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Neues
Wiener Theater
.

Nr. 41.
1 fl.

Der
G’wiſſenswurm.

Bauernkomödie mit Gesang in drei Akten


Verlag der
Wallishausser’schen k. k. Hof-Buchhandlung
Adolph W. Künast

Wien, I. Hoher Markt Nr. 1.:
[]

[[1]]
Der
G’wiſſenswurm.

Bauernkomödie mit Gesang in drei Akten


Verlag der Wallishauſſer’ſchen k. k. Hof-Buchhandlung
Adolph W. Künaſt

I.Hoher Markt Nr. 1.:

[[2]]

Druck von J. C. Fiſcher \& Comp., Wien.


[[3]]

Perſonen.

    Beſetzung im k. k. priv. Theater an der Wien.


  • Grillhofer,

    ein reicher Bauer.

    Herr Martinelli.

  • Duſterer,

    ſein Schwager.

    〃 Frieſe.

    • Waſtl,〃 Szika.

    • Michl,〃 Thalboth.

    • Rosl,Fr. Cloſſegg.

    • Annamirl,Frl. Schindler.
    • Dienſtleute bei Grillhofer.


  • Die Horlacherlies.〃 Geiſtinger.

  • Leonhardt,

    Fuhrknecht.

    Herr Schreiber.

  • Poltner,

    der Bauer an der kahlen Lehnten.

    〃 Rott.

  • Sein Weib.Frl. Herzog.

    • Natzl,Herr Jäger.

    • Hanns,〃 Romani.
    • deren Söhne.


  • (Knechte und Mägde im Grillhofer’ſchen Hauſe.)

[[4]]

Erſter Akt.


(Wohlhäbige Bauernſtube. Hintergrund links ein Doppelfenſter, rechts der Haupteingang.
Rechte Seite Fenſter, links eine Seitenthür. Vorne gegen links ein Tiſch mit mehreren
Stühlen, gegen die Wand ein mit Leder überzogener Sorgenſtuhl, an deſſen Rückenlehne
ein Bettpolſter. Wie der Vorhang aufgeht iſt die Bühne leer. Auf dem Tiſche ſteht eine
dampfende Schüßel. Vor dem Fenſter ſieht man Knechte und Mägde mit Rechen und
Heugabeln vorbeiziehen.)

Erſte Scene.


Knechte und Mägde.

Chor.

Knechte.

Glei is die Sunn am Platz,
Mußt Dich halt ſchlau’n,
Sunſten, mein lieber Schatz
Brennt’s Dich ganz braun.


Mägde.

Mei Bub, geh ſag ma no
Was kümmert’s Dich?
Die Sunn, die brennt Dich do
Schwärzer als mich!


Beide.

(Jodler.)

Jujujuheh!

(Ausklingend.)

[6]

Zweite Scene.


(Von links: Rosl (ältere Magd), führt Grillhofer, der ſich leicht auf ſie ſtützt, herein.)

Grillhofer.

Au weh! Au weh! Hebt ſchon wieder ſo a
ſakriſcher Tag an.


Rosl.

No kimm nur Bauer. Da ſteht ſchon Dein Suppen;
laß’s nit kalt werd’n.


Grillhofer.

A was — meint’sweg’n. Mir ſchlagt eh’ nix
mehr an.

(Hat ſich mit Beſchwer niedergelaſſen, ſchneidet behend ſich Brod in die
Schüſſel und löffelt es mit Gier aus.)

Rosl.

Wer weiß, Bauer. Wann Dich der liebe Gott wieder
g’ſund machen will ....


Grillhofer.

Er will aber net.


Rosl.

Ah freilich. Er wird ſchon woll’n.


Grillhofer
(ſchreit).

Er will aber net, ich weiß’s!


Rosl
(erſchrocken).

No ja, nachher is’s was anders.


Grillhofer.

Weißt, Rosl, Du mußt’s nit ſo aufnehmen,
wann ich Dich anſchrei! Es is nit ſo bös gemeint. Aber weißt,
wonn man in Erkenntnuß der Sündhaftigkeit ſchon ſo weit
käma is, daß man ſich frei in Alles ſchicket, wann Ein’m glei
in Gottsnam der Teufel holet, ſo laßt man ſich ſelb’n Zuſtand
der Gnad’ von Neamad mehr gern abreden.


Rosl.

No jo, freilich, freilich, wol wol Bauer, wann’s
a ſo is, ſo bleib holt in Dein Zuſtand.


Dritte Scene.


Vorige. Waſtl (durch den Haupteingang).

Waſtl.

Gut’n Morg’n, Bauer.


Grillhofer.

Gut’n Morg’n, Waſtl. Na, na, laß nur Dein
Pfeif in Maul, geht dir ſunſt aus.


Waſtl.

Kann’s wol d’erwarten. Es is für Dich net zu-
traglich, kunnt Dich reizen, huſt ehnder z’viel. — No werd’n
wir heunt ſchaun, daß wir’s Heu hereinkrieg’n, s’Wetter wird
neama lang ſo ſauber aushalten. Geſtern ſchon um Mittag
hot’s in der Luft ſo g’flirretſt, als wär’ die a in der Hitz
verbröſelt und that durcheinanderwoiſeln, wann die Sunn
durchſcheint. S’is höchſt Zeit zum dazuſchau’n. Und a Heu is
[7] dös, Bauer, ſo ſchön und viel und es riecht frei, daß Eins
umfall’n könnt vor Gutheit.


Grillhofer.

No ja, no ja.


Waſtl
(ſchupſt die Achſel).

„No ja — no ja.“ Aber, Bauer,
wann ich dir ſag, a Heu — s’älteſte Rindvieh da herum
kann ſich auf ſo Oans nit beſinna. G’freut dich denn gar nix
mehr? Nachhert g’freut Ein’m a nix. Wem gang’s denn was
an, wann Dich net?


Rosl.

Haſt Recht, Waſtl, haſt Recht, ſag ihm’s nur
h’nein!


Grillhofer.

Laßt’s es gut ſein, wann ich ſo bin, is’s doch
eng nit abtraglich, ich vergunn’ ſchon mein Nebenmenſchen
s’gute Heu. Jo, jo, g’wiß. Aber ich taug halt nix mehr auf
derer Welt — na — na — mich bekümmert nimmer s’irdiſche,
mich bekümmert nur s’himmliſche Heu, wovon g’ſchrieb’n ſteht;
Der Menſch welkt dahin wie Heu, und da is mir nur um
die Einfuhr in den himmliſchen Heuſchober!


Waſtl.

Jeſſes und Joſef, Bauer, mir kennt ſich frei
neama mit dir aus. Wann ich Dir früher g’redt hätt’, von
ſo ein Heu — wie dös a Heu is …! Aber ſeit dich nur
allweil bekümmerſt, was g’ſchrieben ſteht, gibſt auf kein ver-
nünftig Reden mehr was.


Rosl.

Haſt recht, Waſtl, haſt ſchon recht, ſag ihm’s nur
h’nein.


Waſtl.

Seit Dich vor ein’ halb’n Jahrl der Schlag g’ſtreift
hat, biſt neama der Alte.


Grillhofer.

Selb that ſich a net ſchicken! Dös war a
Deuter vom lieben Gott, ſider der Zeit halt ich ſtill und wart
auf’n Zweiten. Mei lieber Waſtl, Du biſt a guter Bub — a
Du Rosl, ja, ja, Du biſt a a ehrlichs Menſch — müßt’s
halt a Einſehn mit mir hab’n, noch dös kleine Neichtel Zeit,
ſo mir b’ſchied’n is; leicht moch ich noch fruher a End und
zieh’ mich z’ruck von all’n weltlichen Weſen. Ja, ja, konn
leicht möglich ſein, ich bin no lang net ſo, wie ich ſein möcht,
hat ſich doch vorhin, wie Du käma biſt, Waſtl, der G’winnſt-
und Specalirteufl in mir a weng noch g’rührt. Na, na, dös
därf net ſein, daß ſich’s Heu zwiſchen mich und mein Schöpfer
drängt. Na, na, ich hab eh gnug auf mir, dazukäma derf nix
[8] mehr, abwendig derf mich nix mehr machen von die gottſeeligen
Gedanken.


Rosl.

Thuſt doch als wärſt der ſündhaftigſte Mon. Haſt
leicht Eins umbracht?


Grillhofer.

Dös net, Gott ſei Dank, Rosl, dös net;
aber’s Gegentheil auf unerlaubte Art kunnt leicht möglich ſein.
— Geh lang mir das dicke Buch dort her.


(Rosl holt die Poſtille von einem Schrank und legt ſie vor Grillhofer hin.)

Grillhofer.

So und hiazt gehts all Zwei in Gottsnam
an enger Tagwerk und ich geh’ an mein’s. Is der Schwager
noch net da?


Rosl.

Na.


Grillhofer.

Wann er kimmt, Rosl, ſo bring’ ein Wein
und a weng a Rauchfleiſch eine. Hizt gehts.

(Schlägt das Buch auf
und beginnt zu leſen.)

Rosl.

Bhüt Gott!

(Ab durch den Haupteingang.)

Vierte Scene.


Grillhofer und Waſtl.

Grillhofer.

Bhüt Dich Gott, Rosl.

(Kleine Pauſe, ohne aufzu-
ſehen.)

Bhüt Dich Gott, Waſtl!


Waſtl.

Ich hab jo no nix g’ſagt.


Grillhofer
(aufblickend.)

Willſt no was?


Waſtl.

Es liegt mir ſchon lang auf. Ueber Dein Schwa-
gern, über’n Duſterer, möcht ich mich amal ausreden.


Grillhofer.

No, nur kein unb’ſchaffens Wort.


Waſtl.

Bewahr, wär’ mir a z’gring dazu, daß ich a
unb’ſchaffen’s Wort über eahm verlier, — der elendige Kerl.


Grillhofer.

Waſtl! — Er is mein einziger Verwandter,
der einzige Menſch, der ein troſtreichen Zuſpruch für mich
hat, dem was g’leg’n is an mir in Zeit und Ewigkeit.


Waſtl.

Ich weiß’s eh, er is, der Dich zu dem bußferti-
gen Weſen hinzerrt, wie’s Kalbl zur Kuh, wenn’s es Saufen
d’erlernen ſoll.


Grillhofer.

Hehe! Sixt Waſtl, wie trotz Deiner Bos-
haftigkeit nixt dagegen fürbringa kannſt. S’Kalbl muß ja
ſaufen, ſunſt wurd’s hin.


[9]
Waſtl.

Schon recht, Bauer, aber für a Kalbl warſt
mer doch ſchon z’viel ausg’wachſen. — Sag do ſelber Bauer,
wie D’ noch riegelſam warſt, hat der Duſterer kein Fuß
über Dein Staffel g’ſetzt, — was find’t er’s denn hizt von
Nöten, daß er Dir alle Tag über’n Hals rennt? Z’weg’n
der Zeit und Ewigkeit leicht? Ka Red, meinſt net ſelber, daß
er ſich zuthatig macht, weil er glaubt, es könnt die ganz’
Hinterlaſſenſchaft an ihm fall’n? Und hat er Dich erſt da,
nachher kunnſt freili — von ihm aus, — Gott verhüth’s —
nit früh g’nug ſelig werd’n.


Grillhofer.

So mein’ ich ja eh ſelber.


Waſtl.

Na alsdann, na ſixt, is doch amal a g’ſcheidte
Red’ von Dir! Oder wie D’ früher haſt a Wartl davon
fall’n laſſen, daß’d Dich möchſt in die Ruh ſetzen, meinſt nit
a ſelber, er wurd’ Dir einred’n, daß Dein ganz Bußfertig-
keit um a gut Trümmerl z’kurz war, wann Du nit ihm
n’Hof verſchreibſt und nöt bei ſeiner Sippſchaft als Ausneh-
mer bliebſt? Han.


Grillhofer.

No jo, ſo mein ich ja ehnder ſelber.


Waſtl.

No ſo ſag ich, ſcheinheilig is er.


Grillhofer.

Und ich ſag, er is’s net.


Waſtl.

Wohl is er’s.


Grillhofer.

Na ſog i! Waſtl, Du biſt a dummer Bua,
Du verſtehſt dös net, der Duſterer der is ſo, der is ſo, wie
er is. Und z’weg’n dem was mer g’red’t hab’n, ſo thut das
der Bußhaftigkeit kein Eintrag, und werd’ i ihms doch net
in Uebel aufnehma, daß er auf ſich ſchaut, wo ſein Vortheil
und der meine Hand in Hand geh’n.


Waſtl.

Na hörſt, da möcht Eins doch glei narriſch
werd’n! Wann ſein Vortheil is, meinſt nit, es kunnt wohl a
a kleine Spitzbüberei mit unterlaufen?


Grillhofer.

Na Waſtl, dös net, dös net. All’s was er
fürbringt, dös is nur zu wahr — nur zu wahr is’s!


Waſtl.

No ich konn da nix ſag’n, ich weiß nit wie er
dich h’rumkriegt hat, ſo hilft a kein Red’n.


Grillhofer.

Hoſt a Recht, Waſtl. Red’n is do von Un-
nöt’n! Der Duſterer is über ein Feldpater. Alles kurz und
eindringlich und hizt: glaub’s oder glaub’s nit! A Teuxels-
kerl, ſag ich Dir, mit ſein’ gottg’fälligen Weſen. D’ran glauben
[10] muß man. Dös hat er herauſt, ja ja, dös hat er herauſt.
Z’weg’n daß er ſein Vortheil ſucht, ſelb’ is richtig, aber dös
thut nix, mag’s ſelber gern ſeh’n, wann Einer was treibt,
er treibt’s recht, aber ehrlich muß’s dabei zugeh’n, wann ich
ihm dahinter kam, daß dös kein Schickung is, dö ihn in mein
Haus führt, daß net ſo ſein müßt, wie er ſagt, daß er auf’n
Herrgott’n ſein Rechnung lugt — Kreuzſakra, Waſtl, da
kriegeſt a Arbeit.


Waſtl.

Jeſſes, Bauer, ſchaff an, ſchaff nur glei an!


Grillhofer
(läßt den Kopf hängen).

Laß gut ſein, Waſtl, laß’s
gut ſein. S’kimmt nöt a ſo. — Er hat mich ſchon bei der
richtigen Falt’n. Er hat mich an Oans erinnert, hon’s ſchon
lang vergeſſen g’habt — hizt aber hat ſa ſich aufg’riegelt,
hizt ſitzſt’s da, und gibt kein Ruh mehr, der G’wiſſenswurm
is’s und da hilft kein Aufdammen. Schön, ſchön unterdrucken
heißt’s und reuig ſein.


Waſtl.

Grillhofer wann’s wahr is, daß Eins, das ſein
Art auf einmal ändert, bald verſtirbt, ſo machſt es neama
lang, der Duſterer braucht net lang mehr ernſte G’ſichter
z’ſchneiden, der konn bald lachen. Kreuzteufi! Früher hab’n
mer g’arbeit und ſein dann luſtig g’weſt all Tag, und Du
warſt der Fleißigſt’ und Luſtigſte, und wann ich denk, daß
der alte Hallunk d’ran Schuld tragt, daß mir hizt daſitzen
wie auf einer Karthauſen — Sikra h’nein, ich woll’t er kam
hizt h’rein, daß ih ihm’s h’neinſag’n kunnt: Duſterer, Du
biſt a Haderlump!


Fünfte Scene.


Vorige. Duſterer.

Duſterer
(kleine, hagere, ſchwächliche Geſtalt, von der Zipfelmütze bis zu
den Stiefeln hinunter ganz ſchwarz gekleidet. Spricht Alles auf trockene gewichtige
Bauernmanier, ſtoßweiſe.)

Gelobt ſei Jeſus Chriſtus.


Waſtl
(ſchreit, wie in ſeiner Rede fortfahrend).

In Ewigkeit!


Grillhofer.

In Ewigkeit!


Duſterer
(behaltet ſeine Pfeife im Munde und geht raſch auf Grillhofer zu).

Grüß Gott, Schwager, grüß Gott, no wie is Dir denn
word’n, auf’s letzte Beten?


[11]
Grillhofer.

Hm beſſer, ja ich mein’ ſchon a biſſel beſſer.


Duſterer
(ſetzt ſich).

Verlaubſt ſchon. Na ſollt’ mich freu’n.


Ja ja.

(Beobachtet Grillhofer ſcharf.)

Sollt mich rechtſchaffen g’freu’n.
That’s nur wieder weiſen, daß ma die Krankheiten abbeten
kann, is a alte G’ſchicht, freilich g’hört die rechte Frummheit
und Bußfertigkeit dazu, wer nur unſerm Herrgott s’Maul
machen möcht, der richt nix. Nur an die Leut und an der
eing’rißnen Gottloſigkeit liegt’s — an ſunſt nix — an ſunſt
nix!

(Pafft Rauchwolken von ſich.)

Ja ja.


Waſtl
(tritt zu ihm).

Mußt nit rauchen, Duſterer, ich bin
vom Haus und rauck a nöt.

(Nimmt ihm die Pfeife aus dem Mund.)

Grillhofer.

Waſtl — Du Sikra h’nein!


Waſtl
(klopft die Pfeife auf dem Fenſterbrett aus und ſetzt den Fuß auf
die glimmende Aſche).

Verlaubſt ſchon. Um die G’ſelchtigkeit is’m
Bauern ja do net z’thun.


Grillhofer.

Na aber der Aerger, den d’Ein’m machſt,
ſchlagt mir leicht an.


Waſtl.

Is Dir g’wiß g’ſünder.

(Gibt dem Duſterer die Pfeife
zurück.)

Da Duſterer.


Grillhofer.

Waſtl, Du Sakra, Du nimmſt Dir viel
heraus.

(Erhebt ſich mühſam.)

Mach mich nit ſchichti, am End kunnt
ich Dich doch no meiſtern.


Waſtl.

Recht is’s, dös ſteht Dir an, — kimm nur her,
Bauer, ich wehr’ mich nit viel, — und Dir is’s leicht g’ſund.


Grillhofer
(ſetzt ſich erſchöpft).

Du narriſcher Höllteufl Du!
— Geh’ zu, ſag’ ich, geh’ zu! —


Duſterer
(begütigend).

Laß’ gut ſein, Schwager, laß’s gut
ſein — ja — ja.

(Mit Emphaſe.)

I verzeih ihm — ich verzeih
ihm — dös thu ich.


Waſtl
(mit unſäglicher Verachtung).

Er verzeigt mir —

(iſt bis zur
Thüre gegangen.)

