[][][][][][][[III]]
Die
Conſtructionen in Holz.


Mit 500 Holzſchnitten.

Zweite
gänzlich umgearbeitete und ſehr vermehrte Auflage.
Halle a/S.:
G. Knapp's Verlagsbuchhandlung.
1877.

[[IV]][[V]]

Vorrede zur zweiten Auflage.


Bei Bearbeitung der erſten Auflage des „Handbuch der
Bauconſtruktionslehre
“ leitete mich der Gedanke, den
Studirenden des Baufaches — den Akademikern, Gewerbe- und
Baugewerksſchülern — ein Compendium zu geben, welches die
hauptſächlichſten im Hochbauweſen vorkommenden Conſtruktionen in
ſyſtematiſcher Reihenfolge enthalten ſollte. Um dies Ziel möglichſt zu
erreichen, ſchien es mir nöthig, einerſeits die Conſtruktionselemente,
d. h. hauptſächlich die Holzverbindungen, Balkenlagen, Dächer,
Steinverbände, graphiſche Conſtructionen bei Gewölben, Bedach-
ungen ꝛc., ausführlich zu beſprechen, andererſeits den knapp gehal-
tenen Text mit recht vielen, der Praxis entnommenen Beiſpielen zu
verdeutlichen, und die Figuren in kleinem, aber doch deutlichem
Maßſtabe ſo zu zeichnen, daß der Studirende die Anwendung und
Verbindung der in ſpeciellem Falle beſprochenen Conſtruktion mit
ihrer Umgebung klar erkenne.


Dieſe Grundſätze hielt ich auch bei Bearbeitung der zweiten Auf-
lage meines „Handbuch der Bauconſtruktionslehre“ feſt; gleichzeitig
habe ich nicht unterlaſſen, einzelne wichtige Abſchnitte, ſo z. B. die
Conſtruktionen in Holz und Stein, die in der erſten Auflage je
nur 5 — 6 Druckbögen einnahmen und daher allzu knapp waren,
ganz umzuarbeiten und ſehr zu vermehren. Die beiden erwähnten
Abſchnitte ſind jetzt auf das vier- bis fünffache erweitert, und auch
die Abſchnitte „Bedachungen“ und „Innerer Ausbau“ haben eben-
falls eine beträchtliche Vermehrung erhalten. Abſchnitt „Hilfscon-
ſtruktionen“ der erſten Auflage iſt in der zweiten Auflage mit einigen
anderen Abſchnitten vereinigt, ſo z. B. in Zimmerconſtruktionen mit
den Dachausmittelungen, in Steinconſtruktionen mit den Bögen und
Gewölben, u. ſ. w.


Eine ganz beſondere Vermehrung hat das Werk durch die Auf-
nahme der in Oeſterreich allgemein gebräuchlichen Conſtruktionen
erhalten, von denen man in Deutſchland noch ſehr wenig Kenntniß
hat, obgleich ſie ohne Zweifel manche vortreffliche Eigenſchaften
beſitzen. Um die Entſtehung dieſer abweichenden Conſtruktionen zu
[VI]Vorrede.
erklären, habe ich an den betreffenden Stellen die Bauordnungen
der Kronländer beigefügt. Die Aufzählung der deutſchen Bau-
ordnungen war nicht thunlich, weil dieſe einerſeits ſehr zahlreich
und faſt in allen Städten verſchieden ſind, andererſeits zur Zeit in
einer Reihe von Bezirken umgeändert werden; immerhin habe ich
manchmal die berliner Bauvorſchriften notirt.


Obgleich die öſterreichiſchen Conſtruktionen gerade durch die eigen-
artigen Bauordnungen ein nationales Gepräge erhalten haben und
in Deutſchland nicht direct nachahmungsfähig ſind, glaubte ich doch
zur Aufnahme derſelben verpflichtet zu ſein, da auch ſelbſt in Oeſter-
reich nur wenige Werke exiſtiren, welche die neueren Conſtruktionen
ſyſtematiſch und ausführlich beſprechen — dies gilt insbeſondere von
den Dachconſtruktionen; in dieſem Werke habe ich verſucht, ſowohl
die deutſchen, als auch die öſterreichiſchen Dächer nach gleichem
Princip zuſammenzuſtellen und zu entwickeln.


In Bezug auf Abſchnitt „Conſtruktionen in Eiſen“ ſei bemerkt,
daß dort nur die elementaren Anordnungen — Säulen, Träger,
einfache Dächer — dargeſtellt ſind und daher großartige Conſtruk-
tionen, wie z. B. Hallendächer u. ſ. w., unberückſichtigt bleiben,
zumal dieſe bereits in „Brandt, Lehrbuch der Eiſenconſtruktionen“
erſchöpfend behandelt wurden.


Wegen der bedeutenden Vermehrung des ganzen Werkes habe
ich auf Veranlaſſung des Herrn Verlegers, dem ich hier für die
gute Ausſtattung meinen Dank ſage, die zweite Auflage des „Hand-
buch der Bauconſtruktionslehre“ in drei von einander unabhängigen
Bänden bearbeitet, ſo daß dem Unbemittelten die Anſchaffung eines
einzelnen Bandes geſtattet iſt.


Das ganze Werk enthält ſonach:


  • 1. Band: Conſtruktionen in Holz (Zimmererarbeiten),
  • 2. Band: Conſtruktionen in Stein (Maurer- und Steinmetzen-
    arbeiten),
  • 3. Band: Conſtruktionen in Eiſen,
    Treppenconſtruktionen,
    Innerer Ausbau,
    Grundbau (Fundirung und Grundirung).

Brünn, im November 1876.


G. Wanderley.


[[VII]]

Inhalts-Verzeichniss.


  • Seite
  • Erſtes Kapitel.
  • Elementarverbindungen. Einfache Holzverbände1
  • Die Verlängerung der Hölzer 2
  • Verbreiterungen der Hölzer 3
  • Ueberkreuzungen und Knotenbildungen der Hölzer 4
  • Verdickung der Hölzer 11
  • Verſchränckung der Hölzer 16
  • Die Hänge- und Sprengewerksverbände16
  • Das Hängewerk oder der Hängebock 18
  • Das Sprengewerk oder der Sprengebock 39
  • Zweites Kapitel.
  • Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau48
  • Die Etagen- oder Zwiſchenbalkenlagen 49
  • Die Dachbalkenlagen 58
  • Die Zwiſchendecken 66
  • Die Unterſtützung der Balkenlage 69
  • Die Stärke der Balken und Träger 84
  • Der Decken- und Bodenbau in Oeſterreich 95
  • Drittes Kapitel.
  • Die Holzwände107
  • Die Blockwände 108
  • Die Riegel-, Bund- oder Fachwerkswände 110
  • Die Hänge- und Sprengewerkswände 128
  • Die Bretterwände 142
  • Viertes Kapitel.
  • Die Dachgerüſte152
  • Die Dachneigung 152
  • Die Dachformen 156
  • Seite
  • Das einfache Satteldach 165
  • Das einfache Kehlbalkendach 171
  • Der ſtehende Kehlbalkendachſtuhl 174
  • Der doppeltſtehende Kehlbalkendachſtuhl 176
  • Der liegende Kehlbalkendachſtuhl 178
  • Die Fettendächer 179
  • Der liegende Fettendachſtuhl mit Bockſtreben 180
  • Der einfachſtehende Fettendachſtuhl 183
  • Der doppeltſtehende Fettendachſtuhl 184
  • Der liegende Fettendachſtuhl mit Spannbalken 190
  • Dächer mit verſenktem Dachgebälk 196
  • Satteldächer mit ungleichen Dachneigungen 207
  • Dachgerüſte über freiſchwebenden Dächern 212
  • Die Manſarddächer 218
  • Die Pultdächer 224
  • Die Sägen- oder Shed-Dächer 229
  • Die Bogendächer 234
  • Die Dächer mit Gitterſparren 243
  • Die Dächer mit Hänge- und Sprengewerken 245
  • Die Thurmdächer 273
  • Die zuſammengeſetzten Dächer und Schiftungen 277
  • Fünftes Kapitel.
  • Die Bogengerüſte 302
  • Sechstes Kapitel.
  • Die hölzernen Hauptgeſimſe 313
  • Druckfehler-Verzeichniß 318

[[1]]

Erſter Abſchnitt.
Der Holzbau.


In den früheren Zeiten waren die künſtlichen Combinationen des
Zimmermanns Stolz und hieß der Meiſter, welcher dieſelben mit
beſonderem Geſchick ausführen konnte — heuer iſt der Begriff der
Meiſterſchaft ein anderer geworden.


Diejenigen Arbeiten, welche der Zimmermann mit ſeinen gewöhn-
lichen Werkzeugen herſtellen kann, heißen ſchlichtweg
Zimmerconſtructionen“,
und je nachdem er die unzureichenden Holz- oder Balkenmaße (ent-
weder in der Dicke oder Länge) durch Zuſammenfügung einzelner
Theile vergrößert, oder aus einzelnen Balken ein ganzes, für ſich fer-
tiges Baugerippe herſtellt, laſſen ſich die Conſtruktionen eintheilen, in:


  • 1. Elementarverbindungen,
    • a. einfache Holzverbände,
    • b. Hänge- und Sprengewerksverbände;
  • 2. Balkenlagen mit Einſchluß der Zwiſchendecken,
    oder der Boden- und Deckenbau
    ;
  • 3. Fachwerks- oder Riegelwände;
  • 4. Dachgerüſte.

Erſtes Kapitel.
Elementarverbindungen. Einfache Holzverbände.


Die einſichtsvolle Verwendung der Zimmerconſtructionen ſetzt die
genaue Kenntniß der einzelnen Elementarverbindungen voraus.


Als wichtigſte Regel gilt, daß letztere ſich leicht und ſchnell her-
ſtellen laſſen, denn einerſeits arbeitet der Zimmermann meiſt nur
mit groben Werkzeugen (Schrotſäge, Beil, Axt, Dexel, großen
Stemmeiſen), andererſeits beſitzt das Holz in ſchwachen Dimenſionen
gar keine Feſtigkeit, und würden demgemäß alle feinen und compli-
Wanderley, Bauconſtr. 1
[2]Erſtes Kapitel.
cirten Theile nicht nur dem Arbeiter ſozuſagen „unter der Hand“
abbrechen, ſondern auch beim Transport und Aufſtellen (Richten)
abſplittern.


Je nach der Lage und Anordnung der einzelnen Verbindungen
unterſcheidet man:


  • A. Verlängerungen,
  • B. Verbreitungen,
  • C. Ueberkreuzungen und Knotenbildungen,
  • D. Verdickungen.

A. Die Verlängerungen der Hölzer.


Die wichtigſten dieſer Verbindungen ſind folgende:


  • 1. Der gerade Stoß (Fig. 1).
  • 2. Der gerade Stoß mit Klammern (Fig. 2).
  • 3. Der gerade Stoß mit eiſernen Schienen (Fig. 3 A — B).
  • 4. Das gerade Blatt (Fig. 4).
  • 5. Das ſchräge Blatt mit geradem Stoß (Fig. 5).

Figure 1. Fig. 1.

Figure 2. Fig. 2.

Figure 3. Fig. 3

A—B.


Figure 4. Fig. 4.

Figure 5. Fig. 5.

  • 6. Die ſchräge Anblattung mit ſchrägem Stoß, Keilen und
    Bolzen (Fig. 6).

[3]Elementarverbindungen. Einfache Holzverbände.
  • 7. Die doppelte Anblattung oder ſchräge Hakenkamm mit ſchrä-
    gem Stoß und dem Keile (Fig. 7).
  • 8. Die doppelte ſchräge Seitenanblattung (oder ſchräger Haken-
    kamm) mit geradem Stoß, Keilen und Bolzen (Fig. 8).
  • 9. Das gerade ſchräg geſchnittene Hakenblatt mit dem Keile.

Beide Hölzer werden entweder mit hölzernen Nägeln oder ſchwa-
chen eiſernen Bolzen zuſammengehalten. Die Keile beſtehen gewöhnlich
aus hartem Holze und werden, bevor man ſie eintreibt, mit Speck
beſtrichen, damit die Reibung geringer werde.


Dieſe Längenverbindung iſt die ſolideſte, da ſie weder der Länge
nach auseinander gezogen, noch auf-, ſeit- und niederwärts ausein-
ander gedrückt werden kann.


Außerdem wendet manchmal der Zimmermann Längenverbin-
dungen mit einem eingeſetzten Stück oder Blatt an; die Fig. 10
zeigt eine ſolche Verbindung mit ſchrägem Haken und Keil. Dieſe

Figure 6. Fig. 6.


Figure 7. Fig. 8.


Figure 8. Fig. 7.


Figure 9. Fig. 10.


Conſtruction iſt die beſte dieſer Art, ſie macht aber viel Arbeit; eine
Verbolzung oder Vernagelung erſcheint überflüſſig, da das eingeſetzte
Stück ohnehin nicht heraus kann.


B. Verbreitungen der Hölzer.


Hierher gehören die verſchiedenartigen Spundungen, wie ſie bei
Spundwänden, Fußböden u. ſ. w. vorkommen.


Bei ſchwachen Spundwänden wendet man die keilförmige (Fig.
11) und bei ſtarken Bohlenwänden die quadratiſche Spundung
(Fig. 12) an.


1*
[4]Erſtes Kapitel.

Die Zuſammenſetzung der Fußenbodenbretter kann ſowohl mit
geſtrichenen, d. h. nur glattgehobelten Kanten, die mit oder ohne
Leim miteinander verbunden werden (Fig. 13), mit halber oder
gefalzter Spundung (Fig. 15), als auch mit ganzer Spundung
(Fig. 14), bei welcher die eine Brettkante eine Nuthe, die andere eine
Feder (Zapfen) erhält, geſchehen.


C. Ueberkreuzungen und Knotenbildungen der Hölzer.


1. Hölzer, welche in einer Ebene liegen.

  • a. Einfacher Zapfen (Fig. 16); ſeine Höhe beträgt ein Drittel
    der Holzſtärke, in welchem ſich das Zapfenloch befindet,
    die Zapfenbreite iſt gleichfalls ⅓ derſelben Holzbreite.
  • b. Blockzapfen (Fig. 17 A—B) wendet man nur an, wenn der
    Stiel breiter iſt als das aufzunehmende Holz.
  • c. Bruſtzapfen (Fig. 18) kommt bei Balkenauswechſelungen vor.
  • d. Eckzapfen (Fig. 19) (bei Eckſtändern).

Figure 10. Fig. 11.

Figure 11. Fig. 12.

Figure 12. Fig. 13.

Figure 13. Fig.14.

Figure 14. Fig. 15.

Figure 15. Fig. 19.
Figure 15. Fig. 16.
Figure 15. Fig. 17.

[5]Elementarverbindungen. Einfache Holzverbände.
  • e. Schräge Zapfen (Fig. 20) ordnet man für alle Streben an,
    die keinem ſtarken Schub ausgeſetzt ſind, ſo z. B. bei den
    Streben der Riegelwände, bei Dachbinderſtreben u. ſ. w.
    Zapfenbreite gleich ⅓ der Holzbreite.
  • f. Scheer- oder Gabelzapfen (Fig. 21) (bei Sparrenkuppelung.
  • g. Einfache Verſatzung (ſogenannte Anſtirnung) (Fig. 22) mit
    Zapfen dient für ſteile Streben und leichte Hängewerke.
  • h. Doppelte Verſatzung oder Anſtirnung mit Zapfen iſt für
    flachgeneigte Streben (Hängewerksſtreben u. ſ. w.) erfor-
    derlich (Fig. 23 A und B). In beiden Fällen darf die
    Tiefe der Verſatzung nicht über 1/7, beſſer ⅛ der Balken-
    höhe und die Zapfentiefe nicht mehr als ½ der Balken-
    höhe betragen. Vor der Verſatzung muß genug Holz
    (etwa 0,25—0,5m) ſtehen bleiben.

Figure 16. Fig. 18.

Figure 17. Fig. 21.

Figure 18. Fig. 20.

Figure 19. Fig. 22.

  • i. Gerade Ecküberblattung (Fig. 24) mit Nagelverbindung.
  • k. Einfache Ueberblattung (Fig. 25).
  • l. Schwalbenſchwanzüberblattung (Fig. 26) iſt beſſer als die
    vorige.

[6]Erſtes Kapitel.
  • m. Ecküberblattung mit ſchrägem Schnitt (Fig. 27) eignet ſich
    ſehr gut für Schwelleneckverbindung; die ſchiefen Flächen
    verhindern das Abrutſchen der beiden Hölzer.

Figure 20. Fig. 23

A.


Figure 21. Fig. 23

B.


Figure 22. Fig. 24.

Figure 23. Fig. 25.

Figure 24. Fig. 26.

Figure 25. Fig. 27.

  • n. Ecküberblattung mit Kamm (Fig. 28) iſt complicirter als die
    vorige und nur für gering belaſtete Schwellen empfeh-
    lenswerth.
  • o. Schwalbenſchwanzförmige Anblattung oder Gegenblattung
    (Fig. 29 und 30) ſind bei Kopfband- und Zangenver-
    hindungen gebräuchlich.

[7]Elementarverbindungen. Einfache Holzverbände.
2. Hölzer, welche in verſchiedenen Ebenen liegen.

Hierzu rechnet man:
Die Verkämmung oder Aufkämmung, Schiftung, Auf-
klauungen u. ſ. w.


Bei der Verkämmung wird aus dem einen Holze eine Vertiefung
von ⅛—1/10 der Höhe gearbeitet, in welche der vorſtehende Theil
des andern Holzes eingreift. Die Verkämmung kommt hauptſächlich

Figure 26. Fig. 28.


Figure 27. Fig. 29.


Figure 28. Fig. 30.


bei den Fachwerkswänden vor, bei welchen das Rahm- oder Kapp-
holz der unteren Wand, die Etagenbalken und die Schwelle der
oberen Wand in dieſer Weiſe verbunden werden. Sie findet außer-
dem Anwendung bei der Ueberkreuzung eines Balkens mit dem Un-
terzuge reſp. der Mauerlatte oder Mauerroſt.


Die hauptſächlichſten Verkämmungen ſind in Fig. 31 gegeben:


AA iſt die aufgekämmte Schwelle einer Riegelwand mit Ein-
ſchnitten für die Kämme; in dieſe Schwelle werden die Stiele und
[8]Erſtes Kapitel.

Figure 29. Fig. 31.


[9]Elementarverbindungen. Einfache Holzverbände.
Streben des darüber ſtehenden Stockwerks eingelaſſen (ſiehe Fig.
32 B).


BB ſind die Etagenbalken, wobei in der Ecke ein Stichbalken D
angenommen wurde.


Figure 30. Fig. 32

A.


CC giebt das Wandrähm oder
Kappholz an, welches auf den Wand-
ſtielen ruht (ſiehe Fig. 32 B).


DD kann entweder ein Unterzug
(ſiehe Fig. 32 B) oder das Rähm einer
Innen-Riegelwand (ſiehe ſpätere Fi-
guren) ſein.


F bezeichnet die Schwelle einer
auf der Balkenlage ſtehenden Innen-
Riegelwand.


Man unterſcheidet: Aufkämmungen
und Unterkämmungen; erſtere erken-
nen wir auf der Oberfläche der Hölzer

Figure 31. Fig. 32

B.


CC und EE, letztere an der Unterfläche der Schwellen AA und F.


Die Balken BB ſind mit beiden Arten verſehen.


Die Endverkämmungen heißen:


[10]Erſtes Kapitel.
  • a. Schwalbenſchwanzförmiger Blattkamm.
  • d. und e. Halbe Schwalbenſchwanzkämme.
  • b. c. und f. Ganze Schwalbenſchwanzkämme.
  • g. Ecküberkämmung mit dem Ort- oder Wandbalken G.
    Die beiden Hölzer CC und h ſtoßen im Winkel zuſammen
    und werden miteinander verklammert.
  • h. Gierung- oder Winkelverkämmung.
  • k. Einfache horizontale Ausſchneidung, welche gar keinen Halt
    gewährt und verwerflich iſt.
  • l. Schräge Ausſchneidung beſſer als die vorige.
  • n. Halbe gerade Aufkämmung.
  • m. Halbe ſchräge Aufkämmung.
  • i. Verkämmung mit Abſatz unnöthig.
  • o. Eckaufkämmung.
  • w. und p. Gerader Endkamm.
  • z. und v. Schwalbenſchwanz-Endkamm.
    Die Mittelverkämmungen ſind:
  • t. Gerader Kamm mit geradem Steg.
  • s. Gerader Kamm mit ſchrägem Steg.
  • r. Schräger Kamm mit ſchrägem Steg.
  • q. Gerader Kamm mit vertieftem Steg.
  • u. und y. Kreuzkamm.
  • x. Schwalbenſchwanzkamm.

Am häufigſten kommen die Kämme h, m, n, o, g, f, s, t, u, v
und x vor.


Die Fig. 32 A giebt dieſelben Verbindungen.


In der Regel wird die Verkämmung 2 — 3 Zentimeter gemacht,
bei ſchweren Hölzern auch 4 Zentimeter.


Die Aufklauung
iſt beſonders bei den Sparren üblich, welche man mittelſt einer Hocke
oder Klaue auf die Fetten ſetzt.


Die einfache Klaue zeigt Fig. 33; der Sparren wird recht-
winklig ausgeſchnitten und ſtumpf auf die Fette gebracht. In an-
derer Weiſe ſtemmen ſich die Seitenſparren einer Kehldachfläche gegen
den Kehlſparren (Fig. 34). In beiden Fällen befeſtigt man die Spar-
ren mit ſogenannten Sparrennägeln. Auch bei einfachen Sprenge-
werksanordnungen kommt die Klaue vor, indem die beiden gegen-
einander gerichteten Sprengeſtreben die durchgehende Fette unter-
[11]Elementarverbindungen. Einfache Holzverbände.
ſtützen (Fig. 35). Eine aus dem Mittelalter auf unſere Zeit über-
gegangene Verbindung iſt die „Klaue mit Zapfen im Neſt“, welche
noch in Oeſterreich und Süddeutſchland allgemein Verwendung fin-
det; Fig. 36 A — C giebt dieſelbe in Anſicht A, im Schnitt B, im
Grundriß C.


Figure 32. Fig. 33.

Figure 33. Fig. 34.

Figure 34. Fig. 35

Figure 35. Fig. 36.

D. Die Verdickung der Hölzer.


Da die einfachen Balken als Träger, Streben ꝛc., bei großer
Belaſtung und freiliegender Länge ſehr ſtark, und daher zu theuer
werden würden, ſo erſetzt man dieſelben durch die verzahnten,
verſchränkten
oder verdübelten Hölzer.


Die verzahnten und verdübelten Hölzer kommen bei Trägern,
Unterzügen, Sattelhölzern, doppelten Hängeſäulen, doppelten oder
mehrfach aufeinander liegenden Hänge- reſp. Sprengeſtreben vor,
während die Verſchränkung nur für verticale Eckſtiele (ſiehe Riegel-
wände) und ſtarke Hängeſäulen verwendbar iſt (ſiehe Fig. 73 u. 79).


a.Die Verzahnung.

Der verzahnte Balken kann entweder aus 3, 5 oder 7 feſt auf-
einander verbolzten Stücken beſtehen.


[12]Erſtes Kapitel.
Figure 36. Fig. 38.

Figure 37. Fig. 37

A—B.


Figure 38. Fig. 39.

Im erſten Falle hat er oben
zwei, unten ein (Fig. 37 B), im
anderen oben drei, unten zwei,
und im dritten oben vier, unten
drei Hölzer (Fig. 38).


Die Verſchiebung der einzel-
nen Hölzer wird durch ſoge-
nannte Zähne verhindert, welche
ſich gegen die zahnartigen Ab-
ſätze der unteren Hölzer ſtemmen.


Damit die aufeinander lie-
genden Theile feſt zuſammen-
bleiben, werden dieſelben mit-
telſt Schraubenbolzen gekuppelt;
letztere ordnet man hauptſächlich
an den Enden der Holzſtücke
(Fig. 38) und, wenn es nöthig
iſt, bei jedem zweiten Zahn an.
Die Schraubenbolzen (Fig. 39)
haben an dem einen Ende einen
feſt angeſchweiſten Kopf, an dem
anderen ein Gewinde, eine be-
wegliche Mutter und Unterlags-
ſcheibe. Der Bolzen iſt meiſtens
1,5zm, manchmal auch 2zm ſtark,
und wiegt 2—3 Kilogr.


Die Höhe des Trägers be-
trägt 1/12—1/15 ſeiner ganzen
freiliegenden Länge, die Zahn-
länge macht man 8/10—10/10 und
die Dicke 1/10 der Höhe des ganzen Balkens.


Die Anfertigung eines dreitheiligen verzahnten
Balkens geſchieht folgendermaßen: man theile die Höhe
der beiden Enden, als auch der Balkenmitte in 10 gleiche
Theile ein (Fig. 37 A), verbinde (ſiehe Fig. 40) den 4.
Punkt (a) am Ende mit dem 5. Punkt (b) in der Mitte
und ziehe mit dieſer Verbindungslinie eine Parallele vom
5. Punkt am Ende nach dem 6. Punkt in der Mitte.


[13]Elementarverbindungen. Einfache Holzverbände.

Der Abſtand dieſer beiden punktirten Linien (gleich 1/10 der Bal-
kenhöhe) giebt gleichzeitig die Höhe der Zähne an. Da die Zahn-
länge 8/10 — 10/10 der ganzen Balkenhöhe mißt, vermag man nun die
Zähne i h g, g f e, e d c u. ſ. w. zu verzeichnen, wobei beachtet werden
muß, daß i h, g f u. ſ. w. ſenkrecht auf a b ſtehen müſſen.


Um den verzahnten Trag-
balken noch mehr zu verſteifen
und gegen Durchbiegen zu ſichern,
pflegt man ihn abzuſprengen,
d. h. ſo zu biegen, daß die Mitte
höher zu liegen kommt als die
Enden. Eine ſolche Stechung
beträgt nur 1/60 — 1/100 der gan-
zen freiliegenden Länge und
wird dadurch erreicht, daß man
die Balkenmitte auf einen Klotz
legt und die Enden mittelſt einer
Wagenwinde hinabpreßt. Zu
dieſem Behufe werden an den
Balkenenden zwei feſt abgebun-
dene und verbolzte Holzrahmen
im Erdboden eingeſtampft, da-
mit die Schraube oben einen
feſten Widerſtand finde; in Fig.
41 iſt dies Verfahren ſkizzirt.


In ſolcher Lage bleibt der
Balken ſo lange eingeſpannt,
bis die ſämmtlichen Löcher durch-
gebohrt und die Schraubenbol-
zen feſt eingezogen ſind.


Weil die Zähne recht dicht
aufeinander liegen müſſen, ho-
belt man die Flächen glatt ab.


Figure 39. Fig. 40.

Figure 40. Fig. 41.

Wie aus der Beſchreibung erkennbar iſt, verurſacht die ſorgfältige
Herſtellung der verzahnten Balken viel Arbeit und nur ſehr geſchickte
Zimmerleute können eine ſolche Conſtruction ausführen. Um aber
auch bei geringerer Sorgfalt einen guten verzahnten Träger zu er-
halten, pflegt man die ungleichen Längen der Zähne dadurch auszu-
[14]Erſtes Kapitel.
gleichen, daß man in die entſtandenen Lücken zwei ſchlanke, aus
hartem Holze oder Eiſen gefertigte Keile mit großer Gewalt ein-
treibt (Fig. 37 B). Dies Eintreiben geſchieht noch, ſo lange der

Figure 41. Fig. 42.


Balken eingeſpannt iſt. In der Praxis wen-
det man ſtets, auch bei beſter Ausführung,
verzahnte Balken mit Keilen an.


Bei ſorgfältiger Herſtellung beträgt die
Tragfähigkeit eines verzahnten Balkens ¾
von der eines vollen, bei gleicher Höhe und
freiliegender Länge. Da wir weiter unten
behufs Berechnung der Holzſtärken eines vollen
Balkens die Formel
aufſtellen, ſo ergiebt ſich, daß beim verzahnten
Balken
ſein muß.


Bei der Annahme gleicher Tragfähigkeit
der beiden Hölzer wird bei gleicher freiliegen-
der Länge betragen:
es iſt dann,
wenn b : H und b : h = 5 : 7,
0,7 . H3 = 0,933 h3 oder
0,19 H = 0,21 h.


Daraus folgt, daß unter gleichen Umſtän-
den (Belaſtung und freiliegender Länge und
Tannenholz) die Höhe des verzahnten Balkens
mindeſtens 1,1, beſſer 1,1—1,3 mal höher ſein
muß, als die eines Trägers aus vollem Holze.


Erwähnt ſei ſchließlich noch, daß die un-
teren Holzfaſern auf abſolute, die oberen
auf rückwirkende Feſtigkeit in Anſpruch ge-
nommen werden, und man über jeden Stoß
eine eiſerne Schiene, dagegen zwiſchen die
[15]Elementarverbindungen. Einfache Holzverbände.
Hirnenden der Hölzer eine dünne Bleiplatte legen muß, damit die
Hirnenden ſich nicht zuſammendrücken.


b.Die Verdübelung.

Die Bearbeitung des eben beſchriebenen Balkens
oder Trägers iſt ziemlich ſchwierig, deshalb begnügt
man ſich meiſtens damit, zwei Balken ſtumpf aufein-
ander zu legen und feſt zu verbolzen. Um die Ver-
ſchiebung derſelben unmöglich zu machen, treibt man
ſchlanke eiſerne oder eichene Dübel zwiſchen die Balken-
hälften. Dieſe erhalten entweder nach Fig. 42 b qua-
dratiſche, oder nach a rechteckige Querſchnitte. Die Höhe
des ganzen Balkens beträgt ebenfalls 1/12 — 1/15 der
ganzen Spannweite; auch wird die Sprengung gleich
1/60 der Spannweite gemacht. — Die Tragfähigkeit des
verdübelten Balkens iſt gleich der des verzahnten, alſo
gleich ¾ der Tragfähigkeit eines vollen Balkens unter
ſonſt gleichen Umſtänden.


Da die [Verſchiebung] der beiden Holztheile in der
Mitte des Balkens ſehr gering iſt, dagegen nach den
Enden progreſſiv zunimmt, ſind die Keile hauptſächlich
an den Balkenenden erforderlich.


Wie erſichtlich, beſteht in Fig. 42 der obere Theil
aus zwei ſchräggeſchnittenen Stücken; dies kann aber
nur bei horizontalliegenden Hölzern, z. B. bei Trägern
und Unterzügen, geſchehen. In der Regel legt man
zwei gleichſtarke Hölzer aufeinander. Bei allen geneigt
liegenden verdübelten Conſtructionen (ſiehe Fig. 47 u.
48) muß ſolches ſtets ſtattfinden. In dieſem Falle
fällt die ſogenannte „Stechung“ fort.


Die Verwendung der verdübelten Hölzer iſt eine
mannigfache; die Fig. 44 zeigt die Verdübelung zweier
Balken bei Sprengewerken, Fig. 45 bei Sattelhölzern,
Fig. 46 desgl., Fig. 47 bei Zuſammenkuppelung zweier
aufeinander liegender Hängeſtreben (bei dieſer Figur
iſt der Hängebalken verzahnt), Fig. 48 bei Verſtärkung
der Hauptſtreben in Fettendächern, u. ſ. w.


Figure 42. Fig. 43.
[16]Erſtes Kapitel.

C. Die Verſchränkung der Hölzer


findet blos bei Verdickung der verticalen Ständer und Hängeſäulen
ſtatt. Im Allgemeinen vermeidet man die Verſchränkung ſoviel als
irgend möglich, da ſie zu viel Arbeit macht und durch die Verdübe-
lung ganz gut erſetzt werden kann; in dieſer Hinſicht verweiſen wir
auf die weiter unten illuſtrirten doppelten Stiele.


Figure 43. Fig. 44.

Figure 44. Fig. 45.

Figure 45. Fig. 46.

Die Fig. 49 veranſchaulicht die Verſchränkung, welche darin be-
ſteht, daß man die Holzſtärke in neun Theile zerlegt und die mitt-
leren Streifen für die Verſchränkung benutzt. Die Länge eines Zahnes
mißt das Zwei- bis Dreifache der Holzbreite. Durch jeden Zahn zieht
man einen Bolzen. Um die Ungenauigkeit der Zahnlängen auszu-
gleichen, werden Keile eingetrieben. Die Anwendung der Verſchränkung
ſehen wir bei Riegelwänden mit hohen Eckſtändern.


Die Hänge- und Sprengwerks-Verbände.


Freiſchwebende Decken, Dachgerüſte und Wände, welche einer Un-
terſtützung bedürfen, ſtehen faſt immer mit Hänge- oder Sprenge-
werken, oder mit beiden in Verbindung. Daher ſpielen dieſe Hänge-
[17]Elementarverbindungen. Hänge- und Sprengwerksverbände.
und Sprengewerksverbände in der Zimmerkunſt eine große Rolle,
und nicht ſelten erkennt man in der Art und Weiſe ihrer Verwendung
die Geſchicklichkeit und den Scharfſinn des Conſtructeurs.


Figure 46. Fig. 47.

Figure 47. Fig. 48.

Figure 48. Fig. 49.

Wanderley, Bauconſtr. 2
[18]Erſtes Kapitel.

1. Das Hängewerk oder der Hängebock


iſt ſtets die Combination mehrerer (mindeſtens vier) Hölzer, die ſich
gegenſeitig abſtützen; man bringt ihn über einen Balken ſo an, daß
die auf dem letzteren ruhende Laſt (Eigengewicht und Extrabelaſtung)
auf feſte Stützpunkte übertragen wird; alsdannn macht der horizon-
tale Hängewerksbalken, der als Zuganker oder Schließe wirkt, den
Strebenſchub unſchädlich und iſt nur ein verticaler Druck auf den
beiden Balkenauflagern vorhanden.


In jedem Hängewerke ſind wenigſtens vier Hölzer erforderlich,
nämlich: eine Hängeſäule, zwei gegeneinander gerichtete Hänge-
ſtreben
und ein Hängebalken oder Hängetramen; bei großen
Hängewerken kommt noch ein Spannbalken hinzu.


Die Größe des Hängewerks und die Anzahl der Hängeſäulen und
Streben richtet ſich nach der Länge des Hängewerksbalkens.


Fig. 50 — 56 zeigen die verſchiedenen Syſteme und deren Zuſam-

Figure 49. Fig. 50.
Figure 50. Fig. 52.


Figure 51. Fig. 51.
Figure 52. Fig. 53.


Figure 53. Fig. 55.
Figure 54. Fig. 54.


menſetzungen. Man unterſcheidet danach einfache, doppelte, drei-
fache
ꝛc. Hängewerke, je nach der Anzahl der Hängeſäulen.


Das einfache Hängewerk (Fig. 50) beſteht aus den Streben NO
und ON, der Hängeſäule oder dem Hängeſtänder MO und dem
Hängebalken NN, der mittelſt Hängeeiſen und Bügel mit der Hänge-
ſäule befeſtigt iſt.


[19]Elementarverbindungen. Hänge- und Sprengwerksverbände.

Das doppelte Hängewerk (Fig. 51) hat ebenfalls die Streben
NO und ON, den Hängebalken NN, zwei Hängeſäulen OM,OM und
den Spannbalken oder Spannriegel OO.


Wie wir weiter unten noch näher erkennen werden, wird in Fig. 50
die auf NN ruhende Laſt in M von der Hängeſäule OM aufgefangen
und in O durch die Streben ON nach N übertragen. In Fig. 51
hängt der Balken NN an zwei Hängeſäulen OM, die von den Stre-
ben ON an der einen Seite abgeſtützt werden. Damit die Streben
eine paſſende Gegenkraft finden, iſt der Spannriegel unbedingt noth-
wendig.


Das dreifache Hängewerk oder der Hängebock wird verſchieden
ausgebildet; erſtens beſteht es wie Fig. 52 aus zwei einfachen
Böcken, deren beide inneren Streben ſich auf die Mitte des Hänge-
balkens ſtützen und aus einem darüber befindlichen großen einfachen
Hängewerk, deſſen Hängeſäule den Druck der Streben aufnimmt,
zweitens (Fig. 53) über einem großen doppelten Bock ſteht ein an-
deres einfaches Hängewerk, deſſen Hängeſäule nur bis zum Spann-
riegel reicht, und drittens (Fig. 54) die Hängeſäule des einfachen
Hängewerks reicht bis auf den Hängebalken und fängt dieſen auf.


Zu beachten iſt, daß die ſich bedeckenden Hängeſtreben dicht auf-
einander liegen und feſt verbolzt und verdübelt werden (ſiehe Fig. 47).


Das vierfache Hängewerk (Fig. 55) beſteht aus der Zuſammen-
ſetzung von zwei doppelten
Hängeböcken, und das fünf-
fache
Hängewerk (Fig. 56) hat
wiederum mehrere einfache und
einen großen doppelten Bock.


Im Hochbau finden die
Hängewerke bei Dächern, ſchwe-
benden Wänden (Fig. 55)

Figure 55. Fig. 56.


und Decken (Fig. 57 und 58) Anwendung. In letzterem Falle liegt
das Hängewerk in der Regel rechtwinklig zur Balkenlage und der
Hängewerksbalken dient dann als Träger reſp. Unterzug der ſämmt-
lichen Balken oder Träme. Der Hängewerksbalken kann entweder
über der Balkenlage (Fig. 57) als Träger liegen, wobei die Bal-
ken an ihm anhängen, oder er befindet ſich unter der Balkenlage
als Unterzug, und bietet den Balken ein Auflager (Fig. 58). Die
letzte Anordnung findet man am häufigſten, da ſelbige die Decke in
2*
[20]Erſtes Kapitel.
mehrere große Felder zerlegt, welche ſich bedeutend beſſer decoriren
laſſen, als die langen ſchmalen Streifen in Fig. 57. Bezüglich der
Anwendung der Hängewerke verweiſen wir bei Wänden, bei Decken
und Dächern auf die folgenden Figuren.


Figure 56. Fig. 57.

Figure 57. Fig. 58.

In Nachſtehendem beſprechen wir die einzelnen Theile des Hänge-
werks:


a.Die Hängewerksſtreben.

Die vortheilhafteſte Richtung der Streben giebt ein Neigungs-
winkel von 41° 40 Minuten (Winkel zwiſchen Strebe und Hänge-
balken); dieſer Winkel entſteht bei einem einfachen Hängewerke, wenn
beträgt,
wobei H die Höhe der Hängeſäule und l die halbe Länge des Hänge-
balkens bedeutet. Bei dieſer Richtung der Hängeſtreben erhält man
den geringſten Querſchnitt, was ſich ſtatiſch nachweiſen läßt.


[21]Elementarverbindungen. Hänge- und Sprengwerksverbände.

Die vorgeſchriebene Neigung wird aber ſelten eingehalten, da
man in der Praxis die Höhe des Strebenangriffspunktes nicht be-
liebig wählen kann. Immerhin trachtet man danach, das angegebene
Maß zu erreichen.


Figure 58. Fig. 59.

Figure 59. Fig. 60.

Die Verbindung der Strebe mit dem Hängebalken geſchieht bei
leichten Hängewerken mit einfacher (Fig. 22), bei ſchweren
Hängeböcken mit doppelter Anſtirnung und Zapfen (ſiehe Fig. 23);
zum beſſeren Halte dienen dann noch eiſerne Bolzen oder Bänder,
welche entweder lothrecht zur Strebe a oder zum Hängebalken b
(Fig. 59) gerichtet ſein können. Es iſt darauf zu achten, daß vor
der Anſtirnung oder Ver-
ſetzung mindeſtens 0,3 bis
0,4m Holz ſtehen bleibe.


Bei dreifachen und noch
größeren Hängewerken wird
der Hängebalken am Ende
durch die Verſetzung ſehr
geſchwächt, aus welchem
Grunde man ein Sattel-
holz unter den Hängetram
legt (ſiehe auch Fig. 46).
Das Sattelholz kann ent-

Figure 60. Fig. 61.


weder über dem Hängebalken liegen (Fig. 60) oder unter dem-
ſelben (Fig. 61).


Damit die doppelten reſp. dreifachen Streben den Schub gemein-
ſchaftlich auf die Enden übertragen, werden ſie zuſammengebolzt und
verkeilt (Fig. 60 und 61).


[22]Erſtes Kapitel.
b.Die Hängeſäulen.

Dieſelben beſtehen bei leichten Hängewerken aus einem Holz, bei
ſchweren aus zwei Hölzern, welche zuſammengebolzt und verdübelt
oder verſchränkt werden (ſiehe Fig. 49 und 73).


Es iſt zweckmäßig, die Entfernungen der Hängeſäulen von ein-
ander ſo anzuordnen, daß die Mittelöffnung ſich zu den Seiten-
öffnungen verhält wie 3 : 4 : 3 (Fig. 57), damit der Hängebalken
gleiche Widerſtandskraft beſitze.


c.Die Hängewerksbalken oder Hängetramen

behandelt man ganz ebenſo wie die Träger.


Sind lange Balken nicht vorhanden, ſo verbindet man unter der
Hängeſäule zwei kürzere Hölzer mit ſchrägem Hakenkamm und Keilen
(Fig. 7 und 8), oder mit Stoß und eiſernen Schienen (Fig. 3). Zur
beſſeren Unterſtützung der verbundenen Stücke dient dann noch ein
Sattelholz (Fig. 71). Falls außerordentliche Dimenſionen für die
Hängeträger erforderlich ſind, legt man zwei Hölzer übereinander an,
die verbolzt und verdübelt werden, und ſomit nach den, bei Fig. 38
bis 43 gegebenen Regeln behandelt werden (ſiehe auch Fig. 47). In
neuerer Zeit kommen derartige ſchwere Hängewerksconſtructionen höchſt
ſelten vor, da man bei umfangreicher Verwendung des Schmiede-
eiſens weit beſſer und billiger zum Ziele kommt.


Daß man die Enden größerer Hängewerksbalken mittelſt Sattelhöl-
zern verſtärkt, haben wir bereits bei Beſprechung der Fig. 61 erwähnt.


d.Die Verbindung der Hängeſäule mit der Strebe.

Als Hauptregel iſt zu beachten, daß ſich die Mittellinien der
Streben mit der Mittellinie der Hängeſäule in einem Punkte ſchnei-
den (Fig. 62).


Figure 61. Fig. 62.

An der Hängeſäulenſpitze muß genug Holz ſtehen
bleiben, damit die Strebe nicht wegrutſcht. Aus
dieſem Grunde dürfte ſtets anzurathen ſein, bei
ſchweren Conſtructionen den Säulenkopf mittelſt
einer eiſernen Schiene an die Streben zu befeſtigen.


Bei kleinen und einfachen Hängeböcken, deren
Hängeſäulen in der äußeren Strebenkante endigen, benutzt man
meiſtens die in Fig. 63 gegebenen Methoden, die darin beſtehen,
daß ſowohl ein Winkelarm, als auch eine eiſerne Kappe das Weg-
rutſchen der Streben verhindern.


[23]Elementarverbindungen. Hänge- und Sprengwerksverbände.

Für größere Hängewerke, deren Streben ohnehin eine bedeutende
Breite haben, eignet ſich dies Verfahren nicht; in dieſem Falle iſt
ein breiter Kopf nothwendig, der ſich bei einfachen Hängeſäulen durch

Figure 62. Fig. 63.


Figure 63. Fig. 64.


Andübelung und Anbolzung mehrerer Kopfhölzer nach Fig. 64 oder
durch Anordnung einer ſogenannten doppelten Hängeſäule nach Fig. 65,
welche die Strebenköpfe vollſtändig umfaßt, herſtellen läßt.


e.Die Verbindung der Hängeſäule mit den Hängebalken.

Für leichte Hängewerke, wie ſolche in Hängewerkswänden und
kleinen Dachbindern vorkommen, genügt die in Fig. 66 ſkizzirte Ver-

Figure 64. Fig. 65.


Figure 65. Fig. 66.


bindung; dieſelbe beſteht aus einem Eiſenbande von etwa 5zm Breite
und 3—5mm Dicke, welches an beiden Enden umgebogen iſt und
von Krampen und Nägeln gehalten wird.


Es darf nicht unbeachtet bleiben, daß die Hängeſäule mindeſtens
3zm vom Hängebalken abſtehen muß, damit bei einem ſpäteren Setzen
[24]Erſtes Kapitel.
der ganzen Conſtruction der Hängetram nicht belaſtet und durch-
gebogen werde.


Die Verbindung in Fig. 66 vermag man nicht zu reguliren, und
iſt daher Fig. 67 weit vortheilhafter; hierbei ſind an beiden Seiten
der Hängeſäule zwei Hängeeiſen vorhanden, die mittelſt Schrauben-
muttern eine unter dem Tram befindliche Unterlagsſcheibe halten.


In den großen Dachbindern mit doppelten Hängeſäulen läßt man
letztere den Hängebalken umfaſſen (Fig. 68).


Figure 66. Fig. 67.

Figure 67. Fig. 68.

Wie wir ſchon oben erwähnten, kann, wenn ein Balkenroſt von
einem Hängewerke aufgefangen werden ſoll, der Hängebalken ent-
weder ober- oder unterhalb der Balkenlage liegen. Hiernach
ergeben ſich die mannigfachſten Anordnungen; in beiden Fällen ſteht
die Hängeſäule entweder über oder neben dem Träger, und dienen
ſowohl die Balken als auch die Träger als Hängeträme, wie die
nachſtehenden Beiſpiele veranſchaulichen.


Die am häufigſten vorkommende Verbindung ſehen wir in Fig. 69;

Figure 68. Fig. 69.


[25]Elementarverbindungen. Hänge- und Sprengwerksverbände.
der Hängebalken liegt unten und wird vom Hängeeiſen, welches
durch die Balken reicht, umfaßt. Jedes der beiden Hölzer kann
Hängebalken ſein.


In Fig. 70 ſteht die Hängeſäule
zwar über dem Träger, aber neben
einem Balken und iſt der Träger
gleichzeitig Hängebalken.


Ebenſo verhält es ſich in Fig. 71.


Weſentlich anders ſind Fig. 72
und 73 geſtaltet; in beiden Beiſpielen
liegt der Träger oben und ſteht die
Hängeſäule neben demſelben. Der Bal-
ken, welchen das Hängeeiſen umfaßt, iſt
gleichzeitig Hängebalken und unterſtützt
den Träger, an dem die ſämmtlichen
Zwiſchenbalken mittelſt Bolzen hängen.


Figure 69. Fig. 70.

Der Anordnung Fig. 69 ſehr ähnlich ſcheint Fig. 74 zu ſein; hier
ſind an jeder Seite der doppelten Hängeſäule zwei Bänder befeſtigt,
die ſich von eiſernen Keilen auftreiben laſſen.


Figure 70. Fig. 71.

Während in Fig. 69 der Träger unten angenommen wurde, liegt
derſelbe in Fig. 74 oben. Sowohl der Träger, als der aufgehängte
Balken bietet den Hängeſtreben genügend ſichere Stützpunkte.


f.Die Verbindung der Hängeſäule mit dem Spannriegel
und der Strebe
.

Auch hierbei gilt als Hauptregel, daß die Mittellinien der Hänge-
ſäule, des Spannriegels und der Streben ſich in einem Punkte
[26]Erſtes Kapitel.
ſchneiden müſſen, damit die Fortpflanzung des Druckes nur von
einer Stelle vor ſich gehe (Fig. 75).


Figure 71. Fig. 72.

Figure 72. Fig. 73.

Figure 73. Fig. 74.

Figure 74. Fig. 75.

In gewöhnlichen Fällen ſtemmen ſich der Spannriegel und die
Strebe mittelſt Verſetzung und Zapfen gegen die Hängeſäule, und
damit dieſe Verbindung unverſchiebbar bleibe, ordnet man bei großen
Hängewerken auf der Kreuzung der drei Hölzer eine dreiarmige
[27]Elementarverbindungen. Hänge- und Sprengwerksverbände.
Klammer (Fig. 76), und zwar
auch ſelbſt dann, wenn über der
Hängeſäule noch eine hinreichende
Menge Holz vorhanden iſt.


Bei dem dreifachen Hänge-
werk, in welchem zwei Streben
übereinander liegen, umfaßt die
Eiſenklammer gleichfalls die obere
Strebe (Fig. 77). Falls die Hänge-

Figure 75. Fig. 76.


ſäule doppelt iſt, umgreift dieſe ſowohl den Spannriegel als auch
die Strebe, und werden die beiden letzten Hölzer nur ſtumpf zuſam-

Figure 76. Fig. 77.


mengeſtoßen (Fig. 78) Aehnlich muß die Verbindung ſein, wenn
in die doppelte Hängeſäule die aufeinander liegenden Streben eines
dreifachen Bocks umgreifen (Fig. 79).


Figure 77. Fig. 78.

[28]Erſtes Kapitel.

Die Hängeſäulen werden häufig noch verlängert, damit die Pfetten
des Dachgeſpärres auf ihnen liegen können (ſiehe Fig. 47). Bei

Figure 78. Fig. 79.


Figure 79. Fig. 80.


doppelten Hängewerken, welche
keine Belaſtung zu tragen haben
und nur in den Hauptbindern
der Dachgerüſte vorkommen, kann
der Spannriegel zangenartig die
einfache Hängeſäule und Strebe
halten (Fig. 80); natürlicher
Weiſe muß dann für gute Ver-
bolzung geſorgt werden, damit
das gebildete Dreieck unverſchieb-
bar bleibe.


Solche Anordnungen kommen
häufig in den Hauptbindern der
Güterſchuppen u. ſ. w. vor.


Mit den nachſtehenden Fig. 81—83 führen wir die einfachſte Ver-
wendung der Hängewerke in Dachbindern vor, ohne ſchon an dieſer
Stelle auf die Conſtruction der Dachgerüſte einzugehen. Ferner ver-
weiſen wir auf Fig. 47.


Die Anwendung der Hängeböcke in freiſchwebenden Riegelwänden
machen die Figuren in dem betreffenden Kapitel deutlich.


g.Die Eiſenverbindung der Hängewerke

beſteht aus Schienen und Bolzen. Die Schienen ſind in der Dicke
und Breite verſchieden, und zwar beträgt in der Regel die Breite
2½—6½zm, die Dicke 1½—1⅓—2zm. Oberhalb werden ſie mit
[29]Elementarverbindungen. Hänge- und Sprengwerksverbände.
Krampen und Bolzen verſehen und befeſtigt. (Siehe Fig. 81, 82, 83,
66—74.)


Figure 80. Fig. 81.

Figure 81. Fig. 82.

Figure 82. Fig. 83

A.


[30]Erſtes Kapitel.
Figure 83. Fig. 83

B.


Auch die Bolzen erhalten
verſchiedene Stärken, ſo z. B.
werden ſie für Zwiſchenbalken
an den Trägern 2,5—3zm ſtark
angenommen; lange Bolzen
müſſen ſtärker ſein, als kurze.
Die Bolzen haben auf der
einen Seite einen angeſchmie-
deten Kopf und am anderen
Ende ein Gewinde. Zu bei-
den Seiten des Holzes werden
ſogenannte Unterlagsſcheiben
gelegt, damit die Mutter und der Bolzenkopf nicht in das Holz
eindringen können (Fig. 39).


Die Dimenſionen der Hängewerke.

Im Allgemeinen kann man annehmen, daß die Hängeſäulen
4,6—6m auseinander ſtehen, und zwar:

Das letzte Maß gilt auch für Hängewerke von 5 und mehr
Hängeſäulen.


Wie ſchon früher erwähnt, müſſen die Hängeſäulen in dem Ver-
hältniß wie 3:4:3 von einander entfernt ſtehen, wodurch der Hänge-
balken allenthalben gleiche Widerſtandsfähigkeit erhält.


Für den einfachen Hängebock beträgt die Höhe der Hängeſäule
am zweckmäßigſten H = 0,7 l, in dem doppelten Hängebock macht
man H = 0,8 l, wenn l die Weite einer Oeffnung bedeutet.


Die hier gegebenen Abſtände kann man in der Praxis nur bei
ganz freiſchwebenden Dachbindern einhalten, während bei unterſtütz-
ten Dachgerüſten, wie ſolche in Wohngebäuden meiſtens vorkommen,
die Lage der Lang- und Quermauern für die Aufſtellung der Hänge-
werke maßgebend ſind.


[31]Elementarverbindungen. Hänge- und Sprengwerksverbände.

Für alle „öſterreichiſche Dachgerüſte“ (ſiehe weiter unten) laſſen
ſich die notirten Diſtanzen verwerthen.


Die Stärke des Hängebalkens wird nach derſelben Formel
berechnet, welche wir für die gewöhnlichen Balken weiter unten an-
geben. Es muß nur berückſichtigt werden, daß bei dem einfachen
Hängewerk der Hängebalken an den Enden aufliegt und in der Mitte
feſt eingeſpannt iſt, während bei dem doppelten Hängewerke das
Mittelſtück als an beiden Enden feſt eingeſpannt gilt.


Die Stärke der Strebe berechnet man nach empiriſchen Regeln,
wenn H die Höhe der Strebenneigung in Metern bedeutet, mit:
h = (16 + 1,5 . H)zm bis (16 + 1 . H)zm;
bei großem Neigungswinkel gilt die letzte Formel, bei kleinem die
erſte. Die Breite (b) wird dann 3zm geringer gemacht, alſo
b = (h — 3)zm.


Die Ermittelung der nothwendigen Querſchnitts-Dimenſionen der
Verbandſtücke großer und ſtark belaſteter Hängewerke kann nur mit
Zuhilfenahme des ſtatiſchen Calcüls geſchehen; in den nachfolgenden
Bemerkungen geben wir hierzu eine kurze Anleitung.


Wie ſchon geſagt wurde, beſteht die Function eines Hängewerkes
darin, daß der Hängebalken N N (Fig. 50 und 51) an einer oder
mehreren Stellen aufgenommen wird, damit die Laſt von der Hänge-
ſäule, welche in O an den Strebenköpfen hängt, nach den Aufſtütz-
punkten N übertragen werde.


a.Die Berechnung des einfachen Hängewerkes (Fig. 84).

Nehmen wir an, daß der Hängebalken aus einem Stücke beſtehe
und gleichmäßig belaſtet ſei, oder daß die nöthige Verbindung (ſtets
unter einer Hängeſäule) der
Balken, wie aus einem Stück
beſtehend erſcheint, ſo iſt bei
einer Unterſtützung die ganze
an der Hängeſäule wirkende Laſt
Q = ⅝ P.


Nennen wir den Neigungs-
winkel, den die Strebe mit dem
Hängebalken bildet, α, das Eigen-
gewicht der Strebe G, ſo beträgt
die Preſſung in den Streben NO:


Figure 84. Fig. 84.

[32]Erſtes Kapitel.

Dieſer Strebenſchub zerlegt ſich an den Unterſtützungspunkten in
einen Horizontal- und Verticalſchub und zwar beträgt der Horizon-
talſchub
und der Verticalſchub

Aufgabe. Ein einfaches Hängewerk trage eine hölzerne Balken-
decke, das Gewicht derſelben betrage 20000 Kilogr.; dieſe vertheilen
ſich gleichmäßig auf den Träger reſp. Hängebalken, ferner ſei die
Höhe der Hängeſäule 3,75m und die Länge des Hängebalkens 12m.
Wie ſtark ſind die Dimenſionen der Hölzer und des Hängeeiſens zu
machen?


Antwort. Die ganze Belaſtung beträgt


  • P = 20000 Kilogr.,
  • demnach Q = ⅝ P = ⅝ . 20000 Kilogr.
  • Q = 12500 Kilogr.

1. Der Querſchnitt der Hängeſäule. Die Hängeſäule wird
auf abſolute Feſtigkeit in Anſpruch genommen, d. h. ſie (entweder
aus Holz oder Eiſen) wird in ihrer Längenrichtung (Schwerpunkts-
axe) durch das angehängte Gewicht ſo gezogen, daß ſchließlich bei
einer zu großen Belaſtung ein Zerreißen ſtattfinden würde. In
der Praxis aber werden die Hängeſäulen nur ſo ſtark belaſtet, daß
ſie bei Holz eine zehnfache, bei Schmiedeeiſen eine ſechsfache Sicher-
heit gegen Bruch gewähren.


Unter Berückſichtigung dieſer Sicherheit empfehlen ſich folgende
erthe für den Sicherheitscoefficient k:


  • für Holz  k pr.zm 70 Kilogr.
  • „ Schmiedeeiſen, dünne „ „ 700 „
  • „ „ dicke „ „ 525 „
  • „ Eiſendraht   „ „ 1000 „

Bezeichnet

  • f die Querſchnittsfläche in □zm,
  • p die daran hängende Belaſtung in Kilogr.,
  • k den Sicherheitscoefficient,

ſo iſt


[33]Elementarverbindungen. Hängewerke.

Bei unſerem Beiſpiele iſt p = Q zu ſetzen,


  • oder p = 12500 Kilogr.,
  • demnach ,
  • f = 178 □zm,

oder wenn die hölzerne Säule quadratiſch angenommen wird,


  • f = b2,
  • oder b2 = 178,
  • b = 13,3zm im Quadrat.

Das Maß für b richtet ſich ſtets nach der Ziegelbreite; der öſter-
reichiſche Normalziegel iſt 14zm, der deutſche 12zm breit.


Demgemäß würde man für öſterreichiſche Verhältniſſe die Hänge-
ſäule 14zm im Quadrat machen.


Da jedoch der Querſchnitt der Hängeſäule durch die Streben-
anſtirnungen und Verzapfungen bedeutend geſchwächt wird, muß in
dieſem Falle die eine Säulenſtärke mindeſtens 20zm betragen.


2. Der Querſchnitt des Hängeeiſens. Das Hängeeiſen
oder Hängeband, welches die Hängeſäule mit dem Hängeband ver-
bindet, erhält einen Querſchnitt von:

Wird das Band an jeder Seite herumgelegt (Fig. 61, 71 u. 73),
ſo iſt für den Querſchnitt
zm erforderlich.


3. Der Querſchnitt der Streben. Bei der Berechnung der
Strebendimenſionen iſt zu beachten, daß die Strebe auf rückwir-
kende
Feſtigkeit in Anſpruch genommen wird, welche ſich wiederum
auf zwei verſchiedene Weiſen zu erkennen giebt, nämlich als Feſtig-
keit gegen Zerdrücken und gegen Zerknicken. Demzufolge ſind
beide Fälle zu berechnen und alsdann die größten gefundenen Dimen-
ſionen des einen oder anderen Falles anzunehmen. Hauptſächlich
kommt die Zerdrückungsfeſtigkeit zur Geltung. Die Ermittelung
derſelben geſchieht nach folgenden Formeln, wenn R der Streben-
ſchub, b die kleinere und h die größere Seite in Zentimetern und S
der Sicherheitscoeffizient für Tannenholz 60 Kilogr., für Eichenholz
70 Kilogr. pr.zm bedeutet.


Wanderley, Bauconſtr. 3
[34]Erſtes Kapitel.

Iſt das Seitenverhältniß oder ,
ſo wird ſein: oder
oder bei quadratiſchem Querſchnitt quadratiſch:

Zur Ermittelung der Dimenſionen für die Zerknickungsfeſtig-
keit
müſſen wir die Höhe der Verticalprojection der Strebe mit a
bezeichnen und für den Elaſticitätsmodul E für Holz = 105000 Klgr.
pro □zm, ferner für g die Länge des halben Hängebalken oder, was
ebenſo viel heißt, die Länge der horizontalen Projection der Strebe
in Zentimetern annehmen. Die Strebe wird als an bei-
den Enden feſt eingeſpannt betrachtet.


Es ergiebt ſich nun wieder, wenn das Seitenverhältniß
oder beträgt,
für
oder

oder bei quadratiſchem Querſchnitt:

Bisher haben wir angenommen, daß die Streben nicht belaſtet
ſind; es kommt jedoch manchmal der Fall vor, z. B. bei Fetten-
dächern, daß dieſelben gleichzeitig durch eine Extrabelaſtung auf
Durchbiegen, alſo auf relative Feſtigkeit, in Anſpruch genommen
werden.


Bezeichnen wir dieſe Extrabelaſtung mit B, die Länge der Strebe
mit s in Zentimetern und den Sicherheitscoeffizient S = 70 Kilogr.
pro □zm, ſo erhalten wir, wenn die Strebe mit beiden Enden
freiliegt,
[35]Hängewerke.
bei dem Seitenverhältniß oder ,
oder bei quadratiſchem Querſchnitt der Strebe

Die nun gefundenen Querſchnittsdimenſionen ſind mit denjenigen,
welche durch die Formeln der Zerdrückungsfeſtigkeit entſtanden, zu
vergleichen und die größten berechneten Dimenſionen erhalten die
Streben zum Querſchnitte.


Bezeichnet man die halbe Länge des Hängebalkens mit g und
die Höhe der Hängeſäule mit a in Zentimetern, ſo beträgt die Länge s
der Strebe
oder trigonometriſch ausgedrückt, iſt:

Kehren wir nach dieſen allgemeinen Bemerkungen zu unſerer Auf-
gabe zurück, ſo müſſen wir zuvor die Preſſung in der Strebe feſt-
ſtellen.


Nach den in der Aufgabe angenommenen Zahlen iſt
demnach


3*
[36]Erſtes Kapitel.

Hiernach würden ſich die Dimenſionen der Streben für die Zer-
drückungsfeſtigkeit, vorausgeſetzt, daß h : b = 7 : 5 betrage, ſich
beſtimmen laſſen nach der Formel

Hinſichtlich der Zerknickungsfeſtigkeit erhalten wir

Hieraus folgt, daß man die Strebendimenſionen nach der Zer-
knickungsfeſtigkeit berechnen muß.


4. Die Querſchnitte des Hängebalkens. Da der Hänge-
balken an beiden Enden frei aufliegt, in der Mitte aber unterſtützt
iſt, ſo müſſen wir die Länge des zu berechnenden Balkens
und die in Betracht kommende Belaſtung mit bezeichnen und
außerdem noch das Eigengewicht G des halben Hängebalkens be-
rückſichtigen.


Nennen wir b die Breite, h die Höhe, g die halbe Länge in
Zentimetern und S den Sicherheitscoeffizient 70 Kilogr. pr. □zm, ſo
erhalten wir, wenn

Demnach beträgt, wenn G = 500 Kilogr. geſetzt wird:

Die ſtatiſche Berechnung giebt die geringſten Dimenſionen an; es
dürfte jedoch zu empfehlen ſein, dieſelben bei den Streben und der
Hängeſäule um ein Drittel zu vergrößern.


[37]Hängewerke.
b.Die Berechnung des doppelten Hängewerkes.

Der Horizontalſchub H der Strebe NO iſt in O ebenſo ſtark wie
in N. Gegen den Strebenſchub O leiſtet der Spannriegel Wider-
ſtand (Fig. 85). Die Preſſung in den Streben iſt beim doppelten
Hängewerke:
und der Horizontalſchub; H = Q cotang α.


Figure 85. Fig. 85.

Aufgabe. Eine Wand ſoll auf einem nicht unterſtützten Balken
ſtehen, welcher an einem doppelten Hängewerk hängt.


