mehr, in welcher nicht ſo
ein tuͤchtiger und Waſſerhaltender Hut, als in
Codebec ſolte gemachet werden. Wenn man
uͤberdas in Teutſchland die loͤbliche Frantzoͤſiſche
Manier annehmen, und denen Hutmachern
durch ein Reglement aufflegen ſolte, wie ſie ſich
im faͤrben der Huͤte zu verhalten, daß ſolche nach
B 4der
[24]Beſchreibung
der in dem dꝛitten Capitel beſchriebenen methode
beſtaͤndig ſchwartz bleiben moͤchten, ſo wuͤrden
voͤllig die Beſchwerden gehoben ſeyn; um wel-
cher willen bißanhero die Frantzoͤſiſchen Huͤte de-
nen Teutſchen vorgezogen worden.


Die ſogenannten Hutſtaffirers oder Baret-
Kraͤmers belangend, iſt ihr Stand und Profes-
ſion
allerdings nuͤtzlich und noͤthig, weil ſie die
von denen Hutmachern verfertigten Huͤte voͤllig
zu garniren, und auch allerhand Sorten von
Huͤten und Bareten, denen die ſolche fordern,
vorzulegen wiſſen, wiewohl dabey denen Hut-
machern das Garniren oder Einfaſſen ihrer eige-
nen gemachten Huͤte, wie auch das Hauben-Ein-
ſetzen unbenommen bleibet. Jn Paris machen
die Hutſtaffirer oder Haubenmacher den fuͤnff-
ten Stand der Kauffleute, und haben allerley
Hauben und Kappen, ſowohl viereckigte, als
andere, wie auch Seidene, Wollene und Zwir-
nene Struͤmpffe, Cameel-Haar, und andere
dergleichen Galanterie-Waaren zum Kauff.
Bey uns in Teutſchland werden die Prieſter-Ba-
ret
und Rathsherren-Huͤte von ihnen verferti-
get, und nach Begehren mit Tuch, Sammet
oder Seide uͤberzogen.


CAPVT II.


Was man ſo wohlMoraliteralsPoliticeuñ
Hiſtoriceder Huͤte und ihres Rechts wegen
zu beobachten habe/ da denn ſonderlich ei-

ne
[25]des Hutmacher-Handwercks.
ne ausfuͤhrliche Beſchreibung Chur- und
Fuͤrſtlicher, wie auch der rothen Cardinals-
und anderer ſonderbahren Huͤte,
itemwie
von einem auffgeſteckten Hutder Schwei-
tzer Freyheit/ ihren Anfang zum Theil

mit genommen, gegeben
wird.


JN dem vorigen Capitel iſt allbereit ein An-
fang unterſchiedlicher, die Huͤte angehen-
de Betrachtungen, gemachet worden; in
dieſem ſoll es nun ausfuͤhrlicher geſchehen, und
zwar haben wir die Huͤte/ als ein ſonderbahres
Stuͤck unſerer nach den Suͤnden-Fall benoͤthig-
ten Bekleidung anzuſehen, mit welchen vornehm-
lich das Haupt, als der vornehmſte Theil des
Menſchlichen Coͤrpers, der Sitz der Vernunfft
und der (alle andere Glieder regend- und bewe-
genden) Lebens-Geiſter bedecket, und ſo wohl
vor der Hitze der Sonnen, als auch dem von
Wind, Schnee und Regen entſtehenden Unge-
mach beſchirmet, und nach Erforderung der
Landes-Art gezieret wird. Wenn wir den
Himmel anſehen, ſo iſt ſelbiger ein Hut, oder
ruͤnd um den Erdboden gehende Bedeckung deſ-
ſelben; die Haͤuſer ſeynd denen Menſchen zu glei-
chen Nutzen gebauet, und der Menſch als die klei-
ne Welt traͤgt auff ſeinem Coͤrper eine ſolche Be-
deckung, umb vor dem Ungemach der Sonnen-
Strahlen und des Regens ſicher zu ſeyn, weil
nun dieſes kleine Schirm-Dach von Huͤten be-
B 5weg-
[26]Beſchreibung
weglich iſt, und nach Belieben auffgeſetzt und
abgenommen werden kan, als hat man eben
wie in dem Segelſtreichen auch ein Point d’ hon-
neur
und Stuͤck der Hoͤfflichkeit darinn geſucht,
daß ein Oberer gegen ſeinen Untern bedeckt, die-
ſer aber gegẽ jenẽ unbedeckt ſtehet. Welches auch
ſo weit exaggeriret und ſo genau geſuchet wird,
daß man endlich gewiſſe Vor-Rechte daraus ge-
macht, ſelbige auch in gewiſſe Graͤntzen einge-
ſchloſſen hat; alſo wird ſich ſo leicht niemand
entbloͤden in Gegenwart ſeines Landes-Herrn,
mit bedeckten Haupte zu ſtehen, es muͤſte denn
ein Menoniſt oder Quacker, oder gar ein unge-
ſchliffener Bauer ſeyn. Ein Landes-Herr hinge-
gen wird dieſesfalls die in Jhm reſidirende Ho-
heit und Majeſtaͤt, in Faͤllen das Staats-Cere-
moniel
betreffend, auch ſchon in der Bedeckung
zu obſerviren wiſſen. Hingegen wo dieſes ceſſi-
ret, und das Decorum die Oberhand nimmt, da
hat man taͤgliche Exempla, daß theure Landes-
Vaͤter, die, ſie venerirende Untere, auch mit Ge-
gen-Abziehung des Huts, ja wohl manchmahl
aus ſonderbaren Trieb der Guͤtigk. und Hoͤff-
lichkeit dieſelbe gar unbedeckt anzuhoͤꝛen begnadi-
get haben; welcher kleine Faveur zuweilen mehr
Renommee und Gegen-Liebe, als groſſe Ge-
ſchencke, oder zur Unzeit erzeigte Ernſthafftigkeit,
erwecket hat, nach dem bekannten Sprichwort:
Sapientis eſt nonnunquam de ſuo Jure rece-
dere,
es iſt manchmahl gut und viel wuͤrckend,
etwas von dem vor ſich habenden Recht nachzu-
laſ-
[27]des Hutmacher-Handwercks.
laſſen. Aber wieder auff den erſten Fall, nehm-
lich des clauſulirten Ceremoniels zukommen, ſo
iſt bekannt, daß alle Spaniſche Grandes ſich
vor ihrem Koͤnig, wenn ſie mit ihm reden, bede-
cken moͤgen, wiewohl mit dieſem Unterſchied,
daß die Grandes von dem erſten Rang mit dieſen
Worten von dem Koͤnig zum Grandat erhoben
werden: Bedecket euch/ und vor die Eurigen;
auff welche Worte ſie den beſonderen Vortheil
haben, daß ſie ihre hohe Wuͤrde auff ihre Erben
fortſetzen koͤnnen. Die Graudes vom andern
Rang haben zwar auch die Genade, daß ihnen
der Koͤnig ſich zu bedecken befiehlet, doch ſaget
der Koͤnig nichts mehr dabey; dahero wenn ſie
ſterben/ auch das Grandat mit ihnen abſtirbt,
und weiter nicht in die Familia fort erbet, Die
Grandes des dritten Rangs duͤrffen ſich nicht e-
her decken, biß der Koͤnig geredet hat.


Welcher geſtalt hoher Potentaten Geſandte,
bey ſolennen Audienzien an andern Hoͤfen ſich
zu bedecken, und ſolcher geſtalt ihr Anbringen
zu thun pflegen, ſolches iſt nicht allein aus der
taͤglichen Erfahrung bekannt, ſondern auch
weitlaͤufftig mit gar vielen rationibus und Ex-
emplis
bey unterſchiedlichen Authoribus, vor-
nehmlich in des Herrn von Wicqueforts Ambaſ-
ſadeur
zu ſehen, und iſt hieher nicht zu ziehen des
Tyranniſchen Draculæ Waywodens in Sieben-
buͤrgen ſeine wieder das Voͤlcker-Recht lauffende
That, da er denen an ihn von der Ottomanni-
ſchen Pforte geſandten Legatis, weil ſie ihre
Haͤu-
[28]Beſchreibung
Haͤupter nicht vor ihn entbloͤſen, und ihre Tuͤr-
ckiſche Buͤnde nicht abziehen wollen, ſolche auff
den Koͤpffen annageln laſſen.


Wann Gleiche mit Gleichen ſich einander be-
gegnen, ſo erfodert unter Civiliſirten Leuten die
Hoͤfflichkeit ſich einandeꝛ durch Abziehung der Huͤ-
te zu ſalutiren/ und ſo mancher grober Geſell einen
ihm ſolcher Geſtalt Ehr erweiſenden/ nicht mit
gleicher Hoͤfflichkeit begegnen ſolte, ſo haͤtte der
dadurch beleidigte zu gedencken, quod honor ſit
honorantis, non honorati,
daß die alſo erwie-
ſene, aber uͤbel vergoltene Ehr-Bezeugung wie-
der auff ihn zuruͤck gehe, als einen der die Regu-
la der Hoͤfflichkeit, (welche der andere Grobia-
nus
aus der Acht gelaſſen) in acht genommen
hat Nachdem aber, das ſolcher geſtalt mit Ab-
ziehung des Huts erzeigte Begruͤſſen etwas de-
licat,
in Anſehung des darunter veiſirenden Point
d’ honneurs
bey einigen, wiewohl offtmahls uͤ-
bel gegruͤndet und mal a propos, werden will, ſo
iſt nunmehro die mode in groſſen Staͤdten auff-
gekommen, die Huͤte unter den Armen zu tragen,
umb dadurch zu keinen ſtetigen oder vergeblichen
oder auch uͤbelangewandten und zubereuenden
Hut abziehen, verbunden zu ſeyn, ſehr eingeriſ-
ſen, und zwar einiger maßen nicht ohne Nutzen
und Beqvemlichkeit, deren auch einige dieſe ſeyn
mag, daß durch das viele Abziehen und wieder
Auffſetzen, die Huͤte nicht zu ſehr begriffen, und
die Fronten an denen Peruquen zu viel niederge-
druͤckt und in Unordnung gebracht werden moͤch-
ten.
[29]des Hutmacher-Handwercks.
ten. Wenn in deſſen geringere vor denen, welche
Honoratiores als ſie ſeyn, ſchon manchmahl den
Hut zu Ehren abziehen, ob ſie gleich keine Ge-
gen-Hoͤfflichkeit empfangen, ſo muß es darum
nicht gleichuͤbel von ihnen ausgeleget werdẽ, an-
geſehen, auff ihrer Seite eine groͤſſere Verbin-
dung darzu, als auff jener ſeynkan, uͤber dem
auch ihrer viele die begruͤſſet worden/ offtmahls
entweder in die Ferne nicht wohl ſehen koͤnnen,
umb ihr Gegen-Complement abzuſtatten; oder
auch in Gedancken gehen, daß ſie dißfalls an dem
Decoro wieder ihren Willen einen Mangel er-
ſcheinen laſſen; etwan auch den Alter, der Con-
dition
oder andern Umſtaͤnden nach, von dem
Gruͤſſenden ſo weit entfernet ſeyn, daß ſich deꝛſelbe
deßfalls gar nicht zu formaliſiren Urſach hat, ſon-
dern nach als vor ſeine Schuldigkeit fortzuſetzen
nicht ermangeln muß.


Hierbey faͤllt nun nicht unbillich die Frage vor,
was von denjenigen zu halten, welche in waͤhren-
der Predigt in der Kirchen, ſonderlich bey Nen-
nung des allerheiligſten Nahmens JESU, o-
der der hochheiligen Dreyeinigkeit, ihre Huͤte
auff den Koͤpffen ſitzen laſſen, gleich als wenn ſie
mit Pech darauff geklebet waͤren, wir antwor-
ten, daß ſolches eine uͤble Zucht und Gewohnheit
ſey. Dort dorffte Moſes zu dem brennenden
Buſch nicht nahen, er hatte denn zuvor ſeine
Schuh ausgezogen, denn die Staͤdte darauff er
ſtand, war heilig, wie zu leſen im 2. Buch am
3. Capitel. Nun lebet aber eben dieſer GOtt,
der
[30]Beſchreibung
der damahls aus dem Buſch zu Moſe rieff, und
ihme die Schuhe auszuziehen befahl, noch auf
den heutigen Tag, iſt auch in ſeiner Kirchen feu-
rigen Wort, und heiligen Geheimnuͤß-vollen Sa-
cramenten, noch immer gegenwaͤrtig, nach ſei-
ner ewigen Verheiſſung beym Evangeliſten Mat-
thæo
am 27. Cap. v. 20. Warum ſolte denn von
denen heutigen Chriſten weniger Reſpect gegen
ein ſolches heiliges Weſen, als dort von dem Mo-
ſe erfodert werden: Es ſollen ſich ja in dem Nah-
men JESU beugen alle die Knie die in Himmel,
auff der Erden und unter der Erden ſeyn, nach
dem in der Epiſt. S. Pauli an die Philipper C. 2.
v. 10. vor uns habenden Befehl? Warum denn
nicht auch die Huͤte abgezogen? welches noch
lange nicht ſo viel Muͤhe, als das Knie-Beugen
machek. Jn der Offenbahrung Johannis am 4.
Cap. im 10. v. leſen wir, daß die 24. Aelteſten
vor dem der auff dem Stuhl ſaß, niedergefallen,
und den angebetet, der da lebet von Ewigkeit zu
Ewigkeit, daß ſie auch ihre Kronen vor deſſen
Stuhl mit dieſen Worten hingeworffen; HErr
du biſt wuͤrdig zu nehmen Preiß und Ehre und
Krafft, denn du haſt alle Dinge geſchaffen, ꝛc.
So nun die triumphirende Kirche ihre allertieff-
ſte Devotion GOtt und dem Lamm, welches
unſer HErr und Heyland CHriſtus JEſus iſt,
mit Niederwerffung ihrer Cronen zu den Fuͤſſen
ſeines Throns alſo bezeuget, wie vielmehr haben
ſteꝛbliche und noch Staub und Aſche ſeynde, auch
unter der Suͤnde annoch lebende Menſchen Ur-
ſach,
[31]des Hutmacher-Handwercks.
ſach, ihre Demuth und Reverence dem Hoͤch-
ſten und vollkommenſten Weſen, der allerhei-
ligſten Dreyeinigkeit, durch Abziehung der Huͤ-
te, ja gar nach der Ermahnung Pauli in denen
Gottes-Haͤuſern unbedeckt zu bleiben, zu erwei-
ſen? kein ſupplicirender Unterthan erkuͤhnet ſich
ja, den, der uͤber ihn geſetzet iſt, ohne Ehrerbietung
und Entbloͤſung des Haupts anzutreten; wie ſol-
te ſich denn ein ſuͤndiger Menſch eines ſolchen ge-
gen den HErrn aller Herren unterſtehen doͤrffen.
Jſt demnach die in Engeland eingefuͤhrte Manieꝛ,
daß niemand in denen Kirchen, unter wehrenden
Gottesdienſt den Hut auffſetzet, ſehꝛ loͤblich, und
ſchreibet hiervon der Author des Memoires d’
Angletterre p.
119. gar wohl: Die Engli-
ſche Kirche ſiehet dieſes vor einen erſchrecklichen
und Verdammniß-wuͤrdigen Greul an, daß
Chriſten welche GOtt kennen, ſich erkuͤhnen moͤ-
gen, an heiligen und zu Gottes Ehre geweyheten
Oertern die Huͤte auffzuſetzen, ja es iſt das Auf-
ſetzen der Huͤte oder Barete allermeiſt, wenn es
ein Prediger auff der Cantzel ſelbſt thut, eine ſo
groſſe Aergerniß vor einen eyfrigen Church-
man,
daß er lieber den Teuffel aus der Hoͤll, als
einen ſolchen bedeckten Prediger ſehen ſolte, und
wuͤrde noch mancher mehr in die Kirche kommen,
wenn er nur nicht das Aufſſetzen der Huͤte, beydes
an einigen Predigern, als Zuhoͤrern befuͤrchten
doͤrffte.


Wir gehen aber weiter und bemercken, daß
gleichwie der Hut, den man auff den Kopff ſetzet,
und
[32]Beſchreibung
und die Hut oder Huͤtung die man uͤber lebendi-
ge und lebloſe Dinge nimmt, (dahero auch Huͤ-
ter, ein Waͤchter, Auffſeher und Beſchirmer)
gleichlautende Woͤrter ſeyn; alſo geben uns
auch ſolche Huͤte ein ſchoͤnes morale der ob uns
ſtets waltenden Genade Gottes, Er huͤtet und
wacht, ſtets fuͤr uns tracht, auff daß uns ja nichts
fehle, ſinget die Chriſtliche Kirche. Jn Erwegung
deß, wenn die Hand Gottes einmahl von uns ab-
gezogen ſeyn ſolte, wir wie verirrte Schaafe dem
Hoͤlliſchen Raub-Wolff zu Theil werden wuͤr-
den. So uns auch die Huͤte vor der Sonnen
Stralen, und dem Fluͤſſe bringenden Monden-
ſchein beſchuͤtzen, ſo behuͤtet uns noch vielmehr die
Allmachts-Hand des Allerhoͤchſten, und iſt ein
Schatten uͤber uns, daß uns des Tages die Son-
ne nicht ſteche, noch der Mond des Nachts. Pſ.
am 21. v. 5. 6.


Huͤte werden denen Kindern nicht gleich auff-
geſetzet, auſſer was die ſo genannten Wuͤlſte und
ausgeſtopfften Fall-Huͤte, welche ſie im Fallen
vor Schaden bewahren ſollen, betreffen moͤchte,
ſondern ſie bekom̃en erſt ſolche bey zunehmenden
Jahren, als ein Stuͤck des Maͤnnlichen Kleides,
alſo ſagt Paulus in der 1. Epiſtel an die Corin-
thier am 13. Da ich ein Kind war, da redete ich
wie ein Kind, und hatte Kindiſche Anſchlaͤge, da
ich aber ein Mann war, da legte ich ab was Kin-
diſch war.


Ferner ſo deuten die Huͤte die Freyheit an, da-
hero ſo wohl vormahls, als noch heutiges Tags
die
[33]des Hutmacher-Handwercks.
die Sclaven ſich nicht mit Huͤten, ſondern nur
mit ſchlechten Muͤtzen bedecken duͤrfften. So
wir demnach durch Chriſtum frey gemacht, und
denen Banden des Satans entkommen ſeyn, ſo
laſſe man abermahl nach der Vermahnung des
Apoſtels ſich angelegẽ ſeyn, eine gute Ritteꝛſchafft
zu uͤben, Glauben und Gewiſſen zu behalten, den
Helm des Heils, als die rechte Sturm-Haube
wieder die Anlaͤuffe des Satans zur Hand zu neh-
men, und einen guten Kampff zu kaͤmpffen, da-
mit wir nicht auffs neue in die Knechtſchafft ge-
rathen, und das letztere Ubel mit uns aͤrger wer-
de, als das vorige. Dorten wuͤnſchte jener Knecht
bey dem Plauto in Amphitr. Utinam ille faxit
Jupiter, ut raſo Capite portem pileum!
Dieſe
Redensart kam daher, weil bey denen Roͤmern,
denen Leibeigenen Knechten, wenn ſie ihre Frey-
heit erhielten, erſtlich das Haupt beſchoren, und
ſodann der Hut auffgeſetzet wurde, welches man
ad pileum vocare hieße. Gleicher Geſtalt ſol-
len wahre Chriſten ſtets wuͤnſchen frey zu werden
von den Luͤſten und der Eitelkeit dieſer Welt, und
bey CHriſto zu ſeyn Petaſus hieß ein Reiſe-Hut,
oder Pileus Viatorius, dahero die Cantzley-Bo-
ten von Cicerone und Plauto, Petaſati genennet
werden, weil ſie, wie heutigs Tags noch die Pil-
grime breite Huͤte auffhatten, umb unter ſolchen
vor Hitz und Regen geſichert zu ſeyn; wer hat
deſſen wohl mehr, als die durch die Wuͤſten die-
ſer Welt wallende Chriſten noͤthig; dannenhe-
ꝛo ſie billich mit David aus ſeinem 18. Pſalm am
C3. Vers
[34]Beſchreibung
3. Vers ſagen: HErr mein Felß, meine Burg,
mein Hort, auff den ich traue, mein Schild und
Horn meines Heils und mein Schutz ꝛc. und aus
dem 27 Pſ. 5. v. Er decket mich in ſeiner Huͤtten
zur boͤſen Zeit. Er verbirget mich heimlich in ſei-
nem Gezelt.


Daß auch die Farbe an denen Kleidern und
Huͤten zuweilen ihre ſonderbahre moraliſche Be-
deutung habe, ſolches ſehen wir an denen Car-
dinals-Huͤten, welche darum roth ſeyn, anzu-
zeigen, daß diejenigen, die ſolche tragen, allezeit
bereit ſeyn ſolten, ihr Blut vor die Chriſtliche
Lehre und Bekaͤntniß der Wahrheit zu veꝛgieſſen.
Wenn nun dieſer Cardinals-Huͤte wegen unter-
ſchiedliche (den geneigten Leſer vielleicht nicht un-
angenehme) Betrachtungen vorfallen, als wol-
len wir dieſelbe anſehen


(1.) Von und an wen ſie conferiret, (2.) was
vor Sollennitaͤten bey der Ubergab vorgehen, und
(3.) was ſo dann ferner ein ſolcher mit dem Car-
dinals-Hut beehrter Prælat, des Ceremoniels
halber zu beobachten habe.


Betreffend den Creatorem oder Collatorem,
das iſt, denjenigen der die Cardinaͤle machet, ſo
iſt ſolches niemand anders, als der Papſt ſelbſt.
Hier wollen wir uns nun nicht lange mit Unter-
ſuchung des erſten Stiffters der Cardinaͤle, de-
nen zur Erlangung des Cardinalats erfoderten
Requiſitis, oder andern dahin gehoͤrigen Um-
ſtaͤnden auffhalten, ſondern nur bloß von dem
Cardinals-Hut melden, daß Papſt Innocenti-
us
[35]des Hutmacher-Handwercks.
us IV. denſelben zum erſten mahl auff dem Con-
cilio
zu Lyon in Franckreich angeordnet, und
nach erlicher Meynung auch die Purpurne Sot-
tana
oder Unter-Rock, als den vornehmſten
Schmuck ihrer Dignitaͤt. Es wird aber ſolches
mit beſſern Grund Bonifacio dem VIII. zugeſchꝛie-
ben. Die Cardinales Seculares hatten vor-
mahls allein das Privilegium Purpur zu tra-
gen, und giengen die Regulares bloß in ihrem Or-
dens-Habit, als aber Gregorius der XIV. ſahe,
wie dieſe eben ſo wohl als jene, ihr Blut vor die
Kirche zu vergieſſen verbunden waͤren, gab er
ihnen auch das rothe Baret, und befahl ihnen in
eben den Kleidern, als die andern Cardinaͤle, je-
doch von anderer Farbe zu gehen. So bald je-
mand zum Cardinal von dem Papſt erneñet wor-
den, und ſelbiger hierauff in das Conſiſtorium
Secretum
kommet, ſo kniet er dreymahl nach ein-
ander vor ſeiner Paͤpſtlichen Heiligkeit nieder, und
kuͤſſet ihr den Fuß, hierauff wird ihme alſo kni-
ende von dem Papſte das rothe Baret mit dieſen
Worten auffgeſetzet: Eſto Cardinalis, und als-
denn ein Creutz uͤber ihn gemacht; der Promo-
tus
nimmt alsdenn das Baret wieder ab, und ver-
richtet den Fuß-Kuß von neuen.


Ob nun gleich ein ſolcher Cardinal das rothe
Baret empfangen, ſo traͤget er doch den rothen
Hut nicht eher, als biß ihme ſolchen ſeine Paͤpſt-
liche Heiligkeit entweder mit eigener Hand im
Conſiſtorio gegeben, oder durch ſpecial-Gena-
de, wenn ein ſolcher abweſend iſt, uͤberſendet hat.


C 2Es
[36]Beſchreibung

Es ſchicket aber der Papſt denen Abweſenden
den Cardinals-Hut durch einen ſeiner Camme-
rier oder Edelleute, mit einem an den Nuntium,
Biſchoffen oder andern Praͤlaten ſelbiges Orts
(wo der neue Cardinal ſich auffhaͤlt) gerichteten
Breve; ſo bald als ſolcher Geſandter ankoͤmmt,
wird er von dem neuen Cardinal, uñ deſſen Freun-
den, praͤchtig eingeholt, und der Hut, wie bey
ſolennen Paͤpſtlichen Cavalcaden auff einer
Mazza oder Kolben oͤffentlich vorher getragen;
des nechſten Sonn- oder Feſt-Tags darauff
verſammlen ſich bey dem neuen Cardinal derjeni-
ge, der den Hut von Rom gebracht; Der, wel-
cher ihme ſolche auffſetzen ſoll, und denn alle die
dieſer Solennitaͤt beywohnen wollen. Darauff
gehet der neue Cardinal, wenn es der Gebrauch
des Orts zulaͤßt, zu Pferd in der Kappe und
ſchwartzen Hut, wie auch in Begleitung ſeiner
guten Freunde, und vornehmlich des Paͤpſtli-
chen Legati, welcher den Hut vor Jhn hintraͤgt
zur Kirchen; ſo bald er in ſelbiger angelanget, ver-
richtet er ſein Gebet vor dem Altar und hoͤret die
Meſſe; nach dieſem legt der Prælat, ſo ihme mehr
gedachten rothen Hut geben ſoll, den Prieſter-
Rock und die Mitram an, und ſetzt ſich, daß er
von jedermann kan geſehen werden, an einen er-
habenen Ort. Hiꝛeauff begiebt ſich der Camme-
rier zum Altar, und præſentirt dem Prælaten
das Paͤpſtliche Breve, welches er mit gebuͤhren-
der Reverence annimmt, und nachdem er es oͤf-
fentlich verleſen laſſen, eine Lob-Rede daruͤber
haͤlt,
[37]des Hutmacher-Handwercks.
haͤlt, nach welcher ſich der Cardinal zum Altar
begiebt, und kniend das von Rom uͤberſchickte
Jurament, der Prælat aber ſeine Mitram ablegt,
und uͤber den neuẽ Cardinal einige im Roͤmiſchen
Ceremoniel vorgeſchriebene Gebet lieſet; wenn
dieſes geſchehen, bedecket ſich der Cardinal wie-
der mit dem Capuccio, der Prælat nimmt hier-
auff ſeine Mitram wieder, worauff von dem Roͤ-
miſchen Legato dem neuen Cardinal der Hut
auffgeſetzet, und der Kuß des Friedens Oſculum
pacis
ertheilet wird; uͤber eine Weile wird der
Cardinals-Hut wieder abgenommen, der Præ-
lat
aber ſinget das Te Deum laudamus, und
ſpricht hernach in der Mitra den Seegen uͤber das
Volck. Endlich aber legt er den Pontificial-Ha-
bit
ab, und begleitet den neuen Cardinal, nebenſt
andern wiederum in einer Cavalcade, jedoch
traͤgtjener hiebey den rothē Hut auff dem Haupt
und tractoret hierauff, wenn er nach Hauß kom-
met, ſplendide ſeine Favoriten.


Wenn ein Cardinal nach Rom gehet den ro-
then Hut zu nehmen, traͤgt er zwar Violet-Car-
dinals, aber doch einen Reiß-Habit, und einen
gemeinen Hut mit einer von Gold und rother
Seide gewuͤrckten Treſſe. So bald er ſich an
Rom naͤhert, laſſen ihn die Herren Cardinaͤle ih-
re Kutſchen entgegen fahren, und Jhn in ſein
Zimmer bringen, in welchem er gebuͤhrend com-
plimentir
et, und ihm durch einen Barbier die
Chierica geſchoren wird, nach dieſem nimmt er
den langen Habit nebenſt dem Rocchetto, und
C 3wird
[38]Beſchreibung
wird hierauff bey dem Papſt zur Audienz ge-
fuͤhrt; vor welchem er dreymahl niederkniet, den
Fuß- und Hand-Kuß verrichtet, und mit dem
Oſculo pacis beneventiret wird. Wenn er von
Jhro Heiligkeit Urlaub genommen, ſo begleitet
er den Cardinal, der ihn zur Audienz gefuͤhret
biß zu deſſen Zimmer, und leget alsdenn die Viſi-
ten bey denen Vornehmſten ab, begiebt ſich hier-
auff in ſein erwehltes Logiment, aus welchem
er jedoch nicht außgehet, biß er von Jhro Hei-
ligkeit ein Conſiſtorium Publicum erhalten. Er
kan zwar wohl Viſiten annehmen, ſie muͤſſen a-
ber privatim geſchehen, und gehet er dabey nicht
aus dem Zimmer, noch begleitet jemand, er ſey
auch wer er wolle.


Am Tag des Conſiſtorii haͤlt man die ge-
woͤhnliche praͤchtige Cavalcade. So nun der
neue Cardinal ein Ertz- oder Biſchoff iſt, ſo traͤgt
er dabey einen ſchwartzen mit gruͤn gefuͤtterten
Pontificial-Hut, waͤre er aber nur bloßer Prie-
ſter oder Prælat, ſo iſt ſolcher Hut mit Schwartz
gefuͤttert; er traͤgt auch dabey (wenn es der Tag
zulaͤſt) rothe Kleidung, eine Violet- Kappe, von
gewaͤſſerten Schamelot, und ſeynd mehrentheils
bey ſolcher Cavalcade die ſaͤmptlichen Herren
Cardinaͤle zugegen.


So bald die Proceſſion im Conſiſtorio ange-
lãget, ſo macht deꝛ neue Caꝛdinal dem Papſt die eꝛ-
ſte Reverenz, die andere in der mitte, uñ die dritte
unten bey der Stiege des Thrones. Deñ er her-
nach hinauff ſteiget, und Jhro Heiligkeit (die
Jhn
[39]des Hutmacher-Handwercks.
Jhn ſo gleich ad oſculum manus \& oris admit-
ti
ret) die Fuͤße kuͤſſet; alsdenn nimmt er von je-
den Cardinal das Oſculum pacis, hierauff ge-
he[n ]noch unterſchiedliche Ceremonien vor, biß er
endlich nach abgelegten Jurament zum letzten-
mahl vor Jhro Paͤpſtl. Heiligkeit niederkniet,
welche ihm hierauff nach einer kurtz gehaltenen
Oration den Hut aufſetzet, und ſich hernach in
ihr gewoͤhnliches Zimmer retiriret; worauff der
neue Cardinal den Hut wieder ableget, ſich auff
die Seite begiebet, und erwartet biß die Cardi-
naͤle auff dem Koͤniglichen Saal einen Creyß ge-
ſchloſſen Alsdenn macht er nach der Ancienni-
einem nach dem andern die Reverence, die ihn
hierauff wieder complimentiren; womit denn
dieſe Solennitaͤt beſchloſſen wird. Der rothe Hut
wird ihme hieꝛnechſt von einem geheimen Cam̃e-
rier nach Hauße gebracht, wofuͤr er alsdenn ei-
ne gute Recompens zu gewarten, und zwar aufs
wenigſte Fuͤnffhundert Ducaten, die abweſend
den Hut bekommen, geben wohl 1000. Fuͤrſtliche
Perſonen aber allezeit doppelt. Wenn jemand
der Cardinals-Hut im Conſiſtorio Publico er-
theilet wird, ſo giebt man nur 300. und die Ab-
weſenden doppelt ſo viel; in dieſe theilen ſich her-
nach die geheime und participirenden Camerie-
ri,
derjenige aber, ſo das Baret gebracht, bekoͤm̃t
gleichen Theil, wenn er auch kein participant
waͤre.