Der! verzeigt mir! Bhüt Dich Gott, Bauer!

(Ab.)

Sechſte Scene.


Grillhofer. Duſterer, dann Rosl.

Duſterer.

Is a kecker Ding der Waſtl! Ja, ja! Mein’
allweil, Hochmuth kommt vor’m Fall. Kunnt doch g’ſcheh’n,
wer weiß wie bald, daß er entbehrli wurd. — Ja.


[12]
Grillhofer.

No, no, nur vertraglich; was ſagſt: Du
verzeigſt ihm, wann’d ihm was nachtrag’n willſt?


Duſterer.

Hat er’s ang’nommen dö Verzeihung — hat
er’s ang’nommen? Han.


Grillhofer.

Ah was, auf’m Stubenbod’n wird er’s nit
liegen laſſen hab’n, — ſo lang ich die Augen offen hab’, will
ich net ſeh’n, wie mein Anweſen z’ruckgeht, der Waſtl is wie
a Pfleger d’rauf. That Keiner gut, der ihm weggab. Du
verſtehſt Dich a mehr auf’s Himmelreich, als auf d’Wirth-
ſchaft.


Duſterer.

Wohl, wohl. Z’wirthſchaften hat’s wenig geb’n,
da muß Oans auf’n himmliſchen Vatern vertrau’n. Daß ich
ſag’, ja daß ich ſag’, es war mir vorhin nur um die Pfeifen,
weil a Anfeuchtung is beim Reden — weißt, mir redt ſich
trocken ſo ſchwer.


Grillhofer.

D’Rosl muß eh’ glei ein Wein bringen.


Duſterer.

No nochert is ſchon recht, nochert is ſchon recht.
Dann wöll’n mer weiter red’n. Mein Seel, ich bin ſo aus-
trückert da h’rum, als hätt mich die glüthende Höllluft
anblaſen.


Grillhofer.

Warſt leicht unt’ auf ein klein B’ſuch?


Duſterer.

Dös net, Schwager, dös net, aber g’leſen hab’
ich davon.


Grillhofer.

In ein Buch ſtund’s aufzeichnet?


Duſterer.

In ein großen dicken Buch — wie dös, ſo
dick — ſein auch Bilder dabei, Alles, wie’s zugeht; es iſt
grauſam anz’ſchau’n ſag’ ich Dir.


Grillhofer.

So, ſo, ja freilich, wann’s b’ſchrieb’n is, ja
freilich nachher! — Mußt mir’s leſen laſſen.


Duſterer.

G’wiß, Schwoger, g’wiß! Sobald ſo weit biſt,
daß Dir einwendig denken kannſt, Dich trifft’s neama, Du
biſt d’raus’d! Dann is aber a rechte Herzfreud, wann ma
ſo davon lest und denkt ſich all ſeine Feind und Unfried-
macher in die Qual hinein. Dös is Dir a ſo a Vergnüglich-
keit, wie beiſpielmäßig, wann’s Dir Dein Anreiner die ganze
Feldfrucht verhagelt, Dir biegt’s kein Halmerl um.


Grillhofer.

Jo aber, wo bleibt denn da die chriſtlich
Nächſtenlieb?


[13]
Duſterer.

Richtig, richtig, die hon ich beiſpielmäßig ganz
vergeſſen. Aber wo bleibt denn der Wein?


Siebente Scene.


Vorige. Rosl.

Rosl
(bringt eine Flaſche mit Wein, dazu ein Glas und ein Teller, worauf
ein Stück Rauchfleiſch und ein Brod, und ſtellt es vor Duſterer auf den Tiſch).

G’ſeg’ns Gott!


Duſterer.

Vergelt’s Gott! Schau die Rosl — die Roſel,
— no Du biſt ja no allweil ſo ſauber beinander, wie’s
jüngſte Dirndl.

(Schenkt raſch ein.)

Verlaubſt ſchon Schwoger, daß
ſie mir Beſcheid thut.

(Nöthigt ihr das Glas auf, indem er ſie um die
Hüfte faßt.)

Rosl.

Wanns erlaubt iſt? Dein Wohlſein!


Duſterer
(tätſchelt ſie im Rücken).

No bleibſt wohl hübſch ledig
— hübſch ledig — und brav.


Rosl
(macht ſich los und ſchlägt ihn auf die Hand).

Was is denn
dös?

(Ab.)

Achte Scene.


Vorige, ohne Rosl.

Duſterer.

No no — is a dalket’s Ding, die Rosl —
Grillhofer, am Schürzenbandl bin ich ihr hängen blieb’n, ja
ja, am Schürzenbandl, ſunſt nix!

(Trinkt.)

Ah, das iſt a
Tropfen!

(Stellt das Glas vor ſich hin.)

Ja, daß ich alſo ſag, Schwoger,
weil ich mich hizt leichter mit Dir red und weil wir allein
ſind. — Grillhofer,

(erhebt ſich feierlich)

Grillhofer, mir machſt nix
weiß!

(Schenkt im Stehen wieder ein.)

Grillhofer.

Wie meinſt dö Red?


Duſterer
(ſetzt ſich, indem er den Wein austrinkt).

Schwoger, ich
weiß warum ich dir g’ſagt hab, daß ich Dir das Höllbüchl
erſt ſpater bring. — Ich hab’ Dich fruher betracht, — Du
haſt g’ſagt, beſſer wär’ Dir. — Laug’ns net, — wir ſein
hizt unter vier Augen, — Dir is übler als geſtern.


Grillhofer.

No werd ich’s leicht laugnen unter uns, nur
vor’m Waſtl, daß der ſein vorlauten Weſen Einhalt thut, hab
[14] ich’s g’ſagt. Aber ich muß’s wiſſen, daß mir einwendig wohler
is, die Seel is mir g’ſünder wie jemal.


Duſterer.

Dös gab der liebe Herrgott, aber leicht is dös
Ganze nur a hoffahrtig Einbildung von Dir

(erhebt ſich wie oben.)

Grillhofer, weißt warum Dir net beſſer is?

(Schenkt ein.)

Grillhofer.

Wutß’s net.


Duſterer.

Weil Dir die Bußhaftigkeit fehlt.

(Setzt ſich und
trinkt aus.)

Weil Dir die Bußhaftigkeit fehlt.


Grillhofer.

Dös wußt ich a net.


Duſterer.

Grillhofer, glaub mir, wann i Dir was ſag!
Dir fehlt die Bußhaftigkeit!


Grillhofer.

Möcht wiſſen warum.


Duſterer.

So, ſo — beiſpielmäßig laß Dir ſag’n, es is
a Unterſchied zwiſchen Frummheit und Frummheit und Reu-
haftigkeit und Reuhaftigkeit, wie zwiſchen m’Roſolie und
m’Wachholder, der Eine is zur Hochfahrt, der Andere warmt
Ein’m s’Einwendige.

(Erhebt ſich wie oben.)

Grillhofer, es ſteht
geſchrieben, wer mir nachfolgen will —


Grillhofer.

Der nehme ſein Kreuz auf ſich.


Duſterer.

Nein.


Grillhofer.

Was na? Nachher nöt.


Duſterer.

Das heißt, ſo ſteht wol a g’ſchrieb’n, aber ſo
mein’ ich net, s’Kreuz haſt ſchon auf Dir. Aber es ſteht ferner
geſchrieben, wenn Du mir willſt nachfolgen ſo wirf Dein Gut
in’s Meer.


Grillhofer.

Tragſt du mein Hof auf’m Buckel hin bis
zum Meer?


Duſterer.

Ins Meer und theile es mit den Armen.


(Setzt ſich und trinkt aus.)

Grillhofer.

So kann net g’ſchrieben ſtehn!


Duſterer.

Warum?


Grillhofer.

Wann ich’s in’s Meer wirf, krieg’ns ja die
Fiſch und net dö Armen.


Duſterer
(erhebt ſich wieder).

Aber es ſteht doch ſo geſchrieben.


Grillhofer.

Wird doch kein Unſinn g’ſchrieb’n ſteh’n?!


Duſterer.

Und warum net, Grillhofer? Glaub mir, wann
ich Dir was ſag. Es ſteht geſchrieben!


Grillhofer.

Na da mach’ Du a Nutzanwendung d’rauf,
ich bin mir z’dumm dazu.


[15]
Duſterer
(ſetzt ſich und trinkt aus).

Is kein Kunſt, denn es is
beiſpielmäßig zu verſtehn. Wann du willſt mit’m Himmel auf
gleich käma, dann mußt Du alles Weltweſen, um was Dich
noch ſorgen und bekümmern könntſt, von Dir thun, Du mußt
das Deine verſchenken, mußt es an die Armen vertheilen.


Grillhofer.

Da ſein eahner doch z’viel, kam ja auf kein
was, wär ſchad um das ſchöne Anweſen.


Duſterer.

Kannſt es ja beinand laßen; wann’d ein einzigen
Armen a Gutthat derweist gilt’s für Alle, ſchau Dich halt
um, vielleicht findſt unter der Hand in einer einzigen Familie
a ganz Träuperl Arme beinander, die leicht noch z’neben der
chriſtlich Nächſtenlieb no a verwandtſchäftliche Zuneigung für
Dich hätten — ja — ja — brauchſt etwa gar net weit
herumz’ſuchen, Schwoger — ja — hm — ja, daß ich ſag,
beiſpielmäßig, ich und mein Weib und meine fünf Kinder, wir
möchten Dich ſchon rechtſchaffen pflegen, möchten Dir’s im
Gebet gedenken, a nach Dein’n ſeligen End — ja — ja —
beiſpielmäßig.


Grillhofer.

Schneid net ſo h’rum, s’hat ja All’s a chriſt-
lich Abſeh’n und hab’ ich ſchon ſelber dran denkt. Aber in
d’Ausnahm gehn, wo Andere mit ihnere leiblichen Kinder
aften nix Gut’s d’erleb’n, zu Fremde auf Gnoden und Un-
gnoden!? Net beklag’n könnt i mich, heißet’s doch gleich: der
Narr, was hat er’s Unnöthig’ than, und von fruher her hots
mir nie taugt Dein Sippſchaft z’weng’n engerer Duckmauſerei
— na es is nur, daß ma ſich ausdiſchkarirt — ja — ja
— därf dich net beleidingen. Jetzt ſtehts mer ja an, verwahrt
war ich ſchon, wie in ein Kloſter, ſelb weiß ich. Wol, wol.
Aber ich denk’ nur ſo, koan And’rer da h’rum that a ſo.


Duſterer.

Grillhofer — Schwoger — laß dir ſag’n, thu’s
oder thu’s net. Mir is net um mich. Aber nach die Andern
mußt net frag’n, na, na, nach dö mußt net frag’n. Mußt es
der Sippſchaft net anthun, daß ma’s d’erlebt, wir fahreten
am jüngſten Tag allz’ſamm in Himmel und müßten Dich
z’rucklaßen und für alle Ewigkeit voneinander. Sorg Di um
Di, laß du nur dö Andern in d’Höll abipurzeln. Hihi, laß
nur dö abipurzeln.


Grillhofer.

Na jo — ſelb’ war ſchon recht, wann’s nur
net Ein’ oder der Andere etwa doch billiger richtet und rum-
[16] pelt a da ob’n eine, und hernzet mich d’halb Ewigkeit: daß
mei Himmel z’theuer war’. J möcht nur frag’n: ob ſich’s a
auszahlt? Wann no die Andern bräver war’n —! Bin ich
denn ſo ſündig?


Duſterer
(fährt empor).

Fragſt no — fragſt no, Grillhofer,
ob’d ſündig biſt?! Solltſt net frag’n, Grillhofer, Du net, Du
vor alle Andern net, — ſollſt darnach frag’n; Du biſt’s
Grillhofer, und ſchon wie! Beiſpielmäßig laß Dir ſag’n, auf
der Alm im Fruhjahr, wann ſich der Schnee ballt, fliegt ſo
a Malefizvogel, — meint ſelber nix Args — vom Aſtl oba
und nimmt ſich a Maul voll Schnee — und denkt blos er
thut ſein Schnabel a Gutthat, paar Bröckeln rutſchen weiter,
es wird a Kügerl draus, aus der Kugel a Knödl, aus’m
Knödel a Bünkel wie a Fuder Heu, dös torkelt allweil Thal
obi, immer größer und größer und raumt n’Wald mit, haut
abi in’s Thal und die Lavin is fertig. So a Unglücksvogel
biſt a Du, Grillhofer!

(Schenkt ein)

Biſt auch Du! Frag net
ob d’ſündig biſt! Denk an die Riesler Magdalen’, was vor
fünfundzwan’g Jahr in Dein Dienſt war, wie mein Schweſter,
Dein Weib, Gott hab’s ſelig, noch g’lebt hat, denk an die
Riesler Magdalen’, ſag ich, dö haſt Du a in’s Kugeln bracht,
daß in’s Rollen käma und in die ſiedige Höll h’neing’fall’n
is und wer weiß wie viel Seel’n mitg’riſſen hat. Neamand
hat mehr was von ihr d’erfahr’n, die fufzgi*) Mal iſt’s vom
G’richt z’wegn einer Erbſchaft aufg’fordert word’n, verſchollen
is’s blieb’n. Grillhofer, aber am Tag des Gerichts, da wird
Alles an’s Licht zog’n, da wird ſich herausſtellen, was Du
Alles ang’ſtellt haſt in ſündhafter Begehrlichkeit; Grillhofer,
wann da Sachen an’s ewige Licht kommen, was uns gar net
träumt. Wann’s g’fragt wird, wer is Schuld an Deiner
armen Seel’verderbnuß? Grillhofer, Schwoger, nöt um a
Million möcht ich da an Deiner Stell unbußfertiger vor
Gottes Thron ſteh’n, nöt um a Million.


Grillhofer.

Hätt ihr doch nachfrag’n ſoll’n.


Duſterer.

No wohl — no wohl! Aber hizt is’s z’ſpat,
g’ſchehn is g’ſchehn. Ich wollt Dir’s ehnder net ſag’n, aber
heunt Nacht hat mir wieder von ihr traumt, wie’s da g’ſeſſen
[17] is im ewig’n Feuer, rundum ’es hölliſche Glaſt.*) O Jeſſes,
es war ſchreckbar. Heunt Fruh hab’ ich glei zu meiner Alten
g’ſagt, für dö zwei armen Seelen muß was g’ſcheh’n.


Grillhofer.

Haſt recht, dumm is ſchon, aber haſt recht.
No hilft nix, als fleißig fürbitten. Am End haſt doch ſchlecht
g’ſehn — na ja — na ja, — im Feuer und Rauchen ver-
laſſen Ein’m ja leicht die Augen, wird am End gar net dö
Höll g’weſen ſein, ſundern nur s’Fegfeuer, wo die Magdalen’
haſt ſitzen g’ſehn.


Duſterer.

Beſchwör’n kunnt ich’s net, daß’s die Höll war!


Grillhofer.

No ſo geb’n wir’s halt an, wär’ mir lieb
wann’s derer armen Seel a z’Guten kam. Wann mer wieder
a Biſſel beſſer is, fahr’n mer nach der Kreisſtadt, und
da mach mir’s halt richtig — ja — ja — Du ziehſt auf’n
Hof ſammt Deine Leut, a kleine Probzeit und ich verſchreib
Dir’n, aber, daß nichts verabſaumt wird.


Duſterer.

No nix, gar nix, kannſt Dich verlaſſen. No
ſchau, ſelb’ g’freut mich, Deintweg’n, Schwoger, Deintweg’n!
Meiner Seel! Abg’ſehn, daß’s gute Werk a a Staffel in
Himmel is. Aber Deintweg’n ſchon gar. Hizt wirſt ſchon
Herr werd’n über den ſakriſchen G’wiſſenswurm, verlaß Dich
d’rauf, es is net der Erſte, den ich aus’m Neſt nimm! —
Ja, — ja, kannſt Dich verlaſſen! was ich ſagen wollt, wann
gehts nach der Kreisſtadt — wann Dir leichter is? Sixt,
Grillhofer, ſixt, ſchau Schwoger, hizt laß ich Dir a n’Bader
hol’n, ja, ja, ma derf nix außer Acht laſſen und die Kräuter
hab’n ja ihnere Heilſamkeit a vom lieben Gott. Ja, ja weißt,
hizt is was anderſcht, früher wär’ der Bader zu nix net nutz
g’weſen, aber hizten hab’n wir zum Anfang n’Wurm s’Zap-
peln g’legt dös is s’Erſte, wann dös vorbei is, kann a der
Bader wieder was richten. Mein Seel, heunt g’freut mich
mein Leb’n!

(Iſt aufgeſtanden und tätſchelt den Grillhofer zärtlich in den Rücken.)

Weil ich ſo ein’ Schwagern hab. Ja, ja. Na die Freud’ ſo
a bußfertige Seel z’finden bei derer ſchlechten Zeit! Beiſpiels-
mäßig war der Saul im alten Teſtament a ſchlechter Sucher
gegen meiner, hat ein Eſel g’ſucht und a Kron g’funden, mir
Der G’wiſſenswurm. 2
[18] aber war kein Kron ſo lieb, als daß ich’s G’ſuchte a findt —


(umarmt Grillhofer)

mein’ lieben Schwagern.


Grillhofer.

No, no, laß’s nur gut ſein und wann’d
meinſt, ſo ſchick halt nach’m Bader, wann amal was ſein ſoll,
ſo hab’ ich’s gern bald in Richtigkeit.


Duſterer
(ſitzt wieder auf ſeinem früheren Platz).

Ich weiß, ich weiß,
mer kennt Dich dafür, Du haltſt auf die Ordnung. Ja ja
und no war’s ja recht!

(Hat das Geſangbuch aus der Rocktaſche gezogen und
vor ſich aufgeſchlagen.)

Und daß wir net draus käman, ſo laß uns
unſer Bußlied ſingen.


(Duſterer ſetzt ein, Grillhofer ſingt mit)

Lied.


Erlös uns von des Lebens Pein
O Herr in Deinen Gnaden,
Und führ’ uns in den Himmel ein,
Das kann uns gar nicht ſchaden!


(Wie Beide einſetzen um die zwei letzten Zeilen zu wiederholen, fällt raſch der Vorhang.)

Verwandlung.
(Freie Gegend. Im Hintergrunde ein Theil des Grillhofer’ſchen Hauſes, ein Fenſter
nach der Bühne zu, ſteht offen, deſſen bunte kurze Vorhänge verwehren den Einblick in
die Stube. Ein Zaun mit Einlaß in der Mitte ſchließt den Hintergrund ab. Vorne
rechts über einen niedern Graben führt ein Steg. Links im Vordergrunde ein Heuſchober.)