Welche Dimenſionen erhalten die Verbandſtücke?


Die Hängewerkswand ſei 5m hoch, 11,25m lang und ½ Stein
reſp. 14zm dick; die Hängeſäulen ſollen in einem Abſtand von 3,77m
von einander entfernt ſtehen und die verticale Projectionshöhe der
Streben betrage 4,40m. 1 Cub.-Mtr. Fachwerk wiegt circa 1500 Kilogr.


Antwort. Das Gewicht der Wand beträgt:
P = 5 . 11,25 . 0,14 . 1500 = rund 12000 Kilogr.


Die an einer Hängeſäule hängende Laſt iſt
*).
alſo

1. Dimenſionen einer Hängeſäule.

alſo b = 8—9 Zentimeter.


[38]Erſtes Kapitel.

Der ½ Stein ſtarken Mauer wegen giebt man jeder Hängeſäule
eine Breite von 14zm und eine Höhe von mindeſtens 18zm. Dieſe
größere Stärke iſt um ſo mehr geboten, da durch die Verſatzungen
die Hölzer bedeutend geſchwächt werden.


2. Dimenſionen des Hängeeiſens bei einer Säule.

.


In der Regel nimmt man, ſelbſt wenn die ſtatiſchen Berechnungen
kleinere Querſchnittdimenſionen vorſchreiben, die Dicke des Hänge-
eiſens nicht unter 1zm an.


3. Dimenſionen der Strebe.

Zur Beſtimmung der Breite und Höhe derſelben gelten folgende
Formeln:
Der Strebenſchub
= 0,7588.
Demnach = rund 6000 Kilogr.


Sollen nun die Seiten der Streben ſich wie 5 : 7 verhalten, ſo
iſt bei der Zerknickungsfeſtigkeit
= 11 Zentimeter.
Demnach
= 16 Zentimeter.


Aus den ſchon mehrfach erwähnten Gründen würde man jedoch
in der Praxis die Strebe 12 und 19 bis 14 und 17zm ſtark machen.
Nach der Zerdrückungsfeſtigkeit ergeben ſich folgende Dimenſionen:
= 12zm.


[39]Hängewerke.

Hieraus folgt, daß man die Dimenſionen nach der Zerknickungs-
feſtigkeit zu wählen hat.


4. Dimenſionen des Spannbalkens.

Den Spannriegel kann man ebenfalls entweder nach der Zer-
knickungs- oder der Zerdrückungsfeſtigkeit berechnen. In der Regel
wird der letztere Fall zu Grunde gelegt und zwar nach der Formel:
.
H iſt der Horizontalſchub = Q cotang α,
cotang.
Demnach
= 8zm im Quadrat.


Richtiger iſt es, den Spannriegel nach der Zerknickungsfeſtigkeit
zu berechnen, wobei wir, wenn der, durch das Eigengewicht der
Streben entſtehende Schub auf den Hängeſäulenkopf außer Acht
bleibt, die Formel zu Grunde legen:
Horizontalſchub
oder bei quadratiſchem Querſchnitte:
.


Beim Einſetzen der betreffenden Werthe wird ſein:
.


Immerhin würde man den Spannriegel gleich der Mauerſtärke,
alſo 12 bis 14zm ſtark, machen.


2. Das Sprengewerk oder der Sprengebock


hat ebenſo wie das Hängewerk den Zweck, die auf dem Balken
liegende Belaſtung auf unverrückbare Widerlager zu übertragen.
Während durch das Hängewerk nur ein ſenkrechter Druck entſteht,
verurſacht das Sprengewerk einen ſtarken Seitenſchub, aus welchem
Grunde daſſelbe im Hochbau nur unter gewiſſen Verhältniſſen An-
wendung findet.


[40]Erſtes Kapitel.

Man unterſcheidet einfache, doppelte und mehrfache Sprenge-
werke oder Sprengeböcke je nach der Anzahl der Unterſtützungen.
Die Figuren 86—89 zeigen verſchiedene Syſteme, Fig. 90 und 91
giebt die Zuſammenſetzung des Hänge- und Sprengewerkes.


Die weſentlichſten Theile des Sprengewerkes ſind die Streben,
der Spannriegel und der Sprengewerksbalken.


In einfachen Sprengewerken ſind keine Spannriegel vorhanden,
ſondern die Streben unterſtützen direct den Balken. Bei größeren
Sprengewerken ſind Spannriegel und Zangen erforderlich, von denen
letztere das Verſchieben und Durchbiegen der Streben verhindern.


Figure 86. Fig. 86.

Figure 87. Fig. 87.

Figure 88. Fig.:

Figure 89. 88.

Figure 90. 89.

Figure 91. 90.

Figure 92. 91.

Die Zangen können entweder ſenkrecht zur Strebe (Fig. 89a)
oder lothrecht zum Balken (Fig. 89b) gerichtet ſein.


Die Fig. 86 iſt ein einfaches, Fig. 87 ein doppeltes, Fig. 88 ein
dreifaches, Fig. 89 ein vierfaches Sprengewerkſyſtem.


Das Auflager der Streben am Fußende.

Die Strebe ſetzt ſich entweder lothrecht auf eine eiſerne Platte
oder mit Verſetzung gegen einen Ständer (Fig. 92); letztere Art
hat den Vortheil, daß der Druck gleichmäßig auf die Widerlags-
mauern vertheilt wird (ſiehe Fig. 94).


Befinden ſich mehrere Sprengewerke nebeneinander, ſo können
[41]Sprengewerke.
zwei Streben, wie Fig. 92 zeigt, ein gemeinſchaftliches Widerlager
erhalten.


Die Verbindung der Streben

geſchieht bei den einfachen Sprengewerken in der Regel derart, daß
die Streben mit einer Klaue den Unterzug unterſtützen (Fig. 93).


Figure 93. Fig. 92.

Figure 94. Fig. 93.

Bei den doppelten und mehrfachen Sprengewerken hingegen muß
gegen die Streben ein Gegendruck wirken, damit dieſelben in gewiſſen
Abſtänden von einander entfernt bleiben. Zu dieſem Behufe legt
man einen Spannriegel ſtumpf gegen die Streben und verdübelt
und verbolzt ihn mit dem darüber liegenden Balken (Fig. 94).


Figure 95. Fig. 94.

Die Querbalken liegen dann entweder auf dem Sprengebalken
oder zwiſchen dieſem und dem Spannriegel, ſo daß alle drei Hölzer
miteinander verkämmt und feſt verbolzt werden. Auch in dieſem
Falle ſetzt ſich die Strebe ſtumpf gegen den Spannriegel. Um ein
[42]Erſtes Kapitel.
Verſchieben dieſes Knotenpunktes zu verhüten, umfaſſen einige Zangen
die drei Hölzer zu beiden Seiten (Fig. 95).


Figure 96. Fig. 95.

Bei größeren Sprengewerken iſt Gefahr vorhanden, daß die langen
Streben ſich durchbiegen, weshalb ſie durch Zangen aufgefangen und
unterſtützt werden müſſen. Letztere pflegt man alsdann entweder
lothrecht zur Strebe a, oder ſenkrecht zum Sprengewerksbalken b
anzuordnen. (Siehe Fig. 89 bei a und b.)


Im Land- und Hausbau kommen Sprengewerke meiſtens in Dach-
bindern mit oder ohne Hängewerkscombinationen, außerdem als
Träger zur Unterſtützung der Etagenbalkenlagen vor.


Den letzten Fall ſehen wir in Fig. 94 vorgeführt. In Fig. 96

Figure 97. Fig. 96.


[43]Sprengewerke.
iſt die Deckenconſtruction des Vereinsſaales im Hauſe des Berliner
Architectenvereins dargeſtellt; ſie beſteht aus einem doppelten Sprenge-
werke, deſſen Streben ſich gegen Mauervorſprünge ſtützen. Da dieſe
aber keine genügende Widerlager bieten, iſt ein Diagonalzuganker-
ſyſtem angewendet worden.


In Rindviehſtällen benutzt man ſehr häufig die Sprengewerke zur
Unterſtützung der weitfreiſchwebenden Decken, da man ſich hierzu der
verticalen Stiele, die den Stallraum verſperren würden, nicht bedie-
nen darf. Solche Anordnungen zeigen die Fig. 97 und 98. In

Figure 98. Fig. 97.


Figure 99. Fig. 98.


erſterer ſind n n Sprengebalken, g g Sprengeſtreben, dem Schub der-
ſelben wirkt der Spannbalken entgegen. In Fig. 98 bedeuten die
[44]Erſtes Kapitel.
Buchſtaben g g Streben, n Spannriegel, t t Träger, s Ständer,
b Balkenroſt, l Gegenſtrebe; a iſt die Schwelle, welche zur Krippen-
conſtruction gehört.


In den Dachbindern kommt das reine Sprengewerk, wenn man
den ſogenannten „liegenden Dachſtuhl“ als ſolches nicht gelten läßt,
höchſt ſelten vor, dagegen verwendet man deſto häufiger das com-
binirte Hänge- und Sprengewerk nach den Syſtemen Fig. 90 u. 91,
da in dieſen der durchgehende Hängebalken als Ankerſchließe (Zug-
anker) wirkt und ſomit eine Conſtruction herſtellt, die ſich vollſtändig
im Gleichgewichtszuſtande hält.


Um das Geſagte mit Beiſpielen zu belegen, geben wir im Nach-
ſtehenden einige Dachbinder, ohne jedoch an dieſer Stelle auf die
Conſtruction derſelben näher einzugehen.


In Fig. 99 ſehen wir das einfache combinirte Hänge- und
Sprengewerk, in Fig. 100 das doppelte nach dem Syſtem 90. In

Figure 100. Fig. 99.


Figure 101. Fig. 100.


beiden Fällen iſt der Hängebalken doppelt (als Zange) behandelt
worden.


[45]Sprengewerke.
Die Berechnung des Sprengewerks.

Das einfache Sprengewerk (Fig. 101).

Die Laſt wird in der Mitte des unterſtützten Balkens in der
Richtung MO und vertical vertheilt.


Wie wir beim Hänge-
werk geſehen haben, wer-
den der Horizontalſchub
und die Preſſung in der
Strebe von dem Hänge-
balken aufgehoben; dies
iſt beim Sprengewerk nicht
der Fall und kommt hier
beſonders die Preſſung der
Strebe reſp. der Horizon-

Figure 102. Fig. 101.


talſchub in Betracht, wie die nachfolgenden Bemerkungen darthun.


Bedeutet α den Neigungswinkel der Strebe gegen den Horizont,
ſo beträgt die Preſſung in der Strebe O M:
und der Horizontalſchub von O aus:
H = ½ Q cotang α,
der Verticaldruck V = ½ Q,
Q iſt hier = ⅝ der ganzen Belaſtung, alſo
= ⅝ P.


Aufgabe. Es ſollen die Dimenſionen der Verbandhölzer eines
einfachen Sprengewerkes beſtimmt werden. Die gleichmäßig vertheilte
Belaſtung, welche auf dem Sprengewerksbalken ruht, betrage 25000
Kilogr., die Länge des Balkens ſei 8,8m; ferner nehme man die
ganze Höhe der Widerlagsmauer 6,6m, die Entfernung des Streben-
ſtützpunktes von dem Balkenauflager 2,8m und diejenige der Binder
3,1m an; welche Dimenſionen erhalten hiernach die Conſtructions-
theile?


Antwort. Die auf der Mitte des Balkens ruhende Belaſtung
beträgt:
Q = ⅝ . 25000 = 15625 Kilogr.


Der Druck auf jedem Auflager N iſt:
Q = 3/16 P = 3/16 . 25000 = 4688 Kilogr.


[46]Erſtes Kapitel.

Die Preſſung der Strebe wird beſtimmt durch die Gleichung
.


Nennen wir die Länge der Horizontalprojection der Strebe = der
halben Spannweite , und die Verticalpro-
jection der Strebe = a = 2,8m, ſo wird ſein:
.
Demnach

= ca. 14350 Kilogr.


Der Verticaldruck im Strebenfuße beträgt:
V = ½ Kilogr.


Der Horizontaldruck im Strebenfuße
H = ½ Q cotang α = ½ . 15625 cotang α;
cotang
Demnach H = ½ 15625 . 1,555
= 12149 Kilogr.


1. Dimenſionen des Balkens.

Der Balken liegt an beiden Enden frei und iſt in der Mitte auf
den Unterſtützungen als feſt eingeſpannt zu betrachten; ſomit wird,
wenn ſeine Breite zur Höhe ſich verhält wie 5 : 7, und P1 gleich
der halben, gleichmäßig vertheilten Belaſtung und ſein ſollen:
und · 35 = circa 25zm.


2. Dimenſionen der Streben.

Nehmen wir an, daß b eine Seite des quadratiſchen Querſchnit-
tes, E der Elaſticitätsmodul = 105000 Kilogr. pro □zm ſei, ſo er-
halten wir für die Zerknickungsfeſtigkeit (wie bei den Hängewerken):
.


[47]Sprengewerke.
3. Stärke der Widerlagsmauern.

Betrachtet man das Widerlager als ein parallelopides, deſſen
Länge = m, Höhe = r und Breite = s, iſt ferner das Gewicht des
Kubikinhalts = u, ſo kann die Stärke w der Widerlagsmauer be-
ſtimmt werden nach der Formel:
,
oder wenn P 25000 Kilogr., m = 3, Q = 15625 Kilogr., r = 6,
a = 2,8m iſt, u beiſpielsweiſe = 2500 Kilogr., ſo:
.
= rund 1m.


Das doppelte Sprengewerk (Fig. 102).

Wie ſchon erwähnt wurde, wird im doppelten Sprengewerke durch
den Spannriegel dem Horizontalſchub der beiden Streben Widerſtand

Figure 103. Fig. 102.


geleiſtet und gleichzeitig der Sprengebalken unterſtützt. Sind nun
die drei Zwiſchenräume einander gleich, ſo beträgt die vertheilte Be-
laſtung über den Streben-Unterſtützungen:
.


Verhalten ſich die Endöffnungen zur Mittelöffnung wie 1 : 2 : 1,
ſo erhalten wir für die Laſt auf den Mittelunterſtützungen:
und für diejenigen auf den [Entunterſtützungen]

Die Preſſung in den Streben wird ſein:
.
[48]Zweites Kapitel.
(Das Eigengewicht der Strebe haben wir dabei nicht berückſichtigt.)
Der Horizontaldruck im Spannriegel iſt gleich demſelben im Streben-
widerlager, alſo:
H = Q cotang α,
während der Vertikaldruck am Strebenwiderlager
V = ½ Q bleibt.


Zweites Kapitel.
Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.


Um ein Gebäude in horizontaler Richtung in einzelne Stockwerke
zu zerlegen, ſind Decken und Böden nothwendig, welche bei Ver-
wendung des Holzes, aus Balkenroſten beſtehen, die ſowohl als
Auflager der Fußböden, als auch zum Halten der Decken dienen.


Nach den ortsüblichen polizeilichen Vorſchriften und der leich-
teren oder ſchwierigen Anſchaffung guter und billiger Bauhölzer ſind
in den verſchiedenen Gegenden und Ländern einige von einander
abweichenden Konſtruktionen entſtanden.


Im Großen und Ganzen laſſen ſich zwei Typen unterſcheiden
nämlich:


  • 1. Die deutſchen Balkenlagskonſtruktionen,
  • 2. Der öſterreichiſche Decken- und Bodenbau,
    welche unter verſchiedenen Vorausſetzungen entſtanden
    ſind und man demgemäß getrennt betrachten muß.

Die deutſchen Balkenlagen


zerfallen in drei Arten, die ihren Namen nach den Orten, auf
welchen ſie angewendet werden, erhalten haben, und zwar:


  • a. Kellerbalkenlagen,
  • b. Etagen- oder Zwiſchenbalkenlagen,
  • c. Dachbalkenlagen.

Die Kellerbalkenlagen dienen als Erſatz der Gewölbe und
kommen beſonders in billigen Bauanlagen vor, bei denen die Koſten
eines überwölbten Kellers geſpart werden ſollen. In großen Städten
und allen rational angelegten Gebäuden verabſcheut man eine ſolche
Knauſerei, in kleinen Städten dagegen, in welchen der Miethzins
ohnehin ſo niedrig iſt und das Bauen der Spekulation kein großes
[49]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
Feld bietet, legt man Kellerbalkenlagen ſehr häufig an. Jedenfalls
ſollte man dann ſtreng darauf achten, daß die Gebäude nur auf
ganz trockenem Erdboden, am beſten auf Sand, ſtehen, damit die
aufſteigende Erdfeuchtigkeit und Ausdünſtung das Holzwerk nicht all-
zubald zerſtören.


Hinſichtlich ihrer Konſtruktion und Anordnung ſind die Balken-
roſte ganz ebenſo wie


die Etagen- oder Zwiſchenbalkenlagen.


Die einzelnen Roſtbalken haben je nach ihrer Lage und Ver-
wendung folgende Namen (Fig. 103):

Figure 104. Fig. 103.
  • a. Ganzer Haupt- oder Zwiſchenbalken.
  • b. Halber Zwiſchenbalken. (Beide Hälften werden mit Spitz-
    klammern oder eiſernen Schienen (ſiehe Fig. 2 u. 3) ver-
    bunden.)
  • c. Wandbalken. (Dieſer darf nur auf einer Mauer liegen, die
    nicht weiter aufgeführt wird; in der Regel ordnet man
    ihn auf dem oberſten Rande der Treppenhausmauer an.)
  • d. Streichbalken. (Damit die Decke und der Fußboden einen
    Halt finden, muß zu beiden Seiten einer durch die Etage
    reichenden maſſiven Wand ein Balken liegen; da derſelbe
    aber blos die Hälfte der Balkenbelaſtung zu tragen hat,
    Wanderley, Bauconſtr. 4
    [50]Zweites Kapitel.
    macht man ihn meiſtens nur halb ſo breit als die an-
    dern Zwiſchenbalken; in der Regel iſt der Streichbalken
    ein Halbholz. Bei Riegelwänden liegt der Wandbalken
    ſtets in der Wand und iſt er ſowohl Rähm oder Kappholz
    für die untere, als auch Schwelle für die obere Riegel-
    wand; damit in dieſem Falle die Fußboden- und Schal-
    bretter beider Seitenräume ein genügendes Auflager
    haben, muß der Wandbalken an jeder Seite mindeſtens
    5zm vorſpringen, alſo im Ganzen 10zm ſtärker als die
    Riegelwand ſein (ſiehe Fig. 110).
  • e. Ort- oder Giebelbalken. (Derſelbe iſt in maſſiven Gebäuden
    ganz ebenſo wie ein Streichbalken und ein Halbholz; in
    Fachwerks- oder Riegelwandhäuſern liegt der Ortbalken
    in der Riegelwand ſelbſt.
  • f. Ausgewechſelte Stichbalken ſind ſolche, die nicht ganz durch-
    gehen können, ſondern, ſei es eines Schornſteins oder
    Treppenloches wegen, „ausgewechſelt“ werden müſſen
    und demzufolge mit einem oder gar beiden Enden in
    querliegenden Balken, Wechſel g, ſtecken — ſiehe Verbin-
    dung: Bruſtzapfen Fig. 18.
  • g. Wechſel. (Hierfür gilt auch die vorige Definition.)
  • h. Balkenausſchneidungen. (Kommen vor, wenn ein oder beide
    Balken nur ſo nahe am Schornſteinkaſten liegen, daß ſchon
    eine 3 bis 8zm tiefe Ausſchneidung das Holzwerk vom
    Schornſtein hinreichend iſolirt.)

Bei Riegelwerkgebäuden legt man vielfach keinen Ortbalken (Fig.
104) auf die Wand, ſondern ordnet man kurze Stichbalken (Fig. 105)
an, welche in den 1m weiter abliegenden Hauptbalken verzapft werden.


Bei Anordnung der Balkenlagen hat man Rückſicht zu nehmen
auf:


  • die Lage der Balken,
  • die Entfernung derſelben von einander,
  • das Auflager der Balkenenden, und auf
  • die Verankerung der Balkenköpfe.

Für die Lage iſt der Grundſatz maßgebend, daß die Balken


  • erſtens möglichſt wenig freiliegen (Fig. 103),
  • zweitens ſtets rechtwinklig zur Frontmauer gerichtet ſein
    müſſen.

[51]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.

Die erſte Bedingung wird meiſtens dadurch erfüllt, daß man die
Balken in der kürzeſten Zimmertiefe verlegt und ihnen eine parallele
Lage giebt. Ueber gleichmäßig geſtalteten Grundrißformen verur-

Figure 105. Fig. 104.


Figure 106. Fig. 105.


ſacht dies Verfahren keine Schwierigkeit; wenn hingegen Räume von
ſehr verſchiedenen Tiefen vorkommen, wie in Fig. 106 und 107, ſo
bleibt die zuletzt genannte Rückſicht von ſelbſt fort.


Bei maſſiven Gebäuden ordnet man zuerſt die Ort-, Streich-
und nöthigenfalls auch die Wandbalken an und bringt man zwiſchen
dieſe ſo viele Hauptbalken, als die Zwiſchenräume durch 0,8—1,1m
theilbar ſind. Es würden demgemäß die Zwiſchenbalken nicht gleich
weit von einander abſtehen. Gleichzeitig mit den Hauptbalken werden
die ausgewechſelten Stichbalken, ſowie die Schornſtein- und Trep-
penwechſel verzeichnet. Die genaue Lage der letzteren wird durch
die Anzahl und Breite der Treppenſtufen beſtimmt und verweiſen
wir bezüglich dieſes Gegenſtandes auf die Angaben und Beiſpiele
im Abſchnitt „Treppenconſtruction“. Die Schornſteinwechſel müſſen
etwa 15zm von der äußeren Kamin- oder Schornſteinwandung
abbleiben; nach Wiener polizeilichen Vorſchriften (§. 47) muß man
bei Rauchfängen ohne Unterſchied zwiſchen dem Holzwerke und der
4*
[52]Zweites Kapitel.
lichten Oeffnung des Rauchſchlotes mindeſtens eine Mauerziegel-
breite und einen ſtehenden Dachziegel anbringen, und zwar in

Figure 107. Fig. 106.


Figure 108. Fig. 107.


[53]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
der Weiſe, daß der letztere die Lager- und Stoßfugen der Mauer-
ziegel völlig deckt.


In Fig. 107 demonſtriren wir in einem größeren Beiſpiele die
Anordnung eines Zwiſchengebälks, welches ohne weiteren Text hin-
reichend verſtändlich iſt; erwähnen wollen wir noch, daß man in die
Ecke möglichſt weitdurchgehende Balken legt, die als Anker wirken,
und daß man danach trachtet, nicht alle Zwiſchenwände mit Balken
zu belaſten, damit nur einige als wirkliche Tragmauern ſtärker zu
ſein brauchen, die anderen blos als Scheidemauern ſchwächer gemacht
werden können.


In Fachwerksgebäuden, oder wenn die Scheidewände der maſ-
ſiven Häuſer aus Riegelwerk beſtehen, ſind die Streichbalken voll-
ſtändig überflüſſig und werden ſie durch Wandbalken erſetzt, die ſich
zwiſchen den Riegelwänden befinden und für die untere Riegelwand
als Rähm oder Kappholz, für die obere als Schwelle dienen (Fig. 110).


Figure 109. Fig. 110.
Figure 110. Fig. 111.

Daſſelbe gilt für den Ort- oder Giebelbalken. Im Uebrigen wird
der Balkenroſt wie vorhin gebildet. Behufs Befeſtigung der Fußboden-
und Schalbretter müſſen die Mauerbalken an jeder Seite 5zm vorſpringen,
desgleichen die Ortbalken an der inneren Seite; bei den Treppen-
häuſern bleibt der Wandbalken mit der Treppenhauswand bündig.


Die Fig. 111 zeigt die Anlage eines Zwiſchenbalkenroſtes in einem
einfachen Fachwerksgebäude. (Ueber die Conſtruction und Anlage
der Riegelwände ſiehe Kapitel: „Riegelwände“.)


[54]Zweites Kapitel.

Bezüglich der Entfernung der Balken (von Mitte zu Mitte)
gilt der Erfahrungsſatz, daß bei geſundem Bauholze und nicht größerer
Tiefe der Räume als höchſtens 5,5—7m, ſowie bei einer Balkenhöhe
von 26—30zm und einer Breite von 21—25zm die mittlere Balken-
entfernung nicht über 1—1,1m betragen darf; hierbei iſt die gewöhn-
liche Zimmerbelaſtung durch Mobilien und Menſchen, ſowie eine
Dielung von 4zm Stärke vorgeſehen.


Bei geringer Belaſtung und kleiner Zimmertiefe wäre unter
Umſtänden eine Entfernung von 1,25m ebenfalls zuläſſig; doch dürfte
anzurathen ſein, für Etagenbalkenlagen durchſchnittlich 1m ein-
zuhalten. Im Allgemeinen iſt es immer beſſer, die Balken eher enger als
weiter auseinander zu legen, weil die öfters vorkommenden Balken-
ſchließen das Mauerwerk mehr zuſammenhalten und die Erſchütterungen
gleichmäßiger auf die Mauern übertragen. Je näher die Balken zu-
ſammenrücken, deſto ſchwächer können ihre Querſchnittsdimenſionen,
beſonders in der Breite, werden.


Dieſes Prinzip haben die Engländer und Amerikaner ſchon lange
anerkannt, und nach der weiter unten ſtehenden Weiſe in ihren Wohn-
häuſern praktiſch befolgt (Fig. 129).


Bei ſchwerbelaſteten Gebälken, z. B. Magazinen u. dgl. beträgt
die Entfernung der Balken von Mitte zu Mitte vielfach nur 80,
höchſtens 90zm. Auch ſolche Balkenlagen, welche, wie bei Tanz-,
Fecht-, Turnſälen, Schulen u. ſ. w., heftige Erſchütterungen auszu-
halten haben, dürfen keine größeren Entfernungen erhalten. Die
Stärke ſolcher Balken muß immer ſtatiſch berechnet werden, wie weiter
unten dargeſtellt wird.


Das Auflager der Balken ſpielt eine bedeutende Rolle; ſtets
muß es groß genug ſein, damit erſtens die Balkenköpfe nicht ab-
rutſchen, zweitens der Druck auf eine möglichſt große Mauer-
fläche übertragen werde und drittens die etwa beſchädigten
Balkenköpfe noch einen genügenden Halt finden. Im Allgemeinen
nimmt man an, daß der Balken mindeſtens ebenſoviel aufliegt,
als er ſelbſt hoch iſt, wobei man aber die Ziegelmaße und vor-
handene Mauerſtärke berückſichtigen muß. In der Regel bekom-
men kurze und ſchwachbelaſtete Balken eine Ziegelbreite, lange und
ſtarkbelaſtete eine Ziegellänge als Auflager; ein größeres Maß iſt
nicht erforderlich und würde nur für ſchwere Träger (Haupttramen)
erwünſcht ſein.


[55]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.

Damit die Belaſtung der Balkenroſte möglichſt gleichmäßig auf
das Mauerwerk übertragen werde, muß jeder Balkenkopf auf einem
breiten Unterlager ruhen. Letzteres kann ſein entweder
ein breiter Mauerklotz oder eine Mauerlatte.


Obgleich die Mauerlatte viele Vortheile beſitzt und namentlich
die Balkenenden ſchließen- oder ankerartig zuſammenhält (in Oeſter-
reich heißt die Mauerlatte „Roſtſchließe“), verdienen iſolirte Mauer-
klötze
den Vorzug, wenn wie in Fig. 112 die übereinanderſtehenden
Mauern innerhalb bündig, d. h. ohne Abſatz, ſind. Wollte man in
dieſem Falle wie in Fig. 113 eine Mauerlatte anwenden, ſo würde
das obere Mauerwerk theilweiſe auf Holz und ſomit unſicher ſtehen.
Hingegen eignen ſich Mauerlatten ganz beſonders, wenn die
Wände nach oben um ½ Stein zurückſpringen und die Mauerlatten
auf dem Mauerabſatze lagern (Fig. 114). Daß die Unterflächen der
Balkenauflager (Klötze oder Latten) ſtets mindeſtens eine Schaar
(Ziegelſchicht) über dem höchſten Fenſter- oder Thürbogen und
dann vollſtändig in der „Wage“ liegen müſſen, bedarf keines Nach-
weiſes.


Figure 111. Fig. 112.
Figure 112. Fig. 113.
Figure 113. Fig. 114.

Die Mauerklötze fertigt man aus gutem Eichenholze an, ſie
ſind etwa 15—20zm breiter als die Balkenköpfe und eine Steinſchicht-
höhe + zwei Fugen dick — alſo 65 + 2 . 10 bis 65 + 2 . 13mm.


Die Mauerlatten werden aus kernigem Tannenholz gemacht
und müſſen, da ſie mit einem Kamm in die Balkenköpfe greifen,
ca. 25mm dicker ſein als die Mauerklötze, ſonach 8,5zm, welches Maß
auch in der Breite eingehalten wird.


Neuerdings wurde empfohlen, die Mauerlatten oder Roſt-
ſchließen nicht zu verkämmen, ſondern nur zu verdollen (Fig. 115);
ſo geſchah es beim Bau des Polytechnicum zu Aachen, deſſen Mauern
aus ſehr unregelmäßig geſtalteten Ziegelſteinen (Feldbrand) hergeſtellt
[56]Zweites Kapitel.
wurden, die ein dichtes Aufmauern faſt unmöglich machten und zwar
umſoweniger, da nur ſchlechter Mauerſand, der das Mauerwerk
nur äußerſt langſam austrocknen ließ, zur Verfügung ſtand. Unter
ſolchen Umſtänden konnte ein ſtarkes und ſehr ungleichmäßiges Setzen
der Mauermaſſen nicht ausbleiben, und war man darauf bedacht,
ein Mittel zu erſinnen, mit welchem die horizontale Lage der ſämmt-
lichen Balken nach dem beendigten Setzen zu erreichen war.


Figure 114. Fig. 115.

Zu dieſem Behufe ließ der bauleitende Architect Eſſer die Bal-
kenroſte nur verdollen. Nach dem vollſtändigen Setzen des Mauer-
werks ſtellte es ſich heraus, daß die Balkenenden in der Mauer tiefer
geſunken waren, als die Auflager auf den eiſernen Trägern, obgleich
erſtere gleich vom Anfange an 2,5zm höher zu liegen kamen. Um
daher die Horizontalität wieder herzuſtellen, wurden die Keile a
zwiſchen Mauerlatte c und Balken b getrieben.


Beim Verlegen der Balken kommt es darauf an, ſie vom
friſchen Mauerwerk, welches ſtets Feuchtigkeit enthält und dieſe dem
Holze leicht übergiebt, vollſtändig zu iſoliren. Daher empfiehlt ſich
die in Fig. 116 A—C dargeſtellte Einmauerung des Balkenkopfes;
verſteckt in einer Mauerniſche, die mit den ſchräggeſtellten Steinen b b
überdeckt iſt, und wird von den ganz trocken eingeſtellten Ziegeln c
und c umgeben; unter dem Balkenkopfe liegt noch ein „Mauer-
klotz“, um eine vollſtändige Iſolirung vom Mauerwerk herbeizu-
führen. Alle übrigen Hilfsmittel zum Schutze der Balkenenden, wie
z. B. Umnageln derſelben mit Theerpappe, ſind durchaus verwerflich,
weil dieſe Umhüllungen das Verdunſten des überflüſſigen Waſſers
verhindern und ſomit die Holzfäulniß nur begünſtigen.


[57]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.

Auch die Verankerung der Balken iſt von Wichtigkeit, da
dieſelbe eine feſte Vereinigung der gegenüber befindlichen Außen-

Figure 115. Fig. 116

A—C.


wände bezweckt und das Ausweichen der Wände verhindert. Die
Verankerung mit dem Mauerwerk wird meiſtens bei jedem drit-
ten oder vierten Balken bewerkſtelligt, und zwar in der Weiſe,
daß man eiſerne Flachſchienen von 5zm Breite und 1zm Dicke mit
Krampen und Nägeln an die Balkenköpfe, entweder oberhalb nach
Fig. 117 oder ſeitlich nach Fig. 118, befeſtigt. An ſeinem Ende iſt
der Anker oder Ankerſchließe mit einem Splint verſehen (Fig. 119).

Figure 116. Fig. 117.


Figure 117. Fig. 118.


Figure 118. Fig. 119.


[58]Zweites Kapitel.
Wenn man zwei nebeneinander liegende Balken mit nur einem Splint
verankern will, ſchiebt man einen Wechſel (Fig. 120) ein.


Figure 119. Fig. 120.

Nicht nur die Langmauern, ſondern auch die Giebel müſſen ver-
ankert werden; zu dieſem Behufe läßt man die Ankerſchließe quer
über die Balken reichen.


Bei Fachwerksgebäuden kommt eine Verankerung niemals vor.


Die Dachbalkenlage


heißt derjenige Balkenroſt, welcher das oberſte Stockwerk bedeckt,
den Dachbodenraum von dieſem Stockwerk trennt und außerdem
noch das hölzerne Dachgerüſt trägt. Während das Zwiſchen-
gebälk ſich nur nach der Stellung der Mauern des unter ihm be-
findlichen Stockwerks zu richten hat, kommt bei der Dachbalkenlage
noch die Anordnung des Dachgerüſtes und der zu dieſem gehörigen
verticalen oder ſchrägen hölzernen Stützen (die Stiele, Ständer oder
Stuhlſäulen und die Streben) in erſter Linie in Betracht.


Daher laſſen ſich die für Dachgebälke geltenden Regeln an dieſer
Stelle nicht exact mit Beiſpielen demonſtriren, weil wir ſonſt Gegen-
ſtände, ſpeciell die Conſtructionen des Dachgerüſtes, in dieſes Kapitel
ziehen müſſen, welche erſt am Schluſſe dieſes Abſchnittes ihre Er-
ledigung finden.


Immerhin geben wir folgende Regeln zur vorläufigen Kenntniß-
nahme:


a) die Streichbalken kommen im Dachgebälk nie vor, vorausge-
ſetzt, daß die inneren Mauern den Dachfußboden nicht überragen,
[59]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
was manchmal beim Aufführen der inneren maſſiven Treppenhaus-
wände bis unter das Dach, oder bei Anlage von maſſiven Dach-
kammern doch geſchehen kann; Letztere dürfen in vielen Orten, z. B.
in Oeſterreich, überhaupt nicht angelegt werden.


b) Auf jede Wand legt man einen Wandbalken, um an deſſen
Unterfläche die Deckenſchalung der dicht nebeneinander befind-
lichen Räume befeſtigen zu können.


c) Neben den Giebeln oder Brandmauern ordnet man die Ort-
balken
an, die zur halben Breite auf dem Mauerabſatz liegen; die
Ortbalken beſtehen, da ſie ſtets Bundbalken ſind, ſtets aus Voll-
und nicht aus Halbholz[.]


d) Die Bund- oder Binderbalken müſſen ihrer ganzen Länge
nach aus einem einzigen Stück oder aus mehreren zuſammengelaſchten
(mit eiſernen Schienen nach Fig. 3) Hölzern — in dieſem Falle ge-
ſchieht der Stoß ſtets auf der Mauer — beſtehen; die Bundbalken
dienen zur Unterſtützung der Haupt-Dachbinder und ſind in Entfer-
nungen von 3—5m anzubringen; man achtet darauf, daß die
Bundbalken gut unterſtützt werden und möglichſt viel auf der Mauer
ruhen; demgemäß benutzt man, wenn es irgendwie geht, die Wand-
balken als Bundbalken; Bundbalken dürfen nicht ausgewechſelt ſein,
aus welchem Grunde man bereits bei Anlage der Schornſteine danach
trachtet, daß letztere den Bundbalken nicht im Wege ſtehen.


e) Bei ſolchen Dachgerüſten, deren Sparren ſich direct auf die
Balkenköpfe ſetzen, wie in Fig. 121, iſt unter jedem Sparren ein
Balken erforderlich und giebt die Sparrenlage für die Balkenabſtände
den Ausſchlag; beſſer iſt es, die Sparren wie in Fig. 122 auf eine

Figure 120. Fig. 121.


Figure 121. Fig. 122.


Schwelle oder Fußfette aufzuklauen und dieſelbe mit dem Balken zu
verkämmen, damit nur bei jedem Hauptbinder ein Bundbalken noth-
[60]Zweites Kapitel.
wendig wird und die Lage der übrigen Balken von der Anzahl und
Anordnung der Sparren unabhängig bleibt; noch freieres Spiel ge-
währen die Dachgerüſte mit Knieſtock oder Drempelwand (Fig. 123),
bei welchem ebenfalls nur bei jedem Hauptbinder ein Bundbalken
zu ſein braucht und die übrigen Balken (Zwiſchenbalken) entweder
ganz durchgehen oder ausgewechſelt werden.


f) Die eine verticale Seite der Bundbalken muß mit der ent-
ſprechenden Seite des Hauptbinders „bündig“, d. h. in einer ver-
ticalen Ebene ſein; bei allen Bundbalken wählt man dieſelbe Seite,
meiſtens die rechte, welche möglichſt eben bearbeitet (mit Sägen-
ſchnitt oder dem Breitbeil) wird; von der Bundſeite aus werden
ſämmtliche Maße (für Zapfenlöcher und Verſetzungen der Stiele,
Streben und Sparren) abgetragen.


g) Bevor das Verzeichnen der Balkenlage beginnt, muß man die
ſogen. „Dachausmittelung“ (hierüber ſiehe am Schluſſe von „Dach-
conſtructionen“) vornehmen, da ſich hiernach die Stellung und An-
ordnung des Dachgerüſtes richtet; alsdann giebt man die Lage der
Hauptbinder an, welche auch für die Bundbalken gilt; zwiſchen dieſe
kommen die Zwiſchenbalken in Entfernungen von 0,95—1,25m.


h) In dem Grat, d. h. in der Halbirungslinie des von einer
recht- oder ſtumpfwinkligen Gebäudeecke eingeſchloſſenen Winkels iſt
bei allen abgewalmten Dächern ein Gratſtichbalken (ſiehe Fig. 124)
erforderlich, desgleichen muß in den Kehlen (Ixen) ein Kehl- oder
Ixenſtichbalken liegen. Wenn ein Gebäude ringsum abgewalmt iſt,

Figure 122. Fig. 123.


Figure 123. Fig. 124.


ſo wird der 1 — 1,25m von der Wand a b oder d c befindliche Zwi-
ſchenbalken mit kurzen, ſenkrecht zu ihm gerichteten Stichbalken ver-
ſehen, ferner liegt in jedem Grat a h u. ſ. w. ein kurzer Gradſtich-
balken. Da nun an dem Anfallspunkt h in den allermeiſten Fällen
ein Binder erforderlich iſt, ſo ordnet man hier ebenfalls einen Anfalls-
[61]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
Bundbalken an. Auch in der Richtung l h iſt ein halber Hauptbinder
nöthig und darf ein Stichbalken (wenn auch kurzer) nicht fehlen. Iſt
der Abſtand l h ſo groß, daß der Sparrenroſt ſich nicht frei tragen
kann, ſo bedarf derſelbe einer trägerartigen Unterſtützung (Fette) und
wo die Fette zweier nebeneinanderliegender Dachflächen ſich im Grate
treffen, ſteht ein Unterſtützungsſtiel, von dem aus nach der einen
Seite ein ganzer und nach der anderen ein halber Hauptbinder ab-
geht — auch unter dieſen ſind Bund- reſp. Stichbalken unerläßlich.


Die Fig. 124 giebt die Ecke der in Fig. 125 dargeſtellten Grund-
form; die eine Seite zeigt das Gebälk, die andere das über dem-
ſelben befindliche Geſpärre. Am „Anfallspunkt des Walms“ ſteht

Figure 124. Fig. 125.


ein Hauptbinder mit ſeinem Bundbalken, gleichfalls in der Rich-
tung b f, während in der Richtung A m ein Stichbalken m ſich be-
findet. Die ſämmtlichen Stiche und Gradſtiche ſtecken in den Ort-
balken; weit beſſer iſt es, den letzteren fortzulaſſen und die Stiche
in dem lm weiter abliegenden Balken (ſiehe Fig. 126) zu verzapfen.
Die Anordnung langer Stichbalken zeigen die Fig. 127 und 128;
im letzten Beiſpiele verweiſen wir beſonders auf die Deckenroſtbildung
über dem Eckzimmer.


[62]Zweites Kapitel.

i) Die Entfernung der Balken im Dachgebälk kann, da die
Balken nicht ſo belaſtet werden als im Zwiſchengebälk, 1 bis 1,2m
betragen; nachdem man die Bundbalken beſtimmt hat, theilt man
zwiſchen ihnen die Felder durch 0,9—1,2m ein, um dann die Mittel-
linien der Zwiſchenbalken zu erhalten.


Figure 125. Fig. 126.

Figure 126. Fig. 127.

k) Die Dachbalken müſſen ſtets auf Mauerlatten oder Roſt-
ſchließen ruhen, damit die Balkenenden eine unverrückbare Lage
haben.


l) Die Verankerung geſchieht bei jedem Bundbalken.


[63]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.

Eine beſondere Gebälkconſtruction,


welche ſowohl in Berlin ganz allgemein, als auch in Amerika und
England üblich iſt, beſteht in der Verſprengung der einzelnen Balken.


Figure 127. Fig. 128.

Die amerikaniſche Conſtruction wurde vom Ingenieur Rinecker
in Pittsburgh in der Zeitſchrift des bayr. Architecten- und Ingenieur-

Figure 128. Fig. 129

A—B.


vereins (1869) folgendermaßen beſchrieben (Fig. 129 A—D): Die
Balkenlagen beſtehen aus 8—10zm dicken, 25—35zm hohen und in
[64]Zweites Kapitel.
Entfernungen von 30—40zm von Mitte zu Mitte liegenden Bohlen.
Um dieſe Balken am Umkippen zu verhindern, werden in Entfer-
nungen von 3m Lattenſtücke von 5zm Breite und 10zm Höhe kreuz-
weiſe dazwiſchen genagelt. Das Ende des Balkens iſt nach Fig. B
abgeſchrägt, damit die ſich durchbiegenden Balken die leichten Mauern
nicht zum Einſturz bringen. Der Fußboden beſteht aus 8—14zm
breiten Brettern, die mit Feder und Nuthe ineinander greifen und
auf die Balken genagelt ſind. Die Decke wird in gewöhnlichen Fällen
eng gelattet und durch einen Mörtelbewurf gebildet. Der letzte
(dritte) Verputz iſt faſt immer mit Gips gemiſcht. Statt dieſer Con-
ſtruction wird auch, um das Reißen der Decke zu verhindern, die
Decke, wie in obigen Figuren angedeutet iſt, zunächſt in Entfernungen
von 30zm mit ſtärkeren Latten benagelt und an dieſen die ſchmalen
Spalierlatten befeſtigt.


Die berliner Conſtruction wendet man nur an, um auch über
Zimmern von etwa 7m Breite die Balken mittlerer Stärke benutzen
zu können. Die Fig. 130 A veranſchaulicht das Verfahren; hierbei

Figure 129. Fig. 130

A.


liegen die gewöhnlichen Balken 0,9m auseinander und befinden ſich
zwiſchen ihnen in Abſtänden von 2m zwei Sprenghölzer von
10/10zm Stärke. Damit letztere die Balken nicht auseinander treiben,
befeſtigt man ſtarke Bandeiſenſchienen über den Ecken und der Mitte
des Balkenroſtes ſo, daß die ſämmtlichen Balken, beſonders aber die
beiden Ortbalken, zuſammengehalten werden. Auf dieſe Weiſe kön-
nen 21/24zm ſtarke Balken bei üblicher Stubenbelaſtung und 1m Bal-
kenentfernung circa 7,5zm freiliegen.


Manchmal bedient man ſich der Spannbohlen (Fig. 130 B),
welche zwiſchen die Balken eingeſchnitten werden und in 2m Abſtänden
vorkommen; die eiſernen Zuganker (Zugſchließen) dürfen auch hier
nie fehlen.


[65]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.

Die Ausfüllung und Verſchalung der Balkenroſte.


Um den Balkenroſt in Wohnungen nutzbar zu machen, muß
man ihn


  • erſtens mit Fußbodenbrettern bedecken,
  • zweitens mit einer Zwiſchendecke verſehen, und
  • drittens von unten verſchalen.

Figure 130. Fig. 130

B.


Die Anordnungen der Fußböden beſprechen wir im Ab-
ſchnitt „Innerer Ausbau.“


Die Decke ſtellt man in Wohnungen faſt immer nach der in Fig. 131 E
ſkizzirten Weiſe her; an den
unteren Balkenflächen ſind
rauhe Bretter von 2zm Stärke
und 8—10zm Breite befeſtigt
und hieran heftet man mit
Rohrdraht die Berohrung,
welche den Gipsbewurf oder
die Stuckaturung hält.


In ganz einfachen Gebäu-
den (Arbeiterwohnungen und
Wirthſchaftsgebäuden) be-
gnügt man ſich mit einer Ver-
ſchalung, die entweder aus
gefalzten (nach Fig. A),
doppelten (Fig. B), ge-
ſtülpten
(nach Fig. D) oder

Figure 131. Fig. 131.


aus geſäumten Brettern, deren Fugen Leiſten bedecken (Fig. C),
hergeſtellt wird. Die Bretter ſind 3zm ſtark und werden am beſten
mit Drahtſtiften befeſtigt.


Wanderley, Bauconſtr. 5
[66]Zweites Kapitel.

Die Zwiſchendecke hat den Zweck, einestheils den Schall zwiſchen
den zwei übereinander befindlichen Räumen zu dämpfen, anderntheils
die durch die Fußbodenritzen ſickernde Feuchtigkeit aufzuſaugen; die
Zwiſchendecke der Dachbalkenlage ſoll das oberſte Stockwerk gegen
die wechſelnde äußere Temperatur, welche ſich im Dachbodenraume
beſtändig geltend macht, ſchützen.


Die im Wohnhausbau üblichen Zwiſchendecken heißen:


  • 1) Stülpdecke,
  • 2) Einſchubdecke und
  • 3) Windelböden.

Die Stülpdecke (Fig. 132 A—B) kommt in untergeordneten
Wohngebäuden vor, und dann auch nur auf der Dachbalkenlage;

Figure 132. Fig. 132

A—B.


ſie beſteht aus übereinander geſtülpten, 20—22zm breiten, 3zm ſtarken
rauhen und nicht geſäumten Brettern b (auf Schalbretter), auf welche
eine 5—8zm hohe Lehmſchicht gebracht wird; damit letzterer beſſer
haftet, ordnen einige Techniker die ſchwalbenſchwanzförmigen Latten
a auf der unterſten Brettlage an. Die Stülpdecke iſt beſonders für
ländliche Wirthſchaftsgebäude (Ställe) zweckmäßig und dann noch,
wenn der Dachraum einen Ziegelpflaſterboden erhalten ſoll (ſiehe
die Figuren bei den Dachgerüſten).


Die Einſchubdecke (Fig. 133 A—B) findet in ganz Deutſchland

Figure 133. Fig. 133

A—B.


am häufigſten Verwendung; ihre Herſtellung geſchieht folgendermaßen:
an die beiden verticalen Balkenflächen nagelt man die Leiſten d, die
den Einſchubbrettern a ein ſicheres Auflager bieten; hierauf kommt
zuerſt eine dünne Lage Lehm oder Letten, alsdann eine Schicht c
[67]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
trocknen Sandes. Wenn auf dem Gebälk ein Ziegelpflaſter ruhen
ſoll (wie dies in Oeſterreich ſtets geſchieht), ſo tritt das Füll-
material etwa 5zm über die Balken, andernfalls ebnet man daſſelbe
mit der Oberfläche der Balken a b und legt hierüber den Bretter-
boden e; f iſt die Deckenſchalung.


In einigen Gegenden werden die Balken mit dreieckigen Nuthen
verſehen, in welche die angeſpitzten Einſchubbretter paſſen (Fig. 134
A—B), doch iſt dieſe Methode umſtändlicher und nicht ſo gut wie

Figure 134. Fig. 134

A—B.


die vorige; in dieſer Figur giebt a die Lehmſchicht, c die Decken-
ſchalung an.


Der Windelboden wird ſelten ausgeführt; er beſteht aus Stak-
hölzern (deren Länge gleich der Balkenöffnung beträgt), welche mit
Strohlehmbündeln dicht umwickelt werden, woher der Name Windel-
oder Wickelböden ſtammt. Befinden ſich die Windelhölzer in halber
Höhe der Balken, ſo heißt die Zwiſchendecke: halber Windel-
boden
, bringt man die Hölzer hingegen dicht am unteren Rande
an, ſo nennt man ihn: ganzer Windelboden.


Den erſteren zeigt die Fig. 135 A B, den letzteren die Fig. 136 A B
im Quer- und Längenſchnitt.


Figure 135. Fig. 135

A—B.


Figure 136. Fig. 136

A—B.


Es bedeuten die Buchſtaben in Fig. 135 A B : b Balken, c Stroh-
lehmbündel, a Ausfüllung, d Verſchmierung mit Lehm; in Fig. 136 A B:
5*
[68]Zweites Kapitel.
b Balken, a umwickelte Stakhölzer, c Füllmaterial und d Abgleichung
mit Lehm. Letztere bleibt fort, wenn die Decke verſchalt wird. Die
Stakhölzer ſtecken entweder in Nuthen oder liegen auf den ange-
nagelten Latten e. Bei Anwendung von Fußbodenbrettern ſteigt die
Ausfüllung a über die Balken nicht hinaus.


Der halbe Windelboden iſt ebenſo gut und nicht ſo ſchwer wie
der ganze.


Wenn zwei übereinander liegende Räume möglichſt dicht abge-
ſchloſſen werden ſollen und man eine gewölbte Decke nicht wählen
kann noch will, dann ſind die Windelböden beſonders am Platze.


Außer den genannten Zwiſchendecken giebt es noch einen „ge-
ſtreckten
“ Windelboden, welcher aber nur über Ställen anwendbar
iſt (ſiehe Wanderley, die ländl. Wirthſchaftsgebäude Fig. 199 A—B).


Falls die Balken unverſchalt bleiben und profilirte Kanten er-
halten, muß man die Zwiſchendecke möglichſt hoch anbringen und die
Unterflächen derſelben mit gehobelten Brettern bedecken.


Den einfachſten Fall zeigt Fig. 137; die unterhalb gehobelten

Figure 137. Fig. 137.


Bretter ſind nur geſäumt und in Falze der Balken geſchoben; profi-
lirte Deckleiſten decken die Fugen zwiſchen zwei Brettern. In Fig. 138

Figure 138. Fig. 138.


kamen gefalzte und profilirte Bretter zur Verwendung, auf deren
Fugen die Deckleiſten liegen. Eine ſehr zweckmäßige Conſtruction
[69]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
zeigt Fig. 139; hierbei liegt eine aus rauhen Brettern beſtehende
Stülpdecke auf den ſeitlich an den Balken genagelten Leiſten;

Figure 139. Fig. 216.


die Unterfläche der Stülpdecke wird mit gehobelten Brettern ver-
kleidet; breite Leiſten zerlegen das lange Balkenfeld in einzelne
quadratiſche Flächen.


Ueber die Conſtruction der Kaſſettendecken berichten wir im
Abſchnitt „Innerer Ausbau.“


Die Unterſtützung der Balkenlage.


Wenn die Balken weit freiliegen oder die auf denſelben ruhende
Belaſtung ſo groß iſt, daß der ganze Balkenroſt ſich nicht allein
ſchwebend halten kann, dann bedürfen ſie einer Unterſtützung. Eine
ſolche Unterſtützung liegt ſtets rechtwinklig zum Balkenroſt und kann
entweder unter (Fig. 140 A) oder über (Fig. 140 B) demſelben

Figure 140. Fig. 140

A—B.


ſein; in erſtem Falle bezeichnet man ſie genauer mit dem Ausdrucke
„Unterzug“, während in beiden Fällen der Stützbalken auch
„Träger“ heißt.


Die trägerartige Unterſtützung der Zwiſchenbalkenlage befindet ſich
meiſtens unter den Roſthölzern; hingegen bei dem Dachgebälk ſind
beide Anordnungen mit gleicher Berechtigung zuläſſig, und iſt mei-
ſtens die architectoniſche Anordnung der Decke maßgebend.


Da in Dächern die Träger in der Regel am Dachgeſpärre
[70]Zweites Kapitel.
mittelſt Hängewerken hängen (Fig. 141), verweiſen wir auf die im
erſten Kapitel mitgetheilten Hängewerksverbindungen.


Figure 141. Fig. 141.

Figure 142. Fig. 143

A—B.


[71]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.

Die Anwendung der trägerartigen Unterſtützungen iſt behufs
Erſparung ſtarker Bauhölzer vortheilhaft, denn beiſpielsweiſe müſſen
7m lange Balken etwa 26zm hoch und 9zm breit ſein, während bei
Benutzung eines Unterzugs die kurzen Roſthölzer einen viel geringeren
Querſchnitt benöthigen.


Damit der Träger eine möglichſt geringe Höhe erhalte, unterſtützt
man ihn in Entfernungen von 4—5m mit hölzernen Säulen und
Kopfbändern (Bügen).


Fig. 143 A—C giebt den Grundriß, Quer- und Längenſchnitt
eines Schafſtalles, deſſen Balkendecke auf zwei Trägern ruht, die
wiederum von Ständern und Kopfbändern unterfangen werden; die
Ständer ſtehen auf Granitſockeln.


Figure 143. Fig. 143

C.


In einer anderen Weiſe iſt in Fig. 144 A—B die Decke eines
Rindviehſtalles gebildet worden; der Grundform des Stalles ent-
ſprechend, liegen die Schwellen a vor den Krippen; auf den Schwellen
ſtehen die Stiele, die zunächſt ein Sattelholz s s tragen, welches den
Träger t t unterſtützt; k k ſind Kopfbänder. Daß der Träger auch
mittelſt Sprengewerken verſtärkt werden kann, haben wir bereits
früher gezeigt.


Nach der in Fig. 143 gezeigten Methode kann man mehrere Etagen
übereinander anordnen, wobei die hölzernen Stiele auf die Träger
[72]Zweites Kapitel.
zu ſtehen kommen (Fig. 145). Um jedoch dem ganzen Aufbau
eine größere Feſtigkeit zu geben, läßt man vielfach die Stützen in

Figure 144. Fig. 144

A.


Figure 145. Fig. 144

B.


ihrer ganzen Länge durch ſämmtliche Stockwerke reichen. In der
Regel wählt man die Conſtruction, welche aus zwei zuſammen-
gebolzten Ständern beſteht, die den Träger umfaſſen; es wird
dann mindeſtens ein Balken dicht an den doppelten Stiel geſchoben
und mit dieſem verbolzt.


[73]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.

Während die gekuppelten Stiele verdübelt ſind, zeigt die Fig. 147
eine Verſchränkung; gleichzeitig iſt hier angenommen, daß die eine
Stielhälfte a in dem oberen Stockwerk allein durchgeht.


Figure 146. Fig. 145.

Figure 147. Fig. 147.

Zwei andere Anordnungen illuſtriren wir in Fig. 148 und 149;
in erſterer beſteht der Ständer aus einem vollen Holze und wird er
[74]Zweites Kapitel.
von zangenartigen Trägern umfaßt. Damit ſelbige nicht abrutſchen
können, ſind zwei conſolartige Winkellappen angebolzt, auf welchen

Figure 148. Fig. 148.


Figure 149. Fig. 149.


die Träger ruhen; der Balken liegt unmittelbar neben dem Ständer,
hält dieſen und die Träger mit Anblattung und Verkämmung. Die
[75]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
Fig. 149 iſt inſofern mit der vorigen ähnlich, als hier die Balken
ebenfalls zangenartig den Ständer umklammern; die conſolartige
gußeiſerne Unterſtützung der doppelten Träger iſt eine äußerſt ſolide
und beſteht aus zwei Hälften, welche in das Holz eingelaſſen und
an Laſchen zuſammengebolzt ſind.


Figure 150. Fig. 150

A.


Die Anwendung der in Fig. 149 gezeigten Trägeranordnung
veranſchaulichen Fig. 150 B, welche eine Speicheranlage in Zürich
[76]Zweites Kapitel.
(erbaut 1865 vom Architecten Stadler) darſtellt; die Beſchreibung
dieſes Speichers übergehen wir an dieſer Stelle, indem wir auf:
Wanderley, ländl. Wirthſchaftsgebäude verweiſen, woſelbſt die bei

Figure 151. Fig. 150

B.


Speichern vorkommenden Anordnungen und Conſtructionen ſehr aus-
führlich mitgetheilt ſind.


Die Verſtärkung der Träger.


Die außerordentlich ſtarken Balken ſind als ſogenanntes „Lang-
holz“ oft gar nicht oder doch nur mit bedeutendem Koſtenaufwande
zu beſchaffen, aus welchem Grunde man ſie durch Vereinigung
[77]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
mehrerer ſchwacher Hölzer, die feſt zuſammengebolzt werden,
zu erſetzen pflegt.


Da ſolche Combinationen ſtets koſtſpielig ſind und viel Arbeit
machen, darf man ſie nur vereinzelt anwenden.


Die Verſtärkung kann ſtattfinden:


  • a) mittelſt Verzahnung,
  • b) „ Verdübelung,
  • c) „ Bohlenſtreben,
  • d) „ Armirung,
  • e) „ linſenförmiger Ausbauchung.

Die erſten beiden Fälle ad a und b wurden ſchon in dem erſten
Druckbogen vorgeführt.


Eine umfaſſende Verwendung fanden die verdübelten Träger in
der großartigen Wagner-Werkſtatt der Wagenbauanſtalt von A. H.
Pflug in Berlin, die ſeit 1857 der „Actiengeſellſchaft für Beſchaffung
von Eiſenbahnbedarf“ gehört; die große Wagner-Werkſtatt wurde
1858 erbaut und ſtellen wir in Fig. 151 A im Querſchnitt, B theil-
weiſe im Längenſchnitt dar. Das ganze Gebäude iſt 141m lang
und 31,25m breit. Im Kellergeſchoß ſind mehrere große Säge-
maſchinen zum Zerſchneiden der größeren Stämme aufgeſtellt. Die
weiten Räumlichkeiten bieten hinreichenden Platz zum Niederlegen
der größten Hölzer.


Das Gebäude wird durch die Doppelſtiele, welche die obere
Balkenlage und das Dachwerk tragen, in drei gleich breite Längen-
ſchiffe getheilt. Die Seitenſchiffe erhalten durch große Fenſter hin-
länglich Licht, während das Mittelſchiff von oben beleuchtet wird.
Es iſt hier dem Bedürfniß nach großen Räumlichkeiten möglichſt ent-
ſprochen und an jeder Stelle die erforderliche Helligkeit geſchafft, die
da unbedingt unerläßlich iſt, wo man die zu bearbeitenden Gegen-
ſtände nicht drehen und wenden kann, wie man will.


Nach dem zweiten Geſchoß gelangt man mittelſt breiten eiſernen
Treppen an beiden Enden des Gebäudes; in dieſem Geſchoß werden
die Bretter und Balken zugerichtet mittelſt vieler Hobel- und Säge-
maſchinen aller Art. Da hier eine große Menge Holz aufgeſchichtet
liegt und ſchwere Maſchinen ſtehen, ſo mußten die Conſtructionen
[78]Zweites Kapitel.
möglichſt ſolide eingerichtet werden und ſind daher überall verdübelte
Träger von 0,62m Höhe angewendet.


Figure 152. Fig. 151

A.


Da bei der großen Gebäudetiefe ein Satteldach zu bedeutende
Dachflächen erhalten hätte, wurde eine Reihe von kleinen Dächern
[79]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
parallel der Tiefe des Gebäudes conſtruirt, durch welche Anordnung
lange Hölzer vermieden wurden.


Zwiſchen je zwei Dächern liegt eine ſogenannte „Knoblauch'ſche
Rinne.“


Figure 153. Fig. 151

B.


Die Bohlenverſtrebung (Fig. 152) geſchieht in nebenſtehender
Weiſe: an jede Seite des Balkens werden zwei Bohlen in ſchräger
Richtung mittelſt Verzahnung eingelaſſen und alsdann gut verbolzt,
um der Verſchiebung entgegenzuwirken. Die Hirnenden der beiden
Streben ſtemmen ſich gegeneinander und bilden letztere auf dieſe
Art eine „Verſprengung“, welche dem verſtärkten Balken eine große
Steifigkeit verleiht. Des Seitenſchubes wegen bleiben die Bohlen-
oder Halbholzenden mindeſtens 20zm von der Mauer entfernt. Der
Balken erhält, je nach der auf ihm ruhenden Extrabelaſtung und
freiliegenden Länge 20/25 bis 25/30zm zur Stärke.


Eine andere Bohlenverſtrebung zeigt Fig. 153 A—C; hier deuten
f f und g g die Stiele der übereinander befindlichen Stockwerke an;
zwiſchen den beiden geraden Bohlen d d ſind die beiden Halbhölzer
c c in geneigter Lage ſo angeordnet, daß die mit Verzahnung ver-
ſehenen Enden derſelben unter die ebenſo ausgeſchnittenen Enden
[80]

Figure 154. Fig. 152.


Figure 155. Fig. 153

A—C.


[81]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
der Träger b b zu liegen kommen. Die Enden der beiden Hölzer
b und c werden verbolzt, verdübelt und auf die Stiele f f gelegt.
Die Bohlen d d befinden ſich unmittelbar neben den Halbhölzern c c
und ſind mit denſelben verholzt. Um einer Verſchiebung der an-
gebolzten Bohlen vorzubeugen, werden die Dübel k k eingetrieben.


Wenn man die Conſtruction von Fig. 152 anſtatt Fig. 153 A—C
anwenden will, läßt man den Träger b b ganz durchgehen.


Die Armirung iſt nur ein umgekehrtes Hänge- reſp. Sprenge-
werk (Fig. 153 D); der hölzerne Balken a b ruht in der Mitte c auf

Figure 156. Fig. 153

D.


einem kurzen Pfoſten c d. Dieſer ſteht auf einer eiſernen Platte,
welche wiederum von den zwei eiſernen Zugſtangen aufgefangen
wird. Die Zugſtangen werden an den Hirnenden der Balken von
breiten gußeiſernen Platten gehalten; mittelſt Contreſchrauben vermag
man jede beliebige Anſpannung vorzunehmen. Wenn der Pfoſten d
länger als 0,6—0,7m iſt, müſſen zwei Seitenſtreben (Kopfbänder
oder Bügen) vorhanden ſein.


Bezeichnet man mit l die Länge a b, p die gleichförmig vertheilte
Belaſtung und α den Winkel zwiſchen Pfoſten und Zugſtange, ſo
beträgt:
der Druck in der Stütze c d = 5/8 p l = 5/8 P
der Zug in den Zugſtangen a d = 5/16 .


Der linſenförmige Balken wird ſeiner unzweckmäßigen Form
wegen im Landbau höchſt ſelten benutzt.


