[][][][][][][[I]]
Allemanniſche Gedichte.

Fuͤr Freunde
laͤndlicher Natur und Sitten
.

Sylveſtrem tenui muſam meditabor avena.

Carlsruhe.:
InMacklots Hofbuchhandlung.
1803.

[[II]][[III]]

Meinem
lieben Freund
Herrn
Berginſpektor Herbſter
und dann
meinen guten
Verwandten, Freunden
und Landsleuten
zu
Hauſen im Wieſenthal
zum Andenken
gewidmet
von

J. P. H.


[[IV]][[V]]

Vorrede.


Der Dialekt, in welchem dieſe Gedichte
verfaßt ſind, mag ihre Benennung rechtfer-
tigen. Er herrſcht in dem Winkel des Rheins
zwiſchem dem Frickthal und ehemaligen Sund-
gau, und weiterhin in mancherley Ab-
wandlungen bis an die Vogeſen und Alpen
und uͤber den Schwarzwald hin in einem
großen Theil von Schwaben. Fuͤr Freun-
de laͤndlicher Natur und Sitten eignet dieſe
Gedichte ihr Innhalt und ihre Manier.
Wenn Leſer von hoͤherer Bildung ſie nicht
ganz unbefriedigt aus den Haͤnden legen,
und dem Volk das Wahre, Gute und Schoͤ-
ne mit den heimiſchen Toͤnen und vertrau-
ten Bildern lebendiger und wirkſamer in die
Seele geht, ſo iſt der Wunſch des Verfaſ-
ſers erreicht.


Leſer, die mit dieſer Sprachweiſe nicht
ganz bekannt ſind, werden folgende wenige
grammatikaliſche Bemerkungen nicht uͤber-
fluͤſſig finden. Das u und vor einem h,
dem wieder ein Vokal folgt, oder folgen
[VI] ſollte, geht in die Triphthongen ueih und
uͤeih uͤber, und dieſe Form iſt alſo im Me-
trum immer einſylbig. Z. B. fruͤeih, fruͤ-
he
. — Beide Artikel werden meiſt abge-
kuͤrzt, tonlos und in der Ausſprache wahre
Praͤfixa des Subſtantivs oder Suffixa der
Praͤpoſition. Hie und da ſchien es unver-
meidlich ſie als ſolche auch in dem Texte
auszudruͤcken. Z. B. Uffem, auf ihm;
Uffeme, auf einem. — Der Accuſativ des
Singulars iſt auch bey den [Maſculinis] dem
Nominativ gleich, z. B. Der Tag, der
und den Tag. Der Dativ des Sing. wird
bey den Maſculinis und Neutris, biswei-
len auch Foͤmininis durch die Praͤpoſition
in bezeichnet. Z. B. im Liecht, imme
Liecht
, dem, einem Licht; innere (in einer)
Frau, einer Frau. — Das abſolute Pro-
nomen Ich lautet im Nominativ des Plu-
ralis, wie der Dativ des Sing. Mir;
auch Du, haͤufiger Dir als Ihr. Sich
im Neutr. heißt bisweilen Ihns. Aber
uͤberall werden die Perſonalpronomina und
das unbeſtimmte Man, wenn ſie keinen
Nachdruck oder Gegenſatz haben, wie der
Artikel, abgekuͤrzt und wahre Praͤfixa oder
Suffixa der naͤchſten Woͤrter, leztere, wenn
[VII] alsdann zwey Vokale zuſammen kaͤmen mit
einem eingeſchobenen n. Z. B. Sagi,
ſage ich; Woni, wo ich; Wennd’ und
Wennde, wenn du; Wemme, wenn man.
Sagmer, ſage mir; Denkder, denke dir;
Bringem, Bringere, Bring ihm, ihr.
Ságemer, ſagen wir; Ságetder, ſagt
ihr. Sie zéigenis, zeigen uns; Zeigenich,
zeigen euch; Zuenis, zu uns; Zuenich,
zu euch. Ságene, ſage ihnen. Ságider,
ſage ich dir; Sági’m, ſage ich ihm ꝛc.
Indeſſen ſind dieſe Anhaͤngwoͤrter, um dem
Terte nicht ein zu fremdes Anſehn zu geben,
auch in ihrer veraͤnderten und abgekuͤrzten
Form faſt uͤberall getrennt geſchrieben,
wenn nicht Ausſprache oder Deutlichkeit die
Verbindung zu erfordern ſchien.


Das Gloſſarium am Ende enthaͤlt die
in den Gedichten vorkommenden Idiotiſmen
und ungewoͤhnlichen Formen des Dialekts
verglichen mit (Sch[.]) Scherzii Gloſſarium
Germanicum medii ëvi.
(Id.) Verſuch
eines Schwaͤbiſchen Idiotikon von Schmid.
(Ad.) Adelungs Woͤrterbuch der hochdeut-
ſchen Mundart und andern. Hie und da
ſind paſſende Belege aus (Par.) Paraphraſis
N. T.
Zuͤrich (ohne Jahrzahl) unterlegt
[VIII] worden. Die Abſicht des Verfaſſers war,
theils ſolchen Leſern, die manche Ausdruͤcke
nicht kennen moͤchten, mit der Erklaͤrung ent-
gegen zu kommen, theils einheimiſche, die
in der Sprache ihrer Landsleute nur eine
Entſtellung und Mißhandlung des gutdeut-
ſchen Ausdrucks finden, an einzelnen Bey-
ſpielen auf das Alter und die Ableitung ih-
rer eigenthuͤmlichen Woͤrter aufmerkſam zu
machen. Beide Theile werden es daher
gerne verzeihen, wenn ieder von ihnen man-
ches finden wird, was er ſchon lange wußte,
manches, was er nicht zu wiſſen verlangt.
Vielleicht findet hie und da auch der Sprach-
forſcher etwas der Aufmerkſamkeit werth.


Die Melodien Nro. 1. 3. 4 verdankt
der Verfaſſer der Freundſchaft eines Man-
nes von ſehr gebildetem Geſchmack, dem
bey Geſchaͤften ernſterer Art auch die Muſe
der Tonkunſt hold iſt, Nro. 2. aber der
Guͤte eines Unbekannten.

[[1]]

Allemanniſche Gedichte.


1
[[2]][[3]]

Die Wieſe.*)


Wo der Dengle-Geiſt **) in mitternaͤch-

tige Stunde

uffem ſilberne Gſchir e goldeni Saͤgeſe

denglet,

(Todtnau’s Chnabe wuͤſſe’s wohl) am wal-

dige Feldberg,

Wo mit liebligem Gſicht us tief verborgene

Chluͤfte

d’ Wieſen uſe luegt, und check ins Todt-

nauer Thal ſpringt,

[4]
ſchwebt mi muntere Blick, und ſchwebe

mini Gidanke.

Feldbergs liebligi Tochter, o Wieſe, bis

mer Gottwilche!

Los, i will di iez mit mine Liederen

ehre,

und mit Gſang bigleiten uf dine freudige

Wege!

Im verſchwiegene Schoß der Felſe heimli

gibohre,

vo de Wulke gſaͤugt, mit Duft und himm-

liſchem Rege,

ſchlofſch e Buͤtſcheli-Chind in di’m verbor-

gene Stuͤbli

heimli, wohlverwahrt. No nie hen menſch-

ligi Auge

guͤggelet und gſeh, wie ſchoͤn mi Meiddeli

do lit

im chriſtalene Ghalt und in der ſilberne

Wagle;

und kei menſchlig Ohr het no ſi Othmen

erluſtert,

[5]
oder ſi Stimmli ghoͤrt, ſi heimli Laͤchlen

und Briegge.

Numme ſtilli Geiſter goͤhn uf verborgene

Pfade

us und i, und ziehn di uf, und lehre di

laufe,

gen der e freudige Sinn, und lehre di nuͤtz-

ligi Sache,

und es iſch kei Wort verlohre, was ſie der

ſage.

Denn ſo bald de chaſch uf eigene Fuͤeßlene

furtcho,

ſchliefſch mit ſtillem Tritt us di’m chriſta-

lene Stuͤbli

barfis uſen, und luegſch mit ſtillem Laͤchlen

an Himmel.

O, wie biſch ſo nett, wie heſch ſo heiteri

Aeugli!

Gell, do uſſen iſchs huͤbſch, und gell, de

heſch ders nit vorgſtellt?

Hoͤrſch, wie’s Laͤubli ruuſcht, und hoͤrſch,

wie d’ Voͤgeli pfife?

[6]
Jo, de ſeiſch: „I hoͤrs, doch gangi witers

und blib nit.

„Freudig iſch mi Weg, und alliwil ſchoͤ-

ner, wie witer!“

Nei ſe lueg me doch, wie cha mi Meid-

deli ſpringe!

„Chunnſch mi uͤber,“ ſeits und lacht, „und

witt mi, ſe hol mi!“

Alliwil en andere Weg, und anderi

Spruͤngli!

Kei mer nit ſel Reinli ab! — Do hem-

mers, i ſags io, —

hani’s denn nit gſeit? Doch puͤrzliſch witers

und witers,

grobliſch uf alle vieren, und ſtellſch di wie-

der uf d’ Beinli,

ſchliefſt in d’ Huͤrſt, — iez ſuch mers eis! —

doͤrt guͤggelets uſe,

Guggus, daß di Potz! und het ſi urige

Phateſt!

Aber wie de gohſch, wirſch alliwil groͤßer

und ſchoͤner;

[7]
wo di liebligen Othem weiht, faͤrbt ſi der

Raſe

gruͤner rechts und links, es ſtoͤhn in ſaftige

Triebe

Gras und Chruͤter uf, es ſtoͤhn in friſchere

Gſtalte

farbigi Bluͤmli do, und d’ Immli choͤm-

men und ſuge.

’s Waſſerſtelzli chunnt, es choͤmme Totnauer

Wuli,

alles will di ſeh, und alles will di bi-

gruͤße,

und di fruͤndlig Herz git alle fruͤndligi

Rede:

„Choͤmmet ihr ordlige Thierli, do hender,

eſſet und trinket!

„Witers goht mi Weg, Gſegott, ihr ord-

lige Thierli!“

Rothet iez ihr Luͤt, wo uͤſer Toͤchterli

hi goht!

Hender gmeint an Tanz, und hender gmeint,

zu de Bube?

[8]
z’ Uzefeld verbey gohts mit biwegliche

Schritte

zu de Schoͤne Buchen, *) und hoͤrt e heiligi

Meß a

Gut erzogen iſchs, und anderſt cha me nit

ſage.

No der heilige Meß ſe ſeits: „Jez willi mi

ſchicke,

aß i wieder witers chumm!“ — Jez ſimmer

ſcho z’ Schoͤnau,

iez am Chaſtel verbey und alliwil witers

und witers

zwiſche Berg und Berg im chuͤele duftige

Schatte,

und an mengem Chruͤtz verbey an menger

Kapelle.

Aber wie de gohſch, wuͤrſch ſichtli groͤßer

und ſchoͤner;

[9]
wo di liebligen Othem weiht, faͤrbt ſi der

Raſe

gruͤner rechts und links, es ſtoͤhn in chraͤf-

tige Triebe

neni Chruͤter do, es ſchießen in praͤchtige

G’ſtalte

Blumen an Blumen uf, und geli ſaftigi

Wide.

Vo di’m Othem gwuͤrzt, ſtoͤhn rothi Er-

beri-Choͤpfli

Millione do, und warten am ſchattige

Thalweg.

Vo di’m Othem g’naͤhrt, ſtigt rechts an

ſunnige Halde

goldene Lewat uf in Feldere Riemen an

Rieme.

Vo di’m Othem g’ chuͤelt, ſingt in de Huͤrſte

verborge,

freudig der Hirte-Bueb, und witer ehne

toͤnt d’ Holz-Ax.

’s Mambecher Haͤtteli chunnt, und wulligi

Haͤli vo Zell her.

[10]
Alles lebt und webt, und toͤnt in freudige

Wiiſe;

alles gruͤnt und bluͤeiht in tuſigfaͤltige

Farbe;

alles iſch im Staat, und will mi Meiddeli

gruͤße.

Doch de biſch ke Meiddeli me, de biſch iez

e Meidli!

Aber an der Bruckwoog, nit wit vom

ſteinene Chruͤtzli,

chreſme Zeller Buͤebli hoch an de felſige

Halde,

ſuchen Engelſuͤß, und luegen aben und

ſtune.

„Toneli, ſeit der Sepli, was het echt d’

Wieſen im Choͤpfli?

„Lueg doch, wie ſie ſtoht, und wie ſie nie-

der an d’ Stroß ſizt

„mit vertieftem Blick, und wie ſie wieder

ufſtoht,

„gege de Matte lauft, und mittere ſelber

im Champf iſch!“

[11]
Feldbergs Tochter, was heſch im Chopf?

I frog, wie der Sepli,

und de g’fallſch mer numme halber, chani

der ſage!

Fehlt der naͤumis, ſe ſchwetz, und haͤttſch

gern naͤumis, ſe ſag mer’s!

Aber wer nuͤt ſeit biſch du! Mit ſchwan-

kige Schritte

Laufſch mer d’ Matten ab in dine tiefe Gi-

danke

uſem Zeller Thal ins Wieſethal gegenem

Bergwerch,

und ſchangſchierſch der Glauben und wirſch

e luthriſche Chetzer!

Hani’s denn nit gſeit, und hani mers nit

vorgſtellt?

Aber iez iſchs ſo, und was hilft balgen und

ſchmaͤhle!

Aendere chani’s nit, ſe willi lieber gar

helfe;

oͤbbe bringſch mer doch no Freud und hei-

teri Stunde!

[12]
Halt mer e wenig ſtill, i will di iez luthe-

riſch chleide;

barfis darfſch nit goh, und rothi Struͤmpfli

nit trage.

Do ſin wiißi bauwele Struͤmpf mit chuͤnſt-

lige Zwickle,

(leg di ſelber a!) und Schuh und ſilberni

Rinkli,

do ne gruͤne Rock; vom breit verbendlete

Liibli

fallt bis zu de Chnoͤdlenen abe Faͤltli an

Faͤltli!

Sizt er recht? Thu d’ Haͤftli i! und do iſch

e Bruſttuch,

ſammet und roſeroth. Jez flichtider chuͤnſt-

ligi Zupfe

us de ſchoͤne, ſufer gſtrehlte, flaͤchſene

Hoore.

Obe vom wiißen Aecken und biegſem in

d’ Zupfe verſchlunge,

fallt mit beiden Ende ne ſchwarze ſidene

Bendel

[13]
bis zum tiefe Rock-Saum abe. Gfallt

der die Chappe,

waſſerblaue Damaſt und gſtickt mit goldene

Blume?

Zieh der Bendel a, wo in de Ricklene dur-

goht,

unter de Zupfe dure, du Dotſch, und uͤber

den Ohre

fuͤrſi mittem Letſch, und abe gegenem Gſicht

zu!

Jez e ſide Fuͤrtuch her, und endli der

Hauptſtaat,

zwenzig Ehle lang und breit e Maylaͤnder

Halstuch!

Wie ne luftig Gwuͤlch am Morgehimmel

im Fruͤhlig

Schwebts der uf der Bruſt, und ſtigt und

fallt mittem Othem,

wahlt der uͤber d’ Achſle, und fallt in praͤch-

tige Zipfle

uͤbere Rucken abe, ſie ruſche, wenn de’n im

Wind gohſch!

[14]
Het me’s lang, ſe loßt me’s henke, hoͤr i

mi Lebtig.

D’ Ermel, denk wol, henkſch an Arm, wil

s’ Wetter ſo huͤſch iſch,

aß me s’ Hemd au ſieht, und dini gattigen

Aermli;

und der Schie-Hut nimmſch in d’ Hand

am ſidene Bendel;

d’ Sunne git der waͤrmer, und ſchint der

beſſer in d’ Auge,

wenn d’ en in de Haͤnde treiſch, und ’s ſtoht

der au huͤbſcher!

Jez waͤrſch usſtaffirt, als wenn de hofertig

ſtoh wottſch,

und de gfallſch mer ſelber wieder, chani der

ſage.

Wienes ſi iez freut, und wie’s in zimpfere

Schritte

taͤnzelet, und meint, es ſeig d’ Frau Voͤg-

tene ſelber,

wie’s ſi Choͤpfli hebt, und alli Augeblick

z’ ruk ſchielt,

[15]
oͤb me ’s echt au bſchaut, und oͤb men or-

deli no luegt!

Jo, de biſch io huͤbſch, und io du Naͤrli,

mer luege,

io, du Zeller Meidli, mit diner marggroͤfer

Chappe,

mit de lange Zupfen und mit der laͤngere

Hoorſchnur,

mittem vierfach zſemmegſezte Maylaͤnder

Halstuch!

Aber rothet iez, wo d’ Marggroͤfer Jump-

fere hi goht!

Oebben uffe Platz, und oͤbben unter d’

Linde,

oͤbben in d’ Weſerey, und zu de Huſemer

Chnabe?

Hender gmeint, io wol! Am Bergwerch

viſperlets abe,

lengt e wenig duren, und truͤllt e wengeli

d’ Raͤder,

was der Blos-Balg ſchnufe mag, aß d’

Fuͤuͤrer nit usgoͤhn.

[16]
Aber ’s iſch ſi Blibes nit. In d’ Huſemer

Matte

ſchießt’s, und d’ Legi ab mit große Schritte

go Farnau,

laufſch mer nit, ſe gilts mer nit, ins Scho-

pfemer Chilſpel.

Aber z’ Guͤndehuſe, wer ſtoht echt an der

Stroße,

wartet, biß de chunnſt, und goht mit freu-

dige Schritte

uf di dar, und git der d’ Hand, und fallt

der an Buſe?

Chennſch di Schweſterli nit, ’s chunnt z’ aller-

noͤchſt vo Wisleth?

Uf und nieder hets di Gang und dini Ge-

behrde.

Jo de chennſchs, worum denn nit? Mit

freudigem Bruſche

Nimmſchs in d’ Arm, und loſch’s nit goh,

gib achtig, verdrucks nit!

Jez marſchieremer witers, und alli wil aben

und abe!

Siehſch
[17]
Siehſch doͤrt vorne ’s Roͤttler Schloß — ver-

falleni Mure?

In vertaͤfelte Stube, mit goldene Liiſte

verbendlet,

hen ſuſt Fuͤrſte gwohnt, und ſchoͤni fuͤrſtligi

Fraue,

Heren und Here-Gſind, und d’Freud iſch

z’Roͤttle deheim gſi.

Aber iez iſch alles ſtill, undenklichi Zite

brenne keini Liechter in ſine verrißene

Stube,

flackeret kei Fuͤuͤr uf ſiner verſunkene Fuͤuͤr-

ſtet,

goht kei Chrug in Cheller, ke Zuͤber aben

an Brunne.

Wildi Tube niſte doͤrt uf moſige Baͤume.

Lueg doͤrt ehnen iſch Mulberg, und do im

Schatte verborge

’s Foͤhris Huͤsli, und am Berg doͤrt, d’

Hoͤllſtemer Chilche.

Steine loͤmmer ligen, und fahre duren in

d’ Matte,

2
[18]
Will der Schanzli naͤumis, ſe mag er uſe

zu dir cho.

Unter Steine chunnſch mit dine biwegliche

Schritte

wieder uͤber d’Stroß. Jez goͤhmer fuͤren

ins Rebland

Hauige zu, und Hage zu, und aben an

Roͤttle.

Lueg e wenig ufe, wer ſtoht doͤrt oben am

Fenſter

in ſi’m neue Chaͤpli, mit ſine [fruͤndligen]

Auge?

Neig di fin, zeig wie, und ſag: „Gott

gruͤßich Her Pfarer!“

Jez gohts Thumrige zu, — ſie hen der

welle ne Tuck thu,

aber ’s macht der g’ringe Chummer, —

oͤb der’s der Reinert

gut heißt, oder nit, ſe gumpiſch ebe, wie ’s

dir gfallt,

uͤbers Stellaſchi ab, und furt in d’Loͤrre-

cher Matte.

[19]
Nimm di e wenig in Acht, ſiehſch doͤrt im

Gruͤne ſel Chruͤtz nit?

Wart, was werde d’ Stettemer ſage, wenn

ſie erfahre,

was de z’ Huſe bosget heſch! Doch gheit es

di wenig.

Aber wie de gohſch vom Bergwerch abe

go Schopfe,

bis an Stetten aben uf diner ſteinige Land-

ſtroß,

bald am linke Bord, bald wieder ehnen am

rechte

zwiſchenem Faſchinat, wirſch alliwil groͤßer

und ſchoͤner,

freudiger alliwil, und ſchaffig, was me cha

ſage.

Wo di liebligen Othem weiht, wie faͤrbt

ſi der Raſe

gruͤner rechts und links, wie ſtoͤhn mit chraͤf-

tige Triebe

neui Chruͤter uf, wie ſtoͤhn in hoͤhere Farbe

2 *
[20]
alli Blume do. De Summer-Voͤgle thut

d’ Wahl weh.

Wechslet nit der Chlee mit goldene Chette-

ne-Blueme,

Frauemaͤnteli, Haſebroͤdli, wuͤrzige Chuͤmmi,

Sunneblume, Habermark und Dolden und

Ruchgras?

Glitzeret nit der Thau uf hunderttuſig Hal-

me?

Wattet nit der Storch uf hoche Stelze der-

zwiſche?

Ziehn ſi nit vo Dorf zu Dorf in lange

Reviere

feiſti Matte Stunde wiit und Tauen an

Taue?

’s Brombecher Mummeli chunnt, es choͤmme

Loͤrecher Roͤßli,

freße der us der Hand, und ſin faſt naͤriſch

vor Freude,

und vo Baum zu Baum, vo Zell bis fuͤre

go Rieche

[21]
halte d’Voͤgeli Jude-Schul und orglen und

pfife.

(D’Brombecher Linde lit, der Sturmwind

het ſie ins Grab gleit.)

Aber rechts und links wie ſchwanken an fla-

chere Reine

Rocken und Weizehalm! Wie ſtoͤhn an ſun-

nige Halde

Reben an Reben uf! Wie woget uf hoͤchere

Berge

rechts und links der Buchewald und dunk-

leri Eiche!

Wie iſch alles ſo ſchoͤn, und uͤberal anderſt

und ſchoͤner!

Feldbergs Tochter, wo de biſch, iſch Nah-

rig und Lebe!

Neben an der ufen und neben an der

abe

gigst der Wage, d’Geiſle chloͤpft, und d’

Saͤgeſe ruſchet,

und de gruͤßiſch alli Luͤt, und ſchwetziſch

mit alle.

[22]
Stoht e Muͤhli naͤumen, en Oehli oder e

Ribi,

Drothzug oder Gerſte-Stampfi, Saͤgen

und Schmidte;

lengſch mit biegſemen Arme, mit glenkſeme

Fingere dure,

[hilfſch] im Muͤller mahlen und hilfſch de

Meidlene ribe,

ſpinnſch mer ’s Huſemer Iſe, wie Hanf in

gſchmeidigi Faͤde.

(Gell, iez ſchlacht di ’s Gwiße wieder, ’s

goht eim nit anderſt!)

Eicheni Pluͤtſchi verſaͤgſch, und wandlet ’s

Iſe vom Fuͤuͤrherd,

uffen Ambos, luͤpfſch de Schmiede freudig

der Hammer,

ſingſt derzu, und gerſch ke Dank, „Gott

gruͤßich, Gott bhuͤtich!“

Und iſch naͤume ne Bleichi, ſe loſch di au

das nit verdrieße,

chuuchiſch e bizzeli duren, und hilfſch der

Sunne bleiche,

[23]
aß ſie ferig wird, ſie iſch gar gruͤſeli land-

ſem!

Aber ſolli eis, o Wieſe ſage, wie ’s an-

der,

nu ſe ſeig’s bikennt! De heſch au bſundert

Jeſte,

’s chlage’s alli Luͤt, und ſage, ’s ſeig der

nit z’ traue,

und wie ſchoͤn de ſeigſch, wie liebli dini Gi-

behrde,

ſtand der d’Bosget in den Auge, ſage ſie

alli.

Eb men umluegt, chreſmiſch naͤumen uͤber

d’Faſchine,

oder rupfſch ſie us, und bahnſch der bſun-

deri Fußweg,

bohlſch de Luͤte Stei uf d’Matte, Jaſpis

und Feldſpat.

Hen ſie naͤume gmeiht, und hen ſie gwar-

bet und g’ſchoͤchlet,

holſch’s und treiſch’s im Nochber duren Ar-

fel um Arfel.

[24]
’s ſagen au e Theil, de ſeigiſch gluͤckli im

Finde

uf de Baͤnke, wo nit g’wuͤſcht ſin, ſel hani

nie gſeh.

Mengmol haſelierſch, und ’s muß der alles

us Weg goh;

oͤbbe rennſch e Huͤsli nieder, wenns der im

Weg ſtoht.

Wo de gohſch, und wo de ſtohſch iſch Bal-

gen und Balge.

Feldbergs Tochter los, de biſch an Tu-

ged und Fehler

zitig, chunnts mer halber vor, zum Manne,

wie waͤrs echt?

Zeig, was machſch fuͤr Aeugli? Was zupfſch

am ſidene Bendel?

Stell di nit ſo naͤrſch, du Dingli, meinſch

denn, me wuͤß nit,

aß de verſproche biſch, und aß der enander

ſcho bſtellt hen?

Meinſch, i chenn di Holderſtock, di chraͤf-

tige Burſt nit?

[25]
Ueber hochi Felſen, und uͤber Stuuden und

Hecke

eis gangs us de Schwitzerberge gumpet er

z’ Rhineck

aben in Bodeſee, und ſchwimmt bis fuͤre

go Choſtez,

ſeit: „J muß mi Meidli ha, do hilft nuͤt,

und batt nuͤt!“

Aber oben an Stei, ſe ſtigt er in landſeme

Schritte

wieder uſem See mit ſufer gwaͤſchene

Fuͤße,

Tieſehofe gfallt em nit und ’s Chloſter der-

nebe,

nei, er rennt Schafhuſen ab, und ſtoht an

de Felſe.

An de Felſe ſeit er: „Mi Meidli muß

mer werde!

„Lib und Lebe wogi dra, und Bruſttuch

und Chretze!“

Seits und nimmt e Sprung! Jez bruttlet

er abe go Rhinau,

[26]
truͤmmlig iſchs em worde, doch chunnt er

witers und witers.

Eglisau und Chayſerſtuhl und Zurzi und

Waldshut

het er ſcho im Aecken, er lauft vo Wald-

ſtadt zu Waldſtadt,

iez am Hoͤrnli aben in ſchoͤne breite Re-

viere

Baſel zu, und loßt der Hochzeit-Zedel

ſchreibe.

Gell, i weiß es! Biſch im Stand und

laͤugniſch, was wohr iſch!

Haͤtti z’rothe gha, ’s waͤr z’Wil e ſchick-

liche Platz gſi;

’s ſin doch au ſcho Gutſche vo Baſel uſe

gfahre,

ohni Widerred vo mine gnaͤdige Here,

uſe zu Her Briggem, und ine zu Her Eh-

ma.

Aber di Vertraue ſtoht zum Chlei-Huͤniger

Pfarrer.