Neunte Scene.


(Lieſe kommt über den Steg, ſie trägt einen Anzug, der von dem der andern Dirnen
abweicht und zeigt, daß ſie aus einer andern Gegend daheim.)

Lied.


Mit üble Vorſätz geh
Fort aus’m Haus,
Glei ſchaut die ganze Welt
Anderſchter aus!
Bin zeitlich fruh noch fort
Im Morgendunſt,
Kenn alle Hund’ im Ort
Freundlich warns ſunſt!
[19] Nenn’ jeden bei ſein’ Nam’
Kenn jeden g’nau,
Hizt bellen’s hinter Oam’:
„Schau, ſchau, ſchau, ſchau,
Da geht d’Horlacherlies,
Mit der’s net richtig is!
Schau, ſchau, ſchau, ſchau!“


(Jodler ad libitum.)

D’Vögerln die in der Fruh
Singen ſo lieb,
Die ſchrei’n jetzt Ein’m zu:
„Dieb, Dieb, Dieb, Dieb!“
Ui, dö Horlacherlies
Mit der’s net richtig is.
Dieb, Dieb, Dieb, Dieb!

(Jodler.)

(Mit einer Geberde, mit der man Vögel verſcheucht, in die Hände klatſchend.)

Gſcht! Nixnutzigs G’fliederwerk, net wahr is’s, ſo is
die Horlacherlies net. Freilich hot die Mahm g’ſagt, hingehſt
und einſchmeichelſt Dich, als ob ich a Katz wär’! Aber kein
Red’, dös thu ich net. Aber furt von Hoam bin i gern, u
mein, wie gern! Jahr aus Jahr ein kein andern Kirchthurm
ſeh’n, als den von Ellersbrunn, d’ſchön Zeit über vor harter
Arbeit s’Kreuz kaum g’ſpür’n und n’Winter über beim Spinn-
radl ſitzen . . . . o Du mein Gott, und auf einmal frei
h’nausrennen dürfen, in die ſchön grüne, lichte Gotteswelt
h’nein, — haha, bleibet a Narr hoam! — Jeſſes und Jofef!
Frei kugeln möcht’ i mich im Heu!


Zehnte Scene.


Vorige. Waſtl.

Waſtl
(ſchon etwas früher ſichtbar, iſt bei den letzten Worten durch den
Zaun aufgetreten, noch rückwärts).

Thu’s Dirndel, ich ſchau Dir gern zu!


Liesl
(halb nach ihm gewendet).

Wußt ich Du denkſt was Un-
recht’s, kriegeſt mir Eine!


2*
[20]
Waſtl
(kommt vor).

No wuſt i gern, was D’Dir denkſt,
daß i mir denkt hätt, han Dirndl?

(Erkennt ſie.)

O heilig
Mutter Anna, dö is’s!


Liesl.

Jegerl, der Waſtl!


Waſtl.

Ja der Waſtl, und Du biſt dö Horlacherlies,
eh’ ſchon wiſſen. Hätt’ mir’s net denkt, ich komm’ no z’ſam …
Was ſuchſt denn Du da h’rum?


Liesl.

N’Grillhofer.


Waſtl.

N’ Grillhofer?


Liesl.

Ja n’Grillhofer.


Waſtl.

So n’Grillhofer. — No dem ſein Großknecht
bin ich. Willſt leicht in Dienſt bei ihm? Da hätt’ ich a a
Wartl d’reinz’reden. Mir zwei taugen net unter ein Dach
und wann Dich gleich der Bauer nahm, ſo rennet i heunt
no auf und davon.


Liesl.

Z’weg’n meiner brauchſt kein Schuh z’zreißen. Ich
bin nur auf B’ſuch!


Waſtl.

Auf B’ſuch?


Liesl.

Jo, auf B’ſuch.


Waſtl.

So auf B’ſuch. Was willſt eahm denn?


Liesl.

Dös geht Di nix an. — Sag amal, was is denn
der Grillhofer für a Mon?


Waſtl.

A trauriger.


Liesl.

Ui je, dös taugt mer net, da geh’ ich lieber glei
wieder.


Waſtl.

Is a g’ſcheidter.


Liesl.

Aber geh, Waſtl, was haſt denn geg’n mi?
Thut’s Dich denn net a wengerl g’freu’n, daß mir uns wieder
z’ſammfinden?


Waſtl.

Müßt’s lüg’n! — Solltſt Dich eigentlich ſchamen,
daß’d mich d’erkennſt.


Liesl.

Wußt net warum. Kimmt’s mer doch völlig für,
als ſchameſt Du Dich.


Waſtl.

J mi? Z’weg’n we, ich frag’ no, z’weg’n we?


Liesl.

No ſchau, Waſtl, wann ich Dir als alte Bekännte
gut dafür bin, bleib ich Dir derweil die Antwort ſchuldig,
aber möchſt mer net ſag’n, z’weg’n we ich mich ſchamen ſollt?


Waſtl.

No dös is doch klar.


Liesl.

So ſag’s!


[21]
Waſtl.

„Sag’s!“ — O Du … ſag’s, ſagt’s! Hat’s
Dir denn no nie leid than, wie d’mir mitg’ſpielt haſt, wie
ich no in Ellersbrunn Knecht war?


Liesl.

Wie’s d’Knecht warſt in Ellersbrunn?


Waſtl.

Jo, wie i Knecht war in Ellersbrunn.


Liesl
(nachdenkend).

So, wie d’Knecht warſt in Ellers-
brunn.


Waſtl.

Thu no, als wußt von All’m nix.


Liesl.

Kann’s doch ſchon die Zeit über vergeſſen hab’n.


Waſtl.

Dös ſieht Dir ſchon gleich. Ja, Dir ſchon.


Liesl.

No geh, ſo ſag’s, wie’s war!


Waſtl.

Wonn i mag.


Liesl.

Magſt ſchon, wann i Dich bitt.


Waſtl.

Meinſt? Biſt a weng ſicher.


Liesl.

Aber, Waſtl, was thuſt denn ſo harb? Ich wußt
rein nix!


Waſtl.

Da ſchlag dochs’ Wetter d’rein. Bin ich Dir net
in Ellersbrunn nachg’rennt, wie narriſch?


Liesl
(ſieht ihn [von] der Seite an).

Freilich, wol, wol! Selb’ laug’n
ich net.


Waſtl.

Stund Dir a ſchlecht an.


Liesl.

Is ja Alles zwiſchen uns Zwei in Ehr’n ver-
blieb’n.


Waſtl
(grimmig).

Ebens d’rum!


Liesl.

Aber, Waſtl, wird Dich doch nit harb’n, daß ſich
Keins von uns verſündigt hat?


Waſtl.

Dös net. Dös freili nöt! In Ehr’n is All’s
verblieb’n, is a dumme G’ſchicht, aber es muß Ein’ recht ſein;
mit einer Dirn, was net auf ſich halt, laßt ſich a kein rechter
Bub gern ein, war ſchon recht dös Dich in Ehren halten,
aber mich für’n Narren halten war von Unnöthen!


Liesl.

Geh! Und wie is denn dös zugangen?


Waſtl
(eifrig).

Dös fragſt Du no? Du fragſt dös no?
Na ich dank! Han, wie ich g’meint hab, ich möcht’ Dir taug’n,
hab ich Dich net g’fragt, wo mir z’ſammkomma kinnten?


Liesl.

Ja, dös haſt g’fragt.


Waſtl.

Und weil Dir’s auf der Haid z’einſchichtig war!


Liesl.

Freili —


[22]
Waſtl.

Und mir auf der Landſtraſſen z’leutſelig, hon i
g’ſagt, ich kimm in Wald.


Liesl.

Biſt jo a kumma!


Waſtl.

Jo, aber Du biſt wegblieb’n! Sikra h’nein, von
wie ’es Mondſchein raufkäma is, bis’s wieder abigangen is,
bin ich dort am Fleck g’weſt, und a Kälten hat’s g’habt, daß’s
Ein’ ſchier d’Seel aus’m Leib hätt’ rausbeuteln mög’n!


Liesl.

No hon ich Dir’s drauf net gut g’meint, hon ich
net g’ſagt: wann Dir die Kälten z’wider war, ſollſt af d’ſteile
Wand geh’n, wann hoch um Mittag is?


Waſtl.

No war ich net durt? War a a Hitz zum Ver-
ſchmachten. Wer aber wieder net käma is, warſt Du.


Liesl
(ironiſch).

Du haſt Dich aber neamer beklagt.


Waſtl.

Ah freili, noch ja, daß d’mi leicht no zum Auf-
friſchen in Mühlbach ſchickeſt! Dank ſchön. Teufi h’nein!


(Stampft mit dem Fuße auf.)

Frotzel Ein’m net!

(Wendet ſich ab, ſieht aber
zuletzt widerwillig nach der Lieſel, die laut auflacht, lacht mit.)

Liesl
(luſtig).

Aber ſchau Waſtl, was kann a Dirn auf a
Lieb geb’n, dö net amal bißel Kaltſtell’n und Aufwarmen
vertragt, da is ja mehr Verlaß af’s ſauere Kraut.


Waſtl.

Du biſt a Eine, dö m’Teufel aus der Butten
g’ſprunga is! Geh’ zu!


Liesl.

No laß Dir a was ſag’n, Waſtl!


Waſtl.

Red’, wann’s Dir a Freud macht, aufſitz ich Dir
neamer!


Liesl.

Sag mir amal, Waſtl, wie Dir im Wald und a’f
der Wand langweilig word’n is, warum biſt denn net hoam
’gangen?


Waſtl.

Warum ich net hoamgangen bin?


Liesl.

Jo, warum d’net hoamgangen biſt?


Waſtl.

No a ſo — weil — a ſo halt, weil i net
hoamgangen bin.


Liesl.

Werd ich Dir’s halt ſagen, Waſtl, warum d’net
hoamgangen biſt.


Waſtl.

No wann’d es beſſer weißt, als i ſelber, ſo ſag’s.


Liesl
(ſtellt ſich ganz nahe zu Waſtl).

Weil d’es haſt vor die
andern Bub’n net merken laßen wollen, daß’d umſonſt warſt,


(ſtößt ihn mit dem Ellbogen in die Seite)

Weil’s hätt’ ausſchau’n ſoll’n,
als wär ich durt g’weſt und wie lang a noch! Han

(ſtößt ihn
[23] wieder)

war dös rechtſchaffen geg’n a ehrliche Dirn? So red’
was.

(Holt wieder zu einen Stoß aus.)

Waſtl.

Na net — net —

(fängt ihren Arm auf)

meint mer
doch net, Du warſt da h’rum ſo ſpitzig.


Liesl.

Auslaß’, ſag ich. — Aber ich hab’ mich ſchon aus-
kennt und allmal zur Zeit wo ich mit Dir hätt geh’n ſoll’n,
hab ich mich mit meine Kameradinen hübſch im Ort ſeh’n laßen.


Waſtl.

Jo jo und drauf is dös Frotzeln und Feantzeln
angangen, und furt mußt’ ich aus Ellersbrunn, weil ich doch
net dös ganze Buamerg’ſindel Ein’ um’n Andern nieder-
ſchlag’n mag.


Liesl.

Haſt aber a ein Unterſchied g’merkt, zwiſchen ehr-
liche Dirndeln und der leichten Waar’.


Waſtl.

A ja, dös ſchon, und wie! Hab’s a allz’ſamm in
in die Höll’ abig’wunſchen.


Liesl.

Selb’ macht nix, rennen mer do no af der Welt
h’rum! — Aber Dir war ſchon recht g’ſchehn für dein un-
ehrlichs G’ſpiel.


Waſtl.

No, wer ſagt, es hätt net do no ehrlich ausgeh’n
mög’n?


Liesl.

Du haſt es net g’ſagt.


Waſtl.

No ja, damal war ich dumm und hon g’meint,
leicht kunntſt Du no dümmer ſein. Aber ſider der Zeit bin
ich ſchon g’ſcheidt word’n.


Liesl.

Dös ſahet mer Dir doch net an.


Waſtl.

Hm liegt mer net auf, wann Du’s net bemerkſt.
Meinſt, weil ich mich mit eng Weibsleut net einlaß? Bei eng
gilt a Jeder für dumm, der ſich net anſtellt wie a Kater im
Marzi. Der G’ſcheidter*) halt ſich g’rad af die Seiten. —
Wie ich damal furt bin von Ellersbrunn, hon ich mir denkt,
no haſt abg’wirthſchaft in der Lieb für dein Lebzeit. D’Hor-
lacherlies wär’ die Einzige, die Dir taugt hätt’, und Dö
ſpielt Dir ſo mit — und ſchad is, wann d’weiter ſuchſt, a
Zweite wie die Horlacherlies gibt’s neamer af der Welt! —
Gleichwol taugt a dö nix. Aus is und gar is, ſchauſt Dich
gar neamer weiter um unter den Kittelwerk. So hon ich’s a
g’halten.


[24]
Liesl
(ſchelmiſch).

Geh zu, Du kunntſt Ein’ ja völlig ſtolz
machen, Waſtl.


Waſtl.

Ahan, dös gang Dir g’rad no ab, zu dö übrigen
Sachen dö d’an Dir haſt.


Liesl.

Na geh, mach Ein’m net ſchlechter. Kannſt es denn
wiſſen, ob mir net hart g’ſchehn is um Dich?


Waſtl.

Wird Dir a hart g’ſchehn ſein?! Außer es is
mittlerweil Einer käma, der Dir’s abg’wonnen hat.


Liesl.

Na, dös is net. Ich bin mir g’rad ſo g’ſcheidt
wie Du.


Waſtl.

Was? Du warſt noch, wie mir damal voneinand
gangen ſein.


Liesl.

Akrat!


Waſtl.

Kannſt mer in d’Aug’n ſchau’n, Dirndl?


Liesl.

Kerzeng’rad a noch!


Waſtl.

Schwör’!


Liesl.

Meiner Seel und Gott! — No ſag mir aber,
Waſtl, wann’s nur dö Eine Horlacherlies af der Welt gibt,
warum ſtund Dir denn die a neamer an?


Waſtl.

Ja weiſt, Liesl, dös is a ſo. Du biſt freilich a
ſo a recht, wie D’biſt, aber a ſo biſt net, wie ich mir Dich
einbild’t hab.


Liesl.

No ſo ſei halt kein ſo a einbilderiſcher Ding.


Waſtl.

Ja, mein Gott, dös verſtehſt net. Dös is halt
wieder a ſo: Wann ma di a ſo anſchaut, da kriegt ma erſt
vor’m Herrgott’n Reſpect, der a ſo was af’ d’Füß ſtellt,
ſo friſch und lebig und ſauber und kreuzbrav, dös war ſchon
dö Horlacherlies wie’s kein Zweite net gibt, aber wann ma
denkt, wie Du Ein’m mitſpiel’n magſt, wo Du Deine Kram-
peln verſteckt haſt, da meint mer doch, ſelb’ taugt a wieder
net; wann D’ nur a biſſel a Demüthigkeit no hätt’ſt!


Liesl.

Jegerl, geh’ zu, weil Du ſo demüthig biſt, g’langſt
glei keck nach der Dirn wie’s kein Zweite mehr gibt, und
verwunderſt Dich, daß dö net gleich a bemerkt, daß Du der
Waſtl biſt, wie’s kein Zweiten mehr gibt.


Waſtl
(lachend).

A na, ſo hon i nie g’red’t.


Liesl.

Aber than haſt darnach.


Waſtl.

Na, na, aber ſo thu ich neamermehr und no ſein
mir all Zwei g’ſcheidter und no könnt mer’s rechtſchaffen und
[25] ehrlich von vor’n wieder anheb’n, wann Dir nur taugen
möcht.


Liesl.

Wer weiß, ob’s mir net taugt.


Waſtl.

Aber Liesl, neamer für’n Narren halten.


Liesl.

Aber Waſtl, wie wurd denn dös ſein kinna, Du
biſt ja hizt ſo viel g’ſcheidt.


Waſtl.

Na, Dir is mer’s leicht net g’nug. Aber red’n
laß’ no mit Dir d’rüber nach’m Feierabend.


Liesl.

Wohl, wohl.


Waſtl.

Wo b’ſtellſt mich denn hin?


Liesl.

Weißt’s ja eh — in Mühlbach!


(Die in der kommenden Scene Auftretenden werden hier ſichtbar.)

Waſtl.

O Du Unend. dös zahlſt mer —

(Will ſie an ſich
ziehen und küßen.)

Liesl
(wehrt ihn ab).

A Ruh gibſt. Eine hob’ ich Dir ſchon
verſprochen — d’Zweite verdienſt hizt —

(hat ihn gegen den Heu-
ſchober und in die Enge getrieben.)

Zaltag iſt!


Waſtl
(wehrt ſich).

Aber nöt vor dö Leut, Liesl!


Eilfte Scene.


Vorige. Knechte und Mägde, darunter Michl und Annemirl, Rosl.

(Alle durch den Zaun auftretend.)

Michl.

Ho, Großknecht, wehr Dich! wehr Dich, ſunſt
geht’s Dir ſchlecht.


Waſtl.

Halts Maul!


Annemirl.

Je ſchau, ſchau, weiß mer’s doch jetzt, warum ’n
Waſtel kein hieſige Dirn net anſteht, dös is ſein Schatz und
der kimmt von auswärts.


Waſtl
(ſieht ſie von der Seite an).

Beſſer a Dirn kimmt von
auswärts, als ſie geht nach einwärts, dös ſteht net ſchön.


Rosl.

No, no, Waſtl, richtig is net mit Dir, haſt ver-
geſſen, daß Mittag is? Wir ſein Alle ſchon abg’futtert, hab’
Dir dein Eſſen af d’Seit g’ſtellt.


Waſtl.

Ich frag nach kein’m Eſſen. Han Liesl, magſt
Du’s leicht hab’n? Haſt ein weiten Weg hinter Deiner; wirſt
hung’rig ſein.


Liesl.

No wann viel is, gib’s her.


[26]
Waſtl.

Wird net wenig ſein. Kumm nur. Und dann
ſchau, daß’d mit unſern Bauer auf gleich kimmſt.


Michl.

Liesl heißt’s?


Annemirl.

Soll’s in Dienſt?


Rosl.