Baurath Lawes in Hannover conſtruirt ihn zuerſt, indem er ur-
ſprünglich einen vollen Balken in der Mitte aufſägen und dazwiſchen
einige Pfoſten zum Auseinanderhalten der beiden Hälften ſtecken ließ.
Neuerdings wird der linſenförmige Balken aus zwei Hölzern herge-
ſtellt, welche an den Enden verbolzt und in der Mitte mittelſt Pfoſten
und Zangen in Spannung gehalten werden.


Wanderley, Bauconſtr. 6
[82]Zweites Kapitel.

Die Formel zur Berechnung des linſenförmigen Balkens lautet:

Hierin bedeutet:


  • P die gleichmäßig vertheilte Belaſtung in Kilogr.,
  • E den Elaſticitätsmodul, für Holz pro □zm = 105000 Kilogr.,
  • k den Sicherheitscoefficient, für Holz pro □zm = 70 Kilogr.,
  • l die Länge in Zentimetern,
    • h die Höhe
    • b die Breite
  • a der größte Abſtand der beiden Balken in der Mitte in
    Zentimetern.

Letzteren pflegt man 1/25 der ganzen Spannweite zu machen.


Die Fig. 154 zeigt die Verwendung des Lawes'ſchen Balkens bei
einem Dachbinder; in dieſem berechneten Beiſpiele ſind die einzelnen

Figure 157. Fig. 154.


Balkenhälften 14,5zm hoch und 29zm breit, ſodaß alſo an den Enden
eine Stärke von 29zm im Quadrat entſteht. Die Verſchiebung an
den Enden wird durch Bolzen und Keile verhindert. Die mittlere
lichte Höhe beträgt 0,62m, oder da die ganze Spannweite 15,7m
mißt, iſt h = 1/25 s. Die Zangen halten die beiden Gurtungen aus-
einander und unterſtützen gleichzeitig die Fetten.


Derartige Dachconſtructionen empfehlen ſich beſonders dort, wo
mit geringem Holzaufwande große Räume überdeckt werden ſollen,
wie z. B. in Exercierhäuſern, einfachen Turnhallen u. ſ. w.


Eine Unterſtützung der Decke beſonderer Art entſteht,
wenn die Hänge- reſp. Sprengewerke ganz unabhängig von der
Dachconſtruction bleiben. So z. B. erkennen wir in Fig. 155 ein
einfaches Hängewerk, an deſſen Hängebalken die Deckenbalken mittelſt
Bolzen hängen. Doch iſt auch der Fall ſehr gut möglich, daß, wie
die punktirten Linien angeben, auf dem Hängewerke ein Träger be-
[83]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
hufs Unterſtützung der Balken liegt, — gleichfalls wäre es geſtattet,
ſowohl den oberen, als auch den unteren Balkenroſt anzuordnen.


Figure 158. Fig. 155.

Eine ſolche Conſtruktion zeigt die große Decke über dem
Mäder'ſchen Saal in Berlin (Fig. 156 A — E); der Fußboden des

Figure 159. Fig. 156

A — B.


Dachraumes liegt 3,8m über der Decke, es wurde daher in dieſem
Zwiſchenraume ein großes doppeltes Hängewerk von 18,75m Spann-
weite angelegt. Sowohl Streben, Spannriegel, als Hängeſäulen
ſind doppelt, miteinander verbolzt und verdübelt. Die Endzwiſchen-
räume des Hängewerks verhalten ſich zur Mittelöffnung wie 1 : 2 : 1;
6*
[84]Zweites Kapitel.
an der Hängeſäule (h) hängt ein Träger, in der Mitte iſt ein
anderer c vorhanden, welcher von der, am Spannriegel hängenden
Hängeſtange s gehalten wird. Der Hängebalken d hat in der Mitte
eine geringe Stechung erhalten, damit er nach dem völligen Setzen
der Decke ganz horizontal bleibe. Auf den Trägern b, b und c
liegen die Zwiſchenbalken in Entfernungen von 0,91m nach der in
Fig. 156 B ſkizzirten Weiſe. Der Abſtand zwiſchen zwei Hänge-
bindern beträgt 4,6m. Fig. 156 C—E geben die Details von der
Hängeſäulen- und der Hängeſtangenverbindung. In C halten die
Hängeeiſen eine breite Platte p, auf welcher der Hängebalken ganz und
die Träger b b nur theilweiſe mit ihren Enden ruhen; in Fig. D iſt die
Hängeſtange unten mit einem breiten Halter t verſehen, um den Hänge-
balken d unterſtützen und den Balken b b auffangen zu können, zu
welchem Behufe zwei gußeiſerne Schuhe vorhanden ſind.


Die Holzſtärken betragen: b = 30m hoch, p = 5m dick, d =
24/30zm, s = 4m dick, eine gekuppelte Hängeſäule h = 30/45zm.


Weſentliche Abweichungen von der eben mitgetheilten Anordnung
zeigt die Decke über dem großen Malerſaale des Wiener Hofopern-
hauſes (Fig. 157). Dieſelbe beſteht aus Bohlenbogen (Syſtem
Delorme), welche 16,3m Spannweite und 2,6m Pfeihöhe beſitzen; die
Bogengeſpärre ſind auf 26/31,5zm ſtarken Mauerſchwellen (Roſtſchließe)
geklaut und in Abſtänden von 4,2m aufgeſtellt und mit eiſernen
Zugſtangen (Schließen) verankert. Zwiſchen den Hauptbohlenbindern
befinden ſich noch drei andere Leergeſpärre.


Zu den Bögen verwendete man drei Bohlenlagen von je 5,3/29zm
Stärke, welche ordnungsgemäß (ſiehe Näheres bei „Dächern aus
Bohlen“) mit abwechſelnden Fugenſtößen zuſammengebolzt ſind. Auf
die Bögenenden brachte man trägerartige Auflager zur Aufnahme
der Balkendecke; Letztere trägt eine Dielung ſammt einem dünnen
Lehm-Eſtrich und flachen Ziegelpflaſter.


Die Stärke der Balken und Träger.


Nach einer praktiſchen Zimmermannsregel beträgt die Balken-
höhe
in Wohngebäuden bei gewöhnlicher Belaſtung
h = (16 + 2 . l) Zentimeter,
wobei h in Zentimetern, die Länge l in Metern gedacht ſind, und
die einzelnen Balken etwa 1m von Mitte zu Mitte auseinander
liegen. Die Balkenbreite nimmt man circa 5zm geringer an.


[85]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.

Hiernach wäre bei 5m freiliegender Länge
h = (16 + 2 . 5) = 26zm,
b = (26 — 5) = 21zm.


Sobald auf dem Balkenroſt eine außergewöhnliche Belaſtung
ruht, wie z. B. in Speichern, muß man die Balkenquerſchnitte ſtatiſch

Figure 160. Fig. 156

C—E.


Figure 161. Fig. 157.


berechnen. Zu dieſem Behufe ermittelt man zuerſt das Eigengewicht
des Balkenroſtes nebſt Zwiſchendecke und die auf demſelben ruhende
Extra-Belaſtung (ſogenannte fremde oder variable Belaſtung).


[86]Zweites Kapitel.

Die Extrabelaſtung beträgt (nach „deutſches Bauhandbuch“):


Das Eigengewicht der Balkenlagen nebſt Zwiſchendecke beträgt
(nach Behſe):


Das Gewicht der Windelböden vermehrt ſich für je 2,5zm größere
Balkenhöhe um 25 Kilogr. pro □m.


Die Geſammtbelaſtung der Balkendecke ergiebt ſich durch Addition
der beiden Gewichte.


Die allgemeine Formel zur Berechnung des Querſchnitts eines
[87]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
gleichmäßig belaſteten, an den Enden freiaufliegenden Balkens von
beliebigem Material, lautet
worin

  • P die gleichmäßig vertheilte Belaſtung in Kilogr.,
  • l die freiliegende Länge des Trägers in Zentimetern,
  • k die größte abſolute Spannung des Materials pro □zm Länge
    und Querſchnitt, und
  • W das Widerſtandsmoment (auf die Definition deſſelben gehen
    wir an dieſer Stelle nicht ein)

bedeuten.


Da wir hier mit hölzernen Balken (Tannenholz) zu thun haben,
und dieſe meiſtens einen rechteckigen Querſchnitt erhalten, ſo wird
einzuſetzen ſein, für:
k = 70 Kilogr. bei 10facher Sicherheit gegen Bruch,
W = ⅙ b h2.


Somit bekommt obige Formel folgenden ſpeciellen Ausdruck:
worin alle Dimenſionen in Zentimetern gedacht ſind.


Nehmen wir aber die Länge l in Metern an, dann muß die
rechte Seite der Gleichung durch 100 dividirt werden, folglich:
oder
1) .


Bezeichnet


    • q das Eigengewicht
    • p die Extrabelaſtung auf
    • a der Abſtand der Balken von Mitte zu Mitte
    • l die Länge der Balken
    • h die Höhe
    • b die Breite

ſo iſt:
2) oder
[88]Zweites Kapitel.
3) ,
4) .


Der vortheilhafteſte Querſchnitt eines Balkens entſteht, wenn die
Höhe zur Breite ſich verhält:
h : b = 7 : 5.


Subſtituirt man für b = 5/7 h, dann
5)
6) .


  • Aufgabe: Wie groß darf die Belaſtung einer Balkenlage pro
    m Fruchtſpeicher mit ganzem Windelboden ſein, wenn die
    Balken 1,1m von Mitte zu Mitte auseinander liegen, 5,6m
    lang ſind und einen Querſchnitt von 23/30zm haben?

Antwort: Nach Formel 2 iſt:
, demnach
Kilgr.


Da der ſoeben angenommene Querſchnitt nicht die größte Trag-
fähigkeit beſitzt, ſo kann eine andere Frage lauten: wie groß würde
bei der angegebenen Belaſtung der vortheilhafteſte Querſchnitt ſein?


Antwort: Nach Formel 4 iſt:
.


Bei einem Verhältniſſe von h : b = 7 : 5, iſt:
b = 5/7 . 29 = 21zm.


Nachfolgende Tabelle giebt die Balkenſtärken (in abgerundeten
Zahlen) für Wohngebäude; die Entfernung der Balken iſt 1m an-
genommen.

[89]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.

Die Stärke des Trägers


hängt ab von ſeiner freiliegenden Länge und dem Gewichte der
Balkendecke. Die Deckenbelaſtung vertheilt ſich auf die Unterſtützungen
(Umfaſſungsmauern, Säulen, Träger u. ſ. w.), je nach den Entfer-
nungen derſelben ſehr verſchiedenartig.


Benennen wir die ganze gleichmäßig vertheilte Belaſtung P, da-
gegen die Größe des Balkendruckes auf die Unterſtützungen mit D,
D'
und D'', ferner die ganze Balkenlänge L, das Verhältniß der
Entfernung der mittleren Unterſtützungen von einer Endunterſtützung
zur ganzen Länge v, ſo wird ſein:


1) Für den Fall, daß die durchgehenden Balken in der Mitte auf
einer Stütze liegen oder an einem einfachen Hängewerke hängen (Fig. 158):
Druck D' = D'' = 3/16 P,
Druck D = 5/8 P.


2) Wenn die Enfernungen der zwei Unterſtützungen gleich ſind,
alſo v = ⅓ L (Fig. 159),
D' = 2/15 P,
D'' = 11/30 P.


Figure 162. Fig. 158.

Figure 163. Fig. 159.

3) Bei ungleichen, aber ſymmetriſchen Entfernungen (Fig. 160),
,
.


4) Wenn der Balken einmal unterſtützt iſt (nach Fig. 161), die

Figure 164. Fig. 160.


Figure 165. Fig. 161.


Balkenbelaſtung gleichmäßig vertheilt und die Unterſtützung nicht in
der Mitte iſt:
[90]Zweites Kapitel.
,
,
.


5) Der Balken ruht auf 3 Trägern (Fig. 162) und v = ¼ L,

Figure 166. Fig. 162.


ſodann
D' = 11/112 P
D''
= 32/112 P
D
= 26/112 P.


Dieſer Fall kommt aber höchſt ſelten vor, denn da ¼ L öfters
5m mißt, beträgt die Geſammtbalkenlänge mindeſtens 20m; ſolche
lange Hölzer ſind koſtſpielig und würde man in der Praxis jeden
Balken aus zwei Theilen herſtellen, welche über der mittleren Stütze D
geſtoßen werden. Alsdann haben wir wieder den zuſammengeſetzten
Fall von Fig. 158.


Wenn nun die auf jedem Träger (von Säule zu Säule) ruhende
Belaſtung ermittelt worden iſt, wird ſein Querſchnitt nach der Formel 5:
berechnet.


Nicht unbeachtet darf man laſſen, daß der über mehrere Ständer
reichende Träger mindeſtens an einem Ende als feſt eingeſpannt gelten
kann und ſomit eine noch größere Tragfähigkeit beſitzt, als ein nur
freiliegender; ferner unterſtützt man den Träger mit Sattelhölzern
(Fig. 146) und Kopfbändern oder Bügen, ſodaß der Träger eigent-
lich 2m weniger freiliegt. Alle dieſe Eventualitäten müſſen für jeden
einzelnen Fall genau in Erwägung gezogen werden, bevor man die
Trägerquerſchnitte endgiltig feſtſetzt.


Indem wir noch hinzufügen, daß der an einem Ende feſteinge-
[91]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
ſpannte, an dem anderen freiaufliegende Träger 1½ mal ſoviel trägt,
als ein ſolcher, der mit beiden Enden frei aufliegt, und demgemäß
oder wenn b = 5/7 h:
7)
iſt, überlaſſen wir dem Studirenden die weitere Durchführung eines
Beiſpiels.


Die Dimenſionen der ſtarkbelaſteten und freiſtehenden Holz-
pfoſten
pflegt man ebenfalls ſtatiſch zu berechnen, zumal bei außer-
gewöhnlichen Belaſtungen das practiſche Gefühl ſelten den richtigen
Aufſchluß giebt.


Wie wir auf den vorſtehenden Seiten geſehen haben, vertheilt ſich
die Belaſtung der Balkenlage u. ſ. w. ſehr verſchiedenartig auf die
Unterſtützungen, weshalb man behufs Berechnung der Pfoſtenquer-
ſchnitte zunächſt die auf jedem Stiele ruhende Laſt P ermitteln muß.


Die hölzerne Säule wird auf rückwirkende Feſtigkeit in An-
ſpruch genommen, und ſteht ihr Tragvermögen in geradem Verhält-
niſſe zum Querſchnitte und in umgekehrtem Verhältniſſe zur Länge;
d. h. die Tragfähigkeit vermindert ſich mit Zunahme der Stielhöhe,
und der Querſchnitt erfordert deſto größere Dimenſionen, je höher
der Stiel iſt (gleiche Belaſtung vorausgeſetzt).


Die rückwirkende Feſtigkeit kann ſowohl eine Inanſpruchnahme
auf Zerdrücken (Zermalmen) oder auf Zerknicken (Durchbiegen)
ſein. Erſtere findet bei Holzconſtructionen im Hochbau ſelten, letz-
tere dagegen deſto öfters bei ſolchen Stützen ſtatt, deren Höhe 10—15
mal größer iſt als die kleinſte Seite des rechteckigen oder quadra-
tiſchen Querſchnitts.


Jedoch die Widerſtandsfähigkeit hängt nicht allein von der Länge,
ſondern auch von dem Material und der Befeſtigungsweiſe der
Stützenenden ab.


Da das Tannenholz biegſamer, d. h. elaſtiſcher iſt als das Eichen-
holz, ſo eignet ſich letzteres für Stützen am beſten. Nach angeſtellten
Verſuchen beträgt der Elaſticitätsmodul (E)
für Tannenholz pr. □zm 105000 Kilogr.
„ Eichenholz „ 122500 „


[92]Zweites Kapitel.

Die Befeſtigung der Stütze kann in vier verſchiedenen Weiſen
geſchehen, nemlich:


  • 1) Der Fuß der Stütze iſt feſt eingeſpannt (eingemauert ꝛc.)
    und das obere Ende beweglich.
  • 2) Beide Enden ſind frei, jedoch die Endpunkte der Axe bleiben
    normal.
  • 3) Das untere Ende der Stütze iſt feſt eingeſpannt, dagegen
    das obere bleibt beweglich und verläßt die urſprüngliche
    Lage nicht, ſo daß der obere Endpunkt über dem Fuß-
    punkt normal iſt.
  • 4) Beide Enden ſind feſt eingeſpannt und die Endpunkte der
    Axe normal.

Die Maximalbelaſtung, welche einen Bruch verurſachen könnte,
läßt ſich für alle vier Fälle durch folgende Grundgleichung be-
ſtimmen:
Maxim.
(Nach Navier: Max. )

wenn l die Stützenhöhe in Metern und J das Trägheitsmoment des
Querſchnitts bedeuten.


Da jedoch dieſe Maximalbelaſtung niemals erreicht werden darf,
ſondern bei Holz eine 10fache Sicherheit in Anrechnung kommen
muß, ſo ergiebt ſich:
,
oder nach Einſetzung der betreffenden Werthe:
für Tannenholz,
für Eichenholz.


Nun iſt bei dem rechteckigen Querſchnitt ,
und „ „ quadratiſchen „ ,
wobei h die kleinere und b die größere Seite des rechteckigen Quer-
[93]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
ſchnitts in Zentimetern heißen; folglich erhält man für den


[94]Zweites Kapitel.

Die erſte Befeſtigungsart kommt bei hölzernen Säulen nie vor,
dagegen gilt der zweite Fall für Säulen, welche blos mit Zapfen in
Rähmen und Schwelle reſp. Sockel ſtecken; der dritte Fall wird nur bei
feſt verankerten eiſernen Stützen zu Grunde gelegt, und den vierten
Fall läßt man der Sicherheit halber ganz unberückſichtigt, da die Be-
feſtigung des oberen Endes wohl niemals unwandelfeſt gemacht
werden kann.


Für hölzerne Stützen wird immer der 2. Fall benutzt.


Auf den ſichern Stand der Stütze muß man die größte Sorgfalt
verwenden; zu dieſem Behufe ſtellt man ſie am beſten auf einen
Eiſenſchuh, der mit einer ſo breiten, mindeſtens 5zm ſtarken Platte
verſehen iſt, daß die Laſt gleichmäßig auf das genügend ſtarke Auf-
lager (Sockel) übertragen wird.


Um das Zermalmen des Hirnholzes zu verhüten, legt man
unter die Stütze eine dünne Bleiplatte. Die Größe der Grund-
platte richtet ſich nach der Feſtigkeit des Sockelmaterials.


Obgleich wir die Druckfeſtigkeit einiger Steinarten weiter unten
im zweiten Abſchnitt bei den ſteinernen Pfeilern mittheilen, führen
wir ſchon an dieſer Stelle an, daß


  • gewöhnliche gute Mauerziegel pro □zm mit 6 Kilogr.
  • gute Rathenower Steine   „ „ „ 14 „
  • weicher Sandſtein   „ „ „ 16 „
  • harter „   „ „ „ 40 „
  • Granit mit Cementmörtel   „ „ „ 30 „
  • „ als ganzer Block   „ „ „ 45 „

gedrückt werden dürfen.


Hat ſomit eine Stütze eine Laſt von 18000 Kilogr. zu tragen und
beſteht der Sockel oder Pfeiler aus gewöhnlichen Mauerziegeln, ſo
muß derſelbe mindeſtens im Querſchnitt haben.


Damit die Laſt gleichmäßig auf den Mauerkörper übertragen
werde, erhält die Grundplatte den Pfeilerquerſchnitt zur Fläche.


Bei Anlage des Sockel- oder Pfeilerfundaments darf nicht unbe-
[95]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
rückſichtigt bleiben, daß pro □m gewachſener, „tragfähiger“ Boden
höchſtens 25000 Kilogr. tragen kann und man hiernach die auf der
Stütze ruhende Laſt durch dieſes Modul dividiren muß, um die er-
forderliche unterſte Fundamentfläche zu erhalten; die Anzahl der
Fundamentabtreppungen ergiebt ſich von ſelbſt. (Näheres ſiehe im
zweiten Abſchnitt).


Der Decken- und Bodenbau in Oeſterreich


hat durch die baupolizeilichen Beſtimmungen einen ganz beſonderen
Charakter erhalten. So z. B. ſchreibt die Bauordnung für
Wien
vor:


§. 43. Die Anwendung von Tram-, Sturz- oder Dippelboden,
ſowie von Böden, die auf Eiſenconſtructionen ruhen, bleibt der freien
Wahl der Bauherren überlaſſen. Nur in dem letzten Stockwerke
ſind der Feuerſicherheit wegen Dippelböden oder maſſive Decken an-
zulegen. Bei ſämmtlichen hölzernen Deckenconſtructionen ſind die
Fußböden durch eine 8zm hohe Schuttlage zu iſoliren.


§. 53. Der Dachboden muß feuerſicher hergeſtellt, angeſchüttet
und mit Ziegeln belegt ſein. Der oberſte Boden darf mit dem Dach-
gerüſte nicht in Verbindung ſtehen.


In Mähren bleibt die Wahl der Deckenconſtruction ebenfalls
dem Bauherrn überlaſſen, wofern erſtere den Anforderungen der
Feuerſicherheit und Baufeſtigkeit entſprechen.


§. 32 der Bauordnung für Mähren ſagt:


Auch über dem Erdgeſchoſſe, dann über dem oberſten Stockwerke
dürfen Tram- oder Sturzböden angebracht werden, nur müſſen die-
ſelben nicht allein durch eine Schuttlage von den Polſterhölzern voll-
kommen iſolirt, ſondern auch die Böden im oberſten Stockwerke feuer-
ſicher belegt und in ſolcher Stärke hergeſtellt werden, daß ſie im
Falle eines Brandes bei dem möglichen Einſturze des Dachgerüſtes
Widerſtand leiſten.


§. 48. Das Gehölz der Dachſtühle ſoll mit jenem der Deckenböden
in keiner Verbindung ſtehen, daher ſtets (auch bei Umbauten) eine
feuerſichere Iſolirſchicht (die ſchon im §. 32 verlangt wird) anzu-
bringen iſt.


In ähnlichem Sinne drücken ſich die Bauordnungen der übrigen
Kronländer aus, nur daß


  • in Lemberg „beſonders die Tramdecken mit Fällträmen“,

[96]Zweites Kapitel.
  • in Schleſien „in Wohnräumen, wenn die lichte Zimmertiefe von
    3 Klaftern oder 5,7m oder darüber beträgt, nur die Tram- oder
    Sturzböden mit Fällträmen“ verlangt werden.

Die Bauordnung für Innsbruck lautet im


§. 23. Den Dippelbäumen iſt jedenfalls eine 16zm ſtarke
Auflage auf lerchenen Roſtſchließen oder Roſtladen (Roſtſchließen- oder
-laden ſind Mauerlatten- oder Bohlen) zu geben. Sie ſind von 6
zu 6' (1,9—1,9m) der Länge untereinander zu verbinden. Geſchnittene
Dippelbäume dürfen nur in einer Länge von 16' wiener (5,12m)
und auch nur unter die Dachböden gelegt werden, ſie müſſen am
ſchwächeren Ende wenigſtens 6″ w. (16zm) und zur Seite 4″ w.
(11zm abgerundet) hoch behauen ſein. Ueber eine Zimmertiefe von
3—4—5 Klafter (reſp. 5,7m—7,6m—9,5m) dürfen nur ganz behauene
Dippelbäume mit der entſprechenden Höye von 8—9—10 Zoll w.
(reſp. abgerundet 21zm—24zm—26zm) verwendet werden. Die Breite
derſelben iſt gleichgiltig. Die Verwendung einer beſonderen Con-
ſtruction von Dippelbäumen oder einzelnen Trägern iſt im Plane
genau erſichtlich zu machen.


§. 24. Die Durchzüge oder Träger müſſen die gehörige Stärke
haben, ſomit für kleinere Gemächer 7/8 Zoll (19/21zm), für Räume
von mehr als 3 w. Klafter (5,7m) Weite 8/9 zöllig (21/24zm) ſein. An
Stellen wo Oefen zu ſtehen kommen, iſt die Tragfähigkeit der Durch-
züge durch eine beſondere Conſtruction zu verſtärken. Die Entfer-
nung der Durchzüge von Mitte zu Mitte wird auf 2—2½' (0,64 bis
0,8m) beſtimmt. Die Durchzüge ſollen 6″ (16zm) auf der Mauer
aufliegen und an der Stirnſeite durch aufgeſtellte Ziegel oder auf
andere zweckmäßige Weiſe gegen Feuchtigkeit geſichert werden. An
der unteren Seite müſſen die Durchzüge mit einer feuerſicheren Decke
verſehen werden. Unverkleidete Tram-, Sturz- oder Dippel-Ober-
böden ſind nicht geſtattet.


Hiernach ſchreiben ſämmtliche Bauordnungen der öſterreichiſchen
Kronländer für alle Wohngebäude in den Städten, Märkten und ge-
ſchloſſenen Ortſchaften vor:


Alle Holzdecken dürfen


  • 1) mit dem Holzwerke des Dachſtuhls, überhaupt mit den Mauer-
    banken, Bundträmen, Wechſeln und Stichen insbeſondere,
    in keiner wie immer gearteten Berührung und Verbindung
    ſtehen; ſie müſſen

[97]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
  • 2) im oberſten Geſchoſſe eine ſolche Stärke haben, daß ſie bei
    Bränden durch herabſtürzende Dachbalken nicht durchge-
    ſchlagen werden können, und
  • 3) unter dem Dache mit einer wenigſtens 8zm dicken Beſchüttung
    überdeckt und über dieſer mit einem Ziegelpflaſter in Lehm
    oder Kalkmörtel oder an deſſen Stelle mit einem Lehmſtrich
    von 8—10zm Stärke belegt ſein.

Dieſe Vorſchriften gegen Feuersgefahr gelten auch für Kirchen mit
Holzdecken. — Es iſt demnach durchaus verboten, die Dachſtühle zur
Deckenconſtruction zu verwenden.


Bauerleichterungen ſind in Induſtrie- und landwirthſchaftlichen
Gebäuden erlaubt, und darf in dieſen der Dachbundbalken gleich-
zeitig zur Dachbalkenlage gehören; auch für Gebäude aus Riegel-
wänden, welche bei ganz iſolirt ſtehenden Villen u. ſ. w. ebenfalls
geſtattet ſind, gilt dieſe Erleichterung gleichfalls, nur muß hier die
oberſte Dachbalkenlage mit einem Ziegelpflaſter bedeckt werden.


Man unterſcheidet fünf Deckenarten:


  • a) Dippel-, Diebel- oder Dübbelbodendecken,
  • b) einfache Balkendecken oder ordinaire Sturzdecken,
  • c) verſchalte Balkendecken oder Sturzbodendecken,
  • d) Sturzdecken mit Fachausfüllung,
  • e) Sturzböden mit Fälltramen.

Die Dippel- oder Dübbelbodendecke wurde bereits vor
einem Jahrhundert hergeſtellt und findet auch noch heute in holz-
reichen Diſtrikten vielfach Verwendung. Die ganze Decke beſteht aus
vielen, dicht nebeneinander gelegten Hölzern, ſogenannten „Dippel-
bäumen
“, welche meiſtens in der Weiſe gewonnen werden, daß man
einen Baum in der Mitte auftrennt, nachdem an zwei entgegengeſetzten
Seiten die „Schwarten“ (ſiehe Fig. 164) abgeſchnitten worden ſind. Mit

Figure 167. Fig. 164.


ihren Enden ſtecken die Dippelbäume etwa eine halbe Ziegellänge oder
14zm in der Mauer. Hiernach ergiebt ſich, daß, wenn die überein-
Wanderley, Bauconſtr. 7
[98]Zweites Kapitel.
ander ſtehenden Wände gleiche Dicke haben, ſie durch die Diebelbäume
ſehr geſchwächt werden (Fig. 165 A); auch ſelbſt beim Abſetzen der

Figure 168. Fig. 165.


Mauer an jeder Seite um ¼ Stein findet eine ſtörende Unter-
brechung ſtatt (Fig. 165 B). Aus dieſem Grunde ſind Dippelböden
entweder blos über dem oberſten Stockwerk oder nur dort zweck-
mäßig, wo die Mauerabſätze ½ Ziegellänge betragen.


Um eine Verſchwächung der Mauern zu vermeiden, hat man in
neuerer Zeit in Wien folgende Vorkehrung getroffen: in Entfernung
von 2,5m werden I-Träger (Traverſen) aus Schmiedeeiſen auf die
Vorder- und Mittelmauern gelegt und zwiſchen die Träger die Dippel-
bäume auf die Flanſchen gebracht. Damit die eiſernen Träger t die
Laſt auf das Mauerwerk gleichmäßig übertragen, muß jedes Träger-
ende auf einem 0,3m im Kubus meſſenden Sandſteinblock s ruhen.
Bei den in der Fig. 166 angenommenen Cotirungen macht man jeden
Diebelbaum 18zm hoch, 38zm breit, den Träger bei 6,5m freiliegender
Länge 24,5zm hoch, 12zm breit; ſomit erhält die ganze Decke ein-
ſchließlich der 2zm ſtarken Stuckaturung, der 6zm hohen Beſchüttung
und der 6,5zm hohen Steinſchicht, eine Höhe von 33zm.


Damit die ganze Dippeldecke eine feſte und ſteife Fläche bilde und
die einzelnen Bäume ſich nicht ſelbſtſtändig bewegen, werden die
nebeneinander liegenden Balken in Entfernungen von 2m entweder
von der Seite, oder von oben mit hölzernen „Dippeln“, „Diebeln“
[99]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
oder „Dübeln“ zuſammengehalten; beſſer iſt es die Befeſtigung ſowohl
an der Seite, als auch oben vorzunehmen (Fig. 167).


Die Dippeldecke ruht nicht direct auf dem rohen Mauerwerk,
ſondern auf einer Raſtlade ꝛc. aus Lärchenholz; das Hirnholz der

Figure 169. Fig. 166.


Bäume wird mit trockenen, vertical geſtellten Ziegeln umgeben.
Selbſtverſtändlich kann dies nur geſchehen, wenn dadurch eine
Schwächung der Mauer nicht erfolgt.


Die Dippeldecken von bedeutender Spannweite (über 5m) legt
man ſtets auf Raſtſchließen (Mauerlatte) von 12zm Breite, 15zm Höhe.


Die Dippelbäume werden meiſtens während der Mauerung ver-
ſetzt, und dient dann die Decke als Rüſtung beim Mauern.


Die Conſtruction der Dippelböden erkennen wir in Fig. 167 A
im Querſchnitt, B im Längenſchnitt; r iſt die Roſtlade. Auf dem
Dippelboden liegt eine 8zm hohe Beſchüttung (Lehm u. ſ. w.) und
hierauf kommen in Abſtänden von 1m von Mitte zu Mitte die 5—7zm
hohen und 10—15zm breiten „Polſter“ p, die dem Bretterfußboden
als Auflager dienen.


Auf mindeſtens 1m Entfernung verankert man die Bäume mit
dem Mauerwerk.


7*
[100]Zweites Kapitel.

Die Stärke eines Dippelbaumes
ſchwankt zwiſchen 26—40zm Breite
und 16—20zm Höhe (ſiehe weiter
oben: Bauordnung für Innsbruck
§. 23).


Bei einer Länge von 2,5m ver-
mögen die 18zm hohen Dippelbäume
eine 7zm hohe Beſchüttung und ein
flaches Ziegelpflaſter ſehr gut zu
tragen; Dippelbäume von 5,5—6m
freiliegender Länge müſſen 23—24zm
hoch gemacht werden. Rechnet man
hierzu die 8—9zm hohe Beſchüttung
und 6,5zm (bei Ziegeln) für den
Deckenboden, ferner 2zm für Beroh-
rung und Stuckaturung, ſo erhält
man die ganze Höhe eines Dach-
dippelbodens.


Die Breite iſt beliebig, meiſtens
30—40zm.


Die Dippeldecken brauchen keine
Verſchalung.


Die Vortheile der genannten
Decke ſind: ſolide und warme Decke
und geringe Arbeit bei der Her-
ſtellung.


Die Nachtheile ſind: bedeu-
tender Holzaufwand und daher in
einigen Gegenden große Koſtſpie-
ligkeit.


In Fig. 168 A—C veranſchau-
lichen wir die Auswechſelung der
Dippeldecke bei Kaminen (Schorn-
ſteinen); auf der Raſtſchließe liegen
die beiden Dippelbäume a a, in
welche der Wechſel w mit Bruſt-
zapfen eingreift; in dem Wechſel
ſtecken die Stiche s s, die mit w

Figure 170. Fig. 167.


[101]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
feſt verklammert ſind. Fig. 168 C zeigt den Schnitt im größerem
Maßſtabe.


Wie erwähnt, kommen die Dippelböden über dem oberſten Stockwerke
noch ſehr häufig vor, in Wien ſind ſie ſogar polizeilich vorgeſchrieben.


Die einfache Balken- oder ordinaire Sturzdecke iſt ganz
ebenſo wie die „deutſche Stülpdecke ohne Deckenſchalung“; auf den

Figure 171. Fig. 168.


Balken oder Tramen liegen die übereinander geſtülpten Schalbretter
(ſiehe Fig. 132 A—D) zur Aufnahme einer Lehmbeſchüttung; je nachdem
die Decke in Ställen reſp. als Böden der Wohngebäude Verwendung
findet, ordnet man entweder nur eine 8zm ſtarke Lehmſchicht an, oder
bringt man auf letztere die Polſter und Fußbodendielen reſp. eine flache
Ziegelſchicht in Kalk- oder Lehmmörtel.


Die verſchalte Balken- oder Sturzboden-Decke iſt der
vorigen ganz ähnlich und zeigt nur inſofern eine Vervollkommnung,
indem die unteren Flächen der Tramen nach Fig. 131 A—E verſchalt
ſind; man erhält auf dieſe Weiſe einen geraden Plafond.


[102]Zweites Kapitel.

Auch das Syſtem der Sturzdecken mit Fachausfüllung
haben wir bereits bei Beſprechung der deutſchen Balkenlage in
Fig. 133 A B (Einſchubdecke) illuſtrirt. In Fig. 169 A B geben wir
ſie in größerem Maßſtabe; an den Balkenſeiten ſind glattgeſchnittene
Leiſten befeſtigt, auf welchen die Einſchub- oder Sturzbretterenden
ruhen; die Zwiſchenräume der Tramen ſind mit Schutt oder Lehm
ausgefüllt, welcher die Tramenoberfläche um etwa 8zm überragt.
Hierauf ſind die 8zm hohen und 8zm breiten Polſter p horizontal nach
der Wage gebettet und die Fußbodenbretter gebracht.


Die Sturzbretter kann man auch in Nuthen einſchieben (nach
Fig. 170); ferner iſt es zweckmäßig, die Polſter p parallel zu den
Tramen und zwiſchen dieſe zu legen (nach Fig. 170), wodurch
etwa 4zm an Beſchüttung geſpart werden kann. In Dachboden-
räumen kommt auf die Beſchüttung anſtatt der Bretterdielung ein
flaches Ziegelpflaſter oder eine Bétonſchicht.


Die Sturzböden mit Fehl- oder Fälltramen (Fig. 171 A B)
beſtehen eigentlich aus zwei Balkenlagen, von denen die eine zum
Tragen der Beſchüttung und des Fußbodens, die andere zum Halten
der Decke oder des Plafonds dient. Die oberen Träme liegen
0,9—1m auseinander, und tragen die Sturzbretter b. Damit die
Geſammthöhe der Decke nicht allzugroß ausfalle, legt man die Sturz-
bretter am liebſten auf angenagelte Leiſten (vielfach ſind ſie über die
Balken geſtreckt und aufeinander „geſtülpt“ oder „geſtürzt“), wie
Fig. 171 zeigt. Die unteren Tramen f, ſogenannte „Fälltramen“,
welche nur für den Plafond vorhanden ſind, bleiben mindeſtens 6zm
von den Sturzbrettern entfernt, damit beim Schwingen der „Sturz-
tramen“ s, die Fällträmen f nicht berührt werden. Meiſtens ordnet
man die Sturztramen s eine Ziegelſchaar (Schicht) über der Unter-
fläche der Fälltramen f an.


Falls die übereinander befindlichen Wände keine Abſätze haben
wie in Fig. 171, legt man ſowohl die Sturz-, als auch die Fäll-
tramen nur auf eichene Mauerklötze, indem man unter das Auf-
lager von f einen ſo breiten Klotz (Bohlen- oder Lattenabſchnitt)
ſchiebt, daß dieſer auch das Auflager für s bildet.


Beim Vorhandenſein der Mauerabſätze ſind Raſtſchließen unter dem
Tramenauflager beſſer; jedoch nur die Fälltramen können auf der
durchgehenden Raſtſchließe ruhen, während die Sturztramen von
Raſtklötzen in der Höhe einer Ziegelſchaar unterſtützt werden müſſen.


[103]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
Figure 172. Fig. 169.

Figure 173. Fig. 170.

[104]Zweites Kapitel.

Oefters verlegt man die Fällträme nur 4zm tiefer als die Sturz-
träme und verkämmt man die erſteren ſoweit mit der 12/15zm ſtarken
Raſtſchließe, daß die Sturzträme gerade auf dieſe zu liegen kommen
(Fig. 172); dieſes Verfahren iſt ſolider als das vorige, und geſtattet
eine geringere Deckenhöhe.


Die Sturz- und Fällträme werden abwechſelnd mit dem Mauer-
werk verankert.


Für ein Zimmer von 6,5m Tiefe und bei circa 1m Entfernung
von Mitte zu Mitte der Sturzträme erhalten dieſe eine Stärke von
24zm Breite, 26zm Höhe; die Fällträme 11zm Breite und 16zm Höhe.
Nehmen wir dann nach Fig. 172 an, daß die Höhendifferenz zwiſchen
Sturz- und Fällträmen nur 4zm mißt und die Sturzbretter b nach
Fig. 171 auf Leiſten ruhen, ſo beträgt: bei 4,5zm Höhe der Decken-
ſchalung incl. Berohrung und Stuckatur, 7zm Höhe des Polſters,
4zm Abſtand deſſelben vom Sturztram und 4zm Dicke des Fußboden-
brettes, die geringſte Geſammthöhe von
4 + 26 + 4 + 7 + 4 = 45zm.


Für kleinere Zimmertiefen kann man im erſten Entwurfe 40zm
zu Grunde legen.


Die Sturztramen legt man meiſtens 2—3zm vom Fällträme ent-
fernt; Leiſten ſind 5zm hoch und 4zm dick; Polſter 6—7zm hoch, 8zm
breit; Fußbodenbretter 4zm ſtark.


Die Sturzböden mit Fällträmen erfordern viel Holz und ſind da-
her koſtſpielig, zumal die Zurichtung der doppelten Gebälke mehr
Arbeit macht, als die einfachen Sturzböden; außerdem haben ſie
eine bedeutende Deckenhöhe, weil wegen der Fallträmen die Anord-
nung der vertieften Fachausfüllung nicht ſtatthaft iſt. Dennoch
wendet man Fällträme häufig an — in einigen Kronländern werden
ſie ſogar beſonders anempfohlen —, da einerſeits bei einem Brande
in den Stockwerken die Fällträme reſp. Deckenbalken abbrennen können,
ohne daß die Sturzträme reſp. Fußbodenbalken dabei Schaden leiden,
andererſeits bei einer Erſchütterung des Fußbodens die Decke vollſtän-
dig unbeweglich bleibt und die Stuckaturung geſchont wird. Daher
iſt der Sturzboden mit Fällträmen für alle Bauten, in denen eine
reiche und koſtſpielige Decorirung der Decke (durch Malerei oder
Stuckatur) beabſichtigt wird, beſonders anzurathen.


Beſondere Beachtung verdient die Auswechſelung des Gebälks;
in den Fig. 173 A C ſtellen wir ſie in verſchiedenen Skizzen dar.
[105]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.

Figure 174. Fig. 171

in circa \nicefrac1{25} nat. Gr.


Figure 175. Fig. 172.


[106]Zweites Kapitel.
Wie der Grundriß B erſichtlich macht, hängt an den beiden Sturzträmen
t t ein Wechſel w (in Fig. A iſt die Verzapfung punktirt angegeben),
der wiederum den Sturztramſtich s (Verzapfung in Fig. C punktirt

Figure 176. Fig. 173

A—C in circa 1/25 nat. Gr.


markirt) hält; die Fällträme f f ſtecken ebenfalls mit Bruſtzapfen
(Fig. C) im Wechſel w. Damit die beiden Sturzträme t t nicht ſeit-
lich ausweichen können, werden ſie mittelſt einer Schließe (Zuganker)
zuſammengehalten.


Schließlich ſei noch bemerkt, daß bei allen Deckenconſtructionen
auch hölzerne und eiſerne Träger oder Durchzüge (Unterzüge) ver-
[107]Die Balkenlagen oder der Decken- und Bodenbau.
wendbar ſind; bei den Sturzböden mit Fällträmen bringt man die letz-
teren direct ſo auf den Durchzug, daß für die Sturzträme entſprechend
hohe Raſtklötze nothwendig ſind. Iſt der Höhenunterſchied zwiſchen
den beiden Trämen nur ein geringer, etwa 4zm, dann hebt man den
Träger bis zur Unterfläche der Sturzträme und verkämmt man die
Fällträme etwa 4zm. Sollen beide Träme mit dem hölzernen Durch-
zuge verkämmt werden, ſo wird derſelbe um die Höhe des oberen
Kammes nochmals gehoben.


Obgleich wir behufs Beſtimmung der Tramenſtärken bereits all-
gemeine Angaben gemacht haben, ſo unterlaſſen wir nicht darauf
aufmerkſam zu machen, daß in zweifelhaften Fällen die oben ange-
führten ſtatiſchen Formeln jederzeit genauen Aufſchluß geben.


Die Eigengewichte ergeben ſich ſofort, wenn man


  • 1 Cbm Lehm, Schutt u. ſ. mit 1800 Kilogr.,
  • 1 Cbm Holz durchſchnittlich mit 700 Kilogr.,
  • 1 □m Berohrung, Verſchalung und Stuckatur mit 50—60 Klgr.,
  • 1 □m flaches Ziegelpflaſter mit 100 Kilogr.,
  • 1 □m 4zm ſtarke Fußbodendielen mit 30 Kilogr.

annimmt, und wenn man, um die genaue Berechnung anſtellen zu
können, die Holzſtärken ſchätzungsweiſe feſtſetzt. Alsdann wird ſein,
wenn l die freiliegende Länge des Balkens in Metern, P die gleich-
mäßig vertheilte Belaſtung in Kilogr., b und h die Breite und Höhe
deſſelben in Zentim. bedeuten, und b = 5/7 iſt:

Jedenfalls muß der ausführende Techniker von der Tragfähigkeit
ſeiner Conſtruction überzeugt ſein, zumal Seitens der Behörden in
zweifelhaften Fällen eine Probebelaſtung geſetzlich verlangt werden
kann, deren Koſten der Bauherr zu tragen hat.


Drittes Kapitel.
Die Holzwände.


In holzreichen Gegenden pflegt man, wenn die klimatiſchen Ver-
hältniſſe es geſtatten, die iſolirtſtehenden Wohnhäuſer und ländlichen
Wirthſchaftsgebäude, welche wohlfeil ſein ſollen, aus Holz herzuſtellen.
Oefters iſt der leichte Holzbau, ſowohl für einzelne freiſchwebende,
[108]Drittes Kapitel.
alſo ganz leichte Conſtructionen, als auch für ganze Gebäude, welche
auf einem leicht compreſſiblen Untergrund ſtehen, unbedingt noth-
wendig. Ein ſolcher Holzbau zeigt die mannigfachſten Combinatio-
nen je nachdem er entweder ausſchließlich aus Holz oder nur aus
einem Holzgerippe beſteht, deſſen Zwiſchenräume (Fache) mit Füll-
materialien, wie z. B. mit gebrannten Ziegeln, Lehmſteinen oder
egyptiſchen Ziegeln, Lehmausſtakung u. ſ. w., ausgefüllt oder blos
mit Brettern verkleidet (verſchalt) ſind.


In vielen Fällen conſtruirt man auch in einem ſonſt ganz maſ-
ſiven Gebäude einige Wände (Scheidewände) aus Holz.


Sonach zerfallen die Holzwände in:


  • 1) Blockwände;
  • 2) Riegel- oder Fachwerkswände,
    • a) äußere,
    • b) innere;
  • 3) Bohlen- und Bretterwände,
    • a) äußere,
    • b) innere.

Die Blockwände


ſind nur in ſehr holzreichen Ländern gebräuchlich, ſo z. B. in den
Alpenländern (Schweiz, Tyrol), im Schwarzwalde, Rieſengebirge,
Thüringen und Harz, ferner in unermeßlich holzreichem Rußland,
Schweden und Norwegen und in einzelnen Diſtricten von Böhmen,
Polen, Ungarn u. ſ. w.


Berühmt ſind die romantiſchen und maleriſchen Schweizer-Block-
häuſer und die Blockhäuſer der ſogenannten „ruſſiſchen Colonie“ bei
Potsdam.


In den höheren Gebirgsgegenden iſt die Conſtruction der Block-
häuſer eine ſehr einfache; ſie beſteht aus quer übereinander gelegten
rohen Baumſtämmen, welche jenach der Länge der Wände gleichmäßig
abgeſchnitten, übereinander gelegt und behufs beſſerer Verbindung
an der Rundung des überzulegenden Stammes ausgehauen und mit
hölzernen Nägeln befeſtigt ſind.


Bei weiter vorgeſchrittener Technik ſind die Wände aus Rund-
ſtämmen zuſammengefügt, mit parallelen Auflagsſeiten und ebenen
[109]Die Holzwände.
Flächen verſehen, deren Enden ſorgfältig ausgeſchnitten ſind und
mit Ueberblattung dichtſchließend in einander greifen. Eine ſolche
Zimmerung erkennen wir in Fig. 174; die Blockwände ſtehen auf
einer maſſiven Plinthe und die ſich überkreuzenden Balkenenden
überragen das Mauerwerk. Für den geraden Abſchluß der Fenſter
und Thüren ſind die Pfoſten a a und d d erforderlich; a a ſtecken mit
Zapfen in dem Brüſtungsbalken c und dem Oberbalken b. Die

Figure 177. Fig. 174.


Ueberkreuzung der inneren Wände geſchieht ebenſo wie an den Enden.
Die Schornſteine werden mit 1 Stein ſtarken Wandungen und ganz
iſolirt von den Holzwänden aufgeführt.


Bei ſorgfältigerer Conſtruction bearbeitet man ſämmtliche Balken
vollſtändig vierkantig und glatt, wobei beſonders die Eckbildungen
acurat ſein müſſen (Fig. 175).


[110]Drittes Kapitel.

Da alle Blockwände in einigen Jahren auf zwei bis drei Stock-
werkshöhen etwa 15zm zuſammentrocknen, macht man die aufrecht-
ſtehenden Ständer an den Fenſtern und Thüren etwas kürzer, erſtere
etwa 2—2½zm, letztere circa 5zm.


Die inneren Querwände verfertigt man häufig nur aus zwei aufein-
ander genagelten Brettlagen, oder auch aus einem Riegelwerk (ſiehe
Fig. 225), welches mit Lehmausſtakung ausgefüllt wird. Die innern
glatten Blockwände werden berohrt und beputzt.


In Fig. 176 veranſchaulichen wir das Aeußere einer aus vier-
kantig bearbeiteten Balken zuſammengezimmerten Blockwand.


Figure 178. Fig. 175.

Figure 179. Fig. 176.

Um die Hirnhölzer zu ſchonen, nagelt man ein Brett vor dieſelben.


Die Riegel-, Bund- oder Fachwerkswände


können ſowohl außerhalb, als auch innerhalb eines Gebäudes ſein,
und enthalten in beiden Fällen gleichartige Theile.


Man unterſcheidet im Weſentlichen zwei Conſtructionsarten, nemlich


  • a) Riegelwände, deren Ständer oder Stiele nur die Höhe eines
    Stockwerks haben;
  • b) Riegelwände, deren Ständer mehrere Etagen hoch ſind.
  • Die erſte Art bezeichnen wir: Wände mit kurzen Stielen,
  • die zweite Art: Wände mit hohen oder durchgehenden Stielen.

Die Riegelwand mit kurzen Stielen

beſteht aus Schwelle (Unterſchwelle), Rähmen (Wandrähmen,
Oberſchwelle oder Kappholz), Riegeln, Stielen — Eck-, Mittel-,
[111]Die Holzwände.
Thür- und Fenſterſtielen (Säulen oder Ständern), und Streben
einfachen und Doppelſtreben oder Andreaskreuzen.


Die Fachwerks- oder Riegelwand des Parterregeſchoſſes oder un-
terſten Stockwerks muß ſtets auf einer maſſiven Plinthe (Sockel) von
mindeſtens 0,6m Höhe ruhen, damit das Schwellwerk vor dem Spritz-
waſſer geſchützt bleibe. Das Fundament wird ſowohl aus Werk-,
Bruch- als auch aus Ziegelſteinen hergeſtellt und in den beiden letz-
ten Fällen mit einer Rollſchicht (Rollſchaar) abgedeckt. Unter dieſe
bringt man eine Iſolirſchicht, um die aufſteigende Erdfeuchtigkeit
vom Holzwerk fernzuhalten. Die Rollſchicht beſteht entweder aus ge-
wöhnlichen Ziegeln und liegt dann bündig mit der Vorderkante der
Schwelle, oder man bedient ſich der abgeſchrägten Formſteine und
läßt dann die Schwelle zurücktreten. In Fig. 177 A—B veranſchau-
lichen wir beide Anordnungen; i iſt die Iſolirſchicht.


Figure 180. Fig. 177

A—B.


Die Iſolirſchicht erfüllt ihren Zweck um ſo mehr, je weniger
waſſerdurchläſſig ſie iſt. Man unterſcheidet zwei verſchiedene Iſoli-
rungsmittel; die eine Art enthält harzige oder ölige Subſtanzen (wie
z. B. der natürliche Asphalt und die Iſolir-Theerpappe), die andere
Art hat eine ſehr dichte Textur und verhindert auf dieſe Weiſe das
Durchdringen der Feuchtigkeit; (hierher gehören Glas, hartgebrannte,
ſogenannte „geſinterte“ Ziegel und Klinker.)


Der Asphalt gehört zu den beſten Iſolirſtoffen und wird in der
Dicke von 1,5zm auf die ſämmtlichen Mauern gebracht; bei allen
[112]Drittes Kapitel.
guten Bauten wendet man Asphaltiſolirſchichten an. Leider iſt der
Asphalt theuer, ſodaß für alle billigen Bauanlagen die Iſolirtheer-
pappe den Vorzug verdient.


Die Klinker und Glasſcheiben müſſen in einem guten Cementbett
liegen; beide Iſolirungen bieten aber nur eine geringe Sicherheit.


Auf der Rollſchicht ruht


die Schwelle,

welche den Druck der Wände gleichmäßig auf die Plinthe (oder den
Sockel) überträgt und den Ständern (Stielen) einen ſicheren Stand
gewährt (Fig. 177 und 183).


Die äußeren Schwellen fertigt man aus Eichenholz an, weil ſie
den Witterungseinflüſſen ſehr ausgeſetzt ſind; hingegen für die inne-
ren Riegelwände iſt Tannenholz ebenſo gut und der Billigkeit wegen
ſogar beſſer.


Die Längenverbindung mehrerer kurzer Schwellhölzer geſchieht mit
dem ſchrägen Hakenkamm und Keilen (ſiehe Fig. 7); in den Ecken
benutzt man die ſchräge Ecküberblattung oder die kammförmige Eck-
überblattung (ſiehe Fig. 27 und 28).


Die Höhe der Schwelle richtet ſich nach der Anzahl der Stock-
werke und dem Gewichte der Balkenlagen. So z. B. macht man die
Schwelle für hölzerne Kornſpeicher und Fabrikanlagen höher, als
für ein- bis zweiſtöckige Wohnhäuſer. In der Regel beträgt die
Höhe 14 bis 18zm.


Die Breite der Schwelle iſt meiſtens 4zm größer, als die Ständer-
dicke, damit die Fußbodenbretter ein paſſendes Auflager bekommen;
bei 12—14zm ſtarken Wänden erhält die Schwelle circa 15—18zm
zur Breite.


Im Allgemeinen erhält die Schwelle folgende Dimenſionen:

Weniger als 13zm Höhe darf nicht angenommen werden.


[113]Die Holzwände.
Das Rahmholz (w und w' in Fig. 183),

auch Wandrähm, Oberſchwelle oder Kappholz (öſterreichiſch) genannt,
nimmt die Ständerzapfen auf und ſchließt die Wand von oben ab.
Seine Verbindung mit dem darüberliegenden Gebälk geſchieht mit
Verkämmungen (ſiehe Fig. 31 und 32 B).


Da die Rähme genügend unterſtützt ſind, brauchen ſie nur 16zm
hoch zu ſein. Die Breite wird gleich der Ständerdicke gemacht und
dieſe ergiebt ſich aus der Ziegelbreite *).


Die Ständer,

Stiele, Pfoſten oder Säulen können ſowohl in den Ecken, als auch
in der Mitte der Umfangs- reſp. Scheidewände ſtehen, wonach man
ſie Bund-, Zwiſchen-, Eck-, Thür- oder Fenſterpfoſten u. ſ. w. be-
nennt (e und f in Fig. 183).


Die Eckſtiele ſollen ſtärker ſein als die übrigen Pfoſten, weil ſie
einem größeren verticalen Druck und der Witterung mehr ausgeſetzt
ſind. Daher fertigt man ſie bei ſoliden Gebäuden ſtets aus Eichen-
holz an. Die einſpringende Kante des ſtarken Stiels wird ausgefalzt
(Fig. 178 A), was aber ſo viel Arbeit verurſacht, daß man den Eck-
ſtiel meiſtens gleich der Wanddicke ſtark macht (Fig. 178 B).


Figure 181. Fig. 178.

Die Aufſtellung der Stiele geſchieht folgendermaßen (Fig. 179
A—B giebt den Grundriß eines zweiſtöckigen Landſchulhauſes, wel-
ches im Hauptbau die Lehrerwohnungen und im Anbau zwei Klaſſen
übereinander enthält; die Façade zeigt Fig. 184): zunächſt werden
die Haupteckſtiele e feſtgeſetzt, alsdann dort, wo Zwiſchenwände (w)
gegen die Außenwände ſtoßen, die Bundſtiele b aufgeſtellt; hierbei
iſt die Regel zu beachten, daß in der Kreuzung zweier Mauern ſtets
Wanderley, Bauconſtr. 8
[114]Drittes Kapitel.
ein Stiel vorhanden ſein muß (ſiehe s und b); ferner beſtimmt man
nach der Anzahl der Fenſter und Thüren die Thür- und Eckſtiele.


Wenn zwei Wände im Winkel zuſammenſtoßen, bleibt der in der
Kreuzung befindliche Ständer s verſteckt, weshalb man häufig noch
den Stiel t neben s ſtellt und beide miteinander verbolzt. Auch
unter jedem ſtarkbelaſteten Träger darf in der Riegelwand ein Stiel r
nie fehlen.


Figure 182. Fig. 179.

Um bei der architectoniſchen Behandlung der Riegelwerkfaçaden
von der Stellung der Stiele nicht gar zu ſehr abhängig zu ſein,
pflegt man die Bundſtiele ganz fortzulaſſen und ſie durch andere,
[115]Die Holzwände.
an der inneren Riegelwandſeite ſtehende Stiele zu erſetzen (Fig. 180);
ein ſolcher Stiel heißt „Klebpfoſten“ oder „Klapppfoſten“; er darf
nur angewendet werden, wenn ein Balken (Tram) auf der inneren
Wand ruht und die beiden zuſammenſtoßenden Wände oben mit
einander verbindet (verankert).


Figure 183. Fig. 180.

Die Verbindung der Stiele mit der Schwelle und dem Rahmholz
geſchieht mit einfachen Zapfen und hölzernen Nägeln; die Zapfen-
breite wird gleich einem Drittel der Stieldicke und die Zapfenlänge
circa die Hälfte der Rahmholz- oder Schwellhöhe — in der Regel
6 bis 7zm — gemacht.


Je nach der Größe des Gebäudes und der Art der Fachausfül-
lung beträgt die Entfernung der Stiele 1—1,9m. Falls noch Streben
zwiſchen Stiele geſtellt werden, rücken zwei Ständer bis auf 2,5m
auseinander. Die Dicke der Pfoſten richtet ſich nach der Ausmaue-
rung
, welche wir weiter unten noch näher beſprechen; gewöhnlich
ſtellt man die Riegelwände ½ Ziegel (12—14zm) ſtark her; alle
Innenwände ſind nie über ½ Ziegel ſtark.


Die Bundſtiele läßt man vielfach (nach Fig. 181) in die Innenwand
um 5zm eingreifen, da ſie durch die Riegelzapfen ſehr geſchwächt werden.


Die Riegel (b, r und t in Fig. 183)

dienen zum Zuſammenhalten der Stiele und zerlegen die ganze

Figure 184. Fig. 181.


Figure 185. Fig. 182.


Wand in kleinere Abtheilungen (Fache). Die gewöhnlichen Riegel
ſtecken mit Zapfen (von ⅓ der Holzbreite zur Dicke und 6—7zm
8*
[116]Drittes Kapitel.
Länge) in den Ständern; die oberen Thür- und Fenſterriegel erhalten
außerdem noch eine Verſetzung (Fig. 182). Die Riegelbreite hängt
von der Ausmauerung und dem Steinformat ab, in der Regel ſind
ſie ebenſoſtark als die Zwiſchenſtiele.


Die Anzahl der übereinander anzuordnenden Riegelreihen ſteht
mit der Höhe der Wand eines Stockwerks in Beziehung; im All-
gemeinen erhalten die


  • 2—2,75m hohen Wände eine zweimalige Verriegelung,
  • 3—3,5m „ „ „ dreimalige „
  • 4—5m „ „ „ viermalige „

Die Streben

oder Sturmbänder verhindern die Verſchiebung der Riegelwand in
der Längenrichtung und dürfen daher niemals fehlen; man ordnet
ſie vornehmlich in den Außenecken der Wand an, alsdann in den
Fachen neben den Thüren und Fenſtern in der Weiſe, daß ihre
Enden ſich mit Zapfen (und zuweilen auch mit Verſetzung) gegen
das Rahmholz und die Schwelle ſtemmen (s in Fig. 183).


Die Neigung, den die Strebe mit dem Horizont bildet, darf nicht
über 60° ſein.


Die Streben ſind entweder einfach oder kreuzförmig anzubringen;
letztere heißen Andreaskreuze (k in Fig. 183).


In den folgenden Illuſtrationen veranſchaulichen wir einige


Combinationen der äußeren Riegelwände.

Das Beiſpiel Fig. 183 zeigt die Anordnung eines mehrſtöckigen
einfachen Gebäudes; auf dem maſſiven Sockel liegen die Schwellen a,
welche an der Ecke überblattet ſind und die Eckſtiele e, Fenſterſtiele f,
Zwiſchenſtiele z und die einfachen Streben s und Andreaskreuze k
tragen; dieſe verticalen Verbandtheile werden von den Zwiſchen-
riegeln r, Fenſterriegeln t und Brüſtungsriegeln b zuſammengehalten
und vom Rähm (Kappholz oder Oberſchwelle) w w überdeckt. Letzteres
bildet das Auflager für die Geſchoßbalken (Verkämmung ſiehe Fig. 31),
von denen der Ort- oder Giebelbalken o o gleichzeitig Oberſchwelle reſp.
Rähm der unteren Giebelwand iſt. Bei einem einſtöckigen Gebäude
würde die Wand mit dem Gebälke abſchließen, hingegen bei Anordnung
mehrerer Stockwerke beginnt die Wandbildung mit der Schwelle a'
von Neuem, indem die Stiele e', f', z' und die Streben s' in der-
ſelben Weiſe wie vorhin mit Riegeln verbunden und mit dem Rähm
[117]Die Holzwände.

Figure 186. Fig. 183.


[118]Drittes Kapitel.
w' bedeckt werden; im Giebel ſtehen ſämmtliche Ständer und Streben
auf dem Ortbalken o.


Eine andere Wandcombination macht die Façade der bereits in
Fig. 179 ſkizzirten ländlichen Schulhausanlage erſichtlich (Fig. 184);
da die Zimmerhöhen der Klaſſen- und Wohnräume verſchieden ſind,
müſſen die Wände auch äußerlich ungleich hoch ſein. Im Uebrigen
bleibt die Conſtruction der Riegelwände ebenſo wie vorhin. Die
Plinthe oder der Sockel beſteht aus Bruchſteinen; das ganze Ge-
bäude iſt kellerhohl.


Figure 187. Fig. 184.

Oefters pflegt man die untere Hälfte des Hauſes maſſiv und nur
die obere im Fachwerksbau herzuſtellen. Eine ſolche Anordnung iſt
den vorigen analog, ſofern man das untere Geſchoß als hohen Sockel
auffaßt. Die Fig. 185 zeigt ein einfaches Wirthſchaftsgebäude, welches
unten Remiſen und Stallungen, oben Kutſcher- reſp. Arbeiterwoh-
nungen oder einen Kornſpeicher enthalten kann. Auf dem oberſten
Gebälk ſteht noch eine niedrige, ſogenannte Drempelwand — im
Uebrigen iſt die Wandbildung ſo einfach, daß ſie keiner weiteren
Erklärung bedarf.


Auch das in Fig. 186 dargeſtellte Gebäude hat einen maſſiven
[119]Die Holzwände.
Unterbau, in welchem außer einer großen Wagenremiſe und dem
Pferdeſtalle noch die Kutſcherwohnung untergebracht ſind; das obere

Figure 188. Fig. 185.


Figure 189. Fig. 186.


Stockwerk und der Drempelbodenraum enthalten einige Diener- und
Gärtnerwohnungen und den Getreideſchüttboden.


[120]Drittes Kapitel.

Da es in dem vorliegenden Falle darauf ankam, dem Gebäude
ein einfaches, aber doch gefälliges Anſehen zu geben, ordnete der
Erbauer (k. Baumeiſter Ende in Berlin) offene Hallen, vorſpringende
Erker und Balkons und decorirte Fachausmauerung an (dieſelbe
beſteht aus gelben Ziegeln mit rothen Ziegelumfaſſungen, das Holz-
werk iſt an den Kanten abgefaßt und mehreremale mit brauner Oel-
farbe angeſtrichen). Der obere Giebel iſt theilweiſe mit ausgeſchnit-
tenen und profilirten Brettern verkleidet, wodurch eine anſpruchsloſe
und dennoch angenehme Abwechſelung erreicht wurde.


Das Vorſpringen der Riegelwände.

Bereits das vorſtehende Beiſpiel läßt erkennen, daß die Riegel-
wände nicht bündig mit dem maſſiven Unterbau abſchließen, ſondern
etwas vorſpringen. Solche Vorſprünge haben auch die aus dem
Mittelalter ſtammenden Holzbauten, welche in vielen Städten Deutſch-
lands noch heutigentags in gutem Zuſtande erhalten ſind.