[27]
Wie de meinſch, ſe goͤhnmer denn dur d’

Riechemer Matte!

Lueg, iſch ſel nit d’Chluͤbi, und chunnt er

nit doͤrt abe?

Jo er iſchs, er iſchs, i hoͤrs am freudige

Bruſche!

Jo er iſchs, er iſchs mit ſine blauen Au-

ge,

mit de Schwitzer-Hoſen und mit der ſam-

mete Chretze,

mit de chriſtalene Chnoͤpfen am perlefarbi-

ge Bruſttuch,

mit der breite Bruſt, und mit de chraͤftige

Stotze,

’s Gotthards große Bueb, doch wie ne

Roths-Her vo Baſel

ſtolz in ſine Schritten und ſchoͤn in ſine Gi-

behrde.

O wie chlopft der ’s Herz, wie luͤpft ſi

’s Maylaͤnder Halstuch,

und wie ſtigt der d’Roͤthi in dini lieblige

Backe,

[28]
wie am Himmel ’s Morgeroth am lieblige

Maytag!

Gell, de biſchem hold, und gell, de heſch

ders nit vorgſtellt,

und es wird der wohr, was im verborgene

Stuͤbli

d’ Geiſter gſunge hen, und an der ſilberne

Wagle!

Halt di numme wohl! — J moͤcht der no

allerley ſage,

aber ’s wird der windeweh! Di Kerli, di

Kerli!

Foͤrchſch, er lauf der furt, ſe gang! Mit

Thraͤnen im Aeugli

ruͤefſch mer: „Bhuͤtdi Gott!“ und fallſch

em freudig an Buſe.

Bhuͤtdi Gott der Her, und folgmer, was i

der gſeit ha!

[][]
[figure]
[29]

Freude in Ehren.


(mit einer Melodie.)


Ne G’ſang in Ehre

wer wills verwehre?

Singt ’s Thierli nit in Hurſt und Raſt,

der Engel nit im Sterneglaſt?

e freie frohe Muth,

e gſund und froͤlich Blut

goht uͤber Geld und Gut.

Ne Trunk in Ehre

wer will’s verwehre?

Trinkt ’s Bluͤemli nit ſi Morgethau?

Trinkt nit der Vogt ſi Schoͤppli au?

Am Werchtig hemmer gſchaft,

drum bringt der Rebeſaft

am Sunntig neui Chraft.

[30]
Ne Chuß in Ehre

wer wills verwehre?

Chuͤßt ’s Bluͤemli nit ſi Schweſterli,

und ’s Sternli chuͤßt ſi Noͤchberli?

In Ehre, hani gſeit,

und in der Unſchuld G’leit,

mit Zucht und Sittſemkeit.

Ne freudig Stuͤndli

iſchs nit e Fuͤndli?

Jez hemmers und jez ſimmer do;

es chunnt e Zit, wuͤrds anderſt goh.

’s waͤhrt alles churzi Zit,

der Chilchhof iſch nit wit.

Wer weiß, wer bal doͤrt lit?

Wenn d’Glocke ſchalle,

wer hilftis alle?

O gebis Gott e ſanfte Tod!

e ruͤeihig Gwiſſe gebis Gott,

wenn d’Sunn am Himmel lacht,

wenn alles blizt und chracht,

und in der lezte Nacht!

[31]

Die Irrlichter.


Es wandlen in der ſtille dunkle Nacht

wohl Engel um, mit Sterneblume gchroͤnt,

uf gruͤne Matte, bis der Tag verwacht,

und do und doͤrt e Betzit-Glocke toͤnt.

Sie ſproͤche mitenander deis und das,

ſie machen oͤbbis mitenander us;

’s ſin gheimi Sache; niemes rothet, was?

Druf goͤhn ſie wieder furt, und richte’s us.

Und wenns ſo finſter wird, wie in’re Chue,

und wemme nuͤmme ſieht, wo d’Nußbaͤum ſtoͤhn,

was gſchieht? ſe muͤ’en die fuͤuͤrige Manne zu,

und muͤ’en den Engle zuͤnde, wo ſie goͤhn.

[32]
Und iedem hangt e Bederthalben a,

und wenns em oͤd wird, lengt er ebe dri,

und biißt e Stuͤckli Schwefelſchnitten a,

und trinkt e Schluͤckli Treber-Brentewi.

Druf puzt er d’Schnoͤren amme Tſchaͤubli ab;

Hui, flackerets in liechte Flammen uf,

und, hui, gohts wieder d’Matten uf und ab,

mit neue Chraͤfte, d’ Matten ab und uf.

’s iſch chummliger ſo, wenn eim vorem Fuß

und vor den Auge d’Togge ſelber rennt,

aß wemme ſie mit Haͤnde trage muß,

und oͤbbe gar no d’Finger dra verbrennt.

Und ſchriket ſpot e Menſch dur d’Nacht derher,

und ſieht vo witem ſcho die Kerli goh,

und betet liſli: „Das walt Gott der Her“—

„Ach bleib bey uns“ — im Wetter ſin ſie do.

Wor-
[33]
Worum? So bald der Engel bete hoͤrt,

ſe heimelets en a, er moͤcht derzu.

Der fuͤuͤrig Marcher blieb io lieber doͤrt,

und wenn er chunnt, ſe hebt er d’ Ohre zu.

Und ſchritetoͤbſch e trunk’ne Ma dur d’ Nacht,

er fluecht und ſappermentet: „Chruͤtz und Stern,“

und alli Zeichen, aß der Bode chracht,

ſell hoͤrti wohl der fuͤuͤrig Marcher gern.

Doch wirds em nit ſo gut; der Engel ſeit:

„Furt, weidli furt! Do magi nuͤt dervo!“

Im Wetterleich, ſen iſch der wiit und breit

kei Marcher me, und au kei Engel do.

doch goht me ſtill ſi Gang in Gottis G’leit,

und denkt: „Der choͤnnet bliben oder cho,

„ne jede weiß ſi Weg, und’s Thal iſch breit,“

ſel iſch ’s vernuͤnftigſt, und ſie loͤn ein go.

3
[34]
Doch wenn der Wunderwitz ein oͤbbe brennt,

me lauft im Uhverſtand den Engle no,

jel iſch ene wie Gift und Poperment;

im Augeblick ſe loͤn ſie alles ſtoh.

Z’erſt ſage ſie: „Denkwol es iſch ſi Weg,

„er goht verbey, mer wen e wenig z’ruk!“

So ſage ſie, und wandle ſtill us weg,

und ſieder nimmt der fuͤuͤrig Ma ne Schluck.

Doch folgt me witers uͤber Steg und Bort,

wo nummen au der Engel goht und ſtoht,

ſe ſeit er z’lezt: „Was gilts i find en Ort,

„du Lappi, wo di Weg nit dure goht!“

Der Marcher muß vora; mit ſtillem Tritt

der Engel hinterher, und lauft me no,

ſe ſinkt men in e Guͤlle, ’s fehlt ſi nit.

Jez weiſch di B’richt, und jez chaſch wieder goh!

[35]
Nei, wart e wenig, ’s chunnt e guti Lehr!

Vergiß mers nit, ſchribs lieber in e Buch!

Zum Erſte ſagi: Das walt Gott der Her,

iſch alliwil no beſſer, aß e Fluch.

Der Fluch jagt d’Engel mittem Heil dervo;

e chriſtli Gmuͤeth und ’s Bette zieht ſie a;

und wemme meint, me ſeh ne Marcher cho,

’s iſch numme ſo d’Laterne vorne dra.

Zum Anderen, und wenn en Ehre-Ma

ne Gſchaͤft fuͤr ihn ellei z’verrichte het,

ſe loß en mache! Was gohts di denn a?

und los nit, wemme mittem Nochber redt!

Und goht me der us Weg, ſe lauf nit no!

Gang diner Wege furt in Gottis Gleit!

’s iſch Uhverſtand, me merkts enanderno,

und ’s git en Unehr; ſag i heig ders gſeit!

3 *
[36]

Der Schmelz-Ofen.


Jez brennt er in der ſchoͤnſten Art,

und ’s Waſſer ruuſcht, der Blosbalg gahrt,

und bis aß d’Nacht vom Himmel fallt,

ſe wuͤrd die erſti Maßle chalt.

Und ’s Waſſer ruuſcht, der Blosbalg gahrt;

i ha druf hi ne Gulde g’ſpart.

Gang Chuͤngi, lengis alte Wi,

mer wen e wengli luſtig ſy!

Ne Freudeſtund iſch nit verwehrt;

me gnießt mit Dank, was Gott biſchert,

me trinkt e friſche frohe Mueth,

und druf ſchmekt wieder ’s Schaffe gut.

[37]
E Frendeſtund, e guti Stund!

’s erhaltet Lib und Chraͤfte gſund;

doch muß es in der Ordnig goh,

ſuſt het me Schand und Leid dervo.

E frohe Ma, ne brave Ma!

Jez ſchenket i, und ſtoßet a:

„Es leb der Marggrov und ſi Huus!“

Ziehnt d’Chappen ab, und trinket us!

Ne beſſere Her treit d’Erde nit,

’s iſch Sege, was er thut und git,

i cha’s nit ſage, wieni ſott:

Vergelts em Gott! Vergelts em Gott!

Und ’s Bergwerch ſoll im Sege ſtoh!

’s het menge Burger ’s Brod dervo.

Der Her Inſpekter lengt in Trog,

und zahlt mit Freud, es iſch kei Frog.

[38]
Drum ſchenket i, und ſtoßet a!

Der Her Inſpekter iſch e Ma,

mit uͤſers Gattigs Luͤte gmei,

und fruͤndli gege groß und chlei.

Er ſchafft e gute Wi ufs Werk,

er holt en uͤber Thal und Berg,

er ſtellt en luter uffe Tiſch,

und mißt wie’s recht und billig iſch.

Sell iſch verbey, der Ma am Fuͤuͤr

muß z’trinke ha, waͤrs no ſo thuͤr;

es rieſlet menge Tropfe Schweiß,

und wills nit go, men aͤchzet eis.

Me ſtreift der Schweiß am Ermel ab,

me ſchnufet, d’ Baͤlg verſtuune drab,

und mengi liebi Mitternacht

wuͤrd ſo am heiße Herd verwacht.

[39]
Der Schmelzer iſch e plogte Ma,

drum bringet em’s, und ſtoßet a:

Gſegott! Vergiß di Schweiß und Ach,

’s het ieden anderen au ſi Sach!

Am Zahltag theiltiſch doch mit kei’m,

und bringſch der Lohn im Nastuch heim,

ſe luegt di d’Marei fruͤndli a,

und ſeit: „J ha ne brave Ma!“

Druf ſchlacht ſie Eiern-Anken i,

[und]ſtraͤut e wenig Imber dri;

ſie bringt Salat und Gruͤebe dra,

und ſeit: „Jez iß du liebe Ma!“

Und wenn e Ma ſi Arbet thut,

ſe ſchmekt em au ſi Eſſe gut;

er tuuſchti nit in Leid und Lieb

mit mengem riche Galge-Dieb.

[40]
Mer ſitze do, und ’s ſchmektis wohl.

Gang Chuͤngeli lengis no nemol,

wil doch der Ofe wieder goht,

und ’s Erz im volle Chuͤbel ſtoht!

Se brenn er denn zu guter Stund,

und Gott erhaltich alli gſund,

und Gott biwahrich uf der Schicht,

aß niemes Leid und Ungluͤck gſchicht.

Und chunnt in ſtrenger Winters-Zit,

wenn Schnee uf Berg und Firſte lit,

en arme Bub, en arme Ma,

und ſtoht ans Fuͤuͤr, und waͤrmt ſi dra,

und bringt e par Grumbireli,

und leits ans Fuͤuͤr, und brotet ſie,

und ſchloft by’m Setzer uffem Erz —

ſchlof wohl, und troͤſt der Gott di Herz!

[41]
Doͤrt ſtoht ſo ein! Chumm arme Ma,

und thue eis Bſcheid, mer ſtoßen a!

Gſegott, und troͤſtder Gott di Herz,

me ſchloft nit lieblig uffem Erz!

Und chunnt zur Zit e Biderma

ans Fuͤuͤr, und zuͤndet ’s Pfifli a,

und ſezt ſi naͤumen ane mit,

ſe ſchmeks em wohl, und — brenn di nit!

Doch fangt e Buͤebli z’ [rauchen] a,

und meint, es choͤnns, as wie ne Ma,

ſe macht der Schmelzer churze Bricht,

und zieht em ’s Pfifli uſem Gſicht.

Er keits ins Fuͤuͤr, und balgt derzu:

„Du dunderſchießige Lappi du,

„ſug amme Zipfeli Leberwurſt,

„’s iſch beſſer fuͤr ſo chleini Burſt!“

[42]
’s iſch wohr, ’s git mengi Churzwiil mehr

am Suntig no der Chinderlehr,

und ſtroͤmt der fuͤuͤrig Iſe-Bach

im Sand, es iſch e ſchoͤni Sach.

Frog menge Ma: „Sag, Nochber he!

„heſch au ſcho ’s Iſe werde ſeh

„im fuͤuͤrige Strom de Forme no?“

Was gilts, er cha nit ſage: Jo!

Mir wuͤſſe, wie me ’s Iſe macht,

und wie’s im Sand zu Maſſle bacht,

und wiemes druf in d’Schmidte bringt,

und d’Luppen unterm Hammer zwingt.

Jez ſchenket i, und ſtoßet a:

der Hammer-Meiſter iſch au ne Ma!

Waͤr Hammer-Schmid und Zeiner nit,

do laͤg e Sach, was thaͤt me mit?

[43]
Wie giengs im brave Hamberchs-Ma?

’s muß iede Stahl und Iſe ha;

und het der Schnider kei Nodle meh,

ſen iſchs au um ſi Nahrig gſcheh.

Und wenn im fruͤeihe Morgeroth

der Buur in Feld und Fuhre ſtoht,

ſe muß er Charſt und Haue ha,

ſuſt iſch er e verlohrene Ma.

Zum Broche brucht er d’Waͤgeſe,

zum Meihe brucht er d’Saͤgeſe,

und d’Sichle, wenn der Weize bleicht,

und ’s Meſſer, wenn der Truͤbel weicht.

Se ſchmelzet denn, und ſchmiedet ihr,

und dankich Gott der Her derfuͤr!

Und mach en andere Sichle drus,

und was me bruucht in Feld und Hus!

[44]
Und numme keini Sebel meh!

’s het gnug miſrabli Chruͤppel ge;

’s hinkt mengen ohni Fuß und Hand,

und menge ſchloft im tiefe Sand.

Kei Hurlibaus, ke Fuͤſi meh!

Mer hen ’s Lamento oͤbbe gſeh,

und ghoͤrt wie’s in de Berge chracht,

und Aengſte gha die ganzi Nacht,

und glitte, was me lide cha;

drum ſchenket i, und ſtoßet a:

Uf Voͤlker Fried’ und Einigkeit

vo nun a bis in Ewigkeit!

Jez zahlemer! Jez goͤihmer hei,

und ſchaffe huͤt no allerley,

und dengle no bis tief in d’Nacht,

und meihe, wenn der Tag verwacht.

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[figure]
[45]

Der Morgen-Stern.


(mit einer Melodie.)


Woher ſo fruͤeih, wo ane ſcho,

Her Morge-Stern enanderno

in diner glitzrige Himmels-Tracht,

in diner guldige Locke Pracht,

mit dinen Auge chlor und blau

und ſufer g’waͤſchen im Morge-Thau?

Heſch gmeint, de ſeigſch elleinig do?

Nei weger nei, mer meihe ſcho!

Mer meihe ſcho ne halbi Stund;

fruͤeih uſſto iſch de Gliedere gſund,

es macht e friſche frohe Muth,

und d’Suppe ſchmekt eim no ſo gut.

[46]
’s git Luͤt, ſie doſe frili no,

ſie choͤnne ſchier nit uſe cho.

Der Maͤhder und der Morge-Stern

ſtoͤhn zitli uf, und wache gern,

und was me fruͤeih um Vieri thut,

das chunnt eim z’Nacht um Nuͤni gut.

Und d’Voͤgeli ſin au ſcho do,

ſie ſtimmen ihri Pfifli ſcho,

und uffem Baum und hinterm Hag

ſeit eis im andere Gute Tag!

Und ’s Turtel-Tuͤbli ruukt und lacht,

und ’s Betzit-Gloͤckli iſch au verwacht.

„Se helfis Gott, und gebis Gott

„e gute Tag, und bhuͤtis Gott!

„Mer beten um e chriſtlig Herz,

„es chunnt eim wohl in Freud und Schmerz;

„wer chriſtli lebt, het frohe Muth:

„der lieb Gott ſtoht fuͤr alles gut.“

[47]
Weiſch Jobbeli, was der Morge-Stern

am Himmel ſucht? Me ſeits nit gern!

Er wandlet imme Sternli no,

er cha ſchier gar nit vonnem lo;

doch meint ſi Mutter, ’s muͤeß nit ſy,

und thut en wie ne Huͤenli i.

Drum ſtoht er uf vor Tag, und goht

ſi’m Sternli no im Morgeroth;

er ſucht und ’s wird em windeweh,

er moͤcht em gern e Schmuͤtzli ge,

er moͤcht em ſagen: J bi der hold!

es waͤr em uͤber Geld und Gold.

Doch wenn er ſchier gar bynem waͤr,

verwacht ſi Mutter handumcher,

und wenn ſie ruͤeft enanderno,

ſen iſch mi Buͤrſtli niene do.

Druf flicht ſie ihre Chranz ins Hoor,

und lueget hinter de Berge vor.

[48]
Und wenn der Stern ſi Mutter ſieht,

ſe wird er todesbleich und flieht,

er ruͤeft ſi’m Sternli: Bhuͤtdi Gott!

es iſch, aß wenn er ſterbe wott.

Jez Morge-Stern heſch hohi Zit

di Muͤtterli iſch nuͤmme wit.

Doͤrt chunnt ſie ſcho, i ha’s io gſeit,

in ihrer ſtille Herlichkeit!

Sie zuͤndet ihri Strahlen a,

der Chilch-Thurn waͤrmt ſi au ſcho dra,

und wo ſie fallen in Berg und Thal,

ſe ruͤehrt ſi ’s Leben uͤberal.

Der Storch probirt ſi Schnabel ſcho,

„de chaſchs perfekt, wie geſter no!“

und d’Chemi rauchen au alsgmach;

hoͤrſch ’s Muͤhli-Rad am Erle-Bach,

und wie im dunkle Buche-Wald

mit ſchwere Streiche d’Holz-Ax fallt?

Was
[49]
Was wandlet doͤrt im Morge-Stral

Mit Tuch und Chorb dur’s Matte-Thal?

’s ſin d’Meidli iung, und flink und froh,

ſie bringe weger d’[Suppe] ſcho,

und ’s Anne Meili vornen a,

es lacht mi ſcho vo witem a.

Wenn ich der Sunn ihr Buͤebli waͤr,

und ’s Anne Meili chaͤm ungfaͤhr

im Morgeroth, ihm giengi no,

i muͤeßt vom Himmel abe cho,

und wenn au d’Muetter balge wott,

ich choͤnnts nit lo, verzeihmers Gott!

4
[50]

Der Carfunkel.


Wo der Aetti Tuback ſchnaͤtzlet, ſe lue-

get en d’Marei

fruͤndli und bittwis a: „Verzelis naͤumis

o Aetti,

„weiſch ſo wieder, wie necht, wo ’s Chuͤn-

gi het welle vertſchlofe!“

Druͤber rucke ’s Chuͤngi, unds Anne Baͤbi

und d’Marei

mit de Chunklen ans Licht, und ſpanne d’

Saiten, und ſtriche

mittem Schwaͤrtli ’s Rad, und zupfen en-

ander am Ermel.

Und der Joppi nimmt e Hampfle Liecht-

ſpoͤhn, und ſezt ſi

nebene Liechtſtock hi, und ſeit: „Fuͤr das

willi ſorge.“

Aber der Hans Jerg lit e lange Weg uͤbe-

ren Ofe,

[51]
lueget aben und denkt: „Do obe hoͤri’s am

beſte,

„und bi niemes im Weg.“ Druf, wo der

Aetti ſi Tuback

gſchnitte het, und ’s Pfifli gfuͤllt, ſe chunnt

er an Liechtſpoh,

und hebt ’s Pfifli unter, und trinkt in gie-

rige Zuͤge,

bis es brennt; druf drukt er ’s Fuͤuͤr mit

de Fingeren abe,

und macht ’s Deckeli zu. „Se willi denn

naͤumis verzehle,“

ſeit er, und ſizt nieder, „doch muͤender or-

deli ſtill ſy,

„aß i nit verſtuun, ebs us iſch, und du

doͤrt obe,

„pack di vom Ofen abe! Heſch wieder nie-

ne ke Platz g’wuͤßt?

„Iſchs der z’wohl, und g’luſtt’s di wieder

„no nem Carfunkel?

„Numme ken, wie ſelle gſi iſch, woni im

Sinn ha:„

4 *
[52]
„’s iſch e Plaͤtzli naͤume, ’s goht weder

Ege no Pflug druf,

Hurſt an Hurſt ſcho hundert Johr und gif-

tigi Chruͤter,

’s ſingt kei Troſtle drinn, ke Summervoͤ-

geli bſuecht ſie,

breiti Doſche huͤete doͤrt e zeichnete Choͤrper.

’s waͤr ke ungſchickt Buͤrſchli gſi, ſel ſeit me,

doch het er

zitli ’s Wirthshus g’liebt, und uͤber Bibel

und Gſangbuch

ſin em d’Charte gſi am Samſtig z’Nacht

und am Sunntig.

Flueche het er choͤnne, ne Hex im rueßige Chemi

haͤtt ſi bſegnet und bettet, und d’Sternen

am Himmel hen zittert.

’s het e mol im gruͤene Rock e borſtige Jaͤger

zug’luegt, wie ſie ſpiele. Mit unerhoͤrte Fluͤeche

het der Michel Stich um Stich und Buͤeßli

verlohre.

„Du vertlaufſch mer nit!“ ſeit fuͤr ſi ſel-

ber der Gruͤnrock;

[53]
d’ Wirthene hets ghoͤrt, und denkt; „Was

gilts, ’s iſch e Werber!“

’s iſch ke Werber gſi, der werdets beſſer erfahre,

wenn der Michel g’wibet het, und ’s Guͤetli

verlumpet.

Was het ’s Stroßwirths Tochter denkt?

Sie het em us Liebi

Hand und Jowort ge, doch nit us Liebi

zum Michel,

nei zu Vater und Mutter, es iſch ihr Wil-

len und Wunſch gſi.

Sellen Oben iſchs in ſchwere Gidanke vert-

ſchlofe,

ſelli Mittnacht hets e ſchwere biduͤtſeme

Traum gha.

’s iſch em gſi, es choͤmm vo Staufe fuͤren

an d’ Landſtroß;

an der Landſiroß goht e Chapeziner und betet.

„Schenket mer e He [...]gli, Her Pater, wen

der ſo gut ſy!

„Bini nit Bruut? ’s cha ſy ’s het guͤti

Biduͤtig.“

[54]
Landſem ſchuͤttlet ſi Chopf der Pater, und

unter der Chutte

lengt er e Hampfle Helge. „Do zieh der

ſelber ein uſe!“

Seits, und wo nes zieht, ſe lengt’s in

ſchmutzigi Charte.

„Heſch echt ’s Eckſtei-Aß? ’s biduͤtet e ro-

the Carfunkel;

„’s iſch ke gute Schick!“ — „Jo weger,“

ſeit es, „das hani!“

Wieder ſeit der Pater: „Weiſch was, o

Bruͤuͤtli, zieh’ anderſt!

„Heſch echt Siebe Chruͤtz?“ — „Jo weger!“

ſeit es und ſuͤfzget. —

„Troͤſt di Gott, zieh anderſt, ’s cha ſy die

dritti iſch beſſer!

„Heſch e blutig Herz? „Jo weger!“ ſeits

und lot’s falle. —

„Jez zieh no ne mol, ’s cha ſy, di Heili-

ge chunnt no!“

„Iſchs der Schuflebueb?“ — J weiß nit,

bſchauet en ſelber!“ —

[55]
„Jo de heſch en! Troͤſt di Gott! Er ſchuf-

let di abe.“

So het’s im Kaͤtterli traumt, und ſo hets

ſelle mol gſchlofe.

Stroßwirths Tochter, was heſch denkt, und

heſch mer en doch g’no?

Jo, es het io muͤeßen und gſeit: „Ins Here

Gotts Name!

„No de ſiebe Chruͤtzen und hinterem blutige

Herze

„chunnt mi Heilige, wills der Her, und

ſchuflet mi abe.“

Z’erſt haͤtt’s moͤge go. Wohl mengmol het

zwor der Michel

wieder gſpielt und trunken, und gflucht, und

’s Kaͤtterli ploget.

Mengmol iſch er in ſi gange, wenn ’s en

mit Thraͤne

bittet het, und bette. Ne mol ſe ſeit er:

„Jez willi

„mit dee akkordieren, und d’Charte willi

verflueche:

[56]
„Soll mi der T..... hole, ſo bald i eini

me aruͤhr!

„Aber ins Wirthshus gangi, und ’s Wirths-

hus chani nit mide.

„Grums und huͤl, ſo lang de witt, ich cha

der nit helfe!“

Het er ’s Erſt nit ghalte, ſen iſch er im

Andere treu gſi.

Woner ins Wirthshus chunnt, ſe ſitzt mi

borſtige Gruͤnrock

Hinterem Tiſch, ſelb dritt, und muͤſchlet d’

Charten, und ruͤeft em:

„Biſch e Cammerad, ſe chumm, ſe wem-

mer eis mache!“

„Ich nit,“ ſeit der Michel, „Bas Mar-

greth leng mer e Schoͤpli!“

„Du nit?“ ſeit der Gruͤn, „Chumm num-

me, biß de di Schoppe

„trunke heſch, und ’s goht um nuͤt, ’s iſch

ebe fuͤr Churzwiil!“

„He,“ denkt bynem ſelber der Michel,

„wenn es um nuͤt goht,

[57]
„ſel iſch io nit g’ſpielt,“ und ſezt ſi richtig

zum Gruͤnrock.

’s chunnt e Chnab ans Fenſter mit lockiger

Stirnen, und ruͤeft em:

„Meiſter Michel, uffe Wort! Der Stroße-

wirth ſchikt mi.“

„Schik en wieder,“ ſeit er, „i weiß ſcho,

was er wuͤrd welle.

„Wer ſpielt us? und was iſch Trumpf?

und gſtoche das Eckſtei!“

Druf und druf! Z’lezt ſeit der Gruͤnrock:

„Los, de ſpielſch gluͤckli!

„Wemmer umme Chruͤtzer mache?“ — „Sel

iſch iez eithue,“

denkt der Michel, „Gſpielt iſch gſpielt, und

Mintwege!“ ſeit er.

„Choͤmmet“ ruͤeft der Chnab, und poͤpper-

let wieder am Fenſter,

„Nummen uf en einzige Woͤrtli!“ — „Loß

mi ung’heit iez!