Dös war Recht. Waſtl, dö bring’ nur auf’m
Hof. Biſt ſo luſtig, wie’s d’ausſchauſt, Dirndl.


Liesl.

Bin mein Lebtag net trauriger g’weſt, wie hizt.


Rosl.

Nachher is’s ſchon recht. Brachſt’n Bauer wieder
z’recht, dös war a verdienſtlich Werk; möcht mer doch wieder
lachen und luſtig ſingen hör’n auf’n Hof, wie ma alt word’n
is dabei.


Liesl.

No ſoll dös net ſein?


Rosl.

U mein, na! Hörſt nix, als von Buß und von
Reu und vom Verſterb’n!


Liesl.

Na, da thu ich net mit.


Rosl.

Und Koans ſoll ſich rühr’n.


Liesl.

Oes armen Haſcher, ös! No ich g’hör net zu dö
Engern und juſtament ſing ich hizt Oans.


Waſtl.

Nöt, Liesl, na; war no z’fruh, eh’ ſchau, daß
Dich der Bauer leiden mag.


Liesl.

Weißt ja net was ich ihm will und ob mir d’rum
is, daß ich ihm anſteh! Kränkt mich ja gar net, wann er
mich gleich davonjagt und dann geh’ ich wieder und bring
der Mahm ein ſchön’ Gruß.


Waſtl.

Du gangſt — glei —


Liesl.

Wonn a i geh, kannſt ja Du doch kimma!


Waſtl.

No is’s eh recht.


Liesl.

No und hizt laßt’s mich aus, wann ich mir s’Ein-
wendige von ſo einer traurigen Wirthſchaft betracht, wird mir
eh die Luft z’wenig in der Stub’n und ich bin mir nimmer
gleich, bis ich wieder draußt bin. Muß ich ſchon eini, ſo lang
ich noch außerhalb bin, bin ich d’Horlacherlies und zum Trutz
noch einmal ſo luſtig.


[27]

Lied.


1.


A Bub kimmt zu’n Himmel,
Fragt beim Peter’n ſich an:
„Gibt’s da Zithern und Dirndeln?
So biſt Du mein Mon!“
Und drauf ſagt der Peter:
Dös gibt’s bei uns net.
Und da krazt ſich der Bub
Hinter’n Waſchl und geht.


(Jodler.)

2.


Der Bub kimmt zur Höll’ d’rauf,
Fragt beim Teuxel ſich an:
„Gibt’s da Zithern und Dirndeln?
So biſt Du mein Mon!“
Und drauf ſagt der Teuxel:
Dös gibt’s bei uns net,
Und da krazt ſich der Bub
Hinter’m Waſchl und geht.


(Jodler.)

3.


Und Zithern und Derndeln
Na, dö kann i net lon,*)
Und ſo ſteht mer der Himmel
Und s’Höllreich net an.
O ſchön grüne Welt
Laß’ ſag’n, wie d’mer g’fallſt,
So lang Zithern klingen
Und mei Dirndl mich halst!


[28]

Chor.


O ſchön grüne Welt
Laß’ ſag’n wie d’mer g’fallſt,
So lang Zithern klingen
Und mei Dirndl mich halst.


(Jodler.)

(Zugleich hört man hinter der Scene Grillhofer und Duſterer das Bußlied ſingen.)

Erlös uns von des Lebens Pein
O Herr in Deinen Gnaden,
Und führ’ uns in den Himmel ein
Das kann uns gar nicht ſchaden!


Aktus.

[[29]]

Zweiter Akt.


(Garten des Grillhofer’ſchen Gehöftes. Rechts, mehr vorne präſentirt ſich eine andere
Anſicht des Hauſes, wie im erſten Akte, Verwandlung. Eine Thüre, unmittelbar neben
derſelben, jedoch ſchon ganz in den Vordergrund gerückt, eine Laube, in welcher ein
Tiſch und Bänke ſtehen. Im Hintergrunde, in Mannshöhe über den Boden ſchließt
ein lebender Zaun die Bühne ab, zu deſſen aus Prügelholz genagelten Einlaßſchranken
ein Anſtieg hinanführt. Ein Gebirgspanorama vervollſtändigt die Decoration.)

Erſte Scene.


Duſterer. Grillhofer. Rosl.

(Durch die Hausthüre.)

Duſterer
(übereifrig, noch unſichtbar, hinter der Scene.)

So — ſo —
nur a weng in’s Freie, — und die Stuben derweil lüften —
und a biſſel Waldrauch eine machen!

(Stürzt heraus, einen Kopfpolſter
unterm Arm, den er fogleich in der Laube an einer Banklehne zurechtlegt. Grillhofer,
von Rosl geführt, folgt langſam.)

Nur langſam — geht ſchon, geht
ſchon — halt Dich nur an d’Rosl — ſchau, ſelb’ thun Dir
dann alles meine Kinder, — na ſiehſt, ſo ſein wir da, —
ja ja ſo ein’ Schwagern hab’n, dös is ſchon die neunte
Seligkeit. No ſitz nur nieder —


Grillhofer
(ſetzt ſich).

No niederſetzen, — is eh recht!


Rosl richtet den Polſter und geht dann ab.)

Duſterer.

So! — Und nachhert, daß ich ſag’, ja, daß
ich ſag’, der Bader meint, wann Dich s’Ausgeh’n g’freu’n
möcht, kunntſt es ſchon wag’n.


Grillhofer.

Der Bader, … der Bader, dös is a Eſel,
kunnt eben ſo gut ſag’n, wann mich’s Tanzen und Springen
g’freut, ſöllt ich mich net abhalten laſſen.


Duſterer.

No, no, wer weiß, wann’s die Bußhaftigkeit
verlanget, wie beiſpielmäßig der König David zu Gottes Ehr’
tanzt hat — brachſt es leicht a z’weg’n. Und wann Dir
[30] recht war — ſchaden that’s net, meinet der Bader — na —
ja — ſo kunnt mer morg’n ſchon nach der Kreisſtadt fahr’n
— hm — hm — beiſpielmäßig, weil D’ ſelber g’meint haſt, es
möcht Dir recht ſein, — weg’n der Ordnung — no —
beiſpielmäßig nur.


Grillhofer.

Haſt Du’s aber eilig!


Duſterer.

J? Ah na — nöt d’ran denken — aber weil
Du ſelb’n ſchon — beiſpielmäßig —


Grillhofer.

Is ſchon gut.


Duſterer.

No weißt, ich mein halt nur, dö arme Seel
da unt’ könnt’s völlig nöt d’erpaſſen, und that ihr ſchon
s’erſte Ruckerl wohl, was af unſer eindringlich Fürbitten
g’ſchahet. Beiſpielmäßig halt’s der Teuxel an oaner langen
Ketten, wie a Bub ein’ Maikäfer an ein’ Bindfaden, wie
mir aber anheb’n, muß er’s ſcho a Bröſerl auffi laſſen, nöt
höher leicht wie die Laub’n da, aber doch, und wie mir nöt
nachlaſſen, is’s mit’m zweiten Schub ſcho durt auf’m Nuß-
baum und ſo höher und allerweil höher, und wann Du Dich
dann noch einſetzt’ mit Dein’ guten Werk und wirfſt Dein
Gut in’s Meer, dann reißt die Ketten mitten wurz von ein-
ander und heidi fliegt dö Seel auffi in Himmel, haſt es net
g’ſeh’n — holt’s kein Teuxel mehr ein! Hehe — ja — ja —


Grillhofer.

Hehe — war eh’ recht.


Duſterer.

Und Dein G’wiſſenswurm, was deßtwegen in
Deiner Bruſt war, findt nix mehr z’nag’n und z’beiſſen und
verſtirbt Dir elendig — aber ſchon elendig — der Sakra!
Und all zwei ſeid’s d’erlöſt.


Grillhofer.

War ſcho recht, war eh recht.


Duſterer.

No, magſt Dich drauf verlaßen, — hm, ja. —


(Blickt angelegentlich gegen den Himmel, ſpricht aber ſo wie nebenher fort zu Grillhofer.)

Glaub mir, wann ich Dir was ſag: — der Wurm fliegt in
Himmel und die Magdalen’ verſtirbt Dir elendig ....


Grillhofer.

Ah na — no, s’Selb war ja verkehrt.


Duſterer.

Was? — Ah ja — ahan — hon ich’s g’fahlt
geb’n?


Grillhofer.

No wie! Nach was haſt denn ausguckt?


Duſterer
(etwas kleinlaut).

Ob moring — ob moring wol a
ſchön Wetter ſein möcht, beiſpielmäßig, daß mir a weng furtfahr’n
kunnten.


[31]

Zweite Scene.


Vorige ohne Rosl, Waſtl mit Liesl.

(Durch die Hausthüre.)

Waſtl.

No da haſt’n ja n’Grillhofer! Siehſt, der mit’m
Polſter auf’m Rucken.


Grillhofer.

O Du Lalli, „der mit’m Polſter auf’m Rucken“
ſagt’ er, wie wann der ang’wachſen war. Was gibt’s denn?


Waſtl.

Dös Dirndl will z’Dir af B’ſuch.


Grillhofer.

So ſo, na kimm nur naheter, — wer biſt
denn — woher kimmſt denn — was willſt mer denn, han?


Liesl.

U mein Jegerl, dös dermerk’ ich mir ja gar net
der Reih nach, dein’ Frag’n nach biſt lang nöt ſo alt, als’d
ausſchauſt; aber Bauer, dös muß ja ſchön langſam geh’n und
Tipferl … für Tipferl.


Grillhofer.

So, ſo, han und nach jedem Tipferl ſchadet
a gut Tröpferl a net? Na Waſtl ſchau halt nach der Rosl,
ſö ſoll Dir a Flaſchen Süßen geb’n, und a weng Schleckwerk
find’t ſich wol a noch in der Speis.


(Waſtl ab.)

Dritte Scene.


Vorige ohne Waſtl.

Grillhofer.

No ſitz nieder, Dirndl.


Liesl.

Mit Verlaub!

(ſetzt ſich Grillhofer gegenüber.)

Grillhofer.

Werd’n mer halt ſchön langſam Tipferl für
Tipferl fürgeh’n. So ſag amal: wer d’biſt?


Liesl.

D’Horlacherlies hoaßen’s mich.


Grillhofer.

Horlacher? Schau! Und woher kimmſt denn?


Liesl.

Von Ellersbrunn.


Grillhofer.

Von Ellersbrunn. No is ſchon richtig, no
b’ſinn ich mich ſchon. J hon a alte Horlacherin aus Ellers-
brunn kennt.


Liesl.

Dös is mei Mahm.


Grillhofer.

Ja, ja, a kloans dicks Weiberl, i weiß ſchon.
Is a paarmal in mein Haus käma, wie noch mein Alte —
[32] Gott hab’s ſelig — bei’n Leben war. Sider der Zeit hon ich’s
neamer g’ſehn.


Liesl.

Mir ſein a mit Dir in Verwändtſchaft.


Grillhofer.

So? Dös is’s erſte Mal, daß i davon hör!
Wie denn wol?


Liesl.

Aus ihrer Mutter ihrer erſten Eh’ hat Dein Weib
ein’ Halbbrudern g’habt und dem ſein G’ſchwiſtertkindersſohn
hat meiner Mahm ihr G’ſchwiſtertkinderstochter g’heirath.


Grillhofer.

So? ſo? — Mein Weib ihr halbeter Bruder
— .... na, wie war dös nachert g’weſen?


Liesl.

Dein Weib ihr’n Halbbrudern ſein G’ſchwiſter-
kindersſohn hat meiner Mahm ihr G’ſchwiſtertkinderstochter
g’heirath.


Grillhofer.

Da thut Ein’m der Kopf weh dabei!


Liesl.

J hab’ mer’n net drüber z’brochen, ich hon dös
G’ſetzel eing’lernt wie a Staarl, wie die Schulkinder n’Kate-
chiſimuß!


Grillhofer.

Biſt doch aufrichtig.


Liesl.

Na wol und ſchon wie.


Vierte Scene.


Vorige. Waſtl (kommt zurück).

Waſtl
(ſtellt eine Taſſe mit einer Flaſche Rothwein und Gläſern darauf und
einen Teller mit Kuchen auf den Tiſch).

Grillhofer.

Bleib’ nur da, Waſtl, mußt’n Hausvatern
machen, mußt einſchenken und nachfüll’n. Ich g’lang net ſo
weit und ſoll ich was halt’n, zittern mer d’Händ, verſchüttet
leicht was, war Schad d’rum.


Waſtl
(füllt ein Glas und ſetzt es der Liesl hin).

Liesl.

Auf dein Wohlſein!

(Koſtet.)

Waſtl
(die Flaſche in der rechten, deutet mit der Linken, in der er das
Glas hält, auf Duſterer).

Kriegt der a was?


Grillhofer.

No wol, wol — fangſt ſcho wieder an?


Duſterer
(ſtreckt die Hand abwehrend nach dem Glas aus).

Na, na —
wann ma net vergunnt is .... wann ma net vergunnt is ....


Grillhofer.

Einſchenk’ ſag ich! Du Sakra Du!


Waſtl
(ſchenkt ein und ſtellt das Glas ungeſtüm vor Duſterer auf den Tiſch).

[33]
Grillhofer.

Na verkoſt’n nur. Verkoſt. Freilich mehr für
d’Weibsleut, aber a guter Tropfen.


Duſterer
(hat getrunken).

Jo hehe, möcht’ mer do ſelber gleich,
wann dös a Trunk für d’Weiberleut is, a Weib werd’n.


Waſtl.

Biſt eh ſchon Oans und a alt’s dazu.


Grillhofer.

Waſtl!


Waſtl
(ſtellt auch ein Glas vor Grillhofer hin).

Hob a Oans für
Dich mitbracht!


Grillhofer.

Weißt, ich trink net! No weil ſchon da ſteht,
laß’s halt! — Woll’n mer wieder von was G’ſcheidten reden.
Dirndl, a Antwort biſt no ſchuldig. Was d’da willſt?!


Liesl
(luſtig).

Bißel erbſchleichen ſollt ich!


Grillhofer.

Sollſt? Teufl h’nein, wer kann Dich denn
dazu verhalten?


Liesl.

Neamand! Meiner Mahm war’ dös af einmal
eing’falln, und ich taug a ſcho gar net dazu. Allweil um Oans
herumſcherwenzeln wie a Hund, derweil mer ihm in d’Schüßel
blast; — und paſſen und warten af’s Verſterb’n, ah na,
wurd mer ganz entriſch dabei, leb’ ich doch ſelber ſo viel gern.


(Steht auf.)

Na, Bauer, meiner Seel, möcht Dich unſer Herrgott
no hundert Jahr leben laßen, ich neid’ Dir kein Tag, nöt
ein oanzigen neid’ ich Dir!


Grillhofer.

Biſt a herzgut’s Derndl!


Liesl.

Ich wär’ eh net her, aber um’s Hoambleib’n war
mer grad a net z’thun, außi wolt ich gern; — Doch a ſo
herumvagir’n und dann lug’n: ich war da g’weſt, dös wollt
ich wieder nöt. No thuſt mer halt den G’fall’n und ſagſt, es
wär’ da nix z’hol’n und jagſt mich wieder hoam.


Grillhofer.

Hehe — kimmt Dir wol net ung’leg’n, wann
i mir mit Hoamjag’n a weng’ Zeit laß’, han? Möcht’ aber
doch wiſſen, wie dein Mahm af dö Gedanken käma is!


Liesl.

Ah dö Mahm hat’s recht ernſthaftig g’meint!


(Copirt mit Laune die wohlwollende Redeweiſe einer alten reſoluten Frauensperſon.)

„Liesl“ — hat’s g’ſagt — „ſchau, Liesl, Du biſt a einſam,
verweist’s Dirndl, mußt Dich umthun, mußt dazuſchau’n!
Verwändt biſt amal mit’m alten Grillhofer, dös können mer
ſchriftlich aufweiſen. Geh hin, ſchau eahm nach, ſoll ihm ſchlecht
geh’n, leicht gar macht er’s neamer lang — verzeiht ſchon,
Der G’wiſſenswurm. 3
[34] Bauer — „thu Dich a weng einſchmeicheln, er hat ſunſt dö
luſtigen Leut nöt ungern mög’n ....


Grillhofer.

Möchts wol a hitzt no ....


(Duſterer, hat Grillhofer mit dem Ellbogen angeſtoßen.)

Grillhofer.

Wonn net ....


Waſtl
(indem er ſich über den Tiſch beugt und das Glas vor Duſterer
nachfüllt).

Wann’d mer noch amal ’n Bauern ſtupfſt, kriegſt a
ein’ Deuter!


Liesl.

„Und no geh’ zu,“ hat’s g’ſagt, „daß Dir Neamd
fürkimmt, mach dein Sach g’ſcheidt, leicht koſt’s no a Wartl,
und dös Sein’ is Dein!“ — No was, Bauer, mei Mahm
kennt ſich aus, hätt’ſt wol ein ſchweren Stand, that ich nach
ihr’n Reden, aber ſo, bin ich doch a bißel z’viel aufrichtig
zu’n Erbſchleichen.


Duſterer.

Dafür bin i a no da.


Liesl.

Zum Erbſchleichen?!


Duſterer
(verblüfft).

Was? — ah na — na dös net, mußt
mi recht verſteh’n Dirndl, i mein dafür, daß der Schwoger
nöt ſein Sach z’weg’n ein Wartl weggibt.


Waſtl.

Wo Du ſchon ſo viel Warteln d’rum g’redt haſt!


Liesl.

So? Der Schwager biſt Du? Schau, von Dir
hat mei Mahm a g’redt; ſagt’s: „nimm’s net z’leicht, ſoll
neuzeit a Duckmauſer bei ihm aus- und einrennen.“


Duſterer
(immer mehr verlegen).

Muß a recht a z’widers Weibs-
leut ſein, Dein Mahm — a recht a z’widers Weibsleut.


Liesl.

Kunnt’s net ſag’n, weiß zwar net, was ihr ein-
g’falln’ is, daß’s mich herg’ſchickt hat, leicht hat ſie ſich gar
denkt, es war net’n Bauern ſein Schaden, wann ich Dich beim
Furtgeh’n a mit nahm.


Grillhofer.

Hehe, hizt hab’ns’n allzwei in der Arbeit.


Duſterer.

No lachſt Du a no dazu.


Waſtl.

Na, weinen wird er, müßt ja a Kuh lachen,
wann’s Dich hizt anſchaut.


Duſterer.

Beiſpielmäßig lacht a Kuh gar net —


Waſtl.