Obgleich jene herrlich ausgeſtatteten Riegelbauten mit ihren vielen
Schnitzereien faſt durchweg aus Eichenholz beſtehen und ſchon dadurch
eine Garantie für eine längere Exiſtenz beſitzen als die Tannenholz-
bauten, ſo muß man doch ganz beſonders dem Vorſpringen der
übereinander befindlichen Riegelwände die faſt drei- bis fünfhundert-
jährige Dauer zuſchreiben.


Aus dieſem Grunde läßt man auch in unſerer Zeit bei allen
Riegelbauten beſſerer Art jedes höher liegende Geſchoß um etwa 15
bis 20zm vortreten (Fig. 187 A und B).


Figure 190. Fig. 187

A.


[121]Die Holzwände.

Vergleichen wir dieſe Beiſpiele mit Fig. 188, ſo fallen die Vor-
theile von Fig. 187 ſofort auf, denn während an den glatten Flächen

Figure 191. Fig. 187

B.


Figure 192. Fig. 188.


der bündig übereinander ſtehenden Wände die durch Schlagregen
u. ſ. w. entſtandene Näſſe bis auf die unterſte Schwelle hinabtriefelt
[122]Drittes Kapitel.
und theilweiſe in das Holzwerk und die Fugen dringt, iſt ſie bei
vorſpringenden Wänden gezwungen, an der Unterkante einer jeden
Schwelle abzutröpfeln.


Die Ausmauerung der Fache

geſchieht in gewöhnlichen Fällen in der Breite des Ziegels nach dem
ſogenannten Schornſteinverband, ſo daß in der Anſicht nur ganze
Steine ſichtbar ſind, wenn man von den am Rande erforderlichen
Theilſteinen abſieht (Fig. 454).


Bei beſſerer Ausſtattung umſäumt man jedes Feld mit Ziegeln
von anderer Farbe (etwa hellgelbe Steine für die Ausfüllung und
rothe für die Umſäumung, oder rothe Ziegel für die Fläche und
ſchwarze für den Saum), wie die Fig. 186 und 188 zeigen; vielfach
bringt man in dem Fache ſelbſt noch ein Ziegelſteinmuſter an.


Da das Holzwerk innerhalb berohrt wird, damit der Wandputz
beſſer haftet, muß daſſelbe, wenn die äußere Holzfläche mit der Fach-
ausmauerung bündig bleibt, ſtets 0,5zm ſchmäler als eine Steinbreite
ſein (Fig. 189); falls aber eine Abfaſung der äußeren Holzkanten
ſtattfindet, treten die Hölzer um 1zm vor (Fig. 190).


Figure 193. Fig. 189.

Figure 194. Fig. 190.

Um die Ausmauerung möglichſt dicht an das Holzwerk zu bringen,
ordnen einige Zimmerleute an den verticalen Flächen der ſämmtlichen
Hölzer dreieckige Nuthen an, in welche das Mauerwerk eingreifen
ſoll (Fig. 191) — wir halten dieſe Vorkehrung für unnütz, da die
Maurer ſich ſelten die Mühe geben, die Steine gut einzupaſſen.


Figure 195. Fig. 191.

In holzreichen Gegenden kommt es häufig vor, daß die äußeren
Riegelwände für eine ¾ Ziegel (½ + ¼) ſtarke Ausmauerung
eingerichtet werden (nach Fig. 192), wobei dann hinter die zwei flach-
liegenden Steine ein anderer Stein hochkantig zu ſtehen kommt. Die
Mauerung muß mit gutem hydrauliſchem Mörtel geſchehen.


Um möglichſt dichte und warme Riegelwände zu erlangen, wendet
[123]Die Holzwände.
man öfters eine Verblendung an, welche entweder innerhalb
oder außerhalb angebracht werden kann.


Figure 196. Fig. 192.

Die äußere Verblendung iſt bei ſolchen Wänden nicht zu em-
pfehlen; die Fig. 193 giebt ihre genaue Conſtruction. Das Holzwerk

Figure 197. Fig. 193.


bleibt nur an einer Seite frei und wird an drei Seiten vom Mauer-
werk umgeben, deſſen Herſtellung nach den für 1 Stein ſtarken
Mauern giltigen Regeln geſchieht. In Berlin iſt eine derartige
[124]Drittes Kapitel.
Wandbildung bei Drempelwänden ganz allgemein üblich; es werden
dort die zum Dachgerüſt gehörigen Drempelſtiele gleichzeitig als
Riegelwandſtiele angenommen und nach Fig. 194 mit der äußeren
Verblendung vereinigt.


Obgleich dieſe Combination ſich conſtructiv bei mindeſtens tauſend
Zinshäuſern gewöhnlicher Art bewährt hat, können wir ſie doch nicht
empfehlen, denn einerſeits gewährt ſie zu wenig Sicherheit gegen
Feuersgefahr, andererſeits wird durch Anbringung der hölzernen
Hauptgeſimſe und Gypsornamente der Scheinarchitectur Vorſchub
geleiſtet und dadurch jede wahre Kunſtbeſtrebung im Keime erſtickt;
immerhin ſind die verblendeten Drempelwände in Berlin eine typiſche
Conſtruction geworden. Manchmal ſucht man noch dadurch an Ziegel-
material zu ſparen, indem man die Riegelwand nicht ganz ausfüllt,
ſondern das Holzwerk nur ummauert (Fig. 195); alsdann darf aber
eine Verankerung beider Bautheile nie fehlen. Man bedient ſich
hierzu eines in Fig. 196 ſkizzirten Ankers, der bolzenartig endet.


Figure 198. Fig. 194.

Figure 199. Fig. 195.

Figure 200. Fig. 196.

Figure 201. Fig. 197.

[125]Die Holzwände.

Die innere Verblendung iſt zweckmäßig, wenn die Riegel-
wände möglichſt warme Umfaſſungen bieten ſollen; ſie wird meiſtens
ganz unabhängig von der Fachausmauerung hergeſtellt. Da es nur
auf die geringe Wärmeleitungsfähigkeit der Wand ankommt, wählt
man ſchlechte Wärmeleiter. Als ſolche haben ſich die Hohlſteine am
beſten bewährt. Das Beiſpiel Fig. 197 (S. 124) zeigt eine innere Ver-
blendung mit Hohlſteinen; die innere Wand wird von Bolzen (nach
Fig. 196) gehalten, welche aber in der inneren Seite des Holzwerks
ſtecken. Dieſes Beiſpiel giebt das Detail zum Querſchnitt Fig. 187
und zur Anſicht Fig. 186.


Die innern Riegelwände

kommen vor in Gebäuden, welche ſowohl Fachwerks- als auch maſ-
ſive Umfangswände haben. Sie werden im Allgemeinen ebenſo con-
ſtruirt wie die äußeren Riegelwände und müſſen beſonders durch
Streben gegen Verſchiebung geſichert ſein. In den Grundriſſen
Fig. 179 haben wir bereits die inneren Riegelwände dargeſtellt und
geſehen, daß, wo dieſelben ſich gegenſeitig und die äußeren Wände
kreuzen, Eckſtiele s reſp. Bundſtiele b ſtehen müſſen.


Eine andere Grundrißanordnung zeigt Fig. 198 A mit dem dazu-
gehörigen Querſchnitt B; die eingeſchriebenen Buchſtaben bedeuten:

Figure 202. Fig. 198

A—B.


St Stuben; die übrigen Räume ſind Flur, Küche und Speiſekammer.
Das Gebäude iſt theilweiſe mit einem Balkenkeller verſehen (Fig. B).


Beſondere Beachtung verdient die Verbindung der inneren Riegel-
wände mit den Schornſteinen, welche mindeſtens ½ Ziegel ſtarke
Wandungen erhalten und hinreichend iſolirt von allem Holzwerk
[126]Drittes Kapitel.
bleiben müſſen. In gewöhnlichen Fällen genügt es, wenn die Riegel-
wand ½—1½ Ziegel von der äußeren Kaminwand entfernt ſteht;
damit aber das Holzwerk von der aus dem Ofen ſtrahlenden Wärme
nicht leidet oder verbrennt, rückt man den letzten Stiel der Riegel-
wand etwa um die Ofenbreite (1m) von dem Kamin ab, wie die
Fig. 198 zeigt. In der Küche wird mindeſtens die Herdwand
maſſiv und 1 Ziegel ſtark gemacht.


Die Anwendung der inneren Riegelwände in maſſiven Gebäuden
veranſchaulichen die Fig. 199 und 200; erſteres gehört zu einer mehr-

Figure 203. Fig. 199.


Figure 204. Fig. 200.


ſtöckigen Schule, welche in jedem Stockwerk vier Klaſſen enthält, letz-
teres iſt ein zweiſtöckiges Wohnhaus für eine Familie. Die Auf-
[127]Die Holzwände.
ſtellung der Riegelwände erkennt man im Grundriſſe ganz genau,
nur ſei erwähnt, daß bei drei Stockwerken die Kaminmauern a jeden-
falls 1 Ziegel ſtark ſein müſſen. In Fig. 200 wäre es beſſer geweſen,
wenn die Schornſteinanlage s umgedreht würde, nach Fig. 201, wo-

Figure 205. Fig. 201.


durch eine bedeutend größere Feſtigkeit erreicht worden wäre. Dieſe Fig.
vergegenwärtigt außerdem noch die Auswechſelung der Balken. Auch
die Fig. 202 A—B geben verſchiedene Balkenauswechſelungen und machen
erſichtlich, wie die Riegelwände mit den Schornſteinkaſten in Verbin-

Figure 206. Fig. 202

A—B.


[128]Drittes Kapitel.
dung ſtehen. Sehr wichtig iſt es, die Auswechſelung der Balken ſolide
herzuſtellen, zumal ſie meiſtens noch einen Zimmerofen trägt und ſtark
belaſtet iſt; daher ſind lange Balkenauswechſelungen ſtets zu vermeiden.


Unter Umſtänden kommt es vor, daß man über einem großen
Raume zwei oder mehrere kleinere Gemächer anlegen will und die
Scheidewände nicht unterſtützen kann; es entſtehen dann die frei-
ſchwebenden
Wände oder die ſogenannten


Hänge- oder Sprengwände.


Für die Conſtruction derſelben gelten dieſelben Regeln, wie bei
den Hänge- reſp. Sprengewerken und Riegelwänden und verweiſen
wir bezüglich des Hängewerkprincips auf das oben Geſagte.


Die am häufigſten vorkommenden Hängewerkswände vergegen-
wärtigen die Fig. 203 A—B; A iſt eine einfache, B eine doppelte

Figure 207. Fig. 203

A—B.


Hängewerkswand. Erſtere iſt für geringe Zimmertiefen (etwa 3 — 4m)
zuläſſig, letztere dagegen für größere (bis 4—8m) Breiten, da bei
mehr als 4m langen Wänden die Streben des einfachen Hängewerks
zu geneigt liegen.


Die einfachen Hängewände erſchweren die Anlage der Thüren,
aus welchem Grunde der doppelte Bock (Fig. 203 B) viel häufiger
Verwendung findet; bei 1—1,5m lichter Entfernung der Hängeſäulen
kann die Thüröffnung ohne Schwierigkeit in der Mitte angebracht
werden; der Spannriegel s iſt dann gleichzeitig Thürriegel.


Für ſchwere, d. h. weitfreiſchwebende oder gar durch eine Balken-
lage belaſtete Hängewände empfiehlt ſich die Conſtruction nach Fig.
204, in welcher die Laſt nicht nur von dem mit Eiſenbeſchlag un-
verrückbar hergeſtellten doppelten Hängewerk nach dem Fußende des
Hängebalkens übertragen, ſondern auch vermittelſt der Streben a,
[129]Die Holzwände.
welche mit dem Hängebalken und den Eckſtändern gut verbunden
ſind, angefangen wird, die Andreaskreuze verleihen dem ganzen
Holzgerippe eine größere Feſtigkeit.


Figure 208. Fig. 204.

Die Hängewände können die mannigfachſten Modificationen er-
halten, je nach der Länge der Wand, ſowie Anzahl und Stellung
der Thüren.


Wenn an beiden Enden je eine Thür vorhanden ſein ſoll, iſt die
Conſtruktion nach Figur 203 B nicht ausführbar, ſondern ſind
die Anordnungen in Figur 205 und Figur 206 beſſer. Bei beiden

Figure 209. Fig. 205.


Figure 210. Fig. 206.


Wanderley, Bauconſtr. 9
[130]Drittes Kapitel.
liegt daſſelbe Princip zu Grunde, nämlich in der Thürhöhe befindet
ſich ein durchgehender Balken, der die Hängeſäulen umfaßt und als
Hängebalken für die niedrigen einfachen und doppelten Hängeböcke
dient; die Hängeſäulen der letzteren reichen bis zum Fußboden, um den
Balken aufzufangen. Obgleich man immer darauf achten ſollte, daß die
Hängewerksbalken auf dem feſten Mauerwerk liegen, kommen leider noch
häufig Fälle vor, bei denen das eine Ende in einem Wechſel ſteckt,
wie die Fig. 207 zeigt. Eine ſolche Nothconſtruction beſitzt
eine ſehr geringe Solidität, und ſollte unter allen Umſtänden ver-
boten werden; in Oeſterreich würde ſie auch ſelbſt dem leichtſinnig-
ſten Bauunternehmer nicht in den Sinn kommen, zumal hier Hänge-
wände unterſagt und nur dann geſtattet ſind, wenn ſie auf maſſiven
Bögen oder eiſernen Traverſen ruhen (ſiehe die Bauordnung in Oeſter-
reich am Schluſſe dieſes Kapitels).


In den beiden folgenden Beiſpielen führen wir zwei, von den
ſonſt üblichen Anordnungen abweichende Wandbildungen vor. Das
Princip der Fig. 208 erkennen wir bereits in Fig. 204, indem auch

Figure 211. Fig. 207.


Figure 212. Fig. 208.


hier die Laſt von den Streben aufgefangen und nach oben gebracht
wird; die Thüren befinden ſich an den Enden der Wand und im
Uebrigen bleibt die Stellung der Stiele und Riegel wie vorhin.


Intereſſant iſt das Beiſpiel Fig. 209, welches wir nach einem
von Profeſſor Doderer im Pädagogium zu Petrinja gegebenen Vor-
bilde reproduciren. Es kommt hier nämlich darauf an, über einem gro-
ßen Raume zwei kleinere Räume von ungleichen Höhen einzurichten
und dann für die beiden Balkenlagen ein genügendes Auflager zu ſchaf-
[131]Die Holzwände.
fen. Zu dieſem Behufe wurde zunächſt das Rahmholz r für das
tieferliegende Gebälk erforderlich, und legte man auf dieſes die zwei

Figure 213. Fig. 209

A u. B.


Schwellen s, um die obere Balkenlage genügend unterſtützen zu könne.n
Der Querſchnitt 209 B macht dies Verfahren noch mehr erſichtlich.
Die Conſtruction dieſer freiſchwebenden Wand beruht auf dem Princip
des Gitterwerks — der Hängebalken h (gleichzeitig Unterzug) wird
in der Mitte von einer ſchmiedeeiſernen Zugſtange z aufgefangen
und vom Rahmholz r gehalten, dieſes ruht in der Mitte auf den
Streben t, welche den Druck nach ihren Fußpunkten wiederum auf
den Hängebalken fortpflanzen; ſodann bringen die Hängeſtangen z'
die Laſt und Drucke abermals nach dem Rahmholz r, gegen welches
die Streben t' ſich ſtemmen. Die Fortpflanzung der Laſt iſt in der
Figur durch Pfeile bezeichnet.


Um noch einmal die Aufſtellung und Conſtruktion der Riegel-
wände dem Leſer vorzuführen, geben wir die Zuſammenſetzung der
Wände in iſometriſcher Projektion (Fig. 210 S. 132). Die äußeren
Riegelwände ſtehen übereinander bündig. Die einzelnen Räume ha-
ben verſchiedene Breiten, und die Balkenlagen liegen theils auf den
Rahmhölzern der Riegelwände, theils auf Trägern oder Unterzügen,
die entweder ſich frei tragen oder mittelſt Stielen oder Hängewerken
unterſtützt reſp. aufgefangen werden.


9*
[132]Drittes Kapitel.
Figure 214. Fig. 210.

[133]Die Holzwände.

Der Träger A iſt über dem Gebälk angeordnet, welches mittelſt
Bolzen an dem Träger hängt; B befindet ſich unterhalb der Balken-
lage und trägt ſich frei. Bei C wird der Träger von einer Hänge-
wand gehalten, und der Träger D ruht auf einem Stiele und zwei
Kopfbändern (Bügen).


Wie bereits oben erwähnt wurde, werden die Riegelwände vor
dem Abputz zunächſt berohrt.


Die Berohrung des Holzwerks

Figure 215. Fig. 211

A u. B.


geſchieht ſtets in ſenkrechter Richtung zu den
Langfaſern des Holzes nach Fig. 211 A u. B.
Die kurzen Rohrhalme werden von dem an-
genagelten Draht gehalten, und kann die Be-
feſtigung deſſelben entweder in paralleler Rich-
tung (Fig. A) oder in Zickzack (Fig. B) ſtatt-
finden.


Die Riegelwände mit hohen Bund- und Eckſtielen

kommen nur zur Verwendung, wenn große Räume, wie z. B. Säle,
Turnhallen, ländliche oder Interims-Kirchen u. ſ. w. mit Riegelwerk
umſchloſſen werden und demnach die beim Wohnhausbau übli-
chen Balkenlagen, welche die Riegelwände in gewiſſen Höhen mitein-
ander verankern, fehlen. In dieſem Falle ſind Stiele, welche die
ganze Wandhöhe zur Länge erhalen, in Abſtänden von 3—5m und an
den Ecken erforderlich.


Die einfachſte Vorkehrung vergegenwärtigt die Fig. 212 in An-
ſicht und Grundriß; die Eck- und Bundſtiele ſind 30/30zm reſp. 25/25zm
ſtark, die Balkenköpfe liegen auf den Spannriegeln, die mit Zapfen
und Verſetzung in die Stiele greifen und mittelſt Eiſenklammern
und Bändern mit letzteren innig verbunden ſind. Auch dann, wenn
kein Gebälk vorhanden iſt, ordnet man in 4—5m Höhe die Spann-
riegel an, auf welchen die Zwiſchenſtiele und Streben ſtehen. Die
ganze Conſtruktion hat ſchwache Hölzer und darf daher nur bei leich-
ten Wänden Anwendung finden.


Bedeutend größere Feſtigkeit beſitzen ſolche Wände, deren Ecken
und Bundſtiele aus doppelten Hölzern, welche zuſammengebolzt wer-
den, beſtehen und den Spannbalken umfaſſen. Die iſometriſche Zeich-
nung in Fig. 213 veranſchaulicht eine ſolche Anordnung; es deuten a den
[134]Drittes Kapitel.

Figure 216. Fig. 212.


Figure 217. Fig. 213.


[135]Die Holzwände.
Eckſtiel und b den Bundſtiel an, beide ſtehen auf der Schwelle a und
umfaſſen den Spannbalken d, der das ganze Holzgerippe in hori-
zontaler Richtung zuſammenhält.


Die Figuren 214 A—C geben die ſoeben vorgeführte Anlage in

Figure 218. Fig. 214

A—C.


geometriſcher Anſicht und Grundriß wieder; ſie eignet ſich beſonders
für Getreideſpeicher *) und ſonſtige Magazine mit durchgehenden Ge-
bälken.


Um die Conſtruktion und Verwendung der Riegelwände mit hohen
Bund- und Eckſtielen möglichſt ausführlich vorzuführen, wählen wir
die Anlage einer Interimskirche, wie ſolche von ärmlichen oder klei-
nen Gemeinden öfters erbaut werden.


Die Kirche ſoll beiſpielsweiſe 400 Kirchgänger aufnehmen und
zwar höchſtens 270 im unteren Kirchenraume und 130 auf den zwei
ſeitlichen Emporen. Zu dieſem Behufe iſt ein Kirchraum von etwa
190 □m Grundfläche erforderlich und ſind in der Mitte zwei Bank-
reihen mit einem Mittelgange und noch einige Bänke an den Wän-
den, außerdem auf jeder Empore drei lange Bänke erforderlich. Die
[136]Drittes Kapitel.
Fig. 215 giebt links bei A den halben Grundriß des unteren Kir-

Figure 219. Fig. 215.


chenraumes, rechts bei B
den Grundriß über den
Emporen an. Die Trep-
pen t führen zu den Em-
poren und b nach dem
Dachbodenraum. Vor der
Kirche ſteht eine kleine über-
deckte Halle, wie die An-
ſicht Fig. 216 zeigt.


Gegenüber dem Ein-
gange befindet ſich der um
einige Stufen erhöhte Al-
tarraum mit dem Altar a
und der Kanzel k. Neben
dem Altarraume ſind ange-
ordnet zur ebenen Erde die
Sakriſtei S und die Tauf-
kapelle T, und in der Höhe
der Emporen zwei Logen,
von denen die eine links
zur Aufbewahrung der
Kirchenutenſilien, die an-
dere rechts für bevorzugte
Gemeinde-Mitglieder be-
ſtimmt iſt. Gleich über
dem Eingange hat die Em-
pore O 3,75m in der Breite,
damit die Orgel hier ſtehen
kann. Die Seitenemporen
ſind nur 2,2m im Lichten
breit


Mit Rückſicht auf die einfachſte Conſtruktion wurde angenommen, daß die
äußere Hälfte des Altarraumes nicht ſo hoch aufſteige, als der übrige Kir-
chenraum, und daß der Thurm ſich über der inneren Hälfte des Altarrau-
mes befinde. Demgemäß mußte die Aufſtellung der doppelten hohen
Stiele, wie die Fig. 215 angiebt, geſchehen; an jeder Ecke ſtehen di [...]
[137]Die Holzwände.
Eckſtiele e, der Platz der Ständer f ergiebt ſich aus der Breite
der Sakriſtei und Taufkapelle, und der Aufbau des Thurmes

Figure 220. Fig. 216.


bedingt die Ständer r; die übrigen Bundſtiele z werden gleichmäßig
zwiſchen den Ständern f f in Entfernungen von 4m eingetheilt, und
ſchließlich ordnet man die Fenſter- und Zwiſchenſtiele g und g nach
der architektoniſchen Ausbildung der Façade an. Für die weitere
Durchführung der Conſtruktion iſt zunächſt der Querſchnitt maßgebend
(Fig. 217). In dieſem beſtimmt man nach dem Aufzeichnen der
äußeren Wände die Höhe der Kirche; im vorliegenden Falle wurde
eine horizontale Decke, welche auf Trägern ruht, die ihrerſeits wie-
derum von den aufſteigenden Emporenſtielen getragen werden, zu
[138]Drittes Kapitel.
Grunde gelegt, wodurch jedenfalls die größte Feſtigkeit des ganzen
Gebäudes erlangt wird. Dieſe Stiele ſtehen korreſpondirend mit

Figure 221. Fig. 217.


den äußeren Bundſtielen z und f; erſtere müſſen ſolide fundamentirt
ſein und dienen als Stützpunkte für die Emporen, deren Conſtruktion
aus der Zeichnung hinreichend erſichtlich iſt.


Weſentlich deutlicher wird die ganze Conſtruktion veranſchaulicht
durch die perſpectiviſche Anſicht und zwar giebt Fig. 218 ein per-
ſpectiviſches Bild der äußeren Kirche von der Altarſeite aus betrach-
tet; wir erkennen in dem ganz vorne hochvortretenden Anbau die
äußere Altarhälfte, darüber erhebt ſich ein viereckiger Thurm mit
einem kleinen offenen Reiterthurm.


Den vorderen Giebel mit dem Eingange zur Kirche ſtellt die Fig.
216 dar, und Fig. 219 zeigt ein Detail des vorſpringenden Daches
in perſpectiviſcher Anſicht.


[139]Die Holzwände.

Der Giebel iſt mit Brettern verſchalt; ein Conſolengeſims trennt
das obere Giebeldreieck von der unteren Wandfläche. Aus der per-

Figure 222. Fig. 218.


ſpectiviſchen Anſicht Fig. 217 iſt die Conſtruktion der Langwand nicht
deutlich zu erſehen, weshalb wir ein Detail derſelben in geometriſcher
[140]Drittes Kapitel.
Projektion (Fig 220 A) vorführen, welche die beiden hohen Bund-
ſtiele b enthält; dieſelben ſtehen auf der Schwelle s und umgreifen

Figure 223. Fig. 219.


das obere Rahmholz. Zwiſchen den Bundſtielen wird zunächſt ein
Brüſtungsriegel i angeordnet, der die Fenſterpfoſten f trägt und die
Pfoſten q q deckt; ſodann zerlegen einfache Riegel die ſchmalen hohen
Wandſtreifen in kleine Felder. In den beiden Eckfächern fehlen die
ſämmtlichen Fenſter, und ſind anſtatt derſelben zur Sicherung des
Längenverbandes mehrere Andreaskreuze vorhanden (ſiehe Fig. 216
und 217). Der äußeren Wandbildung entſpricht auch die innere
(Fig. 220 B); hier ſtehen vorne die hohen Emporenſtänder o, welche
ein kurzes Sattelholz und den Deckenträger t tragen. Zwiſchen den
beiden Stielen o liegen die vorderſten Emporenbalken auf angebolz-
ten Knaggen.


Die inneren Riegelwandflächen ſind alle verputzt.


Die Anordnung des Daches und der übrigen Theile der Kirche
bedürfen keiner weiteren Beſchreibung, da die Zeichnungen ſie hin-
reichend deutlich wiedergeben.


[141]Die Holzwände.
Fachwerkswände mit Torf- oder Piſee-Ausfüllung

kommen nur im ländlichen Bauweſen bei proviſoriſchen Gebäuden
vor; man ſtellt ſie entweder aus einer einfachen (Fig. 221 B) oder
aus doppelten Riegelwänden (Fig. 221 A) her, die mit kurzen Rie-

Figure 224. Fig. 220 A u. B.



geln zuſammengehalten werden; auf beide äußere Seiten bringt man
dann eine Bretterverſchalung. Die Verriegelung läßt ſich mit dün-
nen Hölzern bewerkſtelligen. In die, ſolchergeſtalt zuſammengeſetzten
Kaſten ſchüttet man trockenes Seegras, Torfgruß, Sägeſpähne oder
Moos, auch iſt eine Lehm- oder Kalkſandmaſſe (1 Theil Kalk und
12 Theile Sand) zuläſſig, welche feſt eingeſtampft wird.


Um die äußere Bretterverkleidung gegen die Witterungseinflüſſe
zu geſchützt, bedeckt man ſie mit Theerpappe oder Schiefer, welches
Verfahren beſonders in Weſtfalen üblich iſt.


[142]Drittes Kapitel.

Die Bretterwände


Figure 225. Fig. 221.

zerfallen in innere und äu-
ßere
.


Letztere ſpielen im ländlichen
Bauweſen eine größere Rolle,
als im bürgerlichen. Nur bei
Arbeiterwohnungen oder Giebeln
einfacher ländlicher Gebäude
(ſiehe 186) ſieht man manchmal
die Ringelwände außerhalb mit
Brettern bedeckt — in Holzmin-
den hat Architect Klette ſogar
mehrere Familienhäuſer für den
beſſer ſituirten Bürgerſtand ganz
und gar mit Brettern verklei-
det und wäre dieſe eine Anord-
nung wohl nur in vereinzelten
Fällen zu befürworten.


Bei hölzernen Planken (Um-
währungen) ſind Bretterwände
nach Fig. 222 ſehr üblich; für
beſſere Anlagen verdienen aber
die Anordnungen nach Fig. 222
A—B und 224 A—B den
Vorzug, wobei gehobelte und

Figure 226. Fig. 222.


[143]Die Holzwände.
geſpundete Pfähle in Entfernungen von 1,25m von einander geſtellt
(ſie ſtehen entweder auf Schwellen oder ſie ſtecken im Erdboden, in welchem

Figure 227. Fig. 223 A—B.


Falle das untere Ende verkohlt und ge-
theert wird, damit das Holzwerk nicht
verdirbt) und oberhalb mit einem
Helme abgedeckt werden. Die Anlage
mit horizontalen Brettern iſt billiger
als die mit ſenkrechten, welche unten je-
denfalls einer Schwelle oder mindeſtens
eines Riegels bedarf, damit die vertica-
len Bretter einen Halt bekommen. Die
Bretter ſtoßen entweder ſtumpf aneinan-
der und die Fugen werden mit Leiſten
bedeckt, oder die Bretter greifen mit
Spundung ineinander; dieſe bleibt
aber ſelten dicht und ſteht daher der
Leiſtenüberdeckung nach.


Die verticale Stellung der Bretter iſt vortheilhafter als die horizon-
tale, da das Regenwaſſer in die horizontalen Fugen dringt, ſodann
das Holzwerk durchnäßt und dieſes bald verdirbt.


Figure 228. Fig. 224

A—B.


[144]Drittes Kapitel.

Die Stiele und Holme fertigt man aus Eichenholz an. Sämmt-
liches Holzwerk wird mit einem dreimaligen Oelfarbenanſtrich vor
Näſſe geſchützt.


Die inneren Bretterwände benutzt man ſehr häufig zur Tren-
nung zweier Räume; man zimmert zu dieſem Behufe entweder ein
vollſtändiges Riegelwerk aus ſchwachen Hölzern, füllt dieſes mit Torf
aus, verkleidet beide Seiten mit Brettern oder nagelt zwei Brettlagen
aufeinander (Fig. 226 A—B). Erſtere Art iſt jedenfalls ſolider und

Figure 229. Fig. 226 A—B.


dämpft den Schall beſſer, letztere hat dagegen den Vortheil, daß ſie
über einem freiſchwebenden Balken ſtehen kann, ohne beſonderer künſt-
licher Vorkehrungen zu bedürfen. Um auch die letzte Wandart in
ſich ſelbſt tragfähig zu machen, nagelt man die beiden Bretterlagen
ſchräg aufeinander und zwar die eine vertical, die andere ſchräge
nach der Mitte. Die Befeſtigung des unteren und oberen Wand-
ſaumes geſchieht an den auf dem Balken feſtgeſchraubten Latten 1.


Beite Bretterſeiten werden berohrt und verputzt.


Alle Riegel- und Bretterwände haben den Nachtheil,
daß das Holzwerk reißt und ſich wirft, in Folge deſſen
die Berohrung in Bewegung geräth und der Putz Riſſe
erhält
. Aus dieſem Grunde zieht man, wenn es angeht, ſogar eine
½ Ziegel ſtarke maſſive Wand den Bretter- oder Riegelwän-
den vor.


[145]Die Holzwände.

Hinſichtlich der


Baupolizeilichen Vorſchriften bei Anwendung
der Riegelwände

laſſen wir die für die öſterreichiſchen Kronländer giltigen §. §. nach-
ſtehend folgen:


  • Böhmen:
    • a.innerhalb Prag. §. 59. Wo die Aufführung von vollem
      Mauerwerke Schwierigkeiten unterliegt, kann zur Abtheilung ein-
      zelner Localitäten in den Stockwerken zwiſchen je zwei feuerfe-
      ſten Abtheilungswänden die Errichtung einer Scheidewand, wel-
      che theilweiſe aus Holz beſteht, jedoch von beiden Seiten mit
      einem vollem Mörtelverputze verſehen ſein muß, dann bewilligt
      werden, wenn in der Nähe keine Feuerung angebracht wird.
      Nach Umſtänden kann ein von feuerfeſten Mauern umſchloſſener
      Raum durch derlei Scheidewände (Riegelwände) in kleinere
      Räumlichkeiten abgetheilt werden.
    • b.außerhalb Prag. §. 75. … Auch iſt die Anwendung von
      Riegel- oder Fachwänden zur Abtheilung der inneren Gebäude-
      räume zuläſſig, wenn nur die durch Stellung ſolcher Wände in
      der Nähe von Oefen, Kaminen oder Feuerſtätten die Vorſchriften
      der Feuerſicherheit nicht verletzt werden
    • §. 76. In Gegenden, wo ein tauglicher Bauſtein oder ein gutes
      Ziegelmaterial nicht vorhanden iſt, oder wo ein ſolches Bauma-
      terial bei der nothwendigen Zufuhr aus fernen Gegenden den
      Bewohnern in zu hohen Preiſen zu ſtehen käme, endlich in Ge-
      genden, wo die klimatiſchen Verhältniſſe oder die Art des Ge-
      werkbetriebes die Aufführung von hölzernen Gebäuden rechtfer-
      tigen, dürfen mit behördlicher Bewilligung die Wohn- und
      Wirthſchaftsgebäude aus Holz hergeſtellt werden, wobei jedoch
      dieſelben der größeren Dauerhaftigkeit wegen auf eine wenigſtens
      3 Schuh (0,95m) über den Erdhorizont hervorragende Unter-
      mauerung (Sockel) zu ſtellen ſind. Die Bauführungen ſind bei
      Gebäuden, welche iſolirt ſtehen, auch außer den Dorfſchaften
      geſtattet.
      Es ſind jedoch die Kamine und Feuerſtätten in ſolchen hölzer-
      nen Wohngebäuden immer von Stein und Ziegeln zu erbauen

      Wanderley, Bauconſtr. 10
      [146]Drittes Kapitel.
      und die Böden mit Eſtrich zu belegen; auch ſind die Wirthſchafts-
      gebäude, und insbeſondere die Stallungen von den Wohnge-
      bäuden mittelſt einer Mauer zu trennen.
      Scheunen, Schuppen, welche von den Ortſchaften oder von den
      Wohnhäuſern und Stallungen entfernt erbaut werden ſollen,
      können mit behördlicher Bewilligung ausnahmsweiſe aus Holz
      hergeſtellt werden.
  • Bukowina:
    • 1. Chernowitz im innern Baubezirk.
      • §. 36. Abtheilungswände aus Holz ſind nur zwiſchen zwei feuer-
        feſten Abtheilungswänden geſtattet, wenn ſie nicht in der Nähe
        von Feuerſtellen gelegen ſind.
    • 2. Chernowitz außerhalb des innern Baubezirks.
      • Ausnahmen: §. 32 ad b. Auch Häuſer mit hölzernem Gerippe
        (Riegelwände), deren Fächer mit gebrannten oder ungebrannten
        Ziegeln, Lehm ꝛc. ausgefüllt ſind, ſind unter der Bedingung
        geſtattet, daß die Feuerſtellen und Rauchfänge vollkommen
        gemauert ſind. Im Uebrigen iſt der Holzbau (Riegelbau)
        geſtattet, wenn er hinreichend weit von andern Gebäuden ſteht,
        außerdem die Beſchaffung feuerſicherer Baumaterialien mit gro-
        ßen Unkoſten verbunden iſt oder wenn die Vermögensverhält-
        niſſe des Erbauers den Maſſivbau ſehr erſchweren.
  • Galizien:
    • 1. in Lemberg. §. 18. Die Aufführung von Fach-, Riegel-
      oder Holzwänden iſt in der Regel nicht geſtattet.
  • Kärnthen:
    • Ausnahmen: §. 38. … Auch Gebäude mit hölzernem Gerippe
      (Fachwänden), deren Flächen mit ungebrannten Ziegeln aus-
      gefüllt ſind, herzuſtellen, wird unter der Bedingung geſtattet, daß
      im Innern derſelben kein Holz zu Tage liege und daß die
      Feuerungen und Rauchfänge vollkommen gemauert ſind. Ganz
      hölzerne Gebäude aus Balken und Brettern können auch bei
      ganz iſolirt ſtehenden Gebäuden nur dann zugegeben werden,
      wenn ihre Entfernung von jedem anderen Gebäude das Beden-
      ken einer Feuersgefahr aufhebt.
    • §. 41. Hölzerne Scheuern müſſen außerhalb der Ortſchaften und
      mindeſtens 20 Klafter (38m) von Wohngebäuden entfernt bleiben.
    • §. 43. Außer den im §. 38 bezeichneten Ausnahmefällen kann, wo
      die Ausführung von vollem Mauerwerk Schwierigkeiten unter-
      liegt, zur Abtheilung einzelner Lokalitäten in den Stockwerken
      zwiſchen je zwei feuerfeſten Abtheilungswänden die Errichtung
      einer Scheidewand mit hölzernem Gerippe (Riegelwand), welche
      jedoch von beiden Seiten mit einem Mörtelbewurf verſehen ſein
      muß, ausnahmsweiſe bewilligt werden, wenn keine Feuerung in
      der Nähe derſelben angebracht wird.

      Nach Umſtänden kann ein von feuerfeſten Mauern umgebener
      Raum in obiger Weiſe untertheilt werden.


      Derlei, ober größeren Räumen herzuſtellende Abtheilungswände
      (Hängewände), es mögen dieſelben aus vollem Mauerwerk oder
      aus Riegelwänden beſtehen, ſind in der Regel auf gemauerte
      Gurte zu ſtellen. Doch können derlei gemauerte Wände an Orten,
      welche von jeder Heizvorrichtung entfernt ſind, auf ſtarke, hin-
      reichend tragfähige, hölzerne Röſte ausgeführt werden. Des-
      gleichen ſind ſolide Tragwerke von Eiſen zuläſſig. Bei Erforder-
      niß, ſolche Wände durch mehrere Stockwerke übereinander zu
      führen, muß die Wand eines jeden Geſchoſſes für ſich beſtehend
      auf einem eigenem Tragwerke ruhen.


      Erleichterung für Bauausführungen am Lande.
    • §. 78. Riegelbauten ſind unter denſelben Bedingungen wie §. 76 in
      der Bauordnung für Böhmen, zuläſſig, (ſiehe weiter oben).
    • Specielle Bauordnung für Klagenfurt: nach §. 53 ſind
      Riegelwände in der Regel nicht geſtattet und werden nur dann
      erlaubt, wenn ſie als Scheidemauern zur Trennung einzelner
      Wohnungsbeſtandtheile angewendet und auf beiden Seiten ver-
      putzt werden. In unmittelbarer Nähe einer Feuerung iſt ein
      maſſives Mauerwerk herzuſtellen. Scheidewände über leeren
      Räumen müſſen entweder auf Gurten oder entſprechender Eiſen-
      conſtruction ruhen.
  • Mähren:
    • §. 42. Die Errichtung neuer hölzerner Gebäude iſt in der Regel
      unterſagt. Bei Hauptreparaturen an ſchon beſtehenden hölzer-
      nen Gebäuden iſt auf Erſatz der hölzernen Beſtandtheile durch
      feuerfeſte zu dringen.
      Riegelwände dürfen nur innerhalb feuerſicherer Wände her-
      geſtellt werden.

      10*
      [148]Drittes Kapitel.
      An Holz- oder Riegelwänden darf keine Feuerung ſtehen.
    • §. 43. Die Errichtung ganzer Gebäude aus Holz- oder aus Rie-
      gelwänden iſt in Dörfern und Märkten ohne Einſchränkung,
      und ausnahmsweiſe mit Bewilligung der Behörde auch in Städten,
      insbeſondere in iſolirter Lage (§. 74 der mähriſchen Bauord-
      nung), dann für Arbeiterwohnungen und induſtrielle Zwecke
      geſtattet. Jedoch muß bei ſolchen Gebäuden:
      • 1. bis zur Höhe von mindeſtens 1½ Schuh, (0,5m) über dem Erd-
        horizonte der Unterbau aus Stein- oder Ziegelmauerwerk
        oder Eiſengerippe hergeſtellt werden;
      • 2. muß die Bedachung feuerſicher und der Dachboden mit einem,
        in der Regel mindeſtens 4 Zoll (10zm) ſtarken Lehm-Eſt-
        rich bedeckt ſein; ferner
      • 3. muß jeder Kamin innerhalb der Holz- oder Riegelwände
        aus feuerſicherem Material hergeſtellt und beiderſeits durch
        eine mindeſtens 18 Zoll) (0,5m) breite Mauer vom Holzwerk
        oder Fachwerk geſchieden ſein. Feuerſtellen müſſen mindeſtens
        3 Schuh (0,95m) vom Holz- oder Fachwerk entfernt bleiben.
        Bei Wohngebäuden müſſen überdieß die inneren Holz- oder
        Riegelwände mit einem Mörtelanwurfe verſehen ſein.
    • §. 50 zu Bau-Erleichterungen: die mit Brettern verſchlagenen Dach-
      giebel können bei hölzernen Gebäuden geduldet werden.
    • §. 70 (Zuſatz zu §§. 42 und 43). Gebäude, welche ganz außerhalb
      der Ortſchaften liegen, wie Villen und ſonſtige für den Som-
      meraufenthalt beſtimmte Häuſer, können überhaupt ganz von
      Fachwerk oder Holz hergeſtellt werden.
    • §. 71. Dieſe Ausführung iſt auch bei innerhalb der Ortſchaften
      gelegenen Scheunen und Schuppen, ſowie bei Gartenhäuſern ohne
      Feuerſtätten zuläſſig, wenn die Scheunen oder Schuppen min-
      deſtens 30 Klafter (43m), die Gartenhäuſer mindeſtens 15 Klafter
      vom nächſten Gebäude entfernt ſind.
    • §. 77. Bei allen, auch nicht iſolirten, Bauten für induſtrielle
      Zwecke ſind bei feſten Umfaſſungsmauern, feuerſicherer Eindeckung
      und vorſchriftsmäßigen Feuermauern gegen Nachbarhäuſer jene
      Abweichungen von den allgemeinen Bauvorſchriften zuzulaſſen,
      ohne welche der ordentliche Gewerbsbetrieb gehindert oder em-
      pfindlich erſchwert wäre; insbeſondere gehören hierher:
      Zwiſchenwände von nicht feuerfeſtem Material, ausgenommen
      [149]Die Holzwände.
      bei jenen Lokalen, die ihrer Beſtimmung wegen beſonders feuer-
      gefährlich werden können.
  • Für Oeſterreich ob der Enns:
    • Nach §. 31 ſind Abtheilungswände theilweiſe aus Holz geſtattet,
      wenn in der Nähe derſelben keine Feuerung angebracht wird.
    • §. 32. Die Herſtellung von Gebäuden mit Riegelwänden iſt geſtattet:
      • 1. wenn die Schwellen auf Grundmauern oder auf Grundſchwel-
        len aus hartem Holze liegen, welche mindeſtens 1 Fuß (0,32m)
        über das natürliche Terrain reichen;
      • 2. die Höhe ſolcher Wohngebäude darf außer dem Erdgeſchoß
        nicht mehr als zwei Stockwerke und ihre Länge nicht mehr
        als 12 Klafter (23m) haben;
      • 3. ſämmtliche Heizanlagen, Feuerſtätten und Rauchfänge, ſowie
        die an ſelbe anſtoßenden Theile der Haupt- und Scheide-
        wände auf eine Entfernung von 3 Schuh (0,95m) müſſen
        vom Grunde aus gemauert ſein.
      • 4. bei Neu- und Umbau der Wirthſchaftshöfe ſind die zum
        eigentlichen Geſchäfts- oder Wirthſchaftsbetriebe beſtimmten
        Gebäude ſowohl von einander, als auch vom Wohngebäude
        derart abzuſondern, daß zwiſchen jedem Gebäude ein Raum
        von wenigſtens 5 Klafter (9,5m) frei bleibt, und für die
        ungehinderte Kommunication bei Feuersgefahr auch frei
        erhalten wird, oder daß zwiſchen jedem Gebäude Feuer-
        mauern (Brandmauern) hergeſtellt werden, welche wenigſtens
        1 Fuß (0,32m) über den Dachfirſt reichen.
    • Auf dem offenen Lande wird unter Vorausſetzung, daß die Aus-
      führung gemauerter Gebäude durch den Bezug der harten Bau-
      ſtoffe erſchwert und koſtſpielig wird und daß klimatiſche Verhält-
      niſſe Bauausführungen aus weichen oder gemiſchten Materialien
      zuläſſig machen, der Bau von Gebäuden aus Holz dann geſtatet,
      wenn das Gebäude von jeden anderen Wohngebäuden, ſowie
      von den Nachbarsgrenzen wenigſtens 10 Klafter (19m), welche
      nicht verbaut werden dürfen, entfernt bleibt.
    • §. 43 beſtimmt, daß auch in nicht iſolirten Induſtriebauten
      • a. alle Wände, mit Ausnahme jener,
  • Bauordnung für Linz.
    • §. 49. Wo die Ausführung von vollem Mauerwerk Schwierigkeiten
      unterliegt, kann zur Abtheilung einzelner Localitäten in den
      [150]Drittes Kapitel.
      Stockwerken zwiſchen je zwei feuerfeſten Abtheilungswänden die
      Errichtung einer Scheidewand, welche theilweiſe aus Holz ſein
      kann, jedoch voll und von beiden Seiten mit einem Mörtelver-
      putze verſehen ſein muß, ausnahmsweiſe dann bewilligt werden,
      wenn keine Feuerung in der Nähe derſelben angebracht wird.
      Nach Umſtänden kann ein von feuerfeſten Mauern umſchloſſener
      Raum in obiger Weiſe untertheilt werden.
  • Für Oeſterreich unter der Enns (mit Ausſchluß Wien).
    • §. 65 ſchreibt für Riegelwände daſſelbe vor wie §. 49 der Bau-
      ordnung für Linz.
    • Nach Geſetz vom 20. Decbr. 1869, Nr. 1. L. G. B. für 1870 ſind
      hinſichtlich der Riegelwände folgende Erleichterungen für die Erbau-
      ung von Wohnhäuſern außerhalb Wiens geſtattet, ſofern das
      Gebäude von anderen Gebäuden und von den Nachbargrenzen
      mindeſtens 10 Klafter (19m) entfernt iſt, wobei der Iſolirraum,
      in welchen öffentliche Straßen, ſowie das Bett von Flüſſen und
      ſonſtigen öffentlichen Gewäſſern eingerechnet wird, unverbaut ſein
      und bleiben muß
    • ad e. Unterabtheilungen können von beliebigen Material hergeſtellt
      werden, nur iſt in unmittelbarer Nähe einer Feuerung maſſives
      Mauerwerk herzuſtellen.
    • §. 8. Bei Häuſern aus Fachwerk (Riegelwänden) ſind im Dachraume
      Wohnungen nur zuläſſig, wenn ſie nicht mehr als einen Stock
      hoch ſind; ferner müſſen die Dachwohnungen in den mittleren
      Theilen mindeſtens 7 Fuß (2,2m) und an den niederſten Punkten
      mindeſtens 5 Fuß (1,6m) lichte Höhe haben, von Innen verſchalt
      und ſtuccatirt ſein, und der Dachboden muß mit einer 3zölligen
      (8zm) Schuttlage und darüber mit einem 1½ zölligen (4zm) Lehm-
      Eſtrich oder einem Ziegelpflaſter bedeckt ſein.
  • Für Schleſien.
    • §. 55 beſagt daſſelbe wie §. 49 der Bauordnung für Linz.
    • Die Erleichterung bei einigen Bauausführungen ſind dieſelben wie
      in Böhmen §. 75 (Bauordnung außer Prag).
  • Für Steiermark.
    • §. 63 ſchreibt vor, daß in den Städten und Märkten Ausſchalungen,
      Riegel- und Pflaſterwände in den Zimmern, als auch auf dem
      Dachboden in der Regel nicht geſtattet ſind, und nur dann zuge-
      ſtanden werden, wo es ſich um eine kurze unweſentliche und von
      [151]Die Holzwände.
      jeder Heizvorrichtung entfernte Trennung einzelner Räume han-
      delt. In Ausnahmsfällen ſind ſolche Scheidewände auch über
      großen Räumen des unteren Geſchoſſes erlaubt, wenn ſie voll-
      ſtändig gemauert und auf gemauerten Gurten ſtehen; auch kön-
      nen ſolche Riegelwände an Orten, welche von jeder Heizvorrich-
      tung entfernt ſind, auf ſtarken, hinreichend tragfähigen Röſten
      ruhen; Eiſenträger ſind gleichfalls geſtattet. Wenn mehrere
      Wände über einander angeordnet werden, muß jede für ſich beſtehen.
  • Auf dem flachen Lande ſollen nach §. 3 der II. Abtheilungen
    der Bauordnung für Steiermark in der Regel nur feuerſichere
    Gebäude errichtet werden, doch ſind in Ausnahmsfällen bei weit-
    auseinander ſtehenden Gebäuden auch Holzwände erlaubt, wenn
    dieſe auf einem 0,9m hohen maſſiven Sockel ſtehen.
  • Für induſtrielle Bauten geſtattet §. 5 des Geſetzes vom 2. März
    1866 Zwiſchenwände in allen Räumen, die ihrer Beſtimmung we-
    gen nicht beſonders feuergefährlich ſind.
    • §. 7. Bei iſolirten Werksanlagen wird für Wohnungen des Werks-
      herrn, ſeiner Beamten und Arbeiter der Bau von Riegelwänden
      unter Beobachtung der gehörigen Vorſicht und der geſetzlichen
      Beſtimmungen bei Oefen u. ſ. w. geſtattet. Dieſe Wohnungen
      müſſen, wo ſie an das Werkslocal anſtoßen, von dieſem durch
      Feuermauern getrennt ſein.
  • Bauordnung für Graz lautet hinſichtlich der Zuläſſigkeit der
    Riegelwände ebenſo wie §. 43 der Bauordnung für Kärnthen.
  • Tirol.
    • Bauordnung für Insbruck ſchreibt bezüglich der Riegelwände daſ-
      ſelbe wie § 43 der Bauordnung für Kärnthen.
  • Voralberg.
    • Der §. 26 lautet faſt ebenſo wie §. 43 der Bauordnung für
      Kärnthen.
    • Für Bauten zum Zwecke der Induſtrie iſt nach §. 50 der Rie-
      gelbau bei allen nicht feuergefährlichen Räumen zuläſſig.
    • Auf dem platten Lande darf nach §. 55 unter denſelben Be-
      dingungen wie §. 76 der Bauordnung für Böhmen der Riegel-
      bau Verwendung finden.
  • Wien.
    • §. 57. Als Scheidemauern zur Trennung einzelner Beſtandtheile
      einer Wohnung können Riegelwände oder Wände blos aus Holz
      [152]Viertes Kapitel.
      angewendet werden; ſie müſſen jedoch auf beiden Seiten mit
      einem Mörtelputze verſehen ſein. In unmittelbarer Nähe einer
      Feuerung iſt maſſives Mauerwerk herzuſtellen.
    • §. 68. Bei nicht iſolirtſtehenden Induſtriebauten (Werkſtätten,
      können Schuppen u. ſ. w.)
      • a) alle Wände, mit Ausnahme jener, in deren Nähe ſich
        Feuerungen befinden, dann jener, die an eine öffentliche
        Straße oder an ein nachbarliches Eigenthum angrenzen,
        aus Riegelwänden hergeſtellt werden;
      • b) ſind hölzerne Zwiſchenwände in allen nicht feuergefährlichen
        Räumen zuläſſig.
    • §. 69. Wohnungen für iſolirte Induſtriebauten können ebenfalls
      im Riegelbau ausgeführt werden; dieſe Wohnungen müſſen,
      wenn ſie an die Werkſtätten anſtoßen, von dieſen durch Feuer-
      mauern getrennt ſein, und gegen die Straße maſſive Mauern
      erhalten.

Viertes Kapitel.
Die Dachgerüſte.


Zum Schutze eines Gebäudes iſt ein Dach erforderlich; dieſes
beſteht aus der Bedachung oder Dachhaut und aus dem Dach-
gerüſte,
welches die Dachhaut trägt. Die Conſtruktion des Dachge-
rüſtes hängt ab vornehmlich von der Beſchaffenheit der Dachhaut,
ſodann von der Grundform des Gebäudes. Beim Entwerfen des
Dachgerüſtes beſtimmt man zunächſt dasjenige Gefälle (Neigung oder
Dachräſche), welches dem im ſpeciellen Falle zu verwendenden Deck-
material zukommt.


Die Dachneigung oder Dachräſche


iſt für jede Bedachung verſchieden; ſie richtet ſich theils nach der
Dichtigkeit des Deckmaterials, und theils danach, ob die Dachhaut aus
vielen kleinen Theilen oder aus großen und wenigen Bahnen zuſam-
mengeſetzt wird. In erſtem Falle ſind ſo viele Fugen und Ritzen
vorhanden, daß ohne beſondere Vorſichtsmaßregeln von der Dichtig-
keit des Daches gar nicht die Rede ſein kann.


[153]Die Dachgerüſte.

Aber auch bei einem und demſelben Deckmaterial bleibt die Dach-
neigung nicht immer dieſelbe, denn es iſt nicht gleichgiltig, ob das Ge-
bäude innerhalb der Stadt, oder auf freiem Felde iſolirt ſteht, wo-
ſelbſt der Wind den Schnee und das Regenwaſſer mit großer Ge-
walt in die Fugen der Dachhaut treibt. Außerdem iſt noch für die
Neigung des Daches der Grad der Brennbarkeit des Deckmaterials
maßgebend. Alle leicht zündbaren Bedachungen erhalten ein größeres
Gefälle, als die ſogenannten feuerſicheren. (Fig. 227).


Figure 230. Fig. 227.

Die nun folgende Tabelle giebt die Neigung der hauptſächlichſten
Bedachungen unter Zugrundelegung eines Satteldaches:


  • Stroh- u. Rohrdach   ⅗—½ d. Gebäudetiefe od. 50°—45° unt. d. Horiz.
  • Ziegel-
    • einfaches Dach   ⅕—½ ‒ 22°—45° ‒
    • Doppel- u. Kronendach
      oder Ritterdach   ⅜—⅓ ‒ 36°50′—33°40′ ‒
  • ferner
  • Schiefer-
    • in geſchützter Lage, Mittel-
      u. Süddeutſchland *)  ¼—⅕ ‒ ‒ 26°30′—22° ‒
    • in exponirter Lage **) ⅓—½ ‒ ‒ 33°′ 40—45° ‒
  • Theerpappendach
    • in gewöhnlich. Lage ⅛—1/10 ‒ ‒ 14° 10′ — 11°20′ ‒
    • in exponirter Lage ⅙—⅛ ‒ ‒ 18°30′—14° 10′ ‒
  • Zinkblech- und Schwarzblechdach   1/12 ‒ ‒ 9° 50′ ‒
  • Asphaltdach   1/24 ‒ ‒ 4° 50′ ‒
  • Holzcementdach   1/16 ‒ ‒ 7° 50′ ‒

[154]Viertes Kapitel.

In Oeſterreich führen die Dächer nach ihrer Neigung folgende
Namen:


  • Altdeutſche Dächer, wenn die Höhe des Daches gleich der
    ganzen Gebäudebreite iſt,
  • Neudeutſche Dächer, wenn die Dachhöhe gleich derſelben Ge-
    bäudebreite iſt und ſomit ein Dachwinkel von 90° und eine Nei-
    gung der Dachflächen mit 45° entſteht,
  • Italieniſche Dächer*), wenn das Dach ⅓ bis ⅙ der Gebäude-
    breite zur Höhe hat und
  • Altandächer, wenn die Neigung der flachen Dachfläche nur ſoviel
    beträgt, als zum Waſſerabfluß unbedingt nöthig iſt.

Sehr hohe, d. h. ſteile Dächer werden in bürgerlichem und öffent-
lichem Bauweſen neuerdings nur vereinzelt ausgeführt, da die gro-
ßen Dachräume ohnehin unbenutzt bleiben **). Nur bei Kirchen und
Gebäuden in mittelalterlichem Style (Gothik, deutſche Renaiſſance)
ſind die hohen Dächer aus architektoniſchen Gründen gerechtfertigt.
Aber ſelbſt bei Benutzung des Dachraumes gewähren flache Dächer
mehr Vortheile, als die ſteilen, wie das nebenſtehende Beiſpiel (Fig.
228) erſichtlich macht.


Figure 231. Fig. 228.

Das ſpitze Dach ſei beiſpielsweiſe 18m breit und 9m hoch, es ent-
hält ſomit ein Profil von = 81 □m; denſelben Querſchnitt
beſitzt ein flaches Dach von ⅙ Neigung und mit 3m hohen Drem-
pelwänden:
.


[155]Die Dachgerüſte.

Die Vortheile treten bei großen Gebäudetiefen weit mehr hervor,
als bei ſchmalen; bei letzteren kann ſogar die ſteile Bedachung zweck-
mäßiger ſein. Beiſpielsweiſe erhalte eine Arbeiterwohnung von 16m
Tiefe im Dachbodenraume eine Kammer an jedem Giebel; wenn
man ein Dach mit 45° Neigung wählt, ſo läßt ſich die Kammer in
dem Dachdreieck ganz gut ohne jegliche Wanderhöhungen anlegen, hin-
gegen werden bei einem Pappdach mit 1/10 Neigung zwei Drempelwände
von mindeſtens 2m Höhe erforderlich. Im gegebenen Falle muß man,
falls die Wahl der Bedachung dem Erbauer freiſteht, um die billigſte
Bauweiſe zu erhalten, die Minderkoſten des flachen Daches von den
Mehrkoſten der Drempelwände ſubtrahiren, und den Reſt mit den
Koſten des ſteilen Daches vergleichen, um die billigſte Bauweiſe zu erhalten.


Für die Conſtruction des Dachgerüſtes iſt außer der Neigung noch


Das Gewicht der Dachhaut

von Wichtigkeit.


Dieſes ſetzt ſich zuſammen einestheils aus dem Eigengewichte der
Deckmaterialien, anderntheils aus dem Drucke des Windes und der
Extrabeladung durch Schnee.


  • Das Eigengewicht beträgt pr.m geneigter Dachfläche:
  • Rohr- und Strohdach ohne Lehm   60 Kilogr.
  • Ziegel-
    • einfaches Ziegeldach   100 „
    • Doppel- und Kronendach   127 u. 140 Kilogr.
  • Schieferdach (deutſches)   75 Kilogr.
  • Zinkdach incl. Schalung   40 „
  • Wellblechdach ohne Schalung   24 „
  • Theerpappdach incl. Schalung   30 „

Die Laſt des Schnees beträgt pr.m horizontaler Fläche bei
Annahme einer Höhe von 0,6m und eines ſpecifiſchen Gewichts von
0,125
0,125 . 0,6 . 1000 = 75 Kilogr.


Der Druck wird ſich umſomehr bemerkbar machen, je flacher das
Dach iſt. Die nachſtehende Tabelle giebt die wirkliche Belaſtung des
Schnees auf der geneigten Dachfläche für einige Neigungswinkel an,
wobei die auf die horizontale Projection bezogene Belaſtung = 75 .
cos α beträgt, wenn α der Neigungswinkel des Daches bedeutet.
Der Wind drückt auf eine ſteile Dachfläche bedeutend mehr, als auf
eine flachliegende. Da die Bewegungsrichtung des Windes mit der
Horizontalen einen Winkel von annähernd 10° bildet und außerdem
[156]Viertes Kapitel.
die Dachfläche gleichfalls geneigt iſt, ſo zerlegt ſich der Winddruck in
eine horizontale (H) und verticale (V) Kraft; von dieſen beiden Kräf-
ten kommt die erſtere ganz beſonders bei Dächern zur Geltung.


Für die verſchiedenen Dachneigungen iſt der wirkliche Wind- und
Schneedruck:


Nach dem deutſchen Baukalender beträgt die Belaſtung der
Dächer incl. derjenigen durch Schnee und Winddruck
:

Dachformen.


Schon in der äußeren Form der Dächer zeigen ſich charakteriſtiſche
Merkmale, welche auf die verſchiedenartigen Gerüſtconſtructionen
hinweiſen.


[157]Die Dachgerüſte.

Am einfachſten iſt


1. das gleichſeitige Satteldach (Fig. 229),

deſſen höchſte Sattellinie, der Forſt oder Firſt, ſich in der Gebäude-

Figure 232. Fig. 229.


Figure 233. Fig. 230.


Figure 234. Fig. 231.


Figure 235. Fig. 232.


Figure 236. Fig. 233.


Figure 237. Fig. 234.


Figure 238. Fig. 235.


Figure 239. Fig. 236.


längenachſe befindet, ſodaß beide Sattelflächen gleiche Neigung und
Größe haben; die unterſte Dachkante heißt „die Traufe“, die ſchrägen
Dachkanten am Giebel nennt man die „Bortkante“ oder „der
Bort.“


Bei dem gleichſeitigen Satteldache iſt die Kraftinanſpruchnahme in
beiden Dachflächen ganz gleich, weshalb man die beiden Hälften des
Dachgerüſtes vollſtändig ſymmetriſch ausbildet. Anders verhält es
ſich, wenn der Forſt nicht in der Mitte des Gebäudes liegt oder wenn
die beiden Dachflächen verſchiedene Neigungen erhalten (Fig. 237
A—C). Dieſe Fälle kommen bei freiſtehenden Gebäuden niemals
vor (ſchon aus äſthetiſchen Gründen), ſie ſind aber bei einge-
[158]Viertes Kapitel.
bauten Häuſern, deren eine Dachfläche der Straße, und deren andere
dem Hofe zugekehrt ſind, ſehr häufig. Alsdann treten drei Modifi-
cationen auf:


Figure 240. Fig. 237

A—C.


erſtens (Fig. 237 A): der Forſt befindet ſich nicht in der Gebäude-
mitte (der Abſtand a kleiner als b) und die Trauflinien t und t1
liegen in einer Horizontalebene — ſodann iſt die Dachfläche y klei-
ner und geneigter als x;


zweitens (Fig. 237 B): Der Forſt theilt das Gebäude in zwei
gleiche Hälften (Abſtand a = b), jedoch t liegt tiefer als t' und die
Flächen x und y haben verſchiedene Neigungen und Länge;


drittens (Fig. 237 C): der Abſtand a größer als b, ferner die
Trauflinien t und t' ſind ungleich hoch, dagegen die Flächen x und
y haben gleiches Gefälle.


In allen drei Fällen iſt der Horizontalſchub der größeren Fläche
ſtärker, als derjenige der kleinen, und wird man daher auf die
Unſchädlichmachung des größeren Druckes (mittelſt Streben gegen
die Fläche x) bedacht ſein müſſen, damit beide Dachhälften im
Gleichgewichtszuſtande bleiben.


2. Das Pultdach (Fig. 230)

iſt ein halbes Satteldach und kommt vor, wenn der Abfall des Re-
genwaſſers und Schnees nur nach einer Seite ſtattfinden ſoll. Alle
Dachflächen, die parallel oder ſchräg gegen eine Nachbarsmauer an-
laufen, erhalten eine Pultform.


[15[159]]Die Dachgerüſte.

Da der Horizontalſchub in der Forſtlinie ſehr bedeutend iſt und
keinen Gegendruck empfängt, ſo muß man mittelſt Streben (gegen
die Pultfläche gerichtet) den Dachſchub aufheben.


Wenn zwei gleichgroße Satteldächer ſich rechtwinklig kreuzen (Durch-
dringung zweier gleichſchenkeliger Prismen), ſo entſteht


3. Das einfache Zeltdach (Fig. 231),

deſſen Trauflinien in einer horizontalen Ebene liegen. Die quadra-
tiſchen oder annähernd quadratiſchen geſtalteten Dächer werden immer
nach dem Princip des einfachen Zeltdaches abgewalmt und con-
ſtruirt.