„Chruͤtz im Baum , und Schufle no! Und

no ne mol Schufle!“

[58]
Und ſo gohts vom Chruͤtzer bis endli uffe

Dublone.

Wo ſie ufſtoͤhn, ſeit der Gruͤnrock: „Mi-

chel, i cha di

„iez nit zahle! Nimm mi Rlng, ’s cha ſy

er iſch mehr werth!“

’s dritmol chlopfts am Fenſter: „O Michel

choͤmmet, wil’s Zit iſch!“

„Loß en ſchwetze, ſeit der Gruͤnrock, wenn

er nit goh will!

„Nimm du do mi Fingerring, und wenn

de ke Chruͤtzer

„Geld deheim, und niene heſch, es cha der

nit fehle.

„Wenn der Ring am Finger ſteckt, und

wenn de in Sack lengſch

„alli Tag emol, ſe heſch e bairiſche Tha-

ler.

„Nummen an kem Fyrtig, ſel wotti der

ſelber nit rothe.

„Chaſch mi witers bruche, ſe ruͤef mer num-

men! J hoͤr di.

[59]
„Heißi nit Vizli Buzli, und hani d’ Ohre

nit bymer?

Sieder briegget d’ Frau deheim im einſe-

me Stuͤbli,

und list in der Bibel und im verrißene

Bettbuch,

und der Michel chunnt und ſchaͤndet: „Findi

di wieder

„an dim ewige Betten und dunderſchießige

Huͤle?

„Lueg do, was i gunne ha, ne rothe Char-

funkel!“

’s Kaͤtterli verſchrickt: „O Jeſis,“ ſeit es,

„was ſiehni!

„’s iſch ke guete Schick!“ — und ſinkt der-

nieder in Ohmacht.

Waͤrſch doch nuͤmme verwacht, wie men-

ge bittere Chummer

haͤttſch verſchlofen, armi Frau, wo diner

no wartet!

Jez wirds taͤgli ſchlimmer. Uf alle Merte

flankiert er,

[60]
goht uf iedi Chuͤlbi, und wo me ne Wirths-

hus bitrittet,

z’ nacht um Zwoͤlfi, Vormittag und z’ oben

um Vieri,

ſizt der Michel do, und muͤſchlet truͤglichi

Charte.

’s Chind verwildert, ’s Guͤetli ſchwindet,

Acker um Acker

chunnt an Stab und d’ Frau vergoht in bit-

tere Thraͤne.

Goht er oͤbbe heim, gits ſchnoͤdi Reden und

Antwort.

„Chunnſch du Lump?“ Und ſo und ſo —

Mit trunkene Lippe

fluecht der Michel, ſchlacht ſi Frau. Jez

muß er zum Pfarrer,

iez vor Oberamt, und mittem Haſchierer

im Thurn zu.

Goht er ſchlimm, ſe chunnt er aͤrger, wen-

nem der Vizli

Buzli wieder d’ Ohre ſtriicht, und Gallen

ins Blut miſcht.

[61]
So waͤhrts ſiebe Johr. Emol ſe bringt

en der Buzli

wieder uſem Thurn, und „Allo goͤhn mer

ins Wirthshus,

„eb de heim chunnſch mit de Streiche, wo

ſie der ge hen!

„Was der d’Frau zum Willkumm praͤglet,

wird di nit brenne.

„Los, de duurſch mi, wenn i dra denk, ’s

moͤcht ein verſprenge,

„wie’s der goht, und wie der d’ Frau di

Lebe verbittert —

„So ne Ma, wie du, wo ’s Tags ſi Tha-

ler verthue cha!

„Gluͤckli biſch im Spiele; doch no nem lei-

dige Spruͤchwort,

„mittem Wibe heſch’s nit troffe, chani der

ſage.

„Waͤrſch ellei, wie haͤttſch’s ſo gut, und

lebtiſch ſo ruͤeihig!

„’s pin’get di, i ſieh ders a, und d’ Odere

ſchwelle.

[62]
„Trink e Schluͤckli Brentewi, er chuͤeltder

di Jaſt ab!“

Aber d’ Frau deheim, mit [zſemegſchlage-
ne]
Haͤnde

ſizt ſie uffem Bank, und luegt dur Thraͤnen

am Himmel:

Siebe Johr und ſiebe Chruͤtz!“ ſo

ſchluchzget ſie endli,

„’s wird mer redli wohr, und Gott im

Himmel wells ende!“

Seits und nimmt e Buch und betet Todes-

gidanke.

Druͤber ſchnellt der Michel d’Thuͤr uf, und

fuͤrchterli ſchnauzt er:

„Huͤlſch au wieder, du heſchs noͤthig, fal-

ſchi Canali!

„Sur-Chrut choch mer!“ ’s Kaͤtterli ſeit: „’s

iſch niene ke Fuͤuͤr meh.“

„Sur-Chrut willi! Lueg i dreih der ’s Meſ-

ſer im Lib um.“ —

„Lieber huͤt, as morn! De bringſch mi un-

tere Bode

[63]
„ei Weg wie der ander, und ’s Buͤebli heſch

mer ſcho g’mordet.“ —

„Di ſoll der Dunder unds Wetter in Erds-

Boden abe verſchlage!“

ſeit’s und zukt, und ſinnlos truͤmmlet ’s

Kaͤtterli nieder:

„O mi bluetig Herz,“ ſo ſtoͤhnts no

lisli im Falle,

Chumm, o Schuflebueb, do heſch

mi, ſchufle mi abe!“

Jez der Michel furt, vom ſchnelle Schre-

ken ergriffe,

lauft ins Feld, der Bode ſchwankt, und ’s

raßlet im Nußbaum.

„Vizli Buzli roth mer du!“ So ruͤeft er.

Der Buzli

hinterem Nußbaum ſtoht er, und chunnt, und

frogt en: „Was fehlt der?“

„D’ Kaͤth’ri hani verſtoche, jez roth mer,

was i ſoll mache!“ —

„Iſch das alles?“ ſeit der Buzli. „We-

ger de chaſch ein

[64]
„doch verſchrecken, aß me meint, was Wun-

der paſſiert ſeig!

„Naͤrſch, iez chaſch im Land nit bleibe, ’s

moͤcht e Verdruß ge.

„Iſch nit doͤrt der Rhi? Und chumm, i

will di bigleite,

„’s ſtoht e Schif am Gſtad!“ — Jez ſtige

ſie ehnen im Sunggaͤu

friſch ans Land, und quer dur’s Feld. Im

einſeme Wirthshus

brennt e Liecht. „Mer wen doch luege, wer

no do inn iſch,“

ſeit der Gruͤn, „wer weiß de chaſch der d’

Grille vertribe!“

Aber im Wirthshus ſitze no ſpoti naͤcht-

ligi Gſelle,

und ’s goht vornen a mit Banketieren und

Spiele.

„Chruͤtz iſch Trumpf! Und no ne mol! Und

choͤnnetder die do?

„Gſtoche die! und no ne Trumpf! Und —

gſtoche das Herzli!“

’s
[65]
’s warnet ſcho uf Zwoͤlfi. O will mit lo-

kiger Stirne

iez ke Chnab erſchine? Nei weger! Mi-

chel, es endet!

O, wie ſpielſch ſo ſoͤlli ungſchickt? Gſto-

che das Herzli,

lengt em tief in d’ Seel, und alli mol, wenn

er e Stich macht,

wiederholts der Buzli, und wirft im Mi-

chel e Blick zu.

’s ſchlacht ſcho Zwoͤlfi us. Mit alliwil

ſchlechtere Charte

ſpielt er allwil ſchlechter, und zahlt afange

mit Chride.

’s ſchlacht e Viertel uf Eis. Jez lengt er

mit g’ringletem Finger

friſch in Sack: „Wer wechslet no ne bai-

riſche Thaler?“

Schlechti Muͤnz, Her Michel! er lengt in

glaſige Scherbe,

thut e Schrei, und luegt mit Gruus und

Schrecke der Gruͤn a.

5
[66]
Aber der Buzli leert ſi Brenntewi-Glaͤsli

und ſchmazget:

„Michel, chumm iez furt, der Wirth wuͤrd

wellen ins Bett goh!

„’s choͤmme huͤt viel Gaͤſt, ſie hen e luſti-

ge Fyrtig.

„Iſch nit Ludwigstag, der fuͤnfezwen-

zigſt Auguſti?

„Dreih am Ring, ſo lang de witt, de

bringſch en nit abe!“

O, wie het der Michel g’lost — e luſti-

ge Fyrtig;

O wie het er d’Fuͤeß am Tiſchbei unte ver-

chlammert!

’s hilft nit lang, und thut nit gut. Mit

aͤngſtlichem Bebe

ſtoht er uf, und ſeit ke Wort, und goht

mittem Buzli,

vornen a der Gruͤn, und an de Ferſe der

Michel,

wie ne Chalb im Metzger folgt zur bluetige

Schlachtbank.

[67]
Oebbe ne Buͤchſeſchuß vom Wirthshus ſtellt

en der Buzli.

„Michel, ſeit er, lueg es ſtoht kei Sternli

am Himmel!

„Lueg, der Himmel hangt voll Wetter uͤber

und uͤber!

„’s goht kei Luft, es ſchwankt kei Naſt, es

ruͤhrt ſi ke Laͤubli,

„und du biſchmer au ſo ſtill! De wirſch

doch nit bette!

„Machſch der oͤbbe d’Uerthe? Gell ’s Leben

iſch der verleidet?

„Wie de meinſch! Di Wahl iſch ſchlecht, i

muß ders bikenne.

„Se do heſch e Meſſer, i ha’s am Blotze-

mer Mert g’chauft!

„Hau der d’ Gurgle ſelber ab, ſe choſt’s

di ke Trinkgeld!“

So verzehlt der Aetti, und mit engbruͤſtigem

Othem

5 *
[68]
ſeit iez d’ Muetter: „Biſch bal ſerig? Mach

mer die Meidli

„nit ſo z’foͤrche, ’s ſin doch nummen er-

dichteti Maͤhrli!“ —

„Jo, i bi io ferig!“ erwiedert der Aetti,

„doͤrt lit er

„mit ſim Ring im Dorneghuͤrſt, wo d’

Troſtle nit ſinge.“

Aber d’ Marei ſeit: „O Muetter, wer

wird em denn foͤrche!

„Denkſch, i merk nit, was er meint, und

was er will ſage?

„Jo, der Vizli Buzli, das iſch die boͤſi

Verſuchung.

„Lokt ſie nit, und fuͤhrt ſie nit in Suͤnden

und Elend,

„wenn e Menſch nit bete mag, und folgt

nit, und ſchafft nuͤt!

„Und der lockig Chnab iſch gueti Warnig

im Gwiſſe.

„O, i chenn mi Aetti wohl, und ſini Gi-

danke!“

[69]

Das Hexlein.


Und woni uffem Schnid-Stuhl ſitz

fuͤr Baſſeltang, und Liechtſpoͤh ſchnitz,

ſe chunnt e Hexli wohlgimuth,

und frogt no frey: „Haut’s Meſſer gut?“

Und ſeit mer frey no Gute Tag!

und woni lueg, und woni ſag:

„’s choͤnnt beſſer go, und Große Dank!“

ſe wird mer ’s Herz uf ei mol chrank.

Und uf, und furt enanderno,

und woni lueg, iſchs nuͤmme do,

und woni ruͤef: „Du Hexli he!“

ſe gits mer ſcho kei Antwort meh.

[70]
Und ſieder ſchmekt mer ’s Eſſe nit;

ſtell umme, was de heſch und witt,

und wenn en anders ſchlofe cha,

ſe hoͤri alli Stunde ſchla.

Und was i ſchaff das g’rothet nit,

und alli Schritt und alli Tritt,

ſe chunnt mer ebe das Hexli fuͤr,

und was i ſchwetz, iſch hinterfuͤr.

’s iſch wohr, es het e Gſichtli gha,

’s verluegti ſi en Engel dra;

und ’s ſeit mit ſo ’me freie Muth,

ſo lieb und ſuͤß: „Haut ’s Meſſer gut?“

Und leider hani’s ghoͤrt und gſeh,

und ſellemols und nuͤmme meh;

doͤrt iſchs an Hag und Hurſt verbey,

und witers uͤber Stock und Stei.

[71]
Wer ſpoͤchtet mer mi Hexli us,

wer zeigtmer ſiner Mutter Hus?

J lauf no, was i laufe cha,

wer weiß, ſe triffi’s doch no a!

J lauf no alli Doͤrfer us,

i ſuch und frog vo Hus zu Hus,

und wuͤrd mer nit mi Hexli chund,

ſe wuͤrdi ebe nuͤmme gſund.

[72]

Der Mann im Mond.


Lueg Muͤetterli, was iſch im Mo’?“

He, ſiehſchs denn nit, e Ma!

„Jo wegerli, i ſieh en ſcho;

„er het e Tſchoͤpli a.

„Was tribt er denn die ganzi Nacht,

„er ruͤehret io kei Glied?“

He, ſiehſch nit, aß er Welle macht?

„Jo, ebe dreiht er d’Wied.“

„Waͤr ich, wie er, i blieb dehei’,

„und machti d’Welle do.“

He, iſch er denn us uͤſer Gmei’?

Mer hen ſcho gnug eſo.

[73]
Und meinſch, er choͤnn ſo, wiener well?

Es wird em, was em g’hoͤrt;

er gieng wol gern — der ſufer Gſell

muß ſchellewerche doͤrt.

„Was het er bosget, Muͤtterli?

„Wer het en bannt doͤrthi?“

Me het em gſeit der Dieterli,

e Nuͤtznutz iſch er gſi.

Ufs Bete het er nit viel gha,

ufs Schaffen o nit viel,

und oͤbbis muß me triebe ha,

ſuſt het me langi Wil.

Drum, het en oͤbbe nit der Vogt

zur Strof ins Huͤsli gſpert,

ſen iſch er ebe z’Chander g’hockt,

und het d’Butelli g’lert.

[74]
„Je, Muͤetterli, wer het em ’s Geld

„zu ſo’me Lebe ge?“

Du Naͤrſch, er het in Hus und Feld

ſcho ſelber wuͤſſe z’neh.

Ne mol, es iſch e Sunntig gſi,

ſo ſtoht er uf vor Tag,

und nimmt e Beil, und tummlet ſi,

und lauft in Lieler Schlag.

Er haut die ſchoͤnſte Buͤechli um,

macht Bohne-Stecke drus,

und treit ſie furt, und luegt nit um,

und iſch ſcho faſt am Hus.

Und ebe goht er uͤbere Steg,

ſe ruuſcht em oͤbbis fuͤr:

„Jez Dieter gohts en andere Weg!

Jez Dieter chumm mit mir!“

[75]
Und uf und furt, und ſieder iſch

kei Dieter wit und breit.

Doͤrt obe ſtoht er im Gibuͤſch

und in der Einſamkeit.

Jez haut er iungi Buͤechli um;

iez chuchet er in d’ Haͤnd;

iez dreiht er d’ Wied, und leit ſie drum,

und ’s Sufe het en End.

So gohts im arme Dieterli;

er iſch e gſtrofte Ma!

„O bhuͤtis Gott, lieb Muͤetterli,

„i moͤchts nit mittem ha!“

Se huͤt di vorem boͤſe Ding,

’s bringt numme Weh und Ach!

Am Sunntig rueih, und bet und ſing.

Am Werchtig ſchaff di Sach.

[76]

Die Marktweiber in der
Stadt
.


J chumm do us ’s Rothshere Hus,

’s iſch wohr, ’s ſieht proper us;

doch iſchs mer, ſie heigen o Muͤeih und Roth

und allerlei ſchweri Gidanke,

„Chromet ſuͤſſen Anke!“

wies eben uͤberal goht.

Jo weger, me meint in der Stadt

ſeig alles ſufer und glatt;

die Here ſehn eim ſo luſtig us,

und ’s Chruͤtz iſch ebe durane,

„Chromet iungi Hahne!“

mengmol im proͤperſte Hus.

[77]
Und wemme gchaͤmpft muß ha,

gohts, meini, ehnder no a

im Freie duſſe, wo d’ Sunn o lacht;

do innen iſchs zum Bitruͤebe;

„Chromet geli Ruͤebe!“

Sie hen ſchier alliwil Nacht.

Fruͤeih, wenn der Tag verwacht,

was iſchs nit fuͤr e Pracht!

Der lieb Gott, meintme, well ſelber cho,

er ſeig ſcho an der Chriſchone, *)

„Chromet gruͤni Bohne!“

und choͤmm iez enanderno.

Und d’ Voͤgeli meines o,

ſie werde ſo buſper und froh,

und ſinge: „Herr Gott dich loben wir“

und ’s glitzeret ebe z’ſend ane;

„Chromet iungi Hahne!“

’s iſch wohr, me verlueget ſi ſchier.

[78]
Und faßt e friſche Muth,

und denkt: Gott meints io gut,

ſuſt haͤtt der Himmel kei Morgeroth;

er willis nummen o uͤebe;

„Chromet geli Ruͤebe!“

mer bruche ke Zuckerbrod.

Und innewendig am Thor

ſe hen ſie d’Umhaͤng no vor,

’s iſch ebe no alles ſtill und tod.

Und ziehn ſie der Umhang fuͤrſi,

„Chromet ſchwarzi Chirſi!“

ſe ſehn ſie kei Morgeroth.

Drum merke ſies ſelber ſchier,

und choͤmme zum Plaͤſir

ufs Land, und hole ne friſche Muth

im Adler und bym Schwane;

„Chromet iungi Hahne!“

uͤs ſtuͤnd io d’ Stadt wol gut!

[79]
Und doch meint ſo ne Her,

er ſeig weiß Wunder mehr,

aß uͤſers gattigs und bſchaut ein nit.

es dunkt mi aber, er ir ſi;

„Chro met ſuͤſſi Chirſi!“

mer tnuſchte wegerli nit.

Rich ſin ſie, ’s iſch kei Frog,

’s Geld het nit Platz im Trog;

thut uͤſer eim e Buͤeßli weh,

Verbauſe ſie Dublone,

„Chromet gruͤni Bohne!“

und hen no alliwil meh.

Was choſt en Immis nit?

’s heißt numme: Mul, was witt?

Paſtetli, Struͤbli, Fleiſch und Fiſch,

und Toͤrtli und Makrone;

„Chromet gruͤni Bohne!“

der Platz fehlt uffem Tiſch.

[80]
Und erſt der Staat am Lib!

me cha’s nit ſeh vor Chib.

Jo wedelet numme, d’Stroß iſch breit,

mit eue Junten! J thaͤtich —

„Chromet zarti Retich!“

i haͤtt ſchier gar naͤumis gſeit.

Doch iſch eim ’s Herz bitruͤbt,

ſe gib em, was em bliebt,

es ſchmekt em nit und freut en nit;

es goht eim wie de Chranke;

„Chromet ſuͤſſen Anke!“

Was thut me denn dermit?

Und het me Chruͤtz und Harm,

ſen iſch me ringer arm;

me het nit viel, und brucht nit viel,

und iſch doch ſicher vor Diebe;

„Chromet geli Ruͤebe!“

z’lezt chuunt men o zum Ziel.

Jo
[81]
Jo gell, wenns Stuͤndli ſchlacht?

He io, ’s bringt iedi Nacht

e Morgen, und me freut ſi druf.

Gott het im Himmel Chrone;

„Chromet gruͤni Bohne!“

Mer wen do das Gaͤßli uf.

6
[82]

Der Sommerabend.


O, lueg doch, wie iſch d’ Sunn ſo muͤed,

lueg, wie ſie d’ Heimeth abezieht!

O lueg, wie Stral um Stral verglimmt,

und wie ſie ’s Fazenetli nimmt,

e Wuͤlkli, blau mit roth vermuͤſcht,

und wie ſie an der Stirne wuͤſcht.

’s iſch wohr, ſie het au uͤbel Zit,

im Summer gar, der Weg iſch wit,

und z’ ſchaffe findt ſie uͤberal

in Hus und Feld, in Berg und Thal;

’s will alles Liecht und Waͤrmi ha,

und ſpricht ſie um e Segen a.

[83]
Meng Bluͤmli het ſie usſtaffirt,

und mit ſcharmante Farbe ziert,

und mengem Immli z’trinke ge,

und gfrogt: Heſch gnug und witt no meh?

und ’s Chaͤferli het hinte no

doch au ſi Troͤpfli uͤbercho.

Meng Some-Choͤpfli het ſie gſprengt,

und ’s zitig Soͤmli uſe g’lengt.

Hen d’ Voͤgel nit bis z’ allerlezt

e Bettles gha, und d’ Schnaͤbel g’wezt?

Und kein goht hungerig ins Bett,

wo nit ſi Theil im Chroͤpfli het.

Und wo am Baum e Chrieſi lacht,

ſe het ſie’m rothi Baͤckli gmacht;

und wo im Feld en Aehri ſchwankt,

und wo am Pfohl e Rebe rankt,

ſe het ſie eben abe glengt,

und het’s mit Laub und Blueſt umhengt.

6 *
[84]
Und uf der Bleichi het ſie gſchaft

huͤtie und ie us aller Chraft;

der Bleicher het ſi ſelber gfreut,

doch haͤtt’ er nit: Vergelts Gott! gſeit;

und het e Frau ne Woͤſchli gha,

ſe het ſie trochnet druf und dra.

’s iſch weger wohr, und uͤberal

wo d’ Saͤgeſen im ganze Thal

dur Gras und Halme gangen iſch,

ſe het ſie g’heuet froh und friſch.

Es iſch e Sach, by miner Treu,

am Morge Gras und z’obe Heu!

Drum iſch ſie iez ſo ſoͤlli muͤed,

und brucht zum Schlof kei Obe-Lied;

kei Wunder, wenn ſie ſchnuft und ſchwizt,

lueg wie ſie doͤrt uf ’s Bergli ſizt!

Jez laͤchlet ſie zum lezte mol,

jez ſeit ſie: Schlofet alli wohl!

[85]
Und d’unten iſch ſie! B’huͤt di Gott!

Der Guhl, wo uffem Chilch-Thurn ſtoht,

het no nit gnug, er bſchaut ſie no.

Du Wundervitz was gafſch denn ſo?

Was gilts, ſie thut der bald derfuͤr,

und zieht e rothen Umhaug fuͤr!

Sie duuret ein, die guti Frau,

ſie het ihr redli Hus-Chruͤtz au.

Sie lebt gwiß mittem Ma nit gut,

und chunnt ſie heim, nimmt er ſi Hut;

und was i ſag, iez chunnt er bald,

doͤrt ſizt er ſcho im Fohre-Wald.

Er macht ſo lang, was tribt er echt?

Me meint ſchier gar er trau nit recht.

Chumm numme, ſie iſch nuͤmme do,

’s wird alles ſy, ſe ſchloft ſie ſcho!

Jez ſtoht er uf, er luegt ins Thal,

und ’s Moͤhnli gruͤeßt en uͤberal.

[86]
Denkwol, mer goͤhn iez au ins Bett,

und wer kei Dorn im Gwiße het,

der brucht zum Schlofen au kei Lied;

me wird vom Schaffe ſelber muͤed;

und oͤbbe hemmer Schoͤchli gmacht,

drum gebis Gott e guti Nacht!

[87]

Die Mutter
am Chriſt-Abend
.


Erſchloft, er ſchloft! Do lit er, wie ne Grof!

Du lieben Engel, was i bitt,

by Lib und Lebe verwach mer nit,

Gott gits de Siinen im Schlof!

Verwachmer nit, verwachmer nit!

Di Mutter goht mit ſtillem Tritt,

ſie goht mit zartem Mutter-Sinu,

und holt e Baum im Chaͤmmerli d’inn.

Was henki der denn dra?

Ne ſchoͤne Lebchueche-Ma;

ne Gitzeli, ne Mummeli

und Bluͤemli wiiß und roth und gel,

alles vo ſuͤeſſem Zucker-Mehl.

[88]
’s iſch gnueg, du Mutter-Herz,

viel Suͤeß macht numme Schmerz!

Gib’s ſparſem, wie der liebi Gott,

er helſet nit alli Tag Zucker-Brod.

Jez Ruͤmmechruͤſliger her,

die allerſchoͤnſte, woni ha,

’s iſch nummen au kei Moͤſeli dra!

Wer het ſie ſchoͤner, wer?

’s iſch wohr, es iſch e Pracht,

was ſo en Oepfel lacht;

und iſch der Zucker-Beck e Ma,

ſe mach er ſo ein, wenn er cha!

Der lieb Gott het en gmacht.

Was hani echt no meh?

Ne Fazenetli wiiß und roth,

und das eis vo de ſchoͤne.

O Chind vor bittre Thraͤne

biwahr di Gott, biwahr di Gott!

[89]
Und was iſch meh do inn?

ne Buͤechli, Chind! ’s iſch au no di;

i leg der ſchoͤni Helgeli dri,

und ſchoͤni Gibetli ſin ſelber drinn.

Jez choͤnnti, traui, goh;

es fehlt nuͤt meh zum Gute —

Potz tauſig, no ne Ruthe!

Do iſch ſie ſcho, do iſch ſie ſcho!

’s cha ſy, ſie frent di nit,

’s cha ſy, ſie haut der ’s Vuͤdeli wund;

doch witt nit anderſt, ſen iſchs der gſund,

de mueſch nit, wenn d’ nit witt.

Und willſchs nit anderſt ha,

in Gottis Name ſeig es drum!

Doch Muetter-Liebe iſch zart und frumm,

ſie windet rothi Bendeli dri,

und macht e Letſchli dra.

[90]
Jez waͤr er usſtaffirt,

und wie ne May-Baum ziert,

und wenn bis fruͤeih der Tag verwacht,

het ’s Wienecht-Chindli alles gmacht.

De nimmſchs und dankſch mer’s nit;

Drum weiſch nit, wer ders git;

Doch machts der numme ne frohe Muth,

und ſchmekts der numme, ſen iſchs ſcho gut.

Bym Blueſt, der Waͤchter ruͤeft

ſcho Oelfi! Wie doch d’Zit verrinnt,

und wie me ſi vertieft,

wenn ’s Herz an naͤumis Nahrig findt!

Jez, bhuͤtdi Gott der Her!

en anderi Cheri mehr!

Der heilig Chriſt iſch hinecht cho,

het Chindes Fleiſch und Blut ag’no;

Waͤrſch au ſo brav, wie er!

[91]

Eine Frage.


Sag, weiſch denn ſelber au, du liebi Seel,

was’s Wienechtchindli iſch, und heſchs bidenkt?

Denkwol i ſag der’s und i freu mi druf.

O, ’s iſch en Engel uſem Paradies

mit ſanften Augen und mit zartem Herz.

Vom reine Himmel abe het en Gott

de Chindlene zum Troſt und Sege gſchickt.

Er huͤetet ſie am Bettli Tag und Nacht;

er deckt ſie mittem weiche Fegge zu,

und weiht er ſie mit reinem Othem a,

wird’s Aeugli hell und ’s Baͤckli rund und roth.