Na, aber a Ochs wird gleich flehnen.*)


Grillhofer.

Dich hob’ns orndli.


Waſtl.

Lachſt a wieder amal, Bauer? Luſtig war’n mer
ſchon lang net.


[35]
Grillhofer.

Ja luſtig — ſchaut’s mich an — ſo alt
und ....


Liesl.

J kenn ein Aeltern. Hab’n mer ein’ Bauern in
Ellersbrunn, der hat ſeine achtzig auf’m Buckel und am
Kirtag ſchreit er no um ſein Muſi und ſingt:


Lied.


No will ich amal luſtig ſein,
Bin glei a alter Mon,
Doch will ich ſo, uo Sikra h’nein,
Wenn gang denn dös was an!


(Jodler)
(Grillhofer ſingt den Jodler mit.)

Waſtl.

Jeſſes, Jeſſes, Bauer, geh’ thu mir B’ſcheid!


Grillhofer.

Du haſt ja koan Glasl.


Liesl.

Mir trinken aus Oan!


Waſtl.

U mein Jegerl, ja Liesl mir trinken aus Oan.


(Nimmt das Glas.)

Grillhofer.

Schau’n Waſtl — Du Hoamlicher — is dös
die Rechte amal? hehe.


Waſtl.

A wohl — dö war’s ſchon.


(Stoßen an.)

Liesl
(ſingt):

Warum ſoll i nöt luſtig ſein?
Gott is a guter Mon,
Mir g’fallt es Leb’n mer ſchmeckt der Wein
Und Neamad geht’s was an!


(Jodler.)

Grillhofer
(klopft dem Duſterer auf den Rücken).

No brumm a mit,
alt’s Eiſen!


(Alle ſingen mit.)

Liesl
(ſingt):

Hon i doch all dö Lebtag mein
Koan Schlechtigkeit net thon,
Und will i amal luſtig ſein,
Wem gang denn dös was an?!


(Setzt zu den Jodler ein.)

3*
[36]
Duſterer
(ſtößt ſein Glas hart auf den Tiſch).

Do ſingſt nöt mit,
Schwager! Möcht wiſſen wie’d da mit ſingſt, ohne daß dir
der Stimmſtock umfallt! Sing mit, wann’d kannſt. Haſt all
dein Lebtag koan Schlechtigkeit nöt than? Haſt net? Han?!


Grillhofer
(der ſchon beim Jodler der erſten Strophe mit aufgeſtanden war,
ſinkt jetzt zurück auf die Bank; finſter):

I ſing’ eh net mit;


Duſterer
(leiſe und angelegentlich).

Und laß der ſagen, ſo is
die Weiſ’ net, wie mer d’armen Seel’n d’erlöst und ſo ver-
ſtirbt a der Wurm net. Wann d’n a jetzt mit Wein ein-
ſchlaferſt, moanſt er wird neamer munter? O er wird ſchon.


Liesl
(ganz verwundert, tritt hinzu).

Jo was is’s denn? Was
haſt denn auf einmal, Bauer?


Grillhofer.

Laß’s gut ſein, laß’s gut ſein, Dirndl, ich
dank Dir ſchön, haſt es recht gut g’meint, aber ich und Du
ſein a gar z’ungleich G’ſpann, tauget mir ſchon, kunnt ich no
Schritt halten mit Dir, aber ſo bin halt ich der Stützige.
Jo, jo, d’Luſtbarkeit ſind’t da in mein’m Einwendigen ein
gar’ ſtrengen Herrn, der’s austreibt, es leidt ſich amal koan
Fröhlichkeit auf mein Hof, no wirſt ſelber kaum verbleib’n
woll’n und ich darf Dich a net verhalt’n, s’wird völlig Ernſt
mit’m Furtſchicken, — na, na, daß’d mer net ganz harb
biſt, ſoll der Waſtl, wann Feierabend is, a Stuck Weg mit
Dir geh’n.


Liesl.

No ſollt ich fort, und is Dir’s Luſtigſein doch
ſo gut ang’ſtanden; geh ich, fangſt mer wieder zu’n Duck-
mauſern an.


Grillhofer.

Mein lieb Dirndl, anders ſchickt ſa ſich neamer
für mich.


Liesl.

Möcht doch wiſſen warum?


Grillhofer.

Jo ſiehſt, Derndl, Du biſt für Leut’, was
nöt ſchwer trag’n unter’m Bruſtfleck, für Solchene aber

(auf
Duſterer)

is der der Rechte. Vor ein halb’n Jahrl hob ich mein’
Deuter kriegt, ſunſt allwal g’ſund, ſtreift mich af amal der
Schlag. Elendig bin ich dag’leg’n, hon aber no net g’wuſt,
wo dös h’naus ſoll, aber der hat ſich gleich auskennt, is
gleich zu mir in’s Haus g’rennt und hat g’ſagt: Schwoger,
hat er g’ſogt, Du haſt a Sünd af Dir, was d’nie no recht
bereut haſt, haſt’s allweil af d’leichte Achſel g’nummen, und
unter der Zeit is der Wurm in Dir foaſt word’n, ſo foaſt,
[37] daß D’r hizt, wo er ſich aufdammt hat, bald Seel und Leib
vonand gangen wär’n! No ſchau halt hizt dazu. Beſſer ſpot
wie gar nöt! No Recht hot er g’habt, Recht hat er g’habt,
war wohl ſchon a verſchlafene G’ſchicht, aber Recht hat er
doch g’habt, wie er mir’s vor’gſtellt hat. Jo, jo.


Liesl.

Hättſt es net aufwecken laſſen, dö verſchlafene
G’ſchicht. Wär’ g’ſcheidter. Soll hizt der Floh, denn Dir der
in’s Ohr g’ſetzt hat, n’Wurm freſſen?


Grillhofer.

Mußt nöt g’ſpaſſen mit ſölchene Sachen,
mein lieb’ Derndl. Du weißt halt no von wenig. Aber ich
will Dich net ohne Einſeh’n laſſen; ſündig, wie ich war, und
reuig, wie ich bin, ſollſt mich kennen lernen; ich will Der dö
G’ſchicht am Weg mitgeb’n, ſo Verſündigungsſachen ſein
allmal lehrreich für dö Weibsleut! Mag wohl ſchon a fünf
und zwanz’g Jahrl her ſein, hat damal mei Weib noch
g’lebt, da is a Dirn zu mir in Dienſt käma, war a klein
mollets Ding, bisl hoffartig, hat ſich mit koan Bub’n nöt
abgeb’n, nur af mit hat’s freundlich g’ſchaut; daß ich ſag,
mei Weib hat koan oanzig’s Kind af d’Welt bracht, allweil
is’s krank g’weſt, und um dö Zeit is gar elendig dahin-
g’leg’n, ich aber war allzeit a kerng’ſunder Mon, und ſo
ſchickt ſich’s halt amal, ich triff die Dirn allein, und ſo is’s
halt käma, wie’s oft kimmt und zugeht af derer Welt. Bin
mir nöt ganz klar, dö Dirn war nie ſo recht offen, war dös
Wahrheit, oder hat’s nur dö ſchwere Arbeit los werd’n
wöll’n, ſie hat a ſo than, als war’s af dö Verſündigung
neamer recht richtig mit ihr. Aber lang vor ſich’s hätt weiſen
können, is mein’ Weib ihr Vertraulichkeit zu mir aufg’fallen,
dö hat’s zu ſich rufen laſſen, hat’s ’beicht oder net, weiß net,
aber ſie hat af amal fortbegehrt und ich hab’s a nöt ungern
fortlaſſen.


Liesl
(an der Schürze ſpielend).

Was D’da verzählſt, Bauer,
dös is freilich wohl nöt recht, kann aber doch net allein af
Dein Rechnung käma, ſein ja doch Zwei dabei g’weſt.


Grillhofer.

Wohl, wohl, zu ſolchene Dummheiten ſein
für g’wöhnlich zwei von Nöthen. Aber ich hätt ſoll’n n’Gſcheid-
tern machen. Wie’s amal furt war, war’s wie vom Erd-
bod’n wegblaſen, weit und breit da h’rum hat’s Neamand
mit kein’ Aug’n mehr g’ſehn. Was wohl mit ihr g’ſcheh’n
[38] is? Hizt liegts mer halt ſchwer auf, weil ich’s auf’n Sün-
denweg g’bracht hab, wie weit’s wohl d’rauf fortg’rennt ſein
mag immer naheter und naheter der Höll zuhi! Und hizt
leicht gar net weit davon einloſchirt! Jo, jo!


Waſtl.

Und dös is dö ganze G’ſchicht? Z’weg’n dem
willſt Haus und Hof in fremde Händ’ geb’n, nur damit’ſt
mehr freie Zeit und a G’ſellſchaft zur Bußübung kriegſt?!


Grillhofer.

Wohl — wohl.


Waſtl.

Na hörſt Bauer, meinſt, wann mer amal dumm
war, ma macht’s beſſer, wann ma dann no dümmer is?


Grillhofer.

Red’ nur Du nix d’rein, Waſtl, dös ver-
ſtehſt Du net; ſei froh, daß’d nix af Dir haſt und ſchau
dazu, daß’d a nix h’naufkriegſt, wo’d dös möchſt verſteh’n
lernen.


Duſterer.

Is a rechte Lehr’ — is a wahre Chriſtenlehr,
Waſtl; nimm Dir’s z’Herzen! Beiſpielmäßig möcht Einem
s’Leben anlachen wie a ſchöner Obſtgarten, aber zulangen is
net verlaubt, dös verwihrt Ein’m der liebe Gott.


Liesl.

Geh’ zu, Schwarzer, mußt unſer’n Herrgott’n nöt
zum Vogelſchrecker machen! Hat er doch ſelber die Kirſchen
ſo rothbacket und d’Weinbeer ſo glanzend g’macht, no und
übernimmt ſich Eins, is dös ſein eigene Sach’, wie er wieder
mit ſein’ Mag’n auf gleich kimmt, und beiſpielmäßig gibt’s
koan beſſere Lehr als ſo ein übereſſenen Spatzen, was marod
auf’m Aſtel ſitzt und’n Andern zuſchreit: Z’viel is ung’ſund!


Duſterer.

Mein liebe Dirn, beiſpielmäßig kennſt Du Dich
lang no net aus, is a gar koan Red vom lieben Gott, der
Ein’m all’s Gute vergunna möcht, ſundern vom hölliſchen
Erbfeind, was Ein’m zum Uebermaß verlockt, wo n’Ein’m
drauf net gut wird und ma nachhert in der Höll’ ſein Kamil-
lenthee kriegt, was aber Kein’ net ſchmeckt. Ja, ja, unter dö
Kirſchen liegent eben n’Hölliſchen ſeine Fallſtrick und wo
ſich hizt der Schwoger alſer bußfertiger davon loslöst, hat
er ſcho recht, wann er a a jedes Faderl von ſich thut, wo
do nochmal der Hölliſche amal anknüpfen kunnt.


Grillhofer.

No ſeht’s es — ſeht’s es. Dös is a Red.
Der verſteht ſich halt d’rauf — ja dadrauf verſteht er ſich.


Waſtl.

No is a a ſchöne Profeſſion!


[39]
Grillhofer.

Und hizt laß mer dö unnöthig Wartlerei
ſein. Mei lieb Dirndl magſt D’r vor D’gehſt noch a weng
mein Hof anſchau’n, thu’s ohne Neidigkeit, is Dir vielleicht
zum Beſſern und bleibt D’r manche Verſuchung d’erſpart,
wann nöt wird wie Deiner Mahm ihr Abſeh’n war. Wann’d
zu ihr hoamkimmſt, magſt ihr ſag’n, ich laß’s ſchön grüßen
und ſag’ nur, wie’s wahr is, Du wärſt wirklich ſchon z’ſpat
käma. Morg’n wann a ſchöner Tag is, fahr ich vielleicht
ſchon nach der Kreisſtadt und thu a jed Faderl von mir,
wo no der Teuxel mich anfaſſen kunnt, ich thu’s ’m Schwa-
ger verſchreib’n, der is ſcho mehr auf ſeiner Huth. Und no
b’hüt Dich Gott, Dirn, daß’d da warſt, war mer doch a klein
Aufheiterung, wann’s a bei mir net recht verfangen will, und
no vergelt Dir’s Gott! Und wonn amal all’s in Ordnung
is, und ich bei mein’m Schwogern in der Ausnam bin, dann
ſuch mich hoam, vielleicht bin ich dann ſcho a weng luſtiger
word’n.


Duſterer
(tätſchelt die Hand Grillhofer’s).

Ja, ja freilich, mein
lieben Ausnehmer magſt nachhert ſchon b’ſuchen.


Liesl.

No b’hüt Dich Gott, Bauer.


Grillhofer.

B’hüt Gott und ſpater vergiß net auf mich
und kumm fein.


Liesl
(kehrt zurück).

O ich ſchau Dir ſchon nach!. ..... ich
weiß net, mir g’ſchieht ſo viel hart um Dich, — es is mir,
als wär’ Dir dös traurige Weſen ’naufz’wungen, und ſtund
d’rum a net’n lieben Gott noch’n Menſchen an, is mir als
ſollt ich Dir noch a ganz a Menge ſag’n, aber ich wußt
wahrhaftig ſelber net, wie ich’s vorbringa ſollt. B’hüt Dich
recht Gott!

(Läuft ab.)

Waſtl.

Schickſt es richtig furt? —

(Grillhofer ſchupft die Achſel.)

Bauer mir is als ſolltſt es dahalten — dahalten —


Grillhofer
(lachend).

War wohl Neamd lieber als Dir!
Biſt a Feiner Du!


Waſtl
(wendet ſich ab und geht der Liesl nach, unter dem Abgehen raiſon-
nirend).

Is a recht! Setz morg’n den Duckmauſer auf’m Hof,
ſo renn ich übermorg’n ſchon nach Ellersbrunn und müßt’
ich in’s Taglohn. Möcht nachher ſo a Wirthſchaft mit anſeh’n,
ſo a Wirthſchaft — heilig Kreuzdonnerwetter!

(Beide durch die
Hausthür ab.)

[40]

Fünfte Scene.


Duſterer und Grillhefer.

Duſterer.

Ob ich mir’s net denkt hab, Grillhofer! Ich
hab mer’s aber denkt, wie’s vermeinen, es gibt bei Dir was
z’holen, ſo kommen Dir Leut in’s Haus g’rennt, mit denen
Dein Lebtag nix haſt z’thun hab’n wöll’n!


Grillhofer.

No ſucht halt Jed’s af der Welt ſein Vor-
theil. Kummen’s, ſein’s da, gibt’s nix, gehen’s wieder! Beirrt
mich net und kann Dir wohl a gleich ſein.


Duſterer.

Wannd’ a ſo denkſt, freilich wohl. — Dein
Weib, mein Schweſter, hat eh amal g’ſagt: — wart a weng’.
— wie war den dös? Daß ich’s net nur beiſpielmäßig, ſun-
dern Wartl für Wartl fürbring, wie’s g’weſen is! Ja ja,
fallt mer ſchon ein. Dein Weib hat eh a amal g’ſagt: Niko-
demi, hat’s g’ſagt, auf’n Mathis ſchau mir und weiſ’ mer’n
fein nachi in Himmel. Bringt Dir wohl a ein Lohn, denn
nach dem, wie der Mathis ſich an mir verſündigt hat — jo
— wie er mir weh than hat, war’s net ſchön, wann er net
das Seine bei unſerer Famili laſſet.


Grillhofer
(hatte den Kopf in beide Hände geſtützt, blickt jetzt auf).

Dös
hätt’ mei Weib zu Dir g’ſagt? Hat Dich do nie gut leiden
mög’n. Schau, Duſterer, Du biſt ja hizt eh am Ziel, was
bringſt denn ſolchene Sachen für? Kam ich Dir af a Lug,
möcht’s Dich reu’n.


Duſterer.

No wirſt doch net meinen — Schwoger —
wirſt doch net meinen? ....


Grillhofer.

So hat mein Weib nie g’redt.


Duſterer.

Aber, Schwoger, glaub’ mir … — no, ſoll
ſie’s nöt g’ſagt hab’n, — Du biſt krank, ich will net ſtreiten
mit Dir.


Sechſte Scene.


Vorige. Leonhardt.

Leonhardt
(Fuhrknecht, hat ein breites rothes Geſicht mit pfiffigem Aus-
druck, trägt breitkrämpigen Hut, blaue Blouſe, hohe Stiefel, kommt durch das Zaun-
gatter den Anſtieg herunter, iſt etwas angeheitert).

Öha! Grüß Gott mit-
einander! Duſterer Dich ſuch ich! Hat mer Dein Alte g’ſagt,
[41] ich traf Dich do, is mer recht, muß gleich wieder furt mit
meine Roß, — geht eahner wie mir — kinnen net lang ſtehn.


Duſterer.

Was gibt’s?


Leonhardt.

Vorerſt liegt a klein Faßel Eſſig für Dich
in der Kreisſtadt, möchſt’n bald abhol’n — ja — da haſt
vom Spediteur n’Frachtbrief.

(Gibt ihm einen rothen Zettel.)

Duſterer.

Was haſt’n nöt glei mitbracht?


Leonhardt.

Weil er no net zahlt is!


Duſterer
(ſteckt den Frachtbrief zu ſich.)

Noch was?


Leonhardt.

A Seitel Wachholder hon i mir verdient,
mein ich.


Duſterer.

Dös war dös Faſſel nöt werth.


Leonhardt.

Ah, wer redt hizt vom Eſſig. Haſt a ſchlecht’s
Angedenken! Vor ein’ halben Jahrl hoſt mer’s verſprochen,
wonn ich Dir was auskundſchaft.


Duſterer
(fährt vom Sitz empor).

Was ſagſt? So, ſo, no da
kimm nur glei mit hoam.


Leonhardt.

Kumm eh g’rad her, wonn ich ſo viel uma-
nand renn’, wird mer ſchwindli, no jo, bin nur s’Fahren
g’wohnt. Bleib’n mer da — is jo nur der Grillhofer, Dein
Schwager!


Duſterer
(ungeduldig).

Sakra h’nein! Mitkimmſt, ſog ich!


Leonhardt
(ſteht ihn ſtarr an).

Wos?!


Duſterer.

Sunſt verſpielſt’n Wachholder!


Leonhardt.