Wenn die Cardinaͤle in Violet gehen, ſo tra-
gen ſie auch den blauen Hut, mit einer Schnur
C 4von
[40]Beſchreibung
von Gold und Violet-Seide gewuͤrckten Treſſe’
haben ſie aber Trauer, ſo iſt zur Hut-Schnur
und Treſſe kein Gold. Wer aber eine ſolche
Gewohnheit eingefuͤhret, ſolches iſt unbekannt.
Man lieſet zwar, daß die Cardinale von Jnno-
centio
dem IV. den rothen Hut bekommen wo-
her ſie aber den violet-blauen haben, weiß man
nicht. Wenn ſie den rothen Habit anleg[en], ſo
iſt der Hut von gleicher Farb, jedoch traͤgt nie-
mand, als Jhro Paͤpſtl. Heiligkeit einen gan-
tzen brodirten, die gantze Advent Zeit, den Son-
tag Septuageſimæ, die gantze Faſten, alle Frey-
tag und Heilige Abend, und deren Qvatember
gehen ſelbige in Violet, und enthalten ſich derer
Seidenẽ Sottana; jedoch ſind hieꝛvon die Pfingſt-
Qvatember und einige Feyertage, auff welche
ein doppelt Feſt einfaͤllet, ausgenommen. Bey
der Creation und Croͤnung des Papſts, gehen ſie
alle roth. Wenn Jhro Heiligkeit eine Solenne
Cavalcade
halten, reiten die Cardinaͤle in der
rothen, oder wie es die Zeit erfodert, in der Vio-
let-
Kappe, iſt es aber eine privat-Cavalcade, ſo
legen ſie das Maͤntelgen und die Mozzetta uͤber
den Rocchetto, und folgen Paar-weiß in ſchlech-
ten Huͤten, die man Capelli della mantelletta
heiſſet.


Wenn das gantze Cardinals-Collegium rei-
tet, ſo tragen ſie die rothe Violet-Kappe, in Ca-
valcaden
aber zur Sollennen Capelle, nehmen
ſie auſſer dem Advent, Septuagefimæ und Fa-
ſten, roth, ſtehet ein Regen bevor, tragen ſie
den
[41]des Hutmacher-Handwercks.
den groſſen Ferracuolo oder Regen-Mantel, und
die Mozzetta. Auſſer Jtalien kleiden ſich die Le-
gatia Latere
in roth oder Violet, wie es ihnen be-
liebet.


Es wird aber ein rother Cardinals-Hut in der
Roͤmiſchen Kirchen faſt Koͤnigl. Cronen gleich
gehalten, und wenn man ſolchen einmahl ange-
nommen, ſo iſt hernach ſchwer demſelben wieder
zu renunciren Der Erſte der ſolches gethan,
war Ardicinio della Porta aus der Lombardie,
nach dieſem renuncirte auch Cæſar Borgia. Der
letzte, ſo den rothen Hut niedergeleget, war Fran-
ciſcus Maria de Medices,
welches A. 1709. den
19. Junii folgender maßen in dem Conſiſtorio
geſchehen, Signor Manieri, welchem von Sei-
ten des Cardinals die Sache auffgetragen wor-
den, fuhr mit vielen Kutſchen der Roͤmiſchen
Prælaten und anderer Standes-Perſonen aus
dem Medicæiſchen Pallaſt in gedachtes Conſiſto-
rium;
Als er nun bey dem Saal angelanget, uͤ-
bergab er den Cardinals-Hut zweyen Conſiſto-
rial-Advocaten,
welche ihn in das nechſte Zim-
mer legten, hierauff wurden Jhro Heiligkeit
durch den Abt Riviera als Secret. derer lateini-
ſchen Breven, das Schreiben des Cardinals von
Medices oͤffentlich abgeleſen, darinnen er ſie er-
ſuchte/ die Renunciation dieſer Wuͤrde, die er je-
derzeit gebuͤhrend reſpectiret haͤtte, nunmehro
geſchehen zu laſſen. Dieſes beantwortete der
Papſt mit gewoͤhnlichen Worten: Acceptamus,
wir nehmen es an, und nachdem er auffgeſtan-
C 5den,
[42]Beſchreibung
den, wurde ihme der Hut in ſein Zimmer nach-
getragen. Folgends hat Signor Pasſionei als
Secretarius des heiligẽ Collegii, noch ein Schrei-
ben von obermelden Cardinal an dieſes Collegi-
um
abgeleſen.


Als ein Stuͤck des Ceremoniels, iſt auch zu
bemercken, daß wenn ein Cardinal die Mitram
aufhat, er nicht verbunden ſey ſelbige abzuneh-
men, ſondern der andere ſetzet ſeine auch gleich
auff, und alſo gruͤſſen ſie einander durch Nei-
gung des Haupts.


Bey Abſtattung der Viſiten ſetzet ſich der neue
Cardinal in die Kutſche, und ſein Cammermei-
ſter und Mundſchenck ſind continuirlich um ihn;
dieſer das Baret abzunehmen und den Hut zu uͤ-
berreichen, der andere die Prælaten, ſo vorange-
hen, und ſich zum Cardinal in die Kutſche ſetzen
ſollen, zu invitiren.



So bald deꝛ Caꝛdinal bey dem Hauß angelan-
get, wo er hingedencket, ſo ſteigt er ab, und der
Coppiere nimmt ihm den Hut, und giebt ihm
dafuͤr das Baret; der Cammermeiſter aber hebt
ihme/ indem er die Treppe hinauff geht, vorn
die Kleider auff.


Eines ſonderlichen Privilegii oder Vor-rechts
welches denen Cardinals-Huͤten anhaͤngig iſt,
gedencken Speidelius und Beſoldus, und die
daſelbſt citirten Authores, wenn ſie ſchreiben, daß
wenn ſolche einem zum Tode aus gefuͤhrten ar-
men Suͤnder von einem Cardinal auffgeſetzet
wuͤrden, ſelbiger dadurch ſein Leben erhalten,
und
[43]des Hutmacher-Handwercks.
und von der Todes-Straffe befreyet werden
koͤnte; wiewohl ſolchem Vorgeben Bodinus de
Republica lib. I. Cap. Fin.
wiederſpricht.


Die Wappen-Kunſt zeiget uns, daß die Car-
dinaͤle an ſtatt der Helme roth, niedrige und brei-
te Huͤte, an welchen zu beyden Seiten gleichfar-
bige Schnuͤre eine mit 15. Knoͤpffen in der Ord-
nung 1. 2. 3. 4. 5. herunter haͤngen, welche
Zahl Herr D. Spener denen heutigen Erfindun-
gen zuzuſchreiben ſcheinet, indem einige Autho-
res,
als Strada, Silv. de Petra ſancta ſolche
nur mit 3. Qvaſten terminiren, ja es will der
Author de la Science de la Nobleſſe p. 176.
daß ſolche Schnure anfaͤnglich bloß unter dem
Schild zuſammengebunden geweſen; ſeine Wor-
te ſind hieruͤber als folget: Celuy des Cardi-
nauxn’ en avoit anciennement qu’ une liée
ſous la pointe del’ Ecu, et puis deux, unede
chaque Cote etc.
Was Cardinaͤle aus Fuͤrſtli-
chen Gebluͤt ſeyn, moͤgen auch wohl auſſerhalb
der Stadt Rom eine Crone an ſtatt des Huts
fuͤhren.


Die Ertz- und Biſchoͤffe gebrauchen ſich in ih-
ren Wappen gleicher Art Huͤte, als die Cardinaͤ-
le, doch mit dem Unterſchied, daß ſie gruͤn von
Farb, und der Ertz-Biſchoͤffe ihre Schnure ſich
mit 4. Der Biſchoffe ihre aber mit 3. Qvaſten
endigen. Denen Apoſtoliſchen Protonotariis
und Aebten ſchreiben einige eben dergleichen Huͤ-
te zu, jedoch mit dem Unterſchied, daß ſelbige
ſchwartz an der Farb, und der Qvaſten an de-
nen
[44]Beſchreibung
nen Schnuͤren nicht mehr als 3. zu jeder Seite
ſeyn. Dieſe Huͤte ſind aber in Teutſchland nicht
ſo gebraͤuchlich, als die auffwarts zugeſpitzte und
oben offene Biſchoffs-Huͤte oder Hauben, wel-
che vor Zeiten gar einfaͤltig geweſen, und etwan
vor ungefehr 600. Jahren erſt mit Gold oder
Steinen gezieret worden.


Worinnen aber der Unterſchied ſolcher Huͤte
beſtehe, indem ſie nicht allein denen Biſchoͤffen,
ſondern auch denen Ertz-Biſchoͤffen und Aebten
gegeben werden, iſt noch ungewiß, obgleich die
Præfat. des Wappen-Buchs part. 2. n. 72.
denen Ertz-Biſchoͤffen das Creutz auff denen ge-
ſchloſſenen Biſchoffs-Huͤten, denen Biſchoͤffen
aber eine oben offene Jnful zuſchreibt, nebenſt an-
gehaͤngter Erinnerung, daß der Stab bey denen
Ertz-Biſchoͤffen, mit dem obern Theil nach der
Rechten ſehen oder auffwerts gekruͤmmet ſeyn,
bey den Biſchoͤfflichen aber unter ſich gebogen, o-
der Lincks gekehret werden muͤſſe. Bey denen Aeb-
ten geſchiehet es auch, daß ſie den Stab nicht nur
nach der Lincken hinter den Schild ſetzen, ſondern
auch neben dem Hut zur Lincken auffwerts fuͤh-
ren. Bey dieſen Huͤten pflegen auch wohl einige
geiſtliche Perſonen wegen weltlicher Lehen, die ſie
beſitzen, Helme auff ihre Schilder zu ſetzen, wie
ſolches an Chur Mayntz und Trier zu erſehen.


Wir haͤtten aber bald des vornehmſten geiſt-
lichen Huts, nehmlich der dreyfachen Paͤpſtli-
chen Crone vergeſſen, die doch am erſten meritir-
te betrachtet zu werden, es war aber ſolche, ehe
ſie
[45]des Hutmacher-Handwercks.
ſie zu ſo hohen Glantz gekom̃en, von andern geiſt-
lichen Huͤten wenig unterſchieden, und ſchreibet
hiervon Feſchius diſſ. d. inſign. C. 3. n. 5.
folgender Geſtalt:


Continet Pontificium hoc inſigne tripli-
cem coronam
ſupra ſimplicem Epiſcoporum
inferiorum mitram, inque illo multa myſte-
ria detegunt. Anton. Mazoronius libell[o]
de tribus Pontiſicum coronis
\& Car. Paſchal.
l. 9. de Coronis. C. 14. Sigbertus in A. 550.
\& Aimol. 1. C. 24. autores ſunt, Clodo-
veum diadema aureum unionibus \& gem-
mis inſigne, quod regnum dicebatur, ab A-
naſtaſio Jmperatore acceptum Eccleſiæ of-
ferendum Romam misiſſe. Hanc Pontifices
primum mitræ ſuæ junxiſſe ferunt. Alte-
ram
addidiſſe Bonifacium VIII. qui dare re-
gna \& auferre pro arbitrio animi conabatur,
ut Platina loquitur poſt publicatam extra-
vagantem, unam Sanctam inter extravag.
Comm. de major. et obed. c. 1.
quæ propter
ſummamin principes poteſtatem Papæ tri-
butam, multorum \& cruentorum motuum
cauſa fuit, communis eſt opinio, quare \&
Pontifex iſte ejusque Succeſſores aliquot
cum duplici corona in Statuis ac Imaginibus
Romæ Avenioneque conſpiciuntur. Be-
nedictus XII. poſtquam celebrem quæſtio-

nem
[46]Beſchreibung
nem de viſione beatifica, quæ Eccleſiam Ro-
manam ſub Johanne XXII. ſummopere
turbaverat ſententia lata decidiſſet, tertiam
Coronam adjeciſſe creditur, unde Triregni
appellatio orta, tradit Meneſtrier enſaprati-
que des armoires. c. 8.
quamvis antiquius ge-
ſtamen hoc fuiſſe, nec a Bonifacio vel Bene-
dicto primum indictum ſed a Paulo II. cum
multis ſeculis exuſu abiſſet, fuiſſe renovatur,
arbitratur Jac. Pard. Capierſis lib. 2. Comment.
de rebus Pauli II.
Nec deſunt qui Pontifices
triplicem hanc coronam æmulatione Jmpe-
ratorum, ne forte illis minores viderentur,
aſſumpſiſſe autumant, quos tribus diverſis
coronis inauguratos fuiſſe ſuperiorum ſecu-
lorum ſcriptores prodidere.


Das iſt, das Paͤpſtliche Wappen, iſt eine dꝛey-
fache Crone auff einer ſchlechten Biſchoffs-Muͤ-
tze, es wollen aber unterſchiedliche Autores gar
viel Geheimniſſe daran entdecken, und ſchreiben,
daß Clodoveus das ſo genannte Regnum (wel-
ches eine Art einer mit Perlen und Edelgeſteinen
reich verſetzten Muͤtze oder Haube iſt) nachdem
er ſolches von Kaͤyſer Anaſtaſio als ein Præſent
vor die Kirche empfangen, nach Rom geſand ha-
be, da es der Papſt ſo gleich zu ſeiner ſonſt ge-
woͤhnlichen Muͤtze gehefftet.


Nach dieſen haͤtte Papſt Bonifacius der VIII.
(welcher ſo hochmuͤthig war, daß er ſich uͤber alle
welt-
[47]des Hutmacher-Handwercks.
weltliche Kaͤyſer und Koͤnige erheben, und ſie
nach ſeinem Belieben ab- und einſetzen wolte; wie
er denn auch zu dieſen Ende die Extravagantem
die hernach ſo viel Unheil in der Chriſtenheit ver-
urſachet, publiciret) die zweyte Crone hinzuge-
than, wie man denn noch viel Paͤpſte zu Rom
und Avignon mit einer zweyfachen Crone abge-
mahlet ſiehet.


Endlich haͤtte Benedictus XII. nachdem er
die beruͤhmte Quæſtion de Viſione beatifica,
welche unter Johannis XXII. Regierung ſo viel
Haͤndel gemachet, durch ſeinen Ausſpruch ent-
ſchieden, die dritte Crone oben darauff geſetzet;
woraus endlich die dreyfache Crone, wie ſie noch
heutigs Tags zu ſehen, gekommen iſt.


Wiewohl andere dafuͤr halten, es waͤre ſolche
ſchon zu der Paͤpſte Bonifacii und Benedicti
Zeiten in Gebrauch geweſen, und nachdem ſie
in Abgang gekommen, von Papſt Paulo II. nur
wieder hervorgeſuchet worden. Andeꝛe ſagen wie-
der, die Paͤpſte haͤtten durch Einfuͤhrung ihrer
dreyfachen Cron, nicht weniger als die Kaͤyſer
ſeyn wollen; als die vormahls auch mit drey un-
terſchiedlichen Cronen, als einer Guͤldnen, Sil-
bern und Eiſern gekroͤnet worden.


Wir gehen aber weiter, und nunmehro von
denen geiſtlichen zu denen weltlichen, als Kaͤyſer-
lichen, Koͤniglichen, Chur- und Fuͤrſtlichen Huͤ-
ten, welche denn in der Heraldica oder der Wap-
pen-Kunſt auch ſonderlich in Betrachtung gezo-
gen werden, weil ſie vornehmlich den Urſprung
oder
[48]Beſchreibung
oder Anfang zu denen Cronen moͤgen gegeben
haben. Denn da anfaͤnglich die Bedeckung des
Haupts vor denen Sonnen-Stralen, Regen
und andern Ungewittern allerdings noͤthig ge-
weſen, zur angenehmen Sommers-Zeit hinge-
gen, und in Campagne die Leute ſich Kràntze
geflochten, und damit ihr Haupt umwunden, iſt
endlich ſolche Haupt-Bedeckung und ſolcher Zie-
rath je laͤnger, ie koſtbarer worden, alſo, daß wie
man etwan noch heutigs Tags die Schlaff-Muͤ-
tzen mit ſchoͤnen Spitzen um den Rand herumb
einfaſſet, (und vor 50. oder hundert Jahren, die
wie Saͤgen oder Hechts-Kie feꝛ geſtalte Spitzen,
item die en Sic Sac gehende, ſehr in Gebrauch ge-
weſen; wie man denn die alten Koͤnige und Ge-
neralen des vorigen Seculi noch viel damit abge-
mahlet ſiehet,) alſo auch in denen erſten Zeiten,
die Haupt-Binden oder Muͤtzen mit dergleichen
Zancken, oder pyramidal formigen Spitzen, ſon-
derlich bey vornehmen Regiments-Perſonen
werden umfaſſet geweſen ſeyn, allermeiſt da man
wenig Secula nach der Suͤndfluth die abgeſtor-
benen Tyrannen, maͤchtige und gewaltige Her-
ren auff Erden, ſchon nach ihrem Tode zu vergoͤt-
tern angefangen; wie ſolches an dem Exempel
Beli, davon der Baals Dienſt herkommet, in un-
ſerm Hiſtoriſchen Schauplatz der 4. Monarchi-
en in des Beli Lebens-Beſchreibung zu erſehen
iſt. Dannenhero zum Zeichen einer von ihnen
ausſtralenden Gottheit, dergleichen Radii unt
die Haͤupter gedichtet worden, welche hernach
als
[49]des Hutmacher-Handwercks.
als Majeſtaͤts-Zeichen, die Fuͤrſten und Gewal-
tigen im Volck, ihren Stand und tragende O-
ber-Herꝛſchafft daduꝛch voꝛ andeꝛn zu diſtingui-
ren, ſchon bey ihren Leb-Zeiten angenommen
haben; von der Natur auch ſelbſt, als welche
nicht allein in denen vegetabilibus haͤuffig mit
Cronen ſpielet, ſondeꝛn auch in dem animaliſchen
Reich ſolche an ſo vielē gekroͤnten Thieren eraͤuſ-
ſert, darzu moͤgen veranlaſſet worden ſeyn. Wo-
raus erhellet, daß die Huͤte und Cronen erſt ge-
miſchet, dieſe hernach nach Art der Sieges-Craͤn-
tze auch oben offen, vielfaͤltig aber bey hohen Re-
giments-Perſonen, auff, umb und an denen Huͤ-
ten und Haupt-Bedeck ungen mit beybehalten
worden; Wie man denn in des vortrefflichen
Herrn Doctor Speners ſeinem Opere Heraldi-
co part. 1. cap. 6, p.
313. lieſet, daß die Con-
ſtantinopolitaniſchen Kaͤyſer vielfaͤltig derglei-
chen gekroͤnte Huͤte getragen. Jmperatores
Conſtantinopolitani
ſchreibet er: pileis ple-
rumque utebantur, quorum mira fuit varie-
tas, ut e nummis apparet, \& teſtatur Co-
dinus de officio aulæ Conſtantinopol. cap. 6.
Andronico cum creatus eſt Imperator, de-
tracto pileo rubram mitram impoſitam fuiſ-
ſe, Nicetas Author eſt libro ſingulari de A-
lexi Comeni imperio num. 18. Primus ni
fallor Theodabatus, qui Atalarico in regno
Gothorum ſuccesſit fremente Juſtiniano,

Dcum
[50]Beſchreibung
cum Corona quatuor laminis ſuperne æqua-
liter in orbem coeuntibus clauſa in numis-
matibus conſpicitur, plerique alii Impera-
tores pileum margaritis gemmisque diſtin-
ctum cujus apex cruce notatur aut diadema
geſtant in occidente Carolus M. cum diade-
mate clauſo, quod hodie adhuc ad S. Diò-
nyſii fanum in Gallia aſſervatur; quamvisdi-
verſo ab hodierno in ſtatuis \& imaginibus
conſpicitur, qui eum ſequntur aperta ut plu-
rimum uſi ſunt usque ad Henricum II. ſive
ſanctum; qui fundato Epiſcopatu Bamber-
genſi ejusdem inſignibus Coronam Imperi-
alem quam hodie adhuc ſcuto ejus impoſi-
tam videmus, concesſiſſe dicitur. Poſt illa
tempora Imperatores clauſa corona maxi-
me uti cœperunt, quamvis non pauci, inter
quos etiam ipſe Rudolphus I. apertam ma-
luerint, alii item mitram. Poſt Carolum V.
Corona clauſa ſupra mitram quæ hodie eſt
Imperatorum propria, præ aliis cœpit uſur-
pari.


Von denen Fuͤrſten-Huͤten ſchreibt er, daß A.
1156. Kaͤyſer Fridericus I. dem Hertzog Hen-
rico
von Oeſterreich einen Fuͤrſten-Hut mit Guͤl-
denen Kron-Spitzen von denen alten Corona
Roſtrata
genannt, gegeben habe, welchen her-
nach wie in Hiſtoria inſignium illuſtrium lib. 1.
cap.
[51]des Hutmacher-Handwercks.
cap. 9. zu erſehen, Kaͤyſer Henricus A. 1228.
mit einer Koͤniglichen Krone vermehret; die Wort
des Diplomatis lauten hiervon als folget: Ei-
dem illuſtrisſimo Principi Leopoldo D. Au-
ſtriæ \& Styriæ cunctisque ſuis ſequacibus
hanc largiter concedimus dignitatem, ut ſui
Principatus pileo noſtræ regalis Coronæ Dia-
dema ſolenniter ferre posſit.
Kaͤyſer Fride-
ricus II.
aber hat, als er Fridericum Bellico-
ſum
zum Koͤnig erklaͤret, noch dieſe beſondere
Freyheit hinzugethan, daß er und ſeine Nach-
kommen oder Nachfolger, auff ihren Fuͤrſten-
Hut uͤber gedachte Spitzen und Boͤgen, auch zu
oberſt das guͤldne Creutzlein tragen und fuͤhren
ſolten, nach denen Worten des Diplomatis:
Concedimus etiam noſtro illuſtriPrincipi Du-
ci Auſtriæ crucem noſtri Diadematis ſuo prin-
cipali pileo ſufferendam,
woruͤber denn folgen-
de Diſtichia merckwuͤrdig:


Auſtria Regis opeshabet, ac Regalia ſerta
Regia \& Auſtriacos mens regit Archi. Du-
ces,
Quodque aberat, nomen Regis, tria Regna
dedere
Auſtria, cuncta ſimul Regia, dives habet.


Oeſterreich hat Koͤnigs Reichthum, es
trug einen Koͤnigs-Hut/

Seiner Ertz-Hertzogen Hertzen/ waren auch
voll Koͤnigs-Muth.

D 2Fehl-
[52]Beſchreibung
Fehlte nur der Koͤnigs-Nahm/ den drey
Koͤnigreiche gaben,

Alſo ſieht man Oeſterreich alle Koͤnigs-
Gaben haben.

Es zeiget uns aber auch ferner die Heraldica,
die mit Hermelinen ausgeſchlagene rothe Chur-
Huͤte, denen zuweilen auch Cronen beygefuͤget
werden, von welchen abermahl ausfuͤhrlich wohl-
gedachter Hr. Doctor Spener in ſeinem opere
Heraldico,
in Erklaͤrung der weltlichen Chur-
fuͤrſtlichen Haͤuſer ihrer Wappen redet.


Die andere Art von Huͤten ſind die niedrigen,
ausgeſchlagenen und denen Chur-Huͤten nicht
unaͤhnlichen Huͤte, dergleichen die von Reuſchen-
berg, Keudel, Dermbach, die von Stein zu
Barchfeld und andere mehr fuͤhren.


Die dritte Art iſt der hohen Huͤte, wie die
Hertzoge von Pom̃ern auff ihrem rechten Helm,
die von Zoͤchau, die Schencken von Schmid-
berg, die Straßen, Muͤleggen zu Hugenang
und andere mehr gebrauchen.


Die vierdte Art ſind niedrige, und denen geiſt-
lichen nicht unaͤhnliche Huͤte, dergleichen fuͤhren
die von Dobeneck, die Lantzen von Liebenfels, die
Schneeberger, die Keyben, die Reindoͤrffer.


Endlich ſind auch dieſen Huͤten nicht unaͤhn-
lich die Hauben, welche zuweilen an ſtatt der
Helm-Zierde, zuweilen auch an ſtatt der Cro-
nen dienen, jenes iſt an den Wappen derer von
Weißdorff und den Hoff-Staͤdten, dieſes an de-
rer
[53]des Hutmacher-Handwercks.
rer von Tzeſchen und der Megentzer ihren Wap-
pen zu erſehen.


Es hindert aber der aͤuſſerliche Unterſchied
dieſer Huͤte gar nicht, daß ſie nicht ſaͤmptlich,
gleich dem Schild, ſo wohl von allen Farben, als
auch mit Schach, Hermelin und allem andern,
ſo an ſtatt der Farben gebrauchet wird, ſolten ge-
funden werden; ja ſie haben auch mit dem Schild
noch dieſes gemein, daß ſie an Kopff oder auff
den Stulp eigenthuͤmliche und frembde, mit de-
nen Schild-Bildern uͤbereinſtimmende, oder ab-
ſonderliche Figuren auff ſich tragen, und wird
man gar wenige Eigenſchafften der Wappen-
Schilder finden, welche nicht gleichmaͤßig auch
von denen Huͤten koͤnte verſtanden werden; alſo
ſiehet man deren nicht wenige mit aller Art ſtreif-
fen eintzeln oder in vermehrter Anzahl geſtreifft
u. gegengeſtreifft item mit allen Arten der Schild-
Theilung, gleicher und unterbrochener Linien,
wie hiervon in denen Wappen-Buͤchern genug-
ſame Exempel vor Augen ſind.


Von denen Huͤten haben inſonderheit geſchrie-
ben, Chifflet. diſſert. de pileo Lugd. 4. 1655.
Theophil. Reynandus S. I. de pileo, cœte-
risque capitis tegminibus extat T. XIII. opp.
Lugd. f. 1665. de Gladio \& Pileo a Pon-
tiff. conſecrato extat T. X. ibid. Eberh.
Rud. Roth, de Velamine Capitis Virili Jenæ
4. 1673. Anſelmi Solerti, Cemelienſis.
Liber de Pileo cæteriſque capitis tegminibus

D 3tam
[54]Beſchreibung
tam ſacris quam profanis extat cum Hier.
Boſſ. de Toga Romana. Lugd. 4. 1655.
\& Amſteld.
12. 1671. Sonſten hab ich auch
noch bey dem Paſchalio in ſeinem Tractat de
Coronis
gar artige Sachen von denen Huͤten ge-
funden, davon wir nur etliche allhier mit einfuͤh-
ren wollen. Als da er von dem Helmen der
Kinder, welche ſie mit zur Welt bringen, ſaget,
daß ſolche von aberglaͤubiſchen Advocaten und
andern Leuten bey ſich getragen werden, in der
Meynung, in ihren Verrichtungen dadurch de-
ſto gluͤcklicher zu ſeyn. Unſerer teutſchen Chur-
und Fuͤrſten Huͤte ſiehet er als etwas Majeſtaͤ-
tiſches, den Augen angenehmes, und von der
Teutſchen Freyheit Zeugendes an, als welchen
ebenfalls zukoͤmt, was dorten Cicero Philipp. 6.
orat.
49. von den Roͤmiſchen Volck ſagte:
Aliæ nationes ſervitutem pati poſſunt, Po-
puli Romani eſt propria Libertas,
oder wie
unſer Autor redet: utCœlum ſalutaribus lumi-
nibus diſtinguitur, ita Germanica libertas
ſublimibus tot Ducum, principumque præ-
ſidiis nititur.
Deſſen ihre Fuͤrſten-Huͤte, als
jederzeit geweſene Freyheits-Zeichen, Zeugniß
geben koͤnnen, wie denn bey denen alten Roͤmern
ein jeder, welcher einen Hut auff dem Kopff ge-
habt, vor einen freyen Menſchen gehalten wor-
den. Alſo folgten 2000. Roͤmiſche Buͤrger des
Flaminii ſeinem Tꝛiumph-Wagen mit bedeckten
Haupte nach, welche er durch ſeine Siege aus
ih-
[55]des Hutmacher-Handwercks.
ihrer Gefangenſchafft bey denen Feinden befrey-
et hatte/ ſolche Erloͤſete oder Freygelaſſene tru-
gen auch wohl den Hut zu Ehren ihres Freyma-
chers, wie alſo 4. Q. Terentius Culleo mit be-
deckten Haupt des Scipionis Triumph-Wagen
folgte und oͤffentlich bekannt, daß er durch ihn
waͤre frey gemachet worden. Dahero es dem Koͤ-
nig Pruſia als ein Zeichen der Kleinmuͤthigk. u. daß
kein Fuͤrſtlich Gemuͤth in ihm ſeyn muͤſte, aus-
geleget worden, daß er denen Roͤmiſchen Lega-
tis
mit bedeckten Haupt und geſchornen Kopff
entgegen gegangen, und ſich einen Freygelaſſe-
nen der Roͤmiſchen Republic genennet. Es ſoll a-
ber ein ſolcher von denen Freygelaſſenen getrage-
ner Hut weiß geweſen ſeyn, wie Diodorus von
eben dieſem Pruſia erzehlet. Bey oͤffentlichen Em-
poͤrungen, ſonderlich wenn gantze Nationes
ſich von Tyranniſcher Regenten ihrem Joch frey-
gemachet, hat man vielmahls Huͤte auff Stan-
gen geſtecket/ zum Zeichen der wieder erlangten
Freyheit, herumtragen ſehen. Daß die Egy-
ptiſchen und Æthiopiſchen Koͤnige Huͤte getra-
gen, bezeuget Diodorus Siculus, und zwar ſol-
len ſolche ſehr lang, und Schlangenfoͤrmig zu-
ſammengewunden geweſen ſeyn, anzuzeigen, daß
diejenigen, welche ſich gegen Koͤnige auff-
zulehnen erkuͤhneten, toͤdtlicher Biſſe, das iſt, des
Todes Straff wuͤrdig waͤren. Nach vorbe-
ſagter Koͤnige Art trugen auch ihre Prieſter
Huͤte/ welcher etwan Lucianus in Syr. Dea
Meldung thut. Daß auch des Jovis Prieſter zu
D 4Rom,
[56]Beſchreibung
Rom, welcher Dialis genennet wurde, einen Hut
auff ſeinem Haupt getragen, bezeuget Appianus,
er muſte aber ſolchen, wenn er ſterben ſolte/ able-
gē, damit nicht ein Stuͤck des Prieſter-Schmucks
unter Trauer- und Todten-Zeug kaͤme. Von
Diceneo Gotho ſchreibet Jornandes, e Gotho-
rum gente elegit nobilisſimos prudentiores
Viros, quos Theologiam edoctos fecit Sacer-
dotes, nomen illis Pileatorum contradens;
ut reor quia opertis Capitibus tiaris, quos pi-
leos alio nomine nuncupamus, litabant, reli-
quam vero gentem capillatos dicere jusſit,
daß
alſo ein Unterſchied zwiſchen denen mit Huͤten,
und paar Haͤuptig einhergehenden. Wie denn
auch Lucianus von dem Toxari der Scythen
Koͤnige ſchreibet, daß er weder aus Koͤniglichen
Gebluͤte, noch aus denen Pileatis, ſondern nur
aus dem paar-Haͤuptigen Poͤbel geweſen. Wel-
cher Geſtalt aus denen mit Hermelinen bebrem-
ten Chur- und Fuͤrſten-Huͤten, und Summari-
ter aus allem Peltzwerck, welches groſſe Herren
und Regenten an ihrem Leib tragen, unterſchied-
liche ſchoͤne moralia flieſſen, ſolches iſt bey ob-
gedachten Carolo Paſchali, in ſeinem Tractat de
Coronis lib. 9. cap.
26. zu erſehen. Von de-
nen Eilotariis ſchreibet Athenæus lib. 14. daß,
als ſie von ihren Feinden uͤberwunden worden,
ſie an ſtatt der Huͤte, Hunds-Haͤute haͤtten auff
die Koͤpffe ſetzen muͤſſen. Dergleichen Schmaͤh-
Huͤte ſeynd auch die Papiernen Kappen, welche
in Spanien die heilige Inquiſition denen zum
Feu-
[57]des Hutmacher-Handwercks.
Feuer verdammten ſo genannten Ketzern auffzu-
ſetzen pfleget, und welches vornehmlich dem theu-
ren Blut-Zeugen JESU CHRJSTJ, dem
Johann Huß, als ſolcher wieder gegebene
Treu und ſicher Geleit auff dem Concilio zu
Conſtnitz A. 1415. im Junio um der Bekaͤntniß
der Evangeliſchen Wahrheit willen verbrannt
worden, wiederfahren. Denn als er ietzt ſterben
ſolte. zo gen ihm ſeine Feinde erſt ſeinen Prieſter-
Habit aus, und ſetzten ihme dafuͤr eine lange
Papierne Crone oder gemahlten Hut auff ſein
Haupt, auff welcher drey Teuffel in abſcheuli-
cher Figur mit dieſer Beyſchrifft: Hæreſiarcha,
dieſes iſt ein Ertz-Ketzer, gemahlet ſtunden; in ſol-
cher ſchmaͤhligen Poſitur fuͤhrte man ihn zum
Scheiter-Hauffen, in welchem er unter an-
daͤchtigen Gebet, ſeinen Geiſt in die Haͤnde ſei-
nes Erloͤſers uͤbergeben. Das folgende Jahr da-
rauff muſte auch ſein in Ausbreitung der Evan-
geliſchen Wahrheit eyfrig geweſener Mit-Arbei-
ter, der Hieronymus von Prag, auff gleiche
Weiſe ſein Leben in den Flammen endigen.