Er treit ſie uf de Haͤnden in der Gfohr,

guͤnnt Bluͤemli fuͤr ſie uf der gruͤene Flur,

und ſtoht im Schnee und Rege d’ Wienecht do,

ſe henkt er ’nen im Wienechtchindli-Baum

e ſchoͤne Fruͤehlig in der Stuben uf,

und laͤchlet ſtill, und het ſi ſuͤeßi Freud,

[92]
uud Muetterliebi heißt ſi ſchoͤne Name.

Jo, liebi Seel, und gang vo Hus zu Hus,

ſag Gute Tag, und Bhuͤtich Gott,

und lueg,

der Wienechtchindli-Baum verrothet bald,

wie alli Muͤetter ſin im ganze Dorf.

Do hangt e Baum, nei lueg me doch

und lueg!

In alle Naͤſte nuͤt as Zuckerbrod!

’s iſch nit viel nutz. Die het e naͤrſchi Freud

an ihrem Buͤebli, will em alles ſuͤeß

und liebli mache, thut em, was es will.

Gib acht, gib acht, es chunnt e mol e Zit,

ſe ſchlacht ſie d’ Haͤnd no zſemmen uͤberm

Chopf,

und ſeit: „Du gottlos Chind, iſch das mi

Dank?“

Jo weger Muͤetterli, das iſch di Dank!

Jez do ſiehts anderſt dri ins Nochbers Hus.

Scharmanti bruni Bire, welſchi Nuß!

Scharmanti rothi Oepfel ab der Hurt!

e Gufebuͤchſli, doch wills Gott der Her

[93]
ke Gufe drinn! Vom zarte Beſe-Ris

e goldig Ruͤethli, ſchlank und nagelneu!

Lueg, ſo ne Muetter het ihr Chindli lieb!

Lueg, ſo ne Muetter ziehts verſtaͤndig uf,

und wird mi Buͤrſtli meiſterlos, und meint

es ſeig der Her im Hus, ſe hebt ſi b’herzt

der Finger uf, und foͤrcht ihr Buͤebli nit,

und ſeit: „Weiſch nit, was hinterm Spie-

gel ſteckt?„

Und ’s Buͤebli folgt, und wird e brave Chnab;

Jez goͤhn mer wieder witers um e Hus.

Zwor Chinder gnug, doch wo me luegt und

luegt

ſchwankt wit und breit ke Wienechtchindli-

Baum.

Chumm, weidle chumm, do blibe mer nit lang!

O Frau, wer het di Muetterherz ſo gchuͤelt?

Verbarmt’s di nit, und gohts der nit dur

d’ Seel,

wie dini Chindli, wie di Fleiſch und Blut

verwildern ohni Pfleg und ohni Zucht,

[94]
und hungerig by andre Chinde ſtoͤhn

mit ihre breite Rufe, ſchuͤch und fremd?

Und Wi’ und Caffi ſchmekt der doch ſo gut!

Doch lueg im vierte Hus, das Gott erbarm,

was hangt am gruͤene Wienechtchindli-Baum?

Viel ſtachlig Laub, und naͤume zwiſche drinn

ne ſchrumpfig Oepfeli, ne duͤrri Nuß!

Sie moͤcht, und het’s nit, nimt ihr Chind
uf d’ Schoß,

und waͤrmts am Buſe, luegets a und briegt;

der Engel ſtuͤuͤrt im Chindll Thraͤnen i.

Sel iſch nit gfehlt, ’s iſch mehr as Marzipan

und Zuckererbsli. Gott im Himmel ſichts,

und het us mengem arme Buͤebli doch

e brave Ma und Vogt und Richter gmacht,

und uſem Toͤchterli ne bravi Frau,

wenns numme nit an Zucht und Warnig fehlt.

[95]

Noch eine Frage.


Und weiſch denn ſelber an du liebi Seel,

worum de dine zarte Chinde d’ Freud

in ſo ne ſtachlig Baͤumli *) ine henkſch?

Wil’s gruͤeni Blaͤttli het im Winter, meinſch,

und Doͤrnli dra, aß ’s Buͤebli nit, wie ’s will

die ſchoͤne Sachen uſe hoͤckle cha.

’s waͤr nit gar uͤbel gfehlt, doch weiſchs nit

recht!

Denkwol, i ſag ders, und i freu mi druf;

Lueg, liebi Seel, vom Menſchelebe ſoll

der dornig Freudebaum en Abbild ſy.

Nooch by nenander wohne Leid und Freud,

und was der ’s Lebe ſuͤeß und liebli macht,

und was no ſchoͤner in der Zukunft ſchwebt,

[96]
de freuſch di druf, doch in de Doͤrne hangts!

Was denkſch derzu? Zum Erſte ſagi ſo:

Wenn Wermeth in di Freudebecher fließt

und wenn e ſcharfe Schmerz dur’s Lebe zuckt,

verſchrick nit drab, und ſtell di nit ſo fremd!

Di eigeni Mutter ſelig, troͤſt ſie Gott,

ſie het der ’s Zeichen in der Chindheit ge;

drum denk: „Es iſch e Wienechtchindli-

Baum,

nooch by nenander wohne Freud und Leid.“

Zum Zweyte ſagi das: Es waͤr nit gut,

wenns auderſt waͤr. Was us de Dorne

luegt,

ſieht gar viel gattiger und ſchoͤner us,

und ’s fuͤrnehmſt iſch, me het au laͤnger dra.

’s waͤr iuſt, as wemme Zuckerbrod und Nuß,

und was am Baͤumli ſchoͤn und glitz’rig

hangt,

uf eimol in e Suppeſchuͤßle thaͤt,

und ſtellti ’s umme: „Iß ſo lang de magſch,

„und naͤumis do iſch!“ Waͤrs nit Uh-

verſtand?

Zum
[97]
Zum Dritte ſagi: Wemmen in der Welt

will Freude haſche, Vorſicht ghoͤrt derzu;

ſuſt lengt me bald in d’ Aglen und in Doͤrn

und zieht e leeri Hand voll Schrunde z’ruck.

Denn d’Freud hangt in de Dorne. Denk

mer dra,

und thue ne wenig gmach! Doch wenn de’s

heſch,

ſe loß ders ſchmecke! Gunn ders Gott der Her!

7
[98]

Geſpenſt an der Kanderer
Straße
.


’s git Gſpenſter, ſel iſch us und iſch verbey!

Gang nummen in der Nacht vo Chander hei’,

und bring e Ruuſch! De trifſch e Plaͤtzli a,

und doͤrt verirrſch. J ſetz e Buͤeßli dra.

Vor Ziten iſch nit wit vo ſellem Platz

e Huͤsli gſi; e Frau, e Chind, e Chatz

hen g’othmet drinn; der Ma het vorem Zelt

ſi Lebe g’lo im Heltelinger Feld.

Und wo ſie hoͤrt: „Di Ma lit unterm Sand“

ſe het me gmeint, ſie ſtoß der Chopf an d’Wand;

doch holt ſie d’ Pappe no am Fuͤuͤr und blost,

und gits im Chind, und ſeit: „Du biſch mi

Troſt!“

[99]
Und’s waͤrs au gſi! Doch ſchlicht e mol mi

Chind

zur Thuͤren us, und d’ Mutter ſizt und ſpinnt,

und meint, ’s ſeig in der Chuchchi, ruͤeft

und goht,

und ſieht no iuſt, wie’s uffem Fußweg ſtoht.

Und druͤber lauft e Ma, voll Wi und Brenz,

vo Chander her ans Chind und uͤberrennt’s,

und bis ſie ’m helfe will, ſen iſchs ſcho hi,

und ruͤehrt ſi nit — e floͤſche Bueb iſchs gſi.

Jez ruͤſtet ſie ne Grab im tiefe Wald,

und deckt ihr Chind, und ſeit: „J folg der bald!“

Sie ſezt ſi nider, huͤtet’s Grab und wacht,

und endli ſtirbt ſie in der nuͤnte Nacht.

Und ſo verweſt der Lib in Luft und Wind;

Doch ſizt der Geiſt no doͤrt, und huͤetet’s Chind,

und huͤtigs Tags, de Trunkene zum Tort

goht d’ Chand’rer Stroß verbey an ſelbem Ort.

7 *
[100]
Und ſchwankt vo Chander her e trunkene Ma,

ſe ſiehts der Geiſt ſi’m Gang vo witem a,

und fuͤhrt en abwaͤrts; ſeig er, wer er ſey,

er loßt en um kei Pris am Grab verbey.

Er chunnt vom Weg, er truͤmmlet huͤſt und

hott;

z’lezt ſeit er: „Bini echterſt, woni ſott?“

Er luegt und lost, und mauet oͤbbe d’ Chatz,

ſe meint er, ’s chreih e Guhl an ſellem Platz.

Er goht druf dar, und uͤber Steg und Bruck

ſe maut ſie’m eben all’wil witer z’ruck;

und wenn er meint, er ſeig iez bald dehei,

ſe ſtoht er wieder vor der Weſerey.

Doch, wandle ſelli Stroß her nuͤchteri Luͤt,

ſe ſeit der Geiſt: „Ihr thuͤent mi’m Buͤebli

nuͤt!“

Er ruͤhrt ſi nit, er loßt ſie ordeli

paſſieren ihres Wegs. Verſtoͤhntder mi?

[101]

Der Kaͤfer.


Der Chaͤfer fliegt der Jilge zu,

es ſizt e ſchoͤnen Engel doͤrt;

er wirthet gwis mit Blumeſaft,

und ’s choſtet nit viel, hani ghoͤrt.

Der Engel ſeit: „Was waͤr der lieb?“

„Ne Schoͤpli Alte haͤtti gern!“

Der Engel ſeit: „Sel cha nit ſy,

ſie hen en alle trunke fern.“ —

„Se ſchenk e Schoͤpli Neuen i!“ —

„Do heſch eis!“ het der Engel gſeit.

Der Chaͤfer trinkt, und ’s ſchmekt em wohl;

er frogt: „Was iſch mi Schuldigkeit?“

[102]
Der Engel ſeit: „He, ’s choſtet nuͤt!

„Doch richtſch mer gern e Gfallen us,

„weiſch was, ſe nimm das Blumemehl,

„und tragmers gſchwind ins Nochbers Hus!“

„Er het zwor ſelber, was er brucht,

„Doch freuts en, und er ſchickt mer au,

„mengmol e Haͤmpfeli Blumemehl,

„mengmol e Troͤpfli Morgethau.“

Der Chaͤfer ſeit: „Jo frili, io!“

„Vergelts Gott, wenn de z’friede biſch!“

Druf treit er ’s Mehl ins Nochbers Hus,

wo wieder ſo en Engel iſch.

Er ſeit: „J chumm vom Nochber her,

„Gott gruͤeß di, und er ſchick der do

au Blumemehl!“ Der Engel ſeit:

„De haͤttſch nit choͤnne iuſter cho.“

[103]
Er ladet ab; der Engel ſchenkt

e Schoͤpli gute Neuen i.

Er ſeit: „Chumm trink eis, wenn de magſch!“

Der Chaͤfer ſeit: „Sel cha ſcho ſy!“

Druf fliegt er zu ſi’m Schaͤtzli heim,

’s wohnt in der noͤchſte Haſelhurſt.

Es balgt und ſeit: „Wo blibſch ſo lang?“

Er ſeit: „Was chani fuͤr mi Durſt?“

Jez ſtoht er uf, er nimmts in Arm,

er chuͤßts, und iſch bym Schaͤtzli froh.

Druf leit er ſi ins Todtebett,

und ſeit zum Schaͤtzli: „Chumm bal no!“

Gell Sepli, ’s dunkt di ordeli!

De heſch au ſo ne luſtig Bluet.

Je ſo ne Lebe, liebe Fruͤnd,

es iſch wohl fuͤr e Thierli gut!

[104]

Der Statthalter
von Schopfheim
.


Vetter Hans Jerg, ’s dunnert, es dun-

deret ehnen am Rhi-Strom,

und es git e Wetter! Mir iſch, wenns num-

me verbey waͤr.

’s chunnt ſo ſchwarz — nei lueget, wie’s blizt,

und loſet, wie’s windet,

wie’s im Chemi tost, und der Guhl uffem

Chilche-Thurn gahret!

Helfis Gott! — ’s chunnt alliwil noͤcher und

alliwil ſtaͤrcher;

ziehnt doch d’ Laͤden a, aß der Glaſt den

Auge nit weh thut,

und iez holet ’s Chruͤsli und ſitzet do um-

men, i willich

us den alte Zite vom Statthalter naͤumis

verzehle.

[105]
Friedli het me nem gſeit, und het’s e ſelt-

ſeme Bueb ge,

iſchs der Friederli gſi in ſiner Juged, das

weißi.

Aber ſchoͤner as er, iſch ken uf der Bor-

Chilche gſtande,

woner no Bure-Chnecht bym alte Statt-

halter gſi iſch.

Chruſi Loͤckli het er gha und Auge wie Chole,

Backe wie Milch und Blut und [rundi][chraͤf-
tigi]
Glieder;

’s Statthalters Vreneli het an ihm ſi eige-

ni Freud gha,

er am Vreneli au, doch iſch er numme der

Chnecht gſi.

Nei, wie machts, und nei, wie ſchuͤttets!

Bringetder ’s Chruͤsli

und e Raͤnftli Brod derzu? Jez ſitzet und loſet!

Vor fuͤnfhundert Johren, i ha’s vom Aetti

erfahre,

iſch e ſchwere Chrieg und ſin Panduren im

Land gſi:

[106]
drunter iſchs und druͤber gange, was me

cha ſage.

Rich iſch richer worden an Geld, an Mat-

ten und Hochmuth,

aber Arm iſch aͤrmer worde, choͤnnetder denke.

Menge brave Ma hets nuͤmme wiſſe z’pre-

ſtiere,

het ſi Sach verlohren und Hunger g’litten

und bettlet:

mengi hen ſi zſemme g’rottet zwiſche de Berge.

Z’lezt het no der Friede ne Pack Marodi

im Land g’lo,

gfoͤhrli Volch mit Schwerd und Buͤchſe, li-

ſtig und unheim,

’s ſin bitruͤbti Zite gſi, Gott well ein bi-

wahre!

Sel mol het e Bur uf der Ergerte nieden

an Farnau

Hus und Schuͤre gha und Stiere, ’s waͤrich

ke Tropfe

Waſſer uffene gſtanden, und uf de Matten

vo Farnau

[107]
bis go Huſe Tenſch an Tenſch und Schmeh-

len an Schmehle

het der Uhli g’meiht, und ’s Heu uf d’

Egerte heimg’fuͤhrt.

Aber e wuͤſte Ma iſch er gſi, wie’s ken

meh in ſiebe

Here-Laͤndere git, und iſch im Welſchland

ſo worde.

Haͤtt em der Statthalter z’Schopfe nit ’s

Vreneli endli zur Frau ge,

’s Vreneli gſcheidt wiene Pfarer, ſchoͤn wie

der Morge, ke Magd waͤr

bynem bliebe vo Steffis-Tag bis numme

drei Chuͤnig,

und kei Chnecht haͤtt’ zuenem dingt. Es

chunnt eim e Bettler,

und me git em ke Brod, ſe ſeit me doch

oͤbben im Friede:

„Helfich Gott!“ — Er nit! „J will der

’s Bettle verleide,“

het er gſeit, „und gang, wils Zit iſch!

Flieh mi der Teufel!“

[108]
und die arme Luͤt ſin gangen, und hen ebe

briegget.

Jedem chunnt ſi Zit! So oͤbbe drei Wuche

vor Wienecht

het der Uhli gmezget, und het er der Tag

dure gwurſtet,

het er z’obe ’s Chruͤgli g’luͤpft bym brotene

Ribbli.

„Vreni gang in Cheller, und Vreni leng

mer z’ trinke!“

het er mehr as zwenzig mol mit brochener

Stimm gſeit.

Gſinnet iſch er gſi uf ſiebe Mos und e

Schoͤpli,

Aber wo meinetder moͤg ſel Zit der Frie-

derli gſi ſy?

Oebben im Futergang, und oͤbbe by’s Statt-

halters Stiere?

Hender gmeint io wohl! Scho z’ Fasnecht

iſch er im Meiſter

us de Haͤnde gwuͤtſcht, ſuſt haͤtt en der

Statthalter ghuͤblet.

[109]
Het er naͤumis bosget, ſe willi ’s nit ver-

rothe;

was gohts mi denn a? Furt iſch er! Ueber

e Monet

het me ke Spur vonem gha, bis oͤbben

afangs Aprille

ſtoht er by den arme Manne zwiſche de

Berge.

Schoͤn an Wuchs und Gſicht, und fruͤndli

gege de Luͤte,

muthig wie ne Leu, doch voll verborgener

Bſinnig

hen ſie ’n alli gern, und ſage: „Seig du

der Hauptma!

„was de ſeiſch, das thuͤemer, und [ſchickis]

numme ſe goͤihmer,

„hundert fuͤfzig Ma und ſiebeneſiebezig

Buebe!“

Und der Friedli ſeit: „D’ Marodi wemmer

verfolge;

„wenn e riche Bur die Arme ploget und

ſchindet,

[110]
„wemmer em der Meiſter zeigen, aß es en

Art het,

„bis aß wieder Recht und Gſetz und Ord-

nig ins Land chunnt.“

Helfis Gott der Her! — Jez ruͤeft der

Hauptma ſim Voͤlchli:

„Manne, was fange mer a? J hoͤr der

Uhli heig gmezget.

„’s waͤr e Site Speck wol us der Buͤtene

z’ hole

„und e Dozzet Wuͤrſt; wie waͤrs? Doch ’s

Vreneli duurt mi.

„Goͤhnt e Stuͤcker drei, ’s iſch beſſer, ſin-

get ums Wuͤrſtli!

„Saget, i loͤß en gruͤeßen, er ſolls im Frie-

de verzehre,

„und mer vo der Sau doch au ne Muͤ-

ſterli ſchicke.

„Hemmer nit menge Hirz us ſine Gaͤrte

verſcheuchet?

„Hemmer uf ſine Matte ne Habermark-

Stoͤrzli vertrette?

[111]
„Hemmer em e Baͤumli gſchuͤttlet? Iſch

ſine Chnechte

„nummen au ſo viel gſcheh? Sie hen doch

g’huͤtet und g’waſſert

„z’nacht um Eis, und fruͤeih vor Tag; ſie

choͤnne nit chlage.

„Leget em’s ordli ans Herz, i wuͤnſchich

guti Verrichtig!“

Seits und ’s goͤhn drei Buben, und choͤm-

me mit Saͤcke zum Uhli.

„Guten Obe!“ — „Dunderſchieß! Was

hender, was wender?“ —

„He mer choͤmme do abe vom Sattel-Hof;

ſind nummen ordli!

„So het uͤſe Meiſter gſeit, ſo ſagemer

wieder.“

Schlimmer Wis iſch, wo ſie cho ſin, ’s

Vreneli naͤume

duſſe gſi, doch d’ Chnecht ſin uffem Ofe-

Bank glege,

und der Uhli im Ruuſch git grobi Reden

und Antwort.

[112]
„Saget euem Meiſter — (es iſch mit Eh-

re nit z’melde)

„Was gheit mi eue Meiſter, und he, wer

iſch eue Meiſter?

„’s lauft ſo Waar iez gnug im Land wo

bettlen und ſtehle,

„Schere-Schlifer, Hafe-Binder, alti Sal-

date,

„Saͤge-Feiler, Zeinemacher, anderi Strolche.

„Wemmen alle wott ge, me muͤeßt no mit-

tene laufe.

„Packetich, ’s iſch hochi Zit!“ — „He io,

der Gottswille!

„Numme ne Haͤmpfeli Mehl, und nummen

an ſo ne Wuͤrſtli!“ —

„Wart du Siebe-Chetzer, e Ribbe-Stuͤckli

iſch beſſer!

„Jobbi, gang an d’ Stud, und leng mer

der Fareſchwanz abe!

„Wenderich packe iez gli, i frog, ihr luftige

Strolche?“

Jo,
[113]
Jo, ſie hen ſi packt, doch hinterne ſchliche

vom Ofe

d’ Chnecht zur Thuͤren us, und ſuche ’s

Vreneli duſſe.

„Meiſterne, jez iſchs gfehlt, jez Meiſterne

helfet und rothet!

„Das und das iſch gſcheh, und weger ſie

hens nit verdienet.

„Hemmer ’s Waſſer g’chert, und hemmer

de Hirze ghuͤtet

„z’nacht um Eis, und fruͤeih vor Tag, mer

choͤnne nit chlage,

„kuntereri ſie hennis ghulfe, gellaber Jobbi!

„Aber choͤmmemer wieder, ſe werde ſie an-

derſter rede.“

’s Vreneli lost und lost, es macht bidenk-

lichi Mine;

’s Vreneli bindet d’ Chappen, und ſchuͤttlet

’s Maylaͤnder Halstuch;

’s Vreneli chnuͤpft am Fuͤrtuch-Bendel —

„Sepli, ſpaun ’s Roß a,

8
[114]
„und e Welle Strau, heſch ghoͤrt, und

mach, aß der Meiſter

„nuͤt eninne wird, und gang ein d’Farnaner

Stroß uf,

„lueg, oͤb alles ſicher iſch, und niene ke

Volch ſtoht!“

Sieder choͤmme d’ Bube mit leere Saͤcke

zum Friedli.

Tauſig Sapermoſt, wie ſin em d’ Flammen

ins Gſicht cho!

Woner frogt: „Was hender?“ und wo ſie’m

duͤtliche Bricht gen:

„Nuͤt, und wuͤſſetder was? Goͤhnt ihr en-

andermol ſelber!

„’s iſch im Uhli z’heiß, der ſollet cho, go

nem bloſe!“ —

„Blibts derby, i gang,“ ſeit iez der Friedli

und funklet,

„Lang ſolls en nuͤmme brenne, ’s iſch chuͤel

uffem Farnauer Chilchhof!

„Uhli du heſch ’s lezt im Raͤf, ſel chani

der ſage!“

[115]
Seits, und pfift in Wald, und gſchwinder,

as me ne Hand chert,

pfifts vo Wald zu Wald an allen Enden

und Orte,

und es lauft derher vo allen Orten und

Ende.

„Allo friſch, bergab! Der Uhli het huͤt

gmezget,

„’s goht in eim iez hi, mir metzge hinecht

der Uhli!

„’s Vreneli duuret mi wohl, ’s wird frili

uding verſchrecke.“

Jez chunnts ſchwarz bergab, wohl uͤber Stu-

den und Hecke,

nebe Reibbech aben ins Tanners Wald, und

vo doͤrtweg

rechts und links ins Farnauer Holz, was

giſchmer, was heſch mer!

D’ Waͤlder fahre mit Schlitte voll Spoͤh’

der Wieſe no abe,

ſchns und huure nieder am Steine-Bruͤckli

und bette:

8 *
[116]
„Alli gute Geiſter!“ und „Heiligi Mut-

ter Gottis!“

Aber wo der Hauptme by Farnau uſen au

Wald chunnt,

duͤſſlet er: „Bube z’ruck! Ihoͤr e Waͤgelifahre;

„’s choͤnnt d’ Faktorene ſy, ſie iſch die Nem-

tig go Baſel,

„und der muͤent ſie nit verſchrecke, doch

willi luege!

Seits, und wiener chunnt, wuͤtſchts uͤbers

Waͤgeli abe,

und goht uffen dar, und lueget em fruͤndli

in d’ Auge.

„Friedli, biſchs?“ — „Imein’s emol!“ —

„ſe bis mer Gottwilche

„unterem freie Himmel und unter de liebe

Sterne!

„Gell i darf di duze? Was wirſch doch

nummen au denkt ha

„ob mim trutzige Ma und ſine trutzige Rede.

„Lueg, i cha nit derfuͤr, i bi am Waſſer-

Stei gſtande;

[117]
„waͤri in der Stube gſi, ’s waͤr anderſter

gange.

„O, de glaubſch nit, wieni gſtroft bi, doch

i will ſchwige.

„Chumm, do bringi der naͤumis, e Saͤckli

voll duͤrri Chrieſi,

„ſchoͤni Gumpiſt-Oepfel, und au e bizzeli

Geiß-Chaͤs,

„do ne Saͤckli Haber-Mehl und do ne

par Wuͤrſtli,

„und e Logel voll Wi, gib achtig, aß es

nit gaͤutſchet,

„’s iſch kei Bunte druf, und au ne Roͤl-

leli Tuback.

„Gang e wenig abſits, bis do die Waͤlder

verbey ſin,

„und bis ordli, zeig wie, und lad mer nuͤt

uf di Gwiſſe!

Aber der Friedli ſchwoͤrt: „By Gott, der

Uhli muß ſterbe!

„’s iſch nit Gnad!“ Doch ’s Vreneli ſeit:

„Jez los no ne Woͤrtli!

[118]
„Gſchwore heſch, und ’s iſch wohr, mer

ſterben alli, wenns Zit iſch,

„und der Uhli au, doch los du lebe, was

Gott will,

„und denk an di ſelber und au e wenig ans

Chuͤnftig!

„So blibſch nit wie de biſch, und ſo ne

Lebe verleidet.

„Biſch nit im Land deheim, und heſch nit

Vater und Mutter?

„Oebbe moͤchtſch au heim, den erbſch en

ordeli Guͤtli

„in der Langenau, und gfallt der e ſufer

Meidli,

„iſchs bym Aetti nit Rei, de chaſch no

Stabhalter werde.

„Nimm, wie muͤeßt’s der ſy, an ſo ne

Miſſethat z’denke,

„und mi ’s Here Stab mit blutige Haͤnde

z’regiere!

„Halts im Uhli z’gut! Si Grobheit nimm

fuͤr en Ehr uf,

[119]
„’s iſch zwor keini gſi, doch denk au, aß

es mi Ma iſch!

„Schlachts nit z’ Schopfen Oelfi! ’s iſch Zit,

ſe ſag numme: Jo denn!“

Aber der Friederli ſtoht, er ſtoht in ſchwe-

re Gidanke,

und het d’ Auge voll Waſſer, und moͤcht gern

ſchwetzen, und cha nit.

Endli bricht em ’s Herz: „Nu io denn, wenn

d’ mer e Schmutz giſch!

„Bhuͤtdi Gott der Her, und io i will an-

derſt werde!

[Bube], iez packet uf, ’s git hinecht nuͤt

me z’ verdiene!

„Goͤhnt e Par uf d’ Moͤhr, und ſchießet

naͤumen e Hirzli;“

Seits, und goht in Wald, und lueget an

Himmel und briegget,

biß ſi d’ Sternen ins Morge-Licht tunken,

und drinn verloͤſche.

Endli goht er au, doch luege mengmol en-

ander

[120]
d’ Mannen a, und ſage: „Was fehlt doch

echterſt im Hauptma?“

Aber ’s Statthalters Tochter lit iez bym

Uhli und ſtoßt en:

„Schnarchle mer doch nit ſo! Me cha io

nit nebe der ſchlofe!“

Und der Uhli zukt und ſtrekt ſi: „Vreni

wie iſch mer?“ —

„He, wie wird’s der ſy?“ — „J ha ne

blutige Traum gha.

„Vreni ’s goht nit gut, i ha mi ſelber

gſeh metzge.

„Hen ſie mi nit gſtochen, und in der Buͤt-

tene bruͤeihet,

„mittem Meſſer gſchabt? de glaubſch nit,

wie’s mer ſo weh thut!