So redt’s? — Wer — wer biſt denn Du?
Biſt leicht mei Herr, daß’d mit mir ſo h’rumſchreiſt? Han,
ſchau Dich an nothiger Ding! Möcht’s es jetzt gern ablaug-
nen? Wann’d mer a ſo kimmſt brauch ich’n gar net Dein
Wachholder, brauch’n net! Ein ander Mal ſuch Der Anderne
aus zu ſölchene G’ſchäften, mich net!

(Zu Grillhofer.)

Schau
Der’n an — a Seidel Wachholder hat’s golten, um d’Ries-
ler Magdalen is gangen, was vor fünf und zwanz’g Jahr
in Dein Dienſt war ....


Grillhofer
(fährt empor))

Was ſagſt, um d’Magdalen’?


Leonhardt.

Jo, wo’s verblieb’n is, ob’s no lebt, oder
ſchon verſtorb’n is. Jo. Seit oan halben Jahr, zeit- und
randweis hon ich nachg’fragt. Und hizt reut’s ihm, hizt reut
ihm dös Seidel Brañtwein .....


Grillhofer
(aufgeregt).

No red, red, Lenhardt …


[42]
Leonhardt.

No verdient hab ich mer’n.


Duſterer
(ſchreit).

Kriegſt’n net.


Leonhardt
(ſchreit gleichfalls).

Brauch’n net, hab ich g’ſagt,
ſolltſt Dich ſchamen geg’n ein Fuhrknecht! Bauer willſt hoaßen?
Nix biſt.


Grillhofer.

Laß’n, Lenhardt, laß’n. Was is mit der
Magdalen’?


Leonhardt.

Auskundſchaft hon ich’s!


Grillhofer
(aufſchreiend).

Sie lebt?!


Leonhardt
(ſchreit gleichfalls).

Ja wohl! — Ah ſo, Du biſt’s
g’weſt, Grillhofer — ah ja Du, ich hon g’meint

(auf Duſterer)

der ſchreit wieder geg’n meiner.


Grillhofer.

Um Gotteswill’n, Lenhardt, b’ſinn Dich af
d’Wahrheit, haſt a recht g’ſeh’n?


Leonhardt.

No wohl recht g’ſeh’n und recht g’fragt.


Grillhofer.

Du wöllt’s hizt ausg’funden hab’n, wo ’es
Gericht ſie die lang’ Zeit her ſcho ſucht!


Leonhardt.

Ausg’ſchrieb’n war a Erbſchaft, aber g’meldt
hat ſa ſö net, weil ihr dös G’ſpiel z’viel verſchuldt war.


Grillhofer.

Und wo, wo haſt es denn aufg’funden?


Leonhardt.

A drei Stund von da, wann’d ins Gebirg
einifahrſt, an der kahlen Lehnten hat’s ihr Wirthſchaft.


Grillhofer.

Ich muß hin, — wird mich net umbringen
dös bißel Fahr’n, wird mich nöt umbringen; mit meine
eigenen Augen muß ich mich überzeugen, wie’s mit ihr ſteht,
in was für oan Elend als’s lebt!

(Iſt bis zur Hausthür gegangen.)

Rosl — he Rosl hörſt!

(Kommt, in der Weſtentaſche nachſuchend, wieder
vor.)

Lenhardt, dank Der ſchön, haſt mer a rechte Wohlthat
d’erwieſen. Dank Der ſchön, Da haſt.

(Gibt ihm Geld.)

Leonhardt.

Is gern g’ſcheh’n, Bauer,

(betrachtet den Betrag, ſehr
befriedigt,)

no, vergelt Dir’s Gott!


Siebente Scene.


(Vorige. Rosl erſcheint unter der Hausthür.)

Rosl.

Was willſt, Bauer?


Grillhofer.

Eil’ dich, Rosl, der Michl ſoll hurtig ein-
ſpanna, er muß mich führen, er weiß ſich aus, nach der kahlen
Lehnten fahr’n mer.


[43]
Rosl.

Aber Bauer!


Grillhofer.

Sei ſtad, Rosl, es muß ſein, hätt ſonſt kein
Ruh und kein Raſt. ’m Waſtl ſag, thät mer leid, aber er
konn ſei Derndl hizt neamer begleiten, muß hoam bleiben,
weil ma net wißen kann, was leicht no wird oder g’ſchiecht.
Und hizt thu Dich um, richt’ mer mein Rock und mein Hut
und n’Schoofpelz konnſt mer a af’n Wagen werfen, für dö
Nacht etwa.


Rosl.

Aber ....


Grillhofer.

Geh zu und thu wie ich ſag!


(Rosl ab.)

Achte Scene.


Vorige ohne Rosl.

Grillhofer (kehrt zurück und will den Kopfpolſter von der Bank nehmen).

Duſterer
(ſtürzt herzu und faßt an dem andern Ende an).

J trag’n
ſchon!


Grillhofer
(zerrt ihn an ſich).

Laß los?


Duſterer.

Aber Schwoger.

(Zerrt den Polſter an ſich.)

Grillhofer.

Rühr’ mir a nix Meinig’s mehr.

(Zerrt ihn zurück.)

Duſterer
(läßt den Polſter fahren und will den Arm Grillhofers faſſen).

Schwoger — laß reden.


Grillhofer
(deckt ſich mit dem Polſter gegen jede Berührung des zudringlich
werdenden Duſterer).

Mir hab’n ausg’redt; alsdann dö Magda-
len lebt, lebt’s nöt? Erzlugner!! Is die Höll a drei Stund
von da an der kahlen Lehnten? Is dort die Höll, Erzlugner!


Duſterer
(iſt ihm bis zur Hausthüre gefolgt).

Grillhofer!

(Faßt ihn
am Rockzipfel.)

Grillhofer
(zornig).

Erzlugner!!

(Stülpt ihm den Polſter auf den
Kopf, wird dadurch frei und verſchwindet unter der Hausthüre.)

Neunte Scene.


Vorige ohne Grillhofer.

Leonhardt
(gutmüthig).

Teufi, is der Grillhofer ſchichti word’n!
No mach der nix d’raus, kimm mit, zahl ich Dir a Glasl.


(zeigt das erhaltene Geld.)

Schau, wie der Wachholder blüht!


[44]
Duſterer
(wüthend zu Leonhardt).

Vergreifa kunnt ich mich an
Dir — völlig vergreifa.


Leonhardt
(indem er ſich zum Gehen wendet).

No aber nachhert
gute Nacht! N’Polſter haſt ſchon, und ich that Dich ſchon a
orndlich zudecken.


Duſterer.

Der leidig Höllteufl hat Dich herbracht.


Leonhardt
(ſchon beim Anſtieg).

Nöt war is, Dein Weib hat
mich herg’wieſen!

(Ab.)

Duſterer
(allein).

Sikra h’nein, is eh’ ſo, mein Weib hätt’n
hoam halten ſoll’n den verſoffenen Lump, hätt doch ſelb’n
herrennen können, hätt ihr d’Füß net koſt’t! — No g’freu
Dich, wonn ich hoam kimm! — Sand*) an all’m Elend ſchuld
ſcho von Paradeis her, dö Weibsleut! — A holb Jahr plag’
i mich obi, dank’n Himmel für jeden guten Einfall, den er
mir ſchickt, womit ich den alten Sünder in’s G’wißen reden
konn! Und hizt ſöll All’s umaſunſt g’weſt ſein, z’weg’n ſo
oaner Dummheit! Aber no gib ich’s net auf, ich muß a dabei
ſein, ich muß mit hin nach der kahlen Lehnten, ob er mich
mit hab’n will oder net — ich weiß ſchon, — ich ſchleich mich
in’ Hof und wonn dö Rosl n’Schofpelz auf’m Wag’n wirft,
ſo kriech’ ich d’runter, was will’er denn mocha, wann ich a
ſo mit kimm? Was will er denn macha? Geht ſchon, geht
ſchon, weil net anderſcht is, kimm ich halt in’ Schofpelz hin.


(Will durch die Hausthüre ſchleichen, prallt aber zurück und ſchleicht um das Haus;
Couliſſe vorne rechts ab.)

Zehnte Scene.


Waſtl und Liesl (durch die Hausthüre.)

Waſtl.

No, gehſt wirkli ſcho, Liesl?


Liesl.

Freilich wohl, wo’d mich hizt net begleiten därfſt,
möcht ich doch ſchon vor Einbruch der Nacht wieder in Ellers-
brunn ſein. Haha, dö Mahm wird Augen machen, wonn ich
ſag mit der Erbſchaft is nix, aber ein Schatz hon ich g’fun-
den, leicht jagt ſie mich dann davon!


Waſtl.

No rennerſt halt glei zu mir!


Liesl.

Jo aber, wo wirſt Du nachher ſein, wann’d bei
Dein’ Bauern nöt verbleib’n willſt?


[45]
Waſtl.

Is a net zum Verbleib’n, ſeit der ſein’m Schwo-
gern ſein Norr is! No ſchau, is doch gut, daß mir uns
wieder z’ſammg’funden hab’n, ganz mutterſeelen allanig fraget
ich ein’ Teufel darnach, was aus mir wurd, und rennet nur
ſo in’s Blaue h’nein davon; aber da a für Dich gilt, werd’
ich mich ſchon um oan rechten Platz umſchau’n.


Liesl.

No recht is’s, nur a weng wart noch zu, und
mach’s fein manierli, daß’m Bauern net hart g’ſchieht, ös
mögt’s ja doch ſelber einander leiden.


Waſtl.

A wohl — wohl ....


Liesl.

Mir d’erbarmt der alte Mon. Möcht ihm gern
helfen, laßt Ein’m aber kein Zeit dazu. J traf’s ſchon, meinſt
net? Is heunt doch luſtig word’n, gelt?


Waſtl.

O Du brachſt all’s z’weg’n!


Liesl.

Und no b’hüt Dich Gott, Waſtl.


Waſtl.

B’hüt Gott, mein Dirn, ich denk Dir g’wiß an
Dich bei Tag und Nacht!


Liesl.

No bei Tag mag i Dir’s a verſprechen, aber bei
der Nacht da ſchlaf ich.


Waſtl
(ſacht).

Du biſt halt d’Horlacherlies, wie von ehnder,
und ſo ſoll’ſt a ſein, weil nur hizt mein biſt! Mein’ ich doch
ich halt’s gar net aus, ſo weit von Dir z’ſein, möcht all
Stund wiſſen, was thuſt und treibſt, ob D’mein a a biſſel
denkſt und möcht Dich wohl Tag’s z’tauſendmal grüßen laſſen,
fand ich ein Boten, kunnt all’s zwiſchen Himmel und Erd
d’rum angehn, was ſich d’rauf verſtund! Mei Dirndl!


Duett.


Waſtl.

Du kleins Bacherl, wunderklar,
Rinnſt ſo flink daher,
Grüß mer ſchön mein lieben Schatz
Na Du weißt ſchon wer!


Liesl.

Und da ſagt’s Bacherl d’rauf:
J bin net ſo ſchnell,
Dorten halt mich’s Mühlrad auf,
Kimm net von der Stell.


[46]
Waſtl.

Schneeweiß Täuberl über’m Haus
Grüß mer Du mein Schatz,
Flieg’ in alle Weiten aus,
Findſt’n ſchon am Platz!


Liesl.

Schneeweiß’ Täuberl putzt ſich fein,
Sagt: J richt’s net aus,
Heut ſpricht ja mein Tauber ein
Und ich bleib ſchön z’Haus.


Waſtl.

Du kloan Herz in meiner Bruſt
Schlag voll Freudigkeit,
Denn mein Schatz is mein’ bewußt
Hizt und alle Zeit!


Beide.

Und wie geſtern ſo a heut
Denkt er an mich ſchon,
Zwiſchen brave treue Leut
Braucht’s koan Botenlohn.


(Jodler.)

Du nur haſt der
dö Einzigi
In mein’ Herzen Platz,
Denk an mich, i denk an Di!
B’hüt Dich Gott mein Schatz!


(Liesl geht den Anſtieg hinan.)

Denk an mich, i denk an Di!
B’hüt Dich Gott mein Schatz!


(Jodler, unter welchem Liesl, nachdem ſie das Zaungatter paſſirt, ſich auf demſelben
aufſtützt, zum Schluß wirft ſie einen Kuß dem Waſtl zu, der mit einem Juchzer ihr
nachläuft.)

Der Vorhang fällt.

[47]
Verwandlung.
(Wirthſchaft an „der kahlen Lehnten“. Die Bühne zeigt den Hofraum. Links vorne ein
Theil des Hauſes mit der Eingangsthüre, rechts ein Theil einer Scheuer, Beide ſind
in einem ſtumpfen Winkel gegen einander gebaut und durch eine ſogenannte offene
Einfahrt, (leeren Thorbogen, etwa durch einen Balken „Schranne“ verſchließbar) ver-
bunden. Hinter dem Hauſe ſteigen gewaltige Felsmaßen hinan, welche weit in den
Hintergrund verlaufen, wo dieſelben an den aufrecht ſtehenden, bewaldeten Bergkronen
als nacktes Getäfel ſchief angelehnt erſcheinen. (Kahle Lehnten.) Ab und zu hört man
das Grollen eines fernen Gewitters.)

Elfte Scene.


Der Bauer, Natzl und Hanns (mit Senſen und Rechen, kommen durch den offenen
Thorbogen zögernd nach vorne).

Natzl.

Oba, Voda, was wöllt’s denn hizt ſchon dahoam?


Hanns.

Z’weg’n we hätt’n mer denn fruher Feierab’nd
g’mocht.


Bauer
(alter Mann, ſchon an die Siebzig, geht gebeugt, hat graues Haar
und dunkle buſchige Augenbrauen, die Lodenjoppe ſchlottert ihm um den Leib und
auch im übrigen Anzuge zeigt ſich eine arge Vernachläſſigung — erſtaunt).

No
z’weg’n m’Wetter do!


Hanns.

Hehe, freilich, z’weg’n m’Wetter.


(Lehnen die Werkzeuge an die Scheuer.)

Natzl.

Kunnt ja do der Voda a weng in’s Dörfl ſchau’n,
af a Glasl Wein.


Bauer.

Wißt’s ja do, daß mer d’Muada koan Geld loßt.


Natzl.
(gibt ihm Geld).

Hab’n do mir Oans für’n Vodan.


Bauer.

Oes ſeid’s doch gute Buama. No do geh’n ich
ſchon, hehe, freili geh’n i. Wonn mi aber leicht es’ Wetter
d’erwiſcht?


Natzl.

Beileib!


Hanns.

Hehe, ſog’n mer do ſchon n’Vodern a fufzgimal
von derer Seiten kimmt’s jo nie übri, bleibt ja allmal entern
Berg!


Bauer.

Hehe, ös ſeid’s Hallodri, und alle fufzgimal hon
ich’s richti vergeſſa! No und wo gangt’s denn ös hin?


Natzl.

In’ Wold.


Bauer.

In’ Wold? Wonn eng aber s’Wetter d’erwiſcht?


Hanns.

Hehe — hehe — s’kimmt ja net.


[48]
Bauer.

Hehe — richti — jo —


Natzl.

Wonn’s a kam, mir fanden ſchon oan Unterſtand.


Hanns.

A wohl — und was für oan.


Bauer.

No nachert wo denn?


Natzl.

In der Köhlerhütt’n.


Bauer.

Ui, ui, ös Schlankeln, a wol in der Köhlerhütten,
no no ös ſeid’s mer Feine! Der Kohl’nferdl is heunt mit
oaner Fuhr nach der Stadt, und es fandet’s ſeine zwoa
Dirndeln allanig.


Hanns.

Wohl — wol — is eh a ſo.


Bauer.

Oes Lotter, ſchau — ſchau. Oes treibt’s ös nöt
ſchlecht, ich war ſcho a achtavirzgi wie ich enger Muada
g’heirath hab’.


Hanns.

Weil halt da Voda a Trauminöt war.


Bauer
(beleidigt).

So a ſo! So meinſt es! A Trauminöt
war ich g’weſt!! So? Und Dir fahlet Couraſchi nöt — gelt
na, fahlet eng net dö Couraſchi? Moant’s ös kunnt’s zeitli
dazuſchau’n, wart’s koane Trauminöt! Stund eng dö Ehrbarig-
keit von engern Vodern nöt an, han, wöllt’s ös beſſer hab’n? —
Was? Na! Hoam bleit’s hitz. Hoam bleibt’s! Leni!


Natzl
(zu Hanns).

Du biſt a rechter Lapp, mußt allwal
Dein dumm Maul aufthun, möcht der glei Oans d’raufgeb’n!


Zwölfte Scene.


Vorige, die Bäuerin.

Bäuerin
(erſcheint unter der Thüre, ſieht heraus).

Ah ös ſeid’s ſcho
hoam?

(Verſchwindet wieder.)

Natzl.

No is Dir leichter, hizt kannſt wieder Strümpf
ſtricken.


Hanns.

Hehe, Du aber a und der Voda a. Hehe.


Bäuerin
(kommt mit drei Geſtricken, angefangene Strümpfe und große Woll-
knäuel daran, gibt jedem Eines).

Da ſchaut’s dazu — mir bleibt koan
Zeit und dö Kloan verreißen ſo viel, daß ich froh ſein muß,
ſie verrichten ihner Sach!

(Ab.)

[49]

Dreizehnte Scene.


Vorige, ohne die Bäuerin.

(Kleine Pauſe, während welcher alle Drei ſich das Strickzeug zurecht richten und zu
ſtricken beginnen.)

Natzl.

Heiligkreuzdunnerwetter, dös is a Unterhaltlichkeit.


Bauer.

Aber ehrbar — halt ehrbar!


Natzl.

Dös ſchon.


Hanns.

Mir is nur was ſich dö Rosl wird denken.


Natzl.

Du Hiesl, dö halt Dich eh nur zu’n Narren, unter
der Wocha derfſt ihr ſchön than, und’n Sunntag geht’s mit’m
Jaga.


Hanns.

D’Wocha hat ſieben Täg.


Natzl.

Kimmt für’n Sunntag viel z’ſamm zu’n Lacha! —
Mir is nur um mei Kathrein! —


Hanns.

Halt hizt es Maul — ich muß zäl’n.


Natzl.

Jo Voda — ſikra h’nein — s’Arbeitszeug därf
net dort an der Scheun’ lehnen bleib’n.


Hanns.

Kunnt’s es Wetter d’erwiſchen!


Natzl.

Du ich ſag d’er’s!

(Schiebt ſein Strickzeug dem eifrig ſtricken-
den Bauer unter den einen Arm.)

Halt no der Voda a kleins Wengl!


(Eilt gegen den Hintergrund.)