Wird ein gleichſeitiges Satteldach mit gleich geneigten Flächen
an einem oder beiden Enden ſo abgeſchrägt, daß an den Giebelſei-
ten dreieckige Dachflächen ſich bilden, ſo erhält man


4. Das ein- und zweiſeitige Schopf- oder
Walmdach
(Fig. 232).

Die dreieckigen Abſchrägungen heißen „Walmflächen“ und erhal-
ten entweder dieſelbe, oder auch eine andere Neigung, als die läng-
lichen Sattelflächen. In der Regel giebt man ſämmtlichen Dach-
flächen denſelben Neigungswinkel, um die Dachgerüſtconſtruction da-
durch zu vereinfachen. Die Walmdächer ſpielen im modernen Bau-
weſen eine große Rolle und ſind beſonders bei den eingebauten Häu-
ſern (Stadthäuſern) vielfach im Gebrauche.


Eine andere Abart des Walmdaches iſt


5. Das Krüppelwalmdach (Fig. 233),

bei welchem nur die oberſten Spitzen des Dachbortes abgewalmt
ſind; im bürgerlichen Bauweſen trifft man dieſe Dachart ſelten an,
dagegen beſitzt ſie für ländliche und landwirthſchaftliche Gebäude
manche Vortheile.


6. Das abgewalmte Pultdach (Fig. 234)

iſt die Combination von Fig. 230 und 232, und gilt für daſſelbe
das dort Geſagte.


Auch


7. Das halbe Zeltdach (Fig. 235),

welches über niedrigen poligonal geſtalteten Anbauten (Kirchenchor)
[160]Viertes Kapitel.
u. ſ. w. öfters hergeſtellt wird, iſt nur ein modificirtes Zeltdach nach
Fig. 231.


Eine ganz neue Form zeigt


8. Das Manſarddach (Fig. 236);

bei demſelben ſind die Sattelflächen gebrochen und erhalten die obe-
ren Dachhälften eine geringere Neigung als die unteren. Die Man-
ſarddächer in Deutſchland ſind beſonders ſeit den beiden Pariſer-Welt-
ausſtellungen im Gebrauche; einige öſterreiche Bauordnungen verbieten
die Herſtellung des Manſarddaches. In Deutſchland wurde die Einführung
der Manſarddächer durch die billige Anlage der Dachkammern und Um-
gehung der polizeilichen Vorſchriften in Bezug auf die Anzahl der
Stockwerke leider ſehr erleichtert. Die große Feuergefährlichkeit der
Wohnungen unter Manſarddächern hat noch vor kurzem der rapide
Brand des ganz neu erbauten „Kaiſerhofes“ in Berlin eklatant be-
wieſen.


Außer den genannten Dachformen exiſtiren noch zwei andere,
welche aber ſelten angewendet werden, es ſind


9. Das Bogendach (Fig. 238) und
10. Das Kuppeldach.

Figure 241. Fig. 238.

Indem wir bezüglich der Conſtruction und Anwendung der ge-
nannten zehn Dacharten auf die nachfolgende Beſchreibung verweiſen,
betrachten wir zunächſt


[161]Die Dachgerüſte.

I.Das Satteldach.*)


Die Unterſtützung der Dachhaut geſchieht mittelſt eines Holzroſtes
(Sparrenroſtes oder Dachgeſpärres), deſſen einzelne Theile ſo ſtark
ſein müſſen, daß ſie das Deckmaterial tragen und dem Drucke des
Windes und Schnees widerſtehen können, ohne ſich durchzubiegen
oder (für die Eindeckung nachtheilig) zu bewegen.


In der Praxis bedient man ſich zu den Sparren nur der dünnen
Bauhölzer, der ſogenannten Sparrenhölzer, welche nach der vier-
kantigen Bearbeitung noch eine Stärke von 13/13 bis 16/16zm oder
10/15 bis 13/19zm behalten.


Da die Belaſtung des Daches ſich um ſo beſſer auf die einzelnen
Sparren vertheilt, je dichter dieſe zuſammenliegen, pflegt man, den
ebengenannten Holzſtärken entſprechend, die Sparrenweite für die ein-
zelnen Bedachungen folgendermaßen anzunehmen:


  • beim einfachen Ziegel- und Pfannendache   1m höchſtens 1,2m
  • beim Ritter- od. Kronendach u. Doppeldach höchſtens 1,1m
  • beſſer   0,9m
  • beim gewöhnlichen Schieferdach höchſtens   1,25m
  • beſſer   1m
  • beim Theerpappdach   1,25m
  • bei dem Metalldache nicht über   1,25m
  • beim Stroh- und Rohrdach in der Regel   1,5m

Wanderley, Bauconſtr. 11
[162]Viertes Kapitel.
  • in Holſtein und Mecklenburg bei ⅔ Dachneigung
    ſogar   2,2m
  • bei dem Holzzementdach   1m
  • bei dem Schindeldach   1,5—2,2m.

Nach angeſtellten ſtatiſchen Berechnungen betragen die Querſchnitts-
dimenſionen (in abgerundeten Zahlen) der freiliegenden Sparren:


Stärke der Balken, wenn die Breite b zur Höhe h ſich verhält
wie 5 : 7.



[163]Die Dachgerüſte.

Erfahrungsmäßig kann man beim Projectiren der Dachgerüſte
die Höhe der Sparren annehmen für pr. laufenden Meter der freilie-
genden Länge 4—4½zm, je nach dem Gewichte des Deckmaterials
und der Sparrenentfernung.


Nach dieſer Tabelle dürfen Sparren von 13/19zm oder 16/16zm Stärke
je nach der Sparrenentfernung lang ſein:


  • beim Kronendach und Doppeldach höchſtens 3,75—4,5m
  • „ Schieferdach   4,5 —5m
  • „ Zink- und Theerpappdach   5 —5,5m.

Nur bei Gebäuden mit geringer Tiefe reicht ein einfacher Spar-
renroſt zur Unterſtützung der Dachhaut aus; ſobald die Gebäude-
breite aber ſo groß wird, daß jede Dachfläche in aufſteigender Rich-
tung 3,75—5,5m in der Länge überſchreitet, dann muß der Sparrenroſt
mittelſt rähmartigen Trägern oder Durchzügen (ſogenannten Fetten
oder Pfetten) oder mit Streben und Spannbalken geſtützt werden,
wodurch die mannigfachſten Dachgerüſtconſtructionen entſtehen.


Im Allgemeinen laſſen ſich ſämmtliche Dachconſtructionen einthei-
len in:



11*
[164]Viertes Kapitel.
  • A. Dächer, deren Sparrenwerk ſich auf die Dachbalken ſtützt,
  • B. Dächer mit verſenktem Dachgebälk,
  • C. Dächer ohne Dachgebälk.

Bei der erſten Art (Fig. 239 A) befindet ſich der Abſchluß der
Langmauern in gleicher Höhe mit dem Dachfußboden oder die Höhen-

Figure 242. Fig. 239

A—C.


differenz zwiſchen beiden iſt nur gering; die zweite Art (Fig. 239 B)
hat erhöhte Mauern, ſogenannte Drempel- oder Knieſtockwände, und
das Dachgebälk liegt im Verhältniß zu dem Sparrenwerk ver-
ſenkt; die dritte Art (Fig. 239 C) hat gar kein Dachgebälk, ſondern
*)
[165]Die Dachgerüſte.
entweder bildet bei ihr das Dach gleichzeitig die Decke eines großen
und hohen Raumes oder es iſt eine Decke vorhanden, die mit der
Dachgerüſtconſtruction in inniger Verbindung ſteht (Turnhallen,
Kirchen, Säle, Scheunen, Schuppen und Remiſen).


A.Dächer, deren Sparrenwerk auf dem Dachſtuhl-
gebälk liegt
.


1. Das einfache Satteldach oder der leere Dachſtuhl.

Daſſelbe findet eine beſchränkte Anwendung und kommt nur bei
einfachen Gebäuden (Ställen, Arbeiterwohnungen u. ſ. w.) mit geringer
Tiefe vor, da, wie bereits erwähnt wurde, die Sparren blos auf eine
beſtimmte Länge frei ſchweben können. Um einen einigermaßen
brauchbaren Dachraum zu erhalten, darf die Höhe des Daches nicht
unter ⅓ der Gebäudebreite ſein. —


Die ſtatiſche Berechnung, ſowie die zuletzt mitgetheilte Tabelle,
ergeb[e]n, daß die 13/19zm ſtarken Sparren eines Winkeldaches, wenn ſie
durchſchnittlich 1,1m auseinander liegen, beim Schieferdache etwa
*)
[166]Viertes Kapitel.
4—4,5m ohne jegliche Unterſtützung freiliegen können; hiernach be-
trägt die größte Spannweite eines einfachen Satteldaches 6 — 7m.


Die Fig. 240 A—B zeigt die Conſtruktion eines einfachen gleich-
ſchenkeligen Satteldaches; daſſelbe beſteht aus den beiden Sparren,

Figure 243. Fig. 240

A — B.


welche in der oberſten Dachſpitze mit Scheerzapfen zuſammengehal-
ten ſind und mit ihren Fußenden ſich gegen einen Balken (Tram)
*)
[167]Die Dachgerüſte.
ſtützen. Fig. 240 A giebt den Querſchnitt, B den Längenſchnitt oder
Kreuzriß; in letzterem ſieht man alle Sparrenſpitzen im Querſchnitte

Figure 244. Fig. 241.


und über jedem Tram einen Sparren. Die
Sparrenentfernung a iſt bereits weiter oben
beſprochen.


In der Regel ſtehen die Sparren ſo über
jedem Tram, daß die eine Seite beider Höl-
zer (Figur 241 A) bündig iſt, ſelten ordnet
man die Mitten beider Hölzer übereinander
an (Fig. 241 B), weil dadurch das „Abbin-
den“ des Dachſtuhls bedeutend erſchwert
wird.


Da vor den Sparrenfüßen immer etwas Holz (mindeſtens 20zm)
ſtehen bleiben muß, damit ſie nicht ausgleiten, ſo entſteht am
unteren Rande der Dachfläche immer eine Einbiegung (Knick),
welche man, wie Fig. 240 a zeigt, durch eine keilartige Aufſattelung, den
ſogenannten Aufſchiebling oder Aufſchübling auszugleichen ſucht.
Ganz verſchwindet der Knick in der Dachfläche aber nicht, weshalb
*)
[168]Viertes Kapitel.
man bei Anwendung des Kronen- und Schieferdaches die Sparren bis
an die vorderſte Tramkante rückt und dem Abrutſchen derſelben ent-
weder mittelſt einer Unterſattelung (b) oder einer Verbolzung nach c
und d vorbeugt; in den drei letzten Fällen ſetzt ſich der Sparren mit
einer Hacke auf den Tramen.


Um der Längenvorſchiebung des ganzen Sparrenroſtes entgegen-
zuwirken, nagelt man unter denſelben einige „Schwertlatten oder
Sturmlatten“ in beliebiger Richtung ſo, daß unverſchiebbare Drei-
ecke entſtehen.


Das vorſtehende Beiſpiel entſpricht den in Oeſterreich geltenden
Bauordnungen (ſiehe dieſelben in der Anmerkung) nicht, denn wäh-
rend in ganz Deutſchland geſtattet iſt, die Dachgerüſtbalken gleich-
zeitig für die Decke des oberſten Geſchoſſes zu benutzen, ſchreiben die
ſämmtlichen Bauordnungen Oeſterreich's eine vollſtändige Trennung
beider Bautheile vor; und zwar


  • erſtens: das Dachgehölz darf nicht gleichzeitig der Decke gehören
    (hiervon ſind Bauten für induſtrielle und landwirthſchaftliche
    Zwecke ausgenommen),


[169]Die Dachgerüſte.
  • zweitens: der Dachboden muß mit einem flachen Ziegelpflaſter be-
    deckt ſein (in ländlichen Gebäuden iſt auch ein 10zm hoher Lehm-
    eſtrich geſtattet).

Demgemäß erlangt das einfache Satteldach oder der leere Dach-
ſtuhl in Oeſterreich die in Fig. 242 gegebenen Geſtalt. Die ganze

Figure 245. Fig. 242

A—D.


*)
[170]Viertes Kapitel.
Aenderung beſteht darin, daß nur bei p, dem dritten oder vierten
Sparren ein ganz durchgehender Balken (der ſogenannte Bund-
tram
) vorkommt und die übrigen Zwiſchenſparren ſich auf Stich-
balken
(s) ſtützen, die von den Wechſelbalken (w) gehalten wer-
den; den Wechſelbalken verklammert man mit dem Bundtram und
empfiehlt es ſich, beide Hölzer mit den aufgenagelten Bohlen t zu
verbinden. Sowohl Bund- als Stichbalken ruhen mittelſt Verkäm-
mung auf der Mauerbankm.


Fig. 242 C giebt die Grundrißanlage, „den ſogenannten Werk-
ſatz“ der Bund- und Stichtramen; in Fig. 243 A erkennen wir
die ganze Anlage in iſometriſcher Anſicht Da der Bundtram frei

Figure 246. Fig. 243

A u. B.


*)
[171]Die Dachgerüſte.
ſchwebt und ſich freiträgt (die Stichbalken können unbeachtet blei-
ben), braucht er nur ſchwach zu ſein; ſeine Stärke ergiebt ſich nach
der Formel:
wobei P ſein Eingewicht (p. Cbm Holz circa 700 Kilogr.) und l ſeine
Länge in Metern bedeuten, h iſt die Höhe in Zentimetern die Breite
b = 5/7 h.


Die in Fig. 243 B ſkizzirte Anordnung des Sparrenendes, eine ſo-
genannte „Anſchieblung“, wird angewandt, wenn das Hauptgeſims
bedeutend unter der Mauerbank liegt.


Sowie die Gebäude über 7m breit, die Sparren länger als 5m
ſind, müſſen letztere mittelſt Streben oder Kehlbalken unterſtützt
werden.


Die Strebenſtützen (Fig. 244) kommen bei jedem Sparren vor,
ſie verſperren den Dachraum und belaſten den Tram in der Mitte,
ſodaß dieſer hier einer Unterſtützung bedarf; daher iſt


Das einfache Kehlbalkendach

vortheilhafter. Daſſelbe (Fig. 245) verlangt zwar ebenfalls bei
jedem Geſpärre einen Kehlbalken, dieſer hindert aber die Paſſage nicht,
*)
[172]Viertes Kapitel.
wenn ſeine Unterkante noch etwa 1,5—2m vom Dachboden entfernt bleibt.
Die Verbindung des Kehlbalkens (Spannbalkens) mit den Sparren

a Fig. 245.


Figure 247. Fig. 244.


geſchieht am häufigſten durch Verzapfung d, empfehlenswerther er-
ſcheint für größere Dächer, deren Kehlbalken belaſtet werden, die
ſchwalbenſchwanzförmige Ueberblattung c.


Da der Kehlbalken auf rückwirkende Feſtigkeit (Zerknicken und
Zerdrücken) in Anſpruch genommen wird, erhält er etwa 10/18—11/24zm
zur Stärke. Es iſt zu empfehlen, den Kehlbalken nicht länger als
4m zu machen; bei kleinen Dächern ordnet man ihn auch in der
Nähe der Dachſpitze an — ſodann heißt er Spitz- oder Hahnen-
balken
.


Die Kehlbalken-Dächer ſind beſonders bei einfachen Gebäuden mit
Giebelkammern zweckmäßig, in welchem Falle die Kehlbalken gleichzeitig
als Deckenbalken der Kammer dienen (in Oeſterreich müſſen beide
von einander getrennt bleiben).


In einer originellen Weiſe verwendete der verſtorbene kieler Stadt-
baumeiſter Märtens das Kehlbalkendach bei einer Dorfſchule zu
Thiſebüttel in Holſtein. Die Fig. 246 B giebt den Querſchnitt des
Klaſſenzimmers, welches dadurch eine größere Höhe erhielt, daß die
Kehlbalken als Deckenbalken benutzt wurden; die unteren Seiten der
Dachflächen ſind verſchalt; auf den Kehlbalken liegt ein Lehmeſtrich
*)
[173]Die Dachgerüſte.
und dieſer trägt ein Ziegelpflaſter. Das Dach iſt mit Rohr ein-
gedeckt (in Holſtein bei iſolirt ſtehenden Gebäuden auf dem platten

Figure 248. Fig. 246

A—C.


Lande geſtattet). Die Conſtruktion des Dachgerüſtes iſt aus den
Details zu erkennen.


Figure 249. Fig. 247.

Die Stärke der Sparren ergiebt ſich
aus den freiliegenden Enden l und l'
(Fig. 247 A).


Legen wir die eben angenommene Holz-
ſtärke von 13/19zm zu Grunde, ſo beträgt
die größte zuläſſige Spannweite (s):


  • beim Ziegeldache l = 4m, l' = 2,5m, dann s = 9,5m,
  • beim Schieferdache l = 4,5m, l' = 3m, dann s = 12m.

(Theerpappebedachungen kommen bei Kehlbalkendächern der ſtei-
len Sparrenlage wegen ſehr ſelten vor).


[174]Viertes Kapitel.

Wenn l = l' iſt (wie in Fig. 245) und


  • beim Ziegeldache l = 3,5m (Sparrenlänge 7m)
  • „ Schieferdache l = 4m (dito 8m)

In welcher Weiſe der Kehlbalken-Dachſtuhl für öſterreichiſche
Verhältniſſe modificirt werden kann, zeigt Fig. 248; der Werkſatz
beſteht wiederum aus Bund-, Wechſel- und Stichbalken. In je-

Figure 250. Fig. 248.


dem Binder iſt ein Kehlbalken vorhanden, wie der Werkſatz zu
erkennen giebt. Die Dachfläche d iſt belattet, die andere e verſchalt.
Da die mehr als 4m langen Kehlbalken ſich leicht durchbiegen, ſo
ſind zuweilen die Kopfbänder (Bügen) 'g erforderlich, doch dürfen ſie
nur bei kurzen Dächern vorkommen, da ſie ſonſt zu holzverſchwen-
deriſch ſind und man die Kehlbalken weit zweckmäßiger mittelſt einer
Stuhlwand unterſtützen kann


Sodann entſtehen


Die ſtehenden Kehlbalkendachſtühle.

Bei denſelben unterſcheidet man Haupt- und Leergebinde.
Das erſtere beſieht aus einem Kehlbalkendach nach Fig. 245, in wel-
[175]Die Dachgerüſte.
chem die Kehlbalken in der Mitte von einer Stuhlwand getragen
werden. Dieſe ſetzt ſich zuſammen aus einem trägerartigen Rähm (Fette
oder Pfette) von 16/18 bis 18/21zm Stärke, und aus Stielen (Pfoſten
Bändern oder Stuhlſäulen). Die Kopfbänder (Kopfbügen) k verhindern
die Längenverſchiebung des Daches und ſind daher Schwertruthen über-
flüſſig. Fig. 250 A giebt den [einfachſtehenden] Kehlbalkendachſtuhl.


Zwiſchen den Hauptbindern befinden ſich die Leerbinder nach der
Conſtruktion eines gewöhnlichen Kehlbalkendaches. Je näher die
Hauptbinder ſtehen, eine deſto größere Feſtigkeit beſitzt das Dachge-
rüſt, weshalb man bei ſchwerbelaſteten Dächern (Kronen- und Dop-
peldächern) die Binderentfernung höchſtens 4,5m annimmt.


Der einfachſtehende Kehlbalkendachſtuhl hat den Nachtheil, daß die Bal-
kenlage in der Mitte oder nicht weit davon entfernt mittelſt einer Wand
(maſſiv oder Fachwerk) unterſtützt ſein muß. Auch bei den, für
öſterreichiſche Verhältniſſe umgeſtalteten Dachſtuhl (Fig. 249) verlangt

Figure 251. Fig. 249.


der Bundtram t in der Mitte ein Auflager a; es genügt hierfür die
Aufmauerung niedriger Pfeiler unter jedem Bundtram.


Falls eine directe Unterſtützung der Balken unmöglich iſt und die
Decke freiſchweben ſoll, verwandelt man den einfachen Stuhl in eine
Hängeſäule, ſodaß ein einfacher Hängebock entſteht

Figure 252. Fig. 250

A—C.

[176]Viertes Kapitel.

Die Fig. 250 C vergegenwärtigt dieſen Fall; neben der Hängeſäule
liegt der Träger, an dem die Zwiſchenbalken hängen.


Die Spannweite s ergiebt ſich aus den Längen l und l', welche
ganz ebenſo wie in Fig. 242 A ſind.


Der in der Mitte unterſtützte und an den Enden durch die Spar-
ren belaſtete Kehlbalken erhält eine Höhe von mindeſtens 24m bei
5m Länge.


Ein beſſeres Dachgerüſt als das eben beſprochene iſt:


Der doppeltſtehende Kehlbalkendachſtuhl.

Derſelbe (Fig. 253) weicht nur in der zweifachen Aufſtellung der
Stuhlwände (die etwa 0,25zm von den Kehlbalkenenden entfernt blei-

Figure 253. Fig. 251.


ben) von der vorgenannten Dachart ab. Auf jeder Stuhlwand ruht
eine Fette (Stuhlfette); die Stiele kommen blos in Abſtänden von
3 — 5m vor, alſo bei jedem Hauptbinder. Der Längeverband wird
durch die Kopfbänder (Fettenbügen) bewerkſtelligt; letztere macht man
etwa 1,5—1,6m lang. Die Stiele erhalten 15/15 — 18/18zm zur Stärke,
Kopfbandſtärke 12/12—16/16zm, Fetten 13/19 — 18/18zm ſtark; die Stärke
der Sparren ergiebt ſich aus der freiliegenden Länge derſelben.


Der doppeltſtehende Kehlbalkendachſtuhl hat eine einfache Con-
ſtruction und erleichtert die Anlage der Dachkammern in den Giebeln,
indem die Stuhlwände gleichzeitig als Riegelwände dienen; die Ent-
fernung der Stuhlwände macht man gleich der Kammerbreite, und
können dann die Kehlbalkenenden bis 1m frei liegen.


Fig. 252 und 253 ſtellen den doppeltſtehende Kehlbalkendachſtuhl
für öſterreichiſche Verhältniſſe dar. Auch hier gehen nur
die Bundtrame in der ganzen Tiefe des Gebäudes durch, während
die Leergeſpärre ſich auf die Stichbalken ſetzen. Letztere ſind aber
[177]Die Dachgerüſte.
bei Vorhandenſein einer Fußfette f nicht unbedingt erforderlich, und
bleiben dann auch die Wechſel- und Mauerbänke fort, da die Fußfette f die

Figure 254. Fig. 252

A—B.


Figure 255. Fig. 253


Wanderley, Bauconſtr. 12
[178]Viertes Kapitel.
Tramenenden genügend zuſammenhält. Die Sparren ſetzen ſich mit
Klaue auf die Fußfette und werden in den Hauptbindern mit dem
Bundtramen verbolzt; die Befeſtigung der Fußfette mit den Tramen
geſchieht mittelſt Verkämmung. Bei Anwendung der Fußfette muß
man jedenfalls für einen ganz ſichern, unverrückbaren Stand der
Stuhlwände ſorgen, was durch Streben- oder Stuhlbändern c, welche
die Ständer a, den Bundtramen und die Kehlbalken mit Anblattung
umfaſſen, am beſten geſchieht.


Sollte das obere Sparrenende über 3,5m, alſo 4—4,5m lang
ſein, ſo iſt ein nochmalige Unterſtützung durch einen Spitz- oder
Hahnenbalken h (in jedem Binder) geboten. Die Fig. 253 veran-
ſchaulicht den Längenſchnitt (Kreuzriß) des hier vorgeführten Dach-
gerüſtes.


Trotzdem in Fig. 252 das ganze Gewicht des Daches zwiſchen
zwei Hauptbindern größtentheils auf einem Bundbalken ruht, bedarf
derſelbe höchſtens 23zm zur Stärke, während bei der deutſchen Ge-
rüſtart (Fig. 251) die Ständer nicht über 1,5m von den Mauer-
unterſtützungen entfernt ſtehen dürfen, zumal die Balken noch durch
die Decke belaſtet werden.


Aus dieſem Grunde verwandelt man bei ganz freiſchwebenden
Decken die doppelte Stuhlwand in ein doppeltes Hängewerk (Fig. 254),

Figure 256. Fig. 254.


indem man einen Spannriegel a
und die Streben b noch hinzufügt
und neben die Hängeſäulen die
Träger t zum Auffangen der Zwi-
ſchenbalken legt; c und d geben die
Details. Die Spannweite s richtet
ſich nach den Längen l und l'. Zur
Berechnung der Dimenſionen des
Hängewerkes dienen die früher gegebenen Formeln.


In den früheren Zeiten ſtellte man öfters Stuhlſäulen ſchräg
und zwar dicht unter die Sparren; eine ſolche Gerüſtart heißt


der liegende Kehlbalkendachſtuhl

und wird im modernen Bauweſen nur ſelten ausgeführt, da ſie viel
Holz braucht. In Oeſterreich kommt der liegende Kehlbalkendachſtuhl
(Fig. 255 A Querſchnitt, B Werkſatz, Fig. 256 der Längenſchnitt oder
Kreuzriß) noch zuweilen vor, wenn der Bundtram ganz unbelaſtet
[179]Die Dachgerüſte.
bleiben ſoll. Er unterſcheidet ſich vom ſtehenden Dachſtuhl durch die
Fußſchwellea, durch die liegenden Stuhlſäulen b (zu deren

Figure 257. Fig. 255.


Befeſtigung der Bruſt- oder Spannriegelc dient), durch die fünf-
kantige Fette
d, durch die Bügee, die Riegel- und Wand-
ſtreben
g in der Dachwand. Die Unterſtützung der Sparren über
dem Kehlbalken geſchieht ſo, wie beim ſtehenden Stuhl durch einen
Spitzbalkenl oder Hohenbalken h; der Längenſchnitt Fig. 256 zeigt
dieſelben Verbandtheile und in dem Werkſatze Fig. 255 B ſind die
Kehlbalken, Schwellen und Fetten markirt.


Die Fettendächer

haben vor den bis jetzt genannten Dacharten ſehr viele Vorzüge;
ſie geſtatten:


12*
[180]Viertes Kapitel.
  • erſtens: eine freiere Ausbildung des Dachraumes,
  • zweitens: eine zweckmäßigere Conſtruction aller Dachgerüſte
    und beſonders der überhängenden Dächer,
  • drittens: eine große Holzerſparniß.

Aus dieſen Gründen pflegt man neuerdings meiſtentheils Fetten-
dächer zu conſtruiren und Kehlbalkendächer nur dort anzuwenden,
wo es ſich um eine beſondere Decke innerhalb des Dachraumes,
z. B. über Dachkammern, handelt.


Figure 258. Fig. 256.

Fetten oder Pfetten ſind nichts anderes, als Unterzüge oder
trägerartige Hölzer, welche direct unter dem Sparrenroſte lie-
gen. Die Anzahl ſolcher Fetten ergiebt ſich aus der Länge der
Sparren, und ordnet man in 4—5,5m weiten Abſtänden je einen
Fettenträger an. Solche Fetten bedürfen einer beſonderen Unter-
ſtützung, entweder durch ſenkrechte oder ſchräge (geneigte) Stuhl-
ſäulen
und Bockſtreben.


Dadurch entſtehen vier verſchiedene Modificationen, nämlich:
Fettendächer mit liegenden und
detto „ ſtehenden Stühlen.


Erſtere zerfallen wiederum in


  • liegende Stühle ohne Spannbalken (Bockſtreben),
  • „ „ mit Spannbalken (nach dem Sprengewerksprincip).

1. Der liegende Fettendachſtuhl mit Bockſtreben

iſt das einfachſte und beſteht aus der Firſtfette, den Hauptſparren
[181]Die Dachgerüſte.
(Bockſtreben) und den Sparren. Fig. 257 zeigt eine Hauptſparre,
Fig. 259 das Leergeſpärre; beide weichen von einander nur darin

Figure 259. Fig. 257.
Figure 260. Fig. 258.


Figure 261. Fig. 259.
Figure 262. Fig. 260.


ab, daß in letzterem die liegenden Stuhlſtreben (Hauptſparren) feh-
len, welche in den Hauptbindern ſich mit Zapfen auf den Bundtram
ſetzen und unter der Firſtfette überblattet (ſiehe Details) ſind. Die Firſt-
fette kann entweder in der diagonalen Richtung oder gerade auf dem
Bock liegen.


Da in Fig. 258 kein ordentlicher Längenverband vorhanden iſt,
es ſei denn mittelſt Schwertlatten unterhalb der Sparren, wie in
Fig. 240, ſo darf die Entfernung der Hauptbinder nicht über
4m betragen; alsdann wird die Firſtfette 21/21zm, die Fußfette
16/16zm ſtark.


Das einfache Fettendach nach Fig. 257 geſtattet zwar die Anord-
nung eines ganz freien Dachbodenraumes und der überhängenden
Dächer (es erfordert bei ſeiner Verwendung in Oeſterreich auch nur
einen Bundtram, da die ſämmtlichen Leerſparren auf der Firſtfette
ruhen und ſomit die Wechſel- und Stichbalken unnöthig ſind, wenn
die Firſtfette 20/20m ſtark iſt), jedoch ſeine Spannweite darf bei 11/16
bis 13/19zm ſtarken Sparren nicht über 7m betragen. Für größere
Gebäudetiefen muß man daher auf die Bockſtreben noch ein bis zwei
[182]Viertes Kapitel.
Zwiſchenfetten legen (in Fig. 260 iſt eine vorhanden), die von
angenagelten Knaggen gehalten und mit den Bockſtreben und Spar-
ren verkämmt werden. Bei der Annahme, daß jedes freiliegende
Stück des Sparrens (d. h. der Abſtand zwiſchen zwei Fetten) etwa
3,5—4m betrage, mißt die ganze Gebäudetiefe, je nach der Dach-
räſche, circa 10—14m.


Um die Bockſtreben nicht allzuſtark machen zu müſſen, unterſtützt
man ſie mit einem Spannbalken (Zangenholz); die Zwiſchenfette
ruht auf der Unterſtützung, und ſind dann die Knaggen überflüſſig
(ſiehe Detail).


Bei ganz freiſchwebenden Decken verwandelt man die Bockſtreben
in Hängeſtreben, wodurch noch eine Hängeſäule in der Mitte noth-
wendig wird; der Hängebalken trägt die ganze Balkendecke und die
Hängeſtreben werden entweder durch eine Strebe oder ein Zangen-
holz (Spannbalken) unterſtützt.


Für größere, freiſchwebende Dachgerüſte und Balkendecken iſt ein
doppeltes Hängewerk erforderlich (Fig. 261); ſolche Anordnungen eig-
nen ſich beſonders über großen Sälen u. ſ. w.


Figure 263. Fig. 261.

Bezüglich der Anwendung der Fettendächer mit Bockſtreben und
Zwiſchenfetten in den Bodenräumen öſterreichiſcher Gebäude ſei
bemerkt, daß man, um möglichſt ſchwache Bundträme zu benutzen,
öfters ebenfalls Hängewerke herſtellt (Fig. 262). Die Sparrenfüße
der Leergebinde ſetzen ſich entweder auf die Stichbalken oder mit
Klaue im Reſt auf die Fußfetten; erſtere Anordnung findet ſich in
dem vorliegenden Beiſpiel vor.


Iſt ein freier Dachbodenraum nicht unbedingt nothwendig, ſo er-
halten die Fetten eine direkte Unterſtützung mit Stuhlſäulen. Das
einfachſte Gerüſt dieſer Art heißt:


[183]Die Dachgerüſte.
Der einfachſtehende Fettendachſtuhl.

Bei demſelben (Fig. 263) hängen ſämmtliche Sparren an der
Firſtfette, die ihrerſeits auf einer Stuhlwand, beſtehend aus Stuhl-

Figure 264. Fig. 262.


Figure 265. Fig. 263.


ſäulen (in Hauptbinderentfernung von 3,5—5m), aus Stuhlfette und
Kopfbändern (Fettenbügen) ruht; die Fußenden der Sparren liegen
entweder mittelſt Verſetzung und Verzapfung auf den Balkenköpfen
oder mittelſt Verklauung auf einer Fußfette. Letztere Conſtruktion iſt
zweckmäßiger, da alsdann die Leerſparren von der Balkenlage voll-
ſtändig unabhängig bleiben, und außerdem noch die Aufſchüblinge
überflüſſig ſind. Der Deckenbalken muß dort, wo die Stuhlſäule
ſteht, unterſtützt ſein; es iſt aber auch zuläſſig, die Unterſtützung bis
auf 1,25zm von der Mitte abzurücken.


[184]Viertes Kapitel.

In öſterreichiſchen Dachgerüſten braucht der Bundtram, weil er
nur das Gewicht des Daches zu tragen hat, nicht unterſtützt zu ſein.


Bei einer Sparrenlänge (Fig. 264 B) von l = 4—5,5m, beträgt
die Spannweite s etwa 8—9m.


Der einfachſtehende Fettendachſtuhl bietet der Gerüſtconſtruktion
in Fig. 249 gegenüber keine beſondere Vortheile, hingegen unter-
liegt der Nutzen der


Doppeltſtehenden Fettendachſtühle

keinem Zweifel (Fig. 264). Bei dieſem Dachſtuhl lagert der Sparren-

Figure 266. Fig. 264.


roſt auf den Fetten, die wiederum von den ſtehenden Stuhlwänden
getragen werden. Fig. 265 A—C veranſchaulicht eine Stuhlwand;

Figure 267. Fig. 265.


[185]Die Dachgerüſte.
falls die Stuhlfetten mit gewöhnlichen (1 — 1,25m langen) Fettenbü-
gen (Kopfbändern) abgeſteift werden, wie in Fig. A, dann beträgt
die Binder- reſp. Ständerentfernung 4—5m, wählt man dagegen eine
Sprengewerksunterſtützung (B), ſo können die Ständer 6—8m aus-
einander ſtehen; in letzterem Falle ſind a die Fetten, m die Spreng-
geſtrebe und b der Sprengebalken. Die Verbindung und Stärke der
einzelnen Theile giebt die Fig. B an.


Um den ſicheren Stand der Stuhlwände zu ermöglichen, verbindet
man beide Stiele mit einem Zangenholze a und bringt man zuweilen
noch die Bügen (Kopfbänder) b zwiſchen Zangenholz und Fette.


In der Regel liegt die Fette auf der Stuhlſäule und umgreifen
doppelte Zangenhölzer das obere Ende derſelben ſo, daß auch die
Sparren mit ſchwalbenſchwanzförmigem Blatte gehalten werden. Die
Sparren ſetzen ſich mit einfacher Klaue auf die Fette, und ſind mit
dieſer vernagelt. Die Sparrenfüße liegen meiſtens auf der Fußfette,
wie die Details in Fig. 264 zeigen.


Manchmal legt man die Fette nicht auf die Stiele, ſondern dicht
neben dieſelben auf die Enden des Zangenholzes (Fig. 265), wobei
die Ständer den Bundſparren mit Verblattung umfaſſen (ſiehe De-
tails). Die Zangen ſind entweder einfach oder doppelt (letzter Fall
kommt in Deutſchland am häufigſten vor) und werden mit den Stän-
dern recht feſt verbolzt.


Figure 268. Fig. 266.

Figure 269. Fig. 267.

Sehr unvortheilhaft iſt es, das Zangenholz (in welchem Falle
daſſelbe auch nur einfach ſein kann) auf die Fette (nach Fig. 268 A—C)
zu bringen, da auf dieſe Weiſe wohl die Bundſparren, aber nicht
die Stuhlwände, worauf es doch hauptſächlich ankommt, mit einan-
der verbunden werden.


[186]Viertes Kapitel.

Jedenfalls ſind dann die Strebebänder s nothwendig, um die
Verſchiebung der Stuhlwände zu verhindern; A giebt den Haupt-
oder Bundbinder, B den Werkſatz und Fig. 269 das Detail.


Figure 270. Fig. 268

A—B.


Figure 271. Fig. 269.

Die Verbindung in Fig. 270 gewährt eine genügende Feſtig-
keit; hier beſteht die Zange aus einem einfachen Holze, welches
mit dem Ständer zur Hälfte überſchnitten und verbolzt iſt; die
Ständer und Zange ſind mit dem Sparren verzapft. Noch beſſer
[187]Die Dachgerüſte.
wäre es, das Zangenholz und die Sparren mittelſt ſchwalbenſchwanz-
förmiger Ueberblattung zu verbinden (ſiehe Detail zu Fig. 264).


Die zuläſſige Spannweite des in Fig. 264 dargeſtellten Dachge-
rüſtes hängt von der Neigung (Dachräſche) und der freiliegenden
Länge der Sparren ab.


Das Stück l' macht man immer etwa 1—2m kürzer als l, ſomit
würde je nach dem Deckmaterial (wie oben angegeben)
s = 11 bis 14m
ſein können.


Bei größeren Spannweiten ordnet man entweder eine Firſtfette (wie
in den Fig. 274 und 275) oder auch in jedem Binder eine Kehlbalken-
unterſtützung (mit Hahnen- oder Spitzbalken) an (ſiehe Fig. 273),
was übrigens nicht ſo zweckmäßig iſt. Damit die Balken von dem
Dachgerüſt nicht allzuſtark belaſtet werde, dürfen die Stiele nicht mehr
als höchſtens 2m von den mittleren Balken auflagern (Trägern,
meiſtens Corridorwände u. ſ. w.) entfernt bleiben.


Für öſterreichiſche Verhältniſſe erhält der doppeltſtehende Fetten-
dachſtuhl in der Regel die in Fig. 271 ſcizzirte Ausbildung, in wel-

Figure 272. Fig. 270.


Figure 273. Fig. 271.


cher die Sparrenfüße in Stichbalken (und dieſe in Wechſelbalken)
ſtecken und mit dieſen verklammert ſind. Die Stiele ſtehen auf dem
freiſchwebenden Bundtram, der einer Stärke von nur 23/25zm bedarf,
da er weiter nichts als das Dachgerüſt trägt.


Obgleich der Bundtram die Benutzung des Bodenraumes durch-
aus nicht erſchwert, da die Oberkante des letzteren nur 0,35m über
dem Dachfußboden liegt und mit kleinen, 0,9m breiten Treppen über-
ſtiegen wird (Fig. 272), pflegt man neuerdings öfters, beſonders in
[188]Viertes Kapitel.
Wien, um Materialien zu erſparen, den Bundtram nicht ganz durchgehen
zu laſſen, ſondern nur ſo lang zu machen, als zur ſicheren Aufſtel-

Figure 274. Fig. 272.


lung der Stuhlwand unbedingt erforderlich iſt. Selbſtverſtändlich
darf dann der getheilte Bundtram keinem nachtheiligen „Zug“ durch
Streben oder Sparren ausgeſetzt ſein; auch iſt dieſe Anordnung nur
geſtattet, wenn die Decke hinreichend unterſtützt wird.


Der Wortlaut der Bauordnungen, die blos eine Iſolirung der
Decke von dem Dachgehölz, aber nicht die freiſchwebenden und in
ſich ſelbſt tragfähigen Conſtruktionen vorſchreiben, verbietet die in Fig.
273 dargeſtellte Dachgerüſtart nicht. Für Schieferbedachung beträgt die

Figure 275. Fig. 273.


Dachräſche dieſes Dachgerüſtes circa 1 : 2 oder Dachhöhe ¼ der Ge-
bäudetiefe; nachdem in Abſtänden von 4,5—5,5m eine Fetten-, darüber
eine Kehlbalkenunterſtützung angenommen wurde, und ſomit die
Stublwände beſtimmt ſind, legt man auf einige niedrige Ziegelpfeiler
die Schwellen s, hierauf kommen in kurzen Balken b b, welche die
Fußfette a und die Stühle t tragen. Die Hölzer b, t und z ſind
nur in jedem Hauptbinder (4m Entfernung) nothwendig.


Die Enden der Zwiſchenſparren (Leerſparren) liegen auf der Fuß-
fette a, und können dann die Stichbalken in dem Dachgerüſt fort
bleiben. Die Hauptſparren werden mit dem Balken b verklammert.


Sowie das obere Sparrenende über 3—3,5m lang iſt, muß
[189]Die Dachgerüſte.
muß die Dachſpitze unterſtützt werden. In Fig. 273 geſchieht dies
in jedem Binder mit einem Spitz- oder Hahnenbalken, der die Spar-
ren mit Schwalbenſchwanzblatt und Verbolzung feſthält. Einen viel
beſſeren Verband gewährt die Unterſtützung der Sparrenroſtſpitze
mittelſt einer Firſtfette, an welcher ſämmtliche Sparren hängen; die-
ſelbe ruht entweder auf einem Ständer oder einem Strebenbock (er-
ſterer Fall iſt in Fig. 273 dargeſtellt).


Die Bockſtreben-Unterſtützung für deutſche Dächer und Induſtrie-
gebäude in Oeſterreich nach (Fig. 274 für öſterreichiſche Dachböden

Figure 276. Fig. 274


über Wohnhäuſern) beſitzt zwar die genügende Feſtigkeit, geſtattet
aber keinen Längenverband unter der Dachſpitze und iſt daher nicht
ſo gut, wie die Conſtruktion in Fig. 275, wo die Firſtfette auf
einem einfachen Hängewerke, beſtehend aus Hängeſäule a, Hänge-
[190]Viertes Kapitel.
ſtreben b und Hängezangen c, liegt. Die Details geben die Ver-
bindung der einzelnen Hölzer genau an.


Figure 277. Fig. 275.

Da l' = l ſein kann, beträgt die Spannweite oder Gebäudetiefe

s
  • beim Ziegeldache 13—14m,
  • „ Schieferdache 15—16m.

In einem ſoliden Dachgerüſte ſollte die Firſtfette eigentlich nie
fehlen
, beſonders nicht bei flachen Dachneigungen; die Firſtfette
fängt den Sparrenſchub größtentheils auf, und vermindert ſomit den
Horizontal- und Seitenſchub des ganzen Sparrenroſtes. Eine Firſt-
fette iſt in großen Dachſtühlen ſogar unentbehrlich und zwar haupt-
ſächlich dann, wenn am unteren Saume des Daches kein Schub ſich
geltend machen darf.


Die liegenden Fettendachſtühle mit
Spannbalken

werden nach dem Sprengewerksprincip ausgebildet, und beſtehen in
einfachſter Weiſe (ſiehe Fig. 276) aus einem Spannbalken a, den

Figure 278. Fig. 276.


Figure 279. Fig. 277.


Sprengeſtreben und den Kopfbändern oder Bügen b, welche den
[191]Die Dachgerüſte.
Spannbalken unterſtützen. Auf den Enden dieſes Sprengebocks ruhen
die beiden Fetten zur Unterſtützung der Sparrenroſte. Der Spann-
balken iſt entweder einfach oder doppelt und umgreift in letztem Falle
die Sprengeſtreben und die Bundſparren. Die freiliegende Länge
l' macht man 1—2m kürzer als l; ſonach trägt die Gebäudetiefe s
beim Ziegeldach, wenn l = 4m, l' = 3m, dann s = 10m, bei
Schieferbedachung, wenn l = 5m, l' = 3,5m, dann s = 14
bis 15m.


Die Vortheile dieſes Dachgerüſtes machen ſich beſonders geltend
in freien Dachräumen und außerdem noch, wenn die Balkenlage
oder der Bundtram nicht belaſtet werden darf. Als Nachtheil iſt
der mangelhafte Längenverband zu nennen, da die Fettenbügen zu
ſchräge liegen, weil die Herſtellung des liegenden Dachgerüſtes
in abgewalmten und zuſammengeſetzten Dächern umſtändlich iſt,

Figure 280. Fig. 278

A—B.


[192]Viertes Kapitel.
benutzt man die liegenden Fettſtuhldächer hauptſächlich nur bei ein-
fachen Grundformen.


Die Fig. 278 A u. B veranſchaulichen den liegenden Fettendach-
ſtuhl für öſterreichiſche Verhältniſſe; in dem Binder a liegen die
Sprengeſtreben dicht unter und parallel mit den Sparren, wodurch
aber nur eine mangelhafte Unterſtützung der Fetten f mittelſt Fet-
tenbügen möglich iſt. Auf den Spannbalken ruhen die Fetten f, und
da die Sparren von hieraus bis zur Dachſpitze über 4m lang ſind,
iſt in jedem Binder, auch in den Leergebinden, ein Spitz- oder Hahn-
balken s erforderlich. In dem vorliegenden Beiſpiele betragen die
freiliegenden Sparrenlängen bei Schieferbedachung l = 5m, l' =
3—3,5m, l'' = 1,5—2m.


Figur 278 B giebt den Werkſatz, in welchem die Bundtramen 4
bis 4,5m auseinander liegen und entweder ganz frei ſchweben oder

Figure 281. Fig. 279.


wenn Unterſtützungsmauern vorhanden ſind, auf den durchgehenden
Auflagern a a ruhen; anſtatt dieſer Auflagen, welche wegen der Ka-
mine häufig nicht ganz durchgehen können, wären auch kleine Ziegel-
pfeiler unter den Bundtramen zuläſſig. Die Fig. 279 veranſchau-
licht ein Detail der Fußverbindung; m iſt die Mauerbank s die Staub-
lade, welche behufs Befeſtigung der Schalbretter vorhanden ſein muß.


Da große Binder ſehr lange Spannbalken benöthigen, und dieſe
ſich leicht durchbiegen, ſo bildet man die obere Partie der Haupt-
binder hängewerkartig aus (Fig. 280), indem man die Sparren
als Hängeſtreben, und den Spannbalken als Hängebalken annimmt.
Bei größeren Spannweiten ordnet man noch einen Spitz- oder Hahn-
balken an.


Das vorliegende Dachgerüſt giebt in einfachſter Weiſe das Prin-
[193]Die Dachgerüſte.
cip eines Hänge- und Sprengewerksdaches. Die zuläſſige Spann-
weite beträgt beim Ziegeldach, wenn l = 4m, l' = 4m, l'' = 2m,

Figure 282. Fig. 280


dann s = 14m; beim Schieferdach, wenn l = 5m, l' = 4,5m, l'' = 2m,
dann s = 16m. Die vorſtehende Figur iſt inſofern unzweckmäßig,
weil in jedem Binder die Hängewerksanordnung vorhanden ſein
muß; zweckmäßiger iſt daher die in Fig. 281 (Dachbinder über der
Bade- und Speiſeanſtalt der kgl. Verkehrsanſtalten in Stuttgart) dar-
geſtellte Conſtruktion, nach welcher der Forſt mittels einer Fußfette und

Figure 283. Fig. 281.


Wanderley, Bauconſtr. 13
[194]Viertes Kapitel.
Stuhlwand unterſtützt wird. Von der eigenthümlichen Bildung der
Drempelwände ſehen wir ganz ab.


Für große landwirthſchaftliche Gebäude mit Stroh- oder Schin-
delbedachung würde die Dachgerüſtconſtruktion in Fig. 282 empfeh-
lenswerth ſein. Dieſelbe iſt eine Modification von Fig. 280 und

Figure 284. Fig. 282.


enthält noch eine Zwiſchenfette, welche auf der Sprengeſtrebe ruht
Damit Letztere nicht allzu ſtark gemacht zu werden braucht, unterſtützt
man ſie noch mit Bockſtreben. Die Spannweite s iſt ausführbar
beim:


  • Rohrdach, wenn l = 4,5m, l' = 4,5m, l'' = 4m, l''' = 2m, dann
    iſt s = 17m.
  • Schindeldach, wenn l = 5,5m, l' = 5m, l'' = 5m, l''' = 3m, dann
    iſt s = 25m.
  • Ziegeldach, wenn l = 4m, l' = 4m, l'' = 4m, l''' = 2m, dann
    iſt s = 19m.

Figure 285. Fig. 283

A.


[195]Die Dachgerüſte.

Für öſterreichiſche Verhältniſſe geben wir in den Figuren 283 A
und B noch zwei verſchiedenartige Dachgerüſte mit Bockſtreben beſon-
derer Art.


Figure 286. Fig. 283

B.


In der Fig. 283 A ſind die beiden Dachhälften verſchiedenartig
ausgebildet, die rechte Hälfte, in welcher das Zangenholz z unter
der Fette ſich befindet, hat eine ſolidere Verbindung als die linke.
In beiden Hälften liegen die Streben s s' und t t' in verſchiedenen
Neigungen und verdient wiederum die rechte Seite den Vorzug.
Die Forſtfette ruht auf einer konſolartigen Auskragung des Kamins,
eine in Wien häufig vorkommende Anordnung, die der Stielun-
terſtützung an Solidität entſchieden nachſteht, zumal der Bundtram
in der Mitte auf einem niedrigen Pfeiler ruht. Im vorliegenden
Falle liegen die Sparrenenden 5m reſp. 4m frei, wonach bei Schie-
ferbedachung die zuläſſige Dachbreite ſich von ſelbſt ergiebt.


Bei größerer Spannweite kommt die doppelte Bockſtrebenunter-
ſtützung (Fig. 283 B) zur Verwendung; jeder Bock beſteht aus zwei
Kreuzſtreben s und s', welche ſich überblatten und verbolzt ſind und
mittelſt eines Zangenholzes z mit einander verbunden werden. Die
Strebe s trägt die Fette f und s unterſtützt die Fette f'; erſtere wird
von dem Zangenholz z, letztere von zwei Knaggen gehalten. Obgleich
das obere Ende der Strebe s mit den Sparren verbolzt iſt, muß
man dennoch einen Spannbalken b zwiſchen die Streben s s mittelſt
Verfalzung und Verzapfung bringen. Die Sparrenfüße ſetzen ſich auf
die Fußſchwelle v und werden ſonach die Wechſel- und Stichbalken
für die Leerſparren überflüſſig. Der Bundtram ruht auf zwei Pfei-
13*
[196]Viertes Kapitel.
lern. Die freiliegenden Sparrenenden können bei Schieferbedachung
ſein: l = 5m, l' = 3,4—5m, l'' = 4m, ſonach Dachbreite 18—19m.


B.Dächer mit verſenktem Dachgebälk.


Um bei weniger geneigter Bedachung einen brauchbaren Bo-
denraum zu erhalten, und zur Verſchönerung der Facade, führt
man häufig die Frontmauern über die Dachbalkenlage (Dachoberbo-
den), wodurch eine ſogenannte Drempelwand oder Kniewand
(Knieſtock) entſteht, und das Dachgebälk, da es mit den Sparrenroſt
ſelbſt in gar keiner Verbindung ſteht, verſenkt erſcheint.


Die Fig. 284 A und B ſtellen dieſe Hebung des Dachroſtes dar,
und zwar kann man annehmen, daß entweder die ganze Dachroſt-

Figure 287. Fig. 284

A und B.


fläche um den Firſt in die
Höhe geklappt (Fig. 284 A)
oder daß auch der Firſt gleich-
falls gehoben wird, wie Fig.
284 B veranſchaulicht. Der
untere Saum des Sparren-
roſtes liegt ſtets auf einer
Mauerbank oder Fußfette,
und dieſe ruht entweder direct auf der Mauer oder auf einer beſon-
deren Knieſtockwand, welche aus der Mauerbank oder Fette d und
den Knieſtockſäulen oder Pfoſten e beſtehen.


Da der auf der Kniewand ruhende Sparrenroſt ſehr beträchtlich
in horizontaler und ſchräger Richtung ſchiebt, iſt es unbedingt nöthig,
daß in jedem Hauptbinder der Sparrenſchub mittelſt der Drempel-
ſtrebe f und dem Zangenholz z (ſiehe Fig. 285 A—D) unſchädlich

Figure 288. Fig. 285

A—D.


gemacht wird, indem die beiden Hölzer im Verein mit der Kniewand-
ſäule e ein unverſchiebbares Dreieck herſtellen und ſomit das Um-
kippen der Kniewand nach Außen hin verhindern.


[197]Die Dachgerüſte.

In den Fig. 285 A—D ſehen wir zwei verſchiedene Arten Knie-
ſtockwände; die Anordnung A B bei Kniewänden über 0,7m, die An-
ordnung C D bei geringerer Höhe. Beide Fälle weichen nur darin
von einander ab, daß in C D die Kniewand auf einer Schwelle s
ſteht, während in A B letztere fehlt und die Stiele direct auf dem
Balken ſtehen. In C D iſt die Schwelle s deshalb nöthig, damit die
für den Längenverband in der Drempelwand erforderlichen Streben
g g, welche an den Seiten eines jeden Hauptbinders vorkommen,
einen ſichern Stützpunkt finden; dagegen wird der Längenverband in
A B durch die Kopfbänder oder Knieſtockbügen k, welche ſich gegen
die mindeſtens 0,7m hohen Stiele l ſtützen, erreicht.


Obgleich in den meiſten Fällen die Strebe f (Fig. 285) ſich gegen
den Sparren ſtemmt, kommt es doch auch vor, daß ſie ſich an eine
Stuhlſäule anlehnt, beſonders geſchieht dies bei ſtehenden Stühlen.


Bei Hängewerksconſtructionen dient die Hängeſtrebe gleichzeitig
als Sprengeſtrebe, ebenſo verhält es ſich bei liegenden Stühlen.
(Fig. 288).


Figure 289. Fig. 288.

Wenn die Drempelmauer nicht
über 1m hoch und etwa 1 ½—2
Stein ſtark iſt, wie man ſie in Oeſter-
reich häufig antrifft, ſo kann die
Mauerbank direct auf der Drem-
pelmauer liegen und braucht man
eine hölzerne Knieſtockwand nicht
zu machen. Die Mauerbank ver-
bindet man mittelſt des Zangenholzes mit dem übrigen Dachgerüſt,
und kann das Zangenholz entweder über (ſ. Fig. 288) oder unter
(ſ. Fig. 289 und 307) der Mauerbank liegen; unter Umſtänden läßt
man bei niedrigen Drempelwänden, und falls der Dachſchub ſchon
anderweitig gehörig aufgefangen wird, das Zangenholz ganz weg
(ſiehe Fig. 290 bei A), immerhin gewährt eine ſolche Anordnung keine
genügende Sicherheit. Unzweckmäßig iſt es, die Fette nach der in
Fig. 290 B dargeſtellten Weiſe auf das Zangenholz zu legen, da auf
dieſe Weiſe der Längenverband mittelſt Fettenbügen fehlt. Im vor-
liegenden Falle iſt dieſes wegen der Rinnenbildung geſchehen.


Die Drempelwände können mit allen vorgenannten Dachgerüſt-
arten in Verbindung treten, man kann demnach wiederum ſtehende
und liegende Kehlbalkendachſtühle, ferner ſtehende und liegende Fet-
[198]Viertes Kapitel.
tenſtuhldächer, ſowie Hängewerksdächer mit Drempel- oder Knieſtock-
wänden conſtruiren.


Figure 290. Fig. 289.

Die Kehlbalkendächer ſind hierbei aber nicht ſehr zweckmäßig, da
der, durch die Sparren verurſachte Horizontalſchub durch die Kehl-

Figure 291. Fig. 290.


balken durchaus nicht aufgehoben wird; vielmehr geſchieht dies nur
durch eine Zangenverbindung, wie ſolche bei den Fettendächern in
Fig. 274 und 275 gezeigt wurde. An dieſer Stelle ſei noch auf den
Unterſchied zwiſchen einem Kehlbalken und einer Zange hingewieſen:
der Kehlbalken dient nur zur Unterſtützung der Sparren und braucht
demnach nur mittelſt Zapfen in demſelben zu ſtecken, da zufolge der
rückwirkenden Inanſpruchnahme des Kehlbalkens ein Herausfallen des-
[199]Die Dachgerüſte.
ſelben nicht zu befürchten ſteht. Während alſo der Kehlbalken in
der Richtung ſeiner Holzfaſern gepreßt wird, hat die Zange den
Zweck, die Sparren zuſammenzuhalten, und demgemäß einen, der
Zugfeſtigkeit entſprechenden Querſchnitt zu erhalten. Hieraus geht
hervor, daß Kehlbalken nur bei ſolchen Dächern anwendbar ſind,
deren Sparrenfüße unverrückbar ſtehen, ſonach der Druck des Spar-
renroſtes nach Innen beſonders maßgebend iſt; die Zangenhölzer
müſſen ſtets in ſolchen Dachgerüſten vorhanden ſein, deren Sparren
ſich nur auf verſchiebbare Auflage ſtützen, ſo daß der nach Außen
wirkende Horizontalſchub durch Zuſammenhalten der Dachflächen
unter allen Umſtänden unſchädlich gemacht werden muß.


Unverrückbar ſind aber die Sparren nur dann, wenn ſie auf den
Balkenenden ſtehen. Aus dem Angeführten ergiebt ſich, daß Kehl-
balken nur in ſteilen Dächern, und wenn die Sparren direct ſich gegen
die Balken ſtützen, zweckmäßig ſind, dagegen die Zangenhölzer in allen
Dachgerüſten mit Trempelwänden vorhanden ſein müſſen. Deshalb
wendet man in letztem Falle ſtets die ſogenannten Fettendachſtühle
an, welche ſowohl auf liegenden als auch auf ſtehenden Stuhlwän-
den ruhen können (ſiehe Fig. 264, 265, 273, 274, 275, 281, 283 A
und B).


Immerhin kommen zuweilen Kehlbalkendächer bei geringen Ge-
bäudetiefen vor; die Fig. 291 illuſtrirt ein ſolches Beiſpiel, in wel-

Figure 292. Fig. 291.


chem der Kehlbalken mit liegenden Stuhlwänden in Verbindung
gebracht worden iſt. Um an Holz möglichſt zu ſparen, gehen nur
die Kehlbalken in den Hauptbindern ganz durch, in den Leergebinden
[200]Viertes Kapitel.
ſind ſie jedoch durch ausgewechſelte Stichbalken erſetzt. Jedenfalls
iſt dieſe Conſtruction nur dann zuläſſig, wenn die Verbindung der
Kehlbalken mit den Hauptbindern nicht aus Verzapfung, ſondern aus
ſchwalbenſchwanzförmiger Ueberblattung und Verbolzung beſteht.


Ein ſehr einfaches Dachgerüſt zeigt die Fig. 292; dasſelbe wurde
von Profeſſor Hanſen in Wien ausgeführt, und beſitzt gar keinen

Figure 293. Fig. 292.


Bundtram. Die Firſtfette ruht auf ſtarken Ziegelpfeilern und die
Mauerbänke liegen auf den maſſiven Knieſtockmauern.


Dieſes Beiſpiel entſpricht dem einfachſtehenden Fettenſtuhldache.


Auch Fig. 293 u. 294 geben einfachſtehende Fettenſtuhldächer mit
Drempelwänden für geringe Gebäudebreiten.


Die Anwendung der zwei- und dreifachſtehenden Fettendachſtühle
in den manigfachſten Modificationen erkennen wir in den Beiſpielen
Fig. 297—307.


Das erſte Dachgerüſt (Fig. 297) enthält manche Mängel; hierher
gehört vornehmlich das Fehlen der Drempelſtrebe, da anderweitig für
einen ſoliden Querverband nicht geſorgt iſt.


Einen ſehr zweckmäßigen Dachſtuhl mit hoher Drempelwand zeigt
Fig. 298 u. 298 a; in demſelben wurde, wie bereits früher gezeigt wurde
die Drempelzange bis zur Stuhlſäule geführt, wodurch die hölzerne
Kniewandeinen ſehr ſoliden Stand erhält.


Will man einen noch ſolideren Querverband herſtellen ſo kann
man auch Streben zwiſchen den Sparren und Stuhlwänden (nach Fig.
299) anordnen, und zwar würde dies beſonders bei ſehr exponir-
ten Dachgerüſten zu empfehlen ſein.


Wie bereits oben erwähnt wurde, darf in großen Dachgerüſten
eine Firſtfette nie fehlen, damit der Horizontalſchub der Sparren-
[201]Die Dachgerüſte.
flächen möglichſt aufgehoben werde. Auch bei größerer Gebäudebreite
als in Fig. 298 muß man eine Firſtfette anordnen. Ein ſehr zweck-

Figure 294. Fig. 293.


Figure 295. Fig. 294.


Figure 296. Fig. 295.


Figure 297. Fig. 296.


Figure 298. Fig. 297.


Figure 299. Fig. 298.


[202]Viertes Kapitel.
mäßiges Dachgerüſt dieſer Art veranſchaulicht Fig. 299, in welcher zur
beſſeren Sicherung des Querverbandes in der oberen Dachſpitze eine

Figure 300. Fig. 298

a.


Verſtrebung vorhanden iſt. Weit vortheilhafter wäre die vorliegende
Conſtruction, wenn die Zange dicht unter der Drempelwand oder der
Mauerbank läge.


Figure 301. Fig. 299.

Für öſterreichiſche Dachgerüſte beſitzen die Knieſtockdächer noch
den Vortheil, daß nur Bundtramen in jedem Hauptbinder und keine
ausgewechſelten Stichbalken für die Leergebinde nothwendig ſind.


Die Fig. 300 vergegenwärtigt ein dreifach ſtehendes Fetten-
ſtuhldach mit Knieſtock über einem Wohngebäude in Oeſterreich. In

Figure 302. Fig. 300.


[203]Die Dachgerüſte.
dieſem Beiſpiele wäre es zweckmäßiger geweſen, wenn die Stuhl-
wände s mehr nach einwärts ſtänden, wodurch die Sparren eine
beſſere Unterſtützung erhalten. Der mittlere Stiel drückt ſo ſtark
auf den Bundtram, daß dieſer einer kleinen Unterſtützung, beſte-
hend aus einigen Ziegelſchaaren (Schichten) bedarf. Die Skizze
Fig. 300 zeigt außerdem noch auf der linken Hälfte eine Aufmaue-
rung, die ſogenannte Attika.


Will man einen freien Dachraum haben, ſo läßt man den mitt-
leren Stiel nicht ganz hinab reichen, ſondern in der Höhe des Fet-
tenzangenholzes enden, in welchem Falle die obere Partie des Dach-
gerüſtes hängewerkartig ausgebildet werden muß. Derartige Con-
ſtruktionen erkennen wir in den Fig. 301—303 (die erſten beiden
für öſterreichiſche Wohngebäude).


Eine Abweichung von den bis jetzt beſprochenen Drempelwänden
enthält Fig. 301; es iſt nämlich in ihr die Zange z ein Zangenbal-

Figure 303. Fig. 301.


ken, als ſolcher an dem einen Ende mit dem Stiele s verzapft und
verklammert, und an dem anderen Ende mit dem Hauptſparren ver-
bunden; für die Leerſparren ſind dann noch ausgewechſelte Stiele
erforderlich. Der Bundtram ruht auf einem Ziegelpfeiler; m iſt die
Mauerbank. Eine bedeutend ſolidere Drempelwand beſitzt Fig. 302
A u. B; B iſt der Werkſatz, in welchem die doppelten Drempelzangen
d d angegeben ſind; die Fettenzange z beſteht aus einem Holze,
und iſt mit den Streben s s zur Hälfte überſchnitten. Das Con-
ſtructionsprincip der beiden vorſtehenden Beiſpiele liegt auch der Fig
303 zu Grunde, und iſt dieſelbe ohne jede weitere Beſchreibung hin-
reichend verſtändlich.