Aber ’s Vreneli ſeit: „He ’s macht nuͤt,

d’ Sau iſch der fuͤrcho,

„wie’s der oͤbbe goht, drum heſch di ſelber

ſeh metzge.“

Aber ’s Uhli’s Schlof iſch us, und ſchweri

Gidanke

[121]
chaͤmpſe bis an Tag mit ſine zerruͤttete Sinne,

biß er ’s Caffi trinkt, bis ’s Vreneli Sup-

pen iſchnidet,

biß en alte Ma verzagt zur Stube-Thuͤr

itritt:

„Chuͤmmi, Reckholder-Beri! Will niemes

uuͤt chrome do inne?“ —

„Nei der loͤſet nuͤt!“ — „Drum iſchs mer

au nuͤt ums Loͤſe!

„Meiſter Uhli i ha mit euch e wengeli z’rede,

„iſch das eui Frau, ſe cha ſie’s mintwege

hoͤre.

„Nechte fahri ſelb fenft, mit Waar der

Wieſe no abe,

„ich, mi Roͤßli, mi Bueb, und ’s Richertli’s

Roͤßli und Matthis.

„Womer an Farnau choͤmme, ſe ſtohts voll

Manne und Bube

„links im Wald, und an der Stroß e luf-

tige Kerli.

„’s ſtoht e Wibsbild by’nem, ’s mag au e

ſufere gſi ſy,

[122]
„wenni ’s unter Hundert ſieh, ſe willi ’s

erchenne;

„het der Mond nit gſchiene, und hani d’

Auge nit bymer?

„So viel hani ghoͤrt: ’s iſch gflucht, der

Uhli muß ſterbe!

„Woni neben abe bi, ſe ſeit ers zum Wibs-

Bild.

„Witers weiß i nuͤt, und witers chani nuͤt

ſage;

„ſtoh bliben iſch nit gut, me lost und goht

ſiner Wege.

„Bhuͤtich Gott, i gang, und thuͤnt iez ſel-

ber, was gut iſch.“ —

’s Vreneli’s Schrecke bildi mer i, doch bhal-

tets ſi Bſinnig:

„Heſch en denu nit gmerkt, es iſch em num-

men um Brenz gſi?“

Aber ’s Uhlis G’hoͤr iſch weg, er lit in der

Ohmacht,

d’Auge ſtoͤhn verchehrt, me ſieht faſt nuͤt

meh vom Schwarze,

[123]
und e Spanne lang hangt d’ Zungen uſen

und choͤlſchblau

iſch er bis an Hals. Me holt der Meiſter

vo Hage,

holt vo Zell der Dokter-Friedli, ’s will nit

viel helfe.

Friederli du heſch d’ Wohret gſeit, der

Uhli muß ſterbe.

Vormittag iſchs ſo, und Nomittag iſchs an-

derſt.

Schwetze lehrt er nuͤmmen, und ſiechet ebe

ſo ane,

bis am dritte Tag; uf ei mol ſchnappt er,

und endet;

und am Ziſtig druf, ſe ſingts haupthoͤchlige:

„Mitten

wir im Leben ſind“ — d’ Stroß uf zum

Farnauer Chilch-Hof.

Furt treit hen ſie’n, ſel iſch gwiß, doch heißt

es, en Andere

heig en gholt, und ’s gang zu Ziten e blu-

tigen Eber.

[124]
Goͤhntder z’nacht vom Bergwerch heim, und

hentder uf d’ Site

gladen, und es chunnt en Eber mit blutige

Wunde,

goͤhnt em ſtill usweg, und denket: Du biſch

der Uhli!

Aber wer wird iez mit Zuſpruch ’s Vre-

neli troͤſte?

Groß iſch ’s Leid nit gſi, und ſiebe Wuche

no Pfingſte

ruͤeft me ’s wieder us. Mit wem? Der wer-

det nit froge.

Gruͤſeli het der Statthalter gmacht, und

gmeint, es muͤeß nit ſy.

„So ne vertlaufeue Burſt mit miner liib-

liche Tochter,

„mit mi’m Fleiſch und Blut? J fuͤhr ſie

ſelber ins Zuchthus.“

Aber was iſchs gſi? — Es iſch die einzigi

Tochter,

und iſch Frau fuͤr ihns, und will er wohl

oder uͤbel,

[125]
muß ers ebe lo gſcheh, — doch hets em

nuͤmmen ins Hus doͤrft,

hets au nuͤmme bitrette, bis no Micheli ſi

Vater

z’ Baſel uffem Chorn-Mert goht, und un-

ter e Rad chunnt.

Schopfe het er nuͤmme gſeh, ſie hen en z’

Elsbethe

ohni Gſang in d’ Erde gleit, wie’s z’ Baſel

der Bruuch iſch.

Aber iez zieht uͤſer Par im Friede go Schopfe,

und nimmt Bſitz vo Hus und Gut; der

Fridli wird Burger,

fuͤhrt ſi ordeli uf, er cha gut leſen und ſchribe, —

Helfis Gott! — und ſtigt nootno zu Wuͤr-

den und Ehre.

Wer wuͤrd Chilche-Lueger? Wer ſtreckt e

ſammeten Ermel

uſem Rothhus-Fenſter, wenn Langenauer

verbey goͤhn?

Iſchs nit mi Her Frider mit ſiner lockige

Stirne? —

[126]
Nei wie machts, und nei, wie ſchuͤttets, lo-

ſet doch numme,

’s fangt wieder vornen a — Z’lezt ſage d’

Burger: „Der Huͤgli

„cha io nit Gſchriebes leſe, wie chaner denn

Statthalter blibe?

„Er Her Frieder ſchickti ſi, und Er muß

es werde;

„Er iſch e brave Ma, in alle Stuͤcke bi-

wandert,

„und ſi Frau, vo Statthalters Blut, mit

Tuged bihaftet,

„iſch die guti Stund, und gſcheit, no gſchei-

ter, aß Er ſchier!

„Sageris nit Nei, ’s nuzt nuͤt, mer nehme

kei Bricht a!“ —

„Nu, ſe ſagi Jo, i willich ordli regiere.“

Dreimol chloͤpft der Hurlibaus — nei loſet

wies ſchuͤttet,

lueget wies dur d’ Chlimſe blizt! — Im Pflug

und im Engel

[127]
hen ſie tanzt bis tief in d’ Nacht, und geſ-

ſen und trunke.

Wohr iſchs, e braͤvere Ma haͤtt d’ Stadt

nit choͤnnen erchiſe,

und im Vreneli gunni ’s au. In d’ Scho-

pfemer Chilche

het er en Orgle gſchaft, vor ſine Ziten iſch

nuͤt gſi,

(z’ Huſe ſtoht ſie no) d’ Marodi het er ver-

triebe,

und uf d’ Burger Obſicht gha, und g’rothen

und gwarnet.

Aber ſi Frau und er, ſie hen in Frieden

und Liebi

mit enander glebt, und Guts an Armen er-

wieſe,

io, und ’s iſch em e Mutter zu ſiebe Chin-

dere worde,

Helfis Gott! — und ’s ſtammt von ihnen im

Schopfemer Chilchſpiel

Mengi Famili ab, und bluͤeiht in Rich-

thum und Ehre.

[128]
Helfis Gott, und bhuͤtis Gott, ins Here

Gotts-Name

das het gchloͤpft, und das het gmacht — ’s

iſch weger e Schlag gſi —

Mengi Famili, ſagi — die wenigſte wuͤſſe’s

meh ſelber.

Wer ſie ſin, und wie ſie heiſſe, das willi

iez ſage.

Zwor iſch ’s Chruͤgli leer — Nei loſet was

git’s uf der Gaß duß?

Vetter Hans Jerg, ’s ſtuͤrmt! Fuͤrio! ’s

lauft alles der Drau zu.

Der
[129]

Der Schreinergeſell.


Mi Hamberch haͤtti g’lert, ſo ſo, la la;

doch ſtoht mer ’s Trinke gar viel beſſer a,

as ’s Schaffe, ſel bikenni frey und frank;

der Rucke bricht mer ſchier am Hobelbank.

Drum het mer d’ Mutter mengmol profezeit:

„Du chunnſch ke Meiſter uͤber wit und breit!“

J ha’s z’lezt ſelber glaubt, und denkt: Iſch’s ſo,

wie wirds mer echterſt in der Fremdi go?

Wie iſchs mer gange? Numme z’gut! J ha

in wenig Wuche ſiebe Meiſter gha.

O Muͤetterli, wie falſch heſch profezeit?

J choͤmm kei Meiſter uͤber, heſch mer gſeit.

9
[130]

Hans und Verene.


(mit einer Melodie.)


Es gfallt mer nummen eini,

und ſelli gfallt mer gwis!

O wenni doch das Meidli haͤtt,

es iſch ſo flink und dundersnett,

ſo dundersnett,

i waͤr im Paradies!

’s iſch wohr, das Meidli gfallt mer,

und ’s Meidli haͤtti gern!

’s het alliwil e frohe Mueth,

e Gſichtli hets, wie Milch und Bluet,

wie Milch und Bluet,

und Auge wie ne Stern.

[]
[figure]
[][131]
Und wenni ’s ſieh vo witem,

ſe ſchießt mer ’s Bluet ins Gſicht;

es wird mer uͤbers Herz ſo chnapp,

und ’s Waſſer lauft mer d’ Backen ab,

wohl d’ Backen ab;

i weiß nit, wie mer gſchicht.

Am Ziſtig fruͤeih bym Brunne,

ſe redt ’s mi frey no a:

„Chumm, luͤpf mer Hans! Was fehlt der echt?

„Es iſch der naͤume gar nit recht,

nei gar nit recht!“

J denk mi Lebtig dra.

J ha ’s em ſolle ſage,

und haͤtti ’s numme gſeit!

Und wenni numme richer waͤr,

und waͤr mer nit mi Herz ſo ſchwer,

mi Herz ſo ſchwer,

’s gaͤb wieder Glegeheit.

9 *
[132]
Und uf und furt, iez gangi,

’s wuͤrd iaͤten im Salat,

und ſag em’s, wenni naͤume cha,

und luegt es mi nit fruͤndli a,

nit fruͤndli a,

ſe bini morn Saldat.

En arme Kerli bini,

arm bini ſel iſch wohr!

Doch hani no nuͤt Unrechts tho,

und ſufer gwachſe waͤri io,

das waͤri io,

mit ſellem haͤtts kei Gfohr.

Was wiſplet in de Huͤrſte,

was ruͤehrt ſi echterſt doͤrt?

Es viſperlet, es ruuſcht im Laub.

O bhuͤetis Gott der Her, i glaub,

i glaub, i glaub,

es het mi naͤumer ghoͤrt.

[133]
„Do bini io, do heſch mi,

„und wenn de mi denn witt!

„J ha ’s ſcho ſieder’m Spoͤhtlig gmerkt;

„am Ziſtig heſch mi voͤllig bſtaͤrkt,

io, voͤllig bſtaͤrkt.

„Und worum ſeiſch ’s denn nit?

„Und biſch nit rich an Guͤlte,

„und biſch nit rich an Gold,

„en ehrli Gmuͤeth iſch uͤber Geld,

„und ſchaffe chaſch in Hus und Feld,

in Hus und Feld,

„und lueg, i bi der hold!“

O Vreneli, was ſeiſch mer,

o Vreneli iſchs ſo?

De heſch mi uſem Fegfuͤuͤr gholt,

und laͤnger haͤtti ’s nuͤmme tolt,

nei, nuͤmme tolt.

Jo, freili willi, io!

[134]

Der Winter.


Iſch echt do obe Bauwele feil?

Sie ſchuͤtten eim e redli Theil

in d’ Gaͤrten aben und ufs Hus;

es ſchneit doch au, es e iſch Gruus;

und ’s hangt no menge Wage voll

am Himmel obe, merki wol.

Und wo ne Ma vo witem lauft,

ſo het er vo der Bauwele gchauft;

er treit ſie uf der Achsle no,

und uffem Hut, und lauft dervo.

Was laufſch denn ſo, du naͤrſche Ma?

De wirſch ſie doch nit gſtole ha?

[135]
Und Gaͤrten ab, und Gaͤrten uf,

hen alli Scheie Chaͤpli uf;

ſie ſtoͤhn wie großi Here do;

Sie meine ’s heigs ſuſt niemes ſo.

Der Nußbaum het doch au ſi Sach,

und ’s Here Hus und ’s Chilche-Dach.

Und wo me luegt, iſch Schnee uud Schnee,

me ſieht kei Stroß und Fuß-Weg meh.

Meng Some-Choͤrnli, chlei und zart,

lit unterm Bode wohl verwahrt,

und ſchnei ’s, ſo lang es ſchneie mag,

es wartet uf ſi Oſtertag.

Meng Summer-Voͤgeli ſchoͤner Art

lit unterm Bode wohl verwahrt;

es het kei Chummer und kei Chlag,

und wartet uf ſi Oſtertag;

und gangs au lang, er chunnt emol,

und ſieder ſchlofts, und ’s iſch em wohl.

[136]
Und wenn im Fruͤhlig ’s Schwaͤlmli ſingt,

und d’ Sunne-Waͤrmi abe dringt,

Potz tauſig! wachts in iedem Grab,

und ſtreift ſi Todte-Hemdli ab.

Wo nummen au e Loͤchli iſch,

ſchlieft ’s Leben uſe iung und friſch. —

Do fliegt e hungerig Spaͤtzli her!

e Broͤsli Brod waͤr ſi Bigehr.

Es luegt ein ſo verbaͤrmtli a;

’s het ſieder nechte nuͤt meh gha.

Gell Buͤrſtli, ſel iſch anderi Zit,

wenn ’s Chorn in alle Fure lit?

Do heſch! Loß andern au dervo!

Biſch hungerig, chaſch wieder cho! —

’s muß wohr ſy, wie’s e Spruͤchli git:

„Sie ſeihe nit, und ernde nit;

„ſie hen kei Pflug, und hen kei Joch,

„und Gott im Himmel naͤhrt ſie doch.“

[137]

Das Haber-Muß.


’s Haber-Mueß waͤr ferig, iez choͤmmet

ihr Chinder und eſſet!

Betet: Aller Augen — und gent mer

ordeli Achtig,

aßich nit am rueßige Tuͤpfi ’s Ermeli ſchwarz

wird.

Eſſet denn, und ſegnichs Gott, und wach-

ſet und truͤeihet!

G’ſeiht het der Aetti der Haber, und abe

g’eget im Fruͤeih-Johr,

und der himmliſch Vater het gſeit: „Jez

chaſch wieder heim goh,

„aß es wachst und zitig wird, fuͤr ſel willi

ſorge!“

Denket numme Chinder, es ſchloft in ied-

wedem Choͤrnli

[138]
chlei und zart e Chiimli, ’s thut nummen

au kei Schnuͤuͤfli,

nei, es ſchloft, und ſeit kei Wort, und ißt

nit, und trinkt nit,

biß es in de Fuhre lit, im luckere Bode.

Aber in de Fuhren und in der fuͤechtige Waͤrmi

wacht es heimli uf us ſim verſchwiegene

Schloͤfli,

ſtreckt die zarte Gliedli, und ſuget am ſaf-

tige Choͤrnli,

wie ne Mutter-Chind, ’s iſch alles, aß es

nit briegget.

Siederie wirds groͤßer, und heimli ſchoͤner

und ſtaͤrcher,

und ſchlieft us de Windle, bohrt mittem

Wuͤrzeli abe,

tiefer aben in Grund, und ſucht ſi Nahrig

und findt ſie.

Jo und ’s ſtichts der Wundervitz, es moͤcht

doch gern wiſſe,

wie’s au witer oben iſch. Gar heimlig und

furchtſem

[139]
guͤggelet’s zum Boden us — Potz tauſig,

wie gfallts em!

Ueſe lieber Herget, er ſchikt en Engeli abe:

„Bringem e Troͤpfli Thau, und ſag em

fruͤndli Gottwilche!“

Und es trinkt, und ’s ſchmektem wohl, und

’s ſtrekt ſi gar ſoͤlli.

Sieder ſtrehlt ſi d’ Sunnen, und wenn ſie

gwaͤſchen und gſtrehlt iſch,

chunnt ſie mit der Strikete fuͤre hinter de

Berge,

wandlet ihre Weg hoch an der himmliſche

Land-Stroß,

ſtrikt und lueget aben, aß wie ne fruͤndligi

Muetter

no de Chindlene luegt; ſie laͤchlet gegenem

Chiimli,

und es thut em wohl, bis tief ins Wuͤrzeli abe.

„So ne tolli Frau, und doch ſo guͤetig

und fruͤndli!“

Aber was ſie ſtrickt? He, Gwuͤlch us himm-

liſche Duͤfte!

[140]
’s troͤpflet ſcho, ne Spruͤtzerli chunnt, druf

regnets gar ſoͤlli;

’s Chiimli trinkt bis gnug; druf weiht e

Luͤftli und trochnet’s,

und es ſeit: „Jez gangi nuͤmmeu untere

Bode,

um ke Pris! Do blibi, geb, was no us

mer will werde!“

Eſſet Chindli, gſegn’ es Gott, und wach-

ſet und truͤeihet!

’s wartet herbi Zit ufs Chiimli; Wulken

an Wulke

ſtoͤhn am Himmel Tag und Nacht, und d’

Sunne verbirgt ſi;

uf de Berge ſchneit’s, und witer nide hur-

niglet’s;

Schocheli ſchoch, wie ſchnatteret iez, und

briegget mi Chiimli!

und der Boden iſch zu, und ’s het gar chuͤn-

digi Nahrig.

„Iſch denn d’Sunne gſtorbe, ſeit es, aß

ſie nit cho will,

[141]
„oder foͤrcht ſie au, es frier’ ſie? Waͤri

doch bliebe,

„woni gſi bi, ſtill und chlei im mehlige

Choͤrnli,

„und deheim im Boden und in der fuͤech-

tige Waͤrmi.“

Lueget Chinder, ſo gohts! Der werdet au

no ſage,

wenn der uſe choͤmmet, und unter fremde

Luͤte

ſchaffe muͤent und reble, und Brod und

Plunder verdiene:

„Waͤri doch deheim by’m Muͤetterli, hin-

terem Ofe!“

Troͤſtich Gott! ’s nimmt au en End, und

chunnt wieder beſſer,

wie’s im Chimli gangen iſch. Am heitere

May-Tag

weihts ſo lau, und d’ Sunne ſtigt ſo chraͤf-

tig vom Berg uf,

und ſie luegt, was ’s Chiimli macht, und

git em e Schmuͤtzli,

[142]
Jez iſch em wieder wohl, [und]’s weiß nit

z’blibe vor Freude.

Nootno prange d’ Matte mit Gras und

farbige Blume;

nootno duftet ’s Chrieſi-Bluſt, und gruͤn

wird der Pflum-Baum;

nootno wird der Rogge buſchig, Weizen

und Gerſte,

und mi Haͤberli ſeit: „Do blibi au nit de-

hinte!“

Nei er ſpreitet d’ Blaͤttli us — wer het ſie

echt gwobe?

und iez ſchießt der Halm — wer tribt in

Roͤhren an Roͤhre

’s Waſſer us de Wurzle bis in die ſaftige

Spitze?

Endli ſchlieft en Aehri us und ſchwankt in

de Luͤfte —

Sagmer au e Menſch, wer het an ſideni

Faͤde

do ne Chnoͤſpli ghenkt, und doͤrt mit chuͤnſi-

lige Haͤnde?

[143]
d’ Engeli, wer ſuſt? Sie wandle zwiſche de

Fuhren

uf und ab, vo Halm zu Halm, und ſchaffe

gar ſoͤlli.

Jez hangt Blueſt an Blueſt am zarte ſchwan-

kigen Aehri,

und mi Haber ſtoht, as wie ne Bruͤuͤtli im

Chilch-Stuhl.

Jez ſin zarti Choͤrnli drinn, und wachſen

im Stille,

und mi Haber merkt afange, was es will

werde.

D’ Chaͤferli und d’ Fliege ſie choͤmme z’Stu-

bete zu’nem,

luege, was er macht, und ſingen: Eye

Popeye!

Jo, und ’s Schi’-Wuͤrmli chunnt, Potz tau-

ſig mittem Laternli,

z’nacht um nuͤni z’Liecht, wenn d’ Fliegen

und d’ Chaͤferli ſchlofe.

Eſſet Chinder, ſeg’n es Gott, und wach-

ſet und truͤeihet!

[144]
Sieder het me gheuet, und Chrieſi gunne

no Pfingſte;

fieder het me Pfluͤmli gunne hinterem Garte;

ſieder hen ſie Rocke gſchnitte, Weizen und

Gerſte,

und die arme Chinder hen barfis zwiſche de

Stupfle

gfalleni Aehri gleſen, und ’s Muͤuͤsli hetene

ghulfe.

Druf het au der Haber bleicht. Voll meh-

ligi Choͤrner

het er gſchwankt und gſeit: „Jez iſchs mer

afange verleidet,

„und i merk, mi Zit iſch us, was thueni

ellei do

„zwiſche de Stupfel-Ruͤben, und zwiſche de

Grumbire-Stude?“

Druf iſchs Vreni uſen und ’s Eferſinli und

’s Plunni,

’s het ſie ſcho an d’ Finger gfrore z’mor-

gen und z’ obe;

endli iſch er cho, und in der ſtaubige Schuͤre

hei
[145]
hei ſie’n droͤſcht vo fruͤeih um zwey bis z’o-

ben um Vieri.

Druf iſch’s Muͤllers Eſel cho, und hetten

in d’ Muͤhli

gholt, und wieder brocht, in chleini Choͤrn-

li vermahle,

und mit feiſter Milch vom iunge fleckige

Chuͤeihli

hetten ’s Muͤetterli g’chocht im Tuͤpfi — Gel-

tet, ’s iſch gut gſi?

Wuͤſchet d’ Loͤffel ab, und bett eis: Dan-

ket dem Heren

und iez goͤhnt in d’ Schul, doͤrt hangt der

Oſer am Simſe!

Fall mer keis, gent achtig, und lehret, was

menich ufgit!

Wenn der wieder choͤmmet, ſe choͤmmetder

Zibbertli uͤber.

10
[146]

Waͤchterruf.


(mit einer Melodie.)


Loſet, was i euch will ſage!

D’ Glocke het Zehni gſchlage.

Jez betet, und iez goͤhnt ins Bett,

und wer e ruͤeihig Gwiſſe het,

ſchloft ſanft und wohl! Im Himmel wacht

e heiter Aug die ganzi Nacht.

Loſet, was i euch will ſage!

D’ Glocke het Oelfi gſchlage.

Und wer no an der Arbet ſchwitzt,

und wer no by de Charte ſizt,

dem bieti iez zum leztemol.

’s iſch hochi Zit! Und ſchlofet wohl!

[]
[figure]
[][147]
Loſet, was i euch will ſage!

D’ Glocke het Zwoͤlfi gſchlage.

Und wo no in der Mitternacht

e Gmuͤeth in Schmerz und Chummer wacht,

ſe geb der Gott e ruͤeihige Stund,

und mach di wieder froh und gſund!

Loſet, was i euch will ſage!

D’ Glocke het Eis gſchlage.

Und wo mit Satans G’heiß und Roth

e Dieb uf dunkle Pfade goht,

— i wills nit hoffe, aber gſchiehts —

Gang heim! Der himmliſch Richter ſieht’s.

Loſet, was i euch will ſage!

D’ Glocke het Zwey gſchlage.

Und wem ſcho wieder, eb’s no tagt,

die ſchweri Sorg am Herze nagt,

du arme Tropf, di Schlof iſch hi’!

Gott ſorgt! Es waͤr nit noͤthig gſi.

10 *
[148]
Loſet, was i euch will ſage,

D’ Glocke het Druͤ gſchlage.

Die Morgeſtund am Himmel ſchwebt,

und wer im Friede der Tag erlebt,

dank Gott, und faß e frohe Mueth,

und gang ans Gſchaͤft, und — halt di guet!

[149]

Der Bettler.


En alte Ma, en arme Ma,

er ſprichtich um e Wohlthat a!

e Stuͤckli Brod ab euem Tiſch,

wenns eue guete Willen iſch!

He io, dur Gotts Wille!

In Sturm und Wetter arm und blos

gibore bini uf der Stroß,

und uf der Stroß in Sturm und Wind

erzogen, arm, e Bettelchind.

Druf woni chraͤftig worde bi,

und d’ Eltere ſin gſtorbe gſi,

ſe hani denkt: Saldate-Tod

iſch beſſer, weder Bettelbrod.

J ha in ſchwarzer Wetternacht

vor Laudons Zelt und Fahne gwacht

i bi bym Paſchal Paoli

in Corſika Draguner gſi,

[150]
und gfochte hani, wie ne Ma,

und Bluet an Gurt und Sebel g’ha.

J bi vor menger Batterie,

i bi in zwenzig Schlachte gſi,

und ha mit Treu und Tapferkeit

dur Schwerdt und Chugle ’s Lebe treit.

Z’lezt hen ſie mi mit lahmem Arm

ins Elend gſchickt. Das Gott erbarm!

He io, dur Gotts Wille!

Vergeltsder Gott, und dankder Gott

du zarten Engel wiiß und roth,

und geb der Gott e brave Ma!

Was luegſch mi ſo biwegli a?

Heſch oͤbben au e Schatz im Zelt,

mit Schwerdt und Roß im wite Feld?

Biwahr di Gott vor Weh und Leid,

und geb dim Schatz e ſicher Gleit,

und bring der bald e gſunde Ma!

’s goht ziemli ſcharf vor Mantua,

[151]
’s cha ſy, i choͤnnt der Meldig ge.

Was luegſch mi a, und wirſch wie Schnee,

und ſeiſch nit: „Henk di Bettelgwand

di falſche graue Bart an d’ Wand?“

Jez bſchau mi recht, und chennſch mi no?

Geb Gott, i ſeig Gottwilche do!

Her Jeſis, der Friedli, mi Friedli iſch do!

Gottwilche, Gottwilche, wohl chenni di no!

Wohl het mi bigleitet di liebligi Gſtalt,

uf duftige Matten im ſchattige Wald.

Wohl het di bigleitet mi b’chuͤmmeret Herz

dur Schwerdter und Chugle mit Hofnig

und Schmerz,

und briegget und bettet. Gott het mer will-

fahrt,

und het mer mi Friedli und het mer en gſpart.

Wie chlopfts mer im Bueſe, wie bini ſo froh!

O Muetter, chumm weidli, mi Fridli iſch do!

[152]

Der Storch.


Nach dem Frieden.


Willkumm Her Storch! biſch au ſcho do,

und ſchmeckſch im Weiher d’ Froͤſche ſcho?

Und meinſch der Winter heig ſi Sach,

und ’s beſſer Wetter choͤmm alsgmach?

He io, der Schnee gieng uͤberal;

me meint, es werd ſcho gruͤn im Thal.

Der Himmel iſch ſo rein und blau,

und ’s weiht ein a ſo mild und lau. —

Nei loſet, wiener welſche cha!

Verſtoht men au ne Woͤrtli dra?

Drum chunnt er uͤber Strom und Meer

us wite fremde Laͤndere her.