Hanns.

Faß’ nöt All’s af amal, greifſt ſunſt in a
Senſen. J hilf Dir. Voda, a wengerl nur!

(Schiebt ihm ſein Strick-
zeug unter den andern Arm und rennt dem Natzl nach.)

Vierzehnte Scene.


Der Bauer (allein.) Dann: die Bäuerin.

Bauer
(mit beiden Geſtricken unter den beiden Armen, ſtrickt emſig, aber be-
hindert an dem dritten weiter — zieht eine Nadel aus).

Jetzt weiß ich net
ob’s g’fahlt is.

(Krazt ſich mit der Nadel am Kinn.)

Kunnt doch ſein,
muß mer halt nachſchau’n …


Bäuerin
(unter der Thüre).

Mögt’s eſſen .... Jo, wo ſein
denn die Buama?


Bauer.

S’Arbeitszeug thun’s in d’Scheun!


Bäuerin.

S’Arbeitszeug lehnt ja no dort!


Bauer
(wendet ſich).

Wos?! — Teufi, dö ſein durchbrennt!


Bäuerin.

No kannſt es ſuchen!

(Ab.)

Der G’wiſſenswurm. 4
[50]
Bauer.

Ho, dö find ich mer ſcho aus!

(Wendet ſich, fort-
ſtrickend, zum Abgehen, es entfällt ihm ein Knäuel.)

Eh, eh, halt Dich Sakra,


(in der Bemühung dieſen aufzuheben der Zweite und dann der Dritte.)

Teufi h’nein!
— Oeha — no krieg eng ſchon!

(Schleift ſie ein Stück an langen Fäden
hinter ſich.)

No wann’s nöt wöllt’s, hol eng allz’ſamm der Teufel,
braucht er neama bloßfüaßet z’geh’n!

(Stößt das ganze Strickzeug mit
dem Fuß in einen Winkel.)

No g’freut’s eng Buama, alle mit ein-
ander krieg’n mer’s, wann mer hoamkimmen, wonn uns nur
nöt’ es Wetter derwiſcht!


(Den Abgegangenen nach.)

(Kleine Pauſe. Erneuerte dumpfe Wetterſchläge.)

Fünfzehnte Scene.


Grillhofer, Duſterer, (durch die offene Einfahrt,) darauf: die Bäuerin aus dem
Hauſe.

Duſterer.

No Schwoger, is do recht, daß ich mit bin,
gelt ja? Daß’d net mußt ſo allanig herumſteig’n. Hon’s gleich
g’ſeh’n, daß mer mit’n Wagen net zu können. Dös is es
oanzige G’höft an der Lehnten.


Grillhofer
(auf einen Stock geſtützt, kommt langſam vor).

Jo jo, kimmt
mer aber a weng z’groß für, als daß ſich’s ließt von oan
oanſchichtigen Weib bewirthſchäften.


Duſterer.

No, no, werd’n mer ja ſeh’n, wer darauf ſitzt!
Wer weiß was dem verſoffenen Unfriedſtifter, dem Lenhardt,
fürkämma is?! Am End’ is er noch a verlogener Spitzbua
dazu und hat uns nur herg’narrt.


Bäuerin
(von Innen).

Wer is d’raußt?

(Tritt unter die Thür.)

Seid’s ös es ſchon?


Grillhofer.

Gut’n Abend!


Bäuerin.

Gut’n Abend — was wöllt’s denn?


Grillhofer
(tritt zitternd näher).

Biſt Du die Riesler Mag-
dalen’?


Bäuerin
(keifend, wobei ſie aus der Thüre den Angeſprochenen immer näher
tritt).

Wer fragt darnach? Ich frag’, wer darnach z’fragen
hat?! D’Poltner bin ich, die Bäurin an der Lehnten, hat
Neamand darnach z’fragen, was ich ſunſt bin oder war!
War allweil a Ruh, hizt af amal war ’es Fragens kein
[51] End’! Vor paar Täg’n erſt hat a Fuhrknecht da h’rum-
g’fragt, daß’s orndlich auffällig war, und hizt kamen wieder
Oan. Was habt’s der Riesler Magdalen’ nachz’frag’n? In
mein ledigen Tagen is zwiſchen mir und oan Bauern a
Dummheit g’weſt, is eh’ ſcho bald neamer wahr. Is er leicht
verſtorb’n und ſeid’s ös vom G’richt und bringt’s mer a
Erbtheil?!


Grillhofer
(tritt näher).

Magdalen’ —

(Donner, fernes Aufleuchten.)

Kennſt mich neamer?


Bäuerin.

Neamd kenn ich!

(Aufleuchten.)

Grillhofer.

Bin ja der Grillhofer!


Bäuerin
(aufſchreiend).

Jeſſes — der Grillhofer!


(Donner, kleine Pauſe.)

Bäuerin
(äußerſt zungenfertig).

Was willſt denn da? Bringt
Dich der Fürwitz her, nachſchau’n? Hon mer’s eh’ g’wunſchen,
ich möcht Dir amal All’s eineſag’n kinna! Haſt wohl g’meint,
es müßt mer ſo geh’n, wie mir’s von Dir aus hätt geh’n
können, von Dir aus hätt ich amal elendig im Armenleut-
haus verſterb’n mög’n, aber der Herrgott hat a rechters
Einſehn g’habt, und drei Jahr darnach, wie ich von Dir weg
bin, hon ich’s beſſer troffa; der alte Poltner hat mich g’hei-
rath und hizt ſitz ich als Bäuerin do am Hof, ſchau Dir’n
an, ob er den Dein’m viel nachgibt. Haſt denn glaubt, ich
hätt mich um was anderſcht mit Dir abgeb’n, als weil ich
vermeint hab, Dein Bäurin ſeg’n’t bald ’es Zeitliche und ich
kimm an ihrer Stell z’ſitzen?! Nöt a ſo viel

(ſchlägt ein Schnipp-
chen),

ſixt, war mer ſunſt an Dir g’leg’n.


Grillhofer
(iſt erſtaunt einen Schritt zurückgetreten).

Schwoger, z’weg’n
der, werd’ ich mich nöt z’viel am Todtbett abiängſtigen!


Bäuerin.

Dein’ Bäurin is aber net ſo bald verſturb’n
und wie’s mer hinter mein Trachten käma is, hat’s all’ ihre
Erſparnus d’rauf g’wendt, daß’s mich los word’n is, denn
mit leere Händ war ich net weg, a ’es Kind hat’s mer ver-
verpfleg’n müſſen.


Grillhofer.

S’Kind!? So war richtig Oans af d’Welt
käma?! Um Gotteswöll’n Magdalen’ ſag mer nur Oan’s:
wo dös verblieb’n is?!


Bäuerin
(etwas bewegt).

Kunnt Der’s net ſagen, Grillhofer,
wonn i a möcht, a Dirndl is g’weſt, is mer ja gleich nach
4*
[52] der Geburt furtg’nummen word’n!

(Wieder barſch.)

Such Dir’s
hizt! Damal hon ich für mich allanig g’nug Sorg trag’n
müſſen und nachert im Ehſtand ſein nacheinander zwölf Kin-
der kämen und alle — als hätt mich der leidige Höllteufel
frotzeln wölln — han af der Linken Dein ausdrehten klein’
Finger mitbracht! Alle rennens no af der Welt herum, fünfe
hon mer hizt no auf der Schüßel; meinſt ich hätt noch Luſt
g’habt, mich um’s Dreizehnte außer der Eh’ umz’ſchau’n?


Grillhofer.

Hättſt nur oan Fingerzeig ..! …


Bäuerin.

Nix hon ich und jetzt ha’n mer ausg’redt!
G’ſehn haſt es, daß mer’s geht, wie mer’s gehn kann, ich
mein’ net ſchlecht, ſiehſt, daß ich da af mein’m Eig’nen bin
und no mach, daß’d weiter find’ſt ſammt Dein Spießg’ſell’n,
bevor meine Leut kämen, — wann’s net ſchleunig g’nug ſeid’s,
ſo mach ich eng Füß’ und laß dö Hund von der Ketten —


Duſterer.

Hizt jagt’s uns gar aus!


Bäuerin.

Rathets a Koan, er kam wieder! In meiner
Ruhigkeit will ich verbleib’n — wie mir hizt is, is’s mir
recht — hon mir nie unnöthig Gedanken g’macht — brauch
koane alten G’ſichter z’ſehn — brauch’ dös net!

(Ab.)

Grillhofer.

Geh’n mer, geh’n mer furt! Mir is ſo ſchlecht
da h’rum,

(deutet auf das Herz)

ſo viel ſchlecht! Ein Stein war
mir h’runter, aber a ſchwererer druckt hizt d’rauf!

(Ab.)

(Die Scene, welche nur wenig vom Düſter der Gewitterwolken beeinflußt war, erglänzt
jetzt im hellen Mondlichte.)

Sechzehnte Scene.


Duſterer (allein). Dann Bäuerin. Bauer. Natzl und Hanns.

Duſterer.

Glei kimm ich nach, Schwager! — Schau hizt
her, no wär’ gar a Kind da! Hätt’ ich dös nur fruher g’wiß
g’wüßt! Aber mein Schweſter — Gott tröſt’s — dö dumme
Gredl hat mi ja nie in ihr Haus zulaſſen; weil’s krank
war und keine Kinder g’habt hat, hat’s ihm allweil durch
d’Finger g’ſchaut und Alles vertuſcht! Ob der Bankert no
lebt oder ſchon verſtorb’n is? No dasſelb wird die Bäurin
do wiſſen — ich muß’s a wiſſen — hat zwar ’n Teufel im
Leib dö Bäurin, — aber ich muß’s wiſſen!

(Geht in das Haus ab.)

(Im Hintergrunde treten Hanns, Natzl und der Bauer, Einer hinter dem Andern
langſam durch die offene Einfahrt auf.)

[53]
Hanns
(weinerlich).

No ſein mer wieder da!


Natzl.

No hat der Voda ſein’ Will’n.


Bauer.

Jo, no — oba wird glei d’Muada ihr’n hab’n!


(Schaut gegen Himmel.)

Schau, hat uns doch net d’erwiſcht, dös
Wetter!


Natzl.

Dös freili net — oba leicht hizt a anders!


Bäuerin
(innen).

Wiſſen mußt Der’s — han — wiſſen
mußt Der’s!


Duſterer
(innen).

Auweh!


Hanns.

Ui! d’Muada rafft mit Ooan!


(Duſterer ſtürzt heraus, ein Beſen fliegt ihm nach.)

Bauer.

Ho — faßt’s an, Buama, haut’s zu!

(Fallen über
ihn her.)

Duſterer.

Aushalten a weng, Mona!

(Reißt den Frachtbrief aus
der Taſche.)

Seht’s dös rothe Papier do?


Alle.

Jo.


Duſterer.

Kinnt’s leſen?


Alle.

Na.


Duſterer
(bei Seite).

Gott ſei Dank! — Schaut’s dös Pet-
ſchaftſiegel d’rauf an. Alles in Ordnung! Dös i a Dispens
vom Conſiſturi; Monna, ich derf net g’haut wer’n!


(Indem ſich Duſterer gravitätiſch zum Abgehen wendet und die Andern verblüfft
dareinſtarren — fällt der Vorhang.)

[[54]]

Dritter Akt.


Decoration: Bauernſtube wie im erſten Akte.

Erſte Scene.


Rosl. Dann: Waſtl.

(Wie der Vorhang aufgeht, iſt die Bühne leer, durch die Fenſter rechts fällt helles
Mondlicht in die Stube. Eine Schwarzwälder Uhr ſchlägt Zehn.)

Rosl
(kommt mit einer Oellampe, an der der Schirm herabgelaſſen iſt, von
links).

So, — war lang ſcho Alls fertig zu’n Niederleg’n.
Wollt nur, ich wußt’n Bauern ſcho in ſein’ Bett. Wo er nur
verbleibt? Zehni is’s, no rührt ſich nix. Es is frei ſchon zu’n
Fürchten.

(Stellt die Lampe auf den Tiſch.)

Jeſſes, in der Kuchel geht
Oans!

(mit erſtickter Stimme.)

Wer is d’raust? Ah, is leicht nur
unſer Saunigel.

(Geht näher zur Thüre, lauter.)

Wer is d’raußt?


Waſtl
(Die Thüre im Hintergrunde rechts ein wenig öffnend).

A gut
G’wißen!


Rosl.

Ah, der Waſtl is’s.


Waſtl
(kommt herein).

Wol! Rosl! Aber mit Dir is’s net
richtig, fürchtſt Dich in der Finſtern.

(Zeigt ſeine Pfeiſe.)

A weng
Feuer hon ich mer hol’n woll’n is aber koan Fünkerl mehr
am Herd.


Rosl.

Is a ſchon ſpat. Wo nur der Bauer verbleibt?


Waſtl.

Wer weiß, muß er heunt nöt wo anderſcht über-
nachten. Kunnt ja noch gar net da ſein. Rechne Dir’s ſelber
aus, zwiſchen a drei und vieri is er furt, drei Stund ſein hin
bis zur kahlen Lehnten, drei Stund z’ruck, braucht er ſich gar
net viel aufz’halten, muß’s Zehni vorbei werd’n.


Rosl.

Was er nur dort macht?


[55]
Waſtl.

Wann d’es net beßer weißt wie ich, ſo erſpar’n
mer einand s’Ausfrag’n.


Rosl.

Horch! Es fahrt a Wag’n!


Waſtl.

Richtig, hör’n a. Aber der kimmt von der andern
Seiten, von der Ellersbrunner!


Rosl.

Schau, haha, bei Dir kimmt hizt All’s von Eller-
brunn.


Waſtl.

No ohne Frotzeln, horch doch nur, hizt polter’ns
über dö Brucken und hizt fahr’ns beim Kreuzwirth in’s Thor
und ſtell’n ein.


Rosl.

Haſt a Recht, aber hizt is der ſtill und ma hört
no oan Wag’n, der kimmt von der andern Seiten und immer
naheter.


Waſtl.

Hör’n ſchon. — Hizt wär’ er ganz nah, — no?
— Richtig fahrt er in’ Hof ein. No möcht’s doch wol der
Bauer ſein. Schau ich halt nach.

(Ab.)

Rosl.

No Gott ſei Dauk, daß er nur da is! Is a Zeit,
— nach a Zehni! Nur a Glück, daß er ſein Schofpelz mit
hat, geht zwar a wacherlwarmit Luft, aber halt do, im Fahr’n!


Zweite Scene.


Vorige Grillhofer auf Waſtl geſtützt, zuletzt folgt Duſterer, der ſich an der Thüre
aufſtellt, als wollte er gar nicht bemerkt werden.

Waſtl
(geleitet Grillhofer zu dem Sorgenſtuhl).

Muß ſchön d’rein-
teufelt hab’n, der Michl, daß’s ſchon wieder da ſeid’s. Hizt
derf ich nur gleich nah’m Stall ſchau’n!


Rosl.

Je, dö armen Röſſer!


Grillhofer
(ſehr erſchöpft).

Gilt mer gleich. Hon kein Er-
barmnuß mehr mit dö Viecher’, hab’ns do allmal beſſer af der
Welt wie unſereins!


Rosl.

Biſt g’ſcheidt?


Grillhofer.

Leb’n do, und kennen kein Vorſchrift. — No
ſchau’ halt nach’m Stall, Waſtl.


Waſtl.

Gute Nacht, Bauer.

(Ab.)

Grillhofer.

Gute Nacht! Kannſt a geh’n, Rosl.


Rosl.

No willſt allanig in’s Bett kral’n?*) Wird müh-
ſelig gehn’.


[56]
Grillhofer.

Sollt ich ſchlafen, werd’ ich mich ſchon in’s
Bett finden. Gute Nacht.


Rosl.

No gute Nacht, Bauer!

(Ab.)

Dritte Scene.


Grillhofer und Duſterer.
(Kleine Pauſe.)
Grillhofer (ſtützt den Kopf in beide Hände).

Duſterer
(kommt langſam aus dem Winkel nach vorne).

Schwoger!


Grillhofer.

Wer is’s?

(Blickt auf.)

Du? Was willſt Du
noch da? — Hab’ ja n’Wag’n vor Dein’ Haus halten laſſen,
daß’d ausſteig’n ſolltſt.


Duſterer.

Hat nöt ſein mög’n, weil ich halt mit Dir
noch z’reden hätt’!


Grillhofer.

Weißt a neuche Lug’?!


Duſterer.
(beleidig).

Schwoger!? — Glaub’ mir, wann ich
Dir was ſag! Beiſpielmäßig ....


Grillhofer.

Ich brauch nix Beiſpielmäßig’s mehr, hob
g’nug an dem, was wirkli vorgeht, und wo ma umſonſt a
Auslegung ſucht.


Duſterer.

Schau, Grillhofer, es is mir vorgangen — na
ja, weil Du ja ſelber’ es Rechte angeb’n haſt, daß mein
Traum doch a Vorbedeutung hat. Haſt ja ſelb’n gmeint, im
Rauchen und Feuer ſieht mer ſchlecht, dö Riesler Magdalen
konn dös im Fegfeuer net g’weſt ſein, aber — Grillhofer —
Dein Kind is’s g’weſt, dös hon ich für ſö g’numma, no ja,
weils’s ihr’s gleich ſchaut, weil eb’n a der Magdalen’ ihr
Kind is!


Grillhofer.

Dummheiten!


Duſterer.

Grillhofer! Hör mich aus, glaub’ mir, wann
ich Dir was ſag! J mein, es verbleibt bei unſern Abkämen,
— es geht halt hizt um dein Kind!


Grillhofer.

Weil Dir’s taugt, ſteckſt dös hizt in’s Fegfeuer.


Duſterer
(eifrig).

Na, na, — weil die Sünden der Eltern
an den Kindern g’ſtraft werd’n, ſteckt’s d’rein, und wol weg’n
der eig’nen Sündhaftigkeit a, meinſt ſo vater- und mutterlos
war’s rechtſchaffen word’n?!


[57]
Grillhofer.

Wer aber ſagt Dir denn, daß’s verſturb’n
ſein muß?!


Duſterer.

Grillofer, laß Dir ſag’n, beſſer es is verſturb’n,
als es is lebig a ſo, daß’d Ders überleg’n müßt, ob Du’s a
anerkenna kinna kannſt!


Grillhofer
(ausbrechend).