[204]Viertes Kapitel.
Figure 304. Fig. 302.

Figure 305. Fig. 303.

Figure 306. Fig. 304.

[205]Die Dachgerüſte.

Bereits früher wurde von uns erwähnt, daß die Unterſtützung
der Firſtfette mittels Bockſtreben, des mangelhaften Längenverban-
des wegen, nicht vortheilhaft ſei. Demnach führen wirin den Fig. 304
und 305 zwei Verbinduugen dieſer Art nochmals vor, um die Un-
zweckmäßigkeit derſelben augenſcheinlich zu machen. Wenn in Fig.
305 noch eine Hängeſäule hinzukommt, ähnlich wie in Fig. 302 A, ſo

Figure 307. Fig. 305.


empfiehlt ſich dieſes Dachgerüſt, vermöge ſeines ausgezeichneten Quer
verbandes, mittels durchgehender Streben, beſonders für hohe und
ſchwere Dächer mit Knieſtock.


Neuerdings wird in Wien, um an Holz zu ſparen, das Dach-
gerüſt nicht auf durchgehende Bundtramen, ſondern auf kurze Schwell-
hölzer geſtellt; einige Fälle dieſer Art zeigten bereits die Fig. 273
und 290, im Nachfolgenden ſollen noch etliche ſolcher Anordnungen
vorgeführt werden. So z. B. geben die Fig. 306 und 307 zwei aus-

Figure 308. Fig. 306.


[206]Viertes Kapitel.
geführte Binder, welche ſich ziemlich ähneln. In erſterer Figur ſind
zwei Zwiſchenmauern, in letzterer nur eine vorhanden, ferner haben
in Fig. 306 die Knieſtockwände eine größere Höhe, als in Fig. 307.

Figure 309. Fig. 307.


In beiden Bindern wird behufs Erlangung eines guten Querver-
bandes eine kräftige, ſeitliche Verſtrebung der Stuhlſäulen nothwen-
dig, und zwar geſchieht dies durch die Streben s und den Sparren-
balken b. Eine hölzerne Knieſtockwand findet ſich in beiden Dachge-
rüſten nicht vor, ſondern die Mauerbank m liegt in Fig. 306 auf
dem Zangenholz und in Fig. 307 auf der maſſiven Mauer. Nach
den polizeilichen Vorſchriften müſſen die Gerüſtſchwellen a mindeſtens
10zm von dem maſſiven Dachfußboden entfernt bleiben. Endlich ſei
noch auf die eigenthümliche Firſtfettenunterſtützung hingewieſen.


Die Anwendung der liegenden Fettenſtuhldächer bei
Drempelwänden veranſchaulichen die nachfolgenden Beiſpiele.

Figure 310. Fig. 308.


[270[207]]Die Dachgerüſte.
Wie wir bereits erwähnten, ſind bei liegenden Stühlen die Drempelſtren
ben unnöthig (ſiehe Fig. 288), indem die ſchrägen Stuhlſäulen gleichzeitig
als Drempelſtreben dienen. Eine Gerüſtart für eine Spannweite von
mindeſtens 12—14m giebt Fig. 308; dieſelbe wurde nach dem Hänge-
und Sprengewerksprincip ausgebildet und enthält in dem oberen
Theil des Daches ein Hängewerk, deſſen Streben bis auf die Knie-
wand reichen, und ſowohl von Sprengſtreben unterſtützt, als auch von
Zangenhölzern gehalten werden. Die Vortheile dieſes Daches beruhen
in der freien Ausbildung des Dachraumes und in der Nichtbelaſtung
der Deckenbalken. Eine Konſtruction ganz beſonderer Art erkennen
wir in Fig. 309; dieſelbe eignet ſich beſonders für öſterreichiſche Dach-

Figure 311. Fig. 309.


gerüſte und wird aus Bockſtreben zuſammengeſetzt, welche in den ent-
gegengeſetzten Richtungen zu einander ſtehen, alsdann die Fette tra-
gen und die Drempelzange halten. Dieſes Bockgerüſt kann entweder
auf ganz durchgehenden Bundtramen oder auf Gerüſtſchwellen s ruhen,
und beſitzt in beiden Fällen eine bedeutende Solidität.


Die Dachbreite ergiebt ſich aus den freiliegenden Enden: l =
4,5—5m, l'' = 2,5—3,5m; bei größerer Länge ordnet man in jedem
Binder noch einen Spitzbalken (ſiehe Fig. 273) an.


Satteldächer
mit ungleichen Dachneigungen oder mit ungleich-
großen Dachflächen

kommen vor:


  • Erſtens: wenn die Langwände ungleich hoch ſind,
  • zweitens: wenn der Dachforſt nicht in der Mitte des Gebäudes liegt.

[208]Viertes Kapitel.

Den erſteren Fall trifft man ſehr häufig an in eingebauten Häu-
ſern, bei denen die Hofmauer mit dem Deckboden abſchließt; die letzte
Anordnung wird vielfach nöthig ſein, falls in der Mitte des Gebäu-
des keine paſſende Unterſtützung für den Dachforſt vorhanden iſt.


Bei [Herſtellung] dieſer Dachgerüſte gelten folgende Grundſätze:


  • Erſtens: Es darf niemals die Forſtfette fehlen,
  • zweitens: der ungleichmäßige Druck der verſchieden geneigten
    und ungleichen Dachflächen muß unter allen Umſtänden
    unſchädlich gemacht werden; hauptſächlich gilt dies für die
    größte und ſteilere Dachſeite. Deshalb iſt es vielfach empfeh-
    lenswerth, die größte Seite als Pultdach anzuſehen und mit-
    telſt Streben abzuſtützen, wenn eine Verſchiebung zu befürch-
    ten ſteht.

Das Geſagte finden wir in den Fig. 310—318 beſtätigt. Das
erſte Beiſpiel 310 ſtellt einen großen Dachraum dar, mit ungleich

Figure 312. Fig. 310.


hohen Drempelwänden; die Dach-
flächen haben gleiches Gefälle.
Der Wandunterſtützung entſpre-
chend, iſt der Forſt mittelſt Fette
und Stuhlſäule unterſtützt, in
der Höhe des höheren Knieſtocks
befinden ſich unter beiden Dach-
flächen zwei Fetten, die ebenfalls
auf Stuhlwänden ruhen und
mittelſt Zangenhölzern zuſammengehalten werden; eine Strebe gleicht
den größeren Druck der längeren Dachfläche aus.


Figure 313. Fig. 311.

[209]Die Dachgerüſte.

In Fig. 311 iſt der Deckenboden abgeſetzt, weil die vordere Zim-
merreihe höher iſt als die hintere; es wurde demgemäß die Fette in
derſelben Höhe der Mauerbank angenommen und die Zange z für
die rechte Dachhälfte als Trambalken benutzt. Die Dachneigung
ergiebt ſich bei der Feſtſtellung des Forſtes über der Mittelmauer.


Der Vergleichung wegen geben wir ein anderes Beiſpiel, in dem die
die Zimmer der oberen Etage ungleich hoch ſind, die Trauflinien jedoch
in einer horizontalen Ebene liegen. Die ganze Dachgerüſtconſtruk-
tion iſt unzweckmäßig, und hätte mit Anwendung von Firſtfetten und
Streben beſſer gemacht werden können (Fig. 312).


Figure 314. Fig. 312.

Wenn ſich breite Säle neben kleineren Localitäten befinden, kann man
die Dachconſtruktion nach den Fig. 313 und 314 ausbilden. Im

Figure 315. Fig. 313.


erſteren Falle liegt das einfache Hängewerk über der Decke des Saa-
les der ganzen Conſtruktion zu Grunde, und erſcheint der Ueber-
deckung der niedrigen Lokalität als Anbau.


In Fig. 314 hingegen hat die ganze Dachconſtruktion einen ein-
heitlichen Charakter; der Forſt befindet ſich über der Saalmitte und
die ganze Saaldecke wird von einem dreifachen Hängebock getragen;
behufs [Unterſtützung] der größeren Dachfläche wurde die Fette f an-
geordnet. Weitere Beiſpiele dieſer Art ſiehe Fig. 320—322.


Wanderley, Bauconſtr. 14
[210]Viertes Kapitel.

Die Ueberdeckung der Geſchäftsräume und des Treppenhauſes der
berliner Börſe veranſchaulicht Fig. 315; die Forſtſtütze ſteht auf der rechts-
ſeitigen Treppenhausmauer; die rechte Dachhälfte wird von einer
Strebe abgeſtützt.


Figure 316. Fig. 314.

Für wiener Wohngebäude illuſtriren wir das Dachgerüſt Fig. 316;
der ungleichmäßige Schub der beiden verſchieden großen Dachflächen

Figure 317. Fig. 315.


Figure 318. Fig. 316.


[211]Die Dachgerüſte.
wird hinreichend durch den Spannbalken a und die Streben s s unſchäd-
lich gemacht. Das Dachgerüſt ruht auf den Schwellen b, welche von
den durchgehenden Lagerhölzern l l getragen werden.


Wenn das Dachgerüſt vollſtändig frei ſchweben und die Decke
nicht belaſtet werden ſoll, ſo verwandelt man die in Fig. 316 gege-
bene Anordnung in ein Hängewerk, was bei öſterreichiſchen Dachgerüſten
ſehr häufig geſchieht, wie die Beiſpiele 317 und 318 veranſchaulichen.
In 317 liegt das rechtsſeitige Hauptgeſims nur 8zm über dem Decken-

Figure 319. Fig. 317.


boden und kann die Hängeſtrebe h gleichzeitig zur Unterſtützung
der Zwiſchenfette f dienen (ſiehe auch Fig. 141 und 327); in Fig.

Figure 320. Fig. 318.


318 liegt auf der einen Hängeſäule die Forſtfette (Binder in der ko-
miſchen Oper zu Wien [ſ. auch Fig. 329.]).


Eine eigenthümliche Dachausbildung hat Fig. 319 erhalten; in die-
ſer iſt die mittlere Dachfläche gehoben, und wurden zwei einfache Hänge-
14*
[212]Viertes Kapitel.
böcke zur Unterſtützung der Sparrenroſte angeordnet. Der Tram
ruht in der Mitte des Daches auf einem niedrigen Ziegelpfeiler.


Dachgerüſte über freiſchwebenden Decken.

Wie wir bereits in Fig. 141, 142 und 143 geſehen haben, ver-
wandelt man vielfach den ſtehenden Fettendachſtuhl, behufs Entlaſtung

Figure 321. Fig. 319.


des ganzen Dachgerüſtes, in ein Hängewerk. Dieſe Anordnung kommt
über freiſchwebenden Saaldecken ſehr vielfach vor, auch gehören die
in Oeſterreich üblichen Dachgerüſte nach Fig. 265, 317, 318, 319
ebenfalls hierher.


Mit den Beiſpielen Figur 313 und 314 indentiſch ſind die Figur
320—322; im erſteren iſt nur ein zweifaches Hängewerk vorhanden,

Figure 322. Fig. 320.


deſſen eine Hängeſäule ſich gerade in der Mitte des ganzen Gebäudes
befindet, und ſomit die Firſtfette unterſtützt. Der Ständer s und
die Hängeſäule h ſtehen von der Dachmitte gleichweit ab. In
Fig. 321 liegen die Deckenbalken ungleich hoch; für die Decke des
kleineren Raums genügt ein einfaches Hängewerk, während die Decke
[213]Die Dachgerüſte.
des Saales von einem dreifachen Hängebock getragen werden muß.
Der Dachforſt ergiebt ſich in dieſem Falle aus der Lage der mittleren

Figure 323. Fig. 321.


Hängeſäule; man hätte aber auch bei flacherer Dachneigung (ſiehe
punktirte Linien) die äußere Hängeſäule zur Unterſtützung des Forſtes
benutzen können, um ein niedrigeres Dach zu erhalten. Vollſtän-
dig ſymetriſch iſt das Dachgerüſt in Fig. 322; hier liegen zwei ganz

Figure 324. Fig. 322.


gleich hohe Räume an beiden Seiten des Saales und wird die Saal-
decke von einem zweifachen Hängewerke aufgefangen.


Eine Hängewerksconſtructivn ganz beſonderer Art wurde für den
Königsſaal des Kroll'ſchen Lokals ausgeführt (ſiehe Fig. 323 A und B
und 324); der Binder beſteht aus einem großen doppelten Hänge-
werke, deſſen Spannbalken wiederum von einem einfachen Hängewerk
[214]Viertes Kapitel.
aufgefangen, und zwiſchen deſſen langen Streben einfache Hängebalken

Figure 325. Fig. 323

A.


zwiſchengeſchoben ſind,
wodurch man drei ein-
fache und ein doppeltes
Hängewerk oder ein ſo-
genanntes fünffaches
Hängewerk erhält. Die
Hängeſäule a iſt doppelt.
Beſonderes Intereſſe hat
die Befeſtigung des
Hänge- und Decken-
balkens mit der Hänge-
ſäule a; das Detail er-
kennen wir in Fig. 324,
in welcher dargeſtellt iſt,
daß der Hängebalken b
mittels doppelten Hänge-
ſtangen an der Fette f
und in ähnlicher Weiſe
der Deckenbalken an
Hängewerksſtreben und
Spannbalken hängen.
Im Uebrigen ſind die
Figuren ohne weiteren
Text hinreichend ver-
ſtändlich.


Oefters kommen ſolche
Anordnungen vor, in
denen die Conſtruction
der Decke ſichtbar bleiben
ſoll und man demge-
mäß die Hängewerks-
verbindungen bei der
architektoniſchen Aus-
bildung der Decke cha-
rakteriſtiſch verwerthet.


In einfachſter Weiſe
zeigt dieſes die Fig. 325,
[215]Die Dachgerüſte.
in welcher nur der Hängebalken ſichtbar, dagegen die Hängewerkscon-
ſtruktion im Dachraum verſteckt iſt. Zur Verſchönerung der Decke ſind

Figure 326. Fig. 323

B.


ſpitzbogenartige und verzierte Hölzer an die Unterkante des Trägers

Figure 327. Fig. 324.


[216]Viertes Kapitel.
gebracht, welche aber mit der Dachgerüſtconſtruktion ſelbſt nichts zu thun
haben. Beſonderes Intereſſe gewährt der Binder Fig. 326, welcher

Figure 328. Fig. 325.


bei dem Saale der Gartenbaugeſellſchaft am Parkring in Wien
ausgeführt wurde. Die Spannweite der Decke beträgt 15,2m. Die

Figure 329. Fig. 326.


Conſtruktion dieſes Binders beſteht aus einer Verbindung von zwei
verſchiedenen Conſtruktionsſyſtemen. Unterhalb iſt nämlich eine
ſprengewerksartige Unterſtützung des Binders angeordnet, während
oberhalb ein Hängebock durch doppelte Streben, welche mit den loth-
rechten Ständern der Conſtruction durch Bolzen verbunden ſind, her-
geſtellt iſt. Die Bildung von Dreiecken wurde auch hier thunlichſt
verſucht und es iſt nicht zu leugnen, daß dieſe, ſowie auch die
Conſtruktion im Ganzen dem Architekten auf eine originelle Weiſe
[217]Die Dachgerüſte.
gelungen iſt. Auf den unteren kurzen und den darüberliegenden
oberen Doppelzangen ruhen die zu den Langſeiten parallel
gelegten Balken. Dieſelben ſind unterhalb profilirt und tra-
gen die Deckenſchalung. Die Decke ſelbſt iſt durch die erwähnte
Anordnung der Balkenauflager rechtwinklig gebrochen und zwar
dergeſtalt, daß der mittlere Theil derſelben durch Mitbenutzung
des Dachraumes eine größere Höhe, wie die ſeitlichen Deckenpartien
erhalten hat. Der Saal iſt dadurch freier und hallenartiger ge-
worden und wird ſich inmitten ſicherlich auch für die Aufſtellung
größerer Gartenpflanzen [und] dergl. vortheilhaft erweiſen.


In einer anderen, jedoch öfters vorkommenden Methode ward
die Decke über der Aula des Schullehrerſeminars in Carlsruhe aus-
gebildet (Fig. 327). Der Deckenroſt iſt nicht horizontal, ſondern
liegt an den Seiten geneigt auf den Streben und in der Mitte hori-

Figure 330. Fig. 327.


zontal auf dem Spannriegel des Unterſtützungsbockes, der gleichzeitig
zum Dachhängewerk gehört; der horizontale, auf dem Spannbalken
liegende Balkenroſt trägt den Fußboden des Dachraumes.


Nach dem Hänge- und Sprengewerksprinzip iſt Fig. 328 einge-
richtet worden; dieſes Dachgerüſt beſteht in der Mitte aus einem
einfachen Hängewerke, welches mit den Spannbalken s überblattet
iſt und ſich auf den Hängebalken des doppelten Hängewerks ſtützt.
Der doppelte Hängebock trägt die Balkendecke und bildet ſomit die
Umgrenzung der Decke. Sowie in Fig. 329 wird auch hier der
Schub des doppelten Hängewerks mittelſt einer Zugſtange z aufge-
fangen. Eine Hängewerksconſtruktion im großartigen Maßſtabe zeigt
[218]Viertes Kapitel.
Fig. 329 und befindet ſich über der Bühne der komiſchen Oper in
Wien. Der Binder beſteht aus einem großen Hängewerke a a, zwei

Figure 331. Fig. 328.


kleineren Hängewerken b b und zwei eingeſchobenen kleinen Hänge-
werken c, bei denen die eine Strebe des Hängewerks b als Hänge-
ſtrebe dient; es ſind demnach fünf einfache Hängewerke mit fünf
Hängeſäulen vorhanden, von denen die drei mittleren theilweiſe aus
Stabeiſen beſtehen. Die Hängeſtreben a und b liegen nicht dicht
aufeinander, ſondern ſind mittelſt Klötzen auseinander gehalten, und
dann zuſammen verbolzt. Auf der Balkenlage liegt die Schalung,
und hierauf die Beſchottung nebſt Ziegelpflaſter. Für ſolche Säle,
welche an den Seiten eine Stielaufſtellung haben dürfen, würde die
Fig. 330 beſonders empfehlenswerth ſein. Der Raum iſt an den Seiten
3,2m und in der Mitte 12m breit; der Binder beſteht aus dem einfachen
Hängewerk a a, deſſen Horizontalſchub von einer Hängeſtange oder
Schließe aufgefangen wird. Die Unterſtützung des Sparrenroſtes
geſchieht mit der Firſtfette f und den Fetten b und c. Die Erſtere
ruht auf den Streben, welche mit a überſchnitten und verbolzt ſind,
und ſich gegen die Hängeſäule ſtemmen; für die Fette c ſind die
verticalen Stiele vorhanden, welche bis auf den Saalfußboden reichen.
Die Streben d d braucht man nur der Deckenverſchalung wegen an-
zubringen.


Eine Decken- und Dachconſtruktion beſonderer Art, deren ſinn-
reiche und geſchmackvolle Anordnung in den weiteſten Kreiſen be-
kannt zu werden verdient, illuſtrirt Fig. 331. Sie ſtellt dar die
[219]Die Dachgerüſte.
berühmte Saaldecke im „Kaufhaus Gürzenich“ zu Cöln und iſt vom
Baurath Raſchdorf conſtruirt
worden. Zufolge der ſeitlichen
Stielaufſtellung wird die Con-
ſtruktion weſentlich vereinfacht
und reicht ein combinirtes ein-
faches und doppeltes Hängewerk
zur Unterſtützung des Daches
und zum Auffangen der Decke aus.
Letztere hängt an den hinab-
reichenden Hängeſäulen a a und b.
Die Decke ruht auf einer Hänge-
und Sprengewerksconſtruktion,
welche theils an a a und b, theils
an den verticalen Stielen ihren
Halt finden, zumal die Bogen-
ſtützen in Wirklichkeit nur der
Dekoration wegen vorhanden
ſind. Die Räume A A dienen
als Logen. Die Hängeſtreben
s s ſtecken in eiſernen Schuhen,
und da der Hängebalken c der
Decke wegen nicht ganz durch-
gehen kann, iſt er durch eine
eiſerne Zugſtange z erſetzt
worden.


Die Manſarddächer.

Die gebrochenen franzöſiſchen
Dächer, nach ihrem Erfinder
Manſard Manſarddächer ge-
nannt, ſind in Frankreich ſchon
ſeit langer Zeit im Gebrauche,
und werden nach den franzöſi-
ſchen Ausſtellungen auch in
Deutſchland ſehr häufig ausge-
führt. In Oeſterreich verbieten
die Bauordnungen einiger Kron-

Figure 332. Fig. 329.


[220]Viertes Kapitel.
länder die Anwendung der Manſarddächer. Und zwar mit vollem
Rechte, da ſie nur höchſt mangelhafte und unwohnliche Dachwohnungen

Figure 333. Fig. 330.


gewähren, welche im Sommer heiß, im Winter kalt und außerdem
ſehr feuersgefährlich ſind.


Die Form der Manſarddächer iſt verſchiedenartig; in der Regel
beträgt α = 30°, β = 60°. (Fig. 332.)


Häufig wird folgende Conſtruktion gewählt:


Wenn die Lage des Kehlbalkens a a' (Fig. 333) gegeben iſt, ſo
errichte in A das Loth A a, mache a S = a' G = ⅓ A a, und D c
= ⅓ G G'
, alsdann ſind die Punkte G, G' und C beſtimmt.


Die Manſarddächer können mit liegendem und ſtehendem Stuhle
ausgeführt werden.


Fig. 334 giebt einen zweckmäßigen Dachverband des Manſard-
daches in Verbindung mit dem ſtehenden Kehlbalkendachſtuhl.


Im landwirthſchaftlichen Bauweſen haben die Manſarddächer den
Vortheil, daß die koſtſpieligen Drempelwände ganz fortbleiben können,
indem die Wandflächen durch ſchräge (ziemlich ſteile) Dachflächen er-
ſetzt werden. Letztere bedeckt man alsdann mit Stroh, Rohr, Pfannen,
Schindeln oder ſogar mit Theerpappe, während für die oberen flachen
Dachneigungen entweder Schiefer, oder beſſer Theerpappe am ge-
eignetſten erſcheinen.


Den einfachſten Fall erkennen wir bei dem modificirten ſtehenden
Fettendachſtuhl (Fig. 335), bei dem die in Fig. 284 vertical geſtellte
Drempelwand geneigt angenommen worden iſt.


Die Fette (Sparrenſchwelle) a liegt auf den ſchrägen Stielen b,
[221]Die Dachgerüſte.

Figure 334. Fig. 331.


[222]Viertes Kapitel.
die gleichzeitig als Sparren der unteren Dachfläche dienen. Um das
Kanten der Stiele (b) nach inwendig zu verhüten, ordnet man bei

Figure 335. Fig. 332.


Figure 336. Fig. 333.


Figure 337. Fig. 334.


jedem Hauptbinder und dem mittleren Zwiſchenbinder die Gegen-
ſtreben d an, wodurch ein Bock entſteht, der die Sparren abſtützt
Die Drempelſtrebe e wird mit der Strebe d überſchnitten und die
Zange f ergänzt bei jedem Hauptbinder den Dreiecksverband.
Sämmtliche Stiele b ſtehen direct auf den Balken. Um den Längen-
verband in ſchräger Wand herzuſtellen, ſind die Kopfbänder ein-
geſchaltet worden.


Im Nachfolgenden veranſchaulichen wir die Verbindung dieſer
Drempelwand mit verſchiedenen Dacharten:


Fig. 336 zeigt einen doppelſtehenden Fettendachſtuhl.


Fig. 337 zeigt einen liegenden Fettendachſtuhl.


Figure 338. Fig. 335.

Figure 339. Fig. 336.

Figure 340. Fig. 337.

[223]Die Dachgerüſte.

Die Figuren 338 und 339 geben zwei für berliner Wohnge-
bäude ausgeführte Manſarddächer. Im erſteren Falle iſt nur die

Figure 341. Fig 338.


eine Dachhälfte, im zweiten Falle ſind beide Dachhälften manſard-
artig conſtruirt. Die Manſardfläche wird unterſtützt mit der Fette f,

Figure 342. Fig. 339.


die auf dem Stiele s ruht; die Strebe t verhindert das Umkippen
des Stiels und die doppelten Zangen z verbinden die Drempelwand
mit dem Stiele s, wobei ſie gleichzeitig einen feſten Dreiecksverband
herſtellen.


[224]Viertes Kapitel.

Eine ähnliche ſolide Conſtruktion enthält der Binder Fig. 339,
in welchem beide Manſardflächen auf dieſe Weiſe unterſtützt werden.


In den beiden Beiſpielen bildet der Dachquerſchnitt eine ganz un-
regelmäßige Figur; zweckmäßiger wäre es daher geweſen, die Fetten
m unter den höchſten Firſt zu legen, was am beſten dadurch zu er-
reichen geweſen wäre, wenn die Dachflächen F eine geringere Nei-
gung erhalten hätten.


Die Pultdächer.

Wenn ein Dach nur nach einer Seite ein Gefälle haben ſoll, ſo
entſteht ein halbes Satteldach oder ein Pultdach. Daſſelbe kann mit
allen bisher erwähnten Dachgerüſtarten unterſtützt werden, es kann
flach, ſteil, ſogar manſardförmig ſein. Bei der Herſtellung der Pult-
dachgerüſte iſt hauptſächlich der Schub der Dachfläche auf die hohe
Pultwand aufzuheben, was ausſchließlich durch Streben geſchieht.
Die einfachſte Conſtruktion eines Pultdaches zeigen die Figur 340
und 341, in welchen die unteren Sparrenenden auf den Balken, die
oberen auf den Firſtfetten ruhen.


In Fig. 342 ſind die Sparren ſo lang, daß ſie noch einer Fetten-
unterſtützung bedürfen. Von großer Wichtigkeit iſt es, die Firſtfette

Figure 343. Fig. 340

und 341.


auf eine Stuhlwand, welche bei über 2m Höhe wie eine Riegelwand
ausgebildet wird, (ſiehe Fig. 352) zu legen, weil ſonſt die maſſive
Pultwand ſehr ſtark ſein müßte. Die weitere Verwendung des in
Fig. 343 gegebenen Binders erkennen wir in dem theilweiſen Quer-
ſchnitt eines Flügelbaues (Fig. 342), in welchem an einem Corridor
eine Zimmerreihe liegt.


Die zuläſſige Breite der hier dargeſtellten Pultdächer ergiebt ſich
aus der freiliegenden Länge der Sparren.


Für Drempelwände mit Pultdächern gilt das bisher Geſagte
ebenfalls.


Fig. 343 veranſchaulicht den einfachſten Fall (ſiehe auch Fig. 350),
[225]Die Dachgerüſte.
er würde bedeutend zweckmäßiger ausgebildet ſein, wenn ein Zangen-
holz behufs Verbindung der Drempelwand mit der Pultwand vor-
handen wäre.


Eine weitere Modification der flachen Pultdächer veranſchaulicht
Fig. 344, in welcher ſich ein Corridor zwiſchen zwei Zimmerreihen
befindet, und letztere verſchiedene
Höhen haben, wodurch eine ein-
fache Unterſtützung der Fetten mög-
lich wird. Ein gefährlicher Schub
der Dachflächen wird ſich hier nicht
bemerkbar machen, und ſind daher
Verſtrebungen unnöthig.


Bei eingebauten Häuſern kommt
es häufig vor, daß die Mauer an
der Straße um mindeſtens eine
Etage höher aufgeführt wird, als
die an der Hofſeite. Falls nun
flache Bedachungen angewendet
werden ſollen, würde die Hofmauer
eine bedeutende Höhe erhalten,

Figure 344. Fig. 342

und 343.


wenn man ſie nicht abtreppt. Letzteres erſchwert jedoch die Anlage
eines hellen Corridors. Demgemäß empfiehlt ſich eine in Fig. 345

Figure 345. Fig. 344.


gegebene Anordnung, welche zwei in verſchiedenen Höhen liegende
Pultdächer enthält, von denen das hintere den niedrigeren Boden-
raum überdeckt.


Wanderley, Bauconſtr. 15
[226]Viertes Kapitel.

Die Figur läßt auch erkennen, in welcher Weiſe der Corridor
durch hochgelegene Seitenfenſter beleuchtet werden kann.


Nach ſtatiſchen Geſetzen ſind die ſteilen Pultdächer conſtruktiv
nicht ſo gut als die flachen, und hat man bei Erſteren ganz be-

Figure 346. Fig. 345.


ſonders auf eine Verſtrebung Rückſicht zu nehmen. Ein für öſter-
reichiſche Wohnhäuſer conſtruirtes Pultdach mit kleiner Spannweite
zeigt die Fig. 346, in welcher die Sparrenfüße auf einer Mauerbank
oder Fußfette liegen. Die Pultwand muß mittelſt Fettenbügen oder
Kopfbändern gegen die Längenverſchiebung geſichert ſein; die Strebe s
und die Zange z ſtellen einen Dreiecksverband und ſomit die Un-
verſchiebbarkeit der Pultwand her.


Für eine größere Dachbreite iſt die Conſtruktion in Fig. 347 zu-
läſſig, welche ein ſogenanntes Fettendach mit Zwiſchenfetten iſt. Die

Figure 347. Fig. 346.


Figure 348. Fig. 347.


[227]Die Dachgerüſte.
Fetten f von 16/16—18/18zm Stärke liegen etwa 3—4m frei, die Strebe s
unterſtützt den Hauptſparren h, welcher nur in den Hauptbindern
vorkommt, und das Zangenholz z ſtellt ein unverſchiebbares Dreieck her.


Der vorliegende Binder eignet ſich aber nicht für ganz freie
Bodenräume oder wenn Dachkammern angelegt werden ſollen;
es beſitzt Fig. 348 in dieſem Falle mehr Vorzüge, auch iſt ſie bei
größeren Flügelbreiten zuläſſig.
Tadellos wäre dieſer Binder,
wenn die Fettenſtreben mittelſt
Zangenhölzern mit den Drempel-
und Kammerwänden vereint
wären.


Für größere freiſchwebende
Conſtruktionen mit Hängewerken
kann das Beiſpiel Fig. 349 als
Muſter dienen; ſie werden mit-
telſt der Mittelfette, die auf dem

Figure 349. Fig. 348.


einfachen Hängewerk ruht, unterſtützt, das Zangenholz z verbindet
das Dachgerüſt mit der Pultwand, und die Strebe s hebt den

Figure 350. Fig. 349.


Seitenſchub der oberen Hälfte des Sparrenroſtes auf. Dieſelbe Con-
ſtruktion iſt auch dort zweckmäßig, wo das Hängewerk eine Balkendecke
zu tragen hat, in welchem Falle man anſtatt des eiſernen Hänge-
eiſens h eine kräftige hölzerne Hängeſäule anordnet.


Die nachſtehenden Figuren 250 A—B geben zwei originelle, in
Wien ausgeführte Pultdächer. Die Erſtere (nach Vorlegeblätter von
Rievel und Schmidt) [Fig. 350 A] unterſcheidet ſich ſehr wenig von
15*
[228]Viertes Kapitel.
einem Satteldache, es beſteht aus zwei ganz gleichgroßen und gleich-
artigen Pultdächern, welche ſich gegen eine gemeinſame Wand, die

Figure 351. Fig. 350

A.


mittelſt Bogenöffnungen durchbrochen iſt, anlehnen. Das Gerüſt eines
jeden Pultdaches beſteht aus einem halben, liegenden Fettendach-
ſtuhl mit Knieſtock, der Schub der beiden Seitenhälften hebt ſich voll-
ſtändig auf, und iſt ſomit eine Verſtrebung für die Pultwände nicht
erforderlich.


Das in Fig. 350 B ſcizzirte Beiſpiel beſteht eigentlich aus zwei
ganz verſchiedenen Pultdächern, die miteinander in gar keiner Ge-

Figure 352. Fig. 350

B.


meinſchaft ſtehen, und demnach für ſich ſelbſtſtändig conſtruirt ſind.
In der Dachfläche a, die nach der Hauptſtraße gekehrt iſt, iſt t der
[229]Die Dachgerüſte.
Bundtram, h die Verſteifungsſtrebe, z das Zangenholz, f die Fetten-
ſtrebe; der Bundtram ruht mit dem einen Ende auf der Mauer, mit dem
anderen auf einem Holzknaggen, und iſt mit der Säule s verklammert.
Die Leerſparrenfüße ſtützen ſich auf ausgewechſelte Stichbalken. Die
Dachhälfte b zeigt ein halbes Manſarddach und hat einen circa 1,25m
betragenden Vorſprung, um einer tiefer liegenden Gallerie als Schütz-
dach zu dienen.


Sägen- oder Shed-Dächer.

Für beſtimmte Gebäudearten, die viel Licht gebrauchen, reichen
die gewöhnlichen Dachconſtruktionen, bei denen eine größere Anzahl
Oberlichter angeordnet werden müßten, nicht aus. Ferner kommt
noch der Umſtand in Betracht, daß z. B. für Webereien dasjenige
Licht das beſte iſt, welches von Norden herkommt, denn die von den
andern Himmelsrichtungen einfallenden grellen Lichtſtrahlen zerſtören
gewiſſe Farben der zu verfertigenden Stoffe und in Elaſtiquewebereien
den Kautſchuk der Kette.


Aus allen dieſen Gründen zerlegt man die großen Dachflächen
in kleinere von ſägenartiger Geſtalt, nach welcher dieſe Dachform den
Namen Sägedach führt; die Engländer nennen daſſelbe ein Shed-Dach.


Ein Sägendach iſt eigentlich weiter nichts, als ein Satteldach von
5—8m Spannweite mit ungleich großen Dachflächen, die verſchiedene
Neigungen haben. Die kleinſte und am wenigſten geneigte Dach-
fläche wendet ſich ſtets nach der Nordſeite und iſt mit möglichſt
großen Fenſtern verſehen. Da die ſenkrechten Fenſter das in 45°
einfallende Licht ſtärker brechen als die geneigt geſtellten, ſo giebt
man der letzteren Stellung den Vorzug; für den Winkel y bewährt
ſich eine Neigung von 15—20° am beſten (Fig. 351).


Die Glasfläche ſoll mindeſtens ſo groß ſein, daß der unter einem
Sägendache befindliche Webeſtuhl vom ganzen einfallenden Lichte be-
leuchtet werden kann. Die mittleren Strahlen des Lichtprismas
nimmt man gewöhnlich unter einem Winkel von 45° an, ſie ſollen
in den Arbeitsraum ſo eindringen, daß die Unterzüge ꝛc. auf die
Webeſtühle keinen Schatten werfen und vor allen Dingen durch den
Arbeiter ſelbſt keine Schlagſchatten auf ſeine Hände fallen.


Die Neigung des Winkels x hängt von dem Bedachungsmaterial
ab, das für die größere Dachfläche Verwendung finden ſoll. Die
Spannweite (s) richtet ſich nach der Größe des Webeſtuhles und der
Breite des Arbeitsganges; ſie ſchwankt zwiſchen 5—8m.


[230]Viertes Kapitel.

Nach dieſen Notizen vergegenwärtigen wir in den nachfolgenden
Nummern die Anlage des Shed-Daches.


Die Figuren 352 und 253 veranſchaulichen den Aufriß, Grundriß
und die Details eines Sägendaches der Kunſtwollenfabrik des Herrn
Schüll in Birkesdorf bei Düren.


Profeſſor Jul. Koch giebt eine Mittheilung über ein von ihm in
Wien ausgeführtes Shed-Dach, nach der wir nachſtehenden Auszug

Figure 353. Fig. 351.


geben: der hier in Rede ſtehende Shed erheiſchte um ſo mehr eine
ſorgfältige Ueberlegung, als in demſelben eine an Geſpinnſtwerth

Figure 354. Fig. 352.


reiche Seidenfabrik Bujatti (Wien) untergebracht werden ſollte, in
welcher jeder eindringende Waſſertropfen verhängnißvoll werden kann.


Zuerſt beabſichtigte man, das ganze Shed-Dach aus Eiſen zu
conſtruiren, welches den Vortheil gehabt hätte, daß alle Sparren
dem Eindringen des Lichts nur ſehr wenig hinderlich geweſen wären;
da jedoch der Bauplatz in einem äußerſt lebhaften Stadttheile liegt
und nach Ablauf von 20—30 Jahren das Grundſtück in anderer
Weiſe beſſer verwerthet werden kann, ſo entſchloß man ſich zur Her-
ſtellung der billigen Holzconſtruktion.


Um einen möglichſt freien Arbeitsraum zu erlangen, wiederholen
die Hauptbinder ſich in Entfernungen von 6,6m, und kamen anſtatt
[231]Die Dachgerüſte.
der Leergeſpärre, die die Unterzüge durchgebogen hätten, Fetten auf
die Binderſparren in Abſtänden von 0,95m. Auf der ſteilen Seite
wurden in Zwiſchenräumen von 0,95m (im Mittel) zwiſchen Mauer-
bank und Firſtfette 13/16zm ſtarke Stiele geſtellt, welche den Fenſtern
als Auflager dienen ſollten. Als oberes Fenſterauflager iſt die
Firſtfette benutzt worden, und unten ruhen dieſe auf dem von Säule
zu Säule gezogenen Unterzuge (Fig. 354).


Beſondere Sorgfalt iſt auf die Rinne verwendet worden; da dieſe
aus örtlichen Gründen nur nach einer Seite ihren Abfall erhalten

Figure 355. Fig. 353.


konnte, mußte ſie an der entgegengeſetzten Seite ſo beträchtlich ge-
hoben werden, daß nur eine Fenſterhöhe von 1,25m blieb. Da-
gegen erhielt das an der Nordwand befindliche Oberlicht, wo die
Rinne alſo nicht vorkommt, unterhalb noch ein kleineres Fenſter von
circa 0,45m Höhe.


In Anbetracht, daß die hohe Sommertemperatur innerhalb des
Raumes unerträglich werden kann, zumal das Dach ſelbſt ſchon
Decke iſt, wurden die auf den Bindern liegenden Fetten oben und
unten verſchalt und ließ Koch den Zwiſchenraum zwiſchen den Ver-
ſchalungen mit Sägeſpähnen ausfüllen.


Außerdem ward die innere Decke gerohrt und mit einem Kalk-
und Gypsmörtel verputzt.


Um eine größere Verſteifung in der ganzen Dachfläche zu er-
zielen, diente eine einmalige Verankerung zwiſchen je zwei Haupt-
bindern, der Firſt- und Fußfetten, wodurch auch die Zwiſchenfetten
einen beſſern Halt erhielten.


[232]Viertes Kapitel.

Das Dach wurde mit Zinkblech Nr. 12 abgedeckt, dagegen die
Rinnen aus ſogenanntem Schüſſelblech hergeſtellt. Von der Ver-
wendung des Schiefers oder der Dachpappe ſah der Erbauer ab,

Figure 356. Fig. 354

A.


Figure 357. Fig. 254

B.


[233]Die Dachgerüſte.
weil er befürchtete, daß dieſe Bedachungen leicht undicht werden und
die Näſſe in die Sägeſpähneausfüllung dringen laſſen könnte.


Endlich wäre noch zu erwähnen, daß die Gefährlichkeit des in
den Shed eindringenden Waſſers eine ſehr ſorgfältige Conſtruktion
der Fenſter vorſchrieb, um ſo mehr, als dieſe den Nordſtürmen aus-
geſetzt ſind. Die Anordnung der Fenſter iſt aus der Fig. 356 und
den Details Fig. 355 A und B erſichtlich. Die beiderſeits über die

Figure 358. Fig. 355

A und B.


Stehſäulen ſich legenden Winkelſchenkel des Rahmens wurden mit
einer Platte gedeckt und dieſe mittels Schrauben an die Säule be-
feſtigt. Die Platte läuft nach unten etwas ſich verjüngend zu, damit
das ablaufende Waſſer von der Fuge ſich entfernt. Die oberen
Fugen ſind durch Wetterſchenkel bedeckt.


Beim Oeffnen der Fenſter müſſen zuerſt die Schraubenmuttern
entfernt, dann die Deckplatten aufgehoben werden, bevor man mittels
der in der Zeichnung (Fig. 356) erſichtlichen Handhaben die Fenſter
ſelbſt abheben kann.


Die Einglaſung geſchah mit dickem ordinärem Glaſe in der Weiſe,
daß einzelne Tafeln (je drei in einer Abtheilung) auf durch die
Stege des Façonseiſens quergeſteckte dicke Drahtſtücke unten aufge-
legt wurden. Am Zuſammenſtoß zweier Glasplatten wurde mit einem
ſchmalen Kittſtreifen deren Uebergreifung ausgefüttert.


Um das an den Fenſtern während der kalten Jahreszeit con-
denſirte Waſſer gut zu entfernen, wurden an den Riegeln (Fig. 354)
[234]Viertes Kapitel.
Schweißrinnen mit horizontalem Gefälle und Ablauf erforderlich und
der ganze Riegel mit Zink feſt überkleidet.


Figure 359. Fig. 356.

Nach den Mittheilungen des Prof. Koch hat ſich die Waſſerdich-
tigkeit auch bei den extremſten Elementarfällen vollkommen bewährt.


Die Bogendächer.

In den allermeiſten Fällen wird die Dachhaut von geraden
Sparren reſp. Fettenroſten unterſtützt, nichtsdeſtoweniger wären auch
gebogene Sparrenroſte manchmal zuläſſig. Dieſe Dachform war im
Anfang dieſes Jahrhunderts vielfach (durch Gylli) im Gebrauch, in
neuerer Zeit kommt ſie aber nicht ſo häufig mehr vor.


Man unterſcheidet zwei verſchiedene Arten von Bogendächern,
nämlich ſolche, die aus kurzen Bohlenſtücken beſtehen,
ſolche, die aus langen Hölzern gebogen werden.

Erſtere Art ſtammt von de l'Orme, die zweite Art von Emy.


[235]Die Dachgerüſte.

Bogendächer nach de l'Orme.


Als beſtes Verhältniß für die Bogenform empfiehlt Gylli einen
Spitzbogen nach nebenſtehender Conſtruktion (Fig. 357): x y gleich
halbe Spannweite des Daches, x z die Höhe
desſelben; x y : x z = 5 : 6; der Radius
des Bogens beträgt 7½ Theile.


Die Bogenform wird auf dem Schnurboden
vorgeriſſen und in gleiche, ca. 1,5m lange
Theile zerlegt; ein ſolcher Theil giebt die
Schablone, welche man in angedeuteter Weiſe
(Fig. 358) auf einer Bohle oder einem Brette
verzeichnet.


Figure 360. Fig. 357.

Figure 361. Fig. 358.

Solche Bohlenſtücke werden zu ganzen Bögen zuſammengeſetzt
und mit hölzernen, oder beſſer eiſernen Nägeln mit einander ver-
bunden, wobei man aber beachten muß,
daß die einzelnen Fugen im Verbande
zu liegen kommen.


In Fig. 359 ſind zwei, in Fig. 360
dagegen drei Bretter reſp. Bohlen
auf einander gelegt worden.


Figure 362. Fig. 359.

Figure 363. Fig. 360.

Die Dicke und Anzahl der Bretterlagen für entſprechende Spann-
weiten ergeben ſich aus der nachſtehenden Tabelle:


Für jede 5m größere Gebäudetiefe wird der Sparren um 1,5zm
verſtärkt, auch bei kleineren Gebäudetieſen als 7,5m darf der Bohlen-
ſparren nicht unter 15zm ſtark ſein. Am Forſt überdecken ſich die
[236]Viertes Kapitel.
einzelnen Bohlenlagen (Fig. 361 C) und ſtellt man den Längenver-
band am beſten mit einer Forſtfette (r) her (ebenfalls Bohle), die
bei jedem Bohlenſparren auf einer Bohlenzange z ruht. Der Bogen-
fuß ſteckt mit Zapfen in den Balkenenden (Fig. 361 D); der Auf-
ſchiebling (a) füllt die Lücke zwiſchen Sparren und Balken aus.

Figure 364. Fig. 361

A—F.


Wegen der gebogenen Dachflächen können Schiefer und Pfannen auf
den Bohlenſparren nicht liegen, jedoch Stroh, Rohr und Dachpappe
ſind zuläſſig.


In Fig. 361 A—B wird die Anlage eines ſpitzbogigen Bogen-
daches illuſtrirt; C und D geben die Details dazu an.


Dagegen veranſchaulicht Fig. 361 F ein anderes Bogendach nach
einem Halbkreiſe, und zwar in Verbindung mit einer Drempelwand;
E ſtellt die Details zu dieſer Figur dar.


Die Binderentfernung für beide Fälle beträgt beim Pappdach
1,5m und in Fig. 361 A für Rohrbedachung 2m.


Manchmal werden die Decken nur theilweiſe mit Bohlenbögen
verſehen, welche lediglich nur zur Herſtellung einer Bogendecke, aber
nicht der Conſtruktion wegen nothwendig ſind. Eine ſolche Con-
ſtruktion enthält beiſpielsweiſe eine Kirche in Paſſau (Fig. 362.) Die
ganze Spannweite der Kirche beträgt 11m.


Eine ſehr intereſſante Anwendung des Bohlenbogendaches finden
wir über der Börſe des Viehmarkts in Berlin, entworfen vom Bau-
[237]Die Dachgerüſte.
meiſter Orth und mitgetheilt in der Zeitſchrift für Bauweſen Jahr-
gang 22. Hiernach geben wir die folgende Beſchreibung:


Figure 365. Fig. 362.

Der Hauptraum, der Börſenſaal, hat bei einer Länge von 56,28m
eine Tiefe von 12,55m und iſt mit einem aus halbkreisförmigen
Bohlenſparren gebildeten Holzdach überdeckt. Dieſe Sparren, deren
Conſtruktion in den Detailzeichnungen Fig. 363 und 364 A—C
angegeben iſt, liegen 0,876m von Mitte zu Mitte entfernt, ſind 9 Zoll
(0,235m) hoch, 4 Zoll (0,105m) breit, und beſtehen aus drei Lagen
Bretter, von denen die mittlere 2 Zoll (0,052m) breite, 9 Zoll (0,235m)
hohe Sparrenſchwelle aufgeklaut und an dieſer mittelſt Holzknaggen
befeſtigt. Die Schwelle iſt in jedem Binderpfeiler, deren Entfernung
von Mitte zu Mitte 3,51m beträgt, mittelſt zweier ca 5,65m langer,
eiſerner Anker befeſtigt. Die Binderpfeiler ſind nach außen zu nach
Maaßgabe der punktirt angedeuteten Drucklinie durch Strebepfeiler,
deren obere Endigung als Pilaſter das Hauptgeſims trägt, verſtärkt.
Der Längenverband des Daches wird hauptſächlich durch die innere
26zm ſtarke und die äußere ebenſo ſtarke Schalung hergeſtellt; doch
ſind auch noch zu dieſem Zweck an der äußeren Laibung der Bogen-
[238]Viertes Kapitel.

Figure 366. Fig. 363.


[239]Die Dachgerüſte.
ſparren über Kreuz gelegte Bandeiſen, die in die Sparren einge-
laſſen und mit dieſen verbolzt ſind, angeordnet, welche namentlich

Figure 367. Fig. 364

A — C.


beim Richten des Daches von guter Wirkung waren. Behufs des
Aufſtellens wurde jeder Sparren auf einer in der Höhe der Um-
faſſungsmauern angebrachten den ganzen Saal überdeckenden Rüſtung
vollſtändig zuſammengeſetzt und dann im Ganzen aufgerichtet. Auf
den Binderſparren ſind über der äußeren Schalung zur größeren
Steifigkeit Verſtärkungsgurte aus zweien über einander liegenden je
[240]Viertes Kapitel.
26zm ſtarken, 21zm breiten Brettern, die mit den Binderſparren durch
lange Nägel und Holzſchrauben verbunden ſind, angebracht. Das
Dach iſt mit Pappe gedeckt; um im Scheitel der Bögen ein günſtiges
Gefälle zu bekommen, ſind dort die Sparren durch aufgeſetzte Knaggen
etwas überhöht.


Behufs Feſtſtellung der Stärke für die Bohlenbögen wurde vor der
definitiven Aufſtellung derſelben ein Verſuch mit vier nach der vor-
ſtehend beſchriebenen Conſtruktion angefertigten und mit einander
verbundenen Bohlenbögen angeſtellt. Es geſchah dies auf dem Zim-
merplatze des Herrn Strauch und unter Mitwirkung des letzteren.


Wie die Skizze Fig. 365 zeigt, waren die Bohlenbögen auf der
einen Seite feſt, auf der anderen beweglich aufgeſtellt, ſo daß ſie

Figure 368. Fig. 365.


leicht jedem Schube nachgaben. Es waren an beiden Auflagern der
Bögen Latten a angebracht, welche in der Mitte des Bogens durch
einen horizontalen Balken b (Hebel) der Art verbunden wurden,
daß ſie mit dieſem in 9½ Zoll (0,248m) Entfernung verbolzt waren.
Es diente dieſer 9½ Zoll lange Theil des Balkens als kleinerer
Hebelsarm, während die Länge des größeren 23 Fuß (7,22m) betrug.
Dieſer Hebel konnte durch Gewichte in ſeiner urſprünglichen Lage feſt-
[241]Die Dachgerüſte.
gehalten werden, und gaben dieſelben bei ſtattfindenden Belaſtungen
die Höhe des reſultirenden Schubes an.


Das Gerüſt zum Aufbringen der Belaſtungen und zum Meſſen
der Durchbiegungen im Scheitel iſt als unweſentlich nicht mitge-
zeichnet.


Bei den Verſuchen wurde zunächſt der bewegliche Fußpunkt der
Bögen durch Gewichte in ſeine normale Lage gebracht, dann die
Bögen in der Scheitellinie mit 30 Ctr. (1500 Kilogr.) belaſtet, wobei
55 Pfd. (27,5 Kilogr.), am langen Hebelsarm angebracht, den be-
weglichen Fußpunkt in ſeiner normalen Lage hielten, bei ⅝ Zoll
(0,016m) Durchbiegung im Scheitel. Bei einer Belaſtung der Bogen-
ſcheitel mit 41 Ctr. (2050 Kilogr.) waren zur Erhaltung der nor-
malen Lage des beweglichen Auflagers 75 Pfd. (32,5 Kilogr.) am
langen Hebelsarm, bei einer ſolchen von 52 Ctr. (2600 Kilogr.)
95 Pfd. (47,5 Kilogr.) erforderlich. Bei der Belaſtung von 41 Ctr.
wurde die Durchbiegung im Scheitel nicht gemeſſen, bei der Belaſtung
von 52 Ctr. betrug dieſelbe 1 Zoll (0,026m). Nachdem die Be-
laſtungen entfernt und die Spannvorrichtung beſeitigt waren, ging der
bewegliche Fußpunkt der Bögen um 6 Zoll (0,157m) aus ſeiner
normalen Lage bei 2 Zoll (0,052m) Durchbiegung der Bögen im
Scheitel.


Die reſultirenden Schube ergeben ſich nach obigen Daten für
30 Ctr. Belaſtung im Scheitel =
= 15,98 Ctr. = 799 Kilogr.,
für 41 Ctr. Belaſtung im Scheitel =
= 21,79 Etr. = 1089,5 „
für 52 Ctr. Belaſtung im Scheitel =
= 27,60 Ctr. = 1380 „
Der mittlere Schub iſt etwa derjenige, der dem wirklichen Druck bei
verticaler Belaſtung incl. der zufälligen Belaſtung entſprechen würde.
Dieſer Horizontalſchub iſt jedoch viel kleiner als der durch ſtarken
Winddruck (bei nahezu horizontaler Richtung deſſelben) bewirkte.
Es iſt deshalb bei Berechnung der erforderlichen Wandſtärken und
Verankerungen der letztere allein berückſichtigt, da der Horizontal-
ſchub, welcher aus den verticalen Belaſtungen entſteht, auf beide
Wanderley, Bauconſtr. 16
[242]Viertes Kapitel.
Umfaſſungsmauern entgegengeſetzt wirkt und in Betreff des reſul-
tirenden Geſammtſchubes ſich gegenſeitig aufhebt. Der Winddruck
würde, zu 25 Pfd. pro Quadratfuß (1,83 Kilogr. pro Quadratzenti-
meter) und ſchwach geneigt zum Horizont angenommen, auf ein
Binderſyſtem von 11 Fuß 2 Zoll Länge auf die Dachfläche und die
freiſtehende Fläche der Umfaſſungsmauern des Saales etwa 97 Ctr.
(4850 Kilogr.) betragen, bei einem Momentenarm von 16½ Fuß,
welcher ſich auf einer Bruchfuge in der Höhe des Sockels der oben
beſchriebenen Strebepfeiler bezieht. Dabei iſt, da die Bohlenſparren
als elaſtiſche Körper dem Winddrucke nachgeben, als feſter Angriffs-
punkt des letzteren das Auflager der Bögen auf die Umfaſſungs-
mauern gedacht. Daraus folgt dann ein Windmoment von 1600 Fuß
— Ctr. (25000 Kilogr. — Meter). Um dieſen beträchtlichen Schub
aufzuheben, war die oben beſchriebene tief heruntergeführte Veranke-
rung der Sparrenſchwelle, ebenſo die ſtrebepfeilerartige Ausbildung
der Wandpfeiler, deren Stärke nahe über dem Dache der Seiten-
bauten 3½ Fuß (1,098m) beträgt, erforderlich. Es genügt dies, um
auch dem ſtärkſten vorkommenden Winddrucke entgegen zu wirken,
obwohl derſelbe an dem ſteilen Dache beträchtliche Angriffs-
flächen findet. Die ſeit Beendigung des Baues (September 1869)
in berliner Gegend ſtattgehabten ſtarken Stürme, namentlich der
orkanartige vom 17. Dec. 1869, haben auch keinerlei nachtheilige
Einwirkungen auf das Dach ausgeübt.


Während in dem vorigen Beiſpiel der Bogenform ein Halbkreis
zu Grunde liegt und letztere äußerlich ſichtbar bleibt, iſt der Bogen-
binder Fig. 366 nach einem hohen Segment conſtruirt worden und

Figure 369. Fig. 366.


die Dachfläche nach einem flachen Satteldache hergeſtellt. Die ganze
Spannweite beträgt 14,5m. Die Bögen ſtecken in eiſernen Schuhen
[243]Die Dachgerüſte.
und eine kräftige Zugſtange hebt den bedeutenden Bogenſchub auf,
ſo daß nur ein verticaler Druck entſteht. Die Bögen kommen nur
in den Hauptbinderentfernungen von 4m vor und tragen die Ketten-
ſäulen. Die hohe Drempelwand beſteht aus einer vorgeblendeten
Riegelwand. Das Deckmaterial beſteht aus Vulkancement und Erde.


Die Bogendächer nach Emy.

Bei dieſer Conſtruktionsweiſe werden Balken in ſchmale Streifen
geſchnitten, dieſe mit einer Erdwinde gebogen und dann in ihrem
gekrümmten Zuſtande feſt zuſammen verbolzt (Fig. 367). Derartige

Figure 370. Fig. 367.


Bogengeſpärre werden in Entfernungen von 3 — 5m als Binder
aufgeſtellt, hierauf werden Fetten, welche wiederum die Sparren
unterſtützen, gelegt.


Die Bohlen- und Bogenſparren werden im Hochbau nur noch
ſelten angewendet, da die Conſtruktion in Eiſen mit Holz bei großen
Spannweiten eleganter, ſolider und billiger iſt.


Dächer mit Gitterſparren.

In neuerer Zeit hat man mehrfach verſucht, die Sparren gitter-
artig auszubilden und zwar nach den bei den Eiſenconſtruktionen
geltenden Grundſätzen. Ein hierher gehöriges Beiſpiel veranſchaulicht
die Fig. 368 A und B.


Dieſes Beiſpiel wurde vom Baurath v. Raven in Hannover con-
ſtruirt und ſtatiſch berechnet, und beſteht hauptſächlich aus Bohlen.
Die Binderentfernung beträgt 3,05m. Auf dem maſſiven Sockel ſteht
die Schwelle d (12/15zm ſtark), welche den äußeren Stiel trägt. Die
Fette f iſt ebenfalls 12/15zm ſtark. Der Hauptbinder beſteht aus der
durchgehenden doppelten Zange, welche aus zwei Bohlen von je
8/20zm Stärke hergeſtellt iſt. Auch der Hauptſparren hat zwei Bohlen
von je 8/20zm Stärke, während die Leerſparren einfache 8/20zm ſtarke
Bohlen ſind. Die Hauptſparren b ſind mit der Zange z mittelſt
Vergitterung verbunden; die Gitterhölzer ſind einfach, beſtehend aus
16*
[244]Viertes Kapitel.
dem 12/15zm ſtarken Hängeholz und den ebenſo ſtarken Streben a, welche
ſich gegen h mit Verſatzung ſtützen. Oben und unten werden die

Figure 371. Fig. 368.


[245]Die Dachgerüſte.
Gitterhölzer von den doppelten Zangen und Sparren erfaßt und mit
dieſen verbolzt. Die Strebe s iſt 15/17zm und die Zange c 12/15zm
ſtark. Für das Auflager der Leerſparren ſind Fetten e e, welche am
Forſt zangenartig die mittleren Hängeſäulen umfaſſen, vorhanden.
Die Geſammtbreite des Daches beträgt 14,8m.


Dächer, die nach dem Hänge- und Sprengewerksprincip
conſtruirt werden
,

kommen häufig und in den mannigfachſten Größen und Formen
vor. Zunächſt wären diejenigen Dachgerüſte zu nennen, welche für
große freie Dachbodenräume der landwirthſchaftlichen Gebäude her-
geſtellt werden. Das Princip dieſer Dächer beſteht in Folgendem:
es iſt ein Hauptſparren a vorhanden, welcher zur Unterſtützung
der Fetten dient, die nur 1,5m auseinander liegen und den Sparren-
roſt erſetzen; dieſe Hauptſparren werden in dem oberen Dachtheile
hängewerksartig ausgebildet
und mittelſt des Zangenhol-
zes c mit einander zuſammen-
gehalten (Fig. 369). Um den
Druck des Hängewerks auf-
zufangen, ſind die Streben b
erforderlich, die die Laſt des
Daches auf die Balkenlage
übertragen. Die Hölzer a b c
bilden dann ein Sprengewerk.

Figure 372. Fig. 369.


Die Spannweite s hängt von der Anzahl der Fetten (Riegel) ab *).


Das vorgenannte Princip iſt in noch größerem Maßſtabe ver-
wirklicht in dem Beiſpiele Fig. 370, in welchem die Dimenſionen der
hauptſächlichſten Hölzer angegeben ſind.


Eine noch größere Rolle ſpielen die Hänge- und Sprengewerks-
dächer in Dachgerüſten ohne Balkenlagen, wie ſolche in Reithallen,
Turnhallen, Exercierhäuſern ſo vielfach angewendet werden. Es ruht
dann der ganze Dachroſt auf einem Gerüſte, welches den Schub
der Dachfläche und des Gerüſtes ſelbſt möglichſt tief hinabführen,
und zwar in der Weiſe, daß die Umfangswände des Gebäudes mög-
[246]Viertes Kapitel.
lichſt wenig gedrückt werden. Außerdem muß der bei dieſen Dächern
vorhandene ſtarke Horizontalſchub durch Zangen und Streben gehörig
aufgehoben werden. Zu dieſem Behufe ſind Klappſtiele erforderlich,
welche den Schub der Streben und der Geſpärre auffangen. Die
Klappſtiele (Fig. 371) ſtehen nach Innen geneigt, um einen beſſern

Figure 373. Fig. 370.


Widerſtand leiſten zu können und nach dem Setzen des ganzen
Daches nicht nach Außen überzuhängen.


In der Regel wird das (Riegel-) Fettendach mit den Sprenge-
werkconſtruktionen in Verbindung gebracht, wobei dann die Binder-
entfernung meiſtens 3m mißt. Fig. 372 zeigt ein derartiges Sprenge-
werksdach für 14m Spannweite.


Figure 374. Fig. 371

Figure 375. Fig. 372.

[247]Die Dachgerüſte.

Fig. 373 — 375 veranſchaulichen die verſchiedenen Anordnungen
der Sprengewerksdächer für größere Spannweiten.


Macht man den Stuhlpfoſten d (Fig. 372) aus einem ganzen
Holze, ſo wird derſelbe ſchon bei geringen Spannweiten ſo ſtark
ſein müſſen, daß man beſſer thut, doppelte Klappſtiele (Fig. 377)
anzuordnen.


Figure 376. Fig. 373.

Figure 377. Fig. 374.

Figure 378. Fig. 375.

Figure 379. Fig. 376.

Mit den Sprengewerksdächern hat Ardant umfaſſende Verſuche
angeſtellt; er giebt für den Horizontalſchub des geraden Geſpärres
folgende Formel an:
.


Hierin bezeichnet (Fig. 378):


  • P das ganze, durch das Geſpärre getragene, Gewicht,
  • m u. n die Horizontal- u. Verticalproportionen des Sparren R T,

[248]Viertes Kapitel.
  • p und w die Horizontal- und Verticalproportionen der Stuhl-
    ſäule Z R.

Die Neigung des Pfoſtens Z R, alſo des Winkels zwiſchen dem
geneigten Pfoſten und der Lothrechten, beträgt circa 3° oder
p = 0,052 w.


Iſt das Geſpärre ſo geordnet, daß der Pfoſten und der Haupt-
ſparren an einem Halbkreiſe tangiren (Fig. 378), ſo iſt:


  • für ein Winkeldach S = 0,197 P,
  • „ „ Dritteldach S = 0,220 P,
  • „ „ Vierteldach S = 0,227 P,

oder in Worten, der Horizontalſchub von dergleichen gleichmäßig
belaſteten Geſpärren beträgt circa ⅕ — ¼ der Belaſtung derſelben.


Figure 380. Fig. 377.

Figure 381. Fig. 378.

Für die Stärke der Widerlagsmauern ſtellt Ardant folgende
Tabelle auf, wobei jedoch zu bemerken iſt:


  • 1) Die erhaltenen Mauerſtärken gelten nur dann, wenn das
    Erdreich unpreßbar iſt;
  • 2) die Abſätze des Fundamentes und möglicherweiſe ſelbſt die
    Stärke der Mauer, zwiſchen dem Boden und dem Fuß-
    punkte des Geſpärres, müſſen vergrößert werden, wenn
    der Grund unter dem Gewichte des Mauerwerkes aus-
    weichen könnte;
  • 3) der Mauertheil, vom Fußpunkte der Geſpärre bis zum
    Kranzgeſimſe, darf keinen Horizontalſchub erleiden, der
    Pfoſten muß alſo noch einen gewiſſen Abſtand von der
    Mauer haben, damit er beim Senken des Daches keinen
    Druck auf die Mauer ausübt (Fig. 374).

[249]Die Dachgerüſte.

Tabelle
der Mauerſtärken für die Umfaſſungswände von Gebäuden (in
abgerundeten Zahlen), deren Dächer durch Geſpärre ohne
Durchzüge getragen werden.


Die nachfolgenden Figuren veranſchaulichen die Anwendung der
Sprengewerksconſtruktionen in verſchiedenen Gebäudearten.