[153]
Was bringſch denn Neu’s us Afrika?

Sie hen gwis au ſo Umſtaͤnd gha,

und d’ Buͤchſe gſpannt, und d’ Saͤbel g’wezt,

und Freiheits-Baͤum vor d’ Chilche gſezt?

De heſch ſo rothi Struͤmpfli a.

Iſch oͤbbe Blut vom Schlachtfeld dra?

Wo heſch die ſchwarze Fegge gno?

Biſch oͤbbe z’nooch an d’ Flamme cho?

Um das haͤttſch uͤber Land und Meer

nit reiſe doͤrfe hi und her

vom Rhi’-Strom bis in Afrika;

de haͤttſchs io in der Noͤoͤchi g’ha.

Mer wuͤſſe leider au dervo,

und mengi Wunde blutet no,

und ’s drukt no menge Chummer ſchwer,

und menge ſchoͤne Trog iſch leer.

[154]
Und witer an den Alpe hi

iſchs, Gott erbarms, no aͤrger gſi,

und Weh und Ach het uſem Wald

und us de Berge widerhallt.

Ans Wilhelm Telle Freiheits-Hut

hangt menge Tropfe Schwitzerblut.

Wie hets nit ummen blizt und g’chracht,

und dunderet in der Wetter-Nacht!

Doch oͤbben in der Wetter-Nacht

het Gottis Engel au no gwacht —

Was pepperſch? Mer verſtoͤhn di nit!

Schwetz duͤtli, wenn de rede witt!

Gang, hol ein ’s Becke Chaſperli!

Er iſch e Rung im Welſchland gſi;

er het emol go Vivis gſchmekt,

und wie der Storch ſi Schnabel g’ſtrekt.

[155]
Und welſche chaner, ’s iſch e Gruus;

es blibt ke Wentelen im Hus,

und ’s Glas ſtoht an de Fenſtern ab;

wer weiß, verſtoht er Chlip und Chlap!

Zwor wuͤrd’ er anderi Gſchaͤfte ha;

er martſchet naͤume, wenn er cha

„Jez Chruͤtz im Baum, und Sakertie!

„ne Mos verſpielt! Potz Mundie!“ —

’s iſch gnug, Her Storch! Mer wuͤſſe’s ſcho,

und was de ſeiſch, mer glaube’s io!

Es freut di au, aß ’s Dorf no ſtoht,

und alles gſund iſch — dank der Gott!

’s iſch au nit alles grad und recht,

und ’s Nochbers Chind iſch ſoͤlli ſchlecht;

mi Gſchwey het hinecht bynem gwacht,

’s het Gichter gha die ganzi Nacht.

[156]
Suſt moͤchts, Gottlob, ſo ziemli go,

und ’s Feld-Picket iſch nuͤmme do;

wo Lager gſi ſin Zelt an Zelt,

goht iez der Pflug im Ackerfeld.

Und der, wo d’ Storche heißet cho,

und d’ Rabe naͤhrt, iſch au no do;

er ſchafft den Arme Brod ins Hus,

und heilt die alte Preſten us.

Und wo me luegt, und luege cha,

ſe laͤchlet ein der Frieden a,

wie Morgeliecht, wenn d’ Nacht vergoht,

und d’ Sunne hinter de Tanne ſtoht.

Gang lueg e wenig d’ Gegnig a!

J glaub, de wirſch e Gfalle ha.

Mi Matten iſch der wol bikannt,

am Brunnen abe linker Hand.

[157]
Und trifſch am Bach e Froͤſchli a,

ſen iſchs der gunnt. Verſtick nit dra!

Und, was i bitt, loß d’Imme goh!

Mi Große ſeit, ſie fliege ſcho.

[158]

Sonntagsfruͤhe.


Der Samſtig het zum Sunntig gſeit;

„Jez hani alli ſchlofe gleit;

„ſie ſin vom Schaffe her und hi

„gar ſoͤlli muͤed und ſchloͤſrig gſi,

„und ’s gohtmer ſchier gar ſelber ſo,

„i cha faſt uf ke Bei me ſtoh.“

So ſeit er, und wo’s Zwoͤlfi ſchlacht,

ſe ſinkt er aben in d’ Mitternacht.

Der Sunntig ſeit: „Jez iſchs an mir!“

Gar ſtill und heimli bſchließt er d’ Thuͤr;

er duͤſelet hinter de Sterne no,

und cha ſchier gar nit obſi cho.

[159]
Doch endli ribt er d’ Augen us,

er chunnt der Sunn an Thuͤr und Hus;

ſie ſchloft im ſtille Chaͤmmerli;

er poͤpperlet am Laͤdemli;

er ruͤeft der Sunne: „d’ Zit iſch do!“

Sie ſeit: „J chumm enanderno!“ —

Und lisli uf de Zeche goht,

und fruͤndli uf de Berge ſtoht

der Sunntig, und ’s ſchloft alles no;

es ſieht und hoͤrt en niemes goh;

er chunnt ins Dorf mit ſtillem Tritt,

und winkt im Guhl: „Verroth mi nit!“

Und wemmen endli au verwacht,

und gſchlofe het die ganzi Nacht,

ſe ſtoht er do im Sunne-Schi’,

und luegt eim zu de Fenſtern i

mit ſinen Auge mild und gut,

und mittem Meyen uffem Hut.

[160]
Drum meint ers treu, und was i ſag,

es freut en wemme ſchlofe mag,

und meint es ſeig no dunkel Nacht,

wenn d’ Sunn am heitere Himmel lacht;

drum iſch er au ſo lisli cho,

drum ſtoht er au ſo liebli do.

Wie glitzeret uf Gras und Laub

vom Morgethau der Silberſtaub!

Wie weiht e friſche Mayeluft,

voll Chrieſi-Bluſt und Schleche-Duft!

Und d’ Immli ſammle flink und friſch,

ſie wuͤſſe nit, aß ’s Sunntig iſch.

Wie pranget nit im Garte-Land

der Chrieſi-Baum im Maye-Gwand,

Gel Veieli und Tulipa,

und Sterneblume nebe dra,

und gfuͤllti Zinkli blau und wiiß,

me meint, me lueg ins Paredies!

Und
[161]
Und ’s iſch ſo ſtill und heimli do,

men iſch ſo ruͤeihig und ſo froh!

me hoͤrt im Dorf kei Huͤſt und Hott;

e Gute Tag! und Dank der Gott!

und ’s git gottlob e ſchoͤne Tag!

iſch alles, was me hoͤre mag.

Und ’s Voͤgeli ſeit: „Frili io!

„Potz tauſig, io, er iſch ſcho do:

„Er dringtmer ſcho im Himmels-Glaſt

„Dur Blueſt und Laub in Hurſt und Naſt!“

Und ’s Diſtelzwigli vorne dra

het ’s Sunntig-Roͤckli au ſcho a.

Sie luͤte weger ’s Zeiche ſcho,

der Pfarer, ſchints, well zitli cho.

Gang, brechmer eis Aurikli ab,

verwuͤſchet mer der Staub nit drab,

und Chuͤngeli, leg di weidli a,

de mueſch derno ne Meje ha!

11
[162]

Auf einem Grabe.


Schlof wohl, ſchlof wohl im chuͤele Bett!

De ligſch zwor hert uf Sand und Chies;

doch ſpuͤrts di muͤede Rucke nit.

Schlof ſanft und wohl!

Und ’s Deckbett lit der, dick und ſchwer

in d’ Hoͤchi gſchuͤttlet, uffem Herz;

Doch ſchlofſch im Friede, ’s druckt di nit.

Schlof ſanft und wohl!

De ſchlofſch und hoͤrſch mi Bhuͤtdi Gott,

de hoͤrſch mi ſehnli Chlage nit.

Waͤrs beſſer, wenn de ’s hoͤre choͤnntſch?

Nei, weger nei!

[163]
O ’s iſch der wohl, es iſch der wohl!

Und wenni numme by der waͤr,

ſe waͤr ſcho alles recht und gut.

Mer toltenis!

De ſchlofſch und achtiſch ’s Unrneih nit

in Chilche-Thurn die langi Nacht,

und wenn der Waͤchter Zwoͤlfi ruͤeft

im ſtille Dorf.

Und wenns am ſchwarze Himmel blizt,

und Gwuͤlch an Gwuͤlch im Donner chracht

ſe fahrtder ’s Wetter uͤber’s Grab,

und weckt di nit.

Und was di fruͤeih im Morgeroth

bis ſpot in d’ Mittnacht bchuͤmmert het,

Gottlob, es ficht di nuͤmmen a

im ſtille Grab.

11 *
[164]
Es iſch der wohl, o ’s iſch der wohl!

und alles was de glitte heſch,

Gottlob und Dank, im chuͤele Grund

thuts nuͤmme weh.

Drum, wenni numme by der waͤr,

ſe waͤr io alles recht und gut;

iez ſitzi do, und weiß kei Troſt

mi’m tiefe Schmerz.

Doch oͤbbe bald, wenns Gottswill iſch,

ſe chunnt mi Samſtig z’ oben au,

und druf, ſe grabt der Nochber Chlaus

mir au ne Bett.

Und wenni lig, und nuͤmme ſchnuuf,

und wenn ſie ’s Schloflied gſunge hen,

ſe ſchuͤttle ſie mer ’s Deckbett uf,

und — Bhuͤtdi Gott!

[165]
J ſchlof derno ſo ſanft wie du,

und hoͤr’ im Chilch-Thurn ’s Unrueth nit!

mer ſchlofe, bis am Sunntig fruͤeih

der Morge thaut.

Und wenn emol der Sunntig tagt,

und d’ Engel ſinge ’s Morgelied,

ſe ſtoͤhn mer mit enanderno uf,

erquickt und gſund.

Und ’s ſtoht e neui Chilche do,

hel funklet ſie im Morgeroth.

Mer goͤhn, und ſingen am Altar

’s Hallelujah!

[166]

Der Waͤchter
in der Mitternacht
.


Loſet, was i euch will ſage!

„D’ Glocke het zwoͤlfi gſchlage.“

Wie ſtill iſch alles! Wie verborgen iſch,

was Lebe heißt, im Schoß der Mitternacht

uf Stroß und Feld! Es toͤnt kei Menſche-

Tritt;

es fahrt kei Wagen us der Ferni her;

kei Husthuͤr gahret, und kei Othem ſchnuft,

und nit emol e Moͤhnli ruͤeft im Bach.

’s lit alles hinterm Umhang iez und ſchloft,

und oͤb mit liichtem Fuß und ſtillem Tritt

e Geiſt voruͤber wandlet, weißi nit.

Doch was i ſag! ruuſcht nit der Tiich?

Er ſchießt

[167]
im Leerlauf ab am muͤede Muͤhli-Rad,

und naͤume ſchliicht der Iltis unterm Dach

de Tremle no, und lueg, do obe zieht

vom Chilchthurn her en Uehl im ſtille Flug

dur d’ Mitternacht, und hangt denn nit im

Gwuͤlch

die großi Nacht-Laterne doͤrt, der Mond?

Still hangt ſie doͤrt, und d’ Sterne flimmere,

wie wemmen in der dunkle Rege-Nacht,

vom wite Gang ermattet, uf der Stroß

an d’ Heimeth chunnt, no keini Daͤcher ſieht

und numme do und doͤrt e fruͤndli Liecht.

Wie wirds mer doch uf eimol ſo kurios?

wie wirds mer doch ſo weich um Bruſt und

Herz?

As wenni briegge moͤcht, weiß nit worum?

as wenni ’s Heimweh haͤtt, weiß nit —

no was?

Loſet, was i euch will ſage!

„D’ Glocke het zwoͤlfi gſchlage.

[168]
„Und iſchs ſo ſchwarz und fin-

ſter do,

„ſe ſchine d’ Sternli no ſo froh:

„und us der Heimeth chunnt

der Schi’;

„’s muß lieblig in der Hei-

meth ſy!“

Was willi? willi uͤbere Chilchhof goh

ins Unterdorf? Es iſch mer d’ Thuͤr ſeig off,

as wenn die Todten in der Mitternacht

us ihre Graͤbere giengen, und im Dorf

e wenig luegten, oͤb no alles iſch

wie almig. ’s iſch mer doch bis dato ken

bigegnet, aß i weiß. Denkwol i thue’s,

und ruͤef de Todte — Nei ſel thueni nit!

Still willi uf de ſtille Graͤbere goh!

Sie hen io d’ Uhr im Thurn, und weißi denn,

iſch au ſcho ihri Mitternacht verbey?

’s cha ſy, es fallt no dunkler alliwil

und ſchwaͤrzer uf ſie abe — d’ Nacht iſch

lang;

[169]
’s cha ſy, es zuckt e Streifli Morgeroth

ſcho an de Bergen uf — i weiß es nit.

Wie iſchs ſo heimli do? Sie ſchlofe wohl!

Gott gunnene’s! — e bizli ſchuderig,

ſel laͤugni nit; doch iſch nit alles tod.

J hoͤr io ’s Unrueih in der Chilche; ’s iſch

der Pulz der Zit in ihrem tiefe Schlof,

und d’ Mitternacht ſchnuft vo de Berge her.

Ihr Othem wandlet uͤber d’ Matte, ſpielt

doͤrt mittem Tſchaͤubbeli am gruͤne Naſt,

und pfiſt dur d’ Scheie her am Gartehag.

Sie chuuchet fuͤecht an d’ Chilche-Mur und

chalt;

die lange Fenſter ſchnattere dervo

und ’s lopperig Chruͤtz. Und lueg, do luͤf-

tet ſie

en offe Grab! — Du guten alte Franz

ſe hen ſie der di Bett ſcho gmacht im Grund,

und ’s Deckbett wartet uf di nebe dra,

und d’ Liechtli us der Heimeth ſchine dri!

[170]
He nu, es gohtis alle ſo; der Schlof

zwingt ieden uffem Weg, und eb er gar

in d’ Heimeth dure chunnt; doch wer emol

ſi Bett im Chilchhof het, Gottlob er iſch

zum lezte mol do niden uͤbernacht;

und wenn es taget, und mer wachen uf,

und choͤmmen uſe, hemmer nuͤmme wiit,

e Stuͤndli oͤbben, oder nitemol. —

Se ſtolperi denn au no d’ Staͤpfli ab,

und bi ſo nuͤechter bliebe hinechtie.

„Loſet, was i euch will ſage!

„D’ Glocke het zwoͤlfi gſchlage.

„Und d’ Sternli ſchine no ſo

froh,

„und us der Heimeth ſchim-

merts ſo;

„und ’s iſch no um e chleini

Zit,

„Vom Chilchhof ſeigs gwiß

nuͤmme wiit.“

[171]
Wo bini gſi? wo bini echterſt iez?

e Staͤpfli uf, e Staͤpfli wieder ab,

und witers nuͤt? Nei weger witers nuͤt!

Iſch nit ’s ganz Doͤrfli in der Mitternacht

e ſtille Chilchhof? Schloft nit alles do,

wie doͤrt vom lange muͤede Wachen us,

vo Freud und Leid, und lit in Gottis Hand,

do unterm Strau-Dach, doͤrt im chuͤele

Grund,

und warte, biß es taget um ſie her?

He, ’s wuͤrd io oͤbbe! Und wie lang und

ſchwarz

au d’ Nacht vom hoche Himmel abe hangt,

verſchlofen iſch der Tag deswege nie;

und bißi wieder chumm, und no ne mol,

ſo gen mer d’ Guͤhl ſcho Antwort, wenni

ruͤef,

ſe weiht mer ſcho der Morgeluft ins Gſicht.

Der Tag verwacht im Tanne-Wald, er luͤpft

alsgmach der Umhang obſi; ’s Morgeliecht

es rieſlet ſtill in d’ Nacht, und endli wahlt’s

[172]
in goldne Stroͤmen uͤber Berg und Thal;

es zuckt und wacht an allen Orte; ’s goht

e Lade do und doͤrt e Husthuͤr uf,

und ’s Lebe wandlet uſe frey und froh.

Du liebi Seel, was wirds e Fyrtig ſy,

wenn mit der Zit die lezti Nacht verſinkt,

wenn alli goldne Sterne groß und chlei,

und wenn der Mond und ’s Morgeroth und

d’ Sunn

in Himmels-Liecht verrinnen, und der Glaſt

bis in die tiefe Graͤber abe dringt,

und d’ Muetter ruͤeft de Chindlene: „’s iſch

Tag!“

und alles uſem Schlof verwacht, und do

ne Laden uf goht, doͤrt e ſchweri Thuͤr!

Die Todten luegen uſe iung und ſchoͤn.

’s het menge Schade gutet uͤbernacht,

und menge tiefe Schnatte biß in Herz

iſch heil. Sie luegen uſe gſund und ſchoͤn,

[173]
und tunke ’s Gſicht in Himmels-Luft; ſie

ſtaͤrkt

bis tief ins Herz — Du alte Nar, was

briegſch?

„Loſet, was i euch will ſage!

„D’ Glocke het zwoͤlfi gſchlage.

„Und d’ Liechtli brennen al-

li no;

„der Tag will iemerſt no nit

cho.

„Doch Gott im Himmel lebt

und wacht,

„er hoͤrt wohl, wenn es Vie-

riſchlacht!“

[174]

Der zufriedene Landmann.


Denkwol, iez lengi au in Sack,

und trink e Pfifli Rauchtuback,

und fahr iez heim mit Eg und Pflug,

der Laubi meint ſcho lang, ’s waͤr gnug.

Und wenn der Kayſer uſem Roth

in Feld und Forſt ufs Jage goht,

ſe lengt er eben au in Sack,

und trinkt e Pfifli Rauchtuback.

Doch trinkt er wenig Freud und Luſt,

es iſch em naͤume gar nit iuſt.

Die goldne Chrone drucke ſchwer;

’s iſch nit, aß wenns e Schie-Hut waͤr.

[175]
Wohl goht em menge Batzen i,

doch will au menge gfuttert ſy;

und woner lost iſch Bitt und Bitt,

und alli troͤſte chaner nit.

Und wenn er hilft, und ſorgt und wacht

vom fruͤeihe Morge bis in d’ Nacht,

und meint, iez heiger alles tho,

ſe het er erſt kei Dank dervo.

Und wenn, vom Treffe blutig roth,

der Jenneral im Lager ſtoht,

ſe lengt er endli au in Sack,

und trinkt e Pfifli Rauchtuback.

Doch ſchmeckts em nit im wilde Gwuͤhl,

by’m Ach und Weh und Saiteſpiel;

er het thurnieret um und um,

und niemes will en lobe drum.

[176]
Und Fuͤrio und Mordio

und ſchweri Wetter ziehnem no;

do lit der Granedier im Blut,

und doͤrt e Dorf in Rauch und Glut.

Und wenn in d’ Meß mit Gut und Geld

der Chaufher reist im wite Feld,

ſe lengt er eben an in Sack,

und holt ſi Pfifli Rauchtuback.

Doch ſchmeckts der nit, du arme Ma!

Me ſieht der dini Sorgen a,

unds Ei mol eis, es iſch e Gruus,

es luegt der zu den Augen us.

De treiſch ſo ſchwer, es thut der weh;

Doch heſch nit gnug, und moͤchtſch no me,

und weiſch io nit, wo ane mit;

drum ſchmeckt der au di Pfifli nit.

Mir
[177]
Mir ſchmeckts, Gottlob, und ’s iſch mer

gſund;

der Weize lit im fuͤechte Grund,

und mittem Thau im Morgeroth,

und mit ſim Othem ſegnets Gott.

Und ’s Anne Meili flink und froh,

es wartet mit der Suppe ſcho,

und d’ Chinderli am chleine Tiſch,

me weiß nit, welles ’s fuͤrnehmſt iſch.

Drum ſchmeckt mer au mi Pfifli wohl;

denkwol, i fuͤllmers no ne mol!

Zum frohe Sinn, zum freie Muth,

und heimetzu ſchmeckt alles gut.

12
[178]

Die Vergaͤnglichkeit.


(Geſpraͤch auf der Straße nach Baſel zwiſchen
Steinen und Brombach, in der Nacht.)


Der Bub ſeit zum Aetti:


Faſt allmol, Aetti, wenn mer ’s Roͤtt-

ler Schloß

ſo vor den Auge ſtoht, ſe denki dra,

oͤbs uͤſem Hus echt au e mol ſo goht.

Stohts denn nit doͤrt, ſo ſchuderig, wie

der Tod

im Baſler Todtetanz? Es gruſet mer,

wie laͤnger aßi ’s bſchau. Und uͤſer Hus,

es ſizt io wie ne Chilchli uffem Berg,

und d’Fenſter glitzeren, es iſch e Staat.

Schwetz Aetti, gohts em echterſt au no ſo?

J mein emol, es choͤnn ſchier gar nit ſy.

[179]

Der Aetti ſeit:


Du gute Burſt, ’s cha frili ſy, was meinſch?

’schunnt alles iung und neu, und alles ſchlicht

im Alter zu, und alles nimmt en End,

und nuͤt ſtoht ſtill. Hoͤrſch nit, wie ’s

Waſſer ruuſcht,

und ſiehſch am Himmel obe Stern an Stern?

Me meint, vo alle ruͤhr ſi kein, und doch

ruckt alles witers, alles chunnt und goht.

Je, ’s iſch nit anderſt, lueg mi a, wie

d’ witt.

De biſch no iung; uaͤrſch, i bi au ſo gſi,

iezt wuͤrds mer anderſt, ’s Alter, ’s Alter

chunnt,

und woni gang, go Gresgen oder Wies,

in Feld und Wald, go Baſel oder heim,

’s iſch einerley, i gang im Chilchhof zu, —

briegg, alder nit! — und biß de biſch wien

ich,

e gſtandene Ma, ſe bini nuͤmme do,

und d’ Schof und Geiße weide uf mi’m Grab.

12 *
[180]
Jo wegerli, und ’s Hus wird alt und wuͤſt;

der Rege waͤſcht der’s wuͤſter alli Nacht,

und d’ Sunne bleicht der’s ſchwaͤrzer alli Tag,

und im Vertaͤfer popperet der Wurm.

Es regnet no dur d’ Buͤhne ab, es pfiſt

der Wind dur d’ Chlimſe. Druͤber thueſch

du au

no d’ Auge zu; es choͤmme Chindes-Chind,

und pletze dra. Z’lezt fuults im Fundement,

und’s hilft nuͤt me. Und wemme nootno gar

zweytuſig zehlt, iſch alles zſemme g’keit.

Und endli ſinkt ’s ganz Doͤrfli in ſi Grab.

Wo d’ Chilche ſtoht, wo ’s Vogts und ’s

Here Hus,

goht mit der Zit der Pflug —

Der Bub ſeit:


Nei, was de ſeiſch!

Der Aetti ſeit:


Je, ’s iſch nit anderſt, lueg mi a, wie

d’ witt!

[181]
Iſch Baſel nit e ſchoͤni tolli Stadt?

’s ſin Huͤſer drinn, ’s iſch mengi Chilche nit

ſo groß, und Chilche, ’s ſin in mengem

Dorf

nit ſo viel Huͤſer. ’s iſch e Volchſpiel, ’s

wohnt

e Richthum drinn, und menge brave Her,

und meuge, woni gchennt ha, lit ſcho lang

im Chruͤtz-Gang hinterm Muͤnſter-Platz

und ſchloft.

’s [iſch] eithue, Chind, es ſchlacht e mol e

Stund,

goht Baſel au ins Grab, und ſtreckt no do

und doͤrt e Glied zum Boden us, e Joch,

en alte Thurn, e Giebel-Wand; es wachst

do Holder druf, do Buͤechli, Tanne doͤrt,

und Moos und Farn, und Reiger ſitze

druf —

’s iſch ſchad derfuͤr! — und ſin bis doͤrthi

d’ Luͤt

ſo naͤrſch wie jez, ſe goͤhn au Gſpenſter um,

der Sulger, wo die arme Bettel-Luͤt

[182]
vergelſtert het, der Lippi Laͤppeli,

und was weis tch, wer meh. Was ſtoßiſch

mi?

Der Bub ſeit:


Schwetz liſli Aetti, bis mer uͤber d’ Bruck

do ſin, und do an Berg und Wald verbey!

Doͤrt obe iagt e wilde Jaͤger, weiſch?

Und lueg, do niden in de Huͤrſte ſeig

gwiß ’s Eyer-Meidli g’lege, halber ful,

’s iſch Johr und Tag. Hoͤrſch, wie der

Laubi ſchnuft?

Der Aetti ſeit:


Er het der Pfnuͤſel! Seig doch nit ſo

naͤrſch!

Huͤſt Laubi, Merz! — und loß die Tod-

te go,

’s ſin Nare-Poſſe! — Je, was hani gſeit?

Vo Baſel, aß es au e mol verfallt. —

Und goht in langer Zit e Wanders-Ma

[183]
ne halbi Stund, e Stund wit dra verbey

ſe luegt er dure, lit ke Nebel druf,

und ſeit ſi’m Camerad, wo mittem goht:

„Lueg, doͤrt iſch Baſel gſtande! Selle Thurn

„iſch d’ Peters-Chilche gſi, ’s iſch ſchad

derfuͤr!“

Der [Bub] ſeit:


Nei Aetti, iſchs der Ernſt, es cha nit ſy?

Der Aetti ſeit;


Je ’s iſch nit anderſt, lueg mi a, wie

d’ witt,

und mit der Zit verbrennt die ganzi Welt.

Es goht e Waͤchter us um Mitternacht,

e fremde Ma, me weiß nit, wer er iſch,

er funklet, wie ne Stern, und ruͤeft:

„Wacht auf!

Wacht auf, es kommt der Tag!“

Drob roͤthet ſi

der Himmel, und es duudert uͤberal,

[184]
z’ erſt heimli, alsgmach lut, wie ſellemol

wo Anno Sechſenuͤnzgi der Franzos

ſo uding gſchoße het. Der Bode wankt,

aß d’ Chilch-Thuͤrn guge; d’ Glocke ſchla-

gen a,

und luͤte ſelber Bet-Zit wit und breit,

und alles betet. Druͤber chunnt der Tag;

o, bhuͤtis Gott, me brucht ke Sunn derzu,

der Himmel ſtoht im Blitz, und d’ Welt

im Glaſt.

Druf gſchieht no viel, i ha iez nit der Zit;

und endli zuͤndets a, und brennt und brennt,

wo Boden iſch, und niemes loͤſcht; es

glnmſt

zlezt ſelber ab. Wie meinſch, ſiehts us

derno?

Der Bub ſeit:


O Aetti, ſag mer nuͤt me! Zwor wie gohts

de Luͤte denn, wenn alles brennt und

brennt?

[185]

Der Aetti ſeit:


Naͤrſch, d’ Luͤt ſin nuͤmme do, wenns

brennt, ſie ſin —

wo ſin ſie? Seig dn frumm, und halt di

wohl,

geb, wo de biſch, und bhalt di Gwiſſe rein!

Siehſch nit, wie d’ Luft mit ſchoͤne Sterne

prangt!