Sixt, Duſterer, dös is! Lang’ net,
mer wußt Oans in der Höll, is mer ſo g’ſtraft, als ma
weiß Oans af der Welt, dem ma beiſpringa möcht, dös viel-
leicht nach Ein’m ruft in Nöten, in Drangſal, und Ein’m
zu möcht, und mer kann net — weiß Koans vom Andern
wo’s is!


Duſterer
(tritt näher).

Armer Schwager!


Grillhofer.

Halt’s Maul!

(Ruhiger.)

Geh hizt! Hon kein
Luſt mich no heunt mit Dir h’rum z’diſchpatir’n.


Duſterer.

Na, laß mer’s halt af a ander Mal! Gute
Nacht, Schwager!

(An der Thüre.)

Oan Frag’ hätt’ ich no?


Grillhofer.

Was denn?


Duſterer.

Bleibt’s dabei?


Grillhofer.

Bei was?


Duſterer.

Beiſpielmäßig, fahr’n mer morg’n nach der
Kreisſtadt, oder net?


Grillhofer.

Heunt weiß ich nix, gar nix; geh’ zu!


Duſterer
(kommt wieder etwas vor).

Nur Eins no! Soll mal
was ſein, hon ich’s gern bald richtig!


Grillhofer
(ſieht ihn groß an, ſpöttiſch).

J weiß, mer kennt Dich
dafür, haltſt af Ordnung!


Duſterer.

So oder ſo! Lang h’rumſchneiden konn i net
leiden! Schau Dein Einwendig’s an, brauchſt ein Zuſpruch,
gut, ſo halt Dein Wort, ſunſt bleib ich Dir fern.


Grillhofer.

Werd’n ma ja ſeh’n, ob ich’n Zuſpruch nöthi-
ger brauch, als Du mein Hof!


Duſterer.

Werd’n mer ſeh’n, gut is’s. Nur kimm mer
net z’ſpot, wann ich eppa neamer für Dich z’Haus bin.


(Wendet ſich).

War übel für uns allzwei, aber ich bin a ſo!


(Thut einen Schritt nach rückwärts.)

Grillhofer, ich geh’ hizt — —
gute Nacht.


Grillhofer.

Gute Nacht.


Duſterer.

Haſt mich g’rufen?


Grillhofer.

Na.


[58]
Duſterer.

J hon g’meint, es reut Dich! —

(An der Thüre.)

Grillhofer, es ſteht geſchrieben: ich will nicht den Tod des
Sünders! — J ſchau D’r ſchon morgen nach!


Grillhofer
(ungeduldig).

No moch nur heunt no furt —
allan will ich ſein!

(Sinkt in ſeine frühere Stellung zurück.)

Duſterer
(hat die Thüre geöffnet, bleibt aber an derſelben ſtehen und blickt
nach Grillhofer).

Teufi, s’gute Auskäma hat ein End’, und mit
ihm ſelber ſteht’s wohl ſchlecht, — mit muß er mir morg’n,
ſunſt war Alles verſchütt’. Furt ſchlepp ih’n und wann’s ihm
glei an’s Leben gang, s’Andere wird ſcho der liebe Gott
geb’n! — Wie ich mir’n betracht, af d’Hinterfüß ſtellt er ſich
wohl net! Dazu no d’heutig Nacht koan Aug’n zu. J hon’s
ſchon g’wunna. Selb’n hon ich a kein Schlof, ich ſchleich lieber
bis Fruh da um ſein’ ...... um mein Hof, um mein
Hof.

(Schlüpft zur Thüre hinaus, die er leiſe hinter ſich ſchließt.)

Vierte Scene.


Melodramm.

(Leiſe beginnt die Muſik das Bußlied aus dem erſten Akt aufzunehmen, und begleitet
damit variirt den folgenden Monolog.)

Grillhofer
(erhebt den Kopf).

Viel tauſend und tauſend Meilen
gehen rund um die Erd’ — — können viel hundert zwiſchen
mir und mein Kind liegen, — oder kann mer ganz nah’ ſein
und ich weiß’s net! — —

(Steht langſam auf, mit gefalteten Händen.)

O himmliſcher Voda! Wann’s neamer lebt, — — ſo laß
a mich net ſo allan herumkriechen af der Welt, — und
wann’s in Unehr aufg’wachſen is, ſo bitt ich Dich — —
laß mich’s net d’erleb’n! — Himmliſcher Herr, ich überheb
mich net, aber wann’d a End mit mir machen wolltſt — —
es war’ wohl s’Gſcheideſte! — — Und wann’s vielleicht hizt
in der nämlich Stund, wo ich zu Dir bitt’, — aufſchreit in
Sünd und Nöthen — ſo hör auf mi — verſtopf Dein Ohr
— wann’s ſein Daſein reut und ſein Vatern verflucht!! —


(Die Muſik bricht mit einem ſtarken Accord ab.)

Grillhofer
(iſt zum Fenſter gewankt, das er aufreißt und ſinkt jetzt auf
einen davor ſtehenden Stuhl).

Luft!!!


(Kleine Pauſe)

[59]

Fünfte Scene.


Voriger. Rosl. Liesl.

Rosl
(an der Thür, welche ſie leiſe geöffnet hat, zur Liesl, die hinter ihr
eintritt, flüſternd).

Er is no auf! —

(Lauter.)

Bauer!


Grillhofer
(nickt mit dem geſenkten Haupte).

Jo.


Rosl.

Schau’ doch auf, d’Horlacherlies is wieder da!


Grillhofer
(verloren.)

So.


Rosl.

Sie müßt heunt no zu Dir, hat’s g’ſagt.


Grillhofer.

Was will’s mer denn?


Rosl.

Na hör’ nur auf ſie, ich weiß’s ja net.

(Geht ab,
indem ſie der Liesl, die an der Thüre ſtehen geblieben war, vorzutreten winkt.)

Sechſte Scene.


Grillhofer und Liesl.

Liesl
(kommt vor). (Friſch.)

Jo, wir hab’n ſchon a Kreuz mit-
einander ....

(da ſie Grillhofer näher ins Auge faßt.)

Um Gotteswöll’n,
Bauer, was is Der denn?


Grillhofer.

Nix, nix, Dirndl; triffſt mich g’rad, wie ich
nach meiner neuchen Wohnung ausſchau.


Liesl.

G’freut Dich Dein alte nimmer?

(Sieht hinaus)

Wo
zu willſt denn hinbau’n?


Grillhofer
(hinausdeutend).

Siehſt! Siehſt! Durt wo die
Kreuzeln herſchimmern.


Liesl.

Am Freithof? Geh zu, was kümmert Dich der
Freithof? Dö er angeht, dö wiſſen nix davon und dö davon
wiſſen, dö geht er nix an! Schau lieber, wie heunt dö Stern
funkeln und s’Mondſchein leucht’. Bin hizt durch’n Wald her-
g’fahr’n, im Gezweig hab’n dö Johanneskäferln ihr G’ſpiel
trieb’n und über der ſtillen Nacht is der ganze Himmel voll
Lichter g’leg’n. Und wann ma ſo hinaufſchaut, wie’s leucht
und funkelt über der weiten Welt, da is Ein’, als ziehet’s
Ein’ d’Seel aus der Bruſt und reichet dö weit über d’Erd
in ſternlichten Himmel h’nein.


Grillhofer.

O jo — wohl — wohl — wonn mer holt
no a freie Seel hat!


Liesl
(ermuthigter).

No geh, Bauer, thu net ſo verzagt, dö
Deine wird a no Keiner am Strickl führ’n; laß Dir hizt
[60] von meiner Mahm verzähl’n, daß’d auf andere Gedanken
kimmſt! — Denk Dir, dö Mahm leidt’s net, daß’d Dein
Hof weggibſt!


Grillhofer
(erſtaunt).

Dein’ Mahm, dö alte Horlacherin,
leidt’s net? Dös is b’ſunders.

(Steht auf.)

Liesl.

Gelt ja!


Grillhofer.

Dö leidt’s net! No möcht ich doch wiſſen …


Liesl.

Na ſiehſt, wann’d es wiſſen möchſt, muß’d mich
ſchon anhör’n. — Geh, ich führ’ Dich.


Grillhofer.

A na — na — konn ſchon no ſelber gehn.


(Geht von Liesl geleitet zum Sorgenſtuhl, ſetzt ſich.)

No ſo verzähl’ halt.
Hätt’ net denkt, es verintereſſiret mich noch was, aber dös
is doch b’ſunders — — ja ganz b’ſunders.


Liesl.

Nöt wahr, dös findt ich a. Is a g’ſcheidts Weib
ſunſt, die Mahm’ — mirk a nix, ſie war af amal irr word’n,
aber da kenn’ ich mich a neamer mit ihr aus! — Alſo ich
kimm z’Haus, ſag’ ihr, Du hätt’ſt mich ausgjagt, hoaßt’s
mich a ung’ſchickte Gretl, wie ich aber ſag, Du wölltſt wohl
morg’n mit’n Duſterer nach der Kreisſtadt fahr’n ihm’n Hof
übergeb’n, da war’s aus, no gleich hat der Müller einſpannen
müſſen, gegen Geld und gute Wort, herfahren hab ich müſſen,
daß ich ja vor der Fruh da bin, — umarmt und bußt hat
mich die Mahm bei’m Wegfahr’n, als wann a Abſchied af
ewige Zeiten war. Und gar no ein Brief hat’s mir g’ſchrieb’n.


Grillhofer.

Dir?


Liesl.

Jo, an Dich!


Grillhofer.

Ah ſo, no ſo gib. Dös kimmt allweil ver-
wunderiger!


Liesl
(zieht den Brief aus ihrer Joppe).

Und ich ſollt machen,
daß d’n heunt no leſt, und für Dich ſolltſt’n vorerſt leſen,
hat’s g’ſagt.

(Gibt ihm den Brief).

Grillhofer.

No ſo les’n mer’n halt.

(Schiebt den Schirm der
Lampe in die Höhe.)

(Liesl geht zum Fenſter und blickt hinaus.)

Grillhofer
(entfaltet den Brief und lieſt).

„Lieber Grillhofer!
Mit ſchweren Herzen ſchick ich Dir a Anvertraut’s z’ruck,
doch ſteht Dir frei, wann’d den Brief g’leſen haſt, ob Du’s
als das Deine anerkenna willſt, ſunſt nimm ich’s mit Freuden
wieder an mich! Ich mein’, ich brauch’ mich net z’ſchämen,
[61] wie ich Dir’s zuſchick. Dö Dirn, was heunt zu’n zweitenmal
bei Dir einſpricht, is im Deckerl in mein Haus bracht word’n,
weil’s Dein Weib nöt hat auf’n Hof vor Augen haben woll’n,
aber es war ihr’Meinung, wann a rechtſchaffen G’ſchöpf aus
ihr word’n wär’, ſollt ich Dir’s zuſchicken, lang hab’ ich mir
dös verſpart, aber ohne Schaden für ſie, könnt ich’s hizt
nimmer bei mir verhalten. Dö Dirn heißt nach ihr’n Ruf-
namen: Horlacherlies, weil’s von Klein auf bei mir war,
hat bis heunt für vater- und mutterlos golten und weiß’s
ſelber net anders; nach’m Kirchbuch heißt’s: Eliſabeth Riesler
und is, wie dö Magdalen’ ausg’ſagt hat, Dein Kind!! Es
grüßt Dich und laßt Dir Dein’n freien Will’n, dö alte Hor-
lacherin.“

(Legt den Brief vor ſich auf den Tiſch und hält ſich den Kopf mit beiden
Händen).

O Du mein Gott, is mer denn recht? Steht’s wohl
a a ſo da?


Liesl
(hat dieſe Bewegung bemerkt und wendet ſich).

Was is Dir?
Was ſchreibt denn die Mahm?!


Grillhofer.

Ich weiß net recht — ich muß’s nomal leſen,
kimm zu mir — kimm zu mir mein Dirndl und halt mer’
es Licht.


Liesl
(eilt hinzu und ſteht neben Grillhofer und hält die Lampe).

Grillhofer.
(liest).

„Mit ſchweren Herzen ſchick ich Dir a
Anvertraut’s z’ruck, doch ſteht Dir frei, wann’d den Brief
g’leſen haſt, ob du’s als das Deine anerkenna willſt, ſunſt
nimm ich’s mit Freuden wieder an mich. J mein, brauch mich
net z’ſchamen, wie ich Dir’s zuſchick. Dö Dirn, was heunt
zu’n zweitenmal bei Dir einſpricht, is im Deckerl in mein
Haus bracht word’n, weils dein Weib net hat am Hof vor
Augen hab’n woll’n’ aber es war ihr’Meinung, wann a recht-
ſchaffen G’ſchöpf aus ihr word’n wär, ſollt ich Dir’s zu-
ſchick’n“ ....... Vergelt Dir’s Gott, Mirzl, in ſein’n
Himmel ob’n, vergelt dir’s Gott. Vergelt er’s a der Hor-
lacherin und all’n braven Weibsleuten, wie’s an uns thun! .....


Liesl
(ahnungsvoll).

Aber ich kenn mi no net aus!


Grillhofer
(liest).

„Dö Dirn hoaßt mit ihr’m Rufnamen
Horlacherlies, weil’s von Klein auf bei mir war, hat bis heut
für vater- und mutterlos golten und weiß’s ſelber net anders,
nach’m Kirchbuch heißt’s: Eliſabeth Riesler und is, wie die
Magdalen’ ausg’ſagt hat: Dein Kind.“ — Dirndl, was
[62] zitterſt denn a ſo?

(Faßt ihre Hand, in der ſie die Lampe trägt und führt ſie
nach dem Tiſche.)

Liesl
(läßt die Lampe fahren).

Jeſſes is aber dö Mahm a
falſch’s Ding g’weſt!

(Sinkt vor Aufregung in die Knie auf den Schemel zu
Grillhofer’s Füßen.)

Alſo Du, Du haſt mer’s Leb’n geb’n, no ver-
gelt Dir’s Gott, es g’fallt mer recht gut af der Welt.


Grillhofer.

Es reut mich a neamer, — es reut mich a
neamer.

(Sucht mit der zitternden Hand herum und legt ſie der Liesl auf den Kopf.)

O Du mein lieber Herrgott

(weinerlich.)

S’Kind is im Vater-
haus! — Haha, weil nur s’Kind im Vatershaus is! —


(Preßt Liesl an ſich.)

(Kleine Pauſe. — Von Außen vor dem Fenſter präludirt eine Zither und nimmt dann
die Melodie des Liedes (3) aus dem erſten Akte auf.)

Grillhofer
(ſteht auf).

Horch — no wird’s gar luſtig —
no derf’s ſcho wieder luſti werd’n.


Liesl
(erhebt ſich, deutet nach dem Fenſter und wie auf das Lied aufmerkſam zu machen,
ſingt ſie piano:)

Und Zithern und Derndln
Na dö konn ich net lon …


Grillhofer.

Wer is’s denn?


Liesl.

Der Waſtl!

(Umarmt Grillhofer und verbirgt ihr Geſicht an
ſeinen Schulter.)

Weißt es ja eh — Voda!


Grillhofer.

Haha.


(Das Orcheſter nimmt den zweiten Theil der Melodie voll auf.)

(Er ſingt:)

O ſchön grüne Welt,
Laß ſag’n wie’d’ mer g’fallſt,
So lang Zithern klingen


(Liesl an ſich ziehend.)

Und mei Derndl mich halst!


(Den Jodler bringt die Muſik allein.

Sechſte Scene.


Vorige. Duſterer, Waſtl, Rosl (ſtürzen zur Thüre herein).

Duſterer.

Schau, da ſchau — wie er Buß thut — und
wie Dein Schatz treu is!


Grillhofer.

No — no — is a Bißel viel, drei Narren
af einmal!


Waſtl.

Alsdann doch wieder g’foppt!

(Greift nach der Thürſchnalle.)

Liesl.

Aber Waſtl ....


Grillhofer.

S’is ja mein Kind!


[63]
Rosl.

Jeſſes, der Bauer hat a Kind kriegt!


Waſtl.

No is’s halt a reich Bauerstochter — und ich
kann mer’s Maul abwiſchen.


Grillhofer.

Du biſt a Trottel, kannſt ja net wißen ob
mir net lang ſcho, ein ſolchen wie Du biſt, zum Schwieger-
ſuhn wünſch.


Waſtl.

Aber Bauer — Jeſſes und Joſef — dös is doch
Alles z’viel — aber ih nimms ſchon!


Grillhofer.

Und no weiß ich mir ſchon mei Ausnehmerei
und no fahr’n mer morg’n doch nach der Kreisſtadt.


Duſterer
(ganz vergeſſen ſchreit auf).

Mir fahr’n doch nach der
Kreisſtadt!


Grillhofer.

Mir!!

(Deutet auf ſich und Waſtl und Liesl.)

Aber net
mir! Haſt mer viel eing’redt und viel vorg’log’n, damit ich
mein’, ich war der Schwärzeſte, aber unſer Herrgott kennt a
ein g’farbten Schimmel, hat mich wieder fein ſauber g’ſtriegelt
und hat mer dö in’s Haus g’ſchickt und g’ſagt, da haſt z’gleich
Dein Buß und Dein Sorg’ und Dein Freudigkeit. Du aber,
Du trauriger Wurmdoctor, Du bleibſt mer aus mein’ Haus,
deine Kinder magſt mer ſchicken, was net für ihr’n Vatern
können, daß mer an ihnen was thut.


Liesl.

Aber für Dich weiß ich a Lehr, is a wahre
Chriſtenlehr, Duſterer, nimm Dir’s z’Herzen.

(Singt.)

Schlußlied.


Der Herrgott hat’s Leb’n
Zum Freudigſein geb’n,
Und was wir oft ſchlecht,
Er macht’s do no recht.
Drum ſorg’ für das Deine
Mach Niemanden irr’ —


Grillhofer.

Und miſch Dich net eini,
Du kriegſt nix dafür!


Alle.

Und miſch Dich net eini,
Du kriegſt nix dafür!


Aktus.
Ende.

[][][]

Appendix C

Druck von J. C. Fiſcher \& Comp., Wien.


[][][]
Notes
*)
Fünfzig.
*)
Glaſt (Feuerſchein) von „Gleißen“.
*)
Der Geſcheidtere.
*)
Laſſen.
*)
weinen.
*)
Sind.
*)
Klettern.

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CC-BY-4.0
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Citation Suggestion for this Edition
TextGrid Repository (2025). Anzengruber, Ludwig. Der G'wissenswurm. Corpus of Literary Modernity (Kolimo+). https://hdl.handle.net/21.11113/4bjwj.0