Die Anlage eines großen freien Schuppens geben die Figuren
379 — 381; der Binder in Fig. 379 beſteht aus den Bockſtreben a a,
welche mit doppelten Zangen b verbunden werden, ſtehen auf der
Eichenholzſchwelle i und tragen die Fetten c und d; die doppelten
Zangenhölzer f halten die beiden ſeitlichen Sprengeböcke in Span-
nung und verbinden die gegenüberliegenden Dachflächen mit ein-
ander. Die Sparrenſpitzen werden mit dem Kehl- oder Spitzbalken g
unterſtützt. Wie die Fig. 380 zeigt, ſtehen die Binder 4,75m aus-
einander und auf Mauerpfeilern von 1,9m Länge und 0,63m Breite.
Zwiſchen den Hauptbindern ſind nur 2 Leergebinde in 1,58m Ab-
ſtänden vorhanden. Die Enden des Schuppens ſind zeltartig abge-
walmt und beſtehen aus vier halben Bindern. Die Fig. 381 A u. B giebt
den Werkſatz. Der Abſtand des Dachſaumes von dem Terrain be-
trägt 3,32m. Die Hölzer haben folgende Querſchnitte: aa = 20/23zm;
b = 2 à 10/26zm; c und d je 18/18zm; e = 13/16zm; f = 2 à 10/26zm;
g = 13/16zm; h = 16/16zm; i = 20/25zm.


Eine andere Hänge- und Sprengewerksverbindung giebt der
Binder des neuen Locomotivſchuppens in Königsberg (Fig. 382); er
beſteht in dem oberen Theil aus einem doppelten Hängebocke, welcher
[250]Viertes Kapitel.

Figure 382. Fig. 379.


Figure 383. Fig. 380.


[251]Die Dachgerüſte.

Figure 384. Fig. 381.


[252]Viertes Kapitel.
da, wo die Hängeſtreben ſich aufſetzen, durch Sprengeſtreben unter-
ſtützt wird. Letztere tragen gleichzeitig die mittleren Dachfetten. Der

Figure 385. Fig. 382.


Hängebalken z iſt doppelt und umgreift ſämmtliche Hölzer zangen-
artig. Die oberſte Dachſpitze trägt einen niedrigen Dachreiter.


Mit dem vorſtehenden Binder ähnlich, jedoch ingenieuſer aus-
gebildet, iſt der Binder Fig. 383. Der Hängebalken iſt hier durch

Figure 386. Fig. 383.


[253]Die Dachgerüſte.
eine Zugſtange erſetzt worden, und die Streben ss dienen haupt-
ſächlich zur beſſeren Unterſtützung der Hängewerksenden; ſie tragen
aber auch noch die Sparrenfetten und ſind in zweifacher Anzahl
vorhanden. Da es im vorliegenden Beiſpiele darauf ankam, einen
großen Waggonſchuppen zu überdecken, ſo ſind ungefähr zehn ſo
conſtruirte Dächer neben einander angeordnet und befindet ſich eine
tiefe Zinkröhre zwiſchen zwei Dachflächen. Der erhöhte Theil o iſt
ein Oberlicht und mit Glas eingedeckt.


Für große und breite Schuppen, für landwirthſchaftliche Zwecke ꝛc.
empfiehlt ſich der Binder Fig. 384. Derſelbe beſteht aus drei Theilen,

Figure 387. Fig. 384.


von denen der mittlere die beiden ſeitlichen Theile überragt, und
die Anbringung der ſeitlichen Oberlichter geſtattet. In der ange-
deuteten Art conſtruirte man den Schuppen für landwirthſchaftliche
Geräthe und Maſchinen auf der Wiener Weltausſtellung.


Sehr einfach und zweckmäßig iſt die Conſtruktion des Binders
der neuen Gießerei in Georgs-Marien-Hütte bei Osnabrück (Fig. 385).
Bei Herſtellung dieſes Binders mußte man auf einen ganz freien
Raum in der Mitte des Gebäudes bedacht ſein, um den Gießerei-
laufkrahn hin- und herbewegen zu können. Für den ſchnellen Abzug
der Dämpfe wurde der mittlere Theil des Daches ſo gehoben, daß
ſeitliche Ventilationsöffnungen, die gleichzeitig als Fenſter dienen,
angebracht werden konnten. Der mittlere Theil des Dachgerüſtes
beſteht aus einem Hänge- und Sprengewerk; in dem Hängewerke
wird der Hängebalken a von einem Hängeeiſen aufgefangen. Die
[254]Viertes Kapitel.
beiden ſeitlichen Pultdächer zeigen die Fettenconſtruktion. Folgende
Maße ſind hier bemerkenswerth: Binderentfernung = 5m; der Lauf-
krahn trägt 400 Ctr.; Hängebalken a = 18/21zm ſtark; Doppelſtreben b
= g 10/21zm; Hauptſparren c = 16/21zm; Fette d = 16/21zm; Spar-
ren e = 10/10zm; Fette f = 18/18zm; Ständer g = 21/21zm; innere
Zange h = 10/21zm; äußere Zange i dito; Sparren k = 10/10zm;
Hauptſparren l = 15/21zm; Ständer m = 21/21zm; Schwelle n =
21/21zm; Strebe o = 12/16zm, Fette r = 16/21zm; Balken p = 25/30zm.


Figure 388. Fig. 385.

Mit dem mittleren Theil des vorigen Dachgerüſtes ſehr ähnlich
iſt der Dachbinder zu einem Locomotivſchuppen der Heppens-Olden-
burger Eiſenbahn (Fig. 386). In demſelben bildet ein einfaches
Hängewerk mit der Hängeſäule h und der verlängerten Hängeſtange
den hauptſächlichſten Theil der Conſtruktion; zur Unterſtützung
der Fetten e ſind dann die doppelten Streben c angebracht, welche
von dem doppelten Zangenholze i in beſſerer Verſpannung gehalten
werden. Es ſind dadurch viele feſte Dreiecksverbindungen entſtanden,
die dem ganzen Dachgerüſt eine bedeutende Feſtigkeit verleihen. Die
Streben c ſtemmen ſich gegen einen Fußklotz l, der feſt vermauert
und mit den Streben verbolzt iſt und auf einem 0,4m hohen und
[255]Die Dachgerüſte.
0,5m breiten Granitblock liegt. Der Pfeiler iſt incl. Vorlage 3 Stein
ſtark. Die Zwiſchenmauer ſelbſt iſt 1½ Stein ſtark. Die Holz-

Figure 389. Fig. 386.


dimenſionen ſind folgende: die Fußfette a 20/24zm, Sparren b 16/19zm,
Doppelſtreben c je 15/24zm ſtark, Hängeſtreben d 16/25zm, Zwiſchenfette e
20/29zm, Fußfette f 16/20zm, Zugbalken g 24/24zm, Hängeſäule h 16/24zm,
Doppelzangen i je 11/24zm, Fettenbügen k 16/16zm, Fußklotz l 22/22zm.
Das Dach iſt mit engliſchem Schiefer gedeckt worden.


Eine weitere Ausbildung der vorſtehenden Conſtruktion giebt
Fig. 387, in welcher das Hänge- und Sprengewerksprincip noch

Figure 390. Fig. 387.


mehr hervortritt. Wiederum iſt ein einfaches Hängewerk mit den
Streben s s, den Zugbalken g g und der Zugſtange z vorhanden.
Die Streben s tragen die in 1,5m Entfernung liegenden und von
Knaggen unterſtützten Fetten (Riegel) f. Die ſtarkbelaſteten Streben s
ſind zweimal mit Sprengeſtreben a und b unterſtützt, welche den
Druck auf einen, auf einer Sandſteinconſole ſtehenden Klappſtiel k
[256]Viertes Kapitel.
übertragen. Damit die ſchräg geneigten Streben b b nicht nach
inwendig ſtürzen, iſt die doppelte Zange t, welche das ganze einfache
Hängewerk umfaſſen, vorhanden. Auch in dieſem Binder wurde
beſonders auf die Herſtellung unverſchiebbarer Dreiecke geſehen.


Eine Hänge- und Sprengewerksconſtruktion beſonderer Art zeigt
die Fig. 388, welche einen Binder der Eiſengießerei des Herrn

Figure 391. Fig. 388.


Wurmbach in Frankfurt a/M. darſtellt. Bei der Conſtruktion des-
ſelben mußte auf einen freien Raum für den Gießkrahn und auf
eine Dacherhöhung zur ſchnelleren Abführung der Dämpfe geſehen
werden. Die Conſtruktion beſteht hauptſächlich aus den Hänge-
ſtreben s, welche bis auf die Balken b reichen und mit dieſen ver-
bolzt ſind; weil letztere Hölzer aber nicht durchgehen, ſo wurde der
Strebenſchub durch die doppelten Zangen z unſchädlich gemacht, und
an dieſen Stellen das oberhalb entſtehende einfache Hängewerk durch
die Streben t abgeſteift. Weil die Streben s dort, wo die Zangen z
und die Fetten des überhöhten Dachtheils ſich befinden, geſchwächt
werden, hat man ſie noch mittelſt Sattelhölzern verſtärkt. Der
erhöhte Dachtheil iſt flacher als die ſeitlichen Pultdächer; letztere
werden von Zwiſchenfetten m, die auf dem unteren Theil der
Streben s ruhen, getragen. Um den oberen Theil des erhöhten
Daches gegen Verſchiebung in der Quere zu ſichern, iſt eine doppelte
[257]Die Dachgerüſte.
Zange g vorhanden. Der Kopf der Hängeſäule h iſt durch ange-
bolzte Hölzer verſtärkt worden. Die Figuren 389 A und B geben

Figure 392. Fig. 389

A u. B.


einige Details zu dem vorſtehenden Binder; k iſt ein über der
Säule liegender, mit Conſolen verſtärkter eiſerner Schuh, welcher
den Balken b und l als Auflager dient. Die Holzſtärken ſind
folgende: Balken b = 19/23zm, Streben t = 19/23zm, Streben s =
19/29zm, Hängeſäule h = 19/29zm, Doppelzangen z je = 15/21zm,
Zwiſchenfetten m = 16/19 zm, Fußfette f = 16/16zm, Doppelzangen g
je = 10/16zm, Ständer d = 16/16zm, Doppelſchwellen v je = 16/16zm,
Fetten w 16/19zm, Stiele a = 13/16zm, ſämmtliche Sparren 8/12zm.
Das Dach iſt mit Theerpappe eingedeckt.


Falls in dem zu überdeckenden Raume Stiele ſtehen können,
läßt ſich die Conſtruktion des Binders bedeutend vereinfachen, wie
der Hallenbinder in Fig. 390 vergegenwärtigt. Der ganze Raum

Figure 393. Fig. 390.


iſt 20m breit, und die Stützen ſtehen 3,7m von der Wand entfernt.
Die Firſtfette ruht auf einem einfachen Hängewerk, deſſen Streben s
Wanderley, Bauconſtr. 17
[258]Viertes Kapitel.
mit den Stielen t überblattet ſind und deſſen Schub durch die
Doppelzange z und die eiſerne Zugſtange aufgefangen wird. Die
Fette f liegt auf den Stielen t, während für die Fette m eine Strebe
nothwendig iſt, welche ſich auf s ſtützt und von einer andern Strebe
unterfangen wird. Angebolzte Knaggen verhindern das Wegrutſchen
dieſer Streben.


Eine treffliche Hänge- und Sprengewerksconſtruktion ohne durch-
gehende Zuganker beſitzt die Turnhalle zu Brünn (Fig. 391). Das

Figure 394. Fig. 391.


hohe mit Schiefer bedeckte Dachgerüſt beſteht aus den doppelten
Klappſtielen k, die auf einem Sandſteinblock ſtehen und in dem vor-
ſtehenden Ziegelpfeiler vermauert ſind. Die Klappſtiele umfaſſen die
Sparren und Zangen z, ſowie die Streben s. Durch Ueberblattung
und Verbolzung werden ſämmtliche Hölzer unverſchiebbar zuſammen
[259]Die Dachgerüſte.
gehalten. Den oberen Theil des Dachgerüſtes halten die Kreuz-
zangen a a und die horizontale Zange b zuſammen. Behufs beſſerer
Uebertragung des Dachdruckes auf die Mauer ſind conſolartige
Knaggen unter die Hölzer a und b, s und z gebracht und mit dieſen
verbolzt. Die Knaggen ſind nach einem Halbkreiſe ausgeſchnitten, ſo
daß eine verſchalte Bogendecke leicht hergeſtellt werden konnte. Der
Firſt wird mit einer Firſtfette und Hängeſäule unterſtützt. Die ein-
fache Ausbildung der ſeitlichen balkonartigen Gallerien macht die
Figur erſichtlich.


Für den ſtarken Dachſchub ſind kräftige, nach Außen ſpringende
Ziegelpfeiler, die der in mittelalterlicher Backſteinarchitectur durch-
gebildeten Façade ein äußerſt ſolides Anſehen verleihen. Die Turn-
halle wurde nach den Entwürfen des Architecten Prokop ausgeführt.


Die nachfolgenden Figuren geben drei Binder für freie Reit-
hallen an.


Fig. 392 zeigt einen Binder zu einer Reithalle in Wien. Die
Spannweite des Binders beträgt zwiſchen den Umfaſſungen der

Figure 395. Fig. 392.


Langſeiten 12 wiener Klafter oder 22,75m. An dieſem Binder iſt
das Mollerſche Knotenſyſtem in ganz normaler und zweckmäßiger
Weiſe zur Anwendung gelangt. Die Conſtruktion des Binders
beſteht aus den oberen beiden Hauptſtreben a, welche die Dach-
17*
[260]Viertes Kapitel.
fetten *) tragen, aus zwei anderen Streben, welche am Fuße der
erſteren mit dieſen durch Verzahnung und Bolzen verbunden und
an ihrem andern Ende durch Zapfen und Verſatzung mit den gegen-
überliegenden Hauptſtreben vereinigt ſind. Die vier Streben bilden
hierdurch zwei größere Dreiecke, welche durch eine in der Mitte des
Binders angeordnete Hängeſäule h noch eine weitere Befeſtigung
erhalten. Die durch die Streben gebildeten Dreiecke werden aber
ferner noch durch eine horizontal gelegte Doppelzange z, welche in
der Mitte der äußeren Hauptſtreben eingelegt iſt, unter ſich verbun-
den, und es wird hierdurch auch unter dem Firſt ein drittes größeres
Dreieck gebildet, welches die Feſtigkeit der Conſtruktion hauptſächlich
mit ſichern hilft. Behufs möglichſter Beſeitigung eines durch die
Verbindung der Streben unter ſich und mit der horizontalen Doppel-
zange reſp. der doppelten Hängeſäule etwa noch zuläſſigen Schubes
und zur Errichtung eines beinahe ganz ſenkrechten Druckes der
Binderconſtruktion auf die Umfaſſungsmauern ſind am Fuße der
Hauptſtreben noch kurze, am untern Ende auf Conſolen geneigt ſtehende
Pfoſten s unter dieſe geſtellt, und durch Streben und Zangen mit
ihnen verbunden. Die Conſtruktion des Binders iſt hierdurch ſo
geſichert, daß kaum die geringſte Bewegung innerhalb der einzelnen
und ganzen Verbindung, den lothrechten Stand und die Feſtigkeit
der Umfaſſungsmauern gefährden dürfte.


Fig. 393 zeigt einen Binder zu einer Reithalle im Jeſuitenhof in
Wien, welchen wir einer Beſchreibung von Liebold in der Holz-
mindener Zeitſchrift entnehmen. Dieſer Binder iſt in der Hauptſache
ebenfalls nach den zuerſt von Moller aufgeſtellten Grundſätzen über
die Conſtruktion von Dachbindern, oder nach dem ſogenannten
Mollerſchen Knotenſyſtem gebildet. Zwei nach der Dachform und
gegen einander geneigte Streben bilden dabei den oberen Abſchluß
des Binders und dienen gleichzeitig dazu, um die über die Streben
geſtreckten Dachfetten aufzunehmen. Die Dachfetten oder Riegel ſind
mit dieſen Hauptſtreben überblattet und dann durch lange Nägel
befeſtigt. Für die Feſtigkeit der Dachbinder dürfte es aber vortheil-
hafter ſein, wenn die Fetten durch Knaggen, wie in Fig. 392, die
nöthige Unterſtützung erhalten hätten, da dann eine Schwächung
[261]Die Dachgerüſte.
der Hauptſtreben durch die Ueberblattung ganz ausgeſchloſſen war.
Am Fuße ſind die Hauptſtreben durch lothrecht an und auf die Um-

Figure 396. Fig. 393.


faſſungen geſtellte Ständer unterſtützt, und am Kopfe greifen beide
in eine aus Doppelzangen gebildete Hängeſäule. Unter dem Firſt
iſt zwiſchen den Hauptſtreben eine horizontale Zange h eingeblattet,
welche in ihrer Mitte ebenfalls von der Hängeſäule gefaßt und, wie
der Kopf der Hauptſtreben, durch Bolzen mit dieſer verbunden wird.
Durch dieſe Zange iſt am Firſt ein unverſchiebliches Dreieck gebildet.
Der Fuß der Hauptſtreben wird mit den lothrechten Ständern eben-
falls durch Zangen v mittels Ueberblattung verbunden, und entſteht
hierdurch auf jeder Seite ein zweites Dreieck, welches, wie das
Dreieck am Firſt, noch durch Doppelzangen w und Bolzen befeſtigt
wird. Zur Vermehrung der Widerſtandsfähigkeit des in der ge-
nannten Weiſe aus Hauptſtreben, Ständern und Doppelzangen zu-
ſammengeſetzten Dachbinders und behufs einer möglichſt innigen
Verbindung dieſer Hölzer unter ſich ſind weiter, beinahe in Halb-
kreisform, dicht unter den Ständern, Zangen v und z und Streben s
und zwiſchen den Zangen und der Hängeſäule bogenartige Hölzer h
angeordnet und durch die Zangen am Fuß und Firſt befeſtigt.
Außerdem ſind noch zu beiden Seiten des Firſtes, ungefähr in der
[262]Viertes Kapitel.
Mitte zwiſchen dem Firſt und Fuß des Binders, zur feſten Verbin-
dung der Hauptſtreben mit den unteren Kreisſtücke bildende Hölzer
als zwei andere Doppelzangen eingelegt. Durch die Anwendung der
einen Bogen darſtellenden Hölzer erhält der Binder unterhalb einen
paſſenden Abſchluß und eine ſehr angenehme Form. Die Conſtruk-
tion dieſes Binders iſt daher auch als ſehr gelungen zu bezeichnen.


Während in den beiden vorſtehenden Figuren die Dachconſtruk-
tion ſichtbar bleibt, iſt in dem Beiſpiele Fig. 394 die Decke verſchalt

Figure 397. Fig. 394.


worden; die Conſtruktion beſteht zunächſt aus einem einfachen Hänge-
bocke, deſſen Hängeſäulen und Hängebalken theilweiſe durch Eiſen-
ſtangen erſetzt ſind. Die Hängeſtreben tragen Zwiſchenfetten und
werden von den Streben a und b unterſtützt, welche ſich überſchnei-
den und gegen den Klappſtiel k mit Verſatz ſetzen. Die Streben a
und b übertragen den Dachdruck möglichſt gleichmäßig und tief auf
die Klappſtiele k, ſo daß die vorſpringenden Verſtärkungspfeiler
keiner außergewöhnlichen Stärke bedürfen. Zur beſſeren Sicherung
der Dreiecksverbindungen dienen die doppelten Zangen zz. Aus
gleichem Grunde ſind die Hängeſäulen h vorhanden. Die Hölzer
a, c, h, g benutzt man zum Befeſtigen der Deckenverſchalung.


Eine intereſſante, wenn auch ſchwerfällige Ueberdeckung bietet die
[263]Die Dachgerüſte.
vom Architecten Hauers entworfene und im Jahre 1864 ausgeführte
Turnhalle in Hannover. Der Turnſaal hat eine Länge von 30m
und eine Breite von 19,7m; er iſt bis zum Kämpfer des mittleren
ſpitzbogigen Brettergewölbes 5,9m hoch. In der Verbindung mit
der Vorhalle, dem Fechtſaale und dem Berathungszimmer iſt an der
Schmalſeite der Halle (ſiehe Fig. 395) in Fußbodenhöhe des zweiten
Geſchoſſes des Vorderbaues eine Empore für Zuſchauer in 3m Breite
angeordnet. Das ganze Gebäude iſt in gothiſchem Style in engem
Anſchluſſe an die Conſtruktionen des im Mittelalter ſo eigenartig
entwickelten norddeutſchen Backſteinbaues ausgeführt. Die Con-
ſtruktion ſelbſt beſteht hauptſächlich aus kräftigen Sprengſtreben,
welche ſich gegen breite Ziegelſtein-Widerlager ſtützen. Mittelſt
Zangen und Stielen werden die Dachfetten unterſtützt, und die
bogenförmig ausgeſchnittenen Hölzer ſprengen die Conſtruktion bogen-
artig ab.


Sämmtliches Holzwerk der ſichtbaren Dachconſtruktionen wurde
ſauber abgehobelt und durch einen durchſichtigen Firniß-, Lack- reſp.
Wachsanſtrich geſchützt. Auf dieſen Grundton iſt dann die decora-
tive reich auftretende Malerei mit reinen Farben und Gold aus-
geführt. Das Dach iſt mit Dachpfannen eingedeckt.


Da Behufs möglichſt freier Benutzung der der Heizbarkeit und
Koſten wegen nicht allzu hoch auszuführenden Turnhalle durchgehende
Balken oder Zugſtangen in derſelben vermieden werden ſollten, war
eine ſtarke Widerlagsconſtruktion gegen den Schub des ganz in
Holz ausgeführten Dachſtuhles erforderlich, und erſchien es zweck-
mäßig, das Widerlager theilweiſe in die Halle hineinzuziehen und
in derſelben als Stützen in 0,9 Meter Entfernung von der Wand
zwei Stein ſtarke Backſteinſäulen anzuordnen. Dieſe ſind in Längen-
richtung der Halle mittelſt Gurtbogen mit einander verbunden und
tragen zunächſt die eigentliche Stützmauer der Dachconſtruktion. Die
zwiſchen dieſer und der Außenmauer ſich bildenden Joche wurden
mit ½ Stein ſtarken ſpitzbogigen Tonnengewölben, deren Gewicht
das Widerlager vermehrt, überdeckt. Behufs thunli [...]ter Vermin-
derung der Höhe der Außenmauer wurde dieſelbe in den einzelnen
Jochen entſprechende Giebel aufgelöſt, deren hinterliegende Dächer
in das Hauptdach der Halle einſchneiden. Die Abwäſſerung erfolgt
zwiſchen dieſen kleinen Dächern durch offene in Waſſerſpeier endende
Rinnen, welche auf der ſchrägen Abdeckung der Strebepfeiler ruhen
[264]Viertes Kapitel.

Figure 398. Fig. 395.


[265]Die Dachgerüſte.
und das Waſſer in darunter ſtehende Fäſſer führen, in denen das-
ſelbe zum Benetzen des Turnplatzes und des Fußbodens der Halle
geſammelt wird.


Durch die gedachte, theilweiſe nach innen gezogene Widerlags-
conſtruktion wurde eine, über die Forderung des Programms um
1,25m hinausgehende lichte Weite der Halle von 19,7m erlangt. Die
durch die Säulen entſtehende Abtheilung und der hinter denſelben
gewonnene Raum iſt beim Turnen ſelbſt, ferner der Communications-
gang während deſſelben, und nach dem Turnen zur Aufnahme der
beweglichen Geräthe ſehr vortheilhaft zu benutzen.


Das einfache Hänge- und Sprengewerksprincip finden wir in
dem Binder Fig. 396, welcher zur Ueberdeckung eines großen mit

Figure 399. Fig. 396.


ſeitlichen Emporen verſehenen Saales dient. Die Emporenconſtruktion
wurde als Widerlager für das Sprengewerk benutzt, wodurch der
[266]Viertes Kapitel.
Strebenſchub vollſtändig aufgefangen wird. Auf dem Hauptſparren a
ruhen die mit Knaggen unterſtützten Dachfetten (Riegel) in Entfernungen
von 1,5m. Der Sprengebock beſteht aus den Sprengeſtreben b und
dem Spannbalken c, welche beide ſich gegen ein Sattelholz d ſtem-
men, welches zur Verſtärkung des Hauptſparrens a dient und mit
dieſem verbolzt und verdübelt iſt. Damit die Hölzer b und c
nicht abrutſchen können, ſtecken ſie mit ihren Enden in gußeiſernen
Schuhen s, die mit breiten Platten verſehen ſind und an dem Stiel t
und dem Hauptſparren a verbolzt werden. Zwiſchen den Hirnhölzern
von b und d ſowie d und c befindet ſich je eine dünne Bleiplatte.
Der Spannbalken c wird von einer doppelten Hängeſäule gehalten,
außerdem verhindert die [doppelte] Zange z das Durchbiegen der
Strebe b. Die Diagonalſtreben e und f bilden ein unverſchiebbares
Widerlager für das Sprengewerk.


Eine bedeutend beſſere Ausbildung, beſonders in architectoniſcher
Hinſicht, beſitzt der Binder Fig. 397. In ihm wird durch die An-
ordnung zweier verſchieden geneigter Streben a und b nicht nur der
Hauptſparren c zweckmäßig unterſtützt, ſondern auch der ganze Dach-
druck auf zwei, in verſchiedenen Höhen befindliche Stützpunkte gleich-
mäßig übertragen, und ſomit der ganzen Conſtruktion eine bedeutend
größere Stabilität verliehen. Der Spannbalken d umgreift zangen-
artig die Hölzer a, c und h. Die linke Hälfte des Binders giebt
die Verſchalung der Decke an.


Eine zweckmäßige Decken- und Dachconſtruktion befindet ſich über
der Aula des Gymnaſiums und der höheren Bürgerſchule zu Han-
nover (Fig. 398). Die Aula hat zu beiden Seiten eine auf Mauer-
bögen ruhende Gallerie. Sie iſt oben 11m, unten 9m breit und im
Ganzen 10,5m hoch. Zur Unterſtützung des Dachroſtes, welcher auf
der Firſtfette f, der Fußfette p und der Mittelfette m ruht, iſt ein
Hängewerk vorhanden, deſſen Hängeſäulen auf der Firſtfette f liegt,
deſſen Hängebalken z zangenartig angeordnet iſt, und zwar in der
Höhe der Mittelfette m. Die Hängeſtrebe s reicht, parallel laufend
mit dem Sparrenroſt, bis zum Stiele t und iſt mit dieſem als auch
mit dem Stiele u überblattet und verbolzt. Die Unterſtützung der
durch die Mittelfette doppelt belaſteten Zange z geſchieht durch die
Sprengeſtrebe r, welche, ebenfalls bis t reichend, mit den Hölzern
t, u, s und z gehörig verbolzt iſt. Der Schub der Strebe s wird
außerdem noch durch die Kreuzſtrebe v, welche mit den Stielen t
[267]Die Dachgerüſte.
und u feſt verbunden iſt, ganz unſchädlich gemacht. Endlich geben
die beiden doppelten Zangen w w dem Fuße der Conſtruktion des

Figure 400. Fig. 397.


ganzen Binders einen unverſchiebbaren Standpunkt. Auch die Dop-
pelzange x trägt weſentlich zur Verſtärkung des oberen Theils des
Binders bei, indem ſie gemeinſchaftlich mit r ein zweites Sprenge-
werk bilden hilft. Durch die Ueberkreuzung dieſer beiden Sprenge-
werke und die mehrfache Zuſammenkuppelung mittelſt Zangenhölzern
iſt eine große Anzahl feſter Knotenbildungen und unverſchiebbarer
Dreiecke entſtanden, welche ſämmtliche ſeitlich wirkende Drucke voll-
ſtändig aufheben. Der Stiel u ſteht auf einem kräftigen und feſt
eingemauerten Granitconſol k. Bemerkt ſei noch, daß unter der
Aula A ſich die Bibliothek B befindet, und das ganze Gebäude im
gothiſchen Style und Ziegelrohbau durchgeführt iſt.


[268]Viertes Kapitel.
Figure 401. Fig. 398.
[269]Die Dachgerüſte.
Binder mit ausſchließlicher Benutzung von
Hängewerken

haben wir zwar früher ſchon beſprochen, an dieſer Stelle ſollen aber
noch ſolche vorgeführt werden, welche keine durchgehende Balkenlagen
haben.


Eine einfache Anordnung enthält der Dachſtuhl der mechaniſchen
Werkſtatt der Georgs-Marienhütte bei Osnabrück (Fig. 399). An

Figure 402. Fig. 399.


dieſer Stelle kommt nur der obere Theil des Binders in Betracht,
welcher aus dem Hängewerk c h g beſteht. Daſſelbe ſtützt ſich auf den
Stiel d und ſeine Strebe c reicht bis auf den Balken a. Die
Strebe c trägt die Fetten, deren Druck von den Streben k und b
unterfangen wird. Damit innerhalb der Werkſtatt ein Laufkrahn
von 120 Ctr. Tragfähigkeit hin und her bewegt werden kann, darf
der Balken a nicht durch das ganze Gebäude reichen, und ſind daher
eiſerne Säulen zur Unterſtützung nöthig.


Die Holzſtärken ſind folgende: Balken a = 30/30zm, Doppelſtreben
b je = 11/23zm, Hauptſparren c = 20/25zm, Ständer d = 20/20zm,
Sparren e = 10/10zm, Fetten f = 21/23zm, doppelte Zangenhölzer g
je = 11/23zm, Hängeſäule h = 25/25zm, Doppelzangen i je = 8/15zm,
Streben k = 15/15zm, Schwelle l = 21/23zm. Binderentfernung
gleich 4,5m.


[270]Viertes Kapitel.

Drei einfache Hängewerke enthält der Binder Fig. 400, welcher
aus einem erhöhten Mitteltheil und zwei ſeitlichen Pultflächen beſteht.

Figure 403. Fig. 400.


Zur Unterſtützung der
Firſtfette iſt das ein-
fache Hängewerk, be-
ſtehend aus der ein-
fachen Hängeſäule h,
den Streben s und dem
doppelten Zangenholze
z vorhanden. Die Pult-
flächen ruhen auf der
oberen Fette n, der
Mittelfette m und der
Fußfette o. Zur Unter-
ſtützung der Mittelfette
m ſind wiederum ein-
fache Hängewerke er-
forderlich, deren Bal-
ken a auf eiſernen
Säulen u liegen und
den Stiel t tragen.
Dieſer Binder iſt für
eine Gießerei beſtimmt.
Binderentfernung 5m.


Ebenfalls einfach,
jedoch mit Vermeidung
der hölzernen Hänge-
ſäulen u. Verwendung
eiſerner Zugſtangen an
deren Stelle, iſt das
Dachgerüſt des Kohlen-
ſchuppens der Gasan-
ſtalt in Magdeburg, welches wir in Fig. 401 im Quer- und Längen-
ſchnitt reproduciren. Der Schuppen hat hohe maſſive Giebelwände,
jedoch niedrige Seitenwände, welche aus einer hohen Plinthe und
einer angemauerten Riegelwand beſtehen. Das Dach iſt in der
Mitte erhöht und an den Seiten mit Pulten verſehen. Der Sparren-
roſt ſämmtlicher Dachflächen ruht auf Fetten, die wiederum von ein-
[271]Die Dachgerüſte.

Figure 404. Fig. 401


[272]Viertes Kapitel.
fachen Hängewerken unterſtützt werden. Beſonders beachtenswerth,
wie die Zeichnung genau wiedergiebt, iſt die Aufſtellung des dop-
pelten Stieles s, welcher die Balken a a und die Strebe c umklam-
mert. Im Uebrigen bedarf die Zeichnung keiner weiteren Erklärung.


In großartigem Maaßſtabe verwendete Herr Baumeiſter H. Krämer
die Hängewerke bei dem Dachgerüſte der Kanonengießerei auf der
Gußſtahlfabrik von F. Krupp in Eſſen a/R. Die Figuren 402 u. 403
entnehmen wir dem Sammelwerke „Neuere Dachbinder“, heraus-
gegeben vom Architect Hittenkofer.


Figure 405. Fig. 402.

Die geſammte Binderconſtruktion hat eine lichte Weite von 46,40m,
wovon auf das Hauptdach (welches den mittleren Raum überſpannt)
26,89m kommen. Die Binder ſtehen in einer Entfernung 13,445m
von einander, und iſt jeder zweite Binder abgeſprengt. Die ganze
Conſtruktion iſt äußerſt inſtructiv und hat ſich ſeit der Ausführung
vorzüglich bewährt. Noch ſind die mit dem Binder in Zuſammen-
hang gebrachten und gleichzeitig den Längenverband herſtellenden
vier Laufbühnen zu bemerken, die ſich im Mittelraum befinden. Die
Oeffnungen im Dache ſind mit verſtellbarem Verſchluß verſehen.


Die angewandten Holzſtärken ſind: Hauptbinder:


[273]Die Dachgerüſte.

Binderbalken = 21/24zm + 21/21zm. Hauptſtrebe = 21/24zm. Strebe
(unter der Hauptſtrebe und mit dieſer verbunden) = 21/31zm. Kehl-
balken = 18/29zm. Doppelſtrebe = 2 × 10/24zm. Strebe (c) = 15/25zm.
Strebe (d) = 15/15zm. Fetten = . Sparren = . Ver-
ſtärkungsholz des Binderbalkens = . Hängezangen = 2 × 21/21zm.
Kehlbalken (zunächſt des
Firſtes) = 18/24zm. Fet-
ten = 13/13zm. Pfoſte
unter dem Binderbalken
= 18/21zm. Träger der
Laufbühnen = 13/14zm.
Geländerhölzer (der
Laufbühnen) = 80/80mm.
Der Hauptbinder, wel-
cher aus 5 Theilen be-
ſteht, iſt in ſeiner ganzen
Länge nur 130m, die
Hauptſtreben nur 7,5zm
geſprengt. Die ganze
Höhe bis zur Oberkante
des Firſtſparrens be-
trägt 19,64m.


Fig. 403. Querſchnitt
des vorbenannten Bin-

Figure 406. Fig. 403.


ders, wobei die Abſprengung jedes zweiten Binders äußerſt inſtructiv
ſein dürfte.


Die Thurmdächer.

Die bereits aus dem 13. Jahrhundert ſtammende Conſtruktion der
Thurmdächer war noch im Anfang dieſes Jahrhunderts gebräuchlich;
vor etwa 50 Jahren wurde aber von Moller in Heſſen-Darmſtadt
eine neue Conſtruktion erſonnen, welche unter dem Namen „Moller'ſche
Thurmſpitzen“ bekannt iſt.


Die alten Thurmpyramiden beſtehen aus mehreren Stockwerken
von ſogenannten liegenden Stühlen, welche jedesmal durch eine
Kehlbalkenlage von einander getrennt ſind. In der Mitte befindet
ſich ein ſtarker, durch alle Stockwerke gehender Pfoſten, der ſoge-
Wanderley, Bauconſtr. 18
[274]Viertes Kapitel.
nannte Kaiſerſtiel, auch die Spille oder Helmſtange, in welche
die Gebälke meiſtens eingezapft ſind oder mit Anblattung eingreifen.
Das unterſte Gebälk ruht auf einer vertieft liegenden Mauerlatte,
ſo daß die oberen Kanten derſelben mit dem Mauerwerk in gleicher
Höhe ſich befinden. Auf dieſem Gerüſte liegen die Sparren, deren
obere Enden mittelſt Verzapfung in den Kaiſerſtiel greifen.


Anders verhält es ſich mit der Moller'ſchen Conſtruktion, welche
ſich von der vorigen dadurch auszeichnet, daß ſie weniger Holz be-
darf und infolge deſſen die Thurmſpitze leichter und billiger con-
ſtruirbar iſt; ferner laſſen ſich einzelne ſchadhafte Hölzer durch neue
ſehr leicht wieder erſetzen. Fig. 405 giebt den Schnitt durch eine
Moller'ſche Thurmſpitze.


Figure 407. Fig. 404.

Die Höhe der ganzen Spitze verhält ſich zur ganzen Baſisbreite
wie 3½ bis 4½ : 1, höchſtens wie 5 : 1; direct auf das obere
Mauerwerk des Thurmes werden zwei Mauerlatten gelegt, deren
Enden ſich überkreuzen und feſt überblatten. Die Mauerlatten dürfen
mit dem Mauerwerk ſelbſt in keiner Verbindung ſtehen, vielmehr iſt
die iſolirte Lage der beſſeren Conſervirung wegen durchaus erwünſcht.
Auf die Mauerlatten werden zwei Balken in paralleler Lage ſo gelegt,
daß ihre Außenflächen an den gegenüberliegenden Ecken des Achtecks
liegen, wie Fig. 404 zeigt. Ganz ebenſo verlegt man in rechtwink-
liger Lage zu dieſen beiden Hölzern zwei andere Balken, welche aber
nicht ganz durchgehen können, ſondern in erſtere verzapft werden.


Alsdann ordnet man in Entfernungen von 1 bis 1,5m einige
[275]Die Dachgerüſte.
Stichbalken an. Dieſes Ge-
bälk dient nun zur Aufnahme
der ganzen Thurmſpitze und
darf durchaus nicht mit dem
Mauerwerk verankert werden,
weil ſonſt jede Bewegung der
Thurmſpitze gleichfalls auf
das Mauewerk übertragen
würde. Die Thurmſpitze wird
dann in Etagen von je 3
bis 4,5m Höhe eingetheilt.
Das ganze Dachgerüſt zer-
fällt in kreuzartige Stützen,
welche aus zwei Kreuzſtreben
und einer Ober- und einer
Unterſchwelle beſtehen. Dieſe
Kreuzböcke werden beiſpiels-
weiſe bei einem achteckigen
Thurme in jeder Etage ab-
wechſelnd an vier Seiten
aufgeſtellt. Auf den Stre-
ben liegt die Oberſchwelle,
welche zum Tragen einer
aus vier Hölzern beſtehen-
den Balkenlage (Fig. 404)
beſteht. Dieſe Balken lie-
gen ſo, daß ſie die Eck-
oder Gradſparren a (Fig.
406 A) zangenartig umfaſ-
ſen. Auf dieſem zweiten
Gebälk ruhen die Schwel-
len b der oberen Kreuzböcke,
die wiederum eine Balkenlage
unterſtützen. Bei hohen Thür-
men würde man mehrere ſol-
cher Stockwerke über einander
anordnen, hin-
gegen bei Thurm-

Figure 408. Fig. 405.


18*
[276]Viertes Kapitel.
ſpitzen von 12—15m genügen zwei. In der Höhe der oberen Ab-
theilungen ſind nur zangenartige Hölzer, welche an die Eck- oder
Gradſparren angebolzt werden und zum
Halten der Helmſtange oder des Kaiſer-
ſtiels dienen, nothwendig. Die Schwellen
ſind etwa 4zm in die Gradſparren einge-
laſſen, ferner werden ſämmtliche auf ein-
ander liegende Hölzer des Schwellwerks
und der Gebälke mit einander verkämmt
und verbolzt. Die Gradſparren werden
nicht abgekantet, ſondern bleiben vollſtän-
dig viereckig und ſind bedeutend ſtärker
als die Schift- oder Zwiſchenſparren.


Figure 409. Fig. 406

A.


Fig. 406 A giebt das Gebälk der erſten Etage, Fig. 406 B das
Gebälk der zweiten Etage, Fig. 406 b die oberſte Zangenverbindung.


Figure 410. Fig. 406

B.


Figure 411. Fig. 406

C.


Moller giebt folgende Regeln an:


  • 1) Die Verbindung der Holzſtücke geſchieht nicht mittelſt Zapfen,
    ſondern durch Schwalbenſchwanzüberblattung, welche nur 4zm ver-
    tieft ſein dürfen, um das Holz nicht zu ſchwächen.
  • 2) Man ſetze das Zimmerwerk der Thurmſpitze unmittelbar auf
    den oberen Theil der Mauer, ſo daß die Holzconſtruktion ganz für
    ſich beſteht und das Mauerwerk keine weitere Verbindung mit erſterer
    hat, als daß es derſelben zur Unterlage dient.
  • 3) Das Innere des Thurmes werde möglichſt leicht conſtruirt,
    und man verſtärke dagegen die äußern Dachwände.
  • 4) Die langen und ſchweren Helmſtangen ſind wegzulaſſen und
    auf eine kurze Hängeſäule zum Tragen des Knopfes und zum An-
    ſetzen der Sparren zu beſchränken.

[277]Die Dachgerüſte.
  • 5) Die Eckpfoſten oder Eckſparren dürfen nicht durch horizontale
    Hölzer unterbrochen, ſondern ſie müſſen, wenn ſie zu kurz ſind,
    unmittelbar verlängert werden, ſo daß Hirnholz auf Hirnholz zu
    ſtehen kommt.
  • 6) Die äußeren Dachwände ſind ſo zu verbinden, daß ſie keinen
    Seitendruck ausüben, ſondern nur ſenkrecht auf die Mauer drücken
    können.
  • 7) Dieſelben ſind durch horizontale Verbindungen (Kränze) in
    gewiſſen, nicht zu großen Entfernungen ſo abzuſchließen, daß dadurch
    die Thurmpyramide in mehrere kleine abgeſtumpfte Pyramiden ab-
    getheilt wird.
  • 8) Alle Zapfenlöcher, in denen das Waſſer ſich ſammeln könnte,
    ſind zu vermeiden; wo dieſes nicht möglich iſt, müſſen ſie unten
    geſchlitzt werden, damit das Waſſer ablaufen kann.
  • 9) Die Mauerlatten und Balken dürfen nicht eingemauert wer-
    den, ſondern müſſen auf der Mauer nur frei ruhen.
  • 10) Der Luftzug iſt zu befördern.
  • 11) Alle Hölzer ſind ſo zu verbinden, daß die ſchadhaften leicht
    weggenommen werden können, mithin müſſen die Gebälke, Sparren-
    balken, nicht unter die Hauptpfoſten oder Eckſparren gelegt werden,
    ſondern neben dieſelben.
  • 12) Bei größeren Thürmen iſt jedesmal außer den Eckſparren noch
    eine von denſelben unabhängige Unterſtützung anzubringen, ſo daß
    durch dieſelbe, ſowohl beim Aufſchlagen, als bei Reparaturen, die
    Feſtigkeit des Ganzen geſichert wird, und ſie zugleich als Gerüſt dient.
  • 13) In jedem Stockwerke iſt wenigſtens ein eiſernes Fenſter anzu-
    bringen, um jeden Schaden des Dachwerks leicht erkennen zu können.

Die zuſammengeſetzten Dächer und Schiftungen.

a) Die geraden Walmdächer. Falls an dem Giebel die Dach-
fläche [herum] geführt werden ſoll, ſo daß rings um das Gebäude die
Traufkante in eine Ebene zu liegen kommt, ſo entſteht ein Walm- oder
Schopfdach. Bei der Durchſchneidung der gleich geneigten Dach-
flächen entſtehen hervorragende Kanten, ſogenannte „Grate“, deren
Horizontalprojectionen ſtets gerade Linien ſind und in der Hal-
birungslinie des Eckwinkels liegen. In Fig. 407 giebt a b c d den
rechteckigen Grundriß eines Daches, welches bei a b und c d abge-
walmt iſt. a h, h b, h d und h c ſind die Projectionen der Grate.
[278]Viertes Kapitel.
Die Linie h h heißt der Forſt; die Punkte h und h nennt man „An-
fallspunkte
“. Bei Anordnung des Dachgerüſtes muß ſtets an
jedem Anfallspunkte ein Binder, der ſogenannte „Anfallsbinder
i i ſein, welcher vielfach ein Hauptbinder iſt. Unter jedem Grat be-
findet ſich ein „Gratſparren“, gegen welchen ſich die „Schift-
ſparren
“ anlehnen.


Die wirkliche Länge des Gratſparrens wird gefunden, wenn man
ein Dreieck bildet, deſſen eine ſenkrechte Kathete gleich der Dachhöhe
und deſſen horizontale Kathete gleich der Horizontalprojection des
Gratſparrens iſt; ſo z. B. geben in Fig. 408 das Loth b' b' die

Figure 412. Fig. 407.


Figure 413. Fig. 408.


Dachhöhe und die horizontale Kathete a b' die Horizontalprojectionen
a b, ſo daß die Hypothenuſe a b' den Gratſparren in wirklicher
Länge darſtellt.


Die Größe der einzelnen Dachflächen wird durch Umklappungen
beſtimmt, wie Fig. 409 A und B zeigt. Es ſei a b c d die Grund-

Figure 414. Fig. 409

A und B.


[279]Die Dachgerüſte.
fläche eines Walmdaches, e b und e c die Gratlinien; Fig. 409 B,
f g = die halbe Dachbreite und g i die Höhe des Daches, ſo iſt
i f die Länge der Sparren und i h die Länge des Gratſparrens. Man
ziehe alſo c h l, mache h l gleich der Sparrenlänge f i und ziehe durch l
eine Parallele mit h d, und l c als die Länge des Gratſparrens h i, dann
wird ſein d c l m die Fläche über n e c d. Das nämliche Verfahren
beobachtet man auch über a b e n, um die entgegengeſetzte niederge-
klappte Dachfläche a b o p zu bekommen.


Die Fläche über dem Walm entſteht, wenn man die Länge des
Gratſparrens h i in den Zirkel nimmt und aus c und b Kreis-
bögen beſchreibt, wodurch die Walmfläche c g b in wahrer Größe
ſich ergiebt.


b) Schiefe Walmdächer. Die Abwalmung von ſchiefwinkligen
Giebeln (Fig. 410) erfolgt auf folgende Weiſe: Zunächſt wird der

Figure 415. Fig. 410.


Forſt parallel mit den Lang-
ſeiten gezeichnet, alsdann wird
in b ein Loth gefällt und die-
ſes ſo lang gemacht, daß b d
gleich der halben Gebäudebreite,
alſo gleich e f mißt, ſodann
wird aus d eine Parallele
mit b c gezogen, welche den
Forſt in g ſchneidet. Die Ver-
bindungslinien g mit b und c
geben die Horizontalprojectio-
nen der Grate; g iſt der Anfallspunkt, an welchem der ſenkrecht
zu den Langwänden gerichtete Anfallsbinder x g x liegt; die Schift-
ſparren y und z (in der Walmfläche) ſtehen ſenkrecht zu den Um-
faſſungswänden.


c) Die windſchiefen Walmdächer entſtehen, wenn die beiden
Front- oder Langwände nicht parallel zu den Langwänden gerichtet
ſind, wobei es aber ganz gleichgiltig iſt, ob die Giebelwände rechte,
ſpitze oder ſtumpfe Winkel mit den Langſeiten bilden (Fig. 411 AC).


Figure 416. Fig. 411

AC.


[280]Viertes Kapitel.

Um die Dachgerüſtconſtruktion möglichſt zu vereinfachen, legt man
den Forſt a b ſtets parallel mit einer Langſeite (Fig. 412 AB),

Figure 417. Fig. 412

AB.


damit wenigſtens die eine Dachfläche ganz gerade wird. Die
andere Fläche dagegen, d. h. diejenige, bei welcher der Forſt nicht
parallel mit der anderen Traufſeite liegt, iſt unter allen Umſtänden
eine windſchiefe Fläche. Denn da der Forſt a b horizontal liegt,
die Sparren a x, a1, a2 u. ſ. w. verſchiedene
Längen (Fig. 413) und Neigungen (Dachröſche)
haben, ſo entſtehen (zwiſchen je zwei Sparren)
ſehr viele ſchmale verſchieden geneigte Recht-
ecke, deren eine Seite ſämmtlich im horizon-
talen Forſt, deren andere, dieſer gegenüber
befindliche Seite in der Traufkante liegen.


Figure 418. Fig. 413.

Die Walmfläche eines windſchiefen Daches iſt, da ſie durch
drei Punkte geht, ſtets eine gerade Ebene. Dagegen giebt die
Durchſchneidung der Walm- und windſchiefen Dachflächen niemals
eine gerade
, ſondern immer eine krumme Linie, wodurch auch
der Gratſparren nach einer näher zu beſtimmenden Kurve hergeſtellt
werden muß.


Es können aber Fälle vorkommen, bei denen ein krummer Grat-
ſparren nicht unbedingt erforderlich iſt, — in der Praxis wird man
ſogar die mühevolle Bearbeitung des krummen Gratſparren zu
vermeiden ſuchen.. Man unterſcheidet zwei Arten von windſchiefen
Walmdächern:


  • 1) ſolche mit geraden
  • 2) ſolche mit krummen

ad 1 iſt folgendermaßen (Fig. 414): Zuerſt wird die mittlere
Breite des Gebäudes beſtimmt, z. B. e f, man halbirt dieſelbe in g
[281]Die Dachgerüſte.
und zieht den Forſt parallel mit a b. Man theilt ſodann den rechten
Winkel b a c, um den Grat a h zu erhalten, und ermittelt den

Figure 419. Fig. 414.


Grat b i nach Fig. 410. Die directe Verbindung der Anfallspunkte h
mit d und i mit c geben die geraden Grate h d u d i c. Damit
Letztere gerade Linien werden, iſt es unbedingt nöthig, zuvor
die Anfallsbinder k l und m n feſtzuſtellen und bei i n und h l eine
geringe Gratkante (Dachbruch) anzunehmen, um die dreieckigen Dach-
flächen d h l und i c n von der großen windſchiefen Fläche h i n l zu
trennen. Dieſe Dreiecke müſſen, ebenſo wie die Walmflächen a h d und
b i c, ganz ebenflächig ſein. Auf dieſe Weiſe reducirt ſich die wind-
ſchiefe Fläche nur auf das Stück h i n l. Die Sparren in dieſer Fläche
bleiben parallel mit e f und m n, hingegen die Schiftſparren s kann
man ſenkrecht zur Umfangswand anordnen, falls die Dachgebälke
eine ſolche Lage geſtatten.


Die Vortheile des geraden Gratſparrens ſpringen ſofort in die
Augen, wenn man den andern Fall ad 2 betrachtet (Fig. 415).


Das Viereck a b c d ſei die Grundfläche eines Daches, ſodann
wird die mittlere Breite derſelben angenommen, z. B. in der Rich-
tung f g, alſo e f = e g. Durch e wird der Forſt parallel mit a b
gezeichnet, v w giebt die Richtung der Forſtlinie an. Um die Anfalls-
punkte m und l zu erhalten, errichte man auf a d in a und auf c b
in b Lothe, und mache man a u und b u gleich der halben Spann-
weite, d. h. gleich e f; alsdann ziehe man mit a d und b c aus u
die Parallelen, welche die Forſtlinie in l und m ſchneiden, wodurch
die Anfallspunkte und die Forſtlinie l m entſtehen. Die Fläche a b m l
iſt eine ebene, da ſie durch die Parallelen l m und a b geht. Um
die Grate in der windſchiefen Fläche zu bekommen, legt man zuerſt die
Anfallsbinder i h und l k an und theilt man die Seiten des Vierecks
[282]Viertes Kapitel.
m w c h in gleich viele Theile, z. B. je in vier, ſo daß auf den
gegenüberliegenden Seiten die Theilpunkte t s r und p q o entſtehen.
Sodann verbindet man die zuſammengehörigen Punkte t t, s s, r r,
q q, p p, o o mit geraden Linien, welche ſich in z y x ſchneiden. Die

Figure 420. Fig. 415.


Vereinigung der Punkte c x y z m giebt die Horizontalprojection des
Gratſparrens.


In derſelben Manier verfährt man mit dem Viereck v l k d.


Die Walmflächen a l d und b c m ſind gerade Ebenen, dagegen
iſt die Fläche l m c d windſchief.


Die Curve des krummen Gratſparrens wird auf folgende Weiſe
ermittelt: Man ziehe im Grundriß (Fig. 415) die gerade Linie m c,
errichte auf derſelben die Lothe x y, y', z z', trage die Linie m z' y' x' c
beſonders ab (Fig. 416) und errichte in x' y' z' m' Lothe; m' i iſt
gleich der größten Dachhöhe im Forſte; ſodann theile man m' i in
ebenſo viele gleiche Theile, als in der Horizontalprojection die Seite
m w getheilt wurde. Wenn nun durch 1, 2, 3 parallele Linien mit
c' m' gezogen werden, welche auf die Lothe x' y' z' ſchneiden, ſo liegen
die Punkte c' x'' y'' z'' i in der oberſten Kante des Grates.


Um die wirkliche Länge des Gratſparrens zu erlangen, muß man
nicht die gerade Linie m y' c (Fig. 415), ſondern die krumme m y c
auftragen und im Uebrigen ſo verfahren, wie oben angegeben wurde.


b) Die zuſammengeſetzten Dächer. Falls der Grundriß mit
Vorſprüngen und Einbiegungen verſehen iſt, entſtehen ſogenannte
zuſammengeſetzte Dächer, welche ſich ebenſo durchdringen, wie die
[283]Die Dachgerüſte.
liegenden gleichſchenkligen Prismen, deren Grundfläche die größte
Seite und deren andere beiden Seiten gleiche Neigungen haben.


Der einfachſte Fall entſteht, wenn zwei Gebäudeflügel von gleicher
Breite ſo zuſammenſtoßen, daß ſie eine Ecke bilden, welche entweder
ein ſpitzer, ſtumpfer oder rechter Winkel ſein kann (Fig. 417 und

Figure 421. Fig. 416.


Figure 422. Fig. 417.


418 A B). Da beide Flügel dieſelbe Breite haben und beide ſich
durchdringende Prismen gleich hoch ſind, entſteht die Durchdringungs-

Figure 423. Fig. 418

A B.


linie, wenn die äußere und innere Kante a und c direct miteinander
verbunden werden. Man nennt die hervorſpringende Dachkante a b
den „Grat“ und die nach Innen gebogene Kante b c die „Kehle'
oder „Ixe“, und weil die Durchdringung an beiden Seiten in der-
ſelben Richtung durchgeht, heißt eine ſolche Dachbildung „Wieder-
kehr.“ Eine Wiederkehr entſteht auch, wenn zwei Dächer von un-
gleichen Breiten aber gleicher Höhe ſich durchdringen (Fig. 419) Der
Forſt beider Dachflächen liegt in der Mitte; die Forſtlinien ſchneiden
ſich in b, a b iſt der Grat, b c die Ixe.


Falls an einem Gebäude ein Anbau von geringerer Tiefe vor-
handen iſt (Fig. 420), kann die Durchdringung lediglich nur an einer
Dachfläche als zwei Kehlen ſichtbar ſein, und bleibt der Forſt a x
unter dem Forſt y liegen. In der Richtung x y x ordnet man jeden-
falls ein Gebinde an, welches bei x gehörig unterſtützt werden muß.
Hat der Anbau dieſelbe Breite des Hauptbaues (Fig. 421), alſo
[284]Viertes Kapitel.
a b = g f, und haben beide Dächer gleiche Höhen und Neigungen,
dann kreuzen ſich die Forſtlinien in h; h i und h e ſind die Kehlen.


Figure 424. Fig. 419.

Figure 425. Fig. 420.

Dieſer Anordnung ſehr ähnlich iſt der Fall in Fig. 422, in
welcher ein Pultdach gegen ein Satteldach ſtößt.


Figure 426. Fig. 421.

Figure 427. Fig. 422.

Sobald ein niedriges Dach mit einem größeren zuſammentrifft
(Fig. 423), wird die Durchdringung auf folgende Weiſe gemacht:
Zuerſt zieht man die Forſtlinien in der Mitte der Gebäudebreiten,
ſodann die Kehlen in 45°, bis der niedrigere Forſt in x geſchnitten
wird, alsdann denkt man ſich die vordere Fläche des kleinen Daches
bis zum Forſt des großen Daches aufſteigend. Die Linie x x heißt
die „Verfallung“; die Regel zur Ermittelung der Verfallung
heißt: Man denke ſich das große Dach ganz durchgehend und zeichne
zu dieſem, ohne Rückſicht auf das kleine Dach, an beiden Seiten den
Walm; alsdann ziehe man die Forſtlinie des kleinen Daches, ſo
wird an der Stelle, wo der Forſt die Walmkante ſchneidet, der Ver-
fallungspunkt liegen. Die Figur 424 giebt die Illuſtration zu dieſer
Regel: man vervollſtändigt das große Dach a b c k bis f g, zieht die
Grate l f und l g und conſtruirt die Forſtlinie, welche die Grate
in m und n ſchneidet; c m und k n ſind die Kehlen oder Ixen, l m
und l n die Verfallungen, m und n die Verfallungspunkte. Bezüglich
der Dachgerüſtanordnung ſei erwähnt, daß man in der Richtung x y
(Fig. 423) halbe Binder und in der Richtung c f und g k (Fig. 424)
oder 0,3m nach auswärts, ganze Bundgeſpärre aufſtellt.


[285]Die Dachgerüſte.

Die Fig. 425 giebt die Ermittelung der Verfallung für zwei ſchief
zuſammenſtoßende Dächer; es gilt hier daſſelbe, was bei den Figuren
410 und 424 geſagt wurde.


Figure 428. Fig. 423.

Figure 429. Fig. 424.

Wenn zwei Gebäude von ungleicher Breite ſich an der Ecke
ſchneiden, ſo bildet ſich eine Wiederkehr mit Verfallung.

Figure 430. Fig. 425.


Fig. 426 giebt A eine rechtwinklige und B eine ſtumpfe Gebäudeecke.
Bei beiden denkt man ſich das große Dach wiederum bis m durch-
gehend, und ſtellt man für dieſes, ohne Rückſicht auf den ſchmalen
Flügel d c, den Walm m n e her, ferner wird der Forſt g gezogen,
der den Walmgrat m n in i ſchneidet, ſo daß die Verfallung n i und
der Grat n e, ſowie die Kehle i b entſtehen. In Fig. 426 B wird
der Grat m n nach Fig. 410 beſtimmt.


Hinſichtlich der Binderaufſtellung ſei erwähnt, daß man zunächſt
den Anfallsbinder x y und die Verfallungsbinder x z anordnet
(Fig. 427).


[286]Viertes Kapitel.

Nachdem die allgemeinen Geſetze für die Dachausmittelung gegeben
ſind, laſſen wir hier noch einige größere Beiſpiele folgen.


Figure 431. Fig. 426

AB.


Figur 428 a b e f g h q i a ſei der Grundriß; zuerſt wird das große
Dach a b r s angenommen, hierzu die Firſtlinie c k gezogen und die
Walmgrate d b, d a, l r, l s gezeichnet; alsdann ziehe man zu dem
kleinen Anbau e f g r die Forſtlinie m, welche den Grat l r in o

Figure 432. Fig. 427.


Figure 433. Fig. 428.


ſchneidet, mithin die Kehle e o entſteht. Ebenſo verfahre man mit
dem Anbau h q i s, wodurch man den Verfallungspunkt t erhält.
Die Giebel über f g und q i können entweder abgewalmt oder ſenk-
recht bleiben.


Fig. 429 giebt einen, theilweiſe angebauten Grundriß mit der
Nachbarsecke r m w, nach welcher kein Abfall des Waſſers ſtattfinden
darf und ſomit an dieſer Seite Pultdächer haben muß. Zunächſt
denken wir uns das große Dach F G H c vervollſtändigt und hierzu
den Walm b c H hergeſtellt, ſodann denken wir uns das Dach e g h d
[287]Die Dachgerüſte.
alleinſtehend und an e g und d h abgewalmt. Es werden die
Kehlen k A und l J hergeſtellt und die Verfallungspunkte k l mit

Figure 434. Fig. 429.


einander verbunden. Ferner vervollſtändigt man die Grundfläche
B E m s, wobei B E als Breite eines halben Satteldaches, oder s m
gleich der Pultbreite gilt; vom Punkte w wird der Walmgrat ge-
zeichnet, welcher im vorliegenden Falle zufällig in die Gebäudeecke B
fällt, da w E = m s iſt. Die Verbindung der Walmfläche w B E
und der Dachfläche a F c b geſchieht mit einem ſchmalen Satteldach
von der Breite E B; die Durchſchneidungen der Kehlen aus E und B
geben in z die Höhe des Forſtes y, welcher den Walmgrat w B in x
trifft. Auch die Grundfläche r m w n gehört einem Pultdache an,
deſſen Forſt an der äußeren Mauerſeite r m liegt. Wenn aus n
ein Grat und aus C eine Ixe oder Kehle gezogen wird, ergiebt ſich
die Forſtlänge q t. In welcher Weiſe die Kehlen D p und f o ent-
ſtehen, bedarf keiner weiteren Erklärung.


Die in Fig. 430 gegebene Gehäudefläche ſtößt nur bei h g s an
ein Nachbarhaus, ſo daß die Trauflinien h b a und s e d entſtehen.
Man denke ſich d e bis c verlängert, lege zwiſchen d c und a b die
Forſtlinie, halbire die Winkel d c b und c b a, um die Gratlinien l c
und l b zu erhalten, man ziehe alsdann in bekannter Weiſe (durch
Halbirung der Winkel) die Kehllinie e m, lege von m aus über den
[288]Viertes Kapitel.
Nebenbau die Firſtlinie, welche durch die Kehllinie n k begrenzt wird
und conſtruire ſchließlich die Verfallungslinie n o; g o iſt dann der
Firſt eines Pultdaches.


Eine andere Grundrißform giebt Fig. 431. Hierbei liegt der Hof
zwiſchen dem Hauptgebäude und den Nebenflügeln, welche bis zur

Figure 435. Fig. 430.


Figure 436. Fig. 431.


Nachbarsmauer e h i reichen. Eine weitere Erklärung wird zu dieſem
Beiſpiel überflüſſig ſein, da die bereits erwähnten Grundſätze auch
hier zur Anwendung gelangen.


Anſtatt der geraden (dreieckigen ebenflächigen) Walme kann man
auch Kegel- und Kugelwalme anordnen; dieſelben kommen jedoch im
praktiſchen Bauweſen, da ſie unzweckmäßige Dächer veranlaſſen und
ſich ſchwierig eindecken laſſen, nur äußerſt ſelten vor, weshalb ſie
hier unberückſichtigt bleiben.


Im Nachſtehenden führen wir noch zwei Beiſpiele vor:


Fig. 432. In a' b' d' f' l' k' m' t' o' s' a' iſt die Horizontal-
projection des Gebäudes und der Hauptgeſimſe gegeben; es ſollen
[289]Die Dachgerüſte.
ſämmtliche Ebenen, deren Begrenzungen in a' b, b' d', d' f', f' l' ꝛc.
(Dachſäume) gegeben ſind und deren Seitenwinkel (Dachflächenwinkel)
an den Scheitellinien 45° bilden, ermittelt werden.


Figure 437. Fig. 432.

Zu dieſem Behufe werden die Forſtlinien in der Mitte der beiden
Gebäudeflügel angenommen und die Grate a' c', b' c', r' s', r' t'
nach der in Fig. 410 gezeigten Manier beſtimmt, ſo daß die Anfalls-
punkte c' und r' entſtehen; alsdann halbirt man den Außenwinkel
a' o' s' und zieht die Kehllinie von o' aus, bis ſie den Forſt in p'
trifft; desgleichen verfährt man mit dem ſtumpfen Winkel b' m' t'.
Die directe Verbindung der Forſtendpunkte n' p' giebt die Verfallung.
Der Vorbau d' f' l' k' iſt abgewalmt, indem man die rechten Winkel
halbirt; g' f', g' l' ſind die Grate, d' K', K' k' die Kehlen oder
Ixen, K' g' der Forſt.


Das Dreieck c' D j (oder II) iſt der halbe Querſchnitt des großen
Daches; Dreieck p D v gehört zum ſchmalen Flügel.


Die Dachfläche N' iſt in a' c n p' o' umgeklappt und in wirklicher
Größe dargeſtellt.


Fig. 433. In a' b' d' n' .... iſt ein Gebäude im Grundriß ge-
geben, welches mit der Seite a' c' ein Nachbarhaus berührt; man
ſoll alle Dachflächen in einer Neigung von 45° annehmen und die
horizontale ſowie verticale Projection der Ausmittelung beſtimmen.


Löſung. Alle Dachflächen, welche an ein Nachbarhaus ſtoßen,
Wanderley, Bauconſtr. 19
[290]Viertes Kapitel.
müſſen ſo ſein, daß das Waſſer auf die Geſimskanten, welche als
Tracen der Dachebenen anzuſehen ſind, fließt. Daher iſt c' e' der

Figure 438. Fig. 433.


Forſt eines Pultdaches, welches bei a' b' abgewalmt und bei e' h'
in ſchräger Richtung (z. B. 45°) hinabläuft. Die Abwalmung an
q' w' geſchieht nach Fig. 410. Um die Grate p' v' und m' v', ſowie
die Verfallungen l' v' und p' u' zu finden, denke man ſich das Viereck
m' v' i' s' vervollſtändigt und ringsum abgewalmt, wobei die bei
Fig. 424 gegebenen Anweiſungen zu befolgen ſind. Im Uebrigen
machen die beigeſchriebenen Buchſtaben das Verfahren klar.


Die Verſchiftung.

Man unterſcheidet drei Verſchiftungsarten:


  • a) die Schiftung auf dem Leergeſpärre,
  • b) dito auf dem Werkſatze,
  • c) dito auf dem Gratſparren.

[291]Die Dachgerüſte.

Die letzte Art iſt eine für ſich beſtehende und findet ſtatt meiſtens
bei complicirten zuſammengeſetzten Grundformen mit Abrundungen
und vielen Ecken.


Die beiden erſten Arten führen zum gleichen Ziele; in neuerer Zeit
wendet man öfters die Schiftung auf dem Leergeſpärre an, während
die Schiftung auf dem Werkſatze veraltert iſt und eigentlich nur noch
von Landmeiſtern angewendet wird. Aus dieſem Grunde wollen wir
hier beſonders die Schiftung auf dem Leergeſpärre beſprechen.


Um die Manipulation beſſer verdeutlichen zu können, nehmen
wir einen beſtimmten Fall an (Fig. 434). Zunächſt muß man die
Mittelſchnüre der Grat- und Ixen- (Kehl-) ſparren im Werkſatze
angeben; ſodann wird die Dicke derſelben an beiden Enden ange-
tragen, z. B. bei a 23zm und bei c 18zm, ferner die Schnüre b c
geſchlagen. Behufs Ermittelung der Länge der Schiftſtücke nimmt
man die Weite aus dem Werkſatze (434 A) — und zwar von der
längeren Seite des Schiftſtückes, welche „Bundſeite“ heißt — d e, f,
d g, d h u. ſ. w., bringe ſelbige in das Leergeſpärre (Fig. 434 B)
von d nach e, f, g, h u. ſ. w. und ziehe von e, f, g, h, i ſenkrechte
Linien von a a nach den Sparren d o, dann giebt man d p, d q, d r
u. ſ. w. die Länge der in dem Werkſatze (Fig. 434 A) d e, d f, d g u. ſ. w.
betreffenden Schiftſtücke und iſt in dem Leergeſpärre (Figur 434 B)
p1, q2, r3, s4, t5 die lothrechte Schmiege.


Wo der Grat- oder Kehlſparren die Schiftſparren diagonal durch-
ſchneidet, haben die Schiftſparren eine ſchräge „Backenſchmiege“,
welche folgendermaßen (Fig. 435 A giebt einen Theil des Werkſatzes
in vergrößertem Maßſtabe) ausgetragen wird: Nachdem die Grat-
ſchnüre (reſp. Kehlſchnüre) h i, h i geſchlagen ſind, nimmt man ein
beliebiges Maß, hier z. B. a c, um die Backenſchmiege aufreißen zu
können; ſodann wird dem Werkſatze (435 A) die Weite a c entnom-
men und dieſelbe auf das zu reißende Schiftſtück (Fig. 435 B) von
a nach c winkelrecht mit der lothrechten Schmiege a b gebracht, welche
ſchon beim Abbinden der Leergeſpärre aufgeriſſen worden iſt; man
zieht von dieſem Punkte c nach e parallel mit a b und macht bei
c mit der Seite b g die winkelrechte Linie c f, alsdann nimmt man
aus A die Weite c d, trägt ſelbe nach B von c nach d, macht dort
einen Punkt und zieht die Linie b d. Sodann ſind a b d die Linien,
nach welchen das Schiftſtück geſchnitten werden muß. In Fig. C
iſt daſſelbe geſchnitten vorgeführt.


19*
[292]
Figure 439. Fig. 434

[293]Die Dachgerüſte.

Die Abſtände a c, c d (Fig. 435 A) nimmt man gewöhnlich gleich
beim Abſchnüren der Grat- und Kehllinien heraus.


Für die Kehl- oder Ixenſchiftſtücke gilt das nämliche Verfahren,
wenn dieſelben eine glatte Backenſchmiege erhalten. Da
aber der Kehlſchiftſparren (oder Reiterſparren) ganz auf dem Kehl-
ſparren ruht und bloß durch einen Nagel gehalten wird, ſo erkennt
man ſofort daß dieſe Befeſtigung gar keine Feſtigkeit bietet, indem
dieſer Nagel nicht nur das Kehlſchiftſtück oder den Reiterſparren,
ſondern auch die ganze Laſt, welche auf daſſelbe zu liegen kommt,
zu tragen hat.


Daher iſt es viel beſſer, die Reiterſparren mittelſt einer „Klaue“
oder „Gabel“ (Fig. 436) auf die Kehlſparren zu ſetzen. Hierdurch

Figure 440. 435

AC.


Figure 441. Fig. 436.


entſteht die „Gabelſchmiege.“ Das Austragen derſelben geſchieht
folgendermaßen (Fig. 437): Nachdem die Kehllinie x x im Werkſatze
A gezogen worden iſt, wird zu beiden Seiten derſelben die halbe
Stärke des Kehlſparrens angetragen; ſodann zieht man die Reiter-
[294]Viertes Kapitel.
ſparren R R, welche bis zu der Kehllinie x x reichen; b a und c d
ſind die Horizontalprojectionen der Klaue, in a d befindet ſich die

Figure 442. Fig. 437.

Die Buchſtaben x y o haben in Figur C und B nicht die genaue Stellung erhalten, ſie
müſſen daher an der vorderſten Firſtſpitze des Kehlſparrens gedacht ſein.


Lothſchmiege derſelben. Alsdann zeichnet man das Profil, welches
dem Leergeſpärre in ſoweit entſpricht, daß die Mittellinie x x des
in ſchräger Lage geſtellten Kehlſparrens K'' mit der oberſten Kante
[295]Die Dachgerüſte.
des Binders x x'' zuſammenfällt und die Kanten y y und o o des
Kehlſparrens in verticaler Projection nach y y'' und o o'' kommen.


Um die Höhe der Klaue zu erhalten, muß zunächſt der Kehl-
ſparren in wirklicher Länge und Neigung ausgetragen werden; Fig. C
giebt ihn in K'.


Auf der Grundlinie des Kehlgeſpärres trägt man die Entfernungen
x b (Fig. A) nach x b0 (Fig. C), x c nach x c0, o a nach x a0 und o d nach
x d0; man errichte ferner in b0, a0, c0, d0 Lothe, welche die Kehlſpar-
renkante x x' in b' a' c' d' ſchneiden. Die Höhendifferenzen zwiſchen
b' a' giebt die Schräge der Klaue, wie man leicht ſehen kann, wenn
horizontale Linien von b' nach der Linie x x'' in Fig. B bis b'' und
von a' nach der Kehlſparrenkante o o'' (Fig. B) bis a'' gezogen werden.
Errichtet man in a die Vertikale a'' m'', ſo iſt dieſe die Lothſchmiege
der Gabel oder Klaue und b'' a'' m'' die eine ganze Seite der Klaue;
die andere Seite c'' d'' n'' wird auf dieſelbe Weiſe gefunden.


Abſtich der ſtehenden Stühle. Bei einem Dachſtuhle, welcher
mit Stuhlwänden vereinigt iſt, muß, ſobald die Balkenlage (bei
öſterreichiſchen Dächern die Bundträme und Stiche) aufgelegt und
verkämmt ſind, zuvor ein Leergeſpärre „zugelegt“ werden, wozu
man gewöhnlich einen Binder benutzt. (Im vorliegenden Falle iſt
in der linken Hälfte des Werkſatzes ein öſterreichiſches Gebälk [Bund-
träme mit Stichbalken] und zur rechten Hälfte ein deutſches Dach-
gebälk angenommen worden.)


Fig. 438 A giebt den Werkſatz, B das Hauptgeſpärre, C das Profil
des Werkſatzes, D die Dachwand von einer Walm- oder Schopfſeite;
Fig. 439 AD die Conſtruktionen des Abſtiches in vergrößertem
Maßſtabe.


Man merkt in Fig. 438 B bei d d die Punkte an, bei welchen
die Fette oder das Rahmſtück unter den Kehlbalken zu liegen kommt.
Alsdann wird das Hauptgeſpärre wieder zerlegt, und der Balken ge-
langt wieder an ſeinen gehörigen Ort, von welchem er vorher aus
dem Werkſatze genommen wurde. Nun werden die Fetten in dem
Werkſatze Fig. 438 A bei d d nach dem im Hauptgeſpärre beſtimmten
Maße genau zugelegt und alle Kehlbalken darauf aufgekämmt. Sind
die Kehlbalken aufgekämmt, ſo theilt man die Stuhlſäulen aus, auf
welchen die Fetten ruhen; die Stuhlſäulen können ſoweit aus ein-
ander ſtehen, daß allemal zwei bis vier leere Geſpärre zwiſchen
zwei Säulen zu liegen kommen. Unter dem Gratſparren, wo die
[296]Viertes Kapitel.
Fetten zuſammenſtoßen, muß nothwendig eine Säule ſtehen, und an
der Schopf- oder Walmſeite kann man eine andere ganz in die

Figure 443. Fig. 438.


[297]Die Dachgerüſte.
Mitte ſetzen, ob ein Sparren dahin trifft oder nicht, weil die Fette
durch eine einzige Säule an der Walmſeite hinreichend unterſtützt
wird. Beträgt die freiliegende Länge des Rähmholzes oder der Fette
an der Walmſeite nur 4—6m, ſo iſt die erwähnte Stuhlſäule über-
flüſſig. Da es ſich öfters trifft, daß die Ecken oder der Zuſammen-
ſtoß der Fetten am Gratſparren über Plätzen zu ſtehen kommen,
unter welchen ſich kein Balken befindet, worauf die Gratſäulen geſetzt
werden können, ſo muß ein Wechſel zwiſchen den Balken angebracht
werden, um die Gratſäulen darauf zu ſtellen, was auch in der Mitte
geſchieht, wenn eine Säule hier eingetheilt worden iſt. Bei öſter-
reichiſchen Dachgebälkanordnungen muß bei jeder Stuhlwand ein
Bundbalken ſein.


Sind nun die Geſpärre für die Stuhlſäulen ausgetheilt, ſo
werden auf diejenigen Kehlbalken, unter welche eine Säule zu ſtehen
kommt, die Fluchtriſſe und Abſtiche gemacht. Dies geſchieht, wenn
man (Fig. 439 A B) das Winkelmaß unter die Fette hält und die

Figure 444. Fig. 439

AD.


Linie a b zieht, bei o aber einen Punkt an dem Winkelmaße ver-
merkt und nach dieſem an den Kehlbalken den Abſtich macht, wie
ſolches in den Figuren deutlich dargeſtellt iſt. Alle übrigen Abſtiche
werden nach dem nämlichen Punkte des Winkelmaßes angezeigt, wo-
durch ſie alle eine gleiche Höhe erhalten. Dieſe Abſtiche kommen
beim Abbinden in dem Hauptgeſpärre wieder zum Vorſchein, wie man
[298]Viertes Kapitel.
dieſes in Fig. 439 C D über der Säule bei k ſehen kann und dienen
zur Beſtimmung der oberen Zapfen an den Stuhlſäulen. Die
Säulen werden nämlich zuerſt unten in den Bundbalken eingezapft
und oben willkürlich abgeſchnitten, ohne auf die Fetten Rückſicht zu
nehmen. Man legt nun das Winkelmaß auf den Fluchtriß bei k ſo,
daß der bemerkte Punkt des Winkelmaßes auf den Abſtich des Kehl-
balkens zu ſtehen kommt, und zieht an der Säule die Linie c d für
den Zapfen, deſſen Höhe 8zm dann aufwärts getragen und ſo ge-
zeichnet wird, wie es in Fig. 439 C angezeigt iſt.


In Fig. 438 D iſt die Zulage einer Stuhlwand dargeſtellt. Sind
die Zapfen an den Säulen geſchnitten, ſo werden ſie mit der Fette
unter einem rechten Winkel mittelſt des Riebmaßes zuſammengeſteckt
und nach dieſen die Stützbänder (Fettenbügen) aufgelegt.


Dieſe Bänder dienen nicht nur, die Fetten mit den darauf liegen-
den Kehlbalken zu tragen, ſondern auch, das Dach wider das Ver-
ſchieben nach der Länge deſſelben zu verwahren.


Der Zuſammenſtoß des mittleren Schiftſparrens mit den Grat-
ſparren an der Spitze der Walmfläche geſchieht nach Fig. 440 AC;
die Art A iſt die beſte und einfachſte. Häufig wechſelt man den
mittleren Schiftſparren aus.


Figure 445. Fig. 440

AC.


Um die Abwalmung möglichſt deutlich erſichtlich zu machen, wird
an dieſer Stelle die geometriſche Anſicht von der Ecke aus vor-
geführt; da man gerade auf die eine Gratkante ſieht, erſcheint der
Grat ſelbſt ganz vertikal. Im Uebrigen iſt die Figur auch ohne
eine weitere Erklärung genügend verſtändlich.


Falls das Dach mit einem Knieſtock verſehen iſt, muß der Grat-
ſparren noch mit einer Strebe unterſtützt werden (ganz ebenſo wie
in den anderen Hauptbindern).


[299]Die Dachgerüſte.

Die Fig. 442 A—B und 443 A—B zeigen eine Wiederkehr mit
Dachverfallungen. Fig. 442 A iſt der Werkſatz eines öſterreichiſchen

Figure 446. Fig. 441.


Dachgebälks (nur mit Bundträmen und Stichbalken), Fig. 442 B
zeigt den Binder des breiten Daches, Fig. 443 A iſt derſelbe Werkſatz
mit Kehlgebälk, Fig. 443 B die Anſicht des äußeren Daches und
Fig. 443 C der Kehlbalken auf dem Bundbalken.


Beide Dächer haben gleiche Steigung (Räſche), wobei natürlich
das größere Dach höher iſt als das kleinere.


A iſt die Zulage oder der Werkſatz; B das Hauptgeſpärre des
größeren Daches; das Leergeſpärre des kleineren Daches iſt punktirt
angegeben.


Die Ermittelung der Verfallungslinien geſchieht nach der in
Fig. 426 gezeigten Manier.


Die punktirten Linien o m und e n ſind die Forſte der beiden
Dächer, und da die Punkte e und o in verſchiedenen Höhen liegen,
entſteht der Verfallungsgrat o e. Damit dieſer eine ſichere Lage
erhalte, iſt es am beſten, auf den Kehlbalken die kurzen Stiele t t
(Fig. 443 C) zu ſtellen, welche den kleinen Rähm a a (Fig. B) tragen.
Die Kopfbänder (Bügen) b b ſtützen das Rähm ab.


Im Werkſatze Fig. 442 A ſind die Stiele genau angegeben.


Bezüglich des Dachgebälks in öſterreichiſchen Wohngebäuden ſei
erwähnt, daß nur bei jedem Hauptbinder durchgehende Bundträme
(b in Fig. 444) erforderlich ſind; bei der ganzen Wiederkehr ordnet
man gleichfalls einen ganzen Bundtramen (w) an, während für die
Grate die Gratträme (g) ausgewechſelt werden können. Wenn die
[300]Viertes Kapitel.

Figure 447. Fig. 442.


[301]Die Dachgerüſte.

Figure 448. Fig. 443

A—C.


[302]Fünftes Kapitel.
Sparren ſich direkt auf die Balken ſtützen, ſind noch die ausgewechſelten
Stichträme s erforderlich. Bei Dächern mit Knieſtock (Drempel-

Figure 449. Fig. 444.


wänden) fallen auch die Stichbalken und Stichwechſel fort
und brauchen nur die Bundträmeb, der Wiederkehrtramw,
die Gratträmeng und die nicht ganz durchgehenden Bundträme b'
vorhanden zu ſein. Auch der ausgewechſelte Grattram g muß dann
bis b' reichen.


Fünftes Kapitel.
Die Bogengerüſte.


Zu den Arbeiten des Zimmermanns gehört auch die Herſtellung
der größeren Bogengerüſte, welche zum Wölben großer Gewölbe
(Tonnengewölbe der Brücken) dienen.


Die directe Aufnahme des Gewölbedruckes geſchieht mittelſt Bohlen-
bögen, bei denen die Bohlen im Verbande (mit abwechſelnden Stößen)
aufeinander gelegt und mit Nägeln befeſtigt werden. Der Schub
dieſes Bohlenbogens wird an den beiden Fußenden mit einem hori-
zontalen Holze (Zange) aufgefangen, und je nach der Bogenweite
[303]Die Bogengerüſte.
und dem Umſtande, ob eine mittlere Unterſtützung des Gerüſtes
möglich iſt oder nicht, kann die Abſteifung des Bohlenbogens man-
nigfach ſein. Sie findet z. B. ſtatt entweder direct mit Stützen (wie
die Fig. 450), mit Hängewerken (wie Fig. 446, 447, 448, 449) oder
mit radialen Streben (Fig. 451).


In nachfolgenden Beiſpielen führen wir verſchiedene Bogengerüſte
von 3,25—10zm Spannweite vor, welche wir bereits in der Berliner
Baugewerkszeitung 1873 unter dem Zeichen —y mittheilten. Sie
ſind theils bei Kelleranlagen in Wohngebäuden, theils bei Brücken-
gewölben anwendbar, und in den Zeichnungen ſo genau wieder-
gegeben, daß ſie keiner weiteren Erläuterung bedürfen.


In Fig. 445 mißt die Spannweite 3,25m, Strebe a = 5/20zm
ſtark, Bohlen b = 5/23zm, Gerüſtſtiel c = 15/15zm, Verſtrebung d
= 5/18zm, Latten e = 7/5zm, Bogenentfernung f = 1,25zm.


Figure 450. Fig. 445.

Fig. 446: Spannweite = 3,75m, Doppelhängeſäule a = 8/20zm,
Spannbalken b = 8/20zm, Bohlengerüſt c jede Bohle in der Mitte
6/30zm, Gerüſtſtiel d (etwas geneigt) = 15/15zm, Verſtrebung e =
15/18zm, Latten f = 8/7zm, Bogenentfernung g = 1,4zm.


Fig. 447 A: Spannweite = 3,75zm, Doppelhängeſäule a je 8/20zm,
Spannbalken b = 8/20zm, Bohlen c = 8/32zm, Gerüſtſtiel d = 15/15zm,
[304]Fünftes Kapitel.
Gerüſträhm e = 15/15zm, Verſtrebung f = 5/12zm, Bogenentfernung
= 1m, Latten = 7/15zm ſtark.


Figure 451. Fig. 446.

Fig. 447 B: Spannweite 4m, Gerüſtſtiele a und b je = 15/15zm,
Gerüſträhme c = 15/15zm, Bohlen d = 10/32zm, Verſtrebungen e
= 5/12zm, Latten = ⅞zm, Bogenentfernung = 1,5zm.


Figure 452. Fig. 447

A—B.


[305]Die Bogengerüſte.

Fig. 447: Spannweite 6,25zm, Doppelhängeſäule a je 11/23 zm,
Hängeſtrebe b = 18/18zm, Hängebalken c = 18/18zm, Doppelſtrebe d
je = 11/23zm, Verſtrebung e = 15/15zm, Doppelzange f je = 6/13zm,
Bohle g = 8/40zm, Verſtrebung h = 8/11zm, Gerüſtſtiel i = 20/20zm,
Gerüſträhm k = 20/20zm, Lattung = 5/5zm, Bogenentfernung = 1,3m.


Figure 453. Fig. 448.

Fig. 448: wenn die Spannweite = 9,5zm, dann: Doppelhänge-
ſäule a = 10/20zm, Hängeſtrebe b = 20/23zm, Hängebalken c = 20/23zm,
Doppelſtrebe d je = 10/20zm, Verſtrebung e = 18/18zm, Doppelzange f
= 10/18zm, Bohle g = 9/50zm, Verſtrebung h = 8/18zm, Gerüſtſtiel i
= 23/23zm, Gerüſträhm k = 23/23zm, Lattung = 10/10zm, Bogen-
entfernung = 1,5m.


Fig. 449: Spannweite 6,5zm, Doppelhängeſäule a je = 10/23 zm,
Hängeſtrebe b = 18/23zm, Hängebalken c = 18/23zm, Doppelzange d
je = 10/23zm, Fette e = 15/15zm, Bohlengerüſt f jede Bohle = 8/32zm,
Verſtrebung g = 5/12zm, Gerüſträhm h = 18/18zm, Lattung 10/10zm,
Binderentfernung 1,5m.


Zum Schluſſe geben wir noch zwei von einander abweichende
Wanderley, Bauconſtr. 20
[306]Fünftes Kapitel.
Bogengerüſte: Fig. 450 wurde beim Baue des Reiße-Viadukts bei
Görlitz benutzt und Fig. 451 für die Gerdaubrücke bei Ueltzen
(Hannover).


Figure 454. Fig. 449

In dem letzten Beiſpiel beſtehen die Leerbögen im Weſentlichen
je aus nahezu radial gerichteten Streben (21/23zm), die über den in
der Mitte der Brückenöffnung eingerammten Pfählen ihren Stütz-

Figure 455. Fig. 450

A.


[307]Die Bogengerüſte.
punkt finden. Der Gewölbedruck wurde durch die 5zm ſtarken Schal-
bretter auf jede Bogenhölzer übertragen; dieſe ruhten an den Enden

Figure 456. Fig 450

B.


auf 8zm langen Sattelhölzern, welche durch die radialen Streben
direct unterſtützt wurden. Weil die Sattelhölzermit Langholz auf dem
Hirnholze der Streben lagen, ſo ſind ſie über den drei mittleren
Stützpunkten, wo ſie einen Druck bis über 6500 Kilogr. zu über-
tragen haben, aus Eichenholz gemacht. Die Streben ſtanden in einem
Schuh aus Eichenholz, ihn unterſtützte das Schwellholz, welches
mit den Enden etwa 21zm ins Mauerwerk reichte und aus zwei
Hälften hergeſtellt werden mußte. In der Mitte ſtoßen dieſe beiden
Hälften ſtumpf voreinander und ſind durch ſeitlich angebrachte (16zm)
Laſchen verbunden. Die unterſten Bogenhölzer am Kämpfer ſtützten
ſich mittelſt eichener Keile auf die Schwellhölzer. Die Verbindung
der Hölzer durch Zapfen iſt nur an den Fußpunkten der Streben in
Anwendung gebracht, ſonſt ſind die Hölzer ungeſchwächt gelaſſen und
durch Laſchen und Bolzen verbunden. Die Leergerüſte haben ſich
von dem Augenblicke an, wo man anfing, ſie mit Backſteinen zu
belegen, bis zum Ausrüſten 1,2—2zm geſenkt. Die Dimenſionen der
Hölzer waren ziemlich gut getroffen, nur hätten die Entfernungen
der Bögen größer als 1,1m ſein können. Bei einer größeren Weite
20*
[308]Fünftes Kapitel.
zwiſchen den einzelnen Bögen würde es ſich jedoch empfehlen, die
Bogenhölzer etwas ſtärker und namentlich breiter zu machen, um ſie
an den Auflagern nicht zu ſehr in Anſpruch zu nehmen. Indeß
könnte dies ſchon durch eine größere Länge der Sattelhölzer zum
Theil vermieden werden. Uebrigens wurde die vorſtehende Con-
ſtruktion durch den beſonderen Umſtand hervorgerufen, daß man ſich
entſchloſſen hatte, die Sandtöpfe (hiervon weiter unten) zum Aus-
rüſten zu benutzen, und es dabei von Bedeutung ſchien, die Haupt-
laſt auf die Mitte zu bringen, wohin die Cylinder gebracht wurden.


Das Ausrüſten der Gewölbe.


Die Gerüſte dürfen erſt fortgenommen werden, wenn der Mörtel
eine gewiſſe Härte erlangt hat, doch muß letzterer noch ſo weich
ſein, daß er einem ſtarken Drucke etwas nachgiebt und ſich wenig
zuſammendrückt. Das Ausrüſten geſchieht nicht plötzlich, ſondern
allmählig, damit das Gewölbe ſich langſam ſetze.


Um dies bewerkſtelligen zu können, geſchieht das Löſen nach vier
verſchiedenen Methoden:


1) mit Keilen, 2) mit Schrauben, 3) mit Sandbüchſen
und 4) mit Exzentriks.


Erſtens: Das gewöhnliche und bis etwa zum Jahre 1854 faſt aus-
ſchließlich beim Ausrüſten von Gewölben jeder Art angewandte Ver-
fahren beſteht darin, daß die Leerbögen von zwei eichenen Keilen
getragen werden, welche man nach Vollendung des Gewölbes ſo durch
gegen dieſelben geführte Schläge verſchiebt, daß die Leerbögen nieder-
ſinken und ſich vom Gewölbe ablöſen. Dieſe Methode war früher
ſelbſt bei großen Brücken allgemein gebräuchlich, wird aber jetzt nur
noch
bei Gewölben im Hochbau angewendet, wo die Gewölbe
meiſtens nur geringe Spannweiten haben und das ſtoßartige Hinab-
ſinken der Leergerüſte ohne Nachtheil iſt. Die Anbringung der Keile
kann man in den Figuren 448—450 deutlich erkennen.


Alle Gewölbe in Gebäuden werden auf dieſe Weiſe aus-
gerüſtet.


Bei größeren Gewölben hingegen, wie ſolche bei Brücken vorkom-
men, ruht auf den Keilen ein ſehr bedeutendes Gewicht, und ver-
hindert dann die ſtarke Reibung das Gleiten der Keilflächen, ſo daß
ein Senken der Leerbögen nur mittelſt gewaltſamer Beſeitigung durch
heftige Stöße oder durch Zerſtückelung unter Anwendung ſcharfer
[309]Die Bogengerüſte.
Werkzeuge zu ermöglichen iſt. Hierdurch werden aber Erſchütterungen
herbeigeführt, welche die verderblichſten Einflüſſe auf die Gewölbe
äußern können. Man kam daher Anfang der fünfziger Jahre auf die


zweite Methode. Hierbei müſſen die Leerbögen ſo conſtruirt
ſein, daß die einzelnen Bogenſtücke, auf denen das Gewölbe ruht,
zwiſchen, an den darunter liegenden Riegeln befeſtigten Böcken nie-
dergelaſſen werden können. Beiſpielsweiſe wurden die 16,1m weiten
Fluthbrückenöffnungen mit Segmentbögen aus Ziegeln auf ſolchen
Leergerüſten im Jahre 1852 hergeſtellt und nach Fig. 452 ausge-
rüſtet (Zeichnung 1/12 nat. Größe). Die Bogenſtücke ruhten während
des Baues auf 3½zm ſtarken ſchmiedeeiſernen Schrauben mit
vierkantigem Gewinde, welche ſich auf gußeiſerne, mit viereckiger,
äußerer Form in die Riegel eingelaſſene Muttern ſtützen. Die Bogen-
ſtücke erhielten 4zm ſtarke gußeiſerne Platten, in welche die Schrauben
abgerundet eingelaſſen waren. Während des Baues waren die
Schrauben gut geſchmiert und wurden noch beſonders unterſtützt, um
ein Verbiegen und Brechen der ſchiefbelaſteten Schrauben zu ver-
hüten. Beim Ausrüſten wurden die Schrauben vorſichtig gelöſt und
dadurch die Bogenſtücke langſam von dem Gewölbe getrennt.


Dies Verfahren hat den Vortheil, daß man das Leergerüſt bei
ſeiner Aufſtellung und während des Baues reguliren kann, es iſt
aber bedeutend theurer als


die dritte Methode mit Sandtöpfen. Sie wurden zuerſt
von den Franzoſen mit ſehr gutem Erfolge angewendet und ſind
bis jetzt ganz allgemein bei größeren Brückenbauten im Gebrauche.
In Deutſchland benutzte man ſie Ende der fünfziger Jahre zuerſt,
ſo z. B. bei der Gerdaubrücke bei Ueltzen (Hannover) [ſiehe s in
Fig. 451]. Die Cylinder ſtanden auf dem unteren, die vier Pfähle
verbindenden Holme und trugen eine 10zm hohe eichene Schwelle,
auf welche für jeden Leerbogen ein Paar 30zm breite Keile gelegt
waren. Unter jedem Leerbogen ſtand ein Cylinder (Fig. 453), der
einen Druck von ungefähr 15000 Kilogr. zu übertragen hat. (Proben
und Verſuche angeſtellt bis 50000 Kilogr.)


Was ihre Conſtruktion anbelangt, ſo beſtehen ſie aus 3mm ſtarken
Eiſenblechen, deren Enden durch übergelegte Laſchen verbunden ſind.
Am unteren Ende iſt das Blech rechtwinklig umgebogen und mit
dem eiſernen Boden vernietet. Der Durchmeſſer der Cylinder beträgt
31zm, ihre Höhe 25zm.


[310]Fünftes Kapitel.

In geringer Höhe über dem Boden ſind vier ſchmiedeeiſerne
röhrenförmige Anſätze von 2,5zm Oeffnung angenietet, die durch

Figure 457. Fig. 451.


Korke zu verſchließen ſind. Der untere Raum bis zur Höhe der
vier Oeffnungen iſt mit einer Holzſcheibe ausgefüllt. Die Ueber-
tragung des Druckes auf den Sand geſchieht durch cylindriſche
Stempel von Eichenholz, 28zm im Durchmeſſer, 21zm hoch und oben
und unten mit eiſernen Ringen verſehen. Sämmtliche Holz- und
Eiſentheile ſind mehrmals mit Oelfarbe angeſtrichen, um das Ein-
dringen von Feuchtigkeit zu verhüten.


Zum Gebrauch wurden die vier Anſätze der Blechcylinder mit
geſunden Korken feſt verſchloſſen und die Cylinder ſo hoch mit Sand
gefüllt, daß der darauf geſtellte hölzerne Stempel noch wenigſtens
ſo weit aus dem Cylinder hervorragte, als die Senkung des Bogens
vorausſichtlich betragen könnte. Der dazu verwandte Sand iſt am
Feuer getrocknet; anfangs wurde feiner weißer Streuſand genommen,
ſpäter etwas gröberer. Mit beiden Sorten ging das Ausrüſten
nachher ſehr gut.


Nachdem der Sand loſe eingefüllt und ſo geebnet war, daß die
eingeſetzten Stempel bei den vier zu einem Leergerüſte gehörigen
[311]Die Bogengerüſte.
Cylindern gleich hoch ſtanden, wurden die 1,5zm Zwiſchenräume
zwiſchen den hölzernen Stempeln und dem eiſernen Cylinder mit
geknetetem Thon ausgefüllt und dann über jeden Apparat ein Stück

Figure 458. Fig. 452.


Figure 459. Fig. 453.


grobes Wachsleinen gedeckt, die Cylinder mit Bindfaden feſtgebunden
und mit Theer beſtrichen. Dieſe Vorkehrungen haben vollkommen
genügt, um ſelbſt bei anhaltendem Regenwetter den Sand Monate
lang trocken zu halten.


Bei den 12 Cylindern, die zweimal gebraucht ſind, hat ſich beim
Ausrüſten auch nicht ein einziges Mal die geringſte Spur hindurch-
gedrungener Näſſe gezeigt.


Um beim Ausrüſten die Bewegungen der einzelnen Leerbögen
controliren und ein gleichförmiges Senken erreichen zu können,
[312]Fünftes Kapitel. Die Bogengerüſte.
wurden zwiſchen je 2 Rippen Nonien-Apparate angebracht, die ein
Ableſen von ¼mm geſtatten. Um ferner zu vermeiden, daß beim
Niedergehen der hölzernen Stempel, welche die Hauptlaſt des Ge-
wölbes und des Leergerüſtes aufnehmen, ſchädliche Spannungen in
den Hölzern entſtänden, die eine freie Bewegung der Streben hätten
verhindern und eine zu große Inanſpruchnahme der unteren Schwelle
bewirken können, wurden die Schraubenbolzen aus den ſchrägen
Windſtreben und aus den, die beiden Hälften der Schwelle verbin-
denden Laſchen entfernt. Nach dieſen Vorbereitungen zog man mit
einem Korkzieher je zwei einander gegenüber ſitzende Korke aus den
Blechcylindern heraus, die kaum ſo feſt ſaßen, wie die Korke in
einer Weinflaſche. Als die Oeffnungen frei waren, fing der Sand
an auszurieſeln, bald aber zeigte es ſich, daß in den etwa 2,5zm
langen Anſätzen ſich kleine Sandkegel bildeten, die die Oeffnungen
des Hauptcylinders zum Theil verſperrten. Es wurde deshalb
nöthig, mit Nägeln und Haken das Auslaufen des Sandes zu be-
fördern; ein Umſtand, den man durch kürzere Anſätze leicht beſeitigen
könnte, der ſich aber als nachtheilig durchaus nicht erwieſen hat,
indem man jetzt das Quantum des ausfließenden Sandes nach den
Senkungen der einzelnen Leerbögen, die an den Nonien-Apparaten
zu erkennen waren, genau reguliren konnte.


Da die Ausrüſtung ſowohl mit Schrauben, als auch mit Sand-
töpfen ein gleichmäßiges Sinkenlaſſen der Leergerüſte noch nicht in
genügendem Maße geſtatten, erfand Ingenieur O. Intze, Profeſſor
am Polytechnikum zu Aachen, beim Bau der Hamburger St. Annen-
brücke die


vierte Methode mit „Exzentriks.“ Die Beſchreibung und
Zeichnungen dieſes originellen Verfahrens ſind in der „Deutſchen
Bauzeitung“ 1870 Seite 49, ſowie im Auszuge im „Jahrbuch der
Baugewerbe“ 2. Jahrgang (1872) Seite 359 gegeben, und verweiſen
wir den Leſer, welcher ſich für dieſen Gegenſtand intereſſirt, beſon-
ders auf die erwähnte Deutſche Bauzeitung.


[313]Sechstes Kapitel. Die hölzernen Hauptgeſimſe.

Sechstes Kapitel.
Die hölzernen Hauptgeſimſe.


Nur in wenigen größeren Städten geſtatten die baupolizeilichen
Verordnungen die Anlage der hölzernen Hauptgeſimſe; unter allen
Hauptſtädten Deutſchlands zeichnet ſich hierin die Reſidenzſtadt
Berlin aus.


Oefters läßt man bei ländlichen Gebäuden die Dachfläche vor-
ſpringen (Fig. 454) und bringt außerhalb gar keine oder nur

Figure 460. Fig. 454.


eine untergeordnete Bretterverkleidung an, die theilweiſe von kleinen
Winkellappen (l) gehalten wird.


Bei beſſerer Ausſtattung kommt auf die geſchnitzten Sparrenköpfe b

Figure 461. Fig. 455.


eine Hängeplatte und Sima, die aus einem Holzblocke (a) beſtehen
(Fig. 455) und welcher gleichzeitig die Rinne enthält.


[314]Sechstes Kapitel.

Vielfach ordnet man noch unter den vorſpringenden Sparren
eine conſolartige Unterſtützung k (Fig. 456) an, welche lediglich den

Figure 462. Fig. 456.


Zweck hat, die Geſimshöhe zu vermehren. Die Drempelwandmaue-
rung reicht entweder bis unter die Dachverſchalung oder ſchließt mit
der Sparrenunterkante ab, ſo daß ein beſonderes Stirnbrett (b)
zum Abſchluſſe des Bodenraumes erforderlich iſt.


Zur weiteren Ausſchmückung wird der Sparrenkopf profilirt.


Für die Conſtruktion der hölzernen Hauptgeſimſe mit griechiſchen
Formen iſt maßgebend, ob die Sima (der Rinnleiſten) gleichzeitig
Rinne ſein, oder ob eine beſondere Rinne angeordnet werden ſoll.
Im letzteren Falle ordnet man in 2m Entfernung die Drempelſtrebe c
und die Zange d an (Fig. 457), welche in der Höhe der Hängeplatte
an c und dem Drempelſtiel b mit Bolzen ihren Halt bekommt. Die
Zange d ſpringt bis zur Hängeplatte vor und trägt den Knaggen f.
Das Unterglied des Hauptgeſimſes wird in Putz gezogen, die Hänge-
[315]Die hölzernen Hauptgeſimſe.
platte und Sima hingegen beſtehen aus Brettern, welche theils
ſtumpf, theils mit Spundung zuſammenſtoßen. Auch die Oberfläche
des Geſimſes beſteht aus Brettern, die zum Schutze gegen die Näſſe
u. ſ. w. mit Zinkblech (g) abgedeckt wird.


Figure 463. Fig. 457.

Da die Rinne h ſchräg liegt, um das Ablaufen des Waſſers zu
geſtatten, und die fallende Linie ſchlecht ausſieht, verſteckt das verti-
cale Blech l die mit Gefälle verſehene Rinne vollſtändig.


In Fig. 458 hält die Zange z den Hauptgeſimsbretterkaſten,
darüber liegt der Keil k, der die Abdeckung a und das Bortbrett b
trägt; beide ſind mit Zink belegt, welches bis unter die Rinne reicht.
Den Sparrenkopf s fertigt man aus Gyps- oder Cementguß an
und befeſtigt ihn mit Holzſchrauben. Die Sima kann aus Zinkblech
hergeſtellt werden und iſt unten ausgelocht, damit das auf die Rinne
fallende Regenwaſſer abtriefelt. Auf dem Geſimſe ſteht eine Attika A,
gegen welche ſich die Dachrinne anlegt.


[316]Sechstes Kapitel.

Für geneigte Hängeplatten und Sparrenköpfe wäre die Anord-
nung in Fig. 459 anzuempfehlen. Der vordere Theil der Zange z

Figure 464. Fig. 458.


iſt nach abwärts gerichtet, an ihm ſind die Bretter der Hängeplatte
befeſtigt. Die Sima beſteht aus Holz oder Zinkguß. Eine Zink-
blechrinne deckt die Oberfläche des Geſimſes ab.


Alle in Fig. 457—459 mitgetheilten Conſtruktionen findet man
in Berlin ſehr häufig; in der Regel iſt die Drempelwand nur eine
[317]Die hölzernen Hauptgeſimſe.
½ Ziegel vorgeblendete Riegelwand, wie wir ſolche bereits früher
in Fig. 194 und 195 beſchrieben haben.


Figure 465. Fig. 459.

Schließlich verweiſen wir noch auf einige hölzerne Geſimſe, die
im 3. Bande dieſes Werkes, Abſchnitt „Dachbedeckungen“, Kapitel
„Rinnen“ gegeben ſind.


[[318]]

Appendix A Verzeichniß
der im 1. Bande durch ganz beſondere Umſtände leider
uncorrigirt gebliebenen Druckfehler ꝛc.


  • Seite 1, Zeile 9 von oben anſtatt er, lies: man.
  • „ 10, „ 9 „ unten anſtatt Hocke, lies: Hacke.
  • „ 20, „ 6 „ „ anſtatt 410 401, lies: 350 161.
  • „ 32, „ 6 „ oben anſtatt V = H sin α, lies: V = R sin α.
  • „ 34, „ 16 „ „ lies: oder
  • „ 34, „ 18 „ „ lies:
  • „ 35, „ 5 „ „ anſtatt lies:
  • „ 36, „ 5 „ „ anſtatt = 17 zm, lies: = 16 zm.
  • „ 36, „ 7 „ unten anſtatt
    lies: .
  • „ 36, Zeile 5 von unten lies:
    .
  • „ 36, Zeile 4 von unten anſtatt b = 36 · 5/7 = 26zm, lies: b =
    45 · 5/7 = 32zm.
  • „ 37, Zeile 3 von oben anſtatt Strebenſchub O, lies: Strebenſchub H.
  • „ 38, „ 16 „ „ anſtatt
    lies: Kilogr.
  • „ 38, Zeile 18 von oben anſtatt , lies: b =
    .
    [319]Verzeichniß der Druckfehler.
    Seite 38, Zeile 19 von oben lies:
  • „ 38, „ 1 „ unten anſtatt , lies:
  • „ 39, „ 9 „ oben anſtatt , lies:
    „ 39, Zeile 10 von oben anſtatt , lies: b =
    „ 39, Zeile 12 u. 14 von unten in den Formeln anſtatt l2, lies: g2.
  • „ 39, „ 10 von unten in der Formel anſtatt 0,786, die Zahl 0,857
    zu ſetzen.
  • „ 45, Zeile 8 von unten, Seite 46, 5. Zeile von oben und Seite 47, 8 Zeile
    von oben anſtatt 2,8m, lies: 2,82m.
  • „ 46, Zeile 7 von unten in der Formel anſtatt l lies: s.
  • „ 47, „ 3 „ oben anſtatt Breite = s, lies: Breite = w.
  • „ 47, „ 6 „ „ in der Formel muß anſtatt Ql heißen: Qg.
  • „ 47, „ 9 „ „ lies:
    „ 48, Zeile 3 von unten anſtatt rational, lies: rationell.
  • „ 88, „ 1 „ oben muß hinter 1,072 Pl ſtehen: und wenn b = h
  • „ 88, „ 9 „ „ anſtatt , lies:
  • „ 88, „ 16 „ „ anſtatt = 616 Kilogr., lies: 560 Kilogr.
  • „ 88, „ 19 „ „ anſtatt Formel 4, lies: Formel 5
  • „ 88, „ 20 „ „ lies: .
  • „ 88, „ 22 „ „ lies: b = 5/7 · 31 = 22zm.
  • „ 89, „ 16 „ „ und Seite 90, Zeile 4 von oben lies: v = ¼,
    anſtatt v = ¼ L.
  • „ 169, Zeile 8 von unten anſtatt (0,30zm), lies: (0,30m).
  • „ 294, „ 4 „ „ anſtatt Firſtſpitze, lies: Fußſpitze.
  • Seite 65 iſt die Fig. 130 B falſch abgedruckt, ſie muß ſo ſein wie neben-
    ſtehend dargeſtellt:
    [figure]
  • „ 89 iſt Fig. 160 aus der 1. Auflage
    falſch abgedruckt, ſie ſoll wie
    nebenſtehend ſein:
    [figure]

Appendix B

Halle a/S. Druck von Otto Hendel.


[][][]
Notes
*)
Genauer iſt: .
*)
Die Ziegellänge ſchwank zwiſchen 24—29zm; 24zm in Deutſchland, 29zm
in Oeſterreich.
*)
Ueber Anwendung der Riegelwände bei Getreideſpeichern giebt „Wanderley,
ländliche Wirthſchaftsgebäude“ ausführlich Auskunft.
*)
In den Oſtfeeländern wird das Schieferdach niemals unter ⅓, bei guten
Wohnhäuſern ſogar ⅖—½ der Gebäudetiefe hoch gemacht.
**)
In Oeſterreich gleichfalls.
*)
In Oeſterreich heißen die ſogenannten „Fettendächer“ vielfach auch italieniſche
Dachſtühle.
**)
In Oeſterreich ſind die Bodenkammern meiſtens nicht geſtattet.
*)
Bezüglich der Conſtruction der Dächer und Dachboden ſchreiben die Bau-
ordnungen in Oeſterreich Folgendes vor:
  • Böhmen.
    • §. 51. Bei neuen Bauführungen ſoll das Gehölz des Dachgerüſtes mit je-
      nem der Dachboden (Deckengebälk über der oberſten Etage) in keiner Ver-
      bindung ſtehen.
    • §. 52. Der Dachboden bei neuen Gebäuden iſt mit Ziegeln zu pflaſtern.
      Alles Gehölz ohne Ausnahme iſt bei den Rauchfängen auszuwechſeln und
      keineswegs in dieſelben einzulaſſen.
    • §. 53. Die Dachböden ſollen in der Regel zu Wohnungen nicht benutzt wer-
      den und iſt die Einrichtung von Dachzimmern nur dann zu geſtatten,
      wenn ſolche allen Rückſichten der Feuerſicherheit entſprechend, hergeſtellt
      werden.
    • §. 54. Bei Gebäuden, welche aneinander gebaut ſind, müſſen die Dachungen
      durch Feuermauern geſchieden werden, welche, mit Pfeilern verſtärkt, bis
      über den Dachfirſt ragen. In dieſen Feuermauern an Seiten eines An-
*)
rainers (Nachbars) dürfen weder Fenſter noch ſonſtige Oeffnungen ange-
bracht werden.

    • §. 54. Die mit Brettern verſchlagenen Dachgiebel ſollen nicht geduldet wer-
      den und ſind dieſelben bei gemauerten Gebäuden zu verbauen, bei hölzer-
      nen Gebäuden aber mit Lehmkleberwerk herzuſtellen.
    • §. 77. Es wird geſtattet, bei Baulichkeiten in Dorfſchaften die Deckboden an-
      ſtatt mit einer Pflaſterung mit einem 3 — 4 Zoll (8—10 Zentimeter) hohen
      Lehm-Eſtrich zu belegen.
    • §. 79. Auch bei jenen Bauführungen außerhalb Prags, die mit behördlicher
      Bewilligung aus Holz hergeſtellt werden, ſoll das Gehölze der Dachungen
      von jenen der Deckböden zweckmäßig getrennt und auf die Herſtellung eines
      Ziegelpflaſters oder eines wenigſtens 4″ (10zm) hohen und gut ausge-
      ſchlagenen Lehm-Eſtrichs in den Dachbodenräumen gedrungen werden.
  • Bukowina.

Bauordnung für Chernowitz: §. 39.... Es iſt bei allen öffentlichen
Gebäuden über, dann bei den Privatgebäuden im innern Baubezirke verboten, die
Bundträme der Dachſtühle zur Deckenconſtruction zu benutzen und muß letztere
*)
immer vom Werkholze vollkommen iſolirt und feuerſicher belegt ſein. Auch ſind
alle mit dem Dache in Verbindung ſtehenden Scheingewölbe oder derlei Bohlen-
decken unterſagt.
    • §. 49. Wo die Länge des Daches 20 Klafter (38m) überſteigt, muß der
      Dachboden durch eine Feuermauer abgetheilt werden.
    • §. 50. Der Dachboden muß feuerſicher belegt und die Abſchlußthür des Dach-
      bodens feuerſicher hergeſtellt werden. Oberlichter zur Beleuchtung eines
      Theils des Gebäudes müſſen außer jeder feuergefährlichen Verbindung mit
      dem Dachboden und den Gebäuden der Anrainer angebracht werden. Dach-
      zimmer als Wohnräume ſind nur dann geſtattet, wenn dieſelben vom
      Dache und vom Dachboden feuerſicher abgeſchloſſen und durch eine feuer-
      ſichere, unmittelbar zur Dachwohnung führende Stiege zugänglich ſind.
    • §. 66. Bei allen, auch nicht iſolirten Bauten für induſtrielle Zwecke iſt bei
      feuerſicherer Eindeckung und feſten Umfaſſungsmauern geſtattet, den Pla-
      fond (oberſte Balken) nach Bedarf gleichzeitig für den Dachſtuhl und die
      Decke zu benutzen.
  • Galizien.

Bauordnung für Lemberg: §. 26. a. Bei Herſtellung der Dachſtühle
iſt ſich nur ſolcher Profile zu bedienen, welche nach der Erfahrung und den Regeln
der Kunſt als ſolid bewährt ſind (Anmerkg. d. Verf. sic! wo bleibt der Fort-
ſchritt?).
  • b. Die Anlage der ſogenannten Manſarddächer wird nicht geſtattet. Große
*)
Dacherker, Lichtfänge und Aufzüge dürfen nur mit beſonderer Bewilligung
und unter Vorlage gehörig detaillirter Pläne mit Anwendung der für jeden
ſpeciellen Fall zu beſtimmenden Vorſichten hergeſtellt werden.

  • c. Die Neigung des Daches ſoll in der Regel nie größer als 45° ſein.
  • d. Zu den Dachſtühlen ſoll vollkommen geſundes Holz verwendet werden.
  • e. Das Dachgehölz darf mit den Zimmerdecken in keiner Verbindung ſtehen.
  • h. Die Dachböden ſind mit Ziegeln zu pflaſtern und mit einer eiſernen oder
    beiderſeits mit Blech beſchlagenen Thür gegen die Stiege feuerſicher abzu-
    ſchließen. Die Bodenthür darf nur dann oben im Niveau des Bodenraumes
    ſtehen, wenn der Stiegenfalz gemauert und gewölbt iſt
  • i. Auf den Dachböden dürfen keine Wohnungen beſtehen.
  • Iſtrien.
    • §. 24. Es iſt nicht ſtatthaft, Zimmer in den Dachböden zu Wohnungen zu
      beſtimmen, außer es wären dieſelben rings mit Mauern eingeſetzt, getäfelt
      und der Fußboden mit Ziegeln oder mit einem anderen, der Feuersgefahr
      nicht unterliegendem Material abgepflaſtert.
    • Nach §. 30 dürfen die Bundträme niemals als Plafondträger des darunter-
      liegenden Stockwerks verwendet werden.
    • Nach §. 43 dürfen alle Gebäude, welche bis 30 Klafter (57m) an Eiſenbah-
      nen errichtet werden, keine Dachöffnungen an der Bahnſeite haben, um den
      Zutritt der Funken zu verhüten.
*)
  • Kärnthen mit Ausſchluß Klagenfurt.
    • §. 18 lautet ebenſo wie § 43 in Iſtrien.
    • §. 46 ſchreibt im Dachbodenraume über Anſchüttung auf den Deckenbalken ein
      Ziegelpflaſter oder ein Kalk- oder Lehm-Eſtrich vor. Die Bundträme der
      Dachſtühle dürfen zur Deckenconſtruktion nie benutzt werden und muß letz-
      tere vom Werkholze vollkommen iſolirt bleiben. Dieſes Verbot trifft auch
      insbeſondere die Kirchen, bei denen alle mit dem Dache in Verbindung
      ſtehenden Schaugewölbe oder derlei Bohlendecken unterſagt ſind.
    • §. 55. Die Mauerbänke des Dachſtuhls müſſen immer über dem Dachboden-
      pflaſter gelegt werden. Bedachungen ganz ohne Dachgeſimſe (ſoll heißen
      vorſpringende Dächer) herzuſtellen, kann nur bei iſolirt ſtehenden Scheu-
      nen, Magazinen u. dgl., dann bei den im Schweizerſtyle hergeſtellten
      Landhäuſern (Villen) und den dazu gehörigen Nebengebäuden, jedoch nur
      unter der Bedingung geſtattet werden, daß jedes derlei Gebäude ſo entfernt
      von anderen Gebäuden ſteht, daß wegen des Mangels eines Geſimſes keine
      Feuersgefahr zu beſorgen iſt.
      Größere Vorſprünge, welche den Zweck haben, einen gedeckten Vorplatz
      vor dem Gebäude zu gewinnen, können ebenfalls nur bei iſolirt ſtehenden
      Wirthſchaftsgebäuden und Magazinen, und nur dann geſtattet werden,
      wenn der Raum, welchen ſie bedecken ſollen, außer der Straßenlinie liegt.
      Derlei breite Dachvorſprünge werden auch an Wohngebäuden an der
      Hofſeite bewilligt, wenn ſie den Zweck haben, einen daſelbſt angebrachten
*)
freitragenden Gang zu decken, doch müſſen ſie in dieſem Falle unterhalb
verſchalt und ſtuccatirt werden.

    • §. 56. Der Dachboden muß feucrſicher belegt ſein. Die Abſchlußthüre des
      Dachbodens iſt im ſteinernen Stocke von Eiſen herzuſtellen. Ein Dachbo-
      den, deſſen Lage 15 Klafter (29m) überſteigt, iſt durch eine Feuermauer
      von ½ Ziegel mit ½ Ziegel Verſtärkungspfeilern und in der Höhe von
      m (0,4m) über die Dachfläche abzutheilen. Die Dachboden ſollen zu
      Wohnungen nicht benützt werden, und iſt die Errichtung von Dachkammern
      nur dann geſtattet, wenn ſolche allen Rückſichten für Feuerſicherheit ent-
      ſprechend hergeſtellt werden. Feuerſtätten daſelbſt zu errichten, iſt unbe-
      dingt unterſagt.
    • §. 57. Lichtfänge gegen benachbarte Häuſer, durch Dacherker mittelſt Bretter-
      verſchalungen auf Stiegen, Vorhäuſer oder in Behältniſſe geleitet, ſind bei
      neuen Gebäuden nicht zu geſtatten. Oberlichte über Stiegen müſſen auf
      allen Seiten maſſives Mauerwerk haben, welches über das Dach ragt.
      Oberlichter für andere Räume des Hauſes müſſen außer jede feuergefähr-
      liche Verbindung mit dem Dachboden und den Gebäuden der Anrainer ge-
      bracht werden.
    • §. 72 geſtattet für induſtrielle Bauten ohne Rückſicht auf Iſolirung, daß die
      oberſte Decke gleichfalls mit dem Dachſtuhl verbunden wird (iſolirter Werk-
      ſatz alſo nicht nöthig).
*)
    • §. 78 ſchreibt vor, daß auch bei Fachwerkswohngebäuden das Dachgehölz von
      der Decke zweckmäßig getrennt und dieſe mit einem Eſtrich belegt ſein muß.
  • Bauordnung für Klagenfurt:
    • Nach §. 33 darf nur bei freiſtehenden Wirthſchafts- und Stallgebäuden die
      Unterbringung von Heu und Stroh in ungewölbten Dachräumen geſchehen.
      In Hofräumen oder Gebäuden, wo ſich in der Nähe über den Futterräu-
      men Wohnungen oder Wohnungsfenſter befinden, müſſen die Futterräume
      gewölbt werden.
    • Nach §. 49 ſoll die Neigung der Dachſparren einen Winkel von 45° nicht
      überſchreiten. Vorragende Balken oder Sparren ſind verboten. Dachvor-
      ſprünge bei Wirthſchaftsgebäuden nur erlaubt, wenn die Bundträme eben-
      falls vorſpringen und verſchalt und ſtuccatirt werden. Die Mauerbank
      des Dachwerkſatzes ſoll eine ganz freie Lage über dem Bodenpflaſter er-
      halten.
      Das Dachgehölz muß von dem Oberboden vollſtändig iſolirt bleiben und
      dürfen die Bundträme niemals Deckenträger ſein.
    • §. 50. Dächer von mehr als 20 Klafter (38m) Länge ſollen wenigſtens mit-
      telſt einer Feuermauer in der ganzen Gebäudetiefe und in der Höhe von
      mindeſtens 9 Zoll (24zm) über den Dachflächen abgetheilt werden; jede die-
      ſer Feuermauern iſt mit einer von beiden Seiten zu öffnenden eiſernen
      Thür in feuerfeſten Gewänden zu verſehen. Die Anbringung von Dach-
*)
zimmern oder Kammern als Wohnräume iſt unterſagt. Feuerungsanlagen
in den Dachräumen ſind ganz unzuläſſig.

    • §. 66 e) erlaubt bei Induſtriebauten (auch nicht iſolirte) die Benutzung der
      Verwendung des Bundtrams in dem Oberboden.
  • Mähren.
    • In den Städten: §. 28. Oberlichter zur Beleuchtung von Treppen oder
      anderen Räumen ſind aus feuerfeſtem Material herzuſtellen und außer
      jeder feuergefährlichen Verbindung mit dem Dachboden und den Nachbar-
      gebäuden zu bringen.
    • §. 33. Stallungen, Futterkammern und Magazine müſſen eine nach oben
      und unten feuerſichere Decke erhalten.
    • §. 47. Eingänge in den Dachboden ſind mit eiſernen Thüren in feuerfeſtem
      Gewände zu verwahren.
      Dachzimmer ſind nur geſtattet, wenn ſie allen Rückſichten der Feuer-
      ſicherheit entſprechen.
    • §. 48 ſchreibt die Iſolirung des Werkſatzes vom Oberboden und Belegung
      deſſelben mit einem Ziegelpflaſter vor.
  • Bauerleichterungen in Dörfern, Märkten und bei ſtädtiſchen Gebäuden
    iſolirter Lage:
    • §. 69 ad g. Bei Dachboden der Stallungen und Futterkammern iſt eine
      4 Zoll (10zm) hohe Lehmeſtrichbedeckung zuläſſig.
*)
    • §. 77. Bei Induſtriebauten kann der Bundtram (Geſpärrbalken) im Ober-
      boden liegen.
  • Oeſterreich ob der Enns:
    • §. 23 lautet faſt ebenſo wie §. 48 der Bauordnung für Mähren.
    • §. 29. In Städten, Märkten und geſchloſſenen Ortſchaften müſſen:
  • a. Die Mauerbänke des Dachſtuhls mindeſtens 6″ (16zm) über dem Dachboden-
    pflafter liegen,
  • b. Die Dachbodenabſchlußthüren ſind in ſteinernen Gewänden oder eiſernen Rah-
    men herzuſtellen.
  • c. Dachlängen über 15 Klaftern (29m) müſſen in der ganzen Breite des Dach-
    bodens mittelſt Brandmauern in der Höhe von 1′ (0,30zm) über den Dach-
    flächen abgetheilt werden und iſt jede dieſer Brandmauern mit einer eiſernen
    Thür (von beiden Seiten zu öffnen) in feuerfeſten Gewänden zu verſehen.
  • d. Dachzimmer müſſen ſo hergeſtellt werden, daß ſie vom Dachgehölze vollſtändig
    feuerſicher getrennt und durch feuerſichere Gänge und Stiegen zugänglich find.
    • §. 43 erlaubt für nicht iſolirte Induſtriebauten die Herſtellung von Tram-
      böden und einfachen Bretterfußböden ohne Schuttlage und ohne Stuckatu-
      rung, dann die Benutzung des Dachſtuhls zur Deckenconſtruction.
*)
  • Bauordnung für Linz.
    • Nach §. 46 iſt die Anbringung von Dachzimmern ausnahmslos unterſagt.
      Sonſt beſagt dieſer § daſſelbe wie §. 29 a, b und c der eben erwähnten
      Banordnung in Oeſterreich ob der Enns.
  • Oeſterreich unter der Enns (ohne Wien).
    • §. 51 verbietet die Verbindung des Dachgerüſtes mit dem Oberboden.
    • §. 63 lautet ebenſo wie §. 29 a, b und c der mitgetheilten Bauordnung für
      Oeſterreich ob der Enns.
      Für Induſtriebauten treten die oben mitgetheilten Bauerleichterun-
      gen ein.
  • Bauordnung für Wien.
    • Außerhalb Wien: §. 7 lautet ebenſo wie §. 43 der Bauordnung für
      Oeſterreich ob der Enns.
    • Innerhalb Wien: §. 53 lautet ebenſo wie §. 29 der Bauordnung für
      Oeſterreich ob der Enns.
*)
    • §. 68 d erlaubt für Induſtriegebäude in nicht vollſtändig iſolirter Lage die
      Herſtellung von Tramböden ohne Schuttlagen und Benutzung des Dach-
      gerüſtes zu Deckenconſtructionen.
  • Bauordnung für Salzburg.
    • Nach §. 44 muß ein Ziegelpflaſter auf dem Dachboden liegen; ſollen die un-
      mittelbar an Nachbarhäuſer anſtoßenden Giebelflächen mindeſtens 12 Zoll
      (0,1m) das Nachbarhaus überragen; ferner iſt auf je 20 Klafter (39m)
      Länge eine Feuermauer im Dachboden nöthig, die das Dach 9″ (24zm)
      überragt und eiſerne Verbindungsthüren enthält.
    • Nach §. 44 ſollen die Mauerbänke mindeſtens 3″ (8zm) über dem Ziegel-
      pflaſter liegen.
      Außerdem ſoll der Dachſtuhltram vom Oberboden iſolirt ſein.
    • §. 59. Im äußeren Stadtbezirk und bei iſolirter Lage (10 Klafter ringsum
      von anderen Bauten entfernt) ſind Dachbodenwohnungen geſtattet, ſie müſ-
      ſen jedoch in den mittleren Theilen mindeſtens 7 Schuh (2,1m) und an
      den niedrigſten Punkten mindeſtens 5 Schuh lichte Höhe haben, und von
      innen verſchalt und ſtuccatirt ſein, und der Dachboden muß mit einer
      dreizölligen (8zm) Schuttlage und darüber mit einem ein- und einhalb-
      zölligen (4zm) Lehmeſtrich- oder einem Ziegelpflaſter bedeckt ſein. In Fach-
*)
werkshäuſern ſind Dachbodenwohnungen nur in 1 Stock hohen Häuſern
geſtattet
Bei Induſtriebauten iſt die Deckenbildung wie oben.

  • Schleſien.
    • In Bezug auf das Dach und den Tachboden ähnlich wie Oeſterreich ob der
      Enns. Die Bauerleichterungen ähnlich wie in Mähren.
    • Auch in Steiermark und Tirol ſind die Bauordnungen faſt ebenſo wie in
      Salzburg und Oeſterreich ob der Enns, weshalb wir ſie hier nicht auf-
      führen.
*)
Dächer, die keine Sparren, ſondern anſtatt derſelben 1 — 1,5m auseinander
liegende Fetten haben, heißen in Oeſterreich: „Riegeldächer.“
*)
Solche Fetten, die als Erſatz der Sparren dienen, heißen in Oeſterreich
Riegel, wonach die Dächer auch „Riegeldächer“ genannt werden, im Gegenſatze zu
„Sparrendächern.“

Dieses Werk ist gemeinfrei.


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Kolimo+

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TextGrid Repository (2025). Collection 1. Handbuch der Bauconstruktionslehre. Handbuch der Bauconstruktionslehre. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). Kolimo+. https://hdl.handle.net/21.11113/4bjwv.0