’s iſch iede Stern verglichlige ne Dorf,

und witer oben iſch e ſchoͤni Stadt,

me ſieht ſie nit vo do, und haltſch di gut,

ſe chunnſch in ſo ne Stern, und ’s iſch der

wohl,

und findſch der Aetti doͤrt, wenns Gottswill

iſch,

und ’s Chuͤngi ſelig, d’ Mutter. Oebbe

fahrſch

au d’ Milchſtroß uf in die verborgeni Stadt,

und wenn de ſitwaͤrts abe luegſch, was ſiehſch?

e Roͤttler Schloß! Der Belche ſtoht

verchohlt,

[186]
der Blauen au, as wie zwee alti Thuͤrn,

und zwiſche drinn iſch alles uſe brennt.

bis tief in Boden abe. D’ Wieſe het

ke Waſſer meh, ’s iſch alles oͤd und ſchwarz

und todteſtill, ſo wit me luegt — das ſiehſch,

und ſeiſch di’m Cammerad, wo mitder goht:

„Lueg, doͤrt iſch d’Erdegſi, und ſelle Berg

„het Belche gheiße! Nit gar wiit dervo

„iſch Wisleth gſi, doͤrt hani au ſcho glebt,

„und Stiere g’ wettet, Holz go Baſel gfuͤhrt,

„und brochet, Matte g’raust, und Liecht-

Spoͤh’ gmacht,

„und gvaͤtterlet, biß an mi ſelig End,

„und moͤcht iez nuͤmme hi.“ — Huͤſt

Laubi, Merz!

[187]

Der Jenner.


Im Aetti ſezt der Oehldampf zu.

Mer choͤnnte ’s Aempeli uſe thue,

und d’Laͤden uf. Der Morge-Schi’

blickt ſcho zum runde Naſtloch i. —

O lueget doch, wie chalt und roth

der Jenner uf de Berge ſtoht.

Er ſeit: „J bi ne b’liebte Ma,

„der Stern am Himmel lacht mi a!

„Er glitzeret vor Luſt und Freud,

„und mueß er furt, ſen iſchs em Leid;

„er luegt mi a, und cha ’s nit lo,

„und wuͤrd byzite wieder cho.

[188]
„Und unter mer in Berg und Thal,

„wie flimmerets nit uͤberal!

„An allen Ende Schnee und Schnee;

„’s iſch alles mir zu Ehre gſcheh,

„und woni gang im wite Feld,

„ſin Stroße bahnt, und Brucke gſtellt.“

Er ſeit: „J bi ne friſche Ma,

„i ha ne luftig Tſchoͤpli a,

„und rothi Backe bis ans Ohr,

„e heiter Aug und Duft im Hoor,

„ke Wintergfriſt, ke Gliederweh,

„und woni gang, ſe chracht der Schnee.“

Er ſeit: „J bi ne gſchickte Ma,

„lueg, wieni uͤberzuckere cha!

„J chuuch, und an de Huͤrſte hangts,

„und an de zarte Birche ſchwankts.

„Der Zuckerbeck mit gſchickter Hand,

„mit Geld und Gut waͤr’s nit im Stand.

[189]
„Jez lueg au dini Schiben a,

„und wieni Helgli chritzle cha!

„Do heſch e Bluͤemli, wenns der gfallt,

„do heſch e ganze Tannewald!

„Der Fruͤehlig choͤnnts nit halber ſo,

„s iſch mit der Farb nit alles tho.“

Er ſeit: „J bi ne ſt arche Ma,

„und zwing mi naͤumer, wenn er cha!

„Der Forſter gſtablet uf der Jacht,

„der Bruñtrog ſpringt, der Eichbaum chracht.

„D’ Frau Sunne mittem Gſichtli rund,

„het ’s Herz nit, aß ſie fuͤre chunnt.“ —

’s iſch wohr, me weiß nit, was ſie tribt,

und wo ſie alli Morge blibt.

Wie laͤnger Nacht, wie ſpoͤter Tag,

wie beſſer, aß ſie ſchlofe mag,

und blieb es bis um Zehni Nacht,

ſe chaͤm ſie erſt, wenns Oelfi ſchlacht.

[190]
Nei het ſie’s ghoͤrt? Doͤrt chunnt ſie io!

Me meint, ’s brenn alles liechterloh! —

Sie ſtoht im chalte Morgeluft,

ſie ſchwimmt im rothe Nebelduft.

Zeig, chuuch e wenig d’ Schiben a,

’s iſch, aß me beſſer luege cha!

Der Nebel woget uf und ab,

und d’ Sunne chaͤmpft, ſie loßt nit ab. —

Jez het ſie ’s gunne. Wit und breit

ſtrahlt ihri Pracht und Herlichkeit.

O lueg, wie’s uͤber d’ Daͤcher wahlt,

am Chilche-Fenſter, lueg, wies ſtrahlt.

Der Jenner ſezt ſi Arm in d’ Huft,

er rukt am Hut, und ſchnellt in d’ Luft.

Der Jenner ſeit: „J foͤrch di nit!

„Chumm, wenn de mit mer baſchge witt!

„Was gilts, de wuͤrſch byzite goh,

„und ruͤehmſch dim Buͤeble nit dervo!“

[191]
Je ’s waͤr wol huͤbſch und liebli ſo,

im warme Stuͤbli gfallts eim ſcho.

Doch meugi Frau, das Gott erbarm,

ſie nimmt ihr nackig Chind in d’Arm,

ſie het em nuͤt um d’ Gliedli z’ thue,

und wicklet’s mittem Fuͤrtuech zu.

Sie het kei Holz, und het kei Brod,

ſie ſizt und chlagts im liebe Gott.

Gfriert Stei und Bei, wohl thaut der Schmerz

no Thraͤnen uf im Muetterherz.

Der Jenner iſch e ruuche Ma,

er nimmt ſi nuͤt um d’ Armeth a.

Gang bring der arme Fiſcher-Lis’

e Saͤckli Mehl, e Hemdli wiß,

nimm au ne Wellen oder zwo,

und ſag, ſie ſoll au zuenis cho,

und Weihe hole, wenni bach,

und decket iez der Tiſch alsgmach.

[192]

Der Knabe
im Erdbeerſchlag
.


E Buͤebli lauft, es goht in Wald

am Sunntig Nomittag;

es chunnt in d’ Huͤrſt und findet bald

Erberi Schlag an Schlag;

es guͤnnt und ißt ſi halber z’ tod,

und denkt: „Das iſch mi Obebrod.“

Und wie nes ißt, ſe ruuſchts im Laub;

es chunnt e ſchoͤne Chnab.

Er het e Rock, wie Silberſtaub,

und treit e goldige Stab;

er glaͤnzt wie d’ Sunn am Schwitzer-Schnee;

ſi lebelang hets nuͤt ſo gſeh.

Druf
[193]
Druf redt der Chnab mi Buͤebli a:

„Was ißiſch, i halts mit?“ —

„He, nuͤt,“ ſeit ’s Buͤebli, luegt en a,

und luͤpft ſi Chaͤppli nit.

Druf ſeit der Chnab: „He, ißiſch nuͤt,

„Du grobe Burſt, ſe battet ’s nuͤt!“

Verſchwunden iſch mi Chnab, unds ſtoͤhn

die noͤchſte Huͤrſt im Duft;

drus fliegt en Engeli wunderſchoͤn

uf in die blaue Luft,

und ’s Buͤebli ſtoht, und luegt em no,

und chrazt im Hoor, und lauft dervo.

Und ſieder iſch kei Sege meh

im Beeri-Eſſe gſi.

J ha mi lebtig nuͤt ſo gſeh,

ſie bſchießen ebe nie.

Iß hampflevoll, ſo viel de witt,

ſie ſtille der di Hunger nit!

13
[194]
Was gibi der fuͤr Lehre dri?

Was ſeiſch derzu? Me mueß

vor fremde Luͤte fruͤndli ſi

mit Wort und Red und Grueß,

und ’s Chaͤppli luͤpfe z’ rechter Zit

ſuſt het me Schimpf und chunnt nit wit.

[195]

Die Spinne.


Nei lueget doch das Spinnli a,

wie ’s zarti Faͤde zwirne cha!

Bas Gvatter meinſch, chaſch’s au ne ſo?

De wirſch mers, traui, blibe lo.

Es machts ſo ſubtil und ſo nett,

i wott nit, aßi ’s z’ haſple haͤtt.

Wo het’s die fini Riſte g’no,

by wellem Meiſter hechle lo?

Meinſch, wemme ’s wuͤßt, e mengi Frau,

ſie waͤr ſo gſcheit, und holti au!

Jez lueg mer, wie ’s ſi Fuͤeßli ſezt,

und ſpinne will, und d’ Finger nezt.

13 *
[196]
Es zieht e lange Faden us,

es ſpinnt e Bruck ans Nochbers Hus,

es baut e Land-Stroß in der Luft,

morn hangt ſie ſcho voll Morgeduft,

es baut e Fußweg nebe dra,

’s iſch, aß es ehne dure cha.

Es ſpinnt und wandlet uf und ab,

Potz tauſig, im Gallop und Trap! —

Jez gohts ring um, was heſch, was giſch!

Siehſch, wie ne Ringli worden iſch!

Jez ſchießt’s die zarte Faͤden i.

Wirds oͤbbe ſolle gwobe ſy?

Es iſch verſtuunt, es haltet ſtill,

es weiß nit recht, wo ’s ane will.

’s goht weger z’ruck, i ſieh’s em a;

’s muß naͤumis rechts vergeſſe ha.

„Zwor, denkt es, ſel preſſiert io nit,

i halt mi nummen uf dermit.“

[197]
Es ſpinnt und webt, und het kei Raſt,

ſo gliichlig, me verluegt ſi faſt

Und ’s Pfarers Chriſtoph het no gſeit,

’s ſeig iede Fade zſeme gleit.

Es mueß ein guti Auge ha,

wers zehlen und erchenne cha.

Jez puzt es ſini Haͤndli ab,

es ſtoht, und haut der Faden ab.

Jez ſizt es in ſi Summer-Hus,

und luegt die lange Stroßen us.

Es ſeit: „Me baut ſi halber z’ tod,

doch freuts ein au, wenns Huͤsli ſtoht.“

In freie Luͤſte wogt und ſchwankts,

und an der liebe Sunne hangts;

ſie ſchint em frey dur d’ Beinli dur,

und ’s iſch em wohl. In Feld und Flur

ſieht ’s Muͤckli tanze, iung und feiß;

’s denkt by nem ſelber: „Haͤtti eis!“

[198]
O Thierli, wie heſch mi vertzuͤckt!

Wie biſch ſo chlei, und doch ſo gſchickt!

Wer het di au die Sache glehrt?

Denkwol der, wonis alli naͤhrt,

mit milde Haͤnden alle git.

Bis zfrieden! Er vergißt di nit.

Do chunnt e Fliege, nei wie dumm!

Sie rennt em ſchier gar ’s Huͤsli um.

Sie ſchreit und winſlet Weh und Ach!

Du arme Chetzer heſch di Sach!

Heſch keini Auge by der g’ha?

Was goͤhn di uͤſi Sachen a?

Lueg, ’s Spinnli merkts enanderno,

es zuckt und ſpringt und het ſie ſcho.

Es denkt: „J ha viel Arbet g’ha,

iez mußi au ne Brotis ha!“

J ſags io, der wo alle git,

wenns Zit iſch, er vergißt di nit.

[199]

Der Wegweiſer.


Guter Rath zum Abſchied.


Weiſch, wo der Weg zum Mehlfaß iſch,

zum volle Faß? Im Morgeroth

mit Pflug und Charſt dur’s Weizefeld,

bis Stern und Stern am Himmel ſtoht.

Me hackt, ſo lang der Tag eim hilft,

me luegt nit um, und blibt nit ſtoh;

z’ lezt goht der Weg dur ’s Schuͤre-Tenn

in d’ Chuchchi, und do hemmers io!

Weiſch wo der Weg zum Gulden iſch?

Er goht de rothe Chruͤtzere no,

und wer nit uffe Chruͤtzer luegt,

der wird zum Gulde ſchwerli cho.

[200]
Wo iſch der Weg zur Sunntig-Freud?

Gang ohni Gfohr im Werchtig no

dur d’ Werkſtatt [und] dur ’s Ackerfeld!

der Sunntig wird ſcho ſelber cho.

Am Samſtig iſch er nit gar wit.

Was deckt er echt im Choͤrbli zu?

Denkwol e Pfuͤndli Fleiſch ins Gmuͤes,

’s cha ſy, ne Schoͤpli Wi derzu.

Weiſch, wo der Weg in d’ Armeth goht?

Lueg numme, wo Tafere ſin!

Gang nit verbey, ’s iſch gute Wi,

’s ſin nagelneui Charte d’inn!

Im letſte Wirthshus hangt e Sack,

und wenn de furt gohſch, henk en a!

„Du alte Lump, wie ſtoht der nit

„der Bettelſack ſo zierlig a!“

[201]
Es iſch e hoͤlzene Becher drinn,

gib achtig druf, verliehr en nit!

Und wenn de an e Waͤſſerli chunnſch

und trinke magſch, ſe ſchoͤpf dermit!

Wo iſch der Weg zu Fried und Ehr,

der Weg zum guten Alter echt?

Grad fuͤrſi gohts in Maͤßigkeit

mit ſtillem Sinn in Pflicht und Recht.

Und wenn de amme Chruͤtzweg ſtohſch,

und nuͤmme weiſch, wo ’s ane goht,

halt ſtill, und frog di Gwiſſe z’erſt,

’s cha duͤtſch, Gottlob, und folg ſi’m Roth!

Wo mag der Weg zum Chilchhof ſy?

Was frogſch no lang? Gang, wo de witt!

Zum ſtille Grab im chuͤele Grund

fuͤhrt iede Weg, und ’s fehlt ſi nit.

[202]
Doch wandle du in Gottis Furcht,

i roth der, was i rothe cha!

Sel Plaͤtzli het e gheimi Thuͤr,

und ’s ſin no Sachen ehne dra.

[[203]]

Worterklaͤrungen
zu
vorſtehendem Texte
.


[[204]][[205]]

A.


  • Aecke, der Nacken.
  • Aetti, Vater. Altdeutſch Atta. Atta
    unſar
    , im gothiſchen Vater unſer. Id.
    Atti, Aette.
  • Áfange, verb. Anfangen. Aber Afánge,
    adv. Endlich, Nach und nach.
  • Agle, ſubſt. plur. Steife ſtechende Spitzen,
    z. B. an den Aehren. Aculei? Sch. Agle,
    Agel.
    Id. Achel.
  • Alder, Oder (auf dem Wald.) Sch. Ald,
    Alder, Alt.
  • Almig, Ehemals.
  • Ane, Hin. Wo ane? Wohin?
  • Anke, Friſche Butter. Altdeutſch: Anka.
  • Arfel, ſubſt. Ein Arm voll. Aerfeli.
    deminut.
  • As, Als. , Daß.

B.


  • Bah, 1) Bahn, 2) Bann, Gemarkung.

[206]
  • Balge, Vorwuͤrfe machen. Altdeutſch: zuͤr-
    nen, von Balg, Zorn. Sch. Balg, ſto-
    machus. Balgen, iraſci, iurgari.
  • Bammert, Feldhuͤter, Bannwart. Sch.
    Bannwart, Cuſtos banni.
  • Baſchge, verb. neutr. Im Ringen die
    Kraͤfte gegen einander meſſen. act. Bezwin-
    gen. Id. Schmettern, Zwingen.
  • Baſſeltang, Kurzweil. Paſſe le temps.
  • Batte, Nuͤtzen, fruchten. Goth. Botan,
    Verwandt mit Baß, Beſſer.
  • Bauſe, Aufgeblaſen ſeyn, daher: Groß-
    thun. Verbauſe, Verſchwenden. Das
    Primitiv zu Verbutzen, wie Chraue
    zu Chratze (Kratzen) Vauſe zu Vitze ꝛc.
    Sch. Bauſſen, largiter potare.
  • Bederthalbe, adv. Auf beiden Seiten.
    Dah. Bederthalbe, ſubſt. Ein Zwerch-
    ſack. Von Beide und Halb, altd. die
    Seite.
  • Belche, ſubſt. propr. Hoher Berg des
    Schwarzwaldgebirges im Breisgau. (Auch
    Schweitz und Elſaß haben Belchen)
    Sch. Belch, Boelchen, cacumina mon-
    tium.
    Nach Ad. von Berg, durch Ver-
    wechslung des r und l, wie Kirche und
    Chilche.
  • Bis. Imperativ zu Seyn. Sey!
  • Bitzeli, Wenig.

[207]
  • Blueſt, Bluͤthe. By’ m Blueſt! Eine
    mißſtellte Betheurungsformel, dann ein
    Ausdruck der Verwunderung, beſonders bey
    unangenehmen Ueberraſchungen. Eingentlich:
    Bey dem Blut (des Sacraments) wie:
    by Goſt!
  • Bohle, Werfen. βαλλειν. Sch. Pollen
    Polen, proiicere.
  • Bosge, Eine Bosheit veruͤben. Id.
  • Bosget, Bosheit, auch im unſchuldigern
    Sinn Muthwille.
  • Brenzſubſt. maſc. Brantewein. Gebranntes.
  • Briegge, Weinen. Βρυχειν, Βρυγμος?
  • Briggem, Braͤutigam. (Baſel.)
  • Bringe, 1) Bringen. 2) Zutrinken.
  • Bruttle, verb. 1) mit dem Huͤlfswort
    Haben: Halblaut reden, beſonders im
    Unwillen. 2) mit Seyu: Halblaut re-
    dend fortgehen.
  • B’ ſcheid, Beſcheid. Bſcheid thue,
    Einen zugebotenen Trunk annehmen.
  • B’ ſchieße, Zureichen, Saͤttigen, gedeih-
    lichen Fortgang haben. Par. Joh. 6. Was
    erſcheußt das unter ſo viele
    ?
    Sch. Beſchieſſen, proficere.
  • Buͤeßli, Zehnkreutzerſtuͤck. Piece.

[208]
  • Buͤhni, 1) Obere Decke des Zimmers. 2)
    Der oberſte Boden des Hauſes. 3) Raum
    zwiſchen demſelben und dem Dache.
  • Bunte, Pfropfer, Spunte. Sch. Punteu.
  • Buſper, Munter, beſonders von Voͤgeln.
    Etwa ſo viel als buſchbar, wenn die
    Hecken buſchig werden, und die Voͤgel niſten?
  • Butſche, Mit dumpfem Ton anſtoßen.
  • Buͤttene, Großes hoͤlzernes Gefaͤß zum
    Einſalzen des Fleiſches ꝛc. Von Butte.
    Sch. Butten.

Ch.


  • Cheri, Reihe, Ordnung deſſen, was regel-
    maͤßig wieder kommt. Daher: Die Che-
    ri
    , Dismal; en anderi Cheri, Ein
    andermal. Von Kehren.
  • Chetteneblueme, Kettenblume. Leont-
    odon taraxacum Lin.
  • Chib, Neid, Verdruß, auch Feindſchaft.
    Dah. Chibe, verb. verwandt mit Kei-
    fen. Chibig
    , adject. Sch. Kip. Keib.
    Id. Kipp.
  • Chtlche, Chille, Kirche. Altd. Chil-
    cha
    . Sch. Kilch.
  • Chilchelueger, Kirchenaufſeher. Von
    Luege, Schauen.

Chil-
[209]
  • Chilſpel, Kirchſpiel. Aehnliche noch ge-
    braͤuchliche Zuſammenſetzungen in Volk-
    ſpiel, Leutſpiel, Geldſpiel
    ,
    rechtfertigen die Ableitung von Spiel im
    Sinn der leichten Bewegung. Daher: 1)
    Die zu einer Kirche aus und eingehende
    Menge. 2) Die Abtheilung des Volks,
    das zu einer Kirche gehoͤrt. 3) Der Di-
    ſtrikt
    , den ſie bewohnt. Vergl. Ad.
  • Chlimſe, Spalte. Verwandt mit Klemm,
    Klemmen
    . Sch.
  • Chloͤpfe, Knallen, Krachen. Par.Ton-
    derchlapf
    . Id. Klapf.
  • Chreſme, Klettern.
  • Chretze, 1) Geflochtener Haͤngkorb. Von
    Chratte, Handkorb. Crates. Sch. Kratt
    und Kretze. 2) Ueber die Achſeln gehen-
    des Tragband fuͤr die Beinkleider.
  • Chrieſi, Kleine, Waldkirſchen. Chirſi,
    Große, Veredelte.
  • Chrome, 1) Einkaufen. 2) Zum Geſchenk
    vom Markt ꝛc. bringen.
  • Chruſe, Krug mit Bauch und weiter Oef-
    nung. Chruͤsli, deminutiv. Sch. Id.
  • Chummli, Chummlig, Bequem. Von
    Kommen. Kommlich. Sch. Kommenlich,
    convenienter.

14
[210]
  • Chuͤndig, Aermlich. Sch. Kundig, kun-
    diglich
    , Parcus.
  • Chuͤngi, Kunigunda.
  • Chuuche, Hauchen.

D.


  • Deis, Jenes.
  • Dengle, Dengele, Senſen und Sicheln
    durch das Haͤmmern ſchaͤrfen. Schwediſch,
    Daͤnga, Schlagen. Sch. Tengeln. Id.
    Danglen, Daͤnglen.
  • Dinge (zu iemand) Dienſte nehmrn. Sch.
    Ding Pactum. Dingen Pacisci.
  • Diſtelzwigli, Diſtelfink. Sch. „Alle
    Geſchœpfte und alles, das do lebet, begehrt
    Freyheit, ein Fœgelin, ein Diſtelzwiglin,
    Geil. v, Keyſersb.“
  • Dolder, Gipfel eines Baums, Strauches.
    Noch uͤbrig in Dolde. Sch. Dolde,
    Told etc.
  • Dordurwille, Um deswillen.
  • Doſch, Kroͤte.
  • Doſe, verb. Schlummern. Id.
  • Dunders- — verſtaͤrkt in der Zuſammen-
    ſetzung mit einigen Adverbien. Dunders-
    nett
    , Ueberaus nett.

[211]
  • Dunte, Unten mit Beziehung auf einen
    gewiſſen Ort.
  • Durane, Ueberall. Aus Dur’ Durch
    und Ane, Hin.
  • Dureadv. Hindurch, Hinuͤber, Heruͤber.
    Verſchieden von Dur’e, Dur’en, durch
    ihn, den, einen —
  • Duͤſele, Schlummern, Halbſchlafend ge-
    hen. Deminut. von Doſen. Id. Du-
    ſelicht
    , Schlaͤfrig, Taumelnd.
  • Duͤſſele, 1) act. Leiſereden. 2) neutr. Leiſe
    gehen. Von Duſſen, verwandt mit To-
    ſen
    . Sch. Duſſen Murmur edere.
  • Duureverb. impers. Bedauren. Esduurt
    mi
    , Ich bedaure es.

E.


  • Echt, Echter, Echterſt, Etwa, Doch,
    Wohl? In Fragen. Sch. Eht, Echter,
    Echtern.
  • Egerte, Ungebauter Feldplatz. Sch. Egerd,
    incultus.
  • Ehne, Jenſeits, druͤben.
  • Eiern-Anke, ſubſt. Eier in Butter ge-
    backen.

14 *
[212]
  • Eithue, Einerley, Gleichviel. Ein Thun.
  • Enanderno, Unmittelbar, Geſchwinde.
    Einander nach.
  • Engelſuͤeß, die Wurzel von Polypodium
    vulg. Lin.
    (Vorderoͤſtreich) Sonſt: Suͤß-
    wurz
    .
  • Eninne, Gewahr. Entinnen.
  • Erluſtere, Erlauſchen.
  • Ermel, ſubſt. plur. Weibliches Kleidungs-
    ſtuͤck zur Bedeckung der Arme.

F.


  • Fatzenetli, Sacktuch. Aus dem Italie-
    niſchen Fazzoletto. Id. Fazeile, Fazeneitle.
  • Fegge, Fluͤgel.
  • Firſt, Das Oberſte. Daher 1) Ruͤcken des
    Dachs, beſonders an Strohdaͤchern. 2)
    Fortlaufender Bergruͤcken. Sch. Id.
  • Floͤſch, Schwammicht von Leibeskonſtitu-
    tion. Flaccus.
  • Frauemaͤnteli. Alchemilla vulgaris Lin.
  • Frech, 1) Frey, wahrſcheinlich das Inten,
    ſivum zu dieſem. 2) Geſund von Anſehen-
    [213] Feſt, Muthig. 3) Frech. Sch. Fortis, li-
    ber.
    Id. Hellfarbig. Schoͤn. Durl? Aus
    der zweiten Bedeutung.
  • Frey. Auſſer der gewoͤhnlichen Bedeutung,
    adverb. So gar.
  • Fuͤrcho, Scheinen, Erſcheinen im Traume ꝛc.
    Vorkommen.
  • Fuͤre, Hervor. Verſchieden von Fuͤre,
    Fuͤren
    . Fuͤr ihn, den, einen —
  • Fuͤrtuch, Schuͤrze.
  • Fuͤſi, Flinte, Fuſil.
  • Futergang, Seitengang [neben] den Stal-
    lungen zur Bereitung und [Aufſteckung] des
    Futters.

G.


  • Gahre, Knarren.
  • Gattig, Wohlgebildet, Gefaͤllig. Von der
    Stammſylbe Gatt in Gattung, wie Ar-
    tig
    von Art.
  • Gaͤutſche, Schwanken, von fluͤſſigen Din-
    gen. Daher Vergaͤutſche. 1) act.
    Durch Schwanken ausgieſſen. 2) neutr.
    Durch Schwanken ausflieſſen.

[214]
  • Geb. Abgekuͤrzt, ſtatt: Gebe Gott. Geb,
    wodebiſch
    , Du magſt ſeyn, wo du
    willt. Zur Aufklaͤrung einer Stelle in Ent-
    felders Schriften N. theolog. Journ. 15r
    Bd. 4s St. S. 319.
  • Gell, Gellaber, verb. imperat. Nicht
    wahr? plur.Geltet. Sch. Id.
  • Gehre, Begehren. Das Stammwort zu die-
    ſem, und zu Gierde, Gierig, Gerne. Sch.
  • G’halt, Gehalt, Zimmer.
  • G’heie, verb. impers. Verdrießen, anfech-
    ten. Sch. Heyen, Geheyen, vexare.
  • Gigſe, Knarreu.
  • Gitzi, Junge Ziege. Gitzeli, demin. Sch.
    Kytzen, hœdus; Kitzlin, hœdulus.

    Id. Kitzen.
  • Glaſt, Glanz, beſonders Schein von Blitz
    und Feuer. Sch.
  • Gliichlig, Durchgehends gleich.
  • Glitzere, Schimmern. Von Glitzen,
    Glaͤnzen, verw. mit Gleiſſen ꝛc. Sch.
    Id. Glitzen, Glitzgen. Davon
  • Glitzerig, Schimmernd.
  • Glumſe, Heimlich (in der Aſche) brennen.
    Daher: Abglumſe, Nach und nach er-
    loͤſchen. Sch. Gluns ſcintilla Glunſt
    favilla.