Daß die Huͤte jederzeit Zeichen der Freyheit
geweſen, ſolches iſt ſchon mehrmahls angefuͤh-
ret worden, dahero ſiehet man auff einer gewiſ-
ſen in Holland A. 1575. geſchlagenen medail-
le,
auff der einen Seiten eine Frauens-Perſon
mit der Beyſchrifft Libertas, auff der andern
einen Hut mit gleicher Unterſchrifft Libertas au-
rea,
und der Umſchrifft: Cujus moderator
habenas ratio.


D 5Die
[58]Beſchreibung

Die alten Roͤmer, ob ſie wohl anfaͤnglich mit
bloßen Haͤuptern ohne Bedeckung giengen, ſo
hatten ſie doch fuͤnfferley Zeiten, daſie Huͤte auf-
ſetzen, und ihre Haͤupter bedecken muſten; als da
waren Sacra, Ludi, Saturnalia, Peregrinatio,
militia.


Bey denen Erſten, als den Opffern, muſten
ſie nach alt hergebrachten Gebrauch ihre Haͤutz-
ter bedecken, wie ſolches aus denen Muͤntzen und
Autoribus zu erſehen. Daß ſie in denen Spielen
Huͤte auffgehabt haben, bezeuget Martialis, weñ
er ſchreibt:


In Pompejano tectus ſpectato Theatro,
Nam Populo ventus vela negare ſolet.
()

Und ſo war auch in denen Saturnalibus, als der
Roͤmer ihrer Kirmeße, zum Zeichen der Frey-
heit einem jeden erlaubt einen Hut auffzuſetzen,
wie abermahl Martialis ſchreibet:


Permittis puto Pileata Roma.
id. Dumque decent, noſtrum pilea ſumpta
Jovem.
()

Wenn einer verreiſete, ſo ſatzte er einen groſ-
ſen Petaſum, Reiß- oder Schaub-Hut auff, da-
hero Cicero von denen ſchon obgedachten Tabel-
lariis iturientibus
in ſeinen Epiſtolis ſchreibet:


Petaſatos eos venire \& comites expectare ad
Portam.
Und Sveton. c. 82. deAug. Solis hiber-
ni ne quidem patiens, domi quoque non niſi
petaſatus ſub Pio ſpatiabantur.
()

Endlich ſo durfften auch die Soldaten in Feld-
Zuͤ-
[59]des Hutmacher-Handwercks.
Zuͤgen Huͤte tragen, wie deñ Vegetius ſchreibet:


Vſque ad præſentem ætatem conſuetudo
permanſit, ut omnes milites Pileis, quos
Pannonicos vocant, ne Pellibus uterentur.
()

Daß die Freygelaſſenen zum Zeichen ihrer
Freyheit Huͤte getragen, iſt oben ſchon gemeldet
worden. Gleicher geſtalt war es auch denẽ Kran-
cken zugelaſſen/ dahero Ovidius ſchreibet:


Arguat \& macies animum, nec turpe pu-
taris
Pileolum nitidis impoſuiſſe Comis.
()

Von denen gar alten ſchreibet Nicephorus
Gregoras,
daß ſelbige ebenfalls Huͤte getragen,
und daß von ſolcher Roͤmiſchen Tracht auch die
mode nach Conſtantinopel gekom̃enſey. Seine
Worte hiervon ſeynd Lib. 10. als folget:


De Capitis tegmine, moris apud ſuperiores
Principes, ut ætate provectiores Aulici Pile-
is uterentur, ſerico tectis, Juniores autem
prorſus nudis eſſent Capitibus.
()

Endlich ſo ſaß man auch bey Gaſt-Mahlen
mit Huͤten auff dem Kopff, wie denn Horatius
ſchreibt:


Vt cum Pileolo ſoleas Conviva tribulis. ()

Weil aber andere Authores hiervon nichts ge-
dencken, ſo iſt vielmehr zu glauben, ſie werden
indenen Bad-Stuben, wie noch heutigs Tags
gebraͤuchlich, Stroh- oder Binſen-Huͤte auffge-
habt, und wenn ſie aus dem Bad gekommen,
ſich
[60]Beſchreibung
ſich unterweilen damit zu Tiſch geſetzet ha-
ben.


Von dem Hut abziehen, oder Hoͤfflichkeit hal-
ber das Haupt zu entbloͤſen, ſchreibet Plutar-
chus
in ſeinen Quæſtionibus:

Romani ſi cui
obviam facti ſunt, cui honor habendus, \& ſi
forte caput veſte injecta tectum habeant, id
revelant.
()

Daraus erhellet, wie das Bedecken des
Haupts u. Wieder-Abziehen zu Rom beſchaffen
geweſen ſey. Sie ſchlugen, nehmlich den Zipffel,
vom Rock oder Mantel uͤber den Kopff, wann
es regnete oder die Sonne zu heiß ſchiene, lieſen
aber ſolchen gleich wieder fallen, wenn ihnen ein
vornehmer Mann begegnete, welches Plutar-
chus in Grachis
giebet Laciniam toga rejiciens
in Caput.
Zuweilen giengen ſie auch, ſonder-
lich die Krancken, gantz verkapt einher; wenn es
die Geſunden thaten, ſo hielt mans vor eine
Weichlichkeit, dahero Seneca de Mæcenate ſagt:


Hunc eſſe qui in tribunali in roſtris, in omni
publico Cœtu ſic apparuerit, ut Pallio vela-
retur Caput.
Und Petronius ſchreibet von
dem zaͤrtlichen Trimalcione! Pallio Cocci-
no abraſum incluſerat caput.

Sueton. in
Claudio Cap. II.
ſchreibet:

Ob valetudinem,
Gladiotorio munere novo more Palliolatus
præſedit.
Und bey dem Quintiliano leſen wir:
Palliolum ſicut faſcias \& focalia, ſola excuſa-
re poteſt valetudo.


Wie hoch aber bey denen Roͤmern das ehrer-
bie-
[61]des Hutmacher-Handwercks.
bietige Hut-Abziehẽ vor einem andern, ſey gehal-
ten worden, bezeuget Saluſtius wenn er ſchreibt:
Sullam in victoria Dictatorem, equo deſcen-
dere, Pompejo uniaſſurgere de Sella, caput
aperire ſolitum. Seneca
ſchreibet:

Si Conſu-
lem videro, aut Prætorem, omnia, quibus
honor ſolet haberi, faciam, equo deſiliam,
caput aperiam etc.
()

Uber einen ſchoͤnen Hut, welcher zugleich das
Haupt zieret, und daſſelbige vor Hitz und Regen
beſchirmet, ſchrieb jener zum Lemmate: Teg-
menque Decusque,
welches Horatius mit die-
ſem Vers gegeben:


O \& præſidium \& dulce Decus meum. ()

Als einer Nahmens Capella (welches von dem
Jtaliaͤniſchen Wort Capello ein Hut herkomt)
zu Venedig wegen ſeiner Meriten zu der hoͤch-
ſten Wuͤrde eines Doge ſeiner Republic zu ge-
langen Hoffnung hatte, mahlte einer ſeiner
Clienten einen Hut, als welchen der Herr Ca-
pella
ohne dem im Wappen fuͤhrte, und ſchrieb
daruͤber: Debetur Vertici; Er muß oben zuo-
berſt auff der Scheitel ſtehen, oder er iſt wuͤrdig
ein Fuͤrſt ſeines Volcks zu ſeyn. Dignum eſt
enim
ſchreibet Casſiodorus lib. I. ut fructus
laborum ſequntur vota fidelium \& ſuperiorem
gradum accipiat, quem geſtarum rerum inte-
gritas affecta commendat.


Welcher geſtalt ein in Schweitzerland von
einem uͤbermuͤthigen Land-Vogt, auff einer
Stan-
[62]Beſchreibung
Stange geſteckter Hut Urſach mit geweſen, daß
die Schweitzer von ihrer damahligen Obrigkeit,
dem hochloͤblichen Hauſe Oeſterreich abgefallen,
ſolches wird aus folgender Hiſtoria zu erſehen
ſeyn: Ein gewiſſer Kaͤyſerlicher Land-Vogt,
Nahmens Geißler/ hatte einen Hut auff dem
Marckt zu Altdorff, einem Haupt-Flecken des
Urner Landes in der Schweitz, ſtecken laſſen, mit
Befehl, daß jedermann, der vorbey gienge/ ſich
dafuͤr neigen, und als wenn er der Land-Vogt
ſelbſt zugegen, den Hut gruͤſſen ſolte. Dieſes
weigerte ſich nun ein braver weidlicher Mann,
Nahmens Wilhelm Tell zu thun, als welcher
ohne Reverenz zu machen, vorbey gieng, daruͤ-
ber aber gleich als ein Ungehorſamer verfolget,
und in Arreſt gezogen wurde. Weil er nun uͤber
dem auch ſchon im Verdacht war, ob haͤtte er
mit andern ihre Freyheit liebenden einen Bund
gemachet, die Land-Voͤgte, weil ſelbige das
Volck ſo ſehr beſchweꝛten, aus dem Wege zu raͤu-
men, als wurde er in der Inquiſition unter an-
dern auch auff dieſen Artieul befragt, und als er
nichts geſtehen wolte, ihme aufferleget, weil er
vor einen guten Armbruſt-Schuͤtzen pasſirte,
ſeinem einigen Soͤhnlein, welches an einen Baum
geſtellet wurde, einen Apffel vom Kopff zu ſchieſ-
ſen. So der betruͤbte Vater auch thun muſte, und
auch gluͤcklich vollendete; als ihn aber hierauff
der Land-Vogt fragte, warum er 2. Pfeile zu
dieſem Schuß in den Koͤcher geſtecket haͤtte, ant-
wortete der tapffre Mann unverzagt: Wenn ihme
der
[63]des Hutmacher-Handwercks.
der Schuß ſolte mißlungen ſeyn, alſo, daß ſein
Kind das Leben daruͤber eingebuͤſſet, wolte er den
andern Pfeil dem tyranniſchen Land-Vogt
durchs Hertz gejaget haben. Auff dieſe Wort
wurde er auffs neue beym Kopff genommen, und
zu Schiff gebracht, damit er in ein tiefes Gefaͤng-
niß jenſeit der See moͤchte gebracht werden. Wie
aber unter Wegs ein ſchwerer Sturm entſtand,
muſten ſie den Gefangenen Wilhelm Tell ſei-
ner Bande befreyen, daß er als ein erfahrner
Schiffmann, das Schiff ſolte ans Land bringen
helffen. Tell nim̃t hierauff das Ruder in die
Hand, regieret es aber ſo, daß das Schiff an ei-
ne Klippe gerieth, wo er vor ſeine Perſon aus-
ſprang, das Schiff aber hernach, in welchem
der Land-Vogt ſelber war, wieder See werts
eintreiben ließ; da ſich zwar der Land-Vogt
noch kuͤmmerlich ſalvirte, den Tell aber nach
der Zeit mehr, als zuvor verfolgte. Welcher ihm
endlich in einem holen Weg auffpaſte, und als
einsmahls der Land-Vogt daſelbſt vorbey ritte,
jhn mit einem Pfeil vom Pferd herunterſchoß,
und hierauff nach Ury zu andern Malcontenten
fluͤchtete; unter welchen die Vornehmſten, Wer-
ner, Stauffacher
und Arnold von Melchtal
waren; dieſe machten ſamt ihm A. 1308. einen
Bund, und jagten am Neuen Jahrs Tag die
Kaͤyſerlichen Land-Voͤgte zum Lande hinauß, o-
der ſchlugen ſie todt. Woraus zu erſehen, was
Stoltz und Hochmuth, der ſich bey dem Land-
Vogt Geißler in Auffſteckung ſeines Huts be-
wie-
[64]Beſchreibung
wieſen, offt vor Unheil nach ſich ziehen koͤn-
ne.


Ein weit honorabler Auffſetzen des Huts iſt
dasjenige, welches auff Univerſitaͤten bey Pro-
motionibus
in den Doctor Stand geſchiehet,
da derjenige Profeſſor, deme dieſe anſehnliche
Function zu verrichten, und die Candidatos zu
creiren zukom̃t, ihnen nach Academiſchen Ge-
brauch, unter andern auch den Doctor- Hut, mit
gewoͤhnlichen Ceremonien auffſetzet. Wir
wollen, weil dieſe materia dem geneigten Leſer
nicht unangenehm ſeyn kan, dieſelbe auffs kuͤr-
tzeſte, und zwar mit den eigenen Worten eines
um die teutſche und gelehrte Welt hochverdien-
ten Profeſſoris Juris \& Hiſtoriarum, welche in
ſeiner bey einer ſolchen Solennitaͤt A. 1713. ge-
haltenen Oration de emendanda Germaniæ
Jurisprudentia,
und darauff verrichteter Inau-
guration
Sechzehen Juris Doctorum in fine
befindlich iſt, allhier vorſtellen, alſo lautend:


Antequam pedem promoveatis ulterius
(Nobilisſimi Domini Candidati) id veſtri
eſt officii, ut fidem veſtram adſtringatis ad
juſtitiam colendam idque faciatis cum reli-
gione juris jurandi. Age itaque Vir Nobi-
lisſime Dn. N N. Sacri Tribunalis Silentia-
rie, recipete in hunc locum \& formulam
juris jurandi conceptis verbis prælege Domi-
nis Candidatis. Ita vos Deus adjuvet ad-
moneatque vos officii veſtri Spiritu ſuo ad

di-
[65]des Hutmacher-Handwercks.
diem judicii, qui vobis erit extremus, nunc
igitur nomina veſtra eo ordine compello,
quo hæc apud ordinem noſtrum profesſi e-
ſtis in Examinibus, Ego itaque NN. J. V. D.
Te. (bic recenſebantur Nomina Candidato-
rum
) Vos omnes, Auctoritate Jmperiali
atque Regia Doctores utriusque juris creo,
renuncio, edico, proclamo, vobisque in-
dulgeo omnia privilegia, immunitates, ho-
nores, ceteraque, quæ creatis in S. R. J. Do-
ctoribus ſolent conferri, atque indulgeri,
Huic inaugurationi Symbola addo, in qui-
bus ſibi placuit antiquitas.


Primum ab inferiori vos Cathedra voco,
ad ſupremam; intelligitis hocipſo, quod in
ſublimioriloco conſtituti, in luce vivatis o-
culisque mortalium. His igitur fide, do-
ctrinis, moribus virtutibusque aliis æquum
eſt, ut præluceatis.


Deinde librum vobis trado primo apertum
deinde clauſum, quo Schemate vobis com-
mendatur induſtria, tam in libris legendis
probanda, quam in meditationibus \& pro-
priis viribus ingenii.


Prœterea impono vobis Pileos ſive Inſulam
purpura conſpicuam, qui indices ſunt digni-
tatis, Nobilitatisque veſtræ, vobis nomine ac

Ever-
[66]Beſchreibung
verbo collatæ Doctoris. Curate o Mei, ne ad-
mittatis facinus, nobili hoc ornatu indignum


Porro digitos veſtros cingo annulis, quibus
publica vobis in reſpondendo ac judicando
tribuitur fides, vulgo itaque pœnam gravi-
orem incurretis, ſi hanc vel ſemel fefelleri-
tis.


Tandem Ora veſtra excipio oſculis, his e-
nim ob honorem, quem accepiſtis, dignos
vos judicamus, ut in noſtro agatis conſortio,
ut jure auctoritateque utamini nobiscum
communi.


Adextremum vobis omnibus novos gratu-
lor honores, prolixiorianimo quam verbis,
der Deus immortalis, ut floreat per vos Ju-
ſtitiæ cultus, ut collati atque promeriti ho-
nores excitent in clientibus fiduciam, ut ve-
ſtra implorent probentque Conſilia, \& pa-
trocinia, reddantque illa honoratisſima.


Von dem Corno oder Hertzoglichen Hut des
Doge zu Venedig iſt zu wiſſen, daß ſolches Cor-
no
benennet werde, weil es vorn faſt wie ein Horn
zugeſpitzt in die Hoͤhe gehet. Solches Corno iſt
rund herum mit einer Reyhe groſſe Perlen und
Edelgeſteinen beſetzet, und hat vorn einen groſſen
Rubin, der 100. tauſend Cronen werth iſt, uͤber
welchen ein Diamant von noch hoͤhern Werth
zu ſehen. Der Circul iſt von Gold, der Uber-
zug von Carmoiſin-Sammet; Es wird dieſes
Cor-
[67]des Hutmacher-Handwercks.
Corno auſſer denen Ceremonien-Tagen in den
Schatz S. Marci auffbehalten; wenn dieſes
Corno der Doge auff den Kopff hat, ſo nimmt
ers vor niemand ab, auſſer nur, wenn in der Meß
das Hochwuͤrdigſte in die Hoͤhe gehoben wird, o-
der wenn ſich ein Printz von Koͤniglichen Gebluͤt,
oder ein Cardinal neben ihn ſetzet. Carolus Paſ-
chalis
bemuͤhet ſich zu erweiſen, es ſey dieſes Cor-
no
eben diejenige Trojaniſche Muͤtze, oder der
Phrygiſche Hut, welchen Antenor in Jtalien
gebracht, deſſen Form und Geſtalt an unter-
ſchiedlichen alten Bildern, als zum Exempel an
der Statua des Ganymedis, in dem Vor-Saal
der S. Marcus Bibliothec, ferner auff etlichen
Medaillen des Goͤtzens Lunus und auch an ei-
nigen andern, worauff Æneas gepraͤget, ſeinen
alten Vater Anchiſem auff den Schultern tra-
gend, und endlich auch in der Migniatur des al-
ten M. S. des Virgilii in der Vaticaniſchen Bi-
bliothec
zu Rom zu erſehen.


Jſt noch uͤbrig von denen Cucullis der Alten,
als ſonderlichen Haupt-Bedeckungen, item de-
nen Cucullis Monachorum oder Moͤnchs-Kap-
pen etwas weniges zu gedencken: Es waren aber
der alten Roͤmer ihre Cuculli gemeiniglich an
ihren Regen-Maͤnteln, wie heutigs Tags der
Capuciner Kappen an ihren Moͤnchs-Kutten
feſt gemacht, wie ſolches Martialis lib. 14. Ep.
132. in dieſen Worten bezeuget:


Si poſſem, totas cuperem miſiſſe lacernas;
Nunc tantum capiti munera mitto tuo.
()

E 2Do-
[68]Beſchreibung

Domitius und einige Authores mit ihme meinen,
man habe ſonderlich in denen Saturnalibus ne-
benſt ſolchen Reiß-Maͤnteln, auch beſondere
Kappen getragen, allein dieſen wiederſpricht
Martialis und will, daß ſie zu ſolcher Zeit bloß
ihre Lacernas ohne Kappen getragen haͤtten. Fer-
rarius de Re Veſtiaria Part. II. lib.
1. ſchrei-
bet, daß es wahrſcheinlich ſey, daß die Kappen
und Reiß-Maͤntel zwey Stuͤck, und nicht eines
an dem andern feſt geweſen, weil man lieſet, daß
manchmahl arme Leute ſich einander ein Præſent
von einer Kappe gemacht, welche einen gantz
groben Reiß- oder Regen-Mantel einander nicht
haͤtten ſchencken koͤnnen. Die Freygebohrnen
haͤtten in denen Saturnalibus oder Roͤmiſchen
Kirmeſſen, rechte aus Wolle gemachte Huͤte ge-
tragen, um wenn es regnete, das Haupt deſto
geſicherter zu haben. Von denen Kappen, wel-
che abgeſondert von denen groben Maͤnteln,
die Arme ſich unter einander verehret, ſchreibet
gedachter Martialis Epig. 139. Cuculli Libur-
nici:


Jungere neſciſti nobis, o ſtulte, Lacernas
Indueras albas, exue Callaicas.
()

Uber welche Worte ſich, wie beſagter Ferrarius
ſelbſt klaget, noch bey keinem Ausleger eine deut-
liche Erklaͤrung gefunden. Dieſes iſt indeſſen
gewiß, daß Cucullus eine Haupt- und zugleich
Schulter-Bedeckung, eben wie unſere heutigen
Nebel-Kappen, oder Reiße-Muͤtzen, geweſen ſey.
Dieſe wurde nun mit denẽ Sur-Tout. Roͤcken o-
der
[69]des Hutmacher-Handwercks.
der Reiſe-Maͤnteln, und auch ohne dieſelbe ge-
nommen; dahero abermah! Martialis:


Si poſſem, totas cuperem miſiſſe lacernas,

Nunc tantum capiti munera mitto Tui.

Es wurden aber ſolche Kappen Liburnici ge-
nannt, weil man ſie aus Liburniſcher (oder aus
der Gegend, wo ietzt die Stadt und der Haven
Livorno in Jtalien lieget) gefallener Wolle,
machte, und zwar wurden ſie ſtarck gewalcket,
damit ſie fein dick und wolligt werden, und den
Regen, Schnee und Kaͤlte deſto beſſer abhalten
moͤchten; dahero Jevenalis Sat. 3. de Curio
dentato
ſchreibet:


Fictilibus cænare pudet, quod turpe ne-
gabit,
Translatus ſubito ad Marſos menſamque
Sabellam,
Contentus illic Veneto duroque cucullo.
()

Daß aber ſolche Kappen mehr von gemeinen als
vornehmen Leuten, ſonderlich aber, wenn man
des Nachts herumſchwermen, und ſich verklei-
den wollen, gebrauchet worden; ſolches bezeu-
get der Poet von der nach dem Hur-Hauß gehen-
den Meſſalina, in folgenden Worten:


Sumere nocturnos Meretrix Auguſta Cu-
cullos,
Sed nigrum Flavo crinem abſcondente
Galero.
()

Woraus erhellet, daß zwiſchen einem Cucullo
und Galero ein Unterſcheid, beyde aber eine Be-
E 3de-
[70]Beſchreibung
deckung des Haupts geweſen ſeyn. Und zwar
war dieſes letzteꝛe eigentlich eine Peruque von fal-
ſchen Haaren, welches wie ein Helm oder Cas-
quet
gewunden, die Weiber zu ihrem Zierath
auff dem Haupt trugen, wie etwan ſolches heu-
tiges Tages wieder mode iſt/ jedoch war es da-
mahls mehr eine Huren, als ehrlicher Weiber-
Tracht. Wie denn auch keine andere, als Hu-
ren gelb trugen, dahingegen ehrliche Weiber
ſchwartze Haare liebten, wiewohl ſolches, wie a-
bermahl Ferrarius I. c. ſchreibet, faſt ſchwer
zu glauben; denn wo ſolten alle die ſchwartzen
Haare hergekommen ſeyn, daß alſo die gelbe
Farb mehr von dem Casquetgen, oder der Hu-
ren ihren Muͤtzen, als von denen Haaren zu ver-
ſtehen ſeyn muß.


Dieſes iſt indeſſen gewiß, daß grobe filtzigte
Nebel-Kappen, meiſtentheils des Nachts um
ſo viel unbekanter zu ſeyn gebrauchet worden, deñ
alſo ſchreibet Capitolinus in Vero: Vagabatur
nocte per Tabernas \& Lupanaria obtecto Ca-
pite Cucullione vulgari viatorio,
wie etwan
heutigs Tags diejenigen/ die des Nachts herum-
ſchwaͤrmen, und gerne unbekant ſeyn wollen,
den Hut in die Augen ziehen, und gemeiniglich
groſſe breite Huͤte, etliche auch wohl gar zuge-
ſpitzte hohe Bauren-Huͤte auffſetzen, in ſolcher
Tracht aber von ihren Amaſiis doch wohl erkant
werden, wie dort bey dem Juvenale Sat. 6. ein
gleiches zu leſen, wenn er ſchreibet:


Il.
[71]des Hutmacher-Handwercks.
Illa jubet Juvenem ſumpto properare cu-
cullo.
()

Und w[e]il ſolche, wie gemeld, zu weilen an denen
groben Maͤnteln, die man zugleich, wie noch
heutigs Tags um die Ohren ſchlagen kunte, feſt
waren; als wird dannenhero bey dem Horatio
der Reiſe-Mantel oder Lucerna offt pro Cucul-
lo
genommen/


Turpis odoratum caput obſcurante la-
cerna.
()

Nachdem auch Lacerna und Birrhus einerley wa-
ren, als bedeutet bey denen Poeten Birrhus offt ſo
viel als ein Hut, und mag daher wohl das teut-
ſche Wort Baret oder Biret herkommen. Es ſol-
len aber dergleichen Baret ſelbiger Zeit viel in
Franckreich, in der Provinz Xaintogne gema-
chet worden ſeyn, dahero Martialis ſchreibet:


Gallia Santonico veſtit te Bardo cucullo,
Cercopithecorum penula nuper erat.
()

Woraus faſt zu ſchlieſſen, daß ſolche Barete da-
mahls den Leuten poßirlich auff den Koͤpffen muͤſ-
ſen geſtanden haben, weil man ſie vor eine Affen-
und Meer-Katzen Tracht gehalten, welches auch
lib. 1. Epigr. 54. confirmiret wird.


Sic interpoſitus vitio contaminat uncto,
Vrbica Lingonicus Tyrianthina bardo-
cucullus.
()

Ob aber dieſe Art von Bareten oder Huͤten, von
denen Bardis denen Frantzoͤſiſchen Wahrſagern
und Poeten/ oder von Bardis, welche bey dem
E 4Plau-
[72]Beſchreibung
Plauto und Cicerone traͤge dumme Menſchen
genennet werden, ihre Benennung gezogen ha-
ben, iſt bey denen alten Scribenten noch nicht
ausgemachet.


So viel iſt von denen Bardocucullis bekant,
daß dieſelbe eine Kopff-Bedeckung geringer Leu-
te geweſen, dahero abermahl Martialis ſchreibet:


Pullo Mævius alget in Cucullo,
Cocco mulio fulget incitatus.
()

Wiewohl auch freye Leute dergleichen zu tragen
ſich nicht entſehen haben, denn alſo ſchreibet auch
Martialis von Mannejo L. der gar ein Roͤmiſcher
Ritter ſeyn wollen. lib. 5. Epigr. 14.


Illic Cucullo proſpicit caput tectus,
Oculoque ludos ſpectat indecens uno.
()

Von denen Roͤmiſchen Knechten leſen wir bey
dem Columella lib. 1. cap. 8.

Cultam
veſtitamque familiam magis utiliter, quam
delicate habeat munitam diligenter a Ven-
to, frigore pluviaque, quæ cuncta prohiben-
tur pellibus manicatis centonibus confe-
ctis vel ſagis cucullis.
()

Welche Beſchuͤtzung vor Regen, Kaͤlte und
Wind, die alten Moͤnche und Einfiedler vor-
nehmlich auch angenommen. Wiewohl der hei-
lige Hieron ymus eine andere Urſache der Moͤn-
che Kappen beybringet, wenn er ſchreibt:

Se-
dentes autem Cucullis capita ſua velent,
ne alter alterum aſpiciat manducantem,
()

daß, nemlich die groſſe Kappen uͤber den Kopff
ge-
[73]des Hutmacher-Handwercks.
gezogen, darzu dienen ſolten, damit einer den
andern in waͤhrenden Eſſen nicht anſchauen koͤn-
te.


Ob die alte Formen der Cucullorum oder
Moͤnchs-Kappen, ſonderlich des heiligen Fran-
ciſci
ſeine rund oder oben zugeſpitzt geweſen ſey,
daruͤber haben ſich ihrer viel vergeblicher Weiße
die Koͤpffe zerbrochen. Die ſcheinbarſte Mey-
nung iſt dieſe, daß alle der Alten ihre Kappen
oben zugeſpitzet zugegangen, als wie etwan un-
ſere heutige Duͤten oder Kraͤmer-Haͤußlein, in
welche man Gewuͤrtz, Pfeffer und Roſin einzu-
wickeln pfleget. Dahero Martialis lib. 3. Epigr.
II.
nach deren Gleichniß ſchreibet:


Cujus vis fieri, libelle, munus
Feſtina tibi vindicem parare
Ne nigrum cito raptus in Culinam
Cordyllas madida tegas papyro
Velthuris, piperisque ſis cucullus.
()

CAPVT III.


Vom Hutmachen an und vor ſich ſelbſt/ was
vor Arbeit darzu erfordert werde/ biß ein
Hut zum Gebrauch fertig ſey/ wie er tuͤch-
tig ſchwartz zu faͤrben/ und woran ſolches
zu erkennen ſey/ wie ſtarck die Zahl der Hut-
macher in einem Land oder Stadt ſeyn, auch
wie man den Verfall ihres Handwercks,
durch heilſame Mittel zuvor kommen/ und
dem Handwerck wieder auffhelffen
koͤnne.


E 5Daß
[74]Beſchreibung

DAß Haar und Wolle die Materien ſeyn,
aus welchen Huͤte gemachet werden, iſt
ſchon im 1. Capitel gemeldet worden,
und zwar ſeynd jenes entweder Biber, oder Ca-
ſtor, oder auch Caninichen, Cammel- und Ha-
ſen-Haare; zu Woll-Huͤten aber komt entweder
gemeine Land- oder vornehmlich Polniſche Lam̃-
Engliſche, Spaniſche, ſonderlich feine Vigo-
gne,
Perſianiſche und Boͤhmiſche Sommer-
Wolle. Jetzt beſagte Wollen und Haare muͤſ-
ſen vorher wohl ſortiret, hierauff gekartetſchet.
und alsdenn mit dem Woll-Bogen geſchlagen,
gefacht, mit einem naſſen Tuch uͤber dem Kohl-
Feuer gefiltzet, und zu einen Hut nach beliebiger
Form geformiret werden. Hierauff wird er in
heiſſen Waſſer, worunter etwas Wein-Hefen
gimenget, zwey biß 3. Stunden lang mit den
Haͤnden gewalcket, uͤber den Stock oder Form
gerichtet, und nach Belieben gefaͤrbet.


Der Hutmacher hierzu erforderter Werck-
zeug, beſtehet aus dem Schlag-Holtz, dem Filtz-
Blech, und der Filtz-Tafel, einem Keſſel, der
Walck-Tafel, Roll-Stock und Roll-Eiſen ſamt
denen Stoͤcken und Formen.


Jn Dantzig machen die Hut- oder vielmehr
Filtz-Macher gantze breite Filtze, etwan 1½. Elle
lang und 1. Elle breit, die ſie hernach denen
Kirſchnern und Schuſtern weit und breit ver-
kauffen. Jene brauchen ſolche zur Steiffigkeit in
die Peltz-Waaren, als Muͤtzen und Muͤffen,
die-
[75]des Hutmacher-Handwercks.
dieſe zu Filtz-Stieffeln, und Schuh-Sohlen,
man kan ſie auch denn ſehr beqvem zu kleinen
Veſtungs-Modelen gebrauchen, weil ſie ſich
beſſer als Carten- oder Pap-Papier ſchneiden
laſſen.


Alles Walcken bey denen Hutmachern ge-
ſchiehet mit denen Haͤnden, welches denn den
beſten Filtz und fein Geſchwind giebet. Sie muͤſ-
ſen lauter kurtze Wolle darzu haben, ſo gar, daß
wenn ſie nicht kurtz genug, ſie ſelbige erſt mit ei-
nem Beil auff dem Stock zerhack en muͤſſen. Pol-
niſche Lamm-Wolle iſt ihnen am beſten/ die iſt
weich und kurtz, dahero ſie denn auch die Tuch-
macher nicht wohl gebrauchen koͤnnen, weil ſie
ſich nicht in Faden giebet, indem ſie im Geſpinſt
der Kuͤrtze wegen ausbleibet, iſt auch zun Tuͤ-
chern viel zu theur, wie in Beſchreibung des
Tuchmachens gemeldet worden.


Die gewoͤhnlichen Sprich-uñ Schertz-Woͤr-
ter der Hutmacher bey ihrem Handwerck ſeyn:
klar gefacht, groß gefiltzt, und klein eingewalckt,
giebt einen guten Hut. Gleichwie es hin-
gegen bey ihrer Prudler- oder falſchen Arbeit heiſ-
ſet, Fache fein Knoperich, Filtze fein boll, im
walcken ſchickt ſich alles wohl.


Eine noch genauere Beſchreibung des
Hutmachens beſtehet in folgenden: Erſtlich ver-
richten das Sortiren oder Ausleſen der Wolle
mehrentheils der Hutmacher ihre Weiber, wel-
che denn das darinn befindliche Stroh und die
Schaafs-Lorbeeren fleißig ausſuchen muͤſſen,
weil
[76]Beſchreibung
weil ſonſt, wenn ſolche darinn bleiben ſolte, der
Hut Loͤcher bekommen moͤchte.


Das Kaͤmmen der ausgeleſenen Wolle wird
verrichtet, entweder durch die ſo genannten Kaͤm-
mer oder Hollaͤndiſche Knie-Streicher. Davon
was ſolche ſeyn in den Tractaten von Tuch- und
Zeug-Machen Meldung geſchehen iſt.


Die gekaͤmmte Wolle wird hierauff klein ge-
hackt in 2. biß 4. Theil ausgewogen, worauff
die Meiſter oder Geſellen, (welche fein fruͤh des
Morgens, nemlich um 4. Uhr auffſtehen, und an
die Arbeit gehen muͤſſen) ſolche durch einen Fach-
Bogen und Schlag-Holtz auff der Fach-Tafel.
(die entweder gantz oder durchſchnitten iſt, damit
das Unreine durchfallen koͤnne) herab leidern,
alsdenn nimmt man ein Theil weiſſe Wolle, und
fachet ſolche nach Proportion der Huͤte, in 4.
groſſe Fach, item 4. oder 2. Band-Fache, wenn
aber dergleichen Fach gemachet wird, ſo muß es
mit einem Sieb zuſam̃en geſchoben, gedruckt und
zuſam̃en geleget werden. Ferner muß auch zu
einem jeden Hut, wenn ſolcher abgefacht, etwas
Buſe gefachet, und hierauff mit einem Fleder-
wiſch von einer Gans, die abſtaubenden Haar
oder Wolle, fein rein zuſamm gekehret werden,
als woran viel gelegen, weil hierdurch ein Mei-
ſter reich oder arm werden kan. Und zwar die-
ſes letztere, wenn die Geſellen faule Prudlers
ſeyn, welche die Haar oder Wolle nicht wohl
zuſam̃enkehren, ſondern ſolche liederlicher weiſe
mit
[77]des Hutmacher-Handwercks.
mit denen Fuͤſſen zertreten, und ſolche hernach
in Miſt kehren.


Die Saite auff dem Fach-Bogen betreffend,
muß ſolche nach Proportion des feinen Zeugs o-
der Wolle eingerichtet ſeyn, denn zu feinen Zeug
nimmt man nur ſchwache Schnuͤren, zur Wolle
aber etwas groͤbere, es gehoͤret auch ein Tuch-
Lappen darzu, damit wenn das Zeug oder Wol-
le etwas ſchweißig oder fett iſt, man die Saite
oder Schnur an dem Bogen wieder ſauber ab-
wiſchen koͤñe, weil ſich ſonſt, weñ ſolches nicht, ge-
ſchiehet, die Wolle oder Haaꝛe an der Schnur an-
haͤngẽ, daß man hernach kein gutes Fach zu Weg
bringen kan, an welchem doch das meiſte gelegen
iſt. Wenn dieſe Arbeit alle alſo geſchehen, und
Meiſter und Geſellen hierauff das Fruͤhſtuͤck ein-
genommen, ſo ſchreitet man
Zu dem Filtzen/


Eh wir aber von ſolchem, und was vor Hand-
griffe und Inſtrumenta darzu noͤthig ſeyn, han-
deln, ſo bemercken wir erſtlich in genere, daß
wenn ein Hutmacher die Wolle mit dem Woll-
Bogen zu einem Haar-Hut ſchlagen will, ſo nim̃t
er erſtlich unten eine Lage von feinen Caſtor- oder
Vigogne-Haaren, und ſchlaͤgt ſelbige zu einem
Boden. Wenn er hierauff ein wenig Grund
hat, ſo nimmt er gute Polniſche Sommer-Wol-
le, und ſchlaͤgt wieder daruͤber her, biß ein Filtz
zum Hut wird/ alsdenn nimmt er wieder zur
Bedeckung feine Haar, und koͤmt dieſes faſt mit
denen inwendig Bleyernen, auswendig aber mit
Gold
[78]Beſchreibung
Gold uͤberzogenen falſchen Ducaten uͤberein, bey
denen Hutmachern aber iſt es ein redliches, und
Handwerck gemaͤſſes Stuͤcke. Denn wenn man
unter einen Hut von Caſtor-Haaren, nicht et-
was feine Wolle miſchen ſolte/ ſo wuͤrden die
puren Caſtor-Haare ſich anders nicht/ als mit
groſſer Muͤh und Unkoſten zu einem Filtz walcken
laſſen.


Weil auch die Caſtor- oder Biber-Haar theu-
er/ als muͤſſen die Hutmacher ſparſam damit
umgehen, dahero ſie auch von einem Pfund Haar
wohl 12. Huͤte bedecken koͤnnen.


Zuweilen muͤſſen auch Haſen- oder Canini-
chens-Haar unter die Caſtor- oder Biber-Haar
mit unterlauffen.


JnSpecieiſt von den Filtzen zu mercken/


Daß erſtlich zu feinen Huͤten 2. Ellen feine
Leinwand, zu Woll-Huͤten aber Mittel-Lein-
wand gehoͤre. Ferner eine Filtz-Taffel, ein
Filtz-Blech von Eiſen oder Kupffer/ eine Buͤtte
oder Goͤlte, und ein Feuer-Napff mit Kohlen.
Hierauff filtzt man zweyfach, und legt zwiſchen
jedes einen duͤnnen Lappen, damit die Wolle
oder Haar nicht zuſamm filtzen, wenn ſolches
geſchehen, ſo wird der Hut auffgeſchloſſen, die
Fache uͤber einander gebracht, jedoch mit ſol-
cher Subtilitaͤt, daß man ſie wieder auffſchlieſſen
kan, und ſie ſich nicht uͤberlegen, als welches
ſonſt Faltzen giebet, dadurch der Hut ein uͤbel
Anſehn bekoͤmt.


Wenn nun ſolcher geſtalt ein Hut fertig wor-
den,
[79]des Hutmacher-Handwercks.
den, ſo wird er wohl ausgebuͤſſet und durchſe-
hen, ob er nicht Loͤcherich oder ungleich gefiltzet
ſey, als woran die groͤſte Kunſt des Hutes beſte-
het; ſo muß er auch nicht zu groß und nicht zu
klein ſeyn. Wenn nun dieſes alles wohl beſichti-
get, gleichſam damit das Tag-Werck verrich-
tet worden, ſo werden die Woll-Huͤte gekocht,
darzu gehoͤret nun ein eingemauerter Keſſel, oder
Eiſerne oder Kuͤpfferne Pfanne, wie auch ein
etwas kleiner Koch-Topff, item eine Walck-
Tafel, von ſtarcken Pfoſten Brettern, wohl fe-
ſte gelegt, ferner ein Roll-Stock zu feinen Huͤ-
ten, und ein Roll-Eiſen, ſo in der mitten 4. oder
8. Eckigt, ingleichen ein Stamper, eine Fauſt,
und Streich-Bret, Hoͤltzerne Form-Stoͤcke,
nach Art der mode klein oder groß, wie man ſie
haben will. Es muͤſſen aber die Huͤte in
reinen Waſſer mit etwas Lauge oder Urin ver-
miſchet 2. biß 3. Stunden kochen, dabey man
denn wohl zuzuſehen hat, daß nicht etwas von
Kalch darzu kom̃e, weil ſonſten ſolches die Huͤ-
te verderben wuͤrde, daß ſie alle zerfallen muͤſten.


Wenn der Walck-Keſſel geheitzt, und das
Waſſer warm iſt, ſo thut man zwey oder 3 Kup-
pen, Butten oder Goͤlten, Wein-Spuͤlig o-
der Wein-Hefen darein, oder auch etwas Wein-
ſtein, ſo man Caſtor-Huͤte hat. Der Weinſtein
wird auff die Tafel gebracht, angefeuchtet, mit
der Fauſt klar gerieben, das Waſſer laͤſt man in
den Keſſel lauffen, und faͤngt alsdenn an zu wal-
cken, anfaͤnglich nur behutſam, dabey man den
Hut
[80]Beſchreibung
Hut offt reckt, damit er in der Runde bleibe, ſin-
temahl ein Hut in dem erſten Anſtoſſen, wie es die
Hutmacher nennen, wenn er nicht recht gewal-
cket wird, leicht verdorben werden kan, ſo muß er
auch in eineꝛ Hitze gewalcket werden. Wenn denn
der Hut nach Proportion der Forme kurtz. ſo
wird er mit den Fuͤſſen durch das Roll-Eiſen ab-
gerollt, daß er recht feſte werde, alsdenn ſtoͤßt
man ihn um, und bringt ihn zur Forme. Zu die-
ſer Arbeit gehoͤret ein Ausſtoͤſſer, mit welchem der
Hut oben aus gebrochen wird, daß er glat an der
Form anliege, ferner wird er mit dem Band an-
geformt, und mit der Fauſt der Rand ausgeſtoſ-
ſen, und dieſes alles in voller Hitze; Hierauff
wird wieder die Fauſt auff den Kopff des Huts
geſetzet, mit den Fuͤſſen darauff getreten, und
mit den Haͤnden ausgeſtreckt, daß er plat auff
der Tafel lieget, alßdenn mit dem Streich-Bret
ausgeſtrichen, daß das Waſſer rein herauskom-
me, alsdenn wieder ausgeſtreckt, und auffge-
henckt, damit er trocken werde, und zwar geſchie-
het ſolches Auffhaͤngen entweder auff der Form,
oder von der Form abgezogen. Nach dieſem wird
er mit einen Bims-Stein abgeſcheuert, und hier-
auff mit Karten oder Hollaͤndiſchen Cartetſchen
auffgekratzet, alsdenn wieder angeformt, aus
heiſſen Waſſer ausgeſtrichen, und ſo dann ver-
glichen, damit er an Rand recht rund werde; weñ
dieſes geſchehen, ſo geht man damit zur Farbe,
welches, weil viel daran gelegen, wir etwas aus-
fuͤhrlich zu beſchreiben, uns nicht entziehen wollen.


Es
[81]des Hutmacher-Handwercks.

Es iſt aber von den Schwartzfaͤrben der Huͤ-
te vornehmlich zu bemercken, daß ſehr viel da-
ran gelegen, daß daſſelbe dauerhafft und von
einem ſchoͤnẽ Glantz ſey, weil nichts ſchaͤndlichers
an denen Huͤten kan geſehen werden, als wenn
ſelbige ſo gar bald ihre ſchwartze Farbe verlieren
und kahl werden. Dahero diejenigen Hutmacher,
welche vor andern einen guten ſchwartzen Hut
zu faͤrben wiſſen, mehr Zulauff und Nahrung,
als andere Stuͤmpler oder Faͤlſcher haben, wel-
che nicht denen Satzungen gemaͤß die Materia-
lia
und Muͤhe daran wenden wollen, die zu einer
rechten ſchwartzen Farbe gehoͤren, dahero ihre
Huͤte kaum die Helffte ſo lang, als andere gut
gefaͤrbte Huͤte gebrauchet werden koͤnnen, da
ſie ſchon grau und fahl werden, alſo, daß da ſonſt
jemand an einem gut gefaͤrbten Hut eine Zeit lang
genug haͤtte, er wohl drey ſolcher ſchlecht gefaͤrb-
ten Huͤte gebrauchen muß. Woraus zugleich dem
Lande der Schaden zuwaͤchſt, daß hernach ſo viel
mehr Geld vor Lamm-Wolle, Caſtor, oder Bi-
ber und Camel-Haar, auch andere frembde Ma-
terialia
hinaus gehen muß, welches das Jahr
uͤber ſchon ein ziemliches betraͤgt.


Ehe wir aber die Eigenſchafften einer guten
Hut-Schwaͤrtze recht unterſuchen und beſchrei-
ben, ſo iſt nach Anleitung des Unterrichts, wel-
cher in dem Teinturier Parfait gegeben wird, noͤ-
thig, daß jedes Orts Hutmacher die Wolle und
Farb-Kraͤute, wie auch die Beqvem- und Unbe-
qvemlichkeiten, welche ſich daſelbſt zu Hutma-
Fchen
[82]Beſchreibung
chen ereignen, wohl erwege, und ſonderlich un-
terſuche, wie man darzu gelangen moͤge, daß man
die daſelbſt verfertigten Huͤte, in ſolche Reputa-
tion
bringe, daß ſie nicht allein in dem Land, ſon-
dern auch auſſer demſelben beliebt ſeyn, und die
Handlung damit vergroͤſſert, nicht aber verin-
gert werden moͤge.


Es beſtehet aber ſolches in Abſchaffung der
ſchlechten und unrechten Farbe, und daß man
hergegen gute und tuͤchtige an die Stelle einfuͤh-
re. Solches geſchiehet nun vornehmlich folgender
geſtalt:


Erſtlich muͤſſen alle Woll- und Haar-Huͤte
mit guten Aleppiſchen oder Alexandriniſchen
Gall-Aepffeln, wie auch etwas Jndianiſchen
Holtz vorbereitet, und ziemlich lang in dem Gall-
aͤpffel-Waſſer gehalten werden, damit die Far-
be hernach deſto beſſer in den Filtz hinein dringe.
Nach dieſen ꝛichtet man ebendieſes Gallen-Waſ-
ſer mit ſchwartz und genugſamen Jndianiſchen-
Holtz, wie auch ein wenig Vitriol und Gruͤn-
ſpan zu, und laͤſſet abermahl die Huͤte ihre gebuͤh-
rende Zeit darinn liegen, damit die Farbe deſto
beſſer durchdringen koͤnne. Es muß aber das
Jndianiſche Holtz, welches man in die Schwaͤr-
tze thut, vorher beſonders gekochet worden ſeyn,
und nach dieſem zum wenigſten drey oder vier
Tage lang abgekuͤhlet haben, eh mans braucht.
Jngleichen muß man die Doſin von den Gallaͤpf-
feln und Jndianiſchen Holtz, nach Proportion,
als
[83]des Hutmacher-Handwercks.
als der Hut von Haaren und ſchwer zu faͤrben
iſt, vermehren.


Nachdem nun dieſe Vor-Arbeit verrichtet,
ſo ſetzt man einen neuen Keſſel mit reinen Waſſer
an, in welches man eine genungſame Qvantitaͤt
Jndianiſch und ein wenig gelb Holtz thut, dieſes
laͤſt man drey Stunden mit einander kochen; hier-
auff, wenn man es hat wohl erfriſchen laſſen/ ſo
ſchuͤttet man gnugſamen geſtoſſenen Gallus zu,
und laͤſt es nochmahl mit den Jndianiſchen und
gelb Holtz 3. andere Stunden lang kochen, thut
hernach den Vitriol und endlich die Huͤte hinein
Wenn nun der Keſſel ein wenig laulicht worden,
ſo laͤſt man etwas Gruͤnſpan darinn zergehen,
welcher denn viel hilfft, daß das Jndianiſche
Holtz beſſer angreifft; laͤſt hierauff die Huͤte a-
bermahl eine gute Zeit lang in dieſer zweyten
Schwaͤrtze ſtehen, damit die Farb deſto beſſer
durchdringe.


Waͤre es, daß es koſtbare oder ſchwer zu faͤr-
bende Huͤte waͤren, ſo muß man ihnen die dritte
Schwaͤrtze geben, welche man auff obbeſchrie-
bene Manier zurichten muß. Wiewohl man auch
die Doſin der Ingredientien nach erfodern oder
Beſchaffenheit des Schwartzens vermindern o-
der vermehren kan. Fiele der Glantz des Huts
alsdenn noch etwas ins Blaue, ſo ſetzt man
mehr gelb zu, waͤre er aber zu roth, ſo nimmt
man von den gelben Holtz ab, und giebt ihm ſo
viel mehr Jndianiſch-Holtz. Und ſo verfaͤhret
F 2man
[84]Beſchreibung
man auch mit andern Droguen, nachdem von
dem einen zu viel oder zu wenig genommen iſt.


Wenn nach dieſem die alſo ſchwartz gefaͤrbten
Huͤte wohl ausgewaſchen worden, ſo kan man
den blaulichen Glantz, wenn ſolcher noch zu viel
iſt, mit etwas gelb Holtz temperiren, welches,
wenn es ein wenig mit Gum̃y angemachet wird,
ſo wohl auff Haar-als Woll Huͤten eine gute
Wuͤrckung thut.


Hierbey iſt aber zu mercken, daß obgleich die
groben Woll-Huͤte aus dem erſten Schwartzen
ſich genugſam faͤrben laſſen, wenn man nur ge-
nungſame Gallaͤpffel, wie auch etwas von dem
Smack darzu gethan, u. auch etwas mehr Kupf-
fer-Waſſer gegeben; So wollen doch die ſchon
etwas beſſere Huͤte, die zweyte Schwaͤrtze haben,
die gar feine uñ koſtbare aber die dritte Schwar-
tze, wie oben ſchon gemeldet worden. Da wir
auch geſagt, daß die feine Huͤte im Faͤrben mit
etwas gelb Holtz koͤnnen tempetiret werden, ſo
iſt ſolches bey denen Groben nicht noͤthig, weil
man daſelbſt Sumach oder Schmack beyſetzet,
und auch mehr Kupffer-Waſſer darzuthut Man
koͤnte ſie auch wohl mit dem Gelb-Kraut (Fran-
tzoͤſiſch Gaude genannt) abſuͤſſen, oder ſie durch
das Gelbholtz-Waſſer (wenn erſt die feine Huͤte
ſeine beſte Krafft ausgezogen, durchziehen.


Nachdem aber bey allen dieſen, doch kein voll-
kommenes Schwartz, ſo wohl an Haar- als
Woll-Huͤten erlanget wird, es ſey denn, daß
man ſie aus Weyd oder Paſtel blaue, welches
die
[85]des Hutmacher-Handwercks.
die Hutmacher biß hieher zu thun unterlaſſen ha-
ben, eines Theils, weil ſie in der Meynung ge-
ſtanden, wenn man einen Hut ſolcher geſtalt in
Faͤrben zu ſtarck angriffe, daß er daruͤber die
Haar moͤchte fahren laſſen, welches aber keines
wegs zu beſorgen, wenn nur das Haar im wal-
cken mit dem Filtz wohl durch gearbeitet iſt, und
ihme darauff eine gute Schwaͤrtze gegeben wor-
den.


Als waͤre wohl noͤthig die Hutmacher dahin
zu halten, daß fie alle ihre Hut-Wolle, oder
Haar zuvor tuͤchtig blau faͤrben muͤſten, ehe ſie
ſolche zu Huͤten verarbeiteten, weil die blaue Farb
wohl decket, und die Wolle oder Haar auch ge-
ſchickter machet, die Schwaͤrtze anzunehmen.
Gar grobe Huͤte, haͤtten eben keine ſtarcke Blau-
ung noͤthig; bey den Feinen aber wuͤrde durch
das Blauen, auch die dritte Schwaͤrtze koͤnnen
erſparet werden, indeſſen wuͤrde ein grober aus
dem Blauen gefaͤrbter Hut, nicht uͤber drey, und
ein Feiner nicht uͤber fuͤnff Stuͤber mehr zu ſte-
hen kommen, als einer der nicht vorher blau ge-
faͤrbet worden.


Damit man aber ſehen moͤchte, ob jenes ge-
ſchehen, ſo muͤſte allen Hutmachern verboten
werden, den Rand nicht zu beſchneiden, eh und
bevor ſie inwendig in den Hut ihr Zeichen geſe-
tzet, und ſolche Huͤte alsdenn durch die geſchwor-
ne Aelteſten ihres Handwercks beſichtiget wor-
den. Welche, wenn ſie ſolche gut und tuͤchtig be-
funden, ihre Zeichen gleichfalls nebenſt des Mei-
F 3ſters
[86]Beſchreibung
ſters ſeinen darein drucken, und ſo der Hut nicht
von der rechten Qualitaͤt befunden worden, den-
ſelben gar confiſeiren koͤnten.


Truͤge es ſich auch zu, daß ein Hut, der von
Meiſter und Aelteſten gezeichnet woꝛden, ſich nach
der Zeit doch uͤbel gefaͤrbt befinden ſolte, ſo muͤſte
der Beſitzer ſeinen Recurs an dem, der ihm den
Hut verkaufft, dieſer aber ſo wohl an dem Hut-
macher, als an die Aelteſten die ihn falſch gezeich-
net, nehmen koͤnnen. Die Aelteſten muͤſten auch
noch darzu geſtrafft werden, weil ſie einen Hut
gezeichnet, der nicht Kauffmanns-Gut geweſen.


Am allerſicherſten aber wuͤrde man der Huͤte
wegen (daß ſolche recht gefaͤrbet) ſeyn koͤnnen,
wenn das gantze Handwerck der Hutmacher ei-
nes Ortes gehalten waͤre, zwey oder mehr Filtze
von unterſchiedlicher Art Haar und Wolle zu
faͤrben, welche hernach ſtets in ihrem Gild- oder
Jnnungs-Hauß bleiben, und daſelbſt zur Probe
dienen muͤſten, nach welcher man hernach alle in
derſelbigen Stadt gefaͤrbte Huͤte zu beurtheilen
haͤtte. Und ob man gleich nach ſolcher Probe/
in Gegenhaltung der gemachten Huͤte, nicht ſo
gar accurat urtheilen koͤnte, ſo muͤſten die Hut-
macher Aelteſten ein Stuͤcklein von der Prob, und
auch ein Stuͤcklein von dem Rand des zu beur-
theilenden Huts, (jedoch ſolcher geſtalt, daß der
Hut dadurch nicht geſchaͤndet oder verdorben
wuͤrde) ab ſchneiden, uñ beydes zuſam̃en mit gleich
ſchweren Alaun und Weinſtein abkochen, ſo
wuͤrde ſichs bald weiſen/, ob der Hut Probmaͤſ-
ſig gefaͤrbet ſey oder nicht.


End-
[87]des Hutmacher-Handwercks.

Endlich iſt auch noch zu mercken, daß in der Ael-
teſten ihren Zeichen/ auch der Stadt Nahme, in
welcher der Hut gemacht, wie auch die Jahr-
Zahl, wenn ſie ſolchen beſichtiget und gezeichnet;
ingleichen der Nahme des Hutmachers muͤſte
aus gedruckt, und ſolches auch zum Uberfluß in
ihren Jnnungs-Buch auffgezeichnet werden, da-
mit wenn uͤber lang oder kurtz ſich Streit ſolches
Huts wegen erheben moͤchte, man aus ſolchen
Buch Nachricht erlangen koͤnne.


Wenn nun oberzehlter Maſſen ein Hut gefaͤr-
bet iſt, ſo wird er wieder ausgewaſchen, und her-
nach entweder auff der Form, oder ohne dieſelbe
getrucknet. Hierauff wohl ausgekehrt und ge-
ſteifft. Wenn auch dieſes geſchehen, ſo wird er
wieder getrucknet, und alsdenn mit Waſſer o-
der zubereiteten Glantz geglaͤntzet. Wenn er
nach dieſem wieder trucken worden, ſo macht
man ihn platt auff dem Filtz-Blech. Zu ſolcher
Arbeit gehoͤret ein Dunſt-Lappe, wie auch die
Fauſt-und Form-Stoͤcke. Hierauff laͤſt man
ihn wieder trucknen, und butzt oder biegelt ihn
alsdenn mit einem Meßingen oder Staͤhlernen
Biegel-Eiſen, jedoch alſo aus, daß er im Bie-
geln nicht verbrennt werde. Und damit iſt nach ſo
vieler Muͤh und Arbeit endlich ein Hut fertig.


Es iſt aber alles dieſes, was ietzt geſaget wor-
den, nur von einen guten Hut (den ein rechter
Meiſter gemacht) zu verſtehen. Denn was
Stuͤmpler Arbeit iſt, an ſolcher fehlet freylich
ſehr viel, daß ſie nicht ſo gut ſey, als rechte Mei-
F 4ſters,
[88]Beſchreibung
ſters, theils weil diejenigen die ſolche verfertigern,
das Handwerck nicht tuͤchtig verſtehen, theils
auch weil eine rechtſchaffene Arbeit nicht wohl
bezahlet wird, und es dannenhero heiſt: Kuͤpffern
Geld, Kuͤpffern Seelmeß. Worinnen ich auch
die lieben Handwercksleute zum Theil nicht ver-
dencken kan. Wie aber dieſen abzuhelffen, iſt an-
derwerts von uns gewieſen worden.


Die heutigs Tags unter unſern teutſchen Hut-
machern bekanteſte Sorten von Huͤten ſeynd die
gantze, halbe und viertels Caſtor, die Loutre,
Codebeck
iſche und Cameel-Haͤrige, die aus
Polniſcher, und auch aus Land-Wolle gemach-
te Huͤte.


Ein Stein Sommer-Wolle koͤmt ihnen in
Sachßen auff 5½. biß 6. Reichs-Thl.


Ein Stein Lamm-Wolle 5. Rthl. die denn
theils noch ungewaſchen, davon hernach wohl
2. biß 3. Pfund im Waſchen abgehet. Polmſche
Lamm-Wolle iſt ungleich theurer, und komt der-
mahlen in Sachßen wohl 10. biß 12. Rthl. der
Stein. Die Boͤhmiſche Sommer-Wolle iſt
von 5. biß 6. Rthl. dieſe wird um Michaelis,
und die Lamm-Wolle nach Pfingſten abgenom-
men.


Caſtor- oder Biber-Haar muß man meiſten-
theils aus Engeland, Holland und Hamburg
haben, das Pfund koͤmt ietziger Zeit 7. Rthl.
das Moßcowitiſche Biber-Haar faͤllt etwas kuͤr-
tzer, aber auch viel feiner, dahero man ſolches,
wenn
[89]Hutmacher-Handwercks.
wenn man einen guten Caſtor-Hut machen
will, mit Engliſchen Biber-Haar vermenget.


Die ſogenannte Loutre-Huͤte, die manche
vor Caſtor anſehen, werden von Perſianiſcher
Vigogne-Wolle gemachet, Haaſen-Haar da-
runter gemenget, und hernach mit etwas Biber-
Haar uͤberzogen.


Hunde-Haare zu verarbeiten iſt verboten,
und wird derſelbe, der ſolches thut, er ſey Mei-
ſter odeꝛ Geſell nicht vor ehrlich gehalten. So wer-
den ihnen auch die Kuͤh- und Kaͤlber-Haar, in-
gleichen die Flocken von den Tuchmachern und
Tuch-Scherern nicht geſtattet; wiewohl es mit
dieſen letzern an denen Orten, wo die Wolle ge-
nau zuſammengehet, nicht eben ſo genau genom-
men wird.


Eine andere Bewandniß aber hat es mit den
groben Filtzen, zu welchen die Hutmacher un-
geſcheuet die Kuͤh- und Kaͤlber-Haare nehmen
moͤgen. Solche Filtze werden hernach wie ſchon
gemeldet, von den Kuͤrſchnern und Schuſtern,
item denen Taͤſchnern zu Stuͤhlen und Matrazen,
wie auch von denen Feuer-Werckern und Artil-
leri
ſten ꝛc. gebraucht.


Zu mercken iſt auch, daß die Engliſchen, Hol-
laͤndiſchen, Frantzoͤſiſchen und Jtaliaͤniſchen
Hutmacher von unſern teutſchen Meiſtern nur
vor Filtzmacher gehalten werden, weil ſie in An-
ſehung ihrer feinen Zeug keinen Hut mit denen
Fuͤſſen daſelbſt bearbeiten; ſolches auch, weil
ihre Geſellen nicht viel in Teutſchland reiſen, nicht
F 5ver-
[90]Beſchreibung
verſtehen; und wenn ja ein Geſell herauskomt/ ſo
iſt doch zwiſchen ihnen und denen teutſchen Geſel-
len immer Streit, alſo, daß ſie ſich niemahls
wohl zuſammen vertragen koͤnnen.


Folget noch mit wenigen die Zahl der
Hutmacher/
welche in einer Stadt und Land
etablirt ſeyn ſolten, damit ſie alle zulaͤnglich an
ihr Brod kommen, und doch auch das Land und
deſſen Commercium mit genugſamen Huͤten ver-
ſehen werden koͤnte.


Dieſes laͤſſet ſich nun am beſten aus der An-
zahl der Buͤrgerſchafft eines Orts, und denn
aus des Landes ſeinem Commercio und Hand-
lung urtheilen. Zu jeden hundert Buͤrger-Haͤu-
ſern, halte ich, was deren eigenen Gebrauch an
Huͤten betrifft, waͤre ein Hutmacher genug. Zu-
mahl wenn er feine und grobe Huͤte zu machen
ſich befliſſe. Da es denn ſo leer nicht abgehet, daß
ab- und zureiſende- Frembde oder Lands-Leute
nicht auch manchmahl mit einem Hut ſich verſe-
hen ſolten, daß alſo bey 100. Familien ein Hut-
macher ſchon an ſein Brod kommen koͤnte, ſo viel-
mahls ſolche Familien nun an hunderten ſtiegen,
oder in einer Gemeine befindlich waͤren, ſo viel
Hutmacher muͤſten ſich zu etabliren zugelaſſen
werden. Welches denn am fuͤglichſten aus einer
richtigen Buͤrger- oder Einwohner- Matricul
wuͤrde abzunehmen ſeyn. Gleicher geſtalt koͤnte
auch die Proportion auff den Land in acht genom-
men werden, daß nachdem in einem Amt oder
Diſtrict viel Haußſaͤßige Familien waͤren, da-
ſelbſt
[91]des Hutmacher-Handwercks.
ſelbſt auch auff ein oder zwey hundert ein Hut-
macher zuzulaſſen waͤre, jedoch daß es auſſer-
halb einer Meile von der Stadt ſey, und er ſich
vergnuͤge, ſeine Huͤte in ſeinem ihme angewieſe-
nen Diſtrict zu verkauffen, und ſolche nicht zum
Præjudiz der Stadt-Meiſters in die Staͤdte
einſchleiche. Wobey jedoch denen Land-Leuten,
wenn ihr Hutmacher nichts guts von Huͤten haͤt-
te oder machen koͤnte, oder auch ſich nicht in der
Billichkeit wolte handeln laſſen, ungewehrt ſeyn
muͤſte, nach Belieben Huͤte in der Stadt einzu-
kauffen, ſonderlich diejenigen, welche fremde ſeyn-
Dieſes aber waͤre nur von dem eigenẽ Gebrauch
einer Stad oder eines Landes geredet, wo aber
die Handlung auff frembde Oerter, Maͤrckte und
Provinzien ein anders erforderte, da iſt kein ge-
wiſſer Numerus der Hutmacher, weder auf dem
Land noch in der Stadt zu determiniren, und
koͤnten in einem kleinen Flecken, der an ſich ſelbſt
nicht einen einigen Hutmacher zu ernehren ver-
moͤchte, wohl 10. biß 20. wohnen. Wenn ſie ih-
re darum gemachte Waare hernach auſſerwerts
zu verhandeln wuͤſten. Auff welche Art auch die
ſogenannte Pfuſchers oder unzuͤnfftige Meiſters,
keine Pfuſchers mehr ſeyn oder heiſſen wuͤrden,
wenn ſie mit ihrer Arbeit denen Einlaͤndiſchen
Meiſtern binnen Lands keinen Eintrag thaͤten,
ſondern was ſie machten, auſſerhalb Landes ver-
kaufften, dadurch Geld ins Land zoͤgen, und dem
Landmann ſeine Wolle beſſer conſummiren
machten. So koͤnte man auch uͤber die geſetzte
Zahl
[92]Beſchreibung
Zahl der Hutmacher demjenigen das Einkom-
men, und haͤußliche etabliren in einer Stadt o-
der Land, ja das Handeln in denſelben nicht weh-
ren, vielweniger ihn/ ob er gleich nicht in ihrer
Zunfft waͤre, mit dem Schimpff-Wort eines
Pfuſchers belegen, welcher lauter feine, oder
doch ſolche Huͤte machte, welche die andern Hut-
macher weder machen koͤnten noch wolten. Da-
hero billich an unſere teutſche Hutmacher und
auch andere Handwercker die Ermahnung gehet,
daß ſie ſo viel moͤglich in ihren eigenen Zuͤnfften,
ſich auff neue, feine, und der Auslaͤndiſchen gleich-
kommende Waare befleiſſen ſolten, damit ſie
dem Vaterland dadurch Nutzen ſchaffen, und
das Geld, ſo viel an ihnen iſt, im Lande mit con.
ſervi
ren helffen, der Obrigkeit aber nicht Anlaß
geben moͤgen, auch bey ſonſt geſchloſſenen Zuͤnff-
ten, Frey-Meiſters zu ſetzen, welche beſſere und
Correntere Waare als ſie machen, von der al-
ten Handwercks-Leyer abgehen, und nebenſt der
Kraͤmerey, auch dem Land-Commercio auff-
zuhelffen ſuchen. Da nun die eingebohrne Zuͤnff-
tigen Hutmacher eines Orts ſolches auch zu præ-
ſti
ren verſprechen, ſo muͤſte es nicht in bloßen
Worten beſtehen, ſondern ſolches in der That
erfolgen, und in ihren offenen Buden ſich erwei-
ſen, daß ſie auch gantze oder halbe Caſtor, oder
andere feine nach auslaͤndiſcher Faſon zugerich-
tete Huͤte (denen die ſolche verlangten) præſen-
ti
ren koͤnten. Jch bin verſichert, wenn ſolches
geſchehe, es wuͤrde ſich die Zufuhr frembder Huͤ-
te
[93]des Hutmacher-Handwercks.
te, von ſelbſt legen/ ohne daß man noͤthig haͤtte
Impoſten darauff zu ſchlagen, und ein ieder Ein-
wohner wird lieber ſeinen Mit-Buͤrger, alsden
Frembden das Geld goͤnnen, wenn er mit glei-
cher Waar/ wie bey dieſen, alſo auch von jenen
koͤnte verſehen werden.


Hier kommet aber ebenfalls in Conſiderati-
on,
was wir anderwerts von denen Tuchma-
cher-Jnnungen geſagt, daß nehmlich eine gantze
Jnnung eine Caſſam oder Fundam haben ſolte,
aus welcher ſie ihren armen Mit-Meiſtern aus-
huͤlffe, damit er Wolle und andere Materialia
kauffen, und ſein Handwerck ungehindert, und
ohne Juͤden-Wucher fortſetzen koͤnne. Wor-
zu denn noch ein allgemeines Hutmacher-Jn-
nungs-Magazin, oder Gewoͤlb in Vorſchlag
kommt, ſamt andern heilſamen Projectis mehr,
welche in beſagten Tuchmacher-Tractat pro-
poni
ret, und um ſelbige in Praxin zu bringen, re-
commendi
ret worden.


Wegen der Jahrmaͤrckte haͤtte man noch zu
erinnern, daß ſolche unſern Hutmachern mit ih-
ren Huͤten zu beziehen, gar wohl koͤnte zugelaſ-
ſen werden, weil dadurch der Staat oder des
Landes Handlung vergroͤſſert, und aus der Frem-
de Geld hereingezogen wird, hingegen ſeynd die
Jahrmaͤrckte, auff welchen frembde Hutma-
cher uns ihre Huͤte zufuͤhren, ſo viel als moͤglich
einzuſchrencken, auch auff dem Land und Kirmeſ-
ſen, oder im Haußiren nicht zu gedulten, in ſo
ferne nur unſere Einheimiſche Stadt- oder Land-
Hut-
[94]Beſchreibung
Hutmacher billichen Preiß (jedoch ſo, daß ſie
auch dabey leben koͤnnen, und vor ihre ſaure Ar-
beit an der Waare etwas haben moͤgen) geben,
auch feine und geringe Waar genugſam in Vor-
rath anſchaffen, und wenn das Commercium
ins Groß darinn zu bluͤhen anfing, daſſelbe mit
genugſamer, und von denen Kauffleuten verlang-
ter Waar verſehen und verlegen koͤnten. Wo-
bey noch zu bemercken, daß weil der Hutmacher
ihr Handwerck ohne dem nicht viel abwirfft, daß
ihnen auch allerhand kleines Wollen-Zeug, nicht
aber gantze Stuͤcken Tuch ſchwartz zu faͤrben,
muͤſte zugelaſſen ſeyn, ſonderlich in kleinen Staͤd-
ten, welche einen eigenen Schwartz-Faͤrber nicht
erhalten koͤnnen.


Da wir auch oben eines Hutmacheꝛ-Jñungs-
Magazin oder Gewoͤlbs gedacht, ſo koͤnte ſolches
dergeſtalt eingerichtet werden, daß wer etwas
weit abgelegen wohnte, und keine eigene Bude
oder Gewoͤlb zu ſeinen eigenhaͤndig gemachten
Huͤten auff oder um den Marckt herum, oder
ſonſt an einem gelegenen Ort haben wolte, der
koͤnte ſeine Huͤte in der Hutmacher allgemeines
Gewoͤlb zum Verkauff hingeben. Jn dieſem Ge-
woͤlb moͤchten ſie auch wohl auslaͤndiſche, feine
und grobe Sorten Huͤte zum Kauff haben, auch
ſolche, ſo lang ſie ſelbige nicht ſelbſt zu verferti-
gen, die Mittel und die Wiſſenſchafft haͤtten, aus
der Frembde kommen laſſen, welches aber auch
denen Kraͤmern frey ſtehen muͤſte, um die Hut-
machers dadurch zu zwingen und anzureitzen, daß
ſie
[95]des Hutmacher-Handwercks.
ſie ſich auff Verfertigung dergleichen feinen
Guts ſo viel eher befleiſſen muͤſten. Weñ hernach
ſolches geſchiehet, ſo muͤſte darum doch denen
Kauffleuten und Kraͤmern, Huͤte aus der Fremb-
te zu verſchreiben nicht verboten ſeyn, weil die
Handlung gantz keinen Zwang leiden will. Man
muͤſte aber hingegen, wenn erſtlich die Auslaͤn-
diſchen Huͤte ſo gut hier zu Land, als in der Fremd
gemachet werden koͤnten, einen ſolchen Zoll da-
rauff legen, daß die frembde Zufuhr in dieſer
Waar ſich dadurch ſelbſt abſchnitte; ſolches a-
ber muͤſte wie gedacht eher nicht geſchehen, als
biß unſere Hutmacher ſolche perfect, oder bey
nahe ſo gut als die Auslandiſchen ſeyn, nachma-
chen koͤnten.


Hiebey faͤllt mir nun noch ein, wie doch dem
grauſamen Verfall des ſo loͤblichen als nuͤtzli-
chen Handwercks der Hutmacher, der an vie-
len Orten einreiſſen will, ſo viel als moͤglich zu
ſteuren ſey. Wie ich denn eine gewiſſe Stadt
kenne, welche jederzeit der guten Huͤte halber/
die daſelbſt gemachet, (und inſonderheit dauer-
hafftig ſchwartz gefaͤrbet worden) ſehr beruͤhmt
geweſen, welche auch, ob ſie gleich klein gewe-
ſen, doch biß 36. Meiſter und wohl 60. Geſellen
gehabt, die aber ietziger Zeit ſo herunter gekom-
men, daß nicht allein keine Geſellen mehr dariñ
zu finden, ſondern noch wohl ein Meiſter dem
andern an ſtart eines Geſellen arbeiten muß.


Dieſem Unheil waͤre meines Erachtens vorzu-
kommen, wenn erſtlich die Einfuhr frembder Huͤ-
te,
[96]Beſchreibung
te, ſo wohl auff Jahrmaͤrckten, als vor die
Kauffleut zum Handkauff gaͤntzlich verboten, o-
der doch durch Aufflegung eines gewiſſen Zolls
ihnen ziemlich verſaltzen wuͤrde. Wenn man auch
ferner die vielen kleinen Jahrmaͤrckte etwas ein-
zoͤge, auff welchen die zuſammlauffende geringe
Handwercksleute nichts als Unkoſten haben, ihr
geloͤſtes Geld offt guten Theils in der Schencke
ſitzen laſſen, indeſſen zu Hauß ihre Zeit verſaͤu-
men, und alſo nimermmehr, weil die Waare
wenig gilt, zu einer gedeylichen Nahrung gelan-
gen koͤnnen. Eine andere Beſchaffenheit hat
es mit beruͤhmten Jahꝛmaͤrckten in groſſen Staͤd-
ten, da ein groſſer Confluxus von vielen einhei-
miſchen und frembden Leuten iſt, und alſo ein da-
hin von einem kleinen Land-Staͤdtgen reiſender
Hutmacher ſchon etwas von ſeiner Waare mit
Profit abſetzen, und ein Stuͤck Geldes dafuͤr
marckten oder einnehmen, ſolches hernach da-
ſelbſt fuͤglich in Wolle und Materialien wieder
anlegen koͤnte.


Drittens, ſo muͤſten eines Landes Hutmacher
ſich auff duͤchtige und currente Waar befleißi-
gen, und wenn ſolches geſchiehet, ihnen auch von
ihrer Obrigkeit und Mit-Buͤrgern lieber das
Geld als Frembden gegoͤnnet werden; welches
geſchiehet, wenn der Hof und alle Groſſe ihre ei-
gene Land-Huͤte tragen, wenn man denen Ein-
heimiſchen Hutmachern, die Montur-Huͤte zu
machen giebet, und nicht (welches wieder alle
geſunde Vernunfft laͤufft, ob es gleich tota die
Herrn
[97]des Hutmacher-Handwercks.
practiciret wird) des Landes oder Landes-
Herrn ſeiner Miliz Montur, (mit welcher oh-
ne dem kein Officier, er ſey hoch oder niedrig,
ſondern das Kriegs-Land-oder Stadt-Commiſ-
ſariat
zu ſchaffen haben ſolte) auſſer Landes
machen laͤſt.


Vierdtens ſolte eine Hutmacher-Jnnung fein
ſelbſt auff ihre eigene Conſervation und Beſtes
in ihren Ampts- Zunfft- und Zuſammenkunffts-
Tagen gedencken, alle unnoͤthige und die jungen
Meiſter/ oder Hand-Lade beſchwehrende Unko-
ſten und Gebraͤuche abſchaffen. Sorgfaͤltig hin-
gegen uͤberlegen, wie dem Handwerck durch
Verfertigung guter und in Renommee zu brin-
gender Waare wieder auffzuhelffen, die Hand-
lung mit ihren Huͤten auff frembde Laͤnder zu e-
tabli
ren; Denen jungen und verarmten Mei-
ſtern, mit Geld, Wolle oder andern Zeug aus
der Lade unter die Arme zu greiffen, damit er
nicht bey Juͤden und Chriſten das Seinige zu
hohen Zins verſetzen, auff vorgegeſſen Brod dem
wuchrenden Kauffmann in die Haͤnde arbeiten,
und ſein mit ſaureꝛ Muͤh gemachtes Stuͤck Waar
auff denen Jahrmaͤrckten vor liederliches Geld
wegſchleudern doͤrffte, bloß um ſeinen zu Hauß
nach Brodt ſchreyenden Kindern, bey ſeiner zu
Haußkunfft den Hunger zu ſtillen, oder auch,
damit er dem Juden das Intereſſe vor das auff-
genommene Geld bezahlen moͤge.


Welches alles, wie auch die hohen Onera, o-
der Gaben, mit welchen an vielen Orten die ar-
Gme
[98]Beſchreibung
men Unterthanen belaſtet ſeyn, leichtlich zu erken-
nen giebet, woher der Verfall dieſes und ande-
rer Handwercker entſtehe. Dannenhero die
Aelteſten um ſo viel mehr vor ihre Mit-Bruͤder
und Mit-Meiſter ſorgen, und wenn die ſchwere
Zeiten ohne dem viel Kummer und Beſchwerung
bringen, ſo viel an ihnen iſt, dahin trachten ſol-
ten: Erſtlich eine Art eines Montis Pietatis,
und zweytens eines Ein-und Verkauff-Maga-
zins anzurichten/ durch jenen wuͤrde dem armen
Mit-Meiſter auffgeholffen, und ſoulagiret wer-
den, daß er nicht mehr zu hohen Zins, Geld oder
zu hohen Preiß Waaren auff Borg auffnehmen
doͤrffte, ſondern wenn die Jnnung odeꝛ das Hand-
werck ihn mit beyden verſehen, und hernach ſei-
ne gemachte Arbeit, wieder den Werth nach,
(wenn er ſo bald keinen fremden Kaͤuffer darzu
bekommen koͤnte,) in Bezahlung annehmen wol-
te, ſo wuͤrde ein ſolcher Meiſter trefflich auff, und
zum wenigſten das gantze Handwerck, hinter das
Geheimniß kommen, ob eines ſolchen Mit-
Meiſters ſein Verderben, von der ſchlechten Zeit
allein, oder auch von ſeiner eigenen Schuld und
Schwaͤche hercuͤhre. Hiebey koͤnte auch ein
ſolches Handwerck, wenn es eine feine geſpickte
Handwercks-Lade haͤtte, (wenn auch gleich zu
leidlichen Zins noch einige Capitalia darzu auff-
genommen werden ſolten) ſich einen ſtattlichen
Nutzen durch Einkauff ihrer benoͤthigten Mate-
riali
en aus der erſten Hand ſchaffen. Denn man
bedencke nur, wie manche Hutmacher-Wolle,
Caſ-
[99]des Hutmacher-Handwercks.
Caſtor oder Biber-Haar, Engliſche Ricken,
Auslaͤndiſche feine Vigogne, item ihre benoͤ-
thigte Farb-Materialia mehrmahls ſchon in die
dritte, vierdte, ja ſechſte Hand gekommen, ehe ſie
ſolche erſt an ſich gebracht, und ich mag wohl ſa-
gen, einige 10. 20. ja hoͤher pro Centum,
auch vor baar Geld bezahlet haben, als ſie ſolche
wenn ſie es ſelber aus der erſten Hand verſchrie-
ben, haͤttten haben koͤnnen.


Fuͤnfftens, ſo iſt das wohlfeil geben einer
Waar nicht eben allezeit dem Land, und auch
nicht denen Meiſtern, die ſolche verfertigen/ nuͤtz-
lich, denn jenes behaͤlt dadurch immerfort arme
Leut, die nimmer nichts vor ſich bringen, und
dieſe bleiben vor und nach Bettler. Nun will
ich zwar keinen Monopoliſchen oder Propoli-
ſchen Zwang anrathen, auch nicht daß jemand
gezwungen ſeyn ſoll, allein von den Hutmachern
oder ihrem Jnnungs-Magazin zu kauffen, viel-
weniger daß ihnen gar zugelaſſen ſeyn ſolte, die
Huͤte nach ihrem Gefallen zu taxiren, und eine
feſte Hand daruͤber zu machen.


Sondern wenn ſie eine Speciem eines Aſſi-
ſtenz-
oder Leib-Haußes unter ſich machen, aus
welchem ſie ihrem Mit-Meiſter mit Geld und
Waare auffhelffen, wenn ſie viel eher ihm ſei-
ne verfertigte Waare, damit er am Creutz ſtehet,
vor ein billiges, und daß er ſein Hutmacher-Lohn
daran habe, abkauffen, als daß ſie zugeben/
daß er ſolches denen Juͤden, oder erſten beſten
Kaͤuffer vor ein liederliches hinſchlaͤudere, ſo wird
G 2ei-
[100]Beſchreibung
eine ſolche Waare ſchon wieder in Auffnehmen
kommen; ſie werden ſolche, wenn ſie die Materi-
ali
en aus der erſten Hand haben, ihren Mit Buͤr-
gern doch wohlfeil, und in vorigen Preiß geben
koͤnnen, und doch dasjenige drauff gewiñen, was
die andere dritte Hand, aus welcher ſie ſonſt
ſolche bekommen, ingleichen der Jud und Wu-
cherer, des hohen Zinſens wegen (welchen die
arme Meiſter haben erlegen muͤſſen) ſich zuge-
eignet hat. Und iſt dannenhero meines Beduͤn-
ckens in Prag, Franckfurt, Breßlau, Worms,
Speyer, Coͤlln und andern Staͤdten, wo groſſe
Judenſchafft ſich auffhaͤlt, ein ungereimtes Kla-
gen, die Juͤden nehmen denen Buͤrgern allen
Handel weg, ſie koͤnten wohlfeiler als andere
Kauffleute geben; Die Handwercksleute gien-
gen dabey zu Grunde, haͤtten nichts vor ihre Ar-
beit; welches freylich wahr iſt, ſo lang die Jn-
nungen nicht unter ſich ſelbſt gute Ordnungen
machen, die Kauffleute ihrer eigenen Mit-Buͤr-
ger Waaren verachten, und nicht in Renommée
zu bringen ſuchen, einer auf den andern die Waa-
re in die Frembde hinaus wohlfeil verſpricht, de-
nen Handwercksleuten, die Materialia und Vi-
ctualia
theuer auffhaͤngt, und die Obrigkeit, an
Einfuͤhrung guter Policey, ſonderlich einer heyl-
ſamen Kleider-Ordnung, wie auch an Auffrich-
tung gewiſſer Montium Pietatis oder Leyh-Haͤu-
ſer es an ſich ermangeln laͤſſet.


Cap. IV.
[101]des Hutmacher-Handwercks.

CAPVT. IV.


Von der Hutmacher ihren Handwercks-
Statutis,Gewohnheiten und Rechten, der
Saͤchſiſchen Hutmacher Jnnungs-Articul,
und was etwan ſonſt noch von dieſen loͤbli-
chen Handwerck zu bemercken ſeyn
moͤchte.


DAs Hutmacher-Handwerck iſt von un-
denckl. Jahren her unter die geſchenck-
ten, ſonderlich in Teutſchland gerechnet
worden, und zwar iſt es dasjenige, ſo de-
nen frembd ankommenden Geſellen, das ſtaͤrck-
ſie und koſtbarſte Geſchencke haͤlt, dahero auch
die an einem wohlgelegenen und beruͤhmten Ort
arbeitende Geſellen ſchwere Unkoſten habẽ. Wel-
cher Mißbrauch aber an frembden Orten und
Koͤnigreichen, ſonderlich in Spanien/ Franck-
reich und Engeland verlachet wird; da hingegen
diejenigen Geſellen, welche von da her in Teutſch-
land ankommen, nicht in Arbeit genommen wer-
den, wo ſie ſich nicht zuvor der gewoͤhnlichen
Handwercks-Straffe unterworffen. Jndeſſen
aber ſind die meiſten Oerter im Koͤnigreich
Schweden, Dennemarck, Pohlen, wie auch
den Hertzogthuͤmern, Chur-und Lieffland zuͤnff-
tig. Wiewohl ſie daſelbſt keine ſonderliche Mei-
ſter-Stuͤcke machen, in Teutſchland aber, vor-
nehmlich zu Nuͤrnberg ſind ſie ſchuldig (1.) Ei-
nen Caſtor-Hut von Biber-Haaren, (2) ei-
nen Hut von Engliſchen Caninichen-Haaren,
G 3(3.) ei-
[102]Beſchreibung
(3.) einen feinen Polniſchen Lamm-Wolls-Hut
und (4.) ein paar Filtz-Stiefel ohne Nath, ſo ei-
ner Spannen lang uͤber die Knie reichen, zu ma-
chen. An einigen Orten in Sachßenland machet
ein Frembder 3. Stuͤck, nehmlich ein paar Reit-
Socken, Einen geklopfften Hut und einen Haar-
Hut. Jn Leipzig wird ein Caſtor-Hut, ein Ca-
ninichen-Hut/ und ein paar Reit-Socken ge-
macht, eines Meiſters Sohn aber machet nur
die Reit-Socken.


Von denen Lehr-Jungen der Hutmacher.


Mit ſolchen wird es, (wie es der beliebte, und
ſonderlich auch um die Handwercker, der ihnen
gegebenen Chriſtlichen moral-Reguln halber,
wohlverdiente Altenburgiſche Profeſſor Hr.
M.FriederichFriſius in ſeinem Ceremoniel der
Hutmacher beſchreibet) folgender maßen ge-
halten.


Derjenige Jung, ſo bey denen Hutmachern
in die Lehre treten will, muß das gantze Hand-
werck erſuchen ſich bey dem Handwercks-Mei-
ſter einzufinden.


Da denn gemeiniglich des Jungens Vater
mit einem glaubwuͤrdigen Mann erſcheinet, wel-
cher von des Jungens ehrlichen Geburt, gewiſſe
Verſicherung geben koͤnne, im Fall etwan des
Lehr-Jungens ſein Geburts-Brieff nicht vor-
handen waͤre.


Bey dieſer Handlung ſitzen alle die Meiſter
bey offener Lade, nach der Ordnung, wie ſie
Mei-
[103]des Hutmacher-Handwercks.
Meiſter worden ſeyn, und werdẽ von dem Hand-
wercks-Meiſter, ſo die Ober Stelle hat, zu drey
unterſchiedenen mahlen jeder beſonders gefragt,
ob er etwas wieder dieſen auffzunehmenden Lehr-
ling einzuwenden habe, das 4. te mahl fragt er
ſie allzuſammen, und endlich wird der Hand-
wercks-Meiſter auch ſelbſt von dem Jung-Mei-
ſter gefragt. So nun einer etwas bey des Jun-
gens Perſon zu erinnern hat, ſo muß er auffſte-
hen, vor den Tiſch treten, und es beſcheidentlich
vortragen.


Wann dieſes geſchehen, muß der Lehr-Jung
angeloben, ſich fromm, gehorſam und fleißig
zu erweiſen, und ſo vielmahl zur Thuͤr hinein
ſpringen, als er Jahr zu lernen hat.


Seine Lehr-Jahr betreffend, ſo muß er, wenn
er kein Geld zugeben kan, 4. Jahr, giebt er a-
ber ein gewiſſes Geld zu, nur 3. Jahr ſtehen.


Die Meiſters-Soͤhne werden gar nicht auff-
gedinget, ſondern koͤnnen ſich nach Gefallen,
wenn ſie das Handwerck verſtehen, loßſprechen
laſſen.


Von denen Geſellen.


Wenn ein nunmehro ausgelernter Jung ſoll
loßgeſprochen werden, ſo muß er ſelbſt alle Mei-
ſter und Geſellen fordern/ ingleichen zwey
Meiſter und ſo viel Geſellen erſtlich beſonders,
und hernach, wenn das gantze Handwerck bey-
ſammen ſitzt, anſprechen, ſeine Beyſtaͤnde zu
ſeyn.


G 4Mit
[104]Beſchreibung

Mit dieſen ſeinen Beyſtaͤnden muß er vor den
Tiſch treten, und erwarten, ob vielleicht einer o-
der der andere von denen Meiſtern, ſo um den
Tiſch ſitzen, wieder ihn etwas zu klagen habe.
Hat nun niemand etwas vorzubringen, ſo wird
er von denen Meiſtern mit einem guten Wunſch
aus der Lehre gelaſſen.


Worauff er ſo viel Spruͤnge zur Stuben-
Thuͤr hinaus thun muß, als er Jahre gelernet
hat. Wenn dieſes geſchehen, ſo uͤbergeben die
Meiſters den Loßgeſprochenen denen Geſellen,
welche ihn auff etliche uͤber einander geſtellte
Hut-Formen ſetzen, bald aber wieder herunter
ſtoſſen; darauff bedecken ſie des neuen Geſellens
Kopff mit einen Siebe, dergleichen in dem Hand-
werck gebrauchet wird, ziehen durch ſolchen ſei-
ne Haare, worauff einer, ſo ſich als ein Moͤnch
angekleidet, ihme eine ziemliche Menge Waſ-
ſers uͤber den Kopff gießet; 2. Geſellen aber, ſo
als Beyſtaͤnde angeſprochen, greiffen zu, und
halten den alſo gebadeten und ziemlich begoſſe-
nen neuen Geſellen.


Verehren ihme hierauff einen Krantz, daran
ein Band gebunden, welchen er nebenſt beyder
Beyſtaͤnde Nahmen uͤberall bey ſich und in Ge-
dancken haben muß, deßgleichen muß der neue
Geſelle die Meiſter und Geſellen mit Kraͤntzen
beſchencken, in Leipzig aber thut ers nur mit Baͤn-
dern allein. Ferner ſo muß er an dem Tiſch mit
Wuͤrffeln Spielen, wenn er nun nach ſolchen
greifft,
[105]des Hutmacher-Handwercks.
greifft, wird er mit Ruthen auf die Haͤnde ge-
ſchlagen.


Bey der Mahlzeit, welche er hierauff aus-
richten muß, wird die ſogenannte Handwercks-
Gewohnheit mit ihm gehalten, und Umfrag
angeſtellt, ob er bey einem Meiſter koͤnne Arbeit
bekommen oder nicht. Darauff muß er jeden
Geſellen aus dem ſogenannten Willkomm Be-
ſcheit thun/ da er denn endlich nach Hauß beglei-
tet wird.


Es beſtehet aber der Geſellen ihre Hand-
wercks-Gewohnheit in folgenden Geſpraͤch, und
zwar bey dem aufflegen:


I.
Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, ihr guͤnſtige Geſellen, ich ha-
be euch durch meinen Juͤngſt-Fuͤhrer beruffen
laſſen in des Laden-Vaters Behauſung, ſo thue
ich mich bedancken, daß ihr mir erſchienen ſeyd,
mich und meinen Juͤngſt-Fuͤhrer, und des La-
den-Vaters Behauſung nicht verſchmaͤhet habt,
es ſtehet heut oder morgen wieder zu verſchulden.


Hierauff antworten alle gegenwaͤrtige
Geſellen.

Wir verſchmaͤhen keinen ehrlichen Geſellen/
noch vielweniger des Laden-Vaters Behau-
ſung.


Alt-FuͤhrerI.

So mit Gunſt, es iſt allhier Handwercks-
Gewohnheit und Gebrauch, daß wir alle 4.
G 5Wo-
[106]Beſchreibung
Wochen zuſammen kommen, und Rechnung ma-
chen, wie viel wir haben Schenck-Geſellen ge-
habt, ſo haben wir gehabt ſo viel, als Z. E. 108.
ſo wollen wir die hundert laſſen fahren, und die
uͤbrigen berechnen.


II.

So mit Gunſt, ihr guͤnſtige Geſellen, es iſt
weiter Handwercks-Gewohnheit, daß wir alle
4. Wochen zuſammen kommen, und thun auff-
legen ſo viel als ‒‒‒. Groſchen, die aber noch
nicht allhier gearbeitet haben, geben ‒‒‒ Groſchen,
Einſchreibe-Geld, ‒‒‒ Groſchen Zieh-Geld,
--- Pfennige Begleit-Geld, ſo viel Wochen ei-
ner gearbeitet hat, ſo viel Pfennige Aufflag-Geld.
Jch bitte ihr wollet daſſelbe richtig machen, her-
nach will ich weiter Handwercks-Gewohnheit
ausrichten.


III.

So mit Gunſt, es moͤchte mancher guter ehr-
licher Geſell wiſſen wollen, wo das Geld hin-
koͤmmt, es kommt aus der Geſellen Beutel, in
die Geſellen Lade, aus der Geſellen Lade, in der
Geſellen Hand. Wenn etwan unſer HErr
GOTT einen guten ehrlichen Geſellen mit Lei-
bes-Kranckheit moͤchte angreiffen, ſo ſoll demſel-
bigen davon geliehen werden, wenn er 2. Buͤr-
gen hat, biß daß er wieder zu ſeiner Geſundheit
koͤmt, alsdenn ſoll ers wieder erſtatten, ſtirbt er
aber, ſo ſoll man ſich an ſeinen Kleidern erholen,
kan man ſich aber nicht an ſeinen Kleidern erho-
len,
[107]des Hutmacher-Handwercks.
len, ſo ſollen es ſeine Freunde bezahlen; koͤnnen
oder wollen es ſeine Freunde nicht bezahlen, ſo
bezahls der liebe GOTT, der iſt ein reicher
Belohner, und hat vor manchen ſchon bezahlet.


IV.

So mit Gunſt, ihr Geſellen, ſo habe ich zum
Theil Handwercks-Gewohnheit ausgerichtet,
zum Theil auch nicht, ſo bitte ich, wenn ich et-
wan ein Wort oder zweene moͤcht fehlen, ihr
wollet mich unterrichten, ich wills vor Liebe auff-
nehmen, vom Juͤngſten ſo wohl, als vom Aelte-
ſten, vom Aelteſten ſo wohl als vom Juͤngſten.


Antwort der gegenwaͤrtigen Geſellen.

So mit Gunſt/ richte aus, was du gelernet
haſt, und wie es Handwercks-Gebrauch iſt.


Alt-FuͤhrerI.

So mit Gunſt, ihr Geſellen, wenn etwan
gute ehrliche Geſellen vorhanden waͤren, die Ur-
laub genommen, oder Urlaub bekommen, die
ſtehen auff und begehren Handwercks Gewohn-
heit, nach dem ſie begehren, ſoll ihnen wiederfah-
ren; begehren ſie wieder in Arbeit zu warten, ſo
will ich meinen Fuͤhrer zu Huͤlff nehmen, und
ihm um Arbeit umſchauen, was Handwercks
Gewohnheit einhaͤlt und ausweiſet; begehren ſie
aber einen freundlichen Trunck Außſchencke,
ſo will ich meinen Fuͤhrer, und alle andere gute
ehrliche Geſellen zu Huͤlffe nehmen, und wollen
ihm ſchencken nach Handwercks-Gewohnheit
und
[108]Beſchreibung
und Gebrauch, damit daß kein ehrlicher Geſell
ungeſchenckt von mir wegkomme.


II.

So mit Gunſt, iſt weiter Handwercks Ge-
brauch, wenn etwan gute Geſellen vorhanden
waͤren, die ſich mit einander erzuͤrnet haͤtten, es
ſey innerhalb oder auſſerhalb der Werckſtatt, die
nehmen ein paar Wochen Lohn in die Hand, das
dritte in Beutel, gebens mir und meinem Fuͤh-
rer, und andern guten ehrlichen Geſellen, und
dem Laden-Vater zu verſtehen, ſo wollen wir ſie
wieder zu guten Freunden machen, als ſie je ge-
weſen ſeyn.


III.

So mit Gunſt ihr Geſellen, ſo iſt weiter
Handwercks Gebrauch, wenn etwan gute Ge-
ſellen ſchuldig waͤren, in Bier- oder Wirths-
Haͤuſern, oder bey den Waͤſcherinnen, oder ein
guter Geſell dem andern, die zahlen ab, daß nicht
Klage kommt, kommt Klage, kommt Straffe,
es iſt keine Straffe, ſondern Handwercks Ge-
wohnheit.


IV.

So mit Gunſt, ſo iſt Handwercks Gewohn-
heit und Gebrauch, daß man alle 4. Wochen
zuſammen kommt, und thut drey unterſchiedli-
che Umfragen, die Vierdte in gemeinem Hauffen.
Weñ etwan gute ehrliche Geſellen hergewandert
kaͤmen, ſo einem oder den andern etwas waͤre
befohlen worden von auslaͤndiſchen Meiſtern, auf
ein-
[109]des Hutmacher-Handwercks.
einlaͤndiſche Meiſter, von auslaͤndiſchen Geſel-
len, auff die einlaͤndiſche Geſellen, ſo kan ers
melden, unter dieſen dreyen unterſchiedlichen
Umfragen, meldet ers aber hernach, ſo melde
er mirs und meinen Fuͤhrer, und andern guten
ehrlichen Geſellen ohne Schaden ſich ſelbſt, in
ſeinen eigenen Beutel, ſo mit Gunſt, ſo frage ich
zum erſten mahl.


NB. Bey der andern Frag iſt zu mercken, daß
der Juͤngſt-Fuͤhrer muß die verborgene
Gewehr fordern.


Von der Schencke.


Bey Wechßlung derer Aempter/ nehmlich
des Aelteſt-und Junggeſellen-Amts.


Aeltſt-Fuͤhrer.
I.

So mit Gunſt, ſo ſeynd wir dieſe 4. Wochen
eure treue Diener geweſen, haben wir wohl ge-
dient, ſo iſt es uns lieb, haben wir uͤbel gedienet,
ſo iſt es uns leid. So wechſeln ſie um, und
werdens ein paar andere.


Darauff verwechſeln ſie das Alt und Neue
Geſellen-Ampt/ und der Alt-Fuͤh-
rer ſpricht:


I.

So mit Gunſt ihr Geſellen, ſo dieſe 4. Wo-
chen moͤchten Geſellen herkommen, die neue
Handwercks-Gewohnheit wolten auffbringen,
oder
[110]Beſchreibung
oder zu viel begehren, ſo bitte ich, ihr wollt mir
beyſtehen.


Welches ihme dann die andeꝛn verſprechen,
ſo lang ſie Haare auff den Kopff haben.


II.

So mit Gunſt ihr Geſellen, ſo iſt Handwercks
Gewohnheit und Gebrauch/ daß man alle 4.
Wochen einen Trunck in Fried und Einigkeit
thue. Geuſt einer Bier auff den Tiſch, das mit
der rechten Hand nicht kan bedecket werden, ſo
iſts Strafe; gieſt einer Bier unter den Tiſch,
das mit den rechten Fuß nicht kan bedecket wer-
den, ſo iſts Strafe; bringt einer Wuͤrffel- oder
Karten-Spiel auff den Tiſch, ohne des Aelſt-
Fuͤhrers Wiſſen und Willen, ſo iſt Strafe, je-
doch keine Strafe, es iſt Handwercks-Gewohn-
heit.


Hierbey wird die 4. Wochen Handwercks-
Gewohnheit geſchloſſen.


Bey der Schencke.


Aelſt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt Geſellſchafft, biß mir GOtt
willkommen, von wegen des Handwercks.


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, ich ſage dir Danck von wegen
des Handwercks. Die Meiſter und Geſellen
laſſen dich gruͤſſen, von N. N. von wegen des
Handwercks.


Alt-
[111]des Hutmacher-Handwercks.
Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, ich ſage demſelbigen Meiſter
und Geſellen Danck, die dir dem Gruß befoh-
len haben, deſſelben gleichen auch dir, daß du
ihn haſt mit hergebracht.


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, Er iſt mir nicht zu ſchwer ge-
weſen, ich habe ihn wohl ertragen koͤnnen.


Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, mein lieber Geſchenck-Geſell,
was iſt dein Begehr, daß du nach mir und mei-
nen Juͤngſt-Fuͤhrer geſchickt, nicht allein ge-
ſchickt, ſondern biſt ſelber kommen.


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, mein lieber Alt-Fuͤhrer/ es iſt
mein Begehr, daß du mir ſolt um eine Arbeit
warten 8. oder 14. Tage, ſo lang es dem Mei-
ſter gefaͤllt, deſſelbigen gleichen auch mir.


Aelſt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt was du begehreſt, ſoll dir wie-
derfahren zum Theil/ zum Theil auch nicht, du
moͤchteſt zu viel begehren, es moͤchte mir und
meinen Juͤngſt-Fuͤhrer zu ſchwer werden.


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, ich begehre nichts, als was
Handwercks-Gewohnheit einhaͤlt und ausweiſt.


Alt-
[112]Beſchreibung
Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, ſo habe ich Macht zu fragen, und
wollen die Meiſter wiſſen, wo du dein Hand-
werck gelernet haſt.


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, zu N. N.


Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt. Wie lange?


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, 3. Jahr oder 3. mahl 14. Ta-
ge, wie es Handwercks-Gewohnheit und Ge-
brauch iſt.


NB. Hiebey kan man mercken, welches eines
Meiſters Sohn, oder gelernet iſt.


Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, biſt du auch recht und redlich
auffgedinget worden von Meiſtern und Geſellen.


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, ich verhoffe ja.


Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, biſt du auch recht und redlich
freygeſagt vor Meiſter und Geſellen?


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, ich verhoffe ja.


Alt-
[113]des Hutmacher-Handwercks.
Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, was ſind vor Meiſter und
Geſellen bey deinem Freyſagen geweſen.


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, es iſt ein Meiſter bey meinem
Freyſagen geweſen mit Nahmen N. N. Es iſt
ein Meiſter bey meinem Freyſagen geweſen, mit
Nahmen N. N. So mit Gunſt, es iſt ein Ge-
ſell bey meinen Freyſagen geweſen. mit Nah-
men N. N. Es iſt ein Geſell bey meinen Freyſa-
gen geweſen, mit Nahmen N. N.


Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, haſt du deinen Nahmen auch
ehrlich und redlich verſchencket vor Meiſter und
Geſellen?


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, ich verhoffe ja, als ein ehrli-
cher Geſelle.


Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, wo?


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, zu N. N.


Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, wie mit Nahmen?


HSchenck-
[114]Beſchreibung
Schenck-Geſell

So mit Gunſt, N. N.


Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, was ſind vor Meiſter und Ge-
ſellen deine Pathen geweſen?


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, es iſt ein Meiſter mein Pathe
geweſen, mit Nahmen N. N.


So mit Gunſt, es iſt ein Meiſter mein Pathe
geweſen, mit Nahmen N. N.


So mit Gunſt, es iſt ein Geſell mein Pathe
geweſen, mit Nahmen N. N.


So mit Gunſt/ es iſt ein Geſell mein Pathe
geweſen, mit Nahmen N N.


Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, ich ſage Danck, daß du mir
es geſaget haſt.


Darnach ſchanen die Fuͤhrer um Arbeit.
Wenn nicht Arbeit da iſt/ ſo ſagen ſie:

Geſellſchafft wir ſind geweſen nach deinem
Begehr, die Meiſter beklagen ſich ſehr, einer hat
keine Wolle, der andere hat keinen Fachbogen,
der dritte und vierdte weiß nicht was dem fuͤnfften
oder ſechſten gebricht. Seynd die Schuh wohl
geflicket, der Beutel wohl geſpicket, ſo iſt gut
wandern, ich wuͤnſche dir Gluͤck ins Feld.


Jſt aber Arbeit da, ſo ſagen ſie zuletzt vor
den Gluͤckwunſch ins Feld:


Wilſt
[115]des Hutmacher-Handwercks.

Wilſt du aber mit einem armen Meiſter vor-
lieb nehmen, ſo ſey dir Arbeit zugeſagt, von einen
ehrlichen Geſellen. Darauff dancket der
Frembde


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, Aelſt-Fuͤhrer, ſo iſt mir Hand-
wercks-Gewohnheit wiederfahren, zum Theil,
zum Theil auch nicht; So begehre ich weiter
Handwercks-Gewohnheit, ſo begehre ich einen
freundlichen Trunck und Außſchencke, vom Aelſt-
Fuͤhrer, vom Juͤngſt-Fuͤhrer, von wegen aller
guten Geſellen, die allhier in Arbeit ſtehen. Koͤm̃t
heut oder morgen wieder einer oder der andere
zu mir, ſo will ich ihn wieder ſchencken mit Bier o-
deꝛ Wein; kan ich ihn nicht ſchenckẽ mit Bier odeꝛ
Wein, ſo will ich ihn ſchenckẽ mit Geld oder Gelds
werth; ich will ihme thun/ was ihm lieb iſt; ich
will ihm meiden, was ihm leid iſt, ich will ihme
Weg und Steg weiſen, ſo gut als ichs gelernet
und erfahren habe, damit daß kein ehrlicher Ge-
ſell ungeſchenckt von mir wegkomme.


Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, was du begehreſt, ſoll dir
wiederfahren, zum Theil, zum Theil auch nicht,
du moͤchteſt ſo viel begehren, es moͤchte mir und
meinen Juͤngſt-Fuͤhrer zu ſchwer werden.


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, ich begehre nichts, als was
Handwercks Gewohnheit einhaͤlt, und auch
H 2weiſt,
[116]Beſchreibung
weiſt, nehmlich deß Meiſters Hauß oder die
Schencke auff den Weg.


Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt, es iſt allhier Handwercks
Gewohnheit und Gebrauch, wenn ein fremder
Geſelle hergewandert koͤmt, daß man 3. unter-
ſchiedliche Umfragen thut/ die vierdte im gemei-
nen Hauffen. So dir was waͤre befohlen wor-
den von auslaͤndiſchen Meiſtern, auff einlaͤndi-
ſche Meiſter, von außlaͤndiſchen Geſellen, an
einlaͤndiſche Geſellen, ſo kanſt du es melden un-
ter dieſen dreyen Umfragen, meldeſt du es aber
hernach/ ſo melde es mir ohne Schaden, dir ſelbſt
in deinen eigenen Beutel.


So mit Gunſt, ſo frage ich zum Erſtenmahl.


Schenck-Geſell.

So mit Gunſt, es iſt mir nichts befohlen wor-
den, als der freundliche Gruß, den ich mit her-
gebracht habe. Habe ich ihn nicht gebracht, ſo
will ich ihn noch bringen, es moͤchte mir der A-
bend zu ſpat werden, ſo will ich den morgenden
Tag zu Huͤlffe nehmen.


So mit Gunſt, ich weiß nichts denn alles Lie-
bes und Gutes, was der Ehren wohl zuſtehet.
weiß aber ein anderer guter ehrlicher Meiſter o-
der Geſell was wieder mich, ſo mag ers melden
mit kurtzen Worten und guten Gedancken.


Bey
[117]des Hutmacher-Handwercks.

Bey Uberreichung der Schencke.


Alt-Fuͤhrer.

So mit Gunſt mein lieber Schenck-Geſell,
es iſt Handwercks-Gewohnheit und Gebrauch,
wenn ein frembder Geſell hergewandert koͤmt,
und begehrt Geſchencke, koͤmt er Vormittag
und hat nicht Arbeit, ſo iſts ſo viel als 2. gute
Groſchen ſchenck in Beutel, koͤmt er aber
Nachmittag, und begehret eine freundliche Aus-
ſchencke, ſo iſts ſo viel als ein Bauch voll Bier.
wilt du das von mir, als von einem ehrlichen Ge-
ſellen vorlieb nehmen, wie du begehret haſt.


Schenck-Geſell.

Wenn ich nicht wolte verlieb nehmen, ſo wolt
ichs nicht begehret haben.


So mit Gunſt, thue ich mich bedancken vor
deine Schencke und guten Willen, koͤmſt du heut
oder morgen wieder zu mir, zu Waſſer oder zu
Land, zur Wege oder zu Stege, oder ſonſt
auff gruͤner Heyde, wo unſer Herr Gott ehrli-
che Leute zuſammen fuͤhret, ſo will ich dir wieder
ſchencken mit Bier oder Wein, mit Geld oder Gel-
des werth, ich will dir thun was dir lieb iſt, uñ mei-
den was dir leid iſt, ich will dir Weg und Steg
zeigen, ſo gut als ichs erwandert und erfahren
habe. Hiemit dancke ich auff dieſes mahl.


Alt-Fuͤhrer.

Ziehe hin, gruͤſſe Meiſter und Geſellen, wo
H 3das
[118]Beſchreibung
das Handwerck ehrlich und redlich iſt, wo es
nicht ehrlich und redlich iſt, ſo nimm Geld und
Geldes werth und hilff es ehrlich machen. Jch
wuͤnſche dir Gluͤck ins Feld.


Von den Meiſtern des Hutmacher-
Handwercks.


Derjenige, der in Teutſchland auff dem Hut-
macher-Handwerck Meiſter werden will, muß,
wenn es ein Frembder iſt, 3. Jahr, eines Mei-
ſters Sohn aber 1. Jahr gewandert haben.


Wenn er hernach Meiſter werden will, ſo muß
er ſich 8. Tage vor dem Qvartal bey dem Hand-
wercks-Meiſter melden, und nach Zahlung ge-
ſetzten Gelds in das Buch, darinnen alle Meiſter
ſtehen, ſich einſchreiben laſſen.


Hierauff muß er ferner drey viertel Jahr nach
einander, jedes mahl bey dem Qvartal ein ge-
wiſſes Forder-Geld, nebenſt dem ſogenannten
Muth-Groſchen darlegen.


Wenn nun der neue Meiſter oder Stuͤckwer-
cker das Meiſter-Stuͤck machen will, ſo muß er
die Wolle und Materialia darzu, aus welchen er
das Meiſter-Stuͤck zu verfertigen gedenckt, zu-
vor denen Aelteſten auffweiſen; Hierauff ver-
fertigt er ſolches bey dem Handwercks-Meiſter,
und ſitzet gemeiniglich (damit kein Unterſchleiff
vorgehe) das gantze Handwerck von Anfang
biß zum End dabey, und zwar 3. Tage lang, weil
ihme zu jeglichen Stuͤck ein Tag Zeit gegeben
wird,
[119]des Hutmacher-Handwercks.
wird; Da denn alle Tag zwey andere Meiſter
zur Auffſicht zugeordnet, wenn die drey Tage vor-
bey, ſo muß alles fertig ſeyn.


Worinn aber ſolche Meiſter-Stuͤck beſtehen,
ſolches iſt zu Anfang dieſes Capitels ſchon gemel-
det worden.


Wenn nun alles fertig, ſo wird das verfertig-
te Meiſter-Stuͤck vor dem gantzen Handwerck,
und bey offener Lade auffgewieſen, wohl unter-
ſuchet, und die Fehler mit Geld verbeſſert, ſol-
ten ſolche aber allzu groß ſeyn, ſo muß der Stuͤck-
wercker noch ein Jahr wandern. Jſt er aber mit
ſeinem Meiſter-Stuͤck beſtanden, ſo wird er zum
Meiſter geſprochen, und giebt alsdenn dem
Handwerck eine Mahlzeit.


Wir fuͤgen dieſem bey, was Herr D.Beyer
in ſeinem Tractat von Handwercks-Meiſtern
n. 216. von denen Hutmachern ſchreibet, daß
obgleich in alten Hutmacher-Jnnungen ihren
Handwercks-Articul ſtuͤnde, daß denen Stuͤck-
werckern die Wolle juxta pondus \& Libram,
nach dem Gewicht und Waag von dem Hand-
werck gegeben werden ſolte; Solches doch kei-
nes wegs ſo zu verſtehen, als wenn das Hand-
werck die Wolle von dem ihrigen nach gewiſſen
Gewicht hergeben ſolte. ſondern ſie ſolte viel-
mehr den Stuͤckwercker dahin halten, daß er
nach einem vorgeſchriebenen Gewicht ſeine Mei-
ſter-Stuͤck verarbeiten muͤſte.


N. 32. Schreibt er, es haͤtten zwar die Hut-
macher dieſes mit vielen andern Handwerckern
H 4ge-
[120]Beſchreibung
gemein, daß ſie diejenigen/ die ihr Meiſterſtuͤck
nicht tuͤchtig zu machen verſtuͤnden, noch ein Jahr
lang auff die Wanderſchafft ſchickten; man haͤt-
te aber Exempla, daß ſie es nur bey einem viertel
Jahr haͤtten bewenden laſſen.


Von des neuen Meiſters habenden Unkoſten
ſchreibet er n. 333. daß die Zeitziſche Hutmacher
die loͤbliche Gewohnheit haͤtten, daß ein jeder
neuer Meiſter dem Hoſpital einen Guͤlden geben
muͤſte, ingleichen waͤren ſie ſchuldig, der Hertzog-
lichen Cammer einen Guͤlden zu zahlen. N. 335.
und vor das Materien-Eſſen waͤre eingefuͤhret,
daß ſie anderthalben Guͤlden bezahlten, n. 350.


Von denen Ungariſchen und Oeſterreichiſchen
Kaͤppleinmachern iſt zu wiſſen, daß ſolche unter
die Hutmacher nicht gerechnet, auch wo ordent-
liche Zuͤnffte ſeyn, nicht von ihnen eingenommen
werden, weil ſie das Hutmacher-Handwerck
nicht verſtehen, ſondern nur bloße Kaͤpplein ma-
chen, deren Filtz nur loß, und nicht feſt gearbei-
tet iſt, und ſo ſie je an Oerter kommen, wo Hut-
macher ſeyn, muͤſſen ſie entweder das Handwerck
von neuen lernen, oder ſo ſie es ſchon wiſſen, ſich
doch abſtraffen laſſen.


Der loͤblichenJuriſten-Facultaͤt zu Jena/
Reſponſumwegen der Hutmacher/ ob ſelbi-
ge in der Gegend wo Gelehrte wohnen, ein Hauß
kauffen oder einmiethen koͤnnen, auch ob ſie, weñ
es geſchehen, darinne zu dulten ſeyn:
AUff eure an uns gethane Frage, daruͤber ihr
unſere Rechts-Berichtung gebethen, ſprechen
wir
[121]des Hutmacher-Handwercks.
wir vor Recht; Hat kurtz verwichener Zeit N. N.
ein Wohnhauß zwiſchen Hn. N. N. Profeſſore
Publico
und N. N. Hauß erkaufft, und den 19.
Septemb. ſolches unvermerckt zu bewohnen an-
gefangen, unangeſehen ihn Herr N. N. zuvor
erinnert, daß er es mit ſolchen Hauß nicht tref-
fen wuͤrde, und gleichwohl bey dem Huͤter-Hand-
werck, welches gedachter N. N. ſtarck treibet,
groß Feuer zu halten iſt, dabey allerdings Scha-
de zu befahren, hiebenebenſt bey ſolchen Hand-
werck, und bey dem Wollen-Schlagen ein ver-
drießlicher und weitlautender Schall zu vermer-
cken, daß weder die Studenten, noch andere, die
es hoͤren, ihren Studiis und Verrichtungen ab-
warten koͤnnen. Wie denn auch dieſer Urſach
wegen beſagter in kurtzer Zeit eine Wohnung
nach der andern ſuchen muͤſſen, ſeine geweſene
Nachbaren auch berichten, daß von ſeiner Pro-
fesſion
groſſe Unluſt und Gefahr ihnen zugeſtan-
den, und ſie dannenhero froh worden, daß er
ſich anderwerts hin gewendet hat.


Zu dem ſolches Hauß nicht weit von dem Col-
legio
und der Bibliothec geweſen, woſelbſt viel
Studenten herum wohnen, welche, wenn die-
ſer N. N. das Hauß behalten ſolte, ihre Stuben
veraͤndern und ausziehen wuͤrden, weil ſein Woll-
Schlagen eben in den beſten Fruͤh-Stunden,
die zu denen Studiis gewidmet, ſich zutraͤgt, uͤber
dem auch, wenn dem Hutmacher dieſes zugeſtan-
den werden ſolte, kuͤnfftig hin, ſich mehr andere
viel Getoͤß machende und Feuer haltende Hand-
H 5wer-
[122]Beſchreibung
wercker ſich daſelbſt einniſteln wuͤrden, da doch
vor allen das Collegium und die Bibliothec in
acht zu nehmen iſt; beſonders aber die Academi-
ci,
daß ihnen die Handwercksleute mit ihrem Ge-
poller nicht hinderlich ſeyn ſollen, ſtattlich pri-
vilegi
ret ſeyn. Alles nach mehrern Jnhalt Eu-
res
an uns gethanen Berichts. Als wird mehr er-
meldten Hutmacher billich aufferlegt, ſich eine
andere Wohnung zu ſchaffen, und die ietzige von
ihm erkauffte wieder zu raͤumen; Von Rechts
wegen


Folgen eines loͤblichen Hutma-
cher-Handwercks

Jnnungs-Arti-
cul/ wie ſolche in einigen Staͤdten des
Chur-Fuͤrſtenthum Sachßens/ Krafft
hoher Lands herrlicher Verordnung und

Confirmation obſerviret werden
muͤſſen.


VOn GOttes Genaden Wir
MORJTZ Hertzog zu Sachſen/

des heiligen Roͤmiſchen Reichs Ertz-Marſchall
und Churfuͤrſt, Landgraff in Thuͤringen, Marg-
graff zu Meißen und Burggraff zu Magdeburg,
bekennen und thun kund gegen Maͤnniglich.
Nachdeme, Unſere lieben getreuen, die Hutma-
cher in Unſern, und des Hochgebohrnen Fuͤr-
ſten, Herrn AUGUSTEN, Hertzogen zu
Sach-
[123]des Hutmacher-Handwercks.
Sachſen, Landgraffen in Thuͤringen, und
Margraffen zu Meißen, Unſers freundlichen
lieben Brudern, und Gevattern Landen und
Staͤdten, unterthaͤnlichen fuͤrgebracht, wie ſich
allerley Unrichtigkeiten, zwiſchen ihnen und de-
nen Geſellen, ihres Handwercks, auch ſonſt et-
licher Artickel halben/ zutruͤgen.


Derowegen ſie ſich aus allen unſern, und ge-
dachten unſers Freundlichen Lieben Brudern,
Staͤdten zuſammen betagt, und einer Landes-
Jnnung ihres Handwercks, wie hernach folgt,
verglichen, welches ſie Uns fuͤrgetragen, und
unterthaͤniglichen gebeten, dieſelbe zu confirmi-
ren und zu beſtaͤttigen, und Wir dann Der un-
ſern, ihr Beſtes Nutz und Wohlfarth zu befoͤr-
dern, geneigt,


Als haben Wir gemeldten Handwercke der
Hutmacher, dieſelbe ihre geſtellte Jnnunge con-
firmi
ret und beſtaͤttiget; Thun das auch hiermit
aus Churfuͤrſtl. und Obrigkeitlicher Macht, daß
die Meiſter des Hutmacher-Handwercks, in
Staͤden, ſo die Jnnung haben, alle Qvartal zu-
ſammen kommen, und allda ſich erbarlich bey-
ſammen verhalten, und des Handwercks Nutz
bedencken und befoͤrdern.


(1.)


  • Jeder Meiſter daſelbſt, einen Groſchen zum
    Qvartal-Gelde einlegen, und ſich eine Lade
    ſchaffen ſollen, darinnen ſie ihre Briefe und Re-
    giſter, ſamt dem einkommenden Gelde, verwah-
    ren,
    [124]Beſchreibung
    ren, und zwey Schloͤſſer davor legen, und jeden
    Meiſter, ſo das Jahr zum Handwercks. Meiſter
    verordnet, einen Schluͤſſel zuſtellen ſollen, da-
    mit keiner ohne den andern zu dieſer Lade kom̃en
    mag.

(2.)


  • Es ſoll auch kein Meiſter mit geſchliffenen Ge-
    wehr vor das Handwerck kommen, bey Strafe
    eines Groſchen.

(3.)


  • Und wenn der juͤngſte Meiſter, ſo die Meiſter
    gefodert/ wieder in des Zech-Meiſters Hauß
    koͤmt, und die Stunde ausgelauffen iſt, und der
    erforderte Meiſter nicht gehorſamlich erſcheinet,
    ſo ſoll er einen Groſchen zur Buße geben, er ha-
    be denn erhebliche Urſache darzuthun.

(4.)


  • Jtem es ſoll keiner Meiſter werden, er habe
    denn drey Jahr nach Handwercks-Gewohnheit
    das Handwerck gelernet, und gnugſam ſeiner
    ehrlichen Geburt und Lehr-Brieffe dem Hand-
    werck vorgelegt.

(5.)


  • Welcher Meiſter werden will, der ſoll die
    nachfolgenden Meiſter-Stuͤcke machen, als
    nehmlich:
    • ungeleimt.
      • Einen grauen Reit-Hut
      • Einen ſchwartzen Kappen-Hut
      • Ein paar lange Reit-Socken

(6.)


  • Wenn ſolche hernach die Meiſter gnugſam be-
    ſtan-
    [125]des Hutmacher-Handwercks.
    ſtanden, und vor gut erkant ſeyn worden,: ſo ſoll
    er ſich zu einem Erbaren Rathe des Orts verfuͤ-
    gen und Buͤrger werden, und wenn er zum Buͤr-
    ger angenommen worden, ſo ſoll er alſobald 6.
    Guͤlden zum Meiſter-Recht niederlegen, und zu
    geben verpflicht ſeyn, davon ein Guͤlden dem ge-
    meinen Kaſten, zu Erhaltung der Armen, den
    Vorſtehern ſoll uͤberantwortet werden.

7.


  • Es ſoll aber gleichwohl der junge Meiſter ſein
    Handwerck nicht eher mit einer Werckſtatt an-
    richten, er habe denn zuvor ein Eheweib.

8.


  • Ein jeder der Meiſter werden will, und mit
    dem Meiſter-Stuͤcke nicht beſtehen wuͤrde, der
    ſoll ein Jahr wieder wandern, und nicht eher wie-
    der zum Meiſter-Stuͤck zu machen, noch zu er-
    werben angenommen werden, es ſey denn das
    Jahr um.

9.


  • Es ſoll auch kein junger Meiſter einen Lehr-
    Jungen annehmen, er habe denn eine eigne
    Werckſtatt, und habe zuvor ein Jahr vor ſich
    ſelbſt gemeiſtert.

10.


  • Und wenn das Handwerck beyſammen, und
    einer den andern Luͤgen ſtraffen wuͤrde/ ſoll er,
    ſo balde ſolches geſchicht, dem Handwerck fuͤnff
    Groſchen zur Straffe geben, und kein Wort
    vor dem Handwerck mehr reden laſſen.

11. Da
[126]Beſchreibung

11.


  • Da auch einer im Handwercke fluchen und
    ſchaͤnden wuͤrde, ſoll er, ſo offt ſolches geſchicht,
    fuͤnff Groſchen zur Straff erlegen, dieſelbe
    Straffe ſoll halb in gemeinen Kaſten gegeben
    werden.

12.


  • Wenn das Handwerck in Handwercks-Sa-
    chen beyſammen, und von den Meiſtern billige
    Sachen zu der Meiſter Nutzen gehandelt wer-
    den, ſoll es bey einem jeden Meiſter in geheim
    bleiben, wuͤrde aber einer des Handwercks
    Heimlichkeit gegen andern Leuten offenbahren,
    ſoll er ſo offt ſolches geſchicht, einen Guͤlden zur
    Straffe geben.

13.


  • Der juͤngſte Meiſter ſoll allewegen des Hand-
    wercks Bote in des Handwercks Sachen ſeyn,
    und die Meiſter zuſammen fordern, auch was
    dem Handwercke vonnoͤthen, daſſelbige biß ihn
    ein andrer abloͤſet, treulich ausrichten, und ſich
    gegen dem Aelteſten alles Gebots vorhalten.

14.


  • Es ſoll auch kein Meiſter einen Jungen uͤber
    ſeinen Lehr-Jungen zu ſeiner Werckſtatt haben.

15.


  • Auch ſoll kein Meiſter dem andern ſeinen Jun-
    gen oder Geſellen/ noch ſonſt ander Geſinde
    durch ſich oder andere abſpenſtig machen, oder
    machen laſſen, bey Straffe eines Guͤlden.

16. Wenn
[127]des Hutmacher-Handwercks.

16.


  • Wenn Meiſters auff die Kirmis zuſammen
    kommen, die ſich dieſer Ordnung gemeß verhal-
    ten, ſo ſollen ſie aus dieſer Stad ein jeglicher ſein
    Loß einlegen, und welchen das Loß am erſten
    trifft, in ſolcher Ordnung ſollen ſie nach einander
    ſtehen, aber ein jeder ſoll nicht mehr, denn auff
    vier Bretern einzehlich die Huͤte feil haben.

17.


  • Die Einheimiſchen aber in einer jeden Stad,
    da Meiſter ſeyn, die ſollen vier Breter vor den
    andern umliegenden Staͤdten, und den Vor-
    ſtand zum Vortheil haben.

18.


  • Es ſoll auch ein jeder Meiſter im Sommer um
    7. Uhr, und im Winter um 8. Uhr zur Loß-Statt
    auff den Maͤrckten bey Verluſt des Loß zur
    Staͤtte kommen, und ſollen nicht eher, denn um
    12. Uhr zu Mittage die Waare aufflegen, bey
    Straff fuͤnff Groſchen.

19.


  • Jn einer jeden Stadt, da eine Jnnunge des
    Handwercks iſt, da ſollen die Meiſter daheime
    alle Qvartal um die Staͤnde loßen, und wer ſich
    dawieder ſetzt, ſoll dem Handwercke zweene
    Groſchen zur Straffe geben.

20.


  • Es ſoll auch kein Meiſter frembde Huͤte, die
    andern Meiſter damit zu verderben, kauffen, al-
    lein ein Meiſter dem andern in derſelben Stadt,
    der mag wohl ſeinem Mit-Gewercken ſeine
    Waa-
    [128]Beſchreibung
    Waare, wenn er zu Marckte zoͤge, abkauffen,
    damit ſein Nachbar/ der wenig Waare hat, nicht
    Unkoſten drauff wenden darff.

21.


  • Welcher befunden wird, daß er frembde Huͤ-
    te kaufft, der ſoll ſo offt ſolches geſchicht, dem
    Handwerck drey Guͤlden Straffe geben.

22.


  • Es ſoll auch kein Meiſter kein falſch Werck
    machen, zu welcherley Stuͤcken ſolches ſeyn moͤch-
    te, als an Kuͤhe-Haaren, Flocken, Drommern,
    auch keine falſche Farbe mit Ruß darauff ſchmie-
    ren, und welcher ſolches thun und befunden wuͤr-
    de, der ſoll dem Handwerck von jeden Stuͤck 5.
    Groſchen zur Straffe geben.

23.


  • Da einer bey einem Meiſter untaugliche Ar-
    beit ſehen wuͤrde, ſoll er dieſelbige nicht allein vor
    ſich tadeln, ſondern ſolches dem Handwercks-
    Meiſtern anzeigen, bey Straffe des Handwercks.

24.


  • Wenn ein Meiſter oder Meiſterin und ihre
    Kinder des Handwercks verſtuͤrben, ſo ſollen al-
    le Meiſter und Meiſterinnen, ſo des Vermoͤgens
    ſeyn, auch alle Geſellen des Orts, mit der Lei-
    che zu Grabe gehen, und welcher Meiſter vor-
    ſetzlich, auch die Geſellen auſſenbleiben, und
    nicht mit der Leiche zu Grabe gehen wuͤrden, da
    ſollen die Meiſter und Geſellen, ein jeder einen
    Groſchen dem Handwercke zur Straffe geben.

25. Jn
[129]des Hutmacher-Handwercks.

25.


  • Jn gefaͤhrlichen Zeiten aber, ſoll niemand dar-
    zu gedrungen, ſondern daſſelbige ſoll durch an-
    dere Beſtellt und die Leiche begraben werden.

26.


  • Es ſoll auch kein Meiſter mit Huͤten auf Kir-
    meſſe lauffen, es ſey denn ein beſtaͤttigter Frey-
    marckt; ſo offt ſolches von einem uͤbergangen
    und erfahren wird, ſoll er von einem jeden Stuͤck
    einen Silber-Groſchen zur Straffe geben.

27.


  • Ein jeder Meiſter foll keinen Lehr-Jungen
    unter dreyen Jahren lernen, und nicht mehr deñ
    einen Lehr-Jungen auff einmahl annehmen.

28.


  • Welcher Meiſter einen Lehr-Jungen anneh-
    men will, der ſoll ihn vor das Handwerck brin-
    gen, ſolches vermelden, und ſoll der Lehr-
    Junge ſeiner ehrlichen Geburth Brifeliche, oder
    lebendige Urkunde dem Handwerck vorlegen;
    und da ſie tuͤchtig befunden, alsdenn und nicht
    eher ſoll er angenommen, und in das Handwerck-
    Buch geſchrieben werden, und ſeinem Lehrmei-
    ſter, daß er treu, und das Handwerck auslernen
    will, mit zehen Guͤlden, genugſam verbuͤrgen,
    und dem Handwerck zwoͤlff Groſchen niederle-
    gen, davon die Meiſter dem gemeinen Kaſten
    vier Groſchen zu Erhaltung der Armen
    geben ſollen, die andern achte in die Lade legen,
    und wo der Lehr-Junge, ehe er ausgelernet, von
    dem Meiſter ohne erhebliche Urſache entlieffe, ſoll
    Jer
    [130]Beſchreibung
    er des Handwercks verluſtig, und die Buͤrgen
    die zehen Guͤlden zu geben ſchuldig ſeyn.

29.


  • Wenn ein Lehr-Junge ſein Handwerck red-
    lich ausgeſtanden und gelernet, ſo ſoll der Mei-
    ſter denſelben Jungen ſieben Ellen Tuch, die El-
    len vor drey Groſchen, zu einem Rocke, zu kauf-
    fen verpflichtet ſeyn, und ihn vor Meiſter und
    zweyen Geſellen der Lehr-Jahre loßzehlen.

30.


  • Wenn aber ein Lehr-Junge ohne Urſache dem
    Meiſter entlieffe, ſo ſoll der Meiſter keinen an-
    dern Lehr-Jungen annehmen, biß die Zeit des
    entlauffenen Lehr-Jungens um iſt, der Jung
    ſoll auch bey keinem andern Meiſter auffgenom-
    men werden, bey Straffe des Handwercks.

31.


  • Es ſoll auch kein Lehr-Junge unter funffzehen
    Jahren zu lernen, angenommen werden.

32.


  • Jngleichen kein Meiſter uͤber zweene Geſellen,
    neben dem Lehr-Jungen in der Werckſtatt foͤr-
    dern, bey Straffe des Handwercks.

33.


  • Alle Meiſters-Soͤhne und die frembden Ge-
    ſellen, die ſich mit Meiſters-Toͤchtern, und de-
    nen verlaſſenen Wittben unſers Handwercks
    verehlichen, und Meiſter werden wollen, die ſol-
    len die Meiſter-Stuͤck machen, aber des Gel-
    des des Meiſter-Rechts, ſollen ſie befreyet ſeyn.

34. Da
[131]des Hutmacher-Handwercks.

34.


  • Da aber in Staͤdten, da ietzund keine Mei-
    ſter waͤren, Meiſter wuͤrden, da ſollen ſie ſich
    nach den andern Staͤdten, da Meiſter eine lan-
    ge Zeit geweſen, und ſich nach dieſer Ordnung
    halten, die Meiſter-Stuͤck daſelbſt machen.

35.


  • Da aber in der nechſten Stadt nur ein Meiſter
    waͤre, darinn er ſein Meiſter-Stuͤck machen
    wuͤrde oder wolte, ſo ſollen noch zweene aus ei-
    ner andern Stadt, darinn zum Meiſter-Stuͤck
    machen, gefodert werden, doch daß dieſelben
    gefoderte Meiſter, von deme der die Meiſter-
    Stuͤck machen will, mit ziemlichen Eſſen und
    Trincken (er beſtehe oder nicht) unterhalten
    werden.

36.


  • Jn welcher Stadt einer ſein Meiſter-Stuͤck
    macht, da ſoll er alſobald ſein Meiſter-Recht,
    als ſechs Guͤlden, niederlegen, und wie ange-
    zeiget, damit gebahret werden.

37.


  • Eines Meiſters Sohn, ſoll das Handwerck
    zu lernen, weil ers von ſeinem Vater bekommen,
    nicht ſchuldig, ſondern deſſen befreyet ſeyn.

38.


  • Es ſoll auch kein Meiſter ſeinen Sohn loß zu-
    zehlen verpflichtet, ſondern deſſelben auch befrey-
    et ſeyn.

39.


  • Wenn er aber Meiſter werden will, ſo ſoll er
    J 2ſein
    [132]Beſchreibung
    ſein Meiſter-Stuͤck auch machen, und den Mei-
    ſtern, ſo dabey ſitzen, zwoͤlff Groſchen vor die
    Koſt, und drey Groſchen in die Lade zu Schrei-
    be-Geld zu geben verpflichtet ſeyn.

40.


  • Wenn ein Meiſter verſterben, und Weib und
    Kinder hinter ſich verlaſſen wuͤrde, ſo ſoll das
    Weib mit ihren Kindern und Geſellen das Hand-
    werck zu treiben, Macht haben, und wie ein an-
    der Meiſter das Meiſter-Recht, des Jahres mit
    vier Groſchen erhalten; Da ſie ſich aber mit
    einem andern Handwercks-Geſellen verehlichen
    wuͤrde, ſoll ſie des Handwercks abſtehen/ und
    ihrer Kinder wegen (ob derſelben eines des
    Handwercks bleiben moͤchte) zu Erhaltung deſ-
    ſelben Handwercks, zweene Groſchen Jaͤhrlich
    in die Lade geben.

41.


  • Wenn einer Meiſter werden will, ſoll er vier-
    zehen Tage zuvor bey dem Handwerck muthen,
    und ſeine eigene Wolle und Werckzeug dazu
    haben, und wenn er mit deme nicht beſtuͤnde, ſo
    ſoll das Werck bey den beyden Meiſtern blei-
    ben, er ſoll auch die Meiſter/ ſo dabey ſitzen, mit
    ziemlichen Eſſen und Trincken verſorgen.

42.


  • Kein Meiſter ſoll mit neuen Huͤten auff Alte
    tauſchen und Geld zunehmen, bey Straffe, ſo
    offt ſolches geſchicht, fuͤnff Groſchen dem Hand-
    werck zu geben.

43. Weil
[133]des Hutmacher-Handwercks.

43.


  • Weil auch die geklopffte Arbeit ein Funda-
    ment
    des Handwercks iſt, ſo ſoll kein Meiſter
    einen Jungen an- und auffnehmen, er koͤnne ihm
    denn die geklopffte Arbeit ſelbſt lehren.

44.


  • Welcher Junge ausgelernet, und nicht eines
    Meiſters Sohn iſt, und Meiſter werden wolte,
    ſoll zuvor drey Jahr vor einen Geſellen gearbei-
    tet und gewandert haben.

45.


  • Wenn auch ein Meiſter in einer Stadt wor-
    den waͤre, und ſein Meiſter-Stuͤck daſelbſt ge-
    machet haͤtte, wuͤrde ſich aber daſelbſt wegwen-
    den, und in einer andern Stadt Meiſter zu wer-
    den, ſich begeben, ſo ſoll er gleichwohl daſelbſt
    ſein Meiſter-Stuͤck, wie zuvor auch machen, ſei-
    ne Lehr- und Geburts- und Abſchieds-Brieffe
    vorlegen, und da er beſtanden und Buͤrger wor-
    den, ſoll ihm ſein Meiſter-Recht zugeſagt und
    verliehen werden, doch, daß er die ſechs Guͤlden
    zum Meiſter-Recht niederlege.

46.


  • Wuͤrden aber auſſerhalb Landes frembde
    Hutmacher in die Chur-und Fuͤrſtl. Saͤchſiſche
    Staͤdte mit Huͤten auff Maͤrckte feil zu haben
    kommen, und untuͤchtige Waare bey ihnen ge-
    funden werden, ſo ſollen ſie erſt durch die Mei-
    ſter freundlich gewarnet und abgewieſen werden,
    daß ſie ihre Waare einle gen, und wieder wegfuͤh-
    ren moͤchten, und da ſie wiederkommen, und
    J 3nicht
    [134]Beſchreibung
    nicht beſſere Waare bringen wuͤrden, daß man
    ihnen dieſelbige alle nehmen, und der Obrigkeit
    uͤberantworten wuͤrde.

47.


  • Wenn ein Geſelle in einer Stadt gewandert
    koͤmt, und arbeiten will, ſo ſoll er zu dem Meiſter,
    der am laͤngſten keinen Geſellen gehabt, gehen,
    und alſo fort um Arbeit geſchauet werden, und
    ſoll alſo ein jeder Geſell, wie zuvor bey demſelben
    arbeiten.

48.


  • Da er aber ſelbſt Urlaub nimmt und wandert,
    und wolte darnach bald wiederkehren, und da-
    ſelbſt wieder bey einem andern Meiſter arbeiten,
    das ſoll keines weges nachgelaſſen noch gedultet
    werden, ſondern er ſoll zuvor ein viertel Jahr
    wieder gewandert haben.

49.


Ein Geſelle welcher das volle Wochen-Lohn
haben will, ſoll die folgende Stuͤcke zum Tage-
werck machen, nehmlich:


  • alles geklopffte Arbeit.
    • Vier Krauße-Huͤte.
    • Fuͤnff Mittel-Huͤte.
    • Sechs grobe Huͤte.

50.


  • Und eine Woche fuͤnff Groſchen, Eſſen und
    Trincken zum Wochen-Lohn haben, und wel-
    cher dieſer Stuͤcke eines, oder mehr uͤber das Ta-
    gewerck macht, ſoll ihme von einen Stuͤck, wie
    folget, gegeben werden Nehmlich:
  • Vier Pfennige von einem Krauſen-Hute.

Drey
[135]Hutmacher-Handwercks.
  • Drey Pfennige von einem Mittel-Hute.
  • Zweene Pfennige von einem groben Hute.

51.


  • Alſo auch ſoll es mit dem Woll-Schlagen uͤ-
    ber das Tage-Werck gehalten werden.
    Von der eingezogenen Arbeit.

52.


  • Zwoͤlff Boden ſoll ein Geſell zum Tagewerck
    machen, und die Wolle darzu ſchlagen.
    Fuͤnff kurtzhaͤrichte Huͤte in zween Tagen.
    Drey langhaͤrichte Huͤte in einen Tag, aber
    zweene groſſe Huͤte zum Tagewerck; ingleichen
    obgemeldten Wochen-Lohn, und was er daruͤ-
    ber macht/ ſoll ihm von einem Groſchen-Hute
    ſechs Pfennige, und von einem Langhaͤrichten
    vier Pfennige, deßgleichen von zween neun Pfen-
    nige gegeben werden.

53.


  • Wenn ein Geſell gewandert kaͤme, und fuͤnff
    Tage einem Meiſter arbeiten wuͤrde, ſo ſoll ihm
    ſein gantz Wochen-Lohn folgen.

54.


  • Wuͤrde er aber nur zweene Tage arbeiten, ſo
    ſoll ihm nicht mehr, denn ein Tag zehen Pfenni-
    ge gegeben werden.

55.


  • Es ſollen auch die Geſellen keinen guten Mon-
    tag machen, es ſey deñ nach einem Stadt-Jahr-
    marckt einen Montag, bey Straffe eines Wo-
    chen-Lohns.

J 456. Da
[136]Beſchreibung

56.


  • Da er aber ohne Urſache einen Montag, oder
    Tag feyren wuͤrde, ſo ſoll er die Woche alſo
    ausfeyren, welcher Meiſter ihm in derſelben
    Wochen mit Eſſen oder Trincken verſehen oder
    fordern wuͤrde, der ſoll in des Handwercks
    Straffe ſeyn.

57.


  • Es ſoll auch kein Geſelle von den andern Ge-
    ſellen ohne Vorwiſſen der Meiſter geſtrafft noch
    gehindert werden.

58.


  • Da aber ein Geſelle kranck laͤge und verſtuͤrbe,
    und wuͤrde aus dem gemeinen Piſco oder Laden
    der Meiſter und Geſellen in ſeiner Kranckheit er-
    halten, und er verließ Kleider hinter ſich, ſo ſol-
    len dieſelben Kleider ſeinen Freunden ein Jahr
    lang um die Koſt zu erlegen, nachgehalten wer-
    den, da ſich aber in ſolcher Zeit niemands dazu
    finden, und die Vorſtreckung erlegen wuͤrde, ſo
    ſollen dieſelben Kleider, und was er ſonſt hat,
    nachgelaſſen, verkaufft, und das Geld bey dem
    Handwercke mit klarer Rechnung, wie theuer
    ſie weggegeben werden, eingelegt, die ausgegebe-
    ne Koſten davon abgezogen, und das uͤbrige ſei-
    nen Freunden zugeſtellet werden, damit andere
    krancke Perſonen unſers Handwercks an Mei-
    ſter und Geſellen forthin auch koͤnnen erhalten
    werden.

59.


  • Weil auch bißhero unter denen Geſellen des
    Schen-
    [137]des Hutmacher-Handwercks.
    Schenckens und Herbergens halber allerley Un-
    richtigkeit vorgefallen, ſo ſollen forthin die Ge-
    ſchencke und Herberginnen abgethan ſeyn, auch
    hinfoͤrder kein Geſell dem andern ſchencken, er
    ziehe weg oder komme gewandert, da auch einer
    oder mehr auff einen Tag gewandert kommen,
    ſo ſollen ſie in einem Gaſthoff oder Wirthshauß
    einziehen, und nach einem Geſellen ſchicken, und
    um Arbeit ſchauen laſſen. Wuͤrde einer nun Ar-
    beit finden, dahin ſollen ſie geweißt werden, waͤ-
    re aber nicht Arbeit vorhanden, ſo ſoll einer einen
    Groſchen mit ihm vertrincken zur Verehrung,
    und dabey Handwercks-Gebrauch, wie vor
    Alters ausrichten.

60.


  • Nachdeme auch andere Handwercker und
    leichtfertige Leute ſich unterſtehen, Boͤhmiſche
    und andere Huͤte in die Staͤdte, Flecken und
    Doͤrffer zu tragen, und damit zu haußieren; ſo
    ſoll ſolches hinfuͤhro nicht gedultet noch gelitten,
    ſondern wo dieſelben gefunden und angetroffen,
    ſollen ihnen die Huͤte genommen, und der Obrig-
    keit deſſelben Orts zugeſtellet werden.

61.


  • Jn ſoferne ſich etwan ein Meiſter mit etlichen
    Stuͤcken, die forthin nicht ſollen gebraucht wer-
    den, uͤberlegte/ dieſelben ſollen zwiſchen hier und
    Oſtern verthan werden. Da aber einer foͤrder
    damit befunden wuͤrde, ſoll er nach Erkaͤntniß
    des Handwercks zu harter Straffe gezogen wer-
    den.

J 5Ge-
[138]Beſchreibung

GEbieten und befehlen hierauff allen unſern
Ober-Haupt- und Amtleuten, Buͤrgermei-
ſtern und Raͤthen in unſern Staͤdten, da das
Handwerck der Hutmacher getrieben wiꝛd; Sol-
ches Handwerck der Hutmacher, bey dieſer ihrer
ſelbſt verglichenen und durch uns beſtaͤttigten
Jnnung bleiben zu laſſen, es dabey zu ſchuͤtzen
und zu handhaben, doch behalten wir uns und
unſern Nachkommen vor, ſolche Jnnung unſers
Gefallens zu mehren, zu mindern, oder wieder
abzuthun; Dieweil auch hiebevor die Hut-
macher in etlichen unſern Staͤdten, Jnnungen
von unſern Vorfahren und uns erlangt, ſollen
dieſelben in ihren Artickeln, ſo in dieſer ietzigen
Landes-Ordnung nicht begriffen, und ſoferne ſie
derer nicht zuwieder, in ihren Kraͤfften bleiben.
Gegeben und geſchehen zu Dreßden, am Tage
Purificationis Mariæ, Nach CHriſti unſers
lieben Herren Geburt, Tauſend, Fuͤnffhundert
und im zwey und funffzigten Jahre.


Dieſe nachfolgende Staͤdte ſollen in den Dreßd-
niſchen Kreyß der Jnnung halben gezogen
werden, und ſich derſelben gemaͤß verhal-
ten, als nehmlich:

Alt-Dreßden/ Pirnau/ Stolpen/ Neu-
ſtadt/ Glashuͤttten/ Lauenſtein/ Al-
tenberg, Dippoldswalde/ Libſtad/
Wilsdorff/ Koͤnigſtein/ Radeberg/
Orttrant/ Radeburg/ Honſtein/ Do-

nau/
[139]des Hutmacher-Handwercks.
nau/ Dohnen, Gottlebe, Biſchoffs-
werda.


Aus dieſen ſehr wohl abgefaßten Jnnungs-
Articuln waͤren viel ſchoͤne Moralia zu ziehen und
zu weiſen, wie loͤbliche Handwercks-Jnnungen
in Teutſchland ſich jederzeit dahin befliſſen, ihre
Zunfft und Handwerck rein und unbefleckt,
Chriſtlich und loͤblich, als rechtſchaffenen Chri-
ſten und Buͤrgern gebuͤhret, zu erhalten, und ſon-
derlich diejenige Articuls und Præcautiones mit
einflieſſen zu laſſen, welche zur Conſervation
ihres Handwercks dienlich ſeyn koͤnnen; weil wir
uns aber der Kuͤrtze befleiſſen, als bemercken
wir nur, daß Articulus 7. gar wohl geordnet
ſey, daß kein junger Meiſter ſein Handwerck eher
treiben ſoll, er habe denn zuvor ein Eheweib, denn
hierdurch wird die Gemeine und Buͤrgerſchafft
vermehret, und ein ſolcher verehlichter Hand-
wercksmann geraͤth in einen ſolchen Stand, in
welchen er das Seinige beſſer behuͤten und be-
wahren, zu Rath halten, Credit und Seegen
erlangen kan, als wenn er unbeweibet bliebe.
Wir bemercken ferner der Vorſorge der Kran-
cken halber, daß es ſehr loͤblich ſey, vor das kran-
cke Geſind dergeſtalt zu ſorgen, daß, da man
daſſelbe in geſunden Tagen gebraucht, man es
in Kranckheit auch nicht Huͤlffloß laſſe, auch
ſelbſt im Todt mit einem ehrlichen Begraͤbniß
verſorge. Jn welchen Liebes-Wercken die Hut-
macher deñ auch nicht weniger, als andere Hand-
wer-
[140]Beſchreibung
wercker gute Veranſtaltungen bey ihrem Hand-
werck zu machen haben. Von denen Montibus
Pietatis,
Leih- Asſiſtenz- und Huͤlffs-Caſſen,
die ſie unter ſich auffrichten koͤnten, haben wir o-
ben ſchon, wie auch von ihrem gemeinen Hand-
wercks-Magazin geredet. Auff dieſes moͤchte
auch der 20. ſte Articul ihrer Jnnungs-Statuten
reflectiren, daß nehmlich einem Meiſter, der
wenig Waare hat, ſeine Waare gar wohl koͤn-
te abgekaufft, (wir wollen noch hinzufuͤgen, in
Commisſion angenommen) und um demſelben
Zeit und Unkoſten zu erſparen/ im gemeinen Ma-
gazin
verkauffet werden. Dieſes Ortes wir
von ihren Stifftungen noch etwas zu gedencken/
ſo iſt ohne dem nun mehrentheils bey allen Hand-
wercken/ (welche gute Verfaſſungen unter ſich
haben) ſchon eingefuͤhret, daß ſie ihr eigene
Herbergen/ Todten-Lacken/ oder Sarg-Tuͤ-
cher, auch wohl ihre gemeine Trauer-Maͤntel/
Saͤrge und Begraͤbniſſe haben/ welches auch
alſo bey denen Hutmachern koͤnte gehalten/ und
wo es noch nicht alles angeſchaffet, forderſamſt
darzu Anſtalt gemachet werden. Die Unkoſten
darzu/ lieſſen ſich bey ihnen auff vielerley Wege
ausfuͤndig machen/ als daß ein jeder Jung/ der
auffgedungen und loßgeſprochen wuͤrde/ ein ge-
wiſſes zur Geſellen-Lade entrichten muͤſte.


Daß bey der Geſellen Monatlichen Krug-o-
der Verſammlungs-Tag, ein jeder Ein oder 2.
Groſchen in die Lade zu ſolchen Ende geben muͤ-
ſte. Ferner koͤnte auch ein in Arbeit tretender/
und
[141]des Hutmacher-Handwercks.
und wieder auff die Wanderſchafft Ziehender
ein gewiſſes erlegen.


Hierzu koͤnte noch ein Theil deꝛ im Handwerck
fallenden Straff-Gelder kommen. Die Mei-
ſter koͤnten auch Jaͤhrlich aus ihrer Handwercks-
Lade ein gewiſſes darzu geben, ſo wuͤrden ſich
auch Legata und Schenckungen finden, welche
der Meiſter-und auch der Geſellen-Lade zu gut
kaͤmen.


Da ſie ſich einmahl eine eigene Herberg ange-
ſchaffet, wuͤrden die Mieth- oder Zins-Gelder,
wenn etwan andere liegende Stuͤcke, die man
verpachten koͤnte, dabey waͤren, auch ſchon jaͤhr-
lich ein gewiſſes tragen; ſo muͤſten auch alle
Meiſter und Geſellen, ſo viel als moͤglich, verbun-
den ſeyn, in ihren Zunfft-Haͤuſern, Kruͤgen o-
der Herbergen, zum Wein oder Bier zu gehen,
und alſo den Profit ihren eigenen Zunfft-Hauß
zu goͤnnen, welchen ſonſt andere Haͤuſer, wo ſie
ihre Convivia gepachtet und Zuſammenkunfften
hielten, zu genieſen haben.


Waͤre an einen Ort das Handwerck der Hut-
macher eine eigene Herberg und obbemeldte
Stifftungen auffzurichten nicht maͤchtig genug,
ſo koͤnten Ein oder mehr Handwercker ſich zu-
ſammen alliiren/ und ein gemeines Zunfft-Hauß
Krancken- und Todten-Laden auffrichten.


Von der Obrigkeit koͤnte ihnen auch einige
Douceurs und Privilegia, als etwan einmahl
eine Lotterie anzurichten, ein Frey-Schießen
zu halten, und dabey allerhand Gattungen gu-
ter
[142]Beſchreibung
ter Huͤte auffzuſetzen. Jtem wenn das Hand-
werck erſt ſolcher geſtalt in Flor gekommen, daß
es nach frembden Landen ihre Waare wegſchick-
te, oder von Kauffleuten frembde Huͤte einge-
fuͤhret wuͤrden, ſo wohl von der aus, als einge-
henden Waare, jedoch von jener nur wenig,
von dieſer aber ſo viel mehr zu erheben, oder an
den Zoll zu participiren, zugeſtanden werden;
alſo muͤſte auch ein jeder Hutmacher-Meiſter o-
der Geſell, der Hochzeit machen wolte, der Mei-
ſter- und Geſellen-Lade ein gewiſſes geben, und
die Hochzeit nirgend anders, als in ihren Zunfft-
Hauß ausgerichtet werden.


An denen Oertern, wo die Brau-Gerechtig-
keit von der Obrigkeit verliehen wird/ koͤnte de-
nen zu ihren Stifftungs-Fundo ſammlenden
Hutmachern ein freyes Gebraͤude Bier verliehen
werden, welches an etlichen Orten ſchon 20.
biß 30. und mehr Rthl. eintraͤgt.


Nicht weniger wuͤrden auch die Wollhaͤndler
in der Stadt und auff dem gantzen Land ſich nicht
entziehen, im Fall ſie groſſe Parteyen Jaͤhrlich
an das Handwerck abſetzten/ demſelben 1. Stein
Wolle zur Handwercks-Lade und piis Cauſis
zu verehren, und was der Modorum Colle-
ctandi \& fundum iuſtituendi
mehr waͤren;
welche leichtlich nach der Vorſchrifft, die wir
bey andern Handwerckern gethan, zu imitiren
waͤren. Einmahl iſt es gewiß, daß in etlichen
vornehmen Staͤdten, ſonderlich in Rom die
Hutmacher vortreffliche Stifftungen, auch in
die-
[143]des Hutmacher-Handwercks.
dieſem letztern Ort gantze Capellen haben, in wel-
cher ſie den Gottesdienſt und gewiſſe Bruͤder-
ſchafften aus ihren Mitteln mit unterhalten daß
alſo vor Zeiten das Handwerck nicht ſo ſehr
in Abnehmen muß geſtanden ſeyn, als es heuti-
ges Tages in vielen Orten Teutſchlandes ſich
leider! befindet.


Wir fuͤgen dieſen als eine nuͤtzliche Remarque
aus ihren Haudwercks-Articulis noch bey, daß
das aͤrgerliche und wuͤſte Leben des guten Mon-
tags unter denen Geſellen abgeſchaffet, und waͤ-
re zu wuͤnſchen, daß mit denen Heydniſchen
Bacchanalibus oder Hoͤlliſchen Faßnachts-
Haͤndeln, auch alſo durchgehends geſchehen
moͤchte, ſo wuͤrde manches Handwerck mehr
Gluͤck und Seegen haben, als es biß dato nicht
hat.


Von denen Meiſter-Stuͤcken iſt bey dieſen
und vielen andern Handwerckern zu bemercken,
daß ſelbige, und zwar mit guten Recht in ſo weit
als ſie koſtbar, Altfraͤnckiſch und auſſer Gebrauch
ſeyn, indeſſen aber denjenigen, der ſolche macht,
viel Zeit, Muͤh und Unkoſten wegnehmen, von
der Hohen Lands-Obrigkeit durchgehends ab-
geſchaffet/ hingegen aber ſolche Meiſter-Stuͤck
wieder dafuͤr angeordnet wuͤrden, welche von
der Capacitaͤt deßjenigen, der ſie macht, genug-
ſam Zeugniß geben, und hernach auch, damit
der junge Meiſter beym Eintritt in das Hand-
werck, nicht zu viel Schaden leide, wieder ver-
kauffet werden koͤnnen.


Das
[144]Beſchreibung

Das V. Capitel.


Von denen Hauben/ Muͤtzen oder Barreten
und ſogenannten Kaͤplein-Machern/ in-

ſonderheit aber von den Hu[t]ſtaffirern
und ihrer
Profesſion.


OB zwar unter denen Hauben, die aus
Wollen gewalckten Schlaff-Muͤtzen zu
verſtehen, welche nicht zu denen Hut,
ſondern Struͤmpffmachen gehoͤren, ſo
machen doch nicht ſelten auch die Hutmacher ge-
wiſſe leichte Filtz-Hauben, oder zum wenigſten
die Kopff-Formen darzu, welche hernach mit
andern Zeug, von Seide, Wolle oder Wachs-
Tuch von denen Baretmachern uͤberzogen, und
zu einer gewiſſen Form zierlich ausgearbeitet
werden, und mag man hierzu rechnen die ſoge-
nannten Reiß-Caputzen oder Reiß-Huͤte, Ne-
bel-Kappen genannt, ingleichen die Schiffer-
Muͤtzen, die hernach wie ſonderlich an denen
Frieß- und Omelaͤndern zu erſehen, gemeiniglich
mit blauer Wolle rauh gepluͤſſet werden, alſo/
daß ein ſolcher Hollaͤndiſcher Schiffer recht See-
fahrend, und als wenn er ein Storchs-Neſt auf
dem Kopff haͤtte, darinn ausſiehet. Eine ſolche
Muͤtze auch manchmahl in vornehmen Masque-
raden
bey Hof zur Kurtzweil dienen muß. Der
Botsleute-Huͤte ſeynd hoch, doch oben nicht allzu
ſpitzig, ſondern mehr auff Cylinder-als Pyrami-
den-Art, haben auch einen ſchmahlen, und ge-
mei-
[145]des Hutmacher-Handwercks.
meiniglich mit einem breiten Borten eingefaßten
Rand.


Die ſogenannten Kaͤpplein ſeynd in Ober-
Teutſchland, vornehmlich aber in Oeſterreich,
Beyern, Saltzburger-Land und Tyrol, eine
Bauren- und Fuhrleut-Tracht. Es tragen ſolche
auch wohl die Schmiede-Knecht, die Bergleut
und andere gemeine Handwercker, und ſeynd
faſt alle gruͤn, indeſſen geben ſie doch in dem Land/
in welchem ſie mode ſeyn/ eine nuͤtzliche Manu-
factur.
Wie denn der Baron von Schroͤdern,
in ſeiner Fuͤrſtlichen Schatz-Cammer den Nu-
tzen, der auff ſolchen Filtz-Kaͤpplein zu machen
iſt, in folgender Rechnung (die wir Kauffmaͤn-
niſcher Manier nach zu Deber und Credit ein-
richten wollen, als ohne welche Ordnung alle
Rechnungs-Arten in der Welt nichts taugen)
vorſtellet:


Kaͤpplein-Macherey.
Debet oder Koſten.


Monatlich ſchreibt er, machen hier zu Land,
nehmlich in Oeſterreich 6. Meiſter mit 18. Ge-
ſellen, 6. Lehr-Jungen und 6. Wollen-Zurich-
tern 9600. Kaͤpplein, verbrauchen darzu:


  • 30. Centner Wolle zu 20. fl. fl. 600.
  • 2. Dutzend Cartetſchen zu 1. fl. das
    Dutzend. ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ fl. 2.
  • Geſellen-Lohn des Monats. ‒ ‒ ‒ 108.
  • Koſt ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 72

KFaͤr-
[146]Beſchreibung
  • Faͤrber-Lohn ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 384
  • Rabbato oder Abgang ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ 30
  • Koſten alſo 9600. Kaͤppel S. fl. 1196.
  • Summa Gewinn ‒ ‒ ‒ ‒ 424.
  • S. fl. 1620.

Credit oder was ſolche wieder ein-
gebracht.


  • Die 9600. Kaͤpplein werden wieder ver-
    kaufft ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ fl. 1620.

Hiebey erinnert er nun nicht unfuͤglich, daß
durch dieſe gering ſcheinige Manufactur 36. Per-
ſonen als Meiſter und Geſellen ernehret wuͤrden,
daß von die 9600. Kaͤpplein zum wenigſten
4600. aus dem Land giengen, und dafuͤr baar
Geld einkaͤme 920. fl. welches alles ein Augen-
ſcheinlicher Beweiß des Nutzens einer ſolchen
Manufactur waͤre. Wir wollen aber noch
weiter dar uͤber glosſiren und ſagen:


  • Bringet die Manufactur Monatlich 424. fl. Pro-
    fit,
    ſo thut es im Jahr 5088. fl.
  • Kommen des Monats 920. fl. durch dieſe Manu-
    factur
    baar Geld ins Land, ſo thut es im
    Jahr fl. 11040.

Werden Monatlich 36. Perſonen, und ſo man
Faͤrber, Drechßler, Schloͤſſer, Kupfer-
Schmid und Tiſchler/ die auch zu der Manu-
factur
an Inſtrumentis das ihrige beytragen
muͤſ-
[147]des Hutmacher-Handwercks.
muͤſſen, darzu rechnen will, in allem nur auffs
wenigſte 46, Perſonen davon ernehret, und der
Lands-Herr haͤtte von jeder Perſon nur Monat-
lich einen halben Guͤlden, durch die Accis oder
Conſumption, welches 23. fl. des Monats be-
truͤge, ſo wuͤrde es Jaͤhrlich ſchon ſeinem Æra-
rio
276. fl. austragen.


Die 11040. fl. ſo Jaͤhrlich ins Land dadurch
eingehen, koͤnnen zum wenigſten auff 6. pro
Cento
genuͤtzet werden, waͤre auch ſchon 660. fl.
Wiewohl wir eben nicht garentiren wollen, daß
Monatlich von die 9600. Kaͤpplein 4600. aus
dem Land gehen, und 4000. im Land conſumi-
ret werden, weil einen ſolchen groben Filtz-De-
ckel ein gemeiner Kerl lange tragen kan; indeſ-
ſen iſt doch die Manufactur nicht ohne Nutzen,
und von ſolcher auff alle andere Manufacturen,
Reflexion und Rechnung zu machen, und wird
genug ſeyn/ wenn nur eine Manufactur ſo viel
Nutzen bringet, daß ſie ihre Einwohner dadurch
in Arbeit und Nahrung ſetzen kan, und nicht vor
die beduͤrffende-Waar das Geld auſſer Land ſchi-
cken darff. Der andere Nutzen iſt hernach,
wenn von der verfertigten Waare, noch vor
viel tauſend Thaler oder Guͤlden Jaͤhrlich koͤn-
nen auſſer Land debitiret werden.


Es fuͤhren aber dergleichen Kaͤpplein in klei-
nen Staͤdten die geringen Kraͤmers, die man
an einigen Orten auch Naͤdlers zu nennen pfle-
get, Jn groſſen Staͤdten haben es auch wohl
die Baret-Kraͤmers oder Hutſtaffirer, nebenſt
K 2ih-
[148]Beſchreibung
ihren andeꝛn Waarẽ zum Kauff. Solche Waaren
ſeynd allerhand Huͤte ſonderl. feine und auslaͤndi-
ſche, welche etwan die Hutmacher ſelbiges Orts
noch nicht machen, oder doch ſo gut nicht, als
anderwerts geſchiehet, zu machen wiſſen; wo a-
ber geſchickte Hutmacher ſind, oder doch nach
und nach (und ſonderlich ſeiter der in Franckreich
ergangenen Perſecution der Reformirten) ſich
hin und wieder in Teutſchland eingefunden, da
geht man ſchon mehrentheils zu denen Hutma-
chern ſelbſt, wenn man einen Hutkauffen will,
zumahl, da ſie ihre oͤffentliche Buden oder Laͤ-
den taͤglich auff dem Marckt haben, und auch
die Huͤte bordiren, oder mit Seide und Galo-
nen, nach eines jeden Begehren einfaſſen, und
die Glantz-Leinwand oder Taffent-Hauben
hinein ſetzen, daß alſo, was die Huͤte belanget,
die Hutſtaffirer wenig mehr zu thun haben, und
dieſer Handel denen Hutmachern gantz allein
bleiben wuͤrde; wenn ſie ſich ſelbſt mehr auff gu-
te Huͤte zu machen befleißigen ſolten, und alle
auslaͤndiſche Huͤte, mit einem ziemlichen Impoſt
beleget wuͤrden, wo aber beydes nicht iſt, oder
in gar groſſen Staͤdten, die zumahl kein groſſes
Territorium haben, und deren Handlung nicht
den geringſten Zwang leiden will, das letztere,
nehmlich einen Impoſt auff frembde Huͤte zu le-
gen, ſich nicht wohl will einfuͤhren laſſen; da
muͤſſen allerdings die Hut- und Baret-Kraͤmer
oder Staffirers beybehalten werden, damit ſie
auch in dieſer Waar das Publicum, was dem-
ſel-
[149]des Hutmacher-Handwercks.
ſelben an guten inlaͤndiſchen Huͤten fehlet, mit
feinen auslaͤndiſchen verſehen moͤgen, zumahl,
da auch manche Waare denen Kraͤmern oder
Kauffleuten mit denen Handwerckern die ſolche
machen, in Gemeinſchafft zu laſſen, der Noth-
wendigkeit gemaͤß zu ſeyn ſcheinet, weil ein einhei-
miſcher und frembder Kaͤuffer offt gern an einem
Ort zuſammen findet, was zu ſeiner Kleidung
mehrentheils noͤthig, daß er nicht erſt die
Struͤmpffe an dieſem, den Hut an jenem, die Fe-
der am dritten/ und das Band ſo er braucht am
vierdten Ort ſuchen doͤrffte, nur daß ſolche Kraͤ-
mers, ſo viel als moͤglich, dahin trachten, und
nach Beſchaffenheit der einheimiſchen Handwer-
cker ihrer Tuͤchtigkeit auch dahin durch Impoſt
auf ihre frembde Waaren gehalten werden, daß
ſie ihrer Mit-Buͤrger gemachten Waaren in
Gang bringen/ und nach und nach der Fremden
ſich entſchlagen.


Nechſt denen Huͤten haben in einigen groſſen
Staͤden auch die Hutſtaffirer allerhand Federn
auff die Huͤte, welche ſie theils ſelbſt verſchreiben,
theils von denen Feder-Schmuͤckern daſelbſt
kauffen, und weil dieſer Kram mehrentheils aus
Venedig koͤmt, und offt ein groſſer Ort kaum 1.
oder 2. Feder-Schmuͤckers hat, als bleibet ſol-
cher billich denen Baret-Kraͤmern oder Hutſtaf-
firern, wie auch allen Galanterien-Kraͤmern frey;
Und ſo auch die Jndianiſche, oder koſtbar beſchla-
genen Cannes oder Roͤhre, die parfumirte Hand-
ſchuhe, Seidene und feine Wollene Struͤmpffe,
allerhand neumodiſche Weiber-Kopff-Zierathen
K 3von
[150]Beſchreibung
von Casqueten, Feder-Muͤtzen und Muͤffen,
nicht aber von Rauch- oder Peltzwerck, als wel-
ches, wie hernach folgen wird, die Kirſchner ſich
allein zu machen und zu verkauffen zueignen. Je-
doch moͤgen die Hutſtaffirer wohl davon ſonder-
lich bebraͤmte Handſchuh, Kragen oder Palati-
nes
fuͤhren, wenn ſie ſolche nur nicht ſelbſt bebraͤ-
men, oder das Peltz- und Rauchwerck darzu zu-
ſchneiden, ſondern ſolche Arbeit denen Kirſchnern
uͤberlaſſen. Was die uͤbrige Nadel-Arbeit an-
betrifft/ mit welcher ohne dem die Hutſtaffirer
wohl wiſſen umzugehen, und halbe Schneider-
oder Perlen-Stuͤcker abzugeben pflegen, bleibt ih-
nen ſolche billich reſerviret, dahero auch von ih-
nen die Prieſter- und Rathsherren-Barete, die
Wulſt- oder Fall-Huͤte vor die Kinder, die vor
Alters gebraͤuchliche Schuhroſen, Halskrau-
ſen, Achſel- und Hut-Schleiffen, ſamt denen noch
uͤblichen Degen-Baͤndern und etlichen andern
Leibes-Zierathen, gemachet werden; ſie haben
auch etwan dabey zum Kauff allerhand Coule[u]-
ren breit und ſchmal Band, Eventails oder
Sonnenfaͤcher, Haar-Poudre, Seiffen-Kugel,
Pomade, auslaͤndiſche Handſchuh, welche die
inlaͤndiſchen Beutler nicht machen koͤnnen; De-
gen-Gefaͤße, koſtbare Tobacks-Doſen, glatte
und brodirte Degen-Gehaͤnge, Schuh-Span-
gen, Haar-Beutels, und was dergleichen zur
Kleidung und Leibes-Zierath dienliche Waaren
mehr ſeyn moͤchten.


Daß hingegen die Baretmacher oder Hut-
ſtaffirer Rauch- oder Kirſchner-Waaren auſ-
ſer
[151]des Hutmacher-Handwercks.
ſer denen Meß-Zeiten nicht zu fuͤhren befuͤget ſeyn,
ſolches weiſet nachfolgendes von dem Rath zu
Coͤthen A. 1655. gegebenes Decretum aus Jn
Sachen der Kirſchner-Jnnung allhier zu Coͤthen,
wieder den Hut-Schmuͤcker Bernhard Treben
daſelbſt, iſt von wegen des Durchl. Fuͤrſten und
Herrns Johann Caſimirs, Fuͤrſten zu Anhalt,
in Vormundſchafft des auch Durchl. Fuͤrſten
und Herrn, Wilhelm Ludwigs, Fuͤrſten zu An-
halt, nach eingelangten Bericht von Amt und
Rath zu Koͤthen, als Jnnungs-Inſpectorem
dieſer Beſcheid, daß die Kirſchner-Jnnung bey
ihren Articuls-Brieffen billich zu ſchuͤtzen/ und
der Hutſtaffirer des Einkauffens und Verarbei-
tens zum feilen Kauff auſſer den Jahrmaͤrckten
ſolche Waaren, ſo in der Kirſchner Handthie-
rung und Arbeit lauffen, ſich zu enthalten, aller-
maßẽ ihme ſolches hiermit unterſaget wird. Amt
und Rath aber ernſtlich anbefohlen ſeyn ſoll, ge-
dachte Jnnung bey ihren Briefen zu ſchuͤtzen, je-
doch ſoll dem Hut-Schmuͤcker dasjenige, was
frembden Kraͤmern in dem Jahrmarckt verſtat-
tet wird, hierdurch (nur daß darunter kein Miß-
brauch oder Unterſchleiff verſpuͤhret werde) nicht
entzogen ſeyn. Signatum Koͤthen am 21. Febr.
A.
1655.


Hieher gehoͤret auch, was zwiſchen denen
Kirſchnern und Baretmachern vor dem
Rath zu Wittenberg folgender Maßen
verhandelt worden:


DEmnach ſich das Kirſchner-Handwerck
uͤber die Baret-Kraͤmer eine Zeit hero a-
K 4ber-
[152]Beſchreibung
bermahls zum hefftigſten beſchweret, daß ſie zu-
wieder ihrer Handwercks-Ordnung, auch zuvor
ertheilten unterſchiedlichen Abſchieden, ſich mehr-
mahls unterſtanden, allerley Rauch-Waaren
einzukauffen, und wieder zu verkauffen, zu ver-
ſchneiden, zu verfuͤttern, zu verbraͤmen und zu
verarbeiten, und daß ſie auch uͤberdiß allerhand
gemachte Rauch-Waaren von gantzen Rauch-
werck, als Muͤffe, Sonnen-Schleyer und der-
gleichen, welches allein in das Kirſchner-Hand-
werck gehoͤrte, oͤffentlich aushingen und verkauf-
ten. Die Baret-Kraͤmer auch ſolches nicht in
Abrede ſeyn, aber eines und das andere darwie-
der ſo ſchrifftlich als muͤndlich vorgeſchuͤtzet; Als
hat E. E. Hochweiſer Rath beyde Partheyen
hieruͤber nochmahls unterſchiedlich, als am 26.
Nov. 31. Dec. A. 1635. 25. Maji und 18. Junii
dieſes 1638. Jahres zur Genuͤge gehoͤret, und
auff vorhergehende reiffe Cognition ihnen end-
lich dieſen Beſcheid gegeben:


Weil am 7. Martii A. 1598. zwiſchen den
Kirſchnern und Baret-Kraͤmern allbereit verab-
ſchiedet worden, daß die Baret-Kraͤmer keine
Gebraͤhme noch Rauchwerck, wie ſolches Nah-
men haben mag, weder vor ſich ſelbſt, die ihrigen,
noch jemand anders zu feilen Kauff einkauffen,
verkauffen, verhandeln, verfuͤttern, ſondern in
ihren [T]erminis bleiben, und dasjenige, ſo ſie zu
verbraͤmen und zu verſuͤttern haben, durch die
Kirſchner allhier verfertigen, und zurichten laſſen
ſolten, ſolcher Abſchied auch hernachmahls durch
andere noch zwey Beſcheide, unter welchen der ei-
ne
[153]des Hutmacher-Handwercks.
ne am 29. Decembr. A. 1607. der andere am 9.
Martii A. 1614. gegeben, confirmiret, danebens
aber denen Kirſchnern eingebunden worden, daß
ſie die Baret-Kraͤmer mit der Kirſchner-Arbeit
vor andern befoͤrdern, damit nicht vorſetzlich auf-
halten noch uͤbertheuren, ſondern gegen ſie und
die Buͤrgerſchafft mit Forderung des Lohns, der
Billigkeit nach ſich erweiſen, auch die Rauch-
Waaren ihnen um ein gleiches und billiches zu-
kommen laſſen, und ſich ſonſt gegen einander alſo
erzeigen ſollen, damit eines neben dem andeꝛn blei-
ben und hinkommen, und dißfalls keine Klage
mehr erfolgen moͤge, mit dieſer ausdruͤcklichen
Commination, da jemand deme zuwieder und
entgegen ichwas thun, fuͤrnehmen und han-
deln, und deſſen uͤberfuͤhret werden ſolte, daß der-
ſelbe nach Befindung ernſtlich und unnachlaͤßlich
andern zum Exempel geſtrafft werden, inſonder-
heit aber, da einer oder der andere Baret-Kra-
mer ſolchen Abſchied zuwieder, etwas ſich unter-
ſtehen, thun oder handeln wuͤrde, derſelbe zehen
Thaler unnachlaͤßiger Straffe, als nehmlich 5.
Rthl. E. E. Rath, und 5. Thaler dem Kirſchner-
Handwerck, ſo offt er betreten werden wird, ver-
fallen ſeyn ſoll, und denn unterſchiedliche Wei-
ſungen, alle Krafft Rechten ergriffen, und der
Kirſchner-Jnnung allerdings gemaͤß ſind; Als
laͤſſet es auch E. E. Rath nochmahls bey denen-
ſelben allenthalben bewenden, und ſollen die Par-
theyen ſich darnach beyderſeits zu achten ſchuldig
ſeyn. Jm Fall ſie aber darwieder zu handeln ſich
unterſtehen wuͤrden, ſollen die Verbrecher mit
K 5der
[154]Beſchreibung
der im Abſchied angedroheten Straffe unnach-
laͤßig beleget werden. Zum Urkund iſt auch dieſe
Weiſung denen Actis Publicis einverleibet, bey-
den Partheyen gebuͤhrlich publiciret, u. begehren-
den Theil hiervon glaubwuͤrdige Abſchrifft unter
der Stadt Jnſiegel mitgetheilet worden. So
geſchehen am 3. Auguſti A. 1638.


Was nach der Zeit, nehmlich den 16. Febr. A.
1653. vor ein Transact uͤber eben dieſe Strei-
tigkeit zwiſchen dem Kirſchner-Hand werck und
einem Baret-Kraͤmer, Chriſtoph Hehl genañt,
daſelbſt gemachet worden, ſolches iſt in G. A.
Struvii Deciſionibus juris opificiarii, Dec. 74.
p.
128. zu erſehen.


Jngleichen Dec. 108. p. 170. daß hinwie-
der denen Kirſchnern auſſer denen Jahrmaͤrck-
ten nicht zugelaſſen ſeyn ſolte Muͤtzen, Schleyer
und ſolche Sachen, da nebſt dem Rauch-Futter,
auch Zeug und Gewand ſich findet, in ihren Laͤ-
den feil zu haben, es koͤnten und wolten denn die-
ſelben binnen Saͤchſiſcher Friſt Summariſch
beybringen, daß ſie deßfalls von etlichen Jahren
her in Poſeſſ. vel quaſi geweſen, auff welchen
Fall die Kraͤmer das Jus prohibendi in Petito-
rio
auszufuͤhren, und zu deſſen Behuͤlff einen
Syndicum zu beſtellen haͤtten, quod decretum
Leuteratione interpoſita non obſtante per
Facult. Jurid. Lipſ. confirmatum.


Das VI. Capitel.


Anhang einiger Merckwuͤrdigkeiten/ die
Huͤte/ Kappen und Barett be-
treffend.


An
[155]des Hutmacher-Handwercks.

AN unterſchiedlichen Orten Jtaliens, ſon-
derlich zu Rom und Venedig ſeynd die
Juͤden obligiret rothe Huͤte mit rothen
Wachs-Tuch uͤberzogen zu tragen. Ein gewiſſer
Prælat, welcher nach Rom gezogen war, in Hoff-
nung einen Cardinals-Hut daſelbſt zu erlangen,
der ihme aber fehl geſchlagen, muſte, als er gantz
heiſcher, und mit einem ſtarcken Huſten behafftet,
wieder zuruͤck kam, Spotts-Weiſe hoͤren, daß
ſich uͤber ſolch ſein Accident nicht zu verwundern
waͤre, weil er ohne Hut eine ſo ferne Zuruͤck-
Reiſe haͤtte thun muͤſſen.


Sub palliolo \& pileolo ſordido, pflegt man
Sprichworts-Weiſe zu ſagen, ſæpe Sapientia
latet,
offt iſt unter einem ſchmutzigen Hut und
Mantel ein weiſer Mann verborgen.


Gleichwie von denen Kleider-Trachten viel
Beſchimpffungs-Reden hergenommen, als
daß ein Blau-Strumpff, ein Verraͤther, ein
Heuchler derjenige genennet wird, der den Man-
tel auff beyden Schultern traͤgt, oder ſolchen
nach dem Wind zu drehen weiß; Als wollen ei-
nige unter einen breiten Hut, einen Hahnrey ver-
ſtehen, als der einen ſolchen breiten Hut ſeine
Hoͤrner zu bedecken noͤthig haͤlte.


Von des Fortunati Wuͤnſch-Huͤtlein wird
fabulirt, daß, als er einsmahls an des Groß-
Sultans Hofdurch ſeine Freygebigkeit ſich groſſe
Lieb und Ruhm erworben, u. weil er den Gluͤcks-
Seckel gehabt, (der nimmer ledig wurde, ſon-
dern ſtets ſo viel Gelds als Fortunatus haben
wolte heraus gab,) des Sultans Hof-Geſind
reich-
[156]Beſchreibung
reichlich beſchenckt, da habe ihme dieſer auch eine
Ehre anthun wollen, und den Fortunatum mit
ſich in ſeine Schatz-Kammer gefuͤhret, da er ihn
unter andern groſſen Schaͤtzen, von Gold, Sil-
ber und Edelgeſteinen, auch einen alten abgenutz-
ten Filtz-Hut gewieſen, der aber die Krafft an
ſich gehabt, daß, wenn ihn iemand auff den Kopf
geſetzet, er ſo gleich dahin kommen koͤnnen, da er
ſich hingewuͤnſchet; Als nun der Sultan aus
Unbedachtſamkeit zugelaſſen, daß Fortunatus
ſolchen auffgeſetzet, da haͤtte er ſich ſo gleich in ſei-
ne im Haven liegende Galere gewuͤnſcht, in wel-
cher er alſo bald die Segel auffziehen laſſen, und
damit nach ſeinem Vaterland Cypern zugeſchif-
fet; der Sultan haͤtte zwar gleich nach geſchickt,
aber vergebens, weil die Galée ſchon viel zu weit
voraus geweſen, als daß man ſie haͤtte wieder
einholen koͤnnen. Worauff der Sultan, als den
der Verluſt dieſes Kleinodes ſehr ſchmertzte, einen
eigenen Abgeſanden an ihn gefertiget, der haͤtte
aber auch nichts erhalten koͤnnen, ungeacht er im
Nahmen des Sultans dem Fortunato groſſes
Geld und Gut verheiſſen, wenn er den Hut wie-
der zuruͤck geben wolte.


Da nun ſolcher geſtalt Furtunatus in den Be-
ſitz dieſes koſtbaren Huts geblieben, haͤtte er man-
che Kurtzweil mit denſelben angeſtellet/ und weil
er ſich damit allenthalben wo er hingewolt, haͤtte
hinwuͤnſchen koͤnnen, als waͤre er bey nahe die
gantze Welt damit durchgereißt. Endlich/ als er
auff das Sterbe-Bet gekommen, haͤtte er ſolchen
ſamt dem Seckel ſeinen beyden Soͤhnen Ampedo
und
[157]des Hutmacher-Handwercks.
und Andoloſia vermacht, doch mit der Condition, daß
beyde Kleinode ihnen zum allgemeinen Bruͤderlichen
Gebrauch verbleiben, und nicht von einander getrennt
werden ſolten, allein Andoloſia hatte nach des Vaters
Tode ſeinen aͤltern Bruder Ampedo ſo viel gute Worte
gegeben, daß er ihme den Seckel (nach dem ſie zu vor 2.
Kiſten mit Geld daraus angefuͤllet) mit auff die Reiſe
haͤtte folgen laſſen, da er ihme denn in Engelland von
der jungen Koͤnigin Agrippina durch falſche Liebe waͤre
abgelocket worden. Dieſer Untreu halber ſich nun zu
raͤchen, und den verlohrnen Seckel wieder zu gewinnen,
waͤre er wieder nach Hauß gereiſet, haͤtte den hinterlaſ-
ſenen Wuͤnſch-Hut geholet, ſich damit auffs neue nach
Engeland gewuͤnſchet, und als er an Koͤnigl. Hof ange-
kommen, ſich vor einen Juwelirer verkleidet ausgege-
ben, welcher der Koͤniglichen Princeßin ſchoͤne Juwe-
len zu weiſen haͤtte. Wie ſie ihn nun hierauff in ihr Zim-
mer kommen laſſen, und einige Juwelen ausgeſuchet
und bedungen, ſolche auch hernach aus des Andoloſiæ
Seckel zahlen wollen, da habe er ſein Wuͤnſch-Huͤt-
lein auffgeſetzt, ſie die Princeßin in Arm genommen,
und ſich mit ihr in ein weit entfernetes Land gewuͤnſchet.
Und was der Maͤhrlein, die von dieſem Fortunatiſchen
Wuͤnſch-Huͤtlein erzehlet werden, mehr ſeyn moͤchten,
die der Laͤnge nach in dem ſogenannten Fortunati Seckel-
und Wuͤnſch-Huͤtlein-Buͤchlein zu leſen ſeyn.


Des groſſen Alexandri Haupt-Zierath ſoll anfaͤng-
lich Macedoniſch, nachmahls, als er ſich die Perſiſche
Weichlichkeit belieben laſſen, Perſianiſch geweſen ſeyn.
Von dieſen letztern ſchreibt Juſtinus lib. II. daß, als eins-
mahls der Alexander im Abſteigen von dem Pferd, den
Lyſimachum mit der Spitze ſeiner Lantze hefftig an die
Stirn verwundet, da habe das Blut nicht eher koͤnnen
geſtillet werden, biß der Alexander ſeinen Koͤniglichen
Hut abgenommen, und ſolchen dem Lyſimacho (um
die Wunde deſto beſſer zuſammen zu halten) auff den
Kopff geſetzet, welches dem Lyſimacho das erſte Vorzei-
chen geweſen, daß er dermahleins wuͤrds Koͤnig wer-
den.


Von
[158]Beſchreibung

Von denen Griechiſchen Patriarchen der Kirchen in
Orient wird geleſen, daß ob ſie gleich in eben ſo hohen
Anſehen bey ihren Religions-Genoſſen, als der Papſt
unter denen Noͤmiſch-Catholiſchen iſt, ſie doch in Klei-
dern ſich ſehr ſchlecht halten, alſo, daß ſie eben wie an-
dere Muͤnche bekleidet einher gehen, und von ſolchen an-
ders nicht, als durch einen groſſen breiten Hut unter-
ſchieden werden, uͤber welchen ein breites Band von
Guͤldenen Stuͤcken, in Form eines Creutzes genaͤhet iſt.
Als einsmahls ein vornehmer Mann, der aber ein uͤbler
Bezahler war, von einem Hutmacher einen Hut auff
Credit haben wolte, wurde ihme ſolcher mit dieſen
Worten abgeſchlagen: Er der Hutmacher moͤchte her-
nach nicht vor ſeinem eigenen Hut, (wenn ſolcher auff
ſeines Debitoris Kopff ſtehen, und er der Hutmacher
ihn mahnen ſolte) den Hut in der Hand haben.


Der Chinenſer ihre Huͤte ſeyn theils von Pferd, theils
von Menſchen-Haar, oder auch von Seide, und zwar
etliche oben mit einen Loch gemacht, durch welches ſie
vormahls ihre lange Haupt-Haar zierlich in einen Zopff
geflochten, herdurch zogen, und hinterwerts uͤber den
Hut herunter hangen lieſen; heutigs Tags aber, da die
Tartern ſich Meiſter von Tſchina gemachet, haben die
eingebohrne Sineſen ihren Haupt-Schmuck ziemlich
ablegen, und ſich auff Tartariſche Manier das Haupt
ſcheren laſſen muͤſſen. Der Philoſophorum in China
ihre Huͤte oder Bomittes ſind viereckigt, und darff ſich
kein Ungelehrter unterſtehen dergleichen zu tragen/ des
Winters werden meiſtentheils die Huͤte in China abge-
leget, und Muͤtzen von Seiden oder Baumwollen
Zeug dafuͤr auffgeſetzet.


Der Ungarn und Tartarn ihre Reiß-Wetter- und
Campagne-Maͤntel ſeynd meiſtentheils aus Filtz, den ſie
dergeſtalt zu walcken wiſſen, daß er nicht allein geſchmei-
dig, ſondern auch eben wie ein Tuch ſich bey Ellen aus-
meſſen laͤſt, und dabey ſo zaͤh iſt, daß wenn es auch 24.
Stunden nach einander regnen ſolte, dennoch kein Waſ-
ſer durch gehen kan, die Urſache iſt, daß ſie ſolche nicht
leimen, als welches ſonſt, wie an vielen Filtz-Huͤten zu
er-
[159]des Hutmacher-Handwercks.
erſehen, in Regen auffgehet, und der Leim ſich ſolviret,
ſie brauchen aber in deſſen Stelle Hauß-Blaſen, als die
in der Naͤſſe beſtaͤndig bleiben. Doch will damit vorſich-
tig umgegangen ſeyn, weil, wenn die rechte Proportion
nicht darinn gehalten wird, der Filtz dadurch allzu ſteiff
wird, daß er hernach leichtlich bricht. Die Maͤhriſche
Wolle laͤſt ſich auch ſo feſt mit den Fuͤſſen und Roll-Ei-
ſen arbeiten, daß leichtlich der Filtz wegen allzu groſſer
Feſtigkeit brechen muß. Hingegen iſt manche Land-
Wolle ſo geartet, daß ſie ſich gar nicht feſt arbeiten laͤſt,
es moͤgen auch Meiſter oder Geſellen ſo viel Arbeit dran
thun, als ſie immer wollen, ſie wird doch immer lucker
bleiben, und ein davon gemachter Hut uiemahls recht
Waſſer halten.


Einen extra guten Codobecker Hut zu machen, neh-
men die Hutmacher den Kern oder das beſte aus der Luͤ-
neburgiſchen ſogenannten Heyde-Wolle, (das iſt dieje-
nige, die von denen Schaafen, welche in der groſſen
Luͤneburger Heyd geweidet werden, faͤlt,) und vermi-
ſchen dieſelbe mit Cameel und Engliſch Sayden-Haar,
dadurch die Huͤte einen vortrefflichen Glantz bekom̃en.


Die Qualitaͤten eines guten Huts muͤſſen ſeyn, daß
er im Kopff nicht zu dicke ſey, ſonſt faͤlt er zu ſchwer zu
tragen, hingegen muß er ſchon etwas dicker und auch
feſter an dem Band ſeyn, zum Rand aus aber gantz
duͤnne, voraus aber wird eine gute Farbe daran erfor-
dert, die nicht abſchieſſet, denn da ſiehet zwar mancher
Hut ſchoͤn ſchwartz aus, wenn er aber ein wenig in
Lufft und Wetter getragen wird, ſo wird er gantz roth-
lich und fahl. Eine andere Qualitaͤt eines guten Huts
iſt auch dieſe, daß er in Regen-Wetter Waſſer halte, daß
ſolches nicht einziehe, und der Hut gleichſam ſchwam-
migt davon werde, allein daran iſt wie ſchon gedacht,
manche Land-Wolle ſchuld, welche, wie ſtarck man
ſie auch bearbeite, niemahls dicht oder feſt werden will,
ſo muß auch ein Hut nicht zu wenig, und auch nicht zu
viel geleimet ſeyn, denn in jenen Fall wird er ſchlap
und koͤmmt aus der Form, in dieſem aber bricht er
leichtlich.


Ein
[160]Beſchreibung

Ein gewiſſer Hutmacher in Franckreich hat eine groſſe
Partey aus der Mode gekommener Huͤte ſtehen, in wel-
cher ſein gantzes Capital ſteckte, dieſer bate einsmahls
Koͤnig Henricum IV. daß er ihme die Genade erzeigen,
und nur ein paar Tage einen ſolchen Hut auffſetzen
moͤchte, als ihme nun der Koͤnig hierunter willfahrte,
wolten ſo gleich die uͤbrigen Hoffleute Regis ad exem-
plum
dieſe mode nachaͤffen, und wurde der Hutma-
cher ſeine groſſe Parthey Huͤte in wenig Tagen mit gu-
ten Profitloß.


Wie offt die Mode in Huͤten bey Menſchen-Gedencken
changiret habe, iſt zu verwundern, viele werden ſich
noch der hohen ſpitzigen Huͤte, wie heutigs Tags noch
an einigen Orten die Bauren zu tragen pflegen, erin-
nern. Hierauff kommen die mit niedrigen Koͤpels und
ſchmalen Raͤnden, bald wieder etwas hoͤhere Koͤpels
mit breitern Raͤnden, denn einmahl graue, auch paille
Couleur
Huͤte auf, biß die Schwaͤrtze beſtaͤndig geblie-
ben, die gantz weiſen aber denen Muͤllern uͤberlaſſen
worden. Die [B]otsleute haben ihꝛe Huͤte mit gantz ſchm[a]-
len und eingefaßten Raͤnden, etlicher vornehmen Offici-
ers
ihre ſind auch wohl mit Sam̃et uͤberzogen. Die En-
gliſchen ſogenañten Casquets waren auch einige Zeit
lang, ſonderlich in Nieder-Sachſen groſſe mode; ſo hiel-
te man auch einsmahls auf die ſogenañten Chapeaux
ſans apret,
oder ungeleimte und gantz weiche Huͤte ſehr
viel, welchen man auch die Manieꝛ des Abziehens veraͤn-
derte, u. ſolche oben an den Kopff angriff; zu anderer Zeit
muſten ſie wieder ſtarck geleimt ſeyn, und gantz ſteiff ſte-
hen, biß endlich die heutige beqveme mode und Fason ge-
blieben. Ein Bauer, deme ein Buſchklopffender Neuter
Geld auf der Straſſen abgenommen hatte, bate denſel-
ben, er moͤcht ihme doch zum Wahrzeichen, daß ihme
das Geld war abgenom̃en worden, mit ſeinen Piſto-
len 2. Loͤcher durch den Hut ſchieſſen; als nun ſolches der
Reuter gethan, u. daduꝛch ſich verſchoſſen hatte, bemaͤch-
tigte ſich ſeiner der liſtige Bauer, wurff ihn vom Pferd,
und nahm ihme das geraubte Geld wie-
der ab.



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CC-BY-4.0
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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2025). Marperger, Paul Jacob. Beschreibung Des Hutmacher-Handwercks. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bjxc.0