[215]
  • Go, præp. Gen, Nach. Verſchieden von
    Goh, Gehen.
  • Gottwilche, Begruͤßungsformel. Von
    Gott oder Gottes Willkomm!
  • Gruͤebe, Ueberreſte von ausgeſottenem
    Schweinfett. Id.
  • Grumbire, Cartoffeln (Grundbirnen)
    Dem.-bireli.
  • Grumſe, Durch unverſtaͤndliche Toͤne und
    abgebrochene Worte ſeine Unzufriedeuheit
    ausdruͤcken. Von Gram. Id. Gramſen,
    Gramonzen machen.
  • Gſegott, Segne Gott!
  • Guge, Sich hin und her bewegen. Primi-
    tiv zu Gaukeln? ꝛc. vergl. Id. Art.
    Gugel.
  • Guͤggele, Durch eine kleine Oefnung ſchauen.
    Deminut. von Gucken.
  • Guhl, Hahn. Gallus.
  • Guͤlle, Pfuͤtze. Par. „und daß die Pre-
    dikanten ſich befleiſſigen zu predigen, nit
    aus menſchlichen Guͤllen, ſondern aus
    dem lautern Brunnen evangeliſcher Leer.“
  • Gumpe, Huͤpfen, Ueber etwas hinweg oder
    hinabſpringen. Dah. Gumperig, Aus-
    gelaſſen. Id. Gumpet, Schwelgeriſch.

[216]
  • Gumpiſtoͤpfel, Eingemachte Aepfel. Von
    Compoſitum. Compot. Sch. Kompeſt
    olus, Ruobenkumpoſt.
  • Guͤnne, Pfluͤcken. Gewinnen. Vergl. Sch.
    „Gewunnen und Ungewunnen.“
  • Gvaͤtterle, verb. Das Spielen der Kin-
    der, wenn ſie Verrichtungen der Erwachſe-
    nen nachahmen. Id. Gfraͤulen Breisg.

H.


  • Habermark, Tragopogon pratenſe Lin. Id.
    Gukkigauch ꝛc.
  • Halde, Auf oder abſteigende Bergſeite. Von
    Helden, Neigen, (ein Gefaͤß an der un-
    tern Seite aufrichten, um der Muͤndung
    eine Neigung zu geben.) Dah. auch Ab-
    heldig
    , ſchiefliegend. Sch. Helden,
    inclinare. Halde.
    Id.
  • Haͤli, Schaf in der Kinderſprache und beym
    Locken.
  • Hamberch, Handwerk.
  • Hampfle, ſubſt. 1) Eine Handvoll. 2)
    Der Raum zwiſchen beyden hohlen Haͤnden.
    Dah. Hampflevoll, beyde Haͤnde voll.
    Haͤmpfeli. Demin.

[217]
  • Handumcher, adv. So geſchwind als man
    eine Hand umkehrt.
  • Haſebroͤdli, Juncus piloſus Lin.
  • Haͤtteli, Ziege in der Kinderſprache und
    beym Locken.
  • Haupthoͤchlige. adv. Mit aufgerichtetem
    Haupt. Dah. laut, munter.
  • Hebe, Halten.
  • Heimele, Der Heimath aͤhnlich ſeyn. Da-
    her Aheimele, An die Heimath erin-
    nern. Id. Heimen.
  • Helge, Helgli, Helgeli, 1) ein auf
    Papier gemahlter Heiliger. Daher 2) Je-
    des kleine Papiergemaͤhlde. Id. Kupfer-
    ſtich.
  • Helſe, Gluͤckwuͤnſchen, Dah. Etwas zum
    Gruß, Neujahr ꝛc. ſchenken. Von Heil.
    Altd. Heilizen, Gruͤßen; Heilizun-
    ga
    , Gruß. Daͤn. Helſe, Schwed. Helſa.
  • Her, Herr. Der Her, der Pfarrer. Her-
    get
    , Herr Gott.
  • Hinecht, ad. In dieſer Nacht. Sch. Hin-
    nacht.
    Hinnechtie, die ganze Nacht hin-
    durch.
  • Hirz, Hirſch. Hircus, Hirci die Hirzen.
  • Hofertig ſtoh, Zu Gevatter ſtehn. Von
    der alten Form Hohfart.

[218]
  • Hold, Geneigt, Ausſchließlich von der ge-
    genſeitigen Liebe zwiſchen Juͤngling und
    Maͤdchen gebraͤuchlich. Von Helden, ſ.
    Halde. Daher
  • Holderſtock, der oder die Geliebte.
  • Huͤble, 1) An den Haaren ſchuͤtteln. Da-
    her 2) Zuͤchtigen.
  • Hurlibaus, Canone.
  • Hurnigel, Kleiner Winter-Hagel. Dah.
    ’s hurniglet, verb. auch es rieſlet.
    Sch. Von Horniſſe. Id. Vielleicht eher
    Verwandt mit Hornung, Hornig.
    ’s horniggelet
    . Es friert empfindlich
    an die Finger.
  • Hurſt, Strauch. d’Huͤrſtpl. Das Gebuͤ-
    ſche, Dickicht. Sch. Horſt und Hurſt,
    vepretum.
    Angelſ. Hurſt und Hyrſt.
  • Hurt, Lager zur Aufbewahrung des Win-
    terobſtes, Sch. Hurt, Crates.
  • Huͤſt und Hott, Links und Rechts! Zuruf
    an Zugpferde. Sch. Hott, quo celeuſmate
    incitantur equi ad currendum
    (Dah. Hot-
    ten
    , von ſtatten gehn) und Hutſch, ce-
    leusmatis genus
    von Hutſchen, repere.
  • Huͤtie, adv. Heute den ganzen Tag. Huͤ-
    tieund ie
    , Heute ie und ie.
  • Huure, Niederhuure, Den Koͤrper
    ſtehend gegen die Erde niederlaſſen. Hau-
    [219] ren. Ganz verſchieden von einem aͤhnlichen
    Wort, das in Meiners Br. uͤber die Schweitz
    damit verwechſelt wird.

J.


  • Jemerſt. Affektswort der Klage und Sehn-
    ſucht.
  • Jeſte, ſubſt. plur. Launen, Muthwille. Von
    Jeſen, Gaͤhren. Dah. Jaſt, Hitze;
    Jeſten Hitze, Launen. Oder von Geſtus?
  • Imme 1) fem. Die Biene. 2) maſc. collect.
    Der Bienenſtock. Id. Verſchieden von im-
    me
    , Einem, In einem. ImmliDeminnt.
  • Immis, auch Zimmis, Das Mittageſ-
    ſen. (Baſel) Sch. Imbis, Imbes. Et-
    wa entſtanden aus dem Altdeutſchen Va-
    ter Unſer. „Proth unſar emezhic kip uns
    hiutu?“
  • Jobbi, Jakob.
  • Junte, Weiberrock.
  • Juſt, Eben, gerade recht, Dah. Wohl zu
    Muthe. In der erſten Bedeutung auch
    Juſtement. Aus dem Franz. oder Ital.

K.


  • Keie, 1) neutr. Fallen. 2) act. Werfen
    κεισθαι.

[220]

L.


  • Landſem, Langſam.
  • Laubi. Einer von den Namen, die der
    Landmann den Zugochſen gibt. Horni,
    Merz, Laubi, Luſti
    , von den vier zum
    Theil nicht mehr gebraͤuchlichen Namen der
    Fruͤhiahrsmonate: Hornung, Merz, Laub-
    monat (April) Luſtmonat, (May.)
  • Leerlauf, Canal zur Ableitung des Waſ-
    ſers neben den Muͤhlraͤdern.
  • Legi, Damm durch das Beet eines Fluſſes
    zur Ableitung des Waſſers. Auch Wehr,
    Wuhr
    .
  • Lenge, 1) Bis wohin reichen. Daher 2)
    Nach etwas greifen, Holen. 3) Zureichen,
    Genugſeyn. Von Lange[und] noch uͤbrig
    in An- Be- Verlangen. ꝛc. Sch.
  • Letſch, Schlinge, Schlaufe aus dem Ueber-
    ſchuß von Band an Kleidern ꝛc. Ital. Lac-
    cio.
    LetſchliDeminut.
  • Lewat, Braſſica Napus L.
  • Logel, Faͤßchen. Lagenula. Sch. Logel Læ-
    gel etc.
  • Lopperig, adj. Was nicht mehr feſt iſt,
    hin und her wankt.
  • Loſe, Horchen. Stammwort zu Loſung,
    Lauſchen
    ꝛc. Sch. Id.

[221]
  • Luege, Schauen, Sch.Verluegerecipr.
    Sich uͤber dem [Zuſchauen] vergeſſen.
  • Luft, maſc. Sanfter Wind. fem. Luft.
    Bey den Alten auch als maſc. Luft.
  • Luͤpfe, In die Hoͤhe heben. Sch. Id.
  • Luppe, Großer Klumpe gluͤhenden Eiſens,
    das aus dem Friſchfeuer zum erſtenmal un-
    ter den Hammer kommt.
  • Luſtere, Lauſchen. Von Loſen.

M.


  • Manne, verb. Einen Mann nehmen.
  • Marcher, Der die Felder ausmißt und
    Graͤnzſteine ſezt. Von March, Graͤnze.
    Sch. March ſignum.
  • Martſche, Eine Art Kartenſpiel.
  • Maßle, Maſſe Roheiſen in langer priſma-
    tiſcher Form Maſſa, Maſſula. Sonſt Gans,
    Eiſengans
    .
  • Matte, Wieſe. Von Maͤhen. Sch. Mad.
    Mat, Matte. Ang. Sax. Mæd.
  • Meidli, Maͤdchen. Von Meid. Par.
    Marc. 5. „Meidle, ich ſag dir ſtand
    auf! Und alsbald ſtuond das Meidlin
    auf.“ Sch. Meide. Davon das neue De-
    minutiv.

[222]
  • Meiddeli, Ein kleines Maͤdchen.
  • Meje, Blumenſtraus.
  • Meng, Manch. Noch uͤbrig in Mannigfaltig.
  • Moͤhnli, Unke. Mayfroͤſchchen von Moͤn.
    Sch. Moen, Majus.
  • Morn, adv. Morgen. Sch.
  • Moſe, Flecke. Verw. mit Maſer. Sch.
    Mas, [cicatrix]; Moſe, macula.
    Id. Maaſe.
    Moͤſli und MoſeliDeminut.
  • Mummeli, Name des Rindes in der Kin-
    derſprache und beym Locken.
  • Mumpfel, ſubſt. Stuͤck Eßwaare. Ein
    Mundvoll. Id. Das Weiche im Brod.

N.


  • Naͤumer, Jemand; Naͤumis, Etwas,
    Naͤumer, Irgendwo. Aus einer unbekann-
    ten Vorſilbe und den Woͤrtern Wer, Was,
    Wo
    . Sch. Neißwar, was, wo.
  • Nechtadv. In der erſten Haͤlfte der vorigen
    Nacht. Sch. Nechten. Id.
  • Nemtig, ſubſt.Die Nemtig, Vor ei-
    nigen Tagen. Sch. Antdag, Dies poſt cer-
    tam die
    m octavæ. Id. Niemtig, Neulich.

[223]
  • Niede, Unten.
  • Niemes, Niemand. Sch. Niemenſche.
  • Niene, Nirgends. Sch.
  • Nootno, Nach und Nach.
  • Numme, Nur. Sch. Nummen, Newan,
    Newer, Newr.
  • Nuͤmme, Nicht mehr.
  • Nuͤt, Nichts.

O.


  • O, zuſammengezogen aus Au, Auch.
  • Oebber Jemand; Oebbis Etwas; Oeb-
    be
    Etwa. In alten Schriften Etwer,
    Etber, Ebber, Etbes
    ꝛc. Sch. Et-
    wer etc.
  • Oebſch, Oebſche, Etwa.
  • Oehli, Oehlpreſſe.
  • Oſer, Buͤcherſack. Id. Aunſer, Schnap-
    ſack.

P.


  • Pappe, Brey.
  • Pfnuͤſel, Schnuppen. Πνευσις. Sch.
    Pfnüsel, Phnyſel, Pfunſt.

[224]
  • Pháteſt, Laune, Muthwille. Phantaſt.
  • Plunder, Kleiduugsſtuͤcke. Alles was zum
    Anzug gehoͤrt. Dah. Pluͤndern, ſpoliare. Sch.
  • Plunni, Apollonia.
  • Poperment, Operment, Arſenik.
  • Poppere, Schnell und ſchwach klopfen.
    Poͤpperle, demin.
  • Preſteſubſt. Gebrechen. Vom verb.Pre-
    ſten
    , Feylen. Altd. „Ni imo bruſti
    Ihm gebrach nicht, Par. Uns priſt nit
    an Geſchicklichkeit. Sch.

R.


  • Raͤf, Leiterwerk, hinter welchem dem Vieh
    das Futter aufgeſteckt wird. Sch.Das
    Lezte im Raͤf haben
    . Sprichw. dem
    Tode nahe ſeyn.
  • Ranft, Rand, Rinde, Raͤnftli, de-
    min
    Id.
  • Reble, Sich kraftlos bin und her bewegen.
    Dah. Mit unuͤberwindlichen Schwierigkei-
    ten kaͤmpfen. Dah. Verreble, Langſam
    zu Grunde gehn. Id. Auſg’rablen, Sich
    wieder erholen.
  • Reckholder, Wachholder.
  • Ribi, Reibmuͤhle.

Rickli,
[225]
  • Rickli, Angeſezte Schnuͤre, durch welche
    ein Band geht, um Kleidungsſtuͤcke feſt
    anzuziehen. Id. Rick, Eine gewiſſe An-
    zahl Faͤden.
  • Ring, adv. Leicht, Ringer, mit weni-
    ger Muͤhe, Lieber. Dah. Geringe. Sch.
  • Rinke, Schnalle. Rinkli demin. Id.
  • [Ruchgras], Anthoxanth. odoratum L.
  • Rufe, Ausſchlag, Kruſte auf heilenden Wun-
    den ꝛc. Sch. Id.
  • Ruuke, Girren.
  • Ruͤmmechruͤsliger, Eine Art Winter-
    aͤpfel.
  • Rung, ſubſt. 1) Unbeſtimmt kurze Zeit.
    2)-mal Ei Rung, Einmal. Ruͤngli
    dem. von 1.

S.


  • Saͤgeſe, Senſe. Altd. Sagys, Sagy-
    ſen
    . Aus einer alten Stammſylbe, die
    noch in Sech, Saͤge, Sichel, Seco
    uͤbrig iſt, und aus Eiſen zuſammengeſezt.
    Sch. Sagys, Sægis. etc. Id. Saͤges.
  • Schaffig, Arbeitſam.
  • Scheie, Palliſade um die Gaͤrten. Sch.
    Schyen, Schygen.
  • Schellewerche, Oeffentliche Arbeit ſtraf-
    weiſe verrichten.
  • Schicht, Arbeitszeit der Schmelzer ꝛc. am
    Hohofen. Sch. Series, Ordo, Partitio.

15
[226]
  • Schiehut, Strohhut. Von Schiene,
    oder Schein.
  • Schliefe, Schluͤpfen. Das veraltete Stam̃-
    wort zu dieſem und zu Schleifen, Schlep-
    pen ꝛc. Sch. Id.
  • Schmaͤhle, verb. Vorwuͤrfe machen. Das
    Deminut. von Schmaͤhen, und verw.
    mit Schwolleu. Sch.
  • Schmehle, ſubſt. Grashalm. Id. Schmie-
    le, Schmeele, Aira. L.
  • Schnatte, Wunde. Von Schneiden. Sch.
    Schnatten, Cicatrix.
  • Schnaue, Im Unwillen ſprechen. Aſchnaue
    Hart anreden. Das Stammwort zu dem
    Intenſ. Schnautzen, und zu Schnau-
    ben
    , und ohne Zweifel auch zu dem noch
    nicht heimgewieſenen Hochd. Schnoͤde.
    Vergl. Ad. unter Schnoͤde. Sch. Schnö-
    wen, Anſchnauen
    , a Schnau pro
    Schnautze.
    Id.
  • Schnoͤre, Ruͤſſel. Sch. Schnorre.
  • Schoch, Schocheli, Ausdruck des Ge-
    fuͤhls der Kaͤlte beym Schauern. Sch.
    Schoch Interjectio ex frigore.
  • Schoͤchli, Kleine Heuhaufen auf den Wie-
    ſen. Demin. von Schoch, Haufe. Da-
    her Schoͤchle, verb. das Heu in ſolche
    zuſammenbringen. Sch. Schoch. acervus.
  • Schrunde. Aufgeſprungene und aufgerizte
    Haut. Sch.
  • Siederpræp. Seit. adv. Unterdeſſen. Sie-
    derie
    , Seither. Sch. Sid Sider etc.

[227]
  • Simſe, Vorſchuß unter den Fenſtern. Dav.
    Geſimſe. Sch. Symis, Sims.
  • Sinneverb. Weinfaͤſſer ausmeſſen und be-
    zeichnen. Scherzweiſe von Menſchen. Sig-
    nare. Sch. Sinnen, ſignare in doliis
    quantitatcm menſuræ. Hinc Sinner,
    Homo qui id facit.
  • Soͤlli, Sehr. Id. Sellig.
  • Spoͤchte, Spaͤhen. Das Intenſ. zu die-
    ſem. Spectare. Sch. Spechen etc.
  • Spoͤhtlig, Spaͤtling, Spaͤtiahr. Das
    Gegenwort zu Fruͤhling.
  • Stapfle, Stufe. Staͤpfeli. Demin.
  • Stellaſchi, Geruͤſte, Geſtell, Was viel
    Raum einnimmt.
  • Storze, Strunk der Staudengewaͤchſe.
    Stoͤrzli, Demin.
  • Stotze, Starke Beine und Schenkel. Sch.
    Stotzen, refercire.
    Id. Stotz, Stamm,
    Klotz.
  • Strehle, Kaͤmmen. Von Strehl Kamm.
    Verw. mit Striegel, Strigilis. Id. von
    Strahl.
  • Strolch, Vagabund, Id. Grober Menſch.
  • Struͤbli, Gewundenes Backwerk. Von
    Strube, Struve, Schraube. Scribli-
    ta.
    Id. Strauben, Straͤublein.
  • Stud, Pfoſten. Verw. mit Stuͤtze, Stotze.
    Statua. Sch. Stud.

15 *
[228]
  • Sunneblume, Chryſanthemum Leucanth,
    Lin.
  • Stubete. Z’ſtubete. Auf Beſuch.

T.


  • Tafére, Wirthshausſchild. Taberna. Sch.
    Tafern.
  • Tage, verb. Tag werden. Sch.
  • Taue, Feldmaß bey Wieſen. Ein Morgen,
  • Tenſch, Schleuſe bey der Waſſerleitung,
    Sch. Tenſch, Landveſte a latino Tenere,
  • Togge, Strohfackel.
  • Tole, Vertragen, Dulden. Das Stamm-
    wort zu dieſem. Mer toltenis, Wir
    duldeten uns. Goth. Thulan, An. Saͤchſ.
    Tholian, Daͤn. Taale, Isl. Dol,
    Schwed. Tola, Gr. Ταλαω. Lat. to-
    lero, tuli.
  • Toll, 1) uͤberhaupt Schoͤn. 2) Insbeſ.
    Was mit großem Aufwand verſchoͤnert iſt.
    Koͤnnte wohl das Wort von dieſer Urbe-
    deutung zur Bezeichnung des thoͤrichten
    Aufwandes, und zulezt des Thoͤrichten,
    Uebertriebenen
    ꝛc. uͤberhaupt uͤber-
    gegangen ſeyn? Vergl. Ad. unter dieſem
    Art. Id. Toll, Groß, Huͤbſch. Engl. tall.
  • Treber, Treſtern.
  • Tremel, Balke. Von TramSch. Id.
  • Trinke, Tuback trinke, Taback [rau-
    chen]
    . Noch aus einer alten Bedeutung
    [229] des Wortes Trinken, Ziehen. Trahere.
    Par.
    „Die den freien und reichlichen Geiſt
    (der Lehre) in ſich getrunken haben.
  • Trog, Hoͤlzerne Kiſte. Sch. Truhe, re-
    ceptaculum clauſum, Trog.
    Id. Truhe,
    Truche. Davon
  • Truͤeihe (Truͤhen) Urſpruͤnglich; Sam-
    melu, Zulegen. Daher: Fett, ſtark wer-
    den. Sch. Truhen, in arculam coniicere.
    „Unrecht Gut truhet nicht.“
  • Truͤmmle, 1) Sich auf einem [Punkt] her-
    um bewegen. 2) Unſtaͤt gehen. Tremulare.
    Id. Trumſeln. Davon
  • Truͤmmlig, Schwindlicht. Id. Trum-
    ſelig.
  • Tſchaͤubli, Tſchaͤubbeli, Kleiner
    Strohbuͤſchel, Warnungszeichen an verbot-
    tenen Wegen. Deminut. von Schaub,
    Strohwelle.
  • Tſchope, Kamiſol mit Ermeln. Tſchoͤp-
    li
    Demin. Aus dem Ital. Giubba, woher
    auch Juͤppe, Kinderrock.
  • Tunke, Tauchen. Tingere.

U.


  • Uding, Unding, adv. Sehr, Ueber das
    Gewoͤhnliche.
  • Umme, Hin, Herum, Verſchieden von
    Umme, Ummen, Um ihn, den, einen.
  • Uurueih, Perpendikel an der Uhr. Un-
    ruhe.

[230]
  • Urig, 1) Lauter Dinge einer Art beyſam-
    men. 2) So viel Dinge einer Art, daß
    man die andern nicht bemerkt. Wahr-
    ſcheinlich von der noch in Zuſammenſezun-
    gen uͤbrigen Stammſylbe Ur.

V.


  • Ver- in der Zuſammenſetzung mit dem Ver-
    bum, oft ſtatt Er- — Vert- ſtatt Ent-
  • Verbauſe, ſ. Bauſe.
  • Vergelſtere, Erſchrecken. Sch. Gall-
    ſtern
    , faſcinare. Vergallen, facere
    ut ſonet.
  • Verglichlige, adv.[Vergleichsweiſe].
  • Verſtune, Irre werden.
  • Viſperle, v. act. Kleines Geraͤuſch ma-
    chen. neutr. Mit ſolchem ſich fortbewegen.
  • Vogt, Schulze.
  • Volchſpiel, Menge Volks in Bewegung.

W.


  • Waͤgeſe, Pflugſchar. Altd. Wagiſen,
    Waͤgeneſe, Wagys
    . Von Waͤgen,
    Aufwinden, In die Hoͤhe heben und Eiſen.
    Nach Ad. von Wagen. Sch.
  • Wagle, Wiege.
  • Wahle, verb. Wogen. Verw. mit Wal-
    len
    , Sieden, und Welle.
  • Warbe, Das gemaͤhte Gras zum Trocknen
    auseinander ſchuͤtteln. Eigentl. Umwenden,
    [231] Verarbeiten. Verwandt mit Werben, Er-
    werben, Gewerbe, Wirbel ꝛc.
  • Waſſerſtelzli, Bachſtelze.
  • Weger, Wegerli, Wahrlich. Eigent-
    lich Comparativ von Wahe, Schoͤn, Gut.
    Par. „Haͤtten ſie geſprochen, es waͤre waͤ-
    ger
    , man lieſſe einen Menſchen Schaden
    leiden mit Haltung des Sabbathtags.“
    Sch. Id. Waͤger, Wahrlich, Beſſer.
  • Weidli, Hurtig. Sch. Weidelich, Decorus,
    Gnavus.
    Id.
  • Weihe, Speckkuchen.
  • Welle, ſubſt. Buͤndel von Reis, Stroh, ꝛc. Sch.
  • Wentele, Wanze.
  • Werchtig, Werktag.
  • Weſerei, 1) Verrechnungsſtelle bey den
    Eiſenhuͤtten. 2) Dabey errichtete Wein-
    ſchenke.
  • Wette, verb. Binden, Zuſammenfuͤgen; Dah.
    An das Joch ſpannen. Windsbeck. „Nu
    hat das Alter mit Gewalt in ſinen Strick
    mich ſo [gewetten].“
  • Wetterleich, Wetterleuchten. Im Wet-
    terleich
    , Blitzſchnell.
  • Wibe, verb. Ein Weib nehmen.
  • Wied, gedrehte Weide zum Binden. Altd.
    Bey der Wide, Beym Strang. Dah.
    viell. Wiedſauer.
  • Windeweh, Wind und Weh. Aus-
    druck fuͤr das Gefuͤhl der Unruhe bey lan-
    gem Warten. Wunden weh? Wunder weh?
    [232]Sch[:] „Wer kann allwegen gedultig ſeyn,
    wann eim ſo wunn[und] wee iſt.“
    Nach
    dieſer Orthogr. viell. ſo viel als Wohl und
    Weh, in Hofnung und Furcht.
  • Wintergfriſt, Gfriſtig, [Froſtbeulen].
  • Wolfel, Wohlfeil.
  • Wuhr, Damm durch einen Fluß zur Ablei-
    tung des Waſſers. Id. Um dem Waſſer hoͤ-
    hern Fall zu geben.
  • Wuli, Namen der Gaͤnſe bey dem Locken und
    in der Kinderſprache.
  • Wundervitz, 1) Neugierde. 2) Ein Menſch,
    der alles zu wiſſen verlangt.
  • Wuͤtſche, Sich ſchnell bewegen. Intenſ.
    von Wiſchen in Entwiſchen ꝛc.

Z.


  • Zeiche. Alle Zeichen fluchen, Alle
    Verwuͤnſchungsformeln ausſprechen.
  • Zeine, Rundkorb. Von Zein. Sch. Zein,
    virga, et Zain.
    Id.
  • Zeiner, Schmid, der das Stabeiſen in [Stan-
    gen]
    ſtreckt.
  • Zibertli, (Getrocknete) weiße Pflaumen.
    Id. Zibarten, Prunellen.
  • Zimpfer, Jungfraͤulich, Fein im Betragen,
    auch Affektirt. Sch. Id. Zumpfer.
  • Zinkli, Hyacinthen.
  • Ziſtig, Dienſtag. Sch.
  • Zit. 1) foem. Zeit. 2) neutr. Uhr. Dah. Zit-
    li
    , dem. Die Taſchenuhr. Altd. Zit. Stun-
    de. Otfrid. Niunhunt Zito, Neunhun-
    dert Stunden.
  • Zſendane. Ueberall. Zur Hand hin.
  • Zuͤber, Hoͤlzernes Waſſergefaͤß.
[][][]
Notes
*)
Ein Waldſtrom dieſes Namens, der an
dem Feldberg im Vorderoͤſtreichiſchen ent-
ſpringt, hinter Hauſen im Wieſenthal
ins Badiſche ſich ergießt, bey Guͤnden-
hauſen einen andern Strom gleiches Na-
mens aufnimmt, und bey Kleinhuͤningen
im Kant. Baſel in den Rhein ausſtroͤmt.
**)
Geſpenſt auf dem Feldberg.
*)
Eine Kapelle dieſes Namens an der
Wieſe.
*)
Alte Kirche auf einem Bergruͤcken.
*)
Stechpalme.

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Zitationsvorschlag für diese Edition
TextGrid Repository (2025). Hebel, Johann Peter. Allemannische Gedichte. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bjx